PRIMS Full-text transcription (HTML)
[I]
Eleuſinien des neunzehnten Jahrhunderts
Oder Reſultate vereinigter Denker uͤber Philoſophie und Geſchichte der Freimaurerei.
Zweites Baͤndchen.
Berlin1803.Bei Heinrich Froͤlich.
[II][III]

An die S. E. G. u. V. L. zu den drei Bergen und ihren verehrten Meiſter von St.

Indem ſich meine Achtung, mein Dank, und meine bruͤderliche Liebe gegen Sie, durch die Zueignung dieſes zweiten Baͤndchens der Eleu - ſinien auszudruͤcken ſtrebt, erlauben Sie mir zu - gleich dieſe Zuſchrift dazu zu benutzen, daß ich Ihnen einige Gedanken uͤber maureriſche Schrift - ſtellerei uͤberhaupt mehr andeute als ausfuͤhre, und mich uͤber das, was dieſe kleine Schrift liefert, mit kurzen Worten erklaͤre.

Es wuͤrde gar nicht unzweckmaͤßig, und der gegenwaͤrtigen Zeit nicht unangemeſſen ſeyn, wenn man die Sache der maureriſchen Publicitaͤt wie - der zur Sprache braͤchte, uͤber die von jeher* 2IVzwei entgegengeſetzte Meinungen geherrſcht haben. Einzelne BB., beſonders die Schriftſteller ſelbſt, waren ſtets dafuͤr, die Logen gewoͤhnlich dage - gen. Selten war ein Buch allen Syſtemen angenehm, wie z. E. die Apologie des Br. St.; oͤfter waren Schriften einer Parthei hoͤchſt unan - genehm z. B. St. Nicaiſe; ſelten veranſtalteten die Behoͤrden ſelbſt unter ihrer Autoritaͤt den Druck gewiſſer Werke, z. B. die Gr. L. von England, den des Conſtitutionsbuchs, die neueſten R. C., den der Schriften Chriſophirons; oͤfter ſchrieben einzelne Br., ohne oder gegen die Autoritaͤt der Behoͤrden in ihrer eigenen Sache, oder aus einem innern Drange, oder aus ver - ſchiedenen andern, reinen und unreinen Abſichten. Dieſe rechtfertigten ihre That durch mannigfaltige Gruͤnde, die angegriffenen Corporationen ver - warfen ſie natuͤrlich, und viele, die uͤber das, was Maurerei iſt, ſich keine feſten Begriffe ge - bildet hatten, mißbilligten jedes uͤber Maurerei und Logenweſen geſchriebene Wort, als pflicht - widrig; indeß von Jahr zu Jahr neue Schrif - ten uͤber Maurerei, und die Geſchichte ihrer Ausartungen erſchienen.

So lange maureriſche Schriften geleſen wer - den, und ſo lange ſich ein Stoff zu ihnen findet, ſo lange werden dergleichen gedruckt werden. Dies im letzten Akt zu hindern, moͤchte bei derV Verfaſſung der Bruͤderſchaft, und ihrem Ver - haͤltniß zur groͤßeren buͤrgerlichen Geſellſchaft wohl unmoͤglich ſeyn; und es waͤre auch nicht wuͤnſchenswerth, wenn es unrer gegenwaͤrtigen Umſtaͤnden gehindert wuͤrde. Was nicht zu ver - meiden iſt, (vorausgeſetzt, daß es nicht abſolut boͤſe iſt) muß man nicht vermeiden wollen, noch mehr, von dem muß man glauben, daß es nicht ohne Fug geſchehe.

Wenn man recht feſt die Maurerei von ihrer Geſchichte unterſcheidet, ſo wird man ſich ſehr leicht uͤber maureriſche Publicitaͤt ins Klare ſetzen, und beruhigen koͤnnen. Gewoͤhnlich wird uͤber jene nicht viel geſprochen, und was man ſpricht, iſt eine Art von Philoſophie, von ſubjectiver Anſicht, die mehr oder weniger zur Geſchichte wird; dieſe Geſchichte aber iſt aller - dings ein Gegenſtand der Unterſuchung, und iſt es von alten Zeiten her geweſen, ſo, daß eine bedeutende Literatur entſtanden iſt, die blos Beitraͤge zur Geſchichte liefert, oder mit ihr zu - ſammen faͤllt. Ein gewiſſer Proteſtantismus, der unſere ganze ſogenannte Aufklaͤrung erzeugt hat, draͤngt hier zu Unterſuchungen, die man denn bekannt machen, und dadurch aufklaͤren will. Dieſer Proteſtantismus taugt freilich nicht viel, aber er iſt einmal im Zeitgeiſt begruͤndet, und die Maurerei konnte ihm nicht entgehen. WasVI ſodann einmal zur Sache des Verſtandes und der Forſchung gemacht iſt, muß und kann auch fuͤglich als ſolche behandelt werden. Mußten ſich doch die heiligen Urkunden, und die Ge - ſchichte des Chriſtenthums ein gleiches gefallen laſſen, da man jene von aller hoͤheren Autori - taͤt entkleidete, ſie als menſchliche, dem Schickſal unterworfene Buͤcher anſah, und nun ſie zu bearbeiten, zu reinigen, und zu erklaͤren anfing; aus dieſer aber alle kirchliche Autoritaͤt verbannte, und ſie einer kritiſchen Pruͤfung unterwarf: wo - durch der unendliche und grenzenloſe Proteſtan - tismus in der Religion eroͤffnet wurde, der das Profane mit dem Heiligen nicht vermiſcht, ſon - dern alles profan macht.

Gegen alles dieſes koͤnnen in dem Gebiete der Maurerei die Logen ſelbſt am kraͤftigſten arbeiten, nicht durch Verbote und Interdikte, ſondern dadurch, daß ſie ſelbſt ſich auf den Standpunkt des Lichts ſetzen, daß ſie in ihrem Innern die BB. maureriſch beſchaͤftigen und befriedigen, daß ſie ſelbſt die Maurerei nicht als bloße Verſtandesſache behandeln, und wohl ler - nen, wie man mit Myſterien umzugehen habe. Alsdann wird ſich niemand ſehnen uͤber maure - riſche Gegenſtaͤnde zu ſchreiben oder zu leſen. Wer dies durch Beiſpiele beſtaͤttigt finden will, der gebe acht auf die Logen und Syſteme, welcheVII am entſchiedenſten die Publicitaͤt verſchmaͤhen, am wenigſten leſen, und verhaͤltnißmaͤßig die wenigſten Schriftſteller haben; und er wird finden, daß gerade bei ihnen ſich einige der angegebenen charakteriſtiſchen Zeichen finden. Eine L., die dieſe Zeichen alle an ſich truͤge, wuͤrde von Druckſchriften nichts wiſſen.

Aber ſo lange man noch Myſterien ohne Myſtik feiert, ſo lange der Kenntnißſtolz auf unſichern Fundamenten beruht, ſo lange man auf der einen Seite nach Aufklaͤrung, und nach bloßer Aufklaͤrung jagt, und auf der andern Seite das Licht der Wahrheit aus Eigenſinn, Furcht, Eigennutz oder Stolz verſchmaͤht: ſo lange wird geſchrieben werden, und ſo lange wird man eine grundloſe und vergeb - liche Oppoſition gegen die Publicitaͤt bilden.

Eine andere Quelle der maureriſchen Schrift - ſtellerei ſind die Logenſtreitigkeiten. Eine Corpo - ration wird angegriffen, ſie muß ſich ver - theidigen: ein Bruder wird beleidigt, gemißhan - delt, ungehoͤrt verdammt; die Verlaͤumdung breitet ſich weit uͤber den Kreis der geſchloſſenen Geſellſchaft aus, was bleibt ihm uͤbrig, ſeine Ehre zu retten, als der Recurs an das groͤßere maureriſche Publikum? Auch dieſe unmaure - riſche Quelle koͤnnen die Direktionen der LL. ganz verſtopfen, nicht durch Tadel des Beleidig - ten, der zu ſeiner Rechtfertigung ſchreibt, da erVIII nicht ſprechen konnte: ſondern durch Feſthalten an den ewigen Principien der Gerechtigkeit, durch Ver - huͤtung aller Verletzungen menſchlicher Rechte, und aller unbruͤderlichen Streitigkeiten, vermittelſt und Kraft des wahren heiligen Geiſtes der Maurerei.

Natuͤrlich ſpreche ich nur von redlichen maureriſchen Schriftſtellern, die um der Sache willen ſchreiben. Was ſchlecht iſt, und aus unreinen Abſichten geſchieht, das wollen wir, wie uͤberall, ſo auch hier verachten.

Ueberhaupt aber ſpielt die maureriſche Publi - citaͤt nur in den Vorhoͤfen, die an die profane Welt grenzen, ja mitten in ihr liegen. Das wahre Myſterium hat bisher (und wird es zu allen Zeiten) aller Publicitaͤt und Profanation geſpottet; kein Schriftſteller hat es verrathen, und wird es je verrathen, theils, weil er es nicht kennt, theils, weil er, wenn er es kennt, nicht davon ſpricht, theils, weil er, wenn er auch davon ſpraͤche, von keinem verſtanden werden wuͤrde, als der es ſchon weiß. So gleichen die maureriſchen Schriften alle mehr oder weni - ger, der in den Eleuſinien mitgetheilten chrono - logiſchen Geſchichte, die bei aller ihrer Zweck - maͤßigkeit zum gelehrten Gebrauch, doch die unſchuldigſte Sache von der Welt iſt; und ſo koͤnnen alle g. u. v. LL., ſo wie alle redliche Logenbeamte, uͤber die Publicitaͤt uͤberhauptIX außer Sorgen ſeyn; ſie gehen mit Bewußtſeyn ihren Weg fort, uͤberzeugt, daß gegen ſie nichts Bedeutendes geſagt werden kann, und daß ſie das, was eben geſchrieben wird, und nur geſchrie - ben werden kann, nicht zu ſcheuen haben. Und ſo konnte ich denn auch Ihnen, meine verehrten Bruͤder! ob ſie gleich im Allgemeinen die maureriſche Publicitaͤt, noch mehr aber ihre Quellen, nicht lie - ben, ohne Furcht Ihnen zu mißfallen, dieſe Schrift zueignen, denn Sie haben auf einem hoͤhern Stand - punkte, als der der Druckſchriften ſeyn kann, Be - friedigung, und die wahre Anſicht aller der hiſtori - ſchen Dinge, die durch die gedruckten Buchſtaben mitgetheilt werden koͤnnen, gefunden.

Erlauben Sie mir noch einige Worte uͤber den Inhalt dieſes zweiten Baͤndchens.

  • No. 1. iſt die Fortſetzung der hoͤchſt intereſſan - ten Briefe uͤber Maurerei, wie ſie ein folgerecht denkender Verſtand conſtruirt. Sie werden die Wichtigkeit und das Weit - greifende dieſer Ideen, ſo wie ihr Verhaͤlt - niß zur Geſchichte des O. einſehen, und mit mir glauben, daß ſie der vorzuͤglichſte Schmuck der Eleuſinien ſind; eben ſo wiſſen Sie, daß der an irgend einem Orte, als Verfaſſer derſelben angegebene Br. Feßler, weder Verfaſſer noch Bearbeiter derſelben iſt, und daß ſonach alles, was man ausX ihnen fuͤr das Syſtem dieſes Br. hat fol - gern wollen, keinen Grund hat. Zuſaͤtze, die die Einkleidung erforderte, ſind diesmal ganz unbedeutend, und ſo erhalten die BB. die Ideen des großen Mannes faſt durch - gaͤngig mit ſeinen eigenen Worten. Moͤchte es ihm doch gefallen, bei ſeiner tiefen Kennt - niß der Geſchichte des O., auch die philo - ſophiſche Deduction, der uͤber der allge - meinen menſchlichen Geſellſchaft ſchweben - den geſchloſſenen Geſellſchaft zu vollenden!
  • No. 2. iſt leider polemiſchen Inhalts; leider, in Abſicht der Veranlaſſung. Es iſt dies das erſte Wort, welches der Hw. Br. Feßler gegen die Angriffe ſagt, die ſeit einiger Zeit auf eine faſt unerklaͤrbare Weiſe auf ihn gemacht worden ſind, und die wohl alle auf Mi[ß]verſtaͤndniſſen und unrichtigen Vorausſetzungen beruhen. Gewiß, weder die Liebe unter den Maurern, noch die Ehre der Bruͤderſchaft wird dadurch befoͤrdert, und das feſtgegruͤndete Verdienſt des Br. Feßler um das Ganze der Maurerei da - durch nicht geſchmaͤlert. Da es ihm gefallen hat, ſelbſt, und unter ſeinem Namen, uͤber die Sache zu ſprechen, ſo iſt jedes weitere Wort eines andern uͤberfluͤſſig.
  • No. 3. liefert Zuſaͤtze zur chronologiſchenXI Geſchichte. Von ihnen gilt ganz daſſelbe was S. VII. der Vorrede zum erſten Baͤndch. ſteht; es wird erzaͤhlt, nicht was wirklich geſchehen ſey, ſondern was irgendwo oͤffentlich erzaͤhlt worden iſt. Daher ſind die Citationen ſehr zu beachten, weil ſie gewoͤhnlich die Recenſion der Glaubwuͤrdig - keit einer Nachricht enthalten. Um die Brauchbarkeit dieſer Chronologie fuͤr den maureriſchen Geſchichtsforſcher zu vermeh - ren, ſind zuweilen Data aus andern Ordens - geſchichten beigeſetzt worden, die wegen ihres Einfluſſes oder ihrer Accommodation auf Maurerei bedeutend geworden ſind. Uebrigens ſieht der Verf. voraus, daß unterrichtete Frei-Maurer, dieſe Data, be - ſonders aus der aͤltern Zeit, nicht ohne Laͤcheln leſen, und nur zuweilen eine ernſte Miene machen werden; indeß der Ernſt mehrt ſich, wie in einem Trauerſpiele, je naͤher wir dem Ende kommen, das uͤbri - gens auch in den allerneueſten Zeiten kei - nen Schluß macht. Dieſe Geſchichte, welche ſchon ganz ausgearbeitet iſt, hat bei dem Jahre 1766. aus Mangel an Raum abgebrochen werden muͤſſen; ſie wird aber ſo vollſtaͤndig, als nur immer moͤglich iſt, geliefert werden. Die bei dieſer Gele -XII genheit im vorigen Baͤndchen angedeutete kritiſche Geſchichte (Manuſcript fuͤr ver - traute BB. ) iſt uͤbrigens mit uͤberraſchen - dem Gluͤcke vollendet, voll tiefer hiſtoriſcher Forſchungen, neuer Entdeckungen und frucht - barer Reſultate. Es iſt unbedenklich das wich - tigſte maureriſche Werk, das je geſchrieben worden iſt, und es waͤre zu wuͤnſchen, daß diejenigen, die es geleſen und gewuͤrdigt haben, ſich oͤffentlich daruͤber erklaͤren moͤchten.
  • No. 4. Mit dieſem heiteren Gemaͤlde glaubt der Herausgeber den Leſern dieſes zweiten Baͤndchens ein nicht unangenehmes Ge - ſchenk zu machen. Moͤgen ſie es fuͤr eine Paradoxie, oder fuͤr einen Traum halten: es iſt reich an Gelegenheit zu wichtigen Reflexionen und manchen neuen Anſichten. Sollte man auch den hier ausgeſprochenen oder angedeuteten Wahrheiten nicht allge - mein die Realiſirung wuͤnſchen, ſo werden ſich doch aller Herzen in dem Wunſche ver - einigen, daß der Geiſt und die Geſinnung der Bruͤder der L. zu Z. allgemein ſeyn moͤge.
  • No. 5. Hier die im vorigen Baͤndchen ver - ſprochenen Worte des ehrwuͤrdigen Br. Bode. Es ſind vielleicht die unbedeu - tendſten, die er geſagt hat, aber ſie ſind von ihm, und um deswillen den VerehrernXIII ſeiner großen Verdienſte um die Geſchichte und Reinigung der Maurerei werth. Br. Mnioch iſt als maureriſcher Dichter ſchon zu bekannt und geliebt, als daß ihm nicht alle BB. von Herz und Geiſt fuͤr die Be - kanntmachung dieſes herrlichen Hymnus danken ſollten; eben ſo wird man die bei - den einfachen Lieder eines andern Dichters nicht ohne Wohlgefallen leſen.
  • No. 6. von nicht erfreulichem hiſtoriſchem In - halte. Wahrſcheinlich hat ſich die ganze Begebenheit im Monde zugetragen, welches der Ueberſchrift nicht widerſpricht, da der Mond nicht mehr und nicht weniger unter der Sonne liegt, als die Erde.
  • No. 7. liefert eine maureriſche Curioſitaͤt. Kenner werden ihren Inhalt zu wuͤrdigen wiſſen und entſcheiden, ob dadurch Hr. Profeſſor Buhle widerlegt ſey. Wenn Sie meinen ſollten, daß darinn eben nicht ein europaͤiſcher, ſondern vielleicht ein etwas aſiatiſcher Geiſt wehe, ſo moͤchten Sie wohl nicht irren. Uebrigens verdient die am Ende des Aufſatzes angekuͤndigte literariſche Unternehmung alle Aufmerkſamkeit, voraus - geſetzt, daß die verſprochenen Aktenſtuͤcke be - ſonders uͤber das Cl ſche H. K., unbezwei - felte Kritereien der Aechtheit an ſich tragen.
  • XIV
  • No. 8. Literatur. Dieſen Artikel hat ſein Verfaſſer nur zu Mittheilung einiger ſeiner Ideen benutzt, und es war nicht ſeine Mei - nung eine vollſtaͤndige Literar-Notiz oder Kritik zu liefern.

Es iſt auch bei dieſem Baͤndchen der Eleuſinien dem Herausgeber Ernſt geweſen, der guten Sache der Maurerei nuͤtzlich zu werden, und etwas zu lie - fern, welches der Aufmerkſamkeit denkender BB. wuͤrdig waͤre.

Moͤge alle Polemik und aller Streit aus der Bruͤderſchaft und aus maureriſchen Schriften verſchwinden, und, obgleich der Glaube verſchieden ſey, ſich alle Herzen zur reinen Achtung fuͤr Wahr - heit, zur Schonung der heiligen Rechte des guten Namens der BB., zur Billigkeit gegenfremde Ueber - zeugung und zum frohen Bruderfrieden erheben!

Seegen allen guten LL. und BB., die im Geiſte und der Wahrheit arbeiten, die Maurerei vor allem Profanen bewahren, und unter dem Scheine ihrer erhabenen Lichter, mit hellem Geiſte und fuͤhlendem Herzen dem hoͤheren Lichte entgegen wandeln!

Mit inniger Freude werde ich Sie, meine ver - ehrten BB. ! auf dieſem ſchoͤnen Wege begleiten.

Geſchrieben den 24. Aprill 1803.

Der Herausgeber.

[XV]

Inhalt.

  • Seite
  • I. Philoſophie der Maurerei. Briefe an Konſtant1
  • II. Reviſion des Maureriſchen Taſchen - buches auf das Jahr 5802 bis 5803, und maͤnnliche Abfertigung ſeiner Herausgeber X. Y. Z. Vom Br. Feßler. 61
  • III. Geſchichte der Maurerei. 1) Alte Geſchichte. 2) Geſchichte des acht - zehnten Jahrhunderts. 115
  • IV. Die Loge zu Z. Ein Auszug aus dem Reiſe-Journal eines unterrich - teten Maurers. 215
  • V. Reden und Gedichte. 1) An - rede an einen Neuaufgenommenen, vom verewigten Br. Bode. 2) Am Einweihungs-Feſte der neuen Loge F. W. z. S. Eine Viſion vom Br.
  • XVI
  • Seite
  • Mnioch. 3) Am St. Johannis-Tage. Der Loge zur Wahrheit gewidmet. 4) Das Gluͤck der Maurerei255
  • VI. Nichts Neues unter der Sonne. Eine merkwuͤrdige hiſtoriſche Pa - rallele273
  • VII. Ueber den Urſprung der Freimaurer und Roſenkreuzer. Anmerkungen, uͤber den vom Hrn. Profeſſ. Buhle unterm 27. und 31. Januar, v. J. im 8. und 9. Blatte der Hambur - ger Adreß-Comtoir-Nachrichten bekannt gemachten Urſprung derſel - ben. Von dem Br. v. Bioͤrn321
  • VIII. Maureriſche Literatur. 1) Ta - ſchenbuch fuͤr Frei-Maurer. Koͤthen, 1803. 2 ) Moraliſcher Taſchenſpiegel335
I. Phi -
[1]

I. Philoſophie der Maurerei. Briefe an Konſtant.

Zweites Baͤndch. A[2][3]

Briefe an Konſtant.

Sechster Brief.

Du laͤßeſt mich nicht los, Konſtant! ob Du gleich, wie Du ſchreibſt, ahneſt, was ich noch zu ſagen haben moͤchte. Du haſt auch ganz recht, und es iſt nichts leichter fuͤr einen folgerecht denkenden Kopf, als, nach den angedeuteten Praemißen, mein Thema gluͤcklich zu vollenden. Aber ich ſoll, ſo willſt Du, fortfahren.

Unſre erſte Frage wird ſonach ſeyn: Was wirkt der Orden im Maurer? und die zweite: Was wirkt er auf die Welt? Ich werde mich kurz faſſen, und mich mit fruchtbaren Winken begnuͤgen koͤnnen.

Iſt die Verbindung nicht voͤllig vergebens und unwirkſam, ſo muß doch ohne Zweifel derjenige, der ſich in ihr befindet, er ſtehe auf einer Stufe der Kultur, auf welcher er wolle, der Reife naͤher kommen, als daſſelbe Individuum,A 24außer der Verbindung, ihr gekommen ſeyn wuͤrde. Dieß gilt bei dem wachen Men - ſchen ſogar von jedem neuen Verhaͤltniſſe, in wel - ches er eintritt.

Ich nehme hier Reife und gemeinmenſch - liche Ausbildung fuͤr gleichbedeutend, und zwar mit Recht. Einſeitige Bildung iſt immer Unreife; wenn auch an einer Seite Ueberreife ſeyn ſollte, ſo iſt doch dafuͤr gewiß an andern Seiten herbe, ſaure Unreife.

Das Hauptkennzeichen der Reife iſt: Kraft, durch Anmuth gemildert. Alle jene ge - waltſamen Ereiferungen, jene weiten Anlaͤufe und Ausholungen ſind die erſten, auch nothwendigen Renkungen und Regungen der ſich entwickelnden Kraft; aber ſie ſind nicht mehr vorhanden, nach - dem die Entwickelung vollendet, und die ſchoͤne geiſtige Form in ſich ſelbſt gerundet iſt. Oder daß ich es mit den Kunſtwoͤrtern der Schule ſage: So wie die Reife erfolgt, vermaͤhlt holde Poeſie ſich mit der Klarheit des Kopfes und der Recht - ſchaffenheit des Herzens, und die Schoͤnheit tritt in den Bund mit der Weisheit und Staͤrke.

Dies iſt das Bild des reifen, ausgebildeten Mannes, wie ich mir ihn denke:

Sein Kopf iſt durchaus klar und von Vor - urtheilen aller Art frei. Er herrſcht im Reiche der Begriffe und uͤberſieht das Gebiet der menſch - lichen Wahrheit ſo weit als moͤglich. Aber die5 Wahrheit iſt ihm durchaus nur Eine, nur ein Einziges, untheilbares Ganzes, und er zieht keine Seite derſelben einer andern vor. Gei - ſtesbildung ſelbſt aber iſt ihm auch nur ein Theil der ganzen Bildung, und es faͤllt ihm nicht ein, lediglich durch ſie vollendet zu haben; eben ſo wenig, als es ihm einfallen wird, ſie entbehren zu wollen. Er ſieht ſehr gut, und ſcheut ſich nicht, es zu geſtehen, wie ſehr andre hierinn hinter ihm zuruͤck ſind; aber er ereifert ſich daruͤber nicht, weil er weiß, wie viel auch hierinn vom Gluͤcke abhaͤnge. Er draͤngt ſein Licht, noch weniger den bloßen Schein ſeines Lichts, keinem auf; wiewohl er immer bereit iſt, jedem, der da begehrt, ſoviel zu geben, als er tragen kann, und es ihm in jedem Gewande zu geben, das ihm das gefaͤlligſte iſt, laͤßt er es doch auch gut ſeyn, wenn niemand ſeine Leuchte begehrt. Er iſt durchaus rechtſchaffen, gewiſſenhaft, ſtreng gegen ſich ſelbſt in ſeinem Innern, ohne aͤußerlich das geringſte Weſen mit ſeiner Tugend zu machen, und den Anblick der - ſelben andern, durch Verſicherungen uͤber ſeine Ehrlichkeit, durch ſtark hervorſpringende Aufop - ferungen, durch Affectation eines hohen Ernſtes aufzudringen. Seine Tugend iſt eben ſo kunſt - los und, ich duͤrfte ſagen, ſchamhaft, als ſeine Weisheit; die herrſchende Empfindung bei den6 Schwachheiten ſeiner Mitmenſchen iſt gutmuͤthi - ges Bedauren, keinesweges zuͤrnende Entruͤſtung. Er lebt im Glauben ſchon hienieden in einer beſſern Welt, und dieſer Glaube allein giebt in ſeinen Augen ſeinem Leben hienieden Werth, Bedeutung und Schoͤnheit; aber er dringt am wenigſten dieſen Glauben irgend einem auf, ſon - dern traͤgt ihn in ſich, als einen verborgenen Schatz.

Dies iſt das Bild des vollendeten Menſchen, dieß iſt das Ideal des Maurers. Eine hoͤhere Vollkommenheit, als der Menſch uͤberall erreichen kann, wird auch dieſer nicht begehren oder ſich ihrer ruͤhmen; ſeine Vollkommenheit kan keine andre, als eine menſchliche und die menſchliche ſeyn. Jeder Menſch muß in ſteter Annaͤherung zu dieſem Ziele begriffen ſeyn; wenn der O. nur einige Wirkſamkeit hat, muß jedes Glied ſichtba - rer und mit Bewußtſeyn in dieſer Annaͤherung begriffen ſeyn; als aufgeſtelltes und ſeinem Herzen nahgelegtes Ideal muß ihm dies Bild vorſchweben; wohin ſein Auge trift, muß es ſich ihm darſtellen; es muß gleichſam die Natur ſeyn, in der er lebt und athmet.

Wohl moͤglich, daß nicht alle, ja daß vielleicht kein einziger von denen, welche ſich Maurer nen - nen, dieſe Vollendung erreichen. Aber wer hat je die Guͤte eines Ideals oder nur einer Anſtalt, nach dem, was die Individuen wirklich erreichen, abgemeſſen? Darauf kommt es an, was dieſe un -7 ter den gegebenen Bedingungen erreichen koͤnnen; was die Anſtalt durch alle gegebenen Mittel will und andeutet, daß ihre Glieder erreichen ſollen.

Auch ſage ich nicht, daß die Maurer nothwen - dig beſſer ſind, als andre Menſchen, eben ſo wenig, daß man dieſelbe Vollkommenheit nicht auch außer dem Orden erreichen koͤnnte. Wohl waͤre es moͤglich, daß ein Mann, der nie in der Frei-Maurer-Geſellſchaft aufgenommen waͤre, dem oben aufgeſtellten Bilde gliche; und es ſchwebt in dieſem Augenblicke wirklich vor den Augen meines Geiſtes das Bild eines Man - nes, in welchem ich es vorzuͤglich realiſirt finde und der den Orden hoͤchſtens dem Namen nach kennt. Aber derſelbe Mann, wenn er in dem Or - den und durch denſelben das geworden waͤre, was er durch ſich in der großen menſchlichen Geſell - ſchaft geworden iſt, wuͤrde faͤhiger ſeyn, auch an - dre zu demſelben zu machen, was er iſt, und ſeine ganze Bildung wuͤrde geſellſchaftlicher, mit - theilbarer und ſonach auch im Innern weſentlich anders modiſicirt ſeyn. Was in der Geſellſchaft entſteht, hat fuͤr die Praxis mehr Leben und Kraft, als das, was in der Abgeſchiedenheit erzeugt wird.

Dies ſind die Winke, die ich Dir uͤber die Wirk - ſamkeit der Frei-Maurer-Geſellſchaft auf ihre Mitglieder geben wollte. Entweder muß ſie die gluͤckliche Annaͤherung zu dem oben aufgeſtellten Ideale wirken, oder gar nichts; was daruͤber iſt, kann uͤberall nicht gewirkt, was darunter iſt, kann uͤberall gewirkt werden. Daß die Mitglieder8 aber fuͤr ihren wohlthaͤtigen Einfluß empfaͤng - lich ſeyn muͤſſen, verſteht ſich wohl von ſelbſt; eben ſo, daß die Anſtalten von einer ſolchen Na - tur ſeyn muͤſſen, daß der am meiſten und der am wenigſten Empfaͤngliche dennoch in ſeinem richti - gen Verhaͤltniß in ihr gewinnet und fortſchreitet.

Und nun wird noch die Frage ſeyn: Ob dieſe Verbindung auch auf die Welt wirke.

Siebenter Brief.

Koͤnnte wohl dieſe Frage im Ernſt zweifelnd auf - geworfen werden, koͤnnte man wirklich nun noch fragen: Ob der Orden auch auf die Welt, auf die groͤßere menſchliche Geſellſchaft wirke?

Dieſer im innern Heiligthume des Ordens ſo gebildete Mann, bleibt er denn nicht nach wie vor in der Welt, und behaͤlt in derſelben ſeinen Platz? Bleibt er nicht, nach wie vor, Gatte, Hausvater, Geſellſchafter, Mitglied des Standes, den er in der Welt bekleidet? Kann es fehlen, daß ſeine im Orden erlangte Bildung, die nun ihm durchaus eigen geworden iſt, die ein Beſtandtheil ſeiner Perſoͤnlichkeit ausmacht, und die er nicht ſo will - kuͤhrlich ablegen kann, wenn er die Loge verlaͤßt, kann es fehlen, daß dieſe Bildung nicht in allen dieſen Verhaͤltniſſen ſichtbar werde? Und wirkt ſo9 der Orden durch ſeine Mitglieder nicht hoͤchſt wohl - thaͤtig auf die Welt?

Ich mache Dich auf einiges aufmerkſam, was Dich in Deinen eignen Erwaͤgungen unterſtuͤtzen wird.

Niemand bekleidet ſeine Stelle in der groͤßeren Geſellſchaft zweckmaͤßiger, als der, welcher vermag, uͤber ſeine Stelle hinaus zu ſehen, der nicht nur ſie, ſondern der auch die feine Grenzlinie, wo ſie in die groͤßere Geſellſchaft uͤbergeht und eingreift, durchſchaut und uͤberblickt; ſo wie der der groͤßere und hellere Ge - lehrte iſt, der nicht nur ſeine Disciplin, ſondern auch die angrenzenden, ſondern auch das ganze Feld des Wiſſens uͤberſchaut. Nur der ſo auf ſeiner Stelle ſteht, handelt ſehend und ſeiner ſich ſehr wohl bewußt, fuͤr die Welt; der andre iſt ein blindes Werkzeug, das an ſeinem Platze vielleicht ganz richtig wirkt, deſſen Wirkſamkeit aber erſt durch das Ganze zum wahren Ziele hingelenkt wird. Der erſtere weiß zu rechter Zeit hier von den Forderungen und Regeln ſeines Standes nach - zulaſſen, hier ſtreng auf ſie zu halten, hier ſie zu ſchaͤrfen; dies verſteht der letztere nicht, ſondern er geht, wie eine Maſchine, heut und morgen den feſt angewoͤhnten Gang. Nun aber iſt es die Maurerei, die alle Menſchen uͤber ihren Stand erhebt; ſie bildet ſonach, indem ſie Menſchen bildet, zugleich die tauglichſten Mitglieder der groͤßeren Geſellſchaft: liebenswuͤrdige und populaͤre Gelehrte und Weiſe, nicht blos fer -10 tige, ſondern auch mit Urtheil begabte Geſchaͤfts - maͤnner, menſchliche Krieger, gute Hausvaͤter und weiſe Erzieher ihrer Kinder. Welches menſch - liche Verhaͤltniß man ſich auch denken moͤge, die Maurerei hat den vortheilhafteſten Einfluß darauf.

Die menſchliche Geſellſchaft muß ferner im ſteten Fortſchreiten begriffen ſeyn; alle ihre Verhaͤltniſſe muͤſſen fortwaͤh - rend reiner werden, und ſich vervoll - kommnen. Beſonders ſchreitet ein wohlregierter Staat in der Geſetzgebung, in der Verwaltung, in den Erziehungsanſtalten vorwaͤrts und behaͤlt immer ein offnes Ohr fuͤr alle Vorſchlaͤge und Verbeſſerungen. Ein ſolcher im Fortſchreiten zur Vollkommenheit begriffener Staat kann mit Ge - ſchaͤftstraͤgern, die uͤber die enge Sphaͤre ihres beſonderen Berufs nie hinausgeſehen haben und nur in dem bisherigen Gleiſe fortkommen konnten, nichts anfangen; ſie werden unbrauchbar, ſobald eine Verbeſſerung vorgeht; ſie wollen nicht un - brauchbar werden, ſtraͤuben ſich daher gegen Ver - beſſerungen und wenden entweder allen ihren Ein - fluß an, ſie zu hindern, oder bereiten ihnen, ſelbſt durch ihren guten Willen ſie zu befoͤrdern, einen ſchlechten Erfolg. Wo die Mehrheit der Geſchaͤfts - traͤger eines Staats ſo beſchaffen iſt, dort wird es wohl ewig beim Alten bleiben. Zwar erhebt ſchon ein gruͤndliches Studium der Wiſſenſchaften uͤber dieſen engen Kreis des Geſchaͤftsganges und des Hergebrachten; die Wiſſenſchaft zeigt den Zu - ſammenhang aller menſchlichen Verhaͤltniſſe unter -11 einander und deutet auf die Punkte, von welchen aus weiter geſchritten werden muß. Aber hat die Wiſſenſchaft dieſen Einfluß auf die Welt wirk - lich? Wenn auch die Mehrheit gruͤndlicher zu ſtudieren pflegte, als ſie es thut; wenn ſie auch nicht dieſe halbe Gelehrſamkeit, die ſie etwa von der Univerſitaͤt mit hinwegbringt, einige Jahre nachher rein zu vergeſſen pflegte, wenn auch die - ſes alles nicht waͤre: was hilft das bloße Wiſſen, ohne Uebung? Hier tritt nun, wo nichts weiter helfen kann, die Maurerei in die Mitte, als eine Uebungsanſtalt fuͤr Viel - ſeitigkeit; und erſetzt eine Luͤcke, welche die große buͤrgerliche Geſellſchaft nothwendig laſſen mußte.

Ich erinnere Dich hier im Vorbeigehen an den Staat, in welchem wir beide leben, und dem man den Ruhm des Strebens nach Vollkommen - heit ohne die hoͤchſte Ungerechtigkeit nicht abſprechen koͤnnte. Ich will nicht entſcheiden, ob dieſe Ten - denz auch mit aus der Maurerei hervorgehe, die in ihm ſeit langer Zeit gebluͤht hat, oder ob ſie und wie ſie bisher durch die Maurerei unterſtuͤtzt wor - den ſey; aber ich kann beſtimmt behaupten, daß dieſe Tendenz fuͤr die Zukunft an dem Orden eine gute Unterſtuͤtzung finden muͤſſe.

Erwaͤge ferner folgende Bemerkung. In einer merkwuͤrdigen Schrift, in welcher die menſchlichen Staͤnde in zwei Klaſſen getheilt und zu der erſten Klaſſe diejenigen gerechnet werden, die ſich mit Bildung des Geiſtes und Herzens andrer, ſo wie12 mit der Regierung derſelben beſchaͤftigen; zu der zweiten diejenigen, die fuͤr die Beduͤrfniſſe des irr - diſchen Lebens ſorgen, in dieſer Schrift iſt gezeigt worden, daß der Hauptgrund der bisherigen Man - gelhaftigkeit vieler menſchlichen Verhaͤltniſſe in der Schwierigkeit der Wechſelwirkung und des gegenſeitigen Einfluſſes dieſer bei - den Klaſſen aufeinander liege, und daß es nicht eher gruͤndlich beſſer werden koͤnne, bis die - ſer gegenſeitige Einfluß durchaus herge - ſtellt iſt. Wenn Du nun dieſen Mangel an Zuſammenhang und Einfluß mit mir fuͤr ein Uebel haͤltſt, ſo wirſt Du auch den Frei-Maurer - Orden fuͤr das beſte Gegenmittel, und fuͤr das zweckmaͤßigſte Mittel einer gruͤndlichen Verbeſſe - rung halten. Er verknuͤpft nehmlich in ſich, we - nigſtens die beiden Enden dieſer zwei Klaſſen, und bringt beide, ohne Ruͤckſicht auf ihre Standes - und Berufsbeſchaͤftigung, naͤher aneinander. Darum iſt es dringend nothwendig, daß in einer Loge (wie auch gewoͤhnlich geſchieht) nicht nur Gelehrte, ſon - dern auch Ungelehrte, und nicht nur dieſe, ſondern auch Gelehrte beiſammen ſeyn, und keiner den andern daruͤber ſcheel anſehe, daß er jenes iſt und dieſes nicht iſt. Ein Mitglied der zweiten Klaſſe, welches hier ſein Mißtrauen, ſeine Scheu, ſeine Furcht, ſeinen Haß oder ſeine Verachtung, wenigſtens gegen die Mitglieder der erſten Klaſſe, die ſeine Ordens-Bruͤder ſind, ablegen lernt; ein Mitglied der erſten Klaſſe, welches hier ſeine Ge - ringſchaͤtzung, wenigſtens der Mitglieder der zwei -13 ten Klaſſe, die ſeine Bruͤder ſind, entfernen lernt, wird ja wohl dieſe Geſinnung aus der Loge auch mit in die Welt nehmen, ſeine beſſere Anſicht die - ſer Klaſſen auch auf andre Mitglieder derſelben, die nicht Ordens-Bruͤder ſind, ausdehnen und dieſe beſſere Anſicht andern Ungeweihten ſeiner eig - nen Klaſſe mittheilen. Ein rechtlicher Buͤrger, der etwa im Orden inne wuͤrde, daß ein Gelehrter nicht nothwendig ein Pedant iſt, wird es auch außer dem Orden nicht mehr ſo unbedingt voraus - ſetzen, und ſeine Entdeckung wohl auch andern rechtlichen Buͤrgern, die keine Bruͤder ſind, gele - gentlich mittheilen. Ein Gelehrter, der etwa im Orden gelernt haͤtte, daß ein unſtudirter Beamter oder Buͤrger, nicht eben ein unwiſſender und un - verſtaͤndiger Menſch ſey, mit dem man nichts Ver - nuͤnftiges ſprechen oder von dem man nichts lernen koͤnnte, wird auch außer dem Orden ſolche Maͤn - ner mit Werthſchaͤtzung behandeln, und dieſe ſeine Entdeckung in Geſpraͤchen und Schriften verbrei - ten. Und ſo waͤre der Maurer-Orden eine der wichtigſten Anſtalten fuͤr die Welt, die, ohne ihn, in derſelben gaͤnzlich mangelt.

Endlich aber doch dieß kann ich nur in einem ſchnellen Grundzuge andeuten koͤnnte der Orden ſogar geradezu fuͤr den Staat, fuͤr die Kirche, fuͤr das gelehrte Publi - kum wirken, und von allen dieſen Geſellſchaften gebraucht werden, um Verbeſſerungen, bei denen ſich der Widerſtand der Einſeitigkeit vorausſehen ließe, allmaͤhlich vorzubereiten, und einzuleiten.

14

Du haſt nun Data genug uͤber die Zweck - maͤßigkeit, Brauchbarkeit, ja Unentbehrlichkeit des Frei-Maurer-Ordens in der großen menſchlichen und buͤrgerlichen Geſellſchaft. Was er wirken koͤnne, iſt Dir durch natuͤrliche und richtige Fol - gerungen aus der Angabe ſeines Zwecks klar; ſeine Wirkſamkeit muß erfolgen, wenn er den Zweck hat, daß ſeine Mitglieder ſich in dieſer Ver - bindung allgemeine, rein menſchliche Bildung, im Gegenſatze der beſonderen Standesbildung zu er - werben ſuchen; dieſen vernuͤnftigen und untadel - haften Zweck aber muß er wieder ſo gewiß haben, ſo wahr ſich ernſthafte, weiſe und tugendhafte Maͤnner anhaltend mit ihm beſchaͤftigen.

Ich nehme in dieſem Augenblicke noch auf einen Einwurf Ruͤckſicht, den ich Dich in andrer Beziehung (nehmlich in Beziehung auf die vorge - gebne allgemeine Bruderliebe) habe machen hoͤren, und den Du nicht verfehlen wirſt, hier anzuwen - den und zu wiederholen. Wenn wirſt Du ſagen, die ſchaͤdlichen Folgen der Einſeitigkeit durch den Orden aufgehoben werden ſollen, ſo muß durch ihn ſelbſt keine Einſeitigkeit irgend einer Art befoͤrdert werden; dies geſchieht aber in ihm ſelbſt, durch die verſchiedenen, ſcharf abgeſchnittenen Syſteme, die ſich einander widerlegen, ausſchließen und ver - folgen. Du haſt vollkommen Recht, Kon - ſtant, dieſen Einwurf zu machen, und ich wuͤrde ihn mit Dir aufſtellen, wenn ich an irgend ein Syſtem denken wollte, und nicht bloß die reine und allgemeine Maurerei, die immer nur Eine15 und eine Untheilbare iſt, vor Augen haͤtte. Dieſe vertraͤgt keine Syſteme; und wenn Du ſchließen willſt, daß eben das ausſchließende, und verfolgende Syſtem, von dem, was wir Maurerei nennen, noch ſehr weit entfernt ſey, ſo werde ich Dich daran nicht hindern. Behalte Du nur mit mir den wahren Punkt, von welchem wir bei unſern Unterſuchungen ausgehen und den wir ſtandhaft behaupten muͤſſen, unverruͤckt im Auge, und kuͤm - mere Dich nicht um die Schluͤſſe, die auf eine wirklich exiſtirende Maurerei daraus gemacht wer - den koͤnnten.

Achter Brief.

Ich bin mit Deiner Antwort zufrieden, mein theu - rer Freund! und freue mich, zur Erhoͤhung Deiner Erkenntniß etwas beigetragen zu haben. Du ſchreibſt mir, daß ich Deine Ahnungen und geheime Empfindungen oft getroffen, daß ich bisher eigent - lich nichts gethan habe, als das zu beſtimmen und dem Sprache zu geben, was Du bei Dir ſelbſt immer auch gedacht haſt. Es iſt mir, indem ich daruͤber nachdachte, eben ſo ergangen, und dadurch iſt unſre Erkenntniß, als bloße Erkenntniß, aller - dings erhoͤht, und unſre Begriffe ſind klaͤrer ge - macht worden. Laß uns gemeinſchaftlich darinn fortfahren.

16

Wir wollen nun dahin arbeiten, daß die bis - her aufgeſtellten Grundſaͤtze in ihrer Anwendung zur Beurtheilung maureriſcher Gegenſtaͤnde hin - reichen, alſo zur Beurtheilung des gegenwaͤrtigen Zuſtandes der Maurerei uͤberhaupt, oder zur Be - urtheilung maureriſcher Rituale, Geſetze und Ein - richtungen insbeſondre, des maureriſchen Betra - gens einzelner Logen und Bruͤder, und endlich ſo - gar, im Fall eine Reformation noͤthig geſunden wuͤrde, zum Ermeſſen, wo und wie eigentlich refor - mirt werden ſollte. Damit nun aber dieſe Grund - ſaͤtze dazu wirklich hinreichend erſcheinen, muͤſſen ſie noch ausfuͤhrlicher auseinander geſetzt und noch ausgebreiteter angewendet werden. Fuͤr dieſen Zweck aber muͤſſen wir abermals zu erſten Grund - ſaͤtzen zuruͤckgehen und uns uͤber dieſe vereinigen.

  • Erſter Grundſatz. Der Endzweck des menſch - lichen Daſeyns iſt uͤberhaupt gar nicht in die - ſer gegenwaͤrtigen Welt. Dieſes erſte Le - ben iſt nur Vorbereitung und Keim eines hoͤheren Daſeyns, deſſen Gewiß - heit wir innigſt fuͤhlen, ohnerachtet wir uͤber die Beſchaffenheit und Art und Weiſe deſſel - ben nichts zu denken vermoͤgen.
  • Zweiter Grundſatz. Die Zwecke, die uns fuͤr das gegenwaͤrtige Leben geſetzt ſind, ſo wie dieſes gegenwaͤrtige Leben ſelbſt, erhalten fuͤr uns nur dadurch Werth und Bedeutung, daß die erſtern uns geboten ſind, und daß allein in dem letztern dieſe Zwecke ausgefuͤhrt wer - den koͤnnen. Alles unſer moͤgliches Handelnſtellt17ſtellt ſich uns nur vor, und kann ſich uns nur vorſtellen, als eine Befoͤrderung jener hoͤchſten Zwecke des gegenwaͤrtigen Le - bens. Eine unmittelbare Arbeit und Vorbereitung fuͤr die Ewigkeit giebt es nicht, ſondern man vorbereitet ſich fuͤr dieſelbe, und ergreift ſie ſchon hienieden nur dadurch, daß man mit redlichſtem Willen die gebo - tenen Zwecke des gegenwaͤrtigen Le - bens befoͤrdert.

Wir haben es alſo zunaͤchſt und unmittelbar nur mit dem gegenwaͤrtigen Leben zu thun; der ange - gebne Zweck deſſelben iſt der einzig begreif - liche; er muß von dem guten und weiſen Manne mit deutlichem Bewuſtſeyn befoͤrdert werden. Wir wollen ihn auf folgende drei Hauptpunkte zuruͤck - fuͤhren, und ihn ſo beſtimmter beſchreiben und auseinander ſetzen:

  • Erſtens: Die ganze Menſchheit ſoll eine einzige reinmoraliſche und glaͤubige Gemeine ausmachen. Dies iſt der Zweck der Kirche, verſteht ſich, der Kirche in der Idee, die als ſichtbare Kirche noch irgend vorhanden iſt. Zu dieſem Zwecke verhaͤlt ſich alle Aus - bildung des Geiſtes wie Mittel.
  • Zweitens. Die ganze Menſchheit ſoll einen einzigen durchaus rechtlichen Staat ausmachen; das Verhaͤltniß der einzelnen Menſchen zu einander in den Staa - ten, das Verhaͤltniß dieſer Staaten zu einan - der auf dem Erdboden, ſoll durchaus nachZweites Baͤndch B18dem ewigen Rechtsgeſetze der Vernunft geord - net ſeyn; dieß iſt der Zweck aller Geſetzge - bung in den einzelnen Staaten und aller Buͤndniſſe und Traktaten der Voͤlker unter - einander. Hierzu verhaͤlt ſich ein gut Theil der Wiſſenſchaften, wenn man nicht lediglich auf die dadurch zu erhaltende Geiſtesbildung ſieht, (wie dieß oben in ande - rer Beziehung geſchah) ſondern auf ihren wirklichen Inhalt, wie das Mittel zum Zwecke.
  • Drittens endlich: Das vernuͤnftige We - ſen ſoll durchaus uͤber die vernunft - loſe Natur herrſchen und der todte Mechanismus dem Gebote eines Wil - lens unterworfen werden. Welchen Zweck nur irgend ein vernuͤnftiges Weſen, durch ſeine Natur geleitet, ſich vorſetzen kann, der ſoll in der lebloſen Natur außer ihm aus - fuͤhrbar ſeyn, und die Natur ſoll ſich dem vernuͤnftigen Willen fuͤgen. Hierzu iſt die mechaniſche Kunſt und ein guter Theil der Wiſſenſchaften, ihrem Inhalte nach, das Mittel.

Laß uns nun dieſe Hauptideen auf unſern Zweck naͤher anwenden.

Die Befoͤrderung dieſer Zwecke, oder beſſer, dieſes Einen Geſammtzweckes der Menſchheit, iſt es nun, welche in der groͤßeren menſchlichen Ge - ſellſchaft unter mehrere einzelne Staͤnde vertheilt wird, ſo daß die Mitglieder dieſer19 Staͤnde ſich ausſchließend, wenigſtens vorzuͤglich, nur fuͤr ihren Stand und ſpaͤter durch ihren Stand bilden. Du ſiehſt, daß es eine nothwen - dige Folge dieſer Einrichtung iſt, daß die Standes - Mitglieder in der Regel nur einen Theil der menſchlichen Bildung, keinesweges aber die ganze, erhalten, und mehr oder weniger Einſeitig - keit des Geiſtes und der Bildung das Loos der Einzelnen ſey. Nach dieſer nothwendigen Einrich - tung und unter dieſen Umſtaͤnden, wird man ſchwerlich irgendwo einen ganzen, rechten Menſchen finden; man muͤßte ſich einen ſolchen aus mehreren Perſonen verſchiedener und entgegen - geſetzter Staͤnde zuſammenſetzen; in einer einzigen Perſon duͤrfte man ihn, auf dem großen Felde der allgemeinen menſchlichen Geſellſchaft und ihrer gewoͤhnlichen Bildungsanſtalten, kaum finden.

Nun - kommt es darauf an, dieſe einſeitige Standesbildung auf einen Platz zu bringen, und zu einer allgemeinen und reinmenſchlichen umzu - ſchmelzen, gleichſam (daß ich in dem ſo eben auf - geſtellten Bilde bleibe) die erwaͤhnte Zuſam - menſetzung eines ganzen, rechten Men - ſchen aus mehreren Perſonen, von denen jede etwas anderes hat, das zu einem ganzen Menſchen gehoͤrt, wirklich zu machen, und zwar nicht bloß in Gedanken, ſondern ſo, daß, nach geſchehener Verſchmelzung, jeder Einzelne fuͤr ſich, ſo ſehr als moͤglich, jener ganze rechte Menſch in der That ſey. Dieſe Auf - gabe iſt nirgends in der großen Geſellſchaft geloͤßt;B 220dieß, zeigte ich Dir, ſey der einzigmoͤgliche und erlaubte Zweck einer aus allen Staͤnden und allen gebildeten Voͤlkerſchaften, durch Abſonderung von der groͤßeren Geſellſchaft entſtandenen kleineren Geſellſchaft, welche ſich nun eben Frei-Maurerei nennt.

Wir machen daraus ferner die wichtige und ganz einleuchtende Folgerung: daß jeder Gegenſtand der menſchlichen Bildung, die in Geſellſchaft erreicht werden kann, jedoch auf eine andre Weiſe, als in der groͤßeren Geſellſchaft, zugleich Gegenſtand der maureriſchen Bildung iſt, und daß es gut und nothwendig iſt, daß der Mau - rer den groͤßtmoͤglichſten Theil der Bildung, es ſei durch Wiſſenſchaften, durch Kunſt, durch Geſchaͤfte und Erfahrung, ſich zu eigen gemacht habe. Nur alles Einſeitige, nehmlich, was in der groͤßeren Geſellſchaft durch die Abſonderung eines Zweiges der Bildung von der ganzen Maſſe der Bildung, auf dieſen einzelnen Zweig faͤllt und von ihm abhaͤngt, ferner, alles Zufaͤllige, das durch Bedingungen des Zeitalters und des Orts ſich in einem Fache dieſer Bildung feſtgeſetzt hat das alles wird in der Maurerei davon getrennt, und bleibt bei der Verſchmelzung als Caput mortuum zuruͤck. So iſt, um nur ein Beiſpiel anzufuͤhren, religioͤſe Bildung allerdings ein Theil der maureriſchen Erziehung; aber die Religion des Maurers iſt ganz etwas anders, als die irgend einer beſtehenden Kirche oder wohl gar21 einer beſonderen Sekte, oder wohl gar der ſeicht - philoſophirenden und unredlich exegeſirenden Dei - ſten und Bibelaufklaͤrer.

Neunter Brief.

Ehe wir jetzt aber einen Schritt weiter thun, muß ich zuvor eine wichtige Wahrheit abhandeln, und einem gemeinen Vorurtheile widerſprechen, deſſen Anweſenheit in Deiner Seele den Eindruck deſſen, was ich Dir noch zu ſagen habe, maͤchtig ſtoͤren wuͤrde. Sollte Dir dieſe Wahrheit nicht hieher zu gehoͤren, und in die Reihe der bisher aufgeſtellten zu paſſen ſcheinen: ſo warte den fol - genden Satz ab, und Du wirſt finden, wie genau ſie ihn vorbereitet und einleitet.

Ich ſtelle meinen Satz mit klaren Worten hin: Alle willkuͤhrliche Bildung in der Ge - ſellſchaft geht aus von Bildung des Verſtandes.

Es iſt zwar (ſo begegne ich gleich im Anfange dem moͤglichen Einwurfe) bei weitem nicht genung die Wahrheit zu erkennen; man muß auch den kraͤftigen Willen haben, ihr zu gehorchen; und dieſer Willens-Entſchluß geht aus der bloßen Er - kenntniß keinesweges hervor und keiner kann ihn weder ſich, noch andern durch Gruͤnde andemon - ſtriren; er iſt etwas anderes, von der bloßen22 Einſicht ganz Unabhaͤngiges, und es iſt keine Konſequenz in den Worten: Er muß dies einſehen, er muß es alſo auch wollen.

Aber ſelbſt der beſte Wille, wenn ein ſolcher bei großer Verfinſterung des Verſtandes moͤglich waͤre, wuͤrde von keinem Nutzen ſeyn und von keinem Werthe, wenn man gar nicht begreifen koͤnnte, was man denn nun mit ſeinem guten Willen, wollen ſollte. Diejenigen alſo, die dem unwillkommenen Belehrer, der ihnen Unterricht entgegen traͤgt, zurufen: Nichts von Wiſſen! Das mag fuͤr die Schule gehoͤren. Thun, thun das iſt die Sache! wiſſen ohne Zweifel, um aufs gelindeſte uͤber ſie zu urtheilen, nicht, was ſie reden.

Thun, iſt freilich die Sache, die Vollendung der Sache! aber, wie wollt ihr doch thun, ohne weitlaͤuftig zu unterſuchen, und zu erkennen, was ihr thut? Wollt ihr blind handeln, wie das Thier? Das iſt wahrlich nicht die Sache! Wer ſo ſpraͤche und alles Erkennen, um des Thuns willen, von ſich wieſe, der erſchiene mir, wie ein Blinder, der dem Arzte, welcher ihm das Geſicht wieder zu geben verſpricht, entgegenriefe: Was hilft mir doch das bloße Sehen, dieſer Blick, wel - chen allein Du mir geben koͤnnteſt! Dadurch wird meine Erkenntniß um nichts bereichert. Die Au - gen auf einen Gegenſtand heften, ſie auf ihm ruhen laſſen, ihn anſchauen und durchſchauen und anhaltend betrachten darauf kommt es an, das iſt die Sache! Thoͤrichter! freilich iſt23 dies die Sache. Wirſt Du denn Deinen wieder - eroͤfneten Blick ſtumm und truͤbe in die Gegen - ſtaͤnde hinwerfen, wie ein Stier, und die Geſtal - ten in einanderfließend vor demſelben vorbei wan - ken laſſen? So wirſt Du freilich mit Deinem Blick nichts erblicken. Nur erwarteſt Du dieſes Richten und Heften und Verweilen Deines Blickes vergebens von irgend einem Arzte oder irgend einer Augenſalbe; dieß mußt Du von Dir ſelbſt, von Deiner eignen Kraft nehmen. Aber Du kannſt keinen Blick richten und heften, wenn Du nicht erſt einen Blick haſt, und dieſen will ich Dir vorlaͤufig geben. Der rechte Gebrauch deſſelben wird dann Deine Sache ſeyn.

Du ſiehſt, das Wollen iſt nicht um des Erken - nens willen, ſondern das Erkennen, um des Wol - lens willen.

Was ſoll man alſo denen ſagen, die, wenn ſie bemerken, daß jemand uͤberall auf deutliche Erkennt - niß hinarbeitet, ihm zurufen: Aber der Menſch iſt ja nicht blos und allein Verſtand! Freilich iſt er nicht allein das; er iſt fuͤr ſich ſelbſt, fuͤr ſich ſelbſt ſage ich, auch Wille; aber keiner kann unmittelbar auf den Willen des andern ein - wirken, nicht gleichſam in ihn hineinwollen, oder ſeinen Willen anregen und bewegen. Dieſer kommt immer und allein von Innen heraus, nimmer von außen hinein.

Ich fuͤr meine Perſon kenne nur zwei Arten von Einwirkung auf den Menſchen. Die erſte und bei weitem wichtigſte iſt, durch Belehrung. 24Nun macht aber Wiſſen noch nicht Thun; dazu muß jeder ſich ſelbſt durch ſich ſelbſt ent - ſchließen. Um ihn auch dazu zu bringen, bleibt uns nichts uͤbrig, als (das zweite Mittel) das gute Beiſpiel, wodurch man ihm theils die Ausfuͤhrbarkeit der Vorſchrift, theils die Liebens - wuͤrdigkeit der Ausfuͤhrung zeige.

Ich fuͤr meine Perſon, wiederhohle ich, kenne nur dieſe zwei Arten. Doch, ich erinnere mich, Du kennſt noch eine dritte, die Du vertheidigſt; Du willſt auch noch durch Ruͤhrung und Erſchuͤt - terung, durch das, was Du Herz nennſt, und durch die Phantaſie, die Menſchen beſſern; eine Meinung, der alle oͤffentliche Redner zugethan ſind. Glaube mir, Konſtant! ſo gewiß nur daurende Verbeſſerung des Willens Beſ - ſerung genannt zu werden verdient: ſo gewiß iſt durch die angegebnen Mittel nichts auszurich - ten, ja der haͤufige Gebrauch derſelben iſt ſogar ſchaͤdlich. Dadurch, daß einer erweicht wird, und eine Fluth von Thraͤnen vergießt, oder in erhab - nen Gefuͤhlen berauſcht wird, kann er zwar wohl zu einer voruͤbergehenden guten That gebracht, von einer Unthat abgehalten werden: aber wenn der geiſtige Rauſch voruͤber iſt, iſt er wiederum der vorige Menſch und wir haben nichts, als die aͤußere That gewonnen, auf welche es uns nie ankommen muß, wenn wir den wahren Zweck beabſichtigen. Wohl aber kann es ſehr leicht ge - ſchehen, daß jemand, der oft und leicht weint, meinet, er ſei darum ein guter Menſch, und die25 Selbſtpruͤfung und Selbſtbearbeitung unterlaͤßt, welche allein ihn noch haͤtte retten koͤnnen.

So alſo, wie bei jeder Bildungsanſtalt der Unterricht das Weſentlichſte iſt, ſo iſt er es auch in der Maurerei. Nach dieſen Vorausſetzungen werde ich ſonach in den folgenden Briefen damit fortfahren, die oben aufgeſtellten Gegenſtaͤnde der maureriſchen Bildung auf den Unterricht zu bezie - hen und die Frage beantworten: Wenn es ſich verhaͤlt, wie ich oben geſagt habe, was iſt zu Folge deſſen, Gegenſtand des maureriſchen Unterrichts, und wie und wodurch, durch welchen weſentlichen Charakter, wird dieſer Unterricht maureriſch?

Zehnter Brief.

Als den Geſammt-Zweck der Menſchheit gab ich Dir an, ſie ſolle eine einzige reinmoraliſche Kirche, einen durchaus rechtlichen Staat ausmachen, und die vernunftloſe Natur dem Gebote eines Willens unterwerfen. Ich bleibe nun bei dem erſten Theile dieſes Zwecks, der Bildung zu reiner Sitt - lichkeit und zu Religioſitaͤt ſtehen und be - ginne mit einer von der gewoͤhnlichen ganz abwei - chenden Behauptung, der: daß es keine maure - riſche Erziehung und Bildung zur Mora - litaͤt giebt. Noch mehr, es giebt uͤberhaupt26 nirgends eine ſolche Erziehung und kann keine geben; und es iſt ohne Zweifel einer der verderb - lichſten Zuͤge an unſerm Zeitalter, daß man dies noch glaubt, indem man dadurch offenbar zeigt, daß man die wahre Sittlichkeit noch gar nicht kenne und mit derſelben Artigkeit, Geſetzmaͤßigkeit und dergl. verwechſele, fuͤr welche es allerdings eine Erziehung giebt.

Sittlichkeit (man ſpricht oft von reiner Sitt - lichkeit, wo man Sittlichkeit ſchlechthin ſagen ſollte, denn es giebt keine unreine Sittlichkeit und was unrein iſt, iſt eben darum nicht ſittlich) Sittlich - keit alſo iſts, daß man mit abſoluter innrer Frei - heit, ohne allen aͤußeren Antrieb, ſeine wohlerkannte Schuldigkeit thue, ſchlechthin darum, weil es Schul - digkeit iſt. Dieſen Entſchluß kann der Menſch nur aus ſich ſelbſt nehmen, er kann nicht gelehrt und andemonſtrirt, noch weniger erfleht, erweint oder erzwungen werden.

Dieſe im Innern wohnende Sittlichkeit, iſt uͤberall nur Eins, der eben angegebne gute Wille, ein Poſitives, das keiner Vermehrung oder Ver - minderung, keines Wechſels und keiner Veraͤnde - rung durch die Umſtaͤnde faͤhig iſt; es kann alſo, wie man zuweilen meint, keine beſondre maure - riſche Sittlichkeit geben. Die einzige wahre Sittlichkeit iſt es, die ich meinte, als ich in einem der vorigen Briefe ſchrieb, daß es Gegen - ſtaͤnde gaͤbe, die, da ſie uͤberall kein Gegenſtand der geſellſchaftlichen Bildung waͤren, auch kein Ge - genſtand der maureriſchen Bildung ſeyn koͤnnten;27 uͤber welche jeder nur mit ſich ſelbſt und Gott, keinesweges aber mit irgend einem andern ins Gericht gehen koͤnne, und in Ruͤckſicht welcher ſogar die Maurerei eine Profanation ſeyn wuͤrde. Beſondre Pflichten giebt es allerdings, die die Maurerei ihren Mitgliedern auflegt, und die ſie nicht haben wuͤrden, ohne Mitglieder dieſer Ge - ſellſchaft zu ſeyn; ob man aber ſelbſt dieſe Pflich - ten aus reiner Liebe zur Pflicht, oder aus andern Gruͤnden beobachte, das macht der Menſch mit ſich aus, und nicht der Maurer.

Ob es alſo gleich keine beſondre maureriſche Sittlichkeit giebt, ſo giebt es doch eine beſondre maureriſche Religion, oder um alle Mißver - ſtaͤndniſſe aufzuheben, eine beſondre maureri - ſche Anſicht der Religion und eben deswegen auch eine maureriſche Bildung zur Religion; es verſteht ſich zur moraliſchen, nicht zur kirchlichen Religion, mit welcher es die Maurerei uͤberall nicht zu thun hat. Wir wollen dieſes naͤher betrachten.

Die Maurerei hat, ihrer von uns angegebnen Beſtimmung nach, von jedem einzelnen Zweige der menſchlichen Bildung das Zufaͤllige, welches Zeit - und Ort-Bedingungen demſelben angehaͤngt haben, ferner das Einſeitige und Uebertriebne, welches durch die Trennung dieſes Einen Zweiges vom ganzen Stamme der Bildung entſtehen mußte, abzuſondern, und alles Menſchliche in ſeiner Rein - heit und nach ſeinem Zuſammenhange im Ganzen hinzuſtellen. Dieß iſt uns ihr Charakter, den ſie auch in dem gegebenen Falle bewaͤhren muß.

28

Nun hat die religioͤſe Bildung in der groͤßeren Geſellſchaft allerdings eine Menge zufaͤlliges und Einſeitiges angenommen, und wenn es irgend noͤ - thig iſt, daß die Einfluͤſſe dieſer Bildungsweiſe wieder gehoben werden, ſo muß es auf dem mau - reriſchen Wege geſchehen. Die religioͤſen An - ſichten der Voͤlker haben ſich, wie es ja nicht an - ders ſeyn kann, angefuͤgt an ihre Sitten und Ge - braͤuche, an ihre Anſichten des menſchlichen Lebens, an ihre Wiſſenſchaften und Kuͤnſte; und ſie haben daruͤber alle eines ſo Recht, als das andre. Die Gottheit iſt allerdings ihnen insgeſamt erſchienen, und hat ſich unter ihnen maͤchtig offenbaret: dem Juden, bei ſeiner wunderbaren Rettung aus der Knechtſchaft Aegyptens, dem Roͤmer, bei der Gruͤn - dung ſeines ewigen Kapitols, den Arabern, als Ein Mann aus ihrer Mitte die zerſtreuten Hor - den vereinigte, und ein ungeheures Reich, wie aus dem Nichts, hervorgehen hieß. Nur, wenn ſie mit einander ſtreiten, der eine die Geſchichte des andern laͤugnet und ſeine eigne ihm, als die allein wahre, aufdringen will, fangen ſie an, Un - recht zu haben.

Jeder Menſch, der in der Geſellſchaft geboren wird, wird nothwendig in einem Theile derſelben, unter irgend einer Nation geboren, und erhaͤlt, nebſt den uͤbrigen ſtehenden Erzeugniſſen dieſer Nation, zugleich dieſe aͤußere, nationale Form des Religioͤſen. Die Theologen aller Nationen haben ſich uͤberdieß von jeher beſtrebt, den Geiſt ihres Standes zum gemein menſchlichen zu erheben;29 und es iſt ihnen damit nur zu ſehr gelungen. Dieſe ganz zufaͤllige Form, die nicht reinmenſchlich, ſondern ein Abzeichen der Menſchen iſt, ſoll der vollkommen Gebildete allgemach ablegen; er ſoll nicht ein Jude ſeyn, oder ein unbeſchnittener Ju - dengenoſſe, oder ein Roͤmer, oder ein Araber, der da Religion hat, ſondern er ſoll ein Menſch ſchlechtweg werden, der da Religion hat.

Die religioͤſe Anſicht in der groͤßeren Geſell - ſchaft hat dadurch, daß ſie von der uͤbrigen menſch - lichen Bildung getrennt, und einer beſonderen Ver - bindung, der ſichtbaren Kirche, uͤbergeben werden mußte, eine unverkennbare Einſeitigkeit erhalten. Dem Manne, der nichts zu thun hat, und nichts weiter thun ſoll, als andre zur Religioͤſitaͤt anzu - fuͤhren, iſt die Religion, die er nehmlich an - dern beibringen ſoll, allerdings Zweck, und einziger Zweck ſeines Lebens. Er erkennt ſie dafuͤr, und hat daran ganz recht. Ohne den reinmenſch - lichen Sinn wird er leicht in Verſuchung gerathen, alles um ſich herum zu ſeines gleichen machen zu wollen, und allen die Religion welches hier nicht bei ihm diejenige bedeutet, die ſie andern beibringen, ſondern vielmehr diejenige, welche ſie ſelbſt haben ſollen, dieſe Religion auch zum Zweck und einigem Geſchaͤfte des Lebens zu machen. Er wird leicht dahin gerathen, daß er die ihm Anvertrauten ermahne, ſich doch hinzu - ſetzen, recht fromm zu werden, und aus freier Hand nach dem Ewigen zu trachten. Man wird ihm glauben und gehorchen und es iſt das30 mildeſte, was ich ſagen kann wird eine ſehr einſeitige Religioſitaͤt haben.

So nicht der wahre Maurer. Ihm erſcheint dieſes Ringen nach fuͤr ſich beſtehender Gottſeelig - keit ganz aͤhnlich dem Beſtreben eines Menſchen, der zu ſchwimmen und zierlich zu ſchwimmen trach - tet, ohne in das Waſſer zu gehen. Er kennt kein Trachten nach dem Ewigen, außer der gewiſſenhaften Befoͤrderung des Zeit - lichen, aus reiner Liebe zur Pflicht; ihn wandelt es nicht an, nach dem himmliſchen Kleinode zu zielen, das er nicht erblicken kann; er zielt nur nach dem ihm aufgeſteckten irrdiſchen Ziel, in der feſten Zuverſicht, daß das himmliſche dahinter verborgen iſt, und daß es ihm ohne ſein weiteres Zuthun kommen wird, wenn er nur das Irrdiſche erreicht hat.

Ihm iſt die Religioſitaͤt gar nichts Iſolirtes und fuͤr ſich beſtehendes, ſo, daß man in der Frommigkeit ſehr ſtark, im Uebrigen aber ſehr ſchwach und ſehr zuruͤck, und ein ſchlechter Menſch ſeyn koͤnne. Er iſt nicht religioͤs, ſondern er denkt und handelt religioͤs; die Religion iſt ihm kein Gegenſtand, ſondern nur der Aether, in welchem ihm alle Gegenſtaͤnde erſchei - nen. Er ſetzt ſeine ganze Kraft ganz an jede Arbeit, die ihm hienieden vor die Hand kommt, und der Beobachter duͤrſte denken, daß es ihm um nichts zu thun ſey, als um Erreichung dieſes Zwecks, und daß dieſer ſein ganzes Weſen und31 alle ſeine Triebe ausfuͤlle. Aber in der That iſt es ihm um das bloße Seyn dieſes Zwecks gar nicht zu thun, und derſelbe hat fuͤr und durch ſich ſelbſt und um ſein ſelbſt willen, fuͤr ihn nicht den mindeſten Werth. Nur das ihm unſichtbare und unbegreifliche Ewige, das hinter die - ſer Huͤlle des Irrdiſchen verborgen iſt, ſtrebt er an; und nur um dieſes Verborgenen willen hat das, was der Beobachter ſieht, fuͤr ihn eine Bedeutung. Sein Sinn iſt immer in der Ewigkeit, ſeine Kraͤfte ſind immer bei Euch. Aber nur mit dem Sinne, eingebilde - ter Weiſe im Himmel zu leben und die Kraͤfte auf Erden indeß ruhen zu laſſen, faͤllt ihm nicht ein; denn es giebt keinen Sinn, ohne thaͤtige Kraft, die etwas zu erſinnen hergiebt.

Eilfter Brief.

Wohl wuͤnſchte ich, Du haͤtteſt Dir die Ausdruͤcke: Wirkſamkeit und Nutzbarkeit der Religion oder Religioſitaͤt, ſelbſt in einer zweifelnden Frage, nicht entwiſchen laſſen. Weder zur Erhaltung der buͤr - gerlichen Ordnung, noch zur Beruhigung und zum Troſte kann die Religion gebraucht werden, weil ſie gar keinen Gebrauch hat.

