PRIMS Full-text transcription (HTML)
[I]
Eleuſinien des neunzehnten Jahrhunderts
Oder Reſultate vereinigter Denker uͤber Philoſophie und Geſchichte der Freimaurerei.
Zweites Baͤndchen.
Berlin1803.Bei Heinrich Froͤlich.
[II][III]

An die S. E. G. u. V. L. zu den drei Bergen und ihren verehrten Meiſter von St.

Indem ſich meine Achtung, mein Dank, und meine bruͤderliche Liebe gegen Sie, durch die Zueignung dieſes zweiten Baͤndchens der Eleu - ſinien auszudruͤcken ſtrebt, erlauben Sie mir zu - gleich dieſe Zuſchrift dazu zu benutzen, daß ich Ihnen einige Gedanken uͤber maureriſche Schrift - ſtellerei uͤberhaupt mehr andeute als ausfuͤhre, und mich uͤber das, was dieſe kleine Schrift liefert, mit kurzen Worten erklaͤre.

Es wuͤrde gar nicht unzweckmaͤßig, und der gegenwaͤrtigen Zeit nicht unangemeſſen ſeyn, wenn man die Sache der maureriſchen Publicitaͤt wie - der zur Sprache braͤchte, uͤber die von jeher* 2IVzwei entgegengeſetzte Meinungen geherrſcht haben. Einzelne BB., beſonders die Schriftſteller ſelbſt, waren ſtets dafuͤr, die Logen gewoͤhnlich dage - gen. Selten war ein Buch allen Syſtemen angenehm, wie z. E. die Apologie des Br. St.; oͤfter waren Schriften einer Parthei hoͤchſt unan - genehm z. B. St. Nicaiſe; ſelten veranſtalteten die Behoͤrden ſelbſt unter ihrer Autoritaͤt den Druck gewiſſer Werke, z. B. die Gr. L. von England, den des Conſtitutionsbuchs, die neueſten R. C., den der Schriften Chriſophirons; oͤfter ſchrieben einzelne Br., ohne oder gegen die Autoritaͤt der Behoͤrden in ihrer eigenen Sache, oder aus einem innern Drange, oder aus ver - ſchiedenen andern, reinen und unreinen Abſichten. Dieſe rechtfertigten ihre That durch mannigfaltige Gruͤnde, die angegriffenen Corporationen ver - warfen ſie natuͤrlich, und viele, die uͤber das, was Maurerei iſt, ſich keine feſten Begriffe ge - bildet hatten, mißbilligten jedes uͤber Maurerei und Logenweſen geſchriebene Wort, als pflicht - widrig; indeß von Jahr zu Jahr neue Schrif - ten uͤber Maurerei, und die Geſchichte ihrer Ausartungen erſchienen.

So lange maureriſche Schriften geleſen wer - den, und ſo lange ſich ein Stoff zu ihnen findet, ſo lange werden dergleichen gedruckt werden. Dies im letzten Akt zu hindern, moͤchte bei derV Verfaſſung der Bruͤderſchaft, und ihrem Ver - haͤltniß zur groͤßeren buͤrgerlichen Geſellſchaft wohl unmoͤglich ſeyn; und es waͤre auch nicht wuͤnſchenswerth, wenn es unrer gegenwaͤrtigen Umſtaͤnden gehindert wuͤrde. Was nicht zu ver - meiden iſt, (vorausgeſetzt, daß es nicht abſolut boͤſe iſt) muß man nicht vermeiden wollen, noch mehr, von dem muß man glauben, daß es nicht ohne Fug geſchehe.

Wenn man recht feſt die Maurerei von ihrer Geſchichte unterſcheidet, ſo wird man ſich ſehr leicht uͤber maureriſche Publicitaͤt ins Klare ſetzen, und beruhigen koͤnnen. Gewoͤhnlich wird uͤber jene nicht viel geſprochen, und was man ſpricht, iſt eine Art von Philoſophie, von ſubjectiver Anſicht, die mehr oder weniger zur Geſchichte wird; dieſe Geſchichte aber iſt aller - dings ein Gegenſtand der Unterſuchung, und iſt es von alten Zeiten her geweſen, ſo, daß eine bedeutende Literatur entſtanden iſt, die blos Beitraͤge zur Geſchichte liefert, oder mit ihr zu - ſammen faͤllt. Ein gewiſſer Proteſtantismus, der unſere ganze ſogenannte Aufklaͤrung erzeugt hat, draͤngt hier zu Unterſuchungen, die man denn bekannt machen, und dadurch aufklaͤren will. Dieſer Proteſtantismus taugt freilich nicht viel, aber er iſt einmal im Zeitgeiſt begruͤndet, und die Maurerei konnte ihm nicht entgehen. WasVI ſodann einmal zur Sache des Verſtandes und der Forſchung gemacht iſt, muß und kann auch fuͤglich als ſolche behandelt werden. Mußten ſich doch die heiligen Urkunden, und die Ge - ſchichte des Chriſtenthums ein gleiches gefallen laſſen, da man jene von aller hoͤheren Autori - taͤt entkleidete, ſie als menſchliche, dem Schickſal unterworfene Buͤcher anſah, und nun ſie zu bearbeiten, zu reinigen, und zu erklaͤren anfing; aus dieſer aber alle kirchliche Autoritaͤt verbannte, und ſie einer kritiſchen Pruͤfung unterwarf: wo - durch der unendliche und grenzenloſe Proteſtan - tismus in der Religion eroͤffnet wurde, der das Profane mit dem Heiligen nicht vermiſcht, ſon - dern alles profan macht.

Gegen alles dieſes koͤnnen in dem Gebiete der Maurerei die Logen ſelbſt am kraͤftigſten arbeiten, nicht durch Verbote und Interdikte, ſondern dadurch, daß ſie ſelbſt ſich auf den Standpunkt des Lichts ſetzen, daß ſie in ihrem Innern die BB. maureriſch beſchaͤftigen und befriedigen, daß ſie ſelbſt die Maurerei nicht als bloße Verſtandesſache behandeln, und wohl ler - nen, wie man mit Myſterien umzugehen habe. Alsdann wird ſich niemand ſehnen uͤber maure - riſche Gegenſtaͤnde zu ſchreiben oder zu leſen. Wer dies durch Beiſpiele beſtaͤttigt finden will, der gebe acht auf die Logen und Syſteme, welcheVII am entſchiedenſten die Publicitaͤt verſchmaͤhen, am wenigſten leſen, und verhaͤltnißmaͤßig die wenigſten Schriftſteller haben; und er wird finden, daß gerade bei ihnen ſich einige der angegebenen charakteriſtiſchen Zeichen finden. Eine L., die dieſe Zeichen alle an ſich truͤge, wuͤrde von Druckſchriften nichts wiſſen.

Aber ſo lange man noch Myſterien ohne Myſtik feiert, ſo lange der Kenntnißſtolz auf unſichern Fundamenten beruht, ſo lange man auf der einen Seite nach Aufklaͤrung, und nach bloßer Aufklaͤrung jagt, und auf der andern Seite das Licht der Wahrheit aus Eigenſinn, Furcht, Eigennutz oder Stolz verſchmaͤht: ſo lange wird geſchrieben werden, und ſo lange wird man eine grundloſe und vergeb - liche Oppoſition gegen die Publicitaͤt bilden.

Eine andere Quelle der maureriſchen Schrift - ſtellerei ſind die Logenſtreitigkeiten. Eine Corpo - ration wird angegriffen, ſie muß ſich ver - theidigen: ein Bruder wird beleidigt, gemißhan - delt, ungehoͤrt verdammt; die Verlaͤumdung breitet ſich weit uͤber den Kreis der geſchloſſenen Geſellſchaft aus, was bleibt ihm uͤbrig, ſeine Ehre zu retten, als der Recurs an das groͤßere maureriſche Publikum? Auch dieſe unmaure - riſche Quelle koͤnnen die Direktionen der LL. ganz verſtopfen, nicht durch Tadel des Beleidig - ten, der zu ſeiner Rechtfertigung ſchreibt, da erVIII nicht ſprechen konnte: ſondern durch Feſthalten an den ewigen Principien der Gerechtigkeit, durch Ver - huͤtung aller Verletzungen menſchlicher Rechte, und aller unbruͤderlichen Streitigkeiten, vermittelſt und Kraft des wahren heiligen Geiſtes der Maurerei.

Natuͤrlich ſpreche ich nur von redlichen maureriſchen Schriftſtellern, die um der Sache willen ſchreiben. Was ſchlecht iſt, und aus unreinen Abſichten geſchieht, das wollen wir, wie uͤberall, ſo auch hier verachten.

Ueberhaupt aber ſpielt die maureriſche Publi - citaͤt nur in den Vorhoͤfen, die an die profane Welt grenzen, ja mitten in ihr liegen. Das wahre Myſterium hat bisher (und wird es zu allen Zeiten) aller Publicitaͤt und Profanation geſpottet; kein Schriftſteller hat es verrathen, und wird es je verrathen, theils, weil er es nicht kennt, theils, weil er, wenn er es kennt, nicht davon ſpricht, theils, weil er, wenn er auch davon ſpraͤche, von keinem verſtanden werden wuͤrde, als der es ſchon weiß. So gleichen die maureriſchen Schriften alle mehr oder weni - ger, der in den Eleuſinien mitgetheilten chrono - logiſchen Geſchichte, die bei aller ihrer Zweck - maͤßigkeit zum gelehrten Gebrauch, doch die unſchuldigſte Sache von der Welt iſt; und ſo koͤnnen alle g. u. v. LL., ſo wie alle redliche Logenbeamte, uͤber die Publicitaͤt uͤberhauptIX außer Sorgen ſeyn; ſie gehen mit Bewußtſeyn ihren Weg fort, uͤberzeugt, daß gegen ſie nichts Bedeutendes geſagt werden kann, und daß ſie das, was eben geſchrieben wird, und nur geſchrie - ben werden kann, nicht zu ſcheuen haben. Und ſo konnte ich denn auch Ihnen, meine verehrten Bruͤder! ob ſie gleich im Allgemeinen die maureriſche Publicitaͤt, noch mehr aber ihre Quellen, nicht lie - ben, ohne Furcht Ihnen zu mißfallen, dieſe Schrift zueignen, denn Sie haben auf einem hoͤhern Stand - punkte, als der der Druckſchriften ſeyn kann, Be - friedigung, und die wahre Anſicht aller der hiſtori - ſchen Dinge, die durch die gedruckten Buchſtaben mitgetheilt werden koͤnnen, gefunden.

Erlauben Sie mir noch einige Worte uͤber den Inhalt dieſes zweiten Baͤndchens.

  • No. 1. iſt die Fortſetzung der hoͤchſt intereſſan - ten Briefe uͤber Maurerei, wie ſie ein folgerecht denkender Verſtand conſtruirt. Sie werden die Wichtigkeit und das Weit - greifende dieſer Ideen, ſo wie ihr Verhaͤlt - niß zur Geſchichte des O. einſehen, und mit mir glauben, daß ſie der vorzuͤglichſte Schmuck der Eleuſinien ſind; eben ſo wiſſen Sie, daß der an irgend einem Orte, als Verfaſſer derſelben angegebene Br. Feßler, weder Verfaſſer noch Bearbeiter derſelben iſt, und daß ſonach alles, was man ausX ihnen fuͤr das Syſtem dieſes Br. hat fol - gern wollen, keinen Grund hat. Zuſaͤtze, die die Einkleidung erforderte, ſind diesmal ganz unbedeutend, und ſo erhalten die BB. die Ideen des großen Mannes faſt durch - gaͤngig mit ſeinen eigenen Worten. Moͤchte es ihm doch gefallen, bei ſeiner tiefen Kennt - niß der Geſchichte des O., auch die philo - ſophiſche Deduction, der uͤber der allge - meinen menſchlichen Geſellſchaft ſchweben - den geſchloſſenen Geſellſchaft zu vollenden!
  • No. 2. iſt leider polemiſchen Inhalts; leider, in Abſicht der Veranlaſſung. Es iſt dies das erſte Wort, welches der Hw. Br. Feßler gegen die Angriffe ſagt, die ſeit einiger Zeit auf eine faſt unerklaͤrbare Weiſe auf ihn gemacht worden ſind, und die wohl alle auf Mi[ß]verſtaͤndniſſen und unrichtigen Vorausſetzungen beruhen. Gewiß, weder die Liebe unter den Maurern, noch die Ehre der Bruͤderſchaft wird dadurch befoͤrdert, und das feſtgegruͤndete Verdienſt des Br. Feßler um das Ganze der Maurerei da - durch nicht geſchmaͤlert. Da es ihm gefallen hat, ſelbſt, und unter ſeinem Namen, uͤber die Sache zu ſprechen, ſo iſt jedes weitere Wort eines andern uͤberfluͤſſig.
  • No. 3. liefert Zuſaͤtze zur chronologiſchenXI Geſchichte. Von ihnen gilt ganz daſſelbe was S. VII. der Vorrede zum erſten Baͤndch. ſteht; es wird erzaͤhlt, nicht was wirklich geſchehen ſey, ſondern was irgendwo oͤffentlich erzaͤhlt worden iſt. Daher ſind die Citationen ſehr zu beachten, weil ſie gewoͤhnlich die Recenſion der Glaubwuͤrdig - keit einer Nachricht enthalten. Um die Brauchbarkeit dieſer Chronologie fuͤr den maureriſchen Geſchichtsforſcher zu vermeh - ren, ſind zuweilen Data aus andern Ordens - geſchichten beigeſetzt worden, die wegen ihres Einfluſſes oder ihrer Accommodation auf Maurerei bedeutend geworden ſind. Uebrigens ſieht der Verf. voraus, daß unterrichtete Frei-Maurer, dieſe Data, be - ſonders aus der aͤltern Zeit, nicht ohne Laͤcheln leſen, und nur zuweilen eine ernſte Miene machen werden; indeß der Ernſt mehrt ſich, wie in einem Trauerſpiele, je naͤher wir dem Ende kommen, das uͤbri - gens auch in den allerneueſten Zeiten kei - nen Schluß macht. Dieſe Geſchichte, welche ſchon ganz ausgearbeitet iſt, hat bei dem Jahre 1766. aus Mangel an Raum abgebrochen werden muͤſſen; ſie wird aber ſo vollſtaͤndig, als nur immer moͤglich iſt, geliefert werden. Die bei dieſer Gele -XII genheit im vorigen Baͤndchen angedeutete kritiſche Geſchichte (Manuſcript fuͤr ver - traute BB. ) iſt uͤbrigens mit uͤberraſchen - dem Gluͤcke vollendet, voll tiefer hiſtoriſcher Forſchungen, neuer Entdeckungen und frucht - barer Reſultate. Es iſt unbedenklich das wich - tigſte maureriſche Werk, das je geſchrieben worden iſt, und es waͤre zu wuͤnſchen, daß diejenigen, die es geleſen und gewuͤrdigt haben, ſich oͤffentlich daruͤber erklaͤren moͤchten.
  • No. 4. Mit dieſem heiteren Gemaͤlde glaubt der Herausgeber den Leſern dieſes zweiten Baͤndchens ein nicht unangenehmes Ge - ſchenk zu machen. Moͤgen ſie es fuͤr eine Paradoxie, oder fuͤr einen Traum halten: es iſt reich an Gelegenheit zu wichtigen Reflexionen und manchen neuen Anſichten. Sollte man auch den hier ausgeſprochenen oder angedeuteten Wahrheiten nicht allge - mein die Realiſirung wuͤnſchen, ſo werden ſich doch aller Herzen in dem Wunſche ver - einigen, daß der Geiſt und die Geſinnung der Bruͤder der L. zu Z. allgemein ſeyn moͤge.
  • No. 5. Hier die im vorigen Baͤndchen ver - ſprochenen Worte des ehrwuͤrdigen Br. Bode. Es ſind vielleicht die unbedeu - tendſten, die er geſagt hat, aber ſie ſind von ihm, und um deswillen den VerehrernXIII ſeiner großen Verdienſte um die Geſchichte und Reinigung der Maurerei werth. Br. Mnioch iſt als maureriſcher Dichter ſchon zu bekannt und geliebt, als daß ihm nicht alle BB. von Herz und Geiſt fuͤr die Be - kanntmachung dieſes herrlichen Hymnus danken ſollten; eben ſo wird man die bei - den einfachen Lieder eines andern Dichters nicht ohne Wohlgefallen leſen.
  • No. 6. von nicht erfreulichem hiſtoriſchem In - halte. Wahrſcheinlich hat ſich die ganze Begebenheit im Monde zugetragen, welches der Ueberſchrift nicht widerſpricht, da der Mond nicht mehr und nicht weniger unter der Sonne liegt, als die Erde.
  • No. 7. liefert eine maureriſche Curioſitaͤt. Kenner werden ihren Inhalt zu wuͤrdigen wiſſen und entſcheiden, ob dadurch Hr. Profeſſor Buhle widerlegt ſey. Wenn Sie meinen ſollten, daß darinn eben nicht ein europaͤiſcher, ſondern vielleicht ein etwas aſiatiſcher Geiſt wehe, ſo moͤchten Sie wohl nicht irren. Uebrigens verdient die am Ende des Aufſatzes angekuͤndigte literariſche Unternehmung alle Aufmerkſamkeit, voraus - geſetzt, daß die verſprochenen Aktenſtuͤcke be - ſonders uͤber das Cl ſche H. K., unbezwei - felte Kritereien der Aechtheit an ſich tragen.
  • XIV
  • No. 8. Literatur. Dieſen Artikel hat ſein Verfaſſer nur zu Mittheilung einiger ſeiner Ideen benutzt, und es war nicht ſeine Mei - nung eine vollſtaͤndige Literar-Notiz oder Kritik zu liefern.

