PRIMS Full-text transcription (HTML)
[I]
Das Süßwaſſer-Aquarium.
[II]
[figure]
[III]
Das Süßwaſſer-Aquarium.
Eine Anleitung zur Herſtellung und Pflege deſſelben
Mit 1 Titelbild und 50 Illuſtrationen in Holzſchnitt.
Das Recht der Ueberſetzung in andere Sprachen wird vorbehalten.
Leipzig:Hermann Mendelsſohn. 1857.
[IV][V]

Vorwort.

Bei meiner Begeiſterung für Alles, was dazu beitragen kann, die Menſchen zur Natur zu führen, erfüllte ich gern den Wunſch des Herrn Verlegers, der ſelbſt ein eifriger Pfleger ſeines Aquariums iſt, ein Büch - lein über dieſe lehrreiche und ſchöne Bereicherung der Dekoration unſerer Zimmer zu ſchreiben. Der Umſtand, daß eine öffentliche Beſprechung des Süßwaſſer-Aquariums von mir gegenüber den engliſchen See-Aqua - rien in der weitverbreiteten Gartenlaube *)In Nr. 19. des Jahrganges 1856. erſchien, hatte zur Folge, daß ſchnell in weiten Kreiſen eine große Theilnahme dafür rege wurde. Damals vermochte ich noch nicht, ganz zufriedenſtellende Anweiſung zur Einrichtung und Pflege des Süßwaſſer-Aquariums zu geben, und ſo konnte es nicht fehlen, daß ich bald von vielen Seiten mit Anfragen und mit Kla - gen überhäuft wurde, denen ich nicht immer gerecht werden konnte.

Wenn ich mir nun auch nicht einbilde, daß ich jetzt durch meine Anwei - ſung vor jedem Mißlingen ſicher ſtellen könne, ſo iſt doch ſeitdem meine Erfahrung eine größere geworden, ſo daß ich glaube, daß man weniger mit Uebelſtänden zu kämpfen haben werde, als ſonſt, wenn man ſich ge - nau nach den Vorſchriften des vorliegenden Büchleins richten wird.

In den erſten Tagen des April dieſes Jahres veranlaßte mich ein Wohnungswechſel, mein Aquarium umzufüllen da man es natürlich nicht mit der Füllung transportiren kann und ſeitdem, alſo ſeit fünf Monaten, entfaltet es ein außerordentlich kräftiges Gedeihen, ohne daß ich das Waſſer zu erneuern gezwungen geweſen wäre. Mehrere meiner Freunde ſind in gleichem günſtigen Falle, ſo daß die zuweilen gehörte Behauptung, die Süßwaſſer-Aquarien verurſachen zu viel Mühe und Verdruß, ganz ohne Grund iſt.

VI

Obgleich ich nicht vorausſetze, daß die Naturforſcher von Fach Kenntniß von dieſem kleinen Buche nehmen werden, ſo ſpreche ich es doch hier aus, daß das Süßwaſſer-Aquarium für ſie die erwünſchteſte Gelegen - heit zur Zucht und Beobachtung vieler, namentlich niederer, Thiere und Pflanzen darbietet.

Wenn nur erſt die Glashütten und die Eiſengießereien ſich mehr da - zu herbeilaſſen wollten, Gläſer und Tiſche in größerer Auswahl zu produ - ciren! Ich hoffe, daß meine anſpruchsloſe Arbeit das Verlangen nach einem Aquarium und ſomit die Nachfrage nach Gläſern und Tiſchen ſtei - gern werde, worauf dann nach dem Geſetz des Verkehrs die Befriedigung der Anfrage ſich ſchon einſtellen wird.

Bis jetzt kenne ich blos die Gläſer der beiden Glaswaaren-Handlun - gen von Fritzſche und Breiter und von Robert Syrutſchök in Leipzig. Nach der Größe der Gläſer iſt der Preis 5 Thlr. Mit der Herbeiſchaffung der Tuffſteine befaßt ſich namentlich das Agentur - geſchäft von Georg Schreiber in Leipzig.

Von auswärtigen Verkäufern fertiger Aquarien kenne ich zur Zeit nur den Herrn Magiſtratsgärtner Werker in den Friedrich-Wilhelms - Gärten bei Magdeburg, welcher auch einen ausgebreiteten Handel mit Aquarium-Pflanzen treibt.

Noch darf ich nicht vergeſſen, daß vom Anbeginn meiner Bemühun - gen, das Süßwaſſer-Aquarium einzuführen, Herr Otto Gittner in Leip - zig mich unermüdlich unterſtützt und ſeitdem in und außerhalb Leipzigs viele Aquarien eingerichtet hat, wozu ich ihn empfehlen kann.

Endlich verfehle ich nicht, alle Diejenigen, deren ſchriftliche Anfragen ich zuletzt nicht immer beantworten konnte, zu bitten, in dieſem Buche die verlangte Auskunft zu ſuchen und mein Stillſchweigen auf ihre Briefe zu entſchuldigen.

Möge mein Verſuch, das Süßwaſſer-Aquarium ſeinem Weſen nach in immer weiteren Kreiſen bekannt zu machen und damit der Verbreitung naturwiſſenſchaftlichen Strebens bis in das Wohnzimmer der Reichen zu dienen, kein vergebliches ſein!

Leipzig im Auguſt 1857.

E. A. Roßmäßler.

Inhalt.

  • Seite
  • 1. Geſchichte des Süßwaſſer-Aquariums1
  • 2. Von den verſchiedenen Arten der Aquarien2
  • 3. Was iſt und was ſoll ein Aquarium? 4
  • 4. Allgemeine Regeln für das Aquarium5
  • 5. Die Pflanzen des Aquariums8
  • 6. I. Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium. a. Waſſerpflanzen10
  • 7. b. Sumpfpflanzen28
  • 8. II. Pflanzen für das Baſſin-Aquarium42
  • 9. Die Thiere des Aquariums52
  • 10. Behälter zu einem Aquarium74
  • 11. Die Füllung des Kelch - und des Kaſten-Aquariums und die dazu erforderli - chen Dinge78
  • 12. Pflege des Aquariums und Fütterung der Thiere82
  • 13. Die Jagd85
  • 14. Das Baſſin-Aquarium86
[1]

1. Geſchichte des Süßwaſſer-Aquariums.

Länger als eine Minute ſoll meinen freundlichen Leſerinnen und Leſern nicht Zeit bleiben, über dieſe hochtrabende Ueberſchrift zu lächeln, denn ich eile, ihnen zu ſagen, daß es mir damit um einen Vorwurf zu thun iſt, den ich nicht ihnen, ſondern den Naturforſchern, alſo auch mir ſelbſt machen will. Es bedurfte einer großen gewaltigen Macht, um das kleine, beſcheidene Süßwaſſer-Aquarium aus dem Studirwinkel der Natur - forſcher, wo es als Keim längſt im Verborgenen ruhete, hinauszutreiben zu raſcher Entfaltung auf den Markt des Lebens. Wer kennt ſie nicht dieſe Macht: den Wetteifer im Begehren und Gewähren naturwiſſen - ſchaftlicher Kenntniß? Wer freut ſich nicht über dieſe Macht, die berufen iſt, uns das äußere Leben behaglich zu machen und als wohlthätiges Ge - witter die ſchwarzen Wolken confeſſioneller Zwieſpaltigkeit allmälig zu zertheilen und den tiefblauen Himmel natürlichen Wiſſens über aller Welt leuchten zu laſſen.

Dieſe Macht und keine andere iſt es, welcher wir im Aquarium eine freundliche Zierde unſerer Zimmer und eine Quelle edeln Genuſſes ver - danken.

Männer wie Swammerdam, Loewenhoek, Réaumur, Schäffer, Trembley, deren Namen auf bereits verwitternden Grabſteinen, aber in unverlöſchlichem Glanze auf den Tafeln der Wiſſenſchaft ſtehen, ſind es, die wir als die erſten Erfinder, wenn auch als die abſichtsloſen Erfinder unſerer Aquarien nennen müſſen.

Roßmäßler, Aquarium. 12Geſchichte des Süßwaſſer-Aquariums.

Alle echten Forſcher, denen es nicht blos darum zu thun iſt, getrock - nete Mumien von Pflanzen und Thieren aufzuſpeichern, um daran die Kennzeichen der äußeren Form zu ſtudiren, denen das Leben die Haupt - ſache iſt alle pflegten ſeit den älteſten Zeiten der Naturforſchung das zu erforſchende Leben in ihrer nächſte Nähe, an ihren Arbeitstiſch zu feſ - ſeln, um täglich und ſtündlich immer und immer wieder die Wandlungen und Geſtaltungen deſſelben belauſchen zu können. Aus Küche und Vor - rathskammer verſchwundene Töpfe und Gläſer und Flaſchen und Büchſen entdeckte die mit Unrecht von der Hausfrau darob ausgeſcholtene Magd auf dem Studirtiſche ihres Herrn, gefüllt mit allerlei Gethier und räth - ſelhaftem Waſſergewächs.

Das ſind die Keime unſerer heutigen Aquarien. Jetzt ſind ſie hinausgewachſen ins friſche freie Leben, wie die Weizenkörner, die Jahrtauſende in den Gräbern der Pharaonen geruht hatten. Es kam über ſie der belebende Hauch des Naturdranges unſerer Tage.

Aber nein, daß ſie nicht früher ſich entfaltet haben, ich will den Naturforſchern doch keinen Vorwurf darüber machen; denn ſie durften und konnten nicht eher kommen, bis ſie im Einklange mit der Zeit ſtanden. Das iſt erſt jetzt der Fall.

Nun iſt aber mein Kapitel mit der hochtrabenden Ueberſchrift auch ſchon zu Ende. Denn mehr als das Lächeln des Leſers würde es ver - dienen, wollte ich nun des Breiteren auseinanderſetzen, wer möglicherweiſe den Gedanken des Aquariums zuerſt gehabt, wer ihn zuerſt ausgeführt habe.

2. Von den verſchiedenen Arten der Aquarien.

Man halte es nicht für übelangebrachte Wortklauberei, wenn ich zunächſt die Beibehaltung des lateiniſchen Wortes Aquarium rechtfertige; denn es läßt ſich dagegen mit Fug und Recht geltend machen, daß unſere Sprache doch wohl reich und bildſam genug ſei, um auch hier eine paſ -3Von den verſchiedenen Arten der Aquarien.ſende deutſche Benennung zu finden. Leider iſt es mir nicht gelungen, eine zu finden, welche kurz und bündig in einem Worte das Ding gut und wohlklingend bezeichnet hätte. Der See im Glaſe , wie ich in mei - nem vorjährigen Artikel in der Gartenlaube das Aquarium zu nennen mich bereden ließ, hat, wie ich vorausſah, als zu lang keinen Eingang gefunden. Eine wörtliche Verdeutſchung von Aquarium könnte nur Waſſerei lauten, was doch gar zu ſehr wie ein Mißwort Joachim Heinrich Campe’s geklungen haben würde. Bücherei hat den Fremdling Bibliothek noch nicht über die Grenze zu jagen vermocht, trotz der Bun - desgenoſſen Reiterei, Käſerei und andere. Sollte wider alles Erwarten Waſſerei Anklang und Eingang finden, ſo wird es alsdann als usus auch bald ein tyrannus werden, aber ein tyrannus läßt ſich ſelbſt nicht zwingen und erzwingen.

Darum laſſen wir es bei Aquarium. Eben in der Weite ſeiner Be - deutung und in ſeiner Neuheit und Fremdartigkeit neben der Neuheit des Dinges ſelbſt liegt des Wortes Annehmbarkeit. Wenn die von jedem Freunde der Humanität erſehnte Weltſprache erreichbar ſein ſollte, ſo kann ſie es nur auf dem Wege der natürlichen Entwicklung, d. h. dadurch wer - den, daß ſich die herrſchenden Sprachſtämme in einander verſchmelzen.

Doch genug gelegentlicher Gelehrtthuerei!

Von den Seewaſſer-Aquarien ſehe ich in Nachſtehendem ganz ab, weil ich darüber keine Erfahrungen habe, und weil ich nicht glaube, daß es jemals gelingen werde, anders als mit großen Koſten tief im Bin - nenlande dergleichen herzuſtellen.

Aber auch die Süßwaſſer - oder meinetwegen Teich-Aquarien können auf mancherlei Weiſe eingerichtet werden, wenigſtens hinſichtlich ihres Umfanges und der dadurch gebotenen Wahl der Form und des Stoffes der Gefäße.

Am beliebteſten und bis jetzt wenigſtens beinahe allein im Gebrauch ſind die Kelch-Aquarien, wie ich der Kürze wegen diejenigen nennen will, welche aus einem großen, weiten, kelchartigen Glasgefäße beſtehen. Das Titelbild zeigt ein ſolches auf der linken Seite.

1*4Von den verſchiedenen Arten der Aquarien.

Daran ſchließen ſich zunächſt die Kaſten-Aquarien, welche aus Glastafeln in einem gußeiſernen Sparrwerk zuſammengeſetzt ſind. Siehe rechts auf dem Titelbilde.

Als dritte Art bezeichne ich die Baſſin-Aquarien. Sie ſind nur in Gewächshäuſern und Gartenſalons anzubringen und bilden ein ge - mauertes und mit einer Thonſohle ausgeſchlagenes Baſſin.

Bevor wir dieſe drei Formen des Aquariums und nach Maaßgabe derſelben die beziehendlichen Rückſichten bei ihrer Herſtellung durchgehen, will ich einiges Allgemeine vorausſchicken.

3. Was iſt und was ſoll ein Aquarium?

Obgleich durch meinen Artikel Der See im Glaſe in der weitver - breiteten Gartenlaube das Aquarium weit und breit zur Kunde Aller gekommen zu ſein ſcheint, ſo kann doch vielleicht mancher Leſer dieſes Büchleins in ihm die erſte Nachricht davon erhalten, und zumeiſt für ſolche ſind die nachfolgenden Zeilen geſchrieben.

Ein Aquarium iſt eine freundliche Zimmerzierde und zugleich ein ewig lebendiger Quell belehrender Unterhaltung, durch Zuſammenbringen von Waſſerpflanzen und Waſſerthieren in ihrem Leben zuſagenden Be - hältern. Was es alſo ſoll, iſt damit zugleich ausgedrückt und iſt nur noch etwa hinzuzufügen, daß es ein nicht unbedeutend zu nennender Schritt iſt auf der Bahn zu eingehender Beachtung der uns umgebenden Natur, ein Mittel, die Aufmerkſamkeit auf ſolche Punkte des Naturlebens zu lenken, die außer von den Naturforſchern unbeachtet gelaſſen zu wer - den pflegen; ein Heilmittel gegen die kindiſche Scheu der Unwiſſenheit, womit Dinge gemieden werden, die nicht nur nicht verabſcheuungswürdig oder gar gefahrdrohend, ſondern reich an ungeahnter Schönheit und an Anregung ſind.

Was die Natur auf dem Grunde der Teiche und Sümpfe und an deren für feuchtigkeitsſcheue Füße unnahbaren Rändern birgt, das bleibt5Was iſt und was ſoll ein Aquarium?den Meiſten ein ewiges Geheimniß, mit Ausnahme der Fiſche und Krebſe, die man auf den Mittagstiſch bringt. Kennen wir ja doch außer unſeren Gartenblumen und den Garten - und Feldfrüchten auch das Pflanzenreich meiſt nur als große, grüne, buntbeblümte Maſſe, und vom Thierreiche außer den bekannten vierbeinigen und den gefiederten Vertretern nur das, was über unſere Wege kreucht und fleucht und geſtehen wir es uns nur ein oft beſſer in ihren von Buch zu Buch ſich vererbenden Kon - terfeien, als in der Wirklichkeit.

Daß es ſo iſt und es iſt ſo iſt eine Schande, oder minde - ſtens ein beklagenswerther Fehler, der weniger dem Einzelnen, als dem Ganzen zur Laſt fällt. Dem Ganzen d. h. der öffentlichen Vorſorge für Volksbildung. Es iſt hier nicht der Ort, zu unterſuchen, ob hierbei eine irrige aber wohlgemeinte Umgrenzung des der Jugend zu gewähren - den Wiſſens, ob Gedankenloſigkeit oder Abſicht zum Grunde liegt. Ge - nug, es iſt ſo.

Um aber ganz gerecht zu ſein, muß ich noch zugeſtehen, daß ſei die gerügte Sachlage ein Unrecht oder ein Fehler Beides dadurch ſehr ge - mildert wird, daß wir alleſammt, vielleicht mit nur ſehr wenigen Aus - nahmen, in der Kunſt des naturwiſſenſchaftlichen Jugendunterrichts noch arge Stümper ſind. Freilich muß man, um mir hierin Recht zu geben, mit mir der Anſicht ſein, daß Kenntniß der uns umgebenden Natur die Grundlage des Unterrichts ſein müſſe.

Tadelt man mich vielleicht, daß ich hier Unzuſammengehöriges zu - ſammenbringe, ſo kann ich mich dagegen hoffentlich mit Erfolg damit vertheidigen, daß ich ſage: ich faſſe das Aquarium eben von dem höchſten Geſichtspunkte auf, was mir eben ſo unverwehrt ſein wird, als ich es Jedermann frei ſtelle, ſich daran nur erfreuen zu wollen.

4. Allgemeine Regeln für das Aquarium.

Ich ſollte eigentlich mehr von Geſetzen reden, denn es ſind dabei allerdings einige Grundgeſetze des Thier - und Pflanzenlebens zu beob -6Allgemeine Regeln für das Aquarium.achten, wenn man nicht Geld und Zeit damit verlieren und Verdruß ernten will.

Es iſt eins der wichtigſten und zugleich der intereſſanteſten Grund - geſetze der Natur, daß hinſichtlich zweier Grundbedingungen von Thier - und Pflanzenleben zwiſchen dieſen beiden eine auffallende Wechſelbezie - hung beſteht. Das Thier nimmt durch die Athmung als unentbehrliche Lebensbedingung fortwährend Sauerſtoff ein und giebt dafür durch die Ausathmung Kohlenſtoff in der Form von Kohlenſäure aus, während die Pflanze eben ſo nothwendig Kohlenſäure aufnimmt, und Sauerſtoff aushaucht. Eins alſo liefert dem Andern als unentbehrlichen Bedarf, was es ſelbſt nicht mehr zum Leben verwenden kann; Eins dient dem Andern.

Aber die von dem Thiere ausgeathmete Kohlenſäure iſt dieſem ſelbſt ein tödtendes Gift, was ihm die Luft und den Kiemenathmern das Waſ - ſer unathembar macht. Deshalb muß dafür geſorgt werden, daß dieſelbe aus dem Waſſer des Aquariums entfernt werde. Dies beſorgen die darin wachſenden Pflanzen, denen eben die Kohlenſäure ein nothwendiges Nahrungsmittel iſt.

Da die im Waſſer lebenden Thiere, welche zur Waſſerathmung meiſt mit Kiemen verſehen ſind, den ihnen nothwendigen Sauerſtoff ſich nicht durch Zerſetzung des Waſſers aneignen können, welches aus Waſſerſtoff und Sauerſtoff zuſammengeſetzt iſt, ſondern denſelben nur durch die dem Waſſer beigemengte Luft beziehen können (bekanntlich ein Gemiſch von Sauer - und Stickſtoff), ſo iſt natürlich in der geringen ruhenden Waſſer - menge des Aquariums deren Gehalt an Luft und mithin an verfügbarem Sauerſtoff von den Thieren bald erſchöpft, weil die Luftaufſaugung des Waſſerſpiegels jedenfalls langſamer vor ſich geht, als der Sauerſtoff - verbrauch der darunter lebenden Thiere. Pflanzen, die mit ihren grünen Stengeln und Blättern immer unter der Oberfläche des Waſſers bleiben, oder wenigſtens auf derſelben ſchwimmen, müſſen den Thieren die unauf - hörliche Sauerſtoffquelle bieten. An manchen ſolchen Waſſerpflanzen bedecken ſich die unter dem Waſſerſpiegel befindlichen grünen Theile oft7Allgemeine Regeln für das Aquarium.mit feinen zu größeren zuſammenfließenden Luftperlen, welche aus Sauer - ſtoff beſtehen.

Die Thiere machen aber nicht nur durch die ausgeathmete Kohlen - ſäure ſich ſelbſt das Waſſer unathembar, ſondern auch durch ihre Aus - wurfsſtoffe und durch andere Dinge, z. B. abgeſtreifte Häute, welche im Verein mit den abgeſtorbenen Pflanzentheilen in dem Waſſer verfaulen und dadurch ebenfalls Kohlenſäure, Kohlenwaſſerſtoffgas, Phosphorwaſ - ſerſtoffgas und Schwefelwaſſerſtoffgas entwickeln, alles für das Thier - leben gefährliche Luftarten.

Wir errathen nach dieſen Mittheilungen leicht, daß im Aquarium zunächſt darauf Bedacht zu nehmen iſt, Thiere und unter dem Waſſer vegetirende Gewächſe in ſolchem Verhältniß zu einander zu bringen, daß ſie ſich gegenſeitig die gedeihlichen Lebensbedingungen ſchaffen und die nachtheiligen Stoffe einander aus dem Wege räumen.

Die größte Gefahr für das Gedeihen eines Aquariums liegt in dem Verderben des Waſſers durch das Faulen darin geſtorbener Thiere. Dieſes Verderben tritt zuweilen ſehr ſchnell ein und giebt ſich durch eine Trübung des Waſſers kund, welcher alsdann ſehr bald ein übler Geruch und darauf der Tod aller Thiere folgt.

Ein Uebelſtand liegt ferner darin, daß man eine hohe Erwär - mung des Waſſers verhindern muß, und dabei dennoch wenigſtens zeit - weilig der Zutritt des Sonnenſcheins nothwendig iſt, um die Energie der Lebensthätigkeit der Pflanzen zu erhöhen, welche theils in der Ausſcheidung von Sauerſtoffgas, theils in der Aufſaugung verwe - ſender Stoffe beruht.

