PRIMS Full-text transcription (HTML)
Verſuch einer pragmatiſchen Geſchichte der Oekonomie-Polizey - und Cameralwiſſenſchaften ſeit dem ſechzehnten Jahrhunderte bis zu unſern Zeiten.
Deutſchland.
Zweyter Theil. Erſte Abtheilung.
Leipzig,bey Weidmanns Erben und Reich.1782.

Vorerinnerung.

Wegen unvermutheter Staͤrke des zweyten Bandes bin ich genoͤthigt worden, denſelben in zwey Abtheilungen zu liefern; die zweyte Abtheilung wird die neue Cameral - und Policeygeſchichte vom ſechzehnten Jahrhunderte bis auf unſere Zeiten enthalten, und kuͤnftig folgen.

Inhalt.

Inhalt.

  • Geſchichte des Gartenbaues ſeit dem ſechzehnten Jahrhunderte. S. 1-147
  • Geſchichte der Weinkultur. S. 148-226
  • Geſchichte des Hopfenbaues. S. 227-248
  • Geſchichte der Holzkultur. S. 249-390
  • Geſchichte der Jagd. S. 391-484
  • Geſchichte der Vogeljagd. S. 485-511
  • Geſchichte der Fiſcherey. S. 512-568
  • Geſchichte der Perlenfiſcherey. S. 569-588
  • Geſchichte der Goldfiſcherey. S. 589-602
  • Geſchichte des Floßweſens. S. 603-634
  • Geſchichte des Straßenbaues. S. 635-656
  • Geſchichte des Bergbaues. S. 657-864
[1]

Geſchichte des Gartenbaues und der Gartenkunſt in den neuern Zeiten, beſonders ſeit dem ſechzehnten Jahrhunderte bis auf unſere Zeiten.

Der Gartenbau, den man theils als den oͤkonomiſchen, theils als den kuͤnſtli - chen betrachtet, und jenen, den eigentlichen Gartenbau, dieſes aber Gartenkunſt nennet, muß auch in dieſer Geſchichte aus beyden Ge - ſichtspunkten angeſehen werden. Der oͤko - nomiſche, der ſich bloß mit Erzeugung gewiſ - ſer Pflanzen und Fruͤchte beſchaͤftigt, welche auf einem gewiſſen Bezirk, welcher Garten - recht hat, d. i. vorzuͤglich von Trift und Hut frey, und meiſt umzaͤunt iſt, erbauet werden, war, im Ganzen genommen, aͤlter als der kuͤnſtliche, der ſich vorzuͤglich die Anlage und den Geſchmack in demſelben zum Gegenſtande waͤhlt. Auch gediehe der Gartenbau in Ober - deutſchland eher zu einiger Vollkommenheit, als in dem Niedern. Die Lage und Nachbar -II. Theil. Aſchaft2ſchaft von Italien und Frankreich, der große Handel der verbundenen deutſchen Staͤdte, der dadurch fruͤher entſtandene Flor dieſer Laͤnder, ſind unſtreitig die Urſache davon. Nicht we - nig trugen auch die Geiſtlichen zu Befoͤrderung des Gartenbaues in Deutſchland uͤberhaupt bey, da ſie bey der Ruhe in ihren Kloͤſtern ſich haͤufig mit dem Gartenbaue ſelbſt beſchaͤf - tigten, zumal da ſie doch einige naͤhere Kennt - niß von Chemie, Naturlehre und Naturge - ſchichte hatten, als andere, auch durch ihre wechſelſeitige Reiſen und Briefwechſel viele Einſichten in den Zuſtand des Gartenbaues der ſchon cultivirten Laͤnder erhielten; auch trieb ſie die Sorge fuͤr eine mit ſchmackhaften Geruͤchten wohlbeſetzte Tafel an, ſelbſt mit dem Clima zu kaͤmpfen, und die Gartenfruͤchte fremder Gegenden nach und nach an den deut - ſchen Himmelsſtrich zu gewoͤhnen, dem man gewoͤhnlich ſeine Eicheln vorwarf; ob man gleich die alte Rauheit in dieſen Stuͤcken ohne Grund den mitlern Zeiten andichtet. Man ſuch - te dadurch, daß man einheimiſchen Saamen von ihnen bekam, ſie ſelbſt einheimiſch zu ma - chen, weil dieſer alsdann unter dem Himmel, unter dem er reifte, auch gluͤcklicher waͤchſt.

Die Reichthuͤmer der Kloͤſter gaben ihren Bemuͤhungen die groͤßte Wirkſamkeit, da ſie nichts zu ſparen Urſache hatten, und eben ſo wenig durch einen oder den andern mis -lunge -3lungenen Verſuch niedergeſchlagen und abge - ſchreckt werden konnten.

Dieſes letztere gilt nicht nur von Ober - deutſchland, ſondern auch von dem Niedern; und obgleich in jenem der Gartenbau aus den obigen Gruͤnden fruͤher zu einiger Vollkom - menheit kam, ſo finden ſich doch auch im Nie - dern ſchon im 16ten Jahrhunderte Spuren von der eifrigen Sorge fuͤr denſelben. Es ge - hoͤrte nach den Sitten der damligen Zeiten gleich - ſam zu der Ehre eines jeden deutſchen Hofes, einen ſogenannten Hof - und Schloßgarten zu haben, welches die reichern und vorneh - mern Unterthanen nachahmten.

Der deutſche Gartengeſchmack uͤberhaupt aber in dieſen Zeiten, zeichnete ſich von andern dadurch aus, daß er ſich mehr mit dem oͤkono - miſchen Gartenbaue beſchaͤftigte, als mit dem eigentlichen kuͤnſtlichen, zumal da ſelbſt der oͤkonomiſche noch ſehr muͤhſam war, und ſehr an den kuͤnſtlichen graͤnzte, da man ſo viele Vortheile noch nicht kannte, und, von Vorurtheilen geleitet, ſich viele vergebli - che Muͤhe machte; zuweilen aber auch wirk - lich ſich dazu genoͤthiget ſahe, weil die Fruͤch - te oder Pflanzen noch nicht ſo an das Clima gewoͤhnt waren, als ſie es durch den anhalten - den Bau vieler Jahre wurden; und ſelbſt durch die damit viele Jahre fortgeſetzte Cul - tur das Clima in vielen Gegenden noch nicht ſo gemildert war. Daß der oͤkonomiſche undA 2kuͤnſt -4kuͤnſtliche Gartenbau damals ſchon genau mit einander verbunden, und faſt eins geweſen, erhellet unter andern auch aus dem Beyſpiele des großen Churfuͤrſten Auguſt von Sachſen, von welchen die geheimere Geſchichte erzaͤhlt, daß er beſtaͤndig ein Saͤckchen mit Obſtkernen bey ſich gefuͤhrt, und auf ſeinen Reiſen in ſeinen Aemtern und Kammerguͤtern ſie hin und wieder geſteckt, und ſodann verſetzen laſ - ſena)S. Gerber unerkannte Wohlthaten Gottes Th. 1. S. 906.. So weiſt er auch in einer Pachtver - ſchreibung auf Wiederkauf dem Pachter, gleich einem Lehrer der Oekonomie, ſeine Pflich - ten in den Baumgaͤrten an. Er ſolle, ſagt er daſelbſt, die Obſtbaͤume ſchneittelnn, ſchabenn, raupen, thuͤngem, einige Staͤm - me pflanzenb)S. Schreber v. Kammerguͤtern S. 161.. Eben ſo ſorgte ſeine Ge - mahlin, die beruͤhmte Churfuͤrſtin, Anna, welche die vaterlaͤndiſche Geſchichte unter den ehrenvollen Namen der Mutter Anna kennt, fuͤr dieſes Geſchaͤft, und legte Gaͤrten an auf dem Kammergute bey Lichtenburg, und ihrem Vorwerke Oſtra bey Dresden, welches die heutige Friedrichsſtadt iſt. In dem Bran - denburgiſchen ſahe der Churfuͤrſt Johann Georg, bey Anlegung ſeines Gartens, vor - nehmlich auf die oͤkonomiſche Nutzbarkeit fuͤr ſeine Kuͤche. Denn ſo giebt er dem Gaͤrtner,Deſide -5Deſiderius Corbianus, der ihn 1573 anleg - te, folgende Verordnung: Inſonderheit Vns allhier hinter unſerm Schloß im Thiergarten einen newen Luſtgarten, dar - aus wir allerley Vnſer Kuͤchennothdurft haben moͤgen, mit allen muͤglichen Vnndt beſondern Fleiß zu erbauen und zuzurichten. Es wurde dieſer Garten 1645 von Hanf erneuert, und 1652 von Mein - hardt vergroͤßert. Außer dieſem aber war ein zweyter Hauptcharakter des Deutſchen, vor - zuͤglich des kuͤnſtlichen Gartenbaues die ſteife Mathematik, welches ſowohl aus den aͤltern deutſchen Schriftſtellern von dem Gartenbau, als auch aus einigen Gartenbeſchreibungen der damaligen Zeiten, ſo wie aus den Anordnun - gen und Anſtalten der deutſchen Fuͤrſten bey ihren Luſtgaͤrten, erhellet.

Die mathematiſchen Figuren in den aͤltern oder nach altem Geſchmacke angelegten Gaͤrten der Deutſchen ſind die beſten Beweiſe zu dem Satze: daß ſteife mathematiſche Abmeſſungen ein Kennzeichen des alten deutſchen Gartenge - ſchmacks ſind. Es hat ſich derſelbe noch in dem deutſchen Parterre oder Luſtſtuͤcken erhal - ten, welche mit Buxus eingefaßt ſind, und aus allerley mathematiſchen Figuren und pa - rallelen Gaͤngen beſtehen, welche mit Blumen beſetzt ſind.

Man ahmte dieſelben auch in auswaͤrti - gen Laͤndern nach, und in den[italiaͤniſchen]A 3Gaͤr -6Gaͤrten und zu Trianon bey Verſailles waren noch zu Anfange des jetzigen Jahrhunderts vorzuͤgliche Beyſpiele davonc)S. den geoͤffneten Ritterplatz und darinnen die Baumeiſter-Akademie, C. 3. von Gaͤrten S. 133.. Man haͤtte glauben ſollen, daß die Waͤlder, die Deutſch - land erfuͤlleten, den Einwohnern hohe ſchauer - volle Ideen haͤtten beybringen ſollen, welche ſie in ihre Gaͤrten als Nachahmungen der Na - tion verpflanzen wuͤrden. Allein faſt ſollte man glauben, daß eben dieſes die Urſache waͤ - re, warum ſie dergleichen Ideen nicht in ihre Gaͤrten aufnahmen, um ſich von den Schrecken der Waͤlder in ihren Gaͤrten zu entfernen. Vielleicht trug auch die Polizey, welche die Waͤlder haͤufig ausrottete, um mehreres Land urbar zu machen, etwas dazu bey. Und end - lich war das Clima vielleicht keine geringe Ur - ſache hiervon. Der deutſche Himmel war rauher, weil noch viele Laͤnder nicht ſo be - bauet, viele Suͤmpfe und Moraͤſte noch nicht ausgetrocknet, und noch ſo viele Waldungen waren; alles Urſachen eines kaͤltern Clima’s. Man ſuchte alſo in den deutſchen Gaͤrten der Wirkung der wohlthaͤtigen Sonne ihren freyen Lauf zu laſſen, und entfernte den vielen Schat - ten aus denſelbigen.

Uebrigens war der Gartenbau im 16ten Jahrhunderte in Deutſchland ſchon ſehr geehrt; die Baumbelzer wurden unter diefreyen7freyen Kuͤnſtler gerechnet, wenigſtens findet ſich in dem augsſpurgiſchen Buͤrgerbuche in dem Jahr 1514, daß der Baumbelzer als freyer Kuͤnſtler gedacht wirdd)S. Paul v. Stetten Kunſt-Gewerb - und Hand - werksgeſchichte der Reichsſtadt Augsſpurg, S. 120.. Es laͤßt ſich zugleich daraus ſchließen, daß das Baum - belzen oder Impfen damals keine ſo allge - meine und allen Gaͤrtnern bekannte Kunſt ge - weſen, wie ſie es heut zu Tage iſt, da ſich be - ſondre Perſonen damit beſchaͤftigten. Die Regierungen ſorgten in dieſen Zeiten fuͤr den Gartenbau meiſt in den Forſtordnungen, und erwaͤhnten auch beſonders das Belzen, wel - ches ebenfalls beweiſt, daß dieſe Kunſt da - mals nicht ſo lange erſt bekannt geweſen ſeyn muß, weil man es in dieſen Geſetzen ſo anem - pfiehlt. Eine alte fuͤrſtliche beyeriſche Forſt - ordnung des 16ten Jahrhunderts gedenkt des Belzens der wilden Aepfel und Birnen, und ſorgt fuͤr den Gartenbau im 22ſten Capi - tel. Auch in andern dergleichen Geſetzen, wel - che Fritſche)Fritſch: Corpus Iuris Venatorio foreſtalis p. 94. Demnach ſoll maͤnniglich die Aepfel-Birnen - und Kirſchbaͤume, wo ſie ſtehen moͤgen, abzu - hauen gaͤnzlich verboten ſey. Und wie wohl man der wilden Aepfel und Birnſtoͤcke zu den Belzſtoͤcken nicht gar entrathen kann, ſo ſol - len ſie doch ohne Vorwiſſen nicht ausgegraben werden. geſammelt, findet ſich dieſe Be -A 4merkung8merkung beſtaͤtiget. Die fuͤrſtlich mecklen - burgiſche Landesordnung vom Jahr 1562f)S. Fritſch l. c. pag. 198., befiehlt unter andern, Obſt - und andere Fruchtbaͤume anzupflanzen, und legt den Aemtern auf, jaͤhrliche Berichte einzuſen - den, wie viel dergleichen gepflanzet wor - den. In der braunſchweigiſchen Forſt - und Holzordnung von 1591g)Ebend. l. c. p. 129. wird auch fuͤr die Fruchtbaͤume, und namentlich fuͤr Aepfel, Birnen, Quitten, Eils - und Trieſelbirnen, geſorget, ein Beweis, daß dieſe Fruͤchte ſchon damals in Deutſchland bekannt waren. So brachte man im 16ten Jahrhunderte noch den Maulbeerbaum nach Deutſchland, weil man da die erſten Verſuche mit der Seidenzucht anfieng.

Das itzt eben bemerkte Obſt war mehr wild als zahm, allein, man zog auch damals ſchon viel zahmes durch Propfen, Aeugeln und andere Artenh)S. Coler in Calendario im Monat May und Junius.. Man kannte damals verſchiedene Arten Aepfel, z. B. Borsdorfer, Scheibenaͤpfel, Suͤßaͤpfel, Amarellen. Als Birnen kannte man die Waldbirnen, Honig - birnen, Speckbirnen, Winterbirnen, Mus - katellerbirnen; rothe Erdbeeren (fraga), ſchwarze Heidelbeeren (vaccinia), Johannis - beeren, Pfirſchen, wiewohl man bemerkt, daßdamals9damals die Erndte der meiſten Fruͤchte erſt im September faͤllt, da jetzt manche weit zeitiger reifen, z. B. die Pfirſchen. Von Kirſchen kannte man damals ſchon die ſuͤßen Schwarz - kirſchen, ſchwarzen Vogelkirſchen, Ceraſa ac - cia, oder acciana, die kleine ſuͤße rothe Vo - gelkirſche, Caeliciana, ingleichen große weiſ - ſe Kirſchen, oder Ungariſche Weixen, Ceraſa Pontica, oder Cerna, oder Damaſcena, die man aus Ungarn nach Deutſchland brachte.

Unſtreitig wurden durch das Verhaͤltniß, in welches Ungarn durch das oͤſtreichiſche Haus mit Deutſchland kam, auch verſchiedene Fruͤch - te, und vornehmlich auch der Weinſtock, haͤufi - ger in Deutſchland von dort aus ausgebreitet. Die dicken ſauren ſchwarzen Kirſchen (Ceraſa maxime pontica), welche man auch Marcel - len nannte, die ſauren Kirſchen, Ceraſa Ma - cedonica, Meraſia oder Meraſiana. Auch kannten ſie ſchon verſchiedene Arten Pflaumen, z. B. die Spillinge, die Marunken, die ge - woͤhnlichen Pflaumen, und auch eine Art Ungariſcher. So kannte man auch nach Co - lers Calendarioi)S. Auguſt. Preuſelbeeren, Kreuſel - beeren oder Groſſelbeeren, die um Laurentii reiften, Hindbeeren und Kratzbeeren, (mora rubi) Brombeeren (mora rubi Idaei), Flie - derbeeren, Wacholder, waͤlſche Nuͤſſe, Haſel -A 5nuͤſſe.10nuͤſſel)S. Coler Calender, April, p. 47.. Man fuͤhrte auch auswaͤrtige Fruͤch - te ein: ſo brachte Cluſius 1550 den Roß - Caſtinienbaum aus dem noͤrdlichen Aſien nach Deutſchland. Auch ſcheint man Verſuche mit Granataͤpfeln gemacht zu haben; denn Coler ſagt, man ſoll ſie im April verpflanzen, weil ſie fort mehr unſers rauhen deutſchen Him - mels gewohnen, und raͤth an, nach dem Pal - ladius, ſie auf Pfirſchen zu pfropfenk)Nux auellana hat den Namen ab Auellino Campaniae, oppido. .

Was den Zuſtand des damaligen Kuͤchen - und Blumengartens betrifft, ſo erhellet aus des Colers Calendario, welches gegen Ende des ſechzehnten Jahrhunderts erſchien, ſo wie aus einigen andern gleichzeitigen Nach - richten folgendes. Die Kunſt ordentliche Miſt - beete zu halten, um etwas zeitiger, als es ge - woͤhnlich und der Natur nach erſcheint, her - vorzubringen, ſcheint dieſen Zeiten nicht be - kannt zu ſeyn. Sie ſaͤten den Kohlſaamen im Februar, dazu das Land vor dem Winter gegraben und gleichgemacht war, wenn auch gleich Schnee lag, und ſtreuten Huͤnermiſt uͤber den Saamen her, welcher ihn vor den Erdfloͤhen zugleich ſchuͤtzte. Sie thaten dieſes den naͤchſten Tag vor Faſtnachten. Einige miſchten Saamen mit Erde, und warfen dieſe Miſchung in die Stube unter die Bank, dadie11die Pflanzen aufgiengen, welche ſie alsdann heraus ins freye verpflanzten. So kannten ſie auch die rothen Ruͤben, Kreſſe, naſturtium aquaticum ſowohl, als naſturtium hortenſe. Die Pomeranzen wurden als eine auswaͤr - tige Frucht von der Leipziger Oſtermeſſe aus, in Deutſchland vertheilt und verfuͤhrt. Denn Coler ſagt: nun bringen die Kaufleute vom Leipziger Markt ſaure und ſuͤße Pomeran - zenm)Im Calendario S. 33., das Hundert um einen Thaler, eine einzliche um einen Schilling. Man bauete Melonen, und ſcheint ſie nicht in Miſtbeeten gezogen zu haben, denn Coler ſagt: den Me - lonenſaamen ſetzt man etwa 14 Tage vor Oſtern, wenn man merkt, daß[es] nicht mehr friert, denn er erfriert ſonſt leicht; waͤre das im Miſt - beete moͤglich? Man zog Gurken, Kuͤrbiſſe, Erdaͤpfel, Peterſilge, Mohrruͤben, Erbſen, weißen Kohl, welchen man in der Marterwo - che ſaͤete, und auf St. Urban verpflanzte; und zwar in einen zweymal gepfluͤgten Acker, und nach 3 Wochen behaueten ſie dieſelben; man bauete Knoblauch, Taback, Kopf - und Blumenkohl, welches alles aus Colers Ca - lendario erhellet.

Der Blumengarten der damaligen Zeiten beſtand aus Violen, wovon man drey Arten kannte, die blaue Viole, die weiße und die gelbe Viole, Anemonnenroͤßlein, Hiacinthen,die12die letzten beyden erwaͤhnt Coler im Calenda - rion)ed. a. 1680. p. 39. im Maͤrz unter den Kraͤutern, ſo man im Maͤrz ſammeln ſolle, Roſen, ſowohl die wilden Feld - als die Gartenroſeno)ib. p. 91.. Man bauete ferner Skabioſen, Rosmarin, Sal - bey, Lilien, Nelken, Lavendel, Thymian, Paͤonien, Kreſſe, Mohn, Tulipanen, Lack.

Vorzuͤglich bluͤhete der Gartenbau, ſowohl der oͤkonomiſche als kuͤnſtliche, in den groſ - ſen deutſchen Handlungsſtaͤdten; wozu die Reichthuͤmer, die der Handel ihnen zufuͤhrte, und die durch eben denſelben erhaltene Kennt - niſſe von den auswaͤrtigen Gaͤrten das meiſte beytrugen. Augſpurg, Nuͤrnberg und an - dere anſehnliche Staͤdte Deutſchlands hatten vorzuͤgliche aufzuweiſen. Einer der erſtern deutſchen Gaͤrten war damals der Ambro - ſius Hochſtetteriſche Garten zu Augſpurg. Er war es wegen Pflanzen, Baͤumen, Luſtge - baͤuden, Teichen und Baͤdern, beſonders we - gen des Waſſerwerks, welches das Waſſer durch 200 Roͤhren trieb. Bey einem Luſt - hauſe, welches mitten aus einem Teiche her - vor ragte, ſtund eine Nymphe, welche diejeni - gen beſpritzte, die uͤber die Bruͤcke giengen. In dem Luſthauſe ſtand ein marmorner Tiſch mit Baͤnken; wenn man einen der daran hangenden Ringe zog, ſo entſtund auf demTiſche13Tiſche ſelbſt ein Bach, welcher alles, was darauf lag, hinwegſchwemmetep)S. v. Stetten l. c. S. 121.. Die Fug - geriſchen Gaͤrten muͤſſen dieſe noch weit uͤber - troffen haben. Sie hatten die vortrefflich - ſten fremden Gewaͤchſe und Luſthaͤuſer, ſie waren mit Bildſaͤulen von Goͤttern aus Erz geziert, und Beatus Rhenanus, ziehet ſie ſelbſt den Gaͤrten des Koͤnigs in Frankreich zu Tour und Blois vorq)S. Goldaſtens Sammlung von 100 philolog. Briefen, ingl. [v.]Stetten l. c. .

Außer denen, die jetzt den Kapuzinern und dem katholiſchen Armenhaus gehoͤren, die eigentlich Rhenanus meynt, waren der jetzige ſo genannte große Baugarten und das jetzige Zucht - und Arbeitshaus ſehr beruͤhmt.

Jacob Herbrot, der einigemal Buͤrger - meiſter aus der Zunft der Kuͤrsner war, hat - te einen Garten angelegt, der wenige ſeines Gleichen in Deutſchland, ſelbſt unter den Fuͤrſtlichen, gehabt haben ſoll; allein Carl V, bey dem er wegen ſeiner zu großen Anhaͤng - lichkeit an die zuͤnftige Verfaſſung in Ungna - de fiel, gab dieſen vorzuͤglichen Garten im Jahre 1532 der Zerſtoͤrung und Pluͤnderung Preis. Er war ſo beruͤhmt, daß ſeine Zer - ſtoͤrung durch Elegien betrauert worden, der - gleichen man eine nach dem Zeichniß des Hrn. von14von Stetten in einigen Chroniken findetr)Er fuͤhrt unter andern an Hektor Muͤlichs Chronik.. Heinrich Herwarts Garten iſt deswegen merk - wuͤrdig, weil in demſelben die erſten Tulipa - nen gepflanzet, und von hieraus in Deutſch - land verbreitet wurden, wozu er die Zwibeln 1557 aus Conſtantinopel erhielts)S. Hochbergs adliches Landleben.. Eben ſo hatte in dieſen Zeiten Andreas Speler einen vortrefflichen Garten. Er zog darinnen die ſchoͤnſten Blumen und Kraͤuter, und ließ die ſeltenſten abmalen, welche Sammlung noch vor einigen Jahren unter den Seltenhei - ten des Hrn. v. Hartenſtein war.

Wir finden in dieſen Gaͤrten nicht bloß die Baͤume, Kuͤchenkraͤuter und Blumenzucht, ſondern auch Statuͤen, welches ein Beweis iſt, daß der italieniſche Geſchmack ſich zuerſt in die deutſchen Gaͤrten eingefunden. Der indianiſche Handel, der in den Haͤnden der maͤchtigen italieniſchen Staaten in den vori - gen Zeiten war, verband ſie zu ſehr mit Deutſchland, welches durch ſeine nicht weni - gen maͤchtigen Handelsſtaͤdte den Norden und Britannien verſorgte. Was Wunder, wenn die italieniſchen Gaͤrten das Muſter fuͤr die Deutſchen wurden, die durch die Handlung mit ihnen damals und in den aͤltern Zeiten am meiſten in Verbindung ſtanden, obgleichihr15ihr Ruhm in den Wiſſenſchaften, ſo wie in al - lem, damals glaͤnzend war. Außerdem finden wir auch in dem Deutſchen Gartengeſchmacke der damaligen Zeiten den Hang der Deut - ſchen zur Mechanik, da, wie bekannt iſt, die Deutſchen unſtreitig in der Mechanik und me - chaniſchen Kuͤnſten am ſtaͤrkſten ſind; wir ſe - hen dieſes aus verſchiedenen kuͤnſtlichen Figu - ren, die mit Waſſerwerken vereiniget waren, und vielleicht iſt dieſer Geſchmack in Gaͤrten von den Deutſchen erſt zu den Auslaͤndern ge - kommen. Im 16ten Jahrhunderte ſcheint auch der Geſchmack an Blumen in den Gaͤr - ten, wo nicht erſt entſtanden, doch vorzuͤglich zugenommen und ſich ausgebildet zu haben. Daher finden wir, daß um dieſe Zeiten viele fremde Blumen nach Deutſchland ge - bracht und einheimiſch gemacht worden. Die erſten Traubenhyacinthen kamen 1554, die erſten Tulipanen 1557 aus Conſtantinopel, die Kaiſerkronen 1570, die Sternhyacinthen 1590 aus Conſtantinopel in unſere Gegen - den. Carl V. brachte die Winterroſe oder Sammtroſe auf ſeiner verungluͤckten Flotte aus den Gaͤrten von Tunis nach Deutſchland, und ſie ſoll daher noch den Namen Flos Afri - canus haben.

Auch ſchon in dieſem Jahrhunderte hat - te der Gartenbau in Deutſchland Schriftſtel - ler, ob ſie gleich meiſtens, wie die Oekonomen dermaliger Zeiten, uͤberhaupt nur aus den Al -ten16ten ſchoͤpften, oder auch bloße Ueberſetzungen waren. Eines der aͤlteſten iſt unſtreitig das Werk, welches zu Strasburg und Augſpurg im J. 1530 erſchien, unter der Inſchrift: Luſtgarten und Pflanzungen mit wundſamer Zyrd artlicher und ſeltſamer Verimpfung al - lerhand Baͤum, Kraͤuter, Blumen und Fruͤch - ten, wilder und heimiſcher, kuͤnſtlich und luſtig zuzurichten. Was ſich ein Hausvater mit ſeiner Arbeit das Jahr uͤber alle Monat inſonderheit halten ſoll. In 4to zu Strasburg, bey Chriſtian Egenolph, in Brachmonat Strasburg 1530. Welches Werk alsdann auch in Augſpurg Heinrich Stayner den 5ten November 1530 aus der Preſſe gebracht, und H. von Stetten in ſeine Kunſt-Gewerb - und Handwerksgeſchich - te der Reichsſtadt Augſpurg muthmaßet S. 125, daß vielleicht einer der damals ſo erfahr - nen Gaͤrtner der vortrefflichen Fuggeriſchen Gaͤrten der Verfaſſer deſſelben ſey. Colerus in ſeiner Oeconomia rurali et domeſtica ver - weiſt, im 6ten B. im 1 Cap. noch auf Bene - diktum Curtium, Symphorianum, Gilber - tum Cognatum Nazarenum, Laurenbergium de Horticultura, und auf viele andere Schriftſteller vom Gartenbau mehr, welche er aber nicht nennt.

Im Jahr 1531 erſchien eine Ueberſetzung des Petrus de Creſcentiis, welche ſchon oben in der Geſchichte des Ackerbaues angefuͤhrt worden, oder vielmehr war es nur ein neuerAbdruck17Abdruck einer ſchon gedruckten Ueberſetzung. Um dieſe Zeit wurden noch mehrere Werke uͤber den Gartenbau von einem Moller, Marius, Seydeler, Voigt, Domuͤtzer, Coler und an - dern geſchriebent)Es gehoͤren hieher: Voigts Pflanzbuͤchlein, 1541, Breßlau.Domuͤtzers Pflanzbuͤchlein, 1550. 12mo. Antonii Mizaldi hiſtoriae hortenſium, Colon. 1557.Pflanzbuch nebſt einer Bauern Praktik oder Wetter - buͤchlein, Fol. 1574. Ein Beweis, daß man ſchon damals auf die Witterungsbeobachtungen viel gehalten.Pflanzbuͤchlein, Frankf. 1569. 12. Frankf. 8. Magdeburg 1702. 8.Buͤchlein von mancherley Luſtgaͤrten, Strasburg 1580.Churfuͤrſt Auguſt zu Sachſen kuͤnſtlich Obſtgarten - buͤchlein, 1582. Auch in des von Hochberg Georgicis Curioſis in fine menſis Martii. Andr. Seydelers neues Gartenbuͤchlein, Dreßden 1596.M. Tob. Moller Sommerfeldbauer, kurze und eigentliche Verzeichniß, wie und zu welcher Zeit das Feld recht zu beſtellen, der Wein zu zeugen und fortzulegen, auch alle Frucht und Garten - gewaͤchs am beſten zu ſaͤen und auszuſtellen, die - ſes Jahr 1583 beſchrieben, Leipzig 4to.Deſſelbe[n]Winterfeldbau, Leipzig 1583. 4to.Hortorum viridariorumque elegantes et multipli - ces formae ad architectonicae artis normam af - fabre delineatae, a Iohanne Vredemanno Friſio, ap. Philippum, Gallum, Antorfi, 1583. wird an -gefuͤhrt.

Coler,II. Theil. B18

Coler, der groͤßte deutſche Oekonom ſei - ner Zeiten, behandelt auch den Gartenbau ſo - wohl in ſeinem Calendario, als in ſeinem Haus - haltungsbuche. Er zeigt darinnen, ſo vielmant)gefuͤhrt von Coler in ſeinem Hausbuche, Theil 1. lib. 6. S. 145 c. 39. M. Tob. Mollers Saͤebuͤchlein auf die Sommerfruͤch - te und Gartengewaͤchs gerichtet, Leipzig 1584 4to.D. Ge. Marii Paralipomena et marginalia hortula - nica, d. i. Gartenkunſt zum Feldbau angehoͤri - gen in Abmerkung der Erfahrung wahrhaftig, was zum Feldbau und Haushalten in dieſem un - ſern deutſchen Vaterlande dienſtlich anfzubrin - gen, fremde Gewaͤchs von Rosmarin und an - dern Baͤumen ꝛc. Strasburg 1586. Fol.D. Melchior Sebitzii funfzehn Buͤcher vom Feld - bau und recht vollkommene Wohlbeſtellung eines bequemen Landſitzes ꝛc. Strasburg 1588, hat vieles zum Gartenbau gehoͤriges aus dem ange - fuͤhrten Marius genommen.Peſchelii Gartenordnung aus den Gruͤnden der Geo - metrie 1597, ein Beweis von dem, was ich oben angefuͤhrt, daß der deutſche Geſchmack in den Gaͤrten damals vorzuͤglich Geometrie war.Villae, Iohannis Baptiſti Portae libr. XII. 1) Do - mus, 2) Sylua caedua, 3) Sylua glandaria, 4) Cultus et inſitio, 5) Pomarium, 6) Oliuetum, 7) Vinea, 8) Arbuſtum, 9) Hortus coronarius, 10) Hortus olitorius, 11) Seges, 12) Pratum. In quibus maiori ex parte tum verus plantarum cultus certaque inſitionis ars et prioribus ſecu - lis non viſos producendi fructus via monſtra - tur; tum ad frugum, vini ac fructuum multipli - cationem experimenta prope infinita exhiben - tur, Frankf. 1592. 4. S. 914.19man zu ſeinen Zeiten von dem oͤkonomiſchen Gartenbaue, ſowohl Baum - als Kuͤchengar - ten, kannte, und beſonders in dem Calendario, was um jede Zeit im Garten zu verrichten ſey. In dem Haushaltungsbuche handelt er von dem Gartenbaue, vorzuͤglich im erſten Theile in 6ten Buche, von S. 154-253 in 98 Ka - piteln. Im 1. und 2. Cap. von Gaͤrten uͤberhaupt, im 3-35. von Obſtgaͤrten. Cap. 36 bis 39 von Kuͤchengaͤrten. Cap. 40 bis 54 von Gewuͤrz und wohlriechenden Kraͤutern, Rosmarin, Salbey, Spic, Yſop, Lilien, Raute, Nelken, Violen, Majoran, Laven - del, Thymian, Meliſſe, Kuͤmmel, Karten, Chamillen und Poley. Cap. 55-98 von Kreſſe, weißem Kopfkohl, Lauch, Zipollen, Knoblauch, Carotten, Ruͤben, rothen Ruͤ - ben, Radies, Rettig, maͤrkſchen Ruͤben, Marrettig, Fenchel, Senf, Krauſemuͤnze, Melde, Schelkraut, Alantwurzel, Paͤonien, Mohn, Erdbeeren, Peterſilie, Kuͤrbis, Me - lonen, Gurken,[Safran], Calmus, Anis, Hopfen, Waid, Tabak, Majoran, Spar - gel, Salat, Winterendivien, Blumenkohl und Wirſing. Allein die Kenntniſſe ſeiner Zei - ten in dieſem Fache ſind in den neuern Zeiten um vieles vermehrt und verbeſſert worden, da - her er heutzutage hierinnen nicht mehr ſo brauchbar iſt, als er damals war. Ich habe den Inhalt dieſes Buchs, inſofern es den Gartenbau angehet, etwas ausfuͤhrlich ange -B 2geben,20geben, weil dieſes zugleich Begriffe von dem Zuſtande des Gartenbaues in den damaligen Zeiten giebt. Coler ſelbſt war ein Schleſier, und kannte, als ein ſolcher, die in ſeinem Va - terlande gewoͤhnliche Wirthſchaft. Er hatte ſodann die Brandenburgiſche und Mecklenbur - giſche Wirthſchaft kennen lernen, und ſich noch auf Reiſen mit den Wirthſchaftsarten und dem Gartenweſen bekannt gemacht.

Im ſiebenzehnten Jahrhunderte.

Im Ganzen genommen, hatte der Garten - bau im ſiebenzehnten Jahrhunderte vieles mit dem im ſechzehnten gemein. Wir erſehen dieſes, wenigſtens zu Anfange deſſelben, in dem Gartengeſchmacke, in den Baum Kuͤ - chen - und andern Gaͤrten, aus den Schrift - ſtellern dieſer Zeiten, da der claßiſche Autor fuͤr den groͤßten Theil dieſes Jahrhunderts noch immer Coler iſt. Der Gartenbau war damals noch voller Vorurtheile, welches ſich unter andern auch aus den kuͤnſtlichen und aberglaͤubiſchen Regeln, die ſich ſelbſt oft bey dem Coler finden, ergiebt. Man band ſich in dem Pflanzen und Verſetzen der Baͤume an gewiſſe Tage. So verſetzte man, nach Co - lern, in Meiſſen den Abend vor Allerheiligen, und ein bis vier Tage vor dem Neumondu)Coleri Hausbuch, 1. Th. v. J. 1680. ed. p. 123.,andere21andere hielten viel auf den Hieronymus -, an - dere auf den Lambertstag. In dem Maͤrki - ſchen verſetzte man bald nach Michaelis, ſo - bald das Laub abgefallen. Man kannte das Enken und Pfropfen, und brach die Propfrei - ſer im Maͤrz oder Februar. Man waͤhlte die Propfreiſer von Baͤumen, die viel Frucht tra - gen, meiſt jaͤhrigen Schoͤßlingen; man nahm ſie von den oberſten Spitzen der Baͤume oder den mittelſten, weil dieſe von der Sonne gleich - ſam recht durchkocht waͤren. Man machte ſchon damals viele Verſuche in dieſen Gewer - ben. Petrus Laurenberg verſuchte es z. B. im Wintermonat zu pfropfen, ſchon zu Ende des Hornungs, und klagt nicht uͤber Nach - theil, ſondern er thut es, wie Coler aus ihm ſelbſt anfuͤhrt, mit gluͤcklichem Erfolg, ob ihm ſchon der Letten unter der Hand gefroren. Allein die Verſuche, die er im Wintermonat machte, verungluͤcktenv)Laurenberg in horticultura lib. 1. c. 24. und Coler Oeconomia domeſtica et ruralis ed. 1680. Theil 1. 6 B. c. 7. p. 125.. Sie pfropften uͤberhaupt, ehe die Baͤume Knoten gewonnen, waͤhlten die Pfropfreiſer, die gegen Sonnen - aufgang geſtanden, ließen ſie einen oder zwey Tage nach dem Abſchneiden in der Luft liegen, damit ſie nicht mit zu vielem Safte auf die Baͤume kaͤmen. Man kannte, nach dem Zeich -B 3niß22niß des Laurenbergsw)Horticultura lib. 10. und Colersx)l. c. p. 126., an 14 Arten Pflanzen zu erziehen. Sie wachſen entweder von ſich ſelbſt, oder kommen von Thraͤnen der Pflanzen, welches aber nicht viel geſchiehet; in beyden ſcheint vielmehr ein durch Zufall ausgeſtreuter Saame die Urſache. Sie kannten ferner das Pflanzenziehen aus Blumen und Blaͤttern, aus Saamen, aus den jungen Schoͤſſen der Wurzeln, ſonderlich bey Kirſchen, Pflaumen und Roſen, aus den Stuͤcken von Wurzeln, wie z. B. bey Hopfen, Suͤßholz, Saurach, Alant, Merrettig, Schwertel, Calmus; aus abgeriſſenen Zwei - gen, als bey den Weyden, Oelbaͤumen, Fei - gen, Erlen, Maulbeeren. Man pflanzte fort durch Einſenken, Anhenken, durch gebohr - te Loͤcher in einen Weidenſtamm, durch Im - pfen oder Pfropfen, durch Aeugeln, durch Pfro - pfen zwiſchen Rinde und Stamm, und durch Ablaktation. Sie beobachteten hierbey aller - hand Kuͤnſteleyen, z. B. ſie erwarteten ſehr wohlſchmeckendes Obſt, wenn man bey dem Pfropfen etwas gekaueten Zimmet oder Wuͤr - ze in die Ritze ſteckte, zwiſchen die zwey ein - geſteckten Reiſer. So glaubten ſie es auch durch ein wenig hineingethanes Blut ſchoͤn - roth faͤrben zu koͤnnen. Sie kannten Mittel, alten und verdorreten Baͤumen, an denen dieHerz -23Herzwurzel verfault, zu helfen, dadurch, daß ſie die Wurzeln raͤumten. Um dieſem Ver - dorren zuvor zu kommen, bohrten ſie, wenn ſie Abnahme ſeiner Kraͤfte merkten, unter dem Orte, wo er gepfropft iſt, ein Loch hinein, bis auf die Mitte oder bis auf den Kern; ſie tha - ten dieſes um Martini, und ließen dieſes 6 Wochen auf, um dem Baume friſche Luft zu geben; ſie verſtopften es alsdenn mit einem Hagedornpflock, und glaubten dadurch den Baum zu verjuͤngen; ſie legten vor der Ver - ſtopfung noch in das Loch Zimmet, Naͤgelein, mit halb Zucker vermiſcht, um den Geſchmack der Fruͤchte zu beſſerny)Coler l. c. p. 131.. Der Verſuch mit der Luftverbeſſerung verdiente Aufmerkſamkeit, mehr als andere Kuͤnſteleyen, die vielleicht meiſt auf Vorurtheile und Aberglauben ſich gruͤndeten. Sie behaupteten, daß man Aepfel, auf Erlen, Ebreſchen und Kirſchſtaͤmme ge - pfropft, roth faͤrben koͤnne. Sie pfropften auch Aepfel auf Weyden und Pappeln. Unter den Fruͤchten, die ſie kannten und baueten, werden erwaͤhnt, Aepfel, Birnen, Quitten, Pflau - men, Kirſchen, Pferſigen, Nuͤſſe, Cornel - kirſchen, Mandeln, Caſtanien, Wein, Maul - beeren, Miſpeln, Hanbuten und Schleen. Die Maulbeerbaͤume ſcheint man damals am meiſten durch Pfropfen fortgepflanzet zu ha - ben, z. B. auf Ulmen, auf Pflaumen - undB 4andere24andere Baͤume, ſo, daß man damals ſchon den Grundſatz kannte, auswaͤrtige Fruͤchte durch Pfropfen auf erwachſene Staͤmme ein - heimiſch zu machen.

Man kannte von den einzelnen Fruͤchten ſchon mancherley Arten, den Scheibapfel, Ho - nig - oder Suͤßapfel, Amarellen, die man in der Mark Miswachs nennt, Borsdorferz)Coler l. c. p. 132 und 133.. Von Birnen kannte man Honigbirnen, Speck - birnen, Waldbirnen, Winterbirnen, Mus - katellerbirnen, Parisbirnen, Pfalzgraverbir - nen, Haberbirnen, Zappenbirnen. Die Pfir - ſchen wurden ſonderlich auch in Boͤheim er - bauet, wo man eine beſondere Kunſt hatte, ſie aufzubewahren: man ſteckte ſie breit ge - ſchnitten an hoͤlzerne Spieße, und ließ ſie an der Sonne oder Ofen austreugen. Man kannte verſchiedene Arten von Pflaumen, die Marunken wurden vornehmlich in Schleſien gezogen; ſo nannte man die großen gelben, die wie Spillinge ausſehenden Pflaumen. Man hatte ferner Roßpflaumen, pruna aſinina, pruna Iberica, pruna cerea oder Spillinge. Man baue - te ſie haͤufig im Brandenburgiſchen, wo ſie auch Marunken hießen. Ungariſche Pflaumen Dama - ſcena oder Zwetſchken, die man aber in Deutſch - land nach Colers Zeichniß nicht bauetea)l. c. p. 137.. Ebenſo25ſo hatte man vielerley Kirſchen, Ceraſa Aproniana, rothe und weiße, Macedonia ſ. Meraſia, die ſauren, Aetia oder Aetiana, die ſchwarzen ſuͤßen auch Vogelkirſchen genannt, weil ſie ſo ſehr darnach gehen; Caeciliana, auf der einen Seite roth und auf der andern weiß, oder rothe Vogelkirſchen. Aus Un - gern brachte man die Duratina Ceraſa, von Durach, wovon ſie den Namen haben; man pfropfte ſie auf unſere Kirſchbaͤume, und ruͤhmte ihre Ergiebigkeit. Es waren große weiße Kirſchen. In dem Meißniſchen und im Voigtlande zog man viele Kirſchen, davon man die großen, welche ſchwarz werden, Ama - rellen hieß. Man zog auch Mandeln in den Weinbergen, ingleichen Caſtanien, und in dem Elſaß waren ganze Caſtanienwaͤlder. Man kannte ferner Amarellen, Kriechen, welſche Nuͤſſe, Haſelnuͤſſe, Johannisbeeren.

Die Obſtcultur bluͤhete damals ſonderlich im Meißniſchen und Voigtlaͤndiſchen, in Boͤ - heim, Schleſien und der Mark. Coler be - merkt, daß zu ſeinen Zeiten die Deutſchen al - lerhand auslaͤndiſche Baͤume anzubauen, ſo wie auch Kraͤuter, Fruͤchte, Wurzeln und Blumen der Auslaͤnder mehr anzupflanzen geſucht, bemerkt aber, daß es nicht arten wollte. Er nennt vornehmlich den Feigen - baumb)S. Coler l. c. p. 136.. Indeſſen wuͤnſcht er doch, daßB 5die26die Polizey die Baumzucht aufmuntern moͤge. Er redet ſonderlich von der Markc)S. l. c. p. 143.: wenn ich, ſagt er, Obrigkeit waͤre, ſo wollte ich den Bauern mit Ernſt auflegen, daß ein jeder das Jahr wenigſtens 6 bis 8 Staͤmme ſetzen und pfropfen, und allerley Obſt in Gaͤrten zeugen muͤßte.

Die Blumengaͤrten ſcheinen zu Anfange des ſiebenzehnten Jahrhunderts noch nicht ſo in Achtung geweſen zu ſeyn, als in der Fol - ge. Coler und ſeine Zeitgenoſſen erwaͤhnen nur Roſen, dazu man wegen des oͤkonomi - ſchen Nutzens, um Roſenwaſſer davon zu machen, beſondere Plaͤtze im Garten be - ſtimmte. Sie reden von vielen Kuͤnſteleyen mit den Roſen, die ich hier nur anfuͤhren will, um von den damaligen Grundſaͤtzen im kuͤnſtli - chen Gartenbau etwas zu bemerken. So be - haupten ſie, um fuͤnferley Roſen auf einem Stocke zu haben, ſolle man um die Zeit, wenn die Knoͤtchen herausgewachſen, mit einer Aahl unter ſich in den Stamm unter den Knoͤpfen bis an den Kern bohren, und geſottene Pra - ſillen mit einer Feder hinein ſenken; in einen andern Stamm ſolle man gelbe Farbe, in ei - nen dritten gruͤne, in einen andern ſchwarze, und in einen andern blaue Farbe thun. Um gruͤne Roſen zu erzeugen, ſolle man die Roſen auf einen huͤlſenen Strauch pfropfen, indemman27man vorher eine ſolche Staude, die Sommer - und Wintergruͤn iſt, gruͤne Beeren traͤgt und ein ſtechliches Laub hat, aushauet, ſie in den Garten ſetzt, und ſodann mit Bohren Loͤcher macht, worein die Reiſer nach abgeſchabter Oberrinde geſteckt werdend)S. Coler l. c. S. 141.. Außer den Ro - ſen kannte man Nelken, Violen, Lilien, Mayenbluͤmchen, Je laͤnger je lieber, Tauſend - ſchoͤn, gelbe und weiße Maͤrzbluͤmchen. Bluͤm - chen der Liebe, Amaranth, Ringelblumen, Vergißmeinnicht, Damaſchblumen, Camil - len, Tag und Nacht, Peonien, Salbey und Spica, Lilien, Yſop, Majoran, Lavendel, Thymian, Karten, Meliſſe, und viele ſchon oben im ſechzehnten Jahrhunderte angefuͤhrte Blumen.

In dem Kuͤchen - und Kohlgarten bauete man Kuͤmmel, Poley, Kreſſe, Kohl und Kraut, Lauch, Mohrruͤben, Zwiebeln, weiße Ruͤben, rothe Ruͤben, Rettig, Steckruͤben, Erdaͤpfel, Merrettig, Fenchel, Senf, Muͤnße, Melde, Schelkraut, Peterſilien, Kuͤrbiſſe, Pluͤtzen oder Melonen und Gurken. Bey dem Baue dieſer Fruͤchte fanden ſich Spuren von Miſtbeeten. Sie machten ein Gehaͤus und eine dieſem gleichgeſtellete Grube eine hal - be Elle tief und anderthalb Viertelelle breit, ſcharreten Miſt darein, und thaten oben daruͤber die ausgegrabene Erde, ſteckten nun die ein oderdrey28drey Tage in Milch eingeweichten Kerne mit den Spitzen unterwaͤrts hinein. Man ſahe darauf, daß, wenn ſie herauswachſen, das Gehaͤus daruͤber ſie wachſen ſollen, wohl ver - wahret ſey, denn es bekam ſchwer zu tragen. Man ſetzte einen Scherben mit Waſſer bey, und legte die Baͤnder, womit die Ranken an - gebunden ſind, hinein, ihnen immer Feuchtigkeit zuzufuͤhren. Faſt eben ſo baute man die Melo - nen, welche ſchon im 15ten Jahrhunderte in Deutſchland bekannt waren, da Friedericus Auſtriacus 1493 des K. Maximilian I. Va - ter, an dem Genuß von 8 Melonen, die er auf einmal gegeſſen und worauf er Waſſer ge - trunken, geſtorben, indem ſie ihm den Durch - lauf verurſachten. Die Gurken bauete man ſchon in freyen Lande, kannte auch ſchon das Einlegen derſelben, ſowohl nach eigener deut - ſcher als nach franzoͤſiſcher Art; welches bey - des Coler beſchrieben hate)Oecon. rural. 1 Theil 6 B. p. 151.. Man bauete Saffran, Anis und andere Kuͤchenpflanzen, die wir oben im ſechzehnten Jahrhunderte ſchon geſehen haben. Auch in dieſem Jahr - hunderte blieben die Forſt - und Holzordnun - gen immer noch die Hauptgeſetze fuͤr die Baum - cultur, und in dieſer Ruͤckſicht auch fuͤr den Gartenbau. Dieſes beſtaͤtigt die wuͤrtenber - giſche Forſt - und Jagdordnung vom J. 1614, welche in einem beſondern Artikel von wildenObſt -29Obſtbaͤumen handelt; und ob gleich hier nur von den wilden die Rede iſt, ſo werden ſie doch zum Behuf der Baumgaͤrten und des Pfropfens geſchonetf)S. Fritſch p. 172. Die wilden Birn - und Ae - pfelbaͤume, noch derer jungen Staͤmme, ſollen oh - ne Erlaubniß unſerer Forſtmeiſter und Waldvoig - te nicht abgehauen werden.. So findet ſich in der fuͤrſtl. waymariſchen Forſtordnung vom Jahr 1646 eine Verordnung, daß die Obſt - und fruchttragenden Baͤume von den Koͤhlern ver - ſchont bleiben ſollen.

In Sachſen nahm ſich die Polizey der Baumgaͤrten vorzuͤglich an, indem Johann Georg l. die Baͤume durch nachdruͤckliche Stra - fen vor Verletzungen ſchuͤtzte, ob gleich nicht zu laͤugnen iſt, daß bey dem Abhauen der Hand, welches die Strafe war, die Menſch - lichkeit bebte. Fuͤr die heßiſchen Lande iſt in dieſer Geſchichte wichtig eine Verordnung des Landgraf Ludwigs vom J. 1665g)Sie findet ſich bey dem Stiſſer in der Foͤrſt - und Jagdhiſtorie unter den Beylagen n. aaa. ed. 1754.. Vermoͤ - ge derſelben mußten die Beamten und Aelte - ſten des Orts einem jeglichen Unterthan, nachdem er Platz oder Gaͤrten Obſtbaͤume zu pflanzen hat, eine gewiſſe Anzahl beſtimmen, und ihnen bey Strafe auferlegen, daß ſie die - ſelben noch in dem naͤmlichen Fruͤhlinge mit kuͤnftigem Herbſt auf ihre Guͤter ſetzen undpfro -30pfropfen. Sie mußten auch fleißig anordnen, wie ſolche gepflanzte und gepfropfte Baͤume entweder durch Verzaͤunung der Gaͤrten und Verbindung der jungen Baͤume, ſelbſt mit Dornen, und ſonſt, ſonderlich auch im Win - ter vor Kaͤlte, und ſonſt vor dem Verderben von Schaafen, Ziegen und anderm Viehe, ge - ſchuͤtzet und erhalten werden. Es wurden die Centgrafen, Schultheiſſen, Unterſchultheiſ - ſen, Stadt - und Gerichtsſchreiber angewie - ſen, ein Verzeichniß, was jeder an Obſtbaͤu - men pflanzen wolle und werde, von dem 10ten Februar an gerechnet, ohne Entgeld fertigen und ſelbiges an die Amtleute, Berechnete und andere Oberbeamte in den Aemtern einliefern, dieſe mußten ſie im Maͤrz an die fuͤrſtl. Can - zeley einſchickenh)S. Stiſſers Forſt - und Jagdhiſtorie ed. 1758, unter den Beylagen p. 107 und 108.. Die verwuͤſtenden Reli - gionskriege zerſtoͤrten auch an vielen Orten die Gaͤrten. So waren ſie die Urſache des Ver - falls der beruͤhmten Fuggeriſchen. Man muß - te alſo von Seiten der Polizey ihnen hier und da aufzuhelfen ſuchen. Es erſchien daher in Sachſen 1659 eine Reſolution, wie es mit den wuͤſten Gaͤrten, deren Aufbauung und darauf haftenden Schulden zu halten. In dem Zelliſchen ſuchte man dem Kuͤchengarten - bau vornehmlich aufzuhelfen. Es that dieſes ſonderlich der Herzog zu Zelle, Georg Wil -helm,31helm, der ſich um die Polizey ſeines Landes uͤberhaupt verdient machte, vornehmlich aber auch um den Gartenbau. Er verordnete da - her, daß derjenige, ſo die erſten zwoͤlf Koͤpfe Weißkohls oder Kappiskraut zu Markte brin - gen wuͤrde, einen Thaler, eben ſo fuͤr den erſten Korb gruͤne Erbſen einen Thaler, fuͤr die erſten vier und zwanzig Stuͤck Artiſchocken einen Thaler, und fuͤr die erſten ſechs Bund gruͤnen Spargel ebenfalls einen Thaler von der Cammer zu ſeiner Verehrung erhalten ſoll - tei)S. Herzog Georg Wilhelms Markt - und Taxord - nung vom 30 Dec. 1679. §. 29.. Wir finden alſo in dem Braunſchweigi - ſchen zelliſchen Antheils die erſte Einfuͤhrung dieſer Gewaͤchſe und die Aufmunterungen der Polizey zu der Cultur derſelben. In dem Brandenburgiſchen kam ſonderlich unter dem Churfuͤrſt Wilhelm der Gartenbau in Auf - nahme. Er befoͤrderte die Baumzucht, die Anlegung der Gaͤrten und den Bau der Kuͤ - chengaͤrten: dieſes fieng ſonderlich von dem Jahre 1679 an. Er verwandelte den ehema - ligen Churfuͤrſtlichen Hopfengarten, welches ein Grundſtuͤck war, das an dem ſogenann - ten Hopfenbruche, eine Viertelmeile von Berlin, in dem ſogenannten Teltowiſchen Kreiſe lag, in welchem der Hopfen fuͤr die damalige churfuͤrſtliche große Brauerey er - bauet wurde, und welcher einen beſondernHo -32Hopfengaͤrtner hatte, in einen ordentlichen Garten. Der Anbau der Kuͤchen - und Gartengewaͤchſe war ſowohl in den berlini - ſchen Gegenden als in der uͤbrigen Mark, wegen vorhergegangener Verwuͤſtung im drey - ßigjaͤhrigen Kriege, in großen Verfall gekom - men, daß an den meiſten Baumfruͤchten, Kohl und Gemuͤſe faſt gaͤnzlicher Mangel war. Ein Beweis, theils, daß dieſes Nah - rungsgeſchaͤffte in den aͤltern Zeiten in dieſen Gegenden gebluͤhet, theils aber auch, daß der dreyßigjaͤhrige Krieg den nachtheiligſten Ein - fluß auf dieß Geſchaͤffte in Deutſchland in vielen Laͤndern gehabt.

Selbſt wenn der Churfuͤrſt auf ſeine Ta - fel dergleichen Fruͤchte, Blumenkohl, Sellerie, oder andere, noͤthig hatte, mußten ſie mit der Poſt von Hamburg, Braunſchweig, Erfurt und Leipzig verſchrieben werden. Der Chur - fuͤrſt, welcher in ſeinen vormaligen Feldzuͤgen und auf den dabey gethanen Reiſen dieß - und jen - ſeits des Rheinſtroms im Cleviſchen, in Holland und den Niederlanden, in dieſen Umſtaͤnden weit beſſere Baum - und Kuͤchengaͤrtnerey zu ſehen, auch beſſere Fruͤchte zu genießen gewohnt war, war bedacht dergleichen in ſeinen Landen ſelbſt einzufuͤhren. Er war in dieſer Zeit ein großer Kenner und Liebhaber von Gaͤrten geworden, und legte ſogar ſelbſt Hand an; durch dieſes große Beyſpiel wurden viele von ſeinen hohen Bedienten nebſt dem Landadel aufgemuntert,der -33dergleichen auf ihren Landguͤtern einzufuͤhren, wovon die Folgen in einigen koͤniglichen Pro - vinzen noch vorhanden ſind. Der eingegange - ne Hopfengarten, welcher ein laͤnglich ſchma - les Viereck vorſtellt, und nach hieſigem Feld - maaße etwa eine Hufe Landes weniger zwey klei - ne Morgen, enthaͤlt, ſchien dem Churfuͤrſten, zu den erſten Verſuchen, und zugleich zu einer kleinen Retirade, am bequemſten zu ſeyn. Er verſchrieb ſich, zu deſſen Anlage, aus dem Holſteiniſchen einen wegen Geſchicklichkeit und Erfahrung in beſonderm Rufe ſtehenden Kuͤ - chengaͤrtner, Michelmann, durch welchen er ſich den Platz zu ſeinem beſondern Obſt - und Kuͤchengarten einrichten ließ. Der Churfuͤrſt ſelbſt pflanzte, pfropfte, ſaͤete und erzog Fruͤch - te und Gewaͤchſe mit eigener Hand, uͤber de - ren Verzeichniß, Einſammlung und Ordnung er in allem genau halten ließ, ſo wie uͤber die Ablieferung derſelben in die Kuͤche und auf die Tafel ſelbſt. Zu mehrerer Befoͤrderung die - ſes Werkes, legte er dem Garten von den be - nachbarten Doͤrfern ſo viele Hofdienſte zu, als noͤthig waren. Er kaufte zwey auf der berlini - ſchen Stadtflur gelegene Wieſen dazu, und legte aus dem churfuͤrſtlichen Stalle einen beſtaͤndi - gen Knecht nebſt zwey Pferden dahin, welche aus dem Stalle unterhalten werden mußten. Aus Italien, Frankreich, England und Hol - land ließ er alle zu ſeiner Zeit beſonders be - kannte Saamen, Gewaͤchſe und BaumartenII. Theil. Cbrin -34bringen. Seine auswaͤrtig reſidirenden Mi - niſter und Reſidenten konnten ſich nicht belieb - ter machen, als durch Ueberſendung von vor - beſagten Gewaͤchſen.

Wegen des zu der Zeit noch ſe[h]r naſſen und torfigen Grundes im Garten, ließ er den - ſelben, ſowohl auf beyden Seiten, als hin - terwaͤrts, mit langen und tiefen Graͤben ver - ſehen, die er mit Fiſchen beſetzen ließ. Etli - che von Adel beeiferten ſich damals ſtark um die Wette, ihre Kuͤchen - und Obſtgaͤrten nach dem Exempel des Churfuͤrſten durch Einfuͤh - rung neuer brauchbarer Frucht - und Gewaͤchs - arten immer nutzbarer zu machen, und die Arten unter die Unterthanen zu verbreiten.

Der Kuͤchengartenbau bluͤhete in den da - maligen Zeiten vornehmlich auch ſchon in dem Saͤchſiſchen um Erfurt und Leipzig, wo die bekannten Kohlgaͤrten ſchon ſeit langen Zeiten die Kuͤchen der Stadt und der Gegend umher verſorgen. So war er auch in den Gegenden von Braunſchweig und im Holſteiniſchen da - mals im Gange, wie aus dem vorigen erhel - let, da aus dem Holſteiniſchen beruͤhmte Kuͤchengaͤrtner in das Brandenburgiſche ver - ſchrieben wurden.

In dem letzten Theile des ſiebenzehnten Jahrhunderts machte man große Fortſchritte in dem kuͤnſtlichen Kuͤchengewaͤchsbaue, ſon - derlich durch Miſtbeete. Es erhellet dieſes aus den Zuſaͤtzen oder Additionalen, welche ſichin35in der Ausgabe des coleriſchen Hausbuchs vom Jahre 1680 findenk)S. l. c. 1 Theil 6tes Buch. Additiones zum corrigirten Colero vom Blumen - und Gartenbau von Cap. 94. bis 98.. Man kannte ſchon den Namen Miſtbeete, nennte ſie aber auch Gutſchen. Man richtete ſie zum Saͤen ein, um fruͤhzeitige Blumen und andere Gewaͤchſe zu haben. Die Zubereitung war alſo: Man grub ein Loch einen halben Mann tief und 5 Schuh weit, die Laͤnge war willkuͤhrlich; man fuͤllte dieſes mit Pferdemiſt aus, trat ihn mit den Fuͤßen feſt, und begoß ihn, damit er ein wenig naß und dadurch bald warm wurde. Man nahm nun ein gut Theil fette Erde, ei - nen Theil Sand, aber keinen Waſſerſand, und that hierunter etwas Taubenmiſt, und ſchuͤttete dieſe Miſchung eines halben Schuhes hoch auf den Miſt. Man begoß es Abends und Morgens ein wenig, damit die jungen Pflanzen nicht verbrennten. Bey ſehr kaltem Wetter deckten ſie dieſelben mit Holzdecken und langem Pferdemiſt zu, oͤffneten ſie bey Son - nenſchein und bedeckten ſie des Abends wieder. In dieſen zogen ſie Melonen, um ſie zeitig zu Johannis zu haben, ſie legten ſie darinnen 4 Schuh weit von einander, und verneuerten, wenn der alte erkaltet war, den Miſt, indem ſie ihn von den Seiten hinein unter die Wurzeln brachten.

C 2Durch36

Durch dieſe Miſtbeete wußten ſie in 8 Ta - gen im Winter Spargel zu ziehen, indem ſie ein Beet von warmen langen Pferdemiſt 4 Schuh hoch und 4 Schuh breit machten, den Miſt feſt eintraten und begoſſen, damit er ge - ſchwind warm wurde. Hierauf nahmen ſie Spargelſtoͤcke den ſie aus der Erde ausgra - ben ließen, (ein Beweis, daß man damals auch den Spargel ſchon im freyen Lande ge - bauet,) ließen an der Spargelwurzel eines Schuhes hoch und breit Erde, ſetzten dieſen Spargelſtock ſammt der Wurzel in ein kupfer - nes Geſchirr mit leichter Erde ſo tief ein, als er vorher im Garten geſtanden. Das Geſchirr ſelbſt mußte einen Schuh tief und zwey Schuh weit ſeyn, auch unten am Bo - den viele kleine Loͤcher haben, damit die Waͤr - me eindringen koͤnnte. Man ſetzte hierauf das Geſchirr mit dem Spargel in das Miſt - beet ſo tief, als das Geſchirr ſelbſt war; mach - te uͤber daſſelbige Boͤden, ſpannte ein altes Tuch daruͤber, und auf das Tuch eines Kniees hoch warmen Pferdemiſt; ſobald er irgendwo erkaltete, that man friſchen dahin, und er - hielt ſo ſeinen Entzweck.

So kannte man auch die Kunſt, Stau - den - und Endivienſallat uͤber Winter, durch Einſchlagen in Sand, im Keller zu erhalten. Man kannte damals auch ſchon einige chemi〈…〉〈…〉 che Blumenkuͤnſte, außer den angefuͤhrten aber - glaͤubiſchen; die erſtern aber verdienen bemerktzu37zu werden. So kannte man ſchon das Faͤrben der Blumen durch Schwefeln, wie auch ihnen den durch den Schwefel entzogenen Geruch wieder zu geben. Bey den Nelken verfuhr man z. B. al - ſo: Man ließ Schwefel zergehen, und zog ein grobes leinenes Weißtuch eines Fingers breit durch dieſen Schwefel; dieſes wurde wie ein Einſchlag trocken; man zuͤndete dieſes an, hielt die Nelken uͤber den Rauch, und fuhr mit denſelbigen hin und her, wodurch ſie weiß und geſprengt wurden. Man nahm hierauf Anis, und ein oder zwey ganze Wuͤrznaͤgelein, zuͤn - dete ſie an und hielt die Nelken daruͤber, wo - durch ſie den guten Geruch, welchen ihnen der Schwefel benommen, wieder bekamen. Eben ſo verfuhren ſie mit den Roſen.

Der Gartengeſchmack ſelbſt, in Anſehung der Anlage, war in dem erſten Theile dieſes Jahrhunderts aus dem ſechzehnten noch mit heruͤber gekommen. Er war theils urſpruͤng - lich deutſch, welches vornehmlich von dem niedern Deutſchland gilt, zum Theil auch mit niederlaͤndiſch; in dem obern Deutſchland aber war auch viel italiaͤniſcher mit einge - miſcht. Von dem eigentlichen deutſchen da - maligen Gartengeſchmacke werden wir unter - richtet in Colers Hausbuchel)l. c. p. 143., welches verbeſſert im J. 1680 erſchien. Man hatte Baum - und Kuͤchen -, aber auch Luſtgaͤrten. C 3Nach38Nach der Coleriſchen Methode wurde der Gar - ten in vier Theile getheilet. Der eine Theil machte den Baumgarten aus, und enthielt die fruchtbaren Baͤume, jede Art in einer Ord - nung beyſammen. Der andre war der Blu - mengarten, darinnen er Nelken, Violen, Lilien, Mayblumen, Je laͤnger je lieber, Tau - ſendſchoͤn, gelbe und weiße Maͤrzbluͤmlein, Blumen der Liebe, Amaranth, Ringelblu - men, Camillen, Tag und Nacht, u. d. gl. zog. Der dritte Theil enthielt den Gewuͤrz - und Kraͤutergarten, darinnen er Rosmarin, Lavendel, Spica, Borragen, Beyfuß, Wer - muth, Salbey, Till, Raute, Ochſenzun - gen, Wegwart, Meliſſen, Mangolt, Juden - kirſchen, Odermennig, Angelica, Bethoni - ca, Cypreſſen, St. Johanniskraut, Scabio - ſa, Scordium, Muͤnze, Benediktenwurzel, Alantwurzel, Oſterlucia, Polay, Majoran, Iſop, Quendel, Eyſerich, Sauerampfer, Wegerich, Pappeln, Wohlgemuth bauete. Der vierte Theil enthielt den Kuͤchengarten, darinnen er alle Kuͤchenſpeiſen bauete, als z. B. Kreſſe, Sallat, Kohl, Ruͤben, Mohr - ruͤben, rothe Ruͤben, Mohn, Knoblauch, Zi - bollen oder Zwiebeln, Lauch, Erdaͤpfel, Me - lonen, Kuͤrbis, Mayer, Teſchelkraut, Feld - knoblauch, Wurmſaamenkraut, Spinat, ro - the Erdbeeren, Johannisbeeren, Preuſel - beeren, Himbeeren, Kratzbeeren, Heidelbee - beeren, Kreuzbeeren, Anis, Rettig, Steck -ruͤben,39ruͤben, Melden, Spargen, Senf, Peter - ſilgen, Fenchel, Kuͤmmel, Alantwurzel. Daſelbſt wird auch geſagt, daß damals Gaͤr - ten geweſen, die aus zwey Theilen beſtanden, wo in dem einen Baͤume, in dem andern Weinſtoͤcke geweſen; auch wird daſelbſt anderer gedacht, die aus drey Theilen, naͤmlich aus Baͤumen, Getreideaͤckern und Wieſen beſtan - den; doch dieſe letztern ſcheinen kaum einiger - maßen den Namen der Gaͤrten zu verdienen. Aber es werden daſelbſt auch eigentliche Luſt - gaͤrten erwaͤhnt. Sie waren uͤberall in beſon - dere Gaͤnge abgetheilt, welche mit rothen und braunen, oder mit andern Farben beſtriche - nen Latten verziert waren; zu beyden Seiten waren Weinſtoͤcke, welche die Gaͤnge mit gruͤ - nen Lauben ausſchmuͤckten. Neben den Gaͤn - gen, und außerhalb denſelben, waren die Bee - te mit Bretern jedes von einander unterſchie - den, und in verſchiedene Formen und Ordnung gebrachtm)Man beruft ſich l. c. auf des Johannis Beſche - lii zu Eißleben 1597 in Fol. gedruckte Garten - ordnung.. An den Enden und in den Ecken der Gaͤnge waren die beſten und aus - erleſenſten Obſtbaͤume, mitten innen waren Luſt - und Sommerhaͤuſer. Man legte auch Fiſche - reyen, Vogelfaͤnge und Oerter fuͤr allerhand Leibesuͤbungen in denſelbigen an. Unſere ſpren - gende Gießkanne ſcheint damals noch nicht be -C 4kannt40kannt geweſen zu ſeyn, denn es wird in dem Hausbuche geſagt: Man ſolle bey Anlage ei - nes Gartens, der nicht am Waſſer liegt, auf einen wohlverzierten Brunnen ſehen, damit man ſeine Kraͤuter, Blumen und Baͤume im Nothfall durch einen Durchſchlag begießen und beſprengen koͤnnen)S. l. c. p. 143..

Unter die in der Gartenkunſt merkwuͤrdigen Perſonen gehoͤren nicht nur die Schriftſteller, ſondern auch geſchickte und große Gaͤrtner, welche durch Erfindungen oder gluͤckliche An - lagen die Gartenkunſt bereichert haben. Schon die von Fugger erhoben ihre Gaͤrten durch der - gleichen geſchickte Meiſter. So lebte auch zu Augſpurg, gegen Ende des ſiebenzehnten Jahr - hundertes, Johann Friedrich Heinrich aus Stuttgard gebuͤrtig, deſſen vornehmſte Wiſ - ſenſchaft Blumen und Orangerie waren. Durch den Handel der Deutſchen, der noch im 16ten Jahrhunderte ſehr anſehnlich war, kam der Geſchmack an der Orangerie vorzuͤg - lich nach Deutſchland, ſo wie vielleicht uͤber - haupt die ſpaniſche Regierung auch hier in das Gartenweſen einen wichtigern Einfluß gehabt, als man gemeiniglich glaubt; uͤberhaupt iſt ihr Einfluß in die deutſchen Sitten, Mode, Denkungsart und Charakter groͤßer geweſen, als es vielen ſcheint, und nicht genug bemerkt ward, weil ſie mit Carl V. bald wieder auf -hoͤrte,41hoͤrte, und wenigſtens in der Ferdinandiſchen Linie nicht ſo wirkſam auf Deutſchland war. Der Gaͤrtner Heinrich war einer der erſten, welcher aus Blaͤttern ganze Baͤume zog, und ob es gleich anfangs meiſt bloß eine Entdeckung des Zufalls war, und er nur von ohngefaͤhr darauf kam, ſo dachte er doch weiter daruͤber nach, und zog viele Staͤmme auf dieſe Arto)Seiner gedenkt J. Chriſtoph Volkammer Ephe - merides Nor. Cont. 31 Bl. geb. 1647 1726.. Nach ihm war Johann David Kornmann be - ruͤhmt, der zu Noͤrdlingen 1686 geboren war, und 1746 ſtarb.

Um dieſe Zeit, naͤmlich gegen Ende des ſiebenzehnten Jahrhundertes, machte in dem deutſchen Geſchmack die uͤbertriebne Liebhabe - rey an gewiſſen Blumen einen großen Theil aus. Ein gewiſſer Kammerlander, der St. Martins Stiftung zu Augſpurg Verwalter, zog zuerſt den Goldlack oder die gefuͤllten gel - ben Lavkoien, und machte ſie daſelbſt bekannt, daher ſie auch daſelbſt noch von ihm den Na - men habenp)S. v. Stetten l. c. p. 127.. Unter den Gaͤrten des 17ten Jahrhunderts iſt der Hohleiſiſche zu Augſpurg als einer der ſchoͤnſten bekannt. Auch iſt Lan - gemantel von Weſtheim bekannt durch ſeinen an Blumen vorzuͤglichen Garten, beſonders aber auch weil er viel Verdienſte hat um die Kunſt, den Gewaͤchſen und Fruͤchten fruͤh -C 5zeitige42zeitige Reife zu geben. Eine Kunſt, die uͤber - haupt erſt im dieſem Jahrhunderte mehr in Gang gekommen zu ſeyn ſcheint, da ſie vor - her der Aberglaube, der einſt den Albertus M[a]gnus wegen ſeines Gartens im Winter verfolgte, zu ſehr druͤckte und zuruͤck hielt.

Die uͤbertriebene Liebhaberey an Blumen, und an dem gekuͤnſtelten und ſpielenden Ge - ſchmack in den Gaͤrten, war ſonderlich durch die Hollaͤnder nach Deutſchland gekommen. Durch ſie kamen in die deutſchen Gaͤrten die Pfauen von Taxus und andere Thiergeſtalten, ſo wie der chineſiſche Putz von Porzelan, Grot - ten und aͤhnlichen Verzierungen. Und da die Natur bey ihnen verſchwenderiſch mit Waſſer war, ſo ahmten ſie dieſelbe auch in ihren Gaͤr - ten nach; dadurch auch die haͤufigen Teiche in die deutſchen Gaͤrten kamen.

Was die Literargeſchichte der Gartenkunſt im 17ten Jahrhunderte betrifft, ſo hatten die Deutſchen bis in die Mitte dieſes Jahrhun - dertes kein eigentliches Originalwerk uͤber den Gartenbau. Denn, was ſie hatten, war ent - weder bloße Ueberſetzung der griechiſchen und roͤmiſchen Schriftſteller und des Creſcen - tius, oder es waren bloß Auszuͤge aus jenen; das Wichtigſte war noch Coler in ſeinem Ca - lendario und in dem Hausbuche. Noch er - ſchien in dem Jahre 1634 P. Laurenbergii horticultura, Francof. ad Moen. 4to, und eben deſſelben apparatus plantarius, 1654 4. Auchbehalfen43behalfen ſie ſich mit Ueberſetzungen der Werke anderer Nationen. Kaum war der in Frank - reich 1651 zuerſt erſchienene Jardinier Fran - çois in Deutſchland bekannt, ſo wurde der - ſelbe auch uͤberſetzt, und war damals das all - gemeine Handbuch der Gartenfreunde in Deutſchland; die Ueberſetzung erſchien zuerſt 1665, nachdem in Paris ſchon die 8te Aufla - ge von dieſem beruͤhmten Werke gemacht war; da aber dieſelbe nach einer der erſtern Auflagen gemacht iſt, ſo iſt ſie nicht ſo vollſtaͤndig, als ſie ſeyn wuͤrde, wenn ſie nach der achten verferti - get waͤre.

Und ungeachtet hierdurch ſowohl die Ar - beit ſelbſt viel verloren, als auch die Ueber - ſetzung ſchlecht iſt, ſo erhielt ſie doch damals viele Auflagen, welches ein Beweis fuͤr die Liebhaberey der damaligen Zeiten von dem Gartenweſen iſt. Der Ueberſetzer ſcheint die Pflanzen weder dem Namen noch der Beſchaf - fenheit nach gekannt zu haben. Es wurde noch in dieſem Jahrhunderte mit andern den Gartenbau betreffenden Schriften uͤberſetztq)Die vollſtaͤndigſte Nachricht giebt H. Luͤder in den Gartenbriefen 3 B. S. 379 unter folgendem Titel: Der uͤber 12 Monate des Jahres ver - ſtaͤndige Gartenmeiſter, ſo da lehret und unter - weiſet, wie Baͤume, Kraͤuter und Blumen - gaͤrten auf das beſte zu beſtanzen und zu beſaa - men ꝛc. Anfangs in der hollaͤndiſchen Sprache beſchrieben von P. von Aengeln, anitzt aber we -gen.

Des44

Des Hollaͤnders Peter von Aengeln voll - ſtaͤndiger Gaͤrtner ward 1667 in 4to vonGraͤflin -q)gen ſeines Nutzens in unſere Mutterſprache uͤber - ſetzt, und zum Gebrauch auf unſerm deutſchen Climate eingerichtet. Dem noch beygefuͤget etli - che Regeln eines Capucinergaͤrtners, mit Ver - mehrung eines curieuſen Tractaͤtleins, von Pflan - zung fruchttragender Baͤume, durch Herrn le Gendre, Prieſtern zu Henoville. Hannov. und Wolfenb. 1703, 494 S. in 8. Es war bereits zu Hannover 1695 8. gedruckt, und iſt zu Leip - zig und Wolfenbuͤttel außer mehrern malen noch im J. 1734, und zuletzt noch im J. 1751 eben ſo, Seite fuͤr Seite, Wort fuͤr Wort, aufs neue gedruckt. Nach dem Titel zu urtheilen, wuͤrde man in dieſem Buche keine Ueberſetzung des Jar - dinier François ſuchen, ſondern es bloß fuͤr ei - ne Ueberſetzung des von Aengeln und des le Gen - dre halten. Zwiſchen beyden aber findet ſich 1) S. 227. der franzoͤſiſche Baum - und Stau - dengaͤrtner, a. d. Franz. uͤberſetzt von Georg Graͤflinger, C. N. P. in Hamburg, welcher die erſte Haͤlfte des Jardinier François ausmacht; 2) S. 295 p. 374. der franzoͤſiſche Kuͤchen - gaͤrtner in die teutſche Sprache gebracht, von Georg Graͤflinger, welcher die andere Haͤlf - te des Jardinier iſt. Herr von Rohr fuͤhrt in ſeiner Haushaltungsbiblio - thek noch ein anderes Werk an: Gruͤndliche An - leitung zum Gartenbau, nach den 12 Monaten des Jahres eingerichtet, ſammt Anhange von Kochen, Candiren und Deſtilliren, Osnabruͤck 1678, welches Hr. Luͤder fuͤr das Buch des von Aengeln haͤlt, nur unter einem andern Titel.Die45Graͤflinger uͤberſetzt; und es erſchienen davon in dem naͤmlichen Jahrhunderte 5 Auflagen, ob es gleich nur eine magere Anweiſung iſt, was der Gaͤrtner in jedem Monate zu be - ſorgen hat.

In

q)Die neueſte Ausgabe, welche erſchien, heißt: Der uͤber die 12 Monate des Jahres verſtaͤndige Gar - tenmeiſter, oft und noch zu Leipzig und Wolfen - buͤttel 1751 aufgelegt, und iſt demſelben eine Ueberſetzung des Jardinier François und des le Gendre maniere de cultiuer les arbres fruitiers beygefuͤgt.Die erſte Ausgabe des Elsholziſchen Gartenbuches hat den Umſchlagstitel: Io. Sigism. Elsholzii Horticultura. Der Titel ſelbſt iſt dieſer: Jo. Sigism. Elsholz vom Gartenbau, oder Unter - terricht von der Gaͤrtnerey, auf das Clima der Churmark Brandenburg, wie auch der benaͤch - barten Laͤnder gerichtet, in VI Buͤchern verfaſ - ſet, und mit noͤthigen Figuren gezieret. Coͤlln an der Spree 1666, 320 S. in gr. 4. Die an - dere, von dem Verfaſſer ſelbſt beſorgte Auflage, der andere Druck genannt, erfolgte eben daſelbſt 1672 auf 378 S. in gr. 4. und hat die in den Kuͤchengartenbau Einfluß habenden Vorzuͤge, daß der Text durch und durch vermehret, und ein teutſches nach der Seitenzaͤhl eingerichtetes Regiſter hinzugekommen. Die 3te Auflage ken - ne ich nicht. Die 4te, nach des Verfaſſers To - de gedruckte Auflage, hat folgenden Titel: Jo. Sig. Elsholzens neu angelegter Gartenbau, oder ſonderbare Vorſtellung, wie ein wohlerfahrner Gaͤrtner nicht allein die ſchoͤnſten Luſt - Kuͤchen - Baum - und Blumengaͤrten, auf unſerm teut -ſchen

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In dem 17ten Jahrhunderte iſt als ein deutſcher Originalſchriftſteller merkwuͤrdig, der Churbrandenburgiſche Hofmedikus D. Els - holz zu Berlin, deſſen Verdienſte um alle Theile des Gartenbaues ſo vorzuͤglich und un - laͤugbar ſind. Er ließ nicht nur den Rha - gorius, den damals beruͤhmteſten Schriftſteller der Schweitzer uͤber dieſen Gegenſtand, und den unbekannten Verfaſſer des Jardinier Fran - çois hinter ſich; ſondern uͤbertraf ſie auch weit an Vollſtaͤndigkeit, und hat noch das beſon - dere Verdienſt, daß er der erſte iſt, welcher die Gartenpflanzen botaniſch beſtimmt. Den - noch haͤngt er bey aller Gruͤndlichkeit und aus - gebreiteten Kenntniſſen noch zu ſehr an dem Aberglauben ſeiner Zeit; daher gruͤndet er ſichſoq)ſchen Climate fuͤglich anrichten, ſondern auch al - lerhand rare Blumen, Gewaͤchſe und Baͤume zu erziehen, warten, und vor zuſtoßenden Schaden zu curiren lernen kann, in 6 Buͤchern verfaſſet, und in dieſem 4ten Druck ziemlich vermehret, Leipz. 1715, 258 S. in Fol. Die nach des Ver - faſſers Ableben in dieſer Auflage gemachten Verbeſſerungen betreffen nur einige Vermehrung des Textes, etwa 3 neue hinzugekommene Ge - waͤchſe und 2 neue Kupfertafeln. Die Sache ſelbſt, welche den Werth des Buches ausmacht, ſcheinet in allen Ausgaben dieſelbe zu ſeyn. Dieß iſt das Urtheil und die Nachrichten, welche Hr. Luͤder in ſeiner Geſchichte des Kuͤchengartenbaues, im 3ten Theil der Kuͤchengartenbriefe, S. 377 und 78 giebt. 47ſo ſehr auf die Grundſaͤtze, daß man bey dem Saͤen und Pflanzen den Mondwandel zu beob - achten habe. Außer dem iſt auch Leichtglaube ſein Fehler; er nimmt oft Geheimniſſe der Gaͤrtnerey an, die der Vernunft, Phyſik und Erfahrung widerſprechen. Dennoch ſcheint er oft nicht wirklich daran geglaubt zu haben, und iſt, wenn man dieſes abrechnet, der Va - ter der deutſchen Schriftſteller des Gartenwe - ſens.