Es iſt auch bei dieſem Baͤndchen der Eleuſinien dem Herausgeber Ernſt geweſen, der guten Sache der Maurerei nuͤtzlich zu werden, und etwas zu lie - fern, welches der Aufmerkſamkeit denkender BB. wuͤrdig waͤre.

Moͤge alle Polemik und aller Streit aus der Bruͤderſchaft und aus maureriſchen Schriften verſchwinden, und, obgleich der Glaube verſchieden ſey, ſich alle Herzen zur reinen Achtung fuͤr Wahr - heit, zur Schonung der heiligen Rechte des guten Namens der BB., zur Billigkeit gegenfremde Ueber - zeugung und zum frohen Bruderfrieden erheben!

Seegen allen guten LL. und BB., die im Geiſte und der Wahrheit arbeiten, die Maurerei vor allem Profanen bewahren, und unter dem Scheine ihrer erhabenen Lichter, mit hellem Geiſte und fuͤhlendem Herzen dem hoͤheren Lichte entgegen wandeln!

Mit inniger Freude werde ich Sie, meine ver - ehrten BB. ! auf dieſem ſchoͤnen Wege begleiten.

Geſchrieben den 24. Aprill 1803.

Der Herausgeber.

[XV]

Inhalt.

  • Seite
  • I. Philoſophie der Maurerei. Briefe an Konſtant1
  • II. Reviſion des Maureriſchen Taſchen - buches auf das Jahr 5802 bis 5803, und maͤnnliche Abfertigung ſeiner Herausgeber X. Y. Z. Vom Br. Feßler. 61
  • III. Geſchichte der Maurerei. 1) Alte Geſchichte. 2) Geſchichte des acht - zehnten Jahrhunderts. 115
  • IV. Die Loge zu Z. Ein Auszug aus dem Reiſe-Journal eines unterrich - teten Maurers. 215
  • V. Reden und Gedichte. 1) An - rede an einen Neuaufgenommenen, vom verewigten Br. Bode. 2) Am Einweihungs-Feſte der neuen Loge F. W. z. S. Eine Viſion vom Br.
  • XVI
  • Seite
  • Mnioch. 3) Am St. Johannis-Tage. Der Loge zur Wahrheit gewidmet. 4) Das Gluͤck der Maurerei255
  • VI. Nichts Neues unter der Sonne. Eine merkwuͤrdige hiſtoriſche Pa - rallele273
  • VII. Ueber den Urſprung der Freimaurer und Roſenkreuzer. Anmerkungen, uͤber den vom Hrn. Profeſſ. Buhle unterm 27. und 31. Januar, v. J. im 8. und 9. Blatte der Hambur - ger Adreß-Comtoir-Nachrichten bekannt gemachten Urſprung derſel - ben. Von dem Br. v. Bioͤrn321
  • VIII. Maureriſche Literatur. 1) Ta - ſchenbuch fuͤr Frei-Maurer. Koͤthen, 1803. 2 ) Moraliſcher Taſchenſpiegel335
I. Phi -
[1]

I. Philoſophie der Maurerei. Briefe an Konſtant.

Zweites Baͤndch. A[2][3]

Briefe an Konſtant.

Sechster Brief.

Du laͤßeſt mich nicht los, Konſtant! ob Du gleich, wie Du ſchreibſt, ahneſt, was ich noch zu ſagen haben moͤchte. Du haſt auch ganz recht, und es iſt nichts leichter fuͤr einen folgerecht denkenden Kopf, als, nach den angedeuteten Praemißen, mein Thema gluͤcklich zu vollenden. Aber ich ſoll, ſo willſt Du, fortfahren.

Unſre erſte Frage wird ſonach ſeyn: Was wirkt der Orden im Maurer? und die zweite: Was wirkt er auf die Welt? Ich werde mich kurz faſſen, und mich mit fruchtbaren Winken begnuͤgen koͤnnen.

Iſt die Verbindung nicht voͤllig vergebens und unwirkſam, ſo muß doch ohne Zweifel derjenige, der ſich in ihr befindet, er ſtehe auf einer Stufe der Kultur, auf welcher er wolle, der Reife naͤher kommen, als daſſelbe Individuum,A 24außer der Verbindung, ihr gekommen ſeyn wuͤrde. Dieß gilt bei dem wachen Men - ſchen ſogar von jedem neuen Verhaͤltniſſe, in wel - ches er eintritt.

Ich nehme hier Reife und gemeinmenſch - liche Ausbildung fuͤr gleichbedeutend, und zwar mit Recht. Einſeitige Bildung iſt immer Unreife; wenn auch an einer Seite Ueberreife ſeyn ſollte, ſo iſt doch dafuͤr gewiß an andern Seiten herbe, ſaure Unreife.

Das Hauptkennzeichen der Reife iſt: Kraft, durch Anmuth gemildert. Alle jene ge - waltſamen Ereiferungen, jene weiten Anlaͤufe und Ausholungen ſind die erſten, auch nothwendigen Renkungen und Regungen der ſich entwickelnden Kraft; aber ſie ſind nicht mehr vorhanden, nach - dem die Entwickelung vollendet, und die ſchoͤne geiſtige Form in ſich ſelbſt gerundet iſt. Oder daß ich es mit den Kunſtwoͤrtern der Schule ſage: So wie die Reife erfolgt, vermaͤhlt holde Poeſie ſich mit der Klarheit des Kopfes und der Recht - ſchaffenheit des Herzens, und die Schoͤnheit tritt in den Bund mit der Weisheit und Staͤrke.

Dies iſt das Bild des reifen, ausgebildeten Mannes, wie ich mir ihn denke:

Sein Kopf iſt durchaus klar und von Vor - urtheilen aller Art frei. Er herrſcht im Reiche der Begriffe und uͤberſieht das Gebiet der menſch - lichen Wahrheit ſo weit als moͤglich. Aber die5 Wahrheit iſt ihm durchaus nur Eine, nur ein Einziges, untheilbares Ganzes, und er zieht keine Seite derſelben einer andern vor. Gei - ſtesbildung ſelbſt aber iſt ihm auch nur ein Theil der ganzen Bildung, und es faͤllt ihm nicht ein, lediglich durch ſie vollendet zu haben; eben ſo wenig, als es ihm einfallen wird, ſie entbehren zu wollen. Er ſieht ſehr gut, und ſcheut ſich nicht, es zu geſtehen, wie ſehr andre hierinn hinter ihm zuruͤck ſind; aber er ereifert ſich daruͤber nicht, weil er weiß, wie viel auch hierinn vom Gluͤcke abhaͤnge. Er draͤngt ſein Licht, noch weniger den bloßen Schein ſeines Lichts, keinem auf; wiewohl er immer bereit iſt, jedem, der da begehrt, ſoviel zu geben, als er tragen kann, und es ihm in jedem Gewande zu geben, das ihm das gefaͤlligſte iſt, laͤßt er es doch auch gut ſeyn, wenn niemand ſeine Leuchte begehrt. Er iſt durchaus rechtſchaffen, gewiſſenhaft, ſtreng gegen ſich ſelbſt in ſeinem Innern, ohne aͤußerlich das geringſte Weſen mit ſeiner Tugend zu machen, und den Anblick der - ſelben andern, durch Verſicherungen uͤber ſeine Ehrlichkeit, durch ſtark hervorſpringende Aufop - ferungen, durch Affectation eines hohen Ernſtes aufzudringen. Seine Tugend iſt eben ſo kunſt - los und, ich duͤrfte ſagen, ſchamhaft, als ſeine Weisheit; die herrſchende Empfindung bei den6 Schwachheiten ſeiner Mitmenſchen iſt gutmuͤthi - ges Bedauren, keinesweges zuͤrnende Entruͤſtung. Er lebt im Glauben ſchon hienieden in einer beſſern Welt, und dieſer Glaube allein giebt in ſeinen Augen ſeinem Leben hienieden Werth, Bedeutung und Schoͤnheit; aber er dringt am wenigſten dieſen Glauben irgend einem auf, ſon - dern traͤgt ihn in ſich, als einen verborgenen Schatz.

Dies iſt das Bild des vollendeten Menſchen, dieß iſt das Ideal des Maurers. Eine hoͤhere Vollkommenheit, als der Menſch uͤberall erreichen kann, wird auch dieſer nicht begehren oder ſich ihrer ruͤhmen; ſeine Vollkommenheit kan keine andre, als eine menſchliche und die menſchliche ſeyn. Jeder Menſch muß in ſteter Annaͤherung zu dieſem Ziele begriffen ſeyn; wenn der O. nur einige Wirkſamkeit hat, muß jedes Glied ſichtba - rer und mit Bewußtſeyn in dieſer Annaͤherung begriffen ſeyn; als aufgeſtelltes und ſeinem Herzen nahgelegtes Ideal muß ihm dies Bild vorſchweben; wohin ſein Auge trift, muß es ſich ihm darſtellen; es muß gleichſam die Natur ſeyn, in der er lebt und athmet.

Wohl moͤglich, daß nicht alle, ja daß vielleicht kein einziger von denen, welche ſich Maurer nen - nen, dieſe Vollendung erreichen. Aber wer hat je die Guͤte eines Ideals oder nur einer Anſtalt, nach dem, was die Individuen wirklich erreichen, abgemeſſen? Darauf kommt es an, was dieſe un -7 ter den gegebenen Bedingungen erreichen koͤnnen; was die Anſtalt durch alle gegebenen Mittel will und andeutet, daß ihre Glieder erreichen ſollen.

Auch ſage ich nicht, daß die Maurer nothwen - dig beſſer ſind, als andre Menſchen, eben ſo wenig, daß man dieſelbe Vollkommenheit nicht auch außer dem Orden erreichen koͤnnte. Wohl waͤre es moͤglich, daß ein Mann, der nie in der Frei-Maurer-Geſellſchaft aufgenommen waͤre, dem oben aufgeſtellten Bilde gliche; und es ſchwebt in dieſem Augenblicke wirklich vor den Augen meines Geiſtes das Bild eines Man - nes, in welchem ich es vorzuͤglich realiſirt finde und der den Orden hoͤchſtens dem Namen nach kennt. Aber derſelbe Mann, wenn er in dem Or - den und durch denſelben das geworden waͤre, was er durch ſich in der großen menſchlichen Geſell - ſchaft geworden iſt, wuͤrde faͤhiger ſeyn, auch an - dre zu demſelben zu machen, was er iſt, und ſeine ganze Bildung wuͤrde geſellſchaftlicher, mit - theilbarer und ſonach auch im Innern weſentlich anders modiſicirt ſeyn. Was in der Geſellſchaft entſteht, hat fuͤr die Praxis mehr Leben und Kraft, als das, was in der Abgeſchiedenheit erzeugt wird.

Dies ſind die Winke, die ich Dir uͤber die Wirk - ſamkeit der Frei-Maurer-Geſellſchaft auf ihre Mitglieder geben wollte. Entweder muß ſie die gluͤckliche Annaͤherung zu dem oben aufgeſtellten Ideale wirken, oder gar nichts; was daruͤber iſt, kann uͤberall nicht gewirkt, was darunter iſt, kann uͤberall gewirkt werden. Daß die Mitglieder8 aber fuͤr ihren wohlthaͤtigen Einfluß empfaͤng - lich ſeyn muͤſſen, verſteht ſich wohl von ſelbſt; eben ſo, daß die Anſtalten von einer ſolchen Na - tur ſeyn muͤſſen, daß der am meiſten und der am wenigſten Empfaͤngliche dennoch in ſeinem richti - gen Verhaͤltniß in ihr gewinnet und fortſchreitet.

Und nun wird noch die Frage ſeyn: Ob dieſe Verbindung auch auf die Welt wirke.

Siebenter Brief.

Koͤnnte wohl dieſe Frage im Ernſt zweifelnd auf - geworfen werden, koͤnnte man wirklich nun noch fragen: Ob der Orden auch auf die Welt, auf die groͤßere menſchliche Geſellſchaft wirke?

Dieſer im innern Heiligthume des Ordens ſo gebildete Mann, bleibt er denn nicht nach wie vor in der Welt, und behaͤlt in derſelben ſeinen Platz? Bleibt er nicht, nach wie vor, Gatte, Hausvater, Geſellſchafter, Mitglied des Standes, den er in der Welt bekleidet? Kann es fehlen, daß ſeine im Orden erlangte Bildung, die nun ihm durchaus eigen geworden iſt, die ein Beſtandtheil ſeiner Perſoͤnlichkeit ausmacht, und die er nicht ſo will - kuͤhrlich ablegen kann, wenn er die Loge verlaͤßt, kann es fehlen, daß dieſe Bildung nicht in allen dieſen Verhaͤltniſſen ſichtbar werde? Und wirkt ſo9 der Orden durch ſeine Mitglieder nicht hoͤchſt wohl - thaͤtig auf die Welt?

Ich mache Dich auf einiges aufmerkſam, was Dich in Deinen eignen Erwaͤgungen unterſtuͤtzen wird.

Niemand bekleidet ſeine Stelle in der groͤßeren Geſellſchaft zweckmaͤßiger, als der, welcher vermag, uͤber ſeine Stelle hinaus zu ſehen, der nicht nur ſie, ſondern der auch die feine Grenzlinie, wo ſie in die groͤßere Geſellſchaft uͤbergeht und eingreift, durchſchaut und uͤberblickt; ſo wie der der groͤßere und hellere Ge - lehrte iſt, der nicht nur ſeine Disciplin, ſondern auch die angrenzenden, ſondern auch das ganze Feld des Wiſſens uͤberſchaut. Nur der ſo auf ſeiner Stelle ſteht, handelt ſehend und ſeiner ſich ſehr wohl bewußt, fuͤr die Welt; der andre iſt ein blindes Werkzeug, das an ſeinem Platze vielleicht ganz richtig wirkt, deſſen Wirkſamkeit aber erſt durch das Ganze zum wahren Ziele hingelenkt wird. Der erſtere weiß zu rechter Zeit hier von den Forderungen und Regeln ſeines Standes nach - zulaſſen, hier ſtreng auf ſie zu halten, hier ſie zu ſchaͤrfen; dies verſteht der letztere nicht, ſondern er geht, wie eine Maſchine, heut und morgen den feſt angewoͤhnten Gang. Nun aber iſt es die Maurerei, die alle Menſchen uͤber ihren Stand erhebt; ſie bildet ſonach, indem ſie Menſchen bildet, zugleich die tauglichſten Mitglieder der groͤßeren Geſellſchaft: liebenswuͤrdige und populaͤre Gelehrte und Weiſe, nicht blos fer -10 tige, ſondern auch mit Urtheil begabte Geſchaͤfts - maͤnner, menſchliche Krieger, gute Hausvaͤter und weiſe Erzieher ihrer Kinder. Welches menſch - liche Verhaͤltniß man ſich auch denken moͤge, die Maurerei hat den vortheilhafteſten Einfluß darauf.

