Gleichzeitig erschien: Atlas trojanischer Alterthümer. Photographische Ab - bildungen zu dem Bericht über die Ausgrabungen in Troja von Dr. Heinrich Schliemann. 4°. 218 pho - tographirte Tafeln mit erklärendem Text. In Mappe 18 Thlr.
Das Recht der Uebersetzung ist vorbehalten.
Das vorliegende Werk ist eine Art von Tagebuch meiner Ausgrabungen in Troja, denn alle Aufsätze, woraus es besteht, sind, wie die Lebhaftigkeit der Schil - derungen es beweist, an Ort und Stelle, beim Fort - schreiten der Arbeiten, von mir niedergeschrieben.
Wenn meine Aufsätze hin und wieder Widersprüche enthalten, so hoffe ich, dass man mir diese zugute halten wird, wenn man berücksichtigt, dass ich hier eine neue Welt für die Archäologie aufgedeckt, dass man bisjetzt noch nie oder nur höchst wenige solcher Sachen gefun - den, wie ich sie zu Tausenden ans Licht gebracht, dass mir daher alles fremd und räthselhaft erschien, und ich somit oft Vermuthungen wagte, die ich bei reiflicher Ueberlegung wieder umwerfen musste, bis ich endlich zur gründlichen Einsicht gelangte und auf viele that - sächliche Beweise gegründete Schlüsse ziehen konnte.
Eine meiner grössten Schwierigkeiten ist es aber gewesen, die enorme Schuttaufhäufung in Troja mit der Chronologie in Einverständniss zu bringen, und ist mir dies trotz langem Forschen und Grübeln nur theilweise gelungen. Nach Herodot (VII, 43): „ kam Xerxes bei seinem Zuge durch Troas vor seinem Einfall in Griechen -VIeinleitung.land (also im Jahre 480 v. Chr.) am Skamander an und stieg zu Priam’s Pergamos hinauf, weil er das Verlangen hatte, diese Burg zu sehen; und nachdem er sie gesehen und sich nach ihren Schicksalen erkundigt hatte, opferte er der ilischen Minerva 1000 Rinder, und die Magier brachten den Manen der Helden Trankopfer dar “.
Aus dieser Stelle geht stillschweigend hervor, dass damals eine griechische Colonie schon seit langer Zeit die Stadt innehatte, und nach dem Zeugnisse Strabo’s (XIII, 1, 42) erbaute dieselbe Ilium unter der Herrschaft der Lydier. Da nun der Anfang der lydischen Herr - schaft auf 797 v. Chr. festgestellt wird und die Ilier bei der Ankunft des Xerxes, im Jahre 480 v. Chr., dort längst vollkommen eingerichtet gewesen zu sein scheinen, so darf man wol annehmen, dass ihre Niederlassung in Troja ungefähr 700 Jahre v. Chr. erfolgt ist. Die Haus - mauern hellenischer Architektur, von grossen Steinen ohne Cement, sowie die Ueberbleibsel des griechischen Hausgeräths, reichen aber in den Ausgrabungen auf der platten Fläche des Berges nie tiefer als 2 Meter.
Da ich in Ilium keine spätern Inschriften als vom 2. Jahrhundert n. Chr. und keine Medaillen später als Constans II. und Constantin II., von diesen beiden Kaisern aber sowie von Constantin I., dem Grossen, sehr viele finde, so ist bestimmt anzunehmen, dass schon vor der Zeit des letztern, der bekanntlich anfänglich dort Con - stantinopel zu bauen beabsichtigte, die Stadt in Verfall kam, jedoch ungefähr bis zum Ende der Regierung Constans’ II., sage bis 361 n. Chr., ein bewohnter Ort blieb. Aber die Schuttaufhäufung in dieser langen Pe - riode von 1061 Jahren beträgt nur 2 Meter, währendVIIeinleitung.man unterhalb derselben noch 12 Meter oder 40 Fuss, und auf vielen Stellen gar 14 Meter oder 46½ Fuss tief zu graben hat, ehe man den Urboden erreicht, der aus einem Muschelkalkfelsen besteht. Diese gewaltige, 40 bis 46½ Fuss dicke Schuttdecke, welche von den vier verschiedenen Völkern herrührt, die, das eine nach dem andern, den Berg vor Ankunft der griechischen Colonie, also vor 700 v. Chr., bewohnt haben, ist ein unermess - lich reiches Füllhorn der merkwürdigsten, bisher nie gesehenen Terracottas und anderer Gegenstände, die nicht die entfernteste Aehnlichkeit mit den Erzeugnissen hellenischer Kunst haben. Die Frage drängt sich nun auf: ob nicht diese enorme Trümmermasse vielleicht von einem andern Orte hierher gebracht worden ist, um den Berg zu erhöhen? Eine solche Hypothese ist, wie sich jeder Besucher meiner Excavationen auf den ersten Blick überzeugen kann, ganz unmöglich, weil man in allen Schuttschichten, vom Felsen in 14 und 16 Meter (46 bis 53½ Fuss) Tiefe ab bis zu 4 Meter unter der Oberfläche fortwährend Reste gemauerter Wände sieht, die auf starken Fundamenten ruhen und von wirklichen Häusern herrühren, und ausserdem, weil alle die zahl - reichen grossen Wein -, Wasser - und Leichenurnen, de - nen man begegnet, aufrecht stehen. Die Frage ist dann: aber wie viele Jahrhunderte sind erforderlich gewesen, um von den Trümmern der vorgriechischen Haushaltun - gen eine Schuttdecke von 40 bis 46½ Fuss Dicke zu bilden, wenn zur Formirung der obersten, der griechi - schen Schuttdecke, von 2 Meter oder 6½ Fuss Dicke, 1061 Jahre erforderlich waren? Ich habe in meinen dreijährigen Ausgrabungen in den Tiefen Trojas täglichVIIIeinleitung.und stündlich Gelegenheit gehabt, mich zu überzeugen, dass wir uns, nach dem Massstabe unserer eigenen oder der altgriechischen Lebensweise, von dem Leben und Treiben der vier Völker, welche das eine nach dem andern vor der Zeit der griechischen Ansiedelung die - sen Berg bewohnt haben, gar keinen Begriff machen können; es muss heilloss bei ihnen zugegangen sein, denn sonst könnte man nicht in beständiger unregel - mässiger Reihenfolge auf den verschütteten Resten des einen Hauses die Wände eines andern finden; und eben weil wir uns keinen Begriff davon machen können, wie diese Nationen gewirthschaftet und welche Calamitäten sie zu ertragen gehabt haben, können wir unmöglich nach der Dicke ihrer Trümmer die Dauer ihrer Existenz auch nur annähernd berechnen. Höchst merkwürdig, aber durch die fortwährenden Calamitäten, welche diese Stadt befallen haben, vollkommen erklärlich ist es, dass bei allen vier Völkern die Civilisation stets abgenommen hat; die Terracotten, welche fortwährende décadence zeigen, lassen keinen Zweifel darüber.
Die erste Ansiedelung dieses Berges scheint jeden - falls von längster Dauer gewesen zu sein, denn ihre Trümmer bedecken den Felsen bis zu einer Höhe von 4 und 6 Meter. Ihre Häuser und Festungsmauern waren von grossen und kleinen, mit Erde verbundenen Steinen gebaut, und sieht man mehrfach Reste davon in meinen Ausgrabungen. Ich glaubte im vorigen Jahre, diese Ansiedler seien identisch mit den von Homer besunge - nen Trojanern, weil ich bei ihnen Bruchstücke des Dop - pelbechers, des homerischen δέπας ἀμφικύπελλον gefunden zu haben vermeinte. Bei genauer Prüfung hat es sichIXeinleitung.aber herausgestellt, dass diese Bruchstücke von einfachen Bechern mit hohlem Fuss herrühren, der nie als zweiter Becher gebraucht sein kann. Ueberdies glaube ich in meinen diesjährigen Aufsätzen hinreichend bewiesen zu haben, dass Aristoteles (Hist. anim., IX, 40) irrthümlich dem homerischen δέπας ἀμφικύπελλον die Gestalt einer Bienenzelle gibt, dass man von jeher diesen Becher fälschlich als Doppelbecher aufgefasst hat, und dass er nichts anderes bedeuten kann als: Becher mit einem Henkel an jeder Seite, wie solche in den Trümmer - schichten der ersten Ansiedelung dieses Berges niemals, dagegen in jenen des folgenden Volkes in grossen Massen, auch bei den beiden spätern Nationen, die hier der griechischen Colonie vorausgegangen sind, vielfach vorkommen. Der grosse, 600 Gramm wiegende goldene Becher mit zwei Henkeln, den ich im königlichen Schatze, in 8½ Meter Tiefe, in den Trümmerschichten des zweiten Volkes fand, lässt in dieser Hinsicht keinen Zweifel übrig.
Die Terracotten, welche ich in 14 Meter Tiefe auf dem Urboden fand, sind alle so ausgezeichneter Qualität, wie sie in keiner der höhern Schichten vorkommen; sie sind glänzend schwarz, roth oder braun, und haben ein - geschnittene, mit einer weissen Masse gefüllte Verzie - rungen; die Schalen haben an zwei Seiten horizontale Röhren, die Vasen haben meistentheils an jeder Seite zwei senkrechte Röhren zum Aufhängen mit Schnüren; von bemaltem Terracotta fand ich nur ein Bruchstück.
Alles was sich über die ersten Ansiedler sagen lässt, ist, dass sie arischen Stammes waren; dies be - weisen zur Genüge die in ihren Trümmerschichten, sowolXeinleitung.auf den Topfscherben als auf den kleinen merkwürdigen durchbohrten Terracottas in Gestalt des Vulkans und des Carrousels vorkommenden arischen religiösen Sym - bole, unter welchen man auch das
sieht.
Meine diesjährigen Ausgrabungen haben zur Genüge bewiesen, dass die zweite Nation, die auf diesem Berge, auf den 4 bis 6 Meter oder 13 bis 20 Fuss hohen Trümmern der ersten Ansiedler, eine Stadt erbaute, die von Homer besungenen Trojaner waren, deren Schuttschichten in 7 bis 10 Meter oder 23⅓ bis 33⅓ Fuss unter der Oberfläche sind. Diese trojanischen Trümmerschichten, welche ohne Ausnahme das Gepräge grosser Glut tragen, bestehen hauptsächlich aus rother Holzasche und bedecken 1½ bis 3 Meter hoch Iliums grossen Thurm, das doppelte Skaeische Thor und die grosse Ringmauer, deren Bau Homer dem Neptun und dem Apollo zuschreibt, und be - weisen, dass die Stadt durch eine furchtbare Feuers - brunst zu Grunde ging. Wie gross die Glut gewesen ist, zeigen auch die grossen Steinplatten des vom dop - pelten Skaeischen Thor zur Ebene hinunterführenden Weges; denn als ich diesen Weg vor einigen Monaten blosslegte, sahen alle Steinplatten so unversehrt aus, als wenn sie erst kürzlich gelegt worden wären; nachdem sie aber einige Tage der Luft ausgesetzt gewesen waren, fingen, auf einer Strecke von 3 Meter, die Platten des obern Theils des Wegs, welcher der Glut ausgesetzt gewesen war, an wegzubröckeln und sind jetzt beinahe schon verschwunden, während diejenigen des untern Theils des Wegs, welcher vom Feuer unberührt geblie - ben war, durchaus unversehrt geblieben sind und un - verwüstlich zu sein scheinen. Ein weiteres Zeugniss vonXIeinleitung.der furchtbaren Katastrophe gibt eine ½ bis 3 Centi - meter dicke Schlackenschicht von geschmolzenem Blei - und Kupfererz, die sich in 8½ bis 9 Meter Tiefe fast durch den ganzen Berg ausdehnt. Dass Troja nach blutigem Kampfe vom Feinde zerstört wurde, dafür zeugen die vielen Menschenknochen, die ich in diesen Schuttschichten fand, und vor allen Dingen die in den Tiefen des Minervatempels gefundenen Gerippe mit Helmen; denn, wie wir aus Homer wissen, wurden alle Leichname verbrannt und die Asche in Urnen beigesetzt, deren ich eine gewaltige Menge in allen vorgriechischen Schuttschichten dieses Berges fand. Ferner lässt keinen Zweifel über die Zerstörung der Stadt durch Feindes Hand der von mir auf der grossen Ringmauer neben dem königlichen Palast, in 8½ Meter Tiefe und mit 1½ bis 2 Meter rothem trojanischen Schutt und einer post - trojanischen, 6 Meter hohen Festungsmauer bedeckt ge - fundene Schatz, den wahrscheinlich jemand von der kö - niglichen Familie während der Zerstörung versucht hat zu retten, aber gezwungen worden ist, auf der Ring - mauer zurückzulassen.
Auf die Angaben der Ilias vertrauend, an deren Ge - nauigkeit ich wie ans Evangelium glaubte, meinte ich His - sarlik, der Berg den ich seit drei Jahren durchwühlt habe, sei die Pergamos der Stadt, Troja müsse wenigstens 50000 Ein - wohner gehabt und seine Baustelle müsse sich bis über die ganze Baustelle des Ilium der griechischen Colonie hinaus ausgedehnt haben, dessen Plan im Massstabe von $$\frac{2787}{10000}$$ Millimeter per Meter ich auf Tafel 213 gebe. Dessen unge - achtet wollte ich die Sache genau untersuchen und glaubte dies nicht besser thun zu können, als durch Anlegung vonXIIeinleitung.Brunnen. Behutsam fing ich daher an, an den äussersten Enden des griechischen Ilium Brunnen zu graben, die aber bis zum Urboden nur Hauswände oder Mauern, sowie Bruchstücke von Töpferwaare aus griechischer Zeit, und keine Spur von den Trümmern der vorhergehenden Völker zum Vorschein brachten. Ich rückte daher dieser ver - meinten Pergamos mit dem Graben von Brunnen all - mählich näher, ohne bessern Erfolg, und da nun endlich gar sieben Brunnen, die ich unmittelbar am Fusse dieses Berges bis zum Felsen grub, nur griechisches Mauerwerk und nur griechische Topfscherben zum Vorschein brach - ten, so trete ich jetzt aufs entschiedenste mit der Be - hauptung hervor: dass sich Troja auf die kleine Fläche dieses Berges beschränkt hat, dass seine Baustelle genau angegeben ist durch seine von mir auf vielen Stellen blossgelegte grosse Ringmauer; dass die Stadt keine Akropolis hatte und die Pergamos eine reine Erfindung Homer’s ist; ferner dass Trojas Baustelle in posttroja - nischer Zeit bis zur griechischen Ansiedelung nur um so viel zugenommen hat, als der Berg durch den hinun - tergeworfenen Schutt gewachsen ist, dass aber dem Ilium der griechischen Colonie sogleich bei dessen Gründung eine grosse Ausdehnung gegeben wurde.