Es iſt daher ein beſonderes Augenmerk auf die zweckmäßige Aufſtellung des Aquariums zu richten. Unbedingt zu vermeiden iſt die volle Mittagslage, namentlich in den Monaten, wo die Sonne im Mittage bereits tiefer ſteht und doch noch ſehr warm ſcheint. Iſt dieſe Lage unvermeidlich, ſo muß das Aquarium mindeſtens 1 Fuß vom Fen - ſterbret abſtehen und bei heißem Sonnenſchein durch ein Rouleau geſchützt werden. Findet man das Waſſer über 16° R. erwärmt, ſo kann man8Allgemeine Regeln für das Aquarium.entweder durch theilweiſen Erſatz deſſelben durch friſches Brunnenwaſſer abhelfen, oder dadurch, daß man ein naſſes und naß erhaltenes wollenes Tuch an der ganzen Außenfläche des Aquariums dicht anfügt, deſſen fortwährende Verdunſtung Kälte erzeugt. Die Naßerhaltung wird dadurch bewirkt, daß man das Tuch über den Rand des Aquariums bis in das Waſſer deſſelben überſchlägt, wodurch fortwährend Waſſer empor und auswendig am Tuche herabſteigt.

An den Füßen des Aquarium-Tiſches müſſen Rollen angebracht ſein, um nöthigenfalls daſſelbe von zu ſtark erwärmten Fenſtern an einen andern Platz rollen zu können. Deshalb ſind Eckzimmer mit Fenſtern nach zwei Himmelsgegenden ganz beſonders paſſend zur Aufſtellung des Aquariums.

Welches Waſſer das angemeſſenere ſei, ob weiches oder hartes, kann ich vor der Hand noch nicht entſcheiden, da ich ſeit nun faſt zwei Jahren und zwar mit dem beſten Erfolg nur Brunnenwaſſer anwende und zwar ſehr reines und friſches, wie es aus dem Sandgrunde der Oſt - ſeite Leipzigs gepumpt wird. Einige von Andern gemachte Erfahrungen ſcheinen gegen die Wahl des Fluß - oder Bachwaſſers zu ſprechen, weil in Aquarien mit ſolchem Waſſer die niederen Algen in einer ſehr läſtigen Weiſe überhandnehmen.

Ehe wir zu einigen beſonderen Regeln für das Aquarium überge - hen, ſchalte ich nun eine Aufzählung und kurze Beſchreibung der dazu erforderlichen oder wenigſtens brauchbaren Pflanzen und Thiere ein, weil wir dieſe erſt kennen müſſen, bevor wir zur Füllung des Aquariums ſchreiten können.

5. Die Pflanzen des Aquariums.

Mit einigen wenigen Ausnahmen ſchlage ich auch hier, wie in dem Artikel in der Gartenlaube , nur einheimiſche Pflanzen vor, treu mei - nem in allen meinen naturwiſſenſchaftlichen Volksbüchern mich bewegen -9Die Pflanzen des Aquariums.den Streben, vor Allem die beachtende Aufmerkſamkeit meiner Leſer und Leſerinnen auf die heimiſche Natur zu lenken.

Es wird wenig Orte in Deutſchland geben, wo man ſehr weit zu gehen hätte, um die für das Aquarium geeigneten Pflanzen zu finden. Teiche, Sümpfe, Lachen, breite Wieſengräben, Moorwieſen finden ſich ja faſt überall. Sie ſind unſere Pflanzenlieferanten.

Man darf ſich nicht einbilden, daß man ein Aquarium nur zu be - pflanzen braucht, um es dann für ewige Zeit zu fortdauernder Selbſtver - jüngung ſich überlaſſen zu können. So leichten Kaufs kommt man nicht davon, und man muß es eben ſo wie die Gartenbeete zu Zeiten wieder ganz friſch bepflanzen oder wenigſtens entſtandene Lücken wieder aus - füllen. Um nun nicht gar zu oft damit zu thun zu haben, muß man den Hauptbeſtand von ausdauernden Pflanzen bilden; und auch dieſe ſterben manchmal ab, denn ſo ganz nach ihrem Sinne verſtehen wir es den Pflanzen des Aquariums doch noch immer nicht zu machen.

Einjährige Waſſerpflanzen, die im Schlamme wurzeln, ſind über - haupt ſchwer anzubringen, außer bei einer Neufüllung des Aquariums, und mit Anſäen iſt noch weniger auszurichten, wenigſtens mangelt es hierüber noch an Erfahrungen. Man muß daher von einjährigen Waſ - ſerpflanzen (z. B. Veronica Beccabunga) junge, etwa fingerlange Exemplare einpflanzen.

Bei der Anordnung der Aquarium-Pflanzen glaube ich die verſchiedenen Formen des Aquariums zunächſt berückſichtigen zu müſ - ſen, um die Auswahl derſelben nicht irre zu führen. Wir nehmen zunächſt diejenigen Pflanzen durch, welche ſich für das Kelch - und das Kaſten - Aquarium eignen. Dieſelben ſind natürlich zugleich auch für das Baſſin - Aquarium brauchbar, aber nicht umgekehrt diejenigen Pflanzen, welche ſich außerdem noch für das letztere eignen, auch für die erſteren, und zwar wegen ihrer Größe.

Die zuerſt aufgezählten Arten ſind die ſich am meiſten empfehlenden, die aus mancherlei Gründen weniger empfehlenswerthen oder neben den erſteren wenigſtens überflüſſigen ſind zuletzt aufgeführt. Bei uns nur ſel -10Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.ten wild vorkommende Pflanzen ſind entweder ganz weggelaſſen, oder als ſolche wenigſtens bezeichnet. Wenn über ihre Verbreitung nichts Näheres angegeben iſt, ſo iſt anzunehmen, daß ſie faſt überall in Deutſchland vorkommen.

Aus ſpäter anzugebenden Gründen unterſcheide ich ferner Waſſer - und Sumpfpflanzen.

6. I. Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.

a. Waſſerpflanzen.

Fig. 1.

Das Pfeilkraut, Sagittaria sagittifolia. ( $$\nicefrac15$$ ) a eine männliche Blüthe von oben, b eine ſolche von der Seite und darunter eine weibliche, verblüht, nat. Gr.

Darunter verſtehe ich ſol - che, welche im Waſſer ſelbſt, auch in fließendem, wachſen, auf deſſen Boden wurzelnd.

1. Das Pfeilkraut, Sagit - taria sagittifolia. Die deut - ſche und die wiſſenſchaftliche Benennung, letztere ſogar zum Ueberfluß doppelt, kennzeichnet allein ſchon dieſes ſchöne Ge - wächs vollkommen deutlich, denn ſein Blatt iſt ein treues Abbild von Amor’s ſüße Wun - den ſchlagendem Geſchoſſe, wie unſere Fig. 1. zeigt. Das Pfeil - kraut findet ſich in Deutſchland ſehr allgemein verbreitet an den Rändern von Teichen und gro - ßen Lachen, in Sümpfen und verſchilften Gräben, ſelbſt an Flußufern. Um es zur rechten Zeit ſammeln und finden zu11Waſſerpflanzen.können, muß man wiſſen, daß es vom Spätherbſt bis zum Frühjahr nicht mehr zu ſehen iſt. Es hinterläßt in dieſer Zeit im Schlamme kirſchgroße braungrüne Knollen, aus denen ſich zuerſt ein zolllanges ſtengelartiges Gebilde und an deſſen Spitze erſt eine Knospe entwickelt, aus welcher anfangs ſchmale bandförmige, dann einige ſpatelförmige und erſt vom 4. und 5. Blatt an pfeilförmige Blätter hervorwachſen, zwiſchen denen der etwa 1 bis 1 $$\nicefrac12$$ Fuß hohe Blüthenſchaft hervortritt. An dieſem ſtehen oben männliche und unten weibliche Blüthen mit drei ſchneeweißen Blu - menblättern. Dieſe prächtige Pflanze wird vielen meiner Leſer noch un - bekannt ſein, denn ſie wächſt an Orten, wohin nur der Fiſcher und der Naturforſcher oder der Badende kommt, und ſie wird ihnen, wenn ſie dieſelben zum erſtenmale ſehen, wie ein Fremdling erſcheinen. Sie bildet unbedingt den ſchönſten Schmuck der kleineren Aquarien und darf darin nie fehlen. *)Die den Figurenbezeichnungen beigeſetzten Bruchzahlen geben die Größe der Figuren an. An Fig. 1. bedeutet z. B. der Bruch , daß die ganze Pflanze bis auf ein Fünftel verkleinert iſt, dagegen an Fig. 3 c der Bruch $$\nicefrac41$$ , daß die Figuren vier - fach vergrößert ſind. Es iſt auf den Abbildungen immer angegeben, ob und wie tief ungefähr die Pflanze im Waſſer ſteht.

2. Der Froſchlöffel, Alisma Plantago. (Fig. 2.) Seine ſchönen, ſich aus dem Waſſer erhebenden eirunden, langgeſtielten Blätter bilden eine er - wünſchte Abwechſelung neben den dreiſpitzigen des Pfeilkrautes, und ſein tannenähnlich verzweigter, mit zahlreichen roſenrothen Blümchen bedeckter Blüthenſchaft erhebt ſich pyramidenartig hoch darüber empor. Der Froſch - löffel iſt an denſelben Orten wie das Pfeilkraut eine unſerer gemeinſten Pflanzen und findet ſich faſt in jedem Waſſergraben. Seine erſten Früh - jahrsblätter haben auch eine ſehr kleine, nur wenig vom Blattſtiele durch größere Breite ſich unterſcheidende Blattfläche. Will man gelegentlich einmal die zierliche Pracht des Pflanzenzellgewebes ſehen, wozu hier ein ſcharfes Auge kaum der Lupe bedarf, ſo ſchneide man mit einem recht ſcharfen Federmeſſer ein ganz feines Querſchnittchen aus dem dicken Ende12Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.

Fig. 2.

Der Froſchlöffel, Alisma Plantago. ( $$\nicefrac16$$ ) a ein kleiner Zweig der Blüthentraube, nat. Gr.

eines Blattſtieles und betrachte es gegen das Licht. Sobald das Eis von den Gräben und Lachen weg iſt, beginnt der überwinterte Wur - zelſtock unter dem Waſ - ſer bald zu treiben und beim Aufſuchen wird man durch die abgeſtor - benen Blüthenſtengel geleitet. Der Froſch - löffel verdient ebenfalls erſte Berückſichtigung und iſt leicht überall zu finden.

3. Segge oder Ried - gras, Carex. Von die - ſem artenreichen Ge - ſchlecht, welches an je - dem Teichrande, in je - dem Sumpfe, jedem Graben, wenigſtens durch eine oder einige ſeiner größeren Arten vertreten iſt, gehört eine oder die andere unbedingt ganz vorzugsweiſe in das Aquarium, indem ihre ſchönen im Bogen geſchwungenen ſchmalen Schilfblätter neben denen der beiden erſten Pflanzen einen angenehmen Kontraſt bilden. Beſonders empfehlen ſich: C. Pseudocyperus (Fig. 3.), acuta, vesicaria, ampullacea und riparia (mit meergrünen Blättern und am kräftigſten). Sie ſind ſämmt - lich ausdauernd und entwickeln im Mai und Juni ihre zierlichen in einer lockern Rispe vereinigten walzenförmigen, meiſt in ſchönem Bogen auf13Waſſerpflanzen.fadendünnen Stielen abwärts ge - neigten Blüthenährchen, von de - nen die oberen männliche, die un - teren weibliche Blüthchen tragen.

Fig. 3.

Die cypergrasartige Segge, Carex Pseudo - cyperus. ( $$\nicefrac16$$ ) a weibliche Aehre, b einzelnes weibliches Blüthchen, c männliches, beide $$\nicefrac41$$ .

4. Untergetauchtes Hornblatt Ceratophyllum demersum. Wie die umſtehende Abbildung (Fig. 4.) zeigt, ein ſonderbares Gewächs, was die meiſten meiner Leſer wohl auch noch keines Blickes gewürdigt haben werden. Es findet ſich ziemlich häufig in Teichen, tieferen Lachen, Sümpfen und Gräben, de - ren Boden es oft ganz überzieht und dieſem dann das Ausſehen giebt, als wenn er mit hineingeworfenem Tannengezweig bedeckt wäre. Die reich verzweigten fadendünnen, oft mehre Ellen langen Stengel wur - zeln zwar im Boden, es genügt aber, einige Ranken in das Waſſer zu werfen, wo ſie dann freudig ohne zu wurzeln fortwachſen. Sie ſind mit eigenthümlichen, gabelartig geſpaltenen, ſchmalen, in kurzen Abſtänden quirlartig geordneten Blättern bedeckt. Ihre ſehr unſcheinbare Blüthe trägt die Pflanze nur höchſt ſelten. Sie bleibt immer unter dem Waſſer und iſt nach meiner Erfahrung gera - dehin eine unentbehrliche Zierde des Aquariums, weil ſie ganz beſonders zur Reinerhaltung des Waſſers beizutragen ſcheint. Um ſo erwünſchter iſt es, daß das Hornblatt ſich Alles bieten läßt, indem fingerlange ab - geriſſene Zweigſpitzen unweigerlich fortwachſen. Beim Einſammeln muß man es jedoch vor dem Vertrocknen, was ſehr leicht erfolgt, wohl in Acht14Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.

Fig. 4.

Untergetauchtes Hornkraut, Ceratophyllum demersum. ( $$\nicefrac12$$ ) a ein Blätterquirl mit jungen Trieben, nat. Gr.

nehmen. Die im Aquarium hinzugewachſenen Blattquirle leuchten im brillanteſten Grün.

5. Aehrenförmiges Tauſendblatt, Myriophyllum spicatum. (Fig. 5.) In Habitus, Standort und Lebensweiſe dem Hornblatt ſehr ähnlich, nur ſind ſeine ebenfalls quirlſtändigen Blätter zart federförmig zerſchliſ - ſen; eigentlich nur ſeine Blattgerüſte und ſeine dickeren Stengel erheben zur Blüthezeit ihre Spitzen etwas über den Waſſerſpiegel. Es verträgt die wurzelloſe Uebertragung in das Aquarium nicht ganz ſo gut wie das Hornblatt, ſieht aber noch zierlicher aus, und entwickelt häufiger ſeine kleinen ſtielloſen, quirlſtändigen, roſenfarbigen Blüthchen. Seine Blätter ſind wie die des Hornblattes vorzügliche Pflanzſtätten für Infu - ſorien, von denen ſie oft wie von einem zarten Flaum ganz eingehüllt erſcheinen. Wegen der großen Aehnlichkeit mit dem Hornblatt, von dem15Waſſerpflanzen.

Fig. 5.

Das Tauſendblatt, Myriophyllum spicatum. ( $$\nicefrac12$$ ) a männliche Blüthe mit den vier Blumenblättern, b eine ohne dieſe, c d eine weibliche blumenblattloſe Blüthe, ohne und mit den Kelchblättchen.

es ſich durch die angegebene Blattform dennoch leicht unterſcheiden läßt, ſollte man beide zuſammen, namentlich in einem Kelch-Aquarium, nicht aufnehmen, da ſie ſich darin zu wenig von einander unterſcheiden.

6. Der Froſchbiß, Hydrocharis morsus ranae. (Fig. 6.) Dies hüb - ſche Gewächs mit dem ſonderbaren Namen iſt ein echter Schwimmer, da ſeine etwa 5 8 Zoll langen, dicht mit feinen Haaren beſetzten Wur - zeln niemals den Boden erreichen, ſondern frei in das Waſſer hinab - hängen. Zwiſchen 3 bis 4 ſolchen Wurzeln erſcheint der Stengel abwärts wie abgebiſſen, als ob hier die Haupt - oder Pfahlwurzel fehle. Der Volkswitz giebt dies dem Meiſter Froſch ſchuld. Aus dem faſt auf Null reducirten Stengel unmittelbar über der Wurzel entſpringt ein Strauß ſehr regelmäßig geſtalteter nierenförmiger Blätter, welche platt auf dem16Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.

Fig. 6.

Der Froſchbiß, Hydrocharis morsus ranae. ( $$\nicefrac12$$ ) a männliche, b weibliche Blüthe, beide nat. Gr.

Waſſer ſchwimmen. Dazwiſchen erheben ſich auf ziemlich langen Stielen einzelne ſchneeweiße dreiblättrige Blumen, in denen ein ſonderbares Ge - ſchlechtsverhältniß ſtattfindet. In den Blüthen der einen Pflanze finden ſich 9 Staubgefäße und 3 verkümmerte keine Samen bringende Piſtille (a), in denen einer andern dagegen ſechs zweitheilige ſtrahlig geordnete Nar - ben und drei verkümmerte Staubgefäße (b). Keine kann für ſich keimfähi - gen Samen bilden und die Pflanze iſt daher eine ſogenannte zweihäuſig getrenntgeſchlechtige. Der Blüthenſtaub der erſten muß auf die Narben der letzteren gelangen, um in dieſen die Samenbildung einzuleiten.

Der Froſchbiß iſt auf Teichen, in Lachen und waſſerreichen Süm - pfen ziemlich weit verbreitet, doch manchmal fehlt er auch ganzen Gegen - den. Im März und April findet man an der Oberfläche der Gewäſſer ſchwimmend die jungen Pflänzchen, welche ſich aus kapernähnlichen Knospen entwickeln, die den Winter über auf dem Boden geruht haben.

7. Waſſerſterne, Callitriche. Wenn einer Gegend die Gattungen Myriophyllum und Ceratophyllum (Fig. 4. u. 5.) fehlen ſollten, ſo fehlten ihr doch vielleicht eine oder die andere Art des Waſſerſternes nicht17Waſſerpflanzen.und können daher die Arbeit jener im Aquarium verrichten, da die langen fadendünnen Stengel, welche reich mit ganz ſchmalen Blättchen beſetzt ſind, ebenfalls immer unter dem Waſſer bleiben. Nur die etwas breiteren dicht gedrängten Blätter der Stengelſpitzen ſchwimmen als zierliche Ro -

Fig. 7.

Der gemeine Waſſerſtern, Callitriche verna, (n. Gr.). a männliche, b weibliche Blüthe, $$\nicefrac31$$ .

ſetten auf dem Waſſerſpie - gel, um die in ihren Ach - ſeln ſtehenden, auf das ein - fachſte Maaß beſchränkten Blüthchen an die Luft tre - ten zu laſſen. Dieſe beſte - hen nur aus Staubgefäß oder Piſtill, denn ſie ſind auch getrenntgeſchlechtig, und haben anſtatt Kelch und Blumenkrone nur zwei kleine Deckblättchen. Namentlich in Wald - und Wieſengräben kommen die zwei gemeinſten Arten: C. verna (Fig. 7.) und stagnalis ſehr häufig vor, und füllen dieſelben manch - mal ſtellenweiſe beinahe ganz aus. Man muß ſie in die Erde des Aqua - riums einpflanzen, da ſie ſonſt zwar fortwachſen, aber unordentlich auf dem Waſſer umher - ſchwimmen.

8. Waſſerminze, Mentha aquatica. (Fig. 8.) Eine Gattungsſchwe - ſter der Pfeffer - und Krauſeminze, übertrifft ſie dieſe durch ihren noch an - genehmeren erfriſchenden Wohlgeruch. Der gerade aufſteigende Sten -Roßmäßler, Aquarium. 218Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.gel trägt eirunde ſaftgrüne Blätter. Der Geruch unterſcheidet ſie leicht von den folgenden ihr ſonſt ſehr ähnlichen zwei Ehrenpreisarten.

Fig. 8.

Die Waſſerminze, Mentha aquatica. ( $$\nicefrac13$$ ) a ein einzelnes Blüthchen ( $$\nicefrac51$$ ).

Fig. 9.

Bachbungen, Veronica Beccabunga. ( $$\nicefrac13$$ ) a eine Blüthenähre, nat. Gr.

9. Quellen-Ehrenpreis oder Bachbungen, Veronica Beccabunga (Fig. 9.), und Waſſer-Ehrenpreis, V. Anagallis. Bevor beide Pflanzen ihre Blüthen entwickelt haben, muß auch der einigermaßen bewanderte Kenner manchmal ſeine Naſe zu Rathe ziehen, um ſie von der Waſſerminze zu unterſcheiden, mit der ſie auch denſelben Standort theilen. Sie ſind noch häufiger als jene, und außer dem ihnen fehlenden Wohlgeruch erſetzen ſie im Aquarium die Minze vollkommen.

10. Waſſerſchlauch, Utricularia vulgaris. (Fig. 10.) Mit dieſer Pflanze mache ich wegen ihrer Schönheit und Sonderbarkeit eine Ausnahme, denn ſie iſt keineswegs ſo gemein, wie ihr lateiniſcher Art - name ſagt. Wo ſie aber einmal vorkommt, namentlich in ſumpfigen Nie -19Waſſerpflanzen.derungen, da iſt ſie gewöhnlich auf jedem Sumpfe in Menge anzutreffen. Die ganze Pflanze iſt recht eigentlich blos ein Gerippe, da von den ur -

Fig. 10.

Der gemeine Waſſerſchlauch, Utricularia vulgaris. ( $$\nicefrac14$$ ) a eine Blüthe, nat. Gr., b ein Schlauch, ſtark vergrößert.

ſprünglich ziemlich groß angelegten Blättern nichts zum Daſein gekom - men iſt, als das feine Blattgerippe, an deſſen zarten Veräſtelungen ſon - derbare flaſchenförmige Luftblaſen hängen, als wenn das Gewächs der - ſelben bedürfte, um nicht unterzuſinken. Der dünne gerade Blüthenſchaft erhebt ſich aus dem Waſſer und trägt einige abenteuerlich geſtaltete gold - gelbe Blumen. Der Waſſerſchlauch iſt übrigens vielleicht weiter verbreitet, als man glaubt, denn da er ziemlich ſelten blüht, ſo fallen ſeine unter dem Waſſer bleibenden Theile um ſo weniger ins Auge. Die feine Wurzel haftet im Schlamme.

11. Tannenwedel, Hippuris vulgaris. (Fig. 11.) Auch eine nicht über - all vorkommende, aber wie unſere Abbildung zeigt, ebenfalls ſehr eigen -2*20Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.

Fig. 11.

Der gemeine Tannenwedel, Hippuris vulgaris. ( $$\nicefrac12$$ ) a ein Blüthchen ( $$\nicefrac81$$ ), b ein Stengelſtück, nat. Gr.

thümliche, ungewöhnliche Ge - ſtalt. Der dicke Schaft iſt dicht mit quirlſtändigen Blättchen bedeckt, in deren Achſeln ſich die blos aus 1 Staubfaden und 1 Pi - ſtill ohne Blumenkrone und Kelch beſtehenden Blüthchen finden. Die einfachen Sten - gel erheben ſich kerzengerade über das Waſſer.

