Zweytes Buch. Die Rechtsverhältniſſe. Drittes Kapitel. Von der Entſtehung und dem Unter - gang der Rechtsverhältniſſe.
Quellen:
Schriftſteller:
Die Schenkung erſcheint auf den erſten Blick als ein ganz einzelnes Rechtsgeſchäft, eben ſo wie der Kauf oder Tauſch; daher muß es Anſtoß erregen, wenn ſie hier in die gemeinſame Betrachtung der Rechtsgeſchäfte überhaupt aufgenommen wird. Betrachten wir zuvörderſt die Stel - lung, die man ihr anderwärts angewieſen hat.
Juſtinians Inſtitutionen ſetzen ſie unter die Erwer - bungsarten des Eigenthums(a)Inst. II. 7. Dieſelbe Stel - lung giebt ihr Hofacker § 987.; offenbar einſeitig und willkührlich. Denn erſtlich giebt nicht ſie allein Eigen - thum, ſondern ſie in Verbindung mit der Tradition, wel - cher ſie allerdings als justa causa dienen kann, aber nicht mehr und nicht weniger als der Kauf; ſoll alſo ſie des - halb als ein Stück der Lehre vom Eigenthum betrachtet werden, warum nicht eben ſo der Kauf, und viele andere Verträge? Zweytens iſt auch nicht Eigenthum das ein - zige Mittel, eine Schenkung zu bewirken; Uſusfructus, Emphyteuſe, ein bloßes Verſprechen durch Vertrag, der Erlaß einer Schuld — alle dieſe Handlungen können eben ſo gut als das Eigenthum zu einer Schenkung dienen, und es iſt alſo bey jedem dieſer Rechtsinſtitute eben ſo viel Grund vorhanden, als bey dem Eigenthum, die Schen - kung als einen Beſtandtheil deſſelben zu behandeln. — Die meiſten Neueren ſtellen die Schenkung unter die obligato - riſchen Verträge(b)Thibaut § 559. Heiſe B. 3 § 207. Mühlenbruch § 440. Mackeldey § 421.; offenbar eben ſo einſeitig, da das3§. 142. Schenkung. Einleitung.Eigenthum, der Uſusfructus u. ſ. w., eben ſo gut als ein ſolcher Vertrag, eine Schenkung enthalten können. — Do - nellus trägt dieſe Lehre ſtückweiſe vor, an mehreren Stel - len ſeines Syſtems; am ausführlichſten bey dem Wider - ruf wegen Undankbarkeit, alſo gerade bey der unbedeu - tendſten Beziehung, die ſich dafür auffinden läßt.
Woher kommen nun dieſe verſchiedenen Stellungen, die nur darin überein treffen, daß ſie alle gleich unbegründet und unbefriedigend ſind? Sie kommen daher, daß man überall von der falſchen Vorausſetzung ausgeht, die Schen - kung ſey ein einzelnes Rechtsgeſchäft, anſtatt daß ſie in der That ein allgemeiner Character iſt, welchen die aller - verſchiedenſten Rechtsgeſchäfte annehmen können. Das iſt der Grund, warum ich ſie hierher geſtellt habe, in den allgemeinen Theil, an die Seite des Vertrags, welchem ſie durch die Allgemeinheit ihrer Natur, und durch die Mannichfaltigkeit ihrer Anwendungen, gleichartig iſt(c)Der Unterſchied iſt nur der, daß der Vertrag in allen Arten der Rechtsverhältniſſe vorkommen kann, die Schenkung lediglich bey den Verhältniſſen des Vermögens - rechts. Wollte man alſo recht ſub - til verfahren, ſo müßte man ſie nicht in den allgemeinen Theil des geſammten Privatrechts ſetzen, ſondern in einen für das Ver - mögensrecht allein zu bildenden allgemeinen Theil; die hier ge - wählte Stellung ſcheint mir ein - facher, und ein Misverſtändniß kann daraus nicht hervorgehen. — Ich freue mich, für dieſe Stel - lung auch ſchon einen Vorgän - ger angeben zu können: Puchta Syſtem des gemeinen Civilrechts München 1832 § 35, und: Lehr - buch der Pandekten Leipzig 1838 § 53. Indeſſen zweifle ich nicht, daß Viele, ſelbſt wenn ſie die oben aufgeſtellten Gründe anerkennen, dennoch an der von mir gewähl - ten Anordnung Anſtoß nehmen werden, hauptſächlich weil dadurch die äußere Symmetrie geſtört wird. Wäre an dieſer Stelle eine kurze Überſicht der Lehre von der.
1*4Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.Schenkung nämlich iſt jedes Rechtsgeſchäft, wenn es folgende Eigenſchaften in ſich vereinigt. Es muß ſeyn ein Geſchäft unter Lebenden; es muß Einen bereichern, da - durch daß ein Anderer Etwas verliert; endlich muß der Wille dieſes Andern auf jene Bereicherung durch eignen Verluſt gerichtet ſeyn. Schon aus dieſer vorläufigen Auf - ſtellung des Begriffs erhellt, daß zu jeder Schenkung noth - wendig Zwey Perſonen gehören. Die neueren Juriſten gebrauchen dafür den ächten Ausdruck Donator, und den unächten Donatarius, für welchen letzten die Römer ſtets Umſchreibungen anwenden (is cui donatum est u. ſ. w.). Ich werde jene Perſonen als den Geber und den Em - pfänger (oder auch den Beſchenkten) bezeichnen.
Damit iſt nun zunächſt nur ein willkührlicher Begriff aufgeſtellt, aber nicht das Bedürfniß nachgewieſen, dieſen Begriff zur Grundlage eines Rechtsinſtituts zu machen. Wir könnten, ſo ſcheint es, jede andere mögliche Eigen - ſchaft der Rechtsgeſchäfte hervorheben, einen Kunſtaus - druck dafür erfinden, und ein beſonderes Rechtsinſtitut(c)Schenkung gegeben worden, ſo würden ſie vielleicht Nichts dage - gen einzuwenden haben, während ihnen eine ſo ausführliche Dar - ſtellung, wie man ſie nur im ſpe - ciellen Theil des Syſtems erwar - tet hätte, anſtößig erſcheinen wird. Dieſe aber bitte ich zu erwägen, daß eine ſolche kurze Überſicht nur in der ausführlichen Darſtellung ihre Rechtfertigung finden kann, und wenn auf dieſe Rechtferti - gung nicht allzu lange gewartet werden ſollte, ſo hätte dieſelbe in einer Beylage zu dieſem Bande geliefert werden müſſen. Wer aber einmal dieſe Einrichtung als unerläßlich zugiebt, wird ſich auch wohl gefallen laſſen, daß die Bey - lage auf einfachere Weiſe in das Syſtem ſelbſt aufgenommen wer - de, mag auch dadurch die Sym - metrie einige Verletzung erleiden.5§. 142. Schenkung. Einleitung.darauf gründen; ſo z. B. könnten wir die der Schenkung gerade entgegengeſetzten Geſchäfte (die man die oneröſen nennt) auf gleiche Weiſe behandeln. Warum geſchieht dieſes nicht, während die Schenkung für ein beſonderes Rechtsinſtitut gelten ſoll? Der Grund liegt darin, daß an die Schenkung (ſo wie ihr Begriff vorläufig feſtgeſtellt iſt) gewiſſe ganz poſitive Regeln des Römiſchen Rechts angeknüpft ſind, um derenwillen es wichtig iſt, den Begriff derſelben mit der groͤßten Schärfe zu beſtimmen und zu begränzen. Dieſe Rechtsregeln ſind folgende:
1) Die Schenkung iſt von alter Zeit her auf mancher - ley Weiſe eingeſchränkt, und beſonders durch poſitive For - men der Willenserklärung erſchwert worden. So ſehr nun dieſe Einſchränkungen und Formen gewechſelt haben, ſo war doch die allgemeine Natur und der Zweck derſelben ſtets unverändert, und es war ſtets dieſelbe Schenkung, worauf in dieſer Weiſe eingewirkt werden ſollte(d)Bey der Beurtheilung der Rechtsgeſchäfte iſt die vollkom - mene Freyheit des individuellen Willens als Regel anzuſehen. Davon hat das Römiſche Recht nur in wenigen Fällen Ausnah - men gemacht, wo eine beſondere Gefahr des Misbrauchs jener Freyheit vorhanden ſchien. Es gehören dahin die Wuchergeſetze, wegen der gefürchteten Bedrük - kung der armen Schuldner; das Sc. Vellejanum, wegen der na - türlichen Abhängigkeit des weib - lichen Geſchlechts; das Sc. Ma - cedonianum, damit nicht die Ver - ſchwendungsſucht der Kinder durch Wucherer Nahrung erhielte; end - lich die Einſchränkung der Schen - kungen im Allgemeinen, und das gänzliche Verbot derſelben unter Ehegatten, weil gerade bey der Schenkung der gutmüthige, arg - loſe Leichtſinn durch den beſon - nenen Eigennutz in beſondern Nachtheil kommen kann, mehr als bey Geſchäften anderer Art..
2) Die Schenkung iſt unter Ehegatten unmöglich, an -6Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.ſtatt daß alle andere Rechtsgeſchäfte unter denſelben zuge - laſſen werden.
3) Die Schenkung kann in gewiſſen Fällen, aus be - ſonderen Gründen, widerrufen werden, anſtatt daß andere Rechtsgeſchäfte in denſelben Fällen unwiderruflich bleiben.
Nunmehr läßt ſich von der praktiſchen Seite der Be - griff ſo beſtimmen: Schenkung heißt jedes Rechtsgeſchäft, bey welchem die angegebenen drey Rechtsregeln zur An - wendung kommen. Denn gerade um dieſer, und nur um dieſer, Rechtsregeln willen iſt es nöthig, Dasjenige, was wir oben als Schenkung angaben, als ein eigenthümliches Inſtitut aufzufaſſen, und in ſeinen Gränzen ſcharf zu be - ſtimmen(e)Gewöhnlich nimmt man noch andere praktiſche Beziehun - gen der Schenkung an, aber mit Unrecht. Die Schenkung nämlich liegt außer den Gränzen gewöhn - licher Vermögensverwaltung, eben ſo aber auch manches Andere, ſo daß hier ihre Eigenthümlichkeit nicht ausſchließend in Betracht kommt. So ſoll der filiusfami - lias, ſelbſt wenn ihm ein Pecu - lium mit freyer Verwaltung ge - geben iſt, dennoch nicht ſchenken dürfen (L. 7 pr. de don. 39. 5.). Allein er kann auch nicht manu - mittiren (L. 13 de j. patron. 37. 14. ), auch nicht durch Delicte den Vater verpflichten (L. 3 § 12 de pecul. 15. 1. ), welche Hand - lungen doch keine Schenkungen ſind. Umgekehrt iſt hier das Ver - bot der Schenkung nicht abſolut, ſondern der Vater kann auch dieſe geſtatten (L. 7 § 2. 3 de don. 39. 5. ); es heißt alſo nur ſo viel, daß in der unbeſtimmt gegebenen freyen Verwaltung die Erlaubniß zu ſchenken noch nicht mit ent - halten iſt, und es iſt daher nur eine Interpretationsregel. — Eben ſo ſoll dem minderjährigen Grund - eigenthümer niemals die Schen - kung des Grundſtücks durch De - cret erlaubt werden, ſelbſt wenn er für volljährig erklärt iſt. L. 3 C. si major. (5. 74.). — Ferner hatte die L. Cincia den Advoca - ten verboten, irgend ein Geſchenk für ihre Dienſtleiſtung anzuneh - men. Dieſes fällt im neueren Recht weg, erſcheint auch nicht mehr als reine Schenkung. — Das angebliche Verbot einer Schenkung des Vaters an ſeine. — Unter dieſen drey praktiſchen Beziehungen7§. 142. Schenkung. Einleitung.der Schenkung iſt es vorzugsweiſe die zweyte, welche den alten Juriſten zur genauen Ausbildung des Begriffs der Schenkung Veranlaſſung gegeben hat. Denn was die Ein - ſchränkungen und Formen (alſo die erſte Beziehung) be - trifft, ſo war das alte Recht der Lex Cincia auf ſo po - ſitive Weiſe beſtimmt, daß daneben die ſorgfältige wiſſen - ſchaftliche Entwicklung des Schenkungsbegriffs als ein ge - ringeres Bedürfniß erſchien(f)Nach der Lex Cincia und ihren Entwicklungen wurde die Mancipation oder Tradition, und in jedem Fall auch noch die Über - tragung des Interdictenbeſitzes er - fordert; dadurch waren ſchon von ſelbſt die meiſten Fälle abgeſchnit - ten, in welchen das Daſeyn wah - rer Schenkung bezweifelt, und da - her eine ſubtile Beſtimmung des Begriffs nöthig gefunden werden kann. Anders verhält es ſich mit dem neueren Recht, welches (bey großen Schenkungen) die Inſi - nuation, und nur dieſe, fordert. Dabey können dieſelben Zweifel und Bedürfniſſe, wie bey der Schenkung unter Ehegatten, vor - kommen; man fand aber für die - ſen Zweck neue Beſtimmungen über den Begriff der Schenkung nicht nöthig, weil dafür durch die ſubtilen Unterſuchungen der alten Juriſten über die Schenkung un - ter Ehegatten bereits geſorgt war. Überdem mögen Jene auch bey Gelegenheit der Lex Cincia zu - weilen ähnliche Unterſuchungen, wie bey der Schenkung unter Ehe - gatten, angeſtellt haben; ſolche Stellen aber konnten faſt nie - mals in die Digeſten aufgenom - men werden, weil ſie mit dem im Ganzen antiquirten Rechtsinſtitut unzertrennlich verbunden waren; dennoch finden ſich noch manche derſelben, wie z. B. L. 11 L 23 pr. de don. (39. 5.).; der Widerruf endlich iſt niemals von großer Erheblichkeit geweſen, beſonders aber(e)Kinder in potestate erſtreckt ſich in der That auf alle Veräuße - rungen überhaupt. L. 2 pr. de contr. emt. (18. 1. ), L. 14 § 3 de in diem addict. (18. 2.). — Die L. Julia repetund. hatte die Geſchenke an Magiſtrate verbo - ten. (L. 8 ad L. Jul. repet. 48. 11.). Dieſes fällt im heutigen Recht weg, und war auch ſchon bey den Römern auf mancherley Weiſe modificirt und weiter aus - gedehnt worden. L. un. §. 1. 2 C. de contract. judicum (1. 53.). — Beſonders ausgedehnt finden ſich jene praktiſche Beziehungen bey Meyerfeld Abſchnitt V. und VI. 8Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.erſt nach dem Zeitalter der alten Juriſten durch Kaiſer - conſtitutionen ausgebildet worden. Daraus iſt der täu - ſchende Schein entſtanden, als ob der von den alten Ju - riſten ſo ſorgfältig durch ſcharfe Gränzen beſtimmte Be - griff der Schenkung blos bey dem Verbot unter Ehegat - ten Anwendung finde, da er doch in der That allgemein iſt, und eben ſo bey der Anwendung der Inſinuation und des Widerrufs zum Grund gelegt werden muß(g)Die Lehre von der Schen - kung unter Ehegatten dreht ſich großentheils um den Punkt, daß das Verbot nur gelte, wenn zu - gleich der Eine pauperior, der Andere locupletior werde. Das nehmen denn die Neueren ſo, als ob es außer dem Begriff der Schenkung ſelbſt läge, und blos zu den beſonderen Bedingungen jenes Verbots gehörte. We - stenberg XXIV. 1 § 10. Müh - lenbruch § 545. So iſt es aber nicht, vielmehr gehören jene Merk - male zur vollſtändigen Beſtim - mung des Begriffs wahrer, ei - gentlicher Schenkung überhaupt, und ſind alſo ohne Zweifel auch bey der Inſinuation und dem Wi - derruf zu beachten. Jene Anſicht hat eine ſcheinbare Beſtätigung in dem Ausdruck mancher Stel - len des R. R.; dieſer erklärt ſich aber aus dem bey den Römern ſelbſt vorkommenden zwiefachen Sprachgebrauch, wovon im § 143 die Rede ſeyn wird..