Sein beſonderer Vorzug iſt die genaue bo - taniſche Beſtimmung aller Pflanzen, welches die Gartenſchriftſteller aller Nationen vor ihm nicht geachtet zu haben ſcheinen. Miller war nach ihm bey den Englaͤndern der erſte, der in ſeinem Gaͤrtnerlexikon dieſes einfuͤhrte. Deutſchland hat alſo durch D. Elsholz die Eh - re, daß er unter allen Nationen zuerſt mit der Vollſtaͤndigkeit botaniſche Genauigkeit ver - band, und faſt hundert Jahre eher in Anſe - hung der Gartenpflanzen in Deutſchland das geleiſtet worden, was Miller faſt hundert Jahre nachher erſt in England that.

Er giebt an 1180 Arten Pflanzen an, welche er beſtimmt, und die nach dem Caſp. Bauhin, nach welchem damals alle Pflanzen mit den Namen benennt wurden, die er ihnen in ſeiner Pinax gegeben, beſondere Species ſind; unter dieſer Anzahl ſind noch nicht ein - mal die Varietaͤten derſelben mit gerechnet: der H. von Rohr in ſeiner Bibliothek erwaͤhntS. 36648S. 366 auch eine Floram Marchicam von ihm: Er benannte jede Pflanze zuerſt nach dem Bauhin, und fuͤhrte die ihnen von andern Bo - tanikern gegebenen Namen an. Er ſchraͤnkt ſich vorzuͤglich auf die Mark Brandenburg einr)Elsholz giebt den Plan, nach welchem er ge - arbeitet, in den beyden erſten Auflagen ſelbſt an. Und da es als ein Beytrag zur Geſchichte der Botanik in Deutſchland zugleich dient, ſo will ich ihn hier einruͤcken. Er iſt folgender: Plantae Marchicae ſuntA Cultae. I. Hortenſes. 1) arbores cum fruticibus. a) hyeme condendae Lib. IV. c. 7. b) hyemem ferentes c. 9. 2) Herbae pertinentes ada) Floriferium1) Perennesα) hyeme condendae lib. II. c. 3. β) hyemem ferentes radice1) bulboſa ac tuberoſa lib. II. c. 4. 2) fibroſa Lib. II. c. 52) Annuae ſ. ſeminatiuae lib. II. c. 6. b) Olitorium, quae culinae inſeruiunt1) radicibus lib. III. c. 2. 2) foliis 3. 3) fructibus 4. c) Vi -, und giebt alle daſelbſt vorhandene, ſo - wohl fremde als einheimiſche Baͤume, Blu - men, Kuͤchengewaͤchſe, Arzeneykraͤuter und alle uͤbrige wildwachſende Pflanzen an. Er hat zu mehrerer Einſicht vor den beyden erſtenAufla -49Auflagen einen Plan, wornach er arbeitet und ſie ordnet, angefuͤhrt.

Er handelt in den 6 Buͤchern, woraus ſein Werk beſtehet, im erſten Buche von eini - gen allgemeinen Dingen; im zweyten von den Blumen; im dritten von dem Kuͤchengarten; im vierten von den Baͤumen und Stauden; im fuͤnften vorzuͤglich vom Weinbau; und im ſechſten von den wilden officinellen Pflanzen und einigen andern Materien. Ich uͤbergehe die Blumen, da ich ſchon in dem vorigen vie - les daruͤber geſagt, und man ſich einen Begriff von dem Blumengartenweſen machen kann. Ich will, um von dem Kuͤchengartenbau der damaligen Zeiten eine Idee zu machen, die vorzuͤglichſten Pflanzen, die man damals er - bauet, aus ihm anfuͤhren. Er hat demſelben im dritten Buche vier Capitel angewieſen; im erſten lehrt er die Anlage eines Kuͤchengartens, im zweyten von 19 Arten Kuͤchenwurzeln, im dritten von 29 Arten Kuͤchenkraͤutern, und im vierten von 13 Arten Kuͤchenfruͤchten. Un - ter den Kuͤchenwurzeln wurden damals inDeutſch -r)c) Vineam lib. V. c. 2. d) Phytiatricum lib. VI. c. 2. II. Agreſtes Lib. VI. c. 5. ſpecies 26. B. Spontaneae. I) arbores cum fruticibus lib. IV. c. 9. II) Herbae officinales lib. VI. c. 3. non officinales lib. VI. c. 4. II. Theil. D50Deutſchland, und vorzuͤglich in der Mark Brandenburg, erbauet: Paſtinaken, gelbe Wurzeln und fruͤhe Carotten, rothe Ruͤben, Ruͤben und maͤrkiſche Ruͤben, Zuckerwurzeln, Ruͤbenkoͤrbel, Ruͤberapunzel, Cichorienwur - zel, Rettig, Radies, Merrettig, Hafer und Scorzonerwurzel, Zipollen, Winterzwiebeln, Schalotten, Porre, Schnitt - und Johannis - lauch, Knoblauch und Rocambole, Erdaͤpfel, Cartoffeln.

2) Kuͤchenkraͤuter: Sauerampfer, Sauer - klee, Winterendivien, Salat und Sommer - endivien, Rapunzel, Portulac, Grevinne, Spargel, Hopfenſpargel, Kreſſe, Winter - kreſſe, Rokette, Peterſilie, macedoniſche Pe - terſilie, Sellerie, Koͤrbel, ſpaniſcher Koͤrbel, Pimpinelle, gemeiner und italieniſcher Fen - chel, Dill, Baſilike, Dragon, Saturey, breit Pfefferkraut, Spinad, brauner Kohl, weißer Kohl, Wirſing, Savoyekohl, rother Kopfkohl, Kohlrabi uͤber der Erde, Blumen - kohl, Winterkohl, Bete, Schweizerbete, Melde, Cardonen.

3) Kuͤchenfruͤchte: Melonen, Gurken, Kuͤrbis, Citrullen, Bohnen, Vitsbohnen, Erbſen, Linſen, Erdbeeren, Artiſchocken, tuͤrkſcher Waizen, Senf und Champignons. Im 6ten Buche, Cap. 2, welches von Arz - neykraͤutern handelt, welche im Garten gezo - gen werden muͤſſen, wird außerdem eine An - leitung gegeben zu Eberraute, Cypreſſenkraut,Garten -51Gartenwermuth, Angelike, Anis, Waſſer - eppich, Borrago, Ochſenzunge, Kichern, Loͤffelkraut, Coriander, Kuͤmmel, Schar - ley, Yſop, Lavendel, Spic, Liebſtoͤckel, Ma - joran, Wintermajoran, Meliſſe, Krauſe - muͤnze, Schwarzkuͤmmel, Baſilike, Mohn, Poley, Raute, Thymian u. d. gl.

So brauchbar und vorzuͤglich aber auch dieſes Werk fuͤr die damaligen Zeiten war, ſo ſcheint es doch nicht ſo gemeinnuͤtzig geworden zu ſeyn, entweder weil die botaniſchen Kennt - niſſe zu wenig Liebhaber unter den Garten - freunden fanden, oder weil das Buch zu koſt - bar und die Liebhaberey in dem Gartenſtudium noch nicht ſo groß war, da man das Garten - weſen mehr den gelernten Gaͤrtnern uͤberließ.

Es erſchienen in den damaligen Zeiten noch viele andere Schriften uͤber den Garten - bau, aber meiſt von geringem Werthe. Peter Gabriel, ein Kunſtgaͤrtner aus Burgund in Frankreich, der aber Oberaufſeher der fuͤrſtli - chen Luſtgaͤrten zu Stuttgart war, ſchrieb ei - nen kleinen Tractat vom Gartenbaues)Eine aͤltere teutſche Ausgabe hat den Titel: Pet. Gabriels allgemeiner Gaͤrtner, oder erlaubte Er - goͤtzlichkeiten in der Pflanzung der Gaͤrten in al - lerley Laͤndern. Tuͤbing. 1671. 8. Die 3te Auf - lage hat den Titel: Allgemeiner Gaͤrtner von Setz - und Pflanzung allerhand fruchtbarer Baͤu - me, ſchoͤner Kraͤuter und Blumen, in allerley Gaͤrten und Laͤndera, durch Herrn Pet. Gabriel,.

D 2Johann52

Johann Chriſt. Hiebnert)Ioh. Chriſt. Hiebneri Horticultura, Lipſ. 1671. 8. und in andern Ausgaben, unter dem Titel: Hiebneri horticultura, d. i. Anleitung, wie ein Luſt - Obſt - und Kuͤchengarten einzurichten, Leipz. 1675. 8. und abermal 1765., Joh. Ge. Muͤlleru)M. Joh. Georg Muͤller, Pfarrer zu Stetten im Remsthal, gab 1675 heraus: Compendium triplicis Horticulturae, d. i. kurzer Entwurf ei - nes dreyfachen Gartenbaues, 1675. 8 B. in 12. Es erfolgte bald eine zweyte und dritte Auflage. Die vierte gab M. C. F. K. P. M. nach des Ver - faſſers Tode vermehrt, unter dem naͤmlichen Titel in 12. heraus. Die fuͤnfte, noch mehr vermehr - te, erſchien 1717 unter dem Titel: Deliciae hor - tenſes, d. i. Blumen -, Arzeney -, Kuͤchen -,Baum -, Pfarrer zu Stetten im Remsthal,Georgs)Gabriel, a. d. Franz. ins Teutſche uͤberſetzt von M. J. G. Scharffenſtein. In Verlegung Cotta (zu Tuͤbingen) zum 3tenmal gedruckt, 1673. 9. B. in 12. In dem Vorberichte wird gemeldet, daß die 3te franzoͤſiſche Auflage verbeſſert und vermehrt, und daß die 3te teutſche ſolches auch ſey. Von dieſem Buche ſind nachher mehrere Auflagen erfolget, z. E. der Reichsgaͤrtner, in ſich haltend eine leichte Unterweiſung, den Gar - tenbau betreffend, verfertiget durch Gabrieln, zum 4tenmal aufgelegt, und mit vielen neuen Materien vermehrt. Tuͤbingen, 1682. Endlich iſt faſt ein ganz ander Buch daraus geworden, und zuletzt iſt es unter dem Titel herausgekom - men: Pet Gabriel’s kunſterfahrner Blumen - Kuͤ - chen - und Baumgaͤrtner, mit 145 nuͤtzlichen und unbekannten Gartenkuͤnſten verſehen. Tuͤbing. 1755. 17 B. in 8.53Georg Holykx)Georg Holyk vermehrtes dreyfaches Garten - buͤchlein, Hannov. 1698. und deſſelben neuver - mehrtes vierfaches Gartenbuͤchlein, 1717. 8. iſt voller Vorurtheile, und wurde doch zu Erfurt 1749 zum 6ten male aufgelegt., Lucian Montify)Lucian Montif neue Baumgarten - und Blumen - luſt, Conſt. 1698. 12. Eine ſpaͤtere Auflage davon iſt unter dem Titel erſchienen: Neue vermehrte Gartenluſt durch R. P. Lucian Montif, F. F. Min. Cap. der oberoͤſterreichiſchen Provinz Predigern, Ulm 1702. Es handelt meiſt von Obſt - und Blumengaͤrten; obgleich auch andere Arten von Gaͤrten nicht vergeſſen ſind, z. B. der Kuͤchen - garten S. 141 bis 277. Zu Ulm erſchien 1723 eine neue Ausgabe in 12. unter dem Titel: Mont. Luciani neue Gartenluſt., Baum - gaͤrtnerz)Baumgaͤrtners Gartenmemorial. Nuͤrnb. 1659., Schielea)Joh. Georg Schielens praktiſirter Medicin - und Kuͤchengarten. Ulm, 1678. 12., Boͤklerb)Georg Andr. Boͤklers nuͤtzliche Haus - und Feld - ſchule. Die zweyte Auflage erſchien 1683 zu Nuͤrn - berg; in der 26ſten Claſſe S. 324-385 giebt er Anleitung zu allen Theilen des Gartenbaues uͤberhaupt, und S. 430-459 zum Kuͤchengar - ten., Hohbergc)von Hohberg Georgica curioſa d. i. umſtaͤnd - licher Bericht von dem adelichen Land - und Feld -leben,.

D 3Um

u)Baumgartenluſt, und ward in 8. gedruckt. Die ſechſte, Stuttgard 1728. 8. und neuerlich 1745 8., und endlich Stuttgard 1764. 8. Allein ſo viel Auflagen verdiente es nicht, am allerwenig - ſten in den neuern Zeiten, da man Reicharts Schriften hat.

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Um eben dieſe Zeiten erſchien der Parnaſ - ſus Hortenſis, oder vollkommene Gartenſchu - le aus Selbſterfahrenheit; wenigſtens iſt die - ſes die Vermuthung des Hrn. Luͤders, wenn nicht die Ausgabe von 1714, die Hr. v. Rohr anfuͤhrt, die erſte iſt. Sie wurde in der Fol - ge zu Magdeburg 1719 und 1724, und end - lich 1747 wieder aufgelegt, und erſchien ſo - gar 1778 unter dem ganz fremden Titel: Mar - quard Adelkofers gruͤndliche Gartenſchule, welche in drey Theilen lehret, wie man einen Blumen -, Kuͤchen - und Baumgarten nuͤtzlich anlegen und pflegen ſoll, Augſpurg 1778. 8. Der neue vermehrte curieuſe und kluge Gaͤrt - ner, zum andern Druck befoͤrdert durch J. F. H. Leipzig ohne Jahrzahl, 8. wurde auch, ob es ſchon unbrauchbar iſt, 1692. 8. zu Zel - le gedruckt. Monatliche Pflanzenluſt, beſte - hend in Baumgaͤrten, Krautgaͤrten, Feldruͤ - ben und andern Hausarbeiten uͤber die 12 Mo - nate des Jahres, Schaafhauſen 1679. 12. Erneuertes Garten - Baum - und Pelzbuͤchlein, Nuͤrnberg 1645. 8. Propf - Pflanz - und Gar - tenbuch, Halberſtadt 1698 8. Die meiſten dieſer Schriftſteller ſind voller Aberglauben und Leichtglaͤubigkeit, ein Fehler, welcher ſie und ihre Zeiten entehrt, und bey dem Guten, das ſie noch haben, immer ein großer Schand -fleckc)leben, auf Deutſchland eingerichtet. Nuͤrnberg 1682 Fol.55fleck iſt. Die beyden wichtigſten Schriftſteller gegen Ende des 17ten Jahrhunderts ſind noch folgende: zwar gehoͤrt der erſte eigentlich Frank - reich, da er aber doch mitten in Deutſchland beſtaͤndig lebte und ſchrieb, ſo will ich ihn hier mit erwaͤhnen, und in der franzoͤſiſchen Gar - tengeſchichte mich nur hierauf beziehen. Es iſt René Dahuron, ein Schuͤler des beruͤhm - ten de la Quintinye, unter welchem er 5 Jahr als Gaͤrtner gearbeitet. Er kam nach Deutſch - land, und trat zuerſt in die Dienſte des Staats - miniſters Grafen von Plate zu Linden vor Hannover. Er eignete demſelben ſeine Schrift Traité de la taille des arbres etc. à Celle 1692 zu. Um das Jahr 1692 wurde er fuͤrſt - licher Hofgaͤrtner zu Zelle, und endlich koͤnig - lich Preußiſcher zu Berlin. Er ſchrieb ſein Werk franzoͤſiſch, welches aber verſchiedene Ueberſetzungen und Auflagen, ſelbſt in dem 18ten Jahrhunderte, erhieltd)Sein Werk uͤber den Gartenbau, das er in fran - ſiſcher Sprache geſchrieben, iſt wahrſcheinlich eher als jener Traité und noch vor 1692 geſchrie - ben. Es wurde ins Deutſche uͤberſetzt, und die zweyte Auflage dieſer Ueberſetzung erſchien mit einer Abhandlung von der Wartung der Bienen. Die 3te Auflage, welcher eine Ueberſetzung des Tractats vom Baumſchneiden beygefuͤget wor - den, hat den Titel: Der wohlbeſtellte Garten - bau, oder gruͤndliche Anweiſung, wie ein Kuͤchen -Blumen -. Allein Aber - glaube und Leichtglaube iſt auch ſein Fehler. D 4Der56Der zweyte iſt Heinrich Heſſee)Heinrich Heſſens neue Gartenluſt, d. i. gruͤnd - liche Vorſtellung, wie ein Luſt - Kuͤchen - und Baumgarten unter unſerm deutſchen Climate fuͤglich anzurichten, aus ſelbſt eigener Erfahrung zuſammengetragen, uͤber dieſes noch mit nuͤtzlichen Anmerkungen durch Theo - dorum Phytologum, ohne Druckort, 1690. 416 S. in 4. Es ſcheint nicht die aͤlteſte zu ſeyn dem Titel nach, da es heißt: mit nuͤtzlichen Anmer - kungen vermehrt. Die Anmerkungen, die von einer dritten Hand ſind, ſind zum Unterſchiede mit kleinern Lettern gedruckt. Eine andere Aus - gabe iſt zu Leipzig 1763. 392 S. in 4. mit einem neuen 3 Vogen ſtarken Anhange eines Garten - memorials erſchienen, und noch eine andere ſoll nach dem Zeichniß des Hausvaters Theil 3 N. 1046 zu Leipzig 1705 in 4to gedruckt ſeyn. Ei - ne neuere iſt zu Leipzig 1742 in 2 Th. in 4. ge - druckt. Es wird von verſchiedenen Arten des Gartenbaues, ſonderlich vom Kuͤchengarten, wo - mit Cap. 12. 13. 14. ſich beſchaͤftiget, auf eine ſo unvollſtaͤndige, als aberglaͤubiſche und leicht - glaͤubige Art gehandelt. Heſſe ſelbſt hat dieſe Gartenluſt nie ſelbſt herausgegeben, obgleich inder, der bey ver - ſchiedenen deutſchen Fuͤrſten, und zuletzt im J. 1690d)Blumen - und Baumgarten wohl anzulegen, vormals in franzoͤſiſcher Sprache herausgegeben von Monſ. René Bahuron, koͤnigl. preuß. Hof - gaͤrtner. Zelle und Leipzig 1723, 644 S. in 8. Die 6te Auflage hat, gleichwie die 5te, Wei - mar 1738, den Titel: René Bahuron vollſtaͤn - diges Gartenbuch u. ſ. w. Weimar und Zelle 1743, 684 S. in 8. Die 7te Auflage iſt 1747 zu Weimar gedruckt.571690 Churfuͤrſtlich Maynziſcher Gartenvor - ſteher war. Wir haben unter ſeinem Namen zwey Schriften zum Gartenbaue, ob er gleich keine ſelbſt herausgegeben, naͤmlich die neue Gartenluſt und den deutſchen Gaͤrtner.

Durch dieſe Schriftſteller wurde der deut - ſche Gartenbau in allen ſeinen Arten zwar ei - nigermaßen verbeſſert, vorzuͤglich was die Cultur der Pflanzen und Fruͤchte ſelbſt betrifft. Aber der gute Geſchmack in der Gartenkunſt gewann wenig oder nichts. Man verunſtalte -D 5tee)der Vorrede gemeldet wird, er habe ſie zum oͤf - fentlichen Drucke geben wollen. Denn in der Vorrede des deutſchen Gaͤrtners wird erzaͤhlet, in der bey ſeinen Handſchriften vom deutſchen Gaͤrtner gefundenen Vorrede haͤtte er ſich gegen die unter ſeinem Namen herausgekommene neue Gartenluſt allerhand harter Ausdruͤcke bedienet, und ſie wegen verſchiedener verfaͤlſchter Anmer - kungen und Veraͤnderungen fuͤr ſeine Arbeit nicht erkennen wollen. Die erſte Grundlage derſelben ſcheinet ihn alſo zwar zum Verfaſſer zu haben; ſcheinet aber, da er ſein erſtes Manuſcript viel - leicht jemanden communiciret, ohne ſein Vor - wiſſen zum Druck befoͤrdert, zu ſeinem Verdruſſe mit Anmerkungen und Zuſaͤtzen vermehret zu ſeyn. Das zweyte Buch iſt Heſſens deutſcher Gaͤrtner; d. i. eine gruͤndliche Vorſtellung, wie nach noth - wendigen Zubereitungen des Erdreichs unter un - ſerm deutſchen Climate ein Luſt - Kuͤchen - und Baumgarten fuͤglich anzurichten, aus eigener langwieriger Erfahrung zuſammen getragen, Leipzig 1724. 77 S. 4. Es giebt zwar nocheine58te die Gaͤrten durch Kuͤnſteleyen, wodurch man ſie zu verſchoͤnern ſuchte. Herr Hirſchfeld ſucht den Grund davon vornehmlich in dem Wahn, daß der naͤchſte Platz um eine Woh - nung mit ihr eine Aehnlichkeit haben, und die ganze Einrichtung und Anlage eines Gar - tens nach einer genauen Symmetrie abgemeſ - ſen ſeyn muͤſſe. Es ſcheint, als habe man ſich gefuͤrchtet, einen Sprung von einem zum andern zu thun, und gleichſam den naͤchſten Platz bey der Wohnung zum Uebergang zu machen geſucht, wodurch die Wohnung mit der gruͤnenden Natur mehr verbunden wuͤrde.

Herr

e)eine aͤltere von 1710, die auch zu Leipzig erſchien, aber noch nicht die aͤlteſte zu ſeyn ſcheint. Eine neue Auflage erſchien 1740 zu Koͤnigsberg unter dem Titel: Heſſens deutſcher Gaͤrtner. Die Ausgabe des Werks ſcheint der Verfaſſer nicht ſelbſt beſorgt zu haben, weil es in der Vorrede heißt: man befoͤrdere hier des beruͤhmten Au - toris ausfuͤhrliche Nachricht von der Gartenkunſt in ſolcher Vollkommenheit zum Drucke, wie er ſolche aus einer langwierigem Erfahrung ſelbſt zuſammen getragen; man verſichert zugleich daſelbſt: daß nichts gedruckt worden, als was in des Auters eigenhaͤndigem Manuſcript befind - lich geweſen. Die Materien ſind hier weitlaͤuf - tiger ausgefuͤhrt, als in der Gartenluſt. Der Hausvater Theil 3. §. 25. nennt noch ein Buch unter dem Titel: Hiſtoriſcher und verſtaͤndiger Blumengaͤrtner, als ein zu Heſſens Gartenbuche ſich ſchickender dritter Theil, Leipz. 1754.

59

Herr Hirſchfeld ſchildert den Ge - ſchmack der aͤltern Zeiten und vorzuͤglich des ſiebenzehnten Jahrhunderts in den Anmerkun - gen uͤber die Landhaͤuſer und Gartenkunſt al - ſo: Ein regelmaͤßiges Viereck, eine ganze gerade Ebene, oft durch muͤhſame Wegſchaf - fung der natuͤrlichen Erhoͤhungen erzwungen, ein breiter Hauptweg in der Mitte, zu den Sei - ten eine gerade Hecke oder Allee, zuweilen in poßierliche Figuren geſchoren, an allen vier Ecken ein rothangeſtrichenes Luſthaͤuschen, Fluren mit bunten Steinchen und Glas belegt, dann ein mit Buchsbaum oder mit Porcellain - ſtuͤcken gezogenes Wappen des hochadlichen Beſitzers, uͤberall eine ganze Voͤlkerſchaft von Puppen, vom blitzſchleudernden Zevs bis auf den bockfuͤßigen Satyr; dieß war ohn - gefaͤhr der niedliche Geſchmack in einer langen Reihe der neuern Zeiten, der die Natur gera - de da verdrang, wo ſie vorzuͤglich ihren rei - zenden Wohnſitz haben ſollte, und der durch die unertraͤglichſte Art von Gleichheit, Regel - maͤßigkeit und alberner Kuͤnſteley ermuͤdete. Die meiſten Gaͤrten konnten nicht leicht eine Ueberſchrift am Eingange finden, die fuͤr ih - ren Charakter treffender geweſen waͤre, als dieſe:

Der
f)S. S. 56.
f)60
Der Garten iſt ſehr ſchoͤn geſchmuͤckt!
Hier Statuen und dort Caſcaden;
Die ganze Goͤtterzunft, hier Faunen, dort
Najaden,
Und ſchoͤne Nymphen, die ſich baden:
Und Sand, vom Ganges hergeſchickt,
Und Muſchelwerk und guͤldne Vaſen,
Und Porcelan auf ausgeſchnittnen Raſen,
Und buntes Gitterwerk, und eines ſuch
ich nur
Iſts moͤglich, daß was fehlt? Nichts wei -
ter die Natur!
Weiße.

Der groͤßte Misbrauch, den man von der Kunſt gemacht, war gewiß der, da ſie Gegen - ſtaͤnde der Natur unter gewiſſe Regeln zwin - gen wollte, die ſich am wenigſten auf ſie an - wenden laſſen. Es iſt nicht zu laͤngnen, daß man vielleicht bey der Beurtheilung des aͤltern Gartengeſchmacks oft zu ſtreng iſt, und gewiſ - ſe Grundſaͤtze davon verwirft, die, genau unterſucht, nicht ganz verwerflich ſind; daß man in unſern Zeiten, aus Vorurtheil fuͤr die Neuern, oft die rohe Natur zu ſehr auf Koſten der ſchoͤnen aufſuchet, ein Fehler, der in un - ſerm Zeitalter ziemlich allgemein wird, und den ſchoͤnen Kuͤnſten Gefahr drohet. Ich werde unten, bey dem neuern Gartenſyſteme, mich hieruͤber weiter erklaͤren.

Ich habe oben bemerkt, daß im ſechzehn - den Jahrhunderte vorzuͤglich der italieniſcheGarten61Garten fuͤr Deutſchland die Regel war; ich habe oben die Gruͤnde aufgeſucht, wozu ich hier noch beyfuͤge, daß wir viele Gartenfruͤch - te und Blumen aller Art zunaͤchſt aus Ita - lien erhielten: war es alſo ein Wunder, wenn man die Cultur derſelben, und auch oft die Anlage und den Geſchmack in Anſehung der Gaͤrten, zugleich mit ihnen annahm?

Ihm geſellte ſich der Niederlaͤndiſche zu, vorzuͤglich zu Ausgang des ſechzehnten und zu Anfang des ſiebenzehenten Jahrhundertes. Und da in der Mitte des letztern das Anſehen des franzoͤſiſchen Hofs und Geſchmacks, durch die Pracht und die Thaten Ludwigs des vier - zehnten, ſo ſehr ſtieg, ſo hatte dieſes auch Einfluß auf den Gartenbau in Deutſchland. Quinti - nie und Le Notre ſchufen den franzoͤſiſchen Garten, und Deutſchland ehrte dieſe beyden Schoͤpfer gehorſam in ihren Werken. Die Gaͤrten von Verſailles wurden das Muſter aller Prachtgaͤrten der deutſchen Fuͤrſten und Privatperſonen. Le Notre misbrauchte die Baukunſt in dem Gartenbaue; durch ihn kam ſo viel Regelmaͤßigkeit, die endlich durch das Einfoͤrmige ekelhaft ward, hinein. Er kam auch nach Italien, wo die Baukunſt endlich faſt gar die Natur aus den Gaͤrten verdraͤng - te, welches der Deutſche auch ziemlich ge - nau befolgte. Er verließ ſogar ſein altes Ei - genthum und verwies die Kuͤchengewaͤchſe aus ſeinen Prachtgaͤrten. Erſt ein Auslaͤnder,Quin -62Quintinie, mußte ihn auf dieſe nutzbare Schoͤn - heit wieder aufmerkſam machen, indem er in den Gaͤrten ſeines Koͤnigs dieſe Gewaͤchſe hinter die Rabatte ſtellte, von welcher Zeit an auch der Deutſche ſie wieder in ſeine Luſtgaͤrten nahm. So war nun der deutſche Garten aus den Gaͤrten vieler Nationen zuſammengeſetzt. Von den Italienern und Franzoſen hatte er das Architektoniſche in den Verzierungen, die ungeheuren gruͤnen Waͤnde und Gaͤnge, die dem Auge oft die ſchoͤnſten Ausſichten entzie - hen, die architektoniſche Regelmaͤßigkeit, die einfoͤrmigen Alleen, die Gaͤnge nach geometri - ſchen Zeichnungen, die Labyrinthe, Cabinette, die ſymmetriſchen Blumenbeete. Daher ſpitzten ſich ſo viele Taxuspyramiden und Saͤu - len, die nicht nur durch ihre Wurzeln den um - ſtehenden Gewaͤchſen und Baͤumen ſchaden, indem ſie das Land ausſaugen und ihnen die Nahrung entziehen, ſondern ſogar, wie man neuerlich in Frankreich bemerkt hat, durch ih - ren Schatten oder vielmehr Ausduͤnſtung ſchaden. Die Hollaͤnder gaben uns den ſchim - mernden Putz und chineſiſche Taͤndeleyen, die ſpieleriſchen Zierarten der Conchylien und Grottenwerke, die bunten Statuͤen, die unna - tuͤrlichen Bildwerke von immergruͤnenden Baͤumen, wobey ſie zugleich meiſt ihre Gaͤr - ten uͤberladen; vorzuͤglich aber auch die ver - ſchwendende Pracht mit Blumen des entfern - teſten Himmels und fremder Welten. Son -derlich63derlich breitete ſich die Tulipomanie, die in Holland den Liebhaber zu der Rabatte hin - beugte, und in den Jahren 1634 bis 37 in Holland am ſtaͤrkſten war, auch bey uns aus. Eben ſo verſchwenderiſch wurde man in Hya - cinthen, Nelken und Aurikelfluren.

Es finden ſich in dieſem Jahrhunderte ver - ſchiedene Gaͤrten von Ruhm. Um das J. 1626 gehoͤrte zu Augſpurg der Johann Caſpar Remboldiſche Garten unter die ſchoͤnſten; ſo war auch der Weiſiſche und Huberiſche in An - ſehen, nicht weniger der Stapeliſche, der ſon - derlich fuͤr die Pflanzenkunde mit beſtimmt war, und vielleicht einer der aͤltern botaniſchen Gaͤrten in Deutſchland iſt, ob ſchon nicht ſo alt als der, welchen Churfuͤrſt Auguſt 1580 zu Leipzig anlegte. Der Bertermanniſche war fuͤr Augſpurg eine beſondere Zierde durch ſeine Gartenhaͤuſer, Waſſerwerke, Gallerien, Bild - ſaͤulen, Grotten, Blumen und Malereyen. Man ſchaͤtzte, als er in der franzoͤſiſchbayeri - ſchen Belagerung verwuͤſtet wurde, den Scha - den auf 50000 Guldeng)S. Beſchreibung der durch die franz bayeriſchen Belagerung entſtandenen Schaͤden in Chroph Beſchreibung der Belagerung bey S. L. S. 97.. Ferner war nach dem coleriſchen Hausbuche vom J. 1680, 1 Theil im 6ten Buche p. 143, zu Leipzig beruͤhmt der Hans Rolliſche Garten, welchen Vale - rius Cordius angelegt hatte; eben ſo der Jo -hann64hann Kreichiſche zu Torgau, von Chriſtoph Leutſchern angelegt.

Im achtzehnten Jahrhunderte.

Dieſes war der Zuſtand der deutſchen Gaͤr - ten bis in das achtzehnte Jahrhundert, wo in England der große Gartenverbeſſerer Kent auftrat, die ſklaviſche Regelmaͤßigkeit und Ein - foͤrmigkeit verließ, und der Gartenkunſt ihre wahre Schoͤnheit gab. Er wendete die Grund - ſaͤtze der uͤbrigen ſchoͤnen Kuͤnſte auch auf die Gartenkunſt an, und erhob ſie dadurch zu ih - rer Wuͤrde, indem er ihr das Unſchickliche, Einfoͤrmige und Gezierte nahm, und ihre Re - geln nach einem ſichern Gefuͤhl des Schoͤnen und einer geſunden Urtheilskraft feſtſetzte. Doch das ausfuͤhrliche Syſtem des Kents, und die Veranlaſſung dazu, gehoͤrt in die oͤkonomiſche Geſchichte Britanniens, wo ich daſſelbe zeigen werde. In der deutſchen Gartengeſchichte duͤrfen wir nur unterſuchen, in wie weit Deutſchland von demſelben Gebrauch gemacht habe. Deutſchland hatte bisher Frankreich zu ſklaviſch verehrt, ſahe aber die geheime Tuͤcke deſſelben aus trauriger Erfahrung immer mehr ein; es kam durch das braunſchweigiſche Haus mit England in naͤhere Verbindung. Vor - zuͤglich aber die naͤhere Verwandſchaft des Charakters des Deutſchen und Englaͤnders, als die zwiſchen dem erſtern und dem Franzoſen, machte es, daß Deutſchland Galliens Gaͤr - ten nicht mehr ſo ehrte, ſondern der brittiſchenEr -65Erfindung mehr Beyfall gab. Und wenn dieſer nicht ſo allgemein in Ausuͤbung kam, ſo iſt keine andere Urſache, als daß der Reich - thum in Deutſchland mehr vertheilt, und nicht ſo an einem Orte und in deſſen Haͤuſern ge - haͤuft iſt. Daher haben bis jetzt groͤßtentheils nur fuͤrſtliche und graͤfliche Perſonen nach die - ſem engliſchen Geſchmacke Gaͤrten errichtet. Indeſſen fehlt es doch auch nicht an Privat - maͤnnern, welche davon Gebrauch machten, und ihn, wo nicht ganz in neuen Anlagen und ins Große ausfuͤhrten, doch dazu benutzten, daß ſie aus ihren Gaͤrten die vielen Kuͤnſte - leyen verdraͤngten, und die ſchoͤne Natur in ihre verlornen Rechte ſetzten. Der Haupt - charakter der brittiſchen Gaͤrten, oder der ſo - genannten Parks, iſt das Natuͤrliche und das Große. Sie ſind gleichſam Landſchaftsge - maͤlde im heroiſchen Stil. Eine Zuſammen - ſetzung von Gegenſtaͤnden, worinnen von der Natur und Kunſt alles entlehnt iſt, was ſie Großes haben: Berge, Felſen, hohe Wal - dungen, Waſſerfaͤlle, Fluͤſſe, kuͤhne Gebaͤu - de oder Ueberreſte davon, Grabmaͤler, Py - ramiden, Tempel. Doch huͤte man ſich, einen Park und einen Garten fuͤr eins zu halten, da ſie ſich durch ihre Groͤße und verſchiedene daraus entſtehende Verhaͤltniſſe merklich un - terſcheiden. Park iſt ein groͤßeres Landſchafts - gemaͤlde, Garten ein kleineres; oft waͤhlt man bey dem Garten nur gewiſſe einzelne TheileII. Theil. Eder66der Landſchaft, die man zu einem Ganzen von beſonderer Art vereiniget, und woraus durch den beſondern Endzweck eines jeden die verſchie - denen Arten von Gaͤrten entſtehen. Beyde koͤnnen zwar leicht nach einerley Grundſaͤtzen beurtheilet werden; nur muß man die Unter - ſchiede nicht vergeſſen, die eben aus dem Ver - haͤltniß der verſchiedenen Groͤße entſtehen, und daraus einzuſehen iſt, was ſich von den Grund - ſaͤtzen fuͤr das groͤßere Landſchaftsgemaͤlde, oder den Park, auf das kleinere, oder den eigentlichen Garten, und mit welcher Ein - ſchraͤnkung es ſich anwenden laſſe.

Der Herr von Muͤnchhauſen war einer der erſten[Deutſchen], die den Gartengeſchmack und die eigentliche Gartenkunſt auf gute Re - geln feſtſetzten. Er gruͤndet ſein Syſtem vor - zuͤglich auf den Nutzen, Zierlichkeit und auch auf die Vorſicht fuͤr die Zukunft. Er wider - ſetzt ſich dem alten Geſchmacke, wo man den Garten in ein regelmaͤßiges Viereck zu brin - gen ſuchte, in der Mitte einen breiten Haupt - gang anlegte, den ganzen Platz wagerecht ebnete, oder, wenn der Garten an Bergen lag, Abſaͤtze, Teraſſen und Stufen anlegte, und ſich bemuͤhete, den ganzen Garten in eine ſym - metriſche Figur zu bringen. Aber nicht weni - ger billigt er auch ganz den neuern der Englaͤn - der, welche ihn auf folgende Grundſaͤtze bauen: Die Natur wende die Symmetrie in großen Stuͤcken nicht an; eine unordentliche Einrich -tung67tung beluſtige uns im Felde mehr, als ein in lauter Vierecke durchaus getheilter Acker. Es iſt angenehmer, bald an eine Anhoͤhe, bald in eine Tiefe, bald auf eine lichte Flaͤche, bald in einen dunkeln Wald zu kommen, und ſich in ſchlangenweiſen Linien herauszuwinden, als viele geradlaufende und ſich regelmaͤßig kreu - zende Gaͤnge vor ſich ſehen, welche mit kuͤnſt - lich beſchornen Hecken und Baͤumen beſetzt waͤ - ren, die die Ausſicht von beyden Seiten ein - ſchraͤnkten. Er zeigt, wie auch ſie dabey oft ins Gekuͤnſtelte und Uebertriebene fallen; ſie be - ſcheeren ihre großen Raſenplaͤtze, und verwer - fen doch die beſchornen Hecken, fuͤhren mit ungeheuern Koſten alle Tempel der Gottheiten des Alterthums auf, ziehen kuͤnſtliche Schlan - gengraͤben, um Waſſer hineinzuleiten, dem die Natur einen geraden Lauf anwies, um Bruͤcken anzubringen, wo ſie nicht noͤthig waren, ver - weiſen alle Alleen, u. ſ. w. Und nachdem er die Fehler von beyden gezeigt hat, ſo giebt er in ein und zwanzig Regeln einige Anleitung zur Anlage eines Gartens. Er verwirft zu - foͤrderſt die Regelmaͤßigkeit, er ſiehet auf die Nutzbarkeit bey der Anlage; daher er den Kuͤ - chengarten ſehr ſchaͤtzt; er empfiehlt, die ganze umliegende Gegend in Anſehung der Ausſicht klug zu nuͤtzen, legt den Garten, ſo viel moͤg - lich, an Anhoͤhen, und ſiehet darauf, daß er ſelbſt einige Anhoͤhen erhalte; empfiehlt das Waſſer in dem Garten, heißt die Spaziergaͤn -E 2ge68ge dem Waſſer folgen, nicht aber dieſes den erſtern, ſchont die vorhandenen großen Baͤu - me, ſiehet auf ſchattigte Spaziergaͤnge, ſowohl in dem Garten als auch außerhalb demſelben ins Wilde und Freye; verwirft die zu breiten Gaͤnge, aber auch die zu ſchmalen, und giebt 8 Fuß fuͤr die kleinſte Breite und 20 fuͤr die groͤßte an. Er misbilliget die Ueberhaͤufung und Ueberladung des Platzes mit zu viel Ge - genſtaͤnden. Bey den Baumpflanzungen ſetzt er Regeln, die aus dem Wachsthum der Baͤu - me genommen ſind, pflanzt die am hoͤchſten wachſenden in die Mitte oder gegen Norden, von der Sonne ab, die niedrigſten an den Seiten herum, und vornehmlich an der Suͤdſeite; er empfiehlt die Mannichfaltigkeit und Ab - wechſelung mit fremden Stauden, die bey uns in freyer Luft dauern; verwirft den zu ſtarken Hang zu allzugroßen Orangerien, und zu Abaͤnderungen von Pflanzen; heißt den Plan ins Große entwerfen, aber dabey alle kleine vorkommende Umſtaͤnde zu Rathe ziehen, und vornehmlich uͤber den auslaͤndiſchen Pflan - zungen nicht die einheimiſchen, noch uͤber den wilden die nutzbaren vergeſſen.

Die Regeln des Hausvaters ſind kuͤrzlich folgende:

1. Binde dich an keine Regelmaͤßigkeit.

  • Es gruͤndet ſich dieſe auf die Empfindung, da wir einen ins Wilde angelegten Garten lieber ſehen,als69als einen mit regelmaͤßigen Quadraten und ge - radelaufenden Gaͤngen.

2. Mache einen Ueberſchlag, wie viel Raum zu Anziehung derer, in der Haushal - tung noͤthigen Kuͤchengewaͤchſe beyzubehalten noͤthig iſt.

3. Pruͤfe wohl, was vor natuͤrliche Vor - zuͤge dein zum Garten beſtimmter Platz hat.

  • Denn die groͤßte Kunſt iſt, angenehme Plaͤtze noch mehr auszuzieren, die haͤßlichen zu ver - bergen, und jeden Ort nach der Beſtimmung der Natur anzuwenden.

4. Unterſuche die ganze umliegende Ge - gend, wie du dir dieſelbe zu Nutze machen kannſt.

  • Man huͤte ſich daher, keine Gegend zu ver - bauen, die eine ſchoͤne Ausſicht giebt. Man ordnet Gebaͤude und Luſtwaͤlder in Gegenden, die man dem Geſichte entziehen will.

5. Suche den Garten ſo anzulegen, daß er Anhoͤhen enthaͤlt.

  • Denn hierdurch erhaͤlt er mehr Abwechſelung.

6. Erforſche den Erdboden zuvor durch - aus.

7. Suche alles zu habende Waſſer zu ſammlen und recht anzuwenden.

8. Die am Waſſer hergehenden Spazier - gaͤnge muͤſſen dem Waſſer folgen.

9. Haue ohne große Noth keinen vorhan - denen Baum weg.

E 310.
h)S. Theil 1. S. 217.
h)70

10. Bemuͤhe dich, ſchattigte Spaziergaͤn - ge anzulegen.

11. Suche auch außerhalb des Gartens ins Wilde Spaziergaͤnge anzubringen.

12. Mache die Gaͤnge nicht zu breit noch zu ſchmal.

13. Ueberhaͤufe und uͤberlade deinen Platz nicht mit gar zu vielen Veraͤnderungen.

14. In Pflanzungen ordne deine Baͤume ſo, daß die am hoͤchſten wachſenden in der Mit - te oder gegen Norden von der Sonne ab, die niedrigſten aber an den Seiten herum, und vornehmlich an der Suͤdſeite zu ſtehen kom - men.

15. Auslaͤndiſche fremde Stauden, wel - che jedoch bey uns in freyer Luft fortkommen, koͤnnen, wo ſie zu haben ſind, der Mannich - faltigkeit und Abwechſelung wegen, in Pflan - zungen zwiſchen durch geſetzt werden. Große Pflanzungen aber davon allein anzulegen, iſt nicht rathſam.

16. Zarte fremde Pflanzen gehoͤren nur fuͤr einen Herrn, der ſelbſt ein Kenner davon iſt, und ſich ihrer Wartung mit annimmt.

17. Eine große Orangerie iſt dem uͤbrigen Garten nachtheilig.

18. Man verfalle nicht auf den Einfall, daß man einen Vorzug in Beſitzung einer Menge von Abaͤnderungen und beſondern Ar - ten von Pflanzen ſuche.

19.71

19. Mache, ehe du etwas anlegeſt, deinen Plan erſt ins Große; ziehe aber alle kleine vorkommende Umſtaͤnde zu Rathe.

20. Suche, ſo viel moͤglich, das Ende des Gartens zu verbergen.

21. Ziehe zwar Werksverſtaͤndige zu Ra - the, bemuͤhe dich aber, die Einrichtung eines neu anzulegenden Gartens ſelber anzuordnen und anzugeben.

Zugleich thaten Deutſchlands Dichter und Weiſen einige Schritte, die erſtern durch ſchoͤ - ne Schilderungen von Gaͤrten. Vorzuͤglich gab Geßner, wie Hr. Hirſchfeld bemerkt, einen lehrreichen Wink, ich fuͤge noch hinzu den Dichter der Noachide, einige Gemaͤlde des Saͤn - gers des Meßias, den Herrn Kreisſteuerein - nehmer Weiſen in verſchiedenen Stellen, Zachariaͤ in einigen Malereyen in ſeinen Ta - geszeiten. Geßner zeichnet uns einen Gar - ten, da ſein Jaͤger Aeſchines dankbar den jun - gen Hirten Menalk in die Stadt zu kommen bittet, und ihm unter andern die Gaͤrten em - pfiehlt: Dort hat man auch, ſagt er, Baͤu - me und Blumen, dort hat ſie die Kunſt in gerade Gaͤnge gepflanzt, und in ſchoͤn geord - neten Beeten geſammelt. Dort hat man Quellen; Maͤnner und Nymphen von Mar - mor gießen ſie in große ma[r]morne Becken.

Allein Menalk, ein Freund der Natur, antwortet:E 4 Schoͤ -72 Schoͤner iſt der ungekuͤnſtelte ſchattige Hain mit ſeinen gekruͤmmten Gaͤngen, ſchoͤ - ner ſind die Wieſen mit tauſendfaͤltigen Blumen geſchmuͤckt; ich hab auch Blumen um die Huͤtte gepflanzt, Majoran, Lilien, Roſen; und, o wie ſchoͤn ſind die Quellen, wenn ſie aus Klippen ſprudeln, oder aus dem Gebuͤſche von Huͤgeln fallen, und dann durch blumige Wieſen ſich ſchlaͤngeln!

Nicht weniger getreu der Natur ſchildert der Dichter den laͤndlichen Garten, der mit zu dem Plane von Gluͤckſeligkeit gehoͤrte, die ſeine Muſe wuͤnſchte.

Hinten am Hauſe ſey mein geraͤumiger Garten, wo einfaͤltige Kunſt den angeneh - men Phantaſien der Natur mit gehorſa - mer Huͤlfe beyſteht, nicht aufruͤhriſch ſie zum dienſtbaren Stoff ſich macht, in gro - teſke Bilder ſie zu ſchaffen. Waͤnde von Nußſtrauch umzaͤunen ihn, und in jeder Ecke ſteht eine gruͤne Huͤtte von wilden Ro - ſen; dahin wuͤrd ich oft den Strahlen der Sonne entweichen, oder ſehen, wie der braue Gaͤrtner die Beete umgraͤbt, um ſchmackhafte Gartengewaͤchſe zu ſaͤen, oder ich haͤlf ihm die flatternden Gewaͤchſe an Staͤben aufbinden, oder der Roſenſtauden warten, und der zerſtreuten Nelken und Lilien. Außen am Garten muͤßt ein klarer Bach meine grasreiche Wieſe durchſchlaͤn - geln; er ſchlaͤngelte ſich dann durch denſchatti -73ſchattigen Hain fruchtbarer Baͤume von jungen zarten Staͤmmen durchmiſchet. Ich wuͤrde ihn in der Mitte zu einem kleinen Teich ſich ſammeln laſſen, und in des Tei - ches Mitte baute ich eine Laube auf eine klei - ne aufgeworfne Inſel. Zoͤge ſich dann noch ein kleiner Rebberg an der Seite in die offne Gegend hinaus, und ein kleines Feld mit winkenden Aehren, waͤre der reich - ſte Koͤnig dann gegen mich beneidenswerth? Was entzuͤckt mehr, als die ſchoͤne Natur, wenn ſie in harmoniſcher Unordnung ihre unendlich mannichfaltigen Schoͤnheiten umwindet? Zu kuͤhner Menſch, was unterwindeſt du dich, die Natur durch weit her nachahmende Kuͤnſte zu ſchmuͤcken? Baue Labyrinthe von gruͤnen Waͤnden, und laß den geſpitzten Taxus in abgemeſſener Weite emporſtehen; die Gaͤnge ſeyn reiner Sand, daß kein Geſtraͤuch den wandelnden Fußtritt verwirre. Mir gefaͤllt die laͤnd - liche Wieſe und der verwilderte Hayn; ih - re Mannichfaltigkeit und Verwirrung hat die Natur nach geheimern Regeln der Har - monie und der Schoͤnheit geordnet, die unſre Seele voll ſanften Entzuͤckens em - pfindet.

Die Schilderungen der uͤbrigen Dichter anzufuͤhren, waͤre hier zu weitlaͤuftig. Sulzer nahm die Gartenkunſt zuerſt unter die ſchoͤ - nen Kuͤnſte auf, da ſie vorher, wie ich obenE 5an -74angemerkt, laͤngſt unter den freyen Kuͤnſten war.

Auf dieſe folgte Herr Hirſchfeld zuerſt in ſeinem kleinern Werke, in den Anmerkun - gen uͤber die Landhaͤuſer und die Gartenkunſt, und auch in ſeiner Theorie der Gartenkunſt.

Er befiehlt dieſer Kunſt, den Grundſaͤtzen des Natuͤrlichen, des Schicklichen, des Man - nichfaltigen und des Lieblichen zu folgen, und alles, was dieſen zuwider iſt, aus ihren Werken zu entfernen. Die Gartenkunſt, eine Nachahmerinn der Natur, muͤſſe dieſe in ei - ner abgeſonderten Gegend im Kleinen verſchoͤ - nert nachbilden; er heißt alſo den Gartenkuͤnſt - ler die mannichfaltigen Gegenſtaͤnde, Bildun - gen und Farben der Natur bemerken, der Na - tur in ihren feyerlichſten und lieblichſten Ge - ſtalten nachſpuͤren, in der Wahl der Theile, in ihrer Anordnung, in der Vertheilung des Lichts und Schattens, in der Miſchung und Brechung der Farben lauſchen. Der Gar - ten muͤſſe nicht nur eben den ſtarken und dauer - haften Eindruck angenehmer Empfindungen nach ihren mannichfaltigen Modifikationen auf das Gemuͤth machen, welchen die Natur durch den Anblick einer reizenden Landſchaft macht, er muͤſſe auch, ſo viel moͤglich, die Em - pfindungen hoͤher treiben, vorzuͤglich auf das Eigenthuͤmliche des Orts ſehen. Der Eindruck des Angenehmen muͤſſe die Haptempfindung ſeyn, obgleich andere nicht ausgeſchloſſen ſind, damit nicht Ueberdruß aus der Einfoͤrmigkeitentſtehe.75entſtehe. Indeß nimmt er die Erregung an - nehmer Empfindungen als die eigentliche Be - ſtimmung der Gartenkunſt an, und erlaubt ihr die Empfindungen zuzugeſellen, welche ein - ſiedleriſche, melancholiſche, finſtere Gegenden erwecken; entfernt aber alles, was Furcht, Schrecken oder Grauſen erregt. Nur fuͤr große Gaͤrten beſtimmt er die Gegenſtaͤnde der Bewunderung und des Erſtaunens, jedoch mit kluger Wahl und ſparſam; fordert bey allen Scenen eine ſolche Anordnung, daß ſie die Bewegungen, die ſich der Hauptempfin - dung zugeſellen, allmaͤlig und im Fortgan - ge, nicht aber ploͤtzlich und auf einmal, erre - gen. Zur Erhaltung der Empfindung des Angenehmen fordert er Freyheit, Mannich - faltigkeit und Lieblichkeit; daher unterſagt er alle Verſperrung des Gartenplatzes, und ver - langt offene erfreuende Ausſichten in die Land - ſchaft umher, ſonderlich gegen Morgen und Abend, um die mannichfaltige Pracht der auf - und untergehenden Sonne nicht zu verlieren. Er ſucht die Graͤnzen des Gartens zu verſtecken, gebietet der Kunſt, allmaͤlig zuruͤck zu weichen, und dem Garten, ins freye Feld, Wieſe und ein Gehoͤlze zu verwildern, wodurch er nicht nur ein mehr natuͤrliches, ſondern auch ein großes Anſehen gewinnt. Er misbilliget die Genauig - keit und Regelmaͤßigkeit, und will ſie nicht einmal in kleinen Gaͤrten, wo ſie Home er -laubt,76laubti)S. Grundſaͤtze der Kritik, 3ter Theil, S. 363., zulaſſen, und er giebt dieſes als ei - nen Hauptunterſchied der Gartenkunſt von der Baukunſt an, daß jene Freyheit, und dieſe Symmetrie fordere, weil jene eine Nachah - merinn der Natur ſey. Er ſiehet es als eine der groͤßten Vollkommenheiten der Garten - kunſt an, je mehr ſie den Plan und die Anord - nung zu verbergen wiſſe. Nach ihm iſt Man - nichfaltigkeit eine Hauptregel fuͤr die Garten - kunſt, zumal da zum Theil aus ihr die Lieb - lichkeit entſpringe; daher misbilligt er, den Garten in einer weiten Ebene anzulegen. Er verlangt Anhoͤhen, Abſaͤtze, Vertiefungen, welche die Gegenſtaͤnde von verſchiedenen Ge - ſichtspunkten zeigen. Er fordert angenehme Schattirung, nicht zu viel Schatten, und eben ſo wenig zu viel Baͤume mit dunklem Lau - be nahe bey einander, weil ſie ein trauriges Anſehen geben. Er wuͤnſcht ein fließendes Waſſer. Er verlangt, daß die Anordnung der einzelnen Theile ein natuͤrliches Ganzes ausmache, und der Garten dadurch ein Werk der Kunſt von einem beſtimmten Eindruck wer - de. Er verlangt daher, daß der Eingang frey und anmuthig ſey, daß die Parthien, die am meiſten den Wirkungen des Ganzen eine be - ſtimmte Richtung geben, frey ſeyn, und ins Auge fallen; daher verwirft er die Verber - gung reicher Blumenfluren hinter Hecken undStraͤu -77Straͤuchern; daß man viel auf einmal, aber nicht alles, uͤberſehe. Er verwirft gerade Gaͤn - ge nicht ganz, nur verlangt er Abwechſelun - gen in der Ausſicht. Er beſtimmt die Lauben fuͤr die Kuͤhlung, Ruhe, und den erquicken - den Genuß ſchoͤner Ausſichten; zu den Hecken fordert et friſches und lebhaftes Gruͤn, nur wuͤnſcht er ſie nicht ſo ſehr kuͤnſtlich verſchnit - ten, viel weniger in barbariſche Figuren ver - unſtaltet, und eben ſo wenig zu hohe Hecken, weil ſie die Ausſicht hindern und traurig ma - chen. Er verwirft den Ueberfluß, den Pomp in Verzierungen und die Ueberladung. Er nimmt zur Grundregel fuͤr die Verzierungen an, daß ſie dem weſentlichen Charakter der Gaͤrten gemaͤß ſind, von eben der Sittſamkeit und der edlen Symplicitaͤt, die dem Haupt - werke eigen iſt, und dabey faͤhig ſeyn muͤſſen, die Wirkung des Ganzen durch anmuthige Nebenideen zu erhoͤhen, nicht aber den Ein - druck zu verwirren, wenn ſie widerſprechend und zu haͤufig ſind.

Hieraus beurtheilt er den Werth der Grot - ten, Gitterwerke, Statuͤen. Daher verwirft er Triumphbogen, Obeliſken, Vaſen, Urnen, weil ſie nicht mit der Beſtimmung und der ed - len Symplicitaͤt des Gartens uͤbereinſtimmen. Große Gebaͤude erlaubt er nur in großen weit - ausgedehnten Gaͤrten; jedoch mit Ruͤckſicht auf die Landesſitten, damit nicht auslaͤndiſche Bauarten darinnen erſcheinen. Bey denWaſſer -78Waſſerverzierungen findet er Waſſerfaͤlle beſ - ſer, als ſteigende Waſſerſaͤulen; wenn ſie aber ja den Wechſel mehren ſollen, ſo muͤſſe nur die Natur und die Vernunft dabey nicht vergeſſen werden. Er erlaubt die Labyrinthe und Irrgaͤrten, auch Bruͤcken, vornehmlich in groͤßern Gaͤrten zur Verbindung gewiſſer Theile. Dieſes iſt in Kurzem das Syſtem des Hrn. Hirſchfeld, das er theils aus fremden, theils eigenen Grundſaͤtzen zuſammenwebte, und das man eine Metaphyſik der Gartenkunſt nennen koͤnnte.

Man bemuͤhet ſich nun auch in deutſchen Gaͤrten die aͤngſtlich ſtudierte Genauigkeit, die aus Mangel der Freyheit und Mannichfaltig - keit entſtehende Ermuͤdung zu vermeiden. Man ſucht durch unverſchloſſene und ſchoͤne Ausſichten Abwechſelung der Auftritte und Theile, und eine gewiſſe nicht ganz zuͤgelloſe Wildniß, und uͤberhaupt durch das, durch die beſcheidene Kunſt verſchoͤnerte Natuͤrliche, den aͤchten Geſchmack in die deutſchen Gaͤrten einzufuͤhren. Daher haben wir jetzt in Deutſchland faſt drey Arten Gaͤrten zu un - terſcheiden. Einige haben wirkliche Parks an - gelegt; andere haben in ihren entweder eige - nen oder nur aus verſchiedenen Originalen zu - ſammengeſetzten Plan engliſche Gartengrund - ſaͤtze eingewebt, und nach dieſen ihre Gaͤrten angelegt, erweitert oder umgeſchaffen; noch an - dere haben einen ganz eigenen deutſchen Origi -nal -79nalgarten erwaͤhlt. Die Beyſpiele, die ich an - fuͤhre, werden die Erlaͤuterungen zu den drey Arten von Gaͤrten im allgemeinen Verſtande ſeyn. Der eigentlichen Parks ſind wenig; der zu Woͤrlitz, der ſein Daſeyn einem ge - ſchmackvollen und in vieler andern Ruͤckſicht verehrungswuͤrdigen Fuͤrſten verdankt, iſt un - ſtreitig einer der erſten, und vielleicht bis jetzt der einzige in ſeiner Art. Es waͤre zu wuͤn - ſchen, daß dieſes vortreffliche Werk durch ei - ne Beſchreibung bekannter und gemeinnuͤtzi - ger wuͤrde.

Ich will hier nur eine kleine Nachricht ei - nes Reiſenden beyfuͤgen, welche doch einige Idee von dem Ganzen giebt. Der Schloß - garten iſt voͤllig nach engliſchem Geſchmack auf Inſeln, welche Arme der Elbe machen, ange - legt. Man faͤhrt ſich von einer Inſel zur an - dern auf kleinen Faͤhren heruͤber, welche durch eine Walze, an der ein Strick herumlaͤuft, wel - cher an beyden Seiten des Ufers befeſtigt iſt, regiert werden. Vorne an der linken Seite dieſes Gartens iſt eine Faſanerie angelegt, in welcher Gold - und Silberfaſanen gezogen wer - den, welche der Fuͤrſt aus England bekom - men. Die Anlagen verſchiedener Spazier - gaͤnge ſtellen in der anmuthigſten Abwechſe - lung uͤberraſchende Schoͤnheiten dar. Der Grottengang, der unterirdiſche Gang und die gothiſche Kirche, welche zugleich eine Meierey und die Wohnung des Gaͤrtners iſt, gehoͤrenhierher.80hierher. Auch ſelbſt die in dieſer Gegend ſte - henden Heuſenken geben einen guten Anblick, und dienen zugleich, wenn das Futter fuͤr das Vieh rar wird, daß es nicht Mangel daran leide. Es wird alsdenn taͤglich rundherum ſo viel von dieſem Haufen abgeſchnitten, als noͤthig iſt. Dieſe Einrichtung iſt nach Art der engliſchen Landwirthſchaft geordnet.

Das Nymphaͤum, welches jenſeits des Waſſers dem Schloſſe gegen uͤber liegt, ver - dient vorzuͤglich bemerkt zu werden. Es ſteht in ſelbigem die Statuͤe einer Venus. An den Seiten dieſes Gebaͤudes ragen Feldſtuͤcke und Tangerbuͤſche hervor, welches einen leb - haften Contraft verurſacht. Von hier ge - langt man durch ſchlaͤngelnde Gaͤnge auf eine Anhoͤhe, unter welcher das Nymphaͤum herein gebaut iſt. Dieſes iſt eine wahre romantiſche Gegend, wie ſie irgend ein Dichter ſchaffen konnte. An dem einen aͤußern Theil des Gar - tens ſteht ein kleiner runder Tempel, deſſen Ausſicht ebenfalls ſehr anmuthig iſt; ſonſt hat in ſelbigem eine Venus geſtanden, welche aber der Sturm vom Jahre 1777 umſtuͤrzte.

Die Inſel, welche an der noͤrdlichen Sei - te des Gartens liegt, ziert eine Urne mit Pap - peln umpflanzt, welche dem Andenken des großen Schweizers J. J. Rouſſeau gewidmet iſt; an dem Poſtamente derſelben lieſt man folgende Inſchrift:

Dem81

Dem Andenken J. J. Rouſſeau Buͤrgers zu Genf, der die Witzlinge zum geſunden Verſtande, die Wolluͤſtigen zum wahren Genuß, die irrende Kunſt zur Einfalt der Natur, die Zweifler zum Troſt der Offenbarung, mit maͤnnlicher Beredſamkeit zuruͤckwies. Er ſtarb den 2ten Julii 1778.

Eine halbe Stunde von Woͤrlitz liegt der Dreheberg, wo das Mauſolaͤum des Fuͤrſten und der Fuͤrſtinn angelegt iſt, wo jaͤhrlich am 24 September, dem Geburtstage der Fuͤrſtinn, das ſogenannte Hutrennen, welches nach Art des Roſenfeſts zu Salency eingerichtet zu ſeyn ſcheint, gehalten wirdk)Litteratur - und Theaterzeitung, v. J. 1780. N. XLV. S. 711. 712..

Es gehoͤrt ferner hierher der Park Heeſchen - berg im Holſteiniſchen, welchen H. Hirſchfeldl)Theil 2. p. 137. in der Theorie der Gartenkunſt beſchrieben. Er iſt an dem Heeſchenberge auf dem adlichen Gute Schirenſee angelegt; die Hauptidee iſt Ruhe und laͤndliche Erfriſchung.

Ein aͤhnlicher Luſtort iſt Sielbeck, unweit Eutin im Herzogthum Holſtein, welchen im J. 1776 der Hr. Willgaard anlegte, den auchHerrII. Theil. F82Herr Hirſchfeld beſchriebenm)Theil 2. l. c. S. 151.; der Hauptcha - rakter deſſelben iſt Anmuth.

Aſchberg iſt einer der anmuthigſten Plaͤtze in Holſtein, der mehr der Natur und dem Ploͤnerſee, als der Kunſt, ſeine Schoͤnheit zu danken hat. Er iſt ebenfalls in der Theorie dem Auslaͤnder durch eine Beſchreibung be - kannt gemachtn)Theil 1. S. 75..

Es gehoͤren unter die hier zu bemerkenden Gegenden auch die beruͤhmte Eremitage zu Sanspareil, in dem Badenſchen, eine Ge - gend, die wegen der hohen Schoͤnheiten, wel - che die Natur daſelbſt ausſtreute, faſt die ein - zige in ihrer Art iſt, und wovon Thomas Koͤppel den Proſpect geſtocheno)S. Meuſels Miſcell. Artiſtiſchen Inhalts, von 1780. 3ter Heft. S. 50..

Wollte man die kuͤnſtlichen Luſtwaͤlder, die ſich in verſchiedenen Gegenden Deutſch - lands, z. B. zu Wien, Berlin und Leip - zig, und die anſehnlichen Pflanzungen nord - amerikaniſcher Baͤume und Gewaͤchſe, der - gleichen zu Harpke ſind, mit den Parks vergleichen; ſo wuͤrde Deutſchland vielleicht mehrere aufzuweiſen haben. Die kleinen Luſt - waͤlder von dieſer Art koͤnnen wir hierzu nicht rechnen, ob es gleich immer ruͤhmlich iſt, wenn vermoͤgende Beſitzer hierdurch ihre Gaͤrtenver -83verſchoͤnern, und die Mannichfaltigkeit der Na - tur bekannter machen.

Fuͤr die Schoͤnheit des Roſenthals bey Leipzig kann man das Zeugniß vieler rei - ſenden Auslaͤnder anfuͤhren. Britten, Fran - zoſen und Italiener beſtaͤtigen ſie. Daher ſagt Hr. Prof. Clodius im zweyten Theile ſeiner Schriften: Der einzige Roſenthal, mit aller Einfalt der Natur, uͤbertrifft, nach dem Ge - ſtaͤndniſſe eingeborner Italiener und Englaͤn - der, (irre ich nicht, ſo war ſelbſt Niebuhr, der Betrachter des Sinai, und der brittiſche gefuͤhlvolle Maler des Aetna dieſer Meynung,) die Parks, darauf ſo viele Nationen ſtolz ſind, und die Milton, Pope und Addiſon ſchilderten. Das groͤßte Verdienſt hat um daſſelbe die Natur, aber ſie iſt auch hier wild - groß, und wer wagt es, ſie durch die Kunſt in dieſer Groͤße zu erreichen? Verſchlungene Gaͤnge uͤberraſchen mit neuen Anblicken und Ausſichten; ehrwuͤrdige Eichen, uͤber welche Jahrhunderte hinſtuͤrmten, woͤlben ſich uͤber ihnen. Bald oͤffnet ſich die Ausſicht zum wil - den Huͤgel, bald zur gruͤnenden Wieſe, bald zur ſtillen Pleiſſe, die zwiſchen buſchichten Ufern ſchleicht, bald erſcheint ein kleines Sanscou - cip)Das Herrſchaftliche Haus in Gohlis ſoll eine Nachahmung von dieſem Luſtſchloſſe ſeyn.; Ausſicht wechſelt mit Ausſicht, und fuͤhrt den Blick zu einer großen RundungF 2von84von Wieſen. Von hieraus iſt der Proſpect am ſchoͤnſten. Von allen Seiten fuͤhren Al - leen zu demſelben, deren Baͤume ſich mit den hohen Wipfeln in der Luft verbreiten, und daͤmmernde Schatten in ihren Reihen ſam - meln. Zwiſchen ihnen ſind offene Plaͤtze, ein - zelne Baͤume, Gruppen und Haufen, hinter welchen mit ſtolzen Thuͤrmen Leipzig empor ſteigt.

Der engliſchen deutſchen Gaͤrten ſind mehrere; es gehoͤrt hierher der zu Marien - werther und zu Schwetzingen, und die zu Gotha, zu Carlsruhe, zu Diſkau bey Hal - le. Andere, die man Nationalgaͤrten, aber nach den neuen Grundſaͤtzen, nennen koͤnnte, ſind mehrere. Wie viele ſind nicht in Sach - ſen, theils zu Dresden und Leipzig, theils auch auf den Landſitzen des ſaͤchſiſchen Adels, zu Lichtewalde, Oderwitſch u. ſ. w.

Es gehoͤren hierher ferner einige Gaͤrten um Darmſtadt, welche Herr Hirſchfeld in ſeinem angefuͤhrten Werke beſchreibtq)l. c. 2ter Theil S. 157.. Er bemerkt daſelbſt der neu angelegten Gaͤrten des Praͤſidenten Freyherrn von Moſer, des H. Oberjaͤgermeiſters B. von Riedeſel; den in Darmſtadt ſelbſt zu einem Garten in naivem Geſchmack umgeſchaffenen Kuͤchengarten, in der Nachbarſchafft des Grabes jener from - men Landgraͤfinn. Man ſtoͤßt daſelbſt bald aufge -85geſchmuͤckte Raſenſtuͤcke, bald auf freyere Wie - ſen, auf Plaͤtze mit allerley Raſen beſetzt, auf Gruppen von Linden und Weiden, auch Al - leen. Der Botaniker findet hier Ueberfluß, indem weit uͤber dreyhundert Arten der ſelten - ſten nordamerikaniſchen Straͤucher und Ge - waͤchſe hier gezogen, und durch den Handel vertrieben werdenr)l. c. S. 159 und 160. Th. 2..

Verſchiedene ſind auch in dem Branden - burgiſchen angelegt. Es verdient hier eine Erwaͤhnung der Garten Monchoix, der dem Grafen von Kolofkin gehoͤrt, welcher in ganz neuem und eigenem Geſchmack iſt, und den uns Herr Bernoulli in ſeinen Reiſen be - ſchreibt.

Hinter dem Hauſe, welches gegen den Garten einen ſtarken Vorſprung mit 5 Glas - thuͤren und einen Auftritt (Perron) hat, er - ſtreckt ſich auf 300 Schritte ein Raſenplatz, der im Anfange eine Breite von 80 Schritten hat, aber etwas ſpitzig und unregelmaͤßig zu - laͤuft, und fuͤr das Auge, vermittelſt einer breiten Allee, durch den hinter dem Garten an einer Anhoͤhe liegenden Tannen - und Birken - wald fortgeſetzt wird. Auf beyden Seiten dieſes Raſenplatzes laufen eine Menge ſchma - le, ſchatticht bedeckte krumme Gaͤnge von Ha - ſelſtauden und Birkenbaͤumchen, welche vorF 3dem86dem in dieſer Gegend haͤufig herrſchenden Win - de und vor der Sonne ſichern, und den an - muthigſten Spaziergang abgeben; es ſind der - gleichen auch ſonſt noch hin und wieder in dem Garten. Man ſiehet alſo von der Mitte des Hauſes keine Hauptallee in demſelben; indeſ - ſen hat er gleichwohl 4 große Lindenalleen, und zwar alle vier auf der linken Seite des Ra - ſenplatzes. In den Zwiſchenraͤumen dieſer Alleen herrſcht eine ohnmoͤglich zu beſchreibende angenehme Abwechſelung. Sie beſtehen zum Theil aus Kohl - und Baumgaͤrten, und zu den bloß fuͤr die Anmuth dienenden Theilen rechne ich ein kleines Holz, zwar nur von Tannenbaͤum - chen, darinn aber artige mit Baͤnken beſetzte Gaͤnge durchgehauen ſind. Ein noch ange - nehmerer Theil des Gartens liegt zur Linken der laͤngſten Hauptallee, an einem Abhange gegen dem See zu, und enthaͤlt viele Bosquete, Buchenhecken, kleine ſchmale geſchlaͤngelte Al - leen, ein paar Blumenparterre, Raſenbaͤnke u. ſ. w., und endigt ſich an einem ſchmalen Wege, der vom Anfange des Gartens bis ans Ende laͤngs dem See geht.

Eben ſo merkwuͤrdig iſt der Garten des Grafen von Bork zu Stargard. Zuerſt iſt ein Parterre von mittelmaͤßiger Groͤße, in Form einer Rennbahn der Alten, mit einem leichten und doch hohen Bogengange von Ta - rusbaͤumen, und jenſeits des Raums fuͤr dieSpa -87Spaziergaͤnger mit hohen und dichten Baͤu - men und Buͤſchen umgeben. Von der Spitze dieſes Amphitheaters geht eine ſchmale gerade Allee aus, die ſich an einem gruͤnen Sallon endiget, in welchem zum Geſichtspuncte der Allee ein Grabmal ſtehet. Auf beyden Sei - ten des Parterre und der gedachten Allee ſind ſchoͤne Parthien, breite und ſchmale bedeckte und unbedeckte Alleen, Boſquete, kleine gruͤ - ne Saͤulen, Tempel, Raſenplaͤtze, Kuͤchen - gaͤrten. Die erſtgedachte Allee geht hinter dem Denkmal noch etwa 100 Schritte gerade aus. Allein auf beyden Seiten iſt eine Menge krumm - laufende Gaͤnge, die mit Teichen, Eremi - tagen, Inſeln und ſchoͤnen Ausſichten nach dem Felde zu abwechſeln. Durch dieſe Wild - niß durchgeleitet, iſt man unverſehens auf ei - ner mit einem kleinen Bach umſchloſſenen In - ſel, wo man eine ſtille Ausſicht nach den mit Waldungen und einigen Haͤuſern gekroͤnten Feldern hat. Sie heißt die Profeſſorinſel, weil ſie Sulzer anlegte. Ich habe dieſe Gaͤr - ten nicht ohne Urſache gewaͤhlt, weil ſie ſich den Regeln des guten und gelaͤuterten Garten - geſchmacks nahen, ohne auf die ausſchweifeu - den Neuerungen der Englaͤnder zu verfallen; und vornehmlich, weil ſie die Schoͤnheiten des Kohl - und Kuͤchengartens zur Verſchoͤnerung des Gartens uͤberhaupt, und zur Erregung der Mannichfaltigkeit anwenden.

F 4Uebri -88

Uebrigens iſt die Gartenkunſt ſelbſt in Deutſchland noch in den Haͤnden der Mathe - matiker, und der gelernten ſogenannten Kunſt - gaͤrtner, welche man von den empiriſchen Gaͤrtnern, die bloß mit dem Oekonomiſchen des Gartenbaues ſich beſchaͤftigen, unterſchei - det. Man hat, ſo viel ich weiß, noch keine beſondere Unterrichtsanſtalten fuͤr die Garten - kunſt beſtimmt. Sie wird in den großen fuͤrſtlichen und graͤflichen Gaͤrten erlernt, und von den Gaͤrtnern und Geſellen ausgeuͤbt, wel - che letztern auch reiſen. Nur die in ſolchen Gaͤrten unterrichteten werden ſo viel ich weiß, als wirkliche Kunſtgaͤrtner anerkannt. Eine vorzuͤgliche Schule von Gartenkuͤnſtlern iſt Berlin, Dresden, Wien und einige andere deutſche Reſidenzſtaͤdte. In dem Wuͤrten - bergiſchen war die jetzige Militaͤrakademie zu Stuttgard, ihrer erſten Anlage nach, zu einer Pflanzſchule fuͤr Kunſtgaͤrtner beſtimmts)S. deutſch. Muſ. Wonnemond 1781. p. 430. ; dieſes war alſo die einzige, wenigſtens mir bis jetzt bekannt gewordene, aber doch nicht zur Ausfuͤhrung gekommene Anſtalt fuͤr die Gartenkunſt. Nur das verdient noch als ei - ne Anſtalt fuͤr den Gartenbau bemerkt zu wer - den, daß die Landwirthſchaftsgeſellſchaft zu Hannover ſich ſonderlich mit dem Gartenbau, deſſen Erweiterung und Befoͤrderung beſchaͤf - tiget.

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Von den botaniſchen Gaͤrten habe ich hier und da ſchon verſchiedenes erwaͤhnt, und oben den vielleicht in Deutſchland aͤlteſten, den der große Churfuͤrſt Auguſt zu Leipzig anlegte, angefuͤhrt. Noch muß ich der oͤkonomiſchen Gaͤrten gedenken, wie ſie vornehmlich Herr D. Schreber vorſchlug. Als eine Beſtim - mung des Endzwecks eines ſolchen Gartens und Regeln fuͤr ſeine Anlage, laͤßt ſich folgen - des anſehen. Er ſey einfach, nicht ſo durch Kunſt zuſammengeſetzt, welches Arbeit und Zeit, die auf die oͤkonomiſchen Verſuche ge - wendet werden koͤnnen, wegnimmt. Er ſey nicht mit Hecken uͤberladen, zumal von Buxus oder auch Taxus, weil dieſe das Land auszeh - ren und hier unzweckmaͤßig ſind; alles muß hier lehrreich und nutzbar zu ſeiner Erhaltung ſeyn. Man faſſe daher die Quartiere mit oͤkonomi - ſchen Kraͤutern ein, z. E. mit Luzern, Es - parcette, Raigras mit Waid, Thimian. Um Platz zu gewinnen, mache man die Quartiere ins Viereck, nicht in Triangel. Man ſuche darinnen allerhand auslaͤndiſche Baͤume und Straͤucher einheimiſch zu machen; den Ge - waͤchſen, die Schatten lieben, gebe man denſel - bigen durch Baͤume oder auch Obſthecken. Man muß darinnen allerley Arten Erdreichs haben, weil man ſo vielerley Fruͤchte und Pflanzen bauen muß. Doch kann man nach Hauptquartieren ihn abtheilen und bauen, z. B. in dem einen nur Getreide, im andern Fut -F 5ter -90terkraͤuter, im dritten Faͤrbekraͤuter, im vier - ten fremde Geſtraͤuche und Holzarten. Grot - ten und andre Gartenverzierungen koͤnnen die Mooſe enthalten, und ſo uͤberall Unter - richt, Nutzbarkeit und Kunſt verbunden ſeyn. Der Endzweck eines ſolchen Gartens iſt, durch oͤkonomiſche Verſuche die Grundſaͤtze der Oekonomie zu erlaͤutern oder zu beſtaͤtigen; fremde Pflanzen zu erziehen und einheimiſch zu machen; und dem, der Unterricht verlangt, hier gleich den ganzen Pflanzenbau nach oͤko - nomiſchen und richtigen Grundſaͤtzen ausuͤbend zu zeigen.

Wir haben dergleichen, ſo viel ich jetzt weiß, zu Goͤttingen bey der Univerſitaͤt, in Breslau bey der patriotiſchen Geſellſchaft der Staͤnde, zu Lautern oder vielmehr dem zu Verſuchen beſtimmten und dazu gehoͤrigen Gute, und zu Wien, da er ſeit einigen Jahren bey der kaiſerl. koͤnigl. Thereſianiſchen Akade - mie angelegt worden. Er iſt in verſchiedene Plaͤtze nach einer ſyſtematiſchen Ordnung ver - theilt. Auf dem erſten Platze werden die verſchie - denen Gattungen des Duͤngers, wie auch die fruchtbaren oder unfruchtbaren Erdarten der Jugend gezeigt. Unter den unfruchtbaren Arten des Erdbodens ſtehen in ihrer Ordnung die Ar - ten des Sandes, des Grieſes, des Thons, des Maͤrgels, der Kreide, des Schuttes und des Felſen. Dieſe, obſchon in Anſehung der menſch - lichen Nahrung unfruchtbaren Erdarten er -naͤhren91naͤhren doch eine nicht geringe Anzahl verſchie - dener Gewaͤchſe, welche auch, hieher verſetzt, ſehr wohl fortkommen. Der zweyte Platz iſt wieder in zwey andere abgetheilt. Der ei - ne enthaͤlt alle Ackerfruͤchte, als: die verſchie - denen Gattungen des Weizens, des Korns, des Habers; kurz, alles, was einen mit dem Pfluge zu bearbeitenden Boden erfordert. In dem zweyten ſtehen alle bekannte Gartenpflan - zen, die der Menſch zu ſeiner Nahrung an - wendet. Auf dem dritten Platze, ſtehen alle Feld -, Wieſen - und Waſſerpflanzen, zum Futter und zur Arzeney fuͤr das Vieh. Auf dem vierten Platze, die Pflanzen, welche zur Faͤrberey angewendet werden. Die Blumen, zur Zierde der Gaͤrten. Kleinſtaͤmmige und hochſtaͤmmige Obſtbaͤume aller Arten. Pfropf - und Oculierſchule. Weingarten. Hopfen - garten. Wilde und zahme Baͤume, welche zum Brennholze, zum Gebrauche des Schreiners, des Drechslers, des Zimmermanns und an - derer Handwerke beſtimmt ſind.

Die Abhandlungen, welche bey jedem Platze inſonderheit vorgenommen werden, ſind fol - gende. Der erſte Platz enthaͤlt die Pflanzen, aus denen man mit der Zeit eine ganz gute und fruchtbare Erde, oder wenigſtens eine Verbeſ - ſerung derſelben zu hoffen hat. Die auf einer Tafel befindliche Inſchrift: Generant et foe - cundant, zeiget an, was dieſe Pflanzen ver -moͤgen.92moͤgen. Die Unterweiſungen, welche hier vorgenommen werden, handeln: 1) von ver - ſchiedenen Miſchungen einer Erdart mit der andern, um die Fruchtbarkeit zu vermehren; 2) von der Beſchaffenheit, Wirkung und Verſchiedenheit des Duͤngers; 3) von den oͤftern Beſtellungen des Feldes durch den Pflug, anſtatt des Duͤngers; 4) von Ver - gleichung der Wirkungen des Duͤngers mit den Wirkungen des Pfluges; 5) von der Art und Weiſe, durch verſchiedene Pflanzen zu duͤngen, oder, vermittelſt der Abwechſelung der Faͤulniß und des Wachsthums der naͤmli - chen Gattung von Pflanzen, einen oͤden und unfruchtbaren Boden, wenigſtens nach Ver - lauf einiger Jahre, mit guter Erde zu belegen; 6) von dem Gebrauche eines unfruchtbaren Erdbodens vermittelſt derer Pflanzen, die noch auf demſelben fortkommen, und mit welchem Vortheile dieſelben in der Viehzucht, oder zur Faͤrberey, oder ſonſt angewendet werden koͤn - nen. Der zweyte Platz, welcher die Pflan - zen, die den Menſchen naͤhren und kleiden, enthaͤlt, hat zur Inſchrift: Nutriunt et te - gunt hominem. Der dritte Platz, welcher mit Kraͤutern und Pflanzen, die eigentlich zur Wirthſchaft gehoͤren, beſtellt iſt, hat die Inſchrift: Alunt er ſanant pecora. Der mit Faͤrbekraͤutern bewachſene vierte Platz: Tingunt textilia. Der mit wilden und ein -heimi -93heimiſchen Baͤumen beſetzte: Torno, Dola - brae, Aſciae, Focot)S. Kaiſerl. Koͤnigl. privilegirte Realzeitung der Wiſſenſchaften, Kuͤnſte und Commerzien. Wien 1775. 8. S. 536..