12. Sumpf-Hottonie, Hottonia palustris. (Fig. 12.) Die fein fiederſpaltig zerſchliſ - ſenen, unter Waſſer blei - benden, ſalatgrünen Blätter dieſer weit verbreiteten Waſ - ſerpflanze geben dem Aqua - rium wieder einen neuen Zug. Der eine Traube ro - ſenrother Blüthen tragende Schaft erhebt ſich allein über das Waſſer. Die Hottonie trägt durch ihre reiche Be - laubung ſehr viel zur Reini - gung des Waſſers bei und ſollte immer einen Platz im Aquarium fin - den, auf welchem ſie ſich jedoch durch ihr üppiges Wachsthum leicht zu breit macht. In dieſem Falle beſeitigt man ſie und pflanzt einen der ſtrahlig an der Stengelſpitze ſtehenden Aeſte als Steckling in den Boden des Aquariums, wo er leicht Wurzel ſchlägt.

21Waſſerpflanzen.

13. Laichkräuter, Potamogeton, kommen in mehren Arten in un - ſeren Teichen und waſſerreichen Sümpfen und Landſeen vor, und manche

Fig. 12.

Die Sumpf-Hottonie, Hottonia palustris. ( $$\nicefrac12$$ ) a Blüthe ( $$\nicefrac21$$ ).

davon eignen ſich für das Aquarium. Namentlich iſt das krausblätt - rige Laichkraut, P. crispus (Fig. 13.), durch ſeine wellig krauſen, faſt regelmäßig zweireihig geſtellten Blätter ſehr geeignet, dem Freunde des Fremdländiſchen einen eigenthümlichen Charakter in die Pflanzenwelt ſeines Aquariums zu bringen. Wo der Froſchbiß fehlt, da kann das von22Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.dem krausblättrigen ganz abweichend geſtaltete ſchwimmende L., P. natans (Fig. 14.), ihn vertreten, deſſen ſehr regelmäßig elliptiſche

Fig. 13.

Das krausblättrige Laichkraut, Potamogeton crispus. ( $$\nicefrac14$$ ) a ein blühender Zweig, nat. Gr.

Blätter ebenfalls auf dem Waſſer ſchwimmen. Leider ſind die dünnen Stengel des letzteren Laichkrautes meiſt zu lang, ſo daß die Aufnahme in das Aquarium faſt nur als Nothbehelf anzurathen iſt.

14. Waſſerranunkel, Ranunculus aquatilis. (Fig. 15.) Gegen die Aufnahme dieſer zierlichen Pflanze mit den zweierlei Blättern läßt ſich nur der eine Einwand machen, den wir bei der Hottonie machen mußten: ſie nimmt leicht zu viel Platz ein. Doch wenn man die ziemlich auffallen - den jungen Pflänzchen Ende April auf dem Grunde der Lachen und Teiche aufſucht und einpflanzt, ſo kann man ſie nachher durch Beſchnei - den einigermaßen im Zaum halten. Die untergetauchten Blätter ſind eigentlich nur ein haarfein veräſteltes Blattgerippe, und nur die oberen,23Waſſerpflanzen.

Fig. 14.

Das ſchwimmende Laichkraut, Potamogeton natans. ( $$\nicefrac16$$ ) a Zweigſpitze, nat. Gr.

Fig. 15.

Der Waſſerranunkel, Ranunculus aquatilis, (nat. Gr.).

auf dem Waſſerſpiegel ſchwimmenden, ſind vollkommen entwickelt. Der Waſſerranunkel kommt ſehr häufig in Teichen und Sümpfen und auch24Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.nicht ſelten in langſam ſtrömenden Flüſſen und in großen Gräben vor, deren Waſſerſpiegel er zur Blüthezeit mit ſeinen weißen Blüthen, die einige Zoll hoch auf dünnen Stielen ſich über denſelben erheben, und mit den ſchwim - menden Blättern bedeckt. In Flüſſen, namentlich um die Träger hölzer - ner Brücken und Eisböcke, ſieht man häufig unter dem Waſſerſpiegel einen andern Ranunkel, den der ſchwimmenden breiten Blätter ermangelnden fluthenden Ranunkel, auch oft im Volksmunde Hechtkraut ge - nannt, R. fluitans, der jedoch für das Aquarium zu groß iſt.

15. Waſſeraloe, Stratiotes aloides. (Fig. 16.) Neben dem Pfeilkraute prägt namentlich dieſe Pflanze dem Aquarium einen entſchieden ſüdlän -

Fig. 16.

Die Waſſeraloe, Stratiotes aloides. ( $$\nicefrac13$$ ) a, b einzelne Blüthchen ( $$\nicefrac12$$ ). c Blattſpitze, nat. Gr.

diſchen Charakter auf, da ſie ganz die bekannte Aloe - form hat, oder noch viel mehr dem Blätterſchopf der Ananas gleicht. Leider kommt die Waſſeraloe nicht überall vor, ſondern faſt nur da, wo große Teiche und Landſeen häu - fig ſind, alſo namentlich im nördlichen Deutſchland. Die Blüthe iſt der des Froſchbiſſes, mit dem ſie auch in eine Familie ge - hört, ſehr ähnlich. Nur die Blüthen und die Spitze des Blätterſchopfes treten über das Waſſer empor. Von der im Schlamme ſteckenden Wurzel erhebt ſich der dünne nackte Stengel und trägt nur an ſeiner Spitze den feder - buſchartigen, leuchtendgrünen Blätterſchopf. Wenn ſie zu erlangen iſt,25Waſſerpflanzen.muß der Waſſeraloe vor vielen andern Pflanzen der Vorrang eingeräumt werden, dafern ſich nicht, worüber ich noch zu wenig Erfahrung habe, die ſcharfen Randzähne der Blätter den kleinen zarten Fiſchchen gefährlich ma - chen. Ohne Wurzel zweimal eingebrachte Exemplare wollten nicht gedeihen.

16. Roßkümmel, Phellandrium aquaticum. (Fig. 17.) Um nicht den giftigen Waſſerſchierling aufzunehmen, wähle ich dieſe Pflanze, welche

Fig. 17.

Der Roßkümmel, Phellandrium aquaticum. () a ein einzelnes Doldchen, nat. Gr., b einzelne Blüthe. ( $$\nicefrac41$$ )

durch ihren bekannten Doldenhabitus (den wir Alle von Möhren, Peter - ſilie, Kümmel und Körbel her kennen) und ihre hun - dertfach fein zuſammenge - ſetzten Blätter einen wah - ren Filigranſchmuck des Aquariums abgiebt. Man muß ſie im Frühjahr in kleinen Exemplaren an den verſchilften Rändern der Teiche und Waldla - chen holen, deren eins aus - reicht, um eine große über - aus zierliche und durch - ſichtige Maſſe über dem Waſſerſpiegel des Aqua - riums zu bilden. Die Pflanze iſt zweijährig.

17. Schmielenartiges Süßgras, Glyceria aquatica (Fig. 18.) und

18. Das rohrartige Glanzgras, Phalaris arundinacea (Fig. 19.) ſind zwei echte Gräſer, die beide ſtattlich genug ſind, um nicht blos als Lük - kenbüßer in Ermangelung einer anderen echten Grasgeſtalt, die im Aqua - rium nicht fehlen darf, aufgenommen zu werden. Beide wachſen an den26Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.Ufern unſerer Teiche, Flüſſe und Bäche, letztere auch in Gebirgsgegenden. Die erſtere Art hat unter allen unſeren echten Gräſern die reichſte und

Fig. 18.

Das Schmielenartige Süßgras, Glyceria aquatica. (Beide $$\nicefrac1{10}$$ .)

Fig. 19.

Das rohrartige Glanzgras, Phalaris arundinacea.

ſchönſte Blüthenrispe, die ſich in einen lockern Strauß ausbreitet. Das Glanzgras iſt uns allen in einer krankhaften Varietät als grün - und weiß - geſtreiftes Bandgras bekannt, denn es gedeiht eben ſo willig auf unſern Gartenbeeten, wie im Waſſer. Es zeichnet ſich aus durch ſtraffen Habi - tus, der auch der ſchmalen gedrängten kurzäſtigen Rispe zukommt.

19. Waldſimſe, Scirpus silvaticus. (Fig. 20.) Ihr Name trügt, denn ſie lebt nicht auf Waldboden, ſondern verlangt ſtets naſſen Boden und ſteigt auch bis in das Waſſer. Wenn man die unter Nr. 3. genannten27Waſſerpflanzen.

Fig. 20.

Die Waldſimſe, Scirpus silvaticus. ( $$\nicefrac13$$ ) a ein vergrößertes Aehrchen.

Seggen haben kann, ſo iſt die Wald - ſimſe zu entbehren. Sie wird bis 2 Fuß hoch und trägt eine weit - ſpreitige aus zahlreichen Aehrchen zuſammengeſetzte Straußrispe, über welche durch die zahlloſen weißen Griffel ein graulicher Schein verbrei - tet iſt.

20. Die ſchwimmende Salvinie, Salvinia natans. (Fig. 21.) Dieſe Pflanze, welche nur in den Waſſer - ſpiegeln der norddeutſchen Sümpfe häufig und ſonſt nur ſehr vereinzelt vorkommt, gehört zu der Familie der Wurzelfarren, welche eine kleine höchſt eigenthümliche Pflanzengruppe bilden. An einem zuweilen ein oder zwei Zweige abſchickenden Stamme ſitzen eiförmige Blätter und das ganze Gebilde ſchwimmt frei und

Fig. 21.

Die ſchwimmende Salvinie, Salvinia natans. (nat. Gr.) a einige Samenkapſeln.

platt auf dem Waſſer. Auf der Rückſeite trägt es kleine kugelrunde28Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.Samenkapſeln und in das Waſſer hinabhängende behaarte Fadenwur - zeln. Wenn man die Salvinie erlangen kann, ſo darf man nicht ver - ſäumen, das abenteuerliche Gewächs in ſeinem Aquarium heimiſch zu machen.

7.

b. Sumpfpflanzen.

Da man entweder im Mittelpunkte oder an einer Seite des Aqua - riums eine kleine Felspartie anzubringen pflegt, die ſich über dem Waſ - ſerſpiegel erhebt, ſo hat man Gelegenheit, auch einige Sumpfflanzen an - zubringen, d. h. ſolche, welche einen zwar fortwährend durchnäßten Boden, aber nicht den Standort im Waſſer ſelbſt verlangen. Sie fallen natürlich weg, wenn man es vorzieht, einen ſolchen Miniaturfelſen nicht aufzu - führen, vielleicht aus dem Grunde, um für die Thiere, namentlich für die Fiſche, einen deſto größeren Spielraum zu gewinnen. Dieſer Felſen giebt jedoch dem Aquarium einen überaus maleriſchen Charakter, den nicht leicht Jemand wird miſſen wollen. Faſt alle dieſe Sumpfpflanzen zeichnen ſich neben den Waſſerpflanzen durch ihren gedrungenen veräſtelten Bau, oder überhaupt durch Kleinheit und Zartheit der Formen aus, und bieten deshalb eine ſehr erwünſchte Abwechſelung, um ſo mehr, als manche von ihnen ſchöne Blüthen entwickeln.

1. Die Moosbeere, Oxycoccos palustris. (Fig. 22.) Dieſes niedliche Gewächs, welches nur auf moorigen Haiden oder buſchigen Moorwieſen in Gebirgsgegenden vorkommt, kriecht mit ſeinen ſchlanken, fadenförmigen Stengeln am Boden; ſie ſind mit kleinen Myrtenblättern beſetzt, tragen auf langen zarten Blumenſtielchen ſternförmige rothe Blüthen und ſpäter ſcharlachrothe eßbare Beeren.

2. Der Erdbeerklee, Trifolium fragiferum. (Fig. 23.) Sehr oft in Geſellſchaft der Moosbeere, wenigſtens an ähnlichen Standorten, findet ſich eine höchſt eigenthümliche Art Klee, deren Blüthenköpfchen durch ein fleiſchiges Anſchwellen der rothgefärbten Kelche nach dem Verblühen der29Sumpfpflanzen.

Fig. 22.

Die Moosbeere, Oxycoccos palustris. ( $$\nicefrac12$$ ) a blühender Zweig, b Zweig mit Früchten, beide nat. Gr.

kleinen hellrothen Blümchen einer Erdbeere ſehr ähnlich werden. Der

Fig. 23.

Der Erdbeerklee, Trifolium fragiferum. ( $$\nicefrac13$$ ) a Fruchtköpfchen, etwas vergrößert.

Erdbeerklee iſt ebenfalls eine Kriechpflanze und bedeckt mit ſeinen vielver - zweigten Stengeln ſeinen Standort bald vollſtändig. Er iſt nicht häufig.

30Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.

3. Das Sumpfmäuſeöhrchen, Myosotis palustris. (Fig. 24.) Manche Leſerin wird die proſaiſche Sprache der Wiſſenſchaft anklagen, wenn ſie

Fig. 24.

Das Sumpfmäuſeöhrchen, Myosotis palustris. ( $$\nicefrac12$$ ) a einzelner Zweig, nat. Gr.

erfährt, daß dies der wiſſenſchaftliche Name des Vergißmeinnicht iſt. Mehre Arten der Gattung Myosotis lieben trockne, ſandige Stand - orte, aber das Symbol der Liebesſehnſucht gedeiht nur am Waſſer und entfaltet ſeine himmelblauen Sternchen am liebſten auf dem trügeriſchen Moorgrunde, unter welchem dem unvorſichtigen Pflücker der ſchwarze Abgrund droht; und hier ſoll, wie eine gefühlvolle Sage will, der ſym - boliſche Name dieſes ſchönen Blümchens erfunden worden ſein. Ein lie - bendes Paar wandelte am Rande eines Moorbruches. Um den Wunſch der Geliebten zu erfüllen, betrat ihr Herzensfreund den treuloſen Boden. Er hatte ſchon ein Sträußchen in der Hand, als die Moordecke unter ihm31Sumpfpflanzen.brach. Mit den Worten Vergißmeinnicht verſank er in die Tiefe. Es iſt leicht, beinahe das ganze Jahr hindurch an quelligen Orten, an Grä - ben und Sümpfen und moorigen Wieſen junge Vergißmeinnichtpflänz - chen zu finden, die mit Leichtigkeit im Aquarium angeſiedelt werden können.

4. Der Sonnenthau, Drosera rotundifolia. (Fig. 25.) Wenigen meiner Leſer und Leſerinnen wird dieſe Pflanze bekannt ſein und ich wette

Fig. 25.

Der Sonnenthau, Drosera rotundifolia. (nat. Gr).

darauf, wenn ſie ihnen in ei - nem Gewächshauſe mitten unter Ausländern gezeigt würde, ſie würden ſie als eine der zierlichſten und wun - derbarſten Seltenheiten an - ſtaunen. Ein Blick auf die Abbildung, die jede weitere Beſchreibung der Pflanze überflüſſig macht, wird das beſtätigen. Der Sonnenthau findet ſich zwar überall in Deutſchland verbreitet, jedoch nur auf eigentlichen Moor - wieſen. Seine zarte, faden - förmige Wurzel dringt kaum in den ſchwarzen Moor - ſchlamm ein, ſondern iſt weich gebettet in den immer waſſergetränkten Moospolſtern namentlich der Torfmooſe, Sphagnum. Die Torfmooſe ſind es, welche bei ſehr trocknem Wetter ſolchen Moor - wieſen oft in großen Flächen eine faſt weiße Färbung verleihen, indem ihre auch im feuchten Zuſtande nur hellgrüne, zuweilen an den Zweig - ſpitzen kirſchbraune Färbung in der Trockenheit verbleicht. Solche Orte ſind es, namentlich in Nadelholzwald gelegene, wo man nach Sonnen -32Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.thau ſuchen darf, aber auch ſelten vergeblich ſuchen wird. Man wähle im Mai nur junge Pflänzchen, die man durch die auffallende Blattgeſtalt leicht erkennen wird, und hebe ſie mit dem Stück des Moospolſters, auf dem ſie wachſen, ab, was mit größter Leichtigkeit geſchieht, während es ſchwer werden würde, herausgezogenen Pflänzchen nachher eine angemeſ - ſene Einbettung der Wurzeln zu geben. Natürlich muß man bis zur Einpflanzung auf dem Moosbett des Aquariums das geringſte Vertrock - nen der Pflänzchen vorſichtig vermeiden. Noch habe ich allerdings keine Erfahrung, ob es gelingen wird, dieſes reizende Pflänzchen im Aquarium einzubürgern, wo es übrigens auch nur einen kurzen Sommer lebt. Die Farbe der Blätter iſt grünlichgelb, und die in ein rundes Drüſenknöpfchen endigenden Haare ihrer Oberſeite und ihres Randes ſind ſchön weinroth gefärbt. Es wird vielleicht nothwendig ſein, nach Umſtänden, die man leicht wird ermeſſen können, zum Schutz ihres Standortes vor zu ſtarker Verdunſtung ein Bierglas über ſie zu ſtülpen. Ende Juni kann man leicht keimfähigen Samen des Sonnenthaues ſammeln, den man in einem feuch - ten Moospolſter auf dem kleinen Felſen wahrſcheinlich leicht zum Keimen bringen wird. Da die Pflanze zweijährig iſt, ſo muß man den Samen gleich nach der Reife ſäen. Die jungen Pflänzchen bleiben bis zum näch -

Fig. 26.

Der Waſſernabel, Hydrocotyle vulgaris. ( $$\nicefrac12$$ ) a einzelnes Blüthendoldchen, nat. Gr.

ſten Frühjahr tief in dem Moos - polſter verſteckt und entwickeln ſich dann ſchnell bis zur Blüthe.

5) Der Waſſernabel, Hydro - cotyle vulgaris. (Fig. 26.) Genau an denſelben Orten wie der Son - nenthau und meiſt in Geſellſchaft mit ihm findet ſich die einzige in Deutſchland ſehr verbreitet vor - kommende Pflanze, welche mit der bekannten Kapuzinerkreſſe das ſon - nenſchirmähnliche Blatt gemein hat. Die Pflanze mit dem wun -33Sumpfpflanzen.derlichen deutſchen Namen, deſſen Grund nicht einzuſehen iſt, gehört in die Familie der Dolden, von deren bekanntem Habitus ſie ſich freilich am weiteſten entfernt. Sie iſt zwar nicht ſo ätheriſcher Natur wie der Son - nenthau, der ſeinen poetiſchen Namen gewiß nicht unverdient trägt, er - fordert aber ebenfalls ſehr vorſichtige Behandlung.

6. Die Moorhaide, Erica tetralix. (Fig. 27.) Neben den zahlreichen Haiden unſerer Gewächshäuſer, die größtentheils vom Cap der guten

Fig. 27.

Die Moorhaide, Erica tetralix. ( $$\nicefrac12$$ ) a eine Zweigſpitze mit Blüthen, nat. Gr.

Hoffnung ſtammen, darf ſich un - ſere Moorhaide wohl ſehen laſſen. Die Abbildung beweiſt das, wel - cher ich nur noch hinzufüge, daß die ſchönen kugelrunden Glocken - blumen eine roſenrothe Farbe ha - ben. Sie wächſt auf Moorboden in Erlenbrüchen und Nadelwäl - dern und in Haidemooren, freilich nicht überall. Sie bildet handhohe ſchlanke, verzweigte Büſchchen, an denen die Nadelblättchen vierreihig geordnet ſind.

7. Die ſchwarze Rauſchbeere, Empetrum nigrum. An ähnlichen Orten wie die Moorhaide, zuwei - len jedoch auch an ganz trocknen Orten, wachſen die zierlichen kaum fingerlangen und dicht mit ganz kleinen Blättchen bedeckten Büſch - chen dieſer Pflanze, welche man an den am wenigſten naſſen Platz des Aquariums bringen muß. Sie iſt im Habitus der Moorhaide ähnlich, doch gedrungener und ohne ins Auge fallende Blüthen.

Roßmäßler, Aquarium. 334Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.

8. Die poleyblättrige Andromede, Andromeda polifolia. (Fig. 28.) Zwar nicht eben weit verbreitet, kommt dieſes ſchöne, kleine Büſchchen doch

Fig. 28.

Die poleyblättrige Andromede, Andromeda polifolia. ( $$\nicefrac12$$ ) a blühender Zweig, nat. Gr.

in vielen Gegenden Deutſchlands an moorigen Stellen der Nadelwaldungen vor. Die Pflanze gehört in die ſchöne Familie der Haidegewächſe, wohin auch die Moosbeere gehört, und theilt auch mit den meiſten Pflanzen dieſer Familie den Vorzug der eleganten Blüthenform und Farbe. Aus derſel - ben Familie können noch einige deutſche Repräſentanten, zu denen auch unſere gemeine Heidelbeere und Preiſelbeere gehören, auf dem Felſen des Aquariums aufgenommen werden, namentlich

9. Der Porſt, Ledum palustre, (Fig. 29.) und

10. Die Moorheidelbeere, Vaccinium uliginosum. Namentlich der Porſt erinnert lebhaft an die beliebten Zierſträucher der Azaleen und Al - penroſen. Durch ſeinen durchdringenden Geruch iſt er als Mottenkraut ein Beſchützer unſeres Pelzwerks geworden.

11. Die gelbe Segge, Carex flava, (Fig. 30.) und

35Sumpfpflanzen.
Fig 29.

Der Porſt, Ledum palustre. ( $$\nicefrac13$$ ) a blühender Zweig, nat. Gr.

Fig. 30.

Die gelbe Segge, Carex flava. ( $$\nicefrac12$$ ) a Halmſpitze mit 1 männlichen und 2 weiblichen Aehr - chen, nat. Gr., b ein männliches, c ein weibliches Blüthchen ( $$\nicefrac41$$ ).

Fig. 31.

Die Borſtſimſe, Scirpus setaceus. (n. G.) a Halmſpitze mit 2 Aehrchen ( $$\nicefrac21$$ ), b ein Blüthchen ( $$\nicefrac61$$ ).

3*36Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.

12. Die Borſtſimſe, Scirpus setaceus, (Fig. 31.) müſſen neben den bisher genannten Sumpfpflanzen die Grasform auf dem Moorbett des Aquariums vertreten. Die Abbildung der gelben Segge zeigt gewiß vie - len meiner Leſer zum erſten Male mit den unter Nr. 3 erwähnten Gat - tungsſchweſtern die zierliche Geſtaltung der Blüthchen und Früchtchen dieſer anſpruchsloſen Gewächſe. Eine nahe ausländiſche Verwandte des anderen Graſes iſt ohnehin ſeit einiger Zeit heimiſch auf unſeren Blumen - fenſtern geworden.

Auf Moorwieſen und an Sümpfen finden ſich noch mehre niedliche Arten aus der von dem Landwirth ſo genannten Gruppe der ſauren oder unechten Gräſer, deren Brauchbarkeit für den Felſen des Aquariums man leicht erkennen wird.

