Bei meiner Begeiſterung für Alles, was dazu beitragen kann, die Menſchen zur Natur zu führen, erfüllte ich gern den Wunſch des Herrn Verlegers, der ſelbſt ein eifriger Pfleger ſeines Aquariums iſt, ein Büch - lein über dieſe lehrreiche und ſchöne Bereicherung der Dekoration unſerer Zimmer zu ſchreiben. Der Umſtand, daß eine öffentliche Beſprechung des Süßwaſſer-Aquariums von mir — gegenüber den engliſchen See-Aqua - rien — in der weitverbreiteten „ Gartenlaube “*)In Nr. 19. des Jahrganges 1856. erſchien, hatte zur Folge, daß ſchnell in weiten Kreiſen eine große Theilnahme dafür rege wurde. Damals vermochte ich noch nicht, ganz zufriedenſtellende Anweiſung zur Einrichtung und Pflege des Süßwaſſer-Aquariums zu geben, und ſo konnte es nicht fehlen, daß ich bald von vielen Seiten mit Anfragen und mit Kla - gen überhäuft wurde, denen ich nicht immer gerecht werden konnte.
Wenn ich mir nun auch nicht einbilde, daß ich jetzt durch meine Anwei - ſung vor jedem Mißlingen ſicher ſtellen könne, ſo iſt doch ſeitdem meine Erfahrung eine größere geworden, ſo daß ich glaube, daß man weniger mit Uebelſtänden zu kämpfen haben werde, als ſonſt, wenn man ſich ge - nau nach den Vorſchriften des vorliegenden Büchleins richten wird.
In den erſten Tagen des April dieſes Jahres veranlaßte mich ein Wohnungswechſel, mein Aquarium umzufüllen — da man es natürlich nicht mit der Füllung transportiren kann — und ſeitdem, alſo ſeit fünf Monaten, entfaltet es ein außerordentlich kräftiges Gedeihen, ohne daß ich das Waſſer zu erneuern gezwungen geweſen wäre. Mehrere meiner Freunde ſind in gleichem günſtigen Falle, ſo daß die zuweilen gehörte Behauptung, die Süßwaſſer-Aquarien verurſachen zu viel Mühe und Verdruß, ganz ohne Grund iſt.
VIObgleich ich nicht vorausſetze, daß die Naturforſcher von Fach Kenntniß von dieſem kleinen Buche nehmen werden, ſo ſpreche ich es doch hier aus, daß das Süßwaſſer-Aquarium für ſie die erwünſchteſte Gelegen - heit zur Zucht und Beobachtung vieler, namentlich niederer, Thiere und Pflanzen darbietet.
Wenn nur erſt die Glashütten und die Eiſengießereien ſich mehr da - zu herbeilaſſen wollten, Gläſer und Tiſche in größerer Auswahl zu produ - ciren! Ich hoffe, daß meine anſpruchsloſe Arbeit das Verlangen nach einem Aquarium und ſomit die Nachfrage nach Gläſern und Tiſchen ſtei - gern werde, worauf dann nach dem Geſetz des Verkehrs die Befriedigung der Anfrage ſich ſchon einſtellen wird.
Bis jetzt kenne ich blos die Gläſer der beiden Glaswaaren-Handlun - gen von Fritzſche und Breiter und von Robert Syrutſchök in Leipzig. Nach der Größe der Gläſer iſt der Preis 2¼ — 5 Thlr. Mit der Herbeiſchaffung der Tuffſteine befaßt ſich namentlich das Agentur - geſchäft von Georg Schreiber in Leipzig.
Von auswärtigen Verkäufern fertiger Aquarien kenne ich zur Zeit nur den Herrn Magiſtratsgärtner Werker in den Friedrich-Wilhelms - Gärten bei Magdeburg, welcher auch einen ausgebreiteten Handel mit Aquarium-Pflanzen treibt.
Noch darf ich nicht vergeſſen, daß vom Anbeginn meiner Bemühun - gen, das Süßwaſſer-Aquarium einzuführen, Herr Otto Gittner in Leip - zig mich unermüdlich unterſtützt und ſeitdem in und außerhalb Leipzigs viele Aquarien eingerichtet hat, wozu ich ihn empfehlen kann.
Endlich verfehle ich nicht, alle Diejenigen, deren ſchriftliche Anfragen ich zuletzt nicht immer beantworten konnte, zu bitten, in dieſem Buche die verlangte Auskunft zu ſuchen und mein Stillſchweigen auf ihre Briefe zu entſchuldigen.
Möge mein Verſuch, das Süßwaſſer-Aquarium ſeinem Weſen nach in immer weiteren Kreiſen bekannt zu machen und damit der Verbreitung naturwiſſenſchaftlichen Strebens bis in das Wohnzimmer der Reichen zu dienen, kein vergebliches ſein!
Leipzig im Auguſt 1857.
E. A. Roßmäßler.
Länger als eine Minute ſoll meinen freundlichen Leſerinnen und Leſern nicht Zeit bleiben, über dieſe hochtrabende Ueberſchrift zu lächeln, denn ich eile, ihnen zu ſagen, daß es mir damit um einen Vorwurf zu thun iſt, den ich nicht ihnen, ſondern den Naturforſchern, alſo auch mir ſelbſt machen will. Es bedurfte einer großen gewaltigen Macht, um das kleine, beſcheidene Süßwaſſer-Aquarium aus dem Studirwinkel der Natur - forſcher, wo es als Keim längſt im Verborgenen ruhete, hinauszutreiben zu raſcher Entfaltung auf den Markt des Lebens. Wer kennt ſie nicht dieſe Macht: den Wetteifer im Begehren und Gewähren naturwiſſen - ſchaftlicher Kenntniß? Wer freut ſich nicht über dieſe Macht, die berufen iſt, uns das äußere Leben behaglich zu machen und als wohlthätiges Ge - witter die ſchwarzen Wolken confeſſioneller Zwieſpaltigkeit allmälig zu zertheilen und den tiefblauen Himmel natürlichen Wiſſens über aller Welt leuchten zu laſſen.
Dieſe Macht und keine andere iſt es, welcher wir im Aquarium eine freundliche Zierde unſerer Zimmer und eine Quelle edeln Genuſſes ver - danken.
Männer wie Swammerdam, Loewenhoek, Réaumur, Schäffer, Trembley, deren Namen auf bereits verwitternden Grabſteinen, aber in unverlöſchlichem Glanze auf den Tafeln der Wiſſenſchaft ſtehen, ſind es, die wir als die erſten Erfinder, wenn auch als die abſichtsloſen Erfinder unſerer Aquarien nennen müſſen.
Roßmäßler, Aquarium. 12Geſchichte des Süßwaſſer-Aquariums.Alle echten Forſcher, denen es nicht blos darum zu thun iſt, getrock - nete Mumien von Pflanzen und Thieren aufzuſpeichern, um daran die Kennzeichen der äußeren Form zu ſtudiren, denen das Leben die Haupt - ſache iſt — alle pflegten ſeit den älteſten Zeiten der Naturforſchung das zu erforſchende Leben in ihrer nächſte Nähe, an ihren Arbeitstiſch zu feſ - ſeln, um täglich und ſtündlich immer und immer wieder die Wandlungen und Geſtaltungen deſſelben belauſchen zu können. Aus Küche und Vor - rathskammer verſchwundene Töpfe und Gläſer und Flaſchen und Büchſen entdeckte die mit Unrecht von der Hausfrau darob ausgeſcholtene Magd auf dem Studirtiſche ihres Herrn, gefüllt mit allerlei Gethier und räth - ſelhaftem Waſſergewächs.
Das ſind die Keime unſerer heutigen Aquarien. Jetzt ſind ſie hinausgewachſen ins friſche freie Leben, wie die Weizenkörner, die Jahrtauſende in den Gräbern der Pharaonen geruht hatten. Es kam über ſie der belebende Hauch des Naturdranges unſerer Tage.
Aber nein, daß ſie nicht früher ſich entfaltet haben, ich will den Naturforſchern doch keinen Vorwurf darüber machen; denn ſie durften und konnten nicht eher kommen, bis ſie im Einklange mit der Zeit ſtanden. Das iſt erſt jetzt der Fall.
Nun iſt aber mein Kapitel mit der hochtrabenden Ueberſchrift auch ſchon zu Ende. Denn mehr als das Lächeln des Leſers würde es ver - dienen, wollte ich nun des Breiteren auseinanderſetzen, wer möglicherweiſe den Gedanken des Aquariums zuerſt gehabt, wer ihn zuerſt ausgeführt habe.
Man halte es nicht für übelangebrachte Wortklauberei, wenn ich zunächſt die Beibehaltung des lateiniſchen Wortes Aquarium rechtfertige; denn es läßt ſich dagegen mit Fug und Recht geltend machen, daß unſere Sprache doch wohl reich und bildſam genug ſei, um auch hier eine paſ -3Von den verſchiedenen Arten der Aquarien.ſende deutſche Benennung zu finden. Leider iſt es mir nicht gelungen, eine zu finden, welche kurz und bündig in einem Worte das Ding gut und wohlklingend bezeichnet hätte. „ Der See im Glaſe “, wie ich in mei - nem vorjährigen Artikel in der „ Gartenlaube “das Aquarium zu nennen mich bereden ließ, hat, wie ich vorausſah, als zu lang keinen Eingang gefunden. Eine wörtliche Verdeutſchung von Aquarium könnte nur „ Waſſerei “lauten, was doch gar zu ſehr wie ein Mißwort Joachim Heinrich Campe’s geklungen haben würde. „ Bücherei “hat den Fremdling Bibliothek noch nicht über die Grenze zu jagen vermocht, trotz der Bun - desgenoſſen Reiterei, Käſerei und andere. Sollte wider alles Erwarten Waſſerei Anklang und Eingang finden, ſo wird es alsdann als usus auch bald ein tyrannus werden, aber ein tyrannus läßt ſich ſelbſt nicht zwingen und erzwingen.
Darum laſſen wir es bei Aquarium. Eben in der Weite ſeiner Be - deutung und in ſeiner Neuheit und Fremdartigkeit neben der Neuheit des Dinges ſelbſt liegt des Wortes Annehmbarkeit. Wenn die von jedem Freunde der Humanität erſehnte Weltſprache erreichbar ſein ſollte, ſo kann ſie es nur auf dem Wege der natürlichen Entwicklung, d. h. dadurch wer - den, daß ſich die herrſchenden Sprachſtämme in einander verſchmelzen.
Doch genug gelegentlicher Gelehrtthuerei!
Von den Seewaſſer-Aquarien ſehe ich in Nachſtehendem ganz ab, weil ich darüber keine Erfahrungen habe, und weil ich nicht glaube, daß es jemals gelingen werde, anders als mit großen Koſten tief im Bin - nenlande dergleichen herzuſtellen.
Aber auch die Süßwaſſer - oder meinetwegen Teich-Aquarien können auf mancherlei Weiſe eingerichtet werden, wenigſtens hinſichtlich ihres Umfanges und der dadurch gebotenen Wahl der Form und des Stoffes der Gefäße.
Am beliebteſten und bis jetzt wenigſtens beinahe allein im Gebrauch ſind die Kelch-Aquarien, wie ich der Kürze wegen diejenigen nennen will, welche aus einem großen, weiten, kelchartigen Glasgefäße beſtehen. Das Titelbild zeigt ein ſolches auf der linken Seite.
1*4Von den verſchiedenen Arten der Aquarien.Daran ſchließen ſich zunächſt die Kaſten-Aquarien, welche aus Glastafeln in einem gußeiſernen Sparrwerk zuſammengeſetzt ſind. Siehe rechts auf dem Titelbilde.
Als dritte Art bezeichne ich die Baſſin-Aquarien. Sie ſind nur in Gewächshäuſern und Gartenſalons anzubringen und bilden ein ge - mauertes und mit einer Thonſohle ausgeſchlagenes Baſſin.
Bevor wir dieſe drei Formen des Aquariums und nach Maaßgabe derſelben die beziehendlichen Rückſichten bei ihrer Herſtellung durchgehen, will ich einiges Allgemeine vorausſchicken.
Obgleich durch meinen Artikel „ Der See im Glaſe “in der weitver - breiteten „ Gartenlaube “das Aquarium weit und breit zur Kunde Aller gekommen zu ſein ſcheint, ſo kann doch vielleicht mancher Leſer dieſes Büchleins in ihm die erſte Nachricht davon erhalten, und zumeiſt für ſolche ſind die nachfolgenden Zeilen geſchrieben.
Ein Aquarium iſt eine freundliche Zimmerzierde und zugleich ein ewig lebendiger Quell belehrender Unterhaltung, durch Zuſammenbringen von Waſſerpflanzen und Waſſerthieren in ihrem Leben zuſagenden Be - hältern. Was es alſo ſoll, iſt damit zugleich ausgedrückt und iſt nur noch etwa hinzuzufügen, daß es ein nicht unbedeutend zu nennender Schritt iſt auf der Bahn zu eingehender Beachtung der uns umgebenden Natur, ein Mittel, die Aufmerkſamkeit auf ſolche Punkte des Naturlebens zu lenken, die außer von den Naturforſchern unbeachtet gelaſſen zu wer - den pflegen; ein Heilmittel gegen die kindiſche Scheu der Unwiſſenheit, womit Dinge gemieden werden, die nicht nur nicht verabſcheuungswürdig oder gar gefahrdrohend, ſondern reich an ungeahnter Schönheit und an Anregung ſind.
Was die Natur auf dem Grunde der Teiche und Sümpfe und an deren für feuchtigkeitsſcheue Füße unnahbaren Rändern birgt, das bleibt5Was iſt und was ſoll ein Aquarium?den Meiſten ein ewiges Geheimniß, mit Ausnahme der Fiſche und Krebſe, die man auf den Mittagstiſch bringt. Kennen wir ja doch außer unſeren Gartenblumen und den Garten - und Feldfrüchten auch das Pflanzenreich meiſt nur als große, grüne, buntbeblümte Maſſe, und vom Thierreiche außer den bekannten vierbeinigen und den gefiederten Vertretern nur das, was über unſere Wege kreucht und fleucht und — geſtehen wir es uns nur ein — oft beſſer in ihren von Buch zu Buch ſich vererbenden Kon - terfeien, als in der Wirklichkeit.
Daß es ſo iſt — und es iſt ſo — iſt eine Schande, oder minde - ſtens ein beklagenswerther Fehler, der weniger dem Einzelnen, als dem Ganzen zur Laſt fällt. Dem Ganzen — d. h. der öffentlichen Vorſorge für Volksbildung. Es iſt hier nicht der Ort, zu unterſuchen, ob hierbei eine irrige aber wohlgemeinte Umgrenzung des der Jugend zu gewähren - den Wiſſens, ob Gedankenloſigkeit oder Abſicht zum Grunde liegt. Ge - nug, es iſt ſo.
Um aber ganz gerecht zu ſein, muß ich noch zugeſtehen, daß — ſei die gerügte Sachlage ein Unrecht oder ein Fehler — Beides dadurch ſehr ge - mildert wird, daß wir alleſammt, vielleicht mit nur ſehr wenigen Aus - nahmen, in der Kunſt des naturwiſſenſchaftlichen Jugendunterrichts noch arge Stümper ſind. Freilich muß man, um mir hierin Recht zu geben, mit mir der Anſicht ſein, daß Kenntniß der uns umgebenden Natur die Grundlage des Unterrichts ſein müſſe.