Indem nun aber hier die negative Seite der Schen - kung (ihre Einſchränkungen) an die Spitze geſtellt wird, ſoll damit der poſitiven Seite derſelben weder das Da - ſeyn, noch die Wichtigkeit abgeſprochen werden. Dieſe poſitive Seite beſteht darin, daß die Schenkung, als justa causa der Tradition, unmittelbar Eigenthum geben, oder als Titel eine Uſucapion begründen kann; ferner daß ſie als causa jede obligatoriſche Bereicherung zu einem gülti - gen, unanfechtbaren Rechtsgeſchäft machen kann, anſtatt daß, in Ermanglung einer wahren causa, eine Verände -9§. 143. Schenkung. Einleitung. (Fortſetzung.)rung dieſer Art, ſelbſt wenn dabey eine gehörige Form beobachtet iſt, durch Condictionen hinterher entkräftet wer - den kann. Dieſes Alles iſt wahr und wichtig; es hätte aber niemals eine ausführliche Theorie der Schenkung, und insbeſondere eine ſubtile Begränzung ihres Begriffs, zur genauen Unterſcheidung deſſen, was Schenkung iſt, von dem, was es nicht iſt, nöthig gemacht. Dieſes Be - dürfniß iſt lediglich durch die negative Seite der Schen - kung herbeygeführt worden, das heißt durch ihre, auf be - ſondere Rechtsregeln gegründete, Einſchränkungen.
Bevor aber die Elemente jenes Rechtsbegriffs einzeln erwogen werden, iſt es nöthig, den Sprachgebrauch ge - nauer feſtzuſtellen. Die Grundlage des Begriffs iſt von Seiten des Gebers das der einzelnen Handlung zum Grund liegende uneigennützige Wohlwollen(a)Ich ſage: der einzelnen Handlung. Denn mag auch die eigennützige Abſicht im Hinter - grund liegen, des Andern Wohl - wollen durch unſre gegenwärtige Freygebigkeit zu erwerben, und daraus in der Folge größeren Vortheil zu ziehen, ſo wird doch dadurch die Natur der einzelnen, für ſich betrachteten, Handlung nicht verändert., zu deſſen allgemei - ner Bezeichnung die Ausdrücke beneficium, liberalitas, zu - weilen auch officium, gebraucht werden(b)Viele Stellen ſind geſam - melt bey Meyerfeld § 1 und § 7. — Officium hat dieſe Be -. Das Ge - meinſame dieſer Handlungen beſteht darin, daß der Han -10Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.delnde lediglich des Andern utilitas oder commodum be - zweckt, gar nicht ſein Eigenes(c)Dieſe Ausdrücke finden ſich in L. 5 § 2 commod. (13. 6. ), L. 108 § 12 de leg. 1 (30. un. ), und zwar in unmittelbarer An - wendung auf den von dem Schuld - ner zu leiſtenden Grad der Culpa.. Jede Schenkung iſt alſo eine ſolche Liberalität, aber nicht umgekehrt. Viel - mehr wird dieſer allgemeinere Ausdruck auch gebraucht bey jeder Gefälligkeit oder Dienſtleiſtung, z. B. bey der unentgeldlichen Aufbewahrung einer Sache; eben ſo auch bey der Emancipation eines Kindes. In allen ſolchen Fällen aber iſt nicht von Schenkung die Rede, weil der Handelnde Nichts aus ſeinem Vermögen weggiebt, ge - wöhnlich auch der Andere Nichts erwirbt. Dennoch iſt jener umfaſſendere Begriff nicht ohne juriſtiſchen Einfluß, denn in der Lehre von der Culpa knüpft ſich daran bey den Obligationen, welche bonae fidei ſind, die wichtige Folge, daß der Schuldner, der ſich in dieſem uneigennützi - gen Verhältniß befindet, nicht für jede gewöhnliche Culpa haftet, ſondern nur für den Dolus und was dieſem gleich geachtet wird (Note c); aus dieſem Grund iſt namentlich der Depoſitar nicht für die gewöhnliche Culpa verant - wortlich. Nur mit dem poſitiven Recht der Schenkung darf jener umfaſſende Begriff nicht ohne nähere Beſtim - mungen in Verbindung gebracht werden.
Von der Seite des Empfängers liegt der Schenkung zum Grunde die Bereicherung deſſelben. Jeder Erwerb(b)deutung in L. 1 § 4 mand. (17. 1. ), L. 17 § 3 comm. (13. 6.). Außerdem heißt es in den Rechts - quellen ſo viel als Geſchäft, oder auch Pflicht.11§. 143. Schenkung. Einleitung. (Fortſetzung.)eines Rechts, ſey es Eigenthum oder Schuldforderung, welcher unentgeldlich, alſo ohne eigene Aufopferung, ge - ſchieht, ſo daß der Schuldner ſchon durch die Natur die - ſes Erwerbs(d)Nämlich auch durch einen wohlfeilen Kauf wird allerdings der Käufer reicher, da es aber nicht in der allgemeinen Natur des Geſchäfts, ſondern in den zu - fälligen Umſtänden des einzelnen Falles liegt, ſo wird deshalb nie - mals der vortheilhafte Kauf eine Iucrativa causa genannt. reicher wird, heißt lucrativa causa(e)So bey erworbenem Ei - genthum: L. 13 § 5 de act. emti (19. 1. ), L. 4 § 29. 31 de doli exc. (44. 4. ), L. 7 § 3 de public. (6. 2. ) — Bey Obligationen: L. 17. 19 de O. et A. (44. 7. ), L. 108 § 4 de leg. 1 (30. un.). — Es heißt auch lucrativa adquisitio, ja ſelbſt lucrativa res. L. 4 § 31 de doli exc. (44. 4. ), Paulus V. 11 § 5. — Eine nicht hierher ge - hörende Nebenbedeutung von lu - crativa causa, oder lucrifaciendi causa possidere u. ſ. w. iſt die der unredlichen Gewinnſucht. So bey dem Diebſtahl. L. 1 § 3 L. 54 § 1 de furtis (47. 2.). Eben ſo bey der alten pro herede usu - capio. Gajus II. § 56. 57. L. 2 § 1 pro her. (41. 5. ), L. 5. L. 33 § 1 de usurp. (41. 3.).. Die Neueren pflegen, im Gegenſatz derſelben, die Erwer - bungen, welche nicht unentgeldlich geſchehen, als onerosa causa zu bezeichnen, aber nicht richtig, da onerosum bey den Römiſchen Schriftſtellern nur das Läſtige, Unbequeme bezeichnet, welcher Begriff von jenem ſehr verſchieden iſt(f)Brissonius v. Onerosus. Wer eine Sache, die ihm unbrauch - bar iſt, theuer verkauft, wird dar - über ſehr vergnügt ſeyn, und kein Römer würde ſein Geſchäft ein onerosum negotium nennen; nach dem Sprachgebrauch der Neueren iſt es allerdings ein ſol - ches, weil er doch das Eigenthum der Sache weggiebt.. — Daher iſt denn in jeder Schenkung zugleich eine lucrativa causa enthalten, aber nicht umgekehrt, indem es dabey ſehr oft an einer Perſon welche ſchenkt, alſo auch an der Abſicht zu ſchenken, gänzlich fehlt. In unſren Rechtsquellen wird als lucrativa causa, außer der Schen -12Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.kung, auch das Legat, das Fideicommiß, desgleichen die teſtamentariſche und geſetzliche Erbfolge, bezeichnet(g)L. un. C. de impon. lu - crat. descr. (10. 35. ), L. 108 § 6 de leg. 1 (30. un. ), L. 83 § 6 de V. O. (45. 1.). (In die - ſer letzten Stelle dürfen die Worte: sed [et] si heres exstitero nicht als Gegenſatz der lucrativa causa verſtanden werden, ſondern als Übergang zu einem einzelnen Fall der Anwendung, in welchem Sinn sed oft vorkommt. ) — Bey Erb - ſchaften bezieht ſich dieſes auf ihre gewöhnliche, regelmäßige Natur, nach welcher ſie den Erben in der That zu bereichern pflegen. Wenn im einzelnen Fall das erbſchaft - liche Vermögen durch Schulden abſorbirt iſt, oder der Erbe einen früher Berufenen zum Ausſchla - gen der Erbſchaft durch eine Geld - ſumme bewogen hat, ſo heißt der Erwerb nicht lucrativ. L. 2 § 1 si quis omissa (29. 4.). „ … Mihi videtur humanior esse haec sen - tentia, ut possessor hereditatis prior excutiatur, maxime si lu - crativam habet possessionem.” Alſo kann des Erben Beſitz doch auch einen nicht lucrativen Cha - racter haben., ob - gleich das Legat nur uneigentlich, die Erbſchaft niemals donatio genannt wird. Eben ſo würde kein Römiſcher Juriſt Bedenken getragen haben, den Erwerb durch Jagd, durch Beute, durch das Finden eines Schatzes oder einer herrenloſen Sache, als lucrativa causa zu bezeichnen, und doch iſt dabey an donatio gewiß nicht zu denken. — Wenn in den Fällen, worin die lucrativa causa in der That auf einer donatio beruht, der Gegenſatz derſelben bezeichnet werden ſoll, ſo werden dazu die Ausdrücke negotium, con - trahere, obligare gebraucht(h)L. 18 de don. (39. 5. ), L. 3 § 1 de O. et A. (44. 7. ), L. 9 pr. de cond. causa data (12. 4. ), L. 24 § 4 sol. matr. (24. 3.). — Meyerfeld § 3..