Was den eigentlichen oder oͤkonomiſchen Gartenbau betrifft, der ſich nicht mit dem Ge - ſchmack in der Anlage, ſondern mit Erzie - lung der Pflanzen, Gewaͤchſe, Blumen, Fruͤchte und Kuͤchenkraͤuter beſchaͤftiget, ſo haͤtte man es in Deutſchland eher zu einer weit groͤßern Vollkommenheit bringen koͤnnen, wenn man auf die Schriften eines Quintinie und Bradley aufmerkſamer geweſen, und die - ſelben eher als andere Werke der Auslaͤnder uͤberſetzt und ſtudirt haͤtte. Der Erſtere, ein Franzos, ſteuerte ſonderlich dem Aberglauben, und Bradley brachte mehr Grundſaͤtze, die auf ſorgfaͤltiger Beobachtung, zuverlaͤßiger Erfahrung, und phyſichen Gruͤnden beruhe - ten, in den Gartenbau. Allein die Schriften beyder Maͤnner ſind, ſo viel ich weiß, nie ins Deutſche uͤberſetzt worden, obgleich der erſtere ſchon im vorigen Jahrhunderte zu Ende, der letztere aber zu Anfange des itzigen ſchrieb. Vieles trugen auch zur Verbeſſerung des Gar - tenbaues bey, die ausgebreitetern Kenntniſ - ſe der Botanik, und das Licht, welches Hales in ſeiner Statik der Gewaͤchſe uͤber denſel - ben verbreitete, indem ihn doch die Kennerlaſen,94laſen, und endlich auch der Kanzler Wolf zu Halle uͤberſetzte. Man lernte die Natur und das Wachsthum der Gewaͤchſe naͤher kennen. Auch die Niederlaͤnder haͤtten uns lehrreich werden koͤnnen, wenn nicht gewiſſe Vorurthei - le von Clima und deſſen zu maͤchtigem Ein - fluſſe hierinnen hinderlich geweſen. Man rech - nete zu viel auf den Boden und den Himmels - ſtrich, und vergaß, daß die Cultur oft beyde beſiege. Eine große Hinderniß war auch, daß man das zwiefache Pflanzengeſchlecht des Lin - nees noch nicht kannte, und, ſelbſt da er es be - kannt machte, die mehreſten es als eine uner - wieſene Hypotheſe anſahen, und den Einfluß des Geſchlechts der Pflanzen auf die Ausar - tung derſelben faſt von keinem angenommen wurde, als von ſeinen Schuͤlern, oder von denen, die genau mit ſeinem Syſtem bekannt waren. Selbſt Reichartu)im 1ſten Theile ſeines Land - und Gartenſatzes. war noch ein großer Gegner deſſelben, und hat es daher auch in ſeinen Schriften nicht gebraucht, und daher beruhet ſeine Anweiſung zur Erziehung der Saͤmereyen nicht auf richtigen Grundſaͤtzen, die auf das zwiefache Geſchlecht der Pflanzen gebauet waͤren. Noch im Jahre 1774 ſchrieb er in dem Anhange zum ſechſten Theile ſeines Land - und Gartenſchatzesv)Er erſchien 1774 zu Erfurt auf Bogen in 8 unter dem Titel: Gedanken und Erfahrungen eine foͤrmliche Wi -der -95derlegung deſſelben, worinnen er aber den Staub, der auf den Blaͤttern gewiſſer Blumen, z. B. der Aurikel, oder auf einigen Fruͤchten, z. B. den Pflaumen, liegt, mit jenem befruch - tenden Bluͤthenſtaub verwechſelt. Aus Man - gel dieſer Kenntniſſe, die ſo viel auf den Pflanzenbau ſelbſt wirken, nahm man viele irrige Grundſaͤtze an; ſo gab man damals drey Urſachen von der Ausartung der Pflanzen an, da doch unſere Zeiten nunmehr die wahren ge - nauer gezeigt haben. Man leitete die Aus - artung theils daher, wenn keine aͤchten Pflan - zen zur Saamenerziehung genommen worden, welches auch allerdings gegruͤndet, allein im - mer noch nicht die Haupturſache iſt. Außer dieſer hatte man noch zwey andere, die durch Erfahrungen und Theorie als ungegruͤndete erwieſen ſind, naͤmlich das Clima und den Grund und Boden. Denn die beyden letztern koͤnnen unmoͤglich die Natur der Pflanzen aͤn - dern, ob ſie ſchon verurſachen koͤnnen, daß die Pflanzen in ihrer Art kleiner oder groͤßer und im Geſchmacke angenehmer oder unange - nehmer, und ſie ſelbſt von laͤngerer oder kuͤr - zerer Dauer ſind.

Des Ritters Linné in einer fuͤr die Gaͤrt - ner fremden Sprache, ich meyne, der lateini - ſchen, geſchriebenes Syſtem, die darinnen ent -halte -v)von dem Blumenſtaube, welcher die Gewaͤchſe und Kraͤuter befruchten ſoll.96haltene Theorie von dem zwiefachen Geſchlecht der Pflanzen, und der Einfluß derſelben auf den Pflanzenbau ſelbſt, wuͤrde vielleicht im Gartenbaue ſelbſt noch ſehr unbekannt ſeyn, wenn nicht die Botaniker durch Schriften in deutſcher Sprache es gemeinnuͤtziger gemacht haͤtten. Beſonders bemuͤhete ſich Hr. D. Koͤl - reuter zu Karlsruhe in ſeinen Nachrichten von einigen das Geſchlecht der Pflanzen betreffen - den Verſuchen und Beobachtungenx)Leipzig 1760 bis 66. gr. 8. 27 Bogen., den Ein - fluß dieſer Theorie auf den Gartenbau naͤ - her zu zeigen, und den Gartenbauern vorzule - gen. Seitdem iſt das, was vorher oft nur Geheimniß eines einzelnen Mannes war, faſt allgemein, und man befolgt in der Erziehung der Saͤmerey nun richtigere Grundſaͤtze.

Indeſſen, obgleich Reichart hierinnen noch fehlte, ſo macht er doch eine eben ſo wichtige Epoche in dem Gartenbaue, als in dem eigent - lichen Feldbaue. Er machte den beſten Ge - brauch von des Englaͤnder Millers Vorſchrif - ten, bauete ſein Syſtem auf Grundſaͤtze weit richtigere Erfahrungen, und verließ den Aberglauben, oder fuͤhrte in dieſem letzten Punkte vielmehr nur das weiter fort, was der H. v. Rohr angefangen. Er bauete auch zu - erſt, ſo viel mir bekannt iſt, den Brocoli oder Spargelkohl in den Gegenden von Erfurt. Man fieng an, die Alten auch in dieſer Art zubenu -97benutzen, und fand ein und das andere fuͤr unſere Zeiten Lehrreiche in ihren Schriften. Vorzuͤglich erhielten die Arten zu pfropfen ei - nige Bereicherungen. Der Herr von Muͤnch - hauſen berichtigte und beſtaͤtigte viele Garten - grundſaͤtze in ſeinem Hausvater, und machte ſich um die Orangerie beſonders verdient, nicht weniger aber um die Anlegung der Gaͤrten, wozu er im 1ſten Theile des angefuͤhrten Bu - ches, in deſſen zweytem Stuͤcke, vorzuͤg - liche Regeln ertheilet, die aus der Natur und dem Weſen der Gaͤrten, und aus den Gruͤnden eines vernuͤnftigen Baues der Erde und der Oekonomie genommen ſind Grotian arbeitete vorzuͤglich fuͤr die Blumencultur, be - beſonders aber fuͤr einzelne Arten derſelben, wor - unter ich nur die Levcojen nennen will. Nicht weniger hat er um die Winterflor der Blu - men wahre und eigentliche Verdienſte.

Rammelt war einer der erſten Gaͤrtner, die aufmerkſamer auf das zwiefache Geſchlecht der Pflanzen in der Gaͤrtnerey waren, und die Beziehung der Saamen auf dieſe Theorie, und alſo auf richtige Grundſaͤtze gruͤndeten, wel - chem auch Krauſe und einige andere gluͤcklich folgten.

Die haͤufigen Orangerien, die man bisher bis zur Ausſchweifung auch in Deutſchland liebte, fiengen nunmehr an verdraͤngt zu wer - den, da der Hang zu nordamerikaniſchen Pflanzungen an die Stelle des erſtern trat. II. Theil. GEine98Eine der beruͤhmteſten Orangerien iſt die auf den Guͤtern des H. v. Muͤnchhauſen, der daher auch in ſeinem Hausvatery)Theil 3. der wichtigſte Lehrer uͤber dieſe Art der Cultur iſt. Er be - ſaß einen Garten, worinnen man ſeit dem An - fange dieſes Jahrhunderts reiche Sammlun - gen der Agrumen, worunter man nach der Eintheilung der Alten die Orangen, Limonen und Citronaten rechnete, die der Ritter Linné unter einen Geſchlechtsnahmen Citrus verei - niget begriff, zu machen angefangen, und welcher ſchon im Jahr 1714 aus 49 Arten Orangen, 133 Limonen und 38 Citronaten beſtand. Nicht weniger ſind beruͤhmt die Oran - gerien zu Dresden, Weimar, Berlin, ꝛc.

Eben ſo nahm der verſchwenderiſche Auf - wand in Blumen ab, den das ſiebenzehnte Jahrhundert, und der Anfang des itzigen noch ſehr liebte. Man fieng an, mehr die wahre Beſtimmung der Blumen aufzuſuchen, da ſie naͤmlich den Plaͤtzen das Oede benehmen, rings um ſich her durch Schoͤnheit, Abwechſelung und Mannichfaltigkeit der Farben, die der ei - ferſuͤchtigen Kunſt unerreichbar ſind, bezaubern, und viele durch Anmuth des Geruchs begeiſtern. Man fieng an, ihre Pflanzungen zu ſchoͤnen Malereyen durch die Stellung der Farben nach gewiſſen Uebergaͤngen zu benutzen, und die ſymmetriſchen und mannichfaltig gezirkeltenBee -99Beete, worinnen man ſie einſchraͤnkte, zu verwerfen. Herr Hirſchfeld giebt hierinnen den Gartengemaͤlden mit Blumen vorzuͤg - liche Regeln. Man merke vornehmlich, ſagt er im zweyten Theile ſeiner Theoriez)p. 79. , auf die Gewaͤchſe, die gleichzeitig hervorkommen, und wenn man fruͤhere oder ſpaͤtre mit ihnen ver - bindet, ſo uͤberlege man vorher, welche Wir - kung der Unterſchied der Staudenſtaͤmme oder erſten emporkeimenden oder ausſchlagenden Blaͤtter, Knoſpen und Bluͤten, mit den in voller Flor ſtehenden hervorbringen. Was ran - kig waͤchſt, unbedeutende Farben hat, rauch und duͤrftig an Blaͤttern iſt, ſchickt ſich nicht wohl zur Blumenmalerey. Die feinſten und lieblichſten Farben muͤſſen dem Auge am naͤ - heſten ſeyn, die ſtaͤrkern und leuchtenden mehr in der Ferne. Man ſteige vom Weißen zum Strohgelben, vom Fleiſchfarbigen zum Ro - ſenrothen, vom Violetten zum dunkeln Blau, vom Goldgelben zum Purpurrothen, ſo wie man von ganz niedrigen Stauden, von Stu - fe zu Stufe, bis zu den hoͤchſten ſteigt. Das Graue, Braune oder Gruͤne der Staͤmme, die Verſchiedenheit der Gruͤne der Blaͤtter, die Formen und Lagen, ſowohl von dieſen als von den Blumen ſelbſt, alles dieſes muß in Betrachtung gezogen werden. Die Ueber - gaͤnge gefallen, wenn ſie nicht ploͤtzlich, ſon -G 2dern100dern ſanft und fortſchreitend ſind; die lichtern Farben muͤſſen ſich mit den dunkeln freund - ſchaftlich zuſammengeſellen. Ich fuͤge noch hinzu, daß man auf den verſchiedenen Charak - ter der Blumenmalerey im Garten ſehen kann: bald kann die Scene melancholiſch, bald froͤhlich und heiter, bald gleichguͤltig ſeyn. Bey allen dieſen werden ſich die Farben anders zeigen muͤſſen: bald kann eine einzelne Blu - me, ſich durch ihre Pracht und Wuchs aus - zeichnend, unſere Aufmerkſamkeit feſſeln, bald Gruppe und Haufen uns vergnuͤgen. Um alſo den Zuſtand der heutigen Gaͤrten zu uͤberſehen, ſo verdient hier vornehmlich folgen - des bemerkt zu werden. Wir bauen darinnen Kohlgewaͤchſe (olera), deren Blaͤtter und zar - te Stengel zur Speiſe dienen, und vornehm - lich in dieſer Abſicht gebauet werden, Wur - zelgewaͤchſe (radices), deren Wurzeln eßbar ſind, Zwiebelgewaͤchſe (bulboſae), welche - bare Zwiebeln haben. Sallatgewaͤchſe (ace - taria), deren Blaͤtter haͤufig ungekocht gegeſſen werden. Huͤlſenfruͤchte (Legumina) welche eßbare Saamen in Huͤlſentragen, Aepfelkraͤu - ter (Cucurbitaceae), die eßbare Aepfel haben; Spargelkraͤuter (turiones), deren zuerſt her - vorkeimende Wurzelſproſſen genoſſen werden; Blumenfruͤchte, deren Blumenboden (rece - ptacula) eßbar ſind, Beerenfruͤchte (bacci - ferae), welche der Beeren wegen gezogen wer - den, Gewuͤrzpflanzen, die zur Wuͤrzung derSpei -101Speiſen dienen. Wir befriedigen oder zieren unſere Garten mit Hecken, und bedienen uns zu jenem des Weißdorns (Crataegus oxiacan - tha), des Hollunders (Sambucus nigra), der Birke (Betula Alba), der Weiden und Schwarz - dorn, wiewohl die zwey letztern Arten nicht viel nutzen. Zu den Hecken zum Vergnuͤgen bedienen wir uns der Hainbuche (Carpinus betulus), Reinweide (Liguſtrum vulgare), Wil - der-Jasmin (Philadelphus coronarius), Spin - delbaum (Euonymus Europaeus), Zaunkirſchen (Lonicera Xyloſteum), Bux (Buxus). Zuwei - len haben wir auch Fruchthecken von Haſeln, Stachelbeeren, Sauerdorn, Johannisbeeren und Himbeeren. Wir bereiten die Gartenplaͤtze mit Rigolen zu. Wir haben verſchiedene Ar - ten von Treibkaſten und Miſtbeeten, freye oder eingefaßte, offene oder verſchloſſene, dem Boden gleiche oder eingeſenkte oder uͤber den Boden erhobene kalt ſo genannte Blinde, da man nahe um ein ſolches Beet eine Grube mit hitzigem Miſte anfuͤllet. Bey den einge - faßten hat man auch in den Seitenwaͤnden einen Schieber angebracht, um bey truͤben und kalten Tagen, da man die Fenſter nicht oͤffnen kann, die Luft darinnen zu verbeſſern, ohne daß die ſcharfe aͤußere Luft die Pflanzen trifft. Außer dem hat man die Decken der Miſtbeete entweder von Glas oder von Pa - pier; zuweilen ſind die letztern auch ſo, daßG 3man102man ſie nach dem Wachsthum der Pflanzen hoͤher ſchieben kann.

Wir haben mehrere Arten von Kuͤchenge - waͤchſen, als man im vorigen Jahrhunderte hatte. Auch die Abarten ſind mannichfaltiger, welche noch nicht alle genau genug beſtimmt ſind, ob ſchon Spielmann mit den um Straßburg erbaueten einen Verſuch ge - machta)Olerum Argentoratenſium Faſciculus. Argento - ti 1769 et Faſciculus alter 1770. . Die meiſten haben wir aus Italien, den Niederlanden und England erhalten; da - her auch oft ihre Benennungen aus den Spra - chen dieſer Lande ſind, ſo ſehr ſie auch das ge - meine Leben zuweilen verunſtaltet hat. Wir bauen gemeinen weißen Kopfkohl oder weißes Kraut1)auch großer Braunſchweigiſcher Kopfkohl, Kap - pus, wahrſcheinlich von Cappucio, dem Ital. Worte, wie H. Pf. Beckmann vermuthet, Braſ - ſica capitata ſerotina compreſſa maior Spiel - manni 33. . Windelſtaͤdter Kopfkohl, oder Spitz - fruchtkraut2)Braſſica praecox, capite oblongo, Spielm. 31. , rothen Kopfkohl3)Braſſiea oleracea rubra. Linn. Mill. Sp̃ielm. 34. , Savoyer - kohl oder Werſing4)Braſſica Sabauda Linn. Den Namen Werſing hat er vermuthlich von dem Ital. Wort Verza oder Verzellini. , gruͤnen Werſing oder Herzkohl5)Braſſica Sabellica Spielm. 36. , Braunkohl der auch Kraus-Feder - und Pluͤmage Kohl heißt6)Braſſica SelenicaSpielm. . Bardowicker -kohl,103kohl7)Braſſica fimbriata pumila. Bauh. pin. 212. , oder niedriger brauner Kohl, hoher Pomeriſcherkohl8)Braſſica ſativa rubra aper - ta laevis Moriſſ. II. p. 2077. , Schnittkohl9)Braſſica olera - cea Sabellica non capitata Spielm. 36. , Blumen - oder Kaͤſekohl10)Braſ - ſica hotrytis Linn. Spielm. 38. , Broccoli oder Spargelkohl11)Braſſica aſparagodes criſpa. Bauh. pin. III. , Kohlrabi oder Kohlruͤben uͤber der Erde12)Braſ - ſica Gongylodes. , und Kohlrabi oder Kohlruͤben unter der Er - de13)Braſſica napobraſſica. , Spinat14)Spinacia oleracea. , Gruͤnkraut, ſpaniſches Kraut, engliſcher Spinat, Melde und Winter - kreſſe, Moͤhren oder Carotten15)Daucus Carotia. , und von dieſen verſchiedene Arten, als die gemeinen gel - ben Wurzeln, weiße Moͤhren, goldgelbe Moͤhren, rothe Moͤhren, verſchiedene Arten von Ruͤben16)Braſſica rapa. , als die Mayruͤbe, die gruͤn - koͤpfige, die rothkoͤpfige Ruͤbe, die Guckelruͤ - be, die gelben Ruͤben, die Steckruͤbe, Maͤr - kiſche, Teltover, Leiniſche und viele andere Ruͤben, verſchiedene Arten Paſtinaken1)Paſtinaca ſativa. , Zu - ckerwurzeln2)Siſum Siſarum. , Peterſilien3)lipi - um l. petroſelinum criſpum. , Cellerie4)lipium gra - veolens. , Kuͤm - mel5)Carum carvi. , Rubrapunzel6)Oenothera remus. , Skorzonerwurzeln7)Scorzonerahiſpanica. , verſchiedene Arten Mangold oder Bete8)Betavulga -,G 4Ret -6)Spielm. 37. 104Rettiche9)Raphanus. und Radieſe, Meerrettig10)Cochlearia armo - racia. , Tar - tuͤffeln11)Solanum tuberoſum. Dieſe Frucht kam aus Virginien im J. 1585 nach Eurpa durch die Englaͤnder, und wurde 1590 von Caſp Bauhin beſchrieben. Schon 1588 ſoll man ſie in Italien gebauet haben. Zu Ende des 16ten Jahrhunderts wurde ſie in Holland durch den Paͤbſtl. Geſand - ten bekannt, und 1616 noch in Frankreich an der koͤnigl. Tafel als eine Seltenheit geſpeiſet. Der ungluͤckliche Walther Raleigh brachte ſie 1632 aus Virginien nach Irrland, von da aus kam ſie nach Lancashire uͤber ganz England., welche 1710 durch Antoine Sei - gnoret, einen Coloniſten, ins Wuͤrtenbergiſche, und im J. 1717 durch den Generallieutenant von Miltkau aus Brabant nach Sachſen ge - bracht wurden, Erdaͤpfel12)Helianthus tuberoſus. , verſchiedene Zwie - belgewaͤchſe13)Allia. , Sallate14)Lac - tucae. , Repunzel15)Valeriana locuſta olitoria. , Ci - chorien16)Ci - chorium. , und Endivien, Phaſeolen17)Phaſeolus vulgaris. , Bohnen18)Vicia. , Erbſen19)Piſum ſativum. , Linſen20)Ervum lens. , Kuͤrbiſe21)Cu - curbita. , Gurken22)Cucumis. , Melonen23)Cucumis melo. , Spargel24)Aſparagus. , Arti - ſchocken25)Cynara ſcolymus. , Cordonnum26)Cy - nara cardunculus. , Erdbeeren27)Fragraria. , auf etliche dreyßig Arten Gewuͤrzpflanzen, als Mairan1)Origanum maiorana. , Koͤrbel2)Scandix cerefolium,, Bohnenkeller3)ſatureja hortenſis. , Dill4)Anethum graveolens. ,Anis,8)vulgaris. 105Anis5)Pimpinella anyſum. , Senf6)Sinapis nigra. , Coriander7)Coriandrum ſativum. , Schwarz - kuͤmmel8)Nigella ſatiua. , Baſilien9)Ocimum baſilicum. , oder Baſilikum, Tuͤr - kiſche Meliſſe10)Dracocephalum moldavicum. , Loͤffelkraut11)Cochlearia officinalis. , Borrago12)Bo - rago officinalis. , Portulak13)Portulaca. , Fenchel14)Foeni - culum vulgare. , Kuͤmmel15)Carum Carvi. , Pfef - ferkraut16)Lepi - dum latifolium. , Thymian17)Thymus vulgaris. , Dragun18)Artemiſia Dracunculus. , Bey - fuß19)Artemiſia vul - garis. , Sauerampfer20)Rumex acetoſa. , Tripmadam21)Sedum refle - xum. , Me - liſſe22)Meliſſa officinalis. , Iſop23)Hyſſopus officinalis. , Krauſemuͤnze24)Mentha ſativa. , Poley25)Mentha pulegium. , Wermuth26)Artemiſia Abſinthium. , Reinfarn27)Ta - nacetum criſpum. , Meerfenchel28)Crithmum maritimum. , Bibernelle29)Pimpinella ſaxifraga maior. , Salbey30)Salvia officinalis. , Rauthe31)Ruta graueolens. , Stab - wurz32)Arte - miſſia abrotanum. , Lavendel33)Lauendula ſpica. Roßmarin34)Roſmarinus officinalis. . Man - che hiervon bauet man auch noch in Feldern, die von Trift frey ſind, z. B bey Leipzig Halle, Erfurt. Und wenn wuͤrde ich das Verzeich - niß der Blumen endigen koͤnnen, die wir in unſern Gaͤrten bauen? Ich will nur die vor - zuͤglichſten erwaͤhnen. Es gehoͤren hierher vie -G 5le106le Arten von Iris als die Spaniſche, Engliſche, Perſiſche, die Pflaumen - und die edle Iris, in - gleichen die Witwe im Trauerflor, verſchiedene Arten von Roſen, von Violen, viele Arten Levkojen, verſchiedene Arten Lack, verſchiede - ne Malven, Aſter, Loͤwenmaul, Balſami - nen, Napellis, Glockenblumen, verſchiedene Amarante, Calendula, Digitalen, Monar - den, buntes Gras, verſchiedene Geranien; Aurikeln, Primeln, Tulipanen, Tuberoſen, Lilien, viele Nelken, die brennende Liebe, oder Jeruſalemsblumen, Paͤonien, verſchiedene Crocus, Anemonen, Hyazinthen, Narciſſen, Jonquillen, Kaiſerkronen, Leberblumen, Schoͤn bey Nacht, flos Afrikanus, Aller - mansharniſch, das Drachenauge, Loͤwen - ſchwanz, der Fingerhut, Koͤnigskerzen, Glo - ckenblumen, Climatus, verſchiedene Winden, darunter auch die Indianiſche Winde Quam - megluck, Spaniſche Kreſſe, das niedrige non Convolvulus, die wohlriechenden Wicken, Geni - ſten, Rudbeckia, Jacobaͤen, Scabioſe, Zinnien.

Was den Baumgarten betrifft, ſo hat man vornehmlich zur Unterhaltung deſſelben Saamenſchulen, wo die jungen Baͤume aus Saamen gezogen werden, Pfropfſchulen, wo ſie gepfropft werden, und Baumſchulen, wo ſie bis zum Verſetzen in Obſtgarten ſtehen blei - ben. Das Pfropfen, Impfen, Pelzen, oder Zweigen, welches einerley bezeichnet, ſo wie das Aeugeln oder Okuliren, hat in denneu -107neuern Zeiten Bereicherungen erhalten. Von dem Pfropfen kennen unſere Gartenverſtaͤndi - ge in Deutſchland vornehmlich ſechs Arten. Das Pfropfen in den Spalt, welches in Dcut - ſchland die gewoͤhnlichſte Art iſt, im May oder April geſchiehet, ehe die Knoſpen aus - ſchlagen; ferner das Pfropfen zwiſchen die Rinde, das Kronpfropfen, wenn man etliche Reiſer im Umkreiſe zwiſchen die Rinde ſetzt; das Pfropfen in den Kerb, das Pfropfen in den Sattel, das Pfropfen mit dem Zuͤnglein und das durch Anplacken. Hingegen widerleg - te man in den neuern Zeiten durch Verſuche das Vorurtheil, daß man durch das Pfro - pfen von einerley Obſtart zu wiederholten ma - len groͤßeres und ſchoͤneres Obſt erhalteb)S. Schrebers neue Samml. II. 251.. Auch mit dem Abſaͤugen oder Ablaktiren, wel - ches dadurch geſchichet, daß man den jungen Zweig eines zahmen Baumes, ohne beyde zu trennen, mit einem wilden Stamme ſo lan - ge verbindet, bis beyde zuſammen gewachſen, machte man verſchiedene Verſuche. Man ver - ſuchte es z. B. in den Spalt, in den Kerb, und noch auf verſchiedene andere Arten, wel - che aber in die Gartenbuͤcher gehoͤren. So pfleget man auch die Baͤume durch Abſenken und durch Steckreiſer zu vermehren. Die Baͤume ziehet man entweder zu Zwerg - od〈…〉〈…〉 r Gelaͤnder - oder zu Buſchbaͤumen. Man bau -et108et viel Arten Obſt, mit ſeinen Abarten, welche ſonderlich die Franzoſen ſehr vermehret haben, daher die Franzoͤſiſchen Namen derſelben kom - menc)Die vorzuͤglichſten Abarten der Birnen ſind die Muſkatellerbirn 1) (Petit Muſcat), 2) Muſcat - Robert oder Poire a la Reine, Poire d’Ambre 3) Madeleine, 4) Cuiſſe Madame, 5) Bel - liſſime d’Automne, 6) Epargne, 7) Salviati, 8) Bezi d’Hery, 9) Orange Muſquée, 10) Rouſ - ſelet d’hiver, 11) Rouſſelet de Reims, 12) Poi - re ſans peau, 13) Martine-ſec, 14) Rouſſe - line, 15) Ah mon dieu, 16) Chair à Dame, 17) Bergamotte ſuiſſe, 18) Bergamotte d’Au - tomne, 19) Craſſanne, 20) Meſſire Iean do - , 21) Epine d’hiver, 22) Ambrette, 23) Echaſ - ſery, 24) Sucre vert, 25) Verte longue, 26) Beurrégris, 27) Angletterre, 28) Bezi de Chaumontel, 29) Beurre blanc, 30) Be - zi de la Motte, 31) Bon Chretien d’hiver, 32) Bon Chretien d’été, 33) Colmart, 34) Saint Germain, 35) Louiſe bonne, 36) Poire de livre, 37) Sanguinole, 38) France real, 39) Catillac, 40) Royal d’hiver, 41) Hernbirn. Man findet ſie beſtimmt in dem Woͤrterbuche des Hr. Hofr. Schmidlin., die in Deutſchen durch die Sprache des gemeinen Lebens, in halb und ganz unver - ſtaͤndliche Woͤrter umgeſchaffen ſind. So bauen wir viele Abarten von Birnen, und von Aepfeln, welche theils durch Pfropfen und Aeu - geln, vornehmlich aber dadurch entſtanden, daß man die jungen aus dem Saamen aufge - gangenen Baͤume erſt tragen ließ, ehe manſie109ſie pfropfte oder aͤugelted)Die vornehmſten und bekannteſten Abarten der Aepfel ſind folgende: 1) Paſſe pomme rouge. 2) Calville blanche d’hiver. 3) Calville rouge. 4) Fenouillet gris. 5) Vrai drap d’or. 6) Pomme d’or. 7) Rei - nette blanche. 8) Reinette griſe. 9) Pigeon - net. 10) Pigeon. 11) Rambour franc. 12) Api. 13) Pomme de glace. 14) Non pareil - le. 15) Vorſtorferaͤpfel. 16) Rother Gulder - ling. 12) Großer Herrnaͤpfel. 18) Zippel - aͤpfel. 19) Gold-Peppin. 20) Weißer Peppin. 21) Schwarzer Borſtorfer. 22) Rother Stet - tiner.. Wir haben in unſern Gaͤrten Quittene)Von den Quitten haben wir vorzuͤglich die Birn - quitte, die Aepfelquitte und die Portugieſiſche., viele Abarten von Kirſchenf)In den Kirſchen hat Deutſchland und Holland den Vorzug vor andern Laͤndern, welches wahrſchein - lich durch die ehemaligen Verbindungen der Nie - derlande mit Deutſchland entſtanden iſt. So ziehen wir die große Maykirſche, die fruͤhe Herzkirſche, die große ſchwarze Kirſche, die große ſchwarze glaͤn - zende Herzkirſche, die Doctorkirſche, die ſpani - ſche große ſchwarze Kirſche, die ſpaniſche rothe, die weiße Herzkirſche, die weiße und rothe Herz - kirſche, die melirte Herzkirſche, die große ſchwar - ze Knorbelkirſche, die große ſpaniſche Kirſche, die große hollaͤndiſche Ammer, die Glaskirſche, die Lothkirſche, die Kirſche von der Natt, die fruͤhe Ammer, die ſpaͤte Herzkirſche, Evangelique, die Septemberkirſche. Duhamel in ſeinen Traite desarbres, Pflaumeng); Kornelkirſchen,Apri -110Aprikoſen und Pfirſchen, Wallnuͤſſe, Haſel - nuͤſſe, Caſtanien, Miſpeln, zuweilen auch Weinſtoͤcke und Maulbeeren. Unter den Bee - ren-Baͤumen und Buͤſchen ziehen wir vor - nehmlich Johannisbeeren, Gichtbeeren, Sta - chelbeeren, Himbeeren und Berberitzen.

Uebrigens nahmen ſich auch die Regierun - gen des Kuͤchengartens und des Gartenbaues an, vornehmlich aber bemuͤheten ſie ſich, denLand -f)arbres, hat 34 Abarten beſchrieben und 16 ab - gebildet. Langley in ſeiner Pomona hat 13 ab - gebildet. Knoop in der Fructologia hat 26 be - ſchrieben und 3 abgebildet.g)g) Einige der vornehmſten Abarten der Pflaumen ſind: 1) Prune jaune hative. 2). Gros Da - mas de Tours. 3) Damas violet. 4) Gros Damas blanc. 5) Damas rouge. 6) Damas d’Italie. 7) Monſieur. 8) Royale de Tours. 9) Perdrigon blanc. 10) Perdrigon violet. 11) Perdrigon rouge. 12) Royale. 13) Dau - phine. 14) Petite Reine-Claude. 15) Abre - cotée. 16) Mirabelle. 17) Drap d’or. 18) Imperiale violette. 19) Diaprée violette. 20) Sainte-Catherine. Unter den Aprikoſen ſind die vorzuͤglichſten Abarten: 1) Abricot précoce. 2) Abricot de Hollande. 3) Abri - cot commune. Zu den vornehmſten Arten der Pfirſchen gehoͤren: 1) Petite Mignonne. 2) Roſanne. 3) Madeleine blanche. 4) Made - leine rouge. 5) Veritable Pourprée hâtive à grande fleur. 6) Mignonne. 7) Bourdin. 8) Chevreuſe hâtive. 9) Admirable. 10) Pa - vie rouge de Pomponne. 11) Bellegarde. 111Landmann in der Kunſt zu oculiren, zu pfro - pfen und zu verſetzen zu unterrichten. Und es kam daher in Vorſchlag, in den Doͤrfern Gemeindegaͤrtner anzuſtellen, oder doch Pflan - zer herumzuſchicken. Die Gemeindegaͤrtner ſchlug vornehmlich vor der Herr von Wich - mannshauſenh)v. Wichmannshauſens unſchuldige Vorſchlaͤge, in welcher Art das Landwirthſchaftsweſen durch beſonders zu verordnende Wirthſchaftsaufſeher merklich zu beſſern ſey. Im 14 B. der oͤk. Nachr. Leipz. 1762. 8. S. 274 ſq.. In einigen Laͤndern Deutſch - lands wurde der Vorſchlag ausgefuͤhrt. Man hat daſelbſt dergleichen Dorfgaͤrtner angeſtellet, wegen der Pflanzung guter Obſtbaͤume, ſo - wohl in den Gaͤrten als an den Wegen und Landſtraßen, welche gegen eine Kleinigkeit fuͤr jeden Stamm, welcher fortkoͤmmt und beklei - bet, ſolchen der Dorfſchaft uͤberlaſſen, auch in ſaͤmmtlichen Bauerngaͤrten die vorhande - nen wilden Staͤmme mit den beſten Sorten von Obſt pfropfen und oculiren, und, wie ein Baum zu verſetzen und zu verſchneiden, die noͤ - thige Anweiſung geben muͤſſen. Und wenn in dem Dorfe keiner zu finden, der die noͤthige Erfahrung hierinnen haͤtte, ſo ſollen die Be - amten dafuͤr ſorgen, daß wenigſtens ein bis zwey gute verſtaͤndige Leute in jedem Dorfe, welche zum Gartenbau Luſt haben, darinnen unterrichtet werden, welche ſodann dieſes denuͤbri -112uͤbrigen zeigen und ihnen darinnen behuͤlflich ſeyn muͤſſen. Dieſe Einrichtungen ſind theils in den pommeriſcheni)Koͤnigl. Preußiſches Haushaltungs - und Wirth - ſchaftsreglement fuͤr die Aemter des Herzogthums Pommern, v. 1 May 1752. in Noui Corp. Conſtit. Pruſſ. March. Theil 1. 316., theils in den eigent - lich preußiſchen Landenk)Erneuerte und verbeſſerte Dorfordnung des Koͤ - nigreichs Preußen, v. 22 Sept. 1751. §. 11. Theil 1. des Noui Corp. Conſtit. Pruſſ. March. S. 147 und die Dorfordnung fuͤr die Provinz Litthauen v. 21 Nov. 1751. §. 31. bis S. 139.. In andern Laͤn - dern mußten zum Baumpflanzen beſtellte Per - ſonen die jungen Schulburſche darinnen un - terrichtenl)Fuͤrſtlich Eiſenachiſche Anweiſung fuͤr die zu Baumpflanzungen befehligten Perſonen im 1 B. der Thuͤringiſchen neuen Beytraͤge zur Came - ral - und Haushaltungswiſſenſchaft. S. 313.. In dem Hannoͤveriſchen ver - ſchrieb die Landesregierung zu Hannover in verſchiedenen Jahren anſehnliche Summen von allen Arten von Saamen zu Kuͤchengewaͤch - ſen von Erfurt nach Goͤttingen, und vertheil - te ihn unter die daſigen Einwohner, welche eigenthuͤmliche oder gemiethete Gaͤrten beſaßen, und ſich vierzehn Tage vorher bey dem Poli - zeyamt darum meldeten, und ſowohl ihren Namen und was fuͤr einen Garten ſie beſaßen,als113als auch was fuͤr Arten des Saamens ſie vor - zuͤglich wuͤnſchten, aufſchreiben ließenm)S. Goͤttingiſche Polizeyamtsnachr. v. J. 1757. No. X. .

Wir kommen nun zu den Schriftſtellern des achtzehnten Jahrhunderts, welches ſo reichhaltig an ſelbigen iſt. Alle Arten des Gartenbaues erhielten in dieſem vorzuͤgliche Maͤnner, die ihn durch Schriften lehrten, die gruͤndlichern Kenntniſſe aus reiteten, durch botaniſche Bemerkungen und Grundſaͤtze ver - beſſerten, bereicherten und ſelbſt den Geſchmack in der Anlage eines Gartens zu beſſern und zu verfeinern ſuchten. Hierdurch kam es dahin, daß die Gartenkenntniſſe nicht mehr bloß ein geheimes Eigenthum der Kunſtgaͤrtner ſind. Die Werke dieſes Jahrhundertes waren an - fangs meiſt nur Ueberſetzungen. Vielleicht machten die großen Schritte, die die Auslaͤn - der hierinnen thaten, die Deutſchen zu auf - merkſam auf ſich, daß ſie eher an jener ihre Werke dachten, als ſich zu eigenem Nachden - ken dadurch ermuntern ließen, zumal da die - ſes Geſchaͤft in Deutſchland noch zu ſehr in den Haͤnden oft bloß mechaniſcher hand - werksmaͤßiger Leute war. Eine der erſten Ueberſetzungen in dieſen Jahrhunderte iſt Le Jardinier ſolitairen)Der Titel iſt: Le Jardinier ſolitaire, der ver - ſtaͤndige Blumengaͤrtner, oder nuͤtzliche Geſpraͤ - eines Cartheuſers, FranzGentil,II. Theil. Hche114Gentil, welches Werk voller gruͤndlicher Bemer - kungen iſt, und ſchon durch den Ruhm der Gaͤr - ten und Pflanzſchulen der Cartheuſer bey Paris empfohlen wird. Es hat uͤber den Gartenbau, vorzuͤglich die Baumcultur, viel Licht verbrei - tet; allein in Anſehung des Kuͤchengartens war es anfangs nicht ſo vorzuͤglich. Es ent - hielt daruͤber nur vier Capitel am Ende des erſten Theils, welche ſich aber nachher durch Zu - ſaͤtze zu zehn Capiteln vermehret haben, darinnen ein nicht zu verwerfender Unterricht auch fuͤr den Kuͤchengaͤrtner iſto)Dieſe neue vermehrte Ausgabe iſt unter dem Ti - tel erſchienen: Der wohlunterrichtende Gaͤrtner, welcher nicht nur von dem Obſt - und Kuͤchengar - ten, vornehmlich der Baumzucht, zuverlaͤßigen Unterricht ertheilet, ſondern auch viele neue Ver - ſuche entdeckt. Nach der neueſten viel vermehr - ten Ausgabe aus dem Franzoͤſiſchen uͤberſetzt, und auf den deutſchen Erdſtrich praktiſch einge - richtet, zweyte verbeſſerte Auflage. Beyreut und Leipzig 1778. 27 ½ B. in 8. In den Grund - ſaͤtzen und Sachen ſelbſt iſt es meiſt richtig uͤber -ſetzt,.

Der

n)che eines Gartenliebhabers und eines Gaͤrtners, wie man einen Baum - und Kuͤchengarten nach den Regeln der Kunſt wohl anlegen koͤnne, wor - innen durchgehends neue und nuͤtzlichbefundene Anleitungen ertheilt werden. Aus dem Franzoͤ - ſiſchen uͤberſetzt, und als ein vierter Theil zu Li - gers hiſtoriſchem Blumengarten ſehr dienlich. Leipz. 1716. Das Original war 1704 zu Paris erſchienen.

115

Der bekannte oͤkonomiſche Schriftſteller, Julius Bernhard von Rohr, in ſeinem vollſtaͤndigen oberſaͤchſiſchen Hauswirthſchafts - buche, welches zu Leipzig 1722 in 3 B. in 4to erſchien, handelt in der vierten Abtheilung von S. 473 bis 631 von der Gaͤrtnerey. Er ſelbſt raͤumt in der Vorrede ein, daß es groͤßtentheils aus der Theorie et Pratique du Jardinage, und aus Elsholzens Gartenbuche genommen ſey; indeß iſt es doch ein Verdienſt von ihm, daß er einer der erſten in Deutſch - land in dieſer Art war, die dem Aberglauben zu ſteuren und den Einfluß des Mondes auf den Pflanzenbau zu verdraͤngen ſuchten. Da die Saͤmerey auch einen Theil der Gartenkunſt ausmacht, ſo gehoͤrt hierher auch Benjamin Townſend vollkommner Saamenhaͤndler, oder die beſte und leichteſte Methode jede Art von Saamen, ſo zu einem Kuͤchen - und Blu - mengarten gehoͤret, aufzuziehen und zu ver - pflegen, 1727. eine zweyte neuvermehrte er - folgte 1768. Es iſt aber mehrentheils bloß ein Catalogus von Saamen, mit welchen man damals in England gehandelt, der jetzt nicht mehr brauchbar iſt.

Als urſpruͤnglich deutſche beſondere Werke uͤber den Gartenbau erſchienen: Ludwig Philipp Krauſens kluger und ſorgfaͤltigerH 2Gaͤrt -o)ſetzt, wenn nur die Namen der Gartengewaͤchſe allezeit eben ſo getroffen waͤren.116Gaͤrtner, oder Handbuch fuͤr die Liebhaber ei - nes wohleingerichteten Luſt -, Kuͤchen - und Baumgartens, Langenſalz 1738. 8.p)Die zweyte vermehrte 1741, die dritte vermehr - te 1754, die vierte vermehrte 1763. Die beyden letztern hat, vermoͤge der Buchſtaben unter der Zueignungsſchrift, der Garniſonprediger zu Zelle, M. Schmerſahl beſorgt, welcher aus Reicharts Schriften einige Zuſaͤtze machte., welches, ungeachtet es nicht zu den beſten Buͤchern ge - hoͤrt, doch vier Auflagen erhielt, und das Urtheil des Hrn. v. Muͤnchhauſen, dem doch die dritte Auflage zugeeignet worden, verdie - net, der ſich wundert, daß es ſo vielen Ab - gang findeq)Hausvater Theil 2. §. 428.. Bald nach ihm folgte des Hrn. Arnold Friederich von Hartenfels neuerer Gartenſaal, oder vollſtaͤndige Beſchreibung aller einheimiſchen und auslaͤndiſchen Stau - den -, Knollen -, Zwiebel - und Blumengewaͤch - ſe, nebſt gruͤndlicher Anweiſung, einen Arze - ney -, Obſt - und Kuͤchengarten anzulegen. Die erſte Ausgabe erſchien 1740, betraͤchtlich ver - mehrt und verbeſſert aber zu Frankf. 1753. 8. 2 Theile. Reichart im Land - und Garten - ſchatze (Th. 3. S. 108.) giebt als den Ver - faſſer einen gewiſſen Arnold Friederich Reiſen - berg an. Er hat auch die Botanik in dem Gartenbaue mehr angewendet, und die Pflan - zen botaniſch beſtimmt; nur iſt nicht allezeitdas117das Syſtem genannt, dem er folgte. Der Gartenbau, im Ganzen genommen, iſt unvoll - ſtaͤndig behandelt, zuweilen gar die Wahrheit der Sache vernachlaͤßiget, und meiſt aus an - dern genommen. In dem J. 1751 trat der große Gartenbauverbeſſerer Reichart auf, und ſchrieb ſeine Abhandlung von allerhand Saamenwerk. Aufgemuntert durch den ver - dienten Beyfall, legte er der Welt ſeine Erfah - rungen in dem ganzen Frucht - und Pflanzen - baue, in ſeinem Land - und Gartenſchatze, vor Augen, welchen er 1755 mit dem 6ten Theile beſchloß. Ich werde in der Beurtheilung die - ſes Werks dem Hrn. Luͤder, einem in dieſer Art bekannten Gelehrten und Kenner, vorzuͤglich folgen, weil es ganz den Werth deſſelben be - ſtimmt, und die Maͤngel genau angiebt, die ſelbſt bey dieſem großen Gartenbauſchriftſtel - ler nicht ohne Grund bemerkt werden. Er gab ſchon 1734 ein lebendiges Kraͤuterbuch heraus, welches aber ſelten und theuer iſt: es ſind darinnen die Figuren der Blumen abge - druckt und nach dem Leben ausgemalt. Er hat darinnen ſchon verſchiedene gute Regeln und Erfahrungen von einzelnen Kuͤchengewaͤch - ſen angegeben.

Von dem Gartenbaue handelt ſonderlich der erſte Theil, wo die Abhandlung von dem Saamenwerke iſt; der zweyte handelt von der Baumzucht; der dritte und vierte von den zurH 3Speiſe118Speiſe dienlichen, wie auch von Specerey - und Arzeneygewaͤchſen. Der ſechſte beſchaͤftiget ſich vornehmlich mit den Blumen, obgleich auch der Hopfenbau darinnen behandelt wird. Denn der fuͤnfte beſchaͤftiget ſich vorzuͤglich mit ſeinem Ackerſyſteme, naͤmlich der vieljaͤh - rigen Nutzung der Aecker ohne Brache und wiederholte Duͤngung. Sein Buch iſt ziem - lich allgemein brauchbar, weil die Pflanzen botaniſch beſtimmt, und die vornehmſten deutſchen Benennungen derſelben angegeben find. Seine Anweiſungen zum Bau der Pflanzen und die Saamenerziehung iſt voll - ſtaͤndig. Er iſt vorzuͤglich in dem Gartenbaue Millern in ſeinem Gartenlexicon gefolget, und hat alles auf richtige Grundſaͤtze und ge - naue Erfahrungen gebauet; und Hr. Luͤder ziehet ihn ſelbſt in dem Unterricht fuͤr Anfaͤn - ger in der Gartenkunſt Millern und dem de Combe vor. Inzwiſchen, ſagt Hr. Luͤderr)In den Briefen uͤber die Beſtellung eines Kuͤchen - gartens, im 3ten Theil. S. 441., haben die Reichartiſchen Schriften, bey aller Guͤte und Vollkommenheit, doch auch einen ſehr wichtigen Fehler, den er in der Mitte un - ſers Jahrhunderts nicht vermeiden konnte: naͤmlich den Fehler, daß die Anweiſung zur Erziehung der Saͤmereyen nicht auf richtige Grundſaͤtze, naͤmlich nicht auf das zweyfache Geſchlecht der Pflanzen, gebauet iſt.

In119

In den Jahren, da er ſchrieb, ward die Be - hauptung des zweyfachen Pflanzengeſchlechts von den mehreſten noch fuͤr eine unerwieſene Hypotheſe gehalten, und der Einfluß des Ge - ſchlechts der Pflanzen auf die Ausartung der - ſelben noch von keinem geglaubt, welcher nicht mit des Ritters Linne Syſtem genau bekannt war. Herr Luͤder rechnet es ihm als einen zweyten Fehler an, daß er die wahre Urſache des Verderbens der Pflanzen vom Fro - ſte, naͤmlich den auf gefrorne Pflanzen fal - lenden Morgenſonnenſchein, nicht angebe, wo - durch die Grundſaͤtze, nach welchen man dem Verderben der Pflanzen im Winter mit Zuver - laͤßigkeit vorbeugen koͤnne, unbekannt bleiben. Endlich haͤlt er auch, wider die neuern Erfah - rungen, den Winterſallat fuͤr eine beſondre Art, da doch aller Sallat zum Winterſallat taug - lich iſt, obgleich eine Art vor der andern mehr und beſſer dauerts)Von dem 1ſten Theile erſchien 1775 die 4te, vom Theil 2. 1774 die 4te, vom Theil 3. 1775 die 4te, vom Theil 4. 1776 die 4te, vom Theil 5. 1777 die 3te, vom Theil 6. 1771 die 3te Auf - lage..

Um eben die Zeit ſchrieb Johann Chri - ſtoph Riedel ſein verbeſſertes und vermehrtes Gartenlexicon, nebſt einem nuͤtzlichen Garten - kalender 1751, welches hernach 1769 auf 994 Seiten in gr. 8. erſchien. Er benutzteH 4des120des engliſchen großen Gaͤrtners Millers Gar - tenlexicon, nach der Huthiſchen Ueberſetzung, doch nicht allezeit mit der beſten Auswahl der Sachen. Mehr dem Namen als den Ver - dienſten nach, gehoͤrt hierher auch das neue engliſche Gartenbuch, zum Gebrauch deutſcher Landwirthe und Gartenliebhaber eingerichtet, Leipzig 1753. 8., welches aus Townſond Saamenhaͤndler und einigen Gartenbuͤchern zuſammengetragen iſt. Des Philipp Millers, Gaͤrtners der londonſchen Apothekergeſellſchaft zu Chelſaa bey London, Gaͤrtnerkalender, er - ſchien nach der achten engliſchen Ausgabe 1750, in einer deutſchen Ueberſetzung von L. W. B. zu Goͤttingen, und eine andre Ueberſetzung deſ - ſelben findet ſich im 3ten Theil der Huthiſchen Ueberſetzung des Gaͤrtnerlexicons. Hr. Luͤder misbilliget beyde Ueberſetzungen, weil ſie oft den Sinn nicht treffen, und falſche deutſche Namen den Pflanzen geben. Auch ſein Gar - tenlexicon erſchien in einer deutſchen Ueberſe - tzung nach der fuͤnften engliſchen Ausgabe 1750, unter dem Titel: das engliſche Gar - tenbuch; oder Philipp Millers Gaͤrtnerlexicon, in ſich haltend die Art und Weiſe, wie ſowohl der Kuͤchen -, Frucht -, Blumen - und Kraͤu - tergarten, als auch Luſtwaͤlder, Glashaͤuſer und Winterungen, nebſt dem Weingarten, nach den Regeln der erfahrenſten Gaͤrtner jetziger Zeit zu bauen und zu verbeſſern ſeyn: dazu koͤmmt noch die Hiſtorie der Pflanzen,der121der Charakter und engliſche Name jedes Ge - ſchlechts, die deutſchen und lateiniſchen Na - men aller beſondern Sorten, wie auch eine Erklaͤrung der in der Botanik und Garten - kunſt gebraͤuchlichen Kunſtwoͤrter, nebſt einer den Lehren der beſten Naturkuͤndiger gemaͤß verfaſſeten und Gaͤrtnern dienlichen Nach - richt, von der Beſchaffenheit und dem Nutzen des Barometers, Thermometers und Hygro - meters, wie auch von dem Urſprung, den Urſachen, und der Natur der Meteoren, und dem beſondern Einfluſſe, den die Luft, die Erde, das Feuer und Waſſer in das Wachs - thum der Pflanzen haben. Mit Kupfertafeln, nach der 5ten Ausgabe aus dem Engliſchen uͤberſetzt, von D. Georg Leonhart Huth, der Republik Nuͤrnberg ordentlichem Phyſiko. Th. 1. Nuͤrnb. 1750. 6 Alph. Th. 2. Nuͤrnberg, 1751. 7 Alphab, in Folio.

Endlich kam auch die 8te Auflage, wo Miller die Linneiſche Methode, die er ſchon in der 7ten angefuͤhrt, ſo viel er fuͤr gut fand, auch befolgte, in folgender Ueberſetzung her - aus: Philipp Millers allgemeines Gaͤrtnerlexi - con, d. i. ausfuͤhrliche Beſchreibung der Ge - ſchlechte und Gattungen aller und jeder Pflan - zen, nach dem neueſten Lehrgebaͤude des Ritter Linne’s eingerichtet, worinnen zugleich eine Er - klaͤrung aller botaniſchen Kunſtwoͤrter und ei - ne Anweiſung, zum Garten -, Acker -, Wein -H 5und122und Holzbau enthalten iſt, mit Kupfern: nach der 8ten Ausgabe uͤberſetzt. Nuͤrnberg 1769-76. Th. I. 5 Alph. 6 B. Th. II. 4 Alph. 21 B. Th. III. 5 Alph. Th. IV. 5 Alph. 15 B. in groß 4. Auch das vorzuͤgli - che Werk des de Combe, das inſonderheit den Kuͤchengarten angehet, erſchien 1756 durch den Herrn D. Zeiher in einer deutſchen Ueber - ſetzung unter dem Titel: Vollſtaͤndiger Unter - richt von Kuͤchengewaͤchſen, oder ausfuͤhrliche Beſchreibung aller Kuͤchengewaͤchſe, der Be - ſchaffenheit des Erdbodens, der ihnen dienli - chen Lage und Himmelsſtriche, der fuͤr dieſel - ben erforderlichen Wartung, ferner ihrer Nutz - barkeit fuͤr das menſchliche Leben, ihrer Tu - genden zur Erhaltung der Geſundheit, wie auch der verſchiedenen Mittel ſie zu vermehren, der Zeit den Saamen einzuſammeln, ihrer Dauer, u. ſ. w. ingleichen der Art und Wei - ſe die Miſtbeete anzurichten, zu jeder Jahres - zeit Schwaͤmme zu ziehen ꝛc., in zwey Theilen, aus dem Franzoͤſiſchen uͤberſetzt von D. Joh - Ernſt Zeiher, Leipzig 1756. 774 S. 8. Al - lein die Benennungen der Pflanzen ſind nicht allezeit gut uͤberſetzt; und ſie hat mit dem Ori - ginal den Fehler, daß die Pflanzen nicht bo - taniſch benennet, und die Erziehung des Saa - mens nicht auf das zweyfache Geſchlecht der Pflanzen gegruͤndet iſt. Im J. 1761 und 1762 erſchien Johann Jacob Hartmanns neu. Gartenerforſchung in 4 Theilen, zu Er -furt123furt in 8. Er hat den Aberglauben an den Mondwandel noch beybehalten, und bauet hierauf oft viele falſche Grundſaͤtze.

Der herzoglich ſaͤchſiſche Sekretair zu Nordhauſen, Johann Auguſt Grotjan, gab 1751 in ſeinen phyſikaliſchen Winterbeluſti - gungen ſchon Unterricht in dem Baue ver - ſchiedener Gartengewaͤchſe, ſonderlich um ſie fruͤh zu erziehen; ſein groͤßeres Werk aber, naͤmlich ſein Calendarium perpetuum, oder immerwaͤhrender Gartenkalender, zum nuͤtzli - chen Gebrauch bey dem Ackerbau, wie auch bey Blumen, Orangerie, Kuͤchen - und Baum - gaͤrten, Theil 1 6, erſchien zu Gotha 1765 bis 1772. 4 Alph. 9 B. gr. 8. Es iſt meiſt aus Reicharts und Muͤllers Schriften, nicht in der beſten Schreibart, geſammelt. Indeſ - ſen hat er ſonderlich um die Winterflor der Blumen viele Verdienſte. Walters voll - ſtaͤndige praktiſche Gartenkunſt, oder von An - legung und Unterhaltung der Luſt -, Kuͤchen - und Baumgaͤrten, wovon wir drey Theile erhalten haben, iſt nicht ſo aͤußerſt wichtig, als man es erwarten ſollte.

In dem verſtorbenen Rammelt erhielt Deutſchland einen Gartenſchriftſteller in ei - nem gelernten Gaͤrtner. Er war zu Beuchlitz Kunſtgaͤrtner, und gab zu Halle 1768 ſeine vermiſchten oͤkonomiſchen Abhandlungen zum Beſten der Landwirthſchaft und Gaͤrt[n]erey auf2412424 Bogen in 8. heraus. Durch den Bey - fall, welchen jene erhielten, aufgemuntert, erſchienen eben daſelbſt ſeine gemeinnuͤtzigen Abhandlungen zum Beſten der Gaͤrtnerey und Landwirthſchaft, zweyter Theil, welcher die Knollen - und Zwiebel - und zaſerichten Gewaͤch - ſe, naͤmlich die Blumen, enthaͤlt, zu Halle 1771. 22 Bogen 8. und endlich folgte der dritte Theil unter dem Titel: Unterricht von Kuͤchen - und Baumfruͤchten, 3ter Theil Hal - le 1774. 21 B. in 8. Er hat die Pflanzen deutſch und nach dem Linne benannt. Er iſt mit der Phyſik bekannt, und iſt der erſte bloße Gaͤrtner, der ſich die Botanik zu ſeiner Kunſt zum Beſten derſelben bedient. Seinem Bey - ſpiele folgte Chriſtian Ludwig Krauſe, in ſei - nem funfzigjaͤhrigen erfahrungsmaͤßigen Un - terricht von der Gaͤrtneren, welcher 1773 zu Berlin und Leipzig in 2 Alph. 4 B. in gr. 8. erſchien. Auch er beſtimmt nach dem Linne, und iſt mehr fuͤr wirklich ausuͤbende und Kunſtgaͤrtner geſchrieben, als zur Erlernung des Gartenbaues.

Der fuͤr die ganze Oekonomie ſo wichtige Hausvater des Herrn von Muͤnchhauſen, der ſich in dem J. 1764 anfieng, und 1773 en - digte, iſt auch in dem Gartenbaue kein unbe - deutender Schriftſteller. Gleich in dem erſten Theile deſſelben ſind von der 202-bis 230ſten Seite wichtige Regeln, die man bey Anlegung eines Gartens zu beobachten hat. Im drittenTheile125Theile behandelt er einige fuͤr den Kuͤchengar - ten wichtige Gegenſtaͤnde, ingleichen was bey den Angurien, Kirbſen, Kartoffeln, Erd - aͤpfeln, Erdnuͤſſen und Erdkaſtanien zu beob - achten, und der 5te Theil enthaͤlt in einem An - hange einen vollſtaͤndigen Kalender fuͤr alles, was bey Pflanzungen, Wildniſſen, Obſtbaͤu - men, Spalieren, Orangerien, Gewaͤchshaͤu - ſern und Fenſtern, von Monat zu Monat zu beobachten iſt. Joh. Caſpar Bechſtedts nie - derlaͤndiſches Land - und Gartenbuch, welches zu Flensburg 1772 und 1773 in 3 Theilen er - ſchien, iſt meiſt aus dem Muͤlleriſchen Garten - lexicon genommen.

Im J. 1773 trat der erfahrene Kunſt - und Luſtgaͤrtner zu Berlin, Chriſtian Ludwig Krauſe, auf, und ſchrieb ſeinen funfzigjaͤhri - gen erfahrungsmaͤßigen Unterricht von der Gaͤrtnerey, Berlin und Leipzig 1773. 2 Alph. 4 B. in gr. 8. Sein Buch ſetzt ſchon Kennt - niſſe voraus, und iſt deswegen mehr fuͤr Ken - ner und Gaͤrtner, als zum Unterricht in den Anfangsgruͤnden der Gartenkunſt, geſchrieben. Er beſtimmt die Pflanzen gruͤndlich und ordent - lich nach dem Linne, und gruͤndet auch die Er - ziehung der Saamen auf daſſelbe Syſtem. Nur benutzt er nicht immer die neuern Entdeckungen genugſam. Fuͤr die Baumgaͤrten erhielten wir die Pomologie, oder Fruchtlehre, alles in freyer Luft wachſendes Obſtes ꝛc. von F. Z. Salzmann 1774. Der Verfaſſer iſt ſelbſtein126ein Gaͤrtner, die Ordnung iſt gut, und die Fruchtarten ſind genau bemerkt. Eben ſo richtig ſind die Anmerkungen uͤber die Cultur. Viele wichtige Abhandlungen zu dem Garten - baue enthalten auch die verſchiedenen Samm - lungen, welche die deutſchen Oekonomiegelehrten heraus gaben: dergleichen ſind die oͤkonomiſchen Nachrichten, die Leipziger Sammlungen, die oͤkonomiſche Encyclopaͤdie des Hrn. D. Kruͤ - nitz, ſowohl unter dem Wort Gartenbau uͤberhaupt, als auch unter vielen einzelnen Titeln, die Sammlungen des Herrn D. Schrebers, die Hannoͤveriſchen Sammlungen, Beytraͤge und das Magazin, die Berliner Beytraͤge zur Landwirthſchaft, die Leipziger Intelligenzblaͤtter, das Wittenberger Wochen - blatt und andere aͤhnliche Sammlungen.

Der wuͤrdige Hr. Franz Hermann Hein - rich Luͤder, zu Dannenberg, nahm ſich vor - zuͤglich des Kuͤchengartens an, und behandelte ihn gruͤndlich und ausfuͤhrlich in ſeinen Brie - fen uͤber die Beſtellung eines Kuͤchengartens, in 3 Theilen, wovon nun, ſeit 1766, 3 Auf - lagen erſchienen ſind. Er hat darinnen theils die Erfahrungen derer, die vor ihm hierinnen ar - beiteten, benutzt, theils auch eigene angege - ben; im dritten Theile liefert er vorzuͤglich einen brauchbaren Kuͤchengartenkalender, wo er alles zuſammen vortraͤgt, z. B. die Zeit, die Beſtel - lung, die Beſchaffenheit des Erdreichs, dieWeite,127Weite, Tiefe, Wartung und Nutzung einer Ausſaat und Pflanzung, und die Erziehung der Saͤmereyen. So enthaͤlt auch dieſer drit - te Theil Materialien zur Geſchichte des Kuͤchen - gartens, worinnen der Verfaſſer mit vielem Fleiß geſammelt hat, was bis auf ſeine Zei - ten davon bekannt war.

Weiter hat er auch geliefert: eine vollſtaͤn - dige Anleitung zur Wartung aller in Europa erwachſenden Kuͤchen - und Fruchtgaͤrten, Ge - waͤchſe und Fruͤchte, aus dem Engliſchen, 1ter Theil, welcher die Kuͤchengartengewaͤchſe enthaͤlt; der zweyte wird die Kuͤchen - und Fruchtgartenfruͤchte enthalten. Beyde ſind nach ſeinem eigenen Geſtaͤndniß woͤrtlich aus Millers ſaͤmmtlichen Werken, und zwar aus der letzten vor des Verfaſſers Tode in London gedruckten Ausgabe uͤberſetzt. Er liefert darin - nen alle im Miller vorkommende Kenntniß von Kuͤchen - und Obſtgaͤrten; die nach Muͤl - lers Zeiten gemachten Entdeckungen verſpricht er in einem Nachtrage, ſo wie er auch den Blumengarten auf eine aͤhnliche Weiſe behan - deln wird. Im J. 1778 haben wir den neue - ſten Blumenfreund, eine praktiſche, phyſikali - ſche, botaniſche Gartenſchrift, von Chriſtian Gottlob Winklern erhalten. Er ſchraͤnkt ſich bloß auf den Blumenbau ein, und ſagt auch hierinnen keine Neuigkeiten.

Unter dem Namen Adelkofer erſchien zu Augſpurg 1778 die gruͤndliche Gartenſchule,welches128welches aber nichts weiter iſt, als der Abdruck des oben angefuͤhrten Buchs Parnaſſus horten - ſis, und von Johann Seither 1779 ein Un - terricht zur Gaͤrtnerey.

Mit der Baumcultur beſchaͤftigt ſich vor - nehmlich die Pomologia, d. i. Beſchreibungen und Abbildungen der beſten Sorten der Aepfel und Birnen, ins Deutſche uͤberſetzt v. G. L. Huth, Nuͤrnberg 1760. Fol., wie auch ein anderes hierher gehoͤriges Werk das den Titel fuͤhrt: Pomologia, d. i. Beſchreibung und Abbildung der beſten Arten von Aepfeln, Birnen, Kirſchen ꝛc. und einigen Pflaumen, beſchrieben, und mit Farben abgebildet, oder die von Knoop herausgegebene Pomologia, 2ter Theil, iſt aber nicht von Knoop, ſondern von Herrn Conſiſtorialrath Zink in Sachſen - Meinungen.

Der deutſche Baumgaͤrtner nach den Grundlehrſaͤtzen der beruͤhmteſten Maͤnner in der Gaͤrknerey, Schleußingen 1764. deſſen Verfaſſer Hr. Daulin zu Schleußingen iſt.

Da die Auslaͤnder in dieſem Jahrhunderte vorzuͤgliche Werke uͤber den Gartenbau erhiel - ten, ſo ſuchte man einige derſelben auch in Deutſchland durch Ueberſetzungen zu benutzen. Es gehoͤrt hierher die theoretiſche und prakti - ſche Abhandlung vom Gartenbaue, nach den Grundſaͤtzen der Naturlehre, und desPflan -129Pflanzenreichs erwieſen, aus dem Franzoͤſi - ſchen des Herrn Abbe Ruͤdiger Schabol uͤber - ſetzt, Theil 1, 2, 3. Frankf. 1774. 4 Alph. 8. Es wird darinnen ſonderlich die Gaͤrtne - rey in dem wegen derſelben beruͤhmten Dorfe Montreuil gelehrt. Eine deutſche Ueberſetzung von Dicks New Gardeners Dictionary haben wir von dem Hrn. D. Zeiher unter den Titel: Joh. Dicks vollſtaͤndige Gartenkunſt, worinnen die bewaͤhrteſten Methoden aller Arten von Baͤumen, Gewaͤchſen und Blumen, nach al - phabetiſcher Ordnung beſchrieben, zu ziehen, und nebſt ausfuͤhrlichen Regeln uͤber die Gar - tenarbeiten uͤberhaupt enthalten ſind, nach dem Engliſchen herausgegeben von D. Joh. Ernſt Zeiher, 2 Theile, Leipzig 1774. 4 Alph. gr. 8. Er hat meiſt, wie er auch ſelbſt geſtehet, den Miller benutzt. Auch davon, was Tho. Mawe und lohn Abercrombie in England zum Gar - tenbaue lieferte, haben wir in Deutſchland durch Ueberſetzungen naͤher kennen lernen, un - ter dem Titeln: Thomas Mawe’s allgemeiner Gaͤrtner, aus dem Engliſchen. Eben ſo er - ſcheinet die Arbeit des Abercrombie zu Luͤbeck, unter dem Titel: Vollſtaͤndige Anleitung zur Erziehung und Wartung aller in Deutſch - land in freyer Luft zu ziehenden Obſt - Frucht - baͤume und Straͤucher, aus dem Engliſchen.

Eben ſo haben wir die Arbeiten dieſer bey - den Englaͤnder unter dem Titel: PraktiſcheII. Theil. JAn -130Anweiſung zur Gartenkunſt fuͤr alle Monate von Mawe, Abercrombie und andern erfahr - nen Gaͤrtnern, nach der ſiebenten engliſchen Ausgabe.

Ueber den Blumengarten ſind eins der vor - zuͤglichſten Werke des Hrn. F. H. H. Luͤder Briefe uͤber die Anlegung und Wartung eines Blumengartens, welche zu Hannover 1777 in 8. erſchienen.

Dieſes ſind die vorzuͤglichſten Schriften uͤber den Gartenbau ſelbſt, in ſo fern er die Erziehung der Gewaͤchſe betrifft; Herr von Muͤnchhauſen, in ſeinem Hausvater im zwey - ten Theile, giebt an die zweyhundert an. Al - lein uͤber die eigentliche Gartenkunſt, oder uͤber den Geſchmack in Anlegung der Gaͤrten, ha - ben wir nur wenige, die ſich eigentlich und nach guten Grundſaͤtzen damit beſchaͤftigen. Die aͤltern richteten ſich immer nach dem Ge - ſchmacke ihrer Zeiten und der Auslaͤnder, de - ren Beyſpiel ſie nachahmten. Schon im ſechzehnten Jahrhunderte verſuchten es ver - ſchiedene Deutſche, Regeln fuͤr die eigentliche Gartenkunſt zu geben. Der Verfaſſer des Buchs: Garten und Pflanzungen mit wunder - ſamer Zier, und Peſchel in ſeiner Gartenord - nung aus den Gruͤnden der Geometrie, gehoͤ - ren unſtreitig unter dieſe Claſſe von Garten - ſchriften. In dem 17ten folgte man den franzoͤſiſchen Gartenbuͤchern, welche neben demoͤkono -131oͤkonomiſchen Gartenbau auch die Garten - kunſt, obſchon nach dem damaligen Geſchma - cke, behandelten. Jedoch finden ſich in Deutſch - land auch verſchiedene, die nach franzoͤſiſchen Grundſaͤtzen, die die Baukunſt in den Gaͤrten ſo ſehr misbrauchten, auch architektoniſche Zeichnungen fuͤr die Gaͤrten lieferten. Es gehoͤren hierunter Sturm, Fuͤlcken, Danrei - ter, welcher des Alexander Blonds Garten - akademie uͤberſetzte, wie auch der Ueberſetzer des franzoͤſiſchen Werks des Blondels. Erſt in unſerm Jahrhunderte erhielt Deutſchland wieder Schriftſteller dieſer Art. Einer der erſten ſcheint der H. von Muͤnchhauſen zu ſeyn, der in ſeinem Hausvater im erſten Theile An - leitung zur Anlegung eines Gartens, mit Ruͤck - ſicht auf Geſchmack, Oekonomie, Botanik und Naturlehre, giebt. Vorzuͤglich aber mach - te ſich Herr Hirſchfeld hierinnen verdient, indem er in ſeinem kleinen Werke: Anmer - kungen uͤber die Landhaͤuſer und die Gar - tenkunſt, welche 1773 zu Leipzig erſchienen, vornehmlich aber in ſeinem groͤßern, welches den Titel, Theorie der Gartenkunſt, fuͤhrt, und wovon wir nun drey Theile beſitzen, die aͤchten Grundſaͤtze der Gartenkunſt, nach dem Vorgange der Englaͤnder, mit Ruͤckſicht auf deutſche Natur, Volkscharakter, Clima und die beſſern Grundſaͤtze derſelben zu finden und auszubreiten, ſich bemuͤhete.

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Da dieſes eine Nationalſchrift uͤber die Gartenkunſt iſt, ſo will ich dieſelbe hier etwas ausfuͤhrlich durchgehen. Herr Hirſchfeld ma - chet zuerſt einige allgemeine Bemerkungen. Er oͤffnet Ausſichten in die Gaͤrten der Alten und Neuen, unterſucht den alten und neuen Gartengeſchmack, betrachtet die Gartenkunſt als ſchoͤne Kunſt, und handelt zuletzt von der Beſtimmung und Wuͤrde der Gaͤrten. Er unterſucht hierinnen vornehmlich den Urſprung der Gaͤrten, und nimmt den Grundſatz an, daß der Geſchmack an den Gaͤrten ſich deſto mehr ausgebreitet, je mehr ſich die heroiſchen Zeiten verloren. Koͤnnte man nicht noch hinzu - ſetzen: und je mehr der Reichthum der Nation wuchs, und mit ihm der Luxus ſich nahete, weil unter allen ſchoͤnen Kuͤnſten unſtreitig die Gartenkunſt den groͤßten Reichthum for - dert, da die Anlagen und Ausfuͤhrungen der Gaͤrten die groͤßten Summen verlangen? Hr. Hirſchfeld ſucht zugleich zu eroͤrtern, warum ſie unter den ſchoͤnen Kuͤnſten am ſpaͤteſten ent - ſtanden? Es fehlten, ſagt ert)S. Theorie der Gartenkunſt von C. C. Hirſch - feld, 1 Band Leipzig 1779. 4to S. 5., der Gar - tenkunſt die maͤchtigen Triebfedern, die fuͤr einige andere ſchoͤne Kuͤnſte ſo wirkſam wa - ren. Dieſe erhoben ſich mit den großen republi - caniſchen Beſtrebungen des Geiſtes, mit dem Kampf nach Freyheit, nach Herrſchaft, nachRuhm133Ruhm und Unſterblichkeit, mit den ſichern ſo - gleich gegenwaͤrtigen Belohnungen des Vater - landes: ſo ſtieg vornehmlich die Beredſamkeit, Poeſie, Bildhauerkunſt. Die Anlage der Gaͤr - ten aber erforderte eine Denkungsart, die der heroiſchen entgegen war, die Ruhe der Lei - denſchaften, die Liebe der Stille und des laͤnd - lichen Vergnuͤgens . Es iſt nicht zu laͤugnen, daß hierinnen etwas liege; allein ich glaube, daß eine Haupturſache auch darinnen zu ſu - chen ſey: weil die Gartenkunſt die Vollkom - menheit der andern, vornehmlich bildenden Kuͤnſte verausſetzt. Kommt großer Reich - thum der Nation, ruhiger ſanfter Charakter, Vollkommenheit der uͤbrigen ſchoͤnen und bil - denden Kuͤnſte zuſammen, ſo iſt dieſes unſtrei - tig die Epoche des Entſtehens einer guten Gar - tenkunſt. Aber dann neigt ſich auch meiſt die Nation ihrem Falle. Die ganze Geſchichte beſtaͤtiget es, daß die Gartenkunſt immer als - dann bey einer Nation bluͤhete, wenn ſie an - fieng zu verſchwenden, wenn ſie ihrem Falle nahe waru)Dieſes lehret vornehmlich das Beyſpiel der Ba - bylonier, und der Roͤmer unter den Kaiſern.. Ich verbitte es ſehr, hieraus zu folgern, als ob ich den Aufwand auf Gaͤrten zur Verſchwendung rechnete. Wer ſo ſchlieſ - ſen wollte, wuͤrde den Geſchmack der Nation, der eine Zeit lang dauert und modiſch iſt, und fuͤr ſo viele Zwang wird, mit dem Vergnuͤ -J 3gen134gen verwirren, das dieſer oder jener reiche Pri - vatmann an einem mit Geſchmack angelegten Garten findet, den er zwar oft theuer erkauft, aber dabey nicht vergißt, ſein Vermoͤgen zu uͤberrechnen. Man verweiſe mich hier nicht auf England. Es beſtaͤtigt vielmehr meinen Satz; nur ſein Handel und Seemacht haͤlt die Fol - gen ſeiner Verſchwendung auf, daß ſie noch nicht zu ſeinem Faͤlle wirken kann.

Herr Hirſchfeld gehet hierauf zu den Gaͤr - ten der Babylonier, beſonders den ſchweben - den, uͤber, macht uns mit den Gaͤrten der Per - ſer, der Griechen, und den Villen und Gaͤrten der Roͤmer bekannt. Unter den roͤmiſchen Gaͤrten, wenn ich nicht irre, uͤberſahe Herr Hirſchfeld den beruͤhmten Garten des Seneka, den man auf eine Million am Werthe ſchaͤtzte, und der vielleicht keine geringe Urſache war, warum Nero ihm im Bade die Adern oͤffnen, und ſeinen Lehrer verbluten ließ. Er ſucht hierauf die Gartenkunſt in den mittlern Zeiten, wo er ſie aber ganz vermißt. Und einiger - maßen muͤſſen wir ihm Beyfall geben. Ob man aber nicht in den Klagen uͤber die Bar - barey der mittlern Zeiten zuweilen zu weit ge - het, verdient eine tiefere Unterſuchung, als es hier moͤglich iſt. Sollte nicht die große Handelsepoche der Slaven und Deutſchen hier einige Ausnahmen machen? AlbertusMa -135Magnusx)S. Bruckers Fragen aus der philoſophiſchen Hiſtorie. Th. V. S. 1078. haͤtte hier nicht ganz uͤbergangen werden ſollen, der wegen ſeines Gartens im Winter, und wegen einiger andern Erfindungen, zu einem Hexenmeiſter im dreyzehnten Jahr - hunderte gemacht wurde. Petrus von Cre - ſcentiis, Franz Petrarcha, und Afrikus Cle - mens, gehoͤren auch hierher.

Er gehet hierauf zu den Gaͤrten Italiens in den neuern Zeiten, beruͤhrt die Gaͤrten der Schweizer, und betrachtet den franzoͤſiſchen Ge - ſchmack, den Le Notre einfuͤhrte, und Italien und andern Laͤndern mittheilte; der aber in den neueſten Zeiten bey der Ausbreitung des guten Gartengeſchmacks von England aus, verlor. De la Quintinie verdiente hier auch erwaͤhnt zu werden, da er der Erſte geweſen zu ſeyn ſcheint, der in den franzoͤſiſchen, ja ſelbſt koͤnigl. Gaͤrten, die Kohl - und Kuͤchen - kraͤuter hinter die Rabbatten pflanzte, und da - durch etwas Neues in den Gaͤrten einfuͤhrte. Er fuͤgt die Beſchreibung des Gartens des Hrn. Watelet bey. Herr Hirſchfeld beſucht hierauf die ſpaniſchen Gaͤrten des Eſcurials, und bey Aranjuez, die Gaͤrten der Nieder - laͤnder und Englaͤnder; beſchreibt den Park zu Wentworth Duncombepark, den zu Hagley; und kommt endlich zu den Gaͤrten der Deut - ſchen, wo er die Gegend um Aſchberg in Hol -J 4ſtein136ſtein beſchreibt. Er kommt hierauf zu den Gaͤrten von China, wo er Chambres Beſchrei - bungen folgt, aber doch einige Gruͤnde gegen die Wirklichkeit der chineſiſchen Gaͤrten vor - bringt, welche er ſonderlich von dem Still - ſchweigen anderer Reiſenden nimmt. Er geht hierauf zu verſchiedenen Gaͤrten und Luſtplaͤtzen in andern Weltgegenden. Er unterſucht hier - auf im zweyten Abſchnitte den alten und neuen Geſchmack in den Gaͤrten, geht zur Entſte - hung des neuen uͤber, wozu Bako und Addiſon durch maͤnnliche Beurtheilungen, Pope durch Spott, Milton durch die Malerey in ſeinen verlornen Paradies den Weg bahnten, und den endlich der muthige Kent mit großem Ge - nie betrat, und Home und Whately der Gar - tenkunſt ſcharfſinnige Unterſuchungen widme - ten. Unter den Franzoſen erhob ſich zuerſt der Buͤrger von Genf gegen den falſchen Ge - ſchmack in dem Baumgarten ſeiner Juliey)S. Julie au nouvelle Heloiſe Part. IV. Lettr. XI. . Ihm folgte Watelet und einige andre Schrift - ſteller. Unter den deutſchen Verbeſſerern zeich - net er einen Geßner und Sulzer aus, wozu ich oben noch einen und den andern verdienten Mann geſetzt habe. Er handelt im dritten Abſchnitte von der Gartenkunſt als ſchoͤnen Kunſt, im vierten von der Beſtimmung und Wuͤrde der Gaͤrten. Er geht hierauf ſelbſtzur137zur Theorie uͤber, und betrachtet zuerſt die Ge - genſtaͤnde der ſchoͤnen laͤndlichen Natur uͤber - haupt. Er handelt von Mannichfaltigkeit und Groͤße, und von Schoͤnheit; bey dieſer betrachtet er Farbe und Bewegung; von der Anmuth und Lieblichkeit, von der Neuheit und dem Unerwarteten, vom Contraſt; von den verſchiedenen Charakteren der Landſchaft und ihrer Wirkung. Hier betrachtet er die einzelnen Theile einer Gegend, die Ebenen, Anhoͤhen, Vertiefungen, Felſen, Huͤgel, Ge - birge, Gehoͤlze, Waſſer, Wieſen, Ausſich - ten, Zufaͤlligkeiten; und handelt von der Cha - rakteriſtik verſchiedener Gegenden. Im zwey - ten Bande handelt er von dem Platz zu einem Garten, von Baͤumen, Blumen, Raſen, Waſſer, fuͤgt Beſchreibungen von verſchiede - nen Gaͤrten in England und Deutſchland bey, unterſucht die Baͤume nach der Wirkung in den Garten, da naͤmlich einige durch Schoͤnheit ihrer Geſtalt und des Stammes, andere durch aufſtehende oder haͤngende Zweige, durch die Blaͤtter ſowohl in Anſehung der Farbe, als der Dauer im Winter, andere durch die Bluͤ - te vergnuͤgen. Er handelt ferner von Straͤu - chern, Baumgruppen und Haufen von Hai - nen, Waͤldern u. ſ. w. Nachdem er die Sce - nen von Baͤumen uͤberhaupt, die die Natur darbietet, unterſucht hat, ſo betrachtet er die eigentlich kuͤnſtlichen Scenen, z. E. die Auf - ſtellung einzelner Baͤume und Hecken, Alleen,J 5Lauben,138Lauben, Labyrinthe und Orangerien. Er handelt von den Blumen, von Raſen, wobey er bemerkt, daß nicht die Englaͤnder die Er - finder der Raſen ſind, ſondern daß ſie ſchon vorher in den Gaͤrten geweſen, aber nur erſt in den neuen brittiſchen Parks unter der Be - guͤnſtigung eines feuchten Clima’s, eine ſchoͤ - nere Ausbildung gewonnen.