Tadelt man mich vielleicht, daß ich hier Unzuſammengehöriges zu - ſammenbringe, ſo kann ich mich dagegen hoffentlich mit Erfolg damit vertheidigen, daß ich ſage: ich faſſe das Aquarium eben von dem höchſten Geſichtspunkte auf, was mir eben ſo unverwehrt ſein wird, als ich es Jedermann frei ſtelle, ſich daran nur erfreuen zu wollen.
Ich ſollte eigentlich mehr von Geſetzen reden, denn es ſind dabei allerdings einige Grundgeſetze des Thier - und Pflanzenlebens zu beob -6Allgemeine Regeln für das Aquarium.achten, wenn man nicht Geld und Zeit damit verlieren und Verdruß ernten will.
Es iſt eins der wichtigſten und zugleich der intereſſanteſten Grund - geſetze der Natur, daß hinſichtlich zweier Grundbedingungen von Thier - und Pflanzenleben zwiſchen dieſen beiden eine auffallende Wechſelbezie - hung beſteht. Das Thier nimmt durch die Athmung als unentbehrliche Lebensbedingung fortwährend Sauerſtoff ein und giebt dafür durch die Ausathmung Kohlenſtoff — in der Form von Kohlenſäure — aus, während die Pflanze eben ſo nothwendig Kohlenſäure aufnimmt, und Sauerſtoff aushaucht. Eins alſo liefert dem Andern als unentbehrlichen Bedarf, was es ſelbſt nicht mehr zum Leben verwenden kann; Eins dient dem Andern.
Aber die von dem Thiere ausgeathmete Kohlenſäure iſt dieſem ſelbſt ein tödtendes Gift, was ihm die Luft und den Kiemenathmern das Waſ - ſer unathembar macht. Deshalb muß dafür geſorgt werden, daß dieſelbe aus dem Waſſer des Aquariums entfernt werde. Dies beſorgen die darin wachſenden Pflanzen, denen eben die Kohlenſäure ein nothwendiges Nahrungsmittel iſt.
Da die im Waſſer lebenden Thiere, welche zur Waſſerathmung meiſt mit Kiemen verſehen ſind, den ihnen nothwendigen Sauerſtoff ſich nicht durch Zerſetzung des Waſſers aneignen können, welches aus Waſſerſtoff und Sauerſtoff zuſammengeſetzt iſt, ſondern denſelben nur durch die dem Waſſer beigemengte Luft beziehen können (bekanntlich ein Gemiſch von Sauer - und Stickſtoff), ſo iſt natürlich in der geringen ruhenden Waſſer - menge des Aquariums deren Gehalt an Luft und mithin an verfügbarem Sauerſtoff von den Thieren bald erſchöpft, weil die Luftaufſaugung des Waſſerſpiegels jedenfalls langſamer vor ſich geht, als der Sauerſtoff - verbrauch der darunter lebenden Thiere. Pflanzen, die mit ihren grünen Stengeln und Blättern immer unter der Oberfläche des Waſſers bleiben, oder wenigſtens auf derſelben ſchwimmen, müſſen den Thieren die unauf - hörliche Sauerſtoffquelle bieten. An manchen ſolchen Waſſerpflanzen bedecken ſich die unter dem Waſſerſpiegel befindlichen grünen Theile oft7Allgemeine Regeln für das Aquarium.mit feinen zu größeren zuſammenfließenden Luftperlen, welche aus Sauer - ſtoff beſtehen.
Die Thiere machen aber nicht nur durch die ausgeathmete Kohlen - ſäure ſich ſelbſt das Waſſer unathembar, ſondern auch durch ihre Aus - wurfsſtoffe und durch andere Dinge, z. B. abgeſtreifte Häute, welche im Verein mit den abgeſtorbenen Pflanzentheilen in dem Waſſer verfaulen und dadurch ebenfalls Kohlenſäure, Kohlenwaſſerſtoffgas, Phosphorwaſ - ſerſtoffgas und Schwefelwaſſerſtoffgas entwickeln, alles für das Thier - leben gefährliche Luftarten.
Wir errathen nach dieſen Mittheilungen leicht, daß im Aquarium zunächſt darauf Bedacht zu nehmen iſt, Thiere und unter dem Waſſer vegetirende Gewächſe in ſolchem Verhältniß zu einander zu bringen, daß ſie ſich gegenſeitig die gedeihlichen Lebensbedingungen ſchaffen und die nachtheiligen Stoffe einander aus dem Wege räumen.
Die größte Gefahr für das Gedeihen eines Aquariums liegt in dem Verderben des Waſſers durch das Faulen darin geſtorbener Thiere. Dieſes Verderben tritt zuweilen ſehr ſchnell ein und giebt ſich durch eine Trübung des Waſſers kund, welcher alsdann ſehr bald ein übler Geruch und darauf der Tod aller Thiere folgt.
Ein Uebelſtand liegt ferner darin, daß man eine hohe Erwär - mung des Waſſers verhindern muß, und dabei dennoch wenigſtens zeit - weilig der Zutritt des Sonnenſcheins nothwendig iſt, um die Energie der Lebensthätigkeit der Pflanzen zu erhöhen, welche theils in der Ausſcheidung von Sauerſtoffgas, theils in der Aufſaugung verwe - ſender Stoffe beruht.
Es iſt daher ein beſonderes Augenmerk auf die zweckmäßige Aufſtellung des Aquariums zu richten. Unbedingt zu vermeiden iſt die volle Mittagslage, namentlich in den Monaten, wo die Sonne im Mittage bereits tiefer ſteht und doch noch ſehr warm ſcheint. Iſt dieſe Lage unvermeidlich, ſo muß das Aquarium mindeſtens 1 Fuß vom Fen - ſterbret abſtehen und bei heißem Sonnenſchein durch ein Rouleau geſchützt werden. Findet man das Waſſer über 16° R. erwärmt, ſo kann man8Allgemeine Regeln für das Aquarium.entweder durch theilweiſen Erſatz deſſelben durch friſches Brunnenwaſſer abhelfen, oder dadurch, daß man ein naſſes und naß erhaltenes wollenes Tuch an der ganzen Außenfläche des Aquariums dicht anfügt, deſſen fortwährende Verdunſtung Kälte erzeugt. Die Naßerhaltung wird dadurch bewirkt, daß man das Tuch über den Rand des Aquariums bis in das Waſſer deſſelben überſchlägt, wodurch fortwährend Waſſer empor und auswendig am Tuche herabſteigt.
An den Füßen des Aquarium-Tiſches müſſen Rollen angebracht ſein, um nöthigenfalls daſſelbe von zu ſtark erwärmten Fenſtern an einen andern Platz rollen zu können. Deshalb ſind Eckzimmer mit Fenſtern nach zwei Himmelsgegenden ganz beſonders paſſend zur Aufſtellung des Aquariums.
Welches Waſſer das angemeſſenere ſei, ob weiches oder hartes, kann ich vor der Hand noch nicht entſcheiden, da ich ſeit nun faſt zwei Jahren und zwar mit dem beſten Erfolg nur Brunnenwaſſer anwende und zwar ſehr reines und friſches, wie es aus dem Sandgrunde der Oſt - ſeite Leipzigs gepumpt wird. Einige von Andern gemachte Erfahrungen ſcheinen gegen die Wahl des Fluß - oder Bachwaſſers zu ſprechen, weil in Aquarien mit ſolchem Waſſer die niederen Algen in einer ſehr läſtigen Weiſe überhandnehmen.
Ehe wir zu einigen beſonderen Regeln für das Aquarium überge - hen, ſchalte ich nun eine Aufzählung und kurze Beſchreibung der dazu erforderlichen oder wenigſtens brauchbaren Pflanzen und Thiere ein, weil wir dieſe erſt kennen müſſen, bevor wir zur Füllung des Aquariums ſchreiten können.
Mit einigen wenigen Ausnahmen ſchlage ich auch hier, wie in dem Artikel in der „ Gartenlaube “, nur einheimiſche Pflanzen vor, treu mei - nem in allen meinen naturwiſſenſchaftlichen Volksbüchern mich bewegen -9Die Pflanzen des Aquariums.den Streben, vor Allem die beachtende Aufmerkſamkeit meiner Leſer und Leſerinnen auf die heimiſche Natur zu lenken.
Es wird wenig Orte in Deutſchland geben, wo man ſehr weit zu gehen hätte, um die für das Aquarium geeigneten Pflanzen zu finden. Teiche, Sümpfe, Lachen, breite Wieſengräben, Moorwieſen finden ſich ja faſt überall. Sie ſind unſere Pflanzenlieferanten.
Man darf ſich nicht einbilden, daß man ein Aquarium nur zu be - pflanzen braucht, um es dann für ewige Zeit zu fortdauernder Selbſtver - jüngung ſich überlaſſen zu können. So leichten Kaufs kommt man nicht davon, und man muß es eben ſo wie die Gartenbeete zu Zeiten wieder ganz friſch bepflanzen oder wenigſtens entſtandene Lücken wieder aus - füllen. Um nun nicht gar zu oft damit zu thun zu haben, muß man den Hauptbeſtand von ausdauernden Pflanzen bilden; und auch dieſe ſterben manchmal ab, denn ſo ganz nach ihrem Sinne verſtehen wir es den Pflanzen des Aquariums doch noch immer nicht zu machen.
Einjährige Waſſerpflanzen, die im Schlamme wurzeln, ſind über - haupt ſchwer anzubringen, außer bei einer Neufüllung des Aquariums, und mit Anſäen iſt noch weniger auszurichten, wenigſtens mangelt es hierüber noch an Erfahrungen. Man muß daher von einjährigen Waſ - ſerpflanzen (z. B. Veronica Beccabunga) junge, etwa fingerlange Exemplare einpflanzen.
Bei der Anordnung der Aquarium-Pflanzen glaube ich die verſchiedenen Formen des Aquariums zunächſt berückſichtigen zu müſ - ſen, um die Auswahl derſelben nicht irre zu führen. Wir nehmen zunächſt diejenigen Pflanzen durch, welche ſich für das Kelch - und das Kaſten - Aquarium eignen. Dieſelben ſind natürlich zugleich auch für das Baſſin - Aquarium brauchbar, aber nicht umgekehrt diejenigen Pflanzen, welche ſich außerdem noch für das letztere eignen, auch für die erſteren, und zwar wegen ihrer Größe.
Die zuerſt aufgezählten Arten ſind die ſich am meiſten empfehlenden, die aus mancherlei Gründen weniger empfehlenswerthen oder neben den erſteren wenigſtens überflüſſigen ſind zuletzt aufgeführt. Bei uns nur ſel -10Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.ten wild vorkommende Pflanzen ſind entweder ganz weggelaſſen, oder als ſolche wenigſtens bezeichnet. Wenn über ihre Verbreitung nichts Näheres angegeben iſt, ſo iſt anzunehmen, daß ſie faſt überall in Deutſchland vorkommen.
Aus ſpäter anzugebenden Gründen unterſcheide ich ferner Waſſer - und Sumpfpflanzen.
Darunter verſtehe ich ſol - che, welche im Waſſer ſelbſt, auch in fließendem, wachſen, auf deſſen Boden wurzelnd.
1. Das Pfeilkraut, Sagit - taria sagittifolia. Die deut - ſche und die wiſſenſchaftliche Benennung, letztere ſogar zum Ueberfluß doppelt, kennzeichnet allein ſchon dieſes ſchöne Ge - wächs vollkommen deutlich, denn ſein Blatt iſt ein treues Abbild von Amor’s ſüße Wun - den ſchlagendem Geſchoſſe, wie unſere Fig. 1. zeigt. Das Pfeil - kraut findet ſich in Deutſchland ſehr allgemein verbreitet an den Rändern von Teichen und gro - ßen Lachen, in Sümpfen und verſchilften Gräben, ſelbſt an Flußufern. Um es zur rechten Zeit ſammeln und — finden zu11Waſſerpflanzen.können, muß man wiſſen, daß es vom Spätherbſt bis zum Frühjahr nicht mehr zu ſehen iſt. Es hinterläßt in dieſer Zeit im Schlamme kirſchgroße braungrüne Knollen, aus denen ſich zuerſt ein zolllanges ſtengelartiges Gebilde und an deſſen Spitze erſt eine Knospe entwickelt, aus welcher anfangs ſchmale bandförmige, dann einige ſpatelförmige und erſt vom 4. und 5. Blatt an pfeilförmige Blätter hervorwachſen, zwiſchen denen der etwa 1 bis 1 $$\nicefrac12$$ Fuß hohe Blüthenſchaft hervortritt. An dieſem ſtehen oben männliche und unten weibliche Blüthen mit drei ſchneeweißen Blu - menblättern. Dieſe prächtige Pflanze wird vielen meiner Leſer noch un - bekannt ſein, denn ſie wächſt an Orten, wohin nur der Fiſcher und der Naturforſcher oder — der Badende kommt, und ſie wird ihnen, wenn ſie dieſelben zum erſtenmale ſehen, wie ein Fremdling erſcheinen. Sie bildet unbedingt den ſchönſten Schmuck der kleineren Aquarien und darf darin nie fehlen. *)Die den Figurenbezeichnungen beigeſetzten Bruchzahlen geben die Größe der Figuren an. An Fig. 1. bedeutet z. B. der Bruch ⅕, daß die ganze Pflanze bis auf ein Fünftel verkleinert iſt, dagegen an Fig. 3 c der Bruch $$\nicefrac41$$ , daß die Figuren vier - fach vergrößert ſind. Es iſt auf den Abbildungen immer angegeben, ob und wie tief ungefähr die Pflanze im Waſſer ſteht.
2. Der Froſchlöffel, Alisma Plantago. (Fig. 2.) Seine ſchönen, ſich aus dem Waſſer erhebenden eirunden, langgeſtielten Blätter bilden eine er - wünſchte Abwechſelung neben den dreiſpitzigen des Pfeilkrautes, und ſein tannenähnlich verzweigter, mit zahlreichen roſenrothen Blümchen bedeckter Blüthenſchaft erhebt ſich pyramidenartig hoch darüber empor. Der Froſch - löffel iſt an denſelben Orten wie das Pfeilkraut eine unſerer gemeinſten Pflanzen und findet ſich faſt in jedem Waſſergraben. Seine erſten Früh - jahrsblätter haben auch eine ſehr kleine, nur wenig vom Blattſtiele durch größere Breite ſich unterſcheidende Blattfläche. Will man gelegentlich einmal die zierliche Pracht des Pflanzenzellgewebes ſehen, wozu hier ein ſcharfes Auge kaum der Lupe bedarf, ſo ſchneide man mit einem recht ſcharfen Federmeſſer ein ganz feines Querſchnittchen aus dem dicken Ende12Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.
eines Blattſtieles und betrachte es gegen das Licht. Sobald das Eis von den Gräben und Lachen weg iſt, beginnt der überwinterte Wur - zelſtock unter dem Waſ - ſer bald zu treiben und beim Aufſuchen wird man durch die abgeſtor - benen Blüthenſtengel geleitet. Der Froſch - löffel verdient ebenfalls erſte Berückſichtigung und iſt leicht überall zu finden.