Die menſchliche Geſellſchaft muß ferner im ſteten Fortſchreiten begriffen ſeyn; alle ihre Verhaͤltniſſe muͤſſen fortwaͤh - rend reiner werden, und ſich vervoll - kommnen. Beſonders ſchreitet ein wohlregierter Staat in der Geſetzgebung, in der Verwaltung, in den Erziehungsanſtalten vorwaͤrts und behaͤlt immer ein offnes Ohr fuͤr alle Vorſchlaͤge und Verbeſſerungen. Ein ſolcher im Fortſchreiten zur Vollkommenheit begriffener Staat kann mit Ge - ſchaͤftstraͤgern, die uͤber die enge Sphaͤre ihres beſonderen Berufs nie hinausgeſehen haben und nur in dem bisherigen Gleiſe fortkommen konnten, nichts anfangen; ſie werden unbrauchbar, ſobald eine Verbeſſerung vorgeht; ſie wollen nicht un - brauchbar werden, ſtraͤuben ſich daher gegen Ver - beſſerungen und wenden entweder allen ihren Ein - fluß an, ſie zu hindern, oder bereiten ihnen, ſelbſt durch ihren guten Willen ſie zu befoͤrdern, einen ſchlechten Erfolg. Wo die Mehrheit der Geſchaͤfts - traͤger eines Staats ſo beſchaffen iſt, dort wird es wohl ewig beim Alten bleiben. Zwar erhebt ſchon ein gruͤndliches Studium der Wiſſenſchaften uͤber dieſen engen Kreis des Geſchaͤftsganges und des Hergebrachten; die Wiſſenſchaft zeigt den Zu - ſammenhang aller menſchlichen Verhaͤltniſſe unter -11 einander und deutet auf die Punkte, von welchen aus weiter geſchritten werden muß. Aber hat die Wiſſenſchaft dieſen Einfluß auf die Welt wirk - lich? Wenn auch die Mehrheit gruͤndlicher zu ſtudieren pflegte, als ſie es thut; wenn ſie auch nicht dieſe halbe Gelehrſamkeit, die ſie etwa von der Univerſitaͤt mit hinwegbringt, einige Jahre nachher rein zu vergeſſen pflegte, wenn auch die - ſes alles nicht waͤre: was hilft das bloße Wiſſen, ohne Uebung? Hier tritt nun, wo nichts weiter helfen kann, die Maurerei in die Mitte, als eine Uebungsanſtalt fuͤr Viel - ſeitigkeit; und erſetzt eine Luͤcke, welche die große buͤrgerliche Geſellſchaft nothwendig laſſen mußte.

Ich erinnere Dich hier im Vorbeigehen an den Staat, in welchem wir beide leben, und dem man den Ruhm des Strebens nach Vollkommen - heit ohne die hoͤchſte Ungerechtigkeit nicht abſprechen koͤnnte. Ich will nicht entſcheiden, ob dieſe Ten - denz auch mit aus der Maurerei hervorgehe, die in ihm ſeit langer Zeit gebluͤht hat, oder ob ſie und wie ſie bisher durch die Maurerei unterſtuͤtzt wor - den ſey; aber ich kann beſtimmt behaupten, daß dieſe Tendenz fuͤr die Zukunft an dem Orden eine gute Unterſtuͤtzung finden muͤſſe.

Erwaͤge ferner folgende Bemerkung. In einer merkwuͤrdigen Schrift, in welcher die menſchlichen Staͤnde in zwei Klaſſen getheilt und zu der erſten Klaſſe diejenigen gerechnet werden, die ſich mit Bildung des Geiſtes und Herzens andrer, ſo wie12 mit der Regierung derſelben beſchaͤftigen; zu der zweiten diejenigen, die fuͤr die Beduͤrfniſſe des irr - diſchen Lebens ſorgen, in dieſer Schrift iſt gezeigt worden, daß der Hauptgrund der bisherigen Man - gelhaftigkeit vieler menſchlichen Verhaͤltniſſe in der Schwierigkeit der Wechſelwirkung und des gegenſeitigen Einfluſſes dieſer bei - den Klaſſen aufeinander liege, und daß es nicht eher gruͤndlich beſſer werden koͤnne, bis die - ſer gegenſeitige Einfluß durchaus herge - ſtellt iſt. Wenn Du nun dieſen Mangel an Zuſammenhang und Einfluß mit mir fuͤr ein Uebel haͤltſt, ſo wirſt Du auch den Frei-Maurer - Orden fuͤr das beſte Gegenmittel, und fuͤr das zweckmaͤßigſte Mittel einer gruͤndlichen Verbeſſe - rung halten. Er verknuͤpft nehmlich in ſich, we - nigſtens die beiden Enden dieſer zwei Klaſſen, und bringt beide, ohne Ruͤckſicht auf ihre Standes - und Berufsbeſchaͤftigung, naͤher aneinander. Darum iſt es dringend nothwendig, daß in einer Loge (wie auch gewoͤhnlich geſchieht) nicht nur Gelehrte, ſon - dern auch Ungelehrte, und nicht nur dieſe, ſondern auch Gelehrte beiſammen ſeyn, und keiner den andern daruͤber ſcheel anſehe, daß er jenes iſt und dieſes nicht iſt. Ein Mitglied der zweiten Klaſſe, welches hier ſein Mißtrauen, ſeine Scheu, ſeine Furcht, ſeinen Haß oder ſeine Verachtung, wenigſtens gegen die Mitglieder der erſten Klaſſe, die ſeine Ordens-Bruͤder ſind, ablegen lernt; ein Mitglied der erſten Klaſſe, welches hier ſeine Ge - ringſchaͤtzung, wenigſtens der Mitglieder der zwei -13 ten Klaſſe, die ſeine Bruͤder ſind, entfernen lernt, wird ja wohl dieſe Geſinnung aus der Loge auch mit in die Welt nehmen, ſeine beſſere Anſicht die - ſer Klaſſen auch auf andre Mitglieder derſelben, die nicht Ordens-Bruͤder ſind, ausdehnen und dieſe beſſere Anſicht andern Ungeweihten ſeiner eig - nen Klaſſe mittheilen. Ein rechtlicher Buͤrger, der etwa im Orden inne wuͤrde, daß ein Gelehrter nicht nothwendig ein Pedant iſt, wird es auch außer dem Orden nicht mehr ſo unbedingt voraus - ſetzen, und ſeine Entdeckung wohl auch andern rechtlichen Buͤrgern, die keine Bruͤder ſind, gele - gentlich mittheilen. Ein Gelehrter, der etwa im Orden gelernt haͤtte, daß ein unſtudirter Beamter oder Buͤrger, nicht eben ein unwiſſender und un - verſtaͤndiger Menſch ſey, mit dem man nichts Ver - nuͤnftiges ſprechen oder von dem man nichts lernen koͤnnte, wird auch außer dem Orden ſolche Maͤn - ner mit Werthſchaͤtzung behandeln, und dieſe ſeine Entdeckung in Geſpraͤchen und Schriften verbrei - ten. Und ſo waͤre der Maurer-Orden eine der wichtigſten Anſtalten fuͤr die Welt, die, ohne ihn, in derſelben gaͤnzlich mangelt.

Endlich aber doch dieß kann ich nur in einem ſchnellen Grundzuge andeuten koͤnnte der Orden ſogar geradezu fuͤr den Staat, fuͤr die Kirche, fuͤr das gelehrte Publi - kum wirken, und von allen dieſen Geſellſchaften gebraucht werden, um Verbeſſerungen, bei denen ſich der Widerſtand der Einſeitigkeit vorausſehen ließe, allmaͤhlich vorzubereiten, und einzuleiten.

14

Du haſt nun Data genug uͤber die Zweck - maͤßigkeit, Brauchbarkeit, ja Unentbehrlichkeit des Frei-Maurer-Ordens in der großen menſchlichen und buͤrgerlichen Geſellſchaft. Was er wirken koͤnne, iſt Dir durch natuͤrliche und richtige Fol - gerungen aus der Angabe ſeines Zwecks klar; ſeine Wirkſamkeit muß erfolgen, wenn er den Zweck hat, daß ſeine Mitglieder ſich in dieſer Ver - bindung allgemeine, rein menſchliche Bildung, im Gegenſatze der beſonderen Standesbildung zu er - werben ſuchen; dieſen vernuͤnftigen und untadel - haften Zweck aber muß er wieder ſo gewiß haben, ſo wahr ſich ernſthafte, weiſe und tugendhafte Maͤnner anhaltend mit ihm beſchaͤftigen.

Ich nehme in dieſem Augenblicke noch auf einen Einwurf Ruͤckſicht, den ich Dich in andrer Beziehung (nehmlich in Beziehung auf die vorge - gebne allgemeine Bruderliebe) habe machen hoͤren, und den Du nicht verfehlen wirſt, hier anzuwen - den und zu wiederholen. Wenn wirſt Du ſagen, die ſchaͤdlichen Folgen der Einſeitigkeit durch den Orden aufgehoben werden ſollen, ſo muß durch ihn ſelbſt keine Einſeitigkeit irgend einer Art befoͤrdert werden; dies geſchieht aber in ihm ſelbſt, durch die verſchiedenen, ſcharf abgeſchnittenen Syſteme, die ſich einander widerlegen, ausſchließen und ver - folgen. Du haſt vollkommen Recht, Kon - ſtant, dieſen Einwurf zu machen, und ich wuͤrde ihn mit Dir aufſtellen, wenn ich an irgend ein Syſtem denken wollte, und nicht bloß die reine und allgemeine Maurerei, die immer nur Eine15 und eine Untheilbare iſt, vor Augen haͤtte. Dieſe vertraͤgt keine Syſteme; und wenn Du ſchließen willſt, daß eben das ausſchließende, und verfolgende Syſtem, von dem, was wir Maurerei nennen, noch ſehr weit entfernt ſey, ſo werde ich Dich daran nicht hindern. Behalte Du nur mit mir den wahren Punkt, von welchem wir bei unſern Unterſuchungen ausgehen und den wir ſtandhaft behaupten muͤſſen, unverruͤckt im Auge, und kuͤm - mere Dich nicht um die Schluͤſſe, die auf eine wirklich exiſtirende Maurerei daraus gemacht wer - den koͤnnten.

Achter Brief.

Ich bin mit Deiner Antwort zufrieden, mein theu - rer Freund! und freue mich, zur Erhoͤhung Deiner Erkenntniß etwas beigetragen zu haben. Du ſchreibſt mir, daß ich Deine Ahnungen und geheime Empfindungen oft getroffen, daß ich bisher eigent - lich nichts gethan habe, als das zu beſtimmen und dem Sprache zu geben, was Du bei Dir ſelbſt immer auch gedacht haſt. Es iſt mir, indem ich daruͤber nachdachte, eben ſo ergangen, und dadurch iſt unſre Erkenntniß, als bloße Erkenntniß, aller - dings erhoͤht, und unſre Begriffe ſind klaͤrer ge - macht worden. Laß uns gemeinſchaftlich darinn fortfahren.

16

Wir wollen nun dahin arbeiten, daß die bis - her aufgeſtellten Grundſaͤtze in ihrer Anwendung zur Beurtheilung maureriſcher Gegenſtaͤnde hin - reichen, alſo zur Beurtheilung des gegenwaͤrtigen Zuſtandes der Maurerei uͤberhaupt, oder zur Be - urtheilung maureriſcher Rituale, Geſetze und Ein - richtungen insbeſondre, des maureriſchen Betra - gens einzelner Logen und Bruͤder, und endlich ſo - gar, im Fall eine Reformation noͤthig geſunden wuͤrde, zum Ermeſſen, wo und wie eigentlich refor - mirt werden ſollte. Damit nun aber dieſe Grund - ſaͤtze dazu wirklich hinreichend erſcheinen, muͤſſen ſie noch ausfuͤhrlicher auseinander geſetzt und noch ausgebreiteter angewendet werden. Fuͤr dieſen Zweck aber muͤſſen wir abermals zu erſten Grund - ſaͤtzen zuruͤckgehen und uns uͤber dieſe vereinigen.

  • Erſter Grundſatz. Der Endzweck des menſch - lichen Daſeyns iſt uͤberhaupt gar nicht in die - ſer gegenwaͤrtigen Welt. Dieſes erſte Le - ben iſt nur Vorbereitung und Keim eines hoͤheren Daſeyns, deſſen Gewiß - heit wir innigſt fuͤhlen, ohnerachtet wir uͤber die Beſchaffenheit und Art und Weiſe deſſel - ben nichts zu denken vermoͤgen.
  • Zweiter Grundſatz. Die Zwecke, die uns fuͤr das gegenwaͤrtige Leben geſetzt ſind, ſo wie dieſes gegenwaͤrtige Leben ſelbſt, erhalten fuͤr uns nur dadurch Werth und Bedeutung, daß die erſtern uns geboten ſind, und daß allein in dem letztern dieſe Zwecke ausgefuͤhrt wer - den koͤnnen. Alles unſer moͤgliches Handelnſtellt17ſtellt ſich uns nur vor, und kann ſich uns nur vorſtellen, als eine Befoͤrderung jener hoͤchſten Zwecke des gegenwaͤrtigen Le - bens. Eine unmittelbare Arbeit und Vorbereitung fuͤr die Ewigkeit giebt es nicht, ſondern man vorbereitet ſich fuͤr dieſelbe, und ergreift ſie ſchon hienieden nur dadurch, daß man mit redlichſtem Willen die gebo - tenen Zwecke des gegenwaͤrtigen Le - bens befoͤrdert.

Wir haben es alſo zunaͤchſt und unmittelbar nur mit dem gegenwaͤrtigen Leben zu thun; der ange - gebne Zweck deſſelben iſt der einzig begreif - liche; er muß von dem guten und weiſen Manne mit deutlichem Bewuſtſeyn befoͤrdert werden. Wir wollen ihn auf folgende drei Hauptpunkte zuruͤck - fuͤhren, und ihn ſo beſtimmter beſchreiben und auseinander ſetzen:

  • Erſtens: Die ganze Menſchheit ſoll eine einzige reinmoraliſche und glaͤubige Gemeine ausmachen. Dies iſt der Zweck der Kirche, verſteht ſich, der Kirche in der Idee, die als ſichtbare Kirche noch irgend vorhanden iſt. Zu dieſem Zwecke verhaͤlt ſich alle Aus - bildung des Geiſtes wie Mittel.
  • Zweitens. Die ganze Menſchheit ſoll einen einzigen durchaus rechtlichen Staat ausmachen; das Verhaͤltniß der einzelnen Menſchen zu einander in den Staa - ten, das Verhaͤltniß dieſer Staaten zu einan - der auf dem Erdboden, ſoll durchaus nachZweites Baͤndch B18dem ewigen Rechtsgeſetze der Vernunft geord - net ſeyn; dieß iſt der Zweck aller Geſetzge - bung in den einzelnen Staaten und aller Buͤndniſſe und Traktaten der Voͤlker unter - einander. Hierzu verhaͤlt ſich ein gut Theil der Wiſſenſchaften, wenn man nicht lediglich auf die dadurch zu erhaltende Geiſtesbildung ſieht, (wie dieß oben in ande - rer Beziehung geſchah) ſondern auf ihren wirklichen Inhalt, wie das Mittel zum Zwecke.
  • Drittens endlich: Das vernuͤnftige We - ſen ſoll durchaus uͤber die vernunft - loſe Natur herrſchen und der todte Mechanismus dem Gebote eines Wil - lens unterworfen werden. Welchen Zweck nur irgend ein vernuͤnftiges Weſen, durch ſeine Natur geleitet, ſich vorſetzen kann, der ſoll in der lebloſen Natur außer ihm aus - fuͤhrbar ſeyn, und die Natur ſoll ſich dem vernuͤnftigen Willen fuͤgen. Hierzu iſt die mechaniſche Kunſt und ein guter Theil der Wiſſenſchaften, ihrem Inhalte nach, das Mittel.

Laß uns nun dieſe Hauptideen auf unſern Zweck naͤher anwenden.

Die Befoͤrderung dieſer Zwecke, oder beſſer, dieſes Einen Geſammtzweckes der Menſchheit, iſt es nun, welche in der groͤßeren menſchlichen Ge - ſellſchaft unter mehrere einzelne Staͤnde vertheilt wird, ſo daß die Mitglieder dieſer19 Staͤnde ſich ausſchließend, wenigſtens vorzuͤglich, nur fuͤr ihren Stand und ſpaͤter durch ihren Stand bilden. Du ſiehſt, daß es eine nothwen - dige Folge dieſer Einrichtung iſt, daß die Standes - Mitglieder in der Regel nur einen Theil der menſchlichen Bildung, keinesweges aber die ganze, erhalten, und mehr oder weniger Einſeitig - keit des Geiſtes und der Bildung das Loos der Einzelnen ſey. Nach dieſer nothwendigen Einrich - tung und unter dieſen Umſtaͤnden, wird man ſchwerlich irgendwo einen ganzen, rechten Menſchen finden; man muͤßte ſich einen ſolchen aus mehreren Perſonen verſchiedener und entgegen - geſetzter Staͤnde zuſammenſetzen; in einer einzigen Perſon duͤrfte man ihn, auf dem großen Felde der allgemeinen menſchlichen Geſellſchaft und ihrer gewoͤhnlichen Bildungsanſtalten, kaum finden.