Fig. 32.

Die zahnblättrige Selaginelle, Selagi - nella spinulosa. (nat. Gr.) Daneben 2 vergrößerte Blättchen.

Fig. 33.

Die ſchweizeriſche Selaginelle, Selaginella helvetica. (nat. Gr.)

13. Die Selaginellen, Selaginella, ſind die erſten Fremdlinge, deren Aufnahme in das Aquarium ich empfehle, denn die unter Fig. 32. und 33. 37Sumpfpflanzen.abgebildeten deutſchen und ſchweizeriſchen Arten ſind ſchwerer zu bekom - men, als einige ausländiſche. Die Abbildungen rufen dieſe gewiß allge - mein bekannten, durch ihre reiche Verzweigung und durch ihre dichtſtehen - den flächenartig ausgebreiteten kleinen Blättchen ſehr an Mooſe erinnern - den Pflanzen meinen Leſern ins Gedächtniß. Die Selaginellen ſind die nächſten Verwandten unſerer Bärlapp-Pflanze (Lycopodium clava - tum), und einige Arten bewohnen die Alpen der Schweiz und des ſüd - deutſchen Hochlandes. Mehre ausländiſche Arten, die einander übrigens ſehr ähnlich ſind, werden in jedem Gewächshauſe in Menge gezogen und ſind daher gewiß überall ſehr leicht zu beziehen. Sie müſſen ſo gepflanzt werden, daß ihre moosartig kriechenden Stengel Platz haben, um ſich auszubreiten und namentlich an kleinen Felſenwänden herabzuhängen.

In dem mehrfach erwähnten Artikel in der Gartenlaube habe ich auch Farrenkräuter unter denjenigen Pflanzen genannt, welche auf der Felspartie des Aquariums Aufnahme verdienen. Bin ich ſeitdem auch nicht gerade eines Anderen belehrt worden, ſo glaube ich doch, daß man bei der Wahl derſelben beſchränkter iſt, als ich früher angenommen habe. Der Grund davon liegt zum Theil darin, daß für viele Farrenkräu - ter der Standort im Aquarium ſelbſt auf deſſen höchſter Felſenſpitze zu naß iſt, und daß viele Farrenkräuter einen zu großen Wurzelraum beanſpruchen. Deshalb möchte ich mich nun etwa auf folgende be - ſchränken.

14. Der Rippenfarren, Blechnum Spicant oder Bl. boreale. (Fig. 34.) Seine äußerſt regelmäßig tief fiederſpaltigen Wedel, wie man die Blätter der Farrenkräuter nennt, haben den Vorzug vor vielen anderen, daß ſie ſehr lange lebendig bleiben und ſtets ſo lange, bis ſich wieder neue Wedel ausgebildet haben. Den beſonderen Namen Wedel haben die Farren - blätter deswegen, weil ſie mehr als bloße Blätter ſind, denn ſie tragen auf der Rückſeite in regelmäßiger, aber bei den verſchiedenen Gattungen höchſt manchfaltiger Anordnung, die kleinen ſandkorngroßen Kapſel - früchtchen. Bei dem Rippenfarren thun das wie bei einigen andern nicht alle Wedel, ſondern blos die einen ſind fruchtbar, während die anderen38Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.unfruchtbar bleiben. Die fruchtbaren ſind meiſt um einige Zoll höher, ihre Fiedern ſchmäler und auf der Rückſeite ganz mit den dunklen Kap -

Fig. 34.

Der Rippenfarren, Blechnum Spicant. ( $$\nicefrac12$$ ) a eine Wedelſpitze, nat. Gr., b eine Fieder eines fruchtbaren Wedels ( $$\nicefrac21$$ ).

ſelchen bedeckt. Sie ſtehen ſteif aufrecht, während die unfruchtbaren Wedel ſich als ſchöner Buſch nach allen Seiten ausbreiten. Der Wurzelſtock, mit Wurzelfaſern und braunen Schuppen verſehen, iſt an einem mittelmäßigen Exemplare höchſtens fauſtgroß und deshalb wohl unterzubringen. Der Rippenfarren muß aber auf die höchſte Spitze in eine mit Haideerde aus - gefüllte kleine Vertiefung des kleinen Kalkfelſens gepflanzt werden, wohin nur ſoviel Waſſer dringen kann, als in den Poren des Kalkſinters em - porſteigt.

15. Daſſelbe gilt auch von dem weiblichen Milzfarren, Athyrium filix femina (Fig. 35.), einem unſrer ſchönſten und im Flachlande eben ſo wie39Sumpfpflanzen.in dem Gebirge ſehr verbreiteten Farrenkraute. Sein ziemlich kleiner Wurzelſtock macht es zur Einpflanzung in den Raum des kleinen Felſens

Fig. 35.

Weiblicher Milzfarren, Athyrium filix femina. ( $$\nicefrac16$$ ) a b die Hälften einer Wedelfieder, nat. Gr., c ein Theil derſelben, von der Unterſeite geſehen, mit Frucht - häufchen ( $$\nicefrac{20}1$$ ), d ein Fruchthäufchen ( $$\nicefrac{100}1$$ ).

geeignet, wo es nach meinen Erfahrungen auch ſehr gut gedeiht und ſei - nen eleganten Wedelbüſchel, der einer Palmenkrone ähnelt, reich entfaltet. An unſerer Figur ſehen wir zwei junge Wedel, welche uns das allen Far - renkräutern eigene Merkmal zeigen, daß ſie anfänglich wie eine Uhrfeder zuſammengerollt ſind, und ſich bei der Entfaltung allmälig aufwickeln.

16. Der Königsfarren, Osmunda regalis. Die doppeltgefiederten, leider nur zu groß werdenden Wedel entſpringen einem dicken geſtreckten Wur - zelſtocke, ſo daß man im günſtigſten Falle nach jungen Exemplaren ſuchen muß, deren Wurzelſtock dann dem ihm verfügbaren, beſchränkten Raume40Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.des Aquariums ſich anbequemt. Der Königsfarren iſt neben dem Adler - farren, Pteris aquilina, unſer ſtattlichſtes Farrenkraut und eignet ſich für das Aquarium um ſo mehr, als er wild in Waldſümpfen, Erlenbrü - chen, an Waldbächen und ähnlichen Orten wächſt, aber leider zu den ſeltneren Pflanzen gehört.

17. Der Straußfarren, Struthiopteris germanica (Fig. 36.), iſt kaum minder ſchön als der Königsfarren und bildet einen geſchloſſenen, ſich nur

Fig. 36.

Der Straußfarren, Struthiopteris germanica. ( $$\nicefrac16$$ ) a ein Stück eines unfruchtbaren Wedels, nat. Gr., b die Spitze eines fruchtbaren Wedels, nat. Gr., c ein Querſchnittchen aus b bei* ( $$\nicefrac{20}1$$ ), d ein Fruchthäufchen ( $$\nicefrac{100}1$$ ), e eine ganze und eine aufgeriſſene Kapſel ( $$\nicefrac{200}1$$ ).

wenig federbuſchartig ausbreitenden Wedelſtrauß. Wenn der Königs - farren doch vielleicht etwas zu hoch wird, ſo iſt der Straußfarren gerade angemeſſen, den Gipfel des kleinen Felſens im Aquarium einzunehmen,41Sumpfpflanzen.wobei er den Rippenfarren (No. 14.) etwa um 4 6 Zoll überragt und dem Milzfarren gleichkommt. Seinem natürlichen Standorte zufolge, feuchte felſige Waldſtellen, paßt er ganz gut in das Aquarium an den bezeichneten Ort. Er gehört aber keineswegs zu den allgemein verbreite - ten deutſchen Farrenkräutern.

Die Farrenkräuter lieben zwar im Allgemeinen ſchattige Standorte, aber von den genannten Arten iſt nicht zu bezweifeln, daß ſie im Aqua - rium gedeihen werden, zumal ich bei einigen davon es bereits erprobt habe. Zum Einpflanzen muß man Haideerde wählen und ihr eine Hand - voll grob zerſtoßene Holzkohle beimengen.

Ich benutze den Straußfarren, um über die ſo höchſt eigenthümlichen Verhältniſſe der Fruchtbildung bei den Farrenkräutern Einiges einzu - ſchalten.

Wie bei dem Rippenfarren (Fig. 34.), ſo ſind noch mehr bei dem Straußfarren die fruchtbaren Wedel von den unfruchtbaren verſchieden. Nur die letzteren ſind auch in ihren feinſten Fiederchen ganz ausgebildet, während dieſelben an den fruchtbaren verkümmert und an den Rändern zurückgerollt ſind und die Kapſelfrüchtchen umſchließen, welche die ganze Rückſeite des Wedels bedecken. Wir ſehen dies an Fig. 36 c, welche ein Querſchnittchen aus einer Wedelfieder darſtellt, wie dies durch die beiden Linien angedeutet iſt, auf welche an b durch ein Sternchen verwieſen iſt. Die geſtielten Kapſeln ſtehen in kleinen Büſcheln d zuſammen und haben auf der Wölbung einen gegliederten Ring e. Dieſer hat eine gewiſſe Fe - derkraft und dient nach der Reife der eingeſchloſſenen Samenkörnchen da - zu, die Kapſelhaut zu zerreißen, welches die andere Kapſelfigur darſtellt.

18. Der Aaronſtab, Calla aethiopica. Dieſe allgemein bekannte und beliebte Pflanze iſt geeignet, in Ermangelung einheimiſcher den Mit - telpunkt des Felſens zu zieren. Für ſie darf oder muß eigentlich der Platz für die Wurzel ſehr naß, am beſten unter dem Waſſerſpiegel liegen. Sie hat nur ein Unbequemes, ihre Länge und ihre Schwere, ſo daß ſie ſich ohne Stab nicht gut tragen kann. Man muß daher die Pflanze nicht zu alt und zu groß werden laſſen. Man verhindert ein zu üppiges42Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.Wachsthum dadurch, daß man ſie nicht zu naß, alſo nur auf die Spitze des Felſens pflanzt, wo ſie freilich dennoch dadurch gefährlich werden

Fig. 37.

Das Schlangenkraut. Calla palustris. ( $$\nicefrac14$$ )

kann, daß dieſer durch die ſchweren Blätter das Uebergewicht bekommt, wenn er nicht ſehr feſt auf breiter Grundfläche aufliegt.

19. Das Schlangenkraut, Calla palustris (Fig. 37.), welches hier und da, namentlich im nördlichen Deutſchland an den Rändern ver - ſumpfter Teiche und kleiner Land - ſeen häufig wächſt, iſt eine nahe Verwandte des Aaronſtabes, wie die nebenſtehende Figur deutlich genug zeigt. Es kann eben ſo wie letzterer angewendet und behandelt werden und bleibt viel niedriger.

8. II. Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.

Alle dieſe für die kleineren Formen des Aquariums empfohlenen Pflanzen ſind natürlich auch für das Baſſin-Aquarium anzuwenden, und die nun außerdem noch hinzuzufügenden mußten bis hieher blos ihrer be - deutenden Größe wegen weggelaſſen werden.

Der Begriff Baſſin-Aquarium iſt ein ſehr weiter, indem man ihn bis zu dem freien Garten-Baſſin erweitern kann. Zunächſt denke ich hier nur an kleine Waſſerbecken auf dem Boden eines Gewächshauſes oder eines geräumigen hellen Gartenſalons. Wie daſſelbe einzurichten ſei, da - von ſoll ſpäter geſprochen werden. Die höchſte Stufe des Aquariums bildet zuletzt das freie Garten-Baſſin, wie es unſer Titelbild zeigt.

43Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.

1. Der äſtige und der einfache Igelkolben, Sparganium ramosum (Fig. 38.) und Sp. simplex. Beide Arten bilden, namentlich durch ihre

Fig. 38.

Der äſtige Igelkolben, Sparganium ramosum. ( $$\nicefrac1{12}$$ ) a ein Blüthenzweig, unten mit 2 weiblichen, oben mit männlichen Blüthenknäueln ( $$\nicefrac12$$ ).

Blätter, neben dem eigentlichen Schilfrohr, Phragmites com - munis, und einigen nachfolgenden Pflanzen für die flüchtige ungenaue Auffaſſung den weiten Begriff Schilf . Von allen dieſen vermeintlichen Schilfpflanzen hat der größere äſtige Igelkolben, dem die andere Art in allen Punkten ſehr ähnlich, nur kleiner und ſchlanker iſt, die ſchönſten, ſäbelförmig geſchwungenen Blätter, die bis 3 Fuß lang und über 1 Zoll44Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.breit werden. Am Grunde des runden Schaftes ſind ſie von zwei Seiten einander meſſerſcheidenartig umfaſſend angeordnet. Es iſt dies, beiläufig geſagt, ein nicht unweſentlicher, wenn auch nicht ausnahmsloſer Charak - ter der großen Mehrzahl der ſogenannten einſamenlappigen Pflanzen (Monokotyledonen), wodurch ſich der berühmte Botaniker L. Reichenbach veranlaßt ſah, darauf eine Pflanzenklaſſe, die er ſehr paſſend Scheiden - pflanzen, Coleophyten, nennt, zu gründen. Ueberraſchend und neu wer - den den meiſten meiner Leſer und Leſerinnen die abenteuerlichen Blüthen der Igelkolben ſein. Sie bilden, in Vielzahl ſtrahlenförmig zuſammenge - drängt, runde Knäuel, die in den Achſeln der Schaftblätter, die oberen jedoch ohne dieſelben ſtehen. Die oberen kleineren Köpfchen beſtehen aus höchſt unvollſtändigen Blüthchen, deren jedes nur 1 Kelchſchuppe und meiſt 3 Staubgefäße hat. Die weiblichen Blüthenknäuel, welche tiefer am Schafte ſtehen und größer ſind, haben einen dreiblättrigen Kelch und 1 Piſtill. Dieſe ſonderbare Blüthenbildung, die in die noch fremdartigere Fruchtbildung übergeht, wodurch die weiblichen Blüthenköpfchen zu mor - genſternähnlichen (igelähnlichen) Kugeln werden, giebt dem ſchönen Gewächs einen fremdländiſchen Habitus. Am Rande der Teiche und breiter Gräben, ſo wie an den ſchleichenden Flüſſen der Ebenen findet ſich namentlich der äſtige Igelkolben ſehr weit verbreitet.

2. Die Waſſerviole, Butomus umbellatus. (Fig. 39.) Auch ſie iſt eine von denjenigen deutſchen Pflanzen, deren Bekanntſchaft der Nicht - botaniker nicht machen kann, ohne durch ihre auffallende Schönheit und ihren fremdartigen Habitus überraſcht zu werden. Aus einer kriechenden fleiſchigen Wurzel erhebt ſich ein Strauß über zwei Fuß hoher ſchmaler, riemenförmiger Blätter, denen der kleinen Rohrkolbe ſehr ähnlich, zwiſchen welchen ein noch höherer blätterloſer Blüthenſchaft aufragt, welcher an der Spitze eine Dolde von 10 15 violetten, dreiblättrigen Blumen trägt. In Sümpfen, Gräben, an Teichrändern findet man die Waſſerviole durch ganz Deutſchland ziemlich weit verbreitet, nur in Gebirgsgegenden pflegt ſie zu fehlen.

45Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.

3. 4. Die große und die kleine Rohrkolbe, Typha latifolia und Typha angustifolia. Jeder Leſer wird ſich beim Anblick dieſer beiden

Fig. 39.

Die Waſſerviole, Butomus umbellatus. ( $$\nicefrac16$$ ) a eine einzelne Blüthe, nat. Gr.

Pflanzen an ſeine Knabenjahre erinnert fühlen, wo es zu ſeinen beſondern Wünſchen gehörte, den langen Blüthenſchaft einer Rohrkolbe zu erlangen, welche mit ihren zwei über einander ſtehenden männlichen und weiblichen Blüthenkätzchen das leibhaftige Modell eines Kanonenputzers iſt. Es verlangt einige Anſtrengung, um den ſtarken Wurzelſtock der Rohrkolben aus dem Schlammgrunde zu heben, in welchem ſie am Rande der Teiche46Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.und großer Gräben, namentlich die breitblättrige Art, in Deutſchland an vielen Orten wächſt. Man muß ſich dabei hüten, die Stöcke durch Ziehen aus dem Boden herauszureißen, weil dies nicht ohne eine Ver - letzung des inneren Zellgewebes möglich iſt, in Folge deren die Stöcke alsdann meiſt eingehen.

5. Der Kalmus, Acorus calamus. (Fig. 40.) Unter dem weitſchichti - gen Begriff Schilf verſteckt ſich auch dieſe ſchöne Pflanze an den Rän -

Fig. 40.

Der Kalmus, Acorus calamus. ( $$\nicefrac1{12}$$ ) a der Blüthenkolben ( $$\nicefrac12$$ ).

dern der Teiche, breiter Gräben und ſelbſt langſam fließender Flüſſe, und es wird wenige Nichtbotaniker geben, welche den höchſt eigenthümlichen Blü - thenbau des Kalmus ſchon ein - mal geſehen haben. Die Blät - ter ſind denen der Rohrkolben und des großen Igelkolbens ſehr ähnlich, aber ihre und des lan - gen Schaftes Zweiſchneidigkeit und der bekannte Reichthum der ganzen Pflanze an aroma - tiſchem Stoff läßt ſie leicht un - terſcheiden. Die ſehr kleinen ſechsblättrigen, mit 6 Staubge - fäßen und 1 Piſtill verſehenen Blüthchen ſind in regelmäßigen Spiral - reihen auf einem ſpindelförmigen Kolben zuſammengedrängt, der einige Aehnlichkeit mit einem Kieferzapfen hat. Längſt in ganz Deutſchland verbreitet iſt der Kalmus dennoch kein eingeborner Deutſcher, ſondern iſt, wie man ſagt, vor alten Zeiten durch Mönche aus dem Orient eingeführt worden. Die Figur iſt ungewöhnlich ſtark verkleinert.

6. Die gelbe Schwertlilie, Iris Pseudacorus. (Fig. 41.) Durch die zahlreichen Farbenſpielarten in unſeren Gärten ſind die Schwertlilien hin - länglich bekannt. Die ſchönen, großen, citronengelben Blumen der ge -47Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.nannten Art, welche ihre ſäbelförmigen blaugrünen Blätter ebenfalls dem unklaren Begriffe von Schilf preisgiebt, bildet einen weſentlichen Far -

Fig. 41.

Die gelbe Schwertlilie, Iris Pseudacorus. ( $$\nicefrac16$$ ) a Blüthe ( $$\nicefrac12$$ ).

benſchmuck des Baſſin-Aquariums. In ebenen und oft auch in Gebirgs - gegenden findet man die Schwertlilie gemein an Teichrändern, Gräben, Sümpfen und auch an langſam fließenden Flüſſen, und es iſt leicht, den dicken vielgliedrigen, knolligen Wurzelſtamm vom Boden der Gewäſſer abzulöſen.

7. Der Fieberklee, Menyanthes trifoliata. Seine Blumen gehören unbedingt zu den ſchönſten der deutſchen Flora und ſind dennoch die we -48Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.nigſtgekannten, weil ſie immer nur an für Spaziergänger unzugänglichen Orten zu finden ſind, nämlich entweder im offenbaren Sumpfe oder auf dem gefährlichen unter dem unvorſichtigen Tritt leicht zerreißenden Moos - und Blumenteppich, der ſich über tiefen Mooren ausſpannt. Die Blätter ſind dreizählig wie am Klee und die blendend weißen Blüthen ähneln denen der Hyacinthe, ſind aber auf der Oberſeite ihrer Blättchen zierlich gebartet. Der Fieberklee muß mit ſeinen kriechenden Wurzeln an eine Stelle des ſeichten Randes des Baſſin-Aquariums gebracht werden.

8. 9. Einige Binſen - oder Simſenarten, namentlich Scirpus la - custris und maritimus verdienen ganz beſonders im freien Baſſin-Aqua - rium aufgenommen zu werden. Die erſtere Art, die Teichbinſe, bildet na - mentlich in großen Teichen ganze Schilffelder von Mannshöhe, die ſich durch eine dunkelblaugrüne Färbung auszeichnen. Etwas weniger ver - breitet iſt die zweite Art, die Meerbinſe, die ſich namentlich durch eine knollentragende Wurzel von der erſteren unterſcheidet. Bei beiden ſind die Blüthchen in eirunde Aehrchen zuſammengeſtellt, die bei der erſteren zu einem Büſchel dicht zuſammengehäuft ſind, bei der letzteren eine lockere Trugdolde bilden. Die Teichbinſe liefert in ihren vertrockneten weichmar - kigen Halmen das Mittel, die Fugen der Fenſterrahmen auszufüttern, in welche die Glasſcheiben eingefügt werden.

10. Die gewöhnlich ſo genannten Binſen, von den Botanikern mehr Simſen genannt, gehören der Gattung Juncus an, namentlich drei einan - der ſehr ähnliche Arten, welche ihre großen pinſelartigen Stöcke faſt in allen Waſſergräben, auch wenn dieſelben zeitweiſe vertrocknen, entwickeln. Es ſind dies die Arten J. conglomeratus, effusus und glaucus.

11. 12. Die weiße Seeroſe, Nymphaea alba, und die gelbe Seeroſe oder Nixblume, Nuphar luteum. Einen entſchieden tropiſchen Zug in der Phyſiognomie unſerer Flora bildend, dürfen ſie im tiefſten Mittelpunkte eines freien Baſſin-Aquariums natürlich nicht fehlen. Nur an Größe, ſicher aber nicht an Schönheit und Majeſtät des Baues, ſteht die weiße Seeroſe ihrer tropiſchen Schweſter, der Victoria regia, nach. Unſere deutſchen Schweſtern dieſer ſtolzen Bewohnerin Guyana’s ſind viel zu49Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.bekannt, als daß ſie hier noch abgebildet und beſchrieben werden müßten. Leider ſind beide zu groß und fordern wegen ihrer armsdicken, fleiſchigen, kriechenden Wurzelſtöcke einen viel zu großen Bodenraum, als daß ſie in dem Kelch - und Kaſten-Aquarium Aufnahme finden könnten. Auch im Baſſin-Aquarium verlangt ein Stock von jeder mindeſtens einen Flächen - raum von einer Geviertelle und wegen ihrer ſehr langen Blatt - und Blü - thenſtiele eine Waſſertiefe von mindeſtens zwei Fuß. Man muß ſie daher in den Mittelpunkt bringen, damit die ſchräg aufſteigenden Blatt - und Blüthenſtiele von da aus Raum haben, ſich nach allen Seiten ſtrahlig auszubreiten. Die Seeroſen bedürfen eine ziemlich tiefe Schicht Teich - ſchlamm für ihren mächtigen Wurzelſtock.

