PRIMS Full-text transcription (HTML)
[I]
Grundſaͤtze der rationellen Landwirthſchaft.
Dritter Band.
Mit dreizehn Kupfertafeln. (Tafel I. bis XI. XIII. und XIV.)
Berlin, 1810.In der Realſchulbuchhandlung.
[II][III]

Vorrede.

Wenn gleich auf dasjenige, was ich in der Vorrede zum zweiten Bande uͤber die erforderliche Beſchraͤnkung dieſes Werks geſagt habe, mehrere Aufforderungen an mich ergangen ſind, noch einen fuͤnften Band hin - zuzufuͤgen, und dann alle Materien ausfuͤhrlich zu behandeln, ſo iſt dieſes doch dem einmal beſtimmten Plane entgegen, und koͤnnte die Unzu - friedenheit anderer Subſcribenten erregen. Ich habe deshalb in dieſem dritten Bande, welcher das Mechaniſche des Ackerbaues hauptſaͤchlich in ſich begreift, meinen Vortrag, inſofern es ohne Aufopferung der Voll - ſtaͤndigkeit und Deutlichkeit geſchehen konnte, moͤglichſt beſchraͤnkt. Hier - durch iſt an der Bogenzahl dieſes Bandes betraͤchtlich erſpart, und dieſes wird dem vierten Bande zu gut kommen.

Es haben ſich in den Tabellen des erſten und zweiten Bandes leider! mehrere Zahlenfehler eingeſchlichen. Es iſt dieſes durch einige, waͤhrend des Drucks noch noͤthig gefundene Abaͤnderungen derſelben entſtanden. Wenn ſie gleich das Reſultat dieſer hypothetiſchen und nur als Exempel anzuſehenden Berechnungen nicht erheblich veraͤndern, ſo ſoll doch Allesa 2IVVorrede. genau nachgeſehen werden, um dieſe Irrungen, ſo wie einige andre Druck - fehler im vierten Bande anzeigen zu koͤnnen.

So wie den Debit und die Ueberſendung, uͤbernimmt anjetzt die Real - ſchulbuchhandlung in Berlin auch die Praͤnumeration allein, weil Ir - rungen ſonſt unvermeidlich waren. Die mir unmittelbar eingeſandten Praͤnumerationen ſind derſelben berechnet, und die kuͤnftigen bitte ich ſaͤmmtlich an ſelbige poſtfrey einzuſenden. Sollte ja wegen der Ueberſen - dung ein Irrthum vorfallen, ſo erſuche ich, ſich an dieſe Handlung unmit - telbar zu wenden, da ſolcher denn ohne allen Zweifel ſchnell redreſſirt werden wird.

Die Namen der ſeit Erſcheinung des zweiten Bandes hinzugetretenen Praͤnumeranten, ſo wie die der ferner hinzutretenden, werden dem vierten Bande vorgedruckt werden.

Berlin den 10ten Oktober 1810.

A. Thaer.

[V]

Inhaltsverzeichniß des dritten Bandes.

  • Viertes Hauptſtuͤck. Agrikultur.
  • Zweite Abtheilung. Die Lehre von der Bearbeitung oder von der mechani - ſchen Verbeſſerung des Bodens.
  • Inbegriff dieſes Abſchnitts. Seite3.
  • Beackerung .3.
  • Abweichende Meinungen daruͤber .3.
  • Unterſcheidung der verſchiedenen Zwecke beim Beackern .4.
  • Lockerung und Pulverung .4.
  • Mengung der Beſtandtheile .6.
  • Heraufbringung einer andern Erdlage .6.
  • Auffangung und Erhaltung der Feuchtigkeit .7.
  • Zerſtoͤrung des Unkrauts. 8
  • Unterbringung des Saamens .10.
  • Die Ackerwerkzeuge .10.
  • Pflugwerkzeuge .11.
  • Der eigentliche Pflug .11.
  • Eigenſchaften eines guten Pfluges .12.
  • Warum man auf deſſen Verbeſſerung ſo wenig gedacht hat .13.
  • Das Voreiſen oder Meſſer.
  • Das Schaar .18.
  • Das Pflughaupt .2.
  • Das Streichbrett .22.
  • Die Griesſaͤule .25.
  • VI
  • Der Pflugbaum .29.
  • Die Sterzen .28.
  • Stellung des Pfluges .30.
  • Das Vorgeſtell und die Raͤder, deren Vortheil oder Nachtheil .32.
  • Konſtruktion der Raͤder .3.
  • Andere Vorrichtungen .36.
  • Mehrere Zuſaͤtze am Pfluge .37.
  • Umzuſetzende Streichbretter .38.
  • Doppelpfluͤge .39.
  • Rajolpfluͤge .40.
  • Der Haaken .42.
  • Der Meklenburgiſche .42.
  • Der ſchleſiſche Ruhrhacken .43.
  • Der Lieflaͤndiſche .45.
  • Der Karrhaaken .46.
  • Die Kultivators .46.
  • Die Scarifikators .47.
  • Die Hobelpfluͤge .47.
  • Die Ruhrpfluͤge .48.
  • Der Exſtirpator .48.
  • Der Arndtſche Saatpflug .51.
  • Die Eggen .53.
  • Die ſchweren Eggen .54.
  • Die leichten .54.
  • Erforderniſſe einer guten Egge .55.
  • Konſtruktion der Eggen .56.
  • Gebrochene Eggen .57.
  • Anſpannungsbuͤgel .57.
  • Beſpannung der Eggen .58.
  • Eggenſchleifen .58.
  • Straucheggen .59.
  • Anwendung der Eggen .59.
  • Wahrnehmung der Witterung beim Eggen .60.
  • Die Walze .61.
  • Zwecke des Walzens .61.
  • Konſtruktion der Walze .6.
  • VII
  • Die Stachelwalze .63.
  • Gerechte Zeit zum Walzen .64.
  • Die Arbeit der Beackerung .64.
  • Forderung an eine gute Pflugarbeit .64.
  • Wie deren Erfuͤllung zu bewirken .65.
  • Breite der Streifen .66.
  • Entſtehung der Beete .67.
  • Das Ebenpfluͤgen .67.
  • Verſchiedene Arten der Beete .69.
  • Breite Beete .69.
  • Nachtheile der hoch aufgepfluͤgten breiten Beete .70.
  • Schwierigkeit bei der Ablegung der hohen breiten Beete .72.
  • Schmale, wenig erhoͤhte Beete .74.
  • Schmale, hoch aufgepfluͤgte Beete .75.
  • Vortheile derſelben .75.
  • Nachtheile derſelben .76.
  • Allgemeines Urtheil daruͤber .77.
  • Ihre Anlegung .80.
  • Richtung der Beete .80.
  • An abhangenden Feldern .80.
  • Tiefe des Pfluͤgens .82.
  • Vorzuͤge des tieferen Pfluͤgens .83.
  • Periodiſches tieferes Pfluͤgen des tiefen Bodens .86.
  • Neue Vertiefung des Bodens durch das Pfluͤgen .86.
  • Das flache Pfluͤgen .87.
  • Die Vertiefung geſchehe allmaͤhlig .88.
  • Ruͤckſichten, welche dabei zu nehmen ſind .89.
  • Beſtimmung der Tiefe des Pfluͤgens .89.
  • Vorſichtiges Verfahren .90.
  • Zu welchen Fruͤchten tief oder flach zu pfluͤgen .92.
  • Pflugarten, die bei dem Syſtem des Fruchtwechſels gegeben werden .93.
  • Behandlung der Brache .94.
  • Benennungen der verſchiedenen Pflugarten .95.
  • Die Brachfurche .96.
  • Die Wendefurche .97.
  • Die Ruhrfurche .98.
  • VIII
  • Die Saatfurche .99.
  • Gebrauch des Exſtirpators zu den Ruhrfurchen .99.
  • Unvollkommene Brachbearbeitung .100.
  • Soͤmmerungsfurchen .101.
  • Das Halbpfluͤgen, Baͤlken oder Rispen .101.
  • Erforderliche Aufmerkſamkeit des Aufſehers beim Pfluͤgen .102.
  • Zuſammenſtellung der Pfluͤger .102.
  • Die Vorgewende .103.
  • Gehoͤriger Abtrockungszuſtand des Bodens zum Pfluͤgen .103.
  • Wann geegget werden ſoll .104.
  • Urbarmachung unangebauter Laͤndereien .105.
  • Oekonomiſche Ruͤckſichten bei ſolchen Unternehmungen .105.
  • Unterſcheidung zweier Faͤlle .107.
  • 1) Urbarmachung in Verbindung mit einer ſchon beſtehenden Wirthſchaft .107.
  • Fehler, worin manche verfielen .107.
  • Zu beobachtender Grundſatz .108.
  • 2) Urbarmachung mit Anlegung einer neuen Wirthſchaft .109.
  • Nothwendiges Erforderniß bei ſolchen Unternehmungen .110.
  • Aufbruch des alten Forſtgrundes .111.
  • Ausrohdung der Baumwurzeln .112.
  • Urbarmachung der Lehden und Weideaͤnger .113.
  • Durch Brachbehandlung .114.
  • Durch Beſaamung der erſten Furche .116.
  • Durch Abſchaͤlung und Aufſetzung der Narbe in Mieken .117.
  • Brennen der Grasnarbe .117.
  • Ebnung des Bodens .119.
  • Ausrohdung der Steine und Verſenkung derſelben .120.
  • Kalkung des Neubruchs .121.
  • Aufbruch des Haidbodens .122.
  • Sandkultur .123.
  • Befeſtigung des Sandes .124.
  • Bearbeitung des Sandbodens .125.
  • Befriedigungen. Einhaͤgungen .126.
  • Nachtheile derſelben .125.
  • Ihre Vortheile .127.
  • IX
  • Reſultat der Meinungen .128.
  • Arten der Befriedigung .129.
  • Mauern .129.
  • Steinwaͤlle .130.
  • Lehmwaͤnde .130.
  • Verzaͤnnungen von Holz .130.
  • Erdwaͤlle .131.
  • Lebendige Befriedigungen .134.
  • Weißdornhecken .135.
  • Haſſelhecken .139.
  • Hainbuchenhecken .140.
  • Akazienhecken .140.
  • Weidenhecken .141.
  • Gemiſchte Hecken .141.
  • Abwaͤſſerung .144.
  • Naturgeſetz des Waſſers .145.
  • Durchlaſſende und undurchlaſſende Lagen des Erdbodens .154.
  • Unterirdiſche Waſſerbehaͤlter .147.
  • Wahrnehmung des Niveaus .147.
  • Anlegung der Graͤben .148.
  • Urſachen der Naͤſſe .149.
  • A. Auf der Stelle niedergeſchlagene Feuchtigkeit .150.
  • Offene Waſſerfurchen .151.
  • Undurchlaſſender Untergrund .153.
  • Verdeckte Zuͤge .154.
  • Anlegung der Unterdrains .155.
  • B. Herabziehendes Tagewaſſer .158.
  • C. Quellen .159.
  • Lage des Erdbodens an Quellſtellen .160.
  • Faͤlle einer Art.161.
  • Faͤlle der andern Art.162.
  • Huͤlfe im erſten Falle .162.
  • Huͤlfe im zweiten Falle .163.
  • Anwendung der Bohrloͤcher .163.
  • D. Von Stroͤmen .166.
  • Deiche .166.
  • X
  • Das Binnenwaſſer .167.
  • Auslaßſchleuſen .167.
  • Entwaͤſſerung des niederen Landes .167.
  • Schoͤpfmaſchinen .168.
  • Das Durchſinterungswaſſer .169.
  • Durchſtiche gekruͤmmter Flußbetten .169.
  • Durchleitung des Waſſers unter das Bette eines Fluſſes .170.
  • Crettés de Paluel erſter Fall .171.
  • Deſſelben zweiter Fall .172.
  • Urbarmachung der Moore und Bruͤcher .174.
  • Moore die vom Tagewaſſer entſtehen .175.
  • Moore von Quellen .175.
  • Moore von Fluͤſſen .176.
  • Begrabung des Moors .177.
  • Kultur der ausgetorften Moore .177.
  • Kultur der unausgetorften Moore .178.
  • Die Bewaͤſſerung .180.
  • Verbindung der Lehre von der Bewaͤſſerung mit der von der Entwaͤſſerung .180.
  • Wichtige Vortheile der Bewaͤſſerung .180.
  • Haͤufige Gelegenheit Bewaͤſſerungen anzulegen .182.
  • Allgemeine Anſicht der Bewaͤſſerungsanlagen .183.
  • Noͤthige Vorſicht bei Entwerfung eines Plans .184.
  • Ruͤckſicht auf die Quantitaͤt des Waſſers .186.
  • Ruͤckſicht auf die Berechtigungen uͤber das Waſſer .188.
  • Ruͤckſicht auf den Abzug des gebrauchten Waſſers .189.
  • Benennungen der verſchiedenen Waſſerleitungen und Vorrichtungen .189.
  • Schleuſen und Staue .191.
  • Bewaͤſſerungsarten .193.
  • Die Ueberſtauung .193.
  • Einrichtung der Berieſelung .196.
  • Bewaͤſſerung einer abhaͤngigen Flaͤche in mehreren Abtheilungen .199.
  • Verwallungen bei der Durchleitung durch niedere Stellen, mit Einlaͤſſen .201.
  • Umgehung der Anhoͤhen .203.
  • Anſtauung des Waſſers in den Graͤben .204.
  • Bewaͤſſerung durch Maſchinen .205.
  • XI
  • Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemm - wieſen .205.
  • Iſt bis jetzt nur im Luͤneburgiſchen und Bremiſchen bekannt geweſen .205.
  • Begriff derſelben .206.
  • Beſchreibung der Operation .206.
  • Dabei zu nehmende Ruͤckſichten .209.
  • Bildung des Abzugsgrabens .212.
  • Nideau des Schwemmgrabens .212.
  • Schwemmung von einer oder von zwei Seiten .213.
  • Durchfuͤhrung des Grabens ohne zu ſchwemmen .214.
  • Unbeſtimmbarkeit der Koſten im Allgemeinen .214.
  • Benarbung der neuen Oberflaͤche .217.
  • Wirkung der Berieſelung auf Sandboden .219.
  • Benutzung des geſchwemmten Grundes zum Fruchtbau .220.
  • Die Beſchlammung .220.
  • Beſchreibung eines beſonderen Falles .221.
  • Der Wieſenbau .224.
  • Begriff der Wieſen .224.
  • Fuͤnf Arten der Wieſen .225.
  • Sicherheit und Unſicherheit der Wieſen .228.
  • Der Werth der Wieſen .228.
  • Wieſenpflanzen erſter Guͤte .229.
  • Wieſenpflanzen zweiter Guͤte .230.
  • Schlechtere Wieſenpflanzen .231.
  • Der Raſen .233.
  • Beſaamung .234.
  • Natuͤrlicher Wechſel der Wieſenpflanzen .235.
  • Schaͤtzung und Klaſſifikation der Wieſen nach ihrem Heuertrage .235.
  • Verhaͤltniß des Werths der Wieſen zum Werthe des Ackerlandes .237.
  • Sicherheit vermehrt den Werth der Wieſen .240.
  • Ebenheit .240.
  • Entfernung .240.
  • Kultur der Wieſen .241.
  • Vertilgung der Maulwurfshaufen .241.
  • Aufbruch der Wieſen .242.
  • XII
  • Beſaamung der Wieſen .244.
  • Ob friſch niedergelegtes Grasland zu maͤhen oder zu beweiden ſey .245.
  • Eggen der Wieſen .245.
  • Duͤngung der Wieſen .246.
  • Duͤngungsmittel .247.
  • Befahren der Wieſe mit Erde .249.
  • Zeit der Auffuͤhrung des Duͤngers .250.
  • Waͤſſerung der Wieſen .251.
  • Anwendung der Ueberſtauung .251.
  • Anwendung der Ueberrieſelung .253.
  • Reinigung der Wieſen .254.
  • Behutung der Wieſen .255.
  • Die Heuernte .258.
  • Wahrzunehmender Zeitpunkt .258.
  • Das Maͤhen .260.
  • Das Heumachen bei guter Witterung .260.
  • Das Heumachen bei unguͤnſtiger Witterung .262.
  • Andere Methode .263.
  • Heuart, welche das Beregnen verlangt .263.
  • Bereitung des braunen Heues .264.
  • Erleichterung der Heuarbeit durch Pferdewerkzeuge .265.
  • Das Laden und Einfahren .266.
  • Das Taſſen des Heues auf Boͤden oder in Scheuren .266.
  • Heu-Feimen .267.
  • Aufſetzung des Heues mit Sommerſtroh .269.
  • Salzen des Heues .270.
  • Das zweite und dritte Heu .270.
  • Weiden und Hutungen .270.
  • Nutzbarkeit der Weiden .270.
  • Arten der Weide .271.
  • Begriff einer Kuhweide .271.
  • Worauf es bei den Dreeſchweiden ankomme .272.
  • Tabelle zur Beſtimmung einer Kuhweide auf Ackerdreeſch .273.
  • Kultur und Beſaamung der Dreeſchweiden .275.
  • Weide auf ungeduͤngtem Auſſenlande.
  • XIII
  • Die Brachweide .277.
  • Die Stoppelweide .278.
  • Behuͤtung der Saat im Winter und Fruͤhjahr .278.
  • Behuͤtung der Wieſen .280.
  • Die Holzweide .280.
  • Beſtaͤndige Weiden .281.
  • Fettweiden .282.
  • Der Ueberſchwemmung ausgeſetzte Weiden .283.
  • Die Bergweiden .283.
  • Kommune Weideaͤnger .284.
  • Kultur der Weiden .285.
  • Richtiger Beſatz der Weiden .286.
  • Folge der Vieharten .286.
  • Eintheilung der Weide in Schlaͤge .287.
  • Viehtraͤnken .288.
[XIV]

Erklaͤrung der Figuren auf Tafel V. und VI.

Tafel V. bezieht ſich auf §. 299., und iſt daſelbſt groͤßtentheils erklaͤrt. In - deſſen erfolgt hier eine nochmalige Erklaͤrung mit einigen Zuſaͤtzen.

A A der herabfließende Bach.

B die in ſelbigem angelegte Stauſchleuſe.

C C Anhoͤhen.

O O O Moraſtige Niederung.

a a der Waſſerlauf des in die Anhoͤhen hineingefuͤhrten Zuleitungsgrabens.

b der Punkt, wo die Schwemmung anfangen ſoll.

c d die Linie des zuerſt gemachten Durchſtichs.

c e d f Waſſerlauf der erſten Schwemmbank.

e g f h Raum der zweiten Schwemmbank, nachdem die erſte bei c e durch Ver - wallung geſchloſſen worden.

b i Linie, in welcher die Schwemmung in grader Richtung fortgeſetzt wer - den wird.

i k Richtung, welche die Schwemmung von dieſem Punkte an nehmen wird, um durch ſtaͤrkeres Eindringen in die Anhoͤhe mehrere Erde zur Ausfuͤllung der breiteren Niederung zu bekommen.

Tafel VI.

Anfang und Fortgang der Schwemmungsoperation.

Die Figuren I. II. und III., ſo wie die IV. V. VI. muͤſſen in Ver - bindung betrachtet werden.

Figur I. ſtellt den Grundriß des Zuleitungsgrabens und des Durchſtichs zur Bildung der erſten Schwemmbank, und der beide umgebenden ſchraͤgen Waͤnde dar.

XVErklaͤrung der Figuren.

a die Waſſerflaͤche im Zuleitungsgraben.

b b die ſchraͤgen Waͤnde des Zuleitungsgraben.

c der Waſſerlauf im Durchſtich, welcher vermoͤge des Waſſerdrucks von oben und ſeines Gefaͤlles maͤchtig herabſtuͤrzt, und die ihm vorgeworfene Erde fortfuͤhrt.

d d die Seitenwaͤnde des Durchſtichs.

e der Punkt, wo die Schwemmbank aufhoͤrt, oder die Sohle derſelben zu Tage auslaͤuft und keine Erde mehr abgeſchwemmt werden ſoll.

f die Ausbreitung des Waſſers, und der von demſelben mitgenommenen Erde in der moraſtigen Niederung.

A A A Umgebende Anhoͤhen.

B Moraſtige Niederung, die zugeſchwemmt werden ſoll.

h i Linie, deren Durchſchnitt Figur II. darſtellt.

k l Linie, deren Durchſchnitt Figur III. darſtellt.

Figur II. Durchſchnitt nach der Linie h i in Figur I.

a Stand des Waſſers im Zuleitungsgraben.

b die ſchraͤge hintere Wand des Zuleitungsgraben.

m Erdmaſſe der Anhoͤhe, in die der Graben beim weiteren Fortruͤcken eindringt.

n Erdboden unter der Sohle des Zuleitungsgraben.

Fig. III. Durchſchnitt nach der Linie k l in Fig. I.

c Lauf des Waſſers in dem Durchſtich oder der erſten Schwemmbank.

d Seitenwand des Durchſtichs oder der Schwemmbank, in welche dieſe hinein - ruͤckt, vermittelſt des Losmachens und Wegſchwemmens der Erde.

e Punkt, wo die Schwemmbank aufhoͤrt und das Waſſer ſich zu verbreiten anfaͤngt.

f Ausbreitung des Waſſers und Flaͤche, wo ſich die Erde abſetzt.

o Erdboden der Anhoͤhe.

o g Linie, welche die kuͤnftige Oberflaͤche der Wieſe bezeichnet.

Fig. IV. Grundriß des Schwemmungs - oder kuͤnftigen Bewaͤſſerungs - Grabens und der Schwemmbank, nachdem ſchon ein Theil abgeſchwemmt worden.

a Lauf des Waſſers im Schwemmgraben.

b Schraͤge Seite dieſes Grabens nach der Seite der Anhoͤhe.

c c Verwallung dieſes Grabens, welche waͤhrend des Schwemmens gemacht wird.

d Lauf des Waſſers in der Schwemmbank.

XVIErklaͤrung der Figuren.

e Ufer dieſer Schwemmbank, von welchem die Erde dem Waſſer vorgewor - fen wird.

f Ausbreitung des Waſſers uͤber die Niederung, wo es die Erde abſetzt.

A A Anhoͤhen.

B Moraſtiger Grund.

C Die durch das Schwemmen bereits gebildete Flaͤche.

g h Die Linie des Durchſchnitts in Fig. V.

i k Die Linie des Durchſchnitts in Fig. VI.

Fig. V. Durchſchnitt nach der Linie g h in der vorigen Figur.

a b Neu entſtandene Flaͤche der Wieſe.

b Stand des Waſſers in der Schwemmbank.

c d Ehemalige Oberflaͤche des Bodens, welche abgeſchwemmt worden.

e Erdboden der Anhoͤhe.

f Erdboden unter der entſtandenen neuen Oberflaͤche.

Fig. VI. Durchſchnitt des Grundriſſes in Fig. IV. nach der Linie i k.

a Waſſerſtand im Graben.

b Aufwurf oder Verwallung dieſes Grabens.

c d Die durch das Schwemmen gebildete Flaͤche.

e e e Oberflaͤche vor dem Schwemmen.

f f Erdboden unter der neuen Wieſenflaͤche.

g Erdboden der Anhoͤhe.

Die Erklaͤrung der uͤbrigen Tafeln enthaͤlt der Text. Die Taf. V. und VI. ſind nach der Ordnung des Textes die letzten. No. XII. iſt bei der Numerirung der Ta - feln aus Verſehen uͤberſprungen, und gar nicht vorhanden.

Der Buchbinder hefte die Tafeln ſaͤmmtlich hinten, jedoch ſo, daß ſie ganz ausgeſchlagen werden koͤnnen.

Viertes
[1]

Viertes Hauptſtuͤck. Agrikultur.

Dritter Theil. A[2][3]

Zweite Abtheilung. Die Lehre von der Bearbeitung oder von der mecha - niſchen Verbeſſerung des Bodens.

§. 99.

Dieſes Hauptſtuͤck begreift die Lehre von den ſaͤmmtlichen Operationen oder Ar -Inbegriff die - ſes Ab - ſchnitts. beiten in ſich, wodurch der Boden in einen tragbaren Zuſtand verſetzt, und wo - durch ſeine phyſiſche Beſchaffenheit, unſerm Zwecke gemaͤß, verbeſſert wird. Dieſe Operationen theilen ſich 1) in ſolche, deren Wirkung auf immer oder doch auf eine lange Zeit fortdauern ſoll, und welche man Meliorationen zu nennen pflegt, wohin beſonders Urbarmachung, Radung, Einhaͤgung, Begrabung, Verwaltung, Abwaͤſſerung und Bewaͤſſerung gehoͤren, und die einmal angewandt fortdauernd ſind; und 2) in diejenigen, welche fuͤr die naͤchſten Fruͤchte und Be - ſtellungen allein angewandt werden, und entweder jaͤhrlich oder doch nach kuͤrzeren Zwiſchenraͤumen wiederholt werden muͤſſen. Letztere, von denen wir aus mehre - reren Gruͤnden zuerſt handeln wollen, werden begriffen unter dem Worte:

Beackerung.

§. 100.

So ſehr jedermann von der Nothwendigkeit der Beackerung uͤberzeugt iſt, ſoAbweichende Meinungen daruͤber. ſind doch die Meinungen uͤber die Art und Weiſe, wie ſie im Allgemeinen und unter beſondern Umſtaͤnden geſchehen muͤſſe, und welche von den mannichfaltigen Methoden die beſſere ſey, hoͤchſt verſchieden, und, dem Anſcheine nach, wider - ſprechend. Der Erfolg beguͤnſtigt hin und wieder jede Meinung. Daher iſt der rohe Empiriker mehrentheils unfaͤhig zu unterſcheiden, welches die richtigere ſey. Er haͤlt ſich daher in ſeiner Lage ganz vernuͤnftig an die in ſeiner GegendA 24Beackerung.eingefuͤhrte Weiſe, wobei er ſich dann freilich keine Vortheile vor ſeinen Nachba - ren und ſeinen Vorfahren verſchafft, aber auch nicht in Nachtheil gegen ſelbige zu ſtehen kommt, womit er ſchon zufrieden iſt. Denn wiche er von der eingefuͤhrten Methode ab, ohne die Gruͤnde dieſer Abweichung richtig zu erkennen, ſo wuͤrde er haͤufiger auf das Schlechtere, wie auf das Beſſere verfallen. Der rationelle Landwirth aber, der das Beſte und moͤglich Vollkommenſte zu erreichen ſtrebt, kann dabei mit vollkommener Sicherheit verfahren, wenn er die Zwecke und die Wirkungen jeder Operation und Methode richtig kennt und die Urſachen zu erfor - ſchen weiß, warum bald dieſe bald jene einen beſſeren Erfolg hatte und ha - ben mußte.

§. 101.

Unterſchei - dung der ver - ſchiedenen Zwecke beim Beackern.Die Beackerung hat naͤmlich viele und verſchiedene Zwecke, wovon der eine auf dieſe, der andere auf jene Weiſe beſſer erreicht wird. Wir muͤſſen diejenige Wirkung, welche wir mit der Beackerung in jedem gegebenen Falle vorzuͤglich und allein, oder in Verbindung mit mehreren andern zugleich erreichen wollen, uns klar vorſtellen, und dann danach diejenige Methode waͤhlen, welche dieſen oder dieſe Zwecke mit dem moͤglich geringſten Aufwande erreicht. Die Zwecke und Wirkungen der Beackerung ſind hauptſaͤchlich folgende:

§. 102.

Pulverung.1) Lockerung und Pulverung des Bodens. Jede Ackererde hat die Neigung, ſich zuſammen zu ziehen und zu verballen, theils vermoͤge der Anzie - hung ihrer homogenen Theile, theils vermoͤge des Drucks, welchen ſelbſt die Atmoſphaͤre darauf aͤußert. Je thoniger der Boden iſt, um ſo ſtaͤrker iſt die Bin - dung und Verballung deſſelben. In einem ſolchen verhaͤrteten Boden koͤnnen aber die Wurzeln der meiſten unſerer kultivirten Pflanzen nicht eindringen und nicht die Nahrung herausziehen, welche in ſelbigem eingeſchloſſen iſt. Der Boden muß alſo mechaniſch gelockert werden, und dieſes muß, um die hoͤchſte Vegetation zu bewirken und alle Nahrungstheile fuͤr die Pflanzen aufzuſchließen, auf die voll - kommenſte Weiſe geſchehen, ſo daß die ſaͤmmtliche Ackerkrume in Pulver zerfalle, und keine verballte Erdkloͤße darin bleiben. Denn in dieſe dringen die Haarwur - zeln nicht ein, ſondern ziehen ſich nur auf ihrer Oberflaͤche herum, und ſolche Erdkloͤße geben ihnen folglich eben ſo wenig Nahrung, als ob Steine im Boden5Beackerung.waͤren. Je gleichartiger der Boden gelockert und gepulvert iſt, um deſto gleich - maͤßiger verbreiten ſich dagegen die Pflanzenwurzeln; treiben um ſo mehrere Haar - buͤſchel aus, und vermeiden es, mit einander in Beruͤhrung zu kommen. Jedes nahrhafte Partikelchen in der Erde kommt folglich in Beruͤhrung mit einer Wurzelnzaſer.

Von der großen Wirkung einer feinen Pulverung der Erdkrume durch die Er - fahrung uͤberzeugt, haben einige, z. B. Jether Tull, die Fruchtbarmachung des Bodens ausſchließlich hierauf beruhen laſſen wollen; deren einſeitige Anſicht aber genugſam widerlegt iſt. Es kann zwar ein Acker, der voͤllig erſchoͤpft ſcheint, durch eine ſehr ſorgfaͤltige Bearbeitung zur Abtragung einer oder der andern Frucht noch geſchickt gemacht werden, zumal wenn er vorhin in dieſem Stuͤcke vernachlaͤſſiget worden. Es werden dadurch aber nur die in ihm verſchloſſenen Nahrungstheile ge - loͤſet, nicht neue, wenigſtens nicht zureichende, erzeugt.

Zu ſehr gepulvert und gelockert kann der Boden nie ſeyn. Jedoch kann er zu loſe werden, d. h. es koͤnnen Zwiſchenraͤume in ihm entſtehen, wo ſeine Partikeln ſich gar nicht mit einander beruͤhren. Dieſe werden den Pflanzen nachtheilig, und man findet daher, daß manche Saaten leiden, wenn der beackerte Boden nicht Zeit gehabt hat, ſich wieder zu ſetzen oder zu ſacken, ſo daß dieſe hohlen Zwiſchen - raͤume dadurch ausgefuͤllt ſind.

Nach der Verſchiedenheit der Bodenarten wird dieſe vollkommene Pulverung und Zertruͤmmerung der verballten Erdkloͤße leichter oder ſchwerer bewirkt, und daher muͤſſen die dazu dienenden Operationen auf dem einen Boden kraͤftiger und haͤufiger, wie auf dem andern wiederholt werden. Zugleich kommt es auf die Na - tur der Pflanze an, welche man darauf bauen will: die Gerſte gedeiht nur auf lok - kerem und gleichmaͤßig zerkruͤmelten Boden; der Hafer wird von dem Widerſtande eines mehr zuſammengezogenen Bodens minder aufgehalten, und durchdringt ihn mit mehrerer Kraft.

Der einmal voͤllig gepulverte Boden behaͤlt unterhalb der Oberflaͤche meh - rere Jahre hindurch eine zureichende Lockerheit. Er bindet ſich bei einem ſtarken Thongehalte zwar ſo, daß er zuſammenhaͤngt, jedoch nicht ſo feſt, daß ihn die Wurzeln nicht durchdringen koͤnnten; weswegen die Pulverung der unteren Ackerkrume nur erſt nach einer Reihe von Jahren wiederholt zu werden braucht.

6Beackerung.

§. 103.

Mengung der Beſtandtheile.2) Genaue Mengung der Beſtandtheile des Bodens. Dieſen Zweck muͤſſen wir insbeſondere in dem Falle vor[Augen] haben, wenn wir irgend einen neuen Zuſatz der Ackerkrume geben; es ſey, daß wir durch tieferes Pfluͤgen Erdtheile aus dem Untergrunde heraufholen, oder aber Duͤngungs - und Verbeſ - ſerungsmittel auffuͤhren. Eine ungleichartige Maſſe iſt den Pflanzenwurzeln durch - aus nachtheilig, und die Vegetation ſtockt, wenn die jungen Haarwurzeln aus der einen in die andere uͤbergehen muͤſſen. Man hat durch eine ſolche ungleichartige Miſchung ſcheckige, d. h. kranke Pflanzen hervorgebracht. Durch eine wirklich verbeſſernde Erdart, ſelbſt durch Mergel die aber mit der uͤbrigen Acker - krume noch nicht durchmengt war, iſt der Acker auf mehrere Jahre verſchlechtert worden, und die gehoffte Wirkung hat ſich erſt gezeigt, nachdem dieſe Mengung vollſtaͤndig bewirkt war. Manche duͤngende Subſtanzen, insbeſondere diejenigen, welche durch ihre Wechſelwirkung auf den Humus und die vegetabiliſchen Stoffe ſich beſonders nuͤtzlich bezeigen, bleiben ebenfalls unwirkſam und koͤnnen ſogar nachtheilig werden, wenn ſie nicht in ihren feinſten Partikeln vermengt, mit den Partikeln des Humus in Beruͤhrung kommen. Der gewoͤhnliche Stallmiſt ver - ſagt zwar, wenn er minder innig mit dem Boden vermiſcht iſt, nicht alle Wir - kung, indem naͤmlich ſeine aufloͤsbaren Theile die Erdkrume durchdringen; indeſ - ſen ſchafft er doch nie den Vortheil, als wenn er durch wiederholtes Beackern voll - ſtaͤndiger mit dem Boden gemengt und darin vertheilt iſt. Haͤufig giebt er im er - ſteren Falle eine horſtige und bunte Saat, indem die Pflanzen an einer Stelle uͤberfluͤſſige Nahrung finden, und an andern Mangel leiden und kuͤmmern. Da er ſich in ſolchen Faͤllen torfartig zuſammenhaͤngt, ſo bemerkt man dies ſcheckige Anſehn der Saat oft noch in ſpaͤtern Jahren.

§. 104.

Heraufbrin - gung einer andern Erd - lage.3) Die Heraufbringung einer andern Erdlage, um ſie den Ein - wirkungen der Atmoſphaͤre und des Lichtes auszuſetzen. Dieſe Wirkung der Aeration des Bodens haben aufmerkſame Beobachter ſchon ſeit alten Zeiten an - erkannt, und, um ſie zu erklaͤren, ihre Zuflucht zu manchen Hypotheſen genom - men. Man hat die Wirkung derſelben mit der Salpetererzeugung verglichen,7Beackerung.womit ſie in der That manches Aehnliche hat, indem ſich der Salpeter durch den Zutritt eines atmoſphaͤriſchen Stoffes ebenfalls erzeugt, und um ſo ſtaͤrker erzeugt, je oͤfter eine neue noch ungeſaͤttigte Oberflaͤche der Luftberuͤhrung dargeboten wird. Auch iſt derſelbe Stoff, naͤmlich das Oxygen, hier, wie bei der Salpetererzeu - gung, wirkſam. Durch die Mittheilung deſſelben erzeugen ſich naͤmlich, wie wir bei der Lehre vom Humus zeigten, die beiden Subſtanzen, in welchen der Kohlen - ſtoff als Hauptnahrung in die Pflanzen uͤberzugehen ſcheint, naͤmlich: die Koh - lenſaͤure und der Extraktivſtoff. Durch die Luſtausſetzung erhaͤlt alſo der Humus erſt ſeine Fruchtbarkeit, wobei ohne Zweifel das Licht eine wichtige Rolle mit ſpielt.

Die aus dem Oxygen mit dem Kohlenſtoff ſich bildende Kohlenſaͤure, welche in der unteren Luftſchicht ruhet, in den Zwiſchenraͤumen der umgewandten Erde gewiſſermaßen eingeſchloſſen iſt, theilt ſich dem Erdboden mit. Nicht unwahr - ſcheinlich ſpielt ſelbſt das Azot der atmoſphaͤriſchen Luft, von ſeinem Oxygen ge - trennet, eine Rolle, und wird vom Thone angezogen. Doch bis wir die mancher - lei Zerſetzungen, die hier vorgehen, genauer werden erforſcht haben, kann uns die ſo alte als allgemeine Erfahrung von der Fruchtbarkeit und Muͤrbheit, welche ſelbſt der rohe Thon erlangt, wenn er der atmoſphaͤriſchen Einwirkung ausgeſetzt, in oft veraͤnderter Oberflaͤche ausgeſetzt worden, genuͤgen. Dieſe atmoſphaͤriſche Duͤngung oder Einziehung fruchtbarer Stoffe hat bei ſehr fleißiger Umwendung und Ruͤhrung des Bodens jede andere Duͤngung eine Reihe von Jahren hindurch aber freilich nicht vollſtaͤndig und nicht auf immer erſetzen koͤnnen. Sie iſt nach du Hamel traité de la culture des terres, p. 64, ſo betraͤchtlich, daß man ſie ſelbſt mit den Augen wahrnimmt. Man pfluͤge, ſagt er, die Haͤlfte eines Feldes maͤßig, die andere aber ſehr oft, und dann beides ins Kreuz, und man wird die Erde des fleißig gepfluͤgten Stuͤckes weit brauner, als die des weni - ger gepfluͤgten, finden.

4) Die Auffangung, Verſenkung und Erhaltung der aufAuffangung und Erhal - tung der Feuchtigkeit. den Boden niedergeſchlagenen Feuchtigkeit. In gebundenem thoni - gen Boden dringt keine Feuchtigkeit ein. Selbſt ein Erdkloß, der unzertruͤm - mert darin liegen bleibt und einmal ausgetrocknet iſt, wird den ganzen Sommer hindurch in der Mitte trocken bleiben. Je mehr aber die Partikeln des Bodens8Beackerung.von einander getrennt ſind, um ſo mehr werden ſie die Feuchtigkeit in ihren Zwi - ſchenraͤumen aufnehmen und ſo tief verſenken laſſen, wie dieſe Auflockerung geht. Bei feuchter Witterung wird die Feuchtigkeit in tief gelockerten Boden ſpaͤ - ter bis zur Oberflaͤche heraufſtauen; bei trockner Witterung hingegen wird die darin aufgefangene Feuchtigkeit ſpaͤter erſchoͤpft werden, und ſich der Oberflaͤche ſo viel noͤthig mittheilen. Dies lehrt allgemeine Beobachtungen: indem ein ſtark und tief ge - lockerter Boden auf der Oberflaͤche ſpaͤter ſchlammig wird, und wiederum die Duͤrre weit laͤnger ertraͤgt, als der flache, wie jeder Gaͤrtner auf ſeinem rajolten Boden dieſes laͤngſt bemerkte. Vorzuͤglich widerſteht ein vor Winter tief geackerter Bo - den der Fruͤhjahrsduͤrre auf eine unglaubliche Weiſe, indem er einen Zoll unter der Oberflaͤche noch Feuchtigkeit genugſam zeigt, wenn man in andern Boden bis zu einer betraͤchtlichen Tiefe keine mehr wahrnimmt. Es iſt alſo nur mit großer Einſchraͤnkung wahr, daß Beackerung den Boden ausduͤrre. Dies geſchieht nur, wenn in den Zeiten, wo kein Regen faͤllt, und die Duͤrre anhaͤlt, der Boden viel und tief geruͤhrt wird. Indeſſen wird man auch dann bemerken, daß eine lache Ruͤhrung der Oberflaͤche und Zerſtoͤrung ſeiner Borke die Feuchtigkeit mehr darin erhalte als verdunſten laſſe, und daß folglich die Anziehung der un - merklichen Feuchtigkeit aus der Luft ſtaͤrker ſey, wie die Verdunſtung.

Die in den Zwiſchenraͤumen des Bodens eingeſchloſſene Feuchtigkeit, welche ſich am meiſten darin anhaͤuft, wenn vor Winter geackert wird, hat freilich das Unangenehme, daß ſie das fruͤhere Pfluͤgen und Beſtellen im Fruͤhjahre verhin - dern kann. Allein es iſt eine ungegruͤndete Beſorgniß, daß ſie den Boden den ganzen Sommer hindurch gebunden und zaͤhe erhalten werde. Aufmerkſame Beo - bachter haben gerade im Gegentheile erfahren, daß dieſer Boden, wenn man nur ſeine Abtrocknung abgewartet habe, um ſo muͤrber und zerfallender geweſen ſey. Eine natuͤrliche Folge des verdunſtenden Waſſers, welches in ſeinem elaſtiſchen Zuſtande die Partikeln der Erde trennen und zerkruͤmeln mußte!

Zerſtoͤrung des Unkrauts.5) Zerſtoͤrung des Unkrauts. Wir haben in der Lehre von der Be - urtheilung des Bodens das Unkraut in agronomiſcher Hinſicht in zwei Klaſſen un - terſchieden, naͤmlich in ſolches, welches ſich durch Saamen, und in ſolches, welches ſich hauptſaͤchlich durch die Wurzel fortpflanzt. Dieſe Unterſcheidung iſt bei ſeiner Vertilgung durch Beackerung von weſentlicher Bedeutung.

Das9Beackerung.

Das Saamenunkraut kann nur dadurch zerſtoͤrt werden, daß man den in der Ackererde liegenden Saamen dergeſtalt an die Oberflaͤche bringe, daß er zum Keimen gelange, indem er ſich ſonſt vielleicht Jahrhunderte lang unverſehrt im Boden erhaͤlt. Denn der groͤßtentheils feine Saame keimt durchaus nicht, wenn er nicht der freien Einwirkung der Atmoſphaͤre genießt. In einem jeden un - gepulverten Erdkloße ruͤhrt er ſich nicht, ſondern bleibt ruhig darin, bis jener zer - faͤllt. Ohne vollkommene Pulverung iſt daher ſelbſt in der an die Oberflaͤche ge - brachten Erdſchicht an keine vollſtaͤndige Zerſtoͤrung zu denken, ſo lange die Pflug - ſtreifen und Erdkloͤße nicht in feines Pulver zerfallen ſind, und um zu dieſer Zer - ſtoͤrung zu gelangen, muß jede duͤnne Schicht der Ackererde nicht nur an die Ober - flaͤche kommen, ſondern auch zum Zerfallen gebracht werden; weswegen der Pflug ohne die Egge hier wenig ausrichtet.

Das Wurzelunkraut aber, insbeſondere die Quecken (Triticum re - pens) und die ſogenannten Paͤden (Agrostis stolonifera), und mehrere Gras - gattungen, ſo wie die Diſteln und Dockenarten, erfordern eine ganz entgegenge - ſetzte Behandlung. Sie werden nur durch eine oͤftere Zerſtoͤrung ihrer jungen Keime und durch die Luft - und Lichtausſetzung ihrer Wurzeln getoͤdtet. Es koͤmmt darauf an, ſie entbloͤßt von Erde an die Oberflaͤche zu bringen, und in eine Lage, in welcher ſie nicht zu friſchen Austrieben durch zerkruͤmelte Erde gelockt werden. Wenn auch das wirkſamſte Eggen einen Theil ausreißt, ſo pflanzt es gleichſam einen andern Theil um ſo beſſer ein, und umgiebt ihn mit lockerer Erde, in wel - cher ſich die neuen Austriebe ſogleich verbreiten. Dieſes darf daher, wenn es auf die Zerſtoͤrung der rankenden Wurzeln abgeſehen iſt, nicht eher geſchehen, als bis man es durch den Pflug aus ſeiner guͤnſtigen Lage wieder herausreißen will.

6) Die Unterbringung des Miſtes. Von der Vermengung deſſel -Unterbrin - gung des Miſtes. ben mit dem Erdboden iſt ſchon oben geſprochen. Bei der erſten Unterbringung deſſelben durch die Beackerung iſt ſchon Ruͤckſicht darauf zu nehmen, daß er nach ſeiner Beſchaffenheit in diejenige Lage komme, in welcher er ſeine Wirkung auf die unmittelbar einzuſaͤende Frucht am beſten aͤußere, oder aber bei mehrmaliger Ruͤhrung des Bodens ſich mit demſelben am beſten vermengen kann. Der laͤn - gere und ſtrohige Miſt erfordert eine Furche, tief genug, um ihn aufzufaſſen; der zerfallne eine flache, um ihn nicht zu tief zu verſenken.

Dritter Theil. B10Beackerung.

Unterbrin - gung des Saa - mens.7) Die Unterbringung des Saamens, ſie geſchehe mit dem Pfluge oder mit der Egge oder irgend einem andern Werkzeuge, erfordert die ganze Auf - merkſamkeit bei der Einrichtung der Saatfurche, damit er nach ſeiner Art und Staͤrke in diejenige Lage komme, worin er am vortheilhafteſten keimen, fuͤr ſeine zarten Wurzeln Nahrung und Schutz finden, und ſein Stammblatt ungehindert austreiben kann.

Die Ackerwerkzeuge.

§. 105.

Nach allgemeiner Darſtellung dieſer Hauptzwecke der Beackerung, von denen jedesmal die einen oder die andern mehr oder minder zu beruͤckſichtigen ſeyn werden, gehen wir zuvoͤrderſt zu der Betrachtung der Werkzeuge uͤber, wodurch man ſie auf mannichfaltige Weiſe zu erreichen trachtet.

Dieſe unterſcheiden ſich in ſolche, welche mit der Hand der Menſchen, und in ſolche, welche vermoͤge des Zugviehes angewandt werden.

Die erſteren paſſen in der Regel nur fuͤr den Gartenbau, welcher allerdings in das Gebiet der Landwirthſchaft gehoͤrt, aber in dieſem Werke nicht mit aufge - nommen werden kann. Wenn auch einige Faͤlle eintreten, wo jene Werkzeuge beim Feldbaue mit Vortheil angewandt werden, ſo ſind ſie doch ſelten, und es wird ihrer am gehoͤrigen Orte erwaͤhnt werden. Ob es bei einer zureichenden Menge arbeitender Menſchen rathſam ſeyn werde, ſtatt des Pfluges durchaus den Spaten und den Karſt, ſtatt der Egge den Rechen zu gebrauchen, iſt ein Pro - blem, welches wir in Hinſicht auf die Praxis nicht zu loͤſen brauchen, da wir we - nigſtens in ganzen europaͤiſchen Provinzen einen ſolchen Ueberfluß von Menſchen, die nicht auf andere Weiſe vortheilhafter gebraucht werden konnten, nirgends fin - den; wo ſie ſich aber auf einzelnen Flecken ſo zuſammengehaͤuft haben, der Feldbau in den Gartenbau uͤbergehet; ſo daß wir auch den allgemeinen Gebrauch des Spa - tens oder des Pfluͤgens als den charakteriſtiſchen Unterſchied zwiſchen Garten - und Feldbau annehmen koͤnnen.

Daß indeſſen dem Erdboden mit zweckmaͤßigen Zugwerkzeugen dieſelbe Kul - tur und dieſelbe Fruchtbarkeit, wie mit den Handwerkzeugen wenn anders nicht von einer ſehr großen Vertiefung des Bodens die Rede iſt und mit min -11Die Ackerwerkzeuge.derem Aufwande gegeben werden koͤnne, hat keinen Zweifel; obgleich es gewoͤhn - lich nicht geſchiehet, und ſich oft die Koſten des guten Grabens, durch deſſen Er - folg, beſſer wie die des ſchlechten Pfluͤgens bezahlen wuͤrden.

§. 106.

Die Ackerwerkzeuge, deren man ſich zur Umarbeitung des Bodens, vermoͤgePflugwerk - zeuge. der Kraft des Zugviehs, bedient, ſind ſehr mannigfaltig, laſſen ſich aber unter folgende drei Hauptarten begreifen:

A. Pfluͤge im engern Verſtande des Worts. Der Zweck derſelben iſt nicht bloß die Erde zu zertheilen, zu lockern und etwa an die Seite zu ſchieben, ſondern auch ſie umzuwenden, ſo daß der untengelegne Theil des abgeſchnittenen Strei - fens an die Oberflaͤche komme. Dies bewirken ſie durch denjenigen Theil, wel - chen man das Streichbrett, oder wenn er kleiner iſt, das Ohr nennt, wo - mit ſie auf der einen Seite, gewoͤhnlich auf der rechten, verſehen ſind.

B. Haaken, welche mehr die Lockerung und Mengung der Erde und die Heraushebung der Unkrautswurzeln bewirken, das Herumlegen der Erde aber gar nicht, oder doch nur unvollkommen verrichten, indem ſie kein eigentliches, den Bo - den herumwendendes Streichbrett haben.

C. Sogenannte Kultivators, denn ein deutſches Wort, welches die ganze Gattung in ſich begriffe, kenne ich nicht worunter ich alle Arten von Schaufel - und Hackepfluͤge, ſogenannte Exſtirpators, Hobelpfluͤge u. ſ. w. be - greife, welche nur die Oberflaͤche ruͤhren, lockern, das Unkraut vertilgen, und deren man ſich theils zur Vorbereitung des Bodens, theils zur Unterbringung der Saat, theils aber auch waͤhrend der Vegetation der Fruͤchte bedient.

§. 107.

Der eigentliche Pflug. Er ſoll einen Erdſtreifen, ſowohl horizontal oderDer eigent - liche Pflug. parallel mit der Oberflaͤche, von dem Untergrunde, als perpendikulaͤr von dem feſten Lande, gewoͤhnlich linker Seits abtrennen, und dieſen Streifen, indem er ihn um ſeine eigne Axe herumdreht, umgewandt auf die entgegengeſetzte, gewoͤhn - lich rechte Seite legen, und zwar dergeſtalt, daß er der Einwirkung der Egge, die ihm voͤllig zerbrechen und zerkruͤmeln ſoll, moͤglichſt ausgeſetzt werde.

B 212Die Ackerwerkzeuge.

Die Guͤte eines Pfluges beſteht alſo darin: daß er dieſe Forderungen auf das moͤglich beſte, mit dem mindeſten Kraftaufwande des Zugviehs und gleichſam von ſelbſt, ohne großes Zuthun des Fuͤhrers, erfuͤlle.

§. 108.

Gute Eigen - ſchaften eines Pfluges.Andere Eigenſchaften, die einen Pflug ſehr empfehlen, ſind folgende:

1) Daß er ſo einfach, wie es ſeinem Zwecke nach moͤglich iſt, ſey, und keine uͤberfluͤſſige oder ſolche Zuſaͤtze habe, deren Zweck auf eine andre Weiſe leichter erreicht werden koͤnnte.

2) Er muß wohlfeil ſeyn. Hier koͤmmt es aber nicht ſowohl auf den Preis ſeiner erſten Anſchaffung, als darauf an, daß die Unterhaltung deſſelben weniger koſte. Wenn ein Pflug auch dreimal ſo viel, wie der andre, koſtet, dagegen aber viermal ſo lange haͤlt und brauchbar bleibt, ſo muͤſſen wir den erſten wohlfeiler, als den andern nennen.

3) Er muß dauerhaft und nicht wandelbar ſeyn; theils in Hinſicht auf die zweite Forderung, beſonders aber auch in der, daß er nicht haͤufige Reparationen erfordere, bei der Arbeit leicht ſchadhaft werde, und dadurch zu haͤufig eine Stoͤrung der Arbeit und Aufenthalt veranlaſſe.

4) Die Stellung des Pfluges, um damit tiefere oder flachere, breitere oder ſchmalere Streifen ausſchneiden zu koͤnnen, muß ſich leicht und ohne vielem Aufenthalt bewerkſtelligen laſſen, damit dieſes auf der Stelle und ohne vielen Apparat und Arbeit geſchehen kann. Dieſe Stellung muß bewirken, daß der Pflug die Arbeit gerade ſo, wie es unſre Abſicht iſt, ohne Zuthun des Fuͤhrers verrichte, theils weil man ſich auf dieſes nicht verlaſſen kann, theils weil die Laſt dem Zugviehe ſehr erſchwert wird, wenn der Pflugfuͤhrer der natuͤrlichen Tendenz des Pfluges entgegenwirken muß.

Dabei muß er dann vor allen die im vorigen §. angegebnen Zwecke auf die moͤglich vollkommenſte Weiſe erfuͤllen, die auszuſchneidende und herumzuwerfende Erde vollkommen und in gleicher Tiefe auffaſſen, rein herausheben, und den Erd - ſtreifen in einem Bogen von 140 Graden weil dieſer, um die Einwirkung der Egge und die Auflockerung zu befoͤrdern, am guͤnſtigſten iſt herumwenden.

13Die Ackerwerkzeuge.

§. 109.

Wenn gleich der Pflug eins der wichtigſten Inſtrumente fuͤr die Fortdauer,Warum man auf deſſen Verbeſſerung ſo wenig ge - dacht hat. Vermehrung und Vervollkommnung des Menſchengeſchlechts auf dieſer Erde iſt, ſo iſt doch bis zu den neueſten Zeiten vielleicht auf keines weniger Aufmerkſamkeit und Nachdenken verwendet worden, wie auf dieſes. Oder es ſind doch die dabei angebrachten Veraͤnderungen und Zuſaͤtze ſo wenig wahre Verbeſſerungen geweſen, daß in der That die meiſten landuͤblichen Pfluͤge, gegen die der alten und ſelbſt roheren Voͤlker, eher zuruͤckſtehn, als Vorzuͤge haben. Unſre gewoͤhnlichen Kar - ren uͤbertreffen in ihrer Zweckmaͤßigkeit die Triumphwagen roͤmiſcher Imperatoren, ſo weit wir dieſe aus alten Abbildungen kennen. Der Pflug aber hat ſich gegen die roͤmiſchen Arten derſelben auf keine Weiſe vervollkommt. Gerade aus dieſer nicht bewirkten Verbeſſerung haben einige beweiſen wollen, daß der Pflug keiner Verbeſſerung faͤhig ſey, weil man, wie ſie ſagen, bei dem haͤufigen und unent - behrlichen Gebrauch dieſes Werkzeuges nothwendig darauf verfallen ſeyn muͤſſe. Wenn man aber bedenkt, in welchen Haͤnden der Pflug bis vor kurzem ſich allein befand, und wie ſelten Nachdenken, Beobachtungsgeiſt und Kenntniß der Mecha - nik ſich mit der Fuͤhrung des Pfluges vereinigte: ſo iſt es ſehr natuͤrlich, daß der Pflug mit der Rohheit ſeiner Fuͤhrer uͤbereinſtimmend bleiben mußte. Seitdem man aber dieſer Angelegenheit mehrere Aufmerkſamkeit und Scharfſinn gewidmet hat, laͤßt es ſich uͤberzeugend darthun, daß von der Struktur des Pfluges nicht nur eine betraͤchtliche Erſparung und Beſchleunigung, oder aber Verſchwendung und Verſpaͤtung der Arbeit und der arbeitenden Kraͤfte, ſondern auch die Frucht - barkeit des Bodens und der hoͤhere Ertrag der Ernten abhange. Und wenn gleich einige neue Schriftſteller dieſes zu bezweifeln ſcheinen, oder wenigſtens nicht glau - ben, daß die auf Einfuͤhrung beſſerer Pfluͤge zu verwendende Aufmerkſamkeit und Koſten ſich zureichend bezahlen, indem ſie ohne dieſe befriedigende Ernten erhal - ten zu haben ſich ruͤhmen, ſo beweiſet dieſes nur, daß ſie von der beſſeren und leichteren Arbeit, die mit einem guten Pfluge gemacht werden kann, keinen klaren Begriff haben. Allerdings haͤngt die Verbeſſerung des Ackerbaues nicht allein vom Pfluge und andern Inſtrumenten ab; aber die moͤglichſte Voll - kommenheit kann er nicht erreichen, ohne auch auf dieſen Theil die gehoͤrige Auf - merkſamkeit zu verwenden. Deshalb iſt eine genaue Kenntniß und ein klarer Be -14Die Ackerwerkzeuge.griff von dieſem Werkzeuge dem rationellen Landwirthe bei der Praxis unum - gaͤnglich noͤthig.

§. 110.

Die wirkenden Theile eines Pfluges oder das, was man den Pflugkoͤr - per nennt, beſtehen aus folgenden Theilen:

Das Voreiſen oder Meſſer.a) Das Meſſer, Voreiſen, Vordereiſen, Sech, Kolter ge - nannt. Dieſes ſoll den umzuwendenden Erdſtreifen perpendikulaͤr vom feſten Lande abtrennen, und dann der nachfolgenden geraden, mit dieſem Meſſer in einer Linie und Richtung ſtehenden Seite des Pfluges den Weg bahnen, ihn in ſeiner Rich - tung erhalten, und insbeſondere ſein Ausweichen nach der rechten Seite verhin - dern. Wenn wir uns den Pflugkoͤrper als einen halben Keil oder als einen recht - winklichen Triangel denken, ſo macht dieſes Meſſer gewiſſermaßen die Spitze die - ſes Keils aus, und verlaͤngert die gerade auf die Baſis des Triangels perpendiku - laͤr zuſtoßende Seite, wie folgende Figur, wo a die Spitze des Meſſers an - deutet, verſinnlicht.

[figure]

Da dieſe nun die Richtung des Pfluges beſtimmt, oder dem Pfluge ſeine Haltung und Tendenz giebt, ſo muͤſſen dieſe um ſo feſter und gerader werden, je laͤnger dieſe Seite iſt.

Da das Meſſer mit ſeiner Schneide den aͤußerſten Punkt des Keils oder der ſchraͤgen Flaͤche bildet, ſo muß es in ſeiner vollkommenſten Konſtruktion ſchon ſelbſt dieſe Form haben, und wir finden es, beſonders an vorzuͤglich genau gear -15Die Ackerwerkzeuge.beiteten Pfluͤgen, nur ſo geformt. Das Meſſer iſt naͤmlich ſcharf an ſeiner Schneide, wird aber immer dicker, ſo daß es in ſeinem Ruͤcken vielleicht die Staͤrke eines Zolles erreicht. Dieſe Zunahme ſeiner Staͤrke erhaͤlt es nicht an der Landſeite, wo man es vielmehr ganz flach und gerade erhaͤlt, ſondern an der Fur - chenſeite, wo deſſen Segment ebenfalls die Form eines rechtwinklichen Triangels haben muß. Die linke Seite macht alſo mit der linken Seite des Pflugkoͤrpers eine voͤllig gerade Linie.

Damit indeſſen das Meſſer dem nachfolgenden Pflugkoͤrper den Weg um ſo beſſer bahne, ſo ſteht es um ſo viel, wie die Dicke ſeines Ruͤckens betraͤgt, uͤber dieſe gerade Linie der linken Seite hinaus. Die abgeſchnittene Erde wird dann von der ſcharfen Kante des Pfluges leichter aufgefaßt und zur rechten Seite ge - ſchoben. Insbeſondere aber wird dadurch dem Pfluge eine mehrere Haltung in den Boden gegeben.

Wenn die gewoͤhnlichen Pflugmeſſer dieſe Form nicht haben, und ihnen auch dieſe uͤberſtehende Stellung nicht gegeben werden kann, ſo ſucht man den Zweck dadurch zu erreichen, daß man dieſes Meſſer ſchraͤg einkeilt, ſo daß die Schaͤrfe etwas links nach der Landſeite, der Ruͤcken aber rechts nach der Furchenſeite ge - wendet iſt. Es erhellt aber, daß hierdurch eine weit ſtaͤrkere Friktion hervorge - bracht werden muͤſſe, als wenn das Meſſer jene zweckmaͤßige Form und Richtung hat. Auch bedarf es dann eines weiten Loches im Pflugbaume, in welchem man durch mehrere Keile am Griffe des Meſſers ihm jene Richtung giebt; welches nicht ohne viele Muͤhe und Aufmerkſamkeit geſchehen kann, und haͤufig nachgeſe - hen und verbeſſert werden muß, wobei der Fortgang der Arbeit beſtaͤndig ge - ſtoͤrt wird.

Gewoͤhnlich kann es nur durch die ſchraͤge Verkeilung gezwungen werden, daß die Spitze und Schneide des Meſſers genugſam nach der linken Seite hin - komme. Denn das Loch, worin deſſen Griff eingekeilt iſt, befindet ſich in der Mitte des Pflugbaums, und folglich wuͤrde ein gerade durchgeſchlagenes Meſſer zu weit rechts und nicht vor der Spitze des Schaars zu ſtehen kommen, zumal da die Richtung des Pflugkoͤrpers auf der linken Seite, wie wir in der Folge hoͤren wer - den, nicht mit der Richtung des Pflugbaums uͤbereinſtimmen darf, ſondern etwas links abweichen muß. Durch die Verkeilung kann dies nun zwar erreicht werden,16Die Ackerwerkzeuge.dann aber ſteht das Meſſer nicht perpendikulaͤr, ſondern deſſen oberer Theil ſchraͤg rechts, und die Spitze links. (Vergl. Beſchreibung der Ackerwerkzeuge, Heft I., Taf. 1. Fig. VI.) Es macht alſo auch keinen perpendikulaͤren Einſchnitt, ſondern einen ſchraͤgen, und bahnt folglich dem Pflugkoͤrper den Weg nicht ſo genau, als es thun ſollte. Bei einem flachen Pfluͤgen von 3 bis 4 Zoll iſt die dadurch ver - mehrte Friktion freilich nicht von großer Bedeutung, wird aber ſchon merklich, wenn man uͤber 6 Zoll tief pfluͤget. Daher ſind bei Pfluͤgen, die tief gehen ſollen, die Meſſer, welche ein Knie an ihrem Griffe haben, wie die an dem verbeſſer - ten Smalſchen Pfluge, ſehr ſchaͤtzbar. (Vergl. Beſchreib. der Ackerwerkzeuge, Heft I., Taf. 5. Fig. XIII. u. XIV.) Durch dieſes Knie wird naͤmlich das eigent - liche Meſſer, ſo weit als noͤthig iſt, links gebracht, ungeachtet der Griff im Baume perpendikulaͤr eingezapft iſt. Dieſen Meſſern kann dann bei tiefen Pfluͤgen, wo ſie einen großen Widerſtand zu uͤberwinden haben, durch eine andere Befeſti - gung, mittelſt einer Schraube, eine ſehr große Haltbarkeit gegeben werden, wie dieſes an den neuern Smalſchen Pfluͤgen geſchehen iſt. (Vergl. Beſchreib. der Ackergeraͤthe, Heft I., Taf. 2. Fig. II. u. III. i. g.) Es wird hierdurch auch dem großen Uebel abgeholfen, daß die Pflugfuͤhrer, um den Pflug mehr im Lande zu halten, ihn nach der Landſeite heruͤberlehnen muͤſſen, indem ſie dadurch bewirken, daß das ſchraͤg eingekeilte Meſſer nun perpendikulaͤr einſchneidet; wodurch aber keine rechtwinkliche Furche oder Streifen entſteht, ſondern die Sohle der Erde vom Schaare ſchraͤg weggeſchnitten wird, an der Landſeite tiefer und nach der Furchenſeite flacher, folglich die Ackerkrume keine gleichmaͤßige Tiefe erhaͤlt.

Man hat der Schneide des Meſſers mehrere Formen gegeben, ſie entweder gerade oder ſichelfoͤrmig, oder auch mit einem Bauch gemacht. Durch die krum - men Schneiden glaubte man den Einſchnitt zu erleichtern. Es wird aber im Ge - gentheil, da die krumme Linie laͤnger iſt als die gerade, der Widerſtand wohl eher vermehrt, und ein gerades Meſſer ſcheint die beſte Form zu haben.

Die Vortheile des ſchraͤgen Schnitts werden dadurch genugſam erreicht, daß das Meſſer mit ſeiner Spitze vorwaͤrts ſteht. Denn es iſt bekannt, daß ein Meſ - ſer immer beſſer ſchneide, wenn es in ſchraͤger Richtung mit der Direktion ſeiner Bewegung gehalten wird. Das Meſſer ſchneidet nun aufwaͤrts, und trennet auf die Weiſe den Zuſammenhang des Bodens am leichteſten. Es hebt auch dadurchden17Die Ackerwerkzeuge.den Streifen ſchon etwas, und erleichtert dem nachfolgenden Schaare das Ein - dringen. Ferner erleichtert dieſe ſchraͤg nach vorne ſtehende Richtung des Meſſers die Heraushebung der ſtaͤrkern Wurzeln, die es vielleicht im Boden antrifft, und die es nicht durchſchneiden kann. Es treibt ſie mit ſeiner ſchraͤgen Flaͤche in die Hoͤhe, ſo daß ſie entweder reiſſen muͤſſen oder herausgezogen werden. Ein per - pendikulaͤr ſtehendes Meſſer wuͤrde die Wurzeln, die es nicht durchſchneiden kann, im Boden horizontal vor ſich her treiben, ohne ſie heraus zu heben. Und ſo hebt jenes auch Steine, die nicht zur Seite weichen koͤnnen, aus dem Boden heraus. Endlich hat dieſe ſchraͤge Richtung des Meſſers den Vortheil, daß ſie dem Pfluge eine geringe Tendenz im Boden giebt, ohne die Friktion viel zu vermehren. Der Druck des Bodens auf das Meſſer haͤlt naͤmlich den Vordertheil in der Erde, wenn die aufſteigende Zuglinie des Pfluges die Tendenz hat, ihn herauszuziehen. In einem unreinen Boden muß dieſe ſchraͤge[Ric]htung des Meſſers von der Perpendikular - linie ſtaͤrker abweichend ſeyn, als in einem reinen Boden, und man kann dem Meſſer in jenem Falle eine ſolche Richtung geben, daß ſie mit einer Perpendiku - larlinie einen Winkel von 30 Graden macht.

Da das Meſſer oft einen großen Widerſtand zu uͤberwinden hat, ſo iſt es rathſam, ihm eine betraͤchtliche Staͤrke zu geben, und da man dieſe in der Dicke nicht genugſam anbringen kann, ſo muß es breit genug ſeyn. Eine Breite von 3 Zoll iſt indeſſen mehrentheils zureichend, koͤnnte jedoch in einem Boden, der vielen Widerſtand leiſtet, noch vermehrt werden.

Die Meſſer ſind in der Regel verſtahlt. Da ſie eine große Friktion erleiden, ſo muß die Verſtahlung oͤfter erneuert werden, und haͤlt bei fortdauerndem Ge - brauche ſelten uͤber ein Jahr, in ſteinigem Boden oft kein halbes Jahr aus.

Da auf die Stellung des Meſſers ſo viel ankommt, um den Pflug in der ge - hoͤrigen Richtung zu erhalten, ſo iſt bei Meſſern von minderer Vollkommenheit, denen nur durch die Verkeilung die gehoͤrige Richtung gegeben werden kann, eine vorzuͤgliche Aufmerkſamkeit auf letztern zu verwenden, und der Aufſeher der Ar - beit muß daher die Pfluͤge, beſonders in dieſer Hinſicht, oft unterſuchen, welches am beſten geſchehen kann, wenn er ſie ganz herumdreht, und dieſes taͤglich ein - mal bei allen Pfluͤgen thut. Die darauf verwandte Zeit wird ſich reichlich be - zahlen.

Dritter Theil. C18Die Ackerwerkzeuge.

An einigen Orten fehlt zwar dieſer ſonſt ſo wichtige Theil des Pfluges ganz, und es vertritt die vordere Kante des Pflugkoͤrpers oder die gerade Seite des Schaars ſeine Stelle. Dies findet aber nur in muͤrben, reinen und gleichartigen Boden ſtatt, wenn man nur ſehr flach pfluͤget. In Boden entgegengeſetzter Art und bei tieferem Pfluͤgen wird ein Pflug ohne Meſſer eine ſehr ſchlechte dem Zug - vieh und dem Fuͤhrer ſchwere Arbeit machen.

§. 111.

Das Schaar.Der zweite wirkende Theil des Pfluges iſt das Schaar, auch Hinter - eiſen genannt, welches den Erdſtreifen horizontal von dem Boden abtrennen, an beſſer konſtruirten Pfluͤgen ſchon etwas in die Hoͤhe heben, und in einer ſchraͤ - gen und zuſammenhaͤngenden Flaͤche dem Streichbrette uͤberliefern ſoll. Es be - ſteht aus zwei Theilen, dem eigentlich einſchneidendem oder der Feder, und dem - jenigen, womit es am Pflugkoͤrper befeſtigt wird, dem Griffe oder Hefte.

Die Form des erſtern Theils iſt mannigfaltig, mehrentheils doch aber die eines halben Keils oder rechtwinklichen Triangels. Die Landſeite ſteht naͤmlich mit dem Meſſer und dem Pflugkoͤrper in einer geraden Linie, und iſt ſtumpf. Daß jene Richtung der ſtumpfen Seite wohl beobachtet werde, iſt weſentlich noͤthig zum richtigen Gange des Pfluges. Die ſchraͤge Seite oder die Schneide, welche gewoͤhnlicher Weiſe verſtahlt und ſcharf iſt, geht davon in einem Winkel gewoͤhn - lich von 45 Graden ab. Zuweilen macht ſie einen ſpitzeren Winkel, etwa von 35 Graden, um in feſterem Boden um ſo beſſer eindringen zu koͤnnen. Es erhellt aber, daß alsdann das Schaar um ſo laͤnger ſeyn muß, wenn anders die Baſis dieſes rechtwinklichen Triangels gleich breit ſeyn ſoll.

Zuweilen iſt dieſer Triangel aus einem Stuͤcke Eiſen, und ganz ausgefuͤllt, zuweilen in der Mitte leer und nur von drei Seiten umgeben. Das erſtere hat offenbar Vorzuͤge, weil der abgetrennte Streifen ſich dann auf der ſchraͤgen zuſam - menhaͤngenden Flaͤche mit geringerer Friktion emporheben kann.

Die hintere Breite dieſes Theils richtet ſich nach der Breite der Pflugſtreifen, die man abpfluͤgen will, und folglich auch nach der hinteren Breite des Pflugkoͤr - pers. Jene muß beinahe eben ſo ſtark ſeyn, wie dieſe, d. h. die rechte Spitze des Schaars muß von der linken Seite deſſelben beinahe denſelben Abſtand haben, welchen das Streichbrett an ſeinem untern, die Sohle der Furche beruͤhrenden19Die Ackerwerkzeuge.Theile von der gegenuͤberſtehenden Landſeite des Pfluges hat. Ich ſage beinahe, denn auf 9 Zoll kann er einen Zoll geringer ſeyn, weil dadurch bewirkt wird, daß das Streichbrett den noch etwas anhaͤngenden Pflugſtreifen beſſer um ſeine Axe herumwendet. Mehr muß die Verſchiedenheit aber nicht betragen, wenn nicht die Friktion ſehr vermehrt und der Gang des Pfluges erſchwert werden ſoll, indem der von der Schneide des Schaars nicht abgeloͤſete Theil des Erdſtreifens weit ſchwieriger von dem Streichbrette abgerieben werden muß.

Nach den mit Abwaͤgung der erforderlichen Zugkraft gemachten Verſuchen war ein Pflug, mit einem Schaare von 5 Zoll Breite, einen halben Centner im Zuge ſchwerer, als wenn man ihm ein Schaar von 7 Zoll Breite aufſchob. Man findet jedoch dieſen Fehler des zu ſchmalen Schaars bei den meiſten Pfluͤgen, ſelbſt wenn ſie neu gemacht ſind, und er vermehrt ſich beim Gebrauche durch die Abſchleifung.

Der zweite Theil des Schaars iſt das Heft, oder derjenige Theil, wodurch es an den Pflugkoͤrper befeſtigt wird. Die Form deſſelben und die Befeſtigungs - art iſt mannigfaltig. Sehr fehlerhaft iſt es, wenn das Schaar mit Naͤgeln befe - ſtigt wird, und dies kann nur in ſehr loſem und mildem Boden ſtatt finden, wo das Schaar keiner oͤftern Schaͤrfung und Vorſtahlung bedarf. Bei andern wird es mit einer Krampe befeſtigt. Unſere beſſer geformten Schaare werden bloß auf - geſchoben, wozu aber allerdings eine ſorgfaͤltigere Bearbeitung des Holzes und Eiſens erforderlich iſt, um dennoch den Schaar eine ganz feſte Haltung zu geben.

Das richtig geformte Schaar ſoll, wie oben geſagt, den Pflugſtreifen nicht bloß abſchneiden, ſondern ihn ſchon in die Hoͤhe heben, und eine ſchraͤg und ſeit - waͤrts ſich empor hebende ebene Flaͤche mit dem Streichbrette bilden. Die Schneide des Schaars ſelbſt iſt alſo convex, und hebt ſich nach der Landſeite. Das Heft muß dieſe Erhebung nicht unterbrechen, ſondern fortfuͤhren, und zur Verbindung mit dem Streichbrette, an welches es ſich dicht und eben anſchließt, dienen. (Vergl. Beſchreib. der Ackergeraͤthe, Heft I., Taf. 2. Fig. II. B.) Dies iſt ein großer und wichtiger Vorzug, den unſere Baileyſchen und Smalſchen Pfluͤge haben, und der zur Ueberwindung der Laſt und Verminderung der Friktion ungemein viel beitraͤgt. Bei den gewoͤhnlichen Pfluͤgen findet hier eine Unter - brechung ſtatt: der ſchon gehobene Erdſtreifen ſenkt ſich wieder, und das Streich - brett muß ihm aufs Neue heben.

C 220Die Ackerwerkzeuge.

Ich habe doch Bauern gefunden, die dieſes Uebel ſehr wohl fuͤhlten, und des - halb ein Eiſenblech an die Grießſaͤule und das Streichbrett befeſtigten, welches auf den hintern Theil des Schaars ruhete, und dadurch eine große Erleichterung des Pfluges bewirkt zu haben verſicherten. Sie nannten dies: eine Kappe dem Pfluge aufſetzen.

In Anſehung der Form unſerer Schaare beziehe ich mich auf meine Beſchrei - bung der nutzbarſten neuen Ackergeraͤthe, Heft I., Taf. 4. Fig. I. II. III. Da das Heft des Schaars ſehr genau auf den Pflug paſſen und an das Streichbrett an - ſchließen muß, ſo wird es manchen Schmieden ſehr ſchwierig. Dieſe Schwierig - keit wird aber gehoben, wenn man eine Schablone von Eiſen machen laͤßt, um welche das Schaareiſen herumgeſchlagen wird. Man laͤßt dann das Eiſen zu den Schaa - ren auf den Eiſenhammern in erforderlicher Dicke nach folgender Figur ſchmieden.

Bei A iſt die Platte ½ Zoll dick. - B -- --- C -- ¼ --

Wenn es dann um die Schablone herumgeſchlagen worden, wird es dem Pflugkoͤrper genau anpaſſen, und mit moͤglich mindeſter Friktion den Streifen dem Streichbrette zum Herumwenden uͤberliefern.

Dieſes Schaar wird nun entweder auf das untere Pflugholz, welches man das Pflughaupt zu nennen pflegt, oder aber auf die zu einem Fuße verlaͤngerte Grießſaͤule aufgeſchoben, und es verſteht ſich, daß dieſer Theil nach eben der21Die Ackerwerkzeuge.Schablone ausgearbeitet werden muͤſſe. (Vergl. Beſchr. der Ackerger., Heft I., Taf. 5. Fig. XV. und XVI.)

§. 112.

Das Pflughaupt, Hoͤft oder Heft dient zur Befeſtigung und Zuſam -Das Pflug - haupt. menhaltung der verſchiedenen Theile nach unten, und ſtreift auf der Sohle der gemachten Furche an der Landſeite her. In demſelben iſt vorne die Grießſaͤule, und hinten der linke Sterz eingezapft. Es muß unten ſowohl wie an der Seite zwei ſehr ebene Flaͤchen bilden, die auf der Landſeite in einem rechten Winkel zuſammenſtoßen.

Mehrentheils und bei allen guten Pfluͤgen iſt dieſes Holz unten ſowohl als an der Landſeite mit eiſernen Schienen belegt, wodurch die Friktion um vieles ge - mindert und die ſonſt ſchnelle Abſchleifung des Holzes verhuͤtet wird. Es giebt Pfluͤge, wo dieſer ganze Theil von geſchmiedetem oder gegoſſenem Eiſen iſt, und die ſich insbeſondere zum Aufbrechen des Graslandes vorzuͤglich paſſen. Man findet ſie hier in der Oderniederung.

Die Laͤnge dieſes Pflughaupts beſtimmt die Laͤnge des Pflugkoͤrpers. Man hat daruͤber geſtritten: ob der laͤngere und, bei gleicher Breite, ſpitzere halbe Keil des Pflugkoͤrpers, oder der kuͤrzere und, bei gleichem hinteren Abſtande, ſtumpfere zweckmaͤßiger zur Ueberwindung des Widerſtandes ſey? Die, welche erſteres be - haupten, berufen ſich darauf, daß der ſpitzere Keil leichter eindringe oder um es in der Sprache der Mechaniker auszudruͤcken daß man auf der ſchraͤgeren Flaͤche mit minderer Kraft einen Koͤrper emporhebe. Allein man verliert hier, wie immer, an der Zeit, was man an der Kraft gewinnet, und ſo kommt es in dem vorliegenden Falle auf eins hinaus. Dagegen erleidet der laͤngere Pflugkoͤrper ohne Zweifel mehr Friktion, und ſein Gang wird erſchwerter. Deshalb waͤre es rathſam, den Pflugkoͤrper ſo kurz wie moͤglich zu machen, wenn nicht ein anderer Umſtand in Betracht kaͤme, naͤmlich der, daß der laͤngere Pflugkoͤrper an ſeiner geraden linken Seite ſowohl, als an ſeiner Sohle eine feſtere Haltung hat, folg - lich minder wanket und ausweicht. So hat der Smalſche Pflug einen kuͤrzeren Pflugkoͤrper, der Baileyſche einen laͤngern; aber mit darum geht letzterer ſtaͤter, und kann ſicherer unerfahrnern und unaufmerkſamern Pfluͤgern anvertrauet werden.

22Die Ackerwerkzeuge.

§. 113.

Das Streich - brett.Das Streichbrett, das Ruͤſterbrett, der Ruͤſter, das Ohr, iſt derjenige Theil, welcher den eigentlichen Pflug charakteriſirt und ihn von andern Beackerungsinſtrumenten unterſcheidet. Dieſer Theil ſoll den vom Meſſer und Schaar abgeſchnittenen Streifen aufnehmen, in einen Bogen herumwenden und auf die Seite legen. Der groͤßte Widerſtand ruht alſo auf dieſem Theile, und ob er auf eine mehr oder minder leichte Weiſe uͤberwunden werde, haͤngt von der mehr oder minder zweckmaͤßigen Konſtruktion des Streichbrettes ab. Gewoͤhnlich wird dieſer Theil aus einem duͤnnen Brette verfertigt, welches an der Kante der Grießſaͤule angenagelt iſt, und hinten am Pflughaupte und Sterz durch eine oder zwei Schienen in der gehoͤrigen Diſtanz befeſtigt iſt. Ein ſolches Brett draͤngt dann mit ſeiner ſchraͤgen ſeitwaͤrts gekehrten Flaͤche die Erde nach der rechten Seite. Allein es wendet ſie nicht vollſtaͤndig um, wenigſtens nicht anders, als wenn der Pflugſtreifen noch einen ziemlich feſten Zuſammenhang in ſich ſelbſt und mit dem Lande hat. Um dieſes Umwenden bewirken zu koͤnnen, muß der hintere Abſtand des Streichbrettes um die Haͤlfte ſtaͤrker ſeyn, als die Breite des abgeſchnittenen Pflugſtreifens. Es muß alſo mit der linken Seite entweder einen ſtumpfern Win - kel bilden, oder es muß ſehr lang ſeyn. In beiden Faͤllen faͤllt die Laſt der Erde, die es wegzuſchieben hat, und die Friktion ſehr ſchwer, indem die ganze Maſſe der Erde auf dem Streichbrette ruht, bis ſie das Ende deſſelben paſſirt hat. Dieſe auf dem Streichbrette ruhende Erdmaſſe und die Abſtreifung derſelben iſt vorzuͤglich das, was den Gang des Pfluges erſchwert.

Iſt ein Streichbrett aber ſo konſtruirt, daß es dieſe Maſſe von Erde fruͤher von ſich abwaͤlzt, ſo wird dadurch die Laſt um vieles erleichtert. Und hierin be - ſteht der große Vorzug der gebogenen Streichbretter vor den graden, insbeſondere wenn ſie ſich, wie oben geſagt, zu einer ununterbrochenen ebenen Flaͤche mit dem Schaare verbinden. Der Pflugſtreifen wird hier, ſo wie er das Schaar und Streichbrett paſſirt, in die Hoͤhe gehoben, und er wird um ſeine eigene Axe her - umgedreht, ſo daß er, wenn dieſe Bewegung etwa nur bis zur Haͤlfte vollendet iſt, kaum weiter auf dem Pfluge ruhet, ſondern ſchon mit ſeinem Schwerpunkte ſich nach der andern Seite hinuͤberneigt, und nur noch eines geringen Auſtoßes von23Die Ackerwerkzeuge.der hintern Spitze des Streichbretts bedarf, um voͤllig, ſo weit er es thun ſoll, herumzufallen.

In Anſehung der genauen Beſtimmung derjenigen Form des Streichbretts, welche jenen Umſchwung am beſten und leichteſten bewirkt, iſt man nicht ganz einig. Eine ſehr genaue mathematiſche Berechnung haben wir vom Praͤſidenten der amerikaniſchen Staaten Jeffersſon (Museum d’histoire naturelle, Nr. 4., p. 322), welche dem Streichbrette am Smalſchen Pfluͤge faſt voͤllig entſpricht. Eine andre aber hat Bailey in einer beſonderen Schrift gegeben, wodurch er die von ihm eingefuͤhrte als die vorzuͤglichere zu zeigen ſucht. Dieſe Abhandlung iſt von einer Meiſterhand uͤberſetzt, unter dem Titel: der beſtmoͤgliche Pflug, Berlin 1805, herausgekommen. Zwiſchen beiden aber, dem Smalſchen und dem Baileyſchen Pfluge, ſind die Meinungen der aufmerkſamern Ackerbauer nur noch getheilt. Das Heraufheben und das allmaͤhlige Herumſchwingen des Pflugſtrei - fens um ſeine Axe in einer ſchneckenfoͤrmigen Linie ſcheint das Smalſche Streich - brett beſſer noch als das Baileyſche zu verrichten. Und es paßt ſich beſſer, ſobald man uͤber 8 Zoll rheinlaͤndiſch die Erde heraufbringen will. Bei einer min - dern Tiefe aber verrichtet das Baileyſche die Arbeit wohl eben ſo gut. Und da der ganze Baileyſche Pflug in ſeiner Konſtruktion mindere Genauigkeit erfordert, oder die Abweichungen ſeiner Tendenz leichter zu verhuͤten und zu verbeſſern ſind, als am Smalſchen Pfluge, ſo genuͤget uns jener in den meiſten Faͤllen; um ſo mehr, da er leichter zu fuͤhren iſt. Die Verſchiedenheit dieſer Formen laͤßt ſich nicht an - ders als durch den Augenſchein verſinnlichen. Das Smalſche Streichbrett hat mehr Concavitaͤt, hebt die Erde mehr in die Hoͤhe, ehe es ſie zur Seite ſtreicht, giebt ihr aber dann einen ſchnellen Umſchwung. Es iſt hoͤher, aber kuͤrzer, und hat deshalb mindere Friktion. Jedoch kann in Ruͤckſicht auf letztere der Unterſchied nur bei tiefem Pfluͤgen merklich ſeyn. Beide erfuͤllen die Forderung, daß ſie den Erdſtreifen, von der Spitze des Schaars an, ganz allmaͤhlig und nach dem Ge - ſetze der ſchraͤgen Flaͤche ohne Unterbrechung, zugleich auf - und ſeitwaͤrts, heben, und ſo herum und zur Seite ſchaffen; dadurch aber die Laſt der Erde weit ſchneller von ſich abwaͤlzen, als die geraden Streichbretter. Zum gewoͤhnlichen Gebrauch verdient der Baileyſche Pflug den Namen des Beſtmoͤglichen; obwohl der24Die Ackerwerkzeuge.Smalſche, wenn er vollkommen gut konſtruirt iſt und richtig gefuͤhrt wird, eine noch vorzuͤglichere Arbeit macht.

Man hat dieſe gewundenen Streichbretter auch von Holz. Es wird dann aber ein ſtarker Klotz erfordert, um ſie gehoͤrig herauszuarbeiten, und ſie muͤſſen dann mit Eiſenblech beſchlagen werden, weil ſie ſonſt ſogleich rauh werden. Ein gegoſſenes eiſernes Streichbrett iſt immer weit wohlfeiler, und wenn das Eiſen nur nicht zu ſproͤde iſt, um vieles haltbarer. Ueberdem hat das Eiſen gegen das Holz den großen Vorzug, daß es mindere Friktion giebt, und daß an ſeiner durch die Arbeit glatten und polirten Oberflaͤche die Erde nicht anhaͤngt, wenn ſie anders nicht in einem gar zu feuchten, zur Pfluͤgung uͤberhaupt nicht paßlichen Zuſtande iſt.

Durch die gewoͤhnlichen gerade aufſtehenden hoͤlzernen Streichbretter wird der Zweck des Umwendens des Erdbodens in den meiſten Faͤllen ſehr unvollkommen er - reicht, und nur ein Theil der Erde, die das Schaar von unten heraufgeholt hat, uͤber die andere heruͤbergeſtrichen; es ſey denn, daß der umzupfluͤgende Streifen aus einer zuſammenhaͤngenden Grasnarbe beſtehe. Um das Herumlegen zu bewirken, muß der hintere Abſtand des Streichbrettes weit ſtaͤrker ſeyn, die Erde mehr als noͤthig iſt zur Seite ſchieben, und eine breite Furche machen, wenn gleich der abgeſchnittene Streifen nur ſchmal iſt. Die Furche iſt oft noch einmal ſo breit als der Streifen. Dieſes ſtarke zur Seite ſchieben vermehrt den erforderlichen Kraftaufwand be - traͤchtlich, indem die Erde um ſo viel laͤnger auf dem Streichbrette ruht. Von jenen Pfluͤgen mit gebogenen Streichbrettern wird die Erde eigentlich gar nicht zur Seite[geſchoben], ſondern nur um die aͤußere Kante des Balkens herumgewandt. Es glauben einige, daß das gerade aufſtehende Streichbrett die Erde beſſer her - umlege, indem wirklich die Oberflaͤche mehr horizontal und eben wird. Denn in der breiteren Furche hat der ſchmalere Streifen mehreren Raum herumzufallen. Durch unſere Pfluͤge wird der Erdſtreifen aber ſo gelegt, daß einer auf der Kante des andern ruht, und daß ſie ungefaͤhr in dieſer Geſtalt zu liegen kommen.

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Dies25Die Ackerwerkzeuge.

Dies iſt gerade die zweckmaͤßigſte Lage, indem durch die Hoͤhlung, welche zwiſchen den Erdſtreifen entſteht, die Lockerung des Bodens ſehr befoͤrdert und die Luft gewiſſermaßen eingeſchloſſen und in genauerer Beruͤhrung auch mit der untern Erde erhalten wird. Dieſe Zwiſchenraͤume bewahren auch die niedergeſenkte Feuchtigkeit auf, die dann bei eintretender Waͤrme in Dunſt verwandelt den Erd - boden um ſo mehr lockern muß. Der gelockerte Boden ſenkt ſich dann erſt allmaͤhlig, und fuͤllt dieſe Zwiſchenraͤume aus. Die zackige Oberflaͤche aber bietet der atmoſphaͤri - ſchen Luft, ſo lange ſie rauh liegt, weit mehrere Beruͤhrungspunkte dar, beguͤnſtigt dann aber die Einwirkung der Egge weit mehr, als eine ebene Flaͤche; ſo daß nicht nur die Erde zerkruͤmelt, ſondern auch die darin befindlichen Wurzeln herausgeriſſen werden koͤnnen. In jedem Boden alſo, den man durch das Pfluͤgen mehrere Locke - rung und Zertheilung geben will, hat dieſe Lage der Furchen große Vorzuͤge vor der voͤllig platten, und nur im loſen Sandboden koͤnnte ſie nachtheilig werden. Wer die - ſen aber zu pfluͤgen hat, braucht ſich um die Form des Pfluges gar nicht zu bekuͤm - mern, und kann freilich ſicher bei den ſchlechteſten landuͤblichen Pfluͤgen ſeiner Gegend bleiben. Schaden wuͤrde indeſſen auch unſer Pflug nicht thun, weil der ſandige Bo - den bald zuſammenfallen und die Hoͤhlungen ausfuͤllen wuͤrde.

Endlich findet man auch Streichbretter, die convex oder bauchigt ſind, von Holz und von Eiſen, z. B. in den Rheingegenden. Sie werfen in der That die Erde ſchnell ab, und gehen leicht. Aber den Zweck der Umwendung erfuͤllen ſie nur ſchlecht, wenn ſie anders nicht ſehr lang ſind, wodurch die Friktion wieder um ſo viel ver - mehrt wird.

§. 114.

Derjenige Stiel, wodurch der untere Theil des Pfluges mit dem Baume oderDie Gries - ſaͤule. Grindel verbunden wird, und welcher den vordern Theil des ſogenannten Pflugkaſtens ausmacht, heißt die Griesſaͤule. Sie iſt gewoͤhnlich von Holz, und nur an dem Smalſchen Pfluge von Eiſen. An allen beſſern Pfluͤgen iſt ſie ſo geſtellt, daß ſie auf dem untern Theile des Pfluges nicht perpendikulaͤr, ſondern ſchraͤg nach vorwaͤrts oder mit ihrem obern Theile hinterwaͤrts in einem Winkel von etwa 80 bis 85 Graden ſtehe. Durch dieſe ſchraͤge Richtung wird dieſer Theil, der dem Meſſer folgt, den betraͤchtlichen Widerſtand, der auf ihn wirkt, beſſer uͤberwinden und haltbarer dage - gen ſeyn. Wenn das Streichbrett nicht ſeine vordere Kante ausmacht, ſo giebt manDritter Theil. D26Die Ackerwerkzeuge.ihm dieſe ſcharfe Kante auf eine andere Weiſe, durch die Vorſetzung einer ſcharfen eiſernen Schiene, oder wie beim Smalſchen Pfluge, durch den hervortretenden An - ſatz des die linke Seite des Pfluges ſchließenden Eiſens. (Beſchr. der Ackergeraͤthe, Heft I., Taf. 2. Fig. II. e) Man findet auch Pfluͤge, wo das Meſſer unmittelbar auf ſelbigem ruht, und dieſe ſcharfe Kante ausmacht; (daſelbſt, Taf. 6. Fig. I. und II. a) wobei denn aber der Vortheil der Verlaͤngerung der linken Seite, ohne Ver - mehrung der Friktion, wegfaͤllt. So unbezweifelt nuͤtzlich die beſchriebene Richtung dieſer Griesſaͤule iſt, ſo findet man doch zuweilen Pfluͤge, wo ſie gerade die entgegen - geſetzte hat, und ſich nach vorwaͤrts uͤberlehnt. Man braucht dieſe Stellung nur an - zuſehen, um ihre mindere Haltbarkeit und Unzweckmaͤßigkeit zu fuͤhlen.

§. 115.

Der Pflug - baum.Der Pflugbaum oder der Grindel iſt derjenige Theil, mittelſt welchem der Koͤrper des Pfluges in der Erde fortgezogen wird, da es unmoͤglich iſt, die Zug - kraft unmittelbar an dem Pflugkoͤrper anzubringen.

Dieſer Pflugbaum iſt vorn, mittelſt der Griesſaͤule, und hinten, mehrentheils mittelſt der linken Sterze, mit dem Pflugkoͤrper verbunden. Dieſe Verbindung muß in derjenigen Richtung gemacht werden, daß, wenn der Zug an dem beſtimmten Punkte angebracht wird, der Pflug horizontal in der Erde in derjenigen Tiefe, worin er einmal eingeſetzt worden, hergehe.

Steht der Baum vorne zu hoch, oder iſt die Griesſaͤule zu lang ſo be - kommt das Schaar eine zu ſtarke Tendenz in den Boden, der Pflug geht, wie ſich der Bauer ausdruͤckt, auf der Naſe; ſteht er zu niedrig, oder iſt die Griesſaͤule zu kurz ſo geht die Tendenz des Schaars aus dem Boden heraus, und man ſagt, der Pflug gehe auf dem Hacken. Er muß aber horizontal, oder eigentlich mit der Ober - flaͤche der Erde, vorn und hinten in der Tiefe, wo er eingeſetzt worden, parallel gehen. Es kann dieſes zwar bei dem Raͤderpfluge durch die hoͤhere oder niedrige Lage des Pflugbaums auf der Lichte oder durch deſſen Verkuͤrzung oder Verlaͤngerung, bei dem raͤderloſen Pfluge durch die Veraͤnderung des Punktes, wo die Zuglinie an der Spitze des Pflugbaums befeſtigt iſt, oder durch eine andere Richtung dieſer Zuglinie gehoben werden. Allein die Hebung des Baums wirkt dann ſeiner Tendenz im Erd - boden entgegen, und das Schaar macht keinen horizontalen Schnitt, ſondern kratzt27Die Ackerwerkzeuge.mit ſeiner Schaͤrfe, und die Laſt wird dadurch dem Zugviehe ungemein erſchwert. Deshalb pflegt bei den Raͤderpfluͤgen die Griesſaͤule in dem Pflugbaum nicht feſt ein - gezapft, ſondern nur verkeilt zu ſeyn, und auch das hintere Ende hat Beweglichkeit an dem Sterz, um den Pflug umkeilen zu koͤnnen. Hier pflegen aber die Pflugfuͤh - rer zur groͤßten Laſt des Zugviehs leicht eine falſche Verkeilung vorzunehmen, und dem Schaar eine zu ſtarke Tendenz in dem Boden zu geben, weil ſie alsdann ſicher ſind, daß ihnen der Pflug nicht aus dem Lande herausſpringe. Zu tief ins Land kann ihnen deſſen ungeachtet der Pflug nicht gehen, weil der Baum vorn auf dem Pflug - geſtelle ruht. Er druͤckt dann aber mit großer Gewalt auf dieſes Pfluggeſtell, und erſchwert die Laſt dadurch noch mehr. Dies kann ſo weit gehen, daß der Baum da, wo die Zugkette angebracht iſt, in ſchwerem Boden brechen muß. Beim Raͤderpfluge bemerkt man dieſe falſche Stellung des Pflugbaums nicht ſo leicht; beim raͤderloſen Pfluge fuͤhlt man ſie ſogleich, und es wird dem Fuͤhrer hoͤchſt beſchwerlich, ihr entge - gen zu wirken.

Die Laͤnge des Baums iſt ſowohl bei dem Raͤder - als raͤderloſen Pfluge verſchie - den. Je laͤnger er iſt, oder je entfernter der eigentliche Zugpunkt von dem Koͤrper des Pfluges, um deſto ſtaͤter geht der Pflug, weil naͤmlich bei einer ſehr kleinen Ver - ruͤckung des Schaars die Spitze des Baums ſchon einen ſo viel groͤßern Bogen ma - chen muͤßte. Allein durch ſeine Laͤnge wird auch der Baum ſchwaͤcher, und je laͤnger er iſt, um deſto ſtaͤrker muß er ſeyn. Der Baileyſche Pflug hat einen viel laͤngern Baum als der Smalſche. Dies iſt eine zweite Urſache, warum der letztere der Ausweichung weit ſtaͤrker ausgeſetzt iſt, und er muß auch deshalb in ſeinen Verhaͤlt - niſſen ſo ſehr genau conſtruirt ſeyn, weil die Kraft des Zuges um ſo weniger einen Fehler der Direktion verbeſſern kann. Es wird aber auch durch keine Gewalt der Baum an dieſem Pfluge brechen koͤnnen, wie es doch wohl beim Baileyſchen moͤglich iſt. Beim Raͤderpfluge iſt der Pflugbaum gewoͤhnlich laͤnger, als man ihn in der Regel gebraucht, und er ſteht uͤber das Vordergeſtell noch betraͤchtlich hinaus. Der Punkt, womit der Baum auf dem Geſtelle liegt, kann nach Willkuͤhr vom Pflug - koͤrper mehr entfernt oder ihm naͤher gebracht werden. Im letztern Falle wird dadurch die Spitze des Pfluges gehoben, im erſtern mehr geſenkt. Er hat naͤmlich verſchie - dene Loͤcher, wo mittelſt eines eingeſteckten Pflocks oder Nagels der Ring der Zug - kette befeſtigt wird.

D 228Die Ackerwerkzeuge.

Der Pflugbaum hat ſeitwaͤrts nicht dieſelbe Richtung, wie der Pflug - koͤrper, ſondern weicht etwas weniges rechts aus. Die Direktion des Pfluges faͤllt zwiſchen dieſen beiden Linien. Waͤre die gerade Seite des Pfluges ſo gerichtet, daß ihre fortgeſetzte Linie auf die Spitze des Pflugbaums zuginge, ſo wuͤrde das Schaar nicht in der Richtung der abzuſchneidenden Furche fort, ſondern immer aus dem Lande herausgehen. Wenn dieſe Abweichung nicht richtig getroffen wird, ſo kann es, wenn ſie zu geringe iſt, bei dem Raͤderpfluge freilich dadurch gezwungen werden, daß man den Pflugbaum ganz an die linke Seite des Geſtelles hinlegt, bei dem raͤder - loſen Pfluge, indem man die Zuglinien in das aͤußerſte Loch der rechten Seite des Stellungsbuͤgels befeſtigt. Es iſt aber immer ein Fehler, welcher dann die Stellung des Pfluges etwa zu breitern Furchen unmoͤglich macht. Da der Pflugbaum an ſei - nem vordern Theile mehr weggearbeitet wird, ſo thut man dies deshalb auf der lin - ken Seite, und laͤßt die rechte Seite ganz gerade, wodurch man jene Abweichung genugſam erreicht. (Vergl. Beſchr. der Ackergeraͤthe, Heft I., Taf. 3. Fig. I. die Linie x y)

§. 116.

Die Sterzen.Die Sterzen oder Stuͤrzen werden diejenigen Handhaben genannt, mit welchen der Pflugfuͤhrer den Pflug einſetzt, und eine Abweichung deſſelben verbeſſert. Fuͤhren ſoll er ihn eigentlich nicht damit, ſondern der Pflug muß, wenn er richtig konſtruirt iſt, ganz von ſelbſt in der ihm einmal gegebenen Richtung fortgehen. Nur wenn der Pflug einen ungewoͤhnlichen Widerſtand antrifft, und auf dieſen oder jenen Theil einen veraͤnderten Druck erleidet, ſo wird ſeine Tendenz verruͤckt, und dieſe augenblicklich wieder herzuſtellen, iſt das Geſchaͤft des Pfluͤgers, weswegen er zwar die Hand nie von der Sterze ablaſſen, aber auch unnoͤthiger Weiſe durchaus keinen Druck oder Gewalt anwenden darf. Entſtehende Abweichungen muß er mit der auf der Sterze liegenden Hand zu fuͤhlen ſo gewohnt ſeyn, daß er unmittelbar einen Ge - gendruck dagegen aͤußert.

Die Pfluͤge haben ein oder zwei Sterzen. Eine, und zwar die auf der linken Seite iſt eigentlich nur noͤthig, und die meiſten ziehen die einfache Sterze bei dem Raͤderpfluge vor, damit der Pflugfuͤhrer ſich mit der rechten Hand den Raͤutel oder dasjenige Inſtrument, womit er den Pflug von der vorgeſetzten Erde und Wurzeln reinigt, beſtaͤndig zu gebrauchen gewoͤhne. Doppelte Sterzen, ſagt man, machen29Die Ackerwerkzeuge.die Pflugknechte faul, und verleiten ſie, ſich auf den Pflug zu lehnen, wodurch dann freilich die Laſt um ein betraͤchtliches vermehrt wird. Wenn bei dem Pfluge ein Druck nach der rechten Seite noͤthig iſt, ſo koͤnne dieſer mit dem aufgeſetzten Raͤutel eben ſo gut gegeben werden. Indeſſen iſt es doch nicht zu leugnen, daß die zweite Sterze auf der rechten Seite zuweilen einigen Nutzen habe, beſonders das Einſetzen des Pflu - ges erleichtere, zur ſchnellen Ueberwindung eines Widerſtandes beitrage, und durch eine etwas ſteife Haltung des rechten Arms dem Drucke der Erde auf das Streichbrett entgegenwirke, welcher den Pflug leicht auf die linke Seite uͤberbiegt, wodurch eine ſchraͤge Furchenſohle entſteht.

Bei den gewoͤhnlichen Raͤderpfluͤgen ſind dieſe Theile ganz hinten, nahe am Hacken des Pfluges angebracht, um auf demſelben einen perpendikulaͤren Druck aͤußern zu koͤnnen, wenn der Pflug tiefer eingehen ſoll. Dieſer Druck kann aber auf feſtem Boden nichts wirken, und muß vielmehr nur die Spitze in die Hoͤhe heben. Bei den engliſchen raͤderloſen Pfluͤgen ſind die Stuͤrzen ganz nach vorn zu, und an dem Punkte, wo der Widerſtand am ſtaͤrkſten auf den Pflug wirkt, eingefugt und nun nach hinten ſo verlaͤngert, daß ſie als ein ſtarker Hebel wirken, und der Pflug - fuͤhrer mit geringer Kraftanſtrengung dem Widerſtande entgegenarbeiten kann. (Vergl. Beſchreib. der Ackerger., Heft I., Taf. 3.)

Bei dieſer Einrichtung aber iſt der Pflug gegen jeden Druck auf die Sterze hoͤchſt empfindlich, und die einzige Schwierigkeit bei der Fuͤhrung dieſes Pfluges beſteht darin, daß der Pflugfuͤhrer ſich alles Druckes und jeder Anſtrengung der Hand ent - woͤhne, weswegen immer diejenigen, die mit einem andern Pfluge noch nie gepfluͤgt haben, ſogleich damit pfluͤgen lernen; alte Pfluͤger aber in den erſten Stunden leicht in den Fehler des Aufdruͤckens verfallen. Sobald man ſich an den Gebrauch dieſer Sterzen etwas gewoͤhnt hat, und in der Uebung iſt, den Pflug hinten etwas zu he - ben, wenn er aus dem Lande gehen, und etwas niederzudruͤcken, wenn er zu tief ein - dringen will, welches nur wenn es bergauf oder abgehet, oder ein ungewoͤhnli - cher Widerſtand in den Weg kommt, der Fall ſeyn kann iſt die Fuͤhrung ſo ſehr leicht, daß man einen Jungen von 12 Jahren dazu gebrauchen kann. Die Umwen - dung, die manche bei dem raͤderloſen Pfluge fuͤr ſchwierig halten, kann bei keinem leichter ſeyn. Man legt ihn auf die rechte Seite, und laͤßt ihn vom Zugvieh herum -30Die Ackerwerkzeuge.ſchleppen, richtet ihn an der Stelle mit dem Sterzen wieder auf, hebt ihn bei dem Einſetzen ſehr wenig und laͤßt ihn dann ſeinen Gang fortgehen.

§. 117.

Stellung des Pfluges.Der Pflug muß geſtellt werden koͤnnen zu breitern oder ſchmalern, und zu tiefe - ren oder flacheren Furchen. Dieſe Stellung geſchieht an der Spitze des Baums. Sie wird bei dem Raͤderpfluge auf eine ganz verſchiedene Weiſe, wie bei dem raͤder - loſen bewirkt.

Bei erſterm kann die Erhoͤhung oder Vertiefung des Pfluges, wie oben geſagt, ſchon dadurch bewirkt werden, daß der Pflugbaum verkuͤrzet oder verlaͤngert wird, d. h. in Hinſicht des Punkts, womit er auf dem Vorgeſtelle ruht, und zu dem Ende ſind in dieſem Baume die verſchiedenen Vorſteckeloͤcher angebracht. Da dieſe Stel - lung aber bloß hierdurch nicht ſo genau getroffen werden kann, wie es oftmals noͤthig iſt, ſo liegt auf dem Rumpfe des Pfluges mehrentheils eine ſogenannte Lichte, welche gehoben werden kann, und wodurch der Ruhepunkt des Pfluges herauf oder herunter gebracht wird. Sie iſt auf mannigfaltige Weiſe eingerichtet, und feinerer oder groͤberer Bewegungen faͤhig, je nachdem der Raͤderpflug uͤberhaupt mehr oder minder verfeinert iſt. Auf dieſer Lichte kann auch der Pflug bei manchen Einrichtun - gen ſeitwaͤrts mehr ins Land oder mehr aus dem Lande heraus, zu ſchmalern oder brei - tern Furchen geſtellt werden. Wird naͤmlich der Pflugbaum mehr auf die rechte Seite gelegt, ſo bekommt das Schaar ſeine Tendenz nach der Furche; wird er links gelegt, nach dem feſten Lande hin. Jedoch muß, um breitere oder ſchmalere Furchen zu ma - chen, zugleich eine Veraͤnderung an dem Zugpunkte des Vorgeſtelles vorgenommen werden, und dies geſchieht vermittelſt des ſogenannten Gezuͤngs oder der Leyer, indem durch die damit vorzunehmende Veraͤnderung der Mittelpunkt des Zuges und des Vorgeſtelles nach der rechten oder linken Seite mehr hingebracht werden kann. Die Vorrichtungen dazu ſind mannigfaltig, aber ſo unbedeutend, daß ſie keiner ge - nauern Beſchreibung werth ſind. Die einfachſte iſt ohne Zweifel die beſte, und dieſe findet ſich an den in meiner Ausgabe des Dickſon Tafel 1. abgebildeten Norfolk - ſchen Pfluge, welcher unter den Raͤderpfluͤgen, die mir bekannt ſind, uͤberhaupt wol der vollkommenſte iſt. Die Leyer iſt hier von Eiſen, und dadurch freilich etwas koſt - barer. Wenn man aber auf ihre Haltbarkeit Ruͤckſicht nimmt, und auf das leichte31Die Ackerwerkzeuge.Einhaͤngen der Waage in einen oder den andern Zahn, und dagegen die Zerbrechlich - keit und das weitlaͤuftige Umkeilen der meiſten andern Vorrichtungen, wodurch der Rumpf des Pfluges ſo oft geſpalten wird, und wobei man die Stellung doch ſelten recht genau trifft, ſo wird man finden, daß jene ſehr erſparend ſey. (Dieſer Pflug iſt uͤbrigens nur zu ſehr flachen dreizolligen Pfluͤgen beſtimmt.)

An den raͤderloſen Pfluͤgen giebt es zwei Arten von Stellungen, welche durch eiſerne Buͤgel bewirkt werden. Ich muß mich hierbei, ſo wie uͤberhaupt bei der gan - zen Lehre vom Pfluge, auf meine Beſchreibungen der nutzbarſten Ackerwerkzeuge, erſtes Heft, beziehen, wo man an dem Smalſchen Pfluge den Buͤgel mit der Kette, Tafel 1. Fig. IV. und Taf. 4. Fig. VIII. IX. X., an dem kleinen Pfluge mit beweg - lichem Streichbrette den Stellungsapparat, der fuͤr leichtere Pfluͤge zulaͤnglich iſt, Taf. 7. Fig. III. u. V., abgebildet und beſchrieben findet.

In Anſehung der Tiefe, worin der Pflug gehen ſoll, kommt es naͤmlich darauf an, den Zugpunkt an der Spitze des Pfluges zu erhoͤhen oder zu erniedrigen, mehr vorwaͤrts oder mehr ruͤckwaͤrts zu bringen. Jedoch kommt dabei die Laͤnge der Zug - ſtraͤnge ebenfalls in Betracht. Um vorher zu wiſſen, wie tief der Pflug bei einer ge - gebenen Hoͤhe des Zugpunkts an den Zugthieren und der Laͤnge der Straͤnge in den Boden eingehen wird, verlaͤngere man die Linie von jenem Punkte zu dem Punkte, wo der Zug an dem Pflugbaume befeſtigt iſt, bis auf den Pflugkoͤrper. Wo dieſe Linie hinfaͤllt, ſo tief geht der Pflug ein. Je weiter der Befeſtigungspunkt herunter - gebracht wird, deſto naͤher faͤllt dieſe Linie auf die Spitze des Schaars; je hoͤher er heraufkommt, deſto hoͤher auf dem Pflugkoͤrper. Es iſt aber bei dem Gebrauche des raͤderloſen Pfluges zureichend, wenn man nur weiß, daß man durch das Herunter - bringen des Befeſtigungspunktes ein flacheres, durch das Heraufbringen ein tieferes Eindringen des Pfluges bewirkt. Daß man dieſes Herauf - und Herunterbringen bei beiden Stellungsarten auf eine ſehr leichte Weiſe bewirken koͤnne, wird der Augen - ſchein einem jeden, der einen ſolchen Pflug vor Augen hat, ſogleich lehren, und ich halte folglich eine genauere Beſchreibung dieſer Stellungsart fuͤr uͤberfluͤſſig.

So wird denn auch vermittelſt deſſelben Stellungbuͤgels dem Pfluge die Rich - tung mehr in und aus dem Lande und zu breitern oder ſchmalern Furchen gegeben, je nachdem man zu erſtern die Waage mehr rechts, zu letztern mehr links in die verſchie - denen Loͤcher befeſtigt.

32Die Ackerwerkzeuge.

§. 118.

Das Vorge - ſtell und die Raͤder, deren Vortheil oder Nachtheil.So gebraͤuchlich das Vorgeſtell und die Raͤder an den Pfluͤgen geworden ſind, indem man ſich in manchen Gegenden Deutſchlands kaum eine Vorſtellung von einem raͤderloſen Pfluge machen kann, ſo ſind ſie doch wohl im Allgemeinen, viel - leicht mit wenigen beſondern Ausnahmen, ein ganz uͤberfluͤſſiger und erſchwerender Zuſatz, den man nach einer falſchen Anſicht erſonnen und vermuthlich wegen des kuͤnſtlichen Anſcheins ſo allgemein eingefuͤhrt hat.