Der beſondere Stand, dem die religioͤſe Erzie - hung der groͤßeren Geſellſchaft anvertraut iſt, der32 uͤberdieß die Wirkſamkeit ſeines Amtes nicht ſieht, und nicht ſehen kann, weil ſie in der That, wenn ſie auf das wahre Ziel geht, unſichtbar bleiben muß, kann leicht in die Verſuchung gerathen, nach Nutzbarkeit zu trachten, und ſeinem Amte eine ſichtbarere, greifliche Wirkſamkeit, ſeinem Geſchaͤfte einen geſellſchaftlichen und buͤrgerlichen Einfluß zu verſchaffen. Wer von dieſen Standesgenoſſen ſo denkt, wird zu dem gewoͤhnlichen Mittel greifen, die Menſchen durch Furcht vor uͤberirrdiſchen Strafen und durch Hoffnung eines ewigen Lohns zur Moralitaͤt zu bringen verſuchen, und dies Re - ligion nennen. Der Arme! er weiß nicht, daß dasjenige, was er durch Furcht und Lohnbegierde hervorbringt, ſchlechterdings gar nicht Moralitaͤt, ſondern nur aͤußere Ehrbarkeit und Geſetzmaͤßig - keit iſt, und daß er, ſoviel in ſeinen Kraͤften ſteht, dazu beitraͤgt, diejenigen, auf die er wirkt, fuͤr Moralitaͤt ſowohl, als fuͤr Religion auf immer zu ertoͤdten.

So nicht der Maurer. Er weiß, daß in der groͤßeren Geſellſchaft, dort, wo nun einmal keine Sittlichkeit iſt, wenigſtens die aͤußere Geſetzmaͤßig - keit erzwungen werden muͤſſe, er weiß, daß es ein unwahres und uͤberdies ein hoͤchſt gefaͤhrliches Vor - geben iſt, dieſe Geſetzmaͤßigkeit fuͤr Vorbereitung zur Sittlichkeit zu halten, daß ſie nur daſeyn und mit aller Kraft aufrecht erhalten werden muͤſſe, damit die menſchliche Geſellſchaft beſte - hen koͤnne. Aber nie wird er ſich zu dieſem Zweck hergeben, denn er weiß wieder, daß dazuder33der Staat ſchon Gefaͤngniſſe angelegt hat, und Zuchthaͤuſer und andre bekannte Anſtalten; und er iſt weit entfernt, zu wuͤnſchen, daß das Hei - ligſte, was die Menſchheit hat, die Reli - gion, zum Stellvertreter der ermangelnden Scher - gen herabgewuͤrdigt werde.

Was den Maurer ſelbſt und die maureriſche Geſellſchaft anbelangt, ſo verſteht es ſich von ſelbſt, daß derjenige, der noch der Zucht durch Lohn und Strafe bedarf, um ein ehrlicher Mann zu bleiben, in dieſe Geſellſchaft gar nicht gehoͤrt, indem er, weit entfernt, einer Nachbeſſerung ſeiner fuͤr die Geſellſchaft erhaltenen Bildung zu beduͤrfen, dieſe Bildung ſelbſt kaum erhalten hat; daß ſonach auf einen ſolchen in den maureriſchen Einrichtungen gar nicht zu rechnen iſt.

Der Maurer muß aus Pflichtgefuͤhl, oder aufs allerwenigſte aus Ehrgefuͤhl das Gute thun und das Laſter meiden, wenn er auch (obgleich dies nicht moͤglich iſt) von Gott und Religion nicht das geringſte wuͤßte oder glaubte; und dieſes nicht als Maurer, ſondern als Menſch, der der Mau - rerei, wie wir ſie uns denken, auch nur faͤhig ſey. Als Antrieb zur Tugend kann alſo der Maurer die Religion nicht betrachten oder gebrau - chen wollen; waͤre es auch nur aus dem einzigen, ſchon oben angefuͤhrten Grunde, weil ſie dieß gar nicht ſeyn kann, da alles Untugend iſt, was ſich auf einen aͤußeren Antrieb gruͤndet.

Unſchaͤdlich koͤnnte (nach Deinem Ausdruck) die Religion gebraucht werden zur BeruhigungZweites Baͤndch. C34des Geiſtes und Herzens, zur Beruhigung beim Anblick des ſcheinbaren Widerſpruchs zwiſchen dem Pflichtgeſetze und dem Weltlaufe. Aber auch dazu wird ſie von dem vollendeten Maurer nicht gebraucht, indem er einer ſolchen Beruhigung gar nicht bedarf.

Allerdings wird jeder durch Erblickung jenes Widerſpruchs erſt zur Religion gefuͤhrt. Es iſt mir durch mein Innerſtes ein Zweck, jener letzte irrdiſche Zweck der Menſchheit aufgeſtellt; es ſind mir Handlungen, Arbeiten, Aufopferungen fuͤr dieſen Zweck aufgegeben. Ich kann dieſer Stimme in meinem Herzen den Gehorſam nicht verwei - gern. Aber wenn ich auf den Gang der Bege - heiten und Schickſale der Welt merke, ſo ſcheint alle meine Arbeit fuͤr dieſen Zweck verloren, ſo ſcheint ſie ſogar ihm zuweilen hinderlich zu ſeyn. Alles ſcheint durch eine unſichtbare und blinde Kraft, ganz ohne Ruͤckſicht auf meine Arbeit, ſo gut oder ſo ſchlimm geleitet zu werden, als es eben geht. Dieſe Betrachtung, Konſtant! die ſich dem gewiſſenhaften, aber kalt beobachtenden Manne bald aufdringt, ſie iſt es, die den Men - ſchen zur Religion fuͤhrt, und ihm, ſtatt des irrdiſchen Zwecks, an dem er verzweifelt, ohnerachtet er nicht aufgiebt, fuͤr ihn zu arbeiten, einen unſichtbaren und ewigen aufſtellt.

Alſo Beduͤrfniß iſt es vielleicht, das ihn zur Religion fuͤhrt; aber der vollendet aus -35 gebildete Menſch, unter dem ich mir nun einmal den Maurer denken will, bleibt nicht auf dieſer Stufe ſtehen. Nun hat er Religion, ſie iſt ein Beſtandtheil ſeiner ſelbſt geworden; er bedarf ſie nicht mehr, eben darum, weil er ſie hat. Das Pflichtgeſetz und der Weltlauf widerſprechen ſich nicht mehr, weil er nun eine hoͤhere Welt kennt, von der die hieſige nur die ihn uͤbende Erſchei - nung abgiebt. Der Zweifel, der ihn zum Glau - ben trieb, iſt ihm nun auf immer geloͤſt. Dadurch erhaͤlt nun eben ſeine Religion den Charakter, den ich oben von ihr angegeben habe, daß ſie ihm gar nicht mehr Gegenſtand ſeines Wirkens, ſondern, daß ich mich ſo ausdruͤcke, Gliedmaaß iſt und Werkzeug alles ſeines Wirkens. Sie iſt ihm nicht etwas, das er ſich noch macht, daran er ſich erinnerte und ermahnte, ſondern dasjenige, wodurch er, ſeiner ſelbſt unbewußt, alles andre macht. Sie iſt das Auge ſeines Lebens, das er, wo er ſich ſelbſt uͤberlaſſen iſt, und wenn es ihm nicht durch einen Spiegel der kuͤnſtlichen Reflexion zu - ruͤckgeworfen wird, das er nicht ſieht, wodurch er aber alles andre ſieht, was er ſieht.

Und nun glaube ich alles erſchoͤpft zu haben, was nach maureriſcher Anſicht, den erſten Theil vom Geſammtzweck der ganzen Menſchheit betrifft. Ich bin am weitlaͤuftigſten dabei geweſen, weil es dem Folgenden zur Erlaͤuterung dient, und weil ich Dir an dieſem wichtigen Theile ein ausfuͤhrlicheres Beiſpiel der maureriſchen Lehre und Anſicht gebenC 236wollte. Ich werde nun in den einzelnen Sendun - gen, die Dir noch von mir zukommen, mich kuͤr - zer faſſen.

Zwoͤlfter Brief.

Der zweite Hauptpunkt im Geſammtzwecke der Menſchheit bezieht ſich, nach meinem achten Briefe, auf die Hervorbringung einer durchaus rechtli - chen Verfaſſung unter den Menſchen, der Buͤrger im Staate und der Staaten zu einander, damit die ganze Menſchheit endlich einen einzigen, nur nach dem ewigen Rechtsgeſetze der Vernunft geordneten und regierten Staat ausmache. Es kommt jetzt nur darauf an, die Geſinnung und Denkart des aͤchten Maurers anzugeben, durch die er zu Hervorbringung dieſes Hauptzweckes der Menſchheit mitwirkt. Ich kann dies kurz und beſtimmt in folgendem thun:

Wie ſich in ſeinen Augen verhaͤlt der irrdiſche Zweck zu dem ewigen, eben ſo verhaͤlt ſich fuͤr ihn der gegenwaͤrtige, naͤchſte Zweck des Staats, in welchem er lebt, zu dem irrdiſchen Zwecke der geſammten Menſchheit. Wie alles Irrdiſche ihm nur das Ewige bedeutet und nur durch dieſes Ewige, fuͤr deſſen Huͤlle er es aner - kennt, Werth fuͤr ihn erhaͤlt; ſo bedeuten ihm alle Geſetze und Verordnungen ſeines Staats und alle37 Begebenheiten ſeiner Zeit, nur das ganze Men - ſchengeſchlecht, und beziehen fuͤr ihn ſich nur auf das ganze Menſchengeſchlecht, und haben nur in dieſer Ruͤckſicht Werth und Bedeutung.

Nur glaube ja nicht, daß dadurch der vollkom - men gebildete Mann ſeinem Staate entzogen, und einen, traͤgen, kalten Kosmopolitismus hingegeben werde. Er wird im Gegentheil durch dieſen Sinn der vollkommenſte und brauchbarſte Staatsbuͤr - ger. Eben ſo nehmlich, wie er, in Abſicht der Religion, ohnerachtet ſein Sinn ganz bei dem Ewigen iſt, dennoch ſeine ganze Kraft dem Irrdi - diſchen weiht: eben ſo iſt in Abſicht der Rechtlich - keit ſeine ganze Kraft, ſeinem Staate, ſeiner Stadt, ſeinem Amte, dem beſtimmten Fleckchen der Erde, in dem er nun grade lebt, gewidmet, ohnerachtet ſein Sinn auf das Ganze geht. In ſeinem Gemuͤthe iſt Vaterlandsliebe und Welt - buͤrgerſinn innigſt vereinigt, und zwar ſtehen beide in einem beſtimmten Verhaͤltniß. Vaterlandsliebe iſt ſeine That, Welt - buͤrgerſinn iſt ſein Gedanke; die erſtere die Erſcheinung, der zweite der innere Geiſt dieſer Erſcheinung, das Unſichtbare in dem Sichtbaren.

Denn eben ſo, Konſtant! wie eine Religion, die fuͤr ſich beſtehen will, nichtig iſt und verkehrt, und ſogar laͤcherlich: eben ſo iſt ein Kosmopolitis - mus, der fuͤr ſich beſtehen will und den Patriotis - mus ausſchließt, verkehrt und nichtig und thoͤricht. Das Einzelne iſt nichts, ſagt dieſer Kosmopolit,38 ich denke, ſorge und lebe nur fuͤr das Ganze; mit dieſem ſoll es beſſer werden, uͤber dieſes ſoll ſich Ordnung und Friede verbreiten. Gut! aber ſage mir nur, wie Du dieſem Ganzen, mit den wohl - thaͤtigen Geſinnungen, die Du gegen daſſelbe zu hegen verſicherſt, beizukommen gedenkſt; ob Du ihm denn ſo im Allgemeinen und gleichſam in Pauſch und Bogen wohlthun willſt? Iſt denn das Ganze etwas anders, als die einzelnen Theile, in Gedanken vereinigt? Kann es denn auf irgend eine Weiſe im Ganzen beſſer werden, wenn es nicht an irgend einem einzelnen Theile beſſer zu werden anfaͤngt? Werde daher nur zufoͤrderſt Du ſelbſt beſſer und dann ſuche Deine beiden Nach - baren rechts und links auch beſſer zu machen; ich denke, das Ganze iſt nun allerdings beſſer ge - worden, weil es Einen oder Zwei oder Drei Ein - zelne hat, die da beſſer geworden ſind.

Dieß erkennt der Maurer; und darum aͤußert ſich ſein Kosmopolitismus durch die kraͤftigſte Wirkſamkeit fuͤr den beſtimmten Platz, auf dem er ſteht. Wie auch die buͤrgerlichen Geſetze beſchaffen ſeyn moͤgen, unter denen er ſteht, und ſo tief er auch die Mangelhaftigkeit derſelben ein - ſehen mag, er gehorcht ihnen, als ob es Aus - ſpruͤche der reinen Vernunft ſelbſt waͤren; denn er weiß, daß mangelhafte Geſetze und Verfaſſung beſſer ſind, als gar keine, daß mangelhafte Geſetze die Vorbereitung ſind zu beſſeren, und daß kein Einzelner von ihnen etwas aͤndern oder aufheben darf, ohne die Beiſtimmung Aller, daß aber durch39 bloßen ſtillſchweigenden Ungehorſam ſchlechthin kei - ner ſie aufheben darf. Nur wenn die Auftraͤge, die ihm ſein Staat giebt, gradezu und unbeſtreitbar rechtswidrig ſind, dann verſteht es ſich ohne wei - teres, daß er ihre Ausfuͤhrung nicht uͤbernimmt und ob er daruͤber zu Grunde gehen ſollte; und dieſes zwar nicht einmal als Maurer, ſondern als bloßer rechtſchaffener Mann. Dieſen einzigen Fall abgerechnet, welches auch die Auftraͤge und Zwecke des Staats ſeyn, ſo weit ſie auch hinter dem weit Beſſeren zuruͤck ſeyn moͤgen, welches ſeiner Einſicht nach geſchehen ſollte: er fuͤhrt ſie aus mit einer Sorgfalt und einer Kraftanwendung, als ob er nichts anders zu thun haͤtte. Denn er hat nun einmal nichts anzuordnen, ſondern nur zu gehor - chen, und er weiß, daß im Gange des Ganzen auf ſeinen Gehorſam gerechnet iſt. Nur allein darinn iſt er von denen, die aus Furcht oder Vortheil oder Gewohnheit gehorchen, verſchieden, daß er alles thut, lediglich fuͤr das Weltganze und um des Weltganzen willen.

Was den dritten Theil des Geſammtzwecks der Menſchheit anbelangt, den, daß die ver - nunftloſe Natur dem vernuͤnftigen Wil - len durchaus unterworfen werde, und das vernuͤnftige Weſen uͤber den todten Mechanismus herrſche, ſo gehoͤrt es weſentlich zu ſeiner Denkart, daß er dieſes wiſſe, daß er darinn den Zweck der Menſchheit anerkenne, und daß er deshalb jedes menſchliche Geſchaͤft, ſo geringfuͤgig es auch ſeyn mag, von dieſer Seite anſehe und wuͤrdige. Die40 Bekanntſchaft mit dieſem Zwecke und die Achtung fuͤr denſelben, dient ihm dazu, daß er die Men - ſchen nicht nach dem großen oder kleinen Platze, den ſie zufaͤllig bekleiden, ſondern nach der Treue ſchaͤtze, mit welcher ſie ihn verwalten. Die nie - drigſte mechaniſche Arbeit, aus dieſem Geſichts - punkte angeſehen, gleicht der hoͤchſten geiſtigen; denn die erſte, wie die letzte bringt die Vernunft - herrſchaft weiter und erweitert ihr erobertes Reich. Ein Landbauer oder Handwerksmann, der, um ſeiner Pflicht und um des Ganzen willen, ſein Werk mit wahrer Anhaͤnglichkeit und Aufmerk - ſamkeit treibt, und dem es gelingt, hat in dem Auge der Vernunft ſeinen Rang uͤber den unfaͤ - higen Gelehrten und den untauglichen Philoſophen. Wer ſich dieſer Anſicht bemaͤchtiget, der wird nicht nur die Welt und ihre Verhaͤltniſſe mit Gerech - tigkeit wuͤrdigen, ſondern auch ſeinen eignen Werth, durch den erhabnen Standpunkt, den er gewon - nen hat, erhoͤhen.

Dieſe Denkart hervorzubringen, zu befeſtigen, zu beleben, darauf, mein Freund! muß aller Un - terricht ausgehen, den ich maureriſch nenne. Du wirſt nun berechnen koͤnnen, wie dieſer Unterricht gegeben und genommen werden muͤſſe, eben ſo gut, wie ohne Unterricht nichts gewonnen werden koͤnne.

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Dreizehnter Brief.

Ehe ich nun noch hinzu fuͤge, Konſtant! was ich Dir in der Reihe dieſer Briefe noch ſagen will, laß uns mit wenig Worten den ganzen Weg uͤber - ſchauen, den wir zuruͤckgelegt haben.

Die Frei-Maurerei iſt, nach unſern Forſchun - gen, eine Anſtalt, die das Einſeitige der Bildung, welche der Menſch in der groͤßeren Geſellſchaft erhaͤlt, zu verwiſchen und jene nur halbe Bildung zur allgemeinen und reinmenſchlichen zu erheben hat. Wir fragten: welches ſind die Theile und Gegenſtaͤnde der menſchlichen Bildung, die in die - ſer Geſellſchaft zu erhalten ſind? und antworteten: die Bildung zur Religion, als Buͤrger einer unſichtbaren Welt, die fuͤr den Staat, als Buͤr - ger irgend eines Theils der ſichtbaren Welt, end - lich die fuͤr Fertigkeit und Geſchicklichkeit, als ver - nuͤnftiges Weſen, der vernunftloſen Natur zu gebieten. Wir fragten wieder: Welches ſind die Mittel der Geſellſchaft, dieſe Bildung an ihre Mitglieder zu bringen? und antworteten: Unterricht und Beiſpiel. Und nunmehr erſt war die Frage zu beantworten: Was kann es ei - gentlich ſeyn, das der maureriſche Unterricht und das maureriſche Beiſpeil beendzweckt?

Wir antworteten: In der Religion, Abſon - derung alles Zufaͤlligen, was Zeit - und Ortbedin - gungen in die religioͤſe Anſicht der Geſellſchaft gebracht haben, wonach die Religion einſeitig entwe -42 der als einziger abgeſonderter Zweck unſers gan - zen Handelns, oder Mittel fuͤr irgend einen ſinn - lichen Zweck aufgeſtellt wird. In Abſicht der Bildung fuͤr Geſetz und Recht; innigſte Ver - einigung des Weltbuͤrgerſinns mit dem Staats - buͤrgerſinn, in welcher der Maurer den Geſetzen ſeines Landes und den Verfuͤgungen ſeiner Obrig - keit mit der puͤnktlichſten Genauigkeit gehorcht, aber nicht, als ob ſein Land allein da waͤre, (ver - heerender Patriotismus der Roͤmer ꝛc. ) ſondern weil es ein Theil der ganzen Menſchheit iſt. End - lich in Abſicht des Zwecks, die Natur der Ver - nunft zu unterwerfen, dient ihm die Be - kanntſchaft mit dieſem Zwecke theils, ihn ſelbſt zur Berufstreue zu ermuntern und ihm fuͤr ſeine ſcheinbar untergeordneten Geſchaͤfte einen hoͤheren Geſichtspunkt anzuzeigen, theils ihm den wahren Maasſtab der Achtung fuͤr treue Befoͤrderer der Zwecke der Menſchheit, auf welchem Platze ſie auch ſtehen moͤgen, an die Hand zu geben. Darauf, um dieſe Ueberzeugungen hervorzubrin - gen, die zu dieſer Denkart leiten, muß, ſo ſchloß ich, aller maureriſche Unterricht abzielen.

Worauf das maureriſche Beiſpiel, als ſolches beruhe, wie bei den Mitgliedern der Geſellſchaft eine Handlungsweiſe ſichtbar werde, in der man die Vielſeitigkeit ihrer Geſinnung, die Reinheit ihrer Denkart nicht verkennen kann, wo jeder da - hin trachtet, mitzuwirken zum Wohl der andern, ohne Anmaßung, Eitelkeit, mit Aufopferung ſeiner buͤrgerlichen, gelehrten oder Kuͤnſtler-Anſpruͤche,43 und unter der alleinigen Ruͤckſicht auf fruchtbare Nutzbarkeit und Brauchbarkeit fuͤrs Leben, zur Hinwirkung auf reinmenſchliche Bildung das alles, Konſtant, wirſt Du Dir nach dem Geſag - ten von ſelbſt abſtrahiren und auseinander ſetzen koͤnnen. Wir wollen uns gemeinſchaftlich fuͤr jetzt nur mit dem maureriſchen Unterricht beſchaͤftigen, und nachdem wir ſeine Materie betrachtet haben, noch unterſuchen: Wie wohl ein ſolcher ent - ſtehen, ſich fortpflanzen und vermehrt werden koͤnne?

Wir verharren auch bei dieſer Unterſuchung, wie bei allem Vorhergehenden, unverruͤckt auf dem Standpunkt eines Ungeweihten, der hiſtoriſch von Myſterien und Orden nichts weiß, als dasje - nige, was allgemein bekannt iſt, der aber wahr - heitsliebend und folgerecht fortſchließt. Ich erinnere Dich aufs neue daran, Konſtant! damit Du nicht glaubeſt, weil ein Eingeweihter zu Dir ſpricht, dadurch irgend etwas Poſitives zu erfahren; ich ſtehe Dir ganz gleich, und gebe blos dem Sprache, was Du Dir bei Dir ſelbſt uͤber den angegebnen Gegenſtand denken koͤnnteſt.

So lange die Menſchen, argumentiren wir nun weiter, im Naturzuſtande nicht eigentlich ſich ſelbſt bilden, und zwar mit Bewußtſeyn, Abſicht und nach einer Regel, ſondern durch die Umſtaͤnde, denen ſie leidend ſich hingeben, gebildet werden: iſt von derjenigen Bildung, welche allein wir hier meinen, noch gar nicht die Rede, weder von einer oͤffentlichen, in der groͤßeren buͤrgerlichen Geſell -44 ſchaft, noch von einer geheimen, in einer abgeſon - derten engeren Verbindung. Die Menſchheit reift in dieſem Zuſtande nur erſt zur Faͤhigkeit einer bedachten und berechneten Ausbildung heran.

Es kommt dieſe Reife; und es entſtehen beſon - dre Staͤnde, religioͤſe Anſtalten oder ein Prieſter - thum, Geſetze, Verfaſſung und Obrigkeit; es ent - ſteht mit einem Worte jener ganze Zuſtand des Menſchengeſchlechts, den ich in einem der erſten Briefe beſchrieben habe.

Da, meiner Vorausſetzung nach, alle von dem gleichen Punkte, aus dem Naturſtande ausge - hen, kann fuͤrs erſte die Verſchiedenheit ihrer Bil - dung nicht ſehr merklich, und die Einſeitigkeit und Halbheit dieſer Bildung nicht ſehr groß werden.

Aber die Abſonderung dauert fort; die neuen Menſchengeſchlechter werden von nun an in einem gewiſſen Stande und fuͤr einen gewiſſen Stand geboren. Mit jedem neuen Zeitalter finden die verſchiedenen Staͤnde ſich ſchaͤrfer von einander abgeſchnitten; und nun treten allmaͤhlig mit den Vortheilen der geſellſchaftlichen Bildung zugleich die oben beſchriebenen Nachtheile derſelben ein, und mit dieſem Nachtheil das Beduͤrfniß, ihnen auf dem einzigmoͤglichen Wege durch eine abge - ſonderte Verbindung abzuhelfen.

Es iſt mir nicht unbekannt, daß in mehreren Staaten und Verfaſſungen, beſonders der alten Welt, mancherlei ganz oͤffentliche Einrichtungen und Anſtalten waren, die ſich einer ſolchen ſcharfen Abſonderung der Staͤnde, wie wir ſie in der mo -45 dernen Welt ſehen, entgegengeſetzten und ein ziem - liches Gleichgewicht in der Ausbildung aller her - vorbrachten. Aber ich weiß zugleich, daß dieſe Einrichtungen denn doch nur in den wenigſten Staaten der alten Welt waren, und daß ſie ſelbſt da bei weitem nicht volle Gleichheit der Geiſtes - bildung hervorbrachten.

Mit einem Worte: die Maͤngel in der menſch - lichen Ausbildung, welche, unſern Schluͤſſen zu Folge, nur durch eine Verbindung, wie wir uns die gegenwaͤrtig beſtehende maureriſche denken, gehoben werden koͤnnen, muͤſſen beinahe ſo alt ſeyn, als die ganze geſellſchaftliche Verfaſſung; denn ſie ſind eine nothwendige Folge derſelben. Sind ſie aber da geweſen, ſo hat es ohne Zwei - fel auch immer vorzuͤgliche Maͤnner gegeben, die ſie bemerkt haben. Sind ſie aber bemerkt worden, ſo haben ohne Zweifel dieſelben, die ſie bemerkten, zugleich auch das einzig moͤgliche Mittel gefunden, denſelben abzuhelfen, das, der Abſonderung in geſchloſſene Geſellſchaf - ten fuͤr den Zweck der reinmenſchlichen Bildung, und haben ſich mit andern Gleichgeſinnten verei - nigt, um ihre Gedanken auszufuͤhren. Es iſt alſo hoͤchſt wahrſcheinlich, daß es von jeher neben der oͤffentlichen Bildung in der Geſellſchaft eine geheime gegeben habe, welche der erſteren zur Seite ge - gangen, mit der erſteren geſtiegen und gefallen iſt, auf die erſtre einen unbemerkten Einfluß gehabt und hinwiederum ſelbſt durch den Einfluß jener gewonnen oder gelitten hat; wie zum Beiſpiel46 Pythagoras und ſein beruͤhmter Bund in den Staaten von Groß-Griechenland. Wir ſetzen ſonach, als den erſten Satz, der unſre Aufmerkſam - keit verdient, folgendes feſt: Es mag wohl, ſo weit hinauf die Geſchichte reicht, immer geheime, das iſt, von der oͤffentlichen abge - ſonderte und nothwendig abzuſondernde Bildungsanſtalten gegeben haben.

Wir wollen kuͤnftig ſehen, was wir aus die - ſem Satze weiter zu folgern haben.

Vierzehnter Brief.

Nur dort finden geheime Bildungsanſtalten ſtatt, wo es keine oͤffentlichen, durch die geordnete groͤßere Geſellſchaft giebt. Unter rohen Wilden, oder her - umſtreifenden Hirtenvoͤlkern bedarf es keiner An - ſtalt, um die Einſeitigkeit des Prieſterthums oder der Geſetzgebung zu verwiſchen, denn ſie ſind nicht einmal bis zu einem Prieſterthum und einer Ge - ſetzgebung herangereift. Unter ihnen hat man alſo keine Myſterien zu ſuchen, es ſey denn abgeſchmackter Aberglaube; keine Myſterien, die die autoriſirte Nationalwahrheit berichtigen und erhoͤhen, denn ſie haben noch nicht einmal eine Nationalwahrheit.

Welchen Gang aber die oͤffentliche Bildung genommen habe, wiſſen wir ſo ziemlich durch die47 oͤffentliche Geſchichte. Zwar verbirgt der Urſprung und die erſte Quelle dieſer Bildung ſich in gehei - mes Dunkel, oder verhuͤllt ſich in mythiſche Poeſie; und wir haben ſogar ſpaͤterhin Voͤlker mit einer hohen Kultur gefunden (denke indeß nur an die Hindus und die Chineſen) deren Bildungsgeſchichte ſich an die Kette, die wir uͤberſehen, durchaus nicht anfuͤgt, kein Glied derſelben ausmacht, und welche allein nur auf eine hoͤhere Quelle der Kultur un - ſers Geſchlechts fuͤhren wuͤrden, als diejenige iſt, welche unſre Geſchichte kennt.

Indeſſen, davon abgeſehen, erblicken wir doch auch in dieſer unſrer Geſchichte einen Fortgang und eine ununterbrochene Kette der Kul - tur, die von den Aegyptern zu den Griechen herab, von dieſen zu den Kleinaſiaten, von dieſen wieder zu den Griechen, von ihnen zu den Roͤmern, und von dieſen, nach der Vereinigung mit dem indeß im Orient entſtandenen Chriſtenthume, zu den neuern Europaͤern fortgeht.

In dieſer ganzen Folge bedurfte es gehei - mer Bildungsanſtalten. Es iſt wahrſcheinlich, laut unſers obigen erſten Satzes, daß es deren wirklich gegeben habe.

Die ganze oͤffentliche Kultur in der beſchriebe - nen Zeit und Voͤlkerreihe, iſt immer eine und eben dieſelbe Kultur, ein zuſammenhaͤngender Faden, der lediglich das Gepraͤge des National - characters von jedem Volke annimmt, zu welchem er herabkommt, und durch die Fortſchritte des48 menſchlichen Geiſtes bei jedem Volke gewinnt und vervollkommt wird.

Es iſt alſo hoͤchſt wahrſcheinlich und dies iſt die zweite natuͤrliche Folgerung, die wir auf dem Standpunkte des Ungeweihten machen daß eine aͤhnliche zuſammenhaͤngende Kette der geheimen Kultur neben je - nem Faden der oͤffentlichen durch dieſel - ben Zeiten und Voͤlker ſich herabgeſchlun - gen habe, und grade, wie die oͤffentliche, bis auf unſre Zeiten gekommen ſey; es iſt moͤglich, daß, gleichwie mit der oͤffentlichen Kultur ſich das aus einer andern Quelle kommende Chri - ſtenthum vereinigte, zu derſelben Zeit auch die vor - handne geheime Kultur, ſich an die geheime Kul - tur derſelben orientaliſchen Voͤlker, aus deren oͤffentlichen das Chriſtenthum entſtand, angeſchloſſen habe.

Du haſt in dieſen Gedanken einen reichhalti - gen Stoff zum Nachdenken, und es wird ſehr darauf ankommen, wie Du meine ganze Deduk - tion gefaßt haſt, um die Konſequenz und Frucht - barkeit dieſer Folgerung zu durchſchauen. Bei der weiteren bin ich genoͤthigt, etwas tiefer in das We - ſen des Unterrichts, den wir den maureriſchen zu nennen gewohnt ſind, einzugreifen; ich verſpare ſie mir alſo der Zeit und des Raumes wegen auf den folgenden Brief.

Funf -49

Funfzehnter Brief.

Ich gehe ohne weiteres zu der folgenden Unter - ſuchung.

Was die oͤffentliche Kultur betrifft, ſo war es ohnſtreitig zweckmaͤßig, da zu ihr ein jeder, ſo weit er derſelben empfaͤnglich iſt, den moͤglichſt leichteſten Zutritt haben ſoll, daß ſie in bleiben - den Denkmaͤhlern niedergelegt wurde, nach - dem nur die Kunſt erfunden war, den voruͤber - fliehenden Gedanken und dem fluͤchtigen Worte Dauer und Sichtbarkeit fuͤr das Auge zu geben. Zu der geheimen Kultur aber ſoll, zu Folge ihres Weſens, nicht jedermann, ſondern nur der - jenige, der durch die oͤffentliche ſchon durchgegan - gen und durch ſie ſchon moͤglichſt vollendet iſt, den Zutritt haben. Die geheime Kultur kann, wie es durch alles Geſagte klar iſt, der oͤffentlichen nicht vorausgehen, ſie ſelbſt ſetzt vielmehr die oͤffentliche voraus; ſie kann eben ſo wenig ihr zur Seite gehen, ohne daß die Zwecke beider ver - eitelt werden; ſie kann ihr lediglich folgen.

Nun aber kann man laß mich dieſen Punkt immer ſorgfaͤltiger auseinanderſetzen zu dem eigentlichen Ziele aller geheimen Kultur, der rein - menſchlichen Bildung, welche mein ſechſter Brief Dir in einem ſchwachen Abriſſe vor Augen ſtellte, auf zwei Wegen gelangen: entweder fuͤr ſich allein, durch Talent, tiefes Nachdenken und Er -Zweites Baͤndch. D50forſchen, durch Bildung ſeines Geiſtes und Her - zens nach den Reſultaten dieſes Nachdenkens; oder durch die Geſellſchaft, welches ſodann nicht die groͤßere, buͤrgerliche (denn eben in dieſer fand jener iſolirte Zuſtand Platz) ſondern nur eine klei - nere, abgeſonderte Geſellſchaft ſeyn kann.

In dem erſteren Falle nimmt unſre Anſicht, da ſie auf dem Wege des Nachdenkens entſtanden iſt, die Form des Nachdenkens an; es wird argumentirt, dialektiſirt, demonſtrirt, Schluͤſſe wider - legt und begruͤndet. Nichts verhindert, daß man in dieſer Form es auf den Daͤchern pre - dige, wenn man ſonſt will, es abſchreibe, es ab - drucken laſſe u. dergl.

So iſt es, um das erlaͤuternde Beiſpiel aus der That zu nehmen, wohl moͤglich, daß ich in dieſen meinen Briefen an Dich, den Profanen, den innerſten Geiſt aller moͤglichen Myſterien nach meinem beſten Wiſſen und meinen Kraͤften dar - zuſtellen verſucht, und in keinem Stuͤcke zuruͤck und an mich gehalten habe, indem ich mich ſtets der Form des Raͤſonnements und der gewoͤhnli - chen Sprache bediente. Zugleich aber bin ich ſehr ſicher, daß ich weder Dir, noch irgend Einem, der zufaͤllig dieſe Briefe leſen ſollte, nur das geringſte verrathen habe, was er nicht wiſſen und ich nicht ſagen darf. Und ſo ſind in allen Buchlaͤden Buͤ - cher zum oͤffentlichen Verkaufe, die, ob ſie gleich von Maurerei handeln, doch von Maurerei nicht eine Sylbe verrathen; dagegen aber auch und51 darauf merke mit Fleiß in allen Buchlaͤden Buͤcher von Maurern und Nicht-Maurern, die der Maurerei mit keinem Worte erwaͤhnen, deren Verfaſſer vielleicht von Maurerei kein Wort wiſ - ſen, und die dennoch durchaus aͤcht mau - reriſch ſind.

Daher, wiederhole ich, hindert nichts, daß man in dieſer Form die Myſterien gemein mache, denn nur die Rede oder Schrift wird ge - mein, nicht aber die Myſterien. Wer es nicht ſchon in ſich hat, wird es nimmer faſſen. Ihm verwandelt ſich die Rede in eine Reihe un - verſtaͤndlicher Toͤne, die Schrift in weißes Papier; oder, wenn er ja einen Sinn herausbekommt, iſt es ein ſehr untergeordneter und halber, nimmer - mehr der ganze und volle, den der Vortrag beabſichtigte. Es wird dann disputirt, und gleich - ſam ein Theilungstractat geſchloſſen, in wie weit man das Behauptete allenfalls wolle gelten laſſen, in wie weit nicht; und es wird dadurch immer etwas gewonnen, es wird der Wahrheit wenig - ſtens der Weg vorbereitet. Das Nichtverſtehen oder Mißverſtehen bringt aber einen ſehr geringen Schaden, der ſo gut iſt, als gar keiner. Was iſt es denn nun zuletzt, das da gemißdeutet wird, als ein Philoſophem? Was iſt es denn, dem dadurch Abbruch geſchieht, als hoͤchſtens der Glo - riole des Urhebers dieſes Philoſophems, der, wenn er nur einen Funken wahren Geiſtes hat, in ſeine Gloriole keinen Werth ſetzt.

D 252

Was nun aber den zweiten Fall betrifft, da je - mand reinmenſchliche Kultur durch eine geheime (das iſt blos, abgeſonderte) Geſellſchaft erhaͤlt, ſo duͤrfte der Unterricht, der fuͤr die geſchloſſene Ge - ſellſchaft beſtimmt iſt, gar leicht eine ganz an - dre Form angenommen haben; nicht die des Raͤſonnements, die zum Disputiren einladet, indem ſie Gruͤnde angiebt, zur Pruͤfung dieſer Gruͤnde auffordert, und nicht weiter gelten will, als ihre Gruͤnde reichen; ſondern in der ganz einfachen Er - zaͤhlung: So iſt’s einmal, wir wiſſen es; und jeder, der ſich uns gleich ſtellt, wird es wiſſen. Dieſer Unterricht duͤrfte ſich, nicht ſo wie der er - ſtere, ausſchließend an den Verſtand, ſondern viel - mehr an die Ganzheit des Menſchen wenden, ſo - nach das eigentliche Disputiren nicht zulaſſen; er duͤrfte endlich, da er, der Vorausſetzung nach, aus dem graueſten Alterthume herabkommt, in meta - phoriſche Ausdruͤcke und Bilder eingekleidet ſeyn.

Kommt ein ſolcher Unterricht an diejenigen, die dafuͤr noch nicht empfaͤnglich ſind, ſo wird er, wie ſich ohne weiteres verſteht, eben ſo wenig verſtan - den, als der erſtere philoſophirende und raͤſonni - rende. Aber gegen ihn disputirt man nicht, und laͤßt ſich nicht in Tractaten ein, weil er ſelbſt keine anbietet und ungetheilt angenommen ſeyn will; ſondern man verwirft ihn gradezu als grundfalſch und ſchwaͤrmeriſch, oder wenn man an den Bil - dern haͤngen bleibt, als widerſinnig und abſurd, ſpottet ſeiner und giebt ihn dem allgemeinen Ge - laͤchter Preis. Von nun an aber iſt nicht, wie53 im erſtern Falle, ein Individuum getadelt, ſondern der ganze Zweck einer ſchlechthin nothwendigen Geſellſchaft iſt auf immer vereitelt.

Dieſer Unterricht der abgeſonderten Geſell - ſchaft und das iſt es, was ich andeuten wollte konnte ſonach nie in bleibenden Denkmaͤlern fuͤr Jeden, den das Ungefaͤhr daruͤber fuͤhren moͤchte, niedergelegt werden. Er konnte nur dem, deſſen Empfaͤnglichkeit reiflich gepruͤft und erforſcht war, mitgetheilt werden. Wer ihn dennoch nicht ver - ſteht, bei dem erſtirbt er vor der Geburt; wer ihn wirklich verſteht und achtet, wie er ſoll, giebt ihn ſicherlich nicht ohne Beſonnenheit weiter. Da man ſich jedoch ſelbſt in jener Pruͤfung der Perſonen irren konnte: ſo mußte man ſich aͤuße - rer Mittel, dergleichen feierliche Verſprechungen ſind, bedienen, um ſich der Verſchwiegenheit, ſelbſt in Abſicht der aͤußeren Formen, zu verſichern.

Und nun ſtehe ich bei meiner dritten bedeutenden Folgerung. Es konnte hoͤchſt wahrſchein - lich, ſo ſchließe ich, die geheime Lehre nur durch muͤndliche Ueberlieferung, keines - weges durch ſchriftliche fortgepflanzt werden, die ſchriftliche Mittheilung mußte ſogar ſtreng verboten ſeyn. Sollte daher unſre oben angegebne Vermuthung, daß eine ununterbrochne Kette der geheimen Kultur neben der oͤffentlichen, vom Alterthume bis auf unſre Zeiten, herabge - kommen ſey, Grund haben: ſo mußte man die geheime Lehre keinesweges in Buͤchern, ſondern54 nur in einer noch fortdaurenden muͤndlichen Ue - berlieferung ſuchen; welche Vermuthung auch durch den Umſtand beſtaͤttigt zu werden ſcheint, daß man zur Zeit der Entſtehung der fruͤheren Myſterien mit Verfaſſung der Ideen in Schrift noch nicht recht fort konnte und man in geheimen und heili - gen Dingen gewoͤhnlich bei der alten Methode bleibt.

Ich kenne ſehr wohl alle die Nachtheile der muͤndlichen[Ueberlieferung] und die ganze Schwie - rigkeit, uͤber die Folge der Glieder einer ſolchen Tradition etwas, bis zur erweißlichen Wahrheit zu bringen; aber ich weiß zugleich, daß es ſogar durch bloßes Nachdenken, ohne hiſtoriſche Beleh - rung, zu findende Huͤlfsmittel gegen jene Nachtheile, und Erleichterungen bei jenen Schwierigkeiten giebt; mit einem Worte, daß allerdings ein Beweis fuͤr die Aechtheit einer ſolchen muͤndlichen Ueber - lieferung moͤglich iſt, deſſen Fuͤhrung mich aber zu weit fuͤhren wuͤrde.

Nur einer Bemerkung, die ſich mir hier auf - dringt und die ich fuͤr bedeutend anſehe, kann ich mich nicht enthalten; es iſt folgende: Es konnte zwar nicht fehlen, daß eine vorhandne geheime Kultur auf die oͤffentliche Einfluß hatte, daß manche Begebenheiten der oͤffentlichen Geſchichte, die in ihr abgebrochen da ſtehen, ſich aus der ge - heimen Kulturgeſchichte voͤllig begreifen laſſen, daß einige Perſonen, die da Glieder der geheimen Ue - berlieferung waren, zugleich als merkwuͤrdige Per -55 ſonen in der oͤffentlichen Geſchichte da ſtanden. Es iſt alſo wohl denkbar: daß die oͤffentliche Ge - ſchichte ſich aus der geheimen werde er - klaͤren laſſen koͤnnen.

Umgekehrt aber war, zufolge der eben aufgeſtell - ten Grundſaͤtze, nothwendig, daß die Beſitzer der geheimen Lehre alles, was durch irgend eine Schuld von ihnen aus znr oͤffentlichen Kenntniß kam, ſogleich ſinken ließen, ſich deſſen entaͤußerten und darauf nicht weiter fort bauten, daß ſonach die geheime Kulturgeſchichte durch die oͤffentliche nicht fuͤglich erwieſen werden, und daß kein Datum der letzteren zugleich Datum der erſtern ſeyn koͤnne. Was nur irgend zu oͤffentlichen Haͤnden kam, hoͤrte ſchon dadurch auf, ein Theil der geheimen Kunde zu ſeyn, und ſo - nach moͤchten die Verſuche, aus der oͤffentlichen Geſchichte eine geheime zuſammen zu ſetzen mit großer Vorſicht anzuſtellen ſeyn.

Sechszehnter Brief.

So koͤnnte denn wirklich auf die angegebne Weiſe ein geheimer Unterricht zu Stande und bis auf unſre Zeiten herabgekommen ſeyn, der nun im Innern einer abgeſonderten Geſellſchaft verwahrt56 wuͤrde. Welchen Werth und welche Be - deutung aber konnte dieſer durch die Folge der Zeiten herabgekommene Un - terricht haben? ſo frage ich eben ſowohl in meinem Namen, als in dem Deinigen. Soll er etwa der Freiheit und dem Fortgange der Ver - nunft Feſſeln anlegen, den freien Forſchungstrieb durch Autoritaͤt niederſchlagen und blinden Glau - ben gebieten? Kuͤhn und ſo laut als moͤglich und auf jede Gefahr rufe ich: Fern, fern ſey es vom Maurer, der alle Feſſeln der Autoritaͤt abge - legt haben ſoll, daß er hier ſich in neue geheime Feſſeln ſchlagen laſſe, fern ſey es von ihm, der reinmenſchliche Bildung zu erlangen und uͤberall nur im Geiſte zu leben ſtrebt, daß er hier ſich an einen neuen Buchſtaben binden laſſe; fern ſei es von der Geſellſchaft, die jeden Zunftgeiſt ver - ſchmaͤht, daß ſie ſelbſt ſich in eine Zunft ver - wandle! Was waren denn die, welche den erſten Keim dieſes, moͤglicherweiſe vorhandenen Unterrichts legten, die Spaͤteren, die ihn ausbil - deten, vervollkommten, vermehrten? was waren denn ſie, das ihre ſpaͤten Nachkommen nicht auch waͤren? Was hatten ſie an ſich, das dieſe nicht eben ſowohl an ſich haͤtten? mit welchem Rechte thaten jene, was ſie thaten, daß dieſe nicht daſ - ſelbe Recht haͤtten?

Die oͤffentliche Kultur iſt mit dem Fortgange der Zeiten fortgeſchritten, die geheime hat es wahr - ſcheinlich auch gethan; die oͤffentliche wird es fer -57 ner thun, und die geheime kann nicht ſtehen und hinter der erſtern zuruͤck bleiben. Jener uͤberlie - ferte Unterricht aber, wenn es einen ſolchen giebt, kann keine andre Autoritaͤt haben, als die, welche ihm ſein ehrwuͤrdiges Alter giebt, keine andre, als diejenige, welche allein irgend ein Menſch und irgend ein menſchliches Werk uͤber andre Men - ſchen begehren darf, die: daß man willig vor - ausſetze, in ihm moͤge Weisheit verborgen ſeyn, daß man ſich ernſtlich beſtrebe, dieſe Weisheit zu finden, und daß man ſie freudig aufnehme, nachdem man ſie ge - funden und an ſeinem eignen Verſtande und Herzen bewaͤhrt hat.

Dieſer uͤberlieferte Unterricht koͤnnte und ſollte den Eingeweihten nichts anders ſeyn, als was uns Homer, Sophokles, Plato, als Theilhabern der oͤffentlichen Kultur ſind. Daß man jene Ueber - bleibſel treu aufbewahre, ſie nicht verfaͤlſche, oder wo ſie es ſind, ſie in ihrer urſpruͤnglichen Reinig - keit wieder herſtelle, iſt billig, und wird durch die rechtmaͤßige Ehrfurcht fuͤr das Alterthum gefor - dert; daß man bei allem Unterrichte von ihnen ausgehe, und ſie gleichſam zum Texte ſeiner Be - trachtungen mache, waͤre ſchicklich, um die Einheit der uͤberlieferten Kette zu erhalten, und ſie der Nachwelt immer als eben dieſelbe uͤbergebe; daß man ſie nach dem einzig moͤglichen Zwecke aller Myſterien, daß durch ſie reine und allgemein menſchliche Bildung beabſichtigt werde, erklaͤre und58 gebrauche, iſt ſchlechthin nothwendig und jede an - dre Erklaͤrung iſt unrichtig.

Dieſe Wiederherſtellung des Alten, ferner, dieſe hinzugefuͤgte, der Kultur des Zeitalters angemeſſene Erklaͤrung iſt es, was jedes Zeitalter hinzu thut, und wodurch die Sammlung des Unterrichts ver - mehrt und erweitert wird, welches der zweite Theil meiner Behauptung war.

So wird auf jenen Grund des Ueberlieferten von jedem aufgebaut, was er eben hat; von dem einen feſte Baumaterialien, von einem andern (daß ich ein von einem heiligen Schriftſteller gebrauch - tes Bild hier anwende) von einem andern Stroh und Stoppeln. Beides aber muß durch die Probe der Zeit bewaͤhrt, und fuͤr das folgende Zeitalter aufbewahrt werden, welches dann entſcheiden mag, ob dieſe Materialien zu einigem Gebrauche dem alten Schatze beigefuͤgt, oder als untauglich ver - worfen werden ſollen.

Wie kann aber, haſt Du ſchon laͤngſt gefragt, wie kann, wenn der Zweck der Maurerei ſo durchaus beſtimmt iſt, wie er in dieſen Briefen aufgeſtellt und auseinander geſetzt wurde, irgend ein Maurer (wie es ſelbſt wohl Profane wiſſen) ihn ſo verkennen, daß er ganz untaugliche und voͤllig fremdartige Beitraͤge liefere? Es haͤngt dieß mit einer andern Klage, die ich oft, nicht bloß von Dir, vernommen habe, ſo zuſammen, daß auf beides dieſelbe Antwort zu geben iſt, ich59 meine die Klage uͤber den furchtbaren Kontraſt des von der Maurerei aufgeſtellten Ide - als, mit der gemeinen Wirklichkeit. Ich antworte: Allerdings ſind bei weitem nicht alle diejenigen Maurer, die dieſen Namen fuͤhren; alle aber ſollen es werden, und keiner, der dieſen Na - men traͤgt, ſoll aufgegeben werden. So lange dies geſchieht, ſo lange nur auf jenes Ideal hin - geſtrebt wird, iſt die Geſellſchaft eine maureriſche, geſetzt auch, daß kein einziges ihrer Glieder dieſen Zweck erreichte, geſetzt auch, daß bis dieſen Tag der wirkliche Zweck der beſtehenden Maurerei der geweſen waͤre, ihren Zweck zu ſuchen.

Es iſt Dir nun, Konſtant, ein ſcharf beſtimm - ter, in ſich klarer, allgemein verſtaͤndlicher Begriff der Maurerei aufgeſtellt worden. Pruͤfe dieſen Begriff, frage Deinen Verſtand und Dein Herz, ob er den Zweck der Maurerei ausdruͤcken koͤnne, und ob Du dieſen Zweck zu dem Deinen machen wolleſt. Du wirſt ſodann wiſſen, was Du zu thun haſt. Findet ſodann dieſer Zweck ſich bewaͤhrt, ſo laß uns nicht bloß wiſſen, ſondern auch thun, um ſo eifriger thun, je mehr wir fin - den koͤnnten, daß die Wirklichkeit nach unſrer Mei - nung hinter dem Ideale zuruͤck ſey.

Wer bei Erblickung der Maͤngel in den menſch - lichen Verhaͤltniſſen, der Untauglichkeit, der Ver - kehrtheit, des Verderbens unter den Menſchen die Haͤnde ſinken laͤßt, und hin geht, und uͤber die boͤſen Zeiten klagt, der iſt kein Mann. Grade darinn, daß Du faͤhig biſt, die Menſchen als man -60 gelhaft zu erblicken, liegt ein heiliger Beruf, ſie beſſer zu machen. Waͤre es ſchon alles, wie es ſeyn ſollte, ſo beduͤrfte man Deiner eben nicht in der Welt, und Du waͤreſt eben ſo gut in dem Schooße des Nichts geblieben. Freue Dich, daß noch nicht alles iſt, wie es ſeyn ſollte, daß Du Arbeit findeſt, und zu etwas nuͤtze ſeyn kannſt.

Lebe wohl.

[61]

II. Reviſion des Maureriſchen Taſchenbuches auf das Jahr 5802 bis 5803 und maͤnnliche Abfertigung ſeiner Herausgeber X. Y. Z. Vom Br. Feßler. Reviſion des Maureriſchen Taſchenbuches auf das Jahr 5802 bis 5803*)Berlin 1802. bei Johann Wilhelm Schmidt. Preis 1 Thlr. 12 Gr. und maͤnnliche Abfertigung ſeiner Herausgeber X. Y. Z.

[62][63]

Folgendes Schreiben iſt an mehrere auswaͤrtige Logen dem Maureriſchen Taſchenbuche gedruckt vor - ausgegangen:

Hochwuͤrdiger GrMſtr! ꝛc.

Wir wagen es, Hochwuͤrdige, Wuͤrdige, ſaͤmmt - lich geliebte Bruͤder, Ihnen hierdurch den Beob - achter an der Spree zu empfehlen, ein Wo - chenblatt, welches nicht nur alle merkwuͤrdigen Ereigniſſe in Berlin erzaͤhlt, und den vollſtaͤndi - gen woͤchentlichen Todtenzettel deſſelben ent -64 haͤlt, ſondern auch Winke und Belehrungen in Hinſicht auf manche, die Menſchheit intereſſirende Angelegenheiten gewaͤhrt und dabei ſtets dasjenige verſchweigt, was verſchwiegen werden ſoll und muß.

Sie, H. W. ſaͤmmtlich gel. BB., wuͤrden uns einen Gefallen erzeigen, wenn Sie die Guͤte haben und uns merkwuͤrdige Nachrichten aus Ih - rer Gegend fourniren und dadurch dies Blatt fuͤr die ganze Monarchie lehrreich und nuͤtzlich machen wollten, beſonders, da wir oft unent - geltliche Beilagen gegeben haben.

Sie erhalten dies Blatt auf Ihren Poſtaͤm - tern und praͤnumeriren auf das Quartal 12 Gr. wo Sie mit Oſtern oder auch mit Johannis an - fangen koͤnnen. Das hieſige Generalpoſtamt iſt Hauptdiſtributeur.

Auch geben wir ein Taſchenbuch fuͤr Maurer heraus, worauf 20 Gr. praͤnumerirt wird, und welches zu Johannis erſcheint. Auch zu dieſem bitten wir um Nachrichten.

Wir gruͤßen Sie in der u. h. Z. und verhar - ren in aͤchter Bruderliebe H. GrMſtr ꝛc. Ihre treu verbundene Bruͤder die Herausgeber des Beobachters an der Spree

Kosmann Kurmaͤrk. Cammer-Aſſeſſor u. Profeſſor qua Secretaire.

Das65

Das Taſchenbuch ſelbſt will den Bruͤdern Winke geben, um die Maurerei von der rechten Seite anſehen zu lernen. Und wie hat es gewinkt? Wie ein Blindgebohrner einem Haufen Taubſtummer, ohne zu wiſſen, wo - hin und wozu.

Erſter Artikel. Voltaire und Feßler.

Seite 1. bis Seite 13. iſt buchſtaͤblich aus dem Journal fuͤr Frei-Maurer, als Ma - nuſeript gedruckt fuͤr Bruͤder und Mei - ſter des Ordens, Erſten Jahrganges zweitem Viertel-Jahre (Wien, bey Wappler 5784.) Von pag. 231 bis 242. abgeſchrieben. Welche Armuth des Geiſtes verrathen dieſe win - kenden Herrn X. Y. Z., welche ihr maureriſches Taſchenbuch, oder richtiger Taſchenſpiel, gleich mit einem Plagiat beginnen. Doch ſie ſind nicht in - corrigibel, denn ſie haben ihre Armſeligkeit gefuͤhlt, und darum Seite 13. Vierzehn Originalzei - len, in welchen eine Luͤge die andere, und ein Unſinn den andern jagt, hinzu gefuͤgt.

Da heißt es: Bruder Feßler ward von der S. E. L. R. Y. z. F. in Berlin beynahe wie ein Voltaire fetirt welches ſchon ausZweites Baͤndch. E66dem Grunde nicht wahr iſt, weil unter den Mit - gliedern gedachter S. E. Loge eben ſo wenig ſich Beynahe-Cordiers, Beynahe-de la Lan - de’s, Beynahe-Merciers, Beynahe-Gar - niers, und Beynahe-Court de Gebe - lins befinden, als Br. Feßler ein Beynahe - Voltaire iſt.

Die Loge R. Y. hat ihn ſelbſt zum Deputir - ten-Großmeiſter gewaͤhlt.

Wie das nun in der Maurer-Welt ſo zugeht. Der Großmeiſter, Bruder Delagoanere ſchlug 16 bis 20 Bruͤdern, die damahls an den Logen - Arbeiten thaͤtigern Antheil nahmen, den Bru - der Feßler zum Deputirten-Großmeiſter vor, und dieſe lieben Bruͤder ſagten fuͤr ſich und fuͤr die uͤbrigen 180, fuͤr die gerade damahls ein großer Eß-Saal erbauet werden mußte, ein liebreiches Fiat dazu. Uebrigens iſt freilich nicht zu laͤugnen, daß Bruder Feßler einen großen Feh - ler gegen das A. B. C. der Logen-Klugheit begangen hat, indem er die ihm uͤbertragene groß - meiſterliche Wuͤrde nicht fuͤr einen leeren Titel, ſo wie bey der Schuͤtzengilde den Titel Schuͤtzenkoͤnig, ſondern fuͤr einen Arbeits - Poſten anſehen wollte, mithin auch, wie es im Taſchenbuch heißt: that, was Voltaire nicht that; mit einer wirklichen Geiſtes-Arroganz ſahe er auf die uͤbrigen Bruͤder herab, und bauete ſo lange und ſo willkuͤhrlich, bis ſein Bau wieder in67 ſich ſelbſt zerfiel und die Ruinen davon an - dern zum Schrecken dienten.

Bruder F. konnte eben ſo wenig auf die uͤbri - gen Bruͤder hinauf ſehen, als dieſe faͤhig waren, in allem, was auf Freimaurerei Bezug hat, ſich auf einen hoͤhern Standpunkt zu erheben. Er mußte alſo auf ſie herab ſehen, der Arme! und ſich da - durch die Augen ſo verderben, daß er um 6 Jahre zu ſpaͤt gewahr wurde, wie es ihm an nichts, als an einer hinreichenden Anzahl kunſtkundiger Bau - leute fehlte. Daß er willkuͤhrlich baute, iſt eine Luͤge. Er baute nach Muſtern und Regeln, die jedem wahren Maurer heilig und unveraͤnderlich ſind; und er hat ſich daruͤber ſehr beſtimmt, offen und deutlich pag. 19. §. 2. und pag. 25. §. 9. und 10. ſeiner Maureriſchen Schriften 1 Theil erklaͤrt. Aber darinn hat er freilich wieder ganz gewaltig gegen die Logen-Klugheit geſuͤndigt, daß er ſich nicht nur weigerte, von ſonſt guten und ehrlichen Maͤnnern, ihres taͤglichen und ſtuͤndlichen Gewerbes aber bloß Kaufleuten, Jaͤgern, Buch - haltern und Handwerkern uͤber das Weſen und die Tendenz der ihnen durchaus unbekannten Freimaurerei, uͤber die Grundſaͤtze der Kritik, uͤber die Kriterien der Aechtheit und des Alters hiſto - riſcher Documente, ſich unterrichten zu laſſen, ſon - dern daß er ſogar ſie unterrichten wollte. Von dem Zerfallen ſeines Baues iſt bis jetzt noch nichts verlautet; uͤber 500 auswaͤrtige aͤchte Bruͤder woh - nen noch ſehr bequem, ſicher und licht darin; und auch vom Ausziehen der Bruͤder in Berlin iſtE 268vor der Hand nichts officielles bekannt geworden, ob es gleich nicht zu laͤugnen iſt, daß ſich einer und der andere hieſige Logen-Bruder im Feß - leriſchen Gebaͤude ziemlich poſſierlich bewegt. An Ruinen ſeines Baues iſt gar nicht zu denken; denn die Materialien, mit denen er baute, ſind ſo hart und feſt, daß ſich bis jetzt, ein unwiſſender Arbeiter nach dem andern den Kopf daran zerſchlug.

Voltaire ließ beſtehen, Feßler modelte.

Das mag wohl daher kommen, daß Voltaire glaubte, die Loge zu den 9. Schweſtern muͤßte es ſich zur hohen Ehre rechnen, daß er ſich aufneh - men ließ; Feßler aber mit mehr Gutmuͤthigkeit dachte, er muͤßte es ſich zur Ehre rechnen, daß man ihn zur Arbeit rief. Der proſaiſche Menſch! Er haͤtte doch wenigſtens aus der Erfah - rung wiſſen ſollen, daß arbeiten in der Logen - ſprache nichts weiter heißt, als Candidaten auf - nehmen und laden und richten.

Voltaire betrieb die Maurerei als Sache des Vergnuͤgens und des Herzens; Feßler betrieb ſie als Wiſſenſchaft.

Da haben wir’s! Das Vergnuͤgen, aufzu - nehmen, hernach zu laden und zu richten, und die herzliche Bereitwilligkeit einige Groſchen den Armen zu geben, darin liegt nach dieſen X. Y. Z. - Winken das Weſen und die ganze Tendenz der Maurerei, welche Feßler, als Wiſſenſchaft? nein, als etwas, zu dem nur der beſſer erzogene, ernſte, denkende Mann geeignet iſt, und was den beſſer erzogenen, ernſten, denkenden Mann befriedigen69 muß, wenn er ſich des Freimaurer Nahmens nicht ſchaͤmen ſoll, behandelt hat. Freilich ver - kannte Feßler dabey durchaus ſein Terrain; aber warum ſtellte man auch an die Spitze der Arbeit fuͤr Vergnuͤgen und Herz à la Voltaire einen Mann, bey dem gleich der erſte Anblick verraͤth, daß kein Fuͤnkchen franzoͤſiſcher Frivolitaͤt und Leichtbluͤtigkeit in ihm ſteckt!

Und kam endlich ſo weit, daß er ſie in den Eleuſinien oͤffentlich ausbiethen ließ.

Daruͤber mag ſich der Herausgeber der Eleu - ſinien nach Belieben erklaͤren;*)Daruͤber moͤchte wohl jede Erklaͤrung uͤber - fluͤſſig ſeyn! der erſte Band der E. mit ſeinen 251. Seiten, liegt ja gedruckt vor den Augen des Publi - kums, und dieſes wird jenen gemeinen Ausdruck zu wuͤrdigen wiſſen. d. H. wo Feßler an den Eleuſinien Antheil hat, dort ſteht ſein Nahme,**)Durch ein Verſehen des Herausgebers ſteht ſein Name nicht bei der trefflichen Schilderung S. 179. bis 197. denn er haͤlt es nicht der Muͤhe werth, auf der grotesk-komiſchen Schriftſteller-Redoute maskirt zu erſcheinen.

Haͤtte das wohl je ein Voltaire gethan?

Das franzoͤſiſche Poſſenſpiel, welches zur Zeit feiner Aufnahme unter dem Titel la Maçonnerie Adonhiramitique ſchon gedruckt war, war ihm zu erbaͤrmlich, um ſeinen Witz oder ſeine Lauge daran zu verſchwenden.

70

Zweyter Artikel. Philoſophien uͤber das Syſtem des Hoch - wuͤrdigen Bruders Feßler.

  • Pag. 14. In nirgend einem der neugemodelten mau - reriſchen Syſteme kommt die gute, alte, ehrwuͤrdige Maurerei wohl ſchlechter hin - weg, als im Feßlerſchen.

Es iſt gar kein Feßlerſches Syſtem in der Welt. Haͤtte Feßler je ein neues Maureriſches Syſtem ſchaffen, modeln, bauen, einfuͤhren wol - len, ſo muͤßte man ihn bemitleiden, und der ſorg - faͤltigen Pflege geſchickter Aerzte, wie den Philo - ſophator dieſer Philoſophien, uͤbergeben. Haͤtte er ſeine Arbeiten jemahls fuͤr ein neues Maureriſches Syſtem erklaͤrt, ſo haͤtte er gegen ſeine beſſere Ue - berzeugung gelogen. Zum Gluͤcke aber erklaͤren alle ſeine geſchriebenen und gedruckten Arbeiten, daß es nur Eine Freimaurerei gebe, und daß alles, was mit dem aͤchten und aͤlteſten Freimau - rer-Ritual in keinem natuͤrlichen und unmittel - baren Zuſammenhange ſteht, oder demſelben wohl gar fremdartig iſt, gut, ſchoͤn, erbaulich ſeyn koͤnne, aber nicht Freimaurerei ſey. (vid. ſeine ſaͤmmt - liche Schriften pag. 26.) Dieſe Erklaͤrung iſt die Seele ſeines ganzen Buches, und aller ſeiner Ar -71 beiten, iſt der Grundſatz, worin er ſogar mit der Großen Landes-Loge der Freimaurer von Deutſchland durchaus uͤbereinſtimmt. Und der Mann, der ſich ſo beſtimmt, ſo zuverſichtlich erklaͤrt, ſollte jemals ein neues maureriſches Syſtem haben modeln wollen, modeln koͤnnen? Aber vielleicht hat er das altengliſche Ritual heimlich fabricirt, und es den Bruͤdern aufdemonſtrirt? Das war nicht gut moͤglich, 1) weil er weder Engliſch ſpricht noch ſchreibt; 2) weil alle altengliſche Logen in Eng - land und Schottland, ſchon nach dieſem Ritual gearbeitet haben, ehe alle unſere Groß-Vaͤter ge - bohren worden ſind; 3) weil ſehr reſpectable Große und beſondere Logen in Deutſchland, von einer Feßlerſchen Fabrication weder etwas wiſ - ſen, noch ſie wuͤrden angenommen haben, und doch weit ſtrenger, genauer und puͤnktlicher nach dieſem aͤlteſten Ritual arbeiten, als die Große Loge Ro - yale York, bey der Feßler und die wenigen beſſer unterrichteten Freimaurer, den Eigenduͤn - kel des ignoranten Stolzes einiger Logenbruͤder, nicht bis zur Erreichung der voͤlligen Gleichfoͤrmig - keit des Royal Yorker Rituals mit dem aͤlte - ſten Engliſchen, beſiegen konnten.

  • Seite 16. Der hochwuͤrdige Bruder Feßlerſagt: und nun werden Stellen aus den Eleuſinien von Seite 9. bis 37. ferner aus der Vor - rede S. VIII. endlich Seite 103. und folg. als Feßlers Worte angefuͤhrt.

Und das iſt eine der laͤcherlichſten Luͤgen im ganzen Taſchenbuche; denn von allen[angefuͤhrten]72 Stellen gehoͤrt auch nicht ein einziges Wort dem Br. Feßler. Und aus den Winken ſo blind - geborner Taſchenbuͤchler ſollen Bruͤder Freimaurer die Maurerei von der rechten Seite anſehen lernen! Nun folgt Seite 25. wieder ein vier Seiten lan - ges Fragment aus dem Journal fuͤr Freimaurer, Wien 5784. 5ten Jahr - ganges zweytem Viertel-Jahre, um Bogen zu machen, und zu beweiſen, das Feß - lerſche Syſtem habe vieles aus dem angefuͤhrten Journal erborgt; was doch nicht zu erweiſen iſt, weil die in gedachtem Journal aufgeſtellten und durchgefuͤhrten Principien mit den Anſichten des Br. Feßlers von Freimaurerei ſchlechterdings unvereinbar ſind.

Seite 29. beginnen die Philoſophien, wovon die erſten 6 Zeilen den Br. Feßler nichts ange - hen: der Philoſophator hat fehl geſchoſſen, und mag ſich ſeines poſſierlichen Sprunges, der ſeine ziemlich unreine Bloͤße aufdeckt, ſchaͤmen.

  • Auch ſchaͤme er ſich der veraͤchtlichen Aeußerung Seite 30.: Bruder Feßler bereitet uns durch Initiationen, d. i. durch fuͤnf nagelneue hoͤhere Grade, die er auf die hoͤhern Gefuͤhle des Menſchen berech - net hat, vor, und laͤßt ſich auch die gewoͤhnlichen Aufnahme-Gebuͤh - ren gefallen.

Nie hat irgend ein Beamter von den gewoͤhn - lichen Aufnahme-Gebuͤhren etwas erhalten. Bruͤ - der Maurer koͤnnen in Feßlers Maureriſchen73 Schriften 2tem Theil, zwey von ihm gehaltene Vortraͤge leſen, wo er in dem Einen mit den buͤn - digſten Gruͤnden auf die Abſchaffung aller hoͤhern Grade und Initiationen, in dem Andern ein Jahr darauf, wenigſtens auf Verminderung der Initia - tionen antrug; aber, wie ſelbſt der Abdruck der Protocolle ausweiſet, nicht gehoͤrt wurde. Woll - ten die Br. Br. nun ſchlechterdings uͤber den Meiſtergrad etwas haben, ſo waren doch die von Feßler angefertigten moraliſchen Initiationen beſſer, als die hoͤhern Grade der gedruckten Ma - çonnerie Adonhiramitique, welche bis 1797 bey der Loge Royale York ausgeſpendet wurden.

In dem Gefechte von S. 31. bis 37. gegen die in den Eleuſinien aufgeſtellte Allſeitig - keit der Bildung, als Zweck der Freimaurerei, ſpielt der Philoſophator auf eine ganz gemeine Art blinde Kuh. Mit verbundenen Augen tappt und ficht er herum, packt einen Zuſchauer der nicht mitſpielte, ruft mit kindiſcher Freude: Feß - ler ich habe Dich! und erndtet das Hohngelaͤchter der ihm entlaufenen Mitſpieler ein.

  • Seite 37. geht der Philoſophator Feßlern ernſt - licher zu Leibe. Trete doch Herr Feß - ler auf er hat ja einige Jahre ſchon Schule fuͤr die Menſchheit in Royale York gehalten, ob ſeit dieſer Zeit Bruder-Liebe, Einigkeit, Verſchwie - genheit und Menſchenliebe in dem Grade zugenommen haben, daß die Nuͤtzlich - keit ſeines Syſtems dadurch in die Au -74 gen falle, und den Br Br. der uͤbrigen Logen als erprobt einleuchte? ob alle Zwietracht, aller Stolz, alle Kleinig - keitsſucht entflohen iſt? verſteht ſich, alles dies in einem erhoͤhten Grad, und mehr als bey den uͤbrigen Logen. Ja die Loge im Ganzen und als Cor - poration betrachtet, ſteht ſie ſeit Einfuͤh - rung ſeines Syſtems auf einem hoͤhern Grade der Vollkommenheit und mora - liſchen Tendenz als ehemahls, und die uͤbrigen Logen? Wenn Herr Feß - ler dieſe Fragen beantworten will.

Er hat ſie ſchon beantwortet, und zwar den 11ten Jun. 1798., wo er ſeinen zahlreich verſam - melten Bruͤdern ganz offen und treuherzig ſagte. Sie haͤtten bis jetzt nur aufgeſtellt, was ſie ſeyn ſollten, nicht was ſie ſind. Sie muͤßten ſich fortdauernd beſtreben, das wirklich zu werden, was ſie nach den von ihnen aufgeſtellten For - men ſeyn ſollten, weil Zeitgenoſſen und Nach - kommen ſie nicht nach der Vortrefflichkeit ihrer Formen, ſondern nach ihrer Aehnlichkeit, und nach der Uebereinſtimmung ihres Maureriſchen Characters mit dieſen Formen beurtheilen wer - den. Er warnte ſie vor Selbſttaͤuſchung und vor Ueberſchaͤtzung ihres Werthes, weil ſie da - durch endlich dahin kommen wuͤrden, daß ſie ſich der von ihnen aufgeſtellten Verfaſſung ſchaͤmen muͤßten, und unbedachtſamen Knaben gleich wuͤr - den, die aus der Waffenkammer ihrer Vaͤter75 eine ritterliche Ruͤſtung entwenden, ſich damit ſchmuͤcken, den Helden ſpielen, unter der Laſt der - ſelben zu Boden ſtuͤrzen, und ſich die Koͤpfe zer - ſchlagen. Wenn ſie mehr, als Maure - riſche Phariſaͤer ſeyn wollten, ſo muͤßte auch ihr Eifer fuͤr Ordnung, Recht, und Geſetzmaͤßigkeit mit der Aufklaͤrung der Begriffe waͤrmer, ihre Thaͤtigkeit fruchtbarer, ihr Maureriſches Betra - gen ſtrenger, ihr Character maͤnnlicher, feſter und ſelbſtſtaͤndiger geworden ſeyn. Sie muͤßten zu den richtigern, unter ihnen in Umlauf gebrach - ten Begriffen und Vorſtellungen noch einen durch - aus feſten und ſelbſtſtaͤndigen Character, zu einem hellern Verſtande die entſchloſſene Beharrlichkeit, in ſeinem Lichte zu wandeln; zu ihrer Erkennt - niß deſſen, was Recht iſt, eigene Bereitwilligkeit ihm zuerſt nachzuleben, ſich erwerben und uͤberall darlegen: dann wuͤrden ſie ſich der Wirklich - keit deſſen naͤhern, was ſie ſcheinen; dann wuͤrden die von ihnen getroffenen Einrichtungen in ihrer eigenen Geiſtesſtaͤrke, nicht in einſeitigen Ruͤckſichten ihren Grund haben; dann wuͤrden dieſe Einrichtungen mehr fuͤr die innere Wuͤrde und Wohlfahrt, als fuͤr den aͤußern Glanz ihres Bundes ausgefuͤhrt werden.

