Seiner Excellenz dem Hochwohlgebohrnen Herrn Herrn Friedrich Ludwig von Wurmb Sr. Churfuͤrſtl. Durchl. zu Sachſen Hochbetrauten Conferenzminiſter, wuͤrklichen geheimen Rathe und Direktor der Landes - Oekonomie-Deputation, des hohen Kayſerl. St. Joſephi Ordens Commandeur und Burg - manne zu Friedberg, Erb - Lehn - und Gerichts - herrn auf Großen-Furra, ꝛc.
Seiner Excellenz dem Hochgebohrnen Freyherrn Herrn Chriſtian Gotthelf von Gutſchmid Sr. Churfuͤrſtl. Durchl. zu Sachſen Hochbetrauten Conferenzminiſter, wuͤrklichen geheimen Rathe und der Ober-Rechnungs - Deputation Direktor, Erb - Lehn - und Ge - richtsherrn auf Klein-Wolmsdorf, ꝛc.
ſeinen hohen und gnaͤdigen Goͤnnern unterthaͤnigſt gewidmet von dem
Verfaſſer.
Wir wenden unſere Aufmerkſamkeit auf die Geſchichte der Wiſſenſchaf - ten und Kuͤnſte, ſowohl uͤberhaupt, als vieler einzelnen beſonders, und wir ſoll - ten es bey der Oekonomie vergeſſen, wel - che ſo ſehr in Verbindung mit dem Men - ſchen und der Bevoͤlkerung ſtehet? Zwar hat uns Juvenel in ſeiner Geſchichte der Kuͤnſte, und zu der aͤltern vorzuͤglich Co - guet, und die allgemeine Geſchichte der Handlung und Schiffahrt, der Manu - fakturen und Kuͤnſte, des Finanz - und Cameralweſens zu allen Zeiten und bey allen Voͤlkern,*)Breslau 1751. 4. Es iſt nur der 1ſte und 2te Theil erſchienen, und geht nur bis auf die Ent - deckung von Amerika. Beytraͤge geliefert; aber ſie ſind noch mangelhaft. Die mitt - lere iſt faſt ganz unbearbeitet, und viele Gelehrte moͤchten lieber den mittlern Zei - ten alles Verdienſt um die Oekonomie abſprechen, worinne ſie aber unſtreitiga 4zuVIIIzu weit gehen, und das, was nur etwa von einzelnen Landen, einzelnen Staͤn - den, und in gewiſſer Betrachtung gilt, allgemein annehmen; z. B. wenn ſie von den Schickſalen der Oekonomie als einer Wiſſenſchaft unter den Gelehrten auf die Schickſale der Oekonomie uͤberhaupt ſchließen.
Wir haben zu viele Beweiſe dazu, daß die Haushaltung in vielen Gegenden gebluͤhet, woher ſonſt die vorzuͤgliche Cultur vieler Laͤnder, die bis in die aͤlte - ſte Periode der mittlern Zeiten ſteiget. Der ſtarke Handel der Deutſchen bis in das funfzehnte Jahrhundert, und ihre Groͤße im Fabrik - und Manufaktur - weſen, ſetzet Ackerbau und Viehzucht voraus.
Die Geſchichte der Meißniſchen und Saͤchſiſchen Lande zu den Zeiten der Sla - ven, Wieprechts von Groitſch, und Con - rads des Großen wird fuͤr die Oekono - mie der mittlern Zeiten merkwuͤrdig. Doch ich uͤbergehe itzt dieſe und jene, da ich ſie beſonders zu bearbeiten mir vorge - nommen, und ſchon betraͤchtliche Samm - lungen dazu habe.
IchIXIch habe mir vor itzt die neuern ge - waͤhlt, da ſie noch keinen beſondern Schriftſteller hat, der ſie im Ganzen be - handelte. Der einzelnen Beytraͤge, die ſich hier und da dazu finden, ſind nicht viele, indeſſen habe ich ſie, ſo viel moͤglich war, benutzt. *)Dergleichen einzelne Beytraͤge zur neuern Oe - konomiegeſchichte finden ſich in dem Verſuch einer hiſtoriſchen pragmatiſchen Be - ſchreibung der alten deutſchen Oekonomie und des in der Folge daraus erwachſenen deutſchen fuͤrſtlichen Cammerweſens. Leipzig, 1755. 4. D. Daniel Gottfr. Schrebers zwo Schriften von der Geſchichte und Nothwendigkeit der Ca - meralwiſſenſchaften, in ſo fern ſie als Univer - ſitaͤtswiſſenſchaften anzuſehen ſind. Leipzig, 1764. 8. Gedanken von dem Alter, Wachsthum und Nutzen der Oekonomie in den Leipz. Samml. Th. 7. S. 823. von Hr. Fleiſcher, Prof. der Oek. zu Goͤttingen. Muſeum ruſticum et commerc. Theil VII. S. 65. enthaͤlt vieles von England, Frankreich, der Schweiz und Deutſchland. Schriften der Berner Geſellſchaft, 1ſter Theil.Das Verdienſt der neuern Zeiten um die Oekonomie beſte - het vorzuͤglich darinne, daß man dieſelbe mehr wiſſenſchaftlich behandelt, ihre Grundſaͤtze feſtgeſetzet und unterſuchet, daß die Gelehrten ſich zu dem Vortheilea 5derſel -Xderſelben damit beſchaͤfftigten, daß man die Huͤlfswiſſenſchaften mehr mit ihr ver - band, und ſie dadurch gewann, daß die Hoͤfe ſich ihrer mehr annahmen, und ſie mit Nachdruck unterſtuͤtzten, daß man gemeinnuͤtzige Erfahrungen verbunden mit richtigen Grundſaͤtzen bekannter machte, und ſie ſogar Lehrſtuͤhle erhielt. Dieſes faͤngt ſich groͤßtentheils um die Zeiten der Wiederherſtellung der Wiſſen - ſchaften an, noch mehr aber im ſechzehn - ten Jahrhunderte, ſo daß wir den An - fang der neuern Geſchichte in dieſes ſetzen koͤnnen, zumal da die neuere Regierungs - verfaſſung ſich in dieſem Jahrhunderte zu bilden anfieng, welche in die Oekonomie, ſo wie dieſe in jene, großen Einfluß hat.
Soll die Geſchichte der Oekonomie uͤberhaupt als eine praktiſche Wiſſen - ſchaft, und ſo auch vorzuͤglich die neuere, die Vortheile haben, die wir verlangen koͤnnen, ſo muß ſie pragmatiſch ſeyn. Dieſes iſt ſie nur alsdenn, wenn ſie die Veranlaſſung zu den Verbeſſerungen an - giebt, genaue Beſchreibung von wichti - gen und Hauptverſuchen ertheilet, die dadurch gefundenen Grundſaͤtze und denEinflußXIEinfluß derſelben auf die Laͤnder zeiget. Wenn ſie nicht blos das Andenken dieſes oder jenes Mannes, der hierinne vorzuͤg - lich mit Gluͤck gearbeitet, erhaͤlt, ſondern auch ſein Syſtem, das Neue, Gute und Brauchbare in demſelben, ſo wie das Verwerfliche zeigt; wenn ſie die Mittel, wodurch man die Oekonomie zu befoͤr - dern geſucht, und den Erfolg derſelben, die Hinderniſſe, die ihnen aufgeſtoßen, und die gluͤckliche Art, wie ſie gehoben worden, das Steigen, die Bluͤte und den Verfall derſelben in den Laͤndern und die Urſachen davon angiebt.
Wird ſie auf dieſe Art behandelt, ſo kann ſie uns vor vergeblichen Verſuchen und vor ſchaͤdlichen Meynungen, die nur im Reiche der Ideen brauchbar ſind, warnen, uns mit nuͤtzlichen Erfindungen und Erfahrungen bekannt machen, und unſern Fortgang darinne beſchleunigen.
Bey einer ſolchen Geſchichte der Oe - konomie haben wir ſonderlich auf dreyer - ley zu ſehen, wovon keines fehlen darf, wenn ſie vollſtaͤndig ſeyn ſoll.
1) Was hatte die Oekonomie vor Schickſale von Seiten der Hoͤfe undderXIIder Regierung? Wie ſorgte dieſelbe vor ſie? Was machte ſie vor Anſtal - ten zu ihrem Beſten, kurz, in wie fern machten ſie die Regenten zu einem Theile und Gegenſtande der Regie - rung?
2) Welche Schickſale hatte ſie un - ter den Gelehrten, in wie fern hat man die Oekonomie als eine Wiſſenſchaft betrachtet?
3) Was war ihr Geſchick in Anſe - hung der Ausuͤbung unter dem naͤh - renden Stande ohne Ruͤckſicht auf die beyden erſtern?
Alle drey Gegenſtaͤnde muß der Geſchicht - ſchreiber der Oekonomie vor Augen ha - ben, wenn er einigen Anſpruch auf Voll - ſtaͤndigkeit und Brauchbarkeit machen will. Den dritten Punkt vergeſſen im - mer diejenigen, welche den mittlern Zei - ten alles Verdienſt um die Oekonomie abſprechen, da doch Privatintereſſe und Handlung dieſelbe befoͤrderten, ob ſie gleich weder die Gelehrten noch die Hoͤfe ſonderlich achteten, und ihren Werth verkannten.
NachXIIINach dieſen Begriffen will ich hier einen Verſuch mit der neuern Oekonomie - geſchichte machen, und ihre Schickſale bey den vorzuͤglichen neuern und culti - virten Voͤlkern zeigen; ich werde um beſſerer Ordnung willen bey jedem Volke zuerſt die Schickſale der Oekonomie uͤber - haupt und ſodann jedes Nahrungsge - ſchaͤftes insbeſondere aufſuchen. Ich werde die Beytraͤge, die wir bis itzt dazu haben, nicht unbenutzt laſſen; es ſind vorzuͤglich die Schriften des Hrn. D. Schrebers, die Berner Sammlungen, das Muſeum Ruſtikum, und viele hier und da zerſtreuete und von mir geſam - melte Nachrichten.
Noch iſt es noͤthig, einige Rechenſchaft von der Ordnung, vorzuͤglich der Voͤlker zu geben, darinne ich dieſe Geſchichte vor - getragen.
Wozu, wird man ſagen, eine neue Epoche im 16ten Jahrhunderte, wenn die mittlern Zeiten ſchon eine bluͤhende Oekonomie aufzuweiſen haben?
Die wichtigen Veraͤnderungen, die ich oben angefuͤhrt habe, die in dieſen Zeiten vorfielen, werden die beſte Wiederlegungſeyn,XIVſeyn, zumal da in denſelben die Oekono - mie anfieng, wiſſenſchaftlich und von Ge - lehrten behandelt, und vorzuͤglich von den Hoͤfen unterſtuͤtzt zu werden.
Andere werden mich einer Parthey - lichkeit fuͤr die Deutſchen beſchuldigen. Haben die Italiaͤner nicht weit aͤltere Ver - dienſte in der Oekonomie? Sind ſie nicht die Wiederherſteller der Wiſſenſchaften uͤberhaupt? Machten ſie ſich nicht zuerſt verdient um die alten Schriftſteller, und alſo auch um die uͤber den Landbau? Ha - ben ſie nicht ſelbſt aͤltere einheimiſche Schriftſteller? Und haben nicht die Eng - laͤnder und Franzoſen auch zu eben den Zeiten dergleichen?
Ich werde die Verdienſte keines ein - zigen Volkes verkennen, ſondern bey je - dem ſie anzeigen. Ich ſpreche den Ita - liaͤnern die Ehre der Wiederherſtellung der Wiſſenſchaften nicht ab; allein folgt daraus, daß ſie es auch in der Oekonomie ſeyn mußten? Sie haben Verdienſte um die oͤkonomiſchen Schriftſteller der Alten; allein dieſes war nur eine zufaͤllige Ver - anlaſſung; ſie bearbeiteten dieſe Schrift - ſteller nicht um der Oekonomie, ſondernumXVum der Sprache willen. Und hatten die Deutſchen nicht um eben die Zeiten einen Budaͤus, Eraſmus und andere, die ſich mit den oͤkonomiſchen Schriftſtellern der Alten beſchaͤfftigten? Erſchienen nicht auch in Deutſchland die roͤmiſchen oͤko - nomiſchen Schriftſteller? nicht auch in Frankreich? Und wenn gleich die Ita - liaͤner einen Petrus de Creſcentiis ſchon in aͤltern Zeiten haben, ſo haben doch auch die Deutſchen einen Friedrich den II, und vielleicht noch andere itzt unbe - kannte Werke. Allein alles dieſes brau - chen wir nicht, um den Verdienſten der Deutſchen den Vorzug hierinne zu geben.
Es kommt bey der Aufnahme und Befoͤrderung der Oekonomie unſtreitig das meiſte darauf an, und iſt die wich - tigſte Veraͤnderung, daß ſie ein Gegen - ſtand vor die Regierung wurde; dieſe empfahl ſie den Gelehrten noch mehr, und befoͤrderte ſie durch Anſtalten unter dem naͤhrenden Stande, welche nur ſie allein machen konnte. Dieſes that zuerſt Sach - ſen, und durch dieſes Deutſchland.
Die Bemuͤhungen der Italiaͤner und der andern Nationen waren bloße Pri -vat -XVIvatbemuͤhungen. Aber wer befreyete die Oekonomie von den Vorurtheilen, als ſey ſie in Gottes Augen mit allen weltli - chen Geſchaͤfften verworfen? Wer klaͤrte die Nationen hierinne auf? war es nicht Luther? Wer ſchuͤtzte ſie mit ſeinem Sce - pter, und zog ſie aus dem Staube der Verachtung? Wer ſuchte ihre erſten Grundſaͤtze aufzuklaͤren? ihre Geſchaͤfte unter einander in das gehoͤrige Verhaͤlt - niß zu ſetzen, und ſie thaͤtig zu verbeſſern, daß ſie ihre großen Abſichten, ich meyne die Volkreichheit, innere Staͤrke des Staats, Induſtrie, Nahrung und Reich - thum des Landes befoͤrdern kann? War es nicht Sachſens großer Auguſt? und nach ſeinem Beyſpiele einige andere wuͤr - dige Fuͤrſten?
Sollten dieſes nicht Gruͤnde genug ſeyn, die Ackerbaugeſchichte der Deut - ſchen zuerſt zu behandeln, und ſie als die erſten thaͤtigen Verbeſſerer anzuſehen, oh - ne aus Patriotiſmus ungerecht gegen die Verdienſte anderer Voͤlker zu werden, welche entweder ſich damals blos auf ein - zelne Theile oder auf Privatbemuͤhun -genXVIIgen erſtreckten, die keinen Einfluß auf das Ganze hatten.
Moͤchten die Deutſchen doch einmal aufhoͤren, alles außer ihren Graͤnzen zu ſuchen, und nicht immer die Auslaͤnder bewundern! Wer erfand die Kunſt, die ſchnelleſten Schreiber, und wenn ihre An - zahl noch ſo groß war, durch den Druck einzuholen? Wer erfand das kunſtreiche Werk, das uns die Zeit bezeichnet? Wer des Pulvers gewaltige Kraͤfte, das Fel - ſen gleich Sandhaufen zerſtreuet? Wa - ren es nicht alles Deutſche? Waren ſie es nicht, die in den mittlern Zeiten das Manufaktur - und Fabrikweſen hatten? die die aͤchten Handlungsgrundſaͤtze wuß - ten und ausuͤbten? Wer verſorgte den ganzen Norden, und ſelbſt das ſtolze Bri - tannien und Gallien? Wer herrſchte mit ſeinen Schiffen uͤber den Meeren, und ſah uͤberall ſeine Flaggen uͤber den unterthaͤ - nigen Wellen fliegen? War es nicht Deutſchland und ſeine zum Handel ver - bundenen Staͤdte?
Ich werde alſo bey den Deutſchen den Anfang machen, und zuerſt die Schickſale der Oekonomie uͤberhaupt, und ſodannbjederXVIIIjeder einzelner wichtiger Nahrungsge - ſchaͤfte beſonders betrachten. Und weil die vereinigten Niederlaͤnder und Schweizer nur erſt im vorigen Jahrhunderte von Deutſchland getrennt wurden, und vor - her Theile deſſelben ausmachten, auch bey ihnen die Bemuͤhung um die Oekonomie nicht weniger alt iſt, als in Deutſchland, ſo werde ich die Geſchichte der Landwirth - ſchaft derſelben ſogleich nach jener bear - beiten. Ich werde von ihnen zu den Englaͤndern und Italiaͤnern uͤbergehen, zumal da der engliſche Landbau ſeine Ver - beſſerungen meiſt aus den Niederlanden erhielt, und die Italiaͤner im ſechzehnten Jahrhunderte ihren Camillo Taurello haben. Sodann zu den Franzoſen, Schweden, Daͤnen und Ruſſen, Spa - niern, Portugieſen; endlich auch etwas von dem chineſiſchen Oekonomiezuſtande anfuͤhren. Ich werde mich zugleich be - muͤhen, die neueſte Oekonomieverfaſſung der Laͤnder zu zeigen, und dadurch einen kleinen Beytrag zur neueſten Statiſtik zu liefern.
Nach Vollendung der neuern werde ich auch die aͤltere und mittlere bearbeiten,wozuXIXwozu ich auch ſchon anſehnliche Samm - lungen habe. Ich werde zuerſt die Oe - konomiegeſchichte der Aegyptier und der aſiatiſchen Nationen in den aͤltern Zei - ten, vornehmlich der Babylonier, Per - ſer u. ſ. w. und in einem beſondern Wer - ke die Oekonomiegeſchichte der Griechen behandeln. Sodann die Schickſale der Oekonomie bey den Roͤmern, welche au - ßer dem Plane lag, welchen Coguet ſich entwarf, und welche ich ſchon in einem kleinen Verſuche vor Augen gelegt habe, in einem ausfuͤhrlichen Werke vorſtellen. Nach dieſen dieſelben unter den griechi - ſchen Kayſern, und endlich ſeit der Ver - aͤnderung, die durch die Wanderungen der nordiſchen Voͤlker veranlaßt worden, bis zu den Zeiten, wo ich die neuere an - gefangen, bearbeiten.
Man kann die Geſchichte der Oekonomie in den neuern Zeiten in jenem fuͤr Kuͤnſte und Wiſſenſchaften ſo gluͤcklichen Zeitpunkte an - fangen, da die aus ihrer Dunkelheit hervorgezo - genen Schriften und Denkmaͤler der Alten, ins - beſondere die Schriften vom Ackerbaue, die Ge - lehrten in eine naͤhere Bekanntſchaft mit demſel - ben ſetzten. a)Schon im 15ten Jahrhunderte kam der Siculus Flaccus de conditione agrorum heraus; inglei - chen Sexti Iulii Frontini lib. de re agraria cum commentario Ageni vrbici. Ei. de limitibus; Legib. Agrar. mit den Anmerkungen des Franz Modius und andere Scriptores rei agrariae, wel - che hernach Io. Ianſon a Waeſeberge Amſt. 1674. zuſammen drucken ließ. Eraſmus, Budaeus und Ludovicus Vives arbeiteten beſonders an den al - ten Schriftſtellern, und vorzuͤglich denen uͤber die Oekonomie, insbeſondere Vives und Budaeus. Columella wurde zuerſt 1482 zu Rom gedruckt, hernach 1514 in der Sammlung der ScriptorumreiMan haͤtte glauben ſollen, daßdieſesA2dieſes eine ploͤtzliche Veraͤnderung in der Land - wirthſchaft machen koͤnnte, da die Alten auch hierinne ſehr lehrreich ſind. Sie haͤtten die Wuͤr - de der Oekonomie durch die großen Beyſpiele der Roͤmer und Griechen erheben, und dadurch die Vorurtheile, welche ihr ſo ſehr ſchadeten, darnie - der ſchlagen koͤnnen; ihr ſorgfaͤltiges, oft ſehr gruͤndliches Verfahren in der ganzen Landwirth - ſchaft, ihre großen Verſuche, ihre Beobachtun - gen haͤtten die damaligen Zeiten vieles lehren koͤn - nen, was erſt in unſern Zeiten die neuern Ver - beſſerer vorgeſchlagen. b)Georgii Grenii Comment. de Ruſticationibus et villis veterum. Franciſcus Maioranus de agriculturae apud ve - teres ſtudio ac dignitate, Neap. 1774. Mein Verſuch uͤber den Landbau der Roͤmer. 1779.Aber es hatte keine allzugluͤckliche Wirkung. Die Gelehrten beſchaͤff -tigtena)rei ruſticae, die Aldus zu Venedig herausgab; ſodann 1521 4. zu Florenz durch Nicol. Ange - lium, ingleichen 1533 erſchien Columella nebſt Cato Varro und Palladius zu Venedig bey den Erben des Aldus und Andr. Socer. Columella allein mit des Beroaldus und Victorius kritiſchen Anmerkungen 1543 zu Paris und 1544 zu Lyon; ſodann Cato und Varro mit des Victorius Noten 1543 zu Paris, ingleichen der Palladius einzeln; der Oeconomicus des Xenophon erſchien Lugd. 1552. fol. Varronis op. cum obſ. Scaligeri, Par. 1585. Ingleichen auch in Deutſchland zu Heidelberg bey Commelino 1598, Cato, Varro, Columella, Palladius; vorzuͤglich machten ſich die Gelehrten Stephani verdient.3tigten ſich meiſt blos mit der Sprache, oft unbe - kannt mit den Dingen, von welchen die Alten re - deten. Es herrſchte das Vorurtheil zu ſehr, wel - ches der Oekonomie ſehr lange ſchadete, als ob die Landwirthſchaft einem Gelehrten unanſtaͤndig ſey, weil die niedrigſte Klaſſe von Menſchen, welche ſich oft nicht einmal der Freyheit ruͤhmen konnte, ſich damit beſchaͤfftigte. Indeſſen mußten ſich doch die Gelehrten mit den Sachen naͤher bekannt machen, um die Sprache und das Reich der Lit - teratur zu erweitern.
Eben ſo wenig erhielt die Oekonomie ihre Rechte und die Stelle, die ſie unter den Wiſſen - ſchaften verdient, noch daß ſie wiſſenſchaftlich von den Gelehrten waͤre bearbeitet, und von den Hoͤ - fen als eine Grundſaͤule des Staats angeſehen und unterſtuͤtzet worden.
Zwar hatte man ſie, in ſo fern man ſie eini - germaßen als Kunſt oder Wiſſenſchaft angenom - men, unter die praktiſche und mechaniſche Phi - loſophie verwieſen, aber die Gelehrten dachten an nichts weniger, als daran, ſie zu lehren oder zu bearbeiten. Die Verachtung druͤckte ſie in den Augen derer, die ſie haͤtten erheben ſollen. c)S. Schrebers Geſchichte der Cameralwiſſenſch. S. 10. wo er zeigt aus dem Mosheim und andern, wie die Oekonomie unter die praktiſche, der Acker - bau und die Jagd unter die mechaniſche Philoſo - phie gerechnet worden.
Bisher hatte die Geiſtlichkeit, hauptſaͤchlich ihr Anſehen zu erheben, und dieſes, ſo wie an -A 2dere4dere ſo genannte weltliche Geſchaͤffte, in Gottes und der Menſchen Augen veraͤchtlich zu machen geſucht. Hierzu kam, daß ſeit Heinrich I. Zei - ten der Ackerbau auf dem Lande nur von Leibei - genen, oder denen, die ihnen ziemlich gleich wa - ren, den Bauern, getrieben wurde. Denn ob - gleich ſchon in den aͤltern Zeiten der Landbau am meiſten den Leibeigenen uͤberlaſſen war, ſo wurde er doch durch Errichtung der Staͤdte noch mehr herabgeſetzt, da viele wichtige Dinge in die Staͤdte gezogen, die Hoflager in denſelben gehalten, die Hauptkirchen darinn angelegt, die wichtigen Hand - lungsgeſchaͤffte in ihren Mauern geſichert, ſie ſelbſt befeſtiget, und dadurch fuͤr das Land ſehr wichtig wurden; durch alle dieſe Umſtaͤnde zog ſich der Reichthum, der Bequemlichkeit und Sicher - heit liebt, in dieſelben, da er beydes bey ihnen nicht umſonſt ſuchte; und hierdurch wurden die Laͤndereyen und die Doͤrfer mehr und mehr ab - haͤngig von den Staͤdten. Man kann uͤberhaupt auch den zu großen Militaͤrgeiſt der mittler[n]Zei - ten als eine nicht geringe Hinderniß des Landbaues anſehen; die Ritter zogen auf Abentheuer und Ritterthaten aus, folgten den Hoͤfen und Turnie - ren, vergaßen daruͤber ihre Guͤther, und glaub - ten, die Sorge fuͤr den Landbau ſey ihnen unan - ſtaͤndig. Man belegte den Herrn eines Guths, der ſich blos mit der Verwaltung deſſelben be - ſchaͤfftigte, ohne haͤufig bey Ritterſpielen und an dem Hofe in den Staͤdten zu erſcheinen, mit ſchimpflichen Namen und Verachtung.
Allein5Allein man glaube nicht, daß in dieſen Zei - ten, bey der Verachtung der Oekonomie von Sei - ten der Großen und Gelehrten, ſie von dem nie - dern Stande auch vergeſſen und verachtet worden. Woher ſonſt die vortreffliche Cultur verſchiedener Laͤnder? Das Privatintereſſe, der Abſatz und Handlung machte ſie vielen Orten ſchaͤtzbar, und gab ihr die aͤmſige Bearbeitung, die ihr kaum die Polizey und die Regierung geben kann. Daher zeichnen ſich im 16ten Jahrhunderte die pomme - riſchen Gegenden durch ihren Hopfenbau, durch Getraide und Gartenbau, und nicht weniger durch Schafzucht und Manufakturen aus, bis in dem ungluͤcklichen dreyßigjaͤhrigen Kriege vieles hier - von zerſtoͤrt und andern Laͤndern zu Theil wurde; eben ſo bluͤhete in dem Landſtriche, welcher an Thuͤ - ringen, Franken und Heſſen graͤnzet, und groͤß - tentheils der Abtey Fulda gehoͤrt, der Wieſenbau, ſo daß wegen der vorzuͤglichen Huthungen daſelbſt auch die Viehzucht und ſonderlich Schafzucht an - ſehnlich war. Es iſt dieſes das Laͤndchen Buo - nia, welches Mathis Quaden von Kindelbach in ſeinem Buch: Deutſcher Nation Herrlichkeit — ſo ruͤhmt. Die Kloſteroͤkonomien waren vorzuͤg - lich anſehnlich, und was noch gutes von einiger wiſſenſchaftlichen Oekonomie vor und um dieſe Zeiten zu ſagen iſt, mußte man meiſtens daſelbſt ſuchen; um ſo weniger ſind alle die Vorwuͤrfe ge - gruͤndet, die man den Geiſtlichen der damaligen Zeiten unaufhoͤrlich macht. Ganz iſt ſie indeſſen nicht freyzuſprechen, und was ihr wirklich bey derA 3Vernach -6Vernachlaͤßigung der Oekonomie zur Laſt geleget werden kann, werde ich bald zeigen. Man ver - fertigte bey ihnen zuerſt gewiſſe Calendaria, wor - innen außerordentliche Vorfaͤlle bey der Wirth - ſchaft angemerkt wurden, ſie gaben zuerſt etwas genauer Acht auf die Witterungslehre, und wen - deten die Aſtronomie zum Vortheil der Oekono - mie an, da Mathematik ſo wie alle andere Wiſſen - ſchaften blos noch in ihren Haͤnden waren; man erſiehet dieſes aus den noch bey den Kloͤſtern hin und wieder ſich befindenden Calendarien. Die Kloͤſter und Miſſionen haben unſtreitig vieles von jeher zur Cultur der Laͤnder und auch vorzuͤglich Deutſchlands beygetragen. Nur waren ſie auch hierinnen geheimnißvoll, wie ihre ganze Verfaſ - ſung uͤberhaupt ſich nun in Dunkel huͤllete, um aus demſelben maͤchtiger auf die, ſo draußen wa - ren, zu wirken. Das wenige Gute alſo konnte keinen großen Einfluß auf das allgemeine haben; vieles ſchloß ſich in die hohen Mauern ihrer Klo - ſtergaͤrten ein, und blieb unter den Geheimniſſen ihrer Oekonomen: hierzu kam noch, daß ihr Reichthum ihnen Nachdruck in allen ihren oͤkono - miſchen Unternehmungen gab, und die Handlung, an welcher ſie keinen geringen Antheil hatten, ſo wie der Aberglaube, der mit ihren heiligen Guͤ - tern einen unbekannten Segen verband, den Fruͤch - ten Abſatz verſchaffete, und ihnen viel Arbeiter gab, welche dieſe den Kloͤſtern geleiſteten Arbeiten als ein verdienſtliches Werk anſahen. Man un - terſcheidet in der Geſchichte gemeiniglich nicht ge -nugſam7nugſam das Schickſal der Oekonomie, in ſo fern ſie als eine Wiſſenſchaft angeſehen, und von den Gelehrten als ſolche betrieben, oder als ein fuͤr den Staat ſehr wichtiges Geſchaͤfft von den Hoͤfen geachtet und unterſtuͤtzet worden, von demjenigen, welches ſie in den Haͤnden der niedern Klaſſe der Menſchen hatte, ob ſie ſchon von den Großen und Gelehrten nicht geachtet, und ſelbſt deswegen vor - zuͤglich veraͤchtlich war, weil ſich der niedrige Stand damit beſchaͤfftigte. Jenes iſt das Verdienſt der folgenden und vorzuͤglich unſerer Zeiten, daß ſie von Seiten der Hoͤfe mehrere und allgemeinere Unterſtuͤtzung fand, und von den Gelehrten mehr wiſſenſchaftlich betrieben, und die Huͤlfswiſſen - ſchaften, die Chemie, Naturgeſchichte und Natur - lehre angewendet wurden.
Doch ſo weit konnte es in den mittlern Zeiten ſelbſt der Natur der Sache nach nicht kommen, daß man ſie ganz verdraͤngt haͤtte. Es finden ſich hier und da, obſchon ſelten, Fuͤrſten, die ihre Wich - tigkeit einſahen. Einzelne Theile der Oekonomie ſchaͤtzten ſelbſt die Hohen, in ſo fern ſie eine Art von Vergnuͤgen fuͤr die[Hoͤfe] und den herrſchen - den Militairgeiſt ausmachten; es gehoͤrt hierher vorzuͤglich die Jagd. Daher finden wir in die - ſen und den vorigen Zeiten auch Schriften uͤber die Jagd ſowohl von Gelehrten als Fuͤrſten,d)Fridericus II. de arte venandi cum avibus, welches unter andern erſt erſchien Auguſtae Vind. 1596. welche wir aber unten bey der Jagd ſehen werden. A 4Aber8Aber es war nichts ganzes und anhaltendes. Man betrieb die Oekonomie blos aus Beduͤrfniß, Ei - gennutz, Zwang und Gewohnheit.
Selbſt den Kloͤſtern, die ihre Lieferungen von den Laͤndereyen erhielten, und den Geiſtlichen, die ihren Zehnden ſo eifrig ſuchten, mußte daran ge - legen ſeyn, daß der Landmann ſein Feld baue. Und oft ſuchte dieſer ein verdienſtliches Werk dar - innen, an den Laͤndereyen eines Kloſters und ih - rem Baue und Beſtellung zu arbeiten, und trat gern unter den Krumſtab des Biſchofs und den Schutz des Kloſters, je mehr buͤrgerliche Vor - theile er dadurch erhielt. Und ſo befoͤrderten die Kloͤſter haͤufig die Cultur, ſo daß der Satz des Thomaſius, daß die Cleriſey den Landbau aus Politik unterdruͤckt, ſie nicht ganz trifft. Ich kann kaum glauben, daß die Politik der Cleriſey ſich bis dahin erſtreckt, daß ſie die Wichtigkeit des Landbaues fuͤr den Staat ganz eingeſehen, und ihn deswegen durch Verachtung zu unter - druͤcken geſucht, damit ſie die weltlichen Herren immer in einer gewiſſen Schwaͤche erhielten; ſon - dern es geſchahe wohl meiſtentheils aus Unwiſſen - heit wegen der unrichtigen und ſchlechten Idee, die ihnen die ariſtoteliſche Philoſophie davon ge - geben, und aus Vorurtheilen gegen den minder freyen Stand, der ihn trieb, aus Bosheit und Stolz, ſich und ihre Geſchaͤffte allein zu erheben, da er denn das naͤmliche Schickſal mit andern weltlichen Beſchaͤfftigungen hatte. Einen großen Antheil daran hatte, wie ich ſchon oben erinnerthabe,9habe, die Staatsverfaſſung ſelbſt, da die meiſte Ehre fuͤr das Militairweſen beſtimmt, und der Ackerbau in den Haͤnden der Leibeigenen war.
Der muthige Luther bemuͤhete ſich, die Oeko - nomie der Verachtung zu entreißen, in welche ſie Unſinn, Aberglauben und Bosheit, und Kurz - ſichtigkeit der damaligen Zeiten geſtuͤrzt, vorzuͤg - lich aber die Vorurtheile, die die Geiſtlichkeit ge - gen dieſelbe, wie gegen alle weltlichen Dinge, er - weckte. Er zeigte, wie alle Geſchaͤffte, die zum Beſten des menſchlichen Geſchlechts und des ge - meinen Weſens dienten, vor Gottes Augen ange - nehm waͤren. Die Gelehrten haben ſeine Ver - dienſte um dieſe Wiſſenſchaft ſchon genug geprie - ſen, ſo daß es hier keiner Lobrede mehr bedarf: und ſo nutzte die Reformation der Oekonomie nicht wenig, ſo wie ſie auch das Finanzweſen der Fuͤr - ſten und die Regierungskunſt ſehr verbeſſerte, wel - ches vorzuͤglich der gekroͤnte Verfaſſer der Me - moires de Brandenbourg dargethan hat. e)Colbert Teſtament politique P. VI. S. 45. Farria diſſ. de mutationibus rerumpubl. occa - ſione religionis ortarum. Bebel de beneficiis magiſtratuum politico mi - niſterio Lutheri exhibitis. Argent. Goeze de beneficiis oeconomicis b. Lutheri miniſterio exhibitis. Lubecae. Furſtenau de meritis Lutheri in oeconomiam publicam et privatam. Rintel. Hubner de immortalibus Lutheri in imperia meritis. Hafniae 1760. Selbſt
A 5Die10Die Reformation gab der Obrigkeit ihr An - ſehen wieder, das eine falſch verſtandene, ſtolze und herrſchſuͤchtige Religion ihr entzogen; ſie um - gab die Thronen der Fuͤrſten ſelbſt mit Heiligkeit, und begleitete ihre Befehle und Anordnungen mit einem Nachdruck, der in dem Munde eines wei - ſen Regenten Wunder thun konnte.
Sachſen iſt alſo das gluͤckliche Land, wo die Oekonomie zuerſt dieſer Art von Verachtung und Unterdruͤckung entzogen wurde; wo der muthige Luther auftrat, und den Menſchen zeigte, daß dieſe Beſchaͤfftigung in den Augen Gottes gerechtferti - get ſey.
Zwar war ſie nun von dieſer Seite gerettet, aber immer noch druͤckte ſie das Vorurtheil der Niedrigkeit. Man ſahe den Stand, der ſich da - mit beſchaͤfftigte, als minder frey an, und glaub - te ſich ſelbſt durch dieſes Geſchaͤfft demſelben zu naͤhern. Dieſes Vorurtheil wurde nicht wenig[unterstuͤtzt] durch die Entfernung des Standes von allen oͤffentlichen Geſchaͤfften, da er in den meiſten Staaten meiſt nur zum Sclavendienſt der Vor - nehmern und Reichen beſtimmt, und daher ohneallese)Selbſt die Stellen, welche D. Schreber in ſeiner Geſchichte der Cameralwiſſenſch. als Univerſitaͤts - w. S. 20-22. aus den Schriften des verdienſt - vollen Luthers anfuͤhrt, bezeugen, daß die Geiſt - lichen dieſe weltlichen Dinge mehr aus Stolz ver - achtet, und ſich damit deswegen nicht beſchaͤffti - get, theils aus Traͤgheit, und weil ſie ihren Werth nicht erkenneten, als blos aus Politik, wie Tho - maſius und mit ihm D. Schreber glauben.11alles Anſehen und Achtung war, wofern nicht alte Rechte, Staatsverfaſſung oder andere Privilegien ihn beguͤnſtigten.
Hiezu kam noch, daß es an den Huͤlfswiſſen - ſchaften fehlte. Die Chemie, Phyſik und Natur - geſchichte waren noch nicht genug bearbeitet. Zwar ſuchte Melanchthon dieſelben zu befoͤrdern, und fieng an zu Wittenberg uͤber des Plinius Na - turgeſchichte und uͤber die Phyſik des Ariſtoteles zu leſen. Aber man betrieb dieſe Huͤlfswiſſen - ſchaften blos als ein unfruchtbares Syſtem, das ſich in ſeine eigenen Graͤnzen einſchloß, ohne auf andere Wiſſenſchaften durch einen gluͤcklichen Ein - fluß zu wirken. Man war zu ſehr fuͤr Hypotheſe und einmal angenommene Grundſaͤtze und Spitz - findigkeiten, die Fruͤchte der ariſtoteliſchen Philo - ſophie, und rechnete zu wenig auf Erfahrungen und Verſuche. Es[fehlte] an dem vernuͤnftigen und dem Weiſen ſo noͤthigen Mißtrauen gegen gewiſſe Saͤtze, die oft nichts weiter fuͤr ſich haben, als daß ſie einmal angenommen ſind. Die Er - fahrungen, welche zuweilen die Alten ſelbſt in der Oekonomie, Phyſik und Naturgeſchichte angaben, wenn ſie dem angenommenen Syſtem nicht ent - ſprachen, wurden als Undinge und Fabeln ver - worfen. Dieſe zu großen Vorurtheile vor das Syſtem hinderten neue Entdeckungen durch Ver - ſuche, und dieſes war die Urſache, daß die Alten ſo wenig Nutzen ſtifteten. Da alſo die Huͤlfs - wiſſenſchaften ſo wenig zunahmen, ſo blieb dieſesimmer12immer eine Hinderniß, ſelbſt bey den weiſeſten Anſtalten des großen Auguſts.
Indeſſen that man doch einige naͤhere Schrit - te zur Verbeſſerung. Man fieng an die Schrift - ſteller der Alten vom Landbau und auch einige gleichzeitige Werke anderer Nationen, die aber meiſtens Auszuͤge aus den Alten waren, in die lebenden Sprachen zu uͤberſetzen, oder machte ſie durch Auszuͤge gemeinnuͤtzig, fieng auch an, ſelbſt etwas uͤber die Landwirthſchaft zu ſchreiben. f)Zu Ende des 16ten Jahrhunderts erſchien eine Ueberſetzung des Columella unter dem Titel: Des Columella Ackerwerk durch Michael Herren. Allein weil ſie dem Theodor Majus ſchlecht und bunkel ſchien, gab dieſer 1612 zu Magdeburg ei - ne neue Ueberſetzung heraus, und zugleich auch von dem Palladio. Von Stephani prae[d]io ruſtico unter dem Titel: Sieben Buͤcher vom Feldbau und vollkommenen Beſtellung eines ordentlichen Meyerhofs oder Land - guths. Etwan von Carolo Stephano und Joſ. Liebholt, der Arzeney Doktorn, franzoͤſich beſchrie - ben. Nun aber von Hrn. Melchiorn Sebizio Si - leſio, der Arzeney Doktorn, ins Deutſche gebracht, Strasburg 1580. Von Afrikus Clemens: Sieben Buͤcher vom Feld - bau, vormals durch Afrikum Clementen von Pa - dua in lat. Sprache geſchrieben, hernach aber durch Jeremiam Martium ins Deutſche uͤberſetzt, Strasb. 1580. Von dem Werke Conſtantin des vierten, welches er im 10ten Jahrhunderte durch einige Gelehrte in griechiſcher Sprache zuſammentragen ließ, lie - fert D. Michael Herr eine vermehrte UeberſetzungunterEs13Es erſchienen unter den oͤkonomiſchen Schrift - ſtellern dieſer Zeit große Namen, unter denen ich nur einen Camerarius nennen darf.
Das erſte in deutſcher Sprache und in Deutſchland geſchriebene oͤkonomiſche Buch, das bis itzt, ſo viel ich weiß, bekannt iſt, iſt in dem J. 1530 erſchienen. g)Dieſes als das aͤlteſte bis jetzt bekannte original - deutſche Buch vom Landbau iſt folgendes: Gaͤr - ten und Pflanzungen mit[wund[er]samer] Zierd artli - cher und ſeltſamer Verimpfung allerhand Baͤum, Kraͤuter, Blumen und Fruͤchten, wilder und hey - miſcher, kuͤnſtlich und luſtig zuzurichten. Inhalt volgends Regiſters: Wes ſich ein Hausvater mit ſeiner Arbeit das Jahr uͤber alle Monat inſonder - heit halten ſoll. Im Bragmond des 1530 Jahrs. Welches Hr. Hunger anfuͤhrt in Schrebers neuen Cameralſchriften im 6ten Theil. S. 647.Es gehet vorzuͤglich den Gartenbau an, ob es gleich dabey auch den Bau der Gewaͤchſe uͤberhaupt mit behandelt. Es ſcheint uͤberhaupt der Gartenbau eines der erſten oͤkonomiſchen Geſchaͤffte zu ſeyn, das von den Hoͤ -hernf)unter dem Titel: Feldbau, in welchem die aus rechtem Grunde der Natur und langgeuͤbten Er - fahrung allerbeſte Beſtellung der Aecker und Fruchtfelder, Pflanz - und Erbauung allerhand Obſt, Luſt - und Weingarten, von Roß - und Vieh - zucht, ſammt allem, was zu einer wohlbeſtellten Haushaltung Nutz und Luſtshalben nothwendig begriffen und in 20 Buͤcher abgetheilt. Erſtlich zwar vom Kaiſer Conſtantino IV. in griechiſcher Sprache beſchrieben, nachmaln durch D. Michael Herrn ins Deutſche uͤberſetzt. Strasburg 1592, wieder aufgelegt Baſel 1622.14hern und den Gelehrten betrieben wurde, ſo bald die Sitten ſich etwas milderten, der Militairgeiſt ſich mehr mit den ruhigern Staats - und Frie - densaͤmtern zu vermiſchen anfieng; theils weil die Gaͤrten, vorzuͤglich die Kunſtgaͤrten, reiche Beſitzer vorausſetzen, und zur Pracht der Vor - nehmern gehoͤren, theils auch weil die Kloſterleute bey ihrer Muſe ſich dieſes Geſchaͤfft erwaͤhlten. Die Buͤcher des Peter von Creſcentiis, welche er im dreyzehnten Jahrhundert von der Land - wirthſchaft dem Koͤnig Karl II. in Sicilien zu Gefallen herausgab, muͤſſenh)Peter de Creſcentiis vom Ackerbau, Erdwucher und Bauleuten, von Natur, Art, Gebrauch und Nutzbarkeit aller Gewaͤchs, Fruͤchte, Thiere ſammt allem dem, ſo dem Menſchen dienſtlich in Speiß und Arzeneiung. Inhalt 12 Buche. Neu gedruckt durch Hanſen Knoblauch den jungen nach Chriſti Geburt 1531. Fol. ſehr zeitig uͤberſetzt worden ſeyn, weil man ſchon 531 einen wieder - holten Abdruck der Ueberſetzung findet, und es alſo ſchon vor dieſem Jahre muß uͤberſetzt worden ſeyn. Es iſt unter andern in lateiniſcher Spra - che zu Augſpurg 1471 gedruckt, auch ins Ita - liaͤniſche uͤberſetzt; eine deutſche aber muß vor dem J. 1531 ſchon da geweſen ſeyn, weil der Drucker auf dem Titel ſagt: Neu abgedruckt. In der Folge findet ſich auch eine Ueberſetzung vom J. 1602, welche zu Strasburg erſchien. Man ſie - het hieraus, daß man ſchon damals einen ernſt - haften Anfang machte, an der Oekonomie zu ſchrei - ben, und daß die Aerzte und Naturforſcher ſichſonder -15ſonderlich darum bemuͤheten. Herr D. Schre - ber giebt die 4 Buͤcher des Heresbach fuͤr das erſte in Deuſchland erſchienene oͤkonomiſche Ori - ginalwerk aus, allein das vom J. 1530 von Hr. Hunger bemerkte lehret das Gegentheil. So hat auch derſelbe die erſte Ausgabe des Coleriſchen Werksi)Ein Hauptſchriftſteller der damaligen Zeiten iſt ein Prediger in der Mark Brandenburg, welcher nachher zu Parchim im Mecklenburgiſchen ſtand, M. Johann Colerus, ein Schleſier, welcher ge - gen das Ende des 16ten Seculi ſchrieb: Calen - darium perpetuum, oder ſtets waͤhrender Kalen - der fuͤr die Hauswirthe, Ackerleute, Apotheker, Kaufleute, Wandersleute, Weinherrn, Gaͤrtner, gemeine Handwerksleute, und alle diejenigen, ſo mit Wirthſchaft umgehen. Coleri Vater hatte den Varro, Cato, Columella und Palladius flei - ßig geleſen, und bey dem uͤber ihre Schriften an - geſtellten Verſuche manches anders befunden, und dieſes bemerkt und aufgeſchrieben. Sein Sohn, M. Johann Colerus, gab ſolches unter dem Ti - tel Calendarium perpetuum heraus, und weil dieſer im Jahr 1599 zu Conſtanz am Bodenſee unrechtmaͤßiger weiſe nachgedruckt war, gab er ihn 1600 vermehrt und verbeſſert heraus, wie folches in der Vorrede einer ſpaͤtern Auflage, wel - che 1618 in 4. zu Wittenberg erſchien, erhellet. Dieſes Calendarium fand allgemeinen Beyfall, da man um die damaligen Zeiten noch kein aus - fuͤhrliches Buch von der ganzen deutſchen Oeko - nomie hatte. Hierdurch ermuntert gab er ſein Haushaltungsbuch heraus, welches Stolle in ſei - ne Hiſtorie der Gelahrheit S. 776 in das Jahr1609 ſo wenig als die angefuͤhrten Ueberſe -tzungen16tzungen des Peter de Creſcentiis bemerket, welche das Muſeum Ruſticum im 1ſten Theil S. 77. erwaͤhnt.
Esi)1609 ſetzt: allein der deutſche Herausgeber des Muſei ruſtici et commerc. im 1ſten Theil S. 75. behauptet, daß Coleri Handbuch ſchon 1595 zu Wittenberg in 4. gedruckt ſey, und merkt dieſes als einen Fehler des Gelehrten Lexici an. Doch Hr. Lueder in ſeinen Briefen uͤber die Kuͤchengaͤr - ten im 3ten Theile S. 354 will behaupten, daß damals vielleicht das Calendarium zuerſt erſchie - nen ſey, nicht aber das Handbuch, giebt es aber blos als eine Vermuthung. Es iſt dieſes uͤber - haupt eins der erſten deutſchen vollſtaͤndigen Wer - ke uͤber die Oekonomie. Er fuͤhrt nicht nur alles an, was in den alten griechiſchen und roͤmiſchen Schriftſtellern fuͤr die Oekonomie in Deutſchland brauchbar iſt, und fuͤgte die bis zu ſeinen Zeiten gemachten neuern Beobachtungen bey. Hierdurch wurde dieſes Buch gleichſam ein Innbegriff aller oͤkonomiſchen Kenntniſſe, die er aus den Schrift - ſtellern und eigenen Erfahrungen hatte. Coler, als ein Schleſier, kannte die ſchleſiſche Wirthſchaft, hatte in Brandenburg und Mecklenburg die Wirth - ſchaftsarten, ſo wie auf ſeinen Reiſen die meiſten Provinzialculturen kennen lernen, und konnte alſo ſeinem Buche den Grad der Vollkommenheit geben, den zu ſeinen Zeiten auch entfernte Schrift - ſteller zu ſchaͤtzen wußten. Die deutſchen Oeko - nomen und Schriftſteller ſcheinen von der Zeit an die Griechen und Roͤmer und die Ueberſetzungen derſelben nicht mehr ſo zu achten, und dieſes iſt wahrſcheinlich die Urſache, daß ſie, ungeachtet ſie in der letztern Haͤlfte des 16ten Jahrhunders ſo oft gedruckt waren, ſich ſo ſehr verloren, und ſo ſeltengewor -
17Es machten ſich ſonderlich Aerzte und einige andere Gelehrte in Deutſchland, und vorzuͤglichzui)geworden, daß ſie itzt meiſt eine Seltenheit der Bucherſammlungen ſind. Sein Hausbuch war faſt im ganzen 17ten Jahrhunderte das Haupt - duch aller Landwirthe in Deutſchland und der Schweiz, und gab der Landwirthſchaft in dieſem Lande dadurch das rechte Leben. So wird z. B. in der Auflage von Rhagorius Pflanzgarten vom J. 1669 in der Vorrede S. 6 Coleri Buch als eine Quelle, woraus die ſchweizeriſchen Schrift - ſteller geſchoͤpft, angegeben, es heißt daſelbſt: „ Es iſt auch der Autor keinesweges uͤbergangen den ehrwuͤrdigen und wohlgelahrten M. Joh. Co - lerum, als den beruͤhmteſten bey den Deutſchen itziger Zeit, welcher mit großer Muͤhe und Arbeit ein maͤchtiges Opus oeconomicum, d. i. Haus - buch zuſamme getragen, ſo mehrmalen gedruckt worden. “ Es erſchien oͤfters in neuen[Ausgaben]; und unter andern auch 1680 unter folgendem ſehr weitlaͤuftigen Titel: Oeconomia ruralis et do - meſtica, darinn das ganze Amt aller treuen Haus - vaͤter und Hausmuͤtter, beſtaͤndiges und allgemei - meines Hausbuch vom Haushalten, vom Acker, Gar[t]en, Blumen und Feldbau begriffen, auch Wild und Vogelfang, Weidwerk, F[iſche]reyen, Viehzucht. Holzfaͤllung und ſonſt allem, was zur Beſtellung und Regierung eines wohlbeſtellten Meyerhofes, Laͤnderey, gemeinen Feld und Haus - weſens nuͤtzlich und vonnoͤthen ſeyn moͤchte. Samt beygefuͤgter einer experimentaliſchen Haus - apotheke und Vieharzneykunſt, wie denn auch ei - nes Calendarii perpetui. Dadurch und darin - nen man nicht allein Menſchen, Viehe, Blumen, Garten und Feldgewaͤchſe mit geringen unter derHuͤlfeB18zu Strasburg und Magdeburg, um die Oeko - nomie verdient; die oͤkonomiſche Litteratur kennt ſonderlich einen Sebitius, Herr, Marius, Heres - bach, Majus, Coler, Camerarius, Zwinger und Zechendoͤrfer. Einige andere behandelten blos einzelne Gegenſtaͤnde. k)D. Melchior Sebitii funfzehn Buͤcher von dem Feldbau und recht vollkommener Wohlbeſtellung eines bequemen Landſitzes, ſodann aus des Hrn. D. Georg Marii publicirten Gartenkunſt und fuͤr - ter des Hrn. Johann Figardi I. V. D. colligirten Feldbau, Rechten und Landſitzgerechtigkeiten hin - zugethan worden. Strasburg 1588. Figards
Zweytesi)Huͤlfe Gottes zu helfen, und vor Ungeziefer zu praͤſerviren und zu ſaͤubern, auch wie man nach der Influentiis des Geſtirnes, Sonne und Mon - des zu rechter Zeit zu duͤngen, ſaͤen, pflanzen, aͤrndten und zu bauen ſey, zu finden. Fuͤr aller - hand Kauf - und Handelsleute, auch Doctoren, Apotheker, Laboranten, Balbierer, Mahler, Gold - ſchmidte, Gaͤrtner, Viehhaͤndler, Jaͤger, Fiſcher, Vogler und alle, die mit Handel und Wandel umgehen, und ihre Geſchaͤffte, Nahrung und Ge - werbe treiben; hiebevor von M. Joh. Colero ꝛc. Frankf. am Mayn 1680. Fol. Theil I. 732 S. u. 8½ Bogen Regiſter. Theil II. 358 S. u. 10 S. Regiſter. Ioachimi Camerarii Opuſcula de re ruſtica, Norimb. 1577. noch eine andre Schrift von ihm ſ. in der Geſchichte der Viehzucht. Theodor Zwingeri methodus ruſtica Catonis et Varronis praeceptis aphoriſticis per locos communes digeſtis, Baſel. 1561. Zechendoͤrfer kommt auch in der Geſchichte der Viehzucht vor.
Bisher war die Oekonomie im Ganzen immer noch ein bloßer Gegenſtand fuͤr Privatper - ſonen und Gelehrte. Die Hoͤfe hatten ſie noch nicht der ſchuldigen Aufmerkſamkeit in ihrem gan - zen Umfange gewuͤrdiget; nur um einzelne Theile derſelben bekuͤmmerten ſie ſich, aber blos, weil ſie zu den Vergnuͤgungsarten der Zeiten gehoͤrten,B 2oderk)Figards I. V. D. colligirter Feldbau, Rechte und Landſitzgerechtigkeiten; ſcheint einer der erſten zu ſeyn, die an eine Oeconomiam forenſem dachten. D. Georg Marii Paralipomena et marginatica hortulanica, d. i. Gartenkunſt zum Feldbau an - gehoͤrig, in Abmerkung der Erfahrung wahrhaf - rig, was zum Feldbau und Haushalten in dieſem unſern deutſchen Vaterlande dienſtlich aufzubrin - gen fremde Gewaͤchs von Rosmarin und andern Baͤumen, auch wie man neue Wieſen ſoll anrich - ten, dabey mit Vieh zu unterhalten alles mit ſondern Fleiß erlernet und treulich beſchrieben Strasburg 1586. Fol. Von D. Conrad Heresbach Rei ruſticae libri IV. vniuerſam agriculturac diſciplinam continen - tes auctore Conrad. Heresbachio. Colon. Agrip. 1571. und nachher zu Speyer 1595. Pflanzbuch nebſt einer Bauernpraktika. 1574. Moller vom Sommerfeldbau 1383. Derſelbe vom Winterfeldbau 1383. Und ſo finden ſich verſchiedene andere Gelehrte in der Geſchichte der einzelnen Oekonomiegeſchaͤffte.20oder um ſie zu brauchen, wie ſie waren, ohne auf ihre Verbeſſerung zu denken, oder ſie wohl gar zu misbrauchen. Es gehoͤrt hierher vorzuͤglich, wie ich oben bemerkt habe, die Jagd und Vieh - zucht.
Aber nun erſchien der gluͤckliche Zeitpunkt fuͤr ſie in Sachſen und Deutſchland, und auch eini - germaßen in England, obgleich in dem letztern damals nur Handel, Manufakturen und Vieh - zucht vorzuͤglich befoͤrdert wurden: allein daß ſich die Regierung des Ackerbaues angenommen, faͤllt etwas ſpaͤter, ſo daß immer Sachſen und durch dieſes Deutſchland von dieſer Seite den Vorzug behaͤlt. Schon ein Albertus, der Stammvater des Durchl. Churfuͤrſtl. Hauſes, ſcheint vorzuͤg - lich die Statthalterſchaft in den Niederlanden, welche ihm Friedrich III. uͤbertrug, dazu benutzt zu haben, um die Landesoͤkonomie durch die Wirth - ſchaftsart derſelben zu verbeſſern, und auch in der Folge bey den unſeligen Kriegen in den nieder - laͤndiſchen Provinzen und den durch die Bedruͤ - ckungen veranlaßten Auswanderungen erhielt auch Sachſen verſchiedene Colonien. So baueten Kemberg und die daſige Gegend zuerſt Flaͤmin - ger aus Cambray an, und wahrſcheinlich ruͤhrt noch aus dieſen Zeiten der anſehnliche Hopfenbau dieſer Laͤndereyen her.
Auguſt, jener große Fuͤrſt, wurde ganz und weit nachdruͤcklicher ihr Beſchuͤtzer. Seine Ein - ſichten waren durch die Reformation in vielen be - richtiget, ſo wie uͤberhaupt Sachſen und anderedeutſche21deutſche Lande durch ſie aufgeklaͤrter wurden, ſo daß ſein Beyſpiel einen allgemeinen Einfluß ha - ben konnte. Von ſeinen Zeiten gilt mit Anwen - dung auf die Oekonomie, was Pope von der Epo - che Leo des zehnten in Anſehung der ſchoͤnen Kuͤn - ſte und Wiſſenſchaften ſagt: Sieh, wie in Auguſts goldnen Tagen Ceres aus ihrem Schlummer erwacht, den welken Aehrenkranz putzt, ihr Haupt froh erhebt, und den Moder abſchuͤttelt. Er bauete die Wohlfahrt ſeiner Laͤnder auf Grund - ſaͤulen, die noch dauern. Er befoͤrderte die Cul - tur der ſaͤchſiſchen Lande, veranſtaltete die An - bauung wuͤſter Plaͤtze, und bediente ſich hierzu vorzuͤglich des Mittels, daß er dieſelben in Erb - zins und Laßguͤther verwandelte, wovon wir haͤu - fige Beweiſe in den Aemtern finden, auch zeigen dieſes ſeine Geſetze, darinnen der Guͤther aus rau - her Wurzel, d. i. ſolcher, die aus ausgerotteten, buſchigten Wildniſſen entſtanden, oͤftere Erwaͤh - nung geſchiehet. Er wurde der Lehrer ſeines Volks in der Art das Land zu bauen, und die Guͤther gluͤcklich zu verwalten. Er ließ durch ſeinen Cammerpraͤſidenten, Abraham von Thums - hirn,l)Der Titel iſt: Oeconomica oder nothwendiger Unterricht und Anleitung, wie eine ganze Haus - haltung am nuͤtzlichſten und beſten kann angeſtellet werden ꝛc. Alles auf Anordnung Churfuͤrſten Au - guſtus Chriſtſel. Gedaͤchtniß durch einen Vorneh - men von Adel auf die Churfuͤrſtl. Vorwerke ge -ſtellet, zum Gebrauch fuͤr ſeine eignen VorwerkeB 3eine22eine ſchriftliche Anleitung zur Landwirthſchaft auf - ſetzen, und ob es gleich urſpruͤnglich fuͤr ſeine Cam - merguͤther beſtimmt aufgeſetzt war, wie aus der Ueberſchrift des Buchs erhellet, ſo konnten doch die Unterthanen nach dieſem Beyſpiele auch ihre Guͤther behandeln, zumal da ſie alsdenn gleich durch die Wirkung und gleichſam die beſtaͤtigten Verſuche ermuntert wurden. Auguſt ſelbſt hatte große Einſichten in die Oekonomie, und man hat nach einigen Nachrichten noch ein Werk uͤber die Haushaltungskunſt im Manuſcript, welches er ſelbſt aufgeſetzet hat. m)Hiervon finden ſich Nachrichten in D. Schre - bers Abhandlung von Cammerguͤtern, S. 59. in der Note a) Auch finden ſich aus dieſen Zeiten viele Wirthſchaftsbuͤcher, darunter ſonderlich das Arnimbſche aus dem ſechszehnten Jahrhunderte bekannt iſt. n)Von dem Arnimbſchen Manuſcript ſ. Beſchrei - bung der alten deutſchen Oekonomie und Came - ralweſens, S. 28.
Auguſt befoͤrderte durch weiſe Polizeygeſetze die Landwirthſchaft, und unterſtuͤtzte dadurch den Fleiß des Volks, und hob die Hinderniſſe, die ihm entgegenſtanden. Es zeigen hiervon viele Verordnungen, welche er in dieſer Ruͤckſicht er - gehen ließ. o)Es gehoͤren hieher die Forſt-Holz-Jagd - und Fiſchordnung. Die Forſt - und Holzordnung er -ſchienEr ſicherte die Guͤther ſeinesVolksl)ſtellet, itzo aufs neue in Druck verordnet durch Caſp. Jugelium. Frankf. und Leipz. in 4. 1704.23Volks fuͤr den Ueberſchwemmungen der Stroͤme, vorzuͤglich der Elbe. p)Es erſchien 1558 Ordnung, wie und welcherge - ſtalt die Daͤmme an der Elbe, die man Truhe nennt, beſtellt und gegen Uebergießung der Elbe gehalten werden ſollen.Er bemuͤhete ſich ſon - derlich unter einigen Hauptgeſchaͤfften der Oeko - nomie das gehoͤrige Verhaͤltniß zu beſtimmen, und ſie in daſſelbe zu ſetzen, und vorzuͤglich das gehoͤrige Verhaͤltniß des Viehſtands gegen die Fuͤtterung, wie dieſes ein ungenannter Verfaſſer im Leipz. Intelligenzblatt vom J. 1764 S. 142 angegeben, deſſen Worte folgende ſind: „ Sach - ſen hat ſchon ſeit geraumer Zeit ſeinen Ackerbau und ſeinen innern Nahrungsſtand in Aufnahme zu bringen praktiſch geſucht, und es iſt keine Kla - ge uͤber ein altes, ſondern vielmehr uͤber ein neues Verderben, wenn man itzt uͤber Vernachlaͤßigung deſſelben gegruͤndet klagen muß. Die Geſchich - te Churfuͤrſt Auguſts beweiſt dieſes ganz vorzuͤg - lich, und es waͤre der Muͤhe werth, dieſe Theile ſeiner Thaten, welche auf die Verbeſſerung des Nahrungsſtandes hauptſaͤchlich abzielten, beſon - ders zu unterſuchen, und die diesfaltigen Man - date wieder einzuſchaͤrfen. Vielleicht wuͤrde man, wenn dieſe nur in Ausuͤbung gebracht wuͤrden, wenig oder keine Neuerung brauchen. Nur ein wirthſchaftliches Hauptprincipium Churfuͤrſt Au - guſts zu erwaͤhnen, ſo ſetzte er in die ſaͤchſiſcheB 4Oeko -o)ſchien 1560. 1571 Mandat die gehegte Fiſcherey betreffend. 1575 Generalbeſtellung der Forſtbe - dienten.24Oekonomie ſeiner Zeiten einen vorzuͤglichen Vor - theil der Landwirthſchaft in die gehoͤrigen Ver - haͤltniſſe des Viehſtandes gegen die Fuͤtterung. Wuͤrde dies noch heut zu Tage beobachtet, und theils weniger Vieh gehalten, theils der Wieſen - und Futterbau zu deſſen beſſerer Unterhaltung mehr beſorgt, und nicht aller moͤgliche Boden, er ſey tragbar oder nicht, zum Getraide gemiß - brauchet, wie vortrefflich wuͤrde unſere Haushal - tung ſtehen. Es waͤre der Muͤhe werth, daß unſere Landsleute bey dem itzigen Viehmangel dieſes wieder zu lernen und einzuſehen anfiengen, daß ſie auch mit wenigem Vieh ihre Wirthſchaft gehoͤrig beſtreiten koͤnnten. “ Unter die vorzuͤgli - chen Anſtalten des großen Churfuͤrſt Auguſts ge - hoͤrt auch die folgende, daß die im Lande beſtaͤn - dig herumreiſenden churfuͤrſtlichen Verwalter nicht allein auf die churfuͤrſtlichen Vorwerke, ſondern auch auf Privathaushaltungen Acht haben, die Maͤngel und Gebrechen davon anzeigen, die Land - leute eines beſſern unterrichten, und auf die Be - folgung ſehen mußten. Fanden ſie Nachlaͤßigkeit, ſo wurde ſie beſtraft.
Aber nicht allein um die eigentliche Oekonomie, ſondern auch um die Huͤlfswiſſenſchaften machte er ſich verdient. Er ſtiſtete im J. 1580 die Prof. der Botanik zu Leipzig, und wies ihr einen bo - taniſchen Garten an. Eben dieſes Jahr war fuͤr die Politik guͤnſtig, indem ſie einen Lehrer zu Leipzig erhielt.
Sein25Sein Beyſpiel wirkte auch in vielen uͤbrigen Reichslanden und bey andern deutſchen Fuͤrſten, denn es fanden ſich um dieſe Zeiten viele Ver - beſſerungen in dem Oekonomieweſen der Laͤnder,q)Man ſehe hiervon den Schuppius in ſeinem Re - gentenſpiegel; ingleichen die ſaͤchſiſchen Merkwuͤr - digkeiten S. 818. die theils durch einzelne Verordnungen, theils durch Landesordnungen, welche einige Ruͤckſicht auf den Landbau nahmen, gemacht wurden. Es gehoͤren hieher die brandenburgiſchen, wuͤrtem - bergiſchen, pommeriſchen, braunſchweigiſchen, hennebergiſchen und oͤſterreichiſchen Lande. Hier - zu kam noch, daß ſeit dieſen Zeiten vorzuͤglich die Staͤnde in den Reichslaͤndern dieſe Gegenſtaͤnde mit auf die Landtage zogen, und darauf aufmerk - ſamer wurden. r)Wie die Staͤnde dergleichen Dinge fuͤr die Lan - desverſammlungen gezogen, beweiſen die Land - tagsabſchiede, die Beſchwerden, die Abſtellungen der Landesgebrechen, und Moſer in ſeinen Schrif - ten von der Landeshoheit in Steuern, in Cam - mern, in Polizeyſachen hat viele Beyſpiele ange - fuͤhrt.
Die Folgen zeigten ſich auch noch mehr dar - innen, daß die Gelehrtens)Ich habe ſchon oben die meiſten Schriftſteller uͤberhaupt angefuͤhrt; die, welche uͤber einzelne Geſchaͤffte geſchrieben, ſollen bey jedem einzelnen Geſchaͤfft folgen. So finden ſich viele Schrift - ſteller uͤber die Viehzucht, Weinbau - Gartenbau, Jagd und Fiſcherey, Bergwerksweſen ꝛc. ſie mehr bearbeiteten, und wir in dieſen Zeiten, naͤmlich gegen das En -B 5de26de des ſechszehnten Jahrhunderts, weit mehrere Schriftſteller in der Oekonomie, als vorher fin - den. Faſt alle Gegenſtaͤnde und Theile derſelben fanden dergleichen. Man beſchaͤfftigte ſich nicht blos mit der Privatoͤkonomie, ſondern auch mit der Staatswirthſchaft.
Der Wohlſtand der ſaͤchſiſchen Lande in den damaligen Zeiten zeigte ſich einigermaßen durch die Kleiderpracht, ge〈…〉〈…〉 n welche die ſaͤchſiſchen Fuͤrſten ſtets zu kaͤmpfen hatten, um ſie, ſo viel es der Klugheit gemaͤß war, einzuſchraͤnken. t)Churfuͤrſt Auguſt klagt in verſchiedenen Geſetzen und auch in ſeinen Polizeyverordnungen uͤber die Pracht, und namentlich uͤber den pludrichen Ho - ſenteufel; eben ſo uͤber den uͤbermaͤßigen Staat der Frauenzimmer, daß ſie faſt uͤber zwey und drey Jahr neue Pracht aufbraͤchten.
Der verderbliche dreyßigjaͤhrige Krieg machte keine geringe Veraͤnderung in dem deutſchen Oe - konomieweſen, viele Gegenden wurden durch Ver - heerung die traurigſten Denkmaͤler von ihm, viele Gewerbe wichen aus einem Lande in das andere, und oͤfters mit ihnen die Bau und Erzielung der zu denſelben erforderlichen Naturprodukte; ſo ver - lor Pommern meiſt ſeinen gluͤcklichen Oekonomie - zuſtand, viele Gewerbe, ſonderlich Manufakturen, fluͤchteten ſich nach Sachſen und andern Gegen - den. Um deſto mehr waren die deutſchen Fuͤr - ſten genoͤthiget, darauf zu denken, die veroͤdeten Laͤnder wieder anzubauen und zu bevoͤlkern, die Gewerbe wieder in Gang zu bringen, und denNach -27Nachkommen das traurige Andenken zu entzie - hen; wir finden daher um dieſe Zeiten viel Er - munterungen zu Anbau der Laͤndereyen. So er - ſchien in Sachſen 1649 ein Befehl die Erlaſſung der alten reſtirenden Gefaͤlle und auf wuͤſten Guͤ - thern liegender Hufengelder betreffend; ingleichen 1650 wegen der Ertheilung des Buͤrgerrechts an die ſich niederlaſſenden, und ein anderweitiger Befehl wegen Erlaſſung der alten reſtirenden Ge - faͤlle auf wuͤſten Guͤtern; im J. 1659 zwey ver - ſchiedene Reſolutionen wegen Wiederasfbauung des Landes, wie auch im Jahr 1661. Man benutzte damals vorzuͤglich in Sachſen die Fehler der oͤſterreichiſchen Regierung in Boͤhmen, da - her viele Staͤdte in dem ſaͤchſiſchen Erzgebirge und der Lauſitz ihren Urſprung den fluͤchtigen Boͤh - men zu danken haben.
Waͤren die Bemuͤhungen um die Oekonomie in Deutſchland und vorzuͤglich in Sachſen ſo fort - gegangen, ſo haͤtten die Deutſchen hierinne un - ſtreitig vor allen Nationen einen Vorzug erhalten, und die Lehrer derſelben in der Landwirthſchaft bleiben koͤnnen. Wiewohl nicht zu laͤugnen, daß man in Sachſen noch ſehr an die Landwirthſchaft von Seiten der Regierung dachte, ſo wohl in den churſaͤchſiſchen als herzoglichen Laͤndern finden ſich in den Geſetzen des ſiebenzehnten Jahrhunderts Beweiſe hiervon. Vorzuͤglich aber bemuͤhete ſich der fromme und weiſe Herzog Ernſt mit ſei - nem großen Miniſter, dem von Seckendorf. Er erkannte den Werth oͤkonomiſcher und camerali -ſtiſcher28ſtiſcher Reiſen, und die Vortheile, welche ſie bey der Verbeſſerung der einheimiſchen Verfaſſung haben koͤnnen. Er ſchickte deshalb in Aemtern ſitzende Bediente auf Reiſen, damit ſie ſich mit denen bekannt machen ſollten, die die Haushal - tung wohl verſtuͤnden, und ließ ſie, wenn ſie zu - ruͤckkamen, ihre erlangte Wiſſenſchaft ausuͤben. u)S. Tenzels monatliche Unterredungen vom J. 1704. S. 823.Er ſelbſt hatte große Einſichten in dieſen Wiſſen - ſchaften und Gegenſtaͤnden, und legte groͤßten - theils ſelbſt den Grund zu der beruͤhmten Fuͤrſten - ſtaat des Hrn. von Seckendorfs. Allein man lenkte doch die Sorge mehr auf die Cammer und Cammerſachen, wozu die deutſchen Fuͤrſten ſich theils durch das Beyſpiel Frankreichs verfuͤhren ließen, theils aber auch durch die Zeitumſtaͤnde gezwungen wurden. Deutſchland ward durch die Religionsſpaltung in haͤufige Kriege verwickelt, bey denen man die goldenen Fruͤchte des Friedens vergaß. Durch die Aufklaͤrung der Zeiten wur - de die Regierung zuſammengeſetzter, welches bey der damaligen Verfaſſung auch einen groͤßern Ca - meralaufwand verurſachte. Die Pracht und Verſchwendung, welche taͤglich zunahm, da die weſtindiſchen Reichthuͤmer ſich nunmehr auch in Deutſchland verbreiteten, die veraͤnderte Kriegs - art, welche große Heere forderte, alles trug dazu bey, daß die Caſſen erſchoͤpft, und die Fuͤrſten genoͤthiget wurden, auf Vermehrung und beſſere Benutzung der Cammereinkuͤnfte zu denken. Nur29Nur haͤtte man dabey nicht vergeſſen ſollen, daß dieſe am ſicherſten in einer wohl eingerichteten Privatoͤkonomie gegruͤndet waͤren.
Das im ſiebenzehenten Jahrhunderte vorzuͤg - lich durch franzoͤſiſche Staatsfehler von neuem in Deutſchland, beſonders in dem niedern Germa - nien, wieder emporkommenden Manufakturſyſtem, (denn in den aͤltern Zeiten hatten die Manufak - turen in Deutſchland, beſonders dem obern, vor allen andern Landen gebluͤhet,) befoͤrderte einiger - maßen mit den Ackerbau und die Landwirthſchaft; ſo wie auch ſelbſt das Cameralweſen in ſo fern gewiſſe Nahrungsgeſchaͤffte auch ein Gegenſtand fuͤr die Cammer ſind; z. B. die Forſtwirthſchaft, Jagd, Bergbau. Wir finden daher in dieſen Zeiten haͤufige Forſt - und Bergwerksordnungen,v)S. die Geſchichte der Holzcultur; ingleichen die Geſchichte des Cameralweſens. worinnen, ſonderlich in den erſtern, auch immer die Unterthanen zu einer beſſern Wirthſchaft und Cultur angewieſen und genoͤthiget werden, da die Waldungen derſelben haͤufig mit den fuͤrſtlichen graͤnzen, und man uͤberhaupt eine Aufſicht des Fuͤrſten uͤber alle Landeswaldungen, vermoͤge des ihm zuſtehenden Forſtregals und deren daher ihm zufließenden Einkuͤnfte, vorzuͤglich aber bey denen von ihm verliehenen Forſten und Waͤldern an - nahm. Eben dieſes gilt von der Jagd, Fiſche - rey, und einigen andern Nahrungsgeſchaͤfften, welche zugleich als Regalien fuͤr die Cammer ge - hoͤrten.
So30So weit giengen die Hoͤfe; die Gelehrten im 17ten Jahrhundert beſchaͤfftigten ſich um deſto mehr damit, da die Oekonomie einmal unter ih - re Beſchaͤfftigungen aufgenommen war; und vor - zuͤglich die Huͤlfswiſſenſchaften derſelben, die Na - turgeſchichte und Naturlehre, welche damals noch haͤufig mit einander behandelt wurden, empor ka - men. Die Mathematik fieng an zu ſteigen, und erhielt große Geiſter, ſonderlich die Mechanik. Die Chemie bekam auf Univerſitaͤten ihr verdien - tes Anſehen wieder, das ihr bisher haͤufig der Aberglaube entzogen hatte,x)So hatte man in den vorigen Zeiten im achten Jahrhunderte den Vergilius verbrannt, weil er Gegenfuͤßler glaubte; der Albert us Magnus wur - de wegen ſeines im Winter gruͤnenden Gartens verurtheilt. Die Chemie und Mechanik war vor - her unter die artes illiberales gerechnet. obgleich nicht zu laͤugnen, daß ſie Auguſt ſchon beguͤnſtiget, da er ſich ſelbſt damit beſchaͤfftiget haben ſoll; und die Sage redet ſogar von Alchymie. Auch hierin - nen hat Sachſen vorzuͤgliche Verdienſte; indem Daniel Sennert,y)Von Daniel Sennert ſ. Bruckers philoſophiſche Hiſtorie, VII. 734. ein beruͤhmter Profeſſor zu Wittenberg, die Chemie zuerſt auf den deutſchen Univerſitaͤten einfuͤhrte. Eben dieſer war in Deutſchland der erſte, der den Ariſtoteles in der Naturlehre verließ, und eklektiſch philoſophirte.
Die Gelehrten beſchaͤfftigten ſich auch haͤufi - ger mit den Staatswiſſenſchaften, je mehr die zuſammengeſetztere Regierung ſie dazu veranlaßte,und31und ſahen dadurch immer mehr die Wichtigkeit der Oekonomie ein. Alles dieſes wirkte zur Ver - vollkommung der Oekonomie, und daher kommt es unſtreitig, daß man in den oͤkonomiſchen Schrif - ten des ſiebenzehnten Jahrhunderts mehr Voll - kommenheit und eigenes Denken findet, als in denen aus dem ſechszehnten, wo man meiſtens nur aus den Alten die Grundſaͤtze ohne genugſa - me Ruͤckſicht auf Clima, Landesbeſchaffenheit, und andere Umſtaͤnde, beſchrieb, oder auch ſie blos uͤberſetzte. z)Ich will hier nur die Namen der deutſchen be - kannteſten Oekonomen des 17ten Jahrhunders an - fuͤhren, wo ſie der Hr. von Rohr, Zink und Schre - ber in ihren Schriften geſammelt. Von der Land - wirthſchaft uͤberhaupt ſchrieben in Deutſchland Albrecht Aldrovandus von der Au, J. A. Beck, Bernard Blaſius, Boͤkler, Boͤhme, Buchholz, Co - ler, Coͤſius, Faulhofer, Fiſcher, Fugger, Furten - bach, Groͤn, Gruͤmel, Hering, von Hohberg, Hohn - dorf, Hohlbach, J. B. Horn, Junghans, Kircher, Kraͤutermann, Krebs, Laurenberg, Lohmann, Loͤhn - eiſen, Montanus, Orſchalk, Pinter, Roͤßler, Sach - ſe, von Schoͤnberg, C. C. Schindler, Schreiber, von Seckendorf, von Soleyſel, Spahn, Taͤnzer, Toͤlden, J. Walter, Winter, Wuͤndſch.Die Gelehrten dachten itzt darauf, die Oekonomie in ein Syſtem zu bringen, vorzuͤglich Kekermann, Richter, Berkringer; denn obgleich Rohr, Thomaſius, Dithmar und Zink behaupten, ſie haͤtten es abzulehnen geſucht, ſo bezeugen es doch ihre Werke;a)Bartholomaͤus Kekermanns zu Danzig Syſtema Oeconomiae. Eiusd. Syſtema Politicae. GeorgRichters auch wuͤnſch -ten32ten viele Gelehrte, ſie auf den Univerſitaͤten zu ſehen, ich darf nur die Beyſpiele eines Morhof, Beckmann, Doͤhlers anfuͤhren, welche Hr. von Rohr in ſeiner Haushaltungsbibliothek C. I. §. 24. anfuͤhrt. Allein es blieb immer bey dem Wuͤn - ſchen. Selbſt die Rechtsgelehrten fiengen an, wegen der Anwendung der Rechte auf die oͤkono - miſchen Gegenſtaͤnde, ſich bekannter mit ihr zu machen; in dieſe Zeiten faͤllt alſo der eigentliche Urſprung von der ſogenannten Oeconomia fo - renſi,b)Das aͤlteſte Buch uͤber die gerichtl. Oekonomie ſcheint das oben angefuͤhrte aus dem 16ten Jahr - hunderte. Figart colligirte Feldbaurechte und Landſitzgerechtigkeiten. ſ. oben not. k) In den 17ten Jahrhunderte aber finden ſich mehrere Schriften hieruͤber. Es gehoͤren hieher die Schrif - ten eines Beſold, A. Beier, Bodinus, Brunne - mann, Bruͤckner, Carpzov, Eyben, Feldmann, Frenzlius, Frieſe, Fritſch, Gryphiander, Hertius, Hakmann, Horpprecht, Kaſpelherr, Leyſer, Ludwich Noe Mauerer, Marquard, Martini, Maͤvius, Muͤller, Oettinger, Jac Otto, Philippi, Rhetius, Schilter, Schoͤpfer, Schroͤter, Stryk, Struv, Speidel, Tabor, Thomaſius, Wildvogel. obgleich ſchon vorher ſich manche Spu - ren davon finden, vorzuͤglich Figard, u. a.
Oba)Richters zu Goͤrlitz Axiomata oeconomico po - litica. Daniel Berkringers zu Leyden Inſtitutio - nes oeconomicae diductico problematicae; unter denen noch Kekermann am ertraͤglichſten, obgleich immer noch mittelmaͤßig iſt.
33Ob alſo gleich die Hoͤfe fuͤr die eigentliche Oe - konomie nicht mehr unmittelbar ſo aufmerkſam ſorgten, wie ein Auguſt, ſo befoͤrderten ſie doch mittelbar dieſelbe ſelbſt durch das veraͤnderte Sy - ſtem, da ſie ſtatt der Landwirthſchaft die Manu - fakturen und den Handel mehr beguͤnſtigten. Dieſe vermehrten die Abnahme und den Ver - brauch der Erdfruͤchte; ſie mehrten die Zuberei - tung und Benutzungsarten, und erhoͤheten da - durch den Werth derſelben und der Guͤther. Hierzu kam, daß die Polizey die Bevoͤlkerung zu mehren ſich bemuͤhete, und daher die Wiederan - bauung der durch den dreyßigjaͤhrigen Krieg ver - wuͤſteten Gegenden und Orte befoͤrderte. Um den Stand, der ſich mit dem Pfluge beſchaͤfftiget, um den Bauernſtand nicht ſo ſchwaͤchen zu laſſen, und vorzuͤglich auch allerhand Unordnungen in dem Steuerweſen vorzubeugen, verordnete Jo - hann Georg, daß Bauerguͤther wieder an Bauern kommen ſollten,c)Die Verordnung erſchien 1623. damit nicht durch Auskaufun - gen dieſer Stand ſo viele Guͤter verloͤre. Aehn - liche Verordnungen finden wir in dem Branden - burgiſchen, wo der weiſe Churfuͤrſt Friedrich Wil - helm, den ſeine Verdienſte und die Jahrbuͤcher unter dem Namen des Großen verewigen, alle ſeine Bemuͤhungen auf Anſtalten verwendete, die zum Wohl und zur Cultur ſeiner Lande dienten. Und faſt alle uͤbrigen Reichsſtaͤnde, vorzuͤglich der Herzog von Gotha, der fromme und weiſe Ernſt,undC34und in der Pfalz und Bayern that man ein gleiches.
So weit war man bis zu Anfange dieſes Jahrhunderts in Deutſchland; als auf einmal die Oekonomie den Lehrſtuhl auf den deutſchen Univerſitaͤten beſtieg, und unter die Univerſitaͤts - wiſſenſchaften aufgenommen wurde. Denn ob - gleich ſchon mehr dergleichen Wuͤnſche und Vor - ſchlaͤge von Morhof, Beckmann und Doͤhler im ſiebenzehnten Jahrhunderte geſchehen waren, die Oekonomie oͤffentlich zu lehren,d)S. des Hrn. von Rohr Haushaltungsbibliothek C. I. §. 24. ſo war es doch nicht ſo weit gekommen; vielleicht weil die Fuͤr - ſten die eigentliche Privatoͤkonomie nicht mehr ſo achteten, und die Cameral - und Staatswirth - ſchaft zu ſehr als Staatsgeheimniſſe anſahen, welche nicht oͤffentlich gelehrt werden duͤrften; und weil man auch das Vorurtheil zu lebhaft hatte, daß man die Oekonomie als eine praktiſche Wiſſen - ſchaft blos der Erfahrung und Ausuͤbung uͤber - laſſen muͤßte, und nicht auf Grundſaͤtze bringen koͤnne; vorzuͤglich aber auch, weil die Univerſitaͤten noch zu ſehr abgeneigt waren, eine Wiſſenſchaft auf ihren Lehrſtuͤhlen zu ſehen, mit der ſich der Niedrige im Volk, der Landmann, beſchaͤff - tigte. e)v. Rohr, Thomaſius, Dithmar und Zink haben es in ihren Schriften angemerkt, wie die Gelehr - ten des 17ten Jahrhunderts es zu vermeiden ge - ſucht, die Oekonomie wiſſenſchaftlich zu behandeln,in
Endlich35Endlich erſchien Chriſtian Thomaſius, ein zweyter Luther in der Vernunft, und durchdrang die Vorurtheile. Er fieng an die Oekonomie zu Halle oͤffentlich zu lehren,f)Thomaſius ſcheint der erſte zu ſeyn, der auf Uni - verſitaͤten die Cameralwiſſenſchaften vorgetragen, alſo doch noch nicht die eigentliche Oekonomie be - ſonders, ſondern nur bey Gelegenheit die Cameral - wiſſenſchaften. Der Hr. von Ludwich erwaͤhnt dieſe Thomaſiuſiſchen Vorleſungen in der Nach - richt von der neuerrichteten Cameralprofeßion zu Halle S. 156. und erfuͤllete dadurch ſelbſt ſeinen Wunſch, den er in ſeinen Cautelen der Rechtsgelahrheit im 17ten Kap. §. 1. geaͤu - ßert. Er waͤhlte zu ſeinen Vorleſungen des wuͤr - digen und großen Miniſters von Seckendorfs Fuͤr - ſtenſtaat, welchen derſelbige ſchon in der erſten Haͤlfte des ſiebenzehnten Jahrhunderts zum Un - terricht fuͤr einen Herzogl. Gothaiſchen Prinzen geſchrieben. Ihm folgte Ludwich uͤber eben die - ſes Buch nach, und zu Leipzig auch Frankenſtein. Alles waren nur Privatbemuͤhungen denkender Gelehrten, die ſich uͤber die Vorurtheile hinweg - ſetzten. Thomaſius aber war nicht blos zufrieden, durch Privatbemuͤhungen die Oekonomie zu erhe - ben; er fuͤhrte ſie bis zu dem Throne ſeines Koͤ - nigs, der, ob er gleich nicht der groͤßte Staats - wirth war, doch hierinnen fuͤr die allgemeine Staatswirthſchaft ſehr weislich ſorgte, und em - pfahl ſie ſeinem Schutze. Dieſer große KoͤnigC 2errich -e)in ein Syſtem zu bringen, und auf Univerſitaͤten zu lehren36errichtete zuerſt im J. 1727 auf ſeinen beyden Univerſitaͤten zu Halle und Frankfurt an der Oder die erſten Profeßionen fuͤr die Oekonomie, Poli - zey und Cameralwiſſenſchaften. g)Die Errichtungsurkunde wegen Halle findet ſich in Gaßers Einleitung in die Cameralwiſſenſchaft; ſo wie die wegen Frankfurt an der Oder in Dith - mars Einleitung ꝛc.Zu Halle be - ſtellte er den geheimden Rath Gaßer, zu Frank - furt an der Oder den Prof. Dithmar, welche ſich beyde nicht nur durch oͤffentlichen Vortrag, ſon - dern auch durch Lehrbuͤcher um die Oekonomie verdient zu machen ſuchten. Der Koͤnig erklaͤrte dem erſtern ſeine Abſichten bey Errichtung dieſes Lehrſtuhls muͤndlich, und Gaßer ruͤhmt dieſe Er - klaͤrung ſelbſt in ſeinem Vorbericht als die erſte Grundlage des Cameral Collegiums. h)Die hieher gehoͤrige Stelle findet ſich in dem Gaßeriſchen Lehrbuch. S. 7.Der Koͤnig ſelbſt ließ ſich von ihm einige Kapitel und Erinnerungen uͤber die bisherigen Lehrbuͤcher auf - ſetzen, und zugleich einen Plan, wornach Gaßer arbeiten wolle, und genehmigte den letztern. In dem Reſcript an die Univerſitaͤt Halle aͤußert die - ſer weiſe Fuͤrſt: man werde bey Befoͤrderung der Landeskinder auf dieſe Wiſſenſchaft und die Kennt - niſſe derſelben ſehen; und eben dieſes findet ſich auch in dem Reſcript wegen der Prof. zu Frank - furt an der Oder, welches in Dithmars Einlei - tung befindlich iſt.
Jenem37Jenem großen Beyſpiele folgte bald der da - mals in Schweden regierende glorwuͤrdige Koͤnig Friedrich nach, welcher als Herzog von Pommern auf der Univerſitaͤt Rinteln 1730 fuͤr die Oeko - nomie eine Profeßion errichtete, und dieſelbe mit dem Hrn. D. Fuͤrſtenau beſetzte. Zu Leipzig hatte ſchon in dem erſten Theile dieſes Jahrhun - derts Frankenſtein die Oekonomie und Cameral - wiſſenſchaft nach dem Beyſpiel des Thomaſius und von Ludwich gelehrt, nach ihm trat 1742 der Hr. Hofr. Zink auf, und lehrte durch oͤffent - lichen Unterricht und Schriften; nur wenige ha - ben vielleicht mit gleichem Gluͤck gearbeitet, und noch weit weniger mit mehrerm, da er zugleich Oekonom und Cameraliſt, Rechtsgelehrter und Philoſoph war. Seine gruͤndlichen Schriften machen ſeinen Namen fuͤr die Oekonomie und Ca - meralwiſſenſchaften unvergeßlich. Deutſchland hat ſeine meiſten guten Cameraliſten, und vielleicht viele gute Einrichtung in dem Cameral - und Po - lizeyweſen dieſem verdienſtvollen Manne zu dan - ken. Sein Ruhm entzog ihn Leipzig zu bald, indem er 1745 von des Herzogs zu Braunſchweig Durchl. nach Helmſtaͤdt berufen, und beſonders zum Lehrer der Cameralwiſſenſchaft an dem Ca - rolino zu Braunſchweig auserſehen wurde. Leip - zig fuͤhlte ſeinen Verluſt lange, da auf den Lehr - ſtuͤhlen daſelbſt die Oekonomie viele Jahre ver - ſtummte. In dem Oeſterreichiſchen dachte man 1752 an die Oekonomie, und errichtete[fuͤr] dieſel - be bey dem Thereſiencollegium eine Proſeßion,C 3welche38welche der Hr. von Juſti erhielt; und 1763 ge - ſchahe ein gleiches bey der hohen Schule zu Wien in der Perſon des Hrn. von Sonnenfels, da den 21ſten November die oͤkonomiſchen Vorleſungen in dem Hoͤrſaale, wo die canoniſchen Rechte ge - lehrt werden, ihren Anfang nahmen. Die Berg - werkswiſſenſchaft erhielt 1763 ein Lehramt zu Prag,[und] eben daſelbſt die Oekonomie 1766. Der Bergbau zu Schemnitz eine Akademie. Zu Goͤttingen wurde gleich bey Errichtung der Uni - verſitaͤt Penther und nachher Meyer zu Lehrern der Oekonomie ernannt, welche aber nie geleſen, bis es endlich dem Hrn. von Juſti 1755 aufge - tragen wurde, welcher aber 1757 Goͤttingen wie - der verließ, und ſeitdem war die Profeßion eine Zeit lang unbeſetzt. Hier hat der Prof. der Oe - konomie einen oͤkonomiſchen Garten, wo er ſeine Wiſſenſchaft durch Verſuche bereichern, oder den ſchon bekannten mehrere Gewißheit geben kann; die Cammer zu Hannover beſorgte ihm eine Sammlung der Erden, vorzuͤglich der Mergel - arten, aus den deutſchen koͤnigl. Erblanden. [Jetzt] bekleidet ſie der durch ſeine Schriften und ausge - breiteten Einſichten in die Oekonomie bekannte Hr. Prof. Beckmann. Erfurt erhielt ſeinen er - ſten Lehrer der Oekonomie in der Perſon des Hrn. D. Benjamin Gottfried Hommel. i)Er trat ſie mit einer Abhandlung an: De vtili ac neceſſaria rerum oeconomico politico Ca. meralium cum ſtudio iuris in academia con - iunctione. Es wurdedaſelbſt39daſelbſt auch ein ordentlicher Lehrer der Staats - und Finanzwiſſenſchaft beſtellet, und Hr. Hade - lich lehrte neuerlich daſelbſt die Oekonomie. Zu Buͤtzow geſchahe dergleichen 1760, man berief dazu den wuͤrdigen D. Schreber von Halle, wo er die Cameralwiſſenſchaften bisher gelehret. Schon 13 Jahr vorher hatte zu Roſtock vermoͤge des Schmidtiſchen Vermaͤchtniſſes dergleichen er - richtet werden ſollen, welches aber vereitelt wurde. Im J. 1765 erfolgte dergleichen auch zu Leipzig, wozu man den D. Schreber aus Buͤtzow berief; und nach deſſen erfolgten Tode wurde dieſelbe durch Hrn. Prof. Leſke, den die Naturforſcher als einen gruͤndlichen Schriftſteller kennen, beſetzt; und im J. 1770 zu Erlangen in der Perſon des Hrn. Hofr. Schreber. Auch zu Kiel iſt eine Profeßion der Oekonomie, welche Hr. Fabricius bekleidet. Zu Bruͤnn in Maͤhren wurden dieſe Wiſſenſchaf - ten von einem oͤffentlichen Lehrer der politiſchen Wiſſenſchaften gelehret. Zu Tyrnau in Ungarn hat die Oekonomie und Naturgeſchichte ihren oͤffentlichen Lehrer in der Perſon des Hrn. Mit - terbacher ſeit dem J. 1777, ſo wie die Technolo - gie und die politiſchen Wiſſenſchaften. Zu Linz in dem Lande ob der Ens findet ſich ein Lehrſtuhl der politiſchen Wiſſenſchaften, der ſeit 1771 mit dem Hrn. Ignaz de Luca beſetzt iſt. Außer die - ſem bemuͤheten ſich auch Privatgelehrte, die Oe - konomie in die Hoͤrſaͤle einzufuͤhren. Der Hr. geheime Rath Daries that dieſes zu Jena, undC 4nachher40nachher auch wahrſcheinlich zu Frankfurt, ſo wie Hr. Prof. Titius zu Wittenberg.
Man that in Deutſchland noch mehr fuͤr die Oekonomie. Schon laͤngſt hatte Hr. D. Schre - ber im Xten Theile ſeiner erſten Sammlung oͤko - nomiſcher Schriften S. 417. einen Entwurf zu einer Akademie der oͤkonomiſchen Wiſſenſchaften mitgetheilet,k)Er ſelbſt, mein wuͤrdiger Lehrer, wendete viele Privatbemuͤhungen an, ein gewiſſes Stifft ohn - weit Weißenfels zu dieſem Zwecke zu beſtimmen; allein zufaͤllige Umſtaͤnde und endlich ſein Tod hinderten die Ausfuͤhrung. und Hr. Hofr. von Griesheim in ſeinen Beytraͤgen zur Aufnahme des bluͤhenden Wohlſtandes der Staaten im IIten und IIIten Stuͤck vorgeſchlagen, auf Univerſitaͤten eine fuͤnfte Facultaͤt fuͤr die oͤkonomiſchen Wiſſenſchaften zu errichten. Eine ſolche oͤkonomiſche Akademie oder Facultaͤt ſollte nach dieſen Planen ſich nicht nur mit allen Theilen der oͤkonomiſchen Wiſſenſchaf - ten ſowohl der Land - als Stadtwirthſchaft theo - retiſch und ausuͤbend, mit der Polizey - und Ca - meralwiſſenſchaft in ihrem ganzen Umfang, nicht weniger mit den Huͤlfswiſſenſchaften in der An - wendung auf die Oekonomie beſchaͤfftigen. Der Schreberiſche Vorſchlag blieb nicht unbenutzt; in der Pfalz veranſtaltete der verdienſtvolle Hr. Hofr. Medikus die Cameralakademie zu Lautern,l)Die Einrichtung dieſer Cameral hohen Schule erhellet aus folgender Schrift: Plan der hohen Cameralſchule, welche mit churfuͤrſtl. gnaͤdigſterErlaub - derHof41Hof unterſtuͤtzte ihn nachdruͤcklich, und wies ihm ein und andres Gut zu Verſuchen an; die Aka - demie ſelbſt wurde den dritten October 1774 er - oͤffnet, und erhielt im J. 1779 im Junius den Namen Cameral hohe Schule. Zu Gießen wur - de der Griesheimiſche Vorſchlag ausgefuͤhrt, und vermoͤge eines Reſcripts vom 23ſten April 1777 eine oͤkonomiſche Facultaͤt errichtet, welche ſich ſo wohl mit der Landwirthſchaft beſchaͤfftiget als mit den Huͤlfsdiſciplinen. m)Die beſte Nachricht von der Errichtung und Verfaſſung dieſer Facultaͤt giebt Hr. Schlettwein in der Grundverfaſſung der neu errichteten oͤko - nomiſchen Facultaͤt zu Gießen, auf hohen Befehl herausgegeben von J. A. Schlettwein, in 4. Zu Profeſſoren bey derſelben ſind bey der Errichtung beſtellet:Hr. Regierungsrath Schlettwein als Prof. der Politik, Cameral - und Finanzwiſſenſchaften.Hr. Prof. Breitenſtein als Prof. der Landwirth - ſchaft und des Rechnungsweſens.Hr. Prof. Baumer als Prof. der Chemie und Mineralogie.Hr. Prof. Cartheuſer als Prof. der Phyſik, Bo - tanik und Bergwerkskunde.Hr.Im Anfange des Jah -C 5resl)Erlaubniß den 3ten October 1774 eroͤffnet wurde, von der churpfaͤlziſchen oͤkonomiſchen Geſellſchaft zu Lautern herausgegeben, zweyte Auflage. Es gehoͤren hieher auch die Briefe uͤber die Cameral - akademie zu Lautern, die theils in dem deutſchen Merkur vom J. 1777 ſtehen, wo die vier erſten befindlich ſind; der fuͤnfte aber ſtehet in den Ephe - meriden der Menſchheit vom J. 1778. St. 2. S. 49.42res 1778 wurde zu Wien nach einem neuen Plane der Grund zu einem vollſtaͤndigen theoretiſch prak - tiſchen Unterricht in der Landwirthſchaft gelegt, Hr. von Zahlheim machte den 3ten Januar den Anfang mit den Vorleſungen. Die Oekonomie ſelbſt, ſo wie auch die Huͤlfswiſſenſchaften, die Botanik, Naturgeſchichte, Phyſik, Groͤßenlehre, Chemie, Mechanik, ſo weit ſie einem Landwirth noͤthig ſind, nebſt einem Theile der Vieharzeney - und oͤkonomiſchen Rechenkunſt, und die oͤſterrei - chiſchen auf die Oekonomie ſich beziehenden Rechte werden von den Kaiſerl. Koͤnigl. Profeſſoren an der Univerſitaͤt in abwechſelnden Stunden deutſch vorgetragen, den praktiſchen Unterricht aber ver - ſchob man bis zum Anfang des Fruͤhjahres.
Die wichtigſte Oekonomieepoche, die bey allen dieſen bisherigen Anſtalten den Anfang mach - te, war der Zeitpunkt nach dem oͤſterreichiſchen Succeſſionskriege. Bisher hatte vorzuͤglich Eng - land faſt ein Jahrhundert hindurch die großen Vortheile des bluͤhenden Ackerbaues benutzt, wel - che Deutſchland nicht weniger haͤtte genießen koͤn - nen, wenn es ſo fortgefahren waͤre, wie ihm Sach - ſen den Weg zeigte. Deutſchland war zu Ende des vorigen Jahrhunderts und auch noch im An - fang des itzigen durch das franzoͤſiſche Finanz - und Manufakturſyſtem von dem Landwirthſchafts - ſyſtem entfernt worden; allein nun lebte und ath -metem)Hr. Prof. Boͤhme als Prof. der buͤrgerlichen Baukunſt.Hr. Hofr. Diez als Prof. der Vieharzeneykunde.43mete auf einmal alles in oͤkonomiſchen Beſchaͤffti - gungen; alles ſprach von Oekonomie. Zudem erwachten die Hoͤfe aus einigen politiſchen Irthuͤ - mern, und vergaßen, daß nicht von dem chimaͤ - riſchen Gleichgewicht noch von bloßen hinterliſti - gen Negotiationen der Cabinette das Gluͤck der Nationen abhaͤnge, ſondern daß innere Staͤrke des Landes ein feſterer Grund zur Unabhaͤngigkeit der Voͤlker von einander und zu ihrer aͤußern Staͤr - ke ſey, als jene ſo ſcheinbaren Mittel. Man ſa - he ein, daß das Manufakturſyſtem ſelten gluͤck - lich ſey, wenn man die Produkte nicht im Lande habe, und daß es von dem andern Volk, das dieſe liefert, ſo ſehr abhienge.
Indeſſen arbeiteten die Gelehrten dieſes Jahr - hunderts unermuͤdet fort, durch Verſuche und gluͤckliche Entdeckungen die Oekonomie zu berei - chern, und die Huͤlfswiſſenſchaften, die Natur - lehre, Naturgeſchichte, Chemie, Mathematik in allen ihren Theilen mehr fuͤr die Oekonomie zu bearbeiten, zu benutzen und anzuwenden. Die Botanik wendeten ſonderlich auf die Oekonomie an in Deutſchland der Hr. Hofr. Schreber, Gle - ditſch, Beckmann, Succov, Gmelin; und es ent - ſtund ſogar eine botaniſche Geſellſchaft zu Ham - burg. Man benutzte die Zoologie mehr fuͤr die Oekonomie, und gab dadurch der oͤkonomiſchen Zoologie ihr Daſeyn, worinnen aber dem Fleiße der Gelehrten noch ein ungeheures Feld offen ſte - het, ehe ſie die Verhaͤltniſſe der Thiere ſowohl zur Oekonomie als auch die oͤkonomiſchen Verhaͤlt -niſſe44niſſe derſelben gegen einander, den Nutzen eines jeden Theiles dieſes oder jenen Thieres in der Land - und Stadtwirthſchaft ausforſchen. Eben ſo dankt die oͤkonomiſche Mineralogie dieſem Jahrhunderte ihr Daſeyn. Man unterſuchte die Erden und ihre Arten, die man bisher blos zu mineraliſchen Ab - ſichten erforſchet hatte, itzt auch vorzuͤglich in An - ſehung ihres Einfluſſes auf Fruchtbarkeit und Un - fruchtbarkeit, auf Manufakturen und Fabriken. Selbſt die Regierungen unterſtuͤtzten hierinnen die Gelehrten. In dem Braunſchweigiſchen wurden auf Verordnung der Cammer zu Hannover eine Sammlung von den verſchiedenen Mergelarten der ihr gehoͤrigen Lande gemacht, welche ſich im oͤkonomiſchen Garten zu Goͤttingen befindet, und durch welche Hr. Andraͤ in Stand geſetzt wurde, ſo gluͤckliche Unterſuchungen uͤber dieſe Erdarten anzuſtellen. In Sachſen geſchahe theils durch oͤffentliche Veranſtaltungen, theils durch Privat - fleiß dergleichen nicht weniger, vorzuͤglich aber mit den ſaͤchſiſchen zahlreichen Farbenerden. Man ermunterte in Sachſen, im Brandenburgiſchen, im Braunſchweigiſchen, im Badenſchen, im Heſ - ſiſchen, in der Pfalz, im Oeſterreichiſchen und faſt in allen deutſchen Staaten zu Aufſuchung der Mergelarten und zu der Anwendung derſelben zur Duͤngung. Ein Syſtem uͤber die Erden liefert Schwabe: Terrae in ordinem ſyſtematicum digeſtae. Daher entſtanden die wichtigſten Ent - deckungen in dem Pflanzenbau, in ihrer Vermeh - rung, Verbeſſerung, Abaͤnderungen, Vellkom -menheiten,45menheiten, Krankheiten und Fehler, in ihrem Verhaͤltniſſe auf die Thiere. Denfer und Kuͤl - bel enthuͤlleten die Geheimniſſe der Fruchtbarkeit, und machten in dieſer Lehre Epoche. Man mach - te wichtige Verbeſſerungen und Entdeckungen fuͤr die Oekonomie in dem Maſchienenweſen, und um die Kenntniſſe derſelben weiter auszubreiten, ſie gemeinnuͤtziger zu machen, auf bequemere Art dieſelben zu uͤberſehen, und leicht andern mitzu - theilen, legte man Sammlungen von Modellen an, wo dieſe oͤkonomiſchen Maſchienen im kleinen aufbehalten werden. Zu Leipzig, wo einige ge - ſchickte Modellirer ſich mit ihrer Verfertigung be - ſchaͤfftigten, ſind ſowohl oͤffentliche als Privat - ſammlungen; zu jenem gehoͤrt die Sammlung der oͤkonomiſchen Societaͤt, und die in dem In - telligenzcomtoir. Auch von Privatſammlungen hat Leipzig und die umliegenden Guͤter verſchie - dene aufzuweiſen; ſo finden ſich auch dergleichen zu Dresden und Wittenberg. Die naͤhern Be - weiſe hierzu wird uns die beſondere Geſchichte der einzelnen Nahrungsgeſchaͤffte geben. Man er - hielt hierdurch die ausfuͤhrlichſten und vollſtaͤn - digſten Schriften, welche ſich auf eine durchdachte Theorie und genaue Erfahrungen gruͤndeten, und eine nicht geringe Zahl großer und beruͤhmter Oekonomen. n)Das 18te Jahrhundert iſt reicher an oͤkonomi - ſchen Schriftſtellern, als eines der vorigen. Ih - re Namen zu kennen, dienen die Bibliotheken desHru.
Ueber -46Ueberzeugt von den Vortheilen, welche die Wiſſenſchaften von den vereinigten Bemuͤhungen naͤher mit einander verbundener Gelehrten erhal - ten, und wovon die Geſellſchaften, welche fuͤr die ſchoͤnen Wiſſenſchaften und Kuͤnſte, fuͤr die Spra - chen und die Naturlehre, Naturgeſchichte und Mathematik ſchon laͤngſt gearbeitet hatten, die deutlichſten Beweiſe gaben, wendete man dieſes Mittel auch zum Beſten der Oekonomie an. Auch ſelbſt jene Geſellſchaft nuͤtzten der letztern, indem ſie die Huͤlfswiſſenſchaften der Landwirth - ſchaft verbeſſerten. Es gehoͤren hieher die Kai - ſerl. Geſellſchaft der Naturforſcher zu Wien, in - gleichen die zu Danzig, die Koͤnigl. Geſellſchaftdern)Hrn. Zinks, Woͤllners und Bergius. Ich will nur einige der vornehmſten den Namen nach er - innern. Es gehoͤren hieher die Schrifteu eines Dithmar, Gaßers, Amthors, der unter dem Na - men Anaſtaſii Sinceri ein Projekt der Oekonomie in Form einer Wiſſenſchaft ſchrieb, Fuͤrſtenau, Zink, Reichart, Rammelt, Kretſchmar, von Muͤnch - bauſen, von Juſti, Daries, Woͤllner, Kruͤnitz, Wolf, Medikus, Succov, Schreber, von Schoͤn - feld, von Benkendorf, von Bork, Luͤder, Lueder, Sprenger, Beckmann, von Pfeiffer, von Hohen - thal, Hofmann, Herzog, Neumann, Jung, u. a. Ich habe hier nur die vorzuͤglichſten allgemeinern Schriftſteller genannt, denn alle und zugleich mit ihren Schriften hieher zu ſetzen wuͤrde zu weit - laͤuftig ſeyn, und gehoͤrt fuͤr die oͤkonomiſchen Bi - bliotheken, allein bey den einzelnen Geſchafften werde ich die vorzuͤglichſten zugleich mit ihren Werken anzeigen.47der Wiſſenſchaften zu Berlin und zu Goͤttingen, und einige andere.
Dieſe Geſellſchaften entſtunden theils durch Privatperſonen, welche ſich zu dieſem Zwecke ver - einigten, theils aber auch durch ausdruͤckliche Stiftungen der Fuͤrſten, wiewohl auch meiſtens die erſtern endlich zu dem Range der oͤffentlichen erhoben wurden. Dieſe arbeiteten nicht nur ſelbſt, ſondern ſie munterten auch andere Gelehrte durch Preiße und Ehrenbezeigungen zu tiefern Unterſu - chungen auf. Die oͤkonomiſchen Verdienſte wur - den von den Fuͤrſten ſogar mit Ehrenmuͤnzen und Gnadenzeichen belohnt.
Einige von dieſen Geſellſchaften beſchaͤfftigen ſich mit der ganzen Oekonomie in ihrem Umfan - ge, andere waͤhlten die Landwirthſchaft, noch an - dere hauptſaͤchlich das Manufaktur - und Fabrik - weſen und die Handlung. Eine der aͤlteſten in Deutſchland iſt unſtreitig die in Sachſen 1735 errichtete Commercien-Deputation zu Beſorgung des Manufaktur - und Commercienweſens, wel - che in den neuern Zeiten der verewigte Friedrich Chriſtian glorwuͤrdigſten Andenkens einen allge - meinern Umfang zu geben, und ſelbige auf einen andern Fuß einzurichten beſchloß, auch dahin an - wies, daß ſie zu Ermunterung des Fleißes Praͤ - mien ſetzen ſollten, allein der Tod hinderte die Ausfuͤhrung, welche ſeine Koͤnigl. Hoheie der Churſachſen Adminiſtrator uͤbernahm, und ſie als Landes-Oekonomie, Manufaktur - und Commer - cien-Deputation von neuem gleichſam errichtete. Sie48Sie wurde authoriſirt uͤber alles und jedes, ſo ihr von der eigentlichen Beſchaffenheit aller Theile und dem geſammten Zuſammenhange der Landes - Oekonomie und des Fabrikweſens, ingleichen des Commercienſtandes zu wiſſen noͤthig iſt, in den geſammten churſaͤchſiſchen Landen von Kreis - und Amtshauptleuten, auch Beamten unmittelbaren Bericht und Gutachten zu fordern, von den ſchrift - ſaͤſſigen Obrigkeiten aber mittelſt Communication der Landesregierung. Die Kreis - und Amts - hauptleute ſollen von dem Zuſtande und den Ge - brechen der Landwirthſchaft, Manufakturen und Handlung in den ihrer Aufſicht anvertrauten Kreisaͤmtern von Zeit zu Zeit aus Pflichten An - zeige ernannter Deputation und Landesregierung thun. o)S. das Mandat die neue Einrichtung und Er - weiterung der Landes-Oekonomie, Manufaktur - und Commercien-Deputation betreffend, welche ſich unter andern auch im Leipz. Intelligenzblatt von 1764. S. 169. befindet.Die meiſten eigentlichen oͤkonomiſchen Societaͤten entſtanden nach dem letzten Deutſch - land verheerenden Kriege. So traten in Thuͤ - ringen einige Privatperſonen, welche ſich zu Wei - ßenſee unterzeichneten, unter dem Namen der thuͤringiſchen Landwirthſchaftsgeſellſchaft 1762 und 1763 zuſammen. Sie waͤhlten zu ihrer Ab - ſicht ſonderlich den Getraidebau, das Verderben des erbaueten zu verhuͤten, ihm Abſatz zu ſchaffen, das Erdreich zu beſſern, ſumpfige Gegenden aus - zutrocknen, duͤrre zu waͤſſern, fuͤr jedes Land diebequemſte49bequemſte Duͤngungsart zu finden, die Maſchie - nen zu entdecken und zu unterſuchen, welche zu Er - ſparung der Zeit und des Saamens beym Acker - bau zu brauchen, den Flachsbau zu befoͤrdern, den Bau der Farbekraͤuter und des Waids, Safflor, Faͤrberroͤthe, auch der Gewuͤrzkraͤuter, Anis und Kuͤmmel, und den Hopfenbau zu beſſern, in wel - cher Maße die Triften beſſer zu nutzen, auslaͤn - diſche Kleearten, ſonderlich Eſparrette, Luzerne, Raygras einzufuͤhren, die Zahl des Rind - und Schafviehes dem gemeinen Nutzen am gemaͤße - ſten zu beſtimmen, wie der Seuche zu ſteuern, die Wolle zu beſſern, und die Pferde - und Bie - nenzucht zu vergroͤßern und zu befoͤrdern. p)Naͤhere Nachricht hiervon giebt das Leipz. In - telligenzblatt von 1763. St. 7. in der Beylage.Eben ſo vereinigten ſich 1764 einige wohldenken - de Patrioten zu der Leipziger Societaͤt, welche ſich mit dem Nahrungsſtande uͤberhaupt beſchaͤff - tigte, und ihre beſondere Abſichten auf die Sor - tirung der Wolle, Potaſche und beſſere Einrich - tung der Bleichen richtete; ſie wurde von dem Hofe den 28ſten Februar 1765 beſtaͤtiget. q)S. das Leipz. Intelligenzbl. von 1764. S. 217 - 219.Es giengen 1766 einige Veraͤnderungen mit ſel - biger vor, indem ſie ſich in drey Claſſen theilte, davon die eine ſich mit dem Landbaue, die andere mit Manufakturen und Fabriken, die dritte mit der Mineralogie, Chemie und Mechanik beſchaͤff -tigte.D50tigte. r)S. das Leipz. Intelligenzblatt von 1766. S. 427.Sie bemuͤhete ſich den Anbau der Fut - terkraͤuter zu befoͤrdern, ſetzte Preiße auf die Trag - barmachung verſandeter, verſchleimter oder ſum - pſigter Wieſen, Verbeſſerung der Wolle, Pflan - zung wilder und tragbarer Baͤume, Anbau des tuͤrkiſchen Waizen und Leinſaat, wodurch der Flachsbau befoͤrdert wird. s)S. daſſelbe von 1764. S. 280. 281.Ich habe die ſaͤch - ſiſche Einrichtungen etwas ausfuͤhrlich beſchrieben, theils weil ſie zu der oͤkonomiſchen Geſchichte mei - nes Vaterlandes gehoͤrten, theils aber auch, weil ich bemerkt, daß einige auswaͤrtige dieſe von ein - ander verſchiedenen Anſtalten oft verwechſeln. Mit ihr ſtehen gewiſſe Kreisinſtitute in einiger Verbindung, alſo, daß ſie ihre Beobachtungen einſchicken, dergleichen ſind im Churkreiſe, im Erzgebuͤrgiſchen, im Meißniſchen, im Neuſtaͤdti - ſchen und Thuͤringiſchen, und im Stift Merſeburg.
