PRIMS Full-text transcription (HTML)
[I]
Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Aerzte.
Dritter Band.
Göttingen,beyJohann Friedrich Röwer.1805.
[II][III]

Inhaltsverzeichniſs.

  • Geschichte des physischen Lebens.
  • Drittes Buch. Revolutionen der lebenden Natur. S. 1.
  • Viertes Buch. Erzeugung, Wachsthum und Abnahme der lebenden Körper. S. 227.
  • Erster Abschnitt. Erzeugung. S. 231.
  • Erstes Kapitel. Keime der lebenden Körper
  • Eintheilung der letztern nach der Verschieden - heit ihrer Erzeugung. S. 231.
  • Zweytes Kapitel. Erzeugungsart der ersten Classe. S. 256.
  • Drittes Kapitel. Erzeugungsart der zweyten Classe. S. 271.
  • Viertes Kapitel. Erzeugungsart der dritten Classe. S. 342.
  • IV
  • Fünftes Kapitel. Bemerkungen über die Er - zeugung nach vorhergegangener Befruchtung. S. 366.
  • Zweyter Abschnitt. Wachsthum und Ab - nahme der lebenden Körper. S. 463.
  • Dritter Abschnitt. Versuch einer Ablei - tung der bisherigen Erfahrungssätze aus den obersten Sätzen der Biologie. S. 544.
  • Vierter Abschnitt. Bedingungen des Wachs - thums und der Abnahme der lebenden Kör - per. S. 566.
Geschich -
[1]

Geschichte des physischen Lebens.

Drittes Buch.

III. Bd. A[2][3]

Drittes Buch. Revolutionen der lebenden Natur.

§. 1.

Wir betreten einen dunkeln, nur durch schwa - che Lichtstrahlen erhellten Pfad. Unser Zweck ist, zu wissen, welche Verwandlungen die leben - de Natur erlitt, ehe sie ihre jetzige Bildung er - hielt. Was kann uns hier führen, was unsern Weg erleuchten? Mündliche Ueberlieferungen reichen nicht an die Zeiten der Urwelt. Nur die Trümmer der jugendlichen Erde, und die Hie - roglyphen, welche die Natur diesen eingrub, können uns belehren. Aber wer kann sagen, er verstehe die Sprache dieses Lehrers? Nur muthmaſsen können wir ihren Sinn, und der Spielraum für diese Muthmaſsungen ist unend - lich, weil er nicht durch Versuche beschränkt ist. Es giebt daher in diesem Abschnitt derA 2Bio -4Biologie nur wenig Sätze, worauf wir mit Sicherheit bauen dürfen. Blos auf diese be - schränken wir unsere gegenwärtigen Untersuchun - gen, und überlassen künftigen, reichlicher mit Beobachtungen versehenen Zeitaltern die vollstän - digere Darstellung der Art und Weise, wie die Urkeime der lebenden Welt sich entwickelten und die letztere diejenige Bildung erhielt, die wir in den beyden vorigen Büchern geschildert haben.

Jedes materielle System durchläuft eine Reihe von Veränderungen, die so beschaffen ist, daſs jenes nach gewissen Revolutionen irgend einem Zustande, worin es sich vorher schon einmal be - fand, wieder nahe kömmt, ohne doch mit dem - selben ganz zusammenzutreffen. Die Natur läſst sich daher unter dem Bilde einer Spirallinie dar - stellen, worin sich ein bewegter Körper jedem beliebigen Punkte immer wieder nähert, um sich immer weiter von demselben zu entfernen.

Auf diesen Satz führten uns die metaphysi - schen Untersuchungen, die wir im zweyten Ka - pitel der Einleitung über die Organisation der ge - sammten Natur anstellten(a)Biol. Bd. I. S. 50., und von ihm wer - den wir hier ausgehen. Wir werden daher er - stens auch die lebende Natur für ein Ganzes an - sehen, das in beständigen Umwandlungen vonjeher5jeher begriffen gewesen ist, noch begriffen ist, und stets begriffen seyn wird, aber auch zwey - tens in diesen Verwandlungen einen festen, ge setzmäſsigen Gang annehmen.

Jetzt laſst uns zuerst Thatsachen sammeln, und diese ordnen; laſst uns dabey von den spä - testen Zeiten zu den frühesten, wovon Denkmä - ler übrig sind, aufsteigen, und von diesen wie - der zu jenen zurückkehren; laſst uns aus jeder dieser Thatsachen die Resultate ableiten, die sich aus ihr ziehen lassen; die letztern unter einan - der vergleichen, und uns so zu immer höhern Folgerungen erheben.

§. 2.

Das Meer naget unaufhörlich an den Festen der Erde, und verändert die Gestalt derselben. Es vermindert in einigen Gegenden das feste Land, indem es in andern Gegenden dasselbe vergröſsert. Städte prangen jetzt da, wo einst die Meereswellen schäumten, und wo vormals der Fischer seine Netze warf, weidet jetzt der Hirt seine Heerden. Aber Städte und Wälder wurden auch vom Wasser verschlungen. Schon Ovid singet:

Fluctibus ambitae fuerant Antissa Pharosque Et Phoenissa Tyros, quarum nunc insula illa est. Leucada continuam veteres habuere coloni:A 3Nunc6Nunc freta circumeunt. Zancle quoque juncta fuisse Dicitur Italiae, donec confinia pontus Abstulit, et mediam tellurem reppulit unda.
(Metamorphos. 1. XV. v. 260. )

So war auch noch am Ende des siebenzehnten Jahrhunderts da Meeresboden, wo nun die Stadt Hudwikswall liegt, und bey Tanum, Fellbaka, in Leksand, bey Biörkö und Wasa mähet man jährlich Gras, wo man im siebenzehnten Jahr - hundert fischte. Hingegen ist die Stadt Done - wich in der Grafschaft Suffolk mit dem angrän - zenden Lande jetzt gröſstentheils vom Wasser be - deckt, und bey Landscron flieſst die See über einem ehemaligen Buchenwalde(b)Bergmann’s physikal. Erdbeschreibung. 3te Aufl. B. 2. S. 196 ff..

Aehnliche, aber schnellere Veränderungen werden durch Ausbrüche von Vulcanen und Erd - beben hervorgebracht. Die Erdrinde zerreiſst, sinket an einigen Stellen, und erhebt sich in an - dern Gegenden; neue Inseln gehen aus dem Mee - re hervor, und alte verschwinden in der Tiefe des Oceans. Thera, Therasia, Delos, Rohdus, Anaphe, Nea, Halope, Hiera, Thia, und viele andere Inseln wurden auf diese Art erzeugt. Aber Chryse sank bey demselben Zufalle, der Hiera hervorbrachte, und Trinidad wurde imJahre7Jahre 1766 durch ein Erdbeben so verändert, daſs die höchsten Berge zu Ebenen herabsanken(c)Bergmann a. a. O. S. 152. Lulolf’s Einleitung zu der mathem. und physikal. Kenntniſs der Erdku - gel. Uebers. von Kästner. S. 151 ff..

Oft sinket auch der Boden, untergraben von unterirdischem Wasser, ohne Spuhren eines Erd - bebens. Borge, ein Ort bey Friedrichshall in Norwegen, sank im Jahre 1702 zu einer Tiefe von 100 Faden, und hinterlieſs einen Sumpf von 3 bis 400 Ellen in der Länge, und ohngefähr 200 in der Breite. Die Insel Pontico bey Negroponte verschwand mit vielen andern benachbarten Inseln im Jahre 1758 ohne Merkmale von Erdbeben, und ein Stück der Insel Banda Necra von 5 Meilen im Umkreise im Jahre 1763(d)Bergmann a. a. O. S. 143.. Eben dies war das Schicksal der neuen Goubermanns Inseln, welche etwa 4 Französische Meilen von Sandeneſs zwischen Patrixfiord und Cap Nord lagen, und alle plötzlich versanken(e)Pennant’s Thiergesch. der. nördl. Polarländer. Th. 2. S. 60. 61..

Winde, Regen und Ueberschwemmungen ver - ändern ebenfalls die Oberfläche der Erde. Selbst die athmosphärische Luft verwandelt alles, wasihremA 48ihrem Einflusse ausgesetzt ist. Alles Oxydirbare wird früh oder spät von ihr gesäuert; alles ver - wittert und zerfällt, und daſs selbst die Felsen diesem Schicksale nicht entgehen, sieht man in Finnland an der Landstraſse, die von Âbo nach Wiborg führt, wo es groſse, mit Steinbrech (Sa - xifraga) bewachsene Hügel giebt, die ganz aus einer verwitterten Art von Feldspath bestehen(f)Abilgaard, Abhandl. der Schwed. Akad. 1757. S. 215. Tilas ebendas. S. 219..

Bedarf es nach diesen Thatsachen noch wei - terer Gründe, um darzuthun, daſs nichts auf Er - den ruhend, alles in ewigen Verwandlungen be - griffen ist? Und ist es nöthig, zu zeigen, daſs durch diese Veränderungen auch die lebende Na - tur verändert werden muſs?

§. 3.

Aber die lebende Natur verändert wechselsei - tig die Gestalt und Beschaffenheit des leblosen Theils der Erde. Myriaden von Thieren, Zoo - phyten und Pflanzen vermodern täglich in dem Schooſse dieser Mutter alles Lebendigen, und schwängern die Luft, das Wasser und die Erde mit neuen Stoffen, und diese Stoffe verbinden sich zu neuen Körpern und Formen. Ein Bey - spiel giebt die Entstehung des Sumpfeisensteinsund9und des Wiesenerzes. Aus den abgestorbenen und in Gährung übergehenden Pflanzentheilen entbindet sich eine vegetabilische Säure, welche von dem Quell - und Regenwasser aufgelöset wird, und dieses tüchtig macht, die Eisentheile aus den Erden und Steinen, worüber es flieſst, auszulau - gen. Die aufgenommenen Eisentheile führt das Wasser mit sich in die Sümpfe, worin es sich ergieſst, und läſst dieselben hier beym Verdün - sten wieder fallen. Auf diese Art sammelt sich auf dem Boden stehender Gewässer eine Schichte gelblichbraunen Eisenokers an, welche immer stärker und fester wird, und den Sumpfeisen - stein bildet. Trocknet endlich der Sumpf ganz aus, so erhärtet dieser Eisenstein noch mehr, und geht in Wiesenerz über(g)Kronstädt’s Vers. einer Mineralogie. Uebers, von Werner. B. 1. Th. 1. S. 7.. So bildet ein vormaliger Bestandtheil vegetabilischer Organismen einen neuen Körper des Mineralreichs.

Moräste und Sümpfe werden durch Pflanzen in festes Land verwandelt. An den Ufern ste - hender Gewässer wachsen verschiedene Arten der Nymphaea, Typha, des Sparganium, Potamoge - ton, die Zanichellia palustris, Stratiotes aloides, Conferven und Ceramien. Diese brechen die Be - wegung des Wassers, nehmen den angespühltenSchlammA 510Schlamm auf, und verfaulen endlich. Hierdurch bildet sich allmählig Land, welches anfangs mit Erlen, Weiden u. d. gl. in der Folge mit gröſserm Holze bedeckt wird. So geht endlich der ganze Sumpf in einen mit Büschen bedeckten Boden über. Abilgaard erwähnt einer Gegend in Nor - wegen, welche ehedem aus lauter kleinen Seen bestand, und jetzt ganz in ein Torfmoor verwan - delt ist.

Sogar Inseln verdanken lebenden Körpern ihr Entstehen. Ein groſser Theil der Inseln des stil - len Meers wurde durch die üppige Vermehrung und Ausbreitung der Corallen erzeugt(h)Biol. Bd. 2. S. 155. 437.. Mu - scheln trugen ebenfalls und tragen noch heut zu Tage zur Bildung neuer Küsten und Inseln bey. Schöpf sahe bey York in Virginien eine mit et - was Sand und Letten vermischte Muschelbank unter einem Sandbette von ohngefähr 30 Fuſs Tiefe. Die Muscheln waren nicht versteinert und es fanden sich keine Arten darunter, welche nicht jetzt noch an der östlichen Küste von Ame - rika beynahe überall angetroffen werden(i)Schöpf’s Reisen in den vereinigten Nordamerikan. Staaten. Th. 2. S. 127.. Aehn - liche Muschelberge, die sich in Bohus finden, beschreibt Linné in seiner Westgothischen Reise. Diese liegen auf dem festen Lande an manchenOrten11Orten fast eine viertel Schwedische Meile von der See, aber gleich unter der seichten Damm - erde; ihre Schaalen sind unverändert, und beste - hen ebenfalls aus solchen Arten, deren Originale noch an der Schwedischen, Norwegischen, Eng - lischen und Französischen Küste leben.

In dem Clima können Ursachen, welche ge - ring zu seyn scheinen, sehr wichtige Verände - rungen hervorbringen. Baco erzählt, daſs zu der Zeit, als Gascogne unter Englischer Herr - schaft stand, dem Könige von den Einwohnern von Bourdeaux und den umliegenden Gegenden eine Schrift mit der Bitte übergeben sey, das Verbrennen der Heiden in Sussex und Hampton zu verbieten, weil daraus am Ende des Aprils ein Wind entstände, der ihren Weinbergen nach - theilig wäre(k)Baconi hist. vent.. Die Geschichtschreiber des Kriegs zwischen den Venetianern und Uscochen versichern, die Einwohner von Zeng hätten gro - ſse Feuer in den Wäldern angezündet, und da - durch einen heftigen Wind erregt, der die feind - lichen Schiffe verhinderte zu landen, und sie zuweilen zu Grunde richtete(l)Fortis Reise in Dalmatien. Th. 2. S. 159.. Ist es also nicht wahrscheinlich, daſs das Clima auch von der lebenden Natur sehr abhängig ist, und daſs keine wichtige Revolutionen in der letztern ohnegleich -12gleichzeitige Veränderungen des erstern statt finden?