3. Segge oder Ried - gras, Carex. Von die - ſem artenreichen Ge - ſchlecht, welches an je - dem Teichrande, in je - dem Sumpfe, jedem Graben, wenigſtens durch eine oder einige ſeiner größeren Arten vertreten iſt, gehört eine oder die andere unbedingt ganz vorzugsweiſe in das Aquarium, indem ihre ſchönen im Bogen geſchwungenen ſchmalen Schilfblätter neben denen der beiden erſten Pflanzen einen angenehmen Kontraſt bilden. Beſonders empfehlen ſich: C. Pseudocyperus (Fig. 3.), acuta, vesicaria, ampullacea und riparia (mit meergrünen Blättern und am kräftigſten). Sie ſind ſämmt - lich ausdauernd und entwickeln im Mai und Juni ihre zierlichen in einer lockern Rispe vereinigten walzenförmigen, meiſt in ſchönem Bogen auf13Waſſerpflanzen.fadendünnen Stielen abwärts ge - neigten Blüthenährchen, von de - nen die oberen männliche, die un - teren weibliche Blüthchen tragen.
4. Untergetauchtes Hornblatt Ceratophyllum demersum. Wie die umſtehende Abbildung (Fig. 4.) zeigt, ein ſonderbares Gewächs, was die meiſten meiner Leſer wohl auch noch keines Blickes gewürdigt haben werden. Es findet ſich ziemlich häufig in Teichen, tieferen Lachen, Sümpfen und Gräben, de - ren Boden es oft ganz überzieht und dieſem dann das Ausſehen giebt, als wenn er mit hineingeworfenem Tannengezweig bedeckt wäre. Die reich verzweigten fadendünnen, oft mehre Ellen langen Stengel wur - zeln zwar im Boden, es genügt aber, einige Ranken in das Waſſer zu werfen, wo ſie dann freudig ohne zu wurzeln fortwachſen. Sie ſind mit eigenthümlichen, gabelartig geſpaltenen, ſchmalen, in kurzen Abſtänden quirlartig geordneten Blättern bedeckt. Ihre ſehr unſcheinbare Blüthe trägt die Pflanze nur höchſt ſelten. Sie bleibt immer unter dem Waſſer und iſt nach meiner Erfahrung gera - dehin eine unentbehrliche Zierde des Aquariums, weil ſie ganz beſonders zur Reinerhaltung des Waſſers beizutragen ſcheint. Um ſo erwünſchter iſt es, daß das Hornblatt ſich Alles bieten läßt, indem fingerlange ab - geriſſene Zweigſpitzen unweigerlich fortwachſen. Beim Einſammeln muß man es jedoch vor dem Vertrocknen, was ſehr leicht erfolgt, wohl in Acht14Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.
nehmen. Die im Aquarium hinzugewachſenen Blattquirle leuchten im brillanteſten Grün.
5. Aehrenförmiges Tauſendblatt, Myriophyllum spicatum. (Fig. 5.) In Habitus, Standort und Lebensweiſe dem Hornblatt ſehr ähnlich, nur ſind ſeine ebenfalls quirlſtändigen Blätter zart federförmig zerſchliſ - ſen; eigentlich nur ſeine Blattgerüſte und ſeine dickeren Stengel erheben zur Blüthezeit ihre Spitzen etwas über den Waſſerſpiegel. Es verträgt die wurzelloſe Uebertragung in das Aquarium nicht ganz ſo gut wie das Hornblatt, ſieht aber noch zierlicher aus, und entwickelt häufiger ſeine kleinen ſtielloſen, quirlſtändigen, roſenfarbigen Blüthchen. Seine Blätter ſind wie die des Hornblattes vorzügliche Pflanzſtätten für Infu - ſorien, von denen ſie oft wie von einem zarten Flaum ganz eingehüllt erſcheinen. Wegen der großen Aehnlichkeit mit dem Hornblatt, von dem15Waſſerpflanzen.
es ſich durch die angegebene Blattform dennoch leicht unterſcheiden läßt, ſollte man beide zuſammen, namentlich in einem Kelch-Aquarium, nicht aufnehmen, da ſie ſich darin zu wenig von einander unterſcheiden.
6. Der Froſchbiß, Hydrocharis morsus ranae. (Fig. 6.) Dies hüb - ſche Gewächs mit dem ſonderbaren Namen iſt ein echter Schwimmer, da ſeine etwa 5 — 8 Zoll langen, dicht mit feinen Haaren beſetzten Wur - zeln niemals den Boden erreichen, ſondern frei in das Waſſer hinab - hängen. Zwiſchen 3 bis 4 ſolchen Wurzeln erſcheint der Stengel abwärts wie abgebiſſen, als ob hier die Haupt - oder Pfahlwurzel fehle. Der Volkswitz giebt dies dem Meiſter Froſch ſchuld. Aus dem faſt auf Null reducirten Stengel unmittelbar über der Wurzel entſpringt ein Strauß ſehr regelmäßig geſtalteter nierenförmiger Blätter, welche platt auf dem16Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.
Waſſer ſchwimmen. Dazwiſchen erheben ſich auf ziemlich langen Stielen einzelne ſchneeweiße dreiblättrige Blumen, in denen ein ſonderbares Ge - ſchlechtsverhältniß ſtattfindet. In den Blüthen der einen Pflanze finden ſich 9 Staubgefäße und 3 verkümmerte keine Samen bringende Piſtille (a), in denen einer andern dagegen ſechs zweitheilige ſtrahlig geordnete Nar - ben und drei verkümmerte Staubgefäße (b). Keine kann für ſich keimfähi - gen Samen bilden und die Pflanze iſt daher eine ſogenannte zweihäuſig getrenntgeſchlechtige. Der Blüthenſtaub der erſten muß auf die Narben der letzteren gelangen, um in dieſen die Samenbildung einzuleiten.
Der Froſchbiß iſt auf Teichen, in Lachen und waſſerreichen Süm - pfen ziemlich weit verbreitet, doch manchmal fehlt er auch ganzen Gegen - den. Im März und April findet man an der Oberfläche der Gewäſſer ſchwimmend die jungen Pflänzchen, welche ſich aus kapernähnlichen Knospen entwickeln, die den Winter über auf dem Boden geruht haben.
7. Waſſerſterne, Callitriche. Wenn einer Gegend die Gattungen Myriophyllum und Ceratophyllum (Fig. 4. u. 5.) fehlen ſollten, ſo fehlten ihr doch vielleicht eine oder die andere Art des Waſſerſternes nicht17Waſſerpflanzen.und können daher die Arbeit jener im Aquarium verrichten, da die langen fadendünnen Stengel, welche reich mit ganz ſchmalen Blättchen beſetzt ſind, ebenfalls immer unter dem Waſſer bleiben. Nur die etwas breiteren dicht gedrängten Blätter der Stengelſpitzen ſchwimmen als zierliche Ro -
ſetten auf dem Waſſerſpie - gel, um die in ihren Ach - ſeln ſtehenden, auf das ein - fachſte Maaß beſchränkten Blüthchen an die Luft tre - ten zu laſſen. Dieſe beſte - hen nur aus Staubgefäß oder Piſtill, denn ſie ſind auch getrenntgeſchlechtig, und haben anſtatt Kelch und Blumenkrone nur zwei kleine Deckblättchen. Namentlich in Wald - und Wieſengräben kommen die zwei gemeinſten Arten: C. verna (Fig. 7.) und stagnalis ſehr häufig vor, und füllen dieſelben manch - mal ſtellenweiſe beinahe ganz aus. Man muß ſie in die Erde des Aqua - riums einpflanzen, da ſie ſonſt zwar fortwachſen, aber unordentlich auf dem Waſſer umher - ſchwimmen.
8. Waſſerminze, Mentha aquatica. (Fig. 8.) Eine Gattungsſchwe - ſter der Pfeffer - und Krauſeminze, übertrifft ſie dieſe durch ihren noch an - genehmeren erfriſchenden Wohlgeruch. Der gerade aufſteigende Sten -Roßmäßler, Aquarium. 218Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.gel trägt eirunde ſaftgrüne Blätter. Der Geruch unterſcheidet ſie leicht von den folgenden ihr ſonſt ſehr ähnlichen zwei Ehrenpreisarten.
9. Quellen-Ehrenpreis oder Bachbungen, Veronica Beccabunga (Fig. 9.), und Waſſer-Ehrenpreis, V. Anagallis. Bevor beide Pflanzen ihre Blüthen entwickelt haben, muß auch der einigermaßen bewanderte Kenner manchmal ſeine Naſe zu Rathe ziehen, um ſie von der Waſſerminze zu unterſcheiden, mit der ſie auch denſelben Standort theilen. Sie ſind noch häufiger als jene, und außer dem ihnen fehlenden Wohlgeruch erſetzen ſie im Aquarium die Minze vollkommen.
10. Waſſerſchlauch, Utricularia vulgaris. (Fig. 10.) Mit dieſer Pflanze mache ich wegen ihrer Schönheit und Sonderbarkeit eine Ausnahme, denn ſie iſt keineswegs ſo gemein, wie ihr lateiniſcher Art - name ſagt. Wo ſie aber einmal vorkommt, namentlich in ſumpfigen Nie -19Waſſerpflanzen.derungen, da iſt ſie gewöhnlich auf jedem Sumpfe in Menge anzutreffen. Die ganze Pflanze iſt recht eigentlich blos ein Gerippe, da von den ur -
ſprünglich ziemlich groß angelegten Blättern nichts zum Daſein gekom - men iſt, als das feine Blattgerippe, an deſſen zarten Veräſtelungen ſon - derbare flaſchenförmige Luftblaſen hängen, als wenn das Gewächs der - ſelben bedürfte, um nicht unterzuſinken. Der dünne gerade Blüthenſchaft erhebt ſich aus dem Waſſer und trägt einige abenteuerlich geſtaltete gold - gelbe Blumen. Der Waſſerſchlauch iſt übrigens vielleicht weiter verbreitet, als man glaubt, denn da er ziemlich ſelten blüht, ſo fallen ſeine unter dem Waſſer bleibenden Theile um ſo weniger ins Auge. Die feine Wurzel haftet im Schlamme.
11. Tannenwedel, Hippuris vulgaris. (Fig. 11.) Auch eine nicht über - all vorkommende, aber wie unſere Abbildung zeigt, ebenfalls ſehr eigen -2*20Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.
thümliche, ungewöhnliche Ge - ſtalt. Der dicke Schaft iſt dicht mit quirlſtändigen Blättchen bedeckt, in deren Achſeln ſich die blos aus 1 Staubfaden und 1 Pi - ſtill ohne Blumenkrone und Kelch beſtehenden Blüthchen finden. Die einfachen Sten - gel erheben ſich kerzengerade über das Waſſer.
12. Sumpf-Hottonie, Hottonia palustris. (Fig. 12.) Die fein fiederſpaltig zerſchliſ - ſenen, unter Waſſer blei - benden, ſalatgrünen Blätter dieſer weit verbreiteten Waſ - ſerpflanze geben dem Aqua - rium wieder einen neuen Zug. Der eine Traube ro - ſenrother Blüthen tragende Schaft erhebt ſich allein über das Waſſer. Die Hottonie trägt durch ihre reiche Be - laubung ſehr viel zur Reini - gung des Waſſers bei und ſollte immer einen Platz im Aquarium fin - den, auf welchem ſie ſich jedoch durch ihr üppiges Wachsthum leicht zu breit macht. In dieſem Falle beſeitigt man ſie und pflanzt einen der ſtrahlig an der Stengelſpitze ſtehenden Aeſte als Steckling in den Boden des Aquariums, wo er leicht Wurzel ſchlägt.
21Waſſerpflanzen.13. Laichkräuter, Potamogeton, kommen in mehren Arten in un - ſeren Teichen und waſſerreichen Sümpfen und Landſeen vor, und manche
davon eignen ſich für das Aquarium. Namentlich iſt das krausblätt - rige Laichkraut, P. crispus (Fig. 13.), durch ſeine wellig krauſen, faſt regelmäßig zweireihig geſtellten Blätter ſehr geeignet, dem Freunde des Fremdländiſchen einen eigenthümlichen Charakter in die Pflanzenwelt ſeines Aquariums zu bringen. Wo der Froſchbiß fehlt, da kann das von22Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.dem krausblättrigen ganz abweichend geſtaltete ſchwimmende L., P. natans (Fig. 14.), ihn vertreten, deſſen ſehr regelmäßig elliptiſche
Blätter ebenfalls auf dem Waſſer ſchwimmen. Leider ſind die dünnen Stengel des letzteren Laichkrautes meiſt zu lang, ſo daß die Aufnahme in das Aquarium faſt nur als Nothbehelf anzurathen iſt.
14. Waſſerranunkel, Ranunculus aquatilis. (Fig. 15.) Gegen die Aufnahme dieſer zierlichen Pflanze mit den zweierlei Blättern läßt ſich nur der eine Einwand machen, den wir bei der Hottonie machen mußten: ſie nimmt leicht zu viel Platz ein. Doch wenn man die ziemlich auffallen - den jungen Pflänzchen Ende April auf dem Grunde der Lachen und Teiche aufſucht und einpflanzt, ſo kann man ſie nachher durch Beſchnei - den einigermaßen im Zaum halten. Die untergetauchten Blätter ſind eigentlich nur ein haarfein veräſteltes Blattgerippe, und nur die oberen,23Waſſerpflanzen.
auf dem Waſſerſpiegel ſchwimmenden, ſind vollkommen entwickelt. Der Waſſerranunkel kommt ſehr häufig in Teichen und Sümpfen und auch24Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.nicht ſelten in langſam ſtrömenden Flüſſen und in großen Gräben vor, deren Waſſerſpiegel er zur Blüthezeit mit ſeinen weißen Blüthen, die einige Zoll hoch auf dünnen Stielen ſich über denſelben erheben, und mit den ſchwim - menden Blättern bedeckt. In Flüſſen, namentlich um die Träger hölzer - ner Brücken und Eisböcke, ſieht man häufig unter dem Waſſerſpiegel einen andern Ranunkel, den der ſchwimmenden breiten Blätter ermangelnden fluthenden Ranunkel, auch oft im Volksmunde Hechtkraut ge - nannt, R. fluitans, der jedoch für das Aquarium zu groß iſt.
15. Waſſeraloe, Stratiotes aloides. (Fig. 16.) Neben dem Pfeilkraute prägt namentlich dieſe Pflanze dem Aquarium einen entſchieden ſüdlän -
diſchen Charakter auf, da ſie ganz die bekannte Aloe - form hat, oder noch viel mehr dem Blätterſchopf der Ananas gleicht. Leider kommt die Waſſeraloe nicht überall vor, ſondern faſt nur da, wo große Teiche und Landſeen häu - fig ſind, alſo namentlich im nördlichen Deutſchland. Die Blüthe iſt der des Froſchbiſſes, mit dem ſie auch in eine Familie ge - hört, ſehr ähnlich. Nur die Blüthen und die Spitze des Blätterſchopfes treten über das Waſſer empor. Von der im Schlamme ſteckenden Wurzel erhebt ſich der dünne nackte Stengel und trägt nur an ſeiner Spitze den feder - buſchartigen, leuchtendgrünen Blätterſchopf. Wenn ſie zu erlangen iſt,25Waſſerpflanzen.muß der Waſſeraloe vor vielen andern Pflanzen der Vorrang eingeräumt werden, dafern ſich nicht, worüber ich noch zu wenig Erfahrung habe, die ſcharfen Randzähne der Blätter den kleinen zarten Fiſchchen gefährlich ma - chen. Ohne Wurzel zweimal eingebrachte Exemplare wollten nicht gedeihen.