Faſt alle anſehnliche und auch einige kleinere Lande in Deutſchland haben ihre oͤkonomiſchen Ge - ſellſchaften und Akademien, oder wie ſie ſonſt ihre Benennungen haben. Die vorzuͤglichen darun - ter ſind. Die hannoͤveriſche Landwirthſchaftsge - ſellſchaft zu Zelle 1764. Die fraͤnkiſch phyſika - liſche oͤkonomiſche Geſellſchaft, welche ihre Nach - richten ſammelt. Die Geſellſchaft des Acker - baues und der nuͤtzlichen Kuͤnſte zu Laybachss)Sie hat nun 4 Baͤnde ihrer Schriften heraus - gegeben, und mit dem 4ten eine neue Sammlung nuͤtzlicher Unterrichte angefangen.in51in dem Herzogthume Crain 1767. Die oͤkono - miſche Geſellſchaft zu Wien; die Kaiſerl. Koͤnigl. Boͤhmiſche zu Befoͤrderung der Landwirthſchaft und freyen Kuͤnſte; die Kaiſerl. Koͤnigl. oberoͤ - ſterreichiſche Geſellſchaft des Ackerbaues und der Kuͤnſte in Tyrol; die Kaiſerl. Koͤnigl. Ackerbau - geſellſchaft in Maͤhren. Die Geſellſchaft der Sit - tenlehre und Landwirthſchaft in Bayern zu Burg - hauſent)S. Anſelmus Rabioſus Reiſen durch Oberdeutſch - land, S. 45. Er nennt auch eine Ackerbaugeſell - ſchaft zu Muͤnchen. 1768. Die churpfaͤlziſche oͤkonomiſch phyſikaliſche zu Lautern, welche ihre erſte Ver - ſammlung 1769 den 15ten Maͤrz hielt, die Be - ſtaͤtigung derſelben aber erfolgte erſt 1770 den 30ſten Auguſt deſſelben Jahres. Die ſchleſiſche patriotiſche Societaͤt, welche die Staͤnde 1772 errichtet, und welche, ſo viel ich weis, zu Breß - lau einen oͤkonomiſchen Garten zu ihren Verſuchen hat, worinnen der Syndicus derſelben die Auf - ſicht und Anſtellung dabey von ihr erhalten. Ih - re Einrichtung erhellet aus ihren Statuten, wel - che zu Breslau 1772 erſchienen ſind. Die Ge - ſellſchaft des Ackerbaues und der Kuͤnſte zu Caſſel, die Koͤnigl. Landwirthſchaftsgeſellſchaft zu Han - nover welche ſich ſonderlich mit dem Gartenbaue beſchaͤfftiget. Die niederoͤſterreichiſche oͤkonomi - ſche Geſellſchaft. Die Holſteiniſche zu Eutin. Die Churfuͤrſtl. Saͤchſ. Oberlauſitzer Bienenge - ſellſchaft; die fraͤnkiſche Bienengeſellſchaft; die patriotiſche Geſellſchaft zu Hamburg; die oͤkono -D 2miſche52miſche Geſellſchaft in dem Magdeburgiſchen, in - gleichen die zu Gotha. In den Jahren 1767 und 1768 vereinigte ſich eine Geſellſchaft Gelehr - ter und Oekonomen, welche ihre Abſicht auf ganz Deutſchland richteten, und ſich die deutſche So - cietaͤt der oͤkonomiſchen Wiſſenſchaften und deren herauszugebenden Schriften nannte. tt)S. das Leipz. Intelligenzblatt von 1768. S. 259.Auch im Fraͤnkiſchen bildete ſich eine oͤkonomiſche Ge - ſellſchaft, welche ihre Nachrichten ſammelte. u)Von dieſer Fraͤnkiſchen ſ. Leipz. Intelligenzblatt von 1765. S. 141.Auch andere Akademien und Geſellſchaften der Wiſſenſchaften uͤberhaupt oder auch der Huͤlfs - wiſſenſchaften der Oekonomie wendeten zugleich fuͤr die letztere ihre Bemuͤhungen mit an. Die vorzuͤglichſten in Deutſchland hieher gehoͤrigen ſind die Geſellſchaft der Naturforſcher zu Wien, die naturforſchende Geſellſchaft zu Danzig, die Ge - ſellſchaften der Wiſſenſchaften zu Berlin und Goͤt - tingen, die churbayeriſche zu Muͤnchen, die chur - maynziſche Akademie nuͤtzlicher Wiſſenſchaften, die Geſellſchaft zu Roveredo, die fuͤrſtl. Jablono - viſche Societaͤt zu Leipzig, die Geſellſchaft natur - forſchender Freunde zu Berlin, die patriotiſche Geſellſchaft zu Homburg auf der Hoͤhe, welche ſich 1776 mit der ſchwediſchen Societaͤt fuͤrs Va - terland vereinigte; die Geſellſchaft der Wiſſen - ſchaften zu Gießen, die oberlauſitziſche Geſellſchaft, die oͤkonomiſche phyſikaliſche Geſellſchaft, die bo - taniſche, ingleichen die Geſellſchaften der Kuͤnſte,Manu -53Manufakturen und der Handlung zu Hamburg und Danzig.
Indeſſen trugen auch die Hoͤfe alles moͤgliche bey, die Oekonomie zu befoͤrdern. Oft iſt es ein Vortheil, daß große Guͤther, die wegen ihrer Groͤße nicht gut genug bewirthſchaftet werden koͤn - nen, zertheilet, oder wenigſtens die Zergliederung erleichtert wird. Man richtete auf dieſen Punkt nach dem landverderblichen Kriege ſonderlich in Sachſen ſeine Aufmerkſamkeit, da es oft noͤthig war, damit ſich die Unterthanen durch Veraͤuße - rung eines Theils ihrer Guͤter von Schulden be - freyen, und den uͤbrigen deſto gluͤcklicher und vor - theilhafter benutzen konnten. Es erſchienen des - halb verſchiedene Verordnungen in Sachſen, wel - che die gewiſſermaßen zugelaßne Dismembration der Guͤter betreffen. So finden ſich dergleichen von 1766 und 1768, welches letztere das Man - dat von 1732 vom 26ſten Januar einſchaͤrft.
Schon im vorigen Jahrhunderte hatte der große Seckendorf die Landesvermeſſung als ein Hauptmittel zu einer gluͤcklichen Einrichtung ei - nes Landes vorgeſchlagen, allein es finden ſich keine Spuren, daß man es in Ausuͤbung gebracht. In unſerm Jahrhunderte wiederholte ihn Franz im Staatsgeographus, und Hr. von Griesheim in den Beytraͤgen zur Aufnahme des bluͤhenden Wohlſtandes der Staaten; am ausfuͤhrlichſten empfahl dieſelben neuerlich Wilke in ſeiner Schrift von den Landesvermeſſungen. Es kam zur Aus - fuͤhrung in den magdeburgiſchen, ſchleſiſchen,D 3ſachſen -54ſachſengothaiſchen, weimariſchen, mecklenburg - ſchweriniſchen und herzoglich braunſchweigiſchen Landen. v)Die weimariſche Verordnung und Inſtruction fuͤr die Landesvermeſſer hat Zink im 10ten Bande der Leipz. Samml. Die braunſchweigiſche Inſtru - ction fuͤr die Landesvermeſſungscommiſſion, ſ. D. Schrebers neue Samml. die zu Buͤtzow erſchienen, 7ter Theil. S. 523 u. f. Von Landesvermeſſun - gen uͤberhaupt ſ. die Verbeſſerung des Staats aus mathematiſchen und oͤkonomiſchen Gruͤnden, oder vollſtaͤndiger Unterricht von Landesvermeſſungen und daher entſtehenden vortheilhaften Einrichtun - gen der allgemeinen Landesoͤkonomie und des Ca - meralweſens aus den beſten Landesvermeſſungs - anſtalten von Chriſtian Heinrich Wilken. Frankf. und Leipzig 1765. 4.
Die oͤkonomiſche Polizey bemuͤhete ſich, die Hinderniſſe zu heben, welche der Landwirthſchaft entgegenſtehen. Die Kaiſerinn Koͤniginn hob auf ihren Domainen die Leibeigenſchaft und Froh - nen auf, ſchraͤnkte auch dieſelben in unſern Tagen in Boͤhmen ein. Man ſetzte dem Mißbrauche der Jagd, ſo viel es die Umſtaͤnde erlaubten, Graͤnzen, ſo ergiengen hierinnen 1776 und 1777 Verordnungen, daß die Edelleute die wilden Schweine in ihren Thiergarten halten ſollten, und es den Bauern erlaubt ſey, ſolche zu toͤdten, ſo bald ſie dieſelben auf ihren Guͤthern traͤfen (ſ. Ephem. vom J. 1777. St. 3. S. 112.). Man hob in dem Brandenburgiſchen, Heſſiſchen, vor - zuͤglich Darmſtaͤdtiſchen und einigen Gegenden von Baden die Gemeinheiten auf, die der ganzenLand -55Landwirthſchaft ſo nachtheilig ſind, nachdem vor - her die Gelehrten lange die Nachtheile derſelben gezeiget, wie hinderlich ſie fuͤr die Bevoͤlkerung, wie ſchaͤdlich fuͤr die Viehzucht und den Acker - bau ſind.
Man ſetzte Commiſſionen nieder, um den Oekonomiezuſtand der Laͤnder kennen zu lernen; in Sachſen war dergleichen bald nach dem ver - derblichen ſechsjaͤhrigen Kriege die Landes-Oeko - nomie und Commercien-Deputation, von welcher oben geredet worden. Eben ſo ward auch um dieſe Zeit zu Zweybruͤcken eine Landes-Oekonomie - Commiſſion niedergeſetzt zur Verbeſſerung des Ackerbaues und der Viehzucht, wovon das Leipz. Intelligenzblatt von 1763 S. 68. Nachricht giebt. Sie war angewieſen, die Urſachen des mangel - haften Landbaues und die Fehler aufzuſuchen und zu verbeſſern. Der Oekonomiezuſtand war in dem groͤßten Verfall. Die Viehzucht lag dar - nieder, blos ein wenig Schafzucht wurde betrie - ben, nur die Felder nahe bey den Doͤrfern wur - den beſtellt, die entferntern nicht oder nur aller 10 bis 15 Jahr einmal. Der Grund war die ſchlechte Verfaſſung der Gemeinden und des Vieh - ſtandes, Vorurtheile, Duͤngermangel, und ſchlech - te Weiden. Dem Ackerbau ſtanden unendliche Hinderniſſe entgegen, man hatte zu wenig Erfah - rung, nach den verſchiedenen Umſtaͤnden die Ver - beſſerungen zu unternehmen; der Landmann wei - gerte ſich die oͤkonomiſchen Verordnungen der Re - gierung zu vollziehen, weil es ihm an Futter undD 4Duͤngung56Duͤngung mangelte. Aus dieſen Gruͤnden er - richtete der weiſe Fuͤrſt die Landesoͤkonomie-Com - miſſion, welche aus wenigen Gliedern beſtehet, denen in jedem Amte ein Subſtitut untergeord - net, der die erhaltenen Auftraͤge beſorgen, von allen ihr Berichte erſtatten, und im noͤthigen Fall ſich bey Berathſchlagungen perſoͤnlich einfinden muß. Die Beſtimmung dieſes Collegiums iſt, den Nahrungsſtand zu erheben, auf das fuͤrſtli - che Intereſſe zu ſehen, Verſuche anzuſtellen, und fremde Verſuche nachzumachen. Es iſt eine Oe - konomiekaſſe geſtiftet, und derſelben alle durch die Oekonomiecommiſſion ausgewirkte Verbeſſerun - gen und neue Renten angewieſen; es werden alle Reiſeanſtalten und Verſuchskoſten daraus beſtrit - ten. Man ſchafft alle oͤkonomiſche Buͤcher und Journale an, der Fuͤrſt laͤßt Juͤnglinge blos der Cameral - und oͤkonomiſchen Wiſſenſchaften wegen die hohen Schulen beſuchen, und ſonderlich in England reiſen. Die Commiſſion iſt von allen Departements unabhaͤngig, um alle Hinderniſſe und Aufenthalt in ihren Arbeiten zu verhuͤten. Die Commiſſion unterſuchte vorzuͤglich die Hin - derniſſe, die in den Verfaſſungen der Wirthſchaft liegen, und wir werden bey den einzelnen Nah - rungsgeſchaͤfften ihre naͤhern Bemuͤhungen kennen lernen. Das entfernte Land, welches Ausland hieß, waren meiſt Gemeinheiten; hiervon wurde naͤmlich ein Stuͤck, das lange geruhet und Kraft geſammelt, durch das Loos entweder nach den Koͤ - pfen oder nach dem Schatzungsfuß vertheilet, imletzten57letzten Falle bekam der Reiche, der ſchon ohne - hin viel Land hatte, noch mehr, daß er es alſo nicht ordentlich bauen konnte; der Arme erhielt wenig, und entlehnte zuweilen von dem Reichen ſein Theil mit uͤbermaͤßigen Zinſen. Ja die Rei - chen hinderten meiſt den aͤrmern Landmann noch ſehr, da ſie viel Vieh hatten, war ihnen daran gelegen, daß viel Weide liegen blieb, weil der Arme das Land nicht bauen konnte. In vielen Gemeinden hatten die Unterthanen kein eigen - thuͤmliches Land, ſondern einem jeden gehoͤrte nur ein unvertheilter Theil vom ganzen Baue. Nach dieſem Verhaͤltniß wurde jaͤhrlich eine ganze Flur durchs Loos vertheilet, welches noch Reſte aus der uralten deutſchen Verfaſſung ſind, welche ſchon Tacitus erwaͤhnet, man nennte daſſelbe die Stuͤck - theilung.
In dem Heſſendarmſtaͤdtiſchenuu)S. von der Heſſendarmſtaͤdtiſchen die Epheme - riden der Menſchheit vom J. 1777. St. 2. S. 87. wurde im J. 1777 eine Landescommiſſion angeordnet zur Berath - und Verbeſſerung des allgemeinen Nah - rungsſtandes. x)Inſtructionspunkte fuͤr Oekonomiecommiſſarien im Darmſtaͤdtiſchen. (Intelligenzblatt vom Jah - re 1780. No. 17.) Zu geſchwinderer und ſicherer Ausbreitung der oͤkonomiſchen Verbeſſerung in Landgraͤfl. Darmſtaͤdtiſchen Landen hat die fuͤrſtl. Landcommiſſion uͤber gewiſſe Diſtricte eigne Oe - konomiecommiſſare im vorigen 1779ſten Jahre angeſtellt. Deren Obliegenheiten beſtehen ausderJeder kann Vorſchlaͤge undD 5Erinne -58Erinnerungen bey derſelben einſchicken; ſie hat die oͤkonomiſche Polizey in ihrem Umfange zurAbſicht;x)der ihnen mitgetheilten Inſtruction, wovon der Hauptinhalt folgender iſt: Sie ſollen naͤmlich uͤberhaupt darauf ſehen, daß jeder Grund und Boden nach den obwaltenden Umſtaͤnden auf die beſtmoͤglichſte Art benutzt werde. — In dieſer Ab - ſicht beſonders fuͤr reichliche Fuͤtterung, beſſere Viehzucht und genugſamen Duͤnger Sorge tra - gen. — Daher alle Kraͤfte anwenden, die ſchon vorhandenen Wieſen zu verbeſſern, neue anzule - gen, beſonders die Weiden darzu einzurichten. — Dieſe zu Wieſen zu hegende Weiden ſollen unter die Gemeindsleute auf lebenslaͤnglichen Genuß ausgetheilt, nur einige Theile davon zum Beſten der Buͤrgermeiſterey ausgeſetzt bleiben. Den Kleebau und die Anlegung kuͤnſtlicher Wieſen muͤſſen ſie, ſo viel moͤglich, in Ganz zu bringen ſuchen. Wenn auf dieſe Art der Futterbau in gutem Stande iſt, alsdenn iſt es Zeit, mit Ernſt auf die Vermehrung des Viehſtandes aller Gat - tung zu denken, und die fuͤr die Landwirthſchaft ſo nuͤtzliche Stallfuͤtterung allgemein zu machen. Wo das noch nicht angeht, muß wenigſtens das Nachtweiden, wie uͤberhaupt alles Weiden des Zugviehes, abgeſtellt, und nur hie und da, der Pferdezucht wegen, ein Gehege fuͤr Fohlen, Foh - lenmuͤtter und kranke Pferde angelegt, und Tag - und Nachtweiden verſtattet werden. — Durch die verbeſſerte Viehzucht und eingefuͤhrte Stall - fuͤtterung werden ſie alsdenn in den Stand geſetzt werden, ſowohl die alten Felder in beſſern Stand zu ſetzen, als auch neue urbar zu machen, beſon - ders wenn ſie von Gips und Mergel den gehoͤri - gen Gebrauch zu machen wiſſen. Fruchtbau, Ma -nufaktur,59Abſicht; ſie ſoll nach ihrer Errichtungsabſicht darauf ſehen, daß bey Staͤdten und Doͤrfern einebeſſerex)nufaktur, Gewaͤchſe, Weinbau, Obſtbau, ꝛc. ſollen ſie nach Maaßgabe der Landesart und der Umſtaͤn - de in Aufnahme zu bringen ſuchen; an alle ſchick - liche Orte Alleen und Baumſchulen anlegen; wo Abſatz zu hoffen, vor den Anbau der Kuͤchenge - waͤchſe Sorge tragen ꝛc. Sie ſollen auch darauf ſehen, daß die gemeinen Waldungen forſtmaͤßig behandelt, und wo es angeht, neue angelegt, hin - gegen alles Buſchwerk, was keine ausgeſteinte Remiſen ſind, ausgerottet werde. Auf die in Standſetzung der Flur - Feld - und Abzugsgraͤ - ben, auf die Unterhaltung der Wege, Vertilgung der Raupen und anderer Ungeziefer ꝛc. ſollen ſie ein wachſames Auge haben; gegen die Feldfrevel mit Beyrath des Schultheiß und Gerichten die ſtrengſte Vorkehrung treffen; uͤber die Erhaltung und Vermehrung der gemeinen Einkuͤnfte wachen; die Gemeinſchulden moͤglichſt mindern, zum we - nigſten auf geringere Zinſen ſetzen, und ſich uͤber - haupt das gemeine Beſte recht angelegen ſeyn laſ - ſen. — Den Schlichen der gemeinen Rechnungs - fuͤhrer ſollen ſie nachſpuͤren; — brauchbare Maͤn - ner zu Gemeinvorſtehern jedesmal in Vorſchlag bringen ꝛc. An jedem Orte ſollen ſie ſich nach der Lebensart, dem Nahrungsſtand, Fleiß und Traͤg - heit der Unterthanen genau erkundigen; ſie auf - muntern; ſich mit Schultheiß und Gerichten uͤber die moͤgliche Verbeſſerung berathen, gutaͤchtlich an die fuͤrſtl. Landcommiſſion berichten, die Re - ſolutionen derſelben ſtracklich ausfuͤhren und daruͤ - ber wachen; doch alles ſo viel moͤglich in Guͤte und mit eigner Ueberzeugung der Unterthanen. Ueber alle in ihren Cantons geſchehene Verbeſſe -rungen60beſſere und fruchtbarere Einrichtung der gemeinen Haushaltung im Ganzen geſchehen, Plane und Einrichtungen machen, die mehreſten die Com - munen druͤckenden Schulden zu heben; uͤber die vorfallenden Vormundſchaften wachen; die jedem Ort angemeſſenen Verbeſſerungen und erleichtern - den Huͤlfsmittel beym Ackerbau und Viehzucht zu befoͤrdern; auf die Vermehrung und Verſchaf - ſung wohlfeiler Lebensmittel, auf Beguͤnſtigung und Erleichterung des in - und auslaͤndiſchen Han - dels, auf Verbeſſerung des allgemeinen Erzie - hungsweſens zu ſehen. Die heſſiſche Landeszeitung giebt haͤufige Nachrichten von Verbeſſerung der Landwirthſchaft in dem heſſiſchen von aufgehobe - nen Weidrechten, von eingefuͤhrter Stallfuͤtterung, abgeſchafften und verringerten Braachen, und eintraͤglichem Krappbau. Vorzuͤglich waͤhlt man zu Verdraͤngung der Braachen als ein ſehr heil - ſames Mittel die Aufmunterung zum Futterbau. Auf Anordnung dieſer fuͤrſtl. Landescommiſſion ſind in dem Jahre 1778 1) an gemeinen Schul - den in der obern und niedern Grafſchaft Katzen - ellnbogen wirklich baar bezahlet worden 42,738 fl. wodurch die Gemeinden im Ganzen 2100 fl. jaͤhrliche Intereſſen erſparet. 2) Von Weidenundx)rungen im Landbau, gemeiner Haushaltung und Wirthſchaft, Dorf - und Feldpolizey ꝛc. ſollen ſie am Ende jedes Jahres nach dem ihnen mitgetheil - ten Formular einen umſtaͤndlichen Bericht er - ſtatten. —xx)S. Leipz. Intelligenzblatt von 1779. St. 28. S. 200. 201.61und ausgerotteten Hecken ſind 1460 Morgen zu Ackerland neu angelegt. 3) Von gemeinen Wei - den 1081 Morgen in Wieſen verwandelt wor - den. 4) Es hat das ganze Rechnungsweſen in ge - ſammten fuͤrſtl. Landen eine neue und zweckmaͤßi - ge Einrichtung erhalten, es ſind dabey ſtatt der bisher abwechſelnden Buͤrgermeiſter groͤßtentheils beſtaͤndige Berechner und Gelderheber angeſtellt, und dieſelben mittelſt eigener genau beſtimmter Inſtruction zu richtigerer Verwaltung der gemei - nen Einkuͤnfte, als bisher geſchehen, angewieſen worden. 5) An 383 Ortſchaften ſind die ruͤckſtaͤn - digen gemeinen Rechnungen, wovon die meiſten zur mannigfaltigen Verwirrung im gemeinen Weſen 2, 4, 5 und mehrere Jahre angewachſen, bey der fuͤrſtl. Landescommiſſion gaͤnzlich durchſe - hen und in Ordnung gebracht worden. 6) Mit Unterſuchung der vormundſchaftlichen Rechnun - gen und uͤberhaupt der Vormundſchaften hat man mittelſt eigner zu dem Ende ausgetheilter Tabellen im ganzen Lande den Anfang gemacht. 7) Auch fieng man in dieſem Jahre an die Vermoͤgens - umſtaͤnde und Schulden ſaͤmmtlicher Zuͤnfte in den fuͤrſtl. Landen zu unterſuchen, und die noͤthige zweckdienſtliche Verfuͤgung zu Tilgung derſelben zu treffen. 8) Zur Befoͤrderung einer genauern Aufſicht uͤber das herrſchaftliche Intereſſe hat man in den geſammten fuͤrſtl. Landen durchgaͤngig Schuldheißen angeſtellet, eine Sache, woran ſchon eine lange Reihe von Jahren fruchtlos gearbeitet worden. 9) Die beyden Hauptſtaͤdte des LandesDarm -62Darmſtadt und Gießen haben eine durchaus in allen Theilen umgearbeitete und dem gemeinen Wohl mehr entſprechende neue Einrichtung und Verfaſſung erhalten, wodurch ſie nicht nur jaͤhr - lich ſichere und anſehnlichere Fonds zur Tilgung ihrer aͤußerſt betraͤchtlichen gemeinen Schulden uͤberkommen haben, ſondern auch in den Stand geſetzt worden, ihre gemeinen Gebaͤude, Wege, Straßen, Bruͤcken, gemeinde Guͤter ungleich beſſer zu erhalten, und in Zukunft noch Capitalien nebenhin zu erſparen. Ueberdem hat man in die - ſem Jahre das ganze Land in oͤkonomiſche Can - tons eingetheilt, und ſelbigen zur geſchwindern Befoͤrderung einer beſſern Cultur und anhalten - dern Aufſicht daruͤber eigene Oekonomiecommiſ - ſairs aus dem Bauernſtande oder doch ſonſtigen praktiſchen Feldwirthen, ſo in den Doͤrfern woh - nen, vorgeſetzt. In der obern Grafſchaft iſt man bereits voͤllig damit zu Stande, und in dem Ober - fuͤrſtenthum ſind ebenfalls ſchon einige dergleichen Cantons errichtet. Manche von dieſen Einrich - tungen enthalten nur den Saamen zu kuͤnftigen Fruͤchten, und erſt die Zukunft wird uͤberzeugend an den Tag legen, wie wohlthaͤtig ſie ſind. In dem J. 1779y)S. Leipz. Intelligenzblatt von 1780. St. 47. S. 400. hat man außer 153 fleißigen Ortſchaften noch 70 weniger fleißige, 20 nach - laͤßige, und 4 ganz unarbeitſame Orte gerechnet. Es ſind in dieſem Jahre 1779 4231 15 / 16 Mor - gen fuͤr das Land gewonnen worden, naͤmlich1942631942 9 / 18 Morgen Frucht - und 2289⅜ Futter - acker. Hierunter ſind 1476 5 / 16 Frucht und 953⅜ Futteracker, welche durch Anbauung von Wuͤſteneyen, Waldungen und Weiden urbar ge - macht, und 466¼ Morgen Frucht - und 1336 Morgen Futterfeld, um welches die Braache ver - mindert worden. Rechnet man zu dieſer Sum - me die in dem vorigen Jahre 1778 in Cultur ge - brachten 2541 Morgen, ſo kommen 6772 15 / 16 Morgen heraus, wovon doch wenigſtens 600 Menſchen, wo nicht Familien, ihr hinlaͤngliches Auskommen haben koͤnnen. Der Futterbau, der Grund aller Landwirthſchaft, hat anſehnlich zuge - nommen, die natuͤrlichen Wieſen ſind um 1916⅞ Morgen, und die kuͤnſtlichen um 34⅞ Morgen, alſo die Wieſen uͤberhaupt um 1951¾ Morgen vermehrt worden. Die Waldungen haben einen Zuwachs von 708 Morgen, naͤmlich 115⅓ Mor - gen Eichen, 26½ Morgen Buchen, 531 Mor - gen Kiefern und Tannen, und 35 Morgen Bir - ken oder Buſchwerk erhalten. Es ſind 22 9 / 16 Morgen Weingaͤrten entſtanden, und 15932 Obſtbaͤume angepflanzet worden, 46½ Morgen hat man mit Weiden, Pappeln u. ſ. w. beſetzt.
Aus der erwaͤhnten Vermehrung der Frucht - und Futterfelder kann man leicht auf eine anſehn - liche Vermehrung der Viehzucht ſchließen. Das Zugvieh vermehrte ſich um 760 Stuͤck, naͤmlich 410 Pferde und 350 Ochſen. Ohne auf die Er - hoͤhung der Frohnregiſter eine Ruͤckſicht zu nehmen, darf man nur den Nutzen, den das Land durchVer -64Vermehrung der Duͤngung und beſſere Cultur von dieſer Seite gewinnt, in Erwaͤgung ziehen; ſie wird durch den Zugang von 642 Maſtochſen, 533 Kuͤhen, 2806 Schafen und 4176 Schwei - nen anſehnlich vermehrt. Die Stallfuͤtterung iſt bereits an 13 Ortſchaften ganz eingefuͤhrt, in 19 Orten iſt ſie ſchon ziemlich im Gange, und in 22 angefangen.
Der Zehnde von neu angebauten Feldern hat 1662 fl. 46 kr. betragen, und hierunter iſt zum Theil der von der fuͤrſtlichen Forſtkaſſe gezogene Novalzehnde, ſo wie uͤberhaupt aller andere Zehn - de von den vorher ſchon im Bau geweſenen durch die Verbeſſerung der fuͤrſtlichen Landescommiſſion, aber in ungleich hoͤherm Betrag gebrachten Fel - dern nicht mit begriffen.
An gemeinen Capitalſchulden ſind im Jahr 1779 48213 fl. 27¾ kr. abgetragen worden; wodurch, wenn man hierzu die im vorigen Jahre 1778 abgetragenen 42738 fl. rechnet, die Sum - me von 90951 fl. kommt. Die Einkuͤnfte der Gemeinden ſind alſo um 13220 fl. 56¼ kr. ver - mehrt worden. Bey dieſen Berechnungen hat man auf die Aemter Alsfeld, Blankenſtein, Allen - dorf, Battenberg, Gießen, Grebenau, Gruͤnberg und Ulrichſtein noch keine Ruͤckſicht genommen; nicht als wenn in dieſen Aemtern noch nichts be - wirkt worden waͤre, ſondern weil man die Reſul - tate dieſer Verfuͤgungen nicht gehoͤrig angeben kann, indem in dieſen Theilen des Landes waͤh - rend des 1779ſten Jahres noch keine Oekonomie -Com -65Commiſſairs angeſtellt waren, welches aber nun in den Aemtern Alsfeld und Blankenſtein geſche - hen iſt, und damit fortgefahren wird.
Das gemeine Rechnungsweſen iſt nach der neuen Inſtruktion und dem neuen Rechnungsfor - mular voͤllig in Gang gebracht, das vormund - ſchaftliche Rechnungsweſen in ungleich beſſere Ordnung und Thaͤtigkeit verſetzt, die Plans zur Schuldentilgung der meiſten Zuͤnfte des Landes regulirt, und endlich die alten und neuangeſtellten Schultheißen des Oberfuͤrſtenthums, bis auf ei - nige wenige gegenwaͤrtig in Bearbeitung ſtehende Aemter, mit eignen nach der Localverfaſſung je - des Orts eingerichteten Inſtruktionen verſehen worden.
Auch verſchiedene geiſtliche Fuͤrſten ſahen die Nothwendigkeit ein, den heilſamen Anſtalten der andern nachzueifern. Der Biſchof von Fulda ordnete daher 1772 eine eigene Deputation an, welche den Verfall des Ackerbaues unterſuchen, dem Landmanne die leichteſten Wege zur Verbeſſe - rung an die Hand geben, und uͤber alles Bericht erſtatten ſollte. yy)S. die Ephemeriden der Menſchheit vom Jahr 1777. St. 6. S. 94.Der verehrungswuͤrdige Fuͤrſt von Fuͤrſtenberg, Biſchof zu Muͤnſter, ließ die Verbeſſerungen und die Cultur des durch Krieg verheerten Landes ſich angelegen ſeyn, und mach - te es zu einem Gegenſtande des erſten Landtags.
InE66In dem Lippiſchen befoͤrderte der weiſe Wil - helm den Landbau, ſo wie uͤberhaupt die Cultur und Bevoͤlkerung durch aͤhnliche Anſtalten. Er legte in oͤden unfruchtbaren Gegenden auf hundert neue Bauerhoͤfe auf ſeine Koſten an, und belohn - te damit den verdienten Krieger. Er hob die Herrendienſte und gemeinde Hut und Weiden auf; und zweymal wird jaͤhrlich der Haushaltungsſtand des Landmannes durch die Dorfpolizey unterſucht. Derjenige Landmann, der ſich auf eine ruͤhmliche Art im Acker-Wieſen-Gartenbau und Viehzucht hervorgethan, wird dem Landesvater angezeigt. Er belohnt ihren Fleiß durch Kleidungsſtuͤcke, Geld und Schaumuͤnzen; aber ſo huldreich der Fleiß ermuntert wird, ſo ſehr verfolgt die Schan - de den Muͤßiggang, man beſtraft den traͤgen und ungeſitteten mit Tragung eines weißen Huts, und ſchließt ihn von allen Zuſammenkuͤnften aus.
Schon ſeit etlichen Jahrhunderten war man in Sachſen auf die Anbauung wuͤſter Gegenden bedacht geweſen, und hatte ſie auch bis itzt nicht außer Acht gelaſſen, und man findet bis in die neuern Zeiten ſo wohl Aufmunterungen dazu in den ſaͤchſiſchen Geſetzen, als auch wirkliche That - leiſtungen. Man bauete einige ſandige Gegenden mit verſchiedenen den Flugſand befeſtigenden Graͤ - ſern an, vorzuͤglich in der Prießnitz. Viele Pri - vatperſonen machten als Mitglieder der oͤkonomi - ſchen Societaͤt zu Leipzig durch ihre gluͤcklichen Beyſpiele in Oekonomieverbeſſerungen gluͤckliche Verſuche fuͤr das allgemeine Beſte. Ich darfhier67hier nur die Namen der von Einſiedel, von Ho - henthal, von Fletſcher, Vitzthum, Schoͤnfeld und andere nennen; und wir werden bey den einzelnen Landnahrungsgeſchaͤfften Sachſens Verdienſte um das deutſche Oekonomieweſen naͤher beſtimmen koͤnnen. Und da ſo viele den Bauernſtand ver - ließen, und in die Staͤdte zu Handwerkern uͤber - giengen, ſo verordnete die oͤkonomiſche Polizey in Sachſen 1766, daß Perſonen vom Bauernſtan - de, ehe ſie Handwerke erlernten, erſt 4 Jahr bey der Landwirthſchaft dienen ſollten, um dadurch dieſem ſo wichtigen Geſchaͤffte unvermerkt viele zu erhalten, welche ſie ohne dieſe Verordnung ver - loren haͤtte. Man legte hierdurch in Sachſen ei - nen neuen Beweis von der geſetzgebenden Klug - heit auch in Polizeyſachen ab, und beſtaͤtigte den Ruhm, wie weit man von Strenge in der Regie - rung ſey, je mehr dieſe oft ſchadet als nuͤtzet; wel - che ſanft Art zu herrſchen das Band iſt, welches den Unterthan an das Land feſſelt, und dem Aus - laͤnder es reizend macht.
In dem Bayeriſchen wurden 1759 allerhand Einrichtungen zum Beſten der Oekonomie gemacht. Vorzuͤglich ſuchte man 1761 die Anbauungz)Nock 1761 ergieng in Bayern ein Edikt wegen Anbauung wuͤſter Laͤnder. wuͤſter Gegenden zu befoͤrdern, und es ergiengen deshalb Verordnungen. In dem Badenſchen, wo man es ſich nicht weniger angelegen ſeyn ließ, verewigt der wuͤrdige Fuͤrſt das Andenken eines Buͤrgers, der durch ſeinen Fleiß einen großenE 2Bezirk68Bezirk von Suͤmpfen und Moraͤſten zu frucht - baren Feldern umgeſchaffen, durch eine Ehren - ſaͤule. a)In dem Badenſchen auf dem Damfelde einen durch den Fleiß eines Landmannes fruchtbar gemachten oͤden Bezirk, iſt dieſem eine Ehrenſaͤule errichtet mit folgender Inſchrift: Georg Adam Lang dem Buͤrger in Lingenheim genannt der Bienenvater verdankt die Austrocknung des Damfeldes Carl Friederich.
In den churbrandenburgiſchen Landen fieng man auch ſonderlich ſeit dem ſiebenzehnten Jahr - hunderte an, die Cultur des Landes mit mehrerm Eifer zu betreiben. Es ergiengen im J. 1653 in dem Landtagsreceß Verordnungen, wo denen, ſo in den churfuͤrſtl. Aemtern wuͤſte Hoͤfe beziehen und anbauen wollen, auf 6 Jahr Befreyung ge - geben wird, welches nachher auf das ganze Land ausgedehnt wurde. Eben dergleichen geſchahe auch in dem J. 1709; dieſe Verordnungen ſind 1714, 1717 und 1721 wiederholet, und den Anbauenden viel Freyheiten ertheilet worden. Es wurde unter andern auch 1709 verordnet, daß alle Magiſtrate in den Provinzen von nun an Re - giſter von allen bebauten und wuͤſten Stellen ver - fertigen ſollten. Sehr viel Verdienſte um die Lan - desbeurbarung und den dadurch verbeſſerten Acker - und Wieſenbau hat in dem BrandenburgiſchenKoͤnig69Koͤnig Friedrich Wilhelm. b)Die weitern Nachrichten hiervon finden ſich in des Hrn. Buͤſchings Wochenblatt, und in dem pommeriſchen und neumaͤrkiſchen Wirthe.Er ließ anſehnli - che moraſtige und wuͤſte Gegenden in der alten Mark urbar machen, z. B. bey Stendal, Flech - tingen, das Seliſchebruch bey Oſtingersleben, das Amt Burgſtall und Neuenhof, gewiſſe Ge - genden bey Dalen, Inſel Schwarzloſen, Vehten, Deez, die Horſt und Kriegholz bey Bomezien; der 104 Ruthen lange und 18 Ruthen breite Damm mit den zwey 9 Schuh breiten Graͤben bey Grosgarz, und von denen von Kenneberg bey Iden angelegten Hollaͤndereyen. Auch uͤber die Prignitz erſtreckte ſich ſeine Vorſorge. Er machte das Wendefeld bey Banekow, die Gegenden bey Semlin, Dalmin, Witſtock und Roſenwinkel fruchtbar. Viele ſolche Verbeſſerungen geſcha - hen auch in der Mittelmark unter den Koͤnigen Friedrich Wilhelm und Friedrich II. bey Koͤpenick, Belitz, Kapzau, Wuſtermark, Hoppenrode, Rohr - beck, Dyraz, Lichterfelde, Prizerbe, Nauen, Rha - tenau, Rhinau, Neuſtadt an der Doſſe, Schwan - te, Granſee, Rauſchendorf, Zehlendorf, Liebenwal - de, Kreuzbruch, Oranienburg, Joachimsthal, Ranfft, Ilau, Buckau, Zieſar, Ludersdorf, Loͤ - wenbruch, Genshagen, Vielſtock, Krampfuhl, Stremmen, Wuſterhauſen, Werder, Proͤtzel, Reh - feld, Geilsdorf, Hirſchfeld, die frankfurtiſchen Wie - ſen, das Arensdorferbruch, Gieſendorf, Charlot - tenburg, Plauen, Bagau, Markgrafpieſke, Frie -E 3dersdorf,70dersdorf, Storkau, und die Bruͤche bey Kuͤſtrin. Hierunter ſind die wichtigſten Verbeſſerungen der Koͤnigshorſt zwiſchen Nauen und Fehrbellin, und die Vorwerke in dem großen Oderbruche zwiſchen Wrietzen und Kuͤſtrin. Hierdurch wurde der Bau verſchiedener Fruͤchte eingefuͤhrt; in der Churmark der Kartoffelbau, von welcher aus er ſich in die uͤbrigen Gegenden verbreitete, bey Luͤderiz, Veh - ten und inſonderheit bey Klein-Schwarzloſen im Amte Borgſtall die kleinen Steck - und Treuge - ruͤben, auch der Bau der Scharte iſt hier ſeit dieſer Zeit ein ſtarkes Nahrungsgeſchaͤffte, und zugleich ein Handlungsartikel. Bey Teltow iſt die Cultur der bekannten kleinen Ruͤben ſehr ſtark; in den Zachaͤuſiſchen und Teltowiſchen Gegenden bauet man ſeit dieſen Zeiten viel Hirſe und Buch - waizen, und bey Neubrandenburg Krapp, Waid und Scharte; alles die gluͤcklichen Folgen der ruhmvollen Anſtalten dieſer zwey großen Fuͤrſten.
So wurden auch in der Neumark unter Koͤnig Friedrich Wilhelm faſt in allen Kreiſen Gegenden verbeſſert und urbar gemacht. Noch groͤßere Ver - beſſerungen machte Koͤnig Friedrich II. denn er trocknete die Bruͤche an der Oder, Warte und Netze aus, und beurbarte dieſelben. Der Oder - bruch wurde mittelſt des neuen Odercanals abge - trocknet, welcher bey dem Dorfe Guͤſtebieſe aus der Oder gehet, und gegen dem Dorfe Hohen - Sathen uͤber, bey Wutzo wieder in die Oder faͤllt. Er wurde 1753 eroͤffnet; er verſchaffte nicht nur neuen und guten Acker - und Wieſenbau, ſondernauch71auch die Anlegung neuer Doͤrfer und Vorwerke. Die Oder, die durch den Canal ſehr ſchnell fließt, hat den Canal etwas uͤber ſeine erſte Anlage er - weitert; indeſſen ſchuͤtzen ihn die ſtark aufgewor - fenen Daͤmme und Berge. Ich will hier dieſes ganze wichtige und lehrreiche Verfahren aus eini - gen Nachrichten des Hrn. Buͤſchings anfuͤhren. Die Austrocknung und den Anbau der wuͤſten Bruͤche an der Netze und Warte geſchahe meiſt durch den verdienſtvollen Hrn. geheimen Finanz - rath von Brenkenhof ſeit dem Jahre 1763. Um die Bruͤche an der Netze trocken und urbar zu ma - chen, wurde von dem bey Erbenswunſch gelege - nen und nach Polen gehoͤrigen Berge an queer durch den Bruch ein Wall aufgeworfen, welcher neben der Netze auf der linken Seite derſelben bey Belitz und Drieſen weg und bis nach den Salz - koſſaͤthen ſich 3908 Ruthen lang erſtreckt. Bey Belitz iſt der alte Strom abgeſchnitten, und von dannen aus ein Canal 5 Ruthen breit und 2370 Ruthen lang gezogen, welcher bey Drieſen vorbey bis nahe an die Salzkoſſaͤthen gehet, und daſelbſt wieder in die Netze faͤllt. Durch dieſen Canal gehet die Schiffahrt. Oberhalb Belitz iſt eine große Schleuße von 18 Schutzen im Teich oder Wall angelegt, durch welche in das alte Bette der Netze ſo viel Waſſer gelaſſen wird, als zur Muͤhle bey Drieſen noͤthig iſt, durch welche auch, wenn die Netze ſehr anwaͤchſt, und der Wall am neuen Canal in Gefahr geraͤth, noch mehr Waſſer abgeleitet werden kann. Hiernaͤchſt iſt am Kie -E 4bitz -72bitzwinkel auf der rechten Seite der Netze ein Teich oder Wall gezogen, welcher ſich durch den ganzen zum Amte Drieſen gehoͤrigen alten Netz - und Gottshammerbruch und durch alle der Friedeber - giſchen Caͤmmerey gehoͤrigen Bruͤche bis an den Bruch der Herren von Brand und Schoͤning er - ſtrecket, und eine Laͤnge von 6620 Ruthen betraͤgt. Man hat auch ſo wohl laͤngſt dem hohen Lande, als gleich hinter den Teichen, wie auch in der Mitte des Bruchs und uͤberall in den niedrigen Gegenden gewiſſe Abzugsgraͤben von hinlaͤngli - cher Breite zur Abfuͤhrung des Quell - und Re - genwaſſers angelegt. Es ſind auch im Netzbruch zwey Einlaßſchleußen, naͤmlich im Kiebitzwinkel und bey Trebitſch, ingleichen in den Abzugsgraͤ - ben uͤberall kleine Stauſchleußen angelegt, durch welche der ganze Bruch vom Kiebitzwinkel und Trebitſch bis dahin, wo der Teich an der Netze aufhoͤrt, aus der Netze unter Waſſer geſetzt wer - den kann, welches, wenn es im Fruͤhjahr geſchie - het, den Wieſen und Weiden ungemein vortheil - haft iſt. Die auf die beſchriebene Weiſe an der Netze trocken und urbar gemachten Bruͤche betra - gen 25101 Morgen magdeburgiſchen Maaßes. In denſelben waren 1771 28 neue Oerter ange - legt, 5 alte an dieſelben graͤnzende Doͤrfer ver - groͤßert, die alten Hollaͤnder und Einwohner, wel - che in vorigen Zeiten einige hochgelegene Plaͤtze auf eigene Koſten ausgerottet und angebauet ha - ben, ſind dadurch anſehnlich verbeſſert, weil ihre Grundſtuͤcke getrocknet und fuͤr Ueberſchwemmun -gen73gen geſichert ſind. Aus denen zur Friedebergi - ſchen Caͤmmerey gehoͤrigen Bruͤchen ſind den nah gelegenen adelichen Guͤtern, denen es vorher an Wieſen fehlte, einige Grundſtuͤcke auf Erbzins und gegen Uebernehmung einer gewiſſen Familien - abgabe uͤberlaſſen, und dadurch der Werth ihrer Guͤter ſehr erhoͤhet worden, weil ſie nun mehr Vieh halten koͤnnen. Auch die nah gelegenen Staͤdte Drieſen und Friedeberg erhielten betraͤchtliche Ver - groͤßerungen. Es iſt auch in dem Netzebruch ei - ne Stutterey angelegt worden, die fuͤr die Koͤnigl. Dragonerregimenter gute Pferde liefert. Auf gleiche Weiſe ſind ſeit 1767 die wuͤſten Bruͤche an der Warte trocken und urbar gemacht worden; die dreymal ſo groß waren, als die an der Netze. Im J. 1770 waren ſchon 9 neue Coloniſtendoͤr - fer fuͤr die Landsbergiſche Caͤmmerey und 3 fuͤr das Amt Himmelſtadt angelegt, auch war ein koͤ - nigliches Vorwerk mit einer Brauerey errichtet, und die ſonſt zu Roſeburg im Magdeburgiſchen geweſene Stutterey nach dem Bruch bey Pyrehne verlegt. Im J. 1771 wurde der Anbau auf der Landsbergiſchen Caͤmmerey fortgeſetzt, auch ein gleicher Anfang in den zum Ordensamt Son - nenburg und zu den adelichen Guͤtern Koͤllſchen und Neuwalde gehoͤrigen Bruͤchen gemacht. Durch dieſen neuen Anbau in den genannten 3 Bruͤchen iſt die Anzahl der Einwohner, welche man vorher etwa auf 200000 ſchaͤtzte, ſtark ver - mehret worden. Der Netzebruch war im Jahr 1768 mit 847 Familien beſetzt, die am EndeE 5dieſes74dieſes Jahres 3593 Koͤpfe ausmachten. Im Wartebruch waren im Anfange des 1771 ſten Jahres ſchon 437 Familien, die groͤßtentheils aus Polen, Mecklenburg, dem ſchwediſchen Pom - mern und Oberdeutſchland ſich daſelbſt nieder - gelaſſen.
In dem Brandenburgiſchen wurde es in den neueſten Zeiten noch ſehr nachdruͤcklich betrieben. Der Koͤnig beſchloß 1772 die weitlaͤuftigen und faſt unzugaͤnglichen Luͤche und Bruͤche an den Fluͤſſen Rhyn und Doſſe in dem Ruppiniſchen Kreiſe der Mittelmark unweit Neuſtadt an der Doſſe zu trocknen, und mittelſt Anſetzung auslaͤn - diſcher Coloniſtenfamilien urbar und bewohnt ma - chen zu laſſen. Der Koͤnig trug es ſeinem Fi - nanzminiſter von Derſchau auf, mit Zuziehung des geheimen Finanzrath von Brenkenhof und des Kriegs - und Domainenraths Gieß den Plan zu machen und ihm vorzulegen. Der Koͤnig be - willigte dazu 195000 Rthlr. Es ward 1773 der Anfang gemacht, und in 4 Jahren voͤllig geendiget. Durch dieſe Anlage ſind theils da - durch, daß der Rhyn, die Doſſe und Jaͤgelitz auf - geraͤumt, gerade fortgeleitet, und mit Teichen ein - geſchloſſen, theils durch verſchiedene Abzugs und Nebengraͤben 8750 Morgen ganz wuͤſten Bodens abgetrocknet, von Geſtraͤuche und ſtarken Elſen - buſch gereinigt, gerottet und in einem Bezirk von etlichen Meilen 310 auslaͤndiſchen Familien an Hollaͤndern, Hopfgaͤrtnern und Buͤdnern, in ei - genen fuͤr ſie erbauten Haͤuſern und mit dem ihnennoͤthigen75noͤthigen Vieh angeſetzt worden, wodurch folgen - de Colonien entſtanden ſind: 1) Friedrichdorf von 20 Haͤuſern und 28 Familien; 2) Friedrichsbruch von 14 Haͤufern und 14 Familien; 3) Großder - ſchau von 24 Haͤuſern und 24 Familien; 4) Kleinderſchau von 20 Haͤuſern und 20 Familien; 5) Guͤlitz von 8 Haͤuſern und 16 Familien; 6) Brenkenhof von 8 Haͤuſern und 8 Familien; 7) Neugarz von 10 Haͤuſern und 10 Familien; 8) Schoͤnfeld von 11 Haͤuſern und 11 Familien; 9) Neukoppenbruͤgge von 9 Haͤuſern und 9 Familien; 10) Siegrothsbruch von 32 Haͤuſern und 32 Fa - milien; 11) Gieſenhorſt von 33 Haͤuſern und 33 Familien; 12) Zielensaue von 8 Haͤuſern und 8 Familien; 13) Bartſchendorf von 40 Haͤuſern und 40 Familien; 14) Michaelisbruch von 14 Haͤuſern und 14 Familien. Außer dieſen ſind noch einzelne kleine Colonien vorhanden, naͤmlich Kruͤgsheim, Clauſiushof, Wilhelminensaue, Hir - zelsluſt, welche zuſammen 9 Familien ausmachen, und 24 Familien haben ſich in den alten dort her - um liegenden Doͤrfern, Drey, Siefersdorf und Koritz niedergelaſſen, in welchen ihnen Haͤuſer er - bauet worden. Im J. 1775 wies der Koͤnig noch eine Summe von 80000 Rthlr. an, wofuͤr in der Churmark 400 Buͤdnerfamilien in eigenen fuͤr ſie erbaueten Haͤuſern angeſetzt worden, und ſeit 1776 ſetzt der Koͤnig jaͤhrlich 200000 Rthlr. aus, verſchiedene andere Luͤche und Bruͤche zu beſſern, und auch ſo viel Buͤdnerfamilien als moͤg - lich nach dem jaͤhrlich davon vorzulegenden Planeanzu -76anzuſetzen. Mittelſt dieſer Gelder ſind in den drey Jahren, 1776, 1777, 1778, betraͤchtli - che Luͤche abgetrocknet, urbar gemacht und mit Coloniſtenfamilien beſetzt worden. Auf adelichen Guͤtern, denen der Monarch auf ſeine Koſten die Anlagen machen ließ, ſind betraͤchtliche Verbeſſe - rungen vorgenommen, und 1521 Familien in ei - genen fuͤr ſie erbauten Haͤuſern angeſetzt worden. c)Eben ſo geſchahe dergleichen in Pommern, wo man zugleich die Gemeinheiten bey den großen ur - bar gemachten Bruͤchern aus einander zu ſetzen ſuchte. Man findet die Nachrichten von dieſen großen Verbeſſerungen im pommerſchen und neu - maͤrkiſchen Wirthe im 6-12, 18, 24, 30, 44, 45 Stuͤck, und in Hrn. Buͤſchings woͤchentlichen Rach - Nachrichten 5, 11, u. 36 St. vom J. 1777.Und ſo hat die Churmark an betraͤchtlichen aus dieſem Familienanbau erwachſenen Doͤrſern fol - gende Anzahl gewonnen: 1) In der Priegnitz Heinrichsdorf von 17 Haͤuſern 18 Familien. Siebmannsdorf v. 17 Haͤuſern 17 Familien. Sophiendorf von 24 Haͤuſern 24 Familien. 2) Im Lebuſiſchen Kreiſe der Mittelmark Neumabliſch von 15 Haͤuſern 30 Familien. Neupodelzig von 10 Haͤuſern 20 Familien. Kleinzeesdorf von 5 Haͤuſern 10 Familien. 3) Im Beeskowſchen Kreiſe Neuhartmannsdorf v. 15 Haͤuſern 30 Familien. Eben ſo hat man durch Aufmunterungen, Frey - heiten, Unterſtuͤtzungen und durch Befoͤrderung der Manufakturen und des Handels ſich bemuͤhet,die77die Bevoͤlkerung und Cultur des Landes uͤberhaupt zu befoͤrdern. Die Provinzial - Cammer - und Landraͤthe wurden angewieſen, durch beſtaͤndige tabellariſche Berichte die Polizey von dem Zuſtan - de und Fortgange der Landescultur nach allen ih - ren Theilen zu benachrichtigen, um dadurch die Maͤngel des Oekonomiezuſtands zu finden, und ſie zu verbeſſern. Der Koͤnig bediente ſich zu ſei - nen großen Verbeſſerungen meiſt des verdienſt - vollen geheimen Raths von Brenkenhof, wie ſchon oben erinnert worden.
Das große Beyſpiel wirkte nicht weniger bey denen, die ſtolz darauf ſind, Friedrich ihren Koͤ - nig zu nennen. Der Graf von Podewils ver - beſſerte ſeine Guͤter im Pommeriſchen, welche im vorigen Jahrhunderte fuͤr 40000 Rthlr. erkauft waren, 1724 ſchon einen Werth von 130000 Rthlr. hatten, und in den Jahren 1777 und 1778 18000 reinen Pacht trugen. Er mehrte den Kohlbau bey Guſov anſehnlich durch Beurbauung ſchlechter Wieſen. Bey dem Antritt ſeiner Guͤ - ter fand er nicht mehr als fuͤr 164 Rthlr. ver - pachtetes Kohlland. Er machte unfruchtbare Wieſen, die nichts als Schilf und Gras trugen, urbar, und verwandelte dieſelben in Kohllaͤnde - reyen, daß dieſer Bau itzt 900 Rthlr. im Durch - ſchnitt eintraͤgt. Er verpachtet die funfzehnfußi - ge Quadratruthe fuͤr einen Groſchen, wenn ſie der Pachter ſelbſt duͤnget, und fuͤr einen Groſchen, ſechs Pfennige, wenn er den Duͤnger dazu erhaͤlt. Man erbauet bey maͤßigen Preißen auf einer ſol -chen78chen Ruthe fuͤr 16 gr. Kohl, und ein hier ge - woͤhnlicher maͤrkiſcher Morgen von 300 Ruthen wird zu 200 Rthlr. benutzt, welches bey den groͤß - ten Reſidenzen wenige Aecker einbringen. Man rechnet auf 4000 Rthlr an fremden Abſatz, wel - ches den Werth dieſer Laͤndereyen ſo erhoͤhet, daß zu denſelben ſich Pachter von anderthalb Meilen weit einfinden, und die Bevoͤlkerung iſt hierdurch auf das doppelte vermehrt worden. Auch die hinterpommeriſchen Guͤter Wuſterwitz erhob er durch ſeine Verbeſſerungen zu einem hohen Wer - the, und wurde fuͤr Landwirthe nach dem Vor - gange ſeines großen Koͤnigs ein lehrreiches Bey - ſpiel. Eine Hauptabſicht bey ſeinen Verbeſſe - rungen war, mehr Miſt zu erhalten, und dadurch mit mehrerm Nachdruck die Fruchtbarkeit des Landes zu bewirken. Er verbeſſerte daher die ſchon vorhandenen Wieſen durch Graͤben und da - durch angebrachte Waͤſſerung nach ſchweizeriſcher Art. Er vermehrte und erweiterte den Kleebau, und ſonderlich die Wieſen, indem er einen Moraſt von 3 bis 400 Morgen austrocknete und dazu beſtimmte. Er fuͤhrte vorzuͤglich das haͤufigere Duͤngen und das nuͤtzliche Mergeln ein, zumal da ein ſehr tauglicher Mergel zu Wuſterwitz, ſei - nem Gute, ſich fand. Eben ſo machte er in Pom - mern die Haakenpfluͤge bekannt, und ließ die Eg - gen mit Eiſen beſchlagen, wodurch er die Bear - beitung des pommeriſchen Ackers um vieles ver - beſſerte. Er ließ ſich das tiefere Pfluͤgen und die Ausbreitung deſſelben vorzuͤglich angelegen ſeyn,und79und hat daher einen eigenen Maasſtab, die Tiefe der Furchen zu unterſuchen. Durch dieſes Sy - ſtem bewirkte er ſo viel, daß manches ſo genann - te Grandfeld, das ehedem nur aller 6 oder 9 Jahr beſaͤet werden konnte, itzt wie der beſte Acker be - nutzt wird. Er hob die Gemeinheiten auf ſeinen Guͤtern auf, ſetzte viele Coloniſten an, und mehr - te dadurch die Bevoͤlkerung ſo anſehnlich, daß bey einer Zaͤhlung in den Jahren 1777 und 1778 die zu jedem Dorfe gehoͤrenden Vorwerke mit gerechnet, ſich zu Wuſterwitz 352, zu Puddiger 149, zu Schmarſov 112, zu Balentin 108 See - len befanden, da noch vor zehn Jahren nur zwi - ſchen 3 bis 400 gezaͤhlt wurden.
Ein anderes nicht weniger wuͤrdiges Beyſpiel giebt der große Stargardiſche Wirth, der Hr. Graf von Bork. Er verbeſſerte ſeine Guͤter ſo anſehnlich, daß ſie ſtatt 700 Rthlr., welches ſonſt der Ertrag war, itzt 3000 einbringen. Er ſelbſt giebt die beſte Nachricht davon in der kur - zen Beſchreibung der Stargardiſchen Wirthſchaft 1777, wovon bald eine zweyte Ausgabe zugleich mit Hrn. von Wedels, Koͤnigl. Preußiſchen Ober - forſtmeiſters, Vorleſung uͤber dieſen Gegenſtand in der patriotiſchen Geſellſchaft zu Breslau in 8 erſchien; wovon die allgemeine deutſche Biblio - thek XXXVI. S. 589 einen Auszug liefert. Er machte den Anfang zur Verbeſſerung mit Anle - gung eines neuen Vorwerks, und Beurbauung eines großen Stuͤck Landes, denn zwey Drittheile der Feldmark lagen wuͤſte. Der zweyte Schrittwar80war die Anlegung der Kleefelder, vermittelſt wel - cher er den Viehſtand dermaßen verbeſſerte, daß man 1777 ſtatt 36 Stuͤck Vieh jung und alt an 170 zaͤhlte, wodurch er viel Duͤnger gewann. Er nahm hierzu noch den ſich daſelbſt findenden Mergel, und brachte ſeine Wirthſchaft alſo vor - zuͤglich durch den Kleebau, durch das Mergeln und durch die wechſelsweiſe Beſaͤung des Ackers mit verſchiedenen Getraidearten zu einer vortheil - haften Hoͤhe. Man findet außerdem noch von ſeinen Verbeſſerungen wichtige Nachrichten in dem pommer. und neumaͤrk. Landwirth S. 311. 335. 353. und im III. B. der Berliner Beytraͤge S. 156. Auf der 37ſten Seite des erſtern Werkes iſt ein Zeugniß von dem guten Ertrage des ver - beſſertrn Ackers.
Ehe ich die beruͤhmten brandenburgiſchen und pommeriſchen Landwirthe verlaſſe, verdient noch der Name des verdienſtvollen geheimen Raths von Brenkenhof Erwaͤhnung. Es wuͤrde ſelbſt ein Verbrechen gegen das Verdienſt ſeyn, den nicht zu nennen, den der große Friedrich ſeines Ver - trauens wuͤrdig befand, und in dieſen oͤkonomiſchen Unternehmungen zum Rathgeber waͤhlte. Durch ſeine Veranſtaltung wurde der See, die Maduͤja, im Amte Kolbatz zwiſchen Pyritz und Altdamm, welcher wegen des wohlſchmeckenden Fiſches Ma - rene, den ein Moͤnch aus Italien dahin verſetzt hatte, und welches die Murane der Alten ſeyn ſoll, beruͤhmt iſt, ausgetrocknet, wovon der Hr. Praͤſident von Benkendorf in dem pommer. undneu -81neumaͤrk. Wirth S. 114. ausfuͤhrlich handelt. Der Koͤnig verwendete uͤber 36000 Rthlr. an dieſe Melioration, und machte dadurch 14338 Morgen nutzbar, von welchem Vortheil der Koͤ - nig nur etwas uͤber die Haͤlfte genießt, das uͤbri - ge aber den adelichen Gutsbeſitzern umher zukom - men laͤßt. Es iſt ein Beyſpiel, wie ſehr eine verbeſſerte Wirthſchaft bereichern kann. Es fin - den ſich davon beſondere Umſtaͤnde in den Reiſen des Hrn. Bernoulli im 1ſten Theil S. 131, wo geſagt wird, daß ſein Vermoͤgen von 8 Gro - ſchen zu einem Vermoͤgen von 300000 Rthlr. gekommen. Er fuͤhrte zuerſt den archangeliſchen Roggen im Pommeriſchen ein, da jemand ſich dergleichen verſchrieben, und ihm eine Viertelmetze abließ, welche er im Garten ſaͤete, und ſo verviel - faͤltigte, daß er nach der dritten Aerndte ſchon im Stande war ein Feld zu beſaͤen, und bald hernach mit dieſem Getraide einen ſtarken Handel zu trei - ben, ſo daß das Koͤnigl. Poſtamt dadurch ſehr bereichert wurde, indem mit dem Poſtwagen im - mer noch ein paar Beywagen mit ſolchem Getrai - de zum Ausſaͤen abgiengen. Eben derſelbige richtete auch auf die Verbeſſerung der Viehzucht ſein Augenmerk, und ſtellte allerhand wichtige Verſuche an. Er ließ aus Aſien Kameele und Buͤffelochſen kommen, wovon ſich ſonderlich die letztern vorzuͤglich vermehren. Vorzuͤglich benutz - te den archangeliſchen von ihm eingefuͤhrteu Rog - gen der Hr. Graf von Podewils mit vielem Gluͤck, die Hoͤhe iſt mehrentheils 6 Fuß. Er ließ ihmFin82in Verhaͤltniß von 9 zu 16 ſaͤen, und er ſtand ſo ſchoͤn, als die beſten benachbarten Felder mit ein - heimiſchen Roggen. Man verſuchte es, nur den dritten und vierten Theil als daſelbſt gebraͤuchlich, zu ſaͤen, und doch ſtand das Feld eher gut als ſchlecht. Der Ertrag muß alſo bis aufs 30ſte und 40ſte Korn gebracht werden koͤnnen. Man hielt nicht ohne Grund dafuͤr, daß die groͤßere Ergie - bigkeit dieſes archangeliſchen Roggens von dem waͤrmern Clima komme, in welches er hier ge - kommen iſt, da er in ſeinem Vaterlande nicht ſo ergiebig ſeyn ſoll.
In dem Oeſterreichiſchen und demſelben zuge - hoͤrigen Landen und Reichen machte man aͤhnliche Anſtalten in der Errichtung der Oekonomieinſpek - toren, welche die Auſſicht uͤber gewiſſe Diſtrikte und Bannate erhielten. Die Geſellſchaften der Oekonomie zu Laybach in Krain, ingleichen die von Niederoͤſterreich und zu Wien haben durch viele nuͤtzliche Vorſchlaͤge und die Unterſuchungen einiger wuͤrdiger Mitglieder viel Nutzen geſtiftet, und die Landwirthſchaft in ihren Landen befoͤrdert. Es verdienen hier ſonderlich der Hr. von Hacquet, von Zahlheim, von Endtnersfeld, Jacquin, Son - nenfels und andere angefuͤhrt zu werden. Man verſchrieb Colonien zu Verbeſſerung der Oekono - mie aus Flandern, und breitete ſich uͤber alle Theile der Oekonomie aus. Durch dieſe Anſtalten iſt ſonderlich die Oekonomie in Maͤhren ſehr verbeſſert worden, indem ſich die flaͤmiſche Wirthſchaftsart ſowohl auf den Cammerguͤthern als auch unterPrivat -83Privatperſonen ausgebreitet hat. Unter den letz - tern fuͤhrte ſie der Freyherr von Skulitz zuerſt auf ſeinem Guthe ein, wovon uns die Geſchichte des Acker - und Wieſenbaues naͤher unterrichten wird. In Boͤhmen zeichneten ſich ſonderlich die großen und verbeſſerten Wirthſchaftseinrichtungen des Hrn. Grafen von Schwerz aus, welche ausfuͤhr - lich in dem Leipz. Intelligenzbl. vom J. 1766 S. 331-335 erzaͤhlt werden. Er bauete große und bisher unfruchtbare Landſtriche an, ſaͤete Hol - zungen, und ſchenkte den Nachkommen cultivirte Gegenden. Er ſendete ſeinen Sohn auf oͤkono - miſche Reiſen, und gab ihm wirthſchaftsverſtaͤn - dige Beamte mit, welche um deſto aufmerkſamer auf den Bau der verſchiedenen Laͤnder ſeyn konn - ten, da ſie ſelbſt mit dieſen Geſchaͤfften bekannt waren, und deſto gluͤcklicher ihre Bemerkungen dereinſt in Aemtern anwenden konnten. Stets erinnern ihn ſeine Zimmer an den Zuſtand ſeiner Guͤther, und zeigen ihm denſelben. Es hiengen darinnen Abriſſe ſeiner graͤflichen Herrſchaften, Guͤther und Grundſtuͤcken, Geſchichte und Nach - richten, wie an dieſen und jenen Feldern dieſe oder jene Verſuche und Erfahrungen anſchlagen, wie tief man ackern muͤſſe. In ſeinen Gaͤrten ver - band er das nuͤtzliche mit der Pracht. Er ließ ſeine Arbeiter alle Tage, ehe ſie an die Arbeit giengen, in die Kirche gehen, und eine Rede von der Arbeit halten, die ſie an ihre Pflichten erin - nerte. Er erkaufte einen Bruch, der bisher zu einer elenden Hutweide gedienet, von den Buͤr -F 2gern84gern von Liſſa fuͤr 10000 Gulden, machte aus einem dabey gelegenen Spital einen Meyerhof, und verſetzte die Spitalleute anderswohin; er trocknete den Moor aus durch Graͤben, die die Feuchtigkeiten ab und in die Elbe fuͤhrten. Die - ſer Moor beſtand aus einer ſtark bewurzelten Torf - erde, die bis vier Schuh tief gieng; nahe dabey war eine Kieferholzung von zartſandigem Boden. Man hob einen Theil der Torferde aus, und uͤber - zog das Land mit zartſandiger Erde, worauf nun der ſchoͤnſte Weizen wuchs.
Ich kann nicht umhin, zugleich auch die Ein - richtungen zu erwaͤhnen, welche das oͤſterreichiſche Haus in einigen ſeiner andern Lande, welche nicht zum deutſchen Reiche gehoͤren, gemacht hat. Es gehoͤren hieher vorzuͤglich verſchiedene Theile von Ungarn, und mehrentheils der Temeswarer Ban - nat, von welchem uns Hr. Franz Griſelini einen Verſuch einer politiſchen und natuͤrlichen Geſchichte geliefert. Es gediehe dieſer Landſtrich in dem Paſſarowitzer Frieden an das Haus Oeſterreich, vor dieſen Zeiten war er unfruchtbar und voller wilder Thiere. Allein dem erſten Kaiſerl. Gou - verneur und Feldmarſchall, Franz Mercy, dankt er ſeine beſſere Einrichtung; er theilte es in 12 Diſtrikte, richtete das Cameral - und Juſtizweſen ein, zog Deutſche, Italiaͤner und Spanier zur An - legung der Manufakturen und Befoͤrderung des Ackerbaues hinein. Er brachte ſonderlich die vor - hin wild wachſende Faͤrberroͤthe und Waid, wie auch den Kohlruͤbenbau, ingleichen Wein - undMaul -85Maulbeerbau durch Veredelung in beſſern Gang, und legte Fabriken an. Dieſer verdiente Mann ſtarb 1754. Die Peſt und der neue Tuͤrkenkrieg unterbrachen die Verbeſſerungen; doch ſind durch Deutſche, Raizen und Servier viele neue gemacht, vorzuͤglich viele Moraͤſte ausgetrocknet worden. Das Land iſt ſeit 1775 in Anſehung ſeines Oeko - nomie - und Cameralzuſtandes in 4 Kreiſe getheilt, in den von Oſatat, Temeswar, Werſchez und Lugoſch; jeder ſtehet unter einem Kreishauptman - ne und iſt in mehrere Herrſchaften vertheilet, wo - von jede einen Wirthſchafsbeamten hat.
Unter den Oekonomiegelehrten und Staats - maͤnnern wurde die Oekonomie nun angeſehener und wichtiger, und in unſerm itzigen Zeitalter rechnet man die oͤkonomiſchen Kenntniſſe beynahe mit zu den Eigenſchaften eines Mannes von Welt und von Mode. Seit dem entſtanden haͤufig Streitigkeiten und Unterſuchungen, ſo daß die Polemik dadurch ein ganz neues Gebiete erhalten. Die wichtigſten Streitigkeiten will ich hier nur uͤberhaupt anfuͤhren, wir werden ſie aber in der beſondern Geſchichte der einzelnen Theile naͤher kennen lernen. Man ſtritt uͤber das Flach - und Tiefpfluͤgen und Saͤen, fuͤr das letztere intereſſirte ſich vorzuͤglich Wolf nicht ohne Gruͤnde, und mit ihm viele andere, fuͤr das erſtere aber Hr. Luͤder. Eben ſo wurde ein Gegenſtand des Streits die Duͤngung mit Gips, die Bienenableger und der Werth derſelben, die Stallfuͤtterung, welche ſon - derlich Hr. Tſchiffeli und Meyer empfahl, dasF 3Ein -86Einweichen und die Schwaͤngerung des Saa - mens, die kuͤnſtliche Duͤngung, die Verwandlung der Frohnen in Geld und die gaͤnzliche Abſchaffung derſelben, die Verwandlung der Getraidearten, die Mergelduͤngung, der Hordenſchlag, das Dicht - und Duͤnneſaͤen, die Entbehrlichkeit der Braache, die Abſchaffung der Gemeinheiten, u. ſ.w.
Alle dieſe Anſtalten und Vorfaͤlle aͤnderten das ganze Oekonomieſyſtem in Deutſchland, mach - ten es zuſammengeſetzter, kuͤnſtlicher und vielfa - cher, aber auch eintraͤglicher und ergiebiger, oͤff - neten und vervielfaͤltigten die Wege zu Specula - tionen, brachten mehr Verbindung und Gewiß - heit in das Ganze, und verbreiteten ihren wohl - thaͤtigen Einfluß auf den ganzen Nahrungsſtand und die innere Staͤrke des Staats.
Noch kann ich einige Bemuͤhungen der Ge - lehrten und der Geſellſchaften nicht uͤbergehen, die unſern Zeiten eigen ſind. Man ſuchte in dieſem Jahrhunderte das Studium der alten Oekonomen der Griechen und Roͤmer zu wirklicher Verbeſſe - rung von neuem auf. Man beſorgte haͤufigere und richtige Ausgaben derſelben, vornehmlich machte ſich Geßner und Erneſti um ſelbige ver - dient. Man bemuͤhete ſich, ſie durch Ueberſe - tzungen und Erklaͤrungen bekannter zu machen. Hr. Prof. Curtius uͤberſetzte den Columella,d)Schon im ſechszehnten Jahrhunderte habe ich die Ueberſetzung des Columella von Michael Herrn, und im ſiebenzehnten erſchien 1612 eine neue von Theodor Majus, der auch den Palladius uͤberſetzte.Hr.87Hr. Duſch die Georgika des Virgils; wir erhiel - ten eine Ueberſetzung des Varro von Hrn. Meyer. Die fuͤrſtl. Jablonoviſche Societaͤt zu Leipzig beei - ferte ſich, das Studium der alten roͤmiſchen Oe - konomen zu empfehlen, indem ſie einen Preis auf die Beantwortung der Frage ſetzten: ob die oͤko - nomiſchen Schriften der Alten, vornehmlich der Roͤmer, noch einige Verbeſſerungen in unſerer Oekonomie geben koͤnnten, und wie es geſchehen koͤnne? Unſtreitig macht dieſes unſerm Jahrhun - derte mehr Ehre, als es dem funfzehnten machte, da gegen das Ende deſſelben Pabſt Gregor die gelehrten Schriften des Varro verbrennen ließ. e)S. Schrebers zwo Abhandlungen uͤber die Ge - ſchichte der Cameralwiſſenſchaft. S. 30.Die goͤttingiſche Geſellſchaft der Wiſſenſchaften bemuͤhete ſich, die Vortheile der Alten in dem Bergbaue aufzuſuchen, und ſie auf den heutigen, ſo fern es moͤglich waͤre, anzuwenden. Sie ſetzte daher einen Preis von 50 Dukaten auf die Beantwortung der Frage: wie waren die Berg - werke der Alten eigentlich beſchaffen und eingerich - tet, und laͤßt ſich nicht nach angeſtellter Verglei - chung derſelben mit den unſrigen zum Vortheile des Bergbaues und der Huͤttenwerke unſerer Zei - ten etwas aus den Alten lernen?
Der Ackerbau hat in den neuern Zeiten in Deutſchland und vorzuͤglich in Sachſen dasjenige zuerſt erhalten, was man ſeine Vervoll - kommung nennen kann. Nicht nur die Anſtalten im allgemeinen, die im vorigen Kapitel angege - ben worden, ſchreiben ſich zuerſt aus Sachſen her, ſondern auch gewiſſe hier naͤher zu beſtimmende Einrichtungen, in ſo fern naͤmlich die Sorge der Regierung durch Aufhebung gewiſſer oͤffentlicher und gemeiner Hinderniſſe, durch gemeinnuͤtzige Anleitung und Unterricht, durch Vorgang mit guten Beyſpielen, durch Aufmunterung und Be - ſtimmung des genauen Verhaͤltniſſes dazu bey - tragen kann.
Der große Churfuͤrſt Auguſt war ſelbſt ein großer Kenner der Oekonomie uͤberhaupt, und des Ackerbaues insbeſondere; es bezeugen dieſes auch verſchiedene Inſtruktionen und Beſtallungen von ihm, welche er den Pachtern ertheilet. So unterſagte er denſelben „ die Felder nicht auszu - ſaugen noch auszuſoͤmmern, kein Geſtroͤde noch Fuͤtterung verwenden und verkaufen, ſondern daserwach -89erwachſene verfuͤttern und verſtreuen, Miſt daraus machen, oder da man es hierzu nicht beduͤrftig, auf die folgenden Jahre ſparen, mit den Scha - fen nicht ums Lohn pferchen, ſondern ſolche auf des Hofs Feldern gebrauchen, ſo viel man deſſen darauf beduͤrftig. “a)Die Stelle findet ſich in der Pachtverſchreibung uff Wiederruffenn, welche ſich als eine Beylage in D. Schrebers Abhandlung von Cammerguͤtern findet. S. 161.
Wir ſehen aus dieſen Stellen die großen oͤko - nomiſchen Kenntniſſe Auguſts und ſeiner Diener, die dieſes abſaßten. Er ſahe ein, wie noͤthig die gehoͤrige Bearbeitung und Duͤngung ſey, damit das Feld nicht ausgeſauget werde durch den Ei - gennutz der Paͤchter, welche daſſelbe ſehr benutzten und wenig duͤngeten. Man ſiehet, daß das Vor - urtheil der Braache noch ſehr groß geweſen, da er unterſagt, daß man Felder, welche den Som - mer uͤber der Landesart nach braach liegen ſollten, mit Sommerfruͤchten bebaue, welches unter den Ausſoͤmmern zu verſtehen. Allein es kann von jenen Zeiten dieſe tiefere Einſicht noch nicht ver - langt werden, da in den neuern Zeiten es immer noch ſo viel Widerſpruch findet. Eben ſo zeigte Auguſt ſeine Einſichten in die Duͤngungskunſt, indem er die Wichtigkeit des Einſtreuens bemerkt, und daher den Strohverkauf unterſagt, wie auch die Gewinnſucht der Paͤchter einſchraͤnkt, welche durch Verdingung des Schafpferchs an Fremde den gepachteten Feldern die Nahrung entziehen. F 5Wahr -90Wahrſcheinlich hat an dieſen Inſtruktionen keinen geringen Antheil der verdienſtvolle von Tumshirn, welchen er auch das Werk uͤber die Oekonomie fuͤr ſeine Cammerguͤter aufſetzen ließ, welches 1705 zuerſt im Druck erſchien. Aber Auguſt hat auch noch mehrere Verdienſte, indem er dem Ackerbau und Viehzucht das rechte Verhaͤltniß gegen ein - ander gab, und in eben dem Grade den Wieſen - bau zu befoͤrdern bemuͤhet war, ohne welchen we - der der Ackerbau genugſam bluͤhen, noch die Vieh - zucht Vollkommenheit erreichen kann. Der Ge - traidehandel in Sachſen war um dieſe Zeit anſehn - lich, es lehren dieſes vorzuͤglich die Verordnungen, die ſich in dieſen Zeiten daruͤber finden. Man hatte ein wachſames Auge darauf, je groͤßer der Einfluß deſſelben nicht nur auf die Landesoͤkono - mie, Bevoͤlkerung, Induſtrie, Handel und Ma - nufakturen uͤberhaupt, ſondern auch auf den Acker - bau beſonders iſt. Schon im Jahre 1534 ver - bot Herzog Georg den Getraideaufkauf, eben der - gleichen Verbot ließ Churfuͤrſt Auguſt 1571 er - gehen, und unterſagte die Ausfuhre, ſo bald der Getraidepreis eine gewiſſe beſtimmte Summe uͤberſchritte. Es iſt dieſes unſtreitig das beſte Mittel, die Kornausfuhre zu leiten, damit ſie nicht ſchaͤdlich werde; weder dadurch, daß durch den gehinderten Abſatz der Bau deſſelben geſchwaͤ - chet, noch auch durch nachtheilige unumſchraͤnkte Ausfuhre Theurung entſtehe. Wir finden daher von Zeit zu Zeit Verbot und Erlaubniß wegen der Getraideausfuhre und Aufkauf mit einanderabwech -91abwechſeln. Außer dieſer Abwechſelung wuͤrde ſie fuͤr den Ackerbau nachtheilig ſeyn, da ausge - macht iſt, daß der Ackerbau in eben dem Grade ſteigt, in welchem der Landmann ſeine Fruͤchte ab - ſetzen und nutzen kann, und wie kann dieſes an - ders ſeyn, als durch eine gute Leitung des Getraide - und Fruchthandels von Seiten der Polizey. Da - mit nicht die fremde Einfuhre an Getraide den einheimiſchen Bau hinderte, unterſagte Churfuͤrſt Johann Georg 1653 dieſelbe, und dieſe Befoͤr - derung des Ackerbaues von Seiten der Polizey hat bis in die neueſten Zeiten fortgedauert. b)Ich will hier die vorzuͤglichſten ſaͤchſiſchen Ge - ſetze anfuͤhren. Es finden ſich dergleichen vom J. 1534, 1571, 1617, 1653, 1663, 1693, 1694, 1700, 1719, 1720, 1761.Die ſaͤchſiſchen Geſetze verordneten, alles, was zum Ackerbau gehoͤrt, als Pferde, Ochſen und Schafe, bey der Huͤlfe zu verſchonen, und ſie eher nicht anzugreifen, es ſey denn an fahrender Habe und liegenden Guͤtern oder außenſtehenden Schul - den ſo viel nicht vorhanden, daß ſich der Glaͤubi - ger daran erholen kann. c)S. die Proceßordnung tit. 39. §. 5. wo verord - net wird: daß man alles Werkzeug, ſo einer zu ſeiner Kunſt, Handthierung oder taͤglichen Arbeit beduͤrftig, auch der Pferde, Ochſen, Schafe, Saa - mens und anderer, was man zum Ackerbau noth - wendig haben muß, verſchone, und daſſelbe eher nicht angreife, es ſey denn an andern fahrenden oder liegenden Guͤtern, oder auch außenſtehenden richtigen Schulden ſo viel nicht vorhanden, daß ſich Creditoren daran erholen koͤnnen.
Vor -92Vorzuͤglich bluͤhete in dem ſechszehnten Jahr - hunderte in Sachſen und Thuͤringerlande der Waidbau, wozu das Manufakturſyſtem, welches ſich gegen Ende dieſes und dem Anfange des ſie - benzehnten Jahrhunderts ſonderlich in Nieder - deutſchland ausbreitete, viel beytrug. Es ergien - gen daher auch in Sachſen verſchiedene Verord - nungen des Waidhandels wegen. d)Die Verordnungen wegen des Waids und den Handel mit demſelben ſind folgende, eine von 1592 von Herzog Friedrich Wilhelm, eine von 1607, 1654.
Im ſechszehnten Jahrhunderte war der Waid - bau und Handel vorzuͤglich in und um Erfurt. e)S. Horns ſaͤchſiſche Handbibliothek, S. 192. wo er einige Nachrichten von dem Erfurter Waid - handel giebt.Allein durch die haͤufigen Unruhen zwiſchen dem Rathe und den Buͤrgern, welche in den damali - gen Zeiten in vielen, ſonderlich Reichsſtaͤdten, waren, wich er von Erfurt weg, und zerſtreuete ſich in die umliegenden Gegenden. Von dem Wohlſtande der Landleute und Landwirthſchaft um Erfurt in den damaligen Zeiten zeugen ſonderlich die Nachrichten von dieſen Unruhen, welche Eber - bach giebt. f)S. Eberbachs Hiſtorie von dem Erfurtiſchen Auf - ruhr 1509 ſeq. oder wie eigentlich der Titel heißt: Hiſtorie von dem Erfurter Aufruhr, welche D. Heinrich Kellnern von Niclas Carlen, Procurato - ren und Notario zu Erfurt, Anno 1569 mitge - theilet worden, der ſie von N. Eberbach, PatricioErfur -Es werden daſelbſt immer bey denDoͤrfern93Doͤrfern und Bauerguͤthern viele Pferde und Knechte, welche ſie fuͤr den Ackerbau hielten, die in den Unruhen ihnen weggenommen worden und verloren gegangen, angegeben. g)S. Horn l. c. S. 178. So wurden einem Bauer zu Trechterborn 4 Pferde und 4 Knechte wegge - nommen, ſo verloren die Bauern zu Waltersle - ben 60 Pferde, ihr Geſchmeide, Kiſten und Kaſten.Die Stadt Hayn wurde zur Niederlage dieſes Handels, der fuͤr Sachſen ſo wichtig war, durch ein Mandat vom J. 1592 beſtimmt. h)Mandat Herzog Friedrich Wilhelms als Admi - niſtrator der Churſachſen, den Waidhandel be - treffend, ihn in der Stadt Hayn niederzulegen.Man ſuchte den Bau des Waids zu befoͤrdern durch das Verbot vom J. 1652 und 1653, die Tuͤcher mit Indi - go zu faͤrben. i)Mandat, daß alle Tuͤcher und Waaren mit der Waidfrucht, und nicht mit dem ſchaͤdlichen und durchfreſſenden Indigo gefaͤrbt werden ſollen. Mandat wegen der Corroſivfarbe des Indigo vom J. 1654.Vieles hiervon gilt auch von den herzogl. ſaͤchſiſchen Landen, wo insbeſondere in dem Gothaiſchen der große und fromme Ernſt nebſt ſeinem weiſen Miniſter, den von Seckendorf, den Ackerbau ſo viel moͤglich unterſtuͤtzten; der letztere ſchlug ſchon die Landesvermeſſung zur Be - foͤrderung deſſelben vor, allein es blieb blos Vor - ſchlag bis in unſere Zeiten. Herzog Ernſt ſen - dete viele ſeiner Diener auf Reiſen, um ſich unter andern auch mit dem fremden Ackerbau andererVoͤlkerf)Erfurtenſi, bekommen. S. Hornsſaͤchſiſche Hand - bibliothek. S. 160.94Voͤlker bekannt zu machen, und die erlangten Kenntniſſe in dem Vaterlande anzuwenden. In vielen andern Gegenden Deutſchlands hingegen ſeufzte der Ackerbau unter den Feſſeln der Scla - verey, Unterdruͤckungen und ungemeßner Froh - nen, ſo wie unter dem Schimpf der Vernachlaͤßi - gung, oder man beſchaͤfftigte ſich vorzuͤglich mit andern Theilen der Oekonomie, z. B. mit der Vieh - zucht, oder ſchraͤnkte ſich blos auf eine Frucht ein, z. E. Pommern vorzuͤglich auf den Hopfenbau; andere Laͤnder auf den Weinbau; wovon wir aber in der Geſchichte dieſer Nahrungsgeſchaͤfte be - ſtimmter handeln werden. Im Ganzen genom - men bluͤhete er am meiſten in Sachſen und Thuͤ - ringen, wovon die große Cultur dieſer Laͤnder in unſern Tagen die gluͤcklichſte Folge iſt, wo ſie nicht etwa verheerende Kriege zerſtoͤrten. Aber auch andere Provinzen des Reichs betrieben ihn eifrig, obſchon nach ihrer meiſt eigenen Landesart. Er wurde in dem Holſteiniſchen, Mecklenburgiſchen, Wuͤrtembergiſchen, und zum Theil Pfaͤlziſchen, wenigſtens unter den Haͤnden der Niedern mit Gluͤck betrieben, obſchon die Regierungen nicht ſo viel Sorgfalt auf ihn wendeten. Indeſſen iſt doch ſo viel gewiß, daß, wo ſtarke Viehzucht war, man auch den Acker - und Wieſenbau nicht ver - nachlaͤßigen konnte. Daher iſt im Holſteiniſchen die bekannte Wechſelwirthſchaft ſehr alt, und in dieſen Zeiten ſchon gewoͤhnlich. Man ſuchte durch dieſelbe den Acker - und Wieſenbau auf eine ange - nehme Art zu verbinden, und glaubte dieſes beydem95dem Mangel einer gehoͤrigen Bevoͤlkerung da - durch deſto leichter zu erreichen. In Boͤhmen bluͤhete zu Anfange des 17ten Jahrhunderts und auch ſchon im 16ten nach dem Zeugniß des Je - ſuiten Balbini in ſeiner boͤhmiſchen Hiſtorie I. 45. der Roͤthebau ſehr; er wurde aber im dreyßig - jaͤhrigen Kriege verſtoͤret und zu Grunde gerich - tet. Er wich nach Schleſien, wo dieſe Cultur noch itzt vorzuͤglich iſt. Ueberhaupt war Boͤhmen vor dem dreyßigjaͤhrigen Kriege eines der culti - virteſten Laͤnder; und nur erſt ſeit dieſen ungluͤck - lichen Zeiten liegt es ſo ſehr darnieder, welches nicht ohne Beguͤnſtigung der Regierung zu ge - ſchehen ſcheint, die dadurch dieſes ehemals ſo zu Unruhen geneigte Reich in einer beſtaͤndigen Schwaͤche zu erhalten ſucht, um ſich deſſelben de - ſto mehr zu verſichern. Sachſen hat einen gro - ßen Theil ſeiner leinen und wollenen Manufaktu - ren dem Staatsfehler des Hauſes Oeſterreich, welchen es durch die Religionsbedruckungen in Boͤhmen im 17ten Jahrhunderte begieng, zu ver - danken. So finden ſich auch in andern Gegen - den Deutſchlands theils Spuren von Privatbe - muͤhungen, daß man immer mehr Land anzubauen geſucht und Waldungen deshalb ausgerottet, ſo, daß viele Fuͤrſten ſich genoͤthiget ſahen, in ihren Forſtordnungen dergleichen Unternehmen zu hin - dern, damit nicht die Waldungen litten. So unterſagt Herzog Johann Friedrich zu Wuͤrtem - berg im J. 1614 die Neugereuten zu Egerten Acker, Wieſen, Weingaͤrten, Weidgaͤngen, welcheaus96aus Holzungen gemacht werden. Um dieſe Zeit muß auch das Mergeln im Wuͤrtembergiſchen ſehr gewoͤhnlich geweſen ſeyn, weil es in eben dieſer Forſtordnung von beſagtem Jahre, welche ſich bey dem Fritſch findet, 3ter Theil in dem Kap. von Neugeraith, Mergeln und Waidbrennen S. 166. heißt: Es ſoll auch das Mergeln in und außer den Hoͤlzern und Waͤldern, auch in Eger - ten, ſo uns eigenthuͤmlich zugehoͤrig, beſonders die an Hoͤlzern und Waͤldern gelegen, gaͤnzlich vermieden, und ohne unſrer vorgehabten Raͤthe Bericht und Erlaubniß nicht verſtattet werden. Das in England ſo geruͤhmte Umzaͤunen und Schirmen der Felder war in Deutſchland in vo - rigen Jahrhunderten ſchon laͤngſt bekannt, wie ſich aus den Forſtgeſetzen ſchließen laͤßt, welche unterſagen, zu viel geſundes und gutes Holz aus den Waͤldern auf dergleichen Umzaͤunungen zu verſchwenden; eben ſo verbieten ſie die geſpitzten Zaͤune um die Felder und Wieſen, damit ſich nicht ſo viel Wild ſpieße. Es findet ſich auch in dem Mecklenburgiſchen dergleichen. Denn in der Lan - desordnung von 1562. Tit. 26. heißt es: Sie ſollen ihre Aecker nicht mit ſo uͤberſchwenglich gro - ßen Zaͤunen befriedigen, ſondern ſie gaͤnzlich ab - ſtellen, und die Felder mit Ackerſteinen umſetzen. oder hohe Graͤben aufwerfen. Im Braunſchwei - giſchen machte ſich Herzog Auguſt im vorigen Jahrhundert um den Landbau verdient, und ließ eine ordinationem agrariam ergehen. Eben ſo finden ſich im Pommeriſchen, wo uͤberhaupt inden97den vorigen Zeiten dieſe Geſchaͤffte weit mehr bluͤ - heten, als irgendwo, und welches zu den ange - bauteſten Gegenden Deutſchlands gehoͤrte, gemei - ne Bauer - und Schaͤferordnungen von den Jah - ren 1582, 1616, 1647, 1663, 1669 und 1673. Die Landesordnungen des 16ten und 17ten Jahr - hunderts beſtaͤrken nicht weniger das, was ſo oft geſagt worden, daß man in dieſen Zeiten immer mehr anfieng, den Landbau zu befoͤrdern und zu betreiben.
Der Ackerbau kam in dem ſechszehnten Jahr - hunderte in die Haͤnde der Gelehrten und Natur - forſcher, ob ſie gleich keinen großen Fortgang dar - inne machten. Sie machten, wie ich oben erin - nert habe, meiſt Auszuͤge aus den Alten, und uͤberſetzten fremde Schriften, ohne daß es einigen Einfluß zur Verbeſſerung hatte. Dennoch war dieſes Gluͤck genug fuͤr ihn, ſo wie fuͤr die Oeko - nomie uͤberhaupt. Es wurde doch die Bahn ge - brochen, auf welcher die Nachkommen ungehin - dert zu neuen Entdeckungen und Verbeſſerungen fortſchreiten konnten. Die Schriftſteller der da - maligen Zeiten uͤber die Oekonomie uͤberhaupt ge - hoͤren auch in dieſes Kapitel. Nur einige wenige bearbeiteten den Ackerbau damals beſonders. Moller beſchrieb 1583 den Sommer - und auch den Winterfeldbau; ingleichen 1584 ſein Saͤe - buͤchlein auf Sommerfrucht und Gartengewaͤchs gerichtet.
Der verderbliche Krieg des ſiebenzehnten Jahr - hunderts, welcher von der Zeit, in der er die deut -Gſchen98ſchen Provinzen verwuͤſtete, den Namen des drey - ßigjaͤhrigen hat, richtete in vielen Gegenden den Ackerbau zu Grunde, und noch itzt ſind die trau - rigen Ueberreſte in den Wuͤſteneyen und oͤden un - angebauten Gegenden vieler Laͤnder. Die Fuͤr - ſten ſuchten die Wiederanbauung mit allem Eifer zu betreiben. Von Sachſen habe ich oben ver - ſchiedene Verordnungen, die dahin abzielten, an - gefuͤhret, aber auch andere Laͤnder ließen es hier - inne nicht ermangeln; in dem Gothaiſchen arbei - tete der weiſe und fromme Herzog Ernſt mit ſei - nem großen Miniſter von Seckendorf; in dem Brandenburgiſchen bemuͤhete ſich der große Chur - fuͤrſt Friedrich Wilhelm, den Ackerbau wieder zu erheben. So finden ſich auch verſchiedene Unter - nehmungen von Privatperſonen, die dahin abziel - ten. In dem Hinterpommeriſchen zeichnete ſich damals das Geſchlecht derer von Podewils aus, und vorzuͤglich der Generaldirector der Domainen und Schloßhauptmann, Adam von Podewils; er ließ die Tiefen in den Feldern erhoͤhen, und an andern Orten hierzu die Erde ausgraben; hier - durch ebnete er die ſchaͤdlichen Vertiefungen, und verſammelte in den Aushoͤhlungen das von ſtar - ken Regenguͤſſen und dem Schnee im Winter uͤberfluͤßige und nachtheilige Waſſer; von ſeinen Anſtalten fand Hr. Bernoulli noch Spuren auf ſeinen Reiſen (ſ. I. B. S. 105.). Es finden ſich in dem Brandenburgiſchen verſchiedene Ver - ordnungen, die den Ackerbau angehen, z. B. wie es zu halten, wenn in den Haiden oder Wildbah -nen99nen einige Orte zu Acker und Wieſewachs dien - lich ſind, daß dieſe nicht unbeſaͤet bleiben ſollen, und wer deshalb wachſam zu ſeyn habe; es ſollen dieſelben gereiniget und geraͤumet, an die Meiſt - bietenden verpachtet, und das Geld an die Rent - cammer berechnet werden. S. Th. IV. Conſt. March. S. 700. Auch daß die Unterthanen die Aecker zu rechter Zeit gehoͤrig und gut beſtellen, denſelben Waſſerabzug verſchaffen, und wie es bey dem gegentheiligen Falle zu halten; die Un - terthanen ſollen ihre eigenen Aecker nicht liegen laſſen, ſie ſollen dem Geſinde und Knechten zur Beſaͤung nicht ausgethan werden. Die Polizey verordnete, mit welcher Behutſamkeit die verwach - ſenen Haiden und Aecker abzubrennen, die verwil - derten zu raͤumen; diejenigen, welche Haiden raͤu - men, erhielten Freyheiten; ingleichen wurde be - fohlen, daß die Unterthanen die Aecker von Stei - nen reinigten. Mehrere Verordnungen hieruͤber finden ſich in dem Realregiſter der Conſtit. March. III. Tom. unter dem Worte Ackerbau. Vorzuͤg - lich aber giengen die Bemuͤhungen um denſelbigen nach dem Frieden von St. Germain 1679 an.
Im Heſſiſchen war man im ſiebenzehnten Jahrhunderte ſehr fuͤr den Ackerbau beſorgt, daß das Wild ihm nicht zu viel Eintrag thue. Da - her die fuͤrſtl. heſſiſche Landesordnung vom J. 1665 ihn fuͤr dieſen Beſchaͤdigungen ſchuͤtzt. Sie erwaͤhnt unter den gewoͤhnlichen Feldfruͤchten auch die Kohlpflanzen, woraus man ſiehet, daß derG 2Kohl -100Kohlbau in den damaligen Zeiten im Heſſiſchen anſehnlich geweſen. k)Fuͤrſtlich Corp. Iur. ven. foreſt. S. 194.
Das meiſte Gluͤck aber hatte dieſes Nahrungs - geſchaͤft in unſerm Jahrhunderte. Man machte die groͤßten und gemeinnuͤtzigſten Anſtalten, die Gelehrten wendeten ihren Fleiß ſo wohl unmittel - bar auf den Ackerbau, als auch mittelbar durch Betreibung der Huͤlfswiſſenſchaften. Vorzuͤg - lich fand in Deutſchland die Naturgeſchichte mehr Liebhaber und Arbeiter, auch verſchiedene verbun - dene Geſellſchaften; und man benutzte ſie ſowohl uͤberhaupt als auch beſonders die Botanik nach dem Vorgange des Englaͤnders Rajus und des Ritters Linnee[fuͤr] die Oekonomie, es zeichneten ſich hierinnen vorzuͤglich der Hr. Hofr. Schreber, Gleditſch, Succov, Beckmann, Gmelin und an - dre aus. Der Ackerbau wurde wiſſenſchaftlich betrieben, und auf hohen Schulen gelehrt; ein Gluͤck, welches er bis itzt nur in Deutſchland, Schweden und Daͤnnemark genießt. Man mach - te die groͤßten und wichtigſten Verſuche. Der Ackerbau erweiterte das Gebiete der Polemik, wo - durch die wichtigſten Wahrheiten in der Oekono - mie unterſucht und neue Grundſaͤtze entdecket wur - den. Es gehoͤret hieher das dick und duͤnne ſaͤen, woruͤber man ſich ſtritte, und auf beyden Theilen zu weit gieng; der eine Theil, der fuͤr das dichte Saͤen war, behauptete, es bliebe viel zuruͤck, die Saat werde alsdenn zu duͤnne; zudem konne man ſich auch leicht helfen, wenn es zu dicht aufgehe. Die101Die Gegner ſetzen ihnen die Nachtheile entgegen, welche das dicke Saͤen unwiderſprechlich hat, daß ſich die Fruͤchte nicht genug beſtocken koͤnnen, und alſo leichter leiden, daß ſie einander die Nahrung entziehen, daß ſich das Getraide leicht lege, daß man dadurch viel Saamen ohne Nutzen verſchwen - de. Und obgleich die letztere Meynung die mei - ſten Gruͤnde fuͤr ſich hat, und daher auch im Gan - zen angenommen zu werden verdient, ſo giebt es doch auch Faͤlle, vorzuͤglich bey ſpaͤtem Saͤen im Herbſte, oder bey nicht recht gutem Saamen, wo der erſtere Grundſatz nicht ganz verworfen werden kann. Indeſſen hatte es doch den gluͤcklichen Ein - fluß auf die Oekonomie, daß man im Ganzen heut zu Tage den Grundſatz des duͤnnen Saͤens ange - nommen, und daher die Beſtimmung des Wer - thes der Aecker nach der alten Ausſaat itzt nicht mehr mit genauen Berechnungen beſtehet. Man fiel in Deutſchland auch nach dem Vorgange des Abts Vallemontl)Die naͤhere Nachricht von dem Vallemont gehoͤrt in die franzoͤſiſche Ackerbaugeſchichte. Hier will ich nur anmerken, daß ſchon die Alten dieſes Ein - weichen und Schwaͤngern des Saamens kannten, ich habe dieſes weitlaͤuftiger gezeigt in meinem Verſuch uͤber den Landbau der Roͤmer, S. 90. In den neuern Zeiten brachte dieſes ſonderlich wieder auf Vallemont in ſeinem Buch: Curioſi - tés de la nature & de l’art ſur la vegetation ou l’agriculture, à Paris 1708, welche 1714 ins Deutſche uͤberſetzt wurde. So auf die kuͤnſtliche BefruchtungG 3des102des Saamens, zuerſt begnuͤgte man ſich mit der Ueberſetzung des Werks dieſes Abts, bald aber erhielt Deutſchland ſeinen Ambroſius Zeiger,m)Vernuͤnftige Anleitung zur Oekonomie und kunſt - maͤßiger Verbeſſerung des Feldbaues durch Am - broſius Zeiger; ihm ſetzte D. Kuͤhnhold ſeine Ex - perimentaloͤkonomie entgegen. welcher dieſen Gegenſtand zu erſchoͤpfen, auszu - fuͤhren und zu berichtigrn ſuchte, und ſeit dieſen Zeiten iſt es immer ein Problem fuͤr die Oekono - mie geweſen, von welchem die meiſten zu große Wunder erwarteten, da vielleicht das vorzuͤglich - ſte Verdienſt dieſer Entdeckung darinnen beſtehet, daß die Erweichung das zeitigere Aufgehen des Saamens befoͤrdert, die ſchadhaften kranken Koͤr - ner toͤdtet, und alſo blos gute und vollkommene in die Erde kommen und aufgehen. Eben ſo ent - zweyete man ſich uͤber das tief und flache Saͤen und Pfluͤgen; welches zugleich mit der erſtern ſonderlich von dem großen Wolf unterſucht wurde, indem er in dem duͤnne und tiefſaͤen die groͤßte Urſache von ergiebigen und reichen Aerndten zeigt. Er fuͤhrte ſeine Erfindung aus in ſeiner Schrift: Entdeckung der wahren Urſache von der wunder - baren Vermehrung des Getraides, wo am Ende in einem Anhang die haͤufigen Verſuche, welchemanl)So gehoͤrt hieher auch: Entdeckte Gruft natuͤr - licher Geheimniſſe, d. i. gewiſſe nicht in bloßer Speculation beſtehende, ſondern durch viele Ex - perimente bewaͤhrte Kunſt, die Landguͤter merk - lich zu beſſern, den Ackersmann reich zu machen, und zu allem Ueberfluß zu verhelfen. Halle 1710.103man mit ſeiner Theorie zu Anfange dieſes Jahr - hunderts angeſtellt, befindlich ſind; vorzuͤglich be - kannt ſind einige in dem Preußiſchen, und der in der Lauſitz angeſtellte Trautmanniſche. In den neuern Zeiten hat das flache Pfluͤgen an dem Hrn. Luͤder einen Vertheidiger gefunden, wozu er aber wahrſcheinlich durch ſeine Landesart veranlaſſet worden, wo es vielleicht die Vortheile hat, welche derſelbe ihm beylegte. Die kuͤnſtlichen Duͤnguu - gen mit Gips, Mergel und andern Erdarten, welche in Deutſchland an einigen Orten die Noth - wendigkeit und Mangel an Viehzucht naͤhrte, wurden bey Veranlaſſung der Auslaͤnder auch in Deutſchland aufgeſucht; Hr. Meyer machte die Duͤngung mit Gips bekannter, da ſie vor ihm laͤngſt in einigen hannoͤveriſchen Gegenden, vor - zuͤglich in dem Amte Niedek, gewoͤhnlich war, und in dem Wuͤrtembergiſchen fanden ſich im 17ten Jahrhunderte Spuren von dem Mergelgraben in der Forſtordnung vom J. 1614, wie ich oben angefuͤhrt habe. In den neueſten Zeiten ver - ſuchten die Herren Woͤllner und Meyer den Acker ohne Duͤngung zu befeuchten, wozu der erſtere durch den Franz Home in ſeinen Grundſaͤtzen des Acker - baues, welche er uͤberſetzte, veranlaſſet wurde; Hr. Meyer, der ſeinen Beyſpielen nachfolgte, be - richtet ſelbſt den gluͤcklichen Erfolg in ſeiner Schrift: Mein oͤkonomiſcher Briefwechſel, zwey - te Lieferung. Seitdem Hr. Meyer die Mergel - duͤngung bekannter gemacht, geſchahe haͤufige Auf - ſuchung deſſelben in den Laͤndern. In SachſenG 4unter -104unternahm man deshalb viele gluͤckliche Bemuͤ - hungen im Amte Delitſch, in dem Churkreiſe bey Wittenberg, um Leipzig und in verſchiedenen thuͤ - ringiſchen und gebirgiſchen Gegenden. Im Bran - denburgiſchen geſchahen im J. 1777 Ermunte - rungen hierzu. In dem Hannoͤveriſchen wurden auf Befehl der Cammer zu Hannover an 300 dergleichen Erdarten aufgeſucht. Hr. von Schoͤn - feld zu Drachenau zeigte die Fehler, die man bey dieſer Duͤngung verhuͤten muͤſſe. Vorzuͤglich aber erregte der Gips ſehr große Streitigkeiten uͤber ſeine Faͤhigkeit, die Fruchtbarkeit zu befoͤr - dern. Die Herren Meyer und Cronegh verthei - digten dieſelbe, hingegen fand ſie an einigen ſaͤch - ſiſchen Oekonomen Gegner, vorzuͤglich an dem Hrn. Hofmann in den Schriften der leipziger So - cietaͤt, obgleich nicht zu laͤugnen iſt, daß einige Verſuche den Gipsduͤnger zu beguͤnſtigen ſcheinen, daß alſo beyde Theile wahrſcheinlich zu weit gehen, indem die eine zu viel auf chemiſche Unterſuchun - gen und Grundſaͤtze bauet, die andere auf die Er - fahrungen, die vielleicht durch Zuſammenkunft guͤnſtiger Umſtaͤnde gluͤcklich waren.
Durch dieſe einzelnen Verſuche, welche ſich ſonderlich auf Vermehrung der Fruchtbarkeit, die man doch vor Denfers Zeiten nicht genug kannte, bezogen, kam es endlich dahin, daß man das gan - ze Oekonomieſyſtem umzuſchaffen, oder vielmehr erſt ein eigentliches aufzubauen verſuchte. Das gewoͤhnliche Syſtem, das einige Jahrhunderte ſich erhalten und gedauert hatte, war folgendes:Man105Man theilte die Baufelder in drey oder vier Schlaͤ - ge oder Fluren, davon wechſelsweiſe immer eine braach lag, die andern aber gebauet wurden. Da nun auf den Stoppelfeldern und der Braache einiges Gras waͤchſt, ſo verwies man das Vieh zur Weide darauf, um das Verhaͤltniß zwiſchen dem Getraide und Futter oder Graswuchs eini - germaßen herzuſtellen. Dieſes war ſeit vielen Jahrhunderten das gemeinſte und beliebteſte Ackerſyſtem faſt in ganz Europa, bis man deſſen Maͤngel einſahe, und beſonders in England und Flandern davon abgieng. Schon Florinus, oder der unter dieſem Namen verborgene Pfalzgraf am Rhein, Franz Philipp, in ſeinem Hausvatern)Buch 4. Kap. 7. S. 662. rieth als eine der erſten Verbeſſerungen einen doppelfurchigen Pflug an, wodurch die tiefe Auf - lockerung der Erde um deſto mehr befoͤrdert wuͤr - de, je noͤthiger ſie zur Fruchtbarkeit iſt, daß alſo die Deutſchen auch hierinnen eher als die Eng - laͤnder, oder doch mit ihnen zugleich als Verbeſſe - rer des Oekonomieſyſtems erſcheinen, auch ſchon in den ſaͤchſiſchen Land - und Hauswirthſchaftsbuͤ - chern 1704 S. 389, und im klugen Landmanne S. 424 finden ſich Spuren davon. Unſtreitig hatten die tieferen Einſichten in die Phyſik, Che - mie und Naturgeſchichte dieſe Verbeſſerung in dem ganzen Syſtem, oder vielmehr eigentlich die Erbauung eines neuen bewirkt. Denn was bis - her geſchehen war, war bloße Befoͤrderung der Oekonomie von Seiten der Polizey, der Hoͤfe undG 5Gelehr -106Gelehrten, Behandlung einzelner Theile, aber nicht des Ganzen in Verbindung. Im J. 1730 erſchien in England Tull mit ſeinem neuen Acker - ſyſtem. Da man um dieſe Zeiten in Deutſchland ſchon ſehr viel und weit mehr als andere Nationen ſowohl fuͤr die Oekonomie uͤberhaupt als fuͤr den Ackerbau insbeſondere gethan hatte, indem noch keine Nation Lehrſtuͤhle fuͤr die Oekonomie aufzu - weiſen, ſo konnte die Tulliſche Methode den Deut - ſchen nicht lange unbekannt, vielweniger gleich - guͤltig bleiben. Es traten vielmehr um die naͤm - lichen Zeiten auch bey denſelben einheimiſche Oe - konomieverbeſſerer mit ihren Syſtemen auf, und Kretſchmar zu Leipzig wurde der Tull der Deut - ſchen. Er bauete ſein Syſtem auf die tiefe Auf - lockerung der Erde und einen guten Boden, der ſich nicht blos in der Oberflaͤche verbreitete, ſon - dern auch in die Tiefe gieng. Er ſuchte dieſes vorzuͤglich durch Tiefpfluͤgen zu erreichen, damit der Boden gleichſam wie gegraben oder rigolet wuͤrde. Sein Hauptgrundſatz war gut, und fin - det ſich ſchon bey den Alten, nur die Mittel, die er waͤhlte, hatten nicht allezeit die gluͤckliche Wir - kung, und konnten ſie ihrer Natur nach nicht im - mer haben. Eine ſeiner Hauptabſichten war, wie bey den neuen Oekonomiſten uͤberhaupt, die Ab - ſchaffung der Braache. Er erwaͤhlte zu der Aus - fuͤhrung ſeines Syſtems einen doppelfurchigen Pflug, womit er tiefer in die Erde, als mit dem gewoͤhnlichen, dringen, und ſie mehr auflockern koͤnnte. Er ſuchte dadurch nach Art der Gaͤrtnerdie107die obere Erde, welche getragen hat, hinunter zur Ruhe, die untere herauf, und den Duͤnger in die Mitte zu bringen. Der Gaͤrtner rigolt das Land; er graͤbt in Ermangelung des haͤufigen Duͤngers alle 2 bis 3 Jahr den Boden um, ihn fruchtbar zu machen. Hierdurch wird der Theil veraͤndert, wo die Pflanze geſtanden; die vorige Oberflaͤche kommt hinunter, und eine ausgeruhete Erde her - auf, die ſo lange zur Nahrung der Pflanzen und zum Bau derſelben dient, bis die untere wieder an ihre Stelle kommt. Hierauf gruͤndete ſich die Kretſchmariſche neue Bauart bey dem doppelfur - chigen Pfluͤgen, wo die obere Furche hinunter braach gelegt wird, daß die Oberflaͤche des Ackers alle Jahr ruhen kann. Er trat mit ſeinem Sy - ſiem zuerſt 1748 zu Leipzig auf, und gab ſein neu erfundenes Ackerbauraͤtzel heraus, welches er auch ſelbſt in ſeiner oͤkonomiſchen Praktik 1749 erklaͤrte. Zwar war dieſe Erfindung in Anſehung des Pflu - ges nicht ganz neu, und ſchon zu Anfange dieſes Jahrhunderts in Vorſchlag gekommen; allein oh - ne ihm den Ruhm der eigenen Erfindung abzu - laͤugnen oder zuzuſprechen kann man doch ſo viel behaupten, daß er dieſe Erfindung mehr zu einem Syſtem benutzt und in das ſeinige verwebt, und ſie alſo wenigſtens in Anſehung des davon gemach - ten Gebrauchs als etwas Neues angeſehen wer - den konnte. Sein Syſtem fand bald Gegner und Vertheidiger, die wechſelſeitigen Streitſchrif - ten finden ſich in den Leipziger Sammlungen, den oͤkonomiſchen Nachrichten, und in ſeiner oͤkono -miſchen108miſchen Praktik, welche 1754 verbeſſert erſchien. Der Amtsrath Herzog fuͤhrte in ſeiner neu ent - deckten Oberflaͤche der Erde oder neuen Ackertheo - rie nach Kretſchmars Pflugart 1749 dieſes Sy - ſtem weiter aus. Schon 1745 hatte Ellis in England ein aͤhnliches Syſtem verſucht, und ei - nen Furchenpflug einfuͤhren wollen, allein es war mehr eine Saͤemaſchiene, und ſetzte ſchon ein ge - ſchehenes Pfluͤgen des Ackers voraus. Selbſt ein Englaͤnder, Thompſon, der um dieſe Zeit, als Kretſchmar ſein Syſtem bekannt machte, nach Leipzig kam, um die Behandlung deſſelben ſelbſt mit anzuſehen, gab dem Kretſchmariſchen Pfluge den Vorzug vor dem Elliſiſchen, indem der Fur - chenpflug des Ellis nicht allen Feldern gleich gut ſey, vielen und koſtbaren Duͤnger erfordere, und keine Zeiterſparniß verſchaffe, da das ganze or - dentliche Pfluͤgen vorher gehen muͤſſe. Kretſch - mar wurde nach Berlin berufen, um daſelbſt ſei - ne Theorie im Großen auszufuͤhren. Er ſtellte ſeine Verſuche an, welche aber bey der Beſchaffen - heit der daſigen Gegend meiſt verungluͤckten. Er gruͤndete, wie oben erinnert worden, ſein Syſtem groͤßtentheils auf das Tiefpfluͤgen, und ſuchte da - durch allein die Oberflaͤche der Erde zu beſſern, aber er vergaß, daß oft unter duͤnnen Schichten guter Tragerde unfruchtbarer Sand oder feſter Thon verborgen liegen, daß durch das tiefe Pfluͤ - gen dieſer heraufkomme, und den obern Boden, da er auf einmal in zu großer Menge aufgepfluͤ - get wird, verderbe. Dieſes war ſein Schickſalin109in der dortigen ſandigen Gegend, er pfluͤgte die wenige gute Erde unter, und bedeckte dafuͤr die Felder mit Sand. Er fehlte alſo doppelt, ein - mal in Anſehung der Allgemeinheit, daß er bey ſeinen Grundſaͤtzen keine Ruͤckſicht auf die innere Beſchaffenheit des Bodens nahm, und hernach in Anſehung der Art und Weiſe, oder der Be - handlung ſelbſt, indem er zu tief auf einmal pfluͤgte, und dadurch zu viel rohe oder ſo genannte wilde Erde auf einmal herausbrachte. Indeſſen ver - guͤtete er ſeinen Fehler wieder, indem er auf dem Domainenguthe, welches ihm der Koͤnig ohnweit Berlin gab, den Unrath der Straßen zu Berlin, den er zu dieſem Zwecke auf einen Ort zuſammen - fahren ließ, dazu anwendete, das Land wieder zu beſſern, wodurch er die Erdduͤngungen oder Ver - beſſerungen der Laͤndereyen durch Erdarten mehr in Gang brachte.
Um eben dieſe Zeit machte Reichart zu Erfurt in ſeinem Land - und Gartenſchatze V. S. 1-81. ein ander Syſtem bekannt. Er gruͤndete ſich auch auf das Tiefpfluͤgen, und die dadurch zu bewerkſtelligende Auflockerung der Erde, auf Er - ſparung und ſeltenern Gebrauch des Duͤngers da - durch, daß er im erſten Jahre ſehr ſtark duͤngt; und nun ſucht er in den folgenden Jahren durch Abwechſelung der Fruͤchte den Duͤnger unnoͤthig zu machen. Er nahm daher einen achtzehnjaͤh - rigen Wechſel der Fruͤchte an, und beſtaͤtigte ſein Syſtem auch durch die Ausfuͤrung bey Erfurt mit der Erfahrung. Allein dieſes Syſtem ſetztauch110auch den Erfurter fruchtbaren ſchwarzen und fetten Boden voraus, damit theils das Land den Duͤn - ger ſo lange entbehren, theils auch, daß man mit den Fruͤchten, die oft ſo verſchiedenes Land ver - langen, dergleichen oͤftere Abwechſelung vorneh - men koͤnne. Sein Fruchtzirkel, den er auch um Erfurt herum einfuͤhrte, iſt folgender: das Feld wird im Herbſte ſtark geduͤnget, z. B. ſtatt 6 Fu - der 12, und dieſer muß 18 Jahre wirken; iſt noch Zeit uͤbrig, ſo wird nach untergeackertem Miſte das Feld noch vor Winter rigolet mit ei - nem ſtarken tiefgehenden Pfluge, und zwar in die naͤmlichen Furchen zweymal, wodurch man an - derthalben Schuh tief kommt; mit der erſten Fur - che wird der Miſt herauf geholt, mit der zweyten wieder verdeckt, nun wird geegget. Das folgen - de Fruͤhjahr wird das Feld mit Kraut, Blumen - kohl oder Knollen beſtellet, dieſes iſt das erſte Jahr; nun wird es umgeackert, und im zweyten Jahr mit Zwiebeln, Rettig, Sallat gebauet, im Herbſt ackert man wieder ein wenig tiefer um; im drit - ten Jahre bringt es nun Paſtinaken, rothe Ruͤben ungeackert; im vierten eben ſo Feldmohn, Boh - nen, Saflor; im fuͤnften wird wieder etwas tiefer geackert, da es denn Ruͤben, Moͤhren oder Paſti - naken traͤgt; im ſechsten ungeackert Mohn; im ſiebenten wird etwas tiefer geackert, und Roggen oder Weizen geſaͤet, nach der Aerndte wird das Feld ordentlich geackert, und wenn der Herbſt gut iſt, zur Saat gepfluͤgt und wiederum Roggen ge - ſaͤet; iſt er aber nicht gut, ſo ſaͤet man im Fruͤhjahrdes111des achten Jahres Gerſte; im neunten wieder Gerſte oder Erbſen; nach der Aerndte wird im Herbſte das Feld rigolet, und traͤgt im zehnten Jahre Moͤhren und rothe Ruͤben; im eilften im Fruͤhjahre wird ohne zu ackern Mohn, Safflor, Anis geſaͤet; im zwoͤlften Roggen, nach der Aernd - te wird geackert, und im Fruͤhjahre des dreyzehn - ten Jahres Sommerroggen oder Gerſte beſtellt; wieder geackert, daß es im Fruͤhjahr des vierzehn - ten Jahres Sommerfruͤchte, ſo wie auch im funf - zehnten und ſechszehnten traͤgt. Im ſiebenzehn - ten Jahre, wenn im Herbſte die Gerſtenſtoppeln umgeriſſen ſind, ſaͤet man im Fruͤhlinge Hafer, und ſo auch im achtzehnten Jahre. Nun wird es wieder ſtark geduͤnget, und der Zirkel gehet von neuem an.