Hier ſind alſo Zwey andere mögliche Eigenſchaften von Rechtsgeſchäften angegeben worden, Liberalität auf der einen Seite, unentgeldlicher Erwerb auf der andern; jede13§. 143. Schenkung. Einleitung. (Fortſetzung.)derſelben iſt der Schenkung verwandt, aber jede für ſich viel allgemeiner als die Schenkung. Treffen nun beide Eigenſchaften in einem und demſelben Geſchäft zuſammen, ſo bildet ihre Vereinigung ungefähr das, was wir oben Schenkung nannten, und als Bedingung der Anwendung von drey ganz poſitiven, die Schenkung betreffenden, Rechts - regeln angaben. Ich ſage: ungefähr; denn allerdings muß noch Manches als nähere Beſtimmung hinzukommen, wenn jene Regeln anwendbar ſeyn ſollen, und dieſes ſoll eben durch die folgende Entwicklung des Begriffs der Schen - kung vollſtändig dargeſtellt werden. Wie verhält ſich aber dazu der Römiſche Ausdruck donatio? Dieſer war nicht erſt für juriſtiſche Zwecke erfunden, ſondern aus dem täg - lichen Leben herüber genommen, und die Unbeſtimmtheit, in welcher er hier gebraucht wurde, gieng auch in den Sprachgebrauch der Juriſten über. So wird in den mei - ſten Stellen das Wort donatio ohne ſtrenge Rückſicht auf die Anwendbarkeit jener Rechtsregeln gebraucht, und dann nur hinzugefügt, wie diejenige donatio beſchaffen ſeyn müſſe, worin jene Regeln gelten ſollen(i)So Ulpian in L. 5 § 8 — 18 de don. int. vir. (24. 1. ), Pom - ponius in L. 18 L. 31 § 1 eod., L. 3 pro don. (41. 6. ), Teren - tius Clemens in L. 25 de don. int. vir. (24. 1. ), und Modeſtin in L. 23 pr. de don. (39. 5. ); eben ſo noch viele Andere, deren Stellen gelegentlich angegeben werden ſollen.. Dieſe engere juriſtiſch allein wichtige, donatio wird dann, bey wirkli - cher Anwendung jener Regeln, in Ermanglung eines ſpe - ciellern Kunſtausdrucks, als donatio jure civili impedita,14Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.oder als non concessa donatio bezeichnet(k)L. 5 § 18 de don. int. vir. (24. 1. ) von Ulpian, und L. 6 eod. von Gajus.. Andere Stel - len dagegen beſchränken ſelbſt den Ausdruck donatio auf die Fälle, worin jene poſitive Regeln anwendbar ſind, ſo daß ſie in allen anderen Fällen das Daſeyn der donatio überhaupt verneinen(l)Ulpian in L. 21 pr. de don. int. vir. (24. 1. ) (non locuple - tior, nulla donatio, non inter - dictum, ſind hier gleichbedeutend). — Pomponius in L. 31 § 6. 7 eod. „ Quod vir uxori in diem de - bet, sine metu donationis prae - sens solvere potest,” d. h. er hat nicht zu befürchten, daß es als donatio angeſehen werden möchte. Und nachher: Quod legaturus mihi .. es, potes rogatus a me uxori meae relinquere, et non videtur ea esse donatio;” die Abſicht zu ſchenken war hier doch vorhanden, auch wird in L. 5 § 13. 14 eod. ganz derſelbe Fall von Ulpian wirklich donatio ge - nannt, und nur für unverboten erklärt. (Daß Pomponius und Ulpian bald dieſen ſtrengeren Sprachgebrauch haben, bald den freyeren, Note i, iſt kein Ein - wurf, da ſie jenen und dieſen in verſchiedenen Fällen der Anwen - dung beobachten, alſo freylich ohne ganz ſtrenge Conſequenz). — Eben ſo, wie hier Pomponius, ſagt Ga - jus in L. 11 de don. (39. 5.). „ Cum de modo donationis quae - ritur, neque partus nomine, ne - que fructuum, neque pensio - num, neque mercedum ulla donatio facta esse videtur.” Die Bereicherung erſtreckt ſich auch auf die Früchte, und ſelbſt die beſtimmte Abſicht des Gebers kann auf dieſe mit gerichtet ſeyn; dennoch ſind die Früchte nicht un - ter dem Verbot großer Schen - kungen (modus donationis, nach L. Cincia) mit begriffen. Die - ſen unbeſtrittenen Satz drückt alſo Gajus ſo aus: neque ulla donatio facta esse videtur, an - ſtatt daß in dem völlig gleichen Fall Ulpian (L. 17 de don. int. vir. ) ſagt: „ fructus quoque, ut usuras, licitam habere dona - tionem.” Gajus alſo ſagt, es ſey keine Schenkung, Ulpian: es ſey eine Schenkung, aber eine unverbotene. — Eben ſo Papi - nian in L. 18 quae in fraud. (42. 8.). „ Si pignus vir uxori, vel uxor viro remiserit: verior sententia est nullam fieri do - nationem existimantium.” Li - beralität des Gebers und Vor - theil des Empfängers wird hier meiſt vorhanden ſeyn, es fehlt nur im juriſtiſchen Sinn an ei - nem pauperior und einem lo - cupletior, gerade wie in den Fäl - len, worin dennoch Ulpian (Note i). Nach dieſen unzweifelhaften That -15§. 143. Schenkung. Einleitung. (Fortſetzung.)ſachen ſind wir genöthigt, bey den Römern ſelbſt einen zwiefachen Sprachgebrauch anzunehmen, indem ſie das Wort donatio bald (und am häufigſten) in einem weite - ren, bald in einem engeren Sinn genommen haben. Je - ner weitere Sinn knüpfte ſich zunächſt an den Sprachge - brauch des täglichen Lebens, welcher jede Liberalität als donatio zu bezeichnen pflegte, ohne ſich in juriſtiſche Gränz - beſtimmungen einzulaſſen; er fand aber auch zuweilen eine juriſtiſche Anwendung, da wo es darauf ankam die po - ſitive Seite der Schenkung hervorzuheben (§ 142). Der engere Sinn dagegen bezog ſich auf die der Schenkung eigenthümlichen einſchränkenden Rechtsregeln, das heißt auf die negative Seite derſelben, welche allein eine ſubtile Be - ſtimmung ihres Begriffs und ihrer Gränzen nöthig macht.
Nachdem wir ſo den Wortſinn hinreichend beſtimmt ha - ben (welches für das Verſtändniß der Quellen nöthig war), können wir dieſen fortan auf ſich beruhen laſſen. Nichts hindert uns, dem Deutſchen Ausdruck Schenkung denje - nigen Umfang anzuweiſen, der unſrem wiſſenſchaftlichen Zweck der angemeſſenſte iſt, das heißt ihn in jenem enge - ren, eigentlichen Sinn zu gebrauchen, da er die ausſchlie - ßende Anwendbarkeit der poſitiven Rechtsregeln für die Schenkung bezeichnet. Wichtig und unerläßlich iſt nur die Anerkennung dieſes engeren Begriffs ſelbſt, welcher jenen(l)den Ausdruck donatio gebraucht. — Eben ſo Celſus (bey Ulpian) L. 5 § 15 de don. int. vir. 24. 1.). — Die Verſchiedenheit des Sprach - gebrauchs in allen dieſen Stellen iſt unverkennbar.16Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.Rechtsregeln gemeinſchaftlich, bey der Inſinuation und dem Widerruf, eben ſo wie bey der Schenkung unter Ehegat - ten, anwendbar iſt (§ 142. g); in dem Sprachgebrauch können wir uns Verſchiedenheiten noch eher gefallen laſſen.
Was hier über die allgemeine Natur der Schenkung und über ihre Bezeichnung geſagt worden iſt, läßt ſich nicht beſſer zur Anſchauung und Überzeugung bringen, als durch die Vergleichung mit der ſehr ähnlichen Lehre vom Beſitz. Auch der Beſitz hat eine natürliche Beziehung, als dasjenige factiſche Verhältniß, welches dem Eigenthum, als einem Rechtsverhältniß, entſpricht, alſo den Inhalt des Eigenthums bildet. Dieſe natürliche Beziehung aber würde niemals auf das Bedürfniß geführt haben, eine Theorie des Beſitzes auszubilden. Ein ſolches Bedürfniß entſtand, als man an das Daſeyn des Beſitzes poſitive Wirkungen knüpfte, die ganz außer jener natürlichen Be - ziehung lagen: die Uſucapion und die Interdicte. Nun wurde es nöthig, den Begriff, Erwerb, Verluſt des Be - ſitzes genau zu beſtimmen, um zu wiſſen, wer auf die In - terdicte und die Uſucapion Anſpruch haben könne. Was für den Beſitz die Interdicte und die Uſucapion, das iſt für die Schenkung die Inſinuation, das Verbot in der Ehe, und der Widerruf. Bey dem Beſitz gab es dane - ben mehrere nur ſcheinbare Rechtswirkungen, die in der That außer den Gränzen dieſes eigenthümlichen Rechtsin - ſtituts liegen(m)Die unächten beatitudines possessionis. Vgl. Savigny Recht des Beſitzes § 3.; eben ſo in der Schenkung die Unzuläſ -17§. 143. Schenkung. Einleitung. (Fortſetzung.)ſigkeit bey dem Peculium und bey den Grundſtücken des Minderjährigen (§ 142. e). Der Beſitz in ſeiner natür - lichen Beziehung und Ausdehnung heißt Possessio; als Grundlage jener poſitiven Rechtsinſtitute heißt er auch Possessio, und nun in einem engeren Sinn, ſo daß im Gegenſatz andere Fälle geradezu als non possidere be - zeichnet werden. Will man dieſen engeren Sinn ſcharf bezeichnen, ſo heißt es auch wohl possessio quae locum habet in interdicto uti possidetis vel utrubi, oder ad usu - capionem possidere(n)Savigny a. a. O. § 7.. Bey dem Beſitz alſo iſt der zwie - fache Sprachgebrauch, den ich für die Schenkung be - haupte, völlig unzweifelhaft, und der Unterſchied liegt nur darin, daß derſelbe dort von den alten Juriſten mehr ausgebildet, und durch genauere Bezeichnungen (naturalis, civilis) ſchärfer beſtimmt worden iſt. Bey dem Beſitz aber, wie bey der Schenkung, iſt das Wichtigſte, nicht den richtigen Sprachgebrauch feſtzuhalten, ſondern bey allen Unterſuchungen über den Begriff und die wahren Gränzen des Rechtsinſtituts, nie die praktiſche Beziehung auf die damit verknüpften poſitiven Rechtsregeln aus den Augen zu verlieren, weil außerdem jene Unterſuchungen entweder leer oder unwahr ausfallen.
Erſt jetzt läßt ſich deutliche Rechenſchaft ablegen von der Stellung, welche dieſer Lehre der neueſte Schriftſtel - ler über die Schenkung zu geben verſucht hat(o)Meyerfeld I. S. 26 fg. S. 89 — 92. S. 425. 426.. ErIV. 218Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.claſſificirt die Veränderungen im Vermögensrecht folgen - dergeſtalt. Sie geſchehen entweder donandi animo, oder ob causam, welche letzte entweder eine vergangene iſt (so - lutio), oder eine gegenwärtige (permutatio), oder eine zu - künftige (creditum). Als allgemeine Betrachtung mag Die - ſes ſeinen Werth haben, ſo wie man es zur Grundlage einer ſyſtematiſchen Darſtellung machen will, wird es un - fruchtbar und irre führend. Dieſe nicht abzuläugnende allgemeine Beziehung der Schenkung, die ich oben als ihre poſitive Seite bezeichnet habe (§ 142), hätte eine ſpe - cielle Theorie für dieſelbe eben ſo wenig nöthig gemacht, als für den Beſitz deſſen allgemeine, natürliche Beziehung zum Eigenthum; beide Theorien ſind nur nöthig geworden durch die poſitiven Rechtsregeln, die nun das praktiſche Weſen des Beſitzes und der Schenkung ausmachen; bey Meyerfeld nehmen dieſe poſitive Regeln den falſchen Schein zufälliger, untergeordneter Beziehungen an, die ganz hin - weggedacht werden koͤnnten, ohne daß dadurch die Lehre von der Schenkung weſentlich verändert würde.