Zur Erleichterung der Laſt koͤnnen die Raͤder durchaus nichts beitragen. Denn es ruht nicht einmal die Spitze des Pflugbaums auf dem Geſtelle. Dieſer ſteht ge - rade, wenn der Pflug gehoͤrig gerichtet iſt. Nur wenn bei einer falſchen Tendenz des Pfluges das Niederſinken des Pflugbaums und der Druck deſſelben auf das Vorge - ſtell unnuͤtz vermehrt wird, ſo hat dieſes eine ſtarke Laſt zu tragen. Und dieſe wird um ſo mehr dadurch erſchwert, daß die Richtung der Zuglinie dreimal unterbrochen und abgeaͤndert wird; erſtlich vom Zugpunkte des Thieres auf das Vorgeſtell herun - ter, von dieſem wieder herauf zum Pflugbaume, wo er durch die Zugkette befeſtigt iſt, und von hier wieder herab auf das Schaar wirken muß. Wenn die Raͤder, in dem Falle, wo der Pflugbaum mittelſt der Zugkette ſtark auf das Vorgeſtell gedruͤckt wird, die Laſt erleichtern, und dieſe freilich noch ſchwerer fallen wuͤrde, wenn das Vorgeſtell ein bloßer Klotz waͤre, ſo ſind ſie ſammt dem Vorgeſtelle es doch ſelbſt, was dieſe Laſt verurſacht, indem dieſe gar nicht vorhanden iſt, wenn keine Raͤder da ſind.

Aber man findet noch haͤufig die Meinung, daß die Raͤder den Gang des Pflu - ges ſtaͤter und gerader erhielten, den Widerſtaͤnden, die ihn aus ſeiner Richtung braͤchten, kraͤftiger entgegenwirkten, und die Fuͤhrung deſſelben erleichtern. Sie koͤnnen jenes allein dadurch thun, daß ſie eine groͤßere Laͤnge des Baums verſtatten, welcher als ein laͤngerer Hebel die Abweichung des Pflugſchaars leichter verhindert. Allein der Widerſtand, der den Pflug aus ſeiner Tendenz bringt, iſt entweder ſo, daß er durch den Pflug uͤberwunden werden kann, oder nicht. Im erſtern Falle wird er auch durch den raͤderloſen Pflug uͤberwunden werden, und in ſofern dieſer wegen eines kuͤrzern Baums leichter zur Seite wiche, ſo kann dieſe Abweichung durch die große Kraft, welche der Pflugfuͤhrer auf einen gut konſtruirten Schwingpflug, den er weit mehr als den Raͤderpflug in ſeiner Gewalt hat, weit angemeſſener ausgegli - chen oder unmittelbar verbeſſert werden. Im zweiten Falle wird dem Zerbrechen desPfluges33Die Ackerwerkzeuge.Pfluges bei kraftvollem Zugvieh dadurch ausgewichen, daß er zur Seite ſpringt. Hat der Pflugfuͤhrer ſich einige Uebung damit erworben, ſo wird er es im Gefuͤhl haben, ob der Widerſtand oder ſein Pflug ſtaͤrker ſey, und in beiden Faͤllen ſich helfen: den Pflug dagegen anſtemmen, oder ſeine Ausweichung durch einen gelinden Druck noch befoͤrdern. Ich habe vormals ſelbſt geglaubt, daß fuͤr einen rauhen, ſteinigen, mit Wurzeln durchwachſenen Boden bei dem erſten Aufbruche und der Urbarmachung eines wilden Grundes ein großer Raͤderpflug zweckmaͤßiger ſey, aber die Erfahrung hat mich vom Gegentheil belehrt, indem ich durch den raͤderloſen Smalſchen oder Baileyſchen Pflug neue Aufbruͤche von ganz mit Baumwurzeln durchwachſenen Bo - den mit ungleich geringerer Kraft gemacht habe, als mit einem ſtarken Raͤderpfluge moͤglich geweſen waͤre. Ich habe mit zwei Pferden Boden dieſer Art umgebrochen, auf welchen man einen Raͤderpflug mit weniger als ſechs Pferden zu beſpannen frucht - los gehalten haͤtte, wozu dann freilich die beſſere Konſtruktion des Pflugkoͤrpers und die Staͤrke des nach Smalſcher Art befeſtigten Meſſers beitrug.

Wenn der raͤderloſe Pflug durch die minder feſte Haltung, welche ihm die Spitze des Baums giebt, eine minder feſte Richtung hat, ſo wird dies bei weitem durch den Vortheil uͤberwogen, daß der Pflugfuͤhrer nun eine Gewalt uͤber ihn hat, die bei dem Raͤderpfluge faſt ganz wegfaͤllt. Er kann ihn mit einem gelinden Druck mehr links in das Land hinein, oder mehr rechts heraus, durch eine Hebung der Sterzen tiefer in den Boden, durch einen gelinden Druck mehr herausbringen, und wenn auf einer ebenen Flaͤche von dieſen Abweichungen keine noͤthig iſt, ſeinen Gang fortgehen laſ - ſen. Dieſer große Vorzug faͤllt am meiſten auf unebnen, huͤglichten, ſich bald ſen - kenden, bald erhebenden Boden ins Auge. Der Raͤderpflug wirkt hier durchaus falſch, und macht eine Furche von ungleicher Tiefe. Wenn es naͤmlich auf einen Huͤ - gel hinaufgeht, ſo ſteht das Vorgeſtell hoͤher, als der Pflugkoͤrper, folglich hebt ſich die Spitze des Schaars, und ſtreicht ganz flach oder voͤllig uͤber die Oberflaͤche her. Geht es bergab, ſo ſteht das Vorgeſtell niedriger, wie der Pflugkoͤrper, und ſo ſenkt ſich das Schaar, und der Pflug geht zu tief ein. Dies kann ohne jedesmaliges Um - ſtellen des Pfluges durchaus nicht verhuͤtet werden, und alle Anſtrengungen des Fuͤh - rers dagegen ſind vergebens. Nicht deutlicher wird dieſes, als wenn man ein Feld, was in breite, hohe Beete aufgepfluͤgt worden, mit einem Raͤderpfluge quer durchar - beiten will. Wenn der Pflug zu den Ruͤcken hinaufgeht, ſo greift er kaum ein, undDritter Theil. E34Die Ackerwerkzeuge.geht er zur Furche herab, ſo faßt er zu tief. Mit einem raͤderloſen Pfluge kann ein aufmerkſamer Pflugfuͤhrer mittelſt der langen Sterzen, ohne erhebliche Kraftanſtren - gung, dies voͤllig vermeiden, und eine voͤllig gleiche Furche auspfluͤgen.

Jeder Ackerbauer kennt die große Schwierigkeit, den Raͤderpflug in zaͤhem Bo - den, der trocken geworden iſt, in die Erde zu bringen. Alle dabei anzuwendenden Huͤlfen, die jedesmalige Umſtellung beim Einſetzen, der Druck auf den Baum, in - dem ſich ein Fuͤhrer darauf legt, das tiefere Einkeilen der Grießſaͤule, alles iſt ver - geblich und die Pflugarbeit wird unterbrochen. Der raͤderloſe, vielleicht mit einem etwas ſpitzeren Schaar verſehene Pflug muß, wenn er hinten gehoben wird, in eine Dreſchtenne eindringen, und in ſofern nur die Kraft des Zugviehes zureicht, durchaus die haͤrteſte Erde durchbrechen. Will man alſo nur Zugkraft genug anwenden, ſo kann keine Ausdoͤrrung und Zaͤhigkeit des Bodens die Pflugarbeit verhindern.

Die groͤßere Einfachheit des raͤderloſen Pfluges und ſeine mehrere Haltbarkeit faͤllt in die Augen. Vermittelſt der letztern wird der viele Zeitverluſt erſpart, der bei der Arbeit durch die haͤufigen Reparationen verſchwendet wird.

§. 119.

Konſtruktion der Raͤder.Bei dem Raͤderpfluge iſt die Konſtruktion der Raͤder verſchieden. Daß die hoͤ - heren und beſſer abgerundeten Raͤder einen Vorzug vor den kleinen, hoͤckrigen, ſchlecht gearbeiteten, haben, hat wohl keinen Zweifel. Er iſt aber nicht ſo groß und zur Verminderung der Laſt nicht ſo wichtig, wie manche ihn angegeben haben.

Die Raͤder ſind entweder auf einer feſtſtehenden Axe beweglich, oder ſie ſind auf derſelben feſt, und die Axe ſelbſt oder die eiſerne Spindel laͤuft im Rumpfe des Pflu - ges mit den Raͤdern um. Man giebt letzterem mehrentheils den Vorzug, beſonders bei niedrigen Raͤdern, weil ſich theils die Axe leichter wegſchleifen wuͤrde, theils aber, weil es dann nicht wohl zu verhindern iſt, daß ſich Erde zwiſchen der Axe und dem niedrigen Rade ſetze. Es hat dieſes aber auch wiederum Nachtheile.

Die Raͤder ſind entweder von gleicher Hoͤhe, oder das rechte Rad, welches in der ausgeſchnittenen Furche geht, iſt faſt um ſo vieles hoͤher, als die Furche tief iſt. Bei gleich hohen Raͤdern muß das Pfluggeſtell nothwendig ſchief gehen. Dies ver - mehrt die Friktion ſo ſehr, und bieget die Spitze des Pflugbaums nach der rechten Seite ſo hinuͤber, daß man nur bei aͤußerſt flachen Furchen, hoͤchſtens von 3 Zoll, mit ſolchen Raͤdern auskommen kann. Sobald man tiefer pfluͤgen will, muß das35Die Ackerwerkzeuge.rechte Rad nothwendig nach Verhaͤltniſſe erhoͤhet werden, ſo daß das Pfluggeſtell doch eine mehrentheils gerade Richtung bekomme.

Sind nun aber zwei Raͤder von ungleicher Groͤße feſt an einer Axe, ſo bleibt das kleinere Rad bei jedem Umlaufe zuruͤck, und muß ſchleppen. Denn zwei Raͤder von ungleicher Groͤße an einer Axe machen keine in gerader Linie vorwaͤrts gehende Bewe - gung, ſondern eine ſolche, wie ein Kegel, den man fortſtoßt. Das rechte Rad draͤngt ſich alſo immer nach der Kante des Landes hin, ſtoͤßt an ſelbige an und prellt wieder ab, wodurch das Pfluggeſtell eine hin - und herruͤckende Bewegung erhaͤlt, welche die Friktion ungemein vermehren muß, und die man nicht ohne Ekel anſehen kann. Bei Raͤdern von verſchiedener Hoͤhe muß alſo durchaus doch das eine auf der Axe beweglich gemacht werden.

Wiederum hat die Ungleichheit der Raͤder große Inkonvenienzen, wenn man er - hoͤhete Beete pfluͤgt. Wenn der ſchon erhoͤhete Ruͤcken noch mehr angepfluͤgt werden ſoll, ſo geht bei der erſten Furche das rechte, hoͤhere Rad ſchon an einer hoͤheren Stelle, und das Vorgeſtell kommt ſo ſchief zu ſtehen, daß es in der That oft dabei umfaͤllt, und daß man das Schaar nicht in die Erde bringen kann. Daſſelbe iſt der Fall, wenn ſich nun das Feld an der Furche ſenkt, und das linke Rad in der alten Furche geht. Deshalb findet man denn auch, daß die erſten und letzten beiden Fur - chen, worauf es doch beſonders viel bei einer guten Beſtellung dieſer Art ankommt, auf den breiten erhoͤheten Beeten immer ſchlecht gemacht werden, wenn man ſich an - ders nicht die Muͤhe giebt, den Pflug dazu umzuſtellen.

Dies ſind alſo lauter Schwierigkeiten, die mit dem an ſich unnuͤtzen und er - ſchwerenden Vorgeſtelle verbunden ſind.

Der einzige Fall, wo ich einem Raͤderpfluge den Vorzug geben kann, iſt alſo keinesweges, wie ich ſonſt glaubte, in einem rauhen, zaͤhen, und vielen Widerſtand verurſachenden Boden, ſondern nur da, wo ich abſichtlich ganz flach und mit breiten Furchen pfluͤgen will und ebenen Boden habe. Hier verhuͤtet das Vorgeſtell wohl, daß der Pflug nie zu tief eindringe, ſondern meiner Abſicht gemaͤß nur flach abſchaͤle. Zu einer großen Breite der Furche kann er auch beſſer geſtellt werden. Den raͤderlo - ſen Pflug muͤßte man wenigſtens dazu beſonders einrichten.

E 236Die Ackerwerkzeuge.

§. 120.

Andere Vor - richtungen.Man hat an dem Pfluge ohne Vorgeſtell zuweilen noch andere Huͤlfen ange - bracht: eine Stelze, worauf er vorne ruht, oder ſtatt derſelben ein kleines Rad, auch wohl ein Rad dicht vor dem Pflugkoͤrper an der Stelle des Meſſers, oder gar ein Paar Raͤder hinten am Pflugkoͤrper.

Der Pflug mit der Stelze iſt in Belgien allgemein eingefuͤhrt, und von Schwerz in ſeiner Beſchreibung der belgiſchen Wirthſchaft vor allen andern ge - ruͤhmt. Dieſer Pflug iſt in Anſehung des Pflugkoͤrpers von vortrefflicher Konſtruk - tion, die man jedoch aus der daſelbſt gegebenen Abbildung nicht erkennet, wovon aber die Annalen des Ackerbaues naͤchſtens eine vollſtaͤndige liefern werden aber die Stelze, worauf er in der Geſtalt eines Fußes vorne ruht, und welche auf den Erdboden herſchleift, muß nothwendig die Friktion vermehren, kann zur Staͤtigkeit des Pfluges unbedeutend wenig beitragen, und muß den Fuͤhrer einen Theil ſeiner Gewalt uͤber den Pflug benehmen. Sie hilft wohl durchaus zu nichts weiter, als daß ſie einen falſchen Druck oder Hebung des Fuͤhrers unſchaͤdlicher macht. Deshalb hat man wohl ſeine Zuflucht dazu genommen, wenn man beſorgte, es den Leuten nicht begreiflich machen zu koͤnnen, wie ſie einen ſolchen Pflug handhaben muͤßten. Auf unebenem Boden iſt ſie nun ganz unanwendbar. Denn, wenn ſie auf einen Hoͤcker oder Stein kommt, ſo muß ſich die Spitze des Schaars aus dem Boden herausheben.

Beſſer iſt es noch immer, ſtatt einer ſolchen Stelze ein kleines Rad anzubrin - gen, etwa wie das an dem Schaufelpfluge im dritten Hefte meiner Ackerwerkzeugsbe - ſchreibungen, Tafel 5 und 7, abgebildete. Dies giebt doch weniger Friktion. Man hat ſich auch wohl eines ſolchen Rades dicht vor dem Pflugkoͤrper ſtatt des Meſſers bedient, indem man dies Rad ſcharfſchneidend an den Kanten gemacht hat. Man glaubte naͤmlich dadurch das Durchſchneiden, beſonders des raſigen Bodens, zu be - foͤrdern. Allein es muß natuͤrlich ſchwer ſeyn, das Eindringen dieſes Rades zu be - wirken, und dieſes koͤnnte nur durch eine ſehr ſtarke Tendenz, die man dem Pfluge mittelſt des Schaars in dem Erdboden gaͤbe, oder durch ein Vorgeſtell, welches den Baum herunterzoͤge, bewirkt werden, und konnte alſo nur die Friktion und Kraftverſchwendung vermehren, ohne irgend einen erheblichern Nutzen als das Meſſer zu ſtiften.

37Die Ackerwerkzeuge.

Auch hinter dem Pflugkoͤrper hat man ein Raͤdchen anbringen wollen, um da - durch die Friktion der Pflugſohle auf dem Boden der Furche zu vermindern. Die Unzweckmaͤßigkeit dieſer Kuͤnſtelei leuchtet von ſelbſt ein.

Noch hat man ein Rad von eiſernen Speichen ohne Felgen auf der Seite des Streichbretts, deſſen Axe durch dieſes hindurchging, und mit dem andern Ende in die linke Sterze faßte, am Pfluge angebracht. Die Speichen waren unten ſchaufel - foͤrmig, und man wollte dadurch eine Zerkleinerung des umgeworfenen Streifens be - wirken. Auf loſem ſandigem Boden ſpielte dies Rad allerdings mit dem Sande, und ſchaufelte ihn herum. Es war aber ſchon hier mit einer ſehr vermehrten Friktion ver - bunden, und der Pflug mußte ſtark auf die rechte Seite gedruͤckt werden, damit er ſich nicht uͤberlehnte. Auf zaͤherem Boden, wo dieſes eigentlich nur von Nutzen ſeyn koͤnnte, ging es durchaus nicht.

§. 121.

Unter verſchiedenen andern Kuͤnſteleien, die man an dem Pfluge angebracht hat,Mehrere Zu - ſaͤtze am Pfluge. erwaͤhne ich nur der folgenden:

Weil das Umlegen einer zaͤhen Grasnarbe nicht immer vollſtaͤndig bewirkt wird, ſondern ſolche auf der Kante ſtehen bleibt, ſo hat man dem hinteren Theile des Streichbrettes, da, wo es ſich uͤber die Erde erhebt, eine Beweglichkeit gegeben, oder vielmehr mittelſt eines Charniers noch ein dreieckiges Stuͤck angehangen, welches man vermittelſt einer Schraube vorwaͤrts bringen kann, ſo daß es ganz uͤberſtehe, und den Streifen voͤllig herumſtreiche. Man hat es vorzuͤglich an den Doppelpfluͤgen, wovon wir reden werden, angebracht, aber auch an den einfachen empfohlen. Daß es dieſen Nutzen leiſten koͤnne, natuͤrlich mit ſehr vermehrter Friktion und unter einem beſtaͤndig noͤthigem Gegendrucke auf die rechte Seite, hat keinen Zweifel. Indeſſen fraͤgt es ſich, ob es nicht rathſamer ſey, in ſolchen Faͤllen dieſen Zweck durch einen dem Pfluge nachfolgenden Menſchen, der die aufſtehenden Streifen herumdruͤckt, zu erreichen, eher man ſich zu dieſer kuͤnſtlichen und wohl immer ſehr wandelbaren Zu - ſammenſetzung des Streichbretts entſchließt.

Etwas aͤhnliches bewirkt der in Belgien gebraͤuchliche Streichhaaken, welcher aus einem Brette beſteht, woran eine Stange von zaͤhem Holze befindlich iſt, und wel - chen man mittelſt eines Haakens in ein Ohr hinter dem Streichbrette anhaͤngt. Ein Kerl faßt die Stange, und ſtellt ſich ſo, daß der Streichhaaken mit dem Streichbrette38Die Ackerwerkzeuge.einen mehr oder weniger ſtumpfen Winkel bildet. Er geht nun in paralleler Richtung mit dem Pfluge fort, und haͤlt ſeine Stange hoͤher oder niedriger, je nachdem es der Widerſtand des Streifens erfordert. Dieſer Streichhaaken iſt als eine ſehr wirkſame Verlaͤngerung des Streichbrettes anzuſehn, und iſt ohne Zweifel bei ſehr tiefen Pfluͤ - gen, bei dem Ueberſtreichen der Erde auf hohen Beeten, und bei dem einfurchigen Aufbrechen einer alten Grasnarbe von großer Nuͤtzlichkeit, kann ſehr wohl bei jedem Pfluge angebracht werden. (Vergleiche Schwerz Belgiſche Landwirthſchaft, I. Bd. S. 94.)

Man hat an den Pfluͤgen auch mehrere Meſſer, die den umzuwerfenden Pflug - ſtreifen vorher zerſchneiden ſollen, in einer ſchraͤgen Richtung mittelſt eines am Baume angehefteten Klotzes, angebracht, wovon man eine genaue Abbildung in du Hamel culture des terres, T. I. p. 328, findet. In zaͤhem Boden kann dieſe Vorrich - tung wirkſam ſeyn; ich kenne ſie indeſſen aus eigener Erfahrung nicht, und bin alſo zweifelhaft, ob ihr andere Schwierigkeiten entgegen ſtehen koͤnnen.

§. 122.

Umzuſetzende Streichbret - ter.Die Pfluͤge mit einem beweglichen Streichbrette, welches wechſelweiſe zur rech - ten und zur linken Seite geſchoben, geſetzt oder gedreht wird, haben den Vortheil, daß ſie den Streifen immer auf eine Seite werfen, und folglich ein ganz ebenes Land erhalten, welches keine Spur von Beeten oder Gewenden hat. Man ſetzt, wenn man heraufgepfluͤgt hat und der Streifen rechts fiel, das Streichbrett nun auf die linke Seite, und zieht mit dem Pfluge dicht neben der ausgepfluͤgten Furche wieder hinunter. Die Einrichtung dieſer Pfluͤge iſt verſchieden. Manchmal ſo, daß das Streichbrett und das die linke Seite ſchließende Brett zuſammengefugt einen Winkel von etwa 45 Grad bilden, der nun vor der Griesſaͤule mit einer beweglichen Spindel befeſtigt iſt. Hinten werden die beiden Bretter durch einen eiſernen Buͤgel von ein - ander gehalten. Man kann nun mittelſt der Spindel wechſelsweiſe das rechte und linke Brett abſtechend und das andere Brett an dem Pfluge anliegend machen, in welcher Stellung man es dann durch einen in den Buͤgel geſteckten Nagel hinten er - haͤlt. Man kann ſolche Pfluͤge auch zum Waſſerfurchen gebrauchen, wenn man die Bretter ſo ſtellt, daß beide gleich weit abſtehen.

Haͤufiger aber iſt an Pfluͤgen dieſer Art das Brett los, ſo daß man es bei dem39Die Ackerwerkzeuge.Herumſetzen ganz abnimmt. Es wird nur in Klammern, die zu dem Ende hinten und vorne angebracht ſind, befeſtigt, und bekoͤmmt dadurch Haltung genug.

Noch andere Pfluͤge dieſer Art haben nur ein kleines Ohr ſtatt des Streichbretts, welches, indem es durch eine auf verſchiedene Weiſe angebrachte Drehung mehr nach der einen oder andern Seite hingewandt wird, die Erde nach der Seite hinſchiebt. Daß dieſes letztere die Arbeit des Wendens ſehr unvollkommen verrichte, erhellt von ſelbſt. Sie muͤſſen uͤber dem nach der einen Seite etwas hinuͤbergewandt werden, und naͤhern ſich in der Hinſicht dem Meklenburgiſchen Haaken.

Alle dieſe Pfluͤge muͤſſen ein zweiſchneidiges Schaar in der Form eines Herz - blatts haben.

Das Meſſer beſitzt an den beſſern Pfluͤgen dieſer Art, mit denen man etwas tief eingreifen will, eine Beweglichkeit, wodurch ſeine Schneide nach der einen oder der andern Seite hingerichtet werden kann. Dieſe Beweglichkeit iſt auf verſchiedene Weiſe angebracht, ſcheint mir aber bei allen Pfluͤgen dieſer Art, die ich geſehen habe, ſehr wandelbar, und den Zweck nur unvollkommen zu erreichen.

Ueberhaupt iſt es wohl unmoͤglich, dieſen Pfluͤgen eine ganz gerade und ebene Landſeite zu geben, welche doch zur feſten Haltung des Pfluges in ſeiner richtigen Tendenz ſo weſentlich iſt. Die Friktion derſelben iſt alſo ſehr ſtark, und wenn man uns verſichert, daß dieſe Pfluͤge dennoch leicht gehen und keine ſtarke Zugkraft erfor - dern, ſo iſt die Rede nur von ſehr loſem Boden, und von ſehr flachem Abſchaͤlen deſſelben. Ich habe noch keinen Pflug dieſer Art geſehen, der die Arbeit beſſer, als ein Meklenburgiſcher Haaken machte, und ich wuͤrde mich alſo in ſolchen Faͤllen im - mer lieber dieſes einfachen Inſtruments bedienen. Jene Pfluͤge ſind indeſſen in den Rheingegenden ſehr gebraͤuchlich.

§. 123.

Man hat Doppelpfluͤge zu verſchiedenen Zeiten wiederholt empfohlen; ſolcheDoppelpfluͤge. naͤmlich, wo zwei Pflugkoͤrper, mit einem Baume verbunden, durch ein Geſpann parallel nebeneinander fortgezogen, und von einem Manne hinten gefuͤhrt werden. Neuerlich hat in England der Sommervillſche und in Deutſchland ein in Wien produzirter wieder Aufſehn erregt. Ich ſelbſt habe einen engliſchen Pflug dieſer Art gehabt, der ſich von dem neuen Sommervillſchen unbedeutend unterſchied.

40Die Ackerwerkzeuge.

Es iſt klar, daß ein ſolcher doppelter Pflug die doppelte Zugkraft gegen einen einfachen von gleicher Konſtruktion erfordere, und nur in dem Falle, wo man eine uͤberfluͤſſige Zugkraft mit dem einfachen Pfluge verſchwendet, kann der doppelte eine Erſparung darin bewirken. Dies iſt nun freilich nicht ſelten der Fall. Wenn aber ein ſolcher Doppelpflug, wie doch mehrentheils noͤthig iſt, ſtatt zwei Pferden vier erfordert, ſo iſt auf keine Weiſe Erſparung dabei, indem man nun ebenfalls zwei Menſchen, den einen als Fuͤhrer des Viehes, den andern zum Halten des Pfluges, gebraucht. Außerdem habe ich an dem von mir gebrauchten, ſonſt ſehr gut konſtruir - ten Doppelpfluge, manches auszuſetzen gefunden. Er iſt ſehr ſchwer bei der Wen - dung, laͤßt ſich uͤbel ins Land einſetzen, auf hartem Boden wohl gar nicht, und draͤngt ſich wegen der auf beiden Streichbrettern ruhenden Laſt von Erde nach der linken Seite heruͤber, ſo daß er mit aller Kraft des rechten Arms an der rechten Seite nicht niedergehalten werden kann, und ſomit der rechte Pflug nur flach einſchneidet, und leicht ganz aus dem Boden herausgeht. Ich habe deshalb dieſen Pflug bald an die Seite geſetzt. Eine Abbildung von dem Sommervillſchen Doppelpfluge, wobei auch die oben erwaͤhnte Einrichtung mit dem uͤberzubiegenden Streichbrette angebracht iſt, findet man auf der erſten Kupfertafel in Dickſons praktiſchem Ackerbau, I. Bd.

§. 124.

Rajolpfluͤge.Die Rajolpfluͤge haben dagegen zwei Pflugkoͤrper, die in einer Richtung, das heißt unter einander ſtehn, und wovon der obere gewoͤhnlich kleiner und ſchwaͤcher iſt, als der untere und hintere. Der obere, welcher nur flach eingeht, ſchneidet einen Streifen Erde ab, und ſchiebt ihn in den Grund der Furche; der zweite holt einen Streifen tiefer herauf, und legt ihn uͤber den vorigen her, ſo daß wirklich eine ganz vollkommene Umwendung des Erdbodens dadurch bewirkt wird. Ich habe mit einem Pfluge dieſer Art, der in England mit moͤglichſter Sorgfalt und mit einer bei - nahe verſchwenderiſch ſcheinenden ſtarken Verbindung der Theile durch eiſerne Klam - mern und Ketten verfertigt war, haͤufig arbeiten laſſen, aber das hoͤchſte, wozu ich im Boden von mittlerer Schwere eindringen konnte, waren 16 rheinlaͤndiſche Zoll. Daruͤber hinaus ſchien das Inſtrument die zur Ueberwindung des Widerſtandes noͤthige Zugkraft nicht aushalten zu wollen. Wenn ich uͤberdem die Koſten dieſes Inſtruments und der Vorſpannung berechnete, ſo ergab ſich, daß ich dieſelbe Wirkung durch dasHerauf -41Die Ackerwerkzeuge.Heraufwerfen der unteren Erde mit Spaten, die dem Pfluge folgen eine Opera - tion, von der wir in der Folge reden werden wohlfeiler erreichen konnte. Auf einer minderen Tiefe thun auch zwei Pfluͤge, wovon der zweite dem erſten in derſelben Furche folgt, daſſelbe. Ich kann daher zu dieſem ſehr koſtſpieligen Inſtrumente, obwol es in manchen Faͤllen, z. B. bei Verſandungen, ſehr nuͤtzlich zu brauchen ſeyn wuͤrde, nicht rathen.

Dagegen iſt die Vorrichtung, deren man ſich zur flachen Wendung des Bodens bedient, indem man den Pflugſtreifen in der Mitte durchſchneidet, das Obere unten in die Furche ſchiebt, in manchen Faͤllen, beſonders zum Umbruche eines Kleefeldes und eines nicht zu hart gewordenen Dreeſches, nicht genug zu empfehlen. Man hat dazu flacher gehende Schnitt - oder Rajolpfluͤge, deren oberer Theil indeſſen nur aus einem Meſſer und einem Schaar, mit einem kleinen Ohre verſehen, beſteht. Es iſt aber in den meiſten Faͤllen diejenige ſehr einfache Einrichtung zureichend, welche ich im dritten Hefte meiner Beſchreibung der Ackerwerkzeuge unter dem Namen des Schaͤlmeſ - ſers oder Raſenſchneiders angegeben, und auf der achten Tafel abgebildet habe. Ich bediene mich dieſer Vorrichtung jetzt regelmaͤßig zu einem jeden Umbruche des Kleefeldes, und erreiche dadurch, daß die Kleeſtoppel nicht nur ſaͤmmtlich unter - komme, ſondern auch der Boden vollkommen gelockert werde, und keiner zweiten Pflugfurche zur Winterung beduͤrfe, wenn er gleich ins dritte Jahr gelegen, und ſelbſt wenn er beweidet worden iſt. Ohne dies wuͤrde dieſer Boden durchaus drei Furchen erfordern, und alſo einen Kleeſchnitt weniger geben.

Man hat noch eine andere Art, wo dieſes Ohr, welches die Oberflaͤche abſtreift und hinunterſchiebt, an der vordern Kante der Griesſaͤule befeſtigt iſt, jedoch mit einer eigenen durch den Pflugbaum gehenden Stange. Die Englaͤnder, welche dieſe Ein - richtung mit Grunde fuͤr eine ihrer beſten Erfindungen halten, nennen ſo eingerichtete Pfluͤge trench-ploughs, welches ich durch Schnittpfluͤge uͤberſetze.

Ueber verſchiedene andere Werkzeuge, welche die Konſtruktion eines Pfluges ha - ben, aber zu beſondern Operationen beſtimmt ſind, werde ich da reden, wo ich von ſelbigen handle.

§. 125.

Eine ausgezeichnete landuͤbliche Art des Pfluges iſt die Preußiſche Zogge. Sie iſt raͤderlos, und wird wie der Haaken durch den Baum, welcher an das ſteifeDritter Theil. F42Die Ackerwerkzeuge.Joch der Ochſen gehangen wird, getragen und gezogen. Man kann dieſem Inſtru - mente den Vorzug einer beſonderen Leichtigkeit nicht abſprechen, und ſeine Konſtruk - tion iſt auf die Ueberwindung des Widerſtandes und moͤglichſte Vermeidung der Frik - tion treflich berechnet. Es gehet wie ein ſpitzer Keil ein, und entledigt ſich durch die Windung ſeines untern Streichbretts der Erde ſehr gut. Den feſteren Boden, wo - fuͤr es beſonders paßt, legt es ziemlich gut herum, den loſeren laͤßt es durchkruͤmeln und in die Furche zuruͤckfallen. Das einzelne Inſtrument koſtet wenig, aber es iſt ſehr zerbrechlich, und es muß wenigſtens die doppelte Zahl immer in Vorrath gehalten werden. Es wuͤrde ſich in dieſem Stuͤcke wohl verbeſſern laſſen, und durch einen feſtern Bau wuͤrde ſein Gebrauch in der That wohlfeiler werden; aber ſein Haupt - fehler iſt der, daß es ſehr ſchwierig zu fuͤhren iſt, und daß beſonders geuͤbte Leute dazu gehoͤren. Man wuͤrde es ſchwerlich einfuͤhren koͤnnen, wo die Leute nicht von Jugend auf daran gewoͤhnt ſind. Wird es nicht gut gefuͤhrt, ſo laͤßt es einen Kamm ſtehen, und uͤberſchuͤttet ihn nur mit Erde. Die Oſtpreußen haben gewiß recht, die - ſes einmal bei ihnen eingefuͤhrte Inſtrument ſehr zu ſchaͤtzen.

§. 126.

Der Haaken.Die zweite Gattung von Werkzeugen, wodurch der Acker zur Saat vorbereitet wird, ſind die Haaken. Der charakteriſtiſche Unterſchied vom Pfluge beſteht in dem Mangel eines ſeitwaͤrts ſchiebenden Streichbretts, und nicht, wie man ſich in Deutſch - land hin und wieder einbildet, in der Abweſenheit des Vorgeſtelles.

Sie ſind in ihren Abarten eben ſo mannigfaltig verſchieden, wie die Pfluͤge. Die Pfluͤge der Roͤmer waren mehrentheils von dieſer Art. Man findet ſie noch in Italien, Spanien und Frankreich. Da aber unter dieſen aͤltern und neuern Haaken keiner die unſrigen uͤbertrifft, ſo beſchraͤnke ich mich darauf, von den letztern zu ſprechen.

Der Meklen - burgiſche.Eine Gattung deſſelben iſt der Meklenburgiſche Haaken, welcher ſich dem Pfluge darin naͤhert, daß er, wenn er darnach gehalten wird, den Erdſtreifen zum Theil umwirft. Seine Haupttheile ſind folgende: 1) ein vorn ſpitziges, drei - eckiges Eiſen, welches ungefaͤhr die Geſtalt eines Spadeneiſers hat, nur daß es vorn ſpitz iſt. Dieſes iſt verbunden 2) mit dem Reeſterbrette oder Haakenbrette. Die mit dem Eiſen aufgefaßte Erde wird in ſchraͤger Flaͤche auf das Brett heraufge - ſchoben; und ſie wuͤrde von beiden Seiten deſſelben herabfallen muͤſſen, wenn der43Die Ackerwerkzeuge.Haaken gerade gehalten wuͤrde. Durch eine ſchiefe Haltung bewirkt man aber, daß ſie nach der einen oder der andern Seite hinfaͤllt. Dieſes Haakbrett geht mit ſeinem Stiele durch den Haakenkruͤmmel, und iſt darin verkeilt. Unten ruhet es mit einem Fortſatze auf das Haakenhoͤft, oder denjenigen Theil, der in der gemachten Furche hergeht. Mittelſt der Verkeilung kann es aber hoͤher heraufgezogen oder tiefer herabgelaſſen werden, je nachdem das Eiſen tiefer oder flacher in den Boden hinein - gehen ſoll. 3) Der Kruͤmmel, welcher aus einem darnach gewachſenen Stuͤcke Holz, welches man mit Sorgfalt auswaͤhlet, gemacht iſt. Er iſt unten hinterwaͤrts in das Hoͤft eingezapft, und wird vermoͤge der durchgelaſſenen Sterzen, die mehr vor - waͤrts in das Heft eingezapft iſt, unterſtuͤtzt, und in ſeiner Lage erhalten. 4) Das Hoͤft, deſſen Verbindung aus obigen erhellt. 5) Die Sterze, mit welcher der Haaken dirigirt wird. Soll er naͤmlich rechts beim Hinaufziehen die Furche werfen, ſo faßt der Fuͤhrer mit der rechten Hand an, und biegt ihn ſo uͤber. Geht er dicht an derſelben Furche wieder hinunter, ſo haͤlt er ihn mit der linken Hand links uͤber, da dann die Erde links abfaͤllt und die vorige Furche fuͤllt. An dem Kruͤmmel wird dann, wenn er mit Ochſen gezogen wird, ein Baum mittelſt eines Ringes und Vor - ſtecknagels befeſtigt, der in das Joch der Ochſen ſo eingehangen wird, daß er eine Be - wegung ſeitwaͤrts verſtattet. Wird er dagegen mit einem Pferde gezogen, was jedoch nicht haͤufig geſchieht, ſo wird auf das verlaͤngerte abgerundete Ende des Kruͤmmels eine ſogenannte Kluft -, Scheer - oder Gabeldeichſel geſteckt, worin das Pferd ange - ſpannt wird. Bei zwei Pferden legt man ein Vorgeſtell vor.

Daß dieſer Haaken die Erde vortrefflich durcharbeite, zerkruͤmle und das Un - kraut heraushebe, wird Niemand, der ſeine Konſtruktion kennt, bezweifeln. Aber das Umwenden des Erdbodens verrichtet er auf eine unvollkommene Weiſe, und faßt den Boden nicht ſaͤmmtlich auf, indem naͤmlich wenigſtens ſo, wie ich ihn habe ge - brauchen ſehen, ein Streifen Erde oder Kamm zwiſchen jeder Furche ſtehen bleibt, der jedoch mit loſer Erde uͤberſchuͤttet wird.

Alle aufmerkſame Wirthe in Meklenburg geben zu, daß er ſich nicht zu allen Ar - beiten paſſe, und daß beſonders zum Umbrechen des Dreeſches und auch zur erſten Furche beim Umbrechen der Stoppel ein jeder Pflug Vorzuͤge habe. Dagegen iſt er vortrefflich zu den folgenden Furchen, zum Wenden und Ruͤhren des Ackers, und ſelbſt, wenn auf die rauhe Furche geſaͤet werden ſoll, zur Saatfurche. Bei letztererF 244Die Ackerwerkzeuge.findet nur das Bedenken ſtatt, daß der Ochſe zur rechten Seite auf dem gepfluͤgten Lande gehet und eintritt, wodurch Loͤcher entſtehen, worin die Saat zuſammenfaͤllt. Um dieſes zu verhuͤten, nehmen aufmerkſame Ackerbauer einen Haaken mit Vorgeſtell, wobei der Ochſe in der Furche gehet. Es muß mit dem Haaken aber nie in derſelben Richtung, ſondern immer ins Kreuz und ſchraͤg gearbeitet werden, wo dann das Ei - ſen den vorigen Pflugſtreifen aufnimmt und zerkleinert. Eine Beſtellung, wobei der Pflug und der Haaken wechſelsweiſe gebraucht worden, wird auf jedem etwas binden - den Boden vortrefflich; unter der Bedingung, daß man auch das ſcharfe Eggen nicht verabſaͤume. Deshalb zeichnet ſich auch in der That die Beackerung in Meklenburg unter dieſen Umſtaͤnden ſo vortheilhaft aus, und man wird nicht leicht einem gegra - benen Gartenboden muͤrber und reiner, als eine gute Meklenburgiſche Brache finden. Beim abwechſelnden Gebrauche des Pfluges und dieſes Haakens habe ich nur die Schwierigkeit gefunden, daß ſich dieſelben Menſchen und daſſelbe Zugvieh nicht gut an beide Inſtrumente gewoͤhnen. Demjenigen, der nicht in der Gewohnheit des Haakens iſt, wird die Haltung ſehr ſchwer, obwohl ein daran gewoͤhnter ſie ſehr lange aushaͤlt, und ein Meklenburgiſcher Haͤker, ohne ſich zu beſchweren, faſt 10 Stunden nacheinander weghaakt. Das Zugvieh, beſonders die Ochſen, ſind deshalb wechſels - weiſe vor dem Pfluge und Haaken nicht wohl zu brauchen, weil der Ochſe zur rechten Hand beim Pfluge in der Furche, hier aber auf dem gepfluͤgten Lande dicht neben der Furche hergehen muß. Wenn der Haaken ſich wendet, geht der linke Ochſe auf dem gepfluͤgten Lande und der rechte auf dem ungepfluͤgten. Kann man fuͤr jedes Inſtru - ment beſondere Menſchen und Zugvieh halten, ſo iſt der Wechſel derſelben vorzuͤg - lich anwendbar.

Auf Mittelboden paßt ſich dieſes Inſtrument am beſten; auf ſehr bindigem und zaͤhem Boden wird die Arbeit ſchwer und ſchwerer, wie mit einem nur maͤßig gut kon - ſtruirten Pfluge. Sie muß dann wenigſtens ſehr langſam gehen. Den loſen Boden zerkruͤmelt dies Inſtrument leicht zu ſehr, und macht ihn zu locker, wie die Erfah - rung haͤufig gelehrt hat. (Vergl. Annalen der Niederſaͤchſ. Landwirthſchaft, 2ten Jahrg. 1ſtes Stuͤck, S. 347.; 3ten Jahrg. 1ſtes Stuͤck, S. 14.; 3ten Jahrg. 2tes Stuͤck, S. 122)

Eine ausfuͤhrliche Beſchreibung des Haakens haben wir von dem um die Meklen - burgiſche Landwirthſchaft hoͤchſt verdienten Schumacher, unter dem Titel: Ab -45Die Ackerwerkzeuge.handlung vom Haaken, als einem vorzuͤglichen Ackerwerkzeuge anſtatt des Pfluges, Berlin 1774.

Die kurze Wendung, welche man mit dem Haaken machen kann, und das ſchnelle Abſetzen deſſelben machen ſeinen Gebrauch, beſonders auf ſteinigem und mit vielen auszuweichenden Gegenſtaͤnden erfuͤllten Boden, ſehr vortheilhaft. Auch iſt er an ſteilen Anhoͤhen und Bergen ſehr gut zu gebrauchen, und viel bequemer, wie jeder Pflug, indem man die Erde damit immer mehr abwaͤrts werfen kann, ohne ſie doch ganz herabzupfluͤgen. Man kann bequemer nach allen Direktionen horizontal, ſchraͤg, gerade auf - und abwaͤrts damit arbeiten; man kann ſelbſt in die Runde damit um einen Widerſtand herumackern.

Vergl. v. Ramdohr in Annalen des Ackerbaues, Bd. X., Seite 383.

2) Der Schleſiſche Ruhrhaaken. Er iſt, den Beſchreibungen nach,Der Schleſi - ſche Ruhrhaa - ken. welche mir davon mitgetheilt worden, von verſchiedener Form. Man hat, ſo viel ich verſtehe, in Schleſien auch Haaken, die dem Meklenburgiſchen gleich kommen. Von dieſen rede ich hier nicht, ſondern von ſolchen, die gar kein Hoͤft oder keine. Sohle haben, womit ſie auf der Erde herſtreichen, ſondern nur ein ſpatenfoͤrmiges Eiſen, womit ſie den Boden bearbeiten, und hinten Griffe, womit ſie getragen wer - den muͤſſen. Sie werden nur wechſelsweiſe mit dem Pfluge zum Ruͤhren des Landes in die Quere gebraucht, und ſind dazu ohne Zweifel vortrefflich geeignet.

3) Der Lieflaͤndiſche Haaken. Er wirkt im Boden mit einem ſcheeren -Der Lieflaͤn - diſche. oder gabelfoͤrmigen Eiſen, welches vorwaͤrts gekruͤmmt in die Erde mit ſeinen zwei Spitzen eingreift, und ſolche auffaͤngt. Vermittelſt eines andern Eiſens, welches an einem Stiele befeſtigt iſt, ungefaͤhr von der Form eines gewoͤhnlichen Pflugraͤutels, jedoch groͤßer, wird ſie etwas zur Seite wieder herab geſchoben. Dieſer Raͤutel wird naͤmlich durch eine Schlinge, wenn die Erde rechts fallen ſoll, rechts, und wenn ſie links fallen ſoll, links gedreht. Außer dieſem Voreiſen und Raͤutel iſt uͤberall kein Eiſen am ganzen Inſtrumente, und auch keine Verzapfung, ſondern das Ganze iſt mit Seilen, ſammt der Scheerdeichſel, worin das Pferd geht, verbunden. Eine Abbildung davon befindet ſich in den Anzeigen der Leipziger oͤkonomiſchen Societaͤt von der Oſtermeſſe des Jahres 1804.

Er muß ebenfalls hinten getragen werden, welches fuͤr einen ungewohnten hoͤchſt46Die Ackerwerkzeuge.beſchwerlich ſeyn muß. So wie man ihn losließe, wuͤrde er gleich tief in den Boden hineingehen.

Der Karrhaa - ken.4) Der Karrhaaken. Dieſes Inſtrument geht auf Raͤdern, und bedarf, wenn es einmal in den Boden eingeſetzt worden, keiner Haltung; vielmehr ſetzt ſich der Fuͤhrer darauf oder auf ein Pferd, und faͤhrt damit fort. Es iſt in der Weich - ſelniederung in dem allerzaͤheſten und ſchwerſten Boden gebraͤuchlich, und fuͤr ſolchen in einer vom Waſſer angeſchwemmten Ebene im Vergleich gegen ſchlechte Pfluͤge ſehr nutzbar. Indeſſen konnte ein feſtgefahrner Boden nicht damit bezwungen werden, den gleich nachher ein Baileyſcher Pflug, mit zwei Ochſen beſpannt, umbrach. Iſt es aber zum erſten Umbruch eines zaͤhen Bodens nicht geeignet, ſo kann in der Ruhrfurche ein Haaken Meklenburgiſcher Art daſſelbe thun.

§. 127.

Die Kultiva - tors.Die dritte Gattung von Werkzeugen ſind diejenigen, wodurch man, mit großer Erſparung von Kraft und Zeit, den Erdboden zwar nicht herumwendet, auch nicht ſehr tief ruͤhrt, aber doch die Oberflaͤche auf zwei, drei bis vier Zoll kraͤftig bearbeitet, ſie fein pulvert, bis zu dieſer Tiefe gleichmaͤßig durcheinander mengt, Un - krautſaamen an die Luft und zum Keimen bringt, ſodann aber zerſtoͤrt, auch die Wur - zeln des Unkrauts entweder heraushebt, oder durch oft wiederholtes Abſchneiden und Ruͤhren toͤdtet. Die Inſtrumente dieſer Art ſind bei uns erſt in den neueſten Zeiten bekannt geworden, und wir haben ſie hauptſaͤchlich den Englaͤndern zu verdanken, deren fuͤr die mechaniſche Kunſt reger Sinn auch das Ackerbaugewerbe dadurch unge - mein bereicherte. Dieſe Werkzeuge ſind in England hoͤchſt mannigfaltig, indem ein jeder nach der Art ſeines Bodens, nach dem beſondern Zwecke, den er damit hat und oftmals nach einer bloßen Idee Veraͤnderungen damit vornimmt, die aber im Weſent - lichen nicht viel veraͤndern. Ein jeder, der ein ſolches Werkzeug erfindet, oder nach - ahmend abaͤndert, giebt ihm einen beſondern Namen, und ſogar das unveraͤnderte Werkzeug bekoͤmmt ihn durch Zufall an einem andern Orte. Man muß daher nicht glauben, daß ein Werkzeug mit einem andern Namen, welches ſehr geruͤhmt wird, etwas neues oder unbekanntes ſey, ſondern erſt nach einer genauern Beſchreibung forſchen, wo man dann finden wird, daß es mit andern Werkzeugen dieſer Art we - nigſtens die groͤßte Aehnlichkeit habe. Man kann die Abarten dieſer Inſtrumente etwa unter folgenden Gattungen begreifen:

47Die Ackerwerkzeuge.

1) Skarrifikators, Schroͤpfer, Aufkratzer. Sie haben mehren -Die Skarri - fikators. theils etwas vorwaͤrts gebogene gekruͤmmte Meſſer, wie die Gartenmeſſer, und ſind in einem einfachen Balken oder in einem Geſtell, gleich einer Egge, in mehreren Rei - hen eingelaſſen; jedoch ſo, daß jedes Meſſer ſeinen eigenen Schnitt mache, und nicht eins dem andern in demſelben Zuge folge. Ihr Zweck iſt, in dem bindenden Boden tiefer und kraͤftiger einzuſchneiden, wie die Egge thun kann, ſeine feſte Borke abzu - trennen und ihn in Verbindung mit der Atmoſphaͤre zu ſetzen. Man bedient ſich der - ſelben auf Ackerlande und auf Wieſen, welchen letztern dieſe Operation ebenfalls hoͤchſt guͤnſtig iſt. Sie werden entweder unmittelbar von der Zuglinie fortgeſchleift, oder man legt ſie auf dem Vorgeſtell und druͤckt ſie hinten mittelſt der Sterzen in den Bo - den ein, oder ſie haben auch an allen Ecken kleine Raͤder, die man hoͤher oder niedri - ger ſtellen kann, um ihr flacheres oder tieferes Eindringen in den Boden zu bewirken.

Vergl. die Ueberſetzung von Dickſon, 1ſten Theil, Tafel 2., Figur 3.

Man kann ſich deſſelben Geſtelles zu mehreren Arten von Eiſen bedienen, und z. B. den Exſtirpator zum Skarrifikator machen, wenn man ihn ſtatt ſeiner Eiſen ſolche Meſſer einſetzt.

2) Hobelpfluͤge (Skim-ploughs, welches eigentlich AbſchaͤumungspfluͤgeDie Hobel - pfluͤge. heißt). Ich gebe ihnen jenen Namen, weil ſie gleichſam wie das Eiſen eines Hobels auf den Boden wirken, und die Oberflaͤche einen oder mehrere Zoll tief horizontal ab - ſchneiden, und dabei zugleich brechen. Ein gerades Eiſen von 2, 3 bis 4 Fuß Laͤnge, mit einer Schneide und einem Ruͤcken, in einem Geſtelle ſchraͤg gerichtet, faͤhrt unter der Oberflaͤche des Bodens her. Um ſich einen Begriff davon zu machen, braucht man nur die Pferde-Wegeſchaufel zu kennen, deren man ſich in den großen Gaͤrten haͤufig bedient. Das Eiſen kann mit ſeiner Schneide ſchraͤger und horizontaler gerich - tet werden, je nachdem es tief eingehen ſoll. Der Balken, woran es befeſtigt iſt, wird durch zwei Sterzen gehalten, und der Baum hat vorne mehrentheils ein Rad, kann aber auch auf ein Pfluggeſtell gelegt werden. Man bedient ſich dieſes Inſtru - ments hauptſaͤchlich, um die Stoppel und das hervorkommende Unkraut ſchnell abzu - ſchneiden, auch das durch das Anhaͤufen der Fruͤchte uneben gewordene Land zu ebnen. Es wird vorzuͤglich in Kent gebraucht, um die Bohnenſtoppel gleich nach der Abern - tung zu uͤberziehen, damit das Land bis dahin nicht verkraute, daß es zum Weizen gepfluͤgt werden kann. Die arbeit geht ſehr leicht und erfordert eine geringe Zug -48Die Ackerwerkzeuge.kraft. Man kann auch eine Getreideſtoppel damit zu einer Nachernte von Spoͤrgel, Ruͤben, Buchweizen u. dgl. ſehr ſchnell bereiten, indem der Boden in der Tiefe oft noch locker genug iſt, und nur die Oberflaͤche Pulverung noͤthig hat.

Die Ruhr - pfluͤge.3) Ruhrpfluͤge (skuflers). Dieſe ſchneiden mit ſpitzern oder ſtumpfern, mehr horizontal oder ſchraͤg unterwaͤrts gerichteten Eiſen, welche die Form eines Schuhes oder eines[Gaͤnſefußes] haben, in den Boden ein, und ruͤhren ſeine ganze Oberflaͤche um, indem ſie in zwei oder drei Balken ſo geſtellt ſind, daß kein Partikel der Erde unberuͤhrt bleiben kann, vielmehr von dem vordern Eiſen dem hinteren zuge - worfen wird, ſo daß jeder Erdkloß einen doppelten Stoß bekommt. Zu dieſen In - ſtrumenten gehoͤrt dann auch der ſchon ziemlich bekannt gewordene und in GebrauchDer Exſtir - pator. gekommene Exſtirpator, von deſſen großen Nutzen ein jeder, der ihn nach der Beſchaffenheit ſeines Bodens gehoͤrig einzurichten und anzuwenden verſtand, uͤber - zeugt iſt, obwohl diejenigen, welche ihn ohne alle Ueberlegung brauchten, z. B. den Baum auf kein Vorgeſtell legten, ihn ungeheuer ſchwer machten, oder den Schuhen nicht die ihrem Boden angemeſſene Form gaben, ihn von Rechtswegen ſehr tadelten. Dieſes Inſtrument kann von verſchiedener Groͤße gemacht werden. Hat man einen ſehr ebenen Boden, ſo kann man in dem Balken noch mehrere Eiſen anbringen, wie in dem, der in dem erſten Hefte meiner Ackerwerkzeugsbeſchreibungen Tafel 9. abge - bildet iſt, enthalten ſind; naͤmlich ſechs im hinteren und fuͤnf im vorderen Baume. Iſt der Boden aber uneben, ſo paßt ſich ein ſchmaleres Werkzeug mit wenigern Eiſen beſſer, indem ein breites nicht allenthalben gleichmaͤßig eingreiſen wuͤrde. Es verſteht ſich, daß ſich die Beſpannung nach ſeiner Breite richten muͤſſe, und daß, wenn bei den breiten vier oder gar ſechs Pferde noͤthig ſind, bei den ſchmalen zwei Pferde zu - reichen. Die Eiſen oder die Schuhe muͤſſen, wie ich auch in jener Beſchreibung an - gedeutet habe, nach Verſchiedenheit des Bodens verſchieden geformt ſeyn. Je zaͤher der Boden iſt, deſto ſpitzer und ſchmaler muß man ſie machen. Auch kann man in die vordere Reihe, die den Boden erſt brechen ſoll, ſpitzere, in die hintere ſtumpfere Eiſen nehmen. Man kann die Eiſen platter oder convexer oder gar mit emporſtehen - den Ohren machen, je nachdem man den Boden bloß ſchaufeln oder ihn mehr durch - ruͤhren und in der Oberflaͤche wenden will. Durch die niedrige oder hoͤhere Stellung des Baums auf dem Vorgeſtell bewirkt man das tiefere oder flachere Eindringen der Eiſen in dem Boden, indem naͤmlich im erſten Falle die Spitzen derſelben vornnieder -49Die Ackerwerkzeuge.niedergeſenkt, im andern Falle vorn erhoben werden. Ich habe es vortheilhaft gefunden, die Eiſen der vorderen Reihe um einen halben Zoll laͤnger zu machen, ſo daß ſie um ſo vieles tiefer in den Boden gehen, wenn der Baum vorn gar nicht gehoben wird. Denn weil dieſes bei dem Zuge immer geſchehen muß, ſo heben ſie ſich mehr als die hinteren, und faſſen dann nicht genugſam ein.

Ich glaube, daß dieſes Inſtrument faſt auf jedem Boden anwendbar ſey. Daß es mit ſpitzen Schaaren auch in hoͤchſt zaͤhem Boden bequem eindringe, weiß ich von Freunden, die auf ſolchem Boden dieſes Inſtrument mit vorzuͤglichem Nutzen anwenden. Nur in ſolchem Boden, der hervorragende, unbewegliche große Steine hat, iſt es nicht zu gebrauchen; wenigſtens muß man ſich dann darauf ge - faßt machen, daß die Eiſen an den Stielen haͤufig abſpringen, und deshalb vor - raͤthige Eiſen mit aufs Feld nehmen. Denn ſo ſtark koͤnnen die Stiele unmoͤglich gemacht werden, daß ſie der Gewalt des Zuges von vier Pferden widerſtaͤnden und dieſe anhielten. Sind die Stiele jedoch von vorzuͤglich ſchmeidigem Eiſen ge - macht, ſo werden ſie weniger ſpringen, ſondern ſich biegen und die Pferde dann anhalten. Kleinere Steine verhindern den Gebrauch nicht, ſelbſt wenn ſie ſo groß waͤren, daß ſie nicht durch die Eiſen durchgingen, ſondern ſchleppten. Der Fuͤhrer muß dann nur zu Zeiten anhalten, und das Inſtrument davon entledigen. Allerdings greift aber ein ſteiniger Boden die Eiſen mehr an. Wenn der Acker von Quecken und unzergangener Grasnarben oder andern Dingen, z. B. Kartof - felkraut, ſehr unrein iſt, ſo erſchwert dies den Gebrauch des Inſtruments etwas, verhindert ihn aber nicht. Der Fuͤhrer muß dann nur das Inſtrument oͤfter her - ausheben und ſchuͤtteln, wenn es zu ſchleppen anfaͤngt, oder wenn dieſes nicht zureichen will, anhalten, und das vorgeſetzte mit dem Raͤutel abſtoßen.

Dieſes Inſtrument iſt ſo wirkſam, daß es nicht nur an die Stelle eines jeden flachen Pfluͤgens treten kann, ſondern dieſes auch in Anſehung ſeiner Wirkung auf die Pulverung und Mengung der Erde und Ausrottung des Unkrauts, wel - cher Wirkung wegen es den Namen Exſtirpator erhalten hat weit uͤber - trifft. Da nun ein Inſtrument mit ſechs Schaaren in der hinteren Reihe, mit - telſt vier Pferden und zwei Menſchen, wenigſtens dieſelbe Arbeit macht (eigent - lich wohl mehr, weil der Zug raſcher gehen kann), wie ſechs Pfluͤge mit zwoͤlf Pferden und ſechs Menſchen, ſo erhellt hieraus die große Arbeitserſparung,Dritter Theil. G50Die Ackerwerkzeuge.welche man dadurch erreicht. Es kann zur Bearbeitung der Brache, wenn man die erſte Furche mit dem Pfluge zu voller Tiefe gegeben hat, ohne weiteres Pfluͤgen gebraucht werden, und die vollſtaͤndigſte und reinſte Brache, die man haben kann, bewirken, wenn man ſich deſſen nur zu gehoͤriger Zeit bedient, und das Unkraut nicht zu ſtark aufkommen laͤßt. Es ebnet dabei den Boden weit mehr, als der Pflug, indem es die Erde von den hoͤheren Stellen loͤſet, etwas fortſchleppt, und mit Huͤlfe der Egge in die Sinken vertheilt, beſonders wenn man es nach allen Direktionen abwechſelnd gebraucht. Man kann auch die Saat damit ſehr gut un - terbringen, jedoch geſchieht dies beſſer noch mit einem ſogleich zu beſchreibenden Inſtrumente. Dem vor Winter geſtuͤrzten Acker bereitet es zur Soͤmmerung, insbeſondere zur Gerſte, auf eine vorzuͤgliche Weiſe. Die Erde wird, ſo tief es noͤthig iſt, dadurch aufs feinſte gepulvert, ſo daß die zarten Keime in der feinen Krume mit ihren jungen Wurzeln ſogleich ihre Nahrung finden koͤnnen. Dennoch wird die Winterfeuchtigkeit im Boden weit mehr erhalten, als wenn er gepfluͤgt wird, welches in duͤrren Fruͤhjahren ein ſehr bedeutender Vortheil iſt. Wenn man bei mehreren Zuͤgen mit dieſem Inſtrumente die gehoͤrige Zwiſchenzeit laͤßt, ſo kommt der in den Erdkloͤßen ſteckende Saamen des Unkrauts zum Keimen, und wird dann durch den folgenden Zug zerſtoͤrt. Die Unkrautswurzeln kommen an die Luft, werden mehrere Male losgeriſſen und ſterben ab. Am auffallendſten iſt der Nutzen dieſes Inſtruments, wenn der Acker nach behackten Fruͤchten, durch deren Bau er im vorigen Sommer in der Tiefe uͤberfluͤſſig gelockert worden, im Fruͤhjahre zur Gerſte vorbereitet wird. Nur mittelſt dieſer Kultur baue ich mit gluͤcklichem Erfolge große zweizeilige Gerſte, auf Boden, der ſo ſandig iſt, daß er dieſe nicht tragen wuͤrde, wenn er im Fruͤhjahre mittelſt des Pfluges bearbeitet werden muͤßte. Sehr zweckmaͤßig wird ferner der Exſtirpator auf einem ungebro - chenen Kleefelde angewandt, wenn dieſes nicht Krume genug durch einmaliges Pfluͤgen erhalten hat. In dem Falle muß man es ſonſt dreimal pfluͤgen, welches dann die Beſtellung der Winterung natuͤrlich ſehr verſpaͤtet. Mit dem Exſtirpa - tor kann man ihm Krume genug verſchaffen, und das Abſterben der Kleewurzeln bewirken. Von gleichem Nutzen iſt es ferner bei der Erbs - und Wickenſtoppel. Da es naͤmlich ſo ſehr darauf ankommt, dieſe unmittelbar nach der Aberntung um - zupfluͤgen, nun aber der Acker vor der Einſaatszeit der Winterung ſich wieder zu51Die Ackerwerkzeuge.ſehr bindet, auch krautig wird, ſo muͤßte er zum zweiten Male gepfluͤgt werden, was aber zu viel Aufenthalt geben wuͤrde. Durch dies Inſtrument giebt man ihm ſchnell eine friſche Krume, in welche man unmittelbar einſaͤen und eineggen kann. Endlich finde ich es ſehr nuͤtzlich, um das Kartoffelfeld kurz vor dem Her - auskommen derſelben, wenn ſich auch ſchon einige Blaͤttchens zeigen, damit flach zu uͤberziehen. Hierdurch wird das vorher gekeimte Unkraut voͤllig zerſtoͤrt, und die Kartoffeln kommen ganz rein heraus. Man glaubt dieſes zwar auch durch das Eggen zu bewirken, beſonders wenn man das Land in rauher Furche liegen laͤßt, bis die Kartoffeln herausgekommen ſind. Aber man erreicht dies weit unvollſtaͤn - diger, als wenn man gleich nach dem Einlegen egget, wo das Unkraut gleichmaͤßi - ger keimt, und es dann mit dem Exſtirpator zerſtoͤrt. Doch kann dies bei dem Legen der Kartoffeln in aufgeworfenen Ruͤcken, wie ſich verſteht, nicht ſtatt finden.

Deutſcher Erfindung ſind verſchiedene Inſtrumente, welche mit mehreren Eiſen in der Form der Haakeiſen den Boden ruͤhren, und tiefer oder flacher durch - arbeiten. Man hat ſie von verſchiedener Form und Groͤße: naͤmlich mit breitern oder ſchmalern Eiſen, und mit drei, vier, fuͤnf, ſechs in einem Balken. Sie werden entweder mit dem Baume auf ein Vorgeſtell gelegt, oder aber mit einer ſteifen Scheerdeichſel gezogen. Der durch ſeine vorzuͤgliche Ackerbeſtellung in ſei - ner Gegend beruͤhmte von Arndt in Schleſien bediente ſich verſchiedener ſol - cher Inſtrumente.

Beſonders iſt ſein Saatpflug, welcher dem kleinen oder einfachen ExſtirpatorDer Arndt - ſche Saat - pflug. der Englaͤnder gleich kommt, bekannt geworden. Er wirkt gewoͤhnlich mit vier Schaaren, die, von der Form eines gewoͤhnlichen Pflugſchaars, eine ziem - lich ſtarke Konvexitaͤt haben, und nach der linken ſtumpfen Seite hoch ſtehen, an eiſernen Stielen befeſtigt, und in den Balken auf 9 bis 10 Zoll Entfernung einge - ſetzt ſind. In dieſen Balk[en]iſt der Baum eingezapft, welcher, wie der Exſtirpa - tor, auf einem Pfluggeſtelle liegt, gehoben oder niedergeſenkt werden kann, um das tiefere oder flachere Eindringen der Schaare zu bewirken. Anfangs hatte Arndt an dieſe Schaare kleine Streichbretter oder Ohre anbringen laſſen, in der Abſicht, den Acker damit wirklich zu pfluͤgen und umzuwenden. Er fand aber nachher dieſen, die Friktion und Laſt ſehr vermehrenden, leicht ſchleppenden undG 252Die Ackerwerkzeuge.das Inſtrument verſtopfenden Zuſatz unnoͤthig, da das eigentliche Pfluͤgen doch nicht damit von ſtatten ging. Dieſes Inſtrument wird beſonders gebraucht, um auf den vorbereiteten Acker die Saat unterzubringen, und leiſtet dieſen Dienſt auf die vorzuͤglichſte Weiſe. Nachdem naͤmlich der Saamen auf den klar geeggeten Boden ausgeſtreuet worden, wird das Inſtrument ſo geſtellt, daß es etwa 2 Zoll einfaßt, und nun der Acker damit uͤberzogen. Es iſt eine ſehr leichte Arbeit fuͤr zwei Pferde und einen Menſchen. Die Saat wird dadurch gleichmaͤßiger, wie durch irgend ein mir bekanntes Inſtrument vertheilt, ſo daß auf einem ſolchen Acker nicht leicht zwei Keime nebeneinander hervorſtechen, ſondern alle in gehoͤriger Diſtanz von einander ſtehen. Auch kommen die Koͤrner, nachdem der Acker mit der Egge wieder leicht uͤberzogen worden, in der gehoͤrigen Tiefe unter, werden mit der Erde, die durch dieſes Inſtrument noch mehr gepulvert worden, ſehr ſchoͤn gemenget, gleichſam durchgemahlen, und liegen weder hohl noch unter undurch - dringlichen Erdkloͤßen; folglich in dem guͤnſtigſten Zuſtande zum Austreiben des Keims und der feinen Wurzeln. Folglich kann durch dieſes Inſtrument immer ſicher der vierte Theil der Saat erſparet werden; ja, wie ich nach der Verſicherung glaubwuͤrdiger Landwirthe weiß, ohne es jedoch ſelbſt verſucht zu haben, denn mein Boden iſt noch nicht rein genug vom Unkraute dazu uͤber die Haͤlfte. Ueberdem beſchleunigt dieſes Inſtrument, welches die Wirkung von vier Pfluͤgen mit minderem Kraftaufwande thut, die Ausſaat ſehr, und man kann daher den guͤnſtigſten Moment zu derſelben waͤhlen.

Bei den Englaͤndern findet man noch eine große Menge von aͤhnlichen Inſtru - menten, die in der Form und in den Nebendingen mannigfaltig verſchieden ſind, aber in der Wirkung und im Weſentlichen mit dem vorgenannten uͤbereinkommen. Um auf zaͤhem Boden mehrere Zerpulverung zu bewirken, auch das Eindringen zu erleichtern, iſt manchmal vor jedem Schaare noch ein Meſſer angebracht, oder es ſtehen Schaare und Meſſer wechſelsweiſe. Kuͤnſtlichere ſind ſo eingerichtet, daß ſie ausgedehnt oder zuſammengezogen, die Schaare naͤher an - oder weiter von einander gebracht werden koͤnnen, in welchem Falle die Inſtrumente gewoͤhnlich die Form eines Triangels haben, und in ihrer Baſis mehr oder minder ausge - dehnt werden koͤnnen. Hierdurch werden ſie aber viel zuſammengeſetzter und zerbrechlicher.

53Die Ackerwerkzeuge.

Man muß unter dieſen Inſtrumenten mit gehoͤriger Ueberlegung diejenigen auswaͤhlen, welche dem Boden, dem Zwecke und den Wirthſchaftsverhaͤltniſſen am angemeſſenſten ſind. Hat man dieſe getroffen, ſo waͤre es eine jaͤmmerliche Sparſamkeit, ſich der Koſten wegen die großen Vortheile derſelben zu entziehen. Sie bezahlen ſich unter jener Bedingung in einem Jahre oder in einer Beſtellungs - zeit oft zwei - und mehrfach, wie z. B. jener Saatpflug bloß durch die Erſparung der Einſaat. Kaum ſollte man es glauben, daß unter Landwirthen noch haͤufig ein ſo kleinlicher und thoͤrichter Geiz obwalte, daß ſie ſelbſt bei Anerkennung der Vortheile dennoch die Koſten an ein ſolches Inſtrument zu wenden ſcheuen; ja, was noch mehr iſt, daß Schriftſteller dieſen Geiz vertheidigen, und gegen eine Vermehrung des Geſchirr-Inventariums warnen. Der niedrigſte Handwerker wird ſich nicht beſinnen, ein zweckmaͤßiges Handwerkszeug anzuſchaffen, wenn er uͤberzeugt iſt, daß dieſes die Arbeit verbeſſert und erleichtert, iſt er anders nur einigermaßen im Stande, die Koſten daran zu wenden. So etwas kann wirklich das erhabene Gewerbe des Landwirths unter das gemeinſte Handwerk erniedrigen.

Von denjenigen Werkzeugen, deren man ſich waͤhrend der Vegetation bei gewiſſen Kulturarten und Gewaͤchſen bedient, und die man ſonſt auch mit unter dem Namen des Kultivators begreift, werde ich an ihrem Orte reden.

Ich werde nun erſt von den uͤbrigen gewoͤhnlichen Ackerwerkzeugen reden, und dann auf die Pflugarbeit zuruͤckkommen.

Die Eggen.

§. 128.

Die Eggen ſind die zweite Art von Inſtrumenten, deren man zur Beſtellung des Ackers unumgaͤnglich bedarf, und ohne welche der Pflug den Zweck ſehr un - vollkommen erfuͤllen wuͤrde.

Die Einrichtung derſelben iſt ebenfalls hoͤchſt mannigfaltig, und muß es zur Erreichung der verſchiedenen Zwecke ſeyn.

Man unterſcheidet hauptſaͤchlich ſchwere Eggen, die mit zwei, vier und ſechs Pferden gezogen werden, und kleine Eggen, deren jedes Pferd eine oder gar wohl zwei zieht.

54Die Ackerwerkzeuge.

Die ſchweren Eggen.Die große Egge beſteht aus ſchweren Balken, mit verhaͤltnißmaͤßig ſtarken und langen eiſernen Zinken, deren jede ein oder mehrere Pfunde wiegt. Dieſe großen Eggen, welche man Botheggen und das Arbeiten damit Bothen nennt, werden hauptſaͤchlich gebraucht, um eine umgebrochene zaͤhe Grasnarbe zu zerreißen, oder auch auf ſehr gebundenem Boden, um die umgeworfenen Pflug - ſtreifen und die großen Kloͤße zu zertruͤmmern. Man hat ſie viereckig oder drei - eckig. In letzterem Falle ſind die Zinken nach dem vorderen Winkel, wo ſie gezo - gen wird, zuweilen kuͤrzer, werden in jedem Balken ſtaͤrker, und im hinterſten am ſtaͤrkſten. Sie ſind zuweilen hinten mit Handhaben oder Sterzen verſehen, um ſie dadurch aus dem Boden herausheben oder tiefer eindruͤcken zu koͤnnen. Die Zinken ſind in dieſen Eggen entweder gerade, oder ſchraͤg nach vorwaͤrts ſtehend, oder gleich einem Gartenmeſſer nach vorwaͤrts gekruͤmmt.

§. 129.

Die leichten Eggen.Die kleinen Eggen haben entweder hoͤlzerne oder eiſerne Zinken, und man findet auch ſolche, wo die eiſernen und hoͤlzernen abwechſeln. Manche haben die Eggen mit hoͤlzernen Zinken durchaus als zu unwirkſam verworfen. Indeſſen giebt es doch Faͤlle, wo man ſich ihrer nuͤtzlich bedient. Nicht bloß im Sandbo - den, weil ſie da allenfalls zureichen, ſondern auch in ſchwerem Boden, der zwar grob zertruͤmmert, aber noch ſehr kloßig iſt. Hier kann das Rundeggen im Trabe mit hoͤlzernen Eggen beſſer verrichtet werden, und es kommt zur Pulve - rung dieſer Kloͤße mehr auf die Schnelligkeit des Stoßes, als auf die Schwere der Egge und das Material der Zinke an. Außerdem aber koͤnnen ſie zum Untereggen der feinen Saat, zum Ueberziehen der hervorſtechenden Saat und zum Ebnen des Ackers, wo man nicht tief eingreifen will, Vorzuͤge vor den eiſernen haben. Daß ſie indeſſen oft nur der Erſparung wegen angewandt werden, wo die tiefer eindrin - genden eiſernen Zinken weit zweckmaͤßiger waͤren, hat keinen Zweifel.

Die eiſernen Zinken ſind auch in den kleinen Eggen von verſchiedener Form, gerade ſtehend, oder gekruͤmmt. Bei den gekruͤmmten kann man die Egge zum tieferen oder flacheren Eingreifen gebrauchen. Spannt man ſie naͤmlich ſo an, daß die Spitze nach vorn ſteht, ſo greifen ſie tief ein und reißen den Boden auf; umgekehrt wirken ſie nur ſchwach, und ſchleifen mehr auf der Oberflaͤche her. Man neunt das erſtere ſcharfziehen, das letztere ſtumpfziehen. Die Zin -55Die Ackerwerkzeuge.ken ſind ſelten rund, mehrentheils eckig, viereckig oder dreieckig. Letztere ſind wegen des ſpitzeren Winkels wirkſamer. Man hat ſie aber auch meſſerfoͤrmig, vorn ſcharf und hinten mit einem breiteren Ruͤcken.

Sie ſind entweder in die Eggenbaͤume eingekeilt, gleichſam wie ein Nagel eingeſchlagen, oder unbeweglich darin vernietet. Im erſtern Falle ſind ſie laͤnger gemacht, und ſtehen uͤber den Eggenbalken hervor. Dies hat den Nutzen, daß man ſie tiefer einſchlagen und verlaͤngern, auch ſchaͤrfen kann, wenn ſie unten ab - geſchliffen ſind. Aber es hat den Nachtheil, daß ſie leicht verloren werden, ent - weder von ſelbſt ausſpringen, wenn ſie mit der Spitze auf einen Stein ſtoßen, oder aber abſichtlich herausgeſchlagen werden. Jeder, der ein Stuͤck Eiſen braucht, etwa zum Vorſtecknagel, holt ſich eine Zinke aus der Egge, ſo daß man oft eine Egge faſt zinkenlos findet, wenn man ſie gebrauchen will. Die feſt ſitzen - den Zinken ſind mit einem Rande auf den Pflugbalken aufgenagelt. Seltener und nur bei den meſſerfoͤrmigen Zinken werden ſie an ihrem Stiele mittelſt einer Schraubenmutter aufgeſchroben, um ſie abnehmen und ſchaͤrfen zu koͤnnen.

§. 130.

Im Allgemeinen koͤmmt es bei dem Bau der Egge, der großen wie der klei -Erforderniſſe einer guten Egge. nen, auf folgende Punkte an:

Erſtlich, daß die Zinken entfernt genug von einander ſtehen, damit ſich die Zwiſchenraͤume nicht ſo leicht vollſetzen, und der Boden ſich nicht dazwiſchen zu - ſammenballen koͤnne.

Zweitens, daß die Zinken ſo ſtehen, daß die Zuͤge derſelben in gleicher Ent - fernung von einander kommen.

Drittens, daß jede Zinke einen beſondern Zug mache, und nicht der Zug der einen mit dem Zuge der andern zuſammentreffe.

Viertens, daß die Zinken dennoch in moͤglichſt gleicher Entfernung in dem Balken von einander ſtehen, indem ſie zu dicht neben einander den Balken an der Stelle ſchwaͤchen wuͤrden.

Das dritte Erforderniß findet man bei den meiſten Eggen nicht beobachtet. Die Zinken ſind mehrentheils nach der Form des ſogenannten Quinkunx in die Eg - genbalken eingeſetzt, ſo daß der Zug des erſten Balkens mit dem des dritten und der des zweiten mit dem des vierten zuſammentrifft. Ein Theil der Zuͤge iſt alſo56Die Ackerwerkzeuge.unnuͤtz; denn die Erdkloͤße, welche der Zug des erſten Balkens getroffen hat, ſind entweder zermalmet oder an die Seite geſtoßen, und werden nun nicht wieder ge - troffen. Es kann aber ſogar Nachtheile haben, wenn mehrere Zinken in einem Zuge zuſammentreffen und eine zu tiefe Rille machen, z. B. bei feiner Saat, die dadurch zu tief in den Boden eingepreßt wird.

Der Fehler kann zwar dadurch etwas verbeſſert werden, daß man die Egge nicht in der Mitte des Balken, ſondern mehr nach der einen Seite hin anſpannet, ſo daß ſie mit dem Zuge nicht im rechten Winkel, ſondern ſchraͤg gehe. Hierdurch bekommen die Zuͤge eine andere Richtung, und treffen weniger zuſammen. Es werden dann aber die Seiten des Zuges, uͤber welche nur eine Ecke der Egge her - geht, nicht genugſam getroffen, und man muß mit dem folgenden Zuge uͤber die Ecken wieder hergreifen, welches aber die Arbeit vermehrt, und ſoviel mehrere Zuͤge erfordert. Bei dem wirkſamen Rundeggen kommt dieſes zwar nicht ſo ſehr in Betracht, indem da immer eine Stelle mehrere Male getroffen wird; wo man ſich aber mit langziehen begnuͤgt, da iſt es von Wichtigkeit, die Stellung der Zin - ken in den Eggen ſo zu treffen, daß eine jede ihren eigenen Zug mache, und daß hinter der Egge alle Zuͤge dicht neben einander gleichmaͤßig auslaufen, jedoch ohne die Zinken in einem Balken zu ſehr zu haͤufen.

§. 131.

Konſtruktion der Eggen.Man hat aber Eggen, die abſichtlich ſo eingerichtet ſind, daß ſie nicht an einer Seite, ſondern an der Spitze angeſpannt werden. Dieſe Eggen, insbeſon - dere wenn ſie nach vorwaͤrts gebogene Zinken haben, bewegen ſich ſchlaͤngelnd und huͤpfend, und thun dadurch groͤßere Wirkung auf die Pulverung des Bodens. Man nennt ſie der ſchlaͤngelnden Bewegung halber Schlangeneggen. Der Buͤgel, wo ſie angeſpannt werden, iſt beweglich angebracht, damit dieſe ſchlaͤn - gelnde und huͤpfende Bewegung befoͤrdert werde. Es verſteht ſich aber, daß der Zug der folgenden in den Zug der vorgehenden uͤbergreifen muͤſſe. Wenn dieſe Eggen klein, aber ſchwer und mit ſtarken Zinken verſehen ſind, ſo thun ſie, beſon - ders im Trabe, ungemein große Wirkung auf ſchwerem Boden.

Die Eggen bilden gewoͤhnlich ein gleichſeitiges oder ein ungleichſeitiges Vier - eck, und werden dann entweder mit der laͤngern Seite oder mit der breitern vor - waͤrts gezogen. Sie haben manchmal in der Laͤnge fuͤnf Balken, in der Breitenur57Die Ackerwerkzeuge.nur drei oder vier, und wirken, je nachdem man ſie in der Laͤnge oder Breite an - ſpannt, im erſteren Falle mit fuͤnf, im andern mit drei Zinken. Doch hat man auch dreieckige Eggen, die an einem Winkel angeſpannt werden.

§. 132.

Wo man gewoͤlbte Beete hat, und dieſe nur in der Laͤnge uͤberzieht,Gebrochene Eggen. wuͤrde eine groͤßere ſteife Egge den Boden nicht allenthalben faſſen. Man macht alſo die Egge getrennt, und verbindet ſie in der Mitte mit Ringen, mit einer Art von Charniere oder kleinen Kette wieder zuſammen, damit ſie ſich auf ſolchen ge - woͤlbten Beeten nach den Seiten biege. Wo die Beete immer von gleicher Breite gemacht werden, da haͤngt man zwei, drei oder vier Eggenſtuͤcke auf die Weiſe an einander, ſo daß man mit einem Zuge das ganze Beet uͤberziehe und faſſe. Sie werden dann durch einen in der Mitte angebrachten gemeinſchaftlichen Schwengel gezogen, ſo daß die Pferde auf der Mitte des Beetes hergehen; oder aber, was auf feuchtem Boden ſehr zweckmaͤßig iſt, es wird ein Pferd an jeder Seite eines Bau - mes geſpannt, welcher von der Breite iſt, daß er gerade uͤber das Beet herreicht, und daß die Pferde in den beiden Beetfurchen gehen koͤnnen. An dem Baume werden dann die unter einander befeſtigten Eggen mit Ketten angehangen und ſo fortgezogen. Sind die Beete gegen die Furchen ſehr hoch, ſo daß der Baum auf dem Ruͤcken des Beetes herſchleifen wuͤrde, ſo hat man ſtatt deſſelben ein Vorge - ſtell mit Raͤdern, welche in den Furchen gehen und ſo hoch ſind, daß ſie den Baum uͤber das Beet erheben. Dieſe Einrichtung iſt zwar ſehr zuſammengeſetzt, hat aber auf naſſem Boden, insbeſondere bei dem Saateggen, den großen Vor - theil, daß das Zugvieh ihn nicht ein - und feſttritt; indem ſonſt der Saamen, wel - cher durch einen Pferdetritt in ſolchem Boden eingetreten iſt, ſelten zum Kei - men kommt.

§. 133.

Wenn die Egge durch die Zuglinie unmittelbar an das Pferd angeſpannt iſt,Anſpannungs - buͤgel. ſo muß dieſe ſehr lang gemacht werden, um keine zu ſchnell aufſteigende Richtung zu bekommen; indem ſonſt die Egge vorn in die Hoͤhe gezogen wird und nicht ein - greift. Weil aber dieſe langen Straͤnge manche Beſchwerlichkeiten haben, ſo hat man verſchiedene Vorkehrungen getroffen, einen beweglichen zwei Fuß langenDritter Theil. H58Die Ackerwerkzeuge.Haaken an die Egge befeſtiget, oder, was am wirkſamſten ſcheint, einen eiſernen Buͤgel von folgender Geſtalt.

[figure]

Soll die Egge nur flach eingreifen, ſo wird der Zug in den untern Haaken, ſoll ſie tief eingreifen, in den oberſten gehangen. Dieſer Buͤgel hat ungefaͤhr vorn die Laͤnge von Fuß, und iſt auf dem Eggenbalken feſtgenagelt.

§. 134.

Beſpannung der Eggen.Wo mit vielen Pferden geegget wird, pflegen gewoͤhnlich die Pferde in ſchraͤ - ger Richtung und ſo angeſpannt zu ſeyn, daß man nur das erſte zu fuͤhren braucht, die andern aber dieſem folgen muͤſſen. Man befeſtigt naͤmlich den Zuͤgel des zwei - ten entweder am Schwengel des erſten Pferdes oder an deſſen Egge, das dritte Pferd an der des zweiten u. ſ. w. Hierdurch werden die Pferde in ihrer Richtung erhalten, indem ſie nach der einen Seite wegen des Zuͤgels, nach der andern Seite wegen der neben ihnen gehenden Eggen nicht ausweichen koͤnnen. Sie ſcheuen ſich vor dieſer neben ihnen gehenden Egge natuͤrlich ſo ſehr, daß man nicht zu be - ſorgen hat, daß ſie eintreten werden, wenn ſie ſolche anders ſehen koͤnnen. Des - halb darf man ihnen aber beim Eggen durchaus kein Hauptgeſchirr mit Scheuklap - pen auflegen, oder muß wenigſtens die Scheuklappe auf der Eggenſeite zuruͤckbie - gen. Blinde Pferde zum Eggen dieſer Art zu gebrauchen, iſt ſehr gefaͤhrlich; es ſey denn, daß ſie an dieſen Gang lange, und eher ſie blind wurden, ge - woͤhnt waren.

§. 135.

Eggen - ſchleifen.Zu den Eggen gehoͤrt immer ein Schlitten oder Schleife, womit ſie auf das Feld gefahren werden; es ſey denn, daß ein trockener guter Weg dahin ginge, in welchem Falle es zuweilen nuͤtzlich iſt, die Eggen darin herzuziehn, um ihn zu eb - nen. Solche Schleifen werden auch zu dem Hinfuͤhren der raͤderloſen Pfluͤge ge - braucht, und ſind wenigſtens ſehr anzurathen.

59Die Ackerwerkzeuge.

Da die Erhaltung der Eggen einen betraͤchtlichen Artikel unter den Wirth - ſchaftsausgaben ausmacht, und darauf doch bei der Ackerbeſtellung ſo viel an - kommt: ſo hat man auf die Schonung der Eggen alle Sorgfalt zu verwenden. Sie muͤſſen, ſobald man ſie nicht mehr braucht, unter Dach gebracht, auf dem Felde und Hofe aber nie niedergelegt, ſondern immer gegen einander aufrecht geſtellt werden.

§. 136.

Zuweilen werden die Eggen mit Reiswerk, und zwar, wenn ſie recht wirk -Strauch - Eggen ſam ſeyn ſollen, mit Dornengeſtraͤuch durchflochten; oder man hat auch wohl bloße Eggengeſtelle ohne Zinken, die bloß hierzu beſtimmt ſind. Solche Strauch - eggen ſind, wenn ſie bloß auf die Oberflaͤche wirken ſollen, ſehr wirkſam, zerpul - vern die aufliegenden Kloͤße voͤllig, und machen eine ſehr ebene Flaͤche. Man be - dient ſich ihrer auch zum Unterbringen feiner Saͤmereien, z. B. des Klees. Sie muͤſſen dann aber von ſteiferen Reiſern, am beſten von Dornen, und nicht zu dicht geflochten ſeyn, weil ſie ſonſt ſchleppen oder den Saamen fortſchleifen.

Auch werden die aus Reiſern geflochtenen ſogenannten Korb-Eggen von de - nen, die ſie im Gebrauche kennen, ſehr geruͤhmt.

§. 137.

Die gehoͤrige Anwendung der Eggen iſt fuͤr den Ackerbau von ungemeinerAnwendung der Eggen. Wichtigkeit, und wenn ſie mangelhaft iſt, ſo wird der Zweck durch die beſte Pflug - arbeit nicht erreicht. Nur durch den Gebrauch der Kultivators wird der Gebrauch der Eggen betraͤchtlich erſpart. Ueber die richtige Anwendung der Egge in beſon - dern Faͤllen werden wir in der Folge reden; hier nur uͤber dieſelbe im Allgemeinen, um uns darauf beziehen zu koͤnnen.

Man unterſcheidet folgende Arten des Eggens:

1) In die Laͤnge (lang ziehen), in gleicher Direktion mit der letzten Pflugfurche.

2) Ins Kreuz oder ſchraͤg gegen den Pflugſtreifen (quer oder ſchraͤg ziehen).

3) Man ziehet ſchlangenfoͤrmig von einer Seite eines Beetes zur an - dern, und ſo, daß ſich die Zuͤge in der Geſtalt einer 8 durchkreuzen.

H 260Die Ackerwerkzeuge.

4) Man egget rund und in einer Volte. Da dieſes ſehr wirkſame Rund - eggen in manchen Gegenden gar nicht bekannt iſt, ſo muß ich es hier ausfuͤhrli - cher beſchreiben. Es findet indeſſen nur auf breiten Beeten oder Gewenden, oder wo man uͤberhaupt alle Beet-Unterſcheidungen vermeidet, ſtatt. Die Pferde, gewoͤhnlich vier zuweilen auch ſechs, werden nach der obenerwaͤhnten Art eins an des andern Schwengel oder Egge befeſtiget. Der Fuͤhrer nimmt dann das vor - derſte mehrentheils links ſtehende Pferd an die Leine, und laͤßt es eine Volte um ſich herum machen, da dann die andern in einer immer groͤßern Volte folgen muͤſ - ſen. So wie ein Kreis beinahe vollendet iſt, tritt er um einige Schritte auf dem Felde weiter herunter, und laͤßt nun ſo die zweite Volte machen, und ſofort die ganze Breite, welche die Eggen beſtreichen, hinunter. Man ſiehet leicht ein, daß das aͤußerſte Pferd es hierbei am ſchwerſten habe, und es werden deshalb die ſchwaͤchſten und kleinſten Pferde nach innen, die ſtaͤrkſten und groͤßten nach außen geſpannt. Oder aber, wenn ſie ziemlich gleich ſind, werden ſie gewechſelt. Das aͤußere Pferd muß mehrentheils ſchon in einem ziemlichen Trabe gehen, wenn das innere nur einen langſamen Schritt macht. Wenn ein zaͤher Boden zerkruͤmelt werden ſoll, und die aͤußeren Pferde deshalb beſtaͤndig im Trabe erhalten werden, ſo iſt es eine der angreifendſten Arbeiten fuͤr die Pferde, und kann nur durch gute kraftvolle Thiere ausgefuͤhrt werden. Auch iſt es gewiß, daß dieſes Eggen viele Zeit wegnimmt, indem jede Stelle des Ackers mehrere Male beruͤhrt wird. Aber es thut auch eine Wirkung, die man auf keine andere Weiſe erreichen kann. Das ſchnelle Eggen dieſer Art geſchieht gewoͤhnlich nur mit Eggen, die hoͤlzerne Zin - ken haben, indem die Pferde es mit eiſernen Zinken gar nicht aushalten wuͤrden. Nachdem der Acker ſo uͤberegget worden, wird dann lang gezogen, und auch die - ſes geſchiehet im vollen Trabe, indem ſich der Fuͤhrer auf das vordere Pferd ſetzt, und ſchnell herunterreitet. Am beſten wird dieſes Eggen in Meklenburg voll - fuͤhrt, und man richtet daſelbſt auf nichts eine ſo große Aufmerkſamkeit, wie auf dieſer Operation.

§. 138.

Wahrneh - mung der Witterung.Zum Eggen jeder Art muß noch mehr wie zum Pfluͤgen eine guͤnſtige Witte - rung und ein gehoͤriger Feuchtigkeitsgrad des Bodens wahrgenommen werden. Bei zu vieler Feuchtigkeit kann es oft mehr Nachtheil als Vortheil bringen, und61Die Ackerwerkzeuge.den Boden um ſo mehr binden und ballen. Eben ſo ſehr hat man ſich aber auch zu huͤten, daß man einen zaͤhen Boden nicht zu ſtark austrocknen und verhaͤrten laſſe, eher man mit der Egge darauf koͤmmt, indem er alsdann gar nicht zu zwin - gen iſt. Wenn daher eine guͤnſtige Zeit und Witterung fuͤr das Eggen eintritt, ſo muͤſſen dieſer Arbeit durchaus alle anderen nachſtehen, und man muß daher in ſeinem woͤchentlichen oder monatlichen Arbeitsanſchlage unter die Geſpannarbeiten das Eggen immer oben anſetzen.

Die Walze.

§. 139.

Die Walze gehoͤrt ebenfalls zu den hoͤchſt nuͤtzlichen, und bei dem vollkomm - nern Ackerbau auf jedem Boden unentbehrlichen Inſtrumenten. Wir werden erſt von ihren verſchiedenen Zwecken, und dann von ihrer Form reden, weil ſich dieſe nach jenem billig richten muß.

Der erſte Zweck iſt: die von der Egge unzermalmt gebliebenen Erdkloͤße zuZwecke des Walzens. zertruͤmmern, oder doch ſo in den Erdboden hineinzudruͤcken, daß ſie durch ein nochmaliges Eggen, indem ſie nun nicht ausweichen koͤnnen, nothwendig zerklei - nert werden muͤſſen. Deshalb wird in Gegenden von zaͤhem Boden und hoͤherer Ackerkultur, ſelbſt nach Vorbereitungsfurchen, erſt geegget, dann gewalzt und wieder geegget. Man wuͤrde einen Boden ſehr unvollkommen bearbeitet glauben, wenn man dieſes verabſaͤumt haͤtte.

Die zweite Abſicht iſt: dem loſern Boden dadurch eine Zuſammendruͤckung und Bindung zu geben. In dieſer findet man die Walze weit ſeltener benutzt, obwohl ſie dazu ebenfalls hoͤchſt zweckmaͤßig und vortheilhaft iſt, und die zu große Locker - heit, welche ſolcher Boden durch das mehrmalige Pfluͤgen erhaͤlt, ſehr verbeſſert, insbeſondere aber auch die Feuchtigkeit darin erhalten kann. Am haͤufigſten wird ſie zu dieſem Zwecke auf dem loſen ſchwammigen Niederungsboden gebraucht, wo ſie faſt unentbehrlich iſt.

Der dritte Zweck iſt: der Saat dadurch eine beſſere Lage und Verbindung mit dem Boden zugeben. Zuweilen iſt es vortheilhaft, zu feinem Saamen den Boden vor der Ausſaat zu walzen und vollkommen zu ebnen, damit ſich der Saamen ganz62Die Ackerwerkzeuge.gleichmaͤßig vertheile, und nirgends zuſammenfalle. Er ſpringt auf ſolchem voͤl - lig geebneten Boden, wenn er ſich beruͤhrt, von einander, und nicht leicht bleiben zwei Saamenkoͤrner zuſammen. Dann wird er mit der Egge uͤberzogen, und die Reifen der Egge durch ein wiederholtes Walzen zuſammengedruͤckt. Das Walzen iſt aber auch groͤberen Saaten nach dem Eineggen auf nicht gar zu bindendem und nicht feuchtem Boden von großem Nutzen, indem ſie die Erde an ihn andruͤcken, und mit ſelbiger in feſterer Beruͤhrung bringen, wodurch, wie ſchon daraus erhel - let, daß von der Walze unberuͤhrt gebliebene Stellen ſpaͤter hervorſtechen, immer ein ſchnelleres Keimen und Hervorſtechen der Saat bewirkt wird. Wahrſcheinlich wird auch dadurch eine zu ſtarke Einwirkung des Lichts, welches dem keimenden Saamen nachtheilig befunden iſt, verhuͤtet. Ueberdem aber erleichtert ein nach der Saat gewalzter und dadurch voͤllig geebneter Acker die Ernte ſehr, und die Frucht kann mit weit kuͤrzere Stoppel abgemaͤhet werden, welches beſonders bei Erbſen und Wicken bedeutend iſt. Der vierte Gebrauch der Walze iſt: auf einer ſchon gelaufenen Saat beſonders ihre im Winter geloͤſten und von Froſt herausge - hobenen Wurzeln wieder in den Erdboden hineinzudruͤcken, oder doch ſtaͤrker damit in Beruͤhrung zu bringen. Ein an Humus reicher Niederungsboden blaͤht im Fruͤhjahre zuweilen ſo auf, daß die Pflanzenwurzeln hervorgetrieben werden, und wenn dann nicht bald Regen eintritt, iſt die Walze das einzige Huͤlfsmittel zur gu - ten Erhaltung der Saat.

Endlich bedient man ſich auch in beſondern Faͤllen der Walze zur Vertilgung gewiſſer Inſekten auf der Saat, die hauptſaͤchlich des Nachts aus der Erde hervor - kommen, um zu freſſen, weshalb es dann bei Nacht geſchehen muß.

§. 140.

Konſtruktion der Walze.Das Weſentliche bei der Walze iſt der um ſeine eigene Axe mittelſt einer eiſer - nen Nabe umlaufende Baum. Mehrentheils iſt derſelbe rund, von verſchiedenem Durchmeſſer und Laͤnge. Je ſtaͤrker der Durchmeſſer und je weniger lang, deſto wirkſamer und druͤckender iſt das Werkzeug. Eine betraͤchtliche Laͤnge vermehrt den Druck nicht, vermindert ihn vielmehr, indem eine lange Walze von mehreren Punkten des Erdbodens getragen wird. Die gewoͤhnlichſte Laͤnge iſt 6 bis 9 Fuß, und ihr Durchmeſſer weicht ab zwiſchen 1 und 2 Fuß.

63Die Ackerwerkzeuge.

Man hat aber auch ſechs - und achteckige Walzen, welche zur Zermalmung der Kloͤße eine weit groͤßere Wirkung, wie die runden thun, indem ſie mit jeder niederfallenden Seite eine klopfende Wirkung haben. Sie erfordern aber eine betraͤchtlich groͤßere Zugkraft, und deswegen findet man ſie vermuthlich nicht haͤu - fig. Auf zaͤhem Boden halte ich ſie jedoch ſehr vortheilhaft.

Man hat ſie in derſelben Abſicht auch gereift oder kannelirt gemacht, oder aber mit Leiſten beſchlagen. Wenn dieſe indeſſen gebraucht werden, wenn der Boden noch nicht ganz trocken iſt, ſo ſetzen ſie ſich leicht voll Erde, und thun dann um ſo weniger Wirkung.

Das Geſtell der Walze wird auf verſchiedene Weiſe gemacht. Es ſcheint mir keine Art vor der andern einen beſondern Vorzug zu verdienen, und es bedarf alſo wohl keiner Beſchreibung, da jeder eine oder die andere Art kennen wird. Es muß nur ſo gebaut werden, daß der Fuͤhrer ſich darauf ſetzen kann, weil dadurch der Druck vermehrt wird, und die Arbeit, welche den Pferden nicht ſauer wird, dadurch mehrentheils ſchleuniger vorwaͤrts geht. Man vermindert durch dieſe Be - quemlichkeit dem Fuͤhrer das Unangenehme des Staubes, welches er dabei zu er - tragen hat. Man hat auch Walzen ohne Geſtell, und die Spindel laͤuft in einem Ringe um, an welchem ein Haaken befindlich iſt, woran der Zug gehangen wird. Statt die Walze zu wenden, werden die Pferde herumgefuͤhrt, der Haaken her - uͤber gedrehet, und der Zug wieder angehangen. Man verhuͤtet dadurch das Schleppen der Walze bei kurzen Wendungen, aber wenn man nur weitere Wen - dungen nimmt, ſo hat es damit nichts zu bedeuten.

Einige bedienen ſich auch auf dem Acker der ſteinernen Walzen. Es mag zwar allerdings Faͤlle geben, wo eine ſo ſtarke Zuſammenpreſſung der Erde nuͤtzlich ſeyn kann; indeſſen ſcheint es mir, als ob in vielen Faͤllen dieſer Druck wohl zu ſtark ſeyn koͤnnte, und man folglich ihren Gebrauch wenigſtens nicht allgemein machen duͤrfe. Ein rajoltes ſandiges Feld habe ich freilich mit einer ſteinernen Gartenwege - walze mit gutem Erfolg uͤberziehen laſſen; außerdem aber keine Erfahrung daruͤber.

§. 141.

Eine beſondere Art von Walze iſt die Stachelwalze, welche mit eiſernenDie Stachel - walze. Spitzen beſetzt iſt. Ihr Zweck iſt eine weit kraͤftigere Zertheilung der Erdkloͤße, und man findet ſie daher in manchen Wirthſchaften noch vor. In dieſer gewoͤhn -64Die Ackerwerkzeuge.lichen Form kann dieſe Walze aber nicht anders, als bei ſehr trocknem Boden ge - braucht werden, wo man den rechten Zeitpunkt zum Walzen ſchon hat uͤbergehen laſſen. Iſt noch einige Feuchtigkeit in der zaͤhen Erde, ſo ſetzt ſich dieſe ſo ſtark zwiſchen die Stacheln, daß die ganze Walze damit uͤberzogen wird, und nun eine Maſſe von Erde herumwaͤlzt, ohne daß die Stacheln irgend eine Wirkung thun koͤnnen.

Eine beſſere Wirkung thun die, wo eiſerne Kloͤpfer, aber in groͤßerer Ent - fernung in dem Walzenbaume eingeſchlagen ſind, welche diejenigen Kloͤße, die ſie treffen, ſicher zermalmen.

In England hat man auch Walzen zu verſchiedenen Zwecken empfohlen, die mit eiſernen hervorragenden und geſchaͤrften Ringen beſetzt ſind. Man hat ver - ſchiedenes damit erreichen wollen, deſſen ich an andern Orten erwaͤhnen werde, ob - wohl ich mir von ihrer Nutzbarkeit keinen klaren Begriff machen kann.

§. 142.

Gerechte Zeit zum Walzen.Zum Walzen muß die gehoͤrige Witterung und Abtrocknung des Bodens faſt noch genauer, wie beim Eggen wahrgenommen werden. Der Boden darf durch - aus nicht mehr ſo feucht ſeyn, daß er ſich an die Walze anhaͤngt, weil ſonſt auf zaͤhem Boden nur eine nachtheilige Wirkung davon zu erwarten waͤre; ſelbſt auf ſandigem Boden aber eine Borke entſtehen wuͤrde, die niemals gut ſeyn kann, in - dem ſie den Erdboden gegen die Einwirkung der Atmoſphaͤre verſchließt. Eben ſo wenig aber darf man bei zaͤhem Boden ſo lange warten, bis die Kloͤße alle Feuch - tigkeit verloren haben, und ſo verhaͤrtet ſind, daß ſie der Walze durchaus widerſtehen.

Die Arbeit der Beackerung.

§. 143.

Forderungen an eine gute Pflugarbeit.Bei der Arbeit des Pfluͤgens kommt es vor allem darauf an:

1) Daß voͤllig gerade Linien nach der Richtung, die der Pflug nehmen ſoll, hin gezogen werden, damit moͤglichſt wenige Abweichungen davon erfolgen, und alle Pflugſtreifen parallel nebeneinander zu liegen kommen. Geht der Pflug in dieſer Richtung nicht gerade fort, ſo werden die Streifen nicht allenthalben vongleicher65Die Arbeit der Beackerung.gleicher Breite, und die Arbeit wird erſchwert, indem die Laſt bei jeder Abweichung von der Tendenz groͤßer werden muß.

2) Daß der Pflug durchaus in gleicher Tiefe und in einer mit der Oberflaͤche parallelen Linie hergehe, nicht wie bei ſchlechten Pfluͤgen und Pflugfuͤhrern oft der Fall iſt, auf und nieder huͤpfe, und Furchen im Zickzack bilde.

3) Daß er die Erde rein aus den Furchen ausſtreiche, wenig zuruͤckkruͤmeln laſſe, und eine Furche bilde, deren Sohle mit der Landſeite einen rechten, nicht ſpitzen Winkel bildet.

4) Daß der Pflugſtreifen ſo ſtark als noͤthig iſt, naͤmlich etwa in einem Bo - gen von 140 Graden, oder ſo, daß der umgewandte Streifen nun etwa mit der Horizontallinie des Ackers einen Winkel von 40 bis 50 Grad bilde, zu liegen komme. Dieſe Lage iſt in den meiſten Faͤllen die vortheilhafteſte.

5) Daß immer gleich breite Streifen, und zwar in derjenigen Breite, welche man nach der Beſchaffenheit des Bodens und zur Befoͤrderung der Arbeit jedesmal als zweckmaͤßig angegeben hat, genommen werden.

6) Daß auch die vorgeſchriebene Tiefe gehalten werde.

7) Daß die gehoͤrige Breite und Laͤnge der Gewende genommen werde, und daß die Seiten derſelben parallel mit einander laufen, damit bei Beendigung des Gewendes die Keile vermieden werden, welche wegen der vielen Umwendungen die Arbeit ſehr erſchweren.

8) Daß die mehreren Pfluͤge in ihrer Folge und auf den Gewenden ſo ver - theilt werden, daß die Arbeit in der beſten Ordnung und ohne Stoͤrung fort - gehen koͤnne.

§. 144.

Ein Theil jener Forderungen wird nun ſchon durch die gehoͤrige KonſtruktionWie deren Er - fuͤllung zu be - wirken. des Pfluges, woruͤber wir geredet haben, groͤßtentheils erfuͤllt. Jedoch koͤmmt es dabei allerdings auch auf den Pfluͤger an, der wenigſtens nicht ganz ſtumpfſin - nig und ungeuͤbt ſeyn muß. Die Erfuͤllung anderer, z. B. die gerade Linien der Furchen, haͤngt von dem Pfluͤger, und zwar hauptſaͤchlich von dem Vorpfluͤger allein ab. Daher iſt die Auswahl deſſelben keinesweges gleichguͤltig, und ein Vorpfluͤger, der ein richtiges Augenmaaß hat, iſt ſehr ſchaͤtzbar.

Dritter Theil. J66Die Arbeit der Beackerung.

Auf die Erfuͤllung aller Forderungen hat aber der Arbeitsaufſeher zu achten, und insbeſondere die Breite und Tiefe der Furchen zu beſtimmen, die nach dem jedesmaligen Zwecke eines Pfluͤgens gemacht werden ſollen; auch wenn er ſich auf dem Vorpfluͤger darin nicht ganz verlaſſen kann, die Gewende einzurichten. Was uͤbrigens in Anſehung beſonderer Pflugarten zu beobachten, wird die Folge erlaͤutern.

§. 145.

Breite der Streifen.Bei der Beſtimmung der Streiffenbreite iſt auf die Beſchaffenheit des Bo - dens und den Zweck des jedesmaligen Pfluͤgens Ruͤckſicht zu nehmen. Je zaͤher der Boden iſt, um deſto ſchmaler muͤſſen die Streifen ſeyn, weil ſich breite Streif - fen nicht zertrennen und kruͤmeln, beſonders weil die Egge weniger Einwirkung darauf haben kann. Ein loſer ſandiger Boden kann dagegen breite Streifen er - tragen, und geſtattet dennoch eine zureichende Einwirkung der Egge. Je tiefer die Furchen ſind, um deſto ſchmaler muͤſſen ſie ſeyn, theils weil die Laſt dem Pfluge ſonſt zu ſtark werden wuͤrde, theils weil tiefe und breite Streifen nicht uͤberſchla - gen koͤnnen. Bei ganz flachem Pfluͤgen kann man dagegen breitere Streifen neh - men, und wenn man bei denſelben nur die erſte Umwendung der Stoppel oder des Dreeſches bezweckt, und deſſen Vermoderung oder Muͤrbemachung, ſo ſind brei - tere Streifen zureichend, und in gewiſſer Hinſicht vielleicht beſſer.

Es macht aber in der Arbeit einen ſehr betraͤchtlichen Unterſchied, ob die Streifen 2 oder 3 Zoll ſchmaler oder breiter genommen werden, wie im §. 183. des erſten Theils gezeigt worden. Zu demjenigen Pfluͤgen, wobei man eine vollkommene Lockerung eines zaͤhern Bodens beabſichtigt, iſt eine ſechs - bis ſiebenzollige Breite des Streifens am zweckmaͤßigſten. Auf loſem Boden oder in vorgedachter Abſicht kann es zureichend ſeyn, wenn man einen Fuß breit pfluͤgt. Als mittlere Breite kann man 9 Zoll annehmen. Es ſteht alſo der Weg, welcher auf das Umpfluͤgen eines Ackers verwandt werden muß, im umgekehrten Verhaͤltniſſe mit der Breite der Streifen, d. h. er verhaͤlt ſich bei ſiebenzolligen Streifen gegen zwoͤlfzollige wie 12 zu 7; oder wenn bei den ſchmalen Streifen 12 Stunden, bei gleichem Schritte des Zugviehs, zum Umpfluͤgen eines Ackerſtuͤcks erforderlich ſind, ſo kann es bei breiten Furchen in 7 Stunden geſchehen.

67Die Arbeit der Beackerung.

§. 146.

Mit dem Pfluge, der kein herumzuſetzendes Streichbrett, ſondern ein feſt -Entſtehung der Beete. ſtehendes auf der rechten Seite hat, kann durchaus bei jedem Pfluͤgen keine voͤl - lige Ebene erhalten werden, ſondern es muͤſſen Beete oder Gewende entſtehen, die durch vertiefte Furchen abgeſondert, in der Mitte aber um ſo vieles hoͤher ſind, als dieſe Furchen betragen. Nun hat man die Abſicht, dieſe immer von ſelbſt entſtehenden Beete entweder zu erhalten und abſichtlich anzulegen, oder man will einen voͤllig ebenen Acker beibehalten, und das Entſtehen dieſer Abtheilungen moͤglichſt vermeiden. Das erſte heißt: in Beetepfluͤgen; das andere: Eben - pfluͤgen.

§. 147.

Das Eben-Pfluͤgen ſucht man zum Theil dadurch zu erhalten, daß manDas Eben - pfluͤgen. ein zuſammen - oder angepfluͤgtes Gewende das naͤchſte Mal von einander oder abpfluͤgt (ich darf vorausſetzen, daß ein jeder dieſe Ausdruͤcke verſtehe, und einen anſchaulichen Begriff davon habe). Wenn dieſes An - und Abpfluͤgen wechſels - weiſe gleich oft und gleich tief geſchieht, ſo bleibt das Beet oder Gewende ziemlich eben, und wenn ſich Querpfluͤgen und Rundeggen damit verbindet, ſo werden keine merklichen Erhoͤhungen und Vertiefungen auf der Ackerflaͤche entſtehen. In - deſſen iſt es doch zur vollkommenſten Durcharbeitung des Ackers rathſam, nicht immer dieſelben Gewende beizubehalten, ſondern ſie umzulegen und die Furche zwiſchen zwei Gewenden nun zur Mitte eines neuen Gewendes zu machen, indem man naͤmlich die beiden erſten Streifen in der vormaligen Furche zuſammenlegt, und nun die beiden letzten Beetfurchen da macht, wo vorher die Mitte zweier ne - ben einander liegenden Gewende war, indem man dadurch bewirkt, daß dieſe Mitte, auf welcher vorhin die beiden erſten Streifen zuſammengelegt waren, nun vollkommen ausgeackert werde.

Dieſes Eben-Pfluͤgen hat da, wo es betraͤchtliche, einem Beſitzer gehoͤrige Breiten giebt, und wo nicht beſondere Gruͤnde fuͤr ſchmale hohe Beete eintreten, unbezweifelte Vorzuͤge vor jedem Beetackern; und ſeine Vortheile ſind in der Mehrheit der Faͤlle uͤberwiegend, gegen die, welche man den hohen ſchmalen Beeten in einigen Faͤllen nicht abſprechen kann. Die Wirkung der BeetfurchenJ 268Die Arbeit der Beackerung.zur Ableitung des Waſſers, welche man an manchen Orten hauptſaͤchlich mit letz - teren bezweckt, werden in jedem Falle weit beſſer durch die in dem ebenen Acker unmittelbar nach geſchehener Beſtellung anzulegenden Waſſerfurchen erreicht, in - dem man dieſen nun durch das ganze Feld gerade diejenige Richtung geben kann, die zum Ableiten des Waſſers die zweckmaͤßigſte iſt, welches bei den Beetfurchen nicht angeht. Dieſe Waſſerfurchen koͤnnen da, wo es noͤthig iſt, in Menge und dicht neben einander angelegt, wo ſie aber unnoͤthig ſind, weggelaſſen werden. Der ebene Acker erhaͤlt die Vertheilung ſeiner fruchtbaren Erde gleichmaͤßig uͤber ſeine ganze Flaͤche, wogegen dieſe Erde bei den Beetackern Stellenweiſe zuſam - mengehaͤuft und andern Stellen wieder entzogen wird. Die Ackerkrume bleibt allenthalben in gleicher Tiefe. So erhaͤlt man auch eine weit gleichmaͤßigere Ver - theilung des Duͤngers, der ſich nicht in den Furchen zuſammenhaͤuft. Sein auf - geloͤſter Extraktivſtoff zieht ſich nicht an dem Abhange der Beete herunter, und verfließt in den Furchen. Beſonders aber wird die Saat gleichmaͤßiger vertheilt, und kann mit freieren Wuͤrfen geſchehen. Die Egge wirkt allenthalben gleich - maͤßiger ein, und das wirkſame Rundeggen faͤllt auf dem in Beeten geackerten Boden faſt weg; ſelbſt das Quereggen wird dadurch erſchwert. Deshalb wird auch der ebene Acker von Quecken und Wurzelunkraut ſo viel leichter rein erhalten. Dem Duͤnger -, beſonders aber dem Erntewagen erleichtert die ebene Flaͤche den Weg ſehr. Endlich aber wird dem Maͤher und Sammler bei der Ernte die Sache ſehr erleichtert. Das Getreide liegt flach und haͤngt nicht, wie oft unvermeidlich, in die Furchen herab, deren Naͤſſe ihm ſo nachtheilig wird. Es kann weit leichter zuſammengerechet werden, und die ſogenannte Hungerharke, welche dieſe Arbeit ſehr erleichtert, kann nur auf ebenen Feldern ihre Wirkung thun.