Hr. Daries ſahe die Unbequemlichkeiten und Hinderniſſe ein, die dieſem Syſtem in der allge - meinen Anwendung entgegenſtehen, ſonderlich in Anſehung der letzten Grundſaͤtze. Zwar iſt es ausgemacht, daß die Abwechſelung der Fruͤchte ſehr viel beytraͤgt, der Fruchtbarkeit des Ackers eine laͤngere Dauer zu geben; allein ſie dadurch auf ſo lange Zeit zu erhalten, wird nur ſelten und nicht anders als bey ſolchen aͤhnlichen Laͤndereyen, wie Reichart bearbeitete, ſtatt finden. Daries weicht alſo in ſeinem Syſtem vorzuͤglich in der Anzahl der Jahre bey dem Wechſel ab, und wenn ich nicht irre, auch einigermaßen in der Behand - lung. Er verband einigermaßen das doppelfur - chige Pfluͤgen Kretſchmars und die bey dem erſtenBeſtellen112Beſtellen ſtaͤrkere Duͤngung Reichards, und laͤßt die obere Furche nach dem Unterpfluͤgen 3 Jahr unten. Er ſiehet uͤberhaupt auf Auflockerung der Erde, und ſucht dieſe zu erhalten durch tiefes Felgen, und zwar vor Winters, oder ſehr zeitig im Fruͤhlinge durch ſchmale Furchen, und daß er das Feld ſo oft als moͤglich ruhrt, und bey dem Ruhren die Furche von der Felge durchſchneidet, das geruhrte Feld mit einer ſchweren Egge oder bey großen Klumpen mit einer Stachelwalze uͤber - ziehet, und die Erde mit lockerm Miſt oft vermi - ſchet. Er nimmt nur einen ſechsjaͤhrigen Zirkel an, und fordert, daß man nicht alle Jahr gleich tief pfluͤge, ſondern allmaͤhlig immer etwas tiefer. Die Wahrſcheinlichkeit und Brauchbarkeit dieſes Syſtems erhellet um deſto mehr, da die wenige wilde Erde, die ſo nach und nach herauf kommt, durch die obere Tragerde leicht verbeſſert wird. Die Duͤngung wird der Erde nicht zu lange ent - zogen, ſondern außer dem vegetabiliſchen Duͤnger, welchen ſie binnen der Zeit erhaͤlt, den ſie zwar auch bey dem Reichartſchen achtzehnjaͤhrigen er - halten wuͤrde, bekoͤmmt ſie auch nach ſechs Jah - ren wieder friſche Nahrungstheile. Er machte es in den oͤkonomiſchen Nachrichten (X. 318.) bekannt. Er weiſt dem Fruchtwechſel folgende Ordnung an: wenn das Feld gehoͤrig beſtellet iſt, ſo bauet er im erſten Jahre Fruͤchte, die gejaͤtet, und waͤhrend des Wachsthums bearbeitet werden muͤſſen, z. B. Kohl, Ruͤben, Moͤhren, weil dieſes das beſte Mittel mit iſt, das Feld von Unkrautrein113rein zu erhalten, und durch die beſtaͤndige Bear - beitung die obere Furche recht locker und von der uͤbermaͤßigen Saͤure genugſam befreyet wird, wel - ches geſchehen muß, wenn die heraufgepfluͤgte Erde fruchtbar werden ſoll. Wenn dieſe Frucht abge - bracht iſt, ſo wird umgeackert, und mit Winter - korn oder Winterweizen beſtellet; nach der Aerndte werden die Stoppeln ſogleich untergeackert, ſo - dann im Fruͤhjahr zur Saat gepfluͤgt, und das Feld mit Gerſte beſaͤet. Nach der Einbringung derſelben werden die Stoppeln untergebracht, und im folgenden Fruͤhjahre das Feld in die Queere geruhrt; hierdurch gewinnt nicht nur die Miſchung der Erde viel, ſondern auch die Lockerheit; man ackert hierauf, ſo bald es moͤglich iſt, zur Saat, und beſtellet abermals mit Gerſte. Nach der Aerndte wird das Feld ſogleich mit doppelten Fur - chen geackert, hierdurch wird die heraufgebrachte Erde den Winter uͤber gebeſſert, im Fruͤhjahre wird ſie ſodann mit der ſchweren Egge locker und klar gemacht, und das Feld mit Sommerroggen oder Gerſte beſtellt. Nach der Aerndte verfaͤhrt man wie nach obbenannter Art im Herbſte, und im folgenden Fruͤhlinge wird Hafer oder Gerſte erbauet.
Unter den Oekonomieverbeſſerern finden ſich von Zeit zu Zeit viele, welche aber im Ganzen ge - nommen wenig von denen bisherigen abweichen. Es gehoͤren hieher Neumann, Springer und an - dere; der letztere bauet ſein Syſtem auf den ziem - lich richtigen Grundſatz, der Ackerbau ſey derHGarten -114Gartenbau im Großen; nur muß dieſer Satz mit gehoͤriger Einſchraͤnkung angenommen werden, wenn ſeine Brauchbarkeit in der Ausuͤbung nicht wanken ſoll, und wahrſcheinlich will auch der Ver - faſſer damit nur ſagen, daß man ſich bemuͤhen muͤſſe, in dem Ackerbau ſich dem Gartenbau in ſo weit zu naͤhern, als es den Umſtaͤnden und der Natur der Sache nach moͤglich ſey.
Unter den Verbeſſerungen, die man vorſchlug, war auch die Koppelwirthſchaft, wovon das ge - rechte Verhaͤltniß der Viehzucht zum Ackerbau aus der verbeſſerten mecklenburgiſchen Wirthſchaft am beſten unterrichten kann. Es iſt diejenige Wirthſchaft, da eine gewiſſe Landesſtrecke in ver - ſchiedene Schlaͤge getheilet wird, welche Koppel heißen, und wovon man jeden Theil einige Jahre als Anger und Wieſe, und hernach als Getraide - feld nutzet; ſie theilen dieſe z. B. in Winter - Sommerfelder und Weide. Wir haben davon verſchiedene Beſchreibungen, worunter ich nur des Hrn. von Roſenow Verſuch einer Abhandlung vom Ackerbau und der Koppelwirthſchaft vom J. 1759 und des Hrn. Herzogs gerechtes Verhaͤlt - niß der Viehzucht zum Ackerbaue anfuͤhren will. Im Holſteiniſchen haben ſie meiſt 11 Schlaͤge oder eben ſo viel Jahrgaͤnge von einem Stuͤck Fel - de, bis wieder von vorne angefangen wird; oder uͤberhaupt von 3 bis zu 11 Schlaͤgen, der erſte heißt neuer Bruch. Er wird nach und nach um - geriſſen, bleibt uͤber Winters ſo liegen, und wird mit Buchweizen ſodann beſtellt, welcher ſo baldals115als moͤglich abgebracht wird. Hierauf folgt Duͤn - gung und Beſtellung mit Roggen, welches den zweyten Schlag ausmacht. Nach abgebrachtem Korn wird Korn ohne Duͤngung hineingeſaͤet, welches der dritte Schlag iſt. Nun bleibt es in Stoppeln liegen, und wird im Fruͤhjahr mit Ha - fer beſtellet, welches der vierte Schlag iſt. Der fuͤnfte Schlag im kuͤnftigen Fruͤhjahre iſt wieder Hafer; nun ruhet es im ſechsten Jahre, damit ſich das Gras beſtocke; in den folgenden bis zum eilften Jahre iſt es Hutweide fuͤr Pferde, Rinder und Schafe, doch mehr fuͤr Rindvieh; dann ge - het der Neubruch wieder an. So viel Fehler auch darinnen ſind, ſo iſt es doch wegen des ſand - leimigen Bodens zu entſchuldigen, da der Boden zu edlern Fruͤchten mißlich iſt, und weil ſie mehr Vortheil bey der Rindvieh - als Schafzucht zu ha - ben glauben. Man koͤnnte dieſe Art um vieles beſſern, wenn das Feld oͤfterer gepfluͤget, reichli - cher geduͤnget und geegget wuͤrde, wenn man ſtatt zweyer duͤrftiger Kornaͤrndten eine reiche ſuchte, zur Sommerfrucht mit Gerſte im dritten Schlage und im vierten mit Hafer beſtellte, bey dem fuͤnf - ten aber den Hafer mit ſuͤßen Grasſamen mengte.
Im Mecklenburgiſchen befolgt man auch dieſe Wirthſchaft, aber nach einigen beſſern Grundſaͤtzen. Man hat auch 11, oft aber mehrere Schlaͤge, ſie ſind mit lebendigen Hecken dicht umzaͤunet. Bricht der Mecklenburger neu auf, ſo geſchiehet es gleich nach der Sommerſaat, er pfluͤgt tief, reiniget den Acker, und weil er ſtarke Viehzucht von aller ArtH 2hat,116hat, ſo duͤngt er reichlich. Er gewinnet in der Braache die beſten Soͤmmerungsfruͤchte, und be - ſaͤet gleichwohl das Winterfeld, denn er bauet Korn und Weizen. Im zweyten Schlage ſtuͤrzt er die Stoppeln ſchnell, ſaͤet und aͤrndtet zu rechter Zeit Gerſte; ſtuͤrzt die Stoppeln wieder vor Winters, hierdurch gewinnt er im dritten Jahre den beſten Hafer, wendet, bringt in die vierte Art Buchwei - zen, den er mit ſuͤßen Heuſaamen vermenget; ſchonet im Herbſte und das ganze Jahr des fuͤnf - ten Schlages das Feld fuͤr allem Vieh, und nun hat er fuͤnf Jahr gute Weiden.
Eine andere Art von Koppelwirthſchaft giebt Hr. von Jargow in ſeinem Sendſchreiben vom Grasbau auf holſteiniſchen Fuß an in den oͤkono - miſchen Nachrichten, St. 144, welche aber beſſern Boden als das gewoͤhnliche Geeſtenland im Hol - ſteiniſchen vorausſetzt. Nach derſelben ſtehet der Grasbau und Ackerbau in gleichem Verhaͤltniß; er will dadurch den Ertrag eines Guths noch ein - mal ſo hoch bringen, als gewoͤhnlich; er ſtellt eine genaue Berechnung an von einem Guthe, das nach der gewoͤhnlichen Methode in 3 Schlaͤge neben den Wieſen abgetheilt war, und zeigt, wie hoch es bey 14 Schlaͤgen benutzt werden koͤnnte. Es beſtund aus einem Felde von 4000 Scheffel Ber - liner Maaß Ausſaat, den Scheffel zu 80 Pfund, auf jeden Scheffel 100 Quadratruthen gerechnet. Es trug 300 Fuder Heu, jedes zu 20 Centner zu 112 Pfund, und jaͤhrlich an Pacht 2200 Rthlr. Nach dieſer Koppeleinrichtung aber kann es beyeinem117einem Aufwand von 4 bis 5000 Rthlr. 5600 Rthlr. tragen, wobey der Viehſtand ſehr vermehrt wuͤrde. Man hat ſie in Holſtein und Mecklen - burg ſchon haͤufig mit Gluͤck eingefuͤrt. Der Grund der Verbeſſerungen beruhet auf der Ver - bindung des Gras - und Ackerbaues in dem Ver - haͤltniß, daß die Haͤlfte der Einkuͤnfte eines nach dieſer Methode eingerichteten Guths aus dem Viehſtande, die andere Haͤlfte aus dem Ackerbaue fallen muͤſſe. Es ſetzt einen guten ſtarken Grund und Boden voraus, und ſolche Plaͤtze, worauf bereits Wieſen angelegt ſind oder werden koͤnnen; ſchlechte Sandguͤther ſind nicht ſchicklich dazu. Der ganze Inhalt eines Guths wird nach dieſer Methode nach Abzug der Wieſen, Holzung, in - gleichen die nach Proportion der zu haltenden Pfer - de und Aufziehung der Kaͤlber einzurichtenden Kleever - und Kaͤlberkoppeln in 14 gleiche Theile, nicht in der Quantitaͤt, ſondern in der Qualitaͤt, da der Acker auf jedem Guthe ſelbſt nicht allemal an Guͤte gleich, ſondern verſchieden iſt, nach ge - ſchehener Taxation mittelſt der Vermeſſung alſo getheilt, daß die uͤber das Feld laufenden Land - wege außerhalb ſolchen Theilen abgeſondert blei - ben, welche ſo viel moͤglich in geraden Linien 3 bis 4 Ruthen breit zwiſchen den Koppeln ſo durch - laufen, daß man von ſolchem Wege ab auf jede Koppel kommen kann. Einen ſolchen Theil nen - net man eine Koppel. Jede iſt mit breiten Gra - ben umgeben, und auf den Auswurf Hecken ge - pflanzet von Haſelſtauden und andern dergleichen,H 3welche,118welche, wenn ſie ſtark werden, eingeknickt, und davon ein Gehege gemacht wird, damit das Vieh nicht durchbreche, zuweilen werden auch noch Wei - den und wilde Roſenſtraͤuche hingepflanzet, damit das Vieh den Hecken nicht ſchade. Von dieſen Koppeln werden alle Jahr 6 mit Winter - und Sommerkorn beſaͤet, 6 zur Weide des Rindvie - hes, vorzuͤglich der Kuͤhe, gebraucht, und 2 wer - den gebraachet. Eine jede Koppel genießt, nach - dem ſie 8 Jahre nach einander getragen, eine ſechsjaͤhrige Ruhe, und giebt Weide fuͤr das Vieh. Alle Jahr wird eine Koppel, die 6 Jahr geruhet, aufgebrochen, den Sommer durch drey bis vier mal geackert, mit eiſernen Eggen geegget, und im Herbſte mit Winterweizen oder Roggen be - ſtellet, an deren Stelle bleibt eine andere alle Jahr zur Ruhe und Weide liegen. So iſt z. B. im J. 1760 die Koppel 1 die Vorbraache, 1761 traͤgt ſie Winterkorn aus der Ruhe, 1762 traͤgt ſie Gerſte aus der Ruhe, 1763 Hafer, 1764 liegt ſie braache und wird geduͤngt, und im Herbſt mit Winterkorn beſtellet, 1765 traͤgt ſie Winter - korn aus dem Miſt, 1766 traͤgt ſie Gerſte aus der Duͤngung, wird im Herbſt wieder geduͤngt, und mit Roggen, worunter Saamen von kleinem Wieſenklee und Heu gemengt iſt, beſaͤet, 1767 traͤgt dieſe Koppel Stoppelroggen, 1768 bleibt ſie zur Weide liegen, und ruhet nun 6 Jahr nach einander. Auf gleiche Art wird mit den uͤbrigen Koppeln verfahren, und man braucht ſolchemnach alle Jahr 2 Koppeln zur Braache, 6 Koppelnzum119zum Ackerbau, und 6 Koppeln zur Weide und Grasbau. Man hat bey dieſer Einrichtung zwey Grundſaͤtze, um neben einer gehoͤrigen Cultur den Acker fruchtbar zu machen, naͤmlich Ruhe und Duͤngung. Die Erfahrung beſtaͤtiget daſelbſt, daß eine ſechsjaͤhrige Ruhe einer Koppel, die ge - duͤngt liegen geblieben, im Kornbetrage eben die Wirkung habe, als ob ſie geduͤngt waͤre, indem ſie 3 Saaten nach einander aus der Ruhe tragen kann, und das 8te bis 12te Korn bringt. Der Grundſatz der Ruhe faͤllt bey Guͤthern, welche nach 3 Schlaͤgen bewirthſchaftet werden, faſt ganz weg, zu dem kann da auch jeder Schlag zuweilen kaum zum vierten Theil geduͤngt werden, weil der Viehſtand nicht zureicht. Alles dieſes, was von der Koppelwirthſchaft geſagt worden, gilt im Holſteiniſchen nur von den ſogenannten Geeſt - laͤndern, die auf trockenen und keiner Ueberſtroͤ - mung von der Nordſee, Elbe und Eider unter - worfenem Lande gelegen ſind. Dieſe ſind den Maſchguͤthern entgegengeſetzt. Dieſe ſind auf Laͤndereyen angeleget, welche ehemals von erwaͤhn - ter See und Fluͤſſen in großen Strecken ausge - worfen worden. Dieſe ſind gegen das Ueberſtroͤ - men des Waſſers mit hohen und ſtarken Daͤm - men, welche man allda Teiche nennt, verſehen; auf dieſen iſt die Wirthſchaft ganz anders, als auf jenen, der Acker iſt von ſolcher Guͤte, daß man das 24ſte Korn in Anſchlag bringt, der Grasbau iſt ſo ſtark, daß das Vieh bis an den Bauch im Klee weidet, die Weiden ſo fett, daßH 4keine120keine Hollaͤndereyen ſtatt finden, weil die aus der Milch gemachte Butter ſich der Fettigkeit halben nicht drey Tage haͤlt, daher benutzen ſie die Wei - den zur Ochſenmaſt, welche aus Juͤtland haͤufig dahin kommen. Ich habe hier die holſteiniſche und mecklenburgiſche Wirthſchaft, da man ſie auch als eine Verbeſſerung des Syſtems in andern Ge - genden vorſchlug, zuſammen beſchrieben, ſie hat in vielen Stuͤcken viel ſcheinbares, ſo wie auch manches wirkliche Gute, welches aber meiſt nur local iſt, und an andern Orten nicht wohl anwend - bar ſeyn wuͤrde.
Allein wie viel Duͤnger wird bey alle dem bey der Koppelwirthſchaft den fruchttragenden Feldern entzogen, die auf denen, welche zur Weide liegen bleiben, unnuͤtz verloren geht. Die Felder wer - den ſehr unreine, und anſtatt daß ſie durch die Ruhe mehrere Fruchtbarkeit erhalten ſollten, ſo entziehet ihnen das Unkraut nur deſto mehr. Und geſetzt auch, Holſtein und Mecklenburg waͤren da - bey gluͤcklich, iſt es eine Folge, daß es andere Laͤnder auch ſind? Sie iſt in dem Holſteiniſchen undenklich alt, allein im Mecklenburgiſchen fuͤhrte ſie zuerſt der Oberlanddroſt von der Luͤhe ein. Pla - ne von der Einrichtung und ein Ertrag nach der alten und neuen Wirthſchaft und ein Schema der ganzen Einrichtung findet ſich im Leipz. Intelli - genzbl. 1766. S. 444-446. Beyde Laͤnder ſind kornreich, aber wuͤrden ſie es bey einer andern Wirthſchaftsart nicht vielleicht noch mehr ſeyn? Man wird auf ihre Viehzucht verweiſen, wie vor -theilhaft121theilhaft die Einrichtung fuͤr dieſelbe ſey. Aber man beſtimme fuͤr das Vieh die noͤthigen Wieſen, ſo kann der Ackerbau getrieben werden, ohne ihn mit dem Wieſenbaue zu ſeinem Nachtheile zu ver - mengen. Zudem iſt dieſe Art nur bey volkarmen Laͤndern moͤglich, und keine geringe Hinderniß der Bevoͤlkerung; denn in bevoͤlkerten Gegenden, wo gleichgroße Laͤndereyen weit mehr Menſchen er - naͤhren muͤſſen, als in den entgegengeſetzten, ſind ſo große Stuͤcken fuͤr den Kornbau nicht ſo lange entbehrlich, wie ſie es nach dieſer Wirthſchaftsart zu ſeyn pflegen. Und wenn dieſe Einrichtung den Ackerbau und Viehzucht zu beguͤnſtigen ſcheint, ſo hat vielleicht ihr Land und die Lage deſſelben daran großen Antheil, welches bey einer ungluͤcklichen Nachahmung verloren gehen wuͤrde. Auch muͤſſen die Wirthſchaften in dieſen Laͤndern auf ſehr viele Gegenſtaͤnde ihr Augenmerk richten, wenn ſie ei - nigermaßen erwuͤnſchte Vortheile haben wollen. Vorzuͤglich muͤſſen ſie ſehen auf Situation, Art und Quantitaͤt der Aecker, ob ſie beſſere Winter - als Sommerfruͤchte tragen, ob ſolche viel Gras tragen, und ſolches zum Futter auf einige Jahr zureiche und tauglich ſey? auch daß, wo moͤglich, ſich alle Koppel nach dem Dorfe oder Hofe ziehen, damit man die Duͤngung nicht in jedem Jahre gleich weit zu fahren habe, und mit dem Viehe deſto bequemer dahin treiben koͤnne. Auch in Sachſen machte ein Landwirth Verſuche mit die - ſer mecklenburgiſchen Wirtſchaft, und beſchreibt den Erfolg davon, ſo wie die Behandlung undH 5Ein -122Einrichtung ſelbſt im Leipz. Intelligenzbl. vom J. 1766. Sein Gutsertrag nach alter Art war an Korn auf 173 Scheffel Ausſaat und 196 Scheffel Aerndte; nach neuer Art aber auf 132 Scheffel Ausſaat 304 Scheffel Aerndte.
Da wir einmal von den deutſchen Oekonomie - verbeſſerern und ihren Syſtemen reden, wollen wir hier zugleich das neueſte mit anfuͤhren. Es iſt das Syſtem des Hrn. von Schoͤnfeld, eines Mannes, der fuͤr das allgemeine Beſte dachte, Verſuche und Erfahrungen fuͤr daſſelbe anſtellte, und ſeinen eigenen Wohlſtand ihm aufopferte, um es durch Entdeckung und Berichtigung der Wahrheit zu bereichern, in dieſer fuͤr den Men - ſchen ſo noͤthigen Wiſſenſchaft Licht anzuzuͤnden, wo noch Dunkelheit herrſchte, und genaue Be - ſtimmung einzufuͤhren, wo Unbeſtimmtheit den aͤmſigſten Fleis vereitelte. Er dachte ſein Sy - ſtem nicht blos auf dem Zimmer aus, ſondern beſtaͤtigte es durch Ausuͤbung und Erfahrung auf ſeinem Gute Trachenau bey Leipzig. Seine oͤko - nomiſchen Einrichtungen im Zuſammenhange ſind beſchrieben in den Dresdner gelehrten Anzeigen vom J. 1767 im 26ſten Stuͤck, und ſein Sy - ſtem erhellet aus der von ihm herausgegebenen Landwirthſchaft und deren Verbeſſerungen nach eigenen Erfahrungen. Er gruͤndete ſein Syſtem auf die rechte Art des Pfluͤgens, um genugſame und tiefe Tragerde zu verſchaffen; auch hierzu er - waͤhlte er das tiefere Pfluͤgen, als gewoͤhnlich ge - ſchiehet, jedoch ohne ſich dem Rigolen ſo ſehr zunahen,123nahen. Er bedient ſich, nachdem es die Reinig - keit oder ſonſtiger Zuſtand des Feldes erfordert, theils des ordentlichen Pfluges, theils des Haa - kens. Kurz er ſucht 1) eine gruͤndliche Verbeſſe - rung der Erde durch Vertilgung des Unkrauts und vorzuͤglich der Quecken; 2) durch tiefere Ar - beit, daß in mehrere Erde noch mehrere naͤhrende Theile fuͤr die Gewaͤchſe kommen; 3) durch ver - mehrte Duͤngung von mancherley Art, womit dieſer tiefere Boden gut und niemals uͤberduͤnget werden kann; 4) durch rechte Beobachtung der Jahreszeiten zur Duͤngung und Bearbeitung, daß dergleichen Erde zur wahren Fruchtbarkeit gelange, und von einem Jahre zu dem andern dabey erhalten werde; 5) vollkommene gute und von Unkrautſaamen gereinigte Saamenkoͤrner, die zum Aufgehen und Triebe guter Pflanzen geſchickt ſind; eine ſolche Lage dieſer Saamenkoͤrner, daß ſie nicht in einander wachſen, ſich die Kraͤfte ent - ziehen, und das ganze Jahr uͤber in der Tiefe auf dem feſten feuchten Boden mit feſter Erde bedeckt liegen muͤſſen, ſondern die allermeiſten ihre Wurzeln gerade unter ſich, auch die Seitenwur - zeln um ſich herum, in dem von Unkraute reinem und mit Kraͤften zum Triebe des Wachsthums[angefuͤllten] Boden befeſtigen, durch die wenige gute Erde, welche dieſelben oben bedecket, die fruchtbaren Theile aus der Luft gleichſam unmit - telbar zu ihrer Nahrung beſtaͤndig an ſich ziehen, und uͤber der Erde ſtarke Stoͤcke mit zahlreichen Haͤlmern, dergleichen er in den Stoppeln mehr -mals124mals 30, 40 bis 50 auf einem Stocke gezaͤhlet, machen koͤnnen, welche Haͤlmer und Aehren we - gen ihrer Staͤrke und Vollkommenheit, auch gu - ten Befeſtigung und Nahrung unter ſich, nicht leicht knicken und lagernd werden; 7) daß nun - mehro von viel weniger Saamen das ganze Feld, nebſt den ſonſt dazwiſchen muͤßig liegenden Fur - chen, folglich noch einmal ſo viel Feld gegen die gewoͤhnliche oben beſchriebene mangelhafte Saͤeart, wo die Koͤrner in die Furche haͤufig zuſammen und auf einander in die Tiefe zu liegen kommen, und mit ſo vieler Erde bedecket werden, beſaamet wird, da denn nach dem[Aufſchoſſen] dergleichen Getraide viel dichter ſtehet, als je von der gewoͤhn - lichen Saͤeart erzwungen werden, auch vor den vielen vollkommenen Haͤlmern von wenigern Saa - men kein Unkraut aufkommen kann. Er egget meiſt vor und nach dem Saͤen. Eine ſeiner vor - zuͤglichſten Bemuͤhungen war die genauere Be - ſtimmung des Werths des ſo geruͤhmten Horden - ſchlags, und man kann nicht laͤugnen, daß er hierinnen ſehr viel geleiſtet; und wenn dieſe Duͤn - gungsart nicht nach dieſem Grundſatze angewen - det wird, jenes alte Spruͤchwort, das man von dem Mergeln der Felder, und wo ich nicht irre, auch hiervon braucht: daß ſie reiche Aeltern und arme Kinder machen, in eine traurige Erfuͤllung gehe. Eben ſo gluͤcklich arbeitete er in der Ver - beſſerung des Landes durch Kalk und Mergel. Zu der Reinigung der Felder brauchte er vorzuͤg - lich den Haaken, und durcharbeitete damit dieſel -ben125ben tief und nicht blos in die Laͤnge, ſondern auch kreuzweis. Ferner bedient er ſich zur Samm - lung der ausgepfluͤgten Queckenwurzeln des von ihm erfundenen Queckenrechens, und bearbeitet das Feld, wenn es noͤthig iſt, mit der Stachel - walze. Man warf ſeinem Syſtem verſchiedenes zum Nachtheil vor, und fuͤhrte einige mißlungene und ungluͤckliche Verſuche mit dem Pferchen, mit dem Queckenrechen und der Saͤezeit an, allein er ſelbſt rechtfertigt daſſelbe (in dem Leipz. Intelli - genzbl. von 1767. S. 489.), und zeigte die da - bey begangenen Fehler; ſie liegen groͤßtentheils darinne, daß auf den Aeckern nicht genug gute in die Tiefe gehende Tragerde war, und man die - ſelbe nicht vorher durch gehoͤriges Pfluͤgen zu die - ſen Arbeiten bereitet hatte. „ Man machte, ſagt er ſelbſt in ſeiner Vertheidigung gegen dergleichen Einwuͤrfe, mit meiner Erde mit Schafpferch Ver - ſuche auf Feldern, welche ſeit undenklichen Jah - ren ſehr ſeichte gearbeitet waren; daher die wenig cultivirte Oberflaͤche abgeſtochen wurde, und auf dieſen Plaͤtzen nichts als todte Erde zuruͤckblieb, worauf einige Jahre elende Fruͤchte wuchſen. Allein bey mir ziehet ſich die fruchtbare Feuchtig - keit tiefer in die lange vorher cultivirte Erde, als ſelbige oben abgeſtochen wird.
Arbeitet man mit meinem Queckenrechen in ſeicht gearbeitetem Lande, wo man uͤber die Que - ckenwurzeln ſeit langer Zeit weggeackert, da er ſie zwar ergreift, aber nicht heraus reißt, ſo fruch - tet er nichts.
Braucht126Braucht man den Haakenpflug, und hat nicht tiefen guten Boden, ſo hilft er auch nichts, ſondern ſchadet mehr, weil er die wilde Erde her - aufholt, mancher beobachtet meine Saͤezeit, und gewinnet ſchlechtere Aerndten, als vorher, eben ſo diejenigen, die meine duͤnnere Saͤeart ohne die andern Umſtaͤnde anwenden. Eben ſo iſt es mit dem Ruͤbſaamen, welcher bey allen beobachteten Vortheilen ohne einige Einbuße anderer Feld - fruͤchte vielmehr zur Verbeſſerung des Bodens dient. “
Dieſes ſind die vorzuͤglichſten Syſteme des Ackerbaues unter den Neuern in Deutſchland.
Man fieng auch an die Mechanik mehr fuͤr die Oekonomie zu benutzen, und die Deutſchen, deren Ruhm die Mechanik iſt, behaupteten ihn auch hierinnen. Man ſuchte vorzuͤglich den Acker - bau durch Maſchienen zu beſoͤrdern, und dadurch die Arbeiten dabey zu vermindern. Die aͤlteſte von dieſer Art findet ſich in dem Herzogthum Krain, der Erfinder derſelben war Joſeph Loca - telli, ein kaͤrnthiſcher Ritter und oͤſterreichiſcher Unterthan. Er glaubte, daß die Vollkommen - heit des Feldbaues in einer richtigen Eintheilung der Pflanzen nach gewiſſen Zwiſchenraͤumen und in genugſamer Tiefe beſtuͤnde, worinnen ſich die Wurzeln genugſam ausbreiten und die noͤthige Nahrung aus der Erde ziehen koͤnnten. Er wur - de dazu veranlaßt durch die Art der Pflanzung bey Baͤumen, Weinſtoͤcken und Blumen, welche man in Reihen und von einander pflanzte. Ermachte127machte ſeine Entdeckung zuerſt dem Koͤnige in Spanien bekannt, wovon wir in der ſpaniſchen Geſchichte hoͤren werden, ſtellte aber ſeine Ver - ſuche damit auch 1665 vor dem Kaiſer an. Er legte in ſeinem Vaterlande die erſten Proben zu verſchiedenen malen mit dem gluͤcklichſten Erfolge ab, und zeigte vor dem Kaiſer in den luxembur - giſchen Gefilden ohnweit Wien die Vortheile ſei - ner Erfindung; und da das Land daſelbſt bisher nur vier und fuͤnffaͤltig getragen, ſo fiel die Aernd - te durch dieſes Inſtrument ſechzigfaͤltig aus, wie aus dem Zeugniſſe, welches man ihm hieruͤber zu Wien 1665 den 1ſten Auguſt ertheilet, und welches Happel in den Relationibus curioſis er - waͤhnt, zu erſehen iſt. So kann alſo auch in die - ſer Entdeckung Deutſchland auf die Ehre der er - ſten Verſuche ſtolz ſeyn. Auch noch mehrere Er - findungen dieſer Art erſchienen in Deutſchland, ſonderlich in den neuen Zeiten, wo die Sache bey den Auslaͤndern mehr betrieben wurde. Der Hr. von Borne erfand dergleichen, mit welcher uns die Beſchreibung einer ganz neuen Erfindung, allerley Art von Getraide auf eine bequeme Art und mit Erſparung der halben Arbeit durch eine Maſchiene zu ſaͤen, welche 1752 zu Berlin er - ſchien, bekannter macht. Es gehoͤrt unter dieſe Erfindung auch die Kretſchmariſche Acker - und Saͤemaſchiene. Es entſtund faſt ein oͤkonomi - ſcher Zwiſt uͤber die Vortheile von beyden; die Nachricht davon und die Vergleichung derſelben mit der Borniſchen findet man in dem Bedenkenuͤber128uͤber die von Borne erfundene Saͤemaſchiene ver - glichen mit der Kretſchmariſchen Acker - und Saͤe - maſchiene von Kretſchmar, welche 1752 zu Ber - lin herauskam. So erſchien auch die Orthiſche, die Nachricht davon findet ſich in den Leipziger Sammlungen (2, 955. 3, 666.) unter der Auf - ſchrift: M. Orths Erfindung eines neuen Acker - inſtruments, und wie ſich ſelbiges gegen das Bor - niſche Ackermeſſer verhalte. Auch der Hr. von Muͤnchhauſen wendete ſeine Aufmerkſamkeit auf dieſe Mittel, den Ackerbau zu befoͤrdern und zu erleichtern. Er ſelbſt erwaͤhnt die von ihm er - fundene Maſchiene in dem hannoͤveriſchen Ma - gazin vom J. 1762. im 24ſten Stuͤck, und wo ich nicht irre, iſt daſelbſt auch noch Nachricht von einer andern. Auch den ordentlichen Pflug ſuch - te man zu verbeſſern, und ſeinen Bau zu beſſerer Erreichung ſeines Endzwecks einzurichten, vor - zuͤglich bey dem Streichbrete, Schaar und Sech. Man erfand verſchiedene neue Ackereggen zur Reinigung der Felder vom Unkraut, beſonders der[Quecken]. Die Erfindungen von Pfluͤgen und in einzelnen Theilen an denſelben ſind in Deutſchland ſo wie andern Laͤndern ſehr zahlreich. Faſt jede Provinz und oft kleine Landſtriche ha - ben ohnehin ſchon nach den verſchiedenen Landes - arten beſondere Pfluͤge. Man ſuchte dieſe auf, forſchete nach ihren Vorzuͤgen, um ſie in aͤhnli - chen Faͤllen gemeinnuͤtziger zu machen. Man that es mit mehr oder weniger Gluͤck, je nach - dem man die Umſtaͤnde genau bemerkte, unterwelchen129welchen ein ſolcher beſondrer Pflug noͤthig oder nuͤtzlich wurde, und nachdem die Klugheit das das Beſtreben gemeinnuͤtzig zu werden, mehr oder weniger leitete. Der H. von Schuͤtz er - fand im Modell ein Inſtrument, das zugleich die Stelle des Haakens und der Egge vertrat, deſ - ſen das Leipz. Intell. von 1767. S. 243 erwaͤh - net. Auch ſaͤchſiſche Landleute zeigten ein na - tuͤrlich mechaniſches Genie. So verbeſſerte Friedrich Wolf, ein Landman bey Delitſch im Dorfe Selben, und ein anderer zu Braunsdorf unweit Merſeburg, den Pflug ihrer Gegend ſehr, und der leztere vermehrte die Ackerwerkzeuge mit einer neuen Egge. (Leipz. Intell. v. 1768. S. 256.)
Zu mehrerer Bequemlichkeit und Befoͤrd - rung des Grabenziehens, welches keinen ge - ringen Vortheil bey dem Abzuge des ſchaͤdlichen Gewaͤſſers auf den Feldern haben kann, er - fand man den Grabenpflug mit welchem auch im Amte Zoͤrbig bey Quez gluͤckliche Verſuche angeſtellet worden. Man pfluͤgte mit ſelbigem zu Ausgange des Novembers 1766. 65 Ru - then 7 und eine halbe Elle und 2 Zoll Graben, 3 Ellen weit und 2 Ellen tief aus in einem Tageo)S. Leipz. Intell. Bl. v. 1767. S. 232 und 233..
Aus den naͤhern Unterſuchungen, die uͤber dem Getraide vorzuͤglich von Seiten der Botanik izt angeſtellet wurden, entſtand auch der Streit uͤber die Verwandlung[des] Saamens. Der Anfang deſſelben gehoͤrt in die Schwediſche Oe - konomiegeſchichte vom J. 1756. Von da ausbrei -J130breitete er ſich in Deutſchland, Frankreich und andern Laͤndern aus. Man unterſuchte ſonder - lich den Satz naͤher: ob die Getraidearten wirklich von Natur unterſchiedene Pflanzen ſind, oder ob ſie nur durch Cultur ihre Verſchieden - heit erhalten haben. Ich will hier einige wich - tige deutſche Verſuche anfuͤhren, welche in einer pragmatiſchen Geſchichte der Oekonomie nicht uͤbergangen werden duͤrfen.
Der aͤlteſte Verſuch in Deutſchland iſt vom J. 1757. welchen D. Schreber anſtellete, und dabey nach Virgins Vorſchrift handelte. Er hat ihn im 5ten Theile ſeiner Sammlungen S. 134 ſelbſt beſchrieben, und ſucht den Ungrund der vorgegebenen Verwandlung daraus darzu - thun. Zu Halle ſoll 176[1]ein gluͤcklicher Ver - ſuch damit gemacht worden ſeyn. Rammelt verſuchte es ohne Erfolg, wie er ſelbſt im 2ten Theile der neuen Schreberſchen Samml. S. 430 angezeiget; und eben dieſes gilt auch von einigen zu Leipzig angeſtellten, welche auch in den Sammlungen des D. Schrebers befind - lich ſind. Doch hat man an beſagtem Orte ei - nen vorzuͤglichen mit aller juriſtiſchen Gewis - heit in einem Familiengarten gemacht, und da - bey Notar und Zeugen gebraucht, wo man die wirkliche Verwandlung behauptet. Allein ſo uͤberzeugend dieſe Art der Gewißheit in ju - riſtiſchen Geſchaͤften iſt. ſo wenig kann ſie doch eine Wahrheit der Naturlehre und Naturge - ſchichte entſcheiden, wo die beſondern Kennt -niſ -131niſſe und Erfahrungen in dieſen Wiſſenſchaften allein die Entſcheidung geben koͤnnen; und bey dieſer juriſtiſchen Gewißheit kann immer noch in dieſen Punkte eine Taͤuſchung ſtatt finden, wie wir unten weiter ausfuͤhren werden. Ver - ſchiedene mislungene Verſuche erwaͤhnt noch das 20ſte Stuͤck der ſchleßſiſchen oͤkonomiſchen Sammlung, ingleichen das 145ſte der oͤko - nomiſchen Nachrichten des Freyh. von Hohen - thal, woſelbſt der ungenannte Verfaſſer auch durch einen ungefaͤhren Zufall von der Dauer des Hafers uͤber Winter belehrt wurde, da er nach dem einſtimmigen Urtheil aller Kraͤuter - kenner nur immer als ein Sommergewaͤchs an - geſehen wird. Da dieſer Zufall auch zugleich etwas zur Beſtimmung der Wahrheit in dieſem Problem beytragen kann, ſo verdient er hier eine naͤhere Erwaͤhnung. Es waren, ſagt er, bey dem Einbruche der preußiſchen Kriegsvoͤl - ker 1756. auf dem Gute Cranichau unter den Fenſtern den Pferden die Garben vom ſchoͤnſten Eichel - oder Schwarzhafer aus der Scheune vorgeworfen worden; und der ausgefallene Ha - fer war daſelbſt aufgegangen, und als er nach einigen Wochen zu ſchoſſen anfieng, vom Rind - vieh abgefreſſen worden. Es wurden Stakete um dieſe Gegend errichtet, damit das Vieh ſich nicht dahin gewoͤhne, und hierdurch dieſer aufgegangene Hafer geſchuͤtzet. Im folgenden Fruͤhjahre giengen vier Stoͤcke hiervon wieder auf, deren Blaͤtter, wie Schilf und die StengelJ 2wie132wie Rohr waren; ſie brachten aber keinen Wei - zen, ſondern einen ſehr vollkommenen ſchwar - zen Eichelhafer, deſſen Koͤrner die gewoͤhnliche Groͤße weit uͤbertrafen. Auch beſtaͤtigen dieſe Erfahrungen einige Verſuche des D. Schrebers, die er in den Jahren 1757, 1758, 1759 und 1760 angeſtellt, wo eben dieſe Umſtaͤnde er - folgten. Auch kann ich den Meußbachiſchen hier nicht uͤbergehen. Der Hr. von Meußbach auf Volkſtaͤdt ließ im J. 1765 Hafer ſaͤen, aber, anſtatt daß die Schweden ihn vor dem Schoſſen mehrmalen abgeſchnitten, denſelbigen mit den Schafen abhuͤten. Er erhielt nach ſeinem Bericht von dieſem Haferfelde das folgende Jahr 29 Rocken - und Weizenſtoͤcke; er ſchreibt den nicht ganz gluͤcklichen Fortgang des Verſuchs dem Abhuͤten mit Schafen zu. Die koͤniglich Schwediſche Societaͤt hat die Aus - zuͤge von ſeinen Verſuchen gedruckt, und auch die Zelliſche Geſellſchaft hat ſie bekannt gemacht. Er ſelbſt aber giebt die Nachricht davon in dem Leipz. Intell. Blatte vom J. 1766. S. 106.
Ich habe verſchiedene Verſuche, gluͤckliche und ungluͤckliche angefuͤhrt; aber was folgte nun aus denſelben? Man ſollte glauben, die Wahr - heit der Verwandlung der Getraidearten aus den gluͤcklichen; aus den verungluͤckten aber, daß vielleicht ein oder des andere Verſehen die Urſache davon ſey. Aber muß man gleich eine Verwandlung des Hafers in Weizen oder Rog - gen annehmen? Denn waͤre dieſes, warum nichtauch133auch in Gerſte? Kann nicht vielleicht die Frucht durch eine uͤberfluͤßige und reichere Nahrung voller geworden, und ſich dadurch jener, wofuͤr man ſie hielt, in etwas dem aͤußerlichen Schei - ne nach genaͤhert haben? Kann ſie nicht z. B. die Spitzen, Granen oder Spelzen eben aus dieſer Urſache verloren haben, da nach einigen neu - ern Beobachtungen die Granen und dergleichen Dinge, wenn ſie ſich am Getraide, wo ſie nicht gewoͤhnlich ſind, zeigen, von Mangel der Nah - rung herruͤhren? Koͤnnen ſie nicht z. B. hier, wo ſie zu dem Weſen des Korns zu gehoͤren ſcheinen, durch die reichere und zu große Nahrung zwey - er Jahre verdraͤngt und zur Frucht mit entwi - ckelt worden ſeyn? Es iſt[] mir nicht bekannt, daß dieſes noch von Jemanden zur Entſcheidung dieſes Streits benutzt worden. Die Frucht hat - te durch das oͤftere Abſchneiden der Blaͤtter meh - rere Nahrung bekommen, die ihr ſonſt durch dieſelben waͤre entzogen worden. Der Hafer hatte uͤber Winter in der Erde gelegen, da er ſonſt nur im Sommer gewachſen iſt; kann die - ſes ihm nicht die groͤßte Menge von Nahrungs - theilen zugefuͤhret haben, ohne daß dadurch der - ſelbe in eine andere Frucht oder Getraideart verwandelt worden war? Die wieder ausge - ſaͤten Koͤrner von dergleichen verwandeltem Ge - traide blieben wenigſtens nach dem Schreberi - ſchen Verſuche vom J. 1758, welchen er in ſei - ner Neuen Samml. (2. S. 432.) beſchreibt, die naͤmlichen; es blieb engliſcher, ſehr voller Hafer.
J 3Noch134Noch neuerlich vertheidigt der Verfaſſer des Lehrbegriffs der Cameral-Wiſſenſchaften die Moͤglichkeit der Verwandlung in ſeinen ver - miſchten Verbeſſerungsvorſchlaͤgen und freyen Gedanken uͤber den Nahrungsſtand: allein er haͤlts fuͤr unnuͤtz; unſtreitig hat er den blos et - was veraͤnderten Hafer fuͤr Korn gehalten.
Man hat Hafer, welchen man ſo gleich wie Korn mahlen kann, ohne ihn erſt von Spelzen und Spitzen zu befreyen noͤthig zu haben. Die groͤßten Naturforſcher ſind gegen die Verwand - lung, weil ſich kein Grund der Moͤglichkeit ein - ſehen laͤßt, und die Verſuche, ſo wahr ſie auch immer ſeyn koͤnnen, nicht genug beweiſen; im - mer hat man vielleicht mehr daraus gefolgert als man ſollte. Das Samenkorn enthaͤlt alle weſentliche Theile der Frucht; wie kann hier eine Verwandlung blos durch die vermehrte Nahrung geſchehen? ſollen ſich alle kleine Ge - faͤße die der Saft und dichten Theile bilden hierdurch aͤndern, um eine andere Frucht her - vor zu bringen? Ich berufe mich hier auf den Ausſpruch eines der erſten Naturforſcher, des Hrn. Bonnet. „ Man hat, ſagt er, in ſeinen Be - trachtungen uͤber die Natur, die Ausartung verſchiedener Gattungen behauptet; man iſt ſo - gar ſo weit gegangen, und hat angenommen, daß ſich gewiſſe Arten in andere, der Weizen in Spelt, der Hafer in Roggen verwandele. Man hat ſich auf die Erfahrung berufen, und einige Phyſiker von Profeßion haben ohne ErroͤthungVer -135Verſuche anſtellen muͤſſen, deren Erfolg eine geſunde Philoſophie gar leicht zeigen wuͤrde. Die Verſuche ſind indeſſen gemacht, und die Vorſichtigkeit iſt dabey aufs aͤußerſte getrieben worden. Aber die vorgebliche Verwandlung iſt in der Claſſe der Vorurtheile geblieben.
Dafern es in der eigentlichen Ausartung der Gattungen eine Quelle geben kann, ſo iſt es gewiß die Befruchtung. Wenn die Staubkoͤr - ner der einen Pflanze die Saamenkoͤrner der andern befruchten, ſo entſtehen daraus Mittel - dinge. — Sollten aber Spelt oder Roggen, die von einer aͤhnlichen Urſache herkaͤmen, nichts von ihrem urſpruͤnglichen Zuſtande behalten? Man unterſuche den Spelt oder Roggen den man aus Weizen oder Hafer verwandelt glaubt, mit der groͤßten Aufmerkſamkeit, und man wird nichts darinnen antreffen, was ſich mit Grunde von Weizen oder Hafer ſagen ließe. Wollte man zur Beſchaffenheit des Erdreichs, Naͤſſe und Trockenheit ſeine Zuflucht nehmen, ſo kann man leicht das Unvermoͤgen ſolcher Din - ge darthun. Wird man wohl dadurch einen Birnbaum in einen Apfelbaum verwandeln? Iſt die Struktur des Weizens dadurch, daß er ein Kraut und nicht ein Baum iſt, eben ſo we - ſentlich beſtimmt, oder hat ein Kraut etwa we - niger Gefaͤße, wodurch die Nahrungsſaͤfte gleichartiger gemacht werden? “ Wir uͤberlaſ - ſen dieſes hier den Naturforſchern, und wollen es hier nur von Seiten der Oekonomie betrach -J 4ten.136ten. Und wer wird da nicht fragen: iſt es oͤko - nomiſch, uͤber eine Erndte zwey zu verlieren, zu - mal da wir die naͤmlichen Fruͤchte ſchon haben, und ihren Bau mit weniger Muͤhe und meh - rerm Vortheil betreiben koͤnnen.
Man bemuͤhete ſich die bisher ſtreitigen und wichtigen Probleme mehr aufzuklaͤren; vor - nehmlich thaten dieſes einige Societaͤten. Von den Verdienſten der Leipziger und der mit ihr verbundenen Kreis-Verſammlungen habe ich ſchon oben geredet. Die Bemuͤhungen derſelben um den Hopfenbau, um die Anpflanzungen neuer Getraidearten, um die Seiden - und Baumwollen Cultur, Futterkraͤuter ꝛc. ſind be - kannt. Die Fuͤrſtliche Jablonoviſche Geſell - ſchafft der Wiſſenſchaften zu Leipzig, die ſich um die alten Oekonomieſchriftſteller der Roͤmer ſo verdient machte, und ihren noch heutigen Nu - tzen bekannter zu machen bemuͤhet war, ſuchte auch die Theorie uͤber das rechte und fuͤr ein Land beſte Verhaͤltnis des Ackerbaues zur Viehzucht zu beſtimmen. Sie ſetzte deswegen in dem J. 1779. einen Preis darauf, und ich habe in der damals von derſelben gekroͤnten Abhandlung aus Erfahrungen der vorzuͤglichſten Oekonomen, aus Verſuchen und aus Berechnungen dargethan, was man bey Beſtimmung dieſer Frage zu be - trachten habe, daß man verſchiedene Fragen unterſuchen muͤſſe, nehmlich, worauf ſich das Verhaͤltniß des Ackerbaues zur Viehzucht gruͤn - de. Ich habe gezeigt, daß dieſes ſich auf die Unter -hal -137haltung des Viehes ſelbſt, die Duͤngung, die zur Feldarbeit noͤthigen Thiere gruͤnde, wenn man nach der Beſtimmung dieſes Verhaͤltniſſes im Allgemeinen fragt. Der Viehhandel, Vieh - maſt, Woll - und Haͤutehandel, gehoͤren ſo wenig als der Getraidehandel und der Abſatz der aus dem Getraide durch Kunſt und Bereitung er - haltenen Produkte nicht mit zu den weſent - lichen Gruͤnden, worauf dieſes Verhaͤltniß be - ruhet, ſondern zu den zufaͤlligen, die durch die Lage eines Landes, nachdem ſie zur Viehzucht oder Ackerbau bequem iſt, durch das Verhaͤlt - niß gegen andere Lande, durch den Betrieb und Zuſtand der uͤbrigen Nahrungsgeſchaͤfte u. ſ. w. erſt entſtehen, und zwar fuͤr einzelne Lande wichtig werden koͤnnen, aber nicht hinreichend ſind, einen allgemeinen Grundſaz uͤber das rech - te Verhaͤltniß zu beſtimmen, ſondern dieſe Feſt - ſetzung vielmehr erſchweren. Aus dieſer Ruͤck - ſicht muß die Frage beſtimmt werden, wel - che die goͤttingiſche Geſellſchafft der Wiſſenſchaf - ten uͤber dieſes naͤmliche Problem, aber blos in Ruͤckſicht auf Niederſachſen aufgab.
Ich habe in der obigen Abhandlungp)Dieſe Preisabhandlung befindet ſich im neue - ſten Bande der Actorum Iablonovianorum latei - niſch; ausfuͤhrlicher und ins Deutſche uͤber - ſetzt und mit neuen Erfahrungen vermehrt, wird ſie eheſtens erſcheinen. ferner gezeigt, daß man unterſcheiden muͤſſe wie ſich der Ackerbau zur Viehzucht verhalte, außer derJ 5Ver -138Verbindung mit dem Wieſenbau, und was fuͤr ein Verhaͤltnis entſtehe in der Verbindung mit demſelben. Ohne dieſen Unterſchied iſt es unmoͤglich, das fuͤr die uͤkonomiſche Policey ſo - wohl als fuͤr jeden Oekonomen ſo wichtige Verhaͤltniß zu beſtimmen. Ich glaube hie - durch auch im Stande zu ſeyn, das Verhaͤlt - nis zwiſchen Acker - und Wieſenbau anzuzeigen, das man bisher, ſo viel mir bekannt iſt, nur auf ungewiſſe Muthmaßungen gruͤndete, welche aber eben daher entweder ganz irre fuͤhren, oder doch nicht die moͤglichſte Wahrſcheinlichkeit geben; daher dieſes Verhaͤltnis bisher eben ſo unbeſtimmt warq)Ich werde auch dieſes in einer beſondern Ab - handlung zugleich mit jenem zu beſtimmen ſu - chen.. Eine eben ſo wichtige Un - terſuchung war die uͤber den Brand welche die naͤmliche Geſellſchafft aufſezte. Schon von verſchiedenen Geſellſchaften war die Frage auf - geworfen, und von verſchiedenen Oekonomen be - antwortet worden. Ich will hier die vorzuͤglich - ſten Meinungen, die ſonderlich in Deutſchland theils von einheimiſchen Gelehrten angegeben worden, theils auch die Auswaͤrtigen, die man in Deutſchland angenommen, beruͤhren. Ich uͤber - gehe diejenigen, die darinnen den unmittelbar ſtrafenden Gott ſahen. Die Natur iſt reich genug an Urſache dazu, ohne die Gottheit durch eine beſtaͤndige Strafſucht zu entehren. Eine der aͤlteſten Meinungen iſt die des Baron vonWolf,139Wolf, da er den Brand fuͤr eine Misgeburt in dem Pflanzenreich hielte, weil darinen die Saftroͤhren, Gefaͤße und Canaͤle nicht in der natuͤrlichen Ordnung waͤren.
Allein die Mikroſkope widerlegen dieſes. Ihr Bau iſt wie der bey den geſunden beſchaf - fen; die Zerſtoͤrung deſſelben entſtehet erſt durch dieſe Krankheit. Hr. Hofr. Gleditſch brachte eine neue Theorie auf, in den Bemer - kungen uͤber den Brand. r)S. Vermiſchte Abhandungen von Gleditſchen im 11ten Theile.Er zeigte, wie die - ſe Krankheit nicht allein, dem Getraide, ſondern auch noch den andern Pflanzen gemein ſey; wiewohl ſie bey dem Getraide am wich - tigſten ward, je nothwendiger daſſelbe iſt. Er ſuchte den eigentlichen Sitz und Urſprung des Brandes zu beſtimmen. Er zeigte, daß er ſich nicht nur an allen Gewaͤchſen, die in freyer Luft ſich bey uns erhalten, ſondern auch an den ein - zelnen Theilen derſelben befinde; daß er ſonder - lich in jungen, ſchwammigen, ſaftreichen, zarten Gewaͤchſen und in allen neuen Pflanzentheilen, die in ihrer Ausbildung begriffen ſind, entſte - he, und daß ſie leichter damit befallen werden, als alte, feſte, trockne, und deren Wachsthum geendiget iſt; daß der Brand die Blumen und Saamen am erſten betreffe. Er glaubt endlich, durch Erfahrungen beſtaͤtigt zu finden, daß es in dem Saamen von zeitigen oder auch unzeitigen ungleich getrockneten, naß eingebrachten und er -hitz -140hitzten, dumpfig gewordenen Getraide liege, und daß dieſes Gelegenheit zur Erzeugung des Brandes gebe. Jedoch wenn man ihm auch zugiebt, daß dieſes Anlaß zum Brande geben kann, ſo iſt damit doch noch nicht die wahre Ur - ſache erwieſen. Allein es finden ſich auch noch viele Schwierigkeiten, die dieſes unwahrſchein - lich machen. Denn da der Keim des Samens von dem Korn eine gleichartige von der Natur fuͤr ihn bereitete Nahrung verlangt, kann er dieſe von einen nicht ganz zur Reife ge - kommenen Saamen erlangen, weil in dieſen die gehoͤrige Miſchung und Vertheilung der Saͤfte noch nicht geſchehen iſt? eben ſo wenig wird er dieſe aus dem naͤmlichen Grunde von einem verdorbenen erhalten. Daß aber das Brandkorn nicht die Urſache von neuem Brand - korn ſey, wird vornehmlich durch die Verſuche des Hrn. Spitlers widerlegt, welche er angeſtellet, und in den Bemerkungen der Oek. phyſikal. Ge - ſellſchaft zu Lautern bekannt gemacht hat. s)Bemerkungen der Oek. Phyſ. Geſellſchaft zu Lautern vom J. 1777. S. 143 und 144.„ Ich ſteckte, ſagt er, brandige Koͤrner, die naͤmlich in der Spreu ein ſchwaͤrzliches Anſehen, als ein Kennzeichen des geſchloſſenen Brandes hatten; ſie waren leichter als die geſunden, die Spreu ſtand an denſelben gerade in die Hoͤhe; allein ſie giengen gar nicht auf. Der Brandſtaub iſt alſo blos ein lebloſer Koͤrpert)Caput mortuum. , welcher wederThier -141Thierchen noch die in den Gewaͤchſen befindliche Triebkraft zum Wachsthum und Zeugen ent - haͤlt; denn ich fand auch in der Erde, wo die - ſe brandigten Koͤrner geſteckt waren, keine Spur von Keim oder Inſecten. “ Endlich koͤnnen auch viel Erſcheinungen aus dieſer Meynung gar nicht erklaͤrt werden. Woher, wenn dieſes die Urſache iſt, der uͤppige Wuchs der Halme, den ich oft in brandigem Getraide, ſonderlich bey Ha - fer und Gerſte fand? Wie iſt es erklaͤrlich, daß der Brand zuweilen nur eine oder einige Aeh - ren eines Getraideſtocks trifft, da hingegen andere an dem naͤmlichen geſund und vollkom - men ſind? Woher kommt es, daß in einzeln Aehren einige Koͤrner geſund, andere brandig ſind? ja, daß ſelbſt einzelne Koͤrner halb bran - dig halb geſund ſind? zuweilen nur erſt Anſaz zum Brande unten, wo ſie auf den Stiel aufſi - tzen, zeigen, der uͤbrige Theil aber geſund iſt? Eine aͤhnliche Meinung behauptete H. Schuͤtz zu Sachſenhauſen. v)Leipz. Intell. Bl. von 1767. S. 131.Eine der vorzuͤglichen neu - en Hypotheſen hieruͤber, die noch viele Verthei - diger hat, dankt ihren Urſprung dem Hausva - ter. Der B. von Muͤnchhauſen trug ſie in ſei - nem fuͤr die Oekonomie ſo wichtigen Werke an vielen Orten zerſtreuet vor. x)S. Hausvater I, 151, 329, 334. II, 751. III, 899. und die Vorrede zum zweyten Stuͤck des erſten Theils. Auch von Linne beſtaͤtiget dieſe Meinung in Ameenit. acad. 177. S. 395.Er leitete denBrand142Brand von gewiſſen Infuſionsthieren her. Ich will hier ſeine Meinung aus den verſchiede - ne Stellen ſammlen. „ Bringt mann, ſagt er, von dem in Waſſer angefeuchteten Brandſtaube unter ein großes Vergroͤßerungsglas, ſo ſiehet man lauter runde halb durchſichtige Kugeln, in de - nen man verſchiedene ſchwarze Puͤnktchen unter - ſcheidet. Die Kugeln ſind faſt alle von gleicher Groͤße, und dieſes habe ich mehr wie hundertmal geſehen. Wenn von dem Brandſtaube etwas ins Waſſer gethan und in eine maͤßig warme Stube geſetzt wird, ſo fangen nach ungefaͤhr vier und zwanzig Stunden einige von den Kuͤgelchen an zu ſchwellen, und ſich umzuwaͤlzen; endlich werden ſie nach einer Seite zu etwas laͤnglich, und es wer - den lebendige ſich ſchnell hin und her bewegende Thierchen daraus, welche weiter keine Gliedmaßen, aber große Aehnlichkeit mit dem Infuſionsthier - chen haben; die in den Eyern oder Kuͤgelchen be - merkten runden Puͤnktchen werden zu kleinen Ku - geln, das Thier zerplatzt, und laͤßt die Kugeln wie - der als Eyer zuruͤck. “— Und an einem andern Orte ſagt er: „ Das brandige Korn enthaͤlt nichts als Eyer von Inſecten, welche in der Erde aus - kommen. Die ausgekommenen Thierchen ſchlei - chen ſich an die Keime, wachſen mit dem Halme in die Hoͤhe, vermehren ſich, finden vornehmlich in den Saamenkoͤrnern Nahrung, zehren den noch feuchten Kern auf, und laſſen am Ende die Eyer zuruͤck. “ Ich will nicht erinnern, daß hier einige Widerſpruͤche zu ſeyn ſcheinen, dieauch143auch ſchon Hr. Spittler vornehmlich in dem leztern bemerkt hat. y)In ſeinen Bemerkungen uͤber das Brandkorn, in der Bemerkung der Churpfaͤlziſchen Oek. Ge - ſellſchaft zu Lautern, von 1777. S. 133, 134.Was aber die Infu - ſionsthiere ſelbſt betrifft, ſo haben ſchon die Hrn. Bekmann und Spittlerz)Grundſaͤze der Deutſchen Landwirthſchaft vom J. 1775. S. 41. In der Bemerkung der Pfaͤl - ziſchen Oek. Geſellſchaft vom J. 1777. S. 136. den Ungrund der - ſelben bey dem Brande gezeigt.
Allein um dieſe Meinungen noch mehr zu unterſuchen und den Ungrund derſelben zu zei - gen, habe ich dieſen Brandſtaub durch vier verſchiedene Mikroſkopen, naͤmlich ein Wilſoni - ſches, Loͤwenhoͤekiſches, Muſchenbroekiſches und Hofmanniſches betrachtet, und fand, daß der Brandſtaub groͤßtentheils die Geſtalt der Mehl - kuͤgelchen hatte, daß er Anfangs ſehr dunkel - braun und oͤlicht ſahe, nach und nach aber die ſchwarze Farbe annahm.
Ich habe nie etwas lebendiges d. i. willkuͤhr - liche Bewegungen des Staubes, wei man bey dem Infuſionsthierchen etwa ſiehet, bemerkt; den Hr. v. Muͤnchhauſen vertaͤuſchten Berechnungen. Ich machte Aufguͤſſe, gab ihnen bald kuͤnſtli - che bald Sonnenwaͤrme; allein ich ſahe keine fremden Thierchen, außer nach entſtandenem Faͤulnis in dem Waſſer die gewoͤhnlichen Infu - ſionsthiere. Ich machte ſogar mit deſtillirtem Waſſer einen Verſuch; allein auch dieſer be -ſtaͤrkt144ſtaͤrkt mich noch mehr gegen die Muͤnchhauſiſche Hypotheſe. Ich nahm den Geſchmack zu Huͤlfe und fand in dem Brandſtaube den mehlichten Geſchmack mit einiger Veraͤnderung, welcher Schaͤrfe in den oͤlichten Theilen verrieth.
Andere wollen es fuͤr eine Art von Mehlthau halten, welche Meynung ſich groͤßtentheils aus England herſchreibt, wo nach der engliſchen all - gemeinen Haus-Landwirthſchaft der Landmann beobachtet haben ſoll, daß meiſtens entweder wenn bey noch heißem Sonnenſchein, oder nach vorhergegangener warmer Witterung ein war - mer Regen und gleich darauf heiße Sonnen - ſtralen gekommen, man bald darauf den Brand bemerkt habe. Man ſuchte dieſes alſo zu erklaͤ - ren, daß, wo das vorerwaͤhnte ſich zugetragen, und nach einem warmen Regen die Sonne heiß ſchiene, die feuchten Duͤnſte natuͤrlich haͤufig aus der Erde aufſtiegen, und ſich an die Saaten ſtark anlegten. Wo die Saat dicke ſtehe und kein Wind dieſe Duͤnſte vertheile, ſo ſammleten ſie ſich auf der Saat, bildeten eine Art Kuͤgelchen, welche eigentlich ſo viele Brennglaͤſer vorſtellten, wodurch die zarten Pflanzen zerſtoͤrt und ver - brannt wuͤrden.
Eine der neueſten iſt die Meynung des Hrn. Spittlers, daß die Urſache in einer zu beſchleunig - ten und unterbrochenen Gaͤhrung des Safts im Getraide entſtehe. Er ſucht hiervon den Grund ſonderlich in der abwechſelnden Kaͤlte und Waͤrme zur Bluͤhzeit. Allein ich habe in derPreis -145Preisſchrift auch von dieſer gezeigt, daß ſie kei - nen zureichenden Grund in ſich enthalte. Er nahm verſchiedene Gefaͤße, fuͤllte drey derſelben mit guter Gartenerde, drey derſelben mit ge - woͤhnlicher Ackererde. Die drey erſten bezeichne - te er mit den Buchſtaben A B C, die andern drey mit a b c. Er ſteckte im Herbſt, wo die Saat im Acker geſchiehet, auch hier kamen in A a vollkommen geſunde Koͤrner, in B b geſunde mit Brandſtaub beſtrichene, in C c lauter bran - dige. Die mit A B trieben einen fetten und dunkelgruͤnen Halm, die in a b hingegen einen hellgruͤnen und nicht ſo großen. In C c gieng gar nichts auf, aber deſto mehr Unkraut fand ſich hierinnen ein; der ſicherſte Beweis, daß die Brandkoͤrner keine Vegetationskraft haben. Im Fruͤhlinge wuchs es in A a und B b ſchneller als auf dem Felde; in C c wuchs das Unkraut, ſon - derlich aber in C ſehr geil. Bisher hatten dieſe Gefaͤße im Felde geſtanden, nun aber nahm er ſie nach verfloſſenem Winter im Fruͤhjahre zu ſich nach Hauſe, um ſie beſſer beobachten zu koͤnnen. In A B war der Trieb ſtets ſtaͤrker, als in a b. Bey der Unterſuchung einiger Koͤr - ner in der Bluͤhzeit fand er nicht das mindeſte Kennzeichen vom Brande. Er brachte hierauf A B in eine kaͤltere Luft, um Stockungen der Saͤfte hervorzubringen, und ließ ſie zwey Ta - ge und zwey Naͤchte in derſelben, brachte ſie hierauf in die Mittagsſonne, um den Saͤften ei - nen ſchnellen und ſtarken Lauf zu geben. ErKbrachte146brachte nun a b auch an dieſen kalten Ort, und ließ ſie drey Tage daſelbſt, und hierauf verſetzte er ſie in ihre vorige Waͤrme, A B aber wieder in wenigen Tagen an den kalten Ort; nun wuch - ſen ſie aber nicht mehr ſo munter, ſondern wur - den gelb.
Nach einigen Tagen kamen alle die Gefaͤße wieder an einen warmen Ort; er fand aber bey den Koͤrnern, die er unterſuchte keinen Brand. Nun uͤberließ er die Aehren der freyen Luft und Sonne; da ſie reiften, nahm er von A ein Korn, das ihm brandig ſchien, und fand auch wirklich die untere Haͤlfte voller Brandſtaub, da hinge - gen die obere geſund war. Nach einer Unter - ſuchung der Koͤrner in A fand er 22 brandige, davon ſieben zur Haͤlfte brandig waren, der obe - re Theil aber war noch geſund; die uͤbrigen funf - zehn waren unten am Korn vom Brand ange - freſſen. Im Topfe B wareu ſiebenzehn bran - bige Koͤrner, darunter drey zur Haͤlfte brandig waren, die uͤbrigen vierzehn hatten nur unten an der Spitze einen Anſatz. In a war nicht ein einziges Brandkorn, in b aber nur zwey, an denen man einen Anfang zur Krankheit wahr - nahm.
Aus dieſen Verſuchen ſucht Herr Spittler ſeine Meynung zu erweiſen. Ich habe denſel - ben hier ausfuͤhrlich angefuͤhrt, da er ſo wohl zur Beurtheilung ſeiner Hypotheſe gehoͤrt; al - lein nicht genug beweiſt, die meinige aber mehr beſtaͤrkt, als ſeine. Wie oft fallen nicht faſt inallen147allen Jahren dergleichen Wetterwechſel vor, und doch findet ſich kein Brand, wenigſtens nicht ſo allgemein; und warum waren nicht alle Koͤrner hier brandig, da doch die ganze Pflanze und auch alle Koͤrner in ihrer Milch dieſem Wech - ſel ausgeſetzt waren? Warum wirket nicht die - ſer Witterungswechſel in allen Feldern, die er betrifft, gleich ſtark, oder gar nur in einigen, und warum ſelbſt da, wo er wirket, nicht auf dem ganzen Felde, ſondern nur in einigen Aehren, oft nur in den Theilen einzelner Koͤr - ner? Denn es laſſen ſich keine Urſachen ange - ben, warum der Wechſel der Witterung, der in einem Halme, in einer Aehre wirkte, nicht in al - len wirken ſollte.
Da man das Unzureichende in allen dieſen Meinungen ſahe, ſo hielt die Fuͤrſtl. Jablonow - ſche Geſellſchaft dieſes vor wichtig, einen Preis auf die Entdeckung der wahren Urſachen des Brandes zu ſetzen. Ich habe in der von der - ſelben gekroͤnten Preisſchrift eine andere Theorie aufzuſtellen mich bemuͤhet, aus der ſich, wie ich daſelbſt ausfuͤhrlich dargethan, alle Erſcheinun - gen erklaͤren laſſen. Die Urſache des Brandes liegt, einigen Beobachtungen und Erfahrungen nach, in einem Verderben des ſogenannten Glu - ten der Pflanzen, der ſo wohl in der Frucht, als in den Pflanzen ſelbſt, und vorzuͤglich in dem Mark derſelben, welches der Grundſtoff zur Frucht iſt, ſich befindet. Ich habe daſelbſt ge - zeigt, daß der Brand nicht allein in den AehrenK 2oder148oder der Frucht, ſondern auch in den Halmen ſelbſt ſchon ſich aͤußere, daß oft die noch in ei - ner dreyfachen Huͤlſe oder Balge verſchloſſe - nen und noch tief in den Halmen liegenden Aeh - ren ſich ſchon brandig finden; daß der Brand verhaltungsmaͤßig ſtark ſey, je mehr die Fruͤchte oder die Pflanzen ſolch Gluten haben. Ich habe daſelbſt ſo gar die Urſachen angegeben, war - um die Koͤrner dunkelbraun, oder gar ſchwarz und die brandigen Halmen meiſt dunkelgruͤner ſind als die andern; worzu mich ſonderlich ein Verſuch des Herrn Keſſelmeyers veranlaßte. Ich habe aus Gruͤnden dargethan, woher es komme, daß bey dieſer angegebenen Urſache zu - weilen einzelne Aehren eines Stocks, einzelne Theile eines Halms, einzelne Koͤrner einer Aeh - re, ja ſelbſt einzelne Koͤrner nur zu einem gewiſ - ſen Theile brandig ſind. Auf die naͤmliche Ver - anlaſſung unterſuchte ich auch die vorgeblichen verſchiedenen Arten des Brandes, und fand, daß ſie ihrem Weſen und ihrer Natur nach nicht ver - ſchieden waren, ſondern der ſcheinbare Unter - ſchied mehr durch den Grad der Faͤulniß und Schaͤrfe entſtehe, je nachdem dieſe ſtaͤrker oder ſchwaͤcher iſt, je nachdem ſie durch innere oder aͤußere Zufaͤlle gehoben und gemindert wird. Von außen kann die Luft und gewiſſe in derſel - ben ſchwebende Theile hier oft Aenderungen ver - anlaſſen, und von innen kann es ebenfalls durch gewiſſe dazu kommende Saͤfte geſchehen.
Doch149Doch wir eilen wieder zur Geſchichte des Ackerbaues, fuͤr welchen man in den deutſchen Laͤndern und beſonders in Sachſen und Bran - denburg, ſodann auch in einigen andern Pro - vinzen vorzuͤglich geſchaͤftig war. Man ſuchte denſelben ſo viel moͤglich zu erweitern und Man - nichfaltigkeit zu geben, damit durch die meh - rern Arten der Fruͤchte der Werth der Laͤnde - reyen und der Produckte ſelbſt erhoͤhet und ver - mehret wuͤrde. So bauete man in Sachſen ſeit 1717 die Tartuͤffeln, wohin ſie aus Brabant ein Herr v. Miltkau brachte, und ſie haben bey Miswachs in den gebuͤrgigen Gegenden oft die Einwohner genaͤhrt und vor dem verzehren - den Hunger geſchuͤtzet. In das Wuͤrtembergi - ſche brachte ſie ſchon 1710 ein Waldenſer An - toine Seignoret. Man befoͤrderte eben daher in Sachſen den Bau der Farbekraͤuter, insbeſon - dere 1747 den Bau der Faͤrberroͤthe oder des Krapps, wovon das Leipz. Intellig v. 1763. S. 345. Nachricht giebt. Daher fieng man ihn ſonderlich auf den Guͤtern des Herrn Hof - rath Schubarth zu Kreiſa und Werkwitz, wie auch auf den Graͤflich Buͤnauiſchen zu Dahlen nachdruͤcklich an zu betreiben, und in den Saͤch - ſiſchen Fabriken und Cattundruckereyen abzu - ſetzen. Den Waidbau durch einen Befehl von 1753 und 1755, der Scharte durch einen aͤhnlichen von 1766, und ließ im Jahr 1765 einen Unterricht im Leinbau in das Land erge - hen, da die Leinmanufakturen in Sachſen ſoK 3wich -150wichtig ſind, Die oͤkonomiſche Societaͤt zu Leipzig vereinigte ihre Bemuͤhungen mit ihr, und empfahl 1764 den Bau der Seidenpflanzen, auf welchen der Herr de la Riviere Frankreich ſeit den Jahren 1760 aufmerkſam machte, in - dem er aus denſelben allerley Waaren bereitete. Die Polizey bemuͤhete ſich Kenntniſſe von dem Getraidebau eines jeden einzelnen Ortes einzu - ziehen, und es ergieng deshalb in Sachſen 1755 ein Generale in das Land, wegen Verfertigung und Einſendung geſchriebener Tabellen uͤber den Getraidebau eines jeden Orts. Der Getrai - dehandel war von je her ein beſonderer Gegen - ſtand der oͤkonomiſchen Polizey in Sachſen, und blieb es auch in dieſem Jahrhunderte, wovon die Verordnungen von 1726 wegen deſſelben und vorzuͤglich die neuern in dem Jahre 1771 zeigen. In dieſen Jahren munterte man durch Verord - nungen und Vorſchuͤſſe die Unterthanen zu tuͤch - tiger Bearbeitung ihrer Felder an. Man ſuch - te die Abgaben, welche die Verbeſſerung des Ackerbaues hinderten, zu erieichtern oder abzu - ſchaffen, und befreyete 1765 die zur Duͤngung der Felder einzufuͤhrende Aſche, Kalch und an - dere Materialien vom Geleite in einem Gene - ralbefehle. Man unterſtuͤtzte bey Miswachs die ungluͤcklichen Unterthanen, und ließ deswe - gen 1727 Verordnungen ergehen.
Der Tabak, welcher ſchon ſeit dem Ende des ſechszehnten Jahrhunderts in Deutſchland vor - zuͤglich durch Adolf Oeko, Joh. Funk und denbe -151beruͤhmten Conrad Gesner bekannt wurde, brei - tete ſich ſonderlich in dem 18ten in Sachſen, Brandenburg, Pfalz und andern Gegenden aus. Im Jahre 1620 brachte Robert Koͤ - nigsmann, ein Kaufmann, die erſte Tabaks - pflanze aus England nach Strasburg, wo der Tabak im ſiebenzehenten Jahrhunderte und An - fange des itzigen haͤufig gebauet wurde, ſo, daß ſogar der Rath daſelbſt der Cultur deſſelben Schranken ſetzte, aus Beſorgniß, es moͤchte dem Getraidebau ſchaden. Man bauete ihn theils in den Brachen, theils aber beſtimmte man ganze Felder hierzu. In Sachſen ſchickte man nach dem geendigten ſechsjaͤhrigen Kriege Pflanzer aus, welche dieſe Cultur ausbrei - teten und Fabriken anlegten. In den Gegen - den von Leipzig, in Stoͤtteritz und Zwey-Naun - dorf, in welchem letztern ihn zuerſt ein fleißiger Landmann, Namens Muͤnch, einfuͤhrte, iſt es ein eintraͤgliches Nahrungsgeſchaͤft. Im Brandenburgiſchen ermangelte die Regierung nicht, dieſe Pflanze fuͤr ſeine Einwohner ein - traͤglich zu machen und zu verbreiten. Schon im ſiebenzehnten Jahrhunderte ſuchte man die - ſes zu bewerkſtelligen; daher finden ſich verſchie - dene Verordnungen z. B. vom Jahre 1676, da - rinnen zwey Juden die Conceßion zum Tabaksbau und Handel ertheilt wird, die Cultur deſſelben aber kam erſt im Jahre 1681, wirklich zu Stan - de. Alſo danket Brandenburg dieſes Geſchaͤft, das itzt ſo wichtig fuͤr daſſelbe iſt, zweyen Ju -K 4den.152den. Die Verdienſte dieſes Volks verdienen um deſto mehr bemerket zu werden, da man ſie meiſt verkennet. Sie ſuchten zuerſt um die Erlaub - niß dieſer Anpflanzungen an, und erhielten ſie in dem angefuͤhrten Jahre 1676. Von 1682 findet ſich eine andere Conceßion wegen des Tabak - ſpinnens, 1687 vom 28. November wegen des Tabakpflanzens und des Commercii und fremden Tabaks. In vielen Gegenden der Mark und in dem Pommeriſchen iſt er ſehr ausgebrei - tet, und bey den amerikaniſchen noch dauernden Unruhen, welche den Fortgang dieſes Geſchaͤf - tes in Deutſchland ſo ſehr beguͤnſtigen, brachte es Brandenburg zu dem Vorzuge, daß es die groͤßte Tabaksfabrik in Deutſchland beſitzt, und ſelbſt die Hollaͤnder ihn haͤufig aus dem Brandenburgiſchen ziehen. So fuͤhrten ſie im J. 1777 blos aus Stettin uͤber 30000 Centner Pommeriſchen und Maͤrkiſchen Tabak aus, wie Hr. Schloͤzer in ſeinem Briefwechſel Theil 3. im XIII. Heft Nr. II. angiebt. Nicht weniger anſehn - lich iſt der Tobaksbau in den Heßiſchen Laͤndern, vorzuͤglich aber in dem Hanauiſchen, wo er ſchon ſeit langer Zeit ein ſtarker Nahrungs - und Hand - lungszweig iſt; ſchon 1697 baute man daſelbſt viel Tabak. Es gehoͤrt auch in die Brandenburgi - ſche Ackerbaugeſchichte, alles das, was ich in dem allgemeinen Kapitel von dieſem Lande angefuͤhrt habe, da ich ſowohl die Verdienſte der Regie - rung, und vorzuͤglich des itzigen weiſen und wohlthaͤtigen Friedrichs, als auch die wuͤrdigenund153und patriotiſchgeſinnten Privatperſonen ange - fuͤhrt habe, unter denen vorzuͤglich die Namen eines von Brenkenhof, des Grafen v. Bork, und des Grafen von Podewils hervorglaͤnzen. Die Einfuhre des Archangeliſchen Roggens von dem Hrn. v. Brenkenhof, der eingefuͤhrte und er - weiterte Bau der Handlungskraͤuter, der im Mag - deburgiſchen verſuchte Reisbau, die deshalb von der Cammer erlaſſenen Anweiſungen, die Beur - barung ſo vieler wilden und unfruchtbaren Laͤnde - reyen zu Ackerlande, die Einfuͤhrung eines tiefern[Pfluͤgens], des Haackens, einer ſtaͤrkern Duͤngung, welche durch den vermehrten Wieſenbau und Viehzucht moͤglich ward, und vorzuͤglich durch die Aufmunterung der Regierung durch Preiſe zu der Aufſuchung und Gebrauch des Mergels, und fuͤr die, welche ihn in Pommern, der Mark und in Preußen gemeiner machen wuͤrden, wel - che 1777 geſchahe, ſind Beweiſe, wie ſehr ſich die Brandenburgiſchen Staaten des Ackerbaues angenommen.
Man verſuchte auch den Bau des Aegypti - ſchen Korns, vorzuͤglich der gedachte Herr Graf v. Podewils, und es gerieth auf einigen Stuͤcken ſehr gut. Man bemuͤhet ſich die Bra - che zu verdraͤngen, und erziehet deshalb auf dem Acker in der Brache haͤufig ſolche Fruͤchte, wel - che ihn zu dem im drauf folgenden Jahre zu ſaͤ - enden Getraide tuͤchtig machen, als Erdtoffeln, Kohl, Lein, Tabak. Verſchiedene Gutsbeſitzer, und vorzuͤglich dieſer H. Graf, um den Oekono -K 5mie -154miezuſtand ihrer Guͤter zu beſſern, duͤngen daher das Land in der Brache und pfluͤgen zwey - mal; die Einwohner bepflanzen es mit Erdtof - feln, halten es von Unkraut rein und bekommen dafuͤr die Haͤlfte. Zwar iſt das letztere Ver - duͤngen um die Haͤlfte kein allgemein anzura - thendes Mittel, am wenigſten in ſchon cultivir - ten Landen: allein hier, wo meiſtens erſt Cultur und Wohlſtand bewirkt werden ſoll, und dieſe Art durch die Gewohnheit ſchon beguͤnſtiget iſt, wird es deſto wirkſamer ſeyn, den Endzweck zu erreichen.
In dem Oeſterreichiſchen bemuͤhete man ſich den Ackerbau der einzelnen Laͤnder durch fremde Colonien zu beſſern: ein Mittel, deſſen man in Sachſen ſchon vor einigen Jahrhunderten ſich bediente. Man ſuchte vorzuͤglich die Flaͤmiſche Wirthſchaft einzufuͤhren, und ließ zu dieſer Ab - ſicht viele Landleute aus der Gegend zwiſchen Oſtende und Bruͤgge in das Maͤhriſche kommen, wo ſie nach und nach viele Maͤhriſche Bauern unter ſich bekamen, um dieſelben die Flaͤmiſche Wirthſchaft zu lehren, welche ſich auch in kurzer Zeit ſehr ausgebreitet. Die Flaͤminger ſelbſt bearbeiteten zwar nicht viel mehr als tauſend Morgen Landes; allein weit ausgebreiteter iſt ihre Wirthſchaftsart, indem ſich dieſelbe ſchon auf funzehn Meilen weit erſtreckt. Es wurde hierdurch ſonderlich der Kleebau eingefuͤhrt; man macht ihn zu einer Vorbereitung zur Waizen - ſaat, daß man in dieſen Gegenden ſchon nichtmehr155mehr zu dem Waizen brachet. Dieſe Flaͤmin - ger fuͤhrten zuerſt vorzuͤglich eine regelmaͤßige Duͤngung daſelbſt ein; ſie lehrten durch Jaͤten und Hacken das Unkraut vertilgen und den Acker rein zu halten; und noch neuerlich ermunterte die Niederoͤſterreichiſche Societaͤt zu einer Unter - ſuchung, wie die verſchiedenen Arten des Mer - gels oder ſo genannten Schlier am ſicherſten zu erkennen und von einander zu unterſcheiden, wie die Lagen des Mergels am leichteſten zu entde - cken, die Gruben am geſchickteſten anzulegen und mit den geringſten Koſten zu erhalten. Und wie die Regierung den Ruhm der Weisheit und Sorgfalt fuͤr das Gluͤck ihrer Laͤnder und Denk - maͤler in der Geſchichte verdient, ſo ſind nicht weniger diejenigen des Andenkens wuͤrdig, die durch gluͤckliche Verſuche und Beyſpiele ihren Mitbuͤrgern lehrreich werden. Unter dieſe Namen gehoͤrt in jenen Gegenden der Freyherr von Skulitz, welcher auf ſeinen Guͤtern zuerſt die Flaͤmiſche Wirthſchaft einfuͤhrte. Er bauete Hopfen und Safran aus Boͤhmen und Krapp aus Schleſien an, und machte Hanf und Flachs zu Hauptproducten ſeiner Guͤter.
Die Regierung machte unfruchtbare Laͤnder und Triften urbar und ergiebig. So hatte man in Tyrol in dem J. 1770 ſchon 800 Juch - arten faſt unnuͤtzbarer Viehweiden fruchtbar ge - macht, und man hat damit beſtaͤndig fortge - fahren.
Auch156Auch andere deutſche Laͤnder wetteiferten mit aͤhnlichen Verbeſſerungen. Man verringerte in dem Badenſchen die Gemeindeguͤter und beſ - ſerte dieſelben zu Frucht - und Grasaͤckern; man befreyete die Fruͤchte von den vielen Acciſen und machte zu dem Ende, ſo viel ich weiß, in Deutſch - land den erſten Verſuch innerhalb eines kleinen Diſtricts mit den ſogenannten Syſtem der Oeko - nomiſten, das ſeit einiger Zeit in Frankreich ſein Daſeyn durch Quesnay und einige ſeiner Nach - folger erhielt, und fuͤr welches in Deutſchland der Hr. Schlettwein mit ſo viel Eifer ſpricht. Man ſuchte in dem Durlachiſchen die Duͤn - gungskunſt, als ein Hauptgeſchaͤfte des Acker - baues zu berichtigen und zu erweitern. Man fuͤhrte daher ſonderlich, vielleicht durch die Alten veranlaſſet, die vegetabiliſche Duͤngung mehr ein, da ſie bisher wenig oder nicht bekannt war. Man beſaͤet daſelbſt oft ganze Aecker mit Lupin, welche, wenn ſie abgebluͤhet iſt, im Anfange des Septembers untergepfluͤgt wird. Schon die Alten kannten dieſelbe; Plinius gedenkt ihrer im 17ten B. im 7ten Capitel in ſeiner Naturge - ſchichte. Man will zwar bemerken, daß ſie nicht die große Wuͤrkung des animaliſchen Duͤngers thue; ſie verkuͤrzt aber die Arbeit ſehr und fo - dert ungleich weniger Muͤhe, und kann ſonder - lich auf entfernten Feldern vom vorzuͤglichſten Gebrauche werden Der verdienſtvolle Rein - hardt giebt verſchiedene Nachrichten von demBaden -157Badendurlachſchen Oekonomiezuſtande in dem Leipz-Intellbl. v. J. 1767. und 1768.
In dem Pfaͤlziſchen verbreitete die oͤkonomi - ſche Geſellſchaft und Cameral hohe Schule zu Lautern die gruͤndlichſten Kenntniſſe im Acker - bau. Die oͤkonomiſche Geſellſchaft machte auf dem zu Verſuchen beſtimmten Gute Sigelbach die wichtigſten Erfahrungen, vorzuͤglich aber was die Verbeſſerungen durch Miſchung der Erdarten betrifft, und der Pfaͤlziſche Landmann ziehet nun gleich als in den gluͤcklichſten Provin - zen Deutſchlands vielerley und mannichfaltige Producte aus ſeinen Feldern. Schon laͤngſt zeigten die Mennoniſten vorzuͤgliche Kenntniſſe in der Oekonomie, und breiteten ſonderlich den engliſchen Ackerbau hier aus. Nicht blos reiche und beguͤterte Landbeſitzer, ſondern auch niedere Landleute kennen die Vermiſchung der Erdar - ten als ein vorzuͤgliches Beſſerungsmittel, die Stallfuͤtterung, den Bau der Futterkraͤuter und die Entbehrlichkeit der Brache. Ueber - haupt gehoͤren die Mennoniſten in der Pfalz unter die vollkommenſten und vorzuͤglichſten Landbauer, und haben ſchon verſchiedene Gene - rationen hindurch die Grundſaͤtze in Ausuͤbung gebracht, die in andern Landen noch erſt in Un - terſuchung ſind und theoretiſch anempfohlen wer - den.
Unter den pfaͤlziſchen Oekonomiſten zeichnete ſich ſonderlich Gugenmus aus, welchen die Land - wirthſchaft zu fruͤh verlor. Er trat als einGegner157[158]Gegner des Tull, Chateauvieux und Kretſch - mars auf, bemuͤhete ſich gegen dieſelben die Un - fruchtbarkeit einer jeden Erdart zu zeigen, und verlangte nichts als kuͤnſtliche Duͤngung, wenn dem Landmann ſeine Muͤhe belohnt werden ſoll. (S. die Bemerkung der Churpfaͤlziſch oͤkonomi - ſchen Geſellſchaft.) Man bemuͤhete ſich vor - zuͤglich auch in der Pfalz durch Han - delskraͤuter den Ackerbau eintraͤglich zu ma - chen und die Producte zu vervielfaͤltigen; unter die wichtigſten gehoͤren der Tabak und Krapp, welchen ſonderlich Gugenmus betrieb, und zu vervollkommnen ſuchte. Eben dieſem verdienſtvollen Manne dankt die Pfalz den Ho - pfenbau, welchen er zuerſt einfuͤhrte. Der Ta - baksbau wurde durch die buͤrgerlichen Kriege in Amerika in den Jahren 1776 bis 1779, wie in vielen andern Gegenden, z. B. in der Ukraine, ſo auch in der Pfalz am Rheine und Neckar befoͤrdert, und war nach einigen Nachrichten von 1778 außerordentlich eintraͤglich. Der Krapp gewinnt in der Pfalz theils durch den niedern Preis gegen den hollaͤndiſchen, theils durch die bisherigen ſchlechten Krapperndten in Seeland; und man that von Seiten der Re - gierung alles, was dieſes wichtige Nahrungs - geſchaͤft befoͤrdern kann. Es wurde der eigent - liche Anfang damit 1763 gemacht, wiewohl ſchon 5 Jahre vorher eine Geſellſchaft Inlaͤn - der einen gluͤcklichen Verſuch in dem Oberamte Heidelberg machten, ſolchen aber wieder ausge -hen159hen ließen. Allein ſeit 1763, da ein armer Faͤrber dieſe Pflanze hundertweiſe erzog und auf gelehnten magern Aeckern viertheil-ja ruthen - weiſe fortpflanzte, hat ſich dieſes Geſchaͤft nun ſo weit ausgebreitet, daß man ſchon uͤber 500 Morgen damit im Lande bebauet. a)Bemerkungen der Churpfaͤlz. phyſik. oͤkon. Ge - ſellſchaftim J. 1777. die Abhandlung des Hrn. Gugenmus uͤber den Krappbau.
Man ertheilte im J. 1778 dem Admini - ſtrationsrathe Heddaͤus zu Heidelberg, der ſich ſeit dem Jahre 1775 bemuͤhete, die inlaͤndi - ſchen Krappfabriken zur Vollkommenheit zu bringen, und durch Verbindungen mit Auslaͤn - dern ſolche Einrichtungen zu treffen, damit der Krappbau befeſtiget und dadurch den pfaͤlziſchen Staaten ein beſtaͤndiger Abſatz in fremde Laͤn - der verſichert wuͤrde. Es iſt ihm auch wirk - lich gelungen, dem Pfaͤlziſchen Krapp bey den Auslaͤndern einen Vorzug vor dem Elſaſſer, Darm ſtaͤdter und Durlacher zu verſchaffen. Man ertheilte ihm daher auf 20 Jahre viele anſehnliche Freyheiten, um dadurch dieſes ſo wichtige Nahrungsgeſchaͤft zu befoͤrdern. Es wird ihm erlaubt, ſeine Krappgebaͤude und Muͤhlen nach Gutduͤnken zu vermehren; die bey der Fabrik angeſtellten Arbeiter genießen Perſo - nalfreyheiten, ſo wie auch von den Nahrungs ſchatzungen. Er ſelbſt genießt Freyheiten von al - len Accis-Waſſer - und Landzollen, Chauſſee-Weg und Pflaſtergeldern bey Ein - und Beyfuhre desrohen160rohen Krapps zu ſeiner Fabrik, von den Re - cognitionsgeldern fuͤr die Krappmuͤhlen, von Nahrungschatzung wegen der Krappfabriken und Handlung und allen Auflagen in Anſehung derſelben, von den Tranſitabgaben ſo wohl fuͤr die zum Hausgebrauch der Fabrikgenoſſen, als auch fuͤr die zur Krappfabrik erforderlichen in - und auslaͤndiſchen Haupt - und Nebenmateria - lien. Zwar ſcheint dieſes einem Monopol aͤhnlich und wird vielleicht daher von einigen getadelt wer - den; allein wenn dieſes wegen Emporbringung eines Nahrungsgeſchaͤftes geſchiehet, in den Haͤnden eines oder mehrerer Unterthanen, und zugleich ſo eingerichtet iſt, daß es nun dienet, dieſes Nahrungsgeſchaͤft auszubreiten und ge - meiner zu machen, ſo werden dergleichen Ein - richtungen mehr Lob als Tadel verdienen. Man hat dieſes Mittel in der Pfalz bey der Seiden - cultur nicht ohne Gluͤck angewendet, ſo wie man auch hier bey dem Krappbaue große Vortheile davon ziehen wird. Man verbindet auf dieſe Art die Ermunterungen zum Anbau, die Be - arbeitung und die Ausbreitung der dazu noͤthi - gen Kenntniſſe, den Abſatz und die Handlung. Zu mehrerer Aufmunterung des Churpfaͤlziſchen Landmannes zu dieſem ſo vortheilhaften Geſchaͤf - te ward zugleich verordnet, daß er in den naͤchſten 20 Jahren, waͤhrend welchen dieſes Privilegi - um dauert, geſichert ſey fuͤr die Erhoͤhung der auf den Krappbauaͤckern und Gebaͤuden wirklich haftenden Realbeſchwer-den, damit dieſelbennicht161nicht durch die Erhoͤhung von der Cultur abge - ſchreckt oder genoͤthigt werden, den Krapp theu - rer an die Fabrik zu verkaufen, und dadurch die Fabrik auch ihren Preis in Verhaͤltniß gegen die Benachbarten erhoͤhen muß; die Krapp - pflanzen, welche an die Unterthanen aus der Fa - brike vertheilet werden, ſind von allen Abgaben frey, die Ausfuhr roher Krappwurzeln iſt mit Impoſten belegt, ein Grundſatz der bedenklich wird, wenn nicht die einheimiſche Conſumtion und Abſatz ſchon alle erbauete Producte ver - braucht. Man verbot die Beſchaͤdigung der Krappaͤcker, durch Fahren, Ausreiſſen, Vertre - ten oder Abſchneiden der Krappwurzeln bey der ſchaͤrfſten Strafe, und wies die Oberaͤmter an, ſolches den Unterthanen bekannt zu ma - chen, ſo wie auch, daß die Krappfelder mit Schaaf - und andern Viehtriften verſchonet werden ſollten. Und obgleich in dem Oberamte Heidelberg dem Hrn. Heddaͤus die alleinige Fabrik zugeſtanden, ſo ſtehet doch den Unter - thanen frey, ihren Krapp zu verkaufen an wen ſie wollen, auch ſelbſt an auslaͤndiſche Handelsleute. Die erwaͤhnte Krappfabrik und Handlung iſt einzig und allein der Gerichtsbar - keit der Commercien - und Fabrikoberintendanz und der ihr nachſtehenden Commercien - und Fa - brikcommißion uͤbergeben.
So verſuchte man in der Pfalz auch den Rhabarber einheimiſch, und dadurch den Land - bau eintraͤglicher zu machen; von dem Fortgan -Lge162ge deſſelben finden ſich verſchiedene Nachrichten in den Schriften der oͤkonomiſchen Geſellſchaft zu Lautern, von 1771.
Auch andere Provinzen ſahen die Wichtig - keit der Krappcultur, und der Handlungskraͤuter ein. Man ertheilte nach dem Beyſpiel der Pfalz auch in dem Heſſendarmſtaͤdtiſchen Lan - den dergleichen Privilegien. Der Krappbau im Darmſtaͤdtiſchen gewann ſonderlich in der Gegend von Secheim guten Fortgang, und die Landleute wiſſen ſchon ſo damit umzugehen, daß einige auf eine Ruthe Land einen Centner Krapp bauen. Es ſind bis jetzo ohngefaͤhr 10 bis 20 Dorfſchaften, die ſich mit dieſem Bau abgeben, welche in dem Jahre 1777 uͤber 17000 Centner lieferten. Fungſtaͤdt und Ef - holzbruͤcken ſind bis itzo die Meiſter; doch hat ſich Niederbeerbach, das im J. 1777 den er - ſien Verſuch machte, fuͤr das erſtemal nicht nachtheilig gezeigt. In der Obergrafſchaft ſchlaͤgt der Krappbau außerordentlich gut an; man benutzt daſelbſt nach den eigenen Berich - ten dieſer Gegend den Morgen Feld auf einen faſt unglaudlichen Ertrag, obſchon die Arbeit dabey als ſehr muͤhſam angegeben wird. Man ruͤhmt unter andern Vortheilen auch den, daß die guten Sandfelder in den folgenden Jahren dadurch in dem Fruchtbaue auf beſſern Ertrag gebracht wurden, und in einem engen Bezirk von einigen Stunden im J. 1777 an 40000 Fl. ins Land gebracht worden.
Bey163Bey Umſtadt wurde in dem Jahre 1777 auch ein Anfang mit dergleichen Pflanzungen gemacht. Eine beſonders dazu verbundene Ge - ſellſchaft, die ſich die Bereitung und den Ver - trieb der Krappfarbe zum Zweck gemacht, ſchoß auf jeden Morgen 60 Fl. vor, um die Anbauer zu unterſtuͤtzen, und die Beamten bemuͤheten ſich dieſe Anſtalt zu befoͤrdern. Die Krappwur - zeln gediehen daſelbſt in dem erſten Jahre zu der Dicke eines Fingers, und waren viele Loth ſchwer. Anfaͤnglich verlachte man dieſe Unter - nehmungen aus Vorurtheilen; allein man fieng bald an, anders zu denken und den Beyſpielen nach zu ahmen. Man ſuchte durch Verſuche den Anbau des Krapps, der nach der gewoͤhnli - chen und vorgeſchriebenen Methode etwas koſtbar iſt, zu erleichtern. Man verſuchte zum Bey - ſpiel den Acker, der mit Wurzeln beſetzt wer - den ſoll, ſtatt ihn muͤhſam mit dem Spaten zu graben, doppelt zu pfluͤgen. Man laͤßt den Pflug jede Furche doppelt ausheben, wodurch die Erde eben ſo tief, ja noch tiefer aufgelokert wird, als durch Roden.
Um Darmſtadt herum, wo viel ſandige Laͤn - dereyen ſind, bauet man den Krapp ſtark. Er waͤchſt daſelbſt viel beſſer, und hat Vorzuͤge vor demjenigen, welcher in den beſten Gegenden ge - bauet wird. Daher ließen ſich Kaufleute aus entfernten Gegenden mit ihnen auf Contracte ein, errichteten eine Fabrik mit weitlaͤuftigen Gebaͤuden, und gaben dem Unterthan, ſobaldL 2er164er nur die Pflanzen geſetzt hatte, auf jeden Mor - gen 60 Fl. Vorſchuß ohne Zins bis zum Aus - machen; und eben ſie waren es, die den Bau bey Umſtaͤdt unterſtuͤtzten. Das Dorf Pfung - ſtaͤdt, das doch lauter ſandige Gegenden hat, hat im J. 1777 auf 20000 Fl. an Krapp gewonnen. b)Dieſe Nachrichten ſind aus den Berichten der Gegend ſelbſt genommen, welche ſich im In - telligenzblatt vom J. 1778. St. 10. S. 83. fin - den, unter den Inſchriften; Nachrichten vom Fort - gange des Krappbaues, welche die Heſſeudarm - ſtaͤdtiſchen Privat-Landzeitungen bekannt ge - macht.
Auch in den Badenſchen, Naſſauiſchen, Wal - deckiſchen und andern Deutſchen Landen wuchs die Aufmerkſamkeit der Policey noch mehr fuͤr die - ſes Geſchaͤft. Es hatte in den Badenſchen und Naſſauiſchen vorzuͤglich guten Fortgang; allein man wußte ihn nicht zu Farben zuzube - reiten, daher es wieder etwas verfiel. Auch in dem Deſſauiſchen machte die naͤmlichen Ver - ſuche auf Fuͤrſtliche Koſten, und legte ein an - ſehnliches Stuͤck Land nach dem Beyſpiele des Hrn. Hofr. Schuberts in Sachſen mit Krapp an.
In den Pfaͤlziſchzweybruͤckiſchen ließ man ſich nicht weniger den Ackerbau angelegen ſeyn, und von Zeit zu Zeit, hat man ſonderlich ſeit 1761, allerhand Ermunterungen und Geſetze ergehen laſſen. Es ſtanden ihm aber große Hinderniſſe im Wege. Man hatte zu wenig Erfahrungen, nach den verſchiedenen Umſtaͤnden die Verbeſſe -rungen165rungen anzugreifen, vorzuͤglich fand ſich dieſer Mangel unter den Niedern. Niemand gieng mit Beyſpielen vor, der Landmann verlangte mehr Futter und Duͤngung, wenn er die Verordnun - gen, die wegen des Ackerbaues ergangen waren, befolgen ſollte. Es wurde daher den Landesoͤkono - miecommißion dieſes Geſchaͤfte vorzuͤglich em - pfohlen. Sie mußte die Urſachen aufſuchen, war - um der Ackerbau zuruͤckbliebe, und fand ſie ſon - derlich in der allzuweiten Entfernung der Ae - cker von den Dorfſchaften, in der Vielheit und Ueberfluß des Landes, in der Ungleich - heit in der Austheilung, da an vielen Orten der eine zu viel der andere zu wenig hatte, in der Verfaſſung in den Gemeinden, in Duͤnger - und Strohmangel und in der innern Beſchaf - fenheit der Laͤndereyen ſelbſt. Alle dieſe Hin - derniſſe ſuchte man von Seiten der Regierung zu heben. Es wurde daher die Commißion an - gewieſen, alle in dem Herzogthume befindliche allzuweit entfernte ſowohl gemeine als herr - ſchaftliche Laͤndereyen aufzuſuchen, und zu uͤber - ſchlagen, ob und wie viel dergleichen ſchatzbare Hoͤfe ohne Nachtheil der Gemeinden auf jeden Baue anzulegen ſeyn moͤchten, daß das zu ei - nem ſolchen Hofe noͤthige Gebaͤude, wenn es herrſchaftlich, dem Anbauenden ohnentgeldlich, wenn es Gemeindeland waͤre, gegen eine ganz leidliche Abſchatzung zu erkannt, und dieſe Ab - ſchatzung der Commun zum Beſten verrechnet wuͤrde. Es wurde den Gemeindeleuten undL 3den166den Kindern derſelben der Vorzug vor Frem - den gelaſſen, wenn ſie ſich anbauen wollten; auch erhielten ſie gaͤnzliche Freyheit von Froh - nen und Schatzung auf mehrere Jahre.
Man machte ernſtliche Anſtalten zu Austrock - nung vieler Moraͤſte[und] Torfſuͤmpfe, welche man ſchon zu den Zeiten der Reunion der Franzoſen vergeblich verſucht, und erſtaunende Koſten dar - auf verwendet; weil ſie aber nicht wußten, wozu man eigentlich dieſe Erde brauche, ſo blieb das Werk liegen. Allein in den neueſten Zeiten lernte man hierinnen durch den Vorgang an - derer Nationen, vorzuͤglich durch das Beyſpiel der Schweden, weiter ſehen, und bemuͤhete ſich, den Torfgrund ſo zu bereiten, daß er andern und ſonderlich denen Sandfeldern zur Duͤn - gung diene. Man ſuchte die Kalchduͤngung be - kannter zu machen, ſuchten die Mergelarten auf, und veranſtaltete, daß die ſteilen Abhaͤn - ge der bergigten Aecker wieder mit Hecken und Pfriemenkraut bepflanzet wurden, damit nicht die gute Tragerde ſo ſehr verloren gienge. Das Pferchen mit den Schaafen wurde bey Strafe anbefohlen, weil es viele Gemeinden unterlieſ - ſen, und zwar vorzuͤglich auf den entfernten Feldern, die man mit dem Duͤnger nicht ohne viele Beſchwerden erreichen konnte. Man ver - ſuchte vorzuͤglich den Bau der Farberoͤthe nach Anweiſung der Leipziger Oekonomiſchen Samm - lungen auf herrſchaftliche Koſten, um durch den erwuͤnſchten Fortgang die Unterthanen zu er -mun -167muntern, und damit ſie durch fehlgeſchlagene Verſuche, wenn ſie dieſelben ſelbſt betraͤfen, nicht niedergeſchlagen wuͤrden. Man verſchrieb deshalb Pflanzen aus dem Elſaß, wo dieſe Cul - tur ſchon ſeit einiger Zeit bluͤhete. Vorzuͤglich beguͤnſtigte dieſe Verſuche, daß man in der Zu - bereitung deſſelben zum Faͤrben gluͤcklich war, und hinter die Einrichtung der Krappmuͤhlen und das Doͤrren kam.
Es war meiſtens in den vorigen Zeiten das Schickſal der Wieſen, daß man ſie ganz der Natur uͤberließ. Nur durch zufaͤllige Um - ſtaͤnde ſcheinen mehrmal gute und reine Wieſen entſtanden zu ſeyn. So veranlaßte die ver - meynte Nothwendigkeit der Brachen viele zei - tige Wieſen, da man den Acker ein oder meh - rere Jahre ruhen und blos dem Graſe uͤberließ. Viele ſind vielleicht dadurch entſtanden, daß ein Acker von guter Art unbebauet liegen blieb, oder wenn der Krieg eine Gegend verheeret und das Land mit Blut befruchtete, wodurch ein geiler Graswuchs entſtand; ſie blieben meiſtens in dieſem Zuſtande, durch die verminderte Be - voͤlkerung, welche nicht zureichend war, die ganze Flur zu beſtellen, und mit Fruͤchten zu be - bauen; oder die Natur fuͤhrte von dem Huͤgel herab auf die Wieſe die Fruchtbarkeit, oder Winde, Thiere, Voͤgel und Inſecten verbrei - teten wohlthaͤtig die Geſaͤme. Dieſes warmeiſt169meiſt die Entſtehungsart der Wieſen, und oft noch ihr Schickſal. Nur in einigen Gegenden, ich rede hier vorzuͤglich von Deutſchland, wuͤr - digte man in den neuern Zeiten die Wieſen ei - niger Aufmerkſamkeit. Dennoch aber ſchadete denſelben, und deren Befoͤrderung die Bra - che, und die ſehr breiten Reine zwiſchen den Feldern, daher man die naͤhere Sorge fuͤr die Wieſen als unnuͤtz anſahe. Eben ſo ſehr hindern ihn noch die Gerechtigkeiten der Grund - ſtuͤcken und Perſonen auf fremden Guͤtern.
Nicht weniger nachtheilig war ihm der Man - gel an botaniſchen Kenntniſſen, und die An - wendung derſelben auf die Oekonomie, oder die oͤkonomiſche Botanik war ganz unbekannt. Sie iſt es, welche den Nutzen der Graͤſer und pflanzen zu oͤkonomiſchen Endzwecken, zur Nah - rung, Geſundheit, Fettheit und Guͤte der Milch bey den Hausthieren lehret.
Ich habe ſchon bemerkt, daß einige Gegen - den, wo eine gluͤckliche Viehzucht ihn unent - behrlich machte, ihn mehrerer Anfmerkſamkeit wuͤrdigten; entweder weil ſie die Natur ſelbſt da - zu noͤthigte, und ſtatt des Ackerbaues dieſelben Wieſenbau und Viehzucht treiben hieß, oder weil andere zufaͤllige Umſtaͤnde ihn daſelbſt ein - fuͤhrten. Man darf hierbey nur an gewiſſe ge - birgige Gegenden denken, ſo werden dieſe die weitere Erlaͤuterung dieſes Satzes ſeyn. In verſchiedenen Provinzen Deutſchlands veranlaß - te die Wechſelwirthſchaft einen Wieſenbau, denL 5man170man einem wechſelnden nennen koͤnnte, wo das Land bald Wieſe, bald Getraideland iſt, je nachdem die Reihe das Land trifft, durch Gras in der Brache dem Viehe zu nutzen, oder mit reichen Fruchtaͤrndten die Scheuern zu fuͤl - len. Wer erinnert ſich hierbey nicht an die Holſteiniſche und die nach derſelben in Mecklen - burg neuerlich eingefuͤhrte Wechſelwirthſchaft? Doch ich verliere mich zu tief in den allgemei - nen Erinnerungen, und vergeſſe, daß ich die Geſchichte dieſes Gewerbes unterſuche.
Die aͤlteſten Oekonomieſchriftſteller der Zei - ten, auf welche ich mich einſchraͤnke, uͤberge - hen den Wieſenbau nicht ganz; und wie konn - ten ſie es, da ſie meiſt nach der Anleitung der Alten, der Griechen und Roͤmer, arbeiteten und ſchrieben, bey welchen der Wieſenbau ſehr wichtig und in keiner geringen Achtung war? Cato hielt ihn fuͤr das wichtigſte Geſchaͤft der Landwirthſchaft. D. Georg Marius, in ſei - ner Gartenkunſt, zeigte ſchon im ſechzehnten Jahrhunderte ausfuͤhrlich, wie eine Wieſe an - zulegen ſey. a)Sein ſchon oben angefuͤhrtes Buch heißt: D. Georg Marii Paralipomena et marginatica hor - tulanica, d. i. Gartenkunſt ꝛc. auch wie man neue Wieſen ſoll anrichten, dabey mit Vieh zu un - terhalten, alles mit ſonderberbarem Fleiß er - lernt und treulich beſchrieben. Strasburg 1586.Auch Figardb)Figard in den oben angefuͤhrten Feldbau - und Landſitzrechten. Colerc)Coler ſowohl in ſeinem Calendario als auch in ſeinem Hausbuch. undandere171andere Schriftſteller dieſer Zeiten gedenken der Wieſencultur. Allein in Anſehung der Aus - uͤbung im gemeinen Leben gilt nur das, was ich vorhin erinnert habe; man uͤberließ ihn meiſt der Natur, bis ihn die Fuͤrſten zu einem Ge - genſtande der Policey machten, und dadurch den guten Vorſchlaͤgen ein nachdruͤcklicheres An - ſehen gaben, und die Hinderniſſe zu heben an - fiengen, welche ſeine Verbeſſerung und gluͤckli - chern Fortgang hemmten. In den aͤltern Zei - ten finden ſich hiervon nur wenige und ſeltene Spuren. Vaterlandsliebe, noch mehr die Wahrheit, ruft mich in Deutſchland zuerſt in die ſaͤchſiſchen Staaten. Der große Churfuͤrſt Au - guſt ſuchte einen vorzuͤglichen Vortheil der Land - wirthſchaft in dem gehoͤrigen Verhaͤltniſſe des Viehſtandes gegen die Fuͤtterung, und mußte alſo hierbey alle Aufmerkſamkeit auf die Wie - ſen wenden. Wir finden hiervon genugſame Beweiſe in der Geſchichte ſeiner Bemuͤhungen fuͤr den ſaͤchſiſchen Oekonomiezuſtand.
So ließ er, z. B. da die Buͤrger in Weiſ - ſenſee Mangel an Viehweide hatten, den Ober - ſee daſelbſt durch Graͤben abziehen, und denſel - ben auf bloßen Wieſewachs einrichten, um der Buͤrgerſchaft daſelbſt und den Amtsuntertha - nen ſelbigen zur Befoͤrderung der Viehzucht fuͤrs Geld auszuthun. Es bezeugt dieſes die Pachtverſchreibung uͤber dem Oberſehn dem Rathe zu Weiſſenſee eingeandtwort. Freytag nach Invocavit im J. 1561. welche ſich in D. Schre -172Schrebers Schrift von Cammerguͤthern S. 154 findet.
Man ſetzte in Sachſen die Cultur nach den einmal eingefuͤhrten guten Verhaͤltniſſen fort, zumal da durch den dreyßigjaͤhrigen Krieg viele aus verſchiedenen Provinzen vertriebene Gewer - be, ſonderlich die, die auf die Viehzucht und Wolle einen Einfluß hatten, dergleichen die Tuchmanufakturen waren, welche ſich, aus Pom - mern in dem 17ten Jahrhunderte durch den dreyßigjaͤhrigen Krieg verſcheucht, meiſt nach Sachſen zogen. Eben ſo brachten die aus den Niederlanden von Zeit zu Zeit auch ſchon vor - her nach Sachſen gefuͤhrten Colonien keine ge - ringe Verbeſſerungen in dem Wieſen - und Fut - terbau.
Und obgleich in verſchiedenen Gegenden das Verhaͤltniß des Wieſen - und Ackerbaues nicht gleich genug iſt, ſo iſt es doch nach Verhaͤlt - niß der Viehzucht nicht ſo ſehr vernachlaͤßiget. Die in der Folge in Sachſen vorzuͤglich zuneh - mende Handlung und der dadurch entſtehende wichtige Geldverkehr und Gewinn belebte die Induſtrie auch hierinne, daß man die Wei - den nach dem Zwecke, den man bey der Vieh - zucht ſuchte, verbeſſerte, und die Anlagen der Natur dazu mehr benutzte. Die gluͤcklichen Au - en in dem Thuͤringiſchen belohnten mit fetten Heerden, da hingegen andere bergigte und mit vielen ſalzigen Graͤſern und Pflanzen gruͤnendeGe -173Gegenden die Wolle verfeinerten. Es gehoͤ - ren hieher in Sachſen die um Stolpen und Ho - henſtein, wovon uns die neuere Geſchichte noch mehr uͤberzeugen wird.