Fig. 42.

Die ſeeroſenähnliche Villarſie, Villarsia nymphaeoides. ( $$\nicefrac13$$ ) a eine Blüthe ( $$\nicefrac12$$ ), b eine Kapſel ( $$\nicefrac23$$ ).

13. Die ſeeroſenähnliche Villarſie, Villarsia nymphaeoides (Fig. 42), iſt in Blatt und Blüthe ein Abbild der gelben Seeroſe im Kleinen, ohneRoßmäßler, Aquarium. 450Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.nahe mit ihr verwandt zu ſein. Ihre prachtvoll goldgelben Blüthen ähneln einigermaßen denen der Gurke. Die etwa thalergroßen, etwas buchtig ausgezackten Blätter ſchwimmen ebenfalls auf dem Waſſer, dafür iſt aber ihr Wurzelſtock klein und nur aus wenigen Faſern beſtehend. Sie ver - langt eine Waſſertiefe von wenig mehr als 1 Fuß, und wäre deshalb allenfalls in einem Kelch-Aquarium unterzubringen, wenn man im Früh - jahr junge Pflänzchen dazu auswählt. Im Süden Deutſchlands iſt die Villarſie in großen Teichen, Landſeen und langſam fließenden Gewäſſern ziemlich gemein, fehlt aber im mittlern Deutſchland an den meiſten Orten. Es iſt jedoch leicht, ſie einzuführen, da ſie ſich leicht und ſchnell außeror - dentlich vermehrt, wie ſie z. B. in wenigen Jahren einen Theil des Teiches im botaniſchen Garten der Univerſität Leipzig eingenommen hat und im Juni mit ihren Blüthen förmlich überſäet.

14. Die Waſſernuß, Trapa natans. (Fig. 43.) Auf dem Waſſerſpie - gel der Teiche und großen Lachen ſchwimmen, an fadendünnem langem Stengel buchſtäblich vor Anker liegend, die zierlichen Blätterroſetten dieſer meiſt nur im Nachen erreichbaren und darum wenig gekannten Pflanze. Ihr Anker iſt die ſchwarze ſtachelige im Schlammgrunde eingebettete Nuß, aus der die Pflanze emporkeimte. Ihre ſonderbar geſtalteten rautenförmi - gen Blätter mit in der Mitte geſchwollenen Stielen geben der Pflanze ein fremdländiſches Anſehen. Im Mittelpunkt der kleinen ſchwimmenden Blätterinſel ſtehen die weißen Blüthen, an denen Kelch - und Blumenblät - ter und Staubgefäße in der Vierzahl vorhanden ſind.

15. Zu den Grenznachbarn der Farren, früher im Syſtem mit ihnen verbunden, gehören auch die Schachtelhalme, Equisetum, von denen einige Arten in Gräben, an verſchilften Teichen und in Sümpfen ſehr verbreitet vorkommen. Ihr Bau iſt durch den gebräuchlichen Schachtelhalm, E. hiemale, allgemein bekannt. In dem freien Baſſin-Aquarium iſt beſon - ders das ſtattliche E. limosum zu empfehlen, welches meiſt unveräſtelte, ziemlich dicke Schäfte treibt, auf deſſen Endgliede der faſt ſchwarze, einer Ananas ähnliche Blüthen - oder vielmehr Fruchtzapfen ſitzt. Die Schach - telhalme kriechen mit ihrem Wurzelſtock weit im Boden umher und es51Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.ſieht im Frühjahr beſonders ſchön aus, wenn ſie unter dem Waſſerſpiegel ſpargelähnlich ihre Schoſſe empor - und zuletzt hoch über denſelben hinaus - treiben.

Fig. 43.

Die Waſſernuß, Trapa natans. ( $$\nicefrac12$$ ) a eine Blüthe, nat. Gr., b der Griffel mit dem Kelchrande ( $$\nicefrac31$$ ), c eine junge Nuß, nat. Gr.

16. Endlich ſei hier noch mit vorſichtiger Beſchränkung der Süß - waſſer-Algen gedacht, jener meiſt überaus lebhaft grünen, zarten Faden - ſchöpfe, welche oft in ungeheurer Menge Gräben und Sümpfe anfüllen und auch von den triefenden Mühlrädern und Mühlgerinnen herabhän - gen. Vorſichtig muß man ſowohl ihre zu ſtarke Vermehrung wie auch ihr Abſterben überwachen, da ſie im letzteren Falle das Waſſer ſchnell ver -4*52Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.derben. Wem aber das Aquarium zugleich eine Vorrathskammer für mi - kroſkopiſche Beobachtungsgegenſtände ſein ſoll, dem dürfen Algen nicht fehlen, theils an ſich, theils weil ſie die Tummelplätze für eine Menge jener niedern Thier - und Pflanzenformen ſind, welche man, Thieriſches und Pflanzliches zum Theil noch zuſammenwerfend, mit dem nichtsſagen - den Namen Infuſorien belegt.

Am Ende meiner Aufzählung hebe ich nochmals ausdrücklich hervor, daß damit die Zahl der für das Aquarium brauchbaren Pflanzen keines - wegs erſchöpft iſt. Wen ſein Aquarium verlockt hat, über daſſelbe hinweg in und auf die natürlichen Aquarien ſeiner Umgegend, auf Teiche und Sümpfe, zu blicken, der wird in dieſen noch manche Pflanze entdecken, denn ein Entdecken wird es ihm dann ſein, die er mit nach Hauſe in ſeine nächſte Nähe nehmen und dort fortgedeihen laſſen kann.

9. Die Thiere des Aquariums.

Die Goldfiſchen ſind das Motto zu dieſem Kapitel. Von den Chi - neſen erhielten wir ſie, die einzige Fiſchart überhaupt, welche jemals in Europa eingeführt worden iſt.

Doch wenn auch der Goldfiſch (Cyprinus auratus, alſo ein Gat - tungsbruder unſeres Karpfens, Cyprinus Carpio) in ſeinem Staatskleide ſtets als Mandarin ſeine Würde neben dem ſchlichten Kleide unſerer ein - heimiſchen Fiſchlein behaupten wird, ſo bleiben die letzteren doch unſere Landsleute und haben ein Vorrecht auf unſere Gunſt.

Aber faſt jede Thierklaſſe ſtellt ihre Mannen zur Belebung unſerer Aquarien, denn man kann, wenn man ſonſt die Mühe der nöthigen Vor - richtungen gegen das Weglaufen nicht ſcheut, die Waſſerſpitzmaus gewiß darin heimiſch machen. Ich führe die Thiere des Aquariums der Reihe nach an, von den unterſten beginnend und mit denjenigen ſchließend, welche auf den Staffeln des Thierſyſtems am höchſten ſtehen.

53Die Thiere des Aquariums.

I. Für die Infuſorien haben wir nicht zu ſorgen. Mit jeder Waſſer - pflanze bringen wir unwillkürlich, ja unausbleiblich einen Stamm dazu mit in das Aquarium, in welchem ſich daraus oft in ſehr kurzer Zeit Mil - liarden entwickeln, ſo daß ſie wenigſtens als ein grauer oder weißlicher oder bräunlicher Ueberzug in der Maſſe uns ſichtbar werden, wenn auch erſt eine hundertfache Vergrößerung uns ihre oft überraſchenden Geſtalten zeigt. So wird uns das Aquarium ein Maaßſtab, an dem wir mit Stau - nen die unerſchöpfliche Lebensfülle der Natur in dieſen kleinen Weſen wenigſtens ahnend ſchätzen können. Jedes faulende Blättchen des Aqua - riums und auch die Blattſtiele der lebendigen Pflanzen zeigen ſich meiſt mit einem zarten flockigen Ueberzuge bedeckt, der ſich unter dem Mikroſkop in Welten von Infuſorien auflöſt. Ich muß mir es verſagen, auf ihre Beſchreibung einzugehen, um nicht die Abbildungen noch weiter zu ver - mehren, ohne welche eine Schilderung dieſer mikroſkopiſchen Geſchöpfchen nur ſehr mangelhaft bleibt*)Viele, wenigſtens die größeren Infuſorien ſind ſchon mit den kleinen Mikro - ſkopen aus der Anſtalt von Engell und Comp. in Wabern bei Bern (Hauptdepot für Deutſchland: Schäffer und Budenberg in Magdeburg) zu ſehen, welche mit Gebrauchs - anweiſung 8 Thlr. koſten. Es gehört ein ſolches als ein beinahe unerläßliches Ding zu jedem Aquarium..

II. Aus der Klaſſe der Polypen, denn auch dieſe iſt in unſern ſüßen Gewäſſern vertreten, ſind mehre Arten für das Aquarium zu empfehlen, wenn ſie auch nicht für das ſchmuckſuchende Auge, ſondern nur für den ſcharfſpähenden Blick bedeutungsvoll ſind. Ich nenne namentlich zwei nahe verwandte Thierchen, die beide wie die prachtvollen Korallenpolypen des Meeres zierliche Polypenſtöcke bauen, in deren Zellen die einzelnen Polypen hauſen. Es ſind dieſe der der Ordnung der Moosthierchen an - gehörige Federbuſch-Polyp, Plumatella campanulata, und der Süßwaſſer - Schwamm, Halcyonella stagnorum. Erſterer heftet ſeine kleinen veräſtelten röhrenförmigen Polypenſtöcke an der Unterſeite der Meerlinſen und na - mentlich der Seeroſenblätter an, letzterer überzieht in oft über zolldicken Klumpen in das Waſſer hineinragende Wurzeln und Blätter der Ufer -54Die Thiere des Aquariums.pflanzen oder bekleidet in dünneren Schichten ſelbſt die Gehäuſe der Schnek - ken - und Muſchelthiere. Nebenſtehende Abbildung, Fig. 44., giebt eine

Fig. 44.

Der Süßwaſſerſchwamm, Halcyonella stagnorum. a ein Schneckenhaus, zum Theil mit dem Polypenſtock überzogen (nat. Gr.), b zwei einzelne Polypen ( $$\nicefrac{100}1$$ ).

Vorſtellung von dieſen Geſchöpfen, welche ziemlich auf der unterſten Stufe des Thierreichs ſtehen. Die Uebertragung von ihrem Fundorte, Teiche und Flüſſe, in das Aqua - rium muß ſchnell und mit Verhü - tung des Vertrocknens bewerkſtel - ligt werden, iſt alſo ziemlich ſchwie - rig. Beſonders muß man bei dem möglichſt ſchnell zu bewirkenden Transport das Verderben des Waſſers zu vermeiden ſuchen. Hat man die an den Gehäuſen lebender Schnecken und Muſcheln ſitzenden Polypenſtöcke glücklich in das Aquarium gebracht, ſo werden ſie darin ſicher gedeihen, da namentlich die Sumpf - ſchnecke, welche an Fig. 44. die Trägerin iſt, ſehr gut darin gedeiht und ein Gleiches alſo auch von den Polypen zu hoffen iſt. Nur der Zufall oder der kundige Blick eines Naturforſchers kann übrigens dieſe unſchein - baren und doch ſo intereſſanten Gebilde auffinden.

III. Mehrere Thierklaſſen überſpringend, weil dieſelben uns nichts Annehmbares oder für das ſüße Waſſer überhaupt nichts zu bieten haben, verweile ich bei der Klaſſe der Würmer im engeren Sinne (wiſſenſchaftlich Ringelwürmer zu nennen) auch nur kurz, weil deren Egelarten, Hirudo und Clepsine, ſo ſchön manche ſind, als Feinde der Fiſche und anderer Aquarien-Bewohner auszuſchließen ſind. Allenfalls die ſcharlachrothen bis 4 Linien langen Waſſerſchlängelchen, Nais, und der Schlammröhren bauende Tubifex rivulorum dürfen und werden ſich in das Aquarium verlaufen.

IV. Aus der Klaſſe der Inſekten, welche viele Vertreter im Waſſer hat, muß nur mit Vorſicht eine Auswahl getroffen werden, weil einige,55Die Thiere des Aquariums.leider ſonſt gerade von beſonderem Intereſſe, arge Verfolger der kleinen Fiſche ſind, die ich deshalb auch ganz beſonders ſignaliſire und abbilde als ſolche, die nicht in das Aquarium aufzunehmen ſind. Vor allen gehören dahin die Larven einiger großer Waſſerkäfer, namentlich der Gat -

Fig. 45.

In dem Aquarium ſchädliche Inſekten. 1. 2. Der gerandete Schwimmkäfer, Dytiscus marginalis, mit ſeiner Larve. 3. Der große Waſſerkäfer, Hydrophilus piceus. 4. Die Schwimmwanze, Notonecta glauca. 5. Der Waſſerſkorpion, Nepa cinerea.

tung Schwimmkäfer, Dytiscus (latissimus, marginalis u. ſ. w.), und des großen Waſſerkäfers, Hydrophilus piceus. (Fig. 45. 1, 2 und 3.) Die56Die Thiere des Aquariums.Käfer ſelbſt ſind auch noch deshalb nicht eben zu empfehlen, weil ſie des Abends gern das Waſſer verlaſſen und Nervenſchwache dann leicht in Schrecken ſetzen, wenn ſie brummend im Zimmer in der Irre herumfliegen. Der gerühmte Inſtinkt, der ja die Thiere zu willenloſen Maſchinen ma - chen ſoll, ſagt ihnen nicht, in welchem Winkel des Zimmers das Aqua - rium ſteht! Hat man bei ſeinem Aquarium beſonders die Thierwelt im Auge, ſo dürfen dieſe ſchönen Thiere allerdings nicht fehlen. Die Larve des Schwimmkäfers vertritt das Element des wilden Raubthieres, wäh - rend die Schwimmwanze als geſchickte Rückenſchwimmerin (was auch der Name Notonecta ausdrückt) beluſtigt.

Zu verbannen ſind ferner einige Waſſerinſekten aus der Ordnung der Wanzenartigen, namentlich der Waſſerſkorpion, Nepa cinerea (Fig. 45. 5) und die Schwimmwanze, Notonecta glauca (Fig. 45. 4. ), weil beide der Fiſchbrut nachſtellen. Will man jedoch in dieſer Beziehung ein Opfer bringen und ſich vor ihren empfindlichen Stichen in Acht nehmen, ſo em - pfehlen ſich beide durch ihre abenteuerliche Geſtalt und die Schwimm - wanze, wie eben erwähnt, namentlich dadurch, daß ſie auf der Oberfläche des Waſſers auf dem Rücken ſchwimmend herumfährt und dabei mit ihren langen Beinen rudert.

Wir gehen zu denjenigen Inſekten über, die uns das Aquarium be - völkern ſollen und mancherlei belehrende Unterhaltung gewähren werden.

1. Dazu gehören vor allen Dingen die Larven und Puppen der Libellen oder Seejungfern aus den Gattungen Libellula, Agrion (Fig. 46. 1, 2.) und Aeschna (Fig. 46. 3, 4, 5.), denn dieſe bekannten Schwärmer in der lauen Sommerluft, die ſie bald mit ſchnarrendem Flügelſchlag bald lautlos durchſchwärmen, leben in ihren früheren Zuſtänden im Waſſer und nichts erinnert an ihrer Geſtalt, oft mit leuchtenden Farben und feinma - ſchigen Flügeln geſchmückt, daß ſie den größeren Theil ihres Lebens häß - liche Waſſerthiere geweſen ſind. Sind ſie aber auch häßlich, ſo verdienen ſie dennoch namentlich aus einem Grunde in das Aquarium aufgenom - men zu werden. Dieſer liegt in einem ſonderbaren Werkzeuge, der ſoge - nannten Fangmaske, welches ſie an der Unterſeite des Geſichts tragen57Die Thiere des Aquariums.und womit ſie ihre Nahrung, allerlei kleine Waſſerthiere, fangen. In der Ruhe liegt die Fangmaske die ganze Unterſeite des Geſichts eben wie

Fig. 46.

1.2. Die ſtahlblaue Waſſerjungfer, Agrion virgo, mit ihrer Larve. 3. Larve und 4. 5. Puppen der großen Libelle, Aeschna grandis; die Larve 5 hat ihre Fangmaske nach der Larve einer Eintagsfliege ausgeſtreckt. (Alle nat. Gr.)

eine Maske bedeckend, und iſt aus drei auseinander zu klappenden Glie - dern zuſammengeſetzt. Langſam nähert ſich das träge Thier ſeinem Opfer, ſtreckt dann plötzlich die Fangmaske aus und packt daſſelbe mit den ſchar - fen Klauen, welche an dem vorderen breiten Ende derſelben ſtehen. (Fig. 58Die Thiere des Aquariums.46. 5.) Von beſonderem Intereſſe iſt es aber, den Akt zu belauſchen, wenn ſich an einem über dem Waſſerſpiegel emporragenden Stengel das häßliche Waſſerthier in die ſchlanke buntfarbige Libelle verwandelt, eine Gelegenheit, die nicht leicht von einem andern Inſekt ſo bequem geboten wird. Man ſieht, wie die neugeborne Libelle ihre bisherige Geſtalt als leeres Futteral zurückläßt und mit Staunen nimmt man wahr, daß die vier großen Flügel bisher in den kleinen Scheiden Platz hatten, welche nur einen kleinen Theil des platten Rückens der Libellenpuppe bedecken. (Fig. 46. 4 und 5.)

2. Wenn auch die Larven der Köcherjungfern oder Phryganeen manch - mal ziemlich arge Verwüſtungen an den Waſſerpflanzen des Aquariums anrichten, ſo verdienen ſie doch aus dem Aquarium nicht gänzlich ausge - ſchloſſen zu bleiben, denn ſie ſind kleine Baumeiſter von ebenſo großer Geſchicklichkeit als eigenſinniger Launenhaftigkeit in der Wahl ihrer Bau - materialien. Aus den verſchiedenſten Stoffen, wobei jede Art immer denſel - ben Bauſtoff verwendet, errichten ſie ſich ein Gehäuſe in Form einer Röhre, indem ihnen Seidenſtoff als Mörtel dient, welches ſie ebenſo fortwährend mit ſich ſchleppen, wie die Schnecken ihr Haus, nur daß ſie in demſelben nicht feſtgewachſen ſind wie dieſe. Auf dem Grunde der Teiche, Sümpfe und größeren Gräben findet man faſt überall verſchiedene Arten der Phryganeenlarven umherkriechen, indem ſie blos den Vorderleib mit den ſechs Beinen aus dem Gehäuſe hervorſtrecken und daſſelbe nachſchleppen. Es beſteht bald aus kleinen Kieſelſteinchen oder zierlich zuſammengekitteten Glimmerblättchen oder Sandkörnern, bald aus Pflanzenſamen, bald aus kleinen leeren Schneckengehäuſen oder aus Stückchen faulen Holzes, bald auch iſt es aus zurechtgeſchnittenen Blattſtückchen, die ſpiralig an einan - der gefügt ſind, erbaut. Vor der Verpuppung wird das Gehäuſe ganz geſchloſſen und nachdem die Puppenruhe vorüber iſt, durchbricht das voll - kommene Inſekt in einigermaßen ſchmetterlingsähnlicher Form, aber düſter und unſcheinbar an Färbung, ſeinen Kerker, um ſein Luftleben zu begin - nen. Figur 47 ſtellt einige Köcherjungfern mit ihren Larven dar.

59Die Thiere des Aquariums.

V. Aus den Klaſſen der Spinnen und Krebsthiere bieten ſich für das Aquarium mehre Arten dar, obgleich ich unter dieſen den gemeinen

Fig. 47.

1.2. Zwei Köcherjungfern. 3 6. Verſchiedene Larven derſelben. (nat. Gr.)

Flußkrebs ſelbſt, wenn auch in den kleinſten Exemplaren, nicht empfehlen möchte, ſchon deshalb nicht, weil ein verfaulender Krebs das Waſſer tödtlich vergiftet. Beſonders nenne ich

Den gemeinen Waſſerfloh, Gammarus pulex (Fig. 48. 1, 2.) und die Waſſeraſſel, Asellus aquaticus (Fig. 48. 3. ), die faſt in jedem Waſſergra - ben zu finden ſind. Obgleich beide noch nicht einen Zoll lang werden, ſo bringen ſie doch viel Leben in das Aquarium, weil ſie immer im Waſſer60Die Thiere des Aquariums.umherfahren, um nach ihrer Nahrung, kleinen Waſſerthierchen, zu ſuchen. Der Waſſerfloh iſt, wie auch die Waſſeraſſel mit hornigen Schienen be -

Fig. 48.

1.2. Der gemeine Waſſerfloh, Gammarus pulex. 3. Die Waſſeraſſel, Asellus aquaticus. ( $$\nicefrac21$$ )

deckt, ſeitlich breit zuſammengedrückt und nach der Bauchſeite zuſammen - gekrümmt, weshalb er ſich nur auf der Seite liegend fortbewegen kann, was ſehr komiſch ausſieht.

Gelingt es, der ſogenannten Kiemenfüße habhaft zu werden, Bran - chipus paludum und Apus cancriformis, die beide über 1 Zoll lang ſind, ſo lernt man zwei der ſonderbarſten Thiere kennen. Beide kommen aber nur in manchen Jahren vor, dann aber meiſt in ungeheurer Menge. Noch weniger als alle bisher genannten Inſekten und krebsartigen Thiere braucht man die zunächſt folgenden mühſam zu ſuchen, denn man wird ihrer faſt unwillkürlich habhaft, wenn man bei der Jagd verfährt, wie weiter unten beſchrieben werden ſoll. Ich meine damit einige Gattungen aus der Abtheilung der büſchelfüßigen Krebsthiere oder Lophyropoden, Cypris, Daphnia und Cyclops. Die erſten beiden, höchſtens eine Linie groß, vereinigen den vielgliedrigen Bau des Krebsthieres mit der Natur der Muſchelthiere, indem ſie in einer zweiklappigen Muſchelſchale einge - ſchloſſen ſind, weshalb man ſie auch Muſchelkrebschen nennt. Die noch kleineren Cyclopen fahren zwar immer als weiße Körperchen ruckweiſe61Die Thiere des Aquariums.im Waſſer umher, ſetzen ſich aber auch oft auf der inneren Wand des Glaſes feſt, wo man ſie mit einer Lupe bequem betrachten und bemerken kann, daß die Weibchen am hintern Ende des Leibes äußerlich zwei große Eierſäcke herumſchleppen, aus denen die Jungen nach und nach aus - kriechen.