Dieſe Vortheile ſind ſo in die Augen fallend, daß man nur unter ganz beſon - dern Ausnahmen, wovon wir in der Folge reden werden, ein ebenes Feld in Beete verwandeln wird.

Die auf einem ſolchen Acker allenthalben gleich vertheilte Fruchtbarkeit giebt den Fruͤchten einen gleichmaͤßigen Stand und Anſehen, und man hat nicht den widrigen Anblick auf der Mitte breiter, hoher Beete, zuweilen bis zum Lagern geiles, an den Seiten und in den Furchen verkuͤmmertes Getreide, oder vielmehr nur Trespen zu ſehen.

69Die Arbeit der Beackerung.

§. 148.

Die Beete, worin man den Acker gelegt findet, ſind hauptſaͤchlichVerſchiedene Arten der Beete. dreierlei Art:

1) Die breiten Beete von 16, 20, 30 und mehreren Streifen.

2) Die ſchmalen, aber wenig erhoͤheten und mit keinen tiefen Fur - chen verſehenen Beete von 6, 8 bis 12 Streifen.

3) Die ſchmalen, hochaufgetriebenen und in den Furchen tief aus - geackerten Beete von 4, 6 bis 8 Streifen.

Dieſe verſchiedenen Arten muß man wohl unterſcheiden, wenn man das, was zum Vortheil oder Nachtheil der Beete uͤberhaupt und der einen oder andern Art geſagt wird, richtig verſtehen will. Man findet freilich auch Mitteldinger, von denen man nicht weiß, zu welcher Gattung man ſie rechnen ſoll, aber faſt im - mer nur bei der ſchlechteſten Kultur, wo man uͤberhaupt bemerkt, daß die Men - ſchen nicht wiſſen, was ſie thun.

§. 149.

Die breiten, in der Mitte erhoͤheten Beete find zum Theil wohl durch Zu -Breite Beete. fall, d. h. ohne Abſicht, entſtanden, insbeſondere auf Feldfluren, wo das Eigen - thum nach einzelnen langen Stuͤcken vertheilt war. Indem man daſelbſt in der Regel zweimal anpfluͤgte, wenn man einmal abpfluͤgte, mußte nothwendig eine Zuſammenhaͤufung der Ackererde nach der Mitte oder dem Ruͤcken eines Stuͤcks hin geſchehen. Wo, wie an manchen Orten, keine Raine zwiſchen den Feldern vorhanden waren, oder man dieſe, wo der Grund und Boden ſchaͤtzbarer ward, abgepfluͤgt hatte, vermied ein jeder das Auseinanderpfluͤgen um ſo mehr, damit ihn der Nachbar die zugepfluͤgte Erde der Furche beim Anpfluͤgen nicht weghole. Hierdurch ſind dann zuweilen Beete bei betraͤchtlicher Breite entſtanden, die in der Mitte ſo hoch ſind und in den Furchen ſo abfallen, daß zwei Menſchen, die in den zwei Furchen eines Ackerſtuͤcks ſtehen, ſich einander nicht ſehen koͤnnen. Man findet ſolche Beete nicht bloß auf Feldern, die mehr von der Naͤſſe wie von der Duͤrre zu beſorgen haben, ſondern ſogar auf trockenem Sandboden. Auf feuch - tem Boden fuͤhrt man zu ihrer Vertheidigung an, daß man ſich dadurch doch einen Theil der Ernte ſichere und auf dem Ruͤcken der Beete gutes Getreide erhalte, wenn gleich das an den Seiten ſtehende auswittere und von geringer Bedeutung70Die Arbeit der Beackerung.ſey. Ohne die hohen Beete, glaubt man, wuͤrde man gar nichts haben. In den meiſten Faͤllen konnte man ſich zwar auf eine andere Weiſe helfen, und die ſchma - len hohen Beete wuͤrden hier immer noch den Vorzug vor den breiten haben. In - deſſen laſſen ſie ſich hier noch entſchuldigen, und wenn ſie nur mit einer gehoͤrigen Rundung angelegt ſind, mit tief genug ausgepfluͤgten Furchen, ſo haben ſie das fuͤr ſich, daß man ſich bei gemengten Feldern nicht anders helfen konnte. Man findet ſie aber auch in trockenen und ſelbſt in duͤrren Gegenden nicht ſelten, und hier laͤßt ſich nicht der geringſte Vortheil davon einſehen, vielmehr muͤſſen ſie in jeder Hinſicht nachtheilig werden. Sie ſind hier entweder unwillkuͤhrlich ent - ſtanden, indem man oͤfter zuſammen als von einander pfluͤgte; oder aber aus un - uͤberlegte Nachahmungsſucht, indem mir ein Beiſpiel bekannt iſt, wo man den hoͤheren Ertrag, den ein benachbarter lehmiger Boden, in ſolche Beete aufge - pfluͤgt, gab, dieſer Beackerungsmethode zuſchrieb, und ihn dadurch auf loſem Sandboden gleichfalls zu erreichen waͤhnte.

§. 150.

Nachtheile der hoch auf - gepfluͤgten breiten Beete.Der mannigfaltige Nachtheil der hoch aufgepfluͤgten breiten Beete beſteht in folgendem:

1) Die beſſere, befruchtete Ackererde iſt in ihrer Mitte zuſammengehaͤuft und allmaͤhlig vergraben worden, wogegen unfruchtbare Erde immer tiefer aus dem Grunde der Furchen herauf und an die Seite der Beete gebracht wird.

2) Wenn man die Ruͤcken derſelben gegen Feuchtigkeit geſchuͤtzt hat, ſo ſind ihr die Seiten um ſo mehr ausgeſetzt. Das Waſſer wird uͤberdem haͤufig zwiſchen dieſen Beeten eingeſperrt, indem man ein ebenfalls aufgepfluͤgtes Vorgewende macht, wodurch das Waſſer, wenn auch Abzug da waͤre, voͤllig eingeſperrt wird.

3) Bei ſehr anhaltendem Regen ſtaut das Waſſer oft bis zum Ruͤcken der Beete hinauf, wenn gleich die Furchen einigen Abzug haben; denn, indem man die lockere Erde in der Mitte des Beets zuſammengepfluͤgt hat, holte man aus dem Untergrunde zaͤhen Ton herauf, und legte ſolchen an die Seiten des Beets. Hier - durch iſt nun dem Waſſer, welches ſich in der mittlern poroͤſen Erde angehaͤuft hat, aller Abzug verſperrt, indem es weder in den undurchlaſſenden Untergrund ſich verſenken, noch durch die mit Thon belegten Seiten abziehen kann. Dies ſind ihre Nachtheile bei feuchter Witterung.

71Die Arbeit der Beackerung.

4) Bei trockener Witterung dagegen, wo die Wirkung eines jeden einfal - lenden Regenſchauers fuͤr die Saat ſo wichtig iſt, erhaͤlt ein hohes, an den Sei - ten abhaͤngiges Beet wenig Nutzen davon, indem das Waſſer von der trockenen, borkigen Oberflaͤche gleich zur Seite ablaͤuft, ſo daß man nach einem ſolchen Re - genſchauer die Furchen zuweilen voll Waſſer, den Ruͤcken aber eben ſo trocken, wie vor dem Regen antrifft.

5) Sie verhindern eine gleichmaͤßige Einwirkung der Sonne. Wenn ſie insbeſondere in der Richtung von Oſten nach Weſten gelegt ſind, ſo iſt der Unter - ſchied zwiſchen der ſuͤdlichen und noͤrdlichen Seite des Beets hoͤchſt auffallend, in - dem das Getreide auf der letztern Seite weit ſchlechter ſteht, und weit mehr zuruͤck iſt, als auf der erſtern. Das Zuruͤckbleiben iſt manchmal ſo groß, daß man ſich genoͤthigt ſieht, die ſuͤdliche Seite abzuernten, weil hier alles voͤllig reif iſt, wo - gegen es ſich an der noͤrdlichen noch im unreifen Zuſtande befindet.

6) Wenn die hohen Ruͤcken bei kalten Wintern durch den Wind vom Schnee entbloͤßt werden, oder wenn er in der kritiſchen Fruͤhjahrsperiode durch die Sonne bei Tage geſchmolzen wird, und das in den Furchen ſtehende Waſſer heraufſtauet und des Nachts gefriert, ſo werden die Pflanzen auf dem Ruͤcken aus der Erde ge - hoben und voͤllig zerſtoͤrt, ſo daß nun gerade der Theil des Ackers, von dem man ſich am meiſten verſprechen durfte, gar keine Pflanzen behaͤlt.

7) Bei einer ſehr guͤnſtigen Witterung wird von der in der Mitte angehaͤuf - ten Fruchtbarkeit das Getreide daſelbſt oft ſo geil, daß es ſich lagert, wogegen es an den Seiten verkuͤmmert und nur Schmachthalme hat.

8) Die Beackerung wird dadurch ſehr erſchwert, und man kann den guͤnſtig - ſten Zeitpunkt in Ruͤckſicht der Feuchtigkeit nicht wahrnehmen. Der Ruͤcken iſt oft ſchon zu trocken und erhaͤrtet, wenn die abhaͤngigen Seiten noch ſo an Feuchtig - keit leiden, daß ſie den Auftritt der Pferde nicht zulaſſen. Thaͤtige Wirthe pfle - gen daher haͤufig die Mitte ſolcher Beete zu pfluͤgen, und die Seiten bis zu einer trockenen Zeit liegen zu laſſen. Wie ſehr dies aber die Beſtellung erſchweren und eine vollſtaͤndige Bearbeitung des Bodens verhindern muͤſſe, erhellt von ſelbſt.

9) Das ſo wirkſame Querpfluͤgen iſt bei ſolchen Beeten ganz ausgeſchloſſen. Eben ſo ſehr iſt ein wirkſames Eggen erſchwert. Auch iſt eine gleichmaͤßige Ver -72Die Arbeit der Beackerung.theilung der Saat ſehr ſchwierig und muͤhſam, und ſo iſt es auch die Ernte auf mancherlei Weiſe.

10) Der angebliche Vortheil, daß man dadurch die Oberflaͤche des Bodens vermehre, wird dadurch bei weitem uͤberwogen, daß nun ein großer Theil des Raums verloren gehe und gar nichts trage.

§. 151.

Schwierigkeit bei der Able - gung der hohen breiten Beete.Bei dieſen augenſcheinlichen Nachtheilen wuͤrde man laͤngſt alle hohen Beete dieſer Art bei einiger Ueberlegung abgeſchafft haben, wo naͤmlich hinlaͤngliche Breiten einem Eigenthuͤmer gehoͤren. Aber ſelbſt aufmerkſame Ackerbauer fuͤrch - ten den Verluſt, den man auf dem beſten Theile des Ackers, auf dem Mittelruͤcken erleidet, wenn man ſich mit dem Abpfluͤgen derſelben uͤbereilt.

Wenn das Aufpfluͤgen dieſer Beete von unverſtaͤndigen Landwirthen erſt ſeit kurzem geſchehen iſt, ſo kann man dreiſt damit verfahren, und ich ſelbſt habe Beiſpiele, wo es ohne allen Nachtheil geſchah, und unmittelbar eine ungleich groͤ - ßere Ernte darnach erfolgte. Wenn das Uebel aber ſchon veraltet iſt, und die in der Mitte zuſammengepfluͤgte urſpruͤnglich fruchtbare Erde die Einwirkung der Atmoſphaͤre vielleicht ſeit Jahrhunderten entzogen worden, und ſie auf der Sohle der Furche durch den Pferdetritt und den Druck des Pfluges zuſammengepreßt iſt, ſo iſt ſie ſelbſt beim hinlaͤnglichen Gehalte von Humus oder Kohlenſtoff dennoch der Vegetation vorerſt unguͤnſtig, und muß erſt durch laͤngere atmoſphaͤriſche Ein - wirkung allmaͤhlig gleichſam wieder belebet werden. Bringt man eine große Maſſe auf einmal an die Luft, ſo ſcheinen die atmoſphaͤriſchen Stoffe nicht zuzu - reichen, um ſelbige zu ſaͤttigen und mit ihrer Einwirkung zu beſchwaͤngern. Die in die Furchen hinabgepfluͤgte fruchtbare Erde wird dagegen leicht zu tief vergraben, erſetzt wenigſtens den Ruͤckſchlag nicht vollkommen, den man auf der Stelle des vormaligen Ruͤckens erleidet.

Daher darf das Abpfluͤgen, ſo wie jede Vertiefung des Bodens, nur all - maͤhlig geſchehen, insbeſondere wenn man nicht vollkommen reine Brache dabei halten will. Wie man damit innerhalb drei Jahren bei der gewoͤhnlichen Dreifel - derrotation zu Stande komme, hat ein erfahrener Landwirth in den Annalen der Niederſaͤchſiſchen Landwirthſchaft, 3tem Jahrgange, gezeigt, und die Methode,deren73Die Arbeit der Beackerung.deren er ſich ſelbſt mit dem beſten Erfolge bedient hatte, ausfuͤhrlich beſchrieben. Folgende Figur wird ſie erlaͤutern.

In dieſer Figur bedeutet das Zuſammen -, das Auseinanderpfluͤgen.

Im Brachjahre.

1) Erſte Fahre; alle Beeten werden auseinander gepfluͤgt.

2) Zweite Fahre; die beiden Beete A. und B. werden miteinander zuſammen gepfluͤgt, und eben ſo D. und E. C. und F. werden nochmals ausein - ander gepfluͤgt, ſchließen ſich alſo an jene an, und es bleibt eine Furche in der Mitte.

3) Dritte Fahre; man faͤngt bei C. und F. an, und pfluͤgt dieſe zuſammen. Das zuſammengepfluͤgte Beet A. B. und D. E. wird aber wieder aus - einander gepfluͤgt.

4) Vierte Fahre; C. und F. auseinander, A. mit B. D. mit E. aber zuſammen. Vor der Saat werden die beiden Beete C. und F. in der Mitte etwas mit ein Paar Pflugſtreifen zuſammengeſchleppt, und dann nach der Saat die nothwendigen Waſſerfurchen gezogen.

Dritter Theil. K74Die Arbeit der Beackerung.

Soͤmmerungsjahr.

5) Erſte Fahre; im Herbſt wird jedes Beet fuͤr ſich auseinander gepfluͤgt, je - doch ſo, daß die ſaͤmmtlichen Mittelruͤcken nur flach abgeſtreift werden.

6) Zweite Fahre, im Fruͤhjahr, A. und D. werden zuſammengepfluͤgt, B. C. E. F. auseinander.

7) Dritte Fahre, zur Saat, B. wird mit C. und E. mit F. zuſammen, A. und D. aber auseinander gepfluͤgt.

Drittes Jahr, zu Erbſen.

8) A. wird mit B. und D. mit E. zuſammen, C. und F. aber auseinander - gepfluͤgt.

Unter Beihuͤlfe des Quer - und Rundeggens wird der Boden nun eben genug ſeyn, um nach der Aberntung der Erbſen in die Quer pfluͤgen zu koͤnnen, wodurch dann die Ebnung des ganzen Gewendes vollendet, die fruchtbare Erde aber ſo ver - theilt ſeyn wird, daß kein Mißwachs ſo wenig waͤhrend dieſer Operation als nach derſelben zu beſorgen ſteht. In den vormaligen Furchen wird ſich die loſere Erde vielleicht anfangs etwas mehr ſacken, und es werden moldenfoͤrmige Erniedrigun - gen entſtehn, weswegen man bei feuchtem Boden die Ziehung der Waſſerfurchen nicht verabſaͤumen darf. Wuͤrden dieſe Niederungen betraͤchtlich, ſo wird es nicht ſchwer fallen, ſie durch das Zupfluͤgen einiger Erde auszugleichen. Auf dem vor - maligen Mittelruͤcken kann man, wenn er ſich nur irgend auszeichnen ſollte, den Duͤnger etwas mehr konzentriren.

Dieſes Beiſpiel kann uͤbrigens nach der Lage der Felder verſchiedentlich modifizirt werden.

§. 152.

Schmale, we - nig erhoͤhete Beete.Die ſchmalen, aber wenig erhoͤheten Beete, oder vielmehr die ſchmalen Gewende ſind in manchen Gegenden, beſonders jenſeits der Oder, allge - mein uͤblich. Da ſie ſehr wenig uͤber die Furchen erhaben ſind, ſo kann man ihnen auch daſſelbe wie den hohen Beeten nicht zur Laſt legen. Es ſind nur die Furchen unnoͤthiger Weiſe dabei vermehrt, und obwohl dieſe zugleich mit den Beeten be - ſaͤet werden, ſo ſteht doch in ihnen, wegen der abgepfluͤgten fruchtbaren Erde und bei naſſer Witterung wegen der ſich anhaͤufenden Feuchtigkeit, immer ſchlechtes Getreide. Man haͤuft die fruchtbare Erde und den Duͤnger dadurch zwar zuſam -75Die Arbeit der Beackerung.men, und macht das Beet alſo fruchtbarer; aber man verliert auf einem Theile, was man auf dem andern gewinnt.

Zuweilen werden dieſe Beete in ihrer einmal gewaͤhlten Lage beibehalten und wechſelsweiſe auseinander und zuſammengepfluͤgt, wo dann eine gehoͤrige Spal - tung des Mittelſtreifens ſchwierig iſt und oft vernachlaͤßigt wird. Zuweilen, und dies iſt unſtreitig beſſer, werden ſie umgelegt, ſo daß nun die Mitte des Beets hinkommt, wo die Furchen waren, und letztere an die Stelle der Mitte. Man bedient ſich auch dabei oft des Querpfluͤgens, und legt die Beete dann bloß vermit - telſt der Saatfurche an.

Es laſſen ſich nur zwei Vortheile davon einſehen, naͤmlich daß die Krume auf dem Beete etwas vermehrt werde, wo der Boden ſehr flach iſt, und dann, daß man, der Verſicherung nach, auf ſehr kraftreichem Boden das Lagern des Ge - treides durch den Luftzug mehr vermeide.

§. 153.

Von dieſen flachen Beeten muͤſſen wir die ſchmalen hoch aufgepfluͤgtenSchmale, hoch aufge - pfluͤgte Beete. Beete wieder unterſcheiden, welche an einigen Orten auf eine ſehr kuͤnſtliche Weiſe durch die Zuſammenlegung von 4, 6 bis 8 Schnitten ſo hoch aufgepfluͤgt werden, daß ſie gegen die Furche eine Erhoͤhung von 15 bis 18 Zoll haben. Man findet ſelbige in Franken und einigen Gegenden des ſuͤdlichen Deutſchlandes, in verſchie - denen mittaͤgigen Departements von Frankreich, auch in Spanien, zuweilen noch in England, hauptſaͤchlich aber in den Niederlanden, woher wir eine ſehr genaue und ins Detail gehende Beſchreibung derſelben von Schwerz in ſeiner Anlei - tung zur Kenntniß der Belgiſchen Landwirthſchaft haben.

Die Meinungen uͤber den Nutzen und die Nachtheile derſelben, uͤber ihre Beibehaltung und Nachahmung oder Verwerflichkeit ſind ſo ſehr getheilt, daß wir die Gruͤnde und Gegengruͤnde dafuͤr und dawider gegeneinander ſtellen muͤſſen. Denn ſo widerſinnig ſie Manchem ſcheinen, ſo haben ſie doch die Autoritaͤt hoͤchſt induſtrioͤſer Landwirthe und aufmerkſamer Beobachter fuͤr ſich.

Vor allen beſteht ihr Nutzen und der Vortheil, welchen ſie der VegetationVortheile derſelben. gewaͤhren, wohl darin, daß ſie den Pflanzen einen tiefen, durchaus fruchtbaren, muͤrben, von der atmoſphaͤriſchen Einwirkung geſchwaͤngerten Boden, der hierK 276Die Arbeit der Beackerung.jedesmal friſch zuſammengehaͤuft wird, geben, und ihnen alſo verſtatten, mit ihren Wurzeln tief einzudringen, und mittelſt derſelben mehr in der Tiefe als in der Breite ihre Nahrung zu ſuchen.

Die Pflanzen leiden hier, wenn die Beete gut angelegt ſind und die tiefen Furchen ſich des Waſſers entledigen koͤnnen, nie von uͤberfluͤſſiger Naͤſſe, indem dieſe abziehen kann, aber auch nicht leicht von der Duͤrre, weil die hier zuſammen - gepfluͤgte muͤrbe Erde die Feuchtigkeit in der Tiefe lange anhaͤlt. Auf undurch - laſſendem Untergrunde werden die Pflanzen uͤber das ſtauende Waſſer genugſam er - hoben, und ſelbſt, wo die Furchen nicht zureichenden Abzug haben und voll Waſſer ſtehen, ſieht man doch auf den Beeten manchmal die ſchoͤnſten und ge - ſundeſten Fruͤchte. Man verſichert deshalb, daß man auf dieſen Beeten vom Auswintern der Saat hoͤchſt ſelten etwas hoͤre.

Die Einwirkung der Atmoſphaͤre wird hier der Erde auch waͤhrend des Wachs - thums der Pflanzen durch die hohen Kanten beſtaͤndig erhalten, welche in dem lockern Zuſtande ſolche immerfort aufnehmen. Die Sonnenſtrahlen werden von ihnen aufgefangen, und die Einwirkung des Lichts wird nie ganz entzogen.

Auch den Pflanzen ſelbſt geben ſie Luft und Licht vermittelſt der Zwiſchen - raͤume, und befoͤrdern dadurch, wenn das Getreide in Aehren ſteht, das Anſetzen und die Reifung der Koͤrner, bewirken die Austrocknung bei naſſer Witterung durch den Luftzug, und verhuͤten ſomit das Lagern des ſtarken Getreides bei anhalten - dem Regen. Sie geſtatten die Saaten zu jaͤten und zu behacken, und ſomit das Unkraut vollſtaͤndig zu vertilgen. Ueberhaupt haben ſie die unwiderſprechliche Er - fahrung eines großen Ertrages bei den Belgen fuͤr ſich.

§. 154.

Nachtheile derſelben.Gegen dieſe ſchmalen, hohen Beete fuͤhren dagegen andere genaue Beobach - ter folgende Gruͤnde an, und wollen folgende Nachtheile von ihnen be - merkt haben.

Es geht, da die Furchen nichts tragen, und beinahe die Haͤlfte oder doch ½ des Ackers einnehmen, viel Boden verloren.

Die Anlegung iſt ſehr ſchwierig, das Anpfluͤgen nimmt ſehr viel Zeit weg, und erfordert einen großen Kraftaufwand.

77Die Arbeit der Beackerung.

Eben ſo ſchwierig iſt das Abpfluͤgen dieſer Beete oder das Ausackern, und wird oft unvollſtaͤndig verrichtet. Oft bleibt der letzte Kamm ſtehen, weil der Pflug keine Haltung hat und abgleitet.

Das Beſaͤen dieſer Beete iſt ſehr beſchwerlich, die Saamenkoͤrner werden nicht gleichmaͤßig vertheilt, und viele werden unnuͤtz verſtreut. Beſonders aber kann das Eggen nur ſehr unwirkſam geſchehen.

Wenn die hohen Beete der guten Einwirkung der Atmoſphaͤre mehr genießen, ſo werden ſie dagegen auch von der uͤblen ſtaͤrker betroffen. Die ſchaͤdlichen Wech - ſelungen der Temperatur theilen ſich dem ſo aufgehaͤuften weit mehr als dem ebenen Boden mit.

Der Ertrag iſt wenigſtens nicht hoͤher, als man ihn von demſelben Boden bei derſelben Kultur ohne dieſe beſchwerliche Arbeit erwarten koͤnnte.

Sie machen das Erntegeſchaͤft hoͤchſt beſchwerlich.

§. 155.

Da die Frage uͤber die Nuͤtzlichkeit dieſer Beete ſeit kurzem wieder mehr zurAllgemeines Urtheil dar - uͤber. Sprache gekommen iſt, ſo will ich uͤber dieſe Gruͤnde und Gegengruͤnde meine Meinung genauer beſtimmen; wobei ich aber bekenne, daß ich keine Gelegenheit gehabt habe, die Methode der ſchmalen hohen Beete und ihren Erfolg ſelbſt zu beobachten.

An der eigentlichen Ackererde geht bei dieſer Methode, beſonders in dem Falle, da der Boden ſonſt zu flach waͤre, wohl nichts verloren, indem ſie in den Beeten zuſammengehaͤuft ſaͤmmtlich in die Beruͤhrung der Pflanzen koͤmmt, und dieſe in ſo gelockerte Erde tief genug eindringen, um die ihnen angemeſſene Nah - rung daraus einzuſaugen. Die Pflanzen ſtehen auf den Beeten um ſo dichter, weil ſie die Wurzeln mehr in die Tiefe ſchlagen koͤnnen, ſelbige ſeitwaͤrts minder zu verbreiten brauchen, und dadurch ihre Nachbarn nicht verdraͤngen. Oberhalb der Erde erhalten aber die Halme, die ſonſt zu gedraͤngt ſtehen wuͤrden, mehreren Raum ſich auszubreiten, weswegen dann nach der Verſicherung aller, die gut kultivirte Felder dieſer Art geſehen haben, durchaus kein Zwiſchenraum zwiſchen den Aehren zu bemerken iſt. Bei einer duͤnnern Ackerkrume alſo, wo die Pflan - zen zu wenig in die Tiefe dringen koͤnnen, wird dieſer Fehler durch das Zuſam -78Die Arbeit der Beackerung.menpfluͤgen der Ackererde gewiß verbeſſert, und den Pflanzen mehrere Kraft und Hal - tung gegeben.

Daß ſie die Arbeit ſehr vermehren und erſchweren, iſt aber nicht abzuleugnen. Ihr Anlegen aus dem ebenen Lande, das abwechſelnde Umpfluͤgen der Beete in an - dere Beete oder Beete-umſetzen, das Ruͤcken-ablegen und Ruͤcken - ausſtechen, das Duͤngen, beſonders das Kantenmiſten, das Ueberſtrei - chen und Ueberſtoßen des Miſtes, das Rajolen-aufraͤumen und Ra - jolen-aufſchießen, das Land reinigen, ſchuffeln, auf ſich ſelbſt rei - ten, ſchleifen und abharken, und alle die Operationen, die Schwerz genau beſchreibt, erfordern große Aufmerkſamkeit, Fleiß und Uebung; ſo daß, wie er ſelbſt ſagt, die richtige Vollfuͤhrung ein uͤberzeugender Beweis von der Induſtrie eines Ak - kerbauers ſey: nur unter der Bedingung, daß alles dies aufs beſte und zweckmaͤßigſte geſchehe, koͤnnen dieſe Beete ihren Nutzen gewaͤhren; eine unvollkommene Anlegung derſelben zeigt ſich ſogleich durch ihren ſchlechten Erfolg.

Hieraus laͤßt es ſich alſo leicht erklaͤren, warum man bei minder induſtrioͤſen Ak - kerbauern auf eben den Beetformen ſchlechte Fruͤchte antreffe, wenn man bei den durch - aus fleißigen Belgen allgemein vorzuͤgliche Saaten findet. Es erhellet aber auch dar - aus, daß ſie nur da anwendbar oder zu empfehlen ſind, wo die eigene Hand des Eigen - thuͤmers oder doch ſein unverwandtes Auge der Ackerbeſtellung vorſteht, und ein ho - hes Intereſſe an dem Erfolge jeden Ackerbauer, wie in Belgien, beſeelt; daß ſie aber da gar nicht paſſen, wo in großen Wirthſchaften dieſe genaue Aufſicht des Eigen - thuͤmers nicht ſtatt finden kann, und man von den Arbeitern Sorgfalt in der Beak - kerung faſt nur durch Strenge erzwingen, nicht aus Liebe und Eifer fuͤr die Sache erwarten kann.

Was das Beſaͤen und den Gebrauch der Egge auf dieſen Beeten anbetrifft, ſo kann ich mir uͤber die Vollfuͤhrung deſſelben ſelbſt keine klare Vorſtellung machen. Es ſcheint mir allerdings auch, als ob dabei eine Menge Saamen verloren gehe, oder aber die Ausſtreuung viele Zeit und Genauigkeit erfordern muͤſſe. Denn wie die Egge wirkſam eingreife, den Saamen gut vertheile und die Kloͤße zertruͤmmere, ohne von den Beeten die Erde wieder herabzuziehen, iſt mir nicht klar, und ich habe vergeblich daruͤber in Schwerz’s Werke nachgeforſcht. Der Boden iſt vermuthlich aber durch die vorherige fleißige Beackerung ſo vorbereitet, daß er nun von ſelbſt zerfaͤllt.

79Die Arbeit der Beackerung.

Ein großer Vorzug dieſer ſchmalen Beete iſt, bei ſo fleißigen Ackerbauern und bei einer ſo großen laͤndlichen Population, wie in Belgien, die Erleichterung des Jaͤtens und Bearbeitens der Fruͤchte. Wo dieſes aber nicht ſtatt finden kann, wird an den Kanten und in den Furchen ſich um ſo mehr Unkraut erzeugen, und die Ernte verunreinigen. Bei dieſen ſchmalen Beeten ſcheint mir Tulls Drillmethode vorzuͤglich anwendbar, indem er den Saamen in zwei oder drei Reihen auf der Mitte dieſer Beete mit ſeiner Maſchine ſaͤete, die Furchen und Kanten aber durch wechſels - weiſes Ab - und Anpfluͤgen lockerte und reinigte, und ſo den ganzen Ackerboden die atmoſphaͤriſche Einwirkung um ſo mehr zuſtroͤmen ließ.

Zur Ableitung der Feuchtigkeit bedarf es der vielen Beetfurchen nicht, ſondern man kann folches weit zweckmaͤßiger durch Waſſerfurchen, die nach jeder Richtung hingezogen werden koͤnnen, bewirken, wenn anders das Feld eine gehoͤrige Ebnung und nicht moldenfoͤrmige Vertiefungen hat. In dem Falle, wo dem Waſſer kein Gefaͤlle gegeben werden kann, werden die hohen Beete zwar einige, aber doch ſehr unvollſtaͤndige Huͤlfe leiſten, und nur bei einer maͤßigen Feuchtigkeit die Fruͤchte gegen den nachtheiligen Einfluß derſelben ſchuͤtzen.

Ob nicht zuweilen beim Aufthauen des Schnees im Fruͤhjahr von der Sonne und ſcharfen Froͤſten in der Nacht die wahrſcheinlich mehr entbloͤßten hohen Beete weit mehr, wie ein ebenes Feld leiden, wage ich nicht zu beſtimmen. Es ſcheint mir aber ſo, indem in ſolchen Fruͤhjahren, wie z. B. das von 1804 war, gerade die er - hobenen Mittelruͤcken der breiten Beete, die ſonſt den Hauptertrag liefern, auswin - terten und gar nichts trugen.

Daß die Ernte dabei nicht ſo leicht von Statten gehen koͤnne, und daß man ſie mit ſo wenigen Menſchen nicht ausfuͤhren koͤnne, wie auf ebenen Feldern, hat mei - nes Erachtens keinen Zweifel. Die gewoͤhnliche Senſe, die ſo viel beſchafft, die Haͤuf - oder Hungerharke findet dabei nicht ſtatt. Man bedient ſich deshalb, wo ſie eingefuͤhrt ſind, auch hauptſaͤchlich der Hauſenſe (Hennegauſche Senſe, Siget) oder der Sichel, und legt das Getreide in Gelegen, welches aber auf die - ſen hohen Beeten ohne Zweifel mit großer Sorgfalt geſchehen muß. Auch in die - ſer Hinſicht iſt alſo eine ſtarke laͤndliche Bevoͤlkerung erforderlich.

80Die Arbeit der Beackerung.

§. 156.

Ihre Anle - gung.Was die Anlegung dieſer Beete anbetrifft, und alle dazu noͤthigen Operationen, ſo verweiſe ich auf das oben angefuͤhrte klaſſiſche Werk von Schwerz, welches nothwendig ein jeder beſitzen muß, der eine ſolche Kultur einfuͤhren wollte: um ſo mehr, da ich ſie ſelbſt nach eigener Erfahrung nicht kenne.

§. 157.

Richtung der Beete.Wenn in Beeten gepfluͤgt wird, ſo muß in Anſehung der Richtung derſelben, wenn dieſe anders willkuͤhrlich iſt, vor allem auf den Abhang geſehen werden, ſo daß ſich die Furchen des Waſſers entledigen koͤnnen. Iſt dieſes aber gleichguͤltig, ſo muͤſ - ſen erhobene Beete, ſie ſeyen breit oder ſchmal, von Norden nach Suͤden gelegt wer - den, damit beide Seiten gleichmaͤßig von der Sonne Licht und Waͤrme durchdrungen werden, weil ſonſt der noͤrdliche Abhang gegen den ſuͤdlichen zuruͤckſteht, wie die Er - fahrung oft augenſcheinlich zeiget. Sonſt hielt man es fuͤr beſſer, von Oſten nach Weſten zu pfluͤgen, weil das Sonnenlicht auf die umgelegten Streifen, ſo lange der Boden in rauher Furche liegt, von den Sonnenſtrahlen dann vertikaler faͤllt, und ſelbige mehr davon auffangen.

§. 158.

An abhangen - den Feldern.Bei denen an Abhaͤngen und Bergen liegenden Feldern findet man die Anlage der Beete mehrentheils ſehr fehlerhaft, ſo daß ſie die Anhoͤhe gerade hinauf und her - ablaufen. So iſt es wenigſtens faſt in allen gemiſchten Feldern; wahrſcheinlich weil bei der erſten Theilung keiner den obern Theil, wovon ſich die Fruchtbarkeit zu den untern herabzieht, allein haben, und den untern Theil, der noch ſo viele andere Vorzuͤge hat, dem andern laſſen wollte.

Dieſe fehlerhafte Einrichtung iſt von großer Bedeutung. Das Erdreich wird hier bei ſtarken Regenguͤſſen leicht weggeſpuͤlt, und es erfolgen ſehr betraͤchtliche Ein - riſſe in den hoͤheren, und Verſandungen oder Ueberſchlemmungen auf den unteren Theilen. Bei wenigem Regen zieht ſich die Feuchtigkeit in den Furchen gleich hinab, und der obere Theil leidet ſchnell an Duͤrre. Das Aufwaͤrtspfluͤgen greift das Zug - vieh gewaltig an; das unthaͤtige muß heftig angetrieben werden, das willigere erhitzt ſich, ſo daß es ſeiner Geſundheit leicht nachtheilig wird. Es kann alſo nur die Zer - ſtuͤckelung der Laͤndereien eine ſolche Beetanlage entſchuldigen.

Darum81Die Arbeit der Beackerung.

Darum hat es ſehr große Vorzuͤge, wenn die Beete mit dem Abhange entweder ganz diagonal und horizontal um die Anhoͤhe herumlaufend, oder aber ſchraͤg und gelinde anlaufend angelegt ſind. Das erſte iſt bei ſanften, das zweite bei ſteilen Ab - haͤngen rathſam. Das Waſſer wird hierdurch auf der trocknern Hoͤhe in den Furchen mehr aufgehalten, und theilt den Beeten von oberwaͤrts her mehrere Feuchtigkeit mit. Bei ſteilen Abhaͤngen zieht ſich das Waſſer in den ſchraͤg herabgehenden Furchen lang - ſam herunter, reißt nirgends ein bei heftigen Regenguͤſſen, und der Boden trocknet minder aus bei wenigerm Regen. Man hat durch die Umlegung der Beete Bergfel - der auf eine erſtaunliche Weiſe verbeſſert, ihren Ertrag erhoͤhet und geſichert.

Fuͤr das Zugvieh wird hier die Arbeit viel leichter, aber fuͤr den Fuͤhrer aller - dings ſchwerer. Wenn man ſolche an den Bergen liegende Felder mit dem gewoͤhn - lichen Pfluge ab - und anpfluͤgen will, ſo haͤlt es ſchwer, den aufwaͤrts fallenden Streifen voͤllig herumzulegen, weil er ſich in einem ungleich groͤßern Bogen herum - wenden muß, um ſeinen Schwerpunkt nach der obern Seite hin zu bekommen. Er faͤllt alſo leicht wieder in die Furche zuruͤck. Der Pflugfuͤhrer muß daher den Pflug mit Gewalt zur rechten Seite uͤberlehnen und zugleich mit dem Fuße dem Erdſtreifen oft nachhelfen, oder aber es muß jedem Pfluge ein Menſch folgen, der dieſes mit Hand und Fuß oder mit einer Forke bewirkt. Am beſten wuͤrde hier die Anbringung eines Streichhaakens, wie ihn Schwerz in der belgiſchen Landwirthſchaft be - ſchreibt, ſeyn.

Bei ſehr ſteilen Anhoͤhen wird aber die Herauflegung des Pflugſtreifens auf die Anhoͤhe faſt durchaus unmoͤglich, und hier iſt nichts anders zu thun, als immer nach dem Abhange die Erde herunterzupfluͤgen, bis ſie ſich gewiſſermaaßen in Terraſſen formirt hat und jedes Beet ebner wird, welches man durch das verſchiedene Einſetzen des Pfluges bewirken kann. Dieſes Pfluͤgen geht nun mit dem gewoͤhnlichen Pfluge, der ein feſtſtehendes Streichbrett hat, nicht anders, als wenn man ihn vergeblich herumfuͤhrt, und immer nur an derſelben Seite des Beetes anſetzt, ſo daß jede Furche zunaͤchſt an die vorhergehende komme. Dies nimmt viele Zeit weg, und macht die Wege doppelt. Daher paßt ſich hier der Pflug mit umzuſetzendem Streich - brette vorzuͤglich, und wird auch da, wo man ihn kennt, immer hierzu genommen. Sehr gut laͤßt ſich aber auch die Arbeit mit dem Meklenburgiſchen Haaken machen, und vielleicht beſſer, wie mit dem Pfluge, weil man damit die Erde nicht ſo ſtarkDritter Theil. L82Die Arbeit der Beackerung.herabſtreicht. Denn dieſes Herabſtreichen der Erde entbloͤßt endlich die Anhoͤhe von aller guten Erde, und bringt ſie auf den niedrigern Theil herunter. Aufmerkſame Ackerbauer erſetzen dies dadurch, daß ſie nur den hoͤhern Theil duͤngen oder den Duͤn - ger doch ſo vertheilen, daß das oberſte ihn am ſtaͤrkſten erhaͤlt; welches aber freilich dann die Duͤngerfuhren wieder erſchweret.

Bei dem Schraͤgpfluͤgen an ziemlich ſteilen Anhoͤhen von unebener Oberflaͤche kommt es ſehr darauf an, daß man die Gewende in derjenigen Richtung lege, daß in dem Gange des Pfluges uͤbermaͤßige Steilheit vermieden werde. Es laſſen ſich hier - uͤber nicht wohl allgemeine Regeln angeben. Man muß ein ſolches Feld zuvor in allen Richtungen uͤbergehen, und ſich denken, wie an jeder Stelle die Streifen fallen werden. Man muß die Pflugart zuweilen veraͤndern, bald auseinander, bald zu - ſammenpfluͤgen, und wieder eine Strecke vielleicht bloß nach der einen Seite hinwer - fen laſſen. Es koͤmmt hier zur Erleichterung und Verbeſſerung der Arbeit ſehr viel auf ein richtiges Augenmaaß an und auf Uebung in ſolchem Bergpfluͤgen. Durchaus iſt in gebirgigten Feldern der Haaken vorzuziehen, welcher die Legung der Erde mehr der Willkuͤhr des Pflugfuͤhrers uͤberlaͤßt, und es iſt ſehr ſchoͤn anzuſehen, wie eben die Arbeit von geuͤbten Haͤkern an ſteilen Anhoͤhen vollfuͤhrt wird. Man hat es dann in ſeiner Gewalt, durch die ſchraͤge Richtung der Waſſerfurchen dem Waſſer ein ſo ſanf - tes Gefaͤlle zu geben, daß es nirgend einreißt, ſondern langſam herabzieht, ſich hier mehr, dort weniger verweilt.

§. 159.

Tiefe des Pfluͤgens.Wenn wir nun auf die Frage kommen, wie tief man pfluͤgen ſolle? ſo finden wir uns durch die Verſchiedenheit der Meinungen in ein ſolches Labyrinth verwickelt, daß mancher, der ſich nicht zu orientiren weiß, durchaus nicht herausfin - den kann. Wir muͤſſen deshalb hier vor allen genau und richtig unterſcheiden.

Es iſt ein großer Unterſchied, ob man einen tiefen Boden (d. h. einen ſolchen, deſſen Ackererde bis zu einer beſtimmten Tiefe nicht nur in Anſehung ihrer Grundbe - ſtandtheile eine gleichmaͤßige Miſchung hat, ſondern auch mit Fruchtbarkeit ſo weit durchdrungen iſt,) tief pfluͤgen, d. h. in dem Stande ſeiner tiefen Fruchtbarkeit er - halten, oder aber einen flachen Boden durch das Pfluͤgen tiefer machen, d. h. auf eine groͤßere Tiefe ſeine Grundbeſtandtheile gleichmaͤßig mengen, und mit fruchtbaren Stoffen beſchwaͤngern ſoll.

83Die Arbeit der Beackerung.

Daß der tiefere Boden bis auf einen gewiſſen Punkt große Vorzuͤge vor dem fla - chen Boden habe, iſt wol eine von allen aufmerkſamen Beobachtern einſtimmig aner - kannte Wahrheit. Ich habe von den Vorzuͤgen des tieferen Bodens und ſeinem hoͤ - heren Werthe im 2ten Bande S. 144. u. f. geredet, daſelbſt aber auf die Lehre vom Tiefpfluͤgen hin verwieſen, und eine ausfuͤhrlichere Erlaͤuterung daruͤber verſprochen.

§. 160.

Die Tiefe, zu welcher die Pflanzenwurzeln eindringen, wenn ſie einen frucht -Vorzuͤge des tieferen Pfluͤ - gens. baren Boden antreffen, iſt nach ihrer Gattung ſehr verſchieden. Wir haben wirth - ſchaftliche Pflanzen, deren Wurzeln bis zu 15, 20, ja 30 Fuß in der Erde verfolgt ſind, z. B. die Eſparſette und Luzerne. Selbſt der rothe Klee dringt bis gegen 3 Fuß tief ein, und viele andere nutzbare Pflanzen thun es wahrſcheinlich eben ſo ſtark, wenn ſie in der Tiefe keinen Widerſtand, ſondern Fruchtbarkeit antreffen. Ich habe Moͤhren von Fuß Laͤnge gebaut, deren ſpitze Wurzeln hoͤchſt wahrſcheinlich noch einen Fuß tiefer gingen. Weil indeſſen der Ackerboden hauptſaͤchlich nur fuͤr das Ge - treide beſtimmt iſt, ſo hoͤrt ſein Werth wenigſtens in derſelben Progreſſion zu ſteigen auf, wo das Eindringen der Getreidewurzeln ſeine Graͤnze zu haben ſcheint.

Daß das Getreide 8 Zoll lange Wurzeln in die Tiefe ſchlage, hat man ſchon oft deutlich mit den Augen bemerkt, an den Enden aber durch Vergroͤßerungsglaͤſer wahr - genommen, daß dieſe Wurzeln noch abgeriſſen ſeyen. Ich habe ſie an der Kante eines fruchtbaren tiefen Feldes 12 Zoll lang verfolgt, glaube aber, daß dieſes nur an ſolchen Kanten, wo die Einwirkung der Atmoſphaͤre in der Tiefe moͤglich iſt, nicht auf einem ebenen Felde geſchehen werde. Das Saamenkorn kommt im Durchſchnitt 2 Zoll unter der Oberflaͤche zu liegen, und folglich waͤren 10 Zoll die Tiefe, wohin die Wurzeln dringen, ſo weit wir ſie gewoͤhnlich mit den Augen verfolgen koͤnnen. Sie erreichen aber wahrſcheinlich mit der Wirkung ihrer feinſten Spitzen 12 Zoll un - ter der Oberflaͤche. Dieſe alſo koͤnnen wir mit Grunde als die Graͤnze des Getreide - bodens anſehen oder annehmen, daß die Pflanzen bis dahin mit ihren Wurzeln ein - dringen und ſich ihre Nahrung heraufholen, wenn ſie fruchtbare gelockerte Erde an - treffen; dieſes tiefere Eindringen der Pflanzenwurzeln wird befoͤrdert, wenn die Pflan - zen dicht neben einander ſtehen. Denn wir bemerken es ſehr deutlich in der Erde und noch augenſcheinlicher, wenn wir die Pflanzen nur im Waſſer Wurzel ſchlagen laſſen, daß ſich dieſe Wurzeln aus dem Wege gehen, und nach der Richtung am ſtaͤrkſtenL 284Die Arbeit der Beackerung.hintreiben, wo ſie andern nicht zu nahe kommen. Kann alſo eine Pflanze wegen der benachbarten ſich mit ihren Wurzeln nicht zur Seite verbreiten, ſo geht ſie tiefer hin - unter, vorausgeſetzt, daß ſie kein Hinderniß, ſondern anlockende Fruchtbarkeit an - trifft. Stoͤßt dagegen die Wurzel auf einen feſten oder nahrungsloſen Untergrund, ſo treibt ſie nach den Seiten zu, und wenn die Pflanzen dann dicht ſtehen, ſo bilden die Wurzeln unter einander ein dichtes netzfoͤrmiges Gewebe, und machen ſich den Raum und die Nahrung einander ſtreitig. Hier muß dann die ſchwaͤchere Pflanze der ſtaͤrkern unterliegen und in ihrer ſtaͤrkſten Vegetationsperiode abſterben oder verkuͤm - mern, wie man dies auf Getreidefeldern bei aufmerkſamer Beobachtung deutlich wahrnimmt. Je tiefer aber der Boden iſt, um deſto dichter werden die Pflanzen ne - ben einander ſtehen bleiben, und ſo viel mehrere zur Vollendung kommen. Dieſe Verſchiedenheit auf tieferem und flacherem Boden von gleicher Guͤte wird man bei ge - nauerer Beobachtung nie verkennen, und ſie wird ſich bei Boden von 4, 6, 8, 10 und 12zolliger Tiefe, wenn anders der letztere eben ſo ſtark mit Humus wie der erſtere durchdrungen iſt, in verhaͤltnißmaͤßigen Graden zeigen. Wenn man annehmen koͤnnte, daß jedes Korn eine Pflanze gaͤbe, ſo wuͤrde man den 8 Zoll tiefen Boden gerade noch einmal ſo ſtark beſaͤen koͤnnen, wie den 4zolligen, von uͤbrigens gleicher Beſchaffenheit, und dann auch das doppelte darauf ernten. Der Werth eines Bo - dens wuͤrde ſich alſo aus der Multiplikation der Oberflaͤche mit der Tiefe ergeben.

So ganz buchſtaͤblich moͤchte ich dieſes nun zwar nicht annehmen, indem die at - moſphaͤriſche Einwirkung der Ausdehnung des Bodens doch wol einen Vorzug vor der Tiefe giebt, und ein Kubikfuß fruchtbarer Erde auf 2 Quadratfuß der Oberflaͤche vertheilt mehr Pflanzen tragen wird, als wenn er nur einen Quadratfuß Oberflaͤche hat. Daß indeſſen die Tiefe aus den angefuͤhrten Gruͤnden von betraͤchtlicher Wir - kung ſey, lehrt jedem unbefangenen Beobachter die Erfahrung. Um hierin nicht zu weit zu gehen, habe ich an dem angefuͤhrten Orte, 2ten Band, S. 145, angenom - men, daß der Werth des Bodens ſich mit jedem Zoll von 6 bis 10 Zoll um 8 Pro - zent vermehre, und von 6 bis 3 Zoll eben ſo viel vermindere.

Ferner aber hat der tiefere Boden den großen Vorzug, daß er augenſcheinlich minder an Naͤſſe und an Duͤrre leidet, wie der ſeichtere. Bei naſſer Witterung und vielem Regen verſenkt ſich die Feuchtigkeit in dem durch Humus gelockerten Boden ſo tief, wie dieſer geht. Er kann nach dem Verhaͤltniſſe ſeiner Tiefe ſo viel mehr Feuch -85Die Arbeit der Beackerung.tigkeit aufnehmen, bevor ſie bis zur Oberflaͤche heraufſtaut, und deshalb finden wir den rajolten Gartenboden noch nicht von ſchaͤdlicher Naͤſſe uͤberfuͤllt, wenn der flache Ackerboden ſchon ganz moraſtig iſt. So lange aber die Feuchtigkeit nicht bis zur Oberflaͤche heraufſtaut, wird ſie den Pflanzen nicht leicht ſchaͤdlich. Dagegen haͤlt nun der tiefere Boden die mehrere Feuchtigkeit, die er aufgenommen hat, um ſo laͤn - ger in ſich, und theilt ſie der Oberflaͤche, wenn dieſe ausgedoͤrret iſt, genugſam mit. Man bemerkt erſteres vorzuͤglich auf lehmigem Boden; letzteres aber zeigt ſich auch auf Sandboden, der, wenn er rajolt worden, ziemlich lange feucht bleibt. Dieſen Vorzug gewaͤhrt ein tiefer Boden ſelbſt durch die groͤßere Tiefe, die weiter hinaus - geht, als die Wurzeln der Pflanzen einzudringen vermoͤgen. Ich erklaͤre es mir we - nigſtens daraus, warum ſelbſt Getreide auf Boden, der einige Jahre vorher 3 Fuß tief rajolt war, bei anhaltender Duͤrre augenſcheinlich beſſer ſtand, wie auf dem, der nur Fuß tief rajolt war, ungeachtet beide Theile vor und nach dem Rajolen auf voͤllig gleiche Weiſe behandelt waren.

Auf tieferem Boden leiden ferner die Pflanzen deshalb weniger von der Duͤrre und Hitze, und ſelbſt auch vom Froſte und der ſchnellen Temperaturveraͤnderung der Luft, weil ihre Wurzeln mehr in die Tiefe gehn, und minder davon getroffen werden, wie an der Oberflaͤche. Augenſcheinlich ſtehen ſie deshalb bei großer Hitze und Duͤrre auf tieferem Boden weit friſcher, als auf ſeichtem, wo ſie ſo leicht verſcheinen.

Eine allgemeine Erfahrung iſt es endlich, daß ſich das Getreide auf tiefem Bo - den ſelten lagert, wenn es gleich ſehr dicht und uͤppig ſteht. Dies ruͤhrt ohne Zweifel von der groͤßern Staͤrke her, die der untere Theil des Stamms durch ſeine tiefgehen - den Wurzeln bekommt, wogegen es bei dichten Saaten den erſten Austrieben zu ſehr an Nahrung mangelt, um die voͤllige Staͤrke zu erlangen.

Außer dem Getreide aber beguͤnſtigt der tiefere Boden den Anbau ſolcher Ge - waͤchſe, die mit ihren ſtarken Wurzeln noch tiefer eindringen, und ſich ihre Nahrung noch unterhalb der Graͤnze der Getreidewurzeln heraufholen. Hierdurch wird ein Acker, der eine noch groͤßere Tiefe hat, als zum Getreidebau noͤthig zu ſeyn ſcheint, immer noch mehr werth, wenn gleich in geringerer Progreſſion, als bis zu der Tiefe, wohin auch die Getreidewurzeln dringen.

86Die Arbeit der Beackerung.

§. 161.

Periodiſches tieferes Pfluͤ - gen des tiefen Bodens.Um ſich die genannten Vortheile eines tiefen Bodens zu erhalten, iſt es aber noͤthig, daß er von Zeit zu Zeit ſo tief als ſeine Ackerkrume gehet gepfluͤget, herum - gewandt, locker gemacht und der Atmoſphaͤre ausgeſetzt werde. Denn wenn dieſes nicht geſchiehet, ſondern er nur flach bis zu einer beſtimmten Tiefe gepfluͤgt wird, ſo werden alle jene Vorzuͤge allmaͤhlig verſchwinden. Es wird eine feſte Borke unter der Pflugtiefe entſtehen, welche der unterliegenden Erde alle Kommunikation mit der At - moſphaͤre und mit der obern gelockerten Krume abſchneidet, und ſie ſelbſt den Pflan - zenwurzeln verſchließt. Indeſſen iſt dieſes tiefere Pfluͤgen, wie die Erfahrung mich und andere belehrt hat, nicht jaͤhrlich noͤthig, ſondern es ſcheint zureichend zu ſeyn, wenn es nur alle ſechs oder ſieben Jahre wiederholt wird, i〈…〉〈…〉 ndere wenn man die Pflugfurchen in dieſen Jahren nicht in immer gleicher, ſondern veraͤnderter Tiefe giebt; weil nichts den Boden ſo ſehr zu verſchließen und eine Borke zu bilden ſcheint, als wenn der Pflug immer auf derſelben Flaͤche herſtreift. Auch eine Wechſelung ſolcher Fruͤchte, die mit ihren ſtaͤrkeren roͤhrigen Wurzeln tiefer als das Getreide ein - dringen, ſcheint die Lockerung und die Verbindung der untern Erde mit der obern zu erhalten.

Die Regel iſt alſo, nach ſechs oder ſieben Jahren das Pfluͤgen in derjenigen vol - len Tiefe, bis zu welcher die fruchtbare Erde reicht, einmal vorzunehmen; bei den uͤbrigen Pflugarten kann man ſich nach den Umſtaͤnden mit einer geringern Tiefe begnuͤgen.

§. 162.

Neue Vertie - fung des Bo - dens durch das Pfluͤgen.Etwas ganz verſchiedenes aber iſt es, durch tiefes Pfluͤgen den Untergrund, der von gleicher oder verſchiedener Beſchaffenheit in Anſehung ſeiner Grundmiſchung mit der Oberflaͤche ſeyn kann, aber nur in hoͤchſt ſeltenen Faͤllen mit fruchtbarem Humus durchdrungen und in keinem durch die Einwirkung der atmoſphaͤriſchen Potenzen be - lebt iſt, heraufzubringen. Hier muß dieſe unfruchtbare mehrentheils nahrungsloſe Erde erſt befruchtet, mit Humus durchdrungen und von der Atmoſphaͤre geſaͤt - tigt werden.

Man hat zwar einige Faͤlle, wo die durch das Rajolen heraufgebrachte Erde ohne Duͤngung, und nachdem ſie nur kurze Zeit an der Luft gelegen, eine auffallende Fruchtbarkeit aͤußert. Bei einigen damit angeſtellten chemiſchen Analyſen fanden87Die Arbeit der Beackerung.wir auch, daß ſie Kohlenſtoff enthielt. Allein dieſe Fruchtbarkeit ward immer ſehr ſchnell erſchoͤpft, und wenn man nicht eilte, ihr mit ſtarkem Duͤnger zu Huͤlfe zu kom - men, ſo ward ſie nach ein oder zwei Fruͤchten ganz unfruchtbar, und konnte dann kaum durch wiederholte ſtarke Duͤngung zu einer guten vegetabiliſchen Erde gemacht werden. Manchmal hat das Rajolen aber auch gleich vom Anfange an eine ſchlechte Wirkung gethan, und man hat etwa nur ſolche Gewaͤchſe darauf bauen koͤnnen, die mit ihren Pfahlwurzeln ſehr tief eindringen, bevor man ſie nicht durch wiederholtes Duͤngen und lange Luftausſetzung fruchtbar machte.

Dieſe Befruchtung nahrungsloſer Erde mit naͤhrenden Stoffen iſt aber auf groͤ - ßern Flecken ein ſchweres Unternehmen, und kann unter den gewoͤhnlichen Wirth - ſchaftsverhaͤltniſſen, ohne fremden Duͤngerzufluß, nicht anders als auf Koſten aller uͤbrigen Felder bewirkt werden. Man muß wenigſtens den Werth des Ertrages einer weit groͤßern Flaͤche mehrere Jahre aufopfern, um auf dieſe Weiſe den Werth einer kleinern Flaͤche zu vermehren. Es mag der Faͤlle viele geben, wo der Grund - werth des Bodens hierdurch mehr gewinnt, als der Eigenthuͤmer am Ertrage auf - opfert. Dieſe Aufopferung iſt aber die Sache weniger Ackerbauer.

Nur dann erſt, wenn, durch ein vorzuͤgliches auf die Bereicherung der Duͤn - germaſſe einer Wirthſchaft abzweckendes Syſtem, ein ſolcher Ueberfluß des Duͤngers in einer Wirthſchaft entſtanden iſt, daß er nicht mit Vortheil zur groͤßern Bereiche - rung der bisherigen Ackerkrume verwandt werden kann, wird es vortheilhaft, die Ver - tiefung des Bodens vorzunehmen.

§. 163.

Es giebt der Faͤlle alſo mehrere, wo man bei einer ſehr ſeichten Krume bleibenDas flache Pfluͤgen. muß, und an eine Vertiefung des Bodens vorerſt gar nicht denken darf. Diejenigen, wo es die Natur des Untergrundes durchaus nicht geſtattet, verſtehen ſich von ſelbſt. Außerdem aber

a) wo ſich nur eine duͤnne Lage humushaltiger Erde vermittelſt der Grasnarbe erzeugt hat, unter derſelben aber, ſcharf abgeſchnitten, ein ganz unfruchtbarer, roher Boden es ſey Sand oder Thon lieget, und dem Acker nicht mehr Duͤnger gegeben werden kann, als gerade dieſe duͤnne Lage in Kraft zu erhalten vermag; ja wo man auf die Wiedererzeugung der Grasnarbe beim Dreeſchliegen zur Wiedererzeu - gung der Fruchtbarkeit vorzuͤglich rechnen muß. Hier iſt es rathſamer, die wenige88Die Arbeit der Beackerung.fruchtbare Erde beiſammen und durch den nur fuͤr ſie zureichenden Duͤnger in Kraft zu erhalten, auch die Bearbeitung auf ſie zu konzentriren, als ſie durch eine hinzuge - mengte Maſſe von unfruchtbarer Erde zu ſchwaͤchen; insbeſondere wenn man auf eine neue Raſenerzeugung rechnet, welche gewiſſermaßen nur durch die Fruchtbarkeit der oberen zwei Zoll bewirkt wird, und wozu der tiefer liegende Humus wenig beitraͤgt.

b) Wenn man eine nachhaltige Verbeſſerung des Bodens durch Auffahren eines mergeligten Lehms, Modders u. ſ. f., oder durch Raſenbrennen vorgenommen hat, wodurch eine kleinere, aber nicht eine groͤßere Maſſe von Erde, eine ſeichte, nicht eine tiefere Krume verbeſſert werden kann. Hier muß man ſich wohl huͤten, dieſen nur fuͤr die Oberflaͤche hinreichenden Zuſatz zu tief unterzubringen und zu ver - theilen. Man darf den Boden nicht eher vertiefen, als bis man etwa eine zweite Auffuhr vorzunehmen beſchloſſen hat, und muß dann tiefer pfluͤgen und rohe Erde heraufbringen, bevor man auffaͤhrt. Hierher gehoͤrt dann ebenfalls, wenn ein zaͤher Thonboden durch Kalk oder Kalkmergel nur auf eine gewiſſe Tiefe zureichend ge - lockert wurde.

c) Wenn auf ſandigem Boden die Pflugtiefe immer gleichgehalten iſt, und ſich unter der Pflugſohle eine erhaͤrtete Borke gebildet hat, ſo durchbricht man dieſe nicht ohne Nachtheil. Die obere Erde kann durch gute Kultur ſehr verbeſſert ſeyn, die Borke verhindert das Verſenken der Feuchtigkeit und der fruchtbaren aufgeloͤſten Stoffe; unter derſelben aber liegt ein unergruͤndliches Sandmeer. Dieſer Fall wird haͤufig mit den vorhergehenden zuſammentreffen, indem ſich nach einer Lehmmerge - lung eine ſolche Borke leicht erzeugt. Wenn es gleich zu wuͤnſchen waͤre, daß dieſe Borke tiefer liegen moͤge als ſie liegt; ſo hat man es doch nicht immer in ſeiner Ge - walt, ſie tiefer zu legen, und bevor man das nicht kann, ruͤhrt man ſie ungeſtraft nicht an.

d) Und endlich uͤberhaupt, wo das tiefe Pfluͤgen nicht noͤthig iſt, und keinen Vortheil, ſondern eher Nachtheil bringen kann.

§. 164.

Sie geſchehe alimaͤhlig.Wo die Vertiefung des Bodens aber uͤberhaupt paßt, da geſchiehet ſie jedoch in den bei weitem meiſten Faͤllen nur allmaͤhlig. Bei allmaͤhliger Vertiefung wird nur ſo viele neue Erde heraufgebracht, daß ſie ſich mit der alten Ackererde ge - nauer mengen und in Wechſelwirkung damit treten koͤnne. Die alte noch fruchtbareErde89Die Arbeit der Beackerung.Erde wird nicht ganz vergraben. Die Anziehung aus der Atmoſphaͤre, welche die neue Erde oft ſehr ſtark aͤußert, kann beſſer vor ſich gehen.

§. 165.

Die Fragen, welche man ſich bei der Vertiefung des Bodens vorzulegen hat,Ruͤckſichten, welche dabei zu nehmen ſind. ſind alſo folgende:

1) Was kann ich von der unter der bisherigen Pflugtiefe heraufzuholenden Erde in Anſehung ihrer Grundbeſchaffenheit erwarten? Man muß deshalb dieſen Untergrund einer genauern Unterſuchung un - terwerfen, und ſeinen Gehalt an Thon, Sand, Kalk, Eiſen, vielleicht an Kohlen - ſtoff, pruͤfen, auch auf die groͤßern und kleinern Steine, die er enthaͤlt, Ruͤckſicht zu nehmen nicht vergeſſen. Empiriſch pruͤft man ihn ohne Zweifel dadurch am beſten, daß man ſein Verhalten auf die Vegetation in Scherben oder in einem ausgeſtochenen und damit uͤberlegten Gartenbeete erforſchet.

2) Welche Veraͤnderung wird dieſe Zumiſchung neuer Erde auf meiner bisherigen Ackererde bei einiger Vermengung hervor - bringen? Werden dadurch die Fehler der letztern vermindert oder vermehrt werden? Wird ſie dem loſern Boden mehrere Conſiſtenz, dem zaͤhen Boden mehrere Locker - heit geben, oder beides nur vermehren? Und dann zugleich: in welchem Verhaͤltniſſe wird dieſe Mengung geſchehen muͤſſen, um mir die gedeihlichſte Ackererde nach der Lage und dem Klima meines Feldes zu verſchaffen?

3) Wie weit wird mein Duͤngervorrath zureichen, um eine gewiſſe Tiefe damit zu durchdringen?

Die Beantwortung dieſer Fragen muß dann das Verfahren leiten.

§. 166.

Es iſt bisher mehrentheils etwas Unbeſtimmtes geweſen, was man unter fla -Beſtimmung der Tiefe des Pfluͤgens. ches, mittleres und tiefes Pfluͤgen verſtehe. Um unſre Begriffe davon deutlicher zu beſtimmen, nennen wir flaches Pfluͤgen, was von 2 bis 4 Zoll geſchiehet, mittleres von 4 bis 7 Zoll, und tiefes von 8 bis 12 Zoll rheinlaͤndiſch. Geht es tiefer, ſo nen - nen wir es Doppelt - oder Rajolpfluͤgen, indem eine Umwendung der Erde, die wir uns unter dem Pfluͤgen allemal denken, auf eine groͤßere Tiefe als 12 Zoll mit einem einfachen Pfluge nicht wohl zu bewirken ſteht, obgleich eine un - gleich tiefere Lockerung der Erde ſehr wohl moͤglich iſt. Vom 18 und 24zolligen ein -Dritter Theil. M90Die Arbeit der Beackerung.fachen Pfluͤgen kann ich mir keinen Begriff machen. Es verſteht ſich, daß die Tiefe der Furche oder des Streifens an der Kante, wo er vom feſten Lande abgeſchnitten iſt, immer gemeſſen werde, und ich wiederhole es nochmals daß ich unter Pfluͤgen eine Umwendung des Erdſtreifens verſtehe.

§. 167.

Vorſichtiges Verfahren.In den bei weitem meiſten Faͤllen, wo man tiefer als die bisherige Ackerkrume ging, pfluͤgen will, wird es aus den angefuͤhrten Gruͤnden rathſam ſeyn, mit der groͤ - ßern Vertiefung zum erſten Male nicht uͤber 2 Zoll zu gehen. Die nur ſo tief her - aufgebrachte Erde laͤßt ſich befruchten und gehoͤrig mengen. Es iſt immer rathſam, dieſes Pfluͤgen zu einer Zeit vorzunehmen, wo die heraufgebrachte neue Oberflaͤche der Luft am laͤngſten ausgeſetzt bleiben kann; daher vor Winter. Man muß aber dieſe neue Erde auch den Sommer hindurch in der Beruͤhrung mit der Atmoſphaͤre zu erhalten ſuchen, weil die Einwirkung derſelben bei hoher Temperatur ungleich ſtaͤr - ker, wie bei niedriger iſt. Daher entweder zur reinen Brache oder zu ſolchen Fruͤch - ten, welche mit ihren Wurzeln durch dieſe neue Erde hindurch in die alte Erde ein - dringen, und ſogar unter erſterer mit ihren Wurzeln zu ſtehen kommen, wie das bei den meiſten Fruͤchten, die wir unter dem Namen der Hack - oder eigentlichen Brach - fruͤchte begreifen, der Fall iſt. Da die neue Erde hier an der Oberflaͤche bleibt, aber beſtaͤndig geruͤhrt und gelockert wird, ſo koͤmmt ſie in die ſtaͤrkſte Beruͤhrung mit der Atmoſphaͤre, und alle Erdpartikeln koͤnnen ſich mit atmoſphaͤriſchen Stoffen ſaͤttigen.

Es iſt ferner ſehr wichtig, daß man die wirkſamſten Theile des Duͤngers dieſer neuen Erde vorzuͤglich mittheile. Deshalb wird es rathſam ſeyn, wenn es die Wirth - ſchaftsverhaͤltniſſe erlauben, die vor Winter heraufgepfluͤgte Erde ſogleich mit Duͤn - ger zu befahren, und dieſen wohl verbreitet den Winter hindurch darauf liegen zu laſſen, weil der Einfluß des obenaufliegenden Duͤngers auf ſolche Erde im Winter der Erfahrung nach ſehr groß iſt, wenn man anders keine Auswaſchung deſſelben we - gen einer ſtark abhaͤngigen Lage ſeines Feldes zu beſorgen hat. Im letztern Falle muͤßte man ihn noch vor Winter ganz flach unterſtreken. Im erſten Fruͤhjahre pfluͤgt man dann dieſen Duͤnger ſo flach wie moͤglich unter, und egget kraͤftig. Die Saatfurche wird dann ebenfalls flach gegeben, damit die neue Erde wenigſtens nicht viel mit alter Erde bedeckt werde.

91Die Arbeit der Beackerung.

Auf dieſe Weiſe habe ich in einem Sommer eine vollſtaͤndige Mengung der al - ten mit der neuen Erde, eine zulaͤngliche Befruchtung der letztern, und einen gleich - maͤßig um ſo viel vertieften Boden mit dem gluͤcklichſten Erfolge und unmittelbarer Vermehrung aller Ernten mehrere Male hervorgebracht, und bin dann nach einer Reihe von Jahren, welche die Rotation beſtimmt, zu einer abermaligen Vertiefung geſchritten. Daſſelbe haben viele andere gethan, und nie denjenigen Nachtheil ge - ſpuͤret, den manche durch eine uͤbereilte, unzeitige und der Fruchtfolge unangemeſſene Vertiefung des Bodens, zuweilen mit dem gaͤnzlichen Ruin ihrer Wirthſchaft, erfahren haben.

§. 168.

Wenn man eine Vertiefung des Bodens unter den §. 161. u. f. angegebenen Bedingungen vornehmen will, und ſolche uͤber 12 Zoll hinausgehet, ſo reicht das ein - fache Pfluͤgen nicht. Man bedient ſich alsdann des Rajol - oder Doppelpfluͤgens mit dem im §. 123. erwaͤhnten Rajolpfluge, oder zweier in derſelben Furche hinter - einander hergehenden Pfluͤge. Der erſte ſtreicht einen Streifen von gewoͤhnlicher Tiefe ab, und in die tiefere Furche hinein; und der zweite holt einen tieferen Streifen heraus, und legt ihn uͤber die erſten her. Es kann dieſe Arbeit zwar mit gewoͤhn - lichen Pfluͤgen verrichtet werden, wenn man dem hinteren eine tiefe Stellung und ein hohes langes und hinten weit abſtehendes Streichbrett, auch ein hoͤheres Rad auf der rechten Seite giebt. Allein ſie iſt mit ſolchen Pfluͤgen ſehr beſchwerlich, und erfor - dert großen Kraftaufwand. Dagegen verrichtet ſie der Smalſche Pflug vortreflich, und ich laſſe deshalb den Baileyſchen vorangehen, und jenen folgen. Es ſind dann, um auf 12 bis 14 Zoll einzudringen, drei Pferde, die jedoch dabei angeſtrengt wer - den, vor dem hintern Pfluge zureichend.

Noch beſſer aber und in manchen Faͤllen mit nicht viel groͤßeren Koſten wird dieſe Arbeit vollfuͤhrt durch Menſchenhaͤnde mit dem Spaten. Man ſtellt ſodann auf einen Pflug neun bis zehn Menſchen in gleichen Zwiſchenraͤumen vertheilt, der Linie des Pfluͤgens nach, an, und laͤßt, ſo wie der Pflug vorbeigegangen, die Erde eines Spatenſtichs tief aus der Furche ausſtechen, und uͤber den Streifen herwerfen. Neun bis zehn ruͤſtige Arbeiter koͤnnen auf einen nicht beſonders thonigem Boden einem Pfluge nachkommen. Wo es an Arbeitern nicht fehlt, wuͤrde ich dieſe Me - thode vorziehen.

M 292Die Arbeit der Beackerung.

Ein zu ſeiner Zeit Aufſehen erregender Schriftſteller, Peter Kretſchmar, wollte durch dieſes Rajolpfluͤgen die Erde in beſtaͤndiger Fruchtbarkeit erhalten, in - dem die untergebrachte Schicht ſich indeſſen ausruhen und neue Kraͤfte ſammeln werde, wobei dann Brache, Wechſel der Fruͤchte und ſogar der Duͤnger voͤllig ent - behrlich werde, wie dies in ſeiner oͤkonomiſchen Praktica, Leipzig 1749, und in mehreren von ihm und andern verfaßten Schriften behauptet wurde. Seine auf einem nahe bei Berlin gelegenen, ihm von Friedrich dem II geſchenkten Gute ange - ſtellten Verſuche fielen natuͤrlich uͤbel aus; da er ſich indeſſen des Berliner Stadt - duͤngers zu bedienen anfing, um ſeine heraufgeholte friſche Erde zu beſchwaͤngern, ſo wuͤrde er, mit gewiſſen Modifikationen, ſeine Beſtellung wohl haben fortſetzen koͤnnen, wenn er die Landwirthſchaft uͤberhaupt verſtanden, nicht ein Projekt uͤber das andere vergeſſen, und dadurch ſein Vermoͤgen verſchwendet haͤtte. Das In - tereſſe, was dieſer Mann indeſſen erregte, trug in dieſer Zeit nicht wenig bei, das Nachdenken uͤber den Ackerbau zu erwecken, indem manche ſcharfſinnige Maͤnner in dieſe Idee hineingingen, und Unterſuchungen daruͤber anſtellten.

Die derzeitigen orthodoxen Oekonomen benutzten ihn, ſo wie den von Friedrich dem II ebenfalls unterſtuͤtzten Englaͤnder Brown, zum Schreckbild gegen alles Neue fuͤr ihre Kinder; weswegen er bei dieſen noch immer ſpukt, ſo daß ſie mich, wie mich der Koͤnig ins Land berief, bald fuͤr den Einen, bald fuͤr den Andern hielten, oder wenigſtens verſicherten, ich waͤre in allen meinen Meinungen und Grundſaͤtzen jenen ſo aͤhnlich, wie ein Ey dem andern.

Es giebt noch eine andere Methode, den Boden tief zu lockern, ohne ihn jedoch umzuwenden oder tiefer liegende Erde auf die Oberflaͤche zu bringen, welche man auf thonigem Boden ſehr nuͤtzlich angewandt hat. Sie wird mit einem Pfluge bewirkt, der kein Streichbrett, aber ein ſtarkes niedrieges und convexes Schaar hat. Dieſer folgt dem gewoͤhnlichen Pfluge in derſelben Furche, und wuͤhlet die Sohle derſelben auf, laͤßt aber die zerkruͤmelte und gelockerte Erde darin liegen. Wo man mit ge - wiſſen Pfluͤgen tiefer als 16 Zoll gepfluͤgt hat, hat man wahrſcheinlich nicht viel mehr, wie dieſes, gethan.

§. 169.

Zu welchen Fruͤchten tief oder flach zu pfluͤgen.Nur zu den behackten Brachfruͤchten und zu den Huͤlſenfruͤchten ſcheint mir ein uͤber die mittlere Tiefe hinausgehendes Pfluͤgen rathſam und angemeſſen zu ſeyn. Zum Getreide kann oft ein ſehr flaches Pfluͤgen oder ein Umarbeiten der Erde mit weit mehr foͤrdernden Inſtrumenten zureichend ſeyn, weil die untere Erde einmal recht93Die Arbeit der Beackerung.gelockert und gepulvert ihre Poroͤſitaͤt und Durchdringlichkeit mehrere Jahre beibehaͤlt; insbeſondere wenn es ein mit Sand zur Haͤlfte gemengter und mit Humus geſchwaͤn - gerter Boden iſt.

§. 170.

Um die Pflugfurchen zu beſtimmen, muͤſſen wir nun die verſchiedenen Haupt -Pflugarten, die bei dem Syſtem des Fruchtwech - ſels gegeben werden. rotationsarten oder Ackerſyſteme beſonders durchgehen.

Wenn wir nach der Regel unſeres Fruchtwechſels verfahren, ſo wird immer zu der groͤßten Tiefe, die der Boden erreicht hat oder vorerſt erreichen ſoll, vor Winter gepfluͤgt. Wo dieſe Tiefe uͤber 12 Zoll hinausgeht, wird ein Doppelpfluͤgen damit vorgenommen. Der aufgefahrene Miſt wird dann mit der zweiten Furche unterge - ſtrichen, und die dritte oder Saatfurche wieder etwas tiefer gegeben. Nun wird der Boden durch die Pferdehacken immer tiefer bearbeitet, und an die Pflanzenreihen hoͤ - her heraufgeworfen. Nach der Ernte wird das Land mit Hobel - oder Schaufelpfluͤ - gen, wenn es noͤthig iſt, geebnet, geegget, und dann zur mittleren Tiefe vor Win - ter umgepfluͤgt. Selten geben wir dann eine wirkliche Pflugfurche im Fruͤhjahre. Sie ſcheint jedem Boden, der 50 und mehr Prozent Sand enthaͤlt, nach gehoͤri - ger Bearbeitung der behackten Fruͤchte, nicht nur unnoͤthig, ſondern in jedem trock - nen Fruͤhjahre wirklich nachtheilig zu ſeyn. Die Oberflaͤche wird bloß mit dem Exſtir - pator, der 2 bis 3 Zoll eindringt, aufs vollkommenſte zerkruͤmelt, dann geegget, das Getreide, gewoͤhnlich Gerſte, aufgeſaͤet, dieſe mit dem kleinen Exſtirpator unterge - bracht, dann wieder geegget, nun, wenn es geſchehen ſoll, Klee geſaͤet und darauf gewalzet. Nach der Gerſte liegt nun das Land ein oder zwei Jahre zu Klee. Im erſtern Falle immer, im letztern mehrentheils, wird zu der auf den Klee folgenden Winterung nur einmal gepfluͤgt zu mittlerer Tiefe, aber dann mit der in §. 124. ange - gebenen Vorſetzung des Schaͤlmeſſers. Dieſes Pfluͤgen geſchiehet wenigſtens vier Wochen vor der Einſaat, damit ſich der Boden ſacken koͤnne, welches hier eine ſehr weſentliche Bedingung eines guten Erfolges iſt. Die Winterung wird entweder auf die rauhe Furche geſaͤet, oder mit dem kleinen Exſtirpator untergebracht, und dann geegget. Dieſes Eggen wird, wenn es die Zeit und Witterung erlauben, im Fruͤh - jahre, wenn die Saat zu treiben anfaͤngt, wiederholt, weswegen das Eineggen vor Winter ſelten bis zur vollkommnen Zerkruͤmelung der Kloͤße geſchiehet, die vielmehr bis zum Fruͤhjahre erhalten werden, um dann den Pflanzen friſche Erde zu geben.

94Die Arbeit der Beackerung.

Wenn nach der Winterung Huͤlſenfruͤchte gebaut werden, ſo wird dazu nach Beſchaffenheit des Bodens und der Witterung ein oder zwei Mal gepfluͤgt (uͤber die Frage vom ein - oder mehrmaligen Pfluͤgen zu Huͤlſenfruͤchten werde ich mich erklaͤ - ren, wenn ich von dieſem Anbau beſonders rede; ſo wie ich auch bis dahin das, was uͤber die Vorbereitung zu andern minder gemeinen Gewaͤchſen zu ſagen iſt, verſparen muß). Zu ſpaͤtern Wicken, die gruͤn gemaͤht werden ſollen, wird immer zwei auch wohl drei Mal gepfluͤgt.

Nach der Aberntung der Huͤlſenfruͤchte wird mit den Pfluͤgen zu maͤßiger Tiefe moͤglichſt geeilt, nach einiger Zeit geegget, darauf die Winterung vor Michaelis mit dem kleinen Exſtirpator untergebracht und wieder geegget.

Soll auf die Winterung etwa noch Hafer folgen, ſo wird der Acker im Herbſte flach geſtoppelt, im Fruͤhjahr zu mittlerer Tiefe gepfluͤgt, geegget, und der Hafer erſt gegen die Mitte des Mays, nachdem der Unkrautsſaamen, der in der heraufgebrach - ten Oberflaͤche liegt, gekeimt iſt, mit dem kleinen Exſtirpator untergebracht und geegget.

Dies ſind diejenigen Fahren, deren man ſich im ſogenannten Fruchtwechſel - ſyſteme bedient, wenn man keine zweiten Fruͤchte oder doppelten Ernten nimmt.

§. 171.

Behandlung der Brache.In den Ackerſyſtemen, wo man reine Brache haͤlt, kommt es vorzuͤglich auf die Bearbeitung dieſer an. Da man den Ertrag des Landes einmal ein Jahr auf - opfert, und die Arbeit daran wendet, ſo iſt es unverzeihlich, wenn man dieſes nach - laͤſſig thut, und nicht alle Zwecke und Wirkungen der Brache auf das vollſtaͤndigſte zu erreichen ſucht. Durch die Brache muß der Boden die ihm gebuͤhrende Vertiefung, Herumwendung, Pulverung, Mengung, Luftausſetzung, und was das wichtigſte iſt, Zerſtoͤrung des Unkrauts aufs vollkommenſte erhalten, und wenn dies durch eine Brache bewirkt wird, ſo wird ſie wohl angewandt, und ihr Nutzen kann ſich dann auf eine laͤngere Reihe von Jahren erſtrecken.

Eine Brache mit drei Fahren iſt zwar in der Dreifelderwirthſchaft etwas ſehr Ge - woͤhnliches, aber ſehr Unvollkommenes, und erreicht den Zweck der Brache faſt nie. Man laͤßt mehrentheils aus Mangel an Viehweide den Acker noch uͤber den Junius oder Brachmonat hinaus liegen, und giebt ihm dann die erſte Furche. Dies iſt alſo halbes Dreeſchliegen und halbe Brache.

95Die Arbeit der Beackerung.

Bei den vierfaͤhrigen Brachen wird die erſte Furche von Rechtswegen ſchon im Herbſte gegeben, zuweilen wird dies aber auch fehlerhaft bis im Fruͤhjahre verſchoben.

Das fuͤnf -, ſechs - und ſiebenmalige Pfluͤgen findet man nur ſelten, und nur bei den vorzuͤglichſten Ackerbauern auf fruchtbarem Boden, welche dieſen genug zu ſchaͤtzen wiſſen, um ihn, falls ſie den Ertrag eines Jahres aufopfern, in den vollkom - menſten Stand zu ſetzen. Eine ſolche Bearbeitung iſt aber allerdings auch in unſerm Klima anwendbar.

§. 172.

Die erſte nennt man im eigentlichen Verſtande die Brachfurche oderBenennungen der verſchie - denen Pflug - arten. Breekfurche. Das Pfluͤgen derſelben heißt alſo Breeken, an einigen Orten ausſchließlich dann, wenn es Grasnarbe war. Denn wo es Getreideſtoppel iſt, nennt man es Stuͤrzen oder Stoppeln.

Die zweite heißt die Wendefahre, weil der Pflugſtreifen hier wieder her - umgewandt wird.

Die dritte Fahre heißt die Ruhrfahre, weil der Boden hierdurch geruͤhret werden ſoll. Folgt dieſer noch eine Fahre, eher zur Saat gepfluͤgt wird, ſo heißt ſie die zweite Ruhrfahre.

Die letzte iſt dann die Saatfahre.

Schon die Roͤmer unterſchieden dieſe verſchiedenen Pflugarten mit beſonderen Namen. Sie nannten die erſte Furche praescindere, die zweite vertere, die dritte fringere, die vierte offringere, die fuͤnfte refringere, und die ſechſte oder Saat - furche liraro, weil hier der Acker das Anſehn einer beſpannten Leyer erhielt. Faſt alle Nationen und Provinzen haben dieſen Fahren beſondere-Namen gegeben, die man kennen muß, wenn man uͤber den Ackerbau der Gegend Erkundigungen einziehen will.

Wenn zum Sommergetreide, oder auch zum Wintergetreide, welches in die Stoppel kommt, mehrere Male gepfluͤgt wird, ſo bezeichnet man die Fahren oft noch mit andern Ausdruͤcken. So heißt das zweite Pfluͤgen zur Gerſte oder Hafer fal - gen, felgen oder falzen, und daher nennt man den Hafer, der mehrere Fahren erhalten hat, Felgehafer, im Gegenſatze von dem, der nur eine Fahre bekommen, und welcher Hartlandshafer heißt. Unter letzterem Ausdrucke verſteht man aber nicht, wie es ſcheinen moͤchte, denjenigen, der in umgebrochener Grasnarbe geſaͤet96Die Arbeit der Beackerung.iſt, als welcher Dreeſch - oder Dreiſchhafer heißt, ſondern den, der nach einer Fahre in die Stoppel eines andern Getreides geſaͤet wird.

§. 173.

Die Brach - furche.Die erſte oder Brachfahre denn hier ſagt man Furche, dort Fahre wird nach der Meinung der meiſten jetzt ſehr flach gegeben. Vormals hatte man bei der Dreifelderwirthſchaft ein anderes Prinzip, und Muͤnchhauſens Hausvater lehrte noch, ſie zur vollen Tiefe zu geben. In der Koppelwirthſchaft, wo die Gras - narbe damit umgebrochen wird, muß ſie nothwendig ſehr flach gegeben werden, und nur in einem Abſtreifen und Umlegen des Raſens beſtehn, weil dieſer in einer groͤße - ren Tiefe nicht muͤrbe wird und nicht vermodert, auch durch die zweite Furche, nicht mit Erde bedeckt, wieder herumkommen wuͤrde. Da man in der Dreifelderwirthſchaft das Umbrechen der Brache immer weiter hinausgeſetzt hat, ſo iſt der Boden mehrentheils auch ſchon beraſet, und deshalb der flache Umbruch rathſam. Giebt man aber die Brachfahre ſchon vor Winter auf Stoppelland, ſo hat die alte Regel des tiefen Um - brechens wohl ihre Richtigkeit, indem dadurch der zu unterſt gelegene Theil der Erde die Einwirkung der Atmoſphaͤre, deren er am meiſten entbehrte, nun am laͤngſten er - haͤlt. Will man ſeinen Boden vertiefen und neue Erde hervorbringen, ſo iſt es noth - wendig, dieſes mit der erſten Furche zu thun.

Man laͤßt dieſe erſte Furche ich rede jetzt von der vollkommnern Brachbear - beitung, die ſchon im Herbſte anhebt mehrentheils im Winter rauh liegen, um ſie der Luft in groͤßerer Oberflaͤche auszuſetzen. Es iſt beſonders rathſam dieſes zu thun, wenn viele Unkrautswurzeln im Boden ſtecken, welche durch dieſe Luftausſetzung eher getoͤdtet werden, als wenn ſie mit der Egge gleichſam wieder eingepflanzt und mit Erde bedeckt werden. Iſt aber viel Unkrautsſaamen im Boden, ſo kommt dieſer oft noch vor Winter zum Keimen, wenn man fruͤh umgebrochen und dann geegget hat. Die Einwirkung der Atmoſphaͤre wird durch dieſes Eggen gerade nicht verhindert, in - dem ſie die gelockerte Erde genug durchdringen kann, und auf die zertruͤmmerten Kloͤße beſſer einwirkt, als wenn dieſe noch zuſammengeballt da lagen. Die Gras - narbe aber modert, wenn die Oberflaͤche geebnet iſt, und die Luft keinen Zutritt zu ihr hat, weit beſſer, indem ſonſt der Raſen noch gruͤn bleibt, und manchmal zwiſchen den Pflugſtreifen hervorkeimt. Man befoͤrdert daher das Zergehen und das Muͤrbe - werden eines zaͤhen flach abgeſtreiften Raſens dadurch, daß man ihn nicht nur eggetund97Die Arbeit der Beackerung.und dadurch mit einiger Krume bedeckt, ſondern auch walzt und dadurch feſt an den Boden anpreßt.

Etwas ungewoͤhnliches, aber vorzuͤgliches iſt es, dem Acker vor Winter zwei Fahren zu geben, wo man ihn dann ſchnell nach der Ernte flach umſtreift, und dar - auf im Spaͤtherbſte tief pfluͤget.

§. 174.

Die zweite Wendefahre wird aber in der Regel erſt im Fruͤhjahre gegeben. Die Wende - furche.Sie faͤllt mehrentheils erſt nach der Beſtellung des Sommergetreides. Zu fruͤh darf ſie auf keinem Fall gegeben werden, ſondern die Regel iſt, ſo lange zu warten, bis ſie ausgruͤnt, weil die herumgewandte Narbe nicht eher getoͤdtet iſt und wieder aus - treiben wuͤrde, wenn ſie nicht ſtark mit Erde bedeckt waͤre. Mehrentheils wird auch vor der zweiten Fahre nicht geegget, obwohl es gewiß rathſam waͤre, es zu thun. Insbeſondere iſt es dann noͤthig, wenn ſich die Wendefurche verzoͤgert, indem dann der Boden in ſeiner rauhen Lage ſo zuſammenwachſen kann, daß er ſich, beſonders bei einfallender trockner Witterung, ſchwer pfluͤgen laͤßt. Lag der Acker dreeſch oder war ſeine Narbe ſonſt zaͤhe, ſo muß dieſe Wendefurche in derſelben Richtung wie die erſte gegeben werden, weil man durch das Querpfluͤgen die Streifen in Wuͤrfel zerſchneiden wuͤrde, die ſich dann vor der Egge herſchieben, und ſchwer zu zer - kleinern ſind.

War die Brachfahre flach, ſo muß dieſe tiefer ſeyn, damit untere Erde uͤber den vorigen Streifen heruͤberfalle.

Dieſe Fahre wird dann immer geegget; wenn es dreeſch war, mit ſchweren ſtar - ken ſogenannten Booteggen, hauptſaͤchlich in die Quer, um die muͤrbe gewordene Narbe voͤllig zu zerreißen, ſonſt aber mit gewoͤhnlichen Eggen, um die Erdkloͤße zu zertruͤmmern.

Hier ſind nun die Meinungen daruͤber getheilt, ob dieſes Eggen bald nach dem Pfluͤgen geſchehe oder bis kurz vor der naͤchſten Furche verſpart werden ſolle. Die Luftausſetzung der rauhen Furche iſt in dieſer Jahreszeit von vorzuͤglichem Nutzen. Auch werden die Unkrautswurzeln bei trockner Witterung dadurch ſehr entkraͤftet, daß ſie den Sonnenſtrahlen in dieſer Lage ausgeſetzt ſind. In dieſer Hinſicht iſt es alſo ſehr rathſam, mit dem Eggen lange zu warten. Auf zaͤhem Boden muß man jedoch aufmerkſam ſeyn, daß man ihn bei trockner Witterung nicht zu ſehr ausdoͤrren laſſe,Dritter Theil. N98Die Arbeit der Beackerung.indem alsdann die Erdkloͤße durch keine Egge zu bezwingen ſind. Auf der andern Seite aber iſt der rauhe Acker der Keimung des Saamenunkrauts, welches haupt - ſaͤchlich in den Kloͤßen eingeſchloſſen liegt, nicht ſo guͤnſtig, als ein klar geeggeter. Und wenn man alſo mit Saamenunkraut viel zu ſchaffen hat, ſo iſt es rathſam, das Eggen doch ſo fruͤh vorzunehmen, daß dieſer in der jetzigen Oberflaͤche liegende Saa - men noch vor dem naͤchſten Pfluͤgen hervorkomme.

§. 175.

Die Ruhr - furche.Die dritte oder Ruhrfahre wird, wo es die Breiten erlauben, in die Quer gege - ben. Dieſe veraͤnderte Richtung des Pfluges bringt eine weit vollkommnere Zerthei - lung der Erdſchollen hervor, als wenn ſie in gleicher Richtung nur hin und her ge - wandt werden. Es hebt die in den Pflugſtreifen fortrankenden Unkrautswurzeln her - aus, oder macht ſie doch los. Es faßt alle unter der Oberflaͤche ſtehend gebliebene Erdkaͤmme, weswegen auch ein an ſich ſchlechtes Pfluͤgen durch das Querpfluͤgen ſehr verbeſſert wird. Dieſe Arbeit wird durch die Haaken vollkommener wie durch den Pflug verrichtet, und jene Inſtrumente haben beſonders in Anſehung der Heraus - hebung der Unkrautswurzeln Verzuͤge vor dieſem. Die groͤßeren verhaͤrteten Klum - pen kommen nun an die Oberflaͤche, und werden der Wirkung der Egge ausgeſetzt.

Das Eggen dieſer Fahre muß mit beſonderem Fleiße geſchehen, denn es kann hier am meiſten wirken. Die Unkrautswurzeln ſind nun loſe genug um hervorgezo - gen zu werden, und die Sonne hat in dieſer Jahreszeit die Kraft, ſie zu verdorren. Bei wechſelndem Sonnenſchein und Gewitterregen werden die Erdkloͤße muͤrbe, und jedes Partikelchen der Erde beſchwaͤngert ſich mit atmoſphaͤriſchen Stoffen. Ob man das Eggen gleich nach dieſer Fahre oder ſpaͤter vornehme, beruhet auf denſelben Gruͤnden, die wir bei dem zweiten Eggen anfuͤhrten. Indeſſen iſt es doch hier we - gen der Unkrautswurzeln rathſamer, fruͤher zu eggen, damit ſie herausgeriſſen, um ſo laͤnger der Luft ausgeſetzt ſind, eher ſie wieder untergepfluͤgt werden.

Mit dieſer Furche wird in der Regel der Miſt untergebracht, und da es nie rath - ſam iſt, dieſen tief unterzupfluͤgen, ſo wird ſie flacher als die zweite und vierte Furche gegeben.

Eine guͤnſtige Witterung, welche dieſe Fahre trifft, naͤmlich anhaltender war - mer Sonnenſchein mit untermiſchten ſchnell voruͤbergehenden Regenſchauern hat einen auffallenden Einfluß, nicht nur auf das naͤchſtfolgende Getreide, ſondern auch auf99Die Arbeit der Beackerung.die ganze Beſtellungszeit. Die Wechſelwirkung zwiſchen Erde und Duͤnger geht dann am lebhafteſten vor ſich; das Wurzel - und Saamen-Unkraut wird am wirkſam - ſten zerſtoͤrt. Bei einer ſehr naſſen kalten Witterung wird dieſes bei weitem minder erreicht. Es koͤmmt daher ſehr darauf an, daß man ſich nicht damit verſpaͤte, und die waͤrmſten Tage recht benutze.

Tritt nach dieſer gegebenen Fahre regnigte Witterung ein, und erlauben es dann die Kraͤfte der Wirthſchaft, ſo wird auf jedem lehmigen Boden ein zweites Ruͤhren ſich ſehr reichlich durch eine dauernde Verbeſſerung des Bodens und vorzuͤglichere Ernten belohnen. Wo man den Haaken braucht, ziehet man dann damit wieder in einer andern Richtung, mehrentheils ſchraͤg, um ſo beſſer alle Erdtheile zu treffen. Mit dem Pfluge geht es nicht ſo gut, der Wendungen wegen.

§. 176.

Die Saatfurche endlich wird in der Regel mit dem Pfluge oder mit dem HaakenDie Saat - furche. zur vollen Tiefe gegeben; es ſey denn, daß man die Saat, wie zuweilen beim Wei - zen, ſelten beim Rocken geſchehen darf, unterpfluͤgen wollte. Sie wird ſchmal und mit moͤglichſter Vorſicht bearbeitet. Haben die Pflugſtreifen, nachdem ſie eine ge - hoͤrige Zeit gelegen haben welches man bei der Saatfurche immer nuͤtzlich gefun - den hat noch zu ſtarke Hervorragungen, ſo wird zuvor mit der Egge einmal leicht uͤberzogen, was man vorziehen nennt, damit die Saat nicht zu tief in die Rillen falle, und Reihenweiſe zu ſtehen komme, welches immer ein Fehler iſt. Doch findet dies wohl nur bei mangelhaft bearbeitetem Acker ſtatt. Alsdann wird die Saat kraͤftig, wo nicht in die Runde, doch in die Quer eingeegget. Ob man ſich zu dieſer Fahre beſſer des Pfluges oder des Haakens bediene, daruͤber ſind die Meinungen noch un - eins. Mir ſcheint auch hier der Haaken Vorzuͤge zu haben, indem das reihenweiſe Stehen der Saat dabei weniger zu beſorgen iſt, wenn man anders das Auftreten des Zugviehes auf das gepfluͤgte Land verhindert.

§. 177.

Wenn die Wendefahre zu gehoͤriger Tiefe gegeben iſt, ſo kann man ſich zu denGebrauch des Exſtirpators zu den Ruhr - furchen. Ruhrfurchen mit großer Erſparung der Arbeit des Exſtirpators bedienen, und dieſe Bearbeitung hat auf allen nicht gar zu zaͤhen Boden noch entſchiedene Vortheile. Wegen der Schnelligkeit, womit ſie von Statten geht, kann man die gerechte Witte - rung weit beſſer wahrnehmen. Man bewirkt dadurch eine vollkommene Zertruͤmme -N 2100Die Arbeit der Beackerung.rung aller Erdkloͤße und ein Hervorkommen alles Unkrauts. Allein der gewoͤhnliche Stallmiſt kann nicht damit untergebracht werden, und zu der Furche, wo dieſes ge - ſchehen ſoll, findet der Exſtirpator nicht ſtatt; es ſey denn, daß man einen ganz zer - fallenen Mengeduͤnger habe oder eine Kalkduͤngung vornehme, bei welcher ſich der Exſtirpator vorzuͤglich paßt. So kann auch die Saat mit dem kleinen Exſtir - pator, nach Art des Arndtſchen Saatpfluges, am allerzweckmaͤßigſten unterge - bracht werden.

§. 178.

Unvollkom - mene Brach - bearbeitung.Eine ſo vollkommene Behandlung der Brache kennt man freilich in manchen Ge - genden nicht. Die Nothwendigkeit, eine, obwohl unbedeutende Weide fuͤr das Vieh den halben Sommer hindurch zu erhalten, zwingt oder bewegt die meiſten Landwirthe, mit dem Umbruche ihrer Brache erſt zu Ende des Junius anzufangen, und den Ju - lius hindurch damit fortzufahren. Hier iſt dann alle Anſtrengung noͤthig, um ihr uͤberhaupt nur drei Fahren zu geben, und die Einſaat nicht zu verſpaͤten; um ſo mehr, da in die Zeit auch alle Miſtfuhren fallen. Auf ſandigem Boden koͤnnen dieſe drei Fahren auch zureichend ſeyn zur voͤlligen Lockerung und Mengung des Bodens, und es kann hier die Bemerkung richtig ſeyn, daß nach mehreren Fahren ſchlechtere Winterung gewachſen ſey, indem der Boden zu loſe geworden. Allein die Vertil - gung des Unkrauts wird dadurch ſehr unvollſtaͤndig bewirkt, weswegen dann auch in dieſen Gegenden das Unkraut, insbeſondere der Hedderich, auf eine ſchreckliche Weiſe uͤberhand genommen hat, zumal da man die Fahren nun ſo ſchnell hintereinander geben muß, daß der in den Kloͤßen liegende Unkrautsſaamen nicht zum Keimen kom - men kann. Auch iſt dabei eine gehoͤrige Mengung und Zertheilung des Miſtes un - moͤglich, welcher alſo der erſten Saat oft wenig zu Statten kommen kann. Man findet ihn nach dem Umbruche der Stoppel oft Klumpweiſe und in torfigter Geſtalt, ſo daß er ſich dann kaum zertheilen laͤßt. Hier iſt es, wo man mit Recht behaupten kann, daß der Miſt weniger auf die erſte, als auf die zweite Frucht wirke. Um eine unbedeutende Benutzung des Landes durch die Weide zu haben, bringt man ſich um den Nutzen, den ein einmal aufgeopfertes Jahr auf lange Zeit ſichern koͤnnte. Die Nothwendigkeit kann es entſchuldigen, aber woher ruͤhrt die Nothwen - digkeit?

101Die Arbeit der Beackerung.

§. 179.

Zu der Soͤmmerung wird in der Regel dreimal gepfluͤgt. Die Stoppel wirdSoͤmme - rungsfurchen. im Herbſte, nachdem die Winterungsbeſtellung vollendet, umgebrochen. Denn daß man dieſes unmittelbar nach der Ernte thue, und die Regel der Senſe den Pflug gleich folgen zu laſſen beobachte, iſt etwas ſeltenes, und beim gewoͤhnlichen Gange einer groͤßern Wirthſchaft oft nicht auszufuͤhren. Wo es indeſſen geſchieht, da pfluͤgt man dann vor Winter noch einmal. Sonſt wird die zweite Fahre im Fruͤh - jahre, ſobald es Zeit und Witterung erlauben, gegeben, und dieſe nennt man das Felgen, Falgen oder Falzen. Gemeiniglich giebt man dieſe tiefer wie die erſte. Sie wird in der Regel geegget, und dann mit der dritten, noch beſſer mit der vierten, Fahre die Saat mehrentheils untergepfluͤgt, es ſey denn, daß zu naſſe Witterung dieſes bedenklich mache.

So ſoll jede Soͤmmerung in der Regel beſtellt werden. Es geſchiehet aber haͤu - fig nicht, aus Mangel an Zeit und Kraͤften, und man begnuͤgt ſich mit zwei Fahren, deren erſtere mehrentheils unvollkommen gegeben wird. Insbeſondere geſchiehet dies beim Hafer und der großen zweizeiligen Gerſte, weil man es fuͤr bedenklich haͤlt, dieſe ſpaͤter als in der Mitte des May zu beſtellen.

Bei der kleinen vierzeiligen Sommergerſte hat man aber Zeit bis zur Mitte des Junius, und deshalb ziehet man ſolche wahrſcheinlich bei der Dreifelderwirthſchaft vor. In der That iſt hier das dreimalige Pfluͤgen zur Gerſte von ſolcher Wichtigkeit, daß man ſich in Hinſicht der beſſern Beackerung ein an ſich mißlicheres Getreide wohl gefallen laſſen kann. Dieſes Pfluͤgen zur kleinen Gerſte im Fruͤhjahre thut oft meh - rere Wirkung auf die Gaarheit des Bodens, als das ſogenannte ſpaͤte Brachpfluͤgen zur Winterung, wenigſtens in den Jahren, wo das Fruͤhjahr trockner iſt, als der Spaͤtſommer.

§. 180.

Zu dem erſten Umbruch der Stoppel bedient man ſich zuweilen der Methode desDas Halb - pfluͤgen. Halbpfluͤgens, Baͤlkens, Ritzens, Rispens, Rippens, Streckens, welche darin beſteht, daß man einen Streifen ſtehen laͤßt, und mit einem anderen flach ausgehobenen bedeckt. Dieſe Bedeckung muß aber vollkommen geſchehen, und daher der ſtehend bleibende Streifen ſchmaler wie der daruͤber hergeworfene ſeyn. Sel - tener legt man von beiden Seiten einen Streifen uͤber den ungepfluͤgten. Man er -102Die Arbeit der Beackerung.reicht dadurch Vermoderung der Stoppel, Einwirkung des Winterfroſtes, Lockerung des Bodens, und daß dann im Fruͤhjahr die Egge ſehr wirkſam in den Boden ein - greife, die Quecken losreiße, und den Boden zertheile. Nur darf dieſes Eggen nicht zu lange verſchoben werden, weil ſonſt die aufgeworfene Furche mit der unterliegen - den verwaͤchſt, und die Ebenung des rauhen Feldes Schwierigkeiten macht. Man verhuͤtet hauptſaͤchlich dadurch die zu ſtarke Durchnaͤſſung, indem das Waſſer in den gezogenen kleinen Rinnen abzieht, die aufgeworfenen Streifen aber trocken bleiben. Nachdem der Acker eben geegget worden, wird zuweilen das Halbpfluͤgen wiederholt, und nun nur der ſtehend gebliebene Streifen umgeſtuͤrzt. Ein Kreuzpfluͤgen aber iſt, wo es angeht, wohl eben ſo gut.

§. 181.

Erforderliche Aufmerkſam - keit des Auf - ſehers beim Pfluͤgen.Die Beackerung erfordert die beſtaͤndige Aufmerkſamkeit des[Wirthſchafters], der ſie muß beobachten und dirigiren koͤnnen, ohne dabei zu ſtehen. Bei mehreren Pfluͤ - gen muß er einen Knecht fuͤr alle verantwortlich machen, und keine ſtehend gebliebene Balken, ſchiefe und unebne Furchen ungeahndet laſſen, weil ſonſt die Nachlaͤſſigkeit einreißt. Am meiſten muß die richtige Umbrechung bei der Brachfahre beobachtet werden, daß ſie in der beſtimmten Tiefe und Breite geſchehe, naͤchſtdem die Saat - fahre. Minder wichtig ſind die Wende - und Ruhrfahren, und wenn mehrere zu gleicher Zeit einfallen, ſo muͤſſen zu jenen die zuverlaͤſſigſten Arbeiter ausgeſucht werden.

Die richtige Stellung der Pfluͤge, beſonders ob ſie keine widerſtrebende Tenden - zen haben, iſt der eigenen Aufmerkſamkeit werth, obwohl die Beſorgung der Werk - zeuge von dem Hofmeier oder Ackervogt gefordert wird.

Um deſto leichter zu erkennen, ob die Pfluͤger die gehoͤrige Arbeit in einem ge - wiſſen Zeitraume gemacht haben, iſt es bei großen Schlaͤgen rathſam, einen gewiſſen Flaͤcheninhalt durch eingeſchlagene Pfaͤhle zu bezeichnen, oder die Koppel dadurch in gewiſſe Gewende abzuſondern; welches auch bei dem Miſtauffuͤhren, dem Saͤen und bei mehrern andern Gelegenheiten nicht ohne Nutzen iſt.

§. 182.

Zuſammen - ſtellung der Pfluͤger.Es fraͤgt ſich, ob man in großen Wirthſchaften viele Pfluͤge auf ein Gewende nehme, oder ſie in mehrere vertheile? Manche laſſen zehn bis zwoͤlf Pfluͤge hinterein - ander gehen, um mit wenigen Zuͤgen ein Gewende fertig zu machen, weil dies die Auf -103Die Arbeit der Beackerung.ſicht erleichtere, der Hofmeier oder Vorpfluͤger dann den ganzen Zug leite und anweiſe, wo und wie gepfluͤgt werden ſolle. Andere, denen ich in der Regel beipflichte, ge - ben entweder einem jeden Pfluge ein eigenes Beet, oder laſſen hoͤchſtens zwei oder drei Pfluͤge in einem Gewende gehen. Denn jede kleine Unordnung, um derentwil - len man doch nicht gleich austreten laſſen kann, haͤlt den ganzen Zug auf. Es wird uͤber Rainbalken weggepfluͤgt, und man kann ſelten beſtimmen, wer an gemachten Fehlern Schuld ſey. Man lernt ſeine Pfluͤger nicht genau kennen und kann ſie nicht corrigiren. Man kann nicht bloß ſolche Pfluͤger und Geſpanne zuſammengeben, die ſich zu einander paſſen und gleichen Takt halten. Die letzte Furche wird vernach - laͤßigt, oder macht allgemeinen Aufenthalt. Man kann, ohne viele Pfluͤge in ein Gewende zu bringen, doch viele auf einer Breite haben, um ſpezielle Aufſicht daruͤber zu fuͤhren. Nur erfordert die Anlage der Gewende ein richtiges Augenmaaß, damit ſie gut aneinander ſchließen.

§. 183.

Die Vorgewende, Anwaͤnde, welche wegen des nothwendigen Umwendens desDie Vorge - wende. Pfluges liegen bleiben, erfordern beſondere Aufmerkſamkeit, weil der Boden durch das Auftreten feſt gedielt wird. Werden ſie in ein Beet angepfluͤgt, ſo ſetzen ſie dem Abzuge des Waſſers oft einen Damm entgegen, und die Waſſerfurchen werden ſelten tief genug durchgezogen. Werden ſie abgepfluͤgt, ſo haͤuft ſich das Waſſer in der Mittelfurche an. Deshalb iſt am beſten, ſie in einer Richtung und ohne Um - wendung zu pfluͤgen.

§. 184.

Das Pfluͤgen kann zur Erreichung ſeiner Zwecke nur dann von Nutzen ſeyn,Gehoͤriger Ab - trocknungszu - ſtand des Bo - dens zum Pfluͤgen. wenn der Boden in einem gehoͤrig trocknen, zerreiblichen und zerfallenden Zuſtande ſich befindet. Iſt er zu naß, ſo daß die Furchen blaͤnkern, ſo wird er nur in Stuͤcke geſchnitten, die, vom Streichbrette an die Seite getrieben und gepreßt, nur noch compakter werden, und ausgetrocknet harte Schollen bilden. Weder Saamen - noch Wurzelunkraut wird dadurch vertilgt, die Quecken durch das Zerſchneiden nur ver - doppelt. Das Zugvieh wird von dieſer unnuͤtzen Arbeit gewaltig angegriffen. Iſt der zaͤhere Boden zu trocken, ſo iſt die Arbeit fuͤr Menſchen und Vieh, insbeſondere mit ſchlechten Raͤderpfluͤgen, ſehr ſchwer, und der Boden zerfaͤllt auch nicht, ſondern bricht in Schollen. Iſt es indeſſen moͤglich, ihn mit guten Werkzeugen und mit ſtaͤr -104Die Arbeit der Beackerung.kerer Anſpannung zu zwingen, ſo hat das Pfluͤgen des trockenen harten Bodens außer der Beſchwerlichkeit keine Nachtheile, indem die trocken umgeworfenen Schol - len bei eintretendem Regen dann deſto leichter zerfallen, und eine muͤrbe Krume geben.

Auf jedem Fall iſt es von großer Wichtigkeit, bei zaͤherem Boden denjenigen Feuchtigkeitsgrad zu unterſcheiden und wahrzunehmen, in welchem das Pfluͤgen am nuͤtzlichſten und leichteſten geſchehen kann. Und da dieſer Grad auf groͤßeren Fluren bei verſchiedenen Feldern fruͤher oder ſpaͤter eintritt, ſo erfordert es große Aufmerk - ſamkeit, den gerechten Zeitpunkt fuͤr jedes zu treffen, und bei keinem uͤbergehen zu laſſen. Hier unterſcheidet ſich der wahrhaft praktiſche Mann von Ueberlegung und Aufmerkſamkeit von dem bloß mechaniſchen Wirthſchafter, der oft bloß nach einer einmal eingefuͤhrten Ordnung ſeine Pfluͤge vertheilt, und erhaͤlt durch Beobachtung dieſes Umſtandes ſchon ein großes Uebergewicht der Ernten vor dieſem. Die ſchwerer zu bearbeitenden Plaͤtze muͤſſen mit aller Kraft, die zu Gebote ſtehet, in dem rechten Augenblicke angegriffen werden, und ein Tag kann einen betraͤchtlichen Unter - ſchied machen.

Die Englaͤnder bezeichnen dieſen zum Pfluͤgen geeigneten Zuſtand des Bodens mit dem beſonderen Ausdruck: Tid. Sie ſagen: das Land hat jetzt den Tid; das Land iſt am rechten Tid gepfluͤgt oder beſtellet. Dieſem Ausdruck entſpricht urſpruͤng - lich das deutſche Wort Gaare. Denn daß man den Duͤngungszuſtand darunter ver - ſtehet, iſt Mißbrauch des Ausdrucks. Man ſagt Gail und Gaare, um den ganzen Kulturzuſtand auszudruͤcken.

§. 185.

Wann geegget werden ſoll.Noch wichtiger wie bei dem Pfluͤgen iſt es beim Eggen, dieſen gerechten Feuch - tigkeitszuſtand, dieſe Gaare zu treffen, und nur hinſichtlich auf ſelbigem laͤßt ſich die Frage, wenn man eggen ſolle, entſcheiden.