Die Ermunterungen, die von Zeit zu Zeit in Sachſend)Die Befehle hierzu finden ſich im Cod. Auguſteo. wegen Anbauung wuͤſter Orte ergiengen, ſchloſſen auch den Wieſenbau nicht aus. Man beſorgte ſonderlich die Wieſen bey Cammerguͤthern, und es ergieng deshalb 1625 eine Generalverordnung, daß Laaß und andere Churfuͤrſtl. Wieſen zum Heumachen fuͤr die Hofſtatt angewendet werden ſollten; und es wer - den darinnen verſchiedene Fehler erinnert. Man ſorgte in Sachſen fuͤr die beſte Einbringung und Trocknung des Heues, durch ein Mandat von 1732, wegen des Heues und Grummets, welches die Unterthanen und Froͤhner auf den Ritterguͤtern hauswirthlich mit ſogenannten Bock - und Windhaufen ſetzen und duͤrre ma - chen ſollen.
Doch der Patriotiſmus darf nicht andere deutſche Provinzen vergeſſen, die auch an die - ſes Nahrungsgeſchaͤft, oft blos durch gluͤckliche Zufaͤlle veranlaſſet worden. Im 17ten Jahr - hunderte betrieb man im Wuͤrtembergiſchen den Wieſenbau ſehr, und rottete viele Holzungen zu dieſem Endzwecke aus, daher Herzog Johann Friederich ſich genoͤthiget ſahe, in einer Forſt - ordnung vom J. 1614 die Neugereuten zu Wie - ſen und Waidgaͤngen zu unterſagen. In demHol -174Holſteiniſchen wendete man die Kappelwirth - ſchaft zu Befoͤrderung des Wieſenbaues an, welche zu dieſem Ende ſeit langen Zeiten daſelbſt getrieben wurde. In dem Brandenburgiſchen arbeiteten ſonderlich ſeit Friedrich Wilhelms des großen Churfuͤrſten Zeiten verſchiedene Fuͤrſten an der Gruͤndung der Cultur ihrer Laͤnder, ob - ſchon bald mit mehr bald mit weniger Ruͤckſicht auf dieſes Geſchaͤft; ſie zogen ſonderlich die bedraͤngten auswandernden Proteſtanten aus ei - nigen katholiſchen Laͤndern an ſich, und wieſen ihnen unbebauete Gegenden zugleich mit einiger Unterſtuͤtzung an. Hierdurch gewann der Wie - ſenbau nicht wenig, weil dergleichen Laͤndereyen meiſt zuerſt nur zu dergleichen Ertrag brauch - bar ſind; viele ſandige Gegenden wurden ſo zu Wieſen und Weiden. In der Pfalz fuͤhrten die Mennoniſten und Waldenſer den kuͤnſtli - chen Wieſen - und Futterbau, ſo wie uͤberhaupt haͤufig die engliſche Wirthſchaft ein; und da - her kommt es unſtreitig, nach den Bemerkungen verſchiedener reiſenden Oekonomen in Deutſch - land, daß in den meiſten noͤrdlichen Gegenden der Wieſenbau nicht ſo gut iſt als in dem Rei - che, und daß man das meiſte Heu, welches man in dem Brandenburgiſchen zum Futterein - ſammelt und ſelbſt fuͤr das Beſte haͤlt, in Schwaben blos zum Unterſtreuen brauchen wuͤrde.
Allgemeiner aber wurde der Wieſenbau, und mit mehrerer Aufmerkſamkeit in unſern Zeiten betrieben. Man arbeitete ernſtlicher ſo wohl an Verbeſſerung der natuͤrlichen, als auch ſon - derlich in Ermangelung derſelben, oder der Ge - legenheit dazu, am kuͤnſtlichen, und dem Baue der Futterkraͤuter. Die Policey und Societaͤ - ten ermunterten darzu durch Preiſe. So ge - ſchahe es von der Leipziger Oekonomiſchen Ge - ſellſchafte)S. Leipz. Intell. Bl. v. 1763. 13. Art. VIII. n. 2. in Anſehung des tuͤrkiſchen und ſpaniſchen Klees, der Luzerne, der Eſparzette, und man ließ oͤffentlichen Unterricht und An - weiſungen ausgehen fuͤr den Landmann, um ihn in dem Baue dieſer Kraͤuter und Graͤſer zu un - terweiſen; ſo wie ſie uͤberhaupt durch die Preis - aufgaben wegen des Wieſenbaues im Ganzen, welche Hr. Hofr. Schreber beantwortete, nicht wenig zu beſſerer Cultur der Wieſen Anlaß gab. Auch ſetzte man in den ſaͤchſiſchen Landen auf die Tragbarmachung verſandeter, verſchlemter oder ſumpfiger Wieſen verſchiedene Preiſe, wie das Leipz. Intell. Bl. von 1764. S. 280 und 81 beweiſet. Eben dieſe Societaͤtſchlug 1764. Verſuche mit allen in ſaͤchſiſchen Landen wild - wachſenden Gewaͤchſen vor, von welcher Art von Vieh ſelbige gefreſſen, und wie fern ſie ih - nen zutraͤglich ſeyen, oder nicht. Sie bemuͤhete ſich dadurch den großen Linneiſchen Verſuch fuͤrSach -176Sachſen nutzbar zu machen, da der Ritter mit 2314 Schwediſchen Gewaͤchſen Verſuche dieſer Art angeſtellet, welche er in ſeiner Schrift Pan Svecus bekannt gemacht. Da ſich aber in Sachſen viele finden, die in Schweden nicht fortkommen wuͤrden, und viele, die man ſchon unterſucht, doch noch eine genauere Aufmerk - ſamkeit verdienen, ſo war dieſer Vorſchlag um deſto gemeinnuͤtziger fuͤr den ſaͤchſiſchen Wieſen - bau. In Sachſen ſind zum Behuf des Wie - ſenbaues und Aufſicht uͤber die Weiden vier Landzahlmeiſter beſtellet, welche das Land durch - reiſen, und neben dem, daß ſie viſitiren, ob kein angeſtecktes Schaaf geweidet wird, beſon - ders Acht geben, daß eine Weide nicht uͤber die beſtimmte Anzahl Schaafe habe. Man hat vorzuͤglich auch den Kleebau ſtaͤrker betrieben, und ſeitdem hat ſich auch die Viehzucht ſtark ver - mehrt; ſo hat z. B. das Amt M. ein Drittheil Rindvieh mehr, ſeit dem es dieſe Cultur ſtaͤr - ker treibt, nach den Bemerkungen eines ſaͤchſi - ſchen Landwirthes im Leipz. Intell. von 1778.
Auch in Anſehung der wiſſenſchaftlichern und regelmaͤßigern Betreibung des Wieſenbaues hat Sachſen vorzuͤgliche Verdienſte; indem D. Schreber durch ſeine Anweiſung, den Flug - ſand ſtehend zu machen, Hr. von Griesheim und von Wichmannshauſen unter den Gelehrten die naͤhere Veranlaſſung gab, den Wieſenbau mehr zu ſtudiren und die Botanik fuͤr denſelbi - gen zu benutzen. Er zeigte hiedurch den Weg,Wuͤ -177Wuͤſteneyen gruͤnen zu heißen, und da Gras wachſen zu laſſen, wo die Natur ſich durch Duͤrre und Unfruchtbarkeit entehrt ſahe. Er wies dazu die Quecke, ſonderlich die zerhackten und ausgeſtreuten Wurzeln derſelben an, in - gleichen den Sandhafer (Elymus arenarius), das Dactylon arundinaceum, die Hauhechel ohne Stacheln, welche aber nach zwey bis drey Jahren, vermuthlich wegen der Duͤrftigkeit, in die mit Stacheln ausartet, die in Aegypten in duͤrrem Sande um die Pyramiden einzig ſich er - haltende Hauhechel, welche auch vor dem Vieh ſicher iſt; auch emfahl er die Geniſta Hyperici fol. zu Anbauung eines dergleichen ſandigen Bodens, zumal da es fuͤr Schaafe ein nicht un - angenehmes Futter, und weit zutraͤglicher iſt, als die in dergleichen Orten gewoͤhnliche Hei - de. f)Eben daſſelbe empfiehlt auch die Klittag. S. Leipz. Intell. Bl. vom J. 1767.Man ſtellte auch ſelbſt bey Dresden mit den Gegenden an der Priesnitz, welche ſehr ſandig ſind, Verſuche an, und hat ſeit 15 Jah - ren dieſelben mit Seekorn und Seehafer beſaͤer, wodurch der Flugſand ziemlich gedaͤmpft wor - den. Eben ſo vielen Dank iſt der deutſche Wieſenbau dem Hrn. Hofr. Schreber zu Er - langen ſchuldig, der durch feine Preisſchrift uͤber den Wieſenbau, durch ſeine Anwendung der Botanik auf dieſes Nahrungsgeſchaͤfte, und durch ſeine Grasbeſchreibungen vieles zu gruͤnd -lichernM178lichern und ausgebreitetern Einſichten in dieſem Stuͤcke beytrug. Mit dieſen wuͤrdigen Bey - ſpielen wetteiferte in andern Gegenden Deutſch - lands Hr. Bernhard in ſeiner vollſtaͤndigen Ab - handlung von dem Wieſenbaue. Der verdienſt - volle Hr. Hofrath Gleditſch zu Berlin arbeitet noch immer unermuͤdet, dieſen Gegenſtand zu eben der Vollkommenheit zu erheben, zu wel - cher er den Holzbau in der Theorie brachte. Schon ſeine vermiſchten oͤkonomiſch ‒ phyſikal. Abhandlungen klaͤren hierinne vieles auf.
Hr Succov unterwarf in ſeiner oͤkonomiſchen Botanik den Wieſenbau dem Syſtem der Pflan - zenkunde, und Hr. Knecht beſchaͤftigte ſich in ſeiner Abhandlung uͤber die zuverlaͤßige Vermeh - rung der Futterkraͤuter mit dem kuͤnſtlichn Wie - ſenbaue. g)S. J. J. Knechts vollſtaͤndige Abhandlung von der zuverlaͤßigen Vermehrung der Futterkraͤu - ter, Stutgard 1780. 8.
In dem Brandenburgiſchen erſtreckte ſich die oͤkonomiſche Polizey auch auf die Verbeſſerung des Wieſenbaues. Sie ſuchte ſich durch die daſelbſt eingefuͤhrten tabellariſchen Berichte von dem Landwirthſchaftszuſtande des Landes zu er - kundigen. Auch hier ergieng Unterricht und Aufmunterung in dem Baue der Futterkraͤuter. Schleſien, von dem wegen ſeiner Schafzucht und Wollmanufakturen die Weiden eine vor - zuͤgliche Sorgfalt fordern, wurde von der wei - ſen Regierung hierinnen nachdruͤcklich unterſtuͤtzt. Seit179Seit 1733 fieng ſich ſonderlich unter der Auf - ſicht des Hrn. Gleditſch und Habermas die ge - meinnuͤtzige Anſtalt zu Daͤmpfung des Flugſan - des an, wodurch der Wieſenbau viel gewonnen, und die Gegend um Berlin aus einer ſonſt ſehr ſandigen zu Gaͤrten wurde. In vielen andern Pro - vinzen dieſes Staats wurde theils der Wieſen - bau verbeſſert, theils vermehrt durch viele Be - urbarungen, theils auch der Mangel deſſelben durch den kuͤnſtlichen Futterbau, vorzuͤglich des Klees, erſetzt. Es finden ſich hierzu haͤufige Be - weiſe in den Berliner Beytraͤgen zur Landwirth - ſchaft, in dem Pommeriſchen und Neumaͤrki - ſchen Wirth, im 16 und 17 Stuͤck, welches von dem Mangel des Wieſewachſes und Heu - futters in den meiſten Pommeriſchen und Neu - maͤrkiſchen Gegenden handelt, und wie ſolcher durch einen vernuͤnftig eingerichteten Kleebau ge - hoben werden koͤnne, und zum Theil ſchon ſey. Vie - le Wirthe daſelbſt verbeſſerten ihre Wieſen durch Graͤben, wodurch Waͤſſerungen nach Schwei - zer Art geſchehen konnten. Der Hr. Graf v. Podewils erhielt dadurch von ſeinen Wieſen zu Wuſterwitz ſtatt 250 Fuder 600. Der Koͤnig ſetzte einen Fond zu Landesverbeſſerungen aus, woran der Pommeriſche Adel Theil nimmt, und wodurch viel Wieſen gewonnen werden. (S. den Pomm. und Neum. Wirth, 421 S.) Er - waͤhnter Hr. Graf von Podewils trocknete einen Moraſt von 3 bis 400 Morgen aus, welcher zwiſchen der Wuſtewitzer Heide und dem jan -M 2newitzi -180newiziſchen Berge lag, und verwandelte ſelbi - gen in Wieſen. Er nahm hierzu Antheil an den von dem Koͤnige zu dieſem Behufe vorge - ſchoſſenen Geldern, und der Pommer. und Neu - maͤrkiſche Wirth, S. 430. 431. 468 — 470. giebt die ausfuͤhrlichern Nachrichten hiervon. Er fuͤhrte uͤberdieß noch haͤufiger den Kleebau ein, und befolgte dabey die engliſche Art, in - dem er in das zu fruchtbaren Feldern umgeſchaf - fene Heideland mit der letzten Saat zugleich Klee ausſaͤet, um ihn im folgenden Jahre in der Brache zu nutzen. Er laͤßt den Klee vor der Bluͤthe ſchneiden, welcher alsdenn wieder nach und nach waͤchſt, und beſſern und haͤufi - gern Saamen giebt, als wenn man den Klee ohne Verzug in die Bluͤthe ſteigen und nur ein - mal ſchneiden laͤßt. Es iſt dieſes ein Vortheil, den vorzuͤglich die engliſche Wirthſchaft beob - achtet.
In den Brandenburg-Onolsbachiſchen Ver - ordnungen wegen des Wieſenbaues ſuchte man die Fruͤhlingswieſenhut abzuſtellen, da ſie dem guten Graswuchſe ſo ſchaͤdlich iſt, auch, wenn nicht gehoͤrige Behutſamkeit angewendet wird, dem Viehe ſehr nachtheilig werden kann. Das Vieh zertritt die jungen Graͤſer, frißt die her - vorſproſſenden Keime ab, und vernichtet auf die - ſe Art die Fortpflanzung und Beſtockung guter Graͤſer; oft warnet bey dem jungen Gruͤn noch kein Geruch das luͤſterne Vieh, und ſo ha - ben oft ganze Heerden ihren Tod blos dadurchge -181gefunden, daß ſie zu fruͤh auf die Wieſe getrie - ben wurden, wo von uͤberfluͤßiger Naͤſſe ſchaͤd - liche Gewaͤchſe erzeugt worden, die dem Viehe durch den Geruch noch nicht kenntlich waren. Man verwandelte eben daſelbſt die Brach - und Herbſtwieſen in Grummetwieſen, und vertheilte die Hutungen und Gemeinheiten. h)S. Brandenburgiſch-Onolsbachiſche Verord - nung wegen Abſtellung der Fruͤhlingswieſenhut und wegen Verwandlung der Brach - und Herbſt - in Grummtwieſen.
In den oͤſterreichiſchen Erblanden, wo die gegenwaͤrtige Regierung ſo viel zur Gruͤndung der innern Groͤße und Staͤrke des Staats thut, und die Fehler, welche Ferdinand der 2te und 3te und Leopold machten, zu verguͤten ſich bemuͤhet, ſorget man auch fuͤr den Wieſenbau. Es ergiengen Ermunterungen und Unterricht ſo wohl in oͤffentlichen ausgetheilten Schriften, als auch durch Beyſpiele und Ausuͤbung, indem man durch einige Flandriſche Colonien verſchie - dene Gegenden anbaute und vorzuͤglich die Wie - ſencultur befoͤrderte. So ließ die Kaiſerinn Koͤniginn durch verſchiedene Colonien aus den Gegenden zwiſchen Oſtende und Bruͤſſel in Maͤh - ren den Kleebau ausbreiten, welche auch uͤber - haupt den Futterbau gemeinte machen ſollten, und den Spark fuͤr das Rindvieh zum Winter - futter mitbrachten. Man machte die faſt un - nuͤtzen Viehweiden haͤufig fruchtbar; und ſo waren im J. 1770 in der Grafſchaft TyrolM 3ſchon182ſchon auf 800 Jucharten, die man vorher we - nig oder nicht benutzen konnte, in fruchtbare Wieſen und Aecker verwandelt. Die Nieder - oͤſterreichiſche Geſellſchaft des Ackerbaues ſuchte noch in dem J. 1779 die Urſache und Hinder - niſſe auf, warum in Niederoͤſterreich auf den Wie - ſewachs nicht ſorgfaͤltiger geſehen, die natuͤrli - chen Wieſen nicht beſſer gepfleget, die kuͤnſtli - chen nicht mehr angelegt, und ſonſt auf den Fut - terbau nach Verſchiedenheit des in der Wirth - ſchaft noͤthigen Viehes nicht mehr Fleiß ver - wandt werde, und belohnte den Hrn. v. Endt - nersfeld, den Verfaſſer der Beantwortung die - ſer Frage. Und die K. K. ließ durch beſagte Geſellſchaft noch 30 kleine Preiſe, jeden zu 2 Ducaten, an diejenigen gemeinen Landwirthe austheilen, welche von nun an uͤber ein Jahr nach Maaße der ihnen von den vertheilten Ge - meinden zugefallenen Grundſtuͤcken die meiſten Kunſtwieſen mit oͤſterreichiſchen Klee angebauet und ſich hieruͤber rechtfertigen konnten.
In dem pfaͤlziſchen Landen betrieb man den Bau der Wieſen in den neuern Zeiten mit dem groͤßten Eifer. — Die Landesoͤkonomie-Com - mißion zu Zweybruͤcken wurde angewieſen, auch fuͤr ihn vorzuͤglich zu ſorgen, und ihre Bemuͤ - hungen um denſelben fiengen ſich ſonderlich um das Jahr 1761 an. Man hob daſelbſt die Gemeinheiten, die ein großes Hinderniß fuͤr ihn waren, auf. Man ſuchte die Wieſen auf alle Art zu beſſern, neue anzulegen und ſonderlichkuͤnſt -183kuͤnſtliche einzufuͤhren, und den Bau der Futter - kraͤuter, welche bisher noch wenig bekannt wa - ren, zu vermehren und auszubreiten. Man ſtellte daher Verſuche mit kuͤnſtlichen Weiden nach Art der Englaͤnder an, und ſuchte die Hin - derniſſe, die ihnen im Wege ſtanden, zu heben. So war den kuͤnſtlichen Wieſen und Futterſtuͤ - cken insbeſondere die Gewohnheit nachtheilig, daß, ſobald die Weide im Fruͤhjahre aufgehet, alles auf dergleichen Feldern abgeweidet wurde. Man unterſagte daher den Hirten bey Strafe, dergleichen Stuͤcke nicht zu beruͤhren, gebot, die - ſe Aecker zu bezeichnen, und ſchuͤtzte dieſe Zeichen durch Geldſtrafen, welche auf das Verletzen oder Wegnehmen derſelben geſetzt wurden. Man machte deshalb Waſſerordnungen, worinne das Waſſer und die dazu angelegten Waſſerleitun - gen zur Waͤſſerung der Wieſen unter die Eigen - thuͤmer vertheilet iſt, geringere Baͤche verdaͤm - mete man und gab ihnen einen andern Lauf. Wenn es bey groͤßern nicht angieng, ſuchte man das Waſſer durch Schoͤpfraͤder auf die Wieſen zu bringen, und machte die Verſuche auf herr - ſchaftlichen Wieſen und Koſten. Man verſuch - te, in wie weit die Mergelarten nach dem Bey - ſpiele der Englaͤnder auf Wieſen nuͤtzlich ge - braucht wuͤrden; denn dieſe hatten erſt neuerlich die Mergelduͤngung bey den Wieſen angewen - det. Eben ſo machte man Verſuche, in wie fern der Pflug mit drey Sechen, eine Erfin - dung des Hrn. Chateauvieux, zur ErneuerungM 4und184und Verbeſſerung alter magerer Wieſen nuͤtz - lich und brauchbar ſey.
Man unterrichtete den Landmann durch Duͤn - gung, oder auch durch Kalk, nachdem es die Beſchaffenheit des Bodens erfordert, den Wie - ſenertrag zu vermehren oder zu verbeſſern. Man machte wegen der Anlegung neuer Wieſen und des dadurch vermehrten Futterbaues allgemeine Verordnungen, daß, wer von den Gemeinden uͤber dieſe Anſtalten hielte, demſelben die zu Wie - ſen tauglichen Plaͤtze, die manche aus Bosheit zu Frieſen gemacht, zuerkannt werden ſollten. Es iſt ferner einem jeden erlaubt, ſeinen Acker in Wieſen zu verwandeln, der Misbrauch mit Ab - weidung des Ohmats abgeſtellet, und jeder Ei - genthuͤmer kann es nun nach eigenem Gefallen einaͤrndten. Von den Allmanten-Guͤtern wird das Heu eingebracht und unter die Gemeinden vertheilet. Man durchgrub Suͤmpfe und Mo - raͤſte, um ſie auszutrocknen; und weil einige Wei - her des Fuͤrſten dieſes hinderten, ſo opferte ſie dieſer guͤtige Regent dem gemeinen Beſten auf, und ließ auch außerdem viele große Weiher in Wieſen verwandeln, wenn ein anſehnlicher Vor - theil dabey war. Wo der Grund etwas ſan - dig und mager war, erhielt man eine Anzahl junges Rindvieh den Winter uͤber unter einem Stall oder Schopfen, verſetzte den Miſt mit Weiherſchlamm, und breitete ihn gegen das Fruͤh - jahr auf den erhoͤheten Theilen des Weihers aus, und beſſerte mittelſt Waſſerleitungen den gan -zen185zen Weiher. Den Sommer uͤber ward das Vieh in dem Weiher geweidet und des Nachts gepfercht, wodurch in kurzer Zeit, wenn derſel - be gehoͤrig beſamet, der Graswuchs ſchnell und mit geringen Koſten befoͤrdert worden. Man hob die fuͤr die Production und den Wieſenbau ſo nachtheilige Koppelweiden, wie auch das lan - ge Weiden der Schaafe im Fruͤhjahre auf; und endlich wurde durch eine Verordnung vom 21 Maͤrz 1764 alles Betreiben der Wieſen mit Schaafen gaͤnzlich unterſagt.
Man ſtellte allerhand Verſuche mit den kuͤnſt - lichen Futterkraͤutern an. Man fand den Lu - zerneklee als den reichlichſten, und daß er ſich ziemlich gut zu Heu machen ließ; den Hopfen - klee als den geſundeſten und zum Heu am taug - lichſten; den Hollaͤndiſchen zum Sommerfutter außerordentlich, nur laſſe er ſich nicht wohl duͤr - ren; das franzoͤſiſche und engliſche Raygras als ein vortreffliches Winterfutter; den Spergel oder Sperg gruͤn als ein gutes Milchfutter, wel - ches aber nicht reichlich gebe, immer friſch ge - ſaͤet werden muͤſſe und das Land ausſauge. Man fand die Burgunder Ruͤben bey der Viehzucht ſehr geil, welche eine Art rothe Ruͤben ſind, und welche Hr. Reinhard mit den engliſchen Turnips vermengt, denn die Turnips ſind weiß. Die Burgunder Ruͤben treiben Blaͤtter, welche auch mehrmals abgeblattet werden koͤnnen, und dadurch bis in den ſpaͤteſten Herbſt Futter ge - ben. An der Moſel, wo die Wieſen nicht ſoM 5haͤufig186haͤufig ſind, bauet man die Steckruͤben haͤufig in den Weinbergen: auch dieſe verſuchte man; das hohe Kraut derſelben, welches oͤfters abge - blaͤttert werden kann, empfiehlt ſie zu einem beſon - ders guten Viehfutter. Als eins der fruͤheſten Fut - terkraͤuter fand man eine Art einer Acetoſa, wel - che 10 bis 15 Jahr dauert, und wenn noch kein anderes gruͤnes Futter iſt, ſchon haͤufige Blaͤt - ter treibt und fuͤr die Milch vortrefflich iſt. Man machte ferner Verſuche mit dem Stein - klee, und einer Art ſtachlichen Geniſte aus Frank - reich.
In den Churpfaͤlziſchen Landen haben die Mennoniten in dem Baue der natuͤrlichen Wie - ſen ſowohl als der kuͤnſtlichen und der Futter - kraͤuter die vortrefflichſten Einrichtungen ge - macht, welche von der Vorſorge der Regierung noch mehr unterſtuͤtzt wurden, ſo daß nicht nur unter ihnen ſelbſt derſelbe vorzuͤglich iſt, ſondern auch angeſehene Gutsbeſitzer und andere Land - leute damit bekannt ſind. In dem Oberamte Lichtenberg fuͤhrte eine Colonie der Waldenſer, die ſich daſelbſt niederließen, den Kleebau vor - zuͤglich ein; ſie ſaͤen denſelben unter die Gerſte, und wenn dieſe reif und abgebracht, ſo beſtreuen ſie den Klee mit Gyps, welcher davon ſo fett und ſo reichlich waͤchſt, daß er in einem Som - mer ſechs-bis ſiebenmal kann abgemaͤhet wer - den. Einige trocknen ihn fuͤr den Winter, und viele haben es mit dem Kleebaue ſo weit ge -bracht,187bracht, daß ſie die Stallfuͤtterung einfuͤhren konnten.
In den Markgraͤflich Badenſchen Landen, wo ſich die guͤtige Regierung bemuͤhete, das all - gemeine Beſte zu befoͤrdern, hob man die Kop - pelweiden zum Beſten des Wieſenbaues haͤufig auf. So geſchahe es 1777 in dem Oberamte Birkenfeld. Es verringerte dieſes den Vieh - ſtand uͤberhaupt aus Futtermangel nicht, wel - ches man bey der Aufhebung der Gemeindewei - den, wenn nicht die Polizey durch weiſe Anſtal - ten es verhuͤtete, nicht ohne Grund befuͤrchtete. Um deſto mehr ſind bey dergleichen Veraͤnde - rungen gewiſſe Anſtalten der Klugheit noͤthig, welche den zuweilen nachtheiligen Folgen, die dergleichen ſchnelle Veraͤnderungen alsdenn zu - faͤllig haben, vorbeugen. Eine der vorzuͤglich - ſten iſt unſtreitig die ſtaͤrkſten Ermunterungen zu kuͤnſtlichem Futterbau, welches auch in dieſen Landen geſchahe. Damit Niemanden etwas durch Aufhebung der Koppelweiden entzogen wuͤrde, ſo behaͤlt jede Gemeinde ſo viel, als ſie vorher Antheil an der Weide gehabt hatte, und gewann hierdurch noch den Vortheil, daß ſie in den Stand geſetzt wurde, ihren Antheil zu ver - beſſern, vortheilhafter zu nutzen, und mehreres Vieh zu halten.
In dem Heßiſchen, beſonders Darmſtaͤdti - ſchen Antheil, ließ man es eben ſo wenig an Erweckung des laͤndlichen Fleißes zu dieſem Ge - ſchaͤfte fehlen, als in den angefuͤhrten Staaten. Die188Die neue Heßen-Darmſtaͤdtiſche Landeszeitung giebt die beſten Nachrichten von dergleichen haͤu - figen Anſtalten von vertheilten Weiden und ih - rer Anwendung zum Grasbau. Im J. 1778 wurden von gemeinen Weiden 1801 Morgen in Wieſen verwandelt, und im J. 177 wur - den 2289⅜ Futteraͤcker gewonnen; 953⅜ Acker wurden allein durch Anbauung von Wuͤſteneyen, Waldungen und Weiden urbar gemacht, und aus den Brachen 1336 Morgen fuͤr den Fut - terbau. Der Futterbau gewann alſo in den beyden Jahren außerordentlich, da die natuͤrli - chen Wieſen um 1916⅞ Morgen, die kuͤnſtli - chen um 34⅞ Morgen, und die Wieſen alſo uͤber - haupt um 1951¾ Morgen vermehrt worden. i)S. Leipz. Intellbl, von 1779 St. 23. und von 1780 St. 47.Es ergiengen Ermunterungen zur Stallfuͤtterung, darinnen insbeſondere der natuͤrliche und kuͤnſt - liche Wieſenbau, der Bau der Futterkraͤuter, als des Deutſchen Klees, der Luzerne und der Esparzette, anempfohlen wurde. Man ſi - cherte den Kleebau durch die Verſchonung von allen Schaaf - und Viehtriften, und verbot die Verletzung von dergleichen Feldern bey ſchwe - rer Strafe; man befreyete dieſelben von der Abgabe des Zehntens, und derjenige, der eine gebirgige Gegend, wuͤſte oder oͤde Stuͤcke Lan - des mit Eſparzette oder andern Futterkraͤutern anbauet, genießt die gaͤnzliche Zehntenfreyheit, und wird noch außerdem belohnet. Man brach -te189te das Verfahren die Englaͤnder die Wieſen mit Gyps und Mergel zu duͤngen, auch hier in Aus - uͤbung.
Im Muͤnſteriſchen machte der weiſe Fuͤrſt von Fuͤrſtenberg die Beſſerung und den Anbau wuͤſter Stellen zu Wieſen zu einem ſeiner Haupt - geſchaͤfte.
In verſchiedenen Landen, wo wegen der ſtar - ken Viehzucht der Wieſenbau unentbehrlich iſt, haben theils die Beduͤrfniſſe dieſes Nahrungs - geſchaͤfts, vorzuͤglich aber der Mangel an Men - ſchen, welche nicht in verhaͤltnismaͤßiger An - zahl gegen die Laͤndereyen ſind, um ſie zu be - bauen, eine Art von Wieſenbau erfunden, wel - che zwar in dieſen Laͤndern, ſo lange die Be - voͤlkerung nicht verſtaͤrkt iſt, einigermaßen noth - wendig wird, aber als Regel nirgends anzura - then iſt. Vielen Antheil daran hat auch das Vorurtheil von der Ruhe der Felder. Es fin - det ſich dieſelbe ſeit undenklichen Zeiten im Hol - ſteiniſchen, und iſt neuerlich im Mecklenburgi - ſchen eingefuͤhrt worden; auch trifft man ſie im Baireuthiſchen an. Es iſt die ſogenannte Kop - pelwirthſchaft, vermoͤge welcher die Laͤndereyen in 9, 11, 13 oder 15 Schlaͤge getheilt wer - den, und z. B. bey 9 Schlaͤgen 5 Theile zum Graswuchſe liegen bleiben, und nur 4 Theile gebauet werden. Ich habe dieſe Wirthſchafts - art hier in dem Wieſenbau nur angefuͤhrt, in ſo fern ſie zur Geſchichte gehoͤrt, ohne ſie als nachahmungswuͤrdig zu empfehlen, und ſie weit -laͤuftig190laͤuftig zu beurtheilen, da das leztere ſchon im vorigen Kapitel geſchehen iſt. Nur in Anſe - hung des Wieſenbaues will ich hier noch erin - nern, daß die Wieſen dadurch meiſt nicht die beſten Graͤſer und wenig Futterkraͤuter bringen; daß oft, wo dieſe blos der Natur uͤberlaſſen ſind, nichts als Bocksbart (Tragopogon pra - tenſe) und das ſogenannte Haaſenbrahm oder Haaſengeil (Spartium ſcoparium Linn.) waͤchſt. Doch iſt dieſes nicht allgemein wahr, ſondern gilt haͤufig nur von Geeſtlaͤndern, das iſt ſol - chen, die auf trockenen, und keiner Ueberſtroͤ - mung der Nordſee, Elbe und Eider unterwor - fenen Laͤndern gelegen ſind, da hingegen die Maſchguͤter ſo fette und gute Weide haben, daß die Ochſen tief im Klee weiden, und keine Hollaͤndereyen von Kuͤhen allda ſtatt finden, weil die Milch vor Fettigkeit verdirbt.
In dem Boͤhmiſchen befoͤrderten ſowohl die verſchiedenen oͤffentlichen Anſtalten, die zum Beſten des Landbaues uͤberhaupt gemacht wur - den, als eingeſchraͤnkte oder ganz aufgehobene Leibeigenſchaft, die Einſchraͤnkungen der Ge - meinheiten dieſes Geſchaͤfte; vorzuͤglich aber auch einzelne große Landwirthe verbreiteten ſon - derlich den kuͤnſtlichen Wieſenbau. Der ſchon im vorigen Kapitel geruͤhmte Hr. Graf von Schwerz zu Liſſa verdient hier bemerkt zu wer - den. In allen Gegenden ließ er ſeinen Sohn auf ſeinen Reiſen unter andern auch Nachrich - ten uͤber die Futterkraͤuter ſammeln.
Er191Er bauet beſtaͤndig 1500 Strich Feld mit Futterkraͤutern, (ein Strich enthaͤlt etwa 200 ſech zehnſchuhige Quadratruthen,) ſonderlich Lu - zerne, und in den abgelegenen bergigen Ge - genden Eſparzette Vorzuͤglich bauet er auch das Frauengraͤſel, womit auch H. Daries Ver - ſuche gemacht, und es fuͤr melkende Kuͤhe vor - trefflich befunden. Der botaniſche Name iſt Spargula; es waͤchſt in ſandigem, ſteinigten Lande und Fruchtfeldern haͤufig als Unkraut. Man ſaͤet es in die Brache im April von vier - zehn Tagen zu vierzehn Tagen bis Johannis. Auch in dem Luͤttichſchen wird es ſtark gebauet, da man es aber gruͤn abweidet.
Man ſuchte durch Werkzeuge den Bau der Wieſen zu erleichtern, und durch die Bearbei - tung damit dieſelben zu beſſern. Es gehoͤrt hieher der Schellpflug, welcher zu dem Auf - reiſſen bemoſter und verwilderter Wieſen dient, und den der Lehrbegriff angiebt, und beſchreibt. Hr. Aßiſtenzrath Hofmann verbeſſerte den von Chateauxvieux zu Genf erfundenen Wieſen - pflug, um ihn bey moſigten Wieſen brauchbar zu machen, vermittelſt einer angebrachten Wal - ze, und man hat ſchon im Großen Verſuche damit gemacht, wie das Leipz. Intell. Bl. vom J. 1768. S. 3. berichtet.
Man erfand den Wieſenhobel, um dieſelben zu ebenen, welchen Bernhard in ſeiner Abhand - lung vom Wieſenbau beſchreibt, S. 353. Ich uͤbergehe die Erfindungen und Verbeſſerungen,welche192welche man machte, um die Wieſen zu waͤſ - ſern, oder die zu naſſen von uͤberfluͤßiger Feuch - tigkeit zu befreyen, und ſie durch Graͤben ab - zuziehen, wozu ein beſonderer Grabenpflug er - funden wurde, womit auch große und merk - wuͤrdige Verſuche zu Quez im Amte Zoͤrbig angeſtellet worden. Man pfluͤgte damit in ei - nem kurzen Novembertage 65 Ruthen zu 7½ Ellen und 2 Zoll Graben, 3 Ellen weit und 2 tief, aus.
Durch die Bemuͤhungen der Gelehrten, durch haͤufige Verſuche, und vorzuͤglich durch die oͤko - nomiſch - botaniſchen Beſchreibungen einzelner Gegenden wurde der Wieſenbau mehr und mehr befoͤrdert. Man wendete die Mergelduͤngung nach Art der Englaͤnder darauf an, ſo wie auch das Pferchen; von dem leztern finden ſich Nachrichten im Leipz. Intell. Bl. von 1768. S. 236.
Er erhielt durch dieſe Bemuͤhungen endlich ordentliche Syſteme. Die meiſten aͤltern Acker - ſyſteme, das Kretſchmariſche, Reichartiſche und andere ſahen wenig auf den Wieſenbau. Daries nahm mehrere Ruͤckſicht darauf, vor - zuͤglich indem er die Futterkraͤuter mit in ſein Syſtem zog. Die Meckelnburgiſche und Hol - ſteiniſche Wirthſchaft verwebte den Wieſenbau mehr mit ihrem Ackerſyſteme, und die Wieſen erhalten dadurch, daß ſie zuweilen auch, wenn die Reihe an ſie koͤmmt, Fruchtaͤcker werden, Bearbeitung und Duͤngung; am beſten kannman193man ſich hiervon unterrichten aus Hrn. von Jar - gov Sendſchreiben vom Grasbau auf Holſteini - ſchen Fuß in den Oek. Nachr. 144. St. Man wendete bey dem kuͤnſtlichen Futterbau nach Art der Englaͤnder, Franzoſen und Schweizer auch das Tulliſche Syſtem an, ſaͤete in Beete und Reihen mit großen leeren Zwiſchenraͤumen; man machte ſogar Verſuche, die Eſperzette und Luzerne aus den Saamenſtuͤcken zu ver - pflanzen: aber wie muͤhſam macht dieſe Art den Futterbau, wie ſehr mehrt es die Arbeit der Landleute, die der Fruͤhling und Sommer ſchon genug beſchaͤftiget! Ich habe dieſes da - her auch nur als Verſuche angefuͤhrt. Ein ei - genes Syſtem bemuͤhete ſich Hr. Bernhard einzufuͤhren, worinne er vorzuͤglich auf den kuͤnſtlichen Wieſenbau und deſſen mehrere Ver - bindung mit dem Ackerbau ſahe. Er ſaͤet naͤm - lich die Futterkraͤuter in Reihen; dieſe gehen, vorzuͤglich die Eſperzette und Luzerne, mit ih - ren Wurzeln in die Titfe; die leeren Raͤume beſaͤet er mit Sommergetraide, welches mit ſeinen Wurzeln die Oberflaͤche benutzet, und ſo verbindet er Acker - und kuͤnſtlichen Wieſenbau. Er hat dieſes Syſtem ausfuͤhrlicher beſchrieben in ſeiner Abhandlung uͤber den Wieſenbau, S. 885 ꝛc. Nach dieſer Art, welche ſich immer nur blos auf den kuͤnſtlichen einſchraͤnkt, ließen ſich viele andere bilden; ſo koͤnnte man nach Art der Alten den Weinbau mit den kuͤnſtlichen Wieſen verbinden, eben ſo auch die Baumzucht.
Von den aͤlteſten Zeiten her war in Deutſch - land die Viehzucht ein Hauptgeſchaͤft; ſo wie man uͤberhaupt bemerkt, daß dieſes Nahrungs - ſchaͤft bey den Nationen immer eher in Achtung iſt, als der Getraidebau, weil ſie dem Men - ſchen die Nahrung und Nutzung leichter und meiſt ſchon zubereitet giebt, da hingegen der Ackerbau mehrere Arbeit Werkzeuge und an - dere Kenntniſſe vorausſetzet, die Fruͤchte zu er - ziehen und zum Genuß zu bereiten. Außer andern Beweiſen, die in die aͤltere Ge - ſchichte gehoͤren, will ich nur den, noch ſo viel ich weiß, hiezu nicht benutzten Be - weis anfuͤhren, daß unſere Sprache ſo viel Worte fuͤr die Rindviehzucht und fuͤr beſondere Arten dieſer Thiere hat, welches beweißt, daß die Rindviehzucht ehemals bey den Deutſchen ein vorzuͤgliches Geſchaͤft geweſen ſeyn muß. a)Eine naͤhere Beſtimmung dieſer Namen wird hier nicht uͤberfluͤßig ſeyn, wie ſie Hr. Prof. Beck -Doch195Doch meine Abſicht iſt hier nicht, mich bey dem Allgemeinen, oder in der alten Geſchich - te aufzuhalten; ich gehe daher zu den neuern Zeiten. Die Militaͤr - und Ritterzeit der mitt - lern Zeiten hatte fuͤr die Pferdezucht gluͤckliche Vortheile, die noch immer wirkſam waren, da ſie ſelbſt ſchon ziemlich verſchwunden, und durch die veraͤnderte Staatsverfaſſung verdrungenN 2war.a)Beckmann in den Grundſaͤtzen der deutſchen Land - wirthſchaft v. J. 1775 in der zweyten Ausgabe S. 435 und 436 angegeben. Der Stier (tau - rus) heißt auch Bulle, Boll, Hummel, Stamm - ochſe, Zuchtochſe, Brummer; die Kuh (vacca) findet ſich nur, ſo viel mir bekannt; unter ei - nem Namen; Kalb iſt das neugeborne, und Rind das mehr erwachſene Junge beyderley Geſchlechts, auch Schilbe; Faͤrſe, von Farr, iſt eine junge Kuh, die noch nie belegt worden; Quene eine junge Kuh, die noch nie gekalbt hat, oder die zum erſtenmal kalbet, ein Wort, das uͤberhaupt ehemals das weibliche Geſchlecht an - deutete, und ſich noch im Engliſchen Queen, im Schwediſchen Quinna, im Hollaͤndiſchen Quene erhalten hat. Staͤrke iſt eine Kuh, die zum erſtenmal traͤgt, oder auch nur einmal ge - kalbt hat. Ochs (bos) iſt der junge verſchnitte - ne arbeitende Stier. Bullochs iſt der Stier, der, nachdem er der Heerde lange genug gedient hat, verſchnitten worden. Guͤſte oder gelte, nennt man die Kuͤhe, Ziegen, Schaafe, die wenigſtens auf 1 Jahr unfruchtbar oder nicht traͤchtig ſind. Das guͤſte oder gelte Vieh, oder welches trocken oder treuge ſtehet, iſt das Ge - gentheil von Melkvieh.196war. Die Liebe zu Stuttereyen und der Reut - kunſt, die in den ritterlichen Uebungen ein nothwendiges Erforderniß war, die Vorzuͤge, Schoͤnheit und Geſchicklichkeit, die die Pferde im Turnier haben mußten, und die großen Verdienſte, die ſie zuweilen um den Preis in dergleichen Spielen hatten, ſo wie auch der Stolz der Ritter auf ſchoͤne Pferde, waren die ſtaͤrkſten Triebfedern,[warum] man in Deutſchland, wo dieſe Uebung ſo lange dauer - te, und ſo großen und ſtarken Einfluß in die National-Charaktere gehabt, die Pferdezucht und beſonders die Geſtuͤte mit ſo großer Sorg - falt behandelte.
Daher kam vorzuͤglich die große Neigung des hohen und niedern Adels zu dieſen Geſchaͤf - ten, obgleich nicht zu laͤugnen iſt, daß ſie mehr blos zur Befriedigung eines eiteln Stolzes als aus Sorgfalt fuͤr das gemeine Weſen und zu Befoͤrderung dieſes Nahrungsgeſchaͤftes betrie - ben wurden. Italien gab damals die beſten Leu - te fuͤr die Stutterey, und man verſchrieb ſie von da aus nach England, Frankreich und andern Laͤndern. Vorzuͤglich war Turin und Florenz deshalb beruͤhmt. Man gieng hierauf weiter, und ließ Leute daſelbſt lernen, und geſchickte Maͤnner zu dieſem Zwecke reiſen. Aber im - mer nahm man nur Ruͤckſicht auf die Berei - terkunſt, und ſorgte dabey nicht hinreichend fuͤr die Kenntniſſe des Geſtuͤteweſens und die Grund - ſaͤtze einer guten Vieh - und Pferdezucht uͤber -haupt.197haupt. Man verſchrieb die Pferde aus frem - den Landen, behielt die ſchoͤnſten fuͤr die Geſtuͤ - te, und verkaufte die ſchlechtern; aber fuͤr das gemeine Beſte ſorgte man dabey nicht, daß man ſich bemuͤhet haͤtte, die ſchoͤnen Pferde auch auſſer den Geſtuͤtten wirken zu laſſen, und ihnen ei - nen Einfluß auf das Land zu geben, um da - durch die Landesarten zu beſſern. Der Haupt - zweck war Pracht und Reutkunſt, worinnen Italien den Ton gab; daher der Italiaͤ - ner Schriften auch hier die Lehrer waren. Das Italiaͤniſche Werk des Pierro Antonio Ferra - ro, welches den Titel Cavallo frenato fuͤhret, und 1612 erſchien, war die Regel der ganzen damaligen Reutkunſt, und galt als dieſelbe bis in die Mitte des 17ten Jahrhunderts, da Bapti - ſta Galiberti zu Wien 1660 in ſeinem Neuge - bahnten Tummelplatze ein anderes und beſſeres Syſtem aufbrachte. Die vorzuͤglichſte Sorg - falt zeigte ſich damals um das Geſtuͤteweſen in dem Oeſterreichiſchen Staaten. Es gehoͤren hie - her die Kayſerlich-Koͤnigl., die Karſtiſchen, die Boͤhmiſchen, z. B. das beruͤhmte Geſtuͤte zu Prag, die Inſpruckiſchen, die Halbturner, Gladruber, die Fuͤrſtlich Lichtenſteiniſchen, Fuͤrſt - lich Schwarzenbergiſchen, Dietrichſteiniſchen, welche alle ihre beſondere meiſt vorzuͤglichen Ge - ſtuͤtteordnungen hatten, und zum Theil noch ha - ben. Eben ſo finden ſich auch in der Mark vorzuͤg - lich in dem Havellande und dem Sternbergiſchen Kreiſe, wo hinreichende Weiden fuͤr die Pfer -N 3de198de noch itzt ſind, in dieſen Zeiten ſchon Spu - ren von einer nicht unbetraͤchtlichen Pferdezucht. Auch in andern Deutſchen Landen geben die Jagd - und Forſtordnungen uns oft die deutlich - ſten Spuren, daß man die Pferde - und Vieh - zucht uͤberhaupt als ein anſehnliches Nahrungs - geſchaͤft betrieben, weil man haͤufig darinne Verordnungen wegen derſelben mit machte. Aber alles dieſes war nicht hinreichend fuͤr die - ſen Theil der Viehzucht, und eben ſo wenig fuͤr das ganze Nahrungsgeſchaͤft, um daſſelbe zu einem hohen Grade der Vollkommenheit im ganzen Lande zu bringen, und den einzelnen Provinzen National - und Provinzial-Raçen zu geben. Man ſahe in Anſehung der Pferde meiſt nur darauf, daß man die Schoͤnheiten allein beſaß, ohne ſie gemeinnuͤtzig, auch ſelbſt ohne Nachtheil der Beſitzer zu machen; man ſahe zu viel blos auf ſeltene und rare Farben, oder Zeichnungen. Eben dieſes geſchah in dem Bayeriſchen, Saͤchſiſchen, Brandenburgiſchen, Wuͤrtembergiſchen und faſt an allen deutſchen Hoͤfen.
Man hielt haͤufig in dem Oeſterreichiſchen be - ſondere Geſtuͤtmeiſter, die von den Bereutern unterſchieden waren. Dieſes dauerte bis in die neuern Zeiten, und iſt an einigen Orten noch. Bey dieſen Einrichtungen wurde immer die Sache nicht gemeinnuͤtzig; und nur wenige Pro - vinzen Deutſchlands koͤnnen ſich einer guten Landpferdezucht in den damaligen Zeiten ruͤh -men.199men. Holſtein hatte ſehr anſehnliche und viele Geſtuͤte; Boͤhmen gab ihm hierinnen nichts nach.
Eben ſo ſchraͤnkte ſich die uͤbrige Viehzucht meiſt nur auf einige Provinzen vorzuͤglich ein. Hoiſtein dankt vielleicht noch den alten Zeiten der Sachſen hierinnen ſeinen Flor. Die Vieh - zucht, ſonderlich Pferde - und Rindviehzucht bluͤhete im 16ten Jahrhunderte daſelbſt. Die daſelbſt ſo alte Koppel - und Wechſelwirthſchaft und der Mangel an Bevoͤlkerung beguͤnſtigte in dieſen Laͤndern um deſto mehr dieſes Geſchaͤft, wozu noch die fetten Weiden inden Marſchlaͤn - dern und die haͤufige Nahrung durch die Kop - peln in den uͤbrigen kam. Nicht wenig befoͤr - derte ſie auch den Abſatz an die benachbarten reichen Handlungsſtaͤdte, die durch ihren weit - laͤuftigen Handel mehr gewannen, als ihnen Ackerbau und Viehzucht gebracht haͤtte.
Indeß vernachlaͤßigte ſie doch die Schaaf - zucht, ſo wie es noch heut zu Tage im Holſtei - niſchen iſt. Im Meckelnburgiſchen hingegen finden ſich ſchon damals in den Forſt - und Jagd - ordnungen Spuren von der Ausbreitung der Schaafzucht. Von der Vernachlaͤßigung der Schaafzucht im Holſteiniſchen laͤßt ſich kein an - derer Grund angeben, als weil ſie vielleicht bey der Pferde - und Rindviehzucht beſſer ihre Rech - nung fanden, indem vielleicht ihre Weiden zu fett waren, als daß die Wolle der Schaafe fuͤr die noch damals in Deutſchland ſo haͤufigen Wollmanufacturen brauchbar geweſen waͤre. N 4Deſto200Deſto mehr aber wurde die Schaafzucht in an - dern Laͤndern, wo die Manufacturen bluͤheten, getrieben.
In der Mark waren ſchon damals die Schaͤfereyen anſehnlich, und man ſorgte fuͤr dieſelben von Seiten der Regierung durch ei - ne Schaͤferordnung vom J. 1572b)Schaͤferordnung wie es die Churfuͤrſtlichen Haupt - und Amtleute mit den Schaafmeiſtern halten ſollen., und be - muͤhete ſich, die Wollmanufactur des Landes durch die verbotene Wollausfuhrc)Es gehoͤren hieher die Edikte von 1578. 1581. 1583. 1593. 1594. bey drn Mylius., und da - durch auch die Schaafzucht zu erhoͤhen. Eine große Hinderniß fuͤr die Viehzucht in den da - maligen Zeiten war oft eine zu aͤngſtliche Sorg - falt fuͤr gewiſſe Vergnuͤgen der Hoͤfe und fuͤr die deswegen zu ſchonenden Orte, ohne daß man an andere loͤbliche Einrichtungen zu Befoͤrde - rung des Wieſenbaues, bis auf einige wenige Laͤnder, dachte. Es gehoͤrt hieher das Jagd - und Forſtweſen. Man beſorgte das letztere meiſt wegen der großen Jagdluſt der damali - gen Zeiten. Daher finden ſich bey dem Fritſch Verordnungen, da ausdruͤcklich unterſagt wird, mehrere Schaafe, als bisher gewoͤhnlich gewe - ſen, zu halten. So findet ſich dergleichen die Forſtordnung des Fuͤrſtenthums Ober - und Niederbayern bey dem Fritſch im 35ſten Artikel, daß die, ſo von Alters her ihre Schaͤfereyen ha -ben,201ben, mehr Schaafe nicht als zuvor halten ſol - len, auch nicht weiter treiben; ingleichen Art. 36, daß die Schaͤfereyen, ſo nicht von Alters her geweſen, abgethan werden ſollen. d)Corpus juris venatorio foreſtile S. 97. Art. 35. Und wiewohl nicht ohne iſt, daß etliche von Alters her in unſern Landen Schaͤfereyen haben, ſo hat ſich doch begeben, daß ſie bey wenig Jahren vielmehr Schaafe haben, als ſie von altem Gebrauch nach, zu halten befugt.Es heißt daſelbſt: Es giebt die Erfahrung, daß alten Herkommens und Gebrauchs zuwider et - liche Schaͤfereyen eigenes Willens und Ge - walts aufgerichtet worden, weil aber ſolche Neuerungen dem Gehoͤlz und der Viehweide in vielweg hoͤchſtſchaͤdlich, auch in unſrer Poli - cey 3. Art. 14. Tit. 3. Buchs verboten, ſollen dieſelben hiermit abgeſchafft und ferner nicht geduldet werden.
Und weil die Jagd den Geiſtlichen nicht er - laubt war nach den geiſtlichen Rechten, ſo iſt dieſes unſtreitig ein Grund, warum die Schaaf - zucht in dieſem Lande mehr Gluͤck machte, auch waren vielleicht die duͤrftigern Weiden die erſte Veranlaſſung dazu. Die Erlaͤuterung hiezu geben die Hildesheimiſchen Lande, wo die Schaaf - zucht ſchon im 16ten Jahrhunderte anſehnlich war, ſo daß bis izt noch die Schaͤfer zuͤnftig ſind, und man dieſe Zunftmaͤßigkeit als eine Art Schaͤferſchulen anſehen kann. — Eben ſo vorzuͤglich war die Schaafzucht in PommernN 5und202und in dem Laͤndchen Buvonia im 16ten Jahr - hunderte. In Pommern waren im 16ten bis in das 17te Jahrhundert anſehnliche Wollma - nufacturen und zahlreiche Schaͤfereyen. Das Laͤndchen Buvonia erwaͤhnt Matthis Qua - den von Kindelbach als nahe an Thuͤringen ge - legen. e)S. Deutſcher Nation Herrlichkeit, eine ausfuͤhr - liche Beſchreibung des gegenwaͤrtigen alten und uralten Standes Germanien, ihr erſtes Auf - kommen, Zunehmen und jetzige Gelegenheit der Regierung, und Herrſchung, Stadt, Polizey, Kirchenſtaates, Flecken, Schloͤſſer, Doͤrfer, Fruchtbarkeit, durch Matthis Quaden von Kin - delbach, gedruckt zu Coͤln am Rhein 1609. Eine Vermuthung uͤber die Lage dieſes Laͤnd - chens findet ſich im deutſchen Muſeum vom J. 1779 4tes St. April S. 373. es iſt ein Theil des[heutigen] Fuldaiſchen.Er ruͤhmt ferner die Viehweiden und Viehzucht im Heßiſchen um Caſſel, daß ihre meiſte Kaufmannſchaft in Viehhaͤuten und Wolle beſtanden, und daß in dem Laͤndchen Bunonia ſich ſonderlich die Wolle verſammelt habe, von da ſey ſie haͤufig nach Antwerpen und London geſendet worden. Er beſchwert ſich ſchon damals, daß die Englaͤnder die deutſche Wolle auf kauften, und hernach die Tuͤcher davon uns wieder zufuͤhrten, indem ſie daſſelbe uͤber Antwerpen nach Hamburg und Frankfurt am Mayn braͤchten.
Pommern, das zur Zeit der Hanſe ſo an - ſehnliche Manufacturen und Wollhandel hatte, war auch reich an Schaͤfereyen. Es verbeſſer - te dieſelben ſchon in aͤltern Zeiten durch Engli -ſche203ſche Schaafboͤcke, und gab alſo ſchon damals ein Beyſpiel von dem, was man in neuern Zei - ken ſo ſorgfaͤltig that. In einem noch vorhan - denen alten Landwirthſchafts-Inventarium fin - det man, nach dem Zeugniſſe eines Aufſatzes in dem Statiſtiſchen Briefwechſel des Hrn. Prof. Schloͤzers, Engliſche Schaafboͤcke verzeichnet. So findet ſich auch eine gemeine Bauer - und Hoͤferordnung vom J. 1582, die auch im fol - genden Jahrhunderte oͤfters wiederholet worden, und bezeugt, wie wichtig damals die Landwirth - ſchaft, vornehmlich Ackerbau und Viehzucht, fuͤr dieſes Land war.
In dem Braunſchweigiſchen war im 16ten Jahrhunderte die Schaafzucht in vorzuͤglichem Flor. Es beſtaͤtiget ſich dieſes vornehmlich durch die Forſtordnung des Herzogs Heinrich Julius von Braunſchweig und Luͤneburg, wo den Schaͤfern haͤufig unterſagt wird, den Waͤl - dern nicht ſo viel Schaden zuzufuͤgen, und die darauf geſetzten Strafen, welche meiſt in Vieh beſtunden, hoch ſind, welches beweiſt, daß die Viehzucht ſtark geweſen. So wird in der Forſtordnung dieſes Landes vom J. 1591 im 72 Artikel bey dem Fritſch S. 172. geſagt: daß jeder Schaͤfer im Holze mit Schaafen be - funden jedesmal mit 10 Hammeln Bruche ver - fallen ſey. So wird auch unterſagt, von Oſtern bis Jacobi Schweine in das Holz zu treiben. So werden im 23ſten Artikel Hirten und Schaͤ - fer erwaͤhnt, und im 33ſten Artikel geſagt: daßdie204die Unterthanen Aecker und Wieſen zu rotten pflegten, und ihre Aecker und Wieſen beſſern, welches beweiſt, daß man zum Behuf der Viehzucht auch den Wieſenbau ſich angelegen ſeyn laſſen.
Dennoch blieb es meiſt in den Haͤnden der Niedern, wozu die Vorurtheile gegen den Acker - bau und den Stand uͤberhaupt, der ſich da - mit beſchaͤftigte, viel beytrug. Bey der Vieh - zucht aber und Schaafzucht beſonders war je - nes noch hinderlicher, das die Schaͤfer druͤckte, da man ſie fuͤr anruͤchtig, ja faſt fuͤr unehrlich hielt. In vielen Landen fehlte auch in dieſen Zeiten das gute Verhaͤltniß zwiſchen Ackerbau, Wieſenbau und Viehzucht. In Sachſen be - muͤhete ſich der große Churfuͤrſt Auguſt dieſes herzuſtellen, und ſowohl den Acker - und Wie - ſenbau als auch die Viehzucht in ein gerechtes Verhaͤltniß zu ſetzen, um dadurch der Vieh - zucht genugſames Futter und dem Acker wieder - um hinreichende Nahrung zu geben. So ließ er, wie in der Geſchichte des Wieſenbaues be - merkt worden, im Amte Weiſenſee das Waſ - ſer eines Teiches abſtechen, und Wieſen fuͤr das Vieh der Buͤrgerſchaft anlegen. Er un - terſagte die Verbrennung des Geſtroͤhdes, ſo wie auch deſſen Verkauf in verſchiedenen Pacht - contracten. So fuͤhrt Hr. D. Schreber in ſei - ner Abhandlung von Cammerguͤtern S. 161. an, wie er den Pachtern unterſagt: daß ſie keinGe -205Geſtroͤde noch Fuͤtterung verwenden, verkau - fen noch verbrennen, ſondern das erwachſene verfuͤttern, einſtreuen, Miſt daraus machen. ꝛc. Die eben ſo wuͤrdige Gemahlin dieſes wuͤrdigen Fuͤrſten, die unter den ſo ruͤhmlichen Nahmen der Mutter Anna bekannt iſt, ſorgte ſelbſt fuͤr die Viehzucht auf ihrer Oekonomie unweit Dresden. So erzaͤhlt die Geſchichte, daß ſie auf ihrem Vorwerke zu Oſtra bey Dresden alle Wochen einmal Butter und Kaͤſe gemacht, und die Sahne ſelbſt abnehmen laſſen. Aber eben dieſe Fuͤrſtinn, die wir hier bey den laͤndlichen Arbeiten treffen, finden wir auch in dem gehei - men Rathe: denn es iſt bekannt, daß ſie groſ - ſen Antheil an der Regierung nahm, und be - ſchaͤftigte ſich ſonderlich bey den ſogenannten cryptocalviniſtiſchen Streitigkeiten. Die Saͤch - ſiſchen Fuͤrſten ſorgten in den damaligen Zei - ten auch zuvoͤrderſt fuͤr die Pferdezucht. Auguſt legte die Stuterey zu Torgau an, welche unter den folgenden Regenten gluͤcklich fortdauerte. In dem Thuͤringiſchen bluͤheten ſonderlich die andern Theile der Viehzucht, vornehmlich die Schaaf - und Rindviehzucht, obgleich auch die Pferdezucht nicht vernachlaͤßiget wurde. Der daſelbſt bluͤhende Ackerbau und die Landesart er - forderte ſtarke Pferde; daher finden ſich, wie ich oben in der Geſchichte des Ackerbaues be - merkt habe, Doͤrfer im Thuͤringiſchen in den damaligen Zeiten, welche zu 50 und 60 Pfer - den hielten, wie die Stellen aus Horns Saͤch -ſiſcher206ſiſcher Handbibliothek, die ich in der Geſchichte des Ackerbaues angefuͤhrt habe, zeigen. Die Rindviehzucht war ſchon damals wie noch bis jetzt ein Hauptgeſchaͤft des Voigtlandes.
Indeſſen findet ſich doch nicht, daß man in die - ſem Jahrhunderte große Fortſchritte in der Vieh - zucht gemacht haͤtte; die beſtaͤndigen innerlichen Unruhen hinderten auch dieſes Geſchaͤft. Es ſcheint auch nicht, daß die Schriftſteller des Alterthums, welche doch lehrreich haͤtten wer - den koͤnnen, hierinnen vielen Vortheil verſchaf - fet. Sie haͤtten in Verbeſſerung der Racen, in der mehreren Sorgfalt, und in dem Futter - bau und Fuͤtterung uͤberhaupt unterrichten koͤn - nen. Allein ſo ſcheinen ſie weiter keinen Vortheil gehabt zu haben, als den, daß man ſich im 16ten Jahrhunderte unter den Gelehrten mehr mit der Heilungskunde der Thiere beſchaͤftigte, als bis dahin vielleicht geſchehen war. Und es vermehrt den Ruhm der Deutſchen, der im 16ten Jahrhunderte ohnehin ſchon groß war, daß ſie verſchiedene Schriftſteller und ſogar Ge - lehrte vom erſten Range hierinne aufzuweiſen haben. Camerarius hielt es ſeiner Aufmerk - ſamkeit werth, und ſchrieb daruͤber; ſollten es auch groͤßtentheils nur Sammlungen aus den Al - ten ſeynf)S. Joachimi Camerarii Hippocomicum, ſ. Diſputatio de curandis equis variaque de re eque - ſtri 1556.; ſein Anſehen konnte doch wenig - ſtens der Sache Nachdruck gaben. Eines deraͤlteſten207aͤlteſten deutſchen Originalwerke iſt wahrſcheinlich das, Werk des Michael Herr, Liber de natura et cura animalium, welches 1572 erſchien; in - gleichen dasjenige, das zu Frankfurt am Mayn 1584 gedruckt iſt und folgenden Titel fuͤhrt: Von der Geſtutterey d. i. Eine gruͤndliche Beſchrei - bung, wie und wo man ein Geſtuͤtt von guten edlen Kriegsroſſen aufrichten, unterhalten, und wie man die Jungen von einem Jahr zu dem andern erziehen ſoll, bis ſie einem Bereuter zum Abrichten zu untergeben, und ſo ſie abge - richt, in langwieriger Geſundheit zu erhalten, durch den Wohlgebornen Herrn Marxen Fug - geren, Herrn von Kirchberg und Weiſſen - horn; desgleichen noch nie im Druck ausge - gangen, Frankfurt am Mayn 1584 in Fol. mit Holzſchnitten. g)S. Schreber in Cameralſchr. Th. 6. S. 646.Schon 1583 erſchien eine Neubewaͤhrte Roßarzeney zu Strasburg, und der Titel laͤßt muthmaßen, daß man ſchon vor dieſem dergleichen Schriften in Deutſchland gehabt. Man uͤberſetzte auch die Werke der Auslaͤnder, die ſich in dieſem Theile der Vieh - zucht hervorgethan. Zechendoͤrfer, ein Arzt zu Eger, uͤberſetzte das Werk, welches Johann Ruellius auf koͤniglichen Befehl zu Paris 1530 aus alten griechiſchen Schriftſtellern zu - ſammengetragen. h)Ioh. Ruellii veterinariae medicinae libr. II. Par. 1530. iſt das Original; die UeberſetzungerſchienDa alſo dieſer Ruelli -us208us ſchon die Griechen, welche von der Arzeney der Thiere geſchrieben, benutzt hat, ſo muß entweder vor ſeinen Zeiten ſchon eine Ausgabe derſelben erſchienen ſeyn, oder er muß Zutritt zu Handſchriften, die etwa in der koͤniglichen Bibliothek geweſen, gehabt haben: denn die Ausgabe, welche Chrynaͤus beſorgt hat, erſchien erſt im Jahre 1578 unter dem Titel: Hippia - tricorum ſive de veterinaria Medicina libri II. welche auf Befehl Conſtantini Prophyrogeniti aus den alten griechiſchen Schriftſtellern zu - ſammen getragen. So findet ſich auch um die Mitte des ſechzehnten Jahrhunderts Johann Baptiſta Ferrarius, der von Zucht, Cur und Anatomie der Pferdeſchrieb. Auch in der Reit - kunſt haben die Deutſchen in den damaligen Zeiten den von Loͤhneiſen, der ſich aber meiſt nach den Italiaͤnern gebildet zu haben ſcheint. i)Sein Buch heißt: Georg Engelhart von Loͤhn - eiſen gruͤndlicher Bericht des Zaͤumens und or - dentlicher Austheilung der Mundſtuͤcke und Stangen. 1588. Fol.Es gehoͤren unter die Schriftſteller, die im 16ten Jahrhunderte uͤber die Viehzucht geſchrie - ben haben, auch alle diejenigen, welche vonderh)erſchien zu Nuͤrnberg 1575 in 4to unter folgen - dem Titel: Roßarzeney, Nuͤrrnberg, 1575. 4. auf koͤnigl. Befehl durch Johann Ruellius, Sueßio, aus alten griechiſchen Scribenten zu - ſammen getragen, und hernach durch Gregori - us Zechendoͤrfer Med. Doct. zu Eger in das Deutſche uͤberſetzt.209der Landwirthſchaft uͤberhaupt handeln, und da - von ich die vorzuͤglichſten oben in dem erſten Kapi - tel angezeigt habe. Unter dieſen iſt in Anſehung der Viehzucht und Thierarzney Colerus ein Haupt - ſchriftſteller, wie auch uͤberhaupt in der ganzen Landwirthſchaft der damaligen Zeiten. Er hat in ſeinem Werke Oeconomia ruralis et dome - ſtica, ſowohl von der Viehzucht uͤberhaupt ge - handelt, als auch eine experimentaliſche Haus - apotheke und Vieharzeneykunſt angehaͤngt.
In dem ſiebenzehenten Jahrhunderte waren die Schickſale der Viehzucht faſt die naͤmlichen. Die beſtaͤndigen Kriege richteten die groͤßten Verwuͤſtungen in derſelben an, trieben die Ge - werbe von einem Lande in das andere, und veran - laßten dadurch die Regierung auf die Wieder - herſtellung derſelben zu denken, daher ſich auch viele Geſetze von dieſen Jahren, die dahin ab - zielen, finden. Vorzuͤglich gab das Manufa - cturſyſtem, das zu Ausgange des ſiebenzehenten Jahrhunderts von Frankreich aus nach Deutſch - land ſich verbreitete, wie auch die mehrere Sor - ge fuͤr die Kammern und Kammerguͤter, zu mehrerer Sorgfalt fuͤr die Viehzucht Anlaß. Daher finden ſich in vielen deutſchen Landen Befehle, die den Aufkauf und Ausfuhre der Wolle betreffen. k)In Sachſen erſchienen v. J. 1613, 1626, 1661. Im Brandenburgiſchen v. J. 1611, 1615, we -gen
ManO210Man machte Schaͤfer - und Hirtenordnun - gen; verſchiedene Maſt-Edikte. Sachſen, Brandenburg und Pommernl)In dem Pommeriſchen finden ſich Bauer - und Schaͤferordnungen v. J. 1616, 1647, 1663, 1669, 1673, welches aber wahrſcheinlich Wie - derholungen der v. J. 1582 ſind. ließen ſich es in dieſen Zeiten vornaͤmlich angelegen ſeyn, je mehr ſie auch durch den ungluͤcklichen Krieg ge - litten. Hierzu kam, daß ſie beyde durch das Ungluͤck und die Staatsfehler anderer Laͤnder und Reiche gewannen. So erhielt Sachſen viel vortheilhaften Anwuchs durch die Staats - fehler, welche Boheim machte, indem es die wahre Religion durch Gewiſſenszwang entehrte, und wodurch das meißniſche Gebirge große Be - voͤlkerung erhielt, wie auch die Viehzucht ge - wann. Das Haus Oeſterreich ſuchte damals das ſo ſehr zum Aufruhr geneigte und ſich ſei - ner Macht bewußte Boheim zu ſchwaͤchen, und bis in die neuern Zeiten ſcheint man dieſen Grundſatz einer falſchen Politik zu befolgen. Derk)gen Ver - und Aufkauf des Viehes; 1620 eine Geſinde-Hirten - und Schaͤferordnung, 1629 Verneuerung des Wolledikts; 1644 und 1645 eine Hirten - und Schaͤferordnung; 1664 eine Schaͤferordnung fuͤr die Uckermark; v. 1681 das Maſtedikt: v. 1682 wider die Ausfuhre der Wolle, ingleichen eine Hirten - und Schaͤferord - nung von eben dieſem Jahre; ein Wolledikt v. 1690; ein Maſtedikt v. 1694; v. 1695 wider Aufkauf und Ausfuhr der Ochſen und Schaafe; und von 1699 eine Schaͤferordnung.211Der meiſte Anwuchs, den Sachſen damals er - hielt, waren Viehzucht und Manufacturen, ob - gleich auch einige Arten des Fruchtbaues da - durch ausgebreitet wurden. So erhielt es auch viel Schafzucht und Manufacturen aus Pom - mern, wo ſie der Krieg vertrieb. Branden - burg nahm die Fluͤchtlinge aus Frankreich wil - lig auf; ſo wie auch andere deutſche Laͤnder, z. B. Wuͤrtenberg, Pfalz, Baden, von dieſer Raſe - rey des franzoͤſiſchen Hofs die gluͤcklichſten Vor - theile zogen. In dem letztern fuͤhrten vorzuͤglich die Mennoniſten eine beſſere Viehzucht ein, und trieben die in der Folge ſogenannte engliſche Wirthſchaft in Anſehung des Landhaues ſchon wirklich ausuͤbend.
Die Liebhaberey an der Pferdezucht dauerte auch in dieſem Jahrhunderte noch fort, als eine Folge der Chevallerie; daher finden wir in Sachſen in dieſen Zeiten, daß Chriſtian I. den praͤchtigen Stall zu Dresden erbauete, von dem der erdichtete Verfaſſer Daniel Eremita in ſei - nen Reiſen ſagt: man ſollte glauben, es ſey ein Aufenthalt fuͤr einen Fuͤrſten und nicht fuͤr Pfer - de. Man hatte in den ſaͤchſiſchen Geſtuͤten da - mals ſchon Spanier, wie aus dem Winter von Adlersfluͤgel erhellet. Chriſtian II. legte zu Merſeburg das Geſtuͤte an, und fuͤhrte ſpaniſche Beſchaͤler ein. Die Gegend und vornehmlich die Aue beguͤnſtigte die Anlage dieſer Stutterey; daß ſie noch itzt eine anſehnllche Zucht von Pferden hat. Es ward ihr ein Kloſter inO 2der212der Vorſtadt Altenburg angewieſen, wo die gehoͤrige Stallung und auch nahe Weide iſt,[und] wo auch noch itzt eine hurfuͤrſtlicher Stall - meiſter iſt; auch wegen der Weide die ſo genannte Werthe mit ihr verbunden. Die pfaͤlziſchen Geſtuͤtte waren ſehr anſehnlich, und die holſteiniſchen behaupteten ihre alten Vorzuͤ - ge noch immer. Man fieng auch in einigen Laͤndern an, den Grund zu der im folgenden Jahrhunderte bluͤhenden Pferdezucht zu legen. Die Schriftſteller gedenken als vorzuͤglicher Ge - ſtuͤtte in dieſem Jahrhundert der Karſtiſchen, Boͤhmiſchen zu Dachau und Prag, Inſprucki - ſchen, der Churmaynziſchen, Bayeriſchen, Saͤch - ſiſchen, Brandenburgiſchen und Wuͤrtembergi - ſchen,m)S. Georg Winter Simon von Adlersfluͤgel Stuterey, Nuͤrnberg, 1703. Fol. S. 16. um welches ſich ſonderlich Herzog Eberhardt verdient machte. Um eben dieſe Zeit wurden auch in dem Heſſencaſſeliſchen um das J. 1682 neue Geſtuͤtte zu Sophienburg in Heſ - ſen von dem Herrn von Meſſenbuch angelegt; und der Churcoͤllniſchen gedenken die Schrift - ſteller mit nicht wenigem Ruhme. n)Ebendaſelbſt S. 18.Unter den Wuͤrtembergiſchen, worinne man ſchon da - mals ſpaniſche Beſchaͤler hielt, finden ſich da - mals das auf der Alb zu Marbach um Greffen - eck, im Kloſter Offenhauſen, Rauhen, St. Jo - hannis oberhalb Aurach. Im Baireuthiſchen war das auf dem Fichtelberge; die Heſſendarm -ſtaͤdti -213ſtaͤdtiſchen auf dem Weſterwald, die Oettingi - ſchen, die Brandenburg-Onolsbachiſchen im Kloſter Sulz und zu Onolsbach, und in dem Fohlenhof zu Colmberg. In dem Pfaͤlziſchen war bekannt der Marſtall zu Lutzenſtein. o)In dem Braunſchweigiſchen erſchien auch 1697 eine Verordnung wegen der Maͤngel der ver - kauften Pferde in den Calenbergiſchen Landes - ordnungen, O. 2. S. 626.Man dachte in dieſem Jahrhunderte in Deutſchland auch an die Mauleſelzucht. Es iſt bekannt, daß die Maulthiere oder Mauleſel aus Aſien nach Afrika kamen, wo man ſie im Koͤnigreich Te - lenſin auf den Graͤnzen der Wuͤſte Angadi bey der Stadt Guadiga, auf dem Gebirge Seg - gennin, in Tedles und Benimeraſen, Meſetetta - za und Ziz zog; von da aus kamen ſie nach Euro - pa nach Spanien, Italien und Frankreich, wo die in Auvergne vorzuͤglich ſind. In Deutſch - land beſchaͤftigte man ſich, ſonderlich im Wuͤr - tembergiſchen, damit, wo man ſie ſo vorzuͤglich zog, als in Spanien und Fraukreich; auch in dem Fuldaiſchen hat man Maulthierzucht.
In den Braunſchweichiſchen Landen bluͤhete die Viehzucht in dieſen Zeiten ſehr. In einem Votum des Braunſchweigwolfenbuͤtteliſchen Geſandten, welches er auf dem regenſpurgiſchen Reichstage 1663 den 27ſten October ablegte, wird geſagt: daß zu den Zeiten Henrici lulii bey 18000 Pferde in dem Lande Braunſchweig geweſen, die nicht geringen Vortheil gebracht.
O 3Im214Im ſiebenzehenten Jahrhunderte erhielt Deutſchland weit mehrere Schriftſteller, als es vorher hatte; ſie lieferten theils Originale, theils Ueberſetzungen fremder Werke. Es gehoͤren hieher nicht nur alle Schriftſteller uͤber die Land - wirthſchaft uͤberhaupt, ſondern auch ins beſonde - re Uffenbach,p)S. Winter. l. c. S. 122. Neues Roß-Buch oder von der Pferde-Anatomie, Natur, Cur, Pflegung, Heilung aus Karoli Riemi von Bononien Edition in das Deutſch uͤberſetzt durch Peter Uffenbach M. D. zu Frkf. 1603. Fol.Chriſt. Jac. Lieb Reitkunſt, Dresden, 1616.Mangers Sauters, Merks Fuggers Stallmei - ſterbuch von der Roßarzeney, wie auch ſein Biß - buch von dem geſchloſſenen und offenen Biß nach der Kunſt des Zaums. Augſ. und Frankf. 1622.Georg Loͤhneiſens vollkommene Reitkunſt von den ritterlichen Uebungen bey Aufzuͤgen und Tur - nieren 1625. Fol.Ioh. Melch Maderi Equeſtria ſ. de arte equitandi Lib. II. Norimb. 1621. 4.Neugebahnter Tummelplatz und eroͤffnete Reitſchu - le, Wien, 1660. iſt eine Ueberſetzung von dem Cavallo di Maneggio des Galiberti Martin Lie - bens Reitkunſt, 1665.Verneuerte Reitkunſt in deutſcher und franzoͤſi - ſcher Sprache, mit dem Anhange des Hrn. du Breuil Pompée kurzen Unterricht vom zierlichen und geſchickten Sitz zu Pferde. 1670. Fol.Winter von Adlersfluͤgel Stutterey und Fohlenzucht, Nuͤrnberg, 1672.Auserleſene und werthbefundene Roßarzeneyen, uͤberſetzt aus dem Franzoͤſiſchen des Herrn An -toni Lieb, Sauters, Mader, Loͤhn -eiſen,215eiſen, Winter, Hohberg, Pinter. Die meiſten von dieſen beſchaͤftigen ſich zwar vorzuͤglich mit der Reitkunſt; allein ſie behandeln dabey doch immer die Pferdezucht und Roßarzeney. Pin - ter iſt einer der erſten, der Beſtimmungen und Regeln fuͤr die Schoͤnheit der Pferde gab, aus welchem ſie Florinus in ſeinem adlichen Haus - vater im IV. B. in 4 Cap. nebſt der Zeichnung entliehe. Da Pinters Werk nicht in allen Haͤnden iſt, und doch in ihrer Art die Regeln fuͤr die Schoͤnheit des Pferdes etwas beſonders und eigenes ſind, auch zugleich von dem dama - ligen Geſchmacke zeugen, ſo will ich die StelleO 4ausp)toni le Pulvinel und dem Spaniſchen des Ste - phani Bracciolini, 2 Buͤcher, Frankf. und Leip - zig. 1674. 8. Georg Simon Winter von Adlersfluͤgel Eques peri - tus et Hippiater expertus, oder wohlberittener Cavallier und wohlerfahrner Roßarzt, Lat. und Deutſch. Nuͤrnberg, 1678.Ebendeſſelben wohlerfahrner Roßarzt, beſonders gedruckt, Nuͤrnberg 1678. Fol.v. Hohbergs vollkommne Pferdezucht. Nuͤrnberg, 1678. Fol.Johann Chriſtoph Pinters von der Au neuer voll - kommner verbeſſerter und ergaͤnzter Pferdeſchatz mit beygefuͤgter Reitkunſt des Hrn. del Campi, Frankf. 1688. Fol.W, H. H. vollkommne Pferd - und Reitſchule. Nuͤrn - berg, 1689. 8. Fol.Winter von Adlersfluͤgel curioͤſer Stallmeiſter 1691 8.Die edle Reitkunſt aus dem Franzoͤſiſchen uͤberſe - tzet, Frankf. 1698.216aus dem Pinteriſchen Werke nach der Ausgabe von 1688. S. 105. hier einruͤcken. Des ganzen Pferdes Laͤnge, ſagt er daſelbſt, muß ſich mit der Hoͤhe von den Schenkeln, ſo auf die Erde rei - chen, bis an den Riß, oder an die Scheidung des Leibes, mit dem Halſe vergleichen; die Hoͤhe des ganzen Pferdes aber, von dem oberſten duͤnnen Halsbug an, bis auf den Boden, um ein Drittel hoͤher: naͤmlich um ſo viel der Hals in die Hoͤhe ſteigen ſolle, daß die ganze Hoͤhe in drey gleichen Theilen beſtehet, davon der Hals einer, des Leibes Hoͤhe der andere, und die Laͤnge der Schenkel der dritte iſt. Alſo wird auch des ganzen Leibes Laͤnge in drey glei - che Theile unterſchieden: der erſte dritte Theil hat die Bruſt, vordern Bug und Lanken; der andere den ganzen Bauch und Ruͤcken; und der dritte Theil die Groppe mit den Hinterlan - ken oder Lenden, und obern Anfang derſelben Schenkel. Des Kopfs Laͤnge iſt der vierte Theil von des Pferdes voͤlligen Hoͤhe; dieſe voͤllige Kopfslaͤnge in fuͤnf gleiche Theile abgetheilet, gehet das erſte Fuͤnftheil unter den Ohren durch. Das andere Fuͤnftheil gehet durch das Auge. Das vierte ob dem Maul, wo es aufgeſchnit - ten. Das fuͤnfte beſchließet unter den Lefzen die ganze Kopfslaͤnge. Des Kopfs Breite iſt in der obern Haͤlfte noch ſo breit als unten, eben ſo viel als der ſiebente Theil von des Pferdes Kopfs voͤlliger Laͤnge. Des Auges Laͤnge oder Breite ein achter Theil von des Kopfs Laͤnge. Des217Des Auges Dicke oder Hoͤhe ein ſechſter Theil von des Kopfs Breite. Wo der Hals am ſchmaͤlſten oder duͤnneſten, drey Fuͤnftel von des Kopfes Laͤnge; wo er am breiteſten, noch ſo breit als oben. Die Schenkel formiren ſich aus den Dritteln des Pferdes Leibeslaͤnge, und zwar wird das vordere wieder in vier Theile der Laͤnge nach unterſchieden, davon das erſte Viertel die vorſtehende Bruſt nimmt, wo ſie am weiteſten herausſtehet. Aus den zweyen nachfolgenden entſtehet der vordern Schenkel groͤßte Breite. Das letzte nehmen die Lanken ein, wie an dem hintern letzten Drittel, das er - ſte Viertel die Lanken, die zwey nachfolgenden der dicke Schenkel, und das letzte der hintere runde Leib. Das Kniegelenke die Haͤlfte ſo breit, als der oberſte dicke Schenkel. Das Schienbein oder Roͤhren ein Drittel von der oberſten Breite. Das Kniegelenke ſoll nicht im Centro des Schenkels, ſondern ſo viel un - terwaͤrts geſetzet, als das Schienbein breit, kuͤr - zer als der obere dicke Schenkel ſeyn. Der Huf, ſo hoch das Knie breit iſt, alſo deſſelben Laͤnge in gleicher Maaß. So viel der Ruͤckgrad ein - gebogen und abſinket, ſoll auch der Bauch von der Horizontlinie abſinken, und mitten am tief - ſten ſeyn. Alſo ſoll auch die Groppe uͤber den Ruͤcken ſteigen, und der Riß in gleicher Hori - zontlinie ſtehen. Die hintern Schenkel ſollen ſo weit von den vordern abſtehen, als des Pfer - des Leib lang iſt. Vom Hals ſoll nichts, ſon -O 5dern218dern allein der Kopf fuͤr den vordern Leib und Bruſt hinaus ſtehen. Der Hals ſoll ſeinen Bug am oberſten und ſchmaͤlſten Orte kurz nehmen, der uͤbrige aber gleich aufrecht ſtehen. Gleich unter demſelben ſollen die vordern Schenkel auf der Erde ſtehen. Alſo ſollen auch Naſe und Stirn eine gleiche Perpendicularlinie machen.
Man hat, vorzuͤglich in den neuern Zeiten, vielerley Arten von Geſtuͤtten. Das erſte iſt ein Landgeſtuͤtte, wenn naͤmlich der Landmann ſeine zum Ackerbau zu brauchenden Stutten durch Beſchaͤler, welche auf herrſchaftliche oder Landeskoſten erhalten werden, bedecken laͤßt und Fuͤllen ziehet. Der Endzweck und die Vorthei - le ſolcher Geſtuͤtte ſind, daß der Landmann ſeine Fuͤllen ſelbſt erziehet und nicht noͤthig hat, das Geld aus dem Lande zu geben, daß er geſunde und ſchoͤne Pferde ziehet, und daß der Landes - herr ſeine Reuterey aus dieſem Geſtuͤtte beritten machen kann. q)Ausfuͤhrlich handelt davon Prizelius in ſeiner vollſtaͤndigen Pferdewiſſenſchaft, S. 255. und Zehentner im kurzen und gruͤndlichen Unterricht von der Pferdezucht. S. 98.Die zweyte Art der Geſtuͤtte iſt dieſe, daß man auf den Vorwerken anſtatt anderer Arbeitspferde bey der Wirthſchaft Stut - ten hielte, welche alſo ihr Futter ſelbſt verdienen. Man koͤnnte dieſes auch als eine Art von Land - geſtuͤtten anſehen: allein da ſie auf die Cam - mervorwerke ſich erſtrecken, koͤnnen ſie beſſerCam -219Cammergeſtuͤtte heißen. Hier giebt der Lands - herr zu dem Geſtuͤtte nichts, als die Weide; die Stutten verdienen ihr Futter; die Hengſte und Beſchaͤler haben ihren Unterhalt aus einer be - ſtimmten Caſſe. Die dritte machen die wilden Geſtuͤtte aus, welche ſich ſonderlich in Pohlen, Ungarn, in der Ukraine, Moldau, Walachey, bey den Tartarn und Kalmucken finden, die ihre Geſtuͤtte in unbebaueten und wuͤſten Gegen - den gehen laſſen, wo ſich die Pferde ihre Nah - rung ſelbſt ſuchen muͤſſen. Die vornehmen pohl - niſchen Herren halten dergleichen Geſtuͤtte, um daraus den Abgang von Kutſch - und Reitpfer - den in ihrem Stalle zu erſetzen: denn ſie muͤſ - ſen aus Mangel der Poſten immer wohlbeſetzte Staͤlle von etlichen hundert Stuͤcken haben; al - lein ſie wenden wenig auf ihre Geſtuͤtte an gu - ten Beſchaͤlern, weil ſie es fuͤr eine Schande halten, ein Stuͤck zu verkaufen, ſondern nur verſchenken.
Die vierte Art von Geſtuͤtten iſt auch wild, da naͤmlich die Geſtuͤtte im Winter in einen großen Schoppen getrieben, und den Pferden des Morgens Stroh, Mittags Heu und Abends wieder Stroh gereicht wird; dergleichen es ſonderlich viele in Ungarn giebt. Aus dieſen beyden letzten Arten von Geſtuͤtten kommen nun die ſo beruͤhmten wilden Pferde, welche ſo dauer - haft ſind, daß ſie alles ausſtehen, und ſich mit ſchlechter Koſt begnuͤgen, und mit welchen man in einem Tage 18 bis 20 Meilen reiſen kann. Sie220Sie finden ſich in Pohlen, Ungarn, Rußland, bey den Tartarn und Koſaken. Dieſe Pferde beſitzen eine unglaubliche Geſchwindigkeit, und ſind daher ſchwer zu fangen.
Die vorzuͤglichſten Vorſchlaͤge zu Landesge - ſtuͤtten thaten die Hrn. Sind, Prizelius und Zehentner in ihren Schriften Ich will hier ſonderlich das Syſtem des letztern anfuͤhren, da es zur Befoͤrderung der guten Pferdezucht eines Landes nicht wenig beytragen kann. Er ver - langt, daß jaͤhrlich vor der Beſchaͤlzeit ein Auf - ſeher herum reiſe, und ſich die Stutten jedes Amts vorzeigen laſſe; dieſer erkundigt ſich bey dem Landmanne, welche Stutte er zur Zucht fuͤr das Jahr beſtimme, verſpricht ihm mit Er - laubniß ſeines Herrn eine kleine Belohnung, wenn er das beſte Fuͤllen im Amte, oder ein fuͤr die Reuterey ſchickliches erhalte; giebt jedem auf die zu bedeckende Stutte einen Zettel mit Be - merkung des Haars, Alters und Abzeichen der Stutte, damit er keine andere bringe. Dieje - nigen, welche keine Zettel annehmen, duͤrfen keine Stutte zum Beſchaͤlen bringen, welches gleichſam eine Strafe iſt.
Um den Landmann an eine gewiſſe Ord - nung zu binden, die in den Landgeſtuͤtten un - umgaͤnglich noͤthig iſt, weil man ſonſt nicht weiß, ob ein Fuͤllen von herrſchaftlicher und alſo guter Race iſt, ſo haͤlt er es fuͤr rathſam, jedem Bauer, der ſeine Stutte bedecken laſſen will, einen Zettel zu geben; und ſo auf mehrere Stut -ten221ten mehrere Zettel, worauf das Amt, Dorf und der Name des Bauers nebſt dem Alter, Haar und Abzeichen der Stutte bemerkt, und vom Aufſeher des Landesgeſtuͤttes unterſchrieben iſt.
Waͤhrend daß der Stallmeiſter den Zettel ſchreibt, regiſtrirt der Beamte eben daſſelbe; und wenn die Beſchaͤftigung zu Ende iſt, ſo wird das Protokoll von dem Beamten unter - ſchrieben, welches der Aufſeher des Landesge - ſtuͤttes mitnimmt; doch bleibt eine Abſchrift da - von im Amte. Hieraus erſiehet man nun 1) die Anzahl der Stutten im Lande, wornach man die Beſchaͤler reguliren kann; 2) erhaͤlt man den Vortheil, daß gute Stutten gewaͤhlt wer - den, und man 3) dem Landmanne den Beſchaͤler nicht anders als auf dem Zettel bemerkt zufuͤh - re. Er ſiehet darauf, daß der Landmann ſeine Stutten nicht unter 4 Jahren anſpanne. Nach dem Schlage und der Anzahl der in einem Am - te ſich befindenden Stutten vertheilt der Aufſe - her die Beſchaͤler, und ſchickt ſie im Anfange des Maͤrzes auf die Aemter unter der Aufſicht der Beſchaͤlknechte. Dieſen wird eine ſchrift - liche Inſtruction mitgegeben, die eine Beſchaͤl - ordnung und Wartung der Pferde enthaͤlt Er mißbilliget die Gewohnheit, die Beſchaͤler auch außer der Beſchaͤlzeit in den Aemtern zu laſſen, weil die Sache nicht in der Ordnung und Ein - richtung gehalten werden kann, die Beſchaͤler nicht ſo gut behandelt werden, die Beamten dasGe -222Geſtuͤttgeſchaͤft nicht verſtehen, und der Antrieb zur Fuͤllenzucht bey dem Landmanne nicht ſo hef - tig waͤre, wenn man ihm jaͤhrlich einerley Be - ſchaͤler giebt. Die Vorſchrift der Beſchaͤlknech - te erſtreckt ſich dahin, daß 1) keine Stutte, auf welche nicht ein Zettel von dem Aufſeher gege - ben worden, zugelaſſen, 2. daß fuͤr den Be - ſchaͤler ein Scheffel Hafer von dem Bauer er - legt, 3) der Tag des Beſchaͤlens auf dem Zet - tel bemerkt werde, 4) die Stutten mehrmalen umſpringen zu laſſen und dieſes auf den Zettel anzuſetzen, 5) den Landmann zu unterrichten, 6) ein genaues Regiſter von dem Beſchaͤler fuͤh - ren, und 7) alle vierzehn Tage Bericht davon einſchicken. Nach der Beſchaͤlzeit werden die Beſchaͤler aus dem Lande verſammelt, und dar - aus ein allgemeines Beſchaͤlregiſter gemacht, und mit dem Knechte berechnet wegen des empfan - genen und verfuͤtterten Hafers. Die Beſchaͤ - ler kommen gegen Ende des Junius aus dem Lande zuruͤck, da das erſte die Berechnung mit den Knechten iſt; nach dieſem wird das Beſchaͤl - regiſter vom ganzen Lande verfertiget, wovon er ſelbſt S. 274 eine Tabelle giebt. Aus dieſem wird ein Extract gemacht, welcher nebſt dem Berichte hoͤhern Orts eingeſendet wird. In dem Berichte wird angemerket, ob der Land - mann die ausgeſetzten Stutten alle richtig herzu gefuͤhret habe, und ob er, durch das oͤftere Um - ſpringen der Stutten zur Fuͤllenzucht Luſt blicken laſſen. Alle Fehler, oder das noch Mangel -hafte223hafte der Einrichtung, werden bemerklich ge - macht, und die desfalls zu machende Verbeſſe - rung vorgeſchlagen.
Die Abſetzer von den Beſchaͤlern werden an - gezeiget, und zu deren Verkauf und zu An - ſchaffung anderer die noͤthige Genehmigung ge - beten. Das Betragen der Knechte wird er - zaͤhlt, und die nichtstauglichen ab - und neue an - zuſchaffen in Vorſchlag gebracht. Am Ende des Julius ſchicken die Beamten Verzeichniſſe von den im Lande von herrſchaftlichen Beſchaͤ - lern gefallenen Fuͤllen ein. Hierdurch wird der Aufſeher des Landgeſtuͤttes die Erheblichkeit oder Unerheblichkeit der Beſchaͤler, oder ſonſt bey dem Beſchaͤlen vorgegangene Fehler zu beurthei - len, in den Stand geſetzet, und kann zur Ab - ſchaffung der untuͤchtigen Beſchaͤler, oder zu Ab - aͤnderung der Fehler, Vorſchlaͤge thun. Um zu wiſſen, ob und wie viel Fuͤllen von dem Be - ſchaͤlen des vorhergehenden Jahres gefallen ſind, iſt es noͤthig, daß die Vorſteher eines Dorfes oder Bauerſchaft richtige Verzeichniſſe aufneh - men, von was fuͤr Stutten Fuͤllen gefallen, welches Geſchlechts ſie ſind, und was fuͤr Haar ſie haben. Dieſe Verzeichniſſe werden an das Amt, und von da dem Aufſeher des Geſtuͤttes zugeſandt. Nach dieſem kann er die Fuͤllen in ſein Beſchaͤlregiſter eintragen; doch rathe ich ihm, das Haar nicht eher einzuſchreiben, bis er die Fuͤllen erſt ſelbſt geſehen: denn der Bauer kennet das Haar nicht, und die Fuͤllen veraͤn -dern224dern es auch in einem Jahre ſolchergeſtalt, daß ſie nicht kenntlich bleiben. Aus ſaͤmmtlichem Verzeichniſſe wird wieder ein Auszug aus dem ganzen Lande gemacht, woraus die Anzahl der bedeckten Stutten und der davon gefallenen Fuͤl - len zu erſehen iſt, und hoͤheres Orts eingeſchi - cket. Daraus kann der Aufſeher fuͤr ſich Aus - zuͤge machen, zu erfahren, ob auch ein Beſchaͤ - ler vor dem andern unerblich ſey; und bemer - ket er dieſes, ſo erkundiget er ſich nach der Ur - ſache, ob auch vielleicht Fehler bey dem Zeu - gungsaktus vorgegangen, oder die Stutten Schuld daran ſind; iſt aber das nicht, und er wird uͤberzeuget, daß er ſeinem Amte nicht ge - hoͤrig vorſtehe, koͤmmt er unter die Zahl der Abſetzer. Sind, ſeinem Beduͤnken nach, uͤber - haupt zu wenig Fuͤllen gefallen, ſo muß er mit allem Fleiße die Urſachen davon unterſuchen, die er denn bald finden wird, und heilſame Vor - ſchlaͤge dawider thun, wovon man das naͤchſte Jahr die beſte Wuͤrkung verſpuͤret. Im ſpaͤten Herbſt reiſet der Aufſeher mit dem Cur - ſchmidt wieder auf die Aemter, laͤſſet ſich die ge - fallenen Fuͤllen vorzeigen, ſie mit einem Bran - de verſehen, beſorget die Bezahlung der Spring - thaler, welchen ein jeder Landmann fuͤr ein Fuͤl - len bezahlen muß, und theilet die verſprochenen Belohnungen aus. Damit kein Unterſchleif mit den Fuͤllen vorgenommen, und etwa ein ſchlechtes von einem Bauerhengſte erzeugtes fuͤr ein von einem herrſchaftlichen Hengſte gefalle -nes225nes Fuͤllen ausgegeben werden koͤnne, iſt es noͤ - thig, daß diejenigen, welche wirklich im Land - geſtuͤte gefallen ſind, mit einem Brande auf die Lende verſehen werden.
Man fuͤhrte in Deutſchland auch die wilden Geſtuͤtte ein. Das beruͤhmte und gluͤckliche Bey - ſpiel davon iſt das in der Grafſch aft Lippe in einem Walde bey Detmold, welcher die Sene heißt, und von welchem das beruͤhmte Senergeſtuͤtte den Namen hat,p)S. Prizelius Beſchreibung des Sener Geſtuͤt - tes, Lemgo, 1771. 8. welches eine Art von wildem Geſtuͤtte iſt. Es giebt in Deutſchland viele Waͤlder und Thiergaͤrten, wo man dieſe wilde Pferdezucht mit der Haltung der Jagdthiere verbinden, und dadurch die Hoͤlzer und Waldun - gen vortheilhafter machen koͤnnte. Die Pfer - de gehen daſelbſt in dem Walde truppweiſe bey - ſammen; welches daher kommt, weil ſie die Stuttfohlen den erſten Winter im Stalle fuͤt - tern, ſo bald aber die Graͤſung koͤmmt, ſo laſ - ſen ſie ſolche in den Wald, da ſie ſelbſt fuͤr ihre Nahrung ſorgen muͤſſen. So wie ein jeder Jahr - gang in den Wald kommt, ſo bleiben ſie auch von einander abgeſondert, und leiden einander nicht unter ſich. Die Hengſtfohlen werden al - le Winter auf dem Stalle gehalten, und des Sommers gehen ſie auf die Weide. Dieſes Geſtuͤtte trug ehemals, nach dem Zeugniſſe des Hrn. Grafen von Detmold, welches Hr. Ze -hentnerP226hentner S. 117 angiebt, an 20000 Reichs - gulden und zuweilen Reichsthl. ein; die Rechnun - gen, welche noch in der Kammer aufbehalten werden, weiſen dieſes aus. Das Geſtuͤtte war in ſeinem Flore an 400 Stutten ſtark. Man hatte zugleich auch ein Landgeſtuͤtte damit ver - bunden: denn die Bauern durften keine Be - ſchaͤler halten, ſondern der Graf hielt ſie, und ließ den Bauern die Stutten belegen. Gefiel nun das von der Stutte abgeſetzte Fohlen dem Herrn, ſo nahm er es gegen Erlegung von 10 Thalern, welche der Bauer erhielt, in das Ge - ſtuͤtte. Das graͤfliche Geſtuͤtte war alſo ſehr zahlreich, noch ſtaͤrker aber das Landgeſtuͤtte, und ſein Ruhm zog die Kaͤufer aller Laͤnder da - hin. Allein es verfiel nach und nach um die Mitte des itzigen Jahrhunderts ſo, daß es nur an 130 bis 140 Stutten ſtark blieb, die in al - lem nur 12 Fohlen hatten; man hielt dabey nur 12 Beſchaͤler. Die Aufſicht uͤber daſſelbe erhielt ein alter Jaͤger und Kutſcher: der erſte fuͤhrte das Beſchaͤlregiſter, der andere aber beſorgte das Belegen. Es hatte den verdienſtvollen Mann, der es ſo vorzuͤglich angelegt und aufge - bracht hatte, durch den Tod verloren; den andern, den Hr. Huſcher, hatte man nach Maynz be - rufen, und ſo war es in unerfahrne Haͤnde ge - fallen; und 1747 fand Herr Zehentner kaum noch einige Spuren ſeiner alten Groͤße.
Naͤchſt dieſem war im Anfange dieſes Jahr - hunderts auch das Buͤckeburger Geſtuͤtte ſehrbe -227beruͤhmt. Allein es verfiel auch um die Mitte dieſes Jahrhunderts, bis auf 24 Beſchaͤler, worunter die meiſten alt und unbrauchbar wur - den. Es waren nur noch 23 Stuten, von denen man 6 Fohlen bekam. Auch mit die - ſem war ein Landgeſtuͤtte verbunden, und eben um deswillen noch ſo viele Beſchaͤler, da fuͤr das graͤfliche Geſtuͤtte nach dem Verhaͤltniß der Stuten weit weniger zureichend waren, gehal - ten. Die Aufſicht daruͤber hat ein Oberforſt - meiſter. Beyde ſonſt ſo beruͤhmte Geſtuͤtte fie - len nicht etwa in den Zeitraum eines Jahrhun - derts, ſondern binnen 12 bis 15 Jahren, durch Nachlaͤßigkeit. Man hielt viel Hengſte um - ſonſt, und verließ die alten guten Beſchaͤlord - nungen und Einrichtungen vorzuͤglich des erſtern Geſtuͤttes. Im Jahr 1747 fand Hr. Zehent - ner noch praͤchtige und ſchoͤne Ueberreſte von dem ehemaligen durch ganz Europa bekannten Ruhm deſſelben Im Holſteiniſchen, wo die Pferdezucht in dem 16ten und 17ten Jahrhun - derte ſo vorzuͤglich bluͤhete, und ſelbſt noch zu Anfange des itzigen anſehnlich war, iſt ſie auch in Abnahme, ſo daß noch kaum 12 anſehnliche Stuttereyen nach Zehentners Bericht daſelbſt zu finden ſind. Das Wahrſcheinliche iſt hier die Ur - ſache, daß die uͤbrigen deutſchen Laͤnder, wel - chen Holſtein bis in dieſes Jahrhundert alle ih - re Pferde lieferte, anfiengen, ſelbſt an dieſen Vortheil zu denken, und eine eigene Landes - Pferdezucht mit weniger oder mehrerm GluͤckP 2an -228anlegten. Sie weiden die Pferde vom halben May an bis zur Mitte des Octobers, und rech - nen auf 212 Tage, da ſie im Stalle mit Heu gefuͤttert werden, 20 Cent. Heu auf ein Stuͤck. Unter den OeſterreichiſchenGeſtuͤtten zeichnen ſich die in Krain aus; ſie beſtehen vorzuͤglich aus Spaniern und Barbarn; Ungarn giebt ihnen die wilden Fluͤchtlinge.
Sachſen hat 7 Geſtuͤtte, und ſuchte in die - ſem Jahrhundert vorzuͤglich dieſelben durch Spa - niſche Beſchaͤler zu verbeſſern. Jedes iſt auf 80 Stutten geſetzt, welche aber hoͤchſtens nur 12 bis 18 Fohlen jaͤhrlich geben. Es erhielt nach geendigtem ſiebenjaͤhrigen Kriege einen anſehn - lichen Tranſport Spaniſcher Pferde, welche es zu Verbeſſerung ſeiner Stuttereyen anwendete, und von Zeit zu Zeit ſuchte man mehr herbey - zuziehen. Man fuͤhrte zugleich eine Art von Landgeſtuͤtte ein, da aus den herrſchaftlichen Stuttereyen jaͤhrlich Beſchaͤler in die Aemter geſendet werden, um die Stutten der Bauern zu belegen. Durch dieſe und aͤhnliche Einrich - tungen erhielt Sachſen eine ſo gute und vor - theilhafte Pferdezucht, vornehmlich in den Aue - gegenden laͤngſt der Elbe, daß man 1777 und 1778 bey den hohen Preiſen der Meckelnbur - giſchen Pferde 7 bis 8000 Stuͤck fuͤr Cavalle - rie und Gepaͤcke auszeichnen konnte. Sachſen hat ſeine Geſtuͤtte zu Torgau, Merſeburg, Krayſcha, Zelle, Wendelſtein, Doͤhlen, im Churkreiſe, Veſra im Hennebergiſchen. ImTor -229Torgauiſchen Geſtuͤtte fallen die Pferde ſehr dau - erhaft, und deswegen hat man dieſe Stutterey wahrſcheinlich beybehalten, da ſie ſonſt nicht viel eintrug. Nach den neuern Einrichtun - gen aber, koͤnnen mehrere Pferde mit wenigern Koſten gezogen werden, da 1748 auf die Vor - ſtellung eines erfahrnen Landwirths C. N. V. von E. eine neue Wirthſchaftseinrichtung auf den koͤnigl. Vorwerkern durch ihn eingefuͤhrt wurde, die der Meckelnburgiſchen ziemlich gleich kommt. Seit dem hat man einen jaͤhrlichen Ueberſchuß von 4000 Thl. gemacht, welches ſonſt vor Hafer und Stroh, welches 4 bis 8 Meilen weit herbey gefuͤhrt werden mußte, aus - gegeben wurde. Die Stuterey im Amte Wen - delſtein, welche bey dem letzten Kriege eingegan - gen, wurde nun im Frieden wieder hergeſtellt, und zu ihrem Behuf nur neuerlich die Verord - nung gemacht, daß auf dem Viehmarkte zu Querfurt, welcher unter dem Namen der Eſels - wieſe bekannt iſt, kein Pferd eher darf verkauft werden, bis ſie vor dem Stallmeiſter der Stu - terey vorbey gefuͤhrt worden.
Der Hof zu Hannover ſahe den Nutzen der Verbeſſerung der Geſtuͤte nicht weniger ein, und gab deshalb auch Beſchaͤler auf die Aemter; hierdurch iſt man ſchon ſo weit gekommen, daß der Koͤnig von England nicht allein ſeine ganze Reiterey und alles, was er an Pferden zum Kriege fuͤr ſeine Lande braucht erhaͤlt, ſondern auch noch viel fremdes Geld einziehet. ManP 3ziehet230ziehet ſchoͤne Pferde daſelbſt, nur ſind ſie oft zu fein und zu ſchwach; ſonſt haben ſie auch gu - te Wagenpferde. Unter den Hannoveriſchen Geſtuͤtten ſind ſonderlich das zu Roſenburg be - ruͤhmt. Auch ſind in dem Hannoͤveriſchen gu - te Manlthiergeſtuͤtte.
Der Landgraf von Heſſenkaſſel folgte in der Mitte dieſes Jahrhunderts dieſem Beyſpiele nach, und fieng es ſchon als Statthalter mit großem Eifer an. Er wendete viele Koſten auf gute Beſchaͤler; dennoch fallen die Pferde meiſt zu fein, die Marburger ausgenommen, welche noch ein gutes Fundament haben. Der Mark - graf von Anſpach fuͤhrte die Landgeſtuͤtte ein, und verbeſſerte dadurch die Pferdezucht anſehn - lich, doch tadelt man an ihnen, daß ſie ſelten gon großem Vermoͤgen ſind. Auch in einigen geiſtlichen Landen machte man gegen die Mitte des itzigen Jahrhunderts vorzuͤgliche Anſtalten hier - zu. In Bamberg machte ſich der Oberbereuter Steckmeuer verdient, und in Wuͤrzburg zog die Pferdezucht ſchon in der Mitte dieſes Jahr - hunderts Geld ins Land. Auch Maynz rief den Stallmeiſter Huſcher von dem Senergeſtuͤt - te, um die ſeinigen zu beſſern; eines der vor - zuͤglichſten iſt Speſſart. Im Fuldaiſchen giebt die Zucht mehr Wagenpferde als andere gute Stuͤcke; indeſſen iſt die Maulthierzucht daſelbſt anſehnlich. Im Rudolſtaͤdtiſchen und Eiſenachi - ſchen iſt die Pferdezucht nicht weniger anſehn -lich.231lich. In dem Coburgiſchen iſt das Rodacher Geſtuͤtte bekannt.
Wuͤrtemberg ließ es ſich vornehmlich angele - gen ſeyn, und uͤbergab die Aufſicht dem Bar. von Roͤder, welcher auch dem Land bald anſehn - liche Einkuͤnfte dadurch verſchaffte. Im Herzog - thume Wuͤrtemberg werden jetzt zum Landbau, zu andern Gewerben und zur Nachzucht mehr als 30000 Pferde unterhalten. Zu Ende des vorigen Jahrhunderts belief ſich die Anzahl al - ler Pferde auf 34000 St. nachher aber wuchs die Volksmenge und die Rindziehzucht, die Zahl der Pferde aber wurde geringer. Die Anzahl des Rindviehes im Lande verhaͤlt ſich zur An - zahl der Pferde ungefaͤhr wie 2 zu 17. Wuͤr - den die Pferde im Lande ſelbſt nicht gezogen, ſo wuͤrden wenigſtens nach einer Berechnung 180,000 Gulden auſſer Landes gehen. Von Georgii 1773 bis dahin 1〈…〉〈…〉 74 ſind 222 St. Pferde auſſer Landes verkauft worden. Der Preis eines auſſerha〈…〉〈…〉 Landes verkauften Pfer - des iſt ungefaͤhr 55 Gulden, der Preis eines ins Land gekauften 42 Gulden. Alſo verhal - ten ſich die Preiſe zu einander, wie 4 zu 3. Der Grund dieſes Unterſchiedes liegt zum Theil darinnen, daß auf den auslaͤndiſchen Maͤrkten viele Fohlen ins Land erkauft, und hernach wenn ſie erwachſen ſind, wieder theurer an Aus - laͤnder verkauft werden; zum Theil liegt der Grund auch darinne, daß die inlaͤndiſchen Pferde mehr geachtet und theurer bezahlt werden. ImP 4Jah -232Jahre 1773 trug der Pferdehandel dem Her - zogthume Wuͤrtemberg 42,065 Gulden ein. Im Naſſauſaarbruͤckiſchen wurden um das J. 1747 auch Geſtuͤtte durch Hrn. Zehentner ange - legt. Im Paderborniſchen fuͤhrte der Hr. von Sind die Landgeſtuͤtte ein. Zwar koſtete es ihm viel Muͤhe, indem die Bauern eine Art von Leibeigenſchaft darunter befuͤrchteten. Er brachte es indeſſen durch Vorſtellung dahin, daß die Bauern ihre Pferde von herrſchaftlichen Beſchaͤlern bedecken laſſen. s)Er ſelbſt giebt Nachricht davon in ſeinem Un - terricht vou der Pferdezucht, S. 43. wo er auch die Antwort der Bauern anfuͤhrt. „ Wir koͤn - nen, ſagten ſie, aus alten Decumenten anfuͤh - ren, daß alle Abgaben, die wir dem Herrn zu geben ſchuldig ſind, anfaͤnglich nur freywillige Geſchenke waren; nach und nach hat man ſie uns zur Schuldigkeit aufgedrungen. Wenn wir nun eingehen wollten, Pferde aus Zwang zu erziehen, und dem Landesherrn den Anſpruch darauf zu loſſen, ſo wuͤrden wir in kurzem kein Pferd, kein Vieh und nichts eigenes mehr ha - ben, und endlich in Leibeigenſchaft verfallen. “ Er bemerkt zugleich, daß die Lippiſchen Leibei - genen noch mehr einzuwenden gehabt, und eine ausgedehntere Leibeigenſchaft befuͤrchtet haͤtten.In dem Ba - dendurlachiſchen ergiengen Verordnungen we - gen der Landesgeſtuͤtte, wovon, ſo wie uͤber - haupt von dem Badendurlachiſchen Oekonomie - zuſtande Hr. Geh. Reinhard im Intell. Bl. von 1765 S. 124. einige Nachricht giebt. Ein233Ein gleiches geſchahe in den Brandenburgiſchen Landen, wo man, wie auf alle Landwirthſchafts - geſchaͤfte, ſo auch auf dieſes ein vorzuͤgliches Augenmerk richtete. Es erſchien 1713 ein E - dikt wegen Verbeſſerung der Pferdezucht, 1715 eines wegen Aufkauf und Einfuhr der Pferde, 1716 eins wegen des Magdeburgiſchen Pfer - demarkts. Man benutzte dazu ſonderlich ein Geſchenk tuͤrkiſcher Hengſte, welche der Hof zu Berlin vom Sultan erhielt. Ob der Erfolg gluͤcklich geweſen, davon mangeln die Nach - richten.
Pfalz und Bayern, welches in den aͤltern Zeiten ſo vorzuͤgliche Pferdezucht hatte, ſie aber nach und nach durch allerhand Zufaͤlle, vor - nehmlich verderbliche Kriege verlor, bemuͤhete ſich in den neuern Zeiten um die Verbeſſerung derſelben. Die Graͤfl. Promnitziſchen Geſtuͤt - te zu Pleſſe in Schleſien, die ſo beruͤhmt wa - ren, und deren Anlage man auf 100000 Thl. gerechnet, aber auch Pferde zu 1000 Thl. lie - ferten, haben einen großen Theil ihres Anſe - hens verloren.
Dieſes waren die Bemuͤhungen um die Pfer - dezucht, allein man that auch nicht weniger um die uͤbrigen Theile des Viehſtandes. Die Re - gierungen wurden durch die Seuchen, welche bald zu Anfange dieſes Jahrhunderts auch in Deutſch - land große Verwuͤſtungen anrichteten, erweckt. Dieſelben wurden ſonderlich um das Jahr 1711P 5ſehr234ſehr heftig. t)Edikt wegen des Viehſterbens v. 1711. Wie es wegen des Einſcharrens, Vergrabens, ingleichen, wenn das Vieh von einem Orte zum andern ge - bracht wird, zu halten, ſammt einem Entwurf einiger Huͤlfemittel. 1712. Verordnung, daß das verreckte Vieh, wenn es an der Seuche ſtirbt, 5 Ellen tief mit Haut und Fell in die Erde vergraben werden ſoll.1713. 10. Jan. Wie und an welchen Orten die Graben vor das verreckte Vieh gezogen, jedoch ſolche von denen Wirthen, denen das Vieh ab - geſtorben, verfertiget werden ſollen.1714. 14. Febr. Das daß verſtorbene Vieh von dem Scharfrichter unabgezogen vergraben, und dieſelben in verfallenden Zwiſtigkeiten ſich fuͤr den Magiſtraten, wo ein jeder wohnhaft iſt, ſich geſellen, und ihres Verbrechens wegen Red und Antwort geben ſollen.1716. 20 Octob. Daß das einzubringende Hornvieh an einem Horn gezeichnet, mit geſchwornen At - teſtatis und Paͤßen verſehen werden ſolle; wobey eine Anweiſung befindlich, woran man die Krank - heit des Viehes erkennen, das geſunde davor praͤſerviren, und das kranke geneſen koͤnne.1717. 11. Octobr. Wodurch, weiden die Vieh - ſeuche ſich wieder hervorgethan, die vorigenVer -Schon vorher finden ſich Spuren davon, daher auch ſchon im 17ten Jahrhunder - te ſich in dem Brandenburgiſchen verſchiedene deswegen ergangene Verordnungen finden, wel - che die Entſtehung, Ausbreitung und Tilgung der Seuchen, wie auch die Verhuͤtung derſelben angehen. So wurde in der Policeyordnungvon235von 1688 Cap. 31. §. 8. verordnet, daß mit keinem kranken Vieh die Aecker und Weiden betrieben werden, und 1689 daß das verſtor - bene Vieh dem Abdecker ſolle angezeigt wer - den; 1711. 1712. 1713. 1714. 1716. 1717. 1729. 1732. 1746. 1750. und einige folgen - de Jahre erſchien ein Edikt wegen des Vieh - ſterbens; 1716 eine gruͤndliche Anweiſung, dieKrank -t)Verordnungen, ſonderlich wegen der geſchwor - nen Atteſtaten renoviret werden. 1720. 30. Novemb. Renovation voriger Ver - ordnungen mit dem Zuſatze, daß auſſer denen geſchworenen Atteſtaten das Vieh ſechs Tage lang an den Graͤnzen jeder Provinz die Quaran - taine halten, und ſodann nach dreymaliger Durchſchwemmung durchgelaſſen werden ſolle.1722. 13. Martii, declarirtes Edikt wegen der Viehſeuche, und wie man ſich, wenn ein und andere Oerter damit inficiret werden ſollten, zu Abwendung der daraus zu beſorgenden weitern Eindringung, ſowohl bey der anhaltenden Seu - che, als auch wenn ſelbige aufgehoͤret, und in Anſehung des zu ſchlachtenden Viehes zu ver - halten habe.1724. 28. Febr. Wegen Bloquirung der mit der Viehſeuche behafteten Doͤrfer, auch wie die Landraͤthe in dergleichen Faͤllen, ſowohl in An - ſehen der Poſtirung, als ſonſt waͤhrender Seu - che, auch nach Aufhoͤrung derſelben ſich zu ver - halten haben.1729. Sind bey abermal eingeriſſener Viehſeuche obige Verordnungen renoviret, und die bey de - nen de A. 1711. und 1716. befindlichen Bey - lagen wieder gedruckt worden.236Krankheit des Viehes zu erkennen und das ge - ſunde zu praͤſerviern.