Es wird meine Leſer und Leſerinnen vielleicht überraſcht haben, daß ich auch die Spinnen, die doch ſonſt ſo recht eigentliche Luftthiere ſind, unter den Aquariumthieren nenne. Es giebt auch nur eine Waſſerſpinne, Argyroneta aquatica, welche treu ihrem Luftleben ſich gewiſſermaßen ein Stückchen Atmoſphäre mit in das Waſſer hinunternimmt. Ihr ganzer Leib mit Ausnahme der darüber hinausragenden langen Beine, iſt nämlich unter dem Waſſer immer von einer kirſchgroßen Luftblaſe um - hüllt, ſo daß das Thier einer im Waſſer herumfahrenden Silberkugel ähnlich ſieht und, obgleich im Waſſer, doch nie naß wird.

VI. Wir kommen zu der großen Abtheilung der Weichthiere oder Mollusken, die, ſo weit ſie im ſüßen Waſſer leben, gewöhnlich wenig be - achtet und gekannt ſind, obgleich in Deutſchland nicht viel weniger Arten im Waſſer als auf dem Lande leben. Wir theilen ſie mit der gegenwär - tigen Auffaſſung der Wiſſenſchaft in die zwei Klaſſen der Muſchelthiere, Conchiferen und Schuecken oder Bauchfüßler, Gastropoden.

Von den Muſchelthieren, von denen einige Arten die Schalen für un - ſere Malerkäſten liefern und wenigſtens dadurch allgemein bekannt gewor - den ſind, eignen ſich zunächſt die kleineren Arten der Flußmuſcheln, Unio, in einigen wenigen Stücken zur Verſetzung in das Aquarium, namentlich Unio batavus, crassus, pictorum und tumidus, die in Flüſſen und Bächen und großen Lachen überall vorkommen. Sie ſpielen freilich bei der Bele - bung des Aquariums keine große Rolle, da ſie meiſt im Schlamme ver - graben ſtill ſitzen, indem nur ihr hinteres Ende hervorſteht, oder langſam wie der Zeiger der Uhr ſich im Schlamme vorwärts bewegen.

Die Teichmuſcheln, Anodonta, von denen manche ſo groß werden, daß, wenn ſie eßbar wären, eine einzige ausreichen würde, um einen Hungrigen zu ſättigen, ſind meiſt ſchon ihrer Größe wegen wegzulaſſen. 62Die Thiere des Aquariums.Da ſie lebhafter zu ſein ſcheinen, als die Unionen, ſo durchwühlen ſie zu ſehr den Boden, und wenn eine ſtirbt, ſo verdirbt ſie durch ihre Fäulniß das ganze Waſſer.

Für gewöhnlich gilt es den Naturforſchern für kaum möglich, Süß - waſſermuſcheln in Waſſergefäßen lange lebendig zu erhalten. Ich habe aber in meinem Aquarium einige Anodonten und Unionen ſchon über ein Jahr lang lebendig. Dieſe den Auſtern nahe verwandten Thiere gewinnen aber deshalb für das Aquarium ein Intereſſe, als man an ihnen das ſonderbar träumerige Stillleben dieſer Thierklaſſe zum erſten Male zu beobachten Gelegenheit erhält.

Die Kreismuſcheln, Cyclas, deren mehrere Arten in unſern Gewäſſern vorkommen, erreichen in der größten Art, der Flußkreismuſchel, Cyclas rivicola, (Fig. 49. 10. ) höchſtens die Größe einer Haſelnuß, meiſt blos die eines Kirſchkerns. Gegen die ſonſtige Gewohnheit der Muſchelthiere, im - mer an das ſchlammige oder ſandige Bett der Gewäſſer gefeſſelt zu ſein, kriechen die Kreismuſcheln, namentlich die kleineren Arten, an Pflanzen - ſtengeln und an der inneren Wand des Aquariums empor.

Die Waſſerſchnecken bieten eine viel größere Zahl von Arten dar, als die Muſchelthiere, und keine iſt zu groß, als daß ſie nicht für das Aqua - rium ſich eignete. Nicht blos durch ihre Geſtalt, ſondern auch durch die Neuheit ihrer Erſcheinung (denn wer kümmert ſich denn um dieſe Ge - ſchöpfe?) und durch mancherlei intereſſante Züge ihres Lebens bilden die Süßwaſſerſchnecken einen ganz vorzüglichen Beſtandtheil des Aquariums, wenn auch nicht verſchwiegen werden kann, daß die pflanzenfreſſenden von ihnen durch Beſchädigung der Pflanzen des Aquariums läſtig werden können.

Die meiſten Waſſerſchnecken finden ſich in Teichen, Lachen, Sümpfen und Gräben, in welchen viel Pflanzen wachſen, und nur in ſehr hohen Gebirgslagen ſind ſie ſelten, fehlen aber auch da gewöhnlich nicht gänzlich.

Es würde eine zu lange Reihe werden, wenn ich alle Arten auffüh - ren und abbilden wollte, ich beſchränke mich daher auf die wichtigeren Gattungen und auf eine Repräſentantin jeder derſelben.

63Die Thiere des Aquariums.

Die Schlammſchnecken, Limnaeus, kommen etwa in zehn Arten in Deutſchland vor, von denen die große Schlammſchnecke, Limnaeus stagna - lis (Fig. 49. 4. ), die größte iſt. Ein Paar davon reichen aus, denn die

Fig. 49.

Weichthiere des Aquariums.

Pflanzen müſſen ſtark herhalten, um ſie zu füttern. Die Entwickelungs - geſchichte der Schlammſchnecken wie der meiſten andern Waſſerſchnecken64Die Thiere des Aquariums.iſt ſehr eigenthümlich. Sie legen meiſt auf der Unterſeite auf dem Waſſer ſchwimmender Blätter, im Aquarium aber auch ſehr oft an der Innenſeite des Glaſes, ihre Laiche ab. Dieſe ſind kryſtallhelle, meiſt, wurmförmige Gallertklumpen, in denen man ſchon mit bloßen Augen die gelben Dot - terkügelchen der Eier unterſcheiden kann, aus denen der Laich zuſammen - geſetzt iſt. Eine ſcharfe Lupe reicht aus, um in einem Laiche, der an einer zur Beobachtung paſſenden Stelle des Glaſes abgelegt iſt, die Entwicke - lungsgeſchichte der jungen Schneckchen zu verfolgen. Man ſieht, wie von Tage zu Tage das Dotterkügelchen ſich vergrößert und unter fortwähren - der Axendrehung ſich allmälig zum Thierchen mit der beginnenden kleinen Schale entwickelt. Zuletzt verlaſſen die kleinen Schnecken den Laich und zerſtreuen ſich auf den Pflanzen des Aquariums, ſoweit ſich dieſelben un - ter dem Waſſerſpiegel befinden. Man wird ſich wundern, das ſchnelle Wachsthum der Schnecken zu bemerken, indem längſtens zwei Sommer dazu gehören, um aus dem ſenfkorngroßen neugeborenen Thierchen die ausgewachſene Schnecke mit dem über 2 Zoll langen Gehäuſe werden zu laſſen. Es kommen jedoch, namentlich wenn man einmal das Füttern der Fiſche vergißt, wenig junge Schnecken zur vollkommnen Entwicklung, da ſie von den Fiſchen gern gefreſſen werden.

Neben der großen Schlammſchnecke kommen noch einige andere Ar - ten in unſeren weichen Waſſern vor, namentlich L. palustris, L. auricula - rius (Fig. 49. 3. ) und L. ovatus. Limnaeus pereger iſt in Gebirgsgegen - den die einzige größere Waſſerſchnecke, kommt jedoch auch in der Ebene vor.

Der Sumpfſchnecken, Paludina, giebt es zwei große einander ſehr ähnliche Arten, P. vivipara (Fig. 49. 1, 2.) und P. fasciata, von denen die erſtere in großen und kleinen ſtehenden Gewäſſern, die letztere mehr in Flüſſen lebt. Die Paludinen werden meine Leſer dadurch überraſchen, daß ſie, wenn ſie ſich in das Gehäuſe zurückgezogen haben, jeden ungebe - tenen Beſuch ſich dadurch vom Leibe halten, daß ſie mit einer feſten Thüre daſſelbe verſchließen. Es iſt dies ein hornartiger Deckel (Fig. 49. 2. ), welcher auf der Oberſeite des hinteren ausſtreckbaren Theiles des Thieres65Die Thiere des Aquariums.feſt gewachſen iſt, und welcher ſtets genau in den äußerſten Umfang der Oeffnung paßt. Er wird daher von dem Thiere gleichen Schrittes mit dem ganzen Gehäuſe vergrößert, wodurch die concentriſchen Anwachsringe entſtehen, welche unſere Figur 2 zeigt. Die Sumpfſchnecken ſind lebendig gebärend und zwar ſind die neugebornen Schneckchen im Verhältniß zur Mutter ungewöhnlich groß, und bringen ſchon ein Gehäuſe von vier Umgängen ſammt dem Deckel mit auf die Welt. Man kann die weibli - chen von den männlichen Exemplaren dadurch leicht unterſcheiden, daß die erſteren zwei einander vollkommen gleiche, ſpitze, pfriemenförmige Fühl - hörner haben (wie Fig. 49. 1. ), während bei den Männchen das rechte Fühlhorn viel kürzer, dicker und kolbig abgeſtumpft iſt. Die Palndinen leben mehr von thieriſcher Nahrung und ſind daher im Aquarium den Pflanzen nicht ſchädlich.

In kleineren Gräben und Sümpfen lebt noch mehr verbreitet als die beiden großen Paludinen eine dritte kleinere Deckelſchnecke (Bithynia ten - taculata), welche von altersher den ihr gebührenden Namen des Thür - hüters trägt, weil ſie bei der geringſten Störung ſich blitzſchnell in ihr Gehäuſe zurückzieht und dieſes mit ihrem Deckel feſt verſchließt, welcher jedoch nicht hornartig, ſondern von feſter Kalkſubſtanz gebildet iſt.

Nach einem ganz andern Bauplane ſind die Gehäuſe der Teller - ſchnecken, Planorbis, gebildet. Der hohle ſpiralförmig aufgewundene, an Weite immer mehr zunehmende Kegel, aus welchem ein gewundenes Schneckengehäuſe gebildet iſt, iſt bei den Tellerſchnecken um einen Punkt in einer Ebene aufgewunden, ähnlich wie die Spiralfeder einer Taſchen - uhr; daher bietet ein Tellerſchneckengehäuſe von oben oder unten und von der Seite geſehen zwei ganz verſchiedene Anſichten dar. Die große Tellerſchnecke, Pl. corneus, (Fig. 49. 5. ) beſteht aus wenigen an Weite ſehr ſchnell zunehmenden Umgängen, während eine andere Art, Pl. vortex, aus zahlreichen, niedergedrückten, ſehr langſam zunehmenden Umgängen beſteht, ſo daß das Gehäuſe einem zierlichen flachen Knöpfchen gleicht. Die große Tellerſchnecke könnte auch den Namen der deutſchen Purpur - ſchnecke führen, denn wenn man das Thier reizt, ſondert es einige TropfenRoßmäßler, Aquarium. 566Die Thiere des Aquariums.eines trüben Purpurſaftes aus. Die Tellerſchnecken legen ihre Eier in runden, flachen Laichklumpen ab.

Die Blaſenſchnecken, Physa, unterſcheiden ſich ſehr leicht von allen übrigen Waſſerſchnecken dadurch, daß ihr Gehäuſe links gewunden iſt. In Teichen und größeren Gräben lebt die eine unſerer beiden gemeinen deutſchen Arten, Ph. fontinalis, während die andere, Ph. hypnorum, in kleinen Wieſengräben vorkommt. Die erſtere hüllt ihr ganzes Gehäuſe in eine zerſchlitzte Mantelhaut ein, welche das Thier aus der Mündung her - ausſchlägt. (Fig. 49. 6, 7.)

Die Kammſchnecken, Valvata, ſind kleine Thiere mit theils planorbis - artigen, theils mehr kugligen Gehäuſen. Von den erſteren kommen zwar mehre in Gräben und Teichen ſehr häufig vor, ſind aber zu klein, um zur Bevölkerung des Aquariums weſentlich beizutragen. Nur eine Art, V. piscinalis (Fig. 49. 8, 9.), von der Größe eines kleinen Kirſchkernes, iſt groß genug für uns und verdient unſere Aufmerkſamkeit durch ihr Athem - organ, welches ein zierliches Bäumchen darſtellt, das bei der geringſten Störung vorſichtig zurückgezogen wird (9.). Die Kammſchnecken ſind Deckelſchnecken und haben einen dünnen häutig knorpeligen Deckel, der aber auf andere Weiſe wächſt, als der der Sumpfſchnecken. Er wird nämlich nicht ringsum an ſeinem ganzen Umfange vergrößert, ſondern blos an der Seite, welche an der Spindelſäule des Gehäuſes anliegt, wo immer ein kleines keilförmiges Stück angeſetzt wird. Dies kann nur unter einer Vorausſetzung geſchehen, die man kaum für zuläſſig halten ſollte, daß nämlich der Deckel ſich während des Wachsthums fortwährend um ſeine Axe dreht, trotzdem daß er auf dem Fuße des Thieres feſtgewachſen iſt. Dadurch bekommt der Deckel nicht wie bei den Paludinen concentri - ſche Anwachsringe, ſondern man bemerkt auf demſelben eine Spirallinie, durch das gleichzeitige Drehen und Vergrößertwerden bedingt. Wir haben hier einen der zahlreichen Fälle in der Bildungsgeſchichte der organiſchen Weſen vor uns, der ſelbſt an dieſem Orte ſein Intereſſe geltend machen darf und eine kurze Beſchreibung verdiente.

Die Flußſchwimmſchnecke, Neritina fluviatilis, lebt nur in Flüſſen67Die Thiere des Aquariums.und größeren Bächen, wo ſie an Steinen, namentlich an deren Unterſeite feſt zu ſitzen pflegt. Sie iſt zwar klein, aber durch ihre lebhafte Färbung und durch ihren ſonderbaren Deckel unſerer Aufmerkſamkeit werth. Der Deckel hat nämlich auf ſeiner Rückſeite einen förmlichen Riegel, wodurch ſeine Einfügung in die halbkreisförmige Mündung beſonders feſt bewerk - ſtelligt werden kann.

Noch einer Menge anderer kleiner Waſſerſchnecken, meiſt mit ſehr zierlichen Gehäuſen, die hier unerwähnt geblieben ſind, bemächtigen wir uns unwillkürlich mit, wenn wir in Gräben und Sümpfen und Teichen auf die Jagd gehen, die ich nun beſchreiben will. Nur bei den ganz gro - ßen Arten und überhaupt bei denen, die wir namentlich bei warmem Sonnenſchein oben auf dem Waſſer ſchwimmend oder auf den Waſſer - pflanzen ſitzend bemerken, haben wir nöthig, ſie einzeln aufzunehmen. Bei dieſer Jagd handelt es ſich aber natürlich nicht blos um Schnecken und die kleinen Kreismuſcheln, ſondern überhaupt um eine Menge Thiere, von denen wir die meiſten dabei zum erſtenmale zu Geſicht bekommen werden, ſtaunend über den Reichthum an thieriſchen Formen an dieſen Orten. Ein für alle Mal hebe ich hier hervor, daß wir dabei keinem Thiere begegnen werden, vor welchem wir uns zu ſcheuen oder gar zu fürchten Urſache hätten, nur die oben beſchriebenen Waſſerwanzen müſſen wir ihres ſchmerzhaften Stiches wegen vorſichtig behandeln, was um ſo leichter iſt, als ſie durch ihr lebhaftes Umherkriechen ſich ſofort bemerklich machen und leicht beſeitigt werden können. Auch die Blutegel, die wir oft unwillkürlich mit fangen, beißen nicht gleich an, und vor einem Froſch oder einer Unke zu erſchrecken iſt zu unnaturfreundlich, als daß ich es einem meiner Leſer und Leſerinnen zutrauen möchte.

Wir brauchen zu dieſer Waſſerjagd ein nothwendiges Werkzeug. Es iſt dies ein etwa 1 Fuß tiefes ſackförmiges, aus feſtem grauen Zwirn geſtricktes Filetnetz, welches an einen Reifen von ſtarkem Draht feſt ge - näht iſt, und nicht größer zu ſein braucht, als etwa 8 10 Zoll im Durchmeſſer. Um die Fäden, mit welchen der Sack an den Reifen befe - ſtigt iſt, nicht durch das Aufſtreifen auf dem Boden der Gewäſſer ſich5*68Die Thiere des Aquariums.durchreiben zu laſſen, überziehe man den Reifen ſammt den Fäden mit einer dicken Lage von Gutta Percha, die man durch einen brennenden Streifen davon aufträgt. Der Reifen hat einen etwa 4 Zoll langen Stiel um damit das Netz an einen Stock befeſtigen zu können. Die Anwendung dieſes Netzes iſt eine doppelte. Um die Thiere in Gräben und am Rande von nicht zu ſumpfigen Lachen zu fangen, ſtreift man mit dem an dem Stock befeſtigten Netze über den Boden derſelben hin, indem man das Ufer entlang hinſchreitet und lieſ’t von Zeit zu Zeit die gemachte Beute zwiſchen den mit aufgerafften Blättern, Steinchen u. dgl. aus. Die Be - ſchaffenheit des Grundes der Gewäſſer giebt es ſchon an die Hand, wie man dabei zu verfahren hat. Eine unerwartet reiche Beute macht man namentlich in Wieſengräben, in denen viel Waſſerpflanzen wachſen, wo - bei man das Netz feſt auf dem Boden hinſchleifen laſſen muß. Die zweite Anwendung des Netzes beſteht darin, aus dem fauligen Bodenſatze der Sümpfe, Gräben und Teiche, der meiſt aus verweſenden Blättern und Holzſtückchen beſteht, die Thiere zu ſondern. Es iſt ein beſonders günſtiger Augenblick, wenn man im hohen Sommer einen Graben mit einem ſolchen Bodenſatz beinahe ausgetrocknet findet, weil alsdann in dieſem die verſchie - denartigſten Thiere ſich in Menge zuſammengedrängt finden. Man thut dann ein paar Hände voll dieſes Bodenſatzes in das Netz und ſpült ihn darin in einem Gewäſſer aus, was ſich in den meiſten Fällen in der Nähe finden wird, wobei die leichteren Blätter und andere fremdartige Dinge ſich leicht oben abſchöpfen laſſen, während ſich alle Thiere auf dem Boden des Netzes ſammeln. Um auch die kleineren nicht zu verlieren, muß eben das Netz ſehr dichtmaſchig ſein, ſo daß z. B. Wickenkörner nicht mehr hin - durchfallen könnten.

Das was man erbeutet hat, nimmt man entweder in Gläſern, die man mit Moos oder Gras locker verſchließt, mit nach Hauſe, oder in ge - bundenen Schachteln, nicht in geleimten, weil dieſe aufweichen und aus - einandergehen würden. Auf dem Trausport, ſelbſt wenn er mehrere Stunden in Anſpruch nimmt, thut man in den Gläſern (bei den Schach - teln verbietet es ſich von ſelbſt) kein Waſſer hinzu, weil dieſes mit Thie -69Die Thiere des Aquariums.ren überhäuft und bei ſehr warmen Wetter ſelbſt in dieſer kurzen Zeit verderben und viele Thiere tödten würde, ſondern es reicht dazu die Feuchtigkeit aus, die man mit den Thieren ſelbſt in die Gefäße gebracht hat. Beſſer noch als Gläſer ſind blecherne Gefäße, mit einem Deckel ver - ſchließbar, weil ſich darin Alles kühler erhält.

Wir kommen unten beim Einſammeln der zu dem Aquarium nöthi - gen Thiere und Pflanzen noch einmal auf den Transport zurück.

VII. An die Weichthiere ſchließt ſich zunächſt die Klaſſe der Fiſche an. Ich darf es füglich unterlaſſen, durch Beſchreiben und Abbilden der - ſelben den Umfang dieſes Büchleins unnöthig zu vergrößern, denn jede Fiſchart verdient Aufnahme in das Aquarium mit Ausnahme der Raub - fiſche: Hecht, Forelle und Barſch. Die deutſchen Süßwaſſerfiſche ſind nicht blos von dem Volke, ſondern auch von den Naturforſchern, wenn ſie nicht ganz beſonders ſich mit dem Studium der Fiſche befaſſen, unter allen Wirbelthieren am ſchlechteſten gekannt und leider fehlt es immer noch an einem mit Abbildungen verſehenen guten und wohlfeilen Buche zur Beſtimmung derſelben. Beſonders tragen der Wetterfiſch und der Schmerl, Cobitis fossilis und C. barbatula, durch ihre eleganten ſchlan - genartigen Bewegungen viel zur Belebung des Aquariums bei. Auch unſere beiden abenteuerlichſten Fiſchgattungen, die der Stichlinge, Gaster - osteus, und der Kaulfiſch, Cottus gobio, dürfen trotz ihrer in Stacheln ausgehenden Kiemendeckel Aufnahme finden.

Unter allen Fiſcharten, die ich ſeit nun beinahe zwei Jahren in mei - nem Aquarium gehalten habe, hat ſich der Goldfiſch, Cyprinus auratus, am beſten erhalten, vielleicht weil er ſchon ſeit vielen Generationen an die Gefangenſchaft gewöhnt iſt. Es iſt mir noch nie ein Goldfiſch im Aqua - rium geſtorben.

Ueber das Fangen der Fiſche für das Aquarium und über die ſicherſte Art, ſie zu transportiren, dürfte überall am leichteſten der Rath der Fiſcher einzuholen, ja dieſen überhaupt am beſten die Herbeiſchaffung der Fiſche zu überlaſſen ſein. Es gehört nicht zu den Annehmlichkeiten,70Die Thiere des Aquariums.mit den ihr gewerbliches Vorrecht wahrenden Fiſchern in Colliſion zu kommen.

VIII. Die Amphibien, oder um ſie deutſch anzureden, die Lurche, erfreuen ſich zwar unſerer Gunſt durchaus nicht, jedoch habe ich mich ſchon vielfältig überzeugt, daß die Scheu, ja Furcht vor denſelben, in kurzer Zeit mindeſtens einem noch etwas widerſtrebenden Dulden, oft auch einem wirklichen Wohlgefallen an ihnen, ſelbſt bei Damen, gewichen iſt. Vor Allem habe ich zu verſichern, daß wir in Deutſchland außer der Viper oder Kreuzotter kein einziges giftiges oder ſonſt wie unſrer geheilig - ten Perſon gefährliches Thier aus dieſer verabſcheuten Klaſſe haben, und daß Schlangen überhaupt nicht in das Aquarium gehören. Von den vier Ordnungen der Klaſſe der Lurche kommt nur die der froſchartigen in Be - tracht, die andern drei, die Eidechſen, Schlangen und Schildkröten ſind entweder Land - oder Seethiere oder für unſer Aquarium zu groß.