Wenn man sich aber einerseits hinsichtlich der Grösse Trojas getäuscht sieht, so muss man doch ande - rerseits eine hohe Genugthuung in der nunmehr erlang - ten Gewissheit empfinden, dass es wirklich ein Troja gab, dass dies Troja dem grössten Theile nach von mir ans Licht gebracht ist, und dass die Ilias — wenn auch in übertriebenem Massstabe — diese Stadt und die That - sache ihres tragischen Endes besingt. Homer ist aberXIIIeinleitung.nun einmal kein Historiker, sondern ein epischer Dichter, und muss man ihm die Uebertreibungen zugute halten.
Da Homer die Topographie und die Witterungsver - hältnisse der Troade so genau kennt, so leidet es wol keinen Zweifel, dass er selbst Troja besucht hat; da er aber lange nach dessen Untergang kam und die Bau - stelle Trojas sogleich bei der Katastrophe durch die Trümmer der zerstörten Stadt tief im Schutt begraben und seit Jahrhunderten durch eine neue Stadt überbaut worden war, so konnte er weder Iliums grossen Thurm, noch das Skaeische Thor, noch die grosse Ringmauer, noch den Palast des Priamos sehen, denn, wie jeder Besucher der Troade sich in meinen Excavationen über - zeugen kann, lastete auf allen diesen Denkmälern un - sterblichen Ruhms, schon allein von Trojas Trümmern und rother Asche, eine Decke von 1½ bis 3 Meter oder 5 bis 10 Fuss Dicke, und diese Schuttaufhäufung muss bis Homer’s Besuch noch sehr bedeutend zugenommen haben. Homer stellte keine Excavationen an, um jene Denkmäler ans Licht zu bringen; er kannte sie aber aus der Ueberlieferung, denn seit Jahrhunderten war Trojas tragisches Ende im Munde aller Sänger, und das Interesse, was sich daran knüpfte, war so gross, dass, wie meine Ausgrabungen erwiesen haben, die Tradition selbst in vielen Einzel - heiten genau die Wahrheit berichtete; so z. B. das Vor - handensein des Skaeischen Thors in Iliums grossem Thurm; der stete Gebrauch des Skaeischen Thors im Plural, weil dasselbe als doppelt geschildert worden sein muss, und in der That hat es sich als doppelt heraus - gestellt. Nach den Versen der Ilias, XX, 307 — 308 scheint es mir jetzt höchst wahrscheinlich, dass derXIVeinleitung.König von Troja zur Zeit von Homer’s Besuch sein Ge - schlecht in gerader Linie von Aeneas abzustammen vorgab.
Weil nun Homer Iliums grossen Thurm und das Skaeische Thor nicht sah, sich nicht denken konnte, dass diese Bauten tief unter seinen Füssen begraben ruhten, sich auch wol — nach den damals bestehenden Gesängen — Troja als sehr gross vorstellen mochte und es vielleicht noch grösser zu schildern wünschte, so ist es nicht zu verwundern, wenn er Hektor vom Palast in der Pergamos heruntersteigen und die Stadt durcheilen lässt, um ans Skaeische Thor zu gelangen, während dieses in der Wirklichkeit, ebenso wie Iliums grosser Thurm, in welchem es sich befindet, unmittelbar vor dem königlichen Hause ist. Dass dies Haus wirklich des Königs Haus ist, das scheint durch seine Grösse, durch die Dicke seiner steinernen Mauern, im Gegensatze zu den übrigen fast ausschliesslich von ungebrannten Ziegeln erbauten Häu - sern der Stadt, durch seine imposante Lage auf einem künstlichen Hügel unmittelbar vor oder neben dem Skaeischen Thor, dem grossen Thurm und der grossen Ringmauer, ferner durch die darin gefundenen vielen herrlichen Sachen, namentlich durch die ungeheuere, königlich geschmückte Vase mit dem Bilde der eulen - köpfigen ilischen Schutzgöttin Minerva, weiter, und vor allen Dingen, durch den unmittelbar neben demselben gefundenen reichen Schatz hervorzugehen. Ich kann na - türlich nicht beweisen, dass der Name des Königs, des Besitzers des Schatzes, wirklich Priamus war, ich nenne ihn aber so, weil er mit diesem Namen von Homer und von der ganzen Tradition genannt wurde. Alles wasXVeinleitung.ich beweisen kann, ist, dass der Palast dieses Besitzers des Schatzes, dieses letzten trojanischen Königs, gleichzeitig mit dem Skaeischen Thor, der grossen Ringmauer und dem grossen Thurm in der grossen Katastrophe unter - gegangen ist, welche die ganze Stadt verheerte. Ich beweise durch jene 1½ und 3 Meter hohen rothen und gelben calcinirten trojanischen Trümmermassen, womit alle diese Bauten bedeckt wurden und eingehüllt blie - ben, und durch die vielen posttrojanischen Bauten, die wiederum auf diesen calcinirten Trümmermassen errich - tet wurden, dass weder der Palast des Schatzinhabers noch das Skaeische Thor, noch die grosse Ringmauer, noch Iliums grosser Thurm jemals wieder ans Tageslicht gekommen sind. Eine Stadt, deren König einen solchen Schatz besass, war für damalige Verhältnisse unermess - lich reich, und weil Troja reich war, so war es mächtig, hatte viele Unterthanen und erhielt Hülfstruppen von allen Seiten.
Ich schrieb im vorigen Jahre den Bau von Iliums grossem Thurm den ersten Ansiedlern dieses Berges zu, bin jedoch längst zur festen Ueberzeugung gekom - men, dass er vom zweiten Volk, den Trojanern, herrührt, da er auf der Nordseite nur innerhalb der trojanischen Trümmerschichten und 5 bis 6 Meter oberhalb des Ur - bodens wirkliches Mauerwerk hat. Ich habe in meinen Briefen wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass die von mir auf dem Thurm gefundenen Terracotten nur jenen aus 11 bis 14 Meter Tiefe zur Seite gestellt wer - den können. Dies gilt aber nur für die Schönheit des Thons und die Eleganz der Gefässe, keineswegs aber für die Typen derselben, die — wie man sich im AtlasXVIeinleitung.dieses Werks überzeugen kann — durchaus verschieden sind von denen der Thongefässe der ersten Ansiedler.
Man glaubte bisher, das Vorfinden von steinernen Werkzeugen bezeichne die Steinperiode; meine Ausgra - bungen hier in Troja stellen jedoch diese Meinung als durchaus irrig heraus; denn sehr häufig finde ich schon gleich unterhalb der Trümmerschichten der griechischen Colonie, d. h. schon in 2 Meter Tiefe, steinerne Werk - zeuge, die von 4 Meter Tiefe abwärts in sehr grossen Massen vorkommen, jedoch in den trojanischen Trüm - merschichten, in 7 bis 10 Meter unterhalb der Ober - fläche, im allgemeinen viel besser gearbeitet sind. Ich mache ganz besonders darauf aufmerksam, dass ich lei - der bei Anfertigung des vorstehenden Werks in den mir jetzt unbegreiflichen Irrthum verfallen bin, jene herrlich geschliffenen Waffen und Werkzeuge, die meistentheils von Diorit, aber oft auch von sehr hartem durchsichtigen grünen Stein sind, wie ich solche auf Tafel 17, No. 503, 504; Tafel 21, No. 580; Tafel 23, No. 613; Tafel 22, No. 593 bis 598 und Tafel 24, No. 648 bis 653 abgebildet habe, Keile zu nennen. Wie sich jeder überzeugen kann, sind es aber keine Keile, son - dern Beile oder Aexte, und die meisten derselben wer - den als Streitäxte gebraucht worden sein; ja viele schei - nen, nach ihrer Form zu urtheilen, sich ausgezeichnet als Lanzen zu eignen und mögen als solche benutzt worden sein. Ich habe viele Hunderte davon gesammelt. Gleichzeitig aber mit den Tausenden von steinernen Werkzeugen finde ich auch viele kupferne, und beweisen die viel vorkommenden Formsteine von Glimmerschiefer zum Giessen von kupfernen Waffen und Werkzeugen,XVIIeinleitung.sowie die vielen kleinen Schmelztiegel und roh ge - machten kleinen Näpfe, Löffel und Trichter zum Füllen der Formen, dass dies Metall viel gebraucht wurde, wo - rüber ausserdem die erwähnte Schicht von Kupfer - und Bleischlacken in 8½ bis 9 Meter Tiefe keinen Zweifel lässt. Zu bemerken ist, dass alle vorkommenden kupfer - nen Gegenstände von reinem Kupfer sind, ohne jegliche Beimischung eines andern Metalls. Ja, der Schatz des Königs enthielt davon einen Schild mit grossem Nabel, eine grosse Kasserole, einen Kessel oder Vase, eine lange Platte mit in der Feuersbrunst daraufgeschmol - zener silberner Vase, viele Bruchstücke anderer Vasen, wovon eine mit zwei Röhren an jeder Seite zum Auf - hängen mit Schnüren; eine andere mit krummen, sehr künstlichen Griffen an den Seiten und einer wahrschein - lich am obern Theil befestigt gewesenen krummen Röhre sehr niedlicher Form, dreizehn Lanzen, vierzehn jener hier häufig vorkommenden, anderswo aber noch niemals gefundenen Waffen, die nach einem Ende spitz aber stumpf, nach dem andern in eine breite Schneide auslaufen; ich hielt sie früher für Lanzen, bin aber jetzt zur Ueberzeugung gekommen, dass sie nur als Streitäxte gebraucht sein können, obwol sie kein Loch in der Mitte haben. Ich fand dort weiter sieben grosse zweischnei - dige Dolchmesser, ein gewöhnliches Messer sowie einen grossen Schlüssel, der wahrscheinlich zu der hölzernen Kiste gehört hat, in welcher man versucht hat, den Schatz zu retten. Da alle Gegenstände des Schatzes dicht zusammengepackt waren und einen viereckigen Raum einnahmen, so kann es wol keinem Zweifel unter - liegen, dass sie in einer hölzernen Kiste enthalten waren. Schliemann, Troja. bXVIIIeinleitung.Ausser dem bereits vorhin erwähnten grossen goldenen Becher, welcher gegossen ist und dessen beide gewal - tigen, hohlen Griffe darangeschmiedet sind, fand ich im Schatze eine 403 Gramm wiegende kugelrunde goldene Flasche, einen 226 Gramm wiegenden einfachen goldenen Becher; einen kleinen Becher von 70 Gramm, der nicht von reinem Golde ist, und sind die drei letztern Gegen - stände mit dem Hammer getrieben (σφυρήλατα); ferner 60 herrliche goldene Ohrringe, worunter vier beinahe in Korbform, mit prachtvollen, von fünf oder sechs Kettchen mit Idolen der eulenköpfigen Schutzgöttin gebildeten Gehängen, und sechs goldene Armbänder, wovon drei geschlossen sind und zu beweisen scheinen, dass die Hände der Trojanerinnen viel kleiner gewesen sein müssen als die jetzigen Frauenhände, denn ein jetziges Mädchen von 10 Jahren würde Mühe haben, ihre Hand durchzustecken; auch die Oeffnung der drei nicht ge - schlossenen Armbänder, welche doppelt sind, beweist, dass sie von Frauen mit ungemein kleinen Händen getragen sind. Weiter fand ich im Schatze ein golde - nes Stirnband (ἄμπυξ) und zwei wundervolle goldene Diademe (κρήδεμνα), wovon das eine sechzehn herunter - hängende Kettchen mit Idolen der ilischen Schutzgöttin und 74 andere mit Baumblättern verzierte Kettchen hat; das zweite Diadem hat 61 herunterhängende Kettchen mit Idolen derselben Göttin. Ich fand weiter im Schatze nicht weniger als 8750 kleine, kunstvoll gearbeitete durchbohrte Gegenstände von Gold, wie Cylinder, aus - gezackte Scheibchen, Kugeln, Prismen, Würfel, mit einer Röhre zum Aufziehen versehene Baumblätter, ein - fache, doppelte oder dreifache Ringe mit durchgehen -XIXeinleitung.dem Loch an zwei Seiten, Stücke ganz in Form kleiner Glockenzungen, Knöpfe mit einer Oese, sowie Doppel - knöpfe, die aber nicht wie unsere Hemdknöpfe, zusam - mengeschmiedet, sondern einfach zusammengesteckt sind, denn aus der Höhlung des einen kleinen Knopfes steht eine kleine Röhre (αὐλίσκος), aus der des andern eine Stange (ἔμβολον) hervor, und steckt man letztere in die erstere, um den Doppelknopf herzustellen. Auf mehr als einem Drittel dieser kleinen Gegenstände sieht man eingeschnittene Verzierungen von acht oder sechzehn Rillen, die oft so fein gemacht sind, dass man nur mit - tels einer Lupe im Stande ist, sie zu unterscheiden und ihre grosse Symmetrie zu bewundern. Diese 8750 kleinen goldenen Gegenstände dienten wahrscheinlich theils an Halsschnüren, theils an Schmucksachen auf Leder. Der Schatz enthielt ferner sechs an einem Ende abgerundete an dem andern in Form des Halbmondes ausgeschnittene Klingen von allerreinstem Silber, deren Gewicht leider ne - ben den Abbildungen Tafel 200 nicht genau angegeben ist; sie wiegen 171, 173, 174, 183 und 190 Gramm; nur zwei der Stücke haben genau dasselbe Gewicht von 174 Gramm; ferner einen silbernen Becher und drei grosse silberne Vasen; auf einer derselben ist viel Kupfer, auf einer an - dern das Bruchstück einer kleinern silbernen Vase in der Feuersbrunst festgeschmolzen. Der Schatz enthielt ferner zwei kleinere äusserst kunstvoll gearbeitete sil - berne Vasen mit Deckeln, in Form von langen phry - gischen Hüten, und hat die eine an jeder Seite ein, die andere an jeder Seite zwei Röhrchen für die Schnüre zum Aufhängen. Es gehört höchst wahrscheinlich auch noch zum Schatz eine acht Tage vor dessen Entdeckungb*XXeinleitung.daneben gefundene grosse silberne Vase, in welcher ich einen grossen herrlichen Becher fand, der, wie sich jetzt herausgestellt hat, von Elektron ist und nicht von Silber, wie ich irrthümlich im vorletzten Aufsatze dieses Buchs berichtet habe. Auch vier silberne Schalen (φιάλαι) enthielt der Schatz, denn die eine derselben fand ich mit den andern Gegenständen zusammen, die drei übri - gen einige Tage später am Abhange der grossen Ring - mauer, etwa 1 Meter unterhalb des Schatzes. Der durch seine vielen wichtigen Entdeckungen und Schriften be - rühmte Professor der Chemie Landerer in Athen, welcher auch alle silbernen Sachen des Schatzes genau untersucht hat, findet die beiden kleinen Vasen von ganz reinem Silber, während die vier grossen Vasen, der kleine Becher und die vier Schalen 95 Procent Silber und 5 Procent Kupfer enthalten, welches, wie er sagt, beigemischt ist, um dem Silber grössere Härte zu geben und es mit dem Hammer treiben zu können.