Er handelt hierauf vom Waſſer, von der Be - nutzung des Meeres und der Landſeen; handelt von dem See zu Keswick, wie er auch den Gen - ferſee beſchreibt; von Teichen, Waſſerſtuͤcken, Stroͤmen, Fluͤſſen, Baͤchen, Waſſerguͤſſen, Waſſerfall, Waſſerſturz; ſodann vermiſchte Anmerkungen uͤber das Waſſer, worinnen er ſonderlich von ſpringenden Waſſern handelt. Er zeigt, wie ſie nicht der Natur entgegen ſind, da ſich wirklich natuͤrliche Fontainen in Ißland finden, vornehmlich viele kochende und warme Quellen, welche fußdicke Saͤulen weit uͤber hundert Fuß in die Hoͤhe treibenz)S. Troil Briefe, die um 1772 nach Ißland an - geſtellte Reiſe betreffend. Aus dem Schwediſchen 1779. 2 B.. Er geht hierauf zu den Wegen und Gaͤngen, uͤber deren Werth in den Gaͤrten er auch aus ihrer Beſtimmung entſcheidet.

Im dritten Theile handelt er ſonderlich von der Gartenarchitektur, welches um deſtowichti -139wichtiger iſt, da noch in keinem Theile der Bau - kunſt groͤßere Duͤrftigkeit herrſchet, als eben in dieſem. Er verwirft die gekuͤnſtelten Ge - baͤude von Gitterwerk, welche die Franzoſen einfuͤhrten. Alles, was die Gartenbaukunſt bisher geliefert, waren nur Luſtſchloͤſſer und Luſthaͤuſer; von den uͤbrigen Gartengebaͤuden findet man bey den beruͤhmteſten Architektur - lehrern wenig oder nichts. In Dresden bluͤ - hete dieſe Art der Architektur zuerſt auf in dem Herrn Schuricht; ein Ruhm fuͤr Sach - ſen! und dieſe Schule der Kuͤnſte gab ihr die Reinigkeit, Leichtigkeit, Einfalt und Anmuth, die dieſe Art von Architektur ſo ſehr fordert. Es gehoͤren hierher Luſtſchloͤſſer und Landhaͤu - ſer, wovon er im erſten Abſchnitte handelt, die kleinen Gartengebaͤude, worunter er Spei - ſe - und Tanzſaͤle, Schlafkabinette, Baͤder, Jagdhaͤuſer, Denkgebaͤude oder Gebaͤude zu Denkmaͤlern, welche in der Baukunſt eben das ſind, was in der Bildhauerkunſt die Sta - tuͤen. Es gehoͤren hierunter ſonderlich Tempel und Mauſolaͤen, womit ſich der ganze Abſchnitt beſchaͤftiget. Sodann gehet er im dritten Abſchnitte zu den eigentlichen Tempeln, von dieſen zu den Grotten, Einſiedeleyen, Capellen, Ruinen uͤber. Im vierten handelt er von Ruheſitzen, Baͤnken und Thoren. Im fuͤnften von Statuͤen, Monumenten und Inſchriften, wo die Denk - maͤler eines Gellerts, Hallers, Hagedorns,Kleiſts140Kleiſts und Geßners, wovon einige Ideale ſind, aufgefuͤhrt ſind. Der Anhang enthaͤlt neun Beſchreibungen von Gaͤrten, naͤmlich des von Friedensburg, Jaͤgerpreis, Marien - luſt, Sophienluſt, Friedrichsberg, die Be - ſchreibungen einiger Landſitze in Seeland, von Schwanenſee, Breſe und des fuͤrſtlichen Gartens von Zelle.

Außer dieſen einheimiſchen gehoͤren auch die Ueberſetzungen verſchiedener engliſcher Schriften hierher. Home in ſeiner Critik lie - fert ſcharfſinnige und durchdachte Grundſaͤtze uͤber die Gartenkunſt. Die Betrachtungen uͤber das heutige Gartenweſen ſind reich an vorzuͤglichen Bemerkungen dieſer Art. Die Abhandlung Chambers uͤber die orientaliſchen Gaͤrten und der engliſche Garten des Mah - ſon bemuͤhen ſich mehr Licht uͤber dieſe Gegen - ſtaͤnde zu verbreiten.

Ich weiß nicht, ob Voch in ſeinen Gruͤn - den zu Gartenriſſen die Beobachtungen dieſer Maͤnner benutzt hat.

Ich kann nicht umhin, hier ſelbſt einige Gedanken uͤber unſer Gartenweſen zu aͤußern. Es war ſehr billig, und macht unſren Zeiten Ehre, daß ſie ſich bemuͤheten, die Kunſt und die Natur in ihre verlornen Rechte wie - der einzuſetzen. Allein, ob die Reformatoren allezeit genugſame Klugheit anwenden, ob ſieallezeit141allezeit die Vorurtheile, wie ſie doch ſollen, vermeiden, und ob ſie die ſo weiſe Mittel - ſtraße betreten, ohne auf dieſen oder jenen Ab - weg zu gerathen, iſt eine Frage, die meiſt nicht anders als zum Nachtheil jener entſchieden werden kann. Allerdings hatte die aͤltere Gartenkunſt viel Zwang, und beraubte die Natur vieler Schoͤnheiten. Aber gewiſſe ein - zelne Theile dieſer alten Kunſt laſſen ſich, daͤchte ich, vollkommen rechtfertigen. Herr Hirſchfeld hat ſchon den Statuͤen das Wort geſprochen, aus Gruͤnden, die unverwerflich ſind, weil ſie, wenn ſie mit Einſicht gewaͤhlt und geſtellt ſind, dem Auge und der Einbil - dungskraft manche angenehme Unterhaltung mehr geben, manche ſuͤße Empfindung mehr erwecken, etwas Geſellſchaftliches haben, und uͤberhaupt die Anmuth eines Platzes auch fuͤr Zuſchauer von geringerm Geſchmack erhoͤhen koͤnnen. Nur muͤſſen ſie nicht an einander gedraͤngt ſtehen, daß man ſich aus dem Gar - ten in eine Gallerie verſetzt glaubt, und eben ſo wenig wider den Charakter der Scene ſeyn, wenn ſie gar keine Verwandtſchaft mit den Ideen oder Empfindungen haben, die der Ort, wo ſie ſtehen, erwecken ſoll. Der Herr Hirſch - feld ſcheint noch den Grund vergeſſen zu ha - ben, daß wir ja auch haͤufig Perſonen in einer Landſchaft finden, und alſo die Statuͤen die Stelle dieſer vertreten, und den Garten gleich - ſam zu einer bevoͤlkerten Landſchaft machenkoͤnn -142koͤnnten; nur muͤſſen ſie alsdenn nicht ſo entfernt von unſren Sitten und Religion ſeyn. Wir ſind nach unſerer Religion nicht gewohnt, Goͤt - ter auf Erden zu ſehen; koͤnnten nicht Grup - pen laͤndlicher Scenen, Schnitter, Maͤher, Thiere, zuweilen in unſern Gaͤrten an ſchick - lichen Plaͤtzen ſtehen, die letztern z. B. auf gruͤnen Raſenplaͤtzen? Ein neuer Vortheil der Statuͤen in Gaͤrten iſt auch die Befoͤrde - rung der Kunſt. Zwar wird man ſagen, ſind nicht dazu die Gallerien? kann man dazu nicht andere Plaͤtze waͤhlen? Allein nur wenig Pri - vatmaͤnner ſind vermoͤgend, Gallerien anzule - gen, aber einzelne Statuͤen fuͤr einen Garten beſtimmen, dieſes koͤnnen weit mehrere; und iſt es nicht vortheilhaft, wenn, ohne Beleidi - gung der Gartenkunſt, auch hier der gute Ge - ſchmack auf eine angenehme Art befoͤrdert wer - den kann?

Ein zweyter Punkt, von dem ich mich nicht entſinne, daß ihn ein Schriftſteller naͤher un - terſucht, um ihn mit Gruͤnden, die vor dem Richterſtuhl der Natur und des Geſchmacks guͤltig ſcheinen, zu vertheidigen, ſind die Ver - zierungen mit bunten Glaskugeln, oder Stuͤ - cken, ingleichen mit Mineralien und Conchi - lien. Unſtreitig iſt der Thau, der auf einer Gegend wiederſchimmert, einer der glaͤnzendſten Anblicke in der Natur. Wenn wir nun die - ſen bunten Putz als das Mittel anſehen, wel - ches uns die praͤchtige Scene der bethauetenGefilde143Gefilde verlaͤngert, da ſie in der Natur mit dem Morgen entflieht; ſo kann uns dieſe Verzierung auch das aͤhnliche Schauſpiel vor - ſtellen, das uns die Sonne, die nach dem warmen Fruͤhlingsregen in den Tropfen wie - derſpielt, verſchaffet. Sollten Mineralien und Conchilien, wenn ſie bey kuͤnſtlichen Ber - gen oder Anhoͤhen ſchichtweiſe oder einzeln angebracht waͤren, ohne den guten Ge - ſchmack durch Kuͤnſteleyen zu beleidigen, nicht zu Verſchoͤnerungen unſrer Gaͤrten gebraucht werden koͤnnen, da wir dergleichen Scenen in der Natur und in der Landſchaft nicht ohne Vergnuͤgen erblicken? Man geht zu weit, wenn man alle Regelmaͤßigkeit aus den Gaͤrten ver - draͤngt, und ſie ohne Unterſchied verwirft. Eine Regelmaͤßigkeit, die nicht zur Einfoͤr - migkeit wird, vergnuͤgt uns: einfoͤrmig und ekelhaft aber wird ſie, wenn ſie zu aͤngſtlich iſt, und wenn ſie weit wirkſamerer Endzwecke und wahrer Schoͤnheiten uns beraubt: hierin - nen liegt das Ermattende der ſo haͤufigen gruͤ - nen Waͤnde.

Man verwirre nicht zu ſehr Garten und Landſchaft. Der Grundſatz: Ein Garten muß eine Landſchaft ſeyn, iſt nicht ganz richtig, ſondern ein Garten iſt ein von einer Landſchaft der Natur unterſchiednes Werk, das durch die Kunſt geordnet und zuſammengeſetzt iſt, und wozu man aus der ganzen gruͤnenden Na - tur, und alſo auch aus der Landſchaft die ein -zelnen144zelnen Schoͤnheiten entlehnt, und zu einem ſchoͤ - nen Ganzen verbindet. Man ſiehet hieraus, daß die unregelmaͤßige Wildheit der Natur in einer Landſchaft zum Garten nicht noͤthig iſt, ſon - dern dieſes wuͤrde gegen das Weſen des Gar - tens ſeyn, der ein ſchoͤnes Ganzes ſeyn ſoll. Hieraus fließt, daß diejenigen ſehr irren, die Obſt - und Fruchtbaͤume aus dem Garten verdraͤn - gen. Sie empfehlen ſich durch Anmuth und Nutzen; denn was iſt ſchoͤner, als der mit Bluͤ - ten uͤberſchneyete und Balſam verhauchende Obſtgarten im Fruͤhlinge, was anmuthiger und nuͤtzlicher, als die im Sommer unter dem Laube ſchwellende Kirſche, oder im Herbſt die belaſteten Aeſte mit dem Gold der Birnen, oder dem Incarnat der Aepfel? Und warum entfernt die neuere Gartenkunſt die mannichfaltige Schoͤnheit des Kuͤchengartens aus ihrem Ge - biete? Sollte der Deutſche dieſes nicht als ein Nationalkennzeichen in ſeine Gaͤrten aufneh - men, da von ſeinen Graͤnzen aus ſich dieſe Art von Fruchtbaue zu andern verbreitete, wie uns die oͤkonomiſche Geſchichte der heutigen Nie - derlande und Britanniens lehren wird?

So ſollte man auch in den Gaͤrten mehr fuͤr verſchiedene Aufenthaltsorte nach den ver - ſchiedenen Jahres - und Tageszeiten beſorgt ſeyn. Oft wird es verſehen, daß man zu viel Schatten anbringt, und vergißt, daß Deutſch - land ſich dem Norden naͤhere, und daß man bey italieniſchen und franzoͤſiſchen Gaͤrten, vondenen145denen wir haͤufig die Regeln nahmen, an das Clima denken muͤſſe, welche mehr Schatten verlangen, als in unſern Deutſchen erlaubt iſt. Bald vergißt man ganz, daß Deutſch - land zu den noͤrdlichen Laͤndern gehoͤre, und ſorgt fuͤr den Schatten zu wenig. Man ſorgt gemeiniglich nicht genug fuͤr Gartenplaͤtze, die auch im Winter gruͤnen. Da uns Nordame - rika ſo reichlich mit dergleichen Baͤumen ver - ſorgt, und das ganze Geſchlecht der Nadelhoͤl - zer, nur eines oder das andere ausgenommen, in der Natur uns dazu vor Augen ſtehet, warum machen wir nicht mehr Gebrauch davon?

Noch muß ich etwas fuͤr die geſchornen Raſenplaͤtze erinnern. Die Englaͤnder ver - ſchwenden ungeheure Muͤhe und zuweilen eben ſo große Koſten in denſelben, und Herr von Muͤnchhauſen wirft es ihnen in ſeinem Haus - vater vor. Daß ſie dem Auge ſehr angenehm ſind, zu laͤugnen, hieße aus Vorurtheil der Em - pfindung widerſprechen; unſer Blick ſchlupft lieber uͤber eine glatte und ebene Flaͤche, als uͤber eine rauhe, hin. Allein es findet ſich auch noch ein anderer Grund in der Natur, wo - durch ſie uns gleichſam dieſe Raſen als eine Schoͤnheit empfiehlt. Eine Wieſe oder Flur, die ſich fuͤr uns unabſehbar verliert, gewaͤhrt durch die glatte Oberflaͤche und Ebene, mit der ſie ſich von der Ferne unſern Augen naͤhert, viel mehr Anmuth, als in der Naͤhe, wo wirII. Theil. Kdie146die einzelnen Graͤſer bald hoch, bald niedrig und ungleich ſehen. Der geſchorne Raſen gewaͤhrt uns das in der Naͤhe, was uns die Wieſe durch ihre Entfernung ſchenkt, zumal da wir in den kleinern Gaͤrten dieſe Schoͤnheit der Natur im Großen nicht nachahmen koͤnnen, wie etwa in groͤßern Parks, wo ſich auch Wieſen anle - gen laſſen, welche durch ihre unabſehbare Ent - fernung, und die gleiche gruͤne Oberflaͤche ver - gnuͤgen. Eben dieſes ließe ſich fuͤr den maͤßi - gen Gebrauch der Hecken und gruͤnen Waͤnde, und zum Theil auch verſchnittenen Baͤume ſagen. Sie gewaͤhren uns das in der Naͤhe, was von Ferne her uns am Horizonte der Wald wird. Dieſer erſcheint uns als eine gruͤne in einer glatten Ober - und Seitenflaͤche fortlaufende Wand oder Begrenzung; und ſo ahmt der kleinere Garten dieſer Schoͤnheit der Landſchaft durch die Kunſt und durch das Schneiden der Baͤume, Hecken und Waͤnde nach. Ich erin - nere dieſes bloß von dem maͤßigen Gebrauch, und rede dadurch dem Misbrauche nicht das Wort, ſpreche nicht dem Baume in ſeiner na - tuͤrlichen Geſtalt ſeine Schoͤnheit ab, in der er ſich wild erhebt, ſondern ich rede nur von dem Falle, wenn auf kleinern Plaͤtzen jene Schoͤnheiten großer Landſchaften nachgeahmt werden ſollen, daher auch dergleichen Kunſt - ſtuͤcke ſich mehr in kleinere, als in groͤßere Gaͤrten ſchicken; und in den letztern wenig - ſtens nicht leicht anders, als einzelne klei -nere147nere Parthien erſcheinen duͤrfen. Daher kein großer Garten ganz in dieſem Geſchmacke an - gelegt werden darf, weil man da wegen der Groͤße des Platzes die Natur in ihren Schoͤn - heiten im Großen nachahmen kann, ohne daß der kleinere Platz gewiſſe Kunſtſtuͤcke zu Huͤlfe zu rufen noͤthig hat, um jene Schoͤnheiten doch einigermaßen nachzuahmen und anzubringen.

K 2Geſchichte148

Geſchichte der Weinkultur vom ſechzehnten Jahrhunderte bis auf unſere Zeiten.

Der Urſprung des deutſchen Weinbaues faͤllt in die aͤltere und mittlere Geſchich - te, in die Zeiten des Probus, und des fuͤnf - ten und zwoͤlften Jahrhundertes; hier ſchraͤn - ke ich mich nur auf die neuern Zeiten, vor - nehmlich ſeit dem ſechzehnten Jahrhunderte, ein, weil der deutſche Weinbau um dieſe Zeiten ſich in einigen und andern Weingegen - den vorzuͤglich ausbreitete, ob ihn gleich noch damals haͤufig das Clima ſehr verfolgte. Der deutſche Weinbau iſt vorzuͤglich die Beſchaͤfti - gung der Gegenden am Rhein, Necker, in Franken, und in Meißen und Thuͤringena)Coler in ſeinem Hausbuche, 1 Theil 6 B. c. 88. nennt Thuͤringen ein fruchtbar Land an Korn, Waizen, Wein., in Boͤheimb)In Boͤheim finden ſich im 14ten Jahrhunderte Weinberge S. Boregh boͤhmiſche Chronik p. 281., Maͤhren, Oeſterreichc)S. Coler l. c. p. 170. c. 12.. Von dem Weinbau im Wuͤrtenbergiſchen, wie er im15ten14915ten und 16ten Jahrhunderte geweſen, kann uns eine Weinberechnung, ſo wie uͤberhaupt die vorzuͤglichen Nachrichten, in dem ſchwaͤbi - ſchen Magazin einige Begriffe geben. Man ließ ſchon damals ihn nicht wild auf die Erde hinwachſen, noch an Baͤumen auflaufen, wie die Alten haͤufig thaten, und es noch in eini - gen aſiatiſchen Gegenden geſchiehet, ſondern man baute ihn an Pfaͤhlen; man hackete, um dadurch die Erde immer locker zu erhal - ten, und kannte alſo ſchon damals die Vor - theile des fleißigen Behackens; man ſchnitt und felgete.

Der Tagelohn fuͤr die Weingaͤrtner war damals folgender: von Petri bis Galli wur - de fuͤr jeden Tag zu ſchneiden gegeben 12 Pfennige, zu hacken 16 Pfennige, zu pfaͤh - len 16 Pfennige, zu binden 12 Pfennige, zu brechen 12 Pfennige, zu felgen, und was man mit der Haue ſchafft, 16 Pfennige, zu heften 12 Pfennige, und mit allem Hand - werk 12 Pfennige, nach Galli bis St. Petri taͤglich 12 Pfennige, man ſchaffe mit der Haue oder ſonſten, was man wolle. Ueber - haupt muß in dem 15ten und 16ten Jahr - hunderte in dieſen Gegenden der Weinbau ein - traͤglich geworden ſeyn, weil wir finden, daß um dieſe Zeit viele Getreideaͤcker in Weinland verwandelt worden; und weil die meiſten Ab - gaben in den aͤltern Zeiten an Fruͤchten gelie - fert wurden, ſo blieben die Lieferungen vonK 3Fruͤch -150Fruͤchten, und vornehmlich von Getreide, im - mer noch auch nach der Verwandlung derſel - ben im Weinlande. Daher von vielen Wein - gaͤrten, die vorher Getreideland waren, der Hafer - und Fruchtguͤlden gewoͤhnlich war, und noch iſt. Eben ſo wurden viele Bruͤche und unbebaute Gegenden zu Weingaͤrten angelegt, welche daher den Namen Neubruch, auch Reuttig, welches wahrſcheinlich von Reuten oder rotten herkommt, fuͤhrten. Es finden ſich auch in einigen Forſtordnungen Spuren von der damaligen Zunahme des Weinbaues. So wird in der hohenlohiſchen Forſt - und Holz - ordnungd)S. der Grafſchaft Hohenlohe verneuerte und verbeſſerte Wildbahn-Forſt - und Holzordnung vom J. 1579. vom J. 1579 von Weinhuͤtern ge - redet, welches ein Beweis von dem Alterthum des Weinbaues in Franken iſt. Eben ſo in einer Wuͤrtenbergiſchen, welche franzoͤſiſch ab - gefaßt iſte)Ordonance de tres haut, tres illuſtre etc. Duc de Würtenberg touchant les bois, et forets 1595. Beyde ſtehen in Fritſch. Corp. Iur. venat. conſt. . Aus der Menge der Weingaͤrten, die ſich z. E. ſchon Ausgangs des 15ten und im 16ten Jahrhunderte im Wuͤrtenbergiſchen finden, kann man leicht auf die Weinkultur uͤberhaupt ſchließen. So werden in den Stut - garter oͤffentlichen Buͤchern und Urkunden alsWein -151Weinberge genannt: Atzenberg 1451. Al - tenberg 1472. Haldhaſenbronn 1488. Scheyhelberg 1472. Schwerenberg in eben dem Jahre, Sonnenberg 1488 und 1472. Trautberg 1472. Vorderberg, daraus hat 1442 das Kloſter Borch 20 Morgen; Vim - berg 1488. Afterhalden ob dem Wege und im Velman 1451. Afterhalden im Schilf 1472. in eben dem Jahre Kirchherr, Bad - horn und Seidenberg; Bleißklingen 1451. Bragkh Bimden 1491. Kraftsbuͤ - chel 1488. Eckhſtaig 1472. Non oder Lonfalkhard 1451. Felbhemern 1472. Fangelſpach 1451. Sattelklingen Feyera - bend 1451. Ferherberg 1472. Furt 1472. ingleichen Vorſt Hauſteig in Schleyenhauſen, ingleichen Weingarten zu Immenhorn 1472. Keißhemm 1451 und 1459. Thuͤrlin 1491.

In dem 16ten Jahrhunderke kommen au - ßer dieſen erwaͤhnten vor, Muͤhlberg 1508, welches 1549 ſchon 11 Morgen hatte. Ih - lenberg 1542 von 12 Morgen. Sonnen - berg 1527. Winterhalten 1510 und 1530. Burkhenwald 1596. Leimgruben 1517. Rappentanz 1503. Wintehalten 1503. Schoner 1510. Sieh dich fuͤr 1563. Von dem Weinbau in dem Hohenlohiſchen zeigt die Stelle in der oben angefuͤhrten hohenlohi - ſchen Forſtordnung. In den fraͤnkiſchen Ge - genden war er auch damals ſchon anſehnlich. K 4In152In den ſaͤchſiſchen, und vornehmlich den meiß - niſchen und naumburgiſchen Gegenden, legten theils Biſchoͤfe, theils Kloſtervoigte, theils auch weltliche Herren dergleichen an, und der Weinbau in den meißniſchen und thuͤringi - ſchen Gegenden bluͤhet ſchon ſeit 5 bis 6 Jahr - hunderten. Im 15, 16 und 17ten Jahr - hundert aber gediehe er zu einer ausgebreite - tern Vollkommenheit, und weiterem Umfan - ge. So wurden im 16ten und 17ten Jahr - hunderte ganze Gegenden, z. B. die Rauſchel - oder Gorenberge im Amte Schweinitz, von lauter Rheiniſchen, die Coſſabauder Berge aber an der Elbe zwiſchen Meißen und Dres - den von lauter Wuͤrtenbergiſchen Rebſtoͤcken angelegt, auch jede Sorte nach ihrer Landes - art fortgebaut, und zu dieſem Behuf gelernte Rebleute oder Winzer aus dieſen Gegenden nach Sachſen gezogen. Um den Meißniſchen machte ſich beſonders in den alten Zeiten Bi - ſchof Conrad, ein geborner Franke, verdient; nach ihm aber das Geſchlecht derer von Mil - titz, die dieſe Wuͤrde auch fuͤhrten. Seit dem Jahre 1373 ſind die meiſten Weine im Ober - theil des Landes Meißen gepflanzet worden. In dieſem Jahre wurde ein Graf von Kirch - berg Biſchof zu Meißen, welcher die Wein - berge zu Cotzenbrode und Mogeln angelegt, ferner zu Oberwarte, Goßlitz, Liebethal und Nuſſene)S. Albini meißn. Land - und Bergchronik p. 309.. Churfuͤrſt Auguſt, deſſen Kennt -niſſe153niſſe in der Oekonomie uͤberhaupt ſo groß wa - ren, zeigte ſich auch hier als einen großen Wirth. Er ſuchte vornehmlich den Weinbau in Sachſen durch Abſatz des einheimiſchen Weines, und durch Abhaltung des auswaͤrti - gen zu befoͤrdern. Man zaͤhlte zu ſeiner Zeit, ohne die kleinen Hauskellereyen, bey den Schloͤſſern Annaburg und Lichtenburg, zu Merſeburg und zu Zeitz, drey Hauptkellereyen, zu Leipzig, Torgau und Dresden.

Zur Anfuͤllung der Schloß - und Zeug - hauskellerey zu Dresden, welche beyde in der Tiefe und in dem Umfange wenig ihres glei - chen haben, wurden anfangs alle gute Moſte und gute junge Weine aus den Wittenberger, Boͤlziger, Torgauer, Schweinitzer oder Goren - berger, Liebenwerder, Muͤhlberger, Meißner und Dresdner Weinbergen, zu Waſſer und zu Lande angefahren. Die torgauer Kellerey war das Niederlager dazu; zur leipziger Kellerey aber wurden die Moſte und jungen Weine aus dem Eckartsberger -, Weiſſenſeer -, Pfoͤrt - ner -, Kloſter St. Georgen -, Sachſenbur - ger -, Zeitzer -, Freyburger -, Weiſſenfelſer -, Merſeburger -, Skeuditzer und Grimaiſchen Weinbergen geliefert. Jeder Kellerey hatte dieſer große Churfuͤrſt gewiſſe Waldungen an - gewieſen, woraus das Faß - und Stoffholz, Reifſtaͤbe, ſowohl als den Eiſenhammer, woraus das Eiſen zum Kufenreifen genom - men werden ſollte. So wurde zu der leipzigerK 5Kel -154Kellerey das Holz aus den zwenkaer und grim - mer Waldungen, das zur Dresdner aus der pirnaer Waldung, das fuͤr dieſe Kellerey aber an Eichenholze, gleichwie das zur torgauer Kellerey aus den Chommeriſchen und Annabur - ger Heyden, die Reifſtaͤbe aber vor die tor - gauer und leipziger Kellerey aus der Mutſch - ner, und die vor die dresdner Kellereyen, aus der Altenberger Waldung genommen. Das Stabeiſen aber zu den Faß - und Kufenreifen mußte aus den damaligen bekannten pirnai - ſchen Eiſenhaͤmmern, welche wegen ihres zaͤ - hen Eiſens beruͤhmt waren, geliefert werden. Die leipziger Kellerey gieng bis 1579 der tor - gauer noch weit vor, und aus dieſer wurden viele churfuͤrſtliche Weine in die thuͤringiſchen Staͤdte, ins Erzgebirge, ins Voigtland und nach Leipzig, ſo wie aus der torgauer und dresdner, an die Stadtraͤthe im meißniſchen und gebirgiſchen Kreiſe, nach Hamburg und ins Brandenburgiſche verkauft. Nachdem aber um dieſe Zeit ganze Laͤger von Rhein - und Frankenweinen zu Leipzig angelegt wurden, und dieſe auch nicht hoch im Preiſe waren, ſo fiel der Vertrieb der churfuͤrſtlichen Kellereyen. Dahero mit 1580 ein Erinnerungsgenerale an alle Raͤthe in Staͤdten ergieng, die Weine zum Schank bey ihren Stadtkellern aus den churfuͤrſtlichen Kellereyen zu nehmen, und ſich dieſerhalb bey dem churfuͤrſtlichen Hausmar - ſchall zu melden. Im J. 1563 war ſchonein155ein Generale ergangen, vermoͤge deſſen die Raͤthe in Staͤdten nicht allein einen billigen Einkauf genoſſen, ſondern auch von der Trank - ſteuer davon frey waren, obgleich ſolche ſchon in dem Weinkaufe mit lag.

Schon ſeit 1579 hatte man die Leipziger auf der Pleiſſenburg liegenden Weinvorraͤthe nach der Torgauer faſt 3 Etagen tiefen Kelle - rey geſchafft, und 1581 erhielt der Kellermei - ſter zu Leipzig Befehl, den Reſt dieſer Vorraͤ - the bis auf den guten Jahrwuchs von 1581 zu verkaufen. Wegen der ſchweren Wein - bergskoſten und der Entlegenheit von der El - be, und weil die Rhein - und Frankenweine den Landwein aus den dortigen Gegenden zu verdraͤngen anfiengen, kam ſchon 1580 in Vorſchlag, die churfuͤrſtlichen thuͤringiſchen Weinberge zu veraͤußern, da ſie ſchon 1563 geſchaͤtzt worden waren. Allein man that ſie nachher einzeln aus, theils gegen die Haͤlfte, theils gegen ein Drittheil des Zuwachſes fuͤr die churfuͤrſtliche Kellerey. Dieſer Anſchlag der beyden damaligen Rentmeiſter Lauterbach und Michaelis war um deſto vortheilhaf - ter, da dieſe Weinberge zu weit von den Haupt - kellereyen an der Elbe entfernt, theils nicht in der beſten Pflege lagen, ſelten viel taugten und doch viel Unkoſten erforderten.

Der in Gohrenbergen, zwiſchen Schwei - nitz und Jeſſen, eroauete Wein iſt lauter rhei -niſches156niſches Gehege, und wird neben dem in der Hof Loͤßnitz fuͤr den vorzuͤglichſten an Guͤte, Dauer und Geſchmack unter den churfuͤrſt - lichen Bergen gehalten; nach ihnen folgen die Coſſabauder, Siptitzer, Zadler und Belgeri - ſchen Berge, und endlich die Wittenberger und Senftenberger. Der Berg Roͤglitz bey Mer - ſeburg, deſſen Anlage in das 16te Jahrhun - dert faͤllt, iſt wegen ſeiner mediciniſchen Wir - kung bekannt. Er ſoll haͤufig mit ungariſchen Fruͤchten beflanzt ſeyn, und iſt zuweilen ſehr ergiebig. Sein Inhalt iſt 23 und ein halber Acker, welche in den ſchlechteſten Jahren we - nigſtens 100 Eymer Moſt geben, in guten hingegen 300, in dem Jahre 1775 gar 500 gaben.

Die ſaͤchſiſchen Weine wurden im 16ten Jahrhunderte haͤufig nach Magdeburg und Hamburg verfuͤhrt, und an dem letztern Orte durch die Kunſt haͤufig in auslaͤndiſche ſuͤße verwandelt. Chriſtian 1. machte ſich ſonder - lich durch ſeine Weinbergsordnung vom J. 1588 um den ſaͤchſiſchen Weinbau verdient. Er ſucht darinnen allen Unordnungen in den Weinbergen zu ſteuern, und giebt den Amtleu - ten, Paͤchtern, Voigten, die gemeſſenſten Vorſchriften. Er benennt die Arbeiten in den Weinbergen genau, und ſetzt ſie auf 24, und man ſiehet daraus das damalige Syſtem des Weinbaues. Als Arbeiten werden folgen - de angegeben: Aufziehen, Raͤumen, Schnei -den,157den, Rebenleſen, Pfaͤhle ſchaͤrfen, Pfaͤhle ſtecken, Boͤgen, Saͤnken, Krauten zum er - ſtenmal, die erſte Hacke, Brechen, die erſte Hefte, Krauten zum andernmal, die andere Ha - cke, die andere Hefte, die dritte Kraute, die Beerhacke, das Verhauen, Beerhuͤtte, die Weinleſe, Pfahlziehen, Duͤngen, Decken, Steine ableſen, doch nicht alle Jahre. Er ward darinnen gleichſam ein Lehrer des Wein - baues, gab aber auch zugleich ein Beyſpiel, daß es zur Vorſorge der Polizey gehoͤre, auch fuͤr dieſes Nahrungsſchaͤfte wenigſtens in ſo fern zu ſorgen, in ſo fern ſie das Ge - traͤnke der Unterthanen nicht außer Acht laſſen, noch der Verſchwendung mit auswaͤrtigen Dingen nachſehen darf.

Das Syſtem des Weinbaues hatte da - mals noch nicht die Vollkommenheit, welche es in unſern Zeiten, vornehmlich durch das Le - ſen und Nachforſchen in den alten roͤmiſchen Lehrern der Oekonomie, wie auch durch die ausgebreitetern Kenntniſſe in der Oekonomie, Naturlehre und Naturgeſchichte, erlangt hat. Zwar hatten ſich viele gute Grundſaͤtze der Roͤ - mer, die die Lehrer der Deutſchen im Wein - baue gleich anfangs geweſen waren, an eini - gen Orten und Gegenden des Rheins erhalten, allein dieſe waren nicht zureichend, um das Syſtem des Weinbaues fuͤr vollkommen zu halten. Der Aberglaube hatte noch zu viel Macht uͤber den Weingarten, und Vorurthei -le158le hinderten noch zu ſehr die weitern Fortſchrit - te. In der Art den Weinſtock fortzupflan - zen, kannte man meiſt nur das Saͤnken, da man die Reben des alten Stockes in die Erde bringt, und bis ſie ſich bewurzelt, an dem al - ten Stocke laͤßt; oder auch die ſchon abgeloͤs - te Rebe in die Erde ſetzt. Sie kannten die verſchiedenen Arten zu pfropfen nicht, nicht die Erfindungen eines Knechts und Gauppens, Weinberge mit Wuͤrzlingen und Schnittlin - gen anzulegen; wie ſie uͤberhaupt vieler Vor - theile entbehrten, die die neuern Zeiten haben.

Uebrigens ſcheint es, daß man im ſech - zehenten Jahrhunderte noch viel mit dem Cli - ma zu kaͤmpfen hatte; wenigſtens erhellet die - ſes aus den Ertragsberechnungen der Wein - berge bey Stutgart, welche ſich in dem ſchwaͤ - biſchen Magazin befinden, da in den mei - ſten Jahren ſehr viel, zuweilen alles erfror, oder doch von Reifen litte; beſonders ſchade - te die damalige Gewohnheit, die Stoͤcke haͤu - fig unbezogen zu laſſen, daher faſt meiſtens dieſe ganz erfroren, oder doch ſehr viel litten; eben ſo erfror auch das niedere Feld haͤufiger, als das hohe. Nur die Jahre 1519, 1540, 1543, 1551, 1583 und 1599 gaben vor - zuͤglich gute Weine; bloß reiche Herbſte waren in den Jahren 1503, 1504, 1521, 1528, 1531, 1538, 1539, 1552, 1584, 1598. Gute Weine, aber doch nicht reichlich, gabendie159die Jahre 1516, 1525, 1535, 1536, 1566, 1571, 1580, 1590 und 1596, die uͤbrigen Jahre waren fuͤr den Weinbau ungluͤcklich.

In dem Brandenburgiſchen finden ſich im ſechzehnten Jahrhunderte viele Spuren von einem anſehnlichen Weinbau, und die vorzuͤ - glichſten Nachrichten giebt die Weinmeiſter - ordnung des Markgrafen und Churfuͤrſten Jo - hann Georgens, welche er von ſeinem Hofla - ger aus zu Coͤlln an der Spre, am Tage Mi - chaelis, im J. 1578 ergehen ließf)Sie findet ſich in Coleri oeconomia rurali et domeſt. Theil 1, 7 B. cap. 3. p. 164.. Er klagt darinnen zufoͤrderſt uͤber die Nachlaͤßigkeit in der Cultur ſeiner Weinberge, ſetzt feſt, daß die Weinmeiſter allezeit zu Michaelis nach der Weinleſe angenommen werden, und daß ſie die Pfaͤhle ſorgfaͤltig ausziehen ſollten, und verordnet, daß vor Winters, wo moͤglich, ge - ſenket werde, oder im Entſtehungsfall im folgenden Fruͤhlinge im May, daß ſie die Senkgruben fuͤnfviertel Ellen tief, und jeden Stock drey Schuh weit von einander legen, wo ſie auf den Columella im dritten Cap. des fuͤnften Buchs verwieſen werden, woraus man erſiehet, daß man ſchon damals die Al - ten ſich als Lehrer im Weinbaue, wie ſie es auch verdienen, vorgeſtellet. Die Duͤngung der Senkgruben ſoll vor Winters geſchehen, ſo viel moͤglich iſt, und die Amtleute werdenange -160angehalten, die Duͤngung zu liefern. Der Weinſchnitt wird ihnen genau vorgeſchrieben: ſie ſollen kurz nach Lichtmeß anfangen, und wenn der Stock in gutem Acker ſtehet und ſtark iſt, zwey Bogen, drey oder vier Kno - ten, iſt er aber nicht ſtark und im ſandigen Acker, einen Bogen, zwey oder drey Knoten ausſchneiden. Aus dem ſechſten Artikel erſie - het man, daß man vornehmlich groß-Fraͤnki - ſchen, Traminer, Elbinger Klebroth gebauet, welche, wie es daſelbſt heißt, dieſer Ort Lan - des am beſten reif werden; ſie werden ange - wieſen, immer dergleichen Fexer von den be - ſten Stoͤcken in Vorrath zu haben, und ohne Vorwiſſen des Amtmanns nicht dergleichen an Jemand abzulaſſen. Um Faſtnachten muß - ten ſie die Berge von den Waſſerwurzeln raͤu - men, und den Miſt um die Stoͤcke luͤften, darnach die Pfaͤhle ſtecken, anbinden, die er - ſte Hacke geben, und nach Pfingſten die erſte Hefte; ſodann ausbrechen, zum zweytenmal hacken, nochmals ausbrechen, die dritte Ha - cke geben; ſo werden auch die uͤbrigen Geſchaͤf - te ſorgfaͤltig angegeben, und dabey immer mit auf den Columella und Palladius verwieſen. Coler erwaͤhnt noch vieler andern Weinarten der damaligen Zeiten: ſo nennt er den Croß - ner und Gubenſchen Wein, den Fuͤrſtenber - giſchen, welchen die Kaiſer ſelbſt in Diplo - men geruͤhmt, Brandenburgiſchen, ſonder - lich zu Wuſterhauſen auf den Guͤtern des Hrn. von161von Schenk und Biberſteing)von dieſen Weinen ſ. Colers Hausbuch, 1 Theil. p. 167. und p. 189. den Bareuthi - ſchen, der oft dem Rheinwein gleich geſchaͤtzt wurde; unter den Rheinweinen ruͤhmt er vor - nehmlich den Bacharacher und Coͤlniſchen. Er nennt ferner als Weine, die in Brandenburgi - ſchen gebauet worden, Wiener, den er als einen ſehr guten Wein ruͤhmt, welcher alle andere Ar - ken lieblich mache; den Traminer (vitis Ami - naea), den man in der Mark hoch hielt, der aber wegen der Suͤßigkeit nicht lange dauerte; Muſkateller (vitis Appiana). Veltliner (vi - tis Rhertica) Gaͤnßfus; Klebroth, Kurzroth, Blanker, Heuniſcher oder Hunniſcher aus Ungarn, Hartroth, Elbinger (vitis Albo - lia), Groß - und Kleinfraͤnkiſcher. Man pflanzte den Weinſtock fort durch Senker und Fexer, oft legte man beyde zu gleich an; man ſenkte theils im Fruͤhjahr, theils im Herbſt. Viele zogen das letztere dem erſtern vor, weil er den Winter uͤber ſich beſſer bewurzeln, und mehr Feuchtigkeiten des Winters genießen kann. Man deckte theils die Stoͤcke im Win - ter, indem man ſie unter die Erde grub, theils ließ man ſie frey ſtehen, und glaubte ſie durch das Decken zu verwoͤhnen. Man war im Schnitte ſehr behutſam, ſahe ſonderlich auf die Augen, aber auch, daß er nicht durchzuII. Theil. L162zu viel ſtehen gebliebene ſich uͤbertrage; man ſchnitt zuerſt auf den Hoͤhen, ſodann auf den niedrigen Orten. Man hackte ihn dreymal, heftete und brach ihn verſchiedenemal aus. Auch das Pfropfen des Weinſtocks ſcheint man ſchon damals aus den Alten zu kennen. Das Pfropfen geſchahe kurz vor oder nach Oſtern; man verbeſſerte dadurch die ſchlechten Stoͤcke, und ſchnitt dieſe vorher beym Schnei - den des Berges nicht. Sie kannten verſchie - dene Mittel den Moſt zu erhalten. So iſt auch Coler in ſeinem Hausbuche ſehr reich an Weinkuͤnſten, und kuͤnſtlichen Weinen; dahin gehoͤrt der Alantwein, Salbeywein, Beyfuß - Kirſch - Schleen - Borragen - Iſoppen - Ju - denkirſchenwein. Was die Weinkuͤnſte be - trifft, ſo wußte man ſchon die meiſten aus den Alten: z. B. die Weintrauben lange friſch aufzubehalten, nahm man friſchen Leim, darinnen kein Sand war, ruͤhrte ihn in rei - nes Waſſer, tauchte die Trauben hinein, ſobald ſie vom Stocke geſchnitten waren, trocknete ſie auf Bretern an der Sonne, legte ſie ſo - dann in ein Faß aus einander, machte es feſt zu, und ſetzte ſie in den Kellerh)Columella 12. c. 43.. Sie ſchnitten die Reben mit den Trauben ab, und beſtrichen die Enden mit Wachs, damit ſie den Saft behielten, und hiengen ſie in Kam - mern ohnweit der Stube; ſo kannten ſieauch163auch aus dem Palladius noch andere Wein - kuͤnſte.

In dem Rheingauei)S. den Rheingauer Weinbau, p. 111. faͤllt in dieſe Zei - ten die Einfuͤhrung der Kleinberger Trauben: man fuͤhrte ſie vornehmlich deswegen ein, da - mit man den hitzigen Kieß und Leimboden nu - tzen konnte, wo die Rißlinge nicht gut fort - zubringen waren. Die Rißlinge alſo, mit Kleinberger Trauben vermiſcht, waren ſchon damals in dem Rheingau die allgemeinen Trauben, wie ſie heut zu tage noch ſind.

Um Augsburg herum pflanzten die Fug - ger im 16ten Jahrhundert viele Weine an. Aber auch ſchon in den damaligen Zeiten fin - den ſich haͤufige Spuren von Weinverfaͤl - ſchung, daß ſchon 1497 ſich Kaiſerliche Ver - ordnungen und Reichsabſchiede finden, die die ſchaͤrfſte Strafe auf Weinverfaͤlſchungen ſetzen, und die Zufaͤlle, die von dergleichen Verfaͤlſchungen ſchon damals entſtanden und bemerkt werden, und welche denen, ſo von mit Bley verfaͤlſchten Weinen entſtehen, ſind die deutlichſten Beweiſe, daß man ſchon da - mals dieſe ſchaͤdliche Kunſt verſtanden.

Was die Schriftſteller uͤber den Weinbau in dieſem Jahrhunderte betrifft, ſo finden ſich zwar nicht ſo haͤufig ſolche, die ihn beſon - ders behandelt haͤtten, allein faſt alle oben an -L 2gefuͤhr -164gefuͤhrten Schriftſteller uͤber die Oekonomie uͤberhaupt gehoͤren auch hierher; einige unter ihnen behandeln ihn ausfuͤhrlicher. Moller in ſeinem Sommerfeldbau handelt von den Arten Wein zu zeugen und fortzulegen; die Gar - ten - und Pflanzbuͤcher aus dieſem Jahrhundert haben auch den Weinbau nicht vergeſſen. Coler behandelt ihn in ſeinen Schriften aus - fuͤhrlich. Seink)Calendarum perpetuum oder ſtets waͤhrender Calender fuͤr Hauswirthe, Ackerleute, Apothe - ker, Kaufleute, Weinherren. Calendarium perpetuum iſt auch fuͤr Weinherren eingerichtet. Die Oeconomia ruralis et domeſtica behandelt auch den Weinbau. Raſch ſchrieb ſein Wein - buch von Bau und Pflegung des Weins, wel - ches 1581 zu Muͤnchen erſchien, und 1585 kam der Bericht vom Weinbau heraus. Wi - li Gratarolus gab ſein Werk uͤber den Wein und alle Getraͤnke zu Strasburg 1565 herausl)Wili Grataroli de natura Vini, artificio et vſu deque omni re potibili. Argentorati 1565. 8..

Im ſiebenzehnten Jahrhunderte.

Im 17ten Jahrhunderte findet ſich keine Hauptveraͤnderung in den Schickfalen des Weinbaues. Er erweiterte ſich in den Landen, wo er ſchon betrieben und eingefuͤhrt war. In dem Wuͤrtenbergiſchen breitete er ſich vor -zuͤg -165zuͤglich aus, daß der Herzog Johann Friedrich in der Forſtordnung v. Jahr 1614 einige Ver - ordnungen machte, daß nicht durch den Ver - brauch zu Pfaͤhlen und Gefaͤßen fuͤr den Wein die Waͤlder verwuͤſtet wuͤrden; dieweil, ſagt er, der Weinwachs allenthalben zunimmt, und die Waͤlder mit Taubenholz verwuͤſtet werden, ſo ſollen die Eichen geſchont und nicht zu Tau - ben gebraucht werden. Man ſuchte ſonder - lich fremde Weine nach Deutſchland zu ver - pflanzen; ſo wurde der ſo genannte Rulander, (der ſchiele Auvernas Gris commun, vinum bonum, Villiboner Stock) aus Champagne nach Speyer verpflanzet. Es hielt ſich damals das Cammergericht daſelbſt auf, und einer der Beyſitzer pflanzte dergleichen Stoͤcke in ſei - nem Garten, welchen bey der Franzoͤſiſchen Verwuͤſtung von Speyer ein Kaufmann Rulaͤnder kaufte, und auf der Brandſtaͤtte dieſen Stock unbeſchaͤdigt fand, und ihn pflanz - te. Von dieſem Stocke ſtammen alle Rulaͤn - der am Rhein und im Wuͤrtenbergiſchen ab. Der Wuͤrtembergiſche Weinbau ſtieg in dem 17ten Jahrhunderte vorzuͤglich durch den Weinhandel nach Bayern, wohin der Necker - wein haͤufig verfuͤhrt wurde, wofuͤr man vermoͤge der Vertraͤge zwiſchen beyden Hoͤfen Salz eintauſchte; dieſer Handel bluͤhete bis zu Anfange des 18ten Jahrhunderts. Nach - dem aber Bayern eine Zeitlang in Oeſterreichi - ſche Haͤnde fiel, machte man von Seiten derL 3letztern166letztern die Einrichtungen alſo, daß Bayern aus den Oeſterreichiſchen Landen, aus Tirol und Franken damit verſorgt wurde. Die Einfuhre des Fraͤnkiſchen Weines nach Bay - ern befoͤrderte inſonderheit der Kaiſerliche Verweſer Graf von Loͤwenſtein, weil ſeinen in Franken gelegenen Guͤtern hierdurch viele Vortheile zuwuchſen. Bey Wiedereinſetzung des Churfuͤrſten von Bayern erneuerte man den alten Handel nicht durch Vertraͤgem)S. Keyſ[l]ers Reiſe 1 Th. S. 105, 106, 107.. In dieſem oder zu Ausgang des 16ten Jahrhun - derts wurde der ſo genannte Kapwein, welcher in der Gegend des Cap de bonne Eſperance waͤchſet, von dem Rhein aus dahin verpflan - zet, wie der Verfaſſer der Abhandlung vom gruͤndlich beſſern und eintraͤglichen Weinberg - baue bemerkt hat. In dem Saͤchſiſchen ſetzte man die Anlegung der Weinberge im Amte Schweinitz mit Rheiniſchen, und auf den Coſ - ſabauder Bergen zwiſchen Meißen und Dres - den mit Wuͤrtenbergiſchen fort. In der Ge - gend von Augsburg machte ſonderlich Leon - hard Weiß einen Verſuch, den im Zwinger beym Oblaterthor durch die Fugger gepflanzten Wein zu preſſen, und legte deshalb eine eigene Kel - ter an, woraus man ſiehet, daß der Verſuch ins Große gegangen. Ein Gleiches that in der Folge der Kunſtverleger, Chriſtian Leopold. Man bauete in dieſem Jahrhunderte indem167dem Rheingau vornehmlich den kleinen Rieß - linger und Kleinberger, welcher zu Ende des 16ten daſelbſt eingefuͤhrt wurde. Am beruͤhm - teſten waren die Bacharacher Weine, da die Berge daſelbſt noch nicht mit ſo vielen ſchlech - tern Arten beſetzt warn, als es in der Folge geſchahe. Auch finden ſich in dieſem Jahrhun - dert einige Spuren von der Vorſorge der Po - lizey fuͤr den Wein. So finden wir des Chur - fuͤrſt Sigismund zu Brandenburg verneuerte und beſtaͤtigte Weinmeiſter-Ordnung, v. J. 1604 und 1607.

In dem Heſſiſchen ſuchte ſonderlich Land - graf Ludwig 1665 den Weinbau zu befoͤrdern. Er ließ deshalb eine Verordnung ergehen, die den Anbau der Wein - und Obſtgaͤrten betraf. Es wird darinnen ſonderlich die Wiederaufbau - ung der verwuͤſteten Steinberge und Anle - gung neuer, wie auch ein Verzeichniß derſel - ben einzuliefern, anbefohlen, ingleichen, daß je - der angebe, was er zu roden und anzulegen fuͤr Mittel und Gelegenheit hat; die Beamten mußten anbefehlen, was jeder anbauen ſollte, ſie mußten ſelbſt die Orte und Gelegenheit be - ſehen. Es erhellet uͤbrigens aus dieſer Ver - ordnung, daß ſchon in aͤltern Zeiten der Wein - bau im Heſſiſchen gebluͤhet, weil darinnen im - mer von zerſtoͤrten und wieder aufzubauenden Weingaͤrten und Bergen die Rede iſt. Die Verordnung heiſt alſo.

L 4Nach -168

Nachdem von Gottes Gnaden Wir Lu - dewig, Landgraf zu Heſſen, kurz nach unſerer angetretenen Fuͤrſtlichen Regierung, weniger nicht, als vorhero vor unſerm in Gott ru - henden Hochſeeligen Herrn Vater beſchehen, wegen der Wiederanbauung der Weingaͤrten und Pflanzung fruchtbarer Obſtbaͤume gewiſ - ſe Verordnung gethan nachgehends aber be - funden, daß derſelben nicht allerdings in allen und dergeſtalt, wie es billig haͤtte ſeyn ſollen nachgeſetzt worden, und uns dann gleichwohl aus Landes-Fuͤrſtlicher treuer Wohlmeynung und Sorgfalt fuͤr unſer Fuͤrſtenthum und Lan - de, und derſelben Einwohner, Unterthanen und Angehoͤrige, und fuͤr das gemeine Beſte, nochmals nicht wenig anlieget, daß der vorge - ſteckte gemeinnuͤtzige Zweck erreicht werde: So wiederholen wir vorbeſagte Unſers Hochſeeli - ligen Herrn Vaters, und Unſere derenthalben gethane Verordnung hiermit in gnaͤdigſtem Ernſt, und befehlen allen Unſers Fuͤrſten - thums und darzu gehoͤrigen Graf - und Herr - ſchaften und Lande Eingeſeſſenen und Einwoh - nern, und wollen, daß naͤmlich 1) In jed - weder Stadt, Flecken und Dorfſchaften, wo entweder vor Alters, oder vor denen verfloſſe - nen Kriegszeiten Weinberge oder Weingaͤrten geweſen ſeynd, Unſere Ober - und Unterbe - amten alle Unſere Unterthanen auf einen gewiſſen Tag unverlaͤngt zuſammen fordern,die -169dieſes unſer Patent Ihnen oͤffentlich vorleſen, und den Inhalt ſchaͤrfen, von Ihnen richti - ge Specificationes und Verzeichniſſe, was ein jeder nach dem Friedensſchluß vor wuͤſtge - legene Weinberge gerodet und wieder angebau - et habe, ſich zuſtellen laſſen, und Uns dieſel - be einſchicken ſollen. 2) Ingleichen ſollen auf ſolche Zeit, Unſere Beamten, mit Zuthun der Aelteſten jedes Orts, recognoſciren und er - kennen, was ein jeder ferner dieſen Fruͤhling noch an Weinbergen zu roden und zu bauen, vor Mittel und Gelegenheit habe. 3) Und dann ſollen ſie einem jeden, was er ihres Da - fuͤrhaltens, dieſen Fruͤhling noch, und dann kuͤnftig ferner nach und nach roden und an - bauen kann, eigentlich determiniren, bena - men und anweiſen, ſo dann demſelben die Rodung und Anbauung bey einer gewiſſen Straf befehlen. 4) Damit nun ſolches deſto gewiſſer effectuiret werde, ſo ſollen unſere Be - amten neben den Aelteſten und Weingarts - bauverſtaͤndigen jedes Orts ſich ſelbſten in das Feld, an diejenigen beſten Oerter, da mehr Weinberge angebauet werden koͤnnen, verfuͤgen, und einem jeden ſo viel, was er bau - en kann und ſolle, vermittelſt gewiſſer Mahl - zeichen aſſigniren und ausſtecken. 5) Sollen auch Unſere Beamten auf eben ſolchen Tag, des hiebevor anbefohlenen Obſtbaͤume-Pflan - zens halber ſich erkundigen, wie Unſern und Hochſelig ermeldtes Unſers Herrn VatternL 5hiebe -170hiebevorigen Reſcripten nachgelebt worden ſeye, und zu ſolchem Ende ihnen ſchriftliche Specificationes zuſtellen laſſen, was ſie Unſe - re Unterthanen vor Obſtbaͤume, vermoͤg jetzt angeregter Verordnung, ſeit dem Friedenſchluß gepflanzt haben. 6) Ingleichen follen Unſere Beamten, und die Aelteſten jedes Orts, ei - nen jeglichen unſerer Unterthanen und Ange - hoͤrigen, nachdem er Platz, oder Gaͤrten, oder Obſtbaͤume zu pflanzen hat, eine gewiſſe Anzahl beſtimmen ꝛc. 8) Sollten auch zwi - ſchen andern Weinbergen und Weingaͤrten wuͤſte und andere Plaͤtze und Jerden liegen, ſo entweder Weinberge geweſen ſind, oder ſich doch dazu ſchicken, die Beſitzer aber zu dero - ſelben Rodung und Anbauung etwa keine Mit - tel oder Gelegenheit haben; andere aber die - ſelben anbauen koͤnnen und wollten, ſo ſollen unſere Beamten dieſelbigen dahin anweiſen, daß ſie gegen billigmaͤßige genugſame Erſe - tzung, wie unpartheiiſche Leute, und die Beam - ten ſammt dem Stadtrath, oder dem ganzen Gericht ſolches Orts auf ihre geleiſtete Pflich - ten es erkennen, dieſe Plaͤtze andern, ſo ſol - che wirklich roden und anbauen wollen, uͤber - laſſen. Falls aber einige waͤren, ſo ihre miß - liegende Stuͤcke ſelbſt nicht roden noch anbau - en koͤnnten oder wollten, und doch auch andern, welche roden und anbauen wollten, dieſelbigen gegen gebuͤhrliche leidliche Zahlung zukommen zu laſſen nicht begehrten, ſo ſolle denſelbennoch171noch ein kurzer Termin ſich hieruͤber zu beden - ken gegeben, wenn ſie aber auf ihren ſothanen Sinn beharren, nach Verfließung des Ter - mins, das Stuͤck wie jetzt gedacht geſchaͤtzt, und einem andern, der bauen will, zugewieſen werden.

In dem ſiebenzehnten Jahrhunderte er - ſchienen nicht wenige Schriften uͤber den Weinbaun)Hellbachs Beſchreibung des Weines, 1604. Heynemanns Weinſtock an der Elbe, Meißen, 1685.Porzii examen vini Rhenani. Strauchii diſſ. de vino vom Weine, 1670, Ienae. Turnebus de Vino, Helmſtadii 1688.Straus de iure vitis, Lipſ. 1661.Hauptmanns Weinbau-Irrthuͤmer, Nuͤrnberg, 1642. Er handelt ſonderlich von dem Schnitte, und hat auch außerdem viel Gutes in der Lehre von Erdmiſchungen. Da er etwas ſelten war, ſo hat ihn neuerlich der Verfaſſer der oͤkonomi - ſchen Abhandlung vom gruͤndlichen, beſſern und eintraͤglichen Weinbau, welche 1765 erſchien, groͤßtentheils abdrucken laſſen.Knohl Vinicultur-Buͤchlein vom Oberſaͤchſiſchen Meißniſchen Kreiße oder Erlaͤuterung der Chur - fuͤrſtlich Saͤchſiſchen Weingebirgsconſtitution vom Jahr 1588. Der Verfaſſer war Churfuͤrſt - licher Bergverwalter, und gab ſein Buch 1667 heraus.Sachſiii. Es kommen in dieſem Jahrhun - derte unter den Schriftſtellern folgende Na -men172men vor, Hellbach, Heynemann, Portz, Strauch, Turnebus, Straus, Hauptmann, Knohl, Sachß und einige ungenannte. Ei - nige davon gehen auf den oͤkonomiſchen Bau des Weins, andere auf die Bereitung deſſel - ben, und einige auf die Rechtsgrundſaͤtze bey dem Weinbaue.

Eben ſo gehoͤren hierher auch alle Schrift - ſteller dieſes Jahrhunderts uͤber die Oekono - mie uͤberhaupt, welche auch den Weinbau mit behandein.

Im achtzehnten Jahrhunderte.

In dem 18ten Jahrhunderte beſchaͤftigten ſich die Regierungen, die Gelehrten und die In - duſtrie mit dem Weinbaue nicht weniger, als bis - her geſchehen war. Die Gelehrten bemuͤhten ſich vornehmlich, ihn durch neue Entdeckungen zu bereichern. Da aber der Weinſtock nicht wohl uͤber dem 50ſten Grad in Polhoͤhe, und nicht auf jedem Boden fortkommt, ſo konnten auch nicht alle Lande dieſes Geſchaͤft betreiben, ſo ſehr auch ſonſt die Regierungen alles einheimiſchzun)Sachſii vitis vinifera. Unter die Ungenannten gehoͤren: der Verfaſſer des Tractats: wie der Reif im Fruͤhlinge von den Weinreben moͤge abgewendet werden, Strasb. 1607.Der Weinarzt und Weinbauer.173zu machen ſuchten. In denjenigen deutſchen Weinlanden, vorzuͤglich im Elſas und am Rhein, wo ſich noch hier und da die alte Roͤmi - ſche Behandlung erhalten hatte, welche un - ſtreitig daher kam, weil die Roͤmer die erſten Lehrer der Deutſchen in dem Weinbaue waren, da ſie den Weinſtock ins Elſaßiſche und in das am Rhein gelegene Deutſchland brachten, wurden jetzt die alten Schriftſteller uͤber den Weinbau mehr geſchaͤtzt, und die Art ihrer Cul - tur mehr unterſucht, angewendet, und von einem gluͤcklichen Erfolge begleitet. Sonder - lich machte ſich dieſes H. Sprenger in ſeiner Praxis des Weinbaues zu ſeinem Geſchaͤfte, daher er oft ganze Stellen aus dem Columel - la uͤberſetzt, das Wichtigſte von ihren Regeln S. 147 anfuͤhrt, und in ſein Syſtem ver - webt, welches er aus den Schriften des H. Gaupps und Knechts zuſammenſetzte. Herr Gaupp, in ſeiner beſchriebenen Praxis der obe - ren Markgrafſchaft Baden, beſtaͤtigt vorzuͤg - lich, wie gangbar noch die Grundſaͤtze der Roͤ - mer daſelbſt ſind; auch ſie zogen weder Koͤpfe noch ſtuͤrzten Setzreben. Dieſes bemerkte H. Sprenger, und ſuchte durch Vergleichung des heutigen und roͤmiſchen Weinbaues den erſtern zu verbeſſern. Da die Bemuͤhungen der Gelehrten und Oekonomen in dieſem Jahr - hunderte das Auszeichnende fuͤr die Geſchichte des Weinbaues ſind, ſo werden uns dieſe auch vorzuͤglich beſchaͤftigen. Ich fuͤhre hier zu -erſt174erſt die Verſuche an, die man in der Anle - gung und Hervorbringung der Stoͤcke mach - te. Man kann ſie aus den Saamen ziehen, wo ſie aber wild werden, und wenig oder kei - ne Frucht tragen; ſo war einer dergleichen im Wuͤrtenbergiſchen aus einem holen Baume hervorgewachſen, welches in den Waͤldern von Canada und Louiſiane haͤufig ſeyn ſoll: auf dieſe Art kann man die Sorten vermeh - ren; Natur und Kunſt kann dieſes bewirken. Nach den Verſuchen des H. Kolreuters erzie - het die Kunſt Baſtarte, und alſo neue Sorten, die in Anſehung der Groͤße und Probe das Mittel zwiſchen den zwey aͤlterlichen Pflanzen ſind, wenn man von zwey Pflanzen, die von einerley oder doch ſehr aͤhnlichen Arten ſind, z. B. von Weinſtoͤcken verſchiedener Sorten, die zugleich bluͤhen, ehe noch die Blumen ſich oͤffnen, und die Staubfaͤden den Saamen - ſtaub voͤllig ausfließen laſſen, (denn etwas vom eigenen Saamenſtaub der Pflanze gehoͤrt zur Befruchtung) in den Blumen der einen alle Staubbeutel oder Koͤlblein abſchneidet, und auf die Narbe in dieſen Blumen den aus - fließenden Saamenſtaub der andern mit ei - nem Pinſel in genugſamer Menge ſo auftraͤgt, daß er ſich mit der von der Narbe ausſchwitzen - den Feuchtigkeit vermiſcht. Saͤet man die hiervon entſtehenden reifen Kerne, ſo entſte - het eine Baſtartpflanze. Dieſes ſchlug H. Sprenger vor, um die Weinarten zu meh -ren.175ren. Eben dieſes verrichtet oft die Natur, wenn mehrere zu gleicher Zeit bluͤhende Sor - ren nahe beyſammen oder unter einanter ſte - hen, und Wind oder Inſekten den Saamen - ſtaub von einer auf die Narbe der andern tra - gen. Eben ſo ſchlug er vor, Weinſtoͤcke aus Blaͤttern zu zieheno)S. Sprenger Praxis des Weinbaues, S. 180. 181.. Man nimmt, ſagt er, ein geſundes Blatt mit ſeinem Stiele behut - ſam, dort, wo der Stiel am Zweige ſteht, ab - gebrochen, und ſetzt Blatt und Stiel in ein Gefaͤß, das mit guter durchgeſiebter Erde an - gefuͤllet iſt, ſo ein, daß zwey Drittel des Blatts in der Erde ſtehen, und nur das eine Drittel zu ſehen iſt; die Erde wird feſt angedruͤckt. Man kann noch mehrere ſolche Blaͤtter inwendig rings herum am Rande des Gefaͤßes ſetzen. Damit ſie nicht zu naß ſtehen, und doch Feuch - tigkeit haben, ſetzt man in das Gefaͤß oben auf die Erde ein Gefaͤß mit Waſſer, aus welchem ein ſpitziger Fleck wollenes Tuch auf die Erde haͤngt, welches Feuchtigkeiten in die Erde fuͤhret. Der erſte Tropfen muß von der Erde verſchluckt ſeyn, ehe der zweyte faͤllt, und wo die hinfallenden Tropfen Vertiefun - gen machen, muß man immer neue Erde hin - thun. Das Gefaͤß darf weder in ſtarker Son - ne noch heftigem Winde, aber doch an freyer Luft ſtehen, damit das Blatt nicht verfault. Man176Man kann den Stiel des Blattes unten vor dem Einſetzen in zerlaſſenes Pech eintauchen, oder mit ſpaniſchem Wachs oder einem guten Baumwachs vor dem Eindringen der Naͤſſe verwahren, oder, welches beſſer iſt, den Stiel vom Blatt abſchneiden, und entweder ein Drittel des Blattes unten alſo verwahren, oder dieß Verwahren unterlaſſen. Man kann das Auge unten am Blatte unverletzt mit nehmen, und mit einſetzen oder das Blatt ohne Ange nehmen: Julius, Auguſt und November ſollen hierzu am beſten ſeyn. Im folgenden Sommer waͤchſt ein Reiß hervor, welches, wenn ein Auge bey dem Blatte war, zahm, im Gegentheil wild iſt. Hat man ein Blatt mit dem Auge geſetzt, ſo waͤchſt das Reiß aus dem Auge; hat das Blatt aber kein Auge, ſo verwandelt ſich entweder das Blatt in ein Reiß, oder das Blatt verdirbt, und das Reiß waͤchſt unten aus der Erde auf. Setzt man das Blatt mit dem Auge, ſo nimmt man das Auge unverletzt, und folglich ein Stuͤck Holz unter dem Auge mit, und beſprengt das eingeſetzte Blatt oͤfters mit Waſſer.

Man machte Verſuche mit dem Okuliren der Weinſtoͤcke auf doppelte Art; ſo geſchahe es zu Muͤhlhauſen am Necker, da man naͤmlich das Auge mit einen Stuͤck der Rinde zwiſchen Rinde und Holz der andern Pflanze, durch ei - nen ihr gemachten Einſchnitt, hinein ſchob. Die andere Art aber blieb nur ein Vorſchlag,wel -177welches die Emplaſtratio der Alten iſt, und ſo geſchahe, daß man das Auge mit einem Stuͤck Rinde abloͤſt, und ſodann von der andern Pflanze ein eben ſo großes Stuͤck wegnimmt, jenes dafuͤr hin ſetzt, und es uͤber und unter dem Auge feſt bindet, doch daß das Auge frey bleibt.

Man verſuchte die Fortpflanzung des Weinſtocks mit Pfropfen in den Spalt, mit dem Bohrer, und endlich mit einer Art zu copuliren. Das Pfropfen in den Spalt wur - de ſeit einigen Jahren in Sulzfeld mit gluͤck - lichem Erfolg alſo ausgeuͤbt. Man nahm das Pfropfreiß von jungen geſunden tragbaren Stoͤcken, und zwar von einer abgeſchnittenen Ruthe unter dem dickſten Theil, ſo viel, als die Laͤnge vom Ende des Mittelfingers bis zum Ellenbogen betraͤgt, woran die Augen recht gut und vollkommen, und das Holz voͤllig geſund, nicht vom Winterfroſt verletzt, und ſaftig war. Man ſchnitt von einer Rebe nicht mehr, als ein oder zwey Pfropfreißer, weil alle Augen uͤber den ſechs bis ſieben unter - ſten an der Rebe nur Blaͤtter gaben, ſo wie das Unterſte an der Rebe, das am alten Hol - ze zunaͤchſt ſtehet, und deswegen nicht zu den Augen gezaͤhlt wird.

Man nahm nie friſche abgeſchnittene Rei - ßer zum Pfropfen, ſondern behielt ſie erſt eine Zeit lang an einem kuͤhlen Orte auf, und that zwey Tage vor dem Pfropfen die Reißer mitII. Theil. Mihren178ihren unterſten Enden ins Waſſer. Das Pfropfen ſelbſt geſchahe im Fruͤhlinge, ehe noch der Saft in ſtarker Bewegung iſt, oder wenn die Rinde losgehet, ſonſt erſaͤuft der allzuſehr ſich bewegende Saft das Reiß. Man that es am gluͤcklichſten zehn bis zwoͤlf Tage vor dem Triebe des Safts. Kurz vor dem Pfro - pfen ſchnitt man die Reißer zu, und je kuͤrzer es vorher geſchahe, deſto beſſer gediehen ſie, am beſten die, die vor dem wirklichen Aufſe - tzen zugeſchnitten wurden. Man ſchnitt es, wie andere Pfropfreiſer, die in den Spalt kom - men ſollen, zu, naͤmlich keilfoͤrmig, auf der einen Seite zwey Zoll weit herab, daß das Mark herausſiehet, aber unverletzt bleibt, und auf der andern Seite die Rinde iſt. Der Schnitt wurde ſo glatt und eben, als moͤglich, gemacht. Die Alten pfropften ſo lange, als die Reißer, ohne zu treiben, ſich aufhalten ließen, vom erſten November bis zum erſten Junii.

Man grub den Stock, den man pfropfte, aus, und raͤumte ihn, ſchnitt die Thau - und Waſſerwurzeln ab, ſaͤgte oder ſchnitt von dem Kopfe an der Stange oder dem Wurzelſtam - me, wo er recht rund iſt, ab, und machte es oben glatt und eben; ſpaltete hierauf, jedoch ohne Verletzung des Marks, mit einer Hape oben in der Mitte dieſer Stange, zwey Zoll tief hinab, bis an den naͤchſten Knoten, ſteck - te das Reiß in den Spalt, ſo weit der Schnitt des Reißes gehet, hinein, ſo, daß Rinde undMark179Mark genau auf einander paßten. Man ver - ſuchte es mit zwey Reißern in einen Spalt; aber weiter darf man nicht gehen. Man uͤber - ſtrich hierauf den Spalt mit dem gewoͤhnli - chen Pfropfwachs oder Leimen, worunter Let - ten oder Unrat von Kuͤhen iſt, und band es zu. Man gab dem Reiße einigen Schatten. Nach dem Verbinden deckte man die Stange wieder mit wilder Erde oder beſſer, fettem und feuchtem Sande, einen guten halben Schuh, zu, und ſchnitt das Reiß ab, bis auf zwey oder drey Augen. Damit der uͤberfluͤßige Saft ihm nicht nachtheilig ſey, machte man mit der Spitze der Hape unter dem Verbande zu beyden Seiten eine leichte Verwundung, und beſprengte in warmen Tagen des Abends das Verband mit ein wenig Waſſer. So bald es trieb, wurde das Band etwas locker gemacht, und, nachdem es etwas gewachſen, behutſam an einen Pfahl gebunden. Hierbey iſt noch zu merken, daß, wenn es einen Schuh hoch gewachſen, man es oft ausbreche, und ohne Schaden des Reißes die uͤbrigen Schoͤſſe des Stocks abſchneide. Im Ende des Julii felgt man wieder leicht, und ſo auch zu Ende des Septembers bricht man wieder aus, ſchnei - det die Wurzelſchoͤſſe ab, raͤumt im Herbſte, laͤßt dem Reiß ein bis zwey Ruthen ſtehen, und macht das Band uͤber dem Spalt voͤllig los.

M 2Im180

Im folgenden Jahre behandelt man es wie andere Stoͤcke, geht aber im Beſchneiden und ſonſt ſehr behutſam mit dem Reiß um.

Im Maͤrz ſchneidet man die getriebenen Ru - then bis zwey oder drey Augen. Erſt im drit - ten Jahre zieht man großes und dickes Tragholz, und ſchneidet uͤberhaupt ſo lange nicht viel Holz hin, bis die Stange oben beym Reiß uͤberwachſen iſt, und eine voͤllige Narbe hat.

Man verſuchte es auf verſchiedene Weiſe mit dieſer Art zu pfropfen. 1) Die erwaͤhnte Art, da man den Wurzelſtamm unter der Er - de eben ſo tief oder weiter oben abſchneidet; 2) oder man laͤßt ihn hoͤher und dem Boden gleich abſchneiden, da man nach dem Pfropfen die Erde an das Reiß hinhaͤuft. 3) Oder man ſchneidet die Schenkel, da, wo ſie keine Knoten haben, ab, und pfropft ſie, welches aber nicht allezeit geraͤth; oder 4) man pfropft nicht ins harte, ſondern ins jaͤhrige Holz, weil bey den drey erſten Arten der Saft leicht die Reißer erſtickt. Man graͤbt bey dieſer Art eine weite und tiefe Grube, breitet ſeine Aeſte oder Ruthen mit den Spitzen von einander, biegt ſie uͤber der Kruͤmme vier Finger auf - waͤrts, ſchneidet ſie in der Erde einen Schuh tief glatt ab, und ſpaltet ſie drey Queerfinger tief, ſteckt alsdann in den Spalt nur ein Reiß, das eben ſo dick als die Ruthe iſt, ſo ein, daß ſeine Rinde mit der Rinde der abgeſchnittenen Ruthe zuſammen paſſe; ſodann verbindet manes181es gehoͤrig, und uͤberſchuͤttet es mit Erde, ſo daß zwey Augen aus der Erde heraus ſtehen. Am ſicherſten iſt es, den ganzen Stock ſo in die Erde hinab zu legen, daß die ganze Stan - ge, deren Herzwurzel ſtehen bleibt, mit allen Schenkeln und Ruthen unten in der Grube auf den Boden zu liegen kommt.

Zu Sulzfeld verſuchte man es auch, und ließ den Stock ſtehen, um uͤber den Schen - keln das alte zweyjaͤhrige oder einjaͤhrige Holz zu propfen. Eben ſo machte man daſelbſt einige gluͤckliche Verſuchep)S. Sprengers Praxis des Weinbaues, Vorrede S. XV. mit Pfro - pfen durch den Bohrer nach Art der Roͤmer, welches ſie von den Spaniern erlernt hatten, und fuͤr zuverlaͤßiger hielten. Man waͤhlt dazu einen Bohrer, dergleichen die Hohlboh - rer der Dreher oder die Winkelbohrer ſind, den man mit einem Hefte, der einer Handhabe gleicht, an die Bruſt ſetzt, welcher an einigen Orten Weinborecke heißt. Man bohrt mit dieſem Bohrer ein Loch durch die Stange oder Aſt eines jungen und ſtarken Weinſtocks durch, ſaͤubert das gebohrte Loch, und zieht vom naͤch - ſten fruchtbaren Stocke eine gute Rebe durch das Loch hindurch. So weit ſie im Loche iſt, entbloͤßt man ſie durch etwas Abſchaben von der Rinde; indeſſen bleibt die Rebe an ihrem Mutterſtocke; ſie wird, wo ſie durchgezogenM 3iſt,182iſt, mit Pfropfwachs oder Leimen beſtrichen und feſt gebunden. Im zweyten folgenden Fruͤhling, oder naͤchſten Jahren, iſt ſie ange - wachſen, und wird von ihrem Mutterſtocke abgeloͤſt und der Stock, in den ſie gepfropft worden, uͤber ihr abgeſchnitten. Will man aber ein ſchon abgeſchnittenes Reiß pfropfen, ſo bohrt man den Stock nicht ganz durch, ſon - dern nur bis ans Mark, ſchabt die Rinde vom Reiß ſo weit ab, als das Reiß hinein kommt, ſteckt es in dieſes Loch, beſtreicht und verbindet es, und ſchneidet den Stock uͤber dem Reiß ab; in beyden Faͤllen laͤßt man der durchgehenden Ruthe oder Reiße nur zwey Au - gen, und waͤhlt dazu gern zwey - bis dreyjaͤh - riges Holz. Auch in Frankreich iſt dieſe Art zu pfropfen jetzt gewoͤhnlich wiewohl man doch dort das Pfropfen in den Spalt der Wurzel vorzieht.

Die dritte Art zu pfropfen iſt das Ocu - liren, welches Hr. Henne in der Abhandlung von der Obſtbaumſchule beſchrieben hatq)Es findet ſich auch in dem oͤkonomiſchen Kalen - der von 1778, den Hr. Sprenger beſorgt.. Man ſchneidet die Stange, Schenkel oder Ruthe ſchief, ſo, wie man es beym Be - ſchneiden der Ruthen macht; nimmt ſodann ein eben ſo dickes Holz von einem andern Sto - cke, und ſchneidet es eben ſo, daß es auf den erſten ſchiefen Schnitt paßt. Dieſe Art zupfro -183pfropfen iſt am leichteſten bey jungem Holze, und am beſten in Rebſchulen zu gebrauchen. Auch hier darf das Reiß nur zwey Augen ha - ben. Das Pfropfen des Weins uͤberhaupt, das ſchon vor 2000 Jahren die Roͤmer kann - ken, und welches ſich in einigen Orten von die - ſer Zeit her ſcheint erhalten zu haben, iſt erſt in unſern Zeiten allgemein wieder angewendet worden. Es iſt in Frankreich, in Burgund und Champagne, nach dem Bericht des Hrn. von Haller, in der Schweiz, und nach Hrn. Hiltebrand in Italien, Ungarn und einigen Orten Oeſtreichs gewoͤhnlich. So iſt zu Ens - feld nahe bey Wien, ein ganzer alſo behandel - ter Weingarten. Einer der groͤßten Vorthei - le dabey iſt, daß man im dritten Jahre ſchon Fruͤchte, und im vierten den Stock voll Trau - ben hat. Man kann hierdurch ſchlechte un - fruchtbare Stoͤcke verbeſſern, nach Gefallen in ſeinen Weinberg verſchiedene Sorten brin - gen, in einem Beete einerley Arten pflanzen, ohne die alten Stoͤcke auszuhauen, und von einem einzigen Stocke viele dieſer Art bekom - men, und in kurzer Zeit anſehnliche Weinber - ge erhalten. So erzaͤhlt Columella, daß er von einem einzigen Weinſtock ſeines Freundes des Publius Silvinus, der vitis praecox oder Morillon noir war, zwey roͤmiſche Juchart auf deren jedes man 3000 bis 4000 Stoͤcke rechnete, in zwey Jahren gepfropft. Die Waldenſer verſuchten das Pfropfen der Wein -M 4ſtoͤcke184ſtoͤcke in der Stange oder Wurzelſtamm, einen halben Schuh tief unter die Erde, vorzuͤglich, da ſie es in der Gegend von Neuſchatel geſe - hen. Allein, da einige unvorſichtige Arbeiter im Hacken ſtarke Erdſchollen losbrachen, die an das Pfropfreiß ſo hin fielen, daß es ſich verruͤckte und abſtieß, ſo hatte dieſe Nach - laͤßigkeit bald das Pfropfen der Weinſtoͤcke ganz verdrungen. Wichtiger ſind die Verſuche in dem ehemaligen Buͤlfingeriſchen Weinberge zu Kantſtadt im Wuͤrtenbergiſchen, wo man vielerley Weine, ſogar aus andern Weltthei - len, durch Pfropfen fortbrachter)S. Selecta Phyſico-oeconomica S. 58. Spren - gers Praxis des Weinbaues S. 180.. Buͤlfinger, ein bekannter deutſcher Weltweiſer, legte denſelben vorzuͤglich an, und unternahm dieſe Verſuche, um die Lehre von der Macht des Clima zu erforſchen, und die Vorurtheile fuͤr daſſelbe einzuſchraͤnken, die ſeit den Zeiten des Monteſquieux ſich ſo ſehr ausgebreitet hatten, und faſt keine Grenze mehr kannten. Unwiſ - ſenheit und Traͤgheit ſchuͤtzten ſich meiſt mit dem Clima, und hinderten die gluͤcklichen Veraͤnder - ungen und Verbeſſerungen zum Wohl der aͤnder. Außerdem ſuchte er dadurch auch die Kenntniſſe der Naturgeſchichte zu erweitern. Ich erwaͤhne nicht die laͤngſt bekannte Art abzulegen, da man entweder die Rebe in die Erde bringt und am Stocke laͤßt, bis ſie ſich bewurzelt hat, undſo -185ſodann abloͤſt, oder ſie gleich anfangs abge - loͤſt in die Erde ſetzt. Bey der erſten Art braucht man an vielen Orten das ſogenannte Durchziehen der einzulegenden Rebe durch ei - nen Korb oder irdenes Geſchirr, welches auch ſchon die Roͤmer kannten, und wodurch man in Frankreich noch jetzt ganze Berge beſetzt, weil man hierbey nicht Gefahr laͤuft, daß der Stock nicht anwachſe. Man koͤnnte hierin - nen einen andern vorzuͤglichen Gebrauch der Roͤmer nachahmen, welche auf dieſe Art auch fruchtbare Reben ihrer Stoͤcke einlegten, wenn ſie dieſelben auch nicht als junge Stoͤcke be - nutzten, ſondern als eine Ruthe, die Trauben getragen hatte, beym kuͤnftigen Beſchneiden voͤllig wegſchnitten und wegwarfen. Sie hat - ten dabey zweyerley Abſichten, einmal die Trauben vollkommen zu machen, wenn dieſe Rebe nicht nur von ihrer Mutterwurzel, ſon - dern auch aus der Erde zugleich Saft bekaͤme, und alſo doppelte Nahrung empfienge. So - dann machte die in die Erde herabgebogene Ruthe nahe beym Stock einen Bogen, aus welchem nahe am Stock junges Holz waͤchſt, und man bekommt allen Vortheil, den ſonſt die Bogen gewaͤhren.

Herr Gaupp, in ſeinem verbeſſerten Wein - baues)S. Gaupps verbeſſerten Weinbau; wie auch den Stutgarter Kalend. v. 1777., dachte ſchon darauf, alte WeinbergeM 5zu186zu verjuͤngen und die leeren Plaͤtze in denſelben mit Stoͤcken zu beſetzen. Er fand hiezu als das beſte Mittel das ſogenannte Einlegen des Stocks in die Erde. Man graͤbt den Stock bis auf die unterſte in die Tiefe hinabgehende Stech - oder Herzwurzel auf, und verſenkt ihn ſo tief, daß von deſſen Reben nur ein bis drey Frucht - augen oben heraus ſtehen.