Als erſtes nothwendiges Erforderniß der Schenkung wurde angegeben, daß ſie ein Rechtsgeſchäft unter Leben - den ſeyn müſſe. Hierin liegt zweyerley. Es wird zuerſt erfordert ein Rechtsgeſchäft, alſo eine poſitive Handlung,19§. 144. Schenkung. Begriff. 1. Rechtsgeſchäft unter Lebenden.ſo daß ein bloßes Unterlaſſen, wenn nicht ein verſtecktes Handeln darin enthalten iſt, nicht als eigentliche Schen - kung gelten kann (Beylage IX.). — Zweytens wird er - fordert ein Geſchäft unter Lebenden. Dadurch wird alſo von dem Begriff derſelben jede Succeſſion für den Todes - fall ausgeſchloſſen. Der allgemeine, durchgreifende Grund dieſer letzten Beſtimmung hängt zuſammen mit dem Ge - ſichtspunkt, woraus alle poſitive Rechtsregeln für die Schenkung zu betrachten ſind (§ 142. d). Die in derſel - ben enthaltene, und als gefährlich betrachtete, Willkühr liegt nicht blos in der (vielleicht unüberlegten) Auswahl der beſchenkten Perſon, ſondern in dem Entſchluß zur Schenkung ſelbſt, alſo darin daß der Geber ſich ſelbſt will - kührlich einen Theil des Vermögens entzieht, welches dazu beſtimmt war, von ihm beherrſcht und für ſeine Zwecke verwendet zu werden. Gerade dieſer gefährlichſte Beſtand - theil der Schenkung verſchwindet bey der Succeſſion von Todeswegen völlig. Im Fall des Todes giebt Keiner will - kührlich Dasjenige auf, was er auch eben ſo willkührlich behalten könnte; hier iſt blos die Rede von den Perſonen, die nach ihm das Vermögen haben ſollen, und daß er dieſe auf die freyeſte Weiſe auswähle, wird als das Re - gelmäßige, Natürliche, Gefahrloſe betrachtet. Alle For - men und Einſchränkungen, die bey dem letzten Willen vor - kommen, haben daher ganz andere Gründe und Zwecke, als die für die Schenkung vorgeſchriebenen; darum war von der Lex Cincia, von der Inſinuation, von einem Ver -2*20Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.bot unter Ehegatten, als ſolchen (abgeſehen von der mög - lichen Kinderloſigkeit), bey dem letzten Willen nie die Rede. Eben ſo verſchwindet hier der bey der Schenkung aus be - ſonderen Gründen, ausnahmsweiſe, geſtattete Widerruf völlig, da bey dem letzten Willen der Widerruf als all - gemeine Regel, und ſelbſt ohne alle Gründe, zugelaſſen iſt.
Es iſt nunmehr die Anwendung dieſes Princips auf die einzelnen Arten von Succeſſionen zu machen. Bey der Inteſtaterbfolge iſt am wenigſten an Schenkung zu den - ken; denn obgleich auch dieſe inſofern auf dem Wohlwol - len des Verſtorbenen beruht, als derſelbe einen andern Er - ben durch Teſtament hätte ernennen können, ſo fehlt es doch an jeder poſitiven Thätigkeit, die als Urſache dieſer Succeſſion betrachtet werden könnte. — Eine ſolche Thä - tigkeit iſt bey der teſtamentariſchen Erbfolge allerdings vor - handen, dennoch wird auch dieſe niemals donatio genannt(a)Die einzige Stelle, die man etwa auf die Erbeinſetzung als Schenkung deuten könnte, iſt L. 30 pr. ad L. Falc. (35. 2.). „ … ut stipulationes, rerum traditiones, legata, heredita - tesve his (servis) datae, cete - rae donationes, item servitu - tes …” Allein in dieſer Stelle iſt es gar nicht nöthig, das ce - terae donationes auch auf die unmittelbar vorhergehende here - ditates zu beziehen, vielmehr iſt es durch die vor denſelben ge - nannten traditiones und legata, hinlänglich gerechtfertigt.. Der Grund liegt wohl in folgenden zwey Umſtänden. Erſt - lich gehört zu jeder Schenkung Vermehrung Eines Vermö - gens durch Verminderung eines andern. Bey der Erb - folge aber wird das Vermögen des Verſtorbenen gar nicht vermindert, ſondern es dauert unverändert fort, nur in21§. 144. Schenkung. Begriff. 1. Rechtsgeſchäft unter Lebenden.einer andern Perſon. Zweytens gehört zu jeder Schen - kung das auf die Bereicherung des Empfängers gerichtete Bewußtſeyn des Gebers. Bey der Erbeinſetzung aber kann der Teſtator nie beſtimmt wiſſen, ob er den Erben berei - chern werde, weil durch Unglück oder Verſchwendung das Vermögen völlig verſchwinden, ja ſelbſt zu einer negati - ven Größe werden kann(b)Damit ſteht nicht im Wi - derſpruch, daß der Erwerb durch Erbſchaft in der Regel eine lucrativa causa heißt (§ 143. g); denn zu der Zeit, wo dieſer Er - werb bereits eingetreten iſt, läßt ſich der Betrag der Erbſchaft wohl überſehen, nicht ſo zu der Zeit, worin das Teſtament errichtet wird..
Anders verhält es ſich in beiden Rückſichten mit dem Legat, welches im Juſtinianiſchen Recht mit dem Singu - larfideicommiß identiſch geworden iſt. Denn hier wird in der That Etwas dem einen Vermögen entzogen, dem an - dern hinzugefügt; auch weiß man bey dem Legat in der Regel ganz ſicher, daß der Legatar dadurch bereichert wer - den wird(c)Ich ſage: in der Regel, denn allerdings giebt es auch Le - gate, die den Legatar gar nicht bereichern, z. B. wenn durch Legat der Erbe verpflichtet wird, ein Haus um deſſen wahren Werth an den Legatar zu verkaufen. L. 66 L. 49 § 8 de leg. 1 (30. un.). Auch dieſes iſt ein wahres Legat, obgleich es nicht mit Fideicom - miſſen belaſtet werden kann, auch nicht bey der Falcidia in Betracht kommt.. Daher wird denn auch das Legat von den alten Juriſten geradezu eine donatio genannt(d)L. 36 de leg. 2 (31. un.). „ Legatum est donatio testa - mento relicta” (von Modeſtin). § 1 J. de leg. (2. 20.). „ Lega - tum itaque est donatio quae - dam a defuncto relicta.” . Den - noch iſt dieſer Ausdruck nur ein uneigentlicher, eine wahre Schenkung iſt das Legat nicht, und an eine Anwendung der für die Schenkung aufgeſtellten poſitiven Rechtsregeln22Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.hat dabey nie ein Römiſcher Juriſt gedacht. Hier liegt der Grund, der das Daſeyn wahrer Schenkung ausſchließt, lediglich in dem oben für die Succeſſionen von Todes we - gen im Allgemeinen aufgeſtellten Princip.
Die bloße mortis causa capio kann zuweilen, eben ſo wie das Legat, als eine uneigentliche Schenkung angeſe - hen werden; wird z. B. dem Gajus ein Legat von 1000 gegeben, unter der Bedingung daß er dem Sejus 300 gebe, ſo iſt nach der Abſicht des Teſtators der letzte Er - folg derſelbe, wie wenn aus der Erbſchaft Gajus 700, Sejus 300 erhalten hätte. In anderen Fällen wird nicht einmal dieſer Schein ſtatt finden, z. B. wenn ein Sklave freygelaſſen wurde, unter der Bedingung daß er dem Ga - jus 100 zahle; denn nun bekam Gajus aus dem Vermö - gen des Teſtators gar Nichts(e)Dieſes iſt der wahre Sinn der etwas ſchwierigen L. 38 de mortis causa don. (39. 6. ) „ mor - tis causa capitur et quod non cadit in speciem donationis.” Marcellus will ſagen: die mor - tis c. capio kann den Schein einer donatio an ſich tragen, eine uneigentliche Schenkung ſeyn (wie in dem erſten der im Text angeführten Beyſpiele). Aber auch Dasjenige kann mortis c. capio ſeyn, was nicht einmal dieſen Schein an ſich trägt (et quod non cadit in speciem donatio - nis), und dafür giebt er nun ſelbſt erläuternde Beyſpiele an. — Hieraus iſt es klar, daß das Florentiniſche et unentbehrlich iſt; die Vulgata ließ es weg, weil je - ner, allerdings verſteckte, Zuſam - menhang des Gedankens nicht er - kannt wurde.. Eine wahre Schen - kung iſt die mortis causa capio niemals.
Die teſtamentariſche Freylaſſung war ſchon deshalb keine Schenkung, weil der Freygelaſſene von dem Ver - ſtorbenen kein zum Vermögen gehörendes, alſo zu einem23§. 145. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung.Geldeswerth anzuſchlagendes, Recht erhielt; dennoch kommt auch hier der Name donatio im uneigentlichen Sinn vor. Davon wird noch weiter unten (§ 148), in Verbindung mit der Freylaſſung unter Lebenden, die Rede ſeyn.
Dagegen iſt allerdings die mortis causa donatio, wie ſchon der für ſie geltende Kunſtausdruck zeigt(f)Dieſer Kunſtausdruck würde in der guten alten Zeit nicht ent - ſtanden ſeyn, wenn es nicht eine wahre Schenkung geweſen wäre. Daß man in der neueſten Geſetz - gebung donatio propter nuptias nennt, was in der That nicht Schenkung iſt, beweiſt dagegen Nichts. Die ſchon weit früher vorkommende donatio ante nup - tias war eine wahre Schenkung, von jeder andern Schenkung gar nicht verſchieden, und wurde nur beſonders hervorgehoben, damit ſie nicht mit der, faktiſch ſo nahe liegenden, verbotenen donatio inter virum et uxorem verwech - ſelt würde. Die hiſtoriſche Ent - wicklung der neuen donatio pro - pter nuptias aus der älteren do - natio ante nuptias erklärt und rechtfertigt einigermaßen den un - genauen Sprachgebrauch in der Benennung der donatio propter nuptias. , eine wahre Schenkung; ja ſie war ſogar urſprünglich Nichts als Schenkung. Wie ſie ſpäterhin einen zweydeutigeren Character angenommen hat, halb als Schenkung, halb als Succeſſion durch letzten Willen, wird weiter unten (§ 172) gezeigt werden.
Das zweyte Erforderniß wahrer Schenkung (§ 142) war: Bereicherung auf der einen Seite, Verluſt auf der andern. Genauer betrachtet aber zerfällt dieſes Element24Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.der Schenkung wieder in zwey, von einander verſchiedene. Es muß nämlich erſtens Etwas aus Einem Vermögen aus - ſcheiden und in das andere hinübergehen, und es muß zweytens der letzte Erfolg dieſer Veränderung darin beſte - hen, daß der Totalwerth des einen Vermögens vermin - dert, des andern vermehrt wird. Daß das erſte ohne das zweyte Statt finden könne, wird durch den Kauf einer Sache um ihren wahren Werth einleuchtend, wobey aus jedem Vermögen Etwas in das andere übergeht, und den - noch Keiner reicher oder ärmer wird(a)Die Römer pflegen beide Erforderniſſe nicht zu unterſchei - den, ſondern unter den gemein - ſamen Ausdrücken zuſammen zu faſſen, der Eine müſſe paupe - rior, der Andere locupletior wer - den. Vgl. L. 5 § 8. 16 de don. int. vir. (24. 1.). Für die deut - liche Einſicht iſt die Unterſchei - dung gewiß förderlich.. — Das erſte die - ſer beiden, ſo unterſchiedenen Elemente nenne ich die Ver - äußerung(b)Gewöhnlich gebrauchen wir den Ausdruck Veräußerung in demſelben beſchränkteren Umfang, wie die Römer den Ausdruck alie - natio, nämlich für die Übertra - gung irgend eines dinglichen Rechts. L. 7 C. de reb. alienis (4. 51.)., und es iſt demnach vor Allem auszufüh - ren, daß jede Schenkung eine Veräußerung enthalten müſſe. Ja dieſes iſt in der That die Grundlage aller Schenkung.