Dieser in grosser Tiefe, in den Ruinen der für mythisch angesehenen Stadt Troja von mir entdeckte grosse Schatz des für mythisch gehaltenen Königs Priamos aus dem mythischen heroischen Zeitalter, ist jedenfalls eine in der Archäologie einzig dastehende Entdeckung grossen Reichthums, grosser Civilisation und grossen Kunstsinns in einer der Erfindung der Bronze vorhergehenden Zeit, in einer Zeit, wo man Waffen und Werkzeuge von reinem Kupfer gleichzeitig mit gewaltigen Massen steinerner Waffen und Werk - zeuge anwandte. Dieser Schatz lässt auch keinen Zweifel, dass Homer wirklich dergleichen goldene und silberne Sachen gesehen haben muss, wie er fortwährendXXIeinleitung.beschreibt; in jeder Beziehung ist er von unermesslichem Werth für die Wissenschaft und wird jahrhundertelang der Gegenstand eingehender Forschungen bleiben.
Leider finde ich auf keinem der Gegenstände des Schatzes eine Inschrift, auch kein anderes religiöses Symbol als die an den beiden Diademen (κρήδεμνα) und an den vier Ohrgehängen prangenden 100 Idole der homerischen „ ϑεὰ γλαυκῶπις Ἀϑήνη “, welche uns aber den unumstösslichen Beweis geben: dass der Schatz der Stadt und dem Zeitalter angehören, welche Homer be - singt.
Indessen fehlte die Schriftsprache zu jener Zeit nicht, und fand ich z. B. in 8 Meter Tiefe, im könig - lichen Palast, die auf Tafel 188, No. 3273 abgebildete Vase mit einer Inschrift, und mache ich ganz be - sonders darauf aufmerksam, dass von den in derselben vorkommenden Schriftzügen der dem griechischen P ähnliche Buchstabe auch schon in der Inschrift auf dem aus 7 Meter Tiefe stammenden Petschaft, Tafel 19, No. 555, der zweite und dritte Buchstabe, links von diesem, auf dem ebenfalls aus 7 Meter Tiefe stammenden, Tafel 13, No. 432 abgebildeten kleinen Vulkan von Terracotta, auch der dritte Buchstabe auf den aus 3 Meter Tiefe stammenden beiden kleinen Trichtern von Terracotta, Tafel 171, No. 3292 und 3295, vorkommt. Ich fand fer - ner im königlichen Palast die auf Tafel 190, No. 3474 abgebildete ausgezeichnet eingravirte Inschrift, finde hier aber nur ein Schriftzeichen, welches einem Buchstaben der Inschrift des erwähnten Petschafts ähnlich ist. Mein geehrter Freund, der grosse Indiologe Herr Emile Burnouf, vermuthet, dass alle diese Schriftzeichen einem sehr altenXXIIeinleitung.gräco-asiatischen Localalphabete angehören. Professor H. Brunn in München schreibt mir, dass er diese In - schriften dem Professor Haug gezeigt und dieser auf Verwandtschaft und Zusammenhang mit dem Phöni - zischen hingewiesen habe (von dem allerdings das grie - chische Alphabet abhängig ist), und ferner auf gewisse Analogien mit der Inschrift der Erztafel, die zu Idalion auf Cypern gefunden und jetzt im Cabinet des médailles zu Paris ist. Professor Brunn fügt hinzu, dass Beziehun - gen der trojanischen Funde zu Cypern in keiner Weise auffallen, sondern sich vielmehr sehr wohl mit Homer vertragen würden; dass jedenfalls auf diese Beziehungen ein Hauptaugenmerk zu richten ist, da nach seiner Meinung Cypern die Wiege der griechischen Kunst, oder sozusagen der Kessel ist, in dem asiatische, ägyp - tische, griechische Ingredienzen zusammengebraut wur - den, aus denen sich später die griechische Kunst ab - klärte.
Herrliche Töpferwaare, und besonders grosse und kleine Becher mit zwei Henkeln oder mit einem Griff von unten in Form einer Krone, Vasen mit Röhren an den Seiten und in gleicher Richtung mit Löchern im Munde zum Aufhängen mit Schnüren, ferner alle andern Arten von Hausgeräth finde ich in diesen trojanischen Trümmerschichten in grosser Abondanz, auch eine schön verzierte knöcherne Flöte, mehrere Theile von andern Flöten und das herrlich verzierte elfenbeinene Stück einer Leier mit nur vier Saiten, welches man auf Tafel 98, No. 2044 sieht.
Ebenso wie die ersten Ansiedler dieser heiligen Stätte waren auch die Trojaner von arischer Rasse,XXIIIeinleitung.denn ich finde bei ihnen in gewaltigen Massen die mit eingeschnittenen arischen religiösen Symbolen bedeckten kleinen Stücke Terracotta in Gestalt des Vulkans und des Carrousels.
Das Baumaterial der Trojaner ist verschiedener Art; mit seltener Ausnahme bestehen alle von mir ans Licht gebrachten Hauswände nur aus ungebrannten, an der Sonne getrockneten Ziegeln, von denen durch die Glut der Feuersbrunst eine Art von wirklich gebrannten Ziegeln geworden ist; der königliche Palast aber, sowie zwei kleine Bauten in den Tiefen des Minervatempels, Iliums grosser Thurm, das Skaeische Thor und die grosse Ringmauer bestehen dagegen aus mit Erde ver - einigten, meistens unbehauenen Steinen, deren weniger rauhe Seite nach aussen gekehrt ist, sodass die Wände ein ziemlich glattes Ansehen haben.
Ich glaubte im vorigen Jahre, bei Aufdeckung von Iliums grossem Thurm, dass derselbe einst höher gewesen sein müsse als er jetzt ist, nämlich 6 Meter oder 20 Fuss; seine glatt gemauerte Fläche neben dem Skaeischen Thor, sowie die weiterhin auf demselben be - findlichen Bänke, nicht Ruinen, wie ich früher glaubte, beweisen aber, dass er nie höher gewesen sein kann. Ganz besonders mache ich darauf aufmerksam, dass das Mauerwerk des Skaeischen Thors bei dessen Aufdeckung noch so merkwürdig neu aussah, als ob es erst ganz kürzlich errichtet worden wäre. Bestimmt hat es mäch - tige hölzerne Vertheidigungswerke, und wahrscheinlich auch einen hölzernen Thurm oberhalb der Thorflügel gehabt, denn sonst ist es mir unerklärlich, wie der Ein - gang zum Thor 10 Fuss hoch mit jener rothen troja -XXIVeinleitung.nischen Holzasche verschüttet, und namentlich wie dort, von andern Bauten entfernt, die Glut so gross hat sein können, dass selbst die dicken Steinplatten davon zer - stört worden sind.
Homer (Ilias, V, 638 — 642) spricht von einer dem trojanischen Krieg vorhergegangenen Zerstörung Trojas durch Hercules, und wird es uns ewig ein Räthsel blei - ben, ob sich diese durch die Ueberlieferung bis zu seiner Zeit erhaltene Kunde wirklich auf das Ilium des Priamos oder auf die demselben vorausgegangene uralte Stadt der ersten Ansiedelung bezieht.
Für die Chronologie Trojas haben wir nur die all - gemeine Annahme des Alterthums, dass der trojanische Krieg ungefähr 1200 Jahre v. Chr. stattgefunden hat, und die Angabe Homer’s (Ilias, XX, 215 — 237), dass der erste trojanische König, Dardanos, Dardania gründete, welche Stadt ich mit Virgil und Euripides mit Ilium für synonym halte, und dass sie nach ihm von seinem Sohn Erichthonios, dann von seinem Enkel Tros, von seinem Urenkel Ilos, sowie von dessen Sohn Laomedon und Enkel Priamos beherrscht wurde. Wenn wir jedem dieser sechs Könige auch eine lange Regierung von 33 Jahren zugestehen, so bringen wir doch die Gründung der Stadt nur kaum auf 1400 Jahre v. Chr., also nur auf 700 Jahre vor der griechischen Colonie.
Die Baustelle Trojas, welche zur Zeit der Gründung der Stadt 10 Meter unterhalb der jetzigen Oberfläche war, war nach der Zerstörung nur 7 Meter unterhalb derselben, als Ilium von einem andern Volke arischen Stammes wieder aufgebaut ward; ich finde nämlich in den Trümmerschichten dieses Volks, die von 7 bis 4 Me -XXVeinleitung.ter unter der jetzigen Oberfläche reichen, die nämlichen Stücke Terracotta mit religiösen Symbolen.
Da ich bei jedem Gegenstand in den photographi - schen Tafeln des Atlas genau die Tiefe vermerkt habe, in welcher er gefunden worden ist, so kann man leicht die von diesem Volke stammenden Sachen herausfinden. Die Töpferwaaren dieser Nation haben Aehnlichkeit mit denen der Trojaner, sind aber schlechter und gröber, und es kommen viele neue Typen vor; fast alle Vasen haben auch hier eine Röhre an jeder Seite zum Auf - hängen mit Schnüren. Ich fand hier, in 5 Meter Tiefe, das steinerne Stück einer Leier mit sechs Saiten, und in 4 Meter Tiefe das schön verzierte elfenbeinene Stück einer andern von sieben Saiten. Man findet beide Stücke in den photographirten Tafeln des Atlas dar - gestellt.
Die Architektur dieses Volks war, wie man aus den vielen von mir aufgedeckten Hauswänden ersieht, durch - gehends von kleinen mit Erde vereinigten Steinen; je - doch sieht man auch auf zwei Stellen in den Tiefen des Minervatempels eine Mauer von an der Sonne ge - trockneten Ziegeln, die dieser Nation anzugehören schei - nen. Die Häuser derselben waren kleiner, und in den - selben war weniger Holz verwandt, als in denen der Trojaner, denn obwol die aufeinanderruhenden Haus - reste mehrfache grosse Convulsionen beurkunden, so findet man hier doch viel weniger verkohlte Trümmer als beim vorhergehenden Volke; ja diese Schuttschichten haben meistentheils ein graues oder schwarzes Ansehen, und sieht man in denselben Millionen kleiner Muschel - schalen, Knochen, Fischgräten u. s. w. Merkwürdig istXXVIeinleitung.es, dass sich in diesen Trümmerschichten gewisse Typen von Terracottas nur genau in derselben Tiefe finden, und dass so z. B. die herrlichen schwarzen Becher in Form von Sanduhren und mit zwei grossen Henkeln nur auf 6 Meter Tiefe beschränkt sind.
In den beiden ersten Jahren meiner Ausgrabungen fand ich in 4 bis 7 Meter Tiefe fast gar kein Kupfer und glaubte schon, Metall sei bei diesem Volke selten oder gar nicht bekannt gewesen. In diesem Jahre je - doch fand ich auch in diesen Trümmerschichten viele kupferne Nägel, auch einige Messer und Streitäxte und Formsteine von Glimmerschiefer zum Giessen derselben und anderer Waffen und Werkzeuge. Immerhin muss Kupfer bei dieser Nation selten gewesen sein, denn steinerne Werkzeuge, wie Messer von Silex, Hämmer und Beile von Diorit u. s. w., kommen zu Tausenden vor.
Dem Anscheine nach verschwand auch dies Volk gleichzeitig mit der Zerstörung der Stadt, denn nicht nur finde ich von 4 Meter Tiefe aufwärts bis 2 Meter Tiefe viele neue Typen von Terracotta-Gefässen, sondern ich finde auch keine Reste von Hauswänden mehr; ja selbst die einzelnen Steine fehlen fast gänzlich. Jeden - falls wurde die Stadt sogleich nach der Zerstörung aus Holz wieder aufgebaut von einem verwandten Volk arischen Stammes, denn die kleinen, mit arischen reli - giösen Symbolen geschmückten Terracottas, obwol häu - fig mit neuen Typen, kommen auch in diesen Schutt - schichten vielfältig vor. Es kommen zwar auch in diesen Tiefen Festungsmauern vor, aber diese waren schon von dem vorhergehenden Volk gebaut, wie z. B. die in 7 Meter Tiefe und 1½ bis 2 Meter oberhalb des SchatzesXXVIIeinleitung.gegründete 6 Meter hohe Mauer, welche bis 1 Meter unter der Oberfläche reicht. Das hölzerne Ilium war dem Anscheine nach noch weniger glücklich als die steinerne Stadt seiner Vorgänger, denn wie es die zahl - reichen calcinirten Trümmerschichten beweisen, wurde es vielfältig durch Feuer verheert. Ob diese Feuers - brünste zufällig ausbrachen oder durch Feindes Hand angelegt wurden, das muss uns ewig ein Räthsel blei - ben; soviel ist aber gewiss und aus den aus diesen Tie - fen stammenden Terracottas ersichtlich, dass die von Anfang an geringe Civilisation des Volks bei den fort - währenden Verheerungen seiner Stadt immer mehr ver - krüppelte. Ich finde bei dieser Nation Lanzen, Streit - äxte sowie Werkzeuge von reinem Kupfer und Form - steine zum Giessen derselben; auch eine Menge kupfer - ner Nägel, die aber — gleich wie bei allen vorhergehen - den Völkern, die diesen Berg bewohnt haben — zu lang und dünn sind, um zum Festschlagen in Holz verwandt worden zu sein, und jedenfalls als Brustnadeln gebraucht sein müssen; dass dem so ist, scheinen auch zwei solcher kupferner Nägel zu beweisen, an deren oberm Theil ich Reihen von durchbohrten Perlen von Gold oder Elektron festgeschmiedet fand. Diese beiden kupfernen Nägel wurden zwar unmittelbar unter der Oberfläche gefunden, müssen aber jedenfalls der vorgriechischen Zeit ange - hören.
Steinerne Werkzeuge, wie z. B. Hämmer und herr - lich geschliffene Beile und Streitäxte von Diorit, kom - men auch bei diesem Volke in 4 bis 2 Meter Tiefe vor, aber bedeutend weniger als bei dem vorhergehenden.