Man kann in den Spalt pfropfen, in das alte und junge Holz des Stocks; am beſten fand man es, wenn der gepfropfte Theil ſogleich un - ter die Erde kommt. Einige Waldenſer im Wuͤrtenbergiſchen brachten von Neuſchatell aus das Pfropfen der Weinſtoͤcke in die Stan - ge, den Fuß - und Wurzelſtamm einen halben Schuh tief unter die Erde nach Wuͤrtenberg; ſie verſuchten es mit Gluͤck, und erhielten Nachfolger. Allein man ſetzte es nicht fort, weil beym Hacken einige unvorſichtige Arbei - ter ſtarke Erdſchollen losbrachen, und, indem ſie an das Pfropfreiß anfielen, daſſelbige ver - ruͤckten und abſtießen, daß die Arbeit vergeb - lich war.

In allzuhartem und ſteinigtem Boden iſt das Verjuͤngen ſchwer, und eben ſo, wenn die Stoͤcke zu enge beyſammen ſtehen. Man muß vorzuͤglich verhuͤten, daß der alte Stock beym Aufgraben und Niederlegen an ſeiner Haupt - wurzel nicht beſchaͤdiget, noch von ihr abge - riſſen wird, daß keine Ruthe, die man auf dem Grunde des Grabens fort -, und an derWand187Wand des Grabens fenkrecht hinauf zieht, ab - geriſſen oder an ihren Augen verletzt wird, daß das oben von den Ruthen hervorragende Holz zwey bis drey Fruchtaugen habe, ge - ſund und zeitig ſey, daß die Ruthe, die man uͤber dieſen Augen abſchneidet, ſich nicht zu ſehr verweine, und daß man dieſes Geſchaͤfte zu einer Zeit vornehme, an welcher die Augen noch nicht treiben, und die Winterfeuchtigkeit nicht der Erde, worinnen der Stock liegt, ent - zogen wird. Man ſchneidet dem Stocke we - der altes noch junges Holz ab, weil alles Wurzel ſchlaͤgt; alles Holz kommt daher auf den Boden der Grube bis auf die Ruthen, die man an den Waͤnden der Grube als neue Stoͤ - cke heraufzieht.

Herr Gaupp legte zuerſt einen Weinberg mit glten Stoͤcken an, und beſchreibt dieſe Metho - de ausfuͤhrlich in ſeinem verbeſſerten Wein - baue. Man erwaͤhlt dazu Weinſtoͤcke, die ein bis zwey Ruthen haben, und wenigſtens drey Schuh lang ſind; noch beſſer iſt es, wenn ſie laͤnger ſind. Das Holz und die Augen muͤſ - ſen uͤbrigens im Winter und Fruͤhlinge nicht leiben. Die Wartung eines ſolchen Weinbergs hat Hr. Sprenger beſchriebent)S. 260 und 358. S. auch Stutgarter oͤkon. Calend. v. J. 1777 und 1778..

Man laͤßt im erſten Jahre vom Fruͤh - linge, da die Stoͤcke geſetzt ſind, bis zumzwey -188zweyten Fruͤhlinge aus den zwey Augen, die vom Stocke aus uͤber den Boden hervorſtehen, die zwey Schoͤſſe zu Ruthen ununterbrochen fort - wachſen, heftet ſie fleißig an den Pfahl bricht die Oberzaͤhne aus, und verhauet dieſe Ruthen zu der ſonſt gewoͤhnlichen Zeit. Man halte den Boden von Unkraut rein, und die Erde oben locker durch zwey - bis dreymaliges Felgen. Das Abwerfen und Kopfziehen bleibt im er - ſten Jahre. Herr Gaupp machte einen Ver - ſuch, ſeinen ganzen Weinberg vor Weihnach - ten zu ſchneiden, nur ſetzt er voraus, daß das Holz zeitig und die Witterung es zulaͤßt, weil bey ſeiner Bauart die Stoͤcke dem Erfrieren nicht ſo unterworfen ſind, wie bey den ge - woͤhnlichen. Sonſt aber ſchneidet man ſie im zweyten Fruͤhlinge. Eben derſelbe machte gluͤckliche Verſuche, die Vortheile der Boͤgen ohne wirkliche Boͤgenu)Boͤgen heißt im Oeſterreichiſchen die Art Able - ger, die in dem folgenden beſchrieben werden. S. Sprenger l. c. p. 206. zu erreichen. Er zog die zu Boͤgen beſtimmten Ruthen auf ho - rizontal liegende Staͤnglein, die ein und ein halb bis zwey Schuh uͤber den Boden erhoͤhet waren, hin, und band ſie der Laͤnge nach auf dieſe Staͤnglein. Kein Beziehen und Auf - ziehen hat er nicht, weil die Stoͤcke vor dem Froſte mehr als andere verwahrt ſind, indem ſie keine Koͤpfe haben, und die Wurzeln zwey Schuh tief im Boden liegen.

Herr189

Herr D. Knechtx)Ibid. p. 255. zu Rotenburg am Necker, erfand die Art, einen Weinberg von Schnittlingen oder ungeſtuͤrzten Reben ſo an - zulegen und zu warten daß er im zweyten Jah - re ſchon einige Trauben, und im dritten ſchon einen ergiebigen Herbſt geben kann. Er lockert tief auf, und ziehet Schnittlinge, d. i. Re - ben, den Wuͤrzlingen vor; die Ruthen muͤſſen ſtark und recht reif ſeyn. Es muß ein Zoll vom alten Holze mit den Ruthen abgeſchnitten wer - den, und man ſchneidet ſie ſodann unten glatt; ſie werden bis zur Setzzeit in den Boden ge - bracht und eingeſchlagen. Zur Setzzeit, die im Maͤrz faͤllt, ſchneidet man aus jeder Ruthe nur eine Setzrebe 16 18 und 20 Zoll lang, von ihrem unterſten dickſten Theile an mit dem alten Holze, und reinigt ſie von allem Unrath. Nun werden achtzehn bis zwanzig Zoll tiefe Loͤcher dreyßig Fuß weit von einander ge - macht; dieſe macht ein Mann, dem ein an - derer folgt, und in jeden einen Schnittling ſenk - recht hinein ſteckt, und ſodann dieſes Loch mit Boden ausfuͤllt. Der Boden muß uͤberall ſattſam anliegen, und das oberſte Auge muß er ganz mit Erde bedecken, daß es vor Sonne und Wind beſchirmt iſt, daß nur das einzige Auge vom Schoß treibt, die uͤbrigen aber Wur - zel faſſen, und jenes Schoß recht ſtark und kraͤftig werde. Außer den Schnittlingen wirdnichts190nichts im Weinberge gepflanzet, das Schat - ten machen koͤnnte. Im folgenden Fruͤhlin - ge laͤßt man ihm nur ein einziges Schoß ſte - hen, und bricht die uͤbrigen alle weg. Dieß Schoß heftet man fleißig an ſeinen Pfahl, bricht aller drey Wochen die Oberzaͤhne, ſo - bald ſie ſich zeigen, aus, und haͤlt durch oͤfte - res Felgen den Boden von Unkraut rein, vom Fruͤhling an bis zum Herbſt. Hr. D. Knecht zieht das Beſchneiden im Herbſt, aber noch zeit - lich, vor dem Zugefrieren, daß der Schnitt noch vor dem Winter heil wird, als ſehr ſtaͤr - kend fuͤr die Wurzeln, dem Beſchneiden im Fruͤh - linge vor; weil, nach ſeiner Angabe, oben an dieſen Ruthen noch nicht ganz reife zarte wei - che Theile waren, die im Winter gar leicht verduͤrben, und das uͤbrige Holz, und ſogar die Wurzel, ſchwaͤcheten.

Herr D. Brotbeck im Speyeriſchen machte gluͤckliche Verſuche, die beym Schnei - den abfallenden Boͤgen, mit oder ohne junges Holz, eben ſo, wie Setzreben, zu ſetzen, und Weinſtoͤcke davon zu erziehen, und legte ganze Weinberge mit gutem Erfolge davon an. Hr. Kirchenrath Sander in dem Badenſchen pflanzte Weinberge durch Wuͤrzlinge mit Gluͤck. Er ſetzt die Reben in eine Rebſchule, welche ein Krautgartenland ſeyn kann, darinnen ſie nahe beyſammen ſtehen koͤnnen. Nach ſeinen Erfahrungen ſind die Zweylaͤuber die dien - lichſten zur Anlegung eines Weinbergs. Wennman191man ſie aus jenem Rebland im Weinberg in Graͤben verpflanzt, welche man nach und nach in dieſem Jahre wieder oben zubauet und ge - hoͤrig behandelt, ſo tragen ſie im zweyten Jah - re ſchon reichlich, und im dritten vollſtaͤndig. Er legte im Jahre 1777 ein Stuͤck Weinberg von ſolchen Wuͤrzlingen an, und im Jahre 1778 waren ſchon uͤber 1000 Stoͤcke uͤber die Pfaͤhle hinaus, und gaben einen ſehr guten Herbſt.

In dem Oeſtereichiſchen hat man eine Art Ableger, welche man Boͤgen nennt, und wo - durch man viele von einer Sorte auf einmal erhaͤlt. Man erwaͤhlt dazu junge biegſame Stoͤcke, giebt ihnen eine gute Erde, daß ſie ſtark treiben, und ſchneidet ſie auf drey bis vier Ruthen. Nach dem Herbſte werden ſie ſo weit, als ſie geſundes Holz haben, in zoll - tiefe Gruben nach der Laͤnge gelegt, mit Ha - ken befeſtigt, und wider den Froſt mit Laub bedeckt. Im Fruͤhlinge, wenn die Augen ei - nen Finger lang getrieben, deckt man ſie mit Erde, und begießt ſie, bey anhaltender trockner Witterung, des Abends ein wenig; im fol - genden Herbſt, oder zweyten Fruͤhlinge, kann man ſie mit ihren Wurzeln herausnehmen, nachdem die zwiſchen jeden Zweig getriebenen Schoſſen abgeſchnitten worden.

Man erweiterte den Weinbau durch Ein - fuͤhrung ſowohl fremder als auch einheimi -ſcher192ſcher Weine aus einen Lande ins andere. So bauete man den Umſtaͤtter, Traminer, als vorzuͤgliche Weine, neuerlich in dem Schwaͤ - biſchen. Den Silvaner brachte man aus dem Oeſtreichiſchen in das Schwaͤbiſche und Fraͤn - kiſche. Der Rulander wurde von Speyer aus an den Rhein hin, und ins Wuͤrtenbergiſche verpflanzt. Der Gutedel kam aus Ungarn und Oeſtreich ins Schwaͤbiſche, und wurde daher daſelbſt Muskateller genannt, weil man in Ungarn und Oeſtreich die Gutedelſorten Mus - kateller, die Muskateller aber Weihrauch nennt. Der Peterſilienwein kam aus Oeſtreich ins Wuͤrtenbergiſche. Viele kamen aus Val - telin, und ſind daher daſelbſt unter dem allge - meinen Namen Valteliner bekannt. In Herbſte 1778 machte man ſonderlich einen wichtigen Verſuch in Schwaben und im Badenſchen mit einer Art Wein aus dem Oberelſaß, wovon die Schnittlinge zu Reichenweiher ſehr theuer verkauft werden, weil ſie bald große und wein - reiche weiße Trauben tragen, und in jedem Boden gedeihen. Der Markgraf zu Baden legte einen Morgen von dergleichen an, und an einem andern Orte ſetzte man neunzig Schnittlinge; im zweyten Jahre trugen die Bodenhoͤlzer ſchon Trauben. Als im Jahre 1777, wegen der uͤbeln Witterung, die andern Trauben abfielen, und ein vier Tage vor der Weinleſe einfallender Froſt ein Drittheil Trau - ben verderbte, ſo litten doch dieſe Traubennichts.193nichts. Der Markgraf befahl daher im J. 1778, im Fruͤhlinge die Ortlinger oder Ort - lieber Stoͤcke anzupflanzen, um dadurch in den badenſchen Landen dieſe vorzuͤgliche Wein - art gemein zu macheny)S. Intelligenzbl. 1779. St. 13..

Im Elſaß, und vornehmlich in der Ge - gend um Landau, iſt es außerordentlich durch Wein angebauet. Man pflegt daher zu Lan - dau zu ſagen, daß bis dreyhundert Doͤrfer auf den Wochenmarkt kommen, und bey Son - nenſchein wieder zu Hauſe ſeyn. Die Doͤrfer am Gebirge von Hambach nach Landau, rechts und links, haben nichts als Weinberge, ſind auf einmal reich, und dann wieder mehrere Jahre arm. Der ehemals beruͤhmte Gaͤnſe - fuͤßer iſt vom Rulaͤnder und Rießling verdrun - gen worden. Jener wird erſt ſeit Anfang dieſes Jahrhunderts hauptſaͤchlich gepflanzt. Er hat ſeinen Namen von einem Kaufmann Ruland in Speyer, der den Stock zwiſchen den Truͤmmern eines zerſtoͤrten Hauſes, die Trauben davon wohlſchmeckend, und dieſe Re - be fruchtbar fand. Er legte ſich nach und nach einen ganzen Garten davon an, und von ihm kamen alle Rulaͤnder im ganzen Speyergau her. So hat alſo in dieſem Jahrhunderte Speyer zwey nuͤtzliche Pflanzen gleichſam wie - der hervorgefunden, und den Bau derſelbeninII. Theil. N194in Aufnahme gebracht, den Krapp und die Rulaͤnder Rebez)Briefe eines Reiſenden durch Elſaß, deutſch. Muſ. 1781. Febr. 139..

Man bemuͤhete ſich die Keltern zu beſſern, und fuͤhrte an einigen Orten die champagner Kaſtenpreſſe ein; die erſte von dieſer Art ſtell - te Hr. D. Brotbeck zu Unteroͤwisheim an; zu Steinhaim an der Murr, zu Schorndorf und Sulzbach, folgte man hierinnen nach.

Auch die Polizey nahm ſich des Wein - baues an. Man unterſagte die ſchlechteſten Sorten: ſo iſt im Wuͤrtenbergiſchen der Elen - der oder Putzſcheeren unterſagta)S. Sprengers Praxis S. 60., um die ſchlechten Weinarten an der Ausbreitung zu hindern. Eben ſo ſind daſelbſt die erfahren - ſten Weingaͤrtner des Orts obrigkeitlich zu Weinsbergsſteußlern beſtellt, welche nach dem Hacken die Weinberge viſitiren, und wenn ſie aus dem um den Stock herum noch ſtehen - den Graſe merken, daß um den Stock herum nicht gegraben, und alſo auch nicht geraͤumet worden, ſo graben ſie auf, ſchneiden die todten Wurzeln weg, und ſtrafen fuͤr jeden Stock den Beſitzer um funfzehn Kreuzerb)Ebend. S. 276..

Durch dieſe Bemuͤhungen iſt es in verſchie - denen deutſchen Landen zu einem anſehnlichen Weinbau gediehen. So bauet man imbb)S. ebend. S. 56 79. Wuͤr -ten -195tenbergiſchen, zum Theil auch in Franken, in der Pfalz und am Rhein, folgende Weine:

1) Burgunder, den man den großbeerich - ten Claͤvner heißt.

2) Der Bourgignon noir, der auch For - mentin noir, Derce noir, Treſſeau genannt wird. Er hat runde dreyſpitzige Blaͤtter mit ſchwarzen Zaͤhnen, unten blaßgruͤn, bringt viele großaͤſtige engbeerige Trauben, die Bee - ren, welche laͤnglichrund und ſchwarzblau ſind, reifen zu Ende Septembers, iſt fruͤhzeitig.

3) Morillon noir, ſ. vitis praecox Co - lumellae, Pineau, Auvernas noir, Moͤr - lein am Rhein, traͤgt maͤßig große ſchwar - ze Trauben, hat bey dem Anſchnitt ein roͤthe - res Holz, als anderer Wein. Er iſt ſehr ſuͤß: je dichter die Augen bey einander ſtehen, deſto beſſer iſt es; er thut in allen Boͤden gut. Er taugt mit N. 2. in vermiſchten ſtarken Boͤden. Er reift zu Ende des Septembers.

4) Meunier, Munier, Taçonne, Muͤller - rebe, Muͤllerweib: ſeine Blaͤtter ſind im Fruͤh - jahre weiß bepudert, die Trauben ſind ſchwarz, iſt, mit N. 3 vermiſcht, gut im leichten fetten Sandboden. Von dieſen vier Sorten wird der Burgunder gemacht.

2) Claͤvner kamen durch Chiavenna oder Claͤven zuerſt zu uns, und haben eben daher ihren Namen. Franz. Auvernas rouge, Noirien, Gros noir, Talvagnue rouge,N 2vin196vin noir de Toulon, Pinaut in Burgund, Ge - netin de St. Menin. Noirien hat ganz runde dreytheilige Blaͤtter mit ganz ſpitzigen Zaͤhnen, die immer etwas roͤthlich ſcheinen unten blaß - gruͤn, mit wenig Wolle, die Traube iſt klein engbeerig und ſchwarz. Er iſt hart, und dauert im Winter. Der vortreffliche rothe Wein zu Muͤhlhauſen am Necker, der Kreuzacher in der obern Markgrafſchaft Baden, wird aus ſolchen Trauben gemacht, wie auch der Cham - pagner aus dieſem und Rulaͤnder. Er taugt beſſer in niedriges als hohes Feld, mehr in ſchwere als leichte und hitzige Boͤden, reift im September.

3) Elben, Allemand, Elbling, Elbiſche. Es giebt derſelben viererley. 1) Weißelben, in Champagne Facun, in Oeſterreich, Mehl - weiß, hat runde Blaͤtter, ohne oder mit zwey bis vier Einſchnitten langen Zaͤhnen, unten blaßgruͤn mit wenig Wolle; die Trauben ſind engbeerig, die Beeren groß, rund und weiß. Er bekommt Boͤgen, reift im September. 2) Rothelben, in Tyrol Trollinger, wird dem vorigen vorgezogen, hat mit ihnen einer - ley Blaͤtter; die Beeren ſind roth, und giebt beſſern Wein. 3) Der Schwarzelbene iſt ein ſpaniſcher Stock; die Beeren ſind ſchwarzblau, er reift im October, und bekommt Boͤgen. 4) Gelbelben, Lauſaner, hat meiſt ganze Blaͤtter, reift im September; die Traubenſind197ſind aͤſtig, engbeerig, die Beeren klein, rund, gelb, und bekommt Boͤgen.

4) Elender oder Putzſcheeren, iſt eine ſehr ſchlechte Sorte, und daher im Wuͤrtenbergiſchen durch Verordnung verboten; er hat runde weiß - liche Blaͤtter mit wenig Einſchnitten, und unten viel Wolle; die Traube iſt groß, lang, eng - beerig, die Beeren groß, rund und weiß, leiden im Bluͤhen nicht leicht von der Witterung, reifen im September. Er macht viel Holz, aber nur waͤßrigen Saft.

5) Faͤrber, (Auvernas, Teint, Tentu - rier,) hat fuͤnftheilige Blaͤtter, auch ganz, mit kurzen ſtumpfen Zaͤhnen, unten wollicht, und werden ganz roth. Die Traube iſt groß und engbeericht, die Beere rund, ſchwarz - blau, haben auch im Fleiſch rothen Saft, werden im October reif, geben bey uns einen ſauren Wein, und werden nur zum Faͤrben der Weine gebraucht, aber die Farbe haͤlt nicht mehr als ein Jahr, daher man ſie nicht liebt. Er bekommt Zapfen oder Boͤgen.

6) Fuͤrterer, (Furterling,) hat fuͤnf - theilige, etwas runde, oben blaßgruͤne, unten weißlicht und wollichte Blaͤtter; nicht große, ſehr engbeerichte Trauben, deren Beeren mit - telmaͤßig groß, rund, weißlicht und ſuͤß ſind. Im Bluͤhen haͤlt er faſt alle Witterung aus, traͤgt viel Trauben, die ziemlich gut ſind, und im September reifen, aber gegen den Herbſt oft abfallen.

N 37) Von198

7) Von Gutedel, franz. Chaſſelas, notre Dame, Muſcadin, in Franken Junker, in Oeſtreich Muskateller: und weil er zuerſt aus Oeſtreich an den Necker kam, ſo heißt da - her auch da der Gutedel oft Muskateller. Es giebt den weißen, rothen, ſchwarzen, gruͤnen; die gewoͤhnlichſten ſind die drey erſten Sorten.

1. Weißer oder gelber Gutedel, hat laͤn - gliche Blaͤtter, mit tiefen Kerben, zackiger, als die gruͤne in der Farbe gelblich, meiſt glatt, ohne Wolle; die Traube iſt groß, weit - beerig, die Beeren groß, rund, weißgelb, reifen oft im September. Er traͤgt viel ſuͤße Trau - ben, kann in allen Feldern gepflanzt werden.

2. Des gruͤnen Blaͤtter ſind in fuͤnf Thei - le getheilt, unten blaßgruͤn mit langen Staͤ - ben; die Tranbe iſt lang und engbeerichter, als des weißen, die Beeren ſind groß, rund, weiß - gruͤn, reifen im September.

3. Schwarzer Gutedel, hat Beeren wie der weiße; die Traube iſt groͤßer, als des weißen ſeine, reift ſpaͤter, traͤgt ſtarke Trau - ben.

4. Der rothe Gutedel gleicht dem gruͤnen in allem; man findet die Trauben etwas weit - beerichter, und die Beere kleiner und roth.

5. Der rothe ſpaniſche Gutedel (in Oe - denburg rother ſpaniſcher Muskateller) traͤgt viel Trauben und guten Wein; die Blaͤtter ſind uͤber die Haͤlfte in 5 Theile getheilt, untenblaß -199blaßgruͤn; die Traube iſt groß, hat Achſeln, iſt engbeericht, und braucht viel Sonne; die Beeren ſind hellroth, groß und rund. Er reift im October, und bekommt nur Zapfen.

8) Haͤngling; man hat den rothen und weiſ - ſen. Der rothe hat runde Blaͤtter, mit we - nig und nicht gar tiefem Einſchnitt, blaß - gruͤn, unten mit Wolle. Die Traube iſt maͤ - ßig und engbeericht, die Beeren laͤnglich, roth - blau.

9) Hauſen ſind eine Art wie Valteliner, haben ein wenig laͤnglichte Blaͤtter mit vielen Spitzen und Einſchnitten, immer etwas roͤth - lich, unten mit vieler Wolle uͤberzogen. Die Traube iſt groß und engbeericht, die Beeren laͤnglicht, mittelmaͤßig, weißroth; vertraͤgt im Bluͤhen Naͤſſe, und bekommt kurze Boͤgen.

10) Heunſchen (Heuniſche) giebt es gel - be und rothe.

11) Hudler, (Lugiana nera) hat fuͤnf - theilige Blaͤtter mit langen Kerben, und hell - gruͤnen Nerven, unten blaßgruͤn, die Traube iſt groß und weitbeericht, die Beere rund und ſchwarzblau. Nur dieſe wird in Deutſchland gebauet; der weiße (Lugiana bianca,) iſt bey uns nicht uͤblich, die Blaͤtter ſind fuͤnf - und dreytheilig, mit rothen Nerven, unten blaß - gruͤn. Die Traube iſt groß, laͤnglicht, eng - beericht, die Beeren rund, groß, weißlichgelb, die Haut gelb, bekommt Boͤgen.

N 412)200

12) Lindauer, der weiße, hat laͤngliche, nicht gar zu große, mit vielen Einſchnitten und Zacken verſehene Blaͤtter, die rothbraun ſind und lange Staͤbe haben, wie Gutedel; die Traube iſt maͤßig groß, die Beeren rund und weißgruͤn. Der rothe kommt mit dem weißen, die Farbe ausgenommen, in allem uͤberein.

13) Muskateller, Weihrauch, italieniſcher Moſcatella, franz. Muſcadet, Muſcat, Fron - tignac, Schmeckende in Oeſtreich. Man hat deren in Deutſchland drey Sorten, eigentlich ſind ihrer vier, die weiße, rothe, ſchwarze und blaue.

1. Der weiße hat dreytheilige Blaͤtter mit langen Zaͤhnen, unten blaßgruͤn; die Traube iſt groß, rund und gruͤnlicht, mit blauen Flecken, wenn ſie im September ganz reif iſt, liebt Boͤgen; das Fleiſch der Traube iſt ſehr feſt, laͤßt ſchwer den Saft, der Stock hat ein hartes Laub, daher es die Kaͤfer nicht angreifen. Der Wein davon iſt nicht haltbar. Es giebt auch noch weißen Muskateller, der kleine gelbe breitgedruͤckte Beeren hat.

2. Der rothe Muskateller hat Beeren wie der erſtere, die Traube iſt groß und engbee - richt; die Beeren ſind groß, rund, mehr roth als ſchwarz, und reifen im October: er be - kommt Boͤgen oder Zapfen. Man verwech - ſelt oft damit den ſpaniſchen Gutedel, der kei - nen Muskatellergeſchmack hat.

3. Der201

3. Der ſchwarze Muskateller hat dreythei - lige Blaͤtter, mit keinen tiefen Kerben, oben und unten hellgruͤn mit rothem Stiele; die Traube iſt kleiner als bey den beyden erſtern, aber engbeerichter, die Beeren ſind klein. Man ſchneidet Boͤgen.

4. Der blaue iſt nicht ſo dunkelblau, als der ſchwarze, hat aber groͤßere ſchwarzblaue Beeren, die mehr Muskatellergeſchmack ha - ben. Die Trauben ſind groͤßer, engbeericht, reifen im September. Man nennet oft ge - wiſſe Stoͤcke, z. B. einen Gutedel, Muska - teller, die gar nicht den Geſchmack haben, weil ſie in Ungarn und in dem Oeſtreichiſchen ſo heißen, und aus dieſem Lande in die Gegen - den am Neckar und Rhein kamen.

14) Peterſilienwein, in Oeſtreich waͤlſche mit Peterſilienblaͤttern, ſpaniſcher Sitrudad, waͤchſt in Canada wild; die Blaͤtter ſind in fuͤnf Theile getheilt, bis an den Stiel, unten blaßgruͤn, und die Kerben federartig, die Traube iſt großartig, weitbeerig, reifen im September.

15) Kleiner Rißling, hat fuͤnftheilige Blaͤtter, die Traube iſt maͤßig groß, die Bee - ren rund, ſuͤß, geiſtig und gewuͤrzhaft, bey der Zeitigung gruͤnlich gelb; vertraͤgt im Bluͤ - hen alle Witterung, und giebt ſtarken und gu - ten, und vornehmlich den edlen Rheinwein. Es giebt auch eine andere Sorte der groͤßernN 5Riß -202Rißlinge, der aber leicht ausartet und ſelten fruchtbar iſt; daher man ihn auch ſelbſt am Rhein gar nicht viel bauet.

16) Roͤmer iſt eine Art von Waͤlſchen, iſt ſchon ſeit aͤltern Zeiten in Deutſchland gebauet worden. Er hat etwas laͤnglicht glatte Blaͤt - ter mit tiefen Kerben, oben blaßgruͤn und un - ten ein wenig Wolle. Die Traube iſt groß - aͤſtig, zottlicht; die Beeren maͤßig rothſchwarz, reifen im September, und ſind ziemlich ſauer; die Stoͤcke tragen nicht viel Trauben, die noch dazu ſauer ſind.

17) Nahe mit dem Claͤvner verwandt, iſt der Rulaͤnder, (der ſchiele Auvernas, Gris commun, Vinum bonum, Villibonerſtock,) nur daß er in der leberfarbenen Farbe der Bee - re vom Claͤvner unterſchieden iſt, ſeine Blaͤt - ter nicht ſo roth werden, lieber vor dem Herb - ſte abfallen, die Beeren klein, ein wenig laͤng - licht und leberfarben oder grau ſind, und im September reifen. Er traͤgt viele ſuͤße Trau - ben, bekommt Bogen, vertraͤgt im Bluͤhen faſt alle Witterung, und giebt einen vortreff - lichen Wein in der Vermiſchung mit Claͤvner und Burgunder; ſie werden im mittlern oder ſchweren und niedern Boden gepflanzt. Er iſt, wie ich oben bemerkt habe, erſt ſeit dem 17ten Jahrhunderte in Deutſchland in der Ge - gend um Speyer angepflanzet worden, und verbreitete ſich von da aus am Rhein und in Wuͤrtenberg.

18)203

18) Der Silvaner, (Salviner, Zier - fahnler, in Franken Oeſtreicher,) hat die gruͤnſten Blaͤtter, ohne tiefe Kerben; die Trau - be iſt maͤßig groß, kurz, dick, engbeericht, die Beeren ſind maͤßig, rund und gruͤn, und, wenn ſie recht zeitig ſind, auch braͤunlich; er traͤgt reife und ſchmackhafte Trauben, giebt aber keinen geiſtigen noch dauerhaften, ſondern fetten und ſchweren Wein. Er bekommt kur - ze Boͤgen, traͤgt aber auch an Zapfen. Er vertraͤgt im Bluͤhen alle Witterung, und wird im September reif. Von ihm iſt der blaue Silvaner unterſchieden, welcher runde runz - lichte, auf beyden Seiten gruͤne mit ſtumpfen Kerben verſehene Blaͤtter, kleine engbeerichte Trauben mit runden und ſchwarzblauen Bee - ren hat, die im October reifen. Er traͤgt eher in Ebenen, als Bergen.

19) Traminer, von Tramin aus Tyrol, am Rhein, Dreymaͤnner, Dreypfennigholz, iſt entweder die rothe oder weiße. Der rothe Fleiſchwein, Formentin rouge, Gros rouge, fraͤnkſche Traube, hat ein rundes Laub mit wenig Einſchnitten, nicht groß, weißgruͤn, unten mit Wolle; die Traube iſt klein und engbeericht; die Beeren ſind klein, laͤnglicht, hellroth, und reifen im September; ſie ſind ſuͤß, und geben vortrefflichen Wein. Der Stock hat meiſtens ſchwaches Holz, und traͤgt wenig Trauben; ſie leiden bey naſſem Wetter im Bluͤhen, und werden duͤnn. Er ertraͤgtBoͤgen,204Boͤgen, wenn er ſtarkes Holz hat, ſonſt be - kommt er Zapfen. Er iſt von dem großen weißen nur in der Farbe der Beeren unterſchie - den, und eben ſo vom Rulaͤnder und Claͤvner; denn Groͤße und Geſtalt der Trauben iſt einer - ley, und der Geſchmack faſt derſelbe. Der weiße wird in den großen und kleinen einge - theilet. Der große weiße Formentin blanc hat runde Blaͤtter mit breiten kurzen Zaͤhnen, unten wolligt, die Traube iſt aͤſtig und engbee - richt; die Beeren groß, rund und weiß, rei - fen im September. Man ſchneidet Boͤgen. Der vortreffliche Wein zu Roth bey Edigho - fen, wird aus Traminern gemacht.

20) Ungerlein (Ungar) ſind dem wei - ßen Gutedel gleich, und faſt noch beſſer, mit einer ſchoͤnen hellen Traube; die Beeren ſind von gutem Geſchmack, nur etwas dickhaͤutig. Man nennt ſie auch die kleine Gutedel.

21) Valteliner, (Feldleiner, Veltleiner, Raifler,) ſo heißen im ſchwaͤbiſchen alle Sor - ten von Trauben, die aus Valtelin dahin ge - bracht wurden. Die gemeinſte Sorte iſt die - jenige, die in Oedenburg Rothraifler, ſonſt Fleiſchtraube genannt. Er hat runde fuͤnf - theiliche weißliche Blaͤtter, mit ungleichen Ker - ben, zum Theil tief gezahnt, unten blaßgruͤn, mit vieler Wolle. Die Traube iſt lang, eng - beericht, die Beeren klein, laͤnglicht, rund, roͤthlich oder rothblau; ſie reifen im October. Er205Er taugt am beſten in fruͤhe Felder, und be - kommt Zapfen. Außer dieſem giebt es noch eine weiße Sorte (weiße Raifler) und zwey ſchwarze Sorten im Bilfingeriſchen Wein - berge.

22) Waͤlſche, (d. i. Italieniſche, an ei - nigen Orten Trollinger, Hamelloden, Kreu - zertrauben, Mohrendutten, ſind Trauben mit großen Beeren. Man bauet ſonderlich drey Sorten, Schwarzwaͤlſche, Rothwaͤlſche und Wullewaͤlſche: die erſte Sorte iſt die vorzuͤg - lichſte. Die ſchwarzwaͤlſche hat große runde Blaͤtter, mit nicht ſehr tiefem Einſchnitt, oben etwas gelb, unten blaßgruͤn und wenig Wol - le; die Traube iſt aͤſtig, groß, engbeericht, die Beeren groß, rund, und, wenn ſie recht reifen, ſchwarz. Er bluͤhet bey aller Witterung gut, und bekommt Boͤgen. Man erhalte die alten Schenkel, weil ſelten einige nachwachſen. Er liebt ſonnenreiche Berge, und merglichten Bo - den. Vom rothwaͤlſchen giebt es drey Arten, 1) die Zottel - oder Blauwaͤlſche, welche auch Urban heißen, ſie haben etwas laͤngliche Blaͤt - ter, mit tiefen Einſchnitten, oben braun, gruͤn, und unten weit, etwas Wolle. Die Traube iſt groß, aͤſtig, zottelicht; die Bee - ren groß, laͤnglicht und ſchwarzblau, ſie rei - fen im September. hat er nicht ſtarkes Holz, ſo treibt er nicht viel Trauben, giebt aber ſuͤ - ßen und den roͤtheſten Wein. Weil die Trau - ben meiſt in den aͤußerſten Augen, ſelten aberin206in den hinterſten oder Scheeraugen getrieben werden, ſo bekommt er faſt die groͤßten Boͤ - gen. 2) Gaͤnſefuͤßler, hat etwas laͤnglichte Blaͤtter mit tiefen Einſchnitten, oben gelbgruͤn und unten mit wenig Wolle. Die Traube iſt groß, lang, aͤſtig, zottelicht, die Beeren groß und ſchwarz, und reifen im September. Er traͤgt viele Trauben, und bekommt kurze Boͤgen. 3) Wullewaͤlſche, (Garganega,) haben rund zugeſpitzte Blaͤtter mit kurzen un - gleichen Kerben, unten blaßgruͤn. Die Trau - be iſt lang und weitbeericht, die Beeren rund und ſchwarz, und reifen im October. Man ſchneidet Boͤgen. Man erzog in den herzogli - chen wuͤrtenbergiſchen Weinbergen viele Arten von Wein, und verpflanzte ſie in den ganz neuern Zeiten, vornehmlich nach dem Jahre 1778, in die umliegenden Gegenden von Stutt - gart und Canſtadt. Es hatte den gluͤcklichen Erfolg, daß dieſe nun auch allgemein ſind, da ſie es vielleicht nicht geworden waͤren, wenn nicht der Hof mit ſeinem Beyſpiele vorgegan - gen waͤre. Sie ſind in der vollſtaͤndigen Abhandlung des Weinbaues, im erſten Theil auf der 290ſten Seite, beſchrieben. Es ſind folgende:

1) Bourgignon blanc, oder weißer Bur - gunder: die Traube iſt engbeericht, die Beeren weiß. Er bekommt Boͤgen, und dauert in der Kaͤlte.

2) Gruͤ -207

2) Gruͤner Gutedel: er treibt ſtarkes Holz, traͤgt viele Trauben; die Beeren ſind groß, er bekommt Boͤgen.

3) Schwarzer Gutedel, hat große Beeren, groͤßere und ſtaͤrkere Trauben, als anderer.

4) Blaue Cibebe, aus Oedenburg in Ober - ungarn, hat lange engbeerichte Trauben; die Beeren ſind laͤnglicht und viele ſchwarzblau. Man kann Boͤgen und Zapfen ſchneiden.

5) Weiße Cibebe, heißt auch die Spani - ſche, oder aus Oedenburg, oder Malvaſier, bekommt Boͤgen, und iſt im Anfange des Se - ptembers reif; die Traube iſt lang, aͤſtig und engbeericht.

6) Aſch - und Lederfarbe, tuͤrkiſche Cibe - be, vertraͤgt Boͤgen; die Traube iſt einen Schuh lang, engbeericht, die Beeren rund und flei - ſchicht, ſie reifen zu Ende des Septembers, und halten alle Witterung aus.

7) Die weiße tuͤrkiſche Cibebe vertraͤgt kurze Boͤgen, die Trauben ſind großaͤſtig, die Beeren groß, einfoͤrmig und fleiſchicht, ſie reifen zu Ende des Septembers, und werden gelblich.

8) Weiße Gaißdutten haben lange weit - beerichte Trauben, ſie reifen im October, die Beeren ſind groß, oval und weiß; man kann Zapfen oder Boͤgen ſchneiden.

9) Roth -208

9) Rothgaißler hat lange engbeerichte Trauben, die Beeren ſind lang und roth, und reifen im October. Er ſcheuet keine Witte - rung.

10) Weißer Gaißler mit runden Beeren, hat lange Trauben, die weißen runden Bee - ren reifen im September. Er bekommt Boͤ - gen, und traͤgt viel Trauben. Der weiße Gaißler mit laͤnglichtweißen Beeren, haͤlt ſich nicht ſo gut im Bluͤhen, ſondern liebt warme Witterung zum Bluͤhen.

11) Rothe Hamburger, die wahrſchein - lich mit den rothen Heymiſchen einerley; ſie reifen zu Ende des Septembers, und tragen viele und große Trauben mit großen roͤthlichen Beeren.

12) Haſchet Lobolin, aus Tockey: die Traube iſt bis ſechzehn Zoll lang, und weitbee - richt, die Beeren ſind rund, klein, weißlicht, gelb, und reifen im October; man ſchneidet Zapfen.

13) Gruͤner Lagler aus Oedenburg: die Traube iſt engbeericht, die Beeren laͤnglicht und weiß, und reifen im October; man ſchnei - det Zapfen oder Boͤgen.

14) Lombarder aus Oedenburg, bringt viele, lange und engbeerichte Trauben; die Bee - ren ſind weiß und rund, ſie reifen im Octo - ber; er bekommt Zapfen.

15) Mal -209

15) Malvaſia mit langen Beeren, die Traube iſt großaͤſtig und weitbeericht, die Beeren laͤnglicht und gelb, ſie reift im Sep - tember und bekoͤmmt Boͤgen.

16) Gruͤner Muſkateller bekoͤmmt Boͤgen, die Traube iſt aͤſtig, engbeericht und ziemlich groß, ſie reift im September, die Beeren ſind laͤnglichrund und gruͤnlicht.

17) Oetlinger aus dem obern Elſas, er heißt auch gelber Mosler, er treibt bald Trau - ben, die Trauben ſind groß, engbeericht, haben weiße große ſaftreiche Beeren. Er kam von den Rheingegenden in das Schwaͤbiſche, und fuͤhrt auch von dem Oekonomen, von dem er daher kam, den Namen Ortlieber.

Das neuere allgemeine Syſtem des Deut - ſchen Weinbaues beruhet alſo auf folgenden Grundſaͤtzen, die ſich zwar nach den ver - ſchiedenen Weinlaͤndern unter gewiſſe unterge - ordnete Syſteme bringen laſſen, allein auch in einem einzigen verbunden werden koͤnnen, wo - bey die Abweichungen der einzelnen Gegenden leicht zu bemerken ſind.

Man bereitet zuerſt den Boden durch Um - reuten eines halben Mannes tief, entweder das ganze Land oder nur gewiſſe Reutgruben oder auch nur Gruben. Sodann folgt das Zeilen oder das Bezeichnen der Reihen und Stellen, worein die Weinſtoͤcke kommen ſollen. Die Anſchaffung, Erzeugung und Fortpflanzung der Stoͤcke geſchiehet entweder durch SaamenII. Theil. Ooder210oder durch Theile der alten Weinſtoͤcke, welche man entweder auf eine andere gewurzelte Pflanze bringt, und mit ihr genau vereiniget, oder in die Erde ſetzt, und ſie Wurzel ſchla - gen laͤßt, wobey man die Theile entweder vor dem Einſetzen abloͤſet, oder erſt nachdem ſie gewurzelt haben, welcher Unterſchied auch bey dem vorigen Statt hat. Durch einige dieſer Mittel vermehrt man die Stoͤcke, durch an - dere verbeſſert man ſie nur. Man ziehet Stoͤ - cke aus Blaͤttern, Augen und Zweigen oder Reben, welche man durch Pfropfen und Oku - liren entweder einem andern Stock einſetzet, oder in die Erde bringt. Geſchiehet die Fort - pflanzung durch abgeſchnittne Reben, ſo wird dieſe in einigen Orten erſt geſtuͤrzt, in andern nichtc)S. Herrn Sprengers Praxis des Weinbaues, S. 210..

Sie werden ſodann in die Rebſchule oder Rebland geſetzt, um daſelbſt zu wurzeln und aus denſelben in die Weinberge verpflanzt zu werden. Sie heißen alsdann Wurzlinge, wiewohl ihrer dreyerley Arten ſind, naͤmlich 1) ſolche in Rebſchulen gezogene, 2) Hackſtoͤ - cke, die man in alten Weinbergen durch das Ablegen erhaͤlt, und endlich 3) die Scheid - ſtoͤcke aus jungen Weinbergen. Nach dem Setzen folgt das Beſchneiden, Hacken, ſodann das Pfaͤhlen, Anbinden, Verbrechen, Aus -brechen,211brechen, Verhauen. Das Verbrechen betrifft die Schoſſe, die kuͤnftig nicht tragen; das Aus - brechen geht auf die Oberzaͤhne im guten Hol - ze; das Verhauen betrifft die Abgipfelung des guten Holzes mit der Hacke. Hierauf erfolgt den Sommer uͤber das Falgen zwey bis drey - mal. Im Herbſte erfolgt das Pfahlauszie - hen, und das Decken der Weinſtoͤcke, welches in verſchiedenen Gegenden auf unterſchiedene Art geſchiehet, da man in einigen Gegenden die Ruthen bloß niederbeugt, und in Graben legt, an andern mit Erbſen - oder Wickenſtroh uͤberzieht, oder gar die Stoͤcke mir Erde be - deckt. Im Oeſterreichiſchen haͤlt man die Stoͤ - cke bloß niedrig wegen des Winterfroſtes, zu - mal wenn der Weinberg eben und niedrig iſt. Im Oberamte Neuenburg, zu Grafenhauſen, und an einigen andern Orten, beziehet man die Stoͤcke wenig oder ſelten, man laͤßt die Pfaͤhle im Boden, trennt ſie nicht auf, ſon - dern ziehet die Strohbande noch feſter an, da ſie vom Winterfroſt weit weniger leiden, auch die Ruthen nicht wieder duͤrre werden ſol - len. Herr Gaupp hat eine durch ſeine eigene Erfahrung beſtaͤtigte Theorie in Vorſchlag gebracht, wodurch der Weinſtock gegen die Kaͤlte, ohne das beſchwerliche Beziehen, geſi - chert werden koͤnne. Er ſchlaͤgt vor, ein tiefe - res, naͤmlich zwey Schuh tiefes Setzen der Weinſtoͤcke, die Vermeidung der Koͤpfe, das behutſame Abnehmen aller Blaͤtter gleichO 2nach212nach der Weinleſe, ehe ſie ſelbſt abfallen, damit die Blaͤtter keine weitere Feuchtigkeiten aus der Luft einſaugen, und eine ſolche Art des Weinbaues, wobey das Holz recht reif vor Winters werden kann. Seine dieſes beſtaͤtigen - den Erfahrungen erſtreckten ſich nach dem Zeug - niß des Herrn Sprengers im J. 1778 ſchon auf 8 Jahrd)S. Praxis des Weinbaues S. 319 und 326. Gaupps Abhandlung der verbeſſerte Weinbau..

Auch in der Geſchichte des Saͤchſiſchen Weinbaues findet ſich in dieſem Jahrhunderte verſchiedenes merkwuͤrdige. Nach einem Spe - cialreſcript des Koͤnigs Auguſt II. vom 24 May 1702 ſollten ordentliche Weinfaktoreyen im Lande errichtet werden, welches aber durch den Schwediſchen Krieg verhindert wurde. Im Jahre 1721 ſuchte der damalige Cammer - praͤſident Loͤwenthal dem Saͤchſiſchen Wein - handel nach Hamburg eine gluͤckliche Leitung zu geben, und es ward deswegen ein Weinhand - lungskontrakt mit einigen Hamburgiſchen Kaufleuten verabredet; allein er wurde unter - brochen, da dieſer Herr ſeine Stelle niederlegte. In den neuern Zeiten iſt ein Oberlandweinmei - ſter uͤber die Saͤchſiſchen Weingebirge und Kellereyen geſetzet, und es werden auf dem Hof Loßnitz und andern Churfuͤrſtlichen Berg - verwaltereyen Winzerſchulen erwachſen, wor - innen gute Winzer gezogen werden.

Man213

Man bauet uͤbrigens in Sachſen itzt fol - gende Weinſorten.

  • 1) Das weiß und roth Blanke.
  • 2) Das kleine Braune.
  • 3) Das Gutedle.
  • 4) Schoͤnfeyler.
  • 5) Das ungariſch Blanke.
  • 6) Das Gruͤnfraͤnkiſche.
  • 7) Das Lampiſche iſt ein Franzſtock.
  • 8) Elbinger oder Elbrich.
  • 9) Das Heyniſche.
  • 10) Malvaſier.
  • 11) Weißer Muſkateller.
  • 12) Weißtraminer oder Gaͤnſefuß.
  • 13) Das Roͤßlerholz.
  • 14) Schwarz Muſkateller.
  • 15) Grasbraun oder Veltliner.
  • 16) Schwarzwaͤlſcher.
  • 17) Zeitlichblaues.
  • 18) Rother Traminer.
  • 19) Huͤngerling.
  • 20) Das Großblaue.

Der Badeniſche Oekonomierath, Herr Bernhard, ſuchte auch ein beſonderes Syſtem in Anſehung des Weinbaues aufzubringen, und einen Landſtrich auf mehrere Art, naͤmlich durch die Verbindung des Wein-Ackers - und Wieſenbauese)Bernhards vollſtaͤndige Abhandlung vom Wieſen - baue, §. 385. S. 906. u. 907., auf einmal zu nutzen. EinO 3Aehn -214Aehnliches ſuchte dr Graf Grubbiſicho zu Tuſeppi in Dalmatien einzufuͤhren, der zwi - ſchen den Weinreihen Kornaͤrndten ſaͤetef)S. Alberto Fortis Dalmatiſche Reiſen, B. 2.. Er gruͤndet es auf die Erfahrung, daß man bemerke, wie in Kuͤchengaͤrten, wo Nebengelaͤn - der oder ſogenannte Kammertſen ſtehen, die Reben ſich viel hoͤher und mehr ins Holz, Laub und Trauben getrieben, wenn ſie der Froſt nicht daran hindert, als in den Weinbergen ſelbſt, ob man gleich die Kuͤchengewaͤchſe bis hart an die Weinſtoͤcke an pflanzet, die dem ungeach - tet eben ſo gut wachſen als anderwaͤrts, wenn nur der Boden in der Tiefe gut und zulaͤng - lich geduͤngt iſt. Die Nebenwurzeln, die ſich mehr als alle andere ausbreiten, durchlaufen oft die Unterflaͤche des halben Gartens, und das Wachsthum dieſer Rieben, ſagt er, ſey darinnen ſo ſtark, weil ſie von dem oͤftern Ruͤhren und Duͤngen der Oberflaͤche darinnen befoͤrdert wer - den, und uͤberfluͤßige Nahrung dadurch erhal - ten. Ferner gruͤndet er daſſelbe auf das Ver - fahren des Gaͤrtners, welcher ſeine Gewaͤchſe meiſt vermiſcht ſetzt, ſo daß einige hoch uͤber die andern hervorwachſen, wenn andere nie - drig bleiben, oder einige aus der Tiefe ihre Nahrung holen, indem andere ſich von der Oberflaͤche naͤhren; hierdurch nuͤtzt er den Bo - den unten und oben, und wenn er mit Duͤn - gen und Graben ihm zu Statten kommt, ſobringt215bringt er dadurch das Land zum hoͤchſten Er - trag. Auf dieſe beyde Erfahrungen gruͤndet er den Hauptſatz ſeines Syſtems, den Acker ſo zu benutzen, daß er nicht nur ſeine Ober - flaͤche, ſondern auch zugleich den tiefen Grund zu verſchiedenen Pflanzen anwende, und Ge - legenheit habe, ihn zulaͤnglich zu duͤngen, und hierdurch gleichſam deſſen Grundflaͤche verdopple. Er verbreitet vorzuͤglich den Wie - ſen - und Weinbau, und verwirft unter den Wieſengewaͤchſen bey dieſem Syſtem nur die, welche tiefe Wurzeln treiben, dergleichen Eſ - per und Luzerne ſind, weil die Reben an ſich ſchon ihre Wurzeln weit und tief verbreiten: auch muͤſſen die, zwiſchen dem Weine wachſen - den Gewaͤchſe nicht zu hoch gehen, noch ſo viel Schatten geben, wie die Bohnen und Waͤlſch - korn. Die unſchaͤdlichſten Futterpflanzen ſind in dieſem Syſteme neben den niedern Kuͤ - chengewaͤchſen die Deck - und Burgunder Ruͤ - ben, auch gemeine Ruͤben, Bodenkohlraben und die Grundbirnen, doch ſo, daß noch ein bis zwey Fuß leerer Raum fuͤr den Weinſtock uͤbrig bleibe, wo man in der Ebene mit dem leich - ten Pfluge, und am Berge mit der Hacke wohl zukommen kann.

Das Rebwerk muß dabey an Gelenke gebunden werden, daß es nur gleichſam eine Wand ausmacht. Man kann zu dem Ende eichene Zaͤune ſtecken, von Ruthe zu RutheO 4in216in den Boden graben, und ſie mit zwey Loͤ - chern uͤber einander durchſchneiden, in welche Latten oder duͤnne Stangen geſteckt werden, daß das alte Rebholz an die untern Stan - gen, die jungen Reißer aber an die obern ge - bunden werden. Wo hoch gebauet wuͤrde, muͤßte man drey Stangen haben. Hierbey waͤren ſodann die Pfaͤhle erſparet, weil ſie viel Holz erfordern, die Stangen koͤnnten leichter im Trocknen erhalten werden, und alſo weit laͤnger dauern, als ein Pfahl, der allemal in der Erde kuͤrzer wird. Sonne und Luft haͤt - ten einen freyern Zugang, die Arbeit am Reb - werke waͤre viel leichter, weniger wuͤrde ver - derben und der Wein beſſer. In den Reihen koͤnnen die Stoͤcke enger ſtehen als ſonſt, weil die Wurzeln den ganzen Zwiſchenraum unten durchlaufen koͤnnen, folglich braͤchte man eben ſo viel Weinſtoͤcke hinein als ſonſt, und wenn ihrer auch weniger waͤren, ſo wuͤrden ſie bey ei - nem beſſern Baue doch ſo viel, wo nicht mehr Wein geben. Der Weinbau an ſich iſt das beſchwerlichſte Geſchaͤfte der Landwirthſchaft. Denn wenn man gut duͤnget und den Boden auflockert, ſo waͤchſt das Unkraut deſto ſtaͤr - ker. Dieſes koͤnnte man durch den Bau der Futterkraͤuter unter dem Weine vermeiden. Er rechnet dabey auf das Futter, wenigſtens fuͤr eine Kuh, und daß man den Morgen alle zwey Jahr uͤber duͤngen konnte.

Er217

Er ſetzt dabey folgende Regeln feſt: wenn man die Reihen anlegt, welches auch von alten Stoͤcken geſchehen kann, die man 1 bis 2 Schuh in die Erde vergraͤbt, und die Ruthen in der gezogenen Linie hervorkom - men laͤßt, ſo lege man die neuen Stoͤcke oder Schnittlinge ſo ein, daß ſie erſtlich mit dem Fuße etwas tiefer zu liegen kommen, darnach dieſelben wechſelsweiſe gegen das leere Beet ausſtrecken, damit die Stoͤcke deſto enger, die Wurzeln aber ſich deſto weiter unter ſich aus - breiten koͤnnen. Die Reihen muͤſſen auf der Ebene gegen die auffallenden Sonnenſtralen, an Bergen aber nicht gerade herab, ſondern ſchief oder gar in die Queere gezogen werden, damit das Waſſer die Erde nicht ſo leicht wegfloͤßen kann. Man ſetze von neuem im - mer einen Stock, der ſein Laub gern und bald fallen laͤßt, zu einem, der es lange behaͤlt, da - mit des erſtern Trauben unter dem andern doch noch bedeckt werden koͤnnen. Ein wichtiger Einwurf gegen dieſes Syſtem iſt es, daß Vieh - duͤngung die Guͤte des Weines meiſt mindert, und man in den beſten Weingegenden durch Beymiſchung guter Erdarten bloß dem Lande zu Statten koͤmmt und es beſſert; wie in vielen Gegenden des Rheines, und im Wuͤrzburgi - ſchen auf den vortrefflichen Steinweingebir - gen uͤblich iſt. Zwar duͤnget man auch haͤu - fig mit Dung die Weinberge, vornehmlich in Sachſen, allein viele Oekonomen und Ge -O 5lehrte218lehrte haben auch behauptet, daß der Wein an Guͤte ſehr viel gewinnen wuͤrde, wenn man ſtatt des Dungs bloß ſich der Erdmiſchungen bediente. Namentlich behauptet dieſes von den Saͤchſiſchen Weinen der Verfaſſer der oͤko - nomiſchen Abhandlung vom gruͤndlichen, beſſern und eintraͤglichen Weinbergbau. Der Saͤch - ſiſche Wein, ſagt er, koͤnnte gebeſſert werden, wenn man nicht mit grobem rohem Miſte duͤng - te, wodurch er einen uͤbeln Geſchmack und Schwere erhaͤlt, und durch das viele Schwefeln, welches ihm nachtheilig iſt.

In der Pfalz nahm ſich die Regierung in den neuern Zeiten nicht weniger des Wein - baues an, und ließ die Gegenden unterſuchen, die ſich fuͤr jede Art am beſten ſchickten, um dadurch den ohnehin ſchon bluͤhenden Weinbau noch mehr zu erheben. Man bauet daſelbſt den Wein theils auf Bergen, theils auf Ebe - nen; haͤufig ſind die Wege und Straßen mit Wein beſetzt, welche den Reiſenden Schat - ten und eine angenehme Erfriſchung geben.

Im Oeſterreichiſchen, wo der Weinbau ſchon ſeit vielen Jahrhunderten bluͤhete, ließ ſich die Regierung die Verbeſſerung deſſelben angelegen ſeyn. Sie veranlaßte den Pf. Hil - tenbrand, eine dem Mayeriſchen Feldbau-Ca - techismus aͤhnliche Arbeit fuͤr den Weinbau zu uͤbernehmen; daher er zu dieſem Behufe 7 Jahre lang Erfahrungen ſammelte, auch dieHand -219Handſchrift den erfahrenſten Maͤnnern zur Beurtheilung und Verbeſſerung uͤberließ. Die Niederoͤſterreichiſche Geſellſchaft ermun - terte denſelben, eine Abhandelung uͤber die Weintrauben damit zu verbindeng)S. Hiltenbrand Oeſterreichiſcher Weinbau-Ca - techismus.. Der verdienſtvolle Praͤlat zu Sagan, der Herr von Felbiger, machte aus demſelben einen Auszug fuͤr die Normalſchule. Nach der Angabe des Herrn Hiltenbrands bauet man in dem Oe - ſterreichiſchen folgende Weine: 1) Braunen, 2) Geißdutten, 3) Grobe, 4) Baͤgler oder Zapfner, 5) Mehlweiß, 6) Muskateller, 7) Schmeckende, 8) Schwarze und Blaue, 9) Silberweiße, 10) Waͤlſche, 11) Zier - faͤhnler.

Der Rheingauer Weinbau, deſſen Urſprung in das neunte Jahrhundert faͤllt, der ſich in den aͤltern Zeiten auf die kleinen Rießlinge ein - ſchraͤnkte, ſeit zwey Jahrhunderten aber ſich ſehr mit dem Kleinberger beſchaͤftigte, wurde in der Mitte dieſer Jahrhunderte durch den rothen Burgunder vermehrt, der mit ſo vie - lem Gluͤck zu Aßmannshauſen gebauet wird; mit wenigerm zu Lorch. Ueberhaupt ſind alle Weine, die von Schierſtein an durchs ganze Land bis Lorch wachſen, unter dem Namen Rheingauer Weine bekannt. Die beruͤhmte -ſten220ſten Gegenden hierunter ſind nach dem Verfaſ - ſer des Rheingauer Weinbaues S. 51.

  • 1) Zu Aßmannshauſen und Ruͤdesheim der dortige Hauptberg ſammt dem ſo genann - ten Rothlaͤnder und Hinterhaͤuſer.
  • 2) Geiſſenheim der Rothenberg und Cap - pelgarten.
  • 3) Auf dem Johannisberge der Fuldaiſche Schloßberg.
  • 4) Zu Huttenheim der Markenbrunn.
  • 5) Beym Kloſter Erbach der Steinberg.
  • 6) Zu Kitterich der Graͤfenberg.
  • 7) Zu Rauhenthal.
  • 8) Der Flecken Asmannshauſen ſelbſt, welcher wegen des ſeit 20 Jahren eingefuͤhr - ten rothen Weinwuchſes beruͤhmt iſt.

Der Rheingau ſelbſt wird in die obere und untere Markung oder den Wald - und Rheinflecken unterſchieden: jene hat meiſt in hitzigen Jahren wegen ſchweren und ſteifen Grundes, dieſen in maͤßig hitzigen Jahren in Anſehung der Menge und Guͤte den Vorzug. Die uͤbrigen Rheinweine werden theils dieſſeits theils jenſeits des Rheins gezogen. Zu den jenſeitigen gehoͤren das ganze Rheingau und die Maynziſche Vorſtadt, Koſſel, Koſtheim, Hochheim und Wickart. Zu den dieſſeitigen die Gegend von Oppenheim bis Maynz, woſon -221ſonderlich Keſterich beruͤhmt iſt, durch die Ge - gend der Stadt Bacherach, welche, ehe ſo viel ſchlechte Trauben dahin verpflanzt wurden, den beruͤhmteſten Rheinwein gab. Auch ſind Laubenheim, Biſchheim, Bodenheim, Nier - ſtein und Harſchheim bekannt.

In dem Brandenburgiſchen legte der glor - wuͤrdige Vater des jetzt regierenden Koͤnigs ei - nen Weinberg von Burgundiſchen Faͤchſern bey Potsdam an, welches auch in ſo weit gluͤckte, daß man ihn auf die koͤnigliche Tafel brachte. In dem Boͤhmiſchen machte man neuerlich auch Verſuche mit dem rothen Bur - gunder, welche nach den Berichten gluͤcklich ausgefallen ſind.

Sehr wichtig ſind die Bemuͤhungen der Schriftſteller dieſes Jahrhunderts. Außer den allgemeinern Schiftſtellern uͤber die Oeko - nomie, welche dieſen Punkt als einen der wich - tigſten in der Landwirthſchaft behandelten, ha - ben die HH. von Rohrh)v. Rohr Unterricht vom Weinbaue, inſonderheit von Anlegung der Weinberge, Leipz. 1730., Gaupp, Knecht, Sprengeri)(Balthaſar Sprenger) vollſtaͤndige Abhandlung des geſammten Weinbaues, Frankf. und Leip - zig. 8. I. 1766. II. 1767. III. , um dieſes Geſchaͤft große Ver - dienſte, vornehmlich die drey letztern. HerrHaupt -222Hauptmann Gaupp bearbeitete ſonderlich den Weinbau der obern Marggrafſchaft Badenk)Ebendeſſ. Anleitung zu Verbeſſerung der Weine, 1775., wo ſich noch viel aͤhnliches mit dem Weinbaue der Roͤmer findet, die darinnen die Lehrer der Deutſchen waren. Herr D. Knecht lehrte vornehmlich die Anlegung der Wein - berge mit Schnittlingen und unbewurzelten Reben.

Herr Prof. Sprenger gab 1766 und 67 die vollſtaͤndige Abhandlung des geſammten Weinbaues heraus, worauf 1775 ſeine An - leitung zu Verbeſſerung der Weine erfolgte, und im Jahre 1778 die Praxis des Wein - bauesl)(Balthaſar Sprenger) Praxis des Weinbaues uͤberhaupt, beſonders aber in Schwaben an der Rems und Ens fuͤr Weingarten - und andere Weinbergsliebhaber beſchrieben, Stuttgart, 8. 1778., wozu er vornehmlich durch die Werke des Herrn Gauppsm)J. F. Gaupps Verbeſſerter Weinbau, 1776. und Knechtsn)D. Knechts Anweiſung mit unbewurzelten Re - ben einen Weinberg wohlfeil anzulegen, 1777. veranlaſ - ſet wurde, welche er vorher zum Druck befoͤrdert hatte. Weil naͤmlich dieſe beyden Schriften die Kenntniſſe des gewoͤhnlichen Weinbaues vorausſetzten, ſo entſchloß ſich Herr Spren -ger,223ger, den in Schwaben uͤblichen Weinbau und die dabey vorkommenden Arbeiten, Werkzeuge und Handgriffe zu beſchreiben, zugleich aber auch eine allgemeine zulaͤngliche Anweiſung zu geben. Er bringt vornehmlich die neueſten Verbeſſerungen bey, und ſucht die Grundſaͤ - tze der Roͤmer auf unſern Weinbau zum Vor - theil und Verbeſſerung deſſelben anzuwenden; daher er oft dieſelben aus dem Columella ausfuͤhrlich entlehnt. Auch Herr Spittler beſchaͤftigte ſich mit dem Weinbaue. Wir er - hielten von dem Provincial-Weinbau die nuͤtz - lichſten Nachrichten. Herr von Vorſter beſchrieb den Rheingauer in Frage und Antworto)Der Rheingauer Weinbau aus ſelbſt eige - gener Erfahrung, und nach der Naturlehre ſy - ſtematiſch beſchrieben, 1765. Frankf. und Leipz.. Herr Pf. Hiltenbrand den Oeſterreichiſchen, worinnen er ſich nach dem Mayeriſchen Acker - baucatechismus richtetep)Ad. Hiltenbrand Oeſtreichiſcher Weinbaucate - chismus oder kurzer Unterricht vom Weinbau in Oeſterreich, in Frag und Antworten, 1777. Leipz.. Im Jahr 1765 erhielten wir eine Beſchreibung des Saͤchſi - ſchenq)Oekonomiſche Abhendlung vom gruͤndlich beſſern und eintraͤglichern Weinbaue, nebſt angefuͤgter Churfuͤrſtlich Saͤchſiſchen Weingebirgsordnung vom J. 1588. von H. A. F. Dresden und Leipz. 1765., und 1771 eine andere von Herrn Oſ - ſenfelder. Man benutzte die Schriften derAus -224Auslaͤnder durch Ueberſetzung. So uͤberſetzte man die Schrift des Bidetr)Bidets Abhandlung vom Bau und Verbeſſerung des Weinſtocks, Leipz. 1754. 8. Eine andere ſtehet in den Selectis phyſico oeconomicis III. S. 17 345, auch in den Leipziger Samml. XIV. S. 1024. ſchon im Jahr 1754, im J. 1773 die Abhandlung des Ro - ziers)Rozier Abhandlung von der beſten Art die Weine zu machen Zerbſt 1773. 8.. Einige beſchaͤftigten ſich mit den Mit - teln, den Weinbau vor Nachtheilen zu huͤten, worunter außer dem Herrn Gaupp in der ſchon angefuͤhrten Schrift auch noch die Abhand - lung von Vertilgung des Rebenſtichers ge - hoͤrt, welche Herr Prof. Beckmann in der Phyſikaliſchen Oekonomiſchent)Eine Berechnung des Weinbaues findet ſich in den Oekonomiſchen Nachrichten II. 685. VI. S. 547. 600. V. 161. Bibliothek II. S. 308, 336. III. S. 584. angiebt.

Die Polizey ſorgte auch fuͤr die Geſund - heit und Reinigkeit der Weine, gab Geſetze gegen die Verfaͤiſchung, und nahm ſcharfe Unterſuchungen und Beſtrafungen vor. Schon lange war an vielen Orten dieſe Verfaͤlſchung mit Lebensſtrafe beſtraft; und zu Ende des vorigen Jahrhunderts wurde die Lebensſtrafe auf dergleichen Verfaͤlſchungen erneuert. D. Zeller, ein ehemaliger Wuͤrtenbergiſcher Leibme -dicus225dicus, war in den neuern Zeiten einer der erſten, der die Weinprobe in einer eigenen Ab - handlung oͤffentlich bekannt machte, weil zu eben dieſer Zeit die Weinverfaͤlſchung ſehr allge - mein war, und noch immer iſt ſie eine der beſten, welche auch Gaubius neuerlich in den Schrif - ten der Harlemer Societaͤt den Hollaͤndern als das ſicherſte Mittel, mit Bley verfaͤlſchte Weine und Butter zu erkennen, angerathen, welches folgendes iſt: Man nimmt zwey Loth Auripig - ment und vier Loth ungeloͤſchten Kalch, jedes wird beſonders zu Pulver geſtoßen, ſodann unter einander gemiſcht, in ein Glas gethan, und vier und zwanzig Loth Waſſer darauf ge - goſſen, das Glas mit einer naſſen Blaſe zu - gebunden, und vier und zwanzig Stunden an einen warmen Ort geſtellt, und von Zeit zu Zeit umgeſchuͤttelt. Nach vier und zwan - zig Stunden laͤßt man es kalt werden und ſich ſetzen, ſodann gießt man das klare daruͤber - ſtehende Fluͤßige ab, und hebt es wohlver - wahrt zum Gebrauche auf. Im Jahre 1750 wurde die Weinprobe durch herrſchaftliche Ver - ordnungen gemein gemacht, und ſeitdem bemuͤ - heten ſich die Gelehrten ſonderlich aus theore - tiſchen Gruͤnden, Mittel zur Entdeckung der Verfaͤlſchung ausfindig zu machen. So ſchlu - gen D. Goͤckel und Reiſel den Vitriolgeiſt, an - dere einen recht reinen Salzgeiſt vor, welches letztere noch vor wenig Jahren in HollandII. Theil. Pſehr226ſehr angeprieſen wurde. Auch noch viele andere Gelehrten, vornehmlich die Hrn. Cartheuſer und Delius, beſchaͤftigten ſich damit. Man ſtellte Berechnung an uͤber den Weinbau, und unterſuchte ſeinen Einfluß in die Bevoͤlkerung und des Verhaͤltniß deſſelben zum Ackerbau. Man fand hier, daß in Sachſen der Wein - bau eintraͤglicher ſey, als der Kornbau, jedoch nicht in dem Verhaͤltniß, wie er es in Frank - reich iſtu)Oekonomiſche Nachrichten II. 685. VI. 600..

Geſchichte227

Geſchichte des Hopfenbaues in den neuern Zeiten, beſonders ſeit dem ſech - zehnten Jahrhunderte.

Der Hopfen war von den aͤlteſten Zeiten her fuͤr Deutſchland wichtig, weil das Bier ein Nationalgetraͤnke war. Man baue - te ihn im ſechzehnten Jahrhunderte noch ſeit den mittlern Zeiten her, in der Mark, in Pom - mern, im Mecklenburgiſchen, in dem Wendi - ſchen, in Meißen und Boͤheim. In der al - ten Mark bluͤhere er vorzuͤglich um die Stadt Gardelegen im ſalzwedeliſchen Kreiſe, und in Pommern in der Gegend von Poͤlitzx)S. Georgi’s Nachrichten von dem Hopfenbaue um Poͤlitz, in Schrebers neuen Cameralſchrif - ten III. S. 473.. Aus der Mark hatte er ſich nach Pommern verbrei - tet, ſo wie aus Boͤheim nach Meißen und Churſachſen, wovon ſich in der Forſt - und Holzordnung des großen Churfuͤrſten Auguſts Spuren finden. Auch bauete man denſelben in dem ſaͤchſiſchen Erzgebirge, in Meißen, vorzuͤglich in der Gegend um Erbersdorf, oder Ehrenfriedersdorf; er litte daſelbſt ſonder -P 2lich228lich von dem Spießglas und deſſen Dam - pfey)S. Albinus meißniſche Bergchronik p. 130..

In der Mark Brandenburg finden ſich in dem 16ten und 17ten Jahrhunderte haͤufige Spuren, daß es ein ſehr ausgebreitetes und wichtiges Geſchaͤft war, daß ſelbſt die Regie - rung große Sorgfalt fuͤr daſſelbe trug: daher ſich in dieſen Zeiten ſchon haͤufige Geſetze, in Anſehung deſſelben, ſo wie auch des Bieres, finden. Die Regierung in der Mark bemuͤhe - te ſich ſonderlich, die Hopfenausfuhre zum Be - ſten des Landes zu leiten, ihn bald fuͤr das Land ſelbſt zu behalten, bald durch die Aus - fuhre deſſelben das Geld anderer Laͤnder zu gewinnen. Schon 1564 finden ſich Nach - richten hiervon. Im Jahre 1585 erſchien ein Edict gegen die Hopfenausfuhre, 1586 wur - de der Stadt Gardelegen, wo der Hopfenbau von Alters her bluͤhete, die beſondere Frey - heit ertheilt ihren Hopfen auszufuͤhren. In den Jahren 1564 und 1568 wurde der Ho - pfen in der Mark mit 12 Thlr., und 1589 der großen Duͤrre wegen mit 18 Thlr. bezahltz)S. Georgi Nachricht von dem Hopfenbau in Poͤlitz, in Schrebers neuen Cameralſchriften III. S. 473..

Im Jahre 1589 wurde das Verbot der Ausfuhre erneuert. In dem Pommeriſchen, hatte er, wie oben bemerkt worden, in der Ge -gend229gend von Poͤlitz ſchon ſeit dem 13ten Jahr - hunderte gebluͤhet, und wuchs daſelbſt ſchon wild; die Buͤrger dieſes Orts erwieſen ſich ſo unermuͤdet in dieſem Baue, daß jedem Buͤr - gerhauſe ein Platz von einer gewiſſen Anzahl Ruthen zugetheilt wurde, um Hopfen zu bauen, und einen Hopfengarten anzulegen: die - ſer Platz iſt ſeit dieſer Zeit ein unzertrennliches Pertinenzſtuͤck des Hauſes. Poͤlitz hatte durch den großen Abſatz die groͤßte Ermunterung zu dieſer Art von Cultur, da in den aͤltern, und zum Theil noch den damaligen Zeiten faſt ganz Pommern ſein Bier mit Poͤlitzer Hopfen wuͤrztea)S. Ahasveri Fritſchii Corpus Iuris Venator. Foreſtale 3ter Theil S. 96. Es heißt daſelbſt: Die Hopfenſtangen ſollen andern Orten nicht, dann da derſelben ſo viel und dick ſtehen, daß ſie zu andern und groͤßern Holz nicht wachſen moͤ - gen, abgeben. Aus Art. 56. p. 103..

In den bayeriſchen Landen war der Ho - pfenbau in dieſen Zeiten nicht weniger wichtig, wie ſich aus der Forſtordnung des Fuͤrſten - thums Ober - und Niederbayern, vom Jahre 1568b)S. in Schrebers neuen Cameralſchriften III. N. 1., im 30ſten Artikel ergiebt, wo we - gen der Hopfenſtangen verordnet wird, daß dadurch nicht die Waͤlder zu ſehr verwuͤſtet werden ſollen, welches anzeigt, daß der Ho -P 3pfen -230pfenbau in dieſen Landen anſehnlich geweſen ſeyn muß, weil man dergleichen Verordnun - gen fuͤr noͤthig hielt. Nach Sachſen ſcheint er aus den Niederlanden durch die Colonie, welche ſich bey Kemberg anbauete, und von Boͤheim zuerſt gekommen zu ſeyn, von da aus er ſich weiter verbreitete. In den braun - ſchweigiſchen Landen finde ich in dem 16ten Jahrhunderte noch keine Spur vom Hopfen - bau; auch in der Forſtordnung wird der Ho - pfenſtangen nicht gedacht, daß dieſe Art der Cultur alſo wahrſcheinlich ſpaͤter dahin ge - kommen, und, wie es wahrſcheinlich iſt, erſt im 17ten Jahrhunderte.

Es erhellet aus der Vorſorge der Polizey und der Regierung fuͤr dieſes Nahrungsgeſchaͤft, daß es damals ſchon auch in Sachſen anſehn - lich geweſen; denn ſo findet man verſchiedene churſaͤchſiſche Generalien von den Jahren 1564, 1567, 1577 und 1581, welche den Hopfenbau des Landes, deſſen verbotene Aus - fuhre und Abnahme von den churfuͤrſtlichen Vorwerken betreffen. Auch aus der Forſt - ordnung des glorwuͤrdigen Churfuͤrſt Auguſts, der fuͤr ſo viele folgende das Muſter wurde, ergiebt ſich, daß der Hopfenbau in Sachſen ſtark geweſen, weil er darinnen beſorgt iſt, daß durch Ausfuͤhrung der Hopfenſtangen die Waͤl - der nicht ſo verwuͤſtet werden moͤchten.

Von Schriften uͤber den Hopfenbau ha - be ich, einige allgemeine Werke uͤber die Oeko -nomie,231nomie, und die, die vom Bierbrauen geſchrie - ben, ausgenommen, welche auch dieſen mit be - ruͤhren, nichts gefunden. Die allgemeinen Schriftſteller ſind ſchon in dem vorigen ange - fuͤhrt worden. Unter die letztern gehoͤren Ga - zius, Meibom und von Hagckc)Gazius de vino et cereuiſia Aug. Vind. 1546. Mei - bom de cereuiſiis 1567 Vit. ab Hagck de cere - viſia eiusque conficendi modo. Frf. 1585..

Die Methoden, nach welchen man den Hopfen bauete, waren verſchieden. Man hatte die Wendiſche, die Maͤrkiſche und Pom - meriſche, und die Meißniſche. Die Wenden hatten ſonderlich eine vortheilhafte und beque - me Art, den Hopfen leicht fortzupflanzen, in - dem ſie die Keime, die die Stoͤcke von ſich treiben, abſchnitten, und die Erde dabey auf - haͤuften. Coler in ſeinem Hausbuche be - ſchreibt vornehmlich die meißniſche Art aus - fuͤhrlich, und ſcheint ſie zum Grunde zu legen. Ueberhaupt ſtand damals die meißniſche Wirth - ſchaftsart in Anſehen. Man verfuhr daſelbſt mit dem Hopfen alſod)Colers Hausbuch Th. I. S. 153. edit. 1680.: Man machte eine und eine halbe bis zwey Ellen weit von einander keilfoͤrmige Gruben, beſchuͤttete ſie mit fetter lockerer Erde oder Miſt, ſetzte in jede derſelben fuͤnf, ſieben, bis neun Wuͤrzlinge, ſo, daß die Keime oder Schoͤßlinge uͤber ſich zu ſtehenP 4ka -232kamen; man ſchuͤttete darauf lockere mit Miſt oder kleiner Schutterde vermengte Er - de, ſo, daß man von dem Keime nichts ſah, und ſteckte einen Stock dazu. Man nahm deswegen ſo viele Keime zuſammen, damit, wenn einer oder der andere nicht kam, doch die uͤbrigen trieben. In dem Mecklenburgi - ſchen geſchahe dieſes Legen in der Marterwo - chee)Coler l. c. p. 154..

Das erſte Jahr wuchs er ſo eine Elle oder auch wohl Mannes hoch, trug aber ge - woͤhnlich erſt im zweyten, wenn er nicht recht zeitig gelegt war. Das andere Jahr ſchnitt man einen jeden Stock ringsumher ab, ehe er noch auskeimte, damit er nicht ferner in die Wurzeln, ſondern uͤber ſich triebe. Man ließ den Zirkel und die Stengel deſto groͤßer, je groͤßer man die Stoͤcke wuͤnſchte, und that Miſt hinein, den man nach den Stoͤcken zu - zog.

Nach dieſer Reinigung der Stoͤcke von den Wurzeln, ſtaͤngelte man, damit ſich die Ranken nicht unter einander verwirreten. Man gaͤtete ihn im erſten Jahre, und heftete ihn, wenn er zur Haͤlfte der Stange geſchoſſet war. Zu Jacobi bluͤhete er, und wurde um Aegi - dii reif; die Reife erkannte man am Geruche, man pfluͤckte ihn auf der Tenne ab, trocknete ihn auf einem luftigen Boden, ſchuͤttete denſel -bigen233bigen ſodann auf einen Haufen, den man mit Plaͤnen und Tuͤchern belaſtete, damit er ſich nicht verroͤche. So zog man von einem Sto - cke, wenn er gediehe, wohl einen halben Schef - fel. Der Preis des Hopfens war zu 1 Thaler, ein bis zwey Guͤlden. Hievon wich die maͤrki - ſche Bauart etwas ab. Im abnehmenden Mond oder im letzten Viertel des Monat Maͤrz hackte, beſchnitt, bemollete und bewarf man den Hopfen; acht oder vierzehn Tage nach Oſtern ſetzte man die Stangen; nach Pfing - ſten oder Johannis, oder ſo oft es noͤthig iſt, hackte man den Hopfengarten um, blattete die obern Blaͤtter ab, und band ihn an Stan - gen; zu Aegidii, oder vierzehn Tage vor Mi - chaelis, nahm man ihn ab. Auf den Herbſt umhackte man die Stoͤcke wieder, deckte ſie mit Erde, und ließ ſie alſo bis wieder zur Faſten liegenf)Coler l. c. p. 154.. Man duͤngte uͤber das an - dere oder dritte Jahr, jedoch ſo, daß man den Schweinemiſt, womit es geſchahe, um die Gruben herum legte, welches zugleich ein Be - weis von der um dieſe Zeiten in der Mark bluͤhenden Schweinezucht iſt. Am liebſten that man es im Herbſt beym Niederlegen der Stoͤcke. Dieſe Art zu duͤngen hat den Vor - zug vor dem Ueberduͤngen des ganzen Hopfen - gartens, wobey ſo viel Unkraut waͤchſt. Co - ler giebt in dem angefuͤhrten Hausbuche nochP 5eine234eine dritte Art an, da man in eine fuͤnf Vier - tel weite Grube, die von der andern vier El - len weit entfernt, ein halb Knie tief, und mit Miſt wohl geduͤngt iſt, Hopfenwurzeln oder Feſer legt, ſo, daß ſie weder zu tief noch zu ſeichte liegen; wenn ſie eine Elle hoch getrie - ben, ſolle man ſtaͤngeln, fleißig behacken und anheften. Man kannte uͤbrigens damals drey Arten Hopfen, den ſogenannten Oſthopfen, der fruͤh in Oſt reif wird, den Herbſthopfen, und den ſpaͤten oder wilden Hopfen. Von dem zahmen oder Gartenhopfen hatten ſie zwey - erley Arten, fruͤhen und ſpaͤten Hopfen: den Fruͤhhopfen nennte man Augſthopfen, weil er vierzehn Tage eher reifte, als der andere. Man kannte aber auch einen ſpaͤten von haͤrte - rer Art, der kleinere Haͤupter hatte, und im September reifte.

Im ſiebenzehnten Jahrhunderte.

Im ſiebenzehnten Jahrhunderte litte auch dieſes Geſchaͤft in den Gegenden der Mark, Pommern und andern Provinzen Deutſchlan - des. Dennoch aber finden wir, daß es ſich in beyden auch wiederum ausbreitete. Der zu Poͤlitz ſo beruͤhmte Hopfenbau verlor indeſ - ſen dabey, je mehr die uͤbrigen Landſtaͤdte an - fiengen, ſich damit zu beſchaͤftigen. Man kann es in der Oekonomiegeſchichte uͤberhaupt bemerken, daß Unruhen und Kriege oft dieVer -235Veranlaſſung geben, daß Geſchaͤfte, die ſich bloß an einen Ort zuſammenzogen, und die - ſen auf Koſten der andern bereicherten, ſich da - durch zerſtreuet und ausgebreitet haben, und allgemein geworden. Ein aͤhnliches Beyſpiel haben wir oben in der Geſchichte des Acker - baues bey der Waidkultur um Erfurt.