16. Roßkümmel, Phellandrium aquaticum. (Fig. 17.) Um nicht den giftigen Waſſerſchierling aufzunehmen, wähle ich dieſe Pflanze, welche
durch ihren bekannten Doldenhabitus (den wir Alle von Möhren, Peter - ſilie, Kümmel und Körbel her kennen) und ihre hun - dertfach fein zuſammenge - ſetzten Blätter einen wah - ren Filigranſchmuck des Aquariums abgiebt. Man muß ſie im Frühjahr in kleinen Exemplaren an den verſchilften Rändern der Teiche und Waldla - chen holen, deren eins aus - reicht, um eine große über - aus zierliche und durch - ſichtige Maſſe über dem Waſſerſpiegel des Aqua - riums zu bilden. Die Pflanze iſt zweijährig.
17. Schmielenartiges Süßgras, Glyceria aquatica (Fig. 18.) und
18. Das rohrartige Glanzgras, Phalaris arundinacea (Fig. 19.) ſind zwei echte Gräſer, die beide ſtattlich genug ſind, um nicht blos als Lük - kenbüßer in Ermangelung einer anderen echten Grasgeſtalt, die im Aqua - rium nicht fehlen darf, aufgenommen zu werden. Beide wachſen an den26Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.Ufern unſerer Teiche, Flüſſe und Bäche, letztere auch in Gebirgsgegenden. Die erſtere Art hat unter allen unſeren echten Gräſern die reichſte und
ſchönſte Blüthenrispe, die ſich in einen lockern Strauß ausbreitet. Das Glanzgras iſt uns allen in einer krankhaften Varietät als grün - und weiß - geſtreiftes „ Bandgras “bekannt, denn es gedeiht eben ſo willig auf unſern Gartenbeeten, wie im Waſſer. Es zeichnet ſich aus durch ſtraffen Habi - tus, der auch der ſchmalen gedrängten kurzäſtigen Rispe zukommt.
19. Waldſimſe, Scirpus silvaticus. (Fig. 20.) Ihr Name trügt, denn ſie lebt nicht auf Waldboden, ſondern verlangt ſtets naſſen Boden und ſteigt auch bis in das Waſſer. Wenn man die unter Nr. 3. genannten27Waſſerpflanzen.
Seggen haben kann, ſo iſt die Wald - ſimſe zu entbehren. Sie wird bis 2 Fuß hoch und trägt eine weit - ſpreitige aus zahlreichen Aehrchen zuſammengeſetzte Straußrispe, über welche durch die zahlloſen weißen Griffel ein graulicher Schein verbrei - tet iſt.
20. Die ſchwimmende Salvinie, Salvinia natans. (Fig. 21.) Dieſe Pflanze, welche nur in den Waſſer - ſpiegeln der norddeutſchen Sümpfe häufig und ſonſt nur ſehr vereinzelt vorkommt, gehört zu der Familie der Wurzelfarren, welche eine kleine höchſt eigenthümliche Pflanzengruppe bilden. An einem zuweilen ein oder zwei Zweige abſchickenden Stamme ſitzen eiförmige Blätter und das ganze Gebilde ſchwimmt frei und
platt auf dem Waſſer. Auf der Rückſeite trägt es kleine kugelrunde28Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.Samenkapſeln und in das Waſſer hinabhängende behaarte Fadenwur - zeln. Wenn man die Salvinie erlangen kann, ſo darf man nicht ver - ſäumen, das abenteuerliche Gewächs in ſeinem Aquarium heimiſch zu machen.
Da man entweder im Mittelpunkte oder an einer Seite des Aqua - riums eine kleine Felspartie anzubringen pflegt, die ſich über dem Waſ - ſerſpiegel erhebt, ſo hat man Gelegenheit, auch einige Sumpfflanzen an - zubringen, d. h. ſolche, welche einen zwar fortwährend durchnäßten Boden, aber nicht den Standort im Waſſer ſelbſt verlangen. Sie fallen natürlich weg, wenn man es vorzieht, einen ſolchen Miniaturfelſen nicht aufzu - führen, vielleicht aus dem Grunde, um für die Thiere, namentlich für die Fiſche, einen deſto größeren Spielraum zu gewinnen. Dieſer Felſen giebt jedoch dem Aquarium einen überaus maleriſchen Charakter, den nicht leicht Jemand wird miſſen wollen. Faſt alle dieſe Sumpfpflanzen zeichnen ſich neben den Waſſerpflanzen durch ihren gedrungenen veräſtelten Bau, oder überhaupt durch Kleinheit und Zartheit der Formen aus, und bieten deshalb eine ſehr erwünſchte Abwechſelung, um ſo mehr, als manche von ihnen ſchöne Blüthen entwickeln.
1. Die Moosbeere, Oxycoccos palustris. (Fig. 22.) Dieſes niedliche Gewächs, welches nur auf moorigen Haiden oder buſchigen Moorwieſen in Gebirgsgegenden vorkommt, kriecht mit ſeinen ſchlanken, fadenförmigen Stengeln am Boden; ſie ſind mit kleinen Myrtenblättern beſetzt, tragen auf langen zarten Blumenſtielchen ſternförmige rothe Blüthen und ſpäter ſcharlachrothe eßbare Beeren.
2. Der Erdbeerklee, Trifolium fragiferum. (Fig. 23.) Sehr oft in Geſellſchaft der Moosbeere, wenigſtens an ähnlichen Standorten, findet ſich eine höchſt eigenthümliche Art Klee, deren Blüthenköpfchen durch ein fleiſchiges Anſchwellen der rothgefärbten Kelche nach dem Verblühen der29Sumpfpflanzen.
kleinen hellrothen Blümchen einer Erdbeere ſehr ähnlich werden. Der
Erdbeerklee iſt ebenfalls eine Kriechpflanze und bedeckt mit ſeinen vielver - zweigten Stengeln ſeinen Standort bald vollſtändig. Er iſt nicht häufig.
30Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.3. Das Sumpfmäuſeöhrchen, Myosotis palustris. (Fig. 24.) Manche Leſerin wird die proſaiſche Sprache der Wiſſenſchaft anklagen, wenn ſie
erfährt, daß dies der wiſſenſchaftliche Name des — Vergißmeinnicht iſt. Mehre Arten der Gattung Myosotis lieben trockne, ſandige Stand - orte, aber das Symbol der Liebesſehnſucht gedeiht nur am Waſſer und entfaltet ſeine himmelblauen Sternchen am liebſten auf dem trügeriſchen Moorgrunde, unter welchem dem unvorſichtigen Pflücker der ſchwarze Abgrund droht; und hier ſoll, wie eine gefühlvolle Sage will, der ſym - boliſche Name dieſes ſchönen Blümchens erfunden worden ſein. Ein lie - bendes Paar wandelte am Rande eines Moorbruches. Um den Wunſch der Geliebten zu erfüllen, betrat ihr Herzensfreund den treuloſen Boden. Er hatte ſchon ein Sträußchen in der Hand, als die Moordecke unter ihm31Sumpfpflanzen.brach. Mit den Worten „ Vergißmeinnicht “verſank er in die Tiefe. Es iſt leicht, beinahe das ganze Jahr hindurch an quelligen Orten, an Grä - ben und Sümpfen und moorigen Wieſen junge Vergißmeinnichtpflänz - chen zu finden, die mit Leichtigkeit im Aquarium angeſiedelt werden können.
4. Der Sonnenthau, Drosera rotundifolia. (Fig. 25.) Wenigen meiner Leſer und Leſerinnen wird dieſe Pflanze bekannt ſein und ich wette
darauf, wenn ſie ihnen in ei - nem Gewächshauſe mitten unter Ausländern gezeigt würde, ſie würden ſie als eine der zierlichſten und wun - derbarſten Seltenheiten an - ſtaunen. Ein Blick auf die Abbildung, die jede weitere Beſchreibung der Pflanze überflüſſig macht, wird das beſtätigen. Der Sonnenthau findet ſich zwar überall in Deutſchland verbreitet, jedoch nur auf eigentlichen Moor - wieſen. Seine zarte, faden - förmige Wurzel dringt kaum in den ſchwarzen Moor - ſchlamm ein, ſondern iſt weich gebettet in den immer waſſergetränkten Moospolſtern namentlich der Torfmooſe, Sphagnum. Die Torfmooſe ſind es, welche bei ſehr trocknem Wetter ſolchen Moor - wieſen oft in großen Flächen eine faſt weiße Färbung verleihen, indem ihre auch im feuchten Zuſtande nur hellgrüne, zuweilen an den Zweig - ſpitzen kirſchbraune Färbung in der Trockenheit verbleicht. Solche Orte ſind es, namentlich in Nadelholzwald gelegene, wo man nach Sonnen -32Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.thau ſuchen darf, aber auch ſelten vergeblich ſuchen wird. Man wähle im Mai nur junge Pflänzchen, die man durch die auffallende Blattgeſtalt leicht erkennen wird, und hebe ſie mit dem Stück des Moospolſters, auf dem ſie wachſen, ab, was mit größter Leichtigkeit geſchieht, während es ſchwer werden würde, herausgezogenen Pflänzchen nachher eine angemeſ - ſene Einbettung der Wurzeln zu geben. Natürlich muß man bis zur Einpflanzung auf dem Moosbett des Aquariums das geringſte Vertrock - nen der Pflänzchen vorſichtig vermeiden. Noch habe ich allerdings keine Erfahrung, ob es gelingen wird, dieſes reizende Pflänzchen im Aquarium einzubürgern, wo es übrigens auch nur einen kurzen Sommer lebt. Die Farbe der Blätter iſt grünlichgelb, und die in ein rundes Drüſenknöpfchen endigenden Haare ihrer Oberſeite und ihres Randes ſind ſchön weinroth gefärbt. Es wird vielleicht nothwendig ſein, nach Umſtänden, die man leicht wird ermeſſen können, zum Schutz ihres Standortes vor zu ſtarker Verdunſtung ein Bierglas über ſie zu ſtülpen. Ende Juni kann man leicht keimfähigen Samen des Sonnenthaues ſammeln, den man in einem feuch - ten Moospolſter auf dem kleinen Felſen wahrſcheinlich leicht zum Keimen bringen wird. Da die Pflanze zweijährig iſt, ſo muß man den Samen gleich nach der Reife ſäen. Die jungen Pflänzchen bleiben bis zum näch -
ſten Frühjahr tief in dem Moos - polſter verſteckt und entwickeln ſich dann ſchnell bis zur Blüthe.
5) Der Waſſernabel, Hydro - cotyle vulgaris. (Fig. 26.) Genau an denſelben Orten wie der Son - nenthau und meiſt in Geſellſchaft mit ihm findet ſich die einzige in Deutſchland ſehr verbreitet vor - kommende Pflanze, welche mit der bekannten Kapuzinerkreſſe das ſon - nenſchirmähnliche Blatt gemein hat. Die Pflanze mit dem wun -33Sumpfpflanzen.derlichen deutſchen Namen, deſſen Grund nicht einzuſehen iſt, gehört in die Familie der Dolden, von deren bekanntem Habitus ſie ſich freilich am weiteſten entfernt. Sie iſt zwar nicht ſo ätheriſcher Natur wie der Son - nenthau, der ſeinen poetiſchen Namen gewiß nicht unverdient trägt, er - fordert aber ebenfalls ſehr vorſichtige Behandlung.
6. Die Moorhaide, Erica tetralix. (Fig. 27.) Neben den zahlreichen Haiden unſerer Gewächshäuſer, die größtentheils vom Cap der guten
Hoffnung ſtammen, darf ſich un - ſere Moorhaide wohl ſehen laſſen. Die Abbildung beweiſt das, wel - cher ich nur noch hinzufüge, daß die ſchönen kugelrunden Glocken - blumen eine roſenrothe Farbe ha - ben. Sie wächſt auf Moorboden in Erlenbrüchen und Nadelwäl - dern und in Haidemooren, freilich nicht überall. Sie bildet handhohe ſchlanke, verzweigte Büſchchen, an denen die Nadelblättchen vierreihig geordnet ſind.
7. Die ſchwarze Rauſchbeere, Empetrum nigrum. An ähnlichen Orten wie die Moorhaide, zuwei - len jedoch auch an ganz trocknen Orten, wachſen die zierlichen kaum fingerlangen und dicht mit ganz kleinen Blättchen bedeckten Büſch - chen dieſer Pflanze, welche man an den am wenigſten naſſen Platz des Aquariums bringen muß. Sie iſt im Habitus der Moorhaide ähnlich, doch gedrungener und ohne ins Auge fallende Blüthen.
Roßmäßler, Aquarium. 334Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.8. Die poleyblättrige Andromede, Andromeda polifolia. (Fig. 28.) Zwar nicht eben weit verbreitet, kommt dieſes ſchöne, kleine Büſchchen doch
in vielen Gegenden Deutſchlands an moorigen Stellen der Nadelwaldungen vor. Die Pflanze gehört in die ſchöne Familie der Haidegewächſe, wohin auch die Moosbeere gehört, und theilt auch mit den meiſten Pflanzen dieſer Familie den Vorzug der eleganten Blüthenform und Farbe. Aus derſel - ben Familie können noch einige deutſche Repräſentanten, zu denen auch unſere gemeine Heidelbeere und Preiſelbeere gehören, auf dem Felſen des Aquariums aufgenommen werden, namentlich
9. Der Porſt, Ledum palustre, (Fig. 29.) und
10. Die Moorheidelbeere, Vaccinium uliginosum. Namentlich der Porſt erinnert lebhaft an die beliebten Zierſträucher der Azaleen und Al - penroſen. Durch ſeinen durchdringenden Geruch iſt er als „ Mottenkraut “ein Beſchützer unſeres Pelzwerks geworden.
11. Die gelbe Segge, Carex flava, (Fig. 30.) und
35Sumpfpflanzen.3*36Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.12. Die Borſtſimſe, Scirpus setaceus, (Fig. 31.) müſſen neben den bisher genannten Sumpfpflanzen die Grasform auf dem Moorbett des Aquariums vertreten. Die Abbildung der gelben Segge zeigt gewiß vie - len meiner Leſer zum erſten Male mit den unter Nr. 3 erwähnten Gat - tungsſchweſtern die zierliche Geſtaltung der Blüthchen und Früchtchen dieſer anſpruchsloſen Gewächſe. Eine nahe ausländiſche Verwandte des anderen Graſes iſt ohnehin ſeit einiger Zeit heimiſch auf unſeren Blumen - fenſtern geworden.
Auf Moorwieſen und an Sümpfen finden ſich noch mehre niedliche Arten aus der von dem Landwirth ſo genannten Gruppe der „ ſauren “oder unechten Gräſer, deren Brauchbarkeit für den Felſen des Aquariums man leicht erkennen wird.
13. Die Selaginellen, Selaginella, ſind die erſten Fremdlinge, deren Aufnahme in das Aquarium ich empfehle, denn die unter Fig. 32. und 33. 37Sumpfpflanzen.abgebildeten deutſchen und ſchweizeriſchen Arten ſind ſchwerer zu bekom - men, als einige ausländiſche. Die Abbildungen rufen dieſe gewiß allge - mein bekannten, durch ihre reiche Verzweigung und durch ihre dichtſtehen - den flächenartig ausgebreiteten kleinen Blättchen ſehr an Mooſe erinnern - den Pflanzen meinen Leſern ins Gedächtniß. Die Selaginellen ſind die nächſten Verwandten unſerer Bärlapp-Pflanze (Lycopodium clava - tum), und einige Arten bewohnen die Alpen der Schweiz und des ſüd - deutſchen Hochlandes. Mehre ausländiſche Arten, die einander übrigens ſehr ähnlich ſind, werden in jedem Gewächshauſe in Menge gezogen und ſind daher gewiß überall ſehr leicht zu beziehen. Sie müſſen ſo gepflanzt werden, daß ihre moosartig kriechenden Stengel Platz haben, um ſich auszubreiten und namentlich an kleinen Felſenwänden herabzuhängen.