Als die Oberfläche des Bergs um 2 Meter niedrigerXXVIIIeinleitung.war als sie jetzt ist, wurde Ilium von einer griechischen Colonie aufgebaut, und haben wir bereits versucht, nachzuweisen, dass diese Niederlassung ungefähr um 700 v. Chr. erfolgt sein muss. Von nun an findet man Reste hellenischer Hauswände von ohne Cement zusam - mengelegten grossen behauenen Steinen; von ungefähr 1 Meter unter der Oberfläche aufwärts auch Trümmer von Bauten, deren Steine mit Cement oder Kalk ver - bunden sind. Kupferne Medaillen Iliums aus der römi - schen Kaiserzeit von Augustus bis Constans II. und Constantin II. sowie ältere ilische Münzen mit dem Bilde der Minerva und Medaillen von Alexandria Troas kom - men in grosser Menge vor, auch einige Münzen von Tenedos, Ophrynium und Sigeion, einzeln bis 1 Meter, aber grösstentheils in weniger als 50 Centimeter unter der Oberfläche. Ich habe einmal irrthümlich bemerkt, dass hier auch byzantinische Münzen nahe an der Ober - fläche vorkommen. Aus späterer Zeit als Constans II. und Constantin II. habe ich hier aber in meinen drei - jährigen Ausgrabungen nicht eine einzige Medaille ge - funden, ausser zwei schlechten Münzen eines byzantini - schen Klosters, die von Schäfern verloren sein mögen; und da hier jede Spur von byzantinischem Mauerwerk oder byzantinischer Töpferwaare durchaus fehlt, so ist als bestimmt anzunehmen, dass das Ilium der griechi - schen Colonie gegen Mitte des 4. Jahrhunderts n. Chr. untergegangen und nie wieder ein Dorf, geschweige denn eine Stadt auf seiner Baustelle errichtet worden ist. Die in meinem Aufsatz vom 1. März 1873 von mir erwähnte, aus mit Cement vereinigten korinthischen Säulen bestehende Mauer, die ich aus dem MittelalterXXIXeinleitung.zu stammen glaubte, muss jedenfalls aus der Zeit Con - stantin’s I. oder Constans’ II. stammen, als der Minerva - tempel durch den frommen Eifer der ersten Christen zerstört wurde.
Von den Mauern und Festungswerken dieser grie - chischen Colonie sind hauptsächlich nur die anscheinlich von Lysimachos erbauten erhalten geblieben, und sieht man von denselben auf Tafel 109, gleich links, eine Bastion, sowie auf Tafel 112 eine Mauer. Aus älterer Zeit, und wahrscheinlich vom Anfang der griechischen Colonie, stammt der untere, hervorstehende Theil der Thurmmauer, die man auf Tafel 212 in dem Einschnitt auf jener Seite des Skaeischen Thors sieht. Grosse po - litische Convulsionen oder Katastrophen scheinen fortan wenig oder gar nicht mehr vorgekommen zu sein, denn die Schuttaufhäufung beträgt während der langen Dauer der griechischen Colonie, sage während 10½ Jahrhun - derten, nur 2 Meter.
Merkwürdigerweise finde ich in diesen griechischen Trümmerschichten äusserst wenig Metall; ein halbes Dutzend sichelförmiger Messer, eine zweischneidige Axt, ein paar Dutzend Nägel, ein Becher, ein paar Lanzen und Pfeile u. s. w. sind so ziemlich alles was ich fand; ich beschrieb diese Gegenstände in meinen Aufsätzen und im Katalog als von Kupfer; wie sich aber bei näherer Untersuchung herausgestellt hat, sind sie von Bronze, und kommt reines Kupfer in der griechischen Colonie nicht mehr vor. Von Eisen fand ich nur ganz nahe an der Oberfläche einen Schlüssel merkwürdiger Form und ein paar Pfeile und Nägel. Wie wir aus Homer wissen, hatten auch die Trojaner Eisen, ja sogar das von ihmXXXeinleitung.κύαονς genannte Metall, welches man schon im Alter - thum durch χάλυψ (Stahl) übersetzte. Ich betheuere aber, weder bei den Trojanern, noch bei irgendeinem der andern der griechischen Colonie voraufgegangenen Völker, die diesen Berg bewohnt haben, auch nur eine Spur von diesen Metallen gefunden zu haben. Es mögen aber immerhin eiserne und stählerne Geräthschaften da - gewesen sein; ja ich glaube ganz bestimmt, dass sie dagewesen sind, sie sind aber spurlos verloren gegan - gen; denn bekanntlich zersetzt sich Eisen und Stahl viel leichter als Kupfer. Von Zinn, dessen Homer so viel - fältig erwähnt, fand ich natürlich keine Spur, denn dies Metall zersetzt sich bekanntlich mit grosser Schnelligkeit, selbst wenn es an einem trockenen Orte liegt. Blei kam bei allen Völkern vor, die diesen Berg bewohnt haben, bei den Völkern vor der griechischen Ansiedelung aber hauptsächlich nur in Klumpen, in Form von Halbku - geln. Nur erst in der griechischen Colonie finde ich es in allgemeinem Gebrauch, und sogar als Verbindungs - mittel von Bausteinen angewandt. Nach der Grösse der Baustelle des Iliums der griechischen Colonie zu urthei - len, deren Plan ich auf Tafel 213 gebe, mag dasselbe 100000 Einwohner gehabt haben und muss in seiner Blütezeit sehr reich gewesen sein, und die plastische Kunst muss hier einen hohen Grad von Vollkommenheit erreicht haben. Die mit den Trümmerhaufen grossarti - ger Bauten bedeckte Baustelle ist nämlich mit Bruch - stücken von ausgezeichneten Sculpturen übersäet, und der hier in den Tiefen des Apollotempels von mir ent - deckte und jetzt meinen Garten in Athen zierende 2 Meter lange, 86 Centimeter hohe herrliche Triglyphen -XXXIeinleitung.block mit einer Metope, welche den Phöbus Apollo mit den vier Rossen der Sonne darstellt, ist eins der er - habensten Meisterwerke, welche uns aus der Blütezeit der griechischen Kunst erhalten sind. In der Beschrei - bung, welche ich sogleich nach der Entdeckung dieses Kunstschatzes in meinem Aufsatz vom 18. Juni 1872 machte, bemerkte ich, dass dies Kunstwerk aus der Zeit des Lysimachos, sage ungefähr vom Jahre 306 v. Chr. stammen müsse. Ich schickte einen Gips - abguss davon an das Museum für Gipsabgüsse in München, und schreibt mir der Vorsteher desselben, Professor H. Brunn, welcher jedenfalls eine der grössten Autoritäten der Welt für die plastischen Kunstwerke des Alterthums ist, wie folgt darüber: „ Selbst Photo - graphien reichen doch zur Beurtheilung plastischer Werke nie ganz aus, und hat mir auch hier erst der Abguss die volle Gewissheit gegeben, dass dieses Werk weit günstiger beurtheilt werden muss, als es in der archäologischen Zeitung geschehen ist. Ich wage nicht, üher die Triglyphen bestimmt abzusprechen: die Ge - schichte des dorischen Stils nach der Zeit des Parthenon und der Propyläen liegt noch durchaus im argen, doch lässt sich der gerade Abschnitt der Cannele gewiss in vorrömischer Zeit nachweisen. Von äussern Kriterien bleibt so zunächst der Strahlenkranz. Nach den Unter - suchungen von Stephani (Nimbus und Strahlenkranz) kommt derselbe erst etwa in der Zeit Alexander’s des Grossen vor. Für die specielle Form, lange und kurze Strahlen, haben wir die von Curtius angeführten Münzen Alexander’s I. von Epirus und von Keos, resp. Karthaea. Das jüngste Beispiel, welches ich bisjetzt gefunden, bie -XXXIIeinleitung.tet die Unterweltsvase von Canosa im hiesigen Museum, die spätestens in das 2. Jahrhundert v. Chr. gehört; so wären also für das Relief die äussersten Termini etwa Ende des 4. und Mitte des 2. Jahrhunderts. Künstlerisch zeigt die Composition die grössten Fein - heiten in der Lösung eines schwierigen Problems. Das Viergespann soll sich nämlich nicht in der Relieffläche bewegen, sondern so erscheinen, als ob es in halber Wendung aus derselben herauskomme. Das ist beson - ders dadurch erreicht, dass der rechte Hinterschenkel des Pferdes im Vordergrunde stark zurückgedrängt ist, während der linke Fuss vorschreitet, dass ausserdem dieses Pferd in leiser Verkürzung gebildet ist, dass die Fläche jenes Schenkels tiefer liegt als die obere Fläche der Triglyphen, die Fläche des Vorderbuges und des Halses dagegen etwas höher, während der Kopf, um das Gesetz des griechischen Reliefstils zu wahren, wieder mit der Grundfläche ziemlich parallel steht. Darum fehlt auch jede Andeutung eines Wagens, der durch das vordere Pferd verdeckt zu denken ist. Dann ist auch die Stellung des Gottes, dem Kopfe einiger - massen folgend, halb nach vorne gewendet, und nur um auch hier die Stellung mit dem Reliefgesetz in Conflict zn bringen, ist der Arm wieder stark nach innen ge - wendet. Wenn man sodann in dem Uebergreifen des Kopfes auf die obere Leiste des Triglyphs eine In - correctheit hat sehen wollen, so finde ich darin einen besonders glücklichen Gedanken, der wol an die freilich wieder verschiedene Auffassung am Parthenongiebel er - innern darf, wo Helios nur erst mit Kopf und Schultern aus dem Wagen des Oceans auftaucht. Hier brichtXXXIIIeinleitung.Helios sozusagen aus den Pforten des Tags hervor und überstrahlt mit seinem Glanze das All. Das sind Fein - heiten, wie sie nur der griechischen Kunst in ihrer vollen Kraft eigen sind. Die Ausführung entspricht durchaus dem Verdienst der Ideen, und so stehe ich nicht an, das Relief näher an den Anfang als an den Schluss des oben begrenzten Zeitraums zu setzen. Wenn Sie daher auch aus andern Gründen an die Zeit des Lysimachos denken, so habe ich dagegen von archäologischer Seite durchaus keine Einwendung zu machen, freue mich viel - mehr, unsern Monumentenschatz mit einem Originalwerk aus jener Zeit bereichert zu sehen. “
Ich bewies vorhin die Verwandtschaft der vier ver - schiedenen Völker, welche die Baustelle Trojas vor An - kunft der griechischen Colonie bewohnt haben, durch die bei allen massenweise vorkommenden kleinen Terra - cotta-Vulkane und - Carrousele und durch die Aehnlich - keit der auf denselben eingravirten arischen religiösen Symbole. Ich beweise diese Verwandtschaft ferner und vor allen Dingen durch die plastische Darstellung der Minerva, der Schutzgöttin Iliums, mit einem Eulengesicht, denn diese Darstellung ist allen vier Völkern eigen, welche hier der griechischen Colonie vorausgegangen sind. Sogleich unter den Trümmer - schichten der letztern, in 2 Meter Tiefe, fand ich dies Eulengesicht mit einer Art von Helm auf Terracotta - Bechern, die auch in allen folgenden Schuttschichten, bis in 12 Meter Tiefe, vorkommen und sich bis in 9 Meter Tiefe sehr häufig finden. Diese Becher mögen auch, wie mein gelehrter Freund Emile Burnouf meint, nur als Deckel der gleichzeitig mit ihnen vorkommendenSchliemann, Troja. cXXXIVeinleitung.Vasen mit zwei emporstehenden Flügeln, zwei Frauen - brüsten und einem grossen Schamtheil gedient haben, denn sie passen vollkommen auf dieselben. Ich fand gleichzeitig von 3 Meter Tiefe abwärts in allen Trüm - merschichten bis zu 10 Meter Tiefe Vasen mit Eulen - gesichtern, zwei emporstehenden Flügeln (nicht Armen, wie ich früher meinte), zwei grossen Frauenbrüsten und einem sehr grossen Schamtheil, und sogar, in 6 Meter Tiefe, eine Vase, auf welcher der Schamtheil mit einem Kreuze und vier Nägeln verziert ist (s. Tafel 54). Ich fand selbst in 14 Meter Tiefe den obern Theil einer Vase (Tafel 102) und die Scherbe einer Schüssel (Tafel 27, No. 734) mit Eulengesichtern geschmückt. Ausserdem fanden sich von 2 Meter Tiefe abwärts in allen Schuttschichten bis zum Urboden 2½ bis 18½ Centimeter lange und 1½ bis 12 Centimeter breite Idole von sehr feinem Marmor, von Knochen, von Glimmer - schiefer, von Schiefer oder selbst von ganz ordinärem Kalkstein; auf sehr vielen derselben sieht man ein Eulengesicht, und auf einigen ausserdem sogar Frauen - haar auf der Stirn eingravirt; auf vielen sieht man auch einen Frauengürtel eingeschnitten. Da ich auf mehrern Idolen ohne eingeschnittenen Eulenkopf diesen mit rother oder schwarzer Farbe dargestellt finde, so vermuthe ich, dass ein Gleiches einst mit allen Idolen der Fall war, auf welchen die Kennzeichen der Eule jetzt fehlen, und dass auf diesen die Farbe im Laufe der Jahrtausende durch die Feuchtigkeit verloren gegangen ist. Auf mehrern Idolen von Marmor oder Knochen sind die Flügel an den Seiten angedeutet. Ich fand aber auch den ver - steinerten Wirbelknochen eines antediluvianischen Thiers,XXXVeinleitung.auf welchem die Trojaner einen grossen Eulenkopf aus - geschnitten haben. Ferner fanden sich in 3, 4, 6, 7, 8, 9 und 14 Meter Tiefe zwölf Idole von Terracotta, und sind, nur mit einer Ausnahme, auf allen Eulengesichter; die meisten haben auch zwei Frauenbrüste und auf der Rückseite angedeutetes langes Frauenhaar. Eins dieser eulenköpfigen Idole ist in Form eines Gefässes und hat an jeder Seite einen Schlauch in Gestalt eines kleinern Gefässes; der vordere Körper der Göttin bis zum Halse ist bedeckt mit einem langen Schilde, und auf der Rück - seite sieht man das Frauenhaar, auf Art der Karyatiden in der Akropolis in Athen, lang herunterhängen. Auch auf mehrern dieser Idole von Terracotta sind Flügel angedeutet.
Diese auf Bechern, Vasen und Idolen vielfältig vor - kommenden Eulengesichter mit Frauengestalt können nur eine Göttin darstellen, und diese Göttin kann nur Minerva, die Schutzgöttin Trojas, sein um so mehr als sie Homer fortwährend „ ϑεα γλαυκῶπις Ἀϑήνη “nennt; denn „ γλαυκῶπις “ist von den Gelehrten aller Jahrhun - derte falsch übersetzt, und bedeutet nicht „ mit feurigen oder funkelnden Augen “, sondern es bedeutet „ mit Eulengesicht “. Die natürliche Schlussfolgerung ist, erstens, dass es dem Homer vollkommen bekannt war, dass Minerva mit dem Eulengesicht Iliums Schutzgöttin war; zweitens, dass der Ort, in dessen Tiefen ich seit drei Jahren wühle, die Stätte sein muss „ ubi Troja fuit “; und drittens, dass bei fortschreitender Civilisation Pallas Athene ein menschliches Gesicht erhielt und aus ihrem frühern Eulenkopf ihr Lieblingsvogel, die Eule, gemachtc*XXXVIeinleitung.wurde, welche als solcher dem Homer ganz unbe - kannt ist.
Es kommen in 4 bis 9 Meter Tiefe auch einige Vasen und Becher mit einem Menschengesicht vor, welches aber vieles von der Eule hat.
Da ich keine Spur des Eulengesichts in den Trüm - merschichten der griechischen Colonie finde, so ist mit Bestimmtheit anzunehmen, dass diese schon weiter in der Cultur fortgeschritten war als die Ilier, deren Stadt sie in Besitz nahm, und dass sie schon die Vorstellung der Schutzgöttin mit menschlichem Gesicht mit nach Troja brachte.