Diese Vermuthung wächst fast bis zur Ge - wiſsheit, wenn man erwägt, was das Clima Ita - liens und der Gegenden am schwarzen Meere noch zu den Zeiten des August und seiner Nach - folger war, und was dieses jetzt ist. Virgil spricht von den Flüssen Calabriens und Juvenal von der Tiber als zugefroren. Laurentinum am Ausflusse der Tiber hatte zu den Zeiten des Pli - nius keinen so gelinden Winter, um Myrthen, Oel - und Lorbeerbäume zu beherrbergen, da doch die letztern jetzt in England ausdauern. Virgil giebt Mittel an, das Vieh vor dem Schree und Eise zu schützen, und Aelian, den Aal unter dem Eise zu fangen, Mittel, die jetzt in Italien ganz überflüssig sind. Ovid beschreibt das schwarze Meer als so stark im Winter gefroren, daſs die Sarmater darüber fuhren; in dem jetzi - gen Temeswar fror, seiner Beschreibung nach, der Wein, und man theilte ihn stückweise aus. Alles dies paſst jetzt nicht mehr auf jene Gegen - den(m)Vergl. Mann, Hist. et commentat. Acad. scient. Theodoro - Palat. Vol. VI physicum.. Aber woher diese Veränderungen, als von dem Aushauen der groſsen Waldstrecken, dem Austrocknen der vielen Sümpfe, und der Cultur der Wüsteneien, woraus zu den Zeitender13der Römer gröſstentheils das nördliche Europa bestand? Frankreich hatte noch im Jahre 1543 so harte Winter, daſs der Wein, nachdem er mit Aexten zerhauen war, den Soldaten in Körben zugetheilt werden konnte(n)De Serres inventaire general de l’Hist. de France. Vol. 2. p. 231. Zimmermann’s geogr. Gesch. des Men - schen. B. 3. S. 210.. Einen noch neu - ern Beweis giebt Pensylvanien, in welchem schon seit der kurzen Zeit, da es urbar gemacht ist, sowohl die Winterkälte, als die Sommerhitze weit gelinder geworden ist(o)Bergmann a. a. O, S. 210..

Holzungen äussern auch einen groſsen Ein - fluſs auf die Menge des fallenden Regens. Seit - dem auf den capverdischen Inseln und auf Bar - bados die ehemals bewaldeten Höhen ihrer Bäume beraubt sind, regnet es dort oft in mehrern Jah - ren nicht, und von eben diesem Mangel an Hol - zungen rührt es auch her, daſs in Aegypten der Regen eine so groſse Seltenheit ist.

§. 4.

Veränderungen des Clima müssen wieder ge - genseitig den wichtigsten Einfluſs auf die lebende Natur äussern. Hiermit stimmt auch die Ge - schichte überein. Julius Cäsar erwähnt einesThiers14Thiers unter dem Namen Urus(p)J. Caesar de bello Gall. L. VI. C. XXVIII., der ältere Plinius eines Bison(q)C. Plinii nat. hist. L. VIII. C. XV., und Oppian eines Pi - ston(r)Oppian. Cyneget. L. II. l. 160., die nichts anders als Auerochsen (Bos taurus) oder Bisonten (Bos Bison) gewesen seyn können. Der Urus des Cäsar lebte im Hercini - schen Walde, der Bison des Plinius ebenfalls in Germanien, und der Piston des Oppian bey den Pistonern in Thracien. Aber jetzt giebt es in diesen Ländern keine Auerochsen und keine Bi - sonten mehr. Polen und Litthauen sind die ein - zigen Gegenden von Europa, wo dieselben noch gefunden werden(s)Zimmermann a. a. O. B. 1. S. 153. B. 2. S. 84..

Ein anderes Thier, das jetzt keine andere Theile von Europa als Liefland, Preussen, Cur - land, Polen und Litthauen bewohnt(t)Zimmermann ebendas. B. 1. S. 263. 264., das sich aber zu den Zeiten des Julius Cäsar ebenfalls im Hercinischen Walde aufhielt(u)J. Caesar l. c. C. XXVII., ist das Elenn (Cervus Alces).

Ferner beschreibt Cäsar ein Thier, das zu seiner Zeit in den groſsen Waldungen von Deutsch - land einheimisch war, und welches kein anderesals15als das Rennthier (Cervus Tarandus) seyn kann(v)J. Caesar l. c. C. XXVI.. Ja, noch vierzehnhundert Jahre nachher spricht Gaston Phoebus, der Verfasser eines Jagdbuchs, von dem Rennthiere unter dem Namen Rangier oder Ranglier, als einem Wildprett, welches damals in den Wäldern von Frankreich einheimisch war(w)La venerie de Gaston Phoebus, imprimé à la suite de celle de Jacques Dufoilloux. Paris. 1614. p. 97.. Und wo ist jetzt der Aufenthalt dieses Thiers? Erst jenseits dem 61ten Grade der Breite fängt derselbe heut zu Tage in Europa an(x)Zimmermann a. a. O. B. 1. S. 260..

In neuern Zeiten haben sich die Bieber im - mer mehr aus den Ländern der wärmern Zone entfernt. Ehedem fand man sie am schwarzen Meere, in Italien, Aegypten und Persien. Jetzt gehen sie nicht weiter nach Süden, als bis zum 43ten Grade nördlicher Breite(y)Zimmermann a. a. O. S. 272..

So wie sich diese Thiere von Süden nach Norden zurückgezogen haben, so sind andere aus südlichern Gegenden nach den nördlichen Län - dern herübergewandert. Der Liguster - Sphinx (Sphinx ligustri L.) und der Todtenkopf (Sphinx atropos L.), zwey Arten von Schmetterlingen,die16die eigentlich die südlichen Theile von Europa und Nordafrika bewohnen, scheinen seit der Mit - te des vorigen Jahrhunderts in Deutschland weit gemeiner geworden zu seyn(z)Zimmermann a. a. O. B. 3. S. 212. Die Blatta Orientalis L. soll ebenfalls aus dem Orient nach Eu - ropa gekommen seyn. Ich weiſs aber nicht, wor - auf sich diese Behauptung stützt. Schon Matthio - lus, der vor mehr als 200 Jahren schrieb, erwähnt jenes Thiers.. Eine ähnliche Veränderung hat sich in Nordamerika mit dem Aufenthalte des Virginischen Beutelthiers ereignet, das sich in neuern Zeiten auf der südlichen Seite des Delaware in Neu-Yersey eingefunden hat(a)Biol. Bd. 2. S. 175..

§. 5.

Aber nicht nur die lebende und die leblose Natur verändert sich wechselseitig; auch die ein - zelnen Arten und Individuen der lebenden Orga - nismen stehen in einer Wechselwirkung, bestim - men und beschränken einander bey ihrer Verbrei - tung. Vögel folgen der Cultivirung und werden in neuen Gegenden einheimisch. Der Kreutz - schnabel (Loxia curvirostra) folgte dem Apfel nach England. Glenco in den Hochländern von Schott - land hatte keine Rebhühner, und Siberien keine Sperlinge, bis in jener Gegend Korn gebauet,und17und in diesem Lande die ungeheuren Wüsten desselben urbar gemacht wurden. Der Reisam - mer, der zu Cuba einheimisch ist, verläſst jähr - lich, seitdem in Carolina Reisfelder sind, in My - riaden jene Insel, um an der Erndte in Carolina Theil zu nehmen(b)Pennant’s Thiergesch. der nördl. Polarländer. Th. 1. S. 8..

§. 6.

Ehe wir jetzt weiter gehen, müssen wir eine Schwürigkeit, die uns im Wege zu stehen scheint, wegräumen. Bey den Thatsachen nehmlich, die wir bisher zum Beweise der Abhängigkeit des Clima von der lebenden Natur und einzelner Theile der letztern von andern angeführt haben, war immer der Mensch die erste Triebfeder. Al - les aber, was von diesem der Natur aufgedrun - gen wird, ist unbeständig und von kurzer Dauer. Es giebt eine Insel, die einem irdischen Para - diese glich, so lange die Spuhren des Fleisses von mehr als 30000 Menschen, denen sie einst zum Wohnplatze diente, auf ihr übrig waren. Diese ist Tinian. Krankheiten und Barbarey ent - völkerten sie, und schon nach dem vierten Thei - le eines Jahrhunderts war dieses Eden in eine Wüste verwandelt(c)E. Earchand’s Reise um die Welt. B. 2. Kap. 7.. So kehrt alles in dieHandIII. Bd. B18Hand der Natur zurück, sobald die Thätigkeit des Menschen zu erschlaffen anfängt. Daſs also Veränderungen der lebenden Natur Einfluſs auf das Clima äussern, daſs dieses wieder auf die lebende Natur einwirkt, daſs der Aufenthalt und die Verbreitung einzelner Arten von Thieren und Pflanzen durch andere Arten verändert wird, folgt allerdings aus den angeführten Thatsachen. Allein es läſst sich in Zweifel ziehen, ob diese Veränderungen auch ohne Zuthun des Menschen erfolgt seyn würden, und dem Gange der sich selber überlassenen Natur gemäſs sind.

Diese Schwürigkeit ist indeſs gehoben, so - bald sich zeigen läſst, daſs ähnliche Veränderun - gen, wie der Mensch in dem Organismus der Erde hervorbringt, endlich auch ohne seine Hül - fe erfolgen. Dieser verändert das Clima durch Austrocknen der Sümpfe und Aushauen der Wäl - der. Aber daſs die Natur, sich selber überlas - sen, ebenfalls stehende Gewässer in Land ver - wandelt, haben wir schon oben gesehen, und daſs auch die Vegetation der Wälder ein gewisses Ziel hat, beweisen die Orkneys-Inseln, und die Schettländischen Inseln. In dem Kirchsprengel St. Andrew auf den Orkneys, in North Maven und zu Foela auf den Schettländischen Inseln, wo jetzt gar kein Holz mehr gezogen, und selbst niedriges Gebüsch nur mit groſsen Schwürigkei -ten19ten unterhalten werden kann, werden oft ansehn - liche Strecken Landes mit Ueberbleibseln groſser Bäume angefüllt entdeckt, und dies geschieht ge - wöhnlich, wenn ein heftiger Sturm die darauf liegenden Sandschichten weggewehet hat. Sie lie - gen in einem morastigen Boden, oft 10 Fuſs un - ter dem Torf. Einige stehen aufrecht, wie sie gewachsen sind, andere liegen horizontal, und zwar so, als ob sie alle durch einen Sturm, oder durch eine Ueberschwemmung umgeworfen - ren(d)Pennant a. a. O. Th. 2. S. 38.. Warum ist die Vegetation jetzt nicht mehr so kraftvoll in jenen Gegenden? Zum Theil ist wohl der Grund in einer Veränderung des Clima zu suchen. Aber diese Ursache allein ist zur Erklärung jener Thatsachen nicht hinreichend. Denn Norwegen und Notka - Sund sind kälter, als jene Inseln, und doch wachsen in diesen Ländern Bäume von einer ungeheuren Höhe und Dicke(e)Biol. Bd. 2. S. 428.. Ich glaube daher, daſs der Boden eben sowohl durch Wälder, wie, der täglichen Erfahrung nach, durch den Anbau des Getreides endlich erschöpft wird, und daſs hierin die Hauptursache der erstorbenen Vegetation mancher Gegenden zu suchen ist.

Ferner bringt die Natur ohne Zuthun des Menschen auch in dem Aufenthalte und der Ver -brei -B 220breitung einzelner Arten von lebenden Körpern Veränderungen hervor, indem sie die Wohnorte anderer Arten verändert. Durch den Golfstrohm von Mexico werden die Saamenkörner der Mi - mosa scandens, Dolichos urens, Guilandina Bon - duc und Bonduccella, und anderer Westindischer Gewächse, Amerikanische Schildkröten und Ue - berbleibsel von Schiffen bis nach den Hebriden, ja bis nach Norwegen und dem nördlichen Asien getrieben(f)Sloane, Phil. Trans. n. 222. Pennant Voyage to the Hebrides. p. 232. 233. Linnei amoen. acad. Vol. VII. p. 477. Schöpf’s Reisen durch die vereinigten Staaten von Nordamerika. Th. 2. S. 399 ff.. Es ist leicht einzusehen, wie auf diese Art die Verbreitung der Pflanzen, und also auch die der Thiere, die von jener abhängt, ohne Hülfe von Menschenhänden sich verändern kann.

§. 7.

Als ausgemacht können wir also jetzt den Satz annehmen, daſs der Organismus der leben - den Natur eben so wohl, als alles Uebrige, was im Raume und in der Zeit existirt, unaufhörli - chen Verwandlungen unterworfen ist. Alle That - sachen, die wir bisher zum Beweise dieser Meta - morphosen angeführt haben, betrafen indeſs nur die Verbreitung der lebenden Körper. Aber soll - te nicht auch die Organisation dieser Körper sichver -21verändern? Sollten nicht ganze Arten unterge - hen, und neue ihre Stelle einnehmen?

Ohnstreitig verhält es sich so. Wo ist jetzt der Bonasus der Alten, ein Thier, das sich in Päonien aufhielt, die Gestalt des Ochsen, die Mähne des Pferdes und einwärts gebogene, zum Kampfe untaugliche Hörner hatte, und auf der Flucht einen brennenden Unrath weit von sich warf(g)Aristotelis hist. anim. L. II. C. 5. Plinii nat. hist. L. VIII. C. 15.? Wo das Scandinavische Thier Machlis, das dem Elenn ähnlich war, aber nicht nieder - knien konnte, und deswegen gelehnt an einem Baume schlief(h)Plinius l. c.? Doch, warum suchen wir auch Beweise in den Schriften der Alten, deren Beschreibungen freylich zum Theil blos auf - rensagen beruhen, da selbst die neuere Geschich - te Beyspiele von untergegangenen Arten enthält? Die Gattung des Alpensteinbocks hat sich in der Schweitz seit 200 Jahren so vermindert, daſs die - ses Thier vielleicht in einigen Jahrhunderten dort nicht mehr vorhanden seyn wird(i)Saussure’s Reisen durch die Alpen. Th. 3. S. 176.; die des Dudu (Didus ineptus L.) ist wahrscheinlich schon verschwunden(k)Blumenbach’s Abbildungen naturhistorischer Ge - genstände. H. 4. n. 35.. Unter den Pflanzen sind ver -muth -B 322muthlich die Disa longicornis, Serapias tabularis, das Origanum Tournefortii und die Fagraea Cey - lanica im Begriffe, sich zu verliehren. Die bey - den ersten wurden von Thunberg blos auf einem einzigen Fleck des Tafelberges am Vorgebirge der guten Hoffnung entdeckt; das dritte fanden Tour - nefort und Sibthorp nur auf einem einzigen Felsen der kleinen Insel Amorgos im Archipelagus des mittelländischen Meers; die vierte traf Thun - berg nur einmal an einer einzigen Stelle auf Ceylon, und sonst nirgends, an. Die Fagraea Ceylanica war auch den Einwohnern von Cey - lon so unbekannt, daſs sie keinen inländischen Namen dafür anzugeben wuſsten(1)Neue Abhandl. der Schwed. Akad. Th. 3. S. 125.. Keine Gat - tung aber kann aus der lebenden Natur verschwin - den, ohne daſs die Organisation der letztern da - durch verändert wird; der Untergang einer Art muſs nothwendig die Entstehung einer andern zur Folge haben. So werden vielleicht neue Thiere und Pflanzen erzeugt, die wir als neu entdeckte in unsere Verzeichnisse der Natur - produkte eintragen, denen aber eigentlich der Name neu entstandene gebührt.