So bluͤhete der Hopfenbau auch im 17ten Jahrhunderte in dem Schwarzburgiſchen. Es erhellet dieſes aus der graͤflich ſchwarzburgi - ſchen Forſtordnung vom Jahre 1626, wo im 24ſten Artikel vieles verordnet wird, damit nicht durch Hopfenſtangen die Waͤlder verwuͤ - ſtet werdeng)S. Fritſch Corp. Iur. Venat. foreſt. p. 202. Da aber in jungen Gehoͤlze Hopfenſtangen anzuweiſen. Da aber das junge Holz ſo di - cke, ſo mag man Hopfenſtangen immer daraus ziehen.. Er ſcheint ſich aber um dieſe Zeit in dem Braunſchweigiſchen und Saͤchſi - ſchen mehr ausgebreitet zu haben. In der hennebergiſchen Forſt - und Jagdordnung vom J. 1615h)S. Fritſch l. c. S. 59. werden die Hopfenſtangen er - waͤhnt, ein Beweis, daß der Hopfenbau da - ſelbſt geweſen. In der Weimariſchen vom J. 1646i)Fritſch l. c. S. 25., wird befohlen, die jungen Schlaͤ - ge in Acht zu nehmen, damit weder Zaungaͤr - ten, Hopfen - oder Buͤhnſtangen daraus ge -hauen236hauen werden: ſo thut auch der Gothaiſchs derſelben Erwaͤhnungk)S. Gothaiſche Forſt - und Jagdordnung, vom J. 1646. 4ten Hauptpunkt. §. 8. bey dem Fritſch l. c. p. 42.. In einem churſaͤch - ſiſchen Mandate vom J. 1694 wurden unter die Amtsappertinenzen auch Hopfenberge ge - zaͤhlt. In dem Brandenburgiſchen findet man auch in dieſem Jahrhunderte die Auf - merkſamkeit fuͤr dieſes Geſchaͤft. So erſchien 1602 ein Reſcript, wegen verbotener Aus - fuhre des Hopfens, im Jahre 1621 ein Pa - tent, wider die Ausfuhre deſſelben, im Jahre 1628 und 1659 ein Edict, 1669 ein Patent, ingleichen im Jahre 1677. Im J. 1687 ein Patent, wegen des buckowiſchen Hopfens, welches beweiſt, daß der Hopfenbau ſich in der Mark an verſchiedenen Orten ausgebreitet, da dieſes Buckow in dem Lebuſiſchen Kreiſe liegt. In dieſem Jahrhunderte bluͤhete in - deſſen der Hopfenbau und Hopfenhandel in der Altmark, in der Gegend um Gardelegen ſehr. Die Altmark fuͤhrte, nach Nachrichten aus den Jahrbuͤchern, vornehmlich in dem Jahre 1633 etliche tauſend Wiſpel Hopfen nach Daͤnne - mark, Holſtein, Franken, Meißen, Thuͤ - ringen, und verſorgte dabey ſich und die an - liegenden Kreiſe. Wegen des ſtarken Hopfen - baues und Handels war daher auch die Stadt Gardelegen vor alten Zeiten her mit beſondernGe -237Gerechtſamen, auch wegen der Ausfuhre ver - ſehen, wenn dieſe anderswo in der Mark gar nicht geſtattet wurde. Man hat von dieſem Umſtande Nachrichten von den Jahren 1564, 1586, 1589 und 1653. In dieſen und den alten Zeiten wurde auch in der Uckermark wahrſcheinlich viel Hopfen erbauet, weil ſich Nachrichten finden, daß an einem einzigen Orte, naͤmlich zu Bieſenbrow, bey dreyhun - dert Hopfenhacker gewohnt. In dem Jahre 1653 wurde in der Mark der Scheffel Hopfen mit 24 Thlr. bezahlt. Um dieſe Zeit fieng auch fuͤr Mecklenburg der Hopfenbau an wichtig zu werden. Es ſetzte vielen Hopfen in der an - graͤnzenden alten Mark ab, und weil man in der letztern bey dem einheimiſchen Hopfen viel - leicht zu wenig Vortheil fand, indem die ſtar - ke Einfuhre des Hopfens aus den angraͤnzen - den Mecklenburgiſchen Landen eine lange Zeit um niedrige Preiſe geſchahe, ſo unterließ man den Hopfenbau, bis man wegen des in jenen Landen oͤfters erfolgten Mißwachſes das Ho - pfenpflanzen auf hoͤchſten Befehl wieder ange - fangenl)Gleditſch l. c. p. 373..

In der Chur - und Mittelmark bluͤhete er ſonderlich um Buckow im Lebuſiſchen Kreiſe, welches wegen des Hopfenbaues und der Guͤte des Hopfens vor andern große Vorzuͤge hat. Der Hopfen daſelbſt iſt von wirklich boͤhmi -ſchem238ſchem Gewaͤchs, und wurde auch nach boͤhmi - ſcher Art bearbeitet, wie es auch noch geſchie - het, und bey der Brauerey dieß und jenſeits der Oder nach dem Boͤhmiſchen fuͤr den be - ſten gehaltenm)Knauſts Bierbrauer, Halle 1614..

Als Schriftſteller uͤber dieſen Gegenſtand, finden ſich außer den allgemeinen Oekonomen keine andern, als die uͤber das Bier ſchrei - ben, Knauſt und Stengeln)Stengels Bierkunſt, Erfurt 1676..

Im achtzehnten Jahrhunderte.

In dem jetzigen Jahrhunderte wurde es, wie alle andere oͤkonomiſche Geſchaͤfte, mit noch mehr Eifer, ſowohl von Seiten der Re - gierung als der oͤkonomiſchen Geſellſchaften und der Gelehrten, betrieben. Im Branden - burgiſchen wurden in der Priegnitz, wo vor - her der Hopfen nur an einzelnen Orten gebauet wurde, mehrere Anſtalten dazu gemacht, vor - nehmlich in der Gegend von Lenzen zu Lanz. Eben ſo veranlaßten hoͤhere Befehle die erneu - erte und verſtaͤrkte Betreibung deſſelben in der Uckermark, da die, wegen oͤfters erfolg - ten Mißwachſes zu ſparſame Einfuhr aus dem Mecklenburgiſchen es veranlaßten. Er hat ſo zugenommen, daß man an einigen Orten angefangen, den Hopfen auszureißen, unddas239das Land zu andern Gartenfruͤchten anzu - bauen, weil die umliegende Gegend uͤberfluͤßig damit verſehen iſt, und alſo nach Abzug der Arbeitskoſten zu wenig dabey gewonnen wer - den konnte. Der buckowiſche Hopfen wurde, ſeiner Guͤte wegen, an viele andere Orte ver - pflanzet, und dieſe Anlagen haben nach dem Zeugniſſe des Hrn. Gleditſch noch bis jetzt ge - gen die uͤbrigen Hopfenarten ihre Vorzuͤge.

Bey Frankfurt, Writzen und zu Bernau wird gleichfalls eine ſehr gute Art Hopfen er - bauet, und es giebt noch mehrere Orte in der Gegend von Berlin und Potsdam, wo die neuen Anſtalten wohl von Statten gegangen ſind. Dem buckower Hopfen kommt derjeni - ge an Guͤte ſehr nahe, der in der Neumark, beſonders aber an unterſchiedlichen Orten im koͤnigsbergiſchen Kreiſe erbauet wird, welche damit faſt ihre einzige Nahrung treiben. Die harten Winter in den Jahren 1709, und vornehmlich 1740, verdarben einigemal in verſchiedenen Gegenden die Pflanzen ganz. Hierzu kam noch, daß einige Veraͤnderungen zufaͤlliger Weiſe die ehedem uͤberfluͤßige Fuͤt - terung und Duͤngung minderten, daß der An - bau des Hopfens daruͤber Nachtheil litte, und die Einfuhre des boͤhmiſchen und andern frem - den Hopfens eine Zeit lang verſtattet werden mußte. Allein man machte, zu Herſtellung dieſes in Verfall gerathenen landwirthſchaft -lichen240lichen Geſchaͤfts, neue Anſtalten, und die auf den Feldmarken hin und wieder einzeln gelege - nen kleinen Bruͤche, nebſt denen, die die Doͤr - fer und Triften umgeben, wurden erhoͤhet, mit tiefen Graben durchzogen, und dazu an - gewendet.

Durch dieſe tiefe Graben, Canaͤle und Furchen, welche beſtaͤndig offen gehalten wer - den muͤſſen, wurden die Moraͤſte abgezogen, daß ſich das Land ſetzte; man milderte das uͤberfluͤßige naßkalte wilde Weſen durch eine dazu geſchickte Menge von Duͤnger, und er - ſetzte dagegen den fetten nahrhaften Antheil hinreichend. Dieſes geſchahe ſonderlich in ei - nigen Kreiſen der Neumark, wo man derglei - chen Anſtalten mit Bruͤchen zum Hopfenbau machte, welche dazu in der Folge ſehr vortheil - haft befunden worden. In der Mittelmark bauet man an vielen Orten ihn an dem Abhan - ge fruchtbarer Huͤgel und Berge, an einigen Orten an dem untern Theile der Weinberge. Der Hopfenbau zu Gartelegen iſt noch immer anſehnlich, und es verfuͤhrt ſeinen Hopfen noch jetzt bis nach Daͤnnemark. Die Preiſe des Hopfens dieſer Gegend ſind verſchieden, ſo, wie ſeine Guͤte ſelbſt es iſt: der Burgſtalliſche zeichnet ſich in beyden aus.

Der Hopfenbau in Poͤlitz iſt auch noch an - ſehnlich, ob er ſchon nicht mehr in ſeinem al - ten Flor iſt, da er durch die ausgebreitetereCultur241Cultur einen großen Theil ſeines Abſatzes ver - lor, die Hopfenſtangen mehr als doppelt ſo hoch im Preiſe geſtiegen, und der Gewinnſt von Hopfenholz und Hopfenſpargel gering iſt. Den meiſten Abſatz macht es zu Stettin und Stralſund.

In Churſachſen wendete man auch alle Aufmerkſamkeit auf dieſes Geſchaͤft, welches ſonderlich im Churkreiſe und in der Gegend um Pirna bluͤhet. Die oͤkonomiſche Geſellſchaft zu Leipzig ſetzte Preiſe auf denſelben, und es machten ſich ſonderlich einige Landgeiſtliche um die Beantwortung verdient; ſo wie der Hr. Graf von Solms um die ganze Theorie dieſer Cultur. Auch die thuͤringiſche Land - wirthſchaftsgeſellſchaft waͤhlte den Hopfenbau zu einem Gegenſtand ihrer Vorſorgeo)S. Leipziger Intelligenzblatt vom Jahre 1763. St. 7. Beylage..

In dem Mecklenburgiſchen nahm der Ho - pfenbau zu, durch den Abſatz, welchen man in der benachbarten Uckermark machte; litte aber auch wieder, theils durch oͤftern Miß - wachs, theils, daß dadurch die Uckermark veranlaßt wurde, den einheimiſchen ſelbſt ernſthafter zu betreiben. In den braunſchwei - giſchen Landen iſt er anſehnlich, und wir wer - den unten naͤhere Nachricht von der Art, ihn daſelbſt zu behandeln, geben.

InII. Theil. Q242

In Bayern wird er noch ſtark betrieben, und Boͤheim gewinnt immer noch viel Geld durch den Abſatz ſeines Hopfens in auswaͤrti - gen, ſonderlich den ſaͤchſiſchen Landen. In der Pfalz hat neuerlich der verſtorbene Gugen - nius auch den Hopfenbau einzufuͤhren ſich be - muͤhet, daß alſo Deutſchland, außer dem in Boͤheim, den Maͤrkiſchen, Magdeburgiſchen, Pommeriſchen, Bayeriſchen, Mecklenburgi - ſchen, Saͤchſiſchen, Braunſchweigiſchen, Pfaͤl - ziſchen, als einheimiſche Hopfenarten aufwei - ſen kann.

Man hat in der Hopfenkultur verſchiede - ne Behandlungsarten, allein, ſie laſſen ſich auf einige allgemeine Syſteme bringen, wovon wir ſonderlich zwey auszeichnen wollen: naͤm - lich das maͤrkiſche, nach welchem meiſt auch der pommeriſche gebauet wird, das boͤhmi - ſche, welches auch fuͤr den buckowiſchen und ſaͤchſiſchen Hopfenbau die Regel iſt, und das braunſchweigiſche.

Das erſtere hat vornehmlich Herr Hofr. Gleditſch beſchriebenp)In den vermiſchten phyſikaliſchen botaniſch oͤko - nomiſchen Abhandlungen II. S. 350 375.. Man waͤhlt dazu einen guten fetten lockern Wieſengrund, der noch wenige oder keine Fruͤchte getragen; in der Neumark hat man ſogar Bruͤche dazu an - gewendet, doch unter den oben angefuͤhrten Vorſichtsregeln.

Man243

Man bauet ihn aber auch an fruchtbaren Huͤgeln und an den untern Theilen der Wein - berge. Zur Duͤngung waͤhlt man einen fetten, kuͤhlen und wohlgefaͤulten Miſt, der wenigſtens jaͤhrig ſeyn muß; auch miſcht man den im Winter recht durchfrornen Schlamm, nach - dem er ausgewittert und ausgearbeitet wor - den, darunter. Man macht die Gruben vier bis fuͤnf Fuß weit aus einander, einen Fuß tief, und fuͤnf viertel Elle breit; fuͤllet dieſe mit geiler oder Schlammerde, und pflanzet darinnen die Faͤchſer. Man theilt den Hopfen in Fruͤh - oder Auguſthopfen, oder den groͤſ - ſern, und in den kleinern, oder ſpaͤten Hopfen: der erſtere wird in den Fruͤhlingsmonaten, der letztere im Herbſt gepflanzt, und die Erde wird an demſelben zu einem kleinen Huͤgel an - gehaͤuft.

Zu Anfange des Brachmonats durchzie - het man das Land zwiſchen den Hopfengruben im erſten Jahre, bey guter Witterung, mit ei - ner ſcharfen eiſernen Hacke behutſam, damit man weder die Wurzeln noch den Keim verletzt. Hierauf ſetzt man drey ſchwache, fuͤnf bis ſie - ben Fuß lange Stangen in jede Grube fuͤr den Keim, haͤlt das Land ſehr rein von Un - kraut; drey bis vier der ſtaͤrkſten Reben wer - den nur angebunden, die uͤbrigen abgepfluͤckt. Man faͤhrt mit dieſer Arbeit in Zeit von acht Tagen fort, bis zum dritten oder vierten ma -Q 2le,244le, da die Ranken etwa die Laͤnge der Stan - ge erreicht haben.

Im Maͤrz und April des andern Jahres, wird der Hopfen mit eiſernen Harken ganz ge - linde umgeharkt, und bis zu den Hauptwur - zeln entbloͤßt, um das abgeſtorbene Holz abzu - ſchneiden, worauf die Erde mit friſchem ver - faulten Duͤnger wieder wohlgemengt und ange - haͤufelt wird; das Land zwiſchen den Hopfen - gruben, welche man Baͤnke nennt, wird von Unkraut gereinigt und durchharkt; und dann wird vor und nach Johannis das Land nur zuweilen umgeharkt. Bey dem Beſchneiden des Hopfens, im andern und folgenden Jah - ren, wird er von unnuͤtzen Wurzeln, Wild - lingen, Neben - und Waſſerranken gereinigt, welche den ſtaͤrkern fruchttragenden die Nah - rung entziehen. Wenn die Reben angeleitet werden, ſo richtet man ihre Spitzen allezeit nach der Sonne, nach der rechten Hand, weil ſich der Hopfen ſo windet; denn man muß dieſe Bewegung ſolcher ſteigenden Gewaͤchſe gegen die Sonne, oder von derſelben abwaͤrts, bey ihrem Anbaue wohl bemerken. Nach dem Pfluͤcken trocknet man den Hopfen auf einem luftigen Boden, wo man ihn eine Hand hoch locker ausbreitet. Bey Poͤlitz bauet man meiſt Fruͤh - und Spaͤthopfen in einem Garten zu - ſammen, weil der Auguſthopfen beſſer, als der Herbſthopfen, zutraͤgt. Man pflanzt auf die Stuͤhle Kohl, und auf die Baͤnke oderGaͤnge245Gaͤnge pflanzt man Bohnen, um ſie rein zu halten.

In dem Braunſchweigiſchen befolgt man folgende Bauart: Man legt den Hopfengar - ten an abſchuͤßigen Orten nach Nordweſt, Suͤd - oſt oder Suͤden an, und umgiebt das ganze Hopfenland mit Graͤben, bearbeitet das Ho - pfenland ſo locker und muͤrbe, als moͤglich iſt, und haͤlt es von allem Unkraut rein. Man macht die Gruben neun Zoll tief, und drey - viertel Zoll breit. Man hat dreyerley Arten, den Hopfen zu bauen; man bauet ihn entwe - der ſtaͤudig, welches Staudenhopfen heißt, oder an Stuͤhlen, welches Stuhlhopfen heißt, oder nach dem Vorſchlag des ſchwediſchen Oe - konomen Striedberg, welcher Hopfenbeete an - rieth, welche außerordentliche Sorgfalt, in Anſehung der Reinigung von Unkraut, erfor - dern. Der Stuhlhopfen iſt im Braunſchwei - giſchen am gewoͤhnlichſten. Man hat vor - nehmlich Hopfenſchulen, die auswaͤrts nicht ſo bekannt, aber ſehr nuͤtzlich ſind, worinnen man die Wurzeln, die man vor dem Jahre nicht in die Hopfgaͤrten verpflanzt, verſetzet. Man gerieth darauf durch einen Zufall. Ein Stuͤck Landes, davon ein Theil vor zwey, das andere aber vor einem Jahre zum Hopfengarten war angewendet worden, wurde unvermuthet zu einem andern Gebrauch angeſchlagen; es mußten daher die Wurzeln aufgenommen wer - den, deren einige ſich ſo verbreitet hatten, daßQ 3ſie246ſie in Betracht ihrer Schoͤſſe kleinen Baͤumen glichen. Man putzte und zerſchnitt ſie mit Sorgfalt, und ſetzte von dem jaͤhrigen Orte viere, von den aͤltern aber, die ſtark und kraͤf - tig waren, nur zwey bis drey von jedem. Noch denſelbigen Sommer trugen dieſe Wurzeln ſo, als ob ſie ſchon zwey bis drey Jahre da geſtanden. Dieſe gluͤckliche zufaͤllige Erfah - rung veranla〈…〉〈…〉〈…〉〈…〉 ld wichtige Verſuche. Man richtete ein nach Art der Hopfenſtuͤhle zuberei - tetes Beet an, jedoch mit dem Unterſchied, daß man, ſtatt des Erdkegels in dem Stuhle, von der beſten und gereinigten Erde, von einem Ende der Beetgrube bis zum andern, recht in der Mitte einen Ruͤcken machte, beyde Sorten mit friſchem Kuhduͤnger fuͤllte, denſelben feſt trat, und mit der uͤbrigen guten Erde bedeckte. Es wurden alsdenn alle bey den jaͤhrlichen Pflan - zen uͤbrig bleibende Wurzeln auf gewoͤhnliche Weiſe hinein geſetzt, welche ſehr gut fortka - men und viele Vortheile gewaͤhrten. Denn man konnte, da die Wurzeln bereits ſo ſtark geworden, daß ſie, wegen einfallender Naͤſſe, Duͤrre oder Froſt, weniger Gefahr liefen, die Zahl derſelben fuͤr jeden Stuhl mit Zuverlaͤßig - keit beſtimmen: ein kleiner Wurzelvorrath war dadurch zu Bepflanzung eines viel groͤßern Stuͤck Landes zureichend, und dieſes bezahlte noch in demſelben Jahre die Muͤhe reichlich. Man entgehet dabey auch allem Schaden, den die Witterung den zu zarten Wurzeln, oderdie247die Nachlaͤßigkeit der Arbeiter anrichten kann, daß die Stuͤhle ganz und gar, oder zum Theil ausgehen.

Nach dem Pflanzen folgt das erſte Haͤu - fen, ſodann das Staͤngeln, das Aufreißen oder Aufgraben der Gangerde, d. i. die Erde zwiſchen den Stuͤhlen, ſodann die Saͤuberung der Stuͤhle, hierauf das eigentliche Haͤufen um Johannis, das Reinigen der Gaͤnge von Unkraut.

Was endlich die Schriftſteller uͤber den Hopfenbau anlangt, ſo erhielt er hier vornehm - lich eigene. Als den Aelteſten kenne ich Ehin - gerq)Ehingeri diſſ. de Lupulo, vom Hopfen. Altd. 1718., der uͤber den Hopfen ſchrieb. Im Jahre 1759 erſchien zu Nuͤrnberg eine wirth - ſchaftliche rechtliche Abhandlung vom Hopfen, nebſt einer Ueberſetzung des R. Bradley’s Reichthum eines Hopfengartens in 4; der Verfaſſer iſt T. U. C. Treſenreuter. Reichart behandelte denſelben in ſeinem Land - und Gar - tenſchatz VI. I. Herr Hofr. Gleditſch, in ſei - nen vermiſchten phyſikaliſchen oͤkonomiſchen Abhandlungen, im zweyten Theil S. 350 bis 375, zeiget den Hopfenbau in der Mark, und ſucht ihn durch Anmerkungen zu verbeſſern und zu berichtigen.

Q 4So248

So finden ſich auch Aufſaͤtze daruͤber, in den oͤkonomiſch phyſikaliſchen Abhandlungen I. S. 513, in den oͤkonomiſchen Nachrichten VI. S. 393 und VII. S. 173. 687. in den neuen oͤkonomiſchen Nachrichten I. S. 339. In den Schreberiſchen neuen Cameralſchrif - ten II. S. 425 findet ſich eine Abhandlung von Anlegung der Stuhlhopfgaͤrten nach braunſchweigiſcher Art. und S. 440 an dem naͤmlichen Orte wird die Wartung deſſelben in dem andern, dritten und folgenden Jahren beſchrieben; im III. Theile S. 1 iſt eine Nach - richt vom Hopfenbau in Poͤlitz von Georgi. Der Herr von Juſti in ſeinen oͤkonomiſchen Schriften, I. S. 160, beſchaͤftiget ſich auch damit; und die Schriften der Leipziger So - cietaͤt, II. S. 144, enthalten die Preisabhand - lung.

Geſchichte249

Geſchichte der Holzkultur in den neuern Zeiten.

Die aͤlteſten Schriftſteller, und vorzuͤglich die Roͤmer und Griechen, welche uns von Deutſchland einige Nachrichten geben, be - ſchreiben es uns beynahe ganz als eine Wal - dung. Hierdurch wurde das Clima rauh, in - dem dieſe ungeheuren Waͤlder die Wirkung der Sonne hinderten, und trugen nicht wenig zu einem faſt beſtaͤndigen Winter bey, welchen die Suͤmpfe und Moraͤſte durch ihre Ausduͤn - ſtung befoͤrderten. Die Religion der heydni - ſchen Deutſchen hatte keinen geringen Antheil an der Erhaltung der Waͤlder. Sie liebte die Hayne und Waͤlder, und ſchuͤtzte ſie durch Gottheiten, vorzuͤglich aber die Eichen. Das Chriſtenthum hingegen zerſtoͤrte dieſelben, und trug damals dadurch nicht wenig zur Cul - tur Germaniens bey, da der Waͤlder damals wirklich zum Nachtheil der Bevoͤlkerung und anderer Nahrungsgeſchaͤfte zu viel waren, und zu ſehr von dem Heydenthum beguͤnſtiget wur - den. Die chriſtliche Religion verfolgte die Goͤtzen in den Waͤldern, und rottete ihre Hay - ne aus. Die Kloͤſter und Fuͤrſten, welche von der Landeskultur mehrere Vortheile ſahenQ 5und250und erwarteten, gaben ganze Landſtriche von Waldungen unentgeldlich aus, um ſie in Acker und Wieſe zu verwandeln. Die Privatperſo - nen konnten ſelten wegen der forſtlichen Herr - lichkeit der Fuͤrſten nach Gefallen uͤber ihre Waͤl - der verordnen, kaum wenn ſie ganz außer aller Verbindung mit den fuͤrſtlichen, und ganz abgeſondert lagen, und dennoch ſchuͤtzte ſie haͤufig der große Hang der Deutſchen zur Jagd. Die haͤufigen Kriege und Unruhen in Deutſch - land verwuͤſteten die Waͤlder zum groͤßten Nachtheil der Laͤnder, ſo, daß man nun im ſechzehnten Jahrhunderte darauf bedacht zu ſeyn anfieng, ſie zu kultiviren, und nach ver - nuͤnftigen Regeln zu behandeln. Und man hatte nun wenigſtens in den Landen, die ſchon einige ſtaͤrkere Kultur und Bevoͤlkerung hatten, nicht mehr noͤthig, dieſelben zu mindern. Zwar gab der große Churfuͤrſt von Sachſen Auguſt I. noch haͤufig Landſtriche aus, wo nichts als die Spuren von Verwuͤſtungen und Wildniſ - ſen waren, und er redet daher in ſeinen Ge - ſetzen ſo viel von Guͤtern aus rauher Wurzel, welche nichts anders als ſolche Guͤter ſind, die den Inhabern oder Beſitzern unter der Bedingung eingeraͤumt wurden, die einzelnen wilden Staͤmme und Wurzeln, und die Ver - wilderung auszurotten und zu urbarem Lande zu machen. Allein, daß er ordentliche Waͤl - der und Holzungen durch dieſes Mittel ver - tilget, iſt nicht zu erweiſen; laͤßt ſich auch voneinem251einem ſo großen Wirth, wie dieſer weiſe Chur - fuͤrſt war, welcher ſich in ſo vielen Geſetzen, die wir bald naͤher kennen werden, der Holzun - gen ſo ſehr annahm, nicht erwarten, da ſchon zu ſeinen Zeiten ein weiſer Gebrauch und eine Auf - ſicht der Polizey uͤber die Holzungen noͤthig zu werden anfieng. Er ſahe, wie nothwendig der Ueberfluß an Holze fuͤr viele Gewerbe und Fa - briken, fuͤr die Wirthſchaft uͤberhaupt, und fuͤr das ganze gemeine Leben ſey, daß es ein Beduͤrfniß waͤre, welches ſo wohlfeil als moͤg - lich ſeyn muͤſſe, wegen des Einfluſſes, den daſſelbe in die Waarenpreiſe hat. Nicht weniger ſahe er uͤbrigens ein, wie nachtheilig oft die Ausrottung der Waͤlder, ſo bald ſie unuͤberlegt geſchiehet, fuͤr ganze Gegenden werden kann, nicht etwa bloß durch Holzman - gel, ſondern auch, indem ſie uͤber große Land - ſtriche Unfruchtbarkeit verbreiten kann. Wie oft ſchuͤtzt ein Wald die Nahrung einer Ge - gend! er deckt ihre Aecker vor den verheeren - den Nordwinden, befruchtet oft den Ruͤcken eines Berges durch ſeinen Schutz und das abfallende Laub und Holz, der ſonſt ein ganz unfruchtbarer Sandhuͤgel ſeyn wuͤrde, und deſſen Kultur nun, da der Wald vertilget iſt, un - moͤglich wird.

So ſchreibt man in einigen Gegenden Ita - liens die Unfruchtbarkeit nicht ohne Grund der Ausrottung der Waͤlder auf den nahen Ge - birgen zu, da man weiß, daß dieſelben, dadie252die Waͤlder noch ſtanden, Fruͤchte brachten, und als fruchtbare Laͤnder bekannt waren.

Es finden ſich in dem funfzehnten Jahr - hunderte zwar Forſtgeſetze der Kaiſer, aber wenige oder keine von den Reichsfuͤrſten: was ſich ja noch findet, iſt etwas in den Landes - und Polizeyordnungen. Ich will unter den kaiſerlichen Verordnungen nur die, die uns hier am naͤchſten angehet, anfuͤhren: es iſt die Beſtaͤtigung des Forſterbuchs Buͤdinger Waldes, von dem Jahre 1425, welche uns Hr. von Ludolf aufbehalten hata)S. Symphor. Conſult. et Deciſion. forenſ. XXXII. col. 682 ſeq. n. 5.. Allein es finden ſich keine oͤkonomiſchen Regeln darin - nen, ſondern es werden nur die Rechte der Forſtbedienten, und die Strafen wegen der Forſtfrevel beſtimmt. Außerdem wird als das geforſtete Holz in dem buͤdinger Walde ange - geben: Eichen, Buchen, Arnholz, Eſchen - holz, Arnsbaum, Aepfel-Puͤkbaum, Nuß - baum, Haſelbaum, Errlenholz. Ueber die Reichswaͤlder waren in dieſen Zeiten geſetzt, Reichsvoigte, Forſtmeiſter und Forſthuͤfner; dieſe hatten unter ſich Foͤrſter und Wildbahns - bereuter. Doch dieſes weitlaͤuftiger auszufuͤh - ren, gehoͤrt fuͤr die mittlere Forſtgeſchichte, die ich fuͤr die Zukunft mir in der Oekonomie - geſchichte der mittlern Zeiten vorbehalte, zu - mal da gegen Ende des funfzehnten Jahrhun -derts253derts vollends alle Reichsforſte in den Haͤnden der Reichsſtaͤnde waren.

Schon 1556 war ein Generale in Sach - ſen ergangen, daß keine Raͤume in den Waͤl - dern mehr ausgethan, ſondern dieſe alle zum Holzanfluge gebraucht werden ſollten.

Der große Churfuͤrſt Auguſt ſorgte in ſei - nen Geſetzen fuͤr das Holz und deſſen Kultur. Er ließ nun im Jahr 1560 eine Forſt - und Holzordnung ausgehen. Er verordnete darin - nen, daß jaͤhrlich zwey Forſtereyen gehalten, und das Holz auf der Stelle, und nicht auf der Stube, verkauft werden ſollte, um dadurch vie - len Unterſchleifen vorzubeugen, und den Holz - abſatz mehr uͤberſehen zu koͤnnen. Damit das lange Liegen des gefaͤlleten Holzes den jungen Anflug nicht hindere, befahl er, daß das ge - hauene Holz binnen vierzehn Tagen aus dem Gehaue gebracht werde; man ſolle das uͤber - ſtaͤndige vor dem jungen ſchlagen, das harte von dem weichen ſondern. Um die Waͤlder nicht zu entbloͤßen, ſondern neue Baͤume zu erhalten, die theils Saamen verſtreuen, theils durch ihren Schatten den jungen Anflug fuͤr die zu heiße Sonne ſchuͤtzen, verordnete er, auf einem Platze von dreyßig Ellen breit, und fuͤnf und ſiebenzig lang, zehn Staͤmme gu - te friſche Saamen - und Schierbaͤume ſtehen zu laſſen, zwiſchen den Forſtereyen kein Holz, außer Windbruͤchen zu verkaufen, wodurch er den Unterſchleif hemmete, und das Cameral -intereſſe254intereſſe befoͤrderte; den Aeſcherern unterſagte er zur Schonung der Waͤlder, kein gruͤnes Holz zu aͤſchern, und wegen der Feuersgefahr ſollten ſie fuͤr allen Brandſchaden ſtehen. Nur faules Holz erlaubte er zu verkohlen. Er befahl, die Gehaue ſechs Jahre zu ſchonen, und geſtat - tete nur die Betreibung der Waͤlder mit Rind - vieh, nicht aber mit Ziegen und Boͤcken, da die letztern den Baͤumen ſo nachtheilig ſind. Er verordnete, bey den Bauen das Holz zu ſpa - ren zu ſuchen. An Bauholz ſollten nur eine gewiſſe Anzahl Staͤmme verkauft werden, und die Unterthanen mit Mauer bauen, eine An - ſtalt, welche ſo wohl zur Schonung der Waͤl - der und des Holzes, als auch in Anſehung der ganzen Polizeyverfaſſung heilſam iſt. Er befahl Weiden, Pappeln und wilde Obſtbaͤume zu pflanzen, Birken -, Tannen - und Fichtenſaa - men zu ſaͤen; in den Pechwaͤldern keinen Stamm von neuen zu zerbrechen oder zu zer - reißen, zwiſchen Pfingſten und Michael keine Stoͤcke zu verbrennen. Wir ſehen aus dieſem Verzeichniſſe einiger Forſtgeſetze, wie ſorgfaͤl - tig er in der Holzkultur geweſen; und ob - gleich dieſes urſpruͤnglich die Cammerfoͤrſte und Waldungen angieng, ſo waren ſie doch auch fuͤr die, welche in dieſen Nahrungs - geſchaͤft und durch ihre Holzungen mit den fuͤrſtlichen in Verbindung ſtanden, Regeln des Verhaltens, und koͤnnten auch fuͤr jeden andern lehrreiche Vorſchriften werden. Eserfolg -255erfolgten auch unter ſeiner Regierung noch mehrere Geſetze fuͤr dieſen Gegenſtand: ſo fin - den wir im Jahre 1565 Hauptreſolutionen in Holz - und Forſtſachen, im Jahre 1575 Reſo - lutionen in Holz - und Forſt -, auch Hammer - werksſachen. Er wies in dem naͤmlichen Jah - re 1575 in einer Generalbeſtallung den Forſt - bedienten ihre Pflichten an. So finden wir dieſen großen Churfuͤrſten auch in den ſeinen Paͤchtern vorgeſchriebenen Contrakten immer als einen großen Wirth, ſowohl uͤberhaupt, als auch insbeſondere, in Anſehung des Holz - weſens; ſo legte er dem Rathe zu Weißenſee, der von ihm den Compturhof daſelbſt auf Wie - derruf pachtete, und wovon die Urkunde ſich in D. Schrebers Abhandlung von Cammerguͤ - tern S. 160 findet, auf: die zugehoͤrenden Gehoͤlze ſollen ſie ordentlich in gleiche Gehaue theilen, und ſich aus dem alten Gehoͤlze zum Feuerwerke ſolches Hoffes beholzen. Und ob hieruͤber in dem ordentlichen Gehaue etwas an uͤberſtaͤndigem Gehoͤlze vorhanden, das ſollen ſie verkaufen und zu ihrem Beſten ge - brauchen, doch in alle Wege richtige und or - dentliche Gehaue halten, das eine Jahr ſo viel zu bloͤßen, als das andere.

Im Jahre 1585 verglich ſich dieſer glor - wuͤrdige Churfuͤrſt mit dem Grafen zu Mans - ſeld, zum Beſten deroſelben Unterthanen, Haͤndlern und Gewerken, uͤber eine beſtaͤndi - ge Holzordnung, durch gewiſſe dazu beſtellteCom -256Commiſſarien, welche in dem Jahre 1585 ge - nehmiget und beſtaͤtiget wurdeb)S. H. Stiſſers Forſt - und Jagdhiſtorie, An - hang p. 109.. So finden ſich auch beſondere Holzordnungen fuͤr den thuͤ - ringer Wald.

Friedrich Wilhelm, jener ruhmwuͤrdige Adminiſtrator der ſaͤchſiſchen Lande, ſchrieb dem Verkaufe der Anweiſung und Nutzung des Holzes Geſetze vor in dem Patente vom J. 1598, wie es bey Fruͤhlings - und Herbſt - forſtereyen mit Verkauf, Anweiſung des Hol - zes und Holznutzung zu halten; eben ſo erſchie - nen das Jahr vorher 1597 Reſolutions - punkte, wegen Abſtellung der in Forſt - und Holzſachen eingeriſſenen Mißbraͤuchec)H. von Flemmig deutſcher Jaͤger, p. 350. 2ter Theil..

In vielen andern deutſchen Landen hatte man fuͤr die Waldungen, wegen ihrer Ver - haͤltniſſe und Verbindung mit der Jagd, als einem vorzuͤglichen Vergnuͤgen der Hoͤfe, und als eine Quelle von Einkuͤnften fuͤr die fuͤrſt - liche Cammer, faſt mehr Aufmerkſamkeit, als fuͤr andere Nahrungsgeſchaͤfte. Im ſechzehn - ten Jahrhunderte finden ſich verſchiedene Spu - ren, daß man ſchon damals in Deutſchland ſehr fuͤr den Holzmangel befuͤrchtet. Wahr - ſcheinlich veranlaßte die Verwuͤſtung der Waͤl - der durch die haͤufigen Kriege dieſe Furcht;und257und es kamen einige hierher gehoͤrige Punkte ſelbſt vor den Reichstag, welcher anfieng, die Holzſparkunſt und die Bemuͤhungen der Er - finder hierinnen zu beguͤnſtigen. So ertheil - te derſelbe im J. 1557 Friedrich Froͤhmern von Strasburg, Ulrich Rundmann und Con - rad Zwickmanns Kindern und Erben, auf Anſuchen derſelben beym Kaiſer und den Reichsſtaͤnden, wegen der von ihrer neuer - fundenen Holzſparkunſt, ein Privilegium. Wehnerd)S. Wehner in theſ. practico, bey dem Worte Holzſparkunſt. fuͤhrt daſſelbe an, wie auch, daß Je - remias Nennern von Augſpurg ein Privile - gium und Wappen dieſer Erfindungen halber ſey ertheilt worden. Linneus merkt in ſeinem Staatsrechte ane)Im 3ten B. 2 Cap., daß Luther und Melanch - thon bereits geſagt hatte: es werde noch vor dem juͤngſten Tage an guten Freunden, tuͤchti - ger Muͤnze und wildem Holze großer Mangel werden, welches ebenfalls beweiſt, daß man ſchon damals Holzmangel befuͤrchtet habe. So kannte man damals auch ſchon die Loh - kuchen der Lohrothgerber, welche ſie trockneten und brandtenf)S. Albinus in der meißn. Bergchronik p. 189..

Was die uͤbrigen deutſchen Lande betrifft, ſo ließen ſich die brandenburgiſchen Regenten die -ſesII. Theil. R258ſes Geſchaͤft im 16ten Jahrhunderte ſehr an - gelegen ſeyn, und wir finden ſchon im Jahre 1531 eine markgraͤflich brandenburgiſche Wald - ordnung im Fuͤrſtenthum unterhalb Gebir - ges; im Jahre 1547 eine Holzordnung des Churfuͤrſten Joachimsg)S. Mylius in Corpore Conſtit. March. , und eine andere vom Jahre 1556, daß es alſo ſcheinen koͤnn - te, als ob der glorwuͤrdige Churfuͤrſt Auguſt von Sachſen nicht der erſte ſey, der ſich die - ſes Geſchaͤfts vorzuͤglich und auf eine ſo weiſe Art angenommen habe. Allein, wenn man dieſe Verordnungen naͤher betrachtet, ſo ſind ſie ſehr allgemein, und tragen die fuͤrchterli - chen Kennzeichen der damaligen Wildheit und Unruhen der Zeiten an ſich. Sie gehen meh - rentheils wider das Anſtecken der Waͤlder, ge - gen andere den Brand in Forſten veranlaſſen - de Handlungen, gegen das Abbrennen der Hei - de, Ausrotten der Hoͤlzer zu Aeckern, gegen die Beſchaͤdigung derſelben durch Vieh, ge - gen eine oder die andere ſchaͤdliche Gewohnheit und Aberglauben auf die Beſtimmung des Holzreißens und auf die Jagd, die man da - mals faſt uͤberall auf Koſten der Unterthanen zu ſehr beguͤnſtigte. Allein, eine ſo ausfuͤhr - liche, und mit ſo tiefen Einſichten in die Oeko - nomie verfaßte und genaue Verordnung, als die Auguſteiſche, findet ſich vor den Zeiten Chur - fuͤrſt Auguſts, in Deutſchland nicht. Manver -259vergleiche die Brandenburgiſchen mit der Au - guſteiſchen, und man wird immer nur Verord - nungen gegen ſehr grobe und boshafte Ver - wuͤſtungen finden, aber nicht gegen die, wel - che durch unkluͤgliches Verfahren bey dem Aus - holzen und Schlagen des Holzes vorfallen, nichts von den naͤhern Regeln der Oekonomie zur Erhaltung der Hoͤlzer, zu Anbauung und Befoͤrderung des Wachsthums u. ſ. w. fin - den, nichts von den genauern und beſtimmten Pflichten der Forſtbedienten, welches Alles die Auguſteiſche zu einem nachahmungswuͤrdi - gen Muſter macht.

Im Gegentheil ſiehet man eine große Ver - aͤnderung in den nach 1560 erſchienenen Forſt - ordnungen, welche auch in andern Landen weit ausfuͤhrlicher, beſtimmter und genauer, und mehr nach den Grundſaͤtzen einer guten Oekonomie eingerichtet ſind. Zwar zeigt es ſich in dem Brandenburgiſchen vom J. 1563 noch nicht ſo; allein, in der vom Jahre 1566 wird es ſehr merklich, daß die Auguſteiſche das Muſter war, nach welcher man arbeitete. Es gilt dieſes faſt von den meiſten deutſchen Ver - ordnungen in dieſen Geſchaͤften, da ich viele derſelben durchſehen und verglichen habe. Im Jahre 1590 und 1593 erſchienen in dem Brandenburgiſchen nochmals Verordnungen, die das Forſtweſen angiengen.

Die braunſchweigiſchen Lande zeichnen ſich in dieſem Jahrhunderte hierinnen nicht weni -R 2ger260ger aus. Man findet eine Forſt - und Holz - ordnung vom Jahre 1547, von Herzog Hein - rich dem Juͤngern zu Braunſchweigh)Sie wird angefuͤhrt in der braunſchweigiſchen Forſt - und Holzordnung vom Jahre 1591, bey Fritſch in Corp. Iur. Venat. Foreſt. S. 129. Theil III. ; und eine andere vom Jahre 1559, welche aber mehr auf die Jagd als auf das eigentliche Holz - weſen gehet. Sie betraf vornehmlich die braun - ſchweigiſchen Lande wolfenbuͤtteliſchen An - theilsi)Ebend. S. 129..

Eine fuͤrſtlich braunſchweigiſche luͤnebur - giſche, die ſich bey dem Fritſchk)Fritſch III. p. 113., unter der In - ſchrift: fuͤrſtlich braunſchweigiſche luͤneburgi - ſche Forſtordnung befindet, ſcheint von dem Herzog Julius zu ſeyn, da in der Forſt - und Holzordnung der braunſchweigiſchen Lande vom Jahre 1590l)Ebend. S. 129. von demſelben eine er - waͤhnt wird. Sie gehet auf die Befoͤrderung der Holzkultur, beſonders zum Behuf des Bergbaues. Sie beſchaͤftigt ſich mit der or - dentlichen Abtheilung und Anweiſung der Kohl - und andern Heyen, zum Behuf der Bergwerke und gemeinen Nutzung, mit dem Forſtamte, und was dazu gehoͤrt, mit dem nuͤtzlichen Betrieb der Gehaue, und wie ſie in gutem Stande zu erhalten; ſie handelt vonBe -261Beſtellung der Fuhre und des Fuhrlohns, von den Saͤgemuͤhlen, Holzhoͤfen und Holzkauf, und beſtimmt in allen dieſen Dingen die Prei - ſe und das Lohn, ſorgt fuͤr die leichteſte Ver - theilung an die Bergwerke durch Holzfloͤßen, beſchaͤftigt ſich mit Anweiſung des Holzes zu Baumaterialien, und beſtimmt das Amt der Forſt - und Floßbedienten. In der vom J. 1590 oben ſchon angefuͤhrten braunſchweigi - ſchen Forſt - und Holzordnung, welche von Herzog Heinrich Julius iſt, ſiehet man gleich - falls auf die Befoͤrderung und den Wohlſtand der Holzkultur, vornehmlich aber auf die beſte Benutzung der Hoͤlzer, fuͤr die Berg - und Salzwerke, fuͤr das Cammergut und den ge - meinen Gebrauch. Man verordnete darinnen die heilſamſten Wirthſchaftsgrundſaͤtze. So wird darinnen befohlen, daß das Stangen - holz an der Erde und der Wurzel abgehauen, und nicht Ellen hoch die Stuͤcken ſtehen blei - ben, welche ſodann ungenutzt verfaulen, daß die großen vertragenen Baͤume verkohlet wer - den ſollen, daß man Tannenholz nicht mit der Art, ſondern mit Saͤgen ſchneiden ſolle, weil im erſtern Falle ſo viel verloren gehe, daß man abgetriebene Plaͤtze drey bis ſechs Jahre hegen ſolle u. ſ. w. Man ſorgte darin - nen nicht bloß fuͤr die landesfuͤrſtlichen, ſon - dern auch fuͤr die Forſte der Unterthanenm)Ebend. S. 131..

R 3In262

In dem Hohenlohiſchen erſchien in dem Jahre 1551 eine Forſtordnung, welche in der bey dem Fritſch vom Jahre 1579 befindlichen hohenlohiſchen Forſtordnung erwaͤhnt wirdn)l. c. S. 240.. Dieſe letztere iſt fuͤr das deutſche Staats - und Lehnrecht merkwuͤrdig, weil ſie von Damen, als Regentinnen und Vormuͤnderinnen, aus - geſtellt iſt. Sie iſt ſehr vollſtaͤndig und aus - fuͤhrlich. Sie beſtimmt die Pflichten der Forſtbedienten und worauf ſie Achtung zu ge - ben haben, und verweiſt ſie auf die Lagerbuͤ - cher der Grafſchaft. Sie ſcheint Beſchreibun - gen der Forſte von ihnen zu fordern, da ſie ver - ordnet, dieſelben nach den Lagerbuͤchern einzu - richten, daß die Marken und Grenzzeichen al - ler zehen Jahre beſehen und berichtiget werden ſollen. Da es zugleich eine Wild - und Jagd - ordnung iſt, ſo findet man die Verordnungen wegen des Wilds und des Jagens darinnen, ingleichen, wegen der Forellen - und Krebs - baͤche. Was aber das Holzweſen betrifft, ſo gehet es ſonderlich mit dem vierzehnten Capi - tel an. Sie beſchaͤftigt ſich mit dem wilden Obſte, ſucht den Hoͤlzern die Trieb - und Hut - gerechtigkeit ſo unſchaͤdlich als moͤglich zu ma - chen. Sie verordnet vornehmlich die Eichen zu ſchonen, macht Einrichtungen in dem Rech - nungsweſen uͤber die Holzwirthſchaft, ſie ſetzt Verordnungen feſt, wegen Afterſchlagen,Wind -263Windfaͤllen, Schneebruͤchen, wegen des Nutz - holzes, wegen des Faͤllens und Hauens, wegen Hegung des Eichenholzes; ingleichen wegen Wiederanpflanzung und Aufziehung des Hol - zes, daß der junge Anflug geheget und leere Plaͤtze mit Eicheln und Buchnuͤſſen beſaͤet wer - den, daß Niemand dahin treibe, bis ſie dem Viehe entwachſen und es daſſelbe nicht errei - chen koͤnne. Man empfiehlt darinnen, zu dem Saͤen die im Herbſt abgefallenen Eicheln, aber nicht abgebrochene, zu nehmen, und ſie ein oder zwey Schuh weit, und eines guten Fingers tief in die Erde zu legen. Sie ſetzte dem Aus - reuten Grenzen, weil man ſchon damals auch in dieſen Landen, wie man aus dem 25ſten Titel derſelben erſiehet, Holzmangel ſpuͤrte, und verordnete, daß es nicht anders als nach vorgegangener Supplication geſchehe. Sie verordnete wegen Hegung der jungen Schlaͤge, wegen Haltung der Ziegen oder Gaͤnſe, die dem Holze ſo nachtheilig ſind, wegen des Aus - leihens auf Holz, wegen der Nutzungen der Hoͤlzer, wegen des Baſtmachens, Baum - und Rindeſchaͤlens, auch Hirtenfeuers, wegen des Kohlenbrennens der Reifſtangen, Wagner, Schuͤßler, wegen Holzleſens, Holzſtrafen.

Sie verordnet: daß die Hoͤlzer und Wild - bahnen nicht ſo verwuͤſtet werden ſollen, daß die Amtleute, Vorſteher und Heydereuter, die Bauern anhalten zur Holzerſparung, Stuben und Dornitzen zu bauen, den Winter darin -R 4nen264nen zu ſitzen, um das Holz, welches ſie ſonſt den ganzen Tag uͤber auf dem Heerde verbrennen, zu erſparen, auch ſonſt ihre Aecker mit uͤber - ſchwenglichen großen Zaͤunen zu befrieden, gaͤnzlich abſtellen; und dagegen ein jeder in ſeinem Jahre um ſeine Felder und Aecker Feld - ſteine ſetzen, oder hohe Graben aufwerfen, und allenthalben nach Gelegenheit Weiden, Maſt -, Obſt - und andere fruchtbare und nuͤtzli - che Baͤume ſetzen und pflanzen, und wenn die Bauern jaͤhrlich die Paͤchte verreichen, wollen wir, daß ein jeder, inſonderheit den Amt - oder Edelleuten Bericht thue, wie viel Baͤu - me und Weiden er das Jahr gepflanzt, und da etliche in dem nachlaͤßig und unfleißig be - funden wuͤrden, ſollen ſie nach billiger Er - maͤßigung geſtraft werdeno)S. Fritſch Corp. Iur. Foreſt. .

Die fuͤrſtlich mecklenburgiſche Landesord - nung vom Jahre 1562p)S. Fritſch p. 198. handelt im 26ſten Artikel von dem Holz - und Forſtweſen. Im Jahre 1565 gab Friedrich III, Churfuͤrſt von der Pfalz, eine Waldordnung heraus, welche im Jahre 1594 von neuem bekannt gemacht wurde, unter dem Titel: Waldordnung der obern churfuͤrſtlichen Pfalz in Bayernq)S. Selchov Elem. I. G. p. 102.. Es erſchien in Bayern eine fuͤrſtliche bayeriſche Jagd - und Forſtordnung, welche Fritſch imdritten265dritten Theile ſeines oft angefuͤhrten Buchs erwaͤhnt, aber ohne das Jahr anzugebenr)S. 73.. Wahrſcheinlich aber iſt es die naͤmliche, welche Herr von Selchov unter dem Jahre 1568 be - merkts)In Elementis Iur. Germ. S. 98.. Sie beſtehet aus zwey und achzig Artikeln, und iſt ein deutlicher Beweis von den damaligen oͤkonomiſchen Kenntniſſen, von der Holzwirthſchaft in Bayern. Die Jagd - ordnung beſtehet aus ſechs und zwanzig Capi - teln. Was die Forſt - und Holzordnung be - trifft, ſo verordnet ſie, wegen der Pflicht der Foͤrſter, wohin ſie zu liefern haben, wegen der Windwuͤrfe, wegen Vermarkung der Waͤl - der und Gehoͤlze. Sie beſtellt die Jagdper - ſonen zur Aufſicht, unterſagt die Markbaͤume nieder zu hauen, und ſtrafet bey einer Markt)S. Fritſch S. 89. und fuͤnf Pfund Pfennige der muͤnchner Waͤh - rung, welche die an jedem Orte befindlichen Niedergerichte zu erheben haben, ein Beweis, daß damals die Cammer noch keine beſondere Gerichtsbarkeit zu haben ſcheintu)S. Fritſch S. 89.. Sie un - terſagt das Eichelſchlagen, oder, wie ſie es nennt, das Eichelpoſſen; ingleichen, daß die Reichen bey dem Eintreiben in die Eichelmaſt, welches daſelbſt das Laufen an der Techel ge - nannt wird, nicht durch die Menge der Schwei -R 5ne266ne die Armen verdraͤngen, und nicht mehr an - ſchlagen ſollen, als von Alters Herkommens iſt, welches beweiſt, daß ſchon damals fuͤr die bayeriſche Cammer die Eichelmaſt in den Forſten ſehr eintraͤglich geweſen ſeyn muß; ſie befiehlt das Ringeln der Schweine, das, ſo - bald der Froſt aufgeht, geſchehen ſolle. In - deſſen bediente ſich die Forſtpolizey damals der ungeringelten Schweine gegen die Erdwuͤr - me oder Engering. Sie verordnet, daß bey jedem Dorfe ein Hirte fuͤr die Schweineheerde zu halten, um das Wuͤhlen und das Hin - und Herſtreuten, Laufen und Huͤten dieſer Thiere, zu vermeiden. Ueberhaupt iſt der neunte bis zwoͤlfte Artikel ein Beweis, wie anſehnlich damals die Schweinezucht im Bayeriſchen ge - weſen. Sie verbietet das Laubraͤumen und Rechen. Man theilte den Wald in ordentli - che Schlaͤgex)Art. 19. S. 93., verordnete, daß aller funfzig Schritte ein Satzreiß oder Mutterbaum ſte - hen bleibe, und bey dem Faͤllen die Ordnung gehalten werde, daß man hinter jedem Schla - ge, gegen Niedergang der Sonne, Holz ſtehen laſſey)Oder wie es daſelbſt heißt: ein Schaͤchtel Holz., damit dieſes den Wind, ſo meiſt vom Niedergange kommt, aufhalte, und derſelbe den Saamenbaͤumen nicht ſo viel ſchade. Man ſchraͤnkt das Daͤchſenhauen ein, welches, wieaus267aus dem Zuſammenhang erhellet, kleine Rei - ſer ſind, welche man theils zum Einſtreuen, theils des Laubes wegen zum Viehfutter ge - brauchte, vornehmlich von den Landleuten im Gebirge, die wenig Geſtroͤhde und viel Vieh hatten, womit ſie ſich meiſtens ernaͤhrten; ein neuer Beweis, wie ſehr im ſechzehnten Jahr - hunderte im Bayeriſchen die Viehzucht gebluͤ - het. Dieſe Forſtordnung unterſagt die frucht - baren Baͤume abzuhauen, und ſo man die wil - den Aepfel und Birnen zu Belzſtoͤcken nicht entbehren koͤnnte, ſo ſollen ſie nie ohne Vor - wiſſen der Grundherrſchaft auf fremden oder gemeinen Gruͤnden nicht ausgegraben werden. Von den niedergehauenen Baͤumen ſollen die Stoͤcke nicht uͤber einen Schuh hoch uͤber die Erde gelaſſen werden. Das junge Holz ſoll neben dem alten nicht ohne Unterſchied umge - hauen werden, das Abziehen und Schaͤlen der Rinden von ſtehenden Baͤumen verboten ſeyn, außer bey den zufallenden Baͤumen, wo es den Handwerkern, die dieſe Rinde brauchen, erlaubt iſt. Das Holz ſoll zu rechter Zeit ge - ſchlagen, die Aeſte, Stauden und Gipfelholz von dem Stamme verfuͤhrt werden. Sie ſetzt dem Ausrotten der Hoͤlzer, dem Betreiben der - ſelben mit Schaafen, Grenzen, ſie verweiſt die Ziegen aus denſelben; ſie ſchraͤnkt das Pech - ſieden die Ziegelſtaͤtte oder Kalkoͤfen ein, und geſtattet ſie nicht ohne beſondere Erlaubniß der Regierungen aufzurichten, und ſchafft die Zim -mer268mer ab, die die Altvaͤter bey den Bauern ſich ausdingen.

Sie machte Verordnungen wegen des Zaun - ſpalts und des Holzes, das man zur Unterhal - tung der Landesſtraßen und Wege brauchen ſollte, welches zugleich die Vorſorge der da - maligen Zeiten fuͤr die Straßen und Wege be - zeugt. Die Nahrungshaͤuſer, die ſich arme Leute von Holz erbauten, werden von nun an unterſagt, aber die alten ſtehen gelaſſen, damit nicht dadurch aus Mangel des Unterkommens liederliches Geſindel entſtuͤnde. Sie ſchraͤnkt den Mißbrauch der Floͤßen von Seiten der Bauern und Haͤusler ein, welche auf dem Lech, Yſer, in der Riß, der Jachna, Loy - ſachz)Art. 46, 47, 48, 49, 51., viel Holz verfloͤßten und daruͤber das Holz verwuͤſteten und ihre Wirthſchaft vernach - laͤßigtena)Art. 54, 55.. Sie weiſt nur die Windwuͤrfe zum Verkohlen an, damit das gute geſunde Holz geſchont wuͤrde; verordnet in Anſehung der Schmiede, Drechsler und anderer in Holz arbeitender Handwerker; auch, daß nicht ſo viel junges geſundes Holz durch Leiterbaͤume, Rechen - und Hopfenſtangen verwuͤſtet werde, vornehmlich, weil ſie zum Nachtheil der Wal - dungen zu haͤufig geſchlagen, und ſowohl zum Schaden dieſer, als auch des Landes, und beſonders der Salzladen des Fuͤrſtenthums,in -269ingleichen nicht ſo viel Reifen aus dem Lande gefuͤhrt werden, ſie ſetzt feſt, daß dieſes nicht ohne Erlaubniß der fuͤrſtlichen Foͤrſterknechte und Holzhayen geſchehe, und daß ſonderlich hierinnen die Ahorn, Ilmen und Eſchen geſchont werden ſollen; ſie ſchraͤnkt die Gehege und Zaͤune ein, verbietet das Holzſimmern. Sie macht Ver - ordnungen wegen das Floßweſens, wegen des Holzſchlagens, und ſucht allen Nachtheil fuͤr die Waͤlder und Forſte abzuſtellen.

Die anhaͤltiſche Landesordnung vom Jah - re 1572 verordnete im 26ſten Titel hieruͤber, welches ſich auch bey dem Fritſch befindet. Sie unterſagt vornehmlich, und bey zehn Thalern Strafe, das Faͤllen der Maſtbaͤume, d. i. Baͤume zur Maſtung des Viehes. Es heißt ausdruͤcklichb)S. l. c. S. 198.: Es ſoll ſich auch Niemand unterſtehen, Maſtbaͤume abzuhauen, bey Poͤn von zehn Thalern, von jedem Maſtbaume, der gehauen wird, uns zur Strafe zu erlegen. Denn hierdurch wuͤrde letzlichen die Maſtung in Geringerung und Abfall kommen, und wuͤrde auch unſeren Unterthanen deren merk - lich uͤberhabende und wohlhergebrachte Gerech - tigkeit der Maſtung verletzt. Da aber Je - mandes zu Beſſerung der Bahn etzliche benoͤ - thigt ſeyn wuͤrde, ſoll ſolches mit unſerm Vor - wiſſen vorgenommen werden.

In270

In dem Wuͤrtenbergiſchen erſchien im J. 1595 eine Forſtordnung in franzoͤſiſcher Spra - che, welche Fritſch gleichfalls hatc)S. 215. Sie iſt uͤberſchrieben: Ordonnances de tres-haut tres illuſtre puiſſant prince et Sei - gneur Frederik par la Grace de Dieu Duc de Wirtemberg et Tek touchant les bois et forêts en ſes Comtés de Montbeliard et ſouveraines Seigneuries. Primiere partie des ordonnances des bois et forets de l’ordre qu’on doit garder au coupage du boi. Seconde Partie touchant la Sauvagine. . Eine Urkunde, die in vielen Stuͤcken Aufmerſam - keit verdient, theils weil ſie ziemlich genau und ausfuͤhrlich iſt; theils aber auch, weil ſie vielleicht eine der aͤlteſten oͤffentlichen Schriften iſt, die in franzoͤſiſcher Sprache in Deutſch - land aufgeſetzt worden, auch wegen der Titu - latur einige Bemerkungen verdient. Und endlich die oberlauſitzer Landesordnung vom Jahre 1597. Zuletzt kann man auch hierher eine Verordnung der hennebergiſchen Regie - rung vom Jahre 1595 rechnen, welche die Ver - minderung der vielen und uͤberfluͤßigen Zaͤune zur Schonung des Holzes befiehlt. Es wird dar - innen verordnet, daß die Frauenwaͤlder, Flur - markung, um und um mit einem Zaune umge - ben; die vielen einzelnen Zaͤune um die Guͤter hingegen abgeſchafft werden ſollend)Sie wird erwaͤhnt in der hennebergiſchen Wald - Forſt - und Holzordnung vom Jahre 1615, beym Fritſch p. 62.. Soerſchien271erſchien auch 1599 eine Graͤflich Schwarzbur - giſch Rudelſtaͤdtiſchee)Sie wird erwaͤhnt in der vom Jahre 1626, bey dem Fritſch l. c. p. 200.. Auch findet ſich noch eine alte erzbiſchoͤfliche magdeburgiſche Holzord - nung von Chriſtian Wilhelm dem Erzbiſchof, bey dem Stiſſer angefuͤhrtf)S. Stiſſers Forſt - und Jagdhiſtorie ed. 1754. p. 201.; in derſelbigen wird verordnet, daß kein junger Baumbuſch noch einiges Reißholz, ſo nicht mit dem Pflu - ge umgeriſſen werden kann, bey zehen Reichs - thalern Strafe ſoll abgehauen werden.

Bisher haben wir die Bemuͤhungen der Regierung und der Polizey um das Forſt - und Holzweſen geſehen. Allein auch die Ge - lehrten und die Oekonomen verbreiteten ſich uͤber dieſe Theile der Oekonomie, und ſuchten ſie theils durch Schriften zu bereichern und aufzuklaͤren, theils auch durch Anpflanzungen und Einfuͤhrung neuer Gegenſtaͤnde.

Deutſchland kannte, wie aus dem Vori - gen erhellet, meiſt nur Eichen, Buchen, Ahorn, Errlen, Lindeng)S. Coler im Calendario in Brachmonat; viel - leicht zog man aber damals die Linden nur noch in Gaͤrten., Birken, Weiden, viele wilde Obſtbaͤume und Geſtraͤuche; allein man fuͤhrte auch noch neue ein. So brachte z. B. Cluſius im Jahre 1550 die Roßkaſtanien ausdem272dem noͤrdlichen Aſien nach Deutſchland, da ſie Frankreich erſt im Jahre 1615 durch Ba - chelier erhielt.

Unter die damals bekannten und haͤufig angebaueten Holzarten, gehoͤrt das Kienholz, welches man aus Saamen zog, den man aus den Kienaͤpfeln droſch; es wurde ſonderlich in der Mark und im Mecklenburgiſchen auf duͤrrem ſandigem Boden erbauet. Tannen wurden ſonderlich im Meißniſchen und im Voigtlande gezogen, auf bergichtem und ſtar - kem Boden. Man wendete weiter keine große Wartung auf ſie, ſondern ließ den Saamen in den Tannenzapfen von ſich ſelbſt ausfallen, und ſie alſo ſich ſelbſt ſaͤen und fortpflanzen. Man hielt viel auf die Birken, wegen ihres Safts, den man als eine Art Schminke brauchte, zur Verſchoͤnerung des Geſichts und zur Reinigung von allerhand Flecken, daher die Landleute ſie haͤufig im Maͤrz anbohrten, um ihn aufzu - fangen. Die Fichten werden ſtark gebauet, haͤufig auch aus dem Saamen der Zapfen, man ſammelte von ihnen das Harz als einen Balſam, deſſen ſich die Wundaͤrzte bedienten; noch mehr aber benutzte man ſie zum Pech. Dergleichen Pechſiedereyen waren zu und um Auerbach, zu Großbitz, Falkenſtein im Amte Schwarzberg, Gruͤnenhayn, Schneeberg, Marienberg, Tannenberg, auf dem Geier, Adorf, Schleiz, Greiz, im Jochimsthal. Es wurde nach Colern ſehr ſtarker Handel damitim273im Niederlande, zu Zwickau und da umher getrieben, wo die Niederlande es gegen Rocken, Gerſte, Erbſen, umtauſchten. Zur Fort - pflanzung der Tannen, Fichten und Birken, ließ man bey dem Holzfaͤllen Saamenbaͤume ſtehen. Um Poͤtzkaw hatte man ganze Waͤl - der von rothem Eibenholz. Man hatte Ei - chen -, Tannen -, Caſtanien -, Pappelwaͤlder. Man bauete das Hagebutzenholz, Hanbuchen, Errlen, Linden, Ahorn, Eſchen, Buxbaum, deſſen Geruch und Saamen man vor ſchaͤdlich erkannte, Weiden.

In den damaligen Zeiten ſcheint ſonderlich die luͤneburgiſche und mecklenburgiſche Holz - kultur in Anſehen geſtanden zu haben; wie aus dem Coler erhellet. Man verfuhr dabey alſo bey Anlegung einer Holzung: Man ſaͤete die Eicheln um den Tag Gallus auf das geduͤng - te und gepfluͤgte Land mit Korne, machte das Korn zur Erndtenzeit etwas hoch uͤber den jun - gen Schoͤßlingen der Eicheln ab, und ließ nun dieſe aufwachſen, und ſchuͤtzte ſie vor Vieh und Wildpret auf zehn Jahre durch einen Zaun. Man verpflanzte ſie hierauf im Maͤrz, und ſtutzte ſie bis ungefaͤhr ſechs Schuh lang uͤber der Erde. Man ſchonte bey dem Ausziehen ſonderlich die Stammwurzeln; das Ausziehen geſchahe im Maͤrz, das Verpflanzen im alten Mond. Eben ſo mit dem Buchen im Maͤrz, welche man zwey Fuß tief in die Erde pflanz - te und oben etwas abhauete; die Birken pflanz -II. Theil. Ste274te man im alten Heumond, oder im Michaelis - mond, die Tannen im Maͤrz, die aufgegange - nen Eichreißer ſchnitt man unten aus, um den Wuchs in die Hoͤhe zu befoͤrdern. Um dieſe Zeit geſchahen in dem Mecklenburgiſchen ſonderlich viel Kien - oder Kiefernanpflanzun - gen; den Anfang dazu machte die Herzoginn Sophia, eine geborne Koͤniginn von Daͤnne - mark, die zu Guͤſtrow begraben liegth)Colers Hausbuch, 1 Theil, 8 B. C. 9. p. 199.. Man verfuhr daſelbſt alſo: Man trocknete die Kien - aͤpfel auf Horden, und ſchlug ſodann den Saa - men heraus. Sie ließen die Aecker dazu mit weiten Furchen pfluͤgen, miſchten den Saamen mit Sand und ſtreuten ihn ſo duͤnne aus; ſie[r]geten ihn unter, wenn kein Heidekraut da war, im Gegentheil pfluͤgten ſie ihn unter; um ſei - nen Wachsthum in die Hoͤhe zu befoͤrdern, ſchnitten ſie ihm unten die Zweige aus. Im Braunſchweigiſchen faͤllete man das Eichen - und Errlenholz zum Bauen gegen Ende des Michaelismonats; Buchen und Fichten zu Anfange daſſelben; vom Brachmonat bis zum Herbſt faͤllete man nicht.

Man hatte zur Beſorgung der Polizey und Gerichtsbarkeit in Forſtſachen die Forſtge - richte. Dergleichen beruͤhmte Gerichte waren noch aus den mittlern Zeiten viele. Eines der beruͤhmt[e]ſten war das Forſtgericht zuNuͤrn -275Nuͤrnbergi)Ioh. Sigism. Schreiber, de Iudicio Caeſareo Fo - reſtali Norico, ingleichen die nuͤrnbergiſche Re - formation vom Jahre 1479. Von der neuern Verfaſſung dieſes Gerichts ſ. Joſeph Paul Ni - grinus Verzeichniß der Republik Nuͤrnberg, Regenten ꝛc. vom Jahre 1733, p. 104-106.. Es erſtreckte ſich vornehmlich uͤber den Sebaldiwald. Es hatte zu Bey - ſitzern die ſechs vorderſten Rathsherren nach den Siebnern, als Waldherren, dann zwoͤlf Schoͤppen und zwey Conſulenten. Ein an - deres bekanntes Forſtgericht war das zu Lan - gen, unweit Frankfurt, welches Ludwig der Beyer uͤber den drey Eicherwald verordnete. Es wurde im May von dem Fauth von Muͤn - zenberg, dem Schultheiß von Frankfurt und einem Forſtmeiſter gehalten: der letztere muß - te es vierzehn Tage vorher ankuͤndigen. Man nennte dergleichen Gerichte Maygericht, weil ſie im May gehalten wurden, Foͤrſtergedinge, Maͤrkergedinge, Erbarengerichte, Holzgeding, Forſtamt. So kommt ferner vor, das Holz - gericht zu Osnabruͤck, welches ſeine beſondere Ordnung hatte, und noch 1582 wurde es ge - halten, wovon ſich eine Beſchreibung bey dem Stiſſer findetk)Stiſſers Forſt - und Jagdhiſtorie Beylagen lit. E. p. 33. ſ. auch unten in den Beylagen.. So wurde 1574 zu Glaͤne auch ein Holzgericht in der Kirche auf demS 2Chor276Chor gehalten, weil der Regen es an der ge - woͤhnlichen Staͤdte nicht halten ließl)Ebend. lit. F. p. 35..

Ein anderes bekanntes Holzgericht war das Maͤrkergeding zu Oberurſel im Heßiſchenm)Ibid. lit. G. , und noch ein anderes iſt das Seulberger und Erlebacher, das 1493 gehalten wurden)Ibid. l. 22..

Ueberhaupt waren die Holzgerichte im ſech - zehnten Jahrhunderte in dem Niederſaͤchſiſchen ſehr gewoͤhnlich. Sie beſtanden vornehmlich aus dem Holzgrafen oder Oberſterbexe, Un - terholzgrafen, Malleuten und Markgenoſ - ſeno)Schoppius theſ. feud. p. 279.. Die muͤnſteriſche Landesgerichtsord - nung vom Jahre 1571p)p. III. art. V. und VI. giebt einige naͤhe - re Nachricht von der Verfaſſung dieſer Holz - gerichte. Es wird daſelbſt verordnet, daß jaͤhrlich einmal Holzgericht gehalten und es von den Kanzeln verkuͤndiget werden ſolle. Es beſtellet den Landesfoͤrſter zum oberſten Erbexen in den Marken, es ordnet und ſetzt die Strafen auf Schreckenberger, und befiehlt das Pflanzen und Beſaͤen der Holzmarken, welches letztere beweiſet, daß dieſe Holzgerich - te auch Polizeyabſichten gehabt haben. Sie handelt im 5ten Artikel von Nothholzungen und Holzgerichten, vor denen die Erbexen undMark -277Markgenoſſen einer gegen den andern in Mark - ſachen zu klagen und zu handeln hat. Im 6ten Artikel zeigt dieſe Ordnung die Perſonen an, die die Holzgerichte ausmachen, wie auch die Gegenſtaͤnde deſſelben.

Vor das Holzgericht, heißt es, gehoͤren Hudedrift, Plaggenmat, Hauwen, Graben, Czeunen, Wrechten, Pflanzen, Sachen der Zuſchlaͤge. Aufrichtung nennwar Kotten, ſo im gemeinen Marken und zwiſchen oder von Perſonen geſchehen, die in geruͤrten Mar - ken gehoͤren und darinnen berechtigt ſeyn; ſo fern doch in obberuͤhrten Faͤllen allein von we - gen des Beſitzes gehandelt wird, und ſoll kei - ne Appellation desfalls geſtattet noch ange - nommen werden. Wenn aber des Petitorii d. i. Eigenthuͤmblichen Gerechtigkeit und Proprie - taͤt halben die Klagen fuͤrgenommen, ſol - len ſolche Sachen vor dem Richter gehandelt werden, darunter ſie nach unſer aufgerichteter Hof - und dieſer Lande Gerichtsordnung gehoͤ - rig. Im Fall auch in den Marken einige Malefiz begangen, als Diebſtahl, Gewalt, Verſpruch, Todtſchlag u. d. g. ſo ohn allen Mittel der hohen Obrigkeit zu ſtrafen zu - kommt, daſſelbig ſoll auch nit vor das Holz - gericht, ſondern an andern gebuͤrenden Ort ausgefuͤhret werden. Im ſiebenden, achten und neunten Artikel ſind die Eidesformeln des ſubſtituirten Holzrichters, Holzgerichts - ſchreibers und Holzgerichtsfrohns enthalten.

S 3Uebri -278

Uebrigens aber finden ſich im ſechzehnten Jahrhunderte wenig und faſt kein Schriftſtel - ler, der ſich beſonders mit dem Forſtweſen in Deutſchland beſchaͤftiget haͤtte. Die Urſache liegt unſtreitig darinnen, weil die damaligen oͤkonomiſchen Schriftſteller meiſt nur die alten Oekonomen, ich meyne die Griechen und Roͤ - mer, benutzten und auszogen, fuͤr welche die wilde Holzkultur, da ſie in ſo warmen Laͤn - dern lebten, nicht ſo ſehr angelegen war, da - her ſie ſelbige auch nicht ſo umſtaͤndlich behan - delten, außer, in ſo ferne ſie etwa wilde Baͤu - me zu ihren Schattengaͤngen oder Thiergaͤr - ten, oder fuͤr ihre Weinberge zogen; denn es iſt bekannt, daß die Roͤmer ſonderlich Ulmen pflanzten, um die Weinſtoͤcke an denſelben in die Hoͤhe zu leiten, und deswegen ordentliche Baumſchulen und Pflanzgaͤrten von derglei - chen wilden Baͤumen hatten. Eine andere Urſache des Mangels der Schriftſteller in der wilden Holzkultur in dieſen Zeiten, iſt wahr - ſcheinlich die, daß man dieſelbe nicht genug achtete, bis die Polizey ſich ihrer nachdruͤckli - cher und ernſtlicher annahm; und endlich, daß man das Forſtweſen zu ſehr mit Jagd ver - band, ſo, daß die letztere das Hauptgeſchaͤft zu ſeyn ſcheint, daher wir viele Schriften uͤber die Jagd finden, die auch zugleich das Forſt - weſen mit behandeln, aber nicht als das Haupt - geſchaͤft. Alle dieſe alſo gehoͤren vorzuͤglich auch hierher. Ich rechne hierher die Schrif -ten279ten eines Spangenberg, Agrikola, den Ver - faſſer des neuen Jagd - und Weidwerksbuchs, Noe Meurer, den Ueberſetzer des Fouillons, die Schriften eines Godelmann, Halbritter, Harprechts, Caſpar von Stein, von Reichen - ſtein, Johann Arenhorſt, Nicolaus Reußner, die ſich mit dem Forſt - und Jagdweſen, und den Rechten dieſer Gegenſtaͤnde beſchaͤftigten. Wollte man hierzu noch die Schriften, die den Bau der Fruchtbaͤume behandeln, aus dem Gartenbaue heruͤber nehmen, ſo wuͤrde ihre Anzahl noch groͤßerq)Spangenberg, von der forſtlichen Oberherrlich - keit, 1561. Noe Meurers Jagd - und Forſtrecht, welches in den Jahren 1561, 1563, 1576, 1581, 1597 und 1644 erſchien.Joh. Jac. Agrikola fuͤrſichtiger Weidemann, Noͤrd - lingen 1578.Neues Jagd - und Weidewerksbuch, 1582 Frank - furt.Neues Jaͤgerbuch Jacob von Fouillons, aus dem Franz. Strasburg 1590..

Man kann hierher auch die verſchiedenen Forſtordnungen des ſechzehnten Jahrhunder - tes rechnen, worunter ſich die Auguſteiſche in Sachſen, die ich oben angefuͤhrt habe, aus - zeichnete; welche, ſo wie die nach dieſem Mu - ſter verfertigten, den lehrreichſten Unterricht ertheilen. Endlich haben auch die Schrift - ſteller, die die Oekonomie in den damaligenS 4Zei -280Zeiten uͤberhaupt behandeln, hier einen Platz, da ſie die wilde Holzkultur auch nicht vergeſſen. In der Schrift, welche der churfuͤrſtliche Cam - merpraͤſident Abraham von Tumshirn, auf Befehl des Churfuͤrſten Auguſts, uͤber die Oeko - nomie verfertigte, iſt das Holzweſen nicht ganz uͤbergangen; und es laͤßt ſich vermuthen, daß in dem Aufſatz, den dieſer ruhmwuͤrdige Chur - fuͤrſt ſelbſt uͤber die Oekonomie machte, und welchen D. Schreber in ſeiner Abhandlung von Cammerguͤternr)S. 59. noch als Handſchrift kennt, die Holzkultur nicht fehlen wird, da in der Auguſteiſchen Forſtordnung ſo viel vor - zuͤgliche Einſichten in dieſes Nahrungsgeſchaͤf - te geaͤußert ſind.

Die Botanik, welche im ſechzehnten Jahr - hunderte in Deutſchland, und faſt in ganz Europa, vorzuͤglich durch den Profeſſor der Anatomie in Tuͤbingen, den beruͤhmten Fuchs, welcher 1565 ſtarb, wieder aufkam, und von dem glorwuͤrdigen Churfuͤrſten Auguſt in Sach - ſen, ſo ſehr beguͤnſtiget wurde, daß er eine Profeſſur und einen botaniſchen Garten fuͤr dieſelbe zu Leipzig errichtete, trug nicht wenig zur Befoͤrderung der wilden Holzkultur bey, da man dadurch das ganze Weſen, den Bau und die Beſchaffenheit der Baͤume naͤher kennen lernte. Auf ihn folgte Rivinus, die Pflanzen in ein Syſtem zu ordnen. Die Be -muͤhun -281muͤhungen des beruͤhmten Conrad Geßners, des Plinius der neuern Zeiten, gehoͤren nicht weniger hierher, als Mittel, die die Kennt - niß der Hoͤlzer und der darauf ſich gruͤndenden Kultur ausbreiteten.

So finden ſich auch in den damaligen Zei - ten noch andere botaniſche Schriften, wodurch ſich die Deutſchen um die Pflanzenkenntniß, und alſo auch um die Holzkultur verdient mach - ten. Es gehoͤren hierher, ein Bapt. Ficra, Figulus, Gallus, Alberti, Camerariuss)Bapt. Ficrae de virtute herbarum carmen, Ar - gent. 1530. 8. Carol. Figuli methodus herbarum, Col. 1540. 4. Gallus, de herbis, Erf. 1564. Alberti, de cognitione herbarum, Nor. 1585. Camerarius, de plantis, 1586. Eiusd. Icones plantarum, 1588. 8..

Im ſiebenzehnten Jahrhunderte.

Man unterließ auch im ſiebenzehnten Jahr - hunderte nicht die fuͤr dieſes Geſchaͤft noͤthi - ge Aufmerkſamkeit. In der Churpfalz er - ſchien gleich im Jahre 1600 die Waldordnung Churfuͤrſt Friedrichs, darinnen vornehmlich auch ſcharf unterſagt wurde, kein Holz ohne Anweiſung bey funfzig Gulden Strafe zu faͤl - len. In dem Marburgiſchen erſchien 1602 eine Holzordnung, wo faſt auf alle Waldver - brechen eine ſehr ſchickliche und angemeſſeneS 5Stra -282Strafe befindlich iſt. In Sachſen ſchuͤtzte der Churfuͤrſt Johann George die Baͤume, fuͤr den Beſchaͤdigungen durch die nachdruͤck - lichſten Strafen, wozu ihm Bosheit und Muthwille, die ſich gegen die Geſetze empoͤr - ten, noͤthigten. Es geſchahe dieſes in ſeinem Ausſchreiben vom Jahre 1611t)Cod. Aug. II. p. 614., daß weder Menſchen noch Vieh allerhand Arten Holz - wachſes mit Beſchaͤlen und dergleichen, auch nicht durch Fiſchen mit dem Kratzhamen den verwurzelten Ufern und Wieſen Schaden thun, viel weniger gruͤn oder duͤrres Holz entwendet und verheelet werden ſollte. Der - jenige, der einen Baum beſchaͤdigte, verlor die Hand. Aber warum gleich ein fuͤr den arbeitſamen Buͤrger ſo noͤthiges Glied? Mach - te dieſe Strafe nicht den Menſchen fuͤr den Staat unbrauchbar? Wurde er dadurch nicht eine Laſt fuͤr denſelben, und, wenn er vorher von ſeiner Haͤnde Arbeit lebte, nun ein Bett - ler oder Raͤuber? Auf dieſes erfolgte 1719 bald ein anderes Mandat, wegen Schonung des jungen Holzes, daß dem jungen Holze kein Schade zugefuͤgt werdeu)Cod. Aug. II. p. 618.. Churfuͤrſt Johann Georg II ließ im Jahre 1665 am 16 Octo - ber eine Hauptreſolution in Holz - und Forſtſa - chen ergehenv)Cod. Aug. T. I. p. 563.; 1674 wurde in einer Reſolu -tion283tion der Schade zu verhindern geſucht, den die Seifenwerke den Gehoͤlzen bringen koͤnne, und 1675 erfolgte eine andere in Holz -, Forſt -, auch Hammerwerksſachen des erzgebirgiſchen Kreiſesw)S. C. A. T. I. p. 571., und von dem durchlauchtigſten Koͤ - nig Auguſt I, glorwuͤrdigen Andenkens, haben wir eine aͤhnliche vom Jahre 1697, wegen Abſtellung derer bey Forſt - und Holzſachen in dem erz - und obergebuͤrgiſchen Kreiſe eingeriſſe - nen Mißbraͤuche, und eine vom Jahre 1713, welches aber in das folgende Jahrhundert ge - hoͤrt.

In dem Brandenburgiſchen unterließ man die Aufmerkſamkeit auf dieſes Geſchaͤft auch in dieſem Jahrhunderte nicht. Daher erſchien im Jahre 1602 ein Ausſchreiben, Erklaͤrung und Verordnung die Holzſachen betreffend, von dem Churfuͤrſten Johann Friedrich zu Brandenburg 1622 eine brandenburgiſche Forſtordnung; ein Edikt wider die Verwuͤ - ſtung der Hoͤlzer im Jahre 1674, und ein aͤhnliches vom Jahre 1675, daß kein Holz aus der Heide ohne Churfuͤrſtlichen Conſens zu verkaufen, und im J. 1685 eine Verordnung, daß keine Ziegen in die Waͤlder und Heiden kommen ſollen. Eine der vorzuͤglichſten Verord - nungen hieruͤber, findet ſich in der brandenburgi - ſchen Polizeyordnung vom J. 1688, im 29ſtenCap.284Cap. und in vielen nachher ergangenen Edik - ten, welche ſich in des geh. Kriegsraths My - lius Corpore Conſtitutionum Magdeburgica - rum befinden. Man bewies hierdurch in dem Brandenburgiſchen, daß die oͤkonomiſchen Ge - ſchaͤfte ohne Widerſpruch zur Polizey gehoͤren.