In dieſem Beſtandtheil nun iſt die Schenkung ver - wandt mit einigen anderen Rechtsinſtituten, deren Grund - ſätze wir folglich hier geltend machen dürfen. Das erſte derſelben iſt die Pauliana actio, oder die Klage eines Glau - bigers gegen Denjenigen, an welchen der inſolvente Schuld - ner unredlicherweiſe, zum Nachtheil des Glaubigers, Etwas veräußert hat. Dieſe Klage kommt mit der Schenkung25§. 145. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung.in dem Erforderniß der Veräußerung (weshalb ich ſie hier erwähne) völlig überein(c)L. 3 § 2 L. 6 pr. quae in fraud. (42. 8.)., Bereicherung des Empfängers iſt dazu nicht ſchlechthin nöthig, ſondern nur entweder Be - reicherung deſſelben, oder Mitwiſſen an der Unredlichkeit des veräußernden Schuldners(d)L. 6 § 11, L. 25 pr. quae in fraud. (42. 8.). — L. 7. 8. 9 eod. — L. 5 C. de revoc. his quae in fr. (7. 75.).. — Das zweyte ver - wandte Rechtsinſtitut war die Faviana und Calvisiana actio. Der Patron hatte große Anſprüche an den Nach - laß des Freygelaſſenen. Suchte nun dieſer durch Veräu - ßerungen jene Anſprüche unredlicherweiſe zu entkräften, ſo bekam der Patron jene Klagen gegen den Dritten, an welchen die Veräußerung geſchehen war(e)L. 1 pr. § 3. 4 L. 3 § 2. 3 si quid in fraud. (38. 5.). — Daß dieſe Klagen im heutigen Recht nicht vorkommen, verſteht ſich; ihre Grundſätze aber haben ſich darin durch folgende weitere Anwendung erhalten. Wenn ein Unmündiger arrogirt wird, ſo muß er bey des Adoptivvaters Tod wenigſtens den vierten Theil des Vermögens deſſelben erhal - ten. Hat ihm der Vater durch Veräußerungen dieſen geſetzlichen Anſpruch zu entkräften geſucht, ſo kann er durch eine actio quasi Faviana oder Calvisiana die ver - äußerten Sachen zurück fordern. L. 13 eod. . Auch hier liegt derſelbe Begriff der Veräußerung zum Grunde, wie bey der Schenkung und der Pauliana actio(f)L. 1 § 6. 7 si quid in fr. (38. 5.)., und darum werden jene Klagen hier erwähnt. In Beziehung auf den Empfänger waren dieſelben noch ausgedehnter als die Pau - liana; er brauchte weder mitwiſſend zu ſeyn, noch durch die Veräußerung bereichert zu werden, um durch dieſe Kla - gen zur Rückgabe des Empfangnen gezwungen werden zu26Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.können(g)L. 1 § 4. 12. 13. 16. 17. 24 si quid in fraud. (38. 5.). — Die größere Strenge gegen den Beklagten, in Vergleichung mit der Pauliana, erklärt ſich wohl daraus, daß die Eigenſchaft eines Freygelaſſenen leichter erkennbar iſt, als die Eigenſchaft eines in - ſolventen Schuldners. Wenn nun Beiden gegenüber ein Käufer gleich unwiſſend, alſo redlich iſt, ſo trifft dieſen Käufer der Vorwurf der Unvorſichtigkeit mehr bey der Faviana, als bey der Pauliana. . — Einigermaßen gehört auch die condictio in - debiti, desgleichen das ſogenannte beneficium competen - tiae, unter die Rechtsinſtitute, deren Analogie zur Be - ſtimmung der in der Schenkung nothwendig enthaltenen Veräußerung benutzt werden kann. Die Condiction inſo - fern, als auch ſie ein Weggeben oder Veräußern voraus - ſetzt, eben ſo wie die Schenkung (dort solvendi animo, hier donandi); das beneficium competentiae, inſofern die - ſes wegfällt, wenn der Schuldner nur durch abſichtliche Veräußerung in eine ganz hülfloſe Lage gekommen iſt.
Überall nun, wo dieſes Erforderniß wahrer Veräuße - rung fehlt, darf keine Schenkung angenommen werden, ſelbſt wenn andere Elemente derſelben, namentlich das un - eigennützige Wohlwollen als Beweggrund, vorhanden ſeyn ſollten. Die Fälle, in welchen blos aus dieſem Grund die Schenkung ausgeſchloſſen iſt, laſſen ſich auf folgende Klaſſen zurückführen:
Die erſte Klaſſe von Fällen ohne wahre Schenkung beſteht darin, daß die wohlwollende Thätigkeit den Um - fang des Vermögens nicht berührt.
Daher liegt keine Schenkung in dem Mandat, das heißt der unentgeldlichen Beſorgung fremder Angelegenhei - ten, desgleichen in dem Depoſitum, das heißt der unent - geldlichen Aufbewahrung fremder Sachen, obgleich durch dieſe beiden Geſchäfte dem Andern eine bedeutende Geld - ausgabe erſpart werden kann(h)L. 9 § 3 de j. dot. (23. 3. ), L. 58 § 2 de don. int. vir. (24 1.). Hier wird das Depoſitum zwiſchen Mann und Frau, eben ſo das Mandat zwiſchen dem Mann (oder deſſen Sohn) und der Frau, als gültig anerkannt, worin alſo liegt, daß dieſe Ge - ſchäfte nicht die Natur einer Schen - kung an ſich tragen.. Eben ſo auch in dem Commodat, das heißt dem unentgeldlichen Gebrauch einer Sache, den wir einem Andern verſtatten; desgleichen in dem damit verwandten Precarium(i)Als Widerlegung könnte man folgende Stellen geltend ma - chen: L. 14 de prec. (43. 26.). „ … magis enim ad donationes et beneficii causam, quam ad negotii contracti, spectat pre - carii condicio.” L. 14 § 11 de furtis (47. 2.). „ .. quia simile donato precarium est.” Hier iſt aber offenbar donatio in dem unbeſtimmten faktiſchen Sinn ge - nommen, ja ſelbſt der Ausdruck geht auf eine bloße Ähnlichkeit mit donatio, nicht auf wirkliche Subſumtion unter den Begriff derſelben.. In allen dieſen Fällen iſt deswegen keine Schenkung vorhanden, weil der Handelnde den Umfang ſeines Vermögens nicht verändert. 28Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.Ein Zweifel könnte in den Fällen entſtehen, in welchen der Handelnde durch dieſelbe Thätigkeit hätte anderwärts Geld erwerben können, welchen Erwerb er nun, zu des Andern Vortheil, freywillig ausgeſchlagen hat. Dieſe Frage aber fällt in die Betrachtung der folgenden Klaſſe.
Noch wichtiger iſt die zweyte Klaſſe von Fällen ohne wahre Schenkung, welche darauf beruht, daß blos die mögliche Vermehrung des Vermögens unterlaſſen, kein er - worbenes Recht aufgeopfert wird. In allen ſolchen Fäl - len iſt überhaupt keine Veräußerung vorhanden(k)L. 28 pr. de V. S. (50. 16.). „ … Qui occasione adquirendi non utitur, non intelligitur alie - nare ..” , und aus dieſem Grunde wird die Anwendung ſowohl der Pau - liana und Faviana(l)L. 6 pr. quae in fraud. (42. 8. ), L. 134 pr. de R. J. (50. 17.). — L. 1 § 6 si quid in fraud. (38. 5.)., als des fingirten Vermögens bey dem ſogenannten beneficium competentiae(m)L. 68 § 1 pro socio (17. 2.). Illud quaeritur, utrum is demum facere videtur quo mi - nus facere possit, qui erogat bona sua in fraudem futurae actionis, an et qui occasione adquirendi non utitur? Sed ve - rius est de eo sentire Procon - sulem, qui erogat bona sua …” , ſchlechthin verneint. Aus demſelben Grunde aber kann keine Schen - kung angenommen werden, wie rein auch die wohlwol - lende Triebfeder des Einen, und wie groß der Gewinn des Andern ſeyn möge. Und zwar iſt dieſes als durchgrei - fendes Princip anzuſehen, ſowohl in Beziehung auf die Lex Cincia und die Inſinuation, als auf die Schenkung in der Ehe (wovon allein die meiſten Stellen reden), und den Widerruf(n)Eine Beſtätigung dieſer.
29§. 145. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung.Die einzelnen Fälle dieſer Klaſſe ſind folgende.
Es iſt keine Schenkung, wenn Derjenige, welchem eine Erbſchaft oder ein Legat angefallen iſt, dieſes ausſchlägt, um dem nach ihm Berufenen den Vortheil zuzuwenden; daher iſt dieſe Begünſtigung unter Ehegatten erlaubt(o)L. 5 § 13. 14 de don. int. vir. (24. 1.). Ganz gewiß kann in demſelben Fall weder von der L. Cincia, noch von der Inſi - nuation die Rede ſeyn. Nicht blos paſſen die hierin enthalte - nen Formen gar nicht auf die Ausſchlagung der Erbſchaft oder des Legats, ſondern dieſe Be - ſchränkung ſteht mit der Grund - anſicht des R. R. von der freyen Willkühr berufener Erben oder Legatare im Widerſpruch. Bey Erbſchaften kommt noch hinzu der unſichere Erfolg des Ausſchlagens, weil der Erwerb des nachher Be - rufenen, dem der Vortheil zuge - dacht iſt, noch auf mancherley Weiſe verhindert werden kann: durch deſſen Ausſchlagen oder Tod, durch Verſäumniß der Agnitions - friſt., und eben ſo iſt hier die Anwendung der Pauliana und der Faviana ausgeſchloſſen(p)L. 6 § 2 — 5 quae in fraud. (42. 8.). — L. 1 § 6 si quid in fraud. (38. 5.).. Daſſelbe gilt, wenn Jemand den ihm geneigten Teſtator beſtimmt, nicht ihm, ſondern einem Andern, die Erbſchaft oder ein Legat zuzuwenden(q)L. 31 § 7 de don. int. v. (24. 1. ), von dem Verhältniß der Ehegatten.. Eben ſo wenn der berufene Legatar (oder Erbe) den Er - werb dadurch verhindert, daß er eine vorgeſchriebene Be - dingung abſichtlich unerfüllt läßt(r)L. 1 § 6 si quid in fraud. . — Dieſer ganzen Be -(n)Behauptungen liegt in folgender Stelle, worin man bey oberfläch - licher Betrachtung einen Einwurf ſuchen könnte. L. 45 pr. de j. fisci (49. 14.). „ In fraudem fisci non solum per donationem, sed quocunque modo res alienatae revocantur: idemque juris est et si non quaeratur: aeque enim in omnibus fraus puni - tur.” Hier iſt deutlich anerkannt, daß der unterlaſſene Erwerb we - der als Schenkung, noch über - haupt als Veräußerung zu be - trachten iſt; nur ſoll das Klage - recht des Fiscus alle dieſe Fälle gleichmäßig umfaſſen.30Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.hauptung ſcheint die Beſtimmung zu widerſprechen, daß die Ehefrau ihrem Manne eine Dos dadurch beſtellen kann, daß ſie zu ſeinem Vortheil ein ihr angefallenes Legat, oder auch eine Erbſchaft, ausſchlägt(s)L. 14 § 3 de fundo dot. (23. 5.). „ Si fundum legatum sibi dotis causa mulier repu - diaverit, vel etiam substituto viro omiserit hereditatem, vel legatum: erit fundus dotalis. ” — Damit ſcheint wieder unver - einbar L. 5 § 5 de j. dot. (23. 3.). „ Si pater repudiaverit he - reditatem dotis constituendae causa … dotem profectitiam non esse, Julianus ait. Sed et si legatum in hoc repudiaverit pater … non esse profectum id de bonis: quia nihil eroga - vit de suo pater, sed non ad - quisivit.” Allerdings iſt dieſe ausgeſchlagene Erbſchaft nicht pro - fecta a patre, und daher gilt da - bey nicht das ſehr poſitive Recht der profectitia dos; will der Va - ter, daß dieſes gelte, ſo muß er erſt die Erbſchaft erwerben, und dann den Inhalt derſelben dem Schwiegerſohn als Dos geben. Allein auch ohne dieſen Umweg, würde es immer eine Dos ſeyn, nur nicht profectitia. — Das aber wird überall, und auch in L. 14 cit., ſtillſchweigend vorausgeſetzt, daß der Mann mit dem ganzen Hergang einverſtanden war; denkt man blos an ein einſeitiges Aus - ſchlagen des Vaters oder der Frau in dieſer Abſicht, aber ohne Über - einkunft mit dem Mann, ſo wird dieſer unbeſchränkt Erbe oder Le - gatar, ohne alle Dotalverpflich - tung.. Dennoch iſt hierin kein Widerſpruch. Wenn die Frau hierüber mit ihrem Manne einig iſt, ſo liegt in der eben angeführten Beſtim - mung blos der Erlaß einer ganz überflüſſigen Förmlich - keit, eine Art von brevi manu facta traditio, indem ohne - hin die Frau hätte das Legat oder die Erbſchaft erwerben und dann dem Mann als Dos hingeben können. Es iſt alſo nur die natürliche Erleichterung eines durchaus gül -(r)(38. 5.). — Eben ſo gehört da - hin der in L. 67 § 3 ad Sc. Treb. (36. 1. ) angeführte Fall, da der eingeſetzte Erbe die Erbſchaft für ſuspect erklärt, blos um ſie nun dem Fideicommiſſar ganz, ohne Abzug, zuzuwenden. Das heißt hier donationis causa, aber wie - der nur in dem uneigentlichen Sinn, eine wahre Schenkung iſt es nicht. Vgl. unten § 152. g. 31§. 145. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung.tigen Rechtsgeſchäfts, in einer durch viele unzweifelhafte Analogien unterſtützten Weiſe. Wollte man dagegen die donandi animo ausgeſchlagene Erbſchaft als wahre Schen - kung behandeln, ſo würde man nicht, wie in jenem Fall, den rechtmäßigen Willen durch erleichterte Formen unter - ſtützen, ſondern man würde die ganz poſitiven, den Wil - len einſchränkenden, Schenkungsregeln künſtlich auf einen Fall anwenden, der ſeiner Natur nach jenen Regeln gar nicht unterworfen iſt, woraus alſo eine ganz grundloſe Beſchränkung des freyen Willens hervorgehen würde.