In dem mehrfach erwähnten Artikel in der „ Gartenlaube “habe ich auch Farrenkräuter unter denjenigen Pflanzen genannt, welche auf der Felspartie des Aquariums Aufnahme verdienen. Bin ich ſeitdem auch nicht gerade eines Anderen belehrt worden, ſo glaube ich doch, daß man bei der Wahl derſelben beſchränkter iſt, als ich früher angenommen habe. Der Grund davon liegt zum Theil darin, daß für viele Farrenkräu - ter der Standort im Aquarium ſelbſt auf deſſen höchſter Felſenſpitze zu naß iſt, und daß viele Farrenkräuter einen zu großen Wurzelraum beanſpruchen. Deshalb möchte ich mich nun etwa auf folgende be - ſchränken.
14. Der Rippenfarren, Blechnum Spicant oder Bl. boreale. (Fig. 34.) Seine äußerſt regelmäßig tief fiederſpaltigen Wedel, wie man die Blätter der Farrenkräuter nennt, haben den Vorzug vor vielen anderen, daß ſie ſehr lange lebendig bleiben und ſtets ſo lange, bis ſich wieder neue Wedel ausgebildet haben. Den beſonderen Namen „ Wedel “haben die Farren - blätter deswegen, weil ſie mehr als bloße Blätter ſind, denn ſie tragen auf der Rückſeite in regelmäßiger, aber bei den verſchiedenen Gattungen höchſt manchfaltiger Anordnung, die kleinen ſandkorngroßen Kapſel - früchtchen. Bei dem Rippenfarren thun das wie bei einigen andern nicht alle Wedel, ſondern blos die einen ſind fruchtbar, während die anderen38Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.unfruchtbar bleiben. Die fruchtbaren ſind meiſt um einige Zoll höher, ihre Fiedern ſchmäler und auf der Rückſeite ganz mit den dunklen Kap -
ſelchen bedeckt. Sie ſtehen ſteif aufrecht, während die unfruchtbaren Wedel ſich als ſchöner Buſch nach allen Seiten ausbreiten. Der Wurzelſtock, mit Wurzelfaſern und braunen Schuppen verſehen, iſt an einem mittelmäßigen Exemplare höchſtens fauſtgroß und deshalb wohl unterzubringen. Der Rippenfarren muß aber auf die höchſte Spitze in eine mit Haideerde aus - gefüllte kleine Vertiefung des kleinen Kalkfelſens gepflanzt werden, wohin nur ſoviel Waſſer dringen kann, als in den Poren des Kalkſinters em - porſteigt.
15. Daſſelbe gilt auch von dem weiblichen Milzfarren, Athyrium filix femina (Fig. 35.), einem unſrer ſchönſten und im Flachlande eben ſo wie39Sumpfpflanzen.in dem Gebirge ſehr verbreiteten Farrenkraute. Sein ziemlich kleiner Wurzelſtock macht es zur Einpflanzung in den Raum des kleinen Felſens
geeignet, wo es nach meinen Erfahrungen auch ſehr gut gedeiht und ſei - nen eleganten Wedelbüſchel, der einer Palmenkrone ähnelt, reich entfaltet. An unſerer Figur ſehen wir zwei junge Wedel, welche uns das allen Far - renkräutern eigene Merkmal zeigen, daß ſie anfänglich wie eine Uhrfeder zuſammengerollt ſind, und ſich bei der Entfaltung allmälig aufwickeln.
16. Der Königsfarren, Osmunda regalis. Die doppeltgefiederten, leider nur zu groß werdenden Wedel entſpringen einem dicken geſtreckten Wur - zelſtocke, ſo daß man im günſtigſten Falle nach jungen Exemplaren ſuchen muß, deren Wurzelſtock dann dem ihm verfügbaren, beſchränkten Raume40Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.des Aquariums ſich anbequemt. Der Königsfarren iſt neben dem Adler - farren, Pteris aquilina, unſer ſtattlichſtes Farrenkraut und eignet ſich für das Aquarium um ſo mehr, als er wild in Waldſümpfen, Erlenbrü - chen, an Waldbächen und ähnlichen Orten wächſt, aber leider zu den ſeltneren Pflanzen gehört.
17. Der Straußfarren, Struthiopteris germanica (Fig. 36.), iſt kaum minder ſchön als der Königsfarren und bildet einen geſchloſſenen, ſich nur
wenig federbuſchartig ausbreitenden Wedelſtrauß. Wenn der Königs - farren doch vielleicht etwas zu hoch wird, ſo iſt der Straußfarren gerade angemeſſen, den Gipfel des kleinen Felſens im Aquarium einzunehmen,41Sumpfpflanzen.wobei er den Rippenfarren (No. 14.) etwa um 4 — 6 Zoll überragt und dem Milzfarren gleichkommt. Seinem natürlichen Standorte zufolge, feuchte felſige Waldſtellen, paßt er ganz gut in das Aquarium an den bezeichneten Ort. Er gehört aber keineswegs zu den allgemein verbreite - ten deutſchen Farrenkräutern.
Die Farrenkräuter lieben zwar im Allgemeinen ſchattige Standorte, aber von den genannten Arten iſt nicht zu bezweifeln, daß ſie im Aqua - rium gedeihen werden, zumal ich bei einigen davon es bereits erprobt habe. Zum Einpflanzen muß man Haideerde wählen und ihr eine Hand - voll grob zerſtoßene Holzkohle beimengen.
Ich benutze den Straußfarren, um über die ſo höchſt eigenthümlichen Verhältniſſe der Fruchtbildung bei den Farrenkräutern Einiges einzu - ſchalten.
Wie bei dem Rippenfarren (Fig. 34.), ſo ſind noch mehr bei dem Straußfarren die fruchtbaren Wedel von den unfruchtbaren verſchieden. Nur die letzteren ſind auch in ihren feinſten Fiederchen ganz ausgebildet, während dieſelben an den fruchtbaren verkümmert und an den Rändern zurückgerollt ſind und die Kapſelfrüchtchen umſchließen, welche die ganze Rückſeite des Wedels bedecken. Wir ſehen dies an Fig. 36 c, welche ein Querſchnittchen aus einer Wedelfieder darſtellt, wie dies durch die beiden Linien angedeutet iſt, auf welche an b durch ein Sternchen verwieſen iſt. Die geſtielten Kapſeln ſtehen in kleinen Büſcheln d zuſammen und haben auf der Wölbung einen gegliederten Ring e. Dieſer hat eine gewiſſe Fe - derkraft und dient nach der Reife der eingeſchloſſenen Samenkörnchen da - zu, die Kapſelhaut zu zerreißen, welches die andere Kapſelfigur darſtellt.
18. Der Aaronſtab, Calla aethiopica. Dieſe allgemein bekannte und beliebte Pflanze iſt geeignet, in Ermangelung einheimiſcher den Mit - telpunkt des Felſens zu zieren. Für ſie darf oder muß eigentlich der Platz für die Wurzel ſehr naß, am beſten unter dem Waſſerſpiegel liegen. Sie hat nur ein Unbequemes, ihre Länge und ihre Schwere, ſo daß ſie ſich ohne Stab nicht gut tragen kann. Man muß daher die Pflanze nicht zu alt und zu groß werden laſſen. Man verhindert ein zu üppiges42Pflanzen für das Kelch - und das Kaſten-Aquarium.Wachsthum dadurch, daß man ſie nicht zu naß, alſo nur auf die Spitze des Felſens pflanzt, wo ſie freilich dennoch dadurch gefährlich werden
kann, daß dieſer durch die ſchweren Blätter das Uebergewicht bekommt, wenn er nicht ſehr feſt auf breiter Grundfläche aufliegt.
19. Das Schlangenkraut, Calla palustris (Fig. 37.), welches hier und da, namentlich im nördlichen Deutſchland an den Rändern ver - ſumpfter Teiche und kleiner Land - ſeen häufig wächſt, iſt eine nahe Verwandte des Aaronſtabes, wie die nebenſtehende Figur deutlich genug zeigt. Es kann eben ſo wie letzterer angewendet und behandelt werden und bleibt viel niedriger.
Alle dieſe für die kleineren Formen des Aquariums empfohlenen Pflanzen ſind natürlich auch für das Baſſin-Aquarium anzuwenden, und die nun außerdem noch hinzuzufügenden mußten bis hieher blos ihrer be - deutenden Größe wegen weggelaſſen werden.
Der Begriff „ Baſſin-Aquarium “iſt ein ſehr weiter, indem man ihn bis zu dem freien Garten-Baſſin erweitern kann. Zunächſt denke ich hier nur an kleine Waſſerbecken auf dem Boden eines Gewächshauſes oder eines geräumigen hellen Gartenſalons. Wie daſſelbe einzurichten ſei, da - von ſoll ſpäter geſprochen werden. Die höchſte Stufe des Aquariums bildet zuletzt das freie Garten-Baſſin, wie es unſer Titelbild zeigt.
43Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.1. Der äſtige und der einfache Igelkolben, Sparganium ramosum (Fig. 38.) und Sp. simplex. Beide Arten bilden, namentlich durch ihre
Blätter, neben dem eigentlichen Schilfrohr, Phragmites com - munis, und einigen nachfolgenden Pflanzen für die flüchtige ungenaue Auffaſſung den weiten Begriff „ Schilf “. Von allen dieſen vermeintlichen Schilfpflanzen hat der größere äſtige Igelkolben, dem die andere Art in allen Punkten ſehr ähnlich, nur kleiner und ſchlanker iſt, die ſchönſten, ſäbelförmig geſchwungenen Blätter, die bis 3 Fuß lang und über 1 Zoll44Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.breit werden. Am Grunde des runden Schaftes ſind ſie von zwei Seiten einander meſſerſcheidenartig umfaſſend angeordnet. Es iſt dies, beiläufig geſagt, ein nicht unweſentlicher, wenn auch nicht ausnahmsloſer Charak - ter der großen Mehrzahl der ſogenannten einſamenlappigen Pflanzen (Monokotyledonen), wodurch ſich der berühmte Botaniker L. Reichenbach veranlaßt ſah, darauf eine Pflanzenklaſſe, die er ſehr paſſend Scheiden - pflanzen, Coleophyten, nennt, zu gründen. Ueberraſchend und neu wer - den den meiſten meiner Leſer und Leſerinnen die abenteuerlichen Blüthen der Igelkolben ſein. Sie bilden, in Vielzahl ſtrahlenförmig zuſammenge - drängt, runde Knäuel, die in den Achſeln der Schaftblätter, die oberen jedoch ohne dieſelben ſtehen. Die oberen kleineren Köpfchen beſtehen aus höchſt unvollſtändigen Blüthchen, deren jedes nur 1 Kelchſchuppe und meiſt 3 Staubgefäße hat. Die weiblichen Blüthenknäuel, welche tiefer am Schafte ſtehen und größer ſind, haben einen dreiblättrigen Kelch und 1 Piſtill. Dieſe ſonderbare Blüthenbildung, die in die noch fremdartigere Fruchtbildung übergeht, wodurch die weiblichen Blüthenköpfchen zu mor - genſternähnlichen (igelähnlichen) Kugeln werden, giebt dem ſchönen Gewächs einen fremdländiſchen Habitus. Am Rande der Teiche und breiter Gräben, ſo wie an den ſchleichenden Flüſſen der Ebenen findet ſich namentlich der äſtige Igelkolben ſehr weit verbreitet.
2. Die Waſſerviole, Butomus umbellatus. (Fig. 39.) Auch ſie iſt eine von denjenigen deutſchen Pflanzen, deren Bekanntſchaft der Nicht - botaniker nicht machen kann, ohne durch ihre auffallende Schönheit und ihren fremdartigen Habitus überraſcht zu werden. Aus einer kriechenden fleiſchigen Wurzel erhebt ſich ein Strauß über zwei Fuß hoher ſchmaler, riemenförmiger Blätter, denen der kleinen Rohrkolbe ſehr ähnlich, zwiſchen welchen ein noch höherer blätterloſer Blüthenſchaft aufragt, welcher an der Spitze eine Dolde von 10 — 15 violetten, dreiblättrigen Blumen trägt. In Sümpfen, Gräben, an Teichrändern findet man die Waſſerviole durch ganz Deutſchland ziemlich weit verbreitet, nur in Gebirgsgegenden pflegt ſie zu fehlen.
45Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.3. 4. Die große und die kleine Rohrkolbe, Typha latifolia und Typha angustifolia. Jeder Leſer wird ſich beim Anblick dieſer beiden
Pflanzen an ſeine Knabenjahre erinnert fühlen, wo es zu ſeinen beſondern Wünſchen gehörte, den langen Blüthenſchaft einer Rohrkolbe zu erlangen, welche mit ihren zwei über einander ſtehenden männlichen und weiblichen Blüthenkätzchen das leibhaftige Modell eines Kanonenputzers iſt. Es verlangt einige Anſtrengung, um den ſtarken Wurzelſtock der Rohrkolben aus dem Schlammgrunde zu heben, in welchem ſie am Rande der Teiche46Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.und großer Gräben, namentlich die breitblättrige Art, in Deutſchland an vielen Orten wächſt. Man muß ſich dabei hüten, die Stöcke durch Ziehen aus dem Boden herauszureißen, weil dies nicht ohne eine Ver - letzung des inneren Zellgewebes möglich iſt, in Folge deren die Stöcke alsdann meiſt eingehen.
5. Der Kalmus, Acorus calamus. (Fig. 40.) Unter dem weitſchichti - gen Begriff „ Schilf “verſteckt ſich auch dieſe ſchöne Pflanze an den Rän -
dern der Teiche, breiter Gräben und ſelbſt langſam fließender Flüſſe, und es wird wenige Nichtbotaniker geben, welche den höchſt eigenthümlichen Blü - thenbau des Kalmus ſchon ein - mal geſehen haben. Die Blät - ter ſind denen der Rohrkolben und des großen Igelkolbens ſehr ähnlich, aber ihre und des lan - gen Schaftes Zweiſchneidigkeit und der bekannte Reichthum der ganzen Pflanze an aroma - tiſchem Stoff läßt ſie leicht un - terſcheiden. Die ſehr kleinen ſechsblättrigen, mit 6 Staubge - fäßen und 1 Piſtill verſehenen Blüthchen ſind in regelmäßigen Spiral - reihen auf einem ſpindelförmigen Kolben zuſammengedrängt, der einige Aehnlichkeit mit einem Kieferzapfen hat. Längſt in ganz Deutſchland verbreitet iſt der Kalmus dennoch kein eingeborner Deutſcher, ſondern iſt, wie man ſagt, vor alten Zeiten durch Mönche aus dem Orient eingeführt worden. Die Figur iſt ungewöhnlich ſtark verkleinert.
6. Die gelbe Schwertlilie, Iris Pseudacorus. (Fig. 41.) Durch die zahlreichen Farbenſpielarten in unſeren Gärten ſind die Schwertlilien hin - länglich bekannt. Die ſchönen, großen, citronengelben Blumen der ge -47Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.nannten Art, welche ihre ſäbelförmigen blaugrünen Blätter ebenfalls dem unklaren Begriffe von „ Schilf “preisgiebt, bildet einen weſentlichen Far -
benſchmuck des Baſſin-Aquariums. In ebenen und oft auch in Gebirgs - gegenden findet man die Schwertlilie gemein an Teichrändern, Gräben, Sümpfen und auch an langſam fließenden Flüſſen, und es iſt leicht, den dicken vielgliedrigen, knolligen Wurzelſtamm vom Boden der Gewäſſer abzulöſen.