Alle dieſe angefuͤhrten Geſetze gehen beſon - ders auf die Erſparniß und Erſetzung des Ab - ganges des Holzes; ſie unterſagen, Ziegen in die Gehoͤlze zu treiben, keine Baͤume mit Be - hauen, Rindeabſchaͤlen oder ſonſt zu beſchaͤ - digen, noch zur Probe einzuhauen und die ge - ſundeſten daraus zu waͤhlen, kein Feuer in den Gehoͤlzen anzulegen, kein Heydekraut und Geſtraͤuch bey ſelbigen zu verbrennen; ſie un - terſagen den Fuhrleuten, neue Wege in den Gehoͤlzen zu machen, wodurch das junge Holz ſehr verderbt wird, und befehlen, an den Or - ten, wo das Holz abgehauen, eine gewiſſe Anzahl Laasreißer zu ſetzen.

Im Wuͤrtenbergiſchen gab der Herzog im Jahre 1614 eine Holz - und Forſtordnung, welche in der Aufſchrift eine erneuerte heißt, und alſo aͤltere vorausſetzt, dergleichen wir auch ſchon haben kennen lernenx)Die ſaͤmmtlichen wuͤrtenbergiſchen Verordnun - gen dieſer Art erſchienen im Jahre 1654 zu Stutgart zuſammen unter dem Titel: Allerhand Ordnungen enthaltend die Hofgerichts -, Vorſt -, Wilderer ꝛc.. Der damali -ge285ge Herzog Johann Friedrich beruft ſich auch außerdem darinnen auf die Verordnung ſeiner Vorfahren im Forſt - und Holzweſen.

Sie iſt ſehr ausfuͤhrlich, und beſtehet aus drey Hauptabtheilungen, davon die eine die Pflichten der Forſt - und Jagdbedienten, die andere die eigentliche Forſt - und Holzord - nung, und die dritte das Jagdweſen ent - haͤlty)Fritſch l. c. p. 14[3]..

Was die eigentliche Cameralforſtwirth - ſchaft betrifft, ſo beſtand ſie in dem Wuͤrten - bergiſchen damals vornehmlich in folgendem: Die Oberaufſicht hatten die Waldvoͤgte und Forſtmeiſter, welches anerley Perſonen zu ſeyn ſcheinen, da in der Folge auch Wald - und Forſtknechte mit einander verbunden wer - denz)Ibid. 147.. Es wurde ihnen anbefohlen, die Forſtordnung fleißig zu leſen, und nicht ohne fuͤrſtliche oder deſſen Raͤthe Erlaubniß aus dem Forſte und Lande zu gehen. Jeder Forſt - knecht hatte einen Theil des Forſts zu ſeiner Aufſicht; die Forſtknechte mußten ſelbſt in Perſon die Forſte bereiten. Die erſtern wur - den in ihrem Eyde unter andern angehalten, die Lagerbuͤcher, Rodel, Regiſter, Aus - ſchreiben, Befehle, und was zum Amte ge - hoͤrt, in guter Ordnung zu laſſen. Von denSal -286Sal - und Lagerbuͤchern mußte jeder Wald - voigt und Forſtmeiſter Copien haben, und die Lagerbuͤcher mußten ganz rein bleiben, und durfte nichts dazu geſchrieben oder ausgeſtri - chen werden, wodurch man wahrſcheinlich die Richtigkeit und Aechtheit zu bewirken ſuchte. In dieſem Salbuche mußte von jedem ſeine Forſt - und Waldvoigteyverwaltung ordent - lich und unterſchiedlich, von Hute zu Huten, von Markſtein zu Markſtein, von Lochbaum zu Lochbaum, mit allen Gewerken und Gren - zen beſchrieben ſeyn, was die Cammer fuͤr Herrlichkeit, Dienſtbarkeit und Gerechtigkeit aller Enden habe, daß jeder gruͤndliche Be - richte davon geben konnte. Es mußten die Waldvoͤgte und Forſtmeiſter, alles, ſo in den Forſt gehoͤrig, es mochte Geld, Frucht, Forſt - hennen, Beynutzung oder anders an Stetem und Unſtetem ſeyn, nichts ausgenommen, rich - tig einnehmen und verrechnen, alle Dinge vollkommen in Einnahmen und Ausgaben bringen, welches nach einer Forſtrechenord - nung geſchahe; wenn einem davon nichts ab - gieng, ſo wurde es wider zu ſeiner Ausgabe geſchrieben, damit ſo das Salbuch bey ſeinen Kraͤften bleibe. Befand ſich aber eine Min - derung der forſtlichen Obrigkeit, die nicht in den Salbuͤchern begriffen waren, mußten ſie daruͤber einen Bericht[machen], und ſelbigen zu Ende des Lagerbuchs anhaͤngen. Die Forſt - bedienten mußten auf die in den Forſten lie -genden287genden Aecker, Wieſen, Glashuͤtten oder an - dere Guͤter, ſie mochten nun bloß Zinſen oder fuͤrſtliche Guͤter ſeyn, Acht haben. Sie dringet auf Berichtigung und Genauigkeit in den Grenzen, durch Verſteinung, Wald - und Lochbaͤume. Die Weiden in den Waͤldern mußten den Unterthanen vorzugs - weiſe vor Auslaͤndern uͤberlaſſen werden. Es wurden alle Dienſtbarkeiten der Gemein - den, in den fuͤrſtlichen Waͤldern unentgeld - lich Holz zu faͤllen, die nicht zur Zeit der Forſt - ordnung liquid waren aufgehoben. Das Bauholz durfte von den Bauenden nicht an - ders als mit Vorbewußt der fuͤrſtlichen Forſt - meiſter gefaͤllet werden: hatte aber die Gemein - de, zu der ſie gehoͤrten, ſelbſt Holz, ſo muß - te es mit Vorwiſſen der Obrigkeit geſchehen. Es wurde zur Schonung des eichenen Bauhol - zes wahrſcheinlich darauf gedrungen, daß mit Steinen, ſo viel moͤglich, gebauet werde; was aber von Holzwerk ſeyn mußte, in dem Trock - nen, oder in dem Wetter, dazu wurde vor - nehmlich das taͤnnene angeprieſen. Es wur - de unterſagt, die Zehrungen und Arbeiten mit Holz zu vergelten. Alle Beynutzung mußte verrechnet werden; daher ſie ſich die Windfaͤlle, Afterſchlaͤge, Reißig und andere Abgaͤnge nicht zueignen, noch an andere ver - ſchenken, noch Holzverkauf ausuͤben durften. Mit dieſen allgemeinen Anordnungen beſchaͤf - tiget ſich der erſte Theil der Forſtordnung. Der288Der zweyte Theil geht vornehmlich das Oeko - nomiſche an, verbunden mit dem Cameral - und Finanzintereſſe. Bey dem Bauholzver - kauf ſoll der Forſtmeiſter ſelbſt zugegen ſeyn, und es durfte nie ohne Vorbewußt der Rent - cammer gefaͤllet werden; dieſe mußte zugleich mit dabey darauf ſehen, ob und was fuͤr Ge - rechtigkeiten an Weinzehenden, Landgebirge und Theilweingart oder Kelterwein, etwa die Cammer aus den Gegenden und Orten, wohin das Bauholz kommt, ziehe.

Sie beſchreibt die Faͤllzeit vor, daß alles Bauholz zwey oder drey Tage bey trocknen Wetter vor und nach dem neuen, bey kleinem Mond gehauen werde, worinnen man zwar noch den Aberglauben ſiehet; doch das ver - dient bemerkt zu werden, daß man eine Zeit zum Faͤllen beſtimmte: naͤmlich das eichene von St. Gall bis auf den Maͤrz, das taͤnnene, ſo lange der Saft nicht darinnen geſchoſſen, oder der mehrere Theil wieder darinnen erſtor - ben iſt. Alles mußte bey trocknem Wetter ge - ſchehen, weil ſonſt, wenn es bey regnichtem geſchiehet oder der Stamm noch naß iſt, es ſo bald wurmſtichicht wird. Eben ſo ließ man weder Eichen noch Tannen, oder anderes Holz, gefroren faͤllen, weil es ſich im Faͤllen, wie der Ausdruck daſelbſt heißt, erkrache. Wenn Bauholz aus Noth im Safte gefaͤllet wurde, ſo mußte es bey trocknem Wetter geſchehen, aber die Wipfel durfte mannicht289nicht abdrohmena)Abdrohmen, heißt wahrſcheinlich die Zweige und den Wipfel abhauen., ſondern ein bis vier Tage liegen laſſen, bis das Laub daran anfaͤngt zu dorren, der Saft vom Stamme hinter ſich laͤuft, und der Stamm vom Safte trocken wird, dann ſoll es abdrompt und verzimmert werden. Wer ſich darwider vergieng, mußte drey Pfund fuͤnf Schillinge Strafe geben. Das Faͤllen der Staͤmme an Rainen mußte von unten an, nicht aber von oben herunter geſchehen, damit das Faͤllen von oben herab am wenigſten Schaden thue; und wer es un - terließ, verfiel in eine Strafe von drey Pfund fuͤnf Schillingen.

Wegen des Brennholzes und deſſen Verkaufs, mußte jeder Waldvogt oder Forſt - meiſter einen Tag beſtimmen, an welchem der Waldvogt oder Forſtmeiſter mit ſeinen Knech - ten zuſammen kam, und einen Ueberſchlag und Verzeichniß machte, wie viel Morgen das Holz, ſo zu verkaufen, und wie viel jaͤh - rig, in welcher Hut oder Gehoͤlz es gelegen ſey, ob, und wie viel in jeder Hut zu verkau - fen; ſodann erfolgte aus der Rentkammer zu Michaelis Befehl zum Holzſchlagen, worauf es durch verpflichtete Meſſer gemeſſen ward. Es ſoll auch keiner ſich einer Gerechtigkeit an - maßen, als Schneebruͤche, Windfaͤlle, After -ſchlaͤge.II. Theil. T290ſchlaͤge. Das Winterhauen des Brennholzes mußte geſchehen von Michaelis bis Galli, und noch den Winter durch bey Froͤſten abgefuͤhret werden. Das im Maͤrz und April gehaue - ne ſoll erſt zu Georgi oder Jacobi abgefuͤhret werden. Auch wurde es unterſagt, neue Holz - wege zu machen. Das Holzmaaß wurde alſo beſtimmt, daß jedes Scheit vier Werkſchuhe, eine Klafter aber ſechs Werkſchuhe bey zehn Schillinge Heller von jeder Klafter halten ſoll - te. Kein Brennholz, ſo in die Staͤdte zum feilen Verkauf gefuͤhrt wurde, durfte unge - meſſen verkauft werden. Man ſahe vornehm - lich auf die Schonung des Eichenholzes. Es durfte daher bey zunehmendem Weinwachs, da durch das Taubenhauen viel Holz verwuͤ - ſtet wurde, kein Eichenholz dazu genommen werden, und dergleichen Kaͤufer ſollten an ſol - che Orte gewieſen werden, wo man ſonſt kei - nen Nutzen von dem Holze machen kann. Man machte vornehmlich Anſtalt zur Ver - mehrung der Eichen; daher mußten die Wald - voͤgte und Forſtmeiſter darauf ſehen daß, wo bey den Staͤdten und Doͤrfern weite Plaͤtze und Allmanden waren, darauf ehedem Holz geſtanden, ſolche mit jungen, an unſchaͤdli - chen Orten ausgegrabenen jungen Eichſtaͤm - men, im Beyſeyn der Waldvoͤgte, Forſtmei - ſter oder Knechte, auf einen gewiſſen Tag an etlichen Plaͤtzen beſetzt, mit Dornen verbun - den und aufgehauen wurden. Eben ſo wur -den291den zu Schonung der Eichen die eichenen Floß - wid unterſagt, und wo ja dergleichen unum - gaͤnglich noͤthig waren, mußten ſie mit Er - laubniß der Waldvoͤgte oder des Forſtmeiſters an unterſchiedlichen Orten gehauen werden. So ergehen auch darinnen beſondere Verord - nungen wegen des Tannenholzes; das zu dick ſtehende mußte, vermoͤge dieſes Geſetzes, ausge - hauen werden; das auf den Ebenen oder an - dern bequem gelegenen Orten ſollte nicht zu Pfaͤhlen oder Tauben gebraucht werden, ſon - dern nur das in entfernten Orten, das ſonſt nicht genutzt werden konnte. Eben ſo ſollen ſie nicht anders als im Nothfall zu Floßwid ge - braucht werden duͤrfenb)Fritſch p. 156.. Das Harzen wurde in den Tannenwaͤldern ganz unterſagt; es durfte nur in den ſchon angebrochenen geſchehen, aber weiter kein neuer angebrochen werden. Im Jahre durfte nur zweymal geharzet werden, einmal von Pfingſten bis Ulrici, und ſodann von Jacobi bis Bartholomei. Die Strafe auf den Unterlaſſungsfall, waren zehen Pfund Heller. In Anſehung des Floͤßens wurden die Unterthanen eingeſchraͤnkt, daß ſie aus ihren eigenen Waͤldern nicht mehr verfloͤßen durften, als auf Beſichtigung der Forſtbe - dienten des Orts erlaubt worden. Auch durf - te er an keinen Auslaͤnder einiges Holz aus ſeinen eigenen Waͤldern zum Verfloͤßen ver -T 2kaufen,292kaufen, welches bey dreyen Pfund Heller wuͤr - tenbergiſcher Muͤnze verboten war. Aus den herzoglichen Waͤldern durfte kein Baum ver - floͤßt werden, er war denn abgezaͤhlt und be - zeichnet; die Waͤlder, die an floͤßigen Waſſern gelegen waren mußten auf kuͤnftige Nothfaͤl - le verſchont werden. Das Pfahlholz durfte nur in den unbequemſten und entlegenſten Waͤldern gefaͤllet werden, und jeder Pfahl mußte ſieben Werkſchuh in der Laͤnge halten, und unten an der Spitze wenigſtens eines Zol - les dick ſeyn; anders durfte es bey Strafe von zehen Pfund Heller und Verluſt der Pfaͤh - le, nicht verkauft werden. Unter dem Bu - chenholz begriff man alles Laubholz, Birken, Eſchen, Hagenbuchen und Errlen. Das Eſchen - und Birkenholz durfte von nun an zu nichts anders, als zu Reifen, gehauen wer - den; die zu dicken Waͤlder befiehlt ſie auszu - lichten. Sie unterſagt, die Wipfel an den Birken nicht abzuhauen. Wenn Schlag, Laub - oder Tannenholz verkauft wurde, muß - ten die Eichen ausgenommen werden, welche zu Bauholz tauglich waren und kernhaften Boden hatten. Die Kohlen durften nur in den entlegnen Klingen und Bergwaͤldern ab - brannt werden. Die Unterthanen durften an niemanden Holz zu verkohlen ablaſſen, als an ſolche, welche die Kohlen an Unterthanen ver - kauften. Zum Wiedſchneiden durfte nur Saͤlen - Haſeln - und Garweidenholz gebraucht werden. Das293Das Mayenhauen und Spießruthenſchneiden, wurde bey Strafe von drey Pfund und fuͤnf Schilling Heller in den Birkenwaͤldern ganz un - terſagt. Was die Spießruthen fuͤr den her - zoglichen Stall betraf, ſo mußte der Stall - meiſter anzeigen, wie viel er brauche, und dann wurde beſtimmt, an welchem unſchaͤdli - chen Orte dieſe geſchnitten werden ſollten.

Man findet uͤberhaupt in dieſer Forſtord - nung ſehr viel Polizey - und Cameralanſtalten. So ſorgte ſie auch fuͤr gute Bauraitel, und verordnete deshalb, daß die geradeſten und ſtaͤrkſten ausgeſucht werden, daß auf jeden Morgen wenigſtens ſechzehn Staͤmme dazu ſtehen, und, wenn einer gehauen wird, ſogleich fuͤr einen andern geſorgt werde. Sie em - pfiehlt die Benutzung der Windfaͤlle und Schneebruͤche und Afterſchlags; ſie dringt nachdruͤcklich auf die Hegung junger Gehau[e], und daß die Wildhegen von lebendigen, nicht aber todten Zaͤunen ſeyn ſollenc)Ueber alles dieſes ſiehe weiter Fritſch l. c. p. 163. 164.. Sie giebt allgemeine Regeln zum Aufbringen und Pflanzen der Waͤlder, daß z. E. die Sturzeln nicht ſo ſtehen bleiben und verfaulen, daß nach Gehauen und zu beſtimmten Zeiten ge - ſchlagen werde, daß die Waͤlder nicht ausge - rottet und die Guͤter nicht mit lebendigen Baͤumen aus den Waͤldern umzaͤunet werden. T 3Es294Es wurde das Baſtmachen und Zarchen, wie auch das Weidaſchenbrennen unterſagt, wie auch, daß nicht weiter die Waͤlder zu Aeckern, Wieſen, Weingaͤrten oder Weidgaͤngen um - geſchaffen werden ſollten. Und da die Glas - huͤtten außerordentliches Holz verzehren, ſo mußten die Forſtbedienten darauf ſehen, wo - her das Holz am unſchaͤdlichſten fuͤr die Wal - dungen dazu genommen werden koͤnnte; dieſes mußte den Ober - und Rentcammerraͤthen angezeigt werden. Auch durfte ohne Erlaub - niß des Hofs keine neue Glashuͤtte, bey Stra - fe von funfzig Pfund Heller angelegt werden, wo alsdenn dennoch die Huͤtte eingehen muß - te. So wurde auch unterſagt, ohne Vor - wiſſen der Cammer neue Saͤgemuͤhlen anzu - legen.

Es erfolgte 1615 eine hennebergiſche Forſt - und Jagdordnung, welche der Churfuͤrſt von Sachſen, Johann Georg, fuͤr dieſe Lande be - ſonders ergehen ließd)Fritſch l. c. p. 55.. Es war unter den Grafen von Henneberg die Cameralwirthſchaft nicht zum beſten verwaltet wordene)Wie ſelbſt in der Forſtordnung es lautet c. l. , obgleich unter der ſaͤchſiſchen Regierung verſchiedene Mandate erfolgt waren; dieſe wurden in dieſer Wald -, Forſt - und Holzordnung erneuert. Es wurde verordnet, die jungen Gehaue zu ſcho - nen; das plaͤtzige Hauen einzuſtellen, und dieGe -295Gehaue alſo einzurichten und anzuſtellen, daß es dem Wildſtande nicht nachtheilig ſey. Es ward darinnen beſtimmt, wie viel Handwerker an Schmieden, Schloſſern, Tiſchern oder Schreinern, Buͤttnern, Wagnern, Drechs - lern, aus den Amtswaͤldern und Gehoͤlzern verſehen werden ſollten. Die Forſtereyen wa - ren alſo angelegt, daß in den Aemtern, wel - che nahe an Waͤldern liegen, jaͤhrlich zwey ge - halten wurden, eine im Fruͤhlinge, die ande - re im Herbſt; in den andern Aemtern aber nur eine im Herbſt. Hier kam vornehmlich dreyerley vor: 1) der Schreibetag, 2) die An - weiſung, 3) die Abzaͤhlung. Sie ſiehet ſon - derlich auf die Erhaltung geſunder fruchtbarer Baͤume, und der Hegereißer auf den jungen Schlaͤgen, ſo daß auf〈…〉〈…〉 nem Acker ungefaͤhr ſechzehn Baͤume oder Stangen ſtehen bleiben, daß ſonderlich das Eichenholz ſollte ſtehen blei - ben, daß vornehmlich das im Wipfel trockne und duͤrre und am Stamme hohlwerdende ge - ſchlagen und gefaͤllet werde; wo viel junger Nachwuchs an Fichten - und Tannenwaͤldern, und alſo die Hegeſtaͤmme uͤberfluͤßig werden, wurde verordnet, dem erſtern durch Weghau - ung der großen Staͤmme Luft zu machen. Bauholz durfte nicht eher geſchrieben und an die Unterthanen abgeliefert werden, der Forſt - meiſter habe denn Erkundigung bey des Orts Beamten eingezogen, ob der, ſo bauen will, deſſelben benoͤthigt ſey. Man traf dieſe An -T 4ſtalten296ſtalten zur Schonung der hohen Bauholzſtaͤm - me. Jedoch waren die Nothfaͤlle ausgenom - men, nur mußten die Forſtmeiſter ſolches in Regiſter und Rechnung bringen. Das Bauen mit Steinen, wie auch die Aufhebung der Schindeldaͤcher, wurde anbefohlen; zu den Weinpfaͤhlen wurden die Taͤnnen - und Fich - tenaͤſte angewieſen, ohne die Staͤmme zu faͤl - len; die Forſtbedienten mußten auf die Schneid - und Bretmuͤhlen, wie auch auf die Eiſenhaͤmmer Acht haben, daß ſie nicht zu viel Holz verwuͤſteten; den Koͤhlern wurde ſonderlich der Unterwuchs angewieſen. Das Ausrotten neuer Aecker und Wieſen wurde ganz unterſagt. Was vor Zeiten ausgerottet, aber wieder angeflogen, wurde, jedoch mit Erlaſſung der Zinſen an die Unterthanen, wie - der zu den Waͤldern geſchlagen. Da viele Ge - meindeholzungen vertheilt waren, ſo durſte doch nicht jeder nach Gefallen ſeinen Theil holzen, ſondern ſie mußten nach Gehauen holzen, und jeder alsdenn ſeinen Antheil da - von nehmen. Das Holz auf den Amtswie - ſen wurde auch fuͤr das Forſtweſen gezogen. Man ſchonte auch die Errlen, zu Erhaltung der Barchentfaͤrberey, welches beweiſt, daß damals ſchon dieſe Manufaktur daſelbſt gebluͤ - hetf)Fritſch l. c. p. 61..

Man297

Man wies die Unterthanen bey dem Holz - ſchlagen vornehmlich an die alten Stoͤcke, ver - bot den Holzleſern das Abbrechen von friſchen Staͤmmen, und erlaubte ihnen nur das alte abgefallene an gewiſſen Tagen zu ſammeln. Man unterſagte den Fuhrleuten die Schlepp - reißer, wie auch den Gebrauch der jungen Tannen -, Fichten -, Kiefern - und Wachhol - derſtauden, zum Zeichen des Wein - und Bier - ſchanks. Die Schlaghoͤlzer wurden zwar nach Aeckern verkauft, aber, das junge zu Bau - holz tuͤchtige Gewaͤchsſtchen zu laſſen, geboten. Man rechnete den Acker zu hundert und ſechzig Ruthen, jede zu ſechs Ellen. Die an Floͤß - waſſern gelegene Schlaghoͤlzer mußten ver - ſchont werden. Man aͤnderte die Verfaſſung mit den Zieglern, welche bisher nicht den vol - len Preis fuͤr das Holz bezahlten, dagegen aber auch die Ziegel fuͤr Amtsgebaͤude wohlfei - ler lieferten, und jeder Theil von beyden muß - te nun die volle Zahlung leiſten, den Ziegler bey Gaͤtlitz im Amte Schleuſingen ausgenom - men, wo es bey der alten Verfaſſung bliebg)Ibid. p. 62..

Es wurden lebendige ſtatt der todten Zaͤu - ne anbefohlen. Bald nach geſchehener An - weiſung mußte das Holz gefaͤllet und laͤngſtens vor Johannis abgefuͤhret werden; die Forſt - meiſter und Foͤrſter waren an das Anweisgeld zu ihrer Beſoldung verwieſen. In AnſehungT 5der298der Eichelmaſt waren die Beamten an den Forſtmeiſter gewieſen. Ziegen durften nur die halten, welche keine Kuͤhe halten konnten. Man findet hierinnen uͤbrigens immer die Spuren der ſaͤchſiſchen Auguſteiſchen, welche, wie uͤberhaupt fuͤr die Cammern der benach - barten Laͤnder umher, ſo auch vorzuͤglich fuͤr die fuͤrſtlich ſaͤchſiſchen Cammern, die Regel und Richtſchnur war. Die Gelder vom Hol - ze mußten die Amtsverwalter und Voͤgte ein - nehmen, und mit ihren Vorſtandsbuͤrgen da - fuͤr haften; die Forſtmeiſter mußten in allen Aemtern Gegenrechnungen halten und dieſe, unterſchrieben und geſiegelt, den Forſtrechnun - gen beyfuͤgen.

In dem Heßiſchen wurde im J. 1624h)Fritſch S. 191. fuͤr die Waͤlder geſorgt, worinnen auch zu - gleich auf die Jagd Ruͤckſicht genommen wird. Es war ſchon in der heßiſchen Landesordnung vom Jahre 1613 deswegen verſchiedenes be - ſtimmt worden, unter dem Landgrafen Mo - rizi)Fritſch S. 196., welches aber, ſo wie auch die erſtere be - nannte Verordnung, mehr die Jagd angieng, wie auch die von 1665, welche vornehmlich nur uͤber die Waldungen zum Behuf des Wild - ſtandes, und ſolchen allein in dieſelben von den Feldern der Unterthanen, fuͤr welche er ſchaͤdlich wurde, wegzuziehen. Im J. 1626findet299findet ſich eine ſchwarzburgiſchek)Fritſch l. c. p. 199. Forſtord - nung, welche vorzuͤglich und ausfuͤhrlich iſt; ſie beſtehet aus neun und dreyßig Artikeln. Es wird darinnen verordnet, uͤber die Wald - zechen zu halten, ſie alle Jahre zu veraͤndern, und daß ſie von den Forſtmeiſtern aufgeſchla - gen werden ſollen. Unter Waldzechen wer - den wahrſcheinlich die Gehaue, die alle Jahre abgezeichnet wurden, verſtanden. Zu Mit - faſten, Pfingſten und Bartholomaͤi, wurden Waldgerichte gehalten. Das Hauen mußte ſo viel moͤglich im Fruͤhlinge im zunehmenden Maͤrz ſchon geſchehen, damit die Stoͤcke leich - ter wieder ausſchlugen; die Schindelmacher durften nicht mehr Hundertweiſe um Zins, ſondern Baumweiſe arbeiten; die Meulerkoͤh - ler mußten die Baͤume, ſo einer Maaßkanne dick ſind, ſtehen laſſen, wie uͤberhaupt die Koͤhler und Aſchenbrenner ſehr eingeſchraͤnkt wurden. Es wurde den Forſtbedienten ver - ordnet, die Rechnungen von den verſchiedenen Bergen und Holzungen, woruͤber ſie geſetzt waren, verſchieden zu fuͤhren. Die alten wan - delbaren krummen und duͤrren Baͤume wur - den zuerſt gehauen; man hieb das zu dicht ſte - hende junge Holz aus, um nicht ſeinen Wachs - thum zu hindern; man ſahe auf Saamen und Standbaͤume, allein die Wegſchaffung der Sturze uͤberſahe man doch als eine fuͤr dieForſt -300Forſtwirthſchaft nachtheilige Sache; obgleich damals die muͤhſame und koſtbare Wegſchaf - fung derſelben, und die noch mangelnden Werk - zeuge die beſte Entſchuldigung ſind. Man verordnetel)Art. 28. und l. c. p. 202. vornehmlich die Gehoͤlze am thuͤ - ringer Walde zu hauen, weil dieſe am reifſten waren, und dagegen die uͤbrigen zu ſchonen. Es waren unter dieſen folgende Waͤlder, durch deren Benennung wir die vielen Waldungen im Schwarzburgiſchen, die ſchon damals wa - ren, kennen lernen. In dem graͤflichen Thier - garten wuchſen Buchen und Linden; ferner gehoͤrte dazu das Tannicht ſammt den Quit - telsberge, der Beilſtein Wildeholz, die Schott - leite, der Rotheſtein und der Steinberg. Aus dem Cellerwalde, Pohr und Tell, durf - te kein Holz genommen werden, außer Wind - bruͤche und duͤrres. Die Gehaue des harten Holzes wurden ſechs Jahre vor Viehtrift ver - ſchonet, und die vom weichen Holze zehn Jahre.

In dem Jahre 1619 und 1638 wurde ſonderlich im Reußiſchen das Forſtweſen voll - kommen und gut eingerichtet; die erſtere Wald - ordnung, wie in der letztern erwaͤhntm)Fritſch p. 274.. Sie beſtehet aus zwey und zwanzig Artikeln, und iſt ſehr ausfuͤhrlich und gruͤndlich. Sie be - ſtimmt puͤnktlich die Pflichten eines jeden beydem301dem Forſtweſen angeſtellten Bedienten; und jaͤhrlich zwey Anweiſetage, ſo wie ſie Remi - niſcere und Bartholomaͤi als Zahltage feſt - ſetzt; ſie unterſagt den Verkauf des Holzes nach Lachtern, und nimmt nur hiervon die geiſtlichen und weltlichen Bedienten, und den Hammermeiſter in Lobenſtein aus; beſtimmt genau die Anweis - und Schreibegebuͤhren, verordnet die richtige Haltung der Wald - und Forſtregiſter, und befiehlt, jaͤhrlich beym Schluß dabey anzumerken, was der Hof da - von gezogen. Und da mit den Gnadenhoͤl - zern ſo viel Unterſchleif getrieben worden, ſo verordnet ſie die unverzuͤgliche Einſendung ei - nes Verzeichniſſes der Gnadenhoͤlzer. Bey dem Anweiſen ſetzt ſie die Hauptregel feſt daß es alſo geſchehe, daß es den Gehegen, Gehoͤl - zen und Wildbahnen am wenigſten ſchaͤdlich ſey. Die Dickige wurden durch Hauung von Hopfen -, Schlag -, Schrenk - und Lattenſtan - gen lichter gemacht. Außer den Holzmarken durfte, um die Betruͤgereyen zu verhuͤten, ohne Vorwiſſen nichts verkauft werden. Sie verlangt, daß nach dem Anweiſen das Holz auf das ſchleunigſte gefaͤllet und die Waͤlder bald geraͤumet werden. Die Holzhauer wur - den angehalten, ſich zu bemuͤhen, das Holz auf die Bloͤßen, und nicht in die Dickige, zu faͤllen.

Man unterſagte, ſo viel moͤglich, die Holz - reſten in den Aemtern, daß naͤmlich die Zah -lung302lung fuͤr das verkaufte Holz nicht ruͤckſtaͤndig blieb; ſie hebt den Nachtheil auf, der bisher bey dem Frohnholze vorgefallen; thut dem ungerechten Holzhauen Einhalt, ſchraͤnkt ſon - derlich die Freyheit der Bergleute in Anſehung des Holzhauens ein; ſie ſucht die Kohlen der Hammermeiſter und Schmiede ſo viel moͤglich unſchaͤdlich zu machen, ſo wurde auch das Pechſcharren, Rindeſchaͤlen, Baumſchnei - deln eingeſchraͤnkt, das Ausrotten oder Neu - reuten, ohne ausdruͤckliche Erlaubniß des Hofs unterſagt. Die Hut, Trift und Graͤ - ſereyen in den Waͤldern, wurden, ſo viel moͤ - glich, unſchaͤdlich gemacht, die Grenzen zu berichtigen und in die Amtsbuͤcher genau einzu - tragen befohlen. Die Forſtbedienten mußten ſich woͤchentlich einmal bey dem Forſtmeiſter, oder, wenn dieſer nicht von dem Orte war, bey dem Beamten des Orts verſammeln und Bericht von den Fehlern, Maͤngeln und Gebrechen abſtattenn)Von allem dieſem ſ. ausfuͤhrlich Friſch l. c. p. 274 bis 284..

Im Jahre 1692 erfolgte auch eine Graͤflich Stolbergiſche, aus welcher man erſiehet, daß auch ſchon in den aͤltern Zeiten in dieſen Lan - den dergleichen ergangen, indem ſich gleich der Eingang der Verordnung darauf beziehet. Sie ſetzt nur einen Schreibetag auf Bartho - lomaͤi an, und erlaubt kein Holz zu hauenoder303oder anzuweiſen, ohne Vorwiſſen der Regie - rung ſelbſt. Sie ſichert ſonderlich vor dem Hauen die geraden Baͤume, die zum Bauen die - nen, ingleichen wilde Obſtbaͤume und junge Staͤmme; alle Eichen, Aemtſchen, Elsbeer - reißer, Eſchen, Startten, Ohrenbaͤume und junge Laasreißer; und befiehlt, daß von Ei - chen, Buchen, Birken, Linden und Eſpen, wenigſtens auf jedem Acker zwanzig geheget werden mußten; ſie verordnet wegen des Reiß - holzes, welches ſie den Unterthanen auf ge - ſchehenes Anſuchen Preis giebt; verordnet wegen der Windfaͤlle und Afterſchlaͤge; ſetzt Regeln fuͤr das Hauen feſt; ſie handelt vom Abfuͤhren des Holzes, Holztaxen, Holzdiebe - reyen; ſie ſchuͤtzt die Hayne oder jungen Ge - haue fuͤnf Jahr vor der Viehtrifto)Fritſch l. c. p. 213..

Wichtig iſt in dieſen Zeiten eine Saͤchſiſche Gothaiſche vom Jahre 1644, welche ſehr nach der alten Auguſteiſchen in Churſachſen einge - richtet iſtp)Fritſch l. c. p. 34.. Sie iſt ſehr ausfuͤhrlich, und ſcheint die Regel fuͤr die Weimariſche vom Jah - re 1646 geweſen zu ſeyn.

Die Forſtwirthſchaft iſt in dieſer Forſt - ordnung ſehr wohl eingerichtet. Es werden darinnen alle Anſtalten zur Berichtigung und Haltung der Grenzen gemacht. Durch Maal - baͤume, durch Verſteinungen, welches in dieAmts -304Amtsbuͤcher eingetragen wurde. Die Forſt - bedienten werden angewieſen auf die Veraͤn - derungen, welche die Fluͤſſe und Gewaͤſſer, die daran graͤnzen machen, Acht zu haben, bey Zei - ten vorzubauen, und das Waſſer in ſeine alten Grenzen zu treiben. Zwiſchen Faſtnachten und Johannes Baptiſta, ſollen die Grenzen bezogen werden; die Grenznachbarn ſollen die umgefallenen Grenz - und Maalbaͤume bey den Beamten anzeigen; es wurden〈…〉〈…〉 ogar auf das Umhauen der Grenz - und Maalbaͤume nach den Umſtaͤnden Lebensſtrafen geſetztq)Fritſch S. 19. 20..

Es wurde feſtgeſetzt, daß die Holzordnung jedem neuen Forſtknechte vorgeleſen und ihm die Grenzen ſeines Reviers ordentlich bezeich - net werden ſollten. Die Oberforſtmeiſter, Forſtſchreiber und Oberknechte, mußten jeder an ſeinem Orte jaͤhrlich zwey Schreibetage haltenr)Ibid. 21.. Dieſe Schreibetage mußten acht Tage vorher von dem Rathhauſe oder der Ge - meinde angekuͤndiget werden: wer ſich hier nicht meldete, bekam nachher nichts mehr ge - ſchrieben, oder, welches einerley iſt, bekam nach - her fuͤr dieſes mal kein Holz. Auf den Schrei - betag folgte der Anweiſungstag, wobey die Oberforſtmeiſter, Forſtſchreiber und Ober - knechte ſelbſt zugegen ſeyn mußten: ohne deren Beyſeyn durfte nichts gezeichnet, auch es nichtvon305von dem Foͤrſter allein verrichtet werden. Die Holzkaͤufe mußten im Beyſeyn des Jaͤgermei - ſters, Forſtſchreibers und Oberknechts, d. i. Oberfoͤrſters, geſchloſſen werden. In den Rechnungen mußten zur Vermeidung der Un - ordnung die Capitel ein Jahr wie das andere gefuͤhrt werden. Es mußte nach Gehauen geſchlagen werden, daher die unordentlichen plaͤtzigen Haue verboten wurden, und die Forſtbedienten dahin angewieſen waren, die Gehege alſo anzuſtellen, daß es der Wildbahn und maͤnniglich angebrachter Hut und Trift, ſo viel moͤglich, unſchaͤdlich ſey. Hiervon wa - ren ausgenommen gewiſſe Nothfaͤlle, wenn durch Feuersbrunſt oder Waſſerſchaͤden Muͤhl - wehre und Bruͤcken weggeriſſen worden, oder in Berg -, Muͤhl - und Hammerwerken neuer Wellen noͤthig; dann durfte aber nicht anders als auf fuͤrſtliche Unterſchrift auf eine von dem Forſtſchreiber geſchriebene und vom Forſtmei - ſter unterſchriebene Anweiſung, das Holz ge - faͤllet und verabfolget werden. Ueber dem Holzverkauf mußten richtige Rechnungen mit hinlaͤnglichen Belegen gefuͤhrt werden, darin - nen das verkaufte oder auf fuͤrſtlichen Befehl aus Gnaden, oder ſtatt Geldes gegebene Holz von einander unterſchieden waren; die Amts - unterthanen eines jeden Amts giengen den Auswaͤrtigen vor, damit nicht etwa derglei - chen Leute, wenn ſie eigene Holzungen haben, dieſe ſchonen und bis auf Theurung aufhe -II. Theil. Uben.306ben. Es wird unterſagt, die Reifſtaͤbe aus dem Ackerholze zu verkaufen: hingegen ſollen die Leute, welche Schlagholz kaufen, die Reif - ſtaͤbe ferner verlaſſen; das Klafterholz durfte nicht nach Karnen, ſondern nach Schocken, verkauft werden. Die Windbruͤche wurden den Koͤhlern, die Afterſchlaͤge dem gemeinen Brennholze angewieſen. Vor den Koͤhlern her mußte alles Nutzholz herausgehauen, die Ooſt - und Fruchtbaͤume aber, als Eichen, Aepfel, Birnen, Kirſchen, Elsbeeren, ver - ſchonet werden. Die Holzhauer wurden or - dentlich in Pflicht genommen, das Klafter - holz in richtiger Laͤnge zu hauen. Das Rei - ßig, Zaͤhl, Abgang, Schleufreißer, Wind - faͤlle ꝛc., mußten dem Fuͤrſten berechnet wer - den. Es wird darinnen die Laͤnge der Schei - te auf zwey Ellen und die Klafter auf drey El - len hoch und weit beſtimmt; auf einen Acker rechnete man hundert und ſechzig Ruthen, je - de zu acht weimariſchen Ellen oder ſechzehn Werkſchuh. Es werden in Anſehung des Schlagens und des Abzaͤhlens, die beſten Ord - nungsregeln getroffen. Es wird darinnen verordnet, die Schlag - oder andern Hoͤlzer, welche am Waſſer gelegen ſind, und etwa kuͤnf - tig zur Floͤße zu gebrauchen, zu ſchonen, und ſie bis zur rechten Zeit wachſen zu laſſen. Die Forſtbedienten mußten dafuͤr ſorgen, daß nach der Anweiſung und Schlagung der Wald bald geraͤumt werde. Es wurde in den jun -gen307gen Gehauen unter acht Jahren, ehe ſie wie - der in die Hoͤhe wachſen, mit Sicheln zu gra - ſen verboten. Ingleichen wurde geboten, daß das Rindvieh nicht unter neun, und die Schaafe nicht unter ſieben Jahren in die jun - gen Gehaue ſollten getrieben werden; wo aber das junge Gehoͤlze langſam nachwaͤchſt, da mußte es noch laͤnger verſchonet werden. Da - mit aber die an den Hoͤlzern gelegenen Unter - thanen, welche weiter keine Weide hatten, in Anſehung der Viehzucht, nicht Schaden lit - ten, ſo mußten, zumal wenn ſie von Alters her das Triftrecht hatten, die Jaͤger beſonde - re Orte anweiſen, wovon aber allezeit der Jaͤgermeiſter wiſſen mußte. Es durften von den untern Forſtbedienten keine neuen Ro - dungen verſtattet werden, die alten, wenn ſie noch nicht verzinſet waren, mußten ſie zins - bar machen, und dieſes dem Amte zur Nach - richt anzeigen. Es wird verordnet, die ge - ſunden fruchtbaren Baͤume auf den jungen Schlaͤgen zu ſchonen, und auf jedem Acker zwey und dreyßig Hegereißer von Eichen und Buchen, worunter aber ſonderlich das Eichen - holz, ſo viel zum geraden Fortwachs tuͤchtig, ſtehen bleiben; was oben in Gipfeln duͤrre war oder am Stamme hol wurde, mußte ausgehauen; das davon noch tuͤchtige zu Handwerksholz ausgehauen, das uͤbrige zu Brennholz geſchlagen werden. Die Forſtbe - dienten ſollen ſolche Hegereißer ausſchuͤren, dieU 2ſo308ſo ſtark ſind, daß ſie vom Schnee und Duft nicht niedergedruͤckt werden. Auch wurde un - terſagt, aus jungen Schlaͤgen Zaun -, Hopfen - oder Buͤhnſtangen zu hauens)Fritſch l. c. p. 25, 26..

Die Bauern und Gemeinden, welche ihre Hoͤlzer in der Wildbahn gelegen haben, wur - den in Anſehung des Mißbrauchs ſehr einge - ſchraͤnkt. Sie durften nur, was ſie zu ihren Gebaͤuden und Feuersnothdurft brauchten, zum Verkauf aber nichts ohne Vor - wiſſen der Forſtbedienten ſchlagen. Diejeni - gen, welche Schlagholz haben, ſollen daſſelbe in Schlaͤge eintheilen koͤnnen. Es wird ver - ordnet, daß die Amtsunterthanen - und Ge - meindehoͤlzer in guter Hegung gehalten, nicht verhauen, noch mit Grund und Boden unter die Einzelnen der Gemeinde vertheilet werden. Die Gemeinde, welche Gehoͤlze unter den fuͤrſtlichen liegen hatte, mußte ſich aus ih - ren Mitteln einen Foͤrſter beſtellen, welcher dem Oberforſtmeiſter vorgeſtellet und von ihm verpflichtet wurde; die Geiſtlichen wurden in Anſehung der Pfarrhoͤlzer und des Mißbrauchs derſelben eingeſchraͤnkt. Bey Schlaghoͤlzern, welche an Feldern und Guͤtern gelegen waren, ſoll allezeit die Prone am Felde zur Sicherung der Grenzen ſtehen bleibent)Fritſch l. c. p. 25, 26, 27..

Wegen309

Wegen der Hut und Trift in den Hoͤlzern wurde verordnet, daß die, die dieſelbe aus - uͤben wollten, jaͤhrlich bey dem Jaͤger - und Oberforſtmeiſter, und nicht bey den Knechten, anſuchen, daß, ſtatt der Hegung der Schlaͤ - ge, von den Hege - und Forſtmeiſtern andre Triftplaͤtze angewieſen werden mußten. Das Halten der Ziegen wurde bey den Unterthanen in den Waldaͤmtern unterſagt, und nur den Armen, die keine Kuh halten koͤnnen, eine Ziege, keinem aber uͤber zwey, erlaubt. Ehe das Graſen in den jungen Schlaͤgen nach acht Jahren erlaubt wird, ſoll der Forſtmeiſter die - ſelben erſt in Augenſchein nehmen. Da die Hoͤlzer auch durch Verkohlungu)Fritſch l. c. p. 27. genutzt wer - den, dieſe aber leicht Schaden fuͤr das Forſt - weſen haben kann, ſo wurde auch deswegen vieles verordnet; die Jaͤger und Oberforſtmei - ſter wurden beordert, die Koͤhler zur Achtſam - keit auf das Feuer anzuhalten; den Koͤhlern nicht die willkuͤhrliche Wahl des Holzes zu uͤberlaſſen, ſondern ſie an die Afterſchlaͤge, an die alten, gefallenen, ungeſunden, wandelba - ren, krummen, kurzen und ſtruppigen, knorrigen Baͤume, Windfaͤlle, und was auf dem Stam - me ausgetrocknet und nicht mehr fortwachſen kann, anzuweiſen. Was an altem uͤberſtaͤndi - gen Holz, Haſeln, Birken und anderm Schlag - holz vorhanden, da mußten die Gruben - oderU 3Liecht -310Liechtkoͤhler, den Meulerkoͤhlern nachfolgen, und ſie neben einander eingelegt werden, da - mit das Holz und die Aeſte, ſo die letztern lie - gen laſſen, mit genutzt werdenv)Fritſch l. c. p. 27..

Den Fuhrleuten wurde unterſagt, im Holze neue Wege zu machen, oder allerhand Nutzholz zu ihrem Gebrauch heimlich mit zu nehmen. Es ſoll kein Holz ohne fuͤrſtliche Verguͤnſtigung ausgerottet werden. Auch in den getheilten Gemeinhoͤlzern ſoll doch nicht jeder nach ſeiner Willkuͤhr ſchlagen, ſondern nach Gehauen. Es wurde das Schaͤlen der Staͤmme unterſagt, und eben ſo das Laub - ſtreifen, Mayenhauen, Baſtmachen, Abſchaͤ - len der Baͤume ohne beſondere Bewilligung: auch das heimliche Ausgraben der Obſtſtaͤm - me wurde unterſagt; die Beamten, Forſtbe - diente und Gerichtsherren mußten darauf ſe - hen, daß keiner mit Baſt, baſternen Stricken, Lohe, Mayen, Beſen u. d. g. in Staͤdten und Doͤrfern paßirt werde, ſolches zu verkaufen, er habe denn einen richtigen Schein, aus wel - chem Forſte, oder wo er es ſonſt her habe; das Heydebrennen durfte nicht ohne Vorwiſ - ſen geſchehen. Den Amts - und Forſtdienern wurde es unterſagt, mit Holz, Kohlen oder was dem ſonſt anhieng, zu handeln, noch je - mand anders fuͤr ſich handeln zu laſſenw)Fritſch l. c. S. 28. 29..

Zuletzt311

Zuletzt wird wegen der Waldgerichte ver - ordnet, die Pfaͤndung ſoll ſo wohl bey Ver - gehungen auf friſcher That, als wenn es nach - her heraus koͤmmt, geſchehen; die Pfandre - giſter mußten vierzehn Tage vor der Waldmieth von den Oberforſtmeiſtern und Oberknechten an die Rentherey doppelt geliefert werden, wo auf jedes Verbrechen eine ſchickliche Strafe ge - ſetzt werden ſoll. In jedem Waldgerichte wurden die Dorfſchaften, welche Gerechtig - keiten in unſern Waldungen haben, bey ihrer Unterthanenpflicht angehalten, anzugeben, ob ihnen jemand bekannt ſey, der den Waͤl - dern Schaden zugefuͤgt, nicht gepfaͤndet, oder in den Pfandregiſter nicht aufgezeichnet ſey. Es durfte außer den zwey Leſetagen in dem Holze nicht geleſen werden; alle diejenigen, ſo Gerechtigkeiten in den fuͤrſtlichen Waldungen hatten, mußten bey entſtandener Feuersnoth den Forſtbedienten, welche ſie anriefen, die Folge leiſten, auch, wenn ſie dergleichen Un - gluͤck zuerſt bemerkten, es ſogleich anzeigen.

Vom Jahre 1642 findet ſich eine magde - burgiſche Verordnung wegen des Abbrennens der Heyde, des Graſes und des Anſteckens der Waͤlder, durch Hirten und Schaͤfer; 1649 eine andere von dem Adminiſtrator Auguſtus, wie auch 1650 eine, wegen Haltung der Zie - gen und des Schadens, den ſie an den Gehoͤl - zen thun, woraus wir ſehen, wie weit auch damals die Forſtoͤkonomie ſchon gegangen.

U 4In312

In dem Braunſchweigiſchen findet ſich ei - ne braunſchweigiſche luͤneburgiſche Maſtord - nung von dem Jahre 1644, und in dem Jah - re 1665 eine Forſtordnung. In dem naͤm - lichen Jahre erſchien eine wichtige Verord - nung des Landgrafen Ludwigs von Heſſenx)Stiſſers Forſt - und Jagdhiſtorie Beylagen p. 106., welche den Anbau des Holzes, des Weins und der Obſtgaͤrten betraf. Eine blankenburgiſche Maſtordnung findet ſich von dem J. 1689. Eine magdeburgiſche Forſt - und Jagdordnung erfolgte 1687, ingleichen 1689 eine Conſti - tution wegen der Maſtung vom Biſchof zu Osnabruͤck, Auguſty)Flemmig deutſcher Jaͤger Th. 2. p. 353., welche zu Hannover ausgeſtellt iſt.

Wie ſorgfaͤltig man uͤberhaupt in dem Gothaiſchen, theils fuͤr das Intereſſe der Cammer, theils fuͤr das Beſte der Untertha - nen geweſen, kann man aus dem Fuͤrſtenſtaa - te des wuͤrdigen und beruͤhmten von Secken - dorfs ſehenz)Seckendorfs deutſcher Fuͤrſtenſtaat 1695. S. 422 bis 441., zumal da bekannt iſt, daß je - ner weiſe Fuͤrſt, Herzog Ernſt der Fromme, groͤßtentheils den Grund zu dieſer Schrift ge - legt, und in ſeinen Landen dieſe Anſtalten an - geordnet und in Ausuͤbung gebracht. Er un -ter -313terwirft in derſelben die Grenzen der Holzun - gen einer beſondern Aufſicht, er empfiehlt ei - ne genaue Kenntniß derſelben, und daruͤber zu haltende Buͤcher und Riſſe, er verlangt ei - ne vorzuͤgliche Aufmerkſamkeit auf allerhand Holz verwuͤſtende Nutzungen.

Auch in dem ſiebenzehnten Jahrhunderte finden ſich Spuren von dergleichen Holzgerich - ten. In der osnabruͤckiſchen landesfuͤrſtli - chen Markordnung vom Jahre 1670, iſt ein beſonderer Titel: was fuͤr Sachen zur Holz - bank gehoͤren; und es heißt daſelbſt: Zur Holzbank gehoͤret alles, was in der Mark ge - mein und keinem privative zuſtaͤndig, auch nicht binnen Haͤgen, Zaͤunen und zugemachten Vrechten belegen iſt. So gebietet und verbie - tet der Holzgraͤfe zu Berge und zu Bruche, uͤber Hede, Heide, Weide, uͤber die Gebuͤſche, Hoͤlzer, Waͤlder, uͤber Plaggen, Heide und Torfſtechen, Erdeſchaben, Graben graben, Waſſer ſtaunen, Flachsrothen machen, uͤber Stein - und Mergelgruben, Zimmer in der Mark, uͤber große und kleine Viehtrift, Ei - chel - und Buchmaſt, Anzuͤndung der Hirten - feuer, uͤber Baſt - und Lohſchalen, uͤber Acker - pfannung, Zuſchlaͤge und Zaunrichtung, uͤber Hagrecht und Orthland, uͤber Beſaͤmung und Zubereitung der Eichelkaͤmpfe, uͤber die gemeine Mark, Bepottung, uͤber Winnung der jaͤhrlichen Holzweide, uͤber die in FriedeU 5ge -314geſetzte Oerter, uͤber die Schuͤttung, uͤber die Auspfaͤndung, uͤber die Streitmark. Sum - ma, uͤber alles, was der Mark nuͤtzlich und ſchaͤdlich iſt.

Im ſiebenzehnten Jahrhundert hat dieſes Nahrungsgeſchaͤft auch einige Schriftſteller. Coler, der auch noch jetzt ſich um die Oekono - mie verdient machte, Seckendorf, Fritſcha)Corpus Iuris Venatorio Foreſtalis tripartitum opera Ahaſveri Fritſchii, Ienae 1675., der ſo viel wichtige Forſtordnungen ſammelte, Elsholzb)Von Elsholz ſiehe oben in dem Cap. vom Gar - tenbaue. und einige andere gehoͤren hierher.

Im achtzehnten Jahrhunderte.

Im achtzehnten Jahrhunderte arbeitete man mit dem groͤßten Ernſte fuͤr dieſes Geſchaͤf - te. Der durchlauchtigſte Koͤnig Auguſt I. ließ im Jahre 1713 eine Reſolution in Holz - und Forſtſachen, den erzgebirgiſchen Kreis be - treffend, ergehen.

Im Jahre 1715 wurde das Hauen der Mayen, wie auch die Setzung derſelben in Kirchen und Haͤuſern unterſagt, wodurch man auch die Waͤlder zu ſchonen ſuchte; wie man ſich uͤberhaupt ſchon laͤngſt bemuͤhet, derglei - chen den Holzungen nachtheilige Gewohnhei - ten abzuſchaffen.

Man315

Man verordnete im J. 1726 die Pflan - zung, Pfropfung und Cultivirung fruchtba - rer und anderer Baͤume, und unterſtuͤtzte die - ſelben, ſo viel es der Polizey moͤglich war. Es wurde darinnen den Forſtbedienten aufer - legt, die entbloͤßten Plaͤtze in den Waldungen auf das ſchleunigſte und vollſtaͤndigſte in An - flug zu bringen zu ſuchen, und Specificatio - nen der Bloͤße und der Beſchaffenheit der - ſelbigen einzuſenden, und den dem jungen An - fluge geſchehenen Schaden bey Verluſt eines Quartals Beſoldung zu ahnden; die Oberforſt - meiſter ſollten von den getroffenen Anſtalten jaͤhrlich Bericht erſtatten. Es gebietet das junge angeſaͤete Holz voller acht Jahre zu ſchonen. Man legte zugleich in der auf die Beſchaͤdigung geſetzten Strafe ein vorzuͤgli - ches Beyſpiel der geſetzgebenden Klugheit in Sachſen ab, daß man die Strafe ſelbſt fuͤr die Holzkultur vortheilhaft einrichtete, indem ſie darinnen beſtand, daß die Beſchaͤdiger durch vierzehntaͤgiges oder vierwoͤchentliches Stockraͤumen buͤßen mußten; hierdurch wurde das Aufgehen und der Wachsthum des jun - gen Anflugs oder der Saat nicht wenig be - foͤrdert. Man befahl das Zuruͤckgebliebene nachzuſaͤen, die zu dichte Saat zu lichten, die neuangepflanzten Plaͤtze mit tiefen Graben zu verwahren, und bewies in allen dieſen Ver - ordnungen, wie die Polizey die Regeln derOeko -316Oekonomie fuͤr den Staat im Allgemeinen be - nutze und brauchbar mache.

Nach demſelben ſoll jeder Huͤfner jaͤhrlich vier, jeder Halbhuͤfner zwey, und jeder Gaͤrtner und Haͤusler, einen Obſt - oder andern Baum pflanzen. Uebrigens ſoll jeder Huͤfner oder Bauer vier Weiden oder Pappeln, ein Halb - huͤfner zwey bis drey, ein Coſſaͤte oder Halb - huͤfner einen bis zwey an ſeinen Gartenzaun oder ſonſt angewieſenen Ort ſetzen. Neue Wirthe ſollen im erſten und andern Jahre, wenn es ein Gut von ohngefaͤhr fuͤnf und zwan - zig Scheffel Ausſaat iſt, acht, und, wenn es bis uͤber funfzig Scheffel, ſechzehn Stuͤck Baͤume pflanzen. Heyrathende Bauern vor oder im erſten Jahre der Ehe, ſechs Stuͤck. Auch ſollen jaͤhrlich Tabellen uͤber die Befol - gung eingeſendet werden.

Man unterſagte 1728 die Viehhuͤtungen in den churfuͤrſtlichen Amtsgehoͤlzern; machte 1729 Verordnungen in einem Generale, we - gen Haltung der jaͤhrlichen Forſtereyen; be - ſtimmte in einem Mandat von 1731, wie es mit der Holzung im hohen, mittlern und niedern Taͤnnicht zu halten, und daß niemand ohne der Hegereuter Anweiſung junges Holz zu faͤllen oder zu holen, ſich unterſtehen ſolle. Es ergieng auch noch 1731 ein Generalbefehl, wegen Con - ſervation der Satz -, Kopf - und Buſchweiden an den Elbufern. Man befahl in einen aͤhnlichenvom317vom Jahre 1732 die Schonung der Holzun - gen und Waldungen. Es ergieng 1733 eine Generalverordnung, wegen Anſchaffung der Forſteiſen; 1737 wurde unterſagt, ſich an den nach Großenſalza verdungenen Salzſiede - hoͤlzern zu vergreifen; 1738 wurde durch einen Generalbefehl verordnet, daß keine Ueberlaſ - ſung der Waldreißer an Forſtbediente oder an - dere Unterthanen Statt finden ſolle; 1748 er - ſchien ein Generalbefehl, daß die Grenzen und Reinungen der Waͤlder jaͤhrlich einmal bezo - gen, und allen Grenzunrichtigkeiten bey Zei - ten vorgebeuget werden ſolle. Man ſchuͤtzte die an den Ufern der Kunſtgraben und Berg - werksteiche ſtehenden Schlaghoͤlzer durch ein Mandat vom Jahre 1754.

Die Vorſorge fuͤr das Holzweſen war um dieſe Zeit deſto noͤthiger, und wir finden ſie daher auch ſehr thaͤtig, da viele Fabriken und Gewerbe, welche dem Wohlſtand des Landes befoͤrderten, ungeheure Mengen Holz verlang - ten. Um deſto mehr dachte man auf die Holz - erſparniß, und ſuchte dem von ferne drohen - den Holzmangel vorzubeugen. Das oben an - gefuͤhrte Mandat von 1726 wurde 1753 auch fuͤr die Niederlauſitz publiciret. Man ſchraͤnk - te im J. 1755 die Mißbraͤuche in dem Holz - weſen ein, und ſuchte ſie abzuſtellen. Es ergieng deshalb ein zu Einſchraͤnkung und Ab - ſtellung der Mißbraͤuche im Holzweſen, wieauch318auch ein anderes wegen der zu Vermeidung al - les Mißbrauchs des Forſtweſens zu treffenden Einrichtungen; ſo ergieng auch ein Generale wegen Haltung der jaͤhrlichen Forſtereyen in dem naͤmlichen Jahre, und noch ein anderes, wegen der Einrichtungen in den Forſtrechnun - gen. Die Kriege, welche die deutſchen Staa - ten und vorzuͤglich die ſaͤchſiſchen verheereten, hatten dieſem fuͤrchterlichen Uebel den Weg noch mehr gebahnt, aber um deſto eifriger war nun die Regierung. Man unterſagte in Sachſen die Holzausfuhre an Auswaͤrtige im Jahre 1763, welches 1769 durch ein Ge - nerale wieder aufgehoben wurde, weil man nach genauerer Unterſuchung wahrſcheinlich fuͤr die Nahrung gewiſſer Gegenden beſorgt war. Man ſuchte die abgetriebenen Waldun - gen wieder aufzubringen; und es ergieng des - halb 1763 ein Generale, die Aufbringung der abgetriebenen Waldungen und ſonſt betref - fend. Man verordnete durch ein Generale von 1763 das Sammeln, Ausbringen und Aufheben des Holzſaamens, ermunterte in Sachſen 1764 durch Praͤmien zur Samm - lung des Holzſammens im Herbſte, zur Aus - ſaͤung des Holzes und Anlegung lebendiger Hecken, ſtatt todter Zaͤune. In dem Jahre 1767 wurde verordnet, um gewiſſen Unter - ſchleifen vorzubeugen, daß die Forſtrechnungen den Acciseinnehmern auf Verlangen an Amts - ſtelle ſollte vorgelegt werden. Die Oberlauſitzerhielt319erhielt im Jahre 1767 das vermittelſt des Oberamtes bekanntgemachte gnaͤdigſt beſtaͤtig - te Forſt - und Holzpatent, wegen Cultivirung, Pflanzung und Pfropfung fruchtbarer und anderer Baͤume, welches unter andern auch ſieben Capitel von dem rechten Gebrauche und wirthſchaftlicher Nutzung der Waͤlder enthaͤlt. Es faßten naͤmlich die Staͤnde des Mark - grafthums Oberlauſitz nach einer, nach dem Kriege bey dem willkuͤhrlichen Landtage 1765, zwiſchen Land - und Staͤdten gemeinſchaftlich gepflogenen Berathſchlagung einen Entwurf ab, zu einem Forſt - und Holzpatent, mit Ruͤckſicht auf das ehedem im Jahre 1726, wegen Pflanzung, Pfropfung auch Cultivi - rung fruchtbarer und anderer Baͤume; und auf das im Jahre 1763, den 4ten Julii in den ganzen ſaͤchſiſchen Landen ergangene Gene - rale, welche auch im Jahre 1767 gnaͤdigſt be - ſtaͤtigt wurde.

Man ſendete Planteurs in dem Lande um - her, welche die Landleute in dem geſchickten Pflanzen der Baͤume unterrichten und ſelbſt viele pflanzen mußten, und die Berichte der - ſelben zeugen von den zahlreichen Mengen von von Baͤumen, welche ſie in den Kreiſen und Aemtern der ſaͤchſiſchen Lande gepflanzet, wel - chen gluͤcklichen Erfolg die landesfuͤrſtliche Sorgfalt gehabt. So wurden im Jahre 1763 in Amte Plauen 832 Baͤume gepflanzet. Un - ter der Aufſicht des Planteurs Kuͤhnleinſind320ſind im Kreisamte Wittenberg gepflanzet, außer 92 Maulbeerbaͤumen, 7977 Obſtbaͤume und Weiden, und 338 gepfropfte, welches zuſammen 36295 St. macht. Im Churkreiſe wurden ge - ſetzt 2402 Obſt - und andre Baͤume. Ueber - haupt wurden bis 1768. 27868 Weiden geſetzt. Hieruͤber wurden in beſagtem Jahre noch aus - geſaͤet: vier dreßdner Metzen Fichtenſaamen von der Gemeinde Danna, drey Scheffel von der Gemeinde Blohnsdorf, zehn Scheffel zu Eckmannsdorf, ein Scheffel zu Bergwitz; wie ſolches aus dem Zeuniß des Herrn Kreisamt - manns Haaſe, in dem Leipziger Intelligenz - blatt vom Jahre 1764. S. 362 und 363, erhellet. Im Amte Plauen haben die Unter - thanen im Jahre 1764. 850 Baͤume gepflan - zet. Im Amte Zwickau und Werthau in eben dem Jahre 15386 Baͤume. Nordhauſen er - hielt im Jahre 1765, 4856 Pappeln, 855 Weiden, 3710 weiße hollaͤndiſche Pappeln. Im Amte Borna wurden in den Jahren 1764 und 65 gepflanzet und gepfropft auf 6028 Im Amte Weißenfels vom Herbſt 1764 bis 1765, zuſammen 36842. Im Amte Duͤ - ben im Jahre 1766, 8152 Stuͤck. In den Aemtern Zwickau und Werthau, in dem J. 1765 und 66, 12506 St. In Volkſtedt im Jahre 1765, 2741 St. Im Amte Bel - zig und Rabenſtein 1765 und 66, 9422 St. Zu Beuchlitz im Merſeburgiſchen im Jahre 1766, 900 Weiden und Pappeln, ohne dieFrucht -321Fruchtbaͤume, die ich im Gartenbaue erwaͤh - nen werde. Der Hr. von Meuſebach zu Vock - ſtaͤdt ſetzte uͤberhaupt 5566 wilde Staͤmme. In 41 Ortſchaften wurden vom Herbſt 1765 bis Lenz 1766, 9422 Stuͤck Baͤume ange - pflanzet. Der Planteur Kaͤhnlein wollte auch verſchiedene Eichelkamps anlegen, allein die Bauern der Gegenden im Churkreiſe wi - derſetzten ſich. Herr Beckmann, Forſtinſpector, ſaͤete in einer Privatwaldung bey Poͤnig, 2 Scheffelc)Ein Poͤniger Scheffel enthaͤlt ſieben Viertel dresdner Maaß, und ein Sipmaaß iſt ein Vier - tel dieſes Scheffels. 2 Sipmaaß, ein und ein halb Maaß Laubholz, 2 Scheffel 3 und ein halb Sipmaaß Tangelholz, zuſammen 5 Scheffel 1 und ein halb Sipmaaß, ein und ein halb Maaß. Er pflanzte 632 Schock 34 Stuͤck Laubholz, 927 Schock Tangelholz, zuſam - men 1559 Schock 34 Stuͤck. Die oͤkono - miſche Societaͤt zu Leipzig machte dieſes ruhm - wuͤrdige Beyſpiel zur Nachahmung in dem Leipziger Intelligenzblatte vom Jahre 1768 S. 377 bekannt.

In dem Brandenburgiſchen ſetzte man in dieſem Jahrhunderte die Aufmerkſamkeit auf dieſes Geſchaͤft mit dem Eifer fort, wie man es in dem ſiebenzehnten gethan. Es finden ſich daher Verordnungen von den Jahren1709,II. Theil. X3221709, 1710, 1711, 1716, 1718, 1719, 1722, 1725, ingleichen das Edikt wegen Pflanzung der Weiden und Obſtbaͤume, von dem Jahren 1729 und 1743, welche das Forſtweſen angehen und bey dem Mylius be - findlich ſind.

Vornehmlich verdient die Verordnung vom Jahre 1719 bemerkt zu werden, weil ſie zugleich eine ausfuͤhrliche Unterweiſung enthaͤlt, wie bey der Forſtoͤkonomie am beſten zu ver - fahren ſey. Der jetzt herrſchende große Frie - drich, deſſen Aufmerkſamkeit nichts entgehet, was den Flor ſeiner Laͤnder betrifft, ſuchte nicht weniger die Kenntniſſe des Forſtweſens in ſeinem Lande und die Cultur des Holzes zu erweitern und zu verbeſſern. Er ließ viele wuͤſte Plaͤtze anſaͤen, mit wilden Hoͤlzern be - pflanzen, und ſchickte verſchiedene Herren aus ſeiner Cammer nach Wernigerode, um bey dem beruͤhmten und großen Forſtverſtaͤndigen, dem verſtorbenen Hrn. von Zanthier, die Forſt - wiſſenſchaft zu hoͤren, und daſelbſt unter ſei - ner Aufſicht praktiſch zu treiben. Er verord - nete, daß Herr Hofr. Gleditſch Vorleſungen uͤber das Forſtweſen halten mußte, woraus vorzuͤglich ſein Werk uͤber die Forſtwiſſenſchaft entſtand. Es finden ſich von dieſen ſorgfaͤlti - gen Anſtalten und Verordnungen die gluͤcklich - ſten Folgen. Die Gegenden der Mark und in Pommern, welche haͤufig bloß unfruchtba - rer Sand waren, ſind jetzt mit Waͤldern an -geſaͤet:323geſaͤet: ſo ſind bey Guſſov und Platikov uͤber 20000 Eichen in einen bis dahin oͤden Boden gepflanzt worden, und noch jetzt werden da - ſelbſt jaͤhrlich 1200 Stuͤck Weiden geſetzt. Man fuͤhrte in dem Brandenburgiſchen die Feuerbahnen ein, welches Wege ſind, die man vornehmlich in Nadelhoͤlzern, die mit Heide bewachſen, in einer Breite von zwanzig bis dreyßig Schuh durch Abplaggen der Heide zu dem Endzwecke macht, daß man dem Feuer Grenzen ſetzen und uͤberall Leute zum Loͤſchen ſtellen koͤnne.

Es ergieng 1763 ein koͤniglich preußiſches Cirkulare an alle Landraͤthe, wegen Mehrung des Holzesd)De dato 21 Maͤrz. S. des Joh. Heinrich Ludwig Bergius Sammlung auserleſener deutſcher Lan - desgeſetze, welche das Polizey - und Cameralwe - ſen zum Gegenſtande haben, 2 Alphabeth p. 243., und ein aͤhnliches in dem naͤm - lichen Jahre an ſaͤmmtliche Forſtbedienten, wegen einer jaͤhrlich einzureichenden Tabelle die Verbeſſerungen der Forſte betreffende)Ebend. p. 244.; in - gleichen in eben dem Jahre an ſaͤmmtliche koͤ - nigliche und preußiſche Aemter, und auch an das Stiftsamts Liegnitz, wegen Anweiſung zum Holzſaͤen und Pflanzenf)Ebend. p. 245.. Auch ergieng 1763 ein Cirkulare an ſaͤmmtliche Landraͤthe,X 2wegen324wegen Menagierung des Holzesg)Ebend. p. 315.. Auch gehoͤrt hierher ein koͤniglich preußiſches Cirku - lare an ſaͤmmtliche Landraͤthe vom Jahre 1764 vom 23 Januar, wegen Beſetzung der Doͤr - fer und Straßen mit Alleen, und ein anderes vom 8ten Januar, wegen Anlegung der Al - leen und Plantagen auf den Landſtraßenh)Sie ſtehen beyde in Bergius Sammlung l. c. p. 201 und 206..

In vielen andern deutſchen Landen ahmte man dieſe vorzuͤglichen Beyſpiele nach, z. B. in dem Badenſchen, Pfaͤlziſchen und vorzuͤglich Zweybruͤckiſchen. In dem Heßiſchen, darm - ſtaͤdtiſchen Antheils, erſchien 1724 eine Forſt - Wald - und Weidewerksordnung. Es befahl die Regierung in dem heßiſchen Lande die Be - pflanzung der Straßen mit wilden und Fruchtbaͤumen. Im Heßiſchen ſind vom J. 1764 bis 1773, 3588 Acker von 150 Qua - dratruthen mit 385276 Stuͤck Eichen, und 631184 Stuͤck andre Baͤume gepflanzt wor - den; desgleichen ſind 1764 bis 1778 an Ler - chenbaͤumen, Weymuthskiefern, Eichen, Eſchen, Ulmen, Ahorn, um Caſſel herum 1044856 Stuͤck in Alleen und ſonſt verpflan - zet worden. Im Jahre 1778 ſind 968 Pfund Fichtenſaamen, 1074 desgleichen Kie - fern, 4 Pfund Lerchen, 1 Pfund Pinaſter,ein325ein und ein halb Pfund Weymuthskiefern und fuͤnf Metzen Ahorn; im Jahre 1779 aber 2374 Pfund Fichten, 1994 Kiefern, drey und drey Viertel Pfund Lerchen, und zwey und ein halb Pfund Weymuthskiefern ausge - ſaͤet worden. Alle dieſe fuͤr die Nachkommen - ſchaft ſo nuͤtzlichen Arbeiten wurden von dem Oberfoͤrſter Reichmeyer, und unter deſſen Auf - ſicht, beſorgti)S. Leipziger Intelligenzblatt vom Jahre 1780. p. 55..

In dem lindauiſchen Gebiet erſchien 1749 eine Forſt - und Waldordnung: eine trieriſche Wald - Forſt - Jagd-Weidewerksordnung er - ſchien 1720. Die braunſchweigiſche wolfen - buͤtteliſche Forſtordnungen hiervon findet man in einer Sammlung, welche Stiſſer und Sluͤter veranſtaltetenk)S. Collectio Stiſſerio Sluteriana Conſtitutionum Guelpherb. Wolfenbuͤttel 1729; ingleichen Wol - terecks kurzer Begriff braunſchweig-wolfenbuͤtte - liſcher Landesordnungen, Braunſchw. 1780..

Man machte ſonderlich im Badenſchen und Zweybruͤckiſchen Verſuche, mit ſchnellwachſen - den nordamerikaniſchen und andern Baͤumen. Von den letztern giebt der Herr Schimper, und von den erſtern der Herr Reinhard in den Leipziger Intelligenzblaͤttern verſchiedene Nachrichten, ſo wie auch der Verfaſſer des Aufſatzes uͤber die Wirthſchaftsverfaſſung im Reiche.

X 3Man326

Man ſuchte im Zweybruͤckiſchen dem Holz - mangel vorzubeugen und abzuhelfen, indem die Regierung das Torfaufſuchen befahl. Der Fuͤrſt verſchrieb Torfſtecher aus den Nieder - landen, und die Feurung mit Steinkohlen wurde mehr eingefuͤhrt, ſowohl bey dem Kalch - brennen zum Bau, als auch bey andern Ge - ſchaͤften; man verſuchte auch bey dem Ziegel - brennen ſie anzuwenden. Man legte in allen Forſten Eichelkaͤmpe an, pflanzte haͤufig auch Ruͤſtern - und Lerchenbaͤume; auch verſchrieb der Fuͤrſt etliche hundert Stuͤck italieniſcher Pappeln, die beſonders durch ihren ſchnellen Wuchs ſich empfahlen, und ſeit 1745 in Frank - reich vorzuͤglich gebauet werden; ein gleiches geſchahe mit der Acacia (Intelligenzbl. 1764 S. 101.)

Die weſtphaͤliſchen Waldorodnungen, chur - koͤlniſchen Antheils, erſchienen 1723 in einer Sammlung unter der Aufſchrift: Churcoͤlni - ſchen Herzogthums Weſtphalen verbeſſerte Po - lizeyordnung. Im Jahre 1720 findet ſich eine trieriſche Wald - und Forſtordnung, eine wolfenbuͤtteliſche im Jahre 1729. In vie - len Waldungen des Herzogthums Luͤneburg wurden auf Anrathen des Herrn Amtsſchrei - bers Jacobi zu Harburg, Feuerbahnen nach dem Beyſpiel in der Mark Brandenburg an - gebracht.

Die oͤſterreichiſchen Verordnungen dieſer Art finden ſich in dem Codice Auſtriaco,und327und in der Sammlung oͤſterreichiſcher Geſetze und Ordnungen, ſo viel deren uͤber die im ge - dachten Codice eingedruckten, bis auf das J. 1720 weiter aufzubringen, welche 1749 zu Leipzig erſchienen iſt. Der Verfaſſer derſel - ben, Herrnlebens, hat ſie im zweyten Theile bis auf Carl VI. fortgeſetzt. Im Jahre 1726 ergieng im Blankenburgiſchen ein erneuertes Forſtreglement, und 1730 erſchien ein fuͤrſtli - ches blankenburgiſches Direktorium, wie die Forſtvrochen zu beſtrafen. Im J. 1732 erſchien der Herzogthuͤmer Bremen und Verden Po - lizey -, Teich -, Holz - und Jagdordnung, nebſt einem zweyfachen Anhange, wozu noch 1749 ein neuer kam. Im Jahre 1760 erhielt das Herzogthum Schleſien und die Grafſchaft Glaz eine Holz -, Maſt und Jagdordnung.

Dieſes thaten die Regierungen; aber was thaten die Gelehrten und Oekonomen?

Gleditſch reiſte in Deutſchland auf bota - niſche Unterſuchungen umher, vorzuͤglich auch um die wilden Holzarten aufzuſuchen, und wir danken ſeinem Fleiße das wichtige Werk fuͤr die Forſtwiſſenſchaft. Um die botaniſchen Kenntniſſe des Holzbaues auszubreiten, legte man Sammlungen von natuͤrlichen und abge - druckten Blaͤttern der Baͤume, wie auch von ſkeletirten an. Man machte Holzſammlungen, worunter z. E. die der oͤkonomiſchen Geſell -X 4ſchaft328ſchaft zu Leipzig gehoͤrigel)Dieſe enthaͤlt meiſt einheimiſche Hoͤlzer, wie - wohl auch einige auslaͤndiſche., und die des Hrn. Rektor Clodius, die jetzt in den Haͤnden ſei - nes wuͤrdigen Herrn Sohns, des Herren Prof. Clodius, iſt, vorzuͤglich ſindm)Ein wlewohl nicht die ganze vollſtaͤndige Samm - lung enthaltendes Verzeichniß davon iſt un - ter folgendem Titel erſchienen: Catalogus li - gnorum e variis terrarum orbis partibus colle - ctorum a Chriſtiano Clodio A. M. Rect. Lic. Cygn. et Bibliothecario Societatis Lipſienſis Teuton. et elegant. litt. item Ienenſis Lat. Sodali. Quingen - ta numero ſunt tabulae ad eandem formam ſe - ctae, edolatae, laeuigatae et politae colore nati - vo remoto omni fuco et tinctura. Longitudo cuiuslibet aſſerculi habet quinque cum dimidio pollices. Latitudo duos cum triente, Craſſities f. profunditas dimidiam circiter pollicis partem. Cygneae excudebat Iohannes Fridericus Hoffe - rus, 4to. Es enthaͤlt unter andern viererley Acacien, 6 Arten des Ahorns, ſechſerley Alnos. 6 Birkenarten, 6 Arten Buxusholz vom Arbore Draconis, 6 Arten Cedern. Von dem Ceraſus ſind 12 Arten, 4 Arten Coryli, viererley Cypreſ - ſen, weiße und rothe Cinnamomusrinde, Damaſt - holz, 4 Arten von Ebenus, 8 Arten von Fagus, 4 Fraxini, 4 Geniſten, 7 Iuglantes, dreyer - ley Wachholder, ſechſerley Laurum, 16 Arten von Malus, 5 Arten Pinus, 10 Arten von Pi - rus, 6 Arten von Populus, 12 Arten von Pru - nus, 7 Arten von Quercus, darunter auch Quer - cus Dodonea, 9 Salices, ſechſerley Sambucus, 7 Santala, 5 Arten von Vlmus. Die ſchoͤnen undſelte -. Sie ent -haͤlt329haͤlt uͤber 500 Stuͤck der ſchoͤnſten Hoͤlzer; denn ſie iſt nach der Zeit des Catalogus nochX 5ver -m)ſeltenen Holzarten dieſes Cabinets hat Hr. Prof. Leske in einen Briefe, welcher ſich im vierten Theile der neuen vermiſchten Schriften des Hrn. Prof. Clodius S. 250 befindet, ausgezeichnet. Es ſind folgende: Acacia vera. Acer Zeylan. Aloes verum. Amomum. Anthos. Arabou - tan. L. Aſphaltum. L. Atlantis. Bambon Indicum. Benzoin. Benzoin verum. L. Bolletre Surinam. L. Braſilianum flauum. L. Braſilian. ex fuſco lu - teum. L. Braſil. rubrum. Caligamba. Caia Pa - mavar. L. Campetſch fuſcum. L. Campetſch ex fuſco nigrum. Camphoriſera. Canna In - dica. Canna Craſſa. Caoba Ariat. Caoba durum. Caoba ſpongios. Caſtanea flammeo - la, ſ. vndul. Cedrus ex Libanon. Cerrus Pli - nii. L. Cinomomi. Cnidion. Coſſe orient. L. Colubrinum. L. Columbinum. L. Coralli - num. Cupreſſus Smirnenſis. Draconis arbor. Fernambuco flav. L. Ferri rubr. L. Ferri ni - grum. Fraxinus Norwegica. Genipa. Ge - niſta Africana. Geniſta Alba. Granatus. Guaja - cum, pericard. ſtriat. L. Iapanenſe verum. Juͤ - denbaum. Ketmia Arabica. Ketmia Iananica. L. Litteratum elegans. L. Litteratum craſſum. L. Mahagony. L. Mauritianum. Mortis arbor. Nephriticum verum. Pareira brava, mire va - rieg. Quercus Dodonea. Roſinbaum, Lepte - rages. Sagoub. Santalum flavum. L. Ser - pentarium pulcherrim. Serpentinum. Ser - pentinum album punctatum. L. Smirnae ſplen - didum. L. Sinenſe odoratum. Taeda ſubtili ſtructura. L. Tartaricum. Thuga odoriſera. L. Alep -330vermehrt worden. Sie iſt in aller Ruͤckſicht eine der ſchoͤnſten und auserleſenſten Samm - lungen dieſer Art, ſo wohl fuͤr die Naturge - ſchichtsforſcher und Liebhaber, als fuͤr den Oekonomen. Auch kenne ich noch ein und das andere Privatholzkabinett zu Leipzig, welches aber nur kleine Sammlungen ſind.