Conſtitution, Geſetze und Rituale, ſagt er, helfen nichts ohne Sitten; und dieſe ſtehen groͤß - tentheils in eurer Gewalt. Die beſten Einrich - tungen helfen nichts, wenn ſie nicht von der Meinung unterſtuͤtzt werden, und auch die Mei - nung ſteht in Eurer Gewalt. Laſſet uns nicht76 verhehlen, was allgemein bekannt iſt; es gab eine Zeit wo die Loge Royale York (durch die ſchielende Verlaͤumdungsſucht? ſo ſteht es im Text: Iſts aber auch wahr? oder war die Klage uͤber die ſchielende Verlaͤumdungsſucht nur Vergoldung der Pille?) als ein bloßer Sammel - platz frivoler Genußmenſchen, als eine Gelegen - heitsmacherin rauſchender Freuden ausgerufen wurde. So wie es damahls nicht ſehr ruͤhmlich ſeyn mochte, ihr anzugehoͤren, ſo kann es jetzt und in Zukunft ehrenvoll werden, mit ihr in beſſerer Eintracht und innigerer Freundſchaft zu ſtehen.

Noch einmal warnet er ſie, nicht wie Knaben mit Dingen zu ſpielen und zu prahlen, die ſie wie Maͤnner thun ſollten; weil ſie ſich ſonſt nur in ihren Gedanken und Reden, wechſelſeitig wuͤr - den bewundert, und wie ſchaale Dichter durch ihren gegenſeitigen Beyfall ſich ſchon zum vor - aus den Nachruhm wuͤrden getheilt haben, den ihnen doch das naͤchſte Jahrzehend mit Verach - tung abſprechen wuͤrde. Frey offenbart er ſeine Vermuthung, daß der Standpunkt, auf welchem die Große Loge R. Y. damahls ſtand, mehr unter dem Einfluſſe einiger Wenigen, als durch allge - meines Nachdenken, Pruͤfen, Waͤhlen, gefunden und ergriffen worden ſey. (Feßlers Maur. Schriften 1ter Theil S. 88. 258. 260. 283-285.)

Feßler hat weder ſich noch ſeine Bruͤder je - mahls uͤber die Wirkſamkeit der bey der Loge R. York getroffenen Einrichtungen getaͤuſcht. Wenn77 er in ſeinen oͤffentlichen Vortraͤgen den Bruͤdern, mehr in dem Wunſche, daß ſie wahr machen moͤch - ten, was er ſprach, als in dem Glauben, daß es bereits wahr ſey, noch ſo viel ſchoͤnes uͤber ihre Achtung fuͤr Recht und Sittlichkeit, uͤber ihre Ord - nung und Geſetzlichkeit, ꝛc. ſagte, ſo bekannte er doch gleich darauf ganz freymuͤthig: So ſcheint es mir; ob mich nicht der Wunſch, einem Bunde anzugehoͤren, der ſich mit gemeſſenen Schritten dem Ideale einer ethiſchen, vollkommen rechtlichen Geſellſchaft naͤhert, zum Glauben, daß es ſo ſey, verleitet, ob es wirklich ſo iſt, das wird der Erfolg lehren. (a. O. S. 307.)

Feßler wußte nur zu gut, daß Leider die Freuden des Lebens oft die einzige Triebfeder waren, die manchen geiſtloſen Genußmenſchen der Loge R. Y. zugefuͤhrt hatten; es konnte nicht feh - len, daß dieſen alles was geſchehen iſt, mißfallen mußte. Es mangelte ihnen an Kraft und gutem Willen, ſich dem beſſern Theil gleich zu machen, und ſie ſahen die Unmoͤglichkeit ein, dieſen zu ſich herabzuziehen. Ihre Zahl aber iſt klein, (wahrſcheinlich wieder nur Vergoldung der Pille) und Langeweile haͤlt ſie von unſern ernſtern Stunden entfernt. Er bekannte jedem, der ihn hoͤren wollte, daß er nicht mehr thun koͤnnte noch wollte, als beſſere Formen aufſtellen, Riſſe machen fuͤr die kunſtverſtaͤndigen, redlichen Bauleute, die der Himmel der Loge R. Y. noch zufuͤhren moͤge. Darum betete er auch oft in ſeiner gro - ßen Noth: Herr, deine Erndte iſt groß; aber78 der Arbeiter ſind wenig; ſende uns Menſchen von gutem Willen und Kraft! (a. O. S. 356. 357.)

Wie richtig und vollſtaͤndig er den zweideuti - gen Zuſtand der Geſellſchaft, fuͤr die er arbeiten ſollte, kannte, zeigt das Tableau, welches er den 31ten Decemb. 1800. den Bruͤdern oͤffentlich auf - geſtellt hat: Unſere Verſammlungen ſagte er, werden von einer großen Anzahl der Bruͤder aͤußerſt ſparſam beſucht. Dieß iſt zum Theil den Perſonal - und Local-Verhaͤltniſſen einer großen Stadt anzurechnen, uͤber welche nur der ſeltnere Mann von feſtem Sinne einiger - maßen die Herrſchaft gewinnen kann. Wir wer - den daher auch nicht leicht das Gluͤck erreichen, daß theilnehmende Offenheit, und hingebende Herzlichkeit das gemeinſchaftliche und auszeichnende Merkmahl unſerer ganzen hieſigen Bruͤderſchaft werden ſollte. ꝛc. Zu wenige unter uns betrach - ten die Freimaurerei als Kunſt; der Unterricht uͤber ihr Weſen, ihre Tendenz, ihren Urſprung, ihre Fortſchritte, uͤber die verſchiedene Art und Weiſe ſie auszuuͤben, iſt ihnen daher ganz gleich - guͤltig. aus Traͤgheit waͤhnen ſie, es liege in der Freimaurer Bruͤderſchaft uͤberall nichts, was der ernſtlichen Beſtrebung des Menſchen wuͤrdig waͤre, und bekuͤmmern ſich wenig darum, die Sache kennen zu lernen, von der ſie den Nahmen fuͤhren, und bisweilen auch Vortheile ziehen wollen. Wir wollen noch zu oft entſcheiden, wo wir belehren oder Belehrung79 ſuchen, abſprechen, wo wir uͤberzeugen, erſchuͤt - tern, wo wir nur liebevoll ruͤhren ſollten. Auch an Schwachheit kraͤnkelt unſer Bund noch in ei - nigen (?) ſeiner Mitglieder. Zu wenig auf ihre eigene Kraft vertrauend, ſehnen ſie ſich nach frem - der Haltung, auf welche ſie vergeblich hoffen. Sie haben entweder zu wenig eigenen Werth, oder ſie fuͤhlen ihn nur ſchwach, und wollen bald den Mangel, bald das Gefuͤhl deſſelben, durch die Wichtigkeit, welche ſie auf die Meinung und den eingebildeten Werth Anderer legen, erſetzen. Aus dieſer Abweſenheit maͤnnlicher Selbſtſtaͤndigkeit entſpringt eine kleinliche, ſchwankende Geſinnung, die bei ſo manchem guten, zweckmaͤßigen Vor - ſchlage die aͤrmliche Beſorgniß erzeugt, was andere dazu ſagen werden. (a. O. S. 358 bis 361.)

Wie gut uͤbrigens Feßler die Leute kannte, mit denen er zu thun hatte, wird jeder Bruder, der den zweiten Theil ſeiner Maureriſchen Schrif - ten geleſen hat, gruͤndlich eingeſehen haben.

  • Seite 38. Es darf die S. E. St. Joh. Loge R. Y. z. F. unter dem hochwuͤrdigen und der Maurerei ſtets unvergeßlichen Bruder Schlicht nur mit der jetzigen hoch - wuͤrdigen großen Loge vergleichen, und die Einigkeit, Vertraͤglichkeit, Bruder - liebe, maureriſche Wuͤrde ꝛc. die damahls herrſchten, und welche die Loge damahls ſchon ſo ehrwuͤrdig machten, von den jetzt herrſchenden Vollkommenheiten die -80 ſer Art, die Feßler durch ſeine Schule bewirkt hat, abziehen und das Fa - cit iſt gemacht.

Dieſes Facit koͤnnen nur diejenigen machen, welche in Feßlers Schriften 2tem Theil, erſtem Abſchnitte, Maureriſcher Zuſtand der St. Joh. Loge R. Y. z. F. bei meiner Affilia - tion den merkwuͤrdigen Brief des hochwuͤrdigen und der Maurerei ſtets unvergeßlichen Bruders Schlichts, uͤber den ehmahligen Zuſtand der Loge R. Y. geleſen, und wie er es verdient, be - herziget haben.

  • Seite 39. kommt etwas, das ſo ausſieht wie Phi - loſophie. Ich muß, ſagt dieſer philoſo - phirende Mann aus der durch tuͤrki - ſche Traͤgheit unfruchtbar gewordenen Inſel Kos, meine Vernunft ausbilden, mir Kenntniſſe aller Art verſchaffen, und jeden Menſchen als Zweck an ſich be - trachten, nie aber als Mittel wozu be - nutzen, ehe ich des Geheimniſſes der Maurerei empfaͤnglich werden kann. Dieß alles lerne ich aber in der Loge nicht, ſondern ich muß es vielmehr außer derſelben lernen, und mit in ſie hineinbringen. Nur Aufmunterung und Reitz gewaͤhren mir Loge und Bruͤder.

Wodurch? durch Laden und Richten? durch das Billard Royale? durch eine Partie Whiſt? durch die erbaulichen, billig ſogenannten ver -miſch -81miſchten Sonntage? oder durch feinere Geſelligkeit, durch Vortraͤge, Rituale, Formen, und Darſtellungen, welche auf die edlern Gefuͤhle des Menſchen berechnet ſind? O, des armſeligen Men - ſchen, welcher der Aufmunterungen und der Reitze erſterer Art bedarf!

  • Nun giebt der Philoſophator einige unterge - ordnete Zwecke der Maurerei an, und ſchreibt bei dem zweiten: Die Er - haltung der erſten Chriſtlichen Gemeinen in ihrer urſpruͤng - lichen Reinheit S. 41. von den Worten: Unterdengeheimnißvol - len Gebraͤuchen ꝛc. bis zu den Worten S. 51. (alſo wieder volle zehn Seiten!) indeſſen will ich fuͤr Ein - geweihte ꝛc. aus dem Journal fuͤr Freimaurer, (Erſten Jahrganges 2ten Vierteljahres) von S. 37 bis 46. zehn Seiten, einige Oeſterreichiſche Provincialismen ausgenommen, woͤrt - lich und buchſtaͤblich ab.

Und wie benimmt er ſich dabey? giebt er etwa ſeine Quellen an? Nein; ſondern: Ich, ſagt er, finde unter den geheimnißvollen Gebraͤuchen des Chriſtenthumes. ꝛc. Ich will nicht behaupten, daß unſere drei Grade. ꝛc. Ein Wink auf den Ich jeden Freimaurer aufmerkſam zu machen wuͤnſchte. Man urtheile ob Ich recht hatte, die Taufe der Chriſten und den Lehrlings - grad der Freimaurer nebeneinander zu ſtellen. Zweites Baͤndch. F82 Das Sacrament des Abendmahls habe Ich als die zweite Stufe der chriſtlichen Geheimniſſe an - gegeben. Ich will nur einige der merklich - ſten maureriſchen Zuͤge aus dem Gemaͤhlde ent - lehnen. ꝛc. Man ſieht ohne meine Erinne - rung daß bey meiner bisherigen Unterſu - chung. ꝛc. Alles thut, unterſucht, findet Er, der Mann aus Kos, nicht der gruͤndlich gelehrte Profeſſor, Br. Michaeler, der die Abhandlung uͤber Analogie zwiſchen dem Chriſten - thume der erſten Zeiten und der Frei - maurerei geſchrieben, und ſie dem Herausgeber des mehr erwaͤhnten Journals fuͤr Freimaurer mitgetheilt hat. Was waͤre aus der Maureriſchen Gelehrſamkeit dieſes Philoſophators geworden, wenn ihm Br. H**n das zweyte Vierteljahrſtuͤck des erſten Jahrganges dieſes Journals nicht geliehen haͤtte? und wie dick und gelehrt wuͤrde das Taſchen - buch zum Sackbuch angewachſen ſeyn, wenn Er alle drei Jahrgaͤnge dieſes Journals haͤtte habhaft werden koͤnnen. Stehlen iſt nun einmahl der Fehler, den man den Inſulanern Schuld giebt; warum ſollte ein gelehrter Mann aus der Inſel Kos eine Ausnahme machen, und keine Plagiate verkaufen?

Bey dem dritten untergeordneten Zweck, Dul - dung Seite 52. geht es wieder uͤber die dem Feßler angedichtete Allſeitigkeit her.

  • Seite 61. ſchreitet der Philoſophator zu dem wichtigen Geſchaͤft, den einzigen und wahren Zweck der Maurerei anzugeben.
83

Um dieſen gehoͤrig zu deduciren, macht er eine 33. Seiten lange Digreßion, die wirklich ein Aus - bund von gruͤndlicher Gelehrſamkeit iſt; aber nicht des Philoſophators, ſondern des Profeſſors Michaeler; denn von den Worten S. 61. ſchon in den aͤlteſten Zeiten, ꝛc. bis Geheim - niſſe zu ſeyn. S. 71. Und von den Worten Nur die gewaͤhlteſten Koͤpfe S. 72. bis zu den Worten unmittelbar faſſen, S. 76. iſt alles wieder aus der oben erwaͤhnten Abhandlung des Br. Michaelers S. 55. bis 64. und S. 47. bis 50. mit Auslaſſung einiger kurzen Zwiſchen - ſaͤtze woͤrtlich und buchſtaͤblich abgeſchrie - ben. Was von S. 77. bis 96. wo ihn das Journal fuͤr Freimaurer und Br. Michaeler verlaſſen haben, (was aber wahrſcheinlich anderswoher abgeſchrieben iſt) von der erſten Loge, welche die Apoſtel am Sabbat nach Jeſu Tode gehalten haben, von den Lehren der Gnoſtiker, von der hiſtoriſchen Wirk - lichkeit eines Klerikates im Tempelorden, und end - lich von dem wahren Endzweck der Maurerei ſelbſt geſagt wird, iſt eine vortreffliche Nahrung fuͤr den liebreichen Glauben des Maurervolkes, dem es an aller Schul - und wiſſenſchaftlichen Bildung fehlt, und welches doch etwas ſeyn, etwas wiſſen, und etwas haben will, womit es ſich uͤber das profane Volk, wenn auch nur hinter den vier Waͤnden der Loge, erheben koͤnne. Denkende und erfahrne Maurer wird der Staub dieſes geiſtar - men Plagiators nie blenden.

F 284

Dritter Artikel.

  • Aktenmaͤßige Erklaͤrung des maureriſchen Ausdrucks: wir wollen einen geiſtigen Salomoniſchen Tempel bauen, durch drei mal drei.

Von S. 97 bis 105.

Die Maurer, heißt es da, bezwecken den Bau eines geiſtigen Salomoniſchen Tempels, der zum allgemeinen Vereinigungspunct der Chriſten, und dann uͤberhaupt des geſammten Menſchenge - ſchlechts diene. Es wird daher eine Anſtalt un - ter demſelben zu verſtehen ſeyn, durch welche die Aufrechthaltung der reinen Lehre Jeſu, und die Verehrung des großen Baumeiſters im Geiſt und in der Wahrheit bezweckt wird. Dies ſoll durch drei Dreiheiten geſchehen: 1) durch die Goͤttliche Dreiheit: Glaube, Hoffnung, Liebe, 2) durch die Maureriſche Dreiheit: Weisheit, Schoͤnheit, Staͤrke, 3) durch die In - tellectuelle Dreiheit: Geometrie, Geolo - gie, Gnosis.

Iſt dieſe hohe Weisheit von der uralten Frei - maurer-Bruͤderſchaft uͤberliefert worden, ſo ent - ſteht die Frage: wo iſt die aͤchte Urkunde des Fac - tums dieſer Ueberlieferung? denn ſagen und nachſagen, erzaͤhlen und nachbethen gilt nichts mehr, ſeitdem es allgemein bekannt iſt,85 daß Hochanſehnliche deutſche Maurer unendlich viel geſagt und gelogen haben. Kann dieſe Ur - kunde nicht vorgezeigt und die Aechtheit derſelben nicht erklaͤrt werden, ſo iſt dieſe aktenmaͤßige Erklaͤ - rung neu gemacht, mithin bei aller Weisheit, Schoͤnheit, und Staͤrke, welche ſie fuͤr das glaubende, hoffende und liebende Maurer - volk und fuͤr geometriſche, geologiſche, und gnoſtiſche Bruͤder des Heiligthumes haben mag, dennoch der alten, aͤchten uͤber dergleichen Phan - taſien erhabenen Freimaurerei durchaus fremd.

Vierter Artikel. Meine maureriſche Laufbahn.

Von S. 106 bis 118.

Nach einer praͤtenſionsvollen, viel verſprechenden und nichts leiſtenden Erzaͤhlung, werden den BB. von Caſtillon, von Beulwitz, Wach und Pal - mier und der ganzen Großen Landes-Loge von Deutſchland, einige Complimente gemacht, welchen dieſe wuͤrdigen Maͤnner hoͤchſt wahrſchein - lich, wie einem Rauche von Assa foetida moͤgen ausgewichen ſeyn; und ſodann geht es en galopp auf das Lieblingsthema der Taſchenbuͤchler X. Y. Z., auf Br. Feßler los. Der Lebenslaufer lernte auch die BB. Schlicht, Feßler, Roͤ - ver, von Sellentin und Joſt kennen 86verſteht ſich doch nur von Angeſicht, und der aͤußern Oberflaͤche nach, wie uͤberhaupt die Kenntniſſe der - gleichen Lebenslaufer ſind.

Feßler iſt ein guter Philoſoph, aber er ſchwaͤrmt und will ſchlechterdings nichts als Kantiſche Philoſophie aus der Maurerei heraus erklaͤren, oder ſie vielmehr in ſie hin - eintragen.

Wie Feßler dies gethan hat, moͤgen die Leſer aus einem, dem Bruder Feßler und der Loge R. Y. von einem halb boshaften und halb verruͤckten Ex-Bruder geſtohlnen Aufſatz, der in eben dieſem maureriſchen Taſchenbuch, unter dem Titel Geiſt des Ordens vorkommt, erſehen. Bei der in Berlin herrſchenden Logen-Frivolitaͤt heißt den, nur nach Genuß und Zeitvertreib ſtrebenden Logen-Bruͤ - dern, alles, Kantiſche, Fichtiſche, Schlegelſche Philoſophie, was ſie die Verwahrloſung ihrer Erziehung und Bildung fuͤhlen laͤßt, oder was ſie zu dem, ihnen ſo ver haßten Denken auffordert.

Dabey halte ich ihn fuͤr ſehr von ſich einge - nommen und projectvoll.

Das erſtere werden alle die fuͤr eine Unwahr - heit erklaͤren, die mit Feßler, ohne ihm im - poniren zu wollen, auch nur vierzehn Tage ver - traut umgegangen ſind. Ungegruͤndeten Praͤten - ſionen und Protections-Mienen ſetzt er das ganze Selbſtgefuͤhl des Mannes, der nicht Urſache hat, noch es der Muͤhe werth haͤlt, mehr oder weniger ſcheinen zu wollen, als er wirklich iſt, entgegen. Das iſt nun ſo ſeine Eigenheit, die ihn zugleich87 zum letztern, zur Projectfuͤlle unfaͤhig macht. Pro - jectmacher haben gewoͤhnlich etwas Pliantes und Anſchmiegendes, das Feßlern durchaus fehlt.

Der Bruder Roͤver hat in der That mehr maureriſche Kenntniſſe als Feßler, und iſt auch gerader als dieſer.

Ueber das erſtere hat Bruder Roͤver, ehmah - liger Associé des Herrn Quittel, ſelbſt recht herz - lich gelacht, als er es las. Das zweite iſt wahr, denn dieſen zuverſichtlichen Ton im Be - haupten, und dieſen geraden Gang, in dem ſich Br. Roͤver vorwaͤrts bewegt, macht ihm der, mit der Unzuverlaͤſſigkeit und Beſchraͤnktheit aller menſchlichen Kenntniſſe ziemlich bekannte, und eben darum etwas gebeugte Feßler nicht nach.

Er (Br. Roͤver) iſt ein Schuͤler des ver - ewigten Koͤppen.

Hat er auch etwas gelernt? Er iſt ein recht - ſchaffener Mann; dazu aber brauchte er Koͤp - pens Schule nicht. Wiſſenſchaftliche Kenntniſſe der Freimaurerei hat Br. Roͤver nie vorge - geben und Koͤppen nie beſeſſen, denn der Africanismus iſt nicht Maurerei.

Der Bruder von Sellentin fuͤhrt einen exemplariſchen Lebenswandel und iſt der Troſt und die Stuͤtze ſehr vieler Armen.

Darum wird auch der Herr uͤber den 72 jaͤh - rigen Greis ſein Antlitz leuchten laſſen.

Was der Lebenslaͤufer uͤber den Bruder Joſt ſagt, iſt der ſchmutzige Ausdruck niedriger Rache, durch den er ſein pag. 109. gemachtes Verſprechen,88 der Tugend nicht bloß hold und ergeben zu blei - ben, ſondern auch Maͤßigung zu gebrauchen, brach. Gut, lieber Guilleaume Lebens - laͤufer, daß Du nach Wahrheit ringſt, und je - dem frei die Stirne bietheſt, aber Du uͤberlegſt nicht genug und beurtheilſt andere ſehr oft nach bloßem Schein. Maͤßige Dich, und Du wirſt gluͤcklich (und auch weniger veraͤchtlich) werden.

Der Bruder Feßler hat nicht nur alle Grade der Maurerei umgemodelt.

Er hat ſich bemuͤhet im Jahr 1797. in die bei der Loge R. Y. bis zu ſeiner Affiliation uͤblich geweſenen und in der Maçonnerie Adonhira - mitique abgedruckten Grade: Elû de Neuf, de quinze et de Perignan; Ecossois rouge und Ecosois verd, Chevalier de l’Orient, und Chevalier Prince Souverain de Rose Croix irgend einen vernuͤnftigen Sinn hineinzutragen, weil ſie die Bruͤder ſchlechterdings nicht abſchaffen wollten. Sind dieſe Poſſen Grade der Maurerei? im Jahr 1800. wurden dieſe Grade abgeſchafft, und man erlaubte, daß er vier moraliſche Initia - tionen an ihre Stelle den Bruͤdern mittheilen duͤrfte, die er aber ſelbſt nie fuͤr etwas zur alten, aͤchten, und in ihrem Symbolo voͤllig ge - ſchloſſenen Maurerei gehoͤriges erklaͤrt hat.

Und aus freyen und angenommenen Maurern Handwerks-Maurer zu machen geſucht, wo - bei er ſtets auf die old marks ſich beruft.

Es ging dem guten Guilleaume in Ber - lin, wie es gewoͤhnlich den fluͤchtigen Lebenslaͤu -89 fern zu gehen pflegt: Sie laufen durch Doͤrfer und Staͤdte, hoͤren laͤuten, und wiſſen nicht wo die Glocken haͤngen.

Auch Manuſcripte aus dem Anfang des ver - floſſenen Jahrhunderts aufweißt.

Das aufweiſen iſt ihm nie in den Sinn gekom - men, wohl aber beruft er ſich dort, wo er verſtan - den wird, auf noch aͤltere Documente, ſo ungefaͤhr wie ſich der Kirchenhiſtoriker auf aͤchte, kritiſch bewaͤhrte Urkunden beruft, wenn er ſie auch ge - rade nicht unter den autographis oder apographis in ſeiner Bibliothek liegen hat.

Sein achter Grad iſt ein Meiſterſtuͤck von philoſophiſcher Taͤuſchung und Nichtmau - rerei.

So ſpricht der Blinde von der Farbe.

Der wahren Maurerei kann und wird er nie ſchaden.

Nein, guter Guilleaume, das thut Feß - ler gewiß nicht, weil er ſie zu gut kennt und zu hoch achtet: fuͤr beides ſind ſprechende Beweiſe da, die nur ſo fluͤchtigen Lebenslaͤufern unbekannt oder unverſtaͤndlich bleiben muͤſſen.

Und ſeine neugemodelte Maurerei wird ſicher nicht das Alter der einmahl ſeit Jahrtau - ſenden beſtehenden, erreichen.

Weil dieſe neugemodelte Maurerei nirgends, als in dem verworrnen Gehirne des ignoranten Logen - Volkes da iſt. Feßler war nie ſo toll, die alte, aͤchte Maurerei umſchaffen oder eine neue modeln zu wollen.

90

Wie es heißt, hat ihn die Meiſterverſamm - lung von Royale York ſogar excludirt.

Was und wie es geſchehen iſt, wiſſen die Bruͤ - der aus Feßlers 2tem Theil actenmaͤßig, auch war das, was geſchehen iſt, ganz in der Ordnung. KM. B**. wollte bei der Loge R. Y. aufgenom - men werden, und wurde hellleuchtend ballotirt. Am Tage der Aufnahme wurden zwei falſche, von zwei Juden ſchriftlich ausgeſtellte Zeug - niſſe wider B. herbeigebracht, und B. wurde ab - gewieſen. Nach zwei Jahren wurde er wieder zur Aufnahme vorgeſchlagen; weil aber einige Bruͤder auf den Grund der falſchen Zeugniſſe noch immer eine Abneigung gegen B. hatten, ward der Vor - ſchlag zuruͤckgenommen. B. verlangte darauf ein Empfehlungs-Schreiben an einen Bruder in Ham - burg von Feßler, dieſer gab es ihm, und ſagte in dem Schreiben: daß in Berlin eine ſchaͤndliche Cabale (das falſche ſchriftliche Zeugniß zweier Ju - den) der Aufnahme des B. im Wege geweſen waͤre. B. ward in Hamburg aufgenommen. Nach der Zeit ward Feßlers Empfehlungs-Brief in Berlin bekannt. Der Maurermeiſter Wendt for - mirte auf den Grund dieſes Briefes eine Anklage, daß Feßler die ganze ehrwuͤrdige Meiſterſchaft der L. R. Y. einer Cabaie wider B. beſchuldiget, mithin die ganze Loge beleidiget haͤtte. Die große Loge remittirte dieſe Klage an die Meiſterſchaft, mit der Frage, ob ſie dieſe Sache zu der Ihrigen machen wolle? Dieſe erklaͤrte ſich affirmativ unter der Bedingung, wenn alles wirklich ſo91 iſt, wie es der Maurermeiſter Wendt an - gegeben hat, und uͤberließ der großen Loge Unterſuchung und Entſcheidung. In der großen Loge wurde die Frage aufgeſtellt, ob man den Br. Feßler uͤber die Anklage-Punkte vorlaͤufig hoͤren, oder ihn lieber ohne weiteres aus der Logen-Bruͤ - derſchaft entlaſſen ſollte. Die Stimmen ſtan - den, und nun wurde, gegen den beſchwornen Grundvertrag pag. XXVIII. §. 8. Zeile 13. Alles wird etc. und pag. LXIV. §. 54. ver - fahren und beſchloſſen, dem Br. Feßler ohne weiteres Gehoͤr ſeine Entlaſſung zuzuſenden. Da - gegen proteſtirte nachmahls der Großmeiſter, und rufte die große Loge noch einmahl zuſammen, wo beſchloſſen und protocollirt wurde: Daß es bei dem in der letzten Verſammlung gefaß - ten Beſchluſſe verbleiben muͤßte, dem Br - Feßler jedoch drei Wochen Friſt gelaſſen wuͤrden, um ſich zu verantworten, jedoch immer mit der Bedingung, daß es bei ſeiner beſchloſſenen Entlaſſung ſein Verbleiben haͤtte. Dem unwiderruflich entlaſſenen Br. Feßler wurde ſodann dieſe drei woͤchentliche Verantwor - tungsfriſt angekuͤndigt und ihm uͤberlaſſen, was er thun wollte. Er that das allernatuͤrlichſte. Ganz daruͤber erſtaunt, 1) daß die Meiſterſchaft der L. R. Y. die Schande, des von zwei Juden ſchriftlich ausgeſtellten falſchen Zeugniſſes, zu ihrer Sache gemacht haͤtte; 2) daß die zeitigen Regenten der Gr. Loge eine Angelegenheit, die nach dem beſchwornen Grundvertrag ausſchließend92 vor die Loge Urania zur Unſterblichkeit gehoͤrt haͤtte, vor ihr Forum gezogen habe; 3) daß die Gr. Loge ſelbſt in der Verhandlung dieſer Sache bei der Gleichheit der Stimmen, gegen den be - ſchwornen Grundvertrag verfahren ſey; 4) daß ſie die Inconſequenz beging, vorher ſeine Dimiſſion zu beſchließen, und ihm hernach Friſt gab, ſich zu vertheidigen; gab Feßler ſelbſt ohne weiteres ſeine Dimiſſion, mit voͤlliger Verzichtleiſtung auf alle Schonung, alle Abſchiede, Dimiſſionen, Urtheile und Erkenntniſſe; und verbat ſich fuͤr alle Zu - kunft jede Zuſchrift, Nachricht und Communica - tion ſowohl von der Gr. L. als auch von den da - ſelbſt vereinigten St. Joh. Logen.

Alle dieſe Thatſachen und der ganze Gang der - ſelben, ſind in Feßlers Maureriſchen Schriften 2. Th. unter dem Abſchnitte Maureriſcher In - jurien-Prozeß mit authentiſchen Actenſtuͤcken, Documenten und Protocollen belegt und erwieſen. *)Noch iſt dieſer zweite Theil nicht unter der Preſſe. Wichtige Gruͤnde noͤthigen den Verfaſſer den Praͤnumerations-Termin bis Junius d. l. J. zu verlaͤngern. Und da von dem erſten Theile keine Exemplare mehr zu haben ſind, ſo wird auch dieſer wie - der neu aufgelegt, wenn ſich bis Ende Junius eine hinlaͤngliche Anzahl praͤnumerirender Bruͤder dazu meldet. Jede Loge, und jeder Frei-Maurer kann auf den erſten 32 Bogen ſtarken Theil, 1 Thlr. 8 Gr. und auf den zweiten 38 Bogen ſtarken Theil, 1 Thlr. 12 Gr. Courant Praͤnumeration annehmen, und un -93Feßler aber iſt dadurch wenigſtens uͤber 156 Abende Herr geworden.

Ein altes ehrwuͤrdiges Syſtem, das man erhalten und fortgepflanzt zu ſehen wuͤnſcht, mir nichts dir nichts in ein nagelneues und einem dramatiſchen Roman aͤhnliches um - wandeln ſehen, muß den Verehrer eines ſolchen Syſtems auf’s innigſte ſchmerzen.

Dieß alte ehrwuͤrdige Syſtem beſtand bei der Loge Royale York 1) aus dem Ritual der fran - zoͤſiſchen, in der Maçonnerie Adonhiramitique ab - gedruckten 3 St. Johannisgraden; 2) aus den eben daſelbſt abgedruckten hoͤhern Graden des Elûs, des Ecossois rouge et Verd, des Chevalier de l'Orient, und des Prince Souverain de Rose - Croix; 3) dem Code maçon. Wem dieß ein Syſtem heißt, wem dieß alt und ehrwuͤrdig iſt, wer dieß erhalten und fortgepflanzt zu ſehen wuͤnſcht, dem helfe Gott! unter Menſchen iſt keine Huͤlfe fuͤr ihn. Friede ſey mit dem laͤngſt abgeſchie - denen Geiſte dieſes Lebenslaͤufers.

*)ter Verſicherung, daß die Praͤnumeranten Maurer ſind, entweder an Herrn Sander, Buchhaͤndler in der breiten Straße zu Berlin, oder an den, den Logen bekannt gemachten Br. zu Dresden einſen - den. Nach dem letzten Junius kann weder Praͤnu - meration angenommen werden, noch irgend jemand ein Exemplar erhalten, weil nicht mehr Exemplare, als die Zahl der Praͤnumeranten fordert, gedruckt werden ſollen. A. d. V.
*)
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Fuͤnfter Artikel. Feßler, geſchildert als Menſch, als hiſto - riſcher Roman-Dichter und als Maurer.

Von S. 119 bis 128.

Feßler entflohe dem Kloſterleben.

Das iſt nicht wahr. Nachdem Feßler noch als Kapuciner auf der Wiener Univerſitaͤt ſeine theo - logiſchen Studia und Examina rigorosa vollen - det hatte, ernannte ihn Kaiſer Joſeph, noch als Kapuciner, zum Profeſſor Ordinarius der Orientaliſchen Sprachen und Bibliſchen Exegeſe fuͤr die Univerſitaͤt in Lemberg; worauf er, von ſeinen Ordensobern foͤrmlich und fuͤr immer aus dem Orden entlaſſen worden iſt. Die ge - richtlich vidimirte Entlaſſungsacte iſt er bereit je - dem rechtlichen Manne vorzuzeigen.

Was Seite 120 und 121 ſtehet, iſt Sache des Geſchmackes, und hierin muß jeder unbedingte Freiheit haben. Wer Feßlern nicht anſehen kann oder nicht anſehen will, aus Furcht, der Moͤnch moͤchte zu viel und zu tief in ihm ſehen, der wende ſein Antlitz von ihm ab; in Feßlers Seele ſieht es nicht ſo arg aus. Zwar kommt er jedem frem - den Menſchen mit der hellen und lebhaften Ueber - zeugung entgegen, daß die meiſten Menſchen in der Regel, ſo wie ſie in Anſehung ihres Koͤr - pers nur gekleidet, und zwar groͤßtentheils uͤber95 ihren Stand gekleidet ausgehen, eben ſo auch in Anſehung ihrer Sinnes - und Gemuͤthsart nur maskirt und verlarvt in Geſellſchaft erſcheinen; daß keiner, was er iſt, zeigen, jeder nur ſcheinen will was er nicht iſt; daß ſie Religion und Mo - ral nur fuͤr andere haben, und die Grundſaͤtze die ſie ausſprechen, bei ihnen nichts weiter ſind als Gemeinplaͤtze auf welche ſie ſich fluͤchten, wenn ſie ihre verrathenen Bloͤßen decken wollen, oder wenn ſie auf Inconſequenzen und Unbe - ſonnenheiten ertappt werden: aber in der Beur - theilung und Behandlung des einzelnen Menſchen kann weder eine innere Ueberzeugung, noch eine aͤußere Einwirkung ſeinen Blick von der Wahrheit abziehen: daß der Maaßſtab, nach dem jeder Menſch die Pflichten des Lebens erfuͤllen ſoll, oder erfuͤllet hat, das Erzeugniß ſeines eigenen Geiſtes ſei, daß er in ſeinem Innerſten liege, kein anderer Sterblicher es wagen duͤrfe, uͤber den Gehalt deſſelben zu entſcheiden, und jeder die Richtigkeit deſſelben lediglich vor ſeinem Ge - wiſſen und vor Gott, zu erproben habe; daß nur der vermeſſene Selbſtling, der ſich ſelbſt noch durchaus ein Raͤthſel iſt, die Thorheit bege - hen koͤnne, in das Innere ſeines Nebenmenſchen ſchauen zu wollen; daß es daher uͤberall hohe Zeit ſei, aufzuhoͤren, in unſern Urtheilen uͤber Menſchen in das Amt des Gewiſſens und in die Rechte der Gottheit eingreifen zu wollen. Es iſt ein Ungluͤck fuͤr Feßler, daß er, ſowohl waͤh - rend ſeines eilfjaͤhrigen Kloſterlebens, als waͤhrend96 ſeines neunzehnjaͤhrigen Lebens in und mit der Welt noch wenig Menſchen gefunden hat, die nicht gleich, nachdem man uͤber das Wetter einig gewor - den, und mit den Altagsneuigkeiten fertig iſt, ent - weder den Ueberrock unvermerkt weg ſchoben, um den ihr Herz und ihre Menſchheit voͤllig zerdruͤcken - den Stern ihrer Gelehrſamkeit zu zeigen, oder in das Moraliſiren verfielen. Mit den Erſtern waͤre noch auszukommen, aber mit den letztern iſt es arg. Moraliſirend betruͤgen ſie jeden Schwach - kopf um ſeine Aufmerkſamkeit und Achtung; moraliſirend wollen ſie die Aufmerkſamkeit des ſcharfſichtigern Geiſtes von ſich ablenken, mora - liſirend toͤdten ſie gute Nahmen Haufenweiſe wie Fliegen, moraliſirend verleumden ſie jeden, der ihrem Stolze nicht froͤhnen, ihrem Eigennutze nicht dienen will, oder von dem ſie nur in der Ferne fuͤrchten, daß er einmahl ihr ausſaͤtziges Fleiſch und ihre Eiterbeulen entdecken koͤnnte. Die mora - liſirenden Menſchen alſo, und nur die wer - den am oͤfterſten an Feßler irre werden, denn in der Regel faͤngt er bei dieſen mit ſtiller Aufmerk - ſamkeit an, faͤhrt mit Offenheit und Freimuͤthig - keit fort, und macht mit entfernender Zuruͤckhal - tung, dem ſichern Merkmale, daß er ſich nicht blenden laſſe, den Beſchluß. Bei dieſer auf - richtig angegebenen und mit ihm alt gewordenen Sinnes - und Gemuͤthsart, muß er es ſich freilich gefallen laſſen, wenn Phantaſien, wie Herr von Held ſeine Perſon und Phyſiognomie eher zu - ruͤckſtoßend als anziehend finden, und ihn am lieb -97 liebſten mit Sieyes oder mit dem Armenier in Schillers Geiſterſeher vergleichen wollen. Es wuͤrde anders ſeyn mit ihm, waͤre er den ge - woͤhnlichen gemaͤchlichen Menſchengang, aus ſei - ner Eltern Hauſe auf die Schule, von der Schule auf die Academie, von dieſer in ein Aemtchen, aus dieſem in ein Amt, mit dem Amte zu einer Frau, und durch dieſe in connexionsreiche Fami - lien eingefuͤhrt worden; ſo aber war Sturm und Drang ſein Loos, das ihm jetzt nur Ruhe und Einſamkeit wuͤnſchenswerth macht.

Von dem Facto, daß Bruder Mathieu, der Apotheker, der koͤnigliche Hofrath, nicht einmahl Zutritt zu ihm in ſeine Stube erlangen konnte, iſt Feßlern nichts bewußt. Was kann er dafuͤr, wenn ſeine Domeſtiquen, die ſeinen Zeitwucher kennen, in ihrem Dienſteifer bisweilen zu weit gehen. Wie viele Bruͤder der Loge R. Y. haben hingegen ſo manchen Morgen zwey auch drey Stunden bei Feßler verlebt?

Seite 123. ſtehen wieder einige Unwahrheiten. Nicht Br. Boͤheim ſondern Br. Maurer hat mich mit dem Hochw. Br. B** bekannt gemacht. Auch nicht nach der Bekanntſchaft mit dem Hoch - wuͤrdigſten Bruder B***, ſondern lange vorher hat ihn die Loge R. Y. affiliirt, wie es in ihren Protocollen und in ſeinen Maureriſchen Schrif - ten 1. Th. S. 445. zu leſen ſteht. Die Andich - tungen der Abſichten, eine Rolle zu ſpielen, als Schoͤpfer eines neuen Syſtems zu glaͤnzen, undZweites Baͤndch. G98als Gelehrter der Praͤſident mehrerer gelehrten Geſellſchaften zu ſeyn, iſt haͤmiſch und niedrig.

Fichte ward nicht von Feßler verdraͤngt, ſondern durch einen anmaßenden Brief, von Br. B** als vicarirenden Meiſter vom Stuhl indig - nirt, gab Er ſeine Dimiſſion ſelbſt mit deutlicher Angabe der Gruͤnde.

Dabei iſt es doch wahr, daß einige Tage ein Mißverſtaͤndniß zwiſchen Br. Fichte und Br. Feßler obgewaltet hat, weil man dem Erſtern inſinuirte, daß aus der in den Eleuſinien S. 207. abgedruckten Rede des Letztern einige Stellen auf ihn gedeutet werden muͤßten. Dieſes Mißverſtaͤnd - niß ward aber bald gehoben, als Feßler Fichten mit der eigentlichen Tendenz ſeiner Rede bekannt gemacht, und Fichte eingeſehen hatte, daß die kriechendſten Schmeicheleien von der einen, und die boshafteſten Inſinuationen von der andern Seite der Bruͤderſchaft, den Br. Feß - ler, der beides bis zum Ueberdruß ſatt hatte, zu dergleichen kraͤftigen Herzensergießungen nothge - drungen haͤtten.

Wenn es nun weiter heißt S. 125.

Der Genius der Maurerei wird ſtets auf Feßler zuͤrnend herabſehen, ꝛc. ſo kann dieſer unberufene Menſchenwuͤrdiger verſichert ſeyn, daß der Genius der Maure - rei und Feßler ſehr gute Freunde zuſammen ſind, und oft recht herzlich uͤber die poſſierlichen Dinge lachen, welche die Menſchen unter dem Nahmen Maurerei, hier und da in und außer Berlin treiben.

99

Auch was Seite 127 ſteht, daß Feßler ſeine Maureriſche Laufbahn damit endete, daß er ſeinen Abſchied ungebethen erhielt: iſt nicht wahr, denn Feßler wandelt ſeine Mau - reriſche Laufbahn thaͤtig fort. Koͤnnen denn die Menſchen nicht aufhoͤren, Schnecken zu ſeyn, die ihr kleines Haͤuschen fuͤr die ganze Welt halten! Die Loge Royale York in Berlin iſt eben ſo wenig die ganze Freimaurer Bruͤderſchaft, als ſo manches bunte Logenweſen Freimau - rerei. Die Entſcheidung, ob Feßlers Abſchied ihm, oder der Loge Royale York zur Schande gereiche, bleibt den Leſern des zweiten Theils ſei - ner Maureriſchen Schriften uͤberlaſſen.

Moͤge er doch ewig aus unſerm Bund ge - ſchieden ſeyn!

Das iſt Feßler gewiß, und wohl ihm! denn indem er aus dem kleinlichen und beſchraͤnkenden Verhaͤltniß der Logen-Bruͤderſchaft ausgetreten iſt, kann er mit ganzer Seele jedes aͤchten und unter - richteten Freimaurers Bruder ſeyn. Eben darum aber kann er den Wunſch, daß er ſich nie mehr mit Maurerei befaſſen moͤge, unmoͤglich befriedigen, wenn ihm auch dieſer Men - ſchenwuͤrdiger auch noch die Achtung als Menſchen und Gelehrten verſagen ſollte. Der wunder - bare Menſch! Beinahe ſollte man glauben, er wuͤßte, was Maurerei iſt!

G 2100

Sechster Artikel. Geſchichte des vom Bruder Feßler ehe - mahls projectirten Evergetenordens in Schleſien.

von S. 129 bis 174.

Die vollſtaͤndigen Aufſchluͤſſe uͤber den Evergetenbund in Schleſien. Herausge - geben von Feßler, in 8. Berlin bei San - der, 1803. werden bald vor den Augen des leſen - den Publikums liegen, und in allen Buchhandlun - gen zu haben ſeyn. Wer dieſen Aufſatz im maure - riſchen Taſchenbuche geleſen hat, uͤber die daſelbſt ge - wagten Angriffe auf Feßler ein Urtheil fuͤr oder wider ihn faͤllen will, und dabei Wahrheit und Gerechtigkeit in Ehren haͤlt, dem iſt es Pflicht, auch die erwaͤhnten vollſtaͤndigen Aufſchluͤſſe, die aus lauter noch ungedruckten eben ſo lehrreichen als wichtigen Actenſtuͤcken beſtehen, zu leſen. Hier koͤnnen die im v. Heldſchen Aufſatze ausgeſprochenen Unwahrheiten nur ganz kurz berichtiget werden.

  • Seite 137. heißt es: Am folgenden Tage ging ich zwar wieder zu D** erfuhr aber eben ſo wenig.

Herr von Held haͤtte aber doch ſchon auf das Ganze ſchließen koͤnnen; denn er mußte ja, nach der von H. v. L*** gemachten Einrichtung, in Berlin ſeine Character-Schilderung anfertigen, und ſich101 ein Thema zu einer moraliſchen Abhandlung waͤh - len. Dies Factum ſcheint Er vergeſſen zu haben.

  • Seite 138. Die Antwort Z*** s war, daß der Profeſſor Feßler in Carolath der, L. v. L*** in G**, er Z*** und einige andere auf den Einfall gerathen waͤren, eine eigene geheime Verbindung zu ſtiften.

Feßlern konnte Z*** in ſeiner Antwort an Herrn von Held unmoͤglich genannt haben, denn damahls wußte Z*** ſelbſt noch nichts von Feß - lers Theilnahme an dieſer ganzen Sache.

  • Seite 143. Ich habe daher Feßlern ſonſt ſehr geſucht, und aus eigenem Antriebe oft zu den Fuͤßen dieſes Gamaliels geſeſſen. ꝛc.

Außer der erſten Bekanntſchaft im Redouten - ſaale zu Glogau bis October 1793. hat Feßler nie mehr die Ehre gehabt, Herrn von Held zu ſeiner Seite oder zu ſeinen Fuͤßen ſitzen zu ſehen. Nur ein einziges Mahl, im Jahr 1790., als er dem Fuͤrſten von C*** in Glogau einen Beſuch machte, ſah ihn Feßler wieder; doch ohne eine ſchickliche Gelegenheit, mit ihm zu ſprechen. Es duͤrfte daher auch der Feßler, den Herr von Held S. 144. ſchildert, ſchwerlich in der Welt ſeyn.

Seite 146. Mir mißfiel das Ding von Hauſe aus.

Und das war ganz natuͤrlich; denn alles war von Feßler darauf angelegt und berechnet, die guten Menſchen, die ihn, nicht zur Stiftung, ſondern zur Einrichtung dieſes Bundes draͤng - ten, zum fleißigen Leſen, Denken, Studieren, Beo -102 bachten, Vergleichen, kurz, zur wiſſenſchaft - lichen und moraliſchen Selbſtbildung an - zuleiten, um auf dieſe Weiſe den Welt-Ver - beſſerungs-Paroxismus unvermerkt in ihnen zu erſticken. Da mußten nun eben ſo natuͤr - lich in Feßlers Plan, die Erde und die politi - ſchen Verhaͤltniſſe auf derſelben voͤllig uͤbergan - gen werden.

  • Seite 148. Das ſchlimmſte war, daß Feßler die weishauptiſche Methode beim Illumina - ten-Orden nachahmte, und ein Mit - glied immer zum Controlleur oder viel - mehr zum Spion des andern machte.

Dieß iſt eine Unwahrheit, die ſich durch die perſoͤnlichen Umſtaͤnde der Mitglieder, deren jedes von dem andern mehrere Meilen entfernt wohnte, von ſelbſt widerlegt. Und weder aus den Statu - ten noch aus irgend einem von Feßler geſchriebe - nen Briefe, kann eine Spur angegeben werden, aus der ſich dieſe Beſchuldigung wahrſcheinlich machen oder erweiſen ließe. Nur zur Pruͤfung aufzunehmender Candidaten waren alle die Vor - ſchriften und Maßregeln da, welche einer Geſell - ſchaft, die ſich mit etwas reellerm, als mit Spiel und Tobakrauchen und Zeitungen beſchaͤftigen wollte, unentbehrlich waren.

  • Seite 149. Ich ſelbſt bekam eine ſolche Kritik uͤber mich zu leſen, die der B. F n darum von mir hatte entwerfen muͤſſen, weil ich in meiner fruͤhern Jugend andert - halb Jahre ſein Mitſchuͤler geweſen war.
103

Es war keine Kritik ſondern eine Anzeige un - laͤngſt geſchehener Thatſachen, auf welche die Ge - ſellſchaft mit Recht aufmerkſam gemacht wurde.

  • Seite 153. Ewig unbegreiflich wird es mir blei - ben, wie Feßler fuͤr ſeinen weitſchichti - gen Welt-Verbeſſerungs-Plan ſolche Saͤulen wie wir waren, waͤh - len konnte.

An dieſer Unbegreiflichkeit iſt Herr von Held ganz allein ſelbſt Schuld. Er haͤtte nur aus der ganzen Geſellſchaft und aus Feßler nicht machen ſollen, was ihm ſeine Imagination vorgaukelte, ſo haͤtte er eingeſehen, daß Feßler gar keinen Welt-Verbeſſerungs-Plan hatte, ſondern daß ſich alle ſein Thun und Treiben, um die ganz einfache Wahrheit: Laßt uns nur ſelbſt erſt beſſer werden, dann wird es auch in der Welt bald beſſer ſeyn, herumdrehte.

  • Seite 155. Nach meiner Ueberzeugung hat Feßler das Weſentliche aus dem Evergeten - Project, auf die Loge R. Y. in Berlin uͤbergetragen, und es nur anders mo - dificirt und amplificirt.

Dieß iſt eine ſehr irrige Ueberzeugung und die angegebene Thatſache iſt durchaus unwahr, wie es jedermann, der dazu befugt iſt, einſehen kann, ſo - bald er die Rituale, das Conſtitutionsbuch der Loge R. Y. und Feßlers Maureriſche Schriften 2 Theile, mit Feßlers vollſtaͤndi - gen Aufſchluͤſſen uͤber den Evergeten - bund in Schleſien vergleicht.

104

Eben ſo unwahr iſt es, daß S. 158. den 15. Junius 1800., wo Br. Z*** von mir, und Herr von Held von dem verſtorbenen Geheimen Rath Labaye zum Logenfeſte gebethen war, und uͤber 100 Mitglieder verſammelt waren, die Armenſamm - lung nur zwei Thlr. eilf Groſchen betrug. Jeder, der befugt iſt, das Protocoll der Großen Loge von dem angegebenen Feſttage, nachzuſehen wird ſehen, wie raſch die Imagination mit Herrn von Held um die Wahrheit herumwalzt.

  • Seite 164. Heucheley war die ganze Procedur mit dem verſtorbenen Major Bren - kenhoff.

Feßler hat den ſeligen Major von Bren - kenhoff als einen rechtſchaffenen Mann, und als thaͤtigen, der groͤßten Aufopferungen faͤhigen Men - ſchenfreund kennen gelernt, und als ſolchen geachtet.

Heucheley die kriechende Lobrede, die Feßler dem ꝛc. R** in der Loge hielt, denn außer der Loge wurde uͤber Brenkenhoffs Gut - muͤthigkeit und uͤber R** ganz anders ge - urtheilt.

Es iſt Luͤge, daß Feßler dem General L. von R** jemahls in der Loge eine Lobrede gehalten, Luͤge, daß er von Brenkenhoff und vom G. L. v. R** jemahls, und in was immer fuͤr einer Geſellſchaft anders, als mit Achtung geſprochen hat; und Luͤge alle die Heucheleyen die pag. 166. noch folgen.

  • Seite 166. Zuletzt wendete mein Herz ſich nothge - drungen von Feßler ab, weil er darum105 wußte, als ich im Februar des vorigen Jahres 1801. in der Loge R. Y. aus - gehorcht werden ſollte. ꝛc.

Davon wußte Feßler ſo wenig, daß er viel - mehr ſelbſt den 8. Sept. 1801. an Herrn von Held ſchrieb: Er moͤchte ihm ſchriftlich anzeigen, ob und auf was Art ihn der Br. T. in der Loge R. Y. ausgehorcht haͤtte, auch moͤchte er ihm den Verlaͤumder nennen, welcher ihm die in ſeine De - fenſion aufgenommenen, Ehre verletzenden Vorſtel - lungen von der Loge R. Y. beigebracht habe. Worauf Herr von Held folgendes an Feßler erwiederte.

Berlin, Mittwoch den 9. Sept. 1.

Ich habe Dein Schreiben geſtern erhalten, und erwiedere vorlaͤufig darauf, daß eine Menge reißender Gemuͤthsbewegungen, und Schreibe - reien, und Geſchaͤfte mich abhalten, Dir auf der Stelle alles das zu antworten, was ich in Be - treff dieſes boͤſen Gegenſtandes zu ſagen habe, und Dir ſagen muß, weil ich wenigſtens noch die Empfindung ehre, die ich ehemahls fuͤr Dich gehabt habe. Sonntag fahre ich ab nach Span - dau. Kann ich jene Antwort, die, da ſie nicht bloß von T. ſondern hauptſaͤchlich von Dir und Deiner Fuͤhrung Deiner Loge handeln wird, viel mehr umſpannt, als Du gefragt haſt, bis dahin zu Stande bringen, ſo werde ich ſie Dir durch B. ſchicken; wo nicht, ſo mußt Du warten, bis ich ſie in Spandau beendige. Auf alle Faͤlle verlaß Dich darauf, daß ich ſie Dir nicht ſchul -106 dig bleibe, und ſie ſpaͤteſtens innerhalb der naͤch - ſten vierzehn Tage geben werde.

Statt an mich zu ſchreiben, und mit B. das nur Dir ſchaͤdliche und ſehr ſeltſame Geſpraͤch zu fuͤhren, haͤtteſt Du kluͤger gethan, kuͤrzer zu ver - fahren, und mit T. und etwa noch zwei Bruͤdern Deiner Loge, wobei ich den mir ſehr ſchaͤtzbaren G. R. H. ſehr gern geſehen haͤtte, zu mir zu kommen, da man in einer halben Stunde mehr ſprechen, als in acht Tagen ſchreiben kann. Ein paar Begleiter haͤtten ja als Zeugen dienen koͤn - nen, und Du wuͤrdeſt ja gehoͤrt haben, was T. mir gegenuͤber vorzubringen im Stande geweſen waͤre. Ich ſtelle Dir dieß noch anheim, bitte Dich aber nicht darum, da jetzt im ſiebenten Monat meines Arreſtes, Dein Beſuch als Freund - ſchaftsſache fuͤr mich keinen Werth mehr hat. Haͤtteſt Du mich, an den Du Dich geſtern doch noch Treuergebener unterſchriebſt, fruͤher be - ſucht, ſo wuͤrdeſt Du Dir und der Loge dieſe ganze Verdrießlichkeit wahrſcheinlich erſpart haben; aber wer ſich von mir abloͤſet, muß ſich denn auch gefallen laſſen, wie*)Das heißt: Der muß ſich vom Herrn von Held in oͤffentlichen Flugſchriften, Ideen, Plaͤne, Abſich - ten, Motive, Reden und Thaten, aufflicken und an - kleiſtern laſſen, an die der ſich Abloͤſende, ſeiner gan - zen Individualitaͤt nach, nie gedacht hat. ich mich von ihm abloͤſe. Waͤre das Treuergebener Wahrheit, ſo wuͤrdeſt Du wohl bald nach meiner Arretirung107 mich beſucht haben, zumal da Dein Bewußtſeyn Dich mahnen mußte, daß Du wohl thaͤteſt, mit mir zu ſprechen. Den, der um ſolcher Urſach willen wie ich, ungluͤcklich iſt, zu beſuchen, macht niemanden Schande. Deine Abſtracta erwaͤr - men kein Herz zum nachdruͤcklichen Handeln, ich folge meinen Idealen, und nehme ſie in jeden Kerker ohne Reue mit. Giebt es eine Zukunft, ſo iſt ſehr die Frage, ob ſie mehr fuͤr ein blutend Herz, als das meine, oder fuͤr einen ſo poroͤſen Character, als der Deine, entſcheiden wird. Ich fuͤhre aus, was Ihr ſingt: Laß uns nie der Dummheit Tempel bauen, Lehre der Gewalt uns widerſtehn!

Und ich habe nur durch Wahrheit in mei - nem Thun, Genuß von meinem Daſeyn. Leere Formen und Manoͤvers gnuͤgen mir nicht.

Nur um, wenn es moͤglich waͤre, der trauri - gen und druͤckenden Muͤhe uͤberhoben zu ſeyn, uͤber eine garſtige Sache viel zu ſchreiben, ſchlage ich Dir eine baldige Viſite bei mir vor. T. und H. muͤßten jedoch auf alle Faͤlle dabei ſeyn, und zwar nach fuͤnf Uhr Abends. Ohne Zeugen waͤre dieß Colloquium unzweckmaͤßig. Willſt du es aber auf eine ſchriftliche Antwort von mir, die Du doch in der Loge vortragen muͤßteſt, an - kommen laſſen, habeas tibi!

von Held.

108

Hierauf ſchickte Feßler folgendes Schreiben an Herrn von Held.

Berlin den 10. Sept. 1801.

Vorlaͤufig melde ich Dir, daß, wenn es mir gelingt, die noͤthigen Perſonen, nehmlich die bei - den G. V., worunter H. iſt, den G. S. und T. zu bewegen, daß ſie mich begleiten, wir heute Abend halb fuͤnf Uhr bei Dir erſcheinen werden. Fuͤr jetzt nur noch ein paar ernſte und aufrich - tige Worte, als Mann dem Manne.

Du nenneſt das, woruͤber ich mir Eroͤrterung und Angabe von Dir erbitten mußte, einen boͤ - ſen Gegenſtand; das mag und ſoll er von Rechts - wegen fuͤr den ſeyn, der boͤſe und unrechtlich ge - handelt hat.

Du willſt in Deiner Antwort nicht blos von T. ſondern hauptſaͤchlich von mir, und meiner Fuͤhrung meiner Loge handeln; das magſt Du thun; aber zur Fuͤhrung unſers Prozeſſes gegen den boshaften Verlaͤumder, der Dich betrogen und inducirt hat, ſeine Verlaͤumdung als Wahr - heiten in Deine Defenſion aufzunehmen, iſt es nicht nothwendig, ob es gleich mir als ein Bei - trag zu den Menſchen-Urtheilen uͤber einen Ge - genſtand, den ſie zu erkennen ſich nicht bemuͤhet haben, immer ſchaͤtzbar bleiben wird, was Du auch immer uͤber den Grundvertrag und die Geſetze der Loge R. Y., ſo wie uͤber meine Art und Weiſe, Grundvertrag und Geſetze zu execu - tiren, ſagen magſt. Liegt Dir daran, wahr zu109 ſeyn, ſo wiſſe, daß Grundvertrag und Geſetze vor den Augen der Welt daliegen, dieſe moͤgen nun Dir und hundert andern gefallen oder nicht, ich muß der Executor derſelben ſeyn oder austreten: ſo wiſſe, daß ich ſelbſt an der Execution nur einen Theil habe, und daß, K. C. und H., meine Mitexecutoren, leſen, das Geleſene verſtehen koͤnnen, und keine feile Jaherren ſind, mithin auch nur thun laſſen und mitthun, was dem Grund - vertrag und Geſetzen gemaͤß geſchehen ſoll, nicht was ich will. Du mußt Dich nicht zu der Klaſſe meiner elenden Lobredner herabwuͤrdigen, die mich fuͤr den gewandteſten, groͤßten Kopf bei der Loge R. Y. erklaͤren, indem ſie behaupten, alles was ich wollte, muͤßte dort geſchehen, und Maͤnner wie K., C., H., A., H., ꝛc. ließen ſich eben ſo, wie der uͤbrige Haufen von 200 Bruͤdern und vierzehn Logen, blind von mir gaͤngeln.

Ich habe Dich waͤhrend Deines Arreſtes nicht beſucht, 1) weil ich bis zum 16ten May mit der Herausgabe meiner Maureriſchen Schriften unab - laͤſſig beſchaͤftigt war, vom 16ten May bis zum 5ten Junius meine weitlaͤuftige, liegengebliebene Logen-Correſpondenz nachholen mußte, den 6ten Junius eine Geſchaͤfts-Reiſe vornahm, von der ich krank nach Hauſe kam, und bis zum 22ten Junius die Stube huͤten mußte. Den ganzen Julius und Auguſt feſſelte mich die Arbeit an einer Angelegenheit, die dem Betrug und der Taͤu - ſchung in der Maurerei einen toͤdtlichen Streich verſetzt, und die in ihrem gluͤcklichen Erfolge kuͤnf -110 tigen Sonntag publicirt werden ſoll. Den 13ten Auguſt hoͤrte ich, was Du in Deiner Defenſion von mir und der Loge R. Y. geſchrieben haſt, und da konnte ich uͤberall keine Luſt mehr haben, den Mann zu beſuchen, der ſeine gerechte Sache durch Frivolitaͤt (Hoͤrenſagen, Nachſchreiben, Ent - ſcheiden ohne unterſucht zu haben ꝛc. ) ſelbſt herab - uͤwrdiget. 2) Weil ich nicht einſehen konnte, was Dir mein Beſuch ſollte Dich troͤſten? das be - durfteſt Du nicht. Dir meine Theilnahme ver - ſichern? Was konnte Dir daran liegen? Dir meine Dienſte anbiethen? kannteſt Du mich, ſo wareſt Du Dir Deines Rechts zu fordern bewußt; kannteſt Du mich nicht, ſo waren meine Anerbie - tungen uͤberfluͤſſig.

3) Weil ich nicht hingehe, wo ich nicht offen und freimuͤthig ſprechen kann, und dort nicht offen und freimuͤthig ſprechen darf, wo ich Gefahr laufe, daß das, was ich von Herz zu Herzen ſpreche, gele - gentlich die profane, von mir laͤngſt vergeſſene Welt erfaͤhrt.

Treuergeben unterſchrieb ich mich, weil es wahr iſt; weil ich das, was Bitterkeit, was Tem - perament, was Drang der Umſtaͤnde, was Leicht - glaͤubigkeit, und die daraus folgende Leichtbetruͤg - lichkeit, was Menſchen, die Du als Ideale ver - ehreſt, und Deiner doch unwuͤrdig ſind, in Dich hineingetragen haben, von Dir weg zu den - ken weiß. Anihilire, wenn Du willſt, in Deiner Welt meine ganze moraliſche Exiſtenz,111 Du kannſt auch alsdann noch immer glauben, daß ich zu ſtolz bin, um Dich mit einer Un - terſchrift zu beluͤgen. Als Dein Treuergebener warne ich Dich, nicht nach zu ſchreiben von der Loge R. Y. was Dir mit dem Scheine der Rechtlichkeit angethane Freßbruͤder, oder Men - ſchen, die aus der Loge R. Y. einen Tummel - platz ihrer kindiſchen Eitelkeit oder kleinlichen Ruhmſucht machen wollten, und nicht von mir, ſondern von der Totalitaͤt mit verdienter Ver - achtung zuruͤckgewieſen worden ſind, von der Loge R. Y. a priori vorconſtruiren; denn Du wuͤrdeſt Ungerechtigkeiten begehen, und als con - ſequenter Mann mußt Du Dich vor Ungerech - tigkeiten huͤten. Ich bin kein Freund von H**rn, weil ich viel wider ſie gehoͤrt habe; eben aber weil ich nur gehoͤrt, nicht geſehen habe, werde ich nie etwas gegen die H**r ſchreiben. Gott ſelbſt kann keine begangene Ungerechtigkeit wieder ausgleichen.

Der Unterſchied zwiſchen mir und Dir iſt nicht der, daß Dein Herz blutet, und mein Cha - racter poroͤs iſt, ſondern der, daß mein Herz ſchon ausgeblutet hatte, ehe das deinige noch an - fing zu bluten.

Beherrſche Deine Eigenliebe, und fordere nicht daß Dein Ideal, das Ideal aller Menſchen werden ſoll. Liebe Dein Ideal, bilde es aus, erhoͤhe es; aber habe Achtung gegen die Ideale anderer Menſchen, und verachte nur den, deſſen112 Seele alle Kraft, Ideale zu ſchaffen, verkauft oder verſchwelgt hat.

Dein Feßler.

Das Colloquium ward den 10. Sept. bei Herrn von Held gehalten, fiel aber aus, wie gewoͤhnlich alle Colloquia auszufallen pflegen. Es ward viel geredet und nichts geſagt, viel behauptet und nichts bewieſen. Man beſchuldigte ſich gegenſeitig man - cherlei Dinge, und geſtand ſich gegenſeitig nichts ein, und Mitleiden mußte in T. ſo manches ver - zeihen, was ſein Ehrgefuͤhl ſonſt nicht haͤtte dul - den duͤrfen.

Weiter heißt es:

  • Seite 166. Weil er, als ich kurz darauf am 22. Februar arretirt ward, und acht Mo - nate in der Berliniſchen Hausvogtei ſitzen mußte, unterdeß oͤffentlich, und ohne die mindeſte Scheu, im gol - denen Adler am Doͤnhoffſchen Platze beim Kriegsrathe Triebenfeld aus Breslau ſpeiſete, und es dahin brachte, daß Triebenfeld Rhoden als Er - zieher ſeiner Kinder, nach Breslau mit - nahm. Vormahls hatte Feßler in einem ſo argen Tone gegen Trieben - feld geſprochen, daß er wenigſtens als ehrlicher Mann, unmoͤglich bei ihm ſpeiſen und ſeinen Rheinwein trin - ken konnte.
Es113

Es iſt nicht wahr, daß Feßler jemahls gegen den Herrn Kriegsrath von Triebenfeld geſprochen hat, weil er ihn vorher noch nie geſehen, vielwe - niger gekannt hatte; und weil er uͤberhaupt, we - der fuͤr noch gegen Menſchen ſpricht, die er nicht kennt. Schwarze und rothe Buͤcher, Flugſchriften und Pamphlets weiß er nach Verdienſt zu wuͤrdi - gen, und wird ſich nie ſo weit vergeſſen, um aus dergleichen Blaͤttern ſeinen Maßſtab fuͤr Menſchen - beurtheilung ſich zuſammen zu ſetzen. Solche Blaͤt - ter ſind das Heiligthum des Poͤbels, in welches Feßler nie eingreifen wird.

Es iſt unwahr, daß Feßler es dahin brachte, daß Herr von Triebenfeld Herrn Rhode als Erzieher ſeiner Kinder nach Breslau mitnahm. Es war des Herrn von Triebenfeld ganz eigener Ein - fall, und des Herrn Rhode ganz eigener Entſchluß.

Aber eine heilige Wahrheit iſt es, daß Feßler ſo oft bei dem Herrn von Triebenfeld zu ſpei - ſen, und ſeinen Rheinwein zu trinken, das Ver - gnuͤgen hatte, als es dieſem gefaͤllig war, es zu wuͤnſchen. Und das iſt ſo ſein Gemuͤth, daß er, wenn er Zeit hat und geſund iſt, uͤberall und, zwar oͤffentlich und ohne die mindeſte Scheu, hingehet, wohin er gebeten wird; auch dort Unger-Franz-Rheinwein, Gruͤnberger, alles mit frohem Sinne trinkt, was ihm vorgeſetzt wird. Nur zu einem Manne, den die einzige rechtmaͤßige Behoͤrde, der Staat, fuͤr ehrlos erklaͤrt haͤtte, wuͤrde er die Einladung ausſchlagen. Uebrigens kennt er weder Antipathien, die im gekraͤnk -Zweites Baͤndch. H114ten Stolze, oder in unerfuͤllten Anſpruͤchen, oder in einem niedrigen Neid ihren Grund haben, und von dem Welt-Verbeſſerungs - luſtigen Volke ſo gern mit dem Firniß einer ſtrengen Moralitaͤt uͤbertuͤncht wer - den; noch literariſche, philoſophiſche, politiſche, maureriſche und buͤrgerliche Antipathien; dieſe koͤnnen ihn alſo auch nie beſtimmen, an den Ort wo er hingeladen wird, hinzugehen oder wegzu - bleiben. Was die Wuͤrdigung des innern ſittlichen Werthes der Menſchen betrifft, das uͤberlaͤßt er ausſchließend und unbedingt ihrem eigenen Ge - wiſſen und Gott; und ſingt uͤberall: Schoͤn iſt es auf Gottes Welt!

Siebenter Artikel. Auszuͤge merkwuͤrdiger Maureriſcher Reden.

Von S. 175 bis 204.

Die Maureriſchen Reden ſind in der Regel nur Reden, oder treffender, Redensarten; gebildete, richtig, praͤcis, beſtimmt und klar denkende Mau - rer beduͤrfen weder Maureriſcher Reden noch Aus - zuͤge daraus. Allein fuͤr Taſchenbuͤcher ſind we - nigſtens die letztern ein guter Artikel; ſie fuͤllen an, und der Kaͤufer bekommt Weisheit und Mo - ral wenigſtens in die Taſche.

115

Achter Artikel. Geiſt der Maurerei nach Aktenſtuͤcken.

Von Seite 205 bis 230 iſt lauter geſtohlnes Gut, welches Feßlern und der Loge R. Y. angehoͤrt. Dies wußte der Herausgeber des Taſchenbuches, denn er hat die ihm von dem Ehren - und Mau - rer-Wortbruͤchigen Exbruder Sch**r mitgetheil - ten Blaͤtter, ſchon im Junius 1801. dem Herrn G. R. H. auf dem Geſund-Brunnen vorgezeigt. Um ſo luſtiger iſt die Inconſequenz, mit der der Herausgeber des Taſchenbuchs, in welchem Feßler Blatt fuͤr Blatt als Antichriſt der Maurerei von Pſeudo-Maurern verlaͤſtert wird, einen von ihm gemachten, und ihm entwendeten 26 Seiten langen Aufſatz, unter dem Namen Geiſt des Ordens aufgenommen hat. Allein, Lucri bonus odor ex re qualibet, hat ſchon der roͤmiſche Kaiſer Vespaſian geſagt, und warum ſollte ein Mann aus der Inſel Kos ſich ſchaͤmen, nach alt-roͤmiſch kaiſerlichen Prinzipien zu handeln! Den Leſern dieſes Ordens-Geiſtes diene nur noch zur Nach - richt, daß der abſchreibende Exbruder Sch**r, ob er ihn gleich acht oder zehn mal fuͤr die Loge R. Y. abſchreiben mußte, ihn dennoch mit ſeinem kleinen Geiſtchen nicht faſſen konnte, denn er hat in allen acht oder zehn Abſchriften haͤufige, ganz widerſinnige, und zwar immerdieſelben Schreib - fehler gemacht, und dieſe ſind auch groͤßtentheilsH 2116in dem Abdruck ſtehen geblieben. So ſteht zum Beiſpiel S. 220. Darum ging Ihr zweiter Schritt von N. gegen S., und deutete auf die Stuͤrme des Herzens, welche dem zur Humanitaͤt fort - geſchrittenen Menſchen eigen iſt, um die ſanf - ten und beſeligenden Einfluͤſſe der Freundſchaft und Liebe aufzufaſſen und mitzutheilen. Was heißt ein fortgeſchrittener Menſch; und wel - cher Menſch faßt die ſanften und beſeligenden Einfluͤſſe der Freundſchaft und Liebe mit Stuͤr - men des Herzens auf? So was thut wohl der fort - ſchreitende Menſch; aber nicht mit Stuͤrmen, ſondern mit Waͤrme des Herzens.