Solche Arten. die schon in den ersten Zeiten der Menschengeschichte vorhanden waren, und sich bis auf den heutigen Tag fortgepflanzt ha - ben, sind zum Theil von ihrer ehemaligen Ge -stalt23stalt beträchtlich abgewichen. Selbst der Mensch hat nicht mehr ganz dieselbe Bildung, die er in dem Zeitalter besaſs, aus welchem die Aegypti - schen Mumien herrühren. An vielen dieser äl - testen Ueberbleibsel des frühern Menschenge - schlechts sind die Schneidezähne nicht, wie bey uns, einem Meisel, sondern einem abgestumpf - ten Kegel ähnlich, und gleich den Backenzähnen mit einer platten Krone versehen. Die Eckzähne haben nicht eine Spitze, sondern sind oben so breit und platt, daſs sie sich blos durch ihre Lage von den Backenzähnen unterscheiden las - sen. Das Gesicht ist länglicht, aber nicht ma - ger; die Stirne niedrig, klein, vorne rund ge - wölbt, aber auf den Seiten ganz flach gedruckt, und von den Backenknochen und den Schläfen nach dem Scheitel conisch zulaufend; die Nase groſs, und unten breit; der Mund klein; die Lippen sind wulstig aufgeworfen und hervorste - hend; die Ohren groſs und hochliegend(m)Blumenbach im Göttingischen Magazin von Lichtenbero u. Forster. Jahrg. 1. S. 1. S. 109 ff.. Was kann der Art nach abweichender von der Gestalt aller jetzigen Menschenracen seyn, als diese Bildung? Würde ein Naturforscher, der eine solche Abweichung zwischen andern Thieren von einerley Geschlechte anträfe, Bedenken tra -gen.B 424gen, diese zu einer specifischen Verschiedenheit zu erheben?

§. 8.

Diese Veränderungen können indeſs seit je - ner Zeit. wovon Denkmäler menschlicher Thä - tigkeit übrig sind, nicht das Ganze der lebenden Natur betroffen haben. Man findet in Aegypten nicht nur Mumien von Menschen, sondern auch von Crocodilen, Ichneumon. Ibis und andern Thieren, die vor zwey bis dreytausend Jahren, oder vielleicht noch früher, balsamirt sind. Aber die nehmlichen Thiere leben noch jetzt in Aegyp - ten, und haben in diesem langen Zeitraume keine so groſse Veränderungen in ihrer Struktur erlitten, daſs sie ihren Vorfahren ganz unähnlich geworden wären(n)Annales du Muséum d’Hist. nat. T. 1. p. 235.. Ereigneten sich also einst totale Verwandlungen aller Arten der lebenden Körper, so müssen diese in weit frühern Perio - den, als die sind, zu welchen die Geschichte reicht, gesucht werden.

Die Denkmäler dieser frühern Zeiten sind Fossilien und Versteinerungen, und diese treffen wir in allen Welttheilen, und selbst auf den Gi - pfeln der höchsten Berge an. De Luc(o)Reisen nach den Eisgebirgen von Faucigny in Savoyen. S. 63. fand sie auf der Spitze des Grenairon, welche 7844Fuſs25Fuſs über dem Weltmeere erhaben ist; Ra - mond(p)Annales du Mus. d’Hist. nat. T. III. p. 76. auf dem Montperdu, der höchsten Spitze der Pyrenäen; Ulloa(q)Le Gentil’s Reisen in den Indischen Meeren. S. 137. 138, in der Neuen Samml. von Reisebeschrei - bungen. Th. 2. Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. 1770. Hist. p. 25. auf einem Berge in der Kette der Andes, in der Peruanischen Provinz Guanca-Velica, 13200 Fuſs über der Mee - resfläche; Molina(r)Nat. Gesch. von Chili. S. 48. auf dem Gipfel des gro - ſsen Descabesado, welcher mitten in der Kette der Andes steht, und, wie jener Schriftsteller glaubt, dem Chimborasso an Höhe nichts nach - giebt; Schöff(s)Reisen durch die vereinigten Nordamerikan. Staa - ten. Th. 1. S. 287, und an mehrern andern Stellen. im nördlichen Amerika; Schous - boe(t)Beobachtungen über das Gewächsreich in Marocko. Th. 1. S. VII. und Hornemann(u)Tagebuch seiner Reise von Cairo nach Murzuck, an mehrern Stellen. im nördlichen, und Patterson(v)Reise in das Land der Hottentotten. Uebers. von Forster. S. 110. im südlichen Afrika(w)Viele ältere Beobachtungen der Art sind in Buf - ron’s Supplem. à l’Hist. nat. T. V. p. 288, undBerg -.

JeneB 526

Jene Denkmäler der Vorwelt finden sich aber nicht nur auf der Oberfläche, sondern auch im Innern der Erde. Zu Paraguay, ohnweit dem Plataflusse, traf man hundert Fuſs tief in einem sandigen Boden das Gerippe eines unbekannten vierfüſsigen Thiers an, worauf wir unten zu - rückkommen werden. Nach Ramazzini’s Berich - te(x)In Opp. p. 251. erblickt man zu Modena beym Brunnen - graben von der Oberfläche der Erde an bis zur Tiefe von 14 Fuſs Ueberbleibsel einer alten Stadt; dann folgt ein weisser, fester Boden, hierauf eine schwarze, mit Sumpfrohr vermischte Erde, und so wechseln Schichten von schwarzer und weisser Erde, worin Aeste, Blätter und Rinden von Bäumen vorkommen, mit einander ab, bis man in einer Tiefe von 28 Fuſs zu einer Krei - denlage gelanget, die eine Dicke von 11 Fuſs hat und eine Menge Muschelschaalen enthält; diese ruhet wieder auf einer zwey Fuſs dicken Schichte von Sumpferde voll Binsen, Zweigen und Blät - tern; dann kömmt von neuem eine Lage von Kreide, die sich bis zur Tiefe von 52 Fuſs er - streckt; und so wechselt noch einmal eine Schich - te von Sumpferde mit einer Kreidenschichte, und diese wieder mit Sumpferde ab, bis man endlich zu einem, mit Meeresprodukten vermischtenSand -(w)Bergmann’s physikal. Erdbeschreibung. 3te Aufl. B. 1. S. 247 ff. gesammelt.27Sandboden kömmt, worin zuweilen auch groſse Thierknochen und Holzkohlen gefunden werden. In den Steinkohlengruben von Whitehaven zu Cumberland sind sogar mehr als 2000 Fuſs unter der Meeresfläche Pflanzenschiefer ausgegraben(y)Blumenbach’s Handb. der Nat. Gesch..

Diese Thatsachen beweisen, daſs die Ueber - bleibsel der lebenden Natur, die wir auf den - hen und im Innern der Erde finden, von glei - chem Alter mit der Oberfläche des jetzigen festen Landes seyn müssen, und hieraus folget weiter, daſs sich über die frühere Geschichte der leben - den Natur nichts bestimmen läſst, so lange wir über die Entstehung und Bildung der Erde über - haupt in Ungewiſsheit sind. Von diesem Punkte werden wir daher jetzt ausgehen.

§. 9.

Alle Beobachtungen über die Struktur des In - nern der Erde kommen darin überein, daſs die - ses aus verschiedenen Lagen von Stein - und Erd - arten besteht. Diese Lagen können nur auf ei - nem doppelten Wege gebildet seyn: entweder durch Schmelzung, oder durch Niederschläge. Welche dieser Entstehungsarten aber auch statt gefunden haben mag, so ist es doch gewiſs, daſs die untere Schichte früher vorhanden gewesenseyn28seyn muſs, als die obere, wenn nicht Iocale Ur - sachen eine gänzliche Umkehrung derselben be - wirkt haben. Mit Hülfe dieses Satzes wird sich daher das relative Alter der verschiedenen Erdla - gen bestimmen lassen.

Alle jene Beobachtungen kommen ferner in dem Resultat überein, daſs die Grundlage, gleich - sam das Gerippe der Erdrinde, aus Steinarten besteht, die keine Spuhr von Ueberbleibseln le - bender Körper enthalten(z)Saussure’s Reisen durch die Alpen. Th. 2. S. 325. Ferber, Mém. de l’Acad. des sc. de Berlin. 1790 et 91. p. 151. 153..

Diese Steinarten sind: der Granit, Gneis, Glimmerschiefer, ursprünglicher Thonschiefer und Kalkstein, Urtrapp, Serpentin, Quarz, Topas, ursprünglicher Kieselschiefer, und Urgyps.

Der älteste von diesen ist der Granit. Ihm gebührt daher vor allen andern der Name des Urgebirges. Da, wo die erste Anlage dessel - ben unverändert geblieben ist, findet man ihn in Schichten oder Bänken gelagert(a)Pallas Reise durch versch. Provinzen des Russi - schen Reichs. Th. 3. S. 227. Saussure’s Reisen durch die Alpen. Th. 1. S. 114. Th. 2. S. 322. Schach - mann’s Beobacht. über die Gebirge bey Königsheim. S. 8.. Die Gipfelder29der Berge, die aus ihm gebildet sind, machen die erhabensten, aber auch zugleich die dürre - sten Theile der Erdfläche aus, ragen mit ihren schroffen, ewig beeisten Gipfeln und ihren nack - ten, steilen Wänden hoch über die Wolken em - por, und enthalten die Quellen der gröſsten Flüsse des Erdbodens. In manchen Gegenden, z. B. im Königreiche Kaschimir bey Tibet, und um Quito im südlichen Amerika, bilden ihre Rücken weite, unwirthbare Ebenen, von welchen nach allen Seiten Zweige ausgehen.

Auf und an den Granitgebirgen liegen die übrigen genannten Steinarten in groſsen, doch gewöhnlich sanften, mit Wäldern bedeckten Ge - birgen. Ihr Hauptbestandtheil ist Thon. Sie bil - den Schichten, die meist sehr mächtig sind, und seltener horizontal, als senkrecht fallen. Gewiſs ist es, daſs sie nach dem Granit entstanden sind,da(a)S. 8. 9. 11. Charpentier’s mineralog. Geographie der Chursächsischen Lande, an verschiedenen Stel - len. Palasseau Mineralogie des Pyrénées. p. 155. Ferber, Act. Acad. sc. Petropol. 1782. P. 2. p. 201 Von Buch’s geognostische Beobachtungen auf Rei - sen durch Deutschl. u. Italien angestellt. B. 1. S. 245. Jameson’s mineralog. Reisen durch Schottland u. die Schottischen Inseln. Uebers. von Meuder. S. 19. Link’s geolog. u. mineralog. Bemerkungen auf einer Reise durch das südwestl. Europa. S. 25.30da sie allenthalben, wo nicht locale Ursachen, z. B. Umsturz eines Berges, die Ordnung der Schichten verändert haben(b)Ferber, Nov. Act. Petropol. T. 1. p. 297 sq., auf diesem, nie unter demselben gefunden werden(c)Saussure’s Reisen durch die Alpen. Th. 1. S. 113. 114. Ferber, Act. Petropol. 1782. P. 2. p. 208.. Wahr - scheinlich ist es, daſs sie bald nach der Entste - hung des Granits, als dieser noch nicht ganz erhärtet war, erzeugt wurden, weil man Gneis mit eingemischtem Granit, und Granit mit ein - gemischten Schieferstücken findet, und weil der Granit oft so unmerklich in den Gneis übergeht, daſs sich keine genaue Gränzlinie zwischen ihnen angeben läſst(d)Haidinger in den physikal. Arbeiten der ein - trächtigen Freunde in Wien. 2ten Jahrg. 2tes Quart. S. 42..

Die angeführten Gebirgsarten bestehen aus Kieselerde, Thonerde, Bittersalzerde, Kalkerde, Metallkalken, besonders Eisenoxyd, und einigen Säuren. Unter diesen Säuren kömmt häufig die Kohlensäure vor. Keine jener Steinarten aber enthält flüchtiges Laugensalz und Phosphorsäure. Diese zeigen sich erst in den Erden und Steinen, die von späterer Entstehung sind.

Aus den bisherigen Thatsachen würde sich jetzt schon ein merkwürdiges Resultat in Bezie -hung31hung auf den frühern Zustand der lebenden Na - tur ziehen lassen, wenn wir darüber in Gewiſs - heit wären, ob die angeführten Gebirgsarten dem Wasser, oder dem Feuer ihr Entstehen verdan - ken. Fände neh[m]lich das Erstere statt, so wür - de folgen, daſs bey der Entstehung jener Gebirge entweder noch gar keine lebende Wesen, oder nur erst Infusionsthiere vorhanden waren, und liesse sich darthun, daſs auch diese microscopi - sche Thierwelt damals noch fehlte, so würde sich weiter schliessen lassen, daſs Kieselerde. Kalkerde, Bittersalzerde, Thonerde, Metalle und die Basen aller Säuren, nur den Phosphor aus - genommen, früher waren, als lebende Körper.