Was die mehrerwähnten, mit arischen religiösen Symbolen geschmückten runden durchbohrten Stücke Terracotta in Gestalt des Carrousels oder des Vulkans betrifft, so ist es immerhin möglich, dass ihre ursprüng - liche Form die des Rades gewesen ist, denn in dieser Gestalt kommen sie mehrfach auf dem Urboden, in 14 und 16 Meter Tiefe vor. In den höhern Schuttschichten ist zwar bei diesen Stücken die Form des Rades selten, aber die durch Einschnitte bewirkte Darstellung des in Bewegung befindlichen Rades kommt doch noch sehr häufig vor. Trotz allen Forschens und Grübelns ist es mir noch nicht gelungen, zur Einsicht zu kommen: zu welchem Zweck diese äusserst interessanten Gegenstände gebraucht worden sind, die, wie sich jetzt beim Aus - graben des Minervatempels herausgestellt hat, nur bei den der griechischen Colonie vorangegangenen Völkern mit arischen symbolischen Zeichen geschmückt worden sind, in der griechischen Ansiedelung aber nur noch ein - zeln, auch in abweichender Form und ganz ohne einge -XXXVIIeinleitung.schnittene Verzierungen vorkommen und durch die run - den und viel grössern zweimal durchbohrten Stücke Terracotta ersetzt werden, welche hin und wieder eine Art von Stempel tragen.
Durch die Güte meines geehrten Freundes, des Professors Giuseppe G. Bianconi in Bologna, erhielt ich die Zeichnungen von zehn solchen, sich im Museum von Modena befindenden, runden Stücken Terracotta in der Form des Carrousels und des Vulkans, welche in den Terramares der dortigen Gegend, in den Pfahlbauten aus der Steinzeit, gefunden sind. Zu meinem grössten Erstaunen sehe ich darunter sechs mit den nämlichen eingeschnittenen Verzierungen, die ich auf den Stücken gleicher Gestalt hier in Troja finde. Drei derselben haben im Kreise um die Centralsonne ein dreifaches Kreuz, welches, wie ich bemüht gewesen bin in meinem sechsten Aufsatz ausführlich auseinanderzusetzen, als Bild der beiden Hölzer unserer arischen Urväter zur Hervorbringung des heiligen Feuers, ein Symbol höchster Wichtigkeit war; das vierte stellt eine solche Feuermaschine mit fünf Enden dar, und werden die In - dologen vielleicht finden, dass einer der Stäbe das „ pra - mantha “genannte Stück Holz darstellt, womit das Feuer durch Reibung hervorgebracht wurde und von dem die Griechen in späterer Zeit den Prometheus machten, den sie das Feuer vom Himmel stehlen liessen. Das fünfte zeigt eine etwas verschiedene Form der Feuermaschine unserer Urväter, und das sechste hat zwölf Kreise um die Centralsonne. Wahrscheinlich sind dies die im Rigveda so oft vorkommenden zwölf Stationen der Sonne, welche personificirt sind durch die zwölf Adityas,XXXVIIIeinleitung.Söhne des Adity (des Untheilbaren oder des unendlichen Raumes), und die zwölf Zeichen des Thierkreises dar - stellen.
Derselbe Freund schickte mir auch die Zeichnungen von achtzehn solchen, aus den Gräbern des Kirchhofs von Villanova stammenden und im Museum des Grafen Gozzadini in Bologna befindlichen runden Stücken Terra - cotta. Da der Graf in einem der Gräber ein „ aes rude “gefunden hat, so glaubt er, dass, so wie dies, so auch der Kirchhof, aus der Zeit des Königs Numa stamme und somit aus circa 700 v. Chr. G. de Mortillet (Le Signe de la Croix, S. 88 — 89) hingegen schreibt dem Kirchhof ein viel grösseres Alter zu. Jedenfalls aber haben funfzehn der vorliegenden achtzehn Zeichnungen, im Vergleich zu den zehn im Museum von Modena, sowie auch im Vergleich mit meinen hier in Troja gefundenen kleinen Carrousels, Vulkanen und Rädern, ein modernes Aus - sehen, denn nicht nur die Verzierungen, sondern auch die Form der Stücke sind viel mehr gekünstelt. Nur drei der achtzehn Stücke zeigen eine Gestalt und Ver - zierungen, wie sie auch hier in Troja vorkommen. Alle drei haben die Form des Carrousels; das eine hat sieben Sonnen im Kreise um die Centralsonne; das zweite hat zwei Kreuze, deren eins durch vier Sterne, das andere durch vier Striche gebildet wird. Das dritte hat fünf fünffache Dreiecke und fünf Sterne im Kreise um den Mittelpunkt. Der Vergleich dieser achtzehn Stücke mit den trojanischen bringt mich zur Ueberzeugung, dass Graf Gozzadini recht hat, wenn er dem Kirchhof von Villanova kein höheres Alter als 700 v. Chr. zuschreibt.
Ausser den mit religiösen Symbolen verziertenXXXIXeinleitung.Stücken kommen aber auch in Troja Tausende von Terracottas ähnlicher, aber meistens mehr gedehnter Form vor, die gar keine Verzierungen haben; in 3 Me - ter Tiefe kommen sie auch in Gestalt des Kegels vor. Früher fand ich in 3 Meter Tiefe solche Stücke auch von blauem oder grünem Stein, die ich in letzter Zeit aber auch in 7 bis 10 Meter Tiefe häufig antraf. Unter den unverzierten Terracottas dieser Art finde ich einige, aber kaum mehr als 2 Procent, die einige Abnutzung zeigen und am Spinnrad gebraucht sein mögen. Die mit Einschnitten verzierten Stücke dagegen zeigen nie - mals irgendwelche Abnutzung, und die auf denselben eingravirten symbolischen Zeichen sind mit einer weissen Thonerde ausgefüllt, damit sie mehr in die Augen fallen. Diese weisse Thonerde hätte beim Gebrauch der Stücke am Spinnrad oder als Münze sogleich verloren gehen müssen. Als Amulete können die Stücke ihrer Grösse und Schwere wegen nicht getragen worden sein. Ich muss daher glauben, dass sie als Opfergaben angewandt oder als Idole der Sonne angebetet wurden, deren Bild man im Mittelpunkt sieht. Wie es leider bei der Grösse meiner Ausgrabungen, bei der Eile, mit welcher dieselben betrieben wurden, und bei der Härte des Schuttes nicht anders möglich war, kam bei weitem der grössere Theil der von mir in den Tiefen Iliums gefundenen Terracotta-Gefässe in mehr oder weniger zerbrochenem Zustande heraus. Ich habe aber alles, was nur irgend reparirt werden konnte, mittels Schel - lack und Gips wiederhergestellt, und tritt letzterer in den Photographien hervor. Ueberall wo von einem Theile etwas abgebrochen war und fehlte, habe ich den -XLeinleitung.selben nach dem Modell anderer heil herausgekommener Gefässe derselben Art restaurirt; wo mir aber ein solches Modell entbrach, oder wo ich die geringste Un - gewissheit hatte, da habe ich die Restauration ganz unterlassen.
Die Stadt Ilium, auf deren Baustelle ich seit mehr als drei Jahren gegraben habe, gab sich für die Nachfol - gerin von Troja aus, und da im ganzen Alterthum der Glaube an die Identität seiner Baustelle mit jener der alten Stadt des Priamos fest begründet war und niemand daran gezweifelt hat, so ist es gewiss, dass die gesammte Tradition diese Identität bestätigte. Endlich erhob sich dagegen Strabo, der jedoch, wie er selbst sagt, die Ebene von Troja niemals besucht hatte und sich auf die von Eigennutz eingegebenen Berichte des Demetrios von Skepsis verliess. Nach Strabo (XIII, 1, S. 122, Tauchn. Ausg. ) behauptete dieser Demetrius, seine Ge - burtsstadt, Skepsis, sei die Residenz des Aeneas gewe - sen, und beneidete Ilium um die Ehre, die Hauptstadt des trojanischen Reichs geworden zu sein. Deshalb sprach er die Ansicht aus: in Ilium und Umgegend sei für die grossen Thaten der Ilias nicht Raum genug, und das ganze Terrain, welches die Stadt vom Meere trennte, sei angeschwemmtes Land und habe sich erst nach dem trojanischen Kriege gebildet. Als einen andern Beweis, dass die Stelle der beiden Städte nicht dieselbe sein könnte, führt er an: Achilles und Hektor seien dreimal um Troja gelaufen, während man um Ilium nicht herum - laufen könnte „ διὰ τὴν συνεχῆ ῥάχην “, wegen des fort - laufenden Bergrückens. Aus allen diesen Gründen müsse man das alte Troja an die Stelle von Ἰλιέων κώμη,XLIeinleitung.30 Stadien von Ilium und 42 Stadien von der Küste, verlegen, obwol er allerdings zugestehen muss, dass sich nicht die geringste Spur davon erhalten habe (Strabo, XIII, 1, S. 99).
Strabo würde gewiss bei dem ihn kennzeichnenden richtigen Urtheil alle diese irrthümlichen Behauptungen des Demetrios von Skepsis verworfen haben, wenn er selbst die Ebene von Troja besucht hätte, da sie sich leicht widerlegen lassen.
Ich bemerke zunächst, dass man um die Baustelle von Troja sehr bequem herumlaufen kann, ferner, dass die Entfernung von Ilium, in gerader Linie bis zur Küste, 6 Kilometer, dagegen in gerader nordwestlicher Linie bis zum Vorgebirge von Sigeum (oder Sigeion) 7 Kilometer beträgt, welches die Tradition noch zu Strabo’s Zeit als die Stelle des griechischen Lagers be - zeichnete. Strabo sagt nämlich (XIII, 1, S. 103): „ Nächst Rhoeteum sieht man die zerstörte Stadt Sigeum, den Hafen der Achäer, das achäische Lager und den Sumpf oder See, Stomalimne genannt, und die Mündung des Skamanders. “
Auf der Baustelle von „ Ἰλιέων κώμη “habe ich im November 1871 Ausgrabungen gemacht, deren Resultat die Theorie des Demetrios von Skepsis vollkommen um - wirft, denn überall fand ich den Urboden in weniger als ½ Meter Tiefe, und die auf einer Seite der Baustelle weit fortlaufende Anhöhe, welche die Trümmer einer grossen Stadtmauer zu bergen scheint, enthält nur rei - nen Kornsand ohne jegliche Beimischung von Schutt.
Im J. 1788 n. Chr. besuchte Lechevalier die Ebene von Troja und war so begeistert für die Theorie, das DorfXLIIeinleitung.Bunarbaschi und die Anhöhen hinter demselben als die Lage des homerischen Troja anzusehen, dass er es ver - schmähte, die Baustelle von Ilium aufzusuchen, wie aus seinem Werke: « Voyage de la Troade », (3e éd., Paris 1802), sowie aus der demselben beigefügten Karte zu ersehen ist auf welcher er höchst lächerlicherweise diese uralte Stadt „ Ilium Novum “nennt und auf jene Seite des Ska - manders, neben Kumkalé, nahe am Meer, und 6 Kilo - meter von ihrer wirklichen Baustelle versetzt. Diese Theorie, dass Trojas Baustelle nur auf der des Dorfs Bunarbaschi und auf den Anhöhen hinter derselben zu suchen sei, wurde auch von den Nachstehenden festgehal - ten: Rennel, „ Observations on the topography of the Plain of Troy “, (London 1814); P. W. Forchhammer im „ Journal of the Royal Geographical Society “, vol XII, 1842; Mau - duit, „ Découvertes dans la Troade “(Paris et Londres 1840); Welcker, „ Kleine Schriften “; Texier; Choiseul Gouffrier, „ Voyage pittores que de la Grèce “(1820); M. G. Nikolaïdes (Paris 1867); Ernst Curtius in seiner im November 1872 in Berlin gehaltenen Rede nach seiner Reise nach der Troade und Ephesus, in Gesellschaft der Professoren Adler und Müllenhoff und des Doctors Hirschfeldt. Wie ich aber in meinem Werke: „ Ithaque, le Péloponnèse et Troie “(Paris 1869), ausführlich auseinandergesetzt habe, ist diese Theorie in all und jeglicher Hinsicht in voll - kommenstem Widerspruch mit allen Angaben der Ilias; auch haben meine Nachgrabungen in Bunarbaschi er - wiesen, dass dort nie eine Stadt gestanden hat, denn ich finde dort überall in weniger als ½ Meter Tiefe, und meistentheils schon unmittelbar an der Oberfläche reinen Urboden. Ebenso habe ich durch meine ExcavationenXLIIIeinleitung.auf den Höhen hinter diesem Dorf, wo ich überall nur reinen Urboden und nirgends in mehr als 1 Meter Tiefe den Fels fand, nachgewiesen, dass dort nie menschliche Wohnungen gewesen sind. Dies bestätigt auch, überall wo die Erde fehlt, die bald spitze, bald abrupte und stets ganz anomale Form der Felsen. Eine halbe Stunde hinter Bunarbaschi ist allerdings die auf zwei Seiten von Abgründen und von den andern Seiten von den Trümmern einer Ringmauer umgebene Baustelle einer ganz kleinen Stadt, welche ich für Skamandria hielt und so auf meiner Karte der Ebene von Troja nannte. Eine der in den Trümmern des Minervatempels des Iliums der griechischen Colonie gefundenen Inschriften lässt mich jedoch jetzt mit Bestimmtheit vermuthen, dass es nicht die Baustelle von Skamandria, sondern die von Gergis war. Auch ist dort die Schuttaufhäufung nur höchst unbedeutend, und sieht man nicht nur in der kleinen Akropolis, sondern auch auf der Baustelle der kleinen Stadt auf gar vielen Stellen den nackten Fels herausgucken. Ausserdem findet man dort überall, wo Schuttaufhäufung ist, hellenische Topfscherben, und aus - schliesslich hellenische Topfscherben bis zum Urboden. Da die Archäologie den ältesten dieser Scherben höchstens 500 bis 600 Jahre v. Chr. zugestehen kann, so können auch die Mauern der kleinen Stadt, welche man denen von Mykene an Alter gleichzustellen pflegte, keinenfallsälter sein als alleräusserst 500 bis 600 Jahre v. Chr.
Unmittelbar vor dieser kleinen Stadt sind drei Hel - dengräber, wovon man eins dem Priamos, ein anderes dem Hektor zuschrieb, weil es ganz von kleinen Steinen erbaut war. Dies letztere Grab ist im October 1872XLIVeinleitung.von Sir John Lubbock ausgegraben, der nur bemalte hellenische Topfscherben darin fand, denen man ein Alter von äusserst 300 Jahren v. Chr. zugestehen kann, und geben uns somit diese Scherben auch das Alter des Grabes.