Zwoͤlfter Artikel. Wie iſt es moͤglich, daß in einem Orden, der Menſchen - und Bruderliebe empfiehlt, oft ſo viel Zwieſpalt herrſchte? ꝛc.

Von S. 253 bis 259.

Die Frage iſt nur da, um noch einmal auf Br. Feßler zu kommen, denn was waͤre uͤberall aus dieſem Taſchenbuch geworden, wenn Br. Feßler nicht waͤre, Br. Micheler die Analogie zwiſchen dem Chriſtenthume und der Freimaurerei nicht ge - ſchrieben, und der Exbruder Sch**r den Geiſt des Ordens nicht entwendet haͤtte? Da kommt117 dann wieder die Feßlerſche Reform und der Evergetenbund in Schleſien, zur Schlachtbank. Es wird aber nichts geſchlachtet, denn der Schlaͤch - ter iſt blind, und haut allerliebſt in der Luft herum. Nur Seite 257. ſteht eine wichtige Neuigkeit.

Die Loge Royale York iſt von den Feß - lerſchen Schwaͤrmereien gluͤcklich zuruͤckge - kehrt, und hat ſich der wahren und einzigen Maurerei wieder in die Arme geworfen, unbaͤrtige Knaben aber, wie billig, verlacht.

Dieſe Neuigkeit iſt aber nur eine neue Unwahrheit, denn noch arbeitet die Große Loge R. Y. und alle ihr untergeordneten beſonderen Logen, nach dem von Feßler, auf den Grund des alt-engliſchen Rituals revidirten, und in der Nacht vom 31ten December 1800. zum 1ten Januar 1801. geſetzlich eingefuͤhrten Ritual; noch haben ſie ihre ehemaligen, von Feßler exilirten Elûs, Eccosois rouges et verds, chevaliers de l’Orient, et Princes souverains de Rose Croix, dieſe herrliche, wahre und einzige Maurerei, nicht zuruͤck geholt. Noch liegt der den 3ten Au - guſt 1800. beſchworne Grundvertrag und Codex auf allen Logen-Altaͤren, und die hieſigen zeitigen Mitglieder der ehrwuͤrdigſten Großen Loge R. Y. ſind nur dort von dieſem beſchwornen Grundver - trage abgewichen, wo er ſie in dem Verfahren gegen Feßler, von der laͤcherlichſten Inconſequenz haͤtte zuruͤckhalten koͤnnen.

Auch keine unbaͤrtige Knaben hat dieſe ehrwuͤrdigſte Große Loge verlacht oder zu ver -118 lachen gehabt; ob es gleich nicht gelaͤugnet werden kann, daß den 3ten Junius 1802. ein dritthalbjaͤhriger Logenbruder, auf dem Sitze des zweiten G. V. die Frechheit hatte, alten, in ihrer oͤffentlichen gemeinnuͤtzigen Thaͤ - tigkeit ehrwuͤrdigen Maͤnnern und durch 30, 40, 45 Jahre eifrigen Freimaurern beinahe wie unbaͤrtigen Knaben den Text zu leſen. *)Seine Rede wird buchſtaͤblich in F. Maurer. Schriften abgedruckt und commentirt.

Wenn aber gleich die Ehrwuͤrdigſte Große Loge der Freimaurer R. Y. z. F. genannt, das iſt, das reſpectable Corps von ſechs - zehn vereinigten aͤchten und geſetzmaͤßi - gen Logen, im Bunde mit den Ehrwuͤrdigſten Großen Provinciallogen der Freimaurer von Nie - derſachſen und von Hannover, von der anerkannt aͤchten, wahren und einzigen Freimaurerei noch nicht abgewichen iſt, noch abweichen wird: ſo waͤre dennoch zu wuͤnſchen, daß es die in Berlin anſaͤßi - gen Logen-Bruͤder thun moͤchten; daß dieſe alles wieder in statum quo, in dem es vor Jo - hannis 1796. war, zuruͤckſetzten, daß ſie das alte franzoͤſiſche Ritual der drei Johannis-Grade wie - der einfuͤhrten, und ſodann auch wieder Auser - waͤhlte Meiſter, rothe und gruͤne Schot - ten-Ritter, Ritter von Oſten und ſouve - raine Fuͤrſten des Roſenkreuzes vom Berge Heredon kreirten. Sie wuͤrden ſich da -119 durch wenigſtens den Ruhm der Conſequenz er - werben, wuͤrden das wertherhebende Lob des Maureriſchen Taſchenbuches von X. Y. Z. wirk - lich verdienen, ſich vor ihrem Gewiſſen voͤllige Ruhe verſchaffen, und die ſtarktoͤnende Majoritaͤt unter ihnen, wuͤrde ihrer denkenden Minoritaͤt in maureriſcher Hinſicht minder ſchwankend er - ſcheinen.

Und nun, warum iſt dieß Alles geſchrieben? Euretwegen, ihr guten, biedern Freunde der Wahr - heit und Gerechtigkeit, deren Achtung und Liebe mir, weder das durchaus ungerechte und unmau - reriſche Verfahren der zeitigen Regenten der Loge R. Y., noch die oͤffentlichen Laͤſterungen ihrer unberufenen Schildknappen, der Herrn X. Y. Z.; ſie mochten die Fuͤlle ihres ſelbſt eigenen Unrathes in maͤrkiſchen Denkwuͤrdigkeiten oder in Maureriſchen Taſchenbuͤchern, im Beo - bachter an der Spree und in Berlini - ſchen Blaͤttern, oder in dem die Wahrheit beſchirachenden politiſchen Journale, in Diſtichen und Parabeln oder in Gemaͤhlden auf Tobacksdo - ſen wider mich ausgeladen haben, entziehen konn - ten. Es iſt geſchrieben, um Euern freundſchaftli - chen Wunſch, ich moͤchte mich doch einmal uͤber alle dieſe Spukereien oͤffentlich aͤußern, zu ehren. Es iſt geſchrieben, nicht um mich bei Euch zu recht - fertigen, denn Ihr kennt mich aus meinen Geſin - nungen, Handlungen, Thaten und Schriften; ſon - dern um Euern Aerger uͤber das ephemeriſche Da -120 ſeyn ſolcher Blaͤtter, die nun einmal fuͤr den Poͤ - bel aller Staͤnde Beduͤrfniß ſind, zu mildern.

Nicht ſo bereitwillig konnte ich mich gegen eure Aufforderung, den Beobachter an der Spree, und den Tobacksdoſen-Mahler gerichtlich zu belangen, bezeigen. Ich will Euch daruͤber Rechenſchaft ge - ben, und hoffe, ihr werdet meine eigenthuͤmliche Anſicht von dergleichen Dingen, wenn nicht billi - gen, doch wenigſtens wohlwollend dulden. So weit ich theils aus Hoͤrenſagen, theils aus den Protocollen der Großen Loge Royale York weiß, ſo ſollen in dem Beobachter an der Spree, bald meine Logen -, bald meine privat - und haͤusli - chen Verhaͤltniſſe ſymboliſch angegriffen wor - den ſeyn. In Anſehung meiner Logen-Ver - haͤltniſſe iſt es gewiß, daß, im Falle der Beo - bachter an der Spree uͤberall ehren oder entehren koͤnnte, ſeine Angriffe lediglich der Loge R. Y. nicht mir zur Schande gereichen muͤßten; denn alles, was durch ſechs Jahre bei gedachter Loge geſchehen iſt, und von dem Beobachter ſymboliſch verlaͤſtert wird, iſt durchaus in geſetzlicher Form, collegialiſch, und durch die Mehrheit der Stimmen geſchehen, wie es die Protocollbuͤcher ausweiſen. Die ſymboliſchen Angriffe auf meine privat und haͤuslichen Verhaͤltniſſe muͤſſen ſchon an und fuͤr ſich den Abſcheu aller meiner Mitbuͤr - ger erwecken; erſtens: weil gewiß jeder von ihnen fordert, daß ſein eigenes privat - und haͤusliches Verhaͤltniß von jedermann, ſelbſt von der Regie - rung unangetaſtet bleibe; zweitens: weil jeder von121 ihnen, ſo wenig als ich, gegen das hodie mihi cras tibi ſicher iſt, ſobald der Beobachter bei ihm eben ſo viel oder noch mehr als bei mir zu ver - dienen hoffen kann. Wozu ſollte alſo eine gericht - liche Belangung des ſo vaͤterlich fuͤr das Beduͤrf - niß des Poͤbels aller Staͤnde ſorgenden Beobach - ters an der Spree fuͤhren? Meine Ehre zu retten. Vor wem? vor dem Publicum? das Publicum beſteht aus Volk und aus Poͤbel; das Volk, aus meinen Freunden, aus meinen Feinden und aus Menſchen die mich nicht kennen. Das waͤren mir aber ſaubere Freunde, bei denen ich die Ehre meiner Perſoͤn - lichkeit und meiner haͤuslichen Verhaͤltniſſe erſt durch einen Richterſpruch gegen den Beobachter an der Spree retten muͤßte. Meine Feinde ſind entweder noch ſelbſtſtaͤndig genug, um ſich durch Beobachter, Berliniſche Blaͤtter, Taſchenbuͤcher und Tobaksdoſen-Gemaͤhlde zu keinem Urtheile uͤber meine Perſoͤnlichkeit und haͤuslichen Verhaͤltniſſe beſtimmen zu laſſen; oder wenn ſie dieſer Dinge als eines hoͤchſtnoͤthigen Surrogats ihres ſchwachen Verſtandes beduͤrften, wuͤrde ſie kein richterlicher Ausſpruch von ihrem Glauben an die ihnen ſo hei - ligen Blaͤtter abtruͤnnig machen. Bei Menſchen, die mich nicht kennen, haben meine Perſoͤn - lichkeit und meine haͤuslichen Verhaͤltniſſe uͤberall noch keine Ehre begruͤnden koͤnnen. Ein publicir - ter richterlicher Ausſpruch wuͤrde nicht hinreichen, um ihnen mich und meine haͤuslichen Verhaͤltniſſe bekannt zu machen: immer muͤßten ſie noch, ent -122 weder ſich alles Urtheilens uͤber mich enthalten, oder wenn ſie urtheilen wollten, nach Beſchaf - fenheit ihres eigenen innern Gehaltes, entweder mich ſelbſt kennen zu lernen ſuchen, oder den Beobachter an der Spree mit ſeinen Traban - ten, den Berliniſchen Blaͤttern und Tobaksdoſen - Gemaͤhlden, als ihr angemeſſenes Orakel zu Rathe ziehen; im erſtern Falle waͤre ihnen ein richter - liches Erkenntniß uͤber mich ganz uͤberfluͤſſig, im letztern viel zu geringwichtig. Vor dem Publi - cum aber, in ſo weit es aus Poͤbel aller Staͤnde beſteht, iſt uͤberall keine Ehre fuͤr mich zu gewin - nen oder zu verlieren, ich habe daher auch durch einen richterlichen Ausſpruch keine zu retten.

Aber es waͤre doch gut, ſo meiner ihr, mir lieben und theuern Freunde der Wahrheit und Gerechtigkeit, wenn Du gegen den Beobach - ter an der Spree und Tobaksdoſen-Mahler den Weg Rechtens ergriffeſt, damit die Regierung, durch mehrere dergleichen Faͤlle aufmerkſam ge - macht, endlich bewogen wuͤrde, dem Mißbrauche der Publicitaͤt und Preß-Freiheit zu ſteuern.

Eure Hand auf Euer Herz, Freunde; und nun eine wahrhafte Antwort auf die Frage, ob nicht mehr Eure Furcht vor dem hodie mihi cras tibi, als Euer Gemeinſinn die Quelle dieſer Meinung iſt, der ich nach meiner ganzen Individualitaͤt un - moͤglich beitreten kann. Ganz offen will ich Euch hieruͤber mein Innerſtes aufdecken.

Leſet in dem Maureriſchen Taſchenbuch von X. Y. Z. Seite 120. da heißt es von mir, Aber123 mit der Kapuze zogſt Du noch nicht alle Spuren ehmahligen Moͤnchthums aus. Und bei Gott, Freunde, das iſt ein ſehr wahres Wort. In An - ſehung vieler Dinge iſt die Form meines Geiſtes geblieben, wie ſie ſich in meinem eilfjaͤhrigen Klo - ſterleben entwickelt und gebildet hat. Daher kommt es, daß ich jetzt eine eben ſo heilige und unbedingte Ehrfurcht gegen den Staat und alle ſeine Einrich - tungen hege, wie ich ſie in den ſchoͤnen Jahren meiner Gottſeligkeit nur immer gegen den Orden und ſeine Einrichtungen hegen konnte. Damahls haͤtte ich geglaubt, herabzuſinken zur Nichtswuͤr - digkeit eitler, ſtolzer Weltkinder, wenn ich mir er - laubt haͤtte, bei irgend einer kloͤſterlichen Einrich - tung oder Anordnung, die heiligen und erhabnen Abſichten des Ordens auszuforſchen, oder ihnen Hinderniſſe in den Weg zu legen. Der Guardian, glaubte ich, muß wiſſen, was den Zweck und die Abſichten des heiligen Ordens foͤrdern kann; Dir ziemt nur das Gehorchen und das Dulden. Eben ſo denke und fuͤhle ich heute in Beziehung auf den Staat und ſeine Einrichtungen. Es darf nichts ohne koͤnigliche Cenſur gedruckt werden; und der Beobachter an der Spree, die Berlini - ſchen Blaͤtter, und das Maureriſche Taſchenbuch von X. Y. Z. ſind wirklich mit Koͤniglicher Cen - ſur gedruckt worden. Die Cenſur iſt eine Einrich - tung des Staates, und die Cenſoren muͤſſen wiſſen, in wiefern ſymboliſche Angriffe auf die Perſonen und haͤuslichen Verhaͤltniſſe der im Staate friedlich lebenden Buͤrger den weiſen Ab -124 ſichten des Staates foͤrderlich oder hinderlich ſeyn koͤnnen; denn es iſt nicht zu vermuthen, ja es iſt gar nicht denkbar, daß irgend ein Cenſor etwas zum Druck wuͤrde paſſiren laſſen, was nach den Landesgeſetzen zu drucken verboten waͤre. Dem ſymboliſch angegriffenen, friedlichen Buͤrger bleibt nichts uͤbrig, als zu dulden und zu ſchwei - gen. Denn was ſollte er thun? Gerichtlich klagen? Gegen wen? Gegen den Verfaſſer und Buch - drucker dieſe berufen ſich auf das Imprimatur des Cenſors. Alſo gegen den Cenſor? Dieſer beruft ſich auf die Geſetze, die ihn in dem ſtreiti - gen Falle nicht verpflichten, das Imprimatur zu verſagen. Alſo gegen mangelhafte Geſetze? Wo iſt der Richterſtuhl der dieſe Klage, ohne einen Eingriff in die ganze buͤrgerliche Ordnung zuzu - laſſen, annehmen duͤrfte? Es bleibt nichts uͤbrig, als der Glaube, daß der Cenſor wiſſen muͤſſe, was er den Geſetzen gemaͤß zur Foͤrderung der dem buͤrgerlichen Individuo verborgenen Abſichten des Staates zu thun oder zu laſſen habe, und daß das, was er thut, recht und gut ſey.

Geſetzt aber, das Individuum erlaubte ſich, bloß theoretiſch, und ſo zu ſeiner eigenen Uebung im Denken, bei dieſer oder jener Erſcheinung, der hoͤhern Abſicht des Staates nachzuſinnen, und waͤhlte gerade die gegenwaͤrtig herrſchende Preß - freiheit dazu, auf welche Reſultate wuͤrde es ge - rathen? Der Staat und zwar nur Er, nicht der Buͤrger, muß wiſſen auf welchen Grad der Cultur, als Bedingung der allgemeinen Wohlfahrt, er ſeine125 Buͤrger erheben wolle. Wenn nun ein gegebener Staat auch fuͤr ſeine Buͤrger am zutraͤglichſten faͤnde, was in England ſchon alte Sitte iſt, zum Beiſpiel, daß man ſich in Flugblaͤttern und Cari - catur-Gemaͤhlden uͤber Hof, Miniſterium, Ober - und Unterhaus, Kuͤnſtler, Gelehrte, Kaufleute, Fabrikanten und Bettler mit gleicher Freiheit ſymboliſch luſtig machte; wenn er noch um einen Schritt weiter ginge, und dergleichen ſymboliſche Spaͤße auch uͤber die haͤuslichen Verhaͤltniſſe der Einzelnen, Hohen und Niedrigen duldete, entweder, um durch die hiermit allgemein zu erregende In - dignation, der Publicitaͤt allen Stachel zu beneh - men; oder um das Skribler-Gewerbe durch ſich ſelbſt recht veraͤchtlich zu machen, und dadurch mehrere fleißige Haͤnde fuͤr die oͤffentlichen Ge - ſchaͤfte und nuͤtzlichen Gewerke zu gewinnen; oder um die Buͤrger zu gewoͤhnen, ihre Mitbuͤrger nicht nach dem, was uͤber Sie geſchrieben, geſun - gen, gemahlt oder geſtochen wird, ſondern lediglich nach ihren durch Thaten bekannt gewordenen per - ſoͤnlichen Eigenſchaften und durch ihren thaͤtigen Antheil an den oͤffentlichen Geſchaͤften zu beurthei - len, zu wuͤrdigen und zu achten; oder um alle zufaͤlligen, wirklichen, conventionellen, oder einge - bildeten Groͤßen und Hoͤhen klein und eben zu machen: geſetzt das Eine oder das Andere, oder auch alles zuſammen waͤre die Abſicht des Staa - tes, welcher gemaͤß die Cenſoren paſſieren ließen, was den ſymboliſch angegriffenen Individuen bisweilen nicht behagen will; waͤre dieſe Abſicht126 nicht weiſe? Oder waͤre das angegriffene Indivi - duum nicht ein engherziges Kind, welches zur Hin - derung dieſer Abſicht gegen ſymboliſche Angriffe auf ſeine perſoͤnlichen und haͤuslichen Verhaͤltniſſe den Weg Rechtens ergreifen wollte?

Nein, Freunde der Wahrheit und der Gerech - tigkeit, bei dieſer meiner Anſicht der Dinge bringt ihr mich zu einer gerichtlichen Klage gegen den Beobachter an der Spree ꝛc. auch ſchon darum nicht, weil ich ihn doch vorher leſen, das heißt mich mit ihm gemein und familiaͤr machen muͤßte, was meinem Gemuͤthe durchaus zuwider iſt. Laſſet immerhin geſchehen was geſchieht! Heute mir, morgen Dir, uͤbermorgen uns allen! damit keiner mehr Urſache habe, ſich fuͤr ſchlechter zu halten als den Andern, der geſtern oder vorgeſtern an der ehrenvollen Reihe geweſen iſt.

Feßler.

[127]

III. Geſchichte der Maurerei.

  • 1) Alte Geſchichte.
  • 2) Geſchichte des achtzehnten Jahrhunderts.
  • 3) Neueſte Geſchichte.
[128][129]

1. Zuſaͤtze zu der im erſten Baͤndchen der Eleuſinien gelieferten Alten Geſchichte.

287.

Dieſe Zahl addirt giebt dieſelbe Summe wie 1646. (nehmlich 17) und die ganze Nachricht be - deutet: unter Carl I. entſtand im Jahr 1646. die Frei-Maurerei.

ſ. die Schottiſche Maurerei II. Th.

287.

Da zu dieſer Zeit gerade Diocletian regierte, ſo errichteten die Chriſten in ihrer ungluͤcklichen Lage, eine heimliche Zunft und die, weit aͤltere Frei-Maurerei nahm einen andern Zweck an.

ſ. Frei-Maurer Bibl. VI. St. S. 20. f.

Zweites Baͤndch. J130

287.

Der heil. Amphibalus, der als der Lehrer St. Albans genannt wird, moͤchte wohl eher fuͤr ſeinen Mantel zu halten ſeyn; auch iſt es unwahrſcheinlich, daß St. Alban in einem ſo barbariſchen Zeitalter und in Zeiten der Verfol - gung, Oberaufſeher uͤber einige Gebaͤude habe ſeyn ſollen.

Plotts Natural History cet. §. 87. ſ. Briefe, die Frei-Maurerei betreffend dritte S. p. 50. vergleiche l. c. S. 62.

710.

Carl Martel, ſchickte auf Verlangen Ken - reds, Koͤnigs von Mercia, erfahrne Maurer aus Frankreich nach England, damit ſie die Angelſach - ſen in den Geſetzen und Gebraͤuchen der alten Bruͤderſchaft, welche vor der Gothiſchen Zerſtoͤrung bewahrt worden, unterrichten moͤchten.

Conſtit. Buch, Frankf. 1762. S. 176.

924.

Unter K. Athelſtan, ſind die alten Acten der Bruͤderſchaft in England, in den Kriegen mit den Daͤnen, groͤßtentheils, zugleich mit den Kloͤſtern, in denen ſie aufgehoben wurden, vernichtet worden. Die Maurer aber, die Athelſtan aus Frankreich u. a. a. O. berief, brachten die Pflichten und Einrichtun - gen der auslaͤndiſchen LL. mit, und in der großen131 Loge zu York, 926, wurden viel alte Schriften und Nachrichten von der Zunft, in griechiſcher, lateiniſcher und franzoͤſiſcher Sprache zuſammen - gebracht, aus denen die Konſtitutionen der engli - ſchen LL. entworfen, und zum Geſetz gemacht wurden.

ſ. Conſtit. Buch S. 178 und 179. vergl. Briefe die Frei-Maurerei betreffend l. c. S. 65 f.

924.

Koͤnig Athelſtan iſt niemals verheurathet geweſen, hatte auch nie eine natuͤrliche Nachkom - menſchaft, alſo auch keinen rechtmaͤßigen Sohn, Edwyn genannt. Zwar hatte er einen Bruder dieſes Namens, den er aber in ſeiner Jugend aus Eiferſucht auf dem Meere umkommen ließ. Es iſt daher ganz unwahrſcheinlich, daß dieſer die Ge - braͤuche der Frei-Maurer erlernt, ihnen einen Freiheits-Brief ausgewirkt, oder ſie nach York zuſammenberufen habe.

Plotts Natural history cet. §. 87. Briefe die Frei-Maurerei betreffend, dritte S. S. 51. 52. vergl. S. 63.

926.

Die erſte L. des St. Alban, hatte bis auf die Regierung des Koͤnigs Athelſtan Beſtand, der auf Fuͤrbitte ſeines Bruders Edwin (der nie gelebt hat) im Jahr 926. den Frei-Maurern ein offnes Privilegium ertheilt. Dies heißt: der Herzog von York errichtet mit Erlaubniß ſeinesJ 2132Bruders Carl II. das erſte Collegium der Je - ſuiten zu London im Jahr 162. (denn beide Zah - len, addirt, geben 17.)

ſ. die ſchott. Maurerei Th. II.

1040.

Macbeth, Malcolms Enkel, K. in Schott - land, ſuchte die Maurerkunſt empor zu bringen, eben ſo Malcolm III.

Conſtit. Buch S. 207.

1066.

Außer dem Tower, wurden unter Wilhelms Regierung, und zwar unter der Oberaufſicht Gun - dulphs, Rogers, des Grafen von Schrews - bury, Arundel u. a. viele feſte Schloͤſſer und Kirchen erbaut. Auch berief der Koͤnig viel er - fahrne Maurer aus Frankreich.

Conſtit. Buch S. 184.

1100.

Heinrich I. baute den Pallaſt zu Woodſtock und einen kleineren zu Oxford, nebſt 14 Kirchen. Unter ſeiner Regierung wurden noch 100 Kirchen gebaut.

Conſtit. Buch S. 185.

1115.

Nach einem Manuſcript der R. C. mit dem Ort: Koͤlln am Rhein und der Deviſe: Non omnis mo -133 riar, wird in dieſem Jahre der magiſche Bund errichtet, der, jedoch unter Abaͤnderungen, bis 117. dauert.

Der Roſenkreuzer in ſeiner Bloͤße ꝛc. von M. Pianco, Amſterdam 1781. S. 56.

1118.

entſtanden die Tempelherren, mit denen ſich die magiſchen Bruͤder verbanden, und ihnen ihre Grundſaͤtze und Geheimniſſe mittheilten. Die T. H. ſtuͤrzten aber in der Folge aus Politik den magiſchen Bund. l. c.

1124.

David I. in Schottland war Groß-Meiſter der Frei-Maurer.

Conſtit. Buch S. 208.

1128.

Der Pabſt beſtaͤttigte auf Betrieb des heiligen Bernhards auf dem Concilium zu Troyes den Orden der T. H. und das Concilium gab jenem, einer Ciſterzienſer-Tradition zu Folge, den Auf - trag, die Regel des O. auszuarbeiten, welche nach - her Paͤbſtliche Sanktion erhalten, und das Geſetz - buch der Tempelbruͤder werden ſollte.

D. Muͤnters Statutenbuch des O. der T. H. I. S. 3.

134

1140.

In den Kriegen zwiſchen Stephan und Ma - thildis wurden an 1100 Schloͤſſer, 4 Abteien, 2 Nonnenkloͤſter, und an 90 Kirchen gebaut.

Conſtit. Buch S. 186.

1165.

Wilhelm der Loͤwe in Schottland war ein vortrefflicher Groß-Meiſter durch den Beiſtand des Adels und der Geiſtlichen.

Conſtit. Buch S. 209.

1168.

Die Maurer-Zunft ward in Irrland nach Verjagung der Daͤnen, beſonders unter Roderic O Connor, den letzten Koͤnig uͤber ganz Irrland, fleißig gebraucht; der in dem genannten Jahre das Kaſtell Tuam wieder aufbauen ließ. Die Gothi - ſche Bauart iſt uͤbrigens hier vom heil. Patrik eingefuͤhrt worden.

Conſtit. Buch S. 218.

1172.

Pabſt Alexander III. in der Bulle Omne datum optimum gab den T. H. zuerſt Ordens - Prieſter.

D. Muͤnter l. c. S. 7.

135

1196.

Nachdem ums Jahr 1188. ganz Palaͤſtina verloren gegangen, und alle oͤffentliche Chriſten, die nicht durchs Schwerdt umgekommen, daraus vertrieben worden, ſo haben ſich die frommen Bruͤ - der (nehmlich die Ormuſen oder Hermetiſche Ge - heimnißbewahrer) zu fernerer Erbauung des Rei - ches Chriſti in die Welt ausgebreitet, wovon auch drei nach Schottland gekommen, welche, um in geheim nach ihrer Hauptregel: Gott zu gefal - len, und dem Naͤchſten zu dienen, zu dem Ende auch noch mehr wuͤrdige und taugliche Maͤnner zu entdecken, und dieſen ihre hoͤheren Wiſſenſchaf - ten mit der Zeit rechtlich ertheilen zu koͤnnen, den Orden der Bauleute von Oſten, als eine hiezu dienliche Pflanz - oder Pruͤfungsſchule allda errichtet und eingefuͤhret. Dies Inſtitut hat ſchon zu Richards I. und Arthurs Zeiten ums J. Ch. 1196. exiſtirt. (vid. 1270.)

1210.

Heinrich Launders, Erzbiſchof zu Dublin, Groß-Meiſter in Irrland, baute das Caſtell zu Dublin.

Conſtit. Buch S. 220.

1230.

Hugo von Lacy, Graf von Ulſter, Groß - Meiſter oder Patron der Baukunſt in Irrland.

l. c.

136

1270 circa.

Nachdem Eduard I., Heinrichs III. Sohn (dieſen hat Raymundus Lullius, der 1235. gebohren, und 1315. als Maͤrtyrer geſtorben iſt, als Roſenkreuzer recipirt) in den Ordens-Ge. heimniſſen weiter gefuͤhrt worden, ſo wurde das Inſtitut der Bauleute von Oſten noch mehr ver - heelet, und ſolches nur wenigen Gliedern aus den Haͤuſern York und Lancaster (welche eine rothe und weiße Roſe im Wappen fuͤhrten, woher auch der Name der Roſenkreuzer glaublicher, als von Chriſtian Roſenkreuz entſtanden iſt) anver - trauet, welches endlich waͤhrend der Kindheit Hein - richs VI. und den ſich unter ſeiner Regierung ereigneten Unruhen, bis zu Cromwells neuer Erfindung in gaͤnzliche Vergeſſenheit gekommen iſt. (v. unten J. 1649.)

1272 circa.

Als die Architekten durch die Kriegsbeſchwer - den und Schlachten auf eine geringe Zahl zuſam - mengeſchmolzen waren, entſchloſſen ſie ſich faſt ins - geſammt, nach Europa uͤberzugehen, um neue Eta - bliſſements daſelbſt zu errichten. Viele kamen mit dem Prinzen Eduard, Heinrichs III. Sohne, nach England, und wurden bald darauf vom Lord Stuart nach Schottland berufen. Ihre Inſtalla - tion in dieſem Koͤnigreiche faͤllt (nach maureriſcher Rechnung), nach uͤbereinſtimmenden Zeugniſſen, ins Jahr 2307. Man bewilligte ihnen liegende Gruͤnde,137 und das beſondre Privilegium, die alten hergebrachten, Gebraͤuche ihrer Bruͤderſchaft beizubehalten, unter der ganz natuͤrlichen Bedingung, ſich uͤbrigens dem buͤrgerlichen Leben und den Landesgeſetzen gemaͤß zu betragen. Nach und nach erhielten ſie den Schutz der Koͤnige von Schweden, von England, von Irrland und von Schottland. In Schweden unter dem Koͤnige Ingo um das Jahr 1125. In England unter Richard Loͤwenherz, um das Jahr 1190. und unter Heinrich III. um das Jahr 1270. In Irrland unter Heinrich II., dem Vater Richards, im Jahr 1180. und end - lich in Schottland unter Alexander III., der mit Ludwig dem Heiligen zu gleicher Zeitlebte. Auf alles dieſes folgt die Geſchichte Johanns ohne Land und ein Theil der Geſchichte des Beicht - vaters, von Wilhelm dem Eroberer, welche ziem - lich mit einander verwebt ſind, und in Anſehung des ſchw. Mſtrzimmers viel Licht geben.

Aus der Geſchichts-Beſchreibung des Gr. Viermal ehrw. Schott. R. Mſtr. vom heil. Andreas von Schottl. v. flam - mender Stern S. 52. f. 1. Th.

1277 cet.

(nach andern von 1275 bis 1439.)

Anfang des Thurmbaues zu Straßburg, durch den Architekten Ervin von Steinbach. Dieſer ungeheure Bau verbreitete den Ruf der Straß - burger Maurer. Der Herzog von Mailand ſchrieb138 1479. an den Magiſtrat dieſer Stadt, und bat ihn um einen geſchickten Baumeiſter fuͤr die praͤchtige Kirche, die er in ſeiner Hauptſtadt errichten laſſen wollte. Wien, Koͤlln, Zuͤrich, Freiburg ließen Thuͤrme erbauen, nach Art des Straßburgers, der erſt im Junius 1439. vollendet wurde, aber ſie glichen ihm weder an Hoͤhe noch Schoͤnheit. Die Maurer dieſer verſchiedenen Bauſtaͤtte und ihre Lehrlinge, die ſich durch ganz Deutſchlannd ver - breiteten, ſtifteten, um ſich von dem gemeinen Mau - rervolke zu unterſcheiden, Geſellſchaften und Cor - porationen, denen ſie den Namen Huͤtten (Logen) gaben: aber ſie erkannten den Vorzug der Huͤtte zu Straßburg, und gaben ihr den Namen der Haupthuͤtte oder großen Loge, wie das Archiv der Maurer-Zunft daſelbſt ausweiſet. (v. unten 1459.)

1285.

ward die Abtei Weſt-Muͤnſter eingeweiht, nach - dem 65 Jahre uͤber dem Bau verfloſſen waren. Sie brannte 1299. ab; der Pallaſt neben ihr ward wieder aufgebaut.

Conſtit. Buch S. 188.

1292.

Rogerius Baco ſtirbt zu Oxford.

1300.

Anfang der Verlaͤumdungen und Verfolgungen gegen die T. H., welche 1306. ausbrachen.

139

1307.

Den 4. Dec. empfahl Eduard II. den Koͤni - gen von Portugall, Caſtilien, Sicilien, und Arra - gonien und den 10. Dec. dem Pabſte ſelbſt den T. H. O. und nahm ihn gegen die ausgeſtreuten Verlaͤumdungen in Schutz. Den 15. Dec. aber ertheilte er den Befehl, die T. Ritter in England alle an einem Tage gefangen zu nehmen.

Briefe die Frei-Maurerei betreffend. Nuͤrn - berg 1783. erſte Samml. S. 112. 113. 117.

1308. Den 7. Januar.

wurden alle T. H. in England gefangen geſetzt.

l. c. S. 120. etc.

eod. Den 12. Auguſt.

Bulle des Pabſts, wodurch ein allgemeines Concilium den 1. October zu Vienne, in Sachen des T. O. ausgeſchrieben wird.

1309.

Am Ende dieſes Jahres laͤßt Philipp der Schoͤne, ehe die Unterſuchung zu Avignon geendigt war, etliche 80 Tempelherren zu Paris verbrennen. Erſt ein Jahr nachher ward die große Synode zu140 Vienne gehalten, worauf eigentlich unterſucht und das paͤbſtliche Urtheil gefaͤllt werden ſollte.

Frei-Maurer Bibl. III. S. 137. (von S. 114.: Etwas uͤber den T. H. O.)

1310.

Provincial-Concilien zu Paris und Senlis, auf deren erſterem 59 T. Ritter, auf dem andern 9, verbrannt wurden.

1311.

Vertilgung des O. der T. H. Die Haupt - wiſſenſchaft der Magi verlor ſich. Von Zeit zu Zeit theilte ſich noch jemand ſeinen vertrauteſten Freunden mit. Eine kleine Anzahl entflohener T. H. richtete ein geheimes aber feſtes Freund - ſchaftsband unter ſich auf, und entwarf ſich gewiſſe Geſetze. Bald hießen ſie die Kreuzgeſellſchaft, bald die Noachiten, und in juͤngeren Zeiten Frei - Maurer.

v. der R. C. in ſeiner Bloͤße ꝛc. S. 65. ꝛc.

1312. Den 22. May

wird in einem geheimen Conſiſtorio, bloß aus paͤbſtlicher Macht und Vollkommenheit, nicht nach ordentlichem Prozeß der T. H. O. aufgeho - ben, und ſeine Guͤter dem Johanniter-Orden zu - getheilt. Der Groß-Meiſter Molay nebſt 3141 der vornehmſten O. Beamten wird zu Paris auf Befehl des Koͤnigs verbrannt.

v. Frei-Maurer Bibl. l. c. S. 138 f. Ueber das Schickſal des O. in England, Spanien, Deutſchland ꝛc. ſ. ebendaſ. S. 141. ꝛc.

1314 oder 16.

in dieſen Jahren iſt, nach dem Syſtem der ſtrik - ten Obſ., der Maurer-Orden in Schottland ent - ſtanden.

Stark Krypto-Kathol. II. S. 334.

1315.

Um dieſe Zeit lebte in Irrland die Maurerei nicht allein dort auf, wo ſich die Englaͤnder nie - dergelaſſen hatten, ſondern auch im noͤrdlichen Theile, wohin die Schotten die gute Gothiſche Maurerei gebracht hatten.

Conſtit. Buch S. 221.

1320.

Da der K. Robert I. von Schottland, nach den innerlichen Kriegen, ſeinen Thron befeſtigt hatte, bediente er ſich der Kunſt, um die Kaſtelle, Pallaͤſte und Kirchen wiederherzuſtellen; ſo auch der Adel und die Geiſtlichkeit.

Conſtit. Buch S. 210.

142

1330.

Dies Jahr giebt der Verfaſſer der neueſten Entdeckung der hohen Stufen der Frei-Maurerei. Jeruſalem 1768. als das Stiftungsjahr des Frei - Maurer O. an; wogegen aber der Verfaſſer der freien Bemerkungen uͤber die politiſche Verfaſſung des O. der Frei-Maurer (Leipz. 1787.) behauptet, daß er ſich ſchon einige Jahrhunderte vorher in Frankreich finde.

1350.

Unter Eduard III. erbaut Johann von Spouler, Meiſter der Giblim genannt, die St. Georgen Kapelle, wo der Koͤnig in dieſem Jahre den Orden des Hoſenbandes ſtiftet.

Conſtit. Buch S. 189.

1358.

Vergl. daruͤber den Auszug aus einer alten Urkunde, im Conſtit. Buch S. 190.

1370.

Robert II. K. von Schottland uͤbergab der hohen Geiſtlichkeit die Sorge fuͤr die Maurerei, die denn auch viel ſchoͤne geiſtliche Gebaͤude auffuͤhrte.

Conſtit. Buch S. 211.

1375.

Heinrich Hevele, der in den alten Urkun - den zuerſt des Koͤnigs Frei-Maurer heißt,143 erbaut die Koͤnigs-Halle zu Cambridge, das Schloß Queenborough, die St. Stephans Kapelle ꝛc.

Conſtit. Buch S. 189.

1378.

war Chriſtian Roſenkreuz in einer adelichen deutſchen Familie gebohren und ſtarb 1484. in ſeinem 106. Jahr. Seine Reiſen machte er nach Cypern, Palaͤſtina, Damascus und Damcar in Arabien.

ſ. Ueber Jeſuiten, Frei-Maurer und deutſche R. C. von J. A. Maier, Leipz. 1781. S. 103.

1382 ꝛc.

Urkunden, welche darthun ſollen, daß die Frei - Maurerei ſchon unter der Regierung Kaiſer Wen - zels, im 14. Jahrhunderte, in Boͤhmen gebluͤht, und der Geiſt der Wohlthaͤtigkeit dieſe Frateria oder Fratria, Freria (Bruͤderſchaft) beſeelt habe; abgedruckt hinter einer von der L. zur Wahrheit und Einigkeit in Prag, bei der Feier ihres erſten Jahrstages herausgegebenen Rede, und in dem Journal fuͤr Frei-Maurer II. 1. S. 155 175.

1385.

Unter der Regierung Edwins wurde die Er - bauung des zweiten Tempels vorbereitet. Dieſe Zahl giebt den numeraͤren Werth von 17., eben144 ſo 1718 und die Nachricht bedeutet: 1718. nah - men die Englaͤnder eine große Reform in der Frei - Maurerei vor, zugleich wurden die Jeſuiten aus England durch eine Parlamentsacte vertrieben.

ſ. die ſchott. Maurerei II. Th.

1394 ꝛc.

Nach der Schrift: Kurzgefaßte Geſchichte der Roſenkreuzer oder etwas von ihrem Ordensſtifter, Alterthum, Veraͤnderung, Stillſtand, Fortgang, Ceremonien und Beſchaͤftigungen, aus aͤchten Urkun - den, herausgegeben von einem wahren Frei-Mau - rer 1784. 2 B. iſt die Geſchichte der R. C. fol - gende: 1394 reiſte Chriſtian Roſenkreuz, ein Moͤnch, zu den arabiſchen Maͤgis, weil er auf einer Reiſe nach Damascus in Spanien (Syrien) ſo viel Wun - derbares von ihnen gehoͤrt hatte, und erhielt von ihnen das Weltbuch. In der Folge gieng er nach Fetz, wo er andre Magos und Kabbaliſten kennen lernte, deren Kunſt er reinigte und ver - beſſerte. Hierauf ſtiftete er im Jahr 1398. in Europa eine Geſellſchaft, wie die in Arabien, nahm 12 BB. auf und blieb 86 Jahre ihr Praͤſes. An - fangs war dies ein Moͤnchs-Orden, nach der Zeit nannten ſie ſich Equites aurei Lapidis, nachher aber Fratres roseae Crucis. Nach des P. Ro - ſenkreuz Tode, ward die Geſellſchaft zerſtreut und 100 Jahre hindurch ganz vergeſſen. Im Jahre 1604. erſchien ſie auf einmal wieder. Sie gab vor, ein von dem verſtorbenen R. im Grabe mitGold145Gold auf Pergament geſchriebenes Buͤchlein ent - deckt zu haben. (cf. unten J. 1473.) Sie fuͤhrte neue Geſetze ein, entlehnte viel aus Paracelſus und Crollius, und ſuchte ſich auf alle moͤgliche Art zu vergroͤßern. Die letzten Spuren der Geſellſchaft findet der Verfaſſer im Jahr 1714. Nach ihm iſt niemand ein wahrer R. K., der ſich jetzt nicht eines 103 jaͤhrigen Alters ruͤhmen koͤnne. Auch ſollen ſie die hermetiſche Kunſt beſeſſen und die Manuſcripte dazu von den Tempelherrn erhalten haben.

1411.

Heinrich Wardlaw, Biſchof zu St. An - drews, Groß-Meiſter der Frei-Maurer in Schott - land, ſtiftete dort die Univerſitaͤt.

Conſtit. Buch S. 211.

1424.

Jacob I. von Schottland war ein Beſchuͤtzer der Logen, welche er als koͤniglicher Groß-Meiſter mit ſeiner Gegenwart beehrte. Er verordnete ein jaͤhrliches Einkommen von 4 Pf. Schottiſch, die jeder Maurer-Meiſter in Schottland an einen Groß-Meiſter einrichten mußte, der von der Großen Loge erwaͤhlt und vom Koͤnige gebilligt worden, und entweder vom Adel oder der hohen Geiſtlich - keit war. Er ſollte ſeine Deputirten in den Staͤd - ten und Grafſchaften haben. Jeder neue Br. mußte ihm bei ſeinem Eintritt etwas GewiſſesZweites Baͤndch. K146bezahlen. Sein Amt ertheilte ihm die Gewalt, in der Bruͤderſchaft dasjenige abzuthun, was nicht vor die Gerichtshoͤfe gehoͤrte. An ihn oder ſei - nen naͤchſten Deputirten, appellirten ſowohl Mau - rer als Bauherrn, um Prozeſſen zuvor zu kommen, nach der Tradition der Schottl. Maurer Conſtit. Buch S. 212.

ad 1425.

Unter Heinrich VI. ward folgendes Geſetz gegeben: da durch die jaͤhrlichen Verbindungen und Verſammlungen der Maurer bei ihren allgemeinen Zuſammenkuͤnften, der gute Fortgang und die Wir - kung der Handwerksſtatuten offenbar verletzt und gebrochen wuͤrden: ſo ſei das fernere Halten ihrer Kapiteln und Verſammlungen fuͤr ein Landesver - brechen (Felony) zu halten.

Nach Hume betraf uͤbrigens das Geſetz nur die Wort-Maurer. Allein ihre Verſammlungen fanden dennoch in folgenden Zeiten noch ferner ſtatt.

Vergl. Plotts Natural History cet. §. 88. Briefe, die Frei-Maurerei betreff. dritte S. S. 52. cet. Conſtit. Buch S. 193.

1429.

Unter Heinrichs VI. Minderjaͤhrigkeit wurde eine gute L. unter dem Groß-Meiſter Chichely147 zu Canterbury gehalten, wie aus Wilh. Mol - lart, Priors zu Canterbury, lateiniſchem Regiſter von 1429. erhellt, worinn Thomas Stapylton als Meiſter und Joh. Morris als Custos de la Lodge Latomorum, nebſt 15 Geſellen und 3 Lehrlingen namentlich aufgefuͤhrt werden.

Conſtit. Buch S. 195.

1434.

Nach einer Urkunde aus der Zeit Eduards VI. : Die Geſellſchaft der Maurer, ſ[e]〈…〉〈…〉[t]Frei - Maurer genannt, von alter Stiftung und gutem Anſehen, hat vermittelſt geſpraͤchiger und freund - licher Zuſammenkuͤnfte zu verſchiedenen malen und wie eine liebreiche Bruͤderſchaft zu thun pflegt, zur Zeit Heinrichs VI., im zwölften Jahr ſeiner Regierung (nehmlich A. D. 1434., da Heinrich 13 Jahr alt war) dieſe Verſammlungen fleißig angeſtellt.

Conſtit. Buch l. c.

1441.

Unter Jacob II. v. Schottland war Wilh. Sinclair Graf von Orkney und Caitneß Groß - Meiſter. Nach ihm Turnbull Biſchof von Glasgow, welcher daſelbſt die Univerſitaͤt ſtiftete.

Conſtit. Buch S. 213.

1443

ſtarb der Groß-Meiſter Chichely, der auch eine Loge zu Oxford gehalten hatte, wo er 2 CollegienK 2148aufbaute; worauf der Koͤnig den Biſchof von Wincheſter, Wilh. Wanefleet zum Groß - Meiſter beſtellte, um das Caton-Collegium bei Windſor und das Koͤnigs-Colleg. zu Cambridge an - zulegen. Außer 2 Collegien, die noch daſelbſt ge - baut wurden, legte Wanefleet auf ſeine eigne Koſten das Magdalenen-Colleg. zu Oxfort an.

Von Heinrich dem VI. wird uͤbrigens nur, nach einer Urkunde gemeldet, daß er die Pflichten und Geſetze der Frei-Maurer durchgeleſen und gebilligt auch erklaͤrt habe, daß ſie ſo zu beobach - ten waͤren, wie ſie aus den Nachrichten der alten Zeiten ausgezogen und geſammlet worden.

Conſtit. Buch S. 196 und 97.

1452.

Die Innung privilegirter Bildhauer und Bau - meiſter, die neben der großen Domkirche zu Straß - burg ihre Haupthuͤtte hatte, nahm in dieſem Jahre ihren Anfang, durch Veranſtaltung des Domarchitek - ten Jobſt Dotzinger von Worms.

Briefe die Frei-Maurerei betreff. S. 101.

1455.

Zu den 17 Jahren der einheimiſchen Kriege zwiſchen den koͤnigl. Haͤuſern von Lancaſter und York, oder der rothen und weißen Roſe, wurde die Maurerei ſehr hintenan geſetzt.

Conſtit. Buch. l. c.

149

1459.

Die Maurer formirten durch die verſchiedenen Corporationen, nur Eine Geſellſchaft durch ganz Deutſchland: aber ſie erhielt erſt 20 Jahr nach der Vollendung des Thurms zu Straßburg Feſtig - keit. Die verſchiedenen Meiſter der einzelnen Lo - gen verſammelten ſich zu Regensburg, wo ſie den 25. April 1459. eine Verbruͤderungsacte abſchloſſen, nach welcher ſie den Meiſter der Haupthuͤtte zu Straßburg und ſeine Nachfolger zu den einzigen und beſtaͤndigen Groß-Meiſtern der Bruͤderſchaft der befreiten Maurer in Deutſchland einſetzten, und jaͤhrlich Provinzial-Verſammlungen, auch zu - weilen General-Verſammlungen zu halten be - ſchloſſen, welches 1464. und 1469. geſchah. Kaiſer Maximilian beſtaͤttigte dieſe Einrichtung durch ſein Diplom, und befreite ſie, Straßburg den 3. October 1498.. Carl V., Ferdinand und ihre Nachfolger erneuerten das Privilegium. Die Geſellſchaft beſtand aus Meiſtern, Geſellen und Lehrlingen, und hatte ihre eigne Gerichtsbarkeit. Die Geſellſchaft zu Straßburg umfaßte alle uͤbri - gen in Deutſchland. Sie hielt ihr Gericht in der Loge und urtheilte ohne Appellation uͤber alle Rechtsſachen, die vor ſie gebracht wurden, nach den Regeln und Statuten der Bruͤderſchaft. (v. unten J. 1563.)

1460 ꝛc.

Jacob III. v. Schottland bediente ſich der Maurer-Zunft zu Auffuͤhrung ſchoͤner Werke. 150Groß-Meiſter waren Robert Cockeran und ſodann bis 1480. Alexander, Lord Forbes.

Conſtit. Buch S. 213.

1471.

Eduard IV. brauchte den Groß-Meiſter R. Beauchamp, die koͤnigl. Schloͤſſer und Pallaͤſte nach den Kriegen auszubeſſern und das Schloß nebſt der Kapelle zu Windſor praͤchtiger herzu - ſtellen, wofuͤr ihn der Koͤnig zum Kanzler des Ordens vom Hoſenbande ernannte.

Conſtit. Buch l. c.

1473.

Soll der Stifter der R. C. Chriſtian Roſen - kreuz, ein Moͤnch, geboren worden ſeyn; er ſoll Reiſen nach Cypern, Palaͤſtina, Syrien, Arabien und Fetz gemacht haben. Nachdem er im 106ten Jahre ſeines Alters geſtorben war, ſoll ſeine Kunſt ganz unbekannt geworden ſeyn, bis endlich auf ein - mal ſein Grab entdeckt und in ihm ein Schatz von Handſchriften und dergleichen gefunden wurde. Auf einer Tafel fand ſich die Nachricht, der O. habe 120 Jahre ruhen ſollen, wodurch man viel - leicht eine ſpaͤtere Geſellſchaft an eine aͤltere an - knuͤpfen wollte.

cf. Ueber Jeſuiten, F. M. deutſche Ro - ſenkreuzer von J. Maier, Leipzig 82.

151

1490.

Unter Heinrich VII. ward in England die Gothiſche Bauart zur hoͤchſten Vollkommenheit ge - bracht, indeß ſie in Italien durch die Wiederher - ſteller des Auguſtiſchen Styls abgeſchaft worden war.

Conſtit. Buch S. 199.

1494

ſtiftete Jacob IV., durch den Groß-Meiſter Will. Elphinſton, Biſchof zu Aberdeen die Univerſitaͤt daſelbſt.

Conſtit. Buch S. 214.

1500 circa.

Themis aurea, d. i. von den Geſetzen und Ordnungen der loͤblichen Fraternitaͤt R. C. des Roſenkreuzes durch Mich. Maierum, Imp. Conſ. Com. Eq. Ex. der Philoſophie und Medicin D. (Deutſch Frankf. a. M. 1618.)

v. der R. C. in ſr. Bl. S. 97 f.

1502.

Der Koͤnig als Groß-Meiſter erwaͤhlte zu ſeinem Vorſteher in England den Abt von Weſt - muͤnſter Joh. Islip, und Reginald Bray, Ritter des Hoſenbandes, durch den er viele große Gebaͤude auffuͤhrte. Das Baufeſt der Weſt - muͤnſter-Kapelle ward 1507. gefeiert.

Conſtit. Buch S. 200.

152

1510.

Wiederhebung der Geheimniſſe der alten Wei - ſen (Magi, dann der goldne Bund genannt, wo - rinn nur Meiſter vom Scheine des Lichts aufge - nommen wurden; alles noch vor 1311.) und my - ſtiſche Entſtehung der goldnen R. C. Die Bruͤ - der des goldnen Bundes nehmlich, ſtudirten die 72 Buͤcher der Bibel, zogen die Schriften ihrer Magen mit den myſtiſchen Schriften der Bibel parallel, und nannten dieſen Bund auf eine neue Art, indem ſie ihn durch das Siegeszeichen des Gottmenſchen (das Kreuz) ehrwuͤrdig machten, u. ſo unterdruͤckten ſie den alten Bund zum Beſten des neuen. Sie ſind alſo ſeit 1510. unter dem Namen Bruͤder des goldnen Roſenkreuzes, aͤchte Frei-Maurer, aufrichtige Freunde, Bunds - und Mitverwandte des g. R. C. bekannt. (Nach einer geheimen Conſtitution der R. C. und einer Hand - ſchrift des Michael Mayer von Regensburg, auf der Univerſitaͤtsbibl. zu Leiden.)

v. der R. C. in ſeiner Bloͤße ꝛc. S. 80. ꝛc. cf. Archiv fuͤr Frei-Maurer u. R. C. I. B. Berl. 83. S. 433. 34.

1527.

David Lindſay, deſſen unter den Schottl. Maurern unter dem Namen des Gelehrten Groß - Meiſters gedacht wird.

Conſtit. Buch S. 214.

153

1536.

Bis zu dieſem Jahr laͤuft die aͤlteſte maureriſche Urkunde, deren Authenticitaͤt ſich darthun laͤßt: Certayne questions wyth Answers to the same, concerning the Mystery of Maconrye.

Frei-Maurer Bibl. 4tes St. S. 14.

1539.

Nachdem 1534. der Koͤnig zum Oberhaupt der Kirche erklaͤrt worden war, zog man in dieſem Jahre die Kirchen und Kloͤſter, bis auf 926. ein. Dadurch kam ein beſſerer Styl in die Maurerei. Der Koͤnig verkaufte nehmlich die eingezogenen Haͤuſer an den Adel, die auf deren Verfall praͤch - tige Wohnhaͤuſer bauten.

Conſtit. Buch S. 202.

Ebendaſſelbe fand in Schottland ſtatt, wo man ebenfalls die Auguſtiſche Bauart nachahmte.

ebendaſ. S. 216.

1540.

Durch die Bulle Paul III. Regimini mili - tantis ecclesiae vom 27. Sept. wird der neu ent - ſtandene O. der Geſellſchaft Jeſu beſtaͤttigt.

1541. Den 24. September

ſtirbt Philippus Theophraſtus Paracel - ſus von Hohenheim zu Salzburg (geb. 1493. zu Einſiedlen in d. Schweitz.)

154

1558.

Einige leiten den Urſprung des Frei-Maurer - Ordens von dem Biſchof Thomas Cranmer ab, der in dieſem Jahre verbrannt wurde.

ſ. Leben u. Thaten des Joſeph Balſamo ſogen. Grafen Caglioſtro ꝛc. S. 55.

1561.

Die Geſchichte von der Verfolgung der Koͤni - ginn Eliſabeth ſoll bloß erſonnen ſeyn, um die angefangene Allegorie weiter fort zu fuͤhren, und bloß das Jahr 1561. andeuten, wo die zu Poiſſy verſammlete franzoͤſiſche Cleriſei, harte Beſchluͤſſe gegen die Jeſuiten und das Collegium von Cler - mont (welches durch die Große Loge von York vorgeſtellt werden ſoll) abfaßte.

ſ. die Schottl. Maurerei II. Th.

1561.

Unter Eliſabeth lebten alle Kuͤnſte wieder auf, und der gute alte Auguſtiſche Styl kam wie - der empor. Die Koͤniginn aber war der Baukunſt nicht geneigt; uͤberdies waren ihr alle geheimen Zuſammenkuͤnfte verdaͤchtig, beſonders die der Maurer, zu deren Groß-Meiſterthum ſie, als Frau, unfaͤhig war.

Conſtit. Buch S. 203 und 4.

155

1563.

Die Statuten der Bruͤderſchaft, gegeben den 29. Sept. von 72 untergeordneten Logen-Meiſtern zu Baſel, wurden in dieſem Jahre erneuert und gedruckt. Die Logen von Schwaben, Heſſen, Bai - ern, Franken, Sachſen, Thuͤringen und die an der Moſel, erkannten die Autoritaͤt der Großen Loge von Straßburg. Noch im achtzehnten Jahrhun - derte verdammten die Meiſter dieſer Loge, die LL. von Dresden und Nuͤrnberg zu einer Geldbuſſe, und ſie ward bezahlt. Die Große L. von Wien, zu der die von Ungarn und Steiermark gehoͤrten, die Große Loge von Zuͤrich, die die Schweizer LL. unter ſich hatte, wandten ſich in ſchweren und zweifelhaften Faͤllen an die Mutter-Loge von Straßburg.

Alle Glieder dieſer Geſellſchaft hatten keine Verbindung mit den gemeinen Maurern, die nichts als Hammer und Kelle zu fuͤhren wußten. Sie betrachteten ihre Kunſt, als eine weit hoͤhere und bedienten ſich der Maurer-Werkzeuge nur zu Sym - bolen. Entſchloſſen, ein beſondres Korps unter der Menge der Arbeiter zu machen, erfanden ſie Er - kennungsworte und Zeichen. Sie nannten es das Wortzeichen, den Gruß. Die Lehrlinge, Geſellen und Meiſter wurden mit geheimnißvollen Gebraͤu - chen aufgenommen. Sie nahmen die Freiheit zu ihrem Merkmal an, und entzogen ſich ſogar biswei - len der rechtmaͤßigen Herrſchaft der Obrigkeit.

Noch exiſtirt das maureriſche Tribunal der L.156 zu Straßburg. Die Einwohner wandten ſich in allen ſtreitigen Faͤllen, die Bauten betrafen, an ſie; der Magiſtrat ſelbſt uͤberließ ihnen das Urtheil daruͤber im Jahr 1461. und ſchrieb ihnen die For - men und Geſetze vor, die ſie dabei beobachten ſoll - ten. Dies ward 1490. erneuert. Die Urtheile die die Loge ausſprach, hießen Huͤtten-Briefe. Die Stadtarchive ſind davon voll, und es giebt wenig alte Familien zu Straßburg, die dergleichen nicht unter ihren Papieren haͤtten. (v. unten J. 1620.)

1586.

Valentin Andreae geboren. Gegen die alchymiſtiſchen Thorheiten ſeiner Zeit ſchrieb er in ſeinem 15. und 16. Jahre die chemiſche Hoch - zeit, die aber beinah 12 Jahr ungedruckt blieb.

1588

folgte Georg Haſtings, Graf von Huntington dem Carl Howard, Lord von Effingham als Groß-Meiſter in Suͤden.

Conſtit. Buch S. 205.

1600.

Ueber Inigo Jones, der vorzuͤglich den roͤmiſchen Styl aus Spanien nach England brachte (geb. 1572.) ſ. d. Conſtit. Buch S. 225. ꝛc.

1603.

Nicht England ſondern Schottland iſt der Boden, in dem die Maurerei aufkeimte. Aus Frankreich gefluͤchtete Tempelherren ſetzten in ſchot -157 tiſchen Hoͤlen den Orden fort (!) Jacob I. ein ſchwacher Koͤnig, doch nicht ohne alles Verdienſt, wurde in die geheime Geſellſchaft aufgenommen, und nur fuͤr ſie ſtiftete er den Andr. O., der in den franzoͤſiſchen LL. nachgeaͤfft wird.

Bemerk. uͤber St. Nic. und Anti S. Nic. S. 84.

1605.

Das Buch: Reparation des atheniſchen ver - fallenen Gebaͤudes Palladis, 8. ein Beweiß, daß die innere Verfaſſung der Roſenkreuzer ſchon in dieſem Jahr, alſo vor 1614. exiſtirte.

ſ. Chr. Roſe freie Bemerkungen ꝛc. Leipz. 87. S. 81.

1607.

Die beſten Kunſtgenoſſen fanden ſich von allen Seiten bei dem Groß-Meiſter Jones ein, welcher allemal guten Lohn und gehoͤrige Zeit zum Unter - richt in den Logen bewilligte, und dieſe mit vortrefflichen Nebengeſetzen verſah, wodurch ſie den Schulen oder Akademien der Zeichner in Italien gleich gemacht wurden.

Conſtit. Buch S. 227.

J. Jones ward bis 1618. jaͤhrlich zum Groß - Meiſter oder deput. Groß-Meiſter erwaͤhlt. Bei dem Flor der Maurerei wurden viel vornehme, reiche und gelehrte Maͤnner, auf ihr Anſuchen, zur Ehre der Zunft, als BB. aufgenommen.

ebendaſ. S. 228.

158

1612 bis 15

ſind die erſten Schriften mit dem neuen Namen Fraternitas crucis roseae mehrmalen und in fuͤnf verſchiedenen Sprachen gedruckt und an ganz Eu - ropa gerichtet worden.

v. Semlers Unparth. Sammlungen zur Hiſtorie der R. C. 1 St. Leipz. 86. Andre Abtheil. (Von S. 101. an die Geſetze des Ordens aus der chemiſchen Hochzeit Chriſtiani Roſenkreuz, der Fama Fraternitatis, und aus dem Echo der von Gott hocherleuchteten Fraternitaͤt des loͤblichen Ordens R. C. ꝛc.)

1614

erſchien ſchon die erſte Ausgabe der Fama frater - ternitatis und Generalreformation der ganzen weiten Welt zu Kaſſel, ohne Wiſſen des Verf. (Michael Mayer.) Die von ihm ſelbſt beſorgte, nebſt der erſten Ausgabe der chemiſchen Hochzeit erſchien 1615.

Frei-Maurer Bibl. V. S. 26 f. vergl. den R. C. in ſr. Bl. S. 99.

1615.

Die Confessio fratrum roseae crucis gedruckt zu Kaſſel und angehaͤngt an Gabellae Conside - ratio secretioris Philosophiae, wo die Bruͤder Cap. XIII. ermahnt werden: Christum sincere profiteri, Papam execrari.

Stark Kryptocathol. II. S. 162.

159

1616.

Assertion oder Beſtaͤttigung der Fraternitaͤt R. C. welche man des Roſenkreuzes nennet, von einem derſelben Fraternitaͤt Mitgeſellen, eine aͤchte R. C. ſche Schrift der Myſtiker, die ſich am meiſten den Ideen des Andreae naͤherten, und vorzuͤglich die Religion zu verbeſſern ſuchten.

ſ. Chr. Roſe fr. Bem. S. 85.

1617

erſchien die merkwuͤrdige Roſenkreuzeriſche Schrift: Epistola ad Fratres de Rosea cruce. Frankf. bei Anton Hunnius, worinn S. 4. ſteht: Papae et Mahometis contra Jesum blas - phemias detestamini, membraque estis ejus ecclesiae, quae Sacra biblia seu Verbum Dei, non ut cothurnum et librum haereseon proclamat, sed omnis divinae et humanae sapi - entiae statuit fundamentum et petram. Imo quae duo sacramenta, tam initiatio - nis s. insitionis, quam conglutinationis, hoc est baptismi et coenae dominicae nobiscum agnoscit.

l. c. S. 161.

eod.

Die loͤbliche Bruͤderſchaft zum Leichtſchiff. Ver - deutſcht aus einem lateiniſchen Exemplar, ſo allem160 Anſehen nach eben ſo alt, als die Bruͤderſchaft zum Roſenkreuz ſeyn will.

ſ. Chr. Roſe freie Bemerkungen ꝛc. S. 81.

eod.

Schnelle Bothſchaft an die philoſophiſche Fra - ternitaͤt vom Roſenkreuz, durch Valentinum Tschir - nessum. Danzig 12.

cf. S. 84 und 86.

1618.

Ueber die weitlaͤuftige Entdeckung des Collegii ꝛc. ſ. Ephemeriden der geſammten Frei-Maurerei in Deutſchland 1785. S. 13 ꝛc.

Der vollſtaͤndige Titel iſt: Speculo sophico Rhodo-Staorotico d. i. weitlaͤuftige Entdeckung des Collegii und Axiomatum, von der ſonderbaren erleuchteten Fraternitaͤt Chriſt. Roſen-Creuz: allen der wahren Weisheit begierigen Expectanten zu fer - nerer Nachrichtung, den unverſtaͤndigen Zoilis aber zur unausloͤſchlichen Schande und Spott. Durch Theophilum Schweighart Constantiensem. Cum privilegio Dei et naturae in Ewigkeit nicht umzuſtoßen. 1618. 4.

1620

errichtete Andreae, nachdem er ſich mit Unwillen von ſeiner fruͤheren losgeſagt hatte, eine neue ge - heime Geſellſchaft, welche nur unter einer andernForm,161Form, die nehmlichen Zwecke befoͤrdern ſollte. Auch uͤber dieſe Geſellſchaft ſind die meiſten Doku - mente verloren gegangen.

Frei-Maurer Bibl. V. S. 28.

1620.

In dieſem Jahre hob der Magiſtrat zu Straß - burg die Jurisdiktion der Loge in Bauſachen auf, weil damit Mißbrauch getrieben worden war.

Extrait d’une lettre de M. l’Abbé Grandidier à Madame de sur l’Ori - gine des Francs-Maçons, à Stras - bourg, ce 24. Novembre 1778. abge - druckt in dem Essai sur la Secte des Illuminés a Paris 1789. S. 236 f. vergl. Frei-Maurer Bibl. IV. S. 6 f.

1622.

Nach Nicolai’s Reiſe B. VI. S. 485. iſt der oͤſterreichiſche Freiherr Achaz von Hohenfeld, der wahrſcheinliche Stifter der Roſenkreuzer. Er war einer der evangeliſchen Landſtaͤnde in Oeſter - reich ob der Ens, und wurde durch Ferdinand II. gezwungen, der Religion wegen, aus ſeinem Vater - lande zu fliehen, und ſich zu ſeinem vertrauten Freunde Valentin Andreae zu fluͤchten.

1622.

Nach L. C. Orvii Vorrede zu der erſten Aus - gabe von Montani Anweiſung zur hermetiſchenZweites Baͤndch. L162Wiſſenſchaft (neue Ausgabe Frankfurt und Leipzig 1757.) haben die R. C. neuen Syſtems um die - ſes Jahr im Haag exiſtirt, und nach ihrem Vor - geben auch in Amſterdam, Nuͤrnberg, Hamburg, Danzig, Mantua, Venedig und Erfurt Zuſammen - kuͤnfte gehabt. Sie nannten ſich nicht Fratres R. C. ſondern wahre Roſenkreuzer und legten ihrem angeblichen Stifter den Namen Chriſtian Roſe bei; trugen auch oͤffentlich eine ſchwarze ſeidene Schnur, in ihren Verſammlungen aber ein goldnes Ordensband, mit einem goldenen Kreuze und einer daran haͤngenden Roſe.

ſ. Chr. Roſe freie Bemerk. S. 88. cf. Nicolai Verſuch uͤber die Beſchuldi - gungen ꝛc. S. 179 f.

1623

machte Gabriel Naudé einen Angriff auf die R. C. in ſeiner Instruction à la France sur les Frères de la Rose-Croix. Paris 8.

1625.

Carl I. Groß-Meiſter; unter ihm fanden die auslaͤndiſchen Maler, Bildhauer, Gipsarbeiter ꝛc. einen großen Befoͤrderer ihrer Kunſt.

Conſtit. Buch S. 228.

1633.

Thomas Howard war ein großer Kenner aller zeichnenden Kuͤnſte und Herſteller gelehrter163 Alterthuͤmer. Beſonders iſt er beruͤhmt durch ſeine Marmora Arundeliana. Unter ihm war Jones noch immer Deputirter Groß-Meiſter, und baute die St. Pauls Kirche mit einem vortrefflichen Schwibbogen.

Conſtit. Buch S. 229.

1640.

Bis hieher, wo die innerlichen Kriege anfin - gen, dauerte das Amt des Groß-Meiſters in Schott - land, wie es oben J. 1424. beſchrieben worden. Vorjetzt iſt es aus der Gewohnheit gekommen, und kann auf keine andre Art, als durch einen koͤniglichen Groß-Meiſter wiederhergeſtellt wer - den. Nunmehr tranken die Maurer mit Freuden: fuͤr den Koͤnig und die Kunſt.

Conſtit. Buch S. 212.

1645

ſtiftete Olivier Cromwell den Frei-Maurer Orden. Die Fabel davon wird weitlaͤuftig erzaͤhlt in dem Buche: Allerneueſte Geheimniſſe der Frei - Maurer ꝛc. 1780. im zweiten Th. S. 11. ꝛc.

1646.

Von dieſem Jahre, bis zum 27. December 1663. wurde kein Groß-Meiſter gewaͤhlt, weil der Fort - gang der k. Kunſt durch die buͤrgerlichen Kriege gehemmt wurde. Nach andern Nachrichten warL 2164Inigo Jones, bis zu ſeiner am 30. Januar 1649. erfolgten Ermordung, Groß-Meiſter, wovon aber der Free Mas. Calendar for 1775. nichts erwaͤhnt.

v. Chr. Roſe freie Bemerkungen ꝛc. S. 135.

1646.

Die Idee, daß durch Elias Aſhmole, Mit - glied jener Geſellſchaft, die Bacon’s Atlantis zu realiſiren ſtrebte, und eine Verbindung zwiſchen derſelben und der damaligen Zunft der engliſchen Maurer-Meiſter ſtiftete, der Grund zur Frei - Maurerei gelegt worden, deutet einen zu neuen Urſprung fuͤr dieſe Geſellſchaft an. Waͤre dies aber erwieſen, ſo muͤßte man annehmen, daß Ba - con’s ſalomoniſches Haus in den Tempel Sa - lomons umgewandelt worden ſey.

Frei-Maurer Bibl. 4tes St. S. 16. vergl. S. 101.

1646. Den 16. October

wird Aſhmole, nach ſeiner eigenen Lebens-Beſchrei - bung, zu Warrington in Lancaſhire, nebſt dem Obri - ſten Heinrich Manwaring durch Herrn Richart Penket zu einem Mitbruder, der alten und ehrwuͤrdigen Geſellſchaft der Frei-Maurer erwaͤhlt.

vergl. Briefe die Frei-Maurerei betreffend dritte S. S. 23. ꝛc.

165

Die Lebens-Beſchreibung ſteht in der Samm - lung merkwuͤrdiger Lebens-Beſchreibungen. 4ter B.

1649.

Als Cromwell nach dem Tode Carls I. 1649. das alte Inſtitut der Bauleute von Oſten im Schloß Whitehall gefunden, hat er, weil er es unrecht verſtanden, es nur nach ſeinen irrigen Be - griffen umzuaͤndern, und Frei-Maurerei zu nennen fuͤr gut befunden.

Aus einem Roſenkreuzer Archiv, in dem Buche: Der im Lichte der Wahrheit ſtrah - lende Roſenkreuzer von Phoebron, Leipz. 1782. S. 110. und 12.

1649 und 50.

Der Verfaſſer der Schrift: Aufklaͤrung uͤber wichtige Gegenſtaͤnde in der Maurerei, beſonders uͤber die Entſtehung derſelben ohne Schwaͤrmerei ꝛc. ſetzt den Urſprung des O. in dieſe Jahre, und macht ihn zu einer Verbindung patriotiſcher Brit - ten gegen den Uſurpator Olivier Cromwell zum Beſten Carls II. Man verſteckte ſich hinter die Zunft (Mystery) der Wort-Maurer, welche ihre Kennzeichen und Geheimniſſe hatten, und er - fand neue Hieroylyphen ꝛc. In der Folge behielt man die Verbindung blos ihrer Annehmlichkeit wegen bey. Etwas aͤhnliches wird auch in dem Buche: Geheimer Gang menſchlicher Machinatio -166 nen. Rom, Muͤnchen und Barby, 1790. im 16. Briefe erzaͤhlt, mit dem Zuſatz: daß man ſodann in Schottland den Zweck hineingewebt habe: Ka - tholicismus zu verbreiten, und dem K. Jacob aufzuhelfen; daß man geheime Grade, Angelobung blinden Gehorſams eingefuͤhrt habe ꝛc. daß Ram - ſay, Gouverneur der Soͤhne Jacobs der vor - zuͤglichſte Urheber dieſer neuen Tendenz ſey, und die vertriebenen Jeſuiten als ſchottiſche BB. und Ordens-Obere zuruͤckgekehrt waͤren ꝛc.