Daſs alle blättrige Felsarten, und namentlich der Kalkstein, durch Crystallisation im Wasser entstanden sind, ist eine, keinen vernünftigen Zweifeln ausgesetzte Meinung. Nur über die Entstehungsart des Granits können Zweifel statt finden. Doch kommen auch bey diesem mehrere Umstände vor, welche für die Bildung desselben durch Präcipitation aus dem Wasser sprechen. Wir haben gesehen, daſs er ebenfalls in Schich - ten gelagert ist. Er geht in manchen Gegenden, wo er dem Gneis zur Unterlage dienet, so un - merklich in diesen über, daſs sich keine Gränze zwischen ihm und dem letztern angeben läſst(e)Charpentier’s mineralogische Geographie der Chursächsischen Lande. S. 390.;man32man findet Gneis mit eingemischtem Granit(f)Charpentier a. a. O.; der Gneis aber ist häufig mit Kalk vermischt, und der Kalk mit Gneisadern durchzogen(g)Charpentier. S. 85 127. 174 und an mehrern andern Stellen.; überhaupt gehen fast alle Gebirgsarten, nur den Porphyr und die Trappformation ausgenommen, allmählig in einander über(h)Von Buch’s geognostische Beobachtungen. B. 1. S. 56.. Räumt man also die Entstehung des Kalks durch Niederschläge aus dem Ocean der Vorwelt ein, so läſst sich auch eine gleiche Entstehungsart des Gneis und des Granits nicht läugnen. Noch einen andern Umstand, welcher diese Meinung bestätigt, ent - deckte Saussure in der Gegend von Valorsine. In dem dortigen Hornsteine befanden sich an de - nen Stellen, wo er dem Granit am nächsten ist, Spalten von verschiedenen Breiten, die mit einem Granit angefüllt sind, der in ihrem Innern er - zeugt und geformt seyn muſs. Aehnliche Beob - achtungen machte eben dieser Naturforscher auch zu Lyon und zu Saumur in Auxois(i)Saussure a. a. O. Th. 2. S. 317 ff.. Der Granit jener Spalten konnte unmöglich anders, als durch das Eindringen eines granithaltigen Wassers gebildet worden seyn. Da nun die Be -stand -33standtheile des Granits der Crystallisirung durch das Wasser fähig sind, warum tragen wir denn Bedenken, den ersten Ursprung jener Gebirgsart aus eben dieser Ursache zu erklären? Zu diesen Gründen kömmt endlich noch der Umstand, daſs man in einer der einfachen Steinarten, aus wel - chen der Granit zusammengesetzt ist, dem Quarz, oft Wassertropfen eingeschlossen findet(k)Act. Hafniens. Vol. V. p. 200.. Wie wäre dies möglich, wenn sich der Granit auf ei - nem andern, als dem nassen Wege, gebildet hät - te? Ich weiſs zwar, daſs Ferber in den Chalce - donkugeln, die sich, nach seinem Vorgeben, in einer vulcanischen Schichte des Euganäischen Gebirges befinden sollen, ebenfalls Wasser beob - achtet hat. Aber wenn auch diese Schichte in der That vulcanischen Ursprungs ist, so können doch unmöglich die Chalcedonkugeln durch das Feuer hervorgebracht seyn.

Die ursprünglichen Gebirge wurden also auf eine solche Art gebildet, daſs, wenn bey ihrer Entstehung schon lebende Körper vorhanden ge - gewesen wären, viele von diesen nothwendig hätten versteinert werden, oder doch Merkmale ihrer Gegenwart zurücklassen müssen. Alle jene Steinarten enthalten aber keine Petrefakten. Die Zeit kann die Spuhren derselben nicht verwischthaben:III. Bd. C34haben: denn in jenen Felsarten sind dünne Stei - ne, zarte Schichten und Crystalle von der Fein - heit der Seide aufs vollkommenste erhalten; um so mehr hätten also starke Muscheln der Zer - stöhrung widerstehen müssen(l)Saussure a. a. O. Th. 2. §. 605.. Bey der Bil - dung der ursprünglichen Gebirge existirten folg - lich entweder noch gar keine lebende Wesen, oder nur erst Infusionsthiere, von deren Daseyn keine Spuhr zurückbleiben konnte. Doch auch Infusionsthiere können damals schwerlich schon vorhanden gewesen seyn. Es müſste sich flüch - tiges Laugensalz in den frühern Gebirgsarten fin - den, wenn dies der Fall gewesen wäre. Wir können daher schliessen, daſs Kieselerde, Kalk - erde, Bittersalzerde, Thonerde, und, ausser dem Phosphor, die Basen aller übrigen Säuren, na - mentlich Kohlenstoff, früher waren, als lebende Körper.

§. 10.

Wir gehen jetzt weiter in der Betrachtung der Gebirgsschichten, und wenden uns zu den Ueber - gangsgebirgen, den Flötzgebirgen und den aufge - schwemmten Erdlagen. Zu den ersten gehören: die Grauwacke, der Grauwackenschiefer, der Ueber - gangskalkstein, der Uebergangstrapp und die neue - re Formation des Kieselschiefers; zur zweyten derSand -35Sandstein, der Flötzkalk, die Kreide, der Gyps, das Steinsalz, die Steinkohlen und der Flötztrapp; zu den letztern der Thon, Sand, Kalktuff, die Braunkohlen und der Torf.

Alle diese Substanzen tragen die deutlichsten Merkmale der Entstehung durch Niederschläge an sich. Ihre Schichten sind unter einander parallel, aber nicht nach ihrer specifiquen Schwere geord - net. Oft liegen sie horizontal, oft aber sind sie auch unter jedem andern Winkel gegen den Ho - rizont geneigt. Die ältesten, welche aus Kalk - stein bestehen, der unmittelbar auf den ursprüng - lichen folget, enthalten Versteinerungen von Po - lypen und Schaalthieren, doch nur erst in sehr geringer Menge(m)Ferber, Mém, de l’Acad. des sc. de Berlin. 1790 et 91. p. 155 sv.. Zwischen ihnen findet sich diejenige, von den uranfänglichen merklich ver - schiedene Art von Thonschiefer, die wir oben mit dem Namen des Grauwackenschiefers belegt haben. Hier fangen nicht nur ebenfalls Ueber - bleibsel von Thierpflanzen und Mollusken, son - dern auch von Farrnkräutern und andern Phyto - zoen an, sich zu zeigen. Die Zahl dieser Orga - nismen mehrt sich in den Gebirgsarten der Flötz - formation, doch auch hier nur erst stufenweise. Der älteste Flötzkalk, welcher entweder unmit -tel -C 236telbar auf die Grauwacke folgt, oder von dieser blos durch die erste Sandsteinformation getrennt ist, enthält auch noch erst wenig Versteinerun - gen. In demselben liegt aber oft ein kupferhal - tiges Flötz, worin Skelette von Fischen mit an - dern wirbellosen Seethieren vorkommen. Nach der Bildung dieser Gebirgsarten erfolgte der Nie - derschlag eines Gypsflötzes, und einer Sandstein - lage, dessen Ursache zugleich groſse Veränderun - gen in der lebenden Natur bewirkte, indem viele der frühern Arten von Meerthieren in den folgen - den Schichten von Muschelkalk und Kreide jetzt verschwanden, und an deren Stelle neue erschie - nen, welche nicht in den vorhergehenden Schich - ten gefunden werden. Hierauf trat eine Periode ein, in welcher eine zahllose Menge zertrümmer - ter Phytozoen und Pflanzen auf den Meeresboden kam. Jetzt bildeten sich die Steinkohlenflötze, zwischen welchen Schiefer mit Abdrücken von Pflanzenthieren und Vegetabilien befindlich sind. In allen diesen Schichten kömmt aber noch keine Spuhr von Landthieren vor. Groſs ist dagegen die Menge von Knochen vierfüſsiger Thiere, die man in den letzten Erdlagern von Sand, Mergel und Kalktuff antrifft.

Hier ist eine neue, an Folgerungen sehr fruchtbare Reihe von Thatsachen. Wir sehen jetzt, daſs die Bildung der lebenden Natur vonPoly -37Polypen und Mollusken, also von den untersten Stufen der Organisation anfing, von diesen zu den Pflanzen, und erst dann zu den Landthie - ren fortschritt. Ein ähnlicher Fortgang vom Ein - fachern und Zusammengesetztern findet aber noch heut zu Tage bey der Erzeugung aus formloser Materie in Aufgüssen von vegetabilischen und animalischen Substanzen statt(n)Biol. Bd. 2.. Die ganze le - bende Natur wurde also durch eine Kraft hervor - gebracht, die noch jetzt auf gleiche Art wirksam, aber freylich in ihren Wirkungen weit beschränk - ter ist, als in den Zeiten der Urwelt.

Jene Kraft ist die Lebenskraft. Keine Kraft läſst sich als absolut unwirksam denken. Nun aber finden wir keine Spuhren von Wirkungen der Lebenskraft im Granit und den übrigen Urge - birgen. War also etwa jene Kraft bey der Bil - dung dieser Gebirge noch nicht vorhanden? Oder befand sie sich damals in einem gebundenen Zu - stande? Diese Fragen führen auf das Problem vom ersten Ursprunge alles Lebens. Um das - selbe zu lösen, müssen wir den, im zweyten Buche dieses Werks(o)S. 483 ff. bewiesenen Satz zu Hül - fe nehmen, daſs mehrere, bis jetzt noch unzer - legte Stoffe, namentlich Kohlenstoff, Eisen, Kie -sel -C 338selerde, Kalkerde und Bittererde, im lebenden Körper blos aus Wasser und athmosphärischer Luft erzeugt werden. Wir müssen uns ferner erin - nern, daſs eben diese Stoffe in den Urgebirgen enthalten sind, und also früher vorhanden gewe - sen seyn müssen, als Thiere, Zoophyten und Pflanzen waren. Wir müssen endlich annehmen, daſs der Kohlenstoff, die Metalle und Erden, die sich in den Urgebirgen befinden, nicht von jeher als solche vorhanden gewesen sind, sondern aus einfachern Grundstoffen zusammengesetzt wor - den, indem die entgegengesetzte Voraussetzung auf die Hypothese eines allgemeinen Auflösungs - mittels, worin alle Bestandtheile der Gebirgsarten vor ihrer Präcipitation zu gleicher Zeit enthalten waren, also auf eine, mit chemischen Gesetzen ganz unvereinbare Meinung führt. Aus diesen Sätzen folgt nun, daſs die Erde in ihrem ur - sprünglichen Zustande gleiche Produkte hervor - brachte, wie in spätern Zeiten, als sich lebende Körper auf ihr erzeugten, von diesen gebildet wurden. Aber gleiche Wirkungen setzen gleiche Ursachen voraus. Da wir also keine andere Kraft kennen, welche Kohlenstoff, Metalle und Erden aus einfachern Stoffen zusammenzusetzen vermag, als die Lebenskraft, so ist es wahr - scheinlich, daſs diese es auch war, welche den Grundstoffen der Urgebirge ihr Entstehen gab.

So39

So wie es für die Wärme einen gewissen Zu - stand giebt, den wir mit dem Namen des Ge - bundenseyns derselben bezeichnen, so fand daher auch für die Lebenskraft in den frühesten Zei - ten der Erde ein ähnlicher Zustand statt. Aber Gebundenseyn der Wärme ist nicht aufgehoben, sondern nur anders modificirte Thätigkeit dersel - ben. Eben diese Bewandniſs muſs es in jenen Zeiten mit der Lebenskraft gehabt haben. Leben war damals ein Attribut der ganzen Erde; der Charakter dieses Zustandes war damals vielleicht auch in der Struktur der Erde noch deutlich ausgedrückt(p)Metallurgi passim vulgari ratione venas pro trun - cis ramisque habent, quasi vegetatione crevissent: scilicet quia delineatas a mensoribus hanc speciem aliquando praebere vident. Nec dubium est, cum prima telluris tenerae stamina duceret sapientissimus conditor, aliquid formationi animali aut plantae simile contigisse, sed incendiis et eluvionibus ac ruinis nunc ita detortum perturbatumque in hac superficie et velut cute, ut aegerrime nosci possit. Leibnitii Protog. p. 17. 18.; es fand noch keine Trennung zwischen dem Lebendigen und Leblosen statt; diese entstand erst, als sich einzelne Organismen von der Erde losrissen, und kleinere, in sich geschlossene Welten darstellten. Aber auch jetzt noch ist der Gegensatz des Lebendigen und desLeblo -C 440Leblosen nur für unsern Gesichtspunkt, nicht aber für die Natur vorhanden. Alles, das Uni - versum selber, besitzt Leben: denn wie ist es sonst erklärbar, daſs in der Thätigkeit des Welt - alls, welche durch Einwirkungen unterhalten wird, die aus der Unendlichkeit kommen, und in die Unendlichkeit übergehen(q)Biol. Bd. 1. S. 33., dennoch Gesetzmäſsigkeit herrscht(r)Biol. Bd. 1. S. 50.?

Der erste Ursprung des Lebens überhaupt verliehrt sich also in dem Ursprunge des Univer - sums. Das aber, was uns als lebende Natur er - scheint, war ein Produkt der Erde, und das Ent - stehen und die Stufenfolge in der Entwickelung derselben erfolgte nach demselben Gesetze, nach welchem jedes Individuum, das für unsern Stand - punkt lebend ist, Perioden der Erzeugung, des Wachsthums, der Metamorphose und Fortpflan - zung durchläuft.

§. 11.

Dies sind die allgemeinern Resultate, die sich aus der Ordnung ergeben, in welcher die Ueberbleibsel ehemaliger lebender Körper in den verschiedenen Gebirgs - und Erdschichten vorkom - men. Laſst uns jetzt diese Ueberbleibsel näherunter -41untersuchen, die Familien, Geschlechter und Ar - ten, zu welchen sie gehören, bestimmen, und sehen, auf welche Folgerungen diese Betrach - tungen uns führen werden. Vorläufig müssen wir indeſs einige allgemeine Bemerkungen über den Zustand machen, worin sich jene Reste zeigen.

Man trifft diese Reliquien in einem dreyfa - chen Zustande an: sie sind entweder durchdrun - gen von einer fremden Substanz; oder man fin - det sie in dieser eingeschlossen; oder es ist ein bloſser Abdruck ihrer Form, was von ihnen übrig ist.

Durchdrungen von einer fremden Substanz sind:

  • 1) die wahren Petrefakten, ehemalige lebende Körper, welche in steinartige Massen verwandelt sind;
  • 2) die metallisirten Körper, die mit erzhaltigem Stoff durchzogen sind;
  • 3) die blos calcinirten Körper, oder Fossilien im engern Sinne, Ueberbleib - sel von Thieren, die blos ihre Gallerte ver - lohren haben, und dagegen von fremden Erd - theilen durchdrungen sind;
C 5Zu42

Zu den Substanzen, worin ehemalige lebende Körper eingeschlossen vorkommen, gehöret vor - züglich der Bernstein.