Nun - kommt es darauf an, dieſe einſeitige Standesbildung auf einen Platz zu bringen, und zu einer allgemeinen und reinmenſchlichen umzu - ſchmelzen, gleichſam (daß ich in dem ſo eben auf - geſtellten Bilde bleibe) die erwaͤhnte Zuſam - menſetzung eines ganzen, rechten Men - ſchen aus mehreren Perſonen, von denen jede etwas anderes hat, das zu einem ganzen Menſchen gehoͤrt, wirklich zu machen, und zwar nicht bloß in Gedanken, ſondern ſo, daß, nach geſchehener Verſchmelzung, jeder Einzelne fuͤr ſich, ſo ſehr als moͤglich, jener ganze rechte Menſch in der That ſey. Dieſe Auf - gabe iſt nirgends in der großen Geſellſchaft geloͤßt;B 220dieß, zeigte ich Dir, ſey der einzigmoͤgliche und erlaubte Zweck einer aus allen Staͤnden und allen gebildeten Voͤlkerſchaften, durch Abſonderung von der groͤßeren Geſellſchaft entſtandenen kleineren Geſellſchaft, welche ſich nun eben Frei-Maurerei nennt.

Wir machen daraus ferner die wichtige und ganz einleuchtende Folgerung: daß jeder Gegenſtand der menſchlichen Bildung, die in Geſellſchaft erreicht werden kann, jedoch auf eine andre Weiſe, als in der groͤßeren Geſellſchaft, zugleich Gegenſtand der maureriſchen Bildung iſt, und daß es gut und nothwendig iſt, daß der Mau - rer den groͤßtmoͤglichſten Theil der Bildung, es ſei durch Wiſſenſchaften, durch Kunſt, durch Geſchaͤfte und Erfahrung, ſich zu eigen gemacht habe. Nur alles Einſeitige, nehmlich, was in der groͤßeren Geſellſchaft durch die Abſonderung eines Zweiges der Bildung von der ganzen Maſſe der Bildung, auf dieſen einzelnen Zweig faͤllt und von ihm abhaͤngt, ferner, alles Zufaͤllige, das durch Bedingungen des Zeitalters und des Orts ſich in einem Fache dieſer Bildung feſtgeſetzt hat das alles wird in der Maurerei davon getrennt, und bleibt bei der Verſchmelzung als Caput mortuum zuruͤck. So iſt, um nur ein Beiſpiel anzufuͤhren, religioͤſe Bildung allerdings ein Theil der maureriſchen Erziehung; aber die Religion des Maurers iſt ganz etwas anders, als die irgend einer beſtehenden Kirche oder wohl gar21 einer beſonderen Sekte, oder wohl gar der ſeicht - philoſophirenden und unredlich exegeſirenden Dei - ſten und Bibelaufklaͤrer.

Neunter Brief.

Ehe wir jetzt aber einen Schritt weiter thun, muß ich zuvor eine wichtige Wahrheit abhandeln, und einem gemeinen Vorurtheile widerſprechen, deſſen Anweſenheit in Deiner Seele den Eindruck deſſen, was ich Dir noch zu ſagen habe, maͤchtig ſtoͤren wuͤrde. Sollte Dir dieſe Wahrheit nicht hieher zu gehoͤren, und in die Reihe der bisher aufgeſtellten zu paſſen ſcheinen: ſo warte den fol - genden Satz ab, und Du wirſt finden, wie genau ſie ihn vorbereitet und einleitet.

Ich ſtelle meinen Satz mit klaren Worten hin: Alle willkuͤhrliche Bildung in der Ge - ſellſchaft geht aus von Bildung des Verſtandes.

Es iſt zwar (ſo begegne ich gleich im Anfange dem moͤglichen Einwurfe) bei weitem nicht genung die Wahrheit zu erkennen; man muß auch den kraͤftigen Willen haben, ihr zu gehorchen; und dieſer Willens-Entſchluß geht aus der bloßen Er - kenntniß keinesweges hervor und keiner kann ihn weder ſich, noch andern durch Gruͤnde andemon - ſtriren; er iſt etwas anderes, von der bloßen22 Einſicht ganz Unabhaͤngiges, und es iſt keine Konſequenz in den Worten: Er muß dies einſehen, er muß es alſo auch wollen.

Aber ſelbſt der beſte Wille, wenn ein ſolcher bei großer Verfinſterung des Verſtandes moͤglich waͤre, wuͤrde von keinem Nutzen ſeyn und von keinem Werthe, wenn man gar nicht begreifen koͤnnte, was man denn nun mit ſeinem guten Willen, wollen ſollte. Diejenigen alſo, die dem unwillkommenen Belehrer, der ihnen Unterricht entgegen traͤgt, zurufen: Nichts von Wiſſen! Das mag fuͤr die Schule gehoͤren. Thun, thun das iſt die Sache! wiſſen ohne Zweifel, um aufs gelindeſte uͤber ſie zu urtheilen, nicht, was ſie reden.

Thun, iſt freilich die Sache, die Vollendung der Sache! aber, wie wollt ihr doch thun, ohne weitlaͤuftig zu unterſuchen, und zu erkennen, was ihr thut? Wollt ihr blind handeln, wie das Thier? Das iſt wahrlich nicht die Sache! Wer ſo ſpraͤche und alles Erkennen, um des Thuns willen, von ſich wieſe, der erſchiene mir, wie ein Blinder, der dem Arzte, welcher ihm das Geſicht wieder zu geben verſpricht, entgegenriefe: Was hilft mir doch das bloße Sehen, dieſer Blick, wel - chen allein Du mir geben koͤnnteſt! Dadurch wird meine Erkenntniß um nichts bereichert. Die Au - gen auf einen Gegenſtand heften, ſie auf ihm ruhen laſſen, ihn anſchauen und durchſchauen und anhaltend betrachten darauf kommt es an, das iſt die Sache! Thoͤrichter! freilich iſt23 dies die Sache. Wirſt Du denn Deinen wieder - eroͤfneten Blick ſtumm und truͤbe in die Gegen - ſtaͤnde hinwerfen, wie ein Stier, und die Geſtal - ten in einanderfließend vor demſelben vorbei wan - ken laſſen? So wirſt Du freilich mit Deinem Blick nichts erblicken. Nur erwarteſt Du dieſes Richten und Heften und Verweilen Deines Blickes vergebens von irgend einem Arzte oder irgend einer Augenſalbe; dieß mußt Du von Dir ſelbſt, von Deiner eignen Kraft nehmen. Aber Du kannſt keinen Blick richten und heften, wenn Du nicht erſt einen Blick haſt, und dieſen will ich Dir vorlaͤufig geben. Der rechte Gebrauch deſſelben wird dann Deine Sache ſeyn.

Du ſiehſt, das Wollen iſt nicht um des Erken - nens willen, ſondern das Erkennen, um des Wol - lens willen.

Was ſoll man alſo denen ſagen, die, wenn ſie bemerken, daß jemand uͤberall auf deutliche Erkennt - niß hinarbeitet, ihm zurufen: Aber der Menſch iſt ja nicht blos und allein Verſtand! Freilich iſt er nicht allein das; er iſt fuͤr ſich ſelbſt, fuͤr ſich ſelbſt ſage ich, auch Wille; aber keiner kann unmittelbar auf den Willen des andern ein - wirken, nicht gleichſam in ihn hineinwollen, oder ſeinen Willen anregen und bewegen. Dieſer kommt immer und allein von Innen heraus, nimmer von außen hinein.

Ich fuͤr meine Perſon kenne nur zwei Arten von Einwirkung auf den Menſchen. Die erſte und bei weitem wichtigſte iſt, durch Belehrung. 24Nun macht aber Wiſſen noch nicht Thun; dazu muß jeder ſich ſelbſt durch ſich ſelbſt ent - ſchließen. Um ihn auch dazu zu bringen, bleibt uns nichts uͤbrig, als (das zweite Mittel) das gute Beiſpiel, wodurch man ihm theils die Ausfuͤhrbarkeit der Vorſchrift, theils die Liebens - wuͤrdigkeit der Ausfuͤhrung zeige.

Ich fuͤr meine Perſon, wiederhohle ich, kenne nur dieſe zwei Arten. Doch, ich erinnere mich, Du kennſt noch eine dritte, die Du vertheidigſt; Du willſt auch noch durch Ruͤhrung und Erſchuͤt - terung, durch das, was Du Herz nennſt, und durch die Phantaſie, die Menſchen beſſern; eine Meinung, der alle oͤffentliche Redner zugethan ſind. Glaube mir, Konſtant! ſo gewiß nur daurende Verbeſſerung des Willens Beſ - ſerung genannt zu werden verdient: ſo gewiß iſt durch die angegebnen Mittel nichts auszurich - ten, ja der haͤufige Gebrauch derſelben iſt ſogar ſchaͤdlich. Dadurch, daß einer erweicht wird, und eine Fluth von Thraͤnen vergießt, oder in erhab - nen Gefuͤhlen berauſcht wird, kann er zwar wohl zu einer voruͤbergehenden guten That gebracht, von einer Unthat abgehalten werden: aber wenn der geiſtige Rauſch voruͤber iſt, iſt er wiederum der vorige Menſch und wir haben nichts, als die aͤußere That gewonnen, auf welche es uns nie ankommen muß, wenn wir den wahren Zweck beabſichtigen. Wohl aber kann es ſehr leicht ge - ſchehen, daß jemand, der oft und leicht weint, meinet, er ſei darum ein guter Menſch, und die25 Selbſtpruͤfung und Selbſtbearbeitung unterlaͤßt, welche allein ihn noch haͤtte retten koͤnnen.

So alſo, wie bei jeder Bildungsanſtalt der Unterricht das Weſentlichſte iſt, ſo iſt er es auch in der Maurerei. Nach dieſen Vorausſetzungen werde ich ſonach in den folgenden Briefen damit fortfahren, die oben aufgeſtellten Gegenſtaͤnde der maureriſchen Bildung auf den Unterricht zu bezie - hen und die Frage beantworten: Wenn es ſich verhaͤlt, wie ich oben geſagt habe, was iſt zu Folge deſſen, Gegenſtand des maureriſchen Unterrichts, und wie und wodurch, durch welchen weſentlichen Charakter, wird dieſer Unterricht maureriſch?

Zehnter Brief.

Als den Geſammt-Zweck der Menſchheit gab ich Dir an, ſie ſolle eine einzige reinmoraliſche Kirche, einen durchaus rechtlichen Staat ausmachen, und die vernunftloſe Natur dem Gebote eines Willens unterwerfen. Ich bleibe nun bei dem erſten Theile dieſes Zwecks, der Bildung zu reiner Sitt - lichkeit und zu Religioſitaͤt ſtehen und be - ginne mit einer von der gewoͤhnlichen ganz abwei - chenden Behauptung, der: daß es keine maure - riſche Erziehung und Bildung zur Mora - litaͤt giebt. Noch mehr, es giebt uͤberhaupt26 nirgends eine ſolche Erziehung und kann keine geben; und es iſt ohne Zweifel einer der verderb - lichſten Zuͤge an unſerm Zeitalter, daß man dies noch glaubt, indem man dadurch offenbar zeigt, daß man die wahre Sittlichkeit noch gar nicht kenne und mit derſelben Artigkeit, Geſetzmaͤßigkeit und dergl. verwechſele, fuͤr welche es allerdings eine Erziehung giebt.

Sittlichkeit (man ſpricht oft von reiner Sitt - lichkeit, wo man Sittlichkeit ſchlechthin ſagen ſollte, denn es giebt keine unreine Sittlichkeit und was unrein iſt, iſt eben darum nicht ſittlich) Sittlich - keit alſo iſts, daß man mit abſoluter innrer Frei - heit, ohne allen aͤußeren Antrieb, ſeine wohlerkannte Schuldigkeit thue, ſchlechthin darum, weil es Schul - digkeit iſt. Dieſen Entſchluß kann der Menſch nur aus ſich ſelbſt nehmen, er kann nicht gelehrt und andemonſtrirt, noch weniger erfleht, erweint oder erzwungen werden.

Dieſe im Innern wohnende Sittlichkeit, iſt uͤberall nur Eins, der eben angegebne gute Wille, ein Poſitives, das keiner Vermehrung oder Ver - minderung, keines Wechſels und keiner Veraͤnde - rung durch die Umſtaͤnde faͤhig iſt; es kann alſo, wie man zuweilen meint, keine beſondre maure - riſche Sittlichkeit geben. Die einzige wahre Sittlichkeit iſt es, die ich meinte, als ich in einem der vorigen Briefe ſchrieb, daß es Gegen - ſtaͤnde gaͤbe, die, da ſie uͤberall kein Gegenſtand der geſellſchaftlichen Bildung waͤren, auch kein Ge - genſtand der maureriſchen Bildung ſeyn koͤnnten;27 uͤber welche jeder nur mit ſich ſelbſt und Gott, keinesweges aber mit irgend einem andern ins Gericht gehen koͤnne, und in Ruͤckſicht welcher ſogar die Maurerei eine Profanation ſeyn wuͤrde. Beſondre Pflichten giebt es allerdings, die die Maurerei ihren Mitgliedern auflegt, und die ſie nicht haben wuͤrden, ohne Mitglieder dieſer Ge - ſellſchaft zu ſeyn; ob man aber ſelbſt dieſe Pflich - ten aus reiner Liebe zur Pflicht, oder aus andern Gruͤnden beobachte, das macht der Menſch mit ſich aus, und nicht der Maurer.

Ob es alſo gleich keine beſondre maureriſche Sittlichkeit giebt, ſo giebt es doch eine beſondre maureriſche Religion, oder um alle Mißver - ſtaͤndniſſe aufzuheben, eine beſondre maureri - ſche Anſicht der Religion und eben deswegen auch eine maureriſche Bildung zur Religion; es verſteht ſich zur moraliſchen, nicht zur kirchlichen Religion, mit welcher es die Maurerei uͤberall nicht zu thun hat. Wir wollen dieſes naͤher betrachten.

Die Maurerei hat, ihrer von uns angegebnen Beſtimmung nach, von jedem einzelnen Zweige der menſchlichen Bildung das Zufaͤllige, welches Zeit - und Ort-Bedingungen demſelben angehaͤngt haben, ferner das Einſeitige und Uebertriebne, welches durch die Trennung dieſes Einen Zweiges vom ganzen Stamme der Bildung entſtehen mußte, abzuſondern, und alles Menſchliche in ſeiner Rein - heit und nach ſeinem Zuſammenhange im Ganzen hinzuſtellen. Dieß iſt uns ihr Charakter, den ſie auch in dem gegebenen Falle bewaͤhren muß.

28

Nun hat die religioͤſe Bildung in der groͤßeren Geſellſchaft allerdings eine Menge zufaͤlliges und Einſeitiges angenommen, und wenn es irgend noͤ - thig iſt, daß die Einfluͤſſe dieſer Bildungsweiſe wieder gehoben werden, ſo muß es auf dem mau - reriſchen Wege geſchehen. Die religioͤſen An - ſichten der Voͤlker haben ſich, wie es ja nicht an - ders ſeyn kann, angefuͤgt an ihre Sitten und Ge - braͤuche, an ihre Anſichten des menſchlichen Lebens, an ihre Wiſſenſchaften und Kuͤnſte; und ſie haben daruͤber alle eines ſo Recht, als das andre. Die Gottheit iſt allerdings ihnen insgeſamt erſchienen, und hat ſich unter ihnen maͤchtig offenbaret: dem Juden, bei ſeiner wunderbaren Rettung aus der Knechtſchaft Aegyptens, dem Roͤmer, bei der Gruͤn - dung ſeines ewigen Kapitols, den Arabern, als Ein Mann aus ihrer Mitte die zerſtreuten Hor - den vereinigte, und ein ungeheures Reich, wie aus dem Nichts, hervorgehen hieß. Nur, wenn ſie mit einander ſtreiten, der eine die Geſchichte des andern laͤugnet und ſeine eigne ihm, als die allein wahre, aufdringen will, fangen ſie an, Un - recht zu haben.