Der verstorbene Consul J. G. von Hahn, welcher im Mai 1864 in seinen grössern Ausgrabungen in der Akropolis von Gergis bis zum Urboden dieselben und nur ganz dieselben hellenischen Topfscherben aufdeckte, die ich dort in meinen kleinern Excavationen fand, schreibt in seiner Broschüre „ Die Ausgrabungen des Homerischen Pergamos “: Trotz eifrigen Suchens konn - ten meine Gefährten und ich auf dem weit gedehn - ten nördlichen Abhang des Balidagh vom Fusse der Akropole (von Gergis) bis zu den Quellen von Bunar - baschi ausser den drei Heldengräbern nicht ein einziges Kennzeichen entdecken, welches auf eine frühere mensch - liche Niederlassung hinwiese, nicht einmal antike Topf - scherben und Ziegeltrümmer, die nie fehlenden und da - her unumgänglichen Zeugen einer antiken Niederlassung. Kein Säulen - oder sonstiges Baustück, kein alter Quader, kein in den gewachsenen Felsen eingehauenes Quader - bett, keine künstliche Ebenung desselben; überall der naturwüchsige, von keiner Menschenhand berührte Boden. “
Diese irrige Theorie, Troja auf die Höhen von Bu - narbaschi zu verlegen, hätte auch niemals aufkommen können, hätten die genannten Vertheidiger derselben die paar Stunden, welche sie auf den Höhen von Bu - narbaschi und in Bunarbaschi selbst zugebracht haben,XLVeinleitung.dazu benutzt, wenn auch nur von einem einzigen Ar - beiter, kleine Löcher graben zu lassen.
Clarke und Barker Webb, Paris 1844, stellen die Theorie auf: Troja hätte auf den Hügeln von Chiblak oder Tschiplak gelegen. Leider aber haben auch sie sich nicht die Mühe gemacht, dort nachzugraben, denn sonst würden sie sich mit gar leichter Mühe überzeugt haben, dass alle Hügel in und um Chiblak, bis zur Ringmauer von Ilium, nur reinen Urboden enthalten.
H. N. Ulrichs (Rheinisches Museum, Neue Folge, III, S. 573 — 608) stellt die Theorie auf: Troja habe auf den Hügeln von Atzik-kioï, welches ich auf meiner Karte Eski Akschi köi nenne, gelegen. Ich habe aber auch diese Hügel untersucht und gefunden, dass sie aus reinem Urboden bestehen. Ich habe bei dieser Untersuchung einen Spaten gehabt, aber ein Taschenmesser würde hingereicht haben.
Ich begreife gar nicht, wie es nur möglich ist, dass man die Lösung des grossen Räthsels „ ubi Troia fuit “, welche doch die ganze civilisirte Welt aufs höchste in - teressirt, von jeher so leichtfertig hat behandeln können, und sich, nach einem Besuch von ein paar Stunden in der Ebene von Troja, zu Hause hinzusetzen und volumi - nöse Werke zu schreiben, um eine Theorie zu verthei - digen, deren Nichtigkeit man eingesehen hätte, wenn man auch nur eine einzige Stunde hätte nachgraben lassen.
Ich kann zu meiner Freude rühmend Doctor Wilhelm Büchner (Jahresbericht über das Gymnasium Fridericia - num, Schwerin 1871 und 1872), Doctor G. von Eckenbrecher (im Rheinischen Museum, Neue Folge 2. Jahrg., S. 1 fg.) XLVIeinleitung.und C. Mac Laren (Dissertation on the Topography of the Trojan War, Edinburgh, 1822) erwähnen, welche, obwol sie keine Ausgrabungen gemacht haben, doch in ihren ausgezeichneten Abhandlungen durch viele unwi - derlegbare Beweise darthun, dass die Baustelle von Ilium, wo ich seit mehr als drei Jahren gegraben habe, mit allen Angaben der Ilias für die Lage Trojas über - einstimmt, und nur dort und nirgends anderswo die alte Stadt zu suchen sei.
Auch gedenke ich mit dankbarer Rührung des lei - der nun schon seit fünf Jahren seinem unermüdlichen Streben erlegenen grossen deutschen Gelehrten Julius Braun, des Verfechters der Theorie, dass das homerische Troja nur auf der Baustelle von Ilium in den Tiefen des Berges Hissarlik, wo ich seit drei Jahren gegraben habe, zu suchen sei, und dessen ausgezeichnetes Werk: „ Die Geschichte der Kunst in ihrem Entwickelungsgang “, ich allen, welche sich für das Wahre, das Schöne und das Erhabene interessiren, aufs angelegentlichste empfehle.
Ebenso kann ich nicht umhin, dankbar meines ge - ehrten Freundes, des berühmten Sanskritgelehrten und unermüdlichen Forschers Emile Burnouf, des Directors der französischen Schule in Athen zu erwähnen, welcher mir persönlich und durch seine vielen vortrefflichen Werke, und namentlich durch sein im vorigen Jahre erschienenes vorzügliches Werk: „ La Science des Ré - ligions “, mehrere Anleitungen gegeben hat, die mich in den Stand gesetzt haben, viele der trojanischen symbo - lischen Zeichen zu entziffern.
Ich gedenke ferner mit Dankgefühl meines verehr -XLVIIeinleitung.ten Freundes, des gelehrtesten Griechen, den ich je das Vergnügen gehabt habe zu kennen, des Professors Stephanos Koumanoudes in Athen, der mich stets mit seinem gediegenen Rath unterstützte, wenn ich dessen bedurfte.
Ebenso gedenke ich hier mit herzlichem Danke der mir während meiner langen Ausgrabungen von meinem geehrten Freunde, dem griechischen Consul Herrn G. Dokos in den Dardanellen, erwiesenen vielen Gefäl - ligkeiten.
Ich mache ganz besonders darauf aufmerksam, dass sich in der Umgegend von Troja noch bis zum heutigen Tage mehrere Typen der uralten Töpferwaare erhalten haben, welche ich in meinen Ausgrabungen zwischen 3 und 10 Meter Tiefe fand. So z. B. sieht man in den Töpferläden in den Dardanellen eine ungeheuere Menge von Gefässen mit langem aufrecht stehenden Hals und zwei Frauenbrüsten, sowie Massen anderer in Gestalt von Thieren. Trotz ihrer Vergoldungen und andern Verzierungen sind diese Gefässe zwar weder hinsichtlich Qualität noch Eleganz der Form in Vergleich zu brin - gen mit den ilischen Terracottas, ja nicht einmal mit je - nen aus 3 Meter Tiefe, sie geben aber dennoch den merkwürdigen Beweis, dass sich trotz vielfältiger poli - tischer Umwälzungen gewisse Typen von Terracottas über 3000 Jahre lang in einer Gegend fortpflanzen können.
So weit geschrieben, bin ich nach langer, reiflicher Ueberlegung zur festen Ueberzeugung gekommen, dass alle jene hier in 3 bis 10 Meter, und besonders in den trojanischen Schuttschichten in 7 bis 10 Meter TiefeXLVIIIeinleitung.in grosser Zahl vorkommenden Gefässe, welche ganz die Form der Glocke und unten eine Krone haben, so - dass sie nur auf die Mündung hingesetzt werden kön - nen, und die ich bisher als Becher beschrieb, nothwen - digerweise auch, und vielleicht sogar ausschliesslich als Deckel der hier so vielfältig vorkommenden grossen Terracotta-Vasen gebraucht sind, die einen glatten Hals und auf jeder Seite zwei ohrenförmige Verzierungen haben, zwischen denen zwei gewaltige Flügel angebracht sind, welche, da sie eine Höhlung haben, auch scharf auslaufen, nie als Griffe gedient haben können, um so mehr als zwischen den ohrenförmigen Verzierungen auf jeder Seite ein kleiner Henkel ist. Da nun letzterer einem Eulenschnabel ähnlich ist, um so mehr als man ihn zwischen den Ornamenten in Form von Ohren sieht, so hat man ohne Zweifel beabsichtigt, somit auf jeder Seite der Vasen das Bild der Eule mit emporgehobenen Flügeln darzustellen, welchem der herrliche, mit einer Krone versehene Deckel ein erhabenes Ansehen gibt. Ich gebe auf Tafel 217 die Photographie der grössten von dieser Art Vasen, welche vor einigen Tagen im könig - lichen Hause, in 8½ bis 9 Meter Tiefe, gefunden wurde, und welcher ich einen neben derselben entdeckten glockenförmigen Deckel mit Krone aufgesetzt habe, der zu ihr gehört zu haben scheint.
Ich mache auch auf den Druckfehler, S. 10, auf - merksam, wo es ɜΚΤΩΡ ІΛІЕΩΝ anstatt ϶ΚΤΟΡ ІΛІЕΩΝ heisst.
Alle photographirten Tafeln des zu diesem Werke gehörenden Atlas sind vom Photographen Panagos Th. Zaphyropoulos in Athen gemacht.
XLIXeinleitung.Mein mehrerwähnter Freund, der Professor der Chemie, Herr Landerer in Athen, welcher auch die Farbe der trojanischen Alterthümer genau untersucht hat, schreibt mir wie folgt: „ Was erstens die Gefässe selbst anbelangt, so sind solche theils auf der Thon-Drehscheibe, theils aus freier Hand geformt. Je nach Vorkommen des Thons sind selbe in ihrer Grundfarbe voneinander verschieden; es finden sich solche aus schwarzem, tief - braunem, rothem, gelblichem und aschgrauem Thon ver - fertigt. Alle diese Thonsorten, die die trojanischen Töpfer zu diesen ihren Gefässen verwendeten, bestehen aus eisenoxydhaltigem, silicathaltigem Thon (argile sili - ceuse ferrugineuse), und je nach der stärkern oder schwächern Brennmethode wurde das im Thon enthal - tene Eisenoxyd mehr oder weniger oxydirt, und mithin ist die schwarze, braune, rothe, gelbe und graue Farbe durch die Oxydation des Eisens zu erklären. Die schöne schwarze Glasur der auf dem Urboden in 14 Meter Tiefe gefundenen Gefässe enthält kein Bleioxyd und besteht aus Kohlenschwarz, das mit dem Thon zu - sammenschmolz und in dessen Poren eindrang. Dies lässt sich erklären durch das Einstellen der Thongefässe in schlecht ziehende Brennöfen, in denen harzreiches Holz gebrannt wurde und einen starken Rauch gab, der sich in Form des feinsten Pulvers auf die Gefässe nie - derschlug und mit einbrannte. Möglich ist es übrigens, jedoch keineswegs wahrscheinlich, dass man sich eines schwarzen Peches oder Asphaltes, der in Terpentinöl aufgelöst wurde, oder des flüssigen Peches bediente und damit die Gefässe übertünchte. Durch das Brennen derselben wurde ebenfalls Kohlenschwarz gebildet, dasSchliemann, Troja. dLeinleitung.in spätern Zeiten Atramentum indelebile des Apelles ge - nannt wurde. Auf diese Weise gab man den helleni - schen Terracottas ihre Farbe und Glasur.
„ Die weisse Farbe, womit die auf den trojanischen Terracottas mittels eines spitzen Gegenstandes einge - grabenen Verzierungen ausgefüllt sind, ist nichts weiter als reine weisse Thonerde. Ebenso ist die Malerei auf der Topfscherbe No. 722 auf Tafel 27 mit weissem und mit schwarzem kohlenhaltigen Thon gemacht. Die glänzend rothe Farbe der grossen δέπα ἀμφικύπελλα ist keine eigenthümliche Farbe, sondern blosses Eisen - oxyd, welches ein Bestandtheil des Thons ist, aus dem die Becher gefertigt wurden. Bei manchem der glän - zend gelben trojanischen Gefässe finde ich, dass sie aus grauem Thon gefertigt und mit einer gelben Thonmasse, die eisenoxydhaltig ist, überstrichen, darauf mit einem jener in Troja vielfältig vorkommenden geschliffenen Stücke Diorit geglättet und dann gebrannt worden sind. “
Die in meinem zweiten Aufsatze besprochenen, vor der Baustelle von Ἰλιέων κώμη gelegenen grossen Sümpfe sind jetzt längst ausgetrocknet und haben dem Land - gute Thymbria (früher Batak) 240 Acres reichen Landes gegeben. Wie zu erwarten war, hat sich in denselben keine Quelle heissen Wassers und nur drei Quellen kalten Wassers gefunden.
Auf Tafel 161 unter No. 3092 findet man eine trojanische Vase mit einer herumlaufenden Reihe von Zeichen, die ich für symbolisch hielt und daher nicht noch besonders zur Reproduction durch Photo - graphie abzeichnen liess. Da jedoch mein gelehrter Freund Herr Emile Burnouf der Meinung ist, dass es[LI]
LIIeinleitung.eine wirkliche Inschrift mit chinesischen Schriftzeichen ist, so gebe ich sie hier nach seiner Zeichnung wie auf vorhergehender Seite.
Herr Burnouf erklärt sie wie folgt:
Er fügt hinzu: „ Les caractères du petit vase ne sont ni grecs, ni sanscrits, ni phéniciens, ni, ni, ni — ils sont parfaitement lisibles en chinois!!! Ce vase peut être venu en Troade de l’Asie septentrional, dont tout le Nord était touranien. “
Sollte es sich bestätigen, dass dies chinesische Schrift ist, dann wird man auf den Tafeln des Atlasses dieses Werkes noch manche Inschriften finden, denn ähnliche Zeichen wie die vorstehenden kommen na - mentlich auf den durchbohrten Terracottas in Form des Vulkans und des Carrousels öfter vor.
Da ich von den türkischen Zeitungen auf eine so schmähliche Weise angegriffen werde, dass ich wider den Wortlaut des mir gegebenen „ Fermans “gehandelt und anstatt den Schatz mit der türkischen Regierung zu theilen, ihn für mich behalten habe, so sehe ich mich genöthigt, hier in kurzen Worten auseinanderzusetzen,LIIIeinleitung.wie ich das vollste Recht dazu habe. Nur um Safvet Pascha, den frühern Minister für Volksaufklärung, zu schonen, gab ich in meinem ersten Aufsatz an, er habe es auf meine Bitten, im Interesse der Wissenschaft, durchgesetzt, dass der den beiden Türken in Kum-kalé gehörige Theil von Hissarlik von der Regierung ange - kauft wurde. Der Wahrheit gemäss verhält sich aber die Sache wie folgt. Seit meinen Ausgrabungen hier im Anfang April 1870. war ich unablässig bemüht, dies Feld zu kaufen, und gelang es mir endlich, nachdem ich dreimal eigens dazu nach Koum-kalé gereist war, die beiden Eigenthümer auf 1000 Frs. herabzustimmen. Ich ging alsdann im December 1870 zu Safvet Pascha nach Konstantinopel, sagte ihm, dass es mir nach achtmonat - lichen[vergeblichen] Bemühungen endlich gelungen wäre, die Hauptstelle von Troja zu 1000 Frs. zu behan - deln, und ich den Ankauf abschliessen würde, sobald er mir die Erlaubniss ertheilen würde, das Feld auszugraben. Er wusste nichts von Troja oder Homer; ich setzte es ihm aber in der Kürze auseinander und sagte, dass ich dort Alterthümer von unermesslichem Werth für die Wissenschaft zu finden hoffte. Er meinte aber, ich würde dort viel Gold finden, liess sich daher alle Détails von mir geben und ersuchte mich, nach acht Tagen wie - derzukommen. Als ich aber wiederkam, hörte ich zu meinem Schrecken von ihm, dass er bereits die beiden Eigenthümer gezwungen habe, ihm das Feld zu 600 Frs. zu verkaufen, dass ich daher graben könne, aber alles, was ich fände, an ihn abgeben müsse. Ich setzte ihm daher in den derbsten Worten das Gehässige und Er - bärmliche seiner Handlungsweise auseinander und er -LIVeinleitung.klärte, dass ich infolge dessen nichts mit ihm zu thun haben und gar nicht graben wolle.