Bloſse Abdrücke von Thieren, Pflanzen und Zoophyten findet man häufig im Sandsteine, Thon - schiefer und andern Steinarten. Sie sind von doppelter Art:

  • 1) Steinkerne, Abdrücke der innern Höh - lung von Muscheln, Schnecken und Gehäu - sen der Würmer und Zoophyten;
  • 2) Spuhrensteine, Typolithen, Abdrük - ke der äussern Oberfläche ehemaliger leben - der Organismen in weichen Steinmassen, die nachher erhärtet sind.

§. 12.

Untersuchen wir jetzt zuerst diejenigen Reste von lebenden Wesen, die in den ältesten Flötz - gebirgen vorkommen, und also früher als alle übrige Thiere, Zoophyten und Pflanzen entstan - den sind, so ergeben sich mehrere, höchst merk - würdige Resultate. Ehe wir diese aber mitthei - len können, müssen wir ein Verzeichniſs der verschiedenen Geschlechter jener Körper voraus - schicken.

Von Thierpflanzen gehören hierher:

1) Die43
  • 1) Die Encriniten, Zoophyten, welche zu - nächst an die heutige Familie der Seefedern, und zwar vorzüglich an das Geschlecht En - crinus gränzen, und aus einem einfachen ge - gliederten Stiele, und einfachen, artikulirten, der Länge nach gespaltenen, auf ihrer in - nern Seite mit Flossen versehenen, auf dem Gipfel des Stiels rings um eine gemeinschaft - liche artikulirte Basis sitzenden, und, bey der gemeinen Art, zusammengeschlagen einer unaufgeblühten Lilie ähnlichen Organen be - stehen.
  • 2) Die Pentacriniten, Thierpflanzen, wel - che ebenfalls dem jetzigen Geschlechte En - crinus verwandt sind, auch aus einem ein - fachen, gegliederten Stiele bestehen, auf welchem gegliederte, aber vielästige Arme um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt sitzen, und an das vorige Geschlecht durch den Encrinus coralloides
    (s)Andreä’s Briefe aus der Schweitz. 2ter Abdruck. S. 4. Versuch einer Beschreibung historischer und natürlicher Merkwürdigkeiten der Landschaft Basel. St. 7. Tab. 7. g. h. i. k. l. m.
    (s) gränzen, eine seltene Art von Versteinerungen, deren Stiel aus einer Reihe sehr breiter Glieder (Trochi - ten) besteht, und deren Kopf dem der gemei - nen Encriniten ähnlich ist, nur daſs dieAeste44Aeste nicht so regelmäſsig, wie bey den letz - tern, sondern unordentlich unter einander verschlungen sind.
  • 3) Die Echiniten, Asteriten, Madre - poriten u. s. w. Polypen aus den jetzigen Geschlechtern Echinus, Asterias, Madrepora u. s. w.
    (t)Zu den Thierpflanzen der Vorwelt müssen ohne Zweifel auch die sogenannten versteinerten Schwäm - me (Fungiten) gerechnet werden.
    (t).

Hierher gehörige Mollusken sind:

  • 1) Die geraden Tubuliten, gerade, glatte, mit ringförmigen Absätzen, aber keinen Scheidewänden versehene Röhren.
  • 2) Die Doppelröhren
    (u)Bitubulites problematicus. Blumenbach specimen archaeologiae telluris etc. p. 23. Tab. II. fig. 9.
    (u), zwey gerade, cy - lindrische, parallele Röhren, die in einer ge - meinschaftlichen Scheide eingeschlossen sind.
  • 3) Die Dentaliten, pyramidalische, ge - krümmte, der Länge nach gestreifte Körper mit einem Canal ohne Scheidewände.
  • 4) Die Belemniten, conische, vielkamme - richte, mit einer dicken Rinde, in deren Queerbruche Strahlen aus dem Mittelpunkte nach der Peripherie laufen, umgebene Röh - ren.
5) Die45
  • 5) Die Orthoceratiten, ebenfalls conische und vielkammerichte, aber mit keiner Rinde bedeckte Röhren.
  • 6) Die Ammoniten und Lituiten, lange, conische, vielkammerichte, spiralförmig ge - wundene Röhren mit abgesonderten Windun - gen
    (v)In diesem letztern Zusatze unterscheiden sich die Ammoniten und Lituiten von den Nautiliten, de - ren äusserstes Gewinde die innern umfaſst und mit diesen verwachsen ist.
    (v).
  • 7) Die Lenticuliten, Linsensteine, Helici - ten, Phaciten, vielkammerichte, spiralförmig gewundene, auf beyden Seiten der Fläche, in welcher sich die Windungen befinden, mit einer nach aussen convexen Schaale be - deckte Gänge.
  • 8) Die Nautiliten, Turbiniten, Strom - biten, Bucarditen, Pectiniten, Cha - miten, Terebratuliten, Soleniten, Mytuliten, Telliniten u. s. w. Conchy - lien der Vorwelt, die sich zu den jetzigen Geschlechtern Nautilus, Turbo, Strombus, Buccinum, Cardium, Pecten, Chama, Tere - bratula, Solen, Mytilus, Tellina u. s. w. bringen lassen.
9) Die46
  • 9) Die Pantoffelmuschel
    (w)Von Hüpsch’s neue in der Nat. Gesch. des Nie - der-Deutschland’s gemachte Entdeckungen. S. 40.
    (w), eine Mu - schel aus der Familie der Austern, von de - ren beyden ungleichen Schaalen die eine co - nisch ist, eine stumpfe umgebogene Spitze, Eine platte Seite und der Queere nach ge - hende Rippen hat, die andere, oder der Deckel, flach, halbcirkelförmig, mit ähnli - chen Rippen versehen, und am Rande ge - zähnt ist.
  • 10) Die beyden Delucschen Bivalven vom Berge Saleve
    (x)Saussure’s Reisen durch die Alpen. Th. 1. S. 215. Tab. II.
    (x). Die eine der - selben, welche sich der Form der Herzmu - scheln nähert, zeichnet sich vorzüglich durch zwey sehr ungleiche Klappen, durch ein grö - ſseres und stärker artikulirtes Schloſs, wie man bey irgend einer bekannten Art der noch lebenden Muscheln antrifft, und darin aus, daſs das Innere der kleinen Klappe dem menschlichen Ohre sehr ähnlich ist. Die an - dere hat in der Textur der Schaalen einige Aehnlichkeit mit den Schinkenmuscheln (pin - na). In der Form aber entfernet sie sich gänzlich von diesen. Die beyden Klap - pen sind nicht symmetrisch; die eine ist con -vex47vex und mit groben Höckern besetzt; die andere hingegen ist plattgedrückt, erhebt sich aber doch gegen das Schloſs hin, von welchem kleine Rinnen, die sich in Aeste zertheilen und den Rippen eines Blatts ziem - lich gleich kommen, bis ohngefähr über zwey Drittheile der Oberfläche hinlaufen.

Diesem Verzeichnisse müssen wir aber noch eine Bemerkung beyfügen. Wir haben hier die Tubuliten, Doppelröhren, Dentaliten, Belemni - ten, Orthoceratiten, Ammoniten, Lituiten, und Lenticuliten zu den Mollusken gerechnet. Indeſs scheint es mir, aus Gründen, die weiter unten vorkommen werden, sehr zweifelhaft zu seyn, ob diese Eintheilung richtig ist, und jene Kör - per nicht vielmehr zu den Thierpflanzen, oder gar zu einer ausgestorbenen Classe, welche, gleich den Würmern, zwischen den Mollusken und Thierpflanzen in der Mitte stand, aber doch von den Würmern sehr verschieden war, ge - zählt werden müssen.

Folgendes sind nun die Resultate, die sich aus einer genauern Untersuchung der Struktur und Verbreitung der angeführten Körper ergeben:

  • 1) Alle gehören, wie schon gesagt ist, entwe - der zu den Polypen und Schaalthieren, oder doch zu einer Classe, die zwischen diesen in der Mitte stand.
2)48
  • 2) Manche derselben sind von höchst wunder - barer, fremdartiger Struktur, wovon sich nichts Aehnliches unter den jetzigen Bewoh - nern der Erde mehr findet, und viele zeich - nen sich durch eine ausserordentlich groſse Menge von Artikulationen aus.

Höchst fremdartig ist zuerst die Struktur der Ammoniten. Bolten(y)Beschäftigungen der Berlinischen Gesellschaft. B. IV. S. 510 ff. löste von einem Am - monshorne den steinartigen Thon ab, wodurch die Windungen dieser Thiere an einander gekit - tet sind, worauf das ganze Horn, wie eine auf - gewundene und wieder losgelassene Uhrfeder, sich von einander gab, und so beweglich, wie die Schwanzspitze einer Klapperschlange, wurde. Die Ammoniten sind also Ueberbleibsel eines aus vielen Gelenken bestehenden, und mit einer har - ten Schaale gleichsam gepanzerten Thiers, das seinen Körper ausstrecken und spiralförmig zu - sammenlegen konnte. Wo findet sich etwas Aehn - liches unter den jetzigen Polypen oder Mollusken?

Eben diese Frage läſst sich bey den Lenti - culiten aufwerfen. Zwischen den beyden kreis - förmigen, inwendig concaven Schaalen, womit diese Körper bedeckt sind, findet man einen spi - ralförmigen Gang, dessen Centrum mit dem Mit -tel -49telpunkte der Schaalen übereinkömmt, und wel - cher durch zahlreiche queerliegende Scheidewän - de in eine groſse Menge kleiner Zellen abgetheilt ist. In dieser Struktur sind also die Linsen - steine den Nautiliten verwandt. Allein bey den Nautiliten, und selbst den kleinsten microscopi - schen, sind die Scheidewände der Kammern durchbohrt, und jede Schnecke dieser Art hat nur einen einzigen Bewohner. Zwischen den Kammern der Lenticuliten aber findet gar keine Verbindung statt. Nur die äussersten Zellen sind nach aussen offen; alle übrige hingegen von allen Seiten verschlossen. In dieser Struktur ent - fernen sich die Linsensteine ganz und gar von den Nautiliten, und nähern sich den Thierpflan - zen. Es ist unmöglich, daſs bey dieser Einrich - tung die sämmtlichen Kammern von einem ein - zigen Thiere können bewohnt gewesen seyn; sehr wahrscheinlich ist hingegen Saussure’s Mei - nung, daſs jede der äussersten Zellen einen eige - nen Bewohner gehabt habe; daſs sich dieses Thier fortpflanzte, indem aus dem obern Theile desselben ein neues Thier hervorsproſste, wel - ches sich dann ebenfalls eine neue Zelle bauete; daſs unterdeſs das alte Thier starb, und seine Kammer durch eine Wand verschlossen wurde, welche der Wohnung des neuen Thiers zur Grundlage diente; und daſs sich auf diese Art nach und nach immer neue Thiere erzeugt ha -III. Bd. Dben,50ben, welche ihre Wohnungen in der Gestalt einer Spirallinie an einander bauten(z)Saussure’s Reisen. Th. 2. S. 84 ff..

Die Belemniten wurden vermuthlich auch von einer Thierpflanze bewohnt, die sich in der äussersten Zelle dieser vielkammerichten, coni - schen Röhre aufhielt. Andreä(a)Andreä’s Briefe aus der Schweitz. S. 31. sahe eine Versteinerung dieser Art, deren Schaale an dem spitzen Ende weggebrochen war. Dadurch war ein Körper entblöſst worden, der sich mit ver - schiedenen Furchen oder Falten in eine Spitze endigte. Diese war bey einigen etwas abgerun - det. Die Falten bildeten an dem Ende, wo sie zusammenliefen, kleine Erhöhungen, meist acht an der Zahl, und schlossen eine sternförmige Oeffnung ein. Nicht unwahrscheinlich ist An - dreä’s Vermuthung, daſs jene polypenartigen Körper die Einwohner der Belemniten waren.

Von eben so wunderbarer, dem Baue der jetzigen Thierarten ganz unähnlicher Struktur sind die Orthoceratiten. Sie gränzen aber von manchen Seiten so nahe an die Ammoniten und Lenticuliten, daſs sie ohne Zweifel mit diesen in einerley Classe gesetzt werden müssen. Er - wägt man nun die gänzliche Verschiedenheit der angeführten Körper von allen heutigen Organis -men,51men, und diese nahe Verwandtschaft, die sie un - ter einander haben, so wird man unsere obige Vermuthung, daſs sie zu einer ausgestorbenen Classe gehört haben, die, gleich den jetzigen Würmern, das Mittel zwischen den Mollusken und Thierpflanzen hielt, jedoch von den heuti - gen Würmern sehr verschieden war, nicht un - wahrscheinlich finden.

Bey denjenigen Organismen der Urwelt, wel - che mit Zoophyten oder Mollusken der jetzigen Erde zu einerley Familie oder Geschlecht gehört haben, und wovon also noch analoge Formen übrig sind, erstreckt sich diese Analogie doch meist nur auf das Ganze der Organisation. In einzelnen Theilen zeigt sich dagegen auch hier die auffallendste Abweichung von allen heutigen Gestalten der lebenden Natur. So giebt es zwar unter den ältern Petrefakten sehr zahlreiche Ar - ten, die mit dem noch vorhandenen Geschlechte der Seeigel (Echinus) übereinkommen. Aber alle heutige Gattungen dieses Geschlechts haben Sta - cheln; hingegen unter den Seeigeln der Vorwelt waren viele mit Organen von ganz anderer Struk - tur, mit den sogenannten Judensteinen, besetzt(b)Andreä a. a. O. S. 265. Tab. 14. fig. d. Tab. 15. fig. a. De Luc, Mém. présentés à l Acad. des sc. à Paris. T. IV. 1763. p. 467..