Jeder Menſch, der in der Geſellſchaft geboren wird, wird nothwendig in einem Theile derſelben, unter irgend einer Nation geboren, und erhaͤlt, nebſt den uͤbrigen ſtehenden Erzeugniſſen dieſer Nation, zugleich dieſe aͤußere, nationale Form des Religioͤſen. Die Theologen aller Nationen haben ſich uͤberdieß von jeher beſtrebt, den Geiſt ihres Standes zum gemein menſchlichen zu erheben;29 und es iſt ihnen damit nur zu ſehr gelungen. Dieſe ganz zufaͤllige Form, die nicht reinmenſchlich, ſondern ein Abzeichen der Menſchen iſt, ſoll der vollkommen Gebildete allgemach ablegen; er ſoll nicht ein Jude ſeyn, oder ein unbeſchnittener Ju - dengenoſſe, oder ein Roͤmer, oder ein Araber, der da Religion hat, ſondern er ſoll ein Menſch ſchlechtweg werden, der da Religion hat.

Die religioͤſe Anſicht in der groͤßeren Geſell - ſchaft hat dadurch, daß ſie von der uͤbrigen menſch - lichen Bildung getrennt, und einer beſonderen Ver - bindung, der ſichtbaren Kirche, uͤbergeben werden mußte, eine unverkennbare Einſeitigkeit erhalten. Dem Manne, der nichts zu thun hat, und nichts weiter thun ſoll, als andre zur Religioͤſitaͤt anzu - fuͤhren, iſt die Religion, die er nehmlich an - dern beibringen ſoll, allerdings Zweck, und einziger Zweck ſeines Lebens. Er erkennt ſie dafuͤr, und hat daran ganz recht. Ohne den reinmenſch - lichen Sinn wird er leicht in Verſuchung gerathen, alles um ſich herum zu ſeines gleichen machen zu wollen, und allen die Religion welches hier nicht bei ihm diejenige bedeutet, die ſie andern beibringen, ſondern vielmehr diejenige, welche ſie ſelbſt haben ſollen, dieſe Religion auch zum Zweck und einigem Geſchaͤfte des Lebens zu machen. Er wird leicht dahin gerathen, daß er die ihm Anvertrauten ermahne, ſich doch hinzu - ſetzen, recht fromm zu werden, und aus freier Hand nach dem Ewigen zu trachten. Man wird ihm glauben und gehorchen und es iſt das30 mildeſte, was ich ſagen kann wird eine ſehr einſeitige Religioſitaͤt haben.

So nicht der wahre Maurer. Ihm erſcheint dieſes Ringen nach fuͤr ſich beſtehender Gottſeelig - keit ganz aͤhnlich dem Beſtreben eines Menſchen, der zu ſchwimmen und zierlich zu ſchwimmen trach - tet, ohne in das Waſſer zu gehen. Er kennt kein Trachten nach dem Ewigen, außer der gewiſſenhaften Befoͤrderung des Zeit - lichen, aus reiner Liebe zur Pflicht; ihn wandelt es nicht an, nach dem himmliſchen Kleinode zu zielen, das er nicht erblicken kann; er zielt nur nach dem ihm aufgeſteckten irrdiſchen Ziel, in der feſten Zuverſicht, daß das himmliſche dahinter verborgen iſt, und daß es ihm ohne ſein weiteres Zuthun kommen wird, wenn er nur das Irrdiſche erreicht hat.

Ihm iſt die Religioſitaͤt gar nichts Iſolirtes und fuͤr ſich beſtehendes, ſo, daß man in der Frommigkeit ſehr ſtark, im Uebrigen aber ſehr ſchwach und ſehr zuruͤck, und ein ſchlechter Menſch ſeyn koͤnne. Er iſt nicht religioͤs, ſondern er denkt und handelt religioͤs; die Religion iſt ihm kein Gegenſtand, ſondern nur der Aether, in welchem ihm alle Gegenſtaͤnde erſchei - nen. Er ſetzt ſeine ganze Kraft ganz an jede Arbeit, die ihm hienieden vor die Hand kommt, und der Beobachter duͤrſte denken, daß es ihm um nichts zu thun ſey, als um Erreichung dieſes Zwecks, und daß dieſer ſein ganzes Weſen und31 alle ſeine Triebe ausfuͤlle. Aber in der That iſt es ihm um das bloße Seyn dieſes Zwecks gar nicht zu thun, und derſelbe hat fuͤr und durch ſich ſelbſt und um ſein ſelbſt willen, fuͤr ihn nicht den mindeſten Werth. Nur das ihm unſichtbare und unbegreifliche Ewige, das hinter die - ſer Huͤlle des Irrdiſchen verborgen iſt, ſtrebt er an; und nur um dieſes Verborgenen willen hat das, was der Beobachter ſieht, fuͤr ihn eine Bedeutung. Sein Sinn iſt immer in der Ewigkeit, ſeine Kraͤfte ſind immer bei Euch. Aber nur mit dem Sinne, eingebilde - ter Weiſe im Himmel zu leben und die Kraͤfte auf Erden indeß ruhen zu laſſen, faͤllt ihm nicht ein; denn es giebt keinen Sinn, ohne thaͤtige Kraft, die etwas zu erſinnen hergiebt.

Eilfter Brief.

Wohl wuͤnſchte ich, Du haͤtteſt Dir die Ausdruͤcke: Wirkſamkeit und Nutzbarkeit der Religion oder Religioſitaͤt, ſelbſt in einer zweifelnden Frage, nicht entwiſchen laſſen. Weder zur Erhaltung der buͤr - gerlichen Ordnung, noch zur Beruhigung und zum Troſte kann die Religion gebraucht werden, weil ſie gar keinen Gebrauch hat.

Der beſondere Stand, dem die religioͤſe Erzie - hung der groͤßeren Geſellſchaft anvertraut iſt, der32 uͤberdieß die Wirkſamkeit ſeines Amtes nicht ſieht, und nicht ſehen kann, weil ſie in der That, wenn ſie auf das wahre Ziel geht, unſichtbar bleiben muß, kann leicht in die Verſuchung gerathen, nach Nutzbarkeit zu trachten, und ſeinem Amte eine ſichtbarere, greifliche Wirkſamkeit, ſeinem Geſchaͤfte einen geſellſchaftlichen und buͤrgerlichen Einfluß zu verſchaffen. Wer von dieſen Standesgenoſſen ſo denkt, wird zu dem gewoͤhnlichen Mittel greifen, die Menſchen durch Furcht vor uͤberirrdiſchen Strafen und durch Hoffnung eines ewigen Lohns zur Moralitaͤt zu bringen verſuchen, und dies Re - ligion nennen. Der Arme! er weiß nicht, daß dasjenige, was er durch Furcht und Lohnbegierde hervorbringt, ſchlechterdings gar nicht Moralitaͤt, ſondern nur aͤußere Ehrbarkeit und Geſetzmaͤßig - keit iſt, und daß er, ſoviel in ſeinen Kraͤften ſteht, dazu beitraͤgt, diejenigen, auf die er wirkt, fuͤr Moralitaͤt ſowohl, als fuͤr Religion auf immer zu ertoͤdten.

So nicht der Maurer. Er weiß, daß in der groͤßeren Geſellſchaft, dort, wo nun einmal keine Sittlichkeit iſt, wenigſtens die aͤußere Geſetzmaͤßig - keit erzwungen werden muͤſſe, er weiß, daß es ein unwahres und uͤberdies ein hoͤchſt gefaͤhrliches Vor - geben iſt, dieſe Geſetzmaͤßigkeit fuͤr Vorbereitung zur Sittlichkeit zu halten, daß ſie nur daſeyn und mit aller Kraft aufrecht erhalten werden muͤſſe, damit die menſchliche Geſellſchaft beſte - hen koͤnne. Aber nie wird er ſich zu dieſem Zweck hergeben, denn er weiß wieder, daß dazuder33der Staat ſchon Gefaͤngniſſe angelegt hat, und Zuchthaͤuſer und andre bekannte Anſtalten; und er iſt weit entfernt, zu wuͤnſchen, daß das Hei - ligſte, was die Menſchheit hat, die Reli - gion, zum Stellvertreter der ermangelnden Scher - gen herabgewuͤrdigt werde.

Was den Maurer ſelbſt und die maureriſche Geſellſchaft anbelangt, ſo verſteht es ſich von ſelbſt, daß derjenige, der noch der Zucht durch Lohn und Strafe bedarf, um ein ehrlicher Mann zu bleiben, in dieſe Geſellſchaft gar nicht gehoͤrt, indem er, weit entfernt, einer Nachbeſſerung ſeiner fuͤr die Geſellſchaft erhaltenen Bildung zu beduͤrfen, dieſe Bildung ſelbſt kaum erhalten hat; daß ſonach auf einen ſolchen in den maureriſchen Einrichtungen gar nicht zu rechnen iſt.

Der Maurer muß aus Pflichtgefuͤhl, oder aufs allerwenigſte aus Ehrgefuͤhl das Gute thun und das Laſter meiden, wenn er auch (obgleich dies nicht moͤglich iſt) von Gott und Religion nicht das geringſte wuͤßte oder glaubte; und dieſes nicht als Maurer, ſondern als Menſch, der der Mau - rerei, wie wir ſie uns denken, auch nur faͤhig ſey. Als Antrieb zur Tugend kann alſo der Maurer die Religion nicht betrachten oder gebrau - chen wollen; waͤre es auch nur aus dem einzigen, ſchon oben angefuͤhrten Grunde, weil ſie dieß gar nicht ſeyn kann, da alles Untugend iſt, was ſich auf einen aͤußeren Antrieb gruͤndet.

Unſchaͤdlich koͤnnte (nach Deinem Ausdruck) die Religion gebraucht werden zur BeruhigungZweites Baͤndch. C34des Geiſtes und Herzens, zur Beruhigung beim Anblick des ſcheinbaren Widerſpruchs zwiſchen dem Pflichtgeſetze und dem Weltlaufe. Aber auch dazu wird ſie von dem vollendeten Maurer nicht gebraucht, indem er einer ſolchen Beruhigung gar nicht bedarf.

Allerdings wird jeder durch Erblickung jenes Widerſpruchs erſt zur Religion gefuͤhrt. Es iſt mir durch mein Innerſtes ein Zweck, jener letzte irrdiſche Zweck der Menſchheit aufgeſtellt; es ſind mir Handlungen, Arbeiten, Aufopferungen fuͤr dieſen Zweck aufgegeben. Ich kann dieſer Stimme in meinem Herzen den Gehorſam nicht verwei - gern. Aber wenn ich auf den Gang der Bege - heiten und Schickſale der Welt merke, ſo ſcheint alle meine Arbeit fuͤr dieſen Zweck verloren, ſo ſcheint ſie ſogar ihm zuweilen hinderlich zu ſeyn. Alles ſcheint durch eine unſichtbare und blinde Kraft, ganz ohne Ruͤckſicht auf meine Arbeit, ſo gut oder ſo ſchlimm geleitet zu werden, als es eben geht. Dieſe Betrachtung, Konſtant! die ſich dem gewiſſenhaften, aber kalt beobachtenden Manne bald aufdringt, ſie iſt es, die den Men - ſchen zur Religion fuͤhrt, und ihm, ſtatt des irrdiſchen Zwecks, an dem er verzweifelt, ohnerachtet er nicht aufgiebt, fuͤr ihn zu arbeiten, einen unſichtbaren und ewigen aufſtellt.

Alſo Beduͤrfniß iſt es vielleicht, das ihn zur Religion fuͤhrt; aber der vollendet aus -35 gebildete Menſch, unter dem ich mir nun einmal den Maurer denken will, bleibt nicht auf dieſer Stufe ſtehen. Nun hat er Religion, ſie iſt ein Beſtandtheil ſeiner ſelbſt geworden; er bedarf ſie nicht mehr, eben darum, weil er ſie hat. Das Pflichtgeſetz und der Weltlauf widerſprechen ſich nicht mehr, weil er nun eine hoͤhere Welt kennt, von der die hieſige nur die ihn uͤbende Erſchei - nung abgiebt. Der Zweifel, der ihn zum Glau - ben trieb, iſt ihm nun auf immer geloͤſt. Dadurch erhaͤlt nun eben ſeine Religion den Charakter, den ich oben von ihr angegeben habe, daß ſie ihm gar nicht mehr Gegenſtand ſeines Wirkens, ſondern, daß ich mich ſo ausdruͤcke, Gliedmaaß iſt und Werkzeug alles ſeines Wirkens. Sie iſt ihm nicht etwas, das er ſich noch macht, daran er ſich erinnerte und ermahnte, ſondern dasjenige, wodurch er, ſeiner ſelbſt unbewußt, alles andre macht. Sie iſt das Auge ſeines Lebens, das er, wo er ſich ſelbſt uͤberlaſſen iſt, und wenn es ihm nicht durch einen Spiegel der kuͤnſtlichen Reflexion zu - ruͤckgeworfen wird, das er nicht ſieht, wodurch er aber alles andre ſieht, was er ſieht.

Und nun glaube ich alles erſchoͤpft zu haben, was nach maureriſcher Anſicht, den erſten Theil vom Geſammtzweck der ganzen Menſchheit betrifft. Ich bin am weitlaͤuftigſten dabei geweſen, weil es dem Folgenden zur Erlaͤuterung dient, und weil ich Dir an dieſem wichtigen Theile ein ausfuͤhrlicheres Beiſpiel der maureriſchen Lehre und Anſicht gebenC 236wollte. Ich werde nun in den einzelnen Sendun - gen, die Dir noch von mir zukommen, mich kuͤr - zer faſſen.

Zwoͤlfter Brief.

Der zweite Hauptpunkt im Geſammtzwecke der Menſchheit bezieht ſich, nach meinem achten Briefe, auf die Hervorbringung einer durchaus rechtli - chen Verfaſſung unter den Menſchen, der Buͤrger im Staate und der Staaten zu einander, damit die ganze Menſchheit endlich einen einzigen, nur nach dem ewigen Rechtsgeſetze der Vernunft geordneten und regierten Staat ausmache. Es kommt jetzt nur darauf an, die Geſinnung und Denkart des aͤchten Maurers anzugeben, durch die er zu Hervorbringung dieſes Hauptzweckes der Menſchheit mitwirkt. Ich kann dies kurz und beſtimmt in folgendem thun:

Wie ſich in ſeinen Augen verhaͤlt der irrdiſche Zweck zu dem ewigen, eben ſo verhaͤlt ſich fuͤr ihn der gegenwaͤrtige, naͤchſte Zweck des Staats, in welchem er lebt, zu dem irrdiſchen Zwecke der geſammten Menſchheit. Wie alles Irrdiſche ihm nur das Ewige bedeutet und nur durch dieſes Ewige, fuͤr deſſen Huͤlle er es aner - kennt, Werth fuͤr ihn erhaͤlt; ſo bedeuten ihm alle Geſetze und Verordnungen ſeines Staats und alle37 Begebenheiten ſeiner Zeit, nur das ganze Men - ſchengeſchlecht, und beziehen fuͤr ihn ſich nur auf das ganze Menſchengeſchlecht, und haben nur in dieſer Ruͤckſicht Werth und Bedeutung.

Nur glaube ja nicht, daß dadurch der vollkom - men gebildete Mann ſeinem Staate entzogen, und einen, traͤgen, kalten Kosmopolitismus hingegeben werde. Er wird im Gegentheil durch dieſen Sinn der vollkommenſte und brauchbarſte Staatsbuͤr - ger. Eben ſo nehmlich, wie er, in Abſicht der Religion, ohnerachtet ſein Sinn ganz bei dem Ewigen iſt, dennoch ſeine ganze Kraft dem Irrdi - diſchen weiht: eben ſo iſt in Abſicht der Rechtlich - keit ſeine ganze Kraft, ſeinem Staate, ſeiner Stadt, ſeinem Amte, dem beſtimmten Fleckchen der Erde, in dem er nun grade lebt, gewidmet, ohnerachtet ſein Sinn auf das Ganze geht. In ſeinem Gemuͤthe iſt Vaterlandsliebe und Welt - buͤrgerſinn innigſt vereinigt, und zwar ſtehen beide in einem beſtimmten Verhaͤltniß. Vaterlandsliebe iſt ſeine That, Welt - buͤrgerſinn iſt ſein Gedanke; die erſtere die Erſcheinung, der zweite der innere Geiſt dieſer Erſcheinung, das Unſichtbare in dem Sichtbaren.