7. Der Fieberklee, Menyanthes trifoliata. Seine Blumen gehören unbedingt zu den ſchönſten der deutſchen Flora und ſind dennoch die we -48Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.nigſtgekannten, weil ſie immer nur an für Spaziergänger unzugänglichen Orten zu finden ſind, nämlich entweder im offenbaren Sumpfe oder auf dem gefährlichen unter dem unvorſichtigen Tritt leicht zerreißenden Moos - und Blumenteppich, der ſich über tiefen Mooren ausſpannt. Die Blätter ſind dreizählig wie am Klee und die blendend weißen Blüthen ähneln denen der Hyacinthe, ſind aber auf der Oberſeite ihrer Blättchen zierlich gebartet. Der Fieberklee muß mit ſeinen kriechenden Wurzeln an eine Stelle des ſeichten Randes des Baſſin-Aquariums gebracht werden.
8. 9. Einige Binſen - oder Simſenarten, namentlich Scirpus la - custris und maritimus verdienen ganz beſonders im freien Baſſin-Aqua - rium aufgenommen zu werden. Die erſtere Art, die Teichbinſe, bildet na - mentlich in großen Teichen ganze Schilffelder von Mannshöhe, die ſich durch eine dunkelblaugrüne Färbung auszeichnen. Etwas weniger ver - breitet iſt die zweite Art, die Meerbinſe, die ſich namentlich durch eine knollentragende Wurzel von der erſteren unterſcheidet. Bei beiden ſind die Blüthchen in eirunde Aehrchen zuſammengeſtellt, die bei der erſteren zu einem Büſchel dicht zuſammengehäuft ſind, bei der letzteren eine lockere Trugdolde bilden. Die Teichbinſe liefert in ihren vertrockneten weichmar - kigen Halmen das Mittel, die Fugen der Fenſterrahmen auszufüttern, in welche die Glasſcheiben eingefügt werden.
10. Die gewöhnlich ſo genannten Binſen, von den Botanikern mehr Simſen genannt, gehören der Gattung Juncus an, namentlich drei einan - der ſehr ähnliche Arten, welche ihre großen pinſelartigen Stöcke faſt in allen Waſſergräben, auch wenn dieſelben zeitweiſe vertrocknen, entwickeln. Es ſind dies die Arten J. conglomeratus, effusus und glaucus.
11. 12. Die weiße Seeroſe, Nymphaea alba, und die gelbe Seeroſe oder Nixblume, Nuphar luteum. Einen entſchieden tropiſchen Zug in der Phyſiognomie unſerer Flora bildend, dürfen ſie im tiefſten Mittelpunkte eines freien Baſſin-Aquariums natürlich nicht fehlen. Nur an Größe, ſicher aber nicht an Schönheit und Majeſtät des Baues, ſteht die weiße Seeroſe ihrer tropiſchen Schweſter, der Victoria regia, nach. Unſere deutſchen Schweſtern dieſer ſtolzen Bewohnerin Guyana’s ſind viel zu49Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.bekannt, als daß ſie hier noch abgebildet und beſchrieben werden müßten. Leider ſind beide zu groß und fordern wegen ihrer armsdicken, fleiſchigen, kriechenden Wurzelſtöcke einen viel zu großen Bodenraum, als daß ſie in dem Kelch - und Kaſten-Aquarium Aufnahme finden könnten. Auch im Baſſin-Aquarium verlangt ein Stock von jeder mindeſtens einen Flächen - raum von einer Geviertelle und wegen ihrer ſehr langen Blatt - und Blü - thenſtiele eine Waſſertiefe von mindeſtens zwei Fuß. Man muß ſie daher in den Mittelpunkt bringen, damit die ſchräg aufſteigenden Blatt - und Blüthenſtiele von da aus Raum haben, ſich nach allen Seiten ſtrahlig auszubreiten. Die Seeroſen bedürfen eine ziemlich tiefe Schicht Teich - ſchlamm für ihren mächtigen Wurzelſtock.
13. Die ſeeroſenähnliche Villarſie, Villarsia nymphaeoides (Fig. 42), iſt in Blatt und Blüthe ein Abbild der gelben Seeroſe im Kleinen, ohneRoßmäßler, Aquarium. 450Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.nahe mit ihr verwandt zu ſein. Ihre prachtvoll goldgelben Blüthen ähneln einigermaßen denen der Gurke. Die etwa thalergroßen, etwas buchtig ausgezackten Blätter ſchwimmen ebenfalls auf dem Waſſer, dafür iſt aber ihr Wurzelſtock klein und nur aus wenigen Faſern beſtehend. Sie ver - langt eine Waſſertiefe von wenig mehr als 1 Fuß, und wäre deshalb allenfalls in einem Kelch-Aquarium unterzubringen, wenn man im Früh - jahr junge Pflänzchen dazu auswählt. Im Süden Deutſchlands iſt die Villarſie in großen Teichen, Landſeen und langſam fließenden Gewäſſern ziemlich gemein, fehlt aber im mittlern Deutſchland an den meiſten Orten. Es iſt jedoch leicht, ſie einzuführen, da ſie ſich leicht und ſchnell außeror - dentlich vermehrt, wie ſie z. B. in wenigen Jahren einen Theil des Teiches im botaniſchen Garten der Univerſität Leipzig eingenommen hat und im Juni mit ihren Blüthen förmlich überſäet.
14. Die Waſſernuß, Trapa natans. (Fig. 43.) Auf dem Waſſerſpie - gel der Teiche und großen Lachen ſchwimmen, an fadendünnem langem Stengel buchſtäblich vor Anker liegend, die zierlichen Blätterroſetten dieſer meiſt nur im Nachen erreichbaren und darum wenig gekannten Pflanze. Ihr Anker iſt die ſchwarze ſtachelige im Schlammgrunde eingebettete Nuß, aus der die Pflanze emporkeimte. Ihre ſonderbar geſtalteten rautenförmi - gen Blätter mit in der Mitte geſchwollenen Stielen geben der Pflanze ein fremdländiſches Anſehen. Im Mittelpunkt der kleinen ſchwimmenden Blätterinſel ſtehen die weißen Blüthen, an denen Kelch - und Blumenblät - ter und Staubgefäße in der Vierzahl vorhanden ſind.
15. Zu den Grenznachbarn der Farren, früher im Syſtem mit ihnen verbunden, gehören auch die Schachtelhalme, Equisetum, von denen einige Arten in Gräben, an verſchilften Teichen und in Sümpfen ſehr verbreitet vorkommen. Ihr Bau iſt durch den gebräuchlichen Schachtelhalm, E. hiemale, allgemein bekannt. In dem freien Baſſin-Aquarium iſt beſon - ders das ſtattliche E. limosum zu empfehlen, welches meiſt unveräſtelte, ziemlich dicke Schäfte treibt, auf deſſen Endgliede der faſt ſchwarze, einer Ananas ähnliche Blüthen - oder vielmehr Fruchtzapfen ſitzt. Die Schach - telhalme kriechen mit ihrem Wurzelſtock weit im Boden umher und es51Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.ſieht im Frühjahr beſonders ſchön aus, wenn ſie unter dem Waſſerſpiegel ſpargelähnlich ihre Schoſſe empor - und zuletzt hoch über denſelben hinaus - treiben.
16. Endlich ſei hier noch mit vorſichtiger Beſchränkung der Süß - waſſer-Algen gedacht, jener meiſt überaus lebhaft grünen, zarten Faden - ſchöpfe, welche oft in ungeheurer Menge Gräben und Sümpfe anfüllen und auch von den triefenden Mühlrädern und Mühlgerinnen herabhän - gen. Vorſichtig muß man ſowohl ihre zu ſtarke Vermehrung wie auch ihr Abſterben überwachen, da ſie im letzteren Falle das Waſſer ſchnell ver -4*52Pflanzen für das Baſſin-Aquarium.derben. Wem aber das Aquarium zugleich eine Vorrathskammer für mi - kroſkopiſche Beobachtungsgegenſtände ſein ſoll, dem dürfen Algen nicht fehlen, theils an ſich, theils weil ſie die Tummelplätze für eine Menge jener niedern Thier - und Pflanzenformen ſind, welche man, Thieriſches und Pflanzliches zum Theil noch zuſammenwerfend, mit dem nichtsſagen - den Namen Infuſorien belegt.
Am Ende meiner Aufzählung hebe ich nochmals ausdrücklich hervor, daß damit die Zahl der für das Aquarium brauchbaren Pflanzen keines - wegs erſchöpft iſt. Wen ſein Aquarium verlockt hat, über daſſelbe hinweg in und auf die natürlichen Aquarien ſeiner Umgegend, auf Teiche und Sümpfe, zu blicken, der wird in dieſen noch manche Pflanze entdecken, denn ein Entdecken wird es ihm dann ſein, die er mit nach Hauſe in ſeine nächſte Nähe nehmen und dort fortgedeihen laſſen kann.
Die Goldfiſchen ſind das Motto zu dieſem Kapitel. Von den Chi - neſen erhielten wir ſie, die einzige Fiſchart überhaupt, welche jemals in Europa eingeführt worden iſt.
Doch wenn auch der Goldfiſch (Cyprinus auratus, alſo ein Gat - tungsbruder unſeres Karpfens, Cyprinus Carpio) in ſeinem Staatskleide ſtets als Mandarin ſeine Würde neben dem ſchlichten Kleide unſerer ein - heimiſchen Fiſchlein behaupten wird, ſo bleiben die letzteren doch unſere Landsleute und haben ein Vorrecht auf unſere Gunſt.
Aber faſt jede Thierklaſſe ſtellt ihre Mannen zur Belebung unſerer Aquarien, denn man kann, wenn man ſonſt die Mühe der nöthigen Vor - richtungen gegen das Weglaufen nicht ſcheut, die Waſſerſpitzmaus gewiß darin heimiſch machen. Ich führe die Thiere des Aquariums der Reihe nach an, von den unterſten beginnend und mit denjenigen ſchließend, welche auf den Staffeln des Thierſyſtems am höchſten ſtehen.
53Die Thiere des Aquariums.I. Für die Infuſorien haben wir nicht zu ſorgen. Mit jeder Waſſer - pflanze bringen wir unwillkürlich, ja unausbleiblich einen Stamm dazu mit in das Aquarium, in welchem ſich daraus oft in ſehr kurzer Zeit Mil - liarden entwickeln, ſo daß ſie wenigſtens als ein grauer oder weißlicher oder bräunlicher Ueberzug in der Maſſe uns ſichtbar werden, wenn auch erſt eine hundertfache Vergrößerung uns ihre oft überraſchenden Geſtalten zeigt. So wird uns das Aquarium ein Maaßſtab, an dem wir mit Stau - nen die unerſchöpfliche Lebensfülle der Natur in dieſen kleinen Weſen wenigſtens ahnend ſchätzen können. Jedes faulende Blättchen des Aqua - riums und auch die Blattſtiele der lebendigen Pflanzen zeigen ſich meiſt mit einem zarten flockigen Ueberzuge bedeckt, der ſich unter dem Mikroſkop in Welten von Infuſorien auflöſt. Ich muß mir es verſagen, auf ihre Beſchreibung einzugehen, um nicht die Abbildungen noch weiter zu ver - mehren, ohne welche eine Schilderung dieſer mikroſkopiſchen Geſchöpfchen nur ſehr mangelhaft bleibt*)Viele, wenigſtens die größeren Infuſorien ſind ſchon mit den kleinen Mikro - ſkopen aus der Anſtalt von Engell und Comp. in Wabern bei Bern (Hauptdepot für Deutſchland: Schäffer und Budenberg in Magdeburg) zu ſehen, welche mit Gebrauchs - anweiſung 8 Thlr. koſten. Es gehört ein ſolches als ein beinahe unerläßliches Ding zu jedem Aquarium..
II. Aus der Klaſſe der Polypen, denn auch dieſe iſt in unſern ſüßen Gewäſſern vertreten, ſind mehre Arten für das Aquarium zu empfehlen, wenn ſie auch nicht für das ſchmuckſuchende Auge, ſondern nur für den ſcharfſpähenden Blick bedeutungsvoll ſind. Ich nenne namentlich zwei nahe verwandte Thierchen, die beide wie die prachtvollen Korallenpolypen des Meeres zierliche Polypenſtöcke bauen, in deren Zellen die einzelnen Polypen hauſen. Es ſind dieſe der der Ordnung der Moosthierchen an - gehörige Federbuſch-Polyp, Plumatella campanulata, und der Süßwaſſer - Schwamm, Halcyonella stagnorum. Erſterer heftet ſeine kleinen veräſtelten röhrenförmigen Polypenſtöcke an der Unterſeite der Meerlinſen und na - mentlich der Seeroſenblätter an, letzterer überzieht in oft über zolldicken Klumpen in das Waſſer hineinragende Wurzeln und Blätter der Ufer -54Die Thiere des Aquariums.pflanzen oder bekleidet in dünneren Schichten ſelbſt die Gehäuſe der Schnek - ken - und Muſchelthiere. Nebenſtehende Abbildung, Fig. 44., giebt eine
Vorſtellung von dieſen Geſchöpfen, welche ziemlich auf der unterſten Stufe des Thierreichs ſtehen. Die Uebertragung von ihrem Fundorte, Teiche und Flüſſe, in das Aqua - rium muß ſchnell und mit Verhü - tung des Vertrocknens bewerkſtel - ligt werden, iſt alſo ziemlich ſchwie - rig. Beſonders muß man bei dem möglichſt ſchnell zu bewirkenden Transport das Verderben des Waſſers zu vermeiden ſuchen. Hat man die an den Gehäuſen lebender Schnecken und Muſcheln ſitzenden Polypenſtöcke glücklich in das Aquarium gebracht, ſo werden ſie darin ſicher gedeihen, da namentlich die Sumpf - ſchnecke, welche an Fig. 44. die Trägerin iſt, ſehr gut darin gedeiht und ein Gleiches alſo auch von den Polypen zu hoffen iſt. Nur der Zufall oder der kundige Blick eines Naturforſchers kann übrigens dieſe unſchein - baren und doch ſo intereſſanten Gebilde auffinden.
III. Mehrere Thierklaſſen überſpringend, weil dieſelben uns nichts Annehmbares oder für das ſüße Waſſer überhaupt nichts zu bieten haben, verweile ich bei der Klaſſe der Würmer im engeren Sinne (wiſſenſchaftlich Ringelwürmer zu nennen) auch nur kurz, weil deren Egelarten, Hirudo und Clepsine, ſo ſchön manche ſind, als Feinde der Fiſche und anderer Aquarien-Bewohner auszuſchließen ſind. Allenfalls die ſcharlachrothen bis 4 Linien langen Waſſerſchlängelchen, Nais, und der Schlammröhren bauende Tubifex rivulorum dürfen und werden ſich in das Aquarium verlaufen.