AlsD 252

Als einen andern merkwürdigen Charakter der ersten lebenden Produkte der Erde haben wir die ausserordentlich groſse Menge von Artikula - tionen genannt, womit viele derselben versehen sind. In diesem Stücke zeichnen sich vorzüglich die Encriniten und Pentacriniten aus. Bey ihnen besteht zuerst der Stiel aus lauter scheibenförmi - gen Wirbeln, (Trochiten, Asterien) die mit wun - derbarer Kunst durch zahlreiche Hervorragungen, womit sowohl die obere, als die untere Fläche eines jeden Wirbels besetzt ist, und welche aufs genaueste in Einschnitte der beyden anliegenden Wirbel passen, unter einander verbunden sind. Bey den Encriniten artikulirt ferner der Stiel mit den Armen durch mehrere Knochen, die eine ganz ähnliche Verbindung unter einander haben, wie die Knochen der Handwurzel des Menschen. Aber noch weit zahlreicher sind die Glieder jener Arme, die aufs regelmäſsigste von der Basis bis zur Spitze an Gröſse abnehmen. Jeder der Arme artikulirt wieder nach innen an beyden Seiten - rändern mit einer höchst zart gefiederten Flosse, und von diesen Flossen sind endlich noch die einzelnen Fäden aufs feinste gegliedert(c)Vergl. Rosini tentaminis de lithophytis etc. pro - dromus. Hollmann pentacrinorum etc. descriptio, in Eiusd. Commentat. sylloge altera. Blumenbach in Voigt’s Magazin f. d. Neueste aus der Physik u. s. w. B. VI. St. 4. S. 1..

3)53
  • 3) Viele sind von einer Riesengröſse, wozu keine ähnliche Organismen heutiges Tages mehr gelangen.

So giebt es Nautiliten, die bis 2 Fuſs(d)Andreä’s Briefe aus der Schweitz. S. 23. 265., und Ammonshörner, die mehrere Ellen im Durch - messer haben(e)Eines Ammoniten von Fuſs erwähnt Esper (Schriften der Berlin. Gesellschaft. B. V. S. 57.)..

  • 4) Manche zeichnen sich durch eine sehr weite Verbreitung aus, und zugleich beweisen meh - rere Umstände, daſs sie an denjenigen Orten, wo sie in jetzigen Zeiten gefunden werden, ursprünglich gelebt haben müssen, und nicht aus fremden Welttheilen durch Meeres - fluthen dahin gebracht seyn können.

Von der ausgedehnten Heimath mancher Thiere der Vorwelt geben vorzüglich die Ammo - niten einen Beweis, die fast in allen bekannten Ländern entdeckt sind(f)Unter andern findet sich an der Mündung des Indischen Flusses Gandica eine eigene Art von Ammoniten, (Ammonites sacer. Blumenbach specimen archaeolog. telluris etc. p. 21. Tab. II. fig. 7.) die bey den Indiern heilig ist.. Es zeugen dafür dieEncri -D 354Encriniten, welche ebenfalls in dem ursprüngli - chen Ocean sehr gemein und sehr weit verbreitet gewesen seyn müssen, wie die Menge einzelner Glieder von ihnen beweiset, die man an so vie - len Orten antrifft(g)Blumenbach in Voigt’s Magazin f. d. Neueste aus der Physik u. s. w. B. VI. St. 4. S. 16..

Daſs aber die Gegenden, wo man jene Thie - re versteinert findet, auch ihr ursprünglicher Aufenthalt gewesen sind, erhellet daraus, weil diese Petrefakten an ihren jetzigen Lagerstäten eben so in Colonien und Familien vorzukommen pflegen, wie die Mollusken und Polypen heut zu Tage auf dem Boden des Meers leben. Von die - ser Bemerkung findet man unter andern einen Beweis im Luzerner Gebiete, wo eine eigene Art von Dentaliten in einem aschgrauen, festen Kalk - steine in gröſster Menge und ohne mit irgend einem andern Petrefakt vermengt zu seyn, dicht beysammen liegen(h)Blumenbach a. a. O. B. V. St. 1. S. 14.; an der Menge von Lilien - steinen, die oft in einem kleinen Raume zusam - mengedrängt sind, und an den ungeheuren Mas - sen von Gliedern der Encriniten, die man in so vielen Gegenden antrifft(i)Blumenbach a. a. O. B. VI. St. 4. S. 16. 17., und welche häufig in einer Versteinerungsschichte ruhen, wodurch der ältere Sandstein und der auf ihm ruhendeKalk -55Kalkstein von einander getrennt sind(k)Von Buch’s geognostische Beobachtungen. B. 1. S. 149.. Nir - gends aber giebt es so einleuchtende Belege zu jenem Satze, als in dem Thale von Trento. Hier sieht man von der Fläche des Thals an bis 500 Fuſs hoch am Abhange der Berge, welche diese Fläche begränzen, nichts als Tausende von Ammoniten, die Fuſs und darüber im Durch - messer haben. Alle liegen wie mit Kunst geord - net neben einander, alle mit der Fläche der Win - dungen parallel auf der geneigten Fläche der Schichten; nie steht einer von ihnen den Schich - ten entgegen; auch bedecken sie nur die Ober - fläche der Lagen; fast niemals sieht man sie in der Mitte, oder am Boden. Höher hinauf ver - schwinden diese Körper völlig, und man erblickt dagegen ein zahlloses Heer von Belemniten. Bucciniten, Volutiten, Echiniten und andern un - kenntlichen Versteinerungen, die in wilder Ver - wirrung durch einander liegen. Ganz oben er - scheint wieder eine neue Familie, die der Lenti - culiten, die so dicht an einander gedrängt die Schichten erfüllen, daſs kaum noch eine Spuhr des sie bindenden Kalksteins zu sehen ist(l)Von Buch a. a. O. S. 303.. Noch eine andere Erscheinung, welche ebenfalls für den obigen Satz spricht, sieht man in denThon -D 456Thonhügeln von Toscana, besonders in der Ge - gend von Siena, wo von benachbarten Hügeln, ja zuweilen von an einander stoſsenden Flächen eines und desselben Hügels einige so voll von versteinerten Muscheln sind, daſs das Erdreich weiſs davon ist, indem die anliegenden keine Spuhr von Petrefakten enthalten(m)Saussure’s Reisen. Th. 1. S. 50. §. 65.. Diese Thatsache würde unerklärbar seyn, wenn jene Muscheln durch Meeresfluthen, oder auf eine andere zufällige Art in ihre jetzige Lagerstäte gebracht wären.

  • 5) Groſs ist die Mannigfaltigkeit der Arten und die Zahl der Individuen dieser Organismen. Die Menge der letztern, welche in manchen Gegenden vorkömmt, übersteigt alle Vor - stellungen selbst der kühnsten Einbildungs - kraft, und zeugt von der üppigsten Frucht - barkeit der jugendlichen Erde.

Sehr reich an Arten sind vorzüglich die Ge - schlechter der Encriniten, Pentacriniten, Echini - ten und Ammoniten. Von den Encriniten und Pentacriniten findet man selten vollständige Exem - plare, aber desto häufiger die scheibenförmigen Glieder ihrer Stiele, die sogenannten Trochiten, Entrochiten, und Asterien, und diese variirenaus -57ausserordentlich in ihrer Gröſse und Gestalt(n)Rosinus de lithophytis. Tab. IV sq. Walch’s Nat. Gesch. der Versteinerungen. Th. 2. Kap. XI. S. 69 ff.. Eben so groſs ist die Mannichfaltigkeit der Echi - niten, und gerade diejenigen müssen zu den zahl - reichsten dieses Geschlechts gehört haben, die statt der Stacheln mit den sogenannten Juden - steinen besetzt sind, und wovon nichts Analo - ges in der jetzigen Schöpfung mehr vorhanden ist. Nichts kömmt aber der Verschiedenheit bey, die wir unter den Ammonshörnern antreffen. Schon Jussieu(o)Mém. de l Acad. des sc. de Paris. 1722. Ed. 8. p. 319. zählte blos in Frankreich über hundert Arten derselben.

Von der unendlichen Menge der Individuen, die den Ocean der Vorwelt bewohnten, enthält fast jedes Land Beweise. Es giebt ganze Theile der Erdrinde, die fast blos aus ihnen zusam - mengesetzt sind. Unzählbare Schaaren derselben liegen in den Höhen um Paris und um Bour - gogne. Bey Chaumont bestehen die Hügel, die zum Theil von ansehnlicher Höhe sind, aus lau - ter Schnecken. Bey Rheims findet sich ein sol - ches Bett, das viele Meilen lang und breit ist(p)Bergmann’s physik. Erdbeschreibung. B. 1. S. 248.. In Touraine liegt eine Schichte von lau -terD 558ter Conchiten, die einen Raum von mehr als 130 Millionen Cubikfaden einnimmt(q)Hist. de l Acad. des sc. de Paris. 1720. Ed. 8. p. 8.. In den Pyrenäen tritt man fast bey jedem Schritte auf Lenticuliten(r)Ramond, Annales du Muséum d’Hist. nat. T. III. p. 82.. In den Gegenden von St-Go - bain in der Picardie sind ganze Kalkfelsen mit dieser Petrefaktenart angefüllt(s)Saussure’s Reisen. Th. 2. S. 86.. In England giebt es Steinkohlengruben, wo die Arbeiter in einer Tiefe von 9 bis 10 Fuſs, und in ei - ner Weite von mehrern Englischen Meilen oft nichts als eine gewisse Art von Conchiten fin - den(t)Richard Richardson in Luidii Lithophyl. Bri - tann. p. 109. Eine Menge anderer Thatsachen der Art haben Bergmann (Physik. Erdbeschr. B. 1. S. 247. §. 57) und Hollmann (Commentat. sylloge altera. p. 43. §. 12) gesammelt..

  • 6) Unter allen Petrefakten der Uebergangsge - birge und der ältesten Flötzgebirge kömmt keine Art vor, die noch in der jetzigen le - benden Natur zu finden wäre. Alle diese Erstlinge der Erde gingen unter, und neue Geschlechter folgten ihnen.
Hier59

Hier ist der wichtigste unter den bisherigen Sätzen.

Von Belemniten, Orthoceratiten, Lituiten und Lenticuliten ist noch nie auch nur etwas Aehn - liches in der jetzigen Natur entdeckt worden. Von den übrigen Zoophyten und Mollusken des obigen Verzeichnisses giebt es zwar analoge Kör - per unter den heutigen Bewohnern der Erde, aber die Aehnlichkeit ist entweder eine bloſse Gleichheit des Geschlechts (genus) bey gänzlicher Verschiedenheit der Art (species); oder es ist gar nur eine schwankende Uebereinkunft in dem Habitus.

Die Encriniten und Pentacriniten sind, wie schon gesagt ist, dem heutigen Geschlechte En - crinus, und zwar die erstern dem, aus der Tie - fe des Grönländischen Meers hervorgezogenen, von Mylius(u)Schreiben an den Herrn von Haller. London. 1753. und Ellis(v)Essais sur l’Hist. nat. des Corallines. p. 110. beschriebenen En - crinus radiatus (Vorticella Encrinus L.), die letz - tern der Guettardschen Encrinus Asteria (Isis Aste - ria L.), wovon ein Exemplar an der Küste von Barbados gefunden ist(w)Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. 1755., ähnlich. Allein schon bey einer flüchtigen Vergleichung der Beschrei -bun -60bungen des Encrinus radiatus mit einem voll - ständigen Encriniten, oder mit den Beschreibun - gen und Abbildungen, welche Rosinus(x)A. a. O., Ha - renberg(y)Encrinus s. lilium lapideum. Wolfenb. 1729., Hollmann(z)A. a. O. und Blumenbach(a)Voigt’s Magazin f. das Neueste aus der Physik. B. VI. S. 4. von dieser Petrefaktenart geliefert haben, zeigen sich groſse Verschiedenheiten, worunter die wich - tigste diese ist, daſs der Stiel des letztern nicht aus artikulirten Gliedern besteht, wie der der sämmtlichen Encriniten. Nicht weniger verschie - den ist die Guettardsche Seepalme von allen be - kannten Arten der Pentacriniten. An jener hat der Stiel wirtelförmige Seitenäste, welches bey keinem der letztern statt findet(b)Vergl. E. F. Hiemeri Caput medusae, utpote no - vum diluvii universalis monumentum. Stuttg. 1724. Collini in Commentat. Acad, Theodoro - Palat. Vol. 3. phys. p. 69. Andreä’s Briefe aus der Schweitz. Tab. 6. Blumenbach’s Abbildungen na - turhistorischer Gegenstände. H. VII. Nro. 70., ausser bey einem, von Andreä(c)A. a. O. S. 8. Tab. I. fig. 1. abgebildeten Entrochi - ten, der aber vielleicht erst von neuerer Entste - hung ist.

Die61

Die Verschiedenheit der Ammonshörner von den neuern Meeresprodukten hat de Lamanon durch eine umständliche Vergleichung beyder dargethan(d)La Perouse’s Entdeckungsreise. B. 2. S. 346. der Uebersetzung von Sprencel u. Forster.. Diese läſst sich aber noch auf einem andern Wege beweisen. Man ist allgemein darüber einverstanden, daſs es unter den jetzigen Mollusken keine Lituiten mehr giebt. Nun aber findet kein anderer Unterschied zwischen den Ammoniten und Lituiten, als nur dieser, statt, daſs bey den erstern die ganze Röhre spiralför - mig gewunden, bey den letztern hingegen der weitere Theil derselben gerade ausgestreckt ist. Und daſs dieser Unterschied blos zufällig ist, beweiset die oben erwähnte Beobachtung von Bolten, nach welcher die Ammonshörner Ue - berbleibsel des gegliederten Panzers eines Thiers sind, welches seinen Körper ausstrecken und spi - ralförmig zusammenlegen konnte. Die Lituiten sind daher ausgestreckte Ammonshörner, so wie diese zusammengelegte Lituiten. Da also kein Lituit in der lebenden Natur mehr existirt, so müssen auch die Ammonshörner zu den unter - gegangenen Thieren gehören.