Eben ſo iſt keine Veräußerung (alſo auch keine Schen - kung) vorhanden, wenn der Glaubiger, dem Etwas unter einer Bedingung verſprochen iſt, die Erfüllung dieſer Be - dingung, alſo die Entſtehung einer Forderung, abſichtlich verhindert(t)L. 6 § 1 quae in fraud. (42. 8. ), von der Pauliana. — L. 1 § 6 si quid in fraud. (38. 5. ), von der Faviana. .
Ferner wenn Derjenige, welcher zu einer querela in - officiosi, oder zu einer Injurienklage berechtigt iſt, dieſe Klagen abſichtlich untergehen läßt(u)L. 1 § 7. 8 si quid in fraud. (38. 5. ), von der Faviana. . Bey anderen Klagen würde es eine Veräußerung, zuweilen alſo auch eine Schen - kung, geweſen ſeyn, weil das Klagerecht ſelbſt ſchon ein Stück des Vermögens geweſen wäre; bey jenen Klagen iſt zunächſt noch gar kein Vermögensrecht vorhanden, ſon - dern es kann nur erſt ein ſolches entſtehen durch des Ver - letzten freyen Entſchluß zur Klage (§ 73. f. x). Daher iſt32Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.der von dem Berechtigten herbeygeführte Untergang jener Klagen nur als abſichtlich unterlaſſener Erwerb eines Ver - mögensrechts, nicht als Veräußerung anzuſehen.
Zu derſelben zweyten Klaſſe von Fällen ohne wahre Schenkung gehören noch folgende, deren Natur nicht ſo unzweifelhaft iſt, wie die der bisher abgehandelten.
Es wurde oben geſagt, daß das Commodat in der Regel keine Schenkung enthalte (§ 145), und für gewöhn - liche Fälle kann dieſes auch keinen Zweifel haben. Wer einem Freund Pferd oder Wagen zu einer Reiſe unent - geldlich überläßt, wird dadurch nicht ärmer, er entbehrt nur eine Zeit lang die Bequemlichkeit, die ihm der eigene Gebrauch der verliehenen Sachen gewähren konnte. Es giebt jedoch eine Art von Sachen, die vor anderen zum gleichförmig nothwendigen Lebensbedarf gehören. Jeder Menſch bedarf einer Wohnung, und inſofern er nicht un - tergeordnetes Mitglied eines Hausſtandes iſt, kann er die - ſes Bedürfniß in der Regel nur durch Grundeigenthum, oder durch einen Miethvertrag, befriedigen. Eben ſo wird umgekehrt der Eigenthümer eines Hauſes dieſes entweder ſelbſt bewohnen, oder vermiethen; daß er es leer ſtehen laſſe, gehört zu den ſeltnen Ausnahmen. Daher läßt ſich bey Wohngebäuden, mehr als bey anderen Sachen, der33§. 146. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortſetzung.)bloße Gebrauch zu dem Werth einer Geldſumme anſchla - gen, und es werden ſich dafür an den meiſten Orten, je nach der Größe und Annehmlichkeit der Wohnungen, ziem - lich regelmäßige Preiße bilden. Die natürliche Folge da - von iſt, daß das Commodat einer Wohnung(a)Daß es ein wahres Com - modat iſt, ſagen ausdrücklich L. 1 § 1 comm. (13. 6. ), L. 17 pr. de praescr. verbis (19. 5.). als eine wahre Schenkung angeſehen werden kann, nämlich als Schenkung derjenigen Geldſumme, welche der Bewohner ohne jenes Commodat als Miethgeld hätte aufwenden müſſen(b)L. 9 pr. de don. (39. 5.). „ In aedibus alienis habitare gratis, donatio videtur: id enim ipsum capere videtur qui ha - bitat, quod mercedem pro ha - bitatione non solvit. ” — So ſteht in L. 6 de alimentis (34. 1. ) die habitatio, neben cibaria et vestitus, unter den ſtrengen Lebensbedürfniſſen „ quia sine his ali corpus non potest.” . In den meiſten Fällen wird der Eigenthümer, der die Wohnung unentgeldlich überläßt, gerade ſo viel an Miethgeld aufopfern, als der Andere an Miethgeld erſpart; wo dieſes nicht iſt, kann nur die geringere Summe als Gegenſtand der Schenkung gelten, da nur in dieſer das Geben und Nehmen zuſammen trifft, welches zum Weſen jeder Schenkung nöthig iſt. Wenn z. B. eine Woh - nung, die ſtets zu 800 vermiethet war, Demjenigen un - entgeldlich überlaſſen wird, der, nach Verhältniß ſeiner Einnahme, nie mehr als 500 an Miethgeld ausgab, ſo ſind ihm nur 500 geſchenkt, weil er nur dieſe als Mieth - geld erſpart; die übrigen 300, die der Eigenthümer gleich - falls aufopfert, gehen darin auf, daß der Bewohner mehrIV. 334Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.Luxus und Bequemlichkeit zu genießen bekommt, ohne da - durch reicher zu werden(c)Auf dieſe Geſtalt des Falls geht, in einem ganz ähnlichen Rechtsverhältniß, L. 65 § 7 de cond. ind. (12. 6.). „ Sic habi - tatione data, pecuniam condi - cam: non quidem quanti lo - care potui, sed quanti tu con - ducturus fuisses” (nämlich wenn dieſes Letzte weniger beträgt als das Erſte). Wie durch den sol - vendi animus im Fall des Irr - thums die Anwendung der con - dictio begründet wird, ſo durch den donandi animus die Anwen - dung der poſitiven Regeln der Schenkung. Beide Anwendungen ſind bedingt durch Veräußerung, d. h. durch übereinſtimmendes Ge - ben und Empfangen, und darum beweiſt die angeführte Stelle auch hier. — Ganz auf denſelben An - ſichten beruht auch L. 25 § 16 de her. pet. (5. 3.). Der redliche Beſitzer einer Erbſchaft ſoll nur herausgeben, was er lucrirt hat; ſind Vorräthe der Erbſchaft ver - zehrt worden, ſo erſetzt er nur, was er außerdem aus eigenem Vermögen angeſchafft hätte, alſo nun erſpart hat. „ Et verius est, ut ex suo patrimonio decedant ea, quae, etsi non heres fuis - set, erogasset.” . Wird umgekehrt eine Woh - nung von 500 unentgeldlich einem Bewohner überlaſſen, der ſtets 800 an Miethgeld ausgab, ſo ſind wieder nur 500 geſchenkt, da der Eigenthümer nur dieſe aufopfert; die übrigen 300 erſpart der Bewohner zwar auch, aber nicht durch die Freygebigkeit des Eigenthümers, ſondern durch Entbehrungen, denen er ſich unterwirft. — Dieſe Art der Schenkung wird übrigens in vielen Fällen die An - wendung der poſitiven Regeln gar nicht veranlaſſen. Von der Inſinuation wird dabey die Rede ſeyn, nur wenn durch Vertrag auf beſtimmte künftige Zeit die Wohnung über - laſſen wird, weil ſich dann die Schenkung ſogleich auf eine beſtimmte Geldſumme zurückführen läßt; fehlt ein ſol - cher Vertrag, ſo löſt ſich das Ganze in viele einzelne Schenkungen auf, und die Inſinuation iſt nicht anwend -35§. 146. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortſetzung.)bar (§ 166). — Unter Ehegatten kann die Wohnung des Mannes im Hauſe der Frau nicht als Schenkung gelten, weil ſie die natürliche Folge des gemeinſamen Lebens iſt (§ 152); anders iſt es, wenn ein Ehegatte dem Andern ein Gebäude unentgeldlich überläßt, welches von dieſem zur Betreibung eines Gewerbes (nicht zur eignen Woh - nung) benutzt wird. — Der Widerruf aus beſonderen Gründen wird bey dieſer Schenkung immer vorkommen können.
So wie hier das Commodat ausnahmsweiſe eine Schen - kung enthält, kann auch das Depoſitum (§ 145) ſich zu einer ſolchen geſtalten. Wenn nämlich der Eigenthümer eines Magazins in denſelben regelmäßig Kaufmannswaa - ren gegen Bezahlung aufnimmt, dieſen Raum aber einem Einzelnen unentgeldlich geſtattet, ſo enthält das Depoſitum eine wahre Schenkung, weil der Eine eine Geldeinnahme aus Liberalität aufopfert, der Andere eine Ausgabe erſpart.
Derſelbe Fall findet ſich ferner bey dem Mandat, wel - ches gleichfalls in der Regel nicht als Schenkung gelten kann (§ 145). Iſt naͤmlich die Rede von gewerblichen Arbeiten, die gewöhnlich für Geld geleiſtet werden (ope - rae fabriles), ſo koͤnnen dieſe, ganz wie der Gebrauch ei - nes Hauſes, auf beſtimmte Geldſummen zurückgeführt wer - den(d)L. 6 de operis libert. (38. 1.). „ Fabriles operae ceterae - que, quae quasi in pecuniae praestatione consistunt …” . Wird nun eine ſolche Arbeit aus Liberalität un - entgeldlich beſorgt, und wird dadurch dem Andern das3*36Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.Geld erſpart, welches er außerdem dafür hätte ausgeben müſſen, ſo liegt darin eine wahre Schenkung; gerade ſo wie die condictio indebiti begründet iſt, wenn jene Arbeit in irriger Vorausſetzung einer Verpflichtung geleiſtet wird(e)L. 26 § 12 de cond. ind. (12. 6.). „ .. Sed si operas pa - trono exhibuit, non officiales, sed fabriles, veluti pictorias vel alias, dum putat se debere, videndum an possit condicere? … in proposito, ait, posse con - dici, quanti operas esset con - ducturus …” (esset, nämlich patronus; ſo lieſt richtig die Vul - gata; Flor. „ essem”). — Nur ſcheinbar widerſpricht dieſer Stelle L. 25 de praescr. verb. (19. 5. ), welche blos ſagt, die Condiction könne nun nicht auf gegenſeitig, als Erſatz, zu leiſtende Arbeit gehen; damit iſt nicht ausgeſchloſ - ſen, daß ſie auf das Geld gerich - tet werde, welches der Empfän - ger der Arbeit erſpart, folglich ſo gut als baar empfangen hat.. Die Schenkung konnte in ſolchem Fall bey den Römern ausgehen bald von dem Arbeiter ſelbſt, wenn dieſer ein freyer Menſch war, bald von dem Eigenthümer des ar - beitenden Sklaven; bey uns iſt nur der erſte Fall denkbar.
Noch unzweifelhafter, als bey dem Commodat eines Hauſes, iſt eine Schenkung anzunehmen, wenn der Ge - brauch eines Landguts einem Andern unentgeldlich über - laſſen wird(f)L. 9 § 1 de don. (39. 5.). „ Ex rebus donatis fructus per - ceptus in rationem donationis non computatur. (Von dieſem Satz wird ſogleich Gebrauch ge - macht werden.) Si vero non fun - dum, sed fructus perceptionem tibi donem: fructus percepti venient in computationem do - nationis.” Die computatio geht, im Sinn des Verfaſſers (Pom - ponius), auf die Vorſchriften der L. Cincia; im Sinn Juſtinians auf die Inſinuation. — Daſſelbe Rechtsgeſchäft liegt zum Grunde der Vorſchrift in L. 35 § 1 C. de don. (8. 54.). Ferner dem Fruchtgenuß, den ein Fructuar einem Dritten ſchenkungsweiſe überläßt (§ 156).. Denn dieſer Gebrauch beſteht hauptſäch - lich in dem Fruchterwerb, und die künftigen Früchte ſind37§. 146. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortſetzung.)es alſo, deren Eigenthum hier geſchenkt wird. Dieſe Schenkung hat, wenn man auf den materiellen Erfolg ſieht, große Ähnlichkeit mit einem geſchenkten Niesbrauch, und ſie unterſcheidet ſich von demſelben allgemein nur da - durch, daß der Empfänger kein dingliches Recht bekommt; daneben kann dieſe Schenkung mit der verſchiedenſten Dauer verbunden ſeyn: ſie kann auf willkührlichen Widerruf ge - geben werden, oder auf beſtimmte Jahre, oder auch (gleich dem Niesbrauch) auf die Lebensdauer des Empfängers(g)Wie dieſer überlaſſene Fruchtgenuß auch für die Zukunft durch Rechtsgeſchäfte befeſtigt wer - den könne, wird angegeben in L. 66 de j. dot. (23. 3. ) und L. 57 sol. matr. (24. 3.).. Eine bloße Anwendung und Anerkennung dieſes Grund - ſatzes iſt in folgender Beſtimmung enthalten. Wenn der Mann Grundſtücke als Dos bekommen hat, und nun de - ren natürliche Früchte oder Pachtertrag der Frau über - läßt, ſo liegt darin eine ungültige Schenkung(h)L. 22 L. 28 de pactis dot. (23. 4. ), L. 8 C. de don. int. vir. (5. 16. ), L. 20 C. de j. dot. (5. 12.).. Daſ - ſelbe muß gewiß um ſo mehr angenommen werden, wenn der Mann ſeine eigenen (nicht zur Dos gehörenden) Grund - ſtücke auf gleiche Weiſe der Frau überläßt.