Die froſchartigen Lurche ſind aber auch von allen die intereſſanteſten, indem in ihnen ein außerdem unter den Wirbelthieren nicht weiter vor - kommender Fall vorliegt, nämlich der, daß einige von ihnen, ähnlich den Inſekten, eine Art von Verwandlung haben, wodurch ſie gewiſſermaßen ein Bindeglied zwiſchen den höheren Lurchen und den Fiſchen bilden. Daß dabei außer der ganzen Geſtalt namentlich die Athemwerkzeuge eine Rolle ſpielen, iſt bekannt, ſoll wenigſtens hier nicht auseinandergeſetzt werden.

Kröten und Molche welch grauſenhafte Namen! und doch halte ich beide für unvermeidliche Gäſte des Aquariums. Die Fröſche, die man ſich wahrſcheinlich noch eher gefallen laſſen würde, eignen ſich weniger. Nur 3, allenfalls 4 Arten kommen in Betracht!

Zunächſt die Unke oder Feuerkröte, Bombinator igneus, (Fig. 50. 1 u. 2) die melancholiſche Seufzerin der Sümpfe. Sie ſchwitzt aus den Warzen ihres Rückens nicht einmal den ätzenden Saft aus, der bei den Landkröten, vielleicht auch ohne ſonderlichen Grund, gefürchtet wird. Sie iſt ein harmloſes Thierchen. Ihr ungewöhnter Anblick ſöhnt bald mit ſich aus. Iſt es aber wohl eine ſo große Schande für die Leute, wie die Na -71Die Thiere des Aquariums.turforſcher meinen, daß ſie ſich vor einem ſo unſchuldigen Thierchen fürch - ten? Werden wir uns einmal des Grundes dieſer Schen etwas bewußt,

Fig. 50.

1.2. Die Unke oder Feuerkröte, Bombinator igneus: 3. Der Kamm-Molch, Triton cristatus, Männchen; 4. 5. Der Feuermolch, Tr. igneus, Weibchen und Männchen. Alle nat. Gr.

um ſie dann ſicher los zu werden. Hat nicht ohnehin der ſprichwörtlich72Die Thiere des Aquariums.gewordene Unkenruf etwas Grausliches? Warum? Weil es der ein - zige Naturlaut dieſer Art iſt, weil er aus dem unſaubern Pfuhle meiſt bei nächtlicher Weile ertönt und die Hauptſache! weil Niemand das Thier ſieht, von dem der Ruf herrührt. Ich ſage nicht zu viel, wenn ich behaupte, daß von hundert Städtern nicht zehn eine Unke geſehen haben. Dazu kommen die verſchiedenen geheimnißvollen Deutungen, welche man dem Unkeurufe unterlegt. Unk! Unk! Unk! hätt ich mir ’nen Mann genommen, wär ich nicht in Teich gekommen! ſo über - ſetzt ſich der Unkenruf an vielen Orten Deutſchlands bei Betheiligten und Unbetheiligten und ſo groß iſt die Macht des Ungekannten, Aben - teuerlichen nicht ganz ohne ein leiſes Erbeben derjenigen Nerven, welche das ſo förderſame Geſchäft des Glaubens beſorgen. Freilich lacht Jeder gleich hinterdrein über dieſes Erbeben, aber es war doch da. Und ich meinerſeits möchte ſolche Schauer nicht verdammen, wenn ſie nur von aufklärendem Wiſſen bewacht ſind. Sie gehören zum Naturgenuß und wenn ſie einmal nachzitternd unſer Inneres durchzogen haben, ſo iſt es wie eine gewitterartige Luftreinigung, nach welcher dann das Himmels - blau des durchdringenden Erkennens heller leuchtet.

Während ich dieſe Worte ſchreibe, ſchaut eine Unke meines Aqua - riums gar ehrbar und voll Selbſtgefühl mich an, als hätte ſie mich ver - ſtanden und in meinen Worten eine Ehrenrettung ihrer verkannten Per - ſon gefunden. Ständen jetzt diejenigen meiner Leſer und namentlich mei - ner zaghaften Leſerinnen neben mir, denen die Unke noch eine unbekannte Größe iſt, ſie würden anſtatt ſich zu ſcheuen, über das Unkengeſicht la - chen, wie es aus einer dunkeln Höhle des Aquarium-Chimboraſſo altklug und ernſt hervorlugt und, an mein Menſchengeſicht bereits auch gewöhnt, ruhig auf ihrem grünen Thronſeſſel von Hornblattranken ſitzen bleibt, obgleich ich meine Hand gegen ſie bewege. Die Figuren 1. und 2. zeigen die Unke von der Rücken - und Bauchſeite, und auf letzterer ſind die feuer - rothen oder prachtvoll orangegelben Flecken angedeutet, welche dem Thiere den Namen der Feuerkröte verſchafft haben, der freilich in wunderſüchtigen73Die Thiere des Aquariums.Köpfen einen ähnlichen Sinn haben mag, wie Feuerſalamander, welcher feuerfeſt ſein ſoll, was er eben ſo wenig iſt, wie wir Menſchenkinder.

Vom erſten Frühjahr an bis Juni kann man leicht in Gräben und Sümpfen die Laiche und die Larven (Kaulquappen) von Fröſchen und Kröten bekommen, die aus mehr als einem Grunde berückſichtigt werden müſſen. Erſtens dienen ſie den Fiſchen und Molchen zur Nahrung, und dann verſchaffen uns zweitens diejenigen Larven, welche den Nachſtellun - gen entgehen, Gelegenheit, die wunderbare Verwandlung dieſer Thiere kennen zu lernen. Dieſe ſcheint in den Aquarien darin eine Störung zu erleiden, daß ſie verlangſamt wird, indem die Vorderbeine langſamer frei werden und die jungen Thiere gewiſſermaßen ihren Fiſchſchwanz ſchwerer los werden können, vielleicht weil der beſchränkte Raum ihren Bewegungen nicht hinlängliche Freiheit gewährt.

Zwei andere Lurche aus der nächſten Verwandtſchaft der Fröſche und Kröten, die ich aller Scheu zum Trotz für das Aquarium empfehle, ſind zwei Molche, nämlich der Kamm-Molch, Triton cristatus (Fig. 50. 3. ), und der Feuer-Molch, Tr. igneus (4, 5.); die Männchen aller Molchar - ten haben den Rücken und Schwanz entlang einen lappigen oder geſägten Hautkamm (3, 4.), der den Weibchen fehlt. Die genannten Arten und an vielen Orten auch noch eine dritte, der geſtreifte Molch, Tr. taeniatus, fin - den ſich in den Sümpfen und ſchlammigen Gräben von faſt ganz Europa ſehr häufig, jedoch leicht zu finden nur etwa bis in den Juli. Dann ver - laſſen ſie das Waſſer und verbergen ſich an feuchten Orten am Erdboden, in Mauerritzen, Felsſpalten u. ſ. w. Sie fühlen ſich daher im Aquarium auf die Dauer nur dann behaglich, wenn ſie einen recht großen lückigen, über den Waſſerſpiegel hinaustretenden Felſen haben, in deſſen Schlupf - winkeln ſie ſich im Sommer verbergen und dann meiſt erbärmlich abge - hungert ausſehen, trotzdem, daß in ihrer Nähe im Waſſer Speiſe und Trank vorhanden iſt. Wer die Molche häßliche, abſcheuliche, vielleicht gar grauenerregende Thiere nennt: ich wette, er wird ſie nach kurzer Zeit ſchön finden, denn die Eleganz ihrer Bewegungen, die Schönheit ihrer Zeich - nung und dazu ihre Harmloſigkeit werden ihn dazu zwingen. Im Juli74Die Thiere des Aquariums.finden ſich in den Gräben und Sümpfen die Larven der Molche, welche am Halſe äußerlich anhängende federförmige Kiemen haben. Sie ſind aber ſehr zart und daher ſchwer zu transportiren.

Die Molche haben mit unſern Eidechſen, welche durchaus ſtreng an das Land gebunden ſind, nur eine oberflächliche äußere Verwandtſchaft und Waſſereidechſen iſt daher eine für ſie ganz unpaſſende Benennung. Die Eidechſen gehören mit den Krokodilen zuſammen in eine der vier Hauptordnungen der Lurch-Klaſſe, während die Molche zu den froſchar - tigen Lurchen gehören. Zu dieſen gehört auch der in felſigen feuchten Bergwaldungen häufige gefleckte Salamander, Salamandra maculata, der eigentlich als ſtiller Beobachter auf den Gipfel des Aquarium-Felſens gehört, von dem er nicht leicht in das Waſſer herabſteigt. Die Verehrer und Verehrerinnen E. T. A. Hoffmanns, bei deſſen Serapionsbrüdern ſie ſich’s gern ein Bischen grauslich werden ließen , werden ſich zu den Salamandern ohne Zweifel ſtark hingezogen fühlen.

Die Fiſche und Lurche haben endlich noch eine beachtenswerthe Ei - genſchaft mit einander gemein, nämlich die meine Leſer und Leſerinnen gewiß überraſchende Tugend, ſich zähmen zu laſſen. Das geht zwar nicht bis zum Apportiren und Springen, aber doch ſo weit, daß ſie ihren Freund oder ihre Freundin kennen lernen und vor ihnen bald ihre Scheu ablegen. Wenn man dieſe Thiere zu regelmäßigen Zeiten füttert, und dabei dicht am Aquarium mit einer Schelle oder einem angeſchlagenen Weinglaſe immer denſelben Ton hören läßt, ſo lernen ſie bald auf dieſen Ruf herbeikommen. Die Chineſen rufen mit dem Tam-Tam ihre Gold - fiſche zur Fütterung ebenfalls aus allen Winkeln des Baſſins herbei.

10. Behälter zu einem Aquarium.

Trotz des allgemeinen Beifalls, den das Süßwaſſer-Aquarium weit und breit in Deutſchland gefunden hat, iſt man doch noch faſt überall in Verlegenheit, die nöthigen Behälter dazu ſchnell zu bekommen, da weder75Behälter zu einem Aquarium.die Glashütten ſich dieſem gewiß nicht uneinträglichen Fabrikationszweige ausreichend gewidmet haben, noch auch meines Wiſſens die Kaſten-Aqua - rien irgendwo fabrikmäßig hergeſtellt werden.

Die einfachſte und wohlfeilſte Beſchaffung eines Kelch-Aquariums vermitteln die faſt überall leicht zu habenden ſogenannten Ballons, in welchem die Schwefelſäure verſendet wird. Ein ſolcher diente mir auch lange Zeit, bis es der Leipziger Glaswaaren-Handlung von Fritzſche und Breiter gelungen war, eine Glashütte zu vermögen, die großen kelch - oder glockenförmigen Gläſer zu blaſen, welche ſeit etwa 1 $$\nicefrac12$$ Jahren von dem genannten Hauſe nach allen Gegenden Deutſchlands und weit über deſ - ſen Grenze hinaus verſendet werden.

Die Schwefelſäure-Ballons ſind zwar meiſt grün, jedoch finden ſich nicht ganz ſelten auch ganz rein weiße darunter. Ein Glaſer kann ſie dann leicht in der Mitte horizontal durchſchneiden oder durch Sprengen theilen, wobei ſelbſt die obere umgekehrte Hälfte zu einem Aquarium die - nen kann, wenn man den engen Hals feſt zuſtopft, und in eine flache Unterlage einläßt und befeſtigt.

Je weniger und gleichmäßiger die Wand des Glaskelches gekrümmt iſt, deſto weniger werden die Geſtalten der in demſelben unter Waſſer be - findlichen Pflanzen und Thiere durch die Brechung des Lichtes verändert.

Ueber die Einrichtung des Kaſten-Aquariums habe ich ſelbſt noch wenig Erfahrung, da diejenigen, welche ich geſehen habe, mich nicht be - friedigten. Wenn erſt eine Eiſengießerei ſich dazu herbeigelaſſen haben wird, die Geſtelle dazu zu gießen, ſo werden die Kaſten-Aquarien gewiß bald den meiſten Beifall finden, um ſo mehr, als geſchmackvolle guß - eiſerne Tiſche wegen ihrer Dauerhaftigkeit bald auch als die billigſten erkannt werden dürften. Das Gerüſt eines Kaſten-Aquariums für den Waſſerraum denke ich mir auf 6 oder 8 quadratiſche ſtarke Glastafeln von etwa 15 par. Zoll ins Geviert berechnet, wodurch man ſchon einen anſehnlichen Rauminhalt bekommt. Das eiſerne Sparrwerk, oben in ei - nen Rahmen vereinigt, muß Falze und Backen zum Einſchieben und nach - herigen Feſtkitten der Glastafeln haben. Zum Einkitten dürfte ein Brei76Behälter zu einem Aquarium.von gutem Portland-Cement und dünnem Quark ſich am beſten eignen. Die Tafeln müſſen ſenkrecht geſtellt werden, um den größten Bodenraum, eine bequeme Anſicht von der Seite und einen ganz gleichmäßigen Druck des Waſſers auf die Glastafeln zu gewinnen. Wer nicht zu ſparen braucht, der darf nicht unterlaſſen, in dem Kelch - wie in dem Kaſten - Aquarium einen kleinen Springbrunnen anzubringen. Der Waſſerbehäl - ter dazu kann entweder in einer oberen Zimmerecke oder außerhalb des Zimmers angebracht werden. Die Gutta-Percha - und Kautſchouk - Schläuche erleichtern die Herſtellung außerordentlich, welche ich übrigens der Erfindungsgabe des gewöhnlichen Handwerkers überlaſſen kann.

Der Boden des Kaſtens darf jedenfalls nicht das nackte Eiſen behal - ten, ſondern das ganze Gefäß muß entweder verzinnt oder mit ſonſt ei - nem Ueberzug verſehen werden, um die Auflöſung des Eiſens im Waſſer zu verhüten. Am zweckmäßigſten wäre es vielleicht, den Boden des Ka - ſtens mit einer dünnen Cementſchicht zu bedecken, nachdem die Glastafeln eingekittet ſind, wodurch zugleich die unteren Fugen der letzteren um ſo dichter ſchließend werden würden.

Indem ich es Jedermanns Geſchmacke überlaſſe, das gußeiſerne oder durch Klempner - (Spengler -) Arbeit hergeſtellte Gerüſt des Kaſten-Aqua - riums mit mehr oder weniger Eleganz auszuſtatten wobei ich meiner - ſeits die möglichſte Einfachheit beobachten würde, um nicht auf Neben - dinge zu ſehr die Aufmerkſamkeit abzulenken füge ich an dieſer Stelle einige Bemerkungen über den Tiſch zu dem Kelch - oder Kaſten-Aquarium hinzu.

Daß derſelbe nicht 4 ſondern 3 Füße haben müſſe, verſteht ſich von ſelbſt, da nur ein dreifüßiger Tiſch auf jeder Ebene feſtſtehen kann. Eben ſo ſollte er immer Rollen haben, um die bedeutende Laſt eines gefüllten Aquarium wenigſtens an eine andere Stelle des Zimmers rücken zu können.

Die Fläche, auf welche das Glasgefäß des Kelch-Aquariums zu ſtehen kommt, muß eben und ohne Hervorragungen ſein, damit das doch höch - ſtens 2 3 Linien dicke Glas nicht durch einen ungleichmäßigen Druck77Behälter zu einem Aquarium.der Gefahr des Zerſpringens ausgeſetzt werde. Ich habe zu dem Ende mit gutem Erfolg auf die Tiſchplatte zunächſt eine Lage von 10 12 Bogen grauen (wollenen) Fließpapieres gelegt, worauf das Glas gleichmäßig und weich aufruht. Eine Filzſcheibe von der Größe der Aufſtandsfläche wäre noch beſſer.

Um das Glas auf der Tiſchplatte herumdrehen zu können, ohne den Tiſch ſelbſt drehen zu müſſen, wäre eine geeignete Vorrichtung ſehr an - zurathen. Ohne Zweifel würde es dem Zwecke vollkommen entſprechen, wenn man auf die runde Tiſchplatte eine zweite von hartem Holze legt und zwiſchen beide eine Schicht Schrotkörner brächte, welche ein Drehen beider Platten ſehr erleichtern müßte. Ein erhöhter Rand der Tiſchplatte verhütet das Herunterfallen des Schrotes. Die Tiſchplatte muß rings um das Glas des Kelch-Aquariums einen etwa handbreiten freien Raum laſſen, den man mit Moos ausfüllt.

Will man noch weiter gehen, ſo kann man einen Tuffſtein-Kranz mit Moos - und kleinen Gewächſen, namentlich Selaginellen, bepflanzt um des Glaſes untern Rand anbringen. Dann muß man auf die Dreh - ſcheibe der eben beſchriebenen Art einen flachen Kaſten aus Zinkblech mit dem auf Filz oder einer Papierſchicht ruhenden Glaſe ſtellen, um durch etwa $$\nicefrac12$$ Zoll hoch hineingegoſſenes Waſſer dieſe Steine feucht zu halten, damit die Pflänzchen darauf gedeihen können. Den Rand des Zinkkaſtens muß man dann bis zum Rande der Tiſchplatte immer noch mit Moos verſtecken.

Doch dies fällt bereits in das Gebiet der verſchönernden Zugaben, die ich eigentlich unberückſichtigt laſſen wollte. Geld und Phantaſie[kön - nen] ſich hier noch weit ergehen.

Die bis jetzt am meiſten angewendeten Tiſche von Korbgeflecht müſ - ſen für die Laſt des Glaſes ſchon eine große Haltbarkeit beſitzen und ei - gens auf ein Gewicht von wenigſtens 1 Centuer berechnet ſein. Man hüte ſich, aus Ungeduld einen gewöhnlichen Blumentiſch zu nehmen.

78Die Füllung des Kelch - und des Kaſten-Aquariums

11. Die füllung des Kelch - und des Kaſten-Aquariums und die dazu erforderlichen Dinge.

Hat man dem leeren und daher noch leicht zu bewegenden Aquarium den beſten Platz gegeben, ſo bringt man auf den Boden des Glaſes oder Kaſtens eine etwa handhohe Schicht von naſſem Flußſand, dem ein wenig Moorerde beigemengt iſt. Der Sand muß frei von Steinen ſein, damit nicht etwa durch einen ſolchen der Boden des Glaſes zerdrückt werde, wenn der ſchwere Tuff-Felſen darauf zu ſtehen kommt.

Die Tuffſteine müſſen vor der Füllung des Aquariums ein paar Tage abgewäſſert und mit einem Reisbeſen tüchtig von allen davon lös - lichen Stückchen und von Kalkſtaub befreit ſein, damit nicht dadurch das Waſſer verunreinigt werde und nichts von dem anhaftenden Kalk - Staub ſich im Waſſer auflöſe, wodurch dieſes für einige Zeit milchig und für die Thiere ſchädlich wird.

Aus paſſend geformten Tuffſtücken baut man nun mittelſt Cement einen kleinen Felſen, wenn man nicht einen ſolchen aus Einem Stück be - kommen kann, was ſelten der Fall ſein wird. Es ſieht gut aus, wenn man dem Felſen drei Füße giebt, damit er eine Höhlendurchſicht bildet. Die Zurichtung der einzelnen Steine zu einem paſſenden Ganzen muß zunächſt außerhalb des Gefäßes geſchehen, und wenn man ſie paſſend hergerichtet hat, ſo ſteckt man zunächſt diejenigen 2 oder 3, welche die Füße des Felſens bilden ſollen, in den Sand. Hat man ſie in der Lage, daß alsdann der oberſte Stein als eigentlicher Felſenkörper paſſend und ſicher darauf liegt, ſo kittet man ihn mit Cementbrei darauf, der bald ſtarr und nachher, wenn das Waſſer hineingegoſſen iſt, nach und nach ſtein - hart wird.

Um beſſeren Spielraum dabei zu haben, pflanzt man noch bevor man den oberen Hauptſtein aufkittet, die Pflanzen in den Sand, bei de - ren Anordnung man auf einen möglichſt freien Tummelplatz für die79und die dazu erforderlichen Dinge.Thiere Bedacht nimmt. Die hochwachſenden Pflanzen bringe man in eine Gruppe zuſammen an eine Seite. Fünf Arten in je einem Exemplare reichen zu dieſer Seitengruppe aus; etwa: Pfeilkraut, Froſchlöffel, eine hohe Segge, die Waſſerminze und die Waldſimſe oder der Roßkümmel (ſiehe die Figuren 1. 2. 3. 8. 20. 17.).

An der Grenze dieſer Gruppe laſſen ſich einige Pflänzchen des Waſ - ſerſterns (Fig. 7.) oder des Waſſerranunkels (Fig. 15.) anbringen, die man mit ihren feinen Wurzeln ziemlich tief in den Sand einbettet.

Nun bringt man mit einem nicht zu engen Kautſchouk-Schlauche ſo hoch Waſſer ein, daß die Grundpfeiler des zu ſchaffenden Felſenthores noch etwas darüber hinausragen. Man läßt es an einer paſſenden Stelle gegen einen der Tuffſteine ſich ausgießen, an dem es dann ohne den Sand aufzuwühlen, ſanft herabläuft. Man wird nöthig haben, die eingepflanz - ten Gewächſe vorläufig durch einige beigeſteckte Stäbchen zu ſtützen, weil ſie ſich erſt ſpäter bei vollem Waſſer allein aufrecht halten.

Nun kittet man den Hauptſtein auf die unteren Steine auf, wenn dies nicht durch beſonders feſte Lage der letzteren im Sandgrunde und durch ſicheres Aufliegen des Hauptſteines überflüſſig wird. Nach dem Aufkitten muß man etwa einen halben Tag lang den Cementkitt etwas erhärten laſſen, ehe man das Waſſer vollends einfüllt.

Nachdem dies geſchehen iſt, oder auch vorher, beſtreut man die geeb - nete Oberfläche des Sandes mit kleinen reingewaſchenen Bachkieſeln oder anderen paſſenden Steinchen. Sie geben dem Boden nicht nur ein reinli - ches, freundliches Ausſehen, ſondern verhindern auch das Aufwühlen des Sandes durch die Wetterfiſche.