Es gehoͤren ferner hieher die Verordnungen, die den Wollhandel, deren Aufkauf und Aus - fuhre betreffen, die Verordnung von 1717. wegen einzuſendender Wollzettel und Tabellen; wozu 1720 ein Formular ertheilt wurde, wel - ches auch zur Ueberſicht und Schatzung des Viehes beytragen konnte. Man war beſorgt, fuͤr die Weiden und fuͤr die noͤthige Grabung der Brunnen und Traͤnken bey denſelben in ei - nem Patent von 1718. Man kann nicht weni - ger hierher auch das Edikt vom J. 1721 rech - nen, das die Wollarbeiter von der Werbung befreyete, weil hierdurch die Wollmanufactu - ren beguͤnſtiget und durch dieſe die Schaafzucht befoͤrdert wuͤrde. Da die weiße Wolle fuͤr die Fabriken vorzuͤglich brauchbar iſt, ſo verordne - te ein Edikt vom Jahr 1722. die Abſchaffung der ſchwarzen, braunen, grinſen und grauen Schaafe und Schaafboͤcke. Der itzige Koͤnig Friedrich II ſuchte durch ſpaniſche Schaafe die einheimiſchen zu verbeſſern. Eben ſo giengen die Bemuͤhungen dahin, das unreine Vieh in dem Magdeburgiſchen und der Mark zu verdraͤn - gen; daher im J. 1752 ein Reſcript ergieng, daß man reine einſchuͤrige Schaafe auf den Markt bringen ſollte; weil man aber in Anſe - hung des unreinen Viehes und der Staͤlle nicht behutſam genug war, ſo gluͤckte dieſer Verſuchnicht237nicht ſonderlich. Man dachte auf Mittel, das unreine Vieh zu reinigen, und die Neumaͤrki - ſche Cammer ſetzte deshalb 1764 einen Preis von 400 Thl. darauf, wenn Jemand im Stan - de ſey, eine Schaͤferey von der Raude zu rei - nigen. Man ſahe die Hirten - und Schaͤferord - nungen durch, und ſo erſchienen ſie verſchiedene - mal verbeſſert. Man unterſagte 1725 bey Schaͤ - fereyen die Bezeichnung mit Theer, wodurch viele Wolle verdorben wird; es wurde auch ver - ordnet, daß in den Schaͤfereyen der Churmark die Laͤmmerwolle beſonders geſaͤckt werden ſollte, durch ein Patent v. 1734 Und ſo ergiengen von Zeit zu Zeit von Seiten der Regierung Verordnungen, welche die Viehzucht zum allge - meinen Beſten einzurichten ſuchten. In den Tabellen, welche jaͤhrlich von dem Landesoͤko - nomiezuſtande eingeſendet werden muͤſſen, un - terrichtet der Artikel uͤber den Viehſtand die Regierung von den Maͤngeln deſſelben, wel - che alsdenn deſto leichter darauf denken kann, wie denſelben abzuhelfen; beſonders wendete man viele Sorgfalt auf die Schaafzucht in Schleſien, wo dieſelbe fuͤr Manufacturen und Fabriken ſehr wichtig iſt. Die Cammer, welche ſich ſoviel moͤglich bemuͤhete, die fremden Aus - gaben einzuſchraͤnken, verließ deßwegen ihre Grundſaͤtze, und erlaubte die verbotene Einfuh - re des Pohlniſchen Steinſalzes wieder, da man es in dem großen Manufactur - oder Lagerhauſe zu Berlin merkte, wie groß der Einfluß desPohl -238Pohlniſchen Steinſalzes und andern Salzes auf die Wolle ſey. Die Schaafzucht iſt vorzuͤglich in einigen Gegenden von Schleſien, z. E. im Oelznitziſchen. Die unermuͤdete Sorgfalt Fried - richs II dachte darauf vor langen Jahren, eine Profeſſur der Vieharzeneykunſt zu ſtiften, wel - ches aber, ich weiß nicht aus was fuͤr Urſache, unterblieben zu ſeyn ſcheinet. Auch Privat - perſonen ſuchten durch allerhand Verſuche das Ihrige zur Verbeſſerung des Viehſtandes des Landes beyzutragen. Unter andern zeichnete ſich der beruͤhmte Hr. von Brenkenhof aus.
In Sachſen war man nicht weniger auf - merkſam auf die Wichtigkeit dieſes Geſchaͤftes. Man fuͤhrte ſonderlich in Anſehung der Pferde - zucht, wie ich ſchon oben bemerkt, auf den Churfuͤrſtlichen Vorwerken 1748 eine der Me - cklenburgiſchen aͤhnliche Wirthſchaft ein. Man ſuchte die Sutterey zu Torgau zu vergroͤßern, und zwey Vorwerke dazu anzuwenden, naͤm - lich Dratig und Dehlen, bey welcher Gelegen - heit die Schreberiſche Balance der Nutzungen eines Vorwerks und einer zumachenden Stutte - rey erſchien, welche ſich in ſeiner Sammlung II. S. 374 befindet. Eben ſo hatte Sachſen ein Maulthiergeſtuͤtte zu Baudewitſch bey Leißnig, das man aber auf Erbpacht auszudingen ſuchte. Bey der Rindviehzucht beſchaͤftigte die Regie - rung vornehmlich die Wuth der Seuche; da - her finden ſich von Zeit zu Zeit die heilſamſtenVer -239Verordnungen gegen dieſelbe,u)Mandat des Viehſterbens wegen, wenn es ein - reiſſen ſollte, wie ſich in einem und dem andern zu verhalten. 1716. Befehl das Viehſterben betreffend, inglei - chen Generale wegen des Viehſterbens.1724. Generalverordnung, wie ſich bey der ein - geſchlichenen Viehſeuche unter dem Hornvieh zu verhalten. vom J. 1712, wo dem Landmanne Verhuͤtungsmittel angege - ben werden; vom J. 1716. wo zwey Verord - nungen deswegen ergingen, vom J. 1724. Vom J. 1732. welches fuͤr das Voigtland, wo die Rindviehzucht vornehmlich gut iſt, ſorget;v)1732 Mandat, die Viehſeuche in einigen voigt - laͤndiſchen Gegenden betreffend. vom J. 1745, 1749, 1753, wo ſowohl we - gen des Schlachtens des Viehes in angeſteckten Doͤrfern, als in einer Cirkularverordnung, wor - inne eine vierzehntaͤgige Contumaz an den Graͤn - zen ſowohl fuͤr das aus - als eingehende Vieh verordnet wird, weil ſich in Boͤhmen die Vieh - ſeuche aͤuſſerte. Im Jahr 1759 ergieng eine Verordnung wider das Abledern des gefallenen Viehes; nach der Zeit aber hat man in Frank - reich durch Verſuche gefunden, daß die Haͤute nicht anſtecken und fortpflanzen, und man alſo bey dergleichen Seuchen die Haͤute benutzen koͤnne. Vom J. 1759, wo eine Generalver - ordnung wegen der mit der Raude inficirten Schaͤfereyen, und in eben dem Jahre zwey Verordnungen wider Ablederung des gefalle -nen240nen Rindviehes befindlich iſt. Vom J. 1764 ein Generalbefehl, die wegen der Raude zu Vermeidungmehrern Nachtheils bey den Schaͤ - fereyen auf Churfuͤrſtl. Cammerguͤtern anzu - wendende Vorſicht betreffend.
Man verlangte Berichte von den Kreis - und Amtleuten, von dem Erfolge der vorgeſchrie - benen oder ſonſt angewendeten Mittel bey der Viehſeuche, und machte die neuerfundenen be - kannt. Vorzuͤglich lehrreich und ein Beweis von der Sorgfalt, welche man in Churſachſen ſowohl fuͤr die Viehzucht uͤberhaupt als insbe - ſondere fuͤr die Rindviehzucht hatte, iſt die Verordnung vom J. 1764, welche ſich in dem Intell. Bl. von beſagtem Jahre S. 369. be - findet. Es ergiengen dieſelben vornehmlich an das Kreisamt Wittenberg, wo die Seuche ſon - derlich wuͤthete, welches nachher folgende Ver - ordnungen traf. Auf den Haupt - und Neben - ſtraßen mußten Tag und Nacht erwachſene Mannsperſonen wachen, und kein Hornvieh, Haͤute, Leder, Viehhaar in Staͤdten und Doͤr - fer ein - und auspaßiren laſſen, wofern aus gerichtlichen Zeugniſſen nicht dargethan wird, daß an den Orten, wo ſie herkommen, bin - nen Monatsfriſt kein Stuͤck mit der Krankheit befallen oder umgefallen, uͤberdieß noch auf der Graͤnze oder an dem erſten Ort, wo es hinge - trieben worden, 8 Tage lang geſtanden; die Zeugniſſe mußten von Ort zu Ort unterſchrie - ben ſeyn. Auſſerdem ſind ſie zuruͤckzuweiſen.
an -241Angeſteckte Doͤrfer ſollen von auſſen mit ei - nem Zeichen von Strohwiſch bezeichnet ſeyn, zur Warnung fuͤr Fremde. Es ſolle woͤchent - lich durch Hirten oder andere verſtaͤndige Per - ſonen wenigſtens einmal durchgaͤngige Viſita - tion gehalten, und die Wirthe ermahnet wer - den, daß ſie die Staͤlle rein halten, vor rau - her und neblichter Luft wohl verwahren, mit Wachholderholz und Beeren, Saadebaum u. d. g. alle Tage fleißig raͤuchern, die Raufen, Krippen, Troͤge, Eimer, Kannen mit ſchar - fer Lauge und Sand oͤfters auswaſchen, dem Vieh rein und trocken Futter und reines Waſ - ſer reichen, nicht von dem auf kranken Vieh - ſtaͤllen befindlichen Futter geſundes Vieh fuͤt - tern, bey neblichter Witterung, und wenn ſchaͤd - liche Honig - und Mehlthaue gefallen, auf die Gemeindehutungen nicht treiben, und kein Hirte darf bey empfindlicher Leibesſtrafe ſich an ei - nen verdaͤchtigen Ort begeben, noch daſelbſt Curen unternehmen. Bey Aeußerung bedenk - licher Umſtaͤnde ſollen dieſelben auf das ſchleu - nigſte angezeigt, die Krankheit ſoll durch Auf - hauung des gefallenen Viehes unterſucht wer - den; ſo ſollen auch in jeder Gemeinde bey der mindeſten Aeuſſerung 2 verſtaͤndige Maͤnner aus der Gemeinde erwaͤhlt werden, davon der eine die Aufſicht uͤber das geſunde, der andere uͤber das kranke Vieh habe. Der erſtere muß die geſunden Staͤlle fleißig beſuchen, auf alle An - zeigen, vornehmlich ob das Vieh gierig ſaufe,Qdas242das verdaͤchtige Vieh ſogleich abſonderen laſſen. Der andere muß bey Hinausfuͤhrung des umge - fallenen Viehes zugegen ſeyn, und Aufſicht fuͤhren, daß nichts davon verſchleppt werde. Die Brunnen und Troͤge muͤſſen fuͤr dem kran - ken und verdaͤchtigen Vieh verwahrt, das er - krankende ſofort abgeſondert, die Staͤlle rein gehalten und ausgeraͤuchert, kein fremdes Vieh in die ordentliche Stallung eingenommen, alles was ſie zubringen koͤnnte, als fremde Perſo - nen, Hunde, Katzen, abgehalten werden, der Miſt aus erkrankten Staͤllen vor Sonnenauf - gang oder nach deren Untergang nebſt der Streue durch Pferde auf einer Schleife fort - geſchafft und untergeackert werden auf ſolchen Feldern, wo kein geſundes Vieh hinkommt. Das gefallene ſoll ſogleich mit der Haut 4 bis 5 Ellen tief vergraben und ungeloͤſchter Kalk oder Aſche darauf geſtreuet, der Viehhandel eines inficirten Orts, ſo wie auch der Handel mit allem, was von dergleichen Vieh kommt, unterſagt, kein Vieh ohne geſchworne Fleiſcher geſchlachtet, noch durchgetrieben, das geſunde Vieh an unverdaͤchtigen Orten unter freyem Himmel verkauft, das erkrankte nicht auf die gruͤnen Weiden gefuͤhrt werden. Man ſchrieb die Punkte vor, auf welche bey den Anzeigen, die wegen einer ſich aͤuſſernden Seuche zu ma - chen, geſehen werden muͤßte.
1. Auf was vor Huthung das Vieh vor An - wandlung der Seuche getrieben worden?
2. Wie2432. Wie es dabey in Staͤllen gefuͤttert und gewartet worden?
3. In welchen Monat und bey was vor Witterung es erkranket?
4. Was es vom Anfang bis ans Ende vor Zufaͤlle gehabt?
5. Was man vor Mittel gebraucht und wie es gepflegt worden?
6. Was man nach dem Tode in Magen, Daͤrmern und andern Theilen wahrgenommen?
7. Wie lange das Vieh zugebracht, ehe es geſtorben, oder geſund geworden?
8. Wenn und bey was vor Witterung die Seuche nachgelaſſen?
Man ſuchte die durch Seuchen und Kriege verheerten Gegenden wieder mit Vieh zu beſe - tzen, und beſorgte deswegen Rindviehlieferun - gen aus dem Bambergiſchen in die Grafſchaft Barby. x)S. Intell. Bl. vom J. 1765. S. 121.Einen ſehr gluͤcklichen Einfluß in die Saͤchſiſche Viehzucht hatten der nach Endi - gung des preußiſchen Kriegs erhaltene Tranſ - port Spaniſcher Pferde und Schaafe. Man nutzte dieſe mit der groͤßten Sorgfalt, ſchickte Leute mit hinaus, die ſich von allem unterrich - ten mußten. Eben ſo große Sorgfalt mußten ſie bey dem Hereinbringen anwenden, daß ſie auf keine unreinen Orte trafen. Man waͤhlte die beſten Gegenden des Landes zu ihrer Zucht. Vornehmlich wurden ihnen die Gegenden bey Stolpen angewieſen, und eben ſo behandelteQ 2man244man die Landesſchaͤferey zu Hohenſtein. Man behielt die Spaniſche Behandlung auch darin - ne bey, daß man die Schaafe vor der Woll - ſchur nicht ſchwemmete. y)Intell. Bl. vom J. 1767. S. 139.Und da bekannt iſt, wie ſehr das Salzlecken die Wolle verbeſſe - re, ſo verſchrieb die Cammer Pohlniſches Stein - ſalz nach Sachſen, theils zu ihren eigenen Schaͤ - fereyen, theils um es den Unterthanen abzulaſ - ſen. Die Erfahrung hatte es ſonderlich in dem preußiſchen Schleſien gelehrt, wie Steinſalz zu Verfeinerung der Wolle ungleichmehr beytrage, als anderes. Nach Anordnung der ſpaniſchen Schaͤfer, haben daher 800 Schaafe zu Stol - pen den Winter uͤber vom 1 Januar bis zum letzten April in 2 Wochen 30 Pfund klar ge - ſtoſſenes pohlniſches Steinſalz, im Sommer aber vom 1. May bis z[um]letzten December woͤchentlich eben ſo viel verzehrt. Statt einem Centner Steinſalz rechnet man 2 Scheffel Koch - ſalz. Man verordnete in Sachſen vier herr - ſchatfliche beſtellte Landzahlmeiſter, welche das Land durchreiſſen und neben dem, daß ſie Beſichti - gungen anſtellten, ob kein angeſtecktes Schaaf ge - weidet wird, beſonders Acht haben, daß eine Wei - de nicht uͤber die beſtimmte Anzahl Schaafe habe. Da die Grundſaͤtze, die man in Stolpen bey der ſponiſchen Schaafzucht befolgt, uͤberhaupt fuͤr die Einfuͤhrung einer fremden Schaafzucht wich - tig ſind, ſo will ich ſie hier kurz anfuͤhren. Bey einer dreymaligen Fuͤtterung Morgens, Mit -tags245tags und Abends, erhalten die Schaafe Heu, Erbſen oder andern Stroh, alle 10, 12, 14 Tage, ſo lang ſie eingeſtellt ſind, Salz ohne Zuſatz an Kraͤutern. Im Sommer hingegen bey trockner Witterung woͤchentlich zwey bis dreymal. Im Stalle muß beſtaͤndig fciſche Luft ſeyn; man treibt die Schaafe ſo lang es die Witterung zulaͤßt, und der Erdboden im Winter nicht mit Schnee bedeckt iſt, des Tags 3 bis 4 Stunden aus, im Fruͤhjahr laͤnger; ſelbſt die jungen Laͤmmer von 8 Tagen. Man rauft den Schaafen nicht die Wolle um das Ey - ter aus. Man laͤßt die erſte Milch durch die Laͤmmer ausſaugen, wodurch ſie zwar einen Durchfall erhalten, der aber zu ihrer Reini - gung dient. Zwar verbieten es die aͤltern und neuern Lehrer der Schaafzucht faſt alle, die Spanier ausgenommen, die neugebohrnen Laͤm - mer die erſte Milch nach der Geburtz)Sie beißt Coloſtrum. ſaugen zu laſſen. Allein die Natur ſcheint ſie ihnen ſelbſt zu ihrer[Reinigung] vorgeſchrieben zu habena)Linn. amocnit accad. IV, p. 175., und daher iſt unſtreitig dieſer Grundſaz der ſpani - ſchen Schaͤfer richtig und mit Recht auch in Sach - ſen bey dieſer Schaͤferey beybehalten worden.
Bey anhaltenden Regen, Nebel, Thau, wird im Sommer nicht ausgetrieben. Man ſchwemmt die Schaafe vor der Wollſchur nicht. So machte man auch im J. 1766 einen Ver - ſuch mit Laͤmmern, die man nicht ſchor, umQ 3zu246zu ſehen, ob dadurch nicht die Wolle verbeſſert wuͤrde, und man fand, daß die ungeſchornen den geſchornen den Vorzug abgewannen.
Man ſahe in Sachſen zuerſt mit der Noth - wendigkeit eines naͤhern Unterrichts und einer naͤhern Kenntniß von der Natur, Wartung und Pflegung dieſer Thiere ein, daß dieſer ſich auf richtige Grundſaͤtze und Erfahrungen zu - gleich gruͤnden muͤſſe, nicht aber auf ſolche, die oft Kinder der Vorurtheile und des Aberglau - bens oder falſcher Beobachtungen ſind. Da - her wurde auf der Landſchaͤferey zu Hohenſtein eine Schaͤferſchule errichtet, wo allezeit 6 Schaͤferpurſche lernen, und nach einem oder zwey Jahren von andern abgeloͤßt werden.
Von dieſen, wie von der Stolpiſchen und an - dern Spaniſchen Schaͤfereyen auf den Chur - fuͤrſtlichen Cammerguͤthern aus verbreitete, ſich ſowohl die Spaniſche Schaafzucht, als auch ei - ne gute Landſchaafzucht auf die Schaͤfereyen, vieler Privatperſonen. Viele Gutsbeſitzer be - muͤheten ſich, ihre Schaͤfereyen durch ſpaniſche Schaafe zu verbeſſern, und von Zeit zu Zeit wurden mehrere dergleichen in den Saͤchſiſchen Landen eingefuͤhrt. So machte man auch mit der Mecklenburgiſchen Schaafzucht einige Ver - ſuche, welche nicht mislungen. Und weil es fuͤr die Abſchaffung der Brache ein großes Hin - dernis iſt, daß ſie um der Schaafweide Wil - len nicht gehoͤrig genutzt werden koͤnnen, ſo ha - ben einige Gemeinden die Haͤlfte der Brachenan247an Paͤchter zu Weiden uͤberlaſſen. Seit dem der Kleebau ſtaͤrker betrieben wird, halten man - che Aemter ein Drittheil mehr Rindvieh, und Duͤngen damit ihre Felder ſicherer und dauer - hafter, als durch den Hordenſchlag.
Man ſorgte in Sachſen in den neuern Zeiten auch vor die Vieharzeneykunſt. Frankreich hatte zuerſt die Vieharzeneyſchule zu Lion und nachher zu Limoge ohnweit Paris, unter der Aufſicht des Bourgelat errichtet. Der Hof zu Dresden ſchickte Hrn. Webern dahin, um da - ſelbſt ſich zu unterrichten, welcher auch dieſem Aufenthalt zum Beſten ſeines Vaterlandes und zu ſeinem eigenen Ruhme nuͤtzte. Er machte bald den heilſamſten Gebrauch von ſeinen Kennt - niſſen fuͤr Sachſen, und eroͤffnete eine Viehar - zeneyſchule zu Dresden. Seine Vorſorge ging vorzuͤglich auch auf die Pferde, da die Fuͤſſe derſelben oft unter den Haͤnden unwiſſender Schmidte leiden. Er zeigte in einer beſondern Schrift die Fehler, die bey den Beſchlagen ge - macht, und dadurch oft die beſten Pferde ver - dorben wuͤrden. Auf Befehl des Hofes wurde vorordnet, daß jeder Kreis einen Mann zum Un - terricht zu ihm ſchicken mußte, und ſeine Schrift wurde in die Kreiſe und Staͤdte verſendet, um es den Schmidten vorzulegen und ſie dadurch zu unterweiſen. Nur iſt es zu beklagen, daß dieſer wuͤrdige Mann wegen ſo vieler ihm ent - gegenſtehender Vorurtheile nicht ſo nuͤtzlich wer - den konnte. Die Oeſtreichiſche Regierung folg -Q 4te248te dieſem Beyſpiele, und errichtete 1778. ein Inſtitut fuͤr die Vieharzney. Man hatte ſchon zum Unterricht der Militaͤr-Schmidte in der Wiſſenſchaft des Hufſchlages, der thieriſchen Chirurgie und Pferdeoperationen einen Lehrer in der Perſon des Hrn. Wollſteins ernannt. Dieſen beſtellte man 1778 zum oͤffentlichen Lehrer der Viehkrankheiten und der Arzeney der Pferde, Horn - und Wollviehes. Es wurde ihm auferlegt, jedem, der ihn anhoͤren wolle, dieſen Unterricht in der Kenntniß der Vieh - krankheiten und Vieharzeney zu geben. Man wieß ihm hierzu ein Thierſpital und einen Lehr - ort in dem vormahligen Jeſuitergarten an, wo er jedem unentgeldlich Unterricht zu ertheilen verbunden iſt. Er ſchrieb ſeine Abhandlung uͤber die Verletzungen, die den Pferden durch Waffen zugefuͤgt werden, und uͤberreichte es der K. K. Majeſtaͤt, welche 400 Stuͤck unter die Fahnenſchmidte der Armee austheilen ließ.
Ich gehe zu den uͤbrigen deutſchen Landen. Im Hollſteiniſchen iſt, wie ich ſchon bemerkt habe, die Viehzucht ſchon alt. Indeſſen nimmt die Pferdezucht immer mehr ab, jemehr die uͤbrigen Lande darauf denken, eine eigene in ih - rem Lande zu errichten. Die Rindviehzucht gruͤndet ſich vorzuͤglich auf die Koppelwirth - ſchaft, ſonderlich nach der Einrichtung derſel - ben in 14 Schlaͤge, welche auf der Verbindung des Gras - und Ackerbaues in dem Verhaͤltnißbe -249beruhet, daß die Haͤlfte der Revenuͤen aus dem Viehſtande, die andere Haͤlfte aus dem Acker - baue kommt. Da die Holſteiniſche Viehzucht ein beſonder Syſtem in dieſem Nahrungsge - ſchaͤft ausmacht, ſo will ich die Hauptgrundſaͤ - tze derſelben hier einruͤcken, weil es in eine pragmatiſche Geſchichte der Oekonomie ge - hoͤrt. Sie laſſen die neugebornen Kaͤlber nicht an der Mutter, dennoch bekommt das Kalb die erſte Milch. Erſt nach dem fuͤnften mal Melken wird die Milch fuͤr Menſchen, und der Rahm zum Buttern genommen. Das Kalb wird in einem andern Stalle, und alſo getrennt von der Mutter angebunden, bekommt 3 Wo - chen reine ſuͤſſe Milch, nachher die Butter - oder Kernmilch, ohne einigen Gemang von Waſſer, Mehl oder Brod. In den Hollaͤn - dereyen bekommt es gar kein Mehl. In den letztern bekommt es taͤglich 2 mal Milch, Mor - gens und Nachmittags um 4 Uhr. Dieſes dauert 3 Wochen, nach dieſem bekommt es Butter - oder Kernmilch; iſt es 6 Wochen alt, ſo erhaͤlt es Molken, welcher von der Milch beym Kaͤſemachen abfaͤlt, und dann ein wenig Heu, das nicht zu grob noch zu hart ſeyn darf. Auf unterſchiedlichen Hollaͤndereyen pflegt man das Kalb, wenn es ein vierteljahr alt iſt, ins Gras oder Grummet zu bringen. Allein ge - woͤhnlich geſchiehet es nicht, ſondern es be - koͤmmt bey den Molken, oder wie ſie es nennen, Watyen, des Morgens ein wenig Heu, um 9Q 5Uhr250Uhr wieder, des Mittags ein wenig Haberlohß, die Oberkahr, des Nachmittags um 3 und Abends wieder ein wenig Heu. Gewoͤhnlich werden nun erſt Kaͤlber, wenn ſie ein Viertel - jahr ſind, ans weiche Gras oder Nachmatt ge - woͤhnt. Dem ungeachtet werden ihnen noch oft ins Gras hinaus Troͤge mit Watye und Waſſer untereinander gemiſcht, getragen. Es wird von nun an immer mit gutem Heu gefuͤttert, und erſt im 3ten Jahre laͤßt man das Kuhkalb tragen; denn wenn es ſchon im zweyten geſchie - het, ſo giebt es wenig Milch und bleibt klein. Man haͤlt ſie bis zu dieſer Zeit von den Reitoch - ſen ab, indem man ſie in die Koppeln treibt, wo keiner hinkommt. Die Ochſenkaͤlber ſchnei - det man auf adelichen Guͤtern gar nicht, bis es bald anfangen will zu ſpringen, da es abge - bunden oder geſchnitten, und ein Ochſe wird; wird es, nachdem es einige Jahre geſprungen, erſt geſchnitten, ſo heißt es ein Boll oder alter Reitochſe. Sie werden bis ins dritte Jahr mit Haberlohß und Rockenkaf gut gefuͤttert, und vom Springen abgehalten. Vorzuͤglich hin - dert man es im Winter. Die Kuͤhe gehen im May zur Weyde, und bleiben Tag und Nacht drauſſen, hier haben ſie bloß gruͤnes Futter. Auf Hollaͤndereyen erhalten ſie nichts als rei - nes Waſſer zu trinken ohne Miſchung von Ge - ſpuͤhl, Molken oder Mehl. Um Martini kom - men ſie zuruͤck, manchmal eher oder ſpaͤter, nach - dem das Wetter gut oder uͤbel iſt. Von Kohloder251oder Wurzeln und dergleichen Fuͤtterungen weiß man auf adelichen Guͤthern nichts.
Im Winter bekommt eine Kuh Morgens um 5 Uhr ein Bund Stroh, um 7 ein gut Futterheu, um 8 Uhr Waſſer, gleich darauf ein gut Bund Rockenſtroh, wobey ſie liegen; gegen 11 Uhr ein Bund Haberlohß, um 2 Uhr ein Bund Rockenſtroh, um 4 Uhr Waſ - ſer, gleich darauf ein Bund Heu, und gegen 8 Uhr ein gut Bund Buchweitzenſtroh. Man rechnet auf eine Kuh im Winter wenigſtens 2000 Pf. Heu, und etwas mehr als 2 gute Fuder Stroh, und fuͤttert des Tags 7 mal. Es wird im Sommer und Winter 2 mal ge - molken, im Sommer Morgens und Abends um 4 Uhr, im Winter Morgens um 7 und Abends um 5 Uhr. Die Kuͤhe werden nicht geſtriegelt und erhalten weder Futter noch Ge - traͤnke warm. Auf adlichen Guͤthern fuͤttert man ordentlich keinen Heckerling oder kurz Fut - ter. Sehr ſchwache Kuͤhe bringt man in ei - nen beſondern Stall, und hilf ihnen mit Ha - bergarben, Heckerling, Haberlohß und ein we - nig von beſten Heu. Eine Marſchkuh giebt fuͤglich mehr als 16 Kannen Milch, dahinge - gen eine Hollaͤnderkuh nur 8 bis 10 Kannen giebt. Einige ſtehen 4 bis 5 Wochen, zuweilen bis 10 Wochen trocken.
Die Meckelnburgiſche Viehzucht iſt eben ſo bekannt, und von vielen faſt als ein Muſter vorgeſchrieben; ſie hat viel aͤhnliches mit derHol -252Holſteiniſchen, zumal ſeitdem dieſe Wirth - ſchaftsart auch daſelbſt eingefuͤhrt worden. Ih - re Pferde und Schaafe ſind vornehmlich be - ruͤhmt. Der jetzige regierende Herr bemuͤhete ſich, auch hierinne einige Veraͤnderungen und Verbeſſerungen zu machen. Ueberhaupt finden wir, daß man in Deutſchland in den neuern Zei - ten die Viehzucht in verſchiedenen Landen immer mehrerer Aufmerkſamkeit wuͤrdigte, je mehr ſie auf das Militaͤrweſen, Manufacturen und[Commercien] Einfluß hatte. Und ſo wurde das Militairweſen im 18ten Jahrhunderte noch ein - mal ein Bewegungsgrund zur Vorſorge fuͤr die Viehzucht; ſo wie es ehemals vor dem 16ten Jahrhunderte eben die Wirkung hatte.
Wuͤrtemberg nahm ſich neben der Pferde - zucht vorzuͤglich der Schaafzucht an, und zaͤhlt in ſeinem Lande auf 400000 Stuͤck Schaafe, ſo daß die Schaafzucht einen großen Theil des Landesreichthums ausmachte. Und ſolten wir hier nicht den Namen des Mannes der Vergeſ - ſenheit entreißen, der in dieſem Geſchaͤft ſo viel Verdienſte um Wuͤrtemberg hat. Ein Knie - ſtaͤdt war es, dem Wuͤrtemberg ſeine vorzuͤgli - che Schaͤferey Anſtalten zu danken hat. Dieſe Familie brachte viele Schaafe aus Niederſach - ſen und beſonders aus dem Hildesheimiſchen dahin, woher ſie ſich urſpruͤnglich ſchreibt.
In dem Zweybruͤckiſchen bemuͤhete man ſich, nach dem Beyſpiele der andern, die Viehzucht zu beſſern. Auf herrſchaftliche Koſten ver -ſchrieb253ſchrieb man die beſten orientaliſchen Beſchaͤler, und benutzte ſie zu einer A[r]〈…〉〈…〉von Landgeſtuͤtten, indem man ſie des Fruͤhjahrs jaͤhrlich in die Aemter ſchickt, wo die Unterthanen ihre Pfer - de zum Belegen hinbringen mußten. Die jun - gen Fohlen werden im Fruͤhjahr zur Muſte - rung vorgeſtellt, da alsdenn die ſchoͤnſten gegen eine Verguͤtung in die Herrſchaftlichen Mar - ſtaͤlle kommen. Man unterſuchte die Urſachen von der ſchlechten Rindviehzucht, und fand ſie darinnen, daß die Zuchtrinder und Bullen, die bey der Gemeinde Heerde gehalten werden, und in dem Faßelvieh, wie ſie es nennen, wel - ches eine gemeine Laſt war, und von einem auf dem andern in der Gemeinde gieng. Die Rei - he betraf oft Arme, welche weder im Stande waren, gutes Vieh anzuſchaffen, noch ſolches gehoͤrig zu unterhalten. Und wenn auch gleich fuͤr das Faßelvieh Gemeindewieſen beſtimmt waren, ſo wendeten ſie das, was ſie auf dieſes wenden ſollten, auf ihr eigen Vieh; was konn - te anders geſchehen, als daß ſchlechtes Zucht - vieh fiel, welches durch baldiges Verſchneiden und fruͤhzeitige Arbeit noch mehr geſchwaͤcht wurde. Hierzu kamen noch die druͤckenden Frohngelder, da von einen dreyjaͤhrigen Och - ſen ſchon Frohngelder gegeben werden mußten. Koͤnnen wir nicht an dieſen Beyſpiele deutlich ſehen, wie ſehr uͤbel angebrachte Auflagen die Gewerbe niederdruͤcken koͤnnen, und wie noth - wendig es ſey, daß die Policey uͤber die Ge -werbe254werbe wache, daß nicht gewiſſe Einrichtungen, welche Anfangs die Noth lehrte, bey weitern Fortgange nicht das Wachsthum dieſes oder ei - nes andern Nahrungsgeſchaͤftes hindern. Bey dem Anbaue, bey der erſten Bevoͤlkerung ſol - cher Lande, waren dergleichen Anſtalten, wie hier mit dem Faßelvieh noͤthig, und konnten ihren Nutzen haben; aber in der Folge wurden ſie ſchaͤdlich, und dann haͤtte ſie die Policey auf - heben ſollen. Aber erſt itzt erſchien der Zeit - punkt. Man verſchrieb Stiere aus der Schweitz, und vertheilte ſie unter die Gemeinden. Man verordnete, daß die Gemeinde ſich mit gutem Faßelvieh verſaͤhe, daß der ſchaͤdliche Turnus in den Gemeinden mit Haltung dieſes Viehes aufhoͤre, und einem beguͤtertem Manne in der Gemeinde dieſes allein aufgetragen wuͤrde. Zur Fuͤtterung deſſelben wurden Gemeindewieſen be - ſtellt, die junge Zucht wurde unter 6 Mona - ten nicht verſchnitten, und unter 18 Monaten nicht zu den Stieren gelaſſen. Der Fuͤrſt ſetz - te das Frohngeld von den Thieren, die der Landmann ſelbſt zog, auf ein Jahr weiter hin - aus, und ſo verbeſſerte man die Rindviehzucht.
Auch an die Wichtigkeit der Schaafzucht dachte man. Man fand, daß es an gelern - ten Schaͤfern fehlte, und machte daher die Ein - richtung, daß alle Schaͤfer vor ihrer Aufnah - me von dem Zunftmeiſter in Beyſeyn eines De - putirten von der Okonomiecommißion gepruͤftwer -255werden. b)S. Intell. Bl. 1764. S. 64, 75, 101.Um die Viehzucht noch mehr zu unterſtuͤtzen, wendete man alle nur moͤgliche Aufmerkſamkeit auf den Wieſenbau, welches ich oben ausfuͤhrlicher gezeigt habe in der Ge - ſchichte des Wieſenbaues, Auch in den uͤbrigen deutſchen Landen war man hierinne thaͤtig, und beſchaͤftigte ſich durch Einfuͤhrung fremder Thie - re, entweder ganz neue Arten daſelbſt einhei - miſch zu machen, oder die alten zu verbeſſern. Um dieſen Zweck bey der Schaafzucht zu errei - chen, verſchrieb man daher in dem Oeſtreichi - ſchen 300 Stuͤck ſpaniſche Schaafe, und ver - theilte ſie an die zu dieſer Zucht bequemſten Orte.
Der gluͤckliche Erfolg dieſes Verſuchs aͤußer - te ſich in dem Oeſtreichiſchen ſowohl Erb - als den Niederlanden, beſonders in dem Manu - facturweſen. Man ließ im Oeſterreichiſchen im J. 1753. eine Viehordnung ergehen, wor - inne man die heilſamſten Verordnungen in An - ſehung der Verbeſſerung der Viehzucht findet. Man ſuchte die Macedoniſchen Schaafe da - ſelbſt einheimiſch zu machen. Vorzuͤglich aber verdient der Verſuch mit der Ankoriſchen Ziege bemerkt zu werden, eine Ziege, die in den aͤlte - ſten Zeiten und ſelbſt in der heil. Schrift wegen der Feinheit ihres Haares erwaͤhnt wird, wo ſie die Ziege von Gilead heißt, und ihre Haa - re zu Teppichen fuͤr das allerheiligſte gebraucht wurden. c)S. Hohelied Salomonis 4, 1Ihr Haar iſt lockig und haͤngt bisauf256auf die Erde, es iſt theils weiß, theils faͤllt es bey mancher ins gelbliche; von ihnen kommt das ſogenannte Kemelgarn, oder wie es eigent - lich heiſſen ſollte, Kemelgarn, da im arabi - ſchen Kemel eine Ziege anzeigt. Ihr urſpruͤng - licher Aufenthalt iſt in Natolien bey Angora und Begbazar, ſie uͤbertrift an[Schoͤnheit] und Dauer die Seide. Die Tuͤrken, welche ihren Werth zu ſchaͤtzen wiſſen, huͤten ſie daher ſehr fuͤr den Auslaͤndern; das feinſte Garn davon kommt fuͤr das Serail, nur das mittlere und groͤbere uͤberlaſſen ſie den Auslaͤndern geſpon - nen, und es iſt ein Hauptartikel des Levanti - ſchen Handels, und es wuͤrde einer ſein Leben wagen, wenn er eine Ziege oder Bock von der Art wegfuͤhren wollte. Denn als die Venetia - ner einmal dergleichen Ziegen vom tuͤrkiſchen Hofe verlangten, ſo haͤtte man deswegen bald Krieg angekuͤndigt. Dennoch gelang es ihnen und andern Auslaͤndern, den eiferſuͤchtigen Muſelmaͤnnern einige zu entwenden. Man ließ vor einigen Jahren zwey Paar uͤber[Alexan - drien] und Trieſt nach Oeſterreich kommen, wo ſie ſich den Nachrichten nach noch gut vermehrt haben ſollen. Die Originalzucht ſoll die fein - ſten und zarteſten Haare haben, ſo wie die Ba - ſtarten. Man hat bereits Kamelote davon zu machen verſucht, der den Bruͤßler gleich kommt. So ziehet man ſie auch in dem Anſpachiſchen. Mit noch mehrerm Ernſt und Gluͤck ſcheint ſich die Pfalz dieſelben eigen machen zu wollen.
Man257Man brachte 1768 fuͤnf Angoriſche Ziegen und zwey Boͤcke nach Doſſenheim an der Bergſtraße, welche ſich in den Jahren bis 1777 ſchon bis auf 90 Stuͤck vermehrt hatten, und nach einem neuerlichen Berichted)Im deutſchen Muſeum v. J. 1778. Febr. S. 99. S. auch die Schriften der oͤkonomiſchen Geſell - ſchaft zu Lautern v. 1771. von dieſen angori - ſchen Ziegen. von dem pfaͤlziſchen Oeko - nomiezuſtande, ſollen ihre Haare den ſchoͤnſten ſeidenen Glanz haben, wie man den auch ſchon verſchiedene Kleider fuͤr den Churfuͤrſten aus dieſen pfaͤlziſchen angoriſchen Ziegenhaar verfer - tiget hat. Auch in einigen andern Gegenden des Reichs bemuͤhete man ſich nach dem Zeug - niſſe eines Landwirths im Intelligenzblatte der - gleichen Zucht zu erhalten,e)S. Leipziger Intelligenzbl. v. 1767. S. 463. man verſuchte es durch die Venetianer, aber es wollte nicht gluͤ - cken. Indeſſen betreibt man in dieſen Gegen - den noch den Bau der Futterkraͤuter, und ſucht die Wieſen zum Viehſtande zu beſſern, der ſich in vielen Doͤrfern ſchon um die Haͤlfte vermeh - ret. Die Gemeinden in den Gegenden des Reichs haben ſchon an vielen Orten den Weid - gang eingeſtellet, und unterhalten ihr Vieh im Stalle. Landesfuͤrſtliche Verordnungen ſtell - ten die Fruͤhlingsweiden der Pferde und eben ſo die Nachtweiden ab. Man hob auf vielen Kam - merguͤtern der Rheingegenden die Brache aufundR258und machte Verſuche mit der Stallſchaͤferey von Hameln im kleinen. Die Folge der Zeit und Er - fahrung werden lehren, ob man ſich von dem letz - tern einiges Gluͤck zum Beſten der Schafzucht zu verſprechen habe. Man hat naͤmlich in den neuern Zeiten dreyerley Arten der Schafzucht, 1) die ge - woͤhnliche, da die Schaafe den Winter uͤber in Staͤllen ſind, ſo wie auch des Nachts im Sommer, am Tage aber, und ſelbſt in ſchoͤnen Winterta - gen ausgetrieben werden; 2) die Stall - oder Futterſchaͤferey, da ſie blos im Stalle gefuͤttert und erzogen werden; und endlich 3) die wilde, welche der Perce vorſchlug, da die Schaafe ſtets im Freyen bleiben, und wild ſind. Von der letztern iſt, ſo viel ich weiß, in Deutſchland noch kein Gebrauch gemacht worden; und das deut - ſche Klima ſcheint ſich am wenigſten dazu zu ſchicken. Es theilet ſich alſo die deutſche Schaf - zucht vornemlich in folgende Hauptarten; naͤm - lich in die Anſpachiſche, Maͤrkiſche, Bremiſche, Hannoͤveriſche, Luͤneburgiſche, Mekelnburgiſche, Niederlauſitziſche, Saͤchſiſche, Hildesheimiſche, wovon die Berliner Beytraͤge zur Landwirthſchaft im IV. B. weiter nachgeleſen zu werden verdienen.
In der Pfalz wurde die Landwirthſchaft ſo wohl uͤberhaupt als die Viehzucht insbeſondere durch die daſelbſt befindlichen Wiedertaͤufer ſehr verbeſſert; ſie treiben ſie meiſt nach Engliſchen Grundſaͤtzen. Ihr Beyſpiel lehret und ermun - tert, wozu noch die Vorſorge der Regierung kommt, welche durch das Inſtitut, das zuerſtder259der verdienſtvolle Hr. Hofr. Medikus gruͤndete, von ſeinen Fuͤrſten unterſtuͤtzt, erweiterte und gemeinnuͤtziger machte, zu mal da der Fuͤrſt zu dieſen Anſtalten ein beſonderes Gut zu Verſuchen ſchenkte. In Frankenhauſen iſt eine vortrefli - che durch ſpaniſche Stoͤhre verbeſſerte Schaaf - zucht. Eine vorzuͤgliche merkwuͤrdige Veraͤn - derung in der Geſchichte der deutſchen Viehzucht iſt die Stallfuͤtterung, welche nach dem Vor - gange der Schweitzer, und namentlich des Tſchif - feli, die Deutſchen auch nachahmen. Es ent - ſtunden Streitigkeiten unter den Oekonomen dar - uͤber; unter denen, die vor dieſelbe ſind, zeich - net ſich vorzuͤglich Herr Meier in ſeinen Briefen von Schoͤnfeld und einige andere, aus. Durch Gruͤnde und vieljaͤhrige Erfahrungen laſſen ſich alle Zweifel und Schwierigkeiten, die man da - bey zu finden glaubt, widerlegen. Verſchiede - ne hierher gehoͤrige Erfahrungen findet man in des Hrn. Beckmanns phyſikal. Oek. Bibliothek I. 411. 536. III. S. 397. IV. 311. V. 145. und 582. Merkwuͤrdig iſt das Beyſpiel in dem Bremiſchen, wo die Landwirthe, die ſich auf dem urbar gemachten Moore im Amte Lilien - thal angebauet, keine Weiden haben, ſondern ſind zur Stallfuͤtterung genoͤthiget. Die Neu - bauer in den Aemtern Oſterholz und Ottersberg haben Weiden, aber 8 Kuͤhe ihrer Gemeinwei - den geben nicht ſo viel Milch und Butter, als 3 Kuͤhe im lilienthaliſchen Anbau. Die ge - woͤhnlichſten Entwuͤrfe gegen dieſelbe ſind, daßR 2ſie260ſie mehrere Leute bey der Landwirthſchaft erfor - dere, ſowohl wegen der Herbeyſchaffung des Futters, als wegen der Fuͤtterung ſelbſt, und daß der entzogene Genuß der freyen Luft und Mangel an Bewegung dem Viehe nachtheilig ſey. Alle laſſen ſich ohne viele Schwierigkeiten beantworten. Es werden wenige oder gar keine mehrere Leute erfordert, wenn eine gehoͤrige Ord - nung, Eintheilung der Zeit, bequeme Einrichtun - gen im Stalle in Anſehung des Aufſteckens des Futters, und der Reinigung der Staͤlle ſind. Und geſetzt auch, daß das Maͤhen und Herbeyſchaffen des gruͤnen Futters eine oder die andere Hand oder Thier mehr erforderte, ſo kann dieſes durch gute Einrichtung, durch Anſaͤung kuͤnſtlicher Futterkraͤuter, die mehr naͤhren, als bloſes ſchlechtes Gras, und durch die Vortheile, die die Stallfuͤtterung wirklich ſchaft, und vor dem Austreiben voraus hat, erſetzt werden. Der entzogene Genuß der freyen Luft, ſo wie der Mangel an Bewegung laſſen ſich leicht erſetzen, ſie koͤnnen in Schranken auf dem Miſthofe ſeyn, oder ſonſt auf einen gewiſſen in der Naͤhe dazu beſtimmten Platz auf einige Stunden, oder an die Traͤnke getrieben werden. Den Mangel an Wieſen, den man zuweilen auch als eine Hin - derung angiebt, muß die Polizey erſetzen, denn durch kuͤnſtliches Futter iſt der Erſatz ſehr leicht. Noch mehr aber wird die Stallfuͤtterung ge - winnen, wenn man die Vortheile betrachtet, die dieſelbe gewaͤhret. Der Duͤnger wird dadurchver -261vermehrt und viel erhalten, das Vieh vor den Krankheiten geſichert, die das Austreiben oft verurſachet, indem ſie ſich ſehr erhitzen, ſchnell ſtill ſtehen und verſchlagen, allerhand nachthei - lige Gewaͤchſe verzehren, oder ſonſt ſchaͤdliche Thaue, beſtaͤubtes Gras genießen, vieles da - durch zertreten und verunreinigen, und verderben, einen guten Graswuchs hindern und die Heu - aͤrndten ſchmaͤlern und verringern. Ueberhaupt iſt es durch Verſuche beſtaͤtiget und erwieſen worden, daß bey der Stallfuͤtterung im Ver - haͤltniß gegen das Austreiben außerordentliche Erſparniß geſchehe. Es gehoͤret hieher vor - nehmlich ein und der andere Verſuche, welche in der Schweitz unternommen worden, die ich aber in der Oekonomiegeſchichte derſelben aus - fuͤhrlicher zeigen werde.
Man unterſtuͤtzte die Stallfuͤtterung vornaͤm - lich im Heſſendarmſtaͤdtiſchen. Es erſchien da - her 1776 eine Fuͤrſtl. Heſſendarmſtaͤdtiſche Auf - munterung zur Stallfuͤtterung. f)S. Ephemeriden v. 1777. St. 5 S. 119-124.Man em - pfohl den Unterthanen den Bau der Futterkraͤu - ter, der Luzerne, des Klees und der Eſparzette. Zu Befoͤrderung deſſelben wurde der Kleebau von allem Schaaf - und andern Viehtrieb bey ſchwerer unnachlaßbarer Strafe gaͤnzlich, in - gleichen von den Zehenden befreyet, wenn in die Brache geſaͤet wird, ein vorzuͤgliches Mittel, die Brache zu verdraͤngen und die Vorurtheile von der Ruhe des Ackers zu vernichten. DasR 3Zug -262Zugvieh vermehrte ſich, in dem Jahre 1779 auf 760 Stuͤck, naͤmlich 410 Pferde und 350 Ochſen, um 642 Maſtochſen, 533 Kuͤhe, 2806 Schaafe und 4176 Schweine. Die Stallfuͤtterung iſt bereits an dreyzehn Orten ganz eingefuͤhrt, in neunzehn ziemlich im Gange und in zweyundvierzigen angefangen.
In Anſehung der Gewaͤhrzeit und Schad - loshaltung des verkauften Viehes, hatte man im Heſſendarmſtaͤdtiſchen ſchon laͤngſt verſchiedene Verordnungen, welche doch einigermaaßen und in einigen Punkten nach den Grundſaͤtzen einer vernuͤnftigen Wirthſchaft eingerichtet ſind. Es gehoͤren hierher die Verordnungen von den Jah - ren 1684, 1702, 1712, 1715, 1730. g)Ein Auszug davon ſtehet in dem Leipz. Intelli - genzbl. v. J. 1778. S. 154.
Man machte endlich noch in Deutſchland verſchiedene wichtige Verſuche und Entdeckun - gen; ich will hier den Brenkenhofiſchen in An - ſchung der Einfuͤhrung großer und fremder Ra - cen und Thiere, und ſodann die Einimpfung der Hornviehſeuche, welches man in dem Meckeln - burgiſchen nach dem Vorgange der Hollaͤnder und Daͤnen verſuchte, herſetzen. h)Es gehoͤren zu der Geſchichte dieſer Verſuche in Deutſchland folgende Schriften:Die gehobene Gefahr beym Eintritt der Rindvieh - ſeuche. Es iſt darinnen die Einimpfung und Fortgang derſelben.Ge -Der ver -dienſt -263dienſtvolle Hr. von Brenkenhof, um den die Landwirthſchaft noch weint, machte Verſuche, in den neuen Netzbruͤchern verſchiedene auslaͤn - diſche Thiere einheimiſch zu machen. Ein Ca - meel, das den 29ſten Maͤrz 1774 auf ſeinem Gute Lichtenau war belegt worden, brachte ſein Junges den 24ſten Maͤrz 1775. Die Buͤffel, die er daſelbſt einfuͤhrte, vermehrten ſich ſtark, und wuchſen binnen 4 Jahren ſo, daß ſie 7 bis 800 Pf. wogen, und die Haut, woraus die eng - liſchen Sohlen und das ſo genannte Pfundle - der gemacht worden, mit 4 bis 5 Friedrichsd’or bezahlt wird. Er hatte 1775 auf ſeinem Gu - the ſchon uͤber 60 Stuͤck, wovon uͤber 40 tra - gend ſind, auch einige darunter mit frieſiſchen Bullen, und umgekehrt, frieſiſche Kuͤhe mit Buͤffelbullen belegt worden. Er hat daſelbſt tuͤrkiſche und macedoniſche Boͤcke, davon dasR 4Stuͤckh)Genaue Beſchreibung der von dem Cammerjunker Buͤlow zuerſt verſuchten und nachher in den Aemtern Buͤtzow und Ruͤhn mit beſtem Erfolge angewendeten Inoculation der Viehſeuche. Buͤ - tzow und Wißmar. 1779.Oeffentliche Bekanntmachung der nunmehr ſattſam erprobten und in Mecklenburg allgemein gewor - denen Inoculation der Rindviehſeuche, als des einzigen bisher erfundenen Mittels, den betruͤb - ten Folgen dieſer Landplage zu ſteuern, mit den glaubwuͤrdigſten Documenten verſehen und zum Druck befoͤrdert von Klaus Dethleff von Oer - zen, Herzogl. Meckelnb. Schweriniſchen Ober - hauptmann und erſten Vereuter der Herzogl. Do - mainalaͤmter Buͤtzov, Ruhn, Warin, Themzien.264Stuͤck 90 bis 100 Pf. wiegt. Die Wolle die - ſer Schaafe iſt etwas groͤber als die Landwolle, allein fuͤr die Zeugmacher zu Verfertigung der Frieſe und tuͤrkiſchen Decken iſt ſie vorzuͤglich. Ein Stuͤck giebt uͤber 8 Pf. Wolle. Die Schwaͤn - ze, wenn ſie recht fett ſind, haben allein 16, 18, bis 20 Pf. reines Fett. Es wurden mit der - gleichen Boͤcken im Herbſte des Jahres 1774 an 600 einheimiſcher Schaafe belegt, wovon bereits uͤber 400 Laͤmmer von außerordentlicher Groͤße und Staͤrke gefallen ſind. Er ließ eng - liſche große Schweine kommen, und vermiſchte ſie mit weſtphaͤliſchen, wovon ein in das dritte Jahr gehendes uͤber 4 Centner wog. Die Pferde - zucht in dem Netzbruche bey Drieſen gedieh durch ihn in kurzen ſehr weit, ſo, daß daſelbſt bey den Unterthanen ſchon Pferde gezogen wer - den, die man willig mit 60, 70 auch 80 Thlr. bezahlt. Er ließ zur Verbeſſerung der Pferde - zucht außerdem auch noch 600 Stutten und Fohlen an der Tuͤrkiſchen Graͤnze aufkaufen.
Was die Verſuche mit der Einimpfung der Hornviehſeuche betrifft, ſo machte man, wie bekannt iſt, die erſten in den Niederlanden, man wiederholte und ahmte ſie in Daͤnnemark nach, und verſuchte ſie neuerlich auch in Deutſch - land auf den buͤlowiſchen Guͤtern, auf Pruͤ - tzen, und nachher auch in den Aemtern Buͤtzow und Ruͤhn, und da die wichtigen Erfahrungen in eine pragmatiſche Geſchichte gehoͤren, ſo will ich hier die vorzuͤglichſten beyfuͤgen. Man be -merkte265merkte dabey, daß die Einimpfung bey einigen mit mehr Gefahr, als bey andern geſchahe. Un - ter die letztern gehoͤren vornehmlich traͤchtige Stuͤcken und Kaͤlber, die noch unter einem hal - ben Jahre ſind. Die erſtern bringen gemeini - glich nach der Seuche eine unreife Frucht, fal - len aber meiſt durch die Krankheit geſchwaͤcht bey dem Kalben, wenn ſie gleich die Seuche uͤberſtanden haben. Daher man die Kuͤhe am ſicherſten bald nach dem Abkalben inoculirt; die Einimpfung der Ochſen aber von jeglichem Alter, und der Kaͤlber von einem Jahre gieng allezeit gluͤcklich von ſtatten. Man bemerkte ferner, daß es bey einem ganz geſundem Stuͤcke geſche - hen muͤſſe, weil ſonſt, wenn es ſchon von der Seuche befallen iſt, die Giftmaterie nur ver - mehrt wird. Man darf daher nicht warten, bis ſchon krankes Vieh unter der Heerde iſt; weil dieſes ſonſt zu befuͤrchten iſt. Man nahm die Einimpfungsmaterie von einer gutartigen Seuche, vornemlich wenn der Fluß noch klar iſt. Man waͤhlte dazu den Ort einer guten Handbreit von dem Ruͤckgrad bis dahin, wo die Rippen aufſtehen und ſichtbar werden, weil hier die Knochen ziemlich mit Fleiſch bedeckt ſind. Nur darf es weder zu hoch am Ruͤckgra - de, noch zu niedrig an den Rippen, weder zu weit nach dem Kreuzknochen und der holen Sei - te, noch zu weit vorkommen. Man ſchor hier - auf das Haar einer Hand breit ab, machte ei - nen Schnitt in die Haut, der durch dieſelbe ge -R 5he,266he, aber nicht in das Fleiſch komme. Man ließ nun die Wunde ausbluten, und gieng zu dem uͤbrigen zur Inoculation beſtimmten Viehe fort. So dann kehrte man zu dem erſten zu - ruͤck, reinigte die Wunde vom Blute, legte hierauf den Faden, der mit der Seuchmaterie an - gefuͤllt iſt, in dieſelbe, und machte die Wunde mit einem Pechpflaſter zu. Man ſtellte hier - auf das Vieh in einen beſondern Stall, oder Huͤtte, an einen Pfahl gebunden, frey, damit es ſich nicht reiben konnte, fuͤtterte es maͤßig, und traͤnkte es des Tages zweymal, ließ es am dritten Tage los, und huͤtete es des Sommers den Tag uͤber im Graſe. Am ſechſten Tage nach der Einimpfung oͤffnete man die Wunde, nahm den Einimpfungsfaden heraus, und reinig - te ſie taͤglich zweymal, bis ſie wieder heil war. So bald es aufhoͤrte zu freſſen, gab man ihm taͤglich einen bis zwey Pott ſuͤſſe Milch, und beobachtete die in der angefuͤhrten Schrift be - merkte Zufaͤlle. Die Krankheit war drey bis vier Tage heftig, ſodann fieng das Vieh an, wieder Futter und Getraide zu verlangen, wel - ches man ihm aber maͤßig und lieber oͤfters und wenig, als zu viel auf einmal gab, welches man acht bis zehen Tage beobachtete.
Auf dieſe Art wurden in den daſigen Aem - tern bey ſiebenzehen nach einander angeſtellten Verſuchen 305 Stuͤck Vieh eingeimpft, wovon nur 57 ſtarben, und alſo 248 erhalten wurden. Man behauptete ſo gar, daß die Zahl der ge -falle -267fallenen noch geringer ſeyn wuͤrde, wenn man nicht erſt durch Erfahrungen und Verſuche haͤt - te lernen muͤſſen; und daß durch nicht genugſa - me Vorſicht und andere aͤußere Umſtaͤnde, wor - unter man vornemlich die Veraͤnderung der Wei - de von der Einimpfung rechnete, uͤber 20 Stuͤck zu Grunde gegangen. Man bemerkte ferner, daß dieſe eingeimpfte Seuche zwar anſtecke, aber doch ſehr langſam. Zwey Beyſpiele, da - von das eine in dem Amte Glambeck und das andere auf dem Pachthofe Welken vorfiel, lehr - ten, daß die Seuche dieſelbe anſteckt und un - veraͤndert gut bleibt. Denn an dem erſtern Orte fielen von neun erkrankten, und noch dazu meiſt traͤchtigen Stuͤcken nur eins. Man wur - de auch von dem Satze verſichert, daß die Ein - impfung das durchgeſeucht Vieh vor der natuͤr - lichen Seuche bewahre. Man fand, daß die eingeimpfte und natuͤrliche in allen Aeußerun - gen gleich ſey, daß ſie, obgleich nur langſam, auch anſtecke. Man impfte deshalb an Orten, wo die natuͤrliche Seuche wuͤtete, Vieh, wel - ches abgeſondert gegangen, ein, ſeuchte es gluͤck - lich durch, und es wurde von der natuͤrlichen nachher nicht angegriffen. Man impfte ſo gar zu Pruͤtzen von der kuͤnſtlichen Seuche geneſe - nes Vieh zum zweytenmale mit der boͤsartigen Seuche ein, und es blieb geſund. Man ſende - te zwey von der inoculirten Seuche geneſene Stuͤcke an Orte, wo die boͤsartigſte natuͤrliche Seuche wuͤtete, indem von 40 Haͤuptern ein -und268und dreyſig fielen; dennoch blieben ſie die vier Wochen ihres daſigen Aufenthalts ſowohl als nachher unangefochten.
Eine wichtige Entdeckung in der Vieharze - neykunſt ſonderlich was die Pferde betrift, war diejenige, welche der verſtorbene Hr. D. Schre - ber bekannt machte, ob ſie gleich, wie er auch ſelbſt einraͤumt, nicht ganz ſein eigen war, ſie betraf eine unangenehme und unheilbare Krank - heit der Pferde, den Rotz. Die franzoͤſiſchen Thieraͤrzte, vornehmlich La Faſſe gaben es vor ein Geſchwuͤr in dem Gehirn aus, und er rieth daher, das Trepaniren derſelben an. Hr. D. Schreber ließ ſich bald, nachdem es bekannt wurde, das Buch aus Paris kommen, und unterſuchte es, hat aber in der Ueberſetzung deſſelben gezeigt, wie wenig dieſe Meynung ge - gruͤndeti)Auch im 4ten Theil der Halliſchen Sammlung., und wie falſch dieſelbe ſey. Indeſ - ſen haben doch die meiſten deutſchen Thieraͤrzte, die ſich in Frankreich bildeten, vornehmlich der ehemalige Profeſſor Erxleben, und verſchiede - ne andere dieſe Meynung des La Faſſe verthei - diget. Der verſtorbene Oberthierarzt Weber ſahe es als ein Naſengeſchwuͤr an. Um deſto mehr verdiente die von dem wuͤrdigen, und nicht allezeit nach ſeinem Verdienſt von andern geſchaͤtzte D. Schreber ausgebildete und bekannt gemachte Theorie hier angefuͤhrt zu werden. Die erſte Veranlaſſung hiezu gab ihm ein alter erfahrner Kurſchmidt, er dachte hierauf weiternach,269nach, und bildete es, wie ich aus muͤndlichen Nachrichten weiß, mit Zuziehung eines Arztes mehr aus. Der Hr. D. Zeiher. ein Mann, deſſen Nahme in der Vieharzeneykunde wichtig iſt, und Hr. D. Unzerk)Unzers vermiſchte phyſikal. Schriften, Theil 1. S. 319. traten der Schre - beriſchen Meynung bey. Nach dieſer Theorie beſtehet die Krankheit in einem Verderben der waͤßrigen Theile des Blutes, welche durch ge - wiſſe Gaͤnge gefuͤhrt werden, und den Umlauf deſſelben befoͤrdern; dieſe verdorbenen ſchleimig - ten waͤßrigten Theile verbreiten eine gewiſſe Schaͤrfe durch den Koͤrper. So lange nun dieſe noch nicht allgemein iſt, und die Haupt - theile die zum Leben gehoͤren, d. i. das Gehirn, das Ruͤckenmark und die Lunge, noch nicht an - gegriffen hat, ſo lange iſt dieſe Krankheit vielen von ihm angeſtellten, und theils in der Ueber - ſetzung des La Faſſe, theils in ſeinen Samm - lungen angefuͤhrter Erfahrungen nach, heil - bar. Sind aber dieſe Theile angegriffen, ſo hat bis jetzt die Arzeneykunde kein Mittel gegen dieſe Krankheit. Aber um die Heilbarkeit oder das Unheilbare dieſer Krankheit zu finden, be - dienete er ſich folgendes Mittel. Erſchlug dem kranken Thiere die Schwanzader, wiewohl auch jede andere Ader hiezu ſchicklich iſt, und ließ ein Glas voll Blut auffangen, ſobald ſich nur der Schleim noch von dem Blute abſondert, ſo daß oben Schleim und unten Blut iſt, ſo wardas270das ein Zeichen, daß das Blut noch nicht durch - aus verdorben, und daß die Lebenstheile, vor - zuͤglich die Lunge, das Ruͤcken - und Gehirn - mark noch nicht verdorben ſind; iſt aber das ganze Blut ſchleimigt, und wolkig, ohne daß ſich der Schleim von dem Blute abſondert, ſo iſt das ein Beweis, der Unheilbarkeit. Was die Heilungsart ſelbſt betrift, ſo uͤberlaſſe ich dieſe dem Leſer ſeiner angefuͤhrten Schriften.
Auch verdient hier die Entdeckung erwaͤhnt zu werden, welche man in Anſehung des Dre - hens der Schaafe in ganz neuen Zeiten machte. Man hatte ſchon viele Unterſuchungen uͤber die - ſe Krankheit angeſtellet. Schon Hr. Geute - bruͤck beſchreibt dieſe Krankheit gut, und haͤlt die Waſſerblaſen, die er im Gehirn fand, fuͤr die Urſache der Krankheit, wußte aber nicht, daß das, was er ſahe, Blaſenwuͤrmer ſind. Er behauptet, daß dieſes Waſſer den Schaͤdel Durchfreſſe, und daß alsdenn, wenn der Hirnſchaͤdel ein Loch bekommen, das Gehirn eitrig und faul werde. l)S. Geutebruͤcks geſammelten Unterricht von Schaafen und Schaͤfereyen 1. Th. S. 277.Allein Hr. Prof. Leßke fand das Gehirn noch da, wo die Kno - chen hart und unverletzt waren, auch faulend. Hr. Geutebruͤck empfiehlt gegen dieſe Krankheit das oͤftere Aderlaſſen an den Schlaͤfen des Haup - tes oder an der Ader an der Naſe. Verſuche allein koͤnnen die Zulaͤnglichkeit dieſes Mittels beweiſen. Hr. Prof. Beckmann findet die Ver -muthung271muthung auch wahrſcheinlich, die ein Unge - nannter im Hanoͤveriſchen Magazinm)1770. St. 48. ge - macht, daß dieſe Krankheit von einer Waſſer - blaſen, die ſich zwiſchen den Gehirn und ſeinen Haͤuten befindet, herruͤhre. n)Beckmanns Grundſaͤtze der deutſchen Land - wirhſchaft, S. 263.Durch die neuen Entdeckungen wird es Gewißheit, ſtatt Vermuthung. Nach denſelben aber befinden ſich dieſe Waſſerblaſen im Gehirn ſelbſt. Auch Hr. Ruͤlingo)In der phyſikal. oͤk. Beſchreibung der Stadt Northeim ꝛc. haͤlt die Waſſerblaſe unter dem Hirnſchaͤdel fuͤr den Sitz der Krankheit. Die beſten Beobachtungen hatte Hr. Ranftler ange - ſtellet, und in den Anzeigen der Leipziger oͤko - nomiſchen Societaͤt bekannt gemacht. Er ſagt: unter dem Hirnſchaͤdel am Gehirn nach dem Na - cken zu war eine Waſſerblaſe, ſo groß wie ein Taubeney, und darinne Koͤrner von welchen zu vermuthen iſt, daß endlich Wuͤrmer daraus werden. Er empfiehlt dawider die Trepana - tion, das Aderlaſſen und einige Traͤnke. Er war der erſte und einzige, ſo viel ich weis, der dieſe kleinen Koͤrner bemerkt.
Hr. Prof. Leßke gerieth im Fruͤhjahre 1779 als derſelbe durch die Guͤte Sr. Hochgraͤflichen Gnaden des Hrn. General Vitzthum von Eck - ſtaͤdt drehende Schaafe in Woͤlke unterſuchte, und Blaſenbandwuͤrmer in dem Unterleibe und derBruſt272Bruſt verſchiedener Schaafe fand, auf die Ge - danken, daß auch die Waſſerblaſen im Gehir - ne dergleichen Bandwuͤrmer waͤren. Er mach - te ſeine Vermuthungen zuerſt in einer Anmer - kung zu der Abhandlung des Tyſons von den Blaſenbandwuͤrmern in den Abhandlungen zur Naturgeſchichte, Phyſik und Oekonomie aus den philoſophiſchen Tranſaktionen und Samm - lungen bekannt. p)Im 1ten Bande des erſten Theils. Leipz. 1779. 4to. S. 111.Er eroͤfnete ſie auch dem Hrn. Goͤtze, welcher zu eben der Zeit den wah - ren Kopf an den Bandwuͤrmern gefunden hat - te. Hr. Goͤtze wurde nach dem Zeugniße des Hrn. Leßkeq)S. vom Drehen der Schaafe ꝛc. von N. G. Leßke. Leipzig, 1780 S. 43. hierdurch zu naͤhren Unterſuchun - gen veranlaſſet. Es entſtund nachher einiger Streit uͤber die erſte Entdeckung dieſer Sache, da Hr. Prof. Ebert im zweiten Theile des Ka - techismus der Natur von J. F. Martinet in einer Anmerkung dieſe Entdeckung dem Hrn. Goͤtze zuſchrieb, und Hr. Goͤtze in einem Brie - fe an den Hrn. Leßke dieſe eine ſeiner wichtig - ſten Entdeckungen nannte. Hr. Leßke entdeckte hierauf mit dem bloßen Handmikroſcope den Hakenkreis und die Saugblaſen dieſer Band - wuͤrmer. Er berichtigte auch verſchiedene Be - merkungen des Hrn. Goͤtzer)S. vom Drehen der Schaafe von N. G. Leßke S. 53., z. B. daß dieBlaſe273Blaſe frey liegt und nirgends befeſtiget iſt, daß ſich die weißen Koͤrperchen nur inwendig zeigen, daß die Blaſe um ſie geſchloſſen ſey, und ſie ſich mit den Haken nirgends befeſtigen koͤnne.
An Schriftſtellern in allen Arten war dieſes[Jahrhundert] beſonders reich. Zu der Pferde - zucht und den dahin gehoͤrigen Kenntniſſen fin - det ſich Weibold, Winter von Adlersfluͤgel, von Solleyſel, Vogel, Trichter, Gerhardi, Fuchs, Krauſe, Lucanus, von Loͤhneiſen, Ruͤ - dinger, Boͤhme, von Eiſenberg, Walter, Zehentner, von Berga, Born, Griſebach, Brake, Schreber, Kerſting, Roͤdinger, Nach - richter, Madſen, von Reizenſtein, Joſeph von Tam, Teptor, Oebſchelwitz, von Sind, Zorn, Prizelius, Zeiher. s)Joh. Conr. Weibolds in der Welt beruͤhmten Heftrigs Reitſchule Kunſtgeuͤbter Bereiter und durch Erfahrenheit gelehrter Roßarzt nebſt ei - nem Bericht vom Beſchlage der Pferde Nuͤrn - berg, 1701. Fol. Winter von Adlersfluͤgel Stutterey d. i. neue wohlbeſtellte Fohlenzucht. Nuͤrnberg, 1703.Von Solleyſels vollkommner Stallmeiſter. Genf, 1706. 4. 2 Theile.Der geoͤfnete Ritterplatz. Hamburg, 1715.J. V. Vogels Roßarzeneybuch und Unterricht, wie ein krankes Pferd den Umſtaͤnden nach zu - erkennen. 1716. Wolfenbuͤttel.Valentins Trichters Pferdeanatomie. Nuͤrnberg, 1716. 8. 2 Theile.Pferdebuch. Nuͤrnberg, 1717. 8.Ger -Nicht weniger erhiel -tenS274ten die uͤbrigen Theile der Viehzucht ihre Schriftſteller, ob ſchon nicht jeder beſonders ſozahl -s)Gerhardi Roßarzeneybuch. Nuͤrnberg, 1721. 2.Fuchſens vollkommnes Roßarzeneybuch. 1721. 8.Krauſens engliſcher Geſtuͤtegarten von der Pfer - de - und Maulthierzucht. Nuͤrnberg, 1724. 12.Joh. Gall. Lukanus Roßarzeneybuch. Leipzig, 1728. 8.Georg Engelhard von Loͤhneiſen neueroͤfnete Hof - Kriegs - und Reitſchule, edirt von Valentin Trichter. Nuͤrnberg, 1729. Fol.Des Herzogs von Newcaſtel Lehrart die Pferde zu dreßiren, aus dem Engl. uͤberſetzt. Nuͤrnberg, 1729. Fol.Der Engliſche Stallmeiſter und bewaͤhrter Roß - arzt, aus dem Engl. uͤberſetzt. Leipz. 1732 8.Joh. Fuchſens aufrichtiger Roßarzt. Leipz. 1733 4.Neue Reitſchule vorſtellend einen vollkommenen Reiter in allen Lectionen in Kupfer geſtochen von Joh. Elias Ruͤdinger. Augsb. 1734.Die Zaumkunſt durch Hippophilum. Herborn, 1738. Fol.Mich. Boͤhmens Roßarzeneybuͤchlein, 1740. Pren - zlow. 8.Valentin Trichters curieuſes Reit-Jagd-Fecht - Tanz - oder Ritterexercitien-Lexicon. Leipzig 1742. 8.Des Herrn Baron von Eiſenberg wohleingerich - tete Reitſchule, nebſt einem Woͤrterbuch, aller in der Reitkunſt vorkommenden Kunſtwoͤrter - Aus dem Franzoͤſiſchen uͤberſetzet. Amſterdam und Leipzig, 1746 in laͤnglicht Fol.Der ſicher und gewiß curirende Roß - und Pferde - Arzt, oder gruͤndliche und vernuͤnftige Anwei -ſung,275zahlreiche. Es gehoͤren hieher nicht nur dieje - nigen, die uͤber die Landwirthſchaft uͤberhauptS 2ſchrie -s)ſung, alle innerliche und aͤußerliche Krankhei - ten zu erkennen, die Kennzeichen zu unterſuchen, und die Hebung gluͤcklich auszufuͤhren, nebſt einem Anhange von Viehſeuchen. Leipz. 1746. 8. Roßarzeneybuch, Berlin, 1748. 8.Der nach mediciniſchen Lehrſaͤtzen ſicher curirende Pferdearzt. Leipzig 1748.J. A. und M. Hadſon engliſcher Stallmeiſter und bewaͤhrter Roßarzt. Leipzig, 1749. 8.Joh. Walters Beſchreibung der Pferde - und Vieh - zucht, wie auch allerhand kuͤnſtlicher Roß - und Vieharzeneyen. 1652. 8.La Foſſens Abhandlung vom wahren Sitze des Rotzes bey den Pferden, uͤberſetzet von Dan. Gottfr. Schrebern. Halle, 1752. 8.Joh. Chriſt. Zehentners Untericht im Reiten, nebſt einem Anhange von der Zaͤumung. Frankf. 1753. 8.W. E. von Berga neue Reitkunſt. Tuͤbingen, 1753. 8A. M. Born Grundregeln zum Reiten. Hildes - heim, 1753.J. C. Zehentners Unterricht von der Pferdezucht. Berlin, 1754. 8.Die edle Reitkunſt von M. A. Grieſebach. Eiſe - nach, 1755. 8.Bewundernswuͤrdiger Pferdearzt, oder Mittel wi - der alle Krankheiten der Pferde. Bremen, 1756. 8.Fuchſens wohleingerichtetes Roßbuch. Leipzig, 1756. 8.Der276ſchrieben, worunter ſich Eckhart in der Experi - mentaloͤkonomie, Leopold, Hoͤnert auszeichnen,ſon -s)Der engliſche Stallmeiſter und bewaͤhrte Roßarzt. 1756. 8. Zweyte Auflage.Zehentners Abhandlung von der Kunſt, Pferde zu kennen. Frankfurt, 1757. und 1770. 8.D. Heinrich Brakens verbeſſerte Roßarzeneykunſt, nebſt verſchiedenen Anmerkungen, die Wahl und Wartung der Pferde betreffend Nach der 7 Auflage aus dem Engliſchen uͤberſetzet. Al - tenburg. 1758. 8.D. G. Schrebers neue Entdeckung an Pferden zum Behuf der Armeen, Landwirthe und Cur - ſchmidte. Halle, 1759. 8.J. A. Kerſting ſicherer und wohlerfahrener Huf - und Reitſchmidt. Caſſel, 1760. 8.Ridingers Vorſtellung und Beſchreibung der Schul - und Campaanepferde, nach ihren Lectionen. Augſpurg 1760.Nachrichters nuͤtzliches und aufrichtiges Pferd - und Roßarzeneybuch. Tuͤbingen, 1760. 8.Des Grafen von Pembroke Anweiſung, Pferde abzurichten, und Soldaten reiten zu lehren. Frankfurt, Leipzig und Zelle.Handbuch vor einen Reuter von Ohle Madſen. Altona, 1763. 8.Der vollkommene Pferdekenner, welcher nicht nur alle Schoͤnheiten und Fehler zu erkennen giebt, ſondern auch anweiſet, wie letztern abzuhelfen iſt. Von W. F. von Reizenſtein. Uffenheim, 1764. 4.Des Herzogs W. von Newcaſtle Reitbahn, oder vollkommener Stallmeiſter, mit des Herrn von Solleyſels Anmerkungen. Nuͤrnberg, 1764. Fol.Die277ſondern auch die verſchiedenen oͤkonomiſchen Sammlungen. Man uͤberſetzte auswaͤrtigeS 3Schrif -s)Die beſte und bewaͤhrteſte Erfindung wieder das Koppen der Pferde. Uffenheim, 1764. 8.Ejusd. Aufgedeckte Roßtaͤuſcherkunſt. Leipzig, 1765. Fol.Matth. Hadſon engliſcher Stallmeiſter und be - waͤhrter Roßarzt, aus dem Engliſchen, Leip - zig 1765. 8.Freyherr Franz Joſeph von Tam bewaͤhrte Horn - Schaaf-Pferd - und Federviehes Arzeneykunſt. Wien 1765. 8.Joh. Nic. Textor Bericht, wie Viehſeuchen unter dem Hornvieh und Pferden wohl erkannt, praͤ - ſerviret, und curiret werden koͤnnen; nebſt einer Abhandlung von Pferden und andern Krank - heiten. Stutgard, 1765. 8.Dionyſ. Robertſon Pferdearzeneykunſt. Frankf. 1767. 8. neue Auflage, welcher noch ein An - hang von engliſiren und Hengſte legen bey - gefuͤget iſt.Der hollaͤndiſche Stallmeiſter von L. F. W. Oeb - ſchelwitz. Leipzig und Groͤningen 1766. 8.Caſpar von Saunier vollſtaͤndige Erkenntniß von Pferden ꝛc. nebſt vielen Kupfern, aus dem Franzoͤſiſchen uͤberſetzet von Ch. H. Wilkens, 1767. Fol. ſ. No. 89.Der im Felde und auf der Reiſe geſchwind heilen - de Pferdearzt von J. B. von Sind. 2te Aufla - ge. Frankf. und Leipzig, 1767. 8.Ebendeſſelben vollſtaͤndige Abhandlung von der Rehkrankheit der Pferde. Frankf. und Leipzig 1768. 8.Eben -278Schriften, ſo erſchien 1771 des Boutrolle le prafait bouvier, welche zu Rouan 1766 her -auss)Ebendeſſelben Kunſt Pferde zu zaͤumen und gut zu beſchlagen. Frankf. und Leipzig. 1768. 8.Ebendeſſelben neue und ſichere Lehrart, die Pfer - de in kurzer Zeit und ſchulmaͤßig zu dreßiren. 8. Dieſes Werk iſt ein Anhang zu dem vorherge - henden.Chriſtian Zorns vollſtaͤndiger Unterricht von Er - ziehung der Pferde. Erfurt, 1768. 8.Von Sind gruͤndlicher Unterricht von der Pferde - zucht. Frankfurt und Leipzig, 1769. 8.Von Garſault Unterricht fuͤr Liebhaber der Pfer - de und Reiter. Aus dem Franzoͤſiſchen uͤberſetzet, von D. J. G. Kruͤnitz. Berlin, 1770. 8.Roßbuch: eines Huſarenobriſten bewaͤhrt gefun - dene Arzeneymittel fuͤr alle Krankheiten der Pferde. Frankfurt und Leipzig, 1770. 8.Von Sinds vollſtaͤndiger Unterricht eines Stall - meiſters, Goͤttingen, 1770. Fol.Prizelius Beſchreibung des Senner Geſtuͤtes. Lem - go 1771. 8.Hurels Abhandlung vom Wurm. Aus dem Fran - zoͤſiſchen uͤberſetzet. Breslau, 1771. 8.D. J. Ernſt Zeihers Lehrbegriff von den Krank - heiten der Pferde und deren Heilung, nebſt einem Anhange von der Pferdezucht. Berlin, 1771. 8.Abhandlung von den Turniren, Breslau, 1772. 8.Vietet’s Unterricht in der Vieharzeneykunſt, aus Franzoͤſiſchen uͤberſetzet, und mit Anmerkungen verſehen, von J. C. P. Erxleben. Lemgo, 1773, 8.Bourge -279aus kam, in einer deutſchen Ueberſetzung un - ter dem Titel: der geſchickte Viehhirte, oderS 4Unter -s)Bourgelats Supplement zu dem kurzen Begriff von der Zergliederung des Pferdes, aus deſ - ſen franzoͤſ. Handſchrift uͤberſetzet. Zerbſt, 1773. 8.Prizelius der Bereiter mit Kupfern. Braunſchweig 1774. 8.Ebendeſſelben Handbuch der Pferdewiſſenſchaft zu Vorleſungen. Lemgo, 1775. 8.Georg Hartmanns Pferd - und Maulthierzucht nebſt einer kurzen Beſchreibung der herzoglich Wuͤrtenbergiſchen hierher gehoͤrigen Anſtalten und Stuttereyen. 1777.Taſchenbuch fuͤr Liebhaber der Pferde, aus dem Engliſchen. Es enthaͤlt viel Recepte.Gishone uͤber die Roßarzneykunſt aus dem Engl.Von Pferdekrankheiten, vornehmlich Rotz ꝛc.Praktiſche Verſuche der Darmgicht der Pferde von Johann Chriſtian Ehrmann.Von Sind vollſtaͤndiger Unterricht in den Wiſſen - ſchaften eines Stallmeiſters, mit Kupfern. Goͤttingen, 1775. 8.J. C. Hirſch redlicher Schaͤfer oder umſtaͤndliche Beſchreibung einer Schaͤferey. Anſpach, 1764 8.C. A. Geutebruͤcks geſammelter Unterricht von Schaafen und Schaͤfereyen. Leipzig. 1766 — 1767.B. C. Hirckels Abhandlung vom Schaafvieh. Stargardt, 1745. 8.J. G. von Eckarts vollſtaͤndige Experimentaloͤko - nomie, Jena, 1754. 4. und unveraͤndert 1763. 4. S. 128 bis 185.Leopolds280Unterricht zur Kenntniß der Ochſen und Kuͤhe von J. G. Boutrolle, Wittenberg und Zerbſt,1771.s)Leopolds nuͤtzliche und auf Erfahrung gegruͤndete Einleitung zur Landwirthſchaft, Berlin und Glogau, 1759. 4to S. 360.Hoͤhnerts Beytraͤge zur Landwirthſchaft, Bremen, 1771. 8.Nutzungsberechnungen uͤber das Rindvieh finden ſich in den Schleſiſchen Oek. Sammlungen 1. 402. und 419.Oek. Nachr. 1. S. 430. II, S. 133. V. S. 775.Eine Vergleichung der Schaaf - und Rindvieh - zucht und in wie fern eine der andern vorzuziehen ſey, findet ſich in denLeipziger Samml. III. S. 97. Schleſiſche Oeko. Samml. I. 248.Oek. Nachrichten VI. 570.Oek. Nachrichten IV. S. 1.Neue Oek. Nachr. III. S. 172.Oek. Nachr. V. 267, VI. 235.Schlef. Oek. Samml. I. 33.Herzog von der Schaafzucht.Ellis von der Engl. Schaafzucht im Schrebers Samml. XI. Die Urſchrift iſt zu Londen 1748 gedruckt.F. W. Haſtfer Unterricht von der Zucht und War - tung der beſten Art von Schaafen, aus dem Schwediſchen. (Goͤttingen,) 1754. 8.Fragen und Antworten aus der Schaͤferkunſt, aus dem Schwediſchen. S. Schrebers neue Cam - meralſchriften II. 315.Erfahrungsmaͤßiger Unterricht, wie die Schaafe durch gute Pflege zur vollkommenſten Art ge -bracht,2811771. 8. Es gehoͤren hieher die vielen Schrif - ten, welche in dieſem Jahrhunderte durch die Viehſeuche veranlaſſet wurden, und wovon Hr. D. Kruͤnitz 1767 ein Verzeichniß unter dem Titel geliefert: Verzeichniß der vornehmſten Schriften von der Rindviehſeuche. Leipz. 1767 8. und ſich einige Ergaͤnzungen in den Berliner Sammlungen (IV. S. 656 — 661) befinden. Verſchiedene Artikel in der oͤkonomiſch Ency - clopaͤdie deſſelben vertreten auch hier die Stelle ausfuͤhrlicher Werke.
Verdiente Namen um die Schaafzucht ſind Geutebruͤck, Hirſch, Huͤckel, Herzog, Schre - her. Auch wurden die Schriften eines Ellis, Haſtfer und anderer Auslaͤnder uͤberſetzt.
s)bracht, und bey ſolcher erhalten werden koͤn - nen. 8. 1780. Zur Viehzucht und den Krankheiten bey denſelben gehoͤren z. B. die Berliner Beytraͤge IV. B. 4, 5, 6, 7, St. Es wird daſelbſt vorzuͤglich gehan - delt, von den verſchiedenen Seuchen und Krank - heiten bes Rindviehes, denen Entſtehungs - zeichen, Praͤſervativ - und Heilungsmitteln.Von der Schaafzucht ſ. eben daſelbſt, St. 8 bis 12.
Man dachte nach dem Beyſpiele Italiens in Deutſchland fruͤh auf die Maulbeerzucht. Ich nenne es in ſofern fruͤh, da der Seidenwurm und die Maulbeerbaumkultur zuerſt in Italien, in den neuern Zeiten in den Europaͤiſchen Rei - chen eingefuͤhrt wurde, wie in der Italiaͤni - ſchen Oekonomiegeſchichte gezeigt werden ſoll. Wenn man den Seidenmanufacturen nachge - hen ſollte, ſo finden ſich ſchon in der Mitte des 15ten Jahrhunderts im J. 1453 im Buͤrger - buche und dem Steuerregiſter der Stadt Augs - purg Sydenaͤer; allein wahrſcheinlich erhielten dieſelben die Materialien dazu aus Italien. a)S. Kunſtgewerb und Handwerksgeſchichte der Reichsſtadt Augsburg von Paul von Stetten dem juͤngern, 1779. S. 213.Die aͤlteſten Spuren von der Anpflanzung des Maulbeerbaums in Deutſchland findet ſich ge - gen das Ende des ſechzehnten Jahrhunderts. H. Nicolai fuͤhrt in ſeiner Beſchreibung von Ber -lin283lin aus Leutholds Leichenpredigt auf die Prin - zeßinn Eliſabeth Magdalena, eine Tochter Churfuͤrſt Joachims II. welche als verwittwete Herzoginn zu Braunſchweig lange in Berlin lebte, und 1595 ſtarb, daß ſich dieſelbige ſchon mit der Seidenwuͤrmerzucht beſchaͤftiget, und alſo wahrſcheinlich ſchon damals Maulbeerbaͤu - me vorhanden geweſen. b)Die Geſchichte des Seidenbaues uͤberhaupt hat uns H. D. Schreber im 1. Theil ſeiner Cam - meralſchriften S. 171. geliefert, und ich habe ſie hier in Anſehung Deutſchlands auch mit ge - braucht, allein ich vermiſſe darinne noch vieles was Deutſchland betrifft und ſonderlich den Fortgang des Geſchaͤffts in den neuern Zeiten.D. Andreas Liba - vius pflanzte ihn 1599 zu Rothenburg an der Tauber an, doch war dieſes blos ein Verſuch im Kleinen. Er fand alſo, daß das Deutſche Clima dem Maulbeerbaum nicht ganz unguͤnſtig ſey, welches in neuern Zeiten der Abt Sauvages noch naͤher beſtimmt hat. Einen wichtigern Schritt that hierinne der Churfuͤrſt von Maynz, Johann Philipp, welcher zu Veytshochem der - gleichen Pflanzungen ins groͤßere unternahm, wobey ihn die guͤnſtige Lage des Orts in Anſe - hung des Himmelſtrichs unterſtuͤtzte. Er leg - te nicht nur mit Gluͤck viel Maulbeerbaͤume an, ſondern munterte auch die Induſtrie auf, in - dem er fuͤr diejenigen, und ſonderlich fuͤr die Bauerkinder, die die meiſte Seide ſammeln wuͤrden, Preiſe ausſetzte. c)S. Schroͤters Fuͤrſtl. Schatz - und Rentk. p. 201.Aehnliche An -ſtalten284ſtalten wurden auch in dem Wuͤrzburgiſchen bey Wuͤrzburg gemacht. Dieſe neue Cultur ver - breitete ſich bald weiter. Der Herzog von Wuͤrtemberg, Friedrich, legte bey Neuſtadt eine Plantage an, und brachte es in kurzem zu einer ziemlichen Vollkommenheit, wie uͤber - haupt in den damaligen Zeiten der Oekonomie - zuſtand dieſes Landes bluͤhete. Man errichtete ein Haus zu Seidenmanufacturen, in welchem die Seide abgewunden, geſponnen und gewebt wurde, und verfertigte allein auf 24 Stuͤhlen ſeidene Struͤmpfe. Dennoch konnte man es nicht ſo weit bringen, daß es ein auswaͤrtiger Handelsartikel wurde. Die Manufacturen die - ſer Art waren in Frankreich ſchon zu gut einge - richtet, und dieſen neuen Anſtalten noch zu wenig in Verbindung und Gang, die Arbeiter nicht ſo haͤufig, und dadurch der Arbeitslohn hoͤher, als daß ſie durch gleiche Wohlfeilheit den auswaͤrtigen haͤtte das Gleichgewichte hal - ten koͤnnen; daher ſich jene immer erhielte und dieſe Manufacturen wieder vernichtete: indeſ - ſen kam der Seidenbau in dieſem Lande doch unter dem Herzog Carl wieder in Aufnahme. Im Oeſterreichiſchen wetteiferte man ziemlich fruͤhzeitig. In Sachſen that gegen Ende des ſiebenzehnten Jahrhunderts im J. 1676. ein gewiſſer Daniel Kraft Vorſtellung wegen einer Seidenmanufactur. Er zeigte, wie unſer Cli - ma fuͤr den Maulbeerbaum gar nicht nachthei - lig ſey, und daß dieſer Baum dem Froſte weitweni -285weniger unterworfen ſey, und weniger von ihm litte, als andere Baͤume. Er machte Verſu - che mit Maulbeerbaͤumen in ſeinem Garten, und fand, daß in zwey ſtarken Wintern viel andere Baͤume erfroren, aber von den jungen Maulbeerbaͤumen nichts zu Grunde gegangen. Er machte noch fernere Verſuche mit niedri - gern Pflanzungen, um nicht auf den langſa - men Wuchs der Baͤume zu warten, und fand, daß die vom Saamen aufgeſchoſſene Maulbeer - ſtauden ſchon im zweyten Jahre zur Fuͤtterung der Seidenwuͤrmer zu gebrauchen.
Allein er ſcheint nicht gluͤcklich geweſen zu ſeyn. Große Verdienſte und viele Bemuͤhung in der Einrichtung der Seidenzucht und Manu - facturen dankt Deutſchland dem beruͤhmten Becher, einem Mann, der große Dinge er - fand, und nicht weniger faͤhig war, ſie auszu - fuͤhren. Aber Deutſchland war imer undank - bar gegen ſeine wuͤrdigſten Maͤnner, welche nachher oft von andern Nationen angebetet wur - den. In der Pfalz und im Oeſterreichiſchen war er noch am gluͤcklichſten. In der erſtern raͤumte ihm der Churfuͤrſt Carl Ludwig bey Heidelberg ein wuͤſtes Stuͤck Landes zu 20000 Maulbeerbaͤumen ein. In dem Oeſtreichiſchen veranlaßte der Fuͤrſt Carl von Lichtenſtein, daß er zu Feldsberg Maulbeerbaͤume und eine Sei - denzucht anlegte, wovon der Baron von Schroͤ - ter ſagt, daß ſie noch jetzo daure, und jaͤhrlichviel286viel Seide daſelbſt geſponnen werde. d)S. l. c. S. 201. Oeſtreich uͤber alles, wenn es nur will. Der Verfaſſer dieſes Werks Hor - nik ſchlug ſchon damals unter andern auch die Seiden - und Maulbeerzucht vor.Al - lein Kriege und Verwuͤſtungen, die ihn beglei - ten, richteten die meiſten dieſer Anſtalten zu Grunde. Vieles trug auch der Mangel an Ar - beitern und an andern Anſtalten bey, indem man die Sache nicht genugſam unterſtuͤtzte, und ſie nicht ins große zn betreiben ſuchte. Auch wurden die auslaͤndiſchen Kaufleute eiferſuͤchtig und legten Hinderniß in den Weg, aus Eifer - ſucht, weil ihr Handel wuͤrde gelitten haben, wenn man es in Deutſchland zu einem hohen Grade von Vollkommenheit gebracht haͤtte. Daher hatten dieſe Anſtalten ſelbſt zu Anfange dieſes Jahrhunderts noch kein großes Gluͤck ge - macht, oder waren gar gaͤnzlich zu Grunde ge - richtet. Am beruͤhmteſten ſind in dem Oeſt - reichiſchen noch jtzt die Seidenplantagen zu Ro - boredo eine Stadt an dem Fluße Len an der Italiaͤniſchen Graͤnze, welche unſtreitig die Nachbarſchaft von Italien beguͤnſtigten, und da - her ſie auch ſelbſt ins Große getrieben wurden.
In dem Brandenburgiſchen machte man zu Anfange des jtzigen Jahrhunderts die nach - druͤcklichſten Anſtalten, welche noch jtzt fort - dauern. In Berlin war, wie Hr. Nicolai be - merkt, der Rector Johann Leonhard Friſch der erſte, der ſich die Einrichtung der Maulbeer -plan -287plantagen und Erziehung der Seidenwuͤrmer mit großen Eifer angelegen ſeyn ließ. Er leg - te zuerſt 1708 einen Maulbeergarten an, wel - cher noch unter dem Nahmen des Friſchiſchen bekannt iſt. Es folgten noch verſchiedene Pflan - zungen und unter andern auch 1738 die Plan - tage, welche der Oberinſpector Habermars an - legte, und der Seidenbau der Realſchule zu Ber - lin in dem Garten derſelben. Auf ſeine Veranlaſ - ſung ließ die Geſellſchaft der Wiſſenſchaften zu Berlin, deren Mitglied er war, die Waͤlle um Ber - lin und Spandau mit Maulbeerbaͤumen bepflan - zen. Er hatte auch zuerſt die Idee, die Kirchhoͤfe in Staͤdten und Doͤrfern damit zu beſetzen, wel - ches hernach durch koͤnigl. Edikte im ganzen Lan - de befohlen und allgemein gemacht wurde. Der Koͤnig Friedrich I. pflanzte zu Potsdam, Koͤ - poͤnik, Spandau und andern Orten Maulbeer - plantagen, und die Akademie der Wiſſenſchaf - ten zu Berlin erhielt den Auftrag, beſtaͤndig fuͤr den Seidenbau zu ſorgen. Es erſchien auch hierauf von einem Mitgliede derſelben 1713. eine Schrift unter dem Titel: Der Seidenbau nach ſeiner Moͤglichkeit und Wirklichkeit, wor - inne man die Vorurtheile, welche dieſem Ge - ſchaͤfte entgegen ſtehen konnten, zu heben und zugleich Unterricht in der Behandlung zu er - theilen bemuͤhet war. Die Regierung unter - ſtuͤtzte die Bemuͤhungen der Akademie durch Verordnungen, Aufmunterung und Preiſe. So finden ſich von dem Jahre 1714 eine Ver -ordnung288ordnung wegen Befoͤrderung des Seidenbaues, 1716 ein Patent wegen Pflanzung der Maul - beerbaͤume zur Befoͤrderung der Seidenzucht, welches alle Staͤnde ermuntert, den Seiden - bau und die Maulbeerzucht fleißig zu betreiben. Ein anders von 1719 wegen Bepflanzung der Kirchhoͤfe mit Maulbeerbaͤumen, ein Reſcript von 1731. wegen Pflanzung der Maulbeerbaͤu - me, ein Edikt von 1742 wegen Anlegung der Plantagen von Maulbeerbaͤumen; 1745 ſchuͤtz - te man die Plantagen durch ein Edikt, wel - ches diejenigen beſtraft, welche dieſelben beſchaͤ - digten; und 1750 ergieng ein Reglement we - gen Fortſetzung der Maulbeerplantagen und des Seidenbaues in Pommern, wo man denſelbi - gen nun auch anfieng auszubreiten.
In dieſen Verordnungen wurde unter an - dern zum beſten des Seidenbaues feſtgeſetzet, daß Seidenwuͤrmereyer aus Italien gebracht, und unentgeldlich ausgetheilt werden ſollten, daß Leute beſtellt wuͤrden, denſelben zu lehren, daß zur Fuͤtterung Waiſenknaben, Schuͤler und an - dere gebraucht wuͤrden; man legte 1721 viel dergleichen Pflanzungen auf Kirchhoͤfen an, und munterte die Prediger Kirchen - und Schuldie - ner auf dem Lande zum Seidenbau auf und uͤber die im Lande gewonnene Seide jaͤhrlich Tabel - len einzuſchicken, wie die gewonnene Seide zum Verkauf anzubringen, zur Aufmunterung deſſel - ben befreyete man die einheimiſche Seide von allen Zollen und Abgaben; befoͤrderte die Anle -gung289gung der Manufacturen, und erlaubte zu deren Behuf noch die Einfuhr fremder roher Seide, um das angehende Manufacturweſen nicht aus Mangel der rohen Materialien zu unterbrechen und zu hemmen, eine Vorſicht, welche man bey Einfuͤhrung der Cultur fremder Produkte, denen man durch angelegte Manufacturen Ab - ſatz und Ermunterung verſchaffen will, jeder - zeit beobachten ſollte, um nicht ſeinen Zweck zu verfehlen.
Die Seidenmanufacturen im Brandenbur - giſchen waren ſchon durch den großen Churfuͤrſt Friedrich Wilhelm einigermaßen begruͤndet, welcher die Reformirten, die aus Frankreich der Religion wegen entwichen, aufnahm, und ſie zur Errichtung der Fabriken und Manufac - turen in ſeinem Lande ermunterte. Allein ſein Sohn Friedrich I. gieng viel weiter. Er er - bauete Manufacturhaͤuſer auf koͤnigliche Koſten fuͤr die Seidenmanufacturen, ſonderlich das Seidenmagazin, und legte dazu einen Fond von faſt 100000 Thl. nieder; aus demſelben wurde fremde Seide angekauft, ſo wie auch die inlaͤndiſche von denen, die ſich mit Abhaſp ce - lung und Zubereitung nicht abgeben. Aus die - ſer Niederlage bekommen die Manufacturen Seide auf Credit, große auf 9, kleine auf 6 Monate gegen Proviſion; auch war ihnen er - laubt, ſich unmittelbar auswaͤrtige zu verſchrei - ben, welche doch aus dem koͤnigl. Seidenma - gazin bezahlt wurde. Das koͤnigl. Verguͤtungs -Tcomptoir290comptoir giebt den Seidenmanufacturiſten eine Verguͤtung von 8 oder 6 Procent des innern Werths der verfertigten Seide.
Um das Jahr 1730 legte der Schutzjude David Prager in Potsdam eine Sammetma - nufactur an: er verſchrieb dazu zwey Schwei - zer und einen Leipziger Seidenweber Hollinger, der die Manufactur voͤllig in Stand ſetzte; ein Beweis, daß die Seidenmanufacturen in Sach - ſen eher bluͤheten, ob man gleich in Sachſen um dieſe Zeiten noch keine Spuren von großen Maulbeerpflanzungen und Seidenzucht findet. Zu gleicher Zeit errichtete ein Refugier Bour - guignon eine Seidenmanufactur zu Berlin. Der jetzige Koͤnig befoͤrderte ſonderlich den Sei - denbau durch viele Edikte. Er ließ Planteurs zur Maulbeer - und Seidenzucht verſchreiben, gab ihnen Penſionen, und uͤbergab ihnen Kinder aus Waiſenhaͤuſern, welche ſie in Pflan - zung der Baͤume und Wartung der Wuͤrmer unterrichten mußten. Auch werden jaͤhrlich Eyer und Maulbeerſaamen ſowohl aus der Fremde verſchrieben, als auch einheimiſche an diejenigen, die Luſt dazu haben, vertheilt, be - ſonders an die Prediger und Kuͤſter auf dem Lande, von denen auch die, welche die meiſte Seide ziehen, Preiſe erhalten; und noch neuer - lich theilte der verdienſtvolle Miniſter von Herz - berg dergleichen aus. Durch dieſe Ermunte - rungen hat ſich der Seidenbau in dem Bran - denburgiſchen ſehr ausgebreitet. Schon in denJahren291Jahren 1744, 1745 und 1748. verarbeitete die Gold - und Silberfabrike nebſt der Sammet - fabrike des Juden Hirſch uͤber 700 Pfund Land - ſeide. Im Jahre 1748 war die ganze Erndte 698 Pfund, wozu blos die Chur - und Neumark beynahe 600 Pf. lieferten. Im Jahre 1750 wurde in der Neumark 505 Pf. Seide gewon - nen. Im J. 1751 gab die Churmark allein 1100 Pf. und die Neumark uͤber 100 Pfund. Im J. 1752 war der ganze Ertrag 1555 Pf. 24 Loth; im J. 1754 aber 2636 Pf. 30 Loth, und 1755. 2042 Pf. 6 Loth. Der verderb - liche Krieg, der auch die Brandenburgiſchen Lande verwuͤſtete, machte einen Stillſtand in dieſem Geſchaͤfte, und die Verheerungen richte - ten viele Anſtalten zu Grunde. Allein nach demſelben war der Seidenertrag, wozu Preuſ - ſen, Litthauen und die weſtphaͤliſchen Provin - zen faſt gar nichts beytrugen, folgender
In der Neumark allein wurde 1774, 3570 Pf. gewonnen. In dem J. 1779 wurde in allen preußiſchen Staaten 120 Cent. Seide ge -T 2won -292wonnen. Den guten Fortgang dieſes Ge - ſchaͤfts haben die Brandenburgiſchen Lande un - ſtreitig unter andern auch der Einrichtung zu danken, daß man ſonderlich die Landgeiſtlichen dazu nahm, indem dieſe am meiſten faͤhig ſind, Unterricht anzunehmen, und den andern mit - zutheilen; ſie haben unter den Landleuten das meiſte Anſehen, und die beſte Gelegenheit, dergleichen Kenntniſſe immer mehr auszubrei - ten. Bis zum J. 1766 bekamen 5 Prediger, die die meiſte Seide gezogen hatten, Belohnungen; jetzo aber alle Unterthanen, welche mehr als im vorhergehenden Jahre gewinnen, fuͤr jedes Pf. 12 Groſchen.
Auf dieſen ſo gluͤcklichen Seidenbau in dem Brandenburgiſchen gruͤnden ſich die vielen und vorzuͤglichen Seidenmanufacturen, welche ſich unter der Regierung des jetzigen großen und wei - ſen Friedrichs ſo anſehnlich vermehrt haben, daß vom 1 Junius 1774 bis May 1775 den Seidenmanufacturiers uͤber 58000 Thl. blos auf ganz ſeidene Waaren verguͤtet worden. Noch 1766. ließ derſelbige ein beſonderes Re - glement fuͤr die Seidenmanufacturen ergehen, worinne die Laͤnge, Breite und Guͤte der Waa - ren beſtimmt wird. Nach H Nikolai in ſeiner Beſchreibung der Reſidenzſtadt Berlin und Potsdam waren im J. 1777, zu Berlin 865 Stuͤhle, zu Frankfurt an der Oder 77, und zu Koͤpenik 27; ſo nennt er auch die vorzuͤglichſten Seidenmanufacturiers im 1ten Th. S. 378. deren293deren gegen Ende des beſagten Jahres 38 al - lein zu Berlin waren. Einen großen Vortheil erhielten die Manufacturen durch die Bemuͤ - hungen des Staatsminiſters, Freyherrn von Horſt, welcher denſelben eine Moirmaſchine verſchaffte, und einen jungen Menſchen Maſſe - nau nach London reiſen ließ, um die Kunſt, ſei - dene Zeuge zu moiren, zu erlernen. Er ließ die Moirmaſchine und ein dazu beſtimmtes Haus erbauen, und ſchenkte beydes dieſem Maſſenau. Auch ein Manufacturier Treitſchke hatte der - gleichen, welche aber jetzt unbrauchbar ſeyn ſoll, weil die jetzigen Beſitzer das Geheimniß nicht erhalten koͤnnen. Auf den 865. Stuͤhlen zu Berlin, welche 1777, 38 Manufacturiers un - terhielten, wurden 21559 Stuͤck Sammet und ſeidene Zeuge gefertiget, deren Werth 1170790 Thl. betraͤgt; ein vorzuͤglicher Be - weis von dem gluͤcklichen Fortgang eines Ge - ſchaͤftes, das vor einem Jahrhunderte in dieſen Gegenden vielleicht vielen unmoͤglich ſchien.
Sachſen hatte weit eher Seidenmanufactu - ren als Seidenbau; die Brandenburgiſchen wurden vorzuͤglich Anfangs durch einen Saͤch - ſiſchen Seidenweber Hollinger aus Leipzig ein - gerichtet und in Ordnung gebracht, und erhiel - ten auch nach dem Kriege, der ſich mit dem Hubertsburger Frieden endigte, ſo wie die Oe - ſterreichiſchen, verſchiedene Vermehrungen durch Saͤchſiſche Manufacturiers, wiewohl ſich auch aͤltere Spuren von den Bemuͤhungen der Re -T 3gie -294gierung fuͤr dieſes Geſchaͤft finden, als in dem Brandenburgiſchen. Denn ſo ergiengen ſchon im J. 1704 vom 19 Sept. und 23ſten De - cember, ingleichen vom 22 May 1705, Re - ſcripte in die Churſaͤchſiſchen Lande wegen Pflan - zung weißer Maulbeerbaͤume; aber man findet nicht, daß ſie von wichtigen und gluͤcklichen Fol - gen geweſen, worinnen ihnen wahrſcheinlich die noch zu großen Vorurtheile hinderlich waren. Vorzuͤglich bluͤheten in Sachſen die halbſeidenen Manufacturen, wegen ihrer Verbindung mit den wollenen, in deren Beſitz Sachſen ſchon laͤngſt war. Allein es erhielt die rohe Seide dazu von den Auswaͤrtigen durch den Handel. Man fieng aber nun um das Jahr 1746 ernſt - haft an, den ſchon ehemaligen Vorſchlag eines gewiſſen Krafts auszufuͤhren, und machte 1746 zu Leipzig zum Nutzen des Waiſenhauſes einen ernſthaften Anfang. Bald darauf uͤbernahm die Regierung die Sorge fuͤr denſelben in An - ſehung des ganzen Landes, und empfahl ihn 1754 durch eine nachdruͤckliche Verordnung, welche ſie ins Land ergehen ließ. Und je mehr Verdienſte von dieſer Art Vortheile fuͤr ein Land und deſſen Induſtrie haben koͤnnen, um deſto mehr verdienen die Namen dererjenigen der Vergeſſenheit entriſſen zu werden, welche ſie ſich machten. Der Hr. Oberforſtmeiſter von Sperling in Balgſtaͤdt bey Freyburg verſchrieb 1755. 2 Pfund Maulbeerſamen aus Italien, und ſaͤete ihn; er verſetzte 1757 die Pflanzenin295in Hecken; 1760 konnte er ſchon zwey Loth Seidenwuͤrmer bequem fuͤttern. Der Krieg, der alle Kuͤnſte des Friedens hinderte, hatte auch fuͤr den Seidenbau nachtheilige Folgen. Allein es wurden 1763 von neuem Verſuche mit 3½ Loth Seidenwuͤrmern gemacht; er gewann von dieſen 5½ Pf. geſponnene Seide, wel - che verhaſpelt wurde, und er behielt 7½ Loth Saamen zum Aufſatz. Zu dieſen 5½ Pf. ge - ſponnener Seide nahm man 3 Pf. aufbehalte - ne, und fertigte daraus in Freyburg ein Stuͤck ſeidenen Zeug von 50 Ellen, und ein anderes von 30 Ellen. e)L. Intell. Bl. vom J. 1764. S. 238.Nach dem Hubertsburger Frieden ergieng eine oͤffentliche Anweiſung zum Maulbeerbau. Die Seidenmanufacturen ka - men in Sachſen vorzuͤglich nach dem Kriege ſehr in Flor, ſo wie auch die Plantagen. Blos aus der zu Leipzig zog die Rabiſche Manufac - tur 100 Pf. Seide. Zu Koͤnigsbruͤck war eine andere Plantage, welche 40 und mehrere Pf. lieferte; welches zwar fuͤr die Beduͤrfniſſe der Fabrik noch lange nicht zureichend war, da die - ſelbe jaͤhrlich 5 bis 6000 Pf. Seide verarbei - tete. f)Dieſe Manufactur hatte 120 Stuͤhle, welche 240 Arbeiter beſchaͤftigte,[und] uͤber 250 Sei - denwinder. Sie hatte ein mechaniſches Kunſt - werk erfunden, wodurch ein Rad eine doppelte Gallerie von 2 mal 80 Winden trieb; jede Gal - lerie war getheilt, daß auf jeder Haͤlfte 40 Windenwaren,Man ſparte keine Koſten, die Ge -T 4heim -296heimniſſe der Italiaͤner auszuforſchen, und ihre Erfindung des Filatorium auch fuͤr die Saͤchſiſchen Fabriken zu benutzen. Das Fila - torium iſt eine Maſchine, welche die Seide ab - windet und auch zwirnet. Es iſt zu Bologna, wo es erfunden worden; es iſt ſehr groß, koſt - bar und muͤhſam, iſt ſehr zuſammengeſetzt, und beſtehet aus vielen Zaͤhnen und Getrieben. Die Italiaͤner halten es ſehr geheim, und es ſoll bey Strafe des Haͤngens verboten ſeyn, daſſ[e]lbe Jemandem zu zeigen. Dennoch fand Becher dergleichen zu Muͤnchen, welches aber wegen der Unterhaltungskoſten, welche ſehr hoch ſich beliefen, nicht geachtet wurde. Indeſſen beweiſt dieſes, daß man im vorigen Jahrhun - derte im Bayeriſchen auf die Seidenmanufac - turen bedacht geweſen ſeyn muß. Auch die er - waͤhnte Rabiſche gelangte durch ausgeſchickte genaue Beobachter zu dieſer Erfindung, und legte ein Filatorium nach dem zu Bologna zuTorgauf)waren, und an jeder Haͤlfte waren 6 Leute an - geſtellet; wiewohl dieſe Erfindung nur fuͤr die groͤbere, aber nicht fuͤr die feinere Seide nutz - bar war. Ueberhaupt beſchaͤftigte und naͤhrte dieſe Manufactur auf 900 Menſchen. Sie hat - te 7 Muͤhlen, den Aufzug zu machen, und zwey beruͤhmte Seidenfaͤrber, die ſelbſt die Auf - merkſamkeit der Italiaͤner und Englaͤnder auf ſich zogen, indem ſie im Schwarzen ſelbſt die erſtern uͤbertrafen, und im Gruͤnen und Blauen einen hohen Grad der Vollkommenheit erreich - ten.297Torgau an, ein Kunftwerk, fuͤr das ſelbſt die feindlichen Heere Achtung hatten, und es nicht zerſtoͤrten, ſondern durch eine Wache ſicherten. Ueberhaupt aber ſind um und zu Torgau viele Anſtalten zum Seidenbau und Manufacturen, anſehnliche Pflanzungen und Arbeitshaͤuſer, und andere hieher gehoͤrige Einrichtungen. Noch jetzt verbindet man auf der Allee zu Leipzig Nu - tzen und Vergnuͤgen. Die Hecken nebſt dem groͤßten Theile der Allee ſind von Maulbeer - pflanzungen; und ſo wenig dieſelben auch zu Spaziergaͤngen geſchaffen zu ſeyn ſcheinen, da ſie wenig Schatten geben, keinen guten und geraden Wuchs haben, und ſpaͤt ausſchlagen, ſo iſt es doch immer weiſer, das Vergnuͤgen dem oͤffentlichen Vortheile und Nutzen nachzuſe - tzen, als dieſen zu vernachlaͤßigen, zumal da ein großer Theil dieſes Spazierganges uns durch Linden entſchaͤdiget.
Obgleich nun die vorher angefuͤhrten Seiden - manufacturen durch Ungluͤcksfaͤlle und fremde Hinderniſſe ihren Untergang fanden, ſo konn - te doch der einmal in Sachſen ausgeſtreute Saa - men nicht unterdruͤckt werden; daher finden ſich an verſchiedenen Orten, zu Weißenfels und zu Torgau dergleichen; in vielen gebuͤrgiſchen Staͤdten, und vorzuͤglich an der Boͤhmiſchen Graͤnze zu Sebnitz, ſind viele halbſeidene, die in Sachſen ſchon laͤngſt bluͤhen. Leipzig hat noch viele Seidenmanufacturen, vorzuͤglich inT 5Sam -298Sammet und Struͤmpfen. Die letztern verviel - faͤltigten ſich durch den Untergang der Heißi - ſchen, In dem auf hohen Befehl 1770 er - gangenen Avertiſſement, worinne von neuem zum Maulbeer - und Seidenbau ermuntert, und das Mandat vom J. 1754 wiederholt wird, ſind, beſonders in dem letztern, die Rittergutsbeſitzer, Armen - und Waiſenhaͤuſer, Hoſpitaͤler und andere milde Stiftungen, wie auch die Stadt - raͤthe und Communen zu Beſetzung ihrer leeren und Gemeineplaͤtze mit weißen Maulbeerbaͤu - men, als auch zur Betreibung des Seidenbaues vor andern ermuntert worden. Man ermun - terte durch Preiſe noch mehr, da man demje - nigen, der jaͤhrlich mehr als in dem vorherge - henden Jahre an reiner Seide gewinnen und dieſes durch gerichtliche Zeugniſſe beweiſen wuͤr - den, fuͤr jedes Pf. zuerſt oder mehr gewonne - ner Seide 12 Groſchen zur Belohnung ver - ſprach. Zur Aufmunterung und Befoͤrderung des Nahrungsſtands uͤberhaupt war eine Praͤ - mienkaſſe errichtet, woruͤber die Landesoͤkono - mie-Manufactur - und Commerciendeputation die Aufſicht hatte, und aus welcher dieſe Prei - ſe bezahlt wurden. Die naͤmliche Deputa - tion hatte auf hoͤchſten Befehl fuͤr Anſchaffung weißen Maulbeerſaamens und Seidenwuͤrmer - eyer geſorgt, um mit beyden zu Anfange den beduͤrftigen Unterthanen, ſo dergleichen verlan - gen, gegen obrigkeitliche Atteſtate auch ohne einige Bezahlung, jedwedem Inlaͤnder aber,der299der es verlangte, gegen Erſtattung der Unko - ſten an die Hand zu gehen.