IV. Aus der Klaſſe der Inſekten, welche viele Vertreter im Waſſer hat, muß nur mit Vorſicht eine Auswahl getroffen werden, weil einige,55Die Thiere des Aquariums.leider ſonſt gerade von beſonderem Intereſſe, arge Verfolger der kleinen Fiſche ſind, die ich deshalb auch ganz beſonders ſignaliſire und abbilde als ſolche, die nicht in das Aquarium aufzunehmen ſind. Vor allen gehören dahin die Larven einiger großer Waſſerkäfer, namentlich der Gat -
tung Schwimmkäfer, Dytiscus (latissimus, marginalis u. ſ. w.), und des großen Waſſerkäfers, Hydrophilus piceus. (Fig. 45. 1, 2 und 3.) Die56Die Thiere des Aquariums.Käfer ſelbſt ſind auch noch deshalb nicht eben zu empfehlen, weil ſie des Abends gern das Waſſer verlaſſen und Nervenſchwache dann leicht in Schrecken ſetzen, wenn ſie brummend im Zimmer in der Irre herumfliegen. Der gerühmte Inſtinkt, der ja die Thiere zu willenloſen Maſchinen ma - chen ſoll, ſagt ihnen nicht, in welchem Winkel des Zimmers das Aqua - rium ſteht! Hat man bei ſeinem Aquarium beſonders die Thierwelt im Auge, ſo dürfen dieſe ſchönen Thiere allerdings nicht fehlen. Die Larve des Schwimmkäfers vertritt das Element des wilden Raubthieres, wäh - rend die Schwimmwanze als geſchickte Rückenſchwimmerin (was auch der Name Notonecta ausdrückt) beluſtigt.
Zu verbannen ſind ferner einige Waſſerinſekten aus der Ordnung der Wanzenartigen, namentlich der Waſſerſkorpion, Nepa cinerea (Fig. 45. 5) und die Schwimmwanze, Notonecta glauca (Fig. 45. 4. ), weil beide der Fiſchbrut nachſtellen. Will man jedoch in dieſer Beziehung ein Opfer bringen und ſich vor ihren empfindlichen Stichen in Acht nehmen, ſo em - pfehlen ſich beide durch ihre abenteuerliche Geſtalt und die Schwimm - wanze, wie eben erwähnt, namentlich dadurch, daß ſie auf der Oberfläche des Waſſers auf dem Rücken ſchwimmend herumfährt und dabei mit ihren langen Beinen rudert.
Wir gehen zu denjenigen Inſekten über, die uns das Aquarium be - völkern ſollen und mancherlei belehrende Unterhaltung gewähren werden.
1. Dazu gehören vor allen Dingen die Larven und Puppen der Libellen oder Seejungfern aus den Gattungen Libellula, Agrion (Fig. 46. 1, 2.) und Aeschna (Fig. 46. 3, 4, 5.), denn dieſe bekannten Schwärmer in der lauen Sommerluft, die ſie bald mit ſchnarrendem Flügelſchlag bald lautlos durchſchwärmen, leben in ihren früheren Zuſtänden im Waſſer und nichts erinnert an ihrer Geſtalt, oft mit leuchtenden Farben und feinma - ſchigen Flügeln geſchmückt, daß ſie den größeren Theil ihres Lebens häß - liche Waſſerthiere geweſen ſind. Sind ſie aber auch häßlich, ſo verdienen ſie dennoch namentlich aus einem Grunde in das Aquarium aufgenom - men zu werden. Dieſer liegt in einem ſonderbaren Werkzeuge, der ſoge - nannten Fangmaske, welches ſie an der Unterſeite des Geſichts tragen57Die Thiere des Aquariums.und womit ſie ihre Nahrung, allerlei kleine Waſſerthiere, fangen. In der Ruhe liegt die Fangmaske die ganze Unterſeite des Geſichts eben wie
eine Maske bedeckend, und iſt aus drei auseinander zu klappenden Glie - dern zuſammengeſetzt. Langſam nähert ſich das träge Thier ſeinem Opfer, ſtreckt dann plötzlich die Fangmaske aus und packt daſſelbe mit den ſchar - fen Klauen, welche an dem vorderen breiten Ende derſelben ſtehen. (Fig. 58Die Thiere des Aquariums.46. 5.) Von beſonderem Intereſſe iſt es aber, den Akt zu belauſchen, wenn ſich an einem über dem Waſſerſpiegel emporragenden Stengel das häßliche Waſſerthier in die ſchlanke buntfarbige Libelle verwandelt, eine Gelegenheit, die nicht leicht von einem andern Inſekt ſo bequem geboten wird. Man ſieht, wie die neugeborne Libelle ihre bisherige Geſtalt als leeres Futteral zurückläßt und mit Staunen nimmt man wahr, daß die vier großen Flügel bisher in den kleinen Scheiden Platz hatten, welche nur einen kleinen Theil des platten Rückens der Libellenpuppe bedecken. (Fig. 46. 4 und 5.)
2. Wenn auch die Larven der Köcherjungfern oder Phryganeen manch - mal ziemlich arge Verwüſtungen an den Waſſerpflanzen des Aquariums anrichten, ſo verdienen ſie doch aus dem Aquarium nicht gänzlich ausge - ſchloſſen zu bleiben, denn ſie ſind kleine Baumeiſter von ebenſo großer Geſchicklichkeit als eigenſinniger Launenhaftigkeit in der Wahl ihrer Bau - materialien. Aus den verſchiedenſten Stoffen, wobei jede Art immer denſel - ben Bauſtoff verwendet, errichten ſie ſich ein Gehäuſe in Form einer Röhre, indem ihnen Seidenſtoff als Mörtel dient, welches ſie ebenſo fortwährend mit ſich ſchleppen, wie die Schnecken ihr Haus, nur daß ſie in demſelben nicht feſtgewachſen ſind wie dieſe. Auf dem Grunde der Teiche, Sümpfe und größeren Gräben findet man faſt überall verſchiedene Arten der Phryganeenlarven umherkriechen, indem ſie blos den Vorderleib mit den ſechs Beinen aus dem Gehäuſe hervorſtrecken und daſſelbe nachſchleppen. Es beſteht bald aus kleinen Kieſelſteinchen oder zierlich zuſammengekitteten Glimmerblättchen oder Sandkörnern, bald aus Pflanzenſamen, bald aus kleinen leeren Schneckengehäuſen oder aus Stückchen faulen Holzes, bald auch iſt es aus zurechtgeſchnittenen Blattſtückchen, die ſpiralig an einan - der gefügt ſind, erbaut. Vor der Verpuppung wird das Gehäuſe ganz geſchloſſen und nachdem die Puppenruhe vorüber iſt, durchbricht das voll - kommene Inſekt in einigermaßen ſchmetterlingsähnlicher Form, aber düſter und unſcheinbar an Färbung, ſeinen Kerker, um ſein Luftleben zu begin - nen. Figur 47 ſtellt einige Köcherjungfern mit ihren Larven dar.
59Die Thiere des Aquariums.V. Aus den Klaſſen der Spinnen und Krebsthiere bieten ſich für das Aquarium mehre Arten dar, obgleich ich unter dieſen den gemeinen
Flußkrebs ſelbſt, wenn auch in den kleinſten Exemplaren, nicht empfehlen möchte, ſchon deshalb nicht, weil ein verfaulender Krebs das Waſſer tödtlich vergiftet. Beſonders nenne ich
Den gemeinen Waſſerfloh, Gammarus pulex (Fig. 48. 1, 2.) und die Waſſeraſſel, Asellus aquaticus (Fig. 48. 3. ), die faſt in jedem Waſſergra - ben zu finden ſind. Obgleich beide noch nicht einen Zoll lang werden, ſo bringen ſie doch viel Leben in das Aquarium, weil ſie immer im Waſſer60Die Thiere des Aquariums.umherfahren, um nach ihrer Nahrung, kleinen Waſſerthierchen, zu ſuchen. Der Waſſerfloh iſt, wie auch die Waſſeraſſel mit hornigen Schienen be -
deckt, ſeitlich breit zuſammengedrückt und nach der Bauchſeite zuſammen - gekrümmt, weshalb er ſich nur auf der Seite liegend fortbewegen kann, was ſehr komiſch ausſieht.
Gelingt es, der ſogenannten Kiemenfüße habhaft zu werden, Bran - chipus paludum und Apus cancriformis, die beide über 1 Zoll lang ſind, ſo lernt man zwei der ſonderbarſten Thiere kennen. Beide kommen aber nur in manchen Jahren vor, dann aber meiſt in ungeheurer Menge. Noch weniger als alle bisher genannten Inſekten und krebsartigen Thiere braucht man die zunächſt folgenden mühſam zu ſuchen, denn man wird ihrer faſt unwillkürlich habhaft, wenn man bei der Jagd verfährt, wie weiter unten beſchrieben werden ſoll. Ich meine damit einige Gattungen aus der Abtheilung der büſchelfüßigen Krebsthiere oder Lophyropoden, Cypris, Daphnia und Cyclops. Die erſten beiden, höchſtens eine Linie groß, vereinigen den vielgliedrigen Bau des Krebsthieres mit der Natur der Muſchelthiere, indem ſie in einer zweiklappigen Muſchelſchale einge - ſchloſſen ſind, weshalb man ſie auch Muſchelkrebschen nennt. Die noch kleineren Cyclopen fahren zwar immer als weiße Körperchen ruckweiſe61Die Thiere des Aquariums.im Waſſer umher, ſetzen ſich aber auch oft auf der inneren Wand des Glaſes feſt, wo man ſie mit einer Lupe bequem betrachten und bemerken kann, daß die Weibchen am hintern Ende des Leibes äußerlich zwei große Eierſäcke herumſchleppen, aus denen die Jungen nach und nach aus - kriechen.
Es wird meine Leſer und Leſerinnen vielleicht überraſcht haben, daß ich auch die Spinnen, die doch ſonſt ſo recht eigentliche Luftthiere ſind, unter den Aquariumthieren nenne. Es giebt auch nur eine Waſſerſpinne, Argyroneta aquatica, welche treu ihrem Luftleben ſich gewiſſermaßen ein Stückchen Atmoſphäre mit in das Waſſer hinunternimmt. Ihr ganzer Leib mit Ausnahme der darüber hinausragenden langen Beine, iſt nämlich unter dem Waſſer immer von einer kirſchgroßen Luftblaſe um - hüllt, ſo daß das Thier einer im Waſſer herumfahrenden Silberkugel ähnlich ſieht und, obgleich im Waſſer, doch nie naß wird.
VI. Wir kommen zu der großen Abtheilung der Weichthiere oder Mollusken, die, ſo weit ſie im ſüßen Waſſer leben, gewöhnlich wenig be - achtet und gekannt ſind, obgleich in Deutſchland nicht viel weniger Arten im Waſſer als auf dem Lande leben. Wir theilen ſie mit der gegenwär - tigen Auffaſſung der Wiſſenſchaft in die zwei Klaſſen der Muſchelthiere, Conchiferen und Schuecken oder Bauchfüßler, Gastropoden.
Von den Muſchelthieren, von denen einige Arten die Schalen für un - ſere Malerkäſten liefern und wenigſtens dadurch allgemein bekannt gewor - den ſind, eignen ſich zunächſt die kleineren Arten der Flußmuſcheln, Unio, in einigen wenigen Stücken zur Verſetzung in das Aquarium, namentlich Unio batavus, crassus, pictorum und tumidus, die in Flüſſen und Bächen und großen Lachen überall vorkommen. Sie ſpielen freilich bei der Bele - bung des Aquariums keine große Rolle, da ſie meiſt im Schlamme ver - graben ſtill ſitzen, indem nur ihr hinteres Ende hervorſteht, oder langſam wie der Zeiger der Uhr ſich im Schlamme vorwärts bewegen.
Die Teichmuſcheln, Anodonta, von denen manche ſo groß werden, daß, wenn ſie eßbar wären, eine einzige ausreichen würde, um einen Hungrigen zu ſättigen, ſind meiſt ſchon ihrer Größe wegen wegzulaſſen. 62Die Thiere des Aquariums.Da ſie lebhafter zu ſein ſcheinen, als die Unionen, ſo durchwühlen ſie zu ſehr den Boden, und wenn eine ſtirbt, ſo verdirbt ſie durch ihre Fäulniß das ganze Waſſer.
Für gewöhnlich gilt es den Naturforſchern für kaum möglich, Süß - waſſermuſcheln in Waſſergefäßen lange lebendig zu erhalten. Ich habe aber in meinem Aquarium einige Anodonten und Unionen ſchon über ein Jahr lang lebendig. Dieſe den Auſtern nahe verwandten Thiere gewinnen aber deshalb für das Aquarium ein Intereſſe, als man an ihnen das ſonderbar träumerige Stillleben dieſer Thierklaſſe zum erſten Male zu beobachten Gelegenheit erhält.
Die Kreismuſcheln, Cyclas, deren mehrere Arten in unſern Gewäſſern vorkommen, erreichen in der größten Art, der Flußkreismuſchel, Cyclas rivicola, (Fig. 49. 10. ) höchſtens die Größe einer Haſelnuß, meiſt blos die eines Kirſchkerns. Gegen die ſonſtige Gewohnheit der Muſchelthiere, im - mer an das ſchlammige oder ſandige Bett der Gewäſſer gefeſſelt zu ſein, kriechen die Kreismuſcheln, namentlich die kleineren Arten, an Pflanzen - ſtengeln und an der inneren Wand des Aquariums empor.
Die Waſſerſchnecken bieten eine viel größere Zahl von Arten dar, als die Muſchelthiere, und keine iſt zu groß, als daß ſie nicht für das Aqua - rium ſich eignete. Nicht blos durch ihre Geſtalt, ſondern auch durch die Neuheit ihrer Erſcheinung (denn wer kümmert ſich denn um dieſe Ge - ſchöpfe?) und durch mancherlei intereſſante Züge ihres Lebens bilden die Süßwaſſerſchnecken einen ganz vorzüglichen Beſtandtheil des Aquariums, wenn auch nicht verſchwiegen werden kann, daß die pflanzenfreſſenden von ihnen durch Beſchädigung der Pflanzen des Aquariums läſtig werden können.
Die meiſten Waſſerſchnecken finden ſich in Teichen, Lachen, Sümpfen und Gräben, in welchen viel Pflanzen wachſen, und nur in ſehr hohen Gebirgslagen ſind ſie ſelten, fehlen aber auch da gewöhnlich nicht gänzlich.
Es würde eine zu lange Reihe werden, wenn ich alle Arten auffüh - ren und abbilden wollte, ich beſchränke mich daher auf die wichtigeren Gattungen und auf eine Repräſentantin jeder derſelben.
63Die Thiere des Aquariums.Die Schlammſchnecken, Limnaeus, kommen etwa in zehn Arten in Deutſchland vor, von denen die große Schlammſchnecke, Limnaeus stagna - lis (Fig. 49. 4. ), die größte iſt. Ein Paar davon reichen aus, denn die
Pflanzen müſſen ſtark herhalten, um ſie zu füttern. Die Entwickelungs - geſchichte der Schlammſchnecken wie der meiſten andern Waſſerſchnecken64Die Thiere des Aquariums.iſt ſehr eigenthümlich. Sie legen meiſt auf der Unterſeite auf dem Waſſer ſchwimmender Blätter, im Aquarium aber auch ſehr oft an der Innenſeite des Glaſes, ihre Laiche ab. Dieſe ſind kryſtallhelle, meiſt, wurmförmige Gallertklumpen, in denen man ſchon mit bloßen Augen die gelben Dot - terkügelchen der Eier unterſcheiden kann, aus denen der Laich zuſammen - geſetzt iſt. Eine ſcharfe Lupe reicht aus, um in einem Laiche, der an einer zur Beobachtung paſſenden Stelle des Glaſes abgelegt iſt, die Entwicke - lungsgeſchichte der jungen Schneckchen zu verfolgen. Man ſieht, wie von Tage zu Tage das Dotterkügelchen ſich vergrößert und unter fortwähren - der Axendrehung ſich allmälig zum Thierchen mit der beginnenden kleinen Schale entwickelt. Zuletzt verlaſſen die kleinen Schnecken den Laich und zerſtreuen ſich auf den Pflanzen des Aquariums, ſoweit ſich dieſelben un - ter dem Waſſerſpiegel befinden. Man wird ſich wundern, das ſchnelle Wachsthum der Schnecken zu bemerken, indem längſtens zwei Sommer dazu gehören, um aus dem ſenfkorngroßen neugeborenen Thierchen die ausgewachſene Schnecke mit dem über 2 Zoll langen Gehäuſe werden zu laſſen. Es kommen jedoch, namentlich wenn man einmal das Füttern der Fiſche vergißt, wenig junge Schnecken zur vollkommnen Entwicklung, da ſie von den Fiſchen gern gefreſſen werden.