Er liess mir aber darauf durch den damaligen ameri - kanischen Gesandten Herrn Wyne Mac Veagh wiederholt anbieten, die Excavationen zu machen und ihm nur die Hälfte der gefundenen Sachen zu geben, und ging ich, auf Zureden des letztern, darauf ein, aber nur unter der Bedingung, dass ich das Recht habe, meine Hälfte von der Türkei auszuführen. Dies mir zuerkannte Recht wurde aber im April 1872 durch ein ministerielles Decret widerrufen, worin gesagt war, dass ich nichts von meiner Hälfte der gefundenen Alterthümer ausführen dürfe, wohl aber das Recht habe, dieselben in der Türkei zu verkaufen. Durch diese neue Verordnung hatte aber die türkische Regierung unser schriftliches Ueberein - kommen im vollsten Sinne des Worts gebrochen und mich jeglicher Verpflichtung entbunden. Ich habe mich infolge dessen auch nicht im geringsten mehr an das ohne meine Schuld aufgehobene Uebereinkommen ge - kehrt, habe alles Werthvolle, was ich fand, für mich behalten und somit für die Wissenschaft gerettet, und wird mir die ganze gebildete Welt Beifall klatschen, dass ich es so gemacht habe. Die gefundenen troja - nischen Alterthümer, und namentlich der Schatz, über - steigen bei weitem meine sanguinsten Erwartungen und geben mir volle[Entschädigung] für den mir von Safvet Pascha gespielten erbärmlichen Streich, sowie für die fortwährende unangenehme Gegenwart eines tür - kischen Wächters bei meinen Ausgrabungen, dem ich gezwungen war, täglich 4¾ Frs. zu zahlen.
Durchaus nicht, weil ich es als meine Pflicht ansah,LVeinleitung.sondern lediglich um mein freundliches Entgegenkommen zu zeigen, habe ich dem Museum in Konstantinopel sieben grosse, 1½ bis 2 Meter hohe trojanische Vasen und vier Säcke mit steinernen Werkzeugen geschickt, und bin somit der einzige Wohlthäter geworden, den dies Museum je gehabt hat; denn zwar werden sämmt - liche „ Fermane “mit der ausdrücklichen Bedingung er - theilt, die Hälfte der zu findenden Alterthümer ans Mu - seum zu geben, aber noch niemals hat letzteres von ir - gendjemand irgendetwas davon erhalten; denn da es nichts weniger als öffentlich ist und selbst gar oft dem Director desselben von der Schildwache der Eintritt verweigert wird, so weiss jeder, dass die dahin geschick - ten Alterthümer auf ewig für die Wissenschaft verloren gehen.
Ich mache ganz besonders darauf aufmerksam, dass infolge der Reduction der Pläne auf Tafel 213, 214, 215 und 216 durch Photographie der auf denselben verzeich - nete Massstab bedeutend verringert wird, und dass der - selbe jetzt für den Plan von Ilium, Tafel 213, auf $$\frac{2787}{10000}$$ Millimeter per Meter; für den Plan meiner Ausgrabun - gen Tafel 214 auf $$\frac{8}{10}$$ Millimeter per Meter; für den Plan des alten Troja Tafel 215 auf $$\frac{9}{10}$$ Millimeter per Meter; und für den Plan des Skaeischen Thors und des grossen Thurms Tafel 216 auf 3 $$\frac{4}{10}$$ Millimeter per Meter zu be - rechnen ist.
Der grosse Indologe Max Müller in Oxford schreibt mir soeben hinsichtlich der eulenköpfigen trojanischen Schutzgöttin: „ Under all circumstances, the owl headedLVIeinleitung.idol cannot be made to explain the idea of the goddess. The ideal conception and the naming of the goddess came first, and in that name, the owl’s head, whatever it may mean, is figurative or ideal. In the idol the figu - rative intention is forgotten, just as the sun is represented with a golden hand, whereas the ideal conception of « golden handed » was « spreading his golden rays ». An owl-headed deity was most likely intended for a deity of the morning or the Dämmerung, the owl light; to change it into a human figure with an owl’s head was the work of a later and more materializing age. “
Ich bin vollkommen hiermit einverstanden. Es geht aber daraus hervor, dass die Trojaner, oder wenigstens die ersten Ansiedler dieses Berges, griechisch sprachen, denn wenn sie aus dem idealen Begriff, den sie von ihrer Schutzgöttin hatten, deren Beinamen „ γλαυκῶπις “nahmen und in späterer Zeit aus diesem eine Frauenge - stalt mit Eulengesicht machten, so mussten sie nothge - drungen verstehen, dass γλαῦξ Eule und ὠπή Gesicht heisst. Dass aber diese Umwandlung viele Jahrhunderte und wahrscheinlich über 1000 Jahre vor Homer’s Zeit vor sich gegangen ist, dafür zeugen die selbst in 14 Me - ter Tiefe, in der untersten Trümmerschicht der Vorgän - ger der Trojaner, auf Vasen und sogar in Monogrammen vorkommenden Eulenköpfe.
Noch muss ich darauf aufmerksam machen, dass ich bei Nachsehen meiner trojanischen Sammlung, aus 2 Me - ter Tiefe stammend, 70 sehr hübsche glänzend schwarze oder rothe Terracottas mit oder ohne eingeschnittene Verzierungen finde, welche sowol in Qualität als FormLVIIeinleitung.nicht die geringste Aehnlichkeit weder mit der griechi - schen noch mit der vorhistorischen Töpferwaare haben. Es scheint somit, dass gerade vor Ankunft der griechi - schen Colonie noch ein anderes Volk eine kurze Zeit lang diesen Berg bewohnt hat. Man erkennt diese Töpferwaare in den Photographien an den beiden lan - gen, spitz zulaufenden Henkeln der grossen cannelirten und meist mit drei oder vier kleinen Hörnern versehenen Tassen.
Dr. Heinrich Schliemann.
In meinem 1869 publicirten Werke „ Ithaque, le Pélo - ponnèse et Troie “1Deutsche Uebersetzung: „ Ithaka, der Peloponnes und Troja. Archäo - logische Forschungen “. (Leipzig, Giesecke u. Devrient 1869.) habe ich mich bemüht, sowohl durch das Resultat meiner eigenen Ausgrabungen, als durch die Angaben der Ilias zu beweisen, dass das ho - merische Troja unmöglicherweise auf den Höhen von Bunarbaschi gelegen haben kann, wohin es die meisten Archäologen verlegen. Gleichzeitig habe ich dahin ge - strebt darzuthun, dass Troja’s Baustelle nothwendiger - weise identisch sein muss mit der Baustelle der Stadt, die im ganzen Alterthum, und bis zu ihrem gänzlichen Untergang am Ende des 8. oder im Anfange des 9. Jahr - hundert n. Chr., Ilium hiess und erst 1000 Jahre nach ihrem Verschwinden — sage im Jahr 1788 n. Chr. — Ilium Novum getauft wurde durch Lechevalier, welcher, wie es sein Werk „ Voyage de la Troade “(3e éd. Paris 1802) beweist, nie sein Ilium Novum besucht haben kann, denn er versetzt es auf seiner Karte auf jene Seite des Skamanders neben Kum-Kalé, und somit 6 Kilometer von dem richtigen Orte.
Schliemann, Troja. 12die baustelte iliums.Die Baustelle Iliums ist auf einem durchschnittlich 24 Meter oder 80 Fuss über der Ebene erhabenen Plateau, welches nach Norden sehr steil abfällt. Seine Nordwestecke wird durch einen noch um 8 Meter höheren Hügel gebildet, welcher nach den beifolgen - den Plänen 215 Meter breit und 300 Meter lang ist, und sich durch seine imposante Lage und natürliche Befestigungen ganz besonders zur Akropolis der Stadt zu eignen scheint; auch habe ich seit meinem ersten Besuch nie daran gezweifelt, in den Tiefen dieses Berges die Pergamos des Priamos zu finden. In einer Ausgrabung, die ich an der Nordwestecke desselben im April 1870 machte, fand ich, unter anderm, in 5 Meter Tiefe Mauern von 2 Meter Dicke, die, wie sich jetzt herausgestellt hat, zu einem Bollwerk aus der Zeit des Lysimachus gehören. Ich konnte jene Aus - grabungen leider damals nicht fortsetzen, weil die Eigen - thümer des bezüglichen Feldes, zwei Türken in Kum - Kalé, welche auf demselben ihre Schafhürden hatten, mir die Erlaubniss, weiter zu graben, nur unter der Be - dingung geben wollten, dass ich ihnen sogleich eine Entschädigung von 12000 Piastern zahle und mich ausser - dem gerichtlich verpflichte, nach Beendigung meiner Ausgrabungen alles sorgfältig wieder zu verschütten. Da mir dies natürlich nicht passend erschien und die beiden Besitzer mir das Feld zu keinem Preise verkaufen wollten, so wandte ich mich an Se. Exc. Safvet-Pascha, den Minister für Volksaufklärung, der es auf meine Bitten im Interesse der Wissenschaft durchsetzte, dass vom Ministerium des Innern dem Statthalter der Hohen Pforte im Archipelagus und in den Dardanellen, Achmed -3die erlangung des fermans.Pascha, der Befehl ertheilt wurde, das Feld durch Sach - kundige abschätzen zu lassen und die Eigenthümer zu zwingen, dasselbe zum Taxpreis an die Regierung zu verkaufen, die es somit für 3000 Piaster erstand.
Behufs Erlangung des zur Fortsetzung meiner Aus - grabungen nöthigen Fermans stiess ich aber auf neue grosse Schwierigkeiten, indem die türkische Regierung für ihr neuerdings in Konstantinopel errichtetes Museum alte Kunstschätze sammeln lässt, infolge dessen kaiser - liche Erlaubnisse für Ausgrabungen nicht mehr ertheilt werden. Was ich aber trotz dreimaliger Reisen nach Konstantinopel nicht erreichen konnte, erreichte ich endlich auf Verwendung meines geehrten Freundes, des interimistischen Geschäftsträgers der Vereinigten Staaten von Amerika bei der Hohen Pforte, Herrn John P. Brown, des Verfassers des ausgezeichneten Werkes „ Ancient and Modern Constantinople “(London, Stevens Brothers, Henrietta Street, Covent Garden, 1868), und am 27. v. M. kam ich mit meinem Ferman in den Dar - danellen an, stiess aber dort wiederum auf Schwierig - keiten, und diesmal von seiten des vorerwähnten Ach - med-Pascha, der die Lage des von mir zu erforschenden Feldes nicht genau genug in jenem Document bezeichnet zu finden glaubte, und nicht eher seine Erlaubniss zu den Ausgrabungen ertheilen wollte, als bis er vom Grossvezier nähere Aufklärung erhalten haben würde. Wegen des inzwischen eingetretenen Ministerwechsels würde wahrscheinlich eine lange Zeit darüber hinge - gangen sein, ehe diese Sache in Ordnung gekommen wäre, hätte Herr Brown nicht die glückliche Idee ge - habt, sich an Se. Exc. Kiamil-Pascha, den neuen Mi -1*4der anfang der grossen excavationen.nister für Volksaufklärung, zu wenden, welcher ein leb - haftes Interesse für die Wissenschaft hegt, und auf dessen Verwendung beim Grossvezier an Achmed-Pascha so - gleich der verlangte Aufschluss gegeben wurde. Darüber waren aber wieder 13 Tage vergangen, und erst am 10. October abends konnte ich mit meiner Frau von den Dardanellen nach der acht Stunden davon entfernten Ebene von Troja abreisen. Da ich laut des Fermans von einem türkischen Beamten überwacht werden muss, dessen Gehalt ich während der Zeit meiner Ausgra - bungen zu entrichten habe, so wurde mir von Achmed - Pascha der zweite Secretär seiner Justizkanzlei, ein Ar - menier Namens Georgios Sarkis, mitgegeben, dem ich täglich 23 Piaster bezahle.
Ich fing endlich am Mittwoch, 11. d. M., meine Aus - grabungen mit 8 Arbeitern wieder an, konnte aber deren Zahl schon am folgenden Tage auf 35 und am 13. d. M. auf 74 Mann erhöhen, deren jeder täglich 9 Piaster (1 Frc. 80 Cent.) erhält. Da ich leider nur acht Schieb - karren von Frankreich mitgebracht habe und dieselben hier nicht zu haben sind, in der ganzen Umgegend auch nicht gemacht werden können, so muss ich zur Fort - schaffung des Schuttes 52 Körbe zu Hülfe nehmen. Diese Arbeit geht aber, da der Schutt eine weite Strecke geschleppt werden muss, nur langsam vor sich und ist sehr ermüdend. Ich wende daher auch vier Karren an, die von Ochsen gezogen werden und deren jeder täglich 20 Piaster kostet. Ich arbeite mit grosser Energie und scheue keine Kosten, um womöglich noch vor den Winterregen, die jeden Augenblick eintreten können, auf den Urboden zu kommen, und somit endlich das5der berg hissarlik.grosse Räthsel zu lösen, ob, wie ich gerade bestimmt glaube, der Berg Hissarlik die Burg von Troja ist.