1652

ſtarb der große Inigo Jones im 80. Jahre ſeines Alters zu London, und ward den 26. Jun. in der St. Bennets Kirche begraben. Seine beſten Schuͤler fuhren fort, zu ihrer Vervollkomm - nung Zuſammenkuͤnfte zu halten; ſie bewahrten ſeine Riſſe und Zeichnungen, und pflanzten die Auguſtiſche Bauart fort, die er in England einge - fuͤhrt hatte.

ſeine Arbeiten, ſ. Conſtit. Buch S. 230.

1661.

Carl II. war auf ſeinen Reiſen zum Frei - Maurer gemacht worden. Er beſchloß, den Augu - ſtiſchen Styl durch Herſtellung der Logen empor zu bringen, und beſtaͤttigte die Wahl Heinrichs Jermyn Gr. v. St. Alban zum Groß-Meiſter. Dieſer ernannte Johann Denham zu ſeinem167 Deputirten, und Chriſtoph Wren, und Jo - hann Webb zu Groß-Vorſtehern.

Conſtit. Buch S. 232.

1663.

Wren’s Leben, nach Chauffepié in der britt. Biographie 4 B. Leſſing in ſ. Geſpraͤch: Ernſt und Falck nennt ihn den Schoͤpfer der ganzen heutigen Frei-Maurerei.

ſ. daruͤber: Briefe, die Frei-Maurerei be - treffend, dritte S. S. 72. ꝛc.

1663.

Der Groß-Meiſter St. Alban hielt am St. Johannistage, den 27. December, eine allgemeine Verſammlung und Feſt, wobei verſchiedene Ver - ordnungen gemacht wurden, z. B. daß einer nur in einer regelmaͤßigen L. wenn er geſunden Leibes, von ehrlichem Herkommen und gutem Namen und wenigſtens 21 Jahr alt iſt, aufgenommen, und die Bruͤderſchaft durch einen Groß-Meiſter, und ſo viele Vorſteher, als man bei der jaͤhrlichen allge - meinen Verſammlung waͤhlen wuͤrde, regiert wer - den ſolle.

Conſtit. Buch S. 232 bis 34.

1663.

Nachdem im Jahr 1660. der Zweck der Ge - ſellſchaft erreicht war, nahm ſie nun verſchiedene168 Maßregeln zu ihrer weitern Erhaltung. Poli - tik, Sitten und Kuͤnſte hatten ſich veraͤndert; der politiſche Zweck fiel ganz weg.

ſ. Ephemeriden der geſammten Maurerei S. 19.

1666.

Vor dieſem Jahre ſoll weder Name noch Form der Frei-Maurerei exiſtirt haben.

ſ. der Schottiſchen Maurerei erſter Th. S. 161.

1666. Den 24. Juni.

Thomas Savage Gr. v. Rivers, Groß - Meiſter, ernennt Cſtph Wren zu ſeinem Depu - tirten, Webb und Grinlin Gibbons zu Groß - Vorſtehern. Es wurden aber alle Dinge von dem Deputirten und den Vorſtehern veranſtaltet. Zu dem Wiederaufbau der abgebrannten Stadt London machte Wren den Plan.

Conſtit. Buch S. 234.

1667. Den 23. October.

Grundlegung zur neuen koͤnigl. Boͤrſe in London.

ibid.

169

1669. Den 9. Juli.

Einweihung des Theatri Sheldoniani zu Ox - fort, erbaut von Gilbert Sheldon Erzbiſchof zu Canterbury, durch Wren und Webb.

ibid. S. 235.

1673.

Grundlegung zur neuen St. Paulskirche, nach dem Brande der alten, nach dem Riß und unter Direktion Wrens, und ſeines Vorſtehers Eduard Strong. Andre beruͤhmte Arbeiten.

ibid. S. 236 und 37.

1682. Den 10. Maͤrz

empfing ich (erzaͤhlt Ashmole in ſeinem Tage - buche) eine Erinnerung, des folgenden Tages in Maſons Hall in London zu erſcheinen, wo wir Herrn Wilhelm Wilſon, den Hauptmann Ri - chard Borthwick und noch 4 andre, in die Ge - ſellſchaft der Frei-Maurer aufnahmen. Ich war der aͤlteſte Geſell, weil ſchon 35 Jahr ſeit meiner Aufnahme verfloſſen, und bei mir waren Tho - mas Wiſe, Meiſter der Maurer-Geſellſchaft in London, und 8 alte Frei-Maurer. Wir genoſſen hierauf alle in der Tavern zum halben Mond in Cheapſide einer herrlichen Mahlzeit, welche auf170 Koſten der neu aufgenommenen Maurer war be - reitet worden.

Conſtit. Buch S. 238 und 39.

1683.

Die ausdruͤcklichſte Stelle von einer wirklichen chymiſchen oder phyſiſchen (geheimen) Geſellſchaft, iſt, nach D. Semler’s unpartheiiſchen Sammlun - gen zur Hiſtorie der Roſenkreuzer, 1 St. Leipzig 1786. enthalten in: Raymundi Lulli Theoria c. 87. p. 139. im vierten Vol. des Theatri Che - mici latini, das die R. C. 1683. in Straßburg haben drucken laſſen.

1685.

Da nach Carls II. Tode Jacob II. auf den Thron gekommen, und dieſer kein Frei-Maurer Bruder war, ſo wurde die Kunſt ſehr zuruͤckge - ſetzt. Doch Wren, der mit dem Bau der Paulskirche fortfuhr, berief jaͤhrlich die BB., die ſich bei ihm einfinden konnten, zuſammen, um gute alte Gebraͤuche zu bewahren. Doch ſind viele Urkunden der Bruͤderſchaft, die unter den vorigen Regierungen verfaßt worden, unter der gegenwaͤr - tigen und bei der Revolution verloren gegangen.

Conſtit. Buch S. 239.

1686.

The Natural History of Stafford-Shire by Robert Plott, LLD. Keeper of the Ashmolean171 Musaeum and Professor of Chymistry in the Univ. of Oxford. idid. fol.

Darinn uͤber die Frei-Maurerei eine merkwuͤrdige Stelle §. 85 bis 88. abge - druckt in den Briefen, die Frei-Maure - rei betreffend, dritte S. S. 42 f.

1687. Den 9. Junius.

Merkwuͤrdiges Schreiben des D. W. an Sir D. abgedruckt in Aſhmole’s Leben l. c. S. 740 f. Deutſch in den Briefen, die Frei-Maurerei be - treffend, dritte S. S. 27 f.

1688.

Das aͤlteſte Frei-Maurer Patent findet ſich bei einem irrlaͤndiſchen Regimente, und iſt vom 25. Maͤrz dieſes Jahres datirt. Dies Regiment war damals mit dem K. Jacob II. in Irrland.

ſ. der Schottiſchen Maurerei I. Th. Leipz. 1788.

Da Jacob II. noch Herzog von York war, wurde von ihm ein Jeſuiten-Collegium zu Lon - don (das von ſeinem Stifter nachher die große Loge zu York genannt wurde) errichtet; dieſes ſtellt die Allegorie unter Erbauung des erſten Tempels vor, ſo wie die Erbauung des zweiten Tempels durch Jerubabel (J), ein Sinnbild von der Ver - bindung der Jeſuiten mit dem Praͤtendenten iſt.

ebendaſ. II. Th. S. 106.

172

1691.

Die erſten Logen und vierteljaͤhrigen Zuſam - menkuͤnfte eingerichtet; kurz vorher kam die Re - densart: freie und angenommene Maurer auf. Von den angenommenen Maurern entſtanden die wirklichen Maurer, und von beiden die Gor - mogons, deren Groß-Meiſter Volgi ſeinen Ur - ſprung aus China herleitet.

v. die zergliederte Frei-Maurerei.

1693.

Da die beſondern Logen bisher nicht ſo haͤufig und meiſtens zufaͤllig (ausgenommen in oder nahe bei Orten, wo große Baue aufgefuͤhrt wurden) geweſen waren: ſo veranlaßte in dieſem Jahr Ro - bert Clayton eine zufaͤllige L. ſeiner BB. Mei - ſter im St. Thomas Hospital zu Southwark, wegen des beſten Plans zum Wiederaufbau deſſel - ben. Nicht weit davon wurde lange hernach eine beſtaͤndige L. gehalten. Außer dieſer und der alten L. von St. Pauls, war eine andre in Picadilly, eine bei der Abtei von Weſtmuͤnſter, eine bei Co - vent-Garden, eine in Holborn, eine auf Tower-Hill und einige andere, die ſich ordentlich verſammleten.

Conſtit. Buch S. 241.

1695

ward Carl Lennox Herzog von Richmond und Lennox, Meiſter einer Loge zu Chicheſter, als er173 zur jaͤhrlichen Verſammlung nach London kam, zum Groß-Meiſter erwaͤhlt, und vom Koͤnige beſtaͤttigt.

ibid. S. 242.

1696.

Ueber die Lock’iſche Urkunde vergleiche: Briefe, die Frei-Maurerei betreffend, dritte S. p. 81 f. Die Urkunde ſelbſt, nebſt Locke’s Commentar, ſteht in Preſtons Erlaͤuterung der Frei-Maurerei. Deutſch von Meyer, Stendal 1780. und in Wilh. Hut - chinſons Geiſt der Maurerei. Deutſch. Berl. 1780.

1698 circa.

Gegen das Ende des ſiebzehnten Jahrhunderts, war die Corporation der freien und angenomme - nen Maurer in Verfall gekommen, die Anzahl ihrer Glieder hatte ſich betraͤchtlich vermindert, ſie hatte keine Lords mehr zu Groß-Meiſtern, die Geſell - ſchaft ſchien verſchwunden zu ſeyn. Man fand in den Staͤdten geſchicktere Arbeiter, als vorher, und ließ keine mehr aus der Fremde kommen, oder wandte ſich an die große Zunft der Frei-Maurer, wie ehemals. Die Maurer, denen es nun nicht mehr an Arbeit fehlte, verließen nach und nach die Korporation der Frei-Maurer, und ließen ſich in die Zunft ihres Wohnorts aufnehmen.

v. die Schickſale der geheimen Geſellſchaf - ten in Deutſchland, aus dem Portofeuille eines reiſenden Franz. uͤberſetzt 1800.

1698.

Wren wieder zum Groß-Meiſter erwaͤhlt.

174

2. Zuſaͤtze zu der Geſchichte der Mau - rerei im 18ten Jahrhunderte.

1700.

Das letzte Beiſpiel einer von der Straßburger Oberloge ausgeuͤbten Gerichtsbarkeit, bei einem Zwiſte der Huͤtten zu Dresden und Nuͤrnberg.

1700.

Die LL. in den ſuͤdlichen Gegenden waren, theils durch die Unachtſamkeit der Meiſter und Vorſteher, theils weil ſie keinen edlen Groß-Mei - ſter in London hatten, in Verfall gerathen, und die jaͤhrlichen Verſammlungen wurden nicht gehoͤ - rig gehalten.

Conſtit. Buch S. 244.

1707. Den 16. Maͤrz

wurde durch einen Reichstags-Schluß zu Regens - burg die Verbindung aller Logen in Deutſchland, mit der zu Straßburg verboten.

ſ. den Brief des Abbeé Grandidier. Briefe die Frei-Maurerei betrffend, dritte S. p. 102.

175

Die Gruß-Maurer ſtehen gegenwaͤrtig unter drei deutſchen Haupthuͤtten; und ſie koͤnnten ſehr wohl vorher unter der Straßburgiſchen geſtanden, und ſich erſt ſeit dem Reichstags-Schluſſe von 1707. den gegenwaͤrtigen unterworfen haben.

l. c. S. 110.

1708. Im Julius.

Vollendung und Baufeſt der St. Pauls Kirche, durch Cſtph Wren gefeiert.

Conſtit. Buch S. 244.

Einige Jahre nachher kuͤmmerte ſich Wren nicht ſehr um das Amt eines Groß-Meiſters; doch fuhr die Alte L. bei der St. Pauls Kirche, und einige andre noch fort, ihre Verſammlungen zu halten.

ibid.

1716.

Bald nach der Reſtauration der Frei-Maure - rei in England, ſoll der 4te maureriſche oder erſte ſchott. Gr. eingefuͤhrt worden ſeyn, da wir ſei - ner bereits in einem zu Anfang des Jahrhunderts herausgekommenen engl. Woͤrterbuche: A new Dictionary of the Terms ancient and modern of the Canting Crew etc. by B. E. Gent. London gr. 8. und zwar unter dem Worte: Ma - son’s Mawnd (Maurer-Tand) ſo deutlich erwaͤhnt176 finden, daß an ſeiner damaligen Exiſtenz nicht zu zweifeln iſt. Doch ſcheint er dem Syſtem der großen Loge zu London ganz unbekannt geweſen zu ſeyn, da wir weder in dem Conſtit. Buch noch ſonſt eines hoͤheren Gr. erwaͤhnt finden.

ſ. Chr. Roſe freie Bemerk. ꝛc. S. 156.

1716.

ſoll die erſte deutſche Loge zu Koͤlln errichtet wor - den ſeyn, die aber bald wieder unterdruͤckt wurde.

1717.

Der Gentlemen Sayer wird von dem aͤlteſten Maurer-Meiſter, nebſt andern Candidaten, den BB. vorgeſchlagen, und von dieſen zum Groß - Meiſter gewaͤhlt.

Briefe, die Frei-Maurerei betreffend, drit - tes St. S. 19. cf. Conſtit. Buch S. 245. 6.

1717.

Man waͤhlte einen angenommenen Mau - rer zum Groß-Meiſter, und gab ihm, wie gewoͤhn - lich zwei Aufſ. bei, von welchen der eine ein Zim - mermann war. Verſchiedene Perſonen von Stande, welche ehemals als angenommene Maurer zur großen Korporation gehoͤrt hatten, wurden einge - laden, der Verſammlung beizuwohnen. Die Zahl der Mitglieder vermehrte ſich im J. 1720. undim177im folgenden Jahre ſah man ſich im Stande, einen Groß-Meiſter vom hohen Adel zu waͤhlen, wie man dies ſchon 1716. auf den Fall beſchloſſen hatte, wenn es die Umſtaͤnde erlauben wuͤrden.

v. die Schickſale der g. G. ꝛc.

eod.

Der neue Groß-Meiſter Sayer befahl den Meiſtern und Vorſtehern der LL., daß die Groß - Beamten alle Vierteljahre, an dem Orte, welchen er in ſeinem durch den Ziegeldecker ausgeſandten Circulaͤr, melden wuͤrde, ſich verſammlen ſollten.

Conſtit. Buch S. 246.

1718. Den 24. Juni

verlangte der Groß-Meiſter Georg Payne, die BB. ſollten alle und jede alte Schriften und Urkunden, von den Maurern und der Maurerei zu der großen Loge bringen, um die Gebraͤuche der alten Zeiten daraus zu erkennen. Es wurden auch in dieſem Jahre verſchiedene alte Abſchriften von den gothiſchen Conſtitutionen hervorgebracht, und gegen einander gehalten.

Conſtit. Buch S. 247.

1719. Den 24. Juni

ward Joh. Theophil. Deſaguliers zum Groß-Meiſter erwaͤhlt, Anton Sayer und derZweites Baͤndch. M178Steinhauer Thomas Morrice waren ſeine Groß-Vorſteher. Er ließ ſich angelegen ſeyn, die alten regelmaͤßigen und beſondern Toaſts der Frei - Maurer wieder einzufuͤhren. Nunmehr be - ſuchten mehrere alte Bruͤder die LL. aufs neue; auch wurden einige vornehme Perſonen zu BB. gemacht, und mehr neue Logen angelegt.

Conſtit. Buch S. 247.

1720.

Der Groß-Meiſter Georg Payne, ſammlet die allgemeinen Verordnungen der fr. und ang. Maurer, die in der allgemeinen Verſammlung den 24. Jun. 1721. gebilligt, und ſodann, nach geſchehener Vergleichung mit den alten Urkunden, nach dem Beſchluß vom 25. Maͤrz 1722. dem Con - ſtitutions-Buche beigefuͤgt werden.

Conſtit. Buch S. 313 f.

1720. Den 27. December.

ward verordnet, daß der abgehende Groß-Meiſter ſeinen Nachfolger einige Zeit vor dem jaͤhrlichen Feſte vorſchlagen ſolle.

ibid. S. 345.

1720.

wurden (ſo heißt die vollſtaͤndige Nachricht) in gewiſſen beſonderen Logen einige ſehr wichtige179 Manuſcripte, welche die Bruͤderſchaft, ihre Logen, Einrichtungen und Gebraͤuche enthielten, ſonderlich eines das Nicolaus Stone, des Inigo Jo - nes Vorſteher geſchrieben, von einigen allzu vor - ſichtigen BB. aus Uebereilung verbrannt, damit ſolche Papiere nicht in fremde Haͤnde gerathen moͤchten.

Conſtit. Buch S. 248.

1721.

Von jetzt an, trat eine große Menge von Stan - des-Perſonen zur Bruͤderſchaft, man legte viele beſondre LL. an, welche von der Gr. L. zu London abhaͤngig waren, und die Geſellſchaft fing von neuem an zu bluͤhen. Man betrachtete ſie als einen angenehmen Clubb, und es ward feſtgeſetzt, daß darinn nichts, was den Staat und die Reli - gion betreffe, verhandelt werden ſolle. Die Bruͤ - derſchaft ward von nun an glaͤnzender; aber die alte Bruͤderſchaft war es nicht mehr. Die ange - nommenen Maurer, die Gelehrten und Stan - desperſonen machten den groͤßten Theil derſelben aus; der Maurer vom Handwerk wurden immer weniger.

ſ. die Schickſale der g. G. ꝛc.

eod.

Von dieſem Jahr an, faͤngt die Geſchichte der Frei-Maurerei an gewiß zu werden, und von die - ſer Zeit an, hat ſie erſt eine wirkliche dauerhafteM 2180Form erhalten. Nur zwey LL. in London ſind uͤbrig, die vor dieſem Jahre geſtiftet worden ſind.

Freie Bemerkungen ꝛc. von Chriſtian Roſe S. 11.

1721.

Der Herzog von Montagu, der Veranlaſſer des Conſtitutions-Buchs, wird von ſeinem Vorgaͤnger dem Esq. Payne, zum Groß-Meiſter ausgerufen.

Zu ſeiner Zeit ſoll die Zunft-Maurerei in Frei-Maurerei uͤbergegangen, und er nebſt den mit ihm verbundenen BB., der Stifter der eigent - lichen Frei-Maurerei ſeyn. Sie haben wahrſchein - lich die Verbindlichkeit der alten Zunft-Geſetze aufgehoben, und wenn ſie dieſelbe noch gewiſſer - maßen beibehalten haben (wie ſie denn noch im Conſtitutions-Buche ſtehen): ſo muͤſſen ſie es bloß gethan haben, um ihr Andenken zu erhalten, ſo wie ſie Benennungen, Symbole und Gebraͤuche beibehielten. Den Zweck der Zunft-Maurerei: geſchickte, verſtaͤndige, geſchmackvolle Bauleute zu bilden, haben ſie wohl abgeſchaft; welche neue Zwecke ſie dagegen in ihre Verbruͤderung moͤgen gelegt haben, iſt unbekannt. Etwas aber muß doch in der Zunft geweſen ſeyn, was man auch in der Frei-Maurerei noch brauchen konnte, und welches eben vielleicht die Abſchaffung des Zuͤnfti - gen bewirkt haben mochte.

Briefe die Frei-Maurerei betreffend, dritte S. p. 113 116.

181

1721. Den 24. Juni

erhaͤlt die Gr. L. das Recht, neue Verordnungen zum Beſten der Bruͤderſchaft, ohne Einwilligung aller BB. zu machen, da ſie die Repraͤſentanten der ganzen Bruͤderſchaft ſind.

Conſtit. Buch S. 382.

1124. Den 24. Juni

verſammlete ſich Philipp Herzog von Whar - ton mit mehreren BB. in Stationers-Hall, ſetzten den aͤlteſten Maurer-Meiſter, ob er gleich nicht Meiſter einer Loge war, auf den Stuhl, und dieſer rief den Herzog zum Groß-Meiſter der Maurer, und Joſua Timſon, einen Grobſchmidt und Wilh. Hawkins einen Maurer, zu Groß - Vorſtehern aus; welche die uͤbrigen nicht anerkann - ten. Doch wurde die Spaltung wieder aufgeho - ben, da den 17. Jan. 1723. auf Veranſtaltung des Groß-Meiſters Montagu, der Herzog v. Whar - ton in der gr. L. zu Kings-Arms zum Groß - Meiſter erwaͤhlt wurde. Nun bluͤhte die Maure - rei an Eintracht und Anſehen; der Groß-Meiſter mußte mehr neue LL. errichten, und er beſuchte die LL. woͤchentlich mit ſeinem Deputirten und Groß - Vorſtehern.

Conſtit. Buch S. 253 55.

182

eod. circa.

Unterſchied zwiſchen Mund - und Brief - Maurern; jene wurden unter freiem Himmel aufgenommen, und bekamen blos muͤndliche In - ſtruktion uͤber Zeichen, Wort ꝛc. ; dieſe erhielten einen Lehrbrief.

1723.

Vollſtaͤndiger Titel des Conſtitutions-Buchs: The constitutions of the Freemasons. Con - tayning the History, Charges, Regulations etc. of that most ancient and rigt worshipful Fraternity, for the Use of the Lodges. Lon - don. In the year of masonry 5732. anno Domini 1723. 4 maj. 13½ B.

eod. Den 24. Juni.

Schluß der gr. L.: daß es nicht in der Gewalt eines Menſchen oder Geſellſchaft ſtehe, einige Aen - derung oder Neuerung in dem Frei-Maurer-We - ſen zu machen, man habe denn zuvor von der gr. L. die Einwilligung daruͤber eingehohlt, und

Den 25. November.

daß eine jede gehoͤrig verſammlete L. Gewalt habe, eine jegliche von den gedruckten Verordnungen im Con - ſtitutions-Buche zu verbeſſern, oder zu erlaͤutern, wenn nur die alten Regeln der Bruͤderſchaft da -183 durch nicht verletzt werden; daß aber in dem ge - druckten Conſtitutions-Buche ohne Erlaubniß der gr. L. keine Aenderung vorzunehmen ſey.

Conſtit. Buch S. 351. 52.

1723. Den 24. Juni

ward Franz Scot Gr. von Dalkeith zum Groß-Meiſter ausgerufen, der den D. Deſagu - liers zu ſeinem Deputirten ernannt hatte. Es ſpeiſten an 400 BB. zuſammen.

Conſtit. Buch S. 256.

1724 etc.

Nach dem alten Herkommen, welches bei der neuen Einrichtung von 1717. beſtaͤttigt wurde, hatte in England jede L. ohne gemeinſchaftlichen Fond, ihre ungluͤcklichen und verarmten BB. unterſtuͤtzt. In dieſem Jahr aber macht der abgegangene Groß - Meiſter Graf von Dalkeith, nachheriger Herzog von Buccleugh den Vorſchlag: daß alle LL. einen Theil ihrer Armengelder in einen gemein - ſchaftlichen Fond, der durch einen eigenen Schatz - Meiſter verwaltet werden ſollte, quartaliter abge - ben moͤchten, um den von den beitragenden LL. empfohlenen BB. eine thaͤtigere Huͤlfe leiſten zu koͤnnen. Am 17. Maͤrz wurde zu Unterſuchung dieſes Gegenſtandes eine Committé niedergeſetzt, welche am 27. November in der Gr. L. ihren Be -184 richt abſtattete. Die eingeſandten Beitraͤge waren aber nicht betraͤchtlich genung, um dazu einen Groß - Schatz-Meiſter zu ernennen. Dies geſchah erſt den 24. Juni 1727.; ihm ward eine Committé zuge - geben. Den 25. Februar und 27. December 1729. wurden die Beitraͤge ſchon betraͤchtlich befunden, und am 28. Auguſt 1730. ward die Committé auf zwoͤlf Meiſter vermehrt, welche vom 15. Dec. an unmittelbar von der Gr. Landes-Loge abhaͤn - gen ſollte. Sie verſammlet ſich jaͤhrlich dreimal, unterſucht die Bittſchriften, und bewilligt zu 5 u. 20 Guinen. Die Anſtalt beſteht durch die freiwilli - gen Beitraͤge der LL. und nach einem Schluß der Gr. L. v. 24 Jul. 1755. durch die Angabe von 5 Schill. fuͤr jedes Certificat.

ſ. Journ. f. Frei-Maurer II., 1. S. 220 f.

cf. Conſtit. Buch S. 355.

1724 Den 28. April

ward der Herzog. Carl vom Richmond und Lennox als Groß-Meiſter begruͤßt; ſeine Inſtalla - tion war den 24. Jun.

ſ. Conſtit. Buch S. 257 bis 60.

1725. Den 27. December.

Jacob Hamilton Lord Paisley zum Gr. Meiſter ernannt.

185

1727.

Errichtung einer Loge zu Gibraltar.

1728. Den 26. November.

Jacob King Lord Vicomte Kingſton zum Groß-Meiſter ernannt. Auf den Vorſchlag des Br. Deſaguliers wurde das Amt der Schaff - ner wieder hergeſtellt, damit dieſelbe den Groß - Vorſtehern in Zubereitung des Gaſtmahls beiſte - hen moͤchten, und ihre Zahl auf 12 geſetzt.

Conſtit. Buch S. 267.

1728. Den 3. Februar.

Legung des Grundſteins zum Parlamentshauſe in Dublin, in Gegenwart vieler Frei-Maurer.

Conſtit. Buch S. 223.

1729. Den 29. Januar.

Feierlicher Aufzug der Maurer zu London, aus dem Hauſe des neuerwaͤhlten Groß-Meiſters bis zum Logen-Hauſe, wobei jenem das Ordens-Schwerdt vorgetragen wurde.

186

1729. Den 25. November

in der Gr. L. ſchenkte der Groß-Meiſter King - ſton ein artiges Piedeſtal und ein koſtbares Kiſſen, einen ſammtenen Beutel fuͤr den Sekretair und ein Ehrenſchild von zwei goldnen kreuzweiß geleg - ten Federn auf ſeiner Bruſt.

Conſtit. Buch S. 269.

1730.

Die Schottiſchen Maurer erkannten die eng - liſche Gr. L. nicht; ſie hatten ſeit langer Zeit ihren eigenen Groß-Meiſter, und auch in aͤltern Zeiten ihre eigene Corporation. Irrland entzog ſich ſeit dieſem Jahre der Gr. L. in London, und hatte ſeinen eigenen Groß-Meiſter.

ſ. die Schickſale der g. G. ꝛc.

1730

verſammlete ſich die alte Bruͤderſchaft der freien und angenommenen Maurer in Irrland in ihrer Gr. L. zu Dublin, und erwaͤhlte, nach dem Bei - ſpiel ihrer BB. in England, einen edlen Groß - Meiſter, nehmlich Jacob King, Lord Vicomte Kingſton, der im vorigen Jahre Groß-Meiſter von England geweſen war. Er fuͤhrte dieſelben Conſtitutionen und alten Gebraͤuche ein, und be - kam jaͤhrlich einen edlen Br. zum Nachfolger.

Conſtit. Buch S. 224.

187

1730.

Schon in dieſem Jahr ernannte die Gr. L. von London einen Provincial-Groß-Meiſter fuͤr Nie - derſachſen, (Herrn Du Thom) obgleich dort noch keine L. war, denn die erſte wurde zu Hamburg 1733. durch eine engliſche Deputation errichtet.

ibid.

1730. Den 29. Januar.

Feierlicher Aufzug zur Inſtallation des Groß - Meiſters Herzog v. Norfolk.

Conſtit. Buch S. 269 bis 72.

eod.

Einſetzung von Provincial-Groß-Meiſtern zu Bengalen (Cap. Ralph Far Winter) und zu New Jerſey in Amerika (Daniel Cox.)

ibid. S. 378.

1731.

Der Koͤnig Carl von Neapel und Sicilien, unterſagt durch ein Edikt alle maureriſchen Ver - ſammlungen in ſeinem Koͤnigreiche, mehr aus Ver - druß, daß der O. ohne ſein Vorwiſſen ſich hier ausgebreitet, als aus Beſorgniß fuͤr den Staat und die Religion.

Journ. f. Frei-Maurer II., 2. S. 71.

188

1731.

Die Aufnahme Franz I. im Haag iſt in den Coburgiſchen Auszuͤgen aus allen Theilen der Ge - lehrſamkeit v. J. 1751. 32te Nachleſe S. 250. in einem eigenen aus den Epilogues entlehnten Auf - ſatze beſchrieben.

ef. Conſtit. Buch S. 275. 76.

Im Haag ward er von D. Deſaguliers zum Lehrling und Geſell, und in England von dem Groß-Meiſter Lovel zum Meiſter gemacht.

eod.

Provincial-Groß-Meiſter von Rußland (Capit. John Philipps) und von Andaluſien in Spa - nien (Capit. Jac. Cummerford) eingeſetzt.

Conſtit. Buch S. 378.

1732

erſchien das erſte Werk, worinn man das Frei - Maurer-Geheimniß der Welt mitzutheilen ver - ſprach. Deutſch 1736. unter dem Titel: Die Zunft der freien Maurer, oder allgemeine und aufrichtige Beſchreibung aller derſelben Gattungen ꝛc. von Samuel Prichard. Andre geben die franzoͤſiſche Ueberſetzung fuͤr das Original aus. Cf. den zer - ſchmetternden Frei-Maurer, Frankfurt und Leip - zig 1746.

Frei-Maurer-Bibliothek, erſtes St. S. 21 f.

189

1732

wird die erſte Loge in Frankreich, zu Paris, in dem Hotel von Buſſy durch eine engliſche De - putation errichtet, eben ſo zu Valenciennes.

Die Schickſale der g. G. ꝛc. cf. Conſtit. Buch S. 378.

eod. Den 19. April.

Anton Brown, Lord Vicomte Montagu Groß-Meiſter.

v. Conſtit. Buch S. 277 f.

eod. Den 2. Maͤrz.

Die Steward’s in London erhalten das Recht, ihre Nachfolger jaͤhrlich am Johannisfeſte ſelbſt zu ernennen.

1733. Den 27. April.

Bulle des Pabſt Clemens XII. In emi - nenti gegen die Geſellſchaft der Frei-Maurer, (Liberi muratori, Franc maçons) wo alle, die ſich damit befaſſen, mit dem Bann ipso facto, und ohne alle weitere Erklaͤrung, als der Ketzerei verdaͤchtig, belegt wurden.

Deutſch abgedr. im Archiv fuͤr Frei-Maurer u. Roſenkreuzer 1. Th. Berl. 1783. S. 401.

190

1733.

Die Gr. Loge zu London (unter dem Groß-Meiſter Strathmore) conſtituirt zu Hamburg eine L.

Journ. f. Frei-Maurer III., 4. S. 201.

Der damalige Groß-Meiſter Jacob Lyon Graf von Strathmore, ertheilte nehmlich eilf BB. die Erlaubniß, eine Loge in Hamburg zu errichten.

ebendaſ. III. 2. S. 256. cf. Conſtit. Buch S. 379.

cf. Hamburgiſche Muͤnz - und Medaillen Vergnuͤgen St. 80.

1734.

Joh. Lindſay Gr. von Craufurd Groß - Meiſter.

eod. und 1735.

Stiftung von LL. zu Aubigny in Frankreich, zu Liſſabon, und Savannah in Georgien; und Einſetzung von Provinzial-Groß-Meiſtern von Suͤd-Amerika (Randolph Tooke Esq.) zu Gam - bay in Weſtafrika (Richard Hull Esq.) und 1736. von Neu-England in Amerika (Robert Tomlin - son Esq.) von Suͤd-Carolina (Joh. Hammerton Esq.) und zu Cape-Coast-Castle in Afrika (Creighton M. D.)

Conſtit. Buch S. 379.

191

1735.

Die ausfuͤhrliche Erzaͤhlung von den Bewe - gungen gegen die Frei-Maurer in Holland ſ. Frei - Maurer-Bibliothek I. S. 29 bis 37.

eod. Den 3. Maͤrz.

Die Papiere des B. Anderſon zur neuen Ausgabe des Conſtitutions-Buchs werden gebilligt, und ihm aufgegeben, die Patrone der alten Mau - rerei, die alten und neuen Groß-Meiſter, und die Stewards ſeit dem Groß-Meiſter Montagu mit aufzufuͤhren.

1735. Den 24. Juni.

Errichtung einer Stuarts L. in London.

Conſtit. Buch S. 339.

1736. Den 6. April

ward verordnet: daß keine BB. in der Gr. Loge zuzulaſſen ſeyen, als die Glieder derſelben, die vier gegenwaͤrtigen, und alle vormalige Groß-Beamte, der Schatzmeiſter und Secretair, die Meiſter und Vorſteher aller regelmaͤßigen LL., die Meiſter und192 Vorſteher und neun andre von der Steward’s Loge (jedoch die Letztern ohne Stimme.)

Conſtit. Buch. S. 352.

1736.

Fabel von der ſchrecklichen Execution in der L. an dem Br. Pachard, der in einem zu Luͤttich gedruckten franz. Werke die Geheimniſſe des O. profanirt haben ſoll, ſ. allerneueſte Geheimniſſe der Frei-Maurer, 2 Th. S. 48.

1736.

In Frankreich hatten ſich die Frei-Maurer ſchon ſeit vielen Jahren verſammlet, und unter dem Groß-Meiſterthum des ſchottiſchen Ritters Jacob Hector Macleane ihre Arbeiten in der Stille betrieben; allein in dieſem Jahre wurde der O. oͤffentlich bekannt. Es waren zu Ende die - ſes Jahres ſchon 5 LL. in Paris. Carl Rat - cliff Graf v. Deventwater ward aufs folgende Jahr zum Groß-Meiſter erwaͤhlt. Mehrere Große z. E. der Marſchall von Eſtrées und der Prinz von Condé traten zum O. v. Acta Historio - Eccles. Tom II. Anhang p. 1052.

Frei-Maurer-Bibliothek I. S. 39.

1737

ernennt die Gr. L. zu London einen Provinzial - Groß-Meiſter fuͤr Oberſachſen (Heinrich Wil - helm Marſchall, Erbmarſchall von Thuͤringen) wo193wo aber noch keine LL. waren. Die erſte wurde zu Altenburg 1741. errichtet, und einige Zeit dar - auf, eine andere zu Naumburg.

ſ. Schickſale der geh. G. ꝛc. cf. Conſtit. Buch S. 380.

eod. circa.

Der Mops-Orden, ſ. daruͤber: L’Ordre des Francs-Maçons trahi et le Secret de Mopses revelé. à Amsterdam. 1745. 8.

eod.

Einſetzung eines Provinzial-Groß-Meiſters der Inſel Montſerrat in Amerika (Jacob Watson Esq.); zu Geneve (Georg Hamilton Esq.); auf der Kuͤſte von Afrika und den Amerikaniſchen In - ſeln (Capit. Will. Douglas) und von New York (Cap. Richard Riggs).

Conſtit. Buch S. 380.

1737.

In Italien war der O. zuerſt unter dem Na - men la Cucchiara (Kelle) bekannt. In Florenz hatte der letzte Groß-Herzog aus dem Hauſe Me - dicis ein Edikt gegen die Frei-Maurer gegeben, er ſtarb aber und ſie fuhren fort, ſich zu verſamm - len. Auf einen Bericht der Geiſtlichen nach Rom ſandte der Pabſt den P. Inquiſitor nach Florenz, und mehrere angeſehene Perſonen wurden verhaf -Zweites Baͤndch. N194tet, jedoch auf Veranſtaltung des Groß-Herzogs wieder freigelaſſen, und die LL. wieder hergeſtellt. Vorzuͤglich wurden ſie von der Inquiſition des Molinismus und Quietismus beſchuldigt.

Frei-Maurer Bibliothek I. S. 44. ꝛc.

1737.

Die Jeſuiten arbeiten bei Hofe gegen die Frei - Maurer, weil ſie ſie fuͤr Janſeniſten halten.

Der Polizei-Lieutenant Herault ließ in allen Hotels befehlen, den Frei-Maurern keine Zuſam - menkuͤnfte zu verſtatten. Ein engliſcher Lord ſetzte eine L. zur Wahl eines neuen Groß-Meiſters an, der Hof aber ließ bekannt machen, daß, wenn die Wahl einen Franzoſen treffe, er in die Baſtille geſetzt werden, auch kein Frei-Maurer bei Hofe erſcheinen ſolle. Die Verſammlungen dauerten aber dennoch fort.

Frei-Maurer Bibl. I. S. 40 bis 44.

1738.

Seit dieſem Jahre ein eigener beſtaͤndiger Groß - Meiſter in Frankreich.

1738. Den 14. Auguſt.

Ueber die Aufnahme Friedrichs II. ſ. von Bielefelds freundſchaftliche Briefe I. Th. S. 38 f. und Frei-Maurer Bibl. I. S. 57 f.

195

1738.

Erbauung des koͤnigl. Krankenhauſes zu Edin - burg durch die daſigen BB. Die LL. entwarfen den Grundriß, und ſchaften die Materialien zum Bau und innern Einrichtung herzu; das Arbeitslohn, die Fuhren ꝛc. wurden durch Privat-Kollekten der BB. bezahlt.

1738.

Die Bann-Bulle Clemens XII. In Emi - nenti vom 29. Mai, nach andern vom 26. Aprill, abgedruckt, in d. Frei-Maurer Bibl. I. S. 47.

In Florenz wurde ſie auf Befehl von Wien nicht in Ausuͤbung geſetzt.

eod.

In Erfolg einer Geſchichte in Paris, nach wel - cher die Opernſaͤngerin Carton, das Geheimniß der Frei-Maurer entdeckt haben ſollte, erſchien die Relation apologique et historique de la Societé des Fr. Maç. par J. G. D. M. F. M. à Du - blin. Deutſch im Anhange zum Conſtit. Buch Frankfurt 1762. und in der Gruͤndlichen Nachricht von den Frei-Maurern, Frankfurt 1740.

eod.

In Genf werden mehrere LL. errichtet, aber vom Rathe wieder unterdruͤckt.

Acta Histor-Eccles II. Anh. p. 105 6.

N 2196

eod.

Auch in Hamburg werden die Verſammlungen der Frei-Maurer verboten.

eod.

In Schweden ward das Verbot bald wieder aufgehoben.

eod.

In Smirna, Conſtantinopel und Aleppo wur - den LL. errichtet.

eod.

Einſetzung eines Provinzial-Groß-Meiſters der Lewards - und Caribbe Inſeln (Will. Mat - thews General-Capit. und Gouverneur daſelbſt.)

Conſtit. Buch S. 380.

1739.

Unter dem Groß-Meiſterthum des Lord Ray - mond verſagten mehrere engliſche LL., unter San - ction der alten Yorker Conſtitution, die bei der Re - ſtauration der Gr. L. von 1717. verlaſſen worden war, dem Univerſal-Groß-Meiſterthum in London den Gehorſam, nannten die unter ihm arbeitenden Neue Frei-Maurer, waͤhlten einen eigenen Groß-Meiſter, machten ein neues Geſetzbuch fuͤr ihre Regierungs-Form, und ſtifteten unter ihrer Conſtitution neue LL. Sowohl Lord Raymond, als ſein Nachfolger, arbeiteten vergebens fuͤr eine197 Vereinigung. Diejenigen, welche die Londner Univerſal-Herrſchaft anerkennen, erklaͤren dieſen Schritt fuͤr unrecht; die aber, welche die wahre Geſchichte der Maurerei kennen, billigen ihn.

cf. Taſchenbuch fuͤr die BB. Frei-Mau - rer der vereinigten d. LL. 1777.

Die L. von York berief ſich auf ein altes Pri - vilegium, nach welchem ein jeder Maurer-Meiſter das Recht hatte, neue Mitglieder aufzunehmen.

ſ. die Schickſale der g. G. ꝛc.

1739

entſtand aus dem Schooße der Hernhuther der Orden vom Senfkorn, deſſen Glieder man geiſtliche Frei-Maurer nannte. Er iſt ge - gruͤndet auf Marci IV. 30 bis 32, und ſein Zweck iſt die Ausbreitung des Reiches Chriſti durch die ganze Welt. Das Ordenszeichen iſt ein goldener Ring mit der Unterſchrift: Unſer keiner lebt ihm ſelber, und eine Senfpflanze, welche in einem golde - nen Kreuz an einem gruͤnen Bande getragen wird, mit der Umſchrift: Quod fuit ante nihil. Die BB. halten jaͤhrlich eine feierliche Zuſammenkunft in der Schloß-Kapelle zu Gnadenſtadt, und fei - ern außerdem den 15. Maͤrz und 16 April.

Ratio illustris ordinis, cui a synape nomen est. (Emden 1739.) ins hollaͤnd. uͤberſ. von D. und Prof. Vogel zu Ut - recht in ſeinem Urſprung und Fortgang der falſchen myſtiſchen Gottesgelahrheit. Cf. Acta hist-eccles II. 20. S. 235.

198

1739.

In Florenz werden mehrere BB. z. B. D. Crudeli von der Inquiſition in Verhaft genom - men, aber durch den Herzog bald wieder befreit. In Rom wurden auf die Angabe eines Frei - Maurers 100 Scudi geſetzt, und denen, die die Geſellſchaft verlaſſen wollten, Abſolution vom Kir - chenbann angeboten. In Pohlen ward die paͤbſt - liche Excommunikations-Bulle von allen Kanzeln verleſen.

1739. Den 14. Januar

giebt Clemens XII. ein beſonderes Edikt fuͤr ſeine Staaten gegen die Frei-Maurerei, als einer der Ketzerei und des Aufruhrs verdaͤchtigen Ge - ſellſchaft.

ſ. Leben und Thaten des Joſ. Balſamo ꝛc. S. 58.

1740.

Der Groß-Meiſter von Hamburg und Nieder - ſachſen Br. Luͤttmann, war unterm 30. October durch den Groß-Meiſter Johann Graf von Kinthore patentiſirt.

cf. Geheimniſſe der Frei-Maurer 1766. Taſchenb. fuͤr die BB. Frei-Maurer 1777. und Hamburg. Muͤnz - und Me - daillen-Vergnuͤgen St. 80.

199

1740.

Stiftung der Loge zu den drei Weltkugeln. v. Abregé historique concernant la mère et primitive Loge de Fr. Maç. établie à Berlin sous le nom des trois Globes.

In der erſten L. im Junius, fuͤhrte der K. ſelbſt den H., aufgenommen wurden der Prinz Wilhelm, der Markgraf Carl und der Herzog von Holſtein. Der G. R. Baron von Biele - feld und Geh. R. Jordan gaben ihr hierauf die gehoͤrige Form, und den Namen. Man ver - ſammlete ſich alle Monate viermal, und die Ar - beiten geſchahen wechſelſeitig Deutſch u. Franzoͤſiſch.

cf. Bielefelds freundſchaftl. Briefe I. S. 157. Hiſtoriſche Nachricht von der Mutter-Loge, zu den drei Weltkugeln 1775. Le Franc Maçon dans la Re - publique Leipzig und Frankfurt 1746. S. 33.

1740.

Die Inquiſition entdeckt die L. zu Madrid; alle BB. auf die ein Verdacht fiel, wurden einge - zogen. In Portugall wurden 18 BB. verhaftet, und theils zu ewigem Gefaͤngniß, theils auf die Galeeren, theils zum Feuer verdammt.

1740.

In Salzburg wird der O. durch die Dumm - heit der Moͤnche in hitzige theologiſche Streitig -200 tigkeiten unſchuldig verflochten, die beinahe in oͤffent - liche Empoͤrungen ausgebrochen waͤren. Dabei wurde der gelehrte Italiener Muratori zum Stifter der Frei-Maurer (Franchi Muratori) gemacht.

v. die Geſchichtserzaͤhlung in d. Frei - Maurer Bibl. I. S. 67 f. und in der ſatyriſchen Schrift: Α〈…〉〈…〉 εισιδα〈…〉〈…〉 μονος[φ]ιλο - ρωμκιȣ Vindiciae adversus sycophantas Juvavienses. Coloniae 1741. 4 maj. 2. B.

1740.

Da der O. in den ſchweizeriſchen Kantons Ver - laͤumdungen und Verfolgungen erfuhr, ſo publi - cirten die BB. in der Zuͤrcher Wochenſchrift: der Brachmann St. 42. eine Schutzſchrift.

abgedruckt in der Frei-Maurer Bibl. I. von S. 71.

eod.

Gruͤndliche Nachricht von der Frei-Maurerei, nebſt beigefuͤgter hiſtoriſcher Schutzſchrift, Frank - furt 8. zweite Auflage. Auszuͤge aus dem Con - ſtit. Buch ꝛc., von einem Profanen.

1741.

Auf Maltha hatte der O. heimlich Wurzel gefaßt. Sechs Ritter wurden als Frei-Maurer entdeckt, und auf Antrieb der Inquiſition von dem Groß-Meiſter auf immer von der Inſel verwieſen.

ſ. Geheimniſſe der Frei-Maurer vom J. 1766. S. 19.

201

1741.

Die Ausgabe des deutſchen Conſtitutions-Buch hat als Anhang: die zergliederte Maurerei, und die Widerlegung dieſes Werks.

v. Frei-Maurer Bibl. I. S. 82 f.

eod.

Constitutions des Acceptés Franc-Maçons, traduit de l’Anglois par Jean Kuenen, De - puté Grand-Maitre des Loges regulières en Hollande. à la Haye.

eod.

Stiftung der Loge zu Leipzig.

1742.

Carl Gotthelf Freiherr v. Hund und Al - ten-Grotkau, der in dieſem Jahre zum Frei - Maurer aufgenommen wurde, war den 11. Sep - tember 1722. geboren. In ſeinem 9. Jahre ſtarb ſein Vater; in ſeinem 15. ging er auf die Univer - ſitaͤt zu Leipzig; in ſeinem 17. unter Aufſicht des Obriſtlieutenants v. Schoͤnberg nach Straßburg, zwei Jahre darauf nach Paris. Im Februar 1742. reiſte er nach Frankfurt zur Kaiſer-Kroͤnung, wo - bei er churkoͤllniſcher Kammerherr wurde. Bei ſeinem viermonathlichen Aufenthalte in dieſer Stadt erhielt er die 3 Gr. Nach einer Reiſe in ſein Va - terland ging er den 9. Julius uͤber Holland und England wieder nach Paris.

202

1742 bis 45

war Lord Ward Groß-Meiſter in England, der als ein ſehr erfahrner Maurer geruͤhmt wird.

Taſchenbuch fuͤr die v. LL. 1777.

1742.

In Bayreuth wurden von dem regierenden Fuͤrſten zwei neue LL. geſtiftet, und durch einen oͤffentlichen feierlichen Aufzug eingeweiht.

v. Frei-Maurer Bibl. I. S. 91.

eod.

Stiftung der L. zu Frankfurt a. M.

1742.

Apologie pour l’Ordre des Francs-Maçons p[a]r Mr. N. à la Haye. Davon im folgenden J. eine deutſche Ueberſetzung in Halberſtadt, nebſt einem Schreiben eines Frei-Maurers der Einig - keits L. zu Frankfurt.

1742.

Histoire, obligations et statuts des Fr. M. à Francfort 1742. (von dem Br. de la Tierce von der L. des Herz. v. Loraine in London) Dies Werk enthaͤlt eine Hiſtorie der Maurerei von den aͤlteſten Zeiten an, und ſoll Anderſons Geſchichte erweitern und berichtigen.

203

1743. Den 20. Februar

weihte v. Hund zu Paris eine neue L. als Meiſter ein, und wohnte den 28. Auguſt einer gleichen Ein - weihung zu Verſailles, als erſter V. bei. Nicht lange nachher ging er uͤber Brabant zur franzoͤſi - ſchen Armee, wo er in dem Syſtem, das er nach - her in Deutſchland ausbreitete, eingeweiht worden ſeyn ſoll. Er wurde, heißt es weiter, an Hr. v. Marſchall gewieſen, der zu Altenburg eine Loge der 3 Gr. und zu Naumburg eine von allen Gr. dieſes Syſtems geſtiftet hatte.

1743.

Ueber die Verfolgung der Maurerei in Portu - gall, beſonders der BB. Couſtos und Mouton, die durch 19 Monate gemartert wurden, ſ. Proce - dures curieuses de l’Inquisition de Portugal, contre les Francs-Maçons. à la Haye 1745. und Journal fuͤr Frei-Maurer II., 2. S. 56 f.

Seit dieſem Jahre exiſtirt keine L. in Portu - gall mehr.

eod. Den 8. Junius.

Joſeph Balſamo, nachher ſogen. Graf Ca - glioſtro, zu Palermo geboren.

1745 u. f.

hielt man die Frei-Maurerei in Deutſchland noch ſo geheim, daß man die Namen der BB. nicht204 ſchriftlich aufzeichnete, ſondern einen jeden unter einem verdeckten Namen in die Protokolle eintrug, z. B. in der Loge Abſalom, und zu den 3 Roſen in Sachſenfeld.

ſ. freie Bemerk. uͤber d. polit. Verf. des Frei-Maurer O. S. 9.

1746.

Maureriſche Medaille auf die Geburt Guſtavs nachherigen Koͤnigs von Schweden. ſ. Journ. f. Frei-Maurer II., 2. S. 217 f.

1747.

Die L. Friedrich in Hannover (geſtiftet von der Hamburg. Provinz. -Loge 1746.) errichtet eine Deputations-Loge in Goͤttingen, und einige Jahre nachher eine dergl. in Wien, unter dem Namen: des trois coeurs unis.

1748.

Nach einem in den Akten des heil. Officiums zu Rom aufbehaltenen Dokumente, erhielt die Pforte Nachricht, daß ein Franzoſe angefangen habe, in dem Hauſe eines engl. Dollmetſchers zu Konſtan - tinopel, Frei-Maurer-Loge zu halten, worauf der Capudan Baſcha Befehl erhielt, die Verſamm - leten zu arretiren, und das Haus zu verbrennen. Die Geſellſchaft bekam fruͤher Nachricht, aber ihre Zuſammenkuͤnfte wurden durch die Geſandten unter -205 ſagt, und der franzoͤſiſche Logen-Meiſter wurde exilirt.

Leben und Thaten des Joſ. Balſamo ꝛc. S. 60.

1749.

v. Hund ſtiftet auf ſeinem Guthe Kittlitz, ohn - weit Loͤbau eine L. auf ſeine Koſten, und erbaut daſelbſt eine evangeliſche Kirche, bei deren Grund - legung er eine Nachricht von ſeinen maureriſchen Geſinnungen und Abſichten, in dem Grundſteine niederlegt.

eod.

Schon in den vierziger Jahren exiſtirte ein templariſches Kapitel zu Unwuͤrde, in der Ober - lauſitz. Ich (Keßler v. Sprengseiſen) bin zu Unwuͤrde Tempelherr worden, ehe an Johnſon noch weniger an die Kleriker gedacht wurde.

Fortſetzung des A. St. Nic. Leipz. 88. S. 121.

1750.

Nach dem XVII. Hefte des 6. Bandes, S. 198. ꝛc. des deutſchen Zuſchauers, ſollen die alten aͤchten Roſenkreuzer um dieſes Jahr, mit einem gewiſſen van Bruͤn zu Hamburg ausgeſtor - ben ſeyn, und die aͤcht roſenkreuzeriſchen Schriften des Baron Pfeif, ſich noch bei deſſen Erben in Braunſchweig befinden.

206

1751.

Die Bulle Clemens XIV. Providas Ro - manorum Pontificum iſt vom 17. Maͤrz, nach dem Buche: Leben und Thaten des Joſeph Balſamo ꝛc. S. 59. iſt ſie vom 18. May. Die Gruͤnde des Verbots ſind folgende: 1) die Vereini - gung mehrerer von verſchiedenen Religionspar - theien, 2) ihre Verſchwiegenheit, 3) der Eid, 4) weil ſolche Geſellſchaften wieder die buͤrgerlichen, und kanoniſchen Rechte ſind, nach Lib XLVII. und Plinius Ep. X. 97. 5) weil ſie von mehreren Fuͤrſten verboten worden, 6) weil ſie in boͤſem Ge - ruͤchte ſtehen.

Archiv der Frei-Maurer u. R. C. 1 Th. Berl. 83. S. 400 412.

1751.

Die Anklage des Joſeph Torrubia gegen die Frei-Maurer in Spanien, vor dem Consejo de la suprema y general Inquisicion aus der ſpaniſchen Handſchrift uͤberſetzt, ſteht in dem Journ. fuͤr Frei-Maurer, 1. Jahrgang 2. Vierteljahr, Wien 84. S. 175 224.

1752

ſoll Voltaire eine geheime Geſellſchaft geſtiftet, und als die erſten Mitglieder d’Alembert, Di - derot und Friedrich II. eingeweiht haben. Der Zweck derſelben ſoll geweſen ſeyn: das Chriſtenthum207 und die monarchiſchen Regierungen nach und nach abzuſchaffen. (!)

ſ. Schickſale der g. G. ꝛc.

1753. Den 9. September.

Merkwuͤrdige maureriſche Feierlichkeit, bei Le - gung des Grundſteins zur neuen Boͤrſe in Edin - burg, beſchrieben im Journal fuͤr Frei-Maurer II., 1. S. 142 f.

1753.

Bei der Geburt der Prinzeſſin Sophie Al - bertine, legten die ſchwediſchen LL. den Grund zu einem Waiſenhauſe in Stockholm. Zum Vor - theil dieſes Inſtituts, wird jaͤhrlich eine große muſikaliſche Akademie gegeben. Br. Boham ( 1767) hinterließ ihm ein Vermaͤchtniß von 300000 Dalers Kupfermuͤnze (70000 Fl.) 1778. ſchenkte ihm die Koͤniginn 1000 Thlr. wovon die Anſtalt jaͤhrlich am 29. Jul. 60 Thlr. Zinſen er - haͤlt; eben ſoviel laͤßt ihr auch der Magiſtrat von Stockholm jaͤhrlich auszahlen. Zu Gothenburg errichteten die Frei-Maurer ein eigenes Gebaͤude zur Einimpfung der Kinderpocken.

1756 circa.

Im Koͤnigreiche Neapel exiſtirt eine große Lan - des-Loge, die ſich mit den vereinigten LL. in Deutſch -208 land verbunden hat; bis 1759. der Koͤnig Carl Koͤnig von Spanien wurde, und die Krone bei - der Sicilien ſeinem Sohne Ferdinand IV. uͤber - ließ, wo der Miniſter des jungen Koͤnigs, T , die Frei-Maurerei zu verfolgen anfing.

1757.

Bis zu dieſem Jahre erkannte man in Deutſch - land kein anderes Syſtem, als das Engliſche, oder die 3 Gr. des L. G. u. M.

ſ. Schickſale der g. G. ꝛc.

1757.

Stiftung der aͤlteſten L. in Holland: Concor - dia vincit Animos zu Amſterdam, und außerdem noch 17 andere in den Laͤndern der Generalſtaaten.

eod. Den 18. December.

Der Groß-Meiſter der Gr. L. von Holland, macht den Vorſchlag, das Conſtitutions-Buch ins hollaͤndiſche zu uͤberſetzen, mit Einſchaltung der neuen Reglements.

v. De pligten, wetten der vrye Metze - laaren etc. S. 6 f.

1758 bis 61.

Die franz. Kriegsgefangenen hatten nach Ber - lin verſchiedene neue Gr. gebracht. Die L. zu den3 W.2093. W. hielt ſich fuͤr verbunden, den andern LL. ihre neuerlangten Kenntniſſe mitzutheilen: ſie ſchickte einen Emissair, Namens Roſa, aus, der in den genannten Jahren faſt ganz Deutſchland durch - wanderte, um den Logen die neuen Gr. mitzuthei - len, ſie zu reformiren, und der Mutter-Loge in Berlin zu unterwerfen. Viele LL. willigten ein, andre nicht. So entſtand eine Spaltung in zwei Syſteme, nehmlich das engliſche und franzoͤ - ſiſche. Jetzt trat die Epoche ein, wo die Begierde allgemein wurde, mehr zu wiſſen, als die Hiero - glyphen zu ſagen ſchienen, wodurch alſo der Einfuͤh - rung neuer Gr. die Thore geoͤffnet wurden.

ſ. Schickſale der g. G. ꝛc.

1759.

D. Jaͤniſch ſuccedirt dem noch lebenden Br. Luͤttmann, auf deſſen Verlangen, als Groß - Meiſter von Hamburg und Niederſachſen.

1762 ꝛc.

v. Hund erhaͤlt von Auguſt III. den Titel eines Geheimen Raths, nachdem er vorher 1753. koͤnigl. polniſcher und churfuͤrſtl. ſaͤchſiſcher Kam - merherr, 1755, Landes-Aelteſter des Budißini - ſchen Kreiſes geworden war, und gegen Ende deſſelben Jahres den ruſſiſchen St. Annen-Orden erhalten hatte. Durch den Krieg und ſein unſtaͤ - tes Leben, wozu er durch die Furcht vor den Preußen genoͤthigt wurde, war er gezwungen 1768. UnwuͤrdeZweites Baͤndch. O210und Kittlitz zu verkaufen. Vorher bot er ſeine ſaͤmmtlichen Guͤther dem Orden fuͤr 60 tauſend Rthlr. zum Kauf an, wofuͤr dieſer wenigſtens fuͤr 250 tauſend Rthlr. an Werth erhalten haͤtte. Da ſich dieſes zerſchlug, ſo gab er ſeine noch uͤbrigen Guͤ - ther auf Leibrenten aus. Nach dem Kriege trat er oͤffentlich zur katholiſchen Religion uͤber, welches er ſchon zu Paris heimlich gethan haben ſoll.

1763.

Roſa ſoll ein abgeſetzter lutheriſcher Geiſtlicher aus dem Anhaltiſchen, und einmal zu Halle Mei - ſter v. St. geweſen ſeyn. Er reiſte nach Schwe - den, und wurde dort nicht gut behandelt. Uebri - gens war er ein einnehmender Mann.

Bemerkungen uͤber St. Nic. und Anti St. Nic. ꝛc. S. 40.

Schon in ſeinem Syſtem lag die ganze Idee des T. H. O. Seine ſogenannten ausgedienten Ritter hießen geiſtliche R. und waren Clerici und Equites zugleich. Dies ergiebt ſich aus den Graden dieſes Syſtems, die Elû, Illustre, Sublime hießen; ferner aus dem am 7 October 1763 unter Johnſon zu Jena abgefaßten Protokoll, wo Roſa, D. Teichmeyer, Prof. Succow, D. Schickard u. a. gegenwaͤrtig waren; auch aus der Proteſtation, die Roſa unterm 13. Octob. d. J. alle dem Berliner-Hochkapitel untergeordneten Kapitel ergehen ließ, worinn er von der Jenai - ſchen Verhandlung Nachricht giebt, und die dem211 Johnſon vorgelegten Fragen anfuͤhrt, z. B. Fr. 3.: Ob wir Maurer-Ueberbleibſel von den alten Rit - tern, den T. H. ſeyen? welche Frage, ſo wie die von dem Sacro equestri, bejaht wird. Cf. Bei - trag zur neueſten Geſchichte des Frei-Maurer - Orden S. 57 und 58.

Stark Kryptokathol. II. S. 177.

1763. Den 6. November

ließ Johnſon, der zu Jena ein Hochkapitel er - richtet hatte, von dem er Groß-Prior war, alle zum Roſaſchen oder Berliner Hochkapitel Syſtem gehoͤrige Schriften, unter dem Schall der ritter - lichen Feldmuſik der Trompeten, wie es im Pro - tokoll woͤrtlich heißt, verbrennen, und ertheilte da - von allen mit ihm in Correſpondenz getretenen Kapiteln, mit Zuruͤckſendung ihrer zerriſſenen Con - ſtitutionen, unterm 23. December Nachricht.

Stark l. c. S. 178.

1763.

In dieſes Jahr ſetzt Stark l. c. S. 224. die Entſtehung des T. H. Syſtems, und giebt ſeine Dauer auf 18 Jahr an, (von 1763 bis 81.)

1736.

General-Verfaſſung der Roſenkreuzer; Haupt - Tabelle, wornach Aufnahme u. d. gl. geſchieht. O 2212Rubriken: Grade, Glieder, Zahl derſelben, Zeichen, Farben, Worte, Verbruͤderungs-Namen der Vor - ſteher, Laͤnder und Reiche, Reſidenzien, Conven - tionsplaͤtze, Kreiſe, ihre Wiſſenſchaften ꝛc. der R. C. in ſeiner Bloͤße ꝛc. S. 83 f. cf. Archiv l. c. S. 434.

1763. Den 3. October.

Edikt des Danziger Raths gegen die Frei - Maurer, vollſtaͤndig abgedruckt, in der Frei-Mau - rer-Bibliothek, III. St. S. 150. ꝛc.

1764.

Ueber die Zuſammenkunft in Altenberg, heißt es in einer Geſchichts-Erzaͤhlung im Manuſcript: Das ganze Corps der verſammleten BB. zog nach Altenberg. Dort ging nun alles aus dem rech - ten hohen Tone. Der Herr Provinzial (v. Hund) kam nach langem Hoffen daſelbſt an, erkannte den Johnſon fuͤr einen aͤchten Commiſſarium, und leiſtete demſelben vor einer ſo anſehnlichen und zahlreichen Verſammlung, in ſeinem voͤlligen und groͤßten Ornate, in Begleitung derer Ritter des H. O. Raths, die allerdemuͤthigſte Obedienz und Ehrenbezeigung. Nun gingen die Ritter - ſchlaͤge vor ſich ꝛc. Bald aber aͤnderte ſich die Scene; v. Hund gab ſich als den wahren Heer - meiſter des innern Ordens an, und lud die anwe -213 ſenden BB. ein, ihm Pflicht zu leiſten, und von ihm Unterricht zu erhalten. Er ſchlug alle aufs neue zu Rittern. Sein Syſtem war aber im Grunde kein anderes, als das von Johnſon.

Stark Kryptokathol. II. S. 184. ꝛc.

Obenerwaͤhntes hoͤchſtwichtiges Aktenſtuͤck be - kannt, unter dem falſchen Namen des Prof. Woog aus Leipzig, iſt abgedruckt im Journal fuͤr Frei-Mau - rer III. 3. S. 147 180. Dort heißt es u. a. S. 166. Die nach Altenburg geſchickten John - ſonſchen Schriften, hat der Br. v. Hund ſelbſt uͤbernommen, welche Vorſichtigkeit hoͤchſt noͤthig war, weil man ſonſt aus den darunter befindlichen eigenhaͤndigen Briefen des Herrn Provinzial, den ganzen zu Unwuͤrden entworfenen Plan, gleich wuͤrde entdeckt haben ꝛc.

1764.

Joh. Chriſtian v. Schubart, Edler Herr von dem Kleefelde, Herr auf Wuͤrchwitz ꝛc. Gehei - mer Rath ꝛc. ſoll der Sohn eines Schulmeiſters, auf einem Dorfe bei Zeitz, ſodann Bedienter bei dem Beſitzer von Wuͤrchwitz, das ihm nachher ſelbſt gehoͤrte, ferner Schreiber bei einem Herrn in Wien geweſen ſeyn.

1765.

Gegen Ende dieſes J. kommt Schubart nach Hamburg.

v. Fortſ. des Anti St. Nic. S. 214.

214

1766.

v. Zinnendorf ward, nebſt dem C. G. R. Kruͤger, zu Unwuͤrde zum Ritter gemacht; ſie erhielten die Direktion der preußiſchen LL. von der ſtr. Obſ.

eod.

Der Prof. Schroͤder in Marburg, gab ſich oͤffentlich fuͤr einen aufgenommenen aͤchten Roſen - kreuzer aus, nahm andere Maurer auf, bekannte aber endlich, er ſey nicht mehr mit den Obern des O. in Verbindung. Bei dieſer Gelegenheit wachte der Geſchmack an einer ſolchen myſtiſchen Geſell - ſchaft wieder auf. Dies nutzten etwa 10 Jahr darauf einige Avantuͤriers, formirten eine neue Ge - ſellſchaft, gaben dieſe fuͤr aͤchte Fortſetzung der alten R. C. aus, und erweckten dadurch noch andere falſche Roſenkreuzereien.

Maier uͤber Jeſuiten, Frei-Maurer und deutſche R. C. S. 121. etc.

1766.

In einer Kaiſerl. Koͤnigl. Verordnung werden alle diejenigen, ipso facto fuͤr ihrer Bedienungen verluſtig erklaͤrt, welche ſich in die ſogenannte Frei - Maurer - und Roſenkreuzer-Bruͤderſchaften ein - laſſen wuͤrden.

(Die Fortſetzung folgt, wegen Mangel an Raum, im dritten Bändchen.)

[215]

IV. Die Loge zu Z. Ein Auszug aus dem Reiſe-Journal eines unterrichteten Maurers. Die Loge zu Z. Ein Auszug aus meinem Reiſe-Journal.

[216][217]

Auf meiner Reiſe im vorjaͤhrigen Sommer, kam ich nach Z. Die reitzende Gegend, die vielen Merkwuͤrdigkeiten der Stadt und ihrer Umgebun - gen, feſſelten mich; ich beſchloß, wenigſtens acht Tage hier zu verweilen. Das Daſeyn einer Frei - Maurer-Loge an dieſem Orte war mir unbekannt; ich hatte dieſen Namen in keiner der neueſten Liſten gefunden, es fiel mir alſo nicht ein, nach meiner Weiſe, die Bruͤderſchaft zu begruͤßen. Aber noch nie bin ich auf eine ſo uͤberraſchende und angenehme Art aus einem Irrthume geriſſen worden.

In dem Gymnaſium, welches ich beſuchte, fand ich einen vortrefflichen Apparat fuͤr die Erfahrungs - Wiſſenſchaften, und einen beſonderen Lehrer dafuͤr, den ich, bei der Armuth der Stiftung, die ich wohl kannte, nicht erwartet hatte. Dieſer Lehrer, ſagte man mir, wird von der Frei-Maurer-Loge ſala -218 rirt, auf deren Koſten auch die noͤthigen Inſtru - mente angeſchaft werden. Iſt denn eine Loge hier? fragte ich. Ja wohl! antwortete man; ein vortreffliches Inſtitut, das fuͤr unſre Stadt ſehr wohlthaͤtig iſt; ſie hat auch eine Induͤſtrieſchule angelegt, unterhaͤlt zwei arme, talentvolle Juͤnglinge hier auf dem Gymnaſium, und ſodann auf der Univerſitaͤt, laͤßt arme Kranke unentgeltlich kuriren, und thut ſehr viel Gutes, das man ſo nicht er - faͤhrt. Dann ſtehen die Frei-Maurer wohl hier in guter Achtung? Ueberall, ſelbſt bei den gemeinſten Leuten. Anfangs hielt man nichts auf ſie, und war ſelbſt gegen ihre Wohlthaten mißtrauiſch, allein ſie haben nach und nach ſich Achtung und Vertrauen erzwungen. Wie das? Sie hatten es am meiſten ihrem perſoͤn - lichen Character zu danken; ſchlechte Menſchen oder die irgend in uͤblem Rufe ſtanden, waren ſie auch reich und vornehm, nahmen ſie nicht unter ſich auf, andre ſchloſſen ſie von ſich aus, und ſie ſelbſt wa - ren immer gerecht, beſcheiden, drangen ihre Wohl - thaten niemand auf, wer ſie aber annahm, mußte ſich nach ihren Vorſchriften richten, wobei man ſich immer wohl befand. So iſt der Name der Frei - Maurer in unſerer Stadt zu einem Ehrennamen geworden, und jede Frau ſieht es gern, wenn ihr Mann in der Geſellſchaft iſt.

Ich war doppelt erſtaunt, hier eine L. und zwar eine ſolche L. zu finden. Bei weiterem Nachfragen, hoͤrte ich immer mehr Gutes von ihr, und was noch mehr ſagen will, von den einzelnen219 Mitgliedern, die man uͤberall mit Achtung nannte. Das freute mich. Es werden reiche und gute Maͤn - ner ſeyn, dachte ich, die ihre Kraͤfte vereinigen, um Gutes zu wirken, Aufklaͤrung zu verbreiten aber, wie es mit ihrer Maurerei ſteht, das iſt noch ſehr die Frage; eine Winkel-Loge iſt es auf alle Faͤlle, denn, wie geſagt, ihr Name ſteht in keinem Verzeichniß irgend einer Gr. L. Endlich ſtieß ich bei meinen Nachforſchungen, die ich nicht unter - ließ, auf einen Mann, von dem ich vermuthen konnte, daß er Maurer ſey. Ich fand an ihm einen ſehr unterrichteten Mann, der uͤber alles mit einer Klarheit und Beſtimmtheit ſprach, die mir ungemein gefiel; ich machte ihm meine Zeichen, er achtete nicht darauf; ich ſprach von beruͤhmten maureriſchen Orten und Perſonen, er ſchien ſie nicht zu kennen, und unvermerkt hatte er mich in andre Geſpraͤche verwickelt, uͤber denen ich die Mau - rerei vergaß. Als er weggegangen war, es war nach der Table d’hote fragte ich den Wirth, ob dieſer Herr zur L. gehoͤre. Allerdings, ſagte dieſer, Herr †† iſt einer der aͤlteſten. Das iſt wunderbar! dachte ich, Maurer zu ſeyn, und ſich gegen einen Br. zu verbergen!

Nun beſchloß ich, mich bei dem Rath M., den man mir als Maurer v. St. genannt hatte, anſagen zu laſſen, um ſo mehr, da ich einen Brief an ihn hatte. Er nahm mich an; es war ein hoͤchſt liebenswuͤrdiger alter Mann, der zur Ehr - furcht und Liebe hinriß, beſonders wenn man ihn im Kreiſe ſeiner Familie ſah. Er ſprach mit220 Waͤrme von ſeinem Freunde, von dem ich ihm den Brief gebracht hatte; er ſchien mich um ſeinetwil - len recht freundlich aufzunehmen. Sobald wir allein waren, trat ich ihm als Maurer naͤher, und um mich ihm ganz zu entdecken, legte ich ihm alle meine Patente und Certificate vor. Wo ich auch hindeutete er war dort zu Hauſe; ich mochte ſo hoch ſteigen, als ich wollte ich fand meinen Mann. Bei meinen Patenten laͤchelte er, ich weiß nicht, ob freundlich oder ſpoͤttiſch, und ſagte: Ei! habe ich doch dergleichen lange nicht geſehen! Er betrachtete meine Sachen recht fleißig, nicht eben um ſie zu pruͤfen, ſondern um ſie zu betrach - ten, und gab mir ſie mit den Worten: Das iſt alles ganz richtig! zuruͤck.