In dem Hauptſteine, wie ich den die Spitze des Felſens bildenden Stein weiter nennen will, muß vorher ein an Umfang einem mäßigen Blumentopf gleichkommendes Loch ausgemeißelt worden ſein, um mit ſandiger Haideerde, unter die man etwas zerbröckelte Holzkohle miſcht, einen Farrenkrautſtock oder ſonſt ein paſſendes Gewächs hinein zu pflan - zen. Man kann durch Feſtkitten kleiner Tuffſteine dieſes Loch nach Belie - ben vertiefen und auf dieſelbe Weiſe der Oberfläche des Steines die paſ -80Die Füllung des Kelch - und des Kaſten-Aquariumsſende Geſtalt geben, um für einzelne kleine Sumpfpflanzen kleine Wurzel - räume zu gewinnen. Die ſtörenden grauen Kittnähte des Cementes kann man leicht durch aufgeſtreutes und angedrücktes grobes Tuffſteinpulver verdecken oder vor dem gänzlichen Erhärten mit einer dem Tuff nachge - bildeten Farbe beſtreichen.

Hier muß ich einſchalten, daß es unter allen Verhältniſſen vorzuzie - hen iſt (wenn man anders mit Vollendung der Füllung nicht eilen muß oder will), den Felſen vorher ganz vollſtändig fertig zu machen und ihn dann nach Einpflanzung der hohen Gewächſe in den Sand des Bodens, fix und fertig in das handhoch mit Waſſer gefüllte Glas oder in den Kaſten hinein zu heben. Man muß dann freilich mindeſtens acht Tage lang den zuſammengekitteten Felſen in einem Fäßchen mit Waſſer ſtehen gelaſſen haben, damit die Cementverbindung hinlänglich feſt geworden iſt. Aber auch dann wird das Einſetzen mit großer Vorſicht zu bewerkſtel - ligen ſein, damit nicht etwa der Felſen im Hineinheben zerfällt und das Glas oder die Scheiben zerknickt. *)In großen Städten wird ſich bald ein Induſtriöſer finden, der fertige Aqua - rien-Felſen zum Verkauf vorräthig hält; wie ich bereits in Altenburg einen ſehr ge - ſchickten Felſenerbauer getroffen habe, der immer Beſchäftigung hat.

Steht nun der Felſen feſt gegründet im Glaſe oder im Kaſten und iſt er bepflanzt, ſo füllt man das Waſſer in der beſchriebenen Weiſe vol - lends ein, etwa bis 3 Zoll unter den Rand des Gefäßes.

Bevor man alle Fiſche und Lurche hineinthut, iſt es anzurathen, einen oder einige vorher einen Tag lang die Probe machen zu laſſen, ob etwa ſo viel Kalk ſich aufgelöſt hat, daß höhere Thiere in dem Waſſer nicht leben können. Dies giebt ſich durch einen milchigen Schein des Waſſers zu erkennen. Hielten die Thiere die Probe aus, dann laſſe man die übrigen folgen.

Was das Waſſer zu dem Aquarium betrifft, ſo habe ich, wie ich ſchon S. 8. bemerkt habe, bisher zu dem meinigen ſtets nur Brunnen - waſſer genommen und finde mich auch durch das freudige Gedeihen der Thiere und Pflanzen in demſelben nicht veranlaßt, es mit Flußwaſſer zu81und die dazu erforderlichen Dinge.verſuchen. Ob einige mit Flußwaſſer gefüllte Aquarien, welche verdar - ben, eben des Flußwaſſers wegen verdorben ſeien, läßt ſich zur Zeit noch nicht entſcheiden. Eben ſo iſt es möglich, daß ſich manches Quell - oder Brunnenwaſſer ſchlechter bewährt, als Bach - oder Flußwaſſer. Hier wird man eben erſt nach der Beſchaffenheit des zu Gebote ſtehenden Waſſers eine Probezeit zu beſtehen haben.

Bei der Füllung der Aquarien können kaum erhebliche Fehler be - gangen werden, durch welche ein nachheriges Verderben des Waſſers und daraus folgendes Abſterben der Thiere und Pflanzen veranlaßt werden könnte. Die öfteren Klagen darüber, welche gegen mich laut geworden ſind, haben ihren letzten Grund wahrſcheinlich mehr in der nachherigen Behandlung und Pflege.

Das Einpflanzen der höheren Waſſergewächſe in den ſandigen Bo - den des Aquariums darf nicht zu ſeicht gemacht werden, weil ſie ſonſt nachher, wenn man das volle Waſſer eingefüllt hat, leicht emporgehoben werden, da ſie leichter als das Waſſer ſind.

Am beſten thut man bei dem Einpflanzen, wenn man vorher etwa 2 Zoll von der Sandſchicht wegnimmt, dann die Pflanzenwurzeln auf die Oberfläche des bleibenden Sandes aufſtellt, oder wenn es tiefergehende ſind, in Löcher einläßt, und dann den herausgenommenen Sand als einen dicken, mit Waſſer angemachten Brei wieder darauf gießt, wodurch ſie gleichmäßig bedeckt und feſt werden.

Wie weit ich das freudige Gedeihen meines Aquariums dem Um - ſtande zuſchreiben darf, daß ich zu unterſt etwa 1 Zoll hoch Moorerde habe, wage ich dem Umſtande gegenüber, daß Andere auch von reinem Flußſande die beſten Reſultate haben, nicht zu entſcheiden. Mindeſtens muß ich anerkennen, daß ſich in dem reinen Sande nach kurzer Zeit ein Gehalt an verweslichen, den Pflanzen als Dünger dienenden Stoffen von ſelbſt anſammelt.

Roßmäßler, Aquarium. 682Pflege des Aquariums und Fütterung der Thiere.

12. Pflege des Aquariums und Fütterung der Thiere.

In dem Bereiche dieſes Kapitels liegen ohne Zweifel die Gründe zu den Klagen über das Verderben der Aquarien. Um ſie verſtummen zu machen, werde ich wahrſcheinlich weniger zu rathen brauchen, was man zu thun, als vielmehr, was man zu unterlaſſen hat.

Im Sommer, wenn die Sonne hoch ſteht, darf man das Aquarium ſelbſt an einem dem Sonnenſchein ausgeſetzten Fenſter haben, nur darf nicht die ganze Nachmittagsſonne darauf liegen und muß nöthigenfalls ein Rouleau vorgelaſſen werden können. Je mehr man dem Aquarium Licht und Luft geben kann, ohne zu große Erwärmung, deſto beſſer.

Im Winter darf das Aquarium nicht zu nahe am Ofen und in kei - nem zu ſtark geheizten Zimmer ſtehen.

Steigt die Wärme des Waſſers einige Grad über 17° R., ſo er - neuere ich wenigſtens ein Drittel deſſelben durch friſches Brunnenwaſſer, indem ich vorher eben ſo viel durch einen Kautſchoukſchlauch heraushebe. Dabei hat man das einſaugende Ende deſſelben zu beobachten, damit kein Fiſchchen von dem Zuge des Schlauches ergriffen werde. Man muß da - her in die Nähe des Schlauches kommende Fiſche durch Bewegen deſſel - ben verſcheuchen. Dies Herausheben von Waſſer kann man zugleich zur Reinigung deſſelben von dem am Boden ſich anſammelnden Unreinigkei - ten benutzen, indem man mit dem einſaugenden Ende des Schlauches am Boden hinfährt, wodurch jene von dem Zuge des Waſſers ergriffen und durch den Schlauch weggeführt werden.

In einem geſunden Aquarium muß das Waſſer klar und farblos ſein, obgleich ein leichter gelblicher Schein nicht nothwendig auf eine Ver - derbniß deſſelben ſchließen zu laſſen ſcheint. Um die Beſchaffenheit des Waſſers genau beurtheilen zu können, ſchöpft man ein helles Glas davon voll und vergleicht es mit einem Glaſe reinen Waſſers von derſelben Art, womit das Aquarium gefüllt wurde.

83Pflege des Aquariums und Fütterung der Thiere.

Der Geruch des Waſſers iſt weniger geeignet, zum Einſchreiten gegen beginnende Verderbniß aufzufordern, denn dieſe iſt bereits vollſtän - dig erfolgt, wenn das Waſſer einen merkbaren übeln Geruch hat. Dann iſt es, wenn die Thiere noch lebendig ſein ſollten, nicht genug, das Waſſer vollſtändig zu erneuern, ſondern man muß, nachdem das verdorbene Waſſer vollſtändig abgelaſſen iſt, das Aquarium mit friſchem etwa bis über die Hälfte füllen, dieſes dann mit der Hand darin herumrühren, um die anhaftenden fauligen Stoffe abzuſpülen, dieſes Waſſer dann wieder entfernen und dann erſt friſches Waſſer einfüllen. Dann wird es gut ſein, nach einigen Tagen das Waſſer noch einmal zu wechſeln.

Für gewöhnlich, d. h. wenn das Aquarium geſund iſt, hat man das Waſſer gar nicht zu erneuern, ſondern nur den Verdunſtungsverluſt durch Nachfüllen zu erſetzen. Wer jedoch eine kleine Mühe nicht ſcheut, die aber der Heberſchlauch kaum als eine Mühe erſcheinen läßt, der thut jedenfalls gut, etwa alle Monate das Waſſer einmal zu erneuen. Ich habe es jetzt ſeit fünf Monaten nicht gethan.

An der inneren Seite des Glaſes ſetzt ſich von Zeit zu Zeit nicht nur ein leichter, flockiger Anflug an, ſondern auf der Lichtſeite entwickeln ſich auch jene feſtanſitzenden, ſchön grün gefärbten kleinen Algengruppen. Ich wiſche und bürſte ſie ab mit einer ſcharfen, ſehr kurz geſchorenen ſoge - nannten Uhrmacherbürſte, die ich an einem etwa ¾ Elle langen Stabe befeſtigt habe. Für die Algen muß man mit der Bürſte, nicht horizontal, ſondern ſenkrecht auf - und abwärts fahrend, ſtark aufdrücken.

Die Fäulniß von ein paar meiner Aufmerkſamkeit entgangenen abgeſtandenen Fiſchchen oder Schnecken hat ſich mir in meinem Aquarium noch nicht nachtheilig gezeigt, indem namentlich erſtere von den Schnecken bald verzehrt werden. Es geſtaltet ſich natürlich hiermit in einem vorſich - tig gepflegten Aquarium wie in einem Teiche, in welchem auch Niemand die faulenden Thierleichname beſeitigt und doch Tauſende verſchiedener Thiere und Pflanzen gedeihen. Die in dem 4. Abſchnitte gegebenen An - deutungen machen dies Alles erklärlich und natürlich, und es kommt Alles darauf an, im Aquarium, in dieſer Nachahmung eines Teiches im Kleinen,6*84Pflege des Aquariums und Fütterung der Thiere.nichts zu thun, was jenes ſich ſelbſt erhaltende Gleichgewicht ſtören könnte. Das außerordentlich üppige Gedeihen des Hornblattes (Fig. 4. S. 14.) in meinem Aquarium veranlaßt mich geradehin zu dem Ausſpruche, daß es vielleicht der weſentlichſte Regulator des gedeihlichen Zuſtandes des Waſſers iſt, und daß es in keinem Aquarium fehlen dürfe. Es iſt zum Glück ein ſehr verbreitetes Gewächs. Seit 5 Monaten hat ſich in meinem Aquarium eine einzige ſchwache Ranke des Hornblattes ſo entwickelt, daß es die eine Seite deſſelben mit einem undurchdringlichen Gewirr von prächtig grünem Gezweig erfüllt hat, in welchem die Schnecken ihren Wohnſitz aufgeſchlagen haben.

Sieht man nach längerer Zeit, namentlich gegen Ende des Sommers, keine neuen Sproſſe aus den Wurzelſtöcken der im Sande wurzelnden Pflanzen emporſchießen, ſo iſt das kein gutes Zeichen. Man muß dann zuſehen, ob die Wurzelſtöcke abgefault ſind, in welchem Falle ſich die Pflanzen leicht herausziehen laſſen. Damit iſt eine Erneuerung des gan - zen Aquariums erforderlich. Es iſt mir dies aufangs einmal widerfahren, vielleicht weil ich nur ganz reinen Flußſand angewendet hatte.

Der Hauptfehler, den man zu begehen pflegt, liegt darin, daß man zu viel und unzweckmäßig füttert, wahrſcheinlich weil man die Freude haben will, die Fiſchlein nach den Brodkrumen ſchnappen zu ſehen. Ich füttere weder Brod noch Semmel, denn das davon im Waſſer übrig blei - bende verwandelt ſich in einen ſauren Brei, der jedenfalls für die Thiere das Waſſer verſchlechtert. Was man Alles füttern dürfe, kann ich nicht angeben, weil ich bei dem geblieben bin, was ich als zweckmäßig erkannt habe. Das ſind getrocknete Ameiſenpuppen, gewöhnlich Ameiſeneier ge - nannt, und in etwa zolllange Stücke geſchnittene Regenwürmer. Man kaufe möglichſt hell ausſehende Ameiſenpuppen, denn in den dunkeln iſt die Ameiſe bereits ausgebildet und deren harte Bedeckung macht ſie den Fiſchen unverdaulich. Wenn man keine Regenwürmer mehr haben kann, ſo füttere man dann und wann, in kleinen Portionen, ge - hackte Abgänge von Fleiſch, woran es natürlich niemals fehlen kann. Auch die kleinſten Fiſchen nagen daran und ſaugen die Regenwurm -85Pflege des Aquariums und Fütterung der Thiere.ſtücke aus. Dann und wann kann man für dieſe auch etwas zerriebene weiße Oblate füttern. Die Molche werden ſich bald als grauſame Raubthiere zei - gen, indem ſie namentlich im erſten Frühjahr unter den kleinen Froſchlarven ſchnell aufräumen. Sie verſchlingen auch kleine Fiſche, ja ſie verſchlingen einander ſelbſt. Poſſirlich ſind ihre Kämpfe um Regenwürmer, wobei es zuweilen vorkommt, daß zwei Molche gleichzeitig an den beiden Enden eines Regenwurmes anpacken und indem ſie beide denſelben hinterſchlin - gen zuletzt in der Mitte zuſammenkommen und nicht eher ruhen, als bis der eine dem andern ſein Theil wieder aus dem Schlunde geriſſen hat.

Iſt einmal das Aquarium in einem gedeihlichen Zuſtande, ſo künſtle man nicht viel daran herum, ſondern überlaſſe es ſeiner ruhigen Entwick - lung. Man habe Geduld!

Wenn man das Aquarium an ein Fenſter ſetzen kann, ſo thue man dies ſo nahe als möglich, und zwar ſo, daß man den einen Flügel deſ - ſelben öffnen kann. Den andern vergeſſe man nicht vor einem zufälligen Auffliegen durch einen Windſtoß zu ſichern, damit man nicht eines Tages eine kleine Sündfluth und Trümmer und Leichen im Zimmer habe.

Ich ſchließe dieſes Kapitel, welches vielleicht manchen meiner Leſer und Leſerinnen zu kurz vorkommen wird, mit der alten Wahrheit: Pro - biren geht über Studiren .

13. Die Jagd.

Ich darf wohl vorausſetzen, daß Manchem, der ſich ein Aquarium einrichten will, daſſelbe um ſo lieber ſein wird, wenn er ſelbſt der Schöpfer deſſelben iſt und auch die Thiere ſelbſt gefangen hat.

Zu der Jagd bedarf es einer nicht zu kleinen Botaniſir-Büchſe und eines Netzes. Letzteres iſt bereits beſchrieben (S. 67.) und auch die Anwendung deſſelben. Findet man einen Sumpf, deſſen Boden mit einer dicken Schicht von verweſenden Blättern und andern Pflanzenreſten be - deckt iſt, ſo iſt dieſe namentlich im Frühjahr und Spätherbſt gewöhnlich86Die Jagd.der Sitz für mancherlei Waſſerthiere, namentlich Schnecken und kleine Muſcheln. Man nehme einen Klumpen dieſes Schlammes in der Bota - niſirbüchſe mit nach Hauſe und thue ihn dort in eine weiße Schüſſel voll Waſſer. Nach kurzer Zeit wird ſich die ganze Bevölkerung in dem nach und nach ſich abklärenden Waſſer verſammeln und großentheils an den Wänden der Schüſſel anſetzen, ſo daß man ſie leicht fangen kann. Man hüte ſich vor den Stichen der Waſſerwanze (Fig. 45. 4.).

Alle dieſe Thiere, mit alleiniger Ausnahme der Fiſche, trage man nicht in Waſſer, ſondern in der Botaniſirbüchſe nach Hauſe, in welche ſo viel Waſſer unwillkürlich mit hineinkommt, als die Thiere bis zur Ver - ſetzung in das Aquarium bedürfen. Das Waſſer wird in einem verſchloſ - ſenen Gefäß ſehr ſchnell für die Thiere unathembar, namentlich bei war - mer Witterung. Man wähle deshalb, und namentlich, wenn man auch Fiſche mitnehmen will, einen kühlen Tag ohne Sonnenſchein.

Waſſerſchnecken und Muſcheln laſſen ſich zwiſchen Waſſerpflanzen (namentlich Ceratophyllum, Myriophyllum, Callitriche, Potamo - geton) ohne weiteres als das anhaftende Waſſer leicht mehrere Tagereiſen weit transportiren, wenn man damit eine Botaniſirbüchſe ganz voll packt.

Wenn man einmal den einheimiſchen Gewäſſern die Aufmerkſamkeit zugewendet hat, ſo wird man ſtaunen über den Reichthum an Thierfor - men, die hier im Verborgenen leben.

14. Das Baſſin-Aquarium.

Für vom Glück Bevorzugte füge ich noch einige Worte über das Baſſin-Aquarium hinzu. Den Gewächshäuſern darf, wenn ſie na - mentlich im Winter dem Beſitzer einen Erſatz für die erſtorbene Natur bieten ſollen, ein Baſſin-Aquarium fortan nicht mehr fehlen.

Nicht zu fern vom Lichte laſſe man in dem ganz oder wenigſtens um das Baſſin herum mit Steinplatten belegten Fußboden des kalten Hau - ſes ein in dem Umfange nach den Verhältniſſen bemeſſenes flach vertieftes87Das Baſſin-Aquarium.Baſſin mit Letten waſſerdicht ausſchlagen. Die Lettenſchicht muß ſorgfäl - tig bis an den oberſten Rand geführt ſein, um das ſeitliche Weiterdringen des Waſſers in den Fußboden zu verhindern. Der Rand des Baſſins wird dann mit einem Kranze von großen Tuffſtücken umgeben, den man an einer Seite, die dem Lichte zugekehrt iſt, vielleicht bis auf 1 Elle zu einem kleinen Felſenabhang erhöht, um Gewächſe, namentlich Farren, darauf zu pflanzen. Im Mittelpunkte des Baſſins wird ein kleiner Fel - ſen angebracht, um das Rohr eines kleinen Springbrunnens zu verber - gen, welcher einem Baſſin-Aquarium wo möglich nicht fehlen darf, und deſſen Anlegung hier nicht beſchrieben zu werden braucht, da man dabei natürlich von den ſich darbietenden Umſtänden abhängig und eine aus - führende Hand ſicher überall leicht zu finden iſt.

Nachdem man ſich von der Waſſerhaltigkeit der Lettenſohle überzeugt hat (in welcher das Abzugsrohr anzubringen iſt), bringt man eine etwa 8 Zoll hohe Schicht von Flußſand mit ein wenig Moorerde vermiſcht darüber, die als Pflanzenboden zu dienen hat. Bei dem Aufbau des Tuff - ſteinrandes hat man auf kleine leere Räume zwiſchen den Steinen Be - dacht zu nehmen, in welche man ſtark mit Sand gemiſchte Haideerde zum Einpflanzen der geeigneten Gewächſe füllt. Die Steine dieſer Einfaſſung, wenigſtens die innerſten und unterſten, müſſen mit ihrem Fuße in das Waſſer eintauchen, um ſich immer feucht zu erhalten, damit die in ihren Fugen ſtehenden Pflanzen die nöthige Feuchtigkeit haben.

Den beſten Platz findet das Baſſin-Aquarium in der Ecke des Ge - wächshauſes, deren eine Wand Mauer iſt, gegen welche mit Belaſſung eines ſchmalen Raumes zum Gehen um das ganze Baſſin, der Tuffſtein - rand am höchſten geführt wird.

In Kapitel 8. (S. 42.) ſind die Pflanzen aufgezählt und zum Theil abgebildet, welche am Rande des Baſſin-Aquariums, namentlich an der eben erwähnten höheren Aufmauerung deſſelben, im Sandgrunde einzu - pflanzen ſind.

Viele Thiere würden das Baſſin-Aquarium verlaſſen und es können daher eigentlich nur Fiſche und Muſcheln darin aufgenommen werden.

88Das Baſſin-Aquarium.

Unſer Titelbild zeigt endlich noch das freie Baſſin-Aquarium im Garten, über deſſen Einrichtung um ſo weniger etwas geſagt zu werden braucht, als derjenige, welcher in der Lage iſt, ſich eins einrichten zu laſ - ſen, leicht die hülfreichen Hände dazu finden wird. Daß hier ein Spring - brunnen am wenigſten fehlen dürfe, iſt natürlich, obgleich er nicht eben eine Nothwendigkeit iſt. Aber nothwendig iſt es, daß der Waſſerſpiegel des freien Baſſin-Aquariums durch eine Hecke oder ein Rebengelände ge - gen die Mittags - und Nachmittagsſonne geſchützt iſt, und daß das Waſſer - Reſervoir für den Springbrunnen, wenn man keinen natürlichen Zufluß hat, möglichſt kühl liege. Es wird jedenfalls ſehr gut ſein, in demſelben das Waſſer auf einer etwa einen halben Fuß hohen Schicht von Fluß - ſand ſtehen zu haben, welcher zur Läuterung des Waſſers beiträgt.

Das Baſſin richte man auf dieſelbe Weiſe her, wie das im Gewächs - hauſe, weil die an einigen Orten gemachte Erfahrung gegen die von be - hauenen und mit Cement verbundenen Steinen aufgeführten zu ſprechen ſcheint.

About this transcription

TextDas Süßwasser-Aquarium
Author Emil Adolf Roßmäßler
Extent107 images; 20201 tokens; 5248 types; 147520 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDas Süßwasser-Aquarium Eine Anleitung zur Herstellung und Pflege desselben Emil Adolf Roßmäßler. . VI, 88 S. MendelssohnLeipzig1857.

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