Denn eben ſo, Konſtant! wie eine Religion, die fuͤr ſich beſtehen will, nichtig iſt und verkehrt, und ſogar laͤcherlich: eben ſo iſt ein Kosmopolitis - mus, der fuͤr ſich beſtehen will und den Patriotis - mus ausſchließt, verkehrt und nichtig und thoͤricht. Das Einzelne iſt nichts, ſagt dieſer Kosmopolit,38 ich denke, ſorge und lebe nur fuͤr das Ganze; mit dieſem ſoll es beſſer werden, uͤber dieſes ſoll ſich Ordnung und Friede verbreiten. Gut! aber ſage mir nur, wie Du dieſem Ganzen, mit den wohl - thaͤtigen Geſinnungen, die Du gegen daſſelbe zu hegen verſicherſt, beizukommen gedenkſt; ob Du ihm denn ſo im Allgemeinen und gleichſam in Pauſch und Bogen wohlthun willſt? Iſt denn das Ganze etwas anders, als die einzelnen Theile, in Gedanken vereinigt? Kann es denn auf irgend eine Weiſe im Ganzen beſſer werden, wenn es nicht an irgend einem einzelnen Theile beſſer zu werden anfaͤngt? Werde daher nur zufoͤrderſt Du ſelbſt beſſer und dann ſuche Deine beiden Nach - baren rechts und links auch beſſer zu machen; ich denke, das Ganze iſt nun allerdings beſſer ge - worden, weil es Einen oder Zwei oder Drei Ein - zelne hat, die da beſſer geworden ſind.

Dieß erkennt der Maurer; und darum aͤußert ſich ſein Kosmopolitismus durch die kraͤftigſte Wirkſamkeit fuͤr den beſtimmten Platz, auf dem er ſteht. Wie auch die buͤrgerlichen Geſetze beſchaffen ſeyn moͤgen, unter denen er ſteht, und ſo tief er auch die Mangelhaftigkeit derſelben ein - ſehen mag, er gehorcht ihnen, als ob es Aus - ſpruͤche der reinen Vernunft ſelbſt waͤren; denn er weiß, daß mangelhafte Geſetze und Verfaſſung beſſer ſind, als gar keine, daß mangelhafte Geſetze die Vorbereitung ſind zu beſſeren, und daß kein Einzelner von ihnen etwas aͤndern oder aufheben darf, ohne die Beiſtimmung Aller, daß aber durch39 bloßen ſtillſchweigenden Ungehorſam ſchlechthin kei - ner ſie aufheben darf. Nur wenn die Auftraͤge, die ihm ſein Staat giebt, gradezu und unbeſtreitbar rechtswidrig ſind, dann verſteht es ſich ohne wei - teres, daß er ihre Ausfuͤhrung nicht uͤbernimmt und ob er daruͤber zu Grunde gehen ſollte; und dieſes zwar nicht einmal als Maurer, ſondern als bloßer rechtſchaffener Mann. Dieſen einzigen Fall abgerechnet, welches auch die Auftraͤge und Zwecke des Staats ſeyn, ſo weit ſie auch hinter dem weit Beſſeren zuruͤck ſeyn moͤgen, welches ſeiner Einſicht nach geſchehen ſollte: er fuͤhrt ſie aus mit einer Sorgfalt und einer Kraftanwendung, als ob er nichts anders zu thun haͤtte. Denn er hat nun einmal nichts anzuordnen, ſondern nur zu gehor - chen, und er weiß, daß im Gange des Ganzen auf ſeinen Gehorſam gerechnet iſt. Nur allein darinn iſt er von denen, die aus Furcht oder Vortheil oder Gewohnheit gehorchen, verſchieden, daß er alles thut, lediglich fuͤr das Weltganze und um des Weltganzen willen.

Was den dritten Theil des Geſammtzwecks der Menſchheit anbelangt, den, daß die ver - nunftloſe Natur dem vernuͤnftigen Wil - len durchaus unterworfen werde, und das vernuͤnftige Weſen uͤber den todten Mechanismus herrſche, ſo gehoͤrt es weſentlich zu ſeiner Denkart, daß er dieſes wiſſe, daß er darinn den Zweck der Menſchheit anerkenne, und daß er deshalb jedes menſchliche Geſchaͤft, ſo geringfuͤgig es auch ſeyn mag, von dieſer Seite anſehe und wuͤrdige. Die40 Bekanntſchaft mit dieſem Zwecke und die Achtung fuͤr denſelben, dient ihm dazu, daß er die Men - ſchen nicht nach dem großen oder kleinen Platze, den ſie zufaͤllig bekleiden, ſondern nach der Treue ſchaͤtze, mit welcher ſie ihn verwalten. Die nie - drigſte mechaniſche Arbeit, aus dieſem Geſichts - punkte angeſehen, gleicht der hoͤchſten geiſtigen; denn die erſte, wie die letzte bringt die Vernunft - herrſchaft weiter und erweitert ihr erobertes Reich. Ein Landbauer oder Handwerksmann, der, um ſeiner Pflicht und um des Ganzen willen, ſein Werk mit wahrer Anhaͤnglichkeit und Aufmerk - ſamkeit treibt, und dem es gelingt, hat in dem Auge der Vernunft ſeinen Rang uͤber den unfaͤ - higen Gelehrten und den untauglichen Philoſophen. Wer ſich dieſer Anſicht bemaͤchtiget, der wird nicht nur die Welt und ihre Verhaͤltniſſe mit Gerech - tigkeit wuͤrdigen, ſondern auch ſeinen eignen Werth, durch den erhabnen Standpunkt, den er gewon - nen hat, erhoͤhen.

Dieſe Denkart hervorzubringen, zu befeſtigen, zu beleben, darauf, mein Freund! muß aller Un - terricht ausgehen, den ich maureriſch nenne. Du wirſt nun berechnen koͤnnen, wie dieſer Unterricht gegeben und genommen werden muͤſſe, eben ſo gut, wie ohne Unterricht nichts gewonnen werden koͤnne.

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Dreizehnter Brief.

Ehe ich nun noch hinzu fuͤge, Konſtant! was ich Dir in der Reihe dieſer Briefe noch ſagen will, laß uns mit wenig Worten den ganzen Weg uͤber - ſchauen, den wir zuruͤckgelegt haben.

Die Frei-Maurerei iſt, nach unſern Forſchun - gen, eine Anſtalt, die das Einſeitige der Bildung, welche der Menſch in der groͤßeren Geſellſchaft erhaͤlt, zu verwiſchen und jene nur halbe Bildung zur allgemeinen und reinmenſchlichen zu erheben hat. Wir fragten: welches ſind die Theile und Gegenſtaͤnde der menſchlichen Bildung, die in die - ſer Geſellſchaft zu erhalten ſind? und antworteten: die Bildung zur Religion, als Buͤrger einer unſichtbaren Welt, die fuͤr den Staat, als Buͤr - ger irgend eines Theils der ſichtbaren Welt, end - lich die fuͤr Fertigkeit und Geſchicklichkeit, als ver - nuͤnftiges Weſen, der vernunftloſen Natur zu gebieten. Wir fragten wieder: Welches ſind die Mittel der Geſellſchaft, dieſe Bildung an ihre Mitglieder zu bringen? und antworteten: Unterricht und Beiſpiel. Und nunmehr erſt war die Frage zu beantworten: Was kann es ei - gentlich ſeyn, das der maureriſche Unterricht und das maureriſche Beiſpeil beendzweckt?

Wir antworteten: In der Religion, Abſon - derung alles Zufaͤlligen, was Zeit - und Ortbedin - gungen in die religioͤſe Anſicht der Geſellſchaft gebracht haben, wonach die Religion einſeitig entwe -42 der als einziger abgeſonderter Zweck unſers gan - zen Handelns, oder Mittel fuͤr irgend einen ſinn - lichen Zweck aufgeſtellt wird. In Abſicht der Bildung fuͤr Geſetz und Recht; innigſte Ver - einigung des Weltbuͤrgerſinns mit dem Staats - buͤrgerſinn, in welcher der Maurer den Geſetzen ſeines Landes und den Verfuͤgungen ſeiner Obrig - keit mit der puͤnktlichſten Genauigkeit gehorcht, aber nicht, als ob ſein Land allein da waͤre, (ver - heerender Patriotismus der Roͤmer ꝛc. ) ſondern weil es ein Theil der ganzen Menſchheit iſt. End - lich in Abſicht des Zwecks, die Natur der Ver - nunft zu unterwerfen, dient ihm die Be - kanntſchaft mit dieſem Zwecke theils, ihn ſelbſt zur Berufstreue zu ermuntern und ihm fuͤr ſeine ſcheinbar untergeordneten Geſchaͤfte einen hoͤheren Geſichtspunkt anzuzeigen, theils ihm den wahren Maasſtab der Achtung fuͤr treue Befoͤrderer der Zwecke der Menſchheit, auf welchem Platze ſie auch ſtehen moͤgen, an die Hand zu geben. Darauf, um dieſe Ueberzeugungen hervorzubrin - gen, die zu dieſer Denkart leiten, muß, ſo ſchloß ich, aller maureriſche Unterricht abzielen.

Worauf das maureriſche Beiſpiel, als ſolches beruhe, wie bei den Mitgliedern der Geſellſchaft eine Handlungsweiſe ſichtbar werde, in der man die Vielſeitigkeit ihrer Geſinnung, die Reinheit ihrer Denkart nicht verkennen kann, wo jeder da - hin trachtet, mitzuwirken zum Wohl der andern, ohne Anmaßung, Eitelkeit, mit Aufopferung ſeiner buͤrgerlichen, gelehrten oder Kuͤnſtler-Anſpruͤche,43 und unter der alleinigen Ruͤckſicht auf fruchtbare Nutzbarkeit und Brauchbarkeit fuͤrs Leben, zur Hinwirkung auf reinmenſchliche Bildung das alles, Konſtant, wirſt Du Dir nach dem Geſag - ten von ſelbſt abſtrahiren und auseinander ſetzen koͤnnen. Wir wollen uns gemeinſchaftlich fuͤr jetzt nur mit dem maureriſchen Unterricht beſchaͤftigen, und nachdem wir ſeine Materie betrachtet haben, noch unterſuchen: Wie wohl ein ſolcher ent - ſtehen, ſich fortpflanzen und vermehrt werden koͤnne?

Wir verharren auch bei dieſer Unterſuchung, wie bei allem Vorhergehenden, unverruͤckt auf dem Standpunkt eines Ungeweihten, der hiſtoriſch von Myſterien und Orden nichts weiß, als dasje - nige, was allgemein bekannt iſt, der aber wahr - heitsliebend und folgerecht fortſchließt. Ich erinnere Dich aufs neue daran, Konſtant! damit Du nicht glaubeſt, weil ein Eingeweihter zu Dir ſpricht, dadurch irgend etwas Poſitives zu erfahren; ich ſtehe Dir ganz gleich, und gebe blos dem Sprache, was Du Dir bei Dir ſelbſt uͤber den angegebnen Gegenſtand denken koͤnnteſt.

So lange die Menſchen, argumentiren wir nun weiter, im Naturzuſtande nicht eigentlich ſich ſelbſt bilden, und zwar mit Bewußtſeyn, Abſicht und nach einer Regel, ſondern durch die Umſtaͤnde, denen ſie leidend ſich hingeben, gebildet werden: iſt von derjenigen Bildung, welche allein wir hier meinen, noch gar nicht die Rede, weder von einer oͤffentlichen, in der groͤßeren buͤrgerlichen Geſell -44 ſchaft, noch von einer geheimen, in einer abgeſon - derten engeren Verbindung. Die Menſchheit reift in dieſem Zuſtande nur erſt zur Faͤhigkeit einer bedachten und berechneten Ausbildung heran.

Es kommt dieſe Reife; und es entſtehen beſon - dre Staͤnde, religioͤſe Anſtalten oder ein Prieſter - thum, Geſetze, Verfaſſung und Obrigkeit; es ent - ſteht mit einem Worte jener ganze Zuſtand des Menſchengeſchlechts, den ich in einem der erſten Briefe beſchrieben habe.

Da, meiner Vorausſetzung nach, alle von dem gleichen Punkte, aus dem Naturſtande ausge - hen, kann fuͤrs erſte die Verſchiedenheit ihrer Bil - dung nicht ſehr merklich, und die Einſeitigkeit und Halbheit dieſer Bildung nicht ſehr groß werden.

Aber die Abſonderung dauert fort; die neuen Menſchengeſchlechter werden von nun an in einem gewiſſen Stande und fuͤr einen gewiſſen Stand geboren. Mit jedem neuen Zeitalter finden die verſchiedenen Staͤnde ſich ſchaͤrfer von einander abgeſchnitten; und nun treten allmaͤhlig mit den Vortheilen der geſellſchaftlichen Bildung zugleich die oben beſchriebenen Nachtheile derſelben ein, und mit dieſem Nachtheil das Beduͤrfniß, ihnen auf dem einzigmoͤglichen Wege durch eine abge - ſonderte Verbindung abzuhelfen.

Es iſt mir nicht unbekannt, daß in mehreren Staaten und Verfaſſungen, beſonders der alten Welt, mancherlei ganz oͤffentliche Einrichtungen und Anſtalten waren, die ſich einer ſolchen ſcharfen Abſonderung der Staͤnde, wie wir ſie in der mo -45 dernen Welt ſehen, entgegengeſetzten und ein ziem - liches Gleichgewicht in der Ausbildung aller her - vorbrachten. Aber ich weiß zugleich, daß dieſe Einrichtungen denn doch nur in den wenigſten Staaten der alten Welt waren, und daß ſie ſelbſt da bei weitem nicht volle Gleichheit der Geiſtes - bildung hervorbrachten.

Mit einem Worte: die Maͤngel in der menſch - lichen Ausbildung, welche, unſern Schluͤſſen zu Folge, nur durch eine Verbindung, wie wir uns die gegenwaͤrtig beſtehende maureriſche denken, gehoben werden koͤnnen, muͤſſen beinahe ſo alt ſeyn, als die ganze geſellſchaftliche Verfaſſung; denn ſie ſind eine nothwendige Folge derſelben. Sind ſie aber da geweſen, ſo hat es ohne Zwei - fel auch immer vorzuͤgliche Maͤnner gegeben, die ſie bemerkt haben. Sind ſie aber bemerkt worden, ſo haben ohne Zweifel dieſelben, die ſie bemerkten, zugleich auch das einzig moͤgliche Mittel gefunden, denſelben abzuhelfen, das, der Abſonderung in geſchloſſene Geſellſchaf - ten fuͤr den Zweck der reinmenſchlichen Bildung, und haben ſich mit andern Gleichgeſinnten verei - nigt, um ihre Gedanken auszufuͤhren. Es iſt alſo hoͤchſt wahrſcheinlich, daß es von jeher neben der oͤffentlichen Bildung in der Geſellſchaft eine geheime gegeben habe, welche der erſteren zur Seite ge - gangen, mit der erſteren geſtiegen und gefallen iſt, auf die erſtre einen unbemerkten Einfluß gehabt und hinwiederum ſelbſt durch den Einfluß jener gewonnen oder gelitten hat; wie zum Beiſpiel46 Pythagoras und ſein beruͤhmter Bund in den Staaten von Groß-Griechenland. Wir ſetzen ſonach, als den erſten Satz, der unſre Aufmerkſam - keit verdient, folgendes feſt: Es mag wohl, ſo weit hinauf die Geſchichte reicht, immer geheime, das iſt, von der oͤffentlichen abge - ſonderte und nothwendig abzuſondernde Bildungsanſtalten gegeben haben.

Wir wollen kuͤnftig ſehen, was wir aus die - ſem Satze weiter zu folgern haben.

Vierzehnter Brief.

Nur dort finden geheime Bildungsanſtalten ſtatt, wo es keine oͤffentlichen, durch die geordnete groͤßere Geſellſchaft giebt. Unter rohen Wilden, oder her - umſtreifenden Hirtenvoͤlkern bedarf es keiner An - ſtalt, um die Einſeitigkeit des Prieſterthums oder der Geſetzgebung zu verwiſchen, denn ſie ſind nicht einmal bis zu einem Prieſterthum und einer Ge - ſetzgebung herangereift. Unter ihnen hat man alſo keine Myſterien zu ſuchen, es ſey denn abgeſchmackter Aberglaube; keine Myſterien, die die autoriſirte Nationalwahrheit berichtigen und erhoͤhen, denn ſie haben noch nicht einmal eine Nationalwahrheit.

Welchen Gang aber die oͤffentliche Bildung genommen habe, wiſſen wir ſo ziemlich durch die47 oͤffentliche Geſchichte. Zwar verbirgt der Urſprung und die erſte Quelle dieſer Bildung ſich in gehei - mes Dunkel, oder verhuͤllt ſich in mythiſche Poeſie; und wir haben ſogar ſpaͤterhin Voͤlker mit einer hohen Kultur gefunden (denke indeß nur an die Hindus und die Chineſen) deren Bildungsgeſchichte ſich an die Kette, die wir uͤberſehen, durchaus nicht anfuͤgt, kein Glied derſelben ausmacht, und welche allein nur auf eine hoͤhere Quelle der Kultur un - ſers Geſchlechts fuͤhren wuͤrden, als diejenige iſt, welche unſre Geſchichte kennt.