Es iſt ohne Zweifel gut, den Boden eine Zeitlang nach dem Pfluͤgen in rauher Oberflaͤche liegen zu laſſen, weil ihn ſo die Atmoſphaͤre ſtaͤrker beruͤhrt, und manche Unkrautsarten mit ihren Wurzeln eher verdorren. Deshalb ſoll die Egge in der Re - gel nicht unmittelbar dem Pfluge folgen. Indeſſen iſt es auch nicht rathſam, ſie nur kurz vor dem neuen Pfluͤgen zu gebrauchen; denn die in den Schollen eingeſchloſſenen Saamen laufen nicht anders, als wenn jene zerkruͤmelt ſind, auch laſſen ſich dieUnkrauts -105Die Arbeit der Beackerung.Unkrautswurzeln nicht mehr ſo leicht ausreiſſen. Deshalb ſollte die Egge unge - faͤhr in der Mittelzeit zwiſchen zwei Pflugarten gebraucht werden. Aber nur auf ſolchen Boden, der, ſobald er nicht zu naß iſt, der Egge nicht widerſteht, darf dieſe Regel ſtreng befolgt werden. Der zaͤhe Boden, der um ſo ſtaͤrker erhaͤrtet, je naͤſſer er geweſen iſt, muß geegget werden, wenn er zum Zerfallen geneigt iſt, und es iſt gefaͤhrlich, dieſen Zeitpunkt voruͤbergehen zu laſſen, beſonders wenn der Witterungsgang ſich zur Naͤſſe oder Duͤrre beſtimmt zu haben ſcheint. Da iſt es zuweilen rathſam, noch an demſelben Tage, beſonders im trockenen Fruͤh - jahre, zu eggen, wo man gepfluͤgt hat. Deshalb findet man in einigen thonigten Gegenden die Methode, an dem Schwengel des rechten Pflugpferdes ein drittes anzubinden, welches eine kleine Egge ziehet, die die aufgeworfene Erde gleich zerkruͤmelt; wozu man ſich eines jungen, ſchwachen oder zu ſchonenden Pfer - des bedient.

Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.

§. 186.

Wenn gleich dieſe Operation, ihrer Natur nach, der Beackerung vorherge - het; ſo laſſen wir doch die Lehre von jener der Lehre von dieſer folgen, indem jene nur durch dieſe erlaͤutert werden kann, und der Landwirth in der That, bei uns, auch wohl immer erſt ackert, ehe er urbar macht. Wir muͤſſen, um dieſe wichtige Materie nicht zu trennen, neben dem, was die eigentliche mechaniſche Behandlung eines ſolchen Bodens anbetrifft, zugleich die oͤkonomiſchen Ruͤckſichten, welche man bei einem ſolchen Unternehmen zu beobachten hat, erwaͤgen.

§. 187.

Der bei weitem groͤßte Theil des Grundes und Bodeus, der als Lehde, alteOekonomiſche Ruͤckſichten bei ſolchen Unternehmun - gen. Weide-Abtrift, mit Haidekraut uͤberzogen, oder als verwuͤſteter Forſtgrund, als Moor oder Moraſt, ſelbſt als oͤde, den benachbarten Fluren Gefahr drohende Sandſcholle, uͤberall nicht, oder doch nur hoͤchſt unbedeutend benutzt, noch haͤu - fig da liegt, kann ohne allem Zweifel zu irgend einem nuͤtzlichen Zwecke brauchbar gemacht und in Stand geſetzt werden. Allein nicht immer iſt ein ſolches Unterneh - men vortheilhaft, und zuweilen wird der dadurch gewonnene Boden zu theuer er -Dritter Theil. O106Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.kauft. Wenn aber auch der mit Sicherheit zu berechnende Erfolg zweckmaͤßig an - gewandter Mittel ſich am Ende reichlich bezahlt, ſo iſt der Vorſchuß doch nach Summe und Zeit mehrentheils ſo betraͤchtlich, daß jeder Unternehmer wohl zu er - waͤgen hat, ob er ihn zu leiſten vermoͤge, oder ob es ihm waͤhrend der Ausfuͤhrung nicht gereuen werde, Kapital und Arbeit hierauf und nicht auf andere vortheilhaf - tere Unternehmungen verwandt zu haben. Es iſt fuͤr das allgemeine und indivi - duelle Beſte immer zutraͤglicher, ſolche Urbarmachungen gar nicht zu unternehmen, als ſie nicht zweckmaͤßig durchzuſetzen, in der Mitte derſelben ſtehen zu bleiben oder ſie doch nur unvollkommen zu vollfuͤhren. Haͤufig fallen halb ausgefuͤhrte Urbar - machungen, wobei man den Boden mehr erſchoͤpfte als bereicherte, in ihr Nichts zuruͤck; der Grund wird ſchlechter, wie er vorher war; eine vorher freilich ſterile Schaafabtrift, ein rauhes Geſtraͤuch wird nun gar in eine Sandwehe verwandelt; das Beiſpiel ſteht abſchreckend Kinde und Kindeskinde vor Augen; das Kapital, die Arbeit, der Duͤnger iſt dem urbaren Acker entzogen. Man hat neue Urbar - machungen von Seiten der Regierungen immer zu befoͤrdern geſucht. Aber es giebt ohne Zweifel Faͤlle, wo hinſichtlich auf allgemeine Wohlfahrt neue Urbarma - chungen eher zu verbieten oder nur unter gewiſſen Bedingungen zu erlauben waͤ - ren, weil ohnehin die Ausdehnung des kultivirten Ackers fuͤr das der Kultur ge - widmete Kapital und Arbeit zu groß iſt, und eine intenſive Verſtaͤrkung derſelben von gluͤcklicherem Erfolge, als eine extenſive ſeyn wuͤrde. Insbeſondere koͤnnen Gemeinheitstheilungen wuͤſter Aenger und der daraus erfolgende Umbruch derſel - ben, ohne voͤllige Separation des Ackers und Grundeigenthums, nachtheilig fuͤr das Ganze werden, wenn dennoch das ſtrenge Dreifelderſyſtem bleiben muß, und dem Acker die Aenger entzogen werden, die ihm bei jenem Sy - ſteme vermoͤge der groͤßeren Viehhaltung noch einigermaßen aufhalfen.

§. 188.

Genaue Erwaͤgung der oͤrtlichen Verhaͤltniſſe muß alſo bei dem Unternehmen Allem vorhergehen. Man berechne wohl, was der in dem zu erwartenden Stand geſetzte Grund und Boden auf dem Flecke, wo er liegt, dereinſt werth ſeyn werde, und betrachte ihn auch nach den in der Lehre von der Agronomie und von der Werthſchaͤtzung eines Landguts angegebenen Lokal-Ruͤckſichten, beſonders ob es freies, erbliches, verkaͤufliches oder beſchraͤnktes Eigenthum ſey? Servi -107Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.tute, die auf dem Boden ruhen, oder Abgaben, die nach dem Verhaͤltniſſe des Ertrages beſtimmt werden, nehmen von dem zu erwartenden reinen Ertrage leicht ſo viel weg, daß die Zinſen des angelegten Kapitals dadurch erſchoͤpft werden, und dieſes verloren iſt. Der Feldzehnte thut dies unbedingt.

Sodann koͤmmt es darauf an, ob die erforderlichen Arbeiter in der Gegend zu erhalten ſind, und was man von ihrer Kraft und Thaͤtigkeit, nach Verhaͤltniß des Lohns, zu erwarten habe; ob das noͤthige Geſpann vorerſt erhalten und mit anzukaufender Futterung verſehen werden, oder ob man Geſpannarbeit fuͤr Geld von ſeinen Nachbarn verrichten laſſen koͤnne.

Endlich und vielleicht vor allem, ob das noͤthige Anlage - und Betriebskapi - tal ſicher und nachhaltig vorhanden ſey, und ob man die Zinſen eine Reihe von Jahren hindurch zum Theil entbehren koͤnne.

§. 189.

Es ſind beſonders zwei Faͤlle zu unterſcheiden: Eine ſolche UrbarmachungUnterſchei - dung zweier Faͤlle. ſoll entweder in der Nachbarſchaft einer ſchon beſtehenden Wirthſchaft unternom - men und mit derſelben in Verbindung geſetzt werden, kann folglich vom Hofe ab mit Geſpann und Arbeitern zu gelegener Zeit betrieben werden, und von daher jede noͤthige Huͤlfe und Vorſchuß erhalten. Oder aber man muß auf dem neu auf - zubrechenden Lande eine neue Wirthſchaft einrichten, und ſolches ganz aus und durch ſich ſelbſt in Geil und Gaare ſetzen.

§. 190.

Im erſten Falle treten natuͤrlich weit wenigere Schwierigkeiten ein. Es er -1) Urbarma - chung in Ver - bindung mit einer ſchon be - ſtehenden Wirthſchaft. fordert jedoch gehoͤrige Ueberlegung, auf welche Weiſe das neue aufzubrechende Land mit der beſtehenden Wirthſchaft in Verbindung zu ſetzen ſey, in wiefern ſich das alte und neue Land wechſelſeitig unterſtuͤtzen, in einen nuͤtzlichen Zuſammen - hang gebracht werden, und ein wohl berechnetes Ganze bilden koͤnne; insbeſon - dere ob das neue Land ſeiner Grundbeſchaffenheit und Lage nach mit dem alten in eine Rotation zu bringen, oder aber nach einem beſondern, jedoch in das Uebrige eingreifenden Syſteme zu bewirthſchaften ſey.

§. 191.

Man hat hier haͤufig Fehler gemacht, und iſt in ein oder anderes Extrem ver -Fehler, worin manche ver - fielen. fallen. Man hat entweder den alten Acker aus Vorliebe fuͤr den neuen vernach -O 2108Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.laͤßiget, und dieſem alle Kraft der Wirthſchaft zugewandt, in welchem Falle dann der Ertrag des Ganzen eine oft lange Reihe von Jahren hindurch geringer ward, als er vorher war. Oder aber was haͤufiger geſchehen iſt man machte den neuen Acker, nachdem man ihn umgebrochen, dem alten bloß dienſtbar, er - ſchoͤpfte die darin angeſammleten natuͤrlichen Kraͤfte durch Ernten von verkaͤuf - lichen oder auf dem Hofe zu conſumirenden Fruͤchten, ohne ihm den daraus erfol - genden Duͤnger wieder zu geben, in dem Wahne, daß er noch immer natuͤrliche Kraft genug auf etliche Jahre habe, und daß man ihm ſolche dereinſt einmal durch eine Duͤngung wiedergeben koͤnne. Allein ein ſolcher neuer Aufbruch hat, wie die Erfahrung lehrt, das Eigenthuͤmliche, daß er, einmal erſchoͤpft, wieder - holte Duͤngungen erfordert, um wieder in Kraft geſetzt zu werden, und ohne ſolche allen reinen Ertrag verſagt. Mehrentheils laͤßt man ihn dann als einen undank - baren Boden im erſchoͤpften Zuſtande liegen, wo er nun als oͤde Scholle, die das Leben keines Schaafes erhalten kann, ein abſchreckendes Beiſpiel gegen ſolche Un - ternehmungen abgiebt.

§. 192.

Zu beobach - tender Grund - ſatz.Der erſte nie ungeſtraft zu verabſaͤumende Grundſatz muß der ſeyn: fuͤr das auf dem vermehrten Acker nach richtigen oͤkonomiſchen Grundſaͤtzen mehr zu hal - tende Vieh nahrhafte, Futterung zu gewinnen. Deshalb muß man auf dem un - aufgebrochenen Lande es ſey denn reicher angeſchwemmter Marſchboden gegen eine Getreideernte wenigſtens zwei Futterernten oder Weidejahre zu An - fange nehmen, und den ſaͤmmtlichen davon erfolgten Miſt ihm wiedergeben. Oder aber man muß ſtatt des neuen Aufbruchs ſo viel altes Land zur Weide oder zum Futtergewaͤchsbau ausſetzen, und den von dieſem erfolgten Miſt jenem wieder zukommen laſſen, aber doch, auch bei zureichender Duͤngung, den neu aufge - brochenen loſern Boden nie zu viele Jahre unter dem Pfluge halten, ſondern ihn mit Klee oder andern Futterkraͤutern wieder eindreeſchen laſſen, ehe er ſeine Bin - dung ganz verliert. Ueberhaupt aber muß man das in der Wirthſchaft fehlende richtige Verhaͤltniß durch Urbarmachung herſtellen, nicht noch mehr außer Gleich - gewicht bringen.

109Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.

§. 193.

Groͤßere Schwierigkeiten ſind zu uͤberwinden, wenn man einen neuen Auf -2) Urbarma - chung mit Anlegung einer neuen Wirthſchaft. bruch an einem abgelegenen Orte unternimmt, und eine neue Wirthſchaft errich - ten muß. Um das Land in Dung zu ſetzen und zu bearbeiten, wird Vieh erfor - dert; das Vieh verlangt Futter. Aber das Futter waͤchſt nicht ohne Duͤnger und ohne Bearbeitung des Ackers. Eins beruhet auf dem andern; der Grund muß erſt geſchaffen werden, worauf alles ruhet.

Es iſt daher eine Hauptregel, mit einem groͤßeren oder kleineren Theile an - zufangen und langſam fortzugehen, den erſten Theil durch Bearbeitung und Duͤn - gung in den moͤglich vollkommenſten Zuſtand zu ſetzen, damit er zum Aufbruch eines zweiten Theils die noͤthigen Huͤlfsmittel liefern koͤnne, ſich ſo die Baſis des Ganzen zu ſichern und dann immer weiter vorwaͤrts zu ſchreiten.

Sind Geſpanne zur Verrichtung der erſten Arbeit von anderen benachbarten Orten fuͤr Geld zu haben, ſo wird man eine hoͤhere Bezahlung dafuͤr doch immer vortheilhafter, wie eigenes Geſpann finden, wenn man dieſes noch nicht zu allen Jahreszeiten beſchaͤftigen kann. Hat man eine Wirthſchaft in maͤßiger Entfernung, ſo laͤßt ſich vielleicht Geſpann zu einer gewiſſen Jahreszeit dorthin ſchicken.

Hornvieh im Anfange zu halten, iſt ſelten moͤglich, da kein Futter dafuͤr ge - wonnen, und mehrentheils nur ſehr theuer unter ſolchen Umſtaͤnden angekauft wer - den kann.

Aber Schaafen kann man faſt immer die noͤthige Nahrung verſchaffen; denn eine Wuͤſtenei, welche auch nicht einmal Schaafweide gaͤbe, wird Niemand zu kultiviren unternehmen. Iſt noch keine Winterfutterung gewonnen, ſo muß man ſich mit einer Hammelſchaͤferei begnuͤgen. Aber bald wird man jene gewinnen koͤnnen, wenn man den aufgebrochenen Boden mit Huͤrden belegt, mit ergiebi - gern Futtergewaͤchſen, die gruͤn von Maſtſchaafen abgefreſſen werden, mit Spoͤr - gel, weißen Ruͤben, Ruͤbſaat, Buchweizen beſaͤet, ſie hierauf wieder hordet und nach dieſer zweiten Hordenduͤngung Getreide darauf bringt, darauf gleich Klee nach Beſchaffenheit des Bodens rothen oder weißen ſaͤet, und damit zur Heu - gewinnung oder Weide liegen laͤßt. Iſt ſo der erſte Grund gelegt, ſo kann man jaͤhrlich weiter fortgehen, und wird bald dahin gelangen, auch Rindvieh halten110Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.und Stallmiſt machen zu koͤnnen. Wenn das mit Klee auf etliche Jahre zur Weide niedergelegte Land nun wieder umgebrochen wird, ſo wird es reichen Er - trag, und dieſer erſte Theil nun wenigſtens der vollſtaͤndiger zu organiſirenden Wirthſchaft Brodkorn. und Pferdefutterung liefern.

Nur muß die Abſicht bei einer ſolchen Unternehmung zuerſt lediglich darauf gerichtet ſeyn, Futterung fuͤr das Vieh und dadurch Duͤnger zu produciren. Man muß in den meiſten Faͤllen auf reinen Geld-Ertrag einige Zeit Verzicht leiſten, und mittelſt beſtaͤndiger Zuſchuͤſſe, die ſich jedoch von Jahr zu Jahr verringern werden, ein Kapital im Boden belegen. Dies Kapital und die daraus zu erwar - tende Rente wird bei gehoͤrigem Verfahren alle verwandte Koſten und Aufopferun - gen reichlich erſetzen. Vergl. Annalen des Ackerbaues 1808, Bd. VII., S. 313, wo man das Projekt der Urbarmachung einer wuͤſten Feldmark detaillirt und be - rechnet findet.

§. 194.

Nothwendi - ges Erforder - niß bei ſolchen Unternehmun - gen.Es erhellet hieraus aber von ſelbſt, daß ſolche Urbarmachungen und Anſiede - lungen auf Boden von gewoͤhnlicher Guͤte durchaus ein angemeſſenes Vermoͤgen, mit Einſicht, Eifer und Geduld verbunden, erfordern, wenn ſie durchgefuͤhrt werden ſollen, und daß ſie auf keinen Fall die Sache eines Unvermoͤgenden oder eines Anfaͤngers ſind, die ſich doch gewoͤhnlich damit befaſſet haben. Selbſt auf gutem Boden ſind gewoͤhnlich erſt mehrere Anbauer zu Grunde gegangen, und ha - ben ihren verwandten Fleiß mit dem Ruͤcken anſehen muͤſſen, eher einer nothduͤrf - tig darauf fortkam; und im gluͤcklicheren Falle bleibt doch ein ſolches Grundſtuͤck gegen das, was es haͤtte werden koͤnnen, in einem ſehr niedrigen Zuſtande zuruͤck; es ſey denn der Boden von unerſchoͤpflicher Reichhaltigkeit, wie die abgewaͤſſerten Bruͤcher an der Oder und Warthe es waren.

Am wenigſten ſind Urbarmachungen die Sache kleiner Anſiedler aus der arbei - tenden Klaſſe. Leute dieſer Art koͤnnen, auch bei erhaltener Unterſtuͤtzung, ihre Ausſichten nicht auf eine laͤngere Reihe von Jahren ausdehnen, ſondern wollen und muͤſſen den Lohn ihrer Arbeit in dem naͤchſten Jahre genießen. Nun kann freilich der Aufbruch eines alten Forſt - oder Weidegrundes dieſen geben und reich - lich geben, wenn man ein ausſaugendes Syſtem anwendet, und nach tuͤchtigem Pfluͤgen, unbekuͤmmert um Viehhaltung und Duͤngung, verkaͤufliche Fruͤchte111Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.nimmt. Dann aber iſt der Grund, der vorher noch etwas lieferte, auf ewige Zei - ten in einem todten unfruchtbaren Zuſtand verſetzt, und kann hungernde Schaafe zwar tragen, aber ihnen keine Nahrung geben.

Nirgends iſt ſeit einem halben Jahrhundert wohl ſo viel wuͤſtes Land urbar gemacht worden, wie in Schottland und dem noͤrdlichen Theile von England, und das iſt mit gluͤcklichem Erfolge mehrentheils von einer Octroygeſellſchaft auf Actien geſchehen, die einen großen Diſtrikt ankaufte, die Urbarmachung unter der Direk - tion eines ſehr einſichtsvollen Mannes fabrikmaͤßig betrieb; nachdem es aus dem Rohen herausgearbeitet, manchmal auch in volle Kultur geſetzt war, ſolche denn mit oder ohne Gebaͤude einzeln verkaufte oder verpachtete. Dagegen hat eine Theilung in kleinere Stuͤcke vor der Urbarmachung faſt nie daſelbſt gelingen wol - len, und die Koloniſten ſind, wie bei uns, zu Grunde gegangen.

§. 195.

Wo man ein dem Boden angemeſſenes Duͤngungs-Surrogat, Mergel, Modder, auch Torf auf der Stelle findet, da laͤßt ſich die Kultur eines rohen Bo - dens ſchneller bewerkſtelligen. Auch iſt dies der Fall, wo durch Sperrung kleiner Fluͤſſe und Baͤche, oder durch Auffangung von Quellen Bewaͤſſerungswieſen an - gelegt werden koͤnnen, womit vor allem der Anfang gemacht werden muß.

§. 196.

Die vortheilhafteſte Benutzungsart des aufzubrechenden Landes muß vorher wohl erwogen, der Natur des Grundes und Bodens, den bezweckten Wirthſchafts - einrichtungen und dem gemachten Plane angemeſſen feſtgeſtellet werden. Was Wieſe oder nahrhafte Weide geben kann, verdient die erſte Ruͤckſicht, und muß dazu vor allem in Stand geſetzt werden, wenn man es auch in der Folge unter den Pflug zu nehmen geſonnen iſt, weil dadurch dem Acker die erſte Kraft ertheilet oder erhalten werden kann.

§. 197.

Alter Forſtgrund iſt derjenige, welcher wohl am haͤufigſten aufzubrechen vor -Aufbruch des alten Forſt - grundes. koͤmmt, und mit dem groͤßten Vortheil fuͤr den Unternehmer und fuͤr das allge - meine Beſte aufgebrochen werden kann. Der Jammer uͤber Holzmangel kann nicht durch Beibehaltung des veroͤdeten Forſtgrundes, ſondern nur durch die Ausroh - dung der ungeſunden, einzeln ſtehenden Baͤume und des unnuͤtzen Geſtruͤppes und112Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.durch eine mehr intenſive Forſtkultur in geſchloſſenen Hoͤlzern gehoben werden. In vielen Provinzen und Laͤndern iſt der Holzmangel um ſo groͤßer, je ausgedehn - ter der Forſtgrund iſt. Nicht ſelten wuͤrde es rathſam ſeyn, den erſchoͤpften aber gelockerten Acker in geſchloſſene Holzbeſaamungen oder Pflanzungen zu legen, und die Forſt dagegen allmaͤhlig auszurohden und in Ackerland zu verwandeln.

Mehrentheils hat alter Forſtgrund Nahrungsſtoff genug in ſich, um zugleich mit Futterkraͤutern Getreideernten hervorzubringen, ſeinen Anbau folglich gleich zu bezahlen, ohne daß man ihn erſchoͤpfend behandelte.

§. 198.

Ausrohdung der Baum - wurzeln.Die Ausrohdung der Baum - und Geſtrauchwurzeln erfordert freilich oft viele Arbeit. Man hat mancherlei Maſchinen erfunden, die dieſe Ausrohdung mit ge - ringerer Arbeit bewirken ſollen. Allein ſie ſind bisher unbrauchbar befunden, und es ſcheint wohl evident erwieſen zu ſeyn, daß man von der Mechanik keine Ma - ſchinen erwarten duͤrfe, durch die ſich bei großen ſtark bewurzelten Baͤumen eine hinreichende Kraft anwenden ließe; weil kein Material dauerhaft genug iſt, die erforderliche Kraft auszuhalten.

Zu kleinerem Geſtruͤppe bedient man ſich indeſſen eines einfachen Hebebaums mit einer ſtarken dreizackigen eiſernen Gabel. Die Zacken pflegen 20 Zoll lang und eingekerbt zu ſeyn, auch ein wenig in die Hoͤhe zu ſtehen, damit ſie deſto feſter unterfaſſen. Das Blatt muß beſonders maſſiv und ſtark ſeyn, und ſein Griff muß eine dicke Stange, am beſten von Eſchenholz, einlaſſen, die eine Laͤnge von 15 bis 20 Fuß hat. An der anderen Seite wird ein Seil von 8 bis 10 Fuß Laͤnge befeſtiget, welches unten eine Querſtange haͤlt, woran mehrere Menſchen ziehen koͤnnen. Man ſchiebt, nachdem die ſtaͤrkſten Seitenwurzeln abgehauen worden, die Gabel ſchraͤg unter den Stamm, treibt durch Klopfen ſelbige ſo weit als noͤthig unter, bringt ſodann einen Klotz unter die Stange, und treibt dadurch das oberſte Ende, woran das Zugſeil befeſtiget iſt, 10 bis 12 Fuß in die Hoͤhe, und ziehet nun mit aller Macht daran. Mit dieſer einfachen Vorrichtung kann man oft viel bewirken, und wo ſie nichts ausrichtet, da werden auch zuſammen - geſetzte Maſchinen mehrentheils brechen.

Das Ausrohden großer Baumwurzeln geſchiehet aber immer leichter, wenn der Stamm noch daran ſitzt, als wenn er abgehauen worden, weil man ſich deſ -ſelben113Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.ſelben als eines Hebels bedienen kann. Der Baum wird erſt umgraben, ſeine Hauptwurzeln geloͤſet, die flacher liegenden werden ausgeriſſen, und wenn er wankt, wird an einem hoch am Stamme befeſtigten Seile gezogen, und ſo mit Umreißung des Baums ſelbſt das Wurzelnende herausgehoben. Man hat dieſes Umwerfen der Baͤume oft dem Winde uͤberlaſſen, der, nachdem die Wurzeln ge - loͤſet waren, ganze Reviere niederlegte.

Man giebt die Arbeit des Holzrohdens mehrentheils in Verdung, entweder Morgenweiſe oder nach Klaftern des aufgeſchlagenen Holzes; wobei man eine moͤglichſt vollkommene Reinigung des Bodens von Wurzeln bedingen muß. Oft giebt man auch die Staͤmme oder Bloͤcke fuͤr die Rohdungsarbeit.

Es wuͤrde ſehr muͤhſam ſeyn, einem Boden, der mit Geſtraͤuchen, als Schwarzdorn, Hahnebutten, Maaßholder, ſelbſt mit Geſtruͤppe von Eichen, Eſchen, Birken, Ruͤſtern bewachſen iſt, ſo von den Wurzeln zu reinigen, daß ſie nicht wieder ausſchluͤgen. Man kann deſſen uͤberhoben ſeyn, wenn man den Boden etliche Jahre als Wieſe benutzen will. Denn nachdem die groͤßeren Wur - zeln herausgehoben, hauet man nur das kleinere Geſtraͤuch etliche Zoll unter der Oberflaͤche ab, und ebnet dieſe ſo gut wie moͤglich. Wenn dann junge Lohden, im erſten Jahre gewoͤhnlich ſtark, hervortreiben, werden dieſe, mit dem Graſe zu - gleich, ſo dicht wie moͤglich an der Erde abgehauen, und vermehren den Heu - ertrag. Im zweiten Jahre treiben ſie ſchwaͤcher und ſind reichlicher; das dritte uͤberleben die Wurzeln ſelten, ſondern ſterben ab, gehen in Faͤulniß, und geben dem Acker Duͤngung. Dann kann das Land gepfluͤget und gehoͤrig bearbeitet wer - den. Benutzt man ſolchen Boden dagegen gleich als Ackerland, ohne alles Ge - ſtraͤuch voͤllig ausgerottet zu haben, ſo erhalten die Wurzeln durch die Beackerung um ſo groͤßere Triebkraft, und es haͤlt dann aͤußerſt ſchwer, den Acker davon zu reinigen.

§. 199.

Naͤchſt dem Forſtgrunde kommen am haͤufigſten Lehden und Aenger, die bisUrbarma - chung der Leh - den und Wei - deaͤnger. dahin bloß als Weide, unter der Laſt der Gemeinheit, gedient hatten, nachdem ſie getheilt worden oder die Berechtigten abgefunden ſind, zur Urbarmachung. Sie ſind haͤufig in einem ſehr rohen Zuſtande, mit hohen Ameiſenhaufen, Binſen - bulten und Geſtruͤppe bedeckt, und von ſehr unebner Oberflaͤche. Wenn bei demDritter Theil. P114Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.aufzubrechenden Forſtgrunde die Wurzeln am meiſten Schwierigkeit machen, ſo iſt hier dagegen die Grasnarbe mehrentheils zaͤher, wie die unter dem Schatten der Baͤume geſtandene und mit dem Laube derſelben immer bedeckt geweſene.

§. 200.

Durch Brach - behandlung.Die Zerſtoͤrung der zaͤhen unebenen Grasnarbe iſt manchem ſehr ſchwierig ge - worden, und erſcheint vielen hoͤchſt abſchreckend. Man hat deshalb mannigfal - tige Methoden erſonnen und gewaͤhlt, um dieſen Zweck auf das einfachſte und ſicherſte zu erreichen, wovon die merkwuͤrdigſten folgende ſind:

1) Die gewoͤhnlichſte Weiſe iſt die, daß man die Zerſtoͤrung des Raſens durch eine bis 2 Jahr fortgeſetzte Brachbearbeitung bewirket. Man bricht hier den Raſen im Herbſte oder doch nach vorhergegangener feuchter Witterung zum erſten Male nur ſo tief um, wie ſein Wurzelngewebe gehet, in ſofern naͤmlich die Ebenheit des Bodens ein ſolches Abſchaͤlen erlaubt. Man hat eine Methode, dieſes Abſchaͤlen zu bewirken, die mir ſehr geruͤhmt worden, die ich aber ſelbſt noch nicht verſucht habe. Man laͤßt naͤmlich einen Pflug mit einem wohl verſtahl - ten Meſſer und Schaar, jedoch ohne Streichbrett, vorangehen, welcher den Streifen nur perpendikulaͤr und horizontal abtrennt, ohne ihn zu wenden, und dieſem in demſelben Zuge und in derſelben Tiefe einen andern Pflug folgen, welcher den Streifen voͤllig lesreißt und umwendet. Daß dieſe Arbeit gut gehen muͤſſe, leuchtet ein; indeſſen iſt mir noch kein Raſen vorgekommen, welchen ich nicht mit dem Baileyſchen oder Smalſchen Pfluge auf einen Zug haͤtte umbrechen koͤnnen, insbeſondere wenn da, wo der Streifen auf unebenem Boden nicht ge - nugſam umſchlug, ein dem Pfluge folgender Mann ihm mit der Forke und dem Fuße nachhalf. Auch habe ich bei ſehr zaͤher Narbe nie mehr als zwei Pferde vor dieſen Pfluͤgen gebraucht, zuweilen ſogar dieſe Arbeit mit zwei Ochſen verrichten laſſen. Doch paſſen die Ochſen, vorzuͤglich wenn Wurzeln im Boden ſind, nicht ſo gut zu dieſer Arbeit wie Pferde, indem ſie wohl mit gleicher Kraft ziehen, aber von einem unerwarteten Widerſtande ſich anhalten laſſen. Daß indeſſen das Zug - vieh bei dieſer Arbeit in guter Kraft ſeyn und erhalten werden, auch kuͤrzere Ar - beitsperioden haben muͤſſe, verſteht ſich von ſelbſt. Hat der Raſen einige Krume, ſo iſt es rathſam, ihn mit der Egge gleich der Laͤnge nach zu uͤberziehen, und ſo - dann eine ſchwere Walze daruͤber hergehen zu laſſen, damit die Grasnarbe feſt an -115Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.gedruͤckt und der Luft und dem Lichte entzogen werde, weil ſie alsdann leichter mo - dert und ihr Gras nirgends hervortreiben kann. Sind auf unebenem Boden einige Stellen vom Pfluge nicht gefaßt, ſo muß man ſolche mit Spaten oder Hacken nachholen und umbrechen laſſen. In manchen Faͤllen iſt dies unvermeid - lich, und es wuͤrde nachtheilige Folgen haben, dieſe Arbeit erſparen zu wollen. So laͤßt man den Umbruch bis zum Fruͤhjahre und bis eine warme feuchte Witte - rung eingetreten iſt, ruhig liegen, und uͤberzieht ihn vielleicht nochmals mit Eg - gen. Wenn der umgelegte Raſen aus ſeinen Wurzeln auszugruͤnen anfaͤngt, ſo iſt dies ein Zeichen, daß er unten geſtockt ſey, wovon man ſich jedoch durch ge - nauere Unterſuchung uͤberzeugen muß, weil ein fruͤheres Wenden nicht rath - ſam waͤre.

Dann ſetzt man den Pflug in derſelben Richtung etwas tiefer ein, damit man bei dem Herumwerfen des Streifens ihn mit der unteren Erde bedecke. Es iſt hoͤchſt fehlerhaft, dieſes zweite Pfluͤgen ins Kreuz zu geben, indem dadurch die Narbe in viereckige Stuͤcke zerſchnitten wird, die nachher der Egge ausweichen und ſich nicht zertheilen laſſen. Bloß durch dieſen Mißgriff haben ſich manche die Sache ungemein erſchwert. Iſt der muͤrbe Streifen aber nur herumgewandt, ſo thut jetzt die große mit langen ſtarken Zinken verſehene ſogenannte Bootegge, mit vier bis ſechs Pferden beſpannt, ungemeine Wirkung. Ihr Gebrauch muß an - haltend fortgeſetzt oder wiederholt werden, bis das Wurzelngewebe moͤglichſt zer - riſſen iſt.

Die dritte Pflugart wird nun ins Kreuz gegeben, abermals ſehr fleißig, je - doch in der Regel nur mit kleinen Eggen, bearbeitet, und bleibt ſodann bis zum Ausgruͤnen liegen, wo man die vierte oder Saatfurche giebt, und damit nun Winterung einſaͤet.

Auf die Weiſe wird ein nicht gar zu rauher, warmer und trockener Boden durch eine vollkommene Sommerbrache voͤllig urbar, muͤrbe und rein gemacht werden koͤnnen. Ein ſehr rauher, mit vielen zaͤhen Wurzeln durchwachſener, feuchter und kalter Boden aber wird dadurch noch nicht in den erwuͤnſchten Zu - ſtand kommen. Manche machen ſich daraus nichts, ſondern beſaͤen ihn dennoch im Herbſte, wo dann das Getreide auf manchen Stellen gut geraͤth, auf andern aber fehlſchlaͤgt, und von dem wiederaufſchlagenden zaͤheren WurzelunkrauteP 2116Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.verdraͤngt wird. Sie nehmen die Ernten der guten Stellen vorlieb, und hoffen, daß die rohen Stellen ſich in der Folge ſchon geben werden. Allein es hat wohl keinen Zweifel, daß der Nachtheil hiervon in der Folge den Werth einer fruͤheren Ernte bei weitem uͤberwiegt, und daß es richtiger geweſen waͤre, noch ein Brach - jahr daran zu wenden, um die Urbarmachung des Bodens vollkommen zu bewir - ken. Ich wuͤrde wenigſtens in einem ſolchen Falle nie Winterung einſaͤen, ſon - dern zuvor noch einige Furchen geben, und dann eine Frucht uͤber Sommer bauen, welche mit ihren eingreifenden Wurzeln und durch ihre dichte Beſchattung den Boden voͤllig muͤrbe macht und bebruͤtet. Hierzu gehoͤren Huͤlſenfruͤchte, Buch - weizen oder der auf Neubruch ſo vorzuͤglich gerathende, ihm aber auch angrei - fende Lein; oder aber Kartoffeln, Ruͤben und andere zu jaͤtende oder zu behackende Fruͤchte, nach welchen ich dann aber keine Winterung ſondern Gerſte nehmen, unter dieſer aber Klee zu zweijaͤhriger Benutzung ſaͤen wuͤrde; uͤberzeugt, daß hierdurch der Boden zu voller Nutzbarkeit und ausdaurender Kraft am ſicherſten gebracht werden koͤnne. Ich bemerke, daß der Klee ſelten gerathe, wenn man ihn auf ſolchen Neubruch ſaͤet, bevor er durch behackten Fruchtbau dazu geſchickt gemacht worden.

§. 201.

Durch Beſa - mung der er - ſten Furche.2) Man ſaͤet gleich auf die erſte tiefer gegebene Furche eine Sommerfrucht. Es verſteht ſich, daß dies nur auf einem nicht zu rauhen unebenen Boden, der recht gut umgebracht worden, geſchehen koͤnne. Gewoͤhnlicher Weiſe nimmt man Hafer, mit Gerſte wuͤrde es gar nicht gehen der, wenn er fruͤh und dicht auf der rauhen Furche geſaͤet, ſcharf eingeegget iſt, und dann eine guͤnſtige feuchte Witterung hat, oft vorzuͤglich gedeihet, und wenn gleich nicht ſtarkes Stroh, doch ſehr reichliche Koͤrner giebt. Manche verſichern, dies mit dem beſten Erfolge ge - than, und den Boden nach dem Umbruche der Haferſtoppel muͤrber, wie nach der Brache gefunden zu haben, ſo daß ſie Rocken danach haͤtten ſaͤen koͤnnen. Andere, und unter dieſen ich ſelbſt, haben aber die Narbe ſo wenig verweſet und den Bo - den nach dem Umbruche der Haferſtoppel ſo rauh gefunden, daß eine Brache un - umgaͤnglich erforderlich ſchien, und darauf eine bei weitem ſchlechtere Winterungs - ernte gehabt, als man nach ſogleich gebraachten Neubruch ſonſt erwarten darf. 117Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.Faſt alle, die mit Neubruch comparative Verſuche angeſtellt haben, ſind alſo ge - gen den Hafer im erſten Umbruche.

Dagegen habe ich und andere auf die gut umgelegte Narbe eines nicht zu ma - gern und duͤrren Neubruchs mit dem entſchiedenſten Vortheil zuerſt Lein gebauet, der von außerordentlicher Laͤnge und Guͤte in Flachs und Saamen war, und den großen Vorzug vor dem Brachlein hat, daß er wenig gejaͤtet zu werden braucht. Der Saamen wird eingeegget und kommt gut unter, wenn auch nur wenig Krume uͤber der Narbe liegt. Wo der Boden aber zu duͤrre zum Leine ſchien, habe ich Hirſe geſaͤet, die auch, wenn ſie mit dem Karſt behacket, vom groͤbern aufſchla - genden Unkraut gereinigt und verduͤnnet wird, hier vortreflich geraͤth. Beide Ge - waͤchſe haben die Narbe ſo muͤrbe gemacht, daß ſie beim Umbruch zerfiel, und daß auf die erſte Furche Winterung geſaͤet werden konnte. Jedoch iſt dieſes Ver - fahren nur bei einer milden und ebenen Grasnarbe anwendbar.

§. 202.

3) Man laͤßt die Narbe mit einem Handinſtrumente oder mit einem zweck -Durch Abſchaͤ - lung und Auf - ſetzung der Narbe in Miecken. maͤßigen Pfluge abſchaͤlen, zerſticht ſolche in beliebige Stuͤcke, und ſetzt ſie in Hau - fen mit Stallmiſt oder Kalk verſetzt auf, bis ſie zergangen iſt. Indeſſen wird der abgeſchaͤlte Acker mehrere Male gepfluͤgt, der entſtandene Kompoſt darauf verbrei - tet, und nun mit der Saat untergepfluͤgt oder geegget. Dieſe Methode, die ich mehrere Male verſucht habe, giebt einen ungemeinen Ertrag, und ſetzt den Bo - den in den treflichſten Stand, indem ſie eine vollſtaͤndige Zerſetzung der Narbe in Humus und eine wirkſamere Durchluftung des Bodens (Aeration), wie jede an - dere bewirkt Aber es erhellet von ſelbſt, daß ſie koſtbar ſey, und nur auf klei - neren Plaͤtzen Anwendung finde.

§. 203.

4) Brennen der Grasnarbe. In ſofern dieſe Operation bei ſchonBrennen der Grasnarbe. kultivirten Feldern, die eine Reihe von Jahren zu Gras niedergelegt werden, in manchen Gegenden und ſeit uralten Zeiten gebraͤuchlich iſt, und auf eine beſon - ders ſorgfaͤltige Weiſe ausgefuͤhrt wird, habe ich dieſelbe in meiner engliſchen Landwirthſchaft, Bd. I. S. 215 u. f., und ausfuͤhrlicher Bd. III. S. 597 u. f., beſchrieben, auch in den Annalen des Ackerbaues, Bd. III. S. 798 u. f., einen ausfuͤhrlichen Auszug gegeben, von dem, was A. Young in ſeinem Pachterkalen -118Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.der uͤber die Anwendung derſelben auf kultivirtem Boden verſchiedener Art geſagt hat. Auch findet man in Dickſons praktiſchem Ackerbau, Bd. I. S. 238 u. f., eine Beſchreibung derſelben. Ich kann folglich erwarten, daß alle diejenigen, welche dieſes beſondere periodiſch wiederkehrende Verbeſſerungsmittel des Ackers anwenden wollen, dieſe Schriften ſchon geleſen haben, und finde daher eine aber - malige Wiederholung unnoͤthig.

In ſofern indeſſen dieſe Operation zur Urbarmachung des wuͤſten Landes be - ſonders wirkſam und anwendbar iſt, und auf eine zwar minder vollkommene, aber auch im Großen minder ſchwierige Art angewandt werden kann, muß ich hier der beſondern Methode gedenken, welche in dieſem Falle mit moͤglich mindeſter Koſt - ſpieligkeit ſtatt findet.

Es wird die Grasnarbe durch ſogenanntes Halbpfluͤgen, Baͤlken oder Ris - pen, vergl. Bd. III. S. 101, aufgebrochen, indem man wechſelsweiſe einen Streifen mit dem Pfluge ausſtreicht, den andern aber ſtehen laͤßt und dieſen mit jenem bedeckt. Es kann mit jedem gewoͤhnlichen Pfluge geſchehen, der aber etwas ſchraͤg gehalten wird, ſo daß er an der Landſeite tiefer, an der Streich - brettsſeite aber flach mit ſeinem Schaare eingreift, ſo daß die aͤußere Ecke des Schaars faſt uͤber den Boden wegſtreife. Man macht dieſe Schaar breit und moͤglichſt ſcharf, und kann demſelben auch eine ſolche ſchraͤge Stellung, die zum ordentlichen Pfluͤgen fehlerhaft ſeyn wuͤrde, geben. Der ausgeſchnittene Strei - fen muß an der Landſeite hoͤchſtens 2 Zoll dick ſeyn, und an der andern Seite ganz duͤnn auslaufen. Kurz es muß hier gerade ſo gepfluͤgt werden, wie es ſonſt fehlerhaft nur zu haͤufig geſchieht. Nachdem das gebaͤlkte Land eine Zeitlang ſo gelegen hat, muß man es mit der ſchweren Bootegge, die man uͤberhaupt bei neuen Aufbruͤchen vornaͤmlich braucht, ins Kreuz durcharbeiten, und damit den aufgebaͤlkten Streifen zerreißen. Darauf wird der muͤrbe gewordene Raſen, um die Wurzeln und Faſern von der Erde loszumachen, mit kleinen aber eingreifenden Eggen bearbeitet. Wenn der Acker hierdurch wieder eben geworden iſt, ſo ſtreicht man den ſtehend gebliebenen Streifen auf eben die Weiſe aus, und behandelt das Feld mit der großen und den kleinen Eggen nochmals auf eben die Art. Nun iſt es mit losgeriſſenen Graswurzeln und dem loſen trocknen Gewebe der Grasnarbe bedeckt. Dieſe werden bei trockener Witterung denn es verſteht ſich, daß man119Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.eine ſolche zu allen dieſen Verrichtungen wahrnehmen muͤſſe am bequemſten durch den Pferderechen, erſt in Kaͤmme, dann in kleine Haufen, und dieſe wieder in groͤßere zuſammengebracht, und nun wird jeder Haufen bei trocknem windigen Wetter an der Windſeite mit Stroh, Torf oder Reiſig in Brand geſetzt, und dieſer Brand durch Aufſtochern oder Zuſammendruͤcken ſo moderirt, daß alles langſam, aber nicht mit flammender Glut verbrenne. Die Aſche wird nun unmit - telbar geſtreut und moͤglichſt flach untergepfluͤgt, worauf denn der Acker mit jeder Frucht, ſo wie es die Jahreszeit mit ſich bringt, unmittelbar beſtellt werden kann. Wo man beim Aufbruche vom Forſtgrunde Reiſig hat, und dieſen nicht als Feuer - material ſchonen, ſondern aus dem Wege ſchaffen will, macht man davon die Unterlagen der Haufen, wodurch die Austrocknung und Verbrennung beſchleunigt, und um ſo mehrere Aſche erzeugt wird. In Kurland, wo ſolche Rahdungen haͤu - fig vorgenommen werden, und das Holz uͤberfluͤſſig iſt, legt man Holzſcheite ins Kreuz uͤbereinander, und dann die Raſen auf dieſes Geruͤſte, und nennt dieſe da - ſelbſt ſehr gebraͤuchliche Methode Kitten. Vergl. Dullo’s kurlaͤndiſche Land - wirthſchaft, Mitau, 1804, S. 197. Indeſſen kann das Verbrennen auch ſehr gut ohne Holz verrichtet werden.

Durch große comparative Verſuche iſt es in England und Schottland außer allem Zweifel geſetzt, daß die Urbarmachung des Landes durch ein ſolches Abſchaͤ - len und Brennen des Raſens vor jeder andern Methode die vortheilhafteſte ſey, und zwar auf jeder Art von Boden, vorzuͤglich aber doch auf dem thonigen und moorigen.

§. 204.

Oft iſt die Ebnung eines neu aufgebrochenen Bodens noͤthig, wenn er erheb -Ebnung des Bodens. liche Vertiefungen neben betraͤchtlichen Huͤgeln hat, um fuͤr die Folge die Schwie - rigkeiten bei der Beſtellung und die Ungleichheit ſeiner Eigenſchaften zu heben und auszugleichen; ſie erfordert aber allerdings viele Arbeit und Koſten. Das zweck - maͤßigſte Verfahren wird durch die Lokalitaͤt modifizirt. Zuweilen geſchiehet bei einer kurzen Diſtanz die Planirung bloß durch den Wurf, indem man drei oder vier Arbeiter anſtellt, welche ſich die von der Anhoͤhe abgeſtochene Erde zuwerfen, und der letzte ſie in der Sinke vertheilt. Bei einer weiteren Entfernung muß120Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.man ſich der Handkarren, bei einer noch weiteren der Pferdekarren bedienen, wenn man nicht das zu dieſer Arbeit ſo zweckmaͤßige Mollbrett der Frießlaͤnder hat.

Ein Uebel, welches bei der Planirung oft gar nicht oder doch nur durch viele Arbeit zu vermeiden iſt, beſteht darin, daß man den Anhoͤhen ihre fruchtbare Erde nimmt und die Sinken damit uͤberhaͤuft. Wenn es nicht durch Zuruͤckwer - fung der oberen Erde zu verhuͤten iſt, ſo muß man es dadurch wieder gut zu ma - chen ſuchen, daß man die Anhoͤhen durch ſtaͤrkere Duͤngung und ſorgfaͤltige Bear - beitung entſchaͤdigt.

§. 205.

Ausrahdung der Steine und Verſen - kung derſel - ben.Die Herausbringung der großen Steine erſchwert die Urbarmachung des wuͤſten Bodens haͤufig, und dennoch iſt es eine unbedingte Forderung an eine gute Kultur, daß man ſich dieſer Steine im Acker wenigſtens bis zur vollen Pflugtiefe zu entledigen ſuche, weil ſie bei der Beackerung vielen Aufenthalt, Ungleichheiten, ſogenannte Rennbalken veranlaſſen, und die Werkzeuge oft dadurch zertruͤm - mert werden.

Wo man dieſe Feldſteine zum Wegebau, zur Befriedigung und Begrenzung der Felder, zu Mauern und zu Gebaͤuden gebraucht, da bezahlt ſich die Ausroh - dung und Abbringung derſelben zuweilen hinreichend durch ihren Werth. Wo dies nicht der Fall iſt, da ſucht man ſich die Arbeit dadurch zu erleichtern, daß man ſie nicht abfaͤhrt, ſondern tief genug verſenket. Es wird naͤmlich neben dem los - gegrabenen Steine eine tiefere Grube gemacht, und der Stein in ſelbige hinein - gewaͤlzt. Dieſe Grube muß uͤberfluͤſſig tief, der Form des Steines und der Lage, welche er bei ſeiner Umwaͤlzung bekommen wird, angemeſſen ſeyn, damit keine Kante oder Spitze deſſelben zu weit hervorrage. Man will bemerkt haben, daß vor - mals tief genug verſenkte Steine der Oberflaͤche wieder ſo nahe gekommen ſeyen, daß die Arbeit zum zweiten Male vorgenommen werden mußte.

Das Factum iſt richtig, es laͤßt ſich aber wohl nicht durch eine wirkliche Em - porhebung der Steine, ſondern nur dadurch erklaͤren, daß die obere Erde durch Abſchwemmung oder Verwehrung ſich vermindert habe, oder aber, wie ich auf meinem Acker empfinde, die Steine nur ſo flach verſenkt waren, daß ſie zwar bei dem hoͤchſt ſeichten Pfluͤgen nicht beruͤhrt wurden, bei der tiefern Beackerung nun aber im Wege ſtehen. Deshalb muß die Verſenkung betraͤchtlich tiefer vorgenom -men121Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.men werden, als es durchaus nothwendig ſcheint, da ſie uͤberdem der Fruchtbar - keit, an der Stelle wo ſie liegen, auch nachtheilig ſeyn muͤſſen.

Will man die Steine abfahren laſſen, ſo iſt ein dazu eingerichteter Steinwa - gen ein nothwendiges Erforderniß; es ſey denn, daß man im Winter die Arbeit mit einem Schlitten verrichte.

Die großen Steine, beſonders wenn man ſie zu Gebaͤuden gebrauchen will, muͤſſen geſprengt werden. Die gewoͤhnlichſte Methode iſt die, es mit Pulver zu thun. Sie erfordern einen geuͤbten Mann und zweckmaͤßige Werkzeuge, beſon - ders wegen der mit dieſer Operation verbundenen großen Gefahr, wodurch manche Unvorſichtige zu Kruͤppel geworden ſind. Auch iſt ſie bei der jetzigen Theurung des Schießpulvers ſehr koſtſpielig. Eine andere Methode iſt die, daß man den Stein durch ein darauf gemachtes lebhaftes, aber auf einer Stelle konzentrirtes Feuer an dieſer einzelnen Stelle erhitzet und ausdehnt, dann mit Waſſer beſprengt, und durch das Aufſchlagen mit ſchweren eiſernen Hammern ſein Zerſpalten befoͤr - dert. Oft ſpaltet er ohne letzteres von ſelbſt. Eine dritte Methode iſt die, daß man nach der Richtung ſeiner Adern Loͤcher einbohret, in dieſe einen geſpaltenen eiſernen Cylinder hineintreibet, und nun in die Spalte einen Keil einſetzet, und mit gelindem Klopfen von einem Einſatze zum andern den Stein gleichmaͤßig aus - einandertreibet. Dieſe Methode erfordert zwar die meiſte Arbeit, giebt dann aber wegen der ebenen Flaͤche die vorzuͤglichſten Bauſteine. Endlich fuͤllt man auch ein hinlaͤnglich tiefes Bohrloch vor Winter mit Waſſer, und verſchließt es dann ſehr genau mit einem eingetriebenen Stoͤpſel; indem das im Winter beim Ge - frieren auseinandergetriebene Waſſer die Kraft hat, den ſtaͤrkſten Stein zu zerſprengen.

§. 206.

Die wirkſamſte Duͤngung, welche man einem Neubruche geben kann, beſon -Kalkung des Neubruchs. ders wenn er in ſeiner Narbe viele unzergangene vegetabiliſche Stoffe enthaͤlt, iſt die mit friſch gebranntem aͤtzendem Kalke. Man kann hier den Kalk nicht leicht zu ſtark anwenden; 4 bis 5 Winſpel per Morgen ſind da, wo der Preis deſſelben es erlaubt hat, mit dem groͤßten Vortheile aufgebracht worden. Wenn er uͤber die umgebrochene Narbe hergeſtreut und im Sommer haͤufig damit durchgearbeitet wird, ſo loͤſt er alle vegetabiliſchen Theile zu einem hoͤchſt fruchtbaren Humus auf,Dritter Theil. Q122Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.benimmt dem Boden die haͤufig darin befindliche Saͤure und den der Vegetation nachtheiligen Gerbeſtoff, toͤdtet auch zugleich die Wuͤrmer und Inſekten, welche ſich in einem ſolchen Boden zuweilen ſo ſtark eingeniſtet haben, daß ſie die erſten Fruͤchte faſt voͤllig zerſtoͤrten. Nach der Kalkduͤngung auf Neubruch, der viele vegetabiliſche Materie enthaͤlt, kann man diejenigen Fruͤchte, welche am meiſten Nahrung erfordern, insbeſondere Rapsſaat bauen. Jedoch verſteht ſich’s, daß man mit Kalk wenig ausrichten wuͤrde, wenn ein ſolcher Boden arm an ve - getabiliſcher Materie waͤre.

§. 207.

Aufbruch des Haidbodens.Der mit Haidekraut uͤberzogene Boden hat nicht immer einen unfruchtbaren Grund, ſondern manchmal einen fruchtbaren Lehm unter ſich, in welchem Falle er ſeine Urbarmachung reichlich belohnt. Auch enthaͤlt er (vergl. Bd. II. S. 140) Humus, aber von einer beſonderen, andern Vegetabilien nicht guͤnſtigen Eigenſchaft.

Ein Jahr vor ſeinem Umbruche pflegt man das geſchonte und emporgewach - ſene Haidekraut bei recht trockener windiger Witterung anzuzuͤnden, wobei man aber das abzubrennende Revier durch einen breiten, jedoch nur flachen Graben abzuſchneiden hat, damit ſich das Feuer nicht uͤber dieſe Graͤnze hinaus verbreite, und vielleicht großen Schaden durch Entzuͤndung eines benachbarten Holzes an - richte. Hierdurch wird jedoch das Haidekraut nicht zerſtoͤrt, ſondern treibt im folgenden Fruͤhjahre mit einem friſchen Gruͤn dicht wieder hervor. Dieſer junge Austrieb iſt den Schaafen eine angenehme Nahrung, weshalb man in den Haid - gegenden das Abbrennen auch bloß in dieſer Hinſicht unternimmt. Man beſetzt alſo den abgebrannten Platz in dieſem Jahre ſtark mit Schaafen, die jedoch von der Haidrace ſeyn muͤſſen. Dann wird er im Herbſte umgebrochen, und im fol - genden Sommer einige Male gepfluͤgt, und daneben ſo viel wie moͤglich mir Hor - den belegt, weil dieſe, und uͤberhaupt der Schaafduͤnger zur Zerſetzung des Haid - humus, vermoͤge des Ammoniums, beſonders wirkſam ſind. Vom Kalke allein hat man nach mehreren Erfahrungen auf Haideumbruch keine ſehr große Wirkung verſpuͤrt, mehrere von der Holz -, und ſelbſt von der Torfaſche. Thonmergel in Verbindung mit einigem thieriſchen Duͤnger hat ſehr auffallende Wirkung gethan.

123Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.

Man ſaͤet auf dieſem Boden zuerſt am ſicherſten Buchweizen, welcher ſich mit dem Haidhumus unter allen nutzbaren Fruͤchten am beſten vertraͤgt, und ſeine Natur vielleicht gar umzuaͤndern ſcheint. Man ſaͤet denſelben oft ohne vorherge - gangene Brache auf die zweite oder dritte Furche des Umbruchs. Er giebt, beſon - ders wenn er eine ſchwache Duͤngung bekommen hat, ein ſehr uͤppiges Kraut, und wuͤrde zum ſchnelleren Fortſchritte der Kultur eines Haidreviers am vortheil - hafteſten zu gruͤner Futterung oder zu Heu zu benutzen ſeyn. Nach dem Buchwei - zen pflegt dann der Rocken ſehr gut zu gerathen, nach welchen man aber den Acker, mit weißem Klee angeſaͤet, wieder einige Jahre zur Weide liegen laſſen muß, ſoll er anders an Kraft gewinnen und nicht abnehmen. Wo man ihn geizig durch Ern - ten bis auf den letzten Grad ſeiner Kraft erſchoͤpfte, da fiel dieſer Boden zu einem nahrungsloſeren Zuſtande herab, als worin er ſich vorher befand.

§. 208.

Reinen Sand urbar machen zu wollen iſt ein mißlicheres Unternehmen, alsSandkultur. auf Sand zu bauen. Es giebt nur zwei Faͤlle, wo Sandkultur ſich verlohnen und vortheilhaft ſeyn kann.

a) Bei großen Staͤdten, wo der Raum ſelbſt einen ſo hohen Werth hat, daß es ſich der Muͤhe verlohnt, ein ganz neues Erdreich darauf zu ſchaffen, durch Mengung von Lehm, hier haͤufig vorkommenden Bauſchutt, mit vielen wirklich duͤngenden Materialien, welche die Staͤdte liefern.

b) Wo dem Sande eine kuͤnſtliche Bewaͤſſerung in immer zureichendem Maaße gegeben werden kann, wodurch der Sandboden nicht bloß zu Wieſen, ſondern auch zur Erzeugung anderer nutzbaren Fruͤchte geſchickt gemacht werden kann. Sonſt iſt es wohl immer nicht nur nicht belohnend, ſondern oft auch hoͤchſt gefaͤhrlich, trockenen und nicht wenigſtens mit 5 Prozent Thon gemengten Sand, den die Natur mit einer Narbe bedeckt hat, mit dem Pfluge zu verwunden, insbeſondere auf Anhoͤhen und freien Plaͤtzen. Die Erfahrungen ſind nicht ſelten, wo ein Paar duͤrftige Ernten auf ſolchem Boden die Verwuͤſtung fruchtbarer Strecken durch entſtandene Sandwehen zur Folge gehabt hat.

Will man etwas beſſeren Sand in Kultur bringen, ſo iſt eins der Haupt - erforderniſſe, daß man ihn mit Hecken umgebe, und haͤufig durchſchneide, weil dieſe durch Abhaltung des Windes ihm ſeine Feuchtigkeit mehr erhalten, ſein ſo -Q 2124Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.genanntes Auskaͤlten verhuͤten, und uͤberhaupt die Vegetation darauf verbeſſern. Da ein jeder ſandiger Boden, ſo lange naͤmlich ſeine Natur nicht voͤllig umgeaͤn - dert iſt, ſich durch ſich ſelbſt nur erhalten kann, wenn er haͤufig dreeſch lieget und zur Weide dienet; ſo iſt die Abtheilung in Koppeln durch Hecken um ſo angemeſſe - ner, da ſie das weidende Vieh beſchraͤnken, und ihm den ſo wohlthaͤtigen Schutz gegen den Wind geben. Auch iſt es ſehr nuͤtzlich fuͤr ſolche ſandige Reviere, wenn ihnen an der Nordweſt - und Nordoſtſeite durch hoͤheres Holz Schutz gegeben oder erhalten wird.

§. 209.

Befeſtigung des Sandes.Haͤufiger koͤmmt der Fall vor, daß man dem loſen Sande eine Haltung durch Erzeugung einer Grasnarbe zu geben ſuchen muß, die zwar an ſich wenig nutzbar ſeyn kann, zur Verhuͤtung der Verſandung angraͤnzender Felder aber von hoͤchſter Wichtigkeit iſt. Dieſe Erzeugung der Grasnarbe hat aber große Schwierigkei - ten, und ungeachtet man viele auf dem Sande wachſende Grasarten dazu in Vor - ſchlag gebracht hat, den Sandhafer, Elymus arenarius, und die Sand - ſegge, Carex arenaria, auch die eigentliche Quecke, Triticum repens, und Agrostis stolonifera ſo iſt dieſes, ohne vorher Verzaͤunungen angelegt zu haben, doch ſelten von Wirkung geweſen, indem die beſtaͤndige Bewegung des Sandes vom Winde das Keimen des Saamens oder die Anwurzelung der Pflan - zen nicht geſtattete; es ſey denn, daß man eine ungewoͤhnliche Windſtille und feuchte Witterung traf.

Iſt der Sand einmal ganz entbloͤßt und beweglich geworden, ſo iſt keine an - dere Huͤlfe, als ihn durch herbeigeſchaftes Reißwerk zu hemmen, indem man ihn hiermit ſtark belegt, und zwar nicht an der Stelle, wo man ſein weiteres Verbrei - ten hemmen will, ſondern da, wo der bewegliche Sand anfaͤngt. Es wuͤrde naͤm - lich vergeblich ſeyn, ſeinen Fortſchritten einen Damm vorziehen zu wollen, wenn der hinter ſich immer heruͤberwaͤlzt, indem man Beiſpiele hat, daß er hohe Hol - zungen bis uͤber die Gipfel der Baͤume verſchuͤttete. Wenn man aber von der Seite, wo der Wind ihn heruͤbertreibt, anfaͤngt, ſo daß der Sand von hier nicht weiter emporgehoben werden kann, bringt man die Sandwehe zum Stehen. Dieſe Bedeckung mit Reiſern, wozu man gewoͤhnlich Fichtenreiſer nimmt, an welchen die Apfel noch befindlich ſind, um ſo zugleich eine Beſaamung zu be -125Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.wirken, wird mit Zwiſchenraͤumen von 20 oder 30 Schritt bewerkſtelligt. Sobald der Sand nun einigermaßen ſteht, errichtet man geflochtene Zaͤune von Norden nach Suͤden in groͤßeren oder kleineren Zwiſchenraͤumen, je nachdem es die Umſtaͤnde erfordern. Iſt der Sand nicht gar zu loſe und der Zug des Win - des nicht zu heftig, ſo kann man auch ohne Zaͤune gleich Pflanzungen von Kie - fern machen, wovon man ſechs bis zwoͤlf Reihen in einer Entfernung von 2 und 4 Fuß in Verband ſetzt. Nach einem Zwiſchenraume von etwa 40 Schritt wird wieder eine aͤhnliche Pflanzung gemacht. Die Zwiſchenraͤume werden dann mit Kieferaͤpfeln beſtreut, damit hier ein Auſſchlag von Kiefern entſtehe, womit der Sand ohne allem Zweifel am vortheilhafteſten benutzt wird.

Eine unvorbereitete Beſaamung mit Kiehnen kann auf ganz loſem Sande nie anſchlagen, ſondern findet nur auf ſolchem ſandigen Boden ſtatt, der annoch benarbet iſt. Man muß ſich bei der Anlage derſelben deshalb wohl huͤten, ſan - digen Boden ganz umzupfluͤgen, ſondern nur einen Streifen um den andern auf - hauen oder aufpfluͤgen, welche Arbeit ſehr zweckmaͤßig mit der gewoͤhnlichen Kar - toffel - oder Pferdehacke bewerkſtelligt wird.

§. 210.

Um den Sandboden eine nutzbare Grasnarbe zu verſchaffen, muß derſelbeBenarbung des Sandbo - dens. nicht ganz fluͤchtig ſeyn, ſondern ſchon einen Zuſatz von Thon, etwa zu 8 Prozent, haben. Dann paſſen ſich die kleinen Schwingelarten Festuca ovina, rubra, duriuscula und decumbens, Anthoxantum odoratum, Phleum nodosum und arenarium, Bromus mollis und sterilis, Holcus mollis und lanatus, Avena pratensis, Phalaris phleoides und Lolium perenne unter den Graͤſern am beſten dazu, denen man, wenn nicht aller Humus fehlt, Medicago falcata und lupulina, Lothus corniculatus, Ornithopus perpusillus, Thymus ser - pillum, Origanum vulgare, Poterium sanguisorba und den weißen kriechen - den Klee zuſetzen kann. Hat ſich nach einer Reihe von Jahren eine hinreichende Narbe erzeugt, und dieſe zur Schaafweide gedient, ſo koͤnnen mit Vorſicht ein Paar Getreideernten davon genommen werden, jedoch von Rechtswegen nie ohne Duͤngererſatz. Die erſte Beſaamung macht man am beſten mit Buchweizen oder Spergel ſpaͤt im Sommer, etwa in der Mitte des Julius, damit es nicht reife, ſondern vom Froſte getoͤdtet auf dem Acker verfaule.

126Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.

Eine gruͤndliche Verbeſſerung des Sandbodens findet ſtatt, wenn man Lehm - mergel und vielleicht Modder in der Naͤhe hat, und durch ein ſtarkes Befahren damit ſeine ganze Natur gewiſſermaßen umwandelt.

§. 211.

Die Kultur der Bruͤcher und Moore iſt von hoͤherer Wichtigkeit, indem ſie nicht ſelten mit dem groͤßten Vortheile unternommen werden kann. Da aber die Abwaͤſſerung dabei die Hauptſache ausmacht, ſo verſpare ich dieſe Materie bis da - hin, wo wir die Lehre von den Abwaͤſſerungen uͤberhaupt werden entwickelt haben.

Da mit der Urbarmachung die Einhaͤgung in den meiſten Faͤllen zweckmaͤßig verbunden wird, und oft, um das neue Land gegen die Uebertrifft zu ſchuͤtzen, verbunden werden muß, ſo gehen wir dazu uͤber.

Befriedigungen. Einhaͤgungen.

§. 212.

Nachtheile derſelben.Ueber die Nutzbarkeit der Einhaͤgungen der Ackerfelder oder ihre Schaͤdlich - keit im Allgemeinen ſind die Meinungen ſehr getheilt. So viele Lobpreiſungen ſie von einigen erhalten, ſo ſind andere durchaus dagegen; dermaßen, daß ſie nicht nur ihre neue Anlegung widerrathen, ſondern ſogar ſchon gemachte Anlagen dieſer Art wieder wegzuſchaffen nuͤtzlich finden.

Die Nachtheile, welche man ihnen beimißt, beſtehen hauptſaͤchlich in folgenden:

1) Sie nehmen einen betraͤchtlichen Raum weg, welcher auf einem guten Boden von einem großen Werthe ſeyn kann.

2) Sie verhindern die Abtrocknung des Bodens, und verurſachen, daß man oft um ſo ſpaͤter zur Beſtellung kommen koͤnne.

3) Insbeſondere bewirken ſie eine hohe Anhaͤufung des Schnees, welcher ſich an ſolchen Stellen ſpaͤt verliert, und theils die fruͤhere Bearbeitung verhin - dert, theils aber auch die darunter ſtehende Saat erſtickt.

4) Sie geben ein Saamen - und Pflanzenbeet fuͤr das Unkraut ab, welches ſich unter ihnen nicht vertilgen laͤßt, und ſich dann durch Wurzeln und Saamen in dem Acker verbreitet.

127Befriedigungen. Einhaͤgungen.

5) Einen eben ſo nachtheiligen Aufenthalt gewaͤhren ſie den Inſekten, an - dern Thieren, und insbeſondere den Sperlingen und Maͤuſen.

6) Sie ſind der Bearbeitung des Ackers im Wege, indem ſie dem Pfluge nicht geſtatten, ganz auszugehn, ſondern viele Anwaͤnde veranlaſſen, die immer nachtheilig ſind.

7) Sie verſperren die Wege von einem Acker zum andern, und noͤthigen oft große Umwege zu machen, um auf eine andere, oft unmittelbar angraͤnzende Kop - pel zu kommen.

8) Wenn ſie mit Graͤben verſehen ſind, ſo hat man dieſe oft nicht ſo anle - gen koͤnnen, daß ſie gehoͤriges Gefaͤlle haben. Das Waſſer ſtaut alſo darin, und hat ſchaͤdlichen Einfluß auf den Acker. Hoͤchſt ſelten iſt es, daß man die Einthei - lung der Koppeln ſo machen konnte, daß die Befriedigungsgraͤben zugleich zu Ab - waͤſſerungsgraͤben dienten.

§. 213.

Dagegen ſagt man zum Vortheile der Einhaͤgungen, insbeſondere der leben -Ihre Vor - theile. digen, folgendes:

1) Die allgemeine Erfahrung bezeugt die groͤßere Fruchtbarkeit eingehaͤgter Felder. Sie wird dadurch auf mannigfaltige Weiſe befoͤrdert. Einhaͤgungen er - halten die Waͤrme beſſer, indem ſie den Wind brechen, und die erwaͤrmte Luft uͤber der Oberflaͤche des Bodens halten. Bei der Gaͤrtnerei erkennet man den Vortheil einer durch Befriedigung gegen den Wind geſchuͤtzte Laͤge allgemein. Man weiß, daß daſelbſt die Fruͤchte auffallend ſchlechter ſtehen, wenn eine Be - friedigung an einer Stelle ſchadhaft geworden. Die am Tage von der Sonne er - waͤrmte Luftſchicht ſchuͤtzt den Boden und die Fruͤchte gegen die Einwirkung der naͤchtlichen Kaͤlte. Ueberdem aber iſt dieſe untere Luftſchicht am reichſten an den fruchtbarſten Gaſen, die von dem Boden und von den Pflanzen eingeſogen wer - den, wenn der Wind ſie nicht verweht.

2) So ſehr die Einhaͤgungen das Gedeihen der Pflanzen befoͤrdern, ſo ha - ben ſie eine noch groͤßere Wirkung auf das Gedeihen des Viehes. Je mehreren Schutz das Vieh dadurch gegen den rauhen Wind erhaͤlt, deſto wohlbehaltener bleibt es bei derſelben Weide. Hier entſcheiden die Erfahrungen der Englaͤnder, die ſogleich fuͤr eingehaͤgtes Weideland eine ungleich groͤßere Pacht bezahlen; ja128Befriedigungen. Einhaͤgungen.eine ſo viel groͤßere, je kleiner die Koppeln und jemehr ſie durch viele Befriedi - gungen abgetheilt ſind. Eine Koppel von funfzig Aeckern in fuͤnf Abtheilungen, behaupten einige, machen ſo viel Vieh fett, wie eine Koppel von ſechzig Aeckern in einer Abtheilung.

3) Die Erhaltung der Feuchtigkeit durch die Einhaͤgungen iſt mehr nuͤtzlich als ſchaͤdlich. Ein hoher trockener Boden gewinnt dadurch ungemein, und des - halb kann ſelbſt ſandiger Boden einen betraͤchtlich hoͤheren Werth erhalten, wenn man es dahin bringt, daß er mit guten, lebendigen Hecken durchſchnitten und abgetheilt iſt.

4) Der Raum, den ſie wegnehmen, macht ſich durch die Benutzung des Waſenholzes, insbeſondere in holzarmen Gegenden reichlich bezahlt. Je frucht - barer der Boden, deſto reicher iſt auch der Holzwuchs in dieſen Hecken, und deſto weniger eigentlichen Forſtgrund giebt es; ſo daß man ohne ſie Mangel an Feurung leiden wuͤrde.

Die uͤbrigen Nachtheile, welche man davon anfuͤhrt, ſind unbedeutend, und koͤnnen durch gehoͤrige Sorgfalt, die man auf die Reinhaltung der Hecken verwen - det, gehoben werden.

§. 214.

Reſultat der Meinungen.Man kann aus dieſen widerſprechenden Meinungen folgende Reſultate ziehen:

1) Dem feuchten Ackerboden koͤnnen vervielfaͤltigte Einhaͤgungen durch zu lange Erhaltung der Naͤſſe nachtheilig werden, und hier ſollten ſich alle Befrie - digungen nur auf Graͤben beſchraͤnken. Allen trocknen Gegenden und dem loſern ſandigen Boden ſind aber Befriedigungen ſehr vortheilhaft, und zwar um ſo mehr, je haͤufiger er damit durchſchnitten iſt. Hier uͤberwiegt ihr Nutzen bei weitem die Nachtheile, welche ſie in einigen Ruͤckſichten haben koͤnnten.

2) Wenn das Land beſtaͤndig unter dem Pfluge gehalten und jaͤhrlich be - ſtellt wird, iſt ihr Nutzen geringer, und kann durch den Aufenthalt, den ſie bei der Beſtellung veranlaſſen, uͤberwogen werden. Wird der Acker dagegen wech - ſelsweiſe zur Viehweide niedergelegt, oder zu mehrjaͤhrigen Futterfeldern, ſo uͤber - wiegt der Nutzen der Einhaͤgungen, indem ſie die Huͤtung des Viehes ſo ſehr er - leichtern, und ihm allerdings einen hoͤchſt wohlthaͤtigen Schutz geben. Deshalbiſt129Befriedigungen. Einhaͤgungen.iſt das Verfahren ſehr richtig, wenn man die Hecken in dem Vorbereitungsjahre zur Getreideſaat niederhauet, und als Holz benutzt; dann aber waͤhrend der Zeit, daß der Acker unter dem Pfluge ſteht, ſie allmaͤhlig ſo weit heranwachſen laͤßt, daß ſie in dem erſten Weidejahre ihre Hoͤhe wieder erlangt haben. Es gehoͤrt in - deſſen hierzu eine laͤngere, mehrentheils zehn bis zwoͤlfjaͤhrige Rotation.

Die Verſchiedenheit der Meinungen, ob man groͤßere oder kleinere Koppeln machen ſolle, wird ſich aus eben den Ruͤckſichten entſcheiden laſſen. Groͤßere naͤmlich auf feuchtern oder hauptſaͤchlich dem Getreidebau gewidmeten Feldern; kleinere auf trocknem oder zur Viehweide beſtimmten Boden.

§. 215.

Die Arten der Befriedigungen unterſcheiden ſich hauptſaͤchlich in todteArten der Be - friedigungen. und lebendige.

Alle todte Befriedigungen ſtehen darin den lebendigen nach, daß ſie mit der Zeit immer ſchlechter werden; wogegen ſich dieſe bei einiger Aufmerkſamkeit im - mer verbeſſern.

§. 216.

Die todten Befriedigungen ſind:

1) Mauern. Sie koͤnnen natuͤrlich nur da verfertigt werden, wo manMauern. dazu ſchickliche Steine im Ueberfluß hat.

Mit Moͤrtel aufgefuͤhrt findet man ſie wohl nur ſelten um Ackerfeldern, ſon - dern nur um Hoͤfe und Gaͤrten.

Dagegen kommen Mauern von Feldſteinen, ſogenannte trockene Stein - mauern, die mit Moos und Raſen verbunden ſind, haͤufig vor. Wenn ſie halt - bar ſeyn ſollen, ſo werden zum Theil dazu breite und flache Steine erfordert, die gut aufeinander gelegt werden koͤnnen, und die aͤußern Seiten der Mauer ausma - chen muͤſſen. Hat man zugleich einige lange Steine, welche durch die Dicke der Mauer ganz durchgreifen, ſo bekommt ſie eine deſto groͤßere Haltbarkeit. Zum Ausfuͤllen der Mitte und der Zwiſchenraͤume kann man ſich der runderen Steine bedienen. Hat man wenig breite und flache Steine, ſo duͤrfen die Mauern we - nigſtens nicht hoch gemacht werden. Man belegt ſie alsdann mit Raſen, und be - pflanzt dieſen mit Stachelbeer - oder Brombeer-Stauden, die recht gut darauf fortkommen, ihre Wurzeln in die mit Erde ausgefuͤllten Zwiſchenraͤume hinein -Dritter Theil. R130Befriedigungen. Einhaͤgungen.ſchlagen, die Mauer dadurch ſelbſt befeſtigen, beſonders aber die Befriedigung er - hoͤhen, und Menſchen und Vieh abhalten.

§. 217.

Steinwaͤlle.Oder man verfertigt aus den Steinen nur Waͤlle, welche unten breit, oben ſchmal, mehrentheils in einer Rundung, zulaufen. Die Steine werden hier ebenfalls mit Erde und Raſen ausgefuͤllt, oben mit Raſen belegt und mit paſſen - den Gewaͤchſen bepflanzt.

Ein Hauptvorzug dieſer Steinmauern und Daͤmme iſt der, daß ſie wenig Platz wegnehmen, und die Beackerung bis an ihren Fuß erlauben. Wenn ſie gleich nicht ewig halten, ſo iſt dennoch ihre Ausbeſſerung und Wiederherſtellung, wenn das Material einmal auf der Stelle liegt, ſehr leicht. Wo man alſo zur Reinigung der Felder die Steine ohnehin ausgraben und wegſchaffen muß, oder ſie nicht weit herbeizufuͤhren braucht, iſt ihre Anlage ſehr zu empfehlen.

Zuweilen ſetzt man nur eine Reihe von einfachen Steinen an dem Wege vor den Feldern her, um das Ueberfahren zu verhindern, und eine vielleicht dahinter ſtehende Hecke zu ſchuͤtzen; auch bei naſſen Wegen den Fußgaͤngern einen Steig zu bilden, damit ſie nicht auf die Saat uͤbertreten.

§. 218.

Lehmwaͤnde.Die Lehm - oder Wellerwaͤnde, welche man in einigen Gegenden antrifft, je - doch mehr zur Befriedigung der Hoͤfe und Gaͤrten, als der Ackerfelder, ſind von kurzer Dauer, und muͤſſen oft neu errichtet werden. Zu Zeiten unternimmt man dieſe neue Errichtung gern, indem der in ſolchen Mauern der Atmoſphaͤre ausge - ſetzte Lehm eine auffallend duͤngende Kraft erhaͤlt, wenn er auf den Acker gefahren wird. Vorzuͤglich iſt dies der Fall, wenn dieſe Mauern im Dorfe und um Miſt - hoͤfen ſtanden, wo ſie die ausduͤnſtenden Stoffe einziehen. Es muß jedoch der Lehm in der Naͤhe gegraben werden koͤnnen, indem eine entferntere Herbeifuͤhrung die Sache, der kurzen Dauer wegen, zu koſtbar machen wuͤrde.

§. 219.

Verzaͤunun - gen von Holz.2) Todte Befriedigungen von Holz. Dieſe beſtehen zum Theil aus Pfahl - und Gatterwerk von mancherlei Art. Bloße aufgeſtellte Holzſcheiten, die durch ein Querholz mittelſt der Durchlaſſung oder mittelſt eiſerner Naͤgel oder durch Flechtwerk verbunden ſind, machen unter allen die groͤßte Verſchwendung von131Befriedigungen. Einhaͤgungen.Holz, und ſind von kurzer Dauer. Eingegrabene Pfoſten, durch deren einge - ſtemmte Loͤcher Stangen, ſogenannte Ricke, oder auch Latten durchgelaſſen ſind, geben Schutz fuͤr groͤßere, aber nicht fuͤr kleinere Thiere; es ſey denn, daß man die Querhoͤlzer ſehr vervielfaͤltigte und nahe zuſammenbraͤchte. Hierdurch wer -[de]n aber die aufrecht ſtehenden Pfaͤhle wegen der vielen Durchlaſſungen ſehr ge - ſchwaͤcht. Deshalb ſetzt man auch wohl zwei Pfaͤhle neben einander, und verbin - det ſie mit Pfloͤcken, worauf die Stangen ruhen.

Der kuͤnſtlicheren Arten von Lattwerk und Gegitter erwaͤhne ich hier nicht, indem ſie ihrer Koſtbarkeit wegen nur zur Befriedigung der Gaͤrten anwendbar ſind; noch weniger der eigentlichen von Dielen zuſammengeſetzten Planken.

Oder ſie beſtehen aus Flechtwerken. Wo man Reiſer und junge Lohden in Ueberfluß haben kann, giebt dieſes Flechtwerk eine gute und ziemlich haltbare Be - friedigung ab, zumal wenn man die Pfaͤhle aus ſolchem Holze macht, welches Wurzel ſchlaͤgt, und eine Weile zu vegetiren fortfaͤhrt. Dies Flechtwerk wird uͤbrigens auf mannigfaltige Weiſe gemacht.

Dieſe Holzverzaͤunungen, welche man in manchen Gegenden Deutſchlands noch haͤufig findet, werden und muͤſſen bald aufhoͤren, indem der Mangel des Holzes, oder wenigſtens die groͤßere Sparſamkeit, womit man es behandelt, dieſe Ver - ſchwendung deſſelben nicht laͤnger dulden wird. In den Doͤrfern, wo man ſie am haͤufigſten antrifft, haben ſie obendrein den großen Nachtheil, daß ſie ein entſtande - nes Feuer mit unglaublicher Schnelligkeit von einem Gehoͤfte zum andern fortlei - ten, und wenn man ihre Niederreißung verabſaͤumt, ein ganzes Dorf ſchnell in Flammen ſetzen.

§. 220.

3) Erdwaͤlle. Erdwaͤlle.

In der Regel ſind dieſe mit Graͤben auf beiden Seiten, woraus die Erde ge - nommen worden, verſehen, und werden dann oft mit Hecken verſchiedener Art auf ihrem Gipfel, oder auf trocknerem Boden am Fuße des Walles und an der Kante des Grabens bepflanzt.

Die dauerhafteſte Art derſelben iſt die, welche von Raſen aufgeſetzt werden, und in einem loſern ſandigen Boden finden andere kaum ſtatt. Da es aber nicht ausfuͤhrbar ſeyn wuͤrde, den erforderlichen Raſen anderswoher herbeizuſchaffen,R 2132Befriedigungen. Einhaͤgungen.ſo muß das Land, wo ſie aufgeſetzt werden ſollen, vorher beraſet ſeyn, und eine Reihe von Jahren zur Erzeugung dieſer Grasnarbe geruhet haben. Am meiſten finden ſie deshalb ſtatt, wo altes Weideland urbar gemacht und befriedigt werden ſoll, und wo deshalb die Errichtung ſolcher Erdwaͤlle, wenigſtens zur Befriedi - gung jedes Eigenthums, um ſo weniger verabſaͤumt werden muͤßte.

Sie nehmen freilich einen betraͤchtlichen Raum weg, indem zur Errichtung eines ſolchen Walles mit Inbegriff der Graͤben eine Breite von 16 bis 18 Fußen erforderlich iſt. Jedoch kann der innere Graben in der Folge eingehen.

Das Weſentliche ihrer Verfertigung beſteht in Folgendem: Es wird die Li - nie, welche den Grund des Walles, der gewoͤhnlich 8 Fuß betraͤgt, ausmachen ſoll, nach der Schnur auf beiden Seiten abgeſtochen, und ſo auch die Linie der beiden Graͤben, deren obere Weite auf jeder Seite 4 bis 5 Fuß betraͤgt. Man ſticht nun aus dem Grunde des Walles zuerſt den Raſen in Soden von ungefaͤhr einem Quadratfuß aus, in der Dicke ſeiner Grasnarbe. Die loſe daran befind - liche Erde wird abgeſchuͤttelt. Am Rande der Wallflaͤche laͤßt man aber ½ Fuß ſtehen. Nun legt man eine Reihe Soden mit der Grasſeite zu unterſt gekehrt in gerader Linie dicht neben einander um etwas weiter als den Grund des Walles zuruͤck auf beiden Seiten an. Den Zwiſchenraum zwiſchen beiden Reihen fuͤllt man mit der aus dem Grabenraum, nach geſchehener Abbringung der Soden, ausgeſtochenen Erde, bis zu gleicher Hoͤhe mit dem Raſen aus. Hierauf wird die zweite Reihe von Raſen angelegt, und zwar ſo, daß jedes Stuͤck Raſen die Fuge der beiden vorhergehenden bedecke, auf dieſelbe Weiſe, wie man Ziegel zu ſetzen pflegt. Dieſe Reihe wird aber etwas mehr eingezogen, ſo wie auch die folgenden, damit der Wall eine gehoͤrige Abdachung erhalte. Damit die Arbeiter dieſes richtig beobachten, iſt es rathſam, ihnen aus Leiſten oder Latten zu - ſammengeſetzte Schablonen in die Hand zu geben, welche die Form des Walles beſtimmen, in einiger Entfernug aufgeſtellet werden, und an denen eine Richt - ſchnur angelegt werden kann. Soll der Wall etwa, von ſeiner Baſis an, Fuß hoch werden, ſo kann man fuͤr die obere Flaͤche 3 Fuß annehmen, und die Abda - chung laͤuft alſo bis auf den hervorſtehenden Fuß des Walles, alſo von 3 zu 8 Fuß ab.

133Befriedigungen. Einhaͤgungen.

Bei der Legung der Raſen muß darauf geſehen werden, daß man diejenige Seite deſſelben zur Auſſenſeite waͤhle, welche am ebenſten abgeſtochen worden. Es iſt auch gut, wenn die eine Seite gleich ſo ſchraͤg abgeſtochen wird, als zu der erwaͤhnten Abdachung erforderlich iſt; ſonſt muß der Wall nachher eben geſchnit - ten werden. Jede Reihe von Raſen wird nun auf der unteren feſt geſtampft, je - doch ſo, daß ſie nicht zerquetſchet werden. Der Zwiſchenraum zwiſchen beiden Reihen wird bei jeder Lage mit ausgegrabener Erde jedesmal ausgefuͤllt, ſo daß es, wenn ſie feſt geſtampft worden, eine ebene horizontale Flaͤche bildet.

Man faͤngt dieſe Arbeit gewoͤhnlich im Herbſte an, und laͤßt dann den Wall, wenn er etwa die Hoͤhe von bis 2 Fuß erreicht hat, den Winter uͤber ſtehen, da - mit ſich der Grund erſt voͤllig ſacke. Das Uebrige wird dann im Fruͤhjahr voll - fuͤhrt, jedoch ſo fruͤh als moͤglich und ehe die duͤrre Jahreszeit eintritt, damit der Raſen noch vor derſelben verwachſen koͤnne. Die ausgeſtochenen Soden kann man ſicher den Winter uͤber liegen laſſen, aber nicht uͤbereinandergehaͤuft, ſondern auf der flachen Erde, mit der Grasſeite nach oben gekehrt.

Reicht der Raſen aus der Wall - und Grabenflaͤche zur Auffuͤhrung des Dam - mes nicht zu denn dies laͤßt ſich, da er von verſchiedener Dicke iſt, nicht ge - nau beſtimmen ſo muß man freilich mit dem Abſtechen deſſelben weiter ins Land gehen oder ihn herbeifuͤhren, welches auch in dem Falle noͤthig ſeyn wird, wenn man an duͤrre Stellen kommt, wo kein Raſen gewachſen iſt. Wird den Graͤben auf beiden Seiten die gehoͤrige Abdachung gegeben, ſo reicht die ausgeſto - chene Erde zur Auffuͤhrung des Walles gerade zu.

Wo der Boden ſehr lehmig und bindend iſt, bedarf es der Aufſetzung des Dammes von Raſen nicht, ſondern man kann einen aufgeworfenen Erdwall nur auf der Oberflaͤche mit Raſen belegen. Ja an ſeuchten Stellen hat dieſes ſogar Vorzuͤge, indem der Raſen, der daſelbſt dick und mooſigt zu ſeyn pflegt, leicht faulen und broͤcklich werden wuͤrde, wenn man ihn uͤber einander auflegte. Weil in dieſem Falle der Raſen, den man aus der Grabenflaͤche ausſticht, zur Belegung mehrentheils zureicht, ſo braucht man den von dem Grunde des Walles nicht ab - zuſtechen, ſondern kann die Erde aus den Graͤben gleich aufwerfen, und daraus den Wall mit gehoͤriger Abdachung bilden. Die Raſen, womit er belegt wer - den ſoll, muͤſſen dann aber vorſichtig, und zumal, wenn ſie dick ſind, ſo ſchraͤg134Befriedigungen. Einhaͤgungen.abgeſtochen werden, daß ſie, um die ſchraͤge Flaͤche zu bilden, genau aneinander paſ - ſen, und die obere Sode mit ihrer untern Kante unter die darunter liegende Sode un - tergreife. Man faͤngt mit der Belegung natuͤrlich unten an, und ſetzt zuerſt die un - tere Reihe, die ſowohl im Ganzen als in den einzelnen Raſenſtuͤcken eine gleiche Breite haben muß. Daruͤber wird die zweite Reihe geſetzt, und zwar die einzelnen Stuͤcke im Verbande mit den Stuͤcken der untern Reihe und moͤglichſt genau eingefugt; dann die dritte Reihe und ſofort bis zum Gipfel des Walles. Die Erde wird unter die Ra - ſen gehoͤrig unterg[eſ]topft, ſo daß eine voͤllig ebene Flaͤche gebildet werde, und durch - aus keine Hoͤcker oder Vertiefungen entſtehn.

Dieſe Erdwaͤlle werden ſodann mit Hecken, mehrentheils auf dem Gipfel, zu - weilen auch an den Seiten bepflanzt, wovon ſogleich die Rede ſeyn wird.

Die Befriedigung endlich mit bloßen Graͤben iſt in feuchten Gegenden vorzuzie - hen. Von der Anlage der Graͤben aber werden wir bei der Lehre von der Abwaͤſſe - rung ausfuͤhrlicher reden.

§. 221.

Lebendige Befriedigun - gen.Die lebendigen Befriedigungen oder die gruͤnen Hecken werden auf Erdwaͤllen ſowohl, als auf ebenen Boden nach mancherlei Weiſe und von verſchiedenen Pflan - zen angelegt. Man macht ſie von einer Pflanzenart oder mengt mehrere dazu taug - liche Arten untereinander.

Unter den Pflanzen, die gewoͤhnlich dazu genommen werden, ſind folgende in unſerm Klima die gebraͤuchlichſten und zweckmaͤßigſten:

Crataegus oxyacantha der Weißdorn, Hagedorn oder Mehldorn.

Prunus spinosa der Schwarzdorn.

Rosa canina die Habnebutte.

Corylus avellana die Haſſel.

Sambucus nigra der Holunder.

Carpinus betulus die Hainbuͤche, Hagebuͤche.

Ribes grossularia die Stachelbeere.

Betula alba die Birke.

Ulmus campestris die Ulme, Ruͤſter.

Salix mehrere Arten von Weiden.

Robinia pseudacacia die Akazie.

135Befriedigungen. Einhaͤgungen.

Einige Ginſterarten Genista und das Liguſtrum Ligustrum vulgare welche aber in unſerm Klima leicht abfrieren, obwohl ſie wie - der ausſchlagen.

Den Berberitzen-Strauch, Berberis vulgaris, den man vormahls haͤu - fig zu Hecken, entweder allein oder vermengt empfohlen hatte, verwirft man jetzt gaͤnzlich, da es durch unlaͤugbare Erfahrungen ausgemacht iſt, daß er dem Getreide bis zu einer Entfernung von funfzig Schritt hoͤchſt ſchaͤdlich werde.

Man muß unter dieſen Pflanzenarten diejenigen auswaͤhlen, welche dem Bo - den am angemeſſeſten ſind. Was auf dem Boden wild waͤchſt, iſt ohne Zweifel am meiſten fuͤr ihn geeignet, und auf deſſen Fortkommen kann man am ſicherſten rech - nen. Jedoch kann man durch ſorgfaͤltige Behandlung und auf wohl vorbereitetem Grunde oft auch Strauchgewaͤchſe fortbringen, denen der natuͤrliche Boden nicht zu - ſagt. Wo man aber zweifelhaft daruͤber iſt, wird es doch immer rathſam ſeyn, ſie mit andern zu verbinden, die ihren Platz ausfuͤllen koͤnnen, wenn jene nicht fortkaͤmen.

§. 222.

Unter allen zu Hecken geeigneten Pflanzen iſt der Weißdorn ohne ZweifelWeißdorn - hecken. die vorzuͤglichſte. Er giebt, gehoͤrig angezogen, die allerundurchdringlichſte Be - waͤhrung, haͤlt ſich dicht geſchloſſen, wuchert mit ſeiner Wurzel nicht ins Land, und unterdruͤckt die Fruͤchte in ſeiner Nachbarſchaft nicht. Auch verbreitet er ſeine Zweige nicht uͤbermaͤßig, und laͤßt ſich leicht in Schranken erhalten, ſo daß man ihn nur wenig und ſelten zu beſchneiden braucht. Alle Thiere ſcheuen ihn ſeiner Dornen we - gen. Er beherbergt keine Voͤgel und Ungeziefer; auch leidet er, wenn er einmal in Schuß gekommen, wenig Unkraut unter ſich. Allein er erfordert einen guten Lehm - boden oder Gartenerde, und kommt weder auf zu duͤrrem noch auf naſſem Boden fort.

Man findet ihn zuweilen haͤufig wild in Laubhoͤlzern wachſend. Aber theils iſt dieſes ſelten, theils haben die durch Kunſt im Freien angezogenen Pflaͤnzlinge einen großen Vorzug vor denen, die in den Holzungen wild und in dem Schatten der Baͤume aufgewachſen ſind. Dies iſt uͤberhaupt mit allen Arten von Straͤuchern, deren man ſich zu Hecken bedient, der Fall. Daher iſt es allemal rathſamer, die ſaͤmmtlichen Heckenpflanzen, vornaͤmlich aber dieſen Weißdorn, in beſonderen Pflanz -136Befriedigungen. Einhaͤgungen.ſchulen anzuziehen. Es werden dazu zwar allerdings mehrere jahrlange Vorberei - tungen erfordert. Wenn man aber die Zeit daran wenden kann, ſo werden in den meiſten Faͤllen die beſſern in Pflanzſchulen erzogenen Pflaͤnzlinge weniger koſten, als die wilden in Holzungen gerahdeten.

Die Erziehung des Weißdorns iſt am umſtaͤndlichſten, lohnt dann aber auch der Muͤhe.

Der in rothen Beeren eingeſchloſſene Saamen wird im Herbſte geſammelt. Man legt ihn mit den Beeren entweder ſogleich in Rillen auf einem guten muͤrben, jedoch nicht zu fetten Boden; oder aber man mengt ihn mit guter Erde in Toͤpfen, haͤlt dieſe den Winter uͤber maͤßig feucht und warm, befeuchtet, was von vorzuͤg - licher Wirkung ſeyn ſoll, die Erde zuweilen mit der Soole von Poͤkelfleiſch. Hier - durch bewirkt man zuweilen, daß der Saamen, wenn die ſo behandelten Beeren nun im Fruͤhjahre in die Erde gelegt werden, ſchon in demſelben Jahre hervorbreche und das Pflaͤnzchen bilde, welches ſonſt immer erſt im zweiten, manchmal ſogar im dritten Jahre geſchieht. Um den Saamen in der Erde gegen Maͤuſe und Ungeziefer zu ſichern, bedeckt man ihn in den Rillen mit ſcharfem Flachswerg, ſtreuet auch wohl Glasſcherben u. dgl. dazwiſchen, und ſtreicht dann erſt die Erde wieder daruͤber her. Das Saamenbeet muß von Unkraut rein gehalten werden, welches dadurch ſehr er - leichtert wird, daß man die Reihen bezeichnet, um zwiſchen denſelben mit der Schau - fel ſicher durchfahren zu koͤnnen.

Im zweiten Jahre nach dem Auflaufen werden die Pflaͤnzlinge in die Schule verſetzt. Man nimmt ihnen die Pfahlwurzeln ſowohl, als die zu weit auslaufenden Seitenwurzeln, damit ſie um ſo mehrere Wurzelbuͤſchel zunaͤchſt am Stamme bilden.

Man ſetzt ſie in die genugſam von einander entfernten Reihen dicht aneinander. Je oͤfterer dieſe Reihen bearbeitet werden, um deſto beſſer gedeihen die Pflaͤnzlinge. Dies geſchiehet im Garten gewoͤhnlich mit dem Spaten oder der Hacke, aber bei gro - ßen Pflanzungen dieſer Art im freien Felde auch mit dem Pfluge und der Pferdehacke. Im erſten Jahre iſt es rathſam, mit der geraden Seite des Pfluges ſo dicht wie moͤg - lich an den Pflanzenreihen herzuziehen, oder mit dem Grabſcheit herzuſtechen, um ihnen die auslaufenden Wurzeln abzuſchneiden. Im zweiten Jahre aber bleibt man entfernter. Starkes Anhaͤufen der Erde an den Pflanzen iſt jedoch nicht rathſam. Sie137Befriedigungen. Einhaͤgungen.Sie muͤſſen drei auch wohl vier Jahre in dieſer Pflanzſchule ſtehen, eher ſie hinrei - chende Staͤrke erlangt haben.

Man hat gewoͤhnlich empfohlen, zu dieſen Pflanzenſchulen nur magern Boden zu nehmen, um die Pflaͤnzlinge nicht zu verwoͤhnen. Andere aber ſind entgegenge - ſetzter Meinung, und halten die auf reichem Boden uͤppiger gewordenen Pflaͤnzlinge fuͤr vorzuͤglicher.

Wenn ſie dann an ihrem Ort verpflanzt werden ſollen, ſo muß dieſer gut vor - bereitet ſeyn. Sollen ſie auf einem nach der vorgeſchriebenen Art bereiteten Erdwall geſetzt werden, ſo kann dieſes ſogleich bei der Vollendung deſſelben geſchehen, in wel - chem Falle man dann die Vorſicht gebraucht, die beſſere unter dem Raſen liegende oder von demſelben abgeſchuͤttete Erde zuruͤckzulegen, und ſolche auf dem Gipfel des Walles den Pflanzenwurzeln zunaͤchſt zu bringen.

Wenn ſie aber in der flachen Erde eingepflanzt werden ſollen, ſo iſt es am beſten, einen Strich von etwa 6 Fuß Breite auf 2 Fuß Tiefe zu rajolen. Wo dieſe Arbeit im Großen zu koſtſpielig waͤre, iſt es zureichend, eine ſolche Breite den Sommer vorher mit dem Pfluge haͤufig, zum erſtenmale bis zur moͤglichſten Tiefe zu bearbeiten, um die vollkommenſte Lockerung und Reinigung vom Unkraut zu bewirken.

Vor Winter oͤffnet man dann die Furche, in welcher die Pflaͤnzlinge eingelegt werden ſollen, mehrentheils eines Fußes tief, damit die Erde den Winter hindurch noch voͤllig ausgeluſtet werde. Die Pflanzung geſchieht am beſten im Fruͤhjahre, ſo fruͤh als moͤglich, wenn gleich ein nachkommender Froſt noch zu beſorgen waͤre. Man eilet mit der Einlegung der Pflanzen, nachdem ſie aus der Saamenſchule aus - genommen worden, moͤglichſt, beſchneidet ihnen nun die Wurzeln nicht, ſondern ſtutzt nur die obere Spitze der Zweige ab. Man waͤhlet Pflanzen von moͤglichſt glei - cher Staͤrke aus, um ſie nebeneinander zu ſetzen. Die ſchwaͤcheren laͤßt man in der Saamenſchule ſtehen, oder ſetzt ſie an eine beſondere Stelle, wo man ſie beſſer ver - pflegen kann. Fehlerhaft iſt gewiß die von einigen angerathene Methode, wechſels - weiſe ſtarke und ſchwache Pflanzen[in]Verbindung zu bringen; denn letztere werden dann von erſteren voͤllig unterdruͤckt.

Kann man etwas ſchwarze Gartenerde oder zergangenen Mengeduͤnger herbei - ſchaffen, um die Furche zur unmittelbaren Bedeckung der Wurzeln damit auszufuͤllen, ſo iſt dies fuͤr die Pflanzen ſehr wohlthaͤtig. Ueber dieſe gute Erde aber legt manDritter Theil. S138Befriedigungen. Einhaͤgungen.gern etwas magere aus der Tiefe heraufgeholte todte Erde, damit das Unkraut, was in der ſchwarzen Erde liegt, unterdruͤckt werde.

Die Pflanzen werden nun in der Reihe, 6 bis 12 Zoll von einander, eingeſetzt. Sind die Pflanzen ſtark und geſund, ſo iſt letzteres zureichend. Zuweilen pflanzt man auch, um eine ſtarke Bewaͤhrung zu haben, zwei Reihen, dieſe muͤſſen dann aber 2 Fuß auseinander ſtehen. Die meiſten ſetzen die Pflaͤnzlinge ſchraͤg und faſt liegend ein, ſo daß zwei und zwei ſich mit ihrer Spitze beruͤhren oder durchkreuzen, in der Erwartung, daß ſie in dieſer ſchraͤgen Richtung fortwachſen, und ſo von ſelbſt ein Geflechte bilden werden. Dies aber geſchiehet nicht, ſondern ihre Schuͤſſe wachſen um ſo mehr perpendikulaͤr in die Hoͤhe; die Staͤmme reiben ſich aneinander und leiden dadurch Schaden, weswegen ich eine gerade Pflanzung immer vortheilhaf - ter gefunden habe. Nur die Seitenſchuͤſſe koͤnnen ſich mit einander verbinden.

Man befoͤrdert dieſes ſehr, wenn man die Schuͤſſe mit einander durchflicht und mit Baſt oder Bindweiden verbindet. Aber dieſe Arbeit iſt muͤhſam, und wird des - halb wohl nur bei Hecken um Gaͤrten oder kleine Felder angewandt; und man kann ihrer uͤberhoben ſeyn, weil dieſes Durchflechten allmaͤhlig von ſelbſt erfolgt, wenn man die Hecke nur gut behandelt, und ſie nicht gar zu ſchmal beſchraͤnkt durch uͤber - maͤßiges Schneiden.

Um die Hecke von unten recht dicht zu bekommen, iſt es vortheilhaft, die Pflaͤnz - linge, nachdem ſie ein Jahr geſtanden, einen oder zwei Zoll hoch uͤber der Erde abzu - ſchneiden. Sie treiben alsdann aus dem untern Theile des Stamms um ſo mehrere Nebenſchuͤſſe aus. Dann muß man ſie aber frei wachſen laſſen, und nicht zu ſehr nach Gaͤrtnermanier unter der Scheere halten. Es iſt genug, die zu ſehr in die Hoͤhe ſchießenden Spitzen abzuſtutzen, die Seitenzweige aber frei fortwachſen zu laſſen. Selbſt das Abſtutzen der aufwaͤrts wachſenden Hauptzweige darf nicht zu nie - drig geſchehen und zu oft wiederholt werden, in der Abſicht, die Pflaͤnzlinge dadurch zu mehreren Seitentrieben zu zwingen. Es entſtehen ſonſt an der Stelle, wo man ſie abgeſtutzt hat, viele Austriebe, und die Pflanzen bekommen dadurch eine Art von Krone, wie man ſie den Obſtbaͤumen giebt. Hierdurch aber wird ihr oberer Theil zu belaubt und zu ſchwer fuͤr den Stamm, und dieſes dicke Laub bewirkt gerade, daß der Stamm ſeine untern Schoͤßlinge abwirft, und am Boden kahl wird. In den erſten Jahren geſchiehet alſo nur dieſes Abſtutzen maͤßig, an den Seiten aber gar139Befriedigungen. Einhaͤgungen.nicht. Dann wird ein Beſchneiden noͤthig. Dieſes muß an den Seiten aber auch nicht nach der Art der Gartenhecken geſchehen, die eine voͤllig gerade Mauer bilden. Oder unten vielleicht noch duͤnner wie oben gehalten werden. Man muß vielmehr die Hecke unten breit und oben duͤnner zulaufen laſſen, wodurch man erreichen wird, daß ſie dieſe Form dann beibehaͤlt, und am Fuße am dickſten und undurchdringlichſten wird. In der Folge iſt es genug, wenn dieſes Beſchneiden nur alle fuͤnf bis ſechs Jahre einmal geſchiehet, ausgenommen wenn man es noͤthig faͤnde, ihr oben die zu geilen Ausſchuͤſſe etwas zu benehmen. Man kann eine ſolche Weißdornhecke Fuß hoch werden laſſen, wobei ſie genugſam dicht bleiben kann. In dieſer Hoͤhe giebt ſie eine hinreichend ſichere Bewaͤhrung, um ſo mehr, je breiter ſie unten iſt. Eine ſolche Hecke iſt von laͤnger Ausdauer, und man weiß, daß einige uͤber hundert Jahr alt ſind, und ſich im beſten Stande befinden.

§. 223.

Die Hecken von Schwarzdorn und Hahnebutten werden wohl ſelten durch kuͤnſtlich aufgezogene Pflanzen, ſondern mehrentheils von den wilden Aus - ſchoͤßlingen, die dieſe Pflanzen in großer Menge machen, angelegt. Man kann ſie ziemlich groß verpflanzen, und ſie gehen leicht an. Man laͤßt ſie dann wild wachſen, und die Schwierigkeit dabei iſt nur die, daß man ſie in Schranken erhaͤlt, weil ſie ihre Auslaͤufer maͤchtig verbreiten und damit in das Land einwuchern. Sie werden haͤufiger zu den gemengten Hecken als zu den gleichartigen gebraucht.

§. 224.

Die Hecken von Haſſeln werden gewoͤhnlich durch die unmittelbare LegungHaſſelhecken. der Nuͤſſe auf der Stelle, wo ſie ſtehen bleiben ſollen, angelegt. Auf friſch aufge - ſetzten Erdwaͤllen kommen ſie ſehr leicht fort, weil der Boden hier wie rajolt, und durch die Raſen gegen das Austrocknen geſchuͤtzt auch vom Unkraute rein iſt. Auf ebenem Felde muß jedoch der Boden, wie bei den Weißdornhecken[geſagt] worden, durch Spaten oder Pflug vorbereitet werden. Man macht ſodann die Rinne, worin die Nuͤſſe gelegt werden ſollen. Dies geſchiehet am beſten ſo fruͤh als moͤglich, da - mit die Erde ſich luͤfte. Im Herbſte nimmt man den in den Graben angehaͤuften Schlamm oder halb vermodertes Laub, und mengt es mit der aus der Rinne ausge - ſtochenen Erde.

S 2140Befriedigungen. Einhaͤgungen.

Die Nuͤſſe muͤſſen vollkommen reif ausgewaͤhlt werden, und es iſt deshalb beſſer, wenn man ſolche nimmt, die im Spaͤtherbſte durch das Schuͤtteln von ſelbſt abfallen. Sie werden den Winter hindurch in trocknem Sande aufbewahrt. Im Fruͤhjahr denn vor Winter iſt es der Maͤuſe wegen gefaͤhrlich werden ſie in die Rinne 4 Zoll von einander in einer Reihe, oder wenn die Rinne breit genug gemacht wor - den, in zwei Reihen gelegt, und dann etwa mit 3 Zoll Erde bedeckt. Im Junius pflegen ſie hervorzukommen, und wachſen dann ſchon in dem einen Sommer einen Fuß hoch. Stehen die Pflanzen zu dicht, ſo kann eine um die andere verzogen, und dann dahin verſetzt werden, wo ſich etwa Luͤcken finden.

Solche Haſſelhecken beduͤrfen dann nur in den erſten Jahren einiger Wartung, um ſie vom Unkraute zu befreien. Sie werden nachher alle neun oder zehn Jahre an der Erde abgehauen, geben eine betraͤchtliche Holznutzung, beſonders fuͤr die Boͤtti - cher, und treiben ſchnell wieder in die Hoͤhe.

§. 225.

Hainbuchen - hecken.Die Hainbuche wird vom wilden Aufwuchſe genommen, oder auch in der Saamenſchule erzogen. Sie war vormals zu ſteifen Gartenhecken ſehr beliebt, und bildet eine dichte gruͤne Mauer, wenn ſie ſtrenge unter der Scheere gehalten wird. Außerdem aber wird ſie unten kahl und treibt in die Hoͤhe, und man kann ſich von derſelben zwar eine Verpfaͤhlung, wenn ſie in zwei Reihen in Verband gepflanzt wor - den, verſprechen, aber eigentlich keine Hecke. Ein Gleiches iſt mit der Ulme oder Ruͤſter der Fall, auch mit der Birke und dem Holunder, wenn man ſie nicht haͤufig niederhaut und friſch austreiben laͤßt, oder ſie nach der in der Folge zu beſchreibenden Knickmethode behandelt.

§. 226.

Akazienhek - ken.Die Akazien ſcheinen ſich wegen ihren ſcharfen Stacheln und ſchnellen Wachsthums zu Einhaͤgungen ſehr zu ſchicken, und manche haben ſie dazu angeruͤhmt. Es iſt mir aber nicht gelungen, eine dichte Hecke davon zu ziehen. Denn da ſie gar zu uͤppige Schuͤſſe in einem Jahre treiben, die ſogleich holzig werden, ſo ſind ſie kaum niederzuhalten. Gehen ſie aber in die Hoͤhe, ſo werden ſie unten kahl. Es kann indeſſen ſeyn, daß ich nicht die rechte Methode, ſie zu behandeln, getroffen habe. In gemiſchten Hecken mag ſie ſich ihrer Stacheln wegen ſehr gut paſſen; allein auch bei dem Abhauen oder Niederbeugen die Arbeit ſehr beſchwerlich machen.

141Befriedigungen. Einhaͤgungen.

§. 227.

Die Hecken von ſtachlichem Ginſter, welche aus dem an der Stelle geleg - ten Saamen ſehr leicht aufwachſen, und eine ziemlich feſte Bewaͤhrung bilden, ha - ben nur das Ueble, daß ſie in jedem ſtrengen Winter abfrieren.

Die Liguſtrumhecken geben eine zu ſchwache Bewaͤhrung.

§. 228.

Die Weiden geben zwar nicht leicht eine dichte Hecke, aber doch eine Art vonWeidenhecken. Verzaͤunung, die zur Abhaltung des Viehes nutzbar ſeyn kann. Man bedient ſich ihrer ſehr nuͤtzlich, um den Rand eines angelegten Erdwalles gleich gegen den An - drang des Viehes zu ſchuͤtzen, und ſticht ſie zu dem Ende zwiſchen dem Fuße des Wal - les und dem Rande des Grabens, oder auch an den Seiten des erſtern, wenn man die Mitte deſſelben mit einer andern jungen Hecke verſehen will. Man nimmt dann zweijaͤhrige Weidenſchoͤßlinge, und ſchneidet ſie in Sluͤcke von 1 bis Fuß lang, ſticht ſolche 2 Fuß auseinander, und ſo, daß ſie nur 3 bis 4 Zoll aus der Erde her - vorſtehen. Sie treiben dann gleich im erſten Jahre Lohden, die mit einander ver - bunden werden koͤnnen. So wie die Hecke in der Mitte des Walles ſich gebildet hat, werden ſie weggehauen.

In trockenen Gegenden paßt ſich die gewoͤhnliche Bruchweide dazu am beſten. An feuchten Orten, wo man ſich faſt allein mit dieſen Hecken behelfen muß, nimmt man die dem ſeuchten Boden mehr angemeſſenen Arten, und behandelt ſie nach der Knickmethode.

§. 229.

Zur Befriedigung der Ackerfelder, ſowohl auf ebenen Flaͤchen, als auf den Erd -Gemiſchte Hecken. waͤllen, werden aber haͤufiger gemiſchte Hecken genommen, aus allen obenge - dachten Arten, mit Ausnahme des Weißdorns, gemengt; auch wohl mit untermiſch - ten Eichen und Buchen. Man behandelt ſie nach der Knickmethode, welche in Folgendem beſtehet:

Wenn ſie herangewachſen ſind, werden ſie einige Zoll uͤber der Erde verſtutzt, und alle 4 Fuß bleibt eine Lohde, in einer Hoͤhe von 3 bis 4 Fuß ſtehen, die zum Pfahl dienen ſoll. Fehlt daſelbſt eine gute zum Pfahl dienbare Lohde, ſo ſetzt man einen Weidenſetzling ein, und zwar beides in moͤglichſt gerader Linie. Alle 12 Fuß aber laͤßt man einen Stamm ganz aufſchießen.

142Befriedigungen. Einhaͤgungen.

Man reinigt dann die Graͤben, und wirft die Erde an die Hecke heran. Dies muß bei jedesmaliger Reinigung des Grabens wohl beobachtet werden, und es iſt ſehr fehlerhaft, dieſe fruchtbare Erde, welche billig zur Duͤngung der Hecke dienen ſoll, nach außen zu werfen.