Eben dieses Resultat ergiebt sich, wenn man die Dentaliten, Echiniten, Madreporiten u. s. w. der62der Uebergangsgebirge und der ältesten Flötzge - birge mit den jetzigen Arten der Geschlechter Dentalium, Echinus, Madrepora u. s. w. ver - gleicht. Inzwischen würde eine solche Verglei - chung uns hier zu weit führen. Es läſst sich aber ein allgemeiner Grund für den Untergang aller jener Arten anführen. Dieser ist die groſse Mannichfaltigkeit derselben und die zahllose Men - ge ihrer Individuen. Wie könnten so viele Arten und Individuen Jahrhunderte hindurch unentdeckt geblieben seyn, wenn ihre Nachkommen noch in gleicher Menge vorhanden wären? Giebt es noch Abkömmlinge derselben, so können deren nur noch sehr wenige seyn, und diese wenige müssen blos in den unergründlichsten Tiefen des Oceans leben, indem sonst doch zuweilen einige derselben von Stürmen und Meereswellen an die Küsten müſsten verschlagen werden. Aber in diese Tiefen könnten sie sich doch nur allmählig, nicht plötzlich, zurückgezogen haben. Es müſsten sich also Nachkommen derselben in den jüngern Flötzgebirgen, und in dem aufge - schwemmten Lande finden. Nun trifft man frey - lich auch in manchen von diesen Gebirgen Am - monshörner, Belemniten und andere Versteine - rungen der ältern Gebirge an. Aber die Höhlung dieser Körper ist dann immer mit einer Materie angefüllt, die von der Gebirgsart ihrer Lager - stäte gänzlich verschieden ist. Es leidet also kei -nen63nen Zweifel, daſs sie erst lange nach ihrer Ver - steinerung aus ältern, jetzt zerstöhrten Gebirgen in die jüngern Erdschichten gerathen sind(e)Vergl. Ferber, Mém. de l’Acad. des sc, de Berlin. 1790 et 91. p. 162., und längst nicht mehr existirten, als diese sich bildeten.

Aber giebt es denn nicht Zeugnisse von auf - gefundenen jetzigen Conchylienarten, welche mit versteinerten Schaalthieren völlig übereinkommen? Freylich giebt es deren, und zwar in Menge. Der ältere Bartram bemerkte, daſs die verstei - nerten Seethiere, die man in groſser Menge auf den Nordamerikanischen Bergen findet, zwar nicht dieselben sind, die jetzt unter dem nehm - lichen Grade der Breite an den Amerikanischen Küsten leben, daſs sie aber in den wärmern Cli - maten von Süd-Carolina und Florida vorkom - men(f)Kalm’s Reise. B. 2. S. 281.. Von Hüpsch(g)Neue in der Nat. Gesch. des Nieder-Deutsch - lands gemachte Entdeckungen. S. 14. versichert, eine ver - steinerte Schnecke zu besitzen, welche auf einem hohen Berge in Lothringen gefunden worden, und wovon das Original im Indischen Meere lebt. An einer andern Stelle erzählt er, daſs er aus Cadix eine glatte und eine gestreifte Bohrmuschel(Tere -64(Terebratula) erhalten habe, welche in allen Stücken den glatten und gestreiften Terebratuli - ten ähnlich waren, die in der Eifel und im Ber - gischen gefunden werden(h)A. a. O. S. 67.. Die Taschenmu - schel eben dieses Schriftstellers, die in der Eifel zwischen Terebratuliten vorkömmt, soll von For - tis aus der Tiefe der See von Sebenico, einer Stadt in Dalmatien, herausgezogen seyn(i)So sagt von Hüpsch (Nat. Gesch. des Nieder - Deutschland’s. Th. 1. S. 15.). Fortis selber aber drückt sich nicht so entscheidend aus. Obschon, sagt dieser, die von mir gefischte Terebratul nicht völlig mit seiner (des Baron von Hüpsch) Figur (der Taschenmuschel) übereinkömmt, so bin ich doch geneigt, sie für das Original der seinigen zu halten, da ich beobachtet, daſs auch unter den Exemplaren, die ich besitze, und die alle von gleicher Art sind, einige Verschiedenheit in der Bildung herrscht. (Fortis Reise in Dalmatien. Th. 1. S. 233.. Faujas-St-Fond hat ein ganzes Verzeichniſs von fossilen Conchylien geliefert, welche noch lebend, und zwar meist in der südlichen Erdhälfte, zum Theil auch in Neu-Seeland, vorhanden sind(k)Faujas-St-Fond Hist. nat. de la Montagne de St-Pierre de Maestricht. p. 30. Essai de Géologie. T. 1. p. 58..

Doch alle diese Zeugnisse widerlegen nicht un - sern Satz. Hier nehmlich ist nur von den Verstei -nerun -65nerungen der Uebergangsgebirge und der ältesten Flötzgebirge, nicht der jüngern Erdschichten, die Rede. Unzählige Erfahrungen aber beweisen, daſs zwischen den Versteinerungen der ältern und neuern Gebirgsarten ein groſser Unterschied statt findet. Man darf nur die Petrefakten der Krei - defelsen untersuchen, und sie mit denen der äl - tern Kalkgebirge vergleichen, um sich von die - ser Wahrheit zu überzeugen. Zu Courtagnon in Champagne giebt es eine Kreidenschichte, die mit Versteinerungen so angefüllt ist, daſs ein Cubikzoll dieser Kreide gewöhnlich an hundert Petrefakten enthält. Man findet hier Muscheln. Echiniten und deren Stacheln. Aber es giebt hier keine Ammonshörner, Belemniten, Gryphiten und überhaupt keine von denen Gattungen, die in den ältern Gebirgen der Flötzformation vor - kommen(l)Andreä’s Briefe aus der Schweitz. S. 15. 17.. Eben dies ist der Fall in den Krei - defelsen von Stevens Klint in Seeland. Aus Abil - gaard’s Verzeichniſs der Petrefakten dieses Ge - birges(m)In dessen Beschreibung von Stevens Klint. S. 21 ff. erhellet, daſs auch hier Echiniten, Pectiniten, Anomiten u. d. gl. in Menge, aber ebenfalls keine Encriniten, Pentacriniten, Ammo - niten, Orthoceratiten und Belemniten zu finden sind. Aber einen noch auffallendern Beweis derVer -III. Bd. E66Verschiedenheit, die unter den Versteinerungen der verschiedenen Gebirgsarten statt findet, giebt eine Beobachtung, die Sauvages(n)Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. 1743. Ed. 4. p. 408. auf zwey benachbarten Bergen der Gegend von Alais mach - te. Auf dem Gipfel des niedrigern dieser Berge fand er Schnecken und Muscheln, die noch jetzt an der Französischen Küste leben. Auf dem - hern aber lagen Ammoniten, Belemniten, und eine, von ihm beschriebene Conchitenart, wel - che ebenfalls von ganz fremdartiger Struktur ist.

Der erstere von diesen Bergen gehöret ohne Zweifel zur Classe der angeschwemmten, und in solchen Gebirgen findet man häufig Gehäuse von Thierpflanzen und Mollusken, deren Origi - nale noch vorhanden sind. Sie liegen hier ver - mischt mit Ueberbleibseln von Landthieren, und gehören theils solchen Arten an, die in benach - barten Meeren leben, theils aber auch solchen, die heut zu Tage erst in fernen Gegenden vor - kommen. Dergleichen Muscheln findet man un - ter andern auch an den Küsten des Caspischen Meers, und auf den Hügeln von Piemont. Die der erstern Gegend sind dieselben, die sich noch jetzt im Caspischen See aufhalten(o)S. G. Gmelin’s Reise durch Ruſsland. Th. 4. S. 49.; in derletz -67letztern Gegend sammelte de Luc(p)Gren’s Journal der Physik. B. VI. S. 304. Kammmu - scheln, Gienmuscheln, Zwiebelmuscheln (Ano - mia cepa) und Meereicheln, die so gut erhalten waren, als ob sie erst eben aus dem mittelländi - schen Meere, wo sich ihre Arten aufhalten, her - vorgezogen wären; er fand aber auch ebenda - selbst und in demselben Zustande Compaſsmu - scheln (Ostrea pleuronectes) und Anomien, die nicht in den Europäischen Meeren leben, und ein Kinkhorn, das jetzt nur in der südlichen Erd - hälfte einheimisch ist.

Solche Muscheln jüngern Ursprungs waren nun gewiſs die, wovon Bartram, von Hüpsch und Faujas-St-Fond die Originale entdeckt ha - ben wollen. Ich sage entdeckt haben wol - len, nicht entdeckt haben: denn ob das Letztere wirklich statt fand, läſst sich mit Recht in Zweifel ziehen. Der Fälle, wo bloſse Aehn - lichkeit für völlige Gleichheit ausgegeben ist, sind in der Petrefaktenkunde so viele, daſs man gegen alle solche angebliche Entdeckungen miſs - trauisch zu seyn groſse Ursache hat. Es sey mir erlaubt, hierüber die Worte eines Naturforschers anzuführen, dessen Zeugniſs in dieser Sache ohn - streitig von Gewicht ist. Es ist fast unbegreif - lich, sagt derselbe, wie weit die Nachlässig - keitE 268 keit mancher Schriftsteller in diesem Punkte (der Beobachtung des Unterschieds zwischen blos ähnlich und wirklich gleich) gegangen ist. So hielt der seel. Baumer die platten klei - nen Ostracitenschaalen, die so häufig an groſsen Ammoniten aufsitzen, geradezu für die Blatta byzantina. So hielt man vulgo die herrliche Bivalve mit den glühenden hohen Goldfarben im sogenannten opalisirenden Muschelmarmor aus Kärnthen für Ostrea ephippium, oder den Linneischen Helmintholithus diluvianus für My - tulus crista galli u. s. w. ... Gegen solche Vergehungen sichert scharfsichtige präjudizlose Vergleichung, die mir oft Dinge als specifisch - verschieden gezeigt hat, die ich anfangs auf den ersten Blick, der Aehnlichkeit wegen, für völlig gleich gehalten hatte. Nur gleich ein Paar interessante Beyspiele der Art statt vieler. Ich erhielt vor kurzen aus dem Westphälischen eine wegen ihrer ansehnlichen Gröſse und Schön - heit auffallende Art von Terebratuliten, die gro - ſse Aehnlichkeit mit Solander’s Anomia venosa von den Falklands-Inseln zeigte. Aber freylich blieb es auch nach genauer Vergleichung bey der bloſsen Aehnlichkeit. So ähnelt ein Muri - cit unter den vulcanisirten Conchylien aus Valle di Ronca, die Hr. Abb. Fortis und Hr. Prof. Hacquet beschrieben, dem neuerlich entdeckten Murex hexagonus aus der Südsee. Aber in bey - den69 den Fällen ist das jetzige Original von dem Pe - trefakt ganz und gar specifisch verschieden(q)Blumenbach in Voigt’s Magazin f. d. Neueste aus der Physik etc. B. VI. St. 4. S. 5 ff..

Eben so sagt Modeer: Gemeiniglich hat man sich vorgestellt, daſs die Originale der Versteinerungen nicht weit zu suchen waren, daſs z. B. das Original des Nautili orthocerae in der Ostsee zu Hause seyn sollte; aber man hat wohl dabey sich sehr betrogen. Von den auf demselben Nautilo angewachsenen Versteinerun - gen, als Lepadibus quibusdam und Asteriae mi - nutae gleichenden, die gar nicht in der Ostsee sich befinden, ist deutlich zu schliessen, daſs diese Nautili in originali in der Ferne zu su - chen sind(r)Schriften der Berlin. Gesellsch. B. VI. S. 249..

§. 13.

Während der Periode, wo die im vorigen § erwähnten Polypen und Mollusken lebten, ent - standen zugleich noch andere Meeresbewohner aus der Abtheilung der wirbellosen Thiere, und namentlich Crustaceen. Indeſs kommen der Ue - berbleibsel dieser Arten nur wenige vor, und sie müssen daher entweder erst in geringer Anzahlvor -E 370vorhanden gewesen, oder, ehe sie versteinert werden konnten, zerstöhrt worden seyn. Die wenigen, noch übrigen, sind aber ebenfalls, wie die damaligen Thierpflanzen und Mollusken, sehr verschieden von den jetzigen Seethieren. Zu ih - nen gehören z. B. die Trilobiten (Entomoli - thus paradoxus L.), eine Thierart, die von so fremdartigem Baue ist, daſs man sogar über ihre Stelle im Naturreiche lange gezweifelt hat, die jedoch ohne Zweifel zur Classe der Crustaceen zu rechnen ist. Man fand sie zuerst zu Dud - ley in Staffordshire(s)Littleton, Philos. Trans. 1750. p. 598. Morti - mer ebendas. p. 600. Da Costa ebendas. 1753. p. 286., nachher aber auch mit einigen Abänderungen in mehrern andern Gegen - den von Europa, z. B. in Schweden(s*)Linné, Abhandl. der Schwed. Akad. 1759. S. 20., in der Gegend von Leipzig(t)Gehler de quibusdam rarioribus agri Lipsiensis petrificatis specim. I., in Böhmen(t*)Von Kinsky, Abhandl. einer Privatgesellsch. in Böhmen. B. 1. S. 246. Erlacher ebendas. B. V. S. 299., und zwar in dem letztern Lande bey Ginez in einem schiefrichten Thone, der von hohem Alter zu seyn scheint(u)Von Born ebendas. B. 1. S. 257 ff. Merkwür -dig. Indeſs gehören nicht alleVer -71Versteinerungen hierher, die bey den Schriftstel - lern unter dem Namen Entomolithus paradoxus vorkommen. So ist das von Modeer in den Schriften der Berlinischen Gesellschaft(v)B. VI. S. 247. be - schriebene Petrefakt von ganz anderer Art, und entweder eine Cassida, oder doch den Schildkä - fern nahe verwandt.

Weniger selten sind Abdrücke oder Versteine - rungen von Fischen. Man findet diese aber nie in den ältern Flötzgebirgen, sondern immer erst in denen, die von späterer Entstehung sind. Jene enthalten blos Zoophyten und Schaalthiere. Das Meer war also mit wirbellosen Thieren schon bevölkert, ehe sich Fische in demselben bildeten.

Sehr häufig sind die Steine, in welchen sich Ueberbleibsel von Fischen befinden, kupferhaltig.

In einigen Gegenden, z. B. in den Kalkbrü - chen des Monte Bolca von Vestena Nova, liegen zwischen den Resten dieser Thiere auch Farrn - kräuter, Mimosen und andere Gewächse(w)Faujas-St-Fond, Annales du Muséum d’Hist. nat. T. III. p. 19..

Meist

(u)dig aber ist es, daſs diese Versteinerung noch nie in der Schweitz gefunden ist, Andreä’s Briefe aus der Schweitz. S. 339.