Indeſſen, davon abgeſehen, erblicken wir doch auch in dieſer unſrer Geſchichte einen Fortgang und eine ununterbrochene Kette der Kul - tur, die von den Aegyptern zu den Griechen herab, von dieſen zu den Kleinaſiaten, von dieſen wieder zu den Griechen, von ihnen zu den Roͤmern, und von dieſen, nach der Vereinigung mit dem indeß im Orient entſtandenen Chriſtenthume, zu den neuern Europaͤern fortgeht.

In dieſer ganzen Folge bedurfte es gehei - mer Bildungsanſtalten. Es iſt wahrſcheinlich, laut unſers obigen erſten Satzes, daß es deren wirklich gegeben habe.

Die ganze oͤffentliche Kultur in der beſchriebe - nen Zeit und Voͤlkerreihe, iſt immer eine und eben dieſelbe Kultur, ein zuſammenhaͤngender Faden, der lediglich das Gepraͤge des National - characters von jedem Volke annimmt, zu welchem er herabkommt, und durch die Fortſchritte des48 menſchlichen Geiſtes bei jedem Volke gewinnt und vervollkommt wird.

Es iſt alſo hoͤchſt wahrſcheinlich und dies iſt die zweite natuͤrliche Folgerung, die wir auf dem Standpunkte des Ungeweihten machen daß eine aͤhnliche zuſammenhaͤngende Kette der geheimen Kultur neben je - nem Faden der oͤffentlichen durch dieſel - ben Zeiten und Voͤlker ſich herabgeſchlun - gen habe, und grade, wie die oͤffentliche, bis auf unſre Zeiten gekommen ſey; es iſt moͤglich, daß, gleichwie mit der oͤffentlichen Kultur ſich das aus einer andern Quelle kommende Chri - ſtenthum vereinigte, zu derſelben Zeit auch die vor - handne geheime Kultur, ſich an die geheime Kul - tur derſelben orientaliſchen Voͤlker, aus deren oͤffentlichen das Chriſtenthum entſtand, angeſchloſſen habe.

Du haſt in dieſen Gedanken einen reichhalti - gen Stoff zum Nachdenken, und es wird ſehr darauf ankommen, wie Du meine ganze Deduk - tion gefaßt haſt, um die Konſequenz und Frucht - barkeit dieſer Folgerung zu durchſchauen. Bei der weiteren bin ich genoͤthigt, etwas tiefer in das We - ſen des Unterrichts, den wir den maureriſchen zu nennen gewohnt ſind, einzugreifen; ich verſpare ſie mir alſo der Zeit und des Raumes wegen auf den folgenden Brief.

Funf -49

Funfzehnter Brief.

Ich gehe ohne weiteres zu der folgenden Unter - ſuchung.

Was die oͤffentliche Kultur betrifft, ſo war es ohnſtreitig zweckmaͤßig, da zu ihr ein jeder, ſo weit er derſelben empfaͤnglich iſt, den moͤglichſt leichteſten Zutritt haben ſoll, daß ſie in bleiben - den Denkmaͤhlern niedergelegt wurde, nach - dem nur die Kunſt erfunden war, den voruͤber - fliehenden Gedanken und dem fluͤchtigen Worte Dauer und Sichtbarkeit fuͤr das Auge zu geben. Zu der geheimen Kultur aber ſoll, zu Folge ihres Weſens, nicht jedermann, ſondern nur der - jenige, der durch die oͤffentliche ſchon durchgegan - gen und durch ſie ſchon moͤglichſt vollendet iſt, den Zutritt haben. Die geheime Kultur kann, wie es durch alles Geſagte klar iſt, der oͤffentlichen nicht vorausgehen, ſie ſelbſt ſetzt vielmehr die oͤffentliche voraus; ſie kann eben ſo wenig ihr zur Seite gehen, ohne daß die Zwecke beider ver - eitelt werden; ſie kann ihr lediglich folgen.

Nun aber kann man laß mich dieſen Punkt immer ſorgfaͤltiger auseinanderſetzen zu dem eigentlichen Ziele aller geheimen Kultur, der rein - menſchlichen Bildung, welche mein ſechſter Brief Dir in einem ſchwachen Abriſſe vor Augen ſtellte, auf zwei Wegen gelangen: entweder fuͤr ſich allein, durch Talent, tiefes Nachdenken und Er -Zweites Baͤndch. D50forſchen, durch Bildung ſeines Geiſtes und Her - zens nach den Reſultaten dieſes Nachdenkens; oder durch die Geſellſchaft, welches ſodann nicht die groͤßere, buͤrgerliche (denn eben in dieſer fand jener iſolirte Zuſtand Platz) ſondern nur eine klei - nere, abgeſonderte Geſellſchaft ſeyn kann.

In dem erſteren Falle nimmt unſre Anſicht, da ſie auf dem Wege des Nachdenkens entſtanden iſt, die Form des Nachdenkens an; es wird argumentirt, dialektiſirt, demonſtrirt, Schluͤſſe wider - legt und begruͤndet. Nichts verhindert, daß man in dieſer Form es auf den Daͤchern pre - dige, wenn man ſonſt will, es abſchreibe, es ab - drucken laſſe u. dergl.

So iſt es, um das erlaͤuternde Beiſpiel aus der That zu nehmen, wohl moͤglich, daß ich in dieſen meinen Briefen an Dich, den Profanen, den innerſten Geiſt aller moͤglichen Myſterien nach meinem beſten Wiſſen und meinen Kraͤften dar - zuſtellen verſucht, und in keinem Stuͤcke zuruͤck und an mich gehalten habe, indem ich mich ſtets der Form des Raͤſonnements und der gewoͤhnli - chen Sprache bediente. Zugleich aber bin ich ſehr ſicher, daß ich weder Dir, noch irgend Einem, der zufaͤllig dieſe Briefe leſen ſollte, nur das geringſte verrathen habe, was er nicht wiſſen und ich nicht ſagen darf. Und ſo ſind in allen Buchlaͤden Buͤ - cher zum oͤffentlichen Verkaufe, die, ob ſie gleich von Maurerei handeln, doch von Maurerei nicht eine Sylbe verrathen; dagegen aber auch und51 darauf merke mit Fleiß in allen Buchlaͤden Buͤcher von Maurern und Nicht-Maurern, die der Maurerei mit keinem Worte erwaͤhnen, deren Verfaſſer vielleicht von Maurerei kein Wort wiſ - ſen, und die dennoch durchaus aͤcht mau - reriſch ſind.

Daher, wiederhole ich, hindert nichts, daß man in dieſer Form die Myſterien gemein mache, denn nur die Rede oder Schrift wird ge - mein, nicht aber die Myſterien. Wer es nicht ſchon in ſich hat, wird es nimmer faſſen. Ihm verwandelt ſich die Rede in eine Reihe un - verſtaͤndlicher Toͤne, die Schrift in weißes Papier; oder, wenn er ja einen Sinn herausbekommt, iſt es ein ſehr untergeordneter und halber, nimmer - mehr der ganze und volle, den der Vortrag beabſichtigte. Es wird dann disputirt, und gleich - ſam ein Theilungstractat geſchloſſen, in wie weit man das Behauptete allenfalls wolle gelten laſſen, in wie weit nicht; und es wird dadurch immer etwas gewonnen, es wird der Wahrheit wenig - ſtens der Weg vorbereitet. Das Nichtverſtehen oder Mißverſtehen bringt aber einen ſehr geringen Schaden, der ſo gut iſt, als gar keiner. Was iſt es denn nun zuletzt, das da gemißdeutet wird, als ein Philoſophem? Was iſt es denn, dem dadurch Abbruch geſchieht, als hoͤchſtens der Glo - riole des Urhebers dieſes Philoſophems, der, wenn er nur einen Funken wahren Geiſtes hat, in ſeine Gloriole keinen Werth ſetzt.

D 252

Was nun aber den zweiten Fall betrifft, da je - mand reinmenſchliche Kultur durch eine geheime (das iſt blos, abgeſonderte) Geſellſchaft erhaͤlt, ſo duͤrfte der Unterricht, der fuͤr die geſchloſſene Ge - ſellſchaft beſtimmt iſt, gar leicht eine ganz an - dre Form angenommen haben; nicht die des Raͤſonnements, die zum Disputiren einladet, indem ſie Gruͤnde angiebt, zur Pruͤfung dieſer Gruͤnde auffordert, und nicht weiter gelten will, als ihre Gruͤnde reichen; ſondern in der ganz einfachen Er - zaͤhlung: So iſt’s einmal, wir wiſſen es; und jeder, der ſich uns gleich ſtellt, wird es wiſſen. Dieſer Unterricht duͤrfte ſich, nicht ſo wie der er - ſtere, ausſchließend an den Verſtand, ſondern viel - mehr an die Ganzheit des Menſchen wenden, ſo - nach das eigentliche Disputiren nicht zulaſſen; er duͤrfte endlich, da er, der Vorausſetzung nach, aus dem graueſten Alterthume herabkommt, in meta - phoriſche Ausdruͤcke und Bilder eingekleidet ſeyn.

Kommt ein ſolcher Unterricht an diejenigen, die dafuͤr noch nicht empfaͤnglich ſind, ſo wird er, wie ſich ohne weiteres verſteht, eben ſo wenig verſtan - den, als der erſtere philoſophirende und raͤſonni - rende. Aber gegen ihn disputirt man nicht, und laͤßt ſich nicht in Tractaten ein, weil er ſelbſt keine anbietet und ungetheilt angenommen ſeyn will; ſondern man verwirft ihn gradezu als grundfalſch und ſchwaͤrmeriſch, oder wenn man an den Bil - dern haͤngen bleibt, als widerſinnig und abſurd, ſpottet ſeiner und giebt ihn dem allgemeinen Ge - laͤchter Preis. Von nun an aber iſt nicht, wie53 im erſtern Falle, ein Individuum getadelt, ſondern der ganze Zweck einer ſchlechthin nothwendigen Geſellſchaft iſt auf immer vereitelt.

Dieſer Unterricht der abgeſonderten Geſell - ſchaft und das iſt es, was ich andeuten wollte konnte ſonach nie in bleibenden Denkmaͤlern fuͤr Jeden, den das Ungefaͤhr daruͤber fuͤhren moͤchte, niedergelegt werden. Er konnte nur dem, deſſen Empfaͤnglichkeit reiflich gepruͤft und erforſcht war, mitgetheilt werden. Wer ihn dennoch nicht ver - ſteht, bei dem erſtirbt er vor der Geburt; wer ihn wirklich verſteht und achtet, wie er ſoll, giebt ihn ſicherlich nicht ohne Beſonnenheit weiter. Da man ſich jedoch ſelbſt in jener Pruͤfung der Perſonen irren konnte: ſo mußte man ſich aͤuße - rer Mittel, dergleichen feierliche Verſprechungen ſind, bedienen, um ſich der Verſchwiegenheit, ſelbſt in Abſicht der aͤußeren Formen, zu verſichern.

Und nun ſtehe ich bei meiner dritten bedeutenden Folgerung. Es konnte hoͤchſt wahrſchein - lich, ſo ſchließe ich, die geheime Lehre nur durch muͤndliche Ueberlieferung, keines - weges durch ſchriftliche fortgepflanzt werden, die ſchriftliche Mittheilung mußte ſogar ſtreng verboten ſeyn. Sollte daher unſre oben angegebne Vermuthung, daß eine ununterbrochne Kette der geheimen Kultur neben der oͤffentlichen, vom Alterthume bis auf unſre Zeiten, herabge - kommen ſey, Grund haben: ſo mußte man die geheime Lehre keinesweges in Buͤchern, ſondern54 nur in einer noch fortdaurenden muͤndlichen Ue - berlieferung ſuchen; welche Vermuthung auch durch den Umſtand beſtaͤttigt zu werden ſcheint, daß man zur Zeit der Entſtehung der fruͤheren Myſterien mit Verfaſſung der Ideen in Schrift noch nicht recht fort konnte und man in geheimen und heili - gen Dingen gewoͤhnlich bei der alten Methode bleibt.

Ich kenne ſehr wohl alle die Nachtheile der muͤndlichen[Ueberlieferung] und die ganze Schwie - rigkeit, uͤber die Folge der Glieder einer ſolchen Tradition etwas, bis zur erweißlichen Wahrheit zu bringen; aber ich weiß zugleich, daß es ſogar durch bloßes Nachdenken, ohne hiſtoriſche Beleh - rung, zu findende Huͤlfsmittel gegen jene Nachtheile, und Erleichterungen bei jenen Schwierigkeiten giebt; mit einem Worte, daß allerdings ein Beweis fuͤr die Aechtheit einer ſolchen muͤndlichen Ueber - lieferung moͤglich iſt, deſſen Fuͤhrung mich aber zu weit fuͤhren wuͤrde.

Nur einer Bemerkung, die ſich mir hier auf - dringt und die ich fuͤr bedeutend anſehe, kann ich mich nicht enthalten; es iſt folgende: Es konnte zwar nicht fehlen, daß eine vorhandne geheime Kultur auf die oͤffentliche Einfluß hatte, daß manche Begebenheiten der oͤffentlichen Geſchichte, die in ihr abgebrochen da ſtehen, ſich aus der ge - heimen Kulturgeſchichte voͤllig begreifen laſſen, daß einige Perſonen, die da Glieder der geheimen Ue - berlieferung waren, zugleich als merkwuͤrdige Per -55 ſonen in der oͤffentlichen Geſchichte da ſtanden. Es iſt alſo wohl denkbar: daß die oͤffentliche Ge - ſchichte ſich aus der geheimen werde er - klaͤren laſſen koͤnnen.

Umgekehrt aber war, zufolge der eben aufgeſtell - ten Grundſaͤtze, nothwendig, daß die Beſitzer der geheimen Lehre alles, was durch irgend eine Schuld von ihnen aus znr oͤffentlichen Kenntniß kam, ſogleich ſinken ließen, ſich deſſen entaͤußerten und darauf nicht weiter fort bauten, daß ſonach die geheime Kulturgeſchichte durch die oͤffentliche nicht fuͤglich erwieſen werden, und daß kein Datum der letzteren zugleich Datum der erſtern ſeyn koͤnne. Was nur irgend zu oͤffentlichen Haͤnden kam, hoͤrte ſchon dadurch auf, ein Theil der geheimen Kunde zu ſeyn, und ſo - nach moͤchten die Verſuche, aus der oͤffentlichen Geſchichte eine geheime zuſammen zu ſetzen mit großer Vorſicht anzuſtellen ſeyn.

Sechszehnter Brief.

So koͤnnte denn wirklich auf die angegebne Weiſe ein geheimer Unterricht zu Stande und bis auf unſre Zeiten herabgekommen ſeyn, der nun im Innern einer abgeſonderten Geſellſchaft verwahrt56 wuͤrde. Welchen Werth und welche Be - deutung aber konnte dieſer durch die Folge der Zeiten herabgekommene Un - terricht haben? ſo frage ich eben ſowohl in meinem Namen, als in dem Deinigen. Soll er etwa der Freiheit und dem Fortgange der Ver - nunft Feſſeln anlegen, den freien Forſchungstrieb durch Autoritaͤt niederſchlagen und blinden Glau - ben gebieten? Kuͤhn und ſo laut als moͤglich und auf jede Gefahr rufe ich: Fern, fern ſey es vom Maurer, der alle Feſſeln der Autoritaͤt abge - legt haben ſoll, daß er hier ſich in neue geheime Feſſeln ſchlagen laſſe, fern ſey es von ihm, der reinmenſchliche Bildung zu erlangen und uͤberall nur im Geiſte zu leben ſtrebt, daß er hier ſich an einen neuen Buchſtaben binden laſſe; fern ſei es von der Geſellſchaft, die jeden Zunftgeiſt ver - ſchmaͤht, daß ſie ſelbſt ſich in eine Zunft ver - wandle! Was waren denn die, welche den erſten Keim dieſes, moͤglicherweiſe vorhandenen Unterrichts legten, die Spaͤteren, die ihn ausbil - deten, vervollkommten, vermehrten? was waren denn ſie, das ihre ſpaͤten Nachkommen nicht auch waͤren? Was hatten ſie an ſich, das dieſe nicht eben ſowohl an ſich haͤtten? mit welchem Rechte thaten jene, was ſie thaten, daß dieſe nicht daſ - ſelbe Recht haͤtten?