Man machte neuerlich zu Leipzig einen Ver - ſuch mit der Seidenwuͤrmerzucht im Freyen. Es geſchah im J. 1775; und ungeachtet des ſchlechten Sommers in dieſem Jahre, hielten ſie es doch aus, welches ein deutlicher Beweis iſt, daß die noͤrdlichen Gegenden dieſer Cultur nicht ſo zuwider ſind, als man gewoͤhnlich glaub - te. Ueberhaupt haben neuere Beobachtungen gezeigt, daß zwiſchen den Gegenden von China und den Piemonteſiſchen Gebirgen, wo die meiſte Maulbeerzucht und Seidenbau iſt, und zwiſchen unſerm Clima wenig oder gar kein Un - terſchied ſey, und daß alſo die gegenſeitige Meynung als ein Vorurtheil ganz zu verwer - fen iſt. Ich halte dieſe Anmerkung fuͤr deſto noͤthiger, da nur noch vor einiger Zeit in ei - nem unſerer Journale eine gegentheilige Be - merkung gemacht war, daß man naͤmlich die Einwohner in Brandenburgiſchen Gegenden in dieſem Stuͤcke nicht zu Nebenbuhlern der von Granada machen koͤnne.
Man hat auch in den neuern Zeiten durch verſchiedene Erfahrungen gefunden, daß die Seide, welche von den lebendigen Cocons ab - gewunden wird, feiner iſt, als die von den im Ofen erſtickten und nachher erſt abgewundenen: eine wichtige Entdeckung fuͤr die Seidenmanu - facturen in Deutſchland, wenn man durch ge - naue Erfahrungen bis zu einem Grade der Ge -wißheit300wißheit die Zeit beſtimmet, wenn ſie ſich durchfreſſen, und ſie alsdenn bey Zeiten ab - windet.
Man hat in Sachſen noch in verſchiedenen Gegenden Maulbeerpflanzungen angelegt. So hat man bey Dresden neuerlich angefangen auf eine halbe Viertelmeile im Umfange Maulbee - ren zu pflanzen. So wurden in dem angefuͤhr - ten Avertiſſement von 1770 die Gegenden an - gefuͤhrt, wo er in Sachſen betrieben wird: es werden daſelbſt genannt Leipzig, Hoſterwitz, wo das Churfuͤrſtliche Maulbeerbaumplantagengut iſt, und wo auch fuͤr Unterricht zum Abhaſpeln geſorgt wird, Koͤnigsbruͤck, Woͤlkau, Dah - len, Balgſtaͤdt, Oelzſchau, Seyda, Meißen, Torgau, Grimma, Rochlitz, Budißin, Goͤr - litz; wozu auch noch Merſeburg geſetzt werden kann, wo ſich auch eine Maulbeerpflanzung be - findet. Der Seidenbaug)S. Schloͤzers Briefwechſel, im 4ten Th. 20ſter Heft, S. 110. befindet ſich in der Oberlauſitz, vorzuͤglich in Ullersdorf bey Goͤr - litz, und in Goͤrlitz ſelbſt, am beſten. Man machte, nachdem der gnaͤdigſte Befehl dieſe Cultur in Vorſchlag brachte, hie und da Ver - ſuche, vorzuͤglich in Goͤrlitz, wo der Rath nie Koſten ſpart, um Polizey und neue Unterneh - mungen zu beguͤnſtigen; allein es gieng nicht, indem man Leute traf, die das Werk nicht ver - ſtanden. Endlich kam im J. 1777 ein Ita - liaͤner Ciappone dahin, legte eine Pflanzung an,und301und hatte das erſte Jahr weit weniger Scha - den, als er ſich vorgeſtellt hatte. Der Rath raͤumte ihm ganze Diſtricte zu den Maulbeer - baͤumen ein; viele waren ſchon da, und er konn - te gleich im erſten Jahr eine ſehr große Zahl Wuͤrmer auslaufen laſſen. Er verſichert, daß kaum in Italien eine Gegend ſo gut und be - quem ſey, als bey Goͤrlitz. Seine Vorgaͤnger hatten blos Maulbeerbaͤume mit ſchwarzen Bee - ren gepflanzt, und ſie fuͤr beſſer gehalten; er aber zog die mit weißen Beeren vor. Jene hatten nie Blaͤtter genug; und er behielt bey einer groͤßern Anzahl Wuͤrmer, bey der naͤm - lichen Anzahl Baͤume, noch Blaͤtter uͤbrig. Den Saamen zu den Baͤumen verſchrieb er ſich aus Italien. Der Rath baute ihm in dem einen Zwinger ein Haus mit 2 Keſſeln. Jetzt hat er eine Penſion vom Hofe, die er auch ver - dient, da er nicht, wie ſeine Vorgaͤnger, Vor - ſchuß verlangt hat. Da die daſigen Einwoh - ner mit dem Abwinden der Cocons nicht umzu - gehen wußten, ſo brachte er eine Weibsper - ſon aus Torgau mit, welche dieſelben unter - richten mußte.
Auch in den uͤbrigen deutſchen Landen ſuchte man entweder die ſchon ehemals gemachten Einrichtungen hervor, oder ahmte den Bey - ſpielen, die man vor ſich hatte, nach. In der Grafſchaft Hanau legte Jean d’Aunant ſchon 1723 dergleichen Pflanzungen anh)S. Schrebers Geſchichte des Seidenbaues., und nichterſt302erſt 1736, wie neuerlich angegeben wurde. Man pflanzte um Hanau herum viel Baͤume, die ein vortreffliches Wachsthum erhielten, und vorzuͤgliche Seidenzucht verſprechen.
In dem Zweybruͤckiſchen rechnet man auf 100000 Maulbeerbaͤume, welche durch die Vorſorge des Hofs und der von ihm errichteten Oekonomiedeputation angepflanzt wurden. So hat man auch in der Churpfalz von neuem ſchon uͤber 100000 Maulbeerbaͤume verſetzt; die aͤlteſten ſtehen auf der Chauſſee zwiſchen Man - heim und Schwetzingen; ſo bauet man auch viele bey dem Dorfe Neckerau. Man bedien - te ſich in der Churpfalz zur Befoͤrderung des Seidenbaues eines vorzuͤglichen und nachah - mungswuͤrdigen Mittels. Man richtete naͤm - lich Seidenmanufacturen an durch eine Geſell - ſchaft, welcher man die Seiden - und Maul - beerzucht uͤberhaupt uͤberließ. Es erhielt die - ſelbige 1771 auf 20 Jahr das ausſchlieſſende Recht, Seidenzucht, Maulbeerplantagen und Strumpfmanufacturen anzulegen, doch mit der Bedingung, daß ſie waͤhrend dieſer Zeit 200000 Maulbeerbaͤume anziehen, den jaͤhrlichen Fort - gang beſcheinigen, die Unterthanen in dem Baue und der Seidenzucht ordentlich unterrich - ten laſſen, und daher bey jeden 10000 Baͤu - men einen Aufſeher und Lehrer auf ihre Koſten beſtellen ſollten, der die Unterthanen, denen die Cultur uͤberlaſſen iſt, unterrichten ſollte. Man hat dieſes Mittel mit dem, das man indem303dem Brandenburgiſchen anwendete, verglichen, und warf den Pfaͤlziſchen Anſtalten vor, daß ſie mit einem Monopol verbunden waͤren, wel - ches dem Lande allezeit nachtheilig ſey, und von der Politik verworfen werde, weil es nur einige auf Koſten anderer bereichere, die Induſtrie und die Ausbreitung derſelben hemme, und ſelbſt die Vermehrung der Manufacturen die - ſer Art und der damit in Verbindung ſtehenden hindere. Man zog die Brandenburgiſchen weit vor, welche naͤmlich durch Pflanzen, durch Unterricht und angeſtellte Lehrer, durch die Geiſtlichen und Schuldiener auf dem Lande, und durch Preisaustheilungen dieſes Geſchaͤft zu verbreiten ſuchten. Allein ich glaube nicht ohne Grund, daß man zu weit gehe, wenn man die erſten Anſtalten ganz verwerfe. Die letzten ſetzen eine reiche Cammer voraus, und wenn nicht die Manufacturen dabey beſonders unterſtuͤtzt und durch große Vorſchuͤſſe und Auf - wand beguͤnſtiget werden, ſo wird der Zweck nicht erreicht. Hiezu kommt noch, daß das Land eine gute Bevoͤlkerung haben muß; wo aber dieſe Umſtaͤnde nicht ſind, wird nicht da das Pfaͤlziſche Mittel Vorzuͤge haben? Es iſt wahr, es uͤbergiebt das Gewerbe nur einigen wenigen: allein dieſe treibt auch ihr eigenes Intereſſe weit mehr an zur Befoͤrderung des Gewerbes, als die erkaufte Sorgfalt der Auf - ſeher der Regierung; die noͤthigen Kenntniſſe des Geſchaͤftes werden unter die Unterthanen aus -gebrei -304gebreitet, ohne daß die nicht genug reiche Cam - mer Vorſchuͤſſe und Ausgaben darauf zu wen - den braucht. Auch iſt ja das ſo gefuͤrchtete Monopolium auf gewiſſe Jahre eingeſchraͤnkt, und die Regierung kann bey der Errichtung deſſelben das allgemeine Beſteſtets vor Augen ha - ben, und darnach die Graͤnzen und den Umfang deſſelben beſtimmen. Die erſte Seidenfabrik wurde unter der jetzigen Regierung nach dem Bericht des Hrn. Geh. R. von Fontaneſi, des Chefs der Fabrik - und Manufacturcommißion, 1766. zu Manheim errichtet, allein wegen der theuren Lebensart von da 1770 nach Franken - hauſen, den vorzuͤglichſten Pfaͤlziſchen Fabrik - ort, verlegt. Die Seidenſtrumpffabrik arbeitet ſeit 1771. Der Churfuͤrſt unterhaͤlt zum Behuf aller und vorzuͤglich auch der Seidenmanufac - turen eine Woll - und Seidenfaͤrberey.
In den Oeſterreichiſchen Landen, wo man ſchon in den aͤltern Zeiten, wie ich oben bemerkt habe, dergleichen Pflanzungen hatte, welche auch zum Theil noch dauern, wendete man in unſern Zeiten deſto mehrere Aufmerkſamkeit dar - auf, da verſchiedene Laͤnder dieſes Hauſes eine ſo vorzuͤgliche Lage dazu haben, und man ſich es zum Geſetz gemacht zu haben ſcheint, die ſchon laͤngſt vergeſſenen guten Plane jetzt erſt zum Be - ſten des Volks und der Regierung auszufuͤhren. Ich werde hier zugleich von allen unter Oeſter - reich ſtehenden Landen reden, wenn ſie auch nicht zu Deutſchland gehoͤren, da ſich keine be -queme -305quemere Gelegenheit anderswo findet, und vie - le Pflanzungen dieſer Art daſelbſt unternom - men worden. Man richtete dergleichen in Un - garn an, und zog ſeit 1750 in Temeswar Maulbeerbaͤume und Seidenwuͤrmer; man ſetz - te daruͤber den Abt Roſſi aus Rom. In dem Temeswarer Bannat legte der verdiente Feld - marſchall Franz Merçy die Maulbeerzucht an. Man ließ in Boheim den Landmann an dieſer Cultur Theil nehmen, und auch dieſes Land er - hielt 1751 durch einen Unternehmer Planta - gen. In Croatien, Slavonien und den be - nachbarten Geſpannſchaften von Ungarn werden die Ausſichten fuͤr den Seidenbau immer guͤn - ſtiger. Man hat daſelbſt uͤber 75 Cent. 13 Pf. Seide gewonnen, und ſchaͤtzet den Centner zu 800 Gulden. In Sirmien wurde der Sei - denbau von dem Hofrath Eſchech eingefuͤhrt, und hat noch jetzt unter dem Grafen von Bala - ſcha guten Fortgang. Im Jahre 1779 wur - den 253661½ Pf. Galetten hiervon gebracht, wofuͤr die Contribuenten 14560 Gulden 55 Denar aus dem zu Eſſach errichteten Kaiſerli - chen Koͤniglichen Depoſitorio erhielten. Eben ſo gluͤcklich iſt der Fortgang in Croatien, Slavonien und den benachbarten Geſpannſchaf - ten von Ungarn. Im J. 1765 gaben dieſe Lande 183 Pf. Seide, das naͤchſtfolgende 383 Pf. 1767. 527 Pf. 1768. 1027 Pf. 1769. 1694. Pf. 1770. 1800 Pf. 1771. 237 Pf. 1772. 1412 Pf. 1773. 1653 Pf. 1774. U20263062026 Pf. 1775. 2183 Pf. 1776. 3111 Pf. 1777. 4085 Pf. 1778. 5133 Pf. 1779. 7513 Pf. Seide. Alles zuſammen berechnet macht 35104 Pfund, einige Loth Seide. Die Jahre 1772, 73, 74, 75 ſtiegen zwar nicht nach dem Verhaͤltniß der vorhergehenden Jah - re; allein dieſes haben wahrſcheinlich gewiſſe Witterungsumſtaͤnde verurſacht.
Bisher haben wir die Bemuͤhungen der Hoͤ - fe und Laͤnder um den Seidenbau in Deutſch - land in den neuern Zeiten geſehen; aber waren denn die deutſchen Gelehrten muͤßig? Zur Ehre derſelben muͤſſen wir die Frage mit Nein be - antworten Schon in dem 16ten Jahrhunder - te finden wir theils einige Aufſaͤtze daruͤber, theils auch Verſuche, die Gelehrte machten, ſowohl um die Naturkunde zu bereichern, und zu erforſchen, als auch um die Bemuͤhungen der Hoͤfe zu befoͤrdern, dadurch ihre Gunſt zu erhalten, und ihren eigenen Werth in den Au - gen derſelben zu erheben. Die aͤlteſten deut - ſchen Schriftſteller hierinne ſcheinen Libavius in ſeinem Buch de Bombyce,) und ich habe oben ſeine Verſuche mit dem Maulbeerbau erwaͤhnt,) und Conrad Geßner in ſeinen Schriften zur Naturgeſchichte zu ſeyn. Auch Lipſius in ſeiner Anmerkung zu des Tacitus Annalen im 2ten B. bemerkt etwas daruͤber, und unterſcheidet drey - erley Arten der Seide, Byßina, Serica und Bombycina. Nach Geßners Meynung, in ſeiner hiſtoria animalium L. IV. de Pinna, iſt byſſus eineArt307Art goldgelber Seide, welche an großen Schne - cken waͤchſt; ihm ſind einige Neuere ohne weitere Unterſuchung gefolgt; und es iſt nicht zu laͤugnen, daß es dergleichen Schnecken in Sicilien und Neapel giebt, und daß dieſe gold - braune Seide in ſehr hohem Werth iſt. Ich ſelbſt habe in dem Cabinet des verſtorbenen Hrn. D. Schrebers dergleichen Handſchuh geſehen. Allein eine andere Frage iſt es, ob dieſes der Byſſus der Alten ſey, welcher vorzuͤglich aus Aegypten und von Elides in Achaja kam, und ein feiner, zarter Leinenfaden war, der oͤfters in Purpur gefaͤrbt, und woraus Leinwand ge - macht wurde. Lipſius unterſcheidet die Seide von Wuͤrmern und von gewiſſen Baͤumen im Lande der Serer oder heutigen Chineſer, wel - che die Griechen alſo nennten, weil ſie den Sei - denwurm Syr hießen, welcher daher kam. Sollte nicht vielleicht unter der vegetabiliſchen Seide, die Lipſius bey den Alten als eine Baum - ſeide anſiehet, das apocimum koͤnnen verſtan - den werden, das man in neuern Zeiten in Frankreich ſonderlich baute, und woraus Mr. de la Riviere die ſogenannte Soyeuſe verfer - tigte?
Da man die Naturgeſchichte noch mehr be - trieb, finden ſich auch hier einige Schriftſteller, die hiervon zugleich mit handelten; z. B. Jo - achim Jung gab zu Hamburg 1691 eine hiſto - riam Vermium heraus, worinne er auch vonU 2die -308dieſem Inſect handelte. Hornik empfohl dieſes Geſchaͤft, und behandelte es in ſeiner Schrift: Oeſtreich uͤber alles, von Seiten der Polizey. Vorzuͤglich aber zeichnet ſich hierinne aus der bekannte D. Becher und der Bar. von Schroͤ - ter in ſeiner Fuͤrſtlichen Schatz - und Rentcam - mer; beyde empfehlen dieſes Geſchaͤft zum Flor der Laͤnder. D. Becher that dieſes nicht nur in ſeiner Naͤrriſchen Weisheit, einer Schrift, die viele heilſame Grundſaͤtze und Vorſchlaͤge enthaͤlt, ſondern er machte auch thaͤtige An - ſtalten; er legte nicht nur im Oeſtreichiſchen Maulbeerpflanzungen an, ſondern auch in der Pfalz. So machte er auch verſchiedene Erfin - dungen zum Beſten der Verarbeitung der Sei - de und der Seidenmanufacturen; ſein wichtig - ſtes, was er hierinnen geleiſtet, iſt ſein erfun - denes Filatorium, welches er, weil die Bo - logneſer mit dem ihrigen ſo geheimnißvoll wa - ren, entwarf und ausfuͤhrte. Durch dieſe Er - findung gewinnen die Seidenmanufacturen und beſonders die Seidenweberey und Raderey viel. Die Seide muß, wie bekannt iſt, erſtlich von den Straͤngen auf die Spuhlen abgewunden werden, damit ſie hernach auf Zwirnmuͤhlen geſetzt und ge - zwirnt werden kann. Dieſes Abwinden iſt ſehr muͤhſam, langweilig und beſchwerlich, weil die Seidenbereiter die Seide aus dem Hau - ſe und unter ſo viele Haͤnde vertheilen, und befuͤrchten muͤſſen, daß ihnen viel verdorben oder entwendet werde. Man erfand daher zuBo -309Bologna das erwaͤhnte Filatorium, welches aber ſehr zuſammengeſetzt iſt, und viele tauſend Raͤder und Zaͤhne hat. Becher erfand ein weit einfacheres, wo ein Menſch auf einmal tauſend Straͤnge abwinden kann, da hingegen die bologneſiſche Maſchine mit Waſſer getrie - ben werden muß. Er erbaute ſie zu Harlem, wo die Stadt ein anſehnliches Haus von 300 Schuhen dazu errichtete. Dieſe Erfindung verdiente um deſto eher hier eine Erwaͤhnung, da ſie von einem Deutſchen iſt, und die Sei - dencultur durch die Erleichterung der Arbeit nicht wenig befoͤrdert.
Die meiſten Schriftſteller erhielt dieſes Ge - ſchaͤfte in dem achtzehenten Jahrhunderte. Die erſten ſind die Schriften, welche die Berliner Akademie der Wiſſenſchaften 1713 ergehen ließ, durch ein Mitglied derſelben: Der Sei - denbau nach ſeiner Moͤglichkeit und Wirklich - keit; und eine andere Schrift: Der Seidenbau in ſeiner Vorbereitung, gehoͤrigen Beſtellung und endlichen Gewinnung, durch ein Mitglied der Koͤniglichen Preußiſchen Societaͤt der Wiſ - ſenſchaften, Berlin 1714. Ein Hauptbuch zum Seidenbau erſchien zwar in Paris, aber doch von einem Deutſchen, und kann alſo mit zu der deutſchen Litteratur gerechnet werden. Es beſorgte naͤmlich Ernſt Ludwig Carl 1722 und gab zu Paris heraus ein Werk unter fol - gender Inſchrift: Traité de la Richeſſe des princes et de leurs Etats et des moyens ſim -U 3ples310ples et naturels pour y parvenir par M. C. C. d. P. de B. Allemand. Zu Berlin erſchien 1730. eine Balance des Seidenbaues mit an - dern wirthſchaftlichen Nutzungen; zu Leipzig 1749 eine Ueberſetzung aus dem Franzoͤſiſchen von des Aunants Anweiſung zum Seidenbau und dazu gehoͤrigen Maulbeerplantagen, wie ſolche in Deutſchland anzulegen, anjetzo ſtatt der andern Abtheilung zu Kretſchmars Oekonomi - ſcher Praktika. Zu Wolfenbuͤttel erſchien Unter - richt vom Seidenbaue aus des Hrn. Du Halde Chineſiſcher Reiſebeſchreibung, Wolfenbuͤttel 1753. Auch Hr. von Juſti in ſeinen neuen Wahrheiten im 1ten Stuͤck S. 22. und im zweyten Stuͤcke S. 129. bemuͤhete ſich dieſes Geſchaͤft aufzuklaͤren; in dem Magazin des Hrn. Bergius. In der Oekonomiſchen Encyclopaͤdie des Hrn. Kruͤnitz werden die vornehmſten Grund - ſaͤtze hieruͤber unter den hiehergehoͤrigen Titeln an - gegeben werden. Kretſchmar wendete auch ſein neues Syſtem zur Befoͤrderung der Maulbeer - zucht an, in ſeiner neuerfundenen Holzanlage, wel - che 1749 erſchien. Ferner der Plan, wie die Maulbeerplantagen nebſt dem Seidenbau mit geſchwinderm und groͤßerm Vortheil als bisher geſchehen angelegt werden koͤnnen, von S. L. M. welches ſich als der 3te Anhang bey Neu - manns Gedanken und Vorſchlaͤgen zu Verbeſſe - rung des Ackerbaues findet. Er unterſucht darinne die bisherigen Arten, den Seidenbau zu betreiben, vorzuͤglich das Bepflanzen derKirch -311Kirchhoͤfe und Gottesaͤcker, wo ſie an die Mauern geſtellet werden. Er verwirft dieſes aus Gruͤnden, daß wir ihn nicht ohne allen Beyfall anhoͤren koͤnnen. Denn da die Grab - ſtellen der Mauer immer naͤher kommen, und die Baͤume ihrer Wurzeln beraubt werden, werden ſie nicht in kurzer Zeit vertrocknen muͤſ - ſen, weil ſie der Canaͤle beraubt ſind, die ih - nen Nahrungsſaft zufuͤhren? Er beruft ſich auf die Erfahrung, welche dieſes bey der aller - erſten Anlage der Maulbeerplantagen unter des Koͤnigs von Preußen Majeſtaͤt 1720 gezeiget, wovon kaum der zehnte Theil blieb. Er findet einen andern Grund in dem Mangel der War - tung der jungen Baͤume, und bey der Ver - pflanzung, daß die meiſten der auf den Kirch - hoͤfen gepflanzten zu ſehr im Schatten der dar - an angraͤnzenden hohen andern Baͤume auf den Bauerguͤtern ſtuͤnden; und endlich koͤnnten, da meiſtentheils dergleichen Orte von Staͤdten ab - gelegen ſind, die Blaͤtter nicht ſo gut benutzt werden. Er verwirft ferner die Einrichtung, daß man dieſes Geſchaͤft den Landgeiſtlichen und Kuͤſtern, und uͤberhaupt den Landleuten vorzuͤg - lich uͤberlaſſen wollte, weil es dieſen haͤufig an Raum fehle, und ſie den Ackerbau daruͤber ver - ſaͤumen muͤßten; der Seidenbau falle uͤberdieß bey dem Landmanne in die Beſtellung der Som - merſaat und der Heuaͤrndte. Im zweyten Abſchnitte theilt er ſeinen Entwurf mit, welcher darinne beſtehet, daß er erſtlich einen Fond ver -U 4langet,312langet, wodurch dieſes ſchnell und von Zeit zu Zeit mit mehrerm Nachdruck koͤnne getrieben werden, ohne das Land oder Kirchen im min - deſten zu beſchweren. Dieſen zu gruͤnden ver - langt er, daß jedes zu verbindende Paar auf dem Lande und in Staͤdten etwas dazu erlegen muͤßte. Dieſer Fond wird zu Anſchaffung der Baͤume angewendet. Er ſiehet hierbey ſo viel moͤglich auf gleichſtarke Baͤume. Zu Planta - gen waͤhlt derſelbe die Kloͤſter, die koͤniglichen Domainen, Aemter, die Staͤdte und Flecken, und die koͤniglichen Forſte. Er verlangt noch auſſerdem, daß alle dieſe Orte von Vorgeſetz - ten bereiſet, ausgemeſſen, und die Anlage der Plantagen angeordnet, hernach auch die Pflan - zung jaͤhrlich wenigſtens 2 mal beſucht und da - von Bericht an die Cammer erſtattet, und von den zur Pflanzung beſtimmten Geldern ge - naue Rechnungen abgelegt werden. Endlich giebt er im vierten Abſchnitte noch verſchiedene heilſame Regeln, welche bey dergleichen Anla - gen zu beobachten ſind.
Er ſetzt zur Regel, daß der Maulbeerbaum am beſten im Weinlande fortkomme; daß die Gruben einige Monate vorher geoͤffnet werden, worein die Stoͤcke kommen ſollen; daß ſie 20 bis 25 Fuß weit in den Plantagen von einan - der ſtehen, fleißig unter dem Meſſer gehalten, vom Moos gereinigt, das im Winter erfror - ne Holz fleißig ausgeſchnitten, und bey aus - bleibendem Regen begoſſen werden. Uebrigensgehoͤ -313gehoͤren unter die vorzuͤglichſten Schriftſteller des Seidenbaus in dieſem Jahrhunderte An - germann, Thym, Steinbart und Gleditſchi)Von Angermanns Anweiſung zum Seidenbau erſchien 1763 die zweyte Auflage zu Halle. Praktik des Seidenbaues von J. F. Thym, Ber - lin, 1760. 8.(Steinbarts) Anweiſung zum Seidenbau aus der Erfahrung des Zuͤllichauiſchen Waiſenhauſes, Zuͤllichau, 1761. 8. ingl. 1765.G. F. Gleditſch Anleitung zum Seidenbau und Anlegung der weißen Maulbeerbaͤume in Sach - ſen, Jena, 1771. 8..
Neuerlich haben wir 1770 den auf oͤffentli - chen Befehl in Sachſen ergangenen deutlichen Unterricht ſowohl von der Maulbeercultur, als auch von dem Seidenbau. Im erſten Kapitel wird von den Maulbeerbaͤumen uͤberhaupt und de - ren Saamen; im zweyten von Saͤung des Maul - beerſaamens und Wartung der jungen Baͤume; im dritten von Anlegung der Baumſchulen und Wartung der Maulbeerbaͤume in denſelbigen, und von ihrer Verpflanzung ins Freye gehandelt. Die zweyte Abtheilung handelt von dem eigentlichen Seidenbau: zuerſt von den Seidenwuͤrmereyern und dem Ausbruͤten derſelben, von der Fuͤtte - rung und Wartung, von den Einſpinnen, wo §. 3. aus der Erfahrung erwaͤhnt wird, daß die Seide, die von dem noch lebenden Cocons abgehaſpelt wird, weit ſchoͤner iſt, als die von den getoͤdteten; von Abhaſpelung der Seiden - haͤuslein und Zubereitung derſelben.
Die Bienenzucht, welche wahrſcheinlich durch die ſlaviſchen Nationen zu erſt nach Deutſchland gekommen, breitete ſich bald ſehr weit aus. a)Zur Geſchichte der Bienenzucht uͤberhaupt in Anſehung der Materialien dazu haben wir: Das weſentlichſte der Bienengeſchichte und Bienen - zucht fuͤr den Naturliebhaber, Landmann und Gelehrten von D. Johann Georg Kruͤnitz, mit 20 Kupfertafeln, Berlin, 1774. gr. 8.Daß ſie durch die Slaven nach Deutſchland gekommen, wird dadurch ſchon glaubwuͤrdig, weil die Waldbienenzucht in den ſlaviſchen Landen, wo dergleichen Nationen noch itzt wohnen, vorzuͤglich iſt, ich meyne Polen, Rußland und einige andere Gegenden, vornaͤm - lich aber, weil wir ſie in der alten deutſchen oͤko - nomiſchen Geſchichte am meiſten in den Lan - den bluͤhen ſehen, wo ſich ſlaviſche Nationen niederließen, und ſie meiſt von dieſen Laͤndern aus ſich in die andern deutſchen Provinzen aus -breitete.315breitete. Wir finden ſie in der Mark, in Pom - mern, in der Lauſitz, im Braunſchweigiſchen, in Sachſen und in den oͤſterreichiſchen Laͤndern. Die Geſchichte der Oekonomie in den mittlern Zeiten wird dieſes ausfuͤhrlicher lehren; und ſelbſt durch die Geſchichte im funfzehnten und ſech - zehnten Jahrhunderte beſtaͤtigt ſich daſſelbe. Die Waldbienenzucht, oder die Zeidlerart, die Bienenzucht zu betreiben, iſt unſtreitig die aͤl - teſte, und veranlaßte wahrſcheinlich die zahme an andern Orten, wo man den Vortheil ſahe, und doch nicht die Gelegenheit durch Waldun - gen und Heyden hatte, die Waldbienenzucht zu treiben. b)Die Bienengeſchichte in aͤltern Zeiten aus Sinn - bildern, Muͤnzen, Steinen und Gemaͤlden, von Hrn. Kriegsrath Koͤppen in Berlin; ſ. die Ab - handlungen und Erfahrungen der Oberlauſitzer Bienengeſellſchaft 3te Saml. S. 83. Die Fort - ſetzung iſt in den Abhandlungen und Erfahrun - gen derſelben I. S. 115. Es geht nur auf die aͤltern Zeiten.Schon ſeit den aͤlteſten Zeiten bluͤ - hete die Waldbienenzucht in den Gegenden um Nuͤrnberg, wo noch itzt von dieſer Zeit her die Zeidlerguͤter bekannt ſind. Die Beſitzer dieſer Guͤter heißen Zeidler, welcher Name von dem oberſaͤchſiſchen Provinzialwort Zeideln, welches Honig ausſchneiden heißt, herkommt. c)Lat. Zeidlarii und Cidelarii. Die Zeidler machten Geſellſchaften aus, die unter der Regierung der Landesherrſchaften und den von denſelben dazu verordneten Gerichten ſtan -den.316den. Die nuͤrnbergiſchen Zeidler trieben ihre Bienenzucht in dem laurentiniſchen und ſebaldi - niſchen Walde bey der Stadt. Sie beſaßen von dem Kaiſer und Reich gewiſſe Zinsguͤtern in dieſen Waͤldern, die von den Kaiſern in den Urkunden unter den Namen der Reichsbienen - gaͤrten, des Reichsbienenkreiſes und der Gut - und Zeidelweid vorkommen, wie ſie ſonderlich Carl IV. nennt, zu Lehn. Die Zeidler hatten beſondere Vorrechte.
Niemand durfte in dieſem Walde Bienen ha - ben, als ein geerbter Zeidler, ein Stromer und Forſtmeiſter ausgenommen. Die Zeidler hat - ten das Recht, die zu pfaͤnden, welche die Bie - nenſtoͤcke beunruhigten; ja ſogar die, welche die zur Bienennahrung dienenden Gewaͤchſe nah - men, oder beſchaͤdigten. d)Conſtitutio Carolina an. MCCCL. Es ſoll auch auf des ehegenannten Reichswalde niemand kein Pin haben, denn allein geerbt Zeidler. — Die Zeidler ſollen auch pfenden an Linden, Salhen, und an Spruͤckeln um ein Pfund Hel - ler. S. Schwarz de Buticulariis, wo er die Ur - kunden aus Luͤnigs Reichsarchiv S. 93 einge - ruͤckt hat; aus ihm nahm es Schirach in der Waldbienenzucht S. 199 bis 202. Die alte Zeidlerordnung, welche zu Ende des 14ten Jahrhunderts gegeben ward, findet ſich bey Hirſch in der Vorrede ſeines fraͤnkiſchen Bienen - meiſters in altfraͤnkiſcher, und Schirach, S. 202. bis 207 in hochdeutſcher Sprache.Die Zeidler wa - ren in allen Staͤdten des roͤmiſchen Reichs zoll - frey. Sie hatten das Recht, alle Wochen zweyFuder317Fuder Stoͤcke aus dem Reichswalde zu holen, und alles Zeidelgut aus dem benannten Walde zu zimmern. Ein jeder Zeidler konnte hauen, was er zu den Beuten bedurfte; hingegen muß - ten ſie auf die Rechte des Reichs und des Kai - ſers in dem Walde bey Nuͤrnberg ſehen, und jaͤhrlich gewiſſe Zinſen an Honig oder Geld lie - fern. Die Zeidelguͤter waren von dreyerley Gattung: einige waren einſchuͤchtige, einige Zei - delmuͤtter, einige Zeideltoͤchter. Einſchuͤchtige wa - ren diejenigen, welche unmittelbar dem Zeidel - gericht in Anſehung der niedern Gerichtsbar - keit unterworfen waren; einige aber waren ihm mit andern, welche Steuern und andere Beſchwer - den abtragen mußten, mittelbar unterworfen. Die letztern hatten die Freyheiten, die den un - mittelbaren ertheilt waren, nicht zu genießen. Die unmittelbaren waren wiederum von zweyer - ley Art. Einige hatten mittelbare, als Toͤch - ter, mit ſich vereiniget, und es wurden daher erſtere Mutterguͤter, letztere aber Zeideltoͤchter genannt; die unmittelbaren aber, die ſich mit keinen andern Guͤtern oder Toͤchtern verbunden hatten, hießen einſchuͤchtige Zeidelguͤter. In dem Laurenzer Walde waren dergleichen Guͤter funfzig.
Die Beſitzer von dieſen Guͤtern, wie auch die uͤber den Wald beſtellten Foͤrſter, ſtanden un - ter einem Richter, welcher Zeidelmeiſtere)Magiſter mellicidarum. hieß, und zu Feucht, einem zwo Meilen von Nuͤrn -berg318berg gelegenen Orte, ſeinen Sitz hatte. Ueber ſaͤmmtliche aber war ein Oberrichter verordnet, welcher Butiglerf)Butigularius. hieß, der jederzeit unter die Miniſterialen des Kaiſers und Reichs gerechnet wurde und ein ordentliches Amtsſiegel hatte. Die Malefizſachen waren dem kaiſerlichen Land - voigte auf der Reichsveſte zu Nuͤrnberg unter - worfen, das Zeidelgericht aber wurde zu Feucht gehalten. Es beſtand aus den Erbzeidlern und dem Zeidelmeiſter oder Zeidelrichter. Dieſer wurde vom Kaiſer und Reich beſtellet. Ihm mußten diejenigen Strafen erlegen, welche die Bienenſtoͤcke beunruhigten, beſchaͤdigten, oder die zu Stoͤcken bezeichneten Baͤume verletzten. Die Rechte, die ehemals die Kaiſer uͤber die Zeidler hatten, kamen im vierzehnten Jahrhun - derte von Karl dem IV. an die Markgrafen von Brandenburg und Burggrafen von Nuͤrnberg, von welchen ſie endlich 1422g)Die Confirmation des K. Sigismund uͤber das verkaufte Zeidelgericht und Zeideleinkuͤnfte der Burggrafen v. Nuͤrnberg an die Stadt Nuͤrn - berg 1433. ſ. in Stiſſers Forſt - und Jagdge - ſchichte unter der Beylage p. 82. tit. OO an den Senat der Stadt gediehen. Noch in der Nuͤrnbergi - ſchen Reformation vom Jahre 1564h)Reformatio Norica an. 1564 P. I. l. 7. Von den nuͤrnbergiſchen Zeidlern uͤberhaupt ſ. Chriſt. Gottlieb Schwarz de Buticulariis Noribergenſi - bus. findenſich319ſich Spuren von der Bienenzucht dieſer Zeidler, und daß ſie noch damals gebluͤhet.
Hr. Cammerrath Hirſch gedenket in ſeinem fraͤnkiſchen Bienenmeiſter auch einer Zeidlerge - ſellſchaft in dem Brandenburgculmbachiſchen, welche in den Aemtern Weiſſenſtadt, Wohnſie - del und einigen andern Gegenden eine anſehnli - che Bienenzucht hatte. Er ſagt, daß Burg - graf Johannes im J. 1398 dieſe Zeidler mit verſchiedenen Freyheiten begabt, und die Streit - ſachen derſelben an das Gericht zu Weiſſenſtadt vor einen Forſtmeiſter verwieſen. Sie ſollen nach ſeiner Angabe eine eigene Ordnung gehabt haben.
Nicht weniger beruͤhmt ſind die Zeidlerge - ſellſchaften der Oberlauſitz. Sie waren ſchon zu den Zeiten des großen Churfuͤrſten Auguſt von Sachſen in ſolchem Anſehen, daß man wen - diſche Zeidler nach Sachſen verſchrieb. Die muskauiſche hatte die Bienenzucht in den weit - laͤuftigen Waldungen der freyen Erb - und Stan - desherrſchaft Muskau, welche die graͤflich Cal - lenbergiſche Familie ſchon ſeit langen Zeiten be - ſitzt, zur Abſicht. i)S. J. G. Vogels am 8ten Febr. 1769 gehal - tene Vorleſung von der wilden Bienenzucht und Zeidlergeſellſchaft zu Muskau in der Oberlauſitz, Alterthum, Einrichtung u. ſ. w. im 1ſten B. S. 175 bis 183. Die Abhandlungen und Erfah - rungen der phyſikal. oder Bienengeſellſchaft, ingl. in Schirachs Waldbienenzucht, (welchenachIhre Wiſſenſchaft, Er -fahrun -320fahrungen und Kunſtgriffe blieben immer inner - halb dieſer Geſellſchaft, und wurden nur von dem Vater auf den Sohn fortgepflanzt, indem der Eigennutz nirgends leicht ſo uͤber Geheimniſſe haͤlt, als in der Bienenzucht. So konnten ſie nach der Vogeliſchen Angabek)c. l. S. 176. ſchon laͤngſt die Kunſt, Ableger auf verſchiedene Art zu machen, namentlich nach der erſten Art des Herrn Schi - rachs, naͤmlich die großen Brutkaſten; denn die zwey neuern Arten ſind die Erfindung un - ſerer Zeiten. Die ſchriftlichen Nachrichten von ihren Vorrechten und Privilegien haben ein Al - terthum von mehr als anderthalbhundert Jah - ren, und erreichen das ſechszehnte oder doch den Anfang des ſiebenzehnten Jahrhunderts, ob - gleich die Geſellſchaft ſelbſt viel aͤlter iſt, und ſich weit laͤnger ſchon mit der Waldbienenzucht beſchaͤftiget hatte.
Eine andere beruͤhmte Oberlauſitzer Zeidler - geſellſchaft war die im Amte Hoyerswerda. Schon in dem Jahre 1558 ſtand ſie in Anſe - hen, und wurde von Wilhelm von Schumburgk, Erb-Lehn - und Gerichtsherrn zu Hoyerswerda, mit Freyheiten begnadigt. Es zeigt ſich dieſes aus dem unter dem April 1724 erneuerten und vermehrten Privilegio des Hrn. Seyfried von Promnitz, Freyherrn zu Pleß, vom 16. Februari)nach des Verfaſſers Tode Hr. J. G. Vogel 1774 zu Breslau herausgab,) S. 167. 174.321Februar 1585. l)S. Schirachs Waldbienenzucht S. 182-189, wo er eine Abſchrift von dem Originaldocumente liefert.Und es iſt ſehr wahrſchein - lich, daß ſie ſchon in weit aͤltern Zeiten gebluͤ - het. Sie trieben vorher ihre Bienenwirthſchaft zu Hauſe und in ihren eigenen Waͤldern. Als ſie aber ſahen, daß die herrſchaftlichen Heiden auf dieſe Art ohne Schaden der Herrſchaft auch ſehr wohl benutzt werden koͤnnten, ſo ſuchten ſie vermuthlich anfangs um die Erlaubniß an, Beuten in den herrſchaftlichen Waͤldern zu machen, und verſprachen einen Zins, worauf ſie gegen die Beeintraͤchtigung der andern Un - terthanen privilegirt worden. Hierdurch en - ſtand eine geſchloſſene Geſellſchaft, die ſich Zeid - ler, auf Wendiſch aber Dziedzizarjo nannten, da die andern Zeidler Czolnizy oder Czolnikm)Von Czola oder Czolar, eine Biene. welches einen Bienenmann anzeigt, heißen.
Auch in der Mark war die Bienenzucht im ſechzehnten Jahrhunderte anſehnlich. Coler,n)Weil dieſe Stelle aus dem Coler zugleich eini - gen Unterricht von der damaligen Bienenzucht ertheilt, ſo will ich ſie hier ganz einruͤcken: §. 1. Es hat mein genaͤdigſter Churfuͤrſt zu Brandenburg auch ſein gewiſſes Einkommen jaͤhrlich von denen Zeidlern und Heydeleuten, die ihre Bienen in denen Waͤldern haben. Wie es aber die andern im wendiſchen Lande hin und her machen, iſt mir unbewußt. Jedoch kann ich erachten, wie man es an einem Orte haͤlt,derXdaß322der ſo beruͤhmte Oekonome ſeiner Zeit giebt uns Nachricht von derſelben. Er ſagt: daß dieZeidlern)daß mans am andern Orte mit ihnen auch alſo halten muß. §. 2. Hier in der Naͤhe um Berlin halten die Zeidler vom Fuͤrſtenwalde, Storkow, Koͤpenik, Beßkow, und da umher ꝛc. alle Jahre einen Tag zum Kihnbaum jenſeit Lutenberge, am Sonn - tage nach Bernhardi. Dahin kommen denn viel Zeidler, mehr denn in die dreyßig. Da ge - ben ſie meinem Herrn 4 Tonnen Honig, oder wenn ſie nicht Honig geben koͤnnen, ſo zahlen ſie davor 36 Thlr. aus. Da richten und urthei - len ſie unter einander, was ein jeder das Jahr durch verbrochen oder verwirkt hat. Hat ſich nun einer etwa an eines andern ſeinen Beuten vergriffen, oder einen Schwarm aufgefangen, oder was er ſonſt mag gethan haben, ſo wird er allda gebunden, und hinter den Ofen geſetzt, und wird heiß eingeheizt. Wer ihm einen Trunk Bier ſchenkt, der muß eine Tonne Bier zur Stra - fe geben. Es wird ihnen auch allda von we - gen meines Herrn verreichet eine Tonne Bier, und 2 Schll. Brod, und ein Viertel Erbſen: darzu legen ſie von dem Ihrigen auch noch ande - re vier Vaß, und ſchlemmen etliche Tage nach einander. §. 3. Sie haben außerdem ſchoͤne Heyden, und ſchoͤne Wieſen darzu. Sie kaufen einander die Honigzeidelung, Bienen und Beuten ab, wie andere gemeine Erbguͤther, geben Leihkauf und werden eingewieſen. Darnach die Heyden ſind, darnach geben ſie davor. Wer nur eine halbe Heyde hat, der giebt nur die Haͤlfte; wer eineganze323Zeidler dem Churfuͤrſten jaͤhrlich einen gewiſſen Zins fuͤr die Bienen in den Waͤldern erlegen muͤßten. Er nennt die Gegenden, wo die Wald - bienenzucht bluͤhete, und giebt ſonderlich den Ort Fuͤrſtenwalde, Storkow, Koͤpenik, Beßkow, und die da umherliegenden Gegenden an. Sie hielten jaͤhrlich ihre Verſammlung zu Kihnbaum jenſeits Lutenberge, am Sonntage nach Bern - hardi. Sie lieferten daſelbſt die Abgaben an den Churfuͤrſten ab, welche in vier Tonnen Ho - nig, oder ſtatt deſſen, wenn ſie ihn nicht lie - fern konnten, in ſechs und dreyßig Thalern be - ſtanden. Sie hielten ihr Zeidelgerichte, worinne ſie uͤber Zeidelverbrechen urtheilten.
X 2Dien)ganze Heyde hat, der giebt es ganz. Um 8, 9, 10 Schock kann man eine ganze Heyde kaufen. §. 4. Es hat auch ein jeder Macht zwoͤlf neue Beuten auszuhauen, doch muß ſolches mit Bewußt und Bewilligung des Heydereuters ge - ſchehen. Es taugen aber nicht alle Baͤume dar - zu; die rindfellig und nicht fein dichte ſind, die nehmen ſie nicht dazu. Hier hat man die Bie - nen in Waͤldern in eitel Fichten - oder Kuͤhnbaͤu - men. Ich habe auch Bienen in hohlen Nußbaͤu - men wohnen geſehen. Sie nehmen feine gera - de Kuͤhnbaͤume darzu, die im Walde allein ſte - hen, da andre Baͤume nicht hart dran ſeyn, da - mit die Bienen ihren Flug haben koͤnnen. Alle Aeſte hauen ſie fein glatt und hart an den Baͤu - men ab, von unten auf bis faſt oben an; und in die Mitte des Baumes machen ſie die Ben - ten, und ſolches um der Diebe und Baͤre willen.
324Die Strafe beſtand darinne, daß der Schul - dige in einer ſehr heiß geheizten Stube hinter dem Ofen Durſt leiden mußten. Sie handelten unter einander mit der Honigzeidelung, Bienen und Beuten, und kauften ſie einander ab, gleich andern gemeinen Erbguͤtern, ſie gaben Leihkauf und wurden ordentlich eingewieſen.
Sie hatten ihre Bienen meiſt in den Waͤl - dern in Fichten und Kuͤhnbaͤumen.
Sollten nicht vielleicht aus der Mark die Zeidler ſich durch die Markgrafen von Bran - denburg, als Burggrafen zu Nuͤrnberg, in die dortigen Gegenden um Nuͤrnberg herum verbrei - tet haben? und alſo nun der oben angenommene Satz, daß durch die Slaven die Bienenzucht in Deutſchland ausgebreitet worden, immer noch gelten? Doch ich verlaſſe dieſe Muthmaßung, und gehe zu der Brandenburgiſchen Bienengeſchichte fort. Die Regierung in der Mark Branden - burg wendete um deſto mehr ihre Aufmerkſam - keit auf die[Bienenzucht], je mehr ſie ſchon da - mals ein wichtiger Artikel fuͤr den Handel die - ſer Lande geweſen zu ſeyn ſcheint. Daher fin - det man ſchon im Jahre 1519 eine Verord - nung wegen des richtigen Maaßes der Honig - tonnen.
In der Neumark und den einverleibten Krei - ſen iſt die zahme und wilde Bienenzucht nach dem Zeugniſſe des Hrn. Gleditſch ſeit undenk - lichen Zeiten, und alſo wahrſcheinlich ſchon im ſechzehnten Jahrhunderte, betrieben worden;und325und einige Gegenden der Altenmark waren ſo - gar wegen der Guͤte ihres Honigs beruͤhmt. o)S. Gleditſch von dem Bienenſtande in der Mark Brandenburg, S. 95. und die vermiſchten Abhandlungen Theil 2.
In Churſachſen machte ſich ſchon der große Churfuͤrſt Auguſt auch um dieſen Theil der Wirthſchaft verdient. Er verſchrieb, wie ich ſchon oben erinnert, zur Verbeſſerung des ſaͤch - ſiſchen Bienenſtandes wendiſche Zeidler,p)S. Abhandl. und Erfahrungen der Oberlauſi - tzer Bienengeſellſch. I. S. 176. und ſeine Geſetze und Verordnungen beweiſen dieſes nicht weniger. In der Forſtordnung dieſes großen Fuͤrſten vom J. 1560q)Cod. Aug. T. II. 503. finden ſich die Beweiſe ſowohl von dem Flore der Bienenzucht in Sachſen uͤberhaupt, als auch wie dieſer groſ - ſe Cameraliſt die Waldbienenzucht zum Beſten ſeiner Cammer benutzt. Es heißt daſelbſt: Ob auch in unſern Waͤldern und Vorhoͤlzern Bie - nen und Honig antroffen und funden, die ſollen in unſer Amt gezogen, aber verkauft und das Geld davon verrechnet werden, und ſich die Foͤr - ſter noch Jemands anders einiger Nutzung da - von unterziehen. Von ſeiner Vorſorge fuͤr die Bienenzucht zeugt auch die Verordnung wegen des Bienen - und Honigdiebſtahls. r)P. IV. Conſt. 36. Der Dieb - ſtahl ſo an Bienen und Honig begangen, ſoll in unſern Landen hoͤher nicht, denn wie andere Deu - ben, geſtraft und die Schaͤrfe des ſaͤchſiſchenX 3Rechts326Rechts hierinnen nicht gehalten werden. Und ob er gleich darinnen die Strafe auf den Bie - nendiebſtahl herabſetzt, und man alſo glauben ſollte, daß er dadurch nicht genug fuͤr die Bie - nen ſorge, ſo zeigt er ſich doch als einen weiſen Geſetzgeber, der ein billiges Ebenmaaß zwiſchen Verbrechen und Strafe ſetzt, und nicht immer die Strenge und Schaͤrfe als eine nothwendige Eigenſchaft der Strafe mit Vernachlaͤßigung der Billigkeit anſiehet; aber auch als einen Geſetzgeber, der unter der großen Menge wich - tiger Regierungsgeſchaͤfte die Bienen nicht ver - gaß. Man iſt nicht ganz einig geweſen uͤber den Sinn dieſes Geſetzes. Einige glaubten, der Geſetzgeber meyne unter der Schaͤrfe des ſaͤch - ſiſchen Rechts die alten ſaͤchſiſchen Geſetze, wo einer, der einen Bienenſtock innerhalb des Zauns ſtiehlt, mit dem Leben bezahlen muß; ſtiehlt er ihn aber außerhalb deſſelben, ſo ſoll er ihn neun - fach erſetzen. s)Lex Sax. tit. III. c. 2. Qui aluearium apum in - fra ſepem alterius furauerit, capite puniatur; ſi extra ſepem furatur, nouies componendum. Andere verſtehen es alſo, daß Auguſt, welcher wußte, daß nach dem Repkau der Diebſtahl ſehr ſcharf beſtraft, und ſelbſt in den kleinſten Dingen des Todes ſchuldig geachtet wurde, und daß man dieſes auch auf den Diebſtahl der Thiere anwende, befuͤrchtet habe, man moͤchte es auch von den Bienen ver - ſtehen. t)Vid. gloſſ. ad Art. 49. lib. III. J. P. S. Endlich erklaͤren es noch andere vonder327der Schaͤrfe derer Strafen, welche damals den Wilddieb betroffen, und daß er davon die Bie - nendiebe ausnehmen wolle. Die wahrſchein - lichſte Meynung iſt unſtreitig diejenige, nach welcher man annimmt, daß nicht bloß auf den Bienenraub, ſondern auf einen gewiſſen be - ſtimmten Werth der geraubten Bienen, wie bey andern Diebſtaͤhlen, geſehen werden ſolle.
Auch in den Gegenden von Dobrilugk finden ſich ſchon in dem funfzehnten Jahrhunderte Spuren von einer Zeidlergeſellſchaft und Wald - bienenzucht. In einer Urkunde vom Jahre 1445, die uns Ludwigu)In reliquis dipl. T. I. N. CCCXX. aufbehalten, verkauft das Kloſter daſelbſt das Recht, Bienen zu hal - ten, und zu zeideln, in einem gewiſſen Theile des Waldes und bey einer gewiſſen Anzahl Baͤu - me. Wahrſcheinlich haben die Kirchenzehen - den und der Gebrauch der Kerzen bey dem Got - tesdienſt viel zur Ausbreitung der Bienenzucht in den mittlern und ſelbſt noch in dieſen neuern Zeiten beygetragen. Das große Anſehen der Kirche und die beſondere Heiligkeit, die man bey dergleichen Dingen ſuchte, die um der Kir - che willen geſchahen; die Meynung, als ob Gott dergleichen Geſchaͤfte ganz beſonders ſeg - ne, die um der Kirche willen geſchaͤhen, hin - derte die Nachtheile, die ſonſt die Zehenden bey den Nahrungsgeſchaͤften haͤufig bringen, indem ſie denſelben mehr entgegen ſind, als ſie befoͤr - dern. Noch in dieſer Urkunde des Kloſters zuX 4Dobri -328Dobrilugk findet ſich eine Errichtung der Ho - nigzinſen. Das Kloſter verkauft daſelbſt: acht Schillinge Boͤhme vor ſieben Schog Groſchen, die er uns bezahlet hat, zu ei - ner Heyde auf unſern Heyden und Ge - huͤlze, davon er in unſer Gotishaus alle Jahr ſal geben zwene eyhmer gutes Ho - niges zu Zinſe; wurde dem von alders haben in etzlich boͤhme abegein, ſo haben wir ihm gelabet den vertorbenen Baum zu wechſeln, den alten zu uns zu nehmen, und ihm einen nuwen zu geben. Weh - ren den Behnen in dem alten Boͤhme, die mag er vor ſich behalten. In der naͤmli - chen Urkunde aber finden ſich auch noch deutli - chere Spuren von der dobrilugkiſchen Zeidlerge - ſellſchaft; denn es heißt daſelbſt: Auch ha - ben wir ihn gefreyet, daß er mit andern unſern Zeidlern keine Gemeinſchaft hal - ten durfe um der Heyden Ungelegigkeit willen.
Die Bienen im Winter zu vergraben, und dadurch ſie in beſtaͤndiger Betaͤubung und Schlaf zu erhalten, um dadurch die Fuͤtterung im Winter zu erſparen, kannte man ſchon im ſechzehnten Jahrhunderte in Sachſen, wie die - ſes die Schriften eines Colers bezeugen. Gleich - wohl haben es die Deutſchen undankbar gegen ihre Vorfahren und ſich ſelbſt in den neuern Zeiten als eine Erfindung der Britten angenom - men und dafuͤr ausgegeben.
Unter329Unter die Schriftſteller des ſechzhenten Jahr - hunderts, die uͤber die Oekonomie geſchrieben haben, gehoͤren ſowohl die, die im Allgemeinen von der Oekonomie handeln, und die Bienen - zucht unterſuchen, als auch diejenigen, die be - ſonders ſich mit ihr beſchaͤftigen. Unter den erſtern zeichnet ſich der große Oekonomieſchrift - ſteller des ſechzehnten und ſiebenzehnten Jahr - hunderts, Coler, aus, der hierinne den Alten folgte, und die Gewohnheiten und Gebraͤuche vieler Laͤnder damit verband, welche er kannte. Schon ihm war das Vergraben der Bienen im Winter bekannt. x)S. Gemeinnuͤtzige Arbeiten der phyſ. oͤk. Bie - nengeſellſch. in der Oberlauſitz, 1. B. 1773. S. 201.Die Schriften eines Hee - resbach, die verſchiedenen Schriften zum Jagd - und Forſtweſen, z. E. des von Meurers, gehoͤ - ren meiſtens auch mit zur Bienenlitteratur und geben Nachricht hiervon. Vornehmlich iſt hier - unter auch Her in ſeiner Schrift uͤber die Thie - re. y)Heri liber de natura et cura animalium etc. 1572. Faſt alle dieſe Schriftſteller folgten den Al - ten. Die neuen Grundſaͤtze der Bienenzucht, da ſie etwas aus Erfahrungen zogen, waren meiſt Geheimniſſe, die ſich auf eine Geſellſchaft oder Familie einſchraͤnkten, und von dem Vater auf den Sohn erbten. Eine beſondere Schrift uͤber die Bienen in deutſcher Sprache finden wir im ſechzehnten Jahrhunderte von AndreasX 5Picus,330Picus, darinnen er von ihrer Entſtehung, ih - ren mancherley Gattungen, von der Schwaͤrm - zeit und von der Art, ſie zu faſſen, handelte. Sie erſchien zu Leipzigz)Ein Buͤchlein von den Immen, woher ſie kommen, und wie ſie werden, wie viel und mancherley Gattungen derſelben ſeyn, wenn und wie ſie ſchwaͤrmen, auch wie man ſie faſ - ſen und deren warten ſoll. Item vom Honig und Wachs, und wie man die Beuten ausma - chen ſoll, und wozu ſie dienen, geſtellt durch M. Andr. Picum. Leipzig, 1596. 8. 5 B. im J. 1596.
Im ſiebenzehnten Jahrhunderte bluͤhete ſie in der erſten Haͤlfte immer noch in der Mark, ob ſie gleich gegen das Ende deſſelben etwas verfiel. Indeſſen ſuchte man den Handel mit Honig zu befoͤrdern, und es erſchien deshalb im Brandenburgiſchen im J. 1680 ein Pa - tent wider den Aufkauf des Honigs. In dem Wuͤrtembergiſchen finden ſich in dieſen Zeiten Spuren von der wilden Bienenzucht: denn man verordnete in der erneuerten Forſtordnung vom J. 1614a)S. Fritſch l. c. S. 172. auch verſchiedenes wegen der Bienen. Es heißt daſelbſt in einem beſondern Artikel: von den Immen: „ Dieweil auch die Immen zur Zeit des Schwaͤrmens ſich von ih - rem gewoͤhnlichen Stand hinweg in die Wald - und Wildfluren begeben; wenn nun der Eigen -thums -331thumsherr der Immen ihnen gleich nachfolget, und denſelben an einem Baum oder Buſch an - hangend findet, der ſolle demſelben ohne einige Forſtmut gegeben werden. Wo aber ein Im - men von Jemand andern, auſſerhalb der Nach - folg in unſern Waͤldern und Wildflur gefunden wird, der moͤg ihn wohl zu ſeinem Nutzen faſ - ſen, aber unſern Waldvoigten und Forſtmei - ſtern die gebraͤuchliche Forſtgerechtigkeit benannt - lich das halbe Theil davon zu ſtellen, das uͤbri - ge behalten, da denn der Forſtmeiſter oder Waldvoigt ſeinen halben Theil urkundlich be - rechnen ſoll. Wo ſie aber in holen Baͤumen gefunden und ohne Verderbung und Verhau - ung derſelben koͤnnten herausgenommen wer - den, ſoll es gleicher Geſtalt maͤnniglich gegen Reichung obgemeldeter Forſtgerechtigkeit her - aus zu nehmen erlaubt ſeyn. “ Man ſiehet hier - aus die Beguͤnſtigung der Bienenzucht, und zugleich auch, wie man dieſelbige fuͤr die Cam - mer, ohne in die Eigenthumsrechte der Un - terthanen Eingriffe zu thun, benutzet habe.
Auch in den Gothaiſchen Laͤndern finden wir ſie in dieſem Jahrhundert; denn auch hier ver - ordnet die Forſt - und Jagdordnung v. Jahr 1644:b)S. Fritſch. l. c. S. 42. 4tes Hauptſt. §. 7. „ Ob in Waͤldern und Gehoͤlzen Bienen und Honig angetroffen und gefunden wuͤrde, die ſollen in die Aemter gezogen, nach billigen Werth verkauft, und das Geld dafuͤrberech -332berechnet werdenc)Dieſe Stelle iſt ein deutlicher Beweis, daß man darinne die Auguſteiſche Forſtordnung vor Au - gen gehabt., und ſich der Foͤrſter noch Jemand anders daran einiger Nutzungen nicht unterziehen, ſondern derjenige, der einen Bie - nenſchwarm im Walde finden und denſelben an - melden wird, es ſey gleich ein Forſtbedienter oder andere Perſon, demſelben ſoll ein halber Thl. zum Trinkgelde gegeben werden, und ſoll ſich bey will - kuͤhrlicher Strafe jedes Orts Beamten keiner un - terfangen, einen Bienenſchwarm auszuhauen oder ſchneiden, die aber deswegen Baͤume nieder - zufaͤllen ſich unternehmen, ſollen auch den Umſtaͤn - den nach haͤrter geſtraft werden. Ich habe beyde Stellen eingeruͤckt, theils zum Beweis, daß in die - ſen Laͤndern Bienenzucht geweſen, theils aber auch als Proben des damaligen Bienenrechts. In der letztern Verordnung waltet das Intereſſe der Cam - mer dem Vortheil der Privatperſonen mehr vor, als in der Wuͤrtembergiſchen Verordnung. In den Waͤldern um Nuͤrnberg und in der Oberlau - ſitz bluͤheten immer noch die Zeidlergeſellſchaf - ten, ſonderlich die Muſkauiſche und Hoyers - werdiſche. In dieſem Jahrhunderte finden ſich auch in dem Bayeriſchen und Luͤneburgiſchen vorzuͤglich Spuren von der Bienencultur. In einer Bayeriſchen Forſtordnung v. J. 1659d)Pars I. Art. 40. wird die Waldbienenzucht erwaͤhnt. Es heißt daſelbſt: Welcher Ends auf unſern Waͤl -dern333dern und Hoͤlzern Bienengaͤrten und Zei - delweiden herkommen, die ſollen noch - malen bleiben, und durch unſere Beam - ten und Forſtleute ob denſelben gehal - ten, doch auch uns von ſolchen gebuͤhr - liche Zins geraͤuchet und anders ſo ſich gebuͤhret, geleiſtet werden. Eine Braun - ſchweigiſch-Luͤneburgiſche vom J. 1665e)§. 40 und 41. gedenkt der Waldbienenzucht gleichfalls, vor - nehmlich aber der Gewohnheit, die Bienen in die Waͤlder zur Weide zu fuͤhren, und ſie da - ſelbſt gegen Erlegung eines gewiſſen Zinſes eini - ge Zeit lang zu unterhalten. Indeſſen dauerte ſie in allen dieſen Laͤndern und Orten meiſt nur als ein gewoͤhnliches Geſchaͤft fort, ohne daß man ſich ſehr um ihre Ausbreitung bemuͤhete, man unterſtuͤtzte ſie weiter von der Seite der Regierungen nicht; die einzige Muſkaui - ſchef)Die Artikel der geſammten Zeidler in der Herr - ſchaft Muſkau d. d. 25. Febr. 1648. ſ. in Schirachs Waldbienenzucht im Vorbericht S. 30 bis 36. ausgenommen, welche von ihrer Herr - ſchaft in ihren Rechten und Freyheiten geſchuͤ - tzet wurde. Hingegen ließen die Regierungen, z. E. in der Mark, dieſe Zeidlergeſellſchaften ein - gehen, und ſchafften ſie ab, weil dieſe Art von Bienenbau ihnen gegen die guten Forſtre - geln zu ſtreiten ſchien, welches auch, wenn man nicht die gehoͤrigen Einſchraͤnkungen beobachtet, wirklich geſchiehet. Nur alsdenn kann eine ſol -che334che Waldbienenzucht unſchaͤdlich ſeyn, wenn man in einer dazu gut gelegenen Waldgegend, wo vornehmlich viel Bienennahrung iſt, einge - zaͤunte Bienengaͤrten, deren einer von dem an - dern wenigſtens drey Vierthelſtunden entfernt waͤre, anlegte, und ſie mit Graͤben umzoͤge; wobey jeder, der darinne Bienen halten wollte, angeloben muͤßte, nach den beſſern Grundſaͤtzen zu handeln, beſondere Bienenſtaͤnde zu bauen und die Bienen in breternen oder Strohbeuten zu verpflegen. Es muͤßten dazu beſondere un - terrichtete Bienenwaͤrter beſtellt werden. Die - ſes waͤre einer der vorzuͤglichſten Faͤlle, wo die Riemiſche Landbienenzucht am beſten angebracht waͤre, da der Landmann oder Staͤdter, zumal wenn er etwas entfernt von dergleichen Bienen - waͤldern liegt, von ſeinen uͤbrigen Geſchaͤften nicht abgehalten wuͤrde.
In dieſem Jahrhunderte erhielt die Bienen - zucht mehrere Schriftſteller, ſowohl was den oͤkonomiſchen als juriſtiſchen Theil derſelben be - traf. Die allgemeinen oͤkonomiſchen Schrift - ſteller behandelten dieſelbe auch; vornehmlich Coler, der auch noch in dieſem Jahrhunderte ſchrieb, und Hohberg: was aber die beſondern betrifft, ſo gehoͤren hierher Kraͤutermann, Hoͤf - ler, der Verfaſſer des ſorgfaͤltigen Bienenhal - ters, welcher 1677 zu Osnabruͤck erſchien. Von den Bienen und dem Bienenrecht handeln Beck, Gruͤzmann, Joſ. Werder, Joh. Goͤthe, Pet. Muͤller,335Muͤller, Schwarz, Leiſer. g)Kraͤutermanns Bienenwirth. Hoͤflers Anwei - ſung zur Bienenzucht. Pet. Muͤller diſſ. de iure apum. Gottfr. Chriſtoph Leiſer Ius geor - gicum. Man kann uͤberhaupt als eine Regel in dieſen Zeiten an - nehmen, daß diejenigen oͤkonomiſchen Gegen - ſtaͤnde, welche oͤfters bey den Rechtsſtuͤhlen we - gen Streitigkeiten vorkommen, auch noch die meiſten Schriftſteller erhielten. Dieſes geſcha - he bey den Bienen um deſto mehr, je mehr die Rechtsgelehrten mit dem Forſtrecht wegen des Intereſſe der Hoͤfe ſich zu beſchaͤftigen genoͤthi - get waren.
In dem achtzehnten Jahrhunderte waren verſchiedene Zeidlergeſellſchaften ganz verloren, ſonderlich hatte dieſes Schickſal die ehemals ſo beruͤhmte Nuͤrnbergiſche. Die einſchuͤchtigen Zeidelguͤter geriethen meiſt in die Haͤnde der Landleute, die keine Zeidler waren. Die Zei - delmuͤtter wurden von ihren Beſitzern, meiſt beguͤterten Nuͤrnbergern, in angenehme Herren - ſitze verwandelt, zu denen andere Zeidelguͤter gehoͤrig und zinsbar ſind. Es pflegen daſelbſt keine Zeidler mehr die Bienen; obgleich zum Beylegen geringer Civilſachen uͤber dieſe Zei - delguͤter noch jaͤhrlich zu Feucht ſechsmal Ge - richt gehalten, und von dem Amtmann des Lau - renzer Waldes mit 6 Waldherren, einem Un - terrichter und 12 Schoͤppen, welche aus 26befrey -336befreyten Zeidelguͤtern genommen ſind, den Vierern und einem Actuarius beſetzt wird. In - deſſen nahmen ſich die Regierungen und die Ge - lehrten dieſes Geſchaͤfts in andern Gegenden von neuem und mit mehrerm Eifer an. In vielen Laͤndern war ſie bisher nur wild gewe - ſen, oder in manchen faſt gar verfallen. So hatte ſie in der Mark zu Ausgange des ſieben - zehnten und zu Anfange des jetzigen Jahrhun - derts durch ſtrenge Winter und andere auſſer - ordentliche Witterung ſehr viel gelitten, beſon - ders in den Jahren 1709, 1719, 1735, 1740, 1741, 1763. h)Gleditſch Betrachtung des Bienenſtandes in der Mark Brandenburg in ſeinen vermiſchten oͤkonom. phyſik. Abhandl. II. St. 104 und 109.Allein mit deſto mehrerm Eifer nahm ſich auch die Regierung derſelben an. Beſage der Maͤrkiſchen Flecken - Dorf - und Ackerordnung vom 16ten December des J. 1702 iſt den Landleuten in allen fruchtbaren und zur Bienenzucht bequem gelegenen Gegen - den nach Unterſchied ihrer Grundſtuͤcken anbe - fohlen, eine Anzahl von Bienenſtoͤcken ordent - lich zu unterhalten. Durch dieſelbige wurde hin und wieder in den uͤbrigen Provinzen die aus bloßer Nachlaͤßigkeit in Abfall gerathene Bienenzucht gleichſam erneuert, und ſowohl in der Mittelmark als in der Priegnitz und Ucker - mark allgemeiner zu machen geſucht. Preußen und Preußiſchlithauen gaben hier in vielen Ge - genden ausnehmende Beyſpiele zur Nachah -mung.337mung. i)Gleditſch. l. c. p. 95. Es ſoll vermoͤge dieſer koͤnigl. Ver - ordnung in den dazu geſchickten Orten wenig - ſtens ein jeder Bauer 4 Stoͤcke, der halbe Bauer 2, und der Coſſaͤte 1 Stock halten, auſ - ſer was Prediger, Pachter und andere freywil - lig thun. Nimmt man nun fuͤr ein Dorf 10 gute und ſtarke Stoͤcke an, welche insgemein im erſten Jahre 10 Vor - und eben ſo viel Nach - ſchwaͤrme geben, wovon die letztern, wenn ſie zur rechten Zeit zuſammen geſchlagen werden, 5 gute Stoͤcke geben, ſo ſind dieſes im erſten Jahre 25 Stoͤcke. Im zweyten Jahre wuͤrde dieſe Anzahl auf 60, und im dritten ſchon uͤber 150 Stoͤcke vermehrt ſeyn. Dennoch entſprach die Erfahrung der Vorſorge der Polizey nicht. Verſchiedene Ungluͤcksfaͤlle trugen nicht wenig zur Schwaͤchung des Bienenſtands bey, ſo daß eine ziemliche Zeit vor dem ſiebenjaͤhrigen Krie - ge die Bienenzucht in den ſchoͤnſten Gegenden, welche ſonſt die uͤbrigen mit Wachs und Honig verſahen, in große Abnahme gerieth, und an verſchiedenen Orten ſo in Vergeſſenheit kam, daß man kaum mehr damit umzugehen wußte. Hierzu kamen in dem beſagten Kriege die Aus - ſchweifungen der leichten feindlichen Truppen, die die Verwuͤſtung zuweilen aufs hoͤchſte trieben. Dennoch unterließ die Regierung nicht zu ermun - tern. k)Gleditſch l. c. S. 79 und 80.Die Koͤnigl. Akademie zu Berlin be -ſchaͤftig -Y338ſchaͤftigte ſich damit. Hr. Hofr. Gleditſch machte Bemerkungen uͤber die Verfertigung der Zellen, und vorzuͤglich, daß ſie auch im Noth - falle andere Materien, die kein Wachs ſind, brauchen. Er gab ihnen die feinſten Faſern von der Radice graminis, feines Moos, Stiel - chen vom Bromo tectorum und Loͤſchpapier. Sie verfertigten aus allen dieſen Zellen von der gewoͤhnlichen Geſtalt, und zum Theil ordent - lich geflochten; das Papier erweichten ſie mit Waſſer, und kneteten es zu einem feinen Brey.
Die alte Mark hat wegen des vielen Buch - weizens eine vorzuͤgliche Gelegenheit zur Bie - nenzucht, welches auch die benachbarten Luͤne - burger benutzen, und ſeit vielen Jahren ihre Stoͤcke zur Ausfuͤtterung dahin bringen, welche ſie im Herbſt nach Erlegung eines geringen Koſtgeldes wohlbeladen wieder zuruͤcknehmen. Dieſes Verfahren der Bienenſtoͤcke auf die Weide iſt auch noch im Juͤlichſchen ſeit langen Zeiten gewoͤhnlich. Man bringt die Bienen - ſtoͤcke an ſolche Berge zwiſchen die Huͤgel, wel - che am meiſten mit Quendel bewachſen ſind. Dieſes Verfahren der Stoͤcke kann vorzuͤgli - chen Vortheil gewaͤhren, wenn die Blumen in den erſten Monaten der Witterung halben in der einen Gegend zu wenig bluͤhen, um den Bienen in einer andern und ſchoͤnern eine rei - chere Nahrung zu ſchaffen.
Die Hinterkreiſe der Neumark haben wegen des Buchweizens und der Heide noch einen ſchoͤ -nern339nern Bienenſtand. Der verdienſtvolle Hr. Hofr. Gleditſch machte ſich es zu einem Haupt - geſchaͤfte, dem Undanke der Landleute gegen die Bienen Einhalt zu thun, und ſie die Menſch - lichkeit zu lehren. Er ſahe, daß im Sept. jaͤhr - lich viel hundert Stoͤcke in der Mark mit Schwefel getoͤdtet wurden. Er bemuͤhete ſich, die Landleute eines Beſſern zu belehren. Er that ihnen des - halb verſchiedene Vorſchlaͤge; ſie ſollten die ih - rer Meynung nach zu ſchwachen Stoͤcke zu der Zeit, da der Hederichl)Raphanus raphaniſtrum. in den großen Fel - dern, und der Buchweizenm)Polygonon Fagopyrum. noch uͤber und uͤber bluͤhete, auch ſelbſt die Heide und andere Herbſtblumen ſich noch lange nicht zeigten, auf eine gute und ſichere Weiſe zuſammenſchlagen, und einige davon im Sept. und Maͤrz zur Pro - be auf ſeine Koſten mit ſo viel Honig fuͤttern, als die guten Stoͤcke etwa insgemein von Honig und Wachs ſchwer zu ſeyn pflegen. Er ſtellte ihnen die Vortheile von den kuͤnftigen zeitigen ſtarken Schwaͤrmen vor, und daß, wer die Stoͤ - cke uͤber Winters erhielte, ſich auch die zukuͤnfti - gen Schwaͤrme erhalte. Allein alles dieſes hielt man fuͤr Kleinigkeiten, und gab ihm kein Ge - hoͤr, unter dem Vorwande, es ſey nicht oͤkono - miſch genug. Schande genug fuͤr die Men - ſchen, die hierinne mit dem Baͤr, dem Zerſtoͤ - rer der Bienenſtoͤcke, wetteifern! Deſto nach - druͤcklicher ſollten die Regierungen dieſes Ver -Y 2brechen340brechen beſtrafen, und die Florentiniſchen Ge - ſetze nachahmen, welche fuͤr dieſes Verbrechen die eigentliche Strafe ſehr gut beſtimmen, wel - ches auch in den neuen Zeiten man in der Pfalz that, wie wir unten in der pfaͤlziſchen Oekono - miegeſchichte ſehen werden. Denn die Folgen ſind zu groß, und das Vergehen gegen ein Land weit betraͤchtlicher, als man anfangs glaubt. Wie viele Vortheile gehen in Anſehung des Handels, des Medicinalweſens, eines geſunden und unſchaͤdlichen Geleuchtes verloren! Man buͤßt von dem hoͤchſtmoͤglichen Ertrag der Wie - ſen ein, den man durch die Nahrung erhalten kann, welche die Blumen und Kraͤuter den Bienen geben, ohne daß ſie dem Heue entzogen werden. Hr. Hofr. Gleditſch verſuchte es auch auf dem Landgute des Hr. Daum, einen wilden Bienengarten anzulegen, der ſich ſelbſt erhielte, und wo die beſten Bluͤthen und Blumen fuͤr die Bienen monatlich ſowohl, als ſehr zeitig im Fruͤhlinge und Herbſt ſtehen. Ihm danken wir ein Verzeichniß aller Bienengewaͤchſe in der Mark, wodurch er die Kenntniß derſelben ausbreiteten)Gleditſchens Betrachtungen uͤber den Bienen - ſtand in der Mark Brandenburg, Riga und Mietau, 1769, 8. und in den vermiſchten Ab - handl. Theil 2. S. 53.; und ſo bemuͤhete er ſich ſtets den Bienenſtand der Brandenburgiſchen Lande zu verbeſſern, und die Bemuͤhungen der Cammer zu unterſtuͤtzen. In den Pommeriſchen Landenbluͤhete341bluͤhete er vorzuͤglich, da ſie einige Vortheile in Anſehung der Winterfuͤtterung haben. Un - ter den Honigarten der Brandenburgiſchen Lande iſt beſonders der zu Liptitz bekannt, ſo wie der weiße Preußiſche.
In den Brandenburgiſchen Landen machte ſich auch Hr. Riem, Oberoͤkonomiecommiſſair und Lehrer der Bienenoͤkonomie verdient. Er machte Tabellen uͤber dieſes Nahrungsgeſchaͤft. So fand er z. B. im J. 1775, daß von den mit 150 Stoͤcken beſetzten Bienenſtande des Hrn. Kreisdirectors von Thuͤmen in Blankenſee bey Belitz nach der am 7ten October gezogenen Ta - belle von 73 Magazinen 1062 Pfund Honig und Wachs mit den obern Koͤrben abgenom - men worden; woraus erhellet, daß die nach der Heide gefahrnen Bienen dieſes Jahr viel Vortheil gebracht. Er durchreiſte auf Ver - anlaſſung des Hrn. Grafen von Hoym, oder viel - mehr der Regierung, Schleſien der Bienencultur wegen, undo)S. Riems Bienenbibliothek, 2te Lieferung, die Vorrede. ertheilte Unterricht in ſeiner Art der Bienenpflege in den Gegenden zu Primgau bey Belitz und um Berlin herum. Seine Me - thode wurde zu Schulzendorf ohnweit Berlin von dem Hrn. Director Wieſel eingefuͤhrt. Er wurde auf Befehl der Koͤniglichen Churmaͤrki - ſchen Kriegs - und Domainen-Cammer in viele Aemter geſendet, um als Lehrer der Bienen - oͤkonomie zu unterrichten, und zum Oberaufſe -Y 3her342her der Schleſiſchen Bienenplantagen beſtellt. In Trebſen bey Zuͤllichau machte er einen Verſuch mit jungen Schwaͤrmen in ſeinen Halb - kaͤſten, welche weit beſſer als in den unbeque - men Holzbeuten fortkommen. Es erſchienen im Brandenburgiſchen mehrere Bienengeſetze. So ergieng im J. 1775 ein Edict wegen der Vergiftung und vorſetzlichen Beſchaͤdigung der Bienen. Vermoͤge deſſelben iſt es bey Strafe eines ſechsjaͤhrigen Karrenfahrens, bey Feſtungs - baue unterſagt. p)S. Edict die auf die Vergiftung und vorſetzliche Beſchaͤdiaung der Bienengeſezte Strafe betref - fend, de dato Berlin, den 27ten Junii 1775, wo es alſo lautet: Wir Friederich ꝛc. ꝛc. Nachdem Wir in Erfahrung gebracht, daß ſeit kurzem verſchiedentlich von boshaften Leuten, die Bie - nen, durch Ausſetzung einer ſchaͤdlichen mit Honig vermiſchten giftigen Materie getoͤdtet worden, hierdurch aber Unſere Allerhoͤchſte In - tention, wegen Befoͤrderung der ſo nuͤtzlichen Bienenzucht, nicht nur vereitelt wird, ſondern auch durch den Gebrauch des von dergleichen Materie etwa inficirten Honigs, den Menſchen ſelbſt Schaden zugefuͤgt werden kann, und Wir dahero ſolchem abſcheulichen Unfug und Bos - heit, worauf die Geſeze zu allen Zeiten die haͤr - teſten Strafen geſetzet haben, mit Nachdruck zu ſteuern noͤthig erachten; als ordnen und befeh - len Wir hiermit, daß die, welche dergleichen Materie zur Toͤdtung und Vergiftung der Bie - nen ausſetzen, oder ihnen auf andere Art vor - ſetzlich Schaden zufuͤgen, und deſſen uͤberfuͤhrtwerden,Die Schleſiſche oͤkonomi -ſche343ſche patriotiſche Societaͤt ſetzte einen Preis auf die beſte Gattung von Klotzbeuten, Koͤrben und Kaͤſten, als die drey gewoͤhnlichen Bienenbe - haͤltniſſe, welchen Hr. Riem erhielt. q)Riems Bibliothek 2te Lieferung, S. 151.
Y 4Inp)werden, mit Veſtungs - und reſpective Kar - renſtrafe, ohne Anſehen der Perſon, auf 6 Jah - re belegt, uͤberdem aber, wenn durch ſolche Materie ein Menſch an ſeiner Geſundheit Scha - den nehmen, oder gar davon ſterben ſollte, nach Vorſchrift der peinlichen Rechte, gegen dieſelben durch den ordentlichen Richter verfah - ren werden ſoll. Damit ſich nun niemand mit der Unwiſſenheit entſchuldigen koͤnne; ſo befeh - len Wir zugleich Unſerm Kriegs - und Domai - nencammern in Gnaden, dieſes Edict uͤberall gehoͤrig bekannt machen, und, damit es nicht in Vergeſſenheit komme, jaͤhrlich einmal von den Canzeln oͤffentlich verleſen zu laſſen, bey Beſtrafung der Verbrechen aber ſich nach deſ - ſen Inhalt aufs genaueſte zu achten. Urkundlich unter unſerer Hoͤchſteigenhaͤndigen Unterſchrift und beygedruckten koͤnigl. Inſigel. So geſchehen und gegeben zu Berlin, den 27 Junii 1775. Friederich. (L. S.) v. Maßow. v. Blumenthal. v. Derſchau. B. von der Schulen - burg. J. Waitz v. Eſthen. von Goͤrne.
344In dem Saͤchſiſchen war man nicht weniger fuͤr die Bienen beſorgt. Schon vor dem Jah - re 1756 waren die Bienenſtoͤcke in der Oberlau - ſitz zu vielen Tauſenden angewachſen, allein der Krieg verwuͤſtete viele. Nach Endigung deſ - ſelben vereinigten ſich viele Bienenvaͤter, wel - che naͤmlich ſelbſt Bienenzucht trieben, theils um von einander zu lernen, theils einander zu helfen und zu ſchuͤtzen. An der Entſtehung die - ſer Geſellſchaft hat ein Rodewitz, Keſſel, Goͤtz, Hofmann, Mezradt großen Antheil. r)Sie ſagen dieſes ſelbſt in dem 1 Theil der Ab - handlungen und Erfahrungen S. 412.Sie errichteten unter einander beſondere Geſetze und Vorſchriften, und zogen die Aufmerkſamkeit und Achtung einer weiſen Regierung auf ſich, die dieſe Bienengeſellſchaft in der Oberlauſitz beſtaͤtigte. So entſtand auſſer der allgemei - nen oͤkonomiſchen Geſellſchaft zu Leipzig noch dieſe Bienengeſellſchaft. Sie unterſchied ſich von den bisher Mode geweſenen Bienengeſell - ſchaften, und zeichnete ſich dadurch aus, daß ſie auch aus Gelehrten beſtand, welcher viele in - und auslaͤndiſche Gelehrten und Liebhaber beytraten, und die Geſellſchaft zu ihren Ver - ſuchen mit Beytraͤgen unterſtuͤtzten. Ordent - liche ſowohl als auſſerordentliche Mitglieder lie - fern Abhandlungen zu den geſellſchaftlichen Schriften. Es wurden hierauf ihre Compakta -ten345tens)Sie finden ſich im Intell. Blatt von 1766 S. 279. ingl. Geſchichte der Bienengeſellſchaft in der Oberlauſitz, ſiebente Anzeige, S. 8 Leipz. Int. Bl. N. 5. 1771. im J. 1768 am 17ten Sept. bekannt gemacht. Dieſe Geſellſchaft iſt eine der erſten dieſer Art; die Bienenzucht hat derſelben ſchon wichtige Entdeckungen zu danken.
Die Bienenzucht der Oberlauſitz war ſonder - lich in dem Muſkauiſchen und dem Amte Hoyers - werda ſehr anſehnlich, und wurde es durch ſie noch mehr. Man that von Seiten der Regie - rung in Sachſen noch mehr. Sie wendete ih - re Aufmerkſamkeit auch auf die Geſetze, die die Bienenzucht angehen. Das bisherige Bienen - recht erklaͤrte z. B. die Bienen fuͤr einen wil - den Wurm, aus welchem Grundſatze allerhand andere nachtheilige Rechtsſaͤtze, vornehmlich in Anſehung der Verfolgung und Wiederforde - rung eines von dem einen zu dem andern ge - gangenen Schwarmes floſſen. Man entſchied nach dem Roͤmiſchen Rechte, auch dem Mag - deburgiſchen Weichbilde und dem Saͤchſiſchen Landrechte. Viele Faͤlle, die bey der Bienen - zucht vorkommen koͤnnen, waren darinne ent - weder gar nicht, oder doch ſo entſchieden, daß es beſſer geweſen waͤre, wenn man gar keine Beſtimmung darinne gehabt haͤtte. Dieſem ſuchte die Churſaͤchſiſche Landesdeputation zur Oekonomie, Manufactur und Commercien - weſen abzuhelfen, und verlangte daher von derY 5Ge -346Geſellſchaft eine Sammlung auslaͤndiſcher Be - fehle wegen des Bienenrechts, und eine zuver - laͤßige Anzeige der Faͤlle, wo der Bienen we - gen Streit entſtehen koͤnnte. t)Die Nachricht hievon ſ. im Leipz. Intell. Bl. v. 1768. S. 181. Der Entwurf zu einem Chur - ſaͤchſiſchen Bienenrecht findet ſich in den Ge - meinnuͤtzigen Arbeiten der Churſaͤchſiſchen Bie - nengeſellſchaft in der Oberlauſitz 1. B. S. 217.Die Geſell - ſchaft nahm bey dieſem Entwurfe allezeit die Natur der Bienen vor Augen, ſetzte nur die moͤglichen Faͤlle feſt, und uͤberließ die Strafe oder Belohnung der Gerechtigkeit und Polizey. Man verordnete darinne vornehmlich uͤber fol - gende Gegenſtaͤnde: 1) was Rechtens iſt bey An - legung der Bienen ſo wohl in den Heiden als in den Doͤrfern uͤberhaupt? was bey dem Einkaufe und Verkaufe? 2) was von den Schwaͤrmen insbe - ſondere? 3) von der Rauberey der Bienen und was dabey Rechtens ſey? 4) von der Peſt der Bienen. Sie ſchlaͤgt zugleich verſchiedene Po - lizeyanſtalten in der Bienenzucht vor; daß z. B. in jedem Amte ein oder zwey erfahrne Bie - nenvaͤter ausgeſucht, und zu den Unterſuchun - gen oͤffentlich beſtellt werden, welche ihre In - ſtruction erhielten, nachdem ſie vorher von der Bienengeſellſchaft gepruͤft worden. Nach dem Beyſpiele der Oberlauſitz trat eine Chur - ſaͤchſiſche Bienengeſellſchaft zu Roͤtha bey Leip - zig zuſammen, welche ihre Bemerkungen derOber -347Oberlauſitzer mittheilte. u)S. Abhandl. und Erfahrungen der Oberlauſi - tzer Bienengeſellſchaft 1 Theil S. 72, wo die Bemerkungen der Roͤthaiſchen ſtehen; ſie gehen ſonderlich gegen die phyſiſchen Bemerkungen des Hrn. Apotheker Riems in der Pfalz.Wichtig iſt in der Oberlauſitz die Zeidlergeſellſchaft in dem Muſ - kauiſchen,x)S. Abhandlungen und Erfahrungen der Ober - lauſitzer Bienengeſellſchaft, 1 Theil S. 175. welche daſelbſt, wie wir oben ge - hoͤrt, ſchon ſeit undenklichen Zeiten die Wald - bienenzucht treibt, und von der Herrſchaft in ihren Vorrechten und Privilegien geſchuͤtzt wird. Ein Mitglied derſelbigen muß nothwen - dig Beuten in den Waͤldern haben, ohne dieſe kann er kein Mitglied ſeyn. Dieſe Waldbie - nenzucht iſt alſo eine Art von wilder Bienen - zucht. Man thut hierbey weiter nichts, als daß man den Bienen ihre Wohnungen anwei - ſet, die ſie auch oft ſelbſt waͤhlen, und wenn denn die Zeit zum Zeideln kommt, nachſiehet, ob ſie viel eingeſammlet, deſſen man ſich be - dient, und zur Erkenntlichkeit ihnen doch fuͤr ihre Bemuͤhung etwas noch zuruͤcklaͤßt. Uebri - gens uͤberlaͤßt man ſie ihrem eigenen Fleiß und Schickſal. Gute Zeidler aber, wenn ſie im Herbſte nach ihren Bienen ſehen, ſetzen wohl auch aus den guten Stoͤcken herausgenommene Honigſcheiben den ſchwaͤchern Schwaͤrmen zu, und laſſen es nicht darauf ankommen, ob ſie ſich erhalten, oder eingehen moͤgten.
Die348Die Beuten werden in Baͤume, welche da - zu bequem, und die behoͤrige Staͤrke haben, eingehauen, und ſind von verſchiedener Groͤße im Lichten. Meiſtentheils ſind ſie vier Fuß lang oder hoch, anderthalb Fuß tief, und ei - nen Fuß drey Zoll breit. Die Hoͤhe von der Er - de an gerechnet, in welcher ſie in die Staͤmme einhauen werden, betraͤgt ordentlicher Weiſe 10 bis 12 Fuß. In einen einzigen Stamm werden oft 1, 2, 3, Beuten uͤber einander oder auch wohl neben einander gemacht. Dem Baume ſchaden inzwiſchen an ſeinem Wachs - thum dieſe Beuten nicht. Die Oeffnung wird ſodann mit einem Bretchen zugeſetzt, doch ſo, daß auf einer Seite noch ein Ritz bleibet, aus dem die Bienen aus - und einfliegen koͤnnen. Man hauet auch wohl neben das Flugbret ein Loch in den Baum, welches den Bienen an - ſtatt des Flugloches dienet. Dieſes Bret wird uͤberdies noch, wenn die Beute leer iſt, mit gruͤnen Reiſern umwunden, damit die Bienen bey dem Schwaͤrmen deſto mehr Luſt kriegen hineinzuziehen; ſind ſie nun drinnen, ſo nimmt man die Reiſer wieder weg. Die Anzahl ſol - cher Beuten, die die Zeidlergeſellſchaft in hieſi - ger Herrſchaft zuſammen beſitzt, wird ſich im - mer auf 7000 Stuͤck belaufen; dieſe aber ſind nicht alle mit Bienen beſetzt. Die ganzen Waldungen, in welchen ſich ſolche Beuten be - finden, werden in beſondere Diſtricte, die man die Zeidelheiden nennt, eingetheilet, und dieſefuͤh -349fuͤhren den Namen von den benachbarten Doͤr - fern, z. E. die Braunsdorfiſche, die Luckni - tzer, die Weißkeiſelſche Zeidelheide u. ſ. w. Dieſe Diſtricte oder Zeidelheiden werden wieder nach Maaßgabe der in denſelben befindlichen Beuten in gewiſſe Maaße eingetheilet. Ein Maaß Zeidelheide heißt ein Stuͤck Wald, in welchem 60 Beuten ſind. Dreyßig ſolcher Beuten heißt ein halb, und funfzehn derſelben ein Viertelmaaß. Ein Mitglied der Zeidler - geſellſchaft kann ſo viel Maaße haben, und ſich von den andern, wenn ſie zu verkaufen ſind, erkaufen, als er will. Einige haben 2, 3 und mehr Maaße, andere hingegen nur ein halbes oder Viertel. Davon muß jaͤhrlich Hochreichs - graͤflicher Herrſchaft vom Maaß 15 Gr. an dem Faſtnachtsconvent abgetragen werden; vom halben Maaß alſo 7 Gr. 6 Pf., ſo daß demnach fuͤr jede Beute, ſie mag beſetzt ſeyn oder nicht, jaͤhrlich 3 Pf. gezinſet wird. Dies wird der Zeidelzins genennt.
Die Beſitzer ſolcher Maaße unterſcheiden die ihrigen von andern durch gewiſſe oberhalb der Beuten, bisweilen auch unter denſelben, in den Stamm eingehauene Zeichen, welche in Hieben, Kreuzen, Quadraten und andern Figuren be - ſtehen. Der Werth ſolcher Maaße iſt bey dem Kauf - und Verkauf verſchieden. Es kommt hierbey viel auf die groͤßere oder geringere An - zahl der beſetzten Beuten, auf ihre bequeme Lage, ſowohl fuͤr die Bienen, als auch fuͤr denZeid -350Zeidler, wenn z. E. die anzukaufende Zeidel - heide nicht zu entfernt iſt, an. Nach dieſen iſt der Werth auch hoͤher und geringer. Man - che Maaße werden fuͤr 24, 30 und mehr Thl. gekauft, da andere auch nur fuͤr 12 oder 15 Thl. gelten. Bey dem Verkauf hat allemal ein Mitglied der Zeidlergeſellſchaft das Vor - recht vor einem Fremden, der noch kein Mitglied iſt; kauft er ſich aber ein ſolches Maaß an, ſo wird es ihm von dem Zeidelrichter und Aelte - ſten mit Zuziehung der angrenzenden Zeidler an - gewieſen, deren Bemuͤhung er durch ein paar Mahlzeiten und durch eine feſtgeſetzte Beloh - nung verguͤtet. Er genuͤßet alsdenn alle Vor - rechte der uͤbrigen Mitglieder, und wird den andern in der naͤchſten Verſammlung vorge - ſtellt. Einige Zeidelheiden koͤnnen gar nicht verkauft werden, ſondern ſie ſind mit den Bau - erguͤtern unzertrennlich verbunden.
Die Schwarmzeit iſt eine mit von den luſtig - ſten fuͤr die Zeidler. Noch vor derſelben be - ſtreichen ſie ihre leeren und gereinigten Beuten mit einer gewiſſen Bienenſalbe, die aus man - cherley wohlriechenden Kraͤutern und andern Ingredientien gemacht wird, und die die Bie - nen anlocket. Man nennt ſie eine Bienen - ſchminke. Ihre Zubereitung verſtehen nur ei - nige, und ſie halten es unter ſich ſelbſt fuͤr ein großes Geheimniß; doch kann ein jeder Zeidler ſo viel davon bekommen, als er braucht, ſeine leeren Beuten einzuſchminken. Wenn nun dieBeu -351Beuten wohl gereiniget, und mit dieſer Schmin - ke beſtrichen ſind, ſo erwartet man mit Verlan - gen die Schwaͤrme. Ehe der Schwarm ſelbſt auszieht, ſchickt er wohl einige Tage zuvor ſei - ne Fourierſchuͤtzen, die Spurbienen, voraus. Dieſe gehen denn, durch den ſtarken und an - genehmen Geruch der Bienenſchminke gereizt, von einer Beute zur andern, und ſuchen fuͤr ih - re vortreffliche Monarchinn zur Errichtung eines neuen Staats einen bequemen Palaſt aus. Sie waͤhlen vor andern gern die weichen und koͤrnichten Baͤume. Hier geſchieht es oft, daß die Spurbienen von verſchiedenen Schwaͤrmen zuſammen treffen, die fuͤr ihre edle Gebieterinn eben dieſe bequeme Wohnung in Beſitz nehmen wollen. Da kommt es denn unter dieſen mu - thigen Heldinnen allemal zu großen Scharmuͤ - zeln und hitzigen Gefechten, und die ſchwaͤ - chern muͤſſen oft mit blutigen Koͤpfen abziehen. Ueberhaupt iſt zu der Zeit der ganze Wald ein Kriegstheater. Haben die Spurbienen nun eine neue Wohnung in Beſitz genommen, ſo ſchicken ſie eine Parthie wieder zuruͤck zu dem abzuziehenden Schwarm, und das Fliegen hin und her waͤhret ſo lange, bis endlich der ganze Schwarm unter der Anfuͤhrung ihrer weiſen Koͤniginn ausziehet. Iſt die Reiſe weit, ſo lagern ſie ſich eine Zeit lang auf andere Baͤume, damit ihre Regentinn unterdeſſen ausruhen kann. Hier werden ſie oft von dem Zeidler aufgefaßt, weil er befuͤrchten muß, ſie moͤgten ſonſt wohlgar352gar außer ſeiner Zeidelheide ihr Koͤnigreich auf - richten. Ziehen ſie fort, ſo darf er ſie vermoͤ - ge der Geſetze weiter nicht verfolgen, als bis an die Grenze ſeiner Zeidelheide. Setzen ſie ſich nun nicht weit davon an, und er getrauet ſich den Schwarm, oder vielmehr den Baum, an welchen er ſich angelegt, mit dem Wurf der Zeidelart, welche er an der Grenze ruͤcklings ſtehend, unter dem linken Arm durchwirft, zu erreichen, ſo kann er ihn aus des Nachbars Heide wegnehmen; mißlingt es ihm aber, ſo verliert er nicht nur ſeinen Schwarm, ſondern er faͤllt uͤberdies noch in Strafe.
Die ganze Zeidelgeſellſchaft beſteht jetzt aus 170 Perſonen, welche in zwey Rotten einge - theilet werden. Jede Rotte hat ihren beſon - dern Zeidelrichter und Aelteſten, die aus ihrem Mittel gewaͤhlt werden. Sie muͤſſen aber er - fahrne Bienenvaͤter ſeyn, und ſelbſt von den abgehenden Richtern und Aelteſten approbirt werden, wenn ſie zu dieſer Wuͤrde gelangen wollen. Sie halten jaͤhrlich zweymal an zwey dazu beſtimmten Orten ihre Verſammlungen, naͤmlich 1) den Montag nach Eſtomihi, und 2) den Montag nach Bartholomaͤi. Bey ih - ren Verſammlungen, in welchen viele alte Ce - remonien und Gebraͤuche, die nun freylich eben nicht zur Hauptſache gehoͤren, herrſchen, praͤ - ſidirt allemal ein Beamter aus der Hochreichs - graͤflichen Canzelley. In dieſen wird der Zei - delzins abgetragen, nach Befinden der Um -ſtaͤnde353ſtaͤnde neue Richter und Aelteſte gewaͤhlt, neue Mitglieder den uͤbrigen vorgeſtellt, die ſtreiti - gen Sachen nach ihren Geſetzen abgethan, und die Verbrecher in der Bienenſache beſtraft. Ihre Strafen ſind vermoͤge ihrer Geſetze ſehr ſtrenge. Von den Strafgeldern bekommt die Herrſchaft zwey Drittel und die Zeidlerge - ſellſchaft ein Drittel.
Auch die Hoyerswerdaiſche dauert nach dem Zeugniſſe des Hrn. Kruͤnitzy)Oek. Encyclopaͤdie, Theil 4. S. 456. noch fort, ob - ſchon Hr. Vogel in der Nachricht von der Muſ - kauiſchen ſie unter den eingegangenen nennt. z)S. Gemeinnuͤtzige Arbeiten der Oberlauſitzer Bienengeſellſchaft, I B. S. 176.Die Geſellſchaft, die ich ſchon in der Bienen - geſchichte des ſechzehnten Jahrhundertes erwaͤhnt habe, beſtehet aus 82 Mitgliedern, welche ins - geſammt Erbunterthanen der Grundherrſchaft, und nicht etwa aus einem Dorfe, ſondern aus verſchiedenen nahe am Walde gelegenen Dorf - ſchaften ſind. Sie theilen ſich in drey Viertel, nehmlich in das Neuwieſiſche, Collmſche und Neudoͤrfeliſche, und erkennen ein Oberhaupt uͤber ſich, das ſie Staroſten nennen. Dieſem ſind aus jedem Viertel zween Schoͤppen zuge - geben, zu welchen letzten aber aus jedem Viertel noch ein Aßiſtent beſtellet wird, der aber bey dieſem Gerichte nichts zu ſprechen hat, ſondern nur zuhoͤren und gleichſam lernen muß. AlleJah -Z354Jahre den Dienſtag nach Michaelis halten die Zeidler in Hoyerswerda ihre Zuſammen - kunft, erwaͤhlen den Staroſten, die Schoͤppen und Aßiſtenten, und bezahlen den jaͤhrlichen Zins an die Herrſchaft; und wenn etwas vor - gefallen, ſo die Geſellſchaft uͤberhaupt oder ei - nige Mitglieder angeht, ſo wird ſolches als - denn vorgetragen, in Erwaͤgung gezogen, und friedlich beyzulegen geſucht. Sie haben aber auch allemal einen gelehrten Beyſitzer, den ſie ſich ſelbſt erwaͤhlen. Dieſem vertrauen ſie ihre Originaldocumente zur Verwahrung, und in zweifelhaften Faͤllen ertheilt er ihnen ſeinen gu - ten Rath und Beyſtand. Zu gedachter Zeit werden auch neue Mitglieder, auf die durch den Tod erledigten Stellen, feyerlich angenommen. Sie muͤſſen durch einen Handſchlag dem Sta - roſten und Schoͤppen Gehorſam angeloben. Die Zeidlergemeinde erhaͤlt aber von dieſen Candidaten ein Leihkauf, ſo im Biere beſteht. Der Staroſt wird alle 3 Jahre aus den Vier - teln wechſelsweiſe erwaͤhlet; von den Schoͤppen aber geht jaͤhrlich aus jedem Viertel nur einer ab, und die Aßiſtenten treten an ihre Stelle. Die Aßiſtentenſtellen werden aber auch ſogleich wieder beſetzt. Der Zeidelzins hat ehedem in Honig beſtanden; aus der Fuͤrſtl. Teſchenſchen Confirmation aber erſieht man, daß ſie ihn freywillig in Geld verwandeln koͤnnen. Er wird alſo jetzt in Gelde abgetragen, und iſt auf 33 Rthlr. geſetzt worden. Auſſer den Privi -legiis,355legiis, worinn ihnen bereits einige Ordnung vorgeſchrieben iſt, haben ſie keine beſondere Sta - tuta oder Geſetze.
Man gieng in Sachſen in der Verbeſſerung immer weiter, ſowohl durch Anſtalten als Schrif - ten. Und da die drey uͤblichſten Bienenbehaͤl - ter, die Klotzbeuten, Kaſten und Koͤrbe, noch immer ſind, ſo ſuchte man in den plauiſchen Ge - genden die Klotzbeuten zu beſſern. a)S. Anmerkungen zu Verbeſſerung der Bienen - zucht in Sachſen, Dresden 1773. in Riems Bie - nenbibl. 2te Lieferung, S. 150. den Nachtrag zu den Anmerkungen zu ꝛc. 1774.Hr. Wil - helmi berechnete in den Sammlungen der ober - lauſ. B. G. den innern Raum der Bienenſtoͤ - cke verſchiedener Behaͤlter, und zeigte, daß ein allzugroßer Raum dieſe ſo arbeitſamen Inſekten kleinmuͤthig, und die Kaͤlte im Winter ihnen ge - faͤhrlich mache. Der Verfaſſer der unten an - gegebenen Verbeſſerungen richtete daher die Beuten durch einpaſſende runde Blenden ſo ein, daß man ſie im Sommer vergroͤßern und er - weitern, im Herbſt aber verkleinern koͤnnte. Man erfand in Sachſen die ſogenannte Weiſelhaͤus - chen, nachdem Hr. Schirach die Theorie von der Weiſelerziehung bekannt machte. Von Sachſen aus wurde die Brodfuͤtterung der Bie - nen, die in einigen Laͤndern gewoͤhnlich war, be - kannter gemacht. b)S. Anmerkungen die Bienenzucht des 1773 Jahres betreffend, nebſt Anweiſung eines Bie -nen -Man machte VerſucheZ 2mit356mit den Gelieuſchen und Riemiſchen Halbkoͤr - ben, welche letztere auch pfaͤlziſche Halbkaͤſten und Halbkoͤrbe hießen,c)Riems Bienenbl. 2te Lieferung S. 194. bey den Bienenable - gern, und ſuchte mit den Klotzbeuten eben das zu bewerkſtelligen, was man durch Unterſetzkoͤrbe ausrichtet, und dadurch Magazine nach fraͤnki - ſcher Art zu erhalten. Auch iſt der Verfaſſer der Anmerkungen zu Verbeſſerung der Bienen - zucht in Sachſen, welches nach dem Hrn. Prof. Beckmannd)Grundſaͤtze der deutſchen Landwirthſ. S. 499 der Hr. von Luͤttichau iſt, in ſeiner 1775 herausgegebenen Beantwortung zweyer Schreiben, einer von denen, die die Begattung der Drohnen mit der Koͤniginn be - obachtete, und hat ſie vorzuͤglich ſchoͤn erzaͤhlt. Man bemuͤhete ſich fuͤr die Nahrung der Bie - nen zu ſorgen,e)S. die Abhandl. der oberlauſitzer Bienengeſell - ſchaft v. J. 1768. S. 76. und die Geſellſchaft legte des - wegen einen Bienengarten an, darinne ſie, ſo viel moͤglich, diejenigen Kraͤuter zog, welche den Bienen am vortheilhafteſten ſind. Vorzuͤglich that dieſes die oberlauſitziſche Bienengeſellſchaft in Verbindung mit der roͤthaiſchen. Die er - ſtere ließ in ihren Sammlungen und Ankuͤndi - gungen Anleitungen hierzu ausgehen. Sie vereinigte ſich bald nach Entſtehung der roͤthai - ſchen mit ſelbiger, um nach und nach Stoff zueinemb)nenfutters, die Brodfuͤtterung genannt. Man findet es auch angegeben in Riems Bienenbibl. 2te Lieferung, S. 159.357einem Handbuche fuͤr den Landmann zu ſam - meln, wie er ohne Schaden ſeiner uͤbrigen Feld - fruͤchte die Bienen verſorgen koͤnne, welches an die ſaͤchſiſchen Landwirthe vertheilt werden ſollte.
Die roͤthaiſche machte ſich im 6ten §. ihrer Statutenf)Abhandl. und Erfahrungen der oberlauſitzer Bienengeſellſch. 2ter Theil, S. 264. 265. verbindlich, daß jedes Mitglied, wenn es ein Garten - oder Feldbeſitzer iſt, jaͤhrlich fuͤr die Bienen etwas ſaͤen wolle, als Wicken, Win - ter - oder Sommerruͤbſen, Senf, Mohn, ſibe - riſche Brunnenkreſſe, Meliſſe, Salbey, Thy - mian, Heidekorn, beſonders aber die Anpflan - zungen des Schießbeerholzes, oder Faulbaums in Hecken, Corneliuskirſchbaum, Linden, Fich - ten, Roßkaſtanien, Ahornbaum, Lerchenbaum, Erbſenbaum, Palmweide, Pappeln, gelben Lack und Spargel, damit die Bienen vom Fruͤh - linge an bis in den ſpaͤteſten Herbſt ihre Nah - rung nicht allzuweit ſuchen duͤrfen; und damit man zuverlaͤßig erfahre, was fuͤr naͤhrende Bluͤ - then fuͤr unſere Bienen wir in unſern Gegenden haben, zu welcher Zeit Mangel einfalle, und wenn man den Bienen vorzuͤglich zu Huͤlfe kom - men muͤſſe, ſo wolle jedes Glied das einige Jahre herumgehende Diarium durch allerley an - gemerkte Namen von den zu jeder Zeit vor - handenen Bluͤthen zu bereichern, und wenn er die Bluͤthe nicht kennt, bey Kraͤuterkundigen durch Vorzeigung des bluͤhenden Gewaͤchſes nach dem Namen zu erkundigen, ſich angelegenZ 3ſeyn358ſeyn laſſen. Die roͤthaiſche machte auch ver - ſchiedene Verſuche und Entdeckungen. So ver - ſuchten ſie es mit Gluͤck, des Hrn. Eyrichs Ma - gazinkoͤrbe an ihre gewoͤhnlichen liegenden bre - ternen Stoͤcke mit einem Communicationsloche zu legen; wenn ſie nun dieſe Stoͤcke einzeln be - ſetzt hatten, ſo konnten ſie, wenn ſie voll gebauet waren, Koͤrbe oder Kaͤſtchen uͤber das Commu - nicationsloch ſetzen, und dabey zur Zeit einer rei - chen Erndte die anzuflickenden Anſaͤtze erſparen. g)S. Arbeiten der oberlauſitz. Bienengeſellſchaft 2ter Theil S. 46.Man empfohl den Landleuten neue und fuͤr die Bienen heilſame Kraͤuter an, und bemuͤhete ſich, ſie mit Saamen zu verſorgen. So geſchahe dieſes mit der ſibiriſchen Kreſſe. h)Samml. der oberl. B. G. 3te Samml. S. 71.Man ließ ganze Verzeichniſſe von dergleichen Bluͤthen ausgehen. i)Dergleichen findet ſich eben daſelbſt S. 75. von Hrn. Daum.Man vertheilte an 150 Land - wirthe Saamen von der aͤchten Bienenmeliſſe, da man dieſe immer mit der Citronenmeliſſe verwechſelt. Man empfohl den Hopfenklee,k)Trifolium lupulinum, ſ. Schrebers neue Saml. 5 Th. S. 185. eine vorzuͤgliche Kleeart fuͤr das Vieh, deren Bluͤthe die Bienen lieben; den Wauw,l)Gaude, es iſt beſchrieben in den Schriften der koͤnigl. ſchwediſchen Akademie der Wiſſenſchaf - ten 17ter V. 307. ein Farbekraut, ſo gelb auf Wolle und Seide faͤrbt,aber359aber auch von den Bienen ſehr geliebt wird; Borrago oder Borretſch, welches die Bienen auch ſogar im Regenwetter beſuchen. Man ſchlug ſtatt der unnuͤtzen Einfaſſungen von Ta - rus in den Gaͤrten Thymian, Yſop, Winter - majoran und Wohlgemuth vor; eine beſondere neue Art ſpaniſcher Bienenmeliſſe und Reſeda, ein amerikaniſches Sommergewaͤchſe, welches die Bienen außerordentlich lieben. Die oͤkono - miſche Geſellſchaft zu Leipzig ließ auf ihre Ko - ſten den ſaͤchſiſchen Bienenmeiſter drucken und austheilen. Zu Dresden erhaͤlt ſie einen Bie - nengarten, darinne die neuern Erfindungen in der Bienenzucht, vornaͤmlich verſchiedene Woh - nungen derſelben, aufgeſtellet ſind.
In den churpfaͤlziſchen Landen dachten ſowohl die Regierung als die Gelehrten an die Bienen - zucht. m)Baumer de apum cultura inprimis in Thuringia. Die churfuͤrſtliche Akademie der Wiſſenſchaften zu Manheim ſetzte fuͤr das Jahr 1765 unter den Nebenfragen einen Preis von 25 Ducaten auf die beſte Beantwortung der Frage: ob die Bienenzucht in der Churpfalz beſſer, als bisher geſchehen, einzufuͤhren? was iſt derſelben beſonders zutraͤglich und nuͤtzlich? was iſt ihr zuwider und hinderlich? und als ſie das erſtemal nicht hinlaͤnglich beantwortet worden, wiederholte man dieſelbe, da denn die Schrif - ten der Herren Hempel, Zeiß und Riem, eines Pfaͤlzers von Geburt, gekroͤnet wurden. Es wird darinnen widerlegt, daß der Grundſatz,Z 4nach360nach welchem man in einem Sommer ſo viel Schwaͤrme als moͤglich zu bekommen ſucht, nicht ganz richtig ſey, daß es nicht auf die Menge der Stoͤcke, ſondern auf die Schwere und Be - voͤlkerung ankomme. Man klagt darinne uͤber die Erfindungen der Deutſchen, mit denen ſie die Bienenzucht uͤberladen. Hr. Zeiß ſetzte die Methode vom Unterſetzen der Koͤrbe oder die Magazinwirthſchaft am beſten auseinander, und man fand, daß ſie unter allen bekannten Methoden fuͤr die Churpfaͤlziſchen Lande am be - ſten ſey, ob es gleich weiter nicht ſeine Erfin - dung iſt, da man außer ihm in zwo verſchiede - nen Gegenden, naͤmlich zu Lautern und Ludwigs - burg, Verſuche angeſtellet. Die Schrift des Hrn. Riems enthielt viel neues, beſonders die ihm ganz eigene Methode der Ableger. Herr Hempel lehrte das wahre Hauptgebaͤude der Bienenpflege, und bemuͤhete ſich, hartnaͤckige Vorurtheile zu widerlegen. Eine unter andern eingelaufene Schrift gab ſonderlich eine gute Erfindung, naͤmlich Strohringe zum Unterſetzen an, welche vornaͤmlich in denjenigen Jahren brauchbar ſind, wenn die Bienen nicht ſo viel Nahrung finden, und doch mehr haben, als in ihr gegenwaͤrtiges Magazin gehet, und eben we - gen dieſes Mangels an Raum ſich zum Schwaͤr - men verleiten laſſen. Eben ſo ließ die Regie - rung fuͤr die Juͤlich - und Bergiſchen Lande eine katechetiſche Anleitung zur Bienenzucht aus den beſten Bienenbuͤchern und aus eigener Erfah -rung361rung von dem Hrn. Beſſerer entwerfen, die churpfaͤlziſche oͤkonomiſche Geſellſchaft ſtellte ihm wegen der Bienenzucht Berichte zu, die der Ver - faſſer gut zu benutzen wußte. n)S. Riems Bienenbibl. 3te Lieferung S. 346.Die Regierung erinnerte den eigennuͤtzigen Unterthan an ſeine Pflichten gegen die Thiere, und that der ſchaͤnd - lichen undankbaren Gewohnheit Einhalt, die ſchwaͤchern Bienenſtoͤcke, die ſich den Winter durch nicht ſelbſt erhalten koͤnnen, mit Schwe - fel gegen den Winter zu toͤdten, und verbot es 1775 bey einer namhaften Strafe, welche in 2 Rthlr. auf jeden getoͤdteten Stock beſtand. Die Veranlaſſung dazu gab Hr. Riemo)S. Riems Bienenbibl. 1. S. 113. in den churpfaͤlziſchen Niederlanden, wo durch den patriotiſchen Statthalter, den Hrn. Graf v. Goldſtein, die neuere Bienenzucht ausgebreitet worden. Schon vorher hatte der Großherzog v. Toſcana das Toͤdten der Bienen verboten. Es muß vornaͤmlich bey den zur Zucht taugli - chen Stoͤcken unterſagt werden, und in Anſe - hung der untauglichen muß man die Landleute belehren, wie ſie ſolche ohne Toͤdtung mit andern beſſern Stoͤcken nuͤtzlich vereinigen ſollen. Zwar wollen die neuern Naturforſcher bemerken, daß dieſes Toͤdten eine Pflicht des Oekonomen werde, weil dieſe Bienen ohnehin ſtuͤrben, und alſo wei - ter keinen Vortheil gaͤben, ſondern durch Aufzeh - rung des Honigs im Winter nur noch Nachtheil ſtifteten, da ſie den kuͤnftigen Sommer nicht mehrZ 5lebten,362lebten, und alſo die Oekonomen ihren Tod nur beſchleunigten, um den Nachtheil zu verhuͤten, den die Verzoͤgerung deſſelben braͤchte. Man habe nur ihr Abſterben bisher nicht ſo bemerkt, weil man das beſtimmte Alter der Bienen nicht genug gewußt, ſondern ſey dadurch verfuͤhrt worden, weil man in dem Bienenſtocke alte und junge nicht unterſcheiden koͤnne, und alſo im - mer das noch fuͤr alte gehalten, was doch junge waͤren. Beſſer alſo ſey es, man toͤdte ſie, nehme ihnen, was ſie haͤtten, als daß ſie erſt die Vorraͤ - the aufzehrten und doch hernach von ſich ſelbſt umkaͤmen. Es giebt naͤmlich nach den neuern Be - obachtungen Kraͤutermann in ſeinem Bienen - wirth S. 59. den Bienen nur ein Leben von 14 bis 15 Monaten, und Thorley zwey Sommer, wie Hr. Kaͤſtner in ſeinen Samml. S. 181. bemerkt hat. p)Ueber das Alter der Bienen finden ſich die neuern Verſuche und Bemerkungen ſonderlich des Hrn. von Reaumur in der Encyclop. des Hrn. D. Kruͤ - nitz IV. S. 483 bis 486. wo ich aber die von Thorley und Kraͤutermann vermiſſe.Allein da ich noch keine eige - nen Erfahrungen hierinnen habe, ſo laſſe ich es bis itzt unentſchieden. Indeſſen will ich hier nur ſo viel bemerken: giengen die alten Bienen gaͤnzlich zu Grunde, warum geſchaͤhe das Schwaͤrmen? und wird nicht viele junge Brut verdorben? q)Abh. und Erf. der oberl. Bienengeſ. I. S. 298.Koͤnnen nicht nach den Beob - achtungen des Hrn. Riems ſich die Eyer viele Monate in den Zellen erhalten, die bey Zerſtoͤ -rung363rung des Stocks durch Schwefel alle verloren gehen,r)Abhandl. und Erfahr. der oberl. Bienengeſ. I. S. 4. n. 5. da die balſamiſche Kraft des Honigs der Faͤulniß widerſtehet, und ſie alſo nicht ver - derben? Dionyſius Areopagita erwaͤhnt, daß die Babylonier ehedem ihre todten Koͤrper in Honig begruben. s)Ebend. 2ter Th. S. 22. wie auch Erfahrungen und Abhandl. der Bienengeſ. in der Oberl. 2ter Theil v. J. 1767. S. 172.Und haben wir nicht Er - fahrungen von ſehr alten Weiſern? So behauptet man in den Abhandlungen und Erfahrungen der oberl. Bienengeſ.t)1. Theil S. 293. einen eilfjaͤhrigen Weiſel geſehen zu haben. Und warum toͤdteten ſie die alten und viele neuere Voͤlker nicht, wie Wild - mann aus dem Columella und andern gezeigt? Warum toͤdtet man ſie nicht in der Wallachey und Moldau? Die Auswinterung der Stoͤcke daſelbſt iſt in den Schriften der oberlauſ. Bienengeſellſ. angegeben. u)Arbeiten der churfuͤrſtl. ſaͤchſ. oberl. Bienengeſ. 2ter B. 1776. S. 28 und 29.Haben wir nicht Mittel genug, ſie zu erhalten, ohne den Honig zu verlieren?