Auf den erſten Blick möchte man glauben, der ver - ſchaffte Gebrauch einer Geldſumme, weil dieſe fähig iſt Zinſen zu tragen, müſſe eben ſo wie der Gebrauch eines Hauſes oder Landguts, als Schenkung gelten; dennoch iſt es nicht alſo. Wenn der Glaubiger ein bisher zinsbares Darlehen, durch Erlaß der künftigen Zinſen, in ein un -38Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.verzinsliches verwandelt, ſo gilt dieſes nicht als wahre Schenkung, deren poſitive Einſchränkungen alſo auf einen ſolchen Fall nicht anwendbar ſind(i)L. 23 pr. de don. (39. 5.). „ Modestinus respondit, credi - torem futuri temporis usuras et remittere et minuere pacto posse: nec in ea donatione, ex summa quantitatis aliquid vi - tii incurrere.” Das vitium ex summa quantitatis geht wieder auf die L. Cincia und die Inſi - nuation, wie in L. 9 § 1 eod. (Note f). Daß das Geſchäft den - noch donatio genannt wird, ge - hört zu dem uneigentlichen Sprach - gebrauch (§ 143. i).. Alſo muß um ſo mehr bey einer Geldſumme, die erſt jetzt als Darlehen ohne Zinſen hingegeben wird, das Daſeyn einer Schen - kung verneint werden. — Wer eine Schuld, die er erſt nach Jahren zu zahlen brauchte, ſogleich zahlt, verſchafft dadurch allerdings dem Gläubiger den Vortheil des frü - heren Zinsgenuſſes; dennoch gilt es nicht als Schenkung, denn es iſt unter Ehegatten durchaus erlaubt(k)L. 31 § 6 de don. int. vir. (24. 1.). „ Quod vir uxori in diem debet, sine metu do - nationis praesens solvere po - test: quamvis commodum tem - poris retenta pecunia sentire potuerit.” Daher gilt auch in gleichem Fall, wenn die Zahlung aus Irrthum zu früh geleiſtet wird, durchaus keine condictio inde - biti. L. 10. 17. 56 de cond. ind. (12. 6. ), L. 88 § 5 de leg. 2 (31. un.). . Daher kann es auch nicht als Schenkung gelten, wenn die in diem contrahirte Schuld vertragsweiſe in eine praesens obligatio verwandelt wird, da dieſes eine noch geringere Veränderung iſt, als die augenblickliche Zahlung. — Eben ſo darf es aber auch umgekehrt nicht als Schenkung gel - ten, wenn die praesens obligatio durch Vertrag in diem geſtellt wird(l)L. 56 de cond. ind. (12. 6.). „ … pactum, quod in tem - pus certum collatum est, non, indem auch dadurch der Schuldner höch -39§. 146. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortſetzung.)ſtens den Zinſengenuß der Zwiſchenzeit gewinnt, voraus - geſetzt daß die Schuld eine unverzinsliche iſt. — Worin liegt nun der Grund des Unterſchieds, wenn der Gebrauch eines Grundſtücks, oder aber einer Geldſumme, dem An - dern unentgeldlich verſchafft wird? Ohne Zweifel liegt er in folgender ſehr natürlicher Betrachtung. Daß Je - mand ein Grundſtück ganz unbenutzt laſſe, alſo weder durch eignen Gebrauch, noch durch Vermiethung, Vortheil da - von ziehe, iſt völlig ungewöhnlich, ja in den meiſten Fäl - len, worin es dennoch vorkommen mag, nur als ſchlechte Wirthſchaft erklärlich. Anders bey dem baaren Gelde. Dieſes kann der Eigenthümer aus mancherley Gründen bey ſich aufbewahren, wo es ihm keine Früchte trägt; er kann es auch in Hausrath, Kunſtwerken u. ſ. w. anlegen, die gleichfalls keine Früchte bringen. In gewiſſem Um - fang geſchieht ſogar Beides von Jedem; und wo wäre(l)magis inducit condictionem, quam si ex die debitor solvit …,” offenbar deswegen, weil da - durch der Glaubiger Nichts weg - giebt oder veräußert; aus dem - ſelben Grunde aber kann es auch nicht als Schenkung gelten. — Hierin ſcheint nun zu widerſpre - chen L. 9 pr. de don. (39. 5.). „ .. Potest enim et citra cor - poris donationem valere dona - tio: veluti si donationis causa cum debitore meo paciscar, ne ante certum tempus ab eo pe - tam.” Da indeſſen ſo viele Stel - len darin übereinſtimmen, daß der verſchaffte Gebrauch einer Geldſumme nicht als Veräuße - rung der möglichen Zinſen gelte (Note h. i, und die eben ange - führte L. 56 de cond. ind. ), ſo darf auch hier das valere dona - tio nicht von der Anerkennung wahrer Schenkung, alſo von der Anwendbarkeit der poſitiven Schen - kungsregeln, verſtanden werden, ſondern nur von der Möglichkeit einer rechtsgültigen Liberalität, die eine uneigentliche Schenkung iſt. Vielleicht iſt der gegenwärtige fal - ſche Schein dieſer Stelle nur durch eine Auslaſſung, mit Rückſicht auf die L. Cincia, entſtanden.40Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.hier die Gränze zwiſchen Viel und Wenig? Obgleich alſo auch unſer poſitives Recht die ſtete Möglichkeit anerkennt, baares Geld zinsbar zu benutzen (worauf allein der Grund - ſatz der Verzugszinſen beruht), ſo iſt doch der Gebrauch dieſer Möglichkeit ganz willkührlich. Daher iſt es ganz conſequent, den unentgeldlich überlaſſenen Gebrauch eines Grundſtücks als ein von dem Eigenthümer gebrachtes Geld - opfer, das heißt als eine Veräußerung zu betrachten, wäh - rend dieſelbe Handlung bey dem baaren Gelde dafür nicht angeſehen werden kann; der Eigenthümer, der (wie oben bemerkt) das Geld vielleicht ungenutzt in ſeiner Kaſſe auf - bewahren möchte, kann es vielleicht noch ſicherer und be - quemer finden, dieſe Aufbewahrung in Geſtalt eines un - verzinslichen Darlehens an einen wohlhabenden, zuverläſ - ſigen Schuldner zu bewirken. — Aus demſelben Grunde aber muß unzweifelhaft anders entſchieden werden, wenn der Glaubiger ein bereits zinsbares Kapital einem Dritten zur Nutzung überläßt; denn Dieſem ſchenkt er gerade den Betrag der Zinſen, und es iſt ganz zufällig, daß er das Geſchenk durch den, Zinſen bezahlenden, Schuldner ent - richten läßt. Eben ſo iſt es auch anders, wenn die Frau ihrem Manne eine Dos in Geld nicht auszahlt, ſondern nur verſpricht und einſtweilen verzinſt, nun aber der Mann dieſe Zinſen auch für die Zukunft erläßt, das heißt alſo die zinsbare Schuld in eine unverzinsliche verwandelt; darin liegt eine verbotene Schenkung(m)L. 21 § 1 L. 54 de don. int. vir. (24. 1.).. Der Grund iſt41§. 147. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortſetzung.)der, daß hier die Dos ſelbſt zunächſt nur in dieſer Zins - zahlung beſteht, der Mann aber den Genuß der Dos zum Vortheil der Frau nicht aufgeben kann, ohne dadurch eine ungültige Schenkung vorzunehmen(n)Noch etwas anders zu er - klären iſt das tempore plus pe - tere in § 33 J. de act. (4. 6. ), welches allerdings auch den Zin - ſenverluſt berückſichtigt. Allein das plus petere wird begründet durch jede dem Schuldner aufge - bürdete Erſchwerung ſeiner Lage, auch wenn ſich dieſelbe gar nicht auf ein beſtimmtes Geldopfer zu - rückführen läßt. Selbſt ohne Rückſicht auf Zinſen würde es ſchon deshalb ein plus ſeyn kön - nen, weil der Schuldner vielleicht jetzt ſchwerer Geld herbeyſchaffen kann, als zu der Zeit, worin die Schuld fällig iſt..
Eine etwas andere Geſtalt nehmen dieſe Fälle an, wenn man nicht den Gebrauch oder Fruchtgenuß, wie wir es bisher gethan haben, ſondern die fruchttragende Sache ſelbſt, als Gegenſtand der Schenkung anſieht, und nun den Einfluß der Schenkungsregeln auf die aus der ge - ſchenkten Sache ſpäter entſtandenen Früchte erwägt. Be - trachten wir in dieſer Hinſicht zuerſt ein geſchenktes Land - gut(a)Ich nenne Dieſes, als den wichtigſten und anſchaulichſten un - ter den hierher gehörenden Ge - genſtänden. Es verſteht ſich aber von ſelbſt, daß Daſſelbe, wie bey den Feldfrüchten, auch bey allen anderen natürlichen Früchten, z. B. den Jungen und der Wolle verſchenkter Thiere, gelten muß. Bey der Frage nach dem Umfang der Schenkung (bey der Inſinuation) kommt blos der Sachwerth des Grundſtücks ſelbſt in Betracht; bleibt dieſer unter der ge -42Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.ſetzlichen Summe, ſo iſt die Schenkung durchaus gültig, ohne Rückſicht auf die aus den ſpäteren Früchten allmälig hinzutretende Bereicherung(b)L. 9 § 1 de don. (39. 5. ) in ihrem erſten Satz (§ 146. f). L. 11 eod. „ Cum de modo do - nationis quaeritur, neque par - tus nomine, neque fructuum, neque pensionum, neque mer - cedum ulla donatio facta esse videtur. ” (vgl. § 143. l). — Beide ſprechen im Sinn ihrer Verfaſ - ſer von der Lex Cincia, im Sinn Juſtinians von der Inſinuation.. Auch wenn der Sachwerth die geſetzliche Summe überſteigt, z. B. 1000 Dukaten an - ſtatt 500, bey fehlender Inſinuation, beträgt, ſo iſt zwar die Hälfte des Landguts ungültig geſchenkt und kann zu - rückgefordert werden; für die Früchte aber gilt keine Rück - forderung, da ſich deren Erwerb auf viele einzelne kleine Schenkungen zurückführen läßt, die keiner Inſinuation be - dürfen (§ 166). — Sehr zweifelhaft iſt die Frage, wenn ein unter Ehegatten verſchenktes Landgut zurückgefordert wird, ob nun zugleich die Früchte, die der Beſchenkte ge - zogen hat, und um welche er noch jetzt reicher iſt, als Schenkung betrachtet, und zurückgefordert werden können. Nach Ulpian möchte man dieſe Frage allgemein vernei - nen(c)L. 17 pr. de don. int. vir. (24. 1.). „ De fructibus quoque videamus, si ex fructibus prae - diorum, quae donata sunt, lo - cupletata sit, an in causam do - nationis cadant? Et Julianus significat, fructus quoque, ut usuras, licitam habere dona - tionem.” . Pomponius verneint ſie blos für die durch Cul - tur erzeugten Früchte, während er ſie für die von ſelbſt entſtehenden bejaht(d)L. 45 de usuris (22. 1.). „ Fructus percipiendo uxor vel vir ex re donata suos facit: (d. h. er darf ſich dadurch recht - mäßig bereichern) illos tamen, quos suis operis adquisierit,. Beide Stellen ließen ſich dadurch43§. 147. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortſetzung.)etwa vereinigen, daß man die zweyte blos als die ge - nauere Beſtimmung der erſten betrachtete, wodurch alle entſcheidende Kraft in die zweyte gelegt würde. Allein auch damit iſt die Schwierigkeit nur ſcheinbar beſeitigt. Denn erſtlich iſt die Unterſcheidung jener zwey Arten von Früchten theils ſchwankend und unbeſtimmt, theils grund - los, da in den durch Cultur erzeugten Früchten doch im - mer ein reiner Gewinn, nach Abzug der Culturkoſten, zu ermitteln iſt; und wohin ſoll namentlich das Pachtgeld ge - rechnet werden, welches eben dieſen reinen Gewinn dar - ſtellt, und in die Hände des Verpächters ganz ohne Ar - beit deſſelben gelangt? Zweytens ſteht es im Widerſpruch mit der oben (§ 146. f. h) aufgeſtellten Regel, daß die Überlaſſung des bloßen Fruchtgenuſſes als reine Schen - kung gilt, und daher unter Ehegatten ungültig iſt; denn dieſe Regel könnte nun der gewinnſüchtige Ehegatte leicht dadurch umgehen, daß er ſich das Grundſtück ſelbſt ſchen - ken ließe, da ihm denn, wenn es ſpäter zurückgefordert würde, der Fruchtgenuß der Zwiſchenzeit nicht entzogen werden könnte. Drittens iſt ganz ausdrücklich beſtimmt, daß wenn der Mann während der Ehe die Dos an die Frau zurück giebt, dieſes als ungültige Schenkung betrach - tet, und die ganze Dos, alſo auch die darin enthaltenen Grundſtücke, mit allen Früchten der Zwiſchenzeit, an den(d)veluti serendo: nam si pomum decerpserit, vel ex silva cae - dit, non fit ejus: (sicuti nec cujuslibet bonae fidei possesso - ris) quia non ex facto ejus is fructus nascitur.” 44Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.Mann zurückgegeben werden ſoll(e)L. un. C. si dos (5. 19. ), d. h. L. 3 C. Th. de j. dot. (3. 13.). Nov. 22. C. 39.; gilt aber dieſes von den Dotalgrundſtücken, ſo muß es um ſo mehr von den eignen Grundſtücken des Mannes gelten. Noch wichtiger endlich iſt eine Stelle des Marcellus, welche geradezu an - nimmt, daß, bey dem an einen Ehegatten geſchenkten Ei - genthum eines Landgutes, auch die Früchte mit in die Schenkung fallen und von der Ungültigkeit eben ſo, wie die Hauptſache, betroffen werden(f)L. 49 de don. int. vir. (24. 1.). Eine Frau ſchenkt ih - rem Mann das Eigenthum eines Landgutes, dergeſtalt daß dieſes bey dem Tod des Mannes an den Sohn dieſer Ehegatten fallen ſoll. „ .. si color vel titulus, ut sic dixerim, donationi quaesitus est, nihil valebit traditio: id est si hoc exigit uxor, ut ali - quid ex ea re interim com - modi sentiret maritus.” Mar - cellus geht alſo hier auch davon aus, daß außerdem durch dieſe Art der Schenkung ſelbſt die des bloßen Fruchtgenuſſes gegen die ihr zukommende Ungültigkeit ge - ſichert werden würde, welches ver - hindert werden ſoll.. Hieraus iſt es auch klar, daß in der That die Römiſchen Juriſten verſchie - dene Meynungen über dieſe Frage hatten. Marcellus hatte die conſequenteſte Meynung; Ulpian, der ſich auf Julian beruft, ſchließt alle Früchte von der Schenkung aus; Pomponius vermittelt, indem er zwey Arten der Früchte unterſcheidet. Daher könnte die oben angegebene Vereini - gung des Ulpian mit Pomponius zwar im Sinn von Ju - ſtinian, als Auflöſung eines Widerſpruchs, etwa verſucht werden: Ulpians wahre Meynung findet darin keine An - erkennung.