Neben der großen Schlammſchnecke kommen noch einige andere Ar - ten in unſeren weichen Waſſern vor, namentlich L. palustris, L. auricula - rius (Fig. 49. 3. ) und L. ovatus. Limnaeus pereger iſt in Gebirgsgegen - den die einzige größere Waſſerſchnecke, kommt jedoch auch in der Ebene vor.
Der Sumpfſchnecken, Paludina, giebt es zwei große einander ſehr ähnliche Arten, P. vivipara (Fig. 49. 1, 2.) und P. fasciata, von denen die erſtere in großen und kleinen ſtehenden Gewäſſern, die letztere mehr in Flüſſen lebt. Die Paludinen werden meine Leſer dadurch überraſchen, daß ſie, wenn ſie ſich in das Gehäuſe zurückgezogen haben, jeden ungebe - tenen Beſuch ſich dadurch vom Leibe halten, daß ſie mit einer feſten Thüre daſſelbe verſchließen. Es iſt dies ein hornartiger Deckel (Fig. 49. 2. ), welcher auf der Oberſeite des hinteren ausſtreckbaren Theiles des Thieres65Die Thiere des Aquariums.feſt gewachſen iſt, und welcher ſtets genau in den äußerſten Umfang der Oeffnung paßt. Er wird daher von dem Thiere gleichen Schrittes mit dem ganzen Gehäuſe vergrößert, wodurch die concentriſchen Anwachsringe entſtehen, welche unſere Figur 2 zeigt. Die Sumpfſchnecken ſind lebendig gebärend und zwar ſind die neugebornen Schneckchen im Verhältniß zur Mutter ungewöhnlich groß, und bringen ſchon ein Gehäuſe von vier Umgängen ſammt dem Deckel mit auf die Welt. Man kann die weibli - chen von den männlichen Exemplaren dadurch leicht unterſcheiden, daß die erſteren zwei einander vollkommen gleiche, ſpitze, pfriemenförmige Fühl - hörner haben (wie Fig. 49. 1. ), während bei den Männchen das rechte Fühlhorn viel kürzer, dicker und kolbig abgeſtumpft iſt. Die Palndinen leben mehr von thieriſcher Nahrung und ſind daher im Aquarium den Pflanzen nicht ſchädlich.
In kleineren Gräben und Sümpfen lebt noch mehr verbreitet als die beiden großen Paludinen eine dritte kleinere Deckelſchnecke (Bithynia ten - taculata), welche von altersher den ihr gebührenden Namen des Thür - hüters trägt, weil ſie bei der geringſten Störung ſich blitzſchnell in ihr Gehäuſe zurückzieht und dieſes mit ihrem Deckel feſt verſchließt, welcher jedoch nicht hornartig, ſondern von feſter Kalkſubſtanz gebildet iſt.
Nach einem ganz andern Bauplane ſind die Gehäuſe der Teller - ſchnecken, Planorbis, gebildet. Der hohle ſpiralförmig aufgewundene, an Weite immer mehr zunehmende Kegel, aus welchem ein gewundenes Schneckengehäuſe gebildet iſt, iſt bei den Tellerſchnecken um einen Punkt in einer Ebene aufgewunden, ähnlich wie die Spiralfeder einer Taſchen - uhr; daher bietet ein Tellerſchneckengehäuſe von oben oder unten und von der Seite geſehen zwei ganz verſchiedene Anſichten dar. Die große Tellerſchnecke, Pl. corneus, (Fig. 49. 5. ) beſteht aus wenigen an Weite ſehr ſchnell zunehmenden Umgängen, während eine andere Art, Pl. vortex, aus zahlreichen, niedergedrückten, ſehr langſam zunehmenden Umgängen beſteht, ſo daß das Gehäuſe einem zierlichen flachen Knöpfchen gleicht. Die große Tellerſchnecke könnte auch den Namen der deutſchen Purpur - ſchnecke führen, denn wenn man das Thier reizt, ſondert es einige TropfenRoßmäßler, Aquarium. 566Die Thiere des Aquariums.eines trüben Purpurſaftes aus. Die Tellerſchnecken legen ihre Eier in runden, flachen Laichklumpen ab.
Die Blaſenſchnecken, Physa, unterſcheiden ſich ſehr leicht von allen übrigen Waſſerſchnecken dadurch, daß ihr Gehäuſe links gewunden iſt. In Teichen und größeren Gräben lebt die eine unſerer beiden gemeinen deutſchen Arten, Ph. fontinalis, während die andere, Ph. hypnorum, in kleinen Wieſengräben vorkommt. Die erſtere hüllt ihr ganzes Gehäuſe in eine zerſchlitzte Mantelhaut ein, welche das Thier aus der Mündung her - ausſchlägt. (Fig. 49. 6, 7.)
Die Kammſchnecken, Valvata, ſind kleine Thiere mit theils planorbis - artigen, theils mehr kugligen Gehäuſen. Von den erſteren kommen zwar mehre in Gräben und Teichen ſehr häufig vor, ſind aber zu klein, um zur Bevölkerung des Aquariums weſentlich beizutragen. Nur eine Art, V. piscinalis (Fig. 49. 8, 9.), von der Größe eines kleinen Kirſchkernes, iſt groß genug für uns und verdient unſere Aufmerkſamkeit durch ihr Athem - organ, welches ein zierliches Bäumchen darſtellt, das bei der geringſten Störung vorſichtig zurückgezogen wird (9.). Die Kammſchnecken ſind Deckelſchnecken und haben einen dünnen häutig knorpeligen Deckel, der aber auf andere Weiſe wächſt, als der der Sumpfſchnecken. Er wird nämlich nicht ringsum an ſeinem ganzen Umfange vergrößert, ſondern blos an der Seite, welche an der Spindelſäule des Gehäuſes anliegt, wo immer ein kleines keilförmiges Stück angeſetzt wird. Dies kann nur unter einer Vorausſetzung geſchehen, die man kaum für zuläſſig halten ſollte, daß nämlich der Deckel ſich während des Wachsthums fortwährend um ſeine Axe dreht, trotzdem daß er auf dem Fuße des Thieres feſtgewachſen iſt. Dadurch bekommt der Deckel nicht wie bei den Paludinen concentri - ſche Anwachsringe, ſondern man bemerkt auf demſelben eine Spirallinie, durch das gleichzeitige Drehen und Vergrößertwerden bedingt. Wir haben hier einen der zahlreichen Fälle in der Bildungsgeſchichte der organiſchen Weſen vor uns, der ſelbſt an dieſem Orte ſein Intereſſe geltend machen darf und eine kurze Beſchreibung verdiente.
Die Flußſchwimmſchnecke, Neritina fluviatilis, lebt nur in Flüſſen67Die Thiere des Aquariums.und größeren Bächen, wo ſie an Steinen, namentlich an deren Unterſeite feſt zu ſitzen pflegt. Sie iſt zwar klein, aber durch ihre lebhafte Färbung und durch ihren ſonderbaren Deckel unſerer Aufmerkſamkeit werth. Der Deckel hat nämlich auf ſeiner Rückſeite einen förmlichen Riegel, wodurch ſeine Einfügung in die halbkreisförmige Mündung beſonders feſt bewerk - ſtelligt werden kann.
Noch einer Menge anderer kleiner Waſſerſchnecken, meiſt mit ſehr zierlichen Gehäuſen, die hier unerwähnt geblieben ſind, bemächtigen wir uns unwillkürlich mit, wenn wir in Gräben und Sümpfen und Teichen auf die Jagd gehen, die ich nun beſchreiben will. Nur bei den ganz gro - ßen Arten und überhaupt bei denen, die wir namentlich bei warmem Sonnenſchein oben auf dem Waſſer ſchwimmend oder auf den Waſſer - pflanzen ſitzend bemerken, haben wir nöthig, ſie einzeln aufzunehmen. Bei dieſer Jagd handelt es ſich aber natürlich nicht blos um Schnecken und die kleinen Kreismuſcheln, ſondern überhaupt um eine Menge Thiere, von denen wir die meiſten dabei zum erſtenmale zu Geſicht bekommen werden, ſtaunend über den Reichthum an thieriſchen Formen an dieſen Orten. Ein für alle Mal hebe ich hier hervor, daß wir dabei keinem Thiere begegnen werden, vor welchem wir uns zu ſcheuen oder gar zu fürchten Urſache hätten, nur die oben beſchriebenen Waſſerwanzen müſſen wir ihres ſchmerzhaften Stiches wegen vorſichtig behandeln, was um ſo leichter iſt, als ſie durch ihr lebhaftes Umherkriechen ſich ſofort bemerklich machen und leicht beſeitigt werden können. Auch die Blutegel, die wir oft unwillkürlich mit fangen, beißen nicht gleich an, und vor einem Froſch oder einer Unke zu erſchrecken iſt zu unnaturfreundlich, als daß ich es einem meiner Leſer und Leſerinnen zutrauen möchte.
Wir brauchen zu dieſer Waſſerjagd ein nothwendiges Werkzeug. Es iſt dies ein etwa 1 Fuß tiefes ſackförmiges, aus feſtem grauen Zwirn geſtricktes Filetnetz, welches an einen Reifen von ſtarkem Draht feſt ge - näht iſt, und nicht größer zu ſein braucht, als etwa 8 — 10 Zoll im Durchmeſſer. Um die Fäden, mit welchen der Sack an den Reifen befe - ſtigt iſt, nicht durch das Aufſtreifen auf dem Boden der Gewäſſer ſich5*68Die Thiere des Aquariums.durchreiben zu laſſen, überziehe man den Reifen ſammt den Fäden mit einer dicken Lage von Gutta Percha, die man durch einen brennenden Streifen davon aufträgt. Der Reifen hat einen etwa 4 Zoll langen Stiel um damit das Netz an einen Stock befeſtigen zu können. Die Anwendung dieſes Netzes iſt eine doppelte. Um die Thiere in Gräben und am Rande von nicht zu ſumpfigen Lachen zu fangen, ſtreift man mit dem an dem Stock befeſtigten Netze über den Boden derſelben hin, indem man das Ufer entlang hinſchreitet und lieſ’t von Zeit zu Zeit die gemachte Beute zwiſchen den mit aufgerafften Blättern, Steinchen u. dgl. aus. Die Be - ſchaffenheit des Grundes der Gewäſſer giebt es ſchon an die Hand, wie man dabei zu verfahren hat. Eine unerwartet reiche Beute macht man namentlich in Wieſengräben, in denen viel Waſſerpflanzen wachſen, wo - bei man das Netz feſt auf dem Boden hinſchleifen laſſen muß. Die zweite Anwendung des Netzes beſteht darin, aus dem fauligen Bodenſatze der Sümpfe, Gräben und Teiche, der meiſt aus verweſenden Blättern und Holzſtückchen beſteht, die Thiere zu ſondern. Es iſt ein beſonders günſtiger Augenblick, wenn man im hohen Sommer einen Graben mit einem ſolchen Bodenſatz beinahe ausgetrocknet findet, weil alsdann in dieſem die verſchie - denartigſten Thiere ſich in Menge zuſammengedrängt finden. Man thut dann ein paar Hände voll dieſes Bodenſatzes in das Netz und ſpült ihn darin in einem Gewäſſer aus, was ſich in den meiſten Fällen in der Nähe finden wird, wobei die leichteren Blätter und andere fremdartige Dinge ſich leicht oben abſchöpfen laſſen, während ſich alle Thiere auf dem Boden des Netzes ſammeln. Um auch die kleineren nicht zu verlieren, muß eben das Netz ſehr dichtmaſchig ſein, ſo daß z. B. Wickenkörner nicht mehr hin - durchfallen könnten.
Das was man erbeutet hat, nimmt man entweder in Gläſern, die man mit Moos oder Gras locker verſchließt, mit nach Hauſe, oder in ge - bundenen Schachteln, nicht in geleimten, weil dieſe aufweichen und aus - einandergehen würden. Auf dem Trausport, ſelbſt wenn er mehrere Stunden in Anſpruch nimmt, thut man in den Gläſern (bei den Schach - teln verbietet es ſich von ſelbſt) kein Waſſer hinzu, weil dieſes mit Thie -69Die Thiere des Aquariums.ren überhäuft und bei ſehr warmen Wetter ſelbſt in dieſer kurzen Zeit verderben und viele Thiere tödten würde, ſondern es reicht dazu die Feuchtigkeit aus, die man mit den Thieren ſelbſt in die Gefäße gebracht hat. Beſſer noch als Gläſer ſind blecherne Gefäße, mit einem Deckel ver - ſchließbar, weil ſich darin Alles kühler erhält.
Wir kommen unten beim Einſammeln der zu dem Aquarium nöthi - gen Thiere und Pflanzen noch einmal auf den Transport zurück.
VII. An die Weichthiere ſchließt ſich zunächſt die Klaſſe der Fiſche an. Ich darf es füglich unterlaſſen, durch Beſchreiben und Abbilden der - ſelben den Umfang dieſes Büchleins unnöthig zu vergrößern, denn jede Fiſchart verdient Aufnahme in das Aquarium mit Ausnahme der Raub - fiſche: Hecht, Forelle und Barſch. Die deutſchen Süßwaſſerfiſche ſind nicht blos von dem Volke, ſondern auch von den Naturforſchern, wenn ſie nicht ganz beſonders ſich mit dem Studium der Fiſche befaſſen, unter allen Wirbelthieren am ſchlechteſten gekannt und leider fehlt es immer noch an einem mit Abbildungen verſehenen guten und wohlfeilen Buche zur Beſtimmung derſelben. Beſonders tragen der Wetterfiſch und der Schmerl, Cobitis fossilis und C. barbatula, durch ihre eleganten ſchlan - genartigen Bewegungen viel zur Belebung des Aquariums bei. Auch unſere beiden abenteuerlichſten Fiſchgattungen, die der Stichlinge, Gaster - osteus, und der Kaulfiſch, Cottus gobio, dürfen trotz ihrer in Stacheln ausgehenden Kiemendeckel Aufnahme finden.
Unter allen Fiſcharten, die ich ſeit nun beinahe zwei Jahren in mei - nem Aquarium gehalten habe, hat ſich der Goldfiſch, Cyprinus auratus, am beſten erhalten, vielleicht weil er ſchon ſeit vielen Generationen an die Gefangenſchaft gewöhnt iſt. Es iſt mir noch nie ein Goldfiſch im Aqua - rium geſtorben.
Ueber das Fangen der Fiſche für das Aquarium und über die