Die zu Lautern errichtete phyſikaliſche oͤkono - miſche Geſellſchaft wurde auch zugleich angewie - ſen, das Beſte der Bienenzucht als einen ihrer Hauptgegenſtaͤnde anzuſehen, und ſie erhielt daher den Namen einer phyſikal. oͤkonomiſchen und Bienengeſellſchaft.
Viele364Viele Glieder derſelben beſchaͤftigten ſich mit den Bienen, worunter ein Medikus, Riem, Beſ - ſerer und Schwan gehoͤren. Beſſerer unter - richtete durch ſeine katechetiſche Anleitung. Hr. Schwan ſorgte ſonderlich fuͤr die Bienennah - rung, und legte der pfaͤlziſchen phyſikaliſchen oͤko - nomiſchen Geſellſchaft ſeine Bemerkungen hier - uͤber vor. x)S. die Bemerkungen derſelben v. 1770. S. 107.Auch ſaͤumte die Regierung nicht, die Bienenzucht zu befoͤrdern. Carl Theodor ließ deshalb Befehle in das Land ergehen, dar - inne denen, welche nach einer neuen an die Hand gegebenen Methode die aufgeſetzten Bienenkoͤr - be erhalten und uͤberwintert haben, Preiſe er - theilt werden. Es wurde dieſe Verordnung, in welcher auch das Bienentoͤdten unterſagt wird, von den Kanzeln bekannt gemacht, ein Unter - richt unter Pfarrer, Schoͤppen, Vorſteher und Schulmeiſter ausgetheilet. Die auf Bienendieb - ſtahl ergriffenen Diebe wurden mit zehnjaͤhriger Zuchthausſtrafe belegt. Denenjenigen, die Bie - nenſtoͤcke anpflanzen wuͤrden, gab man die Ver - ſicherung, daß dieſes Geſchaͤft nie mit Abga - ben belegt werden ſollte, und nur das Wachs und Honig, nicht aber die Stoͤcke ſelbſt, bey ſich ergebenden Steuern und Cameralreſtanten an - greiflich ſeyn ſollten; eine Verordnung, woran der verdienſtvolle Graf v. Goldſtein vielen An - theil hatte, dem die pfaͤlziſche Bienenzucht nicht wenig zu verdanken hat; und da es eine der wichtigſten Verordnungen iſt, ſo will ich ſelbigehier365hier mit einruͤcken. „ Carl Theodor ꝛc. Liebe Ge - treue. Euch iſt aus unſern vor und nach er - gangenen gnaͤdigſten Verordnungen bekannt, welche Belohnungen wir denenjenigen angedei - hen laſſen, ſo Bienenſtoͤcke angepflanzet und uͤber - wintert haben. Da wir nun immer auf die nuͤtzlichſte Verbreitung dieſes Gewerbes den Be - dacht genommen, die Erfahrniß aber gegeben, daß zu Erhaſchung der zugeſagten Praͤmien ver - ſchiedene Unterſchleife und Mißbraͤuche einge - ſchlichen, wir aber zu deren Hemmung gnaͤdigſt entſchloſſen ſind, daß kuͤnftighin nur diejenigen die feſtgeſetzten Belohnungen zu gewaͤrtigen ha - ben ſollen, welche nach einer neuen an Hand gegeben wordenen Methode die aufgeſetzten Bie - nenkoͤrbe erhalten und uͤberwintert haben wer - den; ſo ſchließen auch darob einige zum Druck befoͤrderte Exemplarien mit den gnaͤ - digſten Befehl hiebey, dieſe gnaͤdigſte Ver - ordnung von den Kanzeln verkuͤndigen, und ge - hoͤrigen Ortes affigiren zu laſſen, anbey ſothane Exemplarien unter die Pfarrer, Scheffen, Vor - ſteher und Schulmeiſter zu vertheilen, und durch deren Mitwirkung unter unſern Unterthanen zu verbreiten, auch die Schulmeiſter anzuweiſen, daß ſie die Jugend darinne leſen laſſen, und ſelbige durch eine faßliche Auslegung und beluſtigende Anſchauung des Kupferſtiches zu Anpflanzung der Bienenſtoͤcke aufmuntern ſollen. “
„ Damit aber auch diejenigen, welche Bienen - ſtoͤcke anpflanzen wollen, gegen die uͤber handneh -mende366mende Dieberey ſicher geſtellet werden moͤgen; ſo haben wir gnaͤdigſt verordnet, daß der nur auf einem einzigen Diebſtahl ertappet werdende Dieb auf 10 Jahre zum Zuchthauſe condemni - ret, hingegen denen die Bienenſtoͤcke anpflan - zenden die gnaͤdigſte Zuſicherung ertheilt, daß dieſe Handthierung nun noch nimmermehr mit Steuern und Abgaben belegt werden, und nur allein das Wachs und Honig bey ſich ergebenden Steuer - und Cameralreſtanten, nicht aber die Stoͤcke ſelbſt angreiflich ſeyn ſollen. Da wir ſonſt das ſchaͤdliche Bienentoͤdten eingeſtellet wiſ - ſen wollen; als befehlen auch ferner gnaͤdigſt, dieſes unter 2 Reichsthaler Strafe auf jeden Stock ernſtlich zu verbieten. Duͤſſeldorf, den 10 Januar 1775. “ S. Riems Bienenbibl. 3te Lief. S. 363.
In dem Oeſterreichiſchen ſorgt man nicht we - niger fuͤr die Bienenzucht; ſonderlich that ſich Krain unter den K. K. Erblanden hierinne her - vor. Die Kaiſerinn Koͤniginn errichtete zu Be - foͤrderung der Bienenzucht im Jahre 1770 ei - ne oͤffentliche Schule zu Wien,y)Wiener Realzeitung St. 10. v. 4ten Maͤrz. 1771. berief des - wegen aus dem Herzogthum Krain, das ſich in der Bienenzucht auszeichnete, den Hrn. Jant - ſcha, und beſtellte ihn bey dieſer Bienenſchule zum Lehrer. Verſchiedene ſeiner Schuͤler reden von vielen Geheimniſſen, die er ihnen bey ſeinem Tode uͤberlaſſen: allein er war nicht geheimniß - voll, wie viele angemerkt haben, ſo daß dieſesmeiſt367meiſt vorgegebene Geheimniſſe ſind. Sie nahm 1770 in dem K. K. Augarten den Anfang. Alle Tage in der Woche iſt die Stunde von 6 bis 7 Uhr Abends zur oͤffentlichen Unterweiſung beſtimmt; außer dieſem aber kann ſich ein jeder den Tag uͤber bey dem Lehrer Raths erholen. Der Unterricht wird unentgeldlich ertheilt. Auch iſt die Anſtaltz)S. Arbeiten der oberlauſitzer Bienengeſellſchaft II. Theil S. 126. getroffen, in einem andern Theile von Unteroͤſterreich eine Subaltern-Bie - nenſchule und noch eine andere in Maͤhren zu beſtellen, mit den noͤthigen Anweiſungen an die Landesregierungen uͤberhaupt, wie eines Theils die Wirkſamkeit dieſer Lehrſchulen verbreitet, andern Theils aber auch in andern Gegenden und Provinzen, wo es die Lage geſtattet, aͤhnli - che Vorſehungen getroffen werden ſollen. In der dießfalls bekannt gemachten Verordnung wird die Bienenzucht von der Buͤrde des Ze - henden frey erklaͤrt, auch die Landesfuͤrſtliche Verſicherung gegeben, daß ſie niemals mit einer beſondern Abgabe an das Landesfuͤrſtliche Ae - rarium belegt werden ſolle. Jeder Unterthan hat die Freyheit, Bienen in beliebiger Anzahl zu halten, und ſoll keiner in dieſem Gewerbe ge - hindert werden.
Es wurde auf Befehl der Kaiſerinn Koͤni - ginn Majeſtaͤt eine Inſtruction fuͤr die Bienen - meiſter, die von dem Staate angeſtellet ſind, verfertiget, worinnen ihnen alle die Pflichten,die368die ſie auszuuͤben haben, angewieſen ſind, und welche wir hier beyfuͤgen, da ſie ſo wichtig fuͤr die Bienengeſchichte iſt:
1) Hat der Bienenmeiſter in dem ihm von dem Kreisamte angewieſenen tauglichen Bezir - ke des Landes ſeine Schule zu halten.
2) Eine Huͤtte mit erforderlichen Bienenſtoͤ - cken zu beſtellen, und oͤffentlich dabey zu lehren, und dieſes zwar nach gepruͤften Grundſaͤtzen des erſten Bienenlehrers Jantſcha in Wien. In dieſer Lehrſchule iſt den Lehrlingen alles ohne Zuruͤckhaltung beyzubringen, was zur Kennt - niß der Bienen ſelbſt, ihrer Nahrung, Ver - mehrung und Pflege das ganze Jahr hindurch zu beobachten iſt.
3) Dieſe Lehre iſt unentgeldlich zu geben, wogegen der Lehrer ſeinen beſtimmten Gehalt zu genieſſen hat.
4) Der Lehrer muß in ſeinem Lehramte un - verdroſſen, und in ſeinem Vortrage deutlich ſeyn; er iſt verbunden, alle in der Bienenpfle - ge vorkommende Zweifel und Anſtaͤnde jeder - mann zu beantworten, aufzuklaͤren, auch, wenn es gefordert werden ſollte, ſich gegen unentgeld - liche Beyſchaffung der Fuhren, des Unterhalts und anderer Koſten, auf das Land zur Unter - ſuchung und Befoͤrderung des Bienenſtandes, unverweigerlich zu begeben.
5) Keiner wird in Laͤndern als oͤffentlicher Lehrer der Bienenzucht anzunehmen ſeyn, der nicht in der Haupt-Bienenſchule zu Wien geler -net,369net, von dem hieſigen erſten Lehrer gepruͤft wor - den, und das Zeugniß mitbringen wird, daß er nicht nur allein die Kunſtgriffe der wahren Bie - nenzucht ſich eigen gemacht, ſondern auch Ge - ſchicklichkeit habe, ſolche andern beyzubringen.
6) Desgleichen hat der Lehrer keinem der Lehrlinge vor ſeiner Abreiſe ein Atteſtatum der eingenommenen Lehre zu geben, der er nicht gepruͤft, und die Pflege der Bienen zu unter - nehmen, tauglich befunden.
7) Jaͤhrlich hat er uͤber die ihm uͤbergebnen Bienenſtoͤcke, ihre Pflege und Bekoͤſtung, ſo wie uͤber den reinen Nutzen, den er erworben, dem Kreisamte einen verſtaͤndlichen Bericht zu uͤbergeben, den dieſes mit ſeinem Gutachten uͤber die wirkliche Vermehrung und Beſtellung an die Landesregierung zu erſtatten hat, um von dem ſich zeigenden Nutzen dem Lehrer ſeinen An - theil zur Belohnung zu beſtimmen, die nachlaͤ - ßigen Lehrer aber mit beſſern verwechſeln zu koͤnnen.
8) Die Landesregierung hat uͤber den Fort - gang der Bienenzucht im Lande dem Hofe jaͤhrlich einmal Bericht abzuſtatten; und hier wird man befliſſen ſeyn, uͤber die Fortgaͤnge der zum allgemeinen Beyſpiele aufgeſtellten Schu - len und Lehrer in den oͤffentlichen Zeitungen die wahrhaften Reſultata, zu allgemeiner Aufmun - terung, bekannt zu machen, und auf die Leh - rer, in deren Bezirken die Bienenzucht wichti -A age370ge Fortgaͤnge machen wird, ſoll beſondere Ruͤck - ſicht getragen werden.
9) Wird der Lehrer befliſſen ſeyn, die Bie - nen, wo ſie nicht ſelbſt in Gegenden ſtehen, in denen auch bey ausgehenden Fruͤhling - und Sommerbluͤthen hinlaͤngliche Nahrung zu fin - den, auf die Weide zu fuͤhren, und den pfle - genden in ſeinem Diſtricte auch dieſen durch die Probe beſtaͤtigten gluͤcklichen Handgriff zu zei - gen, gegen welchen manche noch eingenommen ſind.
Dieſe Aufmerkſamkeit der Oeſterreichiſchen Regierung bewirkte den Eifer der Unterthanen, und der Gelehrten. Jantſcha erfand eine Art von Kaſten, dergleichen auf der Herrſchaft Primgenau bey Großglogau in Schleſien auf - geſtellt ſind. Er ſchrieb von den Schwaͤrmen der Bienen. Sein Schuͤler Hr. Kratzer, und der Verfaſſer der Anleitung zur Bienenzucht fuͤr Ungarn, welche 1773 erſchien, machten ſich um die Oeſterreichiſche Bienenzucht ver - dient. Der Hr. Abt Wolfgang zu Gleuͤck zeich - net ſich in Oberoͤſterreich als einen aufmerkſamen Beobachter aus, und hat der O. L. B. G. ver - ſchiedene ſeiner Abhandlungen eingeſendet. a)In Riems Bienenbibl. 1. Lieferung S. 171. iſt die eine Schrift beurtheilt; ſ. Arbeiten der O. L. B. G. 2ter Theil S. 95.In Siebenbuͤrgen machte Hr. Lange zu Kron - ſtadt die Oberlauſitzer Ableger bekannt, wurde der Lehrer ſeiner Landsleute, und entdeckte, daßdie371die Bienenkoͤniginn bis in die dritte Genera - tion fruchtbar geweſen. b)Abhandlungen und Erfahrungen der O. L. B. G. I S. 59.Die Verordnun - gen wegen der Bienenzucht, und beſondere Veranlaſſungen des Hofs gaben Gelegenheit, daß fuͤr die einzelnen Staaten beſondere Anleitun - gen erſchienen. Man kann hieher die Schrif - ten der Hrn. Jantſcha, Kratzer, ingleichen die Anleitung fuͤr das Landvolk in Abſicht auf die Bienenwirthſchaft fuͤr Ungarn rechnen.
In dem Wuͤrtembergiſchen wurden verſchie - dene Verſuche zur Verbeſſerung der Bienen - zucht in Ludwigsburg gemacht, welche Hr. Ham - pels in ſeiner von der Churpfaͤlziſchen Akademie der Wiſſenſchaften gekroͤnten Preisſchrift uͤber die Bienenzucht anfuͤhrt. c)S. Abhandlungen und Erfahrungen der O. L. B. G. 1770. 12te Abh.
Eben dieſes geſchahe im Heßiſchen zu Treiſe. Man ſuchte in dem Heſſencaſſelſchen die Bie - nenzucht zu erneuern und allgemeiner zu machen, und ließ deshalb Verordnungen ergehen;d)S. Gleditſch vom Bienenſtande in der Mark Brandenburg, in den vermiſchten Abhandlungen 2. S. 95. ſo wie man auch in dem Heſſendarmſtaͤdtiſchen ſich die Ausbreitung der Bienenzucht angelegen ſeyn ließ.
In dem Anſpachiſchen traf man wegen der - ſelben auch Verfuͤgungen, und empfahl denA a 2Fraͤn -372Fraͤnkiſchen Bienenmeiſter des Hrn. Hirſch. e)Hochfuͤrſtl. Anſpachiſche Verfuͤgung, die Bie - nenzucht in den dortigen Landen betreffend, d. d. Onolsbach den 7 May 1767. ſ. im Leipz. Intell. Bl. v. 1767. No. 34. S. 327.Es ergieng im Jahre 1767 eine Verfuͤgung wegen der Bienenzucht in den dortigen Landen.
In Maͤhren entſchloß ſich der Bar. von Pa - traſch eine Bienenpflanzſchule anzulegen, wovon er der Oberlauſitzer Bienengeſellſchaft Nachricht gab.
In den Braunſchweigiſchen Landen ſorgte man ſehr fuͤr die Bienenzucht. In der Zehend - ordnung von Braunſchweig-Luͤneburg vom J. 1709. iſt eine beſondere Verordnung wegen des Bienen - oder Honigzehenden, damit dadurch die Bienenzucht nicht leide. f)Corpus Conſtitut. Calenb. III P. p. 1209.Die Churfuͤrſt - liche Regierung zu Hannover lenkte ihre Auf - merkſamkeit auf die Aufnahme der Bienenzucht; ſie verlangte dahero Berichte von derſelben, und fuͤgte einem Ausſchreiben vom Junius 1764 der Bienenzucht wegen einen beſondern Anhang bey. g)S. Hrn. Hofr. Kaͤſtners Samml. S. 205 bis 229 und in Hoͤlſchers Erfahrungen von der Bienenzucht, S. 98. Von der Niederſaͤchſiſchen Bienenzucht uͤberhaupt ſ. den Bienenbau in Koͤrben oder den Nieder - ſaͤchſiſchen Bienenvater v. Friedrich Traugott Schmidt, Leipz. 1768.Sie ſiehet darinne die Bienenzucht als ein vorzuͤgliches Nahrungsgeſchaͤft an, undempfiehlt373empfiehlt ſie vornehmlich den Einwohnern in der Heide. Sie verlangt von den Aemtern, worinne der Bienenbau von Betraͤchtlichkeit iſt, umſtaͤndliche Berichte, und gute Vorſchlaͤge, welche vornehmlich auf folgende Puncte ſaͤhen: in was fuͤr Gegenden, in welcher Maaße, und unter welchen Befoͤrderungs - und Aufmunte - rungsmitteln eine betraͤchtlich vermehrte Anla - ge der Bienenzucht zu Standte zu bringen, und was fuͤr Gelegenheit den Unterthanen zu ver - ſchaffen ſey, ihre davon erzielten Producte zu einem vortheilhaften und mit dem oͤffentlichen Gewerbe vereinigten Maaße abzuſetzen und zu gute zu machen, damit ſie in den Stand ge - ſetzt werden, die noͤthigſten und wirkſamſten Maasregeln zu treffen. Sie verlangte daher zu wiſſen, wie viel Centner Wachs und Ton - nen Honigs alljaͤhrlich ein Jahr in das andere einbringet und in oder auſſer Landes abgeſetzt worden? wie viel Bienenzaͤune und wie viel Koͤrbe in jedem Amte nach einem gemeinen Durchſchlage aufgezaͤhlet werden? ob dieſe Pro - ducte an Honig und Wachs in oder auſſer Landes, nach welchem Verhaͤltniſſe und durch welche Mittel und Wege zum Abſatz gebracht worden? wie viel baares Geld dafuͤr nach einer ungefaͤh - ren Berechnung alljaͤhrlich jeden Amts einge - ſeſſenen Unterthanen einfließe? Es ergiengen hierauf haͤufige Berichte, woraus man zur Ver - beſſerung der Bienenzucht allerley vortheilhafte Bemerkungen zog. Man fand hieraus einigeA a 3Hin -374Hinderniſſe, z. B. daß hohe mit Holz bewach - ſene Berge den Bienen im Fluge hinderlich ſind, daß die Kaͤlte in dergl. Gegenden die Beſchwer - lichkeiten der Bienenzucht vergroͤßert daß groſ - ſe Gewaͤſſer und Seen ihnen nachtheilig ſind, daß kurze niedrige und an Blumen nicht rei - che Sandheide ihnen nicht vortheilhaft ſey, und zwar um deſto weniger, wenn ſie etwa zur Duͤn - gung abgebrannt, oder zur Weide gebraucht und die Schaafe im Winter darauf getrieben werden; man fand die Moorheide am ergiebig - ſten, und am nachtheiligſten die Heidegegen - den, die aus rothem Sande und Orthſteine be - ſtehen. Der Buchweizen ſey nicht hinlaͤnglich genug, da er erſt im Junius bluͤhe, daher Ge - genden dazu erforderlich ſind, wo Vorflucht, d. i. fruͤhzeitige Blumen in Menge ſind. Fer - ner bemerkt man, daß in kleinen Doͤrfern nicht leicht mehr als 1 Lagd Bienen, d. i. 40 Koͤr - be geſetzt werden koͤnnen, in groͤßern hoͤchſtens 2, indem ſie ſonſt einander beraubten, welches ſie nicht leicht thun, wenn ſie Flucht haben, und aus dem Buchweizen Honig fuͤhren koͤnnen.
Eine wichtige Regel fuͤr die Polizey der Bie - nenzucht, ſonderlich in Gegenden, wo die Doͤrfer nahe beyſammen liegen, und alſo es auf die Menge der Nahrung ankommt, daß keine unbeſtimmte Menge von Bienen daſelbſt koͤnne gehalten werden. Man erhielt immer mehre - re Beſtaͤtigungen von der noͤthigen Reinlichkeit bey ihrer Wartung, wie ſehr ihnen ſtarkrie -chende375chende Speiſen, wenn ihre Waͤrter dergleichen genieſſen, ſchaden, z. B. Speck, Kaͤſe, He - ring, oder andere ſtarke Geruͤche, als Theer, u. ſ. w. Hieraus erhellet fuͤr die Bienenpoli - zey eine wichtige Regel, warum die Bienen - zucht vielleicht an manchen Orten nicht gedei - het, weil der Genuß ſolcher Speiſen zu ſehr ge - woͤhnlich iſt. Daß Brod und Mehl unter den Honig gebracht ſie faul mache. Sollten ſich hieraus nicht einige nachtheilige Folgerungen von der Brodfuͤtterung der Bienen befuͤrchten laſſen? Man bemerkte ferner, daß in Gegen - den, wo das Abfuͤhren der Stoͤcke in andere Gegenden gewoͤhnlich, die Bienen abgenom - men, wenn das Spannwerk zu Grunde gerich - tet worden. In Gegenden, wo haͤufiger Korn - bau, Flachs - und Leinwandgewerbe ſind, kann die noͤthige Aufſicht nicht auf die Bienen ver - wendet werden, die ſie ſonderlich zur Zeit des Schwaͤrmens verlangen; eben ſo wenig gluͤckt ſie in Gegenden, wo andere Geſchaͤfte die Leute meiſt vom Hauſe entfernen, z. B. wo man viel Holz hauet, Wellen bindet, und auch in der Nachbarſchaft großer ſchiffbarer Stroͤme, die zur Viehzucht, Schiffbau, Fiſchen und Han - del bequem ſind. Man ſchlug vor, den Rap - ſaamen haͤufiger zu bauen, da die Bienen aus ſeiner Bluͤthe leichter und mehr Honig zu er - halten ſcheinen, als aus Heideblumen, bey de - nen ſie laͤnger ausbleiben, und nicht ſo ſchwer wieder zuruͤckkommen, als von jenem. ManA a 4fand376fand im Zelliſchen, daß in guten Jahren von 40 Koͤrben oder einer Lagd alter Immen 70 junge ausgebrochen, und eine Tonne Honig auſſer dem zuruͤck zu ſetzenden Futterhonig, nebſt einem halben Centner Wachs, eruͤbriget werden koͤnne. Ein ſo gutes Jahr komme hoͤchſtens al - ler drey Jahr, jedes der uͤbrigen 2 Jahre gebe ein Drittheil dieſes Ertrages. Man ſchlug vor, um den Abſatz zu mehren, aus Honig Eßig und Branntwein zu machen, und ihnen, ſonder - lich dem letztern durch Deſtillation den Honig - geſchmack zu benehmen. Man bemerkte aus dieſen Berichten ferner, daß die Obſtbluͤthen, beſonders Aepfel und Kirſchen, viel Wachs, aber keinen Honig gaben, daß der Winterruͤb - ſamen zwar zur Vermehrung der Bienen frucht - bar ſey, aber ſo wenig Wachs als Honig gebe. Ferner will man wahrgenommen haben, daß an einem Orte, wo zu gewiſſen Jahreszeiten fremde Bienen, ihre Nahrung da zu ſuchen, auf einige Zeit hingebracht worden, bey einer ſtaͤr - kern Zufuhre dieſer Ankoͤmmlinge die Tragbar - keit der Obſtbaͤume abgenommen; welches wahr - ſcheinlich daher ruͤhrt, weil nach Reaumurs Bemerkung die Bienen das Wachs aus dem befruchtenden Blumenſtaubeh)Pulvis antherarum. verfertigen, ſolchen oft von noch unaufgebluͤhten Blumen rauben, und dadurch die Befruchtung hindern.
In dem Herzogthum Lauenburg bemerkte man, daß die Bienen, welche uͤber Winter aufdem377dem Boden geſtanden hatten, und der freyen Luft entwohnt waren, als ſie im Fruͤhjahre wie - der auf einen offenen Platz geſetzt wurden, kei - ne Luſt zu fliegen hatten. Und ein Zelliſcher Imker oder Bienenvater zeigte, daß jeder eine Laus hinter dem Kopfe ſaß, welche er vertrieb, worauf ſie zu fliegen und Honig anzuſetzen an - fiengen; auch Reaumur hat dieſe Ungeziefer bey den Bienen bemerkt. Man ſiehet hieraus, wie viel die Regierung zur Bereicherung der Naturkunde zum Beſten der Oekonomie beytra - gen koͤnne. Nachdem die Regierung durch die Cammer viele Berichte auf dieſe Art eingezo - gen, ſo ließ ſie ein Ausſchreiben wegen der Bie - nenzucht ergehen, welches ſich bey dem Hoͤlſcher fin - der. i)S. 111. ꝛc. Es iſt vom 10 October. 1765.Sie ſetzet darinne verſchiedene die Bienenzucht befoͤrdernde und die Hinderniſſe he - bende Verordnungen feſt, z. B. daß in den darnach bequem gelegenen Gegenden der geraͤu - migen Heiden, gemeiner Weiden, Bruͤcher, Holzblaͤſen und Moore einem jeden die Freyheit verſtattet ſey, wenn er auch gleich kein Haus - ſitzender noch Eigenthuͤmer der Gegend, oder ein Mitgenoſſe der Hut und Weide iſt, ſich derſelben zu bedienen, maßen die Nutzung ei - nes ſo geringen an ganz unſchaͤdlichen Orten an - gewieſenen Platzes, als die Anlage eines Bie - nenbaues erfordert, niemals der Vorwurf ei - nes vernuͤnftigen und gegruͤndeten Widerſpruchs ſeyn kann. Damit aber doch einige OrdnungA a 5beobach -378beobachtet werde, ſo befahl ſie, daß der Platz zu einer ſolchen neuen Bienenſtaͤtte nicht anders als nach vorgegangener Anzeige und mit Ge - nehmigung der Amtsobrigkeit, in Gegenwant der Dorfsvorſteher, von einem unteren Amtsbe - dienten, oder falls es Holzgrund iſt, von ei - nem Forſtbedienten des Reviers ohnentgeldlich, jedoch mit der Vorſicht angewieſen werden ſollte, daß ſelbige den etwa in der Gegend ſchon vor - handenen alten Immenſtellen auf keine Art zum Schaden gereiche, und davon auf einen hin - laͤnglichen Raum von wenigſtens 800 Schrit - ten entfernt bleibe. Man ſuchte vornehmlich die dazu zu ermuntern und zu unterſtuͤtzen, die nicht durch andere Hauptarbeiten ſo ſehr be - ſchaͤftiget ſind, und empfahl dieſes Geſchaͤft be - ſonders den in den Mooren und Heiden der Bremiſchen, Celliſchen, auch Hoyaiſchen Lan - de, oder ſich ſonſt anſetzenden Anbauern. Man ſuchte dieſes Geſchaͤft von Seiten der Cammer auch dadurch zu befoͤrdern, indem man verordnete, daß das von den vorhandenen und angebaueten Bienenlagen, Zaͤunen und Stellen bis daher in die Regiſter entrichtete Flucht - und Staͤttegeld zwar als ein geringer nur zu Anerkennung des Eigenthums zu erlegender Grundzins, wie auch der nach Verſchiedenheit der Orte hergebrachte und gleichfalls mit weni - gem Gelde bezahlte Bienenzehnte beybehalten, an den Orten aber, wo ein wirklicher Natural - abzug des zehnten Korbes fuͤr die Herrſchaftals379als Zehntherrn uͤblich geweſen, ſelbiger nach Ablauf der daurenden Pachtjahre aufgehoben, und ſtatt deſſen ein ſonſt gewoͤhnliches Zehnt - geld abgetragen werden ſolle.
Die Cammer uͤbernahm es, hoͤhern Orts al - le nur moͤgliche Erleichterung zu bewuͤrken. Alle neu angelegte Lagen erhielten eine zehenjaͤh - rige gaͤnzliche Befreyung von allen Domanial - abgaben. Man ſetzte eine Belohnung von 20 Thlr. fuͤr diejenigen aus, welche vom 1ten May 1766 an, den erſten Anbau einer ganzen Bienenlage von 40 Mutter - oder Leibbienenſtoͤ - cken unter zuverlaͤßiger Verſicherung und Be - ſtaͤtigung der Amtsobrigkeit mit beſtehendem Er - folge zu Stande gebracht; fuͤr die Haͤlfte dieſer Zahl 10 Thlr., fuͤr den vierten Theil oder 10 Stoͤcke 5 Thaler. Man uͤberließ jede Gegend ihren auf ihre Erfahrung gegruͤndeten Gebraͤu - chen bey der Zucht der Bienen, da die durch ſo mancherley Erfahrung bewaͤhrte Einrichtung die wahrſcheinlichſte Vermuthung fuͤr ſich hat, daß ſie in jeglicher Landesart und Gegend die beſte ſey; es waͤre denn, daß es offenbare Feh - ler waͤren, oder durch die neuen Entdeckungen dieſes Geſchaͤft ſehr gewinnen koͤnnte. So em - pfahl man die Art, mittelſt einer aufgeſetzten La - ge mehrerer Schichten in dem Bienenkorbe den mißlichen Einfang der Schwaͤrme, und die unnatuͤrliche Toͤdtung der alten Leibimmen ge - gen den Winter zu verhuͤten. Man ließ von den neuern nuͤtzlichen Entdeckungen und dennach380nach ſolchen mit Vortheil erprobten Verſuchen eine oͤffentliche Belehrung ergehen, um den Bienenbauern ſie naͤher bekannt zu machen. k)Dergleichen geſchahe noch in den Hannoͤveri - ſchen gelehrten Anzeigen v. J. 1750. ſub No. 9. 44. 45. 1755. No. 68. 77. 95 ; 1758. No. 39. 57. 90 ; und im Jahr 1763. No. 63.
In dem Hannoͤveriſchen hat nach des Hrn. Beckmanns Berichtl)S. Grundſaͤtze der Deutſchen Landwirthſchaft, 1775. S. 496. das Luͤneburgiſche Amt Ebſtorf die ſtaͤrkſte Bienenzucht. In demſelben ſind nach dem Hrn Carſten mehr als 60 Lagen Bienen, die jaͤhrlich mehr als 4500 Pfund reines Wachs, und mehr als 360 Tonnen Ho - nig, deren jede 300 Pf. haͤlt, geben, aus welchem letztern wenigſtens 4320 Thaler geloͤ - ſet werden. Die Herzogthuͤmer Bremen und Verden liefern jaͤhrlich 40000 Pfund Wachs, und alle koͤnigliche deutſche Laͤnder 300000 Pf. In dieſen Gegenden iſt das Verfahren der Bie - nen auf die Weide, das bey den Griechen und Roͤmern ſo gewoͤhnlich warm)S. Grundſaͤtze der Deutſchen Landwirthſchaft, S. 505., ſehr bekannt. In dem Zelliſchenn)Von der Zelliſchen Bienenzucht und der Art der Wartung daſelbſt findet ſich eine Nachricht im Leipz. Intell. Bl. v. 1764. S. 531. und Luͤneburgiſchen ziehen die Imker oder Bienenvaͤter mit ihren Bienen im Fruͤhjahr in die ſogenannten Marſchlaͤnder, woher ſie im Julius zuruͤckkommen, um dieBie -381Bienen an die Felder des bluͤhenden Buchwei - zens zu ſtellen. Einige verſetzen auch die Koͤr - be in die Heidegegenden auf die ſo genannten Heideſtellen, wenn die Heide bluͤhet, und dieſe kommen erſt im Anfange des Auguſts zuruͤck.
Hr. Prof. Beckmann, ein wuͤrdiger Lehrer der Oekonomie, ſuchte durch wiederholte Ver - ſuche die neuen Erfindungen zu beſtaͤtigen und zu berichtigen. Dergleichen iſt die Beſtimmung des Werthes der Ableger, da er dieſe Art der Bienenvermehrung aus eigner Erfahrung fuͤr moͤglich und nuͤtzlich, wiewohl nicht fuͤr ſo all - gemein nuͤtzlich, als einige ſie ausgeben, er - klaͤrt. o)Novi Commentarii Societatis Goettingenſis V. S. 91. ingl. Grundſaͤtze der Deutſchen Land - wirthſchaft, S. 508.Man muß hier beſonders auf die Zeit und Fuͤtterung ſehen, damit es theils nicht zu ſpaͤt im Jahre, theils nicht zu haͤufig da ge - ſchehe, wo Futtermangel iſt. Er erfand die Kunſt, das Wachs ohne Bleichen weiß zu ma - chen; und bemerkte, daß es vortheilhafter ſey fuͤr die kuͤnftige Verarbeitung des Wachſes, daß wenn man die ausgeſeimten Gewuͤrke oder Tafeln aufheben will, um das Preſſen hernach mit einer groͤßern Menge auf einmal vorneh - men zu koͤnnen, und ſie deshalb gewoͤhnlicher - maßen mit Kuͤchenſalz beſtreuet, man ſtatt des Kuͤchenſalzes Salpeter brauche.
In dem Badendurchlachiſchen munterte der ver - dienſtvolle Geheimderath Reinhard zur Bienen -zucht382zucht in ſeinem Bienenvater auf, und wuͤnſcht eine Raͤtteliſche, Saaſſenbergiſche, Badenwei - leriſche, Hohbergiſche Bienengeſellſchaft nach Art der Oberlauſitzer und der Fraͤnkiſchen, um dadurch ſowohl die Kenntniſſe des Landes und die Vortheile deſſelben zur Bienenzucht aufzu - klaͤren, theils auch die Bienenzucht ſelbſt durch Entdeckungen zu bereichern. Man bemuͤhete ſich, die Fraͤnkiſchen Magazinkoͤrbe in der Bie - nenzucht einzufuͤhren.
Um die Bienenzucht in Bayern machte ſich verdient Hr. Korſemke in ſeinem Unterricht von der Bienenzucht in Bayern, worinne er ſich vornehmlich bemuͤhet, das Toͤdten der jungen Schwaͤrme abzuſchaffen, und durch Erhaltung derſelben die Vermehrung des Bienenſtandes allein zu bewirken. Es iſt nicht zu laͤugnen, daß in Laͤndern, wo man viel zeitige Schwaͤr - me hat, man die Kunſt des Ablegens faſt ent - behren kann; es kommt nun darauf an, ob Bayern darunter gehoͤre: iſt aber dieſes nicht, oder giebt es viel Jahre, wo die zeitigen Schwaͤrme fehlſchlagen, ſo kann das Ablegen auch fuͤr dieſe Lande ein wichtiges Geſchaͤft fuͤr die Bienenzucht werden. Das Amt des Ver - faſſers, welcher Churfuͤrſtlicher Landbienenmei - ſter iſt, beweiſt, daß man in Bayern von Sei - ten der Regierung fuͤr die Bienen ſorgte. Er hat den Bayeriſchen Bienenmeiſter des Hrn. Schirachs haͤufig benutzt. Hr. Schirach wur - de ſelbſt von dem verſtorbenen Churfuͤrſten vonBayern383Bayern durch dem Hofcammerpraͤſidenten Gra - fen von Toͤrring, auf deſſen Verordnung er dieſe Schrift entwarf, veranlaſſet, welcher das Mangelnde fuͤr Bayern durch den Freyherrn v. Ickſtaͤtt, einen vorzuͤglichen Kenner dieſer Wiſ - ſenſchaft, durch lehrreiche Anmerkungen beyfuͤ - gen ließ. p)S. Schirachs Bayeriſchen Bienenmeiſter, oder Deutliche Anleitung zur Bienenwartung, in der Vorrede.Man ſendete den Hofgaͤrtner Gugler von Bayern aus zu dem Hrn. Schi - rach, um ihn unterrichten zu laſſen, damit er den Bayeriſchen Bienenwirthen alles ſagen koͤn - ne, was durch ſchriftlichen Unterricht zu ſagen nicht moͤglich war, ſonderlich wenn es auf Hand - griffe ankommt. Die verſtorbene Durchlauch - tige Churfuͤrſtinn v. Sachſen, Maria Antonia, die Schweſter des letztern Churfuͤrſten v. Bay - ern, belohnte die Bemuͤhungen des Hrn. Schi - rachs durch einen goldenen Medaillon mit Dero Bruſtbilde. Auf ihn folgte der angefuͤhrte Korſemke, und benutzte den Bienenmeiſter deſ - ſelben.
In dem Fraͤnkiſchen trat nach Art der Ober - lauſitzer ebenfalls eine Bienengeſellſchaft zuſam - men, welche ihre Abhandlungen und Erfah - rungen heraus gab. q)Man ſehe in derſelben nach: Plan der Fraͤnki - ſchen phyſikaliſchen oͤkonomiſchen Bienenge - ſellſchaft. IhreSie bildete ſich ausStan -384Standesperſonen und Kennern, welche ihren erſten Convent am dritten Pfingſtfeyertage 1767 hielten. Da ſich die Nachricht von den Saͤchſiſchen Bienenablegern auch in dieſen Ge - genden ausbreitete, ſo ſchickten viele Vorneh - me von Adel aus dem Sulzbachiſchen und aus Franken ihre Bienenvaͤter herein, um dieſe Ablegerkunſt zu erlernen. Dieſe Geſellſchaft wurde noch mehr aufgemuntert, da man auf dieſelbe in dem Anſpachiſchen ſo viel Aufmerk - ſamkeit wendete, indem die Regierung dieſes Landes in der Verfuͤgung, welche ſie wegen der Bienenzucht ergehen ließ, insbeſondere den Fraͤnkiſchen Bienenmeiſter empfahl. In der Samml. derſelben v. J. 1777 ſind unter an - dern auch wichtige Beytraͤge zum Bienenrecht, die man als Grundſaͤtze eines allgemeinen an - ſehen koͤnnte; vornehmlich aber machte ſich Hr. Eyrich um die Fraͤnkiſche Bienenzucht verdient. Er befolgte nicht nur die Oberlauſitzer Art, die Bienen mittelſt erzeugter junger Weiſel und Verſetzung der Koͤrbe im May und Junius zu vermehren, ſondern fuͤhrte eine Art Ableger ein, die von ihm den Namen haben; ſo wie er auch beſondere Magazinkoͤrbe fuͤr die Bienenzucht er - fand, die er in ſeinem Entwurf zur vollkomme - nen Bienenpflege beſchrieben. Er erfand ſie von verſchiedener Groͤße; der eine iſt ſiebenundq)Ihre Abhandlungen ſind unter dem Titel erſchie - nen: Abhandlungen und Erfahrungen der Fraͤn - kiſchen oͤk. phyſ. Bienengeſellſchaft.385und einen halben Zoll hoch, und eilf Zoll breit, der andere neun und einen halben Zoll hoch und funfzehn Zoll breit, der dritte zwoͤlf Zoll hoch, und ſiebenzehn breit, der vierte dreyzehn Zoll hoch, und zwanzig breit. r)Der Nutzen derſelben iſt beſchrieben in der Schrift der Fraͤnkiſchen Bienengeſellſchaft auf das Jahr 1771.
Auch in dem Meckelnburgiſchen finden ſich Spuren von Verbeſſerungen der Bienenzucht. s)S. Abhandlungen und Erfahrungen der phyſ. Oek. Bienengſellſechaft in der Oberlauſitz. 2. S. 278.Ein Landgeiſtlichert)Der Pfarrer Fuchs in Neuenkircheu in dem Meck -Plitt lenburgiſchen. unterhielt vor etwa 20 Jahren in einer faſt in aller Abſicht zur Bie - nenzucht untauglichen Gegend in einem kleinen Garten mehr als 30 Bienenſtoͤcke ſehr gut. Er verſicherte, daß ſich, alle Unkoſten gerech - net, dieſer kleine Garten durch die Bienen ſehr reichlich bezahlt mache. Der ganze Garten war blos fuͤr die Bienen beſtimmt, und viereckigt mit einer hoͤlzernen Wand umzaͤunet. Haſelſtauden, ſpaniſcher Flieder (Syringa vulgaris) der Welſch - kirſchbaum (Cornus mas), und beſonders die großblaͤttrichte Linde machten nebſt andern der - gleichen hochſtaͤmmigen Baͤumen, aus deren Bluͤthen die Bienen haͤufig und guten Honig tragen, von auſſen her um den Zaum eine Ein -faſſungB b386faſſung aus. Sie waren oben alle unter einan - der als eine dicke Hecke zuſammengewachſen, und da der Garten nur gegen die nordliche Sei - te an das Haus ſtieß, und uͤbrigens ganz frey lag, ſo konnte der Schatten, den dieſe Baͤu - me warfen, dem Garten von der Sonne nichts benehmen. An der inwendigen Wand waren rund umher Pfirſchen, Apricoſen, Pflaumen und dergl. gezogen, deren Bluͤthen den Bie - nen ſehr angenehm ſind. Der Garten ſelbſt war in 3 Schuhe breite Beeten abgetheilet, zwiſchen welchen nur ſo viel Platz gelaſſen wor - den, daß ein Menſch zur Noth gehen konnte, auſſer einem etwas breiteren Hauptgange, der kreuzweiſe mitten durch den Garten gieng. Außer einigen Staudengewaͤchſen, worunter die Kloſterbeere und der ſchwarzen Johannis - beerſtrauch vorzuͤglich ſich auszeichneten, waren nur einige wenige Zwergbaͤume in dem Garten, aber deſtomehr Blumen, Kraͤuter und andere Pflanzen von allen Gattungen, darunter kei - ne einzige geduldet wurde, die den Bienen nicht den beſten und reichlichſten Stoff ſo wohl zu Honig als zu Wachs gab; wobey zugleich auch fuͤr einige dergleichen Arten geſorget war, wor - aus die Bienen den Kuͤtt und dergleichen ſamm - len. Sobald nun die Sonne im Fruͤhling die Bienen aus ihren Stoͤcken hervorlockte, ſo fanden ſie auch ſchon auf dem Welſchkirſchbaum und auf dem haͤufigen Crocus und andern fruͤhzeiti - gen Bluͤthen die angenehmſte Nahrung. Diesdau -387dauerte bis in den ſpaͤteſten Herbſt in einer be - ſtaͤndigen Abwechſelung fort. Wo eine Pflan - ze verbluͤhete, erſchien eine andre. Ein ſchma - ler Rein, der auswaͤrts um den Garten her - um den Platz ausmachte, worauf die hoch - ſtaͤmmigen Baͤume ſtanden, war mit wilden Thymian und andern dergleichen Kraͤutern dick bewachſen. Kurz, es war auſſer den Fußſtei - gen kein Plaͤtzchen ſo klein, daß es die Bienen nicht benutzen konnten.
Sehr reich an Entdeckungen iſt auch in die - ſem Theil der Oekonomie das achtzehnte Jahr - hundert. Hr. Schirach in der Oberlauſitz, dem die Oekonomie der Bienen ſo viel zu dan - ken hat, ſuchte durch haͤufige Verſuche zu beſtaͤ - tigen, daß aus jedem Arbeitsbienenwurme, wenn er nur 3 Tage alt waͤre, eine Koͤniginn oder Bienenmutter, durch eine hoͤhere Entwickelung der Zeugungstheile werden koͤnne. Er beſtaͤ - tigte dieſes vornehmlich durch einen wichtigen Verſuch, da er ſich 12 kleine hoͤlzerne Kaͤſtchen machen ließ, und zu gleicher Zeit in jedes aus einem Stocke ein Brutſcheibchen nur von 4 Zoll groß, darinne Eyer und Wuͤrmer waren, ein - ſetzte, und einige Arbeitsbienen dazu that. In allen 12 Kaͤſtchen fand er nach 3 oder 4 Tagen koͤnigliche Zellen mit ihren Wuͤrmern, und nach 17 Tagen 15 lebendige Koͤniginnen. Aus ei - nem einzigen lebendigen Wurme, der in einer gemeinen Zelle lag, verſchaffte er eine Koͤni -B b 2ginn.388inn. u)In der Bemerkung der phyſ. oͤkonomiſchen Bienengeſellſchaft zu Lautern vom J. 1769. S. 125. Sie bringen nichts in die Zellen als Ho - nig und Futterbrey, und dieſes thun ſie, indem ſie den Kopf hinein ſtecken.Hr. Riem, der Gegner des verſtor - benen Hrn. Schirachs, bemuͤhte ſich aber zu zeigen, daß Hr. Schirach, der zwar bey dieſer Meynung Recht habe, ſich nur darinne irre, wenn er das Ey oder die Raupe blos zum Ar - beitsbienengeſchlecht zaͤhle, da es doch eben ſo gut in das koͤnigliche Geſchlecht gehoͤre, aus den unter veraͤnderten Umſtaͤnden verungluͤckte Koͤ - niginnen, d. i. Arbeiterinnen werden. Ferner daß dieſes Purchas und Thorley ſchon geſagt haͤtten. Er habe nur den Thorley nicht genug verſtanden. Er nenne das einen beſondern Futterbrey was Thorley eine Saamenmaterie nenne, welche von der groͤbern, die die andern jungen naͤhrt, weit unterſchieden ſey. x)S. Riems Bienenbibl. S. 480 und 481.
Eben ſo wichtig iſt die von ihm erfundene Art Ableger zu machen, welche zu vielen neuen Entde - ckungen Anlaß gegeben, und ſelbſt nach dem Zeug - niß vieler Bienenverſtaͤndigen noch mehr Licht uͤber die naͤhere Bienenoͤkonomie verbreiten wird. Es wird hieraus unter andern ſehr beſtaͤtiget, daß die gemeinen Bienen urſpruͤnglich zum weib - lichen Geſchlecht gehoͤren, und unvollkommene Weibchen ſind, die nur um einen Grad entwi - ckelt werden duͤrfen, um Koͤniginnen zu wer -den.389den. Ja Hr. Riem behauptete gegen Hrn. Bonnet, daß ſeine Arbeitsbienen oͤfters in ei - nem kleinen Stocke, darinne er leere Roſenta - feln eingeſetzt, etliche hundert Eyer gelegt haͤt - ten; und in ſeinen Fundamentalgeſetzen zu einer perennirenden Colonie, Bienenpflege S. 75. und 153. laͤßt er die gemeinen Arbeitsbienen nur Dronen zeugen. Was aber dieſe große Erfindung der Ableger ſelbſt betrifft, (wovon man nun viele Arten hat, naͤmlich die Schirachi - ſche, Eirichiſche, Riemiſche und die Magazin - ableger,) ſo iſt hier folgendes zu merken. Schon der große Naturforſcher des vorigen ſiebenzehn - ten Jahrhunderts, Schwammerdam, der ſich um die Bienenkenntniß ſo verdient machte, gab uns einiges Licht von der Kunſt, Ableger zu machen. y)S. Bibel der Natur S. 177. Die Schriften und Abhandlungen des Hrn. Schirachs uͤber die Ablegerkunſt hat alle geſammelt Kruͤnitz in der Encyclop. IV. S. 640.Auch die Griechen kannten ſie, und Reaumur ſchreibt ihnen die erſte Erfin - dung dieſer Kunſt zu, Hr. Schirach aber habe ſie nur verbeſſert. z)S. Abhandlungen und Erfahrungen der O. L. B. G. vom J. 1770. 8te Abhandlung S. 46. und 50.Es iſt bekannt, daß die Schwaͤrme bey den Bienen entweder ſolche ſind, die ſich nach dem Lauf der Natur von dem alten Stocke trennen, oder ſolche, die der Fleiß der Bienenverſtaͤndigen abſondert, und welcheB b 3Kunſt -390Kunſtſchwaͤrme oder Ableger heiſſen. Beyde haben ihre Vortheile; die letztern werden auf verſchiedene Art gemacht. In den neuern Zei - ten brachte ſonderlich Hr. Schirach dieſe Kunſt mehr auf, und behandelte ſie in einem beſon - dern Tractat. a)Oberlauſitzer Bienenvermehrung 1761.Allein alle ſeine Arten, Ab - leger zu machen, ſind ſehr muͤhſam und um - ſtaͤndlich, daher ſie auch nicht von allen Beyfall erhielten. Die erſte Schirachiſche Art, Able - ger zu machen, geſchiehet durch Ausſchneidung einiger Brutzellen aus dazu tauglichen Stoͤ - cken, und Einſpießung derſelben in kleine hoͤl - zerne Kaͤſtchen, welche vorher darzu verfertiget werden. Es geſchiehet am Ende des Aprils, oder im Anfang des Mayes an einem ſchoͤnen Tage. Man ſchneidet aus der Mitte des Stocks, oder wo die meiſte Brut iſt, etliche ei - ner Hand große Roſen mit Brut aus, welche Eyer, kleine Wuͤrmer und zugeſpuͤndete Nym - phen enthalten muͤſſen, woraus Arbeitsbienen werden; aber keine Dronenbrut, weil aus die - ſen die Bienen keine Koͤniginn bruͤten. Dieſe thut man in ein hoͤlzernes Kaͤſtchen, und befe - ſtiget ſie in eben der Lage, die ſie im alten Sto - cke hatten; ſetzt hierauf neben die Bruͤtſtellen einige Honigroſen, oder in deren Ermanglung leere Wachsroſen; thut hierauf noch einige Loͤf - fel voll Bienen in das Kaͤſtchen, macht das Kaͤſtchen mit einem durchloͤcherten Bleche zu,und391und ſetzt es etliche Tage in eine gemaͤßigte dunk - le Stube.
Die zweyte Art der Bienenvermehrung be - ſtehet darinne, daß man die Ableger ſofort in den Beuten macht. Man ſetzt die Brutſchei - ben nach eben dem Maaß, in eben der Ord - nung, mit eben ſo viel Bienen, die man mit den Brutſcheiben hinuͤber traͤgt, oder mittelſt ei - nes großen Loͤffels hinein ſchuͤttelt, in die neue mit Gartenmeliſſe abgeriebene Beute. Man thut dieſes gegen Abend; man giebt ihnen Futter und verſtreicht die Beutenbreter.
Die dritte Artb)Eine genaue Beſchreibung derſelben findet ſich im Leipz. Jintell. Bl. v. 1764. N. 12. Die Schriften und Streitſchriften uͤber die kuͤnſt - lichen Ableger finden ſich in des Hrn. Kruͤnitz Oek. Encycl. IV. S. 620. geſchiehet durch den Wech - ſel eines leeren Bienenſtocks mit einem guten und volkreichen, und kommt mit der erſten uͤber - ein, nur daß die Koͤniginn nicht zuvor im Brut - kaͤſtchen erzogen worden. Man muß hier den ſtarcken Stock, wovon man einen Ableger ma - chen will, ſchon im Februar von den uͤbrigen beſonders ſetzen, weil ſonſt die Bienen, die man ablegen will, alsdann nicht in den darunter geſetzten leeren gehen, ſondern ſich in die neben ſtehenden vertheilen. Sobald nur im Fruͤhjahr volle Nahrung auf den Feldern iſt, ſo ſtellt man etliche Tage einen leeren unter den vollen, da - mit er den Geruch deſſelben annehme, nimmtB b 4ſodann392ſodann an einem ſchoͤnen Tage, wenn die Bie - nen ausgeflogen, den vollen weg, und ſtellt ei - nen leeren dafuͤr hin, treibt in dem vollen Sto - cke die Bienen mit Rauch zuruͤck, ſchneidet et - liche taugliche Roſen aus, und ſpieſet dieſe Brut - ſtuͤcke nebſt einigen leeren Wachstafeln und Ho - nigroſen in den leeren untergeſetzten Stock.
Man hat noch eine andere Art, Ableger zu machen; dieſe beſtehet im Austrommeln der Haͤlfte der Bienen ſammt der Koͤniginn aus ei - nem vollen Stocke. c)Dieſe Schirachiſche Methode fand einige Geg - ner, welche Hr. Martini widerlegt hat. S. Abhandlungen und Erfahrungen der O. L. B. G. 1 Theil S. 143.Dieſes iſt die Art, die Hr. Riem in ſeiner Bienenpflege vorſchlaͤgt, die aber, wiewohl unter einigen andern Umſtaͤnden, auch ſchon Gruͤwel in ſeiner Brandenburgiſchen Bienenzucht erwaͤhnt. d)S. 244.Die Riemiſche Me - thode geſchiehet alſo: Man nimmt einen volk - reichen Stock, bey dem man im Fruͤhjahre ſo viel Raum im Bienenſtande ließ, daß ein an - derer darneben ſtehen konnte, zur Flugzeit aus dem Stande heraus, entfernt ihn dreyßig Schritte im Schatten, und ſetzt einen leeren Korb auf deſſen Stelle, um die indeß vom Fel - de kommenden Bienen des weggenommenen Stocks zu ſammeln. Man bricht hierauf den entfernten Stock unten auf dem Brete, worauf er befeſtiget iſt, los, kehrt ihn ſchnell um, undſetzt393ſetzt auf ſeine Muͤndung einen leeren mit Ho - nig beſtrichenen. Beyde Koͤrbe werden da, wo ſie auf einander ſtehen, mit einem Tuche um - wunden, und die Flugloͤcher verſtopft. Man trommelt hierauf mit dem Finger oder einer Ruthe an dem vollen Korbe, wodurch die Bie - nen aus demſelben in den leeren Korb getrieben werden. Man nimmt hierauf den obern Korb weg, und ſetzt denſelben auf ein Tiſchtuch, das man uͤber ihm zuſammenbindet; hierauf wird der Mutterſtock wieder auf ſein Bret geſetzt, ringsherum eingekuͤttet, das Flugloch halb ver - ſtopft, und wieder an ſeinen alten Platz getra - gen. Die aus dem Felde kommenden Bienen verſtaͤrken ihn bald wieder. Man unterſucht hierauf, ob in dem abgelegten Stocke auch ei - ne Koͤniginn ſey, und im Fall ihnen dieſelbe mangelt, giebt man ihm eine. Er raͤth daher an, die Bienen auf ein weißes Tuch aus dem abgelegten Stocke zu treiben, ſie mit ein we - nig Waſſer zu beſprengen, damit ſie nicht fort fliegen, und da die Koͤniginn aufzuſuchen. Al - lein Gruͤwel, der, wie ich oben bemerkt habe, ſchon auf die nehmliche Art ablegte, weicht von der Riemiſchen Art darinnen ab, daß er die Bienen aus dem abgelegten Stocke nicht wieder heraus ſtoͤßt; auch laͤßt er ihn nicht neben den alten ſtellen, ſondern auf 500 Schritte von demſelben. Er giebt ſichere Zeichen an, zu er - kennen, ob die Koͤniginn in dem abgelegten Stocke ſey oder nicht, daß man ſie nicht erſtB b 5Ur -394Urſache hat, muͤhſam und vielleicht nicht ohne Nachtheil des Stocks aufzuſuchen. Er rech - net dahin: wenn die Bienen ſtill ſind; wenn man am Morgen Eyerchen auf dem Brete fin - det; wenn man die Bienen am Korbe nagen hoͤrt und abgebiſſene Zaͤſerchen auf dem Brete liegen, woraus zu ſchlieſſen iſt, daß ſie den Korb reinigen, welches nicht geſchiehet, wenn ſie nicht im Korbe bleiben wollen, und keine Koͤniginn haben. Allein alle dieſe Arten haben ihre großen Beſchwerlichkeiten; die erſtern Ar - ten ſind wegen des Einſperrens der Bienen mißlich, und wegen des langen Fuͤtterns koſt - bar. Es gehen viele Bienen, auch oͤfters die Koͤniginn, dabey zu Grunde. Es werden bey dem Ausſchneiden viel Raͤuber herbey gelockt, und endlich ſind die Ableger doch nur ſchwach. Einige lehrreiche Handgriffe bey dieſem Geſchaͤf - te lehrt der Bienenvater Heinike. e)Abhandlungen und Erfahrungen der Oberlau - ſitzer Bienengeſellſchaft, 1 Theil S. 194.Neue Erfahrungen auf eine leichtere Weiſe Ableger zu machen gab ſelbſt Schirach in den Abhandlun - gen und Erfahrungen der O. L. B. G. vom J. 1766 an. f)S. 50 — 59.
Auch die Fraͤnkiſche Bienengeſellſchaft be - ſchaͤftigte ſich mit dieſer Kunſt, und ihre Art, welche die Fraͤnkiſche oder Eirichſche heißt, iſt unſtreitig die leichteſte, beſte und ſicherſte. Hr. Eirich, Paſtor zu Ezelheim, erleichterte undver -395vereinfachete die Ablegungskunſt, und richtete ſie nach der Bienenzucht in Koͤrben ein, da die Schirachiſchen Arten ſich nur auf die Bienen - wirthſchaft in Klotzbeuten erſtreckten. Man nimmt nach dieſer Art einen leeren kleinern Korb, ſetzt oben in deſſen Krone ein Stuͤck Brutwa - ben, bis zwey Haͤnde groß, in denen ſich drey - erley Arten Brut befinden, ein Stuͤck Honig - waben, und eine leere Wachswabe ein, ſo daß ſie einander nicht beruͤhren, und eben ſo, wie in dem Mutterſtock, zu ſtehen kommen, aus dem man die Bienen nimmt. Man befeſtiget ſie mittelſt dreyer Hoͤlzchen, welche durch die Waben gehen, und auf deren mittelſtem dieſel - ben aufliegen. Man ſetzt in dieſen zugerichteten Brutkorb mittelſt eines Schaumloͤffels 1500 bis 2000 Bienen aus einem Mutterkorbe zu denſelben hinein, ſetzt ihn an dieſelbe Stelle und auf daſſelbe Bret, auf dem der Mutterkorb ſtand, und laͤßt die Bienen von dem Mutter - korbe, ſo ſich auf dem Bret befinden, darauf liegen, den Schwarmkorb aber verſtreicht man auf das ſorgfaͤltigſte. Man muß dieſes an einem ſchoͤnen Tage in den Mittagsſtunden thun, damit die auf das Feld geflogenen und wiederkommenden Bienen an ihre alte Stelle fliegen, und den Ableger vermehren. Es darf dieſe Arbeit auch nicht bey dem Bienenſtande geſchehen, ſondern in einiger Entfernung, und wo moͤglich ruͤckwaͤrts. An dem Brutkorbe laͤßt man das Flugloch offen. Bey ſchlechtemWetter396Wetter muß er gefuͤttert, und bey kalten Naͤch - ten bedeckt werden. Den Mutterkorb bedeckt man, nachdem man die Bienen herausgenom - men, bis die Arbeit vorbey iſt, entfernt ihn von dem Bienenſtande, giebt ihm eine andere Flucht, und verhuͤtet nachher, ſoviel moͤglich, das Schwaͤrmen. g)S. Kruͤnitz Encycl. IV. S. 641.
Hat man Magazinſtoͤcke, die aus Aufſaͤtzen beſtehen, ſo geſchiehet ſie durch die Theilung ei - nes ſolchen Magazins, oder eines aus etlichen Aufſaͤtzen beſtehenden Stammes, welches eine neuere Methode iſt, und welche Hr. Eyrich das magazinmaͤßige Ablegen nennt. Zu der Fraͤnkiſchen Art ſind ſonderlich die Chriſtiſchen Magazinſtoͤcke ſehr brauchbar. Man verfaͤhrt bey der Anwendung dieſer Magazinſtoͤcke nach Hrn. Chriſts Beſchreibung alſo: Man nimmt die beſten und volkreichſten Magazinſtoͤcke von 4 oder 5 Aufſaͤtzen. Man unterſucht durch die Fenſterchen oͤfters, ob ſie mit Bienen angefuͤllt, und in den 3 unterſten Saͤtzen, oder doch we - nigſtens im zweyten und dritten Aufſatze, Brut eingeſchlagen, und alſo die Staͤmme zum Schwaͤrmen bald reif ſind. Beſtehet nun z. B. der Magazinſtock aus 4 Aufſaͤtzen, und iſt im zweyten Aufſatze auch etwas Brut auſſer dem Honig; denn in den zwey unterſten iſt Brut genug: ſo nimmt man etwa von 9 bis 2 Uhr an einem ſchoͤnen Tage die Theilung des Ma -gazin -397gazinſtocks vor. Man loͤſet den Leim zwiſchen den zweyten und dritten Aufſatze mit einem Meſſer ab, und ziehet nun einen Drath durch, blaͤſt nunmehr Tabacksrauch hinein, um die Bienen ſtill zu machen, haͤlt einen leeren Un - terſatz mit einem Brete bereit; und indem ein anderer die zwey oberſten Aufſaͤtze abhebt, und auf den vorſtehenden Unterſatz ſetzet, ſo legt der eine ſogleich einen Deckel auf die zwey geoͤffneten und ſtehen bleibenden Unterſaͤtze, die den jun - gen Ableger ausmachen. Der abgehobene Bien oder alte Ableger wird ſodann mit ſei - nem leeren Unterſatz auf einen andern Platz des Bienenſtandes getragen, und das mittelſte Flug - loch zugeſchoben; der andere aber bleibt ruhig ſtehen, und man giebt ihm ſobald als moͤglich auch einen Unterſatz, und ſchiebt das mittlere Flugloch zu. Dieſes iſt die Fraͤnkiſche Art bey Chriſtiſchen Magazinaufſaͤtzen angewendet, die wir bald naͤher werden kennen lernen.
Die Vortheile des Ablegens fuͤr die Bienen - zucht uͤberhaupt ſonderlich bey dieſen erleichterten Arten, ſind ſehr groß. Man erhaͤlt dadurch zeitige Schwaͤrme, die faſt den Werth der alten haben; man iſt des aͤngſtlichen Wartens auf die Schwaͤr - me uͤberhoben; die Vermehrung haͤngt ganz von der Willkuͤhr des Beſitzers ab, und er kann dieſe Ableger zu einer fuͤr ſich und die Bie - nen bequemen Zeit machen; man darf nicht fuͤrchten, daß ſich ein Stock verſchwaͤrme, wenn er zu viel ſchwaͤrmt; nur ſehr ſelten hat mannoͤthig398noͤthig, die Ableger zu fuͤttern; man iſt des verdruͤßlichen Einfahens der Schwaͤrme uͤber - hoben. Stoͤcke, von denen man Ableger ge - zogen, behalten meiſt ſelbſt bey den ſchlechteſten Jahren Honig genug, da man hingegen die Stoͤcke, welche geſchwaͤrmt haben, fuͤttern muß.
Eine wichtige Entdeckung fuͤr die Bienen - zucht ſind die Magazinſtoͤcke. Es iſt bekannt, daß ſie weit vortheilhafter ſind, als die einfa - chen Bienenkoͤrbe; blos in den jaͤhrlichen Nu - tzungen verhalten ſie ſich zu den einfachen Koͤr - ben wie 5 zu 1, und in Anſehung der Vor - theile im Ganzen kommen jene mit dieſen in gar keine Vergleichung. Wir wollen dieſelben hier kurz anfuͤhren, da es eine pragmatiſche Geſchichte ſeyn ſoll. Wie leicht kann ein Bie - nenſtand voll einfacher Koͤrbe bey einem Mis - jahr zu Grunde gehen! Magazinſtoͤcke aber werden dieſem Falle aͤußerſt ſelten ausgeſetzt ſeyn, und wegen der Menge des Volks bey wenigen guten Tagen genugſamen Unterhalt fuͤr den Winter eintragen. Wegen ihrer Volk - reichheit koͤnnen ſie einen Verluſt leichter uͤber - winden, und durch Brut bald erſetzen: allein ſchwaͤchere, wie ſie gemeiniglich in einfachen Koͤrben ſind, werden oft durch einen ſo ploͤtz - lichen Abgang an Volk faulbruͤtig. Ein Ma - gazinſtock wird ſelten weiſellos: denn ein ſol - cher Magazinſtock faͤngt immer ſchon im Ja - nuar an Brut zu bekommen, und wird wegender399der beſtaͤndigen Waͤrme in demſelben ſchon im Winter angeſetzt, ſo daß immer eine neue Re - gentinn erbruͤtet werden kann. Man aͤrndtet den ſchoͤnſten Vorrath an Honig und Wachs, ohne daß man noͤthig hat, mit Gefahr zu ſchnei - den, die Bienen zu zerſtoͤren oder ſie gar um - zubringen. In Strohkoͤrben richten ſich oft die beſten Stoͤcke durch haͤufiges Schwaͤrmen zu Grunde, aber bey Magazinen kann man es verhindern und ihnen endlich gar abgewoͤhnen. Man hat dabey weniger Wartung noͤthig, man kann dabey das Futter ganz oder mehrentheils ent - behren. In Magazinen verjuͤngen ſich die Stoͤ - cke alle Jahre, da jaͤhrlich neue Unterſaͤtze voll - gebauet und die uͤberjaͤhrigen Roſentafeln durch die obern Aufſaͤtze abgehoben werden. Die Roſen werden daher nicht ſchwarz, die Zellen gehen nicht ein, wie bey alten Bienenkoͤrben, da eine jede junge Biene ihre Nymphenhaut darinne haͤngen laͤßt, und endlich ſolche Zel - len zur Vervollkommnung der Brut ganz un - tauglich werden. Daher Bienen in Stroh - koͤrben von 5 oder 6 Jahren nicht leicht mehr ſchwaͤrmen koͤnnen. Man bekoͤmmt in den Magazinſtoͤcken keinen alten mehrlichten, ſon - dern den reinſten Honig; da hingegen der von alten Koͤrben ausgeſchnittene oder von erſtick - ten Bienen ausgemachte Honig mit Brut, tod - ten Bienen, Schwefelgeruche u. d. g. verun - reinigt iſt.
Auch400Auch Deutſchland hat hier ſeine eigene Erfin - dungen, die wir bald bey der Geſchichte der Bie - nenwohnungen werden kennen lernen, ob man gleich auch die fremden nachzuahmen und einzu - fuͤhren bemuͤhet war. Dieſes leitet uns ſehr natuͤr - lich zu den wichtigen Bemuͤhungen der Deutſchen um die Wohnungen der Bienen uͤberhaupt. Die bekannteſten waren bisher die Bienenkoͤrbe, von Bretern zuſammengefuͤgte Kaͤſten oder Breter - beuten, und die Stoͤcke oder Klotzbeuten, die aus ausgehoͤlten Stoͤcken dicken Baͤumen beſte - hen. Die erſten werden aus Roggenſtroh ge - flochten, und mit geſpaltenen geſchaͤlten Wei - den oder Haſelruthen zuſammengeheftet; in ei - nigen andern Gegenden werden ſie auch aus Binſen, oder, wie in Siebenbuͤrgen, aus Wei - denruthen gemacht; gemeiniglich haben ſie die Geſtalt eines abgekuͤrzten Kegels mit einem ge - woͤlbten Deckel, der ſich leicht abnehmen laͤßt; ſie bekommen inwendig einige Staͤbchen, wel - che Spielen heiſſen, und vorne unten ein Flug - loch, welches mit der durchloͤcherten Palteaui - ſchen Scheibe verſchloſſen werden kann. h)Die Verfertigung derſelben lehrt Gruͤwel in der brandenburgiſchen Bienenkunſt, S. 80. und die Palteauiſche Scheibe beſchreibt Kruͤnitz Encycl. IV. S. 609.Man macht die Koͤrbe 10 bis 12 Zoll im Lich - ten und 9 bis 10 Zoll hoch, und ſo ſind ſie zurei - chend und warm genug im Winter fuͤr einen Stock, der meiſtens zugebauet hat. Sind der -gleichen401gleichen Koͤrbe nur 6 Zoll hoch, ſo nennt man ſie Halbkoͤrbe, und ſind ſie nur 3 Zoll hoch, Vier - telskoͤrbe. Man hatte auch walzenfoͤrmige von dieſer Art. Die Stoͤcke werden entweder aus einem Stuͤck Holz gehauen, und heißen alsdenn Beuten, oder Klotzbeuten, oder ſind aus glat - ten trocknen Bretern zuſammengeſetzt. Beyde werden entweder aufrecht hingeſtellet, oder der Laͤnge nach hingelegt; die erſtern heißen ſtehende oder Staͤnder, die letztern liegende oder Lager - ſtoͤcke.
Dieſes waren die aus den vorigen Zeiten be - kannten und gewoͤhnlichen. Allein ſie ſind mit vielen andern Arten in unſern Zeiten vermehrt worden, davon eine oder die andere mehr fuͤr die Modellſammlungen und in Bienengaͤrten zur Aufſtellung zu Ehren des Erfinders, als zur wirk - lichen und ganz vortheilhaften Anwendung dien - lich ſeyn moͤchte. Ich will hier die vorzuͤglich - ſten anfuͤhren.
Eine der vorzuͤglichſten ſind die Colonie - oder Magazinkoͤrbe, da man naͤmlich von Zeit zu Zeit einen neuen mit einem Flugloche und Schie - ber verſehenen walzenfoͤrmigen Korb unterſetzt, und dagegen den oberſten angefuͤllten und von den Bienen verlaſſenen, nachdem man den un - tern zugeſchoben hat, wegnimmt Durch dieſe Einrichtung vermeidet man das oͤfftere Schwaͤr - men, die Nothwendigkeit des Fuͤtterns im Win - ter, das mißliche Zeideln, und erleichtert ſich die Wartung; obgleich nicht zu laͤugnen iſt, daß ſieC canfaͤng -402anfaͤnglich koſtbar und in den erſten drey Jah - ren ohne Nutzung ſind, in den Gegenden aber, wo das Verfahren der Koͤrbe auf Weiden ge - woͤhnlich und noͤthig iſt, daſſelbe wo nicht un - moͤglich, doch muͤhſam und gefaͤhrlich machen. Die erſte Nachricht hiervon findet ſich bey dem Gedde, einem Englaͤnder, der dieſes ſchon 1675 kannte. Einige Verbeſſerungen brachte der Hr. Advocat Koͤnig zu Hannover dabey an, wodurch die koͤnigſchen Coloniekoͤrbe entſtanden. i)Er ſelbſt giebt hiervon Nachricht hinter der deutſchen Ueberſetzung von Thorley’s Unterſu - chung der Bienen in Kaͤſtners Samml. fuͤr die Bienenzucht S. 233. 254. auch Kruͤnitz in der Encycl. IV. S. 648. und in Hirſch’s fraͤnki - ſchem Bienenmeiſter, S. 51.Un - ter den vorgeſchlagenen Veraͤnderungen gehoͤ - ren hierher die, welche Hr. Eyrich in ſeinem Entwurf der Bienenpflege anrathet. k)S. Vernunft - und Erfahrungsmaͤßiger Entwurf der vollkommenſten Bienenpflege fuͤr alle Lan - desgegenden ꝛc. v. Joh. Leonhard Eyrich, Uf - fenheim in Franken 1766. Verſuch der Bienenzucht mit Magazinkoͤrben nach neuer und fraͤnkiſcher Art in hieſigen Landen, von Michael Macklot. In dem Abh. der fraͤn - kiſchen Bienengeſellſchaft, 1774. S. 354-368.Einen Magazinſtock gab uns Hr. Chriſt, ehe man in Deutſchland die palteauiſchen und vicatiſchen kannte. Und ſo hat Deutſchland auch hierinne ſeine eigene Erfindung, ob man gleich auch die fremden nachzuahmen und einzufuͤhren bemuͤhetwar.403war. Hr. Chriſt erfand ſeinen Magazinſtock, ehe er noch die palteauiſchen und vicatiſchen aͤhn - lichen Einrichtungen kannte. Er beſchreibt den - ſelbigen und deſſen ſehr wohlfeile Zuſammenſe - tzung ſelbſt in ſeiner Schrift uͤber die Bienen - zucht. l)S. Anweiſung der nuͤtzlichſten und angenehm - ſten Bienenzucht fuͤr alle Gegenden, ꝛc. von J. L. Chriſt, mit Kupfern, Frankf. und Leipzig, 1780. 8. S. 69.Sie ſind von Holze und beſtehen aus vielen Aufſaͤtzen oder eigentlich Unterſaͤtzen, da ihnen immer meiſt neue Behaͤltniſſe unterge - ſetzt werden. Er hat zugleich eine kleine Oeff - nung mit einer Glasſcheibe angebracht, welche aber durch einen Laden, den man ſchließen kann, das Licht nicht eher hinein laͤßt, als bis man es zu ſeinem Gebrauch zu Beobachtungen oͤffnet, weil ſonſt, wenn beſtaͤndig Licht dadurch hinein - faͤllt, und ſie dieſes Licht nicht leiden, es bald ver - bauet wird. Bey dieſer Anrichtung kann man, wenn man den Laden oͤffnet, ihnen ganze Stunden ja halbe Tage zu ſehen. Er ſelbſt giebt die Vor - theile ſeiner Erfindung ausfuͤhrlich an. m)S. 79. und 80.Die - ſe aus Dielen verfertigte und mit einer Glas - ſcheibe verſehene Aufſaͤtze und von denſelben zu - ſammengeſetzten Bienenwohnungen haben vor den ſtrohernen Magazinen weſentliche Vorthei - le. Ich will nicht ſagen von der Zierde und dem guten Anſehen, welches eine Anzahl ſolcher einander aͤhnlichen angeſtrichenen BienenhaͤuſerC c 2geben,404geben, ſondern man kann auch ihre ganze Po - licey und Bau bemerken. Man ſiehet, wie viel Honig und Brut ſie haben, wie viel ſie ge - bauet, welches bey den Honigaͤrndten, bey den Ablegern, bey dem Unterſetzen und andern Be - handlungen von aͤußerſt wichtigem Betracht iſt. Bey Aufhebung der obern mit Honig gefuͤlle - ten Aufſaͤtze kann man ſehen, wie viel man ſol - che Aufſaͤtze wegnehmen darf, ohne den Bienen zu viel und ihre gehoͤrige Winternahrung zu ent - ziehen; man kann leicht das Maas und Gewicht an Honig und Wachs berechnen, da jeder Auf - ſatz gleiches Maas hat, indem ein ſolcher voller Aufſatz, der leer 4 Maaß haͤlt, 2 Maaß Honig und 1½ Viertelpfund Wachs giebt; allein den ſtrohernen Magazinkorb muß man mit vieler Gefahr ihm zu ſchaden ganz waͤgen. Da bey Verhuͤtung des Schwaͤrmens uͤberhaupt, oder doch wenigſtens des zweyten Schwaͤrmens man zur rechten Zeit einen Unterſatz geben muß, ſo ſind dieſe chriſtiſchen Magazinſtoͤcke dazu am bequemſten, weil man bey denſelbigen die rech - te Zeit am beſten beobachten kann, d. i. wenn der unterſte Aufſatz uͤber die Haͤlfte oder hoͤch - ſtens drey Viertheile voll gebauet iſt. Allein bey ſtrohernen Magazinkoͤrben iſt es nicht ohne große Beſchwerde moͤglich, und wenn er 70 bis 80 Pfund ſchwer iſt, kann es gar nicht geſche - hen. Oft iſt es auch noͤthig, die innere Be - ſchaffenheit eines jeden Aufſatzes zu ſehen, be - ſonders bey dem Ablegen, daß ich weiß, wo ichtheilen,405theilen ſoll, ob ein jeder der Alte ſowohl als der Ableger, d. i. die obern Aufſaͤtze, ſo ich abheben will, ſo wohl als die untern, welche ſtehen blei - ben, Brut haben. Auch erſpart das Glattho - beln der Breter den Bienen viel Zeit, da ſie in ſtrohernen erſt die Spitzen und alles hervorſte - hende abbeißen und heraustragen. Die Bie - nen ſind hier genoͤthigt, ihre Tafeln regelmaͤßig anzubauen, da der Roſtn)Hr. Chriſt ziehet den Roſt dem Brete, das in der Mitte ein rundes oder viereckigtes Loch be - kommt, dadurch die Bienen fortbauen, vor, weil er den freyern Durchzug der Luft und die Anla - ge zum regelmaͤßigen Bau fuͤr die Bienen befoͤr - dert. Hierzu kommt, daß auf den Bretern das Gemuͤlle von ausgeſchrotenem Wachs, darinne der Honig, ihre Winternahrung, war, und al - lerhand Unrath vom Winter her liegen bleibt, und nicht nur den Bienen beſchwerlich iſt, hin - aus zu ſchaffen, ſondern auch den Motten Nah - rung und Aufenthalt giebt. in einem Maga - zinaufſatze in gerader Linie nach dem Flugloche zu gelegt wird; ſie verbauen daher nicht leicht die Glasſcheibe, ſondern es entſteht auch nicht leicht Schimmel, weil durch das Flugloch die Luft durch alle Aufſaͤtze Communication hat, und durch die Tafeln ziehen kann; auch kann man durch die Aufziehung der Schieber vor den durchloͤcherten Schiebern die Hitze darinne maͤſ - ſigen, welches in ſtarken Magazinen in ſchwuͤ - len Sommertagen um ſo viel noͤthiger iſt.
C c 3Dieſe406Dieſe Magazinaufſaͤtze ſtehen uͤbrigens feſt, ſind vor Maͤuſen geſicherter, als die ſtrohernen Magazine und Aufſaͤtze; welche letztere auch we - gen ihrer Groͤße viele Unbequemlichkeiten haben. Bey dem Unterſetzen mit ſtrohernen Magazin - koͤrben kann man nicht allemal gehoͤrig die Zeit treffen, daß der letzte Unterſatz vor Winters voll gebauet werde; der leere Raum aber iſt im Winter den Bienen ſowohl wegen der Kaͤlte, als wegen der Raͤuber ſchaͤdlich. Zudem kann man bey den kleinen Magazinaufſaͤtzen des Hrn. Chriſts auch in ſehr mittelmaͤßigen Jahren aͤrnd - ten, kleinern, mittlern und groͤßern Schwaͤr - men angemeſſene Wohnungen verſchaffen, und ſie immer vergroͤßern, ſo lange Nahrung im Felde iſt. Man kann andern duͤrftigen Bienen zu jeder Zeit dabey helfen, indem man einen oder zwey Aufſaͤtze mit Honig von reichen Magazi - nen oder von abgehobenen vorraͤthiggehaltenen Magazinaufſaͤtzen aufſtellet. Man kann ſehr leicht ſchwache Stoͤcke mit einander vereinigen und einen weiſelloſen, indem man ihn unter oder auf einen guten ſetzt, vom Untergange retten. Einen ſpaͤt fallenden ſtaͤrkern Schwarm, den man nicht erſt mit dem alten oder einem andern Stocke vereinigen will, und der doch nicht Zeit genug hat, ſich hinreichend vor Winters zu ver - ſorgen, kann man dadurch, daß man vor Win - ters einen Aufſatz von einem andern reichen Ma - gazinſtocke abnimmt und dem jungen ſtaͤrkern Schwarme aufſetzt, erhalten. Er hat auch nocheine407eine andere Art, die aber koſtbarer iſt, naͤmlich virreckige einfache Bienenhaͤuſer, wo vier große Glastafeln die Seiten ausmachen, und jede ei - nen Laden oder Thuͤr mit einen Vorreiber hat. Man verfertiget dieſe auch zu Offenbach am Mayn, welche aber nicht alle die Vortheile der chriſtiſchen haben: denn der einfache Stock des Hrn. Chriſts iſt ſo eingerichtet, daß man die Bienen nicht umzubringen noͤthig hat, wenn man davon aͤrndten oder einen jungen Schwarm einfaſſen will. Er beobachtete ferner, daß die ausgetriebenen Bienen, wenn zwey verſchiede - ne Stoͤcke mit einander vereiniget worden, die fleißigſten ſind. o)S. 100.
Ferner gehoͤren unter die neuen Bienenwoh - nungen das Honig und Bienenmagazin des Cordemanns und Molitors Stoͤcke. Hr. Spitz - ner verbeſſerte die palteauiſchen Stoͤcke. Hr. Daum zu Berlin brachte bey der palteauiſchen Scheibe in der Anwendung zu den Koͤrben ei - nige neue Verbeſſerungen an, welche in einem dazu ſchicklichen harten Holze, worinne das Quadrat ruhet, mit einem Pfalze, um es her - ausziehen zu koͤnnen, 4 ſtarken eiſernen Draͤ - thern, mittelſt derſelben das Holz ſammt der Scheibe feſt an den Korb an zu ſpießen, und in groͤßern Luftloͤchern beſtehen.
Auch Hr. Lang verbeſſerte die geddeiſche Ok - togone.
C c 4Man408Man verwandelte die palteauiſche Scheibe in Strohkoͤrbe. Es erſchienen die pfaͤlziſchen oder riemiſchen Halbkaͤſten; man ſuchte auch die Halb - kaͤſten des Gelieu und Duchet, zweyer franzoͤſi - ſcher Bienenverſtaͤndigen, in Deutſchland anzu - wenden.
Man benutzte die Erfindung der Madame Vikat, welche die Bienenvaͤter auf die Spur brachte, bequeme liegende Stoͤcke zu verfertigen, deren Bau man aus den Schriften der oberlau - ſitzer Bienengeſellſchaft, dem ſaͤchſiſchen Bie - nenvater und Wildmann erlernen kann. Ihr Kaſten beſtehet aus vier Kammern, die alle hin - tereinander anpaſſen muͤſſen; auf den Seiten ſind Staͤbe, die vorn und hinten mit Schrau - ben verſehen ſind, wodurch die Kammern ſo dicht zuſammen gezwungen werden, als noͤthig iſt. Die Bienengeſellſchaft zu Roͤtha richtete dieſe Stoͤcke auf ihre Gegend ein, und fand 6 und mehr Kammern noͤthig, ingleichen daß ſie noch einmal ſo breit waͤren; ſie ſchrauben die - ſe, ſo wie der Bau der Bienen zunimmt, nach und nach einzeln an, daß alſo die Bienen nie zu viel Raum auf einmal haben, daher ſie denn auch dieſen kleinern Raum bald mit allem Fleiße vollbauen.
Nach dieſer Vorſchrift kann man auch ſtro - herne runde liegende Bienenwohnungen verfer - tigen laſſen. Man nennet die, welche in einem fortgehen, Walzen. Die Walzen der roͤthai - ſchen Geſellſchaft ſind eine Elle fuͤnf bis neunZoll409Zoll lang, und im Durchſchnitte betraͤgt die Hoͤ - he 16 bis 18 Zoll; ſie haben ſie auf Lagern lie - gen, die aber Schrootleitern gleichen. Sie ſchlug vor, ſtatt einer Walze viere zu flechten, wovon jede etwa 9 Zoll lang, und im Diame - ter etwa 15 Zoll haben kann, ſie, nachdem es der Fleiß der Bienen erfordert, auf itzt beſchrie - benes Lager zu legen, und zwiſchen zwey Wal - zen eiſerne Klammern anzubringen, damit ſie feſt liegen, oder ſie durch Huͤlfe hoͤlzerner Staͤ - be in Handhaben an den Seiten feſt an einan - der zu ſchrauben. p)Arbeiten der churſaͤchſiſchen Bienengeſellſchaft in der Oberlauſitz. Zweyter Band, 1776. S. 44.
Hr. Koͤnig, ein wuͤrdiger Schuͤler des be - ruͤhmten Bernoulli, ſtellte auf Veranlaſſung des Herrn Reaumur Berechnungen uͤber die Bienenzelle an, woraus die außerordentlich weiſen Abſichten der Natur bey der Wahl der Geſtalt derſelben erhellten, welche in der Folge in England von Maclaurni beſtaͤtiget wurden.
Man bemuͤhete ſich nach dem Beyſpiele an - derer Voͤlker durch glaͤſerne Behaͤltniſſe naͤhere Einſichten in die Bienenoͤkonomie zu erlangen. Hr. Probſt Stieglitz zu Paſewalk waͤhlte eine große Glasglocke, dergleichen die Gaͤrtner uͤber ihre Gewaͤchſe zu decken pflegen, und ließ durch die obere Oeffnung, die allemal in dergleichen Glocken iſt, einen hoͤlzernen Zapfen von oben bis unten durchgehen, woran ſie ihre Tafeln ſe - tzen konnten. Der Diameter derſelben iſt untenC c 51241012 Zoll, die Hoͤhe 18 Zoll, und alſo der koͤrper - liche Inhalt 1584 Cubiczoll. Vermittelſt der - ſelben konnte er alles, was in dem Stocke vor - gieng, ſehen. Damit aber die Bienen, die das Licht nicht zulaſſen, das Glas nicht verunreinig - ten, ſo deckte er allezeit nach den Beobachtun - gen einen Korb daruͤber. q)Oberlauſitzer B. Geſellſch. Abhandl. v. J. 1767. S. 155. zweyte Samml.Hr. Schirach ahm - te dieſes gluͤcklich nach, und in den churfuͤrſtli - chen Bienengarten zu Friedrichsſtadt bey Dres - den ſind zwey in Anſehung ihres Baues vorzuͤg - liche und beſetzte Glasſtoͤcke von der Erfindung des Freyherrn v. Keſſel, welche die Moͤglichkeit dar - thun, daß man durch glaͤſerne Stoͤcke den Bau der Bienen beobachten koͤnne. Sie ſtellen ein Oktogon vor, ſo aber zugeſpitzt iſt, eben ſo viele Thuͤrchen als Seiten hat, und mit einem Ober - kleide bedeckt iſt, daß ſie auf einem ſtarken Po - ſtament wohl befeſtiget im Freyen im Garten ſtehen. Auch Hr. Korſemke in Bayern verſa - he alle ſeine Bienenſtoͤcke von hinten her mit Glaͤſern, welche in einen Rahm eingeſchoben und mit hoͤlzernen Schiebern bedeckt werden. Durch dieſe Erfindung entweder ganz glaͤſerner Stoͤcke, oder doch einzuſchiebender Fenſter wird nicht blos die Neugierde beluſtiget, ſondern die Bienenzucht erhaͤlt auch keine geringen Vorthei - le. Man kann dadurch leicht den Zuſtand der Bienen uͤberſehen, ob Krankheiten, oder Raͤu -ber,411ber, oder Inſekten ſich einfinden; ob es zu voll gebauet ſey, u. ſ. w.
Hr. Reich erfand Brutkaͤſtchen, oder verbeſ - ſerte vielmehr das ſchirachiſche, das der Erfin - der nachher auch ſelbſt verbeſſerte, zu Erziehung neuer Schwaͤrme, und Weiſelkaͤſtchen zur Er - zeugung junger Bienenkoͤniginnen, wodurch die hierhergehoͤrigen Erfahrungen mehr berichtiget werden konnten. Hr. Reich machte ſeine Ver - beſſerung dadurch, daß er den Deckel, der ſonſt in einem Stuͤcke beſtand, in zwey Theile theil - te, und ſtatt deſſen, daß Herr Schirach Luft - bleche hatte, hat jener den ganzen Deckel mit kleinen Loͤchern verſehen. Man fand aber in der Folge, daß die Loͤcher im Holze durch den Broden zufallen, und daß alſo die Bleche, zumal, wenn ſie von draͤthernen Sieben gemacht werden, vorzuͤglicher ſeyn, um den Bienen recht viel Zugluft zu verſchaffen. Die große Haͤlfte des Deckels betraͤgt zwey Theile deſſelben, die kleinere nur einen Theil; welches dazu dienen ſoll, daß, wenn nach geſchehenem Einſatze die zu einem Schwarm gehoͤrigen Bruttafel noch nicht genug Bienen hat, man nur den kleinern De - ckel aufmachen, und die auf der leeren Scheibe befindlichen Bienen in den Kaſten mit einem Flederwiſche kehren kann. Diejenigen, die man nun bereits ſchon hineingeſetzt, fliegen nicht ſo - leicht heraus, als wenn der ganze Deckel geoͤff - net werden muͤßte; die aber, die erſt hineinkom - men ſollen, hoͤren das Sumſen derſelben, undgehen412gehen alſo deſto williger hinein. Das kleinere Kaͤſtchen zu Erziehung junger Weiſer aber hat keinen getheilten Deckel, weil hier der Endzweck wegfiel. Er verbeſſerte die Schwarmbrutkaͤſten ferner dadurch, daß er Schwellen anbrachte, in welchen ſo viele Spillen ſtecken, als man Brut - tafeln einſetzen will. Die Hauptabſicht dabey iſt die Erleichterung der Reinigung, theils aber auch, um durch die Spillen die Bruttafeln feſter und mehr zuſammenzuhalten, da ſie ſonſt leicht aus einander fallen koͤnnten. Endlich brach - te er auch am Boden des Kaſtens ein einzuſchie - bendes Futterkaͤſtchen an. Die zwey letzten Verbeſſerungen ſind auch bey dem Weiſelkaͤſt - chen, jedoch um zwey Theile kleiner, als bey dem Schwarmbrutkaͤſtchen. Man unterſuchte die Bienenkrankheiten, und fand z. B. daß die Urſache von der ſo verheerenden Ruhr daher komme, wenn ſie ſich bey dem Aufleben bey großer Kaͤlte zu ſehr erhitzen, ſich mit Honig uͤberladen, und alsdenn des Auswurfs der Na - tur ſich nicht entledigen koͤnnen. Hr. Limburg und Herr Chriſt klaͤrten die Theorie uͤber die Raubbienen naͤher auf; ſie zeigten die Art und Weiſe, wie ſie entſtuͤnden, und dadurch die Mit - tel, ſie zu verhuͤten und abzuhalten. Der erſtere ſchlug 1776 unter andern auch vor, das Ein - ſtecken eines ſtarkriechenden Krauts, das er Le - berſtock nennt, welches, wie Hr. Riem muth - maßet, wahrſcheinlich das ſogenannte Leviſti - cum ſeyn ſoll, das ſowohl durch ſeinen Geruch,als413als vielleicht auch durch Verkleinerung des Flug - loches die Raͤuber abhaͤlt. Hr. Chriſt gab ein anderes Mittel an. Er ließ wechſelsweiſe die beyden raubenden Stoͤcke verſchließen; er ließ ihnen aber durch Federkielen einige Luft, damit ſie nicht erſtickten; und ſo verfuhr er ſieben Ta - ge, da er alsdann beyde offen laſſen konnte, oh - ne daß einer den andern beraubte. Aber die - ſes gilt nach ſeiner eignen Anmerkung nicht von Raubbienen, denen es durch die Kunſt gelehrt iſt, nicht von weiſelloſen, die von fremden an - gefallen werden. Er machte Verſuche, die Droh - nenſtoͤcke zu beſſern, indem er ihnen mit den naͤchſten Bienenſtoͤcken einerley Geruch gab, in - dem er den Abend vorher Meliſſe oder Leber - ſtock ausgepreßt darunter legte. Den naͤchſten Mittag nahm er den ſchadhaften Korb ganz weg, und ruͤckte den Nachbar, der ganz mit ihm einerley Geruch hatte, an ſeine Stelle. Er riß hierauf in einer Entfernung von 50 bis 100 Schritt aus dem fehlerhaften Korbe Spielen und Scheiben ſo behutſam als moͤglich, toͤdtete den Weiſer, da denn das beſtuͤrzte Volk ſeiner alten Stelle zu eilet, und ſich mit dem Korbe, der mit ihm einerley Geruch hat, vereiniget.
Hr. Frenzel erfand, ſo wie Palteau in Metz, Scheiben zu Verſchließung der Stoͤcke und Koͤr - be, oder verbeſſerte vielmehr die palteauiſchen. Sie heißt von ihm die frenzeliſche verbeſſerte Flugſchiene. Sie iſt von Blech, und wird vor dem Flugloche angebracht, um daſſelbe imSom -414Sommer groß, zur Taubzeit, d. i. im Fruͤhjah - re und Herbſte, klein,[und] bey liegendem Schnee gar zumachen zu koͤnnen. So brachte er auch Drohnenklappen bey dieſen Flugblechen an, wo - durch nur Bienen den Ruͤckweg nehmen koͤn - nen, um dadurch den Arbeitsbienen das Toͤdten der Drohnen zu erleichtern. Es erſchienen neue Modelle von Rauchgefaͤßen, Futterkaͤſten und gewiſſen Staͤben zur Tilgung der Drohnen; in - gleichen die ſchirmeriſche Rauchkapſel, bey wel - cher Hr. Riem eine Veraͤnderung am Ventil eines Blaſebalgs anbrachte.
Man machte Verſuche, durch das Thermome - ter die innere Temperatur des Stocks und ihre Verhaͤltniß gegen die aͤuſſere zu finden, um daraus zu beſtimmen, wie ſie ſich nach der aͤuſ - ſern richten, und welcher Grad der aͤuſſern Kaͤl - te erfordert werde, wenn die innere Kaͤlte den Bienen nachtheilig werden koͤnne. Hr. Prof. Sprenger findet in ſeiner Einleitung in die neuere Bienenzucht die Waͤrme eines Stocks 10 reaumuriſche Grade uͤber dem Gefrierpunkte, wenn die Kaͤlte der aͤuſſern Luft drey Grade un - ter demſelben iſt; und Hr. Prof. Lipp zu Frey - burg in Brisgau bemerkte jene ſogar 12 reau - muriſche Grade uͤber 0, da dieſe 10 Grade un - ter 0 zeigte. r)S. 143. S. auch einige nothwendige Cautelen beym Able - gen der Bienen nach dem reaumuriſchen Ther -mometerDie Verſchiedenheit der Beob -achtun -415achtungen macht hier wahrſcheinlich die Dich - tigkeit der Materie, woraus die Bienenwoh - nungen verfertiget ſind. Holz haͤlt die Kaͤlte mehr ab, als Stroh. Um der Kaͤlte willen koͤnnte man alſo ſeine Stoͤcke fuͤglich im Winter an ihrem gewoͤhnlichen Standorte laſſen, und die Bienen wuͤrden in ihrer Betaͤubung, wor - ein ſie die Kaͤlte verſetzt hat, bleiben, ohne an ihrem Leben Schaden zu leiden. Nur in zwey Faͤllen kann ihnen ein großer Grad von Kaͤlte nachtheilig werden, naͤmlich, wenn ſie zu ſchwach an Volke ſind, und ihre Wohnungen nach Be - ſchaffenheit der Landesgegenden allzuwenig Dich - tigkeit oder eine andere uͤble Beſchaffenheit ha - ben, indem z. B. die Naͤſſe irgendwo hinein - dringt, die den gewiſſen Untergang der Bienen verurſachet.
Hr. Prof. Groscurd ſchlug in dem hannoͤve - riſchen Magazine Mittel vor, zu verhuͤten, daß die Bienenſtoͤcke nicht in einander fliegens)S. Hannoͤv. Magazin v. J. 1766 St. 37.; und Hr. Probſt Stieglitz wies die Bienenwirthe an, die zuſammengeflogenen Schwaͤrme am beſten zu theilen. t)Gemeinnuͤtzige Arbeiten der oberl. Bienengeſ. 1. B. S. 168.Ein ungenannter Deutſcher gab in der[natuͤrlich] wirthſchaftlichen Betrachtung der Bienen einen Bienenfaſſer zum Auffangenderr)mometer v. Wilhelmi. Abhandl. der oberlauſ. Bienengeſ. 4te Samml. S. 109 bis 121.416der Schwaͤrme an, welcher brauchbar zu ſeyn ſcheint. u)Leipzig, 1755. 8.
Man ſuchte das Verfuͤhren der Bienen auf die Weidenbekannter und gemeinnuͤtziger zu ma - chen, da es bisher ſich nur auf einige Gegenden einſchraͤnkte. Es war bisher vornaͤmlich in Poh - len, in der Mark, im Braunſchweigluͤneburgi - ſchen, wo man ſie haͤufig nach der alten Mark, die viel Buchweizen bauet, verfuͤhrt. Es machte ſich vorzuͤglich Hr Spitzner darum verdient;x)S. Spitzners Unterricht, wie man in Sachſen die zahmen Bienen in die Heide oder Wald zur Maſtung fuͤhren ſoll, v. M. Joh. Ernſt Spitz - ner. Paſt. zu Trebitz im Churkreiſe. S. Schi - rachs Waldbienenzucht S. 213 — 220. Bey den Alten war dieſe Art zu weiden ſehr gewoͤhn - lich. Plinius im 21ſten B. im 12ten Cap. ſagt: So bald als das Fruͤhlingsfutter der Bienen in den unſern Staͤdten nahgelegnen Thaͤlern zu mangeln anfaͤngt, ſo bringt man die Stoͤcke in Boote oder Kaͤhne, und fuͤhrt ſie in der Nacht Strom aufwaͤrts, um beſſere Nahrung fuͤr ſie ausfindig zu machen. Die Bienen fliegen hier - auf ſogleich den folgenden Morgen aus, ſie zu ſuchen, und kehren mit der gefundenen Beute nach den Booten zuruͤck. Wan ſetzt dieſes ſo lange fort, bis das Sinken des Bootes bis auf eine gewiſſe Tiefe im Waſſer anzeigt, daß die Stoͤcke hinlaͤnglich voll ſind. Man fuͤhrt ſie hierauf zu ihrer Heimath zuruͤck, wo man den Honig ausnimmt. Hr. v. Montfort ſagt, daß dieſe Art noch bey den Italiaͤnern, die an demPoſein417ſein Vorſchlag beſtehet darinne. Er nimmt zu jedem Stocke ein viereckig grobes leinenes Tuch gegen fuͤnf Viertel breit. In jedem Ende deſſel - ben ſteckt ein hoͤlzerner zugeſpitzter Pflock, wo - mit er es zuſammen drehet, und an den vier Seiten des Korbes befeſtiget, auch uͤberdieß ei - nen Bindfaden herum bindet. Vor die Flug - loͤcher macht er die engen Schieber, und ſchafft ſie auf einem ordentlichen Aerndtewagen mit hohen Leitern fort, welchen er mit ein paar Wagen - koͤrben ausſetzet. Er fuͤllet dieſe eine halbe Elle hoch mit Stroh, ſetzt zwey oder drey Koͤrbe neben einander, und ſtopft immer Stroh dar - zwiſchen, damit ſie im Fahren nicht wanken. Auf einem ſolchen Wagen koͤnnen auf dreyßig Koͤrbe fortgebracht werden. Man packt ſie des Abends auf, und faͤhrt in der Nacht oder ge - gen Morgen, nachdem es weit iſt, damit fort. Sind ſie an Ort und Stelle, ſo ſetzt man ſie in die angewieſenen Huͤtten, und oͤffnet die Flugloͤ - cher, laͤßt aber die Tuͤcher daran, bis man ſie wieder abholt. Der Aufſeher beſorgt die Huͤt - ten, ſchafft das Noͤthige an, haͤlt Regiſter, worein er die Zahl der Koͤrbe nebſt eines jeden Namen ſchreibt, wacht des Nachts dabey, giebt am Tage Achtung auf die Rauberey, und verſtreicht die Stoͤcke, welche angefallen wer -den,x)Po wohnen, gewoͤhnlich ſey. Und Maillet in ſeiner Beſchreibung von Aeaypten verſichert das Naͤmliche von den Aegyptiern.D d418den, oder richtet den Schieber darnach. Nimmt die Weide ab, ſo muͤſſen ſie bald abgeholt wer - den, weil ſonſt der ſtaͤrkere den ſchwaͤchern Stock anfaͤllt.
Hr. Hornboſtel, ehemals Pfarrer zu Doͤvern in der Grafſchaft Hoya und nachher zu Ham - burg, machte in eben dem Jahre 1743, da Thorley in England das Ausſchwitzen des Wach - ſes an den Bienen entdeckte, auch dieſe eigene Entdeckung, und beyde machten ſie zu einerley Zeit bekannt. y)S. Hamburgiſche Bibl. II. B. S. 45. Hamb. Magazin B. 9. S. 367. wo ſie Hr. P. Kruͤger beſchrieben, auch in der Samml. zur Bienen - zucht von Hrn. Hofr. Kaͤſtner; Abhandlungen und Erfahrungen der O. L. B. G. vom Jahr 1767. S. 3 bis 20.Er bemerkte vornehmlich im Julius bey den Bienen, daß der Hinterleib zu - weilen weiß ſey; und dieſes war die Gelegen - heit, daß er die erſte Erfahrung machte, daß die Bienen das Wachs unter dem Bauche tra - gen. z)S. Arbeiten der Oberl. Churſaͤchſiſchen Bienen - geſellſchaft 1776. 2ter B. S. 79.Er fand vornehmlich zur beſten Nah - rungszeit unter ihren Schuppen weiße Blaͤtt - chen. Er fand nach genauern Unterſuchungen, daß die Bienen das Wachs allemal aus den ſechs Ringen ſchwitzen, die ſie unter dem Leibe haben, wenn ſie es noͤthig haͤtten - Er ruͤckte ſeine Bemerkung in die vermiſchte Hamburgi - ſche Bibliothek ein, wo er ſich aber unter demNa -419Namen Melittophilus Theoſebaſtus verbarg; er entdeckte ſich nachher, und bekraͤftigte ſeine Erfindung mit Widerlegung einiger Einwendun - gen, die ihm vom Hrn. Probſt Stieglitz in Pa - ſewalk waren gemacht worden. Eben dieſe Entdeckung machte auch Hr. Prof. Kruͤger in Helmſtaͤdt. a)Im Hamb. Magazin 9ter B. S. 367. Die Streitſchrift zwiſchen ihm und dem Hrn. Probſt Stieglitz zu Paſewalk in Pommern. ſ. Abhandlung der Oberlauſitzer Bienengeſellſchaft v. 1767. S. 1. 20.Und ſo hat Deutſchland die Ehre, eine Erfindung in Anſehung der Ent - ſtehung des Wachſes gemacht zu haben, wor - nach die Naturforſcher und Oekonomen uͤber tauſend Jahre ſtrebten; und wenn ſie auch Thorley zu gleicher Zeit kannte, ſo entziehet die - ſes doch der deutſchen Erfindung nichts. Es fließen aus dieſer Entdeckung ſelbſt fuͤr die Oeko - nomie wichtige Vortheile, welche Hr. D. Kruͤ - nitz angegeben hat, und die vornehmlich darin - ne beſtehen, daß man bey der Bienenzucht dar - auf ſehe, daß ihre Werkſtatt warm ſey, weil das Wachs ausſchwitzen muß, daß aus dieſe. Urſache das zu fruͤhe Zeideln nicht rathſam ſeyn koͤnne, weil zu Ausſchwitzung des Wachſes noth - wendig auch die aͤuſſere Luft erwaͤrmt ſeyn muß. Es erhellet daraus, warum zu ſchwache Stoͤcke nicht gedeihen, da ſie nicht warm genug inwendig ſind. Sollte ſich hier nicht laſſen dadurch Verbeſ - ſerung anbringen, daß man mit Anwendung desD d 2Ther -420Thermometers ihnen von auſſen dieſe Waͤrme zu geben ſuchte, die ein gutbeſetzter voller Stock hat, wenn nehmlich nicht noch andere Umſtaͤn - de die ſchwachen Stoͤcke zu Grunde richteten? wie - wohl auch da z. B. der zu viele leere Raum der Behaͤltniſſe, wenn die Stoͤcke ſchwach ſind, und ſie abſchrecken koͤnnte von dem Baue, leicht durch Blenden oder Verkleinerungen der Stoͤ - cke weggeſchaft werden koͤnnten. Ich will hier nicht erſt das beruͤhren, was ſich daraus fuͤr die Geſundheit des Wachſes ſelbſt folgern ließe.
Hr. Wilhelmi zu Diehſa, jetziger Sekretair der O. L. B. G. machte ſich ſonderlich verdient um die Beſtimmung des Nachtheils, den der leere Raum in Bienenſtoͤcken verurſachet. Er berechnete in den Sammlungen der Oberlauſi - tzer Bienengeſellſchaftb)B. 1. S. 36 und 49. ſ. in Riems Bienenbiblio - thek 2te Lieferung S. 154. den innern Raum der Bienenſtoͤcke verſchiedener Behaͤlter, zeigte das Schaͤdliche der zu großen Wohnungen, und daß unter allen die Klotzbeuten am groͤßten und nach - theiligſten in dieſer Ruͤckſicht waͤren. Er zeigt, daß ein allzu großer Raum dieſe arbeitſamen Inſecten feig und kleinmuͤthig mache, und ſie im Winter gegen die Kaͤlte nicht genugſam ſchuͤtze. Er ſchlug daher vor, die Beuten mit Blenden zu verbeſſern, wodurch die leer geblie - benen Plaͤtze in denſelben verdeckt wuͤrden, undſie421ſie alſo die nachtheiligen Folgen fuͤr die Bienen nicht haͤtte. c)Abhandlungen und Erfahrungen der O. L. B. G. v. 1766. S. 36 bis 49. ingleichen vom J. 1767. S. 63 bis 76.
Man entdeckte viele nuͤtzliche Kunſtgriffe bey dem Zeideln. d)Hr. Probſt Stieglitz hat ſie beſchrieben in den Arbeiten der Churſaͤchſiſchen O. L. B. G. 2ter Theil, S. 68.Der Hr. Probſt Stieglitz in Paſewalk ſetzt ſeine Koͤrbe auf einen Tiſch, und ſtellt indeſſen einen leeren Korb an deſſen Stel - le, damit die beunruhigten Bienen an ihre alte Stelle fliegen, und ſo den Zeidler weniger beun - ruhigen. Hr. Spitzner zu Trebitz ließ ein Ge - ſtelle bauen, wo ein Korb aufrechts zum be - ſchneiden einpaßt, und ſchneidet in einer Ent - fernung von zwoͤlf Schritten von dem Bienen - ſtande. Hr. Riem laͤßt nicht nur beym Zei - deln, ſondern bey jeder andern Arbeit den Stock etwas entfernt von ſeinem Flugorte wegtragen, und ſo lange die Arbeit dauert, einen leeren Stock auf die alte Stelle ſetzen, welches der ſicherſte Weg iſt, jede Arbeit ohne Nachtheil der Bienen vorzunehmen. Bey den Magazin - ſtoͤcken iſt man des Ausſchneidens uͤberhoben, und es bedarf nur eines Auf - und Unterſatzes.
Man hatte in den neuern Zeiten uͤber die in - nere Einrichtungen der Bienen verſchiedene Theorien, ſowohl in Anſehung ihrer Regierung als Zeugung. Man berichtigte aber durch ge -D d 3naue422naue Beobachtungen gewiſſe angenommene Grundſaͤtze, und hob gewiſſe Vorurtheile auf. Was die erſte betrifft, ſo halten einige den Wei - ſel fuͤr eine unumſchraͤnkte Koͤniginn, die nur Befehle ertheile, und auf ihrem Throne im obern Theil des Stocks eine deſpotiſche Herr - ſchaft fuͤhre. Gleichwohl haͤngt der innere Bau des Stocks nicht von der Koͤniginn ab, weil ein junger Ableger bauet und arbeitet, ehe noch eine Koͤniginn da iſt; eben ſo wenig haͤngt das Einſammeln des Honigs, die Bebruͤtung, die Bewahrung und Vertheidigung des Stocks nicht von der Bienenmutter ab, weil dieſes al - les die jungen Ableger ohne Koͤnniginn verrich - ten; ſo haͤngt ferner die Toͤdtung der Dronen nicht von der Koͤniginn, ſondern von der re - publicaniſchen Verfaſſung des Bienenſtaats ab, und eben ſo wenig die Duldung der Dronen bey einem weiſelloſen Stocke.
In Anſehung ihrer Zeugung hat man ver - ſchiedene Theorien. Ich uͤbergehe die Fabeln, da man aus faulenden Stieren Bienen entſte - hen ließ; ſie herrſchte haͤufig bey den Alten, iſt aber in neuern Zeiten verſchwunden, da man die Naturlehre und Naturgeſchichte naͤher un - terſuchte und ſtudierte.
Eine andere Theorie war diejenige, da man annahm, die Koͤniginn ſey von unbeſtimmtem oder maͤnnlichem Geſchlecht, und lege keine Eyer,die423die Dronen waͤren Maͤnnchen,e)Einige Zweifel dagegen findet man noch in den Abhandl. und Erfahrungen der O. L. B. G. vom J. 1767. S. 20 bis 25. die Arbeits - bienen aber die Weibchen. Fuͤr dieſe Mey - nung ſchien ſich vor kurzem noch Hr. Hoͤlſcher zu beſtimmen, ob er gleich in der Folge davon abgegangen zu ſeyn ſcheinet. „ Ich glaubte ſonſt, ſagt er, daß der Weiſer das Weibchen ſey, das alle Eyer zu Bienen und Drohnen ſetze: al - lein oft wiederholte Bemerkungen lehrten mich ein anderes. Ich fand in einigen Koͤrben, ſo ich nach dem Schwaͤrmen hoch beſchnitten, daß ſie bey dem haͤufigen Volke nicht neue Schei - ben machten, ſondern an dem geſchnittenen Werk Weiſerzellen geſetzt hatten. Ich ſahe in ſolchen nicht ein, ſondern zwey bis drey Eyer angeſetzt, die aber nicht zum Leben kamen, ſon - dern abgefreſſen wurden. Dieſes wiederholte derſelbe Korb einigemal, und in der Folge ſahe ich, daß er weiſerlos war. Da ich nun allezeit ſolche Bienen weiſerlos fand, ſo fragt es ſich, da man immer glaubt, der Weiſer allein ſetze die Eyer, in den Koͤrben aber war kein Wei - ſer vorhanden, woher alſo die Eyer? Es muͤßten alſo die Bienen die Eyer ſetzen, und daß dieſe nicht junge gebracht, ruͤhre daher, weil der Weiſer ſie nicht befruchtet. “ Er hielt alſo den Weiſer fuͤr das Maͤnnchen, und die Bie - nen fuͤr Weibchen. Allein in der Folge wurde er auch von der Theorie, daß die KoͤniginnD d 4weib -424weiblichen Geſchlechts ſey, durch Schwammer - dam und Reaumur uͤberzeugt. f)Die nehmliche Meynung ſucht Zehnpfennig zu vertheidigen, ſ. Riems Bienenbibl. 3te Lief. S. 353. wo er zurecht gewieſen wird.
Hr. Steinmetz, welcher phyſikaliſche Unter - ſuchungen uͤber das Geſchlecht der Bienen an - ſtellete, will nach ſeiner Schrift vom J. 1780. vier Arten unter denſelben finden, die er folgen - dermaßen benennt. Er theilt ſie ein in die Bie - nenkoͤniginn, Arbeitsbienen, Thronenmaͤnn - lein und Thronenkaͤmmerlinge.