E 472

Meist bestehen die versteinerten Ueberbleib - sel von Fischen nur in Knochen und Zähnen. Es hält daher bey ihnen weit schwerer, als bey den Thieren, die wir im vorigen § untersucht haben, über ihre Verwandtschaft mit den jetzigen Thierarten etwas Gewisses auszumachen, und noch schwerer ist es, die Zeit ihrer Existenz mit einiger Gewiſsheit anzugeben, da fast alle bisherige Schriftsteller die Lagerstäten dieser Ver - steinerungen entweder gar nicht, oder doch nur sehr oberflächlich beschrieben haben. Doch ergiebt sich so viel aus einer Vergleichung jener Reste mit den heutigen Fischen, und einer Untersu - chung der Gebirgsarten, worin sie enthalten sind:

  • 1) Daſs mehrere jener Fische, gleich manchen Polypen und Mollusken der Vorwelt, eine Riesengröſse besaſsen, wozu keine verwandte Fischarten der heutigen Natur mehr gelangen.
  • 2) Daſs von solchen, die nicht ganz neuern Ursprungs sind, entweder überhaupt, oder doch in denen Climaten, wo sie versteinert gefunden werden, heut zu Tage nichts Aehn - liches mehr vorhanden ist.
  • 3) Daſs viele von denen, welche vollständig erhalten sind, in einem Zeitraume gelebt ha - ben müssen, in welchem schon Pflanzen vor - handen waren; daſs aber manche von denje -nigen,73nigen, wovon sich nur einzelne Knochen oder Zähne finden, vielleicht aus einer frü - hern Periode herrühren.

In verschiedenen Gegenden von Deutschland, Frankreich und Italien, z. B. im Lüneburg - schen(x)Reiske de glossopetris Luneburgensibus., bey Litskau in Böhmen(y)Mayer, Abhandl. einer Privatgesellsch. in Böh - men. B. VI. S. 265., bey Pa - ris(z)Faujas-St-Fond a. a. O. T. 1. p. 105. und auf Malta findet man groſse verstei - nerte Fischzähne, die unter dem Nahmen der Schlangenzungen (glossopetrae) bekannt sind. Diese nähern sich den Zähnen der jetzigen Hay - fische. Allein die meisten sind den letztern blos dem Geschlechte, nicht aber der Art nach ver - wandt, und zeigen Eigenthümlichkeiten, die man bey keiner bekannten Art der jetzigen Hayen an - trifft(a)Il se trouve, sagt schon Jussieu, des Glosso - petres d’une infinité de figures tout-à-fait dissem - blables des dents de la Lamie, du Marteau et du Carcharias. (Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. 1723. Ed. 8. p. 302.. Viele unterscheiden sich von diesen ganz auffallend durch ihre Gröſse, und geben dadurch einen Beweis des ersten obigen Satzes. So schätzet La Cepède(b)Hist. nat. des poissons. T. 1. p. 205. die Länge eines Hayfisches, wo -vonE 574von ein Zahn zu Dax in Frankreich gefunden wurde, der 3 Zoll 3 Linien lang war, auf 70 Fuſs 9 Zoll. Dieser Berechnung liegt nun zwar die Hypothese zum Grunde, daſs sich von der Gröſse der Zähne auf die Gröſse des Thiers schliessen läſst, eine Voraussetzung, deren Un - richtigkeit schon von Camper(c)Dentes, sagt dieser, in omnibus, quotquot novi, animalibus rationem nullo modo habent ad corporis vastitatem, sed ad naturam alimentorum, quae usur - pant. Elephas molares decuplo majores habent Rhinocerote, forte decies quinquies majores, licet decuplo majus non sit animal. Equus quamquam minor Camelopardali, dentes majores habet. Apri aethiopici similiter iugentes habent molares, etiamsi nostratibus aequale, immo minus habeant corpus. De exsertis idem pronuntiandum. (Nov. Act. Acad. sc. Petropol. T. II. p. 263.) Wir werden in der Fol - ge auf diese Bemerkung zurückkommen. dargethan ist. Aber so viel erhellet denn doch, daſs es im Ocean der Vorwelt eine Fischart gab, die weit gröſsere Zähne hatte, als der gröſste unter den jetzigen Fischen.

Zu den versteinerten Fischzähnen gehören auch die sogenannten Bufoniten. Diese haben viele Aehnlichkeit mit den Zähnen des Klipp - fisches (Anarrhichas lupus). Aber unrichtig ist es, sie blos dieser Aehnlichkeit wegen für Ueber -bleib -75bleibsel des letztern zu halten, indem auch meh - rere Arten des Sparus mit ähnlichen Zähnen ver - sehen sind, wie schon Scilla(d)De corporibus marinis lapidescentibus. und Jussieu(e)A. a. O. p. 296. bemerkt haben.

Vollständige Abdrücke und Versteinerungen von Fischen finden sich in der Thüringischen Kupfergrube bey Suhla(f)Spener, Miscellan. Berolinens. T. 1. p. 104 sq., in der Gegend von Coburg(g)Zinke in Voigt’s Mag. f. d. neuesten Zustand der Naturkunde. B. VII. St. 6. S. 512., zu Eisleben in der Grafschaft Mans - feld, zu Eichstädt in Baiern, bey Aix in der Provence, zu Grandmont bey Beaune in Bour - gogne, zu Montmartre und Nanterre bey Paris, zu Devey-Lou-Ranc bey Privas im Departement Ardeche, zu Vestena Nova im Veronesischen, zu Schio, Monteviale und Salzeo im Vicentinischen, zu Tolmezzo in Friaul, zu Alessano an der äus - sersten Spitze von Italien, Corfu gegenüber, zu Scapezzano, Monte Alto und auf dem Vorgebir - ge Focara im Herzogthume Urbino, zu Pietra - Roya in Campanien, zu Stabia, zu Gifon im Königreiche Neapel, auf der Insel Lesina in Dal - matien(h)Fortis Reise in Daimatien. Th. 2. S. 243 ff., auf Cerigo im Archipelagus, und auf dem Berge Libanon(i)Faujas-St-Fond Essai de Géologie. T. 1. p. 109..

Die76

Die merkwürdigsten von diesen sind die von Vestena Nova, die in einem Kalkbruche am Fu - ſse des Monte Bolca liegen. Man sieht hier, sagt Faujas-St-Fond(k)A. a. O. p. 110. Fische von jeder Grö - ſse und jedem Alter. Die kleinsten sind einen Zoll, die gröſsten viertehalb Fuſs lang. Alle lie - gen der Länge nach und in der Richtung der Steinschichten ausgestreckt; keiner ist gekrüm - met. Im Pariser Museum der Naturgeschichte befindet sich ein Esox aus jenen Steinbrüchen, der einen kleinern Fisch seiner Art halb ver - schlungen hat. Einige dieser Ichtyolithen sind so glücklich gespalten, daſs ihre beyde Hälften sich von einander getrennt haben und ihre innern Theile entblöſst worden sind. Von solchen ent - halten manche im Magen kleine, noch unverdau - te Fische, die ihnen zur Nahrung gedient haben. Faujas-St-Fond schlieſst aus diesen Umständen mit Recht, daſs alle jene Thiere äusserst schnell getödtet seyn müssen. Zwischen ihnen kommen auch Seekrebse, Phytozoen und Pflanzen vor. Nach Faujas-St-Fond erkennet man unter ihnen eine Japanische Fistularia, einen Pegasus des In - dischen und Brasilischen Meers, und drey Indi - sche Chaetodonarten. La Cepède(l)Hist. nat. des poissous. T. 2. Discours prélimin. p. 54. sprichtgar77gar von dreyſsig Arten der Meere von Asien und Afrika, und der Küsten des heissen Amerika, die er unter den Ichtyolithen von Vestena Nova entdeckt haben will. Fortis fand manche der - selben den Abbildungen sehr ähnlich, die Brous - sonnet von Otaheitischen Fischen herausgege - ben hat(m)Faujas-St-Fond a. a. O. p. 112. Pl. V. VI..

Was von diesen Behauptungen zu halten ist, müssen wir dahin gestellt seyn lassen. Aber so viel läſst sich doch als ausgemacht annehmen, daſs wenigstens in den Europäischen Meeren nichts, den versteinerten Fischen von Vestena Nova Aehnliches vorhanden ist, und dieses Re - sultat bestätigt sich auch bey den Ichtyolithen, die in andern Gegenden vorkommen. Jussieu(n)Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. 1721. Ed. 8. p. 93. 419. erhielt aus der Gegend von Montpellier eine ver - steinerte Kinnlade eines Fisches, die zu keiner Art der Europäischen Meere gehört haben konnte, hingegen mit der Kinnlade eines Chinesischen Fisches einigermaaſsen übereinkam. Faujas-St - Fond(o)Annales du Muséum d’Hist. nat. T. 1. p. 353. hat einen fossilen Fisch beschrieben, der in den Steinbrüchen von Nanterre bey Pa - ris, 7 Fuſs unter der Erde und 10 Fuſs unter der Oberfläche des Steins gefunden wurde, undwel -78welcher zu den Coryphänen gehörte, also zu ei - nem Geschlechte, das sich in jetzigen Zeiten vor - züglich in den Meeren der heissen Climate auf - hält. Von eben diesem Geschlechte sollen auch Arten bey Schio und Monteviale im Vicentinischen gefunden seyn(p)Faujas-St-Fond Essai de Géologie. T. 1. p. 113.. Die Fischskelette, die zu Le - sina in weiſslichtem Kalkschiefer liegen, welcher auch Abdrücke von Zoophyten und versteinerte Mieſsmuscheln enthält, sind ebenfalls, nach der Versicherung von Fortis(q)Reise in Dalmatien. Th. 2. S. 244., zuverläſsig nicht in dem Meere von Dalmatien zu Hause.

Wir haben schon bemerkt, daſs die Ichtyoli - then von Vestena Nova mit Kräuterabdrücken vermischt sind. Eben so verhält es sich mit de - nen, welche bey Vey-Lou-Ranc in einem mer - gelartigen, mit vulcanischen Produkten bedeckten Gesteine vorkommen. Die von Monteviale lie - gen in einem Schiefer, welcher an eine Steinkoh - lengrube stöſst, die von Salzeo unter einer Schichte, welche Spuhren von Pflanzen und ver - kohltes Holz enthält, und die von Eisleben über einem Steinkohlenflötze(r)Faujas-St-Fond a. a. O. T. 1. p. 113. 114. 118. 127. 134.. Diese Thatsachen sind es, worauf wir uns stützten, als wir oben behaupteten, daſs die vollständigern Ichtyolithenzum79zum Theil in einer Periode gelebt haben müs - sen, in welcher die Erde schon Pflanzen her - vorgebracht hatte. Manche Petrefakten von Fi - schen rühren aber aus weit spätern Zeiten her. So giebt es bey Oeningen einen Stinkschiefer, welcher Süſswasserfische, die man noch jetzt in den dortigen Gewässern findet, besonders Aale, enthält(s)Blumenbach in Voigt’s Mag. f. d. Neueste aus der Physik. B. V. St. 1. S. 21 ff., und ähnliche Ichtyolithen finden sich auch im Canton Glarus(t)Andreä’s Briefe aus der Schweitz. S. 52. 53. 56. und bey Sohlenhofen im Pappenheimischen. Eben diese Schiefer ent - halten überdem Versteinerungen von Krebsen(u)Andreä a. a. O. S. 55., von Libellenlarven und einer Menge anderer In - sekten(v)Ebendas. S. 52.. Bey Sohlenhofen wurde auch der Limulus gigas Müll. versteinert gefunden(w)Ebendas. S. 32. Tab. 4.. Aber diese Petrefakten sind offenbar erst in ganz neuern Zeiten gebildet, wie aus der Beschrei - bung erhellet, die Andreä in seinen Briefen von dem Oeninger Steinbruche geliefert hat(x)Der Oeninger Steinbruch liegt auf einem Berge bey dem Dorfe Wangen am Bodensee. Bey Bestei - gung dieses Berges findet man einen weichernund.

§. 14.80

§. 14.

Es ist merkwürdig, daſs in allen den Stei - nen, worin die Encriniten, Pentacriniten, Am -mons -(x)und einen festern Sandstein, welcher in einigen Gegenden voll Süſswasser-Musculiten stecket, deren perlmutterähnliche Schaale ganz verschiefert ist. Hin und wieder findet sich auch Granit, doch nur in losen Stücken, die abgerollet sind. Oben auf dem Berge ist die Dammerde thonig, und bedecket den Bruch nur sparsam, unter dieser kömmt ein weisser, nicht sehr harter, etwas schiefriger Mergel, welcher viele Blätter von allerley Bäumen enthält, die aber schlecht erhalten sind. Diese Lage ist einige Lachter dick. Hierauf folgt ein weiſsgrauer Schiefer, der sich in ziemlich dünne und groſse Blätter spalten läſst, und hierin finden sich oft In - sekten und Süſswasserschnecken, aber nur selten Blätter und noch seltener Fische. Unter dieser, einige Zolle mächtigen Schieferlage zeigt sich der graue Stinkstein in mächtigen Lagen. Er liefert eine Menge Dendriten, die aber nicht schön sind, und in ihm kommen auch die schönsten Blätter - und Fischabdrücke, doch nicht häufig, vor. Von Süſswassermusculiten trifft man oft ganze Nester darin an. Die Fische sind insgesammt solche, die in dem Bodensee gefunden werden. Alle liegen gerade ausgestrecket. Sie scheinen tod gewesen zu seyn, als sie in den Schlamm gekommen sind: denn man sieht deutlich, daſs einige vor der Ver -steine -81monshörner, Lenticuliten, und überhaupt die ältesten Polypen und Mollusken vorkommen, noch keine Spuhren von Phytozoen und Pflanzen, und selbst nicht einmal von Tangen, gefunden werden. Zwar versichert Pontoppidan in seiner Naturgeschichte von Dännemark, zu Faxoe in den dortigen Kalksteinen den Sargasso haufenwei - se gesehen zu haben. Allein auf diese Angabe läſst sich schwerlich viel bauen, und von eben so geringem Gewichte ist es, wenn Fortis(y)Reise in Dalmatien. Th. 2. S. 106. etwas dem Seegrase sehr Aehnliches in Dalmatien versteinert gefunden haben will, indem dieser hinzusetzt, der Stein, worin die Petrefakten v