Ich. Werden Sie mir auf dieſes den Zutritt in Ihrer L. verſagen?

Er. O nein! aber, lieber Br. Sie haben noch ein beſſeres Certificat, als dieſe da, und auf dieſes ſind Sie uns ſogar willkommen.

Ich. Ein beſſeres?

Ev. Leſen Sie dieſe Stelle in dem Briefe meines alten Freundes.

Ich las: Er iſt ein ehrlicher Mann, ein gu - ter Maurer, und ſteht, vielleicht ohne es zu wiſſen, in Abſicht der hohen Dinge auf dem hiſtoriſchen Standpunkte. Iſt denn unſer Freund Maurer?

Er. Allerdings! und zwar ein ſehr unterrich - teter.

Ich. Aber er geht nicht in Logen?

221

Er. Nach welchem Syſtem arbeiten die LL. in ſeiner Stadt?

Ich. nach dem Syſtem.

Er. Vielleicht koͤnnen Sie ſich ſeine Zuruͤckzie - hung daraus erklaͤren; aber er wuͤrde wahrſchein - lich auch an keinem andern Syſtem Theil nehmen, denn er iſt blos Maurer.

Alles was er ſonſt noch ſagte, ſetzte mich im - mer mehr in Verwunderung; ich merkte es ſehr gut, daß ich ihm naͤher kam, jemehr ich mein Lo - genweſen vergaß, und aus mir heraus ſprach. End - lich beim Weggehen ladete er mich auf Uebermor - gen zur L. ein, wobei ich ihm verſprechen mußte: mit Unbefangenheit und ſcharfer Aufmerkſamkeit zu beobachten, und uͤber jede meiner Beobachtun - gen, Zweifel und dergleichen, entweder mit ihm, oder mit irgend einem der BB. zu ſprechen. Ich ſagte es zu, und konnte kaum den Tag und die Stunde erwarten.

Waͤhrend der Zeit machte ich noch die naͤhere Bekanntſchaft meines Tiſchnachbars. Er war, ſeit meinem Beſuch bei dem Meiſter v. St., offenherzi - ger gegen mich geworden, und ich fand in ihm einen Mann von tiefen maureriſchen Kenntniſſen. Zu meinem Erſtaunen beantwortete er die Frage, die ich eigentlich fuͤr uͤberfluͤſſig hielt, ob die L. nehmlich in hoͤheren Graden arbeite? mit Nein, und doch ſprach er von allen den hoͤheren Graden, die ich mit ſchwerem Gelde bezahlt hatte, als wenn er ſie alle wirklich durchgegangen waͤre. Ich beru - higte mich damit, daß ich annahm, der Meiſter v. 222St. ſowohl als er, haben dieſe Gr. auf etwanigen Reiſen, oder ehe ſie in dieſe Stadt gekommen waͤren, erhalten. Ueber alles uͤbrige, was ich noch mit ihm abzuhandeln wuͤnſchte, verwies er mich auf die L., beſonders da ich eine Aufnahme ſehen wuͤrde; auch erklaͤrte er mir, daß ſie es zur Gewohnheit haͤtten, außer der L. nicht viel von Maurerei zu ſprechen.

Die erſehnte Stunde kam endlich heran, und ich war einer der erſten im Hauſe; doch traf ich den Br. M. den wahrhaft ehrwuͤrdigen Meiſter v. St. ſchon in dem Verſammlungs-Zimmer. Er ſchien den Wirth zu machen, und ſeine Gaͤſte zu empfangen, da im Gegentheil andere Logen-Mei - ſter mit einem vornehmen Air in die Verſamm - lung der BB. einzutreten, und ihre Complimente zu empfangen pflegen. Er ſtellte mich allen, ſo wie ſie kamen, mit lauter Stimme vor, bei man - chen, als den Freund meines P., und nannte mir die Namen der BB., mit dem Beiſatz ihrer Aem - ter. Einem jeden wußte er dabei etwas herzliches und freundſchaftliches zu ſagen, erkundigte ſich nach ſeiner Geſundheit, ſeiner Familie, und alle antworteten ihm, wie einem vertrauten Freunde. Mich bewillkommten ſie mit freundlicher Offenheit, und jeder ſuchte mit mir ein Geſpraͤch anzuknuͤpfen, ſo, daß ich bald einen kleinen Zirkel um mich hatte. Da man mich fuͤr einen gereiſten Mann erkannte, ſo fragte mich dieſer bald nach dieſem merkwuͤrdi - gen Manne, bald ein anderer nach jenem. Es fiel mir dabei zweierlei auf, daß ſie nehmlich ſich nach223 keiner Loge erkundigten, und daß die BB., nach denen ſie fragten, groͤßtentheils ſolche waren, von denen ich grade uͤber Maurerei das meiſte gelernt hatte, oder die ich nur als vernuͤnftige Maͤnner, nicht aber als Bruͤder kannte. Dabei war ich alle Augenblicke in einer beſonderen Angſt, denn ſie ſprachen in dieſer gemiſchten Geſellſchaft, wo ich an der Kleidung weder L. noch G. noch Meiſter erkennen konnte, ganz laut und frei uͤber Dinge des 3. Gr. ja ſogar der hoͤheren, daß meine Angſt oft meine Antwort verwirrte. Das Geſpraͤch betraf uͤbrigens blos maureriſche Dinge, und ward mit viel Lebhaftigkeit und Anſtand gefuͤhrt; nie - mand rauchte Tabak oder trank Bier; auch nach einem Billard, von dem ſich ſonſt die BB. ſo ſchwer zur Arbeit losreißen, ſah ich mich vergeblich um. Wir ſpielen hier nie, ſagte mir einer auf meine Nachfrage, und ſehnen uns hier nicht dar - nach; ſelbſt zum freundſchaftlichen Geſpraͤch uͤber Gegenſtaͤnde der Kunſt, haben wir vor den beſtimm - ten Beſchaͤftigungen nicht viel Zeit, und wir ſprechen hier gern miteinander, da wir außer dem Hauſe uͤber maureriſche Gegenſtaͤnde nicht zu ſprechen pflegen.

Ich aͤußerte mein Befremden, daß ſie kein groͤßeres und ſchoͤneres Locale haͤtten, da doch ihre Kaſſe, wie es ſchiene, nicht zu arm ſey, ein eigenes Haus und Garten zu kaufen, das alle Logen ſo ſehr liebten.

Die BB. ſchienen bei meinen Worten theils zu laͤcheln, theils mich mit großen Augen anzuſe -224 hen. Mein lieber Br.! ſagte M., der ſich in unſer Geſpraͤch gemiſcht hatte, wir wohnen hier zur Miethe, und haben dies Zimmer, das Logen - Zimmer, und noch eine kleinere freundliche Stube zur Praͤparation, dafuͤr geben wir jaͤhrlich 50 Thlr. Miethe, und finden die Ausgabe ſchon hoch genug, denn wir koͤnnten die 50 Thlr. beſſer brauchen. Wir ſehen das Geld, was wir zuſammenbringen. als Muͤndelgelder an, die wir gut und gewiſſen - haft belegen muͤſſen, und da koͤnnen wir keine Haͤuſer, Gaͤrten oder Billards kaufen, die uns ohnehin zu nichts helfen wuͤrden.

Sie machen alſo Kapitalien? ſagte ich, ziem - lich unuͤberlegt.

Nicht einen Pfennig, antwortete er mir mit einem ganz beſonderen Blick, wir ſind zufrieden, wenn wir nur kaͤrglich ausreichen.

Ich gerieth in ſichtbare Verlegenheit, denn nun erinnerte ich mich erſt ihrer ausgebreiteten Wohl - thaͤtigkeit. Es war mein Gluͤck, daß eben die Stunde ſchlug, und man zur Arbeit aufbrach. Aber ich ſollte nicht aus dem Erſtaunen heraus - fallen; denn nun forderte der Meiſter den Candi - daten auf, mit ſeinem Freunde ins Vorbereitungs - Zimmer zu gehen, und ich merkte erſt, daß dieſer die ganze Zeit uͤber dabei geweſen, und alle unſere Geſpraͤche uͤber Maurerei gehoͤrt hatte. Mehrere der BB. ſchuͤttelten ihm die Hand, als er mit ſeinem Freunde ging, und wohin? in ein ganz helles Zimmer, in dem ich nichts, als ein Paar Stuͤhle und einen Tiſch erblickte.

Ich225

Ich mochte ihm mit einer wunderlichen Miene nachſehen, denn einer der BB. ſagte mir: Mit der Praͤparation will es bei uns nicht viel ſagen, denn wir glauben, daß der Mann ſchon wohl praͤ - parirt ſeyn muͤſſe, der hieher kommt. Er geht nur in dies Zimmer, weil es wider die Delika - teſſe ſeyn wuͤrde, wenn wir ihn bei den erſten Verhandlungen gegenwaͤrtig ſeyn ließen, und weil er doch in eine geoͤffnete L. eingefuͤhrt werden muß. Sein vertrauteſter Freund bleibt indeß in ſeiner Geſellſchaft.

Ueber dieſer Rede haͤtten wir bald verſaͤumt, ins Logen-Zimmer einzutreten. Welch eine Pracht hatte ich erwartet, und was fand ich! Einen einfachen Tiſch, auf dem B. Z. u. W. lagen, Ta - burets zum Sitzen und in der Mitte waren die beiden V. beſchaͤftigt, einige einfache Figuren auf dem Boden mit Kreide zu zeichnen. Alle BB. trugen die Meiſter-Kleidung. Ich trat auf den mir angewieſenen Platz, und zwar in der groͤßeſten Spannung. Es war eine feierliche Stille, ſie ſchienen von der Wichtigkeit der bevorſtehenden Handlung durchdrungen zu ſeyn, man bemerkte in keinem Geſichte weder eine falſche Feierlichkeit noch Gedankenloſigkeit. Der M. und die A. geſtalteten die L., die Oeffnung war kurz, erhaben, und ich moͤchte ſagen, antik. Die Aufnahme ward ange - kuͤndigt, der Candidat war ein Mann, der 6 Jahre als Secretair bei dem Collegium arbeitete; einer nach dem andern erzaͤhlte einen Charakter - zug von ihm, keiner war, der da ſagte: ich kenneZweites Baͤndch. P226ihn nicht. Dieſer ſagte: er ernaͤhrt ſeine alte Mutter, ſo beſchraͤnkt auch ſeine Lage iſt; der an - dre: ſeine Gattin wetteifert mit ihm in Liebe zu der alten Frau; der dritte: (ſein Vorgeſetzter im Amte) er iſt in ſeinem Dienſtgeſchaͤft der puͤnkt - lichſte; die uͤbrigen brachten einzelne Zuͤge ſeines Herzens und Charakters auch aus fruͤheren Zeiten vor; jeden dieſer Zuͤge begleitete der Meiſter mit einem kurzen Urtheile, das von einer ſeltenen Kunſt in der moraliſchen Wuͤrdigung zeugte. Nun ſchritt man zur letzten Kugelung, und der Meiſter erinnerte die BB. daß alle Stimmen ihm guͤnſtig ſeyn muͤßten; ſie waren es. Alsdann zeigte der Schatz - meiſter an, daß vor der Hand fuͤnf BB. ſich er - klaͤrt haͤtten, das Eintrittsgeld (von 10 Louisd’or) und den monathlichen Beitrag (von 1 Thlr.) fuͤr ihn zu bezahlen, bis er dieſe letztere Ausgabe, ohne ſeiner Familie zu ſchaden, ſelbſt wuͤrde uͤbernehmen koͤnnen. Dieſe BB. wurden nicht genannt.

Ich ſchalte ſogleich das ein, was ich in der Folge uͤber den Punkt des Geldes hoͤrte. Wir haben ſelten eine Aufnahme, ſagte mir Br. M., denn wir ſind in der Auswahl ſehr ſtreng; zehn Louisd’or ſcheint Ihnen viel zu ſeyn, allein wenn Sie bedenken, daß er nun, außer den monatlichen Beitraͤgen, nicht einen Pfennig mehr in ſeinem gan - zen Leben zahlt, und daß dieſes Geld uns hoͤchſt - noͤthig iſt, und mit ſtrenger Gewiſſenhaftigkeit ver - waltet wird, ſo werden Sie es wohl nicht mehr zuviel finden. Mußte ich doch bei meiner Recep - tion in X. 6 Louisd’ors zahlen, dann 3, dann227 wieder 6, dann gar 100 Thlr., dann doch was rechne ich Ihnen meine Thorheiten vor! Ueber - dies werden Sie gehoͤrt haben, daß nicht grade der B., welcher aufgenommen wird, die Summe zu bezahlen braucht; indeß bezahlt muß ſie werden; und wenn ſich ja niemand finden wollte, der ihre Erlegung uͤbernaͤhme, ſo geſtehe ich Ihnen gerade zu, der Candidat koͤnnte nicht aufgenommen wer - den. Indeß der Fall iſt bei uns unerhoͤrt. Mit dem Beitrag von 1 Thlr. monathlich, der Ihnen auch ungewoͤhnlich ſcheint, hat es eine aͤhn - liche Bewandniß; er iſt nur das Minimum, denn die Reichern taxiren ſich ſelbſt. Aus verſchiedenen Gruͤnden haben wir angenommen, daß der, welcher nicht wenigſtens 12 Thlr. jaͤhrlich fuͤr gemeinnuͤtzige Zwecke miſſen kann, beſſer thue, nicht Mitglied einer Geſellſchaft zu werden, deren anerkannter Nebenzweck die Wohlthaͤtigkeit iſt. Die Frei - Maurer koͤnnen ſich von ihr nicht losſagen, nicht, weil das Beiſpiel von London da iſt, und die Sache von Logen, die den Hauptzweck nicht kann - ten, mit Begierde ergriffen worden iſt, um doch wenigſtens Etwas zu thun; ſondern weil gerade dieſe Geſellſchaft die rechten Begriffe von Wohl - thaͤtigkeit haben muß, weil ſie am beſten wiſſen kann, wo es fehlt und wo zweckmaͤßig, oft mit einer kleinen Veranſtaltung eingegriffen werden muß, und ſie ſonach am beſten als Beiſpiel auftreten kann, wie und wo geholfen werden muͤſſe. Auch waͤre es der bloßen Klugheit gemaͤß, daß eine geſchloſſene Geſellſchaft, die ſich von ihrenP 2228Mitbuͤrgern abſondert, deren gute Meinung durch zweckmaͤßige Wirkſamkeit gewoͤnne. Uebrigens verſteht es ſich von ſelbſt, daß der geſtern aufge - nommene Bruder, eben ſo genau, als ich von der Verwendung des Geldes unterrichtet iſt, und uͤber deſſen Anwendung ſeine Vorſchlaͤge und ſeine Stimme abgiebt. Almoſen, ſetzte er noch auf meine Frage hinzu, geben wir nicht; fuͤr Bettler ſind die oͤffentlichen Armenanſtalten, und maureriſche Bettler ſuchen uns nicht auf, weil ſie von uns nichts zu wiſſen ſcheinen.

Doch ich kehre zur L. zuruͤck. Die Aufnahme ging vor ſich. So gern ich hier mit der groͤßeſten Ausfuͤhrlichkeit erzaͤhlen moͤchte, denn jedes Wort, jede Handlung war mir hoͤchſt bedeutend ſo wage ich es doch nicht, es dem Papier anzuver - trauen, weil ich fuͤr ſeine Schickſale nicht ſtehen kann. So viel iſt gewiß, ich lernte in dieſer Stunde in Abſicht auf wahre Maurerei, und deren inner - ſtes Weſen, mehr, als ich in allen meinen hoͤheren Graden gelernt hatte. Ich ſtelle mir vor, einem guten Chriſten, der bisher in der katholiſchen oder proteſtantiſchen Confeſſion erzogen worden iſt, und der auf einmal in die Verſammlung der alten Chriſtianer, die nichts, als das Wort des Herren kannten, verſetzt wuͤrde, muͤßte ohngefaͤhr zu Muthe ſeyn, wie es mir war. Alles, was zu verſchiedenen Zeiten und zu beſonderen Zwecken, in England, Frankreich, Deutſchland, Schweden, Italien ꝛc. dem alten, aͤchten Stamm der Maurerei aufge - pfropft worden war, und das ich durch mein Stu -229 dium und meine Erfahrungen ſchon einzeln als Neuerung und Verunſtaltung erkannt hatte, war verſchwunden; rein und kraͤftig ward das alte Evangelium verkuͤndigt; die drei Gr. L. ſtrahlten in ihrem vollen Glanze, keine falſche Feierlichkeit zog den Blick von ihnen ab, keine erregte Furcht verwirrte das Gemuͤth. Ohne alle Erniedrigung trat der Mann zu Maͤnnern, um ſich mit vollem Bewußtſeyn mit ihnen zu großen und ſchoͤnen Zwecken zu vereinigen, und von ihnen die wahre Kunſt des Lebens zu erlernen. Ich fuͤhlte es mit der lebendigſten Ueberzeugung: alles, was poſi - tiv, nicht hiſtoriſch, von Maurerei geſagt werden kann, ward hier aufs vollſtaͤndigſte ausgeſprochen; es blieb nichts mehr uͤbrig, was man mit gleichem Fug haͤtte Maurerei nennen koͤnnen. Ich er - ſchrak vor mir ſelbſt, als ich mir geſtand, daß durch dieſe Aufnahme das, was rein und aͤcht maureriſch iſt, vollendet ſey, und daß ich nun nicht wiſſe, was mit allen uͤbrigen Gr. werden ſolle. Das aller - aͤlteſte Ritual, das wir kennen, und deſſen Aecht - heit außer Zweifel geſetzt iſt, lag in ſeiner Einfach - heit zum Grunde, es war trefflich uͤberſetzt, und ward mit der groͤßten Wuͤrde ausgeſprochen. Nie - mand der Handelnden hatte ein Blatt vor ſich, man ſprach mit vollkommner Freiheit des Geiſtes; und aus der Schoͤnheit und Bedeutſamkeit, mit der einige der Handelnden ſprachen, merkte ich wohl, daß ſie ſich nicht ſtreng an den Buchſtaben hielten, ſondern daß der Geiſt der Bruͤderſchaft aus ihnen ſprach. Soll ich noch von dem Anſtand,230 der Wuͤrde, der Sicherheit und Beſtimmtheit, mit der jeder der Anweſenden ſprach und handelte, reden? jeder wußte genau, was er zu thun habe, niemand durfte erinnert werden, weder von Außen noch im Innern war die geringſte Stoͤhrung, nie die kleinſte Luͤcke, nirgends eine Spur von langer Weile. Die Aufnahme war vollendet, der letzte feierliche Akt derſelben erſchoͤpfte in ſeiner hohen Einfachheit alles, was ich in meiner maureriſchen Laufbahn an Erhabenheit geſehen habe. Nun heißen ſie Frei-Maurer, ſagte der M. v. St., ob Sie es ſind, das kommt allein auf Sie ſelbſt an. Zwei Stuͤcke machen den M.; die maureriſche Ge - ſinnung und maureriſche Kenntniſſe. Jene zu erwerben, zu verfeinern, zu verſtaͤrken, iſt Ihre Arbeit; Gelegenheit dazu werden Ihnen fortgeſetzt, unſere Verſammlungen geben, die keinen andern Zweck als dieſen, haben. Dieſe wird befoͤrdert und begruͤndet durch das Studium der Geſchichte unſerer Bruͤder - ſchaft; dazu kann Ihnen unſer Archiv, das Ihnen von heut an geoͤffnet iſt, nuͤtzlich werden, beſonders wenn Sie den rechten Blick dazu mitbringen.

Die L. wurde geſchloſſen, die Linien auf dem Boden verwiſcht, die drei Gr. L. und die Repraͤ - ſentanten der drei kleinen weggenommen. In der Zwiſchenzeit fragte ich freimuͤthig uͤber alles, was mir aufgefallen war. Ich glaubte ſo manches ver - mißt zu haben, was ich auch nach meinem Stu - dium der verſchiedenen Syſteme, und troz meiner Abſtraktionen, fuͤr weſentlich hielt. We - ſentlich kann das wohl nicht ſeyn, ſagte mir Br. M.231 mit ſeinem liebenswuͤrdigen Ernſte, was erſt in neueren Zeiten, unter bedingten Zwecken ent - ſtanden iſt. Dies wurde dort eingefuͤhrt, und ſollte Es gehoͤrt alſo blos in die Hiſto - rie, und davon bleibt unſern BB. nichts verbor - gen. Selbſt das Unſchuldige, ſelbſt das im guten Geiſte der Bruͤderſchaft Erfundene, verweiſen wir aus unſerer Liturgie, weil wir der Erhabenheit des Alten nur Eintrag thun wuͤrden, in welchem denn doch wohl nichts fehlt, was den Namen des Maureriſchen verdient. Wer noch außer dieſem Erbauung und Belehrung ſuchen will, der findet alle ſeine Wuͤnſche durch unſer Archiv, dem nicht leicht an Vollſtaͤndigkeit etwas abgehen moͤchte, vollkommen befriedigt. Wir thun uns in Wahr - heit etwas darauf zu Gute, denn wir haben den großen Vortheil davon, daß wir durch die voll - ſtaͤndige Kenntniß aller maureriſchen Verirrungen, aufs unwiderleglichſte in unſerer erkannten Wahr - heit befeſtiget werden.

Die BB. nahmen wieder Platz; denn der Meiſter v. St. wandte ſich zu dem Neuaufgenom - menen: Ihre Aufnahme, lieber Br.! ſagte er ohn - gefaͤhr, iſt nun vollendet, ſo auch alle Handlungen die je mit Ihnen vorgenommen werden. Sie haben das Licht erhalten, und dies iſt nur Eins, was dem Maurer bis ans Grab leuchtet; alle uͤbrigen Lichter ſind Irrlichter. Seit den Jahrhunderten aber, in denen die Bruͤderſchaft ſteht, hat man ſo viel an ihrem Weſen gemodelt, daß die maureriſche Geſchichte ein großer Zweig der Geſchichte des232 menſchlichen Verſtandes, und ſeiner Thorheiten geworden iſt. Es iſt ein großes Feld, das ſich Ihrer Wißbegierde oder Ihrer Neugierde oͤffnet; es bleibt Ihnen uͤberlaſſen, wie viel oder wie we - nig Sie ſich darauf umſehen wollen. Allein dies muß ich Ihnen des Herkommens wegen, noch heut ſagen, daß unſere Bruͤder vor Jahren fuͤr gut befunden haben, der Einweihung, die Sie heut erfahren haben, noch zwei andere hinzuzu - ſetzen, die ſie denn zuſammen drei Grade nannten, und welche die ſogenannte Johannis-Maurerei ausmachen, weil unſere Vorfahren die Sitte hat - ten, an dem Tage des Evangeliſten und ſpaͤterhin des Taͤufers Johannis eine allgemeine Verſamm - lung zu halten. Der dritte dieſer Grade wurde um die Zeit und zu dem Zwecke er - funden, und haͤngt mit der Maurerei wenig zuſam - men; um dieſen geringen Zuſammenhang weniger auffallend zu machen, ſchob man ums Jahr einen zweiten ein, der etwas duͤrftig ausgefallen iſt. Dieſe drei Grade, davon Sie die Rituale und Tapis aller Syſteme gelegentlich nachſehen koͤnnen, gehoͤren nach dem Herkommen dazu, einem Br. das volle Recht in den LL. zu geben; um Sie alſo ſogleich bei Ihrem Eintritt in die vollen Rechte der Geſellſchaft zu ſetzen, werde ich Ihnen die Rituale der dritten und zweiten, nach den uns bekannten aͤlteſten Urkunden, der Hauptſache nach vorleſen laſſen, und Sie vorher zum Zeichen der Gleichheit an Rechten mit der eingefuͤhrten Mei - ſter-Sch. bekleiden.

233

Nachdem dies alles geſchehen war, war die Verſammlung geendigt. In demſelben Augenblick verließen alle BB. das Zimmer, kleideten ſich aus, und ich wurde von dem biedern M. zu einem fru - galen Abendbrodte geladen. Wir gingen, wenige ausgenommen, die zu ihrer Familie zuruͤckkehrten, in das erſte Stockwerk des Hauſes, wo ein ſehr artiges Souper angerichtet war. Sie haben nach einer Reception nicht Tafel-Loge? fragte ich. Nein, ſagte M., wir eſſen nur an den Feſten nach der eingefuͤhrten Sitte, und mit den wenigen Gebraͤuchen, die wir zu dieſem Behufe angenom - men haben. Denn Tafel-Logen ſind eben ſo, wie Trauer-Logen nur in der Syſtems-Maurerei gegruͤndet. Wir moͤgen aber als Freunde gern auch beim froͤhlichen Becher zuſammen ſeyn, und da veranſtalten wir denn zuweilen ein kleines Mahl, an dem jeder nach ſeinem Gefallen Theil nimmt. Wenn Sie aber erwarten, daß dabei von Tugend, dem goldnen Zeitalter, oder Vater Noach geſprochen oder geſungen werde, ſo irren Sie ſich.

Noch nie habe ich ſo heiter, anſtaͤndig und froͤhlich unter bloßen Maͤnnern gegeſſen. Die Unterhaltung war ungemein lebhaft und witzig; ich glaubte unter einer Menge weiſer Maͤnner zu ſeyn, die die Luſtigkeit mit Ernſt treiben, und denen eine ungewoͤhnliche Anſicht des Lebens, einen vor - zuͤglich guten Muth und eine gewiſſe Sicherheit des Wohlſeyns giebt. Ich war in der That ſo erbaut, daß ich glaubte, es ſei L. geoͤffnet. An Stadt-Neuigkeiten ward nicht gedacht; man war,234 wie der Zeit und dem Orte entruͤckt. Das ganze Gebiet des menſchlichen Verſtandes war uns auf - gethan. Man erzaͤhlte, aber keine faden Anekdoten, man disputirte, aber mit Humanitaͤt, Feinheit und Witz, man ſprach uͤber maureriſche Gegenſtaͤnde, aber nicht uͤber das Heiligthum der Maurerei, man ließ mich von meinen Erfahrungen erzaͤhlen, und man wußte beinah alles beſſer als ich, der ich doch oft an Ort und Stelle geweſen war, und mitge - handelt hatte. Wie oft erfuhr ich hier erſt die beſonderen Triebfedern, die da und dort mitgewirkt hatten, und die meinem Auge gaͤnzlich entgangen waren, wie oft lernte ich einen ganz andern Mann, als Leiter der Angelegenheiten kennen, als der ſicht - bar an der Spitze ſtand. Ueber das alles ſprachen ſie ſo unbefangen, und mit einer ſolchen Leichtigkeit, daß ich wohl ſah, dieſe Maurer muͤß - ten ein hoͤheres Intereſſe haben, als die gewoͤhn - lichen Logen-Begebenheiten. Sie waren ihnen das Treiben einer fremden Welt, von dem ſie hoͤch - ſtens eine fluͤchtige hiſtoriſche Notiz nahmen, und das ſie nur zu Belegen uͤber ſichre Erfahrungs - Maximen brauchten. Dennoch war mir dieſe tiefe Kenntniß der Begebenheiten und Verhaͤltniſſe aus der ganzen Maurerwelt, dieſe Prophezeihungen, welche man ganz natuͤrlich, als ſichere Folgerungen aus den angegebenen Datis einmiſchte, zu auffallend, als daß ich nicht haͤtte fragen ſollen, wie ſie doch in ihrer Zuruͤckgezogenheit zu dieſer Kenntniß des Ganzen gelangt waͤren. Folgendes iſt ohngefaͤhr das Reſultat der Antworten, die ich erhielt.

235

Wir haben keine ſogenannte Logen-Correſpon - denz, wo man uns meldet, daß man in bruͤder - licher Einigkeit, und unter dem Seegen des H. B. a. W. abermals das Stiftungsfeſt gefeiert habe; wir verdanken dies unſerer Unabhaͤngigkeit, von allen ſogenannten Großen LL. und unſerer Unbekanntſchaft in der Logenwelt. Dafuͤr ſtehen wir aber in einer ununterbrochenen Correſpondenz mit allen unterrichteten Maurern, die in der Welt zerſtreut leben, und einigen wenigen LL., denen, wie uns, die Maurerei, nicht das Logen-Weſen am Herzen liegt. In vielen LL., die davon nichts ahnen, ſind ein, zwei oder mehrere Maͤnner von Einſicht, die mit uns auf gleichem Standpunkt ſtehen, und ſich neben der Cultur des Geiſtes der Bruͤderſchaft, vorzuͤglich mit Erforſchung der mau - reriſchen Geſchichte beſchaͤftigen. Dieſe Maͤnner verbergen ſich nicht, und zeigen ſich nicht; wer nach ihrem Lichte begierig, und deſſen wuͤrdig iſt, der findet ſie. Sie nehmen Aemter, aber ſie ſuchen ſie nicht, denn ſie wollen mit dem Logen - Weſen, wie es ſo iſt, nicht gern zu thun haben. Dieſe nun ſind durch die ganze Maurer-Welt, durch gemeinſchaftliches Streben, und gleiche Ueber - zeugungen mit einander verbunden; was dem einen gehoͤrt, gehoͤrt auch dem andern; jeder theilt den uͤbrigen die Aktenſtuͤcke und Dokumente mit, die in ſeine Haͤnde kommen, ſo wie ſeine Forſchungen uͤber jeden maureriſchen Gegenſtand. So iſt kein Theil der maureriſchen und aftermaureriſchen Ge - ſchichte, von den aͤlteſten Zeiten an, uͤber den wir236 nicht die genaueſten Data, und die ſpecielleſten Nachrichten haͤtten. Fuͤr uns iſt alſo die Ge - ſchichte des Ordens kein Geheimniß, ge - ſchweige daß, wie es an einem gewiſſen Orte heißt, das Geheimniß der Bruͤderſchaft fuͤr uns in ihrer Geſchichte liegen ſollte. Wenn ſie außer der Hiſtorie kein anderes Myſterium haͤtte, ſo wuͤrde es ſchlecht mit uns ſtehen, denn unſere Arbeiten waͤren ziemlich geſchloſſen.

Dieſer Bund, der wie es ſchien, ziemlich aus - gebreitet iſt, und von dem ich in meiner ganzen, nicht eben gewoͤhnlichen, maureriſchen Laufbahn nichts gehoͤrt hatte, ſchien mir hoͤchſt bedeutend, denn ich fand hier etwas realiſirt, was ich von jeher unverruͤckt mit dem groͤßten Enthuſiasmus gewuͤnſcht hatte. Was muß dieſen vereinigten Kraͤften, bei einem hellen Blick und ſicherem Standpunkte nicht moͤglich ſeyn! Die Wirkungen dieſer Forſchungen auf aͤchte Begruͤndung der wah - ren Maurerei ſind nicht zu berechnen.

Ueber dieſen Geſpraͤchen war es, ehe ich es vermuthete, 11 Uhr geworden. Wir haben, ſagte M. heut, unſers lieben Fremden wegen, eine Ausnahme gemacht, und ſind uͤber die Zeit geblie - ben. Die Hausfrauen ſehen es gern, wenn wir die Ordnung nicht uͤbertreten. Laſſen Sie uns ſchließen, liebe BB. ! Es wurden einige ſchoͤne Verſe aus einem Liede geſungen, die BB. ſchuͤttel - ten ſich die Haͤnde, und gingen nach Hauſe.

Ich war zu aufmerkſam auf das Archiv der L. geworden, als daß ich nicht, obgleich nicht ohne237 Schuͤchternheit, die Bitte gewagt haben ſollte, mir den Zutritt dazu zu verſtatten. Man gewaͤhrte mir die Bitte beſonders in Ruͤckſicht meiner guten Empfehlungen, und beſtimmte mir die Stunde des folgenden Tages, an dem der Neuaufgenommene Br. in das Archiv eingefuͤhrt werden ſollte. Ich war durch alles, was ich gehoͤrt hatte, darauf am meiſten geſpannt; und ich bereitete mich am fol - genden Tage mit Sorgfalt, auf den Eintritt in daſſelbe vor. Ich ging meine ganze maureriſche Gelehrſamkeit durch, ich erinnerte mich aller Sel - tenheiten, die ich geſehen hatte, ſo wie deren, die ich nur aus Nachrichten kannte; und glaubte doch, daß man hier dies und jenes nicht haben wuͤrde.

Ich hohlte den ehrwuͤrdigen Br. M. in ſeiner Wohnung ab, und wir gingen ins Logenhaus, wo wir einige BB., ſo wie den Neuaufgenommenen fanden. Wir begaben uns ſogleich ins Archiv, das im Praͤparations-Zimmer in Wandſchraͤnken ver - wahrt lag, zu deren jedem außer dem Logen-Mei - ſter noch zwei BB. beſondere Schluͤſſel hatten. Das erſte was man mir zeigte, war ein hoͤchſt - merkwuͤrdiges Manuſcript, welches die Geſchichte der Frei-Maurer-Bruͤderſchaft bis auf die neue - ſten Zeiten in epochenmaͤßigen Abtheilungen ent - hielt. Dieſe Geſchichte, die von einem unſerer BB. geſchrieben iſt, ſagte mir Br. M. legen wir bei unſern Forſchungen zum Grunde, damit wir einen Faden haben, an welchen wir alles uͤbrige anreihen koͤnnen. Ohne ein ſolches Huͤlfsmittel wuͤrden wir keine allgemeine Ueberſicht haben, es238 wuͤrden uns oft die Winke uͤber die einzelnen Er - ſcheinungen fehlen, und es wuͤrden in unſern Kennt - niſſen Luͤcken entſtehen. Dieſes Werk aber, das in allen mit uns verbundenen Archiven liegt, iſt einem jeden, der ſich nicht weiter einlaſſen will, zum allgemeinen Unterricht hinlaͤnglich, alles uͤbrige, wie Sie hier an den Citationen ſehen, ſind nur Belege zu der Geſchichte, und jeder unſerer BB. faͤngt ſein Studium mit ihr an, und kommt immer wieder auf ſie zuruͤck. Er legte ſogleich den erſten Band derſelben fuͤr den geſtern Aufge - nommenen heraus. Nun uͤberſah ich auch die uͤbrigen Schaͤtze, die alle in Faͤcher geordnet waren, und ihre Ueberſchriften hatten. Da ſah ich: Do - kumente zur Geſchichte der Bruͤderſchaft vor dem Jahr 1717. in Italien, Frankreich, Deutſchland, England u. ſ. w. mit allen ihren Unter-Abthei - lungen; zur Geſchichte der erſten Haupt-Veraͤnde - rung in der Maurerei, und des Urſprungs der modernen Maurerei; Urſprung des Ordens - und Ritterweſens in Frankreich; Fortſchritte des eng - liſchen Univerſal-Großmeiſterthums, und deſſen Provinzial-Großmeiſterthuͤmer; Geſchichte der Bruͤ - derſchaft, in ſofern ſie ſich von den neuen Veraͤn - derungen frei erhalten hat; Verbreitung des Or - dens aus Frankreich nach Schweden, Deutſch - land ꝛc. Clermontiſches Hochkapitel mit allen ſeinen Modificationen; Geſchichte des Tem - pelherren-Syſtems; Schwediſche Maurerei, nebſt der darauf gegruͤndeten Z fiſchen; uͤbrige moderne Syſteme und Verſuche, in B. und H. die Frei -239 Maurerei zu ihrer alten Wuͤrde zuruͤckzufuͤhren. Ein anderer großer Schrank enthielt die Geſchichte aller Nebenzweige, die man zu irgend einer Zeit auf den Stamm der Maurerei gepfropft hat, als: der Tempelherren, der Roſenkreuzer, aͤlteſten, alten und neuen Syſtems, der Illuminaten, der Mar - tiniſten, Philalethen, wohlthaͤtigen Ritter, der Aſiaten, Afrikaner, der egyptiſchen Maurerei u. ſ. w. Von allem dieſen war erſt eine detaillirte Geſchichte der Einfuͤhrung, der erſten Stifter, ihrer Zwecke und Schickſale vorhanden, ſodann die vollſtaͤndigen Rituale aller Grade, ſowohl in der Originalſprache als in Ueberſetzungen, nebſt den Zeichnungen aller Tapis, Dekorationen, Kleidungen ꝛc. Ein anderes Fach war mit den Akten aller maureriſchen Con - vente, und merkwuͤrdigen Protocolle angefuͤllt. Uebrigens beſtanden dieſe Archivſtuͤcke aus Origi - nalen und Abſchriften, bei denen aber das Origi - nal ſorgfaͤltig beſchrieben, ſeine Authenticitaͤt erwie - ſen und der Ort ſeiner Aufbewahrung angegeben war, ſo wie auch uͤberall die Richtigkeit der Kopien beſcheinigt wurde. Wir gingen zu der Bibliothek gedruckter Buͤcher fort, die nach Maaßgabe des Archivs, und der zum Grunde liegenden Geſchichte, in ihre Faͤcher geordnet waren. In jedem dieſer Buͤcher ſtand ein kurzes Urtheil aber die Glaub - wuͤrdigkeit ihrer Verfaſſer, und die Art der Brauch - barkeit ihrer Schriften.

Nach dieſer fluͤchtigen Ueberſicht begann ich nun meine Gelehrſamkeit zu zeigen, und fragte nach dieſem und jenem, was ich als große Seitenheit240 kannte. Wornach ich auch fragte, das gab mir Br. M. oder ein anderer ſogleich aus ſeiner Ord - nung, und ich erkannte ſeine Aechtheit. Was irgend in den goldenen, eiſernen oder hoͤlzernen Kaſten eines h. K. gelegen hatte, war hier in net - ter, aͤchter Abſchrift; was ich nur von Hoͤrenſagen kannte, hielt ich hier wirklich in meinen Haͤnden. Die BB. freuten ſich meiner Ueberraſchungen. Da Sie ein Liebhaber von Raritaͤten zu ſeyn ſcheinen, fing M. an, ſo wollen wir Ihnen doch, nach Art der Archivare und Bibliothekare, noch manches zeigen, was Sie wahrſcheinlich noch nicht kennen, weil es nur in unſern Archiven exiſtirt. Und nun ſah ich Sachen, die mich in das groͤßeſte Erſtaunen ſetzten, weil ich theils von ihrem Da - ſeyn nichts wußte, theils glaubte, daß ſie laͤngſt untergegangen waͤren.

Ich bezeugte ihnen mein Erſtaunen uͤber die - ſen unerwarteten, und faſt unglaublichen Reich - thum an Dokumenten und Notizen.

Sie ſehen, lieber Br.! ſagte der Br. G., was vereinigten Kraͤften moͤglich iſt; wir wuͤrden arm, und vielleicht ungebuͤhrlich ſtolz auf die weni - gen Dokumente ſeyn, die uns zufaͤllig in die Haͤnde gefallen ſind, aber wir wuͤrden von dem Ganzen nichts kennen, bei dem beſten Willen im Finſtern tappen und gezwungen ſeyn, entweder gar nicht zu arbeiten, oder irgend ein Logenweſen ſtatt der Maurerei zu treiben. Dagegen haben wir mit unſern kleinen Schaͤtzen gewuchert, und die Archive aller unterrichteten BB. und LL. haben uns offenge -241geſtanden. Was irgend in einem Theile der Welt entdeckt wird, davon haben wir in wenigen Wochen Kenntniß, und wir beſtimmen, ob wir eine Ab - ſchrift davon haben wollen, oder nicht. Dennoch aber fehlt uns, bei der großen Menge dieſer gehei - men Dinge, noch manches, deſſen Exiſtenz wir ent - weder nur ahnen, oder das wir auch nach ſeinem Namen, Inhalt und Aufbewahrungsort kennen, das wir aber nur noch nicht erhalten konnten; daher wir unſere Bemuͤhungen und unſere Ver - bindung immer fortſetzen muͤſſen. Groͤßtentheils iſt es nun eine unſchuldige Liebhaberei geworden, denn in Abſicht weſentlicher und wichtiger Punkte fehlt uns eben nichts.

Ich. Das erkenne ich an, und ich geſtehe nicht nur, daß ich nie ein ſo reiches Archiv geſehen, ſon - dern daß ich ein ſolches ſogar fuͤr unmoͤglich gehal - ten habe. Allein verzeihen Sie meiner Freimuͤ - thigkeit. Sie ſcheinen mit dem, was der ganzen Maurerwelt das Geheimſte iſt, ganz offen umzugehen.

M. Wie ſo?

Ich. Darf ich fragen, ob Sie jedem beſuchen - den Br., ſo wie mir, das Archiv oͤffnen?

M. Nie, wenn er nicht zu uns gehoͤrt, oder an uns geſandt wird.

Ich. Sollte dies der Fall mit mir ſeyn?

M. So ziemlich. Haben Sie nicht eine gewiſſe Urakte unterſchrieben?

Ich. Ja wohl, weil die darinn geaͤußerten Grundſaͤtze ganz die meinen ſind.

M. Erinnern Sie ſich nun Ihrer Geſpraͤche,Zweites Baͤndch. Q242mit unſerm Br. P. Es iſt bloß die Wirkung dieſer Geſpraͤche, daß Sie hier ſind, denn Br. P. hat Sie allein zu der Reiſe hieher veranlaßt, weil er wuͤnſchte, daß Sie ſogleich ein vollſtaͤndiges Archiv ſaͤhen, da er nur ſeine eigenen Dokumente, und einen Catalogue raisonne aller Archivſtuͤcke beſitzt.

Ich. Nun ſehe ich klar, ich habe gewiſſer - maßen als theoretiſches Mitglied zu Ihrem Bunde gehoͤrt, ſeit ich ihn ſelbſt projectirt habe; ich werde mir es zum Gluͤck rechnen, ihm auch als arbeiten - des Mitglied anzugehoͤren.

M. Dazu wird Ihnen unſer P. die Gelegen - heit verſchaffen. Sie ſehen alſo wohl, daß wir nur am rechten Orte offenherzig ſind.

Ich. Aber was ſagen beſuchende BB., die nicht vorbereitet ſind, zu Ihren Arbeiten?

M. Dazu moͤgen Sie wohl nichts ſagen, denn ſie kennen ſie nicht. Das verhaͤlt ſich ſo: Sie werden wiſſen, daß wir zu keiner Gr. L. und zu keinem ſogenannten Logen-Bunde gehoͤren; keiner unſerer BB. er mag reiſen, wohin er will, be - ſucht alſo eine L., weil wir keine Certificate geben, und er ſich dort nicht examiniren laſſen will, wo er ſich zum Examinator berufen fuͤhlt. Da man nun von unſerer L. in der gewoͤhnlichen Maurer - Welt nicht weiß, ſo werden wir auch nicht von gewoͤhnlichen Logen-Bruͤdern beſucht. Dagegen haben wir oft ſehr angenehmen Beſuch von wah - ren Maurern, die uns kennen, und mit uns arbei - ten. So hoffen wir, werden Sie uns kuͤnftig, ſo oft Sie durch unſere Stadt reiſen nicht voruͤbergehen.

243

Ich. Gewiß nicht, im Gegentheil werde ich nicht bloß auf Gelegenheit warten, ſondern ſie aufſuchen.

G. Um ſo mehr, da Sie noch keiner eigent - lichen Arbeit beigewohnt, ſondern nur eine Auf - nahme geſehen haben.

Ich. Ehe ich die Frage thue, zu der mir dieſe Aeußerung Gelegenheit giebt, ſo erlauben Sie mir, eine Bedenklichkeit zu aͤußern. Halten Sie denn Ihre Loge fuͤr aͤcht?

M. Wie verſtehen Sie das?

Ich. Zu einer aͤchten L. wird doch erfordert, daß ſie von einer Großen L. Conſtitution und Ak - ten erhalten habe, und nun von allen uͤbrigen LL. anerkannt werde.

M. Darauf koͤnnt ich Ihnen antworten: Iſt denn das Anerkennen ein Beweis der Aechtheit? In B. ſind drei Gr. LL., davon ward die zweite, die entſtand, von der erſten nicht anerkannt, und nun thut die zweite ein gleiches gegen die dritte; und doch ſind wirklich alle drei Gr. LL., die nehmlich aus den Repraͤſentanten mehrerer einzel - ner LL. beſtehen, welches als Factum nicht abge - laͤugnet werden kann. Aber ich will tiefer gehen. In der Maurerei exiſtiren nur einzelne LL.; die Großen LL. ſind Verfaſſungsſache, und es iſt hoͤchſt zufaͤllig, daß dieſe oder jene L. dort und da einen Repraͤſentanten hat, der in ihrem Namen uͤber Verfaſſungsſachen denn von Maurerei wird doch nicht die Rede ſeyn! ſeine Stimme abgiebt, und ihr die Abſchriften der Protokolle zu - ſchickt. Wenn wir nun in allen ſolchen SachenQ 2244nirgends eine Stimme haben wollen, und nach dieſen Protokollen nicht neugierig ſind: ſo werden Sie wohl einſehen, daß wir den Zuſammenhang mit allen Gr. LL. entbehren koͤnnen, der uns ge - wiß nichts helfen, aber vielleicht hindern wuͤrde.

Ich. Aber die Rituale?

M. Dieſe, glauben Sie, muͤßte man von einer Gr. L. erhalten? Wo hat ſie denn die Gr. L. her? Wie iſt dieſe denn entſtanden? etwa ſo, daß ein Groß-Meiſter da iſt, dieſer die Groß-Beamten waͤhlt mit dieſen ein Ritual macht oder hat, und nun einzelne LL., conſtituirt, und dieſen ſeine Kunſt mittheilt? Oder vielmehr umgekehrt? ſo, daß erſt einzelne LL. da ſeyn muͤſſen, durch deren Zuſammentreten ſich eine Gr. L. for - mirt. Woher haben nun dieſe die Rituale? nach denen ſie doch gearbeitet haben muͤſſen, ſeitdem ſie exiſtiren. Etwa aus England? Ohne Zweifel wohl daher, aber nicht durch die Gr. L., denn es iſt weltkundig, daß ſie bei ihren Conſtitutionen keine Rituale ertheilt. Alſo durch einzelne Mei - ſter der Kunſt; und ſo haben wir unſere Rituale eben daher, woher ſie alle LL. haben oder haben koͤnnen; es kommt nur auf den Beweis der Aecht - heit derſelben an.

Ich. Das iſt Sache der Kritik und der Kenntniſſe, und daruͤber bin ich nicht einen An - genblick in Zweifel. Nur die Rechtmaͤßigkeit.

M. Ei, Sie haben wohl ganz vergeſſen, daß jeder Frei-Maurer-Meiſter nach alter Sitte das Recht hat, Frei-Maurer aufzunehmen. Aber245 ich will Sie ſogleich befriedigen. Unterſcheiden Sie nur recht ſtreng, Syſtem - und Logenweſen von Maurerei. Ich, Br. G., Br. R. und noch einige ſind irgendwo aufgenommen, wir fin - den uns in dieſer Stadt zuſammen, wir erkennen uns gegenſeitig, als Maurer von Geſinnung und Kenntniß; wir treten zuſammen, und fangen an zu arbeiten. Unſere Richtſchnur iſt nicht das, was dieſem oder jenem etwa einfaͤllt, oder was dieſe oder jene L. als Maurerei treibt, ſondern das, was wir als das aͤchte einzige Evangelium anerkannt, und wovon wir uns uͤberzeugt haben, daß es gewiß und wahrhaftig das einzig Poſitive der Maurerei ſey. Dies bringen wir nun gemeinſchaftlich in Ausuͤbung, forſchen immer weiter, beſtaͤtigen uns immer mehr in unſerer Ueberzeugung, nehmen wackere Maͤnner nach den alten Gebraͤuchen der Maurerei auf, und arbeiten nun mit ihnen gemein - ſchaftlich auf dieſem Wege fort. Sind wir alle - ſammt Maurer? machen wir eine Loge aus?

Ich. Allerdings.

M. Aber wir gehoͤren zu keinem Syſtem, wir haben keine Syſtems-Akten oder Rituale, treiben kein Logen-Weſen, und ſind keine Logen - Bruͤder, wovor uns auch der Himmel bewahren wolle! Wahrſcheinlich wird uns keine Gr. L. und keine von denen, die ſich ſo unwuͤrdigerweiſe ihnen untergeordnet haben, anerkennen; aber das iſt unſer geringſter Kummer! Die Syſtems-Mau - rerei, die nichts Poſitives ſondern bloße Geſchichts - ſache iſt, liegt hier vor Ihren Augen; die Mau -246 rerei liegt uns im Kopf und Herzen. Lieber Br.! denken Sie einmal, der Schwindel, uns an ein Syſtem anzuſchließen uͤberfiele uns ploͤtzlich. Wohin koͤnnten wir ſchreiben? nach England? wir wuͤrden ein Patent und eine Nummer im Großen - Logen-Verzeichniß erhalten; nach Schweden? wir wuͤrden fuͤr ſchweres Geld dies dort (er nahm die ſchwediſchen Rituale heraus) erhalten, oder an die Gr. L. L. ſie wuͤrde uns dies ſchicken; an die ? wir wuͤrden dies erhalten, und ſo wuͤrden wir nur das Vergnuͤgen haben, Papiere doppelt zu bezahlen, die wir ſchon einfach, und zwar ſehr wohlfeil bezahlt haben. Und fragte ich meine BB. ob ſie eines von dieſen Syſtemen einfuͤhren wollten, ſo wuͤrden ſie mich ohne Barmherzigkeit auslachen, denn man kann wohl von einem Syſtem zur Maurerei, aber nicht von der Maurerei zu einem Syſtem uͤbergehen.

Ich. Aber es iſt doch angenehm, auf Reiſen Bruͤder zu finden, und LL. zu beſuchen.

M. Sie wollen uns pruͤfen, aber ich will Ihnen geduldig antworten. Dies koͤnnte im Ernſte nur ein Bettler, oder ein eigennuͤtziger Kaufmann, oder ein Bon vivant geltend machen. Vor dem erſtern wird uns das Schickſal bewahren, unſere Kauf - leute liefern gute Waare, und ſind dadurch ihren Handelsfreunden empfohlen, und unſere Reiſenden zum Vergnuͤgen wollen ſich eine langweilige T. L. nicht durch eine noch langweiligere A. L. erkaufen. Und was wuͤrden wir denn in den LL. finden? Herzlichkeit, Offenheit, Belehrung? oder ein ſteifes Weſen, das keinen Fremden zu behandeln weiß, die247 Scene der Eitelkeit, des Eigenduͤnkels, der Unwiſſen - heit? Ei warum gehen denn Sie, der Sie vom Haupt bis zu Fuß ein privilegirter Syſtems - Maurer ſind, warum gehen Sie denn in keine LL., wenn dieſe Beſuche ſo wuͤnſchenswerth ſind?

Ich. Ich hoffe auf Ihre Verzeihung, wenn ich Ihnen ſage, daß ich blos zu meiner Belehrung eine ausfuͤhrlichere Antwort veranlaſſen wollte. Ich habe als Logenbruder gefragt, der ich doch ſchon lange nicht mehr bin.

M. Ich will Ihnen noch mehr ſagen. Bei alle dem entgehen uns doch die ſonſt geruͤhmten Vortheile nicht. Laſſen Sie mich, und jeden mei - ner BB. morgen auf Reiſen gehen, wir ſind ge - wiß an jedem bedeutenden Orte Bruͤder und Maurer zu finden, die uns kennen, mit Freuden anerkennen, und die auch, wenn wir es ſonſt woll - ten, bei jeder L. fuͤr uns buͤrgen, und uns durch ihr Anſehen den Eintritt verſchaffen wuͤrden. Aber wie geſagt, darnach ſehnen wir uns nicht, und unſere BB. machen oft lange Reiſen an beruͤhmte Logenplaͤtze, ohne daß es ihnen nur einfaͤllt, eine L. zu beſuchen. Dagegen kommen ſie nicht leicht von einer Reiſe zuruͤck, ohne mit den entfernten BB. tuͤchtig gearbeitet zu haben, und an Kennt - niſſen und Einſichten reicher geworden zu ſeyn.

Ich. Sie haben meine eigene Geſchichte er - zaͤhlt. Aber nun komme ich zu meiner Hauptfrage: Worinn beſtehen denn eigentlich Ihre Arbeiten? Ich wende mich deshalb an den Br. G., der vor -248 hin einen Unterſchied zwiſchen Arbeiten und Auf - nahmen zu machen ſchien.

G. Zwiſchen beiden iſt in der That ein großer Unterſchied. Die Gegenſtaͤnde unſerer Verſamm - lungen ſind Beſchaͤftigungen und Arbeiten, im maureriſchen Sinne. Jene ſind doppelter Art, oͤkonomiſche und hiſtoriſche. Die oͤkonomiſchen gehen auf die Verwaltung aller einkommenden Gel - der, davon das wenigſte auf unſere Logen-Beduͤrf - niſſe, etwas mehr auf die Vermehrung des Archivs und der Bibliothek, das meiſte aber auf gemein - nuͤtzige und wohlthaͤtige Anſtalten verwandt wird. Dabei wird Bericht abgeſtattet, Rechnung abgelegt, uͤber die zweckmaͤßigſte Verwendung nach neuen Vorſchlaͤgen deliberirt u. ſ. w. Die hiſtoriſchen Beſchaͤftigungen, wohin auch die Aufnahmen gehoͤ - ren, weil wir es dabei nur mit Ueberlieferungen zu thun haben, beſchaͤftigen ſich vorzuͤglich mit Vor - trag neuer Forſchungen, Pruͤfung eingeſandter Notizen und Recherchen ; zuweilen wird uͤber ein wichtiges Archivſtuͤck von einem gelehrten Br. ein Commentar gehalten, oder die vorhandene Ge - ſchichte, die Sie zu Anfang ſahen, wird in einzel - nen Theilen erwogen und gepruͤft, Zuſaͤtze dazu gemacht, die Correſpondenz vorgeleſen u. ſ. w. Dieſe Verſammlungen, welche hier in dieſem Zim - mer gehalten werden, ſind ſehr lehrreich, ſie ver - wandeln ſich oft in Geſpraͤche, und da ſie nur alle Monate vorfallen, ſo reichen die drei oder vier Stunden kaum hin, die wir auf ſie verwenden koͤnnen, beſonders wenn uns etwa die Zeit zum249 Privatſtudio im Archive, das taͤglich offen iſt, feh - len ſollte. Das, was wir aber maureriſche Arbeit nennen, ſind unſere feierlichſten Stunden. Die L. wird geoͤffnet, wir ſind alle mit der groͤß - ten Ehrerbietung und Spannung verſammlet. Nach Anleitung irgend eines Vortrags unſers Meiſters v. St. oder irgend eines andern unterrichteten Br. wird ein Hauptpunkt der maureriſchen Lehre, nach dem andern abgehandelt; hier entwickeln wir uns das, was wir maureriſchen Geiſt oder Geſinnung oder Anſicht nennen, wenden es auf das Leben, das Recht, die Religion, die Natur, auf unſere Verhaͤltniſſe, auf Wiſſenſchaft und Kunſt an, und betrachten es in allen Beziehungen. Jeder ſpricht in reiner Offenheit das aus, was er ſich uͤber den Gegenſtand denkt, nicht in geſuchten oder zierlichen Worten, ſondern ganz natuͤrlich; wer ſeine Gedan - ken wohl ordnen kann, thut es, ohne es ſeinem Nachbar zu verargen, wenn er es nicht kann, oder von dieſem etwa wegen ſeiner zufaͤlligen Fertigkeit beneidet zu werden. Wir berichtigen dort, oder vervollſtaͤndigen unſere Ideen, und machen ſie uns gegenſeitig klar. Es iſt dabei auf keine Erregung eines fluͤchtigen Gefuͤhls, oder auf Prunk der Worte angeſehen; aber wir gehen aus keiner dieſer Ver - ſammlungen, ohne beſſer und weiſer geworden zu ſeyn, ohne an Beſtimmtheit der Anſicht der Welt und der Dinge genommen zu haben, und ohne einen tieferen Blick in das Weſen der Maurerei gewonnen zu haben. Denn Maurerei iſt es, eigentliche, weſentliche Maurerei, nicht Gelehrſam -250 keit, Philoſophie, oder wie Sie es nennen wollen, was hier waltet, und das wir nie ganz zu erfor - ſchen hoffen duͤrfen. Doch ich kann mich Ihnen nicht ganz verſtaͤndlich machen. Sie muͤßten unter uns leben, um das kennen zu lernen, was wir, ganz der Geſchichte und den Urkunden gemaͤß, Geiſt der Maurerei nennen. Worte machen dies auch nicht deutlich, aber wir fuͤhlen es tief, was maureriſche Geſinnung iſt, und wir bemuͤhen uns, dies einzige und wahre Geheimniß, das fuͤr jeden geweihten Pro - fanen ein Geheimniß bleibt, und wenn es auf den Daͤchern gepredigt wuͤrde, immer tiefer zu ergruͤnden.

Es war eine feierliche Stille, ſo lange Br. G. redete und ſie dauerte fort, als er ſchon aufgehoͤrt hatte. Ich druͤckte ihm die Hand, und wir gingen, nachdem alles wieder verſchloſſen war, ſehr ernſthaft nach Hauſe.

An dieſem Abende ſpeiſte ich mit einigen BB. und deren Frauen, bei dem ehrwuͤrdigen M. in der Mitte ſeiner Familie. Mir war unbeſchreiblich wohl in dieſem Zirkel, in dem eine ſehr feine Geſelligkeit, und eben ſo liebenswuͤrdige Herzlichkeit herrſchte. Bei Tiſche nannte mich einer zufaͤllig Bruder.

Sie ſind auch Maurer? ſagte die geiſtreiche Frau des Br. G., nun das iſt recht ſchoͤn. Es iſt etwas ſeltenes, erwiederte ich, daß die Frauen der Maurer mit der Maurerei zufrieden ſind.

Ei, wie denn ſo? fragten mehrere.

Ich. Weil die Maͤnner ſie oft verlaſſen, um in die Loge zu gehen.

Mad. G. Koͤnnen wir doch auch nicht bei ihnen ſeyn, wenn wir in unſern Geſchaͤften ſind.

251

Ich. Sie betrachten alſo die Maurerei, als ein Geſchaͤft ihrer Maͤnner? Aber es iſt doch ein Geſchaͤft, das fuͤr Sie ein Geheimniß bleibt.

Mad. G. So? Wenn das bei Ihnen ſo iſt, ſo muß es bei Ihnen entweder ſchlechte Mau - rer geben, die ihre Frauen nicht lieben, oder die Frauen muͤſſen keine Augen haben. Hier wiſſen wir von keinem Geheimniß.

Ich. Sie haben vielleicht eine Adoptions-Loge?

Mad. G. Wenn Sie darunter eine L. ver - ſtehen, in der auch Weiber Zutritt haben, ſo irren Sie. Weiber gehoͤren in keine L. und eine Mau - rerin wuͤrde mir ſehr unweiblich und laͤcherlich vor - kommen. Nein, wir wiſſen nur, was unſere Maͤn - ner in der Loge machen, und ſehen es recht gern, wenn ſie hingehen.

Ich. Ich geſtehe, daß dies etwas ſeltenes iſt.

Mad. G. Oder etwas Unerlaubtes, wollen Sie ſagen. Wir ſollen von der Maurerei nichts wiſſen, meinen Sie; aber, wie waͤre dies moͤglich? Sehn Sie, ob unſere Maͤnner in der Loge ſtehen oder ſitzen, die Haͤnde ſo oder ſo halten, den Hut auf dem Kopf oder unter dem Arme haben, das wiſſen wir nicht, wuͤrden es auch fuͤr ſehr laͤcher - lich halten, darnach zu fragen. Aber wenn unſere Maͤnner mit uns ſprechen, auf eine Art, mit einer Helligkeit und Klarheit, ja ich moͤchte ſagen Neu - heit, wie wir es weder in Buͤchern noch an andern Maͤnnern finden, ſo ſagen wir: das iſt maureriſch, und unſere Maͤnner ſagen daſſelbe. Ich bin uͤberzeugt, mein Herr! und ich rufe alle anweſende252 Frauen zu Zeugen, wenn unſere Maͤnner einmal ungewoͤhnlich heftig, oder feindſelig, oder nicht ganz gerade und ehrlich, oder verſchwenderiſch, nachlaͤſſig, leichtſinnig ſeyn wollten, und wir kaͤmen ihnen mit der Frage entgegen: Iſt das auch maureriſch? ſie wuͤrden ſogleich wieder gute Maͤnner ſeyn. Nein, mein Herr! (ſetzte Sie hinzu) wir wiſſen aufs allerbeſtimmteſte, was Maurerei iſt.

Es lebe die Maurerei und alle gute Maurer, ſag - ten die Frauen, und wir ſtießen mit vollen Glaͤſern an.

Aber, fing ich aufs neue an, ſollten Sie. denn nicht zuweilen wuͤnſchen, ſelbſt in der L. zu ſeyn, und dieſe Maurerei ſelbſt zu lernen?

Mad. G. Lernen? Das Weid ſoll nicht lernen, ſagen unſere Maͤnner, und wir geben ihnen Recht. Das Weib iſt entweder eine gute Natur oder nicht; im erſten Falle darf ſie nur ihre Natur anwenden, nicht ſtoͤren, auf die innere Stimme horchen, und in allen Dingen huͤbſch beſonnen ſeyn, dann braucht ſie nicht zu lernen; im zweiten Falle wuͤrde ihr das Lernen nichts helfen. Der Mann muß ler - nen und ſtudieren und arbeiten, damit er alles uͤberſchaue, das Weib darf nur ihren Blick auf ihren kleinen Kreis richten, und ihr Herz reden laſſen. Die Maurerei iſt zur Wiſſenſchaft gewor - den, ſagt mein Mann; gut! fuͤr uns ſind die Wiſſenſchaften nicht da. Er unterſuche die Wur - zeln, die Rinde, den Kern des maureriſchen Bau - mes; uns bleibt die Bluͤthe und die ſuͤße Frucht, und dieſe wird kein guter Mann ſeiner verſtaͤndigen Frau vorenthalten. Wozu ſollte ihm denn ſonſt das253 ganze Weſen nutzen, wenn er es nicht bei ſeiner Gat - tin, ſeinen Kindern, ſeinen Freunden und Nachbarn, oder bei ſeinem Amte im Staate anwenden wollte.

M. Sie haben eine brave Gegnerin gefunden, und ſie hat vollkommen recht. An andern Or - ten ſind die Weiber in den großen Logen-Haͤuſern, ſpeiſen dort, trinken Kaffee und ſind dort, wie auf einem Kaffeehauſe einheimiſch. In unſere Logen - Zimmer iſt noch kein Weib gekommen, denn wir haben keine Anſtalten und keinen Platz zu ihrer Bewirthung; aber ſie wollen auch nicht hin, eben ſo wenig wie ins Collegium, das Rathhaus oder die Schule, denn ſie wiſſen, daß gerade in dieſer Abſonderung von allen ſpeciellen Verhaͤltniſſen das Weſen der Maurerei beſteht, und daß ſie dort nicht unterhaltende Geſellſchaft ſuchen muͤſſen, wo alles dem Ernſte des Lebens geweiht iſt. Glau - ben Sie mir, wenn es irgend moͤglich waͤre, den Geiſt der Maurerei hier auszurotten, ſo wuͤrden wir dies am allerſicherſten bewerkſtelligen, wenn wir ein Haus und einen Garten kauften, und eine Reſſource mit der L. verbaͤnden. Das wollen wir den Logen-Bruͤdern uͤberlaſſen.

Davor bewahre uns der liebe Himmel! rie - fen die Frauen.

Ich hoͤrte dies mit einem innigen Entzuͤcken. Heil der Maurerei, ſo fuͤhlte ich in meinem inner - ſten Herzen, die ſolche Wirkungen erzeugt! Und doch iſt das alles ſo ganz natuͤrlich, wo wirklich die Maurerei, nicht Logenweſen herrſcht, Ich war auf dem beſten Wege, recht ernſthaft zu werden,254 aber dazu ließ es meine Nachbarin nicht kommen, und die ganze Geſellſchaft war bald wieder in der froͤhlichſten Stimmung. Wir lachten und ſcherzten, aber ſo ſchoͤn, ſo bedeutend, ſo ſinnvoll, daß ich mich kaum erinnere, je ſo herzlich froͤhlich geweſen zu ſeyn. Das thut die Maurerei, die ins Leben, in Herz und Geiſt uͤbergegangene Maurerei.

Am andern und dem folgenden Tage ſtudierte ich im Archiv, aber gern lies ich alle Seltenheiten liegen, wenn ich mich mit irgend einem Br. uͤber maureri - ſchen Sinn unterhalten konnte. Wie viel lernte ich! mit welcher Gewandheit und Leichtigkeit wußten ſie alles uͤberall anzuwenden, und jedem Dinge die rechte, maureriſche Anſicht abzugewinnen. Nie war ich ohne Geſellſchaft von BB. ; ſie fuͤhrten mich in ihre Familien ein, und wenn ich noch Wochenlang dort geblieben waͤre, ſo wuͤrde ich bei ihren Mahlen ein willkommener Gaſt geweſen ſeyn. Welche Menſchen! wie gut, wie verſtaͤndig, wie wahrhaft gebildet!

Reicher an Kenntniſſen, voll wohlthaͤtiger ſchoͤner Gefuͤhle im Herzen, mit einer reinen und innigen Ach - tung und Liebe ſchied ich von ihnen. Aber nicht auf immer. Ich eile zu meinem P.; er ſoll mich dem herr - lichen Bunde zufuͤhren, der die Maurerei zu ihrem alten Licht und ihrer Waͤrme zuruͤckgebracht und von ihren kalten herzloſen Verhuͤllungen entkleidet hat. Dann ſuche ich die Menſchen auf, die Maurer ſind und die Maurer, die Menſchen ſind, und kehre zu ihnen zuruͤck, nach denen mein ganzes Herz ſich ſehnt.

[255]

V. Reden und Gedichte.

  • 1) Anrede an einen Neuaufgenommenen, vom verewigten Br. Bode.
  • 2) Am Einweihungs-Feſte der neuen Loge F. W. z. S. Eine Viſion vom Br. Mnioch.
  • 3) Am St. Johannis-Tage. Der Loge zur Wahrheit gewidmet.
  • 4) Das Gluͤck der Maurerei.
[256][257]

1. Anrede an einen Neuaufgenommenen.

Vom Br. Bode.

Hamburg, in der L. A. d. 20. Aprill 1763.

Mein Bruder!

Mit inniger Freude ſpreche ich dieſe zaͤrtliche Be - nennung aus, wozu mich die eben vollzogene feier - liche Handlung berechtiget, und ich verſichere Sie, nicht mein Mund allein, mein ganzes Herz nennt Sie Bruder! Unter allen gegenwaͤrtigen B B. iſt vielleicht keiner, der Sie ſo genau kennt, als ich, und alſo vielleicht niemand, deſſen Seele Ihnen mit ſo vieler Lebhaftigkeit entgegen wallt, als die meinige. Denn obgleich ein Freimaurer Alle ſeine Bruͤder liebt, und aus Pflicht lieben muß, ſo iſt doch dieſe Liebe allemal die reinſte und dauerhafteſte, die ſich durch ein vernuͤnftiges Urtheil beſtaͤtiget findet.

Zweites Baͤndch. R258

Wenn ich blos von Ihnen und nicht mit Ihnen redete, ſo wuͤrde ich die Gruͤnde meiner bisherigen Hochachtung, und meiner jetzigen und kuͤnftigen Liebe anfuͤhren; aber ich kenne Sie nicht halb, und ich weiß auch, wer einen beſcheidenen Mann durch Lob beleidigt, der giebt einer ſchoͤnen Jungfrauen Backenſtreiche. Und zu einem Redner von der Art, hat mich weder der Himmel bei mei - ner Geburt, noch der S. E. M. von St. bei der Ernennung zu dieſem Amte beſtimmt. Ich ſoll Ihnen, mein theuerſter Bruder, kuͤrzlich die Pflich - ten unſers k. O., oder welches einerlei iſt, ich ſoll Ihnen die Vortheile bekannt machen, die Ih - nen aus dem Eintritte in denſelben zuwachſen. Denn die Erfuͤllung der gegenſeitigen Pflichten macht die Gluͤckſeligkeit aller Geſellſchaften, und die unſrige ſollte und kann nach der Abſicht und Einrichtung ihrer weiſen Stifter, eine der gluͤck - ſeeligſten aller menſchlichen Geſellſchaften ſeyn.

Ihr vornehmſtes Geſetz iſt: Alle recht - ſchaffene Frei-Maurer als Bruͤder zu lieben. Was heißt das aber anders, ſeinen Bruder lieben, als jede Gelegenheit, wo man etwas zu ſeinem wahren Beſten beitragen kann, nicht allein wahrnehmen, ſondern aufſuchen. Se - hen Sie da alſo, mein Bruder, ein kurzes Geſetz, das aber nach ſeinem wahren Inhalte von weitem Umfange iſt. Und gleichwohl iſt nur derjenige ein Frei-Maurer, der ſich mit allem Ernſt beſtrebt dieſes Geſetz der Liebe zu erfuͤllen. Er iſt ein pflichtmaͤßiger Frei-Maurer, wenn er dieſe259 Liebe ausuͤbt, um ſolche wieder von andern fordern zu koͤnnen; aber er iſt ein erhabener, ein groß - muͤthiger Frei-Maurer, wenn er dieſes Geſetz ohne Abſicht zur Regel ſeiner Handlungen macht.

Mein Bruder, da Sie mir Ihr Verlangen aͤußerten, ein Mitglied unſers vortrefflichen O. zu werden, und ich Sie um die Urſache dieſes Ver - langens befragte, ſo ſagten Sie: Daß Sie einen hohen Begriff von dem O. bekommen haͤtten, da Sie verſchiedene Mitglieder deſſelben kennten, von denen Sie die uͤberzeugendſten Proben haͤt - ten, daß es rechtſchaffene Maͤnner waͤren, und daß Sie es fuͤr eine wuͤnſchenswuͤrdige Gluͤckſee - ligkeit hielten, mit rechtſchaffenen Leuten ſo genau als moͤglich verbunden zu ſeyn. O wie an - genehm war mir’s, dieſe Ihre Meinung durch eine fuͤr mich ſo gluͤckliche Erfahrung beſtaͤtigen zu koͤnnen! Es iſt Gluͤckſeeligkeit, vielleicht die ein - zige wahre, wenigſtens befeſtigt ſie alle andere, wenn man mit rechtſchaffenen Leuten umgehen kann, ſich ihnen zeigen kann, wie man iſt, und wie man denkt, und wenn man eben ſo ſehr durch ihre Handlungen, als durch ihre Reden, ſich dem Beſſeren und Vollkommneren naͤhern lernt.