Wenn es Thatsache ist, dass Berge, die aus blosser Erde bestehen und beackert werden, allmählich ganz verschwinden, und wenn so z. B. der Wartsberg bei dem Dorfe Ankershagen in Mecklenburg, den ich einst als Kind für den höchsten Berg der Welt hielt, in 40 Jahren ganz zu Grunde gegangen ist, so ist es ebensowohl Thatsache, dass Hügel, auf denen im Laufe von Jahr - tausenden fortwährend neue Gebäude auf den Trümmern der frühern Bauten errichtet werden, sehr bedeutend an Umfang und Höhe gewinnen. Dafür liefert der Berg Hissarlik den schlagendsten Beweis. Wie bereits er - wähnt, liegt derselbe am Nordwestende der Baustelle von Ilium, welche durch die von Lysimachus erbauten, noch auf vielen Stellen sichtbaren Ringmauern genau bezeichnet ist. Ausser der imposanten Lage dieses Berges innerhalb des Stadtbezirks scheint auch sein jetziger türki - scher Name Hissarlik (Festung oder Akropolis, von dem aus dem Arabischen ins Türkische übergegangenen Worte〈…〉〈…〉, von der Wurzel〈…〉〈…〉, einschliessen) zur Genüge zu beweisen, dass dies Ilium’s Pergamos, und dass es daher nach Herodot (VII, 43) hier war, wo (im Jahre 480 v. Chr.) Xerxes der ilischen Minerva 1000 Rinder opferte, dass es hier war, wo Alexander der Grosse seine Waffenrüstung im Tempel der Göttin aufhing, dagegen einige vom Trojanischen Kriege her in dem - selben geweihte Waffen mitnahm und ebenfalls der ilischen Minerva opferte (Strabo XIII, 1, 8; Arrian I, 11; Plutarch, „ Leben Alexander’s des Grossen “, VIII). 6die schwierigkeiten der ausgrabungen.Ich vermuthete, dass dieser Tempel, der Stolz der Ilier, auf dem höchsten Punkte des Berges gestanden haben muss, und entschloss mich daher, diese Stelle bis zum Urboden auszugraben. Um nun gleichzeitig die urältesten Festungsmauern der Pergamos zum Vorschein zu bringen und auch genau bestimmen zu können, um wieviel der Berg seit Errichtung jener Mauern durch den hinunter - geworfenen Schutt an Breite zugenommen hat, legte ich, 20 Meter von meinen vorjährigen Arbeiten entfernt, von der steilen Nordseite genau nach Süden und bis über die höchste Bergfläche hinausgehend, einen unge - heuern Einschnitt an, welcher so breit ist, dass er das ganze Gebäude umfasst, dessen Fundamente von grossen behauenen Steinen, nur 1 bis 3 Fuss unter der Erde, ich schon im vorigen Jahre blossgelegt hatte. Nach genauer Messung beträgt die Länge dieses Gebäudes, welches aus den ersten Jahrhunderten v. Chr. zu stam - men scheint, 17 Meter 90 Centimeter und seine Breite 13 Meter 25 Centimeter. Ich habe natürlich alle diese Fundamente wegräumen lassen, da sie innerhalb meines Einschnitts von keinem Nutzen sind und nur hindern würden.
Die Schwierigkeiten der Ausgrabungen in einer Wildniss wie dieser, wo es an allem gebricht, sind un - geheuer, und dieselben wachsen mit jedem Tage, da wegen des Bergabhangs der Einschnitt um so länger wird, je tiefer ich grabe, und daher die Fortschaffung des Schutts an Schwierigkeit zunimmt; letzterer kann auch nicht vom Abhang geradeaus geworfen werden, denn er wäre dann ja fortwährend von neuem wieder wegzuräumen, und muss daher in einiger Entfernung7die fortschaffung der schuttmassen.rechts und links von der Mündung des Einschnitts auf die schroffe Bergseite geschüttet werden. Auch macht das Herausholen und Fortschaffen der Massen unge - heurer Steinblöcke, die uns fortwährend in den Weg kommen, grosse Mühe und verursacht gar viel Zeitver - lust, da in dem Augenblick, wo ein grosser Steinblock bis an den Rand des Abhangs gewälzt ist, immer alle meine Leute ihre Arbeiten verlassen und hineilen, um Augenzeugen zu sein, wie die gewaltigen Lasten mit donnerndem Getöse den steilen Pfad hinunterrollen und sich erst in einiger Entfernung in der Ebene festlegen. Auch bin ich, da ich allein allem vorstehe, in der abso - luten Unmöglichkeit, jedem meiner Arbeiter die richtige Beschäftigung zu geben und zu überwachen, dass jeder seine Schuldigkeit thut. Dann müssen auch, behufs der Fortschaffung des Schutts, die Seitenausgänge in Ord - nung gehalten werden, was sehr zeitraubend ist, da deren Senkung mit jedem Schritt, den wir tiefer gehen, bedeutend modificirt werden muss.
Ungeachtet aller dieser Hindernisse aber schreitet die Arbeit doch rasch vorwärts, und ich würde, wenn ich nur einen Monat ununterbrochen fortarbeiten könnte, trotz der ungeheuern Breite des Einschnitts, schon be - stimmt eine Tiefe von 10 Meter erreichen.
Die bisjetzt aufgefundenen Medaillen sind sämmtlich von Kupfer und meistentheils von Alexandria-Troas; dann auch von Ilium aus den ersten Jahrhunderten vor und nach Chr.
Meine liebe Frau, eine Athenienserin, die für Homer schwärmt und die Ilias fast ganz auswendig weiss, wohnt den Ausgrabungen von früh bis spät bei. Von8chinin als präservativ.unserer Lebensweise in dieser Einöde, wo es an allem fehlt und wo wir als Präservativ gegen die pestilen - zialen Sumpffieber alle Morgen vier Gran Chinin ein - nehmen müssen, will ich gar nicht sprechen. Meine Arbeiter sind alle Griechen vom benachbarten Dorfe Renkoï; nur am Sonntag, wo die Griechen nicht arbeiten, nehme ich türkische Arbeiter. Mein Diener Nikolaos Zaphyros von Renkoï, dem ich täglich 30 Piaster zahlen muss, ist mir unentbehrlich zur Zahlung des Tage - lohns, da er jeden Arbeiter kennt und ehrlich ist; leider aber leistet er mir bei den Arbeiten keine Hülfe, indem er weder die Gabe des Commandos noch die geringste Sachkenntniss hat.
Begreiflich fehlt es mir hier ganz an Zeit und ist es mir nur möglich gewesen, Vorstehendes zu schreiben, weil es heute stark regnet und daher nicht gearbeitet werden kann. Bei nächstem Regenwetter werde ich über den Fortgang meiner Ausgrabungen weiter be - richten.
Seit meinem Berichte vom 18. d. habe ich die Aus - grabungen mit durchschnittlich 80 Arbeitern mit aller - grösster Energie fortgesetzt und heute eine mittlere Tiefe von 4 Meter erreicht. In 2 Meter Tiefe fand ich einen mit einem sehr grossen Stein verdeckten und mit Schutt gefüllten Brunnen, dessen Tiefe ich noch nicht habe ermitteln können und der aus römischer Zeit stammt, wie aus dem Cement hervorgeht, mit welchem die Steine zusammengefügt sind. Trümmer von Gebäuden, die aus behauenen, mit oder ohne Cement zusammengefügten Steinen bestehen, finde ich nur bis 2 Meter Tiefe. In den Schuttschichten zwischen 2 und 4 Meter Tiefe finde ich fast gar keine Steine und die grossen Steinblöcke kommen zu meiner Freude gar nicht mehr vor. Me - daillen von Ilium vom 1. und 2. Jahrhundert vor und den beiden ersten Jahrhunderten nach Christo, sowie Münzen von Alexandria-Troas und Sigeion, deren Alter ich nicht anzugeben weiss, fand ich fast nur dicht an der Oberfläche und nur in einzelnen Fällen in einer Tiefe von 1 Meter; bei weitem die meisten ilischen Münzen tragen die Bilder der Minerva, Faustina der ältern, von10merkwürdige stücke terracotta.Marcus Aurelius, von Faustina der jüngern, von Com - modus oder von Crispina, und fand ich eine mit der Aufschrift: ΦΑΥΣΤΙΝΑ ɜΚΤΩΡ ІΛІЕΩΝ. Bis 2 Meter Tiefe fand ich, gleichwie bei meiner vorjährigen Aus - grabung in diesem Berge, eine ungeheure Menge runder, rother, gelber, grauer nnd schwarzer Stücke Terracotta mit zwei Löchern ohne Aufschrift, jedoch oft mit einer Art Töpferstempel versehen. Auf keinem dieser Stücke kann ich in den Löchern oder sonst wo die geringste Spur von Abnutzung durch häuslichen Gebrauch ent - decken, und vermuthe ich daher, dass sie als Exvotos zum Aufhängen in den Tempeln gedient haben. Auf den meisten derjenigen, die einen Stempel haben, sehe ich in letzterm einen Altar und darüber eine Biene oder Fliege mit ausgebreiteten Flügeln; auf andern ist ein Stier, ein Schwan, ein Kind oder zwei Pferde. Merk - würdigerweise verschwinden diese Stücke mit einemmal in einer Tiefe von 2 Meter, und ich finde von da ab - wärts anstatt derselben bald kugelrunde Stücke, ganz in der Form der deutschen Brummkreisel, bald Stücke in Form von Halbkugeln, bald andere in der Gestalt von Kegeln, Carrouselen oder feuerspeienden Bergen; sie sind von 1 ½ bis 6 Centimeter hoch und breit und haben in allen Formen ein Loch quer durch die Mitte; fast alle haben auf einer Seite die verschiedenartigsten Ver - zierungen im Kreise um das im Mittelpunkt befindliche Loch. Mit Ausnahme weniger, in 3 Meter Tiefe vor - kommender Stücke von blauem Stein, die 1 ½ Centi - meter hoch und 2 ½ Centimeter breit sind, sind alle von Terracotta, und man sieht deutlich, dass die Verzie - rungen eingravirt sind, als der Thon noch weich war;11haifischknöchel und muscheln.viele sind von so ausgezeichnetem und so hart ge - branntem schwarzen Thon, dass ich zuerst glaubte, sie seien von Stein und den Irrthum erst nach genauer Untersuchung einsah. In der jetzt erreichten Tiefe finde ich auch sehr viele jener zierlichen runden Knöchel, die das Rückgrat des Haifisches bilden und von denen man bekanntlich Spazierstöcke macht. Das Vorhandensein dieser Knöchel scheint zu beweisen, dass es im hohen Alterthum in diesen Meeren Haifische gab, die jetzt hier nicht mehr vorkommen. Auch fand ich heute, auf einem Bruchstück grober Thonarbeit, einen Menschen - kopf mit grossen hervorstehenden Augen, langer Nase und ganz kleinem Munde dargestellt, der entschieden phönizischer Arbeit zu sein scheint.
Fortwährend kommt dabei eine ungeheure Menge Muscheln zum Vorschein, und es scheint fast, dass die alten Bewohner von Ilium grosse Liebhaber dieser Schal - thiere gewesen sind. Austerschalen kommen auch vor, aber nur selten; dagegen sehr viele Knochen und Topf - scherben. Bis zu der jetzt erreichten Tiefe scheinen alle Gebäude, die im Laufe von Jahrtausenden auf dem Berge gestanden haben und deren jedes deutlich durch eine Schicht calcinirter Trümmer angegeben ist, durch Feuersbrünste zerstört worden zu sein. Jedenfalls ist dies die Ursache, dass ich nicht auch andere Gegen - stände, und besonders dass ich nicht mehr irdene Ge - fässe finde. Was ich bisjetzt davon unversehrt gefunden habe, sind ganz kleine Töpfe grober Arbeit; übrigens beweisen die Topfscherben, dass es selbst im Zeitab - schnitt der Trümmer in 4 Meter Tiefe schon gutes Küchengeschirr gab.
12entdeckte inschriften.In dem vorerwähnten viereckigen Gebäude fand ich, in 1 ½ Meter Tiefe, eine 65 Centimeter lange, oben 35, unten 39 Centimeter breite Marmorplatte mit nach - stehender Inschrift, die ich im Anhange, auf Tafel 28, in verkleinertem Masstabe, aber in natürlicher Form darstelle:
Ἐπειδὴ Διαφένης Πολλέως Τημνίτης, διατρίβων παρὰ τῷ βασιλεῖ, φίλος ὢν καὶ εὔνους διατελεῖ τῷ δήμῳ, χρείας παρεχόμενος προϑύμως εἰς ἅ ἄν τις αὐτὸν παρακαλῇ, δεδό - χϑαι τῇ βουλῇ καὶ τῷ δήμῳ ἐπαινέσαι μὲν αὐτὸν ἐπὶ τούτοις, παρακαλεῖν δὲ καὶ εἰς τὸ λοιπον εἶναι φιλότιμον εἰς τὰ τοῦ δήμου συμφέροντα, δεδόσϑαι δὲ αὐτῷ πολιτείαν, προξενίαν, ἔγκτησιν, ἀτέλειαν ὧγ καὶ οἱ πολῖται ἀτελεῖς εἰσι καὶ ἔφοδον ἐπὶ τὴν βουλὴν πρώτῳ μετὰ τὰ ἱερὰ καἰ ἄφιξιν καὶ ἐμ πολέμῳ καὶ ἐν εἰρήυῃ ἀσυλεί καὶ ἀστονδεί· ἀναγράψαι δὲ τὰ δεδο - μένα αὐτῷ ταῦτα εἰς στήλην καὶ (ἀνα) ϑεῖναι ε (ἰς ....
Der König, von dem in dieser Inschrift die Rede ist, muss einer der Pergamener sein, und nach dem Charakter der Schrift glaube ich dieselbe dem 3. Jahr - hundert v. Chr. zuschreiben zu müssen.
In ungefähr gleicher Tiefe fand ich neben dem Ge - bäude eine zweite Marmorplatte von 42 Centimeter Länge und 34 Centimeter Breite, die ich ebenfalls im Anhange auf Tafel 29 in natürlicher Form wiedergebe; sie lautet:
Ἰλιεῖς ἔδοσαν Μενελάῳ Ἀῤῥαβαίου Ἀϑηναίῳ εὐεργέτῃ γενομένῳ αὐτῶν καὶ περὶ τὴν ἐλευϑερίαν ἀνδρὶ ἀγαϑῷ γενο - μένῳ προξενίαν καὶ εὐεργεσίαν.
Diese zweite Inschrift scheint, nach der Form der Buchstaben zu urtheilen, aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. Ἀῤῥαβαῖος kommt hier zuerst als ein attischer Name vor.
13die prachtvolle aussicht von hissarlik.Ich fand ferner in gleicher Tiefe, ebenfalls neben den Fundamenten des mehrerwähnten Gebäudes, eine dritte 38 Centimeter lange, 36 Centimeter breite Mar - morplatte, die ich gleichfalls im Anhang auf Tafel 29 in ihrer natürlichen Form vorstelle und deren In - halt ist:
Μηνόφιλος Γλαυρίου εἶπεν· ἐπειδὴ πλείονες τῶν πολιτῶν ἐπελϑόντες ἐπὶ τὴν βουλῄν φασιν Χαιρέαν τὸν τεταγμένον ἐπ̕ Ἀβύδου εὔνουν τε εἶναι τῇ πόλει καὶ ἐνίοις πρεσβευομένοις ὑπὸ τοῦ δήμου πρὸς αὐτὸν βουλόμενον τῇ πόλει χαρίξεσϑαι τὴν πᾶσαν σπουδὴν καὶ πρόνοιαν ποεῖσϑαι καὶ τοῖς συναν - τῶσιν αὐτῷ τῶν πολιτῶν φιλανϑρώπως προσφέρεσϑαι, ἵνα οὖν καὶ ὁ δῆμος φαίνηται τὴν καϑήκουσαν χάριν ἀποδιδοὺς τοῖς προαιρουμένοις τὴν πό (λιν) ....... δεδόχϑαι
Diese dritte Inschrift scheint ebenfalls aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. zu sein.