Erwägt man das Gewicht dieſer Gründe, ſo kann45§. 147. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortſetzung.)wohl als wahrſcheinlich angenommen werden, daß Ulpian und Pomponius in den angeführten Stellen durch die täu - ſchende Ähnlichkeit der Früchte mit den Geldzinſen (von welchen ſogleich noch die Rede ſeyn wird) irre geführt worden ſind(g)Für dieſe Gedankenverbin - dung ſprechen die Worte „ fruc - tus quoque, ut usuras,” in Note c. ; dann aber wird anzunehmen ſeyn, daß alle Früchte ohne Unterſchied als ungültig geſchenkt gelten, und zurückgegeben werden müſſen, ganz nach der Anſicht des Marcellus. Wem jedoch dieſes Verfahren, bey dem nicht abzuläugnenden Daſeyn der Stellen des Ulpian und Pomponius, allzu kühn erſcheint, dem bleibt freylich Nichts übrig, als die von Pomponius aufgeſtellte unterſcheidende Regel anzuerkennen, daneben aber für die der Frau von dem Mann geſchenkten Dotalgrundſtücke eine Ausnahme anzunehmen; unbekümmert dann um die Inconſequenz, ſo - wohl jener Regel, als dieſer Ausnahme, und unbeküm - mert zugleich um den Widerſpruch des Marcellus, blos weil dieſer ſeine Entſcheidung der aufgeworfenen Frage nicht abgeſondert für ſich darſtellt, ſondern im Zuſammen - hang eines ganzen Rechtsfalls. — Welche Meynung nun man über das Schickſal der Feldfrüchte annehmen möge, ſo iſt ſo viel gewiß, daß das Miethgeld eines unter Ehe - gatten verſchenkten Hauſes ganz daſſelbe Schickſal theilen muß(h)Nicht blos wegen der völ - lig gleichartigen Natur, ſondern auch wegen L. 11 de don. (39. 5. ) „ neque pensionum, neque mercedum” (Note b). Pensio wird vorzugsweiſe für das Mieth - geld von Gebäuden gebraucht, hier muß es um ſo mehr dieſen Sinn haben, da das ſonſt allge -. — Weniger zweifelhaft als bey der Schenkung46Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.in der Ehe, iſt die Frage, wie die Früchte eines ver - ſchenkten Landgutes im Fall des Widerrufs aus beſonde - ren Gründen, z. B. wegen Undankbarkeit, zu behandeln ſind. Hier hat es wohl kein Bedenken, daß der Wider - ruf auf die gezogenen Früchte, eben ſo wie auf das Landgut ſelbſt, bezogen werden muß.
Dieſelben Fragen entſtehen nun auch, wenn das Ei - genthum einer Geldſumme verſchenkt iſt, wegen der künf - tigen Zinſen derſelben. Bey der Inſinuation verſteht es ſich wiederum von ſelbſt, daß, wenn weniger als 500 Du - katen verſchenkt werden, die Schenkung nicht deswegen als eine große gelten darf, weil die geſchenkte Summe, durch Zurechnung künftiger Zinſen, 500 Dukaten überſtei - gen kann. Aber auch wenn 800 Dukaten ohne Inſinua - tion verſchenkt, die das geſetzliche Maaß überſteigenden 300 aber ſpäter zurückgefordert werden, fehlt es an einem Rechtsgrund, von dieſer Summe Zinſen zu verlangen. — Wird unter Ehegatten baares Geld geſchenkt und ſpäter zurückgefordert, ſo können keine Zinſen verlangt werden(i)L. 7 § 3 in f., L. 15 § 1, L. 16, L. 17 pr. de don int. vir. (24. 1.). Dieſe unbedenkli - che Regel hat nun eben, durch ſcheinbare Ähnlichkeit, die unpaſ - ſende Regel für die Früchte der Grundſtücke veranlaßt (Note g)., was aus der oben entwickelten willkührlicheren Natur der Zinſen, in Vergleichung mit Hausmiethe und Feldfrüch - ten, conſequenterweiſe folgt. Dennoch ſcheint dieſe Regel durch eine Ausnahme beſchränkt werden zu müſſen. Iſt(h)meinere mercedum daneben ſteht. Es heißt alſo hier: Mieth - oder Pachtgeld.47§. 147. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortſetzung.)nämlich dem Manne eine Dos in baarem Geld gegeben, und ſchenkt er nachher der Frau eine Geldſumme, ſo liegt darin in der That eine, ſey es totale oder partielle, Rück - gabe der Dos, es mag nun ſo benannt ſeyn oder nicht; dieſe Rückgabe aber kann ſtets, als ungültige Schenkung, mit allen ihren Folgen angefochten und vernichtet werden (Note e), ſo daß in dieſem Fall die Geldzinſen ganz die Natur anderer Früchte annehmen; denn die in Geld be - ſtehende Dos wird ſtets zu dem Zweck des Zinsertrags gegeben, welcher Zweck aber durch die Schenkung des Mannes an die Frau unfehlbar vereitelt werden würde. — Endlich wenn geſchenktes Geld aus beſonderen Grün - den, z. B. wegen Undankbarkeit, zurückgefordert wird, fehlt es an einem Rechtsgrund für die Entrichtung von Zinſen.
Die hier für die Schenkung erörterte Frage, ob bey geſchenkten Grundſtücken die Früchte, bey geſchenktem Gelde die Zinſen, in der Veräußerung der Hauptſache mit be - griffen ſind, kommt auch bey einigen anderen Rechtsinſti - tuten vor, deren Vergleichung nicht unbelehrend iſt. So zuerſt bey der Pauliana. Wenn der inſolvente Schuldner unredliche Veräußerungen vornimmt, und der Empfänger an dieſer Unredlichkeit Theil nimmt, ſo wird er auf’s Strengſte behandelt; er muß nicht nur die Früchte der er - worbenen Grundſtücke, ſondern auch Zinſen der vor der Verfallzeit empfangenen Schuldzahlung herausgeben(k)L. 10 § 12 § 19 — 22 quae in fraud. (42. 8); im § 5 war ausdrücklich der Fall der Mitwiſ - ſenſchaft angegeben, unter wel -;48Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.Alles zur verdienten Strafe des Dolus. Iſt er dagegen frey von Dolus, ſo ſoll er nicht einmal Früchte (wenn ſie erſt nach der Veräußerung entſtanden ſind) abgeben, weil dieſe noch nicht im Vermögen des Schuldners wa - ren(l)L. 25 § 4. 5. 6 quae in fraud. (42. 8. ) (von Venulejus). Hier liegt nun unverkennbar die - ſelbe Anſicht der Veräußerung der Früchte zum Grunde, welche Ul - pian und Pomponius bey der Schenkung unter Ehegatten zum Grunde legen (Note c. d); und zwar wird dieſe Anſicht hier un - bedingt angewendet, ohne Rück - ſicht auf die von Pomponius in L. 45 de usuris gemachte Unter - ſcheidung.. — Wird einem Andern ein unverzinsliches Dar - lehen gegeben, um ihn zu einer ungerechten Klage gegen einen Dritten zu beſtimmen (calumnia), ſo muß dieſer un - redliche Empfänger den vierfachen Werth des erlangten Zinsvortheils als Strafe zahlen(m)L. 2 de calumniatoribus (3. 6.)..
Faſſen wir alle dieſe Fälle der zweyten Klaſſe, worin die Schenkung deswegen verneint wird, weil kein erwor - benes Recht weggegeben, ſondern nur ein Erwerb unter - laſſen wird (§ 145), unter einem gemeinſamen Geſichts - punkt zuſammen. Am reinſten und unzweifelhafteſten er - ſcheint dieſe abweiſende Regel bey angefallenen Erbſchaf - ten oder Legaten, die wir zum Vortheil eines Andern aus - ſchlagen (§ 145); denn ihre Entſtehung iſt völlig zufällig,(k)chem nun die folgende Reihe von §§. mit begriffen iſt. L. 17 § 2 eod. 49§. 148. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. (Fortſetzung.)Niemand kann auf ſolchen Erwerb rechnen, und es be - ruht auf unſrer reinen Willkühr, ob unſer Vermögen auf dieſe Weiſe erſt erweitert werden ſoll: der Gegenſtand ſelbſt führt auf eine ſolche Erweiterung gar nicht. Da - gegen giebt es Vermögenstheile, die eine productive Na - tur an ſich tragen, ſo daß ſie gleichſam aus inwohnender Kraft dem Inhaber einen neuen Erwerb bereiten, ohne daß es dazu eines beſonderen Entſchluſſes von ſeiner Seite bedarf, ja daß es vielmehr auf ungewöhnlicher Willkühr beruht, wenn ein ſolcher Erwerb unterbleiben ſoll; auch iſt derſelbe ſo wenig zufälliger Art, daß der Lebensun - terhalt darauf regelmäßig gegründet zu werden pflegt. Dahin gehört der Miethertrag eines Hauſes, der Frucht - oder Pachtertrag eines Landgutes (§ 146). Die regelmä - ßige Natur dieſer Arten der Production führt es mit ſich, daß durch ſie auch Dasjenige, welches noch nicht zu un - ſrem Vermögen gehört, als Gegenſtand wahrer Veräuße - rung, und ſomit auch wahrer Schenkung, betrachtet wer - den kann. Gleichſam in die Mitte zwiſchen dieſe beiderley Arten der Erwerbung fallen die Geldzinſen. Weit weni - ger zufällig und willkührlich als Erbſchaften und Legate, haben ſie doch auch nicht eine ſo regelmäßige und gleich - förmige Natur wie der Fruchtertrag der Grundſtücke. Daher werden ſie gewöhnlich in das Verhältniß der Schen - kung nicht mit hereingezogen, und wo es geſchieht, da reicht der bloße Begriff der Veräußerung nicht aus, ſon - dern es muß die aus den Umſtänden hervorgehende beſon -IV. 450Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.dere Abſicht der Schenkung mit in die Beurtheilung her - eingezogen werden (§ 146. 147).
Mit Unrecht aber würde man als Widerſpruch gegen die ganze hier behandelte verneinende Regel folgenden Fall geltend machen. Wenn mir Einer Etwas zu tradiren be - reit iſt, entweder in Folge eines Kaufcontracts, oder auch weil er es mir ſchenken will, und ich ihn damit an einen Dritten verweiſe, um dieſen zu beſchenken, ſo gilt dieſes in der That als wahre von mir ausgehende Schenkung(a)L. 3 § 12. 13, L. 4, L. 56 de don. int. vir. (24. 1.).