Ihr Wunſch, mein geliebter Bruder, mit vielen vortrefflichen Leuten durch den Eintritt in unſern Tempel verbunden zu werden, iſt alſo erfuͤllt. Sie werden durch fleißiges Beſuchen unſerer Verſamm - lungen, und durch fleißigen Umgang mit Bruͤdern, alles das finden, was Sie geſucht haben: Wohl uͤberlegte, gemeinnuͤtzige, thaͤtige Tugend, und umR 2260deſto mehr wahre, dauerhafte, freundſchaftliche Liebe, weil ſie auf dieſen Grund erbauet iſt. Ich kenne Ihr feuriges Herz. Wenn es nicht ſchon wirklich die Tugend liebte, es wuͤrde durch ſo kraͤftige Bei - ſpiele ſie lieben lernen. Dieſe Gluͤckſeeligkeit koͤnnte ich Ihnen und dem O. verſprechen. Ich kann es um deſto mehr, da ich weiß, wie ſtark Ihr Herz und Geſchmack ſowohl vom ſittlichen als ſinnlich Schoͤnen, Guten und Beſſern geruͤhrt werden kann.

Allein mein Bruder, ich muß Ihrer Erfah - rung zuvorkommen, und die Verwunderung ver - mindern, die Sie uͤberfallen wuͤrde, wenn Sie in der Folge faͤnden, daß es in einem O., welcher die wahre allgemeine und die beſondere zaͤrtliche Bru - derliebe, durch ſo herrliche Geſetze und Beiſpiele lehrt, dennoch Egoiſten giebt, ſolche kleine We - ſen, welche beſtaͤndig Freundſchaft erwarten und verlangen, ohne daß es ihnen auch nur einmahl im Traume einfallen ſollte, ſolche zu leiſten. Wenn es Sie befremdet, daß ich dieſes aus Liebe zur Wahrheit habe ſagen muͤſſen, ſo danke ich dafuͤr Ihrem Herzen. Und es wird Sie deſto weniger befremden, wenn ich Sie anmahne, dieſe unſere ſchwachen Bruͤder zu lieben, und ihnen dieſe Liebe auf die beſte thaͤtige Weiſe zu bezeigen.

Ich mahne ſie nicht an, die Bruͤder zu lieben, deren gute Eigenſchaften, und Liebe Sie empfinden; es iſt zu natuͤrlich und leicht. Aber diejenigen zu lieben, die, ich weiß nicht aus was fuͤr einer Un - art, alle oder doch den groͤßten Theil ihrer Pflichten unausgeuͤbt laſſen, daß iſt um deſto mehr261 Pflicht, je ſchwerer es ſcheint. Wahrhaftig, mein Bruder, man mag von den Temperaments-Tugen - den ſagen was man will, ſie moͤgen angenehm ſeyn. Aber die Tugend verdient nur eigentlich den Na - men, die unſeren Herzen und Neigungen etwas koſtet.

Dieſer letzte Gedanke fuͤhrt mich ganz natuͤr - lich auf eine Hauptpflicht des Ordens: unſere Lei - denſchaften zu ordnen, und der dazu noth - wendigen Wiſſenſchaft, uns ſelbſt kennen zu lernen. Es waͤre hoͤchſt uͤberfluͤſſig, wenn ich beweiſen wollte, daß dieſes Studium noͤthig iſt. Aber es iſt eben ſo klar, daß wenige die Selbſt - Unterſuchung fuͤr ſich allein mit der gehoͤrigen Unpartheilichkeit anzuſtellen vermoͤgend ſind. Und kennen muͤſſen wir unſere Leidenſchaften, wenn wir ſie zu unſern Unterthanen machen wollen. Sollen wir uns denn von unſern Feinden allein belehren laſſen? Sie werden uns freilich keinen Fehler, oder welches einerlei iſt, keine unordentliche Leidenſchaften unangemerkt ſchenken. Allein wer - den wir Ihnen trauen? Werden wir nicht ſehr geneigt ſeyn, zu glauben: ſie tadeln uns, um uns Verdruß zu machen? Welcher Vortheil iſt es nicht alſo, wenn wir Freunde haben, von deren Redlich - keit und Liebe gegen uns wir uͤberzeugt ſind, wenn ſie uns unſere Schwachheiten und Fehler mit vernuͤnftiger Sanftmuth und Liebe bemerken laſſen, und wenn ſie mit den Eigenſchaften des menſchlichen Herzens recht bekannt ſind, uns Ver - anlaſſung zu geben, dieſe Schwachheiten, dieſe Feh - ler zu verbeſſern. O es mag mir ein Bruder,262 von deſſen gutem Herzen ich uͤberzeugt bin, meine Fehler ſagen, er mag ſie mir mit Lebhaftigkeit ſagen; wenn er nur durch meine Unvollkommen - heiten ſich nicht abhalten laͤßt, mein Freund zu ſeyn, ſo will ich ſelbſt ſeine Hitze, womit er mich zu rechte weiſet, als einen edlen Beweis ſeiner bruͤ - derlichen Liebe erkennen, und ihm danken, daß er mit Eifer wuͤnſchet, mich beſſer, und alſo voll - kommner, gluͤcklicher und ruhiger zu ſehen. Was fuͤr ein Gluͤck kann fuͤr uns reitzender ſeyn, als das innere ruhige Bewußtſeyn, unſere Pflichten nach Vermoͤgen erfuͤllt zu haben, und welche Pflicht kann dringender ſeyn, als unſere und unſerer Bruͤ - der Vollkommenheiten zu befoͤrdern?

Die Zeit, mein Bruder, verbietet mir, Ihnen noch von einigen anderen Pflichten etwas zu ſagen. Ueberdem moͤchte ich mir nicht gern den Vorwurf zuziehen, daß ich langweilig wuͤrde, wenn ich von wichtigen Dingen mit zu wenig Beredſamkeit vor Perſonen redete, deren Geſchmack nur durch Schoͤn - heit, Weisheit und Staͤrke zugleich befriedigt wer - den kann.

Da ich von Ihrer Einſicht, und von Ihrer Neigung vollkommen gute Begriffe habe: ſo zweifle ich nicht an dem Zuwachſe von Gluͤckſeeligkeit, den Sie durch den Eintritt in unſern vortrefflichen O. erlangen werden, und wuͤnſche Ihnen von Herzen Gluͤck dazu! Auch uns allen kann ich Gluͤck wuͤn - ſchen, an Ihnen einen rechtſchaffenen Bruder erhal - ten zu haben.

263

2. Am Einweihungs-Feſte zu der neuen Loge F. W. z. S.

Eine Viſion.
Es wird ein neuer Tempel aufgefuͤhrt.
Die weißen Marmor-Schwellen ſind gelegt,
Ein Saͤulen-Kreis, Sapphir mit Gold geziert,
So leicht, als feſt ſmaragdne Kuppel traͤgt;
Der Kuppel Hoͤh ein Silber-Bildniß fuͤhrt,
Ein Zweig, worauf ein Schmetterling ſich regt.
Der ganze Bau erhebt ſich aus dem Schatten,
Den hohe Palmen zu einander gatten.
Jetzt aus dem Innern glaͤnzt ein weißes Licht
Vom blauen Altar, wie am Firmament
In Daͤmmrungs-Zeit der Sterne Angeſicht,
Bis ſinkt der Tag, und Alles goldner brennt.
Und immer kraͤft’ger wird das weiße Licht,
Das Auge tiefer dringt, und mehr erkennt:
In goldnen Zuͤgen ſchimmert an den Seiten
Geſtalten-Sprache, kuͤnſtlich auszudeuten.
Ihr Schwellen und ihr Pfeiler, ſaget mir,
Welch einer Gottheit werdet ihr geweiht?
Smaragdne Kuppel mit der Silber-Zier
Die ſich des erſten Sonnenſtrahls erfreut,
264
Du Licht im Dunkeln, und Geſtalten ihr,
Die ihr ſchon heilig wart in alter Zeit,
Was fuͤr Geweihte ſollen hier erſcheinen,
Welch heiliges Geſchaͤft wird ſie vereinen?
Es rauſcht umher! die Palmen wehen leiſe.
Und ſieh, in weißen Kleidern ſchwebt ein Chor,
Mit ernſtem Schweigen, wie in Geiſter-Weiſe,
Von Oſt und Weſt aus Palmen-Schatten vor.
Tief in den Tempel geht die ſtille Reiſe,
Und hinter ihnen ſchließet ſich das Thor.
Doch von Geſpraͤchen und Geſang in Choͤren,
Kann ich bei ſtiller Luft die Worte hören:
Auferbaut iſt das Heiligthum,
In Schwellen und Pfeilern, mit Ernſt
und Zier:
Bringet das Heilige nun,
Bringet den Gott in den Tempel!
Wir bringen, wir bringen das Heilige!
In unſern Herzen und Stirnen lebt es!
Unſichtbar iſt es, ein heiliges Drei;
Durch dies heilige Drei
Beten wir an den Unendlichen.
Nennt mit Namen das heilige Drei,
Daß euch verſtehen die Juͤnger, wie die Meiſter,
Daß ihr Kunde bewaͤhrt
Von dem Sinne des eigenen Worts.
Friedlich’-treue Liebe,
Gruͤnend, wie draußen die Palmen,
Feſt und gruͤndend, wie die Marmor -
Schwellen;
Streben der Kunſt und Wiſſenſchaft,
265
Fuͤhrend zur Hoͤh in Staͤrk und Schmuck,
Wie die Sapphir-Saͤulen mit Gold
geziert;
Froͤhliche Hoffnung der Ewigkeit,
Kuͤhn, doch ſicher, wie ſich des Tem -
pels Bogen
In ſmaragdnem Glanz gegen den Himmel
woͤlbt,
Und die Silber-Staude mit dem Schmet -
terling
Hoch in die Strahlen der Sonne haͤlt.
Wuͤrdig ſeid Ihr,
Einzugehn in das Heiligthum,
Bringet Ihr mit Euch
Dieſen dreifach heiligen Sinn,
Iſt Euch des Tempels-Geſtaltung
Nur ein Spiegel der Seelen-Geſtalt.
Dringet in’s Innere,
Selbſt der Seele Geſtalt
Hat noch ein Innres!
Sehet, wir ſtehn in einer dunkeln Halle,
Und begruͤßen ein ſtilles Licht im Finſtern,
Ob auch draußen noch Strahlen des Tages
leuchten.
Tiefere Forſchung geht in’s Dunkel der Seele,
Steiget hinab in des Herzens heil’ge Tiefen,
Wo ſich das Licht der erſten Wahrheit,
Wo ſich das Gute, das Schoͤne, und der Un -
ſterblichkeit Glaube
Langſam entzuͤnden an des Bewußtſeyns Funken,
Unverhaucht von des Außen-Lebens Stuͤrmen.
Gebt Euch die Haͤnde, beruͤhrt Euch mit den
Lippen,
266
Thaten und Worte ſollen uns verbinden
Zu der vereinten Forſchung des tiefen Innern.
Jene Symbole an den Teppichen reden
Unſer Gedanke in Sprache der grauen Vor -
zeit;
Haltet die Sprach in Ehren, als ein Ver -
maͤchtniß!
Der Tempel iſt erbaut in Staͤrk und Pracht,
Wir bringen nun den Gott hinein,
Das aͤuß’re Heiligthum iſt nur gemacht,
Dem heiligen Geſchaͤfte ſich zu weihn.
Die Herzen ſind vereint, die Geiſter ſtreben
Nach Wahrheit in des tiefen Lebens Grenzen,
Draus ſoll die Kunſt des Schoͤnen ſie erheben,
Religion ſoll ihre Stirn umglaͤnzen.
In Lehres-Helle, in der Dichtung Glut
Sprech hier der Denker, ſinge der Prophet!
Erkenntniß bluͤhe, wachſe kraͤft’ger Muth
Fuͤr alles, was im Tode nicht vergeht!
Ihr Erden-Ziele bleibt hinausgeſtellet,
Seid hier vergeſſen mit dem Weltgetuͤmmel!
Es haben Geiſter irdiſch ſich geſellet,
Doch ihres Bundes Seele ſtrebt zum Him -
mel.
Du, der uns verbunden,
Hoͤchſter Geiſt, in dem wir Alle leben,
Segne alle Friedens-Stunden,
Drin wir freier unſern Geiſt erheben.
267
Eher laß den aͤußern Tempel brechen,
Eh an unſerer Stelle
Ueber ſeine Schwelle
Sich Unheilige zu gehn erfrechen.
Die letzten Worte ſang der volle Chor.
Noch hoͤrt ich Toͤne dumpf und unbekannt.
Die Sonne ſank, es ſtieg der Mond empor,
Ein Balſam-Hauch ging uber’s gruͤne Land.
Da oͤffnet leiſe ſich des Tempels Thor,
Und die Geweihten kommen Hand in Hand.
Sie ſetzten ſich in Mond und Palme nieder,
Ein Mahl beginnt, es toͤnen frohe Lieder.
Brodt und Wein
Soll des Leibes Staͤrkung ſeyn.
Theilt das Brod, und laßt die Becher kreiſen.
Sind wir noch befangen
In des Leibes irrdiſchem Verlangen,
Laßt uns froͤhlich dankbar ſeyn,
Daß die Gaben,
Unſer Irrdiſches zu laben,
Von der reichen Erde wir empfangen haben.
Theilt das Brodt, und laßt die Becherkreiſen!
Brodt und Wein
Soll des Menſchen Herz erfreun.
Darum ſingt und laßt die Becher klingen!
In des Geiſtes Streben,
Herz und Sinn in’s Geiſtige zu heben,
Matten Geiſt und Leib ſich ab.
268
Weines-Flammen
Schmelzt in friſche Kraft zuſammen
Geiſt und Koͤrperleben, daß vereint ſie flam -
men!
Darum ſingt, und laßt die Becher klingen!
Was weiter noch geſchah, iſt mir entſchwunden.
War alles Traum? war es ein Luftgeſicht?
Es war ein Traum, die Deutung iſt gefunden,
Und von der Wahrheit ſinget dies Gedicht.
Seid uns gegruͤßt in euren Weihe-Stunden,
Durch’s heil’ge Drei und das verborgne Licht!
Bald wird der Kreis ſich um die Tafel ſchlingen
Der Kelche Feu’r dem neuen Licht zu bringen!

Mnioch.

269

3. Am St. Johannis-Tage, der zur Wahrheit in Prenzlow gewidmet.

Unter allen Nationen,
Wo des Bundes Bruͤder wohnen
Toͤnet heute Hochgeſang;
In dem Chore unſrer Bruͤder
Schallen heut auch unſre Lieder,
Voll von Freude, voll von Dank!
Hier in unſerm heil’gen Kreiſe,
Wo wir wirken, wie der Weiſe,
Drang kein ungeweihter Blick;
Ohne Sucht nach eitlem Ruhme
Bluͤht in unſerm Heiligthume
Unbemerkt der Menſchheit Gluͤck.
Der gedruͤckten Unſchuld Thraͤnen,
Und der Armuth banges Sehnen
Ward durch unſre Hand geſtillt;
Doch, wie wir der Menſchheit nuͤtzen,
Wie wir Recht und Tugend ſchuͤtzen,
Blieb Profanen ſtets verhuͤllt.
Was die Stolzen frech vernichten,
Menſchheit, deine ſchoͤnſten Pflichten
Wankten unter uns noch nie;
270
Hoheit ſteigt vom Throne nieder,
Nennet hier die Menſchen Bruͤder,
Knuͤpft das Band der Harmonie.
Heil der ſeegenvollen Stunde,
Wo auch uns zum Maurer, Bunde
Heil’ge Bruder-Pflicht verband,
Wo, geweiht durch heil’gen Stempel,
Zu dem Bau im großen Tempel
Uns die Weisheit thaͤtig fand.
Bruͤdern, die in fernen Landen
Sich zum Bau mit uns verbanden,
Die das volle Licht erfreut,
Die des Ordens hohe Lehren
Treulich uͤben, heilig ehren,
Sei zum Dank dies Glas geweiht.
Schwebe, ehrfurchtsvolle Stille,
Aus dem Grabe, wo die Huͤlle
Eines[frommen] Bruders weilt,
Deſſen Geiſt im Thaten-Kranze
Zu der Gottheit lichterm Glanze,
Zu dem beſſern Tempel eilt.
Ihr, zur Wahrheit aͤchte Soͤhne,
Uebt das Gute, ehrt das Schoͤne,
Seid der Menſchheit Schutz und Freund;
Daß auch einſt auf Eurem Grabe
Weib und Maͤdchen, Mann und Knabe
Dankbar eine Zaͤhre weint.
271

4. Das Gluͤck der Maurerei.

Seegen jener großen Stunde,
Wo die Weisheit uns begluͤckt,
Wo in edler Bruͤder Runde
Wir das volle Licht erblickt;
Wo im unbekannten Kreiſe,
Und umhuͤllt von finſterer Nacht,
Wir der Pruͤfung große Reiſe
An der Freundſchaft Hand gemacht.
Der Verblendung dunkle Huͤlle
Loͤſte ihre Zauberkraft,
Zu der Weisheit heeren Fuͤlle
Fuͤhrte uns die Wiſſenſchaft;
Zu des Lebens ſchoͤnſter Bluͤthe
Und zuruͤck zur goldnen Zeit,
Wo noch Freundſchaft, Herzens-Guͤte,
Ihren goldnen Saamen ſtreu’t.
Vor den hier verſchloſſ’nen Thuͤren
Legt der Fuͤrſt den Purpur ab,
Und des Bruders Lehren[fuͤhren]
Zu der Menſchheit ihn herab.
Wir ſind gleich und alle Bruͤder!
Hier erhebt nicht Gold noch Stand;
Deſſen Herz nur rein und bieder,
Wird als Bruder hier erkannt.
272
Um die Menſchheit zu begluͤcken
Reichen wir uns hier die Hand,
Vor der Neugier ſcharfen Blicken
Zieht Verſchwiegenheit die Wand.
Wo die Armuth huͤlflos klaget,
Wo verlaſſ’ne Unſchuld weint,
Wo Verblendung Menſchen plaget,
Sind zur Huͤlfe mir vereint.
Seegnet drum die große Stunde,
Wo die Weisheit uns begluͤckt,
Wo in edler Bruͤder Runde
Wir das volle Licht erblickt;
Wo im unbekannten Kreiſe,
Und umhuͤllt von finſt’rer Nacht,
Wir der Pruͤfung große Reiſe
An der Freundſchaft Hand gemacht.

Carl Struve.

VI. [273]

VI. Nichts Neues unter der Sonne. Eine merkwuͤrdige hiſtoriſche Parallele. Nichts Neues unter der Sonne.

Zweites Baͤndch. S[274][275]

Wenn in der Welt etwas Ungewoͤhnliches erſcheint, ſo iſt derjenige, der nur ſeine Stadt, ſeine Zeit und ſeine Leute kennt, ſehr geneigt, dies fuͤr etwas Neues, Unerhoͤrtes und Außerordentliches zu halten; der aber, deſſen Auge durch die Geſchichte anderer Zei - ten und Menſchen erweitert iſt, findet dies Ereig - niß in ſeinem ganzen Verlaufe da und dort wie - der, und iſt durch ſeine hiſtoriſche Erkenntniß ſchon auf alles Bedeutende vorbereitet, was in ſeinem Geſichtskreiſe vorgehen kann. Die Deutſchen haben beſonders eine große Staͤrke in ſolchen Vergleichun - gen und Beziehungen, die ſie oft mit großer Ge - lehrſamkeit anſtellen, und bei ihnen iſt vorzuͤglich die Redensart im Gange, die wir an die Spitze dieſes Aufſatzes geſetzt haben, und in dem wir in dieſem Falle auch unſere Deutſchheit beweiſen wollen. Der Franzoſe macht in ſeinem leichten Sinn alles was er vom Auslande oder von der Welt, als Nicht-Paris, hoͤrt, mit der Formel: Tout comme chez nous! ab, und erſpart es ſich dadurch, ſich gruͤndlich um das fremde Thun und Treiben zuS 2276bekuͤmmern. Auf alle Faͤlle iſt jener Spruch beſſer, als dieſer. Wir geben einen neuen Be - lag dazu, indem wir kurz eine aͤltere Geſchichte, und ſodann eine neuere erzaͤhlen, von welcher man ohne Zweifel etwas in den Eleuſinien zu finden erwartet hat.

Unzufrieden mit dem Logenweſen ſeiner Zeit, und beaͤngſtigt von dem großen Mißverhaͤltniß zwiſchen ſeinen lebhaften Wuͤnſchen, den Anforderun - gen an eine weitverbreitete, ſcheinbar zu großen Zwecken vereinigte Geſellſchaft von Maͤnnern, und der Wirklichkeit, machte der Br. von Knigge durch den Br. Diomedes im Jahre 1780. die Bekanntſchaft mit dem Orden der Illuminaten. Mit neuen ſchoͤnen Hoffnungen und großen Er - wartungen, trat er ihm bei. Die Papiere, die man ihm zuſandte, ſtimmten jedoch dieſe Erwartungen herab; die Correſpondenz mit Weishaupt ſpannte ſie wieder an. Mit allem Cifer ward er, ohne ſelbſt weiter zu ſeyn, fuͤr die Minervalclaſſe thaͤtig, verſammlete eine große Anzahl edler, vornehmer, gelehrter und wichtiger Maͤnner, als Minervalen um ſich her; und verpfaͤndete ihnen ſein Ehren - wort fuͤr die Groͤße und Guͤte des Ordens. Bald hatte er es mit mehreren hundert Menſchen zu thun, die durch ihn in allen Angelegenheiten be - lehrt und befriedigt ſeyn wollten, und er arbeitete raſtlos, er allein, ohne von den erhabenen Obern im geringſten unterſtuͤtzt zu werden, fuͤr ſie alle, mit Aufopferung ſeiner Geſundheit und ſeines Vermoͤgens. Durch ihn glaubte man an die All -277 macht des Ordens. Er erhielt endlich einen Theil des kleinen Illuminaten Grades, aber von allen Seiten draͤngte man in ihn nach den hoͤheren Geheimniſſen. In ſeiner Noth forderte er endlich, Kraft ſeiner Verdienſte, die gaͤnzliche Darlegung des Syſtems, und nun erfuhr er: daß der O. eigentlich noch gar nicht, außer in dem Kopfe des Spartacus exiſtire, daß nur die untere Claſſe in einigen katholiſchen Provinzen errichtet ſey, daß er (Knigge) das Ganze ausarbeiten ſolle ꝛc. Er reiſte im Jahr 1781. nach Baiern, und lernte dort die B B. kennen; außer Cato war unter den Areo - pagiten keiner thaͤtig fuͤr den O. (Weishaupt macht ſelbſt eine Schilderung von ihnen, die ſich anhebt: Socrates iſt beſtaͤndig beſoffen, Au - guſtus iſt im uͤbelſten Rufe u. ſ. w.); niemand wußte, was der Zweck des O. ſey, die Areopagiten waren mit Spartacus uͤber den Fuß geſpannt doch hatten ſie guten Willen, und waren dem O. (?) mit der waͤrmſten Anhaͤnglichkeit ergeben. Br. Knigge ſoͤhnte die hohen Obern aus, trat fuͤr die andern als Abgeordneter der noch hoͤheren Unbekannten auf, machte den Viſitator, belehrte die Areopagiten, und verſprach ihnen: das ganze Syſtem bis auf die hoͤheren Myſterien, ein Frei-Maurer Ritual und Conſtitutions-Buch auszuarbeiten, wogegen ihm erlaubt wurde, zu ſeiner Huͤlfe ſoviel Areopagiten und Obere zu machen und anzuſetzen, als er noͤthig und nuͤtzlich finden wuͤrde. Er reiſte zuruͤck, und nachdem ſeine Hoffnungen auf dem Convente zu Wilhelmsbad geſcheitert waren, machte er ſich an278 das uͤbernommene Geſchaͤft, nehmlich die Aus - arbeitung des ganzen Syſtems, wobei er die Aufgabe zu loͤſen hatte, daß er das wenige, aber Schiefe vorhandene zum Grunde legen, und doch das Ganze jedem Mitgliede, d. h. den dis - parateſten Koͤpfen unanſtoͤßig und intereſſant machen mußte. Nach dem Noviziat und der Minervalklaſſe, wozu er einen Vorbereitungs-Aufſatz unter dem Titel: Allgemeiner Begriff von der Geſellſchaft der Illuminaten ausgearbeitet hatte, folgte die ſymboliſche Maurerei; fuͤr den Faͤhigeren oͤffnete ſich nun der kleine Illuminaten-Grad, worinn er ſchon uͤber einige Zoͤglinge die ſpecielle Aufſicht erhielt, und aus dieſem zum Großen Illuminaten - Grade und ſchottiſchen Noviziat fortſchritt, wo er wieder einige kleine Illuminaten inſpicirte, und ſtaͤrker zum Beſten des O. thaͤtig war. Dieſe Grade, wie ſie Br. v. Knigge gearbeitet hat, ſind unter dem Titel: der aͤchte Illuminat. Edeſſa (Frankf. a. M.) 1788. gedruckt. Nun folgte der ſchottiſche Ritter Gr. oder der Gr. der dirigirenden Illuminaten, der den Uebergang zur Myſterien - Claſſe machte, und welche ihr Verf. nach einem wohl - uͤberlegten Plane anlegte. Endlich kroͤnte er ſeine Arbeit durch die kleinen Myſterien, den Prieſter - und Regenten-Grad, die fuͤr ſpeculative Seher ſeyn, und die Inſtructionen fuͤr alle hoͤheren Obern, die Provinzialen und Nationalen, enthalten ſoll - ten. Man kann nach dieſem die Arbeit berech - nen, die dieſer thaͤtige Mann fuͤr eine Geſellſchaft uͤbernommen und ausgefuͤhrt hatte, von der er279 Nichts, auch nicht die geringſte Bereicherung ſeiner Kenntniſſe erhielt, und die ohne ihn wahrſcheinlich bald wieder in ihr Nichts zuruͤckgeſunken waͤre, aus dem ſie ſich vor ſeinem Zutritt kaum um einen Schritt erhoben hatte. Er ſandte ſeine Arbeiten ein; nach einiger Zeit erhielt er ſie, ohne Veraͤn - derung, ins Reine geſchrieben, und mit Sparta - cus O. Pettſchaft und Chiffer beglaubigt, zuruͤck; und nun fing er an, die Grade auszuſpenden. Er gruͤndete Logen, man nahm die hoͤheren Gr. mit Enthuſiasmus auf, er ſelbſt freute ſich ſeines Werks und gab ſogar alle Direktion ab.

Nun wird man begierig ſeyn, zu hoͤren, welch einen Lohn dieſer raſtlos - und uneigennuͤtzig thaͤtige Mann erhielt, der um den Illuminaten O. ein dreifach groͤßeres Verdienſt, als ſein erſter Stifter hatte. Wahrſcheinlich doch Dank und Achtung von denen, die ſeine Arbeiten kannten, die ſie ihm auf - getragen hatten, die ohne ihn in einer unabwend - baren Verlegenheit geblieben, und die nun ihren eigenen O. durch ihn auf einer unerwarteten Hoͤhe erblickten? Denn, daß er von einzelnen Mit - gliedern, denen er dies und jenes nicht recht that, deren Wuͤnſche er nicht alle befriedigte, die ihn nicht begriffen, angefeindet, daß er von Jeſuiten, gegen die er auf Spartacus Antrieb geſchrieben, und von Maurern verſchiedener Syſteme, denen er Logen-Abbruch gethan hatte, verfolgt wurde wer wuͤrde dies nicht natuͤrlich finden?! Aber es waͤre doch hoͤchſt unnatuͤrlich, wenn die hoͤher geweihten Illuminaten ſelbſt, wenn die Areopagiten, wenn280 Spartacus, ſie, die ihm alles verdankten, ſich an die Spitze ſeiner Gegner geſtellt haͤtten ; mag man von dem Illuminaten O. denken, wie man will, K. hatte doch Alles geſchaffen und gear - beitet; dieſe, fuͤr die er es geſchaffen, und die es freudig gebilligt und anerkannt hatten, dieſe wer - den doch nicht undankbar und unnatuͤrlich an ihm handeln? und doch geſchah es, und zwar in folgenden Momenten:

Spartacus, der befehlender General ſeines O. ſeyn wollte, begann damit, nach geſetzlicher Ein - fuͤhrung der Grade, Veraͤnderungen, Zuſaͤtze und Umſchaffungen einzuſenden, und ihre hoͤchſt unpo - litiſche Einfuͤhrung zu gebieten.

Er fuhr damit fort, alle Unannehmlichkeiten, die in Ks Provinzen vorfielen, auf ſeine Rech - nung zu ſchreiben.

Er ging weiter, daß er gegen ihn als General und Hofmeiſter verfuhr, und drohte, ihn laufen zu laſſen, bis er zum Gehorſam zuruͤckkehrte,

daß er hinter ſeinem Ruͤcken mit ſeinen Un - tergeordneten correſpondirte, ſich fuͤr den Stifter und Chef des Ganzen, ihn fuͤr einen Verfaͤlſcher der aͤchten Grade ausgab,

daß er Schmeichlern erlaubte, in fremde Pro - vinzen hinein zu wirken, ihre ſpeciellen Feinde als Feinde des O. zu verfolgen, und uͤberall will - kuͤhrlich zu handeln,

daß man auf ſeine, durch die von allen Sei - ten herſtuͤrmenden Klagen veranlaßten Vorſtellun - gen nicht hoͤrte,

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daß Menſchen, die ihm weſentliche Verbindlich - keiten hatten, ihn im O. kek verlaͤumdeten, daß man ſeiner Ohnmacht ſpottete, verſicherte, man beduͤrfe ſeiner nicht und fuͤrchte ihn nicht,

daß Spartacus ihm durch einen Untergeord - neten Befehle, wie an einen Schulknaben zuferti - gen ließ,

daß man uͤberall im Orden hoͤchſt nachtheilige Geruͤchte und Inſinuationen uͤber ſein Betragen gegen denſelben verbreitete, und er tauſend Necke - reien erfuhr, und man endigte, daß Sparta - cus den vorgeſchlagenen Kongreß zur Ausgleichung der Sachen hintertrieb, und ihn auf ſein bruͤder - liches Schreiben nicht einer Antwort wuͤrdigte.

Der arme, von allen Seiten gedruͤckte und gemißhandelte Mann, fuͤr den nun niemand ein Ohr hatte, ſchrieb einen Aufſatz zu ſener Recht - fertigung, um wenigſtens den Beſten unter den B B. die Geſchichte zu entwickeln, auch dies wurde ihm zum Verbrechen angerechnet! Er ſollte durchaus nicht zum Worte kommen.

Auf Betrieb einiger redlicher Maͤnner an der Nationaldirektion, kam endlich, damit die Sache nicht weiter gehen und ſchlimmere Folgen haben ſollte, denn, Gott ſei Dank! noch iſt das Gefuͤhl fuͤr Gerechtigkeit in der Welt nicht ausgeſtorben! unter dem erſten Julius 1784. zwiſchen dem, von ihm gegruͤndeten O. der Illuminaten, und ihm folgender Vergleich zu ſtande:

  • 1) er erhielt ein ſchriftliches Document: er ſei freiwillig aus dem O. getreten, und282 man erkenne mit Dankbarkeit ſeinen bisherigen Eifer in Ausbreitung des O.
  • 2) Man verſprach, durch ein allgemeines Cir - cular allen nachtheiligen, falſchen Geruͤchten von ihm zu widerſprechen, und allen B B. zu befehlen, ihn kuͤnftig in Ruhe zu laſſen.
  • 3) Er lieferte dagegen die O. Papiere aus, und machte ſich verbindlich, uͤber das Vor - gefallene Verſchwiegenheit zu beobachten, dem O. nicht entgegen zu arbeiten, und ſeine Obern weder zu nennen, noch zu com - promittiren.

Dieß war es, was der verewigte Br. Knigge von der Gerechtigkeit ſeiner B B. erhalten konnte.

Aber wird man dies alles nur glaublich fin - den? Wenn Herrſchſucht den Spartacus auch zu falſchen Schriften verleitete, konnte dieſer in dem freien O., wie ihn Knigge geſtiftet hatte, nicht durch die Autoritaͤt der Redlichkeit und Ge - rechtigkeit, geſetzlich zur Ruhe gebracht werden? Iſt im Gegentheil die faſt allgemeine Stimme, die ſich gegen Knigge erhob, nicht ein ſtarker Beweis gegen ihn? und muß man nicht glauben, er ſey nicht ſo ganz unſchuldig an der erlittenen Behand - lung geweſen? Guter Mann oder Bruder, der Du ſo fraͤgſt, kennſt Du noch nicht die verheerende Kraft, die ein, oder einige kecke Menſchen haben, welche nur das calumniare audacter, semper aliquid haeret kennen, und in ihre blinde Leiden - ſchaft alle Halbkoͤpfe, die ſich ihnen naͤhern, mit fortreißen? weißt Du nicht, daß, wo es auf den283 ehrlichen Namen eines Menſchen oder Bruders ankommt, vor einer frechen Stimme alle guten und ſchwachen verſtummen, oder nur leiſe anſprechen? daß Dankbarkeit und Anerkennung der Verdienſte ein hoͤchſtlaͤſtiges Gefuͤhl iſt, und daß jeder kleine Menſch nur dahin arbeitet, jede Groͤße an ſeinen Boden herunter zu ziehen, und ſich zu aſſimili - ren? Wo hat man doch den Br. Knigge angeklagt, uͤberwieſen, verurtheilt? Wo iſt denn irgend etwas von ſeiner Schuld gegen den Illumi - naten O. verlautet, da hingegen ſeine Verdienſte um denſelben weltkundig ſind? Oder iſt es ſo etwas ungewoͤhnliches in der Welt, daß Unklug - heit eben ſo hart und noch haͤrter gezuͤchtiget wird, als Verbrechen und Laſter, und war es nicht die groͤßeſte Unklugheit, daß Knigge alle Direktion niederlegte? Ja, hier finden wir den ungluͤck - lichen Schluͤſſel zu ſeinem Schickſal. Haͤtte er ge - than, was er wollte, wie andere es thaten, aber mit Frechheit; haͤtte er jedem Herſchſuͤchtigen im - ponirt, und dieſe immer feige Menſchen durch ſeine Autoritaͤt in Schranken gehalten, er wuͤrde wie ein Gott verehrt worden ſeyn, und gutmuͤthige Leute haͤtten den Traum von Dankbarkeit und Anerkennung des Guten in der Welt austraͤumen koͤnnen. Aber er entaͤußerte ſich mit edlem Enthu - ſiasmus ſeiner Gewalt; und nun mußte er ent - weder ſeinen Mund nicht mehr aufthun, und ſchweigend ſein Werk verlaſſen, oder er mußte dul - den, was nicht zu vermeiden war. Er kam in Mißhelligkeit mit einer hoͤheren Autoritaͤt und er284 hatte, allein um deswillen Unrecht; die Furie der Verlaͤumdung brach von allen Seiten los, jeder glaubte, jeder trug weiter, die Beſten ſchwiegen und meinten: es ſey einmal ſchlimm, daß man ſo gegen den wuͤrdigen Br. denke, aber Genug, Niemand war unterrichtet von der Sache, Niemand wollte ſich unterrichten, man fuͤrchtete die Worte des Tiefgekraͤnkten, man ſtand ſicherer unter dem dichten Haufen, als neben dem einzelnen Gerech - ten, kurz das Trauerſpiel war fertig, und nur die Klugheit wandte es durch den Vergleich ſo, daß von dem Haufen der Schwaͤchlinge ein groͤße - res Uebel abgewendet wurde. Dennoch brand - markt das Verfahren des O. gegen ſeinen Schoͤpfer ihn noch in ſeinem Grabe; dies iſt die groͤßte Schuld, die er in die Annalen der Geſchichte mit hinuͤber genommen hat. Was auch die Regierung uͤber ihn geſagt und verfuͤgt hat, es liegt auf der Wagſchaal der Ehre und Schande ſo ſchwer nicht, als die Ungerechtigkeit und die Mißhand - lungen ungerathener Kinder gegen ihren Vater.

Doch wir vergeſſen, daß wir von neueren Zei - ten nur zu reden haben. Guter, verewigter Br.! Du biſt erhaben uͤber die Leidenſchaften der kleinen Menſchen, die hier Dein Herz zerriſſen, und Deinen edlen Traum von Bruderliebe und Menſchenwerth vernichteten. Du lebſt jetzt in einer Welt, wohin Deine Traͤume Dir gefolgt ſind, und Dich belohnen. Freue Dich ihrer!

Wir gehen zur Parallel-Geſchichte uͤber. Ohne Namen wollen wir ſie, treu und einfach erzaͤhlen;285 wer aus andern Quellen die Namen kennt, der hoͤre hier die Stimme der redlichen partheiloſen Wahrheit; wer ſie nicht kennt, der glaube, daß die Geſchichte auf der neu entdeckten Ceres vorgegan - gen ſey, und traͤume hier weiter den ſchoͤnen Traum von Gerechtigkeit, Humanitaͤt, Dankbarkeit und Bruderliebe.

Bis in das Jahr 1796. war die L. X. ein Sammelplatz luſtiger, froher Menſchen, die ſich Frei-Maurer nannten, weil ſie nach franzoͤſiſchen Gebraͤuchen Mitglieder aufnahmen, und ihnen nach und nach die Rechte an ihren Mahlen, und an ihrem Hauſe ertheilten, auch fuͤr die Neugierigeren und Vermoͤgenderen Schauſpiele auffuͤhrten, denen ſie die Namen: Maitre elû, Ecossois rouge et verd, Chevalier de l’Orient und Chevalier Prince Souverain de Rose Croix gaben, welche Stuͤcke uͤberall gedruckt zu haben ſind. Der Direk - teur dieſer Spiele war damals ein guter Mann, von einem lebhaften Geiſte und weichem Herzen, der der Poſſen eigentlich ſelbſt muͤde war; aber ſey es, daß es ihm an hinreichenden Kenntniſſen fehlte, ſey es, daß er den Gehalt ſeiner Umgebun - gen kannte, er ſpielte fort mit moͤglichſtem An - ſtande, droſch leeres Stroh, und war zufrieden, wenn die Zuſchauer und Mitdreſcher ſich an dem Klappern erfreuten.

In dieſem Jahre, am 2. Junius trat, gereift durch mancherlei Erfahrungen, verſehen mit einem hellen Geiſte, und mit einem weichen Herzen, das286 er unter einem finſtern Aeußern verbarg, ein Mann zu dieſer Loge, den wir Aurelius nennen wollen. Seine hohen Ideale von Wuͤrde der Menſchheit, die er in ſich trug, ſeine Meinung von feiner Ge - ſelligkeit und Anſtand, und Geiſt der Maurerei, eben ſo wenig als ſeine aͤußere Lage, machten es ihm wuͤnſchenswerth, ein thaͤtiges Mitglied dieſer Geſellſchaft zu werden; nur ein Zufall machte, daß er fuͤnf Monate nach ſeinem erſten Erſcheinen, bei - nahe mit Gewalt in den Hohen und Innern Rath dieſer L. gezogen wurde, ein Zufall, der dem in Br. Feßlers ſaͤmmtlichen Schriften uͤber Mau - rerei S. 446 f. erzaͤhlten, ſehr aͤhnlich iſt.

Der Br. Aurelius erhielt dabei den Auf - trag, weil alle, die dort verſammlet waren, wohl wußten, daß es ihnen an Dokumenten und Kennt - niſſen fehle, weil man mit dem, was man eben hatte, gerechter Weiſe unzufrieden war, und weil man glaubte, daß Br. A. der einzige Mann waͤre, der ihnen helfen koͤnne, neue Rituale von An - fang bis ans Ende auszuarbeiten. Gutmuͤthig uͤbernahm er dieſen Auftrag und fing an, ſeine Zeit, ſeine Kraͤfte, ſeinen Broderwerb und ſeine Freunde der L. X. aufzuopfern, blos, weil ein edles Gemuͤth ſich gern dem Vertrauen hingiebt, und weil ſein, fuͤr Ideale gluͤhender Geiſt meinte, hier ein reiches Feld ſchoͤner Wirkſamkeit geoͤffnet zu ſehen. Er arbeitete alſo zuerſt bis zum December die Rituale der drei untern Gr. aus, die bei der Promulgation mit ausgezeichnetem Beifall aufgenommen wur - den. Darinn ſind denn die lieben BB. allen287 uͤbrigen Menſchen gleich, daß ſie es willig anneh - men, wenn jemand fuͤr ſie arbeitet. Spricht wohl hie oder da einer aus dem Haufen: Da hat ſich ein neuer Narr gefunden, der ſeine Zeit nicht beſſer brauchen kann! ſo verhaͤlt ſich doch die groͤßere Menge bei ſolchen Ereigniſſen ruhig, und freut ſich ſogar ſagen zu kennen: Wir haben nun das und das gemacht, und es iſt gut.

Nun ging dieſer arbeitſame Mann an die Auf - ſtellung der hoͤheren Grade. Das, was er in der Ausuͤbung vorfand, verſchmaͤhten die Uebrigen und Er konnte es, als unmaureriſch, nicht brauchen. Doch mußte es gewiſſermaßen benutzt werden. Ehe er aber an die vollſtaͤndige Arbeit ging, be - gann er mit Aufſtellung eines letzten Gr. und der Conſtituirung eines Oberſten Collegii in Ritual - und Erkenntnißſachen, welches wir das Collegium der Areopagiten nennen wollen. Zu dieſem Gr. mußte er entweder etwas Neues erfinden, oder etwas Vor - handenes anwenden; jenes wollte er aus guten Gruͤn - den nicht, das, was er von den Nachbarn haͤtte bor - gen koͤnnen, gefiel ihm theils aus kritiſchen, theils aus geſthetiſchen Gruͤnden nicht: er ging alſo mit gutem Bedacht zur letzten Quelle, aus der alle h. Gr. gefloſſen ſind, zu dem Cl ſchen H. K. und deſſen hoͤchſten Grad zuruͤck, aus welchem das Schw. Syſtem den R. in W. und das Z ſche den V. J. entlehnt hat, und bearbeitete ihn, mit Beibehaltung der Sinnbilder, zu einer erhabenen Myſterie, die an der Spitze eines gelaͤuterten Sy - ſtems zu ſtehen verdiente, und durch die Geſchichte288 gerechtfertiget wurde. Sodann wurde zur Aus - wahl der Areopagiten geſchritten (wobei er die Wahl der drei Bruͤder N. N. und N. durchſetzte, welche ſeine Mitwaͤhler verworfen hatten), er in der erſten Verſammlung einſtimmig zum permanenten Deput. Groß-Meiſter erwaͤhlt, ſeine ausgearbeitete Ver - faſſung der Areopagiten vorgeleſen, und ange - nommen, das Ritual vorgetragen, und die Neuge - waͤhlten in daſſelbe eingeweiht.

Bis jetzt hatte die Corporation zwar eine Samm - lung Geſetze, die aber in einer fremden Sprache, ſehr unvollſtaͤndig und unphiloſophiſch geſchrie - ben, von den wenigſten verſtanden und gekannt waren. Sie hatte (wie damals keine einzige ihr aͤhnliche Geſellſchaft) keinen feſten, beſtimmt aus - geſprochenen, allgemein angenommenen und aner - kannten Grundvertrag; d. i. eine Beſtimmung der Grundverfaſſung, worinn die verſchiedenen Gewal - ten auseinander geſetzt, und in ihre natuͤrliche Gren - zen eingeſchloſſen, und wodurch eine bleibende Form der Ordnung und Geſetzgebung aufgeſtellt wurde. *)Vergl. Feßlers Schriften S. 450. 51.Durch dieſen Mangel war in dem Innern dieſer Geſellſchaft eine geſetzloſe Willkuͤhr, und ein hef - tiger Antagonismus zweier Partheien, von ganz verſchiedenem Intereſſe, wie bei den Roͤmern der Widerſtreit zwiſchen Plebejern und Patriciern, ent - ſtanden. Die Aufſtellung eines ſolchen Grundver -trags289trags war dringend nothwendig, um in die Geſell - ſchaft Geſetzlichkeit einzufuͤhren; ſie war ſchwer, denn es exiſtirte noch nirgend etwas aͤhnliches, und mußte mit Huͤlfe der Philoſophie und der allgemeinen Rechtsprincipien, ſo wie mit tiefer Kenntniß des Geiſtes der ſpeciellen Geſellſchaft angefertiget wer - den; ſie war hoͤchſtverdienſtlich, denn dadurch ward nicht nur der L. X. eine rechtliche Verfaſſung gege - ben, ſondern fuͤr alle uͤbrige Corporationen der Art das erſte Muſter aufgeſtellt, und ein bedeutender Fortſchritt zu rechtlicher Conſtituirung des großen Ganzen gethan, der von außerordentlichen Folgen ſeyn mußte. Dieſe Arbeit wuchs zu einer anſehn - lichen Schrift, und war, obgleich ihr Verfaſſer ſehr beſcheiden daruͤber urtheilte,*)Ein Urtheil uͤber eine ſolche Verfaſſung, ſ. im angef. Buche S. 296 und 97. als erſter Verſuch in der Art betrachtet, ein wahres Meiſterſtuͤck, das von dem philoſophiſchen Geiſte und von der mau - reriſchen Verfaſſungskenntniß ſeines Urhebers zeugte.

Fortwaͤhrend und ausſchließend widmete er ſich dem Wohle der L. Mit einem tiefen Blick in das Weſen des O. und geleitet von einer weitgreifen - den Idee, machte er im Julius dieſes Jahres (1797) den Vorſchlag: alle h. Gr. abzuſchaffen. Da aber ſein Vorſchlag durchaus verworfen wurde, ging er an die Reviſion und Umarbeitung derſel - ben, und begann mit dem vierten, der den aus - gezeichnetſten und entſchiedenſten Beifall erhielt;Zweites Baͤndch. T290ſo wie im Februar und Maͤrz des folgenden Jah - res der fuͤnfte und ſiebente.

Die L. X. exiſtirte in einem Lande, das der gerechteſten, einſichtsvollſten und aufgeklaͤrteſten Regierung genoß. Der Koͤnig deſſelben war in die Myſterien der Geſellſchaft nicht eingeweiht, er hatte alle moͤgliche Urſache mißtrauiſch gegen ſie zu ſeyn, und in ihrem Schooße eine gefaͤhrliche Schwaͤrmerei zu ahnen. Der Regent eines Lan - des muß uͤber alles, was in demſelben vorgeht, beſonders uͤber das Weſen ganzer, ausgebreiteter Geſellſchaften unterrichtet ſeyn, um beſtimmt zu wiſſen, ob das Wohl der Geſammtheit, den Schutz derſelben erlaubt oder nicht. Dringender wird dieſe Forderung, wo die Geſellſchaft geſtaͤndlich Myſterien hat, und eine geheime oder wenigſtens geſchloſſene iſt. Die Chriſtianer der erſten Zeiten waren in dem Falle; ſie verſagten hartnaͤckig der Regierung jeden Blick in ihr Inneres und zwangen ſie dadurch, ſie zu verfolgen, und ihre Mitglieder zu Maͤrtyrern zu machen. In den meiſten Euro - paͤiſchen Staaten war die Geſellſchaft der Frei - Maurer in demſelben Falle. Wo der Verdacht der Regierungen gegen ſie erwachte, da mußten ſie entweder gerechten Forderungen der Regenten genuͤ - gen, und ihnen Kenntniß von ihren Zwecken geben, oder die verdiente Verfolgung ertragen. Das Ver - trauen auf die gute Sache hebt den Schleier des Geheimniſſes fuͤr die Majeſtaͤt; der Repraͤſenkant des Staats iſt gebornes Mitglied einer jeden recht - lichen Geſellſchaft; gegen ihn iſt kein Verrath des291 Geheimniſſes moͤglich; um ihrer ſelbſt und ihrer Er - haltung willen iſt es ſich jede gute Geſellſchaft ſchul - dig, durch Offenheit jedes Mißtrauen des Regenten zu entfernen. Durch dieſe Betrachtungen geleitet, aͤußerte Br. A. die bis dahin kuͤhne Idee, und ſetzte ſie durch ſeine uͤberwiegenden Gruͤnde durch: dem Koͤnige die Conſtitution vorzulegen, wodurch die L. X. von Ihm, von dem es ſonſt vielleicht am wenigſten zu erwarten geweſen waͤre, ein Pro - tectorium erhielt, durch welches zugleich die Pro - tectoria aller uͤbrigen aͤhnlichen Corporationen be - ſtaͤttigt wurden, um welche Beſtaͤttigung man, aus einer nicht eben ungegruͤndeten Beſorgniß, ſelbſt zu bitten, nicht gewagt hatte. So erwarb ſich der Br. A. durch pflichtmaͤßige Offenheit uͤber die Ver - faſſung der Geſellſchaft große Verdienſte um das Ganze, und vielleicht verdankt es dieſer Masregel ſeine fortdaurende Exiſtenz.

Die L. X. war bisher eine einzeln ſtehende St. Joh. L. Dennoch hatte ſie einige LL. geſtiftet, und nannte ſich deshalb Mutter-auch Große-Loge, und forderte die Anerkennung, als ſolche, die ihr doch nie - mand, der mit der maureriſchen Verfaſſung bekannt war, gewaͤhren konnte. Niemand bei der Loge wußte hier Rath, wie dieſe Differenz zu heben ſey. Ueber - dieß ſtand die L. in der Gefahr, ihre Unabhaͤngigkeit zu verlieren, und ſich einer andern Gr. L. durch das im Werke ſeyende Staatsgeſetz, das nur Große - Logen anerkannte, und dieſen alle einzelnen St. Joh. LL. unterordnete, unterwerfen zu muͤſſen. Der Br. A. wußte hier den einzig moͤglichenT 2292Rath, der ſie retten konnte; er ſchlug vor: Da die L. X. aus mehr, denn 200 Mitgliedern beſtaͤnde, ſich in vier beſondere LL. zu theilen, und mit den von der L. X. unbefugt auswaͤrts con - ſtituirten, noch exiſtirenden drei LL., eine Gr. L. in geſetzlicher Form zu bilden. Dieſer Vorſchlag war durchaus vernuͤnftig und verfaſſungsmaͤßig, allein die BB. waren uͤber die legalen maureriſchen Formen zu wenig unterrichtet, auch walteten eine Menge perſoͤnlicher Ruͤckſichten und Leidenſchaften ob; genug, die Ausfuͤhrung derſelben fand tauſend Schwierigkeiten. Br. A. der mit Recht darin die Geſetzmaͤßigkeit und Rettung der L. ſah, war indeß unermuͤdet thaͤtig, unterrichtete und uͤberzeugte meh - rere BB. ſo, daß der Vorſchlag endlich durchging, und ſowohl die vier beſondern LL., als die Gr. L. am 11. Juni 1798. feierlich conſtituirt und inſtal - lirt wurden. *)Wieder ein ganz aͤhnlicher Fall iſt, und zwar weitlaͤuftiger, beſchrieben in Br. Feßlers Schr. von S. 451 477.Dabei wurde die Conſtitution oder der Grundvertrag der Gr. L., der abermals ſein Werk war, vorgetragen, und ſo war es ihm gelungen, eine durchaus geſetzliche, von allen Mau - rern anzuerkennende Form, in die nunmehrige Gr. L. zu bringen, und ihre Unabhaͤngigkeit zu retten, da das oben erwaͤhnte Staats-Geſetz ſie wirklich in die Reihe der Gr. LL. ſtellte. Da die lieben BB. nun einſahen, was ſie durch den weiſen Vorſchlag ihres Br. A. gewonnen hatten,293 ſo waren ſie hoͤchlich zufrieden mit ihm, und ſelbſt diejenigen, deren Eitelkeit durch die Theilung der Einen L. in vier, gekraͤnkt worden war, ließen ihm Gerechtigkeit wiederfahren. Eine andere Gr. L., die auf aͤhnliche Art entſtanden war, wollte die neue Schweſter zwar nicht anerkennen: allein da ſie ſich rechtlich formirt hatte, da der Staat, der in dieſer Verfaſſungsſache der competenteſte Rich - ter war, ſie anerkannte, und den uͤbrigen ganz gleich ſtellte, und jene Gr. L. im Grunde nichts, als die ihre, fuͤr Maurerei erkennen wollte: ſo kehrte man ſich nicht an das projektirte Monopol derſelben, eben ſo wenig, als dieſe ſich an auswaͤr - tige Monopolprojecte gekehrt hatte.

Der Br. A. war nun bei der Gr. L. X. ein großer und hochgefeierter Mann: man fuͤhlte es, was man durch ihn geworden war, und was man ohne ihn ſeyn wuͤrde. Daher wollte man ihn belohnen. Als nehmlich der bisherige Groß-Mei - ſter im October 1798. ſeiner Abreiſe wegen, das Amt niederlegte, wollte man ihn zum Groß-Mei - ſter waͤhlen; allein er ſchlug die ihm zugedachte Ehre beſcheiden aus, und ſetzte die Wahl des Br. v n zum Groß-Meiſter durch.

Im Februar des folgenden Jahres, verſchafte er der L. einen bedeutenden aͤußeren Glanz durch die Aufnahme eines fremden Großen, die er bewirkte.

Seine ganze Zeit war der L. X. gewidmet, und er opferte alle ſeine Kraͤfte auf, um das Ideal zu realiſiren, was er ſich mit Huͤlfe ſeiner Kennt - niſſe und Philoſophie von einer Frei-Maurer L.294 gebildet hatte. Haͤtte er auch die Menſchen ſchaffen koͤnnen, ſo wuͤrde die Welt mit einer Anſtalt uͤber - raſcht worden ſeyn, wie ſie bisher nur der einſame Weiſe im Traume geſehen hatte. Aber er war auf das eingeſchraͤnkt, was Er leiſten konnte, und er arbeitete raſtlos, nach den innern Forderungen ſeines Geiſtes und in der Hoffnung, nicht, daß man ſeine Verdienſte anerkennen, ſondern, daß man ihm die Haͤnde bieten werde, um rechtliche Ge - ſinnung, aͤchte Aufklaͤrung, ſittliche Ordnung und ſonach den wahren maureriſchen Geiſt zu foͤrdern, und unter ſich herrſchend zu machen. In die - ſen Ruͤckſichten bearbeitete er im Maͤrz 1799. den ſechsten Grad, und im Aprill und May deſſelben Jahres das Geſetzbuch der Gr. L.

Nun war die Zeit gekommen, wo, nach dem Geſetz, die Reviſion des Grundvertrags vorgenom - men werden ſollte. Wohl wuͤrde er auch dieſe Arbeit, die man ihm auftragen wollte, uͤbernommen haben, wenn ihn nicht eine doppelte Ruͤckſicht zuruͤck - gehalten haͤtte; einmal war er Kraft ſeines Amtes, der verpflichtete Vollſtrecker der Conſtitution und der Geſetze, und wollte alſo nicht zugleich deren Verfaſſer heißen, ſodann wollte er dadurch, daß er alle BB. zu Theilnehmern an dieſem großen Werke, und zu mitwirkenden Arbeitern an ihrer eigenen freien Verfaſſung machte, der Corporation eine groͤßere Wohlthat erweiſen, als wenn er, wie bisher, alle ihre Arbeiten auf ſich genommen haͤtte. Was die Gr. L. (Br. Aurelius) hiebei that, war durch kein Geſetz vorgeſchrieben, und nachdem295 geſchehen war, was ſie (er) nur fuͤr billig gehalten hatte, waren alle doch uͤberzeugt, daß gerade dies und nichts anders, und dleß gerade nur ſo, dem Geiſte der Bruͤderſchaft gemaͤß geſchehen mußte. *)Dieſe hier accommodirte Stelle, ſteht im ange - fuͤhrten Werke S. 302. wo man uͤberhaupt von S. 301 306. mit Nutzen nachleſen kann.Er mochte bei dieſer Gelegenheit zum erſtenmale die Anwandlung folgender Ueberlegung haben: Was hilft es doch, wenn nur Einer fuͤr eine große Corporation denkt und arbeitet! Sind Mitarbeiter da, ſo muͤſſen ihre Kraͤfte nicht ſchlummern; wo nicht, ſo iſt auch die beſte Arbeit des Einzelnen ver - gebens. Sie iſt das Schwerdt des Skanderbek, das außer ihm keiner zu handhaben verſteht, und Skanderbek kann ſterben; dann muß ſein Schwerdt mit ihm begraben werden! So lei - tete er, der immer uͤber dem Ganzen ſich ſelbſt vergaß, es ein, daß das Schwerdt ohne ihn auch gebraucht werden koͤnnte, und erweckte in den Koͤpfen aller Mitglieder der Corporation Theil - nehmer am Werk des Ganzen, das ſie, als das ihre, achten und lieben lernen ſollten. Noch blie - ben ihm Kraͤnze genug zu verdienen, die ſeine eigene Erfindungskraft und Thaͤtigkeit erringen, und die er ſich vom Genius des Ganzen, ohne ſeinen Nachtheil verdienen konnte. **)Dennoch war das, was er an dem revidirten Grundvertrage und den Geſetzen that, wohl das Meiſte und Vorzuͤglichſte.

296

Schon im Februar des folgenden Jahres hatte er die ſchoͤne Gelegenheit gefunden. Nach einem ſcharfberechneten Plane, und mit den allergering - ſten Mitteln ſtiftete er eine Rettungs-Anſtalt fuͤr wuͤrdige und verungluͤckte BB. ; durch einen Beitrag von etwas uͤber 1 Thlr. jaͤhrlich, hatte jeder, der auf thaͤtige Bruderliebe Anſpruch machte, unter genau vorgeſchriebenen Bedingungen der Wuͤrdigkeit, Hoffnung, durch ein nicht unbedeu - tendes Darlehn oder Geſchenk aus ſeiner unver - ſchuldeten Noth geriſſen zu werden; eine Anſtalt, die ſo vortrefflich berechnet, als wohlthaͤtig war, und ihrem Erfinder von Seiten des Kopfs und des Herzens gleiche Ehre machte; eine Anſtalt, wie ſie jede maureriſche Corporation haben ſollte, die die Pflichten der thaͤtigen Liebe nicht vergeſſen, ſondern auf die zweckmaͤßigſte Weiſe ausuͤben will; eine Anſtalt endlich, die zugleich faͤhig war, den Gemeinſinn unter den BB. ſelbſt zu erwecken, und zu beleben. Denn die Dokumente, welche zur Entſcheidung uͤber einen Rettungsfall erforderlich waren, mußten das von allen Logen-Beamten unterſchriebene Zeugniß enthalten, daß der Huͤlfe - ſuchende Br. ein thaͤtiges Mitglied der Loge war, keine Arbeiten aus Lauigkeit und ohne Grund unterlaſſen, ſich nie der geſetzlichen Ordnung wider - ſetzt habe, und ohne ſeine groͤbere Verſchuldung in den Zuſtand der Huͤlfsbeduͤrftigkeit gekommen ſey; ferner das Zeugniß ſeines rechtlichen buͤrgerlichen Lebenswandels, und ſeiner Verdienſte um die L.; ſodann den Vorſchlag der Summe, die als Ge -297 ſchenk, oder Darlehn, zu ſeiner Rettung wirklich hinlaͤnglich ſey. O ihr wuͤrdigen und ungluͤck - lichen BB. alle, die ihr fruͤh oder ſpaͤt, vielleicht dann noch, wenn der Name des Stifters laͤngſt vergeſſen iſt, aus dieſer Quelle Troſt, Huͤlfe und Rettung ſchoͤpfet, ſeegnet in Eurer Freude den Urheber Eures erneuerten Gluͤcks, und lehret Eure Kinder den Namen des Br. Aurelius.

Schon jetzt fanden ſich Spuren feindlicher Ge - ſinnungen gegen ihn. Man ſagte und einer der Areopagiten wiederholte es oft er habe die Rettungs-Anſtalt wenigſtens fuͤr einen ſeiner Freunde geſtiftet. Das war denen nicht zu ver - argen, die ſich um die Einrichtung der Anſtalt nicht bekuͤmmert hatten, aber die Beiſitzer und Verwalter derſelben, die die ſcharf beſtimmten Klau - ſeln kannten, die durch jene Beſchuldigungen zu bloßen Werkzeugen des Br. A. herabgewuͤrdigt wurden (denn ohne ſie konnte nicht ein Pfennig verwandt werden, und Br. A. hatte dabei die letzte Stimme) dieſe, die wirklich ehrliche Maͤnner waren, ſchwiegen. Ein Wink fuͤr ihn, was er von dem großen Haufen zu erwarten haͤtte, wenn durch irgend einen Zufall kuͤhnere Angriffe, nicht blos heimliche Verlaͤumdungen, gegen ihn erweckt wuͤrden.

Eine neue, ungeheuere Arbeit fuͤr das Innere der Anſtalt, forderte nun ſeine ganze Kraft und Thaͤtigkeit. Durch fortwaͤhrendes Studium und tiefere Blicke in die Geſchichte des Ganzen, war er zu der gruͤndlichen Ueberzeugung von der Nich -298 tigkeit der hoͤheren Gr. (woruͤber wir auch im erſten B. der Eleuſinien von S. 150. an, einige exo - teriſche Winke gegeben haben) gelangt, und er machte den Areopagiten, mit den dringendſten Gruͤnden im Auguſt 1800. den Vorſchlag, ſie gaͤnz - lich abzuſchaffen, der eigenthuͤmlichen alten Mau - rerei, ohne heterogene Zuſaͤtze, ihren genuinen Glanz wiederzugeben, und fuͤr alle kuͤnftigen Zeiten einer leeren Schwaͤrmerei den Zutritt in die Maurerei zu verſchließen. Es war ihm unmoͤglich, ſeinen Vorſchlag durchzuſetzen, da er ſeinen Gruͤnden kei - nen Eingang verſchaffen konnte. Dennoch war es ihm unmoͤglich die Wahrheit zu verlaͤugnen, und es gelang ihm, die Areopagiten zu dem Beſchluß zu bewegen: die hoͤhere Gr. in vier hiſtoriſche Erkenntniß-Stufen (deren weſentlichen Un - terſchied wir aus den Eleuſinien S. 172 f. kennen) zu verwandeln, und einer jeden Erkenntniß-Stufe eine reinmoraliſche Initiation, die, ohne etwas zu verheißen oder vorzuſpiegeln, auf die edleren Ge - fuͤhle des Menſchen berechnet war, voran zu ſchicken. Dieß gab man zu; und er hatte die ungeheure Arbeit, vier Initiationen, und vier hiſtoriſche In - ſtructionen, uͤber die Geſchichte der Fortſchritte und Ausartungen der Maurerei auszuarbeiten, von welchen die letzteren allein, ohne die Beilagen und im Auszuge, drei und achtzig geſchriebene Bogen ausmachten. Dieſe gefielen denn nun meh - reren Areopagiten ganz vorzuͤglich, die Initiationen ſchienen ihnen erbaulich, die Inſtructionen beleh - rend, und ſie ruͤhmten ſich mit Recht, in ihrem299 Innern das maureriſche Licht rein und glaͤnzend aufzubewahren. Andere, die von dieſen Sachen nichts begriffen, ließen ſie ſich ſchweigend gefallen, gaben aber zu verſtehen, es ſey des Br. Aurelius Machwerk, und er ſei ein großer Narr, ſich ſo viel Muͤhe um Nichts zu machen. Sie verriethen durch dieſes Urtheil eine gute Kenntniß des Ter - rains, denn die BB. fuͤr die das alles in den ver - ſchiedenen Stufen geſchrieben war, kamen theils zu dieſen Inſtructionen gar nicht, ein anderer Theil ſchlief dabei ein, ein dritter Theil rechnete es ſich ſelbſt hoch an, daß er dem Br. A. den Gefallen thaͤte, ſie anzuhoͤren, ein vierter Theil endlich konnte nicht leiden, daß nunmehr juͤngere BB. ſchon ſo fruͤh erfuhren, was ſie durch ſo lange Jahre nicht gewußt hatten, machten alſo hin und wieder, ſelbſt unter den Inſtructionen, bittere An - merkungen, und ſchimpften außer der L. weidlich dagegen. Der gute Br. A. hatte es immer mehr noͤthig, bei ſeinen Arbeiten zu vergeſſen fuͤr wen er ſie unternaͤhme, und ſeinen Blick feſter auf das zu richten, was die Sache, was der aͤchte, alte Geiſt der Bruͤderſchaft fordere.

Das Jahr 1800. war das geſetzliche, durch den Grundvertrag beſtimmte, Reviſions-Jahr der Ri - tuale; es mußten ſonach auch die drei erſten Gr. revidirt werden. Nun glaubte Br. A., daß es Zeit ſey, das Ritual der L. X. zu dem aͤlteſten, das die Geſchichte liefert, und welches bis zu der ſogenannten Reſtauration der Geſellſchaft, das ein - zige, allgemein anerkannte und aͤchte geweſen, durch300 die gemachte Neuerung aber keinesweges aufge - hoben war, und welches noch jetzt auf dem klaſſi - ſchen Boden der Maurerei das einzig anerkannte und uͤbliche iſt, zuruͤckzufuͤhren, und der Maurerei ihr urſpruͤngliches Licht wiederzugeben. Er uͤber - nahm dieſe Reviſion oder vielmehr voͤllige Umar - beitung, die fuͤr die Zuruͤckfuͤhrung der wahren Maurerei entſcheidend war, und von allen in Deutſchland zerſtreut lebenden aͤchten Kennern der Sache gebilligt wurde. Ein Gleiches thaten, auf die Autoritaͤt des Br. A., die Areopagiten und die alte Arbeit wurde am 31. December d. J. in allem Glanze wiederhergeſtellt.

Im Junius des folgenden Jahres, legte der im October 1798. gewaͤhlte Groß-Meiſter (ſ. oben) ſein Amt nieder. Der Br. A., der nur den Glanz und die wahre Wuͤrde ſeiner L. vor Augen hatte, glaubte den beſten Nachfolger in dieſem Amte, in einem Manne zu finden, der in einem anſehnlichen Poſten ſtand, und ſich auch als Gelehrter einen großen Namen erworben hatte. Wie weit entfernt er von aller Rivalitaͤt und kleinlicher Eiferſucht war, zeigte er am beſten durch dieſe Wahl; waͤhrend die uͤbri - gen mehr auf einen Repraͤſentanten des Amtes ſannen, wuͤnſchte er ſich einen Mitarbeiter von hellem Geiſte, und reinem Eifer fuͤr die Sache. Dieſen Mitarbeiter von feſtem Charakter glaubte er in dem Br. gefunden zu haben, der waͤhrend der ganzen Zeit ſeiner Thaͤtigkeit abweſend gewe - ſen war, und um deſſen Wiedergewinnung er ſich mit herzlichem Vertrauen die groͤßeſte Muͤhe gege -301 ben hatte. Seine Wahl zum Mitarbeiter fand viel innere und aͤußere Schwierigkeiten, die Br. A. mit eifriger Thaͤtigkeit, und mit uneigennuͤtziger Liebe fuͤr ſeine L. gluͤcklich beſiegte, und in dem guten Bewußtſeyn ſeiner redlichen Abſichten allen warnenden Stimmen, die auf ſeine Perſoͤnlichkeit Bezug hatten, ſein Ohr verſchloß. Am 13. Sept. ward der Mitarbeiter feierlich inſtallirt.

Noch durch eine andere glaͤnzende Begebenheit war dieſer Tag ausgezeichnet. Die L. X. hatte bis jetzt allein geſtanden, die Revolution, wodurch die Maurerei, von allen neueren Zuſaͤtzen gereinigt, in ihre alte Wuͤrde eingeſetzt wurde, war in ihrem Innern vorgegangen, die Richtigkeit ihrer Grund - ſaͤtze war noch von keiner modernen Frei-Maurer - Loge anerkannt. Br. Aurelius, der mit den aufgeklaͤrteſten und gruͤndlich unterrichteten BB. durch ganz Deutſchland in Verbindung ſtand, kannte auch einen dieſer erleuchteten Maurer, der an der Spitze einer großen Corporation mit aͤhnlichem Eifer arbeitete, und deſſen Grundſaͤtze mit den ſeinen um ſo natuͤrlicher uͤbereinſtimmten, je ſicherer ſie auf die erwieſene und unbeſtreitbare Wahrheit gebaut waren. Mit dieſem entwarf er den Plan einer Vereinigung drei großer Corporationen zu Aufſtellung gleicher Grundſaͤtze, zu Erneuerung des Alterthums und zu Verbannung aller unſtatthaften Neuerungen. Dieſer große Verein kam zu Stande, durch ihn erhielt die L. X. einen neuen Glanz, mit zwei verbundenen Schweſtern ſah ſie ſich als die Stifterin eines feſten, des einzig moͤglichen Grund -302 Syſtems der Maurerei. Es iſt unmoͤglich zu berechnen, was die Verbindung zweier ſolcher Maͤn - ner, fuͤr epochenmaͤßige Wirkungen in der Geſchichte der Maurerei hervorgebracht haben wuͤrden, wenn ſie nur einige Jahre ungeſtoͤrt fortgedauert haͤtte. An dem genannten Tage wurde die geſchloſſene Verbindung der drei Corporationen mit großer Feſtlichkeit promulgirt, es bleibt aber dunkel, wie viel die BB. der L. X. und namentlich ein großer Theil der Areopagiten von ihrem Zwecke verſtan - den haben.