Vorzuͤglich aber zeichnet ſich auch in den Schriftſtellern das achtzehnte Jahrhundert aus, welches die Oekonomie uͤberhaupt ſo ſehr beguͤnſtigte. Stiſſer lieferte eine Forſt - und Jagdgeſchichte. Es erſchienen die Schriften eines Doͤbels, Martini, Boſens, Carlowitz, von Rohr Cramers, von Broke, Kretſchmar, Moſers, Otto, Stahl, von Zanthier, Gle - ditſch, Weiß, Jacobi, Rammelts, von Dieß - kau und anderer. Wir erhielten Forſtmaga -zine,m)L. Aleppo. Arbor mortis criſp. Platanus fol. lacin. L. Tulip. mas. (ſoll vielleicht das Holz von Liriodendro Tulipiſera ſeyn.) Acer Ne - gundo. Thuga cum pericardio. L. Quaſſiae. Buxus diſcolor. Mangoſtan. Acer vndulatum. L. Corallinum rubrum. Laffa Ind. or. Anda Braſil. Pavana dura. L. rariſſimum. L. Ser - pentarium Galliae. L. Campetſch. L. Caſſiae. Apocabuc. Amer. Arbor foetida. Cedrus rubicunda. Alnus ſtriat. Ya-ta Chinens. Ca - bayca Braſil. L. Sebeſte. Caoba. L. Sanctum. Die Sammlung beſtehet aus 504 Taͤfelchen, deren Laͤnge fuͤnf und einen halben, die Breite uͤber zwey, die Tiefe uͤber einen halben Zoll iſt.331zine, Forſtkalender, und zu Osnabruͤck einen Forſtcatechismusn)Die Schriften dieſer Maͤnner erſchienen unter folgenden Titeln:Syluicultura oeconomica, oder hauswirthſchaftli - che Nachricht und naturmaͤßige Anweiſung zur wilden Baumzucht, von H. C. von Carlowitz, Leipzig 1713. Fol.Ebend. 1732.Martini Forſt - und Waldweſen, Ulm 1731.Hiſtoria naturalis arborum et fructuum ſylue - ſtrium Germaniae, oder Geſchichte der wild - wachſenden Baͤume und Straͤucher in Deuſch - land, von J. B. Rohr, Leipzig 1732. Fol.Stiſſers Forſt - und Jagdhiſtorie der Deutſchen, 1737 und 1754. ed. Frankii. Kretſchmars Vorſchlaͤge das Holz zu vermehren, Halle 1744.Scharmers Gedanken uͤber Conſervation der alten und Anlegung neuer Holzungen, Frankfurth 1748.Agrikola neuer oder nie erhoͤrter, doch in der Na - tur gegruͤndeter Verſuch der Univerſalvermeh - rung der Baͤume und Staudengewaͤchſe, Frkf. 1752.Sylvanders zufaͤllige Gedanken von der Natur, Eigenſchaft und Fortpflanzung der wilden Baͤu - me, Wolfenbuͤttel 1752. Eine ausfuͤhrliche Cri - tik daruͤber von Hrn. Doͤbel ſ. in den oͤk. Nachr. B. V. S. 112.Boͤſens Generalhaushaltungsprincipia vom Berg - huͤtten -, Salz - und Forſtweſen, in Specie am Harz, 1753. 8.Deut -. Man wendete die Ma -the -332thematik auf die Forſtwiſſenſchaft mehr an, worinnen ſich Buͤchting, Vierenklee und Oet -teln)Deutlicher Unterricht von der wilden Baumzucht. 1753.Vorſchlag neuer nuͤtzlicher Wegeverbeſſerungen mit verſchiedenen Anhaͤngen, den Anflug des jungen Holzes betreffend, Ulm 1754.Grundſaͤtze der Forſtoͤkonomie, entworfen von Wil - helm Friedrich von Moſer, Frankfurt und Leip - zig 1757. 8.Oettels praktiſcher Beweis, daß die Matheſis der Forſtwiſſenſchaft unentbehrliche Dienſte thue. 1765. 8. Eiſenach.J. J. Buͤchtings geometriſcher oͤkonomiſcher Grund - riß zu einer regelmaͤßigen landwirthſchaftlichen Verwaltung der Waldungen, Halle 1762. 8.Mathematiſche Anfangsgruͤnde der Arithmetik und Geometrie fuͤr die, die ſich dem Forſtweſen wid - men wollen, von J. Vierenklee, Leipzig 1767. 8.Gegruͤndete Verſuche und Erfahrungen von der Holzſaat, von J. G. Beckmann, 3te Auflage Chemnitz 1765. 4.Ebendeſſelben Anweiſung zu einer pfleglichen Forſt - wiſſenſchaft, oder zweyter Theil von der Holz - ſaat, Chemn. 1759. 4.Ebendeſſelben Beytraͤge zur Verbeſſerung der Forſt - wiſſenſchaft, oder dritter Theil, Chemnitz 1763. 4.Kurzer ſyſtematiſcher Grundriß der praktiſchen Forſtwiſſenſchaft, 1764.J. A. Cramers Anleitung zum Forſtweſen, mit Kupf. Braunſchweig 1766. Fol.H. C. von Brocke, wahre Gruͤnde der phyſikaliſchen und experimentaliſchen allgemeinen Forſtwiſſen -ſchaft,333tel zeigten. Kretſchmar ſuchte vorzuͤglich durch ſein neues Oekonomieſyſtem auch ein neuesSyſtemn)ſchaft, Leipzig I. II. 1768. III. 1772. IV. 1774. 8. Die Harbkeſche wilde Baumzucht, theils Nordame - rikaniſcher und anderer fremder, theils einhei - miſcher Baͤume, Straͤucher und ſtrauchartiger Pflanzen nach den Kennzeichen beſchrieben, von J. P. du Roi, Braunſchweig 1 B. 1771. 33 B. 2ter B. 1772. 36 B. 8. Iſt ſehr vorzuͤglich. Auch gehoͤrt hierher Diſſert. inauguralis obſerua - tiones botanicas ſiſtens, quam publ. defendet loh. Phil. du Roi, Helmſt. 1771. 4.Syſtematiſche Einleitung in die neuere Forſtwiſſen - ſchaft, von J. G. Gleditſch, Berlin I. 1774. II. 1775.F. W. Weiß, Entwurf einer Forſtbotanik, Goͤt - tingen, Theil I. 1775. 8. Er hat auch einen gu - ten Anfang zu Sammlung der Provinzialwoͤrter gemacht. S. phyſikaliſch oͤkonomiſche Bibliothek des Hrn. Beckmann VI. 242.Das regelmaͤßige Verſetzen der Baͤume in Waͤldern und Gaͤrten, von Chriſtian Johann Friedrich v. Dießkau, Meinungen 1776.Allgemeines oͤkonomiſches Forſtmagazin, geſamm - let von Stahl, 12 Baͤnde 1763. 69.Neueres Forſtmagazin.[Sammlung] zerſtreuter Forſtſchriften.Es gehoͤren hierher auch die vielen oͤkonomiſchen Sammlungen, die in unſern Zeiten erſchiene - nen ſind; vornehmlich aber auch die Samm - lungen vermiſchter Abhandlungen, das theoreti - ſche und praktiſche Forſtweſen betreffend, vonHr.334Syſtem in der wilden Baumzucht einzufuͤh - ren, und machte daſſelbe in der neuerfunde - nen Holzanlage als eine Frucht des Ackerbau - raͤthſels im Jahre 1748 bekannt. Er ſuchte durch ſeine Methode einen Wald oder Buſch, von Ober - und Unterholz, von der beſten Art des italieniſchen Holzes, in Zeit von 25 Jah - ren aus Saamen eben ſo geſchwind, als ſonſt in 100 Jahren durch den gemeinen Anflug, und zwar nicht allein ganz ohne Verluſt des Getreides, ſondern auch noch dazu mit Ver - mehrung deſſelben, und durch dieſes hinwie - derum zu mehrerm und beſſerm Wachsthum des jungen Holzes, alſo anzulegen, daß ſich der Acker nebſt der Anlage in ſechs Jahren nicht allein reichlich wieder bezahle, ſondern auch von ſolcher Zeit an wohl viermal ſo hoch, als Getreide, benutzen laſſe. Sein Syſtem be - ruhete ſonderlich auf folgendem Verfahren. Er richtet den Acker nach dem Ackerbauraͤthſel zu, theilt ihn in verſchiedene Breiten, derenjeden)Hr. von Zanthier, 1778. Es enthaͤlt daſſelbe auch den Forſtkalender verbeſſert. Von Burgsdorf Beytraͤge zur Erweiterung der Forſtwiſſenſchaft, mit Kupf.Onomatologia foreſtalis, piſcatorio - venatoria, oder vollſtaͤndiges Forſt -, Fiſch - und Jagdlexi - con, Frankfurt und Leipzig I. 1773. II. III. 1773.Auch gehoͤrt unter die Forſtſchriften noch der Haus - vater im 5ten Theil, welcher 1770 erſchien.335jede 45 Fuß enthaͤlt, nimmt hiervon 3 Fuß zu einer Rabatte, worauf die Baͤume zu ſte - hen kommen, und 2 Fuß zu den Wegen und Furchen zu beyden Seiten, mithin in allem 5 Fuß, d. i. der neunte Theil dieſer Breiten, abgehen, daß alſo jeder Ruͤcken 40 Fuß breit bleibt, und darneben allerhand Kohlkraͤuter erzeuget, und dadurch das Erdreich ſowohl lo - cker, als auch im Duͤngen zu mehrerm Wachs - thume der Baͤume erhalten wird. Auf die Rabatte pflanzet er 7 Reihen, auf jede 14 Stuͤck Standbaͤume, 3 Ruthen weit aus ein - ander. Er ſaͤet zwiſchen den Standbaͤumen Saamen. Sein Syſtem uͤberhaupt ſucht den Holzbau mit dem Getreidebau zu verbin - den. Er wendet ſeinen Vorſchlag vorzuͤglich auf Maulbeerplantagen an, welche ſeit dieſen Zeiten in Deutſchland immer mehr angelegt wurden.

Es verdient in der Geſchichte der Befoͤr - derung der Holzkultur in Deutſchland ein Na - me bekannter zu ſeyn, als er gewoͤhnlich iſt, ich meyne den Hrn. Oberjaͤgermeiſter von Lan - gen, welcher als ein alter erfahrner Forſtmann zu den meiſten neuen Forſtverbeſſerungen, ſon - derlich im Saͤen und Pflanzen, die Bahn brach. Allein Deutſchland verlor ihn 1764, da er in koͤniglich daͤniſche Dienſte gieng, wo er die Waldungen auch in Ordnung und in Gehaue brachte, und ſein Verdienſt um ganze Laͤnder verdoppelte.

Eben336

Eben ſo ſehr verdient auch die Erfindung des Hrn. von Lasberg zu ſchleuniger leichter und bequemer Auszaͤhlung der Waͤlder, wie viel ſie von jeder Art Baͤume enthielten, Erwaͤhnung, denn es iſt ſowohl fuͤr den Holzbau ſelbſt wich - tig, um den zu befuͤrchtenden Mangel an die - ſer oder jener Art Baͤume bald zu finden, als auch fuͤr die Cammern, um leicht den Beſtand und die Zahl der Waldbaͤume zu wiſſen. Er nimmt eine Anzahl Jaͤger, giebt jedem eine beſtimmte Quantitaͤt ſpitzige Hoͤlzer von ver - ſchiedener Art, davon jede eine Art von Baͤu - men bedeutet; dieſe ſtecken die Jaͤger, die ſich nun in dem Walde umher vertheilen, in die mit jedem zu bezeichnenden Baͤume; er ziehet nach geendigtem Geſchaͤfte die fehlenden von den noch da ſeyenden ab, und ſo iſt die Zahl, die man zu wiſſen verlangt, da.

Man ſtellte Verſuche an, und machte Be - rechnungen uͤber das Alter, Wachsthum, Laͤn - ge, Dicke und Dauer der Baͤume, und zog aus der Vergleichung derſelben unter einander Regeln und Grundſaͤtze fuͤr die Holzkultur, Oekonomie und Cameralwiſſenſchaft. Ver - ſchiedenes hierzu findet ſich in den Leipziger Intelligenzblaͤtterno)Vom J. 1763. St. 10., und den Sammlungen des Hrn. von Zanthier, die 1778 erſchienen.

Man337

Man fieng haͤufig an, Waͤlder anzuſaͤen, Holzſaamen zu ſammlen; und je muͤhſamer das Letztere, ſonderlich bey den Nadelhoͤlzern, iſt, deſto mehr dachte man auf die Erleichterung deſſelben, und machte allerhand hierzu dienli - che Erfindungen. So ſchlug man hierzu vor das Umſpannen mit Leinewand, noch andere gaben allerhand hoͤlzerne Geruͤſte an, wodurch man das Verwehen, ſonderlich des gefluͤgelten Saamens, verhindern wollte. Der einſichts - volle von Zanthier zeigte, daß das meiſte dar - auf ankaͤme, daß man die Zeit der Reife zu treffen ſuche, und da denſelbigen bey ſtillem Wetter ſammle.

Man legte Saamen, Pflanzen und Pflanzgaͤrten von wilden Holzarten an; vor - zuͤglich richtete man zur Vermehrung der Eich - waͤlder und zu ihrer Erſetzung viel Eichelkamps. Der Herr von Wichmannshauſen in ſeinen 1763 erſchienenen oͤkonomiſchen Erfahrungen, im erſten Stuͤck, und der Herr von Zanthier, ingleichen Herr Jacobi zeichnen ſich in der Ei - chenkultur vorzuͤglich aus. Da die wichti - gern Verſuche in jedem Nahrungsgeſchaͤfte ei - nen nicht unbetraͤchtlichen Theil einer prag - matiſchen Geſchichte deſſelben ausmachen, ſo will ich dieſelben auch hier anfuͤhren. Der Wichmannshauſiſche Verſuch, welcher auf die beſte Anlegung der Eichwaͤlder abzielte, geſcha - he zu Theiſſa. Gedachter Oekonom verſchriebII. Theil. Yjunge338junge Eichenſtaͤmme, und ließ ſolche an ver - ſchiedenen Orten einzeln ausſetzen, um dadurch von dem verſchiedenen Wachsthum und Fort - kommen in verſchiedenen Erdarten verſichert zu werden. Die hierdurch ausfuͤndig gemach - ten beſſern Erdſtriche ließ er tief ausgraben, von Wurzeln und Holzſtoͤcken reinigen und umzaͤunen, um ſie vor dem Wilde zu ſchuͤtzen; im Herbſt um Martini ſteckte er recht reife und vollkommen ausgewachſene Eicheln der beſten Art reihenweiſe nach der Schnur, je - de eine halbe Elle weit von einander und drey Zoll tief. Es gieng zugleich Kiefern und Fichten - holz mit auf, welches die Eichen zu einem deſto geraderen Wuchſe noͤthigte, und hinderte das zu große Treiben derſelben in die Zweige und Aeſte; auch glaubte er, daß das Tangelholz wegen ſeines harzigen Saftes ganz andere Nah - rung aus der Erde zoͤge, als die Eichen, und alſo um deſto beſſer ſich mit denſelben vertruͤ - ge. Seine ſechsjaͤhrigen hatten ſchon eine Hoͤhe von vier Ellen. Die Eichen wuchſen auf der Seite, wo das Nadel - und Kienholz am dichteſten ſtand, weit mehr hervor, als wo es damit weniger vermenget war. Er zog aus dieſem Verſuche den Grundſatz zu neuangelegten Eichgaͤrten, die kein beſtande - nes und ſaamentragendes Nadelholz um ſich haben, wenn die gelegten Eicheln ein Jahr lang gut aufgegangen ſind und getrieben ha - ben, einigen Schwarzholzſaamen einzuſtreuen,zu -339zugleich aber auch darauf zu ſehen, daß daſſel - be nicht die jungen Eichen durch zu dicken Wuchs und zu vielen Schatten uͤberwaͤltige. Aus dieſen Eichgaͤrten verſetzt er die etwas er - wachſenen Eichbaͤume im ſechſten oder ſieben - ten Jahre, alſo, daß ein Baum von dem an - dern nach allen Seiten acht Ellen weit abſtehet, laͤßt die Gruben dazu um Johannis auswer - fen, und verrichtet das Verſetzen im Herbſt. Er umgiebt einen jeden mit drey ſtarken Pfaͤhlen, und flicht Dornen zwiſchen dieſel - ben. Herr Jacobi bearbeitete die Eichenkul - tur unter andern auch mit vielem Fleiße, und erhielt den Preis bey der Aufgabe uͤber das Saͤen der Eichbaͤume im Jahre 1759 von der Akademie zu Bourdeaux. Sehr wichtig ſind auch die Verſuche und die darauf gebaue - te Theorie des Herrn von Zanthier in dem Wer - nigerodiſchen, welche er ſowohl mit Eichen als dem Lerchen - oder Leerbaume machte. Die Lerche, oder, wie es eigentlich heißen ſoll - te, der Leerbaum, hat den letztern Namen (denn dieſes iſt der wahre, da jener ein verdorbener iſt,) von ihrer auszeichenden Eigenſchaft, daß ſie, anſtatt daß andere Nadelhoͤlzer die Na - deln im Winter behalten, dieſelbigen verliert und leer davon iſt. Lange ſchon war ſie in der Schweiz bekannt, und die Oekonomen der Roͤmer ruͤhmen ſie. Sie kam aus der Schweiz und einigen andern gebirgigen Gegenden nach Deutſchland, und fand Goͤnner und Gegner.

Y 2Die340

Die Letztern beſchuldigten ſie hauptſaͤch - lich, daß ſie nicht zu Gebaͤuden brauchbar ſey, indem ſie ſich werſe. Vitruv, der ſie ſehr ruͤhmt, erwaͤhnt von dieſem Fehler nichts, und einige Neuere haben ſie dagegen verthei - diget, worunter der Herr von Zanthier der Vorzuͤglichſte iſt. Allein, wenn auch dieſes ihr Fehler waͤre, wie er es doch nicht iſt, iſt es nicht ſchon Vortheil genug, daß ihr Holz vorzuͤglich iſt, und daß ſie ſehr ſchnell waͤchſt? Doch die Zanthieriſchen Verſuche und Erfah - rungen haben ſie hinlaͤnglich vertheidiget. Er giebt im 53ſten Stuͤck des Leipziger Intelli - genzblatts vom Jahre 1775 ſelbſt Nachricht davon. Nach ſeinen Beobachtungen waͤchſt die Lerche bis zum dreyßigſten, vierzigſten und funfzigſten Jahre ſchnell, ſodann aber langſamer, die Ringe werden enger, das Holz feſter und gedrungener, und ein Baum von hundert Jahren haͤlt 24 Zoll im Durchſchnit - te. Je aͤlter der Baum, deſto dauerhafter iſt ſein Holz, ſo lange er geſund bleibt. Iſt er 150 Jahr alt, ſo kann man ihn zu allen Waſſer - und Landbauen brauchen, und ihn der Eiche weit vorziehen. Er fand die Bal - ken und Schwellen von dergleichen Holze nach 150 Jahren noch ſehr gut; und die Saͤulen eines Thurms, die von dergleichen Holze waren, nach 200 Jahren noch unſchaͤdlich. Das Holz iſt an Farbe etwas roͤthlich, und das roͤthlichſte iſt das beſte. Es liebt vorzuͤglichbergichte341bergichte Gegenden, wo ſich Schieferſteine fin - den, und deren Boden etwas roͤthlich und let - tig iſt. In der Jugend, und wenn ſie ein - zeln ſtehet, waͤchſt die Lerche krumm und oben in die Spitze; wenn aber der Stamm ſtark wird, ſo wird er gerade und ſehr lang, wenn er geſchloſſen ſtehet. Er macht durch dieſe Art Baͤume die wernigerodiſchen Forſte ſehr eintraͤglich, weil ſie hier bis jetzo am ſtaͤrkſten gebauet werden.

Seine Verſuche und Theorie in dem Baue der Eichen ſind nicht weniger lehrreich, wie uͤberhaupt ſeine Forſtanſtalten; um deſto wich - tiger werden ſie fuͤr die Oekonomiegeſchichte. Sie beſtehen vorzuͤglich in folgendem, und ge - hen meiſt ins Große. Die graͤflich wernige - rodiſchen Forſten ſind nach Morgen oder Ackern, zu 120 Quadratruthen ſechzehnſchu - higen Maaßes, vermeſſen, alle Reviere durch Hauptlinien, und von dieſen wieder ausge - hende Abtheilungslinien in regelmaͤßige Ver - haue nach ihrer Laͤnge zu 30, 40 und 60, im harten oder Laubholz, in 80, 100 bis 120 jaͤhrige, im ſchwarzen oder Nadelholze, einge - theilet. Die Eintheilungslinien ſind jedesmal an der Hauptlinie mit einem eichenen Pfahle bezeichnet, an welchem die Nummer des Ge - haues befindlich iſt; die Hauptlinien aber mit allerhand Arten theils tragender Frucht -, theils von dem andern Holze ſich unterſcheiden -Y 3der342der wilder Baͤume bepflanzet, damit ſie ſolche bey jedesmaliger Abholzung unterſcheiden.

In dem ſtapelburgiſchen Holzrevier wurde in den Jahren 1765, 66 ꝛc., das meiſte mit Saͤen und Pflanzen unternommen. Ich will hier die Erzaͤhlung eines Reiſenden anfuͤhren, welche ſich in dem leipziger Intelligenzblatte, vom Jahre 1768 S. 76, 90 ꝛc. findet. Man wird aus derſelbigen den beſten Begriff von dem Syſtem des Herrn von Zanthier erhalten, welches auch die Abſicht iſt, warum ich ſelbi - ge hier einruͤcke. Er ſagt daſelbſt: Wenn ich zum voraus ſetze, daß ſaͤmmtliche graͤflich wer - nigerodiſche Waldungen noch nach Morgen - oder Ackerzahl zu 120 Quadratruthen, ſech - zehnſchuhigten Maaßes, vermeſſen, und alle Reviere durch Hauptlinien, und von dieſen wieder ausgehende Abtheilungslinien in regel - maͤßige Verhaue nach ihrer Laͤnge zu 30, 40 und 60 im harten oder Laubholze, in 80, 100 bis 120 jaͤhrige im ſchwarzen oder Nadelholze eingetheilet ſind; wenn ich ferner bemerkt ha - be, daß dieſe Eintheilungslinien jedesmal an der Hauptlinie mit einem eichenen Pfahle be - zeichnet worden, an welchem die Nummer des Gehaues befindlich, die Hauptlinien aber mit allerhand Arten, theils tragender Frucht -, theils von dem andern Holze ſich unterſchei - dender wilder Baͤume, bepflanzt ſind, damit ſich ſolche bey jedesmaliger Abholzung unter -ſcheiden;343ſcheiden; ſo muß ich geſtehen, daß dieſe Ver - anſtaltungen allbereits vielen Ruhm verdienen.

Es wurde mir ſonderlich das ſtapelburgi - ſche Forſtrevier gezeiget, ſo aus 2200 Mor - gen beſtehet, weil auf dieſem jetzo das meiſte mit Saͤen und Pflanzen unternommen wird. Der Koͤnig von Preußen ſchickte vier Herren von einigen Kriegs - und Domaͤnencammern da - hin, ſich die Forſteinrichtungen theoretiſch und praktiſch bekannt zu machen, und daruͤber ein Collegium bey Herrn von Zanthier zuhoͤren.

Hier beſahen wir vornehmlich vier nach und nach angelegte Eichelgaͤrten, wovon der eine bereits mehrentheils ausgepflanzt war, nun - mehro aber wiederum mit Eicheln und andern guten Arten von Laubhoͤlzern beſaͤet werden ſollte. Der erſte Eichelgarten, ohnweit dem Eckerkruge, beſtund aus ohngefaͤhr 24 Ackern zu 120 Ruthen. Hiervon war der vierte Theil mit jungen Eichen beſtanden, welche vor zehn Jahren geſaͤet waren, und wovon die meiſten zwey und drey Zoll im Diameter, und zwoͤlf bis ſechzehn Fuß in der Laͤnge hat - ten. Hieraus ſollte nunmehr der Anfang zum Fortpflanzen gemacht werden, da denn immer die ſtaͤrkſten heraus genommen, die kleineren aber wiederum an einem Ende des Gartens li - nienweiſe eingepflanzt, und bis zu ihrer er - langten Staͤrke und Groͤße daſelbſt aufbehal - ten werden ſollten, weil man allda keine EichenY 4unter344unter zwey Zoll im Diameter mit Nutzen verpflanzen will, indem diejenigen, welche drey Zoll und druͤber haben, und eine Hoͤhe von achtzehn bis zwanzig Fuß, die vorzuͤglichſten zur Verpflanzung ſind. Ehe man die Eicheln legt, werden Linien vier Fuß breit, und zwey Fuß tief rejolt, und kommen auf eine ſo re - jolte drey Reihen Eicheln, welche acht bis zwoͤlf Zoll weit von einander, und wegen des ſehr bindenden mergelartigen Bodens, der da - ſelbſt faſt durchgaͤngig iſt, nur anderthalben Zoll tief in die Erde geſtecket werden. Sind die Eicheln geſtecket, ſo wird Korn oder Ha - fer uͤber ſolche weggeſaͤet, darunter die jungen Eichen das erſte Jahr des Schattens genieſ - ſen, da ſodann dieſes Getreide behutſam und hoch abgeſchnitten wird, die Stoppeln aber den jungen Pflanzen zum Schutz wider die Kaͤlte dienen, und endlich doch auch, wenn ſie in die Faͤulniß uͤbergehen, einige Nahrung mittheilen. Zwiſchen zwey ſolchen rejolten Linien wird Platz von acht Fuß breit leer ge - laſſen, um darauf zu den Eichen kommen zu koͤnnen, damit aber dieſer leere Platz nicht ganz unnuͤtze ſeyn moͤge, ſo wird darauf Heu zur Fuͤtterung des Wildprets gewonnen. Nur drey Linien werden in einem Garten jedes Jahr rejolt, und es koſten dieſe drey Linien am Eckerkruge vierzig Thaler bloß zu rejo - len. In dieſem Garten war ferner zu finden: Ein Viertel bereits rejolter Linien, ſo mit gu -ten345ten Kaſtanien, Welſchennuͤſſen und allerley Arten guter und wilder Baͤume beſaͤet und bepflanzet war. Und da man in dortiger Ge - gend ein beſonderes Augenmerk auf die ſchnell - wachſenden Holzarten richtet, ſo ſind die gu - ten Kaſtanien mit den Welſchennußbaͤumen zum Anbau der Waͤlder verſehen worden, in - dem ſolche ein nutzbares und vorzuͤglich theu - res Holz geben, auch viele andere Arten an Wachsthum uͤbertreffen. Es ſtunden daher in dieſem Garten allein mehr denn zehntau - ſend gute Kaſtanien, welche ſtufenweiſe von ein bis zu fuͤnf Fuß hoch, und zwey bis vier Jahr alt waren. Welſchenuß -, Aepfel -, Birn -, Kirſch - und Pflaumbaͤume, um ſol - che theils in die Gaͤrten, theils auf die Haupt - linien zu verpflanzen, waren in großer Men - ge vorhanden, und viele davon gepfropft oder inoculirt. Aeſchen, Ahorn, Ruͤſtern, Lin - den, Roth - und Weißbuchen, Arichsbeeren, ꝛc. wurden allhier zur weitern Verpflanzung herangezogen. Desgleichen beſahen wir auch eben daſelbſt einen kleinen Strich, ſo in die - ſem Jahre mit Acacien - und Sennetbaͤumen beſaͤet worden, von welchen die Pflaͤnzchen auf ſechs Zoll hoch gewachſen waren. Der Saame war aus Norwegen gekommen; und man kann daraus abnehmen, daß dieſe Art Holz in kalten Gegenden gut fortkoͤmmt. Fer - ner zeigte man mir, wie man von den Stoͤ - cken der alten Ahornbaͤume, wenn ſolche wie -Y 5der346der ausgeſchlagen, Abſenker mache, da denn ein Stock wohl zwanzig bis dreyßig Abſenker in zwey bis drey Jahren hergiebt, dadurch denn alle ausſchlagende Lohden wieder zu neuen Baͤumen gemacht werden koͤnnen, welches ſehr vielen Vortheil bringet. Die Haͤlfte von die - ſem Garten war annoch zu kuͤnftiger Vorbe - reitung aufbehalten, und es wird daſelbſt, eben auf die Art, wie zwiſchen den Linien, Heu ge - macht. Der Garten ſelbſt war mit einem Spriegelzaune von fichtenen Aeſten umgeben. Der Herr Oberforſtmeiſter von Zanthier ver - ſicherte mich, daß ſolcher, wenn er voͤllig zu Stande waͤre, gewiß achthundert Thaler ko - ſten wuͤrde. Es koͤnnte aber auch alsdenn ſo viel daraus genommen werden, als man zu drey bis vier Revieren braucht, und ſie wuͤr - de die Haupt-wilde Baumſchule, woraus junge Pflanzen von verſchiedenen Arten genommen werden koͤnnten. Wenn nun in jedem Forſt ein dergleichen Garten angelegt, und darinnen alles in Acht genommen wird, ſo koͤnnen alle Reviere davon profitiren. Ueberdieß denkt man auch mit der Zeit auf den ledig gebliebe - nen Plaͤtzen allerhand gepfropftes Obſt zu pflanzen, aus welchem, und dem Heu, die Intereſſen des Capitals jaͤhrlich mit der Zeit gar fuͤglich zu erwarten ſind.

Von dieſem Garten aus, beſahen wir ein Stuͤck Tannenrevier, von funfzig - bis ſechzig -jaͤhrigem347jaͤhrigem Alter, welches dem aͤußerlichen An - ſehen nach ſehr wachshaft und ſchoͤn ausſahe, innerlich aber waren faſt alle Staͤmme roth - faul, welches von dem mergelhaften Boden herruͤhrt, auf welchem das Nadelholz nicht geſund waͤchſt, ſo gut ein ſolcher auch fuͤr Laubholz iſt. Daher war ſolches der Axt uͤbergeben, und es wurde darinnen durch drey Holzhauer und zwey Bauholzhauer fleißig ge - wirthſchaftet. Jeder Stamm ward ſtehend ausgerottet, und man warf in unſerm Da - ſeyn eine Rothtanne von eilf Zoll im Diame - ter in acht Minuten uͤbern Haufen. Die in der Erde gebliebenen Wurzeln wurden ſodann gleich, auch in wenigen Minuten, herausge - than; der Stock eine Elle lang uͤber den Wur - zeln abgeſchnitten, geſpaltet und in die Stock - malter eingelegt. Sobald die Holzhauer ei - nen Baum umgerottet, ſo kommen die Bau - holzhauer und beſehen ihn. Iſt er friſch, ſo wird entweder unten ein vierzehnfuͤßiger, oder ein zwanzig - oder vier und zwanzigfuͤßiger Bret - klotz abgeſchnitten, und es werden dazu alle Staͤmme bis zwoͤlf Zoll im Diameter genu - tzet. Das uͤbrige giebt entweder Bauholz, oder wenn es aͤſtig oder faul iſt, Malterholz. Auf ſolchen Fuß wird alles, was Bau - oder Nutzholz giebt, ausgeſondert; das Bauholz ſogleich beſchlagen, das Blockholz geſchaͤlet, die Stoͤcke ausgerottet, das Reißig auf Scho - cke gebunden, und alſo der Schlag voͤllig ge -reinigt.348reinigt. Das Bau - und Blockholz wird entweder gleich im Schlage verkauft, oder er - ſteres in die Magazine, und letzteres an die graͤflichen fuͤnf Schneidemuͤhlen eingeruͤckt. Dieſer Rothtannengehau wird nunmehr, aus obenberuͤhrten Urſachen, mit hartem Holzſaa - men beſaͤet, und da der Boden durch die Um - rottung der Baͤume und gaͤnzliche Reinigung des Gehaues voͤllig wund gemacht worden, ſo erfordert deſſen Beſaͤung weiter keine Ko - ſten, als was die Sammlung des darauf zu ſaͤenden Holzſaamens belangt, weil ſolcher nur darauf eingeſtreut werden darf. Hier konnte man ganz deutlich ſehen, daß ein Acker zu dreyhundert Quadratruthen im Schwarzholze, bey dortigen guten Bau - und Malterholz - preiſen, auf dreyzehn bis vierzehnhundert Thaler gebracht werden koͤnne, weil das Nutz - holz und die Stoͤcke das meiſte betragen, auch die geringſte Sorte von Stangen zu drey bis vier Zoll im unterſten Diameter zehn Ellen lang, als ſogenannte Lattenknuͤppel, jedes Schock um ſechs Thaler, verkauft werden kann, da es im Malterholze kaum auf zwey Thaler zu bringen iſt. Dergleichen Lattenknuͤppel laͤßt der Hr. von Zanthier auch aus den jungen zwanzig - bis dreyßigjaͤhrigen Tannendickich - ten in Menge aushauen, und ſtatuirt dabey eine unumgaͤnglich noͤthige Durchhauung oder ſogenannte Auspluͤnderung zum beſſern Wachs - thum des Holzes. Dieſe Aushauung oderAus -349Auspluͤnderung geſchiehet aber nur von ſolchen Lattenknuͤppeln, welche bereits trocken, oder an deren Nadeln man ſieht, daß ſie in weni - gen Jahren trocken werden wuͤrden. Denn wenn das Nadelholz ein zwanzig - bis dreyßig - jaͤhriges Alter erreicht; ſo pflegt es ſich ordi - nair zu reinigen, d. i. ſeine uͤberfluͤßige Aeſte werden trocken, und wo es zu dick iſt, gehet das uͤberfluͤßige aus, und das, welches die Oberhand behalten, gehet nur fort. Daher iſt alsdenn noͤthig, daß ein Forſtbedienter wohl Acht hat, wenn dergleichen Veraͤnderungen vorgehen, daß er ſich mit dem Aushauen nicht ſaͤume. Man erhaͤlt dadurch einen großen Nutzen, weil das Holz nicht nur ſehr gut zu Latten verkauft werden kann, welches ſonſt ohne allen Vortheil verfaulen wuͤrde, ſondern auch uͤberdieß, wenn ſolches nicht geſchiehet, befuͤrchtet werden muß, daß den Waͤldern großer Schade durch Krankheiten zugezogen werden koͤnnte, als den Krebs oder den flie - genden Wurm, welcher ſich lediglich, beſon - ders bey den Rothtannen, von den ausge - gangenen trocknen generirt, und zwar aus ih - rer Vorke. Vor kurzem hat man auch da - ſelbſt angefangen, dergleichen Lattelknuͤppel mit Handſaͤgen zu ſchneiden, welches man ſehr vortheilhaft befunden, weil man eines Theils alsdenn ungleich mehr erhaͤlt, indem bey den ſonſt geſpaltnen viele verungluͤcken, auch ſolche ſtaͤrker ſeyn muͤſſen; andern Theilsaber,350aber, weil die Latten bey den Saͤgen gleicher werden, und daher beſſer auf den Daͤchern liegen. Man hat es auch ſo weit gebracht, daß das Saͤgen fuͤr ſelbigen Preis, wie das ſonſtige Spalten, geſchieht.

Von hieraus, beſuchten wir noch zwey Eichelgaͤrten von fuͤnf bis zehn Aeckern, und drey ſehr große Eichenplantagen, ſo ſeit zehn Jahren her gepflanzet waren. Jede Eiche ſtund eine Ruthe weit von der andern, dazwi - ſchen aber waren allemal zwey Birken, und zwiſchen zwey Linien Eichen noch beſonders eine Linie Birken, zwey Ellen weit von einan - der gepflanzt, welche theils ganz, wie ſie ge - wachſen, theils aber drey Zoll uͤber der Erde abgeſchnitten waren. Dieſe Birken werden ſodann nach vierundzwanzig bis dreyßig Jah - ren als Unterholz behandelt, da inzwiſchen die Eichen von den Birken in die Hoͤhe getrieben werden, und mit der Zeit das ſchoͤnſte Nutz - und Bauholz geben koͤnnen. Hier ließ der Herr Oberforſtmeiſter durch den Planteur Voigtlaͤnder, in meinem Beyſeyn, zwey Eichen von zwey Zoll im Diameter, und funfzehn bis ſechzehn Fuß in der Laͤnge, aus einem Ei - chelgarten holen, und ſolche auf hollaͤndiſche Art mit einem hohen Huͤgel bis drey Fuß im Durchſchnitte verpflanzen. Der Herr Ober - forſtmeiſter haͤlt dieſe Art, die Eichen zu ver - pflanzen, fuͤr die beſte, und zwar aus folgen - den Gruͤnden.

1) Waͤre351

1) Waͤre bekannt, daß alle Baͤume zwey - erley Arten Wurzeln haͤtten, welche man zum natuͤrlichſten mit den Namen der Befeſtigungs - wurzeln und Nahrungswurzeln belegen koͤnn - te. Einer vor dem andern gienge aber be - fonders

2) mit ſeinen Befeſtigungswurzeln tief in die Erde, worunter hauptſaͤchlich die Eiche zu rechnen, welche auch eine ſtarke Pfahlwur - zel formire. Daher ſie nothwendig zu ihrem Fortkommen auch unter ſich einen lockern Bo - den haben muͤſſe. Einen ſolchen bekaͤme nun ſelbige

3) bey dieſer Art Pflanzung, weil das zuvor gerodete Loch, welches zwey Fuß tief, erſtlich wieder mit der Erde gefuͤllet wuͤrde. Der darum geworfene Huͤgel haͤtte aber den Vortheil, daß

4) ſich die Nahrungswurzeln in ſolchem ausbreiten koͤnnten, und da er in einigen Jah - ren ſich ſo ſenket, daß er mit dem Raſen gleich - koͤmmt, ſo bekaͤmen ſie ihre Lage, die ſie ha - ben muͤßten, und giengen alsdenn unter ſelbi - gem fort; da im Gegentheil, wenn ſie tief in ein Loch gepflanzt wuͤrden, dieſe gegen die Na - tur zu liegen kaͤmen, und der Stamm ſolche erſt wieder hervorbringen muͤßte, wenn er fort - kommen ſollte.

5) Haͤtte endlich der Huͤgel noch dieſen Vortheil, daß er die erſten Jahre die noͤthigeFeuch -352Feuchtigkeit an ſich zoͤge, und zugleich den Stamm befeſtigte, ſobald er gepflanzt wuͤrde, welches ſonſt durch eine Stange oder Pfahl geſchehen muͤßte, dieſes aber Holz und andere Koſten erfordere, auch uͤberdieß die gepflanz - ten Eichen ſich oft an ſolchem Pfahl oder Stange rieben, die Borke beſchaͤdigten, und große Urſache zum Ausgehen geben koͤnnten.

Von hier kamen wir auf einen ſehr ver - raſeten Gehau, auf welchem das vorige Jahr das daſelbſt geſtandene, und mehrentheils un - geſund geweſene Schwarzholz weggeſchlagen worden. Ein Theil von dieſem Gehau war bereits voriges Jahr nach Linien mit Birken beſaͤet worden. Hier arbeitete der Planteur mit ſechs Tageloͤhnern, und es wurde dieſe Beſaͤung folgenderſtalt bewerkſtelligt: der Planteur, der auf Anordnung des Herrn Oberforſtmeiſters, und unter der Aufſicht des Forſtbereuters, das ganze Werk dirigirt, zieht mit einer langen Leine eine Linie, darauf denn die ſechs Arbeiter nach der Schnur den Raſen zwey Fuß breit voͤllig weghacken, denſelben von der Leine ab - und in die Mitte ziehen, ſo - dann aber die Leine auf die andere Seite neh - men, und wie mit der erſten Linie verfahren; daß alſo vier Fuß vom Boden umgehackt, und drey Fuß voͤllig vom Raſen entbloͤßt wer - den. Der vierte Fuß aber wird zu Aufbehaltung des Raſens in der Mitte gelaſſen, und kannſodann353ſodann auf jeder Seite anderthalb Fuß mit Birken -, Aeſchen -, Ahorn - und andern Saa - men, ſo dicke als moͤglich, beſaͤet werden. Zwiſchen zwey dergleichen umgehackten Linien werden acht Fuß breite Gaͤnge ohnbearbeitet gelaſſen, auf welchen eine Ruthe weit von ein - ander ein Pfahl eingeſchlagen wird, bey wel - chen der Planteur vor Sommerszeit, wenn er ſonſt nichts zu thun hat, ein Loch vier Fuß weit, und zivey Fuß tief, machet, um ſodann in ſolche Eichen -, Aeſchen -, oder Ahorn - ſtaͤmme einzupflanzen, welches bis ins zehn - te Jahr noch geſchehen kann.

Von hier aus giengen wir weiter durch al - le Gehaue, und beſahen alle Abtheilungen auf dem ſtapclburgiſchen Revier, wo alles ſo ſchoͤn, ſo fleißig angebauet war, und in ſo vortrefflichem Wachsthum ſtand, daß es nicht anders als mit Vergnuͤgen geſehen werden konnte. Hier giebt es ganze Berge, welche vor dreyßig Jahren von allem Holze ganz ent - bloͤßt geweſen ſind, durch die Beſaͤ - und Be - pflanzung aber jetzt die ſchoͤnſten harten Hoͤlzer zeigten. Alles geſaͤete und angepflanz - te Holz, welches nie anders als linienweiſe geſchiehet, nimmt ſich beſonders aus, und da man jedem Stamme nach ſeiner Art, bey der Verpflanzung, zu einem guten Wachsthume einen gewiſſen Flaͤcheninnhalt des Bodens an - weiſet, ſo iſt der Boden nach dieſer Einrich - tung ſogleich gehoͤrig beſtanden. Es brauchtII. Theil. Zauch354auch dieſes Holz keiner weitern Reinigung, und kann kein Stamm den andern verdraͤngen; ſondern jeder Stamm waͤchſt mit ſeinem Nach - bar munter und ungeſtoͤrt fort, bis ihn die Axt des Lebens beraubt, da ſich ſodann ſein Stock wieder durch neue Lohden vervielfaͤlti - get, und den Boden immer dichter und ſchoͤ - ner beſetzt. Noch weiter habe ich im harten Holze angemerkt, daß auf einen Acker zu 120 Quadratruthen 16 Laaßreißer, 12 Ober - ſtaͤnder, und 6 Baͤume gelaſſen wurden, da - mit ſodann, bey jeder dreyßig -, vierzig - oder ſechzigjaͤhrigen Hauung, jedesmal die ſechs ſtaͤrkſten Baͤume weggeſchlagen werden koͤn - nen, da unter dieſer Zeit die Oberſtaͤnder zum Theil zu Baͤumen, die Laaßreißer aber zu Oberſtaͤndern werden koͤnnen; welches um ſo viel mehr zu vermuthen, weil ſie noch eine Hauung uͤberſtehen, und alſo noch hiernaͤchſt achtzig bis hundert und zwanzig Jahre zu wachſen haben, die Laaßreißer aber hundert und zwanzig, bis hundert und achtzig Jahre zu ſtehen bekommen. Da nun aus ſechs Ober - ſtaͤndern wenigſtens dreyßig Maltern Holz erfolgen koͤnnen, ſo kann man aus der jaͤhri - gen abzuſchlagenden Morgenzahl im Ober - und Unterholze, ſein gewiſſes Facit beſtimmen. Iſt das harte Holz dreyßig oder vierzig Jahre alt, und der Gehau nimmt ſeinen Anfang, ſo wird alles darinnen befindliche Birken - und Buchen - ꝛc. Schirrholz vorher durch dazuge -355geſchickte, verſtaͤndige Nutzholzhauer ausge - hauen, und mithin alles, was Rademacher, Tiſchler und andere in Holz arbeitende brau - chen koͤnnen, ſorgfaͤltig ausgeſucht, ſo viel moͤglich zu rechte gearbeitet, und ſodann im hohen Werthe verkauft. Hierdurch wird je - des Malter, das ſonſt nur mit einem Thaler acht Groſchen bezahlt wurde, auf ſechs Thaler und druͤber gebracht, woraus alſo der vorzuͤg - lichſte Nutzen dieſer Einrichtung zu erſehen iſt. Jedes Revier iſt nach ſeiner Groͤße oder Lage in zwey oder drey Haupttheile abgetheilt, und es befinden ſich auch groͤßtentheils dabey dreyerley Gehaue, damit das weite und nahe Holz zugleich conſumirt werde. Dem unbe - ſchadet aber, gehen alle Gehaue in ihrer Linie fort. Die Eintheilung auf ſolche Art iſt be - ſonders deshalb noͤthig, weil an den Vorder - bergen der Anwachs des harten Holzes, in dreyßig Jahren ſo gut, als an den Hinterber - gen in vierzig, und der Birken in ſechzig Jah - ren erfolget, weil dieſe letztern wegen der har - ten Kaͤlte und des Schnees einen ganz andern Wachsthum geben. Inzwiſchen wird doch der Brokelsberg, welcher in vorigen Zeiten vom Wachsthum ganz entbloͤßt geweſen, von Jahre zu Jahren von unten hinauf mit Roth - tannenſaamen beſſer und beſſer angebauet, welches gut von Statten gehet. Die Pflan - zung der Rothtannen, ſo in unſern Gegenden ganz unbekannt geweſen, wird im Wernigeroͤ -Z 2diſchen356diſchen mit vielem Nutzen betrieben, welches ich auch im Braunſchweigiſchen bey Haſelfel - de, und im Hannoͤveriſchen bey Elbingerode geſehen, wo junge Tannen von einem Fuß hoch, zwey Ellen weit von einander, mit we - nigen Koſten verpflanzt werden, welche allent - halben den ſchoͤnſten Wachsthum zeigen. Die dem Lande entlegenen und mit Schwarzholz beſtandenen Berge, werden unter die Abthei - lungen nicht mit gezaͤhlet, ſondern es werden in ſolchen Revieren nur die Brettbaͤume ein - zeln herausgehauen, die Brettkloͤtze davon an die fuͤnf herrſchaftlichen Brettmuͤhlen gebracht, und davon Bretter auf herrſchaftliche Rech - nung geſchnitten, der Abraum aber wird ver - kohlt, und zu den ilſenburgiſchen, herrſchaft - lichen hohen Oefen verbraucht, welches Huͤt - tenwerk aber ſein Holz bezahlen muß, und es wird ihm die Taxe nach der Lage geſetzt. Die uͤbrigen Baͤume bleiben ſtehen, bis ſie zu der - gleichen Brettbaͤumen angewachſen ſind. Hier wird alſo wieder anders, als bey der vorheri - gen ordentlichen Eintheilung verfahren, ſo, daß man ſich alſo nach der Lage der Gegend richtet. Beſonders aber wird nicht anders gehauen, als von Morgen gegen Abend, und zwar deswegen, damit die Windſtuͤrme dem ſtehenden keinen Schaden verurſachen, ſich auch die Plaͤtze von ſelbſt zum Theil wieder be - ſaamen. Wenn dieſes nicht geſchieht, ſo be - kommt man alsdenn gewiß Windbruͤche, undnichts357nichts wird von Natur beſaamet, weil der Nadelholzſaamen nur alsdenn ausfliegt, wenn Abend - oder Mittagswind wehet, bey beyden andern Winden aber ſich wieder zuſchließt, und daher, wenn dieß mit dem Anhauen nicht beobachtet wird, alsdenn in die ſtehenden Oer - ter, und nicht auf die abgehauenen Haͤue fliegt. Die herrſchaftlichen Brettmuͤhlen, welche in einem Gatter zwey Saͤgen haben, koͤnnen jede bey vollem Waſſer in vierundzwan - zig Stunden zwanzig Brettkloͤtzer von vierzehn bis zwanzig Fuß an der Laͤnge, jedes Brett ei - nen bis einen und einen halben Zoll ſtark, und zwoͤlf bis vierzehn Zoll breit, abſchneiden, und es iſt deren vortheilhafte Einrichtung gewiß lobenswerth. Ueberhaupt zu ſagen, ſo ſind die dortigen Anſtalten durchgaͤngig unverbeſ - ſerlich. Es werden ſolche aber auch hoͤhern Orts durchaus auf das beſte unterſtuͤtzt, und keine Koſten zu Wiederaufbringung und Ver - beſſerung der Waͤlder geſpart; wie denn je - der Foͤrſter, oder Forſtbereuter, alle Monate das auf die Holzkultur verwendete Geld in Rechnung bringt, ſolches von der Einnahme der Holzgelder abziehet, dem Herrn Oberforſt - meiſter autoriſiren laͤßt, dieſer aber es ſogleich der Cammer einhaͤndigt. Weil nun auch die - ſe letztere beſonders darauf ſiehet, welcher von ihren Forſtbedienten ſich um das herrſchaftli - che Intereſſe vorzuͤglich bewirbt, ſo unterlaͤßt dieſelbe auch nicht, bey vorkommender Gele -Z 3genheit358genheit ſolches der gnaͤdigen Herrſchaft anzu - ruͤhmen, welche alsdenn wahren Fleiß und Attention auf das gnaͤdigſte belohnen. In dieſer Gegend findet man faſt alle Arten von Laubholze. Von Schwarz - oder Nadelholze aber behaͤlt die Rothtanne durchgaͤngig, die Kiefer aber und der Lerchenbaum, den Vor - zug. Dargegen thut die Weißtanne in der ganzen Gegend nicht gut. Von Lerchenbaͤu - men findet man ſehr viele angeſaͤete ganze Ge - genden und Berge, worunter einige von zwoͤlf bis funfzehn Zoll im Diameter befindlich, ob ſolche ſchon kaum ein funfzehn - bis zwanzig - jaͤhriges Alter zeigen. Der Saame von die - ſer Art war dieſes Jahr voͤllig mißrathen, und daher bereits auswaͤrts verſchrieben wor - den. An dem Schloßberge bey Wernigerode, findet ſich eine Plantage von den meiſten ame - rikaniſchen Gewaͤchſen. Es behalten aber doch die Deutſchen, und beſonders die guten Kaſtanien - und Nußbaͤume allda den Vor - zug, und ſind ſeit funfzehn Jahren bereits von ſolcher Staͤrke, daß davon voriges Jahr anderthalber Scheffel Kaſtanien erbauet, und dieſelben wieder geſaͤet worden, welche auch gut aufgegangen ſind. Da ſolche aber dieß Jahr mißrathen, ſo waren bereits zwey Cent - ner von der Bergſtraße zur Saͤung verſchrie - ben. Der Planteur Voigtlaͤnder bekommt taͤglich, wenn er arbeitet, ſechs Groſchen, je - der Mitarbeiter aber vier Groſchen ſechs Pfen -nige.359nige. Die Loͤcher, worein Eichen, Ruͤſtern, Aeſchen oder Ahorn verpflanzet werden, ſind an den Planteur verdinget, und wird fuͤr ei - nes zwey Ellen weit, eine Elle tief, acht Pfennige bezahlt. Werden aber die Eichen verpflanzet, ſo bekoͤmmt der Planteur und die Leute das oberwaͤhnte Tagelohn. Es koͤn - nen aber drey Leute in einem Tage, ob ſchon die Loͤcher gemacht ſind, nicht uͤber ſechsund - dreyßig bis vierzig Stuͤck Eichen ausheben, und wieder einpflanzen; dagegen kann ein ein - ziger Mann in einem Tage gar fuͤglich zwey Schock junge Birken verpflanzen, zu welchen ſowohl, als zu den jungen Rothtannen, Loͤcher von acht Zoll ins Quadrat noͤthig ſind.

Der verdienſtvolle von Zanthier eroͤffnete zu Ilſenburg eine Forſtakademie, und er er - hielt von verſchiedenen Orten her Perſonen, welche er theoretiſch und praktiſch unterweiſen mußte. Bey den oͤkonomiſchen Inſtituten und Fakultaͤten nahm man auch auf die Holz - wirthſchaft Ruͤckſicht. Man errichtete im Oeſtreichiſchen und in Boͤheim, nach dem Be - richt des Herrn von Zanthier, gewiſſe Exami - natorien, die alle Ausgelernte, wenn ſie ſich auch nur um geringere Bedienungen bewerben, pruͤfen muͤſſen. In Halle trug D. Schreber bey ſeinem Aufenthalt daſelbſt, dieſelbige uͤber das Werk des Herrn von Moſer: Grundſaͤtze der Forſtoͤkonomie vor, und noch neuerlichZ 4wurden360wurden zu Leipzig uͤber die oͤkonomiſche Forſt - botanik beſondere Vorleſungen von Herrn D. Ludwig gehalten.

Ein Hauptverdienſt bey Verbeſſerungen des Holzbaues, und der Vermehrung deſſelben, beſtehet darinnen, daß man, wo der Holz - mangel drohet, auf ſolche Hoͤlzer ſehe, welche ſchnell eine vorzuͤgliche Hoͤhe erreichen. Man ſuchte dieſes durch verſchiedene Verſuche, die man hier und da anſtellte, naͤher zu beſtim - men. Man machte unter andern zu Leipzig einen Verſuch mit Pfropfung der italieniſchen Pappeln, welche ſich durch ihren ſchnellen Wuchs auszeichnen, und deswegen in Frank - reich ſehr angepflanzt werden, und es erſchien deshalb im J. 1764 in deutſcher Ueberſetzung die Kunſt, italieniſche Pappeln aufzuziehen, mit Anmerkungen uͤber die Wahl und Einrich - tung der Baumſchulen von Herrn de St. Mau - rice. Man pfropfte zu Leipzig dergleichen ita - lieniſche Pappelreißer auf einheimiſche ſchwar - ze Pappeln, theils in die Schale, theils in den Spalt; ſie treiben ſehr lange Schoſſen. Man machte den naͤmlichen Verſuch auch in der Schweiz. Man bauete viele andere frem - de Holzarten an, und ſahe vorzuͤglich auf die von ſchnellem Wuchs, welche meiſt nordame - rikaniſche ſind.

Die Herren Grafen von Stollberg berei - cherten dadurch ihre Forſte, und machten die -ſelben361ſelben der Cammer deſto eintraͤglicher, je eifri - ger der verdienſtvolle Herr von Zanthier dieſes Geſchaͤft betrieb, und auf eine ſo vorzuͤgliche Hoͤhe brachte, daß ihn große Fuͤrſten als den groͤßten Lehrer in der Forſtwiſſenſchaft anſa - hen, und ſich um ſeinen Unterricht fuͤr ihre Cammern und Laͤnder bewarben. Er brachte ſonderlich die Lerchenbaumzucht zu einer an - ſehnlichen Staͤrke und Vollkommenheit.

In dem Baue der nordamerikaniſchen Ge - waͤchſe zeichnen ſich ſonderlich die Bemuͤhun - gen des vortrefflichen und weiſen Regenten der deſſauiſchen Lande, welcher bey ſeinem ge - ſchmackvollen Woͤrlitz die nutzbarſten Baͤume fremder Himmelsgegenden ſammelte; und man hat dadurch verſchiedene Jahre der Cammer eintraͤgliche Einkuͤnfte verſchafft, indem die Liebhaber dieſer Baumarten ſie nur in den we - nigen deutſchen Plantagen finden konnten. Eben ſo zeichnete ſich hierinnen auch die Fa - milie derer von Veltheim auf Harpke aus, de - ren Plantagen uns der Direktor derſelben, Herr duͤ Roi, ſo nutzbar beſchrieben hat.

Aber nicht allein durch wirkliche Anpflan - zung und Vermehrung der wilden Baumzucht, nicht bloß durch beſſere Bewirthſchaftung der Hoͤlzer und Waldungen, ſondern auch durch verſchiedene Holzſparkuͤnſte ſuchte man die Hol - zungen zu ſchonen, die Wirthſchaft darinnen zu beſſern, und dadurch den jungen Nach - wuchs und Anpflanzungen zu ſchuͤtzen.

Z 5Es362

Es gehoͤren hierher vorzuͤglich die Erfin - dungen holzſparender Oefen; die naͤhere Unter - ſuchung der Theorie der Oefen, um die Wir - kung des Feuers beſſer zu leiten und zu be - nutzen, die Aufſuchung des Torfs und der Steinkohlen, und einige andere Verſuche, um den Holzverbrauch bey gewiſſen Fabriken und Manufakturen, welche ſehr viel verwuͤ - ſten oder ihnen ſonſt vielen Schaden zufuͤgen, indem ſie nur die Rinden der Baͤume fordern, worunter die Lohgerber vorzuͤglich gehoͤren, zu mindern; die Kohlenbrenner, die Harzreißer, Laubſtreifer, Pech - und Theerſieder, wurden durch die neuern Forſtordnungen noch mehr ein - geſchraͤnkt, ob es gleich ſchon auch die aͤlteren thaten. Ich erwarte hier nicht, daß man mir einen Grundſatz entgegen ſetze, daß durch den vermehrten Verbrauch auch die Cultur vermeh - ret werde, indem der Werth des Holzes ſteige, welches zu mehrerm Anbau antreibe, wozu noch der drohende Mangel reize. Immer wird der zu langſame Nachwuchs und Erſatz des Verbrauchs hier jener Regel Einſchraͤn - kungen geben, welche bey andern oͤkonomiſchen Geſchaͤften unnoͤthig ſind.

Doch ich verirre mich zu weit von der Ge - ſchichte, und kehre daher zu der Erzaͤhlung der Verſuche der Holzſparkuͤnſte und den dazu ge - hoͤrigen Schriften zuruͤck. Ich habe ſchon oben eine dergleichen Erfindung aus dem ſech - zehnten Jahrhunderte erwaͤhnet, da die Ge -bruͤder363bruͤder Ulrich und Conrad Zwickmann um das Jahr 1557 auf dem Reichstage zu Regen - ſpurg bey Kaiſer und Reich gebeten, daß ih - nen, wegen der durch ſie neuerfundenen Holz - ſparkunſt ein Privilegium ertheilt werden moͤchte. So erhielt auch Jeremias Nenner ein aͤhnliches Privilegium und Wappen, we - gen der Holzſparkuͤnſte. Beyde Beyſpiele fuͤhrt Wehner in ſeinem Theſ. practico unter dem Worte, Holzſparkunſt, anp)Der Titel iſt folgender: Holzſparkunſt, d. i. eine ſolche neue zuvorn niemalen gemein noch am Tag geweſene Invention, etliche unterſchiede - ner Kunſtoͤfen, vermittelſt deren Gebrauch jedes Jahres, inſonderheit uͤber hundertmal tauſend Gulden, doch unabbruͤchlicher Nothdurft koͤnne geſpart werden. Da es nicht in jedermanns Haͤnden iſt, und viele folgende aus ihnen ge - ſchoͤpft haben, will ich den Innhalt der Capitel hier beyfuͤgen. 1) Von dem Urſprung des neuerfundenen Kunſt - ofens.2) Von der Tugend und Wirkung des Kunſtofens.3) Vom erſten Grundleger des Kunſtofens.4) Von der zweyten Figur oder Stockwerk des groͤßern Kunſtofens.5) Von dem dritten Stockwerk, als dem Fenſter und Luftroͤhre des Kunſtofens.6) Vom vierten Stockwerk.7) Vom fuͤnften Stockwerk.8) Vom ſechſten Stockwerk.9) Vom ſiebenten Werkſtuck.10) Vom achten Stockwerk.11). Alleinman364man weiß nicht, worinnen dieſelben eigentlich beſtanden. Im ſiebenzehnten Jahrhundertegabp)11) Vom neunten Stockwerk.12) Vom zehnten Werkſtuck.13) Vom eilften, zwoͤlften und allen folgenden Werkſtucken.14) Von der allervornehmſt und vorderſten enge ſchmalen Seiten des Kunſtofens.15) Von zwey Roͤhren und ihrem Zugehoͤr, deren eine die Luft, die andere aber den Dampf, in und aus dem Kunſtofen fuͤhre, und von der Unart.16) Vom Gebrauch des Kunſtofens.17) Wie und welcher Geſtalt dieſer Kunſtofen, wenn er durch den vielfaͤltigen Gebrauch mit Ruß verſtopfet, zu ſaͤubern.18) Von einem andern Kunſtofen.19) Von einem andern kleinen, auch bishero noch nie dergleichen am Tage geweſenen von lauter Stuͤrzblech gemachten Kunſtoͤfelein, welches man ganz ringfertig hin und her tragen kann.20) Vom alleroberſten Deckel oder Hut dieſes Kunſtoͤfeleins.21) Vom Gebrauch des kleinen Kunſtofens, beyde in kleinen und ſehr großen Gemaͤchern.22) Wie man dieſes Oefelein, alſo unverſtrichen mit Holz und Kohlen feuren ſoll.23) Von noch zweyerley Art etwas ſchlechtern, je - doch auch ſehr nutzbaren Kunſtofen.24) Von einer neuen Art und Manier eines wirk - lichen Kochofens.25) Von denen Haͤfen, welche zu ſolchen Kochofen zu gebrauchen.26) Vom Kochofen, wie derſelbige aufzumauern.27)365gab ein Maler und Einwohner zu Frankfurt, Franz Keßler, 1618 eine dergleichen Erfin - dung heraus, woraus nachgehends Andreas Boͤckler, Architekt und Ingenieur zu Frank - furt, das Beſte zog, und ſolches in ſeiner Fur - nologie und haushaͤltiſchen Ofenkuͤnſten im Jahre 1666 heraus gab; wie denn auch die Erfinder folgender Holzmenagen dieſes Buchs ſich ſehr bedient haben.

In Sachſen erſchien eine Diſpoſition Joh. Georg des III, wegen der hohen Oefen vom 3ten Maͤrz 1687, woraus man die ruͤhmliche Vorſorge der ſaͤchſiſchen Polizey auch hierin - nen ſieht.

In den neueren Zeiten haben ſich viele an - gelegen ſeyn laſſen, daß der taͤglich zunehmenden Abnahme des Holzes, und deſſen Verſchwen - dung durch die gewoͤhnlichen Stubenoͤfen ſo - wohl, als Salzſiedereyen, Brauerey und andern wirthſchaftlichen Gebrauch, moͤchte abgeholfen werden. Daher lud gegen En - de des vorigen Jahrhunderts ein Architekt zu Hamburg, Geerit Rooſen, zuerſt die Toͤpfermeiſter daſelbſt, durch ein Memorial ein, um denſelben einige Punkte zur Ver - beſſerung der gewoͤhnlichen Oefen vorzulegen. Alleinp)27) Vom Gebrauch dieſer neuen Art Kochofens.28) Von allen großen, und in gemeinen Haushal - tungen gebraͤuchlichen Waͤſch - und Faͤrbekeſſeln, wie dieſelbe anzurichten, daß dieſelbige nicht ſo viel Brands, wie bishers geſchehen, beduͤrfen.366Allein da keiner erſchien, ſo ſchrieb er ſein Werk unter dem Titel: Nutzbarer und gruͤnd - licher Unterricht von dem jetzt gewoͤhnlichen Brauch und Art der unrathſamen Kacheloͤfen, darinnen angewieſen werden die großen Feh - ler, warum dieſelben keine genugſame Waͤr - me von ſich geben, und wie ſolchen zu helfen ſtehe: ſammt deutlicher Vorſtellung einer neuen Invention und Form, vortheilhafter Kachelofen, welche mit wenigem Holze mehr Waͤrme geben, als die bisher gebraͤuchlichen, Hamb. 1695. Es wurden demſelben ver - ſchiedene Einwuͤrfe gemacht, und daher ver - theidigte er ſich 1697. Hierauf nahm ſich der große Baumeiſter, Joh. Leonhard Sturm, der Holzſparkunſt an, und fuͤhrte in ſeiner Schrift von dem rechten Gebrauch der goldmanniſchen Anweiſung zur Baukunſt verſchiedene Arten von beraͤthlichen Stubenoͤfen an. Georg Lin - denberger, ein Hoftoͤpfer zu Erlangen, erfand eine andere Art holzſparender Oefen, und er - hielt 1714 ein Privilegium, ſolche in den koͤ - niglich preußiſchen Landen anzuordnen. Im Jahre 1715 machte der Cammerrath Horſt die franzoͤſiſche Schrift: La Méchanique du Feu durch eine deutſche Ueberſetzung zu dieſem Ent - zwecke gemeinnuͤtzig. Er ſelbſt gab eine Ver - beſſerung der Erfindung des Gottfried Parcus an, welche auch in den preußiſchen Landen ein Privilegium wegen der Einfuͤhrung erhielt. Dieſer Gottfried Parcus gab 1719 ſelbſt einenAuf -367Aufſatz zu Erfurt in 8ctav heraus, unter der Aufſchrift: Pyrotechnia Oeconomica optima et vtiliſſima, d. i. die allerbeſte und nuͤtzlichſte Feuerkunſt ꝛc. allen Hauswirthen zu noͤthiger Betrachtung offerirt von Gottfried Parcus.

Er erſtreckt ſich auf die Holzmenage bey allen Feuerungen, als bey Salz - und Sal - peterſiedereyen, bey Brauen, Faͤrben u. d. g. Dieſe Erfindung ſchien Buchnern zu koſtbar, und er gab daher einen weit wohlfeilern in dem IX Verſuch der Natur-Medicin - und Litteratur - geſchichte an. 1721 kuͤndigte Georg Andr. Koch eine neue Art Schmelzoͤfen an, und 1724 erſchien eine neuerfundene Angabe zur Civil - baukunſt, den Ofenheerd und Camin beyſam - men zu haben, wodurch die Haͤlfte des Holzes zu erſparen. Der beruͤhmte Prof. Lehmann zu Leipzig gab 1719 drey verſchiedene Schrif - ten deshalb herausq)Die erſte erſchien 1719 unter dem Titel: Zwey - malige Aufweiſung einer Heiz - und Siedmaſchi - ne vor Notarien und Zeugen ꝛc. wie ſolche mit großer Holzerſparung zum Sude nicht allein ge - bracht, in dem Sude beſtaͤndig und unveraͤnder - lich erhalte; 1719 4to. Die zweyte Schrift erſchien unter folgendem Titel - Verſiedung ſeiner nur auf einem 60 Ellen langen Dache gradirter Armer Sole ꝛc. vor 2 Notarien und Zeugen, Dresd. 4to.Die dritte heißt: Der Gradierhaͤuſer, Gradirdaͤ - cher, Gradirmaſchinen, Gradirroͤhren und Faͤſ -ſer. Er richtete ſein Ab -ſehen368ſehen vorzuͤglich auf die Salzſiedereyen und andere holzverzehrende Geſchaͤfte, und bemuͤ - hete ſich dadurch arme Salzquellen zu belegen, die ſonſt aus Holzmangel und Theurung lie - gen blieben; und 1754 gab er ſeine Univer - ſalholzſparkunſt heraus: und noch 1767 er - ſchien zu Frankfurt und Leipzig eine Abhand - lung von der Holzſparkunſt, von Joh. W., welches Herr Wiegand iſt. Es erſchienen noch verſchiedene Schriften uͤber die Oefen, z. E. entdeckte nuͤtzliche Oefen, welche die Zimmer warm machen, ehe der Ofen ſelbſt warm iſt, 1752. Gruͤndliche und zuverlaͤßige Nach - richt von vortheilhafter Anrichtung der Stu - benoͤfen allerley Arten 1746. Das wichtig - ſte aber iſt Leutmanns Vulcanus famulans. In den neueſten Zeiten finden ſich verſchiedene hie - her gehoͤrige Entdeckungen in dem Leipziger In - telligenzblatt von 1765, S. 127, 133, 141, 151; des Herrn D. Baumers Ofen erhielt vor allen den Preis (ſ. Intellig. 1765 S. 253). Man ſuchte Verbeſſerungen bey Obſt - und Malzdarren zu dieſem Endzwecke anzu - bringen, (ſ. Intellig. von 1763 N. 29.) bey den Brauoͤfen, wovon ſich in ebendemſelbenvonq)ſer an, unter und uͤber die Siedpfannen und ih - ren Rauchfaͤngen, Zuſammenordinirung ꝛc. maßen denn bey dieſer Arbeit der Bauung bey einerley Holze drey - und vierfache Menge des Waſſers erhitzt, zum Sude und Ausdaͤmpfen ge - bracht wird, Dresd. 1719. 4to. 369von 1766, S. 402 eine Nachricht findet. Schon im Jahre 1711 machte Andreas Gaͤrt - ner in Dresden Verſuche mit einer neuen Kunſt Bier zu brauen, wodurch viel Holz er - ſparet werden ſollte. Nach ihm erfand Hein - rich Heckelius eine Art Brauoͤfen, wobey die Haͤlfte des Holzes erſparet wurde, und mach - te die Probe an verſchiedenen Orten in Schle - ſien, davon den zweyten Verſuch die Natur -, Medicin - und Litteraturgeſchichte erwaͤhnt. Ein Mathematiker, Joh. Wenzel Koſchuben, aͤnderte viel an demſelben und erfand eine neue Art, welche in dem fuͤnften Verſuche der ge - dachten Geſchichte S. 1549 beſchrieben iſt, und der achte Verſuch giebt Nachricht von ei - ner Holzſparkunſt an den Brauoͤfen, welche der Graf zu Solms-Wildenfels, Heinrich Wilhelm, ſo wohl in ſeinem Gebiete nuͤtzlich gebraucht, als auch im Gothaiſchen, Braun - ſchweigiſchen und in andern Landen eingefuͤhrt worden.

Unter die Mittel, die man anwendete, dem Holzmangel vorzubeugen und abzuwenden, ge - hoͤret auch das Aufſuchen des Torfs und der Steinkohlen. In vielen Gegenden hatte ſchon laͤngſt die Noth beyden einen großen Werth gegeben, allein in andern waren ſie bisher nicht ſo geachtet worden. Der Herr von Carlowitz, in ſeiner Anweiſung zur wilden Baumzucht, verſichert, daß erſt im Jahre 1720 in Sach - ſen der Torf bekannt geworden, da man vor -II. Theil. A aher370her gar nichts davon gewußt habe. Er ent - deckte ſolchen, und hoffte, dadurch die Werke in Gang zu bringen, welche aus Holzmangel ſchon damals liegen blieben, und daß dadurch die Forſte wieder empor kommen koͤnnten. Er ſelbſt wendete allen Fleiß an, Verbeſſerungen bey den Torfbruͤchen einzufuͤhren, und dieſel - ben regelmaͤßiger zu betreiben. Er machte Verſuche, ihn bey den Bergwerken zu gebrau - chen, und ihn zu dem Ende zu verkohlen. Allein mit ſeinem Tode unterblieben auch die weitern Unterſuchungen in beyden; indeſſen hatte er doch hinlaͤnglich gezeigt, daß der Torf zur Feuerung und Verkohlung genutzt werden kann. Dieſe Vorſchlaͤge blieben liegen, bis im Jahre 1735 der beruͤhmte Forſtmann, Herr von Lange, in dem Blankenburgi - ſchen die Sache wieder anfieng, und den Re - geln des Herrn von Carlowitz folgte.

Herr von Carlowitz fand in dem Saͤchſi - ſchen viele Arten vom Torfe, und behauptete, der meiſte beſtehe aus einer faſerigen fettigen Materie. Man fand aber auch im den Meiß - niſchen, außer dieſem faſerigen, derben und compakten Torf.

In dem Erzgebirge zeigen ſich auf den hoͤchſten Bergen Bruͤche, worauf an 10 El - len hoch Torf ſtehet. Er bemerkte auch, daß an dergleichen Orten wenig Raſen und Holz waͤchſt. Die Grundſaͤtze, die er bey der Torf -be -371behandlung angab, waren folgende: daß der in der obern Flaͤche 2 und mehr Fuß liegen - de bloß zur Feurung, aber nicht zur Verkoh - lung diene, hingegen der darauf folgende zu der letztern Abſicht tauglich ſey. Er leitete das Entſtehen des Torfes von einem Schlam - me ab, der ſich uͤber dem Sande anlege, weil ſich unter dem Torfe gewoͤhnlich Sand finde. Bey Anlegung der Torfbruͤche rieth er an, daß man zuerſt eine gerade Wand zu bekom - men ſuche, und den Torf nicht ganz von der Flaͤche wegſteche, ſondern etwas uͤber dem Sande ſtehen laſſe, damit derſelbe wieder nach - wachſe. Nur bemerkt man, daß er in der Art des Stechens und Trocknens, wie auch in der Erhaltung des Torfs, viele Fehler begangen, wodurch die Sache koſtbar gemacht wurde; nicht weniger in der Art, wie er den Torf in Meilern verkohlen laſſen. Und dieſes war auch vermuthlich die Urſache, daß ſo viele Werke liegen blieben. Der Herr von Lange fieng, wie oben bemerkt worden, ſeine Ver - ſuche 1735 in dem Blankenburgiſchen an. Er ließ verſchiedene Arten Torf ſtechen, unter an - dern auch auf hohen Bergen; weil aber auf den letztern die Witterung gewoͤhnlich feucht iſt, ſo erfand er, zur Erhaltung des Torfs, Trockenhaͤuſer. Er gieng hierauf in daͤniſche Dienſte, wo er die Unterſuchungen in Norwe - gen weiter fortſetzte. Als er 1744 wieder nach Deutſchland kam, wurde ein Verſuch inA a 2dem372dem Wernigerodiſchen gemacht, wo man auf dem bekannten Brocken ſehr viel Torf fand. Man machte Anſtalt zum Stechen und Trock - nen, wovon noch die ſtehenden Torfhaufen Zeichniſſe ſind. Man machte in der Folge Anſtalt zum Verkohlen, und es iſt nicht zu laͤugnen, daß man es in der Anlage ohne Feh - ler, ſo weit als moͤglich geweſen, gebracht. Nachher ſtellte der Herr von Zanthier verſchie - dene Unterſuchungen daruͤber an, welche er in ſeinen Sammlungen vermiſchter Abhand - lungen uͤber das theoretiſche und praktiſche Forſtweſen ſelbſt anfuͤhrt, wo er uͤberhaupt das von mir bisher kurz angegebene weiter aus - gefuͤhret hat.

Er handelt daſelbſt im zweyten Theile im zehnten Capitel von der Entſtehung des Torfs. Er nimmt in ſeinem Syſtem vom Torfe an, daß zu Veraͤnderung in Torf, oder zu dem Ent - ſtehen deſſelben, ein beſonderes mineraliſches Waſſer gehoͤre, und bemuͤhet ſich aus Erfah - rungen zu zeigen, daß die Bruͤche ihr brenn - bares Weſen aus der mit ihr verbundenen Feuchtigkeit erhalten, und daß dieſe minera - liſche Feuchtigkeit die Urſache ſey, welche das Kraut und Holz auf ſolchen Bruͤchen an ih - rem Wachsthum hindere. Ferner macht er ſehr wahrſcheinlich, daß der Torf, obgleich ſehr langſam, wachſe, und bemerkt, daß die Torfmaterie das damit uͤberzogene Holz vor der Faͤulniß ſchuͤtze, indem man darinnen gan -ze373ze Laͤger von Holz antrifft, an denen noch die Borke ſitzt, ſo, daß man unterſcheiden kann, welche Art von Holz es ſey. Er ſetzte die ver - ſchiedenen Torfarten aus einander, und fand ſonderlich 6 Arten:

  • 1) ganz loſen und haarigten,
  • 2) compakten und roͤthlichen,
  • 3) mit Holz und Wurzeln gemiſchten,
  • 4) ſchwarzen mit erdigten Theilen,
  • 5) kupferſchuͤßigen,
  • 6) eiſenartigen.

Er iſt in Deutſchland ſehr haͤufig. Man findet ihn in einigen oͤſtreichiſchen Landen, im Bran - denburgiſchen, Weſtphaͤliſchen, Pommeriſchen, Braunſchweigiſchen, in Sachſen; nur wird er an einem Orte mehr, als an dem andern, geſchaͤtzt und aufgeſucht, nachdem der Holz - mangel merklicher oder weniger empfindlich und furchtbar iſt, oder nachdem man bey Fa - briken mehr verbraucht.

Seit dem man den Torf mehr ſchaͤtzte und aufſuchte, beſchaͤftigten ſich auch die Gelehr - ten und Naturforſcher mehr damit. In den aͤltern Zeiten thun zwar zuweilen die Minera - logen deſſelben Erwaͤhnung, und in der Fol - ge die Oekonomen: allein ſein brennbares We - ſen und die Art, ihn zu dieſem Gebrauch zuzu - bereiten, iſt ein Verdienſt der Zeiten, die die - ſe Eigenſchaft mehr zu ſchaͤtzen wußten, und alſo vorzuͤglich unſeres Jahrhunderts. Noch in der erſtern Haͤlfte deſſelben finden ſich daherA a 3ver -374verſchiedene Schriften daruͤber, mehrere aber in den neuern Zeiten. Einer der aͤlteſten Schriftſteller hieruͤber iſt Degner, in ſeinen phyſikaliſchen und chemiſchen Eroͤrterungen vom Torf und brennenden Weſen, Frankfurt 1731. Schoff de turfis, Fabricius in ſeiner Pyrotheologia, die zu Hamburg 1732 er - ſchien. Wichtiger ſind von Carlowitz in ſei - ner Siluaecultura oeconomica im 12ten Ca - pitel des zweyten Theils, eine Abhandlung in den dresdner gelehrten Anzeigen, und Muͤllers Beſchaffenheit des Torfs zum Brennen, ſo bey dem Holzmangel gut befunden worden, 1754.

In der Verkohlung der Hoͤlzer, oder viel - mehr der rechten Art dabey zu handeln und zu verfahren, glaubte man ein neues Mittel ent - deckt zu haben, dem Holzmangel vorzubeugen und die Waͤlder zu ſchonen. Sie gehoͤrt hie - her in ſo fern, in ſo weit durch gewiſſe Grund - ſaͤtze beſtimmt wird, wie man aus einer ge - wiſſen Holzmenge eine groͤßere Anzahl Kohlen durch gewiſſe Vortheile bringen kann, als nach andern eben dieſe Holzmenge giebt. Man verbeſſerte ſeit einem halben Jahrhunderte zwar vieles in dem Forſt - und Huͤttenweſen, dachte aber immer nicht an das Verkohlen, außer in den Harzwaͤldern, welche zuerſt bewieſen, wie viel mehr Kohlen aus einer beſtimmten Anzahl Holz und von beſſerer Guͤte erfolgen koͤnne. Vor - zuͤglich ſind hierinnen die Bemuͤhungen des H. Chri -375Chriſtian Boͤſen, obgleich noch die Mei - lerverkohlung verſchiedener Verbeſſerungen faͤ - hig iſt, da noch immer viel Holz dabey verlo - ren gehet, wovon eine vorzuͤgliche Urſache iſt, daß die Meilerverkohlung in freyer Luft ge - ſchiehet. Man hat verſchiedene Verſuche hier - uͤber angeſtellet. Vorher war dieſes Geſchaͤf - te bloß in den Haͤnden erfahrner Koͤhlermei - ſter, die oft gluͤcklich arbeiteten, ohne die Gruͤn - de und Urſachen zu wiſſen, daher die geringſte Veraͤnderung am Holze, Boden, Decke oder Witterung, Ausnahmen machte. Um alſo auf die richtigen Grundſaͤtze zu kommen, un - terſuchte man die ganze Arbeit vom Anfange an, und bemuͤhete ſich Regeln feſtzuſetzen, wie man ſich etwa bey nicht vermutheten Hinde - rungen zu verhalten habe. Die Schriftſteller uͤber dieſen Gegenſtand, welche dieſe Vorſicht nicht brauchten, und keine Ruͤckſicht auf ſolche Verſuche nahmen, ſind daher bey weitem nicht hinlaͤnglich in dieſem Geſchaͤfte. Einer der vorzuͤglichſten iſt noch der Herr Cammerrath Cramer, der im 12ten Capitel ſeiner Anlei - tung zum Forſtweſen von dem Verkohlen han - delt.

Der Herr von Zanthier hat hieruͤber auch verſchiedene Unterſuchungen angeſtellet. Ei - ner ſeiner Hauptvorſchlaͤge iſt, daß die Ver - kohlung in verſchloſſenen Maſchinen geſchehe, und nicht im Freyen, wie gewoͤhnlich, wobey theils viel Holz erſpart werden koͤnnte, theilsA a 4aber376aber auch die Kohlen von weit beſſerer Guͤte ſeyn wuͤrden; er glaubt viele Hinderniſſe bey der Verkohlung im Freyen zu heben, wenn die Meiler von oben angeſteckt wuͤrden, da es bisher meiſt von unten geſchiehet.

Was die Steinkohlen betrifft, ſo wurden dieſe noch in den neuern Zeiten mehr aufge - ſucht, als vorher geſchehen war. Man be - muͤhete ſich dieſelben nicht allein zum Holzer - ſatz zu benutzen, ſondern ſogar zu andern Kunſt - und Handwerksgeſchaͤften brauchbar zu machen. So dachte man vorzuͤglich dar - auf, ſie zu dem Bergbau anzuwenden, und dieſelben abzuſchwefeln oder das acidum zu benehmen, welches noch, ſo viel ich weiß, nicht ganz aufgeklaͤrt iſt. Ich kann nicht um - hin, hier eines Geheimniſſes zu erwaͤhnen, das der Herr Baron von Pfeifer beſitzt, und worauf er durch Veranlaſſung des D. Schre - bers in ſeinen Sammlungen, wie er demſelben in Privatnachrichten zugeſtanden, gekommen iſt. Er weiß naͤmlich die Steinkohlen zum Bergwe - ſen brauchbar zu machen, wozu ſie bisher wegen des acidi nicht angiengen. Er erbot ſich zur Entdeckung des Geheimniſſes gegen 4000 Thaler; ich weiß nicht, ob jemand es angenom - men, oder ob man es ſchon auf andere Art be - werkſtelliget hat. Die Gelehrten vergaßen auch dieſen Theil der Oekonomie nicht. Sie ſtellten Unterſuchungen daruͤber an, und mach -ten377ten dieſelben durch Schriften gemeinnuͤtzig; die Minerologen, Oekonomen und Rechtsge - lehrten beſchaͤftigten ſich mit ihnen. Wir er - hielten des Encelii libr. Lythantracides. Bun - tingii Silua Subterranea. Fabricius Pyro - theologie, Hamburg 1732. Kruͤger von Stein - kohlen 1742 zu Hamburg, die otia metallica im erſten Theile. Leutmann Vulcanus famu - lans. Hannoͤveriſches Magazin von 1773. S. 1343. Schauplatz der Kuͤnſte im 10ten Theile. Hofr. Medikus vom Bau auf Stein - kohlen, Manheim 1768. Wir haben in Deutſchland in vielen Gegenden dergleichen, in Sachſen, im Brandenburgiſchen, Braun - ſchweigiſchen, Heßiſchen: vorzuͤglich beruͤhmt aber ſind die im Naſſauſaarbruͤckiſchen, wo man nicht einmal noͤthig hat, ſie erſt mit dem Erdbohrer aufzuſuchen, ſondern die Kohlblu - men brechen ſelbſt zu Tage aus. Wo die be - ſten ſind, findet man weder den rothen Sand - noch Kalchſtein, noch weißen oder ſchwarzen Letten, auch keinen Baſalt, wie in der Naͤhe der Heßiſchen auf dem Habichtswalde und Weißner, wiewohl dieſes mehr Holz - und Thaukohlen ſind, wie die bey Wettin. Man findet daſelbſt auch