Er hatte ſchon im J. 1776. ſein Syſtem in der erſten Lieferung der Riemiſchen Bienenbi - bliothek bekannt gemacht, und es auf zwey Ge - ſchlechtstafeln auseinander geſetzt. Er nimmt daſelbſt auf der erſten an; die Koͤniginn oder große Bienenmutter begatte ſich mit den Ar - beitsbienenmaͤnnern, und lege immer maͤnnli - che Eyer, die den Vaͤtern aͤhnlich ſeyn, und weibliche, die den Muͤttern gleich ſeyn muͤßten. Kaͤmen die maͤnnlichen Eyer in groͤßere Zellen, ſo koͤnnten ſie zu großen Bienenmaͤnnern erwach - ſen, wenn Keim, Stoff und Anlage zu einem großen Bienenmann im Eye vorhanden waͤre; da aber nur kleine Arbeitsbienenmaͤnner erſchie - nen, muͤßte man annehmen, daß der Keim nur zu kleinen Arbeitsbienenmaͤnnern vorhanden waͤ - re; kaͤmen die weiblichen Eyer in große Zellen, und erhielten ſie angemeſſene Nahrung, ſo muͤß -ten425ten große Bienenmuͤtter oder Koͤniginnen ent - ſtehen, im Gegentheil kleine Bienenweiblein oder Dronenmuͤtter. Die Dronenmuͤtter be - gatten ſich nach ſeiner Theorie mit Dronen - maͤnnlein, und legen nichts als Droneneyer, welche entweder wegen Mangel groͤßerer Zellen oder durch die Bienenoͤkonomie in kleinere Zel - len kommen, und ſich nicht ſo entwickeln koͤnnen, wie es ihre erſte Anlage erforderte; dieſe wuͤr - den natuͤrliche Dronenvoͤgel, nur nicht ſo groß, wie ihre Vaͤter; kaͤmen ſie aber in ordentlichen Dronenzellen, die ihrer Natur und Anlage ge - maͤß ſind, ſo entſtehen große Dronenvoͤgel, die auch wahre Maͤnnlein ſind. Die kleinen Dro - nen nennt er Dronenkaͤmmerlinge. Er ſuchte dieſes Syſtem, wie ich ſchon oben erinnert ha - be, im J. 1780 weiter auszufuͤhren, und ge - gen die gemachten Erinnerungen zu retten, weil man ihm viel wichtige Einwuͤrfe entgegen ſetzte.
Die jetzt herrſchende und der Erfahrung und Beobachtungen nach wahre Theorie iſt diejeni - ge, welche vornaͤmlich durch die Reaumuriſchen Bemerkungen begruͤndet wurde: Reaumur ſa - he naͤmlich die Begattung der Dronen mit der Bienenmutter oder ſogenannten Koͤniginn, wel - ches auch Hr. Riem beobachtete; und der Ver - faſſer der Anmerkungen zur Verbeſſerung der Bienenzucht in Sachſen, welche 1773 erſchie - nen, beſchreibt dieſe Begattung, welche er auch bemerkte, ausfuͤhrlich. Neuerlich haben Hr. Wilhelmi und Vogel dieſe Theorie ausfuͤhrlichD d 5in426in Schriften beſtaͤtiget. g)S. die Abhandl. und Erfahrungen der O. L. B. G. v. J. 1770. und 1771. S. 2 bis 23 und eben daſelbſt S. 30 bis 48 Anleitung zu ei - ner neuen Entdeckung in Anſehung des Ur - ſprungs der Drohnen, und daß dieſelben wahr - ſcheinlich von Arbeitsbienen kommen.Reaumur zeigte in ſeiner Schrift uͤber die Bienen den doppelten Eyerſtock der Bienenmuͤtter, obgleich auch ſchon Schwammerdam denſelben bekannt ge - macht hatte. Er behauptet alſo, daß der ſo - nannte Weiſer, oder eigentlicher zu reden, die Bienenmutter, weiblichen Geſchlechts ſey, daß die Dronen die wirklichen Maͤnnchen in den Stoͤcken ſind, und daß ihre Beſtimmung die Begattung iſt. Er beweiſt dieſes aus der bey der Section bey ihnen angetroffenen milcharti - gen Feuchtigkeit und aus den Liebkoſungen der andern; wie auch dadurch, daß er die Begat - tung wirklich mit angeſehen; wodurch er den Schwammerdam wiederlegte, welcher glaubte, die Koͤniginn werde blos durch die Ausduͤnſtun - gen der Dronen befruchtet.
Aus dieſen und andern Beobachtungen ent - ſtunden folgende Grundſaͤtze: Die Koͤniginn iſt eine vollkommne Mutterbiene, und legt lau - ter weibliche oder koͤnigliche, und maͤnnliche oder Droneneyer, davon die erſtern alle zu vollkom - menen Bienenmuͤttern werden koͤnnen, wenn ſie noͤthig ſind, im Gegentheil aber alle unvoll - kommene Bienenmuͤtter oder Arbeitsbienen wer -den,427den, und daß auch dieſe letztern Eyer legen, aber blos Droneneyer, welches ſonderlich Hr. Riem behauptete. h)Bienenbibl. 3te Lieferung S. 370.
Man dachte auch auf die Unterhaltung der Bienen im Winter, theils um die Huͤlfsmittel, wodurch ſie befoͤrdert wird, zu vermehren, theils ſie ganz entbehrlich zu machen. Zu dem letztern Endzwecke ſuchte man die in England verſuchte Art, die Bienen in einen Schlum - mer durchs Vergraben zu bringen, die in Deutſchland laͤngſt bekannt geweſen, in Deutſch - land vom neuen wieder auszubreiten. Dem gewoͤhnlichen Vorgeben nach giebt man dieſes als eine neue Erfindung der Englaͤnder an, da doch die Deutſchen es lange kannten, und es ihnen ſchon Coler in dem vorigen Jahrhunderte lehrete. Es wurde dieſes ſonderlich naͤher un - terſucht bey Veranlaſſung der Frage im Leipz. Intell. Bl. v. 1770. ob die Art, die Bienen im Winter ſchlafen zu machen, die in England bekannt geworden, auch im Churkreiſe bekannt ſey, auf welche 1771. im 8 St. geantwortet wurde. Im Luͤneburgiſchen, in der Mark, und auf dem Saͤchſiſchen Flaͤming iſt das Ver - graben ſeit langer Zeit gewoͤhnlich. i)Abhandlungen und Erfahrungen der phyſtkal. oͤkonomiſchen Bienengeſellſchaft, 2ter Theil, S. 200 und 201.Allein die meiſten Bienenvaͤter verwarfen nicht ohne Grund dieſe Art, da Schimmel und allerhandandere428andere Nachtheile von Motten und Maͤuſen da - durch entſtehen koͤnnen, zumal da das Aufbe - wahren in einem kuͤhlen Gewoͤlbe, wo ſie Nie - mand aufſtoͤrt, und die Abwechſelung der Luft ſie nicht treffen kann, den naͤmlichen Vortheil verſchaffet, wie ſonderlich die Oberlauſitziſche Bienengeſellſchaft dargethan hat. Dieſe Bie - nengeſellſchaft unterſuchte auf Veranlaſſung der Churſaͤchſiſchen Regierung dieſe Mittel, und gab ſelbſt von dem Erfolg der Sache naͤhere Nachricht. k)Ebendaſelbſt. 205.Aus den angeſtellten Erfah - rungen zog man folgende Regeln: 1) Es darf das Einſperren nicht zu zeitig geſchehen, ſon - dern erſt, wenn die kalte Luft anhaltend wird, in der Mitte des Novembers.
2) Sie duͤrfen an keinen Ort gebracht wer - den, unter dem geheizt wird, welches ihnen die Ruhr braͤchte.
3) Es darf keine Sonne an den Ort kom - men, ſonſt werden ſie unruhig, und fangen an zu brauſen.
4) Sie muͤſſen nicht zu lange ſtehen, ſon - dern man muß ihnen, wenn die Witterung zu Anfang des Maͤrzes gut iſt, Freyheit geben, weil ſie da ſchon ſtarke Anſtalt zur Brut ma - chen, und der laͤngere Verſchluß leicht Spat - ſchwaͤrme verurſacht; auch iſt das zu lange Ein - ſperren ſchaͤdlich wegen der natuͤrlichen Reini - gung, und auch, weil leicht die Ruhr entſteht.
5) Es4295) Es muß endlich jeder wieder an den Ort, wo er im Herbſte geſtanden, gebracht werden, weil ſie keinen andern als den alten Flug neh - men. Gleichwohl iſt nicht zu laͤugnen, daß auch unter dieſen Bedingungen das Vergraben vieler Vorſicht beduͤrfe, da nach den Bemer - kungen des Gelieu bey aller Vorſorge doch die Ruhr dadurch entſtehen koͤnne, die Bienen oͤf - ters erſticken, und von Maͤuſen oder andern ſchaͤdlichen Thieren und Inſecten die Stoͤcke zu Grunde gerichtet werden. Es iſt daher um deſto weniger allgemein anzurathen, je mehr ſich beſtaͤtiget, daß ein kaltes Behaͤltnißl)Wovon man Erfahrungen findet in den Arbei - ten der O. L. B. G. 2ter Theil, S. 104 und 105. eben daſſelbe wirke, nur muß es gehoͤrige Luft haben, und nicht feucht ſeyn. An vielen Orten gehet es gar nicht. Iſt z. B. der Boden nicht ſan - dig, ſondern das Erdreich naß und quellen - reich, ſo iſt das Vergraben durchaus abzura - then. Die Vernachlaͤßigung der angefuͤhrten Regeln und Umſtaͤnde iſt unſtreitig die Urſa - che, daß ſo viel Verſuche mißlungen, da hinge - gen andere bey mehrerer Aufmerkſamkeit gluͤck - ten. Hr. Eyrich war mit dem Vergraben nicht gluͤcklich, da es hingegen dem Hrn. Paſtor Oberbeck unter den noͤthigen Vorſichtsregeln gluͤckte. m)Arbeiten der Churfuͤrſtl. Saͤchſiſchen B. G. in der O. L. 2ter B. v. 1776. S. 88.Nach dem Hrn. Kruͤnitzn)Encyclopaͤd. IV. S. 683. fielendie430die erſten Verſuche im Fraͤnkiſchen gluͤcklich, im Luͤneburgiſchen hingegen ſchlecht aus. In dem Fraͤnkiſchen hatte ein ſchlechter Bienenſtock, wel - cher 15 Pfund mit Korb und Bret wog, als er in die Erde vergraben wurde, nach 99 Ta - gen, da er im Keller geſtanden, 1 Pfund ab - genommen; er war friſch und munter, und das Gewirk hatte keinen Schimmel. Im Hannoͤ - veriſchen wurden am Ende des J. 1768. zwey der leichteſten Koͤrbe, welche etwa 20 bis 22 Pfund ſchwer waren, deren Honigvorrath man auf 10 bis 12 Pfund ſchaͤtzte, vergraben, wo - bey man die Regeln des Hrn. Weſtphals in den Zelliſchen landwirthſchaftlichen Nachrich - ten beobachtete. Man grub ſie an einen hohen trocknen und ſandigen Ort ein, ſo daß das Loch einen halben Fuß tiefer als der Bienenkorb hoch war, man legte unten auf dem Boden Stroh, ſetzte die Koͤrbe mit verſtopftem Flugloche dar - auf; und belegte es uͤberall mit Stroh. Man bedeckte ſie hierauf mit 1 Fuß hoher Erde, da - mit ein Huͤgel entſtand, daß das Waſſer ab - lief. Die Koͤrbe waren uͤber die Haͤlfte leer, und mußten ausgefuͤllet werden. Man that dieſes bey dem einen mit Heu, bey dem andern mit Hopfen.
In dem erſtern waren bey dem Ausgraben im Maͤrz alle Bienen todt, und der Vorrath aufgezehrt. In dem andern war nur ein Theil derſelben todt. Wahrſcheinlich hatte das Heu die Waͤrme vermehrt, daß die Bienen erwach -ten,431ten, ihren Vorrath ununterbrochen aufzehrten, und nun umkamen. Ueberhaupt iſt es wahr - ſcheinlich, daß das Stroh, Heu und andere dergleichen Dinge, womit man die Stoͤcke um - legt, mehr Feuchtigkeiten an ſich ziehe, oder auch zu ſehr erwaͤrme, und dadurch dem Zwe - cke mehr entgegen ſey, und den Bienen ſchade. Daher es beſſer ſcheint, ſie frey in die Erde zu ſetzen, ohne ſie mit Stroh zu umlegen.
Ein anderer Verſuch eines Mitglieds der Fraͤnkiſchen Bienengeſellſchaft verungluͤckte eben - falls. Drey vergrabene Bienenſtoͤcke grub man aufgezehrt aus, und die Bienen waren todt. Auch in Sachſen machte man neuerlich Verſu - che mit dem Vergraben. Hr. Neidhart ſuchte durch Verſuche den Werth des Vergrabens in die Erde und des Einſetzens in kalte Kammern gegen einander zu beſtimmen. Er vergrub da - her 1772 am 28 Nov. einen Stock von zwey Koͤrben. Er wog 31 Pfund. Er ſetzte ihn in ein Faß, ſchuͤttete unten einen Fuß hoch Er - de, ſetzte den Stock darauf, uͤberſchuͤttete ihn bis etwa zwey Spannen hoch mit trockner Er - de; ſtellte dieſes Faß in dem Eingang ſeines Kellers, und ließ es bis zum 22 Febr. 1773. ſtehen. Einen andern Bienenſtamm von 17 und ½ Pfund ſetzte er den 22 Dec. 1772 blos in ein Faß in eine kalte Stube, deckte den De - ckel darauf, verſtopfte den Spund, und ließ den Stamm ſo im Dunkeln bis zum 22 Febr. 1773. Den erſten fand er beym Abwiegen nach demHer -432Herausnehmen 30 ½ Pfund ſchwer. Er rech - net 1 Pfund auf den angelegten Schimmel, den man fand, und alſo hatte ſich der Stock binnen der Zeit auf 1 und ½ Pf. abgezehrt; ſie waren nicht ſo munter, wie die auf dem Stande ge - bliebenen, noch auch wie die, deren Stock blos im dunkeln Faſſe ohne Erde in der kalten Stu - be geſtanden, und auf dem Brete fanden ſich an 300 Todte. Der andere Stamm, der blos im dunkeln Faſſe ohne Erde und in der kalten Stube geſtanden, wog, da er ihn aus dem Faſſe nahm, 15 Pf. er hatte alſo in zwey Mo - naten 2 und ½ Pf. abgenommen, und auf dem Brete waren an 800 todte Bienen, die uͤbrigen aber flogen munterer als als bey dem er - ſten. Endlich wog er auch einen Stamm, der auf dem Stande geblieben, der an Gewicht und Staͤrke jenen faſt gleich war. Er fand die - ſen vom November 1772 bis den 22 Febr. 1773 um 4½ Pf. leichter.
Hr. Neidhart fand ferner, daß Staͤmme, die mit Flachsbollen bedeckt waren, mehr zehr - ten, als die mit Erde uͤberſchuͤtteten. Hr. Ey - rich bemerkte, daß ein in den Heuſtock begra - bener Bienenſtamm in 36 Tagen 4½ Pf. gezeh - ret, da ein in die Erde vergrabener in 99 Ta - gen nur um 1 Pf. abgenommen. Aus dieſen Verſuchen und Beobachtungen flieſſen folgende Regeln, theils zur Beſtimmung des eigentli - chen Werths des Vergrabens, theils zu dem kluͤglichen Verfahren bey demſelben, daß dieBie -433Bienen unter der Erde ſich wirklich erhalten, und nicht erſticken, auch nicht ſo viel zehren, als in gelinden Wintern und bey veraͤnderlichem Wetter uͤber der Erde; nur muͤſſen ſie nicht durch Stoßen und Erſchuͤtterungen oder zu oͤf - ters Nachſehen beunruhiget, noch auch mit Din - gen, die leicht und ſehr hitzen, bedeckt werden. Man kann ſie theils in die freye Erde vergra - ben, theils aber auch in einem Faſſe mit Erde ausgefuͤllt und bedeckt aufbehalten. Da aber Hr. Neidhart von 14 in die Erde vergrabenen Staͤmmen nur 2 lebendig wieder heraus bekam, ſo iſt es in Faͤſſern ſicherer, als in der freyen Erde, wegen der Feuchtigkeiten und der zu fuͤrchtenden Waſſeradern. Man muß nicht ſol - che Bienen vergraben, die zu wenig Vorrath haben, weil noch nicht ausgemacht iſt, daß ſie in der Erde gar nicht zehrten; wenigſtens muͤſ - ſen ſie ſo viel haben, daß ſie, bis ſie zur Ruhe kommen, zehren koͤnnen; allein ihnen Nah - rung unter den Korb zu ſtellen, macht ſie zu lange unruhig, weil es ſie immer von ihren Ru - heplaͤtzen herab zu dem Orte der Nahrung reizt. Die Staͤmme zehren nicht ſo viel, wenn ſie ganz mit Erde uͤberſchuͤttet ſind, als wenn ſie zwi - ſchen Pfaͤhlen, die mit einem Brete bedeckt ſind, hohl ſtehen, weil da die Luft eher veraͤndert wer - den kann. Eben dieſes iſt auch der Grund, warum die in dunkle kalte Kammern eingeſetzten und die auf dem Stande bleibenden mehr zeh - ren, als die in der Erde vergrabenen. DieE eBie -434Bienen, die im Winter in kalten Kammern oder auf dem Bienenſtande geblieben, ſind im Fruͤhjahre munterer, als die vergrabenen, wel - ches unſtreitig von der beſſern Luft, die ſie um - gab, herruͤhrt. Bey den vergrabenen Bienen koͤnnen die Maden leichter die Oberhand gewin - nen, als bey den im Freyen geſtandenen, wo die Kaͤlte die Maden nicht aufkommen laͤßt, und haͤufig ihre Eyer verderbt. Auſſerdem koͤnnen die Feuchtigkeiten der Erde bey dem Vergraben den Bienen leicht nachtheiligen Schimmel ver - urſachen, und gar toͤdtlich werden. Das gaͤnz - liche Austrocknen der Erde an der Sonne oder am Ofen vorher anzurathen, waͤre eine etwas muͤhſame Arbeit. Ueberhaupt koͤmmt es bey einem ſolchen Mittel, daß das Zehren der Bie - nen im Winter verhindern, oder doch ſo ſehr als moͤglich verringern ſoll, darauf an, daß man die Bienen durch eine beſtaͤndig kalte, jedoch ge - ſunde und reine Luft in ſtetem Schlummer er - halte, die Abwechſelung der aͤuſſerlichen Luft und alles Getoͤſe ausſchließe, damit ſie nicht er - wachen. Daher ſcheint die Behandlung des Hrn. Kreiſig in Eilenburg beſſer als das Ver - graben zu ſeyn, welche dahero auch hier in einer pragmatiſchen Geſchichte angefuͤhrt zu werden verdient. o)Wittenb. Wochenbl. v. 1773. St. 16. S. 122.Er ſtopfte einen, nur bis zur Haͤlfte herunter bebaueten, ſtehenden Korb mit trocknen leinenen Tuͤchern bis herunter feſt aus, ſetzte ihn auf ein dazu verfertigtes etwas groͤße -res435res Bret als die Peripherie des Korbes war, ſchmierte nicht allein den Korb auf das Stand - bret an, ſondern auch die Flugloͤcher feſt mit gutem Lehm zu. Ja, er ſtuͤrzte noch ein tuͤch - tiges Faß daruͤber, woraus der eine Boden ge - nommen war, und ſchmierte es ebenfalls feſt an. Den 26. Nov. 1772 ward dieſer ſo feſt als moͤglich verfertigte, und voͤllig verklebte Bie - nenkorb in das Kaͤmmerchen ſeiner Gartenſtube eine Treppe hoch geſetzt, welches kaum 1 ½ Ellen ins Gevierte weit war, und welches voͤllig ver - finſtert und hernach verſchloſſen ward. Den 28 Febr. 1773 brachte er ihn bey damals ein - getroffenen ſchoͤnen Witterung, wieder an ſeine alte Stelle im Bienenhauſe, nachdem er weder vorher, noch bey Abnehmung des Faſſes, noch auch bey einem ziemlichen Stoße, den gering - ſten Laut gehoͤrt hatte. Er packte hierauf die Lappen wieder aus, eroͤffnete das Flugloch, und ſah, daß dieſer Korb ſich faſt munterer als ſei - ne uͤbrigen zeigte. p)Ueber den Werth des Vergrabens ſ. Witten - bergiſches Wochenbl. v. J. 1768. S. 393 bis 395. ingleichen St. 6. v. J. 1769. S. 45. v. J. 1775. S. 107 und 108. Die Arbeiten der Oberlauſitzer Bienengeſellſchaft, 2ter B. 1776. S. 89.Kruͤnitz Oek. Encycl. IV. S. 687.Das Vortheilhafteſte dabey war: 1) daß dieſer Korb den 28 Febr. noch ſo ſchwer war, als den 26 Novemb. des vorigen Jahres, welches er, ſo gut er konnte,E e 2mit436mit einer Cylinderwage unterſuchte; 2) daß er wenig und lange nicht ſo viel Todte hatte, als die uͤbrigen Koͤrbe; und 3) daß das Gebaͤude deſſelben recht ſehr gut und unbeſchlagen geblie - ben war. q)Ueber das Vergraben der Bienen haben wir ſonderlich auſſer dem Wittenbergiſchen Wochen - blatt am angefuͤhrten Orte noch das Hannoͤv. Magazin v. J. 1770. im 90ſten St. und die Schriften eines Pratje, Eyrichs, Schrebers, Weſtphals. Die Wallachiſche Art, die Bienen auszuwintern ohne vieles Futter, iſt beſchrieben in den Arbei - ten der Churfuͤrſtl. Saͤchſiſchen Bienengeſell - ſchaft in der Oberlauſitz zweyter B. 1776. S. 29 f. wo aus dem Antonio del Chiaro Fiorentino, deſſen Geſchichte von den letzten Veraͤnderun - gen in der Wallachey vom J. 1718. leſenswerth iſt, vornehmlich aus dem erſten Theil, der von der natuͤrlichen Beſchreibung des Landes han - delt, auch von der Bienenzucht Nachricht gege - ben wird, die um deſto wichtiger iſt, da es ei - ne an die wilde Bienenzucht graͤnzende Art iſt, und die Ausfuhr des Wachſes, und die Men - ge Honig, die nach der Tuͤrkey gehet, ſehr be - traͤchtlich iſt.
Man ſuchte das Zehren der Bienen im Win - ter auch noch auf eine andere Art zu hindern, nehmlich indem man ſie durch gewiſſe Dinge in einen kuͤnſtlichen Schlaf zu bringen ſuchte.
Man ſchlug verſchiedene Mittel deshalb vor. Hr. Schuͤtz aus Luͤneburg gab die Wurzel derErd -437Erdnuͤſſe zum Einſchlaͤfern der Bienen an,r)Nach Linne’ Latyrus eſculentus arvenſis, oder nach dem Hrn. v. Haller Latyrus foliis binatis oculis radice glanduloſa. S. auch Riems Bie - nenbibl. 2te Lief. S. 216. Der Verf. hat es ausfuͤhrlich ſelbſt beſchrieben in den Arbeiten der Churſaͤchſiſchen O. L. B. G. 2ter Theil S. 33 ꝛc. Hannov. Magazin v. J. 1773. St. 58. Einige wichtige Bemerkungen hieruͤder ſ. Wit - tenberg. Wochenbl. v. 1773. St. 38. und legte dieſes Mittel der Oberlauſitzer Bie - nengeſellſchaft vor. s)Sie iſt beſchrieben in den Abhandlungen und Erfahrungen der Oberlauſitzer Bienengeſell - ſchaft 1 Th. S. 191.Es wurde durch den Mercure de France auch auswaͤrts bekannt; allein die Nachrichten von den Verſuchen aus Frankreich und Deutſchland ſind nicht guͤnſtig, wie die angefuͤhrten Beyſpiele in der Riemiſchen Bienenbibliothek lehren. t)S. 299.Nach dieſem Vor - ſchlage ſollten ſie bis in den May ſchlafen. Al - lein ſodann koͤnnen ſie kaum um Jacobi den Vorſchwarm bringen, und wie wird es als - denn um den Nachſchwarm ſtehen? Wenn ſol - len ſie genug Honig und Wachs eintragen, um genugſame Ausbeute zu geben?
Unter den vorgeſchlagenen Huͤlfsmitteln zur Winterfuͤtterung, die die deutſchen Bienenwir - the ſtatt des Honigs, welcher das gewoͤhnliche und ihnen gleichſam von der Natur angewieſeneE e 3Win -438Winterfutter iſt, angaben, waren vornehmlich folgende: abgeſottener und geſchaͤumter Zucker, ſuͤſſes ungehopftes Bier, Syrup, der ihnen aber ſchaͤdlich iſt, und den ſie gar nicht anneh - men, Rahm von ſuͤſſer Milch, Wacholderſaft, Ruͤbenſaft, Pflaumenſaft, Maulbeerſaft, Bir - kenſaft, Moͤhrenſaft, mit welchem man, wie mit dem Syrup, fruchtloſe und koſtbare Ver - ſuche angeſtellt. Man verſuchte auch nach dem Vorſchlage des Hrn. Pf. Kalms klar geriebe - nes Kuͤchenſalz, und andere vegetabiliſche Sal - ze. Zucker allein und lange zur Fuͤtterung ge - braucht, iſt voͤllig ungeſund und ſchaͤdlich, weil die kalkiche Lauge, die ihm feſt macht, ihre Eingeweide zernagt, und eine Schaͤrfe verur - ſacht. Indeß kann man doch dieſe Art zu fuͤt - tern dadurch verbeſſern, daß man Hamburger Zucker ſtatt des Berliner nimmt, und zwar auf 2 Pf. 1 Dresdner Kanne Waſſer, laͤßt es ¼ Stunde aufſieden, nimmt den Schaum ab, und thut das Weiſſe von einem friſchen Ey hinein, welches den Kalk an ſich zieht. Zwey Pfund ſolchen Zuckers geben 2 Kannen Bienenfutter. Einige thun woͤchentlich 1 Loͤffel guten ſpa - niſchen Wein in die Fuͤtterung, andere thun Fenchel hinein, wodurch die Bienen noch mehr angereizt worden. Der Cammerherr von Ro - dewitz vermuthet nicht ohne Grund, daß man weißen Zuckercandi noch ſicherer brauchen koͤnne, weil ihm die vielen ſchaͤdlichen kalkartigen Thei - le fehlen. Hr. Schlacht erhielt ſeine Bienenmit439mit Thomaszucker, den er gehoͤrig geſotten und abgeſchaͤumt hatte.
Noch andere riethen ausgetrocknete Feigen, zerſtoßen und mit Waſſer vermengt, ingleichen Roſinwaſſer und Weinmoſt, welches aber zu koſtbar iſt. In Pommernu)Schrebers Neue Cameralſchriften XI. S. 221. fuͤttert man mit einem guten ſuͤßen Braunbier, das man auf ei - nen Teller einen Strohhalm hoch gießt, 2 Koffee - loͤffel guten reinen Branntwein, und ein wenig reinen oder Jungferhonig darunter miſcht, die - ſes aber mit Stroh uͤberdeckt, daß die Bienen nicht hinein fallen, ſondern es nur ſaugen koͤn - nen. In Sachſenx)Nachtrag zu den Anmerkungen der Verbeſſe - rung der Bienenzucht in Sachſen, Dresden 1774. 8. verſuchte man auch die in Pohlen und Ungarn gewoͤhnliche Brodfuͤtte - rung; welche aus einem halben Pfund Zucker, dem feinſten Weizenmehl und einem Zuſatz von guten Weißhefen, welchen man vorher durch zugegoſſenes Waſſer, das man nach genugſa - mem Herumruͤhren wieder abgießt, die Bitter - keit benommen hat, bereitet wird. Allein wenn man zu dergleichen erkuͤnſtelten Fuͤtterun - gen genoͤthigt iſt, aus Honigmangel, ſo er - folgt der Erfahrung nach auf ſolche Hungerjah - re meiſt Krankheit oder gar Sterben.
Die beſte Nothfuͤtterung iſt noch der kuͤnſtli - che Honig, welchen Hr. Neidhardt aus Bir - nen zuerſt bereitete. Er nimmt hierzu die be -E e 4ſten440ſten Birnen, z. B. die, die man Zuckerbirnen nennt, laͤßt ſie vor dem Keltern 8 Tage in einer luftigen Stube liegen, daß ſie alle Rauhheit ablegen, kocht ſodann den Moſt in einem neuen glaßirten irdenen Topfe an einem gelinden Feu - er, und ſchaumt denſelbigen beſtaͤndig ab, bis der Saft voͤllig rein und hell iſt. Iſt der Moſt bis zur Haͤlfte eingekocht, ſo thut er denſelbigen in ein kleineres Gefaͤß, und kocht ihn wieder, bis ohngefaͤhr noch das Drittheil vorhanden, und der Saft einem duͤnnen Honig gleich iſt; hierauf verwahrt er ihn nach einiger Abkuͤhlung in neuen irdenen, ſteinernen oder glaͤſernen Ge - faͤßen, welche feſt verbunden ſind, an einem kuͤhlen Orte. y)S. Chriſt. l. c. S. 160 und 161.Die Fuͤtterung mit gutem Ho - nig iſt bekannt und ſehr gewoͤhnlich, indem man ihnen bey dem Schneiden einen gewiſſen Antheil laͤßt. Hr. Schirach empfiehlt auch ge - ſottenen Thomas - und Farinzucker. Hr. Leh - mann zu Meiſſen erfand die Zubereitung des ro - hen Zuckers zu einer Bienenfuͤtterung, indem er denſelben ſott; er ſchlaͤgt den Farinzucker vornehmlich vor. Hr. Reich den eingekochten Saft von Birnen. z)Columella ſchlug gekochte Feigen und Wein - moſt zur Fuͤtterung vor.Auch Hr. Martini that hierzu verſchiedene auf Erfahrung gegruͤndete Vorſchlaͤge, wie dem traurigen Umkommen der Bienen im Winter und in einem naͤßlichen Fruͤhjahre, wie auch den großen Unkoſten beyvieler441vieler Winterfuͤtterung vorzubeugen ſey. a)S. die Arbeiten der O. L. B. G. 2ter Theil S. 42.Er giebt darinne viele vorzuͤgliche Regeln, die bey der Wartung und Fuͤtterung der Bienen im Winter in Acht zu nehmen ſind. Man ſchlug beſondere Gefaͤße vor, den Bienen das Futter zu reichen. b)Sie ſind abgebildet und beſchrieben in Kruͤnitz Oek. Encyclopaͤdie IV. S. 624. 799.
Einige waͤhlten duͤnne durchloͤcherte Bret - chen, und belegten damit den Honig; andere nahmen blecherne mit durchloͤcherten Deckeln be - legte Gefaͤße, worein ſie den Futterhonig tha - ten. Manche ſchlugen kleine laͤngliche Troͤge vor, die man durch ein eingeſaͤgtes Loch in das Beutenbret hinein und herausſchieben kann. Andere brauchten dazu ein an den Beutenbre - ten als einen Schieber angebrachtes Blech von der Palteauiſchen Scheibe, die man auf - und zumachen kann. Sie verwechſeln in der Fuͤtte - rungszeit die Beutenbreter, damit der Schie - ber gleich unter das Neſt komme, und ſchnei - den indeß ein kleines Flugloch hinein, jenes aber machen ſie indeß mit einer Scheibe zu. Der Badendurlachiſche Bienenvater, der Hr. G. R. Reinhart, ſchlaͤgt einen ſehr nuͤtzlichen Fut - terteller vor. c)S. den Badendurlachiſchen Bienenvater, ꝛc. und Kruͤnitz Encycl. IV. S. 696.
E e 5Kor -442Korſemke in Bayern ließ die Bodenbreter, worauf die Koͤrbe und Kaͤſten ſtehen, welche auch in den Stoͤcken eingeſchoben werden, mit zwey Futtertroͤgen verſehen. Ein Mitglied der pa - triotiſchen Geſellſchaft in Schleſien misbilligte die Art, das Futter in Gefaͤßen in den Stock zu ſtellen, weil die Bienen in der Kaͤlte ſehr un - gern ihr Neſt verlaſſen, weil ſie, wenn ſie da - zu gezwungen ſind, leicht fuͤr Froſt erſtarren. Er ſchlaͤgt daher vor, immer leere Wachsta - feln bereit zu haben, dieſe mit dem Futterhonig zu fuͤllen, und ſie oben an die Stelle der aus - geſchnittenen Tafeln, den hinterſten leeren Blaͤttern oder dem ſogenannten Neſt, worinne die Bienen im Winter wohnen, ſo nahe als moͤglich zu ſtellen. Eben derſelbe erhielt die Bienen in einem rauhen Fruͤhjahre durch die Wachshaut, die ſich bey dem Ausſieden der Honigtafeln oben aufſetzt, auf welche er bey dem Gebrauche heißes Waſſer goß. d)Schleſiſche oͤk. Nachr. 11 St. v. 1773. S. 85. Ein andrer Vorſchlag des M. Gampert findet ſich im Leipz. Intell. Bl. v. 1766. No. 55. S. 493.Man machte Verſuche durch das Gewicht der Bie - nenſtoͤcke zu verſchiedenen Zeiten den Grad der Zehrung zu beſtimmen. e)Dergleichen finden ſich in Riems Bienenbibl. 2te Liefer. S. 780.Sonderlich mach - te ſich um dieſe Unterſuchungen der Hr. Abt Wolfgang im Benediktinerkloſter zu Gleinck inOber -443Oberoͤſterreich verdient. f)Die Nachrichten davon: S. Arbeiten der O. L. B. G. 2 Theil, S. 95 f.Er ſetzte ſie blos in finſtere Gewoͤlber ein, ohne ſie zu vergraben.
Man ſuchte durch die Verbindung ſchwacher und leichter Stoͤcke mit ſtarken und ſchweren je - ne dem Untergange vor Hunger im Winter zu entreißen. Um dieſen Punkt machte ſich vor - naͤmlich Hr. Schirach verdient. Sein Ver - fahren dabey war folgendes; da es gut gethan iſt, wenn man im Herbſte zwey Schwaͤrme zuſammenjagen will, daß man die neuen Gaͤſte, die zu einem andern Volke gehen und willig aufgenommen werden ſollen, mit Honigwaſſer beſprenget, ſo nahm er einen vollen Stock und legte einen ſchwachen an deſſen Stelle; den Au - genblick aber, indem die Bienen in dem ſchwa - chen Stock ankamen, nahm er ein Brettchen, ſtellte ſich vor das Flugloch, und beſpritzte da - mit alle neuankommende Bienen, da ſie denn von den ſchwachen willig aufgenommen und nicht eine erbiſſen worden. Weil ihm aber die - ſes endlich beſchwerlich ward, eine Stunde und noch laͤnger vor dem Flugloche zu ſtehen, und zu ſpritzen, ſo ſann er auf ein bequemeres Mit - tel. Die Erfindung mit dem betaͤubenden Bo - viſt brachte ihn auf die Gedanken, eine Witte - rung durch den Rauch ausfindig zu machen, welche dieſe Vereinigung erleichterte. Er nahm Kohlen, und legte auf dieſelben bloß trocknen, im Fruͤhjahre geſammelten Rindermiſt, der vonden444den Blumen einen ziemlich aromatiſchen Geruch behalten hatte. Sobald er alſo durch ſeine Leu - te die Stoͤcke verwechſelt hatte, machte er ge - ſchwind den ſchwachen, den er verſtaͤrken wollte, auf, jagte in denſelben recht ſehr viel derglei - chen Rauch, daß ſie gleichſam betaͤubet wurden, und ganz voll dieſes Geruchs waren. Sodann ſtellte er ſich mit ſeinem recht ſtark dampfenden Rauchtopfe vor den zu verſtaͤrkenden Stock, und ließ die neu ankommenden Bienen durch dieſen Rauch hindurchfliegen. Er ſparete die - ſen wohlriechenden Rauch gar nicht, damit durch dieſe kleine Muͤhe kein Streit entſtaͤnde. Woll - te er nun recht viel Volk haben, ſo ließ er je - manden die Schildwache des alten Stocks eine Zeit lang abkehren. Dieſe Operation nahm er allemal Nachmittags um 3 oder 4 Uhr vor, da - mit ſie des Nachts eher ruhiger wuͤrden. Auch nicht eine einzige wurde erbiſſen, ob ſie gleich hin und her aus dem vollen in den ſchwachen, und einige aus dem ſchwachen in den vollen Stock flogen. Jedoch bemerkte er, daß die in dem ſchwachen, bald nach erhaltenem Rauche, ſich in einen Klumpen zuſammenzogen, in deſſen Mitte ſie die Koͤniginn haben mogten. Nach der Zeit verſuchte er es, und legte auch die Bluͤ - the des wohlriechenden Geisbarts (Caprago), der auf allen Wieſen im Jul. und Auguſt waͤchſt, zu dieſem Rindermiſt, und es gelung ihm vor - trefflich.
Ich445Ich kann nicht umhin, hier die Hauptver - dienſte einiger Bienenverſtaͤndigen und Gelehr - ten beſonders zu ſammeln, um ſie auf einmal zu uͤberſehen. Es zeichnen ſich vor andern aus die Hrn. Schirach und Riem. Ich verkenne die Ver - dienſte der uͤbrigen nicht, allein ſie verbreiten ſich nur nicht ſo uͤber das Ganze. Hr. Schirach beſtaͤ - tigte das Ausſchwitzen des Wachſes von den Bie - nen, gegen diejenigen, welche behaupteten, ſie naͤh - men es von dem Blumenſtaube. Dieſe Theorie wird in unſern Zeiten immer mehr beſtaͤtiget, ob - gleich die Hrn. Koͤhlreuter und Medikus dieſelbige verwerfen, und behaupten, im Blumenſtaube ſey das Oel oder Wachs befindlich. g)S. Riems Bienenbibl. 2te Lieferung in der un - terrichtenden Vorrede, §. 20.Er zeigte zuerſt, ob er gleich die Veranlaſſung dazu von alten Bienenvaͤtern entlehnte, die Art, Wei - ſel zu ziehen, eine fuͤr die Bienenzucht ſo wichtige Entdeckung. Er lieferte einen guten Bienenca - lender in ſeinem bayeriſchen Bienenmeiſter. Er machte die Kunſt, Ableger zu machen, zuerſt im Jahre 1761 in ſeiner oberlauſitzer Bienenver - mehrung bekannt; und ſchon dieſes iſt Verdienſt, wenn man auch ihm die Erfindung mit Hrn. Riem abſprechen wollte, wiewohl man hierzu nicht genugſame Gruͤnde hat. Zwar iſt nicht zu laͤugnen, daß ſie in der Oberlauſitz, Krain und Griechenland, auch bey den roͤmiſchen Land - wirthen laͤngſt gewoͤhnlich geweſen, und man ſie wenigſtens ſchon ſeit vielen Jahren in der Graf -ſchaft446ſchaft Lingen gekannt; allein ſeine Behandlungs - art und die Methode, ſie zu machen, iſt doch neu. Das Weſentlichſte aus ſeinen vielen Bie - nenſchriften, die ſeit 1761 erſchienen, findet man in einem Auszuge im leipziger Intelligenzblatt. h)V. 1763. St. 26. Art. X. Die oberlauſitzer Bienenvermehrung erſchien 1761.Er hat nachher die Ablegungskunſt auf verſchie - dene Arten verbeſſert, und dieſes giebt ihm hier - inne ein noch groͤßer Verdienſt. Er zeigt in der angefuͤhrten Abhandlung, wie man mit ge - wiſſen ſchicklichen Kaͤſtchen Schwaͤrme in den Wohnſtuben erhalte; doch da ich ſie ſchon aus - fuͤhrlich beſchrieben habe, ſo uͤbergehe ich ſie hier. Er verbeſſerte die Brutkaͤſten,i)S. Abhandl. und Erfahrungen der O. L. B. G. v. 1767. S. 87. und 96. erfand ein Weiſelhaͤuschen,k)Abhandl. und Erfahr. der O. L. B. G. v. 1771. S. 124 und 126. und machte ſich durch verſchiedene andere angefuͤhrte vorzuͤgliche Ent - deckungen verdient. l)Abh. der O. L. B. G. 4te Samml. S. 127.Ich will nicht ſeine uͤbri - gen Verdienſte um die Fuͤtterung, um die Be - richtigung der Theorie der Ableger, um die Waldbienenzucht erwaͤhnen. Seine Schriften ſelbſt werden wir in der Folge in der Litterarge - ſchichte der Bienenzucht kennen lernen. Herr Riem wiederholte die wichtigſten Verſuche der Bienenforſcher eines Reaumur und Schirachs. Er zeigte gegen Reaumur, daß die Koͤniginn die drey Sorten von Eyern ohne Unterſchiedin447in gemeine Zellen lege, und die Arbeitsbienen jede Art von Eyern in die gehoͤrigen Zellen tra - gen, und glaubt, daß Hr. Schirach hierdurch verleitet worden, zu glauben, daß aus gemeinen Bienenwuͤrmern Koͤniginnen wuͤrden. Er be - obachtet die Begattung der Koͤniginn mit den Dronen, und beſtaͤtigte Reaumurs Bemerkun - gen. Er ſahe unter den Ringen der Arbeits - bienen die Wachsmaterie hervorkommen, und glaubt, daß ſie von innen ausſchwitze, und da - mit die Zellen bauen. Er verſichert, daß ſich die Eyer in den Zellen viele Monate hindurch halten, welches gegen das Bienentoͤdten zu be - merken iſt. Er entdeckte, daß die Arbeitsbie - nen das Vorwachs von Fichten und Tannen ſammeln. m)S. ſeine Erfahr. v. 1769 und 1770.Er will ſogar entdeckt haben, daß ſich die Eyer im Ablegerkaͤſtchen vermehrt haͤtten, ohne daß man irgendwo eine Koͤniginn entdecken koͤnnte, und glaubt daher, daß auch die Arbeitsbienen im Nothfalle Eyer legten. Eine Erfahrung, die, wenn ſie ganz ſicher iſt, und ſich Hr. Riem nicht etwa geirret, die The - orie von dem weiblichen Geſchlecht der Arbeits - bienen zu beguͤnſtigen ſchiene. Da die Verſu - che ſo wichtig ſind, ſo will ich hier den vorzuͤglich - ſten anfuͤhren. n)S. die gemeinnuͤtzigen Arbeiten der churſaͤchſ. oͤkon. Bieneng. 1 B. S. 7.Er hatte alle Eyer und Wuͤr - mer aus einem Kuchen weggenommen, und ihn nach der Manier des Hrn. Schirachs einge -ſchloſſen.448ſchloſſen. Er hatte dieſen kleinen Stock mit Honig verſehen, und eine gewiſſe Anzahl Ar - beitsbienen hineingethan. Den erſten und den andern Tag arbeiteten die Bienen fleißig. Ge - gen den Abend des zweyten Tages unterſuchte er aufmerkſam das Innere des Stocks: er ver - ſichert, daß ſich keine andre, als Arbeitsbienen darin befunden haben, und welches das Wun - derbarſte iſt, ſo waren mehr als 300 Eyer in den Zellen.
Er ſchaffte aus einem Kuchen, den er ein - ſchloß, alle Eyer hinweg, durchſuchte aufs neue alle Bienen, und that ſie mit dieſem Kuchen in eben das Kaͤſtchen. Der Bienen waren eine kleine Anzahl. Sie flogen auf Futter aus, und kamen mit Hoͤſeln wieder zuruͤck. Der Beob - achter ſagt hieruͤber: er habe zu wiederholten malen genau Achtung gegeben, damit er ſaͤhe, ob irgend eine Biene mit Eyern in das Kaͤſtchen hinein kroͤche, allein er habe nichts dergleichen entdecken koͤnnen. Nachdem er hernach das Kaͤſtchen geoͤffnet und den Kuchen ſorgfaͤltig durchſucht hatte, fand er abermals bis auf die 100 Eyer darinnen. Er uͤberließ hierauf die Bienen ihrem eigenen Willen, und fand, daß ſie zweymal einige Wuͤrmer in koͤniglichen ganz neuerbauten Zellen bebruͤtet, und die uͤbrigen Eyer, ohne ſie anzuruͤhren, liegen laſſen. Um den Einwendungen zu entgehen, als haͤtten frem - de Bienen Eyer hineingebracht, nahm er zwey Kuchen, wo weder Eyer noch Wuͤrmer darin -ne449ne waren, und ſchloß ſie mit einer gewiſſen An - zahl Arbeitsbienen ein. Er verſchloß den Ein - gang des Kaͤſtchens mit einem durchloͤcherten Schieber, und trug es in eine Stube, wo er es uͤber Nacht ließ. Dieſes geſchah im October. Am Abend des folgenden Tages fand er bey Er - oͤffnung des Kaͤſtchens in dem einen viel Eyer und den Anfang zu einer koͤniglichen Zelle, in welcher aber weder Wurm noch Ey war.
Herr Riem erfand eine beſondere Art von Koͤrben, die er Halbkoͤrbe und Kaͤſten nennt, wiewohl ſie auch unter dem Namen der pfaͤlzi - ſchen Halbkaͤſten bekannt ſind; auch verbeſſerte er die Methode des Hrn. Gelieu durch die vertheilten Lagerkaͤſten. o)S. Bienenbibl. S. 275.Seine Halbkaͤſten beſchreibt er in den Fundamentalgeſetzen zur perennirenden Bie - nenpflege,p)Manheim und Berlin bey Schwan und Deckern 1775. welche er nachher verbeſſert und auf andere Art eingerichtet hat, als in den obigen Fundamentalgeſetzen angegeben worden. q)S. Riems Bienenbl. 1 Lief. S. 111 und 123Er ſuchte die Magazinbienenzucht in zuſammenge - ſetzten Halbkoͤrben zu verbreiten. Es ſtanden ihm in einigen Gegenden, wo man die Bienen auf die Weide fuͤhrte, große Hinderniſſe dabey entgegen; allein er zeigte, wie man nicht befuͤrchten duͤrfe, daß zuſammengeſetzte Ringe nicht nach der Heide zu bringen waͤren, indemmanF f450man ſie von außen mit Weiden zuſammenheften koͤnnte, und inwendig ſie die Bienen ſchon ſelbſt feſt zuſammen verkuͤtteten. r)S. Bienenbibl. 2te Lief. S. 259.Er ertheilte in der Bienenzucht Unterricht. Er that dieſes ſowohl in den Gegenden der Landguͤter des Hrn. Grafen Reuß, als auch bey Berlin. s)S. Bienenbibl. 1te Lief. S. 124.Er fuͤhrte als Weiſelkaͤſtchen die ſogenannten kleinen Pil - lenſchachteln ein, indem er in den Deckel einige Ritze machte, wodurch die Bienen ſie fuͤttern koͤnnten, um dadurch dieſe vortheilhafte Erfin - dung ſo viel moͤglich zu erleichtern. Er unter - nahm Reiſen wegen der Waldbienenzucht. t)Ebend. S. 153.Er bemuͤhete ſich, die Neuern zu widerlegen, welche aus dem Blumenſtaube oder Pappeln Wachs nach Art der Bienen ziehen wollen. Er ſuchte dieſes vornaͤmlich durch ſeine Erfahrun - gen zu zeigen, die er fuͤr den Satz anfuͤhrte, daß das Wachs aus dem Honig, nicht aus dem Blu - menſtaube, und zwar blos von den Bienen aus - geſchwitzt werde. u)S. die berlin. Samml. der Oekon. und Arzeney - wiſſenſchaft, wo er es gezeigt hat, ſ. 2te Lief. Vorr. §. 19.Er ſucht es dadurch zu erweiſen, indem er beobachtete, daß der Honig Oel enthalte, wozu er die Verſuche in ſeiner Bie - nenbibliothek ſelbſt anfuͤhrt,x)S. 2te Lieferung, in der unterrichtenden Vor - rede §. 20. indem er daraus mit Alaun ein ſich ſelbſt entzuͤndendes Pulververferti -451verfertiget. Auch giebt er §. 21. das weiße ſo - genannte Giftblaͤschen als die Galle an. Er iſt, wie bekannt, ein Gegner des Hrn. Schi - rachs, und ſuchte daher das von ihm erfundene und bekannt gemachte Ablegen zu ſeinem wahren Werthe zu beſtimmen; er zeigte, daß, wie die Bienen nur unter gewiſſen Umſtaͤnden ſchwaͤr - men, man auch nur unter gewiſſen Umſtaͤnden ablegen muͤſſe, daher es nie ſo ſpaͤt, noch auch in Mißjahren zu haͤufig geſchehen duͤrfe, weil dann die Stoͤcke zu ſchwach bleiben. Er ſchlug in einer beſondern Schrift die Ver - wandlung der itzigen Modebienengeſellſchaf - ten in Dorfbienengeſellſchaften im J. 1773 vor, und gab darinne einen vorzuͤglichen Weg an, die Bienenzucht in einem Lande emporzubringen. Er will daher anſtatt der Privat-Bienenſtaͤn - de in jedem Dorfe einen allgemeinen Bienen - ſtand haben, der durch einen wohl unterrichte - ten Waͤrter gepflegt wuͤrde, und wobey jeder Einwohner, der das Recht hat, Bienen zu hal - ten, ſich nach der Zahl ſeiner Stoͤcke intereßire. Er erlaubt hoͤchſtens zwey ſolche allgemeine Bie - nenſtaͤnde in jedem Dorfe, einen fuͤr die Herr - ſchaft, den andern fuͤr die Unterthanen. Er hofft nur von dieſer Einrichtung eine Landbie - nenzucht im Großen zu erhalten, verſchiebt aber auch ihre Einrichtung blos auf den Zeitpunkt, da man genugſam erfahrne Maͤnner aufweiſen kann, die der Sache im Großen durch ausge - breitete Bienenkenntniſſe und Erfahrungen vor -F f 2ſtehen452ſtehen koͤnnten. y)Bienenbibl. 2te Lieferung, S. 260.Er ſuchte die thorleyiſche und hornboſtelſche Theorie zu berichtigen und zu be - ſtimmen, zumal da Hr. Albrecht in ſeiner Schrift uͤber die Bienen einige Zweifel gegen die Beob - achtung angab, daß, ob man gleich Wachsſchei - ben unter den Ringen der Bienen fand, dieſes doch vielleicht nicht ausſchwitzte, ſondern zwi - ſchen den Ringen blos aufbewahret wuͤrde. Er machte oft die Erfahrung, daß die Arbeitsbie - nen wirklich Weibchen, oder, wie Bonnet ſagt, unvollkommne Bienenmuͤtter ſind, die nichts als Eyer, woraus Drohnen oder Maͤnnchen entſtehen, legen. z)Bienenbibl. S. 215. 216. und 326.Er fand, daß bey gelin - der Witterung im December oder Januar die Koͤniginn ſchon Eyer lege, und traf ſelbſt in den mittlern Tafeln der Stoͤcke Bruta)Ebend. S. 454. ingl. Bemerkungen der chur - pfaͤlziſchen oͤkonomiſchen Geſellſchaft v. 1769. S. 126 — 130. an. Er merkte, daß die Bienen den Futterbrey, den ſie der jungen Brut vom Anfange ihrer Grund - lage an bis zur voͤlligen Zuſiegelung und Ein - ſpuͤndung zuſetzen muͤſſen, durch den Mund in die Zellen braͤchten.
Die Bemuͤhungen der Schriftſteller um die Bienenzucht ſind in dem achtzehnten Jahrhunder - te ſehr groß. Die deutſchen Naturforſcher unter - ſuchten ſie als Inſecten, vornaͤmlich Roͤſel, Stein - metz, Schaͤffer, Goͤtze, Albrecht und einige an -dere.453dere. b)Naͤhere Aufklaͤrung der ſonderbaren Abſtam - mungen der verſchiedenen Geſchlechtsarten der Bienen ꝛc. v. J. F. Steinmetz. 1776. Steinmetz phyſikal. Abhandlung von den verſchie - denen Geſchlechtsarten der Bienen uͤberhaupt. 1780.Albrechts Zootomiſche und phyſikaliſche Entdeckung von der innern Einrichtung der Bienen, beſon - ders der Art ihrer Begattung, v. J. E. F. Al - brecht. 1775.Um das Bienenrecht machten ſich nicht nur ganze Geſellſchaften durch Schriften verdient, ſondern auch einzelne Gelehrte, und es erhielt, ſonderlich in unſern Zeiten, große Verbeſſerungen. Es beſchaͤftigte ſich damit die oberlauſitzer und fraͤnkiſche Bienengeſellſchaft. Die erſtere entwarf ein Bienenrecht, deſſen ich ſchon oben gedacht habe; die andere hat blos ei - nige allgemeine Rechtsgrundſaͤtze, die ſich auf eine gute Bienenzucht gruͤnden. Leyſer,c)Leyſeri Ius Georgicum, v. Rohr Haushaltungs - recht. Chriſts Anweiſung zur nuͤtzlichſten und angenehm - ſten Bienenzucht fuͤr alle Gegenden ꝛc. 1780.Kortums Grundſaͤtze der Bienenzucht in weſtphaͤ - liſchen Gegenden im dritten Hauptſtuͤck. von Rohr, Chriſt, Kortum, Limburg v. Benken - dorf und Biener beſchaͤftigten ſich mit dem Bie - nenrechte. d)S. unten in der Litterargeſchichte. (V. Benkendorf.) Occonomia forenſis. T. IV. Diſputatio Iuris Rom. germ. de apibus praeſ. Sege - ro, auct. Chriſt. Gottl. Biener. 1773. 4.Zur
F f 3Was454Was endlich die Schriftſteller uͤber die Bie - nenzucht anbetrifft, ſo gehoͤren hieher die Samm - lungen der Bienengeſellſchaften und einzelner Gelehrten, wie auch die beſondern ſyſtematiſchen Schriften uͤber die Bienenzucht. Die Samm - lungen uͤber die Oekonomie uͤberhaupt enthalten wichtige Aufſaͤtze, ſowohl die verſchiedenen leip - ziger, als die hannoͤveriſchen, hamburgiſchen und andere, die Sammlungen der Arbeiten und Abhandlungen der oberlauſitzer und fraͤnkiſchen Bienengeſellſchaften, die Sammlung eines Kaͤſtners und Riems Bienenbibliothek. Unter die beſondern Schriftſteller gehoͤren, Hoͤfler, Schirach,e)Caſpar Hoͤflers Anweiſung zur Bienenzucht nebſt Maraldi Betrachtungen uͤber die Bienen; ſechſte Auflage. Leipz. 1753. 8. Schirachs vorzuͤglichſte Schriften ſind:Die Kunſt Ableger in der Stube zu machen. 1760:Melittotheologie, oder die Verherrlichung Gottes aus der wundervollen Biene v. A. G. Schirach. 1767.Saͤchſiſcher Bienenmeiſter oder kurze Anweiſung fuͤr den Landmann zur Bienenzucht, nebſt bey - gefuͤgtem oͤkonomiſchen Bienenkalender auf Ver - anlaſſung und Koſten der Leipz. oͤkon. Soc. 1769.A. G. Baumer, Riem, Wilhelmi, Mar -tini,d)Zur Litteratur uͤber die Bienenzucht uͤberhaupt ſ. die nuͤtzlichen Beytraͤge zu den Strelitzer Anzeigen v. J. 1766. St. 22. 23. 24. wo die Buͤcher von der Bienenzucht in einer hiſtoriſchen Nachricht unpartheyiſch beurtheilet ſind.455tini, Reinhard, von Luͤttichau, Gleditſch, Kruͤ - nitz, Werner, Sprenger, Limburg, Haſe,F f 4Ober -e)A. G. Schirachs ausfuͤhrliche Erlaͤuterung der unſchaͤtzbaren Kunſt, einige Bienenſchwaͤrme zu erzielen. 1770. welches meiſt eine Wiederholung von der im J. 1760 erſchienenen Schrift iſt:Saͤchſiſcher Bienenvater, oder des Hrn. von Pal - teau von Metz neue Bauart der Bienenſtoͤcke, nebſt der Kunſt, die Bienen zu warten und einer Naturgeſchichte dieſer Inſecten, aus dem Fran - zoͤſiſch. uͤberſetzt und mit vieljaͤhrigen Erfahrun - gen vermehrt von A. G. Schirach, 1770.Bayeriſcher Bienenmeiſter oder deutliche Anleitung zur Bienenwartung auf hoͤchſte Veranlaſſung Sr. Churf. Durchl. zu Bayern abgefaßt von Adam Gottl. Schirach. Muͤnchen. 1770.Schirachs Waldbienenzucht.Diſſ. de apum cultura cum primis in Thuringia, Praeſ. Ioh. Phil. Baumer, Reſp. I. F. E. Albrecht. Erf. 1770. 4.Joh. Riems phyſik. oͤkonom. Bienenbibl. 1ſte Liefer. 1776. 2te 1777. 3te 1777.Joh. Riems verbeſſerte und gepruͤfte Bienenpflege zum Nutzen aller Landesgegend. 1771. Er handelt darinnen vom Ankauf der Bienen, vom Bienen - ſtande, Bienenwohnungen, wo er des Palteau, Maſſack und Thorley Bienenkaͤſten beurtheilt und beſchreibt die ſeinigen, die er 6 Zoll hoch und 10 Zoll weit im Lichten macht. Er haͤlt fuͤr das beſte hierzu das Linden - und Tannen - holz, obgleich die hoͤlzernen fuͤr den Land - mann zu koſtbar und[]daher Strohkoͤrbe beſſer ſind. Er giebt zugleich ſeine neue Erfindung von Halb - und Viertelkoͤrben an. Ferner han - delt er vom freywilligen Ablegen der Bienen,oder456Oberbeck, Hirſch, Hertwich, Eyrich, Schwan, Neidhardt, Kratzer, Jantſcha, Gruͤvel, Spitz -ner,e)oder den Schwaͤrmen; er zieht es in manchen Stuͤcken den erzwungenen Ablegern vor, von welchen letztern er 3 Methoden beſchreibt, und diejenige allen andern vorzieht, welche blos im Auffangen der Koͤniginn beſtehet. Er ſucht das Toͤdten der Bienen, welches meiſt bey den ſchwa - chen und nicht mit hinlaͤnglichem Vorrath verſe - henen Stoͤckengeſchiehet, durch Vereinigung der - ſelben mit andern Stoͤcken zu bewirken. Er handelt von den Feinden der Bienen, unter denen aber der Storch vergeſſen iſt, welcher die Bienen von den Blumen auf den Wieſen ablieſt. Man fand bey einem Storch im Schlunde 2 Haͤnde voll Bienen, wie in der Bienenbibl. des Hrn. Riems, 2te Lieferung S. 267. angemerkt wird. Im zwoͤlften Cap. giebt er einen richtigen Bienen - calender. Fundamentalgeſetze zu einer perennirenden Colo - niebienenpflege in zuſammengeſetzten Halbwoh - nungen, v. J. Riem. 1775. 2te Auflage.Verwandlung der itzigen Modebienengeſellſchaften in Dorfbienengeſellſchaften. 1773.Der entlarvte Wildmann von Joh. Riem.Reinharts Aufmunterung des Landmannes zur Bie - nenzucht. Carlsruhe, 1771. 8.Anmerkungen zur Verbeſſerung der Bienenzucht in Sachſen ꝛc. Dresden 1773. 8. (von Luͤttichau.)Nachtrag zu den Anmerkungen ꝛc. 1774. 8.Freundſchaftliche Beantwortung zweyer erhalte - nen Schreiben, die Verbeſſerung ꝛc. betreffend, 1775. 8.Gle -457ner, Kurella, Hoͤlſcher, Chriſt, Steinmetz, inglei -F f 5chene)Gleditſch Betrachtung des Bienenſtandes in der Mark. Riga und Mitau, 1769. und in den ver - miſchten Abhandl. II. 53.Das Weſentlichſte der Bienengeſchichte und Bie - nenzucht fuͤr den Naturliebhaber, Landmann und Gelehrten von Dr. J. G. Kruͤnitz, mit 20 Kupfertafeln. 1774. Sein Auszug gehet bis zu den Bienenſchriften des Jahres 1774. Es findet ſich auch im vierten Theile ſeiner Encyclopaͤdie. Un - ter den Kupfern vermißt man die pfaͤlziſchen, gelieuſchen und duͤchetiſchen Halbkaͤſten und Halbkoͤrbe.Werners Anleitung zur Bienenzucht, 1766.Sprenger Einleitung in die neuere Bienenzucht nach ihren Gruͤnden fuͤr Schwaben ꝛc. von M. V. Sprenger. Stuttgard, 1773.Etwas fuͤr die Bienenfreunde von Urſprung und Be - ſchaffenheit der Raub - und Heerbienen, nebſt den bewaͤhrt gefundenen Mitteln, ſelbige zu vertrei - ben ꝛc. Aus eigner Erfahrung aufgeſetzt und auf Veranlaſſung eines allergnaͤd. Reſcripts von Sei - ten einer hochpreisl. Landesdeput. der Grafſchaft Hohenſtein zum Druck uͤbergeben von C. F. Lim - burg. Langenſalza, 1776. Er iſt ſonderlich noch ſehr lehrreich fuͤr die Rechtsgelehrten in Anſe - hung der Geſetze fuͤr die Raubbienen. Er zeigt, wie die Oekonomen nicht Urſache haben, die Raubbienen zu verbrennen, verſengen oder zu vergiften.Gruͤndliche und ausfuͤhrliche Anweiſung zur Vie - nenzucht nebſt einem Anhange zur allgemeinen Bienenzucht 1 Th. durch Carl Ludw. Haſe. 1771.Abriß458chen die Schriften der verſchiedenen Bienenge - ſellſchaften und einige andere Sammlungen.
Ver -e)Abriß zu einer allgemeinen Landbienenzucht und dem damit unumgaͤnglich verknuͤpften allgemei - nen Abſatz von allerley Obſtbaͤumen, Linden, Honigkraͤutern, zweyter Theil, 1772. iſt eigent - lich ein cameraliſtiſcher Vorſchlag, wie die Bie - nenzucht in der Mark Brandenburg allgemeiner betrieben werden koͤnnte.Anweiſung zur Bienenzucht, dritter Theil, 1772. vierter Theil, 1773.Er bemuͤhet ſich vorzuͤglich, die Magazinzucht in ſeiner Gegend um Wildenbruͤck zu verbreiten, ſowohl die Magazinzucht aus ganzen Koͤrben, als die aus Unterſaͤtzen, aus Halbkoͤrben. Er hat auch, wie Hr. Riem, die Idee einer allgemei - nen Landbienenzucht, daß naͤmlich alle Bie - nen eines Orts auf einem Stande beyſammen und von einem erfahrnen Manne verpflegt wer - den ſollten.Gloſſarium meliturgicum oder Bienenwoͤrterbuch von Joh. Adolf Oberbeck. Brem. 1765.Hirſch fraͤnkiſcher Bienenmeiſter. Anſpach, 1767. 8. und Nuͤrnberg, 1770. 8.Ausfuͤhrlicher Unterricht von Anlegung, Wartung und Nutzen der Bienen, entworfen von Chriſt. Heinr. Hertwich. Leipz. 1769. 5.Joh. Leonh. Eyrichs Entwurf der vollkommenen Bienenpflege fuͤr alle Landesgegenden, ꝛc. Uf - fenheim, 1766. 8. vierte verbeſſerte Auflage. Nuͤrnberg, 1771. 8.Ebendeſſelben Plan der fraͤnkiſch. phyſik. oͤk. Bie - nengeſ. Anſpach, 1768. 8.Ge -
459Verſchiedene einzelne Theile der Bienenzucht erhielten ſogar ihre Schriftſteller. Mit denDronen,e)Geſammelte und gepruͤfte Nachrichten von der Wit - terung der Bienen, v. J. L. Eyrich. 1774.Oekon. phyſikal. Abhandl. uͤber die Bienenpflege, beſonders im Thuͤring. von D. Baumer, aus dem Lat. uͤberſetzt mit einem Anhange, die hoͤchſtnutz - bare Magazin - und Ablegerzucht betreffend, her - ausgegeben v. J. L. Eyrich.Allgemeine Grundſaͤtze der Bienenzucht, (von C. F. Schwan.) Mannheim, 1778.Prakt. vollſtaͤnd. Auszug zur beſten allgem. Bienen - zucht aus den neueſten Bienenbuͤchern, und in - ſoͤnderheit den Conventsſchriften der fraͤnkiſchen Bienengeſellſchaft, auf Verlangen und mit voll - kommner Approbation der fraͤnk. Bienengeſellſ. entworfen von Joh. Mich. Neidhart. Nuͤrnberg, 1774. 8.Phyſik. prakt. Diſcurſe von der ſaͤmmtlichen Bie - nenzucht der neu eingerichteten oͤſterreichiſchen Bienenpflege, v. J. A. Kratzer, Wien. 1774.Abhandlung von dem Schwaͤrmen der Bienen von Jantſcha, K. K. Bienenlehrer.Joh. Gruͤvels brandenburgiſche Bienenkunſt mit Kupf. neue vermehrte und verbeſſerte Auflage, 1773. 8. die erſte iſt v. J. 1719.M. J. E. Spitzners praktiſche Anweiſung zur na - tuͤrlichen und gluͤcklichen Bienenzucht in Koͤrben, nebſt Beſtimmung des wahren Werths der Kunſt Ableger zu machen, aus vieljaͤhriger Erfahrung. Leipz. 8. Iſt eine der beſten Bienenſchriften, vor - nehmlich zur Korbbienenzucht. Ingl. T. Wild - manns Abhandl. von der Wartung der Bienen, nebſt Anmerkungen einiger Mitglieder der oberl.Bienen -460Dronen, ihrer Entſtehung, ihrem Endzweckeunde)Bienengeſellſchaft, uͤberſetzt von Spitzner. Leipz. 1769. 8. Die praktiſche Bienenzucht oder Erfahrungsmaͤßi - ge Anweiſung, was in jedem Monat des Jah - res zum Wohlſtand der Bienenzucht in Acht zu nehmen, v. M. Kurella. Mietau und Leipzig 1773. wir treten der allg. d. Bibl. B. XXII. bey.C. C. Hoͤlſchers Erfahrungen von der Bienenzucht, welche vorher einzeln in dem hannoͤv. Magazin abgedruckt, nun aufs neue durchſehen und ver - beſſert. Hannover 1780. Im erſten Abſchnitte handelt er von den Bienenwohnungen, im zwey - ten von der Wartung bis zur Schwaͤrmezeit, im dritten von der Wartung bey und nach dem Schwaͤrmen, im vierten von dem Nutzen der Bienen, im fuͤnften von Raubbienen, im ſechſten von den Krankheiten der Bienen; endl. folgt ein Anhang uͤber einige bezweifelte Saͤtze der Bienenzucht.Chriſt Anweiſung zur nuͤtzlichſten und angenehm - ſten Bienenzucht fuͤr alle Gegenden, bey wel - chen in einem mittelmaͤßigguten Bienenjahre von 25 Stoͤcken 100 Fl. und in einem guten 200 Fl. gewonnen werden koͤnnen, zum gemeinen Nutzen und Vergnuͤgen herausgegeben. Frankf. und Leipz. 1780.Steinmetz phyſikal. Abhandl. von den verſchiede - nen Geſchlechtsarten der Bienen uͤberhaupt, und insbeſondere den praͤformirten Weiſeleyern, und von dem doppelten Aſt des Eyerſtocks der Bie - nenmutter v. J. F. Steinmetz. Nuͤrnberg. 1780.Abhandlungen und Erfahrungen der phyſik. oͤkon. Bienengeſ. in der Oberl. I. v. J. 1766. Dres -den461und Arbeiten beſchaͤftigten ſich Steinmetz, Ho - meyer, Lehmann, Schirach, Ultjesfort, Vogel, Wilhelmi, deren Schriften Hr. D. Kruͤnitzf)S. oͤkonom. Encyclop. Theil 4. S. 176. unter dem Wort: Biene.ange -e)den, 1766. II. v. J. 1767. Dresden, 1767. III. v. J. 1768. Dresden 1768 und 69. Leipz. und Zittau, 1770. IV. v. J. 1770 und 1771. Ber - lin und Leipzig, 1771. Gemeinnuͤtzige Arbeiten der churſaͤchſiſchen Bienen - geſellſ. in der Oberlauſitz, I. Berlin und Leipzig, 1773. 8.Abhandl. und Erfahr. der fraͤnk. phyſik. oͤkonom. Geſellſchaft aufs Jahr 1770. Nuͤrnberg, 1770. aufs J. 1771. gedr. 1772. aufs J. 1772. u. 73. ein Band gedruckt 1774.Abhandl. der phyſikal. oͤkonom. und Bienengeſellſ. in Lautern, v. J. 1769. Mannheim, 1770.Kaͤſtners Samml. einiger die Bienenzucht beſon - ders in den churfuͤrſtl. braunſchw. luͤneburgiſch. Landen betreffender Aufſaͤtze und Nachrichten, auf hohe Veranſtaltung herausgegeben v. Abrah. Gottf. Kaͤſtner, 1766. Enthaͤlt Aufſaͤtze von den Hrn. van der Bruͤggen, Cordemann, die Ueber - ſetzung von Thorley’s μιλισσηλογια or the fema - le monarchy. Tillings Gedanken uͤber die Mit - tel die Bienenzucht im Lande zu vermehren, Wolke’s Anmerkungen.Es gehoͤren hierher ferner das hannoͤveriſche Ma - gazin, die Schriften der hannoͤveriſchen Land - wirthſchaftsgeſellſchaft, das hamburger Maga - zin, die ſchreberiſche Samml., die leipz. Samml. und Nachrichten, die oͤkonomiſchen Schriften des Hrn. v. Juſti.462angefuͤhrt hat. Ueber die Koͤniginn ſtellten Hr. Ahlers, Neidhard, Schirach und Vogel in der Ueberſetzung eines franzoͤſiſchen Werks, des Hrn. Blaſſiere Unterſuchungen an. Um die Bienen - pflanzen machten ſich vornaͤmlich die Hrn. Gle - ditſch, Daumg)S. oberl. Geſellſch. Abh. 3te Samml. v. Jahr 1768. und 69. S. 75 — 82. und Schwan verdient. Viele machten ſich durch kleine Abhandlungen, die zum Theil einzeln, zum Theil in groͤßern Samm - lungen erſchienen, bekannt. Es gehoͤren hier - her die Hrn. Herold, Schlacht, Macklot, Hatt - dorf, Pratje, Schreber, Weſtphal ꝛc.
Hr. Kortum, ein großer Zergliederer der Bienen, der ſich als Arzeneygelehrter auſſeror - dentlich verdient um die Bienenzucht von Weſt - phalen machte, unterſuchte alle wichtige Ge - genſtaͤnde derſelben ausfuͤhrlich. Er entdeckte vornaͤmlich, daß nicht jede Biene, wenn ſie den Stachel verloren, ſterbe, welches auch Hr. Riem beſtaͤtiget,h)Bienenbibl. 2te Lief. S. 189. Grund - daß ſie noch nach der Zeit auf Blumen Honig und Blumenſtaub eingetra - gen. Er glaubt auch Zeugungstheile bey Ho - nigbienen entdeckt zu haben, ob er ſie gleich noch nicht gewiß ſo nennen wolle: er ſahe nehmlich 2 Koͤrperchen neben dem Stachel; wo durch die Riemiſche Theorie, daß nehmlich die Arbeitsbienen den Stock in Ermangelungder463der Koͤniginn, obgleich auf eine unvollkommne Weiſe, indem ſie blos Dronen zeugen, zu be - ſorgen im Stande ſind, etwas gewinnt. Viel - leicht werden, wie Hr. Riem vermuthet, dieſe Zeugungstheile erſt mehr entwickelt und ſichtba - rer, ſobald ſie zu dieſem Geſchaͤfte erwaͤhlt wer - den, und die Begattung gewieſen, weil bey ei - ner jungen Koͤniginn, die noch nicht begattet iſt, noch legt, dieſe Theile auch unkenntlicher ſind, als bey einer wirklich legenden. Er zergliederte die Dronen ſo vorſichtig, als kaum vor ihm Einer gethan hat, und ſammelte ihre Namen in allen Sprachen. Nach ihm nennen ſie die Griechen Cephon, die Lateiner Fucus, die Franzoſen Bourdon oder Mouche, Gueſpe, die Italiaͤner Ape che non fà melle, die Spa - nier Zangano de la Oolmena, die Niederlaͤn - der Hommel, die Deutſchen Dronen, Traͤnen, Hummeln, Brutbienen, Waſſerbienen. Er fand ſie alle von einer Art, und widerlegt die durch haͤufige Zergliederungen, welche eine zwey - te Gattung, die ſie ewige Junggeſellen nennen, annehmen. Er zeigt ihre richtige Beſtim - mung: daß ſie die einzigen Maͤnnchen im Sto - cke ſind, nicht aber, daß ſie zu Waſſertraͤgern beſtimmt waͤren, da man ſie nie an Pfuͤtzen oder Baͤchen, wohl aber die gemeinen Bienen daſelbſt faͤnde. Er bemerkt, daß die BlumeJuccah)Grundſaͤtze der Bienenzucht, beſonders fuͤr die weſt - phaͤliſchen Gegenden v. C. A. Kortum, der A. G. D. 1776.464Jucca aus Canada ganze Tropfen Honig flieſ - fen laͤßt, daher ſie bey uns anzubauen ſey, da ſie ohnehin ſchon in unſern Gaͤrten iſt; daß die Blumen der Aquileja und des Weißdorns ihn zwar haͤufig beſitzen, allein daß die Bienen ſie ſelten ſuchen, weil der Geruch des Caprifoli - ums, ſo wie die Weißdornbluͤhte, ihnen entge - gen ſey. Eben ſo wenig koͤnnen ſie den rothen Klee nutzen, weil die Blumenkelche zu lang ſind, als daß ſie bis zum Grunde reichen koͤnn - ren, daher ſey der weiße Klee beſſer. Er be - obachtete, daß die Biene, wenn ſie auf Samm - lung des Blumenſtaubes ausgehet, mit Ueber - gehung aller andern Blumen und Bluͤhten nur von der zu ſammeln fortfaͤhrt, von der ſie bey ihrer erſten Ausflucht anfieng. Es iſt ein in al - ler Ruͤckſicht wichtiges Werk, auch fuͤr die Techno - logie, in der Behandlung des Wachſes. Vornaͤm - lich verdien en auch ſeine Bemerkungen uͤber die Arbeiten der Bienen in jedem Monate, wornach er die Namen der Monate benennte, und dadurch einen guten Beytrag zu einem oͤkonomiſchen Binenkalender gab, angefuͤhrt zu werden, zumal wenn man die Beobachtungen des Hrn. Abt Wolfgangs damit verbindet, welche ſich in An - ſehung der Pflanzen, die in jedem Monat fuͤr die Bienen die vorzuͤglichſten ſind, damit ver - hindet, welche ſich in den Abhandlungen und Erfahrungen der Oek. phyſ. Bienengeſellſchaft der Oberlauſitz befinden. i)1 Theil S. 267. u. ſ. w. Wir haben auch von Hrn. Riem und Schirach Bienenkalender.Hr Kortum be -merkt465merkt die Namen alſo: den Jaͤnner nennt er den Schlafmonat; den Hornung den Zubereitungs - monat; Maͤrz den Belegungsmonat; April den Brutmonat; May den Schwaͤrmmonat; Ju - nius den Honigmonat; Julius den Nachſchwarm - monat; Auguſt den Wuͤrgemonat; September den Heidemonat; Oktober den Standmonat; November den Ruhemonat; December den Schlummermonat. Er unterſuchte ferner die Stoͤcke nach ihrem Gewicht, und fand, daß ſie in einem gelinden November mehr an Gewicht abnehmen, als im December, Januar und Fe - bruar zuſammen. Gleich dem November ver - haͤlt ſich auch der Maͤrz und April, weil ſie da immer etwas in der Brut arbeiten, um die vor Winters zuruͤckgebliebenen Eyer zur Reife zu bringen. k)Man ſehe hieruͤber auch Riems Bemerkung in den Bemerkungen der churpfaͤlziſchen oͤkonomi - ſchen Geſellſchaft v. 1769. 2te Auflage. S. 150 und 152. und Bienenbibl. 2te Lief. S. 179-253.
Um die Bienenzucht und die Geſchichte der - ſelben in Preußen machte ſich Kurella verdient. l)M. Kurella kurzer Entwurf der alten und neuen Bienenzucht, nebſt einer Anweiſung, wie die Bienenzucht in Preußen verbeſſert werden koͤnne. Koͤnigsberg, 88 Seiten; iſt Pfarrer zu Klein - Kosle und Groß-Schlaffkau.Er zeigte den Zuſtand derſelben in Preußen vor Ankunft der Kreuzherren, unter dem deutſchen Orden, und nach der Verwandlung in ein Her -zogthumG g466zogthum in den 3 erſten Kapiteln, im 4ten die Behandlung des gemeinen Mannes, im 5ten von der Behandlung derſelben in Koͤrben, im 6ten in Lagerſtoͤcken, im 7ten in Klotzbeuten, im 8ten von Honigbruͤchen oder Zeideln in Preußen im Herbſt, welches er verwirft, im 9ten vom Zeideln im Fruͤhjahre, im 10ten beantwortet er einige Widerſpruͤche, und im 11ten ſchlaͤgt er eine Bienengeſellſchaft in Preußen nach Art der Ober - lauſitzer vor.
In den mittlern Zeiten ſcheint das Federvieh ſehr angenehm geweſen, und deſſen Zucht außerordentlich betrieben worden zu ſeyn. Die Religion, ſonderlich durch die Faſten, die Sorge der Geiſtlichen fuͤr ihren Koͤrper, und die Em - pfehlung, die dieſe Speiſen fuͤr ihren Geſchmack hatten, waren unſtreitig kein geringer Bewe - gungsgrund, warum ſie ſo ſehr bluͤhete. Hier - durch ſowohl als durch die Nothwendigkeit, die Zinſen in den Naturprodukten ſelbſt abzutragen, weil das Geld noch nicht ſo haͤufig war, wurde auch bey den weltlichen Zinſen dieſes eingefuͤrt. Und da dieſe ſo haͤufig auf Federvieh geſetzt wa - ren, ſo beweiſt dieſes die ſtarke Federviehzucht der mittlern Zeiten, und machte ihre Betreibung auch einigermaßen immer nothwendig. Es ver - dient uͤberhaupt bemerkt zu werden, daß in den mittlern Zeiten die Naturalzinſen nicht die nach - theilige Wirkung hatten, die ſie heut zu Tage gemeiniglich haben, da ſie fuͤr die Geſchaͤfte, von denen ſie erlegt werden muͤſſen, meiſtens druͤckend und hinderlich ſind. Der Grund davon ſcheint in der Verfaſſung der mittlern Zeiten zu liegen, wo man glaubte, alles, was man nur einiger -G g 2maßen468maßen zum Beſten der Religion unternaͤhme, werde mit Segen vom Himmel fuͤr allem andern vorzuͤglich begleitet, und es verbreite ſeinen Se - gen auf alle uͤbrige Geſchaͤfte; daher wurden die ungeheuern Gebaͤude den Kloͤſtern ſo leicht, weil alles willig daran arbeitete, um ſich dieſe Arbeit als ein Verdienſt um den Himmel anzurechnen; aus dieſer Ruͤckſicht wurden auch die Naturalze - henden, die man an die Kirchen, Kloͤſter und Geiſtlichen lieferte, ſo leicht und ſo wenig druͤckend, und hinderten das Geſchaͤft nicht, ſondern befoͤr - derten es dadurch, daß ſie den Betrieb deſſelben nothwendig und zu einer Quelle voll Segen des Himmels machten. Hierzu kam noch die gerin ge und kleine Geldmaſſe, die in den mittlern Zei - ten vorhanden war, und daß vermoͤge dieſer Ver - haͤltniſſe das Geld nicht ſo wichtig war, da man noch viel tauſchte; der Fruchtreichthum war leich - ter zu erwerben, und hieng mehr von den Ein - zelnen ſelbſt ab, als die Erwerbung des Geld - reichthums, wobey ſo viele zuſammen wirken muͤſſen. Hierzu kam, daß der Stand der Zeh - renden haͤufig ſtaͤrker war, als der Stand der Naͤhrenden, welches in den damaligen Zeiten bey geringer Geldmaſſe, und bey dem Tauſchhandel und den bey dieſen Umſtaͤnden noch nicht ſo noth - wendigen ſchnellen Geldumlauſe, wozu noch die wenigern Beduͤrfniſſe kamen, in Erwaͤgung kom - men muß. Dieſe Naturalzinſen dauerten im 16ten und folgenden Jahrhunderte immer noch fort. Die Unterſuchungen uͤber die Einfuͤhrungdieſer469dieſer Thiere verlieren ſich meiſt in den aͤltern Zei - ten, da wir vielleicht wenig von dem edlern Fe - dervieh einheimiſch nennen koͤnnen. Einen gro - ßen Antheil an der Einfuͤhrung vieler Arten ha - ben vielleicht die Kreuzzuͤge, deren Vortheile fuͤr die Oekonomie der mittlern Zeiten ich mir zu weitern Unterſuchungen vorbehalte. Vieles ha - ben wir auch aus Italien erhalten. Die Reli - gion, die, wie ich oben errinnert habe, zu ge - wiſſen Zeiten einen Erſatz fuͤr das unterſagte Fleiſcheſſen verlangte, beguͤnſtigte die Federvieh - zucht in den Faſtenzeiten durch den haͤufigen Ge - nuß der Eyer ſehr, dieſe Art von Conſumtion hat vielleicht durch die Reformation etwas abgenom - men; ob ſich gleich dieſe Abnahme nur auf das zahme Federvieh, nicht aber auf das Federwild erſtreckt, wofuͤr man, da es zur Jagd, einem Hauptvergnuͤgen der Hoͤfe, gehoͤrte, von Zeit zu Zeit mehr ſorgte.
Im ſechzehnten Jahrhunderte finden ſich in den Jagdordnungen vielerley Federvieh und Fe - derwild (denn auch deſſen Geſchichte will ich zu - gleich hier mit behandeln). In der Bayeriſchen Jagdordnung vom Jahr 1568a)Art. 11. S. Fritſch l. c. S. 73. kamen unter dem jagdbaren Gefluͤgel vor: Enten, Rebhuͤner, Tauben,b)Vornehmlich wilde Tauben. Art. 22. Wachteln, Krammetsvogel,c)Art. 22. Ler - chen, Schneppen,d)Art. 22. und man kannte auch ſchonG g 3die470die Falkene)Die Falken waren ſchon in dem Zeitalter der ſchwaͤbiſchen Dichter in Deutſchland wichtig, ſie heißen bey denſelben Valke, Valk; und das Werk Kaiſer Friedrichs II. de arte venandi cum avibus giebt noch mehr Beweiſe davon. und Reiher, denn man hatte auch Falkenier und Falkenmeiſter. Man war ſchon damals nachdruͤcklich auf ihre Erhaltung bedacht, und verordnete deshalb verſchiedenes,f)z. B. Art. 21. 22. l. c. wie es auch ſchon in aͤltern Geſetzen, z. B. in der Lan - desfreyheit geſchehen war. g)Bayeriſche Landesfreyheiten. 16. Art. 3.Es wird beſtimmt, wie einige von ihnen nur gewiſſe Zeit jagdbar ſeyn ſollten; es wird bey vielen das Wegnehmen der Eyer und Neſter unterſagt. h)Art. 22.Es wird er - laubt, die Raubvoͤgel zu verfolgen, nur die Fal - ken und den Blaufuß ausgenommen, wie auch die Reiher, weil dieſe ein Vergnuͤgen der Hoͤfe waren. i)Art. 23. und 24.Auch in dem Braunſchweigiſchen fin - det ſich viel Federwild, denn die Jagdordnungen und Mandate erwaͤhnen deſſelben haͤufig. k)z. B. Edikt Herz. Heinrich des Juͤngern v. 1559.In dem Fuͤrſtlich Anhaͤltiſchen finden ſich damals wilde Gaͤnſe, Enten, Trappen, Auer - und Birk - huͤner. Sie unterſagt ebenfalls das Aufſuchen der Neſter und Eyer. l)Fritſch S. 199. Anhaͤltſche Landesordnung v. J. 1572. Art. 26.
In471In einer wuͤrtembergiſchen und franzoͤſiſchen Jagdordnung vom J. 1595 werden erwaͤhnt: wilde Gaͤnſe, Waſſerhuͤner, Rebhuͤner, Tauben, Wachteln, Droſſeln, Amſeln. In der Hohen - lohiſchen von 1597 wird im achten Artikel eben - falls der Haſel-Feldhuͤner, Wachteln, Entvogel, Enten, Schneppen, Ringeltauben und Reiher gedacht.
In dieſes und in das vorhergehende Jahr - hundert faͤllt auch wahrſcheinlich die Einfuͤhrung verſchiedener oſt - und weſtindiſchen Vogel und Federviehes, die wir als Hausthiere und als zahm ziehen. Die Truthuͤner wurden erſt ſeit 1530 bey uns bekannt; das ſo genannte Puter - hun ſtammt aus Amerika, das Braſilianiſche Truthun verraͤth in ſeinem Namen ſein Vater - land, und eben ſo kam das gehoͤrnte Truthun aus Indien. Der Faſen kam aus Oſtindien nach Europa, und iſt unſtreitig auch ſchon lange in Deutſchland bekannt. Jedoch finde ich keine deutlichen Spuren davon in den Jagdordnungen des ſechzehnten Jahrhunderts, ob ſich gleich ver - muthen laͤßt, daß man ihn im 16ten Jahrhun - derte ſchon in einigen Laͤndern des obern Deutſch - lands, wo der Handel ſo ſehr bluͤhete, gehabt habe;m)Schon die oberdeutſche Sprache, die vor dem 16ten Jahrhundert der Hauptdialekt der Nation war, kennt den Faſan, und nennt ihn Faſant, Faſcan. Er ſtammt aus Afrika und Aſien,und zumal da man ſie gleich zu AnfangeG g 4des472des ſiebenzehnten in einer und der andern Gegend findet. Wenigſtens kannte man ſchon in dieſem Jahrhunderte in Sachſen die Faſanen. Es wird dieſes unter andern wahrſcheinlich, daß man ſie ſchon in der churfuͤrſtl. ſaͤchſiſchen Landesord - nung vom J. 1603n)Fritſch l. c. S. 80. findet, in dem Branden - burgiſchen ſind die Faſanerien ſehr alt, wovon Beckmann Nachricht giebt. o)S. Beckmanns hiſtoriſche Beſchreibung der Chur und Mark Brandenburg, 1ſter Theil. Ber - lin 1752. S. 808. Vom Recht der Faſanen ſ. Ernſt Martin Chladenii diſſ. de iure Faſiano - rum eorumque banno. Die Finken und der Fang derſelben wird erwaͤhnt in einer Landes - ordnung des Markgrafthums Oberlauſitz, welche 1597 den 6ten May vom Kaiſer beſtaͤtiget worden. p)Fritſch l. c. S. 15.
Was die Schriftſteller uͤber die Federvieh - zucht betrifft, ſo gehoͤren zum Theil hierher die alten roͤmiſchen Oekonomen, die damals haͤufig gedruckt wurden, und die Ueberſetzungen der Al - ten, welche im ſechzehnten Jahrhunderte erſchie - nen. Dieſe haͤtten fuͤr die Deutſchen ſehr lehr - reich ſeyn koͤnnen, da Columella und andere ſich ſorgfaͤltig mit dem Federvieh beſchaͤftigen. q)Colnmella lib. 8.Nicht weniger behandeln dieſe Gegenſtaͤnde diedama -m)und wurde von den Argonauten zuerſt von dem Fluſſe Phaſis im Koͤnigreiche Colchis, itzt Min - grelien genannt, nach Europa gebracht.473damaligen oͤkonomiſchen Schriftſteller der Deut - ſchen, die ich oben im allgemeinen Kapitel ange - zeigt habe, und endlich die Schriften uͤber das Jagdweſen.
In dem ſiebenzehnten Jahrhunderte dauer - ten die naͤmlichen Bewegungsgruͤnde fuͤr die Sor - ge des Federviehes und des Federwildes fort. Es ſcheinen vornehmlich ſich in dieſen Zeiten die Faſanen verbreitet zu haben, weil man mehrere Spuren davon findet. In den Mandaten Jo - hann Georgs zu Sachſen von den Jahren 1604, 1612 und 1626 findet man der Faſanen Er - waͤhnung gethan, und naͤchſt dieſen der Trappen, wilden Gaͤnſe, Auerhaͤhne, Birkhaͤhne, wilden Huͤhner und Enten. In den boͤhmiſchen und den oͤſterreichiſchen Landen war die Faſanenzucht anſehnlich. In der Jagdordnung des Kaiſer Leopolds vom J. 1657 wird es bey 30 Rthlr. Strafe unterſagt, Faſaneneyer auszunehmen. In der Jagd - und Weidewerksordnung des Her - zogs Friedrich Wilhelms fuͤr die Aemter Alten - burg und Ronneburg vom J. 1653 werden gleich - falls die Faſanen erwaͤhnt. r)ib. p. 7. und 10.In dem Bran - denburgiſchen ergieng 1697 wegen denſelben ein Edikt, darinnen bey 50 Rthlr. Strafe auf jeden unerlaubter Weiſe geſchoſſenen Faſan ſtehet. s)Mylii Corpus Conſtit. March. Th. 3. S. 469.Auch in dem Churbraunſchweigiſchen erſchien ein Edikt wegen dem Schießen der Faſanen im J. G g 516964741696 am 8 May;t)S. Braunſchweig. Calenberg. Ordn. cap. 6. S. 315. und in einem Poͤnalman - dat von 1698 werden ſowohl die Faſanen als viele andere Voͤgel gegen das ſchaͤdliche Verfol - gen geſchuͤtzt. Ueberhaupt wurde man in dieſem Jahrhunderte aufmerkſamer und eiferſuͤchtiger auf die Faſanerien; ſo wie ſich auch durch den Hang zur Jagd die Sorge fuͤr das Federwild mehr aus - breitete, und daſſelbe vermehrt wurde; wenig - ſtens ließ ſich dieſes von den Enten vermuthen, und durch die Beguͤnſtigungen der Jagdordnun - gen von anderm Federwild erweiſen.
Doch ich verlaſſe das Federwild, und gehe zur zahmen Federviehzucht fort, bey welcher ſich weiter keine wichtigen Veraͤnderungen zugetragen zu haben ſcheinen. Das Kapaunen durch das Ausnehmen der Geilen, um dieſe Thiere in kur - zer Zeit maͤſten zu koͤnnen, iſt eine neuere Erfin - dung, die in das ſechzehnte oder ſiebenzehnte Jahr - hundert zu fallen ſcheint. Die Alten ſcheinen dieſe Art nicht gekannt zu haben, ſondern hatten eine andere, die Haͤhne zu verſchneiden, um ſie zu maͤſten, welche Columella anfuͤhrt.
Ich finde in den Jagdordnungen des ſech - zehnten und ſiebenzehnten Jahrhunderts nichts von Schwanen, ſollten ſie erſt gegen Ende des ſiebenzehnten oder gar in unſerm Jahrhunderte bey uns bekannt geworden ſeyn? Kaum ſollte ich es glauben.
Unter475Unter die Schriftſteller dieſes Jahrhunderts gehoͤren theils die Oekonomen uͤberhaupt, welche die ganze Wirthſchaftswiſſenſchaft behandeln, und die in dem allgemeinen Kapitel angefuͤhret wor - den, theils auch die Jagdbuͤcher wegen des Fe - derwilds. Die erſtern habe ich ſchon oben in dem erſten allgemeinen Kapitel angefuͤhrt, die letztern werden wir in der Geſchichte der Jagd kennen lernen.
In dem achtzehnten Jahrhunderte ſtellte man verſchiedene naͤhere Unterſuchungen uͤber dieſe Gegenſtaͤnde an, ſo wie man einige Entdeckungen machte, oder gewiſſe bisher geheime Behandlun - gen bekannter machte. So wurde die kuͤnſtliche Ausbruͤtung in unſern Zeiten bekannter und aus - gebreiteter. Es iſt aus der alten Oekonomiege - ſchichte der Aegyptier bekannt, daß ſie durch kuͤnſt - liche Waͤrme junge Huͤner auszubruͤten verſtan - den, und man hat in den neuern Zeiten dieſe Kunſt bey den Zigeunern in Ungarn gefunden, und hieraus, ſo wie aus einigen andern Umſtaͤn - den, auf ihre Abſtammung aus Aegypten ſchlie - ßen wollen. Die Zigeuner in Ungarn haben nach dem Zeugniß des Hrn. Griſeliniu)S. Franz Griſelini Verſuch einer politiſchen und natuͤrlichen Geſchichte des Temeswarer Bannats. 1779. noch die Kunſt, durch Pferdemiſt junge Huͤner aus den Eyern zu erbruͤten. Hierdurch veranlaßt, machte man in unſern Zeiten hieruͤber naͤhereVer -476Verſuche, und fand, daß es moͤglich ſey, durch eine kuͤnſtliche Waͤrme von 96 bis 98 Grade Fahrenheit oder 32° Reaumur das Ausbruͤten zu bewerkſtelligen. Hr. Achard zu Berlin ver - ſuchte es in den neueſten Zeiten mit Gluͤck, Huͤ - nereyer ohne einige natuͤrliche Waͤrme, und blos mittelſt der Elektricitaͤt auszubruͤten. Vollendet wuͤrden alle dieſe Erfindungen noch dadurch wer - den, wenn jemand die Kunſt zeigte, dieſe jungen alſo ausgebruͤteten Huͤner bequem und vortheil - haft aufzuziehen. Eine vorzuͤgliche Poularderie, wo dieſe kuͤnſtliche Ausbruͤtung ſonderlich durch die kuͤnſtliche Waͤrme aͤgyptiſcher Oeſen geſchie - het, iſt zu Caſſel in der landgraͤflichen Menage - rie. Man entdeckte ferner, daß auch die Ka - paunen ſich zum Bruͤten zwingen ließen. x)Hannoͤv. Beytraͤge 1762. S. 395. 782. 1261.Man fand auch durch Verſuche, daß ſich die Haͤhne dazu brauchen ließen, wenn ſie ſich einmal ſetzen, wie ſie oft zu thun pflegen. Man verſuchte es daher. Man ſtellte Verſuche uͤber die Maſtung der Truthuͤner an, und fand nach den in Frank - reich und nachher auch in Deutſchland angeſtell - ten Verſuchen, daß es am beſten mit Wallnuͤſſen und ſuͤßer Milch geſchehe. y)S. Hamb. Magazin XII. S. 71. Hannoͤv. Anzeigen v. 1751. n. 33. p. 821.Man giebt ihnen dieſer franzoͤſiſchen Erfindung nach den erſten Tag eine welſche Nuß, und faͤhrt ſo fort von Tage zu Tage bis auf 30 Stuͤck, worauf man wieder bisauf477auf 1 in herabſteigenden Zahlen zuruͤck gehet. Man gab ſogar an, durch das Stopfen mit Butter in 24 Stunden einen Kapaun fett zu machen, indem man ihm Butter giebt, und nun eine halbe Stunde herumjagt, und ſo beſtaͤndig abwechſelnd fortfaͤhrt. In dem ſaͤchſiſchen ſo genannten Voigtlande hat ſich die Truthuͤnerzucht außerordentlich ausgebreitet.
Man ſtellte Unterſuchungen uͤber die Krank - heiten des Federviehes und die Heilung derſelben an. Dieſes geſchahe ſonderlich bey der gewoͤhn - lichen und Hauptkrankheit dieſer Thiere, dem Pip. Einige ſuchen die Urſache davon bey einem Un - geziefer, welches ſie durch Beſtreichung des Kopfs mit Thran oder einem andern Oele zu vertreiben glauben, andere glauben den Grund in einer Ver - ſtopfung der Naſen, vornehmlich der Druͤſen in der Schleimhaut und in Erhaͤrtung der Zunge zu finden; und die hannoͤveriſchen Anzeigen vom J. 1754 ſchlugen Huͤlfsmittel vor.
Die Regierungen wendeten ſogar auf eins und das andere ihre beſondere Aufmerkſamkeit. So ſchraͤnkte man in einigen Landen das Unter - halten der Tauben ein, daß nur diejenigen aus - fliegende Tauben unterhalten duͤrften, welche lie - gende Gruͤnde und Aecker beſitzen, und nach die - ſen Beſitzungen die Zahl der zu haltenden Tau - ben eingeſchraͤnkt ſeyn ſolle. Die Gaͤnſezucht iſt fuͤr einige Gegenden Deutſchlands wichtig, da ſie einen ſtarken Handelsartikel in denſelben aus -macht;478macht; es gehoͤren hierher vornehmlich die weſt - phaͤliſchen Laͤnder und Pommern, deren Gaͤnſe beruͤhmter ſeyn, als die Gaͤnſe des Capitols.
In einigen andern, vornehmlich oͤſterreichi - ſchen Laͤndern, wenn ſie auch nicht zu Deutſchland gehoͤren, iſt die Entenzucht wichtig, worunter ſich ſonderlich Ungarn und Slavonien auszeichnet, und da ſelbſt dem Hrn. von Taube in ſeiner Be - ſchreibung von Slavonien dieſes entgangen iſt, ſo verdient es hier um deſto eher einer Erwaͤh - nung. Es werden in Slavonien jaͤhrlich auf 1 Million wilde Enten gefangen. Die Haͤlfte da - von giebt allein der Fluß Trebeß, auch die Illo - wa und der Sauſtrom iſt damit ſehr verſehen. Am ergiebigſten iſt der Fang, wenn viel Eicheln ſind, denn man findet bey der Eroͤffnung dieſelben haͤufig bey ihnen. Wo der Fluß nahe an einem Walde vorbeyſtroͤmt, ſtellt man ein großes Netz an das entgegengeſetzte Ufer. In einiger Ent - fernung davon verbergen ſich ein paar Maͤnner, die, wenn ein Flug ſolcher Enten ſich auf das Waſſer ſetzt, und dem Netz gerade gegenuͤber ſchwimmt, ſolche ſchnell auftreiben, ſie fliegen alsdenn dem Walde zu, und es bleiben an 3 bis 400 in den Netzen hangen. In verſchiedenen Orten muͤſſen die Bauern der Herrſchaft fuͤr je - den Fang eine gewiſſe Abgabe erlegen. Am wichtigſten iſt er in der Herrſchaft Kutma. Man bewahrt ſie auch auf durch Einſalzen. Sie kom - men aus der Tuͤrkey, wo ſie im Ueberfluſſe ſind,weil479weil die Tuͤrken die Jagd nicht lieben. Man ſahe den Nutzen der Enten zu Verfolgung der ſo ſchaͤdlichen Feldſchnecken ein, und brauchte ſie als Mittel, dieſelben zu tilgen. Die Erfindung war ſinnreich fuͤr das Vergnuͤgen der Jagd durch ver - ſchiedene Entenfaͤnge, wovon ein vorzuͤglicher in den Schreberiſchen Sammlungen ſich findet.
Es beſtehet alſo der Federviehſtand ſowohl als des nutzbaren Waldgefluͤgels in Deutſchland in den itzigen Zeiten vorzuͤglich in verſchiedenen Arten Huhnen, z. B. dem Truthun, dem gemei - nen Huhn, dem Faſan, dem Perlhun, dem gro - ßen engliſchen Huhn, aus Wachteln, Rebhuͤnern, Haſelhuͤnern, Birkhuͤnern, Auerhaͤhnen, Kram - metsvogeln, Schneppen, aus Gaͤnſen, Enten, Tauben, Lerchen, Schwanen, verſchiedenen an - dern kleinen Voͤgeln, und aus Pfauen, die letz - tern werden zwar meiſt zur Pracht gehalten, allein man ſollte verſuchen, ob ſie nicht auch fuͤr unſere Tafeln ſchmackhaft waͤren, da ſie es fuͤr die Roͤmer waren, und Columella und Varro den Verkauf der Pfauen als ſehr eintraͤglich bey der Oekonomie anpreiſen. Ich uͤbergehe die Raubvoͤgel und einige andere, welche in der Oe - konomie nicht unmittelbar Nutzen bringen, und weder beſonders gezogen noch geheget werden. Was das Federwild betrifft, ſo bluͤht die Faſa - nenzucht vornehmlich in Boͤhmen; aber auch in andern Laͤndern ſchaͤtzt man die Faſanen. In dem Churbrandenburgiſchen erſchien ein Ediktwegen480wegen Hegung des Faſanenwilds im J. 1712, wo das unerlaubte Schießen derſelben bey 50 Rthlr. Strafe unterſagt wurde. z)S. Mylii Conſtit. March. Th. 3. 640.In Chur - ſachſen, wo ſie von der hohen Jagd ſogar ausge - nommen ſind, beſtimmen die Geſetze 50 Gulden[Strafe] auf die Beunruhigungen der jungen Fa - ſanen oder Eyer, und auf das Schießen, Netze und Schlingenlegen 100 Rthlr,a)Cod. Aug. Theil 2. S. 517. 535. 540. 550. 581. 583 und 595. welches aber in einem Mandate von 1741 etwas geaͤndert iſt, ſo daß 20 bis 25 Rthlr. fuͤr jeden Faſan geſetzt, der Jaͤger aber, ſo ſich dazu brauchen laͤßt, mit Feſtungsbau beſtraft wird. In dem Churbraun - ſchweigiſchen erſchien 1703 ein Edikt. b)S. Calenb. Ordnung 16. S. 322.We - gen des Herzogthums Magdeburg und der Graf - ſchaft Mansfeld Preußiſcher Hoheit erſchien ein Churbrandenburgiſches geſchaͤrftes Edikt wegen Schonung der Faſanen im J. 1743. c)S. woͤchentl. halliſche Anzeigen vom J. 1743. num. 35.Die Schleſiſche Holz - Maſt - und Jagdordnung vom J. 1750 im 17ten Titel ſetzt 50 Rthlr. auf ei - nen Faſan. d)Von den Faſanen handeln folgende Schriften: Oekonomiſche Nachrichten Leipz. 1750. B. 1. S. 891-896. ingl. B. 7. S. 417. Neue
Daß481Daß die Gaͤnſe in Deutſchland ſchon lange einheimiſch, vielleicht gar urſpruͤnglich waren, beweiſen die Namen derſelben, die ſich in der altdeutſchen Sprache finden, die ſich noch in dem Niederſaͤchſiſchen und Hollaͤndiſchen erhaͤlt. Auch iſt hiervor das Zeugniß des Plinius, welcher ausdruͤcklich ſagt, daß die Deutſchen eine Gans (Ganza) gekannt. e)Plinius lib. X. hiſt. nat. c. 22. wo er von ver - ſchiedenen Arten Federvieh handelt, ruͤhmt ſon - derlich die Federn der deutſchen Gaͤnſe. Er ſagt von ihnen: Candidorum alterum vectigal in pluma. Velluntur quibusdam locis bis an - no. Rurſus plumigeri veſtiuntur molliorque quae corpori quidem proxima et e Germania laudatiſſima. Candidi ibi verum minores, ganzae vocantur. Wahrſcheinlich iſt Gans ein celtiſches Wort, daher es auch noch in dem Ita - liaͤniſchen Ganza heißt. Wie ausgebreitet die - ſer Vogel iſt, lehren die Benennungen deſſel - ben, die ſich in ſo vielen Sprachen finden. Im Griechiſchen heißt ſie χαν, χην, im Lateiniſchen Anſer. Zu Karls des Großen Zeiten war das Wort Auca von der Gans uͤblich, wovon das Wort Occa bey den Italiaͤnern, bey den Fran - zoſen Oye abzuſtammen ſcheint, wie auch dasinDaß bey ihnen wahr -ſchein -d)Neue oͤkonom. Nachrichten B. IV. 1769. 8. S. 611-641. Dobels wohlgeuͤbter und erfahrner Jaͤger, Leipz. 1754. S. 133. Buchoz Abhandl. vom Federvieh. 1777. S. 185.H h482ſcheinlich auch der maͤnnliche Name Gaͤnſerich gebraͤuchlich war, zeugt der in der Geſchichte be - kannte Name Genſerich, obwohl die Kritik ihn lieber Geiſerich nennt. Das gemeine Lebenheißte)in einigen Provinzen Frankreichs uͤbliche Auc, Auco, Auquotto. Wachter leitet den Namen Gans von Canus, weiß, her, im Walliſchen Cann, ein deutlicher Beweis, daß es urſpruͤng - lich ein celtiſches Wort ſey. In den Saliſchen Geſetzen kommt das Wort Chana vor, welches einige vor Hahn erklaͤren. Im Niederſaͤchſt - ſchen heißt die Gans, Goos, und im maͤnnli - chen Geſchlecht Gante, Ganter. Im Engli - ſchen Gooſe, und im maͤnnlichen Geſchlecht Gander; im Daͤniſchen Gaas, und das maͤnn - liche Gaſſe; im Schwediſchen Gäs; im Islaͤn - diſchen Gas; im Bretagniſchen Gous, Ganz; bey den Kraineriſchen Wenden Gus; daß bey ihnen die Gaͤnſezucht gebluͤht, beweiſt auch das, daß dieſes Wort ſo gar ein Menſchenname wur - de, wie der Name Hus oder Gus bezeugt. Im Polniſchen Ges, im maͤnnlichen Gaſſior; im Italiaͤniſchen Ganza; im Spaniſchen Ganſo. Die Benennung des maͤnnlichen Geſchlechts in der engliſchen und niederſaͤchſiſchen Sprache iſt einerley, und nur im d und t unterſchieden; aus dem niederſaͤchſiſchen Wort, Ganter, iſt wahrſcheinlich das Wort des gemeinen Lebens, Ganſer, entſtanden. Die jungen Gaͤnſe heißen im Hochdeutſchen Gaͤnschen, Gaͤnſekuͤchlein; in Schleſien Gruͤſcheln; beym Pictorius Gruͤſel; im Niederſaͤchſiſchen Goſſel, Goͤſſel, Goͤſſelken; im Engliſchen Goſling. 483heißt die maͤnnliche Gans auch Ganſer, Genſert.
Man hat in den neuern Zeiten bemerkt, daß, wenn die Paarung zu Lande geſchiehet, die Eyer nicht ſo gut gerathen, als wenn ſie auf dem Waſſer vor ſich gehet. Ferner, daß durch den Rocken der Eyerſtock bey den Gaͤnſen und dem Federvieh zur Zucht ſich beſſer anſetze; daß man den Brutgaͤnſen nicht die Federn zu ſehr oder gar ausraufe, damit die Eyer mehr Waͤr - me haben. In den neuern Zeiten, da die Weichlichkeit und Luxus auch fuͤr den Geſchmack mehr kuͤnſtelten, dachte man ſonderlich auf die beſten und wirkſamſten Erfindungen zum Fett - machen dieſer Thiere; man vergaß, um ſeinen Gaumen zu weiden, oft ſogar dabey die Menſch - lichkeit. Man ahmte in Deutſchland die in England gewoͤhnliche Art der Maſt mit geſchro - tenem Malze nach, das mit Milch eingeruͤhrt worden, oder auch Gerſtenmehl mit Waſſer ziemlich dick eingeruͤhrt, ſtatt der Milch, und zur Veraͤnderung ſetzt man in die Naͤhe ein Ge - faͤß mit gekochtem Hafer und Waſſer. f)S. Muſeum ruſticum et commerc. 3ter B. S. 143. ſeq. Hirſch geſammelte Nachrichten der oͤkonom. Geſellſchaft in Franken. 2ter Jahrgang. An - ſpach 1766. 4. S. 319 ſeq. An - dere fanden, daß blos gequellter Hafer mitH h 2reich -484reichlichem Waſſer eben ſo gut ſey; und zogen, durch die Erfahrung beſtaͤtiget, hieraus den all - gemeinen Grundſatz, daß das Quellen des Ha - fers oder der Gerſte, womit man ſie fuͤttert, ein Hauptkunſtgriff ſey, weil es ſchneller ver - daue, und das Fettwerden weit ſchneller vor ſich gehe. g)Wittenbergiſches Wochenblatt vom J. 1768. S. 245.
Man machte in den Berliner Sammlungen die grauſame Methode des Englaͤnders Brad - ley zu Cambridge bekannt, der die Gans, die er fett machen will, in Leinen verwickelt, ihr blos den Hals und Kopf frey laͤßt, ſie an einen finſtern Ort aufhaͤngt, und die Ohren mit Wachs verſtopft, damit ſie weder ſehen noch hoͤren koͤnne, und ihr ſo alle Gelegenheit zum Schreyen und Bewegen benommen werde. Er giebt ihr in dieſem Zuſtande des Tages dreymal Gerſtenſchrot, und ſetzt beſtaͤndig ein mit Waſſer und Salz angefuͤlltes Gefaͤß neben ihr. Nach dieſem angegebenen Verſuche ſoll ſie in vierzehn Tagen ſo fett werden, daß die Leber 4 Pfund am Gewicht halte. h)Berliner Samml. B. 3. S. 398. ingl. n. 349. der Gazette litter. de Berl. vom Jahr 1770. S. 390.In dem Strasburgiſchen braucht man, nach des Hrn. Prof.485Prof. Sanders Bericht,i)Neueſte Mannichfaltigkeiten, 2ter Jahrgang. S. 40. 2 Theile Gerſten - mehl, einen Theil Welſchkorngruͤtze und ein we - nig Salz. Im Sommer wird dieſes mit blo - ßem Waſſer angemacht, im Winter aber ein wenig mit Milch und Waſſer gekocht, damit es ihnen, der Zaͤhigkeit wegen, nicht im Kro - pfe ſtecken bleibe. Man miſcht auch, die Ver - dauung zu befoͤrdern, Sand darunter. Einige ſchlugen die Maſtung mit Moͤhren vor, wovon aber das Fleiſch einigen Geſchmack annehmen ſoll. k)Fraͤnkiſche Samml. 2ter B. S. 11.Im Braunſchweigiſchen ſtellte man wichtige Verſuche mit der Kartoffelmaſt an, und fand, daß ein Himten Kartoffeln eben ſo viel oder mehr wirke, als eben ſo viel Hafer, und daß ſie auch ein feiſteres und ſtaͤrkeres Schmalz geben. l)Der gel. Beytrag zu den Braunſchweigiſchen Anzeigen vom J. 1767. St. 101.Man verfuhr dabey alſo: man kochte ſie, daß ſie das waͤſſerige verloren, ſtampfte ſie hierauf, und las die Schalen aus. Man knetet hierauf ein wenig Hafer darunter, und thut etwas Waſſer hinzu, alles zuſammen aber wird ihnen in einem Troge hingeſetzt. Ue - brigens muß hierbey, wie bey allen dieſen Din - gen, die zu große Menge Futter auf einmal verhuͤtet werden. Der Hr. von Hohberg imH h 3adlichen486adlichen Landleben fuͤhrt eine Brodfuͤtterung an, da in ein Rocken - oder Gerſtenbrod ein Loch gegraben, und etwas Bier und Hafer in daſſel - be gethan, und der Gans ſo vorgeſetzt wird, welche ſich ſo durch den Hafer und Bier an das Brod gewoͤhnt. In Thuͤringen, Oberſachſen und einigen andern Gegenden iſt das Stopfen mit Nudeln gebraͤuchlich. Eine Landwirthinn zu Sorau, die Frau Anna Chriſt. Hofmanninn, beſchreibt ihre Behandlungsart, ſonderlich in Anſehung der Vergroͤßerung der Leber im Leipz. Intelligenzblatt. m)v. J. 1767. S. 263. St. 27. Ihre Maſſe be - ſtehet aus 2 Maͤschen Gerſtenſchrot nebſt ½ Maas groben oder Aftermehl in laulichem Waſſer ein - gemacht, vermiſcht mit Pfeffer und Ingber, und ſo viel Salz, als man zwiſchen 3 Fingern hal - ten kann.Der Hr. von Griesheim that den Vorſchlag, die Gaͤnſe zu verſchneiden, weil ſie alsdenn wahrſcheinlich mehr an Federn, Fleiſch, Fett und Wachsthum gewinnen wuͤr - den. Er iſt zu dieſem Vorſchlage vermuthlich durch die Verſuche bey den Fiſchen veranlaßt worden. n)Oekon. Nachr. B. XII. S. 557.Die uͤbrigen Verſuche und Ent - deckungen, die man ihn Anſehung der Krank - heiten dieſer Thiere machte, die Mittel, ſie auf - zubehalten und zu benutzen, und die uͤbrigen an ihnen merkwuͤrdigen juriſtiſchen und oͤkonomiſchenUm -487Umſtaͤnde findet man ausfuͤhrlich in der okonom. Encyclop. des Hrn. D. Kruͤnitz. o)Th. 16. S. 45. ſq.
Dieſes Nahrungsgeſchaͤft erhielt uͤbrigens in dieſem Jahrhunderte viele Schriftſteller. Die meiſten oͤkonomiſchen Sammlungen ent - halten auch Abhandlungen uͤber dieſen Gegen - ſtand. Die fraͤnkiſchen Sammlungen berech - nen die Koſten und Vortheile der Huͤhnerzucht in Staͤdten. p)V. 442.Die hannoͤveriſchen nuͤtzlichen Sammlungen unterſuchen die Erziehung der jungen Huͤhner. q)v. J. 1756. S. 1565.Das hamburger Maga - zin,r)XIX. 118. die leipziger Sammlungen,s)XIV. 925. und die oͤkonomiſchen Nachrichten,t)XI. 30. die hannoͤveriſchen Beytraͤgeu)v. J. 1762. S. 395. 782. 1261. beſchaͤftigen ſich mit der kuͤnſtlichen Ausbruͤtung und Auferziehung der jungen Huͤh - ner, oder mit der Pularderie. Das hannoͤve - riſche Magazinx)v. J. 1763. S. 713. nebſt den Anzeigeny)v. J. 1754. S. 545. glei - ches Namens behandeln die Krankheiten.
Die488Die Herren von Juſti, Eckart, Leopold, der Verfaſſer des Lehrbegriffs, Fiſcher, Buchozz)Buchoz Abhandl. vom Federvieh. Muͤnchen 1777. gr. 8. und viele andere in ihren oͤkonomiſchen Schrif - ten haben ſich mit dem Federvieh beſchaͤftiget. Und da in den neuern Zeiten das Studium der Naturgeſchichte ſich ſo ausbreitete, ſo gehoͤren hierher auch alle Bemuͤhungen und Schriften der Naturforſcher in dieſem Theile der Natur - geſchichte. Ich will unter ihnen nur die Werke eines Kleins, Fritſch und Seligmanns nennen.
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