Wenn die große Lohde nun herangewachſen iſt, ſo wird ſolche zweimal einge - hauen, ein Mal dicht am Boden, und das zweite Mal einen Fuß hoͤher. Dieſes Einhauen geſchiehet ſo tief, daß wenig mehr als die Borke auf der einen Seite ſitzen bleibt. Der Baum wird dann nach der entgegengeſetzten Seite niedergebogen, und zwiſchen die ſtehen gebliebenen Pfaͤhle geflochten oder angebunden. Dieſer umgelegte, noch fortvegetirende Baum giebt eine feſte Bewaͤhrung, das junge Holz waͤchſt da - zwiſchen, und erhaͤlt an ihn eine Stuͤtze.

Insbeſondere wird dieſe Methode bei Hecken, die groͤßtentheils aus Birken und etwa Haſſeln beſtehn, gebraucht, und ich habe geſehen, daß dadurch dichte Bewaͤh - rungen auf ſehr ſandigem Boden geſchaffen worden. Wo aber der Holzwuchs in beſ - ſerem Boden uͤppig iſt, da iſt man von derſelben abgegangen, weil der von dem um - gelegten Stamme abtriefende Regen dem Emporkommen der jungen Schuͤſſe nachthei - lig ſeyn, und das dichte Bewachſen der Hecke hindern ſoll.

§. 230.

Man glaubt ſich hier beſſer dabei zu befinden, wenn man alle 10 bis 12 Jahr eine ſolche gemiſchte Hecke nahe uͤber den Boden geradezu weghaut, und ſie dann ohne alle Umſtaͤnde wieder aufwachſen laͤßt. Die Sache iſt nicht nur weniger muͤh - ſam, ſondern man hat auch eine groͤßere Holzbenutzung davon, und ſie paßt ſich bei der Koppelwirthſchaft um ſo beſſer, da man der Hecken in den Jahren, wo das Land unter dem Pfluge ſteht, nicht bedarf, und ſie gern ganz wegſchafft. Man nennt da - ſelbſt dieſe abzuholzenden, auf einem Erdwall angelegten Hecken Knicke. Ich ver - muthe, daß dieſer Ausdruck von der urſpruͤnglichen Methode des Einknickens (Ein - brechens und Umbiegens) herkommt, daß man aber dieſen Ausdruck beibehalten habe, nachdem man jene Methode aus einer oder der andern Urſache abſchaffte.

§. 231.

Will man eine Hecke auf ebener Erde ohne Wall und Graben anlegen, ſo muß ſie in ihrem jungen Zuſtande nothwendig gegen die Beſchaͤdigungen des Viehes, haͤu -143Befriedigungen. Einhaͤgungen.fig auch der Menſchen geſchuͤtzt werden, und es iſt deshalb nothwendig, irgend eine trockne Bewaͤhrung vor ſie herzuziehen, die nur ſtark und dauerhaft genug zu ſeyn braucht, um bis dahin zu halten, daß die Hecke Haltung und Staͤrke genug bekom - men hat. Dieſe Bewaͤhrung, ſie beſtehe worin ſie wolle, muß einen zureichenden Abſtand von der Hecke, 2, 3, auch wohl 4 Fuß haben. Denn waͤre ſie dicht, ſo wuͤrde ſie wegen der Beraubung des Lichts die Hecke nicht aufkommen laſſen, und ſie insbeſondere an der einen Seite ſchwach machen; bei ihrer Wegnehmung aber den verzaͤrtelten und an ihren Schutz gewoͤhnten Pflanzen Krankheiten zuziehen. Waͤre ſie hingegen weit und luftig, ſo wuͤrde ſie das Vieh nicht verhindern, an den jungen Ausſchuͤſſen der Hecke zu nagen, wodurch dieſe ungemein zuruͤckgeſetzt und verkroͤppelt wird. Auch muß man verhindern, daß kein Fußweg dicht an der Hecke hergehe, in - dem bei haͤufigem Auf - und Niedertreten keine Hecke, insbeſondere von Weißdorn, zu Stande kommen kann.

§. 232.

Eine gute Befriedigung und Abtheilung des Landes durch lebendige, ſtarke und genugſam abwehrende Hecken erleichtert die Benutzung durch verſchiedenartige Ge - waͤchſe und durch die Beweidung mit mehreren Arten von Vieh, und iſt deshalb da, wo eine große Mannigfaltigkeit beider ſtatt findet, von beſonderem Vortheil. Sie ſichert uͤberdem gegen Diebſtaͤhle und gegen Beſchaͤdigungen weit mehr als ein offenes Feld. Ueberdem aber ſcheint mir eine ganze mit bepflanzten Waͤllen und Graͤben haͤufig durchſchnittene Provinz, zumal bei einer huͤgeligen oder wellenfoͤrmigen Ober - flaͤche, das Eindringen des Feindes bei einer wohl geleiteten Vertheidigung durch leichte Infanterie wo nicht unmoͤglich, doch aͤußerſt ſchwierig zu machen, und der feindlichen Kavallerie und Artillerie unuͤberſteigliche Hinderniſſe in den Weg zu legen. Das ganze Land macht hier eine fortlaufende Feſtung aus, und wenn die Graͤben und Koppeln, wie ſehr leicht moͤglich iſt, mit einiger militaͤriſchen Ruͤckſicht angelegt waͤ - ren, koͤnnte m. E. ein Land dadurch weit ſicherer, als durch eigentliche Feſtungen ge - ſchuͤtzt werden. Und dennoch wuͤrde es dem Staate ungleich weniger koſten, das ganze Land auf dieſe Weiſe zu einer ununterbrochenen Feſtung zu machen, als ein - zelne Feſtungswerke um die Staͤdte zum groͤßten Ungluͤcke fuͤr dieſelben anzulegen.

144Abwaͤſſerung.

Abwaͤſſerung.

§. 233.

Die Ableitung der uͤberfluͤſſigen und ſchaͤdlichen Feuchtigkeit gehoͤrt unter die wichtigſten Gegenſtaͤnde und Ruͤckſichten bei der Agrikultur. Sie muß auf Boden, der ihrer bedarf, jeder hoͤheren Kultur vorhergehen, indem dieſe ohne jene durchaus fruchtlos iſt. Die richtige Beſchaffung derſelben ſchuͤtzt auf kultivirten Feldern die Saaten gegen die haͤufigſten Unfaͤlle, und viele bisher unbrauchbare Flaͤchen koͤnnen dadurch urbar gemacht und zu den allerfruchtbarſten Fluren umgeſchaffen werden. Die Kunſt der Abwaͤſſerung aber iſt auch eine der ſchwierigſten und am meiſten ver - wickelten in dem ganzen Umfange der Agrikultur. Die Faͤlle ſind in Anſehung der Urſachen ſowohl, als der anzuwendenden Mittel von unendlicher Mannigfaltigkeit, und ſie einzeln beſchreiben und charakteriſiren wollen, waͤre eine vergebliche Muͤhe, da jeder etwas eigenes hat. Es kommt aber nur darauf an, daß man ſich, nach den Geſetzen, welche das Waſſer in ſeiner Bewegung und in ſeinem Verhalten gegen feſte Koͤrper befolgt, von dem verſchiedenen Urſprunge der Naͤſſe einen klaren Begriff mache, und dann in jedem vorkommenden Falle die Urſachen derſelben richtig unter - ſcheide und treffe. Dann werden ſich die Mittel von ſelbſt ergeben, welche man am zweckmaͤßigſten anzuwenden hat, und mit Ruͤckſicht auf die Lokalitaͤt jedes concreten Falles ausfuͤhren muß.

Bei groͤßeren Waſſerleitungen muß die Lehre von der Hydraulik, Hydrodynamik und Hydroſtatik mit allen mathematiſchen Gruͤnden, worauf ſie beruhen, vorausge - ſetzt werden. Da ich hier aber nur diejenigen Kenntniſſe vorausſetzen darf, die man von jedem denkenden Landwirthe fordern kann, ſo beſchraͤnke ich mich auf dasjenige, was ohne jene gruͤndlichen Kenntniſſe auch ihm verſtaͤndlich ſeyn muß, und was in ſeinem Wirkungskreiſe liegt. Hierzu gehoͤren aber die Entwaͤſſerungen und Ein - deichungen ausgedehnter Diſtrikte und die Ziehung erheblicher Kanaͤle nicht. Dieſe muͤſſen ausgebildeten und erfahrnen Waſſerbauverſtaͤndigen, welche ihr ganzes Stu - dium darauf verwandt haben, uͤberlaſſen werden, und es iſt nur zu bedauern, daß auch bei ihnen die Wiſſenſchaft noch nicht auf die Stufe gebracht worden iſt, welche uns gegen mannigfaltige Fehler und Mißgriffe der erfahrenſten unter ihnen ſicherte.

§. 234.145Abwaͤſſerung.

§. 234.

Bekanntlich hat das Waſſer wegen des geringen Zuſammenhanges oder Anzie -Naturgeſetz des Waſſers. hung ſeiner Partikeln als worin das Weſen der Fluͤſſigkeit beſteht die Eigen - ſchaft oder das Beſtreben, mit jedem ſeiner Partikeln den niedrigſten Platz zu errei - chen, wohin es kommen kann, ſich folglich ins Gleichgewicht zu ſetzen oder eine hori - zontale Flaͤche zu bilden. Es wirkt mit einer ſeiner Schwere gleichen Kraft nicht wie feſte Koͤrper bloß auf den Grund, worauf es ruhet, ſondern auch auf die Seiten - waͤnde, die es einſchließen. Dieſer Druck erſtreckt ſich ſo weit, wie ſeine Verbin - dung ununterbrochen iſt. Daher tritt es in zwei mit einander verbundenen Roͤhren aus der einen in die andere ſo weit herauf, bis es in beiden in horizontaler Linie, oder, wie man es gewoͤhnlich nennt, im Niveau ſtehet. Die Weite der Roͤhren hat hierauf gar keinen Einfluß, beide koͤnnen von einem ſehr ungleichen Durchmeſſer ſeyn. indem dieſer Druck durch die Friktion uͤberall nicht vermindert wird. Vielmehr kann in einer Roͤhre von ſehr kleinem Durchmeſſer das Waſſer hoͤher, als in einer damit verbundenen von großem Durchmeſſer aufſteigen, vermoͤge der Anziehung des Waſſers durch feſte Koͤrper nach dem bekannten Geſetze der Haarroͤhrchen. Eine lok - kere Erde wirkt aber nach demſelben Geſetze den Haarroͤhrchen gleich, wie dies einem jeden bekannt ſeyn wird, der einen mit Erde angefuͤllten im Boden durchloͤcherten Topf in eine Schaale mit Waſſer geſetzt hat; wo er naͤmlich bemerkt haben wird, daß die Feuchtigkeit weit hoͤher herauftritt, als ſie in der Schaale ſteht.

§. 235.

Der Erdboden beſteht aus Lagen von Erden und Steinen, die das Waſſer ent -Durchlaſſende und undurch - laſſende Lagen des Erdbs - dens. weder durchlaſſen, und folglich in Verbindung erhalten, oder die es nicht durchlaſſen, und ſeine Kommunikation trennen. Die Dammerde, der Torf, der Sand, der Kies, der pulvrige Kalk oder Kreide, alle Steine von poroͤſem Gewebe, Steingeſchiebe und ſpaltige Felſen ſind durchlaſſende Koͤrper. Nur dichte Fel - ſenmaſſen, verſchiedene andere Mineralien, vorzuͤglich aber der Thon und der zaͤhe Lehm, ſind die undurchlaſſenden, die Kommunikation des Waſſer trennenden und ſolches einſchließenden Koͤrper. Wenn die letztern einmal zuſammengeballt und in ihrer Oberflaͤche mit Waſſer geſaͤttigt ſind, ſo laſſen ſie kein Waſſer weiter durch, ſondern widerſtehen demſelben, wie Metall, dichter Stein und feſtes Holz. Ge -Dritter Theil. T146Abwaͤſſerung.miſchte Erden laſſen nach Verhaͤltniß ihrer Verbindung und der Groͤße ihrer Poren das Waſſer ſchwerer oder leichter durch.

Der abwechſelnden und unterbrochenen Lage, der mannigfaltigen Schichtung und Gaͤngen dieſer durchlaſſenden und undurchlaſſenden Koͤrper, bis zu einer noch nicht erreichten Tiefe unſers Erdbodens, haben wir alles Waſſer auf dem feſten Lande zu verdanken. Waͤren die durchlaſſenden Lagen ununterbrochen, ſo wuͤrde ſich das Waſſer in der Tiefe bis zum Mittelpunkt unſeres Erdballes herabſenken, und ſelbſt Stroͤme und Meer verſchwinden. Ueberzoͤge aber undurchlaſſender Boden die ganze Oberflaͤche, ſo wuͤrde das Waſſer unmittelbar dem Meere zueilen, ſo wie es ſich aus der Atmoſphaͤre niederſchluͤge, und weder Brunnen noch Quellen ſtatt finden. Nun aber ſind die undurchlaſſenden Erdarten mit durchlaſſenden durchwebt, wie der thieri - ſche Koͤrper mit Adern, und man trifft nicht leicht auf eine Stelle, wo man nicht obgleich zuweilen erſt ſehr tief Waſſer faͤnde.

In den durchlaſſenden Koͤrpern verſenkt ſich alſo das Waſſer ſo tief, und ver - breitet ſich nach den Seiten, ſo weit es kann oder bis es von einem undurchlaſſenden Koͤrper an ſeiner Verſenkung oder Verbreitung gehindert wird. Ein durchlaſſender Koͤrper alſo mit einem undurchlaſſenden am Boden und an den Seiten bis zu einer gewiſſen Hoͤhe umgeben, bildet einen Waſſerbehaͤlter, deſſen ſaͤmmtliche Poren damit angefuͤllt ſind.

Ein ſolcher Waſſerbehaͤlter nimmt ſo viel Waſſer auf, bis es uͤber ſeine undurch - laſſenden Seitenwaͤnde uͤberfließt, welches Ueberfließen alſo erfolgen muß, wenn er von obenher ſtaͤrkeren Zufluß erhaͤlt, als er faſſen kann. Waͤren ſeine Seitenwaͤnde al - lenthalben gleich hoch, und der Rand derſelben voͤllig horizontal, ſo wuͤrde er an allen Stellen gleich ſtark uͤberfließen. Da dies aber wohl ſelten oder nie der Fall iſt, ſo fließt das Waſſer an einer niedrigern Seite oder Stelle aus. Manchmal iſt dieſes nur eine enge Stelle, wie bei einem ausgebrochenen oder mit einer Rinne verſehenen Becken, oder aber wie der Ausfluß eines Baches aus einem See. Durch ſelbige entledigt ſich der Waſſerbehaͤlter dann allein ſeines Ueberfluſſes; es ſey denn, daß er von oben ſo ſtarken Zufluß und Druck habe, daß das Profil dieſer Oeffnung zu klein wird, um das Waſſer allein auszulaſſen. In dem Falle kann es ſich in dem Be - haͤlter noch hoͤher heben, als der Ausfluß liegt, und dann auch an andern hoͤhern Stellen uͤberfließen.

147Abwaͤſſerung.

§. 236.

Es iſt nun gleich, ob ſolche Waſſerbehaͤlter und ihre Auslaͤſſe auf der OberflaͤcheUnterirdiſche Waſſerbehaͤl - ter. des Bodens offen vor unſern Augen als Seen oder Teiche liegen, oder in der Tiefe, betraͤchtlich unter der Oberflaͤche und mit derſelben bedeckt.

Auch iſt es gleich, ob dieſe Waſſerbehaͤlter und Auslaͤſſe leere Hoͤhlungen ſind, und nichts wie Waſſer enthalten, oder aber mit poroͤſen Erd oder Steinarten angefuͤllt ſind, welche das Waſſer in ihren Spalten und Poren aufnehmen und durchlaſſen. Der ganze Unterſchied beſteht nur darin, daß letztere weniger Waſſer faſſen, und das Waſſer nicht ganz ſo frei und ſo ſchnell abfließen laſſen, als wenn ſie leer waͤren. Sie muͤſſen es jedoch durch den Druck und den Zufluß des hoͤheren Waſſers, womit ſie in Verbindung ſtehen, durchaus ausfließen laſſen. Und wenn ein hoͤher liegender Waſſerbehaͤlter mit einem niedriger liegenden mittelſt einer durchlaſſenden Roͤhre oder, was einerley iſt, mittelſt einer Lage von durchlaſſender Erde in Verbindung ſteht, ſo erhaͤlt letzterer von erſtern Zufluß und Druck, bis das Waſſer in beiden, wie in zwei kommunizirenden Roͤhren, in einer Horizontallinie oder im Niveau ſteht.

An dieſe allgemeinen und Jedermann bekannten Saͤtze mußte ich zuvor erinnern, um ohne Weitlaͤuftigkeit in dem Folgenden verſtanden zu werden.

§. 237.

Ich wende mich jetzt erſt zu den Ruͤckſichten und Vorkehrungen, die man beiWahrneh - mung des Niveau’s. jeder Ableitung des ſchaͤdlichen Waſſers zu nehmen und zu treffen hat.

Bei jeder Abwaͤſſerung iſt vor allem eine genaue Ausmittelung des Niveau’s oder der Hoͤhe des Punkts, wo das abzuleitende Waſſer ſteht, dann der Hoͤhe desje - nigen, wo man es hinfuͤhren will, und endlich aller dazwiſchen liegenden Punkte der Erdoberflaͤche, wo man es hindurchfuͤhren will, noͤthig. Dieſes zu finden lehrt die Nivellirkunſt.

Eine zweckmaͤßige und fuͤr den Landwirth voͤllig genuͤgende Anweiſung dazu iſt Gilly’s praktiſche Anleitung zur Anwendung des Nivellirens oder Waſſerwaͤgens in den bei der Landeskultur vorkommenden gewoͤhnlichſten Faͤllen, Berlin 1804.

§. 238.

Das Waſſer wird gewoͤhnlich durch Graͤben abgeleitet. In Anſehung ihresGraͤben. Zwecks und ihrer Wirkung unterſcheiden ſich dieſe:

T 2148Abwaͤſſerung.
  • 1) In Auffangegraͤben.
  • 2) In Abzugsgraͤben.

Die erſtern, durch welche das von der Hoͤhe ſich herabziehende Waſſer aufgefan - gen und von der niedriger liegenden Flaͤche abgeſchnitten werden ſoll, muͤſſen den Ab - hang der Gegend quer durchſchneiden, und der Regel nach oder in den bei weitem meiſten Faͤllen mit ihrer Sohle ganz horizontal ſtehen, oder, wie man es nennt, ein todtes Niveau haben. Dieſe Sohle muß aber in einer etwas niedrigern Horizon - tallinie liegen, als der Grund, worauf oder worin das abzufuͤhrende Waſſer ſtehet.

Die Abzugsgraͤben, welche beſtimmt ſind, das Waſſer unmittelbar oder aus jenen Auffangegraͤben abzuleiten, ziehen ſich den Abhang herab, und haben in ihrer Sohle einiges Gefaͤlle. Dieſes Gefaͤlle braucht aber in den meiſten Faͤllen nicht ſtark zu ſeyn, und man nimmt im Durchſchnitt auf 20 Ruthen 1 Zoll als zureichend an. Ja es iſt oftmals noͤthig, ein ſtaͤrkeres Gefaͤlle bei ihrer Anlegung zu verhuͤten, weil ſie dadurch leicht ausgeriſſen werden koͤnnen. Dieſerwegen wird es zuweilen ſogar nothwendig, den Graben laͤnger zu machen, und ihn an einem geringeren Abhange nach ſeinem Ende hinzuziehen.

§. 239.

Anlegung der Graben.Zuvoͤrderſt muß bei Anlegung der Graͤben die Tiefe der Sohle oder des Bodens des Grabens und die Breite deſſelben an dieſer Sohle ausgemittelt werden. Die Tiefe unter der Oberflaͤche des Bodens wird durch das Nivellement an jeder Stelle ausgemittelt, und die Breite oder die Staͤrke des Profils durch die Maſſe des abzu - fuͤhrenden Waſſers beſtimmt. Der Graben wird alſo, da ſeine Sohle horizontal und zuweilen mit einigen Gefaͤllen laufen ſoll, ſo wie er durch eine ſich erhebende oder ſen - kende Oberflaͤche durchgefuͤhrt werden muß, eine verſchiedene Tiefe erhalten, welche man mittelſt des Nivellements auf jedem Punkte genau beſtimmen kann. Nach der Tiefe des Grabens aber und nach der Breite ſeiner Sohle muß ſich die obere Breite des Grabens richten, damit die Waͤnde deſſelben die gehoͤrige Abdachung bekommen. In einer feſten ſtehenden Erdart nimmt man das Verhaͤltniß gewoͤhnlich ſo an: daß die obere Breite des Grabens das doppelte Maaß der Tiefe deſſelben ſammt der Breite der Sohle ausmache. Wenn alſo ein Graben 3 Fuß tief und ſeine Sohle 2 Fuß breit iſt, ſo muß er oben 3 + 3 + 2 = 8 Fuß Breite haben. Hebt ſich die Oberflaͤche, durch welche er in horizontaler Tiefe durchgefuͤhrt werden muß, um 1 Fuß, ſo muß149Abwaͤſſerung.er oben bis 10 Fuß; hebt ſie ſich um 2 Fuß, ſo muß er bis 12 Fuß erweitert werden, damit er allenthalben eine gleiche Abſchraͤgung (Abdachung oder Doſſirung) erhalte, die mit dem Grunde der Sohle einen ſtumpfen Winkel von 135 Graden ausmachen muß. In ſandigem oder mergeligem leicht einſtuͤrzendem Boden iſt dieſe Abſchraͤ - gung aber oft noch nicht zureichend, ſondern die Breite muß oben um die Haͤlfte oder ein Drittel ſtaͤrker ſeyn. Oft ſind ganz moldenfoͤrmige, dann mehrentheils benarbte und bei trockener Jahreszeit oft als Grasland zu benutzende Graͤben noͤthig.

§. 240.

Die Arbeit der Verfertigung offener Graͤben wird gewoͤhnlich nach den Schacht - ruthen der auszubringenden Erde verdungen. Eine Schachtruthe iſt eine Maſſe, die eine Ruthe lang und breit und einen Fuß hoch iſt, folglich 144 Kubikfuß enthaͤlt. Nach der Art des Bodens iſt die Arbeit mehr oder minder ſchwer, und folglich der Preis derſelben mehr oder minder hoch. Auf ſandigem und lockerem Boden zahlt man fuͤr die Schachtruthe auszuwerfen bei dem gewoͤhnlichen Arbeitspreiſe drei Gro - ſchen, in ſtrengem Lehmboden aber ſechs Groſchen, und in Mittelboden nach Ver - haͤltniß ſeiner Zaͤhigkeit. Es richtet ſich aber auch nach der Tiefe des Grabens; denn da die Heraufbringung der Erde immer um ſo ſchwerer wird, je tiefer der Graben iſt, ſo muͤſſen die Arbeiter einen hoͤhern Lohn haben, wenn ſie dabei beſtehen ſollen.

Eine ſehr weſentliche Vorkehrung iſt es bei der Verfertigung eines jeden Gra - bens, die Erde weit genug vom Rande des Grabens wegſchaffen zu laſſen, theils um den Druck zu vermeiden, den ſie auf ſelbigem ausuͤbt, theils um die in der Folge oft ſehr noͤthige Erweiterung des Grabens nicht zu erſchweren.

Ich muß hier gleich die Bemerkung machen, daß es nicht genug ſey, einen offenen Graben anzulegen, ſondern daß er auch offen und rein erhalten werden muͤſſe, und daß man folglich. bei der Anlage eines Grabens auch auf die Erhaltungskoſten Ruͤckſicht zu nehmen habe; da ſie nach den Umſtaͤnden hoͤher oder geringer ſind.

Von den verdeckten Graͤben und Waſſerzuͤgen in der Folge.

§. 241.

Um die ſchaͤdliche Naͤſſe des Bodens zu heben, kommt es vor allem darauf an,Urſachen der Naͤſſe. daß man die Urſache derſelben richtig unterſcheide, und bei der großen Mannigfaltig - keit von Faͤllen die wahre treffe, und darnach die ſich ergebenden Mittel mit Ruͤckſicht auf die Lokalitaͤt aufs zweckmaͤßigſte anwende.

150Abwaͤſſerung.

Die Urſachen der Naͤſſe laſſen ſich unter folgenden vier Hauptarten begreifen. Sie kann naͤmlich herruͤhren:

A. Von der auf der Stelle ſelbſt niedergeſchlagenen atmoſphaͤriſchen Feuch - tigkeit, die weder in die Tiefe des Bodens einziehen, noch an einem niedrigen Orte genugſam abfließen kann.

B. Von dem aus einer hoͤheren Gegend auf der Oberflaͤche ſich herunter - ziehenden oder herabfließenden Waſſer, wenn es nun, der ihm widerſtehenden Erhoͤ - hungen des Bodens wegen, nicht weiter kommen kann, ſondern auf der Stelle ein - ziehen oder verdunſten muß: Tagewaſſer.

C. Von dem unter der Oberflaͤche der Erde ſich herabziehenden und nun hervorkommenden Waſſer, welches Quellgruͤnde veranlaßt, oder in wirklichen Quel - len, die aber keinen freien Abfluß haben, hervorbricht.

D. Von Stroͤmen, die das Land durch Austreten aus ihren Ufern oder mittelſt der Durchſinterung, vermoͤge ihres uͤber die Horizontallinie des Landes erhobenen Waſſerſpiegels, beſtaͤndig oder von Zeit zu Zeit unter Waſſer ſetzen, oder auch nur den Abfluß des von den Hoͤhen ſich herabziehenden und in den Niederungen geſammelten Waſſers wegen der Hoͤhe ihres Bettes oder ihres Spiegels nicht erlauben.

§. 242.

Auf der Stelle niedergeſchla - gene Feuchtig - keit.A. Die aus der Atmoſphaͤre auf der Stelle ſelbſt niedergeſchlagene Feuchtigkeit wird bei einigem Uebermaaße und mangelndem ſchnellen Abzuge des Waſſers nachtheilig.

1) Wenn die Ackererde ſelbſt aus Thon, Kalk oder zaͤhem Lehm beſteht. Dieſe Ackererde iſt nur auf ihrer Oberflaͤche, und wie das bei Boden dieſer Art, we - gen der ſchweren Bearbeitung, mehrentheils der Fall zu ſeyn pflegt, nur ſehr flach gelockert, die darunter liegende Erde aber zuſammengepreßt, ſo daß ſie um ſo weni - ger Waſſer aufnehmen und durchlaſſen kann. Die obere Krume wird alſo ſehr ſchnell damit geſaͤttigt, und zerfließt, wenn mehreres Waſſer hinzukommt, zu einem Brei, in welchem Zuſtande ſie den Pflanzen hoͤchſt verderblich wird, und bald die Anfau - lung ihrer Wurzeln und ſomit ihr Abſterben bewirkt.

Dies iſt nicht der Fall, in welchem verdeckte Abzuͤge von erheblichem Nutzen ſeyn koͤnnen. Denn da dieſe doch mindeſtens mit ihrer Roͤhre 9 bis 10 Zoll tief liegen, ſo haben ſie noch eine zu ſtarke Lage von undurchlaſſender Erde uͤber ſich, welche das151Abwaͤſſerung.Waſſer nicht durchdringen und ſich in die verdeckten Roͤhren ergießen kann. Wenn man dieſen Fall nicht richtig unterſchied, ſo ſind die verdeckten Abzuͤge von gar keinem oder doch nur von kurz dauerndem Nutzen geweſen, indem die daruͤber hergeworfene anfangs lockere Erde ſich bald wieder zu einer undurchlaſſenden Lage uͤber den Roͤh - ren verband. Um einen Acker dieſer Art der Wohlthat verdeckter Abzuͤge empfaͤng - lich zu machen, muß zuvor ſeine Oberflaͤche, ſo tief als die Abzuͤge liegen, durch Bearbeitung und Duͤngung auf eine nachhaltige Weiſe gelockert werden.

§. 243.

In dieſem Falle alſo ſind offene Waſſerfurchen den ſonſt ſo empfehlungswuͤrdigenOffene Waſ - ſerfurchen. verdeckten vorzuziehen. Dieſe offenen Waſſerfurchen werden entweder in der Richtung, wohin ſie das zweckmaͤßigſte Gefaͤlle und die naͤchſte Verbindung mit den niedrigſten Stellen haben, auf einem eben gehaltenen Boden gezogen, oder aber der Acker wird in maͤßig erhoͤhete und gewoͤlbte Beete aufgepfluͤgt, die Beetfurchen noch mehr vertieft und offen gehalten; dieſe, wo es noͤthig iſt, durch Querfurchen, welche man durch die erhoͤheten Beete zieht, verbunden, und das Waſſer nun da, wohin es Gefaͤlle hat, und wo es ſich in einem Graben, Bach oder Teich ergießen kann, hingeleitet.

Auf einem eben gehaltenen Felde iſt es von großer Wichtigkeit, dieſen Waſſer - furchen die zweckmaͤßigſte Stelle, Richtung und Gefaͤlle zu geben. Es iſt immer nachtheilig, ſie zu ſehr zu vervielfaͤltigen, nicht bloß der mehreren Arbeit und des ver - lornen Raums wegen, ſondern auch weil ſie, wenn das Waſſer keinen Abzug daraus hat, mehr Nachtheil als Vortheil bringen koͤnnen, und weil ſie in der Folge immer eine Unebenheit des Bodens hinterlaſſen. Eine jede Waſſerfurche, die ſich ihres Waſſers nicht entledigen kann, iſt unnuͤtz und ſchaͤdlich. Wenn man ſie aus einer Sinke herauszieht, in der Abſicht, dieſe dadurch des Waſſers zu entledigen, hier aber kein Gefaͤlle durch die umliegenden Erhoͤhungen geben kann, ſo wird ſie dieſer Sinke nur einen um ſo ſtaͤrkern Zufluß des Waſſers zuziehen. Man thut in dem Falle weit beſſer, einen kleinen Graben rings um die Anhoͤhe, welche dieſe Niederung umſchließt, zu ziehen, um dadurch daß herabzuleitende Waſſer aufzufangen, welches ſich von dieſem hoͤheren Punkte dann zuweilen leichter ableiten laͤßt.

So wie ein zu geringes Gefaͤlle dieſer Waſſerfurchen und ein Mangel des Aus - fluſſes nachtheilig werden kann, ſo iſt doch auch ein zu ſtarkes und ploͤtzliches Gefaͤlle an Huͤgeln ſorgfaͤltig zu vermeiden, indem ſonſt bei Regenguͤſſen das durchſtroͤmende152Abwaͤſſerung.Waſſer große Einriſſe am Abhange und Verſchlammungen am Fuße des Huͤgels ma - chen kann. Sie muͤſſen an ſolchen Huͤgeln in einem weiten Bogen gezogen werden, ſo daß das Waſſer ſich in einer lehnen Richtung nur langſam herabziehe.

Je mehr Augenmaaß und Ueberlegung zu einer richtigen Anlage der Waſſerfur - chen erfordert wird, um ſo groͤßer iſt der Mißbrauch, den man damit getrieben findet. Manche Ackerbauer glauben ihren Fleiß und ihre Kunſt dadurch recht zu zeigen, wenn ſie die Aecker mit Waſſerfurchen in allerlei Formen und Winkeln durchſchneiden, ſo daß ein ſolches Feld dann beinahe wie ein Modell einer Feſtung mit vielen Außenwer - ken ausſieht, wodurch aber gewoͤhnlich gar nichts[gefruchtet], ſondern nur mannigfal - tiger Nachtheil erzeuget wird.

Dieſe Waſſerfurchen werden mehrentheils mit einem Pfluge angelegt, und zwar mittelſt eines doppelten Zuges, indem man einen Streifen beim Hinaufziehn zur einen Seite, und einen zweiten beim Herunterziehen zur andern Seite auswirft. Man hat aber auch beſondere Pfluͤge mit einem in der Erde hergehenden vorne keilfoͤrmigen und hinten viereckigen Hoͤfte mit hochſtehenden Streichbretten an beiden Seiten. Jenes macht eine rechtwinkliche Furche, und die Streichbretter ſtreichen die heraufgebrachte Erde von den Kanten der Furche ab. Dieſe Inſtrumente haben aber, wenn die Fur - chen einigermaßen tief werden ſollen, große Schwierigkeiten, und erfordern eine ſtarke Zugkraft. Und da die Furchen doch nur in gleicher Tiefe gegen die Oberflaͤche gezo - gen werden koͤnnen, das Waſſer ſich aber nicht nach der Oberflaͤche, ſondern nach der Horizontallinie in ſeinem Abzuge richtet, ſo ſind ſie, wenn ſie durch Erhoͤhungen ge - hen, entweder ganz unwirkſam, oder muͤſſen dann doch mit der Schaufel vertieft werden. Weit richtiger laſſen ſich die Waſſerfurchen mit unſerm Pfluge mit dem dop - pelten beweglichen Streichbrette (vergl. Beſchreib. der nutzbarſten Ackerwerkzeuge, Heft I., Taf. 1.) ziehen. Man hat es mehr in ſeiner Gewalt, ihn, wo es noͤthig iſt, tiefer eindringen zu laſſen. Oder man ſpannt die Streichbretter bei dem erſten Zuge weniger auseinander, ſetzt den Pflug aber da, wo ſie tiefer werden muͤſſen, mit mehr ausgeſpannten Streichbrettern und vertiefter Stellung zum zweiten Male an. Er macht die Furche unten ſpitz zulaufend, und mit einer ſo guten Abſchraͤgung, daß ſie feſtſtehen, und es bedarf einer Nachhuͤlfe mit der Schaufel ſelten. Nur muß die aufgepfluͤgte Erde ſogleich mit der Harke vom Rande der Furchen weggeharkt und gleichmaͤßig verbreitet werden, beſonders wenn das Furchenziehen gleich nach vollen -deter153Abwaͤſſerung.deter Beſtellung geſchieht, damit die Saat nicht erſticke. Manche ziehen aber auch dieſe Furchen allein mit Handwerkzeugen, dem Spaten und der Schaufel.

Dieſe Furchen, beſonders in dem kritiſchen Zeitpunkte des Schnee-Aufge - hens, nachzuſehen und auszubeſſern, bleibt bei jeder Art nothwendig, indem ihre Verſchlammung nie voͤllig zu verhuͤten iſt.

§. 244.

Es iſt indeſſen nicht zu laͤugnen, daß ſehr gehaͤufte Waſſerfurchen auf ebnen Feldern das Uebel haben, daß ſie zuweilen kleine Sinken veranlaſſen, die nicht wohl wiederausgeglichen werden koͤnnen. Dieſe ſind auf zaͤhem Thonboden nach - theilig, und veranlaſſen ausgewinterte Stellen in der Saat. Deshalb bin ich auf Boden von ebener Flaͤche und mit geringem Gefaͤlle den breiten, etwas ge - woͤlbten Ackerbeeten nicht immer entgegen, beſonders wenn ſie in einer ſolchen Richtung angelegt werden koͤnnen, in welcher die Beetfurchen Abfluß haben. Sie duͤrfen jedoch bei einer Breite von 2 bis 3 Ruthen in der Mitte nicht mehr als 6 bis 8 Zoll hoͤher, wie an den Furchen ſeyn, duͤrfen nicht ſpitz, ſondern nur in einer gelinden Woͤlbung aufgepfluͤgt werden. Weil hier die Beetfurchen, we - nigſtens bei der Winterung, immer an derſelben Stelle kommen, ſo iſt ihre Rich - tung deutlicher bezeichnet, und auf den Beeten ſelbſt bleibt keine Sinke; wenig - ſtens keine, die tiefer waͤre als die Furchen. Dieſe Furchen zwiſchen den Beeten muͤſſen dann aber ebenfalls rein ausgeſtrichen und offen gehalten werden, und wo es des Abzugs wegen noͤthig iſt, muß man ſie vermittelſt der Durchſtiche durch das Beet mit einander in Kommunikation ſetzen, damit das Waſſer der einen von der andern aufgenommen, und zuletzt an ſeinen Abflußort hingefuͤhrt werden koͤnne.

Ein mit genugſamen Gefaͤllen verſehener Abzuggraben iſt uͤbrigens eine uner - laßliche Bedingung, ohne welche alle Waſſerfurchen nichts helfen. Wo man die - ſen gar nicht geben konnte, da muß man an dem niedrigſten und ſumpfigſten Platze einen hinlaͤnglich tiefen Teich graben, und dieſen Platz aufopfern, um das Ganze zu retten.

§. 245.

2) Anders und bei weitem haͤufiger iſt der Fall, daß die eigentliche Acker -Undurchlaſ - ſender Unter - grund. krume zwar locker genug iſt, um das Waſſer durchzulaſſen, daß dieſes aber auf einem undurchlaſſenden Untergrunde ſtauet, und auf demſelben keinen Abzug fin -Dritter Theil. U154Abwaͤſſerung.det. Iſt die lockere Ackerkrume tief, ſo kann ſie einen maͤßig anhaltenden Regen eher ertragen, weil das Waſſer in der Tiefe Raum genug hat, ſich zu verſenken, und nicht ſo leicht bis zur Oberflaͤche heraufſtaut. Wird aber die Naͤſſe ſo ſtark, daß ſie die Kapazitaͤt der tieferen Ackerkrume uͤberwiegt, ſo wird der Boden um ſo mehr von der Feuchtigkeit leiden, und es wird um ſo laͤnger dauern, ehe er wie - der austrocknet, je tiefer ſeine lockere Waſſer-aufnehmende Oberflaͤche iſt. Ueber dieſe Vertiefung des Bodens iſt in der Lehre vom Pfluͤgen gehandelt.

Je tiefer der Boden in ſeiner Ackerkrume, um deſto tiefer muͤſſen die Waſſer - furchen ſeyn. Denn, um gehoͤrig zu wirken, muͤſſen ſie in den undurchlaſſenden Untergrund ſelbſt eindringen. Thun ſie das nicht, ſo zieht ſich das Waſſer aus ſelbigen wieder in die lockere Erde hinein. Denn in der Richtung des Gefaͤlles angelegt wuͤrden ſie wenig helfen, indem ſie hoͤchſtens nur die zunaͤchſt an ihren Kanten befindliche Feuchtigkeit wegnehmen koͤnnten, die uͤbrige aber ſich auf dem undurchdringlichen Untergrunde herabziehen wuͤrde, ohne die Furchen zu beruͤh - ren. Folglich muͤſſen ſie faſt horizontal und quer den Abhang durchſchneiden, ſo das herabziehende Waſſer auffangen, und es in einem, dem Gefaͤlle nach, herab - laufenden Abzugsgraben fuͤhren. Sind ihre Waͤnde und ihre Sohle aber nicht waſſerdicht, ſo zieht ſich das Waſſer nach dem Geſetze der Schwere wieder ein, und durch eine andere Abtheilung des Ackers bis zur neuen Waſſerfurche hindurch.

So tiefe Auffangefurchen haben aber große Schwierigkeiten, indem ſie bei jedem Pfluͤgen zerſtoͤrt, und wenn der Naͤſſe unterworfenes Land immer abge - waͤſſert ſeyn ſoll nach jedem Pfluͤgen wieder aufgeworfen werden muͤſſen, ob - wohl dies bei der Beſchwerlichkeit der Arbeit ſelten geſchieht. Die Verbreitung der vielen ausgeworfenen Erde erfordert viele Arbeit. An die Stelle der wieder zugepfluͤgten Waſſerfurchen entſtehen Sinken, und wenn man dieſelbe Stelle bei der Ziehung neuer Waſſerfurchen nicht trifft, ſo entſteht hier, beſonders beim Aufgange des Schnees, eine nachtheilige Waſſerſammlung. Solche tiefe Waſ - ſerfurchen geben bei ſtarkem Schneewaſſer und Gewitterfluthen, wenn ſie auch noch ſo vorſichtig angelegt worden, dennoch oft Veranlaſſung, daß die Erde weggeriſſen wird.

Verdeckte Zuͤge.Deshalb ſind in dieſem haͤufig vorkommenden Falle die verdeckten Zuͤge vorzuͤglich angemeſſen, und die Koſten ihrer Anlage bezahlen ſich auf ſolchem naß -155Abwaͤſſerung.kalten und waſſergalligen Boden oft in einem oder zwei Jahren. Nach richtiger Anlegung derſelben kann der Acker voͤllig eben gehalten, wechſelsweiſe nach allen Richtungen und faſt bei jeder Witterung und zu jeder Jahreszeit bearbeitet werden, und wird nie an uͤberfluͤſſiger Naͤſſe leiden. Ich vindizire den gewiß urſpruͤnglich deutſchen Namen Unterdrains wieder fuͤr dieſe Waſſerzuͤge.

§. 246.

Bei der Anlegung derſelben iſt nun Folgendes hauptſaͤchlich zu beobachten:Anlegung der Unterdrains.

Bei einem abhaͤngigen Felde duͤrfen ſie, wenn ſie gehoͤrige Wirkung thun ſollen, nie in der Richtung des Abhanges gelegt werden, ſondern muͤſſen ſolchen quer durchſchneiden, weil ſie ſonſt das herunterziehende Waſſer nicht ſaͤmmtlich auffangen wuͤrden. In ihrer diagonalen Richtung muͤſſen ſie nach ihrem Auslerungspunkte einiges, aber ſehr geringes Gefaͤlle haben, auf 10 Ruthen nicht mehr als hoͤchſtens einen Zoll, weil ſie ſich bei einem ſtaͤrkern Gefaͤlle leichter ver - ſtopfen. Daß man ſich nicht nach der unebenen Oberflaͤche richten darf, ſondern die Horizontallinie der Sohle wahrnehmen muß, verſteht ſich von ſelbſt.

Man giebt ihnen ihren Ausfluß am beſten in einem offenen Ableitungsgraben, und verſieht jenen mit eingetriebenen Pfaͤhlen, damit er nicht einſinke und jederzeit erkannt werde. Zuweilen laͤßt man mehrere Unterdrains in einem Hauptunter - drain zuſammenkommen. Wo moͤglich iſt dieſes aber zu vermeiden, weil ſie ſich dann leichter verſtopfen, und man die Stelle der Verſtopfung nicht ſo leicht entdeckt.

Der Ableitungsgraben muß durchaus ein ſolches Gefaͤlle haben, daß ſein Waſſer nie bis zur Hoͤhe der Ausfluͤſſe heraufſtauet.

Sie werden in verſchiedener Tiefe angelegt. Wenn ein undurchlaſſender Un - tergrund unter dem poroͤſen Boden liegt, ſo muͤſſen ſie bis in jenem hineindrin - gen, und der eigentliche Waſſerzug muß darin zu liegen kommen. Findet ſich das Thonlager flach, ſo iſt es genug, wenn der Zug nur eine Bedeckung von 12 Zoll, oder wenn die Oberflaͤche ſchon ziemlich bindend iſt, nur von 10 Zoll Erde be - komme, vorausgeſetzt, daß man nicht uͤber 6 Zoll tief pfluͤgen will. Bei loſerem Boden muß die Bedeckung 18 Zoll, zuweilen 24 Zoll ausmachen. Auch aͤndert ſich dieſe Tiefe natuͤrlich, wo der Drain durch eine Anhoͤhe, die man jedoch moͤg - lichſt zu vermeiden ſucht, gehet. Der eigentliche offene Zug braucht nur 9 bis 10 Zoll tief zu ſeyn.

U 2156Abwaͤſſerung.

Die Weite des eigentlichen Zuges kann mehrentheils ſehr geringe ſeyn. Sie richtet ſich jedoch nach dem Ausfuͤllungsmaterial. Soll er mit rauhen Feldſteinen ausgefuͤllt werden, ſo muß er oben 16, unten 10 Zoll haben. Bei der Ausfuͤllung mit Waſenholz macht man ihn oben hoͤchſtens 12 Zoll, oft nur 9 Zoll, und unten 2 bis 3 Zoll breit. Man oͤfnet alſo bei der Anlage die obere Erde ſo weit als noͤthig iſt, um dieſen Zug in erforderlicher Tiefe ausſtechen zu koͤnnen.

Dieſes Oefnen geſchieht bei groͤßeren Anlagen in der Regel zuerſt mit Pfluͤ - gen. Man wirft zwei Pflugſtreifen rechts und links ab, und laͤßt dazwiſchen einen Balken von etwa 15 Zoll Breite ſtehen. Dieſen ſpaltet man dann mit einem ſtarken doppelten Streichbrettpfluge, zum erſten Mal etwa 1 Fuß tief, und beim zweiten Einſetzen ſucht man noch 6 bis 8 Zoll tiefer zu kommen. Man zieht die Erde dann vom Rande etwas ab, damit ſie bei der Arbeit nicht wieder hineinfalle.

Das uͤbrige reine Ausſtechen vollfuͤhrt man dann mit Spaten, naͤmlich mit einem gewoͤhnlichen unten ſchmaler zulaufenden, und einem andern, deſſen Blatt oben nicht breiter iſt, als der erſte unten war, und der dann unten auf 3 Zoll Breite abfaͤllt. Durch ein gleichmaͤßiges Einſtechen und Herausheben der Erde mit einem Spaten nach dem andern bildet ſich dann der Zug von ſelbſt. Man ebnet ſeine Waͤnde, und reiniget ihn unten mit einer gekruͤmmten hohlen Schau - fel von aller loſen Erde.

Dann wird der eigentliche Zug gewoͤhnlich entweder mit Steinen oder mit Waſenholz ausgeſetzt. Die Wahl richtet ſich hauptſaͤchlich nach dem Vorhanden - ſeyn oder der bequemeren Herbeiſchaffung des einen oder des anderen. Wo man Steine auf dem Acker hat, waͤhlt man dieſe. Solche Feldſteine werden dann, große und kleine durcheinander, in den Zug gelegt, mit der Vorſicht, daß die breiteſten und platteſten Seiten an die Waͤnde des Zuges kommen. Nimmt man Waſenholz, ſo wird ſolches entweder in Faſchinen gebunden, oder beſſer Stuͤck - weiſe eingelegt, und zwar ſo, daß das dickſte unten komme, und das duͤnnſte Reis oben.

Die Erfahrung hat gelehrt, daß das leichte waͤſſrige Holz laͤnger ausdaure, wie das haͤrtere, feſte; und daß Erlen -, Weiden -, Pappelnreis ſich am beſten dazu paſſe, ſelbſt beſſer wie das harzige Kienen - oder Wachholderholz. Es muß157Abwaͤſſerung.jedoch friſch gehauen und in vollem Safte ſeyn. Man nimmt uͤbrigens dasjenige, was man haben kann.

Im Allgemeinen hat man gefunden, daß die mit Holz ausgefuͤllten Zuͤge ſich weniger verſtopfen und laͤnger ausdauern, als die mit Steinen gemachten. Denn wenn auch das Holz verfault, ſo bleibt dennoch im Thon der Zug offen.

Das Ausfuͤllungsmaterial wird dann mit Stroh, oder wenn man es wohlfeiler hat, mit Haidekraut, Binſen u. dgl. bedeckt, um das Einkruͤmeln der uͤbergewor - fenen Erde zu verhuͤten. Auch legt man wohl den von der Oberflaͤche abgeſtochenen Raſen daruͤber, mit der gruͤnen Seite unten. Dann tritt man es etwas feſt.

Bei der nun wieder uͤberzuwerfenden Erde iſt die Vorſicht noͤthig, daß man zwar nicht gar zu loſe Erde, aber auch keinen feſten Thon zunaͤchſt uͤber den Zug her - lege, weil jene hineinkruͤmeln, dieſer aber, wenn er ſich feſtgeſetzt hat, das Einzie - hen des Waſſers verhindern wuͤrde. Die uͤbrige Erde wirft man dann in der Art wieder daruͤber her, daß die fruchtbare oben bleibe. Die Stelle muß ein wenig auf - gehoͤhet werden, weil ſie ſich nachher ſackt. Da dennoch Erde uͤbrig bleibt, ſo wird dieſe auf dem Felde vertheilt.

In ganz thonigem Boden hat man die Zuͤge nur ſehr ſchmal gemacht, ſie mit loſem oder in Seile gewundenen Stroh ausgefuͤllt, oder ſie ganz offen gelaſſen, und oben nur mit einem Raſen bedeckt. Die thonige Erde ſetzt ſich bald feſt, und bildet ein Gewoͤlbe uͤber den Zug; ſo daß er offen bleibt, wenn das Stroh verweſet war. Hier hat man auch mit einem ſogenannten Maulwurfspfluge Roͤhren in die Erde ge - zogen, und dieſes zureichend gefunden.

In loſem, beſonders moorigen Boden hat man ſich kuͤnſtlicherer Ausſetzungen von glatten Bruchſteinen oder Ziegeln, die beſonders dazu geformt waren, bedient, um die Waͤnde zu befeſtigen, und den Zug ſelbſt dann ganz offen gelaſſen.

Vergl Anleitung zur engliſchen Landwirthſchaft, Bd. II. Th. 1. S. 50., und Johnſtone uͤber Austrocknung nach Elkingtons Art, uͤberſetzt vom Gr. v. Podewils, Berlin 1799, an verſchiedenen Orten.

Nach Verhaͤltniß der Feuchtigkeit eines Ackers oder auch einer aus gleicher Ur - ſach naſſen Wieſe muͤſſen dieſer Zuͤge mehr oder weniger ſeyn, naͤher oder entfernter liegen. Gewoͤhnlich macht man ſie auf einer Diſtanz von 3 bis 4 Ruthen. Iſt der feuchte Boden ſehr thonig mit einer flachen Krume, ſo muͤſſen ſie noch dichter liegen.

158Abwaͤſſerung.

Wenn man das Ausfuͤllungsmaterial bei der Hand hat, ſo ſind die Koſten dieſer wichtigen und das Uebel der Naͤſſe gruͤndlich heilenden Verbeſſerung unbedeutend. Es unternehmen ſie in England Paͤchter, die nur wenige Jahre ihres Bleibens ſicher ſind, und oft bezahlt ſie ſich im erſten Jahre. Einem Freunde, der ſie auf meinen Rath anlegen ließ, koſtete der Morgen 1 Thlr. 16 Gr., und er gewann darauf im naͤchſten Jahre Scheffel Weizen mehr.

Eine Vorſicht, welche man bei ſo entwaͤſſerten Feldern oder Wieſen beobachten muß, iſt die, daß man ſie nicht mit ſchwer beladenen Wagen gerade in der Richtung der Zuͤge befahren laſſe.

Die Verfertigung ausgemauerter Kanaͤle unter der Erde, um eine große Waſ - ſermaſſe abzuleiten, iſt ein Gegenſtand der Baukunſt.

§. 247.

B. Herabzie - hendes Tage - waſſer.B) Die zweite Urſache der Naͤſſe findet hauptſaͤchlich in Thaͤlern ſtatt, die rings - umher mit Anhoͤhen umgeben ſind, von welchen ſich das Waſſer auf der Oberflaͤche herabzieht, oder in Regenbaͤchen herabfließt, und nun nirgends einen weitern Ausweg findet, ſondern hier einziehen und verdunſten muß. Wenndieſe Thaͤler keinen ſehr durch - laſſenden Boden oder natuͤrliche unterirdiſche Waſſerableiter haben, ſo werden ſie dadurch oft voͤllig zu Suͤmpfen oder gar zu Teichen und Seen. Die Huͤlfe iſt hier mehren - theils ſehr ſchwierig; jedoch kann ſie es mehr oder minder ſeyn, und ſich zuweilen be - zahlen, wenn man die umgebende Anhoͤhe da, wo ſie am niedrigſten iſt, oder wo ſich etwa eine Schlucht findet, mit einem hinreichend tiefen Graben durchſticht, und da - durch das Waſſer zu einer noch niedern Gegend, und endlich zu einem Fluße oder See hinleitet. Man muß hier die Koſten des Grabens mit der Groͤße und der Guͤte der Flaͤche, welche man dadurch gewinnen wuͤrde, vergleichen und berechnen, wie ſich der Werth der letztern zu erſtern verhalte.

Manchmal kann es unausfuͤhrbar ſeyn, das Waſſer aus der niedrigſten Stelle des Thales abzuleiten, weil man dem Graben von da ab nicht das noͤthige Gefaͤlle ge - ben kann. Wenn man ſicher iſt, daß dies Waſſer nur Ober - oder Tagewaſſer ſey, welches ſich von den Anhoͤhen vielleicht in kleinen Regenbaͤchen herabzieht, ſo kann es rathſam ſeyn, am Abhange der Anhoͤhen ſo hoch, daß er noch Gefaͤlle haben kann, einen Auffangegraben zu ziehen, in welchem ſich das herabkommende Waſſer ergießen muß, und es aus dieſem dann an einer paßlichen Stelle uͤber oder durch die Anhoͤhe159Abwaͤſſerung.abzuleiten. Es kann hierdurch wenigſtens ein betraͤchtlicher Theil der Naͤſſe ge - hoben werden.

Die dritte Huͤlfe in dieſem Falle findet ſtatt, wenn der Boden des Thales eine nicht zu ſtarke Schicht von undurchlaſſender Erde, darunter aber durchlaſſenden Kies oder Sand hat. Hier legt man eine oder mehrere Fanggruben oder ausgepfaͤhlte Brunnen an, welche entweder ſelbſt durch die undurchlaſſende Schicht hindurchgehen, oder man durchbohrt dieſe nur mit einem ſtarken Erdbohrer, da denn das eindringende Waſſer dieſe Loͤcher offen erhaͤlt, und ſich hinlaͤnglich durch ſie hindurch in die durch - laſſende Erde verſenkt. Man hat auf dieſe Weiſe haͤufig Moraͤſte ausgetrocknet, Waſſerpfuhle und Seen verſenkt, und auf deren Grunde einen ſehr fruchtbaren Bo - den gewonnen. Es iſt aber zuvor noͤthig, die Sache genau zu unterſuchen, und ſich zu uͤberzeugen, daß wenn man auch auf Sand kommt, dieſer das Waſſer wirklich verſchlucke, und nicht im Gegentheil, wie zuweilen der Fall ſeyn kann, mit Waſſer ſchon angefuͤllt ſey, welches durch die Verbindung, worin es mit hoͤherem Waſſer ſteht, einen ſo ſtarken Druck erhaͤlt, daß es aus der gemachten Oeffnung nur noch mehr hervorſprudelt.

Eine partielle Huͤlfe kann man den Feldern in ſolchen Thaͤlern dadurch geben, daß man ſie mit vielen Graͤben durchſchneidet, und ſie durch die ausgeworfene Erde, und vielleicht durch Sand, den man von den Anhoͤhen herabbringt, erhoͤht. Die Fruchtbarkeit und der Reichthum des Thalbodens bezahlt oft die muͤhſame Arbeit.

§. 248.

C. Die Quellen und Quellgruͤnde entſtehen, wenigſtens in den bei wei -C. Quellen. tem meiſten Faͤllen, auf folgende Weiſe. Das Waſſer, welches ſich auf den Gipfeln der Berge und Anhoͤhen am ſtaͤrkſten aus der Atmoſphaͤre niederſchlaͤgt, verſenkt ſich nach dem Geſetze der Schwere perpendikulaͤr in dem poroͤſen Boden ſo tief es kann, bis es nun durch eine undurchlaſſende Erdſchicht daran verhindert wird. Wenn es auf dieſe kommt, ſo gleitet es auf ſelbiger weiter fort, und bahnt ſich dann einen Aus - weg, wo dieſe Erdlage zu Tage kommt. Findet es hier einen freien Ausweg, ſo kommt es als offene Quelle hervor, bahnt ſich bei zureichendem Gefaͤlle ſein ferneres Bette, und fließt als ein Bach der niederern Gegend zu, ohne das umliegende Land auf eine weite Entfernung feucht zu machen. Wenn aber da, wo die undurchlaſſende Erdſchicht am Abhange oder Fuße einer Anhoͤhe zu Ende geht, ein poroͤſer Erdboden ſich angehaͤuft hat, ſo durchzieht das Waſſer denſelben, macht ihn in einem weiten160Abwaͤſſerung.Umfange feucht und ſumpfig, bricht dann, durch den Druck von oben gezwungen, in haͤufigen kleinen quelligen oder quebbigen Stellen aus, oder ſchwitzt durch den Raſen hindurch. Dieſes iſt eine der haͤufigſten Urſachen der waſſergalligen Felder ſowohl, als der Moraͤſte, Bruͤcher und Moore.

Es ſind hier oftmals mit großen Koſten Mittel angewandt worden, welche aber nur eine unbedeutende Huͤlfe geleiſtet haben, oder ganz fruchtlos geweſen ſind. Man hat mannigfaltige Graͤben gezogen, aber beinahe nur die Raͤnder derſelben dadurch trocken gemacht. Wenn ſie auch die gehoͤrige Richtung hatten, ſo zog ſich das Waſ - ſer doch unter ihrer Sohle durch, falls ſie nicht ſo tief waren, daß ſie den undurchlaſ - ſenden Untergrund erreichten und in denſelben hineingingen. Da letzteres eine uner - laͤßliche Bedingung iſt, wenn die Graͤben ihre Wirkung thun ſollen, dann aber, wenn man nicht die rechte Stelle in jedem Falle trifft, eine unerſchwingliche Tiefe haben muͤſſen, ſo iſt es von hoͤchſter Wichtigkeit, die mannigfaltigen Faͤlle zu unterſcheiden, welche ſich aber, wenn man auf die Lage der Erdſchichten als Grund der Quellſtellen Ruͤckſicht nimmt, auf wenige reduziren laſſen.

§. 249.

Lage des Erd - bodens an Quellſtellen.Mehrentheils gleitet das Waſſer am Abhange oder Fuße einer Anhoͤhe nicht von der horizontalen oder ſchraͤgen undurchlaſſenden Erdſchicht, die ſein weiteres Verſin - ken verhindert, geradezu herab. Denn man findet faſt immer, daß ſich an dem un - tern Theile, ſelbſt kieſiger oder ſteiniger Berge, eine Vorlage von thoniger Erde ge - bildet hat, die hoͤher aufwaͤrts duͤnner, nach dem Fuße zu immer dicker zu werden pflegt. Wahrſcheinlich ruͤhrt das von den thonigten Theilen her, welche das herabflie - ßende Waſſer aus der uͤbrigen Erde ausgeſchlemmt und hier abgeſetzt hat. Mag es aber auch eine andere Urſach haben; man findet den Fuß der Anhoͤhen gewoͤhnlich mit einer ſolchen thonigten Vorlage umgeben, die manchmal von betraͤchtlicher Staͤrke, zuwei - len aber auch nur duͤnne iſt. Das in der poroſen Erde ſich herabſenkende Waſſer wird alſo von der thonigten Unterlage und von dieſer Vorlage eingeſperrt, und ſo ein Waſ - ſerbehaͤlter gebildet, worin ſich nach Verhaͤltniß der aus der Atmoſphaͤre niederge - ſchlagenen Feuchtigkeit das Waſſer mehr oder minder anhaͤuft. Es ſtauet nun ſo weit herauf, daß es entweder da uͤberfließt, wo die thonigte Vorlage zu Ende geht, oder, was haͤufiger der Fall iſt, es hat ſich durch dieſe thonigte Vorlage an duͤnnern Stellen derſelben Auswege gebahnt, wo es durchdringt. Es koͤmmt dann aber indieſen161Abwaͤſſerung.dieſen Faͤllen nicht gleich voͤllig zu Tage, indem ſich naͤmlich uͤber dieſer Thonlage wieder poroͤſe Erde, die haͤufig ſchwammigter und mooriger Art zu ſeyn pflegt, indem ſie von der Feuchtigkeit ſelbſt gebildet worden angehaͤuft hat. In die - ſer zieht ſich das aus der thonigten Lage hervordringende Waſſer herab, macht eine groͤßere oder geringere Flaͤche feucht und quebbig, und erzeugt hier Suͤmpfe, Moore und Binſengruͤnde.

Die eigentliche Quelle oder der Ort, wo das Waſſer aus der thonigten Lage hervordringt, liegt manchmal viel hoͤher, wie die Stelle, wo ſich die Feuchtigkeit zuerſt auf der Oberflaͤche zeigt. Denn wenn die Oberlage der poroͤſen Erde ſtark und der Abhang betraͤchtlich iſt, ſo gleitet das Waſſer unter derſelben auf der Thonlage herab, und zeigt ſich auf der Oberflaͤche wenigſtens nicht deutlich und nicht bei trocknerer Witterung. Sie koͤmmt erſt da zum Vorſchein, wo der Bo - den am Fuße des Berges nicht mehr abhaͤngig iſt, oder wo etwa hoͤher aufwaͤrts das Waſſer durch eine Erhebung des Thonlagers aufgehalten wird, oder aber das Lager der oberen poroͤſen Erde ſehr duͤnne iſt. Deshalb giebt es auch Faͤlle, wo die Feuchtigkeit ſich ſchon hoch am Berge zu zeigen anfaͤngt.

§. 250.

Die beiden Figuren auf Tafel I. (wovon, ſo wie bei der folgenden, die obereFaͤlle einer Art. den Grundriß, die untere das Profil eines an ſeinem Fuße quellgruͤndigen Berges oder Anhoͤhe vorſtellt) werden dies verſinnlichen. In dem Profile iſt a die durch - laſſende poroͤſe Erde des Berges oder der Anhoͤhe;

b die darunter liegende horizontale Thonſchicht, welche das tiefere Ver - ſenken des Waſſers hindert.

c die thonigte Vorlage, die an dem Fuße des Berges hinaufgeht.

Das bis zur Hoͤhe von q heraufſtauende Waſſer hat ſich hier durch die duͤn - nere Thonvorlage Durchbruͤche gemacht, aus welchen es hervordringt. Iſt das Thonlager hier mit einer ſtarken Schicht von poroͤſer Erde bedeckt, ſo wird ſich die Feuchtigkeit noch nicht an dieſer Stelle, ſondern erſt mehr unterwaͤrts zeigen.

Liegt aber nur wenige Erde daruͤber, wie dieſer Fall hier angenommen iſt, ſo kommt auch die Feuchtigkeit gleich zu Tage, und es entſtehen hier, wie auf dem Grundriſſe bei Q Q Q Q angedeutet iſt, Quellen, mehrentheils in einer Linie oder Hoͤhe, die man indeſſen mehrentheils nicht hervorſprudeln ſieht, ſondern nur durchDritter Theil. X162Abwaͤſſerung.die Feuchtigkeit bemerkt, indem ſich das Waſſer in dem poroͤſen Grunde herab - zieht, und[nun] die ganze unterliegende Gegend feucht macht bis dahin, wo es in einem Bache, welcher auf dieſen Figuren durch F f angedeutet iſt, ſeinen Abzug findet.

In dieſem hier angenommenen Falle dringt alſo das Waſſer ziemlich hoch an der Anhoͤhe aus der Tiefe hervor, und kann ſich gleich oberwaͤrts, manchmal aber auch erſt am Fuße der Anhoͤhe, wo der Boden eben wird, zeigen.

§. 251.

Faͤlle der an - dern Art.In anderen Faͤllen aber koͤmmt das Waſſer aus dem Thonlager auch an nie - drigern Stellen hervor, und zwar an dieſen entweder allein oder auch an hoͤheren Stellen zugleich. Dieſen Fall ſtellen die Figuren auf Tafel II. dar.

Der ſandige, kieſige oder ſteinige Waſſerbehaͤlter geht hier auf der undurch - laſſenden Thonlage ruhend und mit einer Thonlage uͤberdeckt mit ſeinem Fuße tief in das flache Land hinein. Das Waſſer hat, durch den Druck von oben gepreßt, ſich an verſchiedenen Stellen und in verſchiedenen Hoͤhen Durchbruͤche gemacht, aus welchen es hervordringt. Je nachdem ſich das Waſſer in dem Behaͤlter bei naſſer Witterung ſtaͤrker anhaͤuft, und hoͤher in demſelben hinaufſtaut, fließen die hoͤheren Quellen mit den unteren zugleich. Nimmt aber das Waſſer in dem Be - haͤlter ab, ſo verſiegen die oberen Quellen, und nur die unteren fahren zu fließen fort. An den hoͤheren Stellen entdeckt man alſo bei trockener Witterung in die - ſem Falle keine Spur des Waſſers, wogegen in dem vorigen die Naͤſſe ſich immer in derſelben Hoͤhe zeigt. Dieſe Wahrnehmung unterſcheidet die beiden Faͤlle oft ſchon hinreichend, oder leitet doch zu ihrer Unterſcheidung; jedoch gelangt man oft erſt durch den Erdbohrer oder durch Eingraben zu mehrerer Sicherheit. Und dies iſt nothwendig, da die beiden Faͤlle eine verſchiedene Anlegung des Abfange - grabens erfordern, und bei Verwechſelung der Faͤlle dieſer an der unrichtigen Stelle angelegt wenig fruchten wuͤrde.

§. 252.

Huͤlfe im er - ſten Falle.Im erſten Falle naͤmlich wuͤrde es wenig helfen, wenn der Graben an dem tiefſten Orte, wo ſich die Feuchtigkeit freilich am ſtaͤrkſten zu zeigen pflegt, ange - legt wuͤrde; die ganze oberhalb liegende Gegend wuͤrde dadurch nicht trocken wer - den. Denn man trift hier den Waſſerbehaͤlter nicht mehr, in welchem ſich das163Abwaͤſſerung.Waſſer angeſammelt hat, es faͤhrt deshalb fort, an den hoͤheren Stellen auszu - fließen, und ſich durch die poroͤſe Oberflaͤche durchzuziehen. Dringt man mit dem Graben nicht bis auf die Thonlage ein, welches wegen der angehaͤuften moorigen Erde und wegen des mangelnden Gefaͤlles zuweilen gar nicht angeht, ſo zieht ſich die Feuchtigkeit ſelbſt unter der Sohle des Grabens hindurch, auch aus dem Gra - ben wieder in die ſchwammige Erde hinein, und kommt auch unterhalb deſſelben wieder zum Vorſchein. Wenn hingegen der Graben oberwaͤrts bald unter der Linie, wo das Waſſer durch das Thonlager durchdringt, und da, wo ſich die Feuch - tigkeit auf der Oberflaͤche zuerſt aͤußert, angelegt und bis in das Thonlager hinein verſenkt wird, welches hier wegen der duͤnneren Oberlage leichter iſt, und wo - bei man hinreichendes Gefaͤlle behaͤlt, ſo wird das herabziehende Waſſer dadurch aufgefangen, und die unterliegende Gegend muß trocken werden.

§. 253.

Im zweiten Falle hingegen wuͤrde dieſer in der hoͤheren Linie angelegte Gra -Huͤlfe im zweiten Falle. ben von geringem Nutzen ſeyn, indem er nur das oberhalb hervordringende Waſ - ſer, welches ſich nur bei einer ſtarken Anhaͤufung des Waſſerbehaͤlters zeigt, auf - fangen, aber nicht das unterhalb hervorquellende abſchneiden koͤnnte. Hier muß vielmehr der Graben an der niedrigſten Stelle, wo noch Waſſer durch das Thon - lager hervordringt, angelegt werden.

Kann man hier nun mit dem Graben in das Thonlager ſo tief eindringen, daß man auf dem poroͤſen Waſſerbehaͤlter oder deſſen ſich tief hineinziehende Adern kommt, ſo wird dem ſaͤmmtlichen darin angehaͤuften Waſſer Luft geſchafft, und es kann ſich an dieſem niedrigſten Orte voͤllig ausleeren. Die oberen Quellen werden folglich, da das Waſſer nicht bis zu ihnen hinaufſtauen kann, zu fließen aufhoͤren, und die ganze Breite wird trocken werden.

§. 254.

Eine ſolche Vertiefung findet aber hier ſelten ſtatt, theils weil das ThonlagerAnwendung der Bohr - loͤcher. uͤber den Waſſerbehaͤlter hier ſehr ſtark zu ſeyn pflegt, theils weil man von der Sohle des tiefen Grabens ab nicht mehr genugſames Gefaͤlle hat. Deshalb iſt die vom Doktor Andersſon angedeutete, von Elkington aber erfundene und ſo haͤufig zur Bewunderung von ganz England ausgefuͤhrte Huͤlfe, dem Waſſer mittelſt der Bohrloͤcher Ausfluß zu geben, von ſo großer Wichtigkeit, daß das ParlamentX 2164Abwaͤſſerung.letzterem eine ſehr anſehnliche Belohnung bewilligte, uͤber die Anwendung ſeiner Methode Unterſuchungen anſtellen, und andere darin belehren ließ.

Wenn man naͤmlich mit dem Graben bis in das Thonlager eingedrungen iſt, ſo macht man in der Sohle des Grabens entweder mit dem Spaten Verſenkungen, oder aber, was voͤllig zureichend befunden, man bohrt nur mit einem ſtarken Erd - bohrer Loͤcher durch die Thonlage durch, bis man auf dem ſandigen oder kieſigten Waſſerbehaͤlter kommt, wo dann das Waſſer oft mit gewaltiger Macht aus dieſen Loͤchern hervordringt, und ſich in dem Abfangegraben ergießt, aus welchem es dann, da ſeine Sohle noch hoͤher liegt, wie der niedrigſte Theil der Gegend gewoͤhnlich ein darin herfließender Bach durch den Abzugsgraben abflie - ßen kann.

Elkington machte dieſe Erfindung zufaͤllig, indem er in einem vergeblich an - gelegten Graben ſtehend voll Unmuth mit einer eben daliegenden eiſernen Stange auf den Boden ſtieß, hierdurch die nur noch duͤnne Thonlage durchbrach, worauf das Waſſer mit ſolcher Gewalt hervorſprudelte, daß er ſich ſchnell aus dem Gra - ben herausheben mußte. Nachdem er dieſem Waſſer Abzug gegeben, machte er mit einem Bohrer mehrere Loͤcher, und legte auf die Weiſe die ganze Gegend bald trocken. Er hat nachher auf dieſe Art eine Menge bewunderungswuͤrdiger Ent - waͤſſerungen bewirkt, und ſein Name iſt hierdurch auf ewige Zeiten beruͤhmt ge - worden. Es koͤmmt dieſer Fall indeſſen bei der Ziehung von Graͤben ſehr haͤufig vor, und jeder mit Grabenziehen lange beſchaͤftigte Arbeiter kennt dieſes Hervor - ſprudeln von Quellen aus dem thonigen Grunde eines Grabens. Elkington ver - ſtand nur, die gehoͤrige Anwendung von dieſer zufaͤlligen Beobachtung zu machen.

Durch ſolche Graͤben und Bohrloͤcher wird dem in den Sand -, Kies - und Steinlagen des Erdbodens angehaͤuften Waſſer an der niedrigſten Stelle Ausfluß verſchafft, und das Waſſer dann aus der ganzen Gegend durch die kommuniciren - den durchlaſſenden Schichten und Adern dahin abgeleitet, indem ſich dieſe um ſo ſtaͤrker oͤffnen, je mehr das Waſſer einen Zug dahin bekommt.

Es koͤnnen alſo durch die Anlage eines ſolchen mit Bohrloͤchern verſehenen Grabens wenn man anders den Waſſerbehaͤlter oder eine Ader deſſelben rich - tig trifft alle Stellen, die uͤber der Horizontallinie ſeiner Sohle liegen, in einer Gegend von weitem Umfange trocken gelegt, und alle hoͤheren Quellen zum165Abwaͤſſerung.Verſiegen gebracht werden, wenn ſie, wie es gewoͤhnlich der Fall iſt, durch durch - laſſenden Schichten und Adern des Erdbodens mit einander in Kommunikation ſtehen. Es iſt daher auch nichts Seltenes geweſen, daß durch dieſe Anlage auf einer Seite eines Berges oder einer Anhoͤhe die andere Seite deſſelben trocken wurde, ja daß ſo - gar Quellen, die dort einen Bach bildeten, zu fließen aufhoͤrten, und folglich Waſ - ſermangel entſtand. Dagegen verſchaffte man ſich in dem angelegten Graben zuwei - len unerwartet einen ſo ſtarken Waſſerzufluß, daß man Muͤhlenwerke damit betreiben konnte. Auch konnte das aufgefangene Waſſer oft zur Bewaͤſſerung des niedriger liegenden, nun aber von unten trocken gelegten Bodens benutzt, und ſo nun aus moraſtigen Gruͤnden willkuͤhrlich zu bewaͤſſernde Wieſen gemacht werden.

Die Bohrloͤcher verſtopfen ſich, wie die Erfahrung gelehrt hat, nicht leicht, ſie werden vielmehr durch das hervordringende Waſſer erweitert, und es entſtehen gleich - ſam kuͤnſtliche Quellen. Nach Verhaͤltniß des Waſſerszufluſſes werden ihrer mehrere oder wenigere gebohrt. Auf allen Fall kann man ſie mit einer kleinen Einfaſſung um - geben, damit ſie nicht, wenn etwa die Grabenwand herabſinken ſollte, verſchuͤttet werden. Auch ſind ſie ſehr leicht wieder zu oͤffnen. Man muß aber, wie ſich von ſelbſt verſteht, nie erwarten, daß ein ſolcher Graben auf die Entwaͤſſerungen von Stellen wirken ſolle, die unterhalb der Horizontallinie ſeiner Sohle liegen; es ſey denn, daß die eigentliche Quelle, wie im erſten Falle, wirklich hoͤher aus dem Thon - lager hervordraͤnge, die Feuchtigkeit aber wegen der Bedeckung mit poroͤſer Erde ſich erſt tiefer zu zeigen anfinge.

Ich glaube durch dieſe wenigen Worte, die Manchen ſo verwickelnd ſcheinende Materie von der Abfangung der Quellen und der Trockenlegung quelliger Gruͤnde ge - nugſam erlaͤutert zu haben. Die Lehre iſt ſehr einfach, es gehoͤrt aber eine genaue Unterſuchung der ganzen Gegend und der Schichtenlage des Bodens die man ſich oft zufaͤllig an eingeſtuͤrzten Abhaͤngen beim Brunnengraben, immer aber durch den Gebrauch des Erdbohrers verſchaffen kann dazu, um ſie fuͤr jede beſondere Loka - litaͤt richtig anzuwenden.

Wir haben Johnſton’s Abhandlung uͤber das Austrocknen der Suͤmpfe und Entwaͤſſerung kaltgruͤndiger Aecker nach Elkington’s Verfahren, uͤberſetzt von dem Gra - ſen von Podewils, Berlin 1799, worin die Sache ausfuͤhrlich aber dennoch nicht vollſtaͤndig und etwas verworren abgehandelt iſt. Man wird ſich indeſſen nach dem166Abwaͤſſerung.Vorgeſagten einen klaren Begriff von mehreren verſchiedenen Faͤllen daraus machen koͤnnen. Ueber die beſondere Anwendung auf quellige Moore weiter unten.

§. 255.

D. Von Stroͤ - men.D. Das Austreten der Stroͤme und Fluͤſſe aus ihrem Bette, ſo wie auch die Verengerung ihres zu weiten Bettes wird durch Daͤmme, die man Deiche nennt, bewirkt.

Die zweckmaͤßige und ſichere Anlegung dieſer Deiche lehrt die ſehr verwickelte und ungeachtet aller Anſtrengung treflicher theoretiſcher und praktiſcher Maͤnner noch in ihren wichtigſten Grundſaͤtzen ſchwankende und daher in der Ausfuͤhrung ſo leicht fehlgreifende Deichbaukunſt. Die Anlage und Unterhaltung groͤßerer Eindeichungen iſt, was ihre Ausfuͤhrung und Aufſicht anbetrifft, ſelten die Sache des Privatmanns, ſondern des Staats oder der Kommune, die ſolche beſondern, wohl unterrichteten und erfahrnen Werkverſtaͤndigen auftragen. Indeſſen kann es dem an ſolchen Stroͤmen wohnenden Landwirthe intereſſant und nuͤtzlich ſeyn, ſich davon eine gruͤndliche Kennt - niß zu erwerben, und deshalb verweiſe ich denſelben auf folgende Werke:

Hunrichs praktiſche Anleitung zum Deich -, Siel - und Schleuſenbau. Bre - men, zwei Theile, 1770, 1782.

Kirchmann Anleitung zur Deich -, Schleuſen - und Staakbaukunſt. Hanno - ver 1786.

Riedels Anleitung zur Strom - und Deichbaukunde. Berlin 1800.

§. 256.

Deiche.Es ſoll durch die Eindeichung entweder das Land gegen die ſtarken Anſchwellungen von Fluͤſſen und Ueberſtroͤmungen, welche ſich von Zeit zu Zeit ereignen, geſichert, oder es ſoll bisher vom Waſſer mehrentheils bedecktes Land dadurch gewonnen und zur Kultur vorbereitet oder urbar gemacht werden.

Man hat gegenwaͤrtig Deiche, die man als voͤllig gefahrlos annehmen kann. Es hat lange gedauert, bevor man aus ſchrecklichen Erfahrungen die groͤßeren Vor - kehrungen kennen gelernt hat, welche zur vollkommenſten Sicherung erforderlich ſind. Auf und an dieſen gefahrloſen Deichen kann man nunmehro voͤllig geſichert gegen die gewoͤhnlichen Naturereigniſſe unſers Klima’s wohnen, und dieſe zeichnen ſich von den Gefahrdeichen, die einer ſehr genauen Aufſicht und Beihuͤlfe bei hohem Waſſerſtande beduͤrfen, merklich aus. Jene gefahrloſe Deiche finden aber faſt nur da ſtatt, wo die167Abwaͤſſerung.Ueberſtroͤmungen bloß vom Ruͤckſtau des Meeres, von ſogenannten Doppelflutheu und vom Wellenſchlage herruͤhren koͤnnen, deren moͤglichſte Groͤße und Gewalt man durch Erfahrung und nach Theorie kennen lernen konnte. Dies iſt aber nicht moͤg - lich, wo die Gefahr der Ueberſtroͤmung von Landfluthen oder von einem ſich ſtopfen - den Eisgange herruͤhret, indem es ſich durchaus nicht beſtimmen laͤßt, wie arg es da - mit werden koͤnne.

Im letztern Falle iſt ohne Zweifel ein ſehr breites Vorland ſo nennt man das zwiſchen dem Deiche und dem Strome liegende unbewallte Land und ein moͤglichſt gerader, oder nur in einem weiten Zirkelbogen ſich kruͤmmender Gang des Flußes ungleich ſicherer, wie die moͤglich hoͤchſte und ſtaͤrkſte Anlage der Verwallung. Leider iſt man aber haͤufig mit der Eindeichung an manchen Orten theils zu voreilig eher das angeſetzte Land ſeine ſogenannte Reife erhalten hatte theils zu geizig mit dem Lande, welches man fuͤr den Ackerbau gewinnen wollte, geweſen, und hat da - durch die Gefahr und den von Zeit zu Zeit erfolgenden nun vielleicht unabwendlichen Schaden weit uͤber das Verhaͤltniß des Werths des mehr gewonnenen Landes vergroͤßert.

§. 257.

Wenn durch die Deiche der Ueberſtroͤmung aus den Fluͤſſen gewehrt iſt, ſo wirdDas Binnen - waſſer. dadurch die Naͤſſe des eingedeichten Landes noch nicht gehoben.

Das von der Hoͤhe herunterkommende und dem Strome zufließende Waſſer muß ſeinen Abzug erhalten, und ſeiner Stauung und Ueberſtroͤmung muß gewehrt werden. Die Vorkehrungen, welche man hierzu getroffen hat, ſind verſchieden, und muͤſſen es ihrer Lokalitaͤt nach ſeyn.

Zuweilen leitet man es durch Kanaͤle dem Fluſſe in moͤglichſt gerader RichtungAuslaßſchlen - ſen. zu, und laͤßt es durch Auswaͤſſerungsſchleuſen (Sielen) unter dem Deiche aus. Sie ſind mehrentheils mit Fallthuͤren (Sielklappen) verſehen, die das aͤußere Waſſer, wenn es hoͤher ſteht, zuſchließet, wogegen ſie, wenn dieſes gefallen iſt, von dem innern herausdraͤngenden Waſſer geoͤffnet werden.

§. 258.

Das hoͤher liegende Marſchland entledigt ſich dadurch ſeiner Naͤſſe mehrentheilsEntwaͤſſerung des niedern Landes. ganz gut. Aber nicht ſo dasjenige, was gewoͤhnlich mehr landeinwaͤrts, niedriger168Abwaͤſſerung.liegt, als der Waſſerſpiegel des Fluſſes zu der Zeit ſteht, wo die Ableitung des zuflie - ßenden Waſſers am noͤthigſten waͤre.

Man hat hier mancherlei partielle Huͤlfsmittel gebraucht, und ſolches Nieder - land mit Graͤben und Daͤmmen umgeben, die das von der Hoͤhe herabkommende Waſſer auffangen. Man hat, wo das Waſſer herdurchgehen mußte, hohe Waͤlle aufgeworfen, die das Waſſer in betraͤchtlicher Hoͤhe uͤber der Flaͤche des Bodens er - halten, und es ſo durch die Niederung durchfuͤhren. Zuweilen hat man das Waſſer doch nicht hoch genug zu halten vermocht, ſondern hat es aus den Graͤben uͤber die Daͤmme, welche die Niederung umgaben, durch Schoͤpfmaſchinen heruͤbergießen muͤſſen. Solche innere Verwallungen, (Binnendeiche, Nothdeiche) finden uͤbri - gens nur da ſtatt, wo man einen feſten thonigen Boden hat; in einem poroͤſen, der Durchſinterung unterworfenen Boden, wuͤrden ſie vergeblich ſeyn.

Sicherer iſt der Weg, dieſes Waſſer durch einen betraͤchtlichen Kanal abzufan - gen, der an der Anhoͤhe heruntergezogen wird, und das ſaͤmmtlich herabkommende Waſſer aufnimmt, den man aber oft erſt in einer weiten Entfernung, wo das Niveau des Waſſerſpiegels im Fluße ſicher niedriger ſteht, in denſelben einfallen laͤßt. Hat ein ſolcher Kanal zureichendes Gefaͤlle, ſo ſichert er vollkommen. Nur iſt das Ueble, daß er oder der Strom ſelbſt ſich unterwaͤrts ſo leicht verſandet, wodurch ſein oder des Fluſſes Bette ſo erhoͤht wird, daß der Kanal nun nicht zureichenden Abfluß hat, ſondern das Waſſer darin zuruͤckſtaut. Nicht ſelten iſt dadurch ſchon voͤllig entwaͤſſer - tes Land wieder moraſtig geworden. Es iſt dann hiergegen zuweilen keine andere Huͤlfe moͤglich geweſen, als einzeln Stuͤcke Landes nach der vorerwaͤhnten Art mit Bewallungen von feſter Erde zu verſehen, und ſich des durchdringenden Waſſers durch Schoͤpfmaſchinen zu entledigen.

§. 259.

Schoͤpfma - ſchinen.Dieſer Schoͤpfmaſchinen giebt es mannigfaltiger Arten. Sie werden gewoͤhn - lich durch Windfluͤgel in Bewegung geſetzt, und die Hollaͤnder ſind darin den Bewoh - nern aller geſenkten Laͤnder mit ihren Erfindungen und Muſtern vorgegangen.

Die weſentlichſten Erforderniſſe derſelben ſind: daß ſie keines ſehr ſtarken Win - des zu ihrer Bewegung beduͤrfen, und unerwarteten Beſchaͤdigungen nicht unterwor - fen ſind. Denn ohne das wuͤrden ſie oft gerade zu der Zeit unbrauchbar ſeyn, wo man ihrer am meiſten bedarf. Deshalb ſind die, welche große Kraft erfordern,welche169Abwaͤſſerung.welche ſehr zuſammengeſetzt ſind, und viel Eiſen enthalten, immer ſehr mißlich. Das Schaufelrad, das Wurfrad und die Schnecke erfuͤllen den Zweck we - niger oder mehr. Der neu erfundene Belier hydraulique iſt nur in gewiſſen La - gen anwendbar. Der ſeit kurzem die Aufmerkſamkeit der Mathematiker und Natur - forſcher erregende Montgolfierſche Waſſerſtoͤßer iſt wohl zu unwirkſam. Neuerlichſt hat man ſich in Holland auch der Dampfmaſchinen zu dieſer Abſicht zu bedienen an - gefangen, mit großer Wirkung, aber freilich auch mit ſchweren Koſten.

Oft ſind mehrerer ſolcher Werke erforderlich, um ſich das Waſſer, eins dem an - dern, zuzuheben, eher es auf die erforderliche Hoͤhe gebracht werden kann.

§. 260.

Faſt eben die Mittel, deren man ſich in den verwallten Niederungslanden zurDas Durch - ſinterungs - waſſer. Abfangung und Ableitung des von der Hoͤhe herunterkommenden Waſſers bedient, ſind auch anwendbar, um das ſogenannte Durchſinterungs -, Grund - oder Kufen - waſſer abzuleiten. Dieſes Waſſer iſt dasjenige, welches ſich durch die durchlaſſenden Erdlagen bei hoͤherem Waſſerſpiegel hindurch und in das geſenkte Land hineinzieht. Dieſes Waſſer zieht ſich beim Anſchwellen der Fluͤſſe in den Boden hinein, beim Fal - len derſelben aber nicht ſo leicht wieder heraus; vielmehr pflegt es oft erſt dann hin - durchgedrungen zu ſeyn und ſich zu zeigen, wenn das Waſſer in den Stroͤmen ſchon wieder gefallen iſt. Deshalb koͤnnen es die auf dem Strome direkte zugefuͤhrten, mit einer Fallſchleuſe verſehenen, und unter den Wall durchgehenden Graͤben, ſo wie auch die, welche man ſchraͤg und tiefer abwaͤrts in dem Strome erſt einfallen laͤßt, abfuͤhren.

§. 261.

Den Ueberſtroͤmungen und Durchſinterungen ſolcher Fluͤſſe, die wegen ihrerDurchſtiche gekruͤmmter Flußbetten. Kruͤmmungen ein zu geringes Gefaͤlle haben, und deren Anſchwellung nicht vom Ruͤckſtau herruͤhrt, wird dadurch am ſicherſten gewehret, daß man ihnen ein gerade - res Bette giebt, und die Hinderniſſe ihres freien Laufs wegraͤumt. Je gerader, deſto ſchneller iſt der Strom, und je ſchneller, um deſto weniger Waſſer enthaͤlt er zu derſelben Zeit in ſeinem Bette. Je ungehinderter, deſto ruhiger fließt er auch, und je ruhiger er fließt, deſto weniger Zerſtoͤrungen richtet er an.

Man erreicht dies auf zweierlei Art: Man durchſticht entweder die Kruͤmmun - gen, und giebt dem Strome durch ſelbige hindurch ein gerades Bette, wodurch manDritter Thell. Y170Abwaͤſſerung.ſeinen Weg um das vier - und fuͤnffache, zuweilen noch mehr verkuͤrzt, und durch das ſtaͤrkere Gefaͤlle ſchneller ausleert. Man gewinnt hierdurch oftmals eine ſolche Strecke des fruchtbarſten Landes zu Aecker, Wieſen und Fettweiden, welche die ſaͤmmtlichen Koſten durch ihren Werth bezahlt. Oder aber man leitet nur einen Theil ſeines Waſſers durch einen geraden Nebenkanal, worin das Waſſer ein ſtaͤrkeres Gefaͤlle, als in dem ſich ſchlaͤngelnden Strome hat, ab, ohne jedoch das alte Bette zu ver - ſchließen. Ein ſolcher Graben braucht anfangs nur ſchmal und flach zu ſeyn; er er - weitert ſich in der Folge durch die Kraft des Waſſers von ſelbſt dermaaßen, daß er das ſaͤmmtliche Waſſer nun auffaſſen und abfuͤhren kann, und das alte gekruͤmmte Bette des Fluſſes nun unnoͤthig wird und eingehen kann, wie das bei der neuen Oder von Guͤſtebinſe bis Niederwutzen der Fall iſt.

Wieſen, welche an einem ſich ſtark ſchlaͤngelnden Fluſſe oder Bache liegen, und unter dem oberen Niveau ſeines Waſſerſpiegels, werden dadurch nicht ſelten zu feucht. Man kann oft durch einen der Laͤnge der Wieſe, von dem hoͤheren Niveau zum nie - drigſten herab, gezogenen Graben helfen, den man unterwaͤrts in den Bach einlaͤßt, wo deſſen Spiegel niedriger iſt, als die Wieſenflaͤche. Dieſer fuͤhrt das ausgetretene oder durchgeſinterte Waſſer ſchnell wieder ab, mit Huͤlfe der in ihn hineingeleiteten Waſſerfurchen. Mit der aus dem Graben ausgeworfenen Erde laͤßt ſich oft eine Verwallung machen, wenn man ihn nicht weit vom Fluſſe ziehet.

§. 262.

Durchleitung des Waſſers unter das Bette eines Fluſſes.In ſehr flußreichen Gegenden iſt es nicht ſelten, daß angraͤnzende Niederungen tiefer liegen, wie das Bette des naͤchſten Fluſſes, und dem Waſſer alſo durchaus kein Abzug in ſelbigem gegeben werden kann. Hier hat man die unmoͤglich ſcheinende Entwaͤſſerung dadurch bewirkt, daß nach geſchehener Eindaͤmmung des hoͤheren Fluſſes das Waſſer unter dem Damm und unter dem Fluſſe weg durch eingelegte Roͤhren, durch hoͤlzerne Siele, oder durch eine gemauerte Waſſerleitung fort - und nach einem andern niedriger liegenden Fluſſe hingeleitet worden. Ein paar Faͤlle die - ſer Art hat einer der ausgezeichnetſten Landwirthe Frankreichs, Cretté de Paluel aus - gefuͤhrt, die ich als Beiſpiele dieſer ſonſt nicht haͤufig vorkommenden Operation aus dem vierten Theile der Mémoires de la Société d’agriculture de la Seine, T. IV., hier mittheile, indem die ganze Anordnung dieſer Entwaͤſſerungen auch durch mehrere Nebenumſtaͤnde ſehr belehrend iſt.

171Abwaͤſſerung.

§. 263.

Die Wieſe B C ſtand vor dem Jahre 1779, wegen der beſtaͤndigen Ueberſtroͤ -Cretté’s de Paluel erſter Fall, vergl. Taf. III. mung des Fluſſes More, faſt immer im Waſſer, weil der Grund nur um 5 bis 6 Zoll hoͤher als der gewoͤhnliche Waſſerſpiegel war. Der Grund war beſtaͤndig weich und quebbigt, und trug nur Schilf und Binſen.

Der Fluß Crouſt hat eine hohe Bewallung K K, und trennt dadurch die Wieſe A von der Wieſe B.

Wie Cretté Eigenthuͤmer dieſer Grundſtuͤcke ward, war ſein erſten Gedanke, dieſe Suͤmpfe trocken zu legen. Der Augenſchein und eine angeſtellte Nivellirung zeigten bald, daß die Wieſe A niedriger als die Wieſe B liege, daß aber jene ungleich beſſeres Heu gebe, weil ſie einen natuͤrlichen Abhang hatte, wodurch ſie entwaͤſſert werden konnte. Nachdem er ſich alſo von dem Gefaͤlle uͤberzeugt hatte, ließ er an der Stelle C unter dem Crouſt ein eichenes Siel 52 Fuß lang legen, welches 1 Fuß im Durchmeſſer hatte. Dieſe Vorrichtung gab dem Waſſer der Wieſe B ein Gefaͤlle von 2 Fuß.

Hierauf ließ er die Bewallung des More verſtaͤrken, von der Muͤhle ab bis zu der Stelle M, welches der niedrigſte Theil war. Bei F ließ er eine Schleuſe an - bringen, wodurch ein Ueberfluß des Waſſers durch das Siel bei E unter dem Crouſt abgeleitet werden kann.

Da er durch dieſe Bewallung F bis G das Waſſer des More uͤber 3 Fuß geho - ben hatte, ſo ließ er eine Muͤhle anlegen mit zwei Raͤdern unter einem Dache, die von zwei verſchiedenen Fluͤſſen getrieben werden.

Die Entwaͤſſerung der Wieſe C ward mit wenigem Aufwande bewerkſtelligt, wie es der Augenſchein zeigt. Der ſich ſchlaͤngelnde Fluß iſt um vieles laͤnger wie der Graben O O, der in gerader Linie durch die Mitte der Wieſe gezogen iſt. Das Waſſer des oberen Theils kommt alſo weit ſchneller nach N, als das Waſſer des Fluſ - ſes nach der Furth M. Ein bei N unter dem Damm durchgehendes Siel von 18 Fuß Laͤnge, und der Graben O O ſind alſo die einzigen Koſten, welche dieſe Entwaͤſſerung verurſacht hat. Die Graben; welche vorher auf den Fluß zuliefen, ſind an dieſer Seite zugemacht, und leeren ſich in dem Hauptgraben aus. Die ganze Wieſe liefert jetzt ein vortrefliches Heu; der obere Theil R aber iſt ſo abgetrocknet, daß er zum Ge - muͤſebau hoch vermiethet wird.

Y 2172Abwaͤſſerung.

Die kleine Inſel L, ein vormaliger Sumpf, iſt durch den Auswurf des her - umgehenden Kanals erhoͤhet und mit Pappeln bepflanzt worden; wodurch auch die untere Gegend bei Q voͤllig entwaͤſſert worden (der hier angelegte Kanal iſt ver - muthlich ein Waſſerbehaͤlter fuͤr die Muͤhle).

P war ein Moraſt, worin nichts wuchs, weil der Grund nicht hoͤher als der Waſſerſpiegel war. Durch die darin gezogenen Graͤben iſt er um 8 Zoll erhoͤhet, und hat nur einen Abzug an der niedrigſten Stelle G. (Warum hat man hier nicht einen Durchſtich gemacht?)

Das Revier H, welches vormals ganz moraſtig war, hat jetzt einen praͤchti - gen Raſen, und iſt mit Pappeln bepflanzt.

Das umliegende Ackerland Q Q Q Q iſt um 15 bis 18 Fuß hoͤher als die Wieſe.

§. 264.

Deſſelben zweiter Fall, vergl. Taf. IV. Die Wieſe A A war vormals ein Moraſt wegen des mangelnden Abzuges, und diente nur auf einzelnen hoͤhern Stellen bei der trockenſten Jahreszeit dreien benachbarten Gemeinden zur ungeſunden Viehweide. Durch eine einfache und ſehr wenig koſtſpielige Einrichtung hat man eine Wieſe von ungefaͤhr 70 Arpents (140 Morgen) gewonnen, welche das vortrefflichſte Heu liefert, und dann dem Vieh zur reichen Weide dient. Der umliegende Acker D D D D war 8 bis 9 Fuß hoͤher, und die Ufer des Fluſſes Crouſt 6 bis 7 Fuß, ſo daß ſie nirgends Abzug hatte.

Der Fluß Rouillon, obgleich betraͤchtlich entfernt, gab Gelegenheit, dieſe Wieſe trocken zu legen. Man legte eine von Steinen aufgemauerte Leitung F F unter dem Fluſſe Crouſt durch, und zog einen Graben I durch eine andere Wieſe E E von 8 Fuß Breite durch, der das ſaͤmmtliche Waſſer aus dem durch die Mitte der Wieſe A gehenden Hauptgraben aufnimmt und in den Rouillon fuͤhrt.

Vor Ausfuͤhrung dieſer Operation mußte eine Verhandlung uͤber die Thei - lung dieſer ſumpfigten Flaͤche, die keinem gehoͤrte, vorhergehen. Die zwei graͤn - zenden Gutsherren und drei Gemeinden kamen ſehr bald uͤberein, und jeder bekam ſeinen Antheil. Cretté de Paluel fielen 14 Arpents davon zu.

173Abwaͤſſerung.

Die Koſten waren folgende:

Die kleinen Abgrabungen machte jeder auf ſeine Koſten.

Um einen Begriff davon zu geben, wie wohlfeil dieſe Verbeſſerung erkauft worden, ſagt Cretté nur, daß eine Gemeinde ihren Antheil den Arpent zu 42 Li - vres jaͤhrlich verpachtet habe.

Der Theil einer andern Wieſe H, welcher noch niedriger lag als die vorer - waͤhnte, iſt auf aͤhnliche Weiſe trocken gelegt worden, indem er einen Graben und Leitung K machte, welche unter dem Graben F durchgehet. So werden alſo drei Waſſerlaͤufe unter einander weggefuͤhrt, ohne ſich zu vermiſchen.

Die Wieſe M machte noch vor wenig Jahren einen moorigten Sumpf aus, der dem Viehe ganz unzugaͤnglich war. Sie gab ſaures Heu und Binſen. Jetzt iſt dieſe Wieſe ſo ertragreich wie die andern. Cretté legte naͤmlich bei L ein hoͤl - zernes Siel unter dem Crouſt durch, und verſenkte dadurch das Waſſer in dieſer Wieſe 4 Fuß tiefer. Die Binſen verſchwanden, und mit Huͤlfe einiger Duͤn - gungsmittel erhielt er bald das ſchoͤnſte Gras. Die darauf gepflanzten Baͤume kommen trefflich fort, und ſeit zwei Jahren laͤßt er Torf darauf ſtechen, ohne daß die Arbeiter vom Waſſer aufgehalten werden.

Die Wieſe E E iſt uͤber 1 Lieue lang, und wird durch zwei Fluͤſſe begraͤnzt, deren Ufer hoͤher ſind, wie der Boden der Wieſe. Sie wird aber durch den fort - laufenden Graben K, der das Waſſer von allen Seiten aufnimmt, trocken gehal - ten. Da ſeine gerade Richtung ſeinen Abfluß beſchleunigt, ſo kommt ſein Waſſer den ſich ſchlaͤngelnden Baͤchen weit vor, und fließt unten mit ziemlich ſtarkem Ge - faͤlle ab.

Dies iſt es, ſagt Cretté, was ich ausgefuͤhrt habe, und was jeder mit eigenen Augen ſehen kann!

174Abwaͤſſerung.

Einer meiner Grundſaͤtze, ſagt Cretté an einer andern Stelle, iſt der, daß ich in der Landwirthſchaft bei meinen Ausgaben keine Sparkſamkeit beobachte. Der Erdboden bezahlt immer die Anlagen reichlich wieder, die der Ackerbauer dar - auf verwandt, wohlverſtanden, daß er es mit Klugheit gethan habe. Aber ſpar - liche Ausgaben bezahlen ſich ſelten wieder; es ſind nur freigebige, die wieder ein - kommen. Das iſt beſonders bei Abwaͤſſerungen der Fall!

Urbarmachung der Moore und Bruͤcher.

§. 265.

Ein unangebauetes, feuchtes und ſumpfigtes Grundſtuͤck nennt man Bruch, Luch, Brook, Moor, Mooß.

Dieſe Bruͤchen koͤnnen ihre Feuchtigkeit aus den drei unter B C D oben ange - gebenen Urſachen der Naͤſſe haben.

Sie enthalten entweder eine bloße moodrige, ſchlammige, unzuſammenhan - gende Materie, oder diejenige Subſtanz, welche wir Torf nennen. Siehe Bd. II. S. 117.

Man unterſcheidet ſie in Gruͤnmoore, Gruͤnlandsmoore, welche oben mit einem gruͤnen Raſen und oft hochwachſenden Graͤſern uͤberzogen ſind, die in der obenaufliegenden moodrigen Erde ihre reiche Nahrung finden; und in Hochmoore, Schwarzmoore, Haidmoore, auf denen nur die eigentlichen Torfpflanzen und einige andere, z. B. das Ornithogalum luteum, das Ledum palustre, die Myrica gale und die Erica vulgaris und tetralix wachſen.

Die erſteren geben zwar in ihrem feuchten Zuſtande mehrentheils einen Heu - ertrag, der aber wenig nahrhaft, dem Viehe mehrentheils unſchmackhaft und oft ungeſund iſt, dabei nur bei ſehr trockener Jahreszeit gewonnen werden kann. Auch laſſen ſie das weidende Vieh nur ſelten und nicht ohne Gefahr zu.

Die Torfmoore geben faſt gar keine Produktion, als zuweilen eine hoͤchſt kuͤmmerliche Weide; ſind jedoch oft des Torfſtiches wegen von großem Werthe.

Der Kultur beider muß die Abwaͤſſerung vorhergehen, welche nach Verſchie - denheit des Urſprungs der Naͤſſe verſchieden bewerkſtelliget wird. Große Sum -175Urbarmachung der Moore und Bruͤcher.men ſind oft verſchwendet, wenn man aus Unkenntniß dieſes Urſprungs unrichtige Maaßregeln traf.

§. 266.

Wenn die Naͤſſe des Moores nach B., S. 158, vom Tagewaſſer herruͤhrt,Moore, die vom Tage - waſſer ent - ſtehen. welches von den das Moor umgebenden Hoͤhen ſich in die Niederung herabziehet, wo es ſich der undurchlaſſenden Unterlage wegen weder tiefer verſenken noch abflie - ßen kann, ſo kommt es darauf an, ob ſich ein Abzugsgraben durch die umgebende Anhoͤhe ziehen laſſe, deſſen Sohle mit dem Grunde des Moores im Niveau ſtehet, und ſodann ein gehoͤriges Gefaͤlle bekommt. Stehen die Koſten der Anfertigung dieſes Kanals mit dem Gewinn, den man von dieſem Moore erwarten kann, in Verhaͤltniß, ſo findet die Sache kein Bedenken, der Kanal wird gehoͤrig angefer - tigt, und dann auf die unten anzugebende Weiſe in das Moor hineingefuͤhrt.

§. 267.

Wenn aber der von allen Seiten hohen Umgebung wegen dieſe Huͤlfe inpraktikabel iſt, ſo findet auch bei den Mooren dieſelbe Huͤlfe zuweilen ſtatt, die unter B., Seite 159, angegeben iſt, naͤmlich die Verſenkung des Waſſers. Dies tritt indeſſen faſt nur bei Mooren ein, welche gegen die umgebende Gegend oder die naͤchſte Waſſerflaͤche hoch liegen, obwohl mit groͤßeren Anhoͤhen umſchloſſen ſind, wie man denn haͤufig Moore auf Bergen findet. Bei Mooren im flachen Lande kann man nur ſelten eine tiefere Verſenkung des Waſſers erwarten. Den eingeſchlagenen, ausgedielten Brunnen kann man dann mit rauhen Steinen aus - fuͤllen, und oben wieder zumachen; das Waſſer zieht durch jene genugſam ab. Man leitet nach dieſer Stelle, wenn das Moor abgetrocknet iſt, mehrere Graben hin, die man auch, nachdem ſie mit Reiswerk ausgefuͤllet ſind, wieder bedek - ken kann.

§. 268.

Wenn die Naͤſſe, wie dies der haͤufigſte Fall iſt, von Quellen herruͤhrt, ſoMoore von Quellen. kommt es oft ſehr darauf an, die Linie der Quellen zu entdecken. Sie kommen naͤmlich zuweilen am Rande des Moores hoͤher, als ſich die ſchwammige Sub - ſtanz angeſetzt hat, hervor. Hier koͤnnen ſie durch einen Graben mit Huͤlfe der176Urbarmachung der Moore und Bruͤcher.Bohrloͤcher abgefangen, und das Moor kann auf die Weiſe ausgetrocknet werden, ohne daß man ſelbiges bis auf den Grund zu durchſtechen braucht. Man erreicht hierdurch den oft hoͤchſt wichtigen Vortheil, daß man das Waſſer in einem hoͤheren Niveau erhaͤlt, und es um ſo leichter abfuͤhren kann, was vielleicht ohne einen ge - waltigen Kanal, vom Grunde des Moores ab, nicht moͤglich waͤre.

Kommen dagegen die Quellen ſaͤmmtlich oder zum Theil unterhalb des Moo - res ſelbſt hervor, ſo iſt kein anderes Mittel, als ſich nach angelegten mit dem Grunde des Moores gleichſtehenden Haupt-Abzugsgraben in das Moor, auf der unten zu beſchreibenden Art, hineinzuarbeiten, wo moͤglich zu dieſen Quellen hinzudringen, und ſie noch in der feſten Unterlage ſelbſt abzuleiten.

§. 269.

Moore von Fluͤſſen.Hat das Moor ſeine Naͤſſe von einem benachbarten, zuweilen ziemlich weit entfernten Gewaͤſſer, deſſen Spiegel immer oder zu Zeiten hoͤher wie dieſer Grund und mit demſelben durch durchlaſſende Schichten oder Adern unter der Erde in Verbindung ſteht, obwohl es manchmal durch betraͤchtliche Anhoͤhen auf der Oberflaͤche davon getrennt ſeyn kann ſo kommt es darauf an, ob man dem Waſſer einen Abzug nach einem noch niedern Orte oder Fluſſe geben kann, wovon auch die oben angefuͤhrten Crettéſchen Faͤlle ein Beiſpiel geben. Zuweilen muß man aber durch einen offenen Kanal das Waſſer eben dahin wieder zuruͤckfuͤh - ren, woher es unter der Erde kam. Wenn naͤmlich Fluͤſſe zu Zeiten anſchwellen und dann wieder fallen, ſo draͤngt ſich bei ihrem hohen Stande, vermoͤge des Drucks, Durchſinterungswaſſer nach entfernten Niederungen durch; erſcheint da - ſelbſt zuweilen erſt am ſtaͤrkſten, wenn die Fluͤſſe ſchon gefallen ſind, bleibt nun in den ſchwammigen Mooren ſtehen, oder zieht wenigſtens erſt ſehr ſpaͤt wieder ab. Hier kann man zuweilen durch einen gerade auf den Fluß, zuweilen aber nur durch einen ſchraͤg nach einer niederen Stelle deſſelben zugehenden Kanal das Waſſer ſchnell wieder abfuͤhren, wenn der Fluß geſunken iſt. Man verſchließt dieſen Kanal dann mit einer Schleuſe, wenn der Fluß anſchwillt, und man nicht etwa die Stelle bewaͤſſern will, und oͤffnet ſie ſo wie er ſinkt, oder laͤßt dies durch Fallſchleuſen durch das Waſſer ſelbſt geſchehen.

Dies nur als Anwendung des oben uͤber Abwaͤſſerung im Allgemeinen Ge - ſagten, auf die Moorkultur insbeſondere.

§. 270.177Urbarmachung der Moore und Bruͤcher.

§. 270.

Nachdem man den Hauptabzug durch den feſten Grund angelegt hat, kann erſtBegrabung des Moors. mit der Begrabung des Moores ſelbſt der Anfang gemacht werden. Bei tiefern und groͤßern Mooren kann dies ſelten auf einmal, ſondern nur in einem Zeitraume von mehreren Jahren bewerkſtelligt werden; indem die ſchwammige mit Waſſer angefuͤllte Subſtanz des Moores die Ziehung der Graͤben zu voller Tiefe nicht erlaubt. Man faͤngt damit an, den Hauptgraben nur erſt etliche Fuß tief auszuſtechen, und mit dem - ſelben ſo weit hineinzugehen, als die Naͤſſe es verſtattet. Im folgenden Jahre ſticht man dieſen Graben tiefer aus, und geht damit nicht nur in gerader Linie weiter hinein, ſondern zieht auch ſeitwaͤrts Nebenzweige nach verſchiedenen Richtungen. Im drit - ten Jahre iſt das Waſſer ſo abgezogen und die Oberflaͤche ſo ausgetrocknet, daß man mit dem Hauptgraben bis zu ſeiner vollen Tiefe und mit ſelbigem und den Nebengraͤ - ben immer weiter eindringen kann. Die vom Waſſer aufgeblaͤhete, ſchwammige Subſtanz ſenkt ſich nun, ſo daß der Graben flacher wird, als man ihn gemacht hatte, und es oft ſcheint, als habe er ſich wieder verſchlammt, ohne daß dies geſchehen iſt. Die Subſtanz ziehet ſich aber auch ſeitwaͤrts zuſammen, ſo wie ſie austrocknet, und der Graben wird oben breiter, erhaͤlt von ſelbſt eine Doſſirung, die man ihn nicht gegeben hatte, und in dieſem Falle nicht zu geben braucht.

§. 271.

Moore, die Torf zu einer betraͤchtlichen Tiefe enthalten, werden kultivirt: a) nachdem ſie ausgeſtochen worden; b) ohne daß dieſes geſchiehet.

a) Was den eigentlichen Torfſtich anbetrifft, ſo ſage ich um ſo weniger etwasKultur der ausgetorften Moore. daruͤber, da wir ein klaſſiſches hoͤchſt vollſtaͤndiges Werk beſitzen.

Eiſelen Handbuch oder ausfuͤhrlicher theoretiſch-praktiſcher Unterricht zur naͤheren Kenntniß des Torfweſens. Zweite Auflage, Berlin 1802.

Ich rede nur von der Urbarmachung und landwirthſchaftlichen Kultur. Es fin - det dieſe aber nur auf ſolchen Torfmooren ſtatt, die regulaͤr ausgetorft worden, nicht auf denen, wo man den Ausſtich, wie man es richtig zu nennen pflegt, auf den Raub genommen hat.

Dritter Theil. Z178Urbarmachung der Moore und Bruͤcher.

Man pflegt hier, auch wenn der Boden nicht zum neuen Torfanwuchſe beſtimmt ſeyn ſoll, auf dem Grunde des Moores 9 Zoll bis 1 Fuß Torf ſtehen zu laſſen, auf allen Fall aber die auf und zwiſchen dem Torfe liegende Bunkererde oder Mulm wie - der in den Grund zu ſchuͤtten und wohl zu vertheilen. Wo moͤglich mengt man dieſe torfigte Modererde mit irgend einer wirklichen Erde, welche man in der Naͤhe haben kann, beſonders mit der am Rande des Kanals mehrentheils liegenden, aus dem Grunde des Moores aufgeworfenen Erde, oder man graͤbt ſie ſtellenweiſe aus dem Grunde des Moores hervor. Hierdurch erhaͤlt die Torferde die erforderliche Feſtig - keit, und wird bald zum Bau aller Fruͤchte geſchickt. Kann man ihr zugleich eine Miſtduͤngung, oder was faſt eben ſo wirkſam iſt, eine ſtarke Kalkung geben, ſo kann man ſie ſchnell zu einer erſtaunlichen Fruchtbarkeit bringen. Man darf ſie doch nie ungeſtraft durch reifende Fruͤchte zu ſtark ausziehen, und in Holland und Frießland iſt es einem jeden bekannt, daß man, um die Fruchtbarkeit eines ſolchen Bodens zu erhalten, ihn entweder bald zur Weide niederlegen, oder vermoͤge eines abwechſeln - den Futterbaues ſehr reichlich mit Stallduͤnger verſehen muͤſſe. Wegen des großen Ertrages, welchen ausgetorftes Land, gehoͤrig behandelt, gewaͤhrt, eilt man hier, jede ausgetorfte und genugſam abgewaͤſſerte Stelle ſogleich in Kultur zu ſetzen, und widmet ſie ſelten dem langſamen und minder rentirenden neuen Anwuchſe des Torfs.

Iſt die Abwaͤſſerung richtig geſchehen, ſo iſt das Land ſowohl zum Getreidebau als zu Wieſen vortreflich geeignet, und letztere koͤnnen dann durch leichte Vorrichtun - gen bewaͤſſert werden. Wenn aber auch die Abwaͤſſerung nicht vollſtaͤndig waͤre, ſo benutzt man dieſes Land doch lieber zum Anbau von Elſen - und Weidenholz, welches den uͤppigſten Wuchs darauf hat, und an Brennmaterial einen ſchnellern und groͤßern Ertrag gewaͤhrt, als der wiederwachſende Torf.

Kann man den Boden nicht duͤngen, ſo werden ſich anfangs zwar noch torfar - tige Graͤſer darauf zeigen, aber bald und allmaͤhlig beſſeren Platz machen, beſonders wenn der Grund trocken iſt, oben aber von Zeit zu Zeit Waſſer uͤbergelaſſen wird.

§. 272.

Kultur der unausgetorf - ten Moore.Die unausgetorften, mit Binſen, Haide - und Moorpflanzen beſetzten Moore werden, nachdem ſie hinlaͤnglich entwaͤſſert ſind, mit dem Pfluge aufgebrochen; oder179Urbarmachung der Moore und Bruͤcher.wenn ſie noch kein Pferd tragen koͤnnen, mit Hacken. Die aufgelockerte Erde wird dann bei trockener Jahreszeit von der Windſeite her in Brand geſetzt, und brennet mit den Wurzeln der Moorgewaͤchſe leicht zu Aſche. Zuweilen wird auch das Ab - brennen ohne vorhergegangenem Umbruch unternommen; aber mit weit geringerem und unſicherem Erfolge, indem das Feuer nicht ſo tief und gleichmaͤßig eindringt, und ſelbſt die Moorpflanzen nicht ſo wirkſam zerſtoͤrt. Iſt das Moor ſehr ſchwammig, und aus lauter vegetabiliſchen Subſtanzen beſtehend, ſo darf man eine voͤllige Aus - trocknung nicht abwarten, oder muß durch Sperrung des Grabens das Waſſer wie - der anſtauen laſſen, damit der Brand nicht zu tief eindringe. Indeſſen iſt es nicht gaͤnzlich zu verhindern, daß er nicht an einigen Stellen tiefer gehe, und daß Ungleich - heiten der Oberflaͤche entſtehen, die aber leicht wieder zu ebnen ſind.

Nun wird die Aſche ſogleich untergepfluͤgt und mit der oberen Erdlage gemengt. Vormals beſtellete man dieſes Land mehrere Jahre nach einander allein mit Buch - weizen, der ganz vorzuͤglich darauf geraͤth, und den torfigen Boden muͤrbe macht. Jetzt bauet man in der Regel Kartoffeln oder Ruͤben darauf, die einen großen Er - trag geben. Danach wird dann Rocken oder Hafer gebauet, die ſehr gut gerathen, und ein beſonderes weißes Mehl geben, welches man der Aſche verdankt. Auch Sommerruͤbſen gedeihet auf dieſem Boden. Gerſte, Weizen, Winterraps gerathen auf dieſem Boden aber durchaus nicht, bevor er nicht mit einer Grunderde, es ſey Lehm, Mergel oder auch nur reiner Sand befahren worden. Nach dieſer zureichen - den Auffuͤhrung kann man alles bauen.

Indeſſen erfolgt nach einiger Zeit, ohne gehoͤrig wiederholte Miſtduͤngung, die Erſchoͤpfung dieſes Bodens, und man ſiehet ſich genoͤthigt; ihn zur Weide niederzu - legen, die dann beſſer oder ſchlechter iſt, je nachdem man das Land durch Saaten minder oder mehr erſchoͤpfet hat. Zuweilen hat man es ganz ausgebauet; und erſt nachdem es lange geruhet und darauf fleißig gepfluͤgt und geduͤngt worden, iſt es wie - der in Kraft gekommen. Auch hat man es wohl aufs neue wieder abgebrannt, wo - nach es ſich abermals fruchtbar gezeigt hat.

Z 2180Die Bewaͤſſerung.

Die Bewaͤſſerung.

Verbindung der Lehre von der Bewaͤſſe - rung mit der von der Ent - waͤſſerung.Die Lehre von der Bewaͤſſerung wird in den meiſten landwirthſchaftlichen Schrif - ten in dem Kapitel vom Wieſenbau behandelt. Es finden aber Bewaͤſſerungen aller - dings auch zu anderen Zwecken, als zur Befruchtung der Wieſen ſtatt, und ſind in den waͤrmeren Klimaten ſeit uralten Zeiten zur Kultur der Getreidefelder und mannig - faltiger Fruͤchte benutzt worden. Wir werden alſo hier zuvor von Bewaͤſſerungsanla - gen im Allgemeinen reden; und das, was bei der Bewaͤſſerung der Wieſen, nachdem die Anlage einmal gemacht worden, zu beobachten iſt, bei der Lehre von der Wieſen - kultur vortragen. Auch ſteht die Bewaͤſſerung mit der eben vorgetragenen Lehre von der Entwaͤſſerung in einer ſehr nahen Verbindung; theils weil dieſelben Unterſuchun - gen uͤber die Horizontalflaͤche und den Fall des Waſſers vorhergehen muͤſſen, und die Regeln, welche bei der Ziehung der Graͤben zu beobachten, hier auf gleiche Weiſe eintreten; theils weil die Entwaͤſſerung der Bewaͤſſerung in den meiſten Faͤllen vorher - gehen, und immer mit derſelben verbunden ſeyn muß. Denn eine Hauptforderung iſt die, daß jeder zu bewaͤſſernde Grund, wenn er an einer in der Tiefe ſtockenden Feuchtigkeit leidet, zuvor durchaus entwaͤſſert und von unten voͤllig trocken gelegt wer - den muͤſſe. Ohne dies kann man ſich von den Bewaͤſſerungen nie wohlthaͤtige Folgen verſprechen, vielmehr das Uebel oft dadurch verſchlimmern. Es giebt aber auch der Faͤlle viele, wo man das unter der Oberflaͤche ſtockende oder ſich herabziehende Waſſer abfangen, vom Untergrunde abſchneiden, und nun ſo erheben kann, daß daſſelbe Waſſer die Oberflaͤche hoͤchſt wohlthaͤtig bewaͤſſert, die es vorher in der Tiefe zu einem ſauren, ungeſunden, binſigen und moorigen Luch machte. Endlich muß dann auch die Moͤglichkeit einer ſchnellen Entwaͤſſerung und augenblicklichen Trockenlegung bei jeder Bewaͤſſerung bewirkt werden, weil man ohne ſelbige von der Bewaͤſſerung nie die wohlthaͤtigſten Folgen erwarten kann.

§. 273.

Wichtige Vortheile der Bewaͤſſerung.Die Bewaͤſſerung iſt ohne Zweifel eine der allerwichtigſten und nuͤtzlichſten Ops - rationen, die in dem ganzen Umfange der Agrikultur vorgenommen werden koͤnnen. Daß die Feuchtigkeit eine nothwendige Bedingung der Vegetation ſey, daß das Waſ - ſer als ſolches und durch ſeine Zerſetzung einen betraͤchtlichen Antheil an der Ernaͤh -181Die Bewaͤſſerung.rung der Pflanzen der einen jedoch mehr als der andern, der Blaͤtter mehr als der Saamen habe, iſt allgemein anerkannt. Die verſchiedene Fruchtbarkeit man - cher Bodenarten haͤngt groͤßtentheils von ihrer mehreren oder minderen Feuchtigkeits - anhaltung ab, und der ſandige Boden, welcher wegen des ſchnellen Verluſtes ſeiner Feuchtigkeit fuͤr voͤllig unfruchtbar gehalten wird, kann dadurch, daß man ihn mit be - ſtaͤndig zureichender Feuchtigkeit im gerechten Maaße verſieht, wo nicht fuͤr alle Ge - waͤchſe, doch fuͤr viele der nutzbarſten eben ſo fruchtbar wie der thonreichere Boden werden; vorausgeſetzt, daß er eine zureichende Beimiſchung von aufloͤslichem Humus habe. Ja er wird in dieſem Falle manchen der ſchaͤtzbarſten Gewaͤchſen ungleich zu - traͤglicher, und befoͤrdert das Gedeihen aller derer ſicherer, die zu leicht von uͤbermaͤ - ßiger Feuchtigkeit leiden. Durch eine gehoͤrig angelegte Bewaͤſſerung hat man aber das Maaß der Feuchtigkeit, welches man geben und nehmen will, immer in ſeiner Gewalt.

Die meiſten Gewaͤſſer fuͤhren uͤberdem duͤngende und auf die Vegetation wohl - thaͤtig wirkende Theile mit ſich. Das Waſſer, welches ſchon laͤnger an der Oberflaͤche floß, hat immer nahrhafte Materien, die ihm aus den umliegenden Gegenden zu - ſtroͤmten, in ſich aufgenommen um ſo mehrere, je fruchtbarer und duͤngerreicher die Fluren und Orte waren, die es durchfloß. Dieſe nahrhafte Materie, welche ſonſt dem Abgrunde des Meeres unaufhaltbar zuſtroͤmt, und fuͤr den kultivirten Theil des Erdbodens verloren geht, wird durch die Bewaͤſſerung zuruͤckgehalten, und muß ſich groͤßtentheils auf dem Boden, dem dieſe Wohlthat zufließt, abſetzen, und da - ſelbſt zur Erzeugung neuer Pflanzen dienen. Das aus dem Innern der Erde hervor - brechende Waſſer fuͤhrt dagegen mehrentheils den der Vegetation ſo vortheilhaften Kalk und Gyps, in Kohlenſaͤure aufgeloͤſt, und folglich auf das Feinſte zertheilt, mit ſich, und dieſer ſetzt ſich dann bei der Entweichung der Kohlenſaͤure auf die wirkſamſte Weiſe an der Oberflaͤche des bewaͤſſerten Grundes ab; weswegen das Waſſer ſolcher Quellen zunaͤchſt an ſeinem Urſprunge ſich immer am wirkſamſten zeigt, weil es naͤm - lich daſelbſt ſeinen Kalk noch nicht verloren hat.

Durch die Bewaͤſſerung eignen wir uns alſo einen Duͤnger zu, den wir nicht er - zeuget hatten, und bewirken dadurch eine Produktion, welche neuen Duͤnger giebt, ohne daß ſie uns Duͤnger koſtet. Wir vermehren folglich dadurch den vegetabiliſchen Stoff auf unſerem Areal, ohne welchen zu conſumiren.

182Die Bewaͤſſerung.

Durch die Bewaͤſſerung koͤnnen wir uns von der Witterung gewiſſermaaßen unabhaͤngig machen, und den nachtheiligen Folgen einer unguͤnſtigen in mehr als einer Ruͤckſicht entgegen wirken. Denn wir koͤnnen vermoͤge derſelben nicht bloß eine lange Zeit hindurch des Regens entbehren, wie das die Fruchtbarkeit der be - waͤſſerten Felder in dem trockenen Klima Italiens beweiſt, wo bei der ſtarken Hitze oft in vier Monaten nicht ein Tropfen Regen faͤllt, und haͤufig auch kein Thau zu verſpuͤren iſt; ſondern es kann auch der große Nachtheil der Fruͤhjahrskaͤlte und der ſpaͤten Nachtfroͤſte dadurch betraͤchtlich vermindert werden, indem insbeſondere das friſche Quellwaſſer durch ſeine hoͤhere Temperatur den Boden fruͤher erwaͤrmt, und gruͤne, nahrungsreiche Wieſen ſchon darſtellt, wenn ſich ſonſt nirgends noch ein Grashaͤlmchen erhebt, und indem ein jedes Waſſer die nachtheilige Einwir - kung eines Froſtes oder Reifes auf die Pflanzen, wenn es daruͤber geht, im Fruͤh - jahre verhindert, oder ihm doch, wenn es bald nachher uͤbergelaſſen wird, wie - der gut macht.

Durch Bewaͤſſerung bringen wir haͤufig einen Boden zu einer hohen und hoͤchſt wohlthaͤtigen Produktion, der vorher durchaus nichts oder unbedeutend wenig einbrachte.

Gruͤnde genug, welche uns zu der Anlage von Bewaͤſſerungen, wo irgend die Moͤglichkeit und Gelegenheit dazu vorhanden iſt, vermoͤgen ſollten.

§. 274.

Haͤufige Ge - legenheit, Bewaͤſſerun - gen anzule - gen.Die Moͤglichkeit, Bewaͤſſerungen und zwar oft von betraͤchtlichem Umfange anzulegen, iſt aber haͤufig vorhanden. Wenn wir mit vereinten Kraͤften die Ge - legenheit dazu benutzen wollten, ſo giebt es manche Diſtrikte, ja ſelbſt ganze Pro - vinzen, wo beinahe jeder Fleck, der jetzt an einer duͤrren Anhoͤhe und in weiter Entfernung vom Waſſer liegt, dieſer Wohlthat theilhaftig werden koͤnnte. Wuͤrden alle Fluͤſſe worunter wir einen jeden natuͤrlichen Waſſerlauf, es ſey ein großer Strom oder ein kleines Flies, verſtehn an dem hoͤchſten Punkte ab - gefangen, und das Waſſer durch Kanaͤle in der erforderlichen Hoͤhe erhalten, ſo wuͤrde oft Waſſer ſolchen Gegenden zugefuͤhrt werden, wo man jetzt kaum den Ge - danken an fließendes Waſſer haben kann.

Wenn aber auch dieſe großen, eine allgemeine Uebereinſtimmung erfordern - den Anlagen unausfuͤhrbar ſind, ſo findet ſich die Gelegenheit zu Bewaͤſſerungen183Die Bewaͤſſerung.von betraͤchtlichem Umfange doch nicht ſelten da, wo man ſie bisher ganz ver - kannte. Haben Grundbeſitzer bisher auf Bewaͤſſerungen gedacht, ſo haben ſie mehrentheils ihr Augenmerk nur auf die niedrigen, einem Fluſſe zunaͤchſt liegenden Gruͤnde gerichtet, ungeachtet gerade hier der Vortheil der Bewaͤſſerungen am ge - ringſten iſt, und ein weit groͤßerer Nutzen davon hoͤheren Gegenden zufließen koͤnnte, die von der Waſſerhoͤhe an dem Punkte, wo das Waſſer zuerſt in die Be - ſitzung eintritt, beherrſcht werden. Es iſt eine mathematiſch-phyſiſche, aber den - noch oft verkannte Wahrheit, daß das Waſſer in der Hoͤhe, worin es an einem Punkte ſteht, ſich durchaus erhalten und in derſelben ſeitwaͤrts und wagerecht aus - breiten muͤſſe, wenn man ſeinen Abfluß nach einer niederern Gegend hemmt, und daß folglich dieſes Waſſer auf jeden Punkt gebracht werden koͤnne, welcher in ſei - ner Horizontalflaͤche nicht hoͤher wie jener liegt, wenn nur die Senkung der Waſ - ſerflaͤche bis dahin verhindert werden kann.

§. 275.

Gewoͤhnlich hat ſich ein Waſſer, welches von einem hoͤheren oder niederenAllgemeine Anſicht der Bewaͤſſe - rungs-Anla - gen. Punkte mit mehrerem oder minderem Gefaͤlle und darnach mit mehrerer oder minde - rer Schnelligkeit durch eine Landſchaft herabfließt, ſein Bette durch die niedrigſte Gegend derſelben gebahnt, und windet ſich dann in mancherlei Kruͤmmungen in der Niederung hindurch. Es geht alſo der Fluß immer in einem breiteren oder engeren Thale herab, und dieſes Thal iſt mit Anhoͤhen umgeben. Dieſe ſcheinen, wenn man ſie vom Ufer des Fluſſes anſiehet, oftmals von einer ſolchen Hoͤhe, daß mancher nicht begreift, wie daſſelbe Waſſer, was jetzt in der Niederung fließt, auf ſelbige gebracht werden koͤnne. Die Nivellirung wird aber zeigen, daß das Waſ - ſer an dem hoͤchſten Punkte, wo es in die Landſchaft tritt, in einer oft weit hoͤhe - ren Horizontalflaͤche ſtehe, als die Anhoͤhen haben, welche man an dem niedrigern Orte ſo unuͤberwindlich anſiehet. Wird nun das Waſſer an dem hoͤchſten Punkte, angenommen 800 Ruthen aufwaͤrts, durch eine Schleuſe abgefangen, und ober - halb dieſer Schleuſe ein Kanal aus dem Fluſſe in der moͤglichſten Hoͤhe mit einem ganz geringen Gefaͤlle fortgezogen, ſo kann dieſes Waſſer auf jedem Punkt der Anhoͤhe hingebracht werden, der etwas unterhalb der Horizontalflaͤche des oberſten Waſſerſtandes liegt.

184Die Bewaͤſſerung.

In Figur 1, Taf. VII., fließt das Waſſer von a nach b herab, und hat auf einer Diſtanz von etwa 800 Ruthen 40 Fuß Gefaͤlle. So wie man den Fluß heruntergeht, ſcheint ſich die Anhoͤhe zwar immer mehr zu erheben, und ſie iſt bei x 30 Fuß hoͤher, als das Waſſer bei b. Wenn man nun die Abſicht haͤtte, die ganze zwiſchen a d b liegende Flaͤche mit dieſem Waſſer zu beherrſchen, um es wechſelsweiſe uͤber dieſe ganze Flaͤche oder auch nur einzelne Theile derſelben ver - breiten zu koͤnnen, ſo wuͤrde man den Kanal von a bis d zu ziehen haben, der ein ſehr geringes Gefaͤlle zu haben braucht. Bei c wuͤrde ſodann eine Schleuſe in dem Fluſſe angelegt, und vielleicht oberhalb derſelben, wenn es noͤthig waͤre, das Waſ - ſer noch mehr zu heben, ſein Ufer hoͤher verwallt. Danach wuͤrde ſich das Waſ - ſer in dem Kanale zu einer faſt gleichen Hoͤhe, wie es bei a ſteht, verbreiten, und folglich bei d faſt um 40 Fuß hoͤher als bei b ſtehen, folglich noch um 10 Fuß hoͤ - her, als die Anhoͤhe x.

Wenn nun in dieſer ganzen Flaͤche a d b keine Anhoͤhen vorkommen, welche uͤber den Waſſerſtand bei a emporragen, ſo kann die ganze Flaͤche oder jede ein - zelne Stelle derſelben durch Graͤben, welche man aus dem Hauptkanale dahin ge - zogen hat, bewaͤſſert werden. Iſt die Flaͤche aber uneben, kommen Erhoͤhungen und Vertiefungen vor, ſo koͤnnen gewoͤhnlich nur einige Theile das Waſſer erhal - ten. In dem Falle muͤſſen die Zuleitungsgraͤben aus dem Hauptkanale nach dieſen Stellen hin, oft in verſchiedenen Richtungen und Wendungen um die Anhoͤhen herumgezogen werden; wobei man jedoch die zu niedrigen Senkungen zu vermei - den hat, um nicht genoͤthigt zu ſeyn, das Waſſer durch Verwallungen empor zu halten. Wenn die Oberflaͤche wie gewoͤhnlich in der Richtung von d nach b einen lehnen, obwohl nicht ganz ununterbrochenen Abhang hat, ſo kann das aus dem Kanale abgeleitete Waſſer von einer Waͤſſerungsflaͤche zur anderen hingefuͤhrt, und der Abzugsgraben einer hoͤheren Waͤſſerungsflaͤche zum Zuleitungsgraben fuͤr eine niedere dienen, das Waſſer ſelbſt aber mehrere Male gebraucht werden; wie weiter unten in einem Beiſpiele gezeigt werden wird.

§. 276.

Noͤthige Vor - ſicht bei Ent - werfung eines Planes.Bevor man den Plan zu einer ſolchen ausgedehnteren Anlage entwirft, iſt es durchaus noͤthig, nicht nur die Nivellirung mehrere Male und nach verſchiedenen Richtungen vorzunehmen, ſondern ſich auch in der ganzen Gegend, hier a d b,auf185Die Bewaͤſſerung.auf das vollkommenſte zu orientiren, und ſich davon ein Bild, ſey es im Kopfe oder auf dem Papiere, zu entwerfen, um genau zu beſtimmen, welche Flaͤchen Waſſer erhalten ſollen und koͤnnen, und in welcher Richtung und Ordnung dieſes am bequemſten geſchehen koͤnne. Man kann hierbei nicht vorſichtig genug verfah - ren, um eine Uebereilung zu vermeiden, wodurch man ſich leicht um große Vor - theile bringen, oder aber die Koſten unnoͤthiger Weiſe ſehr vergroͤßern kann. Es wird daher immer rathſam ſeyn, bei einem etwas ausgedehnten Reviere ſolches ein ganzes Jahr hindurch mit haͤufigem Gebrauch ſeiner Nivellirinſtrumente nach allen Richtungen zu durchgehen, und ſich jeden erheblichen Punkt zu bemerken, auch bei verſchiedener Jahreszeit, beſonders beim Entweichen des Schnees, den Waſſerlauf an einzelnen Stellen zu beobachten. Denn wenn man faͤnde, daß die Ziehung des Kanals in ſeiner moͤglichſten Hoͤhe und Entfernung vom Fluſſe gar keinen oder doch im Verhaͤltniß der hoͤheren Koſten zu geringen Vortheil gewaͤhrte; wenn z. B. zwiſchen der Linie o x und a d viele Anhoͤhen und Senkungen oder doch keine Stellen laͤgen, denen man eine Waͤſſerung wohlthaͤtig faͤnde, ſondern die Waͤſſerung nur den unterhalb e x liegenden Revieren vortheilhaft ſeyn koͤnnte, ſo wuͤrde es verſchwenderiſch ſeyn, den koſtſpieligern Hauptkanal von a nach d zu ziehen, und aus demſelben wieder betraͤchtliche Graͤben abzuleiten, und es waͤre vielleicht hinreichend, den kuͤrzeren Kanal von e nach x zu ziehen, indem dann auch die Zuleitungsgraͤben nach einzelnen Stellen um vieles kuͤrzer ſeyn wuͤrden.

So werden ſich dann in jedem beſonderen Falle nach genauer Erwaͤgung der ganzen Lage die Richtungen ergeben, welche man dem Hauptkanale welcher auch oft nicht gerade, ſondern in mannigfaltigen Kruͤmmungen und Zickzack gefuͤhrt werden muß und denen aus ihm abgefuͤhrten Zuleitungsgraͤben geben muͤſſe. Man muß hier beides, die moͤglich groͤßte nutzbare Ausdehnung der Bewaͤſſerung und die im Verhaͤltniß gegen ſelbige moͤglichſte Erſparung der Koſten zugleich vor Augen haben; jedoch jeden dem Zweck entgegenſtrebenden Geiz vermeiden.

Bei dieſen Anlagen wird, beſonders auf ſandigem Boden, die Gelegenheit, Abſchwemmungen nach tieferen Gruͤnden hin zu machen, und eine abhaͤngige Flaͤche zur Berieſelung zu bilden, worauf wir unten zuruͤckkommen werden, in Betracht kommen. Den Anhoͤhen Bewaͤſſerung zu geben, iſt allemal die hoͤchſte Benu - tzung, die man von dem Waſſer machen kann, und die Wirkung bei weitem groͤ -Dritter Theil. A a186Die Bewaͤſſerung.ßer, als die Bewaͤſſerung der Niederungen, weshalb man darauf hauptſaͤchlich ſein Augenmerk richten muß.

Ein geuͤbtes Auge iſt zwar im Stande, den beſten Plan zu entwerfen, und die moͤglich hoͤchſte Benutzung des Waſſers und des Terrains anzugeben. Man darf ſich aber bei der groͤßten Uebung nie allein darauf verlaſſen, ſondern muß, eher man zur Ausfuͤhrung ſelbſt ſchreitet, durchaus nach allen den Richtungen und nach allen den Punkten hin, worauf es ankommt, mit der groͤßten Vorſicht, und zwar vor - und ruͤckwaͤrts nivelliren. Man wird dann erfahren, wie unglaublich das Auge oft truͤge, und man wird oft die Moͤglichkeit finden, das Waſſer auf Anhoͤhen hinzubringen, die man vorher uͤber dem Waſſerſpiegel weit erhaben glaubte. Zuweilen wird ſich indeſſen auch das Gegentheil ergeben, und man wird Stellen zu hoch finden, die man leicht erreichen zu koͤnnen glaubte.

Es koͤmmt aber dabei nicht bloß auf die Punkte an, wohin das Waſſer ge - fuͤhrt werden ſoll, ſondern auch auf die dazwiſchen liegende Oberflaͤche. Tiefere Senkungen muß man moͤglichſt zu umgehen ſuchen, manchmal durch betraͤchtliche Umwege, um das Waſſer nicht fallen zu laſſen. Zuweilen kann es nicht anders in ſeiner Hoͤhe erhalten werden, als vermittelſt aufgefuͤhrter Daͤmme. Dieſe finden ſtatt, wenn ſchmale Schluchten die Hoͤhen, auf welcher das Waſſer ſteht, und die, worauf es fortgefuͤhrt werden ſoll, trennen. Es kommt dann darauf an, ob die Benutzung, welche ich vom Waſſer uͤber dieſe Schlucht hinaus machen will, er - heblich genug ſey, um die Auffuͤhrung eines ſolchen Damms zu bezahlen, und ob ich genug thonige Erde in der Naͤhe finde, die allein einen ſichern Damm geben kann.

Zuweilen kann ein hoͤlzerner Waſſerlauf minder koſtſpielig ſeyn. Man muß aber bedenken, daß er wandelbar und mancher Gefahr ausgeſetzt ſey. In einigen Faͤllen verlohnt ſich’s wohl gar, ein ſteinernes Gewoͤlbe aufzufuͤhren und den Waſ - ſerlauf daruͤber herzuleiten, wenn er uͤber einen tiefen Grund, vielleicht gar uͤber ein anderes fließendes Waſſer hergeleitet werden ſoll. Der groͤßte Vortheil iſt hier gegen die groͤßeren Koſten wohl abzuwaͤgen.

§. 277.

Ruͤckſicht auf die Quantitaͤt des Waſſers.Naͤchſt der Horizontallinie des Terrains kommt es dann beſonders auf die Quantitaͤt oder den Zufluß von Waſſer an, die ich mir verſchaffen kann, um auch187Die Bewaͤſſerung.danach die Ausdehnung meiner anzulegenden Bewaͤſſerung zu beſtimmen. Man muß daher den Waſſerzufluß in den verſchiedenen Jahreszeiten genau beobachten, und die Beſtimmung hauptſaͤchlich nach demjenigen machen, der auch in der trok - kenſten Jahreszeit fortdauert. Denn man wuͤrde ſich die Koſten laͤngerer Kanaͤle vergeblich machen, wenn es an Waſſer fehlte, um die bezweckte ausgedehntere Bewaͤſſerung zu bewirken. Indeſſen kann es auch oft ſchon zureichend ſeyn, wenn man nur im Fruͤhjahre Waſſer genug hat, und im Sommer jede Regenfluth benutzen kann. Man kann in ſolchen Faͤllen zwar bei trockenem Wetter die er - wuͤnſchte uͤberrieſelnde Bewaͤſſerung nicht immer geben; dennoch aber fuͤhrt man durch die Winter - und Regenfluthen viele fruchtbare Theile herbei, und bereichert allmaͤhlig den Boden, und laͤßt ihn dadurch mit einer nachhaltenden Feuchtigkeit durchdringen.

Wo das Waſſer knapp iſt, kann man durch einen moͤglichſt ſparſamen und wiederholten Gebrauch deſſelben Waſſers oft vieles ausrichten, indem man es, wenn es eine Flaͤche bewaͤſſert hat, ſorgfaͤltig wieder auffaͤngt, es einer zweiten, von dieſer einer dritten u. ſ. f. zuleitet. Dies erfordert vorzuͤglich Ueberlegung. Man muß naͤmlich dem Waſſer auf jeder Flaͤche ein zureichendes Gefaͤlle geben, um es wieder ablaſſen und auffangen zu koͤnnen, es aber ohne die dringendſte Ur - ſach nicht ſtaͤrker fallen laſſen, damit man von der Hoͤhe ſo wenig als moͤglich ver - liere, und es uͤber alle Flaͤchen ergießen koͤnne, deren Lage es einigermaaßen ver - ſtattet, bevor man es ganz ab - und in der Regel ſeinem vorigen Bette wieder zu - fließen laͤßt.

Man hat verſucht, die Quantitaͤt des Waſſerzulaufs, und die Flaͤche, welche ſich damit bewaͤſſern laͤßt, mathematiſch zu beſtimmen. Hypothetiſch iſt dies allerdings moͤglich, aber praktiſch wird es ſelten zutreffen, indem ſich weder die Staͤrke des Zulaufs, noch die Einſaugung des Bodens genau genug angeben laͤßt. Ein gewiſſer, durch Erfahrung erlangter Blick oder praktiſches Gefuͤhl wird hier ſicherer leiten, als Ausmeſſungen und Berechnungen der Waſſerprofile und der Schnelligkeit. Wo man jene zu erwerben keine Gelegenheit hat wegen des Mangels aͤhnlicher Anlagen, da muß man ſich entweder ſelbſt nach ſolchen Gegenden hinbegeben, wo ſich Bewaͤſſerungen haͤufig finden, oder aber ſich an den Rath ſolcher Leute halten, welche ſich eine Uebung in der Schaͤtzung des Waſ -A a 2188Die Bewaͤſſerung.ſers erworben haben. Oft wird man den Zulauf des Waſſers, beſonders aus Seen und quelligten Stellen, durch einen ihm gegebenen Abzug betraͤchtlich ver - mehren, indem dadurch der Gegendruck gehoben wird, den das ſtehende Waſſer aͤußert. Die Quellen und ihre Adern werden ſich dann mehr oͤffnen, das Waſſer wird von hoͤheren Orten mit ſtaͤrkerer Gewalt hindurchdringen und Verſtopfungen aufheben. Dies hat ſich insbeſondere bei Landſeen zugetragen, die vorher keinen Abfluß hatten, nach erhaltenen Abzug aber ſich um ſo ſchneller wieder fuͤllten, und ſo dem Kanale einen Waſſerzufluß lieferten, dem man ihnen vorher nie zugetraut haͤtte.

§. 278.

Ruͤckſicht auf die Berechti - gungen uͤber das Waſſer.Ein dritter Umſtand, woruͤber man in manchen Faͤllen ſich erſt verſichern muß, iſt der, ob man auch vollkommenes Recht uͤber das Waſſer auf ſeinem Areale habe, und ob nicht ober - und unterhalb liegende Nachbarn der Sache Hinderniſſe in den Weg legen duͤrfen. Dies iſt nur zu haͤufig bei den Waſſermuͤhlen der Fall, indem die oberhalb liegenden bei jeder vorgenommenen Anſtauung beſorgt ſind, daß ihnen das Waſſer in die Raͤder geſtaut werde, die unterhalb liegenden aber, daß man ihnen das Waſſer entziehe. Haͤufig ſind ſolche Klagen ganz ungegruͤndet; allein wenn man den Beweis fuͤhren ſoll, daß dieſe Anlagen den Muͤhlen nicht ſchaͤdlich ſeyen, ſo haͤlt es ſchwer, denen Gerichtshoͤfen auf eine ihnen verſtaͤnd - liche Art dies zu beweiſen; und da ſie ſich an dem Buchſtaben der Privilegien und Rezeſſe halten, welche in den Zeiten der erſten Kultur zu ſehr zum Vortheil und zur Sicherung der Muͤller gegeben werden, ſo laͤuft man gewoͤhnlich Gefahr, einen ſolchen Prozeß gegen den Eigenſinn und den Neid eines Muͤllers zu verlie - ren. Auch glauben oft andere Nachbarn, Urſach und Recht zum Widerſpruch zu haben, z. B. der oberhalb liegende aus Beſorglichkeit, daß man die Schleuſen ſchließen werde, wenn eine ſtarke Waſſerfluth erfolgt, und er dann von der Ueber - ſchwemmung leiden koͤnne, ſo wenig auch verſtaͤndiger Weiſe dieſe Beſorglichkeit eintreten kann. Der unterhalb liegende glaubt, daß fuͤr ihn das Waſſer vermin - dert oder verſchlechtert und unrein gemacht, oder aber ihm Schlamm, den er nicht haben will, zugefuͤhret werde. Wenn man nun gleich hoffen kann, daß eine beſ - ſere agrariſche Geſetzgebung die Hinderniſſe von dieſer Seite aus dem Wege raͤu - men werde, ſo muß man doch vorſichtig bei der Sache ſeyn, und den Plan nicht189Die Bewaͤſſerung.eher auszufuͤhren anfangen, bis man ſich gegen unbegruͤndete Widerſpruͤche dieſer Art in Sicherheit geſetzt hat.

§. 279.

Endlich bleibt noch bei jedem Flecke, den ich bewaͤſſern will, zu unterſuchenRuͤckſicht auf den Abzug des gebrauchten Waſſers. uͤbrig, ob ich dem Waſſer auch einen eben ſo ſchnellen vollkommenen Abfluß als Zufluß darauf geben koͤnne. Ohne erſtern kann ich mir ſelten von einer Bewaͤſſe - rung einen großen Vortheil verſprechen, und koͤnnte dadurch ſogar einen nutzba - rern Boden in einen Sumpf verwandeln. In den bei weitem meiſten Faͤllen wird es aber hieran nicht fehlen.

§. 280.

Die verſchiedenen Graͤben und Leitungen, welche bei der Bewaͤſſerung vor -Benennungen der verſchiede - nen Waſſer - leitungen und Vorrichtun - gen. kommen, werden mit folgenden Namen unterſchieden:

1) Hauptzuleitungsgraben oder Kanal. So heißt derjenige Gra - ben, welcher das Waſſer nach der Gegend im Ganzen hinfuͤhrt, wo man Bewaͤſ - ſerungen verſchiedener Theile anlegen will, und es auf der erforderlichen Hoͤhe er - haͤlt. Er muß in ſeiner Sohle ein nur geringes Gefaͤlle haben, und 1 Zoll reicht auf 20 Ruthen vollkommen zu. Die Breite ſeiner Sohle richtet ſich nach der Quantitaͤt des Waſſers, welche er zufuͤhren ſoll. Seine Tiefe richtet ſich an jeder Stelle natuͤrlich nach der Horizontalhoͤhe der Oberflaͤche, wo man ihn durchfuͤhrt. Und hieraus ergiebt ſich die Breite und die Doſſirung, welche er haben muß.

2) Nebenleitungsgraͤben, welche zur Bewaͤſſerung einer beſonderen Stelle aus jenem Hauptkanal oder auch aus andern Graͤben abgefuͤhrt ſind.

3) Waͤſſerungsgraͤben. Dieſen Namen bekommt der Graben, wenn er auch Fortſetzung des Zuleitungsgrabens iſt, an der Stelle, wo aus ihm Waſſer auf eine Waͤſſerungsflaͤche gelaſſen wird. Da das Waſſer in ſelbigen, ſobald die Bewaͤſſerung vorgehen ſoll, hoͤher ſtehen muß, wie ſein unteres Ufer, ſo wird die - ſes in der Regel mit einer Verwallung oder einen kleinen Damm verſehen, durch welche dann

4) Einlaͤſſe durchgeſtochen ſind, weil es nicht moͤglich ſeyn wuͤrde, das Grabenufer ſo gleich und ſo horizontal zu erhalten, daß das Waſſer deſſen ganze Laͤnge hinunter gleichmaͤßig uͤberliefe. Dieſe Einlaͤſſe oder Durchſtiche des Wal - les muͤſſen, weil ſie eine ſtarke Gewalt des Waſſers zu erleiden haben, wohl ver -190Die Bewaͤſſerung.wahrt, mit ſtarken Raſen oder mit einer hoͤlzernen Bekleidung verſehen ſeyn. Manchmal legt man auch eine hoͤlzerne Roͤhre, wozu oftmals ein hohler Weiden - baum genommen wird, durch dieſe kleine Verwallung, und laͤßt das Waſſer da - durch ein. Man muß den Waſſereinlauf in ſelbige moderiren koͤnnen, welches bei den offenen Einlaͤſſen durch eingelegten Raſen oder auch wohl durch ein vor - geſetztes Brett geſchieht. Wenn die Wieſe nicht allenthalben gleich hoch iſt, ſo waͤhlt man die hoͤchſten Stellen zu dieſen Einlaͤſſen aus. Aus ihnen kommt das Waſſer, wenigſtens bei den Berieſelungswieſen, in

5) die Waſſergrippen oder Rinnen. Dieſe ſind nun hinter der Ver - wallung entweder parallel mit dem Waͤſſerungsgraben, oder aber faſt vertikal auf demſelben zulaufend gezogen. Aus dieſen Waſſerrinnen verbreitet ſich nun das Waſſer uͤber die Flaͤche. Eine ſolche Waͤſſerungsrinne darf nicht zu lang ſeyn, hoͤch - ſtens 20 Ruthen, indem ſie ſich ſonſt bei dem Wachsthume des Graſes leicht verſtopft, und der aͤußerſte Theil ſodann kein Waſſer erhaͤlt. Je laͤnger ſie iſt, um deſto breiter muß ſie in ihrem Anfange ſeyn, indem der Waͤſſerungsplan (ſo nennt man die - jenige Flaͤche, welche von einer Grippe oder Graben aus bewaͤſſert wird, oder zwi - ſchen dieſer und der Abwaͤſſerungsgrippe oder Graben liegt,) dann um ſo groͤßer iſt und um ſo viel mehreres Waſſer erfordert. Es verſteht ſich, daß die Einlaͤſſe mit dieſen Grippen im Verhaͤltniß ſtehen muͤſſen. Sie werden entweder mit dem Spaten geſtochen, oder mit einem Pfluge ausgeſchnitten, wozu derjenige, welcher im drit - ten Hefte meiner Beſchreibung der nutzbarſten neuen Ackergeraͤthe, Taf. II. Fig. 2 und 3, und Taf. III. Fig. 1 und 2, abgebildet iſt, gebraucht werden kann.

6) Die Abwaͤſſerungsgraͤben. Dieſe muͤſſen durchaus mit den Be - waͤſſerungsgraͤben im Verhaͤltniß ſtehen, und immer mit ihnen korreſpondiren. Es darf kein Fleck vorhanden ſeyn, wo das Waſſer ſich nicht wieder in eine Abwaͤſſerungsgrippe ziehen, und durch ſelbige in den Abwaͤſſerungsgraben geleitet werden kann. Denn dieſe vollkommene und ſchnell zu bewirkende Abwaͤſ - ſerung unterſcheidet eine regelmaͤßige Bewaͤſſerungsflaͤche von einem feuchten und waſſerſuͤchtigen Platze, und iſt eine unerlaͤßliche Bedingung, wenn man auf einen hohen Ertrag und Benutzung einer ſolchen Anlage rechnen will. Die Ableitun - gen werden nun mit demſelben Namen, wie die Zuleitungen unterſchieden. Der Hauptableitungsgraben iſt der, welcher das Waſſer von der ganzen Be -191Die Bewaͤſſerung.waͤſſerungsanlage aufnimmt und abfuͤhrt. Zuweilen iſt dies das Bette desjenigen Fluſſes, aus welchem man oberhalb das Waſſer durch den Hauptzuleitungsgraben genommen hatte. Die Nebenableitungsgraͤben ſind diejenigen, die von einem Theile das Waſſer abfuͤhren, entweder unmittelbar nach dem Hauptent - waͤſſerungsgraben hin, oder einer andern Flaͤche zu, in welchem Falle ſie dann wieder Zuleitungs - oder Bewaͤſſerungsgraͤben werden. Nicht ſelten ſind ſie bei - des zugleich, indem naͤmlich ein Graben das Waſſer von einer hoͤheren Flaͤche auf der einen Seite aufnimmt, und es ſogleich von der andern Seite durch die Ein - laͤſſe in ſeinem verwallten unteren Ufer einer niederern Flaͤche wieder zuflie - ßen laͤßt.

Auch die Abwaͤſſerungsgraͤben ſind zuweilen bewallt, damit das Waſſer nicht zu ſchnell abfließe, und ſind ſodann mit Auslaͤſſen durchſtochen, die mehr oder minder geoͤffnet und verſchloſſen werden koͤnnen. Doch findet dies mehr bei Be - ſtauungen als bei Berieſelungen ſtatt.

7) Fanggraͤben, Waſſerfaͤnge, Waſſerhebungen nennt man diejenige Vorrichtung, wo man das in einer Niederung von der hoͤheren Gegend herablaufende Waſſer wieder ſammelt, und indem man den Graben oder einen groͤßern Umfang in dem Falle einen Teich oder Waſſerbehaͤlter mit einer hinreichend hohen Bewallung umgiebt, ſolches wieder emporhebt, um es von hier ab abermals auf eine hoͤhere Gegend zu bringen. Solche Faͤnge erſchweren aller - dings die Waſſerableitung, und ſind deshalb nur unter gewiſſen Umſtaͤnden an - zubringen.

§. 281.

Zu einer jeden erheblichen Bewaͤſſerungsanlage ſind Waſſerſtaue undSchleuſen und Staue. Schleuſen mancher Art unumgaͤnglich erforderlich. Die Anlage derſelben ge - hoͤrt in die Waſſerbaukunſt, und ich verweiſe deshalb auf die vom Schleuſenbau vorhandenen trefflichen Werke. Eine ziemlich deutliche Darſtellung der bei kleine - ren Bewaͤſſerungen erforderlichen Schleuſen und andern Vorrichtungen findet man in Jeſſens ſchaͤtzbaren Abhandlung uͤber eine Wieſenbewaͤſſerung in den Anna - len des Ackerbaues, Bd. II. S. 529.

Die Hauptſchleuſe, wodurch das Waſſer in dem Fluſſe abgefangen und in den Hauptzuleitungsgraben gezwaͤngt wird, pflegt immer die erheblichſte und192Die Bewaͤſſerung.koſtſpieligſte zu ſeyn, und manchmal ſogar den groͤßern Theil der ganzen Koſten - ſumme wegzunehmen. Man hat ſie deshalb zuweilen zu erſparen geſucht, und einen Staudamm an ihrer Stelle angelegt. Es giebt aber nur wenige Faͤlle, wo man den Waſſerlauf hier beſtaͤndig ſperren darf, und noch wenigere, wo es rath - ſam und thunlich waͤre, ſolche Staudaͤmme im Nothfall durchzuſtechen und wieder zu errichten. Wenn man nur eine kleine Flaͤche mit dem Waſſer beherrſchen oder bewaͤſſern kann, ſo kommen die Koſten, auf den Flaͤcheninhalt repartirt, vermoͤge dieſes Schleuſenbaues oft ſehr hoch, wogegen ſie bei einer großen Flaͤche per Morgen manchmal ganz unbedeutend ſind.

Die uͤbrigen Schleuſen, welche in dem Haupt - und Neben -, Zu - und Ab - leitungsgraben erforderlich ſind, koͤnnen von einfacher und ſchwaͤcherer Konſtruk - tion ſeyn, da ſie ſelten einen großen Waſſerdruck zu erleiden haben. Es ſind nach den Umſtaͤnden mehrere oder wenigere noͤthig; doch erfordert gewoͤhnlich jedes zu bewaͤſſernde Revier oder jeder abgeſonderte Theil der Anlage, der einen eigenen Waͤſſerungsgraben hat, eine beſondere. Sie werden entweder ſo eingerichtet, daß ſie das Waſſer bis zur vollen Hoͤhe des Grabens aufſtauen koͤnnen, oder ſo, daß ſie es nur bis zu einer gewiſſen Hoͤhe thun, und das uͤbrige Waſſer uͤber - fallen laſſen. Im letzteren Falle kann manchmal auch ein Staudamm an ihre Stelle treten.

Im Allgemeinen muß man es ſich jedoch zur Regel machen, bei dieſer Anlage nicht zu ſparſam zu ſeyn, indem ſonſt die beſtaͤndigen Reparaturkoſten das er - ſparte Anlagekapital bei weitem uͤberſteigen, und uͤberdem dann viele Unbequem - lichkeiten und Stoͤrungen daraus erfolgen.

In manchen Faͤllen ſind bei den Bewaͤſſerungen, ſo wie bei den Entwaͤſſerun - gen, Siele oder ſogenannte Kaſten von Holz oder von Steinen erforder - lich, um das Waſſer unter der Erde, etwa durch einen Damm oder einen Weg, zuweilen ſogar unter einem andern Waſſerlauf durchzuleiten. Sie ſind manchmal ebenfalls mit Thuͤren oder Vorſetzhoͤlzern oder Zapfen verſehen, um das Waſſer dadurch anhalten und ablaufen laſſen zu koͤnnen.

Und ſo muß man dann auch zuweilen zu Uebertragungsrinnen, Ueberleitern ſich entſchließen, die von Holz gemacht oder von Steinen uͤber ein Gewoͤlbe geleitet werden. Da ſie indeſſen leicht den Beſchaͤdigungenunter -193Die Bewaͤſſerung.unterworfen ſind, und durch ihren Bruch bei einer ſtarken Waſſerfluth oft großes Unheil anrichten koͤnnen, ſo muß man ſie moͤglichſt zu vermeiden ſuchen.

Leitungsdaͤmme, die in Senkungen aufgefuͤhrt werden, um auf und zwiſchen ſolchen das Waſſer durchzufuͤhren und in ſeiner Hoͤhe zu erhalten, ſind oft ſehr koſtſpielig, und wenn ſie nicht mit der groͤßten Vorſicht angelegt werden, ebenfalls gefaͤhrlich. Man kann ſie oft durch eine weitere Umleitung des Kanals entbehrlich machen, und dies iſt immer rathſamer, wenn auch die Koſten ſich gleich bleiben.

§. 282.

Man kann die Bewaͤſſerung auf dreierlei verſchiedene Weiſe bewirken:Bewaͤſſerungs - arten. 1) durch Ueberſtauung; 2) durch Ueberrieſelung; 3) durch Anſtauung des Waſſers in den Graben.

Unter gewiſſen Lokalitaͤten koͤnnen indeſſen auch Anlagen gemacht werden, bei welchen man alle drei Bewaͤſſerungsarten wechſelsweiſe und nach dem jedesmaligen Zwecke anwenden kann.

§. 283.

Die Ueberſtauung erfordert, daß die zu bewaͤſſernde Flaͤche von NaturDie Ueber - ſtauung. oder durch die Kunſt von allen oder wenigſtens von drei Seiten mit einer Beufe - rung verſehen ſey, um das uͤberſtaute Waſſer auf dieſem Platze zu beſchraͤnken.

Man bewirkt ſie zuweilen dadurch, daß man den natuͤrlichen Waſſerlauf un - terhalb der zu bewaͤſſernden Flaͤche mittelſt einer Schleuſe anſtaut, und ſo das Waſſer ſich ſeitwaͤrts uͤber die Flaͤche zu ergießen zwingt. Dies iſt nur unter ſel - tenen Lokalitaͤten moͤglich, und mehrentheils etwas Unvollkommenes, indem man dabei die Maſſe des Waſſers, die Dauer der Bewaͤſſerung, die ſchnelle Trocken - legung worauf ſo ſehr viel ankommt oft auch die Ausdehnung nicht in ſei - ner Gewalt hat, und manchmal bei ſchnell entſtehenden Waſſerfluthen, wegen des durch die Schleuſe verengerten Waſſerbettes, den Uebertritt des Waſſers zur Unzeit und ſchaͤdliche Stroͤmungen und Verſandungen nicht verhindern kann.

Deshalb haben die Ueberſtauungen, welche vermittelſt eines aus einem hoͤhe - ren Punkte des Fluſſes gezogenen Zuleitungskanals bewirkt werden, große Vor - zuͤge, wodurch dann uͤberdem der Vortheil nur erreicht werden kann, das WaſſerDritter Theil. B b194Die Bewaͤſſerung.hoͤher gelegenen Flaͤchen, die nur nicht unter dem Waſſerſpiegel des Fluſſes an der Stelle, wo der Kanal abgeleitet wird, liegen, zukommen zu laſſen. Auch kann die ſchnelle und vollkommene Trockenlegung der ganzen Flaͤche auf einmal faſt nur hierdurch erreicht werden.

Die Ueberſtauung hat einige Vortheile ſelbſt vor der Ueberrieſelung. Man kann das Waſſer der Winter - und Fruͤhjahrsfluthen, welches mit duͤngenden Thei - len am ſtaͤrkſten beſchwaͤngert iſt, benutzen, und ſo lange die Umſtaͤnde es erlauben, auf der Flaͤche erhalten, damit es ſeinen wohlthaͤtigen Schlamm voͤllig abſetze. Der Boden wird dadurch nicht allein vom Waſſer voͤllig durchdrungen, ſondern es wird auch der ſchwammige Boden, wenn er nachher nur in der Tiefe Abzug hat, wie die Erfahrung lehrt, zuſammengedruͤckt und feſter gemacht.

Dagegen findet dieſe Bewaͤſſerungsart nur ſtatt in der Herbſt -, Winter - und Fruͤhjahrszeit, und muß aufhoͤren, ſobald die Vegetation und Waͤrme eintritt. Nur etwa nach der erſten Heuernte kann ſie auf eine ganz kurze Zeit noch gegeben werden. Wie viel es darauf ankomme, den Abzug des Waſſers und die vollkom - mene Trockenlegung ſchnell zu bewirken, wenn der gerechte Zeitpunkt da iſt, wird in der Lehre von der Wieſenkultur ausfuͤhrlicher gezeigt werden. Deshalb muͤſſen auch die Entwaͤſſerungsrinnen und Graͤben zweckmaͤßig eingerichtet ſeyn, mit der abzufuͤhrenden Waſſermaſſe im Verhaͤltniß ſtehen, und hinlaͤngliches Gefaͤlle von jedem Punkte der Flaͤche ab haben, damit nirgends moraſtige Stellen entſtehen, wenn anders die große Wirkung dieſer Bewaͤſſerung vollſtaͤndig erreicht wer - den ſoll.

§. 284.

Die Berie - ſelung.Da aber die Austrocknung der in der Winterzeit bewaͤſſerten Flaͤche in trock - nen Sommerzeiten mittelſt dieſer Bewaͤſſerungsart nie verhuͤtet werden kann, ſo hat doch im Ganzen die Berieſelungsmethode groͤßere Vortheile, insbeſon - dere auf jedem Boden, welcher, ſeiner Konſiſtenz und Lage nach, der Duͤrre ſehr unterworfen iſt. Der Abſatz der duͤngenden Theile aus dem uͤberrieſelnden Waſſer wird doch auch dadurch ziemlich vollſtaͤndig erreicht, beſonders wenn man ſich deſſelben Waſſers, was faſt nur bei dieſer Bewaͤſſerungsart moͤglich iſt, mehrere Male auf verſchiedenen Flaͤchen bedient. Allein der Hauptvorzug iſt der, daß man den Boden und den darauf wachſenden Pflanzen zu jeder Zeit Feuchtigkeit geben195Die Bewaͤſſerung.kann, und zwar gerade in dem Maaße, in welchem ſie deren beduͤrfen. Die Be - rieſelung wird zwar auch im Herbſte, Winter und Fruͤhjahr zur Beſchlammung des Bodens gegeben, aber auch, nachdem die Vegetation begonnen und die Pflan - zen emporgewachſen ſind, ſo oft und ſo lange wiederholt, als es die Witterung, der Boden und die Pflanzenart erfordert. Man laͤßt das Waſſer zuweilen in der Nacht noch uͤberrieſeln, wenn man am folgenden Morgen die Senſe anſetzen will, um dem Graſe einen um ſo friſcheren Stand zu geben. Nach jedem heißen aus - duͤrrenden Tage erquickt man das Gras durch einen naͤchtlichen Waſſerzulauf, und ſetzt es in den Stand, von der Hitze der Tage den hoͤchſten Vortheil zu ziehen, wenn dieſe auf unbewaͤſſertem Boden alles ſchmachten und verdorren laͤßt. Durch dieſe Bewaͤſſerungsart allein kann ſich der Landwirth uͤber den Einfluß der Witte - rung und des Klimas erheben. Denn ſo wie die der duͤrren heißen Tage, wird auch die Schaͤdlichkeit der kalten Naͤchte und der Morgenreife dadurch uͤberwun - den. Weil das Waſſer hierbei in einer beſtaͤndigen Bewegung iſt, ſo kann, wie ſonſt bei heißer Witterung der Fall iſt, dieſes Waſſer keine Faͤulniß erregen, und keine ungeſunden Ausduͤnſtungen. Das in dieſer Feuchtigkeit aufgewachſene Gras bleibt allen Viehracen gedeihlich, und ſelbſt in ſeinem gruͤnen Zuſtande iſt es als Weide waͤhrend welcher natuͤrlich die Flaͤche trocken gelegt wird dem Viehe ganz unſchaͤdlich, welches ſonſt von dem an feuchten Orten gewachſenen Graſe ſo leicht erkrankt. Durch eine zureichende und mit hinlaͤnglicher Aufmerkſamkeit gegebene Berieſelung wird ſelbſt der unfruchtbarſte Sand zur hoͤchſten Produktion gebracht, und paßt ſich manchmal gerade am beſten zum Wieſengrunde.

Der unfruchtbare und nahrungsloſe Boden wird mit der Zeit durch die Ueber - rieſelung mit fruchtbaren Theilen beſchwaͤngert, und dies geſchiehet um ſo fruͤher, je mehr das Waſſer ſolche Theile mit ſich fuͤhrt. Sind letztere in dem Waſſer we - nig oder gar nicht enthalten, ſo dauert es, wenn man die Sache der Natur allein uͤberlaͤßt, freilich lange. Es erzeugen ſich dann durch die Huͤlfe des Waſſers auf dem Boden zuerſt nur Flechten und Mooſe, welche in Faͤulniß uͤbergehn, und ſo langſam den erforderlichen Humus bilden, welcher anderen Pflanzen Nahrung ge - ben kann. Die Erfahrung hat es jedoch bewieſen, daß ſelbſt gehaltloſes Waſſer auf dem unfruchtbarſten Sandboden innerhalb zehn Jahren eine reichhaltige Gras - narbe gebildet, und ihn bei fortdauernder Berieſelung zu einer fruchtbaren WieſeB b 2196Die Bewaͤſſerung.umgeſchaffen habe, die ſich dann mit jedem Jahre mehr verbeſſerte. Beſchleunigt aber kann dieſe Raaſenbildung und Graswuchs dadurch werden, daß man dieſer Flaͤche einige duͤngende Subſtanzen zufuͤhrt, wozu die aus den anliegenden Niede - rungen auszugrabenden modrigen oder torfigten Subſtanzen, wenn ſie gleich ſau - rer Natur ſind, oftmals zureichen, aber freilich durch die Beimiſchung von thie - riſchen Duͤnger noch wirkſamer gemacht werden. Durch das Abweiden dieſer Plaͤtze mit Rindvieh und Schaafen, nachdem ſie trocken gelegt worden, oder gar durch ein Hordenlager, wird man ſie fruͤher zu ihrer Vollkommenheit bringen, als wenn ſie, ſobald ſich das Gras deſſen verlohnt, gemaͤhet werden. Durch eine aufgefahrene zureichende Duͤngung iſt man aber im Stande, den allerun - fruchtbarſten duͤrrſten Sand, in Verbindung mit der Bewaͤſſerung und eines aus - geſtreuten angemeſſenen Saamens in einem Jahre in das uͤppigſte Grasfeld zu verwandeln.

§. 285.

Einrichtung der Berie - ſelung.Die Berieſelung erfordert eine moͤglichſt ebne und gelind abhaͤngige Flaͤche, auf deren hoͤchſter Linie die Bewaͤſſerungsgrippe, welche ihren Zufluß aus dem Graben erhaͤlt, hergeht, und das Waſſer uͤber dieſe Flaͤche ergießt. Mit dieſer Bewaͤſſerungsgrippe korreſpondirt die im niedrigſten Theile hergehende Entwaͤſ - ſerungsgrippe, welche das uͤbergelaufene Waſſer aufnimmt, und dem Ableitungs - graben zufuͤhrt, oder auch ſolches uͤber eine andere niedere Flaͤche ergießt, und fuͤr dieſe zur Bewaͤſſerungsgrippe wird.

Dieſe Bewaͤſſerungsgrippen laufen entweder mit dem Bewaͤſſerungsgraben parallel, oder ſie ſtoßen vertikal auf ſelbigem zu. (Ich ſollte ſagen, faſt parallel und faſt vertikal, und in der Mehrheit der Faͤlle; denn zuweilen koͤnnen ſie auch eine ſchraͤge Richtung haben, wenn die Oberflaͤche des Bodens es ſo erfordert.)

Die parallel laufenden Grippen finden ſtatt, wenn der Plan eine ebene, vom Bewaͤſſerungsgraben nach unten hin abhaͤngige Flaͤche ausmacht; wie Fig. 2. auf Taf. VII. erlaͤutert.

  • a iſt der Bewaͤſſerungsgraben;
  • b die Verwallung deſſelben;
  • c c zwei Einlaͤſſe;
  • 197
  • d d die oberen Bewaͤſſerungsgrippen, aus welchen ſich das Waſſer uͤber den Plan I. ergießt;
  • e e die unteren Bewaͤſſerungsgrippen, welche das vom Plan I. aufgenom - mene Waſſer wieder uͤber den Plan II. vertheilen;
  • f der Abwaͤſſerungsgraben, wenn ſich nicht etwa das Waſſer uͤber einen drit - ten Plan ergießen ſollte;
  • g g die Abtrennungen der Bewaͤſſerungsgrippen;

Es iſt ſchon oben geſagt, daß die Bewaͤſſerungsgrippen nicht leicht uͤber 20 Ru - then lang ſeyn duͤrfen, weil ſie ſonſt am Ende leicht mit Graſe verwachſen; ſie muͤſſen alſo auch jede ihren Einlaß haben. Doch muß man auch die Einlaͤſſe, die an den hoͤchſten Stellen angelegt worden, nicht zu ſehr vermehren.

Der Plan, uͤber welchen ſich das Waſſer ergießt, darf nicht zu breit ſeyn; es laͤßt ſich jedoch dieſe Breite nicht wohl angeben. Iſt naͤmlich der Abhang ſtark, ſo muß er ſchmaͤler ſeyn, indem ſich ſonſt das herabfließende Waſſer Rinnen machen, und dann nur in ſelbigen herabziehe, und nicht gleichmaͤßig verbreiten wuͤrde. Es wird deshalb in einer Entfernung von 10 bis 20 Ruthen durch eine gezogene Grippe aufgefangen, und aus derſelben uͤber den unteren Plan wieder verbreitet, und ſo im - merfort, bis man es auf dieſer Flaͤche nicht weiter gebrauchen kann.

Die vertikal auslaufenden Bewaͤſſerungsgrippen finden ſtatt, wo kein natuͤr - licher Abhang vorhanden iſt, oder wo die zu bewaͤſſernde Flaͤche am Bewaͤſſerungs - graben her von ungleicher Hoͤhe iſt, und ſich ſeitwaͤrts bald ſenkt bald hebt. Im er - ſten Falle wuͤrde das Waſſer keinen Abzug finden, ſondern leicht zu hoch ſtehen blei - ben, und man muß ihm jenen alſo durch eine kuͤnſtliche Erhoͤhung der Mitte eines jeden Plans zu geben ſuchen. In Figur 3. Taf. VII., zieht ſich das Waſſer aus dem Bewaͤſſerungsgraben a in die Waͤſſerungsgrippen b b b b, welche weiter am Einlaß nach unten immer enger zulaufen. Die zu bewaͤſſernden Wieſenplaͤne, I. I., II. II., III. III., IV., haben die Geſtalt flach gewoͤlbter Ackerbeete, die ihnen bei der Anlage der Wieſen durch den Pflug oder das Grabſcheit gegeben worden. Das Waſſer zieht ſich nun von der auf ihrem Ruͤcken herlaufenden Grippe uͤber beide Seiten hinab, und wird von den Entwaͤſſerungsgrippen c c c c, welche gleichſam wie Beetfurchen198Die Bewaͤſſerung.zwiſchen den gewoͤlbten Beeten hergehen, aufgenommen und in dem Ableitungsgra - ben d gefuͤhrt, welcher irgendwo ſeinen Abzug hat.

Hat die zu entwaͤſſernde Flaͤche an einigen Stellen natuͤrliche Erhoͤhungen, ſo leitet man auf dem Ruͤcken derſelben aͤhnliche Waͤſſerungsgrippen her, und zieht die Abwaͤſſerungsgrippen in den Sinken, und ſo wechſeln vielleicht auf derſelben Flaͤche die parallel, vertikal oder ſchraͤg liegenden, ſich auch kruͤmmenden Waͤſſerungs - grippen miteinander ab. Denn man muß zuweilen mannigfaltige Abwechſelungen und Wendungen machen, um den Zweck daß jeder unter dem Waſſerſpiegel des Bewaͤſſerungsgrabens liegender Platz moͤglichſt zureichendes Waſſer erhalte, dieſes aber auch in keiner Sinke ſtocke oder zu lange verweile zu erreichen. Um das Waſſer auf die hoͤheren Stellen zu bringen, iſt es oft noͤthig, die Einlaͤſſe durch die Verwal - lung des Waͤſſerungsgrabens hoͤher zu legen, wie man ſonſt thun wuͤrde, oder aber die niedrigern zuweilen zuzuſetzen, damit der Spiegel des Bewaͤſſerungsgrabens ge - hoben werden koͤnne. Auch erfordern die Waſſergrippen nicht ſelten an einigen niede - ren Stellen eine Beuferung, damit das Waſſer auch zu den hoͤheren gelange. Je ebener die Flaͤche iſt, um deſto weniger ſind dieſe Beihuͤlfen noͤthig. Es iſt deshalb bei den Anlagen ſehr rathſam, die moͤglichſte Ebnung der ganzen Flaͤche zu bewirken, welches nicht vollkommener als durch die Schwemmungen, wovon wir in der Folge reden werden, geſchehen kann.

§. 286.

Bei der berieſelnden Bewaͤſſerung kommt es am haͤufigſten vor, daß man das Waſſer nicht nur wechſelsweiſe bald hier bald dort, ſondern auch daſſelbe Waſſer mehrere Male und gleichzeitig gebrauchen kann, indem man es ſogleich, wie es von einer Flaͤche abgezogen iſt, uͤber eine andere herleitet. Die Mannigfaltigkeit der hier vorkommenden Faͤlle iſt unendlich, und es kommen vielleicht nicht zwei voͤllig gleiche vor.

Ich werde indeſſen einige Hauptfaͤlle, auf der ſich die meiſten anderen reduziren laſſen, durch Figuren erlaͤutern; wobei ich bemerken muß, daß dieſe Figuren nur den Waſſerlauf darſtellen, keinesweges einen Grundriß abgeben ſollen, indem die Graͤ - ben weit breiter, als ſie nach Verhaͤltniß der ganzen Flaͤche ſeyn ſollten, der Deut - lichkeit wegen, gezeichnet ſind.

199Die Bewaͤſſerung.

§. 287.

Es iſt nicht ſelten der Fall, daß an dem Abhange eines Huͤgels, am Fuße einesBewaͤſſerung einer abhaͤn - gigen Flaͤche in mehreren Abtheilungen. Berges, durch die Abfangung eines herabfließenden Baches das Waſſer durch einen Kanal auf der Anhoͤhe herumgeleitet und darauf erhalten werden kann. Hierdurch wird die ganze unterhalb liegende abhaͤngige Flaͤche vom Waſſer beherrſcht, und kann bewaͤſſert werden. Um das ſaͤmmtliche Waſſer des Baches benutzen, aber doch die Wieſen theil - und wechſelsweiſe waͤſſern und trocken legen zu koͤnnen, iſt ſie in ſechs Plane abgetheilt. Taf. VIII. Fig 1.

Aus dem Bache wird der Hauptgraben b in der Horizontallinie, worin das Waſſer, da wo es durch die Schleuſe a abgefangen wird, ſtehet, an der Anhoͤhe her - gezogen, ſo weit er den Umſtaͤnden nach gefuͤhrt werden kann. Hier wird er mit dem die Anhoͤhe hinunterlaufenden Graben cc verbunden, und aus dieſem werden nun wieder fuͤnf andere Graͤben, mit dem Graben b parallel oder faſt parallel laufend, ge - zogen, wodurch die unterhalb liegende Waͤſſerungsflaͤche in ſechs Plane getheilt wird. Dieſe Plane koͤnnen nun nach Willkuͤhr jeder beſonders bewaͤſſert und trocken gelegt werden, oder man kann auch das Ganze auf einmal waͤſſern, wenn Waſſer genug vor - handen iſt. Soll letzteres geſchehen, ſo werden naͤmlich die ſaͤmmtlichen im Graben cc angelegten Schuͤtzen zugeſetzt; ſo wie ſie ſaͤmmtlich geoͤffnet werden, wenn die ganze Flaͤche trocken gelegt werden ſoll, wo dann das Waſſer durch den Abzugsgraben dd, des ſtaͤrkeren Gefaͤlles wegen, dem Bache wieder zufließt. Jeder einzelne Plan kann aber bewaͤſſert werden, wenn man ſein Schuͤtz zuſetzt, und jeder trocken liegen, wenn man es oͤffnet. Setzt man z. B. die Schuͤtze 1, 3, 5 zu, ſo erhalten die Plane I., III., V. Waſſer, und II., IV., VI. ſind trocken. Wenn die Schuͤtze 2, 4, 6 dagegen geſchloſſen und die anderen geoͤffnet werden, ſo haben II., IV., VI. das Waſſer.

In dieſem Falle verrichten die Graͤben 2, 3, 4, 5, 6 zugleich die Dienſte eines Bewaͤſſerungs - und Entwaͤſſerungsgraben, indem ſie das Waſſer von dem hoͤ - her liegenden Plane aufnehmen, und wenn man es in ihnen ſtauet, dem unterliegen - den wiedergeben. Es verſteht ſich, daß ſie an dieſer unteren Seite bewallet ſind, und daß das Waſſer durch Einlaͤſſe einfließe.

§. 288.

Manchmal, und hauptſaͤchlich wenn das Ganze einen minder ſtarken Abhang hat, ſind jedoch beſondere Abwaͤſſerungsgraͤben noͤthig, welche das Waſſer von einem200Die Bewaͤſſerung.oberen Plane der Wieſe aufnehmen, und es einem unteren Plane wieder zufuͤhren, weil ſonſt das Ganze nicht trocken genug gelegt werden koͤnnte.

Dieſen Fall erlaͤutert Taf. VIII. Fig. 2. Der Graben a, welcher ſein Waſſer aus dem Hauptzuleitungsgraben erhaͤlt, waͤſſert, wenn die Schleuſe 1 zugeſetzt wird, den Plan I. Von dieſem nimmt es der Abwaͤſſerungsgraben c auf, und fuͤhrt es, wenn es nicht zu einem noch tiefer liegenden Plane ge - braucht werden ſoll, bei x ab. Wird aber die Schleuſe 1 geoͤffnet, und 2 ge - ſchloſſen, ſo wird durch b der Plan II. bewaͤſſert. Von dieſem nimmt der Ab - zugsgraben p das Waſſer auf, und fuͤhrt es nach dem Bewaͤſſerungsgraben d, wodurch der Plan IV. gewaͤſſert wird, wenn man die Schleuſe 3 ſchließet. Das Waſſer zieht dann durch r bei x, wenn es nicht weiter gebraucht wer - den ſoll, ab.

Oder es wird die Anlage mit verſchiedenen Modifikationen auf die Weiſe gemacht, wie Tafel IX. zeigt. Das Waſſer kommt durch den Zuleitungsgra - ben a in den Waͤſſerungsgraben b. Wird es hier durch die Schleuſe 1 ge - ſtauet, ſo waͤſſert es den Plan I., vorne bei x durch vertikal ausgehende, hin - ten bei y durch parallele Grippen, und fließt in d wieder ab. Wenn die Schleuſe 2 geſchloſſen wird, ſo faͤllt es durch f in g, und bewaͤſſert den Plan II. II., indem es ſich aus g nach beiden Seiten ergießt. Von hier wird es durch h und i aufgenommen, und von erſteren durch l nach k gefuͤhrt, welcher den Plan III. III. auf beiden Seiten waͤſſert, wenn die Schleuſe 3 geſchloſſen iſt. i fuͤhrt das aufgenommene Waſſer durch m. nach n, welcher bei Schlie - ßung der Schleuſe 4 den Plan IV. durch vertikal auslaufende Grippen waͤſſert. Hier wird das Waſſer von dem Hauptabzugsgraben o aufgenommen, der es ſei - nem Urſprunge, wenn es nicht weiter gebraucht werden ſoll, wieder zufuͤhrt. Werden die ſaͤmmtlichen Schleuſen 1, 2, 3, 4 geoͤffnet, ſo wird die Weiſe ſo - gleich trocken, und alles Waſſer zieht durch o ab; in welchem Falle dann frei - lich auch die Stauſchleuſe, welche das Waſſer in dem Zuleitungsgraben a zwaͤngte, geoͤffnet wird.

§. 289.

Bei Wieſen oder Wieſenrevieren von ungleicher Oberflaͤche muß die Richtung der Waſſergrippen und der Zweige der Waͤſſerungsgraͤben, ſowohl derer, diezum201Die Bewaͤſſerung.zum Bewaͤſſern, als derer, die zum Abfuͤhren des Waſſers dienen, oft mannig - faltig verſchieden ſeyn. Denn es muß jeder hoͤhere Fleck, wo irgend moͤglich, mehr Waſſer bekommen, wie der niedere, und bei den niedrigſten muß vorzuͤglich fuͤr Ab - zug geſorgt werden. Durch eine verſchiedene Richtung der Waſſerleitungen laͤßt ſich dieſes mehrentheils erreichen. Darum wechſeln beſonders die mit dem Zuleitungs - graben parallel laufenden und die in einem rechten oder ſpitzeren Winkel von ihm ab - geleiteten Waͤſſerungsgraben und Grippen haͤufig mit einander ab, kruͤmmen und bie - gen ſich auch, je nachdem es die Flaͤche, die bewaͤſſert werden ſoll, erfordert.

§. 290.

Wo das Waſſer uͤber eine niedere-Stelle weggeleitet und einer hoͤheren zugeleitetVerwallungen bei der Durch - leitung durch niedere Stel - len, mit Ein - laͤſſen. werden ſoll, muß die Leitung, ſo weit jene geht, in Verhaͤltniß der Horizontallinie der hoͤheren Stelle verwallet werden. Um der niederen Stelle dann aber auch ihr Waſſer zu geben, werden Einlaͤſſe durch die Verwallung eingeſchnitten, jedoch nur ſo tief und ſo ſtark, als erforderlich iſt, um die gebuͤhrende Quantitaͤt Waſſer einzulaſ - ſen. Da das Waſſer durch den Fall aus dem verwallten Graben leicht einreißen kann, ſo muͤſſen dieſe Einlaͤſſe mit Schleuſen oder ſogenannten Staͤndern oder Moͤn - ken in manchen Faͤllen verſehen ſeyn.

Zur Erlaͤuterung ein Beiſpiel auf Taf. X.

Der Plan I. liegt 2 Fuß unter dem Spiegel, welcher dem Waſſer durch Zu - ſetzung der Hauptſchleuſe i, und folglich in dem aus dem Fluſſe abgeleiteten Haupt - graben a gegeben werden kann.

Der Plan II. liegt da, wo die Ziffer ſteht, um Fuß niedriger, und faͤllt nach unten noch mehr herab.

Der Plan III. liegt Fuß unter dem Waſſerſpiegel.

Der Plan IV. nur 8 Zoll darunter.

Der Plan V. 1 Fuß 6 Zoll darunter.

Der Plan VI. 2 Fuß darunter.

Der in ſeiner Sohle horizontal angelegte Hauptgraben a erfordert da, wo er bei Plan I. vorbeigehet, eine ſtarke Verwallung, und eine geringere, wo er zu Plan III. gelanget, die an beiden Orten hoch genug iſt, um das Waſſer in der vollen Hoͤhe zu erhalten, die ihm durch die Sperrung der Hauptſchleuſe i oberhalb derſelben gegeben werden kann, ſo daß es dem Plan IV. zugefuͤhrt werden koͤnne. Bei b iſt eineDritter Theil. C c202Die Bewaͤſſerung.Schleuſe oder ein ſogenannter Staͤnder in der Verwallung angebracht, um das Waſſer durch die Verwallung nach Gefallen einlaſſen zu koͤnnen, wenn dieſer Plan und der darunter liegende Plan II. bewaͤſſert werden ſoll. Da jener Plan aber nach unten gelind abhaͤngig iſt, ſo wird er durch parallel laufende Grippen, welche das Waſſer aus dem oberen Theile aufnehmen und es uͤber den unteren Theil wieder ver - breiten, berieſelt. Unten wird es von einem Graben x aufgefangen, aus welchem es durch vier vertikal ausgehende Grippen aufgenommen und uͤber den Plan II. vertheilt wird.

Der Plan III. wird durch drei Graͤben oder groͤßere Grippen, welche vertikal aus dem Hauptgraben abgehen, bewaͤſſert, wenn ihre kleinen Schleuſen oder Staͤn - der c d e geoͤffnet werden, und er wird dadurch in vier lange ſchmale Plane getheilt.

Der Plan IV. erhaͤlt das Waſſer, wenn neben den Schleuſen a und f auch b c d e entweder voͤllig oder doch ſo ſtark geſchloſſen werden, daß der Waſſerſpiegel ſich noch hoch genug im Hauptgraben erhalte; wobei zugleich die Schleuſe g im Gra - ben p geſchloſſen werden muß.

Der Plan V. erhaͤlt einiges Waſſer von dem, welches von dem Plan IV. in den Graben o abziehet, wenn die Schleuſe g auch geſchloſſen wird. Soll er aber das Waſſer ſtaͤrker und allein erhalten, ſo wird die Schleuſe g geoͤffnet, wo ſich dann das faͤmmtliche Waſſer in den Graben o ziehet, falls die Schleuſe h geſchloſ - ſen bleibt.

Der Graben p p dient hauptſaͤchlich zur voͤlligen Trockenlegung der Wieſe und Entleerung des Hauptgrabens. Er iſt deshalb tief genug, und hat ein hinreichendes Gefaͤlle. Werden ſeine beiden Schleuſen g und h geoͤffnet, ſo geht alles Waſſer aus dem Hauptgraben dadurch weg.

Der niedriger und mit Plan I. in faſt gleicher Horizontallinie liegende Plan VI. erhaͤlt das Waſſer, wenn die Schleuſe f geoͤffnet wird, und die uͤbrigen vorliegenden geſchloſſen werden, indem es, der niedrigeren Lage wegen, ihm dann ſaͤmmtlich zufließt.

Es ſind in den Figuren die Graben geradlinigt und rechtwinkeligt angege - ben, welches auch freilich am beſten iſt, aber nicht immer ſtatt finden kann. Die Lage erfordert es oft, daß ſie in mannigfaltigen Kruͤmmungen und abwei - chenden Winkeln gezogen werden. In der Hauptſache laͤuſt das aber auf eins hinaus.

203Die Bewaͤſſerung.

§. 291.

Um ein Beiſpiel zu geben, wie man die vom Waſſer unerreichbaren Hoͤhen um -Umgehung der Anhoͤhen. gehend, das Waſſer auf die Niederungen, die zwiſchen ihnen liegen, und die von dem oberwaͤrts angeſpannten Spiegel beherrſcht vertheile, waͤhle ich einen Fall, der mir noch in Erinnerung liegt, und den die Figur auf Taf. XI. darſtellet.

Die Theile No. 4. 5. und 14. waren vormals durch einen bei o abgeleiteten Gra - ben ſchon bewaͤſſert, und die Abſicht war, nur die am Bache liegenden Theile von 3, 2 und 1 ebenfalls zu bewaͤſſern. Bei einem deshalb angeſtellten Nivellement fand ſich, daß das Waſſer oberhalb a genugſam angeſpannt werden koͤnne, um es weit ins Land und um eine Anhoͤhe herum zu leiten.

Es ward der Hauptkanal alſo oberhalb a bis c gezogen, und dann die Schleuſe b angelegt. Hierdurch erhielt das Waſſer einen doppelten Turnus. So nennt man den aus einem Hauptpunkte genommenen Waſſerlauf, der ſich zugleich uͤber eine Reihe von Planen verbreitet. Wenn naͤmlich a und b geſchloſſen und c geoͤffnet wird, ſo geht das Waſſer nach den Plan 1, von dieſem nach 2,[d]〈…〉〈…〉nn nach 3, 4 und 5, von wo es in den Bach zuruͤckfaͤllt; oder falls der ziemlich feuchte Plan 5 und 4 zu viel Waſſer erhielte, durch o abgelaſſen werden kann. Zugleich aber erhalten 6, 7 und 8 einen Theil des Waſſers, welches ihnen durch einen bei d angelegten Stau zugemeſſen wird, welcher ſich dann wieder oberhalb 4 mit dem anderen Theile vereinigt. Auf dieſen Planen wird die Bewaͤſſerung durch vertikal auslaufende Grippen bewirkt; weil paral - lel mit dem Graben laufende Grippen das Waſſer auf den nach dem Bache zu abhaͤn - gigen Planen nicht gehoͤrig vertheilen wuͤrden.

Der zweite Turnus hinter dem, die Flaͤche faſt in der Mitte trennenden Huͤgel erhaͤlt ſein Waſſer, wenn b geoͤffnet, c aber geſchloſſen wird. Die Plane 9, 10, 11, 12, 13, 14 erhalten das Waſſer oder liegen trocken, je nachdem ihre kleinen Schuͤtze in dem Kommunikationsgraben geſchloſſen oder geoͤffnet werden. Da ſie ziemlich geebnet ſind, und einen gelinden Abhang von 9 bis 14 herunter haben, ſo dienen die Graͤben zur Bewaͤſſerung des oberen und Entwaͤſſerung des unteren Theiles zugleich, und das Waſſer wird durch parallel laufende Grippen uͤber ſie vertheilt, bis auf einzelne hoͤhere Stellen, wo das Waſſer durch Verwallungen und beſondere Grippen hingezwaͤngt werden kann.

C c 2204Die Bewaͤſſerung.

Bei ſtarkem Waſſerzulauf kann das Ganze zugleich bewaͤſſert werden; ſonſt nur ein Turnus um den andern. Werden ſaͤmmtliche Schuͤtze aufgezogen, ſo kann das Ganze ſchnell trocken gelegt werden.

§. 292.

Auſtauung des Waſſers in den Graͤben.Die dritte Bewaͤſſerungsart durch Anſtauung des Waſſers in den Graͤben, ohne es in der Regel uͤberlaufen zu laſſen, findet hauptſaͤchlich ſtatt auf moorigem und ſchwammigem Boden, nachdem er gehoͤrig entwaſſert worden. So nothwendig die - ſem Boden eine voͤllige Entwaͤſſerung iſt, ſo verliert er dennoch bei trockener Zeit ſeine Feuchtigkeit, beſonders an der Oberflaͤche ſo ſehr, daß die Pflanzen vor Duͤrre ver - ſchmachten. Hier iſt die Vorkehrung, daß man ihm Waſſer zufuͤhren, und ſolches durch Verſchließung des Hauptableitungsgrabens in der erforderlichen Hoͤhe bis zu 2 oder 3 Zoll unter der Oberflaͤche in den Graͤben anſtauen koͤnne, von großem Nutzen. Man laͤßt das Waſſer in dieſen Graͤben ſo lange ſtehen, bis das ſchwam - mige Erdreich genugſam Waſſer angezogen hat, und die Pflanzen ſich erfriſcht haben, und laͤßt es dann durch Schließung der Zuleitung und Oeffnung der Ableitung ſchnell wieder abziehen. Dies kann natuͤrlich nur in ſolchem Boden von erheblicher Wirkung ſeyn, der wegen ſeiner lockeren und ſchwammigen Beſchaffenheit das Waſſer ſeit - waͤrts einzieht.

§. 293.

Jedoch hat man auch dieſe Anſtauung des Waſſers in den Graͤben auf feſtem Boden bei einer hohen und emſigen Kultur haͤufig benutzt, um die zwiſchen den Graͤ - ben liegenden Fruchtfelder durch das mit Schaufeln uͤberher gegoſſene Waſſer nach Gefallen erfriſchen zu koͤnnen. Dieſe Methode findet man beſonders in den waͤrmeren und trockneren Klimaten. Der Arbeiter ſtellt ſich in die Mitte des Grabens, und wirft das Waſſer mit ſeiner Schaufel, ſo wie es gegen ihn fließt, zur Rechten und Linken, wodurch dann die benachbarten Beete geſchwind und gleichfoͤrmig be - goſſen werden.

Vergl. Simondes toskaniſche Landwirthſchaft, S. 14.

Haͤufig kann dieſe Bewaͤſſerungsart auch mit der Ueberſtauung verbunden wer - den, wenn man das Waſſer durch Oeffnung der Zuleitung und Schließung der Ab - leitung hoch genug heben kann.

205Die Bewaͤſſerung.

§. 294.

Die Bewaͤſſerung wird, ſo wie die Entwaͤſſerung, oftmals mit Maſchinen vonBewaͤſſerung durch Ma - ſchinen. aͤhnlicher Konſtruktion bewirkt. Beſonders wendet man jedoch Schoͤpfraͤder, die vom Fluſſe ſelbſt getrieben werden, an. Das Waſſer wird gewoͤhnlich durch Rinnen in die Zuleitungsgraͤben gebracht, und von dieſen durch Einlaͤſſe und Grippen uͤber die Wieſe vertheilt. So nuͤtzlich und kuͤnſtlich dieſe Vorrichtungen auch an manchen Orten angebracht ſind, ſo iſt doch ihre Anlage und Erhaltung ungleich koſtbarer, wie die durch bloße Graͤben bewirkte, indem auch die wirkſamſte nur fuͤr eine kleine Flaͤche zureicht. Es ſind vielleicht nur ſeltene natuͤrliche Lagen, wo man nicht durch gehoͤrige Abfangung und Anſtauung in abgeleitete Graͤben mit minderen Koſten mehr wuͤrde erreichen koͤnnen; aber oͤfterer tritt der Fall ein, daß die Gerechtſame anderer nur dieſe Bewaͤſſerungsart erlauben. Ob der Belier hydraulique und andere neu er - fundene Waſſerhebungsmaſchinen ſchon zu Bewaͤſſerungsanlagen benutzt worden ſind, iſt mir unbekannt. In England ſind ſelbſt Dampfmaſchinen zu dieſem Zwecke vor - geſchlagen worden; ob auch wirklich angewandt, weiß ich nicht; doch iſt es mir in einzelnen Faͤllen ſehr glaublich.

Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.

§. 295.

Man findet zwar von dieſer wichtigen, in manchen Faͤllen unſchaͤtzbaren Opera -Iſt bis jetzt nur im Luͤne - burgiſchen und Bremiſchen bekannt gewe - ſen. tion, einige Beiſpiele in verſchiedenen Gegenden. So wird z. B. in der Schweiz nach Bernhard den von den Bergen herabſtroͤmenden Gewaͤſſern zuweilen Erde vorgeworfen, um ſelbige nach den Thaͤlern herabzufuͤhren, ſie daſelbſt abzuſetzen, und dieſe Niederungen, ſo viel noͤthig, zu erhoͤheu. Von groͤßerer Ausdehnung findet man dieſe Aufſchwemmung in Toskana angewandt, wo betraͤchtliche Moraͤſte dadurch ausgefuͤllt und in die fruchtbarſten Fluren verwandelt ſind, wie es Simonde in ſeiner toskaniſchen Landwirthſchaft, S. 7 bis 10, beſchreibt.

In groͤßerer Ausdehnung iſt indeſſen dieſe Methode bisher nur in den Luͤnebur - giſchen und Bremiſchen Sand - und Haidgegenden angewandt worden, und hat ſich daſelbſt waͤhrend des vormaligen wohlhabenden Zuſtandes dieſes Landes in kurzer Zeit dermaßen verbreitet, daß jeder Bauer, welcher dazu Gelegenheit hatte, die Koſten206Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.der erſten Anlage nicht ſcheute, ſondern unbedenklich dazu ſchritt. Dies wurde ihm dadurch erleichtert, daß ſich Kompagnien von Wieſenſchwemmern gebildet hatten, die von einem Orte zum andern zogen, und fuͤr ein, nach der Groͤße und Beſchaffen - heit der Flaͤche vorher bedungenes Quantum die Arbeit unternahmen. Durch viele Uebung hatten ſich die Meiſter dieſer Kompagnien ein ſo richtiges Augenmaaß erwor - ben, daß ſie mit keinem andern Nivellirinſtrumente, als einem Richtſcheit und Setz - wage verſehen, die Anlage mehrentheils richtig ausfuͤhrten, und die dabei vorkommen - den Arbeiten und Schwierigkeiten genau genug ſchaͤtzen konnten.

Die Sache iſt bisher allein von meinem nun verewigten Freunde J. F. Meyer in einer Preisſchrift: uͤber die Anlage der Bewaͤſſerungswieſen, be - ſonders derjenigen, welche durch Schwemmen hervorgebracht wer - den, in den Annalen der Niederſaͤchſiſchen Landwirthſchaft, zweiten Jahrgangs drittem Stuͤcke beſchrieben; indeſſen nicht deutlich genug, um demjenigen, der ſie nicht aus eigener Anſicht kennt, einen klaren Begriff davon geben zu koͤnnen.

§. 296.

Begriff der - ſelben.Das Ganze der Operation beſteht darin: die Erde von der ein Flußthal umgebenden Anhoͤhe, mittelſt des von einer noch hoͤheren Stelle hinein geleiteten Waſſers, herab und in den niedrigen mehren - theils moraſtigen Theil des Thales hinein zu ſchwemmen, und ſo aus den abgeſchwemmten Anhoͤhen und der ausgefuͤllten Niede - rung eine ebene gelind abhaͤngige Flaͤche zu bilden, die nachher durch den bei der Abſchwemmung entſtandenen und beuferten Gra - ben von der Hoͤhe herab jederzeit berieſelt werden kann. Dieſe Be - rieſelung kann dann um ſo bequemer und vollſtaͤndiger geſchehen, da durch die Ab - ſchwemmung und die natuͤrliche Verbreitung der Erde vermittelſt des Waſſers eine ſo ebene, mehr oder minder abhaͤngige Flaͤche gebildet wird, wie ſie durch keine Hand - arbeit erreicht werden kann.

§. 297.

Beſchreibung der Operation.Ich werde verſuchen, dieſe Vorrichtung ſo deutlich, als es mir mit Worten und mit Huͤlfe einiger Figuren moͤglich iſt, zu beſchreiben, obwohl ein einziger Anblick von der Sache eine weit deutlichere Vorſtellung giebt, als ich durch dieſe Beſchreibung zu207Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.bewirken im Stande ſeyn werde. Indeſſen werde ich in ſelbiger auf Umſtaͤnde auf - merkſam machen koͤnnen, die man bei dem Anblicke der Sache ſelbſt leicht uͤberſieht.

§. 298.

Der Zuleitungsgraben wird aus einem Fluſſe, oder wie auch in manchen Faͤllen geſchehen kann, aus einem See abgeleitet, und mit einem geringen Gefaͤlle ſeiner Sohle hoͤchſtens von 1 Zoll auf 20 Ruthen bis an den Punkt in die Anhoͤhe hineinge - leitet, wo genugſames Gefaͤlle, um die Schwemmung anzufangen, vorhanden iſt. Dieſes Schwemmungsgefaͤlle muß von der Sohle des zu ziehenden Grabens ab bis zu der Niederung, wohin ich ſchwemmen will, im Durchſchnitt etwa auf die Ruthe 1 Zoll oder 1 / 144 betragen, wenn man eine Sohle von 2 Fuß und eine Waſſerhoͤhe von Fuß im Graben hot. Bei einem ſtaͤrkeren Profil kann es ſchwaͤcher ſeyn. Indeſſen ſchadet auch ein ſtaͤrkeres nicht, foͤrdert vielmehr die Arbeit. Es koͤmmt aber auch auf die Beſchaffenheit des Bodens an, und bei thonigtem ſchwer zu ſchwem - menden Boden muß das Gefaͤlle ſtaͤrker als bei leichtem Sande ſeyn. Einigermaßen kann das mindere Gefaͤlle, womit man ſich beim Anfange der Arbeit zu Zeiten behel - fen muß, durch mehrere Arbeiter erſetzt werden, die ſich die geſchwemmte Erde zu - ſchaufeln und fortſtoßen.

Wenn man mit dem Zuleitungsgraben an den Punkt der Anhoͤhe gekommen iſt, von wo ab man in die Niederung herunterſchwemmen will, ſo wird ein Durchſtich von dem Graben ab auf die Niederung zu in der Horizontallinie der Sohle des Grabens ge - macht bis zu dem Punkt, wo dieſe in der Oberflaͤche auslaͤuft. Auf Taf. V. Fig. 1. ſey a der Zuleitungsgraben, der in eine Anhoͤhe bis b hineingeht. Ich finde hier, daß ich von der Sohle dieſes Grabens bis zur Niederung O in einer Entfernung von 25 Ru - then 2 Fuß Gefaͤlle bei einer Waſſerhoͤhe von Fuß habe. Ich laſſe alſo von die - ſem Punkte b ab einen Durchſtich, der nur ſchmal zu ſeyn braucht, in der Richtung von c d durch die Anhoͤhe machen, bis die Horizontallinie der Sohle mit einigem Gefaͤlle zu Tage auslaͤuft. Das angelaſſene Waſſer ſtuͤrzt nun hier herdurch, macht ſich anfangs von ſelbſt ſeinen Weg ſchon breiter, und ich ſuche nur durch angeſtellte mit Schaufeln oder Ruͤhreiſen verſehene Arbeiter dieſen Weg von eingeſtuͤrzter Erde offen zu erhalten. Der Auswurf dieſes Durchſtichs wird dem Waſſer zuerſt vorge - worfen, und dann wird in der Linie von e nach f die Erde abgeſtoßen, in ſofern ſie das Waſſer nicht ſelbſt losreißt. Den groͤßern Theil dieſer Erde nimmt das Waſſer208Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.mit fort, wozu die in der nun entſtehenden Schwemmbank e c f d ſtehenden Arbeiter mit ihren Ruͤhreiſen behuͤlflich ſind. Ein andrer Theil der von e f abgeſtoßenen Erde wird nach der Linie c d heruͤbergezogen, ſo daß ſich daſelbſt eine neue Bank, welche etwa 3 Zoll uͤber die Sohle des Waͤfferungsgrabens erhaben iſt, und nach unten ein gelindes Gefaͤlle hat, bilde. Die Ebnung dieſer Bank geſchieht gewiſſermaßen von ſelbſt, und die ebne gelind abhaͤngige Flaͤche bildet ſich durch das Ueberſtroͤmen des Waſſers. So wie die Schwemmbank breit genug geworden iſt, faͤngt man an in der Richtung des Grabens bei c eine Verwallung mittelſt der von e heruͤbergeworfenen Erde zu machen, wodurch der Waſſerlauf ſtaͤrker nach e f hin hingezwaͤnget wird. Indem das Waſſer alſo auf dieſe Seite immer mehr zuſtroͤmt, wird die Schwemm - bank von e nach g und von f nach h weiter hereingeruͤckt, die Verwallung aber von c nach e vollfuͤhrt, und die Waſſerſtroͤmung, die zuerſt zwiſchen c d und e f durch - ging, geht nun zwiſchen g e und h f herunter. Jedoch muß man es ſich nicht ſo vorſtellen, als ob immer Abſaͤtze von beſtimmter Breite entſtaͤnden, es ruͤckt vielmehr die Schwemmbank allmaͤhlig und Fuß vor Fuß in der Anhoͤhe weiter fort, und ſo wie ſie nach der Seite c d durch den zwiſchen e c aufgeworfenen Damm verengert wird, erweitert ſie ſich nach der entgegengeſetzten Seite hin.

Die Fortſetzung des Grabens wird in der Regel nicht durch Ausſtechung ge - macht, ſondern er bildet ſich durch die Schwemmung ſelbſt und durch die vorgewor - fene Beuferung, welche hinlaͤnglich ſtark gemacht werden muß, damit das ange - ſpannte Waſſer ſie nicht aufs Neue durchbreche.

Und ſo ruͤckt dann die Schwemmbank oder die Stroͤmung des Waſſers immer weiter in das hohe Land hinein, und bildet die ebene abhaͤngige Flaͤche ununterbrochen und ohne Abſatz von der Hoͤhe bis zum niedrigſten Punkte herunter.

Bei der Arbeit des Schwemmens wird ein Theil der Arbeiter auf das Ufer der Schwemmbank, worauf der Andrang des Waſſers zugeht, mit Spaten geſtellt, um die Erde, wo es noͤthig iſt, abzuſtoßen, und dem Waſſer vorzuwerfen. Ein andrer Theil ſteht in der Schwemmbank oder auf der nun neu gebildeten Oberflaͤche mit brei - ten Hacken oder Ruͤhreiſen verſehen, um ſowohl die Erdkloͤße zu zerſchlagen und fort - zuſtoßen, als um einen Theil der Erde am oberen Theile der Schwemmbank denn am unteren iſt diefes nicht noͤthig nach ſich heranzuziehen, damit auch nicht zu viel Erde vom Waſſer fortgeriſſen werde. Sie muͤſſen in der ganzen Laͤnge derSchwemm -209Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.Schwemmbank herunter vertheilt werden. Jedoch muͤſſen oben, wo viele Erde weg - zuſchwemmen iſt, mehrere nebeneinander ſtehen, wie unterwaͤrts, wo nur wenig Erde noch abgeſchwemmt werden kann, und ſich die neue Erde von ſelbſt anſetzet. Insbeſondere muß ein thaͤtiger und aufmerkſamer Arbeiter zu oberſt in dem Schwemmgraben ſtehen, um hier die Erde gehoͤrig loszuruͤhren, und den Schwemm - graben in ſeiner gerechten Tiefe zu erhalten. In der Niederung, wo die Erde nicht abgeſtochen wird, ſondern wo ſie ſich anſetzen ſoll, bedarf es keiner Arbeit, indem dieſes durch das Waſſer ſelbſt auf die vollkommenſte Weiſe bewirkt wird.

Bei einem loſeren Boden, ſtaͤrkerem Waſſerzulauf und ſtaͤrkerem Gefaͤlle ſind zwar im Verhaͤltniß gegen das, was man damit bewirkt, weniger Arbeiter noͤthig, als in den entgegengeſetzten Faͤllen, d. h. die Arbeit koſtet weniger. Allein es muͤſſen doch zu gleicher Zeit um ſo mehrere angeſtellt werden, indem der Fortſchritt der Ar - beit alsdann um ſo ſchneller geht, weil naͤmlich das Waſſer zureicht, eine ſehr große Maſſe von Erde wegzutreiben.

Die Breite, welche man der Schwemmbank jedesmal giebt oder laͤßt, richtet ſich nach der Staͤrke des Waſſers und nach der Beſchaffenheit des Bodens. Wenn der Waſſerzufluß ſtark und die Erde ſehr ſchwemmbar iſt, ſo kann die Bank oder die Stroͤmung des Waſſers 10 bis 12 Fuß breit erhalten werden, weil die Erde doch ge - nugſam fortgeht, und ſich dann beſſer und gleichmaͤßiger abſetzt, ohne daß man ihr zu Huͤlfe zu kommen brauche. Iſt aber der Waſſerlauf ſchwaͤcher und die Erde wider - ſtehender, ſo muß man die Stroͤmung ſchmaler von 4 bis 5 Fuß machen, damit die Kraft um ſo mehr konzentrirt werde.

§. 299.

Die Richtung der Abſchwemmung und die Tiefe, in welcher man in die AnhoͤheDabei zu neh - mende Ruͤck - ſichten. hineingeht, richtet ſich naͤchſt dem Gefaͤlle nach der Maſſe von Erde, die erforderlich iſt, um die Niederung ſo auszufuͤllen, daß eine ebene, gelind abhaͤngige Flaͤche, wie ſie zur Berieſelung erforderlich iſt, aus dem abgeſchwemmten und aufgeſchwemmten Lande entſtehe. Wuͤrde ich zu weit und zu tief in die Anhoͤhe hineingehen, ſo waͤre fuͤr die Erde kein Raum vorhanden, und die Schwemmung wuͤrde wegen Mangel des Gefaͤlles zuruͤckſtauen. Wenn man zwar nach einem Fluſſe zuſchwemmt, wie das ge - woͤhnlich geſchieht, ſo kann man ſich der uͤberfluͤſſigen Erde oft entledigen, indem man ſie in den Fluß hineinſchwemmt, und ſie durch das Waſſer weiter fortfuͤhren laͤßt. Dritter Theil. D d210Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.Jedoch muß man in dieſem Falle unterhalb keine Verſandungen und keine Zuſchwem - mungen von Muͤhlen - oder andern Teichen zu beſorgen haben. Waͤre dies, ſo darf natuͤrlicher Weiſe gar keine Erde in den Fluß kommen, und man muß deshalb, wenn er ſein Bette behalten ſoll, ſein Ufer verwallen, und mit Faſchinen, die nur dem Waſſer, nicht der Erde Durchgang verſtatten, belegen. Oftmals wird man es aber gerathener finden, das alte Bette des Fluſſes zuzuſchwemmen, und einen neuen geraden Kanal herdurch zu ziehen. In dem Falle legt man eine ſtarke Verzaͤunung in dieſem Fluſſe an, welche keine Erde weiter, als die Anlage gehen ſoll, durchlaͤßt.

Es darf aber auch nicht an zureichender Erde fehlen, um die Niederung genug - ſam erhoͤhen zu koͤnnen.

Um nun dieſe gerechte Quantitaͤt von Erde genau zu beſtimmen, wuͤrde es erfor - derlich ſeyn, das Profil der Anhoͤhe und der Niederung an jeder Stelle zu nehmen, und zu berechnen, ob jenes mit dieſem in gehoͤrigem Verhaͤltniſſe ſtehe. Da ſich aber die Hoͤhe und Breite ſo haͤufig aͤndert, ſo wuͤrde dies in der Praxis kaum ausfuͤhrbar ſeyn, und man muß ſich dabei am meiſten auf ſein Augenmaaß verlaſſen. Dazu kommt, daß man die Maſſe der abzuſetzenden Erde doch oft nicht nach der Maſſe der abzuſchwemmenden berechnen kann; denn die thonigen und ſchlammigen Theile gehen mit dem Waſſer unaufhaltbar fort, und ſetzen ſich, da man den Waſſerlauf doch nicht ganz ſperren kann, durchaus nicht ab. Sie waren bei einer Abſchwemmung von ei - nem thonigt merglichten Boden, ungeachtet man mehrere Verzaͤunungen gemacht hatte, und das Waſſer ſehr ſanft und ſeicht uͤber Ebenen floß, dennoch eine Meile weit ſo ſtark fortgefuͤhrt, daß die Ufer des Baches daſelbſt noch damit beſchlammt waren. Dieſer Boden fuͤllt alſo da, wo er es thun ſollte, die Niederung viel zu wenig aus. Wenn ferner die Erde, wie mehrentheils der Fall iſt, auf einen moorigen und ſumpfigen Grund abgeſetzt werden ſoll, ſo ſenkt ſich dieſer, nachdem er, wie ſich verſteht, ab - gewaͤſſert worden, durch den Druck der aufgeſchwemmten Erde um ſo ſtaͤrker, und es entſteht daſelbſt ein Abſatz, wenn auch die Flaͤche vorher voͤllig eben war. Endlich kann auch eine betraͤchtliche Maſſe großer Steine, welche man oft in der Anhoͤhe fin - det, und die herausgeſchafft werden muͤſſen, die Berechnung der abzuſchwemmenden Erde ſehr truͤglich machen.

Man kann ſich jedoch waͤhrend der Operation immer helfen, wenn man findet, daß die abgeſchwemmte Erde an einer Stelle entweder nicht zureiche, um die Niede -211Die Abſchwemmung und Anlage der Schwemmwieſen.rung auszufuͤllen, oder aber keinen Raum darin habe. Im erſteren Falle giebt man der Schwemmbank, welche in der Regel perpendikulaͤr aus dem Schwemmgraben abgeht, eine ſchraͤge Richtung ruͤckwaͤrts, und treibt durch die Stroͤmung des Waſ - ſers die Erde dahin, wo ſie fehlt. Im zweiten Falle giebt man der Schwemmbank eine Richtung vorwaͤrts, nach der noch nicht ausgefuͤllten Flaͤche hin. Bleibt ſich nun das Profil der abzuſchwemmenden Hoͤhe und der auszufuͤllenden Niederung gleich, ſo muß man da, wo man Mangel an Erde verſpuͤrte, weiter in die Anhoͤhe hineingehen, um eine ſo viel groͤßere Maſſe von Erde zu erhalten, oder aber, wo der Erde zu viel war, die Richtung des Schwemmgrabens mehr herausruͤcken, damit man weniger Erde abzuſchwemmen brauche. Dies verurſacht freilich, daß der Schwemmgraben nicht immer in gerader Linie fortlaͤuft, ſondern Zickzacke und Kruͤmmungen bilde, was man ſonſt lieber vermeidet. Es iſt in ſolchen Faͤllen aber nicht wohl anders moͤglich, und man muß den Vortheil eines geraden Schwemm - und nachherigen Be - waͤſſerungsgrabens aufopfern, um den Haupzweck, eine ebene ſchraͤge Flaͤche zu bil - den, zu erreichen.

Die groͤßere Maſſe von Erde, oder die Hoͤhe, welche man abzuſchwemmen hat, macht bei ſandigem und zerfallendem Boden keine Schwierigkeit; freilich mehr Arbeit, die dann aber im vortheilhaften Verhaͤltniſſe gegen das dadurch bewirkte, naͤmlich die Ausfuͤllung einer betraͤchtlichen Niederung, ſtehet. Wenn man nur Raum fuͤr ſolche Erde und genug Waſſerzulauf hat, ſo laͤßt ſich eine Anhoͤhe von 20 Fuß und druͤber ganz gut wegſchwemmen. Nur bei zaͤhem, thonigem Boden, der Stich vor Stich abgeſtoßen oder abgehackt werden muß, wuͤrde die Arbeit ſchwer ſeyn. Bei einer betraͤchtlichen ſandigen Anhoͤhe erfolgt der Einſturz derſelben, wenn die Schwemmbank an ihrem Fuße hergeht, nur zu leicht, und man muß dann vorſich - tig dabei verfahren. Die Schwemmbank muß breit erhalten, und die Hauptſtroͤ - mung des Waſſers anfangs nicht zu dicht an der ſtehenden Wand hergeleitet werden. Man muß dieſe Hoͤhe von oben zu erſt abſtechen, die obere Erde herunter und dem Waſſer vorwerfen, und ſo immer die Wand ſchraͤg, nie ſteil erhalten. Ein Gleiches iſt in Anſehung der hinter dem Schwemmgraben ſtehend-bleibenden Wand noͤthig; man muß dieſer durch Abſtechen von oben herunter eine ſehr ſchraͤge Doſſirung geben, damit ſie nicht einſtuͤrze und den Graben verſchuͤtte. Es iſt in der Folge oft noͤthig, dieſen Graben auch an der Ruͤckſeite zu verwallen, damit das von der AnhoͤheD d 2212Die Abſchwemmung und Anlage der Schwemmwieſen.herabſtuͤrzende Waſſer bei Schnee - und Gewitterfluthen die Ufer nicht einreiße, und ihm dann wohl verwahrte Einlaͤſſe zu geben, wodurch es abziehen kann.

Wenn die abzuſchwemmende Anhoͤhe mit Baumſtaͤmmen beſetzt iſt, ſo hat man nicht noͤthig, dieſe vorher zu rohden. Ihre entbloͤßten Wurzeln werden waͤhrend der Schwemmung losgemacht, noͤthigen Falls abgehauen, und der ganze Stamm wird, wenn die Kraft des Waſſers zureicht, fortgetrieben nach der Niederung, und daſelbſt mit Erde uͤberſchuͤttet. Ein gleiches geſchiehet mit Steinen von maͤßiger Groͤße, wenn hinlaͤngliches Gefaͤlle da iſt. Nur ganz große Steine muͤſſen herausgebracht, in die Niederung herabgewaͤlzt oder vorerſt auf die abgeſchwemmte Flaͤche gebracht werden. Dies vermehrt die Arbeit allerdings, jedoch nicht ſo betraͤchtlich, wie die Ausrohdung der Steine aus dem Acker, indem ſie naͤmlich durch das Waſſer von ſelbſt losgeſpuͤhlt werden und an die Oberflaͤche kommen. Ihr Werth bezahle in den meiſten Faͤllen die vermehrte Arbeit reichlich. Wo man unter die Hoͤhe des abzuſchwemmenden Erd - bodens kommt, braucht man ſich zwar um den Abſatz der Erde nicht weiter zu bekuͤm - mern, da das Waſſer eine ſo ebne Erdflaͤche bildet, wie man ſie durch Handarbeit nimmer hervorbringen wuͤrde. Nur zuweilen, wo die Waſſerſtroͤmung, eines Wi - derſtandes wegen, eine Richtung nimmt, die ſie nicht haben ſoll, verhindert man dies durch vorgelegte Faſchinen, die deshalb immer zur Hand ſeyn muͤſſen.

§. 300.

Bildung des Abzugsgra - bens.Durch Vorlegung ſolcher Faſchinen erhaͤlt man das alte Flußbett, wenn es blei - ben und zur Waſſerableitung dienen ſoll, offen, oder man formirt auch durch einen mit Faſchinen aufgeſetzten Flechtzaun, den man in einer geraden Linie in der tiefſten Niederung herzieht, einen neuen Kanal, indem ſich die Erde davor ſetzt, und das Ufer deſſelben bildet; er muß freilich nachher noch ausgeſtochen und gereinigt werden.

In den meiſten Faͤllen aber, beſonders wo nur von einer Seite geſchwemmt wer - den ſoll, wird es rathſam ſeyn, vorher einen neuen Abwaͤſſerungsgraben auszu - ſtechen, der uͤber den vormaligen Fluß hinaus und deſſen Ufer etwas hoͤher ſteht, deſſen Sohle jedoch tiefer liegt, als das Flußbette.

§. 301.

Niveau des Schwemm - grabens.Vor allem iſt bei der Operation die Aufmerkſamkeit dahin zu richten, daß die Abſchwemmung oben, denn unten entſteht es von ſelbſt und die Sohle des entſtehenden Schwemmgrabens in vollkommener Horizontallinie oder in einem faſt213Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.todten Niveau bleibe, weil ſonſt bei den nachmaligen Waͤſſerungen das Waſſer nicht ohne mehrere Schwierigkeiten gleichmaͤßig verbreitet werden koͤnnte. Iſt dieſes aber beobachtet, ſo duͤrfen nur die Durchſtiche durch die Verwallung des Schwemmgra - bens zu gleicher Tiefe gemacht und mit Raſen ausgeſetzt werden, um das Waſſer gleichmaͤßig einzulaſſen, und es durch die Grippen, die mit dem Graben parallel lau - fen, uͤber die ganze Flaͤche zu verbreiten.

Nur da, wo der Schwemmgraben eine betraͤchtliche Laͤnge hat, und die ganze Wieſe aus einem Graben, aber nicht auf einmal, ſondern wechſelsweiſe bewaͤſſert werden ſoll, macht man verſchiedene Abſaͤtze, und laͤßt das Waſſer in dem Graben und uͤberhaupt die ganze Wieſenflaͤche um einen halben Fuß da fallen, wo ein neuer Waͤſſerungsabſatz angeben ſoll. Hier wird dann in dem Waͤſſerungsgraben eine kleine Schleuſe angelegt. Wird dieſe zugeſetzt, ſo ſtauet man das Waſſer in dem erſten und hoͤher liegenden Theile des Grabens an, und bewaͤſſert die vorliegende Flaͤche. Oeffnet man dagegen dieſe Schleuſe, ſo zieht ſich das Waſſer in den niedri - ger liegenden Theil, und bleibt in dem oberen nicht hoch genug, um durch die ange - legten Auslaͤſſe auszufließen. Es wird alſo der zweite etwas niedriger liegende Theil der Wieſe bewaͤſſert, und ſo geht es fort zum dritten, vierten Theile u. ſ. f. Die ge - woͤhnlich ſich vermehrende Niederung des Flußthals erlaubt mehrentheils, daß dieſes geſchehen koͤnne, ohne daß man am Gefaͤlle beim Schwemmen verliere. Wie ſehr hierdurch nachmals die wechſelnde Waͤſſerung erleichtert werde, erhellet von ſelbſt, da es jetzt nur des Zuſetzens und Aufziehens einer Schleuſe auf einer betraͤchtlichen Strecke bedarf, wogegen ſonſt alle Einlaͤſſe geoͤffnet oder verſchloſſen werden muͤßten, je nachdem ein Theil der Wieſe bewaͤſſert oder trocken gelegt werden ſollte.

§. 302.

Da ein Flußthal faſt immer mit zwei Anhoͤhen umgeben iſt, ſo tritt haͤufig dieSchwemmung von einer oder von zwei Sei - ten. Frage ein, ob man von einer oder von beiden Seiten ſchwemmen wolle. Nur die Lo - kalitaͤt kann dieſes beſtimmen, und da dieſe ſo unendlich mannigfaltig iſt, ſo laſſen ſich wenige Regeln daruͤber geben. Hauptſaͤchlich kommt es dabei auf folgende Um - ſtaͤnde an:

a) ob Waſſer genug da ſey, um auf beiden Seiten nachhaltig und auch bei der trockenſten Jahreszeit hinlaͤnglich waͤſſern zu koͤnnen.

214Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.

b) ob die Thalbreite bis zur Mitte der Niederung von beiden Seiten ſtark genug ſey, ſo daß die erhaltene Flaͤche die Schwemmanlage genugſam bezahle.

c) oder die Thalbreite zu ſtark ſey, um ſie von einer Seite uͤberſchwemmen zu koͤnnen, indem ſich uͤber 40 Ruthen breit nicht wohl ſchwemmen laͤßt.

d) ob der Boden von beiden Seiten zum Schwemmen gleich gut geeignet ſey.

Wo von beiden Seiten geſchwemmt werden ſoll, werden dann zwei Zuleitungs - graͤben oder zwei Aeſte deſſelben in die Hoͤhe hineingeleitet, deren jeder mit einer Schleuſe verſehen ſeyn muß, um das Waſſer nach der einen oder nach der andern Seite hinzudraͤngen. Gewoͤhnlich braucht man aber nur einen Ableitungsgraben, der dann ſeine Stelle in der Mitte der Niederung bekommt, oder da, wo ſie am tief - ſten iſt. Bei der einſeitigen Schwemmung legt man den Abzugsgraben ſo weit als moͤglich nach dem entgegengeſetzten Ufer heruͤber, jedoch ſo, daß ſein Bord niedriger zu liegen komme, als die tiefſte Stelle der aufgeſchwemmten Flaͤche werden ſoll.

§. 303.

Durchfuͤhrung des Grabens ohne zu ſchwemmen.Nicht immer iſt es bei einer ausgedehntern Anlage moͤglich und noͤthig, Alles zu ſchwemmen. Man kommt oft an Stellen, wo die ganze Flaͤche von dem Waſſer ſchon beherrſcht wird, ohne abzuſchwemmen, und wo ſelbige die abhaͤngige ebene Flaͤche, die zum Bewaͤſſern erforderlich iſt, ſchon von Natur hat. Hier darf nur eine Bewallung vor dem Laufe, den der Waͤſſerungsgraben nehmen ſoll, auf einer oder auf beiden Seiten gemacht werden, damit der Stauſpiegel deſſelben nicht ſinke.

Zuweilen kommt man dagegen an Anhoͤhen, die man ihres Bodens wegen oder weil in der anliegenden Niederung kein Raum fuͤr die Erde iſt, nicht abſchwemmen kann. Durch dieſe muß man dann den Graben in gleicher Horizontaltiefe der Sohle hindurchfuͤhren, oder aber, wenn ſolche Huͤgel zu hoch ſeyn ſollten, ihn um den Ab - hang derſelben herumleiten.

§. 304.

Unbeſtimm - barkeit der Koſten im All - gemeinen.Die Arbeit und Koſten, welche eine ſolche Anlage erfordert, laſſen ſich im Ver - haͤltniſſe der Flaͤche auch nicht ungefaͤhr und nicht nach einem allgemeinen Durchſchnitte angeben; denn der Unterſchied, welchen die Lokalitaͤt dabei macht, iſt gar zu groß. Man hat ſolche Wieſenanlagen gemacht, wo der Morgen kaum 5 Rthlr. koſtete, und andere, wo ſich die Summe per Morgen repartirt auf 50 Rthlr. belief. Dieſe Verſchiedenheit der Koſten gruͤndet ſich hauptſaͤchlich auf folgende Umſtaͤnde:

215Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.

a) Die Koſten der Hauptſchleuſe ſind in einem breitern Fluſſe oft betraͤchtlich. Dieſelbe Schleufe muß aber angelegt werden, wenn ich 10 oder wenn ich 100 Mor - gen Schwemmwieſen machen will; per Morgen repartirt macht dies alſo einen gro - ßen Unterſchied auf jeden einzelnen Morgen.

b) Gleiche Bewandniß hat es mit dem Zuleitungsgraben, der manchmal ziem - lich weit durch betraͤchtliche Anhoͤhen gefuͤhrt werden muß, und dann ſehr koſtbar wird.

c) Kommt es auf die Waſſermenge und auf das Gefaͤlle an. Je ſtaͤrker beide ſind, um deſto geringer iſt die Arbeit, die auf eine Flaͤche verwandt werden muß.

Zu Anfange der Schwemmung hat man gewoͤhnlich ein geringeres Gefaͤlle, und da erfordert die Herabtreibung der Erde mehrere Handleiſtung. So wie man fort - ſchreitet und ſich das Gefaͤlle zwiſchen dem Schwemmgraben und dem Entwaͤſſerungs - graben in der Regel vermehrt, indem das vormalige Flußbette immer Gefaͤlle hat wird die Arbeit des Schwemmens viel leichter, und die Kraft des Waſſers erfordert weniger Beihuͤlfe. Man kann dann auch weiter in die Anhoͤhe hineingehen, und zur Zeit eine groͤßere Breite ſchwemmen. Der erſte Theil iſt alſo faſt immer der koſtſpieligſte.

d) Macht die Erdart einen großen Unterſchied. Denn bei ſandigem Boden iſt kaum der Arbeiter noͤthig, die man bei thonigem Boden haben muß, um eine gleiche Maſſe von Erde abzuſchwemmen.

e) Es werden die Koſten per Morgen um ſo geringer, je breiter die auszufuͤl - lende Niederung gegen die Breite der abzuſchwemmenden Hoͤhe iſt. Denn die Arbeit beſchraͤnkt ſich nur auf die letztere; die Ausfuͤllung geſchieht mit geringer Beihuͤlfe von ſelbſt. Man kann auf 40 Ruthen von einer Seite her fuͤglich ſchwemmen, und die Erde ſo weit forttreiben, wenn das gehoͤrige Gefaͤlle da iſt. Wenn ich alſo eine abzuſchwemmende Breite von 10 Ruthen und eine auszufuͤllende Niede - derung von 30 Ruthen Breite habe, und in einem andern Falle, oder auch nur an einer andern Stelle eine auszufuͤllende Niederung von 10 Ruthen Breite, ſo koſtet mir die geſchwemmte Flaͤche im letztern Falle doppelt ſo viel wie im erſtern.

f) Es kommt viel auf die Geſchicklichkeit und Uebung der Arbeiter an. Wo dieſe ſich zu helfen wiſſen, und wo insbeſondere der Meiſterſchwemmer, welcher die uͤbrigen dirigirt, und beſonders die Richtung und Anlage des Schwemmgra -216Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.bens und der oberen Schwemmbank beachtet, Erfahrung und Augenmaaß beſitzt, da kann die Arbeit bei gleicher Anſtrengung ſehr erleichtert, und manche Feh - ler koͤnnen vermieden werden, deren Ausgleichung nachher viele Arbeit und Koſten macht.

Der letzte Umſtand iſt ſo wichtig, daß die Geſellſchaften von Wieſenſchwem - mern, welche man im Bremiſchen und Luͤneburgiſchen haben konnte, durchaus ſolche Anlagen weit wohlfeiler machten, als ſie durch andere ungleich geringer be - zahlte Arbeiter, ſelbſt wenn der Eigenthuͤmer mit Hand ans Werk legte, beſchafft werden konnten. Sie machten nach dem Augenmaaße und nach angeſtellter Unter - ſuchung der ganzen Lokalitaͤt einen ſo richtigen Anſchlag von der Arbeit, daß ſie alles dazu Gehoͤrige im Verdung nahmen, und die Zeit beſtimmten, wann es fer - tig ſeyn ſolle. Wenn Morgenweiſe akkordirt wurde, ſo kam der Morgen gewoͤhn - lich zwiſchen 8 und 20 Rthlr. zu ſtehen; wobei man aber bemerken muß, daß hier nur ſandiger oder mit Sand ſtark verſetzter Boden vorkam.

Eine erſte Schwemmwieſe, die ich hier unter den allerunguͤnſtigſten Umſtaͤn - den und zu Anfange mit ganz unerfahrnen Arbeitern (denn ich hatte auch nicht einen einzigen, der eine ſolche Anlage jemals geſehn haͤtte, ſo wie ich auch ſelbſt bei der Operation niemals gegenwaͤrtig geweſen war, und die eigentliche Manipu - lation hier erſt ſelbſt ausmitteln und erlernen mußte) anlegte, und wovon 28 Mor - gen fertig ſind, koſtet mir etwas uͤber 500 Rthlr.

In den erſten Jahren erfordert eine ſolche Anlage noch immer einige Ausbeſ - ſerungskoſten, indem die Graͤben zuweilen einfallen, die Verwallungen bei ſtarken Winter - und Gewitterfluthen durchbrechen, die Einlaͤſſe und die Grippen abzuaͤn - dern und zu verbeſſern, auch Senkungen in dem moraſtigen Theile auszugleichen und abzugraben ſind. Nachher wenn ſich Alles geſackt und feſtgeſetzt hat, ſind die Unterhaltungskoſten einer Waͤſſerungswieſe dieſer Art bei weitem geringer, wie die jeder andern, wegen der Ebenheit der Flaͤche, der wenigen noͤhigen inneren Waſſerleitungen und des gerechten Gefaͤlles; ſo daß man ſie hoͤchſtens jaͤhrlich per Morgen auf 6 Gr. anſchlagen kann. Sie ſind um ſo geringer, je richtiger das Werk vom Anfange an angelegt worden. Jedoch ſind darin die Koſten der Haupt - ſchleuſe, welche ungefaͤhr alle zwanzig Jahr neu gemacht werden muß, nicht mit inbegriffen.

§. 305.217Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.

§. 305.

Die Benarbung einer ſolchen geſchwemmten Flaͤche, beſonders aber des obe -Benarbung der neuen Oberflaͤche. ren Theils, kann, wenn man ſie der Natur uͤberlaͤßt und nichts weiter dazu thut, erſt langſam vor ſich gehen.

Man kann in dem Falle in den erſten Jahren gar nicht oder doch nur ſehr ſparſam und mit großer Vorſicht waͤſſern, weil das Waſſer die ganz unbenarbte Erde wieder fortfuͤhren und Einriſſe machen wuͤrde. Man muß deshalb erſt ab - warten, daß ſich nur einige auf ſolchem todten Boden wachſende Graͤſer und Kraͤu - ter, waͤre es auch nur der Bocksbart, Aira canescens, erzeugt haben. So wie man anfaͤngt, nachhaltig zu waͤſſern, erzeugen ſich zuerſt viele Mooſe und Flech - ten mit wenigen untermiſchten anderen Pflanzen, und je ſtaͤrker ſich eine ſolche Wieſe anfangs bemooſet, um deſto beſſer iſt es. Das Moos geht, wenn man mit den anhaltenden Bewaͤſſerungen, die man der Beſchlammung wegen anfangs gab, aufhoͤret, und nun mit der Waͤſſerung und Trockenlegung gehoͤrig wechſelt, in Moder uͤber, und giebt nun denen ſich erzeugenden Graͤſern und Pflanzen Nah - rung. So wie ſich ein dichterer Graswuchs erzeugt, wird das Moos voͤllig uͤber - wunden. Man hat daher mehrentheils im fuͤnften Jahre nach der Schwemmung auch in ſolchen Faͤllen, wo zur Befruchtung der Wieſe weiter nichts ge - than worden, als daß man mit der Bewaͤſſerung, ſobald es ohne Gefahr der Ein - riſſe geſchehen konnte, anfing und ſie faſt ununterbrochen fortſetzte ſchon eine Heuernte, die ſich der Muͤhe verlohnte, gehabt; im zehnten Jahre aber auf ganz ſandigem Boden 20 Centner Heu per Morgen gemacht. Wenn ſich der Boden erſt feſtgeſetzt hat und einiges Gras erzeuget, ſo koͤmmt man fruͤher zum Ziele, wenn man die Wieſe nicht maͤhet, ſondern ſie abweiden laͤßt, welches, wenn ſie zuvor trocken gelegt worden, auch mit der groͤßten Sicherheit mit Schaafen ge - ſchehen kann.

Weit ſchneller aber geht es mit der Befruchtung und Beraſung der abge - ſchwemmten Flaͤchen, wenn man ihr irgend einen Duͤnger giebt. Alle die duͤn - gende Materien, die man uͤberhaupt den Wieſen zukommen laͤßt, paſſen ſich auch hierzu, und vorzuͤglichen Nutzen hat man von einem ſchwachen Huͤrdenlager der Schaafe darauf verſpuͤrt. Ich weiß einen Fall, wo man ſich auch eines Huͤrden - lagers von Gaͤnſen dazu mit ſehr gutem Erfolge bediente. Die Natur giebt aberDritter Theil. E e218Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.hier gewoͤhnlich ein anderes Duͤngungsmittel an die Hand, naͤmlich den erdigen oder torfigen Moder, den zwar mehrentheils ſauren und binſigen Raſen, welchen man in der Niederung findet, und der dann doch uͤberſchwemmt werden ſoll. Man ſticht ihn, nachdem der Abwaͤſſerungsgraben gezogen worden, und man alſo um ſo beſſer beikommen kann, hier an den beſten und tiefſten Stellen aus, da doch die entſtandenen Loͤcher wieder zugeſchwemmt werden. Man bringt ihn dann auf die Hoͤhe, und legt ihn, wo moͤglich mit thieriſchem Duͤnger oder etwas Kalk oder Aſche verſetzt, in Mieten, und verbreitet ihn dann uͤber die geſchwemmte Ober - flaͤche. Wenn man eine ſolche Duͤngung giebt, ſo kann man zuweilen im naͤchſten Jahre ſchon einen betraͤchtlichen Ertrag von einer ſolchen Wieſe erwarten. Und es giebt einen uͤberraſchenden Anblick, wenn man dann auf einer ſcharf abgeſchnitte - nen Linie den uͤppigſten Graswuchs neben dem duͤrrſten Flugſande, der erſt eben abgeſchwemmt worden, erblickt.

Auch kann man durch Beſaamung einer abgeſchwemmten und geduͤngten Flaͤche die Benutzung derſelben allerdings noch mehr beſchleunigen. Allein die Auswahl der Saͤmereien erfordert beſondere Ruͤckſichten. Diejenigen Kraͤuter und Graͤſer, welche am uͤppigſten wachſen, eher die Bewaͤſſerungen anhaltend gegeben werden, verlieren ſich nachher, wenn die Bewaͤſſerung fortdauert. Ich habe auf einen Boden, der aber freilich nicht ſandig, ſondern lehmmerglicht war, gleich rothen Klee, Avena elatior, Festuca elatior, Phleum pratense, Dactylis glomerata, Holcus lanatus, an den niedrigern Stellen Alopecurus praten - sis u. ſ. f. geſaͤet, ſelbſt ohne Duͤnger zu geben. Sie wuchſen zu meinem Erſteu - nen ohne Duͤnger im erſten Jahre nach der Einſaat, wurden im zweiten ſchwaͤ - cher, und haben ſich nun nach vier Jahren faſt voͤllig verloren, und dagegen ande - ren Graͤſern und Kraͤutern Platz gemacht. Diejenigen Stellen, wo nichts hinge - ſaͤet war, ſcheinen jetzt jene beſaamte Stellen faſt zu uͤbertreffen. Sonderbar, daß ſich von allen der rothe Klee, der ſtarken Bewaͤſſerung ungeachtet, am mei - ſten erhalten hat, und ſelbſt durch dickes Moos hervorbricht. Jedoch ſteht er na - tuͤrlich nur einzeln. Ich halte es daher, wenn man auf die Folge ſieht, nicht fuͤr rathſam, dergleichen ſtarke Graͤſer hier anzuſaͤen, ſondern die Beraſung entweder der Natur ganz zu uͤberlaſſen, oder aber ſolche Graͤſer auszuwaͤhlen, welche der Erfahrung nach auf Berieſelungswieſen von gleicher Bodenart die dichteſte Narbe219Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.bilden und den reichlichſten Ertrag geben. Es iſt kaum erklaͤrbar, aber die Erfah - rung hat es oft gezeigt, daß ſich auf bewaͤſſerten Wieſen, ohne alle Beſaamung, gerade diejenigen Kraͤuter und Graͤſer von ſelbſt erzeugen, welche dem Boden am angemeſſenſten ſind, und ſich mit der Waͤſſerung am beſten vertragen. Manche Graͤſer, die auf unbewaͤſſertem Boden ſich ſchlecht zeigen, geben bei zureichendem Waſſerzufluß gerade den reichlichſten Ertrag. Ohne auf die Oberflaͤche Duͤnger und Moder zu bringen, geht es mit der natuͤrlichen Beraſung freilich langſam; duͤngt man ſie aber, ſo geht es ſchnell, und man begreift dann kaum, wo die Menge der Saamen und Keime hergekommen ſeyn. Mehreres von der Beſaa - mung der Wieſe in der Lehre von der Wieſenkultur.

Weil es indeſſen ſehr darauf ankommt, die Oberflaͤche ſo zu befeſtigen, daß man das Waſſer gleich uͤberlaufen laſſen koͤnne, ſo habe ich zu dieſem Zwecke nichts beſſer befunden, als den Spergel. Wenn die Wieſe zu Anfange des Sommers geſchwemmt worden, ſo ſaͤe man dieſen Spergel, wenn man will, vermiſcht mit Wieſenfaamen, im Nachſommer bei feuchter Witterung auf. Sobald er hervor - getrieben iſt, befeſtigt er den Boden genug, um Waſſer uͤberlaſſen zu duͤrfen. Der Spergel, der dann nicht mehr zur Reife kommen kann, bleibe ſtehen, bis ihn die Kaͤlte toͤdtet, und er ſomit verfaule. Allenfalls, wenn der Boden feſt iſt, kann man ihn auch durch Vieh abhuͤten laſſen. Er giebt dann dem Boden nicht nur Feſtigkeit, ſondern auch Duͤnger, und es werden ſich nun im folgenden Jaͤhre, zumal wenn man auch einigen andern Duͤnger gegeben hatte, ſchon viele Graͤſer zeigen.

§. 306.

Denen, die noch keine Erfahrung uͤber ſolche Wieſen gemacht haben, ſcheintWirkung der Berieſelung auf Sandbo - den. es mehrentheils unglaublich, daß der ſchlechteſte kieſige Sand jemals zu einem reichlichen Grasertrag werde gebracht werden koͤnnen. Aber hiervon haben wir zu viele uͤberzeugende Beiſpiele gehabt, als daß nur noch der mindeſte Zweifel dar - uͤber ſtatt finden koͤnnte. Gerade der ſandigſte und kieſigſte Boden iſt fuͤr dieſe Wieſen, unter der Bedingung einer beſtaͤndig zureichenden Waͤſſerung, der vorzuͤglichſte. Man kann demſelben die Waͤſſerung am ſtaͤrkſten geben, ohne ihn moraſtig zu machen. Das Waſſer ſetzt ſeine duͤngenden Theile auf der Ober - flaͤche ab, und das Uebrige zieht ein. Sobald man die Berieſelung ſtaut, iſt erE e 2220Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.wieder trocken, und wenn man ihn traͤnket, wird er ſogleich davon durchdrungen. Das Gras erfordert nur Feuchtigkeit, Waͤrme und Moder zu ſeinem Wachsthume, und die Erde iſt ihm gleichguͤltig, wenn ſie nur die Feuchtigkeit in zureichendem Maaße enthaͤlt. Die nachtheilige Duͤrre des Sandes kommt nicht weiter in Be - tracht, wenn er in jedem Augenblicke angefeuchtet werden kann, und ſeine Loſig - keit iſt durch die erzeugte Grasnarbe und das dichte Wurzelngewebe gehoben.

§. 307.

Benutzung des geſchwemmten Grundes zum Fruchthau.Es hat keinen Zweifel, daß man auch ſolche abgeſchwemmte Flaͤchen, beſon - ders nachdem ſich einmal eine bereichernde Grasnarbe und Moder darauf erzeugt, umbrechen und zu anderen Fruͤchten benutzen koͤnne, denen dann die Berieſelung in trockenen Zeiten ebenfalls zu ſtatten kommen koͤnnte. Auf ſandigem Boden moͤchte hiervon aber wohl kein nachhaltiger Gewinn zu erwarten ſeyn, indem man den Raſen zerſtoͤren und den Boden vorerſt zu loſe machen muͤßte. Auf lehmigem Boden koͤnnte es rathſamer ſeyn. Ich weiß, daß einige, wenn ſie vieles Moos durch die Waͤſſerung erzeugt ſahen, wo naͤmlich der Oberflaͤche kein Duͤnger gege - ben war, hierauf verfielen, und es zur Vertilgung des Mooſes noͤthig hielten. Aber die Moos-Erzeugung iſt hier eine Wohlthat der Natur; es vergeht von ſelbſt, wenn das Gras erſt mehrere Nahrung in dem erzeugten Moder findet, und man die Waͤſſerungen moderirter giebt. Es vergeht allerdings noch ſchnel - ler, wenn man in der Folge einigen Duͤnger giebt, und dadurch den Gras - wuchs verſtaͤrkt.

§. 308.

Die Be - ſchlammung.Etwas aͤhnliches mit der Abſchwemmung oder vielmehr mit der Aufſchwem - mung hat die Aufſchlammung; Warping der Englaͤnder. Dieſe Operation iſt wohl nur da anwendbar, wo eine regulaͤre Fluth und Ebbe in die groͤßeren Stroͤme tritt, und hinter dem hoͤheren Ufer in groͤßerer oder geringerer Entfernung eine Flaͤche niedriger liegt, als der Spiegel der Fluth. Das ſchlammige Fluthwaſſer wird dann durch einen Kanal, deſſen Schleuſe geoͤffnet worden, nach der niederern Flaͤche hingefuͤhrt, und dann durch Zuſetzung der Schleuſe darauf erhalten, bis es ſeinen Schlamm abgeſetzt hat. Dann wird es bei der Ebbe wieder abgelaſſen,221Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.und wenn nun der Grund ziemlich trocken geworden, wird die Anlaſſung des Fluth - waſſers wiederholt, und ſo einen oder auch wohl zwei Sommer hindurch damit fortgefahren. Man hat auf die Weiſe in einem Sommer 18 Zoll der fruchtbar - ſten Schlammerde auf unfruchtbarem, ſandigem oder moorigem Boden aufgebracht, alle Erhoͤhungen und Vertiefungen ausgeglichen, und den fruchtbarſten Boden geſchaffen. So ward neuerlich eine Haidmoor in Lincoldſhire von 212 engli - ſchen Acres nach Verſchiedenheit ſeiner Hoͤhe zu 18 Zoll bis Fuß auf - geſchlammt.

Hiermit iſt dann auch die Aufſchlammung zu vergleichen, welche, wie oben angefuͤhrt worden, im Toskaniſchen ſtatt findet.

§. 309.

Zur Erlaͤuterung der Lehre von der Schwemmwieſenanlage habe ich auf der Ta -Beſchreibung eines beſon - dern Falles. fel XIII. und Tafel XIV. ein Beiſpiel dargeſtellt, welches mir am meiſten geeignet ſcheint, eine klare Vorſtellung von einer groͤßern Anlage dieſer Art zu erwecken.

Die Tafel XIII. ſtellt den Grundriß der Gegend in dem Zuſtande vor, worin ſie ſich vor der Schwemmung befand; die Tafel XIV. die vollfuͤhrte Abſchwemmung. Ich muß bemerken, daß auf dieſen Grundriſſen, ſo wie uͤberhaupt wohl bei den ſaͤmmtlichen Figuren, die Gewaͤſſer, beſonders die Graͤben, nicht nach ihrem richti - gen Verhaͤltniſſe zu den Erdflaͤchen, ſondern letztere in ihrer Breite nach einem groͤ - ßeren Maaßſtabe gezeichnet ſind, damit ſie als der Hauptgegenſtand, worauf es hier ankommt, deutlicher in die Augen fallen moͤgen. Auf der Tafel XIV. ſind die Ver - wallungen, die Einlaͤſſe und die kleineren Stauſchuͤtze in den Graͤben, ſo wie auch die Waͤſſerungsgrippen, die das Waſſer auf den neuen Wieſenflaͤchen verbreiten, und welche hier der ebnen abhaͤngigen Flaͤche wegen mehrentheils parallel mit den Waͤſſe - rungsgraͤben laufen, nicht angedeutet, indem hier nur die Abſchwemmungsoperation ſelbſt verſinnlicht werden ſollte.

§. 310.

Die Tafel XIII. ſtellt alſo die Gegend in ihrem natuͤrlichen Zuſtande vor. a iſt ein großer quellreicher See, aus welchem der Bach b hervorkommt, und ſich durch eine Niederung, die er ſumpfig macht, zwiſchen zwei Anhoͤhen hindurchſchlaͤngelt. d iſt ein kleiner ſumpfiger See, welcher ſich an dieſer Stelle gebildet hatte. Jener Bach vereinigt ſich mit einem andern c, welcher ſich ebenfalls durch eine von Anhoͤ -222Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.hen eingeſchloſſene Niederung hindurchwindet. Nach der Vereinigung fließt der Bach e wieder durch ein ſumpfiges Thal zwiſchen zwei Anhoͤhen, und ergießt ſich in den See oder Teich f. Dieſer iſt auf der einen Seite durch einen Fahrdamm beſchraͤnkt, unter welchem das Waſſer durch ein Gewoͤlbe durchgeht, wenn die davor befindliche Schleuſe geoͤffnet wird. Es ergießt ſich dann wieder in den Bach g, der durch eine moraſtige Niederung mit betraͤchtlichem Gefaͤlle gehet. Das Gefaͤlle von dem See a bis zu dem aͤußerſten Punkte von g betrug uͤber 50 Fuß.

Hier ward nun der Anfang der Operation damit gemacht, daß dem Bache gg, ee, bb, deſſen vormaliger Gang auf Tafel XIV. mit getuͤpfelten Linien abgebildet iſt, durch einen neu gezogenen Kanal eine gerade Richtung und Bette zum ſchnelleren Abzug des Waſſers gegeben wurde. In dieſen Kanal 3. 3., 2. 2., 1. 1., ward auch das Waſſer aus dem kleinen See d hineingeleitet, und hierdurch ſchon die ganze Nie - derung trockner gelegt, ſo daß ſich das moorige Erdreich ſenken, und das darin ſtok - kende Waſſer, vermoͤge des ſchnelleren Gefaͤlles, Abzug erhalten konnte.

Der Anfang der Abſchwemmung ward dann bei dem unteren Theile gemacht, indem der Fahrdamm bei 4 und 6 durchſtochen und mit Schleuſen verſehen wurde. Von 4 ward das Waſſer durch den Zuleitungsgraben bei 5 in die Anhoͤhe hineingelei - tet, und hier der Anfang der Schwemmung gemacht, indem naͤmlich die Erde der Anhoͤhe, ſo wie ſich’s aus der Vergleichung der Figur auf beiden Tafeln ergiebt auf deren erſtere der kuͤnftige Gang des Schwemmgrabens durch getuͤpfelte Linien an - gedeutet iſt in die Niederung herabgeſchwemmt wurde, nachdem man vor dem Kanal 3 eine Verwallung oder Flechtzaͤune hergezogen hatte. Das Bette des vorma - ligen Baches ward voͤllig zugeſchwemmt, und ſo der ebene abhaͤngige Plan I. gebildet.

Dann ward auf voͤllig gleiche Weiſe durch das bei 6 eingeleitete Waſſer die Schwemmung auf der andern Seite beſchafft, und die Flaͤche II. gebildet. Man konnte mit dieſer Schwemmung nicht weiter als bis 7 fortfahren, weil es ſonſt bei der Berieſelung auf beiden Seiten zugleich in trockneren Zeiten an Waſſer gefehlt haben koͤnnte. Es ward deshalb in dem Abzugskanal 3 bei 8 eine Schleuſe angelegt, wo - durch das Waſſer in demſelben geſpannt werden konnte, und nun ward, da die Ge - gend hier ein betraͤchtliches Gefaͤlle bekam, aus dem Abzugsgraben der Kanal 9 gezo - gen, und in die Anhoͤhe hineingeleitet bis dahin, wo man wieder genugſames Gefaͤlle223Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.hatte, um die Schwemmung aufs neue anzufangen, wobei dann 4, 6 und 8 wer - ſchloſſen, die mittlere Schleuſe des Fahrdamms aber geoͤffnet, und folglich das ſaͤmmtliche Waſſer in 9 hineingezwaͤngt wurde. Hierdurch ward der Plan III. gebil - det, den man ſich als weiter fortgeſetzt denken muß, indem die Figur hier abgeſchnit - ten worden. Der Zweck, den man hierdurch erreichte, war der: das uͤber den Plan I. und II. ergoſſene, von dem Kanal 3 aber wieder aufgefangene Waſſer, zum zwei - ten Male zu benutzen, und den Plan III. damit zu berieſeln. Um den Graben zwi - ſchen 6 und 7 voͤllig trocken legen zu koͤnnen, ward der Graben 10 gezogen, wodurch das Waſſer einen Abzug erhielt, wenn 7 geoͤffnet wurde.

Nachdem dieſe Schwemmung bewerkſtelligt war, wandte man ſich zu dem See a, und nachdem man den Kanal 1 mit einer Schleuſe bei 11 verſehen hatte, ward der Zuleitungsgraben 12 angelegt, und mit einer Schleuſe verſehen, wo dann die Schwemmung vermoͤge des ſtarken Waſſerdrucks aus dem See bald angefangen wer - den, und auf dieſer Seite bis 13 von einer betraͤchtlichen Hoͤhe herab vollfuͤhrt werden konnte. Der kleine See d, ſo wie das dieſſeits des Kanals liegende Bette des vor - maligen Baches ward zugeſchwemmt. Durch den Abzugskanal 14 konnte der Gra - ben mittelſt Oeſnung der Schleuſe 13 abgelaſſen werden. Es ward alſo der große Plan IV. gebildet, der unten, da wo er am breiteſten iſt, zwar nicht vollkommen ausgefuͤllt werden konnte, aber dennoch durch das Gefaͤlle des Hauptabzugskanals auch hier trocken genug gelegt wurde.

Auf der andern Seite ging man bei 15 auf gleiche Weiſe in die Anhoͤhe hinein, und fing die Schwemmung an. Bei 16 erforderte die Schlucht, in welcher der Bach c herging, eine ſtarke Verwallung oder einen Ueberleitungsdamm, um das Waſſer nicht fallen zu laſſen, und es in ſeiner vollen Hoͤhe bei 17 wieder in die Anhoͤhe hin - einzuleiten. Hier mußte das Waſſer in dem Bache c nun ebenfalls durch eine Be - uferung ſo gehoben werden, daß der Graben es mit aufnehmen und nach 17 in die Anhoͤhe hineinbringen konnte. Die Anlegung dieſes Dammes und dieſer Verwallung iſt eine der beſchwerlichſten und koſtſpieligſten Vorrichtungen bei dieſer Anlage geweſen. Der letzteren, naͤmlich der Hebung des Waſſers im Bache, haͤtte man entuͤbrigt ſeyn koͤnnen, wenn man das Waſſer, unter dem Damme durch, nach den Abzugskanal hingeleitet haͤtte; man wollte aber kem Waſſer bei dieſer ausgedehnten Bewaͤſſerungs - anlage verlieren.

224Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.

Von hier ab ward dann die Schwemmung bis 18 vollfuͤhrt, und durch den Ab - zugsgraben 19 konnte der Graben von 15 bis 18 entleeret werden. Hierdurch wur - den alſo die Plane V. und VI. gebildet.

Die ſchon von Natur ebene Flaͤche VII. lag unter dem Waſſerſtande bei 20, und war trocken genug, ſo daß ſie keiner Ab - und Aufſchwemmung, wohl aber einer Be - rieſelung bedurfte. Deshalb ward in dem Abzugskanale die Schleuſe 21 angelegt, und der Graben 22 bis 24 gezogen, welcher, wenn 21 und 24 zugeſetzt werden, eine Bewaͤſſerung erhaͤlt. Durch 25 entleert ſich dieſer Graben in den Teich f.

Ein Theil des Waſſers kann bei dieſer Anlage viermal benutzt werden. Der groͤßte Theil naͤmlich von dem, was uͤber die Plane IV., V., VI. ſich herabgezogen hat, wird zum zweiten Male uͤber VII. geleitet, geht von da ab nach dem Plane I. und II., wird hier wieder bei 8 aufgefangen, und bewaͤſſert nun den ſehr betraͤchtli - chen aber hier abgekuͤrzten Plan III. Auf dieſe mehrmalige Benutzung des Waſſers d. h. bei der Berieſelung; denn daß es bei der Schwemmung ſaͤmmtlich auf einen Punkt konzentrirt werde, verſteht ſich von ſelbſt muß bei dieſen Anlagen vorzuͤg - lich Ruͤckſicht genommen werden. Wenn man gleich in den regnigten Jahreszeiten Ueberfluß an Waſſer hat und es nur einmal zu benutzen braucht, ſo fehlt es doch in den trocknen Jahreszeiten, wo man oft ſchnell, wenn gleich nur kurze Zeit berie - ſeln will.

Der Wieſenbau.

§. 311.

Begriff der Wieſen.Unter Wieſen verſteht man Grundſtuͤcke, welche mit einer aus mannigfaltigen Graͤſern und Kraͤutern entſtandenen Grasnarbe uͤberzogen ſind, und welche, in der Regel um Heu davon zu gewinnen, gemaͤhet werden. Man hat unterſchieden unter natuͤrlichen und kuͤnſtlichen Wieſen. Einige verſtehen unter letzte - ren beackerte und auf ein oder mehrere Jahre angeſaͤete Klee -, Luzerne -, und Es - parſett-Felder, die meines Erachtens nicht in die Kategorie der Wieſen gehoͤren. Selbſt die mit Graͤſern und mit mancherlei Grasarten beſaamten Ackerfelder rechne ich nicht hierher, wenn ſie nicht auf beſtaͤndig zum Graswuchſe beſtimmt ſind, ihn nicht ausdaurend geben, und mit keiner dichten Grasnarbe uͤberzogen ſind, wel -ches225Der Wieſenbau.ches auf denen mit maͤhbaren Graͤſern angeſaͤeten und gemaͤhten trocknern Plaͤtzen ſelten geſchieht; indem dieſe Graͤſer nach einigen Jahren wieder vergehen, und ſchlechtern Kraͤutern Platz machen. Um eine Wieſe zu bilden, wird ein feuchteres Grundſtuͤck erfordert, und welches ſich ſeiner Feuchtigkeit wegen zur Beackerung nicht ſchickt. Nur wenn man einem Grundſtuͤcke durch Kunſt den Feuchtigkeits - grad giebt, wodurch es ſich zur Wieſe qualifizirt, und nachhaltig als ſolche benutzt werden kann, ſo verdient dies den Namen einer kuͤnſtlichen Wieſe; wobei es gleichguͤltig iſt, ob die erſte Graserzeugung durch ausgewaͤhlten Saamen bewirkt worden oder der Natur uͤberlaſſen war. Von dieſen kuͤnſtlichen Wieſen iſt in der Lehre von der Bewaͤſſerung gehandelt worden.

§. 312.

Die natuͤrlichen Wieſen haben immer einen feuchteren Boden, wie das Ak -Fuͤnf Arten der Wieſen. kerlaud, oder liegen an feuchteren Stellen. Sie unterſcheiden ſich in folgende fuͤnf Hauptarten:

1) Die an großen Fluͤſſen liegenden, deren Grund entweder durch An - ſchwemmung ſchlammiger Erde oder durch die Vermoderung der von dem zuruͤck - getretenen Waſſer hinterlaſſenen Waſſerpflanzen mehrentheils entſtanden iſt. Sie nehmen manchmal breite Thaͤler ein, und ſtehen unter dem Einfluſſe des Strom - waſſers, welches ſie von Zeit zu Zeit uͤberſchwemmt, und dadurch mit neuen fruchtbaren Schlamm uͤberzieht, oder aber durchſintert, und ihnen die noͤthige Feuchtigkeit mittheilt.

2) Die an kleineren Fluͤſſen und Baͤchen liegenden, welche von dieſen ihre Feuchtigkeit erhalten, und entweder durch das Anſchwellen derſelben von Zeit zu Zeit von ſelbſt bewaͤſſert werden, oder aber dieſe Bewaͤſſerung durch kuͤnſtliche An - ſtauung der Baͤche, entweder mittelſt der Inundation oder der Berieſelung, will - kuͤhrlich erhalten.

Beide Arten werden unter dem Namen Thalwieſen begriffen, da ſie ſich nur in den Thaͤlern oder Flußniederungen befinden.

3) Wieſen, welche zwar auf der Hoͤhe, aber doch in Senkungen der Erd - oberflaͤche liegen, in welche ſich die Feuchtigkeit von dem hoͤheren umliegenden Ak - kerlande und mit derſelben oft vieler fruchtbarer Duͤnger herabzieht. Man findetDritter Theil. F f226Der Wieſenbau.auch reichhaltige Wieſen in den Niederungen hoher Geduͤrge, die ihre Feuchtigkeit von dem an Bergen ſtaͤrkern Niederſchlag aus der Atmoſphaͤre erhalten.

4) Quellgruͤndige oder quellige Wieſen, wo das unter der Erde ſich herzie - hende Waſſer zu Tage kommt, und feuchte Stellen gebildet hat, die dadurch zur Beackerung untauglich werden.

5) Moorige Wieſen, welche ſich wohl auf dieſelbe Art gebildet, aber durch eine halbe Verweſung der erzeugten Waſſerpflanzen erhoben, und eine moorige Subſtanz unter ſich haben.

§. 313.

Nach der Verſchiedenheit dieſer Lage iſt gewoͤhnlich der Boden der Wieſen auch verſchieden. Die der erſten Art haben entweder einen thonigen, mit vielem Humus durchdrungenen, oder aber einen groͤßtentheils humoſen Boden. Letzte - rer iſt in dem Falle, daß ſie keine uͤberfluͤſſige Feuchtigkeit haben, und nicht moraſtig ſind, mehrentheils ein milder, aufloͤslicher Humus. Sind ſie aber moraſtig, ſo naͤhern ſie ſich der fuͤnften Art von Wieſen in ihrer Natur und Bodenart.

Die zweite Art pflegt im Durchſchnitt einen mehr ſandigen und nicht ſo humusreichen Boden, wenigſtens nicht bis zu einer betraͤchtlichen Tiefe zu haben. Wenn indeſſen eine gute ſtarke Grasnarbe auf ihnen entſtanden, und ſie mit zurei - chender Feuchtigkeit verſehen ſind, ſo kommt es auf die unter der Grasnarbe lie - gende Erde wenig an, ja es iſt ſogar bei zureichender Feuchtigkeit ein ſandiger, durchlaſſender Untergrund vortheilhafter, wie ein thoniger.

Die Wieſen dritter Art haben ihre Grunderde mit denen Anhoͤhen, wovon ſie umgeben ſind, gemein, und richten ſich in ihrer Fruchtbarkeit auch mehrentheils nach dieſen. Wenn ihnen das Waſſer, mit vielen fruchtbaren Theilen beſchwaͤn - gert, von den Anhoͤhen zufließt, ſo geben ſie zuweilen einen ungemein reichen Grasertrag, insbeſondere wenn ſie immer zureichenden Zufluß von Feuchtigkeit und dabei einen durchlaſſenden Untergrund haben, in welchem ſich die uͤberfluͤſſige Feuchtigkeit ſenken und abziehen kann. Zu dieſer Art gehoͤrt die beruͤhmte Wieſe in Wiltſhire, deren ich im dritten Bande meiner engliſchen Landwirthſchaft, S. 532., erwaͤhnt habe, und deren Fruchtbarkeit unglaublich ſeyn wuͤrde, wenn ſie nicht ſchon ſeit Jahrhunderten durch ſo viele Zeugen beſtaͤtigt waͤre. Wenn227Der Wieſenbau.dieſe Wieſen aber zwiſchen mageren Feldern liegen, von denen ſie nur bei feuchter Witterung Zufluß erhalten, welcher zuweilen nur zu ſtark iſt, ſie moraſtig macht, Waſſerpflanzen erzeugt, und ihre Beackerung nicht verſtattet, bei trockner Witte - rung dagegen an Duͤrre leiden, ſo ſind ſie von geringem Werthe und Ertrage, dabei aber wegen ihrer Lage und Vermengung mit den Ackerfeldern ſehr unbequem; weshalb thaͤtigere Landwirthe ſie oft durch bewirkten Waſſerabzug und Auffahren von Erde voͤllig trocken gelegt, und in Ackerland, welches anfangs vorzuͤglich fruchtbar war, umgewandelt haben. Sie ſind unter dem Namen Meeſchwie - ſen bekannt. Wenn ſie es ihrer Lage und ausdauerndern gleichmaͤßigeren Feuch - tigkeit wegen verdienen, ſo wird dieſen Wieſen beſonders durch Duͤngung ſehr aufgeholfen, wodurch ſie nicht ſelten zu einem dreifach groͤßern Ertrag, als ſie ſonſt geben, gebracht worden.

§. 314.

Die vierte Wieſenart, welche man mehrentheils an dem Fuße der Berge und Huͤgel findet, ſind in dem Falle, daß das Waſſer mehr auf ihrer Oberflaͤche her - abzieht und nirgends ſtockt, zuweilen ſehr fruchtbar, und mit einem feinhalmigen, dichten und ſuͤßen Graſe uͤberzogen, insbeſondere wenn das Waſſer kalk - oder gypshaltig iſt. Berieſelt das Waſſer dagegen die Oberflaͤche wenig, ziehet es ſich nur im Untergrunde herab und ſtockt daſelbſt, ſo erzeugen ſie ein ſchlechtes, wenig nutzbares Gras, welches hauptſaͤchlich aus Binſen, Seggen und Schafthalm be - ſtehet. Durch gehoͤrige Abfangung und Leitung des Waſſers koͤnnen ſie aber haͤu - fig in fruchtbare Berieſelungswieſen umgeſchaffen werden.

§. 315.

Auch die fuͤnfte Art der Wieſen iſt nicht jedesmal ganz ſchlecht zu nennen. Wenn ſie ſich durch immer neu erzeugte Lagen von abgeſtorbenen Pflanzen hoch genug erhoben haben, das Waſſer genugſamen Abzug hat, um die obere Schicht nicht uͤbermaͤßig zu durchnaͤſſen, ſo hat der hier erzeugte Humus eine mildere und fruchtbarere Beſchaffenheit angenommen, und traͤgt dann reichliche und gedeihliche Graͤſer, obgleich der Untergrund noch ſo ſchwammig und quebbig iſt, daß man beſondere Vorkehrungen z. B. Karren mit ſehr breitfelgigten Raͤdern gebrauchen muß, um das Heu herabzuholen. Wenn ſie aber dieſe guͤnſtige Lage und dieſen gerechten Feuchtigkeitszuſtand nicht haben, ſo tragen ſie nur nahrungs -F f 2228Der Wieſenbau.loſe, ſcharfe und dem Vieh zum Theil ſchaͤdliche Sumpf - und Moorpflanzen, die nur aus Mangel eines beſſern Heues und aus Noth gebraucht werden, und woran ſich das Vieh ſolcher Gegenden erſt gewoͤhnen muß.

Man nennt ſolche Wieſen haͤufig ſauerbeizige Wieſen. Das in ihren Graͤ - ben hervorkommende Waſſer hat oft eine in Farben ſpielende Haut, und ſetzt eine rothe, braune, ocherartige Materie ab, welche zum Theil phosphorſaures Eiſen zu ſeyn pflegt. Bei tieferen Abgrabungen koͤmmt man hier gewoͤhnlich auch auf Neſter von mehr oder weniger ſteinigtem und verhaͤrtetem Sumpfeiſen, von wel - chem jene bis zu der Oberflaͤche vom Waſſer gehobene ocherige Materie herzuruͤh - ren ſcheint. Sumpfige Wieſen, worin dieſes Waſſer ſtockt, geben insbeſondere ein ſchlechtes Heu, wenn nicht durch zureichende Abgrabungen dem Heraufſtauen dieſes eiſenhaltigen ſauren Waſſers bis zur Oberflaͤche gewehret wird. Wenn Wieſen dieſer Art ein ſolches Waſſer nicht ausſchwitzen, ſo ſind ſie immer frucht - barer und gedeihlicher.

Dieſe Wieſen koͤnnen nun durch gehoͤrige Abwaͤſſerung, beſonders wenn man eine Ruͤckſtauung des Waſſers in ſeiner Gewalt behaͤlt, oder aber durch Auf - fuͤhrung von anderer Erde, ſehr verbeſſert werden.

§. 316.

Sicherheit und Unſicher - heit der Wie - ſen.Bei den Wieſen der erſten und zweiten Art iſt beſonders Ruͤckſicht auf ihre Sicherheit und Unſicherheit zu nehmen. Denn ſo vortheilhaft ihnen die Ueberſtroͤ - mung im Winter und Fruͤhjahre, vor begonnener Vegetation, auch iſt, ſo nach - theilig wird ſie, wenn ſie bei ſchon herangewachſenem Graſe, oder wohl gar bei der Heuernte eintritt, oder aber das Waſſer im Fruͤhjahre zu lange auf ihnen ver - weilt, und eine Faͤulniß der guten Graͤſer veranlaßt. Dies haͤngt nun von der Beſchaffenheit der Fluͤſſe ab, unter deren Einwirkung ſie ſtehen. Von den Mit - teln dagegen iſt in der Lehre von der Abwaͤſſerung geredet.

§. 317.

Der Werth der Wieſen.Der Werth der Wieſen haͤngt theils von der Qualitaͤt, theils von der Quan - titaͤt des davon zu gewinnenden Heues ab. In der Regel ſtimmt beides miteinan - der uͤberein, falls die Wieſen einen milden Humus haben. Wenn ſie ſehr gras - reich ſind, ſo tragen ſie auch Graͤſer von guter Art, und bei zunehmender Frucht - barkeit, die auf irgend eine Art durch die Natur oder Kunſt bewirkt worden, ver -229Der Wieſenbau.draͤngen die beſſeren Wieſenpflanzen die ſchlechteren. Nur bei dem ſauren Humus der Moorwieſen und der Binſengruͤnde macht es einen Unterſchied, indem dieſe zuweilen ſehr ergiebig ſind, dabei aber ſchlechte Graͤſer tragen. Auch kann ſich zuweilen ein beſonderes Unkraut in einer ſonſt fruchtbaren Wieſe eingeniſtelt haben, welches das Heu verſchlechtert.

Auf die Beſchaffenheit der Grunderde kommt es bei den Wieſen weniger wie beim Ackerlande an. Wenn ſie nur die gehoͤrige Feuchtigkeit und hinreichenden milden aufloͤslichen Humus beſitzen, ſo iſt es gewiſſermaßen gleichguͤltig, ob ſie ſandigen oder thonigen Boden haben. Ich ſage unter jener Bedingung. Denn wenn es ihnen an Feuchtigkeit fehlte, ſo wuͤrde die thonigte Erde; wenn ſie deren zu viel haͤtten, die ſandige beſſer ſeyn. Auch braucht der Boden auf hinlaͤnglich feuchten Wieſen nicht tief mit Humus durchdrungen zu ſeyn, indem die Graͤſer ihre Nahrung groͤßtentheils aus der Oberflaͤche ziehn, und nicht leicht uͤber 4 Zoll mit ihren Wurzeln eindringen. Auf trocknere Wieſen traͤgt dagegen eine tiefere fruchtbare Erde, ſelbſt durch Erhaltung der Feuchtigkeit, zu groͤßerer Produktion allerdings bey.

§. 318.

Die vorzuͤglichſten Wieſenpflanzen, welche die fruchtbarſten Wieſen haupt -Wieſenpflan - zen erſter Art. ſaͤchlich einnehmen, und durch uͤppigen Wuchs die Fruchtbarkeit derſelben anzei - gen, ſind folgende:

  • Wieſenfuchsſchwanz Alopecurus pratensis.
  • Wieſenrispengras, das glatte Poa pratensis.
  • das rauhe Poa trivialis.

Ein reicher Beſtand von dieſen Graͤſern zeigt vor allem eine hohe Fruchtbar - keit der Wieſen an.

  • das jaͤhrige Poa annua.
  • Waſſerrispengras, Militz Poa aquatica.

An feuchten Stellen das vorzuͤglichſte Gras, ſeines ſchilfartigen Anſehens ungeachtet.

  • Wieſenſchwingel Festuca elatior.
  • Schwadengras Festuca fluitans.

An feuchteren Stellen.

230Der Wieſenbau.
  • Hundsgras Dactylis glomerata.
  • Kammgras Cynosurus cristatus.
  • Thymotygras Phleum pratense.
  • Goldhafer Avena flavescens.
  • Franzoͤſiſches Raygras Avena elatior.
  • Der rothe Wieſenklee Trifolium pratense.
  • Der weiße Klee Trifolium repens.
  • Der Melilothenklee Trifolium melilothus.
  • Mehrere Lothusarten, beſonders Lothus corniculatus.
  • Wieſen-Platterbſen Lathyrus pratensis.
  • Die Vogelwicke Vicia cracca.
  • Die Zaunwicke Vicia sepium.
  • Der Hopfenklee Medicago lupulina.
  • Der gelbe Klee Trifolium procumbens, agrarium.
  • Schafgarbe Achillea millefolium.
  • Wieſenkuͤmmel Carum carvi.

Den man jedoch, weil ihm die Schweine unbaͤndig nachgehen, oft von den Wieſen wegzuſchaffen ſucht.

§. 319.

Wieſenpflan - zen zweiter Art.Zu den minder erheblichen jedoch guten Wieſenpflanzen gehoͤren folgende:

  • Engliſches Raygras Lolium perenne.
  • Zittergras Briza media.
  • Wolliges Roßgras Holcus lanatus.
  • Gelbes Ruchgras Anthoxantum odoratum.

Beide letzteren verdienen jedoch den Ruhm nicht, den ihnen Einige gege - ben haben.

  • Schafſchwingel Festuca ovina.
  • Harter Schwingel Festuca duriuscula.
  • Haariger Hafer Avena pubescens.
  • Hundſtrausgras Agrostis canina.
  • Weiche Trespe Bromus mollis.
  • Gebogener Fuchsſchwanz Alopecurus geniculatus.
231Der Wieſenbau.
  • Wieſenhafer Avena pratensis.
  • Knotiges Lieſchgras Phleum nodosum.
  • Schmeelen Aira coerulea.

Kommt nur auf moorigen Wieſen vor, macht aber auf dieſen oft den Haupt - beſtand aus.

  • Alpenklee Trifolium alpestre und mehrere Kleearten.
  • Kaͤlberkropf Chaerophyllum sylvestre.
  • Schluͤſſelblumen Primula veris.
  • Verſchiedene Scabioſen Scabiosa.
  • Pimpinelle Poterium sanguisorba, Sanguisorba officinalis und Pim - pinella saxifraga.
  • Tauſendguͤldenkraut Gentiana centaureum.
  • Prunelle Prunella vulgaris.
  • Dorſten Origanum vulgare.
  • Quendel Thymus serpillum.
  • Wegerigarten Platago lanceolato, media, major.

§. 320.

Zu den ſchlechteren oder doch zweifelhaften Wieſenpflanzen gehoͤren folgende:Schlechtere Wieſenpflan - zen.

Die Kannenkraut - Equisetum - Arten (Schafthalm, Katzen - ſteert, Duwock, Heermus) ſind dem Rindvieh ungedeihlich; einige aber fuͤr die Pferde, und wenn ſie auf trockenen Plaͤtzen gewachſen ſind, auch fuͤr die Schafe ein ganz vorzuͤgliches Futter. Vor allen iſt das Equisetum fluviatile im gruͤnen und trockenen Zuſtande den Pferden zutraͤglich.

Die Kanunkelarten. Sie haben ſaͤmmtlich einige Schaͤrfe, die ſich bei einigen jedoch im trockenen Zuſtande verliert. Am mildeſten iſt der Ranunculus repens, den man deshalb auch gern auf Wieſen ſieht.

Der Hahnenkamm, Klapperkraut, Wieſenglitſch Rhiantus crista - galli iſt zwar in jungem Zuſtande und in der Bluͤthe ein gutes mildes Futter - kraut, wird aber zur Zeit des Heumaͤhens ſchon voͤllig duͤrre, und kommt als ma - geres Stroh in die Heumaſſe. Er wuchert ſich, da er ſeinen Saamen[fruͤh] ausſtreuet, ſtark in den Wieſen ein, und wird durch Beweidung derſelben im Fruͤhjahr am beſten vertilgt.

232Der Wieſenbau.

Die gelbe Wieſenkuhblume Caltha palustris wird jung vom Vieh ebenfalls gern gefreſſen, und ziert die Wieſen zuerſt durch ihre glaͤnzend gelbe Bluͤthe. Nachher aber wird das Kraut hart und dem Vieh unangenehm.

Die Ampferarten Rumices beſonders der Sauerampfer, ma - chen zwar oft den Hauptbeſtand der hoͤheren und trockneren Wieſen aus, und ge - ben, wenn ſie jung gemaͤhet werden, ein ertraͤgliches Heu. Indeſſen gehoͤren ſie zu den ſchlechteren Wieſenpflanzer.

Die verſchiedenen Lattigarten Tussilago welche mit ihren brei - ten Blaͤttern andre Pflanzen verdraͤngen, und nur eine ſchlechte Nahrung fuͤr das Vieh geben.

Das gefleckte Floͤhkraut und Bitterkraut Polygonum persicaria wird wohl jung vom Vieh gern gefreſſen, verdirbt aber das Heu.

Der Rheinfarren Tanacetum vulgare iſt ein gewuͤrzhaftes und als Arzenei fuͤr Pferde und Schaafe wohlthaͤtiges Kraut, macht aber das Heu unangenehm. Er findet ſich hauptſaͤchlich nur an den hoͤheren Raͤndern der Wieſen.

Die Ruͤbendolde Oenanthe fistulosa breitet ſich dagegen an den feuchtern Stellen ſehr aus, und iſt dem Viehe ekelhaft. Daſſelbe iſt der Fall mit dem Kunigundenkraute Enpatorium cannabinum.

Die Ackermuͤnze Mentha arvensis wirkt nachtheilig auf die Milch.

Der Sonnenthau Drosera rotundifolia und longifolia uͤber - ziehen mit ihren Blaͤttern nicht nur den Boden, ſondern haben auch eine verdaͤch - tige Schaͤrfe. Daſſelbe thut das Habichtskraut Hieracium piloselia welches dem Viehe unangenehm iſt, und beſonders nachtheilig auf die Milch wirken ſoll.

Endlich gehoͤren alle Seggen und Binſen Carices und Junci zu den ſchlechten Wieſenpflanzen.

Dieſe Pflanzen muß man alſo theils dadurch, daß man ihren Saamen nicht zur Reife kommen laſſe, theils indem man den Boden verbeſſert, von den Wieſen zu vertilgen ſuchen. Auch gehoͤren hierher die Mooſe und Flechten.

§. 321.233Der Wieſenbau.

§. 321.

Wirklich giftig und daher unter dem Heu und geſchnittenem Futter manchmal hoͤchſt ſchaͤdlich ſind folgende Pflanzen:

  • Das Bilſenkraut Hioscyamus niger.
  • Der Steckapfel Datura stramonium.
  • Der Waſſerſchierling Cicuta aquatica.
  • Das Pferdeſaamenkraut Phellandrium aquaticum.
  • Die giftige Lactuke Lactuca virosa.
  • Der Eppich Sium latifolium.
  • Die Hundspeterſilie Aethusa cinapium.
  • Alle Euphorbien-Arten Euphorbia.
  • Alle Kuͤchenſchollen-Arten Anemone.
  • Die Zeitloſe Colchicum autumnale.

Dieſe muß man daher mit mehrerer Sorgfalt und durch haͤufiges Ausſtechen von den Wieſen, ſo wie allenthalben, zu entfernen ſuchen.

Die Guͤte mancher Wieſenpflanzen und ihre Gedeihlichkeit fuͤr das Vieh ver - ſchiedener Art im gruͤnen und trockenen Zuſtande verdiente wohl eine genauere Unterſuchung. Wir haben zwar eine durch Haſſelgreen herausgegebene Notiz von den Verſuchen, die Linné’s Schuͤler mit einer betraͤchtlichen Anzahl von Pflanzen bei Rindvieh, Ziegen, Schaafen, Pferden und Schweinen gemacht ha - ben, um zu erfahren, ob und in welchem Grade das Vieh ſie gern fraͤße. Sie enthaͤlt aber ſo viele offenbar falſche Angaben, daß dem Ganzen kein Glauben beizumeſſen iſt. So iſt unter andern der Spergel Spergula arvensis als verworfen von Rindvieh angegeben worden, ungeachtet kein Kraut lieber von demſelben gefreſſen wird.

§. 322.

Jene und mannigfaltige andere Pflanzen, denn ich habe nur die haͤufigſtenDer Raſen. und ausgezeichnetſten genannt, bilden durch ihr dichtes Wurzelngewebe die Wie - ſennarbe oder den Raſen (die Gruſe). Dieſe beſteht naͤmlich aus lebenden und abgeſtorbenen Wurzeln, und aus dem Moder, der ſich von dieſen erzeugt hat. Ein ſo dichtes Gewebe machen einzelne oder auch gemengte kuͤnſtlich angeſaͤete Pflanzen nicht leicht. Es werden nicht nur Pflanzen erfordert, die ſich mit einan - der gut vertragen; ſondern dieſe Pflanzen muͤſſen auch in einem richtigen Verhaͤlt -Dritter Theil. G g234Der Wieſenbau.niſſe unter einander ſtehen, und dieſes Verhaͤltniß muß wieder dem Boden und allen ſeinen Eigenſchaften angemeſſen ſeyn. Man hat daher durch kuͤnſtliche Be - ſaamungen wohl Grasfelder, aber ſelten eigentliche Wieſen gebildet: man hat ho - hes, aber kein dichtes und ausdaurendes Gras, keinen wahren Raſen bekommen. Oder aber die ausgeſaͤeten Graͤſer haben erſt zum Theil verſchwinden und anderen Platz machen muͤſſen. Haben ſolche mit ausgewaͤhlten Graͤſern beſaamte Gras - felder, deren natuͤrliche Grasnarbe durch die Beackerung zerſtoͤrt worden, auch im erſten und zweiten Jahre die natuͤrlichen Wieſen auf gleichem Boden uͤbertroffen, ſo haben ſie ſich doch auf die Dauer nicht erhalten, ſind zuruͤckgeſchlagen, und ha - ben lange Zeit den Ertrag der alten Wieſen nicht wieder erreichen koͤnnen.

§. 323.

Beſaamung.Wenn man bei kuͤnſtlichen Grasbeſaamungen das gerechte Verhaͤltniß der Wieſenpflanzen unter einander und zum Boden traͤfe, ſo wuͤrde man dadurch ohne Zweifel fruͤher eine neue erwuͤnſchte Wieſennarbe bilden, als wenn man dieſes der Natur uͤberlaͤßt. Aber dieſes Verhaͤltniß iſt a priori ſchwer auszufinden. Es kommt dabei vornehmlich auf das gerechte Verhaͤltniß des hohen Graſes zum Untergraſe, des fruͤhen, welches den erſten Schnitt giebt, zum ſpaͤteren, welches hauptſaͤchlich den zweiten ausmacht, an. Einige, die jenes Verhaͤltniß ziemlich richtig getroffen haben, bildeten gute Wieſen; Andere, die es nicht trafen, er - hielten ſchlechte, die ſie bald wieder umbrechen mußten. Bei den beſten, die ich kenne, war der Saame an Ort und Stelle und von Wieſen gleicher Natur aufge - nommen; wogegen die Operation mehrentheils bei denen verungluͤckte, die ihre Saamenauswahl nach der an ſich richtigen Beſchreibung einzelner Graͤſer machten, und den Saamen aus den Niederlagen der Saamenhaͤndler erhielten. Letztere trafen naͤmlich minder das richtige Verhaͤltniß der Graͤſer unter einander und zu ihrem Boden.

Bis jetzt ſcheint mir alſo das zweckmaͤßigſte Verfahren, um ſich guten Wie - ſenſaamen zu verſchaffen, denn ich unterſcheide Wieſenbau vom kurzdaurenden Futterkrautbau folgendes zu ſeyn.

Man waͤhle einen Wieſenfleck aus, welcher mit der zu beſaamenden Wieſe eine gleiche Grundbeſchaffenheit, beſonders in Anſehung des Humusgehalts und der Feuchtigkeit, hat, und worauf vorzuͤglich gutes Gras ſtehet, mit deſſen Ergiebigkeit235Der Wieſenbau.und Gedeihlichkeit man naͤmlich in Ruͤckſicht auf die Natur des Wieſenbodens voͤl - lig zufrieden iſt. Man ſuche dieſen Fleck von etwanigem Unkraute zu reinigen, und beſtimme ihn dann zur Saamenſchule, verſaͤume auch nicht, ſeine Kraͤfte durch einige Duͤngung zu erhalten. Man laſſe das Gras heranwachſen, bis die fruͤheren Graͤſer ihren Saamen zu reifen anfangen, maͤhe ihn dann, und mache das Gras, ohne es viel zu verarbeiten, zu Heu. Einen anderen Theil laſſe man ſtehen, bis auch die ſpaͤteren Graͤſer ihren Saamen reifen, und behandle dieſen eben ſo. Dann menge man beide Theile untereinander, und ſchlage das Heu auf der Dreeſchtenne ab, und beſaͤe dann mit der Spreu die neue Wieſe. Dieſe Me - thode ſcheint mir nicht nur die ſicherſte, ſondern auch die mindeſt koſtſpielige zu ſeyn, um zu guten Wieſenſaamen zu gelangen, da das abgedroſchene Heu ſeiner hoͤhe - ren Reife wegen zwar nicht ſo gut wie das juͤngere, aber doch immer brauchbar bleibt. Wenn der Wieſenboden rothen Klee traͤgt, ſo wird es mehrentheils rath - ſam ſeyn, Saamen von dieſem darunter zu mengen, weil er im naͤchſten Jahre, wo ſich die Graͤſer ſelten beſtaudet haben, Ertrag giebt, und man muß es ſich dann nur zur Regel machen, den die uͤbrigen Wieſenpflanzen anfangs uͤberwachſenden Klee beim erſten Aufbruch der Bluͤthe zu maͤhen, und ihn nie zu hoch werden zu laſſen. Dann wird er die uͤbrigen Wieſenpflanzen zwar anfangs zuruͤckhalten, aber nicht ſo unterdruͤcken, daß ſie nicht nach ſeinem Verſchwinden hervorkommen und ſeinen Platz einnehmen ſollten.

§. 324.

Einige aufmerkſame Beobachter wollen auf den Wieſen ſogar einen natuͤrli -Natuͤrlicher Wechſel der Wieſenpflan - zen. chen Wechſel der Wieſenpflanzen bemerkt haben. Sie haben naͤmlich nach einer Reihe von Jahren in dem Raſen die Pflanzen nicht mehr angetroffen, welche vor - her ſeinen Hauptbeſtand ausmachten, ſondern andere an deren Stelle, und wie - derum ſind nach einer neuen Reihe von Jahren die alten Pflanzen in uͤberwiegen - der Menge auf’s Neue erſchienen. Es kann dies freilich durch mancherlei unbe - merkte Zufaͤlligkeiten bewirkt ſeyn; indeſſen verdient die Sache allerdings eine fernere Aufmerkſamkeit.

§. 325.

Da die Guͤte des Heues mit der Menge deſſelben auf einer gleichen FlaͤcheSchaͤtzung und Klaſſifikation der Wieſen nach ihrem Heuertrage. mehrentheils uͤbereinſtimmet, wenn nur nicht offenbar ſchlechte und nachthei -G g 2236Der Wieſenbau.lige Pflanzen darunter ſind, ſo wird der Werth der Wieſen faſt allgemein nach der Quantitaͤt des Heues geſchaͤtzt.

Genau laſſen ſich die Klaſſen der Wieſen ſo wenig, wie die des Ackerbodens beſtimmen, indem es ſo mannigfaltige Gradationen giebt, daß ihre Graͤnzen unbeſtimmbar ſind. Ich finde es hinreichend, und mit Ruͤckſicht auf die angenom - menen Klaſſen des Ackerbodens zweckmaͤßig, ſechs Klaſſen von Wieſen anzuneh - men, und ſie hauptſaͤchlich nach der Quantitaͤt des Heues, jedoch auch bei den un - teren Klaſſen mit einiger Ruͤckſicht auf die Qualitaͤt, zu beſtimmen; naͤmlich folgende:

Erſte Klaſſe. Wieſen, die in zwei Schnitten 2400 Pfund Heu und daruͤber geben. Hierher gehoͤren die mit fruchtbarem Waſſer zu rechter Zeit uͤber - ſchwemmten oder bewaͤſſerten Wieſen, welche einen milden humusreichen Bo - den haben.

Zweite Klaſſe. Wieſen von 1700 bis 2300 Pfund Heu. In dieſe Klaſſe werden aͤhnliche Wieſen wie die der erſten kommen, aber von einem minder humusreichen Boden wie jene. Jedoch koͤnnen auch manchmal Hoͤhewieſen, die von fruchtbaren Feldern einen duͤngenden Zufluß haben, den Ertrag dieſer und der vorigen Klaſſe geben, und dann mit Recht hierher geſetzt werden.

Dritte Klaſſe. Wieſen, die 1200 bis 1600 Pfund Heu geben, wenn ihr Heu ſuͤß und fein iſt. In dieſe Klaſſe werden mehrentheils ſolche Wieſen kommen, die in Thaͤlern und Niederungen zwar eine gerechte Feuchtigkeit haben, aber der Wohlthat einer fruchtbaren Ueberſtauung oder Bewaͤſſerung nicht genießen.

Vierte Klaſſe. Wieſen, die eine etwa gleiche vielleicht noch groͤßere Quantitaͤt Heu geben, aber von groͤberer und haͤrterer Art und mit ſchlechteren Pflanzen vermengt. Hieher gehoͤren vorzuͤglich Wieſen, die an zu großer Feuch - tigkeit leiden, und die entweder quellgruͤndig ſind, oder denen es an Abzug des Waſſers fehlt. Auch kann man dahin wohl die Holzwieſen rechnen, wenn ſie von Baͤumen ſtark beſchattet ſind. Sie geben oft vieles, aber unkraͤftiges und nahrloſes Heu.

Fuͤnfte Klaſſe. Wieſen von 800 bis 1100 Pfund Heu. Hierher gehoͤ - ren beſonders diejenigen, denen es an zureichender Feuchtigkeit fehlt, und die leicht bei einer duͤrren Witterungsperiode leiden.

237Der Wieſenbau.

Sechſte Klaſſe. Wieſen, die weniger als 800 Pfund Heu geben, oder deren Heu, wenn es auch mehr betruͤge, ſauer iſt, groͤßtentheils aus Binſen und Seggen oder andern ſchlechten Graͤſern und Kraͤutern beſteht. Hierher gehoͤren folglich die duͤrren ſowohl als die moorigen ſumpfigen und ſauerbeizigen Wieſen.

Ich ſetze bei dieſem Heuertrage voraus, daß die Wieſen zwar durch Aus - ſtreuung der Maulwurfshaufen, Aufraͤumung der Graͤben, und die Waͤſſerungs - wieſen durch gehoͤrige Moderation des Waſſers in Kultur erhalten werden, jedoch keiner Duͤngung beduͤrfen; wodurch ſonſt ſchlechtere Wieſen zum Ertrag der beſſe - ren gehoben werden koͤnnen.

§. 326.

Es iſt haͤufig die Frage aufgeworfen worden: in welchem Verhaͤltniſſe derVerhaͤltniß des Werths der Wieſen zum Werthe des Acker - landes. Werth der Wieſen gegen den Werth des Ackerlandes ſtehn? Manche haben jenen uͤberaus hoch angenommen, weil das Ackerland nur mit Huͤlfe der Wieſen in ſei - ner Fruchtbarkeit erhalten werden koͤnne. Andere haben ſie zu tief herabgewuͤr - digt, weil man durch gehoͤrigen Futterbau weit mehr Futterung auf dem Acker erzielen koͤnne, wie irgend Wieſen geben.

Der Werth der Wieſen ergiebt ſich, wie der Werth des Ackerlandes, aus dem Werthe des Ertrages nach Abzug der Koſten. Der Werth des Heues iſt aber noch ſchwerer zu beſtimmen, wie der des Getreides, da es in der Regel weniger Handelswaare iſt.

Wo es eine ſolche iſt, muß man den Marktpreis des Heues von ſeinem Kon - ſumtionswerthe in der Wirthſchaft unterſcheiden. Jener haͤngt von Lokalitaͤten ab, und iſt hoͤher in der Nachbarſchaft großer Staͤdte, oder wo es durch eine be - queme Schifffahrt dahin gefuͤhrt werden kann. Er kann nur fuͤr jede einzelne Ge - gend im Durchſchnitt ausgemittelt werden.

Aber auch ſelbſt der wirthſchaftliche Werth des Heues iſt ſchwankend, und ſteigt in der Regel mit dem Bedarf deſſelben zur Durchwinterung des Viehes und zur Duͤngererzeugung. Wo nicht nur viel Stroh gewonnen wird, ſondern auch der Acker den Anbau des Klees, der Luzerne und der Futtergewaͤchſe beguͤnſtigt, da wird das Wieſenheu entbehrlicher; und wo man mit gleicher Sicherheit nur ſo viel mehr Futter von einem Morgen Ackerland gewinnen kann, daß auch die Ko - ſten ſeines Anbaues bezahlt werden, wie von einem Morgen Wieſe, da wird238Der Wieſenbau.dieſer in keinem hoͤheren Werthe wie jener ſtehen, oder doch von den Verſtaͤndigen nicht hoͤher geſchaͤtzt werden. Wo aber der Acker zum ſicheren Anbau der beſſeren Futtergewaͤchſe nicht geeignet iſt, da ſteigt der Werth des Heues und folglich der Wieſen um ſo hoͤher, je mehr man des Duͤngers fuͤr das Ackerland bedarf, und je weniger das Stroh zureicht, dieſen zu produziren. Daher findet man allge - mein, daß in duͤrren und ſandigen Gegenden die Wieſen ſehr hoch geſchaͤtzt wer - den, indem der Ertrag des Ackers lediglich von ihnen abhaͤngt. Dagegen findet man, wenn gleich ſelten, Gegenden, wo der Ueberfluß an Wieſen und an Heu, welches dennoch keine entferntern Abnehmer hat, ſo groß iſt, daß man ſie darum geringer wie das Ackerland ſchaͤtzt.

Schwankend und von den Lokalitaͤten abhaͤngend bleibt alſo immer der Werth des Heues. Indeſſen kann man im allgemeinen Durchſchnitt da, wo weder großer Mangel und uͤbergroße Nachfrage noch Ueberfluß an Heu iſt, annehmen, daß 100 Pfund Heu Berliner Scheffel Rocken am Werthe gleich ſind, wenn dieſes Heu gut und nahrhaft iſt; wogegen ſchlechteres Heu nur ¼ Scheffel gleich zu ſetzen iſt. Wenn man alſo gewoͤhnlich einen Scheffel Rocken zu 1 Rthlr. annimmt, ſo iſt der Werth von 100 Pfund gutem Heu 8 Gr., von ſchlechtem 6 Gr. Zu die - ſem Preiſe wird man es naͤmlich zur thieriſchen Produktion vorausgeſetzt, daß man die nach der Lokalitaͤt vortheilhafteſte waͤhle mehrentheils benutzen koͤn - nen. Ich brauche nicht zu erinnern, daß dieſer Geldpreis mit dem Geldpreiſe des Getreides ſteige und falle.

Iſt der Werth des Heues beſtimmt, ſo ergiebt ſich der Werth der Wieſe aus dem Heuertrage derſelben nach Abzug der Werbungs - und Einfuͤhrungskoſten.

Dieſe Koſten laſſen ſich nicht allein nach der Maſſe des Heues, ſondern nur mit Ruͤckſicht der Flaͤche, worauf es gewonnen wird, berechnen. Denn eine gut beſtandene Wieſe koſtet faſt nicht mehr zu maͤhen, als eine ſchlecht beſtandene von gleicher Groͤße, und ſelbſt die Bearbeitung des Heues macht einen geringen Unter - ſchied. Nur das Laden, Einfahren und Taſſen des Heues richtet ſich mehr nach der Maſſe deſſelben.

Dieſe Koſten ſind ferner ſehr verſchieden nach der Entlegenheit der Wieſen vom Wirthſchaftshofe, und koͤnnen bei ſehr entfernten leicht verdoppelt werden ge -239Der Wieſenbau.gen die nahen. Alſo laͤßt ſich hier um ſo weniger etwas allgemein Guͤltiges be - ſtimmen. Als Mittelſatz kann man indeſſen folgendes annehmen:

Die zweiſchnittige Heuernte per Morgen koſtet bei Wieſen

  • erſter Klaſſe ............ 1 Rthlr. 12 Gr.
  • zweiter ............ 1 - 10 -
  • dritter ............ 1 - 8 -
  • vierter ............ 1 - 8 -

und die einſchnittige bei Wieſen

  • fuͤnfter Klaſſe .............. 18 Gr.
  • ſechſter .............. 16 -

Wenn alſo nach obigen Preiſen der Mittelertrag des Heuwerths per Mor - gen von Wieſen

  • erſter Klaſſe:
  • 100 Pfund à Rthl. iſt 8 Rthl. Gr., ſo iſt der reine Ertrag 6 Rthl. 12 Gr.
  • zweiter Klaſſe:
  • 100 - à --- 6 - 16 ----- 5 - 6 -
  • dritter Klaſſe:
  • 100 - à --- 4 - 16 ----- 3 - 8 -
  • vierter Klaſſe:
  • 100 - à ¼ -- 2 - 4 ----- 1 - 20 -
  • fuͤnfter Klaſſe:
  • 100 - à -- 2 - 8 ----- 1 - 14 -
  • ſechſter Klaſſe:
  • 100 - à --- 2 - ----- 1 - 12 -

Wenn wir den Werth des Ackerlandes nach dem gewoͤhnlichen Dreifelder - Anſchlage beſtimmen wollten, ſo kaͤme hiernach der Werth der Wieſen einer gleich - namigen Klaſſe (Vergl. Bd. II. S. 142, Tabelle B.), gegen jenes in ein ſehr hohes Verhaͤltniß zu ſtehen. Wir muͤſſen aber erwaͤgen, daß bei jenem Anſchlage die ſaͤmmtlichen Wirthſchaftskoſten dem Acker zur Laſt gerechnet worden, wogegen wir fuͤr das Heu nur ſeine Werbungskoſten gerechnet haben, und dann, daß der Acker obendrein Stroh liefere und Weide gebe. Hiernach glaube ich den Werth einer gleichnamigen Acker - und Wieſenklaſſe wie 2: 3 ſetzen zu muͤſſen, wenn nicht,240Der Wieſenbau.wie ich oben erwaͤhnte, Lokalitaͤten das Verhaͤltniß aͤndern. Dies iſt auch der Grund, warum wir ſechs Wieſenklaſſen hier angenommen haben, da dieſe ſonſt willkuͤhrlich iſt, und ungleich mehrere Gradationen nach dem Durchſchnittsertrage ſtatt finden konnten.

§. 327.

Sicherheit vermehrt den Werth der Wieſen.Es iſt ſchon oben erwaͤhnt, daß Ueberſtroͤmungen, die zu rechter Zeit den Wieſen ſo vortheilhaft ſind, ihren Werth erhoͤhen, und ſie zu einer hoͤheren Klaſſe emporheben, ſie dennoch unſicher machen, und ſelten iſt eine der natuͤrlichen Ueberſtroͤmung ausgeſetzte Wieſe unter die voͤllig ſichern zu rechnen, da dieſe Ueber - ſtroͤmung oft zur Unzeit kommen kann. Indeſſen hat dieſe Unſicherheit ihre Grade, und es giebt ſolche, welche dieſes Ungluͤck nur bei ungewoͤhnlichen Waſſerfluthen trifft, andere hingegen, welche in der Haͤlfte der Jahre davon betroffen werden. Dies macht dann natuͤrlich in ihrer Werthſchaͤtzung einen eben ſo großen Unter - ſchied. Manche Wieſen, die vormals zu den ſicheren gehoͤrten, ſind durch die Verſandungen und Erhebungen der Flußbette jetzt hoͤchſt unſicher geworden.

§. 328.

Ebenheit.Eine voͤllige Ebenheit der Oberflaͤche iſt bei Wieſen noch wichtiger wie beim Ackerlande, beſonders bei ſolchen, die von Natur oder durch Kunſt bewaͤſſert werden, weil ohne das die Niederungen im Waſſer ſtehen und die Hoͤhen dennoch trocken bleiben koͤnnen. Der Ertrag unebener Wieſen wird ungleich ſeyn; in trock - nern Jahren werden die Niederungen, in feuchten die Anhoͤhen einen beſſern Er - trag geben, und er wird ſich um ſo ſchwerer im Durchſchnitt von der ganzen Flaͤche ausmitteln laſſen. Eine ſehr unebne Oberflaͤche macht uͤberdem die Heugewin - nung ſehr beſchwerlich.

§. 329.

Entfernung.Daß die Entfernung der Wieſen einen betraͤchtlichen Unterſchied in den Koſten der Heuwerbung mache, iſt ſchon oben geſagt. Ueberdem aber vermehrt ſich der Werth der Wieſen mit ihrer Naͤhe am Hofe, weil man ſie beſſer unter Aufſicht und in Kultur halten kann. Es laͤßt ſich jede entſtandene Beſchaͤdigung gleich zu Anfange bemerken und ausbeſſern, die ſonſt weiter einreißend hoͤchſt nach - theilig werden koͤnnte. Wo man die Wieſen insbeſondere mit Jauche duͤngt, de iſt die Naͤhe beim Hofe um ſo wichtiger.

§. 330.241Der Wieſenbau.

§. 330.

Bei einer Schaͤtzung der Wieſen wird der Verſtaͤndige auf die Moͤglichkeit, eine Bewaͤſſerung derſelben zu veranſtalten, oder wenn ſie ſchon vorhanden iſt, auf eine zweckmaͤßigere Einrichtung derſelben Ruͤckſicht nehmen, ſo wie uͤberhaupt auf die hoͤhere Kultur, worin ſie mit verhaͤltnißmaͤßig geringen Koſten geſetzt werden koͤnnen.

§. 331.

Wir gehen nun zur eigentlichen Kultur der Wieſen uͤber. Kultur der Wieſen.

Eine Hauptforderung iſt es, daß man keine Maulwurfshuͤgel darauf entſte - hen laſſe. Sie finden ſich hauptſaͤchlich auf trocknern Wieſen, oder den hoͤherenVertilgung der Maul - wurfshaufen. Stellen derſelben, ein, wohin die Maulwuͤrfe ihre Zuflucht nehmen, wenn ſie durch die Naͤſſe aus den niederern verjagt werden. Berieſelte Wieſen, die immer feucht erhalten werden koͤnnen, ſind mehrentheils frei davon. Wird der Aufwurf nicht zerſtreut und geebnet, ſo erſchwert dies nicht nur das Maͤhen, und das Gras bleibt um dieſelben herum ſtehen, ſondern ſie benarben ſich dann auch, dienen den Ameiſen und andern Inſekten zum Aufenthaltsorte, erweitern und heben ſich im - mer mehr: ſo daß die Wieſe, wie man oft findet, einem laͤndlichen Kirchhofe mit kleinen Grabhuͤgeln aͤhnlicher ſieht, als einer Wieſe. Sie muͤſſen daher wenig - ſtens zweimal im Jahre, naͤmlich im Fruͤhlinge, wenn das Gras ſich zu heben an - faͤngt, und dann bald nach dem erſten Schnitte geebnet werden. Wenn dieſes ge - ſchieht, ſo ſind die Maulwuͤrfe alten ſtark beraſeten Wieſen nicht ſchaͤdlich, indem ſie eine friſche Erde heraufbringen, die den Wieſenpflanzen ſo vortheilhaft iſt.

Dieſes Ausſtreuen der friſchen Maulwurfshuͤgel geſchieht durch Menſchen - haͤnde vermittelſt des Spatens oder der Forke, wobei auf eine gleichmaͤßige und weite Vertheilung der Erde zu ſehen iſt; oder durch Pferde vermittelſt verſchie - dener Inſtrumente, unter welchen die in meinen Beſchreibungen der neueſten Ak - kergeraͤthe, Heft II., Taf. 7., abgebildete, vorn mit einem ſchneidenden Eiſen, hinten mit durchflochtenem Geſtraͤuch verſehene Egge das zweckmaͤßigſte ſcheint, da es alle Forderungen trefflich erfuͤllt, und ohne den Raſen erheblich zu verletzen jeden Maulwurfshuͤgel auffaßt und vertheilt, die Koſten aber gegen die, welche die Handarbeit erfordert, ſehr vermindert.

Dritter Theil. H h242Der Wieſenbau.

Schwieriger iſt das Ebnen veralteter bewachſener Maulwurfs - oder Ameiſen - huͤgel. Wuͤrde man ſie geradezu abſtechen, ſo wuͤrde an ihrer Stelle ein leerer Platz bleiben, der ſich erſt nach vielen Jahren wieder benarbte. Man ſticht des - halb die ihn bedeckende Grasnarbe kreuzweiſe mit dem Spaten durch, ſchlaͤgt die Lappen zuruͤck, nimmt die darunter liegende Erde heraus, verſtreuet ſie, und legt nun die Lappen wieder uͤber die Stelle. Bei großen Flaͤchen bedient man ſich hier - zu auch eines ſchweren Pferde-Inſtruments, Wieſenhobel, an einigen Orten ungariſcher Pflug genannt. Es iſt eine ſchwere ſchlittenfoͤrmige Schleife mit vier Balken, deren erſter und dritter ein ſtarkes Hobeleiſen halten, wogegen der zweite und vierte mit ſtarken Eggenzinken bewaffnet iſt. Dies Inſtrument greift ſcharf ein, zerreißt faſt die ganze Narbe der Wieſe, und ebnet ſie vortreff - lich, erfordert aber eine Anſpannung von ſechs und mehreren Pferden. Nach dem Gebrauche deſſelben wird die Wieſe mit leichten Eggen in die Runde geegget, und dann gewalzet. Ungeachtet der Koſtſpieligkeit dieſes Inſtruments iſt dadurch die Fruchtbarkeit ſolcher mit Huͤgeln uͤber und uͤber bedeckten Wieſen auf die min - deſt koſtſpielige Weiſe wieder hergeſtellt worden. Die ſtarke Verwundung der Narbe erlaubt dann die Einſaat von Klee und neuen dem Boden angemeſſenen Wieſengraͤſern. Die Operation iſt uͤberhaupt wie ein halber Umbruch der Wieſe, jedoch ohne Zerſtoͤrung der alten Grasnarbe anzuſehen.

§. 332.

Aufbruch der Wieſen.Ueber den Aufbruch der Wieſen mit dem Pfluge herrſcht eine große Verſchie - denheit der Meinungen, indem einige dieſes zur Verbeſſerung der Wieſen ſehr empfehlen, andere dagegen als verderblich fuͤr ſelbige widerrathen.

Man muß zuvoͤrderſt unterſcheiden, ob man dieſen Aufbruch bloß der Wieſe wegen unternehme, oder aber in der Abſicht, aus dem wechſelnden Bau anderer Fruͤchte einen hoͤheren Ertrag aus dem Boden zu ziehen, wie er als beſtaͤndige Wieſe geben wuͤrde.

In letzterem Falle richtet man auf Boden, der zu Wieſen und zu Ackerland gleich geſchickt iſt, denn ohne dieſe Bedingung wuͤrde es nicht thunlich ſeyn manchmal eine regulaͤre Wechſelwirthſchaft zwiſchen Wieſen und Fruchtbau ein, bauet in einer angemeſſenen Folge verſchiedene Fruͤchte, und laͤßt ſodann das Land, mit Klee und Graͤſern beſaamt, eine Reihe von Jahren wieder zur Wieſe liegen. 243Der Wieſenbau.Hierbei muͤſſen, wenn man auf die Wiederherſtellung einer guten Wieſe rechnen will, unumgaͤnglich folgende Regeln beobachtet werden:

1) Man darf die Erſchoͤpfung durch Fruͤchte nicht zu weit treiben, ſondern muß dem Lande noch einen betraͤchtlichen Grad ſeiner natuͤrlichen Kraft zu - ruͤcklaſſen.

2) Man muß ihm mit der letzten Abtragefrucht eine ſtarke Miſtduͤngung ge - ben, und zwar um ſo mehr, wenn man, wie es haͤufig und mit Vortheil geſchieht, zu den Fruͤchten mit Kalk geduͤngt hatte.

3) Man muß waͤhrend der Beackerung die voͤllige Zerſtoͤrung des nachtheili - gen Wurzelunkrauts ſich angelegen ſeyn laſſen, weil ſolches ſonſt nur mehr erſtar - ket, und ſich in den Wieſenboden verbreitet.

Die reichen Ernten, welche man von einem ſolchen Wieſenboden ziehen kann, machen dieſe Wirthſchaft auf mildem, reichem, weder der Naͤſſe noch der Duͤrre ausgeſetztem Boden, insbeſondere durch den Anbau von Kopfkohl, Hanf, Krapp, Taback u. ſ. w. zwiſchen anderen Getreidefruͤchten hoͤchſt vortheilhaft; geſetzt auch, daß der Ertrag als Wieſe ſich etwas vermindere. Bei der Beobachtung jener Re - geln und einer angemeſſenen Beſaamung mit Klee und Graͤſern wird dieſes aber nicht der Fall ſeyn, wenn es gleich bei Vernachlaͤßigung derſelben nur zu haͤufig bemerkt worden iſt.

§. 333.

Wenn man dagegen eine Wieſe bloß in der Abſicht umbrechen will, um eine friſchere und beſſere Narbe darauf zu erzeugen, ſo kann dies nur in dem Falle rath - ſam ſeyn, daß ſie ſich mit ſchaͤdlichem Unkraute uͤberzogen haͤtte, welches man da - durch zu zerſtoͤren beabſichtigt. In jedem andern Falle wuͤrde ich nicht dazu rathen, ſondern irgend eine andere Verbeſſerungsart vorziehen. Manche haben es bloß um des Mooſes willen gethan, welches ſich aber durch Duͤngung und Auffuͤhrung anderer Erde weit beſſer zerſtoͤren laͤßt. Bauet man nach dem Umbruche, wie haͤufig geſchiehet, nur eine Frucht, gewoͤhnlich Hafer, ſo wird man die Kraft der Wieſe doch immer betraͤchtlich vermindern, wenn man ihr nicht Duͤngung wiedergiebt. Sie wird ſchlechter darauf werden, als ſie vorher war, und das Moos wird bald wieder erſcheinen. Kann und will man ihr Duͤnger geben, ſoH h 2244Der Wieſenbau.wuͤrde dieſer eben ſo gut gewirkt haben, wenn man ihn, ohne den Rafen umzu - brechen, uͤberher geſtreuet haͤtte.

Zur Vertilgung der nachtheiligen Wieſenpflanzen iſt aber ein ſolcher mehren - theils einfaͤhriger Umbruch nicht zureichend, vielmehr erhalten ſie in der gelocker - ten Krume nur einen beſſeren Standort. Man muß ſich zur Erfuͤllung dieſer Ab - ſicht zu einer reinen und fleißig bearbeiteten Brache, ſo wie ſie dem Neubruche ge - geben wird, entſchließen, oder aber, was wirkſamer iſt und ſchneller wirkt, zum Raſenbrennen. Ich verweiſe alſo auf das, was ich uͤber die Behandlung des Neubruchs geſagt habe.

§. 334.

Beſaamung der Wieſe.Ueber die Beſaamung der Wieſen, deren Grasnarbe durch den Umbruch voͤl - lig zerſtoͤrt worden, habe ich mich ſchon im §. 323. erklaͤrt. Indeſſen wuͤrde man mich mißverſtehen, wenn man daraus ſchloͤſſe, ich riethe dieſe Beſaamung der Natur allein zu uͤberlaſſen. Ich kenne zwar Beiſpiele, wo dieſes beſſer gelungen iſt, als die kuͤnſtliche Beſaamung; indeſſen hat es keinen Zweifel, daß der Zufall auch ſchlechteren Saamen herbeifuͤhren koͤnne, als man ihnen durch die Auswahl zutheilt. Nur halte ich die zweckmaͤßigſten Saamen und die zweckmaͤßigſte Men - gung derſelben, mit Ruͤckſicht auf die beſondere Eigenſchaft des Wieſenbodens, noch nicht fuͤr ausgemittelt.

Fuͤr den reichen, humoſen, lockeren, maͤßig feuchten Wieſenboden iſt ohne Zweifel nichts angemeſſener, wie eine Miſchung von Alopecurus pratensis, Poa trivialis und pratensis mit oder ohne Klee ausgeſaͤet. Dieſe geben ein ſo dichtes als ſtarkes, fortgruͤnendes, ſchnell wiederwachſendes und dem Viehe hoͤchſt ange - nehmes Gras. Sie erfordern aber einen Boden von den genannten Eigenſchaften, und wer ſie auf einen andern Boden ſaͤet, wird nur einzeln kuͤmmerliche Pflanzen davon erhalten.

Die Auswahl der Wieſenpflanzen auf ſchlechterem Boden getraue ich mir nicht zu beſtimmen, wenn man eine ausdauernde Wieſe beabſichtigt; ſondern muß auf meinen oben §. 323. gegebenen Rath verweiſen. Vom Anbau einzelner Graͤ - ſer auf den zu Wieſen eigentlich nicht geeigneten Hoͤhefeldern, wird in der Lehre von dem Futterkraͤuterbau die Rede ſeyn.

245Der Wieſenbau.

§. 335.

Einige ſind der Meinung, man muͤſſe friſch niedergelegtes und beſaamtesOb friſch nie - dergelegtes Grasland zu maͤhen oder zu beweiden. Wieſenland im erſten Grasjahre nicht maͤhen, ſondern vom Vieh abweiden laſſen. Andere ſind der entgegengeſetzten Meinung, und noch andere wollen, daß man, um ſich in der Folge eine deſto beſſere Wieſe zu verſchaffen, das Gras frei wach - ſen, ſeinen Saamen reifen und verſtreuen, den abgetragenen Halm aber nieder - walzen laſſe.

Alle drei Methoden koͤnnen nach den Umſtaͤnden am gerathenſten ſeyn. Durch die Weide, wenn ſie mit der in der Folge anzugebenden Vorſicht betrieben wird, erſtarken die Graͤſer mehr in ihrem Wurzelaustriebe, verbreiten ſich auf dem Bo - den, und bilden eine dichtere Narbe. Der Weidemiſt koͤmmt zu Gute, beſonders wenn er umher geſtreuet wird, und ſelbſt der Auftritt und das Lagern des Viehes iſt dem Graswuchſe auf trocknem Boden zutraͤglich. Wenn die neue Wieſe daher mit Graſe beſtanden iſt, die Pflanzen ſich aber nur ſchwach zeigen, wuͤrde ich die Abweidung vorziehen.

Scheint dagegen das Gras dicht und geſchloſſen emportreiben zu wollen, und kann man ſich auf die Kraft des Bodens verlaſſen, ſo iſt das Abmaͤhen unbedenk - lich, beſonders wenn es moͤglichſt fruͤh geſchieht, damit ſich die Pflanzen nicht durch Saamenanſatz entkraͤften.

Das gaͤnzliche Verſchonen der Wieſe koͤnnte wohl nur in dem Falle rathſam ſeyn, daß ſich das angeſaͤete Gras einzeln und horſtig mit vielen leeren Zwiſchen - raͤumen einfaͤnde, und folglich eine neue Beſaamung noͤthig ſchiene; jedoch nur unter der Vorausſetzung, daß ſich dazwiſchen kein ſchaͤdliches Unkraut zeige. Denn im letztern Falle iſt das Abmaͤhen um ſo dringender. Einige rathen in ſol - chen Faͤllen nur einzelne Grasſtellen, die beſonders rein ſind, in gewiſſen Entfer - nungen ſtehen zu laſſen, damit ſich der Saamen von hier aus verbreite.

Wurzelunkraut, welches ſich ſeiner Natur nach verbreitet, muß durchaus auf ſolchen neuen Wieſen ausgeſtochen werden. Das Saamenunkraut darf nur nicht zur Reife kommen.

§. 336.

Das ſcharfe Eggen der Wieſen oder noch beſſer das Aufritzen derſelben durchEggen der Wieſen. Inſtrumente, nach Art der Skarrifikators mit Meſſern verſehen, gehoͤrt zu den246Der Wieſenbau.nuͤtzlichſten Operationen des Wieſenbaues. Man hat es hauptſaͤchlich zur Vertilgung des Mooſes empfohlen; indeſſen wird dieſe dadurch nur auf eine indirekte Weiſe be - wirkt. Moos ſetzt ſich da an, wo keine andern Pflanzen ihre Nahrung und Stand - ort finden, bedeckt nur leere Stellen, weicht aber leicht anderen Pflanzen, geht uͤber in Moder, und befoͤrdert als ſolcher ihren Wachsthum. Auch vergehen die Waſſer - mooſe, wenn der Boden trocken gelegt wird; die duͤrren Mooſe, wenn man ihn be - waͤſſert. Das Moos an ſich ſcheint alſo den Wieſen nicht ſo nachtheilig, daß man beſondere Mittel zu ſeiner Zerſtoͤrung anzuwenden brauchte, indem es jeder Wieſen - kultur, welche die Grasnarbe verſtaͤrkt, weichet. Allein das Aufritzen der Wieſe befoͤrdert das Gedeihen und die Erſtarkung der Wieſenpflanzen durch dieſen freien Zu - tritt, welchen es der Atmoſphaͤre oͤffnet, durch die Zerſtuͤckelung und Vervielfaͤltigung der Grasſtaͤmme, und durch die lockere Erdkrume, welche es an die Pflanzen bringt. Es iſt daher auf unbemooſeten Wieſen, beſonders ſolchen, die eine bindende nicht ſchwammige Grunderde haben, von eben ſo großer Wirkung, wie auf den bemooſeten. Es geſchieht im Fruͤhjahre, wenn die Vegetation beginnt und der Boden hinlaͤnglich abgetrocknet iſt. Vorzuͤglich hat man es wirkſam gefunden, wenn man der Wieſe eine Duͤngung geben wollte, und hat von dieſer eine ungleich ſtaͤrkere Wirkung ver - ſpuͤrt, wenn man den Raſen vorher verwundet hatte.

Das Walzen des Graslandes befoͤrdert zwar die Schoͤnheit und Ebenheit des Raſens, aber nicht den Ertrag der Wieſen.

§. 337.

Duͤngung der Wieſen.Die Duͤngung der Wieſen wird in einigen Gegenden mit groͤßerer Emſigkeit wie die des Ackers ſelbſt beſchafft, und iſt faſt vorzugsweiſe jenen zugeeignet. Wenn wir die Wieſen duͤngen, ſagt man daſelbſt, ſo brauchen wir um zureichenden Duͤnger fuͤr den Acker nicht bekuͤmmert zu ſeyn. In andern Gegenden hat man an Beduͤngung der Wieſen keinen Gedanken, und haͤlt es fuͤr unerhoͤrt, dem Acker den Duͤnger zu entziehen, um ihn den Wieſen zu geben, weil man die Wieſe ohne ſolche doch etwas, den Acker faſt gar nichts tragen ſieht.

Die durch das Austreten ſchlammiger Fluͤſſe befruchteten Wieſen beduͤrfen frei - lich des Duͤngers nicht, und ſie gehoͤren deshalb zu den groͤßten Wohlthaten der Na - tur fuͤr den Ackerbau derer Gegenden, die ſie beſitzen, und wodurch ſich dieſe in ihrem Ertrage leicht uͤber den erheben, welchen der Kunſtfleiß in andern Gegenden erzwingt. 247Der Wieſenbau.Andere Wieſen muͤſſen einen Erſatz fuͤr das erhalten, was ihnen, insbeſondere durch eine zweimalige Schur, jaͤhrlich genommen wird, wenn ſie nicht in ihrer Fruchtbar - keit abnehmen ſollen. Dieſe Duͤngung aber braucht nur ſchwach zu ſeyn im Verhaͤlt - niſſe deſſen, was ſie an Duͤngungsmaterial reproduziren, und wenn der Acker beim Getreidebau weniger an Duͤngungsmaterial hergiebt, als er erfordert und conſumirt, ſo geben geduͤngte Wieſen ſchon durch ihren Mehrertrag nach der Duͤngung wenigſtens das Doppelte wieder von dem, was man ihnen gegeben hatte. Es leidet alſo keinen Zweifel, daß man den Duͤnger nicht ſicherer vermehren koͤnne, als wenn man den Wieſen Duͤnger giebt, und Duͤngung der Wieſen machte die volle Ausduͤngung des Ackers da moͤglich, wo ſie ohne jene unmoͤglich war. Warum findet man aber, da dies von den Verſtaͤndigen ſo allgemein anerkannt iſt, die Duͤngung der Wieſen in den meiſten Gegenden ſo ſelten? Der erſte Vorſchuß iſt mehrentheils zu ſchwierig; denn wenn gleich der Wieſenduͤnger der Duͤngermaſſe ſicher und vielfacher zuruͤck kommt, ſo geſchieht dies doch nicht im erſten Jahre, ſondern nur nach einer Reihe von ſechs bis ſieben Jahren. So lange und noch laͤnger haͤlt ſeine Wirkung aus. Es iſt ein Kapital, welches in dieſem Zeitraume drei -, vier - und mehrfach verſtaͤrkt wird, aber es muß angelegt werden koͤnnen, und dies ſcheint manchen, ohne ihren Acker zu entkraͤften, unmoͤglich.

§. 338.

Man kann ſich zur Duͤngung der Wieſen derſelben Duͤngungsmittel bedienen,Duͤngungs - mittel. die man auf dem Acker gebraucht; doch ſind ihnen einige vorzuͤglich gewidmet.

Der lange friſche Stallmiſt wird den Wieſen zuweilen, jedoch nicht haͤufig, ge - geben. Er muß vor Winter oder im erſten Fruͤhjahre aufgefahren und geſtreuet wer - den, damit ſeine aufloͤslichen Theile von dem Regenwaſſer ausgezogen und der Wieſe mitgetheilt werden. Er findet daher nur auf trocknern Wieſen ſtatt, welche um dieſe Jahreszeit das Aufbringen deſſelben erlauben. Man rechet dann gewoͤhnlich bei trockener Witterung das unzerſetzte Stroh wieder ab, und bedient ſich deſſelben zur neuen Unterſtreuung.

Haͤufiger iſt zerfallener Duͤnger, und beſonders derjenige, welcher auf dem Viehhofe und auf Wegen, mit Erde vermengt, zuſammengeſchaufelt wird, fuͤr die Wieſen gebraͤuchlich. Dieſer iſt naͤmlich wegen der Unkrautſaamen, die er enthaͤlt, fuͤr den Acker minder geeignet. Hierzu kommen allerlei andere Abfaͤlle und Unrath,248Der Wieſenbau.der Auskehricht aus den Haͤuſern, die Saͤgeſpaͤhne, Haare und was ſich ſonſt auf dem Hofe anhaͤuft. Die mit vielem Unkraut vermengte Spreu, den Auskehricht der Scheuren und Heuboͤden giebt man ebenfalls den Wieſen, da ſie auf dem Acker zu vieles Unkraut erzeugen wuͤrden.

Ferner beſtimmt man die Jauche, die unmittelbar aus den Staͤllen oder bei reg - nigter Witterung aus dem Miſthaufen abzieht, vorzuͤglich zur Duͤngung der Wieſen, und am haͤufigſten die Jauche aus den Schweineſtaͤllen, die man gewoͤhnlich in eige - nen Behaͤltern auffaͤngt. Dieſe wirkſame Duͤngung kommt insbeſondere den nah am Hofe gelegenen Wieſen zu ſtatten. Zuweilen giebt ein vorbeifließender Bach oder ein zu dieſem Zwecke angelegter Graben, der das Regenwaſſer abzieht, und dieſes uͤber eine ſolche nah gelegene Wieſe verbreitet, Gelegenheit, die Jauche hineinleiten und ſie ſo, mit dem Waſſer verduͤnnt, ſich auf der Wieſe verbreiten zu laſſen.

Wo man dieſe Duͤngung mit Fleiß und Sorgfalt betreibt, da wird aus allen dieſen Materialien mit einem ſtarken Zuſatze angemeſſener Erde ein Compoſt bereitet, wodurch eine beſſere Vertheilung moͤglich wird, eine ſchnellere und ſtaͤrkere Wir - kung erfolgt.

Ein vorzuͤgliches Duͤngungsmittel fuͤr die Wieſen iſt auch der Schaafpferch, der jedoch nur auf trockenen oder trocken gelegten Wieſen, im Herbſte ſowohl wie im Fruͤhjahr, anwendbar iſt. Man braucht ihn nicht ſtark zu machen, und zwei Naͤchte mit 400 Schaafen reichen auf 1 Morgen zu.

Die zerſetzenden Duͤngungsmittel, Kalk, Gyps, Mergel, Torfaſche, und die ſo kraͤftige Seifenſiederaſche bringen beſonders auf ſolchen Wieſen den groͤßten Vor - theil, denen es an Humus nicht fehlt, die aber auch nicht zu feucht ſind. Auf ma - geren und auf feuchten Wieſen ſiehet man die große Wirkung von ihnen nicht, die ſie auf andern thun. Sie zerſtoͤren vorzuͤglich das Moos, und bewirken deſſen ſchnellere Vermoderung, weshalb ſie auf ſtark bemooſeten Wieſen am wirkſamſten ſind, wenn man ſie vorher trocken gelegt hat. Man wendet ſie allein an, und wechſelt dann am beſten mit einer Miſtduͤngung ab, oder man ſetzt ſie den Mengehaufen zu. Auch aͤußert der Gyps und die Salinenabfaͤlle auf den Wieſen eine große Wirkung, beſon - ders auf ſolchen, wo ſich ein Stamm von Klee, Wicken und Lotusarten befindet, die er vor allen andern Pflanzen hervorlockt. Mit der reinen Kalkduͤngung muß vorſich - tig verfahren, und der Kalk nur duͤnne uͤberſtreuet werden; es ſey denn, daß dickesMoos249Der Wieſenbau.Moos und ſchlechte Graͤſer die Wieſe uͤberzogen haͤtten, in welchem Falle man ihm zur Zerſtoͤrung derſelben ſtark und in ſeinem aͤtzenden Zuſtande anwenden kann.

§. 339.

Aber auch das Befahren und Bedecken der Wieſen mit jeder, zuweilen ſelbſt mitBefahren der Wieſe mit Erde. roher Erde, thut oft eine erſtaunliche Wirkung, beſonders wenn die Erde dem Wie - ſengrunde angemeſſen iſt.

Moorige, ſchwammige und mit Moos hochbewachſene Wieſen werden durch die Auffuͤhrung von magerem Sande ſchon ſehr verbeſſert. Man hat deshalb von zufaͤlligen Verſandungen, wenn man den aufgeſchwemmten Sand gleichmaͤßig uͤber dieſe Flaͤche verbreitete, eine große Verbeſſerung der Wieſen bemerkt, und iſt ſo dar - auf geleitet worden, dem Zufall nachzuahmen. Je nachdem die Wieſe ſchwammig und feucht iſt, kann ſie eine ſtaͤrkere Bedeckung mit Sand ertragen, und wenn dieſe gleich anfangs die Grasnarbe voͤllig zu unterdruͤcken ſcheint, ſo kommt ſie doch oft in demſelben, noch ſicherer in dem kuͤnftigen Jahre wieder hervor, und mit beſſeren und dichteren Graͤſern wie vorher. Bei ſchwammigen Wieſen wird die Oberflaͤche dadurch nicht erhoͤhet, ſondern oft noch mehr niedergedruͤckt; indem der Sand die mooſige Subſtanz zuſammenpreßt, ſich dann durch ſeine eigene Schwere herabſenkt, und die Zwiſchenraͤume ausfuͤllet.

Selbſt hoͤher liegenden Wieſen mit feſtem Boden kann eine duͤnnere Beſtreuung mit Sand nuͤtzlich werden, wenn ſie ſtark bemooſet ſind, weil der Sand das Moos toͤdtet und deſſen Zerſetzung befoͤrdert. Jedoch iſt allen feſten Wieſen eine fruchtbarere Erde noch zutraͤglicher. Wo man ſelbige auch hernimmt, wird ſie immer den Wie - ſen vortheilhaft ſeyn, indem ſie die unteren Knoten der Graͤſer zum Austriebe neuer Wurzeln und zu friſcher Beſtaudung reizt und Gelegenheit giebt, und ſo die Pflanzen verſtaͤrkt und vermehrt.

H. F. Pohl nennt dieſes Befahren mit Erde deshalb mit Recht die Wie - ſenverjuͤngung, in den Annalen des Ackerbaues, Bd. VI. S. 274., und hat dieſe Materie in einer Schrift, das Verjuͤngen der Wieſen, Leipzig 1810, die manche andere gute Bemerkungen uͤber den Wieſenbau enthaͤlt, ausfuͤhrlich behandelt.

Vor allem bekommt den trockneren Wieſen eine Modererde, die aus den Niede - rungen genommen iſt, wenn ſie gleich ſaurer Natur war, vortrefflich, und die Aus -Dritter Theil. J i250Der Wieſenbau.ſtechung des niederen moraſtigen Grundes, beſonders bei Grabenziehungen, kann oft auf dem hoͤheren trockneren Theil ſehr vortheilhaft benutzt werden. Am nuͤtzlichſten wird ſie mit anderer, beſonders merglichter Erde, verſetzt und durchmengt, und ſo uͤber die Wieſen ausgeſtreuet. Naͤchſt derſelben iſt Mergel jeder Art mit auffallen - dem Nutzen anzuwenden.

§. 340.

Zeit der Auf - fuͤhrung des Duͤngers.Die Zeit der Auffuͤhrung des Duͤngers auf Wieſen erfordert Ueberlegung, und muß nach den Umſtaͤnden gewaͤhlt werden.

Die Duͤngung vor Winter findet nur bei ſolchen Wieſen ſtatt, die weder von Natur noch durch Kunſt uͤberſtauet werden, weil ſonſt das Waſſer einen großen Theil des ausgezogenen Dungſtoffes entfuͤhren wuͤrde. Befinden ſich indeſſen in ſolchen Wieſen Anhoͤhen, die vom Waſſer nicht bedeckt werden, ſo faͤhrt man auf dieſen, kurz vor Winter, den Duͤnger ſehr ſtark auf, theils um ihnen den Abgang der Waͤſ - ſerung zu erſetzen, theils um den uͤbrigen Duͤnger, nach abgezogenem Waſſer, auf die niederern Stellen zu verbreiten.

Auf trockenen Wieſen hat die Duͤngung mit ſtrohigem Miſte, vor Winter auf - gebracht, zuweilen ſehr gute Wirkung gethan, indem ſich die Dungtheile am beſten einzogen, und die Bedeckung die Wieſenpflanzen vor dem Froſte ſchuͤtzte. Haͤufig aber hat man auch Nachtheile davon bemerkt, indem der lange Miſt den Maͤuſen und den Inſekten einen Zufluchtsort gewaͤhret und ſie heranlockt; dann aber auch, weil dieſe erwaͤrmende Bedeckung die Pflanzen verzaͤrtelt, ſie zu fruͤh zum Austriebe reizt; wo ihnen dann nach weggenommenem Miſte die ſpaͤteren Nachtfroͤſte um ſo nachthei - liger werden. Manche ziehen es daher vor, den langen Miſt im erſten Fruͤhjahre auf - zubringen und ihn liegen zu laſſen, bis das Gras hervorſticht.

Der zergangene und Mengeduͤnger wird aber ohne Zweifel auf hohen Wieſen am beſten im Spaͤtherbſte aufgefahren, obwohl er auch noch im Fruͤhjahre genug - ſam wirkt.

Die feuchten und uͤberſchwemmten Wieſen erſchweren die Auffuhr des Duͤngers, wenn man ihnen ſolchen geben will, aber auch im Fruͤhjahre, indem ſie noch zu naß ſind; deshalb iſt es am rathſamſten, den Zeitpunkt unmittelbar nach der erſten Heu - ernte wahrzunehmen. Der Duͤnger verbindet ſich dann mit dem Boden genug, bevor251Der Wieſenbau.ihn das Winterwaſſer ausziehen kann, und uͤberhaupt hat es die Erfahrung gelehrt, daß der in dieſer Jahreszeit aufgefahrne am wirkſamſten war.

§. 341.

Wenn wir gleich von den Bewaͤſſerungsanlagen oben ausfuͤhrlich geredet haben,Waͤſſerung der Wieſen. ſo muͤſſen wir nun uͤber die Anwendung der Bewaͤſſerung auf Wieſen ſelbſt das Noͤ - thige bemerken. Wir unterſcheiden wie oben die uͤberſtauende, die uͤberrie - ſelnde und die anſtauende Bewaͤſſerung. Denn wenn es gleich Wieſen giebt, welchen alle drei Arten nach Willkuͤhr gegeben werden koͤnnen, ſo ſind dieſe doch ſel - ten, und bei jeder ſind beſondere Regeln zu beobachten.

§. 342.

Die Ueberſtauung geſchiehet im Herbſte und im erſten Fruͤhjahre. Anwendung der Ueber - ſtauung.

Wenn das Vieh im Spaͤtherbſte von den Wieſen genommen iſt, ſo werden die Verwallungen, die Graͤben und Schleuſen genau nachgeſehen, und das Schadhafte ausgebeſſert. Man muß hierbei beſonders ſein Augenmerk auf die Abzugsgraͤben richten, indem von einer ſchnellen Abwaͤſſerung und Trockenlegung nach der Ueber - ſtauung der gluͤckliche Erfolg hauptſaͤchlich abhaͤngt, und der Herbſt zur Raͤumung der Abzugsgraͤben die bequemſte Zeit iſt. Man laͤßt dann das Waſſer ſogleich uͤber, und ſo ſtark und hoch wie moͤglich, laͤßt es darauf ſtehen, bis der Boden ganz davon durchdrungen iſt. Das hochſtehende Waſſer bewirkt oft zugleich eine mehrere Ebnung der Wieſen, indem der Wellenſchlag, beſonders bei ſtuͤrmiſchem Wetter, die Anhoͤ - hen wegſchlemmt. Iſt jedoch das Waſſer fruͤh uͤbergelaſſen, oder erfolgt noch eine ungewoͤhnlich warme Witterung, ſo muß man mit Aufmerkſamkeit darauf achten, ob ſich Merkmale einer entſtehenden Faͤulniß durch einen Schaum auf dem Waſſer am Rande des Ufers zeigen. Wenn dies iſt, muß das Waſſer ſogleich und ſo ſchnell als moͤglich abgelaſſen, und die Wieſe voͤllig trocken gelegt werden. Erſt nachdem ſie ganz abgetrocknet iſt, wozu immer nach Beſchaffenheit des Bodens ein Zeitraum von 8, 14 bis 21 Tagen gehoͤrt, wird das Waſſer wieder angeſtauet.

Ob man nun bei eintretendem Froſte das Waſſer auf der Wieſe laſſen, und dieſe mit Eis bedecken ſolle, oder ob man ſie wieder trocken lege, daruͤber ſind die Meinun - gen getheilt. Man hat jenes vortheilhaft aber auch nachtheilig gefunden. Eine duͤnne Bedeckung vom Eiſe, welche bis auf den Grund gefroren iſt, ſchadet auf keinen Fall. Wenn aber nur die obere Decke gefriert, der untere Theil aber nicht, alſo auch derJ i 2252Der Wieſenbau.Boden der Wieſe weich bleibt, ſo kann auch im Winter eine Faͤulniß entſtehen, die insbeſondere den beſſeren Wieſenpflanzen nachtheilig iſt. Es iſt deshalb bei hochbe - ſtauten Wieſen die Ablaſſung des Waſſers bei eintretendem Winter ſicherer.

Im Fruͤhjahre giebt man dann, ſobald es der aufgegangene Froſt erlaubt, die Schleuſen nach Willkuͤhr zu oͤffnen und zu ſchließen, eine ſtarke Ueberſtauung, um das gewoͤhnlich mit fruchtbaren Theilen geſchwaͤngerte Dauwaſſer zu benutzen. Dieſe erſte Beſtauung kann man nach Verhaͤltniß der Witterung 8, 12 bis 14 Tage an - halten laſſen; doch muß man, noch genauer wie im Herbſt, auf die Spuren einer eintretenden Faͤulniß achten, und die Wieſe voͤllig trocken legen. Wenn ſie voͤllig abgetrocknet iſt, ſo giebt man die zweite Ueberſtauung, die etwa 4 Tage, nach aber - maliger Trockenlegung die dritte, welche nur 2 Tage, und dann die letzte, welche nur einen Tag anhalten darf. Sobald das Gras aufzuſchießen aufaͤngt, muß man mit den Inundationen aufhoͤren. Jedoch kann man nach Abbringung der erſten Heu - ernte, beſonders bei trockener Witterung, eine abermalige Ueberſtauung geben, die jedoch nicht uͤber zwei Tage dauern darf. Man muß uͤberhaupt bei dieſen Inundatio - nen auf den Boden und die Witterung Ruͤckſicht nehmen. Je durchlaſſender jener iſt, um ſo anhaltender und haͤufiger kann man ſie geben, je undurchlaſſender, um deſto kuͤrzer und ſeltener muͤſſen ſie ſeyn. Bei trockener Witterung giebt man ſie haͤu - figer, bei naſſer ſeltener; bei kalter kann man ſie laͤnger dauern laſſen, bei warmer muß man mit der Ablaſſung des Waſſers eilen.

Auch bei den natuͤrlichen Uéberſtauungen, die man nicht in ſeiner Gewalt hat, muß man vor dem Eintritt derſelben die Entwaͤſſerungsgraͤben, ſowohl die, welche das Waſſer von der ganzen Wieſe, als welche es von einzelnen niedrigen Stellen ab - fuͤhren, in gehoͤrigen Stand ſetzen, damit das Waſſer nicht zu lange darauf ſtaue.

Es iſt eine allgemeine Regel ſowohl bei Inundationen als Berieſelungen, daß man das Waſſer nicht in der waͤrmern Tageszeit, ſondern des Abends oder des Mor - gens fruͤh uͤberlaſſe, indem jenes, wenigſtens bei waͤrmerer Witterung, ſehr leicht nachtheilig werden kann.

Nach einem ſpaͤten Reif oder ſehr kalter auf warme Tage im Fruͤhjahre folgen - der Witterung, iſt eine Bewaͤſſerung beſonders zutraͤglich, und macht die ſchaͤdliche Wirkung wieder gut, welche die Kaͤlte auf das Gras zu haben pflegt.

253Der Wieſenbau.

§. 343.

Bei der Ueberrieſelung iſt folgendes zu beobachten:Anwendung der Ueberrie - ſelung.

Wenn die Wieſe im Herbſte beweidet worden und das Vieh nun auf den Stall genommen wird, ſo eilt man die Graͤben und Grippen, die vom Vieh eingetreten waren, in Ordnung zu bringen, um eine gleichmaͤßige Bewaͤſſerung aller Theile zu bewirken. Das Waſſer muß in den Grippen durch eingelegte Raſen, zuweilen durch eine kleine Beuferung derſelben, mit Raſenſtreifen hier und da mehr aufgehalten oder nach anderen Stellen hingezwaͤnget werden, zu welchem Ende man das Waſſer nur zur Probe einmal anlaͤßt, um deſſen Lauf zu beachten. Denn das Eintreten des Viehes hat immer Einiges in Unordnung gebracht.

Dann laͤßt man die Wieſe anhaltend und ſtark berieſeln, damit ſich der Erdbo - den vollſauge, feſtſetze und verdichte. Nach acht oder vierzehn Tagen legt man ſie aber wieder trocken, damit ſie nicht ſchlammig werde, und laͤßt darauf das Waſſer abermals uͤber. Man kann zwar im Herbſte nicht leicht zu viel thun, indeſſen iſt doch ein wechſelndes Trockenlegen immer rathſam, wenn man auch, was bei großen Anlagen ſelten der Fall iſt, des Waſſers genug haͤtte, um alle und jede Theile be - ſtaͤndig mit Waſſer zu verſehen. Hat man dieſes nicht, ſo iſt man ohnehin gezwun - gen, es nach der Ordnung dem einen und dem andern Theile zu geben und zu nehmen.

Wenn der Froſt eine berieſelte Wieſe uͤberfaͤllt, ſo iſt es keinesweges nachthei - lig, daß ſie mit Eis bedeckt werde; das immer laufende Waſſer friert aber ſo leicht nicht.

Beim Aufgange des Eiſes muß man die Schleuſen ſchnell beweglich zu machen ſuchen, um dem Waſſer bei entſtehenden Schneefluthen Abzug geben zu koͤnnen, weil es ſonſt durch Einbruch leicht Schaden thun koͤnnte. Sobald es aber die Umſtaͤnde erlauben, muß man dieſes Waſſer, welches ſchlammige und duͤngende Theile mit ſich zu fuͤhren pflegt, uͤber die Wieſen laſſen. Dieſe erſte Fruͤhjahrswaͤſſerung kann vier - zehn Tage und laͤnger fortdauren, worauf die Wieſe aber wenigſtens acht Tage trocken gelegt wird. Dann wiederholt man ſie, aber kuͤrzer.

Faͤngt nun die Wieſe, was insbeſondere bei waͤrmerem Quellwaſſer fruͤh der Fall iſt, zu begruͤnen an, ſo legt man ſie bei waͤrmerer Witterung voͤllig trocken, und ſieht nochmals beſonders die Abzugsgrippen und Graͤben nach. Man bringt ſodann die254Der Wieſenbau.Schaafmuͤtter darauf, welchen dieſe Fruͤhweide vorzuͤglich nuͤtzlich iſt, und ihre Milch vor jeder andern Nahrung vermehrt. In manchen Gegenden Englands glaubt man, daß der gluͤckliche Erfolg der Schaafzucht hauptſaͤchlich auf Berieſelungswieſen be - ruhe, und es iſt durch unzaͤhlige Erfahrungen erwieſen, daß die Weide auf berieſel - ten, aber wieder trocken gelegten Wieſen den Schaafen ganz unſchaͤdlich ſey, und daß nur ſtauendes Waſſer ihnen nachtheilig werde.

Dann faͤhrt man mit den Berieſelungen fort, laͤßt ſie aber nicht uͤber drei bis vier Tage dauern, und legt die Wieſe dann wenigſtens acht Tage wieder trocken. So wie es waͤrmer wird, muͤſſen die Waͤſſerungen immer kuͤrzer werden, und man giebt ſie alsdann nur eine Nacht. Man richtet ſich dabei nach dem Feuchtigkeitszu - ſtande der Wieſe; iſt der Wieſengrund ſandig und durchlaſſend und die Witterung nicht ſehr feucht, ſo kann man ihm um die vierte Nacht eine Berieſelung geben und damit fortfahren, bis das Gras in Bluͤte tritt und nun gemaͤhet werden ſoll. Das Gras einer Berieſelungswieſe muß beſtaͤndig ſteif und friſchſtehend durch das Waſſer erhalten werden; ließe man es einmal welk werden, ſo wuͤrden gerade dieſe an Feuchtigkeit gewoͤhnten Pflanzen vor andern dadurch leiden, in Stocken kommen, und ſich nicht leicht wieder erholen.

Mit der Bewaͤſſerung das gehoͤrige Maaß zu halten, iſt von großer Wichtig - keit. Man muß die Bewaͤſſerung nicht eher wiederholen, als bis der Boden von der vorigen abgetrocknet iſt, ſie aber auch nicht ſo lange ausſetzen, daß die Pflanzen irgend von Duͤrre leiden. Darum iſt eine beſtaͤndige Aufmerkſamkeit vor allen andern auf Berieſelungswieſen noͤthig, und bei groͤßeren Anlagen muß ſie einem beſonderen Wieſenvoigte uͤbertragen werden, der dann alle die kleinen, an ſich leichten, aber unerlaͤßlichen Ausbeſſerungen beſorgt.

Nach Abbringung des erſten Heues faͤngt man ſogleich mit den Berieſelungen wieder an, laͤßt die erſten bei trockner Witterung wohl einige Tage anhalten, und wiederholt dann die naͤchtlichen Waͤſſerungen nach Beduͤrfniß.

§. 344.

Reinigung der Wieſen.Die Reinigung der Wieſen von nachtheiligem Unkraut, das Ausſtechen und Jaͤ - ten derſelben, wird von manchen ſehr dringend empfohlen. Allein wenn ſie nur im uͤbrigen gehoͤrig unterhalten werden, ſo hat es auf den zweiſchnittigen Wieſen mit dem Unkraute wenig zu bedeuten. Denn durch das zweimalige Maͤhen wird das255Der Wieſenbau.meiſte von ſelbſt vertilgt. Bei einſchuͤrigen Wieſen hingegen hat es Zeit aufzuwach - ſen, beſonders wenn es von der Art iſt, daß es vom Vieh bei der Vor - und Nach - weide nicht angeruͤhrt wird. Einige Unkrautsarten werden jedoch durch die Vorweide am beſten vertilgt, z. B. der Hahnenkamm oder das Klapperkraut Rhinantus cristagalli , welches ſonſt vor der erſten Schur ſeinen Saamen ſchon reifet. Di - ſteln vergehen, wenn ſie zweimal abgehauen werden, und wenn ſie die Senſe zum er - ſtenmale trifft, bevor ſie in Bluͤte treten, ſo geben ſie ein gutes Heu. Waſſerpflan - zen vergehen, wenn die Wieſe trocken gelegt wird, ſind aber ohne das nicht zu vertil - gen. Nur der fruͤhbluͤhende und mit ſeinen ſtarken Blaͤttern den Boden uͤberziehende Huflattig erfordert es, daß man ihn ausſteche, wenn er ſich auf Wieſen, die einen lehmigen Grund haben, einfindet. Durch oft wiederholtes Ausſtechen vergeht er, wenn man gleich ſeine Wurzel nicht herausbringt.

Auf die Raͤnder der Wieſen an den Graͤben und Hecken hat man vorzuͤglich beim Maͤhen zu〈…〉〈…〉 hten, damit ſie rein abgeſchnitten werden, und dieſes mit der Sichel oder mit Meſſern geſchehe, wenn es mit der Senſe nicht gut angeht. Sie geben ſonſt eine Pflanzſchule von Unkraut, und zuweilen von giftigem und ſcharfem, ab.

Bei den Hecken muß das Einſchlagen der Lohden und die Verbreitung der Wur - zeln verhuͤtet werden. Wenn man die in die Wieſe einwuchernden jungen Lohden jaͤhrlich zweimal mit abhaut, ſo werden ſie keine Staͤrke bekommen, ſondern wieder abſterben. Hat man ſie aber ein Jahr wachſen laſſen, ſo kann ſie die Senſe nicht mehr bezwingen, und ſie verbreiten ſich dann immer weiter. Hier muͤſſen ſie flach an der Erde, oder noch etwas tiefer abgeſchnitten werden; doch bedarf es der ſehr ſchwie - rigen Ausradung ihrer Wurzeln nicht, wenn man ihre jungen Austriebe nur ſorgfaͤl - tig mit wegmaͤht, wo dann jene endlich abſterben.

§. 345.

Man hat die Beweidung der Wieſen faſt allgemein fuͤr nachtheilig und verderblichBehutung der Wieſen. erklaͤrt, und manche ſind dadurch bewogen worden, dieſe wichtige Benutzung derſel - ben ganz aufzuopfern. Der Abſcheu dagegen ruͤhrt aber wohl lediglich von dem fehler - haften Betriebe her, der allemal ſtatt finden muß, wenn ſie andern als den Eigenthuͤ - mer zuſteht. Dann wird naͤmlich in der Beweidung nicht das gerechte Maaß und die gehoͤrige Zeit beobachtet, noch die angemeſſene Viehart ausgewaͤhlt. Geſchiehet dies aber vom Eigenthuͤmer, ſo iſt die Abweidung im Fruͤhjahr und Herbſt der Heugewinnung, in256Der Wieſenbau.ſofern man naͤmlich auch auf die Guͤte des Heues ſieht, nicht nur unnachtheilig, ſon - dern wirklich vortheilhaft, indem beſonders durch jene fruͤhe Kraͤuter abgefreſſen wer - den und zu Nutzen kommen, die dem Heu nur eine ſtrohigte Subſtanz mittheilen, ih - ren Saamen aber auf der Wieſe verſtreuen wuͤrden. Wenigſtens werden dieſe Kraͤu - ter zu hart, unſchmackhaft und ungedeihlich fuͤr das Vieh, welche jung ihnen ſehr wohl bekommen, und unterdruͤcken durch ihren vollen Auswuchs nur beſſere Pflanzen.

Die Fruͤhjahrsweide muß in der Regel allein fuͤr die Schaafe beſtimmt ſeyn; wobei es ſich verſteht, daß von gehoͤrig abgewaͤſſerten und trocken gelegten Wieſen die Rede iſt, weil moraſtige und ſumpfige Wieſen und deren Gras noch beſchlammt iſt, den Schaafen jederzeit, obwohl im Fruͤhjahre minder wie in ſpaͤterer Jahreszeit, ſchaͤdlich ſind. Auf trocken gelegten Wieſen aber iſt die Benutzung dieſer fruͤhen Weide fuͤr die Schaafmuͤtter, denen ſie eine ſo reichliche Milch giebt, von großem Belange und Werthe, ſo daß nichts eine Schaͤferei ſo ſehr unterſtuͤtzt, wie warme und fruͤhe Wieſenweide. Sie freſſen das Gras gleichmaͤßig ab, und befoͤrdern da - durch ſeinen Wurzelaustrieb, halten die voreilig horſtig aufſchießenden Pflanzen zu - ruͤck, und geben durch ihren Duͤnger der Wieſe wahrſcheinlich mehr wieder, als ſie ihr an Kraft entziehen. Auch will man bemerkt haben, daß ſie manche Inſekten vertreiben. Ihr leichter Fuß und ſelbſt ihr Kratzen iſt der Grasnarbe mehr vortheil - haft als ſchaͤdlich. Indeſſen verſteht es ſich, daß man mit dieſer Behuͤtung ſich eine gehoͤrige Graͤnze ſetze, welche die durch die Temperatur beſchleunigte oder verſpaͤtete Vegetation beſtimmt. Bei einem warmen Fruͤhjahre muͤſſen die Schaafe ſchon mit dem 20ſten April von der Weide genommen werden, in der Regel zu Anfang Mays, bei kalter Witterung aber, wo das Gras noch wenig treibt, kann man ſie auch bis zum 10ten May darauf laſſen.

Mit dem Rindvieh aber Wieſen im Fruͤhjahre zu behuͤten, wuͤrde wenigſtens nicht anders rathſam und unſchaͤdlich ſeyn, als wenn die Wieſe voͤllig trocken und feſt waͤre, ſo daß uͤberall kein Eindruck von den Fußſtapfen entſtaͤnde, und man ſich die unmittelbare Verbreitung der Miſtfladen angelegen ſeyn ließe.

Dagegen gebuͤhrt dem Rindvieh die Nachweide nach dem zweiten Schnitte, in - dem ſie den Schaafen um dieſe Jahreszeit, wo ihnen durch Verhuͤtung ſo leicht eine Bleichſucht zugezogen werden kann, vielleicht nachtheilig werden koͤnnte, und man jetzt um ihre Weide weniger in Verlegenheit iſt. Dem Rindvieh aber bekommt derneue257Der Wieſenbau.neue Austrieb der Graͤſer, der ſich bei manchen am ſtaͤrkſten um dieſe Jahreszeit aͤußert, vortrefflich, und die Kuͤhe fangen danach aufs neue mehrere Milch zu geben an. In dieſer Periode hat man ſelbſt von dem Eintreten des Viehes nichts zu beſorgen, in - dem ſich die Fußtapfen im Fruͤhjahre, ſelbſt auf ſchwammigen und weichen Wieſen, wieder werden gehoben und ausgeglichen haben. Der Weideduͤnger iſt den Wieſen abermals von großem Nutzen, beſonders wenn man die ſo leichte und von dem Hir - ten zu fordernde Arbeit des Auseinanderſchlagens und Verbreitens der Fladen an - wendet. Das Rindvieh findet dann oft bis zu Ende Novembers eine gedeihliche Nahrung auf dieſer Nachweide.

Die Englaͤnder halten bekanntlich auf die Beweidung privativer Wieſen ſo viel, daß ſie in der Regel nur einen Schnitt davon nehmen, die Fruͤhjahrsbehuͤtung mit den Schaafen laͤnger ausdehnen, und dann bald nach der erſten Heuernte das Rind - vieh auftreiben. Auch findet man daſſelbe Verfahren in verſchiedenen reichen Niede - rungen, wo die Viehzucht den Haupttheil der Wirthſchaft ausmacht. Man rechnet da haͤufig auf einen Kopf Rindvieh eine gewiſſe Flaͤche Graslandes, welche ihnen die noͤthige Weide und zugleich das fuͤr den Winter erforderliche Heu geben muß. Man theilt das einem Viehſtapel beſtimmte Grasland naͤmlich in zwei Theile, verſchont vom Fruͤhjahre an den erſten Theil, bis er gemaͤhet werden kann, nimmt alsdann das Vieh von demjenigen Theile, der bisher beweidet ward, weg, bringt es auf den gemaͤheten, und laͤßt jenen nun zum Heuſchnitt aufwachſen.

Daß hierdurch die Kraft der Wieſen mehr erhalten und verſtaͤrkt werde, als beim zweimaligen Schnitte, darin ſtimmen alle Erfahrungen uͤberein. Es wird da - durch ein feinerer und dichterer Graswuchs bewirkt, haͤrtere Stengel und Unkraut vermieden, und die Wieſe immer in zureichendem Duͤnger erhalten, ſo daß dieſes Verfahren bei manchen Wirthſchaftsverhaͤltniſſen allerdings raͤthlich ſeyn kann, wenn gleich bei andern eine zweimalige Schur den Vorzug verdient.

Daß das Maͤhen das Grasland mehr wie die Weide entkraͤfte, ein zweimaliger Schnitt durchaus eine Ruͤckgabe von Duͤnger erfordere, die Beweidung hingegen ſolches in Kraft erhalte, laͤßt ſich nach Gruͤnden und Erfahrung wohl nicht beſtreiten, und wenn gleich eine entgegengeſetzte Meinung in den Annalen der Niederſaͤchſiſchen Landwirthſchaft bei Gelegenheit einer Rechtsſache behauptet wurde, ſo iſt ſie doch von andern daſelbſt genugſam widerlegt.

Dritter Theil. K k258Der Wieſenbau.

§. 346.

Man hat die Behuͤtung der Wieſen und die Verſchonung mit dem Schnitte ih - nen ſo vortheilhaft gefunden, daß man, insbeſondere in England, die Wieſen oft ein ganzes Jahr hindurch zu Weiden benutzt, und gar nicht maͤhet. Ich moͤchte die - ſes Verfahren nach einigen Beobachtungen, die ich uͤber beweidetes Grasland ge - macht habe, nicht allgemein empfehlen. Denn die hoͤher wachſenden Maͤhegraͤſer ſcheinen es nach ſelbigen nicht zu ertragen, daß man ſie durch Abweidung ganz nie - derhalte, ſondern ſich danach zu verlieren, und ein beweideter Platz giebt, wenn man ihn nun als Wieſe aufſchießen laͤßt, zwar ein dichteres, aber niedriges Gras. Iſt der Boden ſo kraftreich, daß auch die niederen Grasarten genug vor die Senſe geben, ſo mag ein ſolcher Wechſel vortheilhaft ſeyn; ſonſt aber ſcheint mir die Be - weidung eines ganzen oder mehrerer Jahre bedenklich.

§. 347.

Man macht ſonſt haͤufig den Unterſchied unter ein -, zwei -, und dreiſchuͤ - rigen Wieſen, und bei den erſtern wieder unter den Fruͤh - und Spaͤtwieſen. Dieſer Unterſchied beruht aber entweder auf der Kultur, oder gewoͤhnlich auf Rechts - verhaͤltniſſe. Denn durch Kultur und privatives Eigenthum koͤnnen alle einſchuͤrige Wieſen zu zweiſchuͤrigen gemacht werden. Jene beſchraͤnkenden Rechtsverhaͤltniſſe ſind aber auf den Wieſen, die man uͤberhaupt laͤnger, wie das Ackerland, als Ge - meingut betrachtete, dem jetzigen Zuſtande der Kultur ſo unangemeſſen, daß man allenthalben, wo man auf Fortſchritte im Wohlſtande der Nation denket, ſelbige ab - zuaͤndern, oder die Abaͤnderung zum Vortheil aller Intereſſenten zu erleichtern be - muͤhet iſt.

§. 348.

Die Heuernte

iſt eine von den wichtigſten Geſchaͤften des Landwirths, deſſen Vollfuͤhrung die groͤßte Aufmerkſamkeit und Thaͤtigkeit erfordert.

Wahrzuneh - mender Zeit - punkt.Der gerechte Zeitpunkt fuͤr dieſelbe kann nicht, wie es haͤufig geſchieht, nach dem Kalender beſtimmt werden. Er tritt nicht nur nach Verſchiedenheit der Wieſe und der darauf befindlichen Hauptgraͤſer, ſondern auch nach Beſchaffenheit der Jah - reswitterung fruͤher oder ſpaͤter ein. Die erſte Regel iſt die: zu maͤhen, wenn die259Die Heuernte.Graͤſer groͤßtentheils ihre Rispen entwickelt haben und in Bluͤte zu treten anfangen. Denn fruͤher wuͤrde man an der Quantitaͤt, ſpaͤter aber an der Qualitaͤt des Heues verlieren, und es iſt allerdings Ruͤckſicht darauf zu nehmen, auf welche von beiden es mehr ankommt, je nachdem man das Heu ſelbſt benutzen oder verkaufen will. Auch hat das fruͤhere Maͤhen des jungen Graſes bei zwei - und dreiſchnittigen Wieſen wieder den Vortheil, daß die zweite Ernte um ſo viel fruͤher komme, und um ſo ergiebiger ſey, und wo man beſonders auf Nachheu rechnet, eilt man mit dem erſten Schnitte.

Jene Maͤhereife des Graſes tritt aber nach der Jahreswitterung zu ſehr verſchie - denen Zeiten ein. Ein warmes und feuchtes Fruͤhjahr fuͤhrt ſie um drei Wochen fruͤher herbei, als ein kaltes und trocknes. Manchmal iſt das Obergras ſtark in die Hoͤhe geſchoſſen, das Untergras aber noch ſo zuruͤck, daß es mit der Senſe kaum ge - faßt werden kann, und hier koͤmmt es darauf an, welches am bedeutendſten ſey. Zwar wuͤrde das Untergras, wenn es bis zur erſten Ernte zuruͤckgeblieben, um ſo viel ſtaͤrker zur zweiten heranwachſen; indeſſen kann bei einer unguͤnſtigen duͤrren Witterung auch das Gegentheil erfolgen, und es kann um ſo mehr zuruͤckbleiben, wenn es an ſeinen Spitzen verletzt worden und ſeiner Decke beraubt iſt. Hat das Un - tergras vom Froſte gelitten und iſt es an ſeinen Spitzen verletzt, ſo iſt es ihm beſſer, wenn es gemaͤhet wird und dann friſche Blaͤtter treibt. Iſt das Untergras der Duͤrre wegen zuruͤckgeblieben, und es tritt nun eine regnigte Witterung ein, ſo darf man erwarten, daß es ſtaͤrker nachwachſen werde, wenn man es ſtehen laͤßt.

Die Witterung iſt uͤberhaupt bei der Heuernte ſehr bedeutend. So ſchwankend bis jetzt unſere Witterungsanzeigen und die mehrentheils zu einſeitig abgeleiteten Re - geln ſind, ſo pflegt doch in der Mehrheit der Faͤlle eine Veraͤnderung der Witterung mit der Sonnenwende gegen den 21ſten Junius vorzugehen. War der Vorſommer bis dahin trocken, ſo erfolgt nun mehrentheils eine Regenperiode, die zwei bis drei Wochen anhaͤlt. War aber die Witterung fruͤher regnigt, oder iſt dieſe Regenperiode zeitiger eingetreten und abgelaufen, und es klaͤrt ſich nun auf, ſo kann man eine guͤn - ſtige Witterung erwarten. Deshalb ſind die, welche im erſtern Falle auf fruͤhen warmen Wieſen geeilt haben, am beſten gefahren, wenn gleich das Untergras noch nicht genugſam herangewachſen war, indem es nachher bei der feuchten Witterung um ſo dichter hervortrieb. Kann man aber dieſer Regenperiode nicht zuvorkommen, ſo muß man ſie abwarten, bis die Wahrſcheinlichkeit einer trockneren eintritt. DasK k 2260Die Heuernte.Gras wird bei einer ſolchen feuchten und mehrentheils kuͤhlen Witterung auch ſo leicht nicht uͤberreif. Der Entſchluß zum Maͤhen muß alſo mit Ueberlegung aller Umſtaͤnde und der Natur der Wieſe gefaßt werden.

§. 349.

Das Maͤhen.Das Heumaͤhen erfordert beſonders die Aufmerkſamkeit, daß ſo dicht und ſo eben wie moͤglich am Boden weggemaͤhet werde, ohne jedoch die Grasnarbe zu ver - letzen. Dies iſt nur auf ebenen und von Steinen gereinigten Wieſen moͤglich. Auf dieſen aber kann man es von den Maͤhern verlangen, und man muß ſolche zu erhalten ſuchen, die dieſes thun. Mit ſehr langen Senſen und ſehr breiten Schwaden wird es ſelten erreicht, und obwohl dieſe die Arbeit ſehr foͤrdern, ſo iſt doch ein kurzes, rei - nes Abſchneiden in ſchmaleren Schwaden immer vorzuziehen. Denn es iſt der Unter - ſchied im Ertrage der Ernten nicht nur betraͤchtlich, wenn dicht am Boden hergemaͤ - het wird, indem die Maſſe des Heues ſich nach unten immer vermehrt, ſondern es iſt auch dem neuen Austriebe, aller Erfahrung nach, vortheilhafter, wenn dicht am Boden hergemaͤhet wird, als wenn hohe und ungleiche Stoppeln ſtehen bleiben.

Da man bei dem Maͤhen im Tagelohn die Arbeiter beſſer, wie bei dem in Ver - ding zu einem ſolchen ſparſamen Maͤhen vermoͤgen wird, ſo halte ich jenes bei dieſem Geſchaͤfte rathſamer; es ſey denn, daß man ſich von ſeinen Leuten auch bei Verdin - gung der Arbeit daſſelbe verſprechen koͤnne. Auch hat der Tagelohn in der Hinſicht Vorzuͤge, daß man die Maͤher wechſelsweiſe, und ſo wie es die Umſtaͤnde erfordern, vom Maͤhen ab und beim Heumachen zu Huͤlfe nehmen koͤnne.

Ein Maͤher kann auf ebenen Wieſen taͤglich Morgen ſehr gut maͤhen. In Verding machen freilich ruͤſtige Arbeiter weit mehr, und wohl das doppelte. Dann aber machen ſie es ſicher nicht gut.

§. 350.

Das Heuma - chen bei guter Witterung.Die Bereitung des Heues iſt mannigfaltig verſchieden, und es kommt dabei theils auf die Art des Heues, welche man bezweckt, theils auf die Witterung, der man ſich unterwerfen muß, an.

Man unterſcheidet unter Gruͤn - und Braunheu.

Das Gruͤnheu wird um ſo vollkommener gemacht, je ſchneller man das abge - maͤhete Gras auseinanderbringt, ausſtreut und zertheilt, und es ſo bei trockener261Die Heuernte.Witterung der Luft und dem Sonnenſcheine ausſetzt, gegen die Feuchtigkeit aber, und beſonders gegen den naͤchtlichen Thau durch Zuſammenbringung ſchuͤtzet, und es dadurch zugleich aufs Schnellſte zu ſeiner voͤlligen Austrocknung bringt. Es muß da - her das Gras, welches fruͤh Morgens bis neun Uhr gemaͤhet worden, ſobald der Thau abgetrocknet iſt, bei guͤnſtiger Witterung unmittelbar aus den Schwaden aus - geſtreuet, und zwar ſo ſorgfaͤltig ausgeſtreuet werden, daß nichts zuſammenhaͤngend bleibe. Sobald man damit fertig iſt, wird das zuerſt geſtreute gewendet oder mit Harken geruͤhrt, und dies wird dann Nachmittags wiederholt. Etwa um vier Uhr wird es in Reihen oder Kaͤmme gebracht, und dann vor Untergang der Sonne in kleine Haufen geſetzt, die man Windhaufen nennt. Am zweiten Tage werden dieſe Haufen nach abgetrocknetem Thau wieder ausgeſtreuet, und zwar ſo, daß ſie in vier - eckige Beete oder Plane zu liegen kamen, von bis 2 Ruthen in Quadrat, zwiſchen welchen man einen freien Platz laͤßt, um es beim Wenden, welches wiederum zwei - mal geſchiehet, herauf - oder herabruͤcken zu koͤnnen. Gegen Abend wird es dann wieder in Reihen, und zwar in doppelte Kaͤmme gezogen, welches von zwei Perſonen, die es in entgegengeſetzter Richtung zuſammenharken, geſchiehet. Vor Sonnenun - tergang wird es wieder in Haufen, und zwar in doppelt oder dreifach ſo große, wie in der erſten Nacht gebracht. Am dritten Tage wird es eben ſo behandelt, und wenn die Witterung guͤnſtig war, wird es nun trocken genug ſeyn, um es in große Ladehau - fen zu bringen, worin man es bis zum Einfahren ſtehen laͤßt. Sollte ſich in dieſen Haufen Feuchtigkeit zeigen, ſo wird es vor dem Einfahren noch einmal ausgeſtreuet, jedoch ohne es duͤnn zu verbreiten, damit nur die Feuchtigkeit wieder verdunſte.

Dasjenige Heu, was nach den Fruͤhſtunden gemaͤhet worden, laͤßt man aber bis zum folgenden Morgen in Schwaden liegen, und faͤngt dann an, es auf gleiche Weiſe zu behandeln. Die Arbeit hebt ſich alle Morgen mit der Streuung des friſch gemaͤheten Graſes an, und man geht dann zur Streuung der Haufen, erſt der klei - nern, dann der groͤßern, uͤber, und wechſelt nun mit der Bearbeitung des einen und des andern in gehoͤriger Ordnung ab. Die Arbeit vermehrt ſich mit jedem Tage, und folglich die noͤthige Perſonenzahl, bis ein Theil auf den Boden oder in Feimen ge - bracht worden.

Ein ſo bereitetes Heu behaͤlt ſeine gruͤne Farbe, ſeinen aromatiſchen Geruch und ſeine nutzbaren Theile faſt ſaͤmmtlich in ſich, verliert nur die waͤſſrigen, und untergeht262Die Heuernte.keinen Anfang von Gaͤhrung. Um ſolches Heu zu bereiten, wird eine verhaͤltnißmaͤ - ßig große Zahl von Perſonen erfordert. Wenn man aber dieſe herbeiſchaffen kann und die Witterung nicht unguͤnſtig iſt, ſo gewinnt man an der Zeit, was man an der Kraft zuſetzt, und die Koſten werden ſich wenig hoͤher belaufen, als bei der nachlaͤſſi - gern Heubereitung.

Andre laſſen das gemaͤhete Gras zwei auch drei Tage unangeruͤhrt in Schwaden liegen, bevor ſie es zu bearbeiten anfangen. Sie erſparen dadurch allerdings einige Arbeit, indem das Heu, welches im Schwade ſchon abgeſtorben iſt, leichter trocknet. Allein ſo gruͤn bleibt es nicht.

§. 351.

Das Heuma - chen bei un - guͤnſtiger Witterung.Bei regnigter, feuchter und ſehr unſicherer Witterung muß man auf jene ſchnelle Heubereitung Verzicht leiſten. Hier kommt es darauf an, das Heu moͤglichſt zuſam - menzuhalten, damit es von der Naͤſſe nicht ausgezogen werde, dabei aber doch durch Luftung und Umſetzung in trockneren Stunden zu verhuͤten, daß es nicht in Gaͤh - rung gerathe.

So lange das Gras noch gruͤn iſt, ſeine eigenen Saͤfte und gewiſſermaßen ſein Leben noch hat, ſchadet ihm die Naͤſſe von oben nicht leicht, und wenn nach dem Maͤ - hen ein Regen einfaͤllt, oder wenn man ſelbſt beim Regen in Erwartung beſſerer Tage gemaͤhet hat, ſo laͤßt man dieſes Gras unangeruͤhrt in den Schwaden liegen, bis die Witterung beſſer wird. Man lockert es nur mit dem Harkenſtiel etwas auf, wenn es durch die Naͤſſe zuſammengedruͤckt iſt, und ſo kann es ſich lange unverdorben halten, wenn es nur nicht im ſtauenden Waſſer liegt. Aus Niederungen muß es, wo moͤg - lich, auf hoͤhere Plaͤtze geſchafft werden. Nachtheiliger iſt der Regen dem ſchon abge - ſtorbenen und halb trockenen Heu. Hier zieht die Naͤſſe die kraͤftigen Theile wirklich aus. Deshalb muß man vor allem verhuͤten, daß der Regen kein ausgebreitetes Heu treffe, ſondern bei einem drohenden Regenſchauer alles herbeiziehen, um den trockenſten Theil in Haufen zu ſetzen. Wenn es in Haufen ſteht, kann es ſchon einen anhaltenden Regen aushalten, ohne betraͤchtlich dadurch zu verlieren, beſonders wenn es nicht warm dabei iſt. Es wird dann nur das obenliegende verbleicht und ausge - laugt, das innere bleibt gruͤn und in Kraft, und wenn es dann an einem trockenen Tage geſtreuet wird, ſo reicht dieſer oft hin, um es ſogleich in Ladeſchober bringen zu koͤnnen, falls man Fortdauer des Regens beſorgen muͤßte.

263Die Heuernte.

Haͤlt der Regen ſehr lange ununterbrochen an, ſo muß man die Heuhaufen oͤf - terer luften, und dabei nachſehen, ob das Heu ſich erhitze. Erfolgt unter ſolchen Umſtaͤnden dennoch bei warmer Luft eine wirkliche Erhitzung, ſo iſt nichts beſſeres zu thun, als daß man auch das halbtrockene Heu noch nach der beim Kleebau zu be - ſchreibenden Klapmeierſchen Methode behandle, es durch Zuſammenbringung in große Mieten voͤllig und gleichmaͤßig erhitzen laſſe, dann ausſtreue, und es, wenn es nun lufttrocken geworden iſt, wieder zuſammenbringe. Iſt es einmal in Hitze ge - kommen, ſo wird es ſolches nicht zum zweiten Mal thun, zwar ſeine Farbe und ſei - nen Geruch veraͤndern, aber nicht ſchimmlich und dumpfig werden, und brauchbar bleiben. Es verſteht ſich jedoch, daß dieſe Methode beim Wieſenheu nur im Noth - falle anzuwenden ſey.

§. 352.

Eine andere, zwar nicht ſehr gebraͤuchliche, jedoch von vielen empfohlene Me -Andere Me - thode. thode, gruͤnes Heu mit vieler Erſparung der Arbeit zu machen, iſt folgende:

Man ſetzt das noch gruͤne Gras, aber nur wenn es voͤllig lufttrocken iſt, ſogleich in ſchmale aber moͤglichſt hohe Haufen auf, zu deren Befeſtigung man eine kleine Stange in die Erde ſteckt, und es um ſelbige mit der Hand herumlegt. Einiges Gras, wozu man das laͤngere und ſtaͤrkere auswaͤhlt, nimmt man aus den Schwa - den zuſammen, und legt ſolches auf die Spitze des Haufens, ſo daß die Aehren ab - waͤrts haͤngen. In dieſem pyramidaliſchen Haufen laͤßt man es dann ruhig ſtehen, bis es voͤllig trocken geworden, was manchmal in acht, zuweilen in vierzehn Tagen ge - ſchieht, und wobei ſich das Heu innerlich voͤllig gruͤn erhaͤlt.

Bei einer trocknen etwas windigen Witterung habe ich Gras in ſtaͤrkeren Hau - ſen, ohne es anzuruͤhren, ziemlich ſchnell trocken werden, und dabei voͤllig gruͤn blei - bend geſehen. Um ſo leichter muß es in ſolchen ſchmalen Haufen gehen. Ein ein - fallender Regen wird ihm auch nicht ſchaden, und nur das aͤußere verbleichen. Bei anhaltendem Regen aber moͤchten ſich dieſe Haufen doch zu feſt ſacken, und man wuͤrde ſie auseinander nehmen und umſetzen muͤſſen, wenn das Heu nicht dum - pfig werden ſoll.

§. 353.

Es giebt einige Wieſen, deren Hauptgraͤſer es verlangen, daß man ſie eine ge -Heuart, wel - che das Be - regnen ver - langt. raume Zeit der Luft und dem Regen ausſetze, damit ſie dem Viehe unſchaͤdlich,264Die Heuernte.ſchmackhafter und gedeihlicher werden. Alle grobe, harte Graͤſer, Seggen und Binſen, aber auch beſonders das auf naſſen Bruͤchern ſchaͤtzbare blaue Perlgras oder Schmelen, Aria cærulea, erfordern dieſes, und man hat vom letztern Graſe eine Laͤhmung des Viehes bemerkt, wenn man jene Vorſicht beim Heumachen nicht beobachtet hatte. In der Regel laͤßt man ſolches Heu vier bis ſechs Wochen liegen, damit es mehrere Male tuͤchtig beregne.

§. 354.

Bereitung des braunen Heues.Um braunes Heu zu machen, bleibt das gemaͤhete Gras einen oder zwei Tage in Schwaden liegen, bei unguͤnſtigerer Witterung auch laͤnger, wird dann, wenn es lufttrocken iſt, einmal ausgeſchuͤttelt und gewandt, dann aber ſogleich in kleine Hau - fen gebracht, und nachdem es darin einige Tage geſtanden, werden dieſe untereinan - der gemengt, und zu groͤßeren zuſammengebracht. Nachdem es hierin wieder einige Tage geſtanden, bringt man es noch etwas feucht unter ſtarkem Zuſammentreten in Heu-Feimen. Hier erhitzt es ſich, geraͤth in Schweiß, beſaugt ſich und wird dann zu einer torfaͤhnlichen Maſſe. Man darf ſich hierbei durchaus nicht verleiten laſſen, das Heu luften und aufſtochern zu wollen; vielmehr muß man es dicht zuſammenhal - ten, um den Zutritt der Luft abzuſchneiden. Denn wo dieſe eindringt, entſteht Faͤu - lung und Schimmel. Dieſes braune Heu, welches man jedoch ſelten auf Boͤden, ſondern nur in Feimen haͤlt, muß nachher mit Meſſern oder mit einem ſcharfen Spa - ten abgeſtochen, oder gar mit einem Beile ausgehauen werden. Fuͤr dieſes braune Heu iſt man in vielen Gegenden ſehr eingenommen, und haͤlt es dem Viehe fuͤr ge - deihlicher, wie das gruͤne Heu. Man beruft ſich hier auf Erfahrungen und Ver - ſuche, die man mit gruͤnem Heu gemacht habe, und die keinesweges zum Vortheil deſſelben ausgeſchlagen waͤren. Man findet aber bei genauerer Nachforſchung leicht, daß dieſes gruͤne Heu an Orten, wo man nur die Braunheu-Methode kennt, ſehr unvollkommen gemacht worden; und daß das braune Heu vor ſchlecht beweidetem und verwittertem Gruͤnheu den Vorzug habe, iſt allerdings nicht zu laͤugnen. Gutes gruͤnes Heu iſt ſonſt nach andern Beobachtungen den Pferden, den Schaafen und den milchenden Kuͤhen angenehmer und zutraͤglicher geweſen; und nur den Maſtochſen ſcheint das braune Heu wirklich gedeihlicher zu ſeyn.

Was man theoretiſch fuͤr und gegen das braune Heu geſagt hat, beruhet auf beiden Seiten auf zu unbeſtimmten Vorausſetzungen, um danach die Sache entſchei -den265Die Heuernte.den zu koͤnnen. Verſuche und Erfahrungen uͤber die Wirkung des einen oder des an - dern koͤnnen allein einen Ausſchlag geben.

§. 355.

Man hat, um die Handarbeit des Heumachens auf großen Flaͤchen zu erleich -Erleichterung der Heuarbeit durch Pferde - werkzeuge. tern, verſchiedene Werkzeuge erfunden, vermittelſt welcher ſie zum Theil durch Pferde verrichtet wird.

Zum Wenden und Luften des Heues bedient man ſich einer Egge, die Bloys von Treslong in den Schriften der Rotterdammer Societaͤt, Vol. II., 88. be - ſchreibt. Sie beſteht aus zwei neun Fuß langen Balken, deren jeder ſieben lange hoͤlzerne oder eiſerne Zinken hat, und die mit drei Querbalken verbunden und vier Fuß vier Zoll von einander entfernt ſind. Es wird ein Pferd vorgeſpannt, worauf der Fuͤhrer reitet, und ſo nach beſtimmten Zuͤgen die Wieſe uͤberegget, und das Gras in Bewegung ſetzt und wendet. Es verſteht ſich, daß ein gutes, trockenes und windiges Wetter dazu erforderlich ſey, und man kann der Verſicherung wohl Glauben beimeſſen, daß es dann mit großer Erſparung der Wendearbeit ſchnell trockne. Je - doch wird wohl noch ein Menſch erforderlich ſeyn, welcher der Egge folgt, um ſie auf - zuheben, falls ſich das Gras davor oder dazwiſchen anhaͤufte.

Das Zuſammenziehen des Heues in Kaͤmme kann durch den gewoͤhnlichen Pferderechen, deſſen man ſich zum Nachharken der Getreideſtoppel bedient, verrichtet werden, und zum Zuſammenbringen des Heues in Haufen bedient man ſich auf ebnen Wieſen haͤufig eines Heubaums, an deſſen beiden Seiten man einen Strang oder Kette befeſtigt, die man dann in einer ziemlichen Laͤnge am Ende zuſammenknuͤpft, und ein Paar Pferde davorhaͤngt. Auf jeder Seite des Baums tritt ein Menſch, welcher ſich an einem Stricke, das an jedem Zugſtrange befeſtigt iſt, haͤlt, indem er ſich etwas ruͤckwaͤrts uͤberlehnt. Das Pferd wird nun angetrieben, und das Heu haͤuft ſich vor dem Baume hoch an, ſo daß bei einer ebenen Wieſe wenig auf dem Boden zuruͤckbleibt. Wenn ſich’s hoch genug aufgethuͤrmt hat, ſo ſpringen die Leute vom Baume ab, halten aber das Strick einen Augenblick an, wo ſich dann der Baum hebt und uͤber den Heuhaufen heruͤbergleitet. Es gehoͤren aber zu dieſer Operation geuͤbte Leute.

Dritter Theil. L l266Die Heuernte.

Der Englaͤnder Middleton hat ein anderes zuſammengeſetzteres Werkzeug zu dieſem Zwecke beſchrieben, welche Beſchreibung von Leonhardi uͤberſetzt, Leip - zig 1797, herausgekommen iſt.

§. 356.

Das Laden und Einfah - ren.Das Einfahren und Laden des Heues wird ſehr durch geuͤbte Arbeiter erleichtert. Das Volumen des Heues iſt groß im Verhaͤltniß ſeiner Schwere, und wenn es nicht dicht, breit und gleichmaͤßig geladen wird, ſo kann ein Wagen die Maſſe nicht faſſen, welche das Geſpann bequem ziehen kann, und es werden dann leicht aus einem Fuder zwei gemacht. Deshalb iſt ein guter Lader oder Laderinn auszuwaͤhlen und bei gutem Willen zu erhalten. Man muß ſie deshalb mit der Arbeit nicht uͤbereilen, ſondern ihnen Zeit laſſen, Schichtweiſe von vorne nach hinten und von hinten nach vorne zu laden, und das Gleichgewicht zu beobachten. Man wird dabei doch an Zeit mehr gewinnen, als wenn man die eilige Ladung betreibt, und es zugiebt, daß die ladende Perſon durch uͤbertrieben ſchnelles Zureichen in Verlegenheit geſetzt wird.

In den meiſten Faͤllen werden Wechſelwagen noͤthig ſeyn, und da befoͤrdert es die Arbeit ſehr, wenn man mit ein Paar beſonderen Pferden oder auch Ochſen den zu ladenden Wagen von einem Haufen zum andern fortruͤcken laͤßt. Der Wagen muß an die Haufen ſo heranfahren, daß wechſelsweiſe von der einen und von der andern Seite aufgereicht werde; es ſey denn bei windigem Wetter, wo man immer ſo an - fahren muß, daß der Wind nach dem Wagen zu treibt.

Ein richtiges Verhaͤltniß der ladenden, abladenden und taſſenden Perſonen mit dem Geſpanne und Wagen muß vor Allem beobachtet werden, haͤngt aber von der Lokalitaͤt ab, und laͤßt ſich nicht nach allgemeinen Regeln beſtimmen. Es muß eine Verrichtung auf die andere nicht warten, kein Theil unbeſchaͤftigt ſeyn, aber auch keiner uͤbereilt werden.

Ein feſtes Anziehen des Ladebaums, welches zuweilen durch eine an die Leiter angebrachte Winde geſchieht, darf nicht verſaͤumt werden, damit unterweges kein Heu abfalle. Deshalb muß auch das Fuder, nachdem es gebunden iſt, fleißig mit Harken abgekaͤmmt werden, um das loſe Heu zu erhalten.

§. 357.

Das Taſſen des Heues auf Boͤden oder in Scheuren.Das Heu wird in beſonderen Scheuren auf Boͤden, gewoͤhnlich uͤber dem Stalle desjenigen Viehes, fuͤr welches es beſtimmt iſt, oder in Feimen aufbewahrt.

267Die Heuernte.

Wo man es auftaßt, muß es feſt, dicht und gleichmaͤßig liegen, ſo daß keine leeren Zwiſchenraͤume bleiben, weil ſich in dieſen Schimmel und Dumpfigkeit erzeugt, wenn das Gras zu ſchwitzen anfaͤngt. Wenn dieſes geſchiehet, ſo erhitzt es ſich oft dermaaßen, daß es ſtark dampfet. Hier kann man nichts Uebleres thun, als daß man das Heu aufſtochert und ihm Luft giebt. Man muß vielmehr den Zutritt der Luſt moͤglichſt abhalten, und die Laden auf dem Boden verſchließen. Das Heu kann ſich dann beſaugen und braun werden, aber es wird nicht verderben, und noch weniger wird es ſich entzuͤnden. Nur bei einem ſtarken Luftzuge kann das ſich ent - wickelnde, entzuͤndliche Gas in Flamme gerathen. Man ruͤhre alſo eine ſolche Heu - lage gar nicht an, oder aber ſtuͤrze ſie ſchnell und ganz vom Boden herunter, um ſie abkuͤhlen und trocknen zu laſſen.

Wenn der Boden ein gutes Strohdach hat, ſo bringe man das Heu ſo dicht als moͤglich an ſelbiges hinan, und ſo feſt, daß wenigſtens vorerſt kein Zwiſchenraum entſtehe. Wenn das Heu von der Luft gar nicht beruͤhrt wird, ſo haͤlt es ſich am beſten waͤhrend des Schwitzens, und Alles bleibt gut. Unter einem Ziegeldache ver - wittert die obere Heulage leicht, wird ſchimmlig und dumpfig.

Daß der Fußboden gegen das Durchdringen der Viehduͤnſte wohl verwahrt ſeyn muͤſſe, wenn das Heu nicht leiden und dem Vieh widrig werden ſoll, iſt allge - mein anerkannt.

Die gewoͤlbten Bohlendaͤcher, mit Stroh oder Rohr belegt, ſind ohne Zweifel die zweckmaͤßigſten, um einen fuͤr das darunter ſtehende Vieh zureichenden Heuvor - rath zu faſſen.

Daß man bei der Aufbringung des Heues auf Boͤden die Beſtimmung des Heues uͤberlege, und einer jeden Viehart das fuͤr ſie am meiſten paſſende auswaͤhle, auf demſelben Boden aber die verſchiedenen Gattungen von Heu nach der Ordnung, wie man ſie verfuttern will, lege oder ſo abtheile, daß man immer dazu kommen koͤnne, muß wohl bedacht werden.

§. 358.

Die Aufbewahrung des Heues in Feimen oder Schobern hat aber ohneHeu-Feimen. allen Zweifel entſchiedene Vorzuͤge vor jeder Aufbewahrung in Gebaͤuden, und es tre - ten dabei keinesweges die Bedenklichkeiten ein, die man mit Recht gegen Getreidefeimen hat. Das Heu haͤlt ſich in ſelbigen, wenn ſie gehoͤrig verfertigt ſind, nach allen Er -L l 2268Die Heuernte.fahrungen, beſſer und geſuͤnder als in Gebaͤuden, indem der ausziehende Dunſt, wel - cher ſo leicht den Schimmel und das Dumpfigwerden verurſacht, ſogleich, wie er an die Oberflaͤche kommt, abgefuͤhrt werden kann. In England glaubt man deshalb das Feimenheu von dem Scheurenheu durch den Geruch unterſcheiden zu koͤnnen, und der Vorzug des erſtern iſt ſo entſchieden, daß es immer theurer bezahlt wird. Wenn es gleich beſſer iſt, das gruͤne Heu auch in dieſe Feimen voͤllig trocken zu bringen, ſo braucht man ſich doch bei einer mißlichen Witterung nicht ſo ſehr fuͤr eine feuchte Ein - bringung zu ſcheuen, wie in den Gebaͤuden. Man kann hier eine jede Heuart in einer beſonderen Feime auſſetzen, und behaͤlt eine freie Wahl in Verwendung deſſelben. Auch kann man das Heu von einem Jahre zum andern weit bequemer aufbewahren.

Die Heufeimen werden auf einem dazu errichtenden ſteinernen oder hoͤlzernen Ge - ruͤſte, oder haͤufiger nur auf eine Unterlage von trockenem Reißwerk oder Stroh, je - doch an einem trockenen und erhoͤheten Platze, errichtet. Das Heu wird mit der Hand ausgeſtreut und regelmaͤßig in Schichten gelegt, wobei es immer moͤglichſt feſt getre - ten wird. Von einer ſchmaͤlern Baſis nimmt die Heufeime mit der Hoͤhe in ihrer Breite zu, bis ſie zu einer gewiſſen Hoͤhe gekommen iſt. Dann ziehet man die Heu - lagen wieder ein, ſo daß der obere Theil die Form eines ſpitz zulaufenden Daches er - halte. Dieſer obere Theil wird dann mit Stroh belegt, und der Regen kann von demſelben ablaufen, ohne den eingezogenen unteren Theil zu beruͤhren.

Die Form dieſer Feimen iſt verſchieden, zuweilen rund, zuweilen viereckig, meh - rentheils aber bilden ſie ein Oblongum. Die letztere Form iſt beſonders deshalb vor - zuͤglicher, weil man dabei die Feime nach Gefallen verlaͤngern, und wenn man will, alles Heu in eine bringen kann. Die eine Giebelſeite richtet man dann nach Nord - weſt, um dieſer Wind - und Regenſeite die moͤglich geringſte Oberflaͤche auszuſetzen. Der obere Theil oder das Dach wird auf dieſer Giebelſeite auch walmfoͤrmig eingerichtet.

Wenn die Feime errichtet worden, wird ſie an ihren Auſſenwaͤnden nicht bloß abgeharkt, ſondern auch ſorgfaͤltig beſchnitten; etwanige Haͤker, die man jedoch bei der Anlegung ſorgfaͤltig vermeidet, werden ausgeglichen, damit ſich keine Feuchtig - keit durch felbige einziehen koͤnne. Die Strohbedachung wird zuletzt aufgeſetzt, und um die Feime herum ſticht man auf allen Seiten eine Rinne aus, wodurch das ab - traͤufelnde Waſſer wegziehen kann.

269Die Heuernte.

Die langen Feimen haben den Vortheil, daß man das Heu, ſo wie es ge - braucht wird, an der Suͤdoſtſeite ſatzweiſe und perpendikulaͤr wegnehmen kann, wogegen runde und viereckige Feimen bei naſſer Jahreszeit auf einmal eingefuͤhrt werden muͤſſen. Sie muͤſſen in der Regel in der Naͤhe des Wirthſchaftshofes auf einem beſondern umzaͤunten Feimhofe errichtet werden, wo man dann ſeinen Heu - vorrath beſſer, als wenn er auf Boͤden und in Scheuren vertheilt liegt, uͤberſehen, und deſſen Verwendung nach den Umſtaͤnden moderiren kann.

Die Feimengeruͤſte mit einem beweglichen Dache, welches man hinaufwin - den und niederlaſſen kann, werden da, wo man die Feimeneinrichtung kennt, ſel - ten mehr errichtet, weil man ſie nicht nur koſtſpieliger, ſondern auch unbequemer findet, und das Heu ſich wenigſtens eben ſo gut in den freiſtehenden haͤlt. Von der durch die Mitte und im Grunde hergezogenen offenen Roͤhre oder ſogenannten Dunſtſchornſteine iſt man ganz abgekommen, da die Erfahrung gelehrt hat, daß das ihm zunaͤchſt liegende Heu am leichteſten verderbe, und ſich dagegen um deſto beſſer halte, je ſorgfaͤltiger man den Zutritt der Luft abſchneidet, und alle Hoͤhlun - gen vermeidet; die Unbequemlichkeiten dieſer Dunſtroͤhre ungerechnet.

Die kleineren Heuſchober, welche man auf entlegenen Wieſen aufſetzt, und wenn dieſe im Winter dem Waſſer ausgeſetzt ſind, auf einem erhoͤheten Geruͤſte er - richtet, dann im Winter gewoͤhnlich auf dem Froſte einfaͤhrt, werden insgemein mit geringer Sorgfalt gemacht, und dennoch haͤlt ſich das Heu in ihnen ſehr gut. Sie ſind in wieſenreichen Gegenden, wo man Heu zum Verkauf gewinnt, ſehr ge - braͤuchlich, und beduͤrfen keiner Beſchreibung. Sie ſind indeſſen immer als ein Nothbehelf anzuſehen, und kommen den regulaͤren Heufeimen auf keine Weiſe gleich.

§. 359.

Eine von denen, die ſie verſucht haben, ſehr geruͤhmte Methode, iſt die,Aufſetzung des Heues mit Sommer - ſtroh. daß man aufgeſpartes Soͤmmerungsſtroh ſchichtweiſe zwiſchen das Heu lege. Man glaubt hierbei das Heu in feuchterem Zuſtande einbringen zu koͤnnen, indem das trockene Stroh dieſe Feuchtigkeit anziehe. Das Stroh ſoll aber vom Geruche des Heues durchdrungen dem Viehe weit angenehmer werden, und wird in dieſem Gemenge begierig verzehrt. Hauptſaͤchlich iſt dieſe Methode jedoch bei Kleeheu angewandt worden, uͤber welches an ſeinem Orte beſonders wird geredet werden.

270Die Heuernte.

Salzen des Heues.Das Salzen des Heues beim Taſſen iſt von einigen angeruͤhmt worden, ins - beſondere um ausgewittertes feuchtes und verdaͤchtiges Heu dadurch zu verbeſſern, und dem Viehe angenehmer zu machen. Es ſind mir aber keine befriedigende Erfahrungen davon bekannt. Es iſt wohl immer nur bei geringen Salzpreiſen anwendbar.

§. 360.

Das zweite und dritte Heu.Bekanntlich unterſcheidet man das Heu des erſten Schnitts von dem des zweiten, und auf hoͤchſt fruchtbaren Wieſen dieſes wieder von dem des dritten Schnitts. Das erſte heißt Heu ſchlechthin, oder Vorheu, das zweite Grum - met, Grummath, Ohmath auch Nachheu, welchen letztern Namen man aber bei dreiſchuͤrigen Wieſen dem der dritten Schur giebt.

Bei der Bereitung und Aufbewahrung des Nachheues tritt keine weſentliche Verſchiedenheit ein, als die, welche von der Jahreszeit und Witterung abhaͤngt, und daß man, wenn es ſich nicht brennen ſoll, ſeine vollkommene Austrocknung laͤnger abwarten muͤſſe, indem es ſeinen Saft ſchwerer verliert. Wenn es bei guͤnſtiger Witterung ſchnell trocknet und ganz duͤrre ſcheint, ſo beſaugt es ſich den - noch leicht. Man laͤßt es deshalb gern laͤnger in den Schwaden liegen und darin abſterben, bevor man es verarbeitet und doͤrrt. Wenn es gut und trocken gewon - nen und noch bei warmer Witterung gewachſen iſt, hat es in Anſehung der Nahr - haftigkeit noch Vorzuͤge vor dem erſten Heu.

Ueber die Verwendung des Heues bei der Lehre von der thieriſchen Produktion.

Weiden und Hutungen.

§. 361.

Nutzbarkeit der Weiden.So entſchieden vortheilhaft die Stallfutterung der Pferde und des Rindviehe - gegen den Weidegang (vergl. Bd. I. S. 364. u. f.) auch iſt, ſo ſind dennoch die Faͤlle nicht ſelten, wo der letztere in Ruͤckſicht der beſonderen Wirthſchaftsverhaͤlt - niſſe oder des anderweitig nicht zu benutzenden Grundes und Bodens beibehalten werden muß. Insbeſondere aber ſcheinen die Weiden fuͤr den Schaͤfereibetrieb im Großen unenthehrlich zu bleiben. Denn wenn es gleich nach unleugbaren Erfah -271Weiden und Hutungen.rungen keinen Zweifel hat, daß auch die Schaafe in Horden mit geſchnittenem und zugefuͤhrtem Gruͤnfutter ſehr gut und in manchen Faͤllen vortheilhaft erhalten werden koͤnnen, ſo hat doch die allgemeine Einfuͤhrung dieſer Methode Bedenk - lichkeiten und Schwierigkeiten, die an einem anderen Orte erwogen werden ſollen.

Daher bleibt die Beurtheilung und Schaͤtzung, Kultur und Benutzung der Weiden ein wichtiger Gegenſtand des landwirthſchaftlichen Wiſſens.

§. 362.

Wir unterſcheiden folgende Arten der Weiden:Arten der Weide.

A. Wechſelnde Weiden, wo der unter dem Pfluge ſtehende und haupt - ſaͤchlich zum Fruchtbau benutzte Boden zu anderer Zeit behuͤtet wird. Hier - her gehoͤren:

1) die Dreeſchweiden der Koppelwirthſchaft, ſo wie die Lehden des nur alle drei, ſechs oder neun Jahre beſtellten Landes der Felderwirthſchaft;

2) die Brachweiden;

3) die Stoppelweiden.

B. Die Vor - und Nachweiden auf den Wieſen.

C. Die Nebenweiden, wo der Boden zugleich und hauptſaͤchlich einer anderen Benutzung gewidmet iſt, und die Weide nur als Nebennutzung ſtatt findet.

D. Die beſtaͤndigen Weiden, wo der Boden dieſer Benutzung fort - daurend und ausſchließlich gewidmet iſt.

Dieſe Weiden ſind entweder privativ oder commun, und ſie werden ſo - gar zuweilen mit Ausſchluß des Grundeigenthuͤmers von anderen vermoͤge einer Servitut benutzt. Wir werden indeſſen dieſe Weiden vorerſt als privativ und dem Grundeigenthuͤmer zuſtehend betrachten, und nachher von dem Communions - verhaͤltniſſe beſonders reden.

§. 363.

Man ſchaͤtzt und berechnet die Weidereviere gewoͤhnlich nach Kuhweiden, in -Begriff einer Kuhweide. dem man ausmittelt, wieviel Flaͤcheninhalt von denſelben zur Ernaͤhrung einer Kuh, waͤhrend des Sommers, erforderlich ſey, und hiernach beſtimmt man auch, wie viel anderes Vieh darauf ausgeweidet werden koͤnnen. Gewoͤhnlich nimmt man an, daß, wenn

272Weiden und Hutungen.
  • zu einer Kuhweide 3 Morgen erforderlich ſind,
  • zu einer Pferdeweide gehoͤren .... Morgen;
  • zu einer Zugochſenweide gehoͤren ... 3⅔ -
  • zu einer Fuͤllenweide gehoͤren .... -
  • zu einer Ferſenweide gehoͤren .... -
  • zu einer Schaafweide gehoͤren .... 3 / 10 -
  • zu einer Schweineweide gehoͤren ... 3 / 10 -
  • zu einer Gaͤnſeweide gehoͤren .... 1 / 10 -

Indeſſen findet hierbei einige Verſchiedenheit in den gewoͤhnlichen Annahmen ſtatt, die natuͤrlich iſt, je nachdem in einer Gegend eine Viehart im Verhaͤltniß gegen eine andere ſtaͤrker iſt, oder beſſer genaͤhrt werden ſoll. So rechnet man da, wo man ſchlechte Schaafe hat, oder ſie ſchlecht behandelt, wohl 14 Schaafe auf eine Kuh, und an andern Orten, wo man mehr auf Schaafe haͤlt, nur 8 Schaafe auf eine ſolche.

Vor allem aber muß ausgemittelt werden, was man fuͤr eine Kuhweide an - nimmt. Eine ſchwere Kuh aus einer Niederungsgegend erfordert das vier - und mehrfache an Weide von dem, womit eine kleine Hoͤhekuh in mageren Gegenden auskommt. Auf beide Extreme koͤnnen wir nicht Ruͤckſicht nehmen, ſondern muͤſ - ſen eine Mittelkuh, wie ſie auf guten Dreeſchweiden von mittlerer Art am vortheil - hafteſten gehalten wird, vorausſetzen. Eine ſolche Kuh wiegt lebendig etwa 450 Pfund, und im Schlaͤchtergewicht 250 Pfund. Sie giebt bei zureichender Weide und gehoͤriger Winterfutterung ungefaͤhr 80 Pfund Butter jaͤhrlich. In Anſehung einer ſolchen Kuh iſt der Weidebedarf wohl am beſtimmteſten bei den Dreeſchweiden ausgemittelt, und mit dieſen ſind andre Weiden verglichen worden.

§. 364.

Worauf es bei den Dreeſchweiden atzkomme.Zur Beurtheilung der Nahrhaftigkeit der Dreeſchweiden muͤſſen (vergl. Bd. I. S. 281.) folgende Umſtaͤnde in Betracht gezogen werden:

1) Es kommt auf die Guͤte und natuͤrliche Kraft des Bodens, welche mit ſeinem Koͤrnerertrage uͤbereinſtimmt, an.

2) Es ſtimmt jedoch die Staͤrke des Graswuchſes mit jener nicht voͤllig uͤber - ein, ſondern es iſt Acker derſelben Qualitaͤt und Grundmiſchung, ſeiner Lage und Feuchtigkeit nach, mehr oder minder zum Graswuchſe geneigt. Indeſſen iſt derUnter -273Weiden und Hutungen.Unterſchied auch wiederum nicht immer ſo groß als er ſcheint, indem das feinere Gras auf hohem Boden um ſo nahrhafter iſt.

3) Es kommt auf die Trachten an, welche dem Boden nach der Duͤngung abgenommen ſind, indem mit jeder davon genommenen Ernte ſich die Kraft des Bodens und der Graswuchs vermindert.

4) Das Jahr, worin das Land zur Weide liegt, macht einen Unterſchied. Wenn keine kuͤnſtliche Beſaamung geſchehen iſt, ſo hat ſich der Stamm der Graͤ - ſer und Weidekraͤuter im erſten Jahre noch nicht genugſam verbreitet, und ſelbſt angeſaͤete Kraͤuter, z. B. weißer Klee, Pimpinelle, engliſches Raygras, haben den Ackerboden ſelten ſo ſtark uͤberzogen, wie in den naͤchſtfolgenden Jahren. Im zweiten und dritten Jahre des Dreeſchliegens iſt aber die Weide auf gewoͤhnlichen Bodenarten am reichhaltigſten. Im vierten und fuͤnften Jahre nimmt ſie wieder ab, weil ſich haͤufig Moos und ſchlechte Kraͤuter erzeugen. Letzteres iſt um ſo mehr der Fall, je ſchlechter der Boden iſt, und auf ſehr kraͤftigen und reichen Bo - den, der zugleich zum Graswuchſe geneigt iſt, bemerkt man dieſe Abnahme nicht; vielmehr will man die Weide daſelbſt ſich immer verbeſſernd gefunden haben; wel - ches man dem ſtarken Beſatz mit Vieh und dem darauf fallenden Weidemiſt zu - ſchreiben kann.

Ich habe am angefuͤhrten Orte die Meierſche Tabelle von dem WeidebedarfeTabelle zur Beſtimmung einer Kuh - weide auf Ackerdreeſch. einer Kuh mitgetheilt, gebe ſelbige aber nach den in dieſem Werke angenommenen Klaſſen des Bodens und mit einigen mir noͤthig ſcheinenden Berichtigungen umge - arbeitet wieder. Fuͤr die fuͤnfte Klaſſe oder dem ſogenannten Haferboden ſind zwei Abtheilungen angenommen. Unter a. wird derjenige begriffen, welcher ſeiner ſandigen Beſchaffenheit wegen in dieſe Klaſſe kommt; unter b. derjenige, welcher ſeiner Kalt - und Naßgruͤndigkeit wegen hierher gerechnet wird; indem letzterer im Graswuchſe betraͤchtlich ſtaͤrker wie erſterer iſt.

Dritter Theil. M m274Weiden und Hutungen.
275Weiden und Hutungen.

Wenn von der Weide 6 Morgen und daruͤber fuͤr eine Kuh erforderlich ſind, ſo paßt ſie ſich uͤberhaupt nicht mehr zur Kuhweide, ſondern kann alsdann vor - theilhaft nur zur Schaafweide benutzt werden, und nach dem im vorigen §. ange - gebenen Verhaͤltniſſe Schaafe ernaͤhren.

§. 365.

Da man bei den Koppelwirthſchaften einen betraͤchtlichen Theil des ErtragesKultur und Beſaamung der Dreeſch - weiden. auf dieſe Dreeſchweiden rechnet, und ihrer zur Erhaltung des Ganzen nothwen - dig bedarf, ſo nimmt man auf ihre Nahrhaftigkeit und ihre Kultur ſchon bei der Beſtellung Ruͤckſicht. In der alten urſpruͤnglichen hollſteiniſchen Koppelwirth - ſchaft ſcheuete man ſich daher, dem Acker viele Bearbeitung zu geben und reine Brache zu halten, weil man dadurch die Graswurzeln zerſtoͤrte, und der Acker ſich dann bei der Ruhe ſpaͤterer und ſchwaͤcherer benarbte. Auch nahm man bei der Wahl der Fruͤchte darauf Ruͤckſicht, und waͤhlte deshalb zuletzt Winterung, weil ſich unter derſelben ſchon mehr Gras erzeugt; oder wenn man Hafer nahm, beſtellte man ihn auf einer flachen Furche. Es iſt nicht zu laͤugnen, daß dieſes Verfahren zweckmaͤßig war, wenn man den Graswuchs vorzuͤglich beguͤnſtigen, ihn aber auf keine andere Weiſe erſetzen wollte, und es hat lange gedauert, bevor man ſich zu letzterem allgemein entſchloß, weil man glaubte, die Nahrhaftigkeit des natuͤrlichen Raſens koͤnne durch keine kuͤnſtliche Pflanze erſetzt werden. Jetzt ſcheint dieſes Vorurtheil aber bei allen induſtrioͤſen Wirthen verſchwunden zu ſeyn, und man iſt uͤberzeugt, daß eine kuͤnſtliche Beſaamung dem durch die Natur oder vielmehr durch den Zufall erzeugten Graſe nicht nur gleich komme, ſondern ſol - ches auch noch uͤbertreffe.

Zu dieſer Beſaamung wird am haͤufigſten der weiße kriechende Klee genom - men. Da wegen der Feinheit ſeines Saamens und ſeiner ſtarken Verbreitung durch die rankenden Wurzeln nur wenig erfordert wird, und dieſer Saamen leicht zu gewinnen, dieſe Beſaamung alſo wohlfeil iſt, ſo waͤhlt man ſie vor Allen. Es reichen zwei Pfund per Morgen, wenn er ſorgfaͤltig vertheilt wird, voͤllig zu. Haͤufig nimmt man jedoch auch rothen Klee darunter, und vor dieſem dann noch vier Pfund hinzu, weil man im erſten Jahre an den Stellen, wo der Klee gut ge - raͤth, gern einen Heuſchnitt davon nimmt, wozu der weiße Klee nur auf ſehr kraͤf - tigem Boden geeignet iſt.

M m 2276Weiden und Hutungen.

Außer und neben dem Klee paſſen ſich aber zu dieſer Beſaamung aus der Klaſſe der Graͤſer vorzuͤglich das engliſche Raygras (Lolium perenne) und der Schaafſchwingel (Festuca ovina), weil ſie ein dichtes Weidegras geben, auf Hoͤheboden gut fortkommen, und ihr Saamen ebenfalls leicht zu ge - winnen iſt, und in Quantitaͤten ſehr wohlfeil verkauft werden kann. Es gehoͤren davon jedoch funfzehn bis zwanzig Pfund neben dem weißen Klee auf den Mor - gen. Einige glauben auch, das Honiggras (Holcus lanatus) mit Vortheil zur Weide ausgeſaͤet zu haben. Sein Saamen iſt ebenfalls leicht zu gewinnen, das Aushuͤlſen deſſelben zwar ſchwierig, aber auch nicht noͤthig, wenn man ihn zu eigenem Gebrauch erzieht. Man muß mit den Huͤlſen aber beinahe einen Schef - fel auf den Morgen ausſtreuen. Dies Gras waͤchſt immer horſtig, und zeichnet ſich beſonders gegen den Herbſt aus, wo ſeine Wurzelblaͤtter ſtark austreiben. Indeſſen ſcheint es mir, als wenn das Vieh nur aus Noth von dieſem Graſe fraͤße, und es ſtehen laſſe, wenn es noch andere Graͤſer hat. Auch friert es im Winter leicht aus, und man darf ſich deshalb auf ſolches nicht allein verlaſſen.

Ein vorzuͤgliches, bei uns noch nicht genug bekanntes, aber von den Englaͤndern ſehr geſchaͤtztes Weidekraut iſt die Pimpinelle (Poterium sanguisorba). Sie waͤchſt auf ſehr magerem Acker, wo ſelbſt der weiße Klee nicht fort will, jedoch auf beſſeren um ſo ſtaͤrker. Sie hat den Vorzug, daß ſie ſelbſt mitten im Winter zu gruͤnen fortfaͤhrt, beſonders aber im erſten Fruͤhjahre ſtark austreibt. Sie iſt fuͤr die Schaafe vorzuͤglich geeignet, und wird von ihnen ſo gern gefreſſen, als ſie ihnen wegen ihrer aromatiſchen gelinde adſtringirenden Eigenſchaft gedeihlich iſt. Ihr Saamen iſt auf einem Saamenbeete leicht zu gewinnen, muß aber allmaͤhlig, ſobald es reift, abgeſtreift werden. Auf kalkigen bergigen Aeckern auf flacher Krume iſt das Zittergras (Briza media) als Weidegras ſehr angemeſſen, und auf ſolchen Aeckern ſaͤet man alsdann zur Weide auch Esparſette darunter.

Von der uͤbrigen Kultur dieſer Weiden wird unten die Rede ſeyn.

§. 366.

Weide auf un - geduͤngtem Auſſenlande.Zu den Dreeſchweiden gehoͤrt gewiſſermaaßen die Auſſenlandsweide bei der Felderwirthſchaft, wo man das ſchlechte vernachlaͤßigte und ungeduͤngte Land nur alle drei, ſechs, neun oder gar zwoͤlf Jahre einmal beſtellt, und in den Zwiſchen - zeiten liegen laͤßt. Daß dieſe Weiden, deren Boden durch die davon genommene277Weiden und Hutungen.Ernte doch immer mehr erſchoͤpft wird und keine Duͤngung wieder erhaͤlt, nicht wie die Dreeſchweiden des geduͤngten Landes berechnet werden koͤnnen, verſteht ſich von ſelbſt. Sie ſind mit unkraͤftigem kleinen und duͤrren Graſe, oft nur mit dem Becksbart (Aira canescens), dem Scleranthus annuus, zuweilen einigen kleinen Schwingelarten und mit duͤrrem Ruchgraſe (Antoxanthum odoratum) beſetzt, welches letzteres, wenn es aufſchießt, vom Vieh nicht mehr beruͤhrt wird. Sie geben daher mehr eine Abtrift als eine Weide fuͤr Schaafe und Schweine, und magern das Vieh nur ab. Wo man irgend als Weide auf ſie rechnet, da enthalten ſie niedrige feuchte Stellen, die nicht mit Getreide beſtellt werden konn - ten, und die alſo graswuͤchſig ſind, auf welchen das Vieh aus Hunger frißt, aber ſich, wenn ſie beſchlammet ſind, gefaͤhrliche Krankheiten zuzieht.

Wenn bei der Dreifelderwirthſchaft bei neunjaͤhrigem Duͤnger das Sommer - feld in der ſechſten Tracht oder im achten Jahre nach der Duͤngung nicht mehr vor - theilhaft beſtellt werden kann, ſondern liegen bleibt, ſo iſt auf dieſe Weide, welche dann doch noch immer einige Kraft uͤbrig behalten hat, etwas mehr zu rechnen.

§. 367.

Die Brachweiden auf denjenigen Aeckern, die in der DreifelderwirthſchaftDie Brach - weide. gebrachet und zur Winterung vorbereitet werden, ſind theils nach der Bodenguͤte, theils nach dem Duͤngungszuſtande, dann aber vorzuͤglich nach der Zeit, wo ſie umgebrochen werden, zu ſchaͤtzen. In der Regel faͤngt man um Johannis an, die Brache umzubrechen, und wenn ſich gleich einige, um dieſer Weide noch laͤnger zu genießen, genoͤthiget ſehen, dieſen Umbruch noch laͤnger zu verzoͤgern, ſo iſt doch der Eigenthuͤmer, um andern Berechtigten die Weide darauf zu laſſen, nur ſelten dazu verpflichtet. Mit dem Umbruche hoͤrt die Weide auf, fuͤr das Rindvieh nutzbar zu ſeyn, und wenn die Schaafe dann durch das Ausgruͤnen der Sturz - und Ruhrfurche auch noch einige Nahrung erhalten, ſo iſt dieſe doch bei der Schnelligkeit, in welcher das Pfluͤgen und Eggen aufeinander folgen muß, unbe - deutend. Auf dieſe Weide ſind alſo nur ſechs bis ſieben Wochen zu rechnen. Sie faͤllt in der Periode der lebhafteſten Vegetation. Wenn der Boden kraftvoll und graswuͤchſig iſt, ſo kann ſie einer Dreeſchweide, die im erſten Jahre liegt, gleichgeſchaͤtzt werden; ſonſt aber nicht ſo hoch, weil der beſtaͤndig unter dem278Weiden und Hutungen.Pfluge gehaltene Boden weniger Graswuchs giebt, als der, welcher in der Kop - pelwirthſchaft abwechſelnd ruht.

§. 368.

Die Stoppel - weide.Die Stoppelbehuͤtung, welche nach der Aberntung der Felder ihren Anfang nimmt, iſt auf naßgruͤndigem Boden und auf ſolchem, der ſchlecht beackert wird, von groͤßerem Werthe, als auf warmem, gut beſtelltem und rein gehaltenem Bo - den, weil ſich auf letzterem wenig Kraut und Gras erzeugt. Ihre Hauptbenutzung iſt wohl vermoͤge der ausgefallenen Koͤrner fuͤr Schweine, Schaafe und Gaͤnſe, welche deshalb auch in der Regel zuerſt aufgetrieben werden. Hierdurch wird ſie fuͤr das Rindvieh faſt ganz unbrauchbar. Nur da, wo ſie anfangs geſchont wird, koͤnnen die ausgefallenen Koͤrner ein friſches Begruͤnen wirken, und dann dem Rindvieh einige Zeit eine gedeihliche Nahrung geben.

§. 369.

Behuͤtung der Saat im Winter und Fruͤhjahr.Noch kommt als Ackerweide die Behuͤtung der Winterungsſaat im Herbſte, Winter und Fruͤhjahr in Betracht.

Die Herbſtbehuͤtung findet nur auf fruͤhen und uͤppigen Saaten und auf dieſen mehr mit dem Rindvieh wie mit den Schaafen ſtatt, weil man letzteren dieſes geile Gras zu dieſer Jahreszeit ſchaͤdlich haͤlt. Daß ſie ohne großen Nachtheil der Saat nur auf trockenem Boden und bei trockener Witterung geſchehen duͤrfe, ver - ſteht ſich von ſelbſt.

Die Winter - und Fruͤhjahrsbehuͤtung geſchiehet mit den Schaafen. Die Meinungen ſind getheilt, ob ſie einen großen oder einen geringen Werth fuͤr die Schaafe habe, ob ſie moͤglichſt zu benutzen oder ganz aufzugeben ſey? Wenn naͤm - lich einige auf ſelbige fuͤr die Durchwinterung ihrer Schaafe hauptſaͤchlich rechnen, ſo meinen andere, daß die Schaafe durch dieſe unſichere Weide nur verwoͤhnt wuͤrden, und dann das trockene Futter im Stalle verſchmaͤhten; durch dieſe un - gleiche Nahrung alſo mehr verloͤren als gewoͤnnen. Diejenigen alſo, welche bei ihren Schaͤfereien nur auf Futtererſparung denken, ſetzen einen hohen Werth dar - auf; wogegen die, welche uͤberzeugt ſind, daß ſich die reichlichſte Winterfutterung am beſten bezahle, ſie vernachlaͤßigen, woruͤber ausfuͤhrlicher bei der Lehre von der279Weiden und Hutungen.Schaͤferei gehandelt werden wird. In Ruͤckſicht der Schaͤdlichkeit oder Unſchaͤd - lichkeit dieſer Behuͤtung fuͤr die Saat iſt die Sache noch ſtrittiger. Einige hal - ten ſie durchaus und jeder Saat fuͤr hoͤchſt nachtheilig, und andere glauben, daß ſie mit gehoͤriger Vorſicht benutzt nicht nur unſchaͤdlich, ſondern wirklich vor - theilhaft ſey.

Sie wird ohne Zweifel hoͤchſt nachtheilig, und kann, wie beſtimmte compara - tive Verſuche gezeigt haben, einen Verluſt von zwei und mehreren Koͤrnern nach ſich ziehen, wenn ſie ohne Moderation benutzt und der Unerſaͤttlichkeit der Schaͤ - fer uͤberlaſſen wird. Mit gehoͤriger Vorſicht betrieben hat man dagegen uͤberall keinen Nachtheil bei anderen comparativen Verſuchen davon verſpuͤrt, wenn naͤm - lich folgende Regeln beobachtet werden:

Die Saatbehuͤtung darf nur von dem Eintritte des anhaltenden Froſtes an bis zu Ende Februars geſchehen.

Nur ſo lange, wie die Oberflaͤche wirklich gefroren iſt, und deshalb bei ſon - niger Witterung nur des Morgens fruͤh und ſo lange die obere Erde von den Son - nenſtrahlen nicht erweicht iſt, weil ſonſt die Saat eingetreten und die Wurzeln verletzt werden.

Das Feld muß vom Schnee und Eiſe voͤllig frei ſeyn. Denn wenn eine ſchwache Bedeckung darauf liegt, ſo kratzen die Schaafe die Saat unter dem Schnee hervor, wodurch die Pflanzen verletzt und mit ihren Wurzeln losgeriſſen werden. Auch darf die Behuͤtung nicht geſchehen, wenn die Saat mit Glaseiſe oder Raureif uͤberzogen iſt.

Sie findet nur auf Feldern, die hinlaͤnglich mit Saat belegt ſind, nicht auf ſolchen, wo dieſe eben hervorſticht, ſtatt.

Eine ſpaͤtere Behuͤtung im Fruͤhjahre, nachdem die Vegetation eingetreten iſt, findet nur mit gehoͤriger Vorſicht in dem Falle ſtatt, daß man eine zu große Ueppigkeit und Geilheit der Saat, beſonders des Weizens zu beſorgen hat, in welchem Falle man mit der Behuͤtung tief ins Fruͤhjahr hinein, jedoch immer nur bei trockener Witterung fortfaͤhrt. Es muß aber alle Ueberlegung dabei gebraucht, und ſowohl auf die bekannte Kraft des Bodens, als auf die verſchiedene Frucht - barkeit der Witterung immer Ruͤckſicht genommen werden, damit man nicht zu weit gehe und die Pflanzen uͤbermaͤßig ſchwaͤche.

280Weiden und Hutungen.

Wird alles dieſes gehoͤrig beobachtet, ſo kann man wohl annehmen, daß der Schaafpferch dem Felde eben ſo viel an Kraft wiedergebe, als ihm durch das abgefreſſene Getreidegras entzogen wird.

Hoͤchſt verderblich aber iſt es, wenn der Acker eine ſolche Behuͤtung als Ser - vitut tragen muß, und der Diskretion eines fremden Schaͤfers ohne genaue Be - ſchraͤnkung uͤberlaſſen iſt.

§. 370.

Vehuͤtung der Wieſen.Ueber die Beweidung der Wieſen habe ich in dem Abſchnitte von der Wieſen - kultur geredet. Sie iſt im Fruͤhjahre fuͤr die Schaafe und im Herbſte fuͤr das Rindvieh von erheblichem Nutzen, und kann mit gehoͤriger Vorſicht, vom Eigen - thuͤmer ſelbſt benutzt, den Wieſen unnachtheilig und ſelbſt vortheilhaft ſeyn.

Wenn ſie als Servitute ausgeuͤbt wird, ſo koͤmmt es vor allem auf den Ter - min an, bis wohin ſie im Fruͤhjahre dauert und wo ſie im Herbſte anfaͤngt, der ge - woͤhnlich durch Obſervanz oder Rezeſſe feſtgeſetzt iſt. Im Fruͤhjahre macht ein etwas laͤngerer oder kuͤrzerer Termin einen betraͤchtlichen Unterſchied fuͤr den Wei - deberechtigten, aber einen noch groͤßeren fuͤr den Wieſeneigenthuͤmer, und des - halb iſt die Frage ſo wichtig: ob die Weideberechtigung nur bis zum neuen oder bis zum alten Maitage daure? In dieſen zwoͤlf Tagen iſt die Vegetation bei fruͤh eintretender warmer Witterung ſehr lebhaft; das weidende Vieh erhaͤlt reichliche Nahrung, ſtoͤrt nun aber den Graswuchs und die Ausbildung der Pflanzen, und hat in dem Falle einen ſehr nachtheiligen Einfluß auf den Heuertrag der Wieſe. In wiefern man die Wieſen abwechſelnd einen ganzen oder halben Sommer hin - durch als Weide vortheilhaft benutzen koͤnne, iſt oben geſagt worden.

§. 371.

Die Holz - weide.Als Nebenbenutzung kommt hauptſaͤchlich die Holzweide in Betracht. Ihr Werth richtet ſich theils nach der Beſchaffenheit und der hoͤheren oder niederen Lage des Bodens, theils nach dem Holzbeſtande.

Je ſtaͤrker das Holz beſtanden iſt, um deſto geringer iſt der Werth der Weide, nicht nur wegen des beſchraͤnkten Raums, ſondern weil auch das Gras um ſo un - kraͤftiger wird, als es ſtaͤrker beſchattet iſt. Selbſt wenn auf fruchtbarem Boden das Gras unter den Baͤumen in großer Maſſe aufſchlaͤgt, ſo hat man ſelbiges doch allgemein unkraͤftig und dem Viehe ſo wenig ſchmackhaft befunden, daß gutgenaͤhrtes281Weiden und Hutungen.genaͤhrtes und an beſſeres Futter gewoͤhntes Vieh ſolches erſt anruͤhrt, wenn es durch Hunger dazu gezwungen wird.

Dieſe Holzweide bringt aber den Forſten im Allgemeinen ungleich groͤßeren Nachtheil, als ſie Nutzen ſchafft. Unzaͤhlige und wichtige Forſten ſind dadurch verwuͤſtet und in dem elendeſten Kulturzuſtande erhalten worden. Aller junge Aufſchlag wird dadurch vernichtet, und die aͤlteren Baͤume werden ſehr nachthei - lig beſchaͤdigt. Dagegen iſt es fuͤr das Vieh immer eine wenig gedeihliche und ſehr oft ſchaͤdliche und Krankheiten erzeugende Weide.

Es giebt zwar der Faͤlle einige, wo der Nachtheil fuͤr hinlaͤnglich erſtarktes und genugſam geſchloſſenes Holz nicht erheblich iſt, und wo dagegen in den heiße - ſten Jahreszeiten der Wald dem Viehe einen angenehmen Zufluchtsort giebt, wo folglich der Eigenthuͤmer beider ſich ihrer nutzbar bedienen kann. Dieſe Faͤlle aber, wo es ohne Nachtheil der Holzkultur geſchieht, ſcheinen mir nur ſelten zu ſeyn, und wenn die Weide als Servitut ausgeuͤbt wird, noch ungleich ſeltener.

In Anſehung der Art des Holzes, unter welchen dieſe Weide ſtatt findet, be - merken wir folgendes: Unter Kiefern iſt ſie duͤrre und unbedeutend, beſſer unter Tannen und Lerchen. Die Eichen laſſen einen guten Raſen unter ſich entſtehen, die Buͤchen durchaus nicht. Birken verhalten ſich, wenn ſie nicht dicht geſchloſ - ſen ſtehen, wie die Eichen. Am ergiebigſten iſt die Weide unter den Ellern, die nur in feuchten Niederungen und Bruͤchern wachſen; aber ſie iſt hier auch am un - geſundeſten und dem Holzwuchſe am nachtheiligſten; und ein jedes Elſenbruch ſollte ſo dicht beſtanden ſeyn, daß kein Vieh ſich durchdraͤngen koͤnnte.

Zu den Holzweiden gehoͤrt gewiſſermaaßen die Eicheln - und Buchenmaſt, welche mit den Schweinen benutzt wird. Sie iſt in den verſchiedenen Jahren ſehr verſchieden, und man unterſcheidet volle, dreiviertel, halbe und einviertel Maſt, welche letztere man auch Sprankmaſt nennt. Man nimmt gewoͤhnlich an, daß in - nerhalb ſechs Jahren jedes dieſer Maſtverhaͤltniſſe ſich einmal einfinde, dreimal aber gar keine Maſt vorhanden ſey.

§. 372.

Die beſtaͤndigen Weiden, oder der dem Weidegange ausſchließlich gewidmeteBeſtaͤndige Weiden. Grund und Boden, finden als privatives Eigenthum in kultivirten Gegenden faſt nur noch unter folgenden Umſtaͤnden ſtatt:

Dritter Theil. N n282Weiden und Hutungen.

1) Wo der Boden einen ſo uͤppigen Graswuchs hat, daß man ihn, beſonders nach den beſtehenden Wirthſchaftsverhaͤltniſſen und der Obſervanz der Gegend, nicht vortheilhafter benutzen zu koͤnnen glaubt.

2) Wo der Anbau der Feldfruͤchte und ſelbſt die Benutzung als Wieſe, wegen der im Sommer leicht kommenden Ueberſchwemmung, zu unſicher iſt.

3) Auf Bergen und ſteilen Anhoͤhen, wo der Anbau anderer Fruͤchte des Klimas oder der Beſchwerlichkeit wegen nicht vortheilhaft ſeyn kann.

Außerdem iſt faſt aller privativer Grund und Boden in kultivirten Gegenden unter den Pflug genommen, und dem Ackerbau ausſchließlich oder doch wechſels - weiſe gewidmet worden. Nur da, wo Kommunion des Grundeigenthums oder Servitute es nicht verſtatten, liegt guter, des Anbaues werther Boden noch aus - ſchließlich zum Weideanger beſtimmt, und wird als ſolcher um ſo geringer benutzt, da ſich in der Regel keiner der Intereſſenten um ſeine Verbeſſerung bekuͤmmert.

§. 373.

Fettweiden.Zu der erſten Art gehoͤren hauptſaͤchlich diejenigen Weiden, welche ihrer Nahrhaftigkeit wegen zu Fettweiden beſtimmt ſind, und ſo benannt werden, ob - wohl man ſie auch oft mit Milchkuͤhen und Pferden benutzt. Man iſt zwar uͤber - zeugt, daß dieſe Weiden unter dem Pfluge genommen und mit den edelſten Fruͤch - ten beſtellt, einen ungleich hoͤheren Ertrag geben wuͤrden. Aber man ſieht ſie und die in ihnen ſteckende Kraft als einen von den Voreltern uͤberlieferten und den Nachkommen aufzubewahrenden Schatz, als ein Heiligthum an, und erklaͤrt den fuͤr einen Verſchwender und Frevler, der ſich an ihrem Umbruch macht, und ſich den daraus zu ziehenden Vortheil zueignet. Man ſchreibt dieſen alten Weiden eine bewunderungswuͤrdige naͤhrende Kraft zu, und glaubt, daß ſie einmal aufge - brochen nie wieder in dieſe Kraft geſetzt werden koͤnnen, wenn gleich dem An - ſcheine nach ein eben ſo ſtarker Graswuchs darauf erzeugt wuͤrde. Das hohe ſtarke Gras, giebt man zu, koͤnne wieder darauf entſtehen, aber das feine dichte Untergras ſey auf keine Weiſe wieder herzuſtellen.

Ich wage es nicht zu entſcheiden, in wiefern dieſe von vielen erfahrnen und ſonſt vorurtheilsfreien Landwirthen vertheidigte Meinung gegruͤndet ſey. Ich glaube aber, daß da, wo man die Unerſetzlichkeit der dichten und nahrungsreichen Grasnarbe bemerkt hat, unrichtig verfahren ſey. Man hat entweder den Boden283Weiden und Hutungen.durch Ernten zu ſehr erſchoͤpft, oder man iſt bei der Niederlegung zu Graſe nicht richtig zu Werke gegangen, hat die neue Graserzeugung entweder ganz der Natur uͤberlaſſen, die ſie nur langſam bewirken kann, oder den Saamen ſolcher Graͤſer und Kraͤuter gewaͤhlt, welche dieſe dichte Narbe nicht wiederherſtellen konnten. In vielen andern Gegenden hat man dieſe Fettweiden in eine ihnen angemeſſene Wechſelwirthſchaft gelegt, und ſo unlaͤugbar einen groͤßeren Vortheil daraus ge - zogen, und in den Grasjahren mehr Vieh davon ernaͤhrt, als in ihrem vormali - gen Zuſtande geſchah.

§. 374.

Zu den Weiden der zweiten Art gehoͤren hauptſaͤchlich die, welche an leichtDer Ueber - ſchwemmung ausgeſetzte Weiden. anſchwellenden und austretenden Stroͤmen, oder aber hinter den Verwallungen liegen, womit man dieſe Stroͤme beſchraͤnkt hat. Dieſe Weiden ſind mehrentheils ſehr nahrungsreich, und werden durch das zu Zeiten erfolgende Ueberſtroͤmen ge - duͤngt. Sie ſind mehr oder minder unſicher zu anderer Benutzung, und begruͤn - den in manchen Thalgegenden, deren Aecker auf der Hoͤhe liegen, das daſelbſt be - ſtehende Wirthſchaftsſyſtem richtig.

Noch beſſer haͤlt man die am Geſtade bes Meeres liegenden, weil das ſalzige Gras dem Viehe ſehr zutraͤglich erachtet wird.

§. 375.

3) Die Bergweiden haben mehrentheils ein ſehr nahrhaftes, aromatiſches undDie Bergwei - den. beſonders die Milch-Abſonderung befoͤrderndes Weidegras. Sie ſind daher vor - zuͤglich den Milchkuͤhen gewidmet, die dann waͤhrend des Sommers, oft in be - traͤchtlicher Entfernung vom Wirthſchaftshofe, Tag und Nacht daſelbſt verwei - len, und nur bei herannahendem Winter wieder zu Hauſe kommen. Hierher ge - hoͤrt insbeſondere die beruͤhmte Schweizeriſche und Tyroliſche Alpenweide.

Andere ſteile, dem Pfluge und dem Wagen unzugaͤngliche Anhoͤhen, deren Gras zwar dicht aber nicht ſtark iſt, werden am vortheilhafteſten mit Schaafen be - nutzt. Um einer ſolchen Weide die Kraft zu erhalten, muß man ihr auch den naͤchtlichen Pferch der Schaafe laſſen. Mit demſelben verbeſſert ſie ſich immer, ohne ſolchen aber nimmt ſie ab und wird bemooſet.

N n 2284Weiden und Hutungen.

§. 376.

Kommune Weideaͤnger.Andere beſtaͤndige Weiden, deren Boden zum Ackerbau geſchickt und ſicher waͤre, findet man als privatives Eigenthum jetzt nur ſelten, weil man ihre vor - theilhaftere Benutzung als beſtaͤndiges oder wechſelndes Ackerland laͤngſt eingeſe - hen hat. Diejenigen Weideaͤnger und Lehden, welche man noch antrifft, ſind gewoͤhnlich Kommunen, oder es ruhen auf ihnen doch Servitute, die eine andere Benutzung verhindern. Dieſe Gemeinweiden befinden ſich gewoͤhnlich in dem elendeſten Zuſtande, weil jeder ſie moͤglichſt benutzen, aber keiner auf ihre Kultur etwas verwenden will. Sie werden, beſonders wenn ſie bequem und nahe liegen, uͤbermaͤßig, unzeitig mit allerlei Vieh durcheinander, oder doch nicht in gehoͤriger Folge betrieben, und gewaͤhren folglich dem Viehe oft nur eine Abtrift und keine Nahrung. Bei der Anerkennung des geringen Nutzens iſt man nun ſchon ſeit lan - ger Zeit darauf verfallen, ſie foͤrmlich zu theilen, oder es hat doch ein Intereſſent gegen gleiche Verguͤnſtigung dem anderen nachgeſehen, wenn er ſich einen Theil davon zueignete und umbrach. Auch hat ſich die Grundherrſchaft in einigen Faͤllen der Landesherr, in anderen der Grundherr das Recht zugeeignet, ſol - chen Grund und Boden neuen Anſiedlern auszuweiſen. Und ſo haben ſich dieſe Gemeinweiden ſeit mehreren hundert Jahren ebenfalls betraͤchtlich vermindert. So vortheilhaft dies der Ackerkultur im Allgemeinen zu ſeyn ſcheint, ſo hat es doch keinen Zweifel, daß die Verminderung dieſer Viehweiden dem Ackerertrage bei ſonſt unveraͤndertem Wirthſchaftsſyſteme geſchadet habe, und daß vormals die gewoͤhnlichen Wirthſchaften beſſer beſtehen konnten, wie jetzt.

Neuere Erfahrungen, die man uͤber den Erfolg der Theilung der kommunen Werdeaͤnger gemacht hat, beſtaͤtigen dies; wenn naͤmlich mit derſelben keine neue Einrichtung in Anſehung der Ackerlaͤnderei und der ganzen Wirthſchaftsart getrof - fen wurde. Jeder brach nun ſeinen erhaltenen Antheil um, und nahm die Fruͤchte davon, die derſelbe aus ſeiner natuͤrlichen Kraft tragen konnte, bis dieſe erſchoͤpft war. Der erweiterte Ackerbau haͤtte mehreren Duͤnger verlangt, aber dieſer hatte ſich nur um ſo ſtaͤrker vermindert, da man die verlorne Wiede auf eine andere Art nicht erſetzt hatte. Die Wirthſchaft und der Ertrag das Ganzen ſank alſo um ſo tiefer herunter, je ausgedehnter der Ackerbau geworden war. Es hat alſo große Bedenklichkeiten, einen gemeinen Weideanger allein zu theilen, ohne damit eine285Weiden und Hutungen.Theilung des ganzen Areals, Aufhebung beſchraͤnkender Servitute und eine neue, auf Dreeſchweide oder Stallfutterung begruͤndete Wirthſchaftseinrichtung zu ver - binden. Soll und kann letzteres nicht geſchehen, ſo iſt es fuͤr den Wohlſtand der Gemeinden ohne Zweifel beſſer, den Weideanger als ſolchen beizubehalten, aber Einrichtungen zu treffen, wodurch ſeine Kultur als Weide befoͤrdert, und ſeine moͤglich hoͤchſte und regelmaͤßige Benutzung geſichert wird.

§. 377.

Bei der Kultur der Weiden kommt hauptſaͤchlich folgendes in Betracht:Kultur der Weiden.

Sie muͤſſen abgewaͤſſert werden, wenn irgendwo ſtauendes Waſſer ſie ſum - pfig macht, weil ſolche ſumpfige Stellen einer jeden Viehart, hauptſaͤchlich aber den Schaafen, zum Verderben gereichen koͤnne. Graͤben, Waſſerfaͤnge und Waſſerfurchen muͤſſen auch auf Weiden, es ſeyen beſtaͤndige oder wechſelnde, offen gehalten werden.

Ebnung und Vertilgung der Maulwurfshuͤgel iſt fuͤr ihre hoͤhere Benutzung ſehr wichtig.

Auf die Vertilgung ſchaͤdlicher, giftiger oder auch nur den Raum wegneh - mender Unkraͤuter muß geachtet werden. Insbeſondere vermehren ſich die Diſteln am ſtaͤrkſten auf fruchtbaren Weiden, weil das Vieh ſie nicht anruͤhrt und ihr Saamen zur Reife kommt. Das Vieh laͤßt nicht nur dieſe Diſteln ſelbſt, ſon - dern auch das unter ihnen hervorkommende Gras ſtehen, und man findet, daß Weiden damit gaͤnzlich uͤberzogen und folglich wenig nutzbar werden. Die Huͤlfe iſt leicht, wenn man nur von Zeit zu Zeit und beſonders in ihrer Bluͤthe den An - ger mit der Senſe uͤbergeht, und ſie abhaut. Wenn dieſes wiederholt geſchieht, ſo gehen ſie aus; auch werden ſie vom Viehe gefreſſen, wenn ſie, an der Erde lie - gend, welk geworden ſind. Auf gleiche Weiſe vertilgt man die Wolfsmilch, das Bilſenkraut und mehrere andere ſchaͤdliche Gewaͤchſe.

Endlich iſt die Verbreitung des Weideduͤngers dem Anger hoͤchſt vortheilhaft, wogegen er, wenn er in Klumpen liegen bleibt, im erſten Jahre das Gras ganz unterdruͤckt, und in dem folgenden Geilhoͤrſte macht, die das Vieh ohne Noth nicht anruͤhrt. Gehoͤrig ausgeſtreut befoͤrdert er dagegen einen gleichmaͤßigen Graswuchs, und ſein dem Viehe anekelnder Geruch verliert ſich bald. Man er - laubt oft dem Hirten, dieſen Weideduͤnger zuſammen zu ſchlagen und zu verkaufen,286Weiden und Hutungen.um nur die Weide davon zu befreien, entzieht aber dadurch dem Anger, was ihm gebuͤhrt, und macht ihm kraftloſer fuͤr die Folge.

§. 378.

Richtiger Be - ſatz der Wei - den.Ferner kommt es bei der Benutzung der Weiden auf einen angemeſſenen Viehbetrieb an. Ein uͤbermaͤßiger Beſatz der Weiden zerſtoͤrt die Vegetation und laͤßt die Pflanzen zu keiner Entwickelung kommen; das Vieh frißt die Wurzeln ſelbſt aus der Erde heraus. Auf der anderen Seite iſt es aber auch gewiß, daß eine Weide zu ſchwach beſetzt werden koͤnne, und daß ſich dadurch ihr Ertrag und ihre Benutzung vermindere, und ſie wirklich in der Folge an Kraft abnehme. Es ſchlagen dann manche Pflanzen auf, die das Vieh in ihrem aͤlteren Zuſtande nicht frißt. Sie erſtarken dadurch und vermehren ſich; das feine und vorzuͤgliche Wei - degras vergeht. Auch fehlt bei einem zu ſchwachen Beſatze der Weideduͤnger, den der Anger ſonſt erhalten wuͤrde.

Aus gleicher Urſach duͤrfen die Weiden weder zu fruͤh noch zu ſpaͤt betrie - ben werden.

Es iſt ohne Zweifel den Weiden vortheilhafter, wenn man das Vieh von Zeit zu Zeit von einem Platze wegnimmt und das Gras wieder hervortreiben laͤßt. Man theilt deshalb bei den vollkommenſten Weidewirthſchaften das Weideland in Schlaͤge, bringt auf jeden Schlag dasjenige Vieh zuerſt, welches man am kraͤf - tigſten naͤhren will, und laͤßt dieſem einen andern Stapel folgen, der ſich mit we - nigerem begnuͤgen ſoll. Hierdurch bewirkt man ein vollkommenes Rein - und Niederfreſſen des Graſes, ſo daß auch die vom Viehe minder geliebten Pflanzen nicht ſtehen bleiben. Dann aber giebt man dem Graſe gehoͤrige Zeit zum Wieder - wachfen, und bringt dann den erſten Stapel wieder auf.

§. 379.

Folge der Vieharten.Die Folge, die Verbindung oder Abſonderung der verſchiedenen Vieharten auf den Weiden richtet ſich nach den Lokalverhaͤltniſſen.

Haͤufig giebt man im erſten Fruͤhjahre die beſte Weide den Schaafen ein, weil ſie derſelben zur Vermehrung der Milch und zum Gedeihen der Laͤmmer dann vorzuͤglich beduͤrfen. Kann man das Rindvieh mit der Winterfutterung laͤnger auf dem Stalle erhalten, ſo mag dies auch ohne Nachtheil des letzteren geſchehen. Denn die fruͤhe Beweidung mit Schaafen verdichtet der Erfahrung nach den287Weiden und Hutungen.Graswuchs. Allein die Schaafe duͤrfen nicht zu lange darauf gehalten werden, und es muß eine Zwiſchenzeit mindeſtens von drei Wochen zwiſchen der Bewei - dung mit Schaafen und mit Rindvieh gehalten werden, damit nicht nur das Gras wieder emporkomme, ſondern auch der dem Rindviehe widrige Geruch des Schaaf - pferchs ſich verliere. Wechſelt auch in der Folge Rindvieh und Schaafe miteinan - der ab, ſo muß dieſer Zwiſchenraum immer beobachtet werden.

Eine Vermengung des Rindviehes mit einigen Maſtſchaafen und mit Pfer - den koͤmmt nicht nur auf ſchlecht benutzten Weiden, wo es nur aus Noth und Un - ordnung geſchieht, ſondern auch auf ſehr reichen Fettweiden vor; auf letzteren glaubt man, das fuͤr das Rindvieh zu harte und grobe Gras, dasjenige, was be - ſonders auf Geilſtellen waͤchſt, am beſten fuͤr die dazwiſchen gehenden Pferde zu benutzen, wogegen das feine Gras, welches das Rindvieh nicht faſſen kann, den Schaafen zu Gute komme. Man laͤßt hier gern das Gras bis auf den Grund nie - der und rein abfreſſen, welches man ohne dieſe Vermengung der Vieharten nicht erreichen wuͤrde, und glaubt, daß es dann nach einiger Zwiſchenzeit um ſo dichter und reichlicher wieder aufſchlage.

Andere ziehen es aber vor, nach heruntergenommenem Rindvieh erſt Pferde, dann Schaafe folgen zu laſſen, und nun dieſem Weideſchlage Ruhe zu geben.

§. 380.

Die Eintheilung der Weide, ſie liege nebeneinander oder an mehreren Or -Eintheilung der Weide in Schlaͤge. ten, in Schlaͤge, die nach einer beſtimmten Ordnung und Zeit mit den verſchiede - nen Vieharten betrieben werden und wieder ruhen, hat ohne allem Zweifel große Vortheile vor dem allgemeinen Ueberlaufen des Viehes. Das Vieh auf engeren Plaͤtzen zu jeder Zeit beſchraͤnkt laͤuft nicht, um immer ihm beſſer ſchmeckende Stellen zu finden, ſo viel umher, vertritt und beſudelt weniger. Das Gras wird allenthalben gleichmaͤßig abgefreſſen, und hat dann wieder Zeit zu erſtarken, wo - gegen bei dem allgemeinen Ueberlaufen einige Stellen anfangs unberuͤhrt bleiben, und dann zu hart werden; das Vieh aber andere ſo ſtark mitnimmt, daß ſie kaum wieder ausgruͤnen koͤnnen. Das Vieh iſt auf ſolchen Weiden ruhiger, und dieſe Ruhe iſt ihm gedeihlicher.

In manchen Gegenden, wo die Weidewirthſchaft mit beſonderer Aufmerk - ſamkeit betrieben wird, theilt man die Weideplaͤtze in ſehr kleine Koppeln und288Weiden und Hutungen.Schlaͤge ab, und beſetzt jede Koppel mit einer angemeſſenen Zahl von Haͤuptern, wobei man dann ſolche zuſammenbringt, die ſich einander moͤglichſt gleich ſind, und, zuſammen gewoͤhnt, friedlich betragen. Die mit Hecken abgetheilten kleinen Weidekoppeln werden daher ſehr geſchaͤtzt, indem man auch den Schutz der Hecken gegen den zu ſtarken Sonnenſchein, und gegen den Wind, ſo wie die mehrere Gemuͤthsruhe, welche das Vieh daſelbſt genießt, hoch anſchlaͤgt.

§. 381.

Viehtraͤnken.Bei allen Weiden ſind gute Viehtraͤnken eine wichtige Bedingung. Es iſt ein jaͤmmerlicher Behelf, wenn das Vieh aus Troͤgen, in welche man das Brun - nen - oder Grabenwaſſer ſchoͤpft, getraͤnkt werden muß. Wo ſich die Viehtraͤn - ken alſo nicht von Natur finden, muͤſſen ſie durch Kunſt angelegt werden.

Sie werden an ſolchen Stellen ausgegraben, wohin das Waſſer den meiſten Zug hat, und wo man das Waſſer der Graͤben hineinleiten kann. Es iſt nicht rathſam, ſie unmittelbar an den Graͤben anzulegen, oder dieſe zu dem Zwecke zu erweitern; denn der Graben wird dadurch eingetreten und leicht verſchlammt. Man thut beſſer aus einem Waſſergraben einen Kanal nach der Viehtraͤnke hinzu - leiten, und wenn es derſelben an Waſſer fehlt, ſolches durch Stauung des Gra - bens hineinzuzwaͤngen.

Dieſe Viehtraͤnken muͤſſen in der Mitte wenigſtens eine Tiefe von 7 Fuß ha - ben, und vom Rande ſchraͤg ablaufen. Ihr Umfang iſt nach der Zahl des Viehes verſchieden; gewoͤhnlich nimmt man 60 Fuß als mittleren Durchmeſſer an.

Auf einem lehmigen und thonigen Boden halten ſie das Waſſer von ſelbſt, und es iſt genug, wenn man ſie nach dem Ausgraben nur ausglaͤttet und feſtſtampft. Wenn aber der Boden ſandig iſt oder viele abziehende Sandadern hat, ſo iſt es nicht zureichend, ihm, wie manche thun, mit Thon auszuſchlagen, indem dieſer Thon leicht Riſſe bekommt oder von Maͤuſen durchbohrt wird, da ſich dann das Waſſer einzieht und verſchwindet. Man muß einen Kalkmoͤrtel darauf bringen, am beſten auf folgende Weiſe: Man ſiebet, nachdem die Oberflaͤche aufs ſorgfaͤl - tigſte geebnet und platt geſchlagen worden, friſch zerfallenen Kalk 2 bis 3 Zoll dick daruͤber her, und benetzt ihn ſo ſtark, daß er zu Brei wird. Ueber dieſen Kalk bringt man dann eine Thonlage von 6 Zoll dick, und ſchlaͤgt ihn, wie auf einer Dreeſchtenne feſt.

Tafel I.
Tafel II
Tafel III
Tafel IV
Tafel V.
Tafel VI
Tafel VII
Tafel VIII
Tafel IX
Tafel X
Tafel XI
Tafel XIII
Tafel XIV

About this transcription

TextGrundsätze der rationellen Landwirthschaft
Author Albrecht Daniel Thaer
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationGrundsätze der rationellen Landwirthschaft Dritter Band Albrecht Daniel Thaer. . XVI, 288 S. RealschulbuchhandlungBerlin1810.

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Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz SBB-PK, Ov 2670-3<a>http://stabikat.de/DB=1/SET=12/TTL=1/CMD?ACT=SRCHA&IKT=1016&SRT=YOP&TRM=543673448

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Landwirtschaft; Wissenschaft; Landwirtschaft; Gebrauchsliteratur; core; ready; china

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  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
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