Nun ſtand aber die Gr. L. X. auf ihrer hoͤch - ſten Hoͤhe. Ihre Verfaſſung war feſt, mit philo - ſophiſcher Genauigkeit aufgeſtellt, und von der Er - fahrung bewaͤhrt, ſie hatte in einem Grundvertrage die Norm fuͤr ihre Geſetze; dieſe Geſetze waren vortrefflich, und auf alle Faͤlle berechnet, alle Zweige der Verwaltung waren nach ihren Grenzen geſon - dert, das Verfaſſungs-Collegium, welchem die Re - gierung oblag, war getrennt von dem maureriſchen Doctrinal-Collegio, die Freiheit der einzelnen Ge - meinen, ſo wie jedes B. war geſichert, ihre Oblie - genheiten feſt beſtimmt, und alles bewegte ſich unter rechtlichen Formen mit Freiheit und Wuͤrde. Das innere Weſentliche der Geſellſchaft ſtand da, gelaͤutert und rein, in ſeiner urſpruͤnglichen An - muth, Schoͤnheit und Kraft; alle Kaͤlte und Herz - loſigkeit war verbannt, das zum Sehen geuͤbte Auge ruhte mit Wohlgefallen auf der Urform der alten Kunſt, und weidete ſich an ihrem großen Lichte. Fuͤr die Forderungen des forſchenden Ver -303 ſtandes, wie des fuͤhlenden Herzens, war der Weg zu hoͤheren Kenntniſſen, ſo wie zur Erwaͤrmung erhabener und ſchoͤner Gefuͤhle geoͤffnet, befriedi - gend fuͤr Geiſt und Herz war jede neue Stufe, die man zum Innerſten erſtieg. Dort war der vollſte Aufſchluß uͤber jede Dunkelheit, uͤber jede Frage bereitet, die der Forſcher uͤber irgend eine Zeit und uͤber irgend einen Um - ſtand der ſonſt raͤthſelvollen Sachen aufwerfen konnte. Ein herrliches, in ſeinen kleinſten Thei - len zuſammenhaͤngendes großes und lichtes Ge - baͤude, voll Schoͤnheit und Wuͤrde ſtand es da, wohlgeziert und erleuchtet von Innen, geachtet von Außen. Außer dem Verein mit zwei Schweſtern, beſtand die Gr. L. X. ſelbſt aus einer anſehnlichen Zahl einzelner LL. die ſie formirten. Drei aus - waͤrtige LL. hatte der Br. Aurelius als er 1797. Groß-Meiſter ward uͤbernommen; am 13. Sept. 1801. waren deren ſechzehn bluͤhende LL., von denen er vierzehn conſtituirt hatte, da zwei der alten abgegangen waren. Niemand war, der ſich dies alles vor ſechs Jahren haͤtte traͤumen laſſen; es war das Werk eines einzigen Mannes, deſſen Eifer von der Weisheit, der Erfahrung und dem Gluͤcke unterſtuͤtzt wurde, es war das Werk der entſchloſſenen Thaͤtigkeit, die in ihrem edlen Enthuſiasmus nur auf das, was gebaut werden muß, nicht auf die Materialien, womit gebaut werden ſoll, achtet.

Aber bald ſollte er fuͤhlbar daran erinnert wer - den. Er hatte ſich gutmuͤthig uͤberredet, daß die ganze Arbeit fuͤr die, um deren willen ſie unter -304 nommen worden war, noch mehr aber, daß die Ausuͤbung der Maurerei auf den Verſtand und das Herz ihrer Bekenner, doch nicht ohne alle Frucht geblieben ſey. Er hatte uͤber dieſen Punkt ſehr erfreuliche, aber auch ſehr bittere Erfahrungen gemacht; er zwang ſich, alle Erfahrungen zu ver - geſſen, und immer feſter und allein die Sache im Auge zu behalten. Doch dauerte es nicht gar lange, als er an einen Freund Folgendes ſchrieb: Im Jahre 1796. begann ich den Bau mit der innigſten Ueberzeugung, daß die Materialien, mit denen ich bauen mußte (Ausnahmen abge - rechnet) theils roh, theils ſchwach, theils ver - dorben ſeyen. Ich hoffte auf die immer ſich vermehrende beſſere, oder von mir nur beſſer gedachte Nachkommenſchaft, waͤhlte aus den rohen und ſchwachen Materialien, die brauch - barſten aus, um ſie als Grundſteine zu be - nutzen, ſtellte die Formen auf, erwartete vom Gluͤcke die allmaͤhlige Herbeiſchaffung beſſerer Materialien, ließ es mir genuͤgen, wenn man ſich unter meiner Leitung, doch ſelbſt gehend, auch nur kurzen Schrittes dem Beſſeren naͤherte und bemuͤhte mich, ſo zu handeln wie ich einmal die Handlungsweiſe des aͤcht klugen Maurers hinzeichnete. Aber eng wurde es mir ums Herz. ſo oft ich in oͤffentlichen Blaͤt - tern die Lobes-Erhebungen las, die man der Loge zollte, und ich die BB. N. N. N. N. welche im buͤrgerlichen Leben durchaus rechtliche Maͤnner, aber von einer feinerenKul -305Kultur himmelweit entfernt ſind, die die L. X. fuͤr die ganze Maurerwelt halten, und im In - nern der Frei-Maurerei, ſowohl ihrem Weſen als ihrer Geſchichte nach, durchaus Fremd - linge ſind, als die thaͤtigſten und kraͤftigſten Stuͤtzen des von mir unternommenen Baues anſehen mußte. Allein ich dachte, das Rohe kann ſich ja verfeinern, und das Schwache ſich ſtaͤrken. Ich ſtimmte daher ſelbſt in mei - nen oͤffentlichen Vortraͤgen in die Lobes-Er - hebungen gegen die BB. der L. ein, und glaubte, ſie wuͤrden ſich am Ende wohl bemuͤhen, dieſelben auch wahr zu machen und zu ver - dienen. Um dabei gegen auswaͤrtige denkende und tiefer eindringende Leſer wahrhaft zu ſeyn, ließ ich mitunter, neben allen guten Erwar - tungen, die ich als Wirklichkeiten darſtellte, auch ſtreng und beſtimmt geſagte Wahrheiten einfließen, wie Sie aus erſehen werden, wo ich uͤberall, entweder auf beſtimmte Perſonen, oder beſtimmte Aeuße - rungen oder beſtimmte Thatſachen hindeutete. Aber das Rohe ward von Tag zu Tage roher, denn es ward ſtolzer; das Schwache ward nicht ſtaͤrker, ſondern traͤger und unthaͤtiger, und das Verderbte pflanzte den Saamen des Verderbens auch in die neu hinzu gekomme - nen Materialien uͤber ꝛc.

Es ſcheint nach dieſem, daß die Hoffnungen des Br. A. nicht ſehr groß geweſen ſeyn moͤgen, ja er fing in einzelnen Augenblicken, da er das EndeZweites Baͤndch. U306ſeiner Arbeiten ſchon ganz deutlich vor ſich ſah, ſchon an, auf ſeinen Ruͤckzug zu denken, und die - ſen Vorſatz gegen ſeine Freunde zu aͤußern, die jedoch den Ruͤckzug fuͤr unmoͤglich hielten. Was ihn noch feſthielt, ward die ploͤtzliche Veranlaſſung zur Ausfuͤhrung ſeines Vorſatzes.

Br. A. entwarf nehmlich einen hoͤchſtwichtigen Plan, durch irgend eine gemeinnuͤtzige Anſtalt der L. X. auch bei dem großen Publikum und den Maurern bei ihren Mitbuͤrgern Achtung zu ver - ſchaffen. Die Maurerei kann einmal der Wohl - thaͤtigkeit nicht entbehren, und eine moraliſche Cor - poration thut ſehr wohl, durch zweckmaͤßige richtig berechnete Anſtalten, dieſe und jene Luͤcke in der Geſellſchaft auszufuͤllen, wie die Maurerei ſelbſt eine große Luͤcke in allen menſchlichen Anſtalten ausfuͤllt. Als Mittel zu dem Zwecke des Br. A. war vor allem der Bau eines neuen Logen-Saa - les nothwendig, der an ſich ſchon vieles fuͤr ſich hatte, weil der bisherige ungeſund und hinfaͤllig war. Der Br. Aurelius trug den Bauplan bei den Behoͤrden vor, und er ward, ohngeachtet der bittern Anmerkungen einiger Einzelnen, gebilligt, und die Ausfuͤhrung deſſelben beſchloſſen. Kaum war dies geſchehen, ſo eroͤffneten ſich ganz uner - wartete Ausſichten zur gluͤcklichen Ausfuͤhrung jenes geſammten Planes. Ein Freund alles Guten und des Br. A., dem dieſer ſeinen großen, und in der That kuͤhnen Plan detaillirt mitgetheilt, und ihn zu gleichem Enthuſiasmus dafuͤr hingeriſſen hatte, und der vom Gluͤcke beguͤnſtigt, ein großes Herz307 fuͤr große Unternehmungen hatte, ſicherte dem Br. A. die Summe von 2000 Thlr. zu, wenn er gewiß waͤre, daß er ſeinen voͤllig berechneten Plan unter dieſen Maͤnnern ausfuͤhren koͤnnte, und deponirte dieſe Summe ſogar unter den angezeig - ten Bedingungen.

Allein dieſer große Plan ſcheiterte ſchon bei ſei - nem kleinen Anfange, dem Baue des Logen-Saales. Es war bei dem letztern (und bei dieſem allein) auf freiwillige Beitraͤge der BB. gerechnet, und ſchon exiſtirten ſehr anſehnliche Unterzeichnungen; aber einige fanden die Sache bedenklich, betrachteten ſie ſonach von allen Seiten, und wie es denn geht, wenn man lange auf einen Fleck ſieht, ſo verdun - keln ſich die Augen, man ſieht wohl allerhand flie - gende Punkte, die eine geſchaͤftige Einbildungskraft oder der gute Wille fuͤr Geſpenſter anſieht; man theilt ſeine Betrachtungen gleichgeſtimmten Seelen mit, und was zwei Augen nicht ſehen, ſehen vier oder ſechs. Genug, man fand bald nicht nur die Sache, ſondern ſogar den Br. Aurelius hoͤchſt bedenklich. Etwa drei oder fuͤnf BB., die ihre Entſchloſſenheit ſchon fruͤher bewaͤhrt hatten, und von denen einige ſogar zu einem gewiſſen An - ſehen gelangt waren, das ſie in den letzteren Jah - ren dem Br. A. zu verdanken hatten, beſchloſſen, wahrſcheinlich nur zu einer zeitkuͤrzenden Veraͤnde - rung, dem Br. A. den Krieg zu erklaͤren. Das Unternehmen war etwas ſchwierig; der Br. A. war der Vater und Stifter des ganzen Werks, mit Gluͤck hatte er die L. groß und glaͤnzend ge -U 2308macht, die BB. verehrten ihn faſt allgemein; die auch ſeine Arbeiten nicht verſtanden, ſchaͤtzten doch ſeine unermuͤdete Arbeitſamkeit und reine Uneigen - nuͤtzigkeit, man fuͤhlte doch allgemein, wenn man auch eben nicht dankbar ſeyn wollte, doch die abſo - lute Schaͤndlichkeit der Undankbarkeit, und allein konnten jene Drei - oder Fuͤnf-Maͤnner doch nichts bedeutendes ausfuͤhren. Wie geſagt, die Sache war ſchwer, doch einem entſchloſſenen Gemuͤthe nicht unmoͤglich. Man berechnete eben die Folgen nicht weit hinaus, man verſammlete ſich, um mit vereintem Eifer den Gegenſtand zu behandeln; die - ſer erzaͤhlte ſeine Gedanken, jener ſeine Vermuthun - gen, ein dritter ſeine Beobachtungen, ein vierter diente der guten Sache mit Ausrufungen, ein fuͤnfter durch einige Schimpfreden alle aber durch Mittheilungen an andere, die in der neuen Sache noch Neulinge waren. Man ſtreute die wunderlichſten Inſinuationen unter den Haufen der ſich um das Ganze und das Innere wenig bekuͤmmernden BB. aus, beunruhigte dieſe durch bedenkliche Andeutungen, machte ſie nach und nach mißtrauiſch, ſodann unzufrieden, endlich erbittert. Man verſuche es doch gegen den erſten beſten, in irgend einer Verwaltung ſtehenden Mann, Ver - laͤumdungen auszuſtreuen, anfaͤnglich leicht hinge - worfen, ſodann beſtimmter wiederholt, und taͤglich erneuert, man aͤußere ſie nach allen Seiten, ſo daß ſie aus allen Ecken wieder zuruͤckkommen, und wir wollten den ſehen, der nicht endlich denken ſollte: Nun, ſo ganz unſchuldig kann der Mann doch309 nicht ſeyn! alle Welt ſpricht ja gegen ihn! Der Beſte endlich denkt: Es iſt ſchlimm, daß der Mann ſo verlaͤumdet wird, aber die Menge iſt gegen ihn! und endigt mit Stillſchweigen nnd Achſel - zucken. Gewiß, es gehoͤrt nur Ein recht tuͤchtig kuͤhner Menſch dazu, und ein Jeder, auf den er verfaͤllt, iſt in der Meinung des Haufens verloren, wenn er nicht die Macht in Haͤnden hat, ſich die Achtung zu erzwingen. Das Unternehmen, das wir oben ein ſchwieriges genannt haben, gewann einen faſt unglaublichen Fortgang; aber die BB. die es gewagt hatten, ſparten auch wirklich keine Muͤhe, ihre Behauptungen, Meinun - gen, Vermuthungen nicht in Vergeſſenheit gerathen zu laſſen. Aber wurden denn die Beſchuldi - gungen nicht, wie es Maͤnnern und Bruͤdern ziemt, ans Licht gezogen? Nein, man hoͤrte ſie an, zuckte die Achſeln, und ſagte ſie gelegentlich weiter. War denn keiner dieſer heimlichen Anklaͤger ſo ehrlich, oͤffentlich aufzutreten, den Br. A. anzuklagen, und zur Rechtfertigung aufzufordern? Nein, das ver - mied man mit der allergroͤßeſten Sorgfalt. Klagte denn Niemand die Verlaͤumder an? Nein, nie - mand wollte die Delikateſſe verletzen, und den, der ihm etwas anvertraut hatte, verrathen. Wandte nicht ſein Mitarbeiter ſeine ganze Kraft und Au - toritaͤt an, ihn zu unterſtuͤtzen und zu ſchuͤtzen? Nein. Erfuhr denn Br. A. nichts von alle dem? O ja, und ſeine Seele trauerte, ſein Traum ver - ſchwand, ſein Enthuſiasmus war erſtorben denn er hatte mit unſichtbaren Feinden, und mit unhoͤr -310 baren Freunden zu thun. Er beſchloß blos feſt und unwiderruflich, ſich zuruͤckzuziehen.

Das erſte was er that, war, daß er ſich von der Theilnahme an dem projektirten Baue losſagte, dem Mitarbeiter ſeine ganze Geſinnung ent - deckte, gegen ihn ſich ohngefaͤhr ſo aͤußerte: Eine Geſellſchaft, die ſich der freiwilligen Dienſte eines thaͤtigen Mannes bediene, die durch dieſe Dienſte reele Vortheile erlangt habe, muͤſſe ihren Arbeiter mit Nachdruck vertheidigen und nicht warten, bis er ſelbſt ſeine Beleidiger anklagt, oder gegen muth - willige Verlaͤumder ſich vertheidigt. Es ſey der Wuͤrde der Bruͤderſchaft ganz angemeſſen, Men - ſchen, wie N. N. N. N. N., in die gebuͤhrenden Schranken mit Kraft und Nachdruck zuruͤck zu wei - ſen, es ſei aber gegen die Wuͤrde eines der erſten Beamten, ſolche Menſchen anzuklagen, oder ſich gegen ſie zu vertheidigen. Thue die Geſellſchaft nicht von ſelbſt, was der Gerechtigkeit angemeſſen, und ihrer wuͤrdig ſey, ſo muͤſſe das Individuum auf ſeine eigene Huͤlfe bedacht ſeyn, und da ſey Zuruͤckziehung das gelindeſte und ſeiner Wuͤrde angemeſſenſte, und ihm zugleich anzeigte, daß er vorlaͤufig dieſes Mittel gewaͤhlt habe, wobei er um ſeinen Schutz bat.

Er fuhr damit fort, den 28. Maͤrz 1802, dem Collegium der Areopagiten ſeine Zuruͤckziehung von demſelben, und die Niederlegung ſeines Areopagiten - Amtes zu erklaͤren. In dieſer Erklaͤrung gab er ſchon beſtimmt die Inſinuationen an, die man gegen ihn gewagt hatte, ſo wie er drei BB. unter311 ihnen ſelbſt nannte, die nicht nur heimliche Be - ſchuldigungen gegen ihn verbreiteten, ſondern auch in dem Collegium ſelbſt einen Ton einfuͤhren woll - ten, der ſeinem Ideale einer feineren, geſelligen und maureriſchen Bildung durchaus zuwider ſey. Dieſes leuchtete den Areopagiten ſo beſtimmt ein, daß ſie beſchloſſen, jene drei BB. um ihrer ſelbſt willen zu erſuchen, den Verſammlungen des Areo - pags eine Zeitlang nicht beizuwohnen. Ueber die - ſen Beſchluß, den der Br. Aurelius gar nicht erwartet hatte, geriethen jene BB. in einen hef - tigen Zorn, und da ſie, wie einige meinten, diejeni - gen ſeyn ſollten, von denen alle Bewegungen aus - gingen, ſie auch durch den letztern Vorfall die erſte beſtimmte perſoͤnliche Veranlaſſung zur Feindſeelig - keit erhielten: ſo kann man leicht erachten, daß nun das Feuer, das bisher nur unter der Aſche fortgeglimmt hatte, in eine lichte Lohe aufſchlug. Natuͤrlich wurde die Schuld allein dem Br. A. gegeben; das, was nur Sache eines beſondern innern Collegii war, wurde zur Sache aller nicht unterrichteten BB. gemacht; die erhitzten BB. ſag - ten ſich von allen Pflichten der Verſchwiegenheit uͤber die Verhandlungen des Collegii los, und mach - ten ohne Unterſchied einen jeden, der ſie hoͤren wollte, zu Theilnehmern an ihrer Sache.

Nun war die L. X. der Tummelplatz feind - ſeeliger, verheerender Leidenſchaften. Mit Ruhe ſah Br. A. dieſem Toben des Sturmes zu, er glaubte ſich ſicher in der kleinen Huͤtte, die er ſich durch ſeine Verdienſte und ſeine Redlichkeit erbaut312 hatte, und hatte in Gedanken laͤngſt von ſeinem Werke Abſchied genommen; er trauerte nur dar - uͤber, daß Leidenſchaften wuͤtheten, die unter Bruͤ - dern und Maurern unerhoͤrt ſeyn ſollten. Ruhig wartete er auf zweierlei, entweder, daß irgend einer ſeiner Gegner, die mit ſo großer Kuͤhnheit heim - lich verbreitete Beſchuldigungen oͤffentlich vortra - gen, und ſo ſeine Rechtfertigung veranlaſſen wuͤrde, oder daß einer ſeiner Freunde die heimlichen Ver - laͤumder oͤffentlich angreifen wuͤrde. Jene aber huͤteten ſich vor nichts ſorgfaͤltiger, als vor einer Anklage, blos aus dem kleinen Umſtande, weil die L. X. das Geſetz hatte: daß die Strafe, die den Angeklagten getroffen haben wuͤrde, bei ſeiner er - wieſenen Unſchuld auf das Haupt des Verlaͤum - ders zuruͤckfiele. Dieſe konnten die Verlaͤumder nicht anklagen, weil ſie ihre Kinder der Finſterniß nicht greifen konnten. Es blieb nichts uͤbrig, als daß der Mitarbeiter und ſeine Gehuͤlfen ſich des verdienten Mannes officiell annahmen, und ſeine Sache (wie ſie es in der That war) zur Sache der Gr. L. machten, und ſich etwa ſo erklaͤrten: Lieben Br.! Wir hoͤren von allerlei Beſchuldigun - gen, die man unſerm Mitarbeiter machen will, wir ſehen die Unruhe, in welche ihr dadurch gerathen ſeyd. Wir ſind dem Manne, dem wir unſere ruhmvolle Exiſtenz verdanken, wohl das ſchuldig, was wir einem dienenden Br. nicht verſagen wuͤr - den, Gerechtigkeit. Wir koͤnnten unſern Na - men leicht in Schande bringen, wenn wir hier nicht mit aller Vorſicht und Weisheit verfahren,313 beſonders da er ſtets in unſerm Namen und unter unſerer Sanction gehandelt hat. Darum ſtehet ab von heimlichen Reden, die ſo leicht den Ver - dacht der feigen Verlaͤumdung erwecken, und wenn jemand iſt, der unſern Mitarbeiter anzuklagen hat, der bringe vor uns ſeine Beweiſe, und wir wer - den nach unſern Geſetzen verfahren. Sollte dies aber nicht geſchehen, ſo werden wir nach Verlauf von vier Wochen erklaͤren, daß ſeine Ehre die unſere, und jede Verunglimpfung unſers Mitarbeiters, eine ſtrafbare Verlaͤumdung ſey.

Aber das geſchah nicht! im Gegentheil ſchien der Mitarbeiter, und einer der Gehuͤlfen, gar nicht an obwaltende Unruhen zu glauben, und ſie fuͤr leere Geſpenſter zu halten. Auf einmal aber glaubten ſie daran, und gaben dem Br. A. am 28. Aprill den freundſchaftlichen Rath: Er moͤchte ſeine Amtsthaͤtigkeit auf eine Zeit fiſtiren, bis die BB. ſich von ſeiner Verwaltung eines beſſern uͤberzeugt haben wuͤrden. Dieſer Rath ſchien um deswillen ganz zweckmaͤßig, weil der Br. A. glaubte, ſein Amt haͤtte die BB. bisher nur abge - halten, mit einer Klage gegen ihn aufzutreten, welche er unter dieſen Umſtaͤnden ſehnlich wuͤnſchte.

Br. A. ſchrieb den 30. Aprill in Erfolg jenes Rathes an die Gr. L.: wie die allgemein bekann - ten Kraͤnkungen und Verlaͤumdungen, die ihm nach einer ſechsjaͤhrigen, nach ſeinen beſten Kraͤf - ten und Einſichten geleiſteten maureriſchen Thaͤtig - keit, widerfahren ſeyen, die eben ſo allgemein be -314 kannte Gaͤhrung der gehaͤſſigſten Leidenſchaften, die ihren Frieden ſtoͤhre, und der Frei-Maurerei im allgemeinen, wie dem Logen-Bunde der Gr. L. X. ins beſondere hoͤchſt nachtheilig ſey, ihn noͤthige, ihnen, ſo viel in ſeinen Kraͤften ſtehe, Frieden und ſich Ruhe zu verſchaffen. Er thue dies, indem er ſich vom heutigen Tage an, von aller maureriſchen Amtsthaͤtigkeit ſo lange los - ſage, bis diejenigen BB., die ſich bis jetzt blos durch heimliche Inſinuationen gegenſeitig erhitzt, und beunruhigt haben, auf dem geſetzlichen Wege ihre Klagen wider ihn bei ſeinen kompetenten Behoͤrden wuͤrden eingereicht, bis dieſe entweder uͤber ihn, oder ſeine Anklaͤger Gerechtigkeit wuͤr - den verhaͤngt, bis die durch Vorurtheile oder Inſi - nuationen irre gefuͤhrten BB. ſich von ſeiner bis - herigen Amtsverwaltung eines beſſeren wuͤrden uͤberzeugt haben.

Dieſe bedingte Siſtirung der Thaͤtigkeit leiſtete alles, was die Gr. L. und Br. A. wuͤnſchen konn - ten. Nun konnte man ihn ohne Umſtaͤnde ankla - gen, ſeine Gegner konnten zeigen, daß nicht ver - aͤchtliche Leidenſchaften, ſondern die Sorge fuͤr das Wohl der Loge ſie triebe, man konnte die BB. viritim auffordern, ſich beſtimmt zu erklaͤren, es konnte ſogar einer ſeiner Freunde die Verlaͤum - dungen ſammlen, und ſie als Anklagspunkte vor - tragen, um doch endlich nur Etwas zur Sprache zu bringen, und die Sache zur Ehre der Loge in die rechtlichen Wege einzuleiten. Aber es war,315 als wenn man eher alles, ſelbſt das Aeußerſte, als eine Klage anſtellen oder angeſtellt wiſſen wollte. Dem Mitarbeiter, der das obige Schreiben zuerſt erhielt, gefiel die bedingte Siſtirung der Thaͤtigkeit nicht, und er wuͤnſchte eine unbedingte Nieder - legung der Aemter auf eine Zeit. Da es aber dem Br. A. vorzuͤglich um die Ehre der Gr. L. um die Moͤglichkeit ſeiner Rechtfertigung, und ſodann um die Niederlegung ſeiner Aemter fuͤr alle Zeiten zu thun war: ſo konnte er dieſen Wunſch nicht erfuͤllen, und er beſtand auf der Bedingung der Anklage. Kurz vor der deshalb zu haltenden Verſammlung, entſchloß ſich der Mit - arbeiter (wahrſcheinlich in der Ueberzeugung von der Gerechtigkeit und Billigkeit der Sache) auf die Erfuͤllung dieſer Bedingung oͤffentlich anzu - tragen.

Nun kam der merkwuͤrdige, in den Annalen der Maurerei unvergeßliche Tag, des 7. Mai 1782., an welchem die L. X. entſcheiden ſollte, wie ihr zweiter Beamter, der Stifter ihres Syſtems, der Mann, der durch ſechs Jahre ſeine Zeit und Kraft geopfert hatte, um ſie im Innern und Aeußern zu befeſtigen, und zu einer unerwarteten und un - geahneten Hoͤhe zu fuͤhren, wie dieſer Mann im Gegenſatz einiger BB., die bisher nur heimliche Inſinuationen, und noch keine einzige maͤnnliche, ehrliche Anklage gewagt hatten, behandelt werden ſolle; die erſten Beamten mußten hier entſchieden ſehen, welch ein Schickſal ſie haben wuͤrden, wenn316 es irgend Einem oder Einigen einfiele, auch gegen ſie durch Inſinuationen aufzutreten; alle BB. mußten mit geſpannter Empfindung erwarten, wie die Loge gegen den Urheber alles deſſen, was von Anfang bis ans Ende in ihr geſprochen und ge - handelt wurde, und den ſie mit Achtung anzuſehen gewohnt waren, verfahren wuͤrde. Was konnte ihnen intereſſanter ſeyn, als zu wiſſen, wie die Regierung ihrer maureriſchen und Verfaſſungs - Angelegenheiten,*)Von Geld-Angelegenheiten war uͤberall nicht die Rede, denn Br. A. hat nie eine Kaſſe verwaltet. Und doch hatte man, jedoch nur auswaͤrts, wo man die Verhaͤltniſſe eben nicht kannte, bruͤderlich ausgeſtreut, Br. A. habe aus der Logen-Kaſſe an 3000 Thlr. in ſeinen Nutzen verwandt. Wie gluͤck - lich waͤre die Loge, wenn ihr eine ſolche Summe zu ſtehlen nur moͤglich waͤre! Aber, wie geſagt, Br. A. hat in die Kaſſen wohl richtig gezahlt, aber nie eine derſelben unter den Haͤnden gehabt. bisher verwaltet worden waͤre, ob es mit der geruͤhmten Ehrlichkeit und Kollegialitaͤt der Verwalter, ſeine Richtigkeit habe, oder ob es doch, trotz der vor Augen liegenden Verfaſſung, moͤglich ſey, daß Einer nach Willkuͤhr verfahren koͤnne. Das alles mußte an dieſem Tage theils durch die Art, wie die Sache des Br. A. verhandelt wurde, theils durch den ein - geleiteten Prozeß gegen ihn entſchieden werden. Sie wurde fuͤr immer entſchieden!

Nach der Vorleſung des Schreibens vom Br. A.317 vom 30. Aprill, erklaͤrte unmittelbar der Mitarbei - ter: Wenn die Gr. L. den Br. Aurelius bei - zubehalten wuͤnſchte, ſo wuͤrde er ſein Amt nie - derlegen, aus Gruͤnden, die er ſeinem Gehuͤlfen mitgetheilt haͤtte. Er waͤre auch bereit dieſe Gruͤnde oͤffentlich vorzutragen, truͤge aber darauf an, lie - ber jetzt ſchon die Reſignation (!) des Br. A. anzunehmen, und ihm fuͤr ſeine geleiſteten erſprieß - lichen Dienſte zu danken, alsdann es nicht noͤthig ſeyn wuͤrde, die Gruͤnde anzugeben, die ihn zu dem feſten Entſchluſſe gebracht haͤtten, nicht laͤnger gemeinſchaftlich mit Br. A. der Gr. L. zu prae - ſidiren.

Wir haben Nichts zur Erklaͤrung dieſes Evenements. Wem es wie ein Schlag aus dem blauen Himmel erſcheint, den muͤſſen wir bei ſei - nem Erſtaunen laſſen.

Am 9. Mai gab Br. A. ſeine unbedingte Reſi - gnation von allen Logen-Aemtern.

Am 4. Junius legte ein Repraͤſentant eine Pro - teſtation gegen die aufgeſtellte alle Stimmenfrei - heit niederſchlagende Alternative ein, und verlangte, daß alles in Integrum reſtituirt werde, wie es vor derſelben war, daß ſodann, wenn ſich rechtliche Klagen faͤnden, der Br. A. mit der Verantwor - tung gehoͤrt werde, worauf aber nicht geachtet wurde, und der Mitarbeiter ſowohl, als ſein Ge - huͤlfe Aufſaͤtze vorlaſen, auf die mehr geachtet wurde.

318

Die meiſten auswaͤrtigen LL. (welche die mei - ſten Stimmen in der Gr. L. ausmachten) ſandten ſehr nachdruͤckliche Mißbilligungen des Verfahrens gegen den Br. A. ein, reclamirten ihre Stimmenfreiheit, und forderten Restitutionem caussae in integrum. Dieſe konnten nehmlich die ganze Angelegenheit allein richtig betrachten, da ſie an den Leidenſchaften, die unter den Local BB. der L. X. herrſchten, keinen Theil nahmen, der Br. A. aber in ſeinem Amte dem ganzen Bunde angehoͤrte. Der Mitarbeiter aber erklaͤrte, daß er ſein Amt niederlegen wuͤrde, wenn man dieſe ungeziemenden Redensarten nicht mit dem gebuͤh - renden Ernſte zuruͤckwieſe. Er ſelbſt nahm die erſte Alternative zuruͤck und widerrief ſie, allein die Wirkung derſelben ward nicht zuruͤckgenommen, die Gruͤnde, warum er nicht der Mitarbeiter des Br. A. ſeyn wollte, wurden dieſem nicht mitge - theilt, vielmehr ihm alle Gelegenheit zu einer Rechtfertigung abgeſchnitten.

Da es ſo weit gediehen war, ſo erbarmte ſich der B. Meiſter t des Br. A. und lies ihm die Wohlthat einer kleinen Anklage zukommen, daß er nehmlich an einem fremden Orte einen Mann empfohlen haͤtte, gegen den an dem Orte der Loge X. eine Kabale gemacht worden waͤre, und dieſes auch eine Kabale genannt haͤtte. Dieſes nahm denn der andere Gehuͤlfe vor, und machte vorerſt aus: daß der Br. A. entlaſſen werden muͤſſe; wobei der Repraͤſentant einer proteſtirenden319 L. den Ausſchlag gab; ſodann, da ein anderer von Mittheilung der Klage an den Br. A. ſprach, ſo ward dieſe zwar zugegeben, jedoch zugleich feſt - geſetzt, daß es bei der beſchloſſenen Entlaſſung ſein Bewenden haben muͤſſe.

Der Br. A. eilte, ſeine voͤllige Entlaſſung ab - zugeben.

Dieß iſt ein kurzes Skelett der Parallel-Ge - ſchichte. Wir haben ihr nichts hinzuzuſetzen; man wird bei naͤherer Betrachtung die Aehnlichkeiten, und die Unterſchiede zwiſchen den Begebenheiten der BB. v. Knigge und Aurelius von ſelbſt finden, wozu die Anſicht des obenangefuͤhrten Vergleichs zwiſchen dem Illuminaten-Orden, und Br. Knigge in der Kuͤrze am fruchtbarſten ſeyn moͤchte.

Moͤchten doch die guten Maͤnner, die in die Verſuchung kommen, fuͤr einen O. oder eine Cor - poration zu arbeiten, ehe ſie ſich der Hoffnung der Gerechtigkeit, der Wirkſamkeit, der Anerkennung des Verdienſtes, ich will nicht ſagen, der Dank - barkeit hingeben, Gelegenheit haben, dieſe Parallel - Geſchichte zu wiederholten malen mit allem Ernſte zu leſen!

Uebrigens erklaͤren wir zum Schluß, daß die zweite Geſchichte hier ſehr unvollſtaͤndig, und nur in einer Skizze, jedoch mit vollkommner Achtung fuͤr Wahrheit vorgetragen worden iſt. Die BB.320 aber werden noch eine Geſchichte der Art leſen, die mit der hoͤchſten Vollſtaͤndigkeit, Genauigkeit und Wahrheitsliebe erzaͤhlt ſeyn, und welche Br. Feßler unter dem Titel: Ernſte Ruͤckblicke auf die Jahre meiner Logen-Thaͤtigkeit, als den zwei - ten Theil ſeiner ſaͤmmtlichen maureriſchen Schrif - ten, und als ein unvergaͤngliches Aktenſtuͤck zur Geſchichte der Bruͤderſchaft, herausgeben wird.

VII. [321]

VII. Ueber den Urſprung der Freimaurer und Roſenkreuzer.

  • Anmerkungen, uͤber den vom Herrn Profeſſor Buhle unterm 27. und 31. Januar, v. J. im 8. und 9. Blatte der Hamburger Adreß - Comtoir-Nachrichten bekannt gemachten Ur - ſprung derſelben.

von dem Br. v. Bioͤrn.

Zweites Baͤndch. X[322][323]

Ueber den Urſprung der Frei-Maurer und Roſenkreuzer.

  • Anmerkungen, uͤber den vom Herrn Profeſſor Buhle zu Goͤttingen unterm 27. und 31. Januar v. J. im 8. und 9. Blatte, der Hamburger Adreß - Comptoir-Nachrichten bekannt gemachten Ur - ſprung derſelben.

Wenn jemand einen geheimen Ordens-Urſprung bekannt machen will, ſo darf er unmoͤglich ſeine Zuflucht zu oͤffentlichen Bibliotheken, ſondern einzig zu geheimen Ordens-Manuſcript-Sammlungen nehmen; denn die Erfahrung lehrt uns ja taͤglich, daß Jahrhunderte hindurch, weder die Gewalt tyranniſcher Fuͤrſten, noch der angeſtrengteſte For - ſchungs-Geiſt gelehrter Profanen, ja ſelbſt nicht der Verrath von Bruͤdern niederer Grade, ver - moͤgend geweſen iſt, ihn ans Licht zu bringen. Aber ſowohl bei dem Orden der Frei-Maurer als der Roſenkreuzer, (deren jeder ein Orden fuͤr ſich, und keiner von dem andern entſprungen iſt, obX 2324man gleich durch den letzten Grad des Erſtern zu dem erſten Grad des Letztern uͤbergehen kann) ſind dieſe Manuſcripte wieder ſo ſehr in allegoriſche Sinnbilder, Hieroglyphen und Myſterien verhuͤllt, daß kein gelehrter Profan das mindeſte errathen kann und ſoll, ja nicht einmal ein Bruder des Ordens, der noch unter Bildung ſteht, d. i. der ſich noch in den niederen Graden befindet, iſt dazu im Stande, ſondern nur einzig der, welcher durch die hoͤheren Grade den geheimen Ordens - Schluͤſſel, quae claudit Aperientem, et aperit Claudentem, erhalten, den goldenen Ordens-Kno - ten aufzuloͤſen im Stande iſt, und den Perfect - Grad erreicht hat, weswegen wir heut zu Tage nicht nur ſo manche Gelehrte ſehen, die ſich mit leeren Meinungen den Kopf zerbrechen, ſondern auch einzelne Ordens-Bruͤder, ja wohl gar zuwei - len hohe Logen-Beamten, die wegen Abweichungen vom aͤchten Ritual des Ordens Vollkommenheit nie erreicht haben, wie es uns leider dieſe und jene oͤffentliche Streitſchriften beweiſen.

Was das Alter des Frei-Maurer-Ordens be - trifft, ſo ſagt uns die Geſchichte, daß ſchon im vierzehnten Jahrhundert auf den Grund einer alten moraliſchen Wiſſenſchafts-Societaͤt der noch jetzt bluͤhende St. Andreas-Orden, (?) die eigent - liche wahre Frei-Maurerei, (?) geſtiftet, theils aus politiſchen, theils aus andern Ruͤckſichten mit dem damals in Verfall gerathenen Architecten-Or - den verbunden, und nachher vom Schottiſchen Koͤ - nig David Stuart zu einem koͤniglichen Or -325 den gemacht wurde, und die erſte Zuſammenkunft oder Loge dieſes Ordens, ward den 21. Maͤrz 1314. auf einem koͤniglichen Schloſſe, unter dem Namen Kilwing gehalten, der Orden ſelbſt bald darauf mit Enthuſiasmus in allen brittiſchen Laͤndern aus - gebreitet, und der Biſchoff von Exeter, Walter, Stapleton zu York (Grandmaster for the Architect-Order) nicht allein mit dieſem Orden beehrt, ſondern auch zum Schottiſchen Provinzial - Groß-Meiſter erwaͤhlt. Von Ihm wurde Anno 1327. der engliſche Koͤnig Edward III., nebſt vielen andern bedeutenden Maͤnnern in der Yorker - Loge in dieſen Koͤniglichen Orden aufgenommen.

Der St. Johannis Frei-Maurer-Orden, der eigentlich nur aus zwey Graden beſteht, (?) wurde erſt ſpaͤter in England fundirt, und dem St. Andreas-Orden einverleibt, theils um die wuͤrdig - ſten Mitglieder beſſer auswaͤhlen zu koͤnnen, theils aus andern Gruͤnden, welche uns die geheime Ordens-Chronik naͤher lehrt.

In England wurden nun zwar hernach beim Ausbruch der ungluͤckſeeligen Kriege mit Schott - land unter Minderjaͤhrigkeit der Thron-Erben, und alſo unter der Regentſchaft von Koͤniginnen, welchen dergleichen geheime Geſellſchaften aus politiſchen Gruͤnden mißfielen, nach einer Parliaments-Acte de dato Weſtmuͤnſter den 17. November 1423., und einer andern von Heinrich VI. A. D. 1425. die Verſammlungen oder Zuſammenkuͤnfte der Frei-Maurer unter harter Strafe verboten; allein dadurch litt der Orden nicht die geringſte,326 Stoͤhrung, denn die Bruͤder verſammelten ſich in London nach wie vor, nur immer unter anderen Namen, als: Nivelleurs, Noachiten, Phila - lethen ꝛc. (?) ſo, daß ihnen die Polizei nie etwas anhaben konnte. Beſonders aber außerhalb Lon - don, nahm die Ordens-Verbruͤderung auf dieſe Parliaments-Acte gar keine Ruͤckſicht, jedes Haupt einer Provinz ſicherte den Bruͤdern Schutz zu, und ich will nur das Eine Beiſpiel anfuͤhren, daß der Erzbiſchoff Henry Chicherley von Canterbury ſich der dortigen Loge unter dem Vorſitze von Sir Thomas Stapylton ganz beſonders annahm, wie es das lateiniſche Manuſcript des Priors William Molart unter dem Titel: Liberatio generalis Domini Guilelmi Prioris Ecclesiae Christi Cantuariensis erga fastum. Notatus A. Domini 1429. hinlaͤnglich beweißt, welches denn auch Urſach war, daß darauf Koͤnig Heinrich VI. eigenhaͤndig mehrere Fragen uͤber die Frei-Maurerei aufſetzte, die noch heutiges Tages in dem Archive der Bod - leyaniſchen Bibliothek in Manuſcript vorhanden, und Ihm ſo von dem Orden beantwortet worden ſind, daß Er nicht allein Hochachtung fuͤr denſelben empfand, ſondern ſich auch ſelbſt Anno Dom. 1442 zum Frei - Maurer aufnehmen ließ, woruͤber uns der bekannte Locke in ſeinem Briefe an den Graſen von Pem - broke naͤhere Nachricht ertheilt. In Hinſicht des Namens: Frei-Maurer giebt die geheime Or - dens-Chronik zur Gnuͤge davon weitere Nachricht.

Aber auch der erwaͤhnte St. Andreas-Or -327 den iſt nur eine Grundlage oder ein Vorhof, zu einem noch hoͤhern, und 300 Jahr aͤltern Orden, uͤber welchen hier leicht ausfuͤhrlicher geſprochen werden koͤnnte, wenn nicht grade dieß ein vorzuͤg - liches Ordens-Geheimniß bleiben ſollte; und wer kann denn alſo widerlegen, ob ſich dieſer letz - tere nicht auf einen noch aͤltern gruͤndet!

In Hellyots ausfuͤhrlicher Geſchichte aller Kloͤſter und Ritter-Orden ſehen wir einen Haufen dergleichen Orden vom 11. Jahrhundert an, ja wir finden ſie ſelbſt, ohne einmal auf den alten egyptiſchen Prieſter-Orden Ruͤckſicht zu nehmen, ſchon in den erſten Jahrhunderten vor, als nach Chriſti Geburt, und wenn wir ferner bedenken, daß Frei-Maurer durch ihre Erkennungszeichen ſich gleich mit den Laazer-Secten in China, mit den Gauren in Perſien und Indien, und mit den Peripatetikern, oder ſogenannten Marabuten in Marocco und Afrika, ohne ein einzig Wort von der Landesſprache zu verſtehen, bekannt machen koͤnnen, daß ferner nach der Behauptung engliſcher Geſchichtſchreiber, die alten Druiden dieſelben Zeichen und Merkmale beſaßen, ſo kann es unmoͤglich noch eine Frage ſeyn, ob die Entſtehung des Frei-Mau - rer-Ordens aͤlter iſt, als das ſechzehnte, ſiebzehnte oder achtzehnte Jahrhundert.

In Hinſicht der Roſenkreuzer, deren eigentlichen Namen ich hier nicht nennen will, ſo iſt dieß ein eben ſo geheimer, wo nicht328 noch geheimerer Orden als der der Frei-Maurer. Der gelehrteſte Profan iſt alſo auch hier nicht im Stande das mindeſte zu entdecken, oder nur zu errathen, und alle die gedruckten Buͤcher, die der Herr Pro - feſſor Buhle zu ſeinen Beweiſen daruͤber anfuͤhrt, ſind daher offenbar vorwitzige Ideenſchriften. (!)

Es kann allerdings unter den Roſenkreuzern, wie unter den Frei-Maurern aͤchte und falſche geben, und es iſt moͤglich, daß auch der Moͤnch Chriſtian Roſenkreuz, Jacob Boͤhme, und der Theologe und Praͤlat im Wuͤrtembergiſchen, Doctor J. V. Andreaͤ Ordens-Eingeweihte waren, aber ob ſie aͤchte Ordens-Bruͤder geweſen? ob ſie das vollkommne Ziel des Ordens erreicht? und ob ſie, wenn dieß der Fall iſt, von ihren Ordens-Geheimniſſen wirklich Mißbrauch gemacht haben?

Dieß ſind die Fragen, deren Beantwortung aus der Urſprungs-Angabe des Ordens, vom Herrn Profeſſor Buhle wenigſtens ganz und gar nicht erhellet.

Die Geſchichte lehrt uns hinlaͤnglich, daß viele Griechen, die egyptiſche Schuͤler waren, in ihrem Vaterlande mehrere geheime Verbruͤderungen, die wir Logen nennen koͤnnen, ſtifteten, in welchen wieder tauſende von Italiaͤnern das Licht erhielten, wovon ich jedoch nur einzig den roͤmiſchen Kaiſer Auguſtus anfuͤhren will, welcher nach Athen reiſte, und von dem großen Eleuſiniſchen Ober -329 meiſter Hadrian in den Weisheits - oder Wiſſen - ſchaftsorden, (der im Griechiſchen τελετη und im Roͤmiſchen Initia hieß) eingeweihet wurde.

Aus dieſen griechiſch-roͤmiſchen Schulen ent - ſtanden hernach wieder die groͤßten Maͤnner, wovon wir weiter unten nur einige anfuͤhren wollen, und dieſer Orden iſt es, welchen Orpheus, Plato, Cicero und Plutarch ſo hoch geſchaͤtzt, geruͤhmt, ja beſungen haben, welches uns alſo einen Beweis giebt, daß er von dem entfernteſten Alter herſtammt, und ſtets fuͤr Hochheilig gehalten wurde. Ein mehreres hieruͤber lehrt uns Sueton C. XXV. und Diogenes Laertius 9 Buch 3 bis 9. und Maximi Tyrii Dissert.

Vorzuͤglich aber erfahren wir durch die geheime Ordens-Geſchichte, daß anno mundi 3101 meh - rere weiſe Griechen ſich im Toskaniſchen nieder - ließen, und eine theoretiſche und practiſche Ver - bruͤderung ausmachten. Ihre theoretiſche Haupt - loge ſoll zu Monté Senario, (Berg Senar auch Mons sani aeris genannt), und ihre practiſche Werkſtellen in den Hetruriſchen Gebirgshoͤhlen geweſen ſeyn; und dieſen alten Orden ſollen ſpaͤter - hin, etwa um das Jahr 1000 nach Chriſto, ſieben Kaufleute aus der geheimen Bruͤderſchaft: de Laudesi zu Florenz genannt, wieder erneuert, und deshalb auf den Truͤmmern jenes alten Schloſſes zu Monté Senario, wieder eine Kirche nebſt mehreren Wohnungen aufgebauet330 haben, woraus jetzt ein Benedictiner-Kloſter ent - ſtanden ſeyn ſoll.

Aus dieſer Verbruͤderung ſind beſonders beruͤhmt: Buſchotto, Il Buano, Iphicrato, Biasco, Beroaldo, Agrippa von Netterheim, Biſchof Albrecht von Regensburg, Peter von Apone, Roger Baco, Thomas Burgey und tauſend andere, die alle große Meiſter der Magie, Aſtro - logie, Alchymie, Mathematik, Mechanik und Phyſik waren. Schon anno Chriſti 284. nahm der heidniſche Kaiſer Diocletian dieſen Orden in Protection, durch welchen in Italien alle Kuͤnſte und Wiſſenſchaften ſo ſehr emporgehoben wurden, daß die toskaniſche Bauart die fuͤnfte in der Rang - ordnung wurde, und dieſer Orden war es auch, welcher anno Chriſti 722. denen bedraͤngten und verfolgten Chriſten, unter dem gothiſchen Prinzen Pelagius, einen ſichern Zufluchtsort in ſeinen Gebirgshoͤhlen gab, wodurch die Glieder deſſelben ſo ſehr zahlreich wurden, daß ſie ſich auch in die Aſturiſchen und Pyrenaͤiſchen Gebirge ausbreiteten, wornach ſie ſich mit den Galliciern und Caſtiliern verbanden, und durch ihre Macht nicht nur das Koͤnigreich Leon, ſondern auch das Koͤnigreich Suprarbien ſtifteten. Selbſt der fraͤnkiſche Koͤnig Carl Martel, ſuchte anno Chriſti 741. viele gelehrte Griechen zu gewinnen, und der engliſche Koͤnig Athelſtan zog anno Chriſti 925. eine Menge von ihnen nach England, wodurch bald darauf in York eine der erſten Bibliotheken aller Weltlaͤnder fuͤr die Architectur ꝛc. entſtand.

331

Einer von den Bruͤdern dieſes geheimen Philo - ſophen-Ordens, nehmlich Philipp Benizzi, verbeſſerte ſpaͤterhin denſelben zwar in ſeiner Reli - gions-Verfaſſung, aber nicht in den Wiſſenſchaften, und nachdem er anno Chriſti 1233. das fuͤnfte Haupt deſſelben ward, legte man denen Bruͤdern den Namen: Serven, Serviten, Annon - ciaden, auch Diener der heiligen Jungfrau bey, woruͤber Helyot Th. 3. pag. 353. ꝛc. in etwas, das geheime Ordens-Archiv aber, beſonders hin - laͤngliche Nachricht giebt. So finden wir alſo durch die ganze chriſtliche Zeitrechnung die geheime Exiſtenz dieſes Philoſophen-Ordens, aus dem von Zeit zu Zeit die groͤßten Maͤnner der Welt hervor - traten, wovon wir nur folgende wenige bemerken wollen:

  • Anno Chriſti 1090 Petrus Lombardus von Navarra aus dem Maylaͤndiſchen gebuͤr - tig, welcher anno 1140. zum Biſchof von Paris erwaͤhlt wurde. Sein geheimer Philoſophen-Name (!) war: Magiſter Sententiarum.
  • 1150 Joachim Calaber, ein außerordentlich großer Gelehrter, der anno 1190. wider den Willen des Pabſtes, von der Gemeine zu Calabrien zum Abt erwaͤhlt wurde.
  • 1200 Alexander ab Ales, ein gebohrner Englaͤnder, welcher wegen ſeiner großen Gelehrſamkeit zu Paris zum332 Profeſſor der Theologie erwaͤhlt wurde. Sein geheimer (!) Name unter den Bruͤ - dern war: Doctor Irrefragabilis.
  • Anno Chriſti 1240 Joannes Bonaven - tura aus dem Toskaniſchen gebuͤrtig. Er wurde anno 1250. zum Cardinal und Biſchof von Albano erwaͤhlt, ſein geheimer Philoſophen-Name (!) war: Doctor Seraphicus.
  • 1244 Thomas Aquino aus dem Neapolitaniſchen gebuͤrtig, ſein geheimer Philoſophen-Name (!) war: Doctor An - gelicus.

und ſo tauſend andere. Bei dieſer allgemein ver - breiteten Gelehrſamkeit konnte es nicht fehlen, daß man auf den Einfall kam, oͤffentliche gemeinnuͤtzige Schulen zu errichten. Dieß geſchah auch wirklich, und der Churfuͤrſt und Pfalzgraf Rupertus Rufus ſtiftete die erſte anno 1346. zu Heidelberg. Er war ebenfalls ein Eingeweihter jenes Ordens. Die zweite hohe Schule wurde nicht lange darnach anno 1361. von den Erzherzoͤgen von Oeſtreich, Gebruͤdern Rudolph und Albrecht, die auch geheime Ordens-Bruͤder waren, zu Wien geſtiftet, u. ſ. w. Winkelmann, Coelestinus, Wil - kius, Valentin Andreaͤ, und andere beruͤhren etwas mehr uͤber die aͤltern Lehrſchulen, deren oͤffentliche Errichtung zur Folge hatte, daß jener geheime Philoſophen-Orden bis anno 1600. gleichſam ſtill lag. Jetzt aber traten die Schuͤler333 von Roger Baco in England mit Enthuſiasmus fuͤr ihren Orden auf, ſo wie zu gleicher Zeit in Ober-Deutſchland 24, und anno 1612. in Nieder - Deutſchland und Norden andere 24 Logen geſtiftet wurden, die um ſo mehr bekannt ſind, da ſie im achtzehnten Jahrhundert von toleranten und Wiſſenſchafts-liebenden Fuͤrſten, oͤffentlich unter Protection genommen wurden, und in mehreren Kalendern ſpecificirt ſtehen. Daß alſo nach der Behauptung des Herrn Profeſſor Buhle waͤhrend des ſiebzehnten Jahrhunderts keine Loge vorhanden geweſen, iſt falſch, und daß Cartes anno 1620. keine Roſenkreuzer-Geſellſchaft antreffen konnte, iſt eben ſo natuͤrlich gewiß, als er noch den heutigen Tag keine Frei-Maurer-Geſellſchaft, ſondern nur uͤberall einzelne Bruͤder, von denen es in Deutſchland allein gegen die 50000 giebt, antreffen wird.

Daß der Orden ſich ruͤhmt, mehr Gold und Schaͤtze zu beſitzen, als die ganze oͤffentliche Welt geben kann, duͤrfte eine heilige Wahrheit ſeyn, denn ihr Symbol war und iſt: Si Christum discis, nihil est, si caetera nescis; et Si Christum nescis, nihil est, si caetera discis.

Da ich uͤbrigens willens bin, naͤchſtens ein Werk uͤber die Frei-Maurerei, mit allen ihren Statuten, Geſetzen, Acten, Ritualien, Urkunden, und der moͤglichſt vollſtaͤndigſten Ordens-Chronik334 theils oͤffentlich, theils als Manuſcript fuͤr Bruͤder im Druck herauszugeben, ſo will ich jetzt mit Vor - ſtehendem ſchließen. *)Dieſes hier angedeutete Werk ſoll aus 6 Baͤn - den in Quart beſtehen, und vorzuͤglich folgendes ent - halten: 1) die vollſtaͤndigſte Ordens-Chronik der Frei - Maurer, 2) die Statuten vor 1314. und von 1717. ꝛc. nebſt mehreren, die St. Joh. und St. Andreas L. betreffend, 3) Von Oekonomie-Tafel-Trauer LL., den alten Katechismus, L. Bibliothek und Verzeichniß 4) 12 Reden und eine Geſchichte des T. H. O. 5) Rituale der 10 (!) Gr. des Frei-Maurer-Ordens, und vollſtaͤndigen Schluͤſſel aller Hieroglyphen (blos fuͤr BB. ) 6) die zu dem ganzen Werk gehoͤrigen Kupfer. Daß der Hr. Herausgeber ſeine eigene Anſichten hat, ſieht man ſchon aus dem hier mitge - theilten Aufſatze; doch wuͤrde das Werk, wegen der Aktenſtuͤcke aus dem Clermontiſchen Collegio zu Paris, uͤber den im J. 1314. (!) in Schottland ge - ſtifteten St. Andreas oder jetzigen Frei-Maurer - Orden (!), welche der im J. 1685. nach Frankreich gefluͤchtete Jacob II. hier hinterlies, die der Herausg - kaͤuflich an ſich gebracht haben, und hier abdrucken laſſen will, fuͤr jedes Logen-Archiv von Wichtigkeit ſeyn. Es waͤre in hiſtoriſcher Ruͤckſicht wohl zu wuͤnſchen, daß die Unternehmung zu Stande kaͤme, und durch Subſcription (von 6 7 Thlr. fuͤr den Band, nebſt 2 Louisd’or fuͤr die Kupfer) befoͤrdert wuͤrde. Der Verf. verſendet eine ausfuͤhrliche gedruckte Ankuͤndigung. d. H.

Lübeck den 15. März 1803. v. Biörn.

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VIII. Maureriſche Literatur.

  • 1) Taſchenbuch fuͤr Frei-Maurer. Koͤthen, 1803.
  • 2) Moraliſcher Taſchenſpiegel.
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1.

Das Taſchenbuch fuͤr Frei-Maurer auf das Jahr 1803. Koͤthen bei Aue iſt erſchie - nen, und wir halten es fuͤr unſere Pflicht, uͤber dieſes, bis zum ſechsten Bande gediehene, und in der Maurerwelt ziemlich allgemein bekannte Werk, einige Worte zu ſagen. Der Inhalt des vorher - gehenden Jahrgangs war groͤßtentheils entlehnt, und gab ohne, ja gegen den Willen ihres Verf., Worte des Br. Feßler; dieſer enthaͤlt faſt lauter Aufſaͤtze des wuͤrdigen Herausgebers, die von ſeinem gegenwaͤrtigen Standpunkt in der Maurerei zeugen.

Der Roman: Bruchſtuͤcke aus Franz Hell’s maureriſchem Leben iſt beendigt. Nach einer naͤhe - ren Expoſition der Seelwerthſchen Schule in der Maurerei (wie er ſie nennt), wobei zugleich die Geſchichte Dornfelds, der durch die Maure - rei verfuͤhrt, und wieder gebeſſert wurde, ſo wie die Abweiſung eines braven Iſraeliten eingeſchaltet wird, geht Hell endlich den letzten Aufſchluͤſſen durch Br. S **** in der Reſidenz entgegen. Dieſer fuͤhrt ihn dann auf den Gipfel des Berges, und er ruft S. 96. aus: Sei mir dreimal geſegnet, Du Hehre in reinerem Lichte, ich verehre Dich, wo mein Geiſt reine erhabene Offenbarungen faßt,Zweites Baͤndch. Y338aber ich ehre auch da Deine Weisheit, wo ich noch nicht ihre Tiefen zu ergruͤnden vermag. ꝛc. und ſchaut von dieſem Gipfel nun belehrend auf alle ſeine Verirrungen zuruͤck. Was nun unſer Hell, bei dem es uͤbrigens noch nicht gaͤnzlich hell zu ſeyn ſcheint, gefunden hat, ſagt er uns natuͤrlich nicht, und in ſofern endigt ſich dieſer Maurer Ro - man, wie alle uͤbrigen. Unſchuldiger iſt er auch als z. B. St. Nicaise, denn er fuͤhrt uns am Ende, wo die ſonnigte Hoͤhe glaͤnzt, nicht in ein Kloſter, ſondern in die Logen, und zu einem erleuchteten. Bruder. Sein Rath iſt der: Licht - begieriger Bruder! halte Dich an die Rituale und ſogenannten Akten, wie ſie ſind, kuͤmmere Dich nicht um Buͤcher, und die Nebenwege die Dich Einzelne, angeblich erleuchtete BB. fuͤhren wollen, beſuche die LL. fleißig, gieb wohl auf alles acht und Dein Glaube wird belohnt werden! Wer kennt nicht dieſe Sprache, und das Syſtem, welches ſie in ſeinen Stellvertretern fuͤhrt? und wer wird nicht mit uns uͤberraſcht ſeyn, ſie in dem Munde des denkenden und achtungswerthen Ver - faſſers wieder zu finden?

Wohl moͤchte er Recht und Fug haben, ſo zu rathen, wenn vorerſt, ohne Ruͤckſicht auf ein neues oder altes Syſtem, ausgemacht waͤre, was reine wahre Maurerei iſt, wohl moͤchte er dann dem Suchenden rathen, daran und nur daran halte Dich, und Du wirſt wiſſen und im Innern fuͤhlen, was Maurerei iſt, und damit Du in Deinem Wiſſen und Glauben geſtaͤrkt werdeſt, ſo339 lies, wo Du kannſt und darfſt, was die einfache und erhabene Sache fuͤr unverdiente Schickſale erfuhr. Aber durch obigen Rath iſt nichts gewonnen. Ihn leſen Bruͤder aller Sekten und Syſteme. Alſo in meiner L. werd ichs finden, ſagt dieſer. In meiner Loge iſts zu ſuchen, ſagt jener: Nun will ich in meiner L. recht aufmerkſam ſeyn! ſagt der dritte, und ſo der hun - dertſte, und alle hoͤren Etwas, nach Maasgabe der Syſteme, und der zeitigen Wortfuͤhrer Ver - ſchiedenes. Wer hoͤrt nun das Rechte? wer trift wenigſtens das Leitende? O guter Hell, Du wirſt tuͤchtige und gerechte Syſtemmaͤnner bilden, Maurer nicht; und nach Dir, wie vor Dir, werden tauſende uͤber dem glaͤubigen Betrachten der Worte der Akten hinſterben, und fuͤr einen〈…〉〈…〉 ellen Blick in die Myſterien der ehrwuͤrdigen Kunſt auf immer verdorben ſeyn.

Stelle Dir vor, ein Juͤngling kaͤme zu Dir, und baͤte Dich um Unterricht in der Mythologie, um Aufſchluß z. B. uͤber die Fabel des Jupiter. Du reichteſt ihm gefaͤllig aus Deiner Bibliothek den Apollodor, oder den Damm, den Ramler, den Moritz oder Irgend einen der Mythographen. Lies und ſtudiere! ſagſt Du. Der Juͤngling ſtudirt mit der hoͤchſten Anſtrengung. Nach einiger Zeit kommt er zuruͤck, und ſagt mit kindlicher Aufrichtigkeit: Ich weiß freilich eine Menge Fabeln vom Jupiter, ich kann ſie herſagen, aber ich verſtehe ſie nicht, es iſt darinn keine Einheit, kein Zuſammenhang, kein Geiſt; ich bin an Worten und einigen Ge -340 ſchichten, nicht an Ideen reicher geworden, und vom Jupiter weiß ich in der That Nichts. Der Jupiter des einen iſt nicht der des andern, Homer hat einen der zu dem der doriſchen und aeoliſchen Dichter nicht paßt, und ſo geht es fort, die eine Fabel verwirrt die andere, und zuletzt kehren ſie in ein Chaos zuruͤck. Du haſt noch nicht den gehoͤ - rigen Blick, antworteſt Du, wenn dieſer Dir kommt, ſo wird Dir alles aufgethan ſeyn! Der Juͤng - ling ſtudirt aufs neue, und ſinnt unablaͤſſig, und ſtrengt ſeinen Verſtand und ſeine Phantaſie an, um Einheit in die Verwirrung zu bringen. End - lich uͤberraſcht er Dich mit ſeiner gluͤcklichen und ſcharfſinnigen Entdeckung, und Du wenn Du die Mythologie kennſt biſt erſtaunt, nicht einen wahren Gedanken in ihr zu finden. Laß ihn das Geſchaͤft fortſetzen, Hell! wenn Du grauſam genug dazu biſt, und Du wirſt immer den gleichen Erfolg ſehen, denn Du kannſt ſelbſt nichts anders. Endlich fuͤhrt das Gluͤck den Armen zu einem beſſeren Lehrer, oder auch Du ſelbſt, wenn Du es kannſt, wirſt dieſer beſſere Lehrer und ſprichſt: Die Fabeln vom Jupiter, die Du nun von den Mythologen gelernt haſt, ſind nicht zu einer Zeit und an einem Orte entſtanden. Die aͤlteſte einfache Mythe, die wir kennen iſt die, z. B. die ioniſche; dieſe iſt vermehrt worden durch voͤllig ungleichartige, z. B. die cretenſiſchen, und veraͤndert in ſpaͤteren Zeiten durch die lyriſchen, dramatiſchen u. a. Dichter nach ihrem beſonderen Zweck. Jupiter iſt ein341 Collectiv-Name, der eine Menge Jupiters bezeichnet, die nur das gemein haben, daß ſie den hoͤchſten der neuen Goͤtter-Familie bezeichnen. Darum trenne das Spaͤtere von dem Fruͤheren, das Fremde von dem Einheimiſchen, und loͤſe das anſcheinende Ganze, welches ein formloſes, unzuſam - menhaͤngendes Weſen iſt, mit Huͤlfe einer verſtaͤndigen kritiſchen Scheidekunſt auf. Lies ſodann mit dem wahren Blick die Alten ſelbſt, und Du wirſt die Mythen beſſer verſtehen lernen, als aus irgend einer Fabellehre.

Die Anwendung von dieſer Vergleichung, wird der Kenner leicht zu machen wiſſen, ſo wie er die Wahrheit dieſer Winke laͤngſt erkannt hat. Auch der Br. S. macht nichts gut, der hier an der Spitze der hoͤchſten Aufſchluͤſſe ſteht, denn nach allen Anzeigen fuͤhrt er den guten Franz Hell doch wohl den hoͤheren Graden zu, und macht ihn hoͤchſtens zum J. V. Dieſes Heil aber kennen die Leſer der Eleuſinien ſchon etwas naͤher.

Sehr gut iſt die, nur etwas zu weitlaͤuftige und trockne Abhandlung: Ueber die Beſchuldigungen, die dem Frei-Maurer-Orden in den neueſten Zeiten ge - macht worden ſind, in Beziehung auf den von der Bata - viſchen Bruͤderſchaft deshalb ausgeſetzen Preis, auf die beſte Widerlegungsſchrift S. 151 218. worinn die Zweckloſigkeit dieſer Preisaufgabe ſehr wohl aus - einandergeſetzt, und dagegen vorgeſchlagen wird: den Preis lieber fuͤr die Gegner zum Beweiß der Beſchuldi - gungen gegen die Frei-Maurer-Bruͤderſchaft aus - zuſetzen, und im Fall Concurrenz-Schriften einliefen,342 einen oͤffentlichen, allgemein geachteten Gerichtshof zum Schiedsrichter zu machen.

Sodann folgt eine Abhandlung mit der Ueber - ſchrift: Hat die Frei-Maurerei Geheimniſſe? von S. 219 251. Sie iſt ganz im Geiſte der letzten Fortſetzung des Romans Franz Hell geſchrieben, und ruht auf einem eben ſo vagen, ſchwankenden Stand - punkte, als jene. So lange der Verf. von dem Nicht - geheimniß der Bruͤderſchaft ſpricht, hat er ganz recht; aber[ſobald] er nun S. 238. das Geheimniß ent - haͤllt, wenn er z. B. ſagt: Alle befehlen, denn alle Vollendete concurriren zu jedem Geſetze, alle gehorchen den Geſetzen, die allein Gewalt haben. Ehre und Achtung und Gehorſam dem Geſetz, und Liebe den Bruͤdern, den Starken wie dem Schwachen; ſcho - nende Nachſicht, zuvorkommende Aufmunterung, jedem ſeine Veredlung zu erleichtern ꝛc. ſo hat er zwar einen Theil der maureriſchen Geſinnung aus - geſprochen, aber das maureriſche Geheimniß nicht ver - rathen. Dieſer Gegenſtand will gruͤndlicher behandelt ſeyn, als es vor dem großen Publikum geſchehen kann. Der Schluß des Aufſatzes iſt vortrefflich, und der Verf. verdient dafuͤr einen bruͤderlichen Haͤndedruck.

Unter den Briefen eines reiſenden Maurers von S. 257. an, iſt beſonders der zweite merkwuͤrdig, der das Schickſal erzaͤhlt, welches der Deput. Groß-Mei - ſter der Gr. L. R. Y. bei dieſer L. gehabt hat. Man muß dieſes ſelbſt leſen, denn es leidet keinen Auszug; die Nachrichten ſcheinen, nach einigen Ausdruͤcken und Partikularitaͤten zu ſchließen, authentiſch zu ſeyn, indeß ſagt der Verf. ſelbſt S. 278, daß ſeine Relation unvollſtaͤndig ſey. Sonderbar iſt es uns vorgekommen, daß der Reiſende den Br. Feßler einen aͤchten Juͤn - ger Kant’s nennt; ſoviel wir den wuͤrdigen Mann kennen, gehoͤrt er keiner Schule an.

Außer Miscellen, einigen Gedichten und Aphorismen finden wir noch Recenſionen uͤber die maureriſchen Schriften von 1801., uͤber343 welche wir nicht abermals eine Recenſion ſchreiben wollen. Wohl haͤtten wir gewuͤnſcht, daß der Herausgeber ſchon die Literatur von 1802. abge - handelt haͤtte, weil wir ſodann das Vergnuͤgen gehabt haͤtten, von einem ſo denkenden Maurer das erſte Baͤndchen der Eleuſinien beurtheilt und ge - wuͤrdigt zu ſehen.

2.

Es iſt ein Buch erſchienen, unter dem Titel: Moraliſcher Taſchenſpiegel fuͤr Frei - Maurer und fuͤr die, welche es nicht ſind. Inspice te in speculo. 5803. 8.

Der Verf. ſagt in der Vorrede: Es ſei noch keine vollſtaͤndige Sittenlehre fuͤr Frei-Mau - rer erſchienen. Das Publikum ſelbſt verlange viel von einem Maurer, es ſei daher dieſen wichtig, ihre Pflichten immer genauer kennen zu lernen. Dem Nichtmaurer diene ein kurzes maureriſches Moral - ſyſtem, nicht blos zu eigener Belehrung oder Er - innerung, ſondern auch zur Darſtellung der herrſchen - den Denkungsart in dem O. Reine Sittlichkeit ſey Geiſt und Geſinnung der Maurerei. Dieſes Reele ſey kein Geheimniß u. ſ. w. Die Grundſaͤtze habe er von Gellert, Feder, Ferguſon, Abbt, Garve, und Kant entlehnt, er ſey aber kein Freund des katego - riſchen Imperavies, und er glaube, der Eudaͤmo - nismus werde fortdauern.

Die Unternehmung iſt gut gemeint, und in dem Sinne des Verf. mit Fleiß ausgefuͤhrt; aber er hat folgende Saͤtze nicht erwogen:

1) es giebt keine Moral fuͤr Frei-Maurer, ſo wie es keine maureriſche Moralitaͤt giebt.

2) Die Moralitaͤt und Beſſerung kann nicht ge - lehrt werden, ſie iſt das unantaſtbare Heiligthum, in344 welches nur der einzelne Menſch als Hoherprieſter eingeht.

3) Es giebt aber eine maureriſche Anſicht der Welt, der Religion, der Natur ꝛc. und jeder erwirbt ſich ein Verdienſt, der dieſe Anſicht uͤberall anwendet, cultivirt und verbreitet.

4) Es giebt endlich auch beſondere Pflichten, die der Maurer als ſolcher, in ſeinen Logen-Verhaͤlt - niſſen hat, wobei man aber nicht fragen darf, in wel - cher Abſicht er ſie ausuͤbe, welches, als zur Moralitaͤt gehoͤrig, ſeinem Gewiſſen uͤberlaſſen bleibt.

Statt deſſen hat der Verf. nach der gewoͤhnlichen ſchwankenden Manier, die Lehre von den Pflichten gegen Gott, gegen ſich ſelbſt, und gegen andere behan - delt, und dieſe Moral fuͤr alle Menſchen, eine maure - riſche genannt; er hat gutmuͤthig geglaubt, den Mau - rern einen Spiegel vorzuhalten, in welchem die Mau - rer ſich in ihrer wahren Geſtalt, die Nichtmaurer aber jene in einer guten erblicken ſollen; er hat gemeint, da - durch etwas zur Beſſerung und Belehrung ſeiner BB. beizutragen, und, ſtatt in das maureriſche Weſen einzu - greifen, und die Dinge und Verhaͤltniſſe mit maure - riſchem Blick zu betrachten, ſtatt die BB. uͤber den Umfang und die Grenzen ihrer Logenpflichten zu be - lehren, welches eine ſehr verdienſtliche Arbeit geweſen waͤre, eine Pflichtenlehre vorgetragen, die durch ihren Grundſatz (die Gluͤckſeeligkeit) allen Pflichtbe - griff zerſtoͤrt, dadurch unmoraliſch iſt, und mit der Maurerei nicht zuſammenhaͤngt.

Wir bezeugen uͤbrigens der Denkungsart des wuͤr - digen Br. unſere Achtung, und wuͤnſchen, daß er mit unbefangenem Geiſte, die im erſten und zweiten Baͤnd - chen der Eleuſinien gelieferten Briefean Konſtant leſen und beherzigen moͤge.

About this transcription

TextEleusinien des neunzehnten Jahrhunderts
Author Ignaz Aurelius Fessler
Extent369 images; 64350 tokens; 11853 types; 453792 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationEleusinien des neunzehnten Jahrhunderts Oder Resultate vereinigter Denker über Philosophie und Geschichte der Freimaurerei Zweites Bändchen Ignaz Aurelius Fessler. . XVI, 344 S. FrölichBerlin1803.

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Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz SBB-PK, Nb5751-1/2http://stabikat.de/DB=1/SET=12/TTL=1/CMD?ACT=SRCHA&IKT=1016&SRT=YOP&TRM=602597846

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Philosophie; Wissenschaft; Philosophie; core; ready; china

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ShelfmarkSBB-PK, Nb5751-1/2
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