Die oͤffentliche Kultur iſt mit dem Fortgange der Zeiten fortgeſchritten, die geheime hat es wahr - ſcheinlich auch gethan; die oͤffentliche wird es fer -57 ner thun, und die geheime kann nicht ſtehen und hinter der erſtern zuruͤck bleiben. Jener uͤberlie - ferte Unterricht aber, wenn es einen ſolchen giebt, kann keine andre Autoritaͤt haben, als die, welche ihm ſein ehrwuͤrdiges Alter giebt, keine andre, als diejenige, welche allein irgend ein Menſch und irgend ein menſchliches Werk uͤber andre Men - ſchen begehren darf, die: daß man willig vor - ausſetze, in ihm moͤge Weisheit verborgen ſeyn, daß man ſich ernſtlich beſtrebe, dieſe Weisheit zu finden, und daß man ſie freudig aufnehme, nachdem man ſie ge - funden und an ſeinem eignen Verſtande und Herzen bewaͤhrt hat.

Dieſer uͤberlieferte Unterricht koͤnnte und ſollte den Eingeweihten nichts anders ſeyn, als was uns Homer, Sophokles, Plato, als Theilhabern der oͤffentlichen Kultur ſind. Daß man jene Ueber - bleibſel treu aufbewahre, ſie nicht verfaͤlſche, oder wo ſie es ſind, ſie in ihrer urſpruͤnglichen Reinig - keit wieder herſtelle, iſt billig, und wird durch die rechtmaͤßige Ehrfurcht fuͤr das Alterthum gefor - dert; daß man bei allem Unterrichte von ihnen ausgehe, und ſie gleichſam zum Texte ſeiner Be - trachtungen mache, waͤre ſchicklich, um die Einheit der uͤberlieferten Kette zu erhalten, und ſie der Nachwelt immer als eben dieſelbe uͤbergebe; daß man ſie nach dem einzig moͤglichen Zwecke aller Myſterien, daß durch ſie reine und allgemein menſchliche Bildung beabſichtigt werde, erklaͤre und58 gebrauche, iſt ſchlechthin nothwendig und jede an - dre Erklaͤrung iſt unrichtig.

Dieſe Wiederherſtellung des Alten, ferner, dieſe hinzugefuͤgte, der Kultur des Zeitalters angemeſſene Erklaͤrung iſt es, was jedes Zeitalter hinzu thut, und wodurch die Sammlung des Unterrichts ver - mehrt und erweitert wird, welches der zweite Theil meiner Behauptung war.

So wird auf jenen Grund des Ueberlieferten von jedem aufgebaut, was er eben hat; von dem einen feſte Baumaterialien, von einem andern (daß ich ein von einem heiligen Schriftſteller gebrauch - tes Bild hier anwende) von einem andern Stroh und Stoppeln. Beides aber muß durch die Probe der Zeit bewaͤhrt, und fuͤr das folgende Zeitalter aufbewahrt werden, welches dann entſcheiden mag, ob dieſe Materialien zu einigem Gebrauche dem alten Schatze beigefuͤgt, oder als untauglich ver - worfen werden ſollen.

Wie kann aber, haſt Du ſchon laͤngſt gefragt, wie kann, wenn der Zweck der Maurerei ſo durchaus beſtimmt iſt, wie er in dieſen Briefen aufgeſtellt und auseinander geſetzt wurde, irgend ein Maurer (wie es ſelbſt wohl Profane wiſſen) ihn ſo verkennen, daß er ganz untaugliche und voͤllig fremdartige Beitraͤge liefere? Es haͤngt dieß mit einer andern Klage, die ich oft, nicht bloß von Dir, vernommen habe, ſo zuſammen, daß auf beides dieſelbe Antwort zu geben iſt, ich59 meine die Klage uͤber den furchtbaren Kontraſt des von der Maurerei aufgeſtellten Ide - als, mit der gemeinen Wirklichkeit. Ich antworte: Allerdings ſind bei weitem nicht alle diejenigen Maurer, die dieſen Namen fuͤhren; alle aber ſollen es werden, und keiner, der dieſen Na - men traͤgt, ſoll aufgegeben werden. So lange dies geſchieht, ſo lange nur auf jenes Ideal hin - geſtrebt wird, iſt die Geſellſchaft eine maureriſche, geſetzt auch, daß kein einziges ihrer Glieder dieſen Zweck erreichte, geſetzt auch, daß bis dieſen Tag der wirkliche Zweck der beſtehenden Maurerei der geweſen waͤre, ihren Zweck zu ſuchen.

Es iſt Dir nun, Konſtant, ein ſcharf beſtimm - ter, in ſich klarer, allgemein verſtaͤndlicher Begriff der Maurerei aufgeſtellt worden. Pruͤfe dieſen Begriff, frage Deinen Verſtand und Dein Herz, ob er den Zweck der Maurerei ausdruͤcken koͤnne, und ob Du dieſen Zweck zu dem Deinen machen wolleſt. Du wirſt ſodann wiſſen, was Du zu thun haſt. Findet ſodann dieſer Zweck ſich bewaͤhrt, ſo laß uns nicht bloß wiſſen, ſondern auch thun, um ſo eifriger thun, je mehr wir fin - den koͤnnten, daß die Wirklichkeit nach unſrer Mei - nung hinter dem Ideale zuruͤck ſey.

Wer bei Erblickung der Maͤngel in den menſch - lichen Verhaͤltniſſen, der Untauglichkeit, der Ver - kehrtheit, des Verderbens unter den Menſchen die Haͤnde ſinken laͤßt, und hin geht, und uͤber die boͤſen Zeiten klagt, der iſt kein Mann. Grade darinn, daß Du faͤhig biſt, die Menſchen als man -60 gelhaft zu erblicken, liegt ein heiliger Beruf, ſie beſſer zu machen. Waͤre es ſchon alles, wie es ſeyn ſollte, ſo beduͤrfte man Deiner eben nicht in der Welt, und Du waͤreſt eben ſo gut in dem Schooße des Nichts geblieben. Freue Dich, daß noch nicht alles iſt, wie es ſeyn ſollte, daß Du Arbeit findeſt, und zu etwas nuͤtze ſeyn kannſt.

Lebe wohl.

[61]

II. Reviſion des Maureriſchen Taſchenbuches auf das Jahr 5802 bis 5803 und maͤnnliche Abfertigung ſeiner Herausgeber X. Y. Z. Vom Br. Feßler. Reviſion des Maureriſchen Taſchenbuches auf das Jahr 5802 bis 5803*)Berlin 1802. bei Johann Wilhelm Schmidt. Preis 1 Thlr. 12 Gr. und maͤnnliche Abfertigung ſeiner Herausgeber X. Y. Z.

[62][63]

Folgendes Schreiben iſt an mehrere auswaͤrtige Logen dem Maureriſchen Taſchenbuche gedruckt vor - ausgegangen:

Hochwuͤrdiger GrMſtr! ꝛc.

Wir wagen es, Hochwuͤrdige, Wuͤrdige, ſaͤmmt - lich geliebte Bruͤder, Ihnen hierdurch den Beob - achter an der Spree zu empfehlen, ein Wo - chenblatt, welches nicht nur alle merkwuͤrdigen Ereigniſſe in Berlin erzaͤhlt, und den vollſtaͤndi - gen woͤchentlichen Todtenzettel deſſelben ent -64 haͤlt, ſondern auch Winke und Belehrungen in Hinſicht auf manche, die Menſchheit intereſſirende Angelegenheiten gewaͤhrt und dabei ſtets dasjenige verſchweigt, was verſchwiegen werden ſoll und muß.

Sie, H. W. ſaͤmmtlich gel. BB., wuͤrden uns einen Gefallen erzeigen, wenn Sie die Guͤte haben und uns merkwuͤrdige Nachrichten aus Ih - rer Gegend fourniren und dadurch dies Blatt fuͤr die ganze Monarchie lehrreich und nuͤtzlich machen wollten, beſonders, da wir oft unent - geltliche Beilagen gegeben haben.

Sie erhalten dies Blatt auf Ihren Poſtaͤm - tern und praͤnumeriren auf das Quartal 12 Gr. wo Sie mit Oſtern oder auch mit Johannis an - fangen koͤnnen. Das hieſige Generalpoſtamt iſt Hauptdiſtributeur.

Auch geben wir ein Taſchenbuch fuͤr Maurer heraus, worauf 20 Gr. praͤnumerirt wird, und welches zu Johannis erſcheint. Auch zu dieſem bitten wir um Nachrichten.

Wir gruͤßen Sie in der u. h. Z. und verhar - ren in aͤchter Bruderliebe H. GrMſtr ꝛc. Ihre treu verbundene Bruͤder die Herausgeber des Beobachters an der Spree

Kosmann Kurmaͤrk. Cammer-Aſſeſſor u. Profeſſor qua Secretaire.

Das65

Das Taſchenbuch ſelbſt will den Bruͤdern Winke geben, um die Maurerei von der rechten Seite anſehen zu lernen. Und wie hat es gewinkt? Wie ein Blindgebohrner einem Haufen Taubſtummer, ohne zu wiſſen, wo - hin und wozu.

Erſter Artikel. Voltaire und Feßler.

Seite 1. bis Seite 13. iſt buchſtaͤblich aus dem Journal fuͤr Frei-Maurer, als Ma - nuſeript gedruckt fuͤr Bruͤder und Mei - ſter des Ordens, Erſten Jahrganges zweitem Viertel-Jahre (Wien, bey Wappler 5784.) Von pag. 231 bis 242. abgeſchrieben. Welche Armuth des Geiſtes verrathen dieſe win - kenden Herrn X. Y. Z., welche ihr maureriſches Taſchenbuch, oder richtiger Taſchenſpiel, gleich mit einem Plagiat beginnen. Doch ſie ſind nicht in - corrigibel, denn ſie haben ihre Armſeligkeit gefuͤhlt, und darum Seite 13. Vierzehn Originalzei - len, in welchen eine Luͤge die andere, und ein Unſinn den andern jagt, hinzu gefuͤgt.

Da heißt es: Bruder Feßler ward von der S. E. L. R. Y. z. F. in Berlin beynahe wie ein Voltaire fetirt welches ſchon ausZweites Baͤndch. E66dem Grunde nicht wahr iſt, weil unter den Mit - gliedern gedachter S. E. Loge eben ſo wenig ſich Beynahe-Cordiers, Beynahe-de la Lan - de’s, Beynahe-Merciers, Beynahe-Gar - niers, und Beynahe-Court de Gebe - lins befinden, als Br. Feßler ein Beynahe - Voltaire iſt.

Die Loge R. Y. hat ihn ſelbſt zum Deputir - ten-Großmeiſter gewaͤhlt.

Wie das nun in der Maurer-Welt ſo zugeht. Der Großmeiſter, Bruder Delagoanere ſchlug 16 bis 20 Bruͤdern, die damahls an den Logen - Arbeiten thaͤtigern Antheil nahmen, den Bru - der Feßler zum Deputirten-Großmeiſter vor, und dieſe lieben Bruͤder ſagten fuͤr ſich und fuͤr die uͤbrigen 180, fuͤr die gerade damahls ein großer Eß-Saal erbauet werden mußte, ein liebreiches Fiat dazu. Uebrigens iſt freilich nicht zu laͤugnen, daß Bruder Feßler einen großen Feh - ler gegen das A. B. C. der Logen-Klugheit begangen hat, indem er die ihm uͤbertragene groß - meiſterliche Wuͤrde nicht fuͤr einen leeren Titel, ſo wie bey der Schuͤtzengilde den Titel Schuͤtzenkoͤnig, ſondern fuͤr einen Arbeits - Poſten anſehen wollte, mithin auch, wie es im Taſchenbuch heißt: that, was Voltaire nicht that; mit einer wirklichen Geiſtes-Arroganz ſahe er auf die uͤbrigen Bruͤder herab, und bauete ſo lange und ſo willkuͤhrlich, bis ſein Bau wieder in67 ſich ſelbſt zerfiel und die Ruinen davon an - dern zum Schrecken dienten.

Bruder F. konnte eben ſo wenig auf die uͤbri - gen Bruͤder hinauf ſehen, als dieſe faͤhig waren, in allem, was auf Freimaurerei Bezug hat, ſich auf einen hoͤhern Standpunkt zu erheben. Er mußte alſo auf ſie herab ſehen, der Arme! und ſich da - durch die Augen ſo verderben, daß er um 6 Jahre zu ſpaͤt gewahr wurde, wie es ihm an nichts, als an einer hinreichenden Anzahl kunſtkundiger Bau - leute fehlte. Daß er willkuͤhrlich baute, iſt eine Luͤge. Er baute nach Muſtern und Regeln, die jedem wahren Maurer heilig und unveraͤnderlich ſind; und er hat ſich daruͤber ſehr beſtimmt, offen und deutlich pag. 19. §. 2. und pag. 25. §. 9. und 10. ſeiner Maureriſchen Schriften 1 Theil erklaͤrt. Aber darinn hat er freilich wieder ganz gewaltig gegen die Logen-Klugheit geſuͤndigt, daß er ſich nicht nur weigerte, von ſonſt guten und ehrlichen Maͤnnern, ihres taͤglichen und ſtuͤndlichen Gewerbes aber bloß Kaufleuten, Jaͤgern, Buch - haltern und Handwerkern uͤber das Weſen und die Tendenz der ihnen durchaus unbekannten Freimaurerei, uͤber die Grundſaͤtze der Kritik, uͤber die Kriterien der Aechtheit und des Alters hiſto - riſcher Documente, ſich unterrichten zu laſſen, ſon - dern daß er ſogar ſie unterrichten wollte. Von dem Zerfallen ſeines Baues iſt bis jetzt noch nichts verlautet; uͤber 500 auswaͤrtige aͤchte Bruͤder woh - nen noch ſehr bequem, ſicher und licht darin; und auch vom Ausziehen der Bruͤder in Berlin iſtE 268vor der Hand nichts officielles bekannt geworden, ob es gleich nicht zu laͤugnen iſt, daß ſich einer und der andere hieſige Logen-Bruder im Feß - leriſchen Gebaͤude ziemlich poſſierlich bewegt. An Ruinen ſeines Baues iſt gar nicht zu denken; denn die Materialien, mit denen er baute, ſind ſo hart und feſt, daß ſich bis jetzt, ein unwiſſender Arbeiter nach dem andern den Kopf daran zerſchlug.

Voltaire ließ beſtehen, Feßler modelte.

Das mag wohl daher kommen, daß Voltaire glaubte, die Loge zu den 9. Schweſtern muͤßte es ſich zur hohen Ehre rechnen, daß er ſich aufneh - men ließ; Feßler aber mit mehr Gutmuͤthigkeit dachte, er muͤßte es ſich zur Ehre rechnen, daß man ihn zur Arbeit rief. Der proſaiſche Menſch! Er haͤtte doch wenigſtens aus der Erfah - rung wiſſen ſollen, daß arbeiten in der Logen - ſprache nichts weiter heißt, als Candidaten auf - nehmen und laden und richten.

Voltaire betrieb die Maurerei als Sache des Vergnuͤgens und des Herzens; Feßler betrieb ſie als Wiſſenſchaft.

Da haben wir’s! Das Vergnuͤgen, aufzu - nehmen, hernach zu laden und zu richten, und die herzliche Bereitwilligkeit einige Groſchen den Armen zu geben, darin liegt nach dieſen X. Y. Z. - Winken das Weſen und die ganze Tendenz der Maurerei, welche Feßler, als Wiſſenſchaft? nein, als etwas, zu dem nur der beſſer erzogene, ernſte, denkende Mann geeignet iſt, und was den beſſer erzogenen, ernſten, denkenden Mann befriedigen69 muß, wenn er ſich des Freimaurer Nahmens nicht ſchaͤmen ſoll, behandelt hat. Freilich ver - kannte Feßler dabey durchaus ſein Terrain; aber warum ſtellte man auch an die Spitze der Arbeit fuͤr Vergnuͤgen und Herz à la Voltaire einen Mann, bey dem gleich der erſte Anblick verraͤth, daß kein Fuͤnkchen franzoͤſiſcher Frivolitaͤt und Leichtbluͤtigkeit in ihm ſteckt!

Und kam endlich ſo weit, daß er ſie in den Eleuſinien oͤffentlich ausbiethen ließ.

Daruͤber mag ſich der Herausgeber der Eleu - ſinien nach Belieben erklaͤren;*)Daruͤber moͤchte wohl jede Erklaͤrung uͤber - fluͤſſig ſeyn! der erſte Band der E.