PRIMS Full-text transcription (HTML)
Entwurff oder Merckbild Eines Gottergebenen Chriſten-Menſchen / unter Dem Gedruͤckten / aus Angſt Geruͤckten / und reichlich Erqvickten Davids-Hertze
Bey Chriſt Anſehnlicher und Volckreicher Leichbeſtattung Des Weiland Wohl-Ehrwuͤrdigen / Groß-Achtbarn und Wohlgelahrten Herrn M. CHRISTOPHORI BENEDICTI GERICCII,Wohlverdienten Pfarrers und Inſpectoris zu Waldheim/ Welcher im 66. Jahr ſeines Alters / den 10. Novembr. war der Geburts Tag B. Lutheri, 1675. Mittags umb halb 1. Uhr nach genoſſener Mahlzeit in ſeinem JESU faſt unvermerckt / ſanfft und ſelig eingeſchlaffen / und folgends den 21. hujus menſis Domin. XXV. Trinit. in ſein vor den Predigſtuel hieſiger Kirchen zubereitetes Ruhebett - lein eingeſenckt worden /
(Aus denen 20. und 21. Verſic. des LXXI. Pſalms:)Du laͤſſeſt mich erfahren viel und groſſe Angſt / etc.

Jn einen einfaͤltigen Leich-Sermon betrachtet

FREYBERG /Gedruckt bey Zacharias Beckern.

Des Weiland Wohl-Ehrwuͤrdigen / Groß-Achtbarn und Wohlgelahrten Hn. M. Chriſtophori Benedicti Gericcii, Wohlverdienten Pfarrers und Inſpectoris zu Waldheim/ Hinterlaſſenen Hertzbetruͤbten Frau Witwen / Der Wohl-Erbarn / Viel Ehren - und Tugendreichen Fr. Barbaræ / gebohrner Zeidlerin;Und Schmertzlich-bekuͤmmerten Frau Tochter / Der Wohl-Ehren - und Viel Tugendbegabten Fr. Mariæ Zimmermannin/ (Tit.) Weiland Herrn Auguſti Zimmermans / Geweſenen Wohlverordneten Stadt-Richters und vornehmen Handelsmanns in DoͤbelnEhelichen Hauß-Ehren / itzo Witwen / Meinen Hochgeehrteſten Frauen / und Hochgeneigten Goͤnnerinnen /

Wuͤnſchet kraͤfftigen Troſt des heiligen Geiſtes / und reichen Seegen in himliſchen und irrdiſchen Guͤ - tern / und uͤbergiebet zugleich auff Begehren und Anhalten / dieſen / dero ſel. Herrn und Herrn Vater zu Ehren aus ſchuldiger Obſervanz ge - haltenen Leich-Sermon.

Nehmt Hertzbetruͤbte Zwey von meinen Haͤnden an /
Was ein Mitleidender zu Troſt euch geben kan.
Jſt Mann und Vater hin: GOtt will die Stell erſetzen /
Und als der liebſte Mann und Vater euch ergetzen.

AUTOR

Jn Nahmen JEſu / Amen!

  • Das walt der wohlfromme und grundguͤtige GOtt / der uns zuweilen erfahren laͤſt viel und groſe Angſt / aber wieder aus der tieffen Angſt-Gruben heraus holet / wieder lebendig und ſehr gros machet / und reichlich troͤſtet: Der ſey mit ſeiner Gnade und den kraͤfftigem Troſt des werthen heiligen Geiſtes bey denen Hochbetruͤbten / und uns allen / itzo und zu ewigen Zeiten / Amen!

GEliebte / theils Hochbetruͤbte / und mit denen Hochbetruͤbten billig mitleidende Hertzen / allerſeits GOtt ergebene und andaͤchtige Zu - hoͤrer. Mein Knecht Moſes iſt geſtorben: Alſo intimirte Goͤttliche Majeſtaͤt das ſelige Ableben Moſis / der in dem Hauſe und Augen ſeines Herrn ein treuer Knecht war er - funden worden. Wolte ihm zu Ehren hiermit eine Leichen-Predigt abgeleget haben. Welcher Tod denen Jſraeliten dermaſſen zu Hertzen gienge / daß ſie ihn gantzer dreyſig Taͤge in dem Moabitiſchen Gefilde beklagten und beweineten. Deut. 34. Joſ. 1.

Wenn ich bey dem Eingange und Anfange meiner Trauer-Rede des ver - blichenen und abgelebten Moſis gedencke / faͤllt E. L. ſonder zweiffel bey / wo - hin dieſes Andencken gerichtet iſt. Es iſt nunmehro die laͤngſt-gefuͤrchtete Zeit kommen / da wir leyder! Von dem Wohl-Ehrwuͤrdigen / Groß-Acht - barn und Wohlgelahrten Herrn M. Chriſtophoro Benedicto Geric - cio, Wohlverordneten treufleißig geweſenen Pfarrer und Inſpe - ctore allhier Abſchied nehmen und von ihm ſagen muͤſſen: Gottes Knecht Ge - ricciusiſt geſtorben. Moſis Verluſt fiel dem gantzen Jſraelitiſchen Volck ſchmertzlich / daß ſie ihn viel Tage lang betrauerten. Seines hochliebgeweſenen Herrn Inſpectoris toͤdlichen Hingang empfindet unſer trauriges Waldheimnicht ohne merckliche Schmertzen / ihn oͤffentlich an dieſen Klage-Orte be - ſeufftzende.

A 2WennChriſtliche

Wenn anitzo iemand von frembdes in dieſes unſer GOttes Hauß einen Blick thun / und / ſo anders noch einiges Raͤumgen vor ihn zu finden / ſich ein we - nig niederlaſſen ſolte / haͤtte von dieſem Leich-Begraͤbniße nichts gehoͤret / ver - merckte aber eine ſo wohl Anſehliche und ſehr Volckreiche Verſamlung / mit trau - riger Kleidung verhuͤllet / durch Jammervolle Geberden verſtellet / theils mit nie - dergeſchlagenen Haͤuptern uñ blutenden Hertzen ſitzende / der wuͤrde bey ſich geden - cken und ſchließen / es muͤſſe eine Wohlverdiente Perſon geweſen ſeyn / uͤber wel - cher Tod ſich die gantze Stadt betruͤbet. Denn das iſt vor langer Zeit ein ge - wiſſes und unfehlbahres Merckzeichen geweſen / daß / ie mehr ſich uͤber eines Tod betruͤben / deſto mehr ſich derſelbe im Leben verdient gemacht habe. Bey den Roͤ - mern war es die loͤbliche Gewonheit / daß verdienter Leute Leich-Begaͤngnuͤße nicht auff gemeine Art / ſondern durch abſonderliche Anſtalt gehalten wurden. Die Trauer wurde oͤffentlich angedeutet und verkuͤndiget / die Kram-Laden zu - geſchloßen / niemand durffte auff dem Marckte Handieren oder froͤlicher Dinge ſich unterſtehen. Auch bey uns iſt dieſer Gebrauch ruͤhmlich / das Vornehmer Perſonen Beerdigung / wo nicht die gantze Stadt / doch Groß und Klein / Mann und Weib in guter Verſamlung beywohnet / gebuͤhrendes Beyleid oder Mit - trauren alſo an den Tag zu verſtehen gebende; Daß einer nun daher auch gnug - ſam abnehmen kan / was das vor ein Mann geweſen / der von einer ſo groſſen Menge betrauret und beklaget wird.

Allein man hats vielleicht vor dieſen (die lange Zeit ſeiner anhaltenden Lei - bes Unpaͤßligkeit auff die Seite geſetzt) als er hier oͤffentlich gelehret hat / erfah - ren / wie er ſich einen Moſen erwieſen / mit ernſthaffter Geſetzes Schaͤrffung / lehrreichen Lippen und untadelichen Wandel beliebt gemacht. Zwar ich werde ſolches voritzo weder ausfuͤhrlich ſagen / noch gehoͤriger maſſen ruͤhmen / der ich noch nicht das Licht der Welt erblicket / ſondern in Verborgnen geweſen / da er auff dieſe Cantzel getreten / noch nicht Lallen koͤnnen / da ſeine Predigten geſchallet / juͤnger an Jahren bin alß er der Inſpection ruhmwuͤrdig vorgeſtanden / als er in oͤffentlichen Ampte geſeſſen. Die jenigen / ſo an ſeinen Munde gehangen / ſeinen Predigten offt und viel beygewohnet / die ſeine lieben Pfarr - und Beicht-Kinder geweſen / die ſein Leben und Wandel nicht nur von andern gehoͤret / ſondern ſelbſt mit Augen geſehen / werden die beſten Zeugen ſeyn. Und muß es ja eine Urſache geweſen ſeyn / daß er erſtlich Pfarrer zu Hockendorff / hernach zu Ruͤſſeina worden. Es muß ja eine Urſache ſeyn / daß er zur Inſpection hieher erhoben worden. Wer iſt / der ihn ſeines gefuͤhrten Ampts wegen tadeln / der ihn eines unziemlichen Feh - lers halben anſchuldigen muͤge. Wer es der Welt in allen recht machen ſoll / ſoll noch gebohren werden / unſer wolſelige Herr Inſpector hat ſich beflieſſen ein unver -letztesLeichen-Predigt. letztes Gewiſſen gegen ſeine von dem Allerhoͤchſten Anvertraute Heerde zu haben und zu behalten.

Von dem Biſchoffe zu Cæſariendem heil. Baſilioruͤhmet Nazianzenus, daß ſeine Rede ein Donner / das Leben ein Blitz geweſen / wodurch er in einer ar - tigen kuͤrtze dem Biſchoffe Zeugnuͤß giebet / daß er beydes wohlgelehret und nicht uͤbel gelebet habe / weil er nicht allein GOttes Wort / das ein Donner in der Schrifft genennet wird / ſeinen Zuhoͤrern vorgetragen / ſondern auch der Welt mit guten Exempeln vorgeleuchtet. Wir beſcheiden uns / daß der bißhero Wald - heimiſche Biſchoff nicht eben dem Baſilioan die Seite zu ſetzen / oder dem Moſi[zuvergleichen] / der auch mit dem Geſetze gedonnert / doch werden wir nicht irren / ſo wir eben dieſes von ihm ſagen: Daß er mit der Lehre gedonnert und dem Leben ge - blitzet habe. Weil er nicht Fabel-werck oder ſelbſt ertichtete Menſchen theidung / ſondern GOttes Wort gelehret / was hat er anders gethan / als in den Hertzen ſeiner Zuhoͤrer gedonnert: Weil er ein unſtraͤffliches und nach ſeinem Ampte ein - gerichtetes Leben gefuͤhret biß an ſein Ende / was that er anders / denn daß er wie ein Blitz / oder wie CHriſtus redet / wie ein Licht leuchtete? Matth. 5, 16. Dieſes Licht / ach leyder! iſt verloſchen / der Blitz voruͤber und dahin / der Nachdruck ſei - ner Rede vergangen. Gottes Knecht Gericciusiſt geſtorben!

Wie wir nun alle und ingeſambt dieſen Fall billiger maſſen beſeufftzen / alſo abſonderlich ein Ehrwuͤrdiges Miniſterium hieſiger Inſpection, meine Vielge - ehrteſten Herrn Confratres. Denn ſie an den Herrn Inſpectore gehabt / was ſage ich gehabt / verlohren einen natuͤrlichen Vater und wohlverſtaͤndigen Rath - geber / bey dem ſie ſich in zweiffelhafftigen Faͤllen Raths erholet / der vor ſie geſor - get und gewacht / und mit auffrichtiger Liebe ihnen begegnet.

Nichts weniger beklagen ihn die Herrn Collegæ unſerer Schulen. Maſſen er nebenſt ihnen fleißig geſorget / wie die liebe Jugend in wahrer Gottesfurcht / guten Kuͤnſten und nach Orts Gelegenheit / Sprachen und wohlanſtaͤndigen Sitten treulich angewieſen wuͤrde / daß ſie erwachſen moͤchte zu Baͤumen der Gerechtigkeit und Pflantzen des Herrn zum Preiß / Eſ. 62 / 3.

Vornehmlich aber ſchwimmet in Betruͤbnuͤß als in einen Angſt-Meer das blutende Hertz der hochbetruͤbten Frau Witwe. Sie muß zwar ihren Jammer in das weite Buch ſchreiben / das da heiſt / ich will ſchweigen und meinen Mund nicht auffthun / der HErr wirds wohl machen / Pſ. 39 / 14. Wenn ſie aber etlicher maſſen ihr weites Weh durch meine Wenigkeit zuverſtehen geben ſoll / beſeufftzet ſie die abgeriſſene helffte ihres Hertzens / mit dem ſie in die zwey und viertzig Jahr in einen erwuͤnſchten und geſegneten Ehe-Paradies gelebet. Sie beſeufftzet ih - ren unverdroſſenen Haußwirth. Der einer gantzen Gemeine mit ſo groſſen Nu -tzenChriſtlichetzen vorſtehen kunte / warumb nicht ſeinem eigenem Hauſe. 1. Tim. 3 / 4. Darumb iſt ihr ſo wehe / daß es ihr in Leibe davon wehe thut / daß ihre Augen mit Waſſer flieſſen. Das Hertz wallet ihr in ihren Leibe. Denn ſie iſt hochbetruͤbt. Der HErr hat ſie in ihrem Hauſe zur Witwen gemacht. Man hoͤrets wohl / daß ſie ſeufftzet. Thren. 1 / 20. 3 / 19. ſie iſt worden eine Witwe / ein Weib das Leide traͤgt / und ihr Mann iſt ihr geſtorben. 2. Sam. 14 / 5.

Was ſollen wir ſagen von der hertzbekuͤmmerten Frau Tochter / die inglei - chen in Thraͤnen zerflieſſen will. Was von denen zum theil unerzogenen Enckeln / an derer Wohlfahrt des Herrn Groß-Vaters Seele gehangen. Was letzlich von der Frau Schweſter / Vornehmen Herren Eydmaͤnnern / Schwaͤgern und Schwaͤgerinnen / Bluts und Muths-Freunden / die allzumahl ὁμοθυμαδὸν einmuͤthiglich und aus einen Munde ruffen: Es iſt uns Leid umb dich / wir ha - ben groſſe Freude und Wonne an dir gehabt. 2. Sam. 1 / 26. Deine Liebe iſt uns geweſen wie ein koͤſtlicher Balſam / wie ein lieblicher Thau. Pſ. 133 / 3. Du biſt geweſen eintreuer Freund / der uns geliebet. Prov. 17 / 17. ein ſtarcker Schutz und Troſt des Lebens. Syr. 16 / 14. Jch ſelbſten / wo es mir anders zugelaſſen mich mit einzumiſchen / ruffe mit bebenden Munde. Mein Vater / mein Vater / Wa - gen Jſrael und ſeine Reuter. 2. Reg. 2 / 12.

Was nun aber zu thun / bey ſolchen Trauer-Falle? Jndem wir nicht ſchlecht machen koͤnnen / was die Hand GOttes kruͤmmet / Eccl. 7 / 14. Legen wir die unſrige auff den Mund / Job. 39 / 37. Sagen mit dem Propheten Eli: Es iſt der HErr / er mache es wie es ihm wohlgefaͤllt / 1. Sam. 3 / 18. Scheinet auch al - bereit Goͤttliche Maieſtaͤt unſern Begehren hierinnen zu Huͤlffe zu kommen und den ergangenen Verluſt zu erſetzen mit dem Wohl-Ehrwuͤrdigen Groß-Acht - barn und Wohlgelahrten Herrn M. Chriſtiano Hilſchern/ Theol. Baccal. Biß - hero treufleißigen Pfarr und Inſpectore Subſtituto, der nunmehro als Succeſſor jam confirmatus des Herrn Vaters Stelle durch die Gnade GOttes als ein ander Eliſa vollkom̃en bekleiden / der hinterlaſſenen hochbetruͤbten Frau Mutter mit kraͤfftigen Troſt / ſeinem hohen Ampte mit fernerer unverdroſſener Sorg - fallt / uns allen mit beharrlicher Liebe begegnen wird.

Weil wir denn nicht allein klagens halber / ſondern abſonderlich Troſt und Erbauung zu holen / und des wohlſel. Herrn Inſpectoris letzten Willen zu verrichten in dem Troſt Hauſe des HErrn verſamlet ſind / muͤſſen wir dieſen Zweck etwas naͤher treten.

Nun aber iſt eben das Loß auff mich ſchwachen Werckzeug gefallen / in dem von dem mehrgedachten Herrn Inſpectore kurtz vor ſeinen Tode begehret wor - den / daß ich ihm dieſen Dienſt erweiſen und etwas gewiſſes nach ſeinen ſelbſt er -wehltenLeichen-Predigt. wehlten Leich Spruche zu ſeinen Andencken aus GOttes Wort abhandeln ſolte; Wolte zwar lieber einen andern reden hoͤren / und mich als einen noch zur Zeit ungeuͤbten Prediger aus ſeinen Lehrreichen Munde erbauen / als meine allzu unvermoͤgende Schultern hergeben / dieſer auffgetragenen Buͤrde zu begegnen. Allein weiln es nicht hat koͤnnen geaͤndert / ſondern dem Begehren ſollen gehor - ſamet werden / wollen wir verſuchen unſere obligende Gebuͤhr abzuſtatten / wo nicht nach wuͤrden / deſſen begebe ich mich gar gern / doch aus Schuldigkeit / denn dieſe verpflichtet mich dazu / und nach dem Vermoͤgen / das GOtt darreichen wird / 1. Petr. 4 / 11. Damit nun ſolches wohl gerathen moͤge: Daß es gereiche zu foͤrderſt dem groſſen GOtt zu Ehren / denen Hertzbetruͤbten zu einen lebendi - gen Troſt / uns allerſeits zur Befoͤrderung der ewigen Seeligkeit / als laſſet uns GOtt den Vater aller Gnaden / von welchen alle gute und vollkommene Gaben herabkommen / Jac. 1 / 16. Umb die kraͤfftige Beywohnung und Mitwirckung des heiligen Geiſtes bitten und erbitten in den Nahmen JEſu durch ein glaͤu - biges Vater unſer.

Der Spruch /

Welchen der wolſel. Herr Inſpector nebenſt andern Anordnungen ſeiner Leich-beſtattung ſelbſt vor vielen Jahren zu ſeinen Leichen-Text erwehlet und mit eigener Hand auffgeſchrieben / iſt zu befinden Pſalm LXXI, v. 20, 21. in Teutſcher Sprache alſo lautende.

DU laͤſſeſt mich erfahren viel und groſſe Angſt / und macheſt mich wieder leben - dig / und holeſt mich wieder aus der Tieffe der Erden herauff / du macheſt mich ſehr groß und troͤſteſt mich wieder. ()

EJNGANG.

GEliebte / etc. GOtt will die ſeinigen nicht immer in den Abgrund des Elendes ſtecken laſſen / ſondern ſie wieder heraus ziehen und an das Licht bringen / daß ſie ihre Luſt an ſeiner Gnade ſehen / Mich. 7 / 9. Wie er ſolches verrichte / berichtet er ſelbſten / Jerm. 31 / 3. Jch habe dich ie und ie geliebet / darumb habe ichdichChriſtlichedich zu mir gezogen aus lauter Guͤte. Redet ſolches zwar den klaren und duͤrren Buchſtaben nach zu ſeinen Volcke Jſrael / welches er aus dem Moraſt der Egyptiſchen Dienſtbarkeit gezogen / und auch aus der Babyloniſchen Ge - faͤngniß ziehen wolte / darff aber nicht ſo gar abſolutè und ſimpliciter, ſchlechter Dinges von Jſrael ſecundùm Carnem, dem Fleiſche nach verſtanden werden / ſo fern dieſes Volck ſeinen Urſprung hat genommen von dem Eitz-Vater Jacob / deſſen Nahmen GOtt in Jſrael verwandelte / Geneſ. 32. Und alſo ſeine Nachkom - men nach ihn das Volck Jſrael genennet wurden. Sondern es kan auch fuͤg - lich und wohl ausgelegt werden von dem Jſrael ſecundùm fidem & Spiritum, den Glauben und Geiſte nach / von einem iedweden glaͤubigen Chriſten / den GOtt geliebt hat ehe der Welt Grund gelegt war / Epheſ. 1 / 4. Darvon der theure Ruͤſt-Zeug in ſeinem Brieffe an die Roͤmer. Cap. 9 / v. 8. ſehr nervoſè und herr - lich gehandelt hat. Das gehet uns auch an: Denn was vorhin geſchrieben / das iſt uns zur Lehre geſchrieben / auff daß wir durch Gedult und Troſt der Schrifft Hoffnung haben moͤchten / Rom. 15 / 4. Es redet der Grundguͤtige GOtt mit dir / du andaͤchtiges Hertz / mit mir und einen iedweden unter uns / wenn er ſpricht: Jch habe dich ie und ie geliebet. Sind Worte / die Safft / Krafft und Leben haben / darinn der Liebes Zug GOttes aus der Angſt-Grube vorgemahlet wird. Da wir ein Hertz antreffen / ſo von einer aus den Wolcken herfuͤr ragenden Hand / daran Elohim zu leſen / aus einem tieffen Abgrunde durch ein Seil gezogen wird / woruͤber dieſe Uberſchrifft. Hoc fune levaris ad auram.

Durch dieſes ſtarcke Seil / Wirſtu gebracht zum Heyl.

Jch habe dich gezogen / ſpricht unſer liebreicher GOtt. ריתכשם. Die Radix רשם bedeutet offters: Er hat herzu geriſſen und gezogen / er hat einen ergriffen / wird in der Schrifft verſtanden de forti & vehementi tractione, von ei - nen hefftigen Ziehen / da einer ein Ding mit Gewalt zu ſich ziehet / da es ſonſt wol umbkommen und verderben muͤſte. Davidbraucht es von dem Gottloſen / der mit Gewalt und Ungeſtuͤm einen armen Unſchuldigen zu ſich reiſſt / welches aber nicht zu ſeiner Wolfahrt / ſondern euſerſten Schaden und verderben gemeinet. Der Gottloſe lauret in Verborgnen / wie ein Loͤwe in der Hoͤhle / er lauret / daß er den Frommen erhaſche / und er erhaſchet ihn / wenn er ihn in ſein Netze zeucht / Pſalm. 10 / 9. Oder wie die Juͤden zu Jeruſalem den Apoſtel Paulumaus den Tempel zogen / hinaus ſtieſſen uñ ſchlepten / Act. 21 / 30. Aber nicht ein Feind / ſondern unſer beſter und treueſter Freund / der ſeine Luſt an uns hat / Prov. 8 / 31. Deſſen einige Luſt iſt uns guts zu thun / Jerem. 32 / 41. Der ziehet uns zu ſich. Heiſſet es dem - nach auch / er hat heraus gezogen / er hat aus der augenſcheinlichen Gefahr in das Sichere gebracht. So wurde Jeremiasaus ſeiner finſtern Angſt-GrubeherausLeichen-Predigt. heraus gezogen / Jerem. 38 / 13. So wurde Joſephaus der Todes-Grufft / darin - nen er nach einhelligen Schluß ſeiner Bruͤder ſterben und verderben ſolte / an das Licht gebracht / Gen. 37 / 28. So werden auch wir gezogen aus der Angſt-Grube. Die iſt die Schuld und Straffe der Suͤnden: Der Grimm des Teuffels / das Wuͤten der Welt. Der gantze Wuſt Menſchliches Jammers und Elendes. Da denn GOtt unſers Jammers ein Ende macht. Er ſendet von Himmel und hilfft uns von der Schmach unſers Verſenckers. Er ſendet ſeine Guͤte und Treue. Pſ. 57 / v. 3. 4. GOtt iſt bey uns in der Noth / reiſſet uns heraus / machet uns zu Ehren / ſaͤttiget uns mit langen Leben / und zeiget uns ſein Heyl / Pſ. 91. Ziehet uns aus der ſchrecklichen Hoͤllen-Gruben / darinnen wir von Natur ſitzen. Die von geſtern her bereitet iſt / tieff und weit gnug / darinnen die Wohnungen Feuer und Holtz die Menge / angezuͤndet von den Othem des HErrn wie ein Schwefel - Strom̃ / Eſa. 30 / 33. Aus der / da kein Waſſer innen iſt / werden wir Gefangene ausgelaſſen / von dem Koͤnige der Tochter Zion durch das Blut ſeines Bundes / Zach. 9 / 11. Ob wir uns auch qvaͤlen in der Gruben mancherley Leibes und Seelen - Angſt / Winſeln und Wehklagen. Auß der Tieffe ruff ich HErr zu dir / HERR hoͤre meine Stimme / laß deine Ohren mercken auff die Stimme meines Flehens / Pſ. 130 / 1. Und / ich liege unter den Toden verlaſſen / wie die erſchlagene / die in Grabe liegen / derer du nicht mehr gedenckeſt / und die von deiner Hand abgeſondert ſind. Du haſt mich in die Gruben hinunter gelegt ins Finſternuͤß / und in die Tieffe. Dein Grimm druͤcket mich / und drengeſt mich mit allen deinen Fluthen / Pſ. 88 / 6. 7. Meine Feinde haben mein Leben in einer Gruben umbbracht / und Steine auff mich geworffen / Thren. 3 / 53. So errettet uns GOtt aus den Koth / daß wir nicht verſincken / er errettet uns von unſern Haſſern / und aus den tieffen Waſſer / daß uns die Waſſerfluth nicht erſaͤuffe / und die Tieffe nicht verſchlinge / und das Loch der Gruben / nicht uͤber uns zuſammen gehe / Pſ. 69 / 15. 16. Er ziehet uns aus der grauſamen Gruben / und aus dem Schlam / und ſtellet unſere Fuͤſſe auff einen Felß / daß wir gewiß treten koͤnnen / Pſ. 40 / 3.

Zu dieſem Zuge aus der Angſt-Grube / braucht GOtt der HErr geiſtliche und leibliche Liebes-Seile / ziehet uns zu ſich durch das Seil der Erloͤſung / ſo durch CHriſtum Jeſum geſchehen iſt. Da wir zuvor unter der Gewalt des Teuffels in hoͤlliſchen Reich verſchloſſen waren / und kein Bruder den andern erloͤſen kunte / denn es zu viel koſtete eine einige Seele zu erloͤſen / daß es hette muͤſ - ſen anſtehen ewiglich / Pſ. 49 / 89. Und ob gleich Adamſeine Evamnoch ſo hertzlich liebte / haͤtte er ſie doch nicht aus dieſen verderblichen Abgrunde erretten koͤnnen / zumahl er zugleich mit ihr darinnen verſtricket war. Aber aus unermeß - licher Barmhertzigkeit / hat uns beſucht der Auffgang aus der Hoͤhe / auff daß erBerſcheineChriſtlicheerſcheine denen / die da ſaſſen in Finſternuͤß und Schatten des Todes / und richtete unſere Fuͤſſe auff den Weg des Friedens / Luc. 1 / 78. 79. Er hat allen / die nur nicht ſelbſt in ihren Kothe liegen zu bleiben luſt haben / Macht gegeben GOttes Kinder zu werden / die an ſeinen Nahmen glaͤuben / Joh. 1 / 12. Deßwegen hat er ſich / wie eine ehrne Schlange / die aller nothleidenden Augen zu ſich zoge / an den verfluchten Holtze auffrichten laſſen / damit er uns alle zu ſich erhebe / Num. 21 / 9. Wie er denn nicht ohne Geheimnuͤß verheiſſet. Wenn ich erhoͤhet werde von der Erden / will ich ſie alle zu mir ziehen / Joh. 12 / 32. Bald darauff iſt er in die Hoͤhe gefahren / damit er uns die Staͤtte bereite / und uns nach ſich ziehe / Joh. 14 / 2. Sein Ver - langen iſt / dz wo er iſt / auch dieſe ſeyn / die ihm ſein Vater gegeben hat / Cap. 17 / 24.

Ach mein JESU /
Mich verdambten Suͤnder
Zieheſtu zu Dir
Aus liebs Begier
Als mein Uberwinder /
Nach dem Du dein theures Blut
Hingegeben mir zu gut:
Ach mein JESU!

GOtt ziehet uns zu ſich aus unſern Verdamnuͤß / durch die Gnadenwahl in CHriſto JEſu / 2. Theſ. 2 / 13. Auſſer dieſer wuͤrden wir gleich ſeyn und ewig bleiben / denen die in die Grube fahren / Pſ. 143 / 8. Ziehet uns zu ſich durch den Trieb ſeines heiligen Geiſtes / vermittelſt des Worts und der heiligen Sacra - menten / da koͤmmt niemand zu CHriſto / es ſey denn daß ihn der Vater ziehe / Joh. 6 / 44. Der heilige Geiſt treibet uns Kinder GOttes / Rom. 8 / 14. Da wir ſonſt wohl auff den Hefen ſitzen / und in den Suͤnden-Koth ſtecken blieben.

Und was ſind die mancherley Wohlthaten anders / als Liebes-Seile / darin - nen er uns gehen laͤſt / dadurch er uns zu ſich zeucht / und buhlet umb unſere Liebe / mit reichen Geſchencken und groſſen Gaben? Man ſehe ſich nur ſelbſt umb / ob nicht alles was wir ſind und haben / Liebes-Pfande uñ Liebes-Seile Gottes ſind?

Er ziehet uns zu ſich / durch die Liebes-Stricke des Elendes / durch allerhand Creutz und Truͤbſahl / welche zwar dem Menſchen nicht duͤncken Liebes-Seile zu ſeyn / zumahl ſie unterweilen hart einſchneiden und durchdruͤcken / daß unſer Safft verdrocknet wie ein Scherbe / vielmehr habe ſich GOtt in einen Grauſamen ver - wandelt und erweiſe alſo ſeinen Gram an uns / durch die Staͤrcke ſeiner Hand / Job. 30 / 21. Doch ziehet er uns alſo von den Boͤſen zu den Guten / von der Suͤnde zur Buße / aus den Fluch zu den Segen / aus der Hoͤlle in den Himmel / aus der Verdamnuͤß in ſein Reich und in die ewige Herrligkeit. Darzu gebrauchet er auch den Tod / und ziehet durch denſelben den Menſchen offtermahls recht ſeltzam und wunderlich zu ſich. Manchen laͤſt er eine weile ſiechen und kroncken / mit einen andern ſpielet er ſanfft und ſaͤuberlich / ziehet ihn ſo liebreich zu ſich / daß er in ge - ringſten nichts / von der Bitterkeit des Todes empfindet. Er faͤhret mit Simeonin Friede dahin / und wird zur Ruhe gebracht / Luc. 2. Eſ. 56 / 2.

Wor -Leichen-Predigt.

Worvon iſt denn dieſes Liebes Seil GOttes zugerichtet und geflochten? Eine dreyfache Schnure reißt nicht leicht entzwey / Eccl. 4. / 12. hier eine dreyfache / die in Ewigkeit nicht zerriſſen wird.

Die eine iſt die Liebe GOttes / die im Texte heiſt ריתכהא〈…〉〈…〉 כהא〈…〉〈…〉 לוע eine liebende Liebe in Ewigkeit. Er liebet uns liebend / hertzlich und in - bruͤnſtig / und zwar von Ewigkeit zu Ewigkeit. Wie er hat geliebet die ſeinen / die in der Welt waren / alſo liebet er ſie biß ans Ende / Joh. 13 / 1. Seine Gnade und Warheit waltet uͤber uns in Ewigkeit / Pſ. 117. Er ziehet uns zu ſich nicht aus Noth / ob er unſer beduͤrffte / oder ohne uns nicht ſeyn koͤnte / ſintemahl er iſt El Schaddai, ſibi ſoli ſufficiens, der an ſich ſelbſten gnug und uͤbergnug hat / Gen. 17 / 1. Sondern aus lauter Liebe. Hier ruffe / wer da ruffen kan: Wie hat doch GOtt die Leute ſo lieb! Deut. 33 / 3. GOtt Vater der ſtarcke Held hat uns auff ewig vor der Welt in ſeinen Sohn geliebet. Der Sohn des ewigen Vaters hat uns geliebet / und ſich ſelbſt dargegeben vor uns / zur Gabe und Opffer GOtt zu einen ſuͤſſen Geruch / Epheſ. 5 / 2. CHriſtus hat uns geliebet und gewaſchen mit ſeinen Blut / Apoc. 1 / 5. Zumahl niemand groͤſſere Liebe hat / denn der ſein Leben laͤſt fuͤr ſeine Freunde / Joh. 15 / 13. Der heilige Geiſt die ſuͤſſe Liebe iſt ausgegoſſen in unſere Hertzen / Rom. 5 / 5. Jſt eine Schnur an dem Liebes-Seile: Die Liebe GOttes.

Die andere iſt ſeine Allmacht / unter den Worte gezogen / angemerckt. Krafft / welcher die Rechte des HErrn alles aͤndern kan / Pſ. 77 / 11. Seine Hand nicht verkuͤrtzt iſt uns aus der Tioffe heraus zu holen / Num. 11 / 23. Nicht zu kurtz worden / daß ſie nicht erloͤſen koͤnte / Eſ. 50 / 2. Cap. 59 / 1. Er ziehet uns / da uns alle Welt verlohren giebt. Da niemand Hand anlegen will / weil alle Menſch - liche Huͤlffe vergebens; Wenn die Jſraeliten noch ſo hart von der Egypter Hand betraͤnget wurden / daß es ſcheinet aus mit ihnen zu ſeyn / ziehet er ſie von dannen in ein Land / da die Milch und Honig floß / Exod. 3 / 8. Und was allhier GOtt der HERR geſagt: Jch habe dich gezogen / redet er bey den Propheten Hoſea alſo nachdencklich aus: In funiculis Adamtraham eos, in funiculis cha - ritatis. Jch will ſie in Menſchen Seilen ziehen und in Seilen der Liebe / welches der Chaldæiſche Dolmetſcher auff ſolche weiſe erklaͤret. Sicut moris eſt trahere filios dilectos, traxi eos fortitudine charitatis, wie es der Gebrauch iſt / daß man liebe Kinder ziehet / habe ich ſie durch die Staͤrcke und Macht der Liebe zu mir ge - zogen. Denn Magnes amoris eſt amor, die Liebe iſt gleichſam der Liebes-Mag - net / der auch wohl eiſerne Hertzen an ſich ziehen kan.

Die dritte Schnur iſt GOttes Guͤte und Barmhertzigkeit. רסה zeiget eigentlich an ein ſolches wohl geneigtes Gemuͤth / das einer gegen den andern traͤgtB 2undChriſtlicheund daher bemuͤhet iſt / demſelbigen alle Guͤte und Wohlthat Leibes und Ge - muͤths zu erweiſen: Dieſes aber ohne anſehung einiges Verdienſtes oder wie - der Vergeltung / ſondern aus lauter Gnade. GOtt thut alles aus lauter Guͤte. Und will allein die Ehre haben / daß er uns ziehe. Wir kommen weder ex con - gruo, noch ex condigno der Guͤte GOttes entgegen / ſondern er begegnet uns Kindern des Zorns / Epheſ. 2 / 3. Nichts iſt uͤberall an uns / das ihm gefallen koͤn - te / wir wolten deñ unſere Wunden und Euterbeulen / Eſ 1 / 6. Unſer beſudelts Kleid der Gerechtigkeit / Cap. 64 / 6. Vor Schoͤnheit aus geben. Alles was Eſthervor Schmuck und Zierath an ihr trug / darinnen ſie dem Ahaſvero gefiel / das kam von ihm ſelbſt dem Koͤnige her / was wir GOtt zu Dienſte leben koͤnnen / iſt alles GOt - tes und von GOtt herruͤhrend. Von GOttes Guͤte und Gnade ſind wir das wir ſind / und ſeine Gnade an uns iſt nicht vergeblich / 1. Cor. 15 / 10. HErr deine Guͤte reichet ſo weit der Himmel iſt / und deine Warheit ſo weit die Wolcken ge - hen / Pſ. 57 / 11. Der HErr ſamlet uns mit groſſer Barmhertzigkeit / Eſ. 54 / 7. Ja macht uns ſelig nach ſeiner Barmhertzigkeit / Tit. 3 / 5. Daß ein ieglicher ſagen muß. Mir iſt Barmhertzigkeit wieder fahren / 1. Tim. 1 / 16.

Und dieſes Liebes-Seil ſoll nicht zerreiſſen / ſondern beſtaͤndig aushalten. Er liebet uns〈…〉〈…〉 לוע in ewigkeit. Nicht nur eine lange Zeit / derer Ende niemand weiß / noch aus dencken kan / Pſ. 21 / 5. Eſa. 51 / 9. Sondern in Ewigkeit oder mit ewiger Beſtaͤndigkeit / Eſ. 26 / 4. Er iſt ein unwandelbarer GOtt / und bleibet all - zeit wie er iſt / Pſ. 102 / 28. Bey ihm iſt keine παραλλαγὴ keine Veraͤnderung noch Wechſel des Lichts und Finſterniß / Jac. 1 / 17. Wie er nun mit ſeiner Rache und Straffe / den Gottloſen nimmermehr abſtirbt. So waltet ſeine Gnade und Warheit uͤber uns in Ewigkeit / Pſ. 117 / 2. Wie er ewig iſt / ſo liebet Er uns〈…〉〈…〉 לוע〈…〉〈…〉 כהא mit ewiger Liebe.

Nicht kan es geleugnet werden / daß ſein theil der wohlſelige Herr Inſpector auch in der Angſt-Grube empfunden / es bezeugete ſolches abſonder - lich die allzulang anhaltende Leibes Schwachheit / darinne er ſein oͤffentliches Ampt hindan ſetzen muͤſſen / aber wie er andere kraͤfftiglich zu troͤſten gewuſt / mit GOttes unveraͤnderlicher Liebe Guͤte und Staͤrcke / ſo hielte er ſich nichts weniger iederzeit an dieſes dreyfache Liebes-Seil / der unbetrieglichen Hoffnung / er werde nicht immerdar in der Angſt-Grube ge / aſſen / ſondern von ſeinen GOtt heraus gezogen / und an das Licht gebracht werden / war unter deſſen mit Pauloreſolviert / daß weder Tod noch Leben / weder Engel noch Fuͤrſtenthumb / noch Gewalt / weder Gegenwaͤrtiges noch Zukuͤnfftiges / weder Hohes noch Tieffes / noch keine andere Creatur ihn ſcheiden ſolle von der Liebe GOttes / die inCHriſtoJEſuLeichen-Predigt. JEſuiſt unſern HErrn / Rom. 8 / 38. Jhm war nicht unbekant / daß GOtt treu - lich haͤlt und ihm nicht nehmen laſſe / die ihm treu verbleiben. Er empfand / daß ſeine Heiligen ſind in Gnade und Barmhertzigkeit und er ein gnaues Auffſehen hat auff ſeine Außerwehlten / Sap. 3 / 9. Er hielt ſein Leben ſelbſt nicht theuer / auff daß er vollendete ſeinen Lauff mit Freuden / Act. 20 / 24. Und nur bald bey ſeinen JEſu ſeyn / und wohnen moͤchte / Phil. 1 / 23. Nun was er verlanget / hat er erlan - get / was er oͤffters mit ſeufftzen gewuͤntſchet / iſt ihm gewaͤhret worden / daß ihn GOtt zu ſich zoge / ehe er es ſelbſten inne wurde. Sonſt iſt wohl das ſchmertz - lichſte in unſerm Tode die Furcht des Todes / wenn Leib und Seele / die aller ver - trauteſten Freunde / ſollen durch gewaltſame Auffloͤſung getrennet werden. Dar - von empfunde er aber nichts. Das entkraͤfſtete Haͤupt faſſete er in ſeine Haͤnde / ſetzte ſich ins Bette / lies beydes allmehlich ſincken / als wolte er hiermit den abge - mergelten Leib der Erden / darinnen ſeine Ruheſtadt zu haben / uͤbergeben. Die JEſus liebende Seele ſchwunge ſich unterdeſſen / als ein der Auffloͤſung begieri - ger Simeonempor / und ſprach gar unvermuthet: Herr nun laͤſſeſtu deinen Diener in Friede fahren / Luc. 2 / 29.

Mein Alter / Ampt / und Lebens-Zeit
Verwandelt ſich in Ewigkeit.
Nun gute Nacht / o Leben!
Ein beſſers iſt / das Jeſus Chriſt
Mir wird in Himmel geben.

Uns nun in fernerer Betrachtung / der Angſt-Grube / darinne ein GOttlie - bender Menſch oͤffters gedrucket und geaͤngſtet wird / zu erhalten / und wie ihn GOtt heraus ziehe und wieder an das Licht der Lebendigen bringe / und reichlich erquicke / ſoll uns der begehrte Leichen-Spruch / Gelegenheit an die Hand geben. Wird uns alſo gleichſam darinne vorgeſtellet eine tieffe Grube / ein Abgrund / in welchen ein Hertze lieget von der Erde uͤberfallen / wird aber von oben her aus den Wolcken / durch ein Seil heraus - gezogen / und von den Sonnen-Strahlen lieblichen begruͤſſet. Wir koͤnten ſagen / daß dieſes Hertz ſey / ein

  • I. Auff Erden gedruͤcktes
  • II. Von oben entruͤcktes
  • III. Und herrlich erquicktes Hertz.

Das ſoll mit GOtt unſer Andacht ſeyn. CHriſtus JEſusverleihe hierzu die Krafft uñ Beyſtand ſeines heiligen freudigen Geiſtes / damit es ihm zu Ehren / denen Hochbetruͤbten zu Troſt / und uns zur Erbauung dienen moͤge / umb ſeines Hoch-heiligen und vielguͤltigen Verdienſts willen / Amen.

Abhandlung.

Chriſtliche Abhandlung.

GEliebte / etc. So haben wir nun zu ſehen in die Gruben, darinnen eines GOtt ergebnen Chriſten Hertz mit Truͤbſal gedruͤcket wird. Die iſt mit einem Worte / der gantze Conflut menſchliches Elen - des. Leibes und Seelen Anfechtungen. Abſcheuliche Creutz-Gruben / da wir in Jam̃er und Noth ſtecken biß uͤber die Ohren. Werden hier genennet / צדעאה תומוחת Abyſſi, Voragines Terræ. Tieffe / erſchreckliche Gruͤffte / daß einem die Haare zu berge ſtehen / der da hinein ſiehet. Dergleichen gemeiniglich bey uns Teutſchen ein Schacht genennet wird / derer es viel bey den Bergwercken giebt / wenn da ein Menſch hinein faͤllt / ſo ſtehet es mißlich umb ſein Leben. So braucht es Davidvon den Gottloſen. GOTT / du wirſt ſie hinunter ſtoſſen / in die tieffe Grube / die Blutgierigen und Falſchen / daß ſie ihr Leben nicht zur helffte bringen / Pſ. 55 / 24. So ſpricht der Herr Meſſias: Du wirſt meine Seele nicht in der Hoͤlle laſſen / und nicht zugeben / daß dein heiliger die Verweſung ſehe. Nach der beil. Sprache lautet es / daß er nicht die Grube des Verderbens ſehe / Pſ. 16 / 10. Und ſo ſinget auch Hiſkias/ in ſeinen Danck-Liede / da er nunmehr von ſeiner Angſt errettet war: Nach Troſt war mir ſehr bange / du aber haſt dich meiner Seelen hertzlich angenommen / daß ſie nicht verduͤrbe / oder / in der Grube des Verderbens / als da ich ohne deinen Beyſtand allerdings / hette ſterben und verderben muͤſ - ſen / Eſ. 38 / 17.

Jn dieſe Angſt-Grube gerathen nun auff GOttes zulaſſen die from̃en. Weñ er verhenget / daß die Suͤnde bey dem Menſchen auffwacht in ſeinen Gewiſſen / und ihre Macht weiſet / den Fluch des Geſetzes / die geſchwinden Anfechtungen des Satans / den Stachel des Todes / da denn eines Menſchen Seele ſo hochbe - truͤbt / das Hertz ſo ſehr gedrucket und geaͤngſtet wird / daß er nicht anders meynet / er muͤſte unter die Erde fallen / und verſincken / es waͤren ihm alle Creaturen zu wieder / er koͤnne nirgend her keinen Troſt faſſen / er ſey nahe bey der Hoͤllen / Pſ. 88 / 4. Ach! eine tieffe Grube / darinnen〈…〉〈…〉 לוע〈…〉〈…〉 לעצ groſſe boͤſe Aengſte / eine ſolche Grube / die von keiner klaffter Schnure kan ergruͤndet / von keinen Bleywurff ermeſſen werden. Sind boͤſe Aengſte / die nicht nur den bloſen Leib / das Haupt / die Fuͤſſe oder Haͤnde angehen / ſondern vornehmlich das Hertz / das iſt aͤngſtlich zu vernehmen. Denn wenn das Hertz traurig iſt / ſo hilfft keine aͤuſerliche Freude / Prov. 14 / 10. Von Trauren koͤmt der Tod / und des Hertzens Traurig - keit ſchwaͤcht die Kraͤffte / Syr. 38 / 19. Wer ein froͤliches Hertze hat / der weiß ſich in ſeinen Leiden zu halten / wenn aber der Muth lieget wer kans tragen / Prov. 18 / 14. Ach eine weite Grube / denn es gibt〈…〉〈…〉 לכר viel / vielerley Aengſte / leib -licheLeichen-Predigt. liche und geiſtliche / innerliche und aͤuſſerliche. Da auswendig iſt Streit inwendig Furcht. 2. Cor. 7 / 5. Da immer Furcht / Sorge / Angſt / Hoffnung und zu letzt der Tod / Syr. 40 / 2.

Denn gleich wie die Roſen ſtehen
Unter Dornen ſpitzig gar
Alſo auch die Chriſten gehen
Jn lauter Angſt und Gefahr /
Wie die Meeres-Wellen ſind
Und der ungeſtuͤme Wind /
Alſo iſt allhier auff Erden
Unſer Lauff voller Beſchwerden.

Wo wir uns nur hin wenden / iſt an allen Orten Angſt verhanden / drumb auch Davidſpricht: Deine Fluthen rauſchen daher / daß hie eine Tieffe und da eine Tieffe brauſſen / alle Waſſerwogen und Wellen gehen uͤber uns / Pſ. 42 / 8. Eine ſolche weitlaͤufftige Grube / die von keinen Lynceuskan uͤber ſehen werden. Von dieſen ſchreibet zwar Valerius Maximus, daß er aus Sicilien, dem vorge - birge Lilybæo, biß in den Hafen gen Carthago, der 1500. Stadia darvon gele - gen / habe ſehen koͤnnen / und die Schiffe daſelbſten gezehlet. Das wollen wir eben nicht wiederſprechen / daß ein Menſchliches Auge ſo weit reichen koͤnne / wer hat aber ſo ſcharffe Augen / die Angſt-Grube Menſchliches Elendes zu uͤberſehen / welche unzehlich weit und groß / daß / wenn GOttes Geiſt uns nicht mit ſeinen Troͤſtungen ſtaͤrckte / wir oͤffters vergehen muͤſten in unſern Elende / da wir weder Ort noch Ende ſehen. Ein tieffer Abgrund mag es geweſen ſeyn / der ſich einſten zu Romeroͤffuet / und eine gifftige Dunſt von ſich gegeben / darvon eine groſſe Menge der Einwohner hingefallen und geſtorben: Da man denn nicht ohne Beſtuͤrtzung leſen kan / daß M. Curtius, ſein Vaterland von dieſer Plage zu be - freyen / ſich in ſeiner beſten Ruͤſtung zu Pferde geſetzt / und in die Grufft hinunter geſtuͤrtzt. Schreckliche Angſt-Gruben ſind es / wenn die Erde ihren ungeheuren Rachen eroͤffnet / und gantze Haͤußer / gantze Gaſſen / Doͤrffer und Staͤdte ver - ſchlinget / wie denn dergleichen Erdbeben / die alte Stadt Raguſa/ Anno 1667. be - troffen da in einer Minute die gantze Stadt uͤbern Hauffen gangen / und etlich tauſend Einwohner / auff einmahl darunter begraben worden. So iſt es eben auch erbaͤrmlich zu hoͤren / wenn bey den Bergwercken einiger Schacht einfaͤllt / und den Arbeitern keine Zeit giebet / dem gewiſſen Tode zu entgehen / dahero ſie denn / ehe ſie ſich in die Tieffe hinunter laſſen / ihre Betſtunden zu halten nicht ver - geſſen / daß ſie GOtt vor dergleichen Ungluͤck behuͤten / und ſo es ja geſchehen moͤchte / ihre Seelen zu ſeinen theuren Vater Haͤnden / auffnehmen wolle. Wie ſchrecklich muß ein ſolcher Erdfall ſeyn! Lieber GOtt / einer hoͤret den andern Winſeln / kan aber weder ihn / noch ſich ſelbſten retten. Einer giebt bald ſeinen Geiſt auff ein ander lebet eine Zeitlang / ſiehet aber nichts / als den bittern Tod vor Augen / und muß vor Angſt und Schrecken / oder vor Hunger / oder aus MangelderChriſtlicheder Lufft ſterben. Ein groſſes Elend! Aber nicht ungereimbt geredet iſt es / wenn wir ſagen / die Grube / darein durch die Suͤnde / das gantze Menſchliche Geſchlecht geſuncken / ſey viel ſchrecklicher / darin ein iedweder vor ſich zu arbeiten hat / und kei - ner den andern zu helffen vermag / zumahl alle Menſchen Jammer und Noth / Elend und Hertzeleid / umb und neben ſich / uͤber und unter ſich / gnug haben.

Die Welt iſt nur ein Jammerthal / Angſt / Noth und Truͤbſal uͤberall / Auch wenn es wohl gelinget.

Auff dieſe Angſt-Grube / folget nicht unbillig / die Hoͤllen-Grube / die uns unſers boͤſen Verhaltens wegen zubereitet / welche vorzuſtellen / wir nicht ſchreck - liche Worte gnug finden koͤnnen / ſind aber durch CHriſtum daraus erloͤſet. Die - ſen Hoͤllen Abgrund / ſoll Carpus ein Schuͤler des Apoſtels Pauliim Traum ge - ſehen haben / wie ſich die Erde auffthate und etliche Menſchen verſchlingen wolte. Darbey waren gewapnete Drachen / die mit Spieſſen auff ſie zu renneten / damit ſie ſelbige hinunter ſtoſſen moͤchten. Dafuͤr ſich denn Carpus nicht wenig ent - ſetzet. Jndem aber wurde er den HErrn CHriſtum gewahr / der dabey ſtunde und denen Betraͤngten die Hand bothe und an ſtatt ſie in die tieffe Grube fallen ſollten / denen Engeln / ſie ins Paradieß zu begleiten / Befehl thaͤte / und ferner ſagte: Siehe lieber Carpe / ich habe das Menſchliche Geſchlechte ſo lieb / daß ich lieber noch einmahl ſterben als einen Menſchen / ſo viel an mir iſt / wolte verder - ben laſſen / Je!

GOtt Lob und Danck ders nicht zu gab / Daß ihr Schlund uns moͤg fangen.

Unterdeſſen aber ſehen wir ein Hertz / in der Angſt-Grube liegen / ſo elendig - lich von Truͤbſahl gedrucket wird. Dieſes mag nun ſeyn des lieben Davids/ wie die Gelehrten Juden / den 71. Pſalm erklaͤren; Oder das Hertz unſers liebſten Heylandes zur Zeit ſeiner Paßion / worauff hier Davidgedeutet / wie es der Kirchen-Lehrer Hieronymushaben will / oder auch / das Hertz der Kirchen Neues Teſtaments / von welchen Davidgeweiſſaget / daß ſie werde von vielen Feinden geaͤngſtiget werden / ſo bleibt es doch ein gedrucktes Hertz / und klaget: Du laͤſ - ſeſt mich erfahren viel und groſſe Angſt. יכתיאדה. Du macheſt daß ich ſehe / iſt ſo viel / als daß ich erfahre / empfinde. Wer der Teutſchen Spra - che ein wenig kundig / der erinnert ſich / daß das Wort ſehen vielmahls bedeutet erfahren. Alß: Der Mann hat viel geſehen / das iſt / viel erfahren. Und ich will ihm eins ſehen laſſen / er ſoll eins erfahren / daß er daran gedencke. Wie auch wenn der HErr CHriſtusſpricht / Joh. 8. So iemand mein Wort wird hal - ten / der wird den Tod nicht ſehen ewiglich / ſo iſt es greifflich / daß es heiſet / ſchmecken oder empfinden. Aber zur Sache ſelbſten; Nur voritzo des Davidszu gedencken / wurde er〈…〉〈…〉 gedruckt / bald von der gehaufften Laſt / der begangenenSuͤnden /Leichen-Predigt. Suͤnden / ſo uͤber ſein Haͤupt gangen / und ihm wie eine ſchwere Laſt / zu ſchwer worden / Pſ. 38 / 5. Drumb ſpricht er auch: Es iſt mir faſt Angſt / 2. Sam. 24 / 14. Bald hat ihn gedruͤcket / ſein ungerathener Sohn Abſolon/ ſo ihn von Land und Leuten verjagt. Wenn uns ſonſt alle Welt druͤcket / ſo haͤlt es gleich wohl un - ſer Fleiſch und Blut mit uns. Hier das Wiederſpiel. Der Vater / wird von Sohne in das Elend verwieſen / umb Scepter und Cron gebracht / 2. Sam. 15 / 14. Gedruͤckt von ſeinem Weibe der Michal/ die ihn verſpottet / 2. Sam. 6 / 20. Gedruͤckt von ſeinem Koͤnige / der ihn verfolgte / daß er ſeyn muſte / wie ein Rohr - dom̃el in der Wuͤſten / wie ein Kuͤtzlin in den verſtoͤrten Staͤdten / Pſ. 102 / 7. Ge - druͤcket von ſeinen Raͤthen und Ampt-Leuten / die Untreu und Meineydig an ihn wurden. Gedruͤckt von Simeiden Laͤſtermaul. Und ſchiene es / als wenn ſich Himmel und Erden wieder ihn verſchworen haͤtten. Drumb klagte er auch: HErr / wie lange wiltu mein ſo gar vergeſſen / wie lange verbirgeſtu dein Antlitz fuͤr mir / wie lange ſoll ich ſorgen in meiner Seelen / und mich aͤngſten in meinen Hertzen taͤglich. Wie lange ſoll ſich mein Feind uͤber mich erheben / ſchaue doch und erhoͤre mich / HErr mein GOtt / ꝛc. Pſ. 13 / 1 / 2 / 3. Der Satan ſichtete ihn offt / wie den Weitzen / Luc. 22 / 31. GOttes Pfeile ſteckten in ihn / und ſeine Hand druͤckte ihn / Pſ. 38 / 3. Der Sathan ſchoß ſeine Pfeile auch dazu / daß ſein Hertz im Leibe wurde / wie zerſchmoltzen Wachß. GOtt ſtellete ſich als einen grauſa - men / als zeigete er ſeinen Gram an ihn / durch die Staͤrcke ſeiner Hand / Job. 30 / 21. Dadurch mochte freylich Angſt verurſachet werden. Wie er denn auch ſeine Hertzens Bangigkeit / mit den rechten Angſt-Worte〈…〉〈…〉 ודצ â radice דוצ ausdruͤcket / das heiſſet / in die enge treiben / Feindſelig an allen Orten anfal - len / binden / preſſen / einſchrauben / beaͤngſtigen / daß man weder vor noch hinter ſich kan / wie es bey Beſtuͤrmungen und Beaͤngſtigungen der Staͤdte hergehet / 1. Sam. 23. Jerem. 32. 〈…〉〈…〉דצ eine ſolche Angſt / da einem alles zu enge wird / man wird gehemmet und geklemmet / daß man weder aus noch ein weiß. Der Feind iſt ſchon auff der Mauer / man wird ſich nicht laͤnger halten koͤnnen / die Stadt wird eheſtens uͤber / und alles zu Grund und Boden gehen. Gehet es alſo mit den Menſchlichen Leiden her / nicht anders als mit der Beſtuͤrmung und Eroberung einer Stadt. Die Kraͤffte des Menſchen / nehmen ihre Zuflucht zu den Hertzen / weñ ſie ſonſt nirgend kein Bleibens mehr haben / uñ ſuchen daſelbſt als bey dem euſſerſten Abſchnitt / ihren auffenthalt zu erlangen / wird aber das Hertze beſtuͤrmet / da wird die Angſt am groͤſſeſten / und ſcheinet es gar aus mit den Men - ſchen zu ſeyn / weñ dieſe Veſtung uͤber gehen ſolte. Hier gehets dem Davidauch an das Hertz / dz wird von den feurigen Pfeilen des Satans / uͤbel beaͤngſtiget / uñ aufs euſſerſte getrieben / daß er klagen moͤchte: Es umbfangen mich des Todes-Ban -Cde / undChriſtlichede / und die Baͤche Belialerſchrecken mich. Der Hoͤllen-Bande umbfangen mich / und des Todes-Stricke uͤberwaͤltigen mich / Pſ. 18 / 5.6. Ach wehe mir / ich muß ſchier vergehen / Jer. 4 / 31. Die Huͤlffe und der Entſatz von Himmel / ver - zog ſich. Auff Erden war niemand / der ihn helffen kunte. Solte nun das ge - druͤckte Hertz nicht zerflieſſen / ſolte ſolcher Zuſtand nicht ein Vorſchmack ſeyn / der ewigen Verdamnuͤß? O HErr / mein Hort / ſchweige mir nicht / auff daß nicht / wo du ſchweigeſt / ich gleich werde / denen die in die Hoͤlle fahren / Pſ. 28 / 1. Denn mein Leben iſt ſchon nahe bey der Hoͤllen / und ich bin der Mann / der keine Huͤlffe hat / Pſ. 88 / 5.

Ach wie lang ach lange
Jſt dem Hertzen bange
Und verlangt nach dir.

Nicht allein iſt es dem lieben Davidſo ergangen / ſondern es wird noch manches Chriſten-Hertz in der Angſt-Grube der Welt gedruͤcket / von der Suͤn - de / daß es ſeufftzet: Wo ſoll ich fliehen hin / weil ich beſchweret bin / mit viel und groſſen Suͤnden / wo kan ich Rettung finden / wenn alle Welt her - kaͤme / mein Angſt ſie nicht weg nehme. Ach GOtt und HErr / wie groß und ſchwer / ſind meine begangene Suͤnden! Gedruͤcket von Zorn GOttes / der ſeinen Bogen / wieder die Suͤnder geſpannet / Pſ. 7 / 13. Von den Fluch des Geſetzes / und dem Stab Moſis / der mit ſeinem Maledictus, auff den Menſchen lieget / und ihn zur Hoͤlle druͤcken will. Gedruͤckt von des Satans Anfechtungen / da es ſcheinet / als wenn ihm die gantze Welt zu enge wuͤrde / ge - druͤckt von geiſtlichen und leiblichen Feinden. Gedruͤckt von Kranckheit / und mancherley Creutz / und Wiederwaͤrtigkeit / daß wenn unſer Stamm-Vater Adam/ mit allen ſeinen Kindern aufftreten / und die Warheit ſagen ſolte / ſie in - geſambt uͤber die vielfaͤltige ausgeſtandene Angſt zu Klagen haben wuͤrden. So gar kan es nicht anders ſeyn / es muß gelitten und gedruͤcket ſeyn / hat off - termahls Herr D. Hieronymus Wellergeſagt. Wir wollen hier keine appli - cation machen / ein iedweders weiß es ſelbſt an beſten / was es vor Angſt hat / und wo es der Schuch drucket. Wir muͤſſen doch alle in das Reich GOttes einge - hen διὰ πολλῶν ϑλίψεων durch viel Truͤbſal / da es ſich auff allen Seiten hem - met / klemmet und drenget / Act. 14 / 22. Umb dieſer Urſachen willen vermahnet / Syr. Cap. 2 / 1. Mein Kind / wiltu GOttes Diener ſeyn / ſo ſchicke dich zur An - ſechtung / ἑτοίμασον, bereite dich mit allen Fleiß dazu / nicht anders als wie etwan eine Jungfrau ſich beſter maſſen ſchmuͤcket / wenn ſie an einen Freuden Ort ge - hen will. Eliasfuhr gen Himmel / aber in Wetter. GOtt fuͤhret uns manch - mal wunderlich / Pſ. 4 / 4. Und wie der Herr Luth. S.uͤber dieſe Worte ſchrei -bet:Leichen-Predigt. bet: Uber Stock und Stein / durch Feuer und Waſſer / Lufft / Berg und Thal / daß offt die gantze Welt ſpricht / er werde ihnen die Haͤlſe entzwey fuͤhren / und abeſtuͤrtzen.

Wenn uns derowegen nach GOttes Willen mit Davidauch Angſt und Truͤbſal druͤcket / ſollen wir nicht ungedultig werden / ſondern bekennen / daß es ei - ne Straffe ſey von GOtt / viel geringer / denn unſere Suͤnden / und glaͤuben / daß wir gezuͤchtiget werden / wie ſeine Knechte / zur Beſſerung / und nicht zum Ver - derben / Judith. 8 / 22. Chriſtus ſuis in hac vita non niſi in cruce apparet. Der liebe Heyland gibt ſich / denen Seinen in dieſen Leben / nicht anders als durch viel Truͤbſal zu erkennen; Zumahl welche er Lieb hat / die zuͤchtiget er / Apoc. 3 / 19. Sollen es demnach / fuͤr eitel Freude achten / πᾶσαν χαρὰν vor eine gantz voll - kommene Freude / wenn wir in mancherley Anfechtung fallen / (wenn wir gleich als in den tieffſten Abgrund der Creutzes-Fluthen / hinein geſtuͤrtzet / und mit lau - ter Ungluͤcks-Wellen uͤberſchwemmet werden.) Denn ſelig iſt der Mann / der die Anfechtung erduldet / denn nach dem er bewaͤhret iſt / wird er die Crone des Le - bens empfahen / welche GOtt verheiſſen hat / denen die ihn lieb haben / Jac. 1 / 2. Wir wiſſen / daß dieſer Zeit Leiden / nicht werth iſt / der Herrligkeit / die an uns ſoll offenbahret werden / Rom. 8 / 18.

Dieſes wiſſen die Hochbetruͤbten beſſer / als wir ſie erinnern moͤgen. Sie ſtecken in der Tieffe des Elendes itzo / aber ſo gehets allen / die in CHriſto JESU wollen Gottſelig leben. Laſſen ſich demnach die Hitze / die ihnen begegnet / nicht be - frembden / als wiederfuͤhre ihnen etwas ſeltzames / ſondern freuen ſich / (auch mit - ten in ihrer Betruͤbnuͤß /) daß ſie (mit David/ uñ allen Glaͤubigen ja) mit CHriſtoleiden / auff daß ſie auch zur Zeit der Offenbahrung ſeiner Herrligkeit / Freude und Wonne haben moͤgen / 1. Pet. 4 / 12. Zwar leichtlich zu erachten iſt es / daß ihnen dieſer Hertzens-Schnitt / ſchmertzlich wehe thut / und iſt ſonderlich der hertz - bekuͤmmerten Frau Witwe / aus den Angſt-Kelche / Ezech. 23 / 33. Ein ſo herber Hefen-Trunck / geſchenckt worden / daß ſie davon daumeln moͤchte / Pſ. 60 / 3. Deñ alle Zuͤchtigung / wenn ſie da iſt / duͤncket uns Traurigkeit / aber dennoch wird ſie ihnen allerſeits geben / eine friedſame Frucht der Gerechtigkeit / als die dadurch ge - uͤbet ſind. Hebr. 12 / 11.

Bedencke aber auch hier bey / du armes Menſchen-Kind / wie hoch du von deiner Herrligkeit herunter gefallen / aus dem Paradieß der Freude und Won - ne / in die Wuͤſteney des Jammers! Von der oberſten Staffel der Gluͤckſelig - keit / in die tieffe Angſt-Grube / da alles Elend dich druͤcket und beſchweret. Wer deine Angſt alle erzehlen wolte /

Icariæ numerum dicere tentet aqvæ.

C 2DennChriſtliche

Denn dein Schaden iſt gros wie ein Meer / wer kan dich heilen. Das Un - gluͤck iſt mit Hauffen / dir auff den Halß kommen / Thren. 1 / 14. Und dieſes begeg - net nicht nur den Gottloſen: Sondern weil auch der From̃e noch taͤglich Fehl - Tritte thut / ſo muß ihn GOtt hier druͤcken / auff daß er durch das Feuer der An - fechtung / baͤwehret werde. Jſt es demnach gar nicht zu verwundern / daß auch der wohlſelige Herr Inſpector mit Truͤbſal gedruͤcket / offtermahls wehmuͤtig angeſtimmet: GOtt / du laͤſſeſt mich erfahren viel und groſſe Angſt.

Es iſt hier doch nichts als Klagen /
Nichts als lauter Hertzeleid /
Keiner kan es anders ſagen:
Unſer gantze Lebens-Zeit
Jſt nur lauter Angſt und Noth.
Drumb komm nur du ſuͤſſer Tod /
Foͤrdre mich doch zu den Leben:
Jch will gar nicht wieder ſtreben!
Und: Wie viel Aengſte ſoll ich noch
Leiden in des Leibes Joch /
Eh mein Geiſt wird weggenom̃en
Und ich koͤnne zu dir kommen.

Und ſo viel von dem Erſten.

Es wird aber eines Chriſten-Hertz / nicht nur in der Angſt - Grube mit Truͤbſal gedruͤcket / ſondern auch wieder heraus ge - ruͤckt und gezogen. So ſagt unſer Text weiter: Und holeſt mich wieder aus der Tieffen der Erden herauff. Die Nuͤrnbergiſche Bibel hats gegeben Gleichnuͤß weiſe: Du holeſt mich gleichſam aus etc. Man ſie - hets doch wohl / daß dieſe Art zu reden / nicht propriè, ſondern figuratè zu verſte - hen. Hier ein aus Aengſten geruͤcktes Hertz. יכלעת Aſcendere feciſti me. It. Abſtuliſti, Extraxiſti etc. Du haſt mich heraus gezogen / herausgeriſſen. So ſtehet dort / Apoc. 12 / 5. Das Kind ward entruͤckt zu GOtt und ſeinem Stuhl / vor den Grim̃ des Drachens. Und ſo reiſſet / und ruͤcket / GOtt die Seinen he - raus / aus der Angſt und Gefahr / wie einen Brand / der aus dem Feuer errettet iſt / Zach. 3 / 2.

Wird unter andern von der Außfuͤhrung / der Kinder Jſrael aus Egypten - landgebraucht / 1. Sam. 12 / 6. Exod. 33 / 1. Wie nun das ein recht maͤchtiges und wunderbahres heraus holen war / denn vor ſich hatten die armen Leute das Rothe-Meer/ hinter ſich den Feind / zu beyden Seiten hohe Berge / alſo daß ſie weder hinter noch vor ſich wuſien / gleichwohl aber der Allmaͤchtige GOTT ſie herrlich und ſtattlich heraus holete / daß jederman ſagen muſte / das hat GOtt ge - than / und mercken / daß es ſein Werck ſey / Pſ. 64 / 10. So wunderlich fuͤhret der Herr / und holet noch ſeine Heiligen. Weñ uns offt duͤncket / wir waͤren gar da - hin / Thren. 3 / 54. Wir muͤſſen verſincken in tieffſten Schlam̃ / ſo gehet GOttesherausLeichen-Predigt. heraus holen alsdenn erſt an / der da iſt groß von Rath / und maͤchtig von That / Jer. 32 / 19. Deſſen Rath wunderbarlich / uud der alles herrlich hinaus fuͤhrt / Eſ. 28 / v. ult. Drumb wirff nur dein anliegen auff den HErrn / der wird dich Verſorgen / und den Gerechten nicht ewiglich in Unruhe laſſen / Pſ. 55 / 23. Und wenn ſichs offt die Glaͤubigen am allerwenigſten verſehen / will ſie GOTT aus ihren Aengſten heraus holen. Da Davidietzt fuͤr ſeinen abgeſagten Feind dem Saulin die Hoͤhle flohe und vermeinte / es waͤre gantz mit ihm geſchehen / ho - lete ihn GOtt geſchwind aus dieſer Angſt-Grube heraus / drumb ſagte er auch in ſeinem 57. Pſ. Jch ruffe zu GOtt dem Allerhoͤchſten / zu Gott der meines Jam - mers ein Ende macht / Er ſendet von Himmel / und hilfft mir von der Schmach meines Verfenckers. Und das iſt eben das ſtarcke Macht-Seil / auff welches er auch allhier ſein Abſehen richtet / welches er und mit ihm / ein iedwedes gedruͤcktes Hertz / in ſeiner Angſt ergreiffet. Dieſes hat Noamaus den Angſt-Kaſten ge - holet. Das betrengte Volck Jſrael / aus der Babyloniſchen Gefaͤngnuͤß. Je - remiam aus ſeiner Schlamm-Grube. Daniel aus der Loͤwen-Grube. Die drey beſtaͤndigen Bekenner in Chaldea/ aus den Feuer-Ofen. Waſſerfluthen umbgaben das unbehuͤlffliche Kind Moſen. Feſſel / Bande / Riegel und Schloͤſ - ſer / den zum Tode verdampten Petrum. Todesfurcht / Schrecken und Ver - zweiffelung / den fluͤchtigen Jonam. Aber dieſes alles war ſo gefaͤhrlich nicht / daß GOtt die Seinen nicht aus der Angſt-Grube heraus ruͤcken ſollen.

Und eben ſo maͤchtig und gewiß ſollen auch wir aus unſer Angſt-Grube von GOtt heraus geholet werden. Denn es ſollen wohl Berge weichen / und Huͤgel hinfallen / aber meine Gnade / ſoll nicht von dir weichen / und der Bund meines Friedes ſoll nicht hinfallen / ſpricht der HErr dein Erbarmer / Eſ. 54 / 10. Und abermahl: Fuͤrchte dich nicht / ich bin mit dir / weiche nicht / denn ich bin dein GOtt ich ſtaͤrcke dich / ich helffe dir auch / ich erhalte dich / durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit / Cap. 41 / 10.

Wohl nun und ewig wohl allen denen / ſo dieſen HErrn zum Fuͤhrer haben / die will er nicht verlaſſen / noch die Hand von ihnen abziehen / 1. Reg. 8 / 58. Son - dern ſie erretten aus ſechs Truͤbſalen / und in der ſiebenden ſoll ſie kein Ubel ruͤhren / Job. 5 / 19. Nicht zu zweiffeln iſt es / wenn mancher in dieſen groſſen Hauffen be - dencket / wie offt er in dieſer oder jener Angſt-Grube geſtecket / da es geſchehen / als wenn Himmel und Erden auff ihn legen / daß niemand einen Heller vor ſein Leben gegeben / und wie maͤchtig er von GOtt daraus geholet / und trotz allen Feinden / das Seufftzen in Freude / die Klage in Reyen / den Sack in Freuden Kleider ver - wandelt / ſo muß er das ſtarcke Liebes-Seil GOttes ruͤhmen / und mit Davidausruſſen: Kommet her und hoͤret zu / alle die ihr GOtt fuͤrchtet / ich will eucherzeh -Chriſtlicheerzehlen / was der HERR an mir gethan hat / Pſ. 66 / 16. Preißet mit mir den HErrn / und laſt uns mit einander ſeinen Nahmen erhoͤhen / der mich errettet aus aller meiner Furcht / Pſ. 34 / v. 4 / 5. Und das will er noch thun. Sein Wort / das er geredet: Jch will dich heraus reiſſen / Pſ. 91. Kan ihn nicht gereuen / und uns nicht triegen. Drumb

Sein Wort laß dir gewiſſer ſeyn /Und ob dein Hertz ſprech lauter nein /
So laß doch dir nicht grauen.

Unterdeſſen iſt uns unentfallen / daß eben die Truͤbſal / ſo uns druͤcket / GOtt unter andern mit zu einen Mittel gebrauchet / uns aus der ſuͤndlichen Schlamm - Grube / der Weltlichen-Luͤſte / da wir ſonſt wohl auff den Hefen waͤren ſitzen blieben / zu holen. Leget uns Zaͤume und Gebiß an / wenn wir als Roſſe und Maͤuler nicht zu ihn wollen / Pſ. 32. Daß wir / ſo es uns uͤbel gehet / den HErrn fruͤhe ſuchen und ſagen: Kommet wir wollen zum HErrn / denn er hat uns zu riſſen / er wird uns auch heilen / er hat uns geſchlagen / wird uns auch verbinden / Oſ. 6 / 1. Allermeiſt wenn Truͤbſal da iſt / ſo ſucht man ihn / und wenn er uns zuͤchtiget / ſo ruffen wir aͤngſtlich / Eſ. 26 / 16. Abſolonhatte zweymahl zu Jaob geſchickt / und ihn zu ſich fodern laſſen / Joab aber wolte nicht kommen. Da lies ihm Abſolonſeinen Gerſten Acker / mit Feuer anſiecken / und alsbald kam er ge - lauffen / geſchahe es alſo / daß / wozu er durch die ſchoͤnſten Worte / nicht konte ge - bracht werden / ihn der Schaden dazu antreibet. 2. Sam. 14 / 30. GOtt iſt zwar nicht Abſolon/ und kan / auſſer etwa den Nahmen / nicht mit ihm verglichen wer - den / doch hat er viel beſſer Recht und Macht uns zu citiren / und wenn wir nicht kommen wollen / holen zulaſſen. Auch die Frommen holet GOtt alſo. An ſeinen eigenen Hauſe faͤnