Seiner Majeſtaͤt dem Koͤnige Friedrich Wilhelm dem Dritten von Preußen, ſeinem allergnaͤdigſten Herrn, dem Wiederherſteller des unbeſchraͤnkten Grundeigenthums und der Freiheit ſeiner Anbauer; dadurch dem hoͤchſten Befoͤrderer des Landbaues[IV] widmet dieſes Werk bei deſſen Vollendung im tiefſten Gefuͤhle der Ehrfurcht und der Dankbarkeit der Verfaſſer.
Mit dieſem Bande uͤbergebe ich alſo meinen Goͤnnern und Freunden die Vollendung dieſes Werks.
Ich ſchmeichle mir den hoͤchſten Standpunkt, worauf die Landwirth - ſchaft als Wiſſenſchaft jetzt ſtehet, dargeſtellt zu haben. Dieſer aber iſt bei weitem nicht der hoͤchſte, wohin ſie gelangen kann; ſie hat ſchon Fort - ſchritte waͤhrend der Bearbeitung dieſes Werks gemacht. Ich werde auf dem Grunde deſſelben mit meinen geliebten und treu verbundenen Mitar - beitern am Inſtitute zu Moͤgelin, Crome und Koppe, wovon ſich jener ganz dem naturwiſſenſchaftlichen Fache in Bezug auf den Ackerbau, dieſer dem praktiſch wiſſenſchaftlichen gewidmet hat, fortarbeiten. Doch fordre ich auch einen jeden Landwirth, der aus Liebe zur Sache die Feder er - greift, nochmals auf, ſich mit uns zur Vervollkommnung der Wiſſen - ſchaft und zur Berichtigung ihrer Darſtellung in dieſem Werke zu ver - binden. Meine Annalen der Fortſchritte der Landwirthſchaft ſollen vor allem dieſer Kritik gewidmet ſeyn; ich werde jeden Beitrag dazu mit Dank erkennen, wenn er mir auch anonym — falls er ſich dann nur nicht auf ſpezielle Thatſachen, die der Buͤrgſchaft wenigſtens eines Namens beduͤr - fen, gruͤndet — zugeſchickt wuͤrde. Mein Streben geht dahin, die Spur meines Daſeins im deutſchen Ackerbau fuͤr die Nachwelt zu hinterlaſſen, aber ſo, daß ſie leitend und nicht irre fuͤhrend ſey. Deshalb bitte ich ſo dringend, mich zu warnen, wenn ich ſelbſt irre zu gehen ſcheine.
VIVorrede.Was die Ausarbeitung dieſes Werkes betrifft, ſo erkenne ich Maͤn - gel, die ich wohl vermieden haben wuͤrde, wenn nicht die mehrmalige Ver - aͤnderung meiner Lage und die Ereigniſſe der Zeit zu ſehr auf mein Ge - muͤth eingewirkt, und dem Geiſte die erforderliche Heiterkeit und Beſon - nenheit oft geraubt haͤtten.
Ich hoffe mein Verſprechen: die Lehre von der vegetabiliſchen und thieriſchen Production vollſtaͤndig und klar vorzutragen, und ſie dennoch in dieſem Bande zu konzentriren — erfuͤllt zu haben. Meine Abſicht war freilich, noch von den gewoͤhnlichſten Krankheiten jeder Art und ihrer Be - handlung das Noͤthigſte zu ſagen. Da dies aber ohne eine klare Ueber - ſicht der Lehre von der thieriſchen Natur nicht geſchehen konnte, ſo fand ich, daß dieſes nicht in der hier erforderlichen Kuͤrze moͤglich ſey, ohne dem groͤßten Theile meiner Leſer dunkel zu bleiben. Wenn ich aber Muße habe, ſo werde ich ein beſonderes kleines Werk uͤber die Thierarz - neikunde fuͤr denkende Landwirthe ſchreiben. Ich werde darin einige, auch dem Landwirthe nicht unnuͤtze Ruͤckblicke auf die mediziniſche Wiſ - ſenſchaft uͤberhaupt, und auf den Zuſtand, worin ſie ſich jetzt befindet, werfen, da ich ſie ſeit 44 Jahren nie ganz aus dem Auge verlor.
Doch muß ich erwarten und hoffen meine Thaͤtigkeit vorerſt mit Ge - genſtaͤnden anderer Art beſchaͤftigt zu ſehen.
Berlin, den 1ſten Maͤrz 1812.
Man ſetzt Produktion und Fabrikation gewoͤhnlich einander entgegenUnterſchied zwiſchen Pro - duktion und Fabrikation; worauf er beruhe. und glaubt, daß ſie in phyſiſcher Hinſicht nicht nur, ſondern auch in oͤkono - miſcher oder gewerblicher dermaßen einander entgegenſtaͤnden, daß die Grund - ſaͤtze, die bei letzterer guͤltig ſind, bei erſterer durchaus keine Anwendung faͤn - den, und daß folglich der Produzent ſowohl als der Staatswirth, in Anſe - hung beider, ganz verſchiedene Maximen annehmen muͤſſe.
Verſchieden ſind ſie allerdings und jede hat ihr Eigenthuͤmliches. Aber dies Eigenthuͤmliche iſt nicht ſo antipolariſch und nicht auf eine ſo grelle Weiſe verſchieden, wie man gewoͤhnlich angiebt. Noch weniger iſt der Un - terſchied in Anſehung der entgegen geſetzten Grundſaͤtze begruͤndet, die man nur zu haͤufig zum Nachtheil der erſtern angenommen hat. Es wird daher ein Wort uͤber ihre Gleichheit und Verſchiedenheit hier nicht zur unrechten Zeit geſprochen ſeyn.
Schon laͤnger und klarer ſind die Grundſaͤtze und Regeln ausgebildet und dargeſtellt, welche man zum gluͤcklichen Betriebe des Fabrikweſens angenom - men und beobachtet hat. Sie koͤnnen Fingerzeige fuͤr das Produktions-Gewerbe geben, wenn man aus der Aehnlichkeit des letztern mit dem erſtern die Anwend - barkeit jener Regeln auf dieſes folgert.
Man hat geſagt: die Fabrikation wandle die Materialien nur um, in eine andre Form; Produktion bringe jene hervor — wie dies in den Worten ſelbſt zu liegen ſcheint.
Aber Produktion iſt auch keine neue Schoͤpfung aus Nichts. Das Ma - terial zur Ausbildung, zum Wachsthum und zur Vollendung der Pflanze wieA 24Einleitung.des Thiers muß da ſeyn. Der Produzent wie der Fabrikant muß es aufſuchen, und jener wie dieſer es mehrentheils herbeiſchaffen und oftmals kuͤnſtlich vor - bereiten. Nur aus den ſchon vorhandenen Stoffen kann Produktion wie Fa - brikation, indem ſie ſolche zerſetzt und zu neuen Formen umbildet, ihre Pro - dukte erzeugen.
Dieſe Umbildung aber, ſagt man, geſchehe bei der Produktion durch die Kraft der Natur, bei der Fabrikation nur durch die Kraft und Kunſt der Menſchen. Aber auch bei der Fabrikation wirkt der Menſch nur durch den Gebrauch der Naturkraͤfte, und wuͤrde ohne ſie wenige Fabrikate hervorbrin - gen. Bei einigen leitet er ſie zwar mehr und wendet ſie ganz nach ſeiner Willkuͤr an, bei andern muß er die Natur ganz nach ihren eigenen Geſetzen wirken laſſen; bei allen denen, naͤmlich wo ein chemiſcher Prozeß erforderlich iſt, z. B. bei der Faͤrberei, der Wein -, Bier -, Branntwein - u. ſ. f. Erzeu - gung, wo er dieſe Naturwirkung nur ordnen und moderiren kann.
Aber, wird man ſagen, die Natur hat doch an der Produktion einen weit groͤßern Antheil wie an der Fabrikation? Freilich, wenn die Natur nur fuͤr beſchraͤnkte Zwecke und Beduͤrfniſſe produziren ſoll! — Auf einen menſchenleeren Boden kann die Natur ſo viel produziren, daß die Sammlung der Fruͤchte und die Erlegung des Wildes zureicht, um einzelne umherſtreifende Horden zu ernaͤhren; aber faſt nur in jenen guͤnſtigen Klimaten, wo der Menſch urſpruͤnglich heimiſch zu ſeyn ſcheint. So wie er das Paradies verließ und ſich mehr uͤber die Erde verbreitete, mußte er mit Dornen und Diſteln kaͤm - pfen, und ſein Brod im Schweiße ſeines Angeſichts eſſen, d. h. Arbeit und Kunſt auf die Produktion ſeiner Beduͤrfniſſe verwenden. Aus jenen guͤnſtigen Klimaten mußte er die nahrhafteren Kornarten ſo wie ſeine Hausthiere mit - nehmen, und mit Sorgfalt und Kunſt ſie an die neue Heimath gewoͤhnen, wo er ſich ſelbſt anſiedelte. Und ſo wie ſeine Beduͤrfniſſe mit ſeiner Vermeh - rung und ſeiner Kultur ſtiegen, ward immer mehrere Kunſt und Arbeit noͤthig, ſo daß gegenwaͤrtig bei den kultivirteren Nationen der Antheil der letzteren an der erzeugten Produktenmaſſe gegen den Antheil der Natur gewiß nicht geringer iſt, wie bei den meiſten Fabrikaten. Und ſo mit faͤllt auch jene Behauptung vom groͤßeren Antheile der Kunſt bei der Fabrikation von ſelbſt weg. Und5Einleitung.deßhalb werden, ſo wie die Produktion im Maſſe und Werthe ſteigt, fuͤr den Produzenten dieſelben Geſetze und Regeln eintreten, die bei dem Fabrikationswe - ſen beobachtet werden muͤſſen. Ich kann daher von meiner einſt dargeſtellten, aber manchen befremdenden Anſicht, wo ich den Grund und Boden als das rohe Material des Landwirths betrachtete, nicht abgehen, wenn das Ackerbau - und Fabrikgewerbe mit einander verglichen werden ſollen, um ſo weniger, da mir dieſe Anſicht fruchtbar an den wichtigſten Folgerungen fuͤr den Gewerbsbetrieb und die Nationalwirthſchaft duͤnkt.
Man koͤmmt dem Scheidungspunkte zwiſchen Fabrikation und Produktion naͤher, wenn man ihn darin ſetzt, daß jene durch Kunſt und Arbeit die Form darſtelle oder darzuſtellen ſuche, willkuͤrlich nach der Idee, die ſie davon gefaßt hat; daß dagegen die Produktion an diejenigen Formen gebunden ſey, welche die Natur einmal beſtimmt hat; daß ſie ſelbige zwar auswaͤhlen, aber nie ab - aͤndern koͤnne. Allein auch dies iſt noch nicht beſtimmt genug, weil naͤmlich gewiſſe Fabrikationen ſich ebenfalls nach den Naturformen richten muͤſſen, wie z. B. die Salzfabrikation, und uͤberhaupt alle, wobei eine Kryſtalliſation oder chemiſcher Prozeß eintritt, und welche auch nur modifizirt werden koͤnnen, nicht ganz von der Willkuͤr, ſondern groͤßtentheils von den Wirkungen der Natur abhangen.
Am richtigſten beſtimmt man den Unterſchied in phyſiſcher Hinſicht wohl dadurch, wenn man ſagt: die Produktion bediene ſich zur Bildung ihrer Pro - dukte nur des Saamens und Keimes, und ſey durchaus an die Formen gebun - den, welche die Natur darin gelegt hat. Denn jedes Produkt, vegetabiliſches und thieriſches, geht allein aus dem Keime hervor, dem aber die guͤnſtige Ge - legenheit zu ſeiner Entwickelung, und das Material zu ſeiner Nahrung, Wachs - thum und Vollendung mehrentheils durch die Kunſt gegeben werden muß.
Ganz unthaͤtig verhaͤlt ſich indeſſen auch die Kunſt bei der Bildung der im Saamenkeime liegenden Form nicht, indem ſie dieſe durch die willkuͤrlich veran - ſtaltete Begattung der Individuen von verſchiedenen Arten und Raçen abzuaͤn - dern vermag; welches indeſſen mehr bei der thieriſchen als vegetabiliſchen Pro - duktion in Anwendung kommt.
Entſtehung aus Saamen.Die urſpruͤngliche Entſtehung aller vollkommneren Pflanzen, welche hier nur in Betracht kommen, geſchiehet durch den Saamen, welcher durch den Zeugungsact gebildet wird. In Anſehung des phyſiſchen Theils dieſer Lehre, den ich hier ſonſt mit Ruͤckſicht auf landwirthſchaftliche Produktion ausfuͤhren wuͤrde, kann ich mich auf meines geliebten Schwiegerſohns, des Profeſſor Crome Handbuch der Naturgeſchichte fuͤr Landwirthe, ſo wie auch auf verſchie - dene Fragmente meines ſeligen Freundes Einhof, welche ich im 7ten und 8ten Bande meiner Annalen des Ackerbaues habe abdrucken laſſen, beziehen; indem darin dieſe Lehre, ſo wie ſie dem denkenden Landwirthe angemeſſen iſt, und ganz nach meiner Anſicht der Sache, vorgetragen worden. Ich gehe deßhalb ſogleich zum Praktiſchen uͤber.
Die Produktion aus Saamen iſt nicht nur die urſpruͤngliche, ſondern auch die gewoͤhnliche, und ich werde daher im Allgemeinen nur von dieſer reden; der Produktion aus andern Keimen aber nur bei denjenigen einzelnen Pflan - zen erwaͤhnen, wo ſelbige in Anwendung kommt.
Bei jedem Saamenkorne kommt es auf eine vollſtaͤndige Ausbildung, Reife und geſunde Erhaltung an.
Vollſtaͤndig - keit des Saa - mens.Unvollſtaͤndig ausgebildete Saamen koͤnnen zwar Keimkraft haben, es liegt in ihnen aber immer eine Anlage zur Schwaͤche und Kraͤnklichkeit der Pflanze. Zwar kann dieſe Anlage durch guͤnſtige Umſtaͤnde, durch einen vorzuͤglich fuͤr die Pflanze geeigneten Boden und Witterung uͤberwunden werden, und es koͤnnen aus einer unvollſtaͤndigen zuſammengeſchrumpften Saat geſunde und ſtarke Fruͤchte hervorgehen; allein die Gefahr des Mißrathens bleibt immer groͤßer, und ſteht in keinem Verhaͤltniſſe mit der Erſparung, die ein Land - wirth durch ſolche machen koͤnnte. Ich erinnere dieſes um ſo mehr, da der große engliſche Naturforſcher Banks bei Gelegenheit ſeiner Bemerkungen uͤber das Befallen des Getreides die uͤbereilte Behauptung aufſtellte, daß die eingeſchrumpften Koͤrner dieſes befallenen Getreides zwar wenig zu anderem7Vegetabiliſche Produktion.Gebrauche, aber vollkommen zur Ausſaat geſchickt ſeyn, indem ſie ihre Keim - kraft nicht verloren haͤtten. Dieſe Meinung des großen Mannes, welche vielen und ſchaͤdlichen Eindruck haͤtte machen koͤnnen, iſt aber ſogleich von meh - reren Landwirthen experimentaliſch widerlegt worden. Und wenn gleich einige Landwirthe kleinere und ſchwaͤchere Koͤrner aus dem Grunde zur Einſaat em - pfohlen haben, weil deren mehrere in einem beſtimmten Maaße ſich befaͤnden, ſo ſind doch alle aufmerkſamere Beobachter von den Vortheilen der moͤglichſt vollſtaͤndigen und groͤßten Koͤrner uͤberzeugt, und man hat nicht ſelten eine vorzuͤgliche und ausgezeichnete Saat dadurch erhalten, daß man durch Aus - wahl der vollkommenſten Aehren und Koͤrner ſich einen Stamm ſtaͤrkerer[Pflan - zen] verſchaffte, und dieſen durch ſorgfaͤltigere Behandlung erhielt. Hierauf beruhen zum Theil die Vorzuͤge, welche man an auslaͤndiſchen Getreidearten bemerkt, ſo lange man ſie mit beſonderer Sorgfalt auch in Hinſicht der Saa - menauswahl behandelt. Die zur Saat beſtimmte Frucht muß alſo gleich an einer ſolchen Stelle gewaͤhlt werden, wo ſie die vollkommenſte Ausbildung erhal - ten hat, und unter manchen Verhaͤltniſſen wird es ſich reichlich verlohnen, wenn man ſich ſeinen Saamen auf einem der Pflanzengattung vorzuͤglich an - gemeſſenen Felde mit beſonderer Sorgfalt erzieht, und auch waͤhrend der Ve - getationsperiode die Vertilgung des Unkrauts und die Vereinzelung der Pflan - zen zugleich mit der Lockerung des Bodens durch das Behacken zu bewirken ſucht, um die Pflanzen und mithin ihren Saamen zur hoͤchſten Vollkommen - heit zu bringen. Hierdurch wird man auch die vollſtaͤndigſte und gleichmaͤ - ßigſte Reife des Saamens bewirken. Wenn aber eine ungleiche Reifung der Pflanzenart eigen waͤre, ſo wird eine Ausſonderung der voͤllig reifen Aehren oder Saamenkapſeln ſich immer verlohnen.
Eben ſo wichtig aber iſt eine ſorgfaͤltige Aufbewahrung des Saamenkorns. Sorgfaͤltige Aufbewah - rung.Jede Feuchtigkeit, die ihm ſowohl von Natur zu Anfange anhaͤngt oder in der Folge angeſogen wird, muß entfernt und durch duͤnne Verbreitung und oft wiederholte Umruͤhrung ſchnell zur Verdunſtung gebracht werden. Denn ſobald die Verderbniß, welche man das Dumpfig - oder Mulſtrigwerden nennt, und welche ſich durch den Geruch ſehr deutlich offenbart, in der Saat ent -8Die Saat.ſtanden iſt, wird ihr Gebrauch wenigſtens hoͤchſt mißlich. Die Keimkraft geht nicht dabei verloren, und manchmal hat ſelbſt die junge Pflanze ein friſches Anſehn. Aber bei ihrer fernern Entwickelung in der Bluͤtezeit aͤußert ſich Schwaͤche und Krankheit, ſo daß die Bluͤte zum Theil ohne Befruchtung ab - faͤllt und ſich wenig oder gar keine Koͤrner erzeugen; eine Erfahrung, die ich ſehr entſchieden und mit großem Verluſte bei dumpfig gewordenem Hafer ge - macht habe. Iſt auch der Erfolg bei einem geringeren Grade der Dumpfig - keit nicht ſo auffallend, ſo wird er doch immer bemerklich ſeyn, und in man - chen Faͤllen, wo man ein halbes Mißrathen der Saat andern Urſachen zu - ſchrieb, lag wahrſcheinlich dieſe zum Grunde.
Wechſelung oder Erneue - rung des Saa - mens; in wie fern ſie noͤ - thig.Eine oͤftere Verwechſelung und Erneuerung der Saat, beſonders ver - ſchiedener Getreidearten, iſt von manchen als eine unumgaͤngliche Bedingung vollkommner Ernten angenommen worden. Man hat die Vorzuͤge derſelben, beſonders in großen-Wirthſchaften, wo alles fabrikmaͤßig betrieben werden muß, als ausgemacht anerkannt, und ihre Nothwendigkeit iſt daſelbſt zum oͤkonomiſchen Glaubensartikel geworden. Allein meiner Ueberzeugung nach — die ſich bisher, je mehrere Data ich daruͤber ſammelte und pruͤfte, mehr ver - groͤßert als vermindert hat — ruͤhrt der Vorzug fremder Saat nur daher, daß man die ſeinige nicht ſorgfaͤltig genug auswaͤhlte und behandelte. Dies kann zuweilen in der Lokalitaͤt, in der Beſchaffenheit des Bodens und des Klimas liegen, die der vollkommenen Ausbildung einer Frucht nicht guͤnſtig ſind, und in einem ſolchen Falle iſt es unvermeidlich. Oefterer aber leidet es der ganze Betrieb der Wirthſchaft nicht, daß man auf die Auswahl und Be - handlung der zum Saamen beſtimmten Frucht die gehoͤrige Aufmerkſamkeit wende, und insbeſondere das in dieſer Hinſicht immer nachtheilige Schwitzen vermeide. Man hat in allen Gegenden gewiſſe Diſtrikte und Wirthſchaften, welche ſich durch ihre vorzuͤgliche Saat dieſer oder jener Frucht in vorzuͤgli - chen Ruf geſetzt haben, und ihren ſammtlichen Gewinn zu hoͤheren Preiſen als Ausſaat verkauften. Hier wird man aber theils einen dieſer Frucht beſon - ders angemeſſenen Boden, theils eine weit ſorgfaͤltigere Behandlung derſelben antreffen, und bei den Anbauern ſelbſt die Ueberzeugung finden, daß ſie denRuf9Die Saat.Ruf ihrer Saat dem letztern eben ſo ſehr wie dem erſtern zu verdanken haben. Wo nun eins oder das andere fehlt, da kann allerdings eine Erneuerung der Saat auch mit betraͤchtlichen Koſten oͤkonomiſch rathſam ſeyn, aber fuͤr unbe - dingt noͤthig halte ich ſie nicht; bin vielmehr uͤberzeugt, daß man unvollkomm - nere Saat, wenn man anders fuͤr ſelbige geeigneten Boden hat, bei ſich ſelbſt zu immer hoͤherer Vollkommenheit bringen koͤnne, ſo daß ſie dann jede fremde Saat uͤbertreffe.
Diejenigen, welche die Nuͤtzlichkeit einer Saatveraͤnderung unbedingt an - nehmen, ſind darin ſtreitig, ob man ſie von einem ſchlechtern oder beſſern, ſchwaͤchern oder ſtaͤrkern Boden, aus einem mildern oder rauhern Klima her - nehmen ſolle? — Ohne Zweifel daher, wo das Saamenkorn jeder Art am vollkommenſten und geſundeſten iſt. Nicht immer iſt dies der ſtaͤrkere Boden, das mildere Klima; die Frucht ſteht hier oft zu dicht, iſt den Einwirkungen der Atmoſphaͤre und des Lichts zu wenig ausgeſetzt, um die vollkommenſte Aus - bildung des Saamenkorns zu bewirken; das Korn wird hier oft groß, aber ſtaͤrker an Huͤlſe wie an Mehl, welches letztere nur die Nahrung des jungen Pflaͤnzchens ausmacht. Wenn dagegen aber der Boden ſo ſchwach iſt, daß er nicht Nahrung genug zur voͤlligen Ausbildung des Saamenkorns hergiebt, ſo wird dieſes ebenfalls zur Reproduktion vollkommener Pflanzen unfaͤhig ſeyn. So wird Weizenſaat von einem Boden, der nur erzwungen Weizen traͤgt, eine unvollkommene Saat liefern, und eine Erneuerung derſelben von eigentlichem Weizenboden her verlangen.
Es iſt uͤbrigens gewiß, daß bei den Pflanzen wie bei den Thieren, Staͤrke und Schwaͤche, Geſundheit und Krankheit, nicht bloß auf die naͤchſte Genera - tion, ſondern auch auf die folgenden forterbe, und nur allmaͤhlig durch andere Einwirkungen umgeaͤndert werde.
Mißlich bleibt eine Veraͤnderung der Saat immer, wenn man nicht mit der groͤßten Vorſicht dabei zu Werke geht. Insbeſondere hat man auf die Reinheit von Unkrautsſaamen zu ſehen, indem man ſich ſonſt ein vorher nicht gekanntes, hoͤchſt ſchaͤdliches Unkraut, z. B. die gelbe Wucherblume (Chry - santhemum segetum) auf ſeiner Feldmark zuziehen kann. Weiß man ſeine Saat von gewiſſen Unkrautsſaamen nicht zu reinigen, ſo kann dies eine Ver -Vierter Theil. B.10Die Saat.anlaſſung ſeyn, ſie von einem andren Orte herzunehmen. So wechſelt man in meiner Gegend haͤufig die Gerſte und Hafer zwiſchen Hoͤhe und Niederung, weil die Saat des letzteren nur mit dem Ackerſenf, welcher auf der Hoͤhe nicht forkommt, die von der Hoͤhe mit dem Ackerrettig, der in Niederung leicht un - terdruͤckt wird, verunreinigt iſt.
Dauer der Saamen.Einige Saamen behalten, wenn ſie gut aufbewahrt werden, ihre Keim - kraft ſehr lange, andre verlieren ſie ſchnell, und duͤrfen kaum uͤberjaͤhrig wer - den. Bei denen, welche ſich laͤnger erhalten, findet man indeſſen, daß nur die vollkommneren Koͤrner es thun, die unvollkommneren hingegen und kraͤnklichen ſie fruͤher verlieren. Hierauf beruht wohl hauptſaͤchlich der Vorzug, welche eine aͤltere Saat bei manchen Gattungen hat, indem aus ſelbiger nur geſunde Keime hervorkommen, denen Raum und Nahrung durch Schwaͤchlinge, die doch zu keiner Vollkommenheit kommen, nicht geraubt wird, auch keine Krank - heiten, wozu die Anlage im Saamenkorne liegt, z. B. der Kornbrand im Wei - zen entſtehen. Man muß aber auch in dieſer Hinſicht die Natur der einzelnen Gewaͤchſe kennen. Vollkommnes Getreide kann ſich ſehr lange erhalten und man hat Beiſpiele, daß Kornvorraͤthe, welche in Felſenkellern ſeit undenklichen Zeiten aufbewahrt und zufaͤllig wiedergefunden wurden, zur Ausſaat noch tuͤch - tig blieben. Hierzu gehoͤrt aber vielleicht eine voͤllige Abſchneidung der atmoſphaͤ - riſchen Einwirkung und aller Feuchtigkeit. Auf gewoͤhnliche Weiſe aufbewahrt haͤlt ſich das Getreide nicht ſo lange, doch will man fuͤnfjaͤhrigen Weizen und dreijaͤhrigen Rocken zur Saat noch tuͤchtig befunden haben. Ein und zweijaͤh - riger Weizen wird in der Praxis dem friſchen faſt allgemein vorgezogen, weil er aus vorerwaͤhnter Urſach vom Brande mehrentheils frei iſt. Beim Rocken ſind die mehrſten Landwirthe anderer Meinung, und ziehen die friſche Saat vor, weil ſie von aͤlterer oder uͤberjaͤhriger mehr nehmen zu muͤſſen glauben, und in der That bei gleichem Maaße weniger davon hervorſticht. Da dieſes aber um ſo geſundere Pflanzen ſind, und dieſe bei der gewoͤhnlichen Saat doch immer im Uebermaaße hervorkommen, ſo iſt ein zu duͤnner Stand dennoch nicht zu beſorgen. Die Saat der Huͤlſenfruͤchte erhaͤlt ſich ſehr lange, nnd ich habe bei zehnjaͤhrigen Wicken durchaus kein Zuruͤckbleiben derſelben verſpuͤrt. Alle11Die Saat.oͤlichte Saamen, wenn nicht Milben hineinkommen, halten ſich lange, und man giebt z. B. dem alten Leinſaamen einen entſchiedenen Vorzug, wogegen man jedoch friſchen Hanfſaamen zu nehmen empfiehlt. Der Kleeſaamen haͤlt ſich, meiner Beobachtung nach, zwei Jahre ſehr gut, verliert im dritten und wird im vierten unbrauchbar. Spoͤrgelſaamen, der ſieben Jahr alt war, habe ich mit Erfolg geſaͤet. Die Eigenthuͤmlichkeit eines jeden landwirthſchaftlichen Saamens verdiente aber durch Verſuche und durch Sammlung der bisher dar - uͤber gemachten Erfahrungen genauer ausgemittelt zu werden.
Da faſt alle vollkommnere Koͤrner ſich wenigſtens ins zweite Jahr erhal - ten, ſo iſt es ohne Zweifel entſchieden vortheilhaft, einen uͤberjaͤhrigen Saat - vorrath, beſonders vom Wintergetreide zu haben, weil man dadurch zur Wahr - nehmung der vortheilhafteſten Saatzeit in Stand geſetzt wird. Es verſteht ſich jedoch, daß man ſie nicht von ſolchen Jahren aufbewahren muͤſſe, wo das Getreide unvollkommen geblieben iſt. Hat man aber in ſolchen Mißwachs - jahren vorjaͤhrige Saat liegen, ſo iſt der Vortheil um ſo groͤßer, und man kann ſich gegen andre gluͤcklich preiſen.
Eine voͤllige Reinigung der Saat von Unkrautsſaamen und auch von un -Reinheit des Saamens. vollkommenen Koͤrnern iſt von großer Wichtigkeit. Man bewuͤrkt ſie:
Einquellen der Saat.Hiermit iſt das Einquellen der Saat nicht zu verwechſeln, wo man ſie in einem feuchten Zuſtande erhaͤlt, um die Entwickelung des Keims zu befoͤrdern, und ſie hierauf ſogleich auszuſaͤen, damit ſie dann um ſo geſchwinder hervor - komme. Dieſe Operation, welche von den Gaͤrtnern laͤngſt angewendet worden, hat man auch den Ackerbauern empfohlen, insbeſondere wenn die Erde zur Saatzeit ſehr ausgedoͤrrt iſt. Sie iſt aber gerade in dieſem Falle hoͤchſt be - denklich. Denn wenn nun eine fortdauernde Duͤrre dem hervorgelockten Keime alle Feuchtigkeit entzogen hat, ſo muß derſelbe oder das junge Pflaͤnzchen ver - dorren, und es wuͤrde ungleich beſſer geweſen ſeyn, wenn der Saamen unge - keimt bis zu eintretendem Regen in der Erde geblieben waͤre. Tritt freilich Feuchtigkeit zu rechter Zeit ein, ſo kann dieſe Operation gelingen, und ſolche eingeweichte Saat einen Vorſprung vor anderer erlangen; allein der Vortheil wiegt nie die Gefahr auf, welche damit verbunden iſt, und dieſes Mittel iſt hoͤchſtens in ſolchen Faͤllen anzuwenden, wo man ſich mit der Saat verſpaͤtet hatte, und keine voͤllige Ausdoͤrrung des Bodens zu beſorgen iſt.
Einheizungen der Saat.Es ſind auch zur Befoͤrderung einer ſchnellen und kraͤftigen Keimung mehrere Einbeitzungen oder ſogenannte Beſchwaͤngerungen der Saat empfoh - len worden. Von denen, welche man zur Verhuͤtung des Brandes im Wei - zen und anderer Krankheiten anwendet, an einem andern Orte. Hier reden wir nur von denen, wodurch man die Vegetationskraft aufreizen und verſtaͤr - ken will. Man gebraucht dazu
Man hat zwar auch den Nebenzweck dadurch erreichen wollen, Inſekten und Voͤgel abzuhalten oder zu toͤdten, aber auch dies bewirken die gewoͤhnli - chen Einbeizungen nicht, und die giftigen, beſonders die arſenikaliſche, in der Staͤrke anzuwenden, daß dieſer Zweck erreicht wuͤrde, waͤre ſehr gefaͤhrlich.
Jede Frucht hat eine laͤngere oder kuͤrzere Periode, worin ſie ausgeſaͤetSaatzeit. werden kann, um zu ihrer vollen Reife zu gelangen. Ihr Erfolg haͤngt ſehr oft von einem gluͤcklichen Treffen des guͤnſtigen Moments in dieſer Periode ab. 14Die Saat.Da dies aber Bezug auf die kuͤnftige Witterung waͤhrend der Vegetationspe - riode hat, ſo kann der Landwirth zuweilen, wohl mit Wahrſcheinlichkeit, aber nie mit voͤlliger Sicherheit darauf bei der Auswahl dieſes Zeitpunkts Ruͤckſicht nehmen. Er muß ſich vielmehr nach dem guͤnſtigſten Feuchtigkeits - und Tem - peraturzuſtande des Bodens fuͤr die ihm bekannte Natur einer jeden Fruchtart richten. Manche Saaten lieben einen trocknern und waͤrmern Zuſtand des Bodens bei ihrer erſten Entwickelung, z. B. Rocken, Gerſte, Buchweizen; andre einen feuchtern, wie Weizen und Hafer. Es iſt ſchon viel gewonnen, wenn der Zeitpunkt nur in dieſer Hinſicht getroffen wird, und man ſetzt mit Recht weit groͤßere Hoffnung auf eine Saat, welche unter ſolchen guͤnſtigen Auſpicien, als unter unguͤnſtigen in die Erde kam. Man hat bemerkt, daß ein gewiſſer Luftzuſtand der Ausfaat beſonders guͤnſtig ſey: im Fruͤhjahre, wenn ſie mit Duͤnſten angefuͤllt iſt, die beſonders des Morgens fruͤh beim Sonnen - aufgange am aͤußerſten Horizonte die Erſcheinung einer wellenfoͤrmigen Bewe - gung geben, ſo daß manchmal die hervorkommende Sonne, wie es das Volk nennt, zu tanzen ſcheint. Bei dieſer Erſcheinung verſpricht man ſich beſonders fuͤr die Ausſaat der großen Gerſte viel. Manche ſchreiben der Beruͤhrung der Saat vom Thau eine große Wirkung zu, und rathen zu dem Ende an, nur gegen Abend auszuſaͤen, und erſt am folgenden Morgen ſelbige unterzubringen, jedoch nur bei warmen Naͤchten. Sind noch Reife zu beſorgen, ſo ſoll man die Saat vor Abend bedecken.
Man findet von vielen durchaus angerathen, in der fuͤr jede Frucht beſtimm - ten Saatperiode den fruͤhſten Zeitpunkt wahrzunehmen und mit der Beſtellung deshalb moͤglichſt zu eilen. Eine zu allgemeine Ausdehnung dieſer Maxime iſt aber falſch und nachtheilig, wenn man dabei alle Ruͤckſicht auf den Zuſtand des Bodens und der Witterung vernachlaͤßigt. Es iſt gewiß in jedem Falle rathſam, alle Vorbereitungen moͤglichſt ſo einzurichten, daß man den erſten guͤnſtigen Zeitpunkt ergreifen koͤnne; dieſer aber muß dennoch abgewartet werden. Der Englaͤnder ſagt gewiß ſehr richtig: You had better to be out of time than out of temper (ſeyd lieber außer der Zeit als außer der Temperatur). Am verderblichſten aber iſt es, wenn man, um fruͤh zu ſaͤen, die gehoͤrige Vorberei - tung vernachlaͤſſigt.
15Die Saat.Vormals ſpielte der Mond bei der Auswahl der Saatzeit eine große Rolle, und gewiſſe Saamen mußten beim zunehmenden, andere beim abnehmenden Lichte in die Erde gebracht werden. Man hatte die daruͤber angenommenen Re - geln beinahe vergeſſen, wie neulich ein erfahrner und geſchickter amerikaniſcher Gaͤrtner nach ſeinen Erfahrungen die Meinungen hieruͤber wieder in Anregung brachte und mehrere Englaͤnder ihm darin beipflichteten. Ein Phyſiker will dem zu Folge die Wirkung des Mondes dadurch erklaͤren, daß den eben aufkeimenden Pflanzen die ununterbrochene Reizung des Lichtes in mondhellen Naͤchten nach - theilig werden koͤnne, da wir wiſſen, daß allen Pflanzen in dieſem Zuſtande das Licht nicht vortheilhaft ſey. Wir warten billig aber mehrere Beſtaͤtigungen durch genaue Beobachtungen und Verſuche ab, bevor wir uns beſondere Ruͤckſicht darauf zu nehmen entſchließen.
Jeder Saame darf nur eine ihm angemeſſene Bedeckung mit Erde haben. Unterbrin - gung der Saat.Iſt dieſe fuͤr ihn nicht zu ſtark, ſo liegt er allerdings in einer groͤßeren Vertiefung beſſer, weil er daſelbſt die noͤthige Feuchtigkeit findet und auch in ſeinen jungen Wurzeltrieben nicht zu verdorren oder von Erde entbloͤßt oder durch den Froſt herausgehoben zu werden Gefahr laͤuft. Aber eine zu ſtarke Bedeckung kann ſeine Keimung ganz verhindern, oder doch das Hervortreten ſeines Saamenblatts erſchweren und unterdruͤcken. Im allgemeinen kann man annehmen, daß, je groͤßer die Saamenkoͤrner ſind, ſie eine deſto ſtaͤrkere Bedeckung ertragen; wo - gegen feine Saamen nur aͤußerſt flach bedeckt werden duͤrfen.
Beim Ackerbau unterſcheidet man daher drei Arten von Unterbringung der Saat, naͤmlich:
Hierzu kann man
Außer der Natur des Saamens, kommt es aber bei der Tiefe, worin der Saamen zu liegen kommen ſoll, oder bei der Auswahl dieſer Unterbringungsme - thoden auf den Zuſtand des Bodens und der Witterung an. Bei der Duͤrre koͤnnte und muͤßte jede Saat ſtaͤrker bedeckt werden als bei der Naͤſſe. Hiernach muß man ſich allerdings richten, jedoch mit Vorſicht Extreme vermeiden, weil die Witterung ſich nach der Einſaat ſchleunig umaͤndern kann, und eine tiefer unter - gebrachte Saat bei neu erfolgenden heftigen Regenguͤſſen erſtickt werden koͤnnte. Der Exſtirpator oder eine aͤhnliche Maſchine gewaͤhrt bei der Unterbringung der meiſten Saaten die groͤßte Sicherheit, indem ſie dadurch auch aufs ſchleunigſte und nach Gefallen flacher oder tiefer bewirkt werden kann. Wir werden die Na - tur jeder Saat in dieſem Stuͤcke beſonders bemerken. Hier fuͤhren wir nur z. B. an, daß unter den gebraͤuchlichſten Saaten, Huͤlſenfruͤchte, Weizen, Gerſte und Hafer eine tiefere Unterbringung, Rocken und Buchweizen nur eine flache ertragen koͤnnen, und daß das Unterpfluͤgen der letztern, wenn nachher feuchte Witterung eintritt, immer gefaͤhrlich ſey.
Einige haben, um ſicher zu gehen, die Maaßregel angenommen, die Haͤlfte der Saat unterzupfluͤgen und die andere Haͤlfte auf die rauhe Furche zu ſaͤen. Bei der Winterung halte ich dies fuͤr unbedenklich und zuweilen ſelbſt vortheilhaft, wenn man die doppelte Arbeit daran wenden will. Bei der Soͤmmerung habe ich aber einen ſehr uͤblen Erfolg davon bemerkt, indem die Saat zweilaͤufig wurde und in der ganzen Vegetationsperiode zweiwuͤchſig blieb.
Die Unterbringung der feinern Saamen, z. B. des Klees, erfordert am meiſten Aufmerkſamkeit, da ſie ſo leicht, ſelbſt mit der Egge, zu tief eingezogen werden koͤnnen und dennoch zu ihrer Keimung einige Umgebung mit Erde, wenn die Witterung ihnen nicht uͤberaus guͤnſtig iſt, erfordern; woruͤber das Weitere in der Lehre vom Anbau ſolcher Fruͤchte.
Staͤrke der Einſaat.Unter allen Fragen iſt die, uͤber die Staͤrke der Einſaat des Getreides, und unter welchen Umſtaͤnden und Bedingungen eine ſtaͤrkere oder ſchwaͤchere rathſam ſey, am ſtreitigſten. Da die Begriffe einer ſtarken und ſchwachen Einſaat nur relativ ſind, ſo muͤſſen wir zuvor den einer mittleren oder gewoͤhnlichen beſtim - men; und dies iſt nicht ſchwierig, da wir in Anſehung des gewoͤhnlichen Ausſaats -Quan -17Die Saat.Quantum eine unerwartete Uebereinſtimmung bei allen Nationen und in allen Climaten ſogar antreffen. Die mittlere Ausſaat iſt, wenn wir Acker - und Ge - treidemaaß auf das unſrige reduciren. Zwiſchen 18 und 20 Berliner Metzen auf den Magdeburger Morgen, von allen gewoͤhnlichen Getreidearten bis auf den Hafer, der in der Regel auch allenthalben um ¼ oder um die Haͤlfte ſtaͤrker ausgeſaͤet wird.
Wenn wir annehmen duͤrften, daß die Ausſaat gleichmaͤßig uͤber den Acker vertheilt wuͤrde, und daß jedes Korn eine Pflanze gaͤbe, ſo wuͤrde eine ſolche Ausſaat ganz uͤbermaͤßig erſcheinen. Graf Podewills hat in ſeinen Wirthſchafts - Erfahrungen berechnet, daß bei einer ſolchen Ausſaat 91 Rockenkoͤrner auf ein Quadratfuß fallen; bei Unterſuchung einer der dichteſten Stellen fand er aber nur 32 hervorſtechende Spitzen. Daß auch nur dieſe bleiben koͤnnen, ſcheint mir wegen Mangel an Raum und Nahrung unmoͤglich, ſie koͤnnten ſich wenig - ſtens nicht beſtauden und mehrere Halme hervorbringen. Ich habe ſehr haͤufig bemerkt, daß bei Getreide, welches vorzuͤglich dicht in Aehren ſtand, ſich nur eben noch nicht lagerte, und einen Ertrag gab, der den nach der Kraft des Bodens zu erwartenden, weit uͤberwog, nicht mehr als 5 bis 6 Pflanzen auf einen Qua - dratfuß ſtanden, und nach meinen Beobachtungen muß ich einen ſo geraͤumigen Stand der Pflanzen fuͤr eine Bedingung des moͤglich hoͤchſten Ertrages halten. Ein großer Theil der Pflanzen alſo wird ausgehen, wenn einige kraͤftig genug heranwachſen.
Da wir aber bei der gewoͤhnlichen Beſtellungsart eine gleichmaͤßige Verthei - lung nicht bewirken, und noch weniger das Gedeihen jeder Pflanze erwarten koͤn - nen, ſo duͤrfen wir uns bei unſerer Ausſaat nach dieſen an ſich richtigen Erſchei - nungen nicht richten. Es bleibt rathſam ſo dick auszuſaͤen, daß nicht leicht eine Stelle zu duͤnn befallen werde, und dann die nothwendige Verduͤnnung der Pflan - zen, wo ſie zu dicht ſtehen, der Natur zu uͤberlaſſen, oder den Ueberfluß vielleicht in der Folge wegzunehmen. Da die allgemeine Erfahrung jenes Ausſaatsmaaß bei der gewoͤhnlichen Beſtellung als das ſicherſte beſtaͤtiget hat, und die Saat - erſparer, ſo lange ſie dieſe nicht abaͤnderten, im Durchſchnitt nicht gluͤcklich gewe - ſen ſind, ſo hat der Landwirth Gruͤnde genug, dabei zu beharren.
Vierter Theil. C18Die Saat.Wenn aber eine zweckmaͤßige Abaͤnderung gemacht wird, in der Art des Saͤens ſowohl, wodurch eine gleichmaͤßigere Vertheilung bewirkt wird, als in der Art des Unterbringens, wodurch man jedes Korn in ſeine rechte Lage bringt und ſein Gedeihen mehr ſichert; wenn zugleich der Zuſtand des Ackers eine ſtarke Beſtaudung zuſagt; ſo kann, wie von ſelbſt einleuchtet, und wie unzaͤhlige Er - fahrungen beſtaͤtigt haben, eine ſehr große Saaterſparung von mehr als der Haͤlfte gemacht werden.
Eine geringere Saaterſparung, ſo daß man nicht mehr als 14 Metzen aus - faͤet, findet ſtatt, ſobald man nur einer guten Vertheilung, eines ziemlich voll - ſtaͤndigen Aufgehens und einer guten Beſtaudung ſicher iſt. Iſt das Gegentheil, ſo muß man uͤber das gewoͤhnliche Maaß hinausgehen.
Es wird alſo das Weniger oder Mehr der Ausſaat beſtimmt:
a) durch die Geſchicklichkeit des Saͤemanns, von welcher man eine mehr oder minder gleichmaͤßige Vertheilung der Saat uͤber alle Stellen erwarten kann.
b) Durch die Guͤte der Saat, ob ſie naͤmlich ſo ſey, daß von den beiweiten mehrſten Koͤrnern geſunde und ausdaurende Pflanzen erwartet werden duͤrfen.
c) Durch guͤnſtige oder unguͤnſtige Witterung zur Saatzeit, und den der Saat mehr oder weniger angemeſſenen Feuchtigkeitszuſtand.
d) Durch die groͤßere oder geringere Gaarheit und Klarheit des Ackers, welche die Keimung und Anwurzelung der Pflanzen mehr oder minder beguͤnſtigt.
e) Durch die Kraft des Bodens und ſeine Angemeſſenheit fuͤr die Frucht, in ſo fern dieſe naͤmlich die ſtarke Beſtaudung und das Aufkommen der Pflanzen beguͤnſtigt.
f) Durch die fruͤhe oder ſpaͤte Saatzeit, indem naͤmlich jene die Beſtaudung der Pflanzen erlaubt, bevor der Trieb zum Schoſſen, bei jeder Pflanze zu einer gewiſſen Jahrszeit, eintritt. Dieſer Umſtand iſt von ſo großer Wichtigkeit, daß man z. B. vom Stauden-Rocken im Julius um die Haͤlfte weniger als im Oktober einſaͤen darf.
Hiernach wird ſich der verſtaͤndige Landwirth bei der Verminderung oder Vermehrung ſeiner Ausſaat richten, unbekuͤmmert um die Streitfrage, ob man ſtarken Boden ſtark, und ſchwachen Boden ſchwach, oder umgekehrt beſaͤen muͤſſe.
19Die Saat.Bei den meiſten mechaniſch-praktiſchen, ſonſt guten und aufmerkſamen Landwirthen, findet man mehr Neigung ihre Einſaat zu verſtaͤrken als zu vermindern. Dies ruͤhrt zum Theil vom Vorurtheile und von der Maxime, lieber zu viel als zu wenig zu thun, dann aber auch wohl daher, daß eine dichte Saat nach dem Aufgehen und in der erſten Vegetationsperiode immer ein mehr verſprechendes Anſehen hat, als eine duͤnne. Ich habe immer gefunden, daß man ſich lebhaft daruͤber freuete, unerachtet es augenſcheinlich war, daß der groͤßte Theil der Pflanzen unterdruͤckt werden muͤſſe, wenn der kleinere Theil aufkommen ſoll. Im Kampfe mit einander, ermatten die Pflanzen ſaͤmtlich; weswegen immer eine Periode eintritt, wo ſolche dichtſtehende Felder ein gel - bes Anſehen bekommen; und iſt dann die Witterung unguͤnſtig, ſo gehen ſie wohl ſaͤmtlich aus, und es entſtehen Fehlſtellen gerade da, wo vorher die Pflanzen am dichteſten gehaͤuft waren. Ich leugne nicht, daß die ausgehenden Pflanzen den uͤbrigbleibenden nachmals als Duͤnger dienen koͤnnen; aber dies iſt immer ein theurer Duͤnger, und nicht ſelten geben ſie, beſonders bei den Winterſaaten auch Veranlaſſung zu einer allgemeinen Faͤulung.
Als einen Hauptgrund einer ſtaͤrkeren Ausſaat, giebt man hauptſaͤchlich die Unterdruͤckung des Unkrauts an. Ich habe aber durchaus nicht gefunden, daß man dieſen Zweck dadurch erreicht habe. Eine ſich ſtark beſtaudende den Acker dicht belegende und nachmals ſchnell empor wachſende Frucht, un - terdruͤckt das Unkraut, aber nicht eine dicht ausgeſtreuete Saat. Iſt Boden und Witterung dem im Acker oder in der S〈…〉〈…〉 befindlichen Unkraute guͤnſtiger als der ausgeſaͤeten Frucht, ſo wird jenes ſo gut hervortreiben wie dieſe, und ſeinen Platz beſſer behaupten. Die Frucht wird gerade ihres zu dichten Standes wegen nicht ſchnell empor kommen. Ich habe hier das Oderbruch vor Augen, wo man in der Regel das doppelte der gewoͤhnlichen Ausſaat, vom Hafer oft uͤber 3 Scheffel pro Morgen auswirft; aber das Unkraut iſt ſo arg wie irgendwo, es ſtreitet immer erſt mit dem Getreide, und die das letztere mehr oder minder beguͤnſtigende Witterung entſcheidet, was die Oberhand gewinnen ſoll, wenn jenes nicht, wie von den kleineren Wirthen gewoͤhnlich ge - ſchiehet, ausgezogen wird. Ich beharre bei meiner Weiſe um die Haͤlfte ſchwaͤcher wie meine Nachbarn zu ſaͤen, leide aber vom Unkraute wenigſtensC 220Die Saat.nicht mehr wie ſie, und habe noch nicht noͤthig gehabt, um des uͤberhandneh - menden Unkrauts willen einen Acker zu Graſe liegen zu laſſen. Denn die gewoͤhnliche Saat iſt uͤberfluͤſſig zureichend, den Acker ſo zu bedecken, daß auf jedem Flecke Pflanzen genug und uͤberfluͤſſig ſtehen. Nur den ein - furchigen Dreiſchhafer ſaͤe ich ſtaͤrker aus, weil nicht alle Koͤrner in eine zum Keimen guͤnſtige Lage kommen.
Das Saͤen.Die Handgriffe des Saͤens ſind mannichfaltig verſchieden und laſſen ſich durch Worte ſchwerlich verſinnlichen. Im Allgemeinen ſind ſie keineswegs gleichguͤltig, und derjenige iſt ohne Zweifel der beſte, wo der Saͤemann beim Heraufgehen mit der rechten Hand nach der linken Seite, beim Herabgehen mit der linken Hand nach der rechten Seite, oder immer mit dem Winde wirft, und ſeinen Tritt an die Grenze des vorigen Wurfs gehoͤrig anſchließt — wenn ſie vollkommen ausgefuͤhrt wird. Es kommt aber hierbei viel auf genaue Beachtung des Windes und ſeiner Staͤrke an. In jedem concreten Falle kann man ſa - gen, diejenige Methode ſey die beſte, worin der Saͤemann am geuͤbteſten iſt; und es iſt ſehr bedenklich, einem Saͤemann eine andere Methode vorzuſchreiben, bevor man ſie ihn voͤllig hat erlernen und uͤben laſſen.
Daß der Saͤemann der wichtigſte Handarbeiter in einer Wirthſchaft ſey, iſt ziemlich anerkannt. Indeſſen ſind manche in der Wahl deſſelben ſehr leichtſinnig, und vertrauen dieſes Geſchaͤft jedem Tageloͤhner oder Froͤhner an. Sie ſchreiben ihm dann wohl gar als Tagesarbeit ein Maaß von Getreide vor, welches er ausſaͤen ſoll. Hiermit dient er gern, denn es iſt ihm ſehr bequem eine große Menge Saat wegzuwerfen. In ſolchen Wirthſchaften er - giebt ſich dann eine erſtaunliche Ausſaat im Verhaͤltniß ihrer Ackerflaͤche, und es muß allerdings ſtark ausgeſaͤet werden, weil ſchlecht ausgefaͤet wird. Wenn man etwas beſtimmen will, ſo beſtimme man doch nur die Flaͤche, die beſaͤet werden ſoll. Aber man ſuche vor allem einen guten Saͤemann auf, halte ihn in Ehren und uͤbereile ihn nicht.
Es iſt haͤufig gefragt worden, wie viel ein Saͤemann taͤglich beſchicken koͤnne? von Muͤnchhauſen hat es im 1ſten Stuͤck ſeines Hausvaters nach Wuͤrfen und nach Minuten berechnet. Aber man ſey zufrieden, wenn er21Die Saat.taͤglich 18 Morgen beſaͤet. Dies iſt freilich das Minimum, was einer bei maͤßiger Thaͤtigkeit leiſten kann, und ich weiß, daß raſche und geſchickte Saͤer das doppelte beſchicken koͤnnen. Allein auf die Dauer iſt das Saͤen eine angreifende Arbeit; und ein Saͤemann der durch gute Vertheilung mithin durch Erſparung der Saat ſo großen Vortheil bringen kann, muß bei guter Laune erhalten werden. Vernachlaͤſſigt er ſich aber, ſo muß man ihn ab - ſchaffen. Denn es iſt allerdings wichtig zu wiſſen, was man von den Saͤern erwarten kann, weil man darnach die Anſtellung mehrerer und die zum Un - terbringen erforderlichen Arbeiten einrichten muß.
Es iſt in groͤßeren Wirthſchaften haͤufig der Gebrauch zwei Saͤer neben einander gehen zu laſſen. Sie muͤſſen ſehr gut zuſammen eingeuͤbt ſeyn, wenn dies guten Erfolg haben ſoll. Ich gebe lieber jedem ſeine beſondre Flaͤche.
Das Ausſaͤen feinerer Saamen, die in kleiner Maſſe ſehr gleichmaͤßig ver - theilt werden muͤſſen, erfordert noch groͤßere Geſchicklichkeit und Aufmerkſam - keit als das Ausſaͤen des Getreides, und darf nur erprobten Leuten anver - trauet werden.
Die Schwierigkeit in manchen Lokalitaͤten gute Saͤeleute zu erhalten, hatSaͤemaſchi - nen. Saͤemaſchinen beſonders wuͤnſchenswerth gemacht. Es ſind deren manche er - funden und angeruͤhmt worden, ich kenne aber keine gleichverbreitende Saͤema - ſchine nach eigner Anſicht ihrer Wirkung, ſondern nur nach Zeichnungen und Modellen, und habe keine Wirthſchaft geſehen, wo eine oder die andre einge - fuͤhrt waͤre. Man hat Saͤemaſchinen erſonnen, die bloß die Saat ausſtreuen; andere die ſie zugleich unterbringen. Erſtere koͤnnen ſehr einfach, und wie es mir ſcheint, zweckmaͤßig ſeyn. Letztere ſind ſehr zuſammengeſetzt, wandelbar und ſichern die gleichmaͤßige Vertheilung der Saat nicht genug. Ich zweifle indeſſen daß irgend eine Maſchine den Auswurf eines geſchickten Saͤers uͤber - treffe, gebe aber zu, daß ſie vor ungeſchickten große Vorzuͤge haben koͤnne.
Etwas anderes ſind die Drill - oder Reihen-Saͤemaſchinen. Indem ſie die Saat in Reihen legen, bahnen ſie den verſchiedenen Hack-Inſtrumenten den Weg. Ohne dieſe wuͤrde die Reihenſaat hoͤchſt fehlerhaft ſeyn, indem die Pflanzen nicht gleichmaͤßig vertheilt, ſondern in den Reihen zuſammengedraͤngt22Die Saat.ſind. Nur durch die Wohlthat des Behackens und Heranbringung der Erde wird dieſer Nachtheil bei weitem uͤberwogen. Ich werde uͤber dieſe Beſtel - lungsmethode unten das Wichtigſte anfuͤhren, nachdem ich von der gewoͤhnli - chen Beſtellungsart der Getreidearten gehandelt habe.
Das Hervorkommen der Saat geſchiehet nach Beſchaffenheit ihrer Natur, dann aber auch des Bodens und der Witterung, fruͤher oder ſpaͤter. Alle Pflanzen treten hervor entweder mit einem zuſammengewickelten pfriemenfoͤr - migen Blatte, oder mit zwei Saamenkoͤpfchen. Erſteres thun alle Graͤſer und folglich
von denen wir nun zuvoͤrderſt reden, und erſt im Allgemeinen etwas daruͤber ſagen.
Was unter Getreide zu verſtehen ſey.Im engern Sinne des Worts werden unter Getreide nur die halmtra - genden oder grasartigen Fruͤchte verſtanden, die wir ihrer groͤßern und nahr - haftern Saamenkoͤrner wegen bauen. Andre begreifen zwar die ſaͤmmtlichen Fruͤchte darunter, welche der nahrhaften Koͤrner wegen hauptſaͤchlich angebauet werden; da indeſſen jene eine ausgezeichnete Natur haben, worin ſie unterein - ander mehr als mit den uͤbrigen uͤbereinſtimmen, ſo eignen wir das Wort Ge - treide beſtimmter den grasartigen Kornfruͤchten an, und begreifen die ſaͤmmt - lichen Kornfruͤchte beſſer unter den Namen Korn oder Koͤrner.
Das Wort Korn, oder das gleichbedeutende in anderen Sprachen, wird zwar oft provinziel einer Art ausſchließlich beigelegt, naͤmlich derjenigen, welche die allgemeinſte Nahrung daſelbſt ausmacht. So heißt im nordoͤſtlichen Deutſch - lande der Rocken, im ſuͤdweſtlichen und in Frankreich der Weizen, in andern Provinzen der Spelz, beſonders der enthuͤlſete, in Schottland der Hafer, in Amerika der Mais, Korn. Es iſt aber unrichtig und giebt zu Mißverſtaͤnd - niſſen Veranlaſſung, wenn man dieſes Wort, anders als in der Provinzialſprache des gemeinen Lebens, in dieſem Sinne gebraucht.
Man hat dieſe Fruͤchte auch Cerealien genannt, weil ſie, nach den alten Mythen, Ceres den Menſchen kennen gelehrt oder geſchenkt hatte.
Ob und wo ſie wild wachſen, und wo folglich ihr Vaterland ſey, iſt nochCharakter und Natur der Getreide - arten. zweifelhaft. Denn, daß man ſie an einigen Orten ohne Kultur angetroffen habe, beweiſt nichts. Sie gleichen darin, und daß ſie vielleicht eben ſo ſehr von ihrem natuͤrlichen Zuſtande abgewichen ſind, den Hausthieren, die mit ihnen, dem Menſchen in alle Klimate folgten, und ſich an verſchiedene Lebens - weiſe gewoͤhnten.
Vor anderen Graͤſern unterſcheiden ſie ſich oͤkonomiſch durch ihren groͤ - ßeren oder mehlhaltigeren Saamen, und dieſer iſt der Grund ihres Anbaues. Denn nahrhaft und gleichartig in ſeiner Natur iſt der Saame vieler anderen Graͤſer auch, und wird wirklich zur Nahrung benutzt, wie der Saame der Trespe und des Schwadens.
Sie ſcheinen alle urſpruͤnglich und in waͤrmern Klimaten einjaͤhrig zu ſeyn, und es ſind nur einige durch die Kultur an Durchwinterung gewoͤhnt, da die Sommerzeit bei uns zu ihrer Reifung nicht zureichte.
Sie haben mit den meiſten Graͤſern die Neigung gemein, ſich zu beſtau - den oder zu beſtocken, aus ihren untern Knoten Wurzeln, und ſodann neue Sproſſen und Halme zu treiben, beſonders wenn an dieſe Knoten friſche Erde gebracht, und ihr Schoſſen aufgehalten wird. Durch ſorgfaͤltige Verhinderung des letztern kann man ſie ſogar mehrere Jahre erhalten und zur Bildung eines dichten Raſens noͤthigen.
Durch Befoͤrderung ihres Beſtaudens und Abtrennung der Sproſſen kann man ihren Saamenertrag zu einer enormen Vermehrung bringen. So brachte der Irrlaͤnder Miller aus einem Weizenkorn — welches er im Junius ſteckte, indem er im Herbſte und im folgenden Fruͤhjahre mehreremal Ableger davon machte und verpflanzte — in einem Jahre 21,109 Aehren, und in ſelbigen 576,840 Koͤr - ner hervor, und glaubt daß er dieſes noch weiter haͤtte treiben koͤnnen. Meh - rere andere haben bei minderer Sorgfalt doch 40,000 Koͤrner aus einem in einer Jahresfriſt hervorgebracht, weswegen es laͤcherlich iſt, von einer 80 bis 100faͤltigen Vermehrung gewiſſer Kornarten, als etwas bewundernswuͤrdigen, ohne naͤhere Angabe des Raums, des Bodens und der Kultur, reden zu hoͤren.
24Getreidearten.Sie verbreiten einen Theil ihrer Wurzeln immer in der Oberflaͤche, und verſchließen dieſe durch das dichte Gewebe derſelben, gehen jedoch auch betraͤcht - lich in die Tiefe, wenn ſie Lockerheit und Nahrungsſtoff daſelbſt finden.
(Vergl. uͤber den allgemeinen Charakter der Graͤſer, Crome’s Handbuch der Naturgeſchichte fuͤr Landwirthe, Th. II. Bd. I. S. 150. und den beſondern der Getreidearten, daſelbſt S. 347.)
Beſtandtheile der Getreide - arten.Alle Getreidearten haben gleichartige naͤhere Beſtandtheile, die aber in ih - rem quantitativen Verhaͤltniſſe, und gewiſſermaßen in ihrer Verbindung, bei den verſchiedenen Arten verſchieden ſind:
a) Kleber oder Gluten. Er ward zuerſt im Weizen dargeſtellt und ihm allein beigemeſſen. Er iſt aber auch in den andern Getreidearten, obwohl in geringerer Menge und feſter mit dem Staͤrkemehle verbunden, vorhanden. Dieſe Subſtanz ſtimmt ganz mit der thieriſchen Materie uͤberein, iſt aus denſel - ben Urſtoffen, wie dieſe zuſammengeſetzt, und verhaͤlt ſich in der Gaͤhrung und im Feuer eben ſo. Sie iſt daher wohl das kraͤftigſte Nahrungsmittel fuͤr den thieriſchen Koͤrper, und die Nahrungskraft des Getreides haͤngt, auch bei gleichem Gewichte ſeines Mehls, von der Quantitaͤt ab, worin dieſe Subſtanz in ſelbi - gen befindlich iſt. Ihr Verhaͤltniß iſt aber auch in derſelben Getreideart ſehr verſchieden.
b) Staͤrkemehl. Es ſteht zwar dem Kleber in ſeiner Nahrhaftigkeit wahrſcheinlich nach, iſt jedoch ſehr naͤhrend und ſcheint die Verdaulichkeit des Klebers zu befoͤrdern. Ein Inſtinkt reizt alle Thierarten zu ſeinem Genuſſe maͤchtig an, und ſie ziehen es auf die Dauer, ſo wie auch ſelbſt der Menſch, allen andern Nahrungsmitteln vor. Bloßer Kleber wird den Thieren bald widrig und macht ſie krank, wie man an den bei Staͤrkefabriken aufgeſtellten Maſtvieh nicht ſelten beobachtet hat.
c) Eine ſuͤße ſchleimige Materie, die nur in geringer Menge im Getreide vorhanden iſt, aber durch das Keimen oder Malzen vermehrt und aus dem Staͤrkemehl gebildet wird. Sie macht das Getreide zur weinigen und auch zur Eſſiggaͤhrung faͤhiger. Sie ſcheint in ihrer Nahrungskraft dem Staͤrkemehle gleich zu kommen und die Verdaulichkeit des Klebers und der Staͤrke zu befoͤrdern.
Im25Getreidearten.Im natuͤrlichen Zuſtande ſind dieſe drei Beſtandtheile nur miteinander ge - mengt. Durch das Kochen und Brodbacken werden ſie inniger mit einander vereinigt und koͤnnen danach nicht mehr getrennt werden. Durch das Kochen entſteht eine kleiſterartige Maſſe, beim Brode aber geht eine Gaͤhrung vor, welche Kohlenſaͤure erzeugt und alles verdaulicher macht.
d) Die Huͤlſen, welche aus Faſerſtoff hauptſaͤchlich beſtehen, der von der Verdauung unaufloͤslich ſcheint. Indeſſen enthalten ſie doch noch etwas aufloͤsliche und gewiſſermaßen aromatiſche Materie, und uͤbertreffen in ihrer Nahrhaftigkeit wenigſtens das Stroh.
e) Feuchtigkeit, welche auch in dem trockenſten Getreide vorhanden iſt, das Gewicht der Maſſe vermehrt, aber doch das ſpecifiſche Gewicht vermindert. Sie giebt keine Nahrung und bringt keinen Nutzen, befoͤrdert aber im groͤßern Maaße das Verderben des Getreides, weshalb es moͤglichſt trocken gehalten werden muß. Die kuͤnſtliche und ſtaͤrkere Austrocknung, wie ſie in den noͤrd - lichern Oſtſeeiſchen Gegenden vermittelſt der Darrſcheuern gebraͤuchlich iſt, be - wirkt, daß ſich ſolches Getreide lange halten kann, insbeſondere wenn es in großen Haufen aufgeſchuͤttet wird, in welchen es weniger Feuchtigkeit wieder anziehen kann. Das ungedoͤrrte Getreide muß dagegen luftig und in flachen Lagern aufbewahrt und oft umgeruͤhrt werden, damit die Feuchtigkeit, welche es natuͤrlich hat und immer wieder anzieht, verdunſten koͤnne. Es iſt nach ver - ſchiedenen Bemerkungen glaublich, daß durch voͤllige Abſchneidung der atmos - phaͤriſchen Luft Getreide unverderblich gemacht werden koͤnne, jedoch muß es vorher ohne Zweifel ſehr ausgetrocknet ſeyn.
Dieſe Beſtandtheile ſind nicht nur in den verſchiedenen Getreidearten, ſondern auch in derſelben Art quantitativiſch verſchieden. Jahres-Witterung, Boden und Duͤngungsart, Reifegrad, Ernte, bewirken dieſen Unterſchied. Das auf naſſem Boden und bei naſſer Witterung gewachſene Getreide hat eine ſtaͤrkere Huͤlfe, und dem zufolge in gleichem Volumen ein geringeres Gewicht. Aber auch die uͤbrigen Beſtandtheile koͤnnen, wie ſchon beim Kle - ber bemerkt worden, verſchieden ſeyn. Daher die Erfahrung, daß in einem Jahre das Getreide beſſer naͤhre wie im andern.
Gewicht.Die Nahrhaftigkeit des Getreides ſtimmt zwar nicht voͤllig, aber doch ziemlich mit ſeinem Gewichte uͤberein und weit mehr als mit ſeinem Volu - men, weswegen es viel richtiger waͤre, es nach ſeinem Gewichte als nach ſei - nem Maaße zu kaufen, zu ſchaͤtzen und anzuwenden. Bei der Branntwein - brennerei hat man dies endlich begriffen, und verſtaͤndige Brenner meiſchen nur nach dem Gewichte ein.
Da man gewoͤhnlich nur Maaße und keine Waagen zur Hand hat, ſo ſind die kleinen Probe-Waagen, die man in Berlin ſehr genau verfertigt haben kann, ſehr bequem.
Das Gewicht der Getreidearten ſchwankt per Berliner Scheffel:
Ertrag.Der Ertrag der Getreidearten richtet ſich bei gleich fruchtbarer Jahres - witterung nach der im Boden befindlichen Kraft; und nach Verhaͤltniß ihrer Maſſe und ihrer nahrungsfaͤhigen Theile, entziehen ſie wiederum dem Boden ſeine Kraft, indem ihr Wachsthum und ihre Koͤrnervermehrung zwar nicht allein, aber doch zu einem großen, noch nicht beſtimmbaren Theile, durch die im Boden befindlichen vegetabiliſchen Nahrungsſtoffe bewirkt wird.
Man hat den Koͤrnerertrag der verſchiedenen Getreidearten in ganzen Pro - vinzen und Laͤndern auszumitteln geſucht, allein die Data woraus man die Durchſchnitte gezogen hat ſind hoͤchſt truͤglich und geben folglich kein glaubwuͤr - diges Reſultat, koͤnnen aber noch weniger auf einzelne Faͤlle und beſondere Kulturarten ruͤckwaͤrts wieder angewandt werden. Nach den Umſtaͤnden ſind die Ertraͤge zuweilen in der Wirklichkeit weit unter, zuweilen weit uͤber jene Reſultate, ſelbſt im Durchſchnitt der Jahre.
27Getreidearten.Im noͤrdlichen Deutſchlande nimmt man gewoͤhnlich bei der Dreifelder Wirthſchaft an:
vom Weizen | .. | 7 | Scheffel |
vom Rocken | .. | 6 | - |
von der Gerſte | . | 6 | - |
vom Hafer | ... | 5 | - |
mit Ruͤckſicht naͤmlich auf die Tracht nach der Duͤngung, worin dieſe Fruͤchte in der Regel gebauet werden.
Im Durchſchnitt ganzer Laͤnder, wo ein großer Theil des Ackers ſchlecht beſtellet wird, kann man aber ſo viel nicht annehmen, ſondern im Durchſchnitt nur 5 Scheffel per Morgen.
Schwerz nimmt in Belgien nach ſeinen Noten — die aber, um ſolche Reſultate zu ziehen, nicht zureichend ſeyn moͤchten — per Magd. Morgen an:
vom Weizen | ... | 11,80 | Berl. Scheffel |
vom Rocken | ... | 12,98 | -- |
von der Wintergerſte | 17,95 | -- | |
vom Hafer | ... | 24,76 | -- |
Belgiſche Landwirthſchaft, Bd. I. S. 316.
Er vergleicht damit die Reſultate, welche ſich aus den Fraktionen der vie - len Youngſchen Annotationen auf deſſen noͤrdlichen, oͤſtlichen und ſuͤdlichen Reiſen durch England ergeben, und berechnet das Medium generale des Ertrags in England — zu den damaligen Zeiten 1760 bis 1770 — auf den Magde - burger Morgen
vom Weizen zu | ... | 9,39 | Berl. Scheffel |
vom Rocken zu | ... | 9,58 | -- |
von der Sommergerſte zu | 12,60 | -- | |
vom Hafer zu | .... | 14,38 | -- |
Er beweiſet daraus den Vorzug der Belgiſchen landuͤblichen Landwirthſchaft vor der Engliſchen. Dieſen wird ihm im Concreto niemand abſprechen, ſelbſt die Englaͤnder nicht. Wenn er aber den, nur in einigen kleinen Diſtrikten Englands von Alters her gebraͤuchlichen und erſt neuerlich von den verſtaͤndigern Landwir - then allgemeiner angenommenen Fruchtwechſel hier mit ins Spiel bringt, und aus jenen Datis beweiſen will, daß dieſer nicht ſo gut ſey, als ein andrer; ſoD 228Getreidearten.iſt dies hoͤchſt inconſequent und zeigt, daß er Young nicht aufmerkſam geleſen und ſeine Tendenz nicht begriffen habe, welche gerade dahin gehet, zu zeigen, daß die gewoͤhnliche Wirthſchaft der durchreiſeten Gegenden noch ſehr unvollkom - men ſey, und durch ein beſſeres Ackerſyſtem vervollkommnet werden koͤnne und muͤſſe. Haͤtte er den Durchſchnittsertrag, den Young von den verbeſſerten Wirth - ſchaften angiebt, — beſonders in ſeinen ſpaͤtern Reiſen, wo es ſchon mehrere ſolcher gab — ausgezogen, ſo wuͤrde das Reſultat[ungefaͤhr] geweſen ſeyn:
vom Weizen | .. | 15 | Schfl. per Morgen |
von der Gerſte | . | 18 | --- |
vom Hafer | .. | 24 | --- |
Rocken wird hier nicht gebaut.
Ueber die Werthsverhaͤltniſſe der Getreidearten und ihre ausſaugende Eigen - ſchaft iſt Bd. I. S. 235 — 249 und Bd. II. in den vorſtehenden Bemerkungen ge - redet worden.
Vegetation des Getreides.In der Vegetationsperiode des Getreides ſind folgende Umſtaͤnde, Vor - faͤlle und Vorkehrungen zu beachten und anzuwenden.
Bei der Winterung haͤlt man es gut, wenn ſie nicht ſchnell hervorſticht, ſondern nach Verhaͤltniß der Temperatur lange in der Erde bleibt, weil ſich alsdann der untere Theil ihres Keims, die Wurzel, mehr entwickelt und ver - ſtaͤrkt. Ich habe bemerkt, daß die Saat bei guͤnſtiger Witterung auf tieferem Boden um drei Tage ſpaͤter hervorkam, als auf flachem. Wenn ungewoͤhn - liche Duͤrre des Bodens Urſach iſt, daß der Saamen lange nicht zum Kei - men koͤmmt, ſo kann man dies zwar nicht als vortheilhaft annehmen; es iſt jedoch auch nicht nachtheilig, als in ſofern die Vegetation dadurch zu ſehr verſpaͤtet wird. Im Herbſte 1810 lief der zu Ende Auguſts geſaͤete Rocken erſt zu Ende des Oktobers, lag 7 bis 8 Wochen in der Erde, und viele ver - zweifelten an ſeinem Aufkommen. Er lief aber nachher dicht genug und wuͤrde ein gedrungen ſtehendes Feld gegeben haben, wenn er ſich bei minderer Duͤrre des Fruͤhjahrs haͤtte beſtauden koͤnnen.
Der Sommerung wuͤnſcht man dagegen ein ſchnelles Hervorkommen, da - mit ſie vom Unkraute nicht uͤberwachſen werde.
Es iſt von guter Bedeutung, wenn die Saat gleichzeitig und gleichartig hervorſticht. Kommt ſie allmaͤhlig und von ungleicher Staͤrke und Farbe her -29Getreidearten.vor, ſo zeigt dies etwas fehlerhaftes an. Uebler iſt eine zweilaͤufige Saat bei der Soͤmmerung als bei der Winterung, weil dieſe ſich im Fruͤhjahr eher aus - gleicht, jene aber ungleich bleibt.
Der austreibende Keim muß von dunkler Farbe, beim Rocken rothbraun, beim Weizen braͤunlich, bei der Soͤmmerung dunkelgruͤn, nicht gelblich ſeyn; letz - teres zeigt eine kraͤnkliche Saat an, die ſich ſelten wieder erhohlt. Die dunkle Farbe der Saat muß ſich lange erhalten.
Die ſich entwickelnden erſten Blaͤtter muͤſſen kurz, maſtig, ziemlich ſtumpf an der Spitze, ſteif und elaſtiſch ſeyn, und ſich kraͤuſelnd winden.
Nach Entwickelung der erſten Blaͤtter bildet der Stamm uͤber der Wurzel einen Knoten; dieſer birſtet auf, und es treiben nach allen Seiten Nebenſproſſen aus. Je mehr dieſes geſchiehet um deſto ſtaͤrkere Frucht kann man erwarten.
Dieſe Sproſſen muͤſſen nicht ſchnell in die Hoͤhe treiben, noch weniger ihre Blaͤtter ſchlaff herabhaͤngen laſſen, ſondern ſich ſteif und elaſtiſch uͤber der Erde ausbreiten, und, wie man es nennt, den Boden belegen. Ein ſchnelles und ſtar - kes in die-Hoͤhe-Treiben der Winterung mit hellgruͤner Farbe habe ich mehrere - male als die Folge einer kurz vor der Saat untergebrachten, noch im Gaͤhrungs - zuſtande befindlichen Duͤngung, bei feuchtem und warmen Herbſtwetter geſehen; eine Ueppigkeit, welche die nachtheiligſten Folgen hatte, und im Fruͤhjahr ein faſt gaͤnzlich ausgewintertes Feld hinterließ. Solche Pflanzen ſcheinen mit Waſſer - ſtoff unverhaͤltnißmaͤßig gegen den Kohlenſtoff uͤberſaͤttigt zu ſeyn. Ein ſtarkes Belegen der Saat auf jene Weiſe, vor Winter, ſcheint mir aber nie nachtheilig werden zu koͤnnen, und wenn dann auch ihre Blaͤtter im Winter abfaulen, ſo bleibt doch der Stamm mit der Anlage der Nebenſproſſen geſund, und treibt im Fruͤhjahr ſchnell wieder aus.
Die Saat kommt in verſchiedenem Zuſtande in den Winter, zuweilen un -Durchwinte - rung. gekeimt, zuweilen eben hervorſtechend, in regulairen Wirthſchaften wohl immer mehr oder minder beſtaudet. Waͤhrend des eigentlichen Winterfroſtes habe ich ſie in keinem Zuſtande erfrieren ſehen. In dem heftigſten aller Blach - (ſchnee - loſen) Froͤſte 180⅔ that es keine, die ich beobachten konnte; aber weißen Weizen hatte ich nicht Gelegenheit zu ſehen. Alle Saat hatte zwar im Fruͤhjahr ein30Getreidearten.kuͤmmerliches Anſehen, die beſtaudete hatte alle ihre Blaͤtter verloren, die an - fangs weiß, nachher halb verfault auf dem Acker lagen; von den juͤngern ſahe man gar nichts. Auch dauerte es mit dem Rocken bis zu Ende Aprils, mit dem Weizen bis zu Ende Mays, ehe er friſche gruͤne Triebe zeigte. Denn der Froſt war uͤber 3 Fuß tief in die Erde gedrungen, und zog allen Waͤrmeſtoff an, den die Atmoſphaͤre abſetzte. Dann aber trieben die Pflanzen ſchnell und kraͤftig wieder aus. Nur wo der Boden Riſſe bekommen hatte, in welchen man das Bein zu brechen Gefahr lief, gab es Fehlſtellen, die ſich aber doch ziemlich wieder ausglichen; und dann war der Rocken auf Sandruͤcken weg, wo er ſich nicht vor Winter beſtaudet hatte, der ſtrenge Oſtwind mit dem Sande ſpielte, und die Wurzeln voͤllig entbloͤßte.
Unter einer Schneedecke haͤlt ſich die Saat freylich immer beſſer, beſonders wenn die Oberflaͤche bevor der Schnee faͤllt, etwas erſtarrt iſt. Sie waͤchſt dann darunter fort, und die kurz zuvor eingebrachte kommt darunter heraus. Der Winterfroſt mag ſo ſtrenge und ſo anhaltend ſeyn, wie er wolle, ſo leidet die bedeckte Saat nicht dabei, und die ſtrengſten Winter haben faſt immer die ſtaͤrk - ſten Winterungsernten zur Folge gehabt. Gelinde und ſehr wechſelnde Winter ſind ihr auf feuchtem Boden gefaͤhrlicher; aber dieſe Gefahr wird durch gute Abwaͤſſerung auch gehoben. Jeboch kann ſie es durchaus nicht ertragen, daß der Schnee zuſammen gepreßt werde, und wo auf hohem Schnee ein Fahrweg oder Fußſteig daruͤber gemacht worden, gehet ſie groͤßtentheils weg.
Austritt aus dem Winter.Weit gefaͤhrlicher, und die gefaͤhrlichſte unter allen, iſt die Periode des Aufgehens des Schnees und Froſtes fuͤr die Saat. Sie kann erſaͤuft werden, wenn der Schnee ſchnell mit Regen aufgehet, das Waſſer in Keſſeln gar keinen Abzug hat oder die Graben von gefrornem Schnee ſo voll ſind, daß man ſie nicht zum Zuge bringen kann. Hier rettet oft die groͤßte Thaͤtigkeit des Land - wirths nur, wenn er mit allen Kraͤften den Abzug herzuſtellen ſucht; zuweilen aber iſt es unmoͤglich. Auf durchlaſſendem Boden kann man zuweilen hoffen, daß das Waſſer einziehen werde, bevor die Pflanze erſtickt wird; aber nicht wenn der Froſt tief in den Untergrund eingedrungen iſt.
31Getreidearten.Aber noch gefaͤhrlicher wird die Aufdauungsperiode der Saat, wenn es langſam und wechſelnd damit geht; beim Sonnenſchein am Tage und Froſt in der Nacht, und um ſo mehr, wenn dazwiſchen noch Schnee faͤllt, der bald von der Sonne weggeſchmolzen wird. Die oberſte aufgedauete Erdlage wird vom Waſſer uͤberfuͤllt, welches des Froſtes wegen nicht tiefer einziehen kann; es ge - friert des Nachts, hebt die Erdrinde in die Hoͤhe und mit derſelben die Pflanze. Bei Tage dauet es wieder auf, die Erde ſenkt ſich wieder, aber die leichtere Pflanze bleibt hervorſtehend. In den folgenden Naͤchten und Tagen geſchiehet das wieder und die Pflanze iſt nun mit ihren Wurzeln ganz herausgehoben, und dieſe ſind auch wohl abgeriſſen, wenn der tiefere Froſt ihre Spitzen feſt hielt. Einer ſolchen Witterung kann auch die kraͤftigſte Saat nicht widerſtehen, jedoch eine ſtark beſtaudete beſſer als eine ſchwache. Die Gefahr iſt um ſo groͤßer je poroͤſer der Boden iſt. Eine ſolche Thauzeit hatten wir im Maͤrz 1804, und das war die einzige Urſach des Miswachſes und des Kornmangels in dieſem ſonſt der Vegetation guͤnſtigen Jahre.
Man wird im Fruͤhjahre, wenn die Saat ſich nicht deutlich oder zu duͤnneZweifelhafter Zuſtand im Fruͤhjahre. zeigt, leicht zu ſehr beſorgt, daß ſie ganz oder doch zu viel ausgewintert ſey,[um] ein eintraͤgliches Fruchtfeld zu geben und entſchließt ſich dann uͤbereilt zum Umpfluͤgen. In keinem Jahre ſind die Landwirthe, meines Gedenkens, ſo be - ſorgt und ſo unentſchloſſen geweſen, was ſie dabei thun ſollten, als 1803. Es fand ſich aber nachher, daß die meiſten, die umpfluͤgten und Gerſte einſaͤeten, es nachher[bereueten], indem die ſtehend gebliebene Winterung noch immer einen ſtaͤr - kern Ertrag gab, als die an ihre Stelle getretene Gerſte, von welcher man unter die - ſen Umſtaͤnden ſelten einen erheblichen Ertrag hatte; wogegen Hafer beſſer gerieth. Den Hafer hat man zuweilen uͤber ein ausgewintert ſcheinendes Weizenfeld geſaͤet und ſcharf eingeegget; den Weizen und Hafer zuſammen geerntet, eine gute Ernte im Ganzen gemacht, von jenem aber doch mehr als von dieſem gewonnen. Es ſind deshalb die Erfahrungen Mecklenburgiſcher Landwirthe, welche in dem zweiten Theile der Annalen der Mecklenburgiſchen Landwirthſchafts-Geſell - ſchaft aufbewahrt ſind, ſehr merkwuͤrdig.
(Vergl. Annalen des Ackerbaues, Bd. V. S. 191.)
32Getreidearten.Man hat auch daſelbſt das kraͤftige Aufeggen der Saat nach Abtrocknung des Bodens im Fruͤhjahr ſehr wirkſam befunden; unerachtet die Leute beſorgten, daß dadurch der Reſt der ſchwachen Pflanzen nun voͤllig zerſtoͤrt werden wuͤrde. Dies iſt ohne Zweifel die hoͤchſte Wohlthat, welche man jeder Winterung an - gedeihen laſſen kann. Es muß aber ſo kraͤftig geſchehen, daß der ganze Acker mit einer friſchen Krume bedeckt werde und alſo mit eiſernen Eggen. Es iſt in jedem Falle anwendbar, außer in dem oben erwaͤhnten, wo die Pflanzen aus der Erde herausgehoben werden, in welchem vielmehr das Walzen anzuwenden iſt. Ein trockner und milder Maͤrz — Maͤrzſtaub — iſt den Winterſaaten und der Vorbereitung zu den Sommerſaaten uͤberaus guͤnſtig.
Austrieb der Saat im Fruͤhjahre.Auch im Fruͤhjahre muß eine gute Saat mehr in Nebenſchuͤſſe als in die Hoͤhe treiben, ſich auf dem Boden verbreiten und erſtarken. Hierzu traͤgt zwar die Natur einer geſunden ſtarken Saat, welche ſchon im Herbſt ſich zu Beſtau - den angefangen hatte, vieles bei; aber die Witterung muß guͤnſtig, die Waͤrme im April und im Anfange des Mais ſehr gemaͤßigt ſeyn, und Regen nicht feh - len, wenn es aufs vollkommenſte geſchehen und der Grund zu dichtem und ſtark - halmigen Getreide gelegt werden ſoll. Durch die gehoͤrig und zu rechter Zeit angewandte Operation des Eggens wird es ſehr befoͤrdert, indem die friſche Krume, in welche die jungen Wurzeln einſchlagen koͤnnen und die leichte Verwundung der Pflanzen die jungen Austriebe der Nebenſproſſen hervorlocken. Treiben dage - gen die Pflanzen jetzt mit einem oder wenigen Halmen ſchnell und wie man es nennt, ſpitz in die Hoͤhe, wie dies bei ſchnell eintretender hoher Temperatur und Mangel an Regen zu geſchehen pflegt, ſo wird die Saat nie dicht, und wenn nun auch in der Folge Nebenhalme, ſogenannte Maipflanzen, nachkommen, ſo werden doch dieſe, wenn ſie einmal gegen die Haupthalme zuruͤckgeblieben ſind, nie bedeutende Aehren tragen. Nicht der dichte Stand der Pflanzen, ſondern dieſes Verbreiten und gleichmaͤßige Aufſchießen der Sproſſen, entſcheidet uͤber die Staͤrke, welche das Getreide erlangen wird, und hier aͤndert ſich der Anſchein oft ploͤtzlich. Ein dicht mit Pflanzen beſetzter zu Anfange des Mais hervorſchei - nender Acker, geht oft, gerade des dichten Standes wegen, ſpitz in die Hoͤhe und zeigt im Junius einen ſchwachen Beſatz an Aehren, wogegen ein anderer,dem33Getreidearten.dem es am Pflanzenſtamme zu fehlen ſchien, nun einen gedraͤngten Stand der Halme und Aehren darbietet — eine Erfahrung, welche gewiß die meiſten Land - wirthe gemacht aber wenige beherzigt haben; indem die meiſten nur recht gedraͤngt ſtehende Pflanzen im Herbſte und im erſten Fruͤhjahre wuͤnſchen, unbekuͤmmert, ob dieſe Pflanzen, einzeln betrachtet, die Merkmale von Kraft und Austriebs - Neigung haben. Der entfernte Anblick eines Saatfeldes truͤgt daher gewaltig, nur die Uebergehung deſſelben, den Blick auf einzelne Pflanzen gerichtet, kann ein ſicheres Urtheil uͤber ſeine Ergiebigkeit begruͤnden.
Je langſamer das Aufſchießen der Halme und das Hervortreiben der AehreSchoſſen des Getreides. geſchiehet, deſto beſſer iſt es. Eine darin voreilende Saat wird nie die ergiebig - ſte werden. Das Austreiben der Aehren muß dann aber gleichmaͤßig uͤber das ganze Feld geſchehen; weswegen man einen kuͤhlen und feuchten Mai wohlthaͤtig fuͤr die Saaten haͤlt. In dem Zeitpunkte, wo ſich die Aehre zeigt, hat das Getreide die Haͤlfte ſeiner kuͤnftigen Hoͤhe erreicht; wenigſtens habe ich das beim Rocken immer zutreffend gefunden.
Es kommt aber eben ſo ſehr auf die Staͤrke der Halme, beſonders an dem untern Theile, als auf die Hoͤhe an. Nur unter der Bedingung, daß die Hal - me auch verhaͤltnißmaͤßig ſtark ſind, ſteht die Laͤnge der Aehre mit der Laͤnge des Strohes im Verhaͤltniß, ſo daß die Aehre ungefaͤhr ſo viele Zolle als der ganze Halm Fuße hat. Duͤnne ſchmaͤchtige Halme erreichen oft eine betraͤcht - liche Groͤße, tragen aber kleine Aehren. Die Knoten des Halmes muͤſſen dick und braun, die Blaͤtter maſtig, dunkelgruͤn und ſteif ſeyn.
Beim ferneren Austreiben der Aehren und dem Eintritte der Bluͤthe, muß das Getreide eine ebene Flaͤche mit den Spitzen ſeiner Aehren bilden. Einzelne hervorragende und andere zuruͤckbleibende Aehren ſind von ſchlechter Vorbedeu - tung fuͤr den Ertrag.
Die Bluͤtezeit iſt eine abermalige kritiſche Periode fuͤr das Getreide. BeiBluͤthe des Getreides. anhaltender feuchter Witterung geht die Befruchtung ſchwer und unvollkommen vor. Darum iſt trockene und warme Witterung, nur durch einzelne Gewitter - regen unterbrochen, im Junius erwuͤnſcht. Vor allen hat ſie Einfluß auf denVierter Theil. E34Getreidearten.Rocken, weswegen ich beſonders davon reden werde. Indeſſen iſt es zu bewun - dern, wie ſehr kraͤftiges Getreide auch dieſer Wiederwaͤrtigkeit gegen ſchwaͤcheres widerſtehe.
In und nach der Bluͤtezeit tritt die Gefahr des Lagerns ein. Wenn ſich Getreide fruͤher lagert ohne von ſtuͤrmiſchen Platzregen oder Schloſſen niedergewor - fen zu ſeyn, ſo ruͤhrt es von uͤbertriebener Geilheit des Bodens her, die der ver - ſtaͤndige Landwirth vermeidet. Iſt es gewaltſam niedergeſchlagen, ſo hat es vor der Bluͤte wenig zu bedeuten; es richtet ſich wieder auf, indem es ein Knie macht.
Das Lagern.Das Lagern, welches von gewoͤhnlichem Regen erfolgt, iſt um ſo ſchlimmer je fruͤher es geſchiehet. Es iſt nicht immer der dichte Stand der Halme ſondern auch eine Schwaͤche und Kraͤnklichkeit der Pflanze daran Schuld. Denn man findet oft ein ſchwaͤcher beſetztes Feld gelagert, wenn ein dichter beſetztes dane - ben aufrecht ſtehet. Starke Duͤngung mit mangelhafter und flacher Beackerung, ſehr dichte Saat giebt am haͤufigſten Lagergetreide; wogegen ein recht gut und tief bearbeiteter Acker und mehr beſtaudete, als in der Jugend gedraͤngte Pflan - zen dagegen ſchuͤtzen. Hier hat der Stamm des Halmes unten mehrere Staͤrke, dort iſt er zu ſchnell in die Hoͤhe getrieben und hat ſeine Laͤnge und vielleicht die Staͤrke ſeiner Blaͤtter auf Koſten ſeiner Staͤrke am Stamme bekommen; alles geile Getreide zeigt ein Ueberverhaͤltniß des Waſſerſtoffs gegen den Kohlen - ſtoff und folglich Schwaͤche an.
Bei dem vorgeſagten iſt zwar hauptſaͤchlich Ruͤckſicht auf das Winterge - treide genommen worden, es findet aber ebenfalls in den meiſten Punkten ſeine Anwendung auf das Sommergetreide. Das beſondere wird bei jeder Getreide - art bemerkt werden.
Krankheiten.Unter den verſchiedenen Krankheiten, welche das Getreide, ſo wie manche andere Pflanzen, doch in verſchiedener Form, waͤhrend ihrer Vegetation treffen, ſind folgende die gewoͤhnlichſten und die merkwuͤrdigſten.
Das Verſcheinen und Verbleichen der Saat, wo die Pflanzen ploͤtzlich eine weiße oder gelbe Farbe, wie bei ihrer voͤlligen Reifung annehmen, und bald ganz duͤrre werden.
Theilweiſe am Gipfel der Pflanze oder an der Aehre erfolgt dies zuweilenDas Verſchei - nen. von ſpaͤten Nachtfroͤſten und Reifen. Dieſer Gefahr ſind die dem Nordwinde ausgeſetzten Seiten und Anhoͤhen der Felder unterworfen; noch mehr aber feuch - te Gruͤnde und vor allem die mit Holz umgebenen Felder, wo gefrorne Duͤnſte ſich am ſtaͤrkſten niederſchlagen und durch ploͤtzliche Erkaͤltung toͤdlich auf die jun - gen Aehren wirken.
Ein anderes Verbleichen der ganzen Pflanze oder das eigentliche Verſchei - nen erfolgt auf duͤrrem Boden von ſtarker Hitze beim Regenmangel. Es trift nicht immer die ſandigſten, ſondern mehr ſolche Felder, die nur ſehr flach ge - pfluͤgt ſind, aber gar nicht ruhen ſondern immerfort beackert werden, und die man dabei ſtark und mehrentheils friſch, kurz vor der Beſtellung duͤngt; am al - lermeiſten wenn es mit Pferdemiſt geſchiehet. Ich kenne Feldfluren wo es in jedem trockenen Sommer das Schickſal des Rockens iſt, welches die Ackerleute daſelbſt fuͤr unvermeidlich halten. Ruhe oder Eindreiſchen des Ackers, tieferes Pfluͤgen und Ueberſtreuen der Saat mit Duͤnger wuͤrden aber unfehlbare Mittel dagegen ſeyn.
Vergl. Wilrich uͤber das Verſcheinen der Saaten Niederſaͤchſ. Annalen Jahrg. IV. St. III. S. 54.
Es giebt aber ein Verbleichen des Getreides, welches von dem Ver -Das Verblei - chen. ſcheinen ganz verſchieden iſt und bei uns nicht haͤufig, nur in gewiſſen Jahren und mehr auf feuchten als auf trockenen Stellen vorkommt. Die Englaͤnder nennen es the Blight, die Franzoſen la Coulure. Es iſt eine ſchnelle Laͤh - mung der Lebensthaͤtigkeit, ein ploͤtzliches Abſterben, ein toͤdlicher Schlagfluß der Pflanzen. So wie ich dieſe Krankheit in dem regnigen aber warmen Sommer 1802 beobachtet habe, entſtand ſie fleckweiſe an feuchteren Stellen; heute war eine Stelle von einigen Fußen bleich geworden, morgen 30 bis 40 Quadratru - then umher. Die Pflanze war ganz weiß und voͤllig duͤrre, ließ ſich leicht aus der Erde ziehen mit ihren großen Wurzeln, die eben ſo weiß und duͤrre waren; aber die feinen Haarwurzeln blieben in der Erde. Es zeigte ſich in jenem Som - mer das Uebel auf andern Feldmarken noch haͤufiger wie auf der meinigen, undE 236Getreidearteneinige ſchoben es auf ein gewiſſes Inſekt. Ich habe aber durchaus kein Inſekt oder Beſchaͤdigung an den Pflanzen gefunden, woraus ich das ſchnelle Abſterben haͤtte erklaͤren koͤnnen. Ein elektriſcher Zuſtand der Luft oder ein ſchnelles Wech - ſeln der poſitiven und negativen Elektricitaͤt zwiſchen den Luftſtroͤmen und der Erde, den manche Anzeigen verriethen, unerachtet kein ausbrechendes Gewitter nahe war, ſchien mir die Urſach zu ſeyn. Dem Wetterleuchten hat man laͤngſt eine nachtheilige Wirkung auf alle Saaten, beſonders in der Bluͤtezeit beigemeſſen.
Das Befallen.Der Honigthau, das Befallen, die Lohe, der Roſt, ſcheinen mir nahe verwandte Krankheiten oder doch wenigſtens eines Urſprungs zu ſeyn: Landwirthe verſtehen unter dem Befallen und Lohe, den Honigthau und den Roſt und auch mir ſcheint letzterer immer eine Folge des erſtern zu ſeyn. Der Honig - thau iſt eine klebrige, ſuͤße, dem Honig ſehr aͤhnliche, und folglich auch den Bie - nen ſehr angenehme Feuchtigkeit, die aus den Pflanzen ausſchwitzt. Denn daß ſie vom Himmel herabfalle, wird jetzt wohl niemand mehr glauben, da ſie ein Gewaͤchs ganz uͤberzieht und ein dicht daneben ſtehendes voͤllig frei davon iſt. Indeſſen liegt die veranlaſſende Urſach ohne Zweifel in der Atmoſphaͤre, und das Uebel entſteht, wenn in der Mitte des Sommers und bei dem vollſaftigen Zu - ſtande der Pflanzen, in und nach der Bluͤthe, ſchneller Wechſel der Luft vor - gehet, auf Waͤrme ploͤtzlich Kaͤlte folgt, und iſt eine Erkaͤltungskrankheit der Pflanzen. Auf einigen Pflanzen z. B. auf den Bohnen erzeugen ſich dann ſo - gleich eine Menge von Inſekten, Aphiden, die wohl unbezweifelt die Folge, aber nicht die Urſach der Krankheit ſind. Bei dem Getreide bemerkt man nur ein kleines rothes Inſekt aber nicht haͤufig. An der ganzen Pflanze aͤußert ſich aber eine Entkraͤftung, ihre Vegetation und fernere Ausbildung ſtockt. Erfolgt bald eine guͤnſtigere Witterung und beſonders ein wohlthaͤtiger Regen, ſo erholt ſich die Pflanze manchmal wieder. Jedoch bekoͤmmt ſie gewoͤhnlich gelbe Flecke an den Stengeln und Blaͤttern, die immer brauner werden, dann platzen und einen braunen Staub von ſich geben. Dies nennt man eigentlich den Roſt, und ich habe ihn faſt immer als Folge des Honigthaues gefunden. Die Botaniker haben ihn laͤngſt fuͤr kleine Blattſchwaͤmme gehalten, und der Praͤſident der engl. Aka - demie der Wiſſenſchaften, Joſeph Banks, hat dieſes Uebel, welches oft, be -37Getreidearten.ſonders in dem Jahre 1804, ſo große Verwuͤſtungen in England anrichtete, in Anſehung ſeiner Geſtalt neuerlich genau beſchrieben, und unter ſtarker Vergroͤ - ßerung genau abbilden laſſen, in welcher man freilich die Form der Schwaͤmme erkennt. (Die Abhandlung ſteht uͤberſetzt in No. 1. der Landwirthſchaftlichen Zeitung vom Jahre 1806.) Die Botaniker halten es fuͤr ein jeder Pflanzenart eigenes paraſitiſches Gewaͤchs, Aecidium genannt. Mir iſt es bis jetzt noch wahrſcheinlicher daß es eine Hautkrankheit ſey, die bei den Pflanzen, wie bei den Thieren, ihre determinirte Form haben. Nimmt die Krankheit uͤberhand, ſo zehrt die Pflanze ab, und ſetzt keine oder ſehr zuſammengeſchrumpfte Koͤrner an. Die große Hoffnung welche man auf eine Frucht ſetzte, geht ploͤtzlich verloren.
Die Krankheit iſt in gewiſſen Klimaten und Gegenden haͤufiger, beſonders in ſolchen, wo es viele Nebel giebt. Gewiſſe Feldmarken, die an Mooren an - grenzen, werden davon faſt alljaͤhrig heimgeſucht. Aber ſonderbar iſt es, daß der Berberitzenſtrauch dieſes Uebel, oder doch ein ſehr aͤhnliches, in ſeiner Nach - barſchaft auf einem ſehr weitem Umfange erzeugt. Die Thatſache iſt nicht zu bezweifeln, denn es ſtimmen gar zu viele Beobachtungen aus allen Zeiten und von allen Nationen darin uͤberein. Aber wie die Berberitze wirke, iſt noch nicht befriedigend erklaͤrt. Mein ſeliger Freund Einhof hat hier viele Verſuche ange - ſtellt, Getreide mit dem Aecidium zu infiolren, indem er ganz damit bedeckte Zweige der Berberitze, friſch abgeſchnitten, uͤber das Getreide ſchuͤttelte, oder ſie dazwiſchen ſteckte; aber er hat nie ſeinen Zweck erreicht. Es iſt alſo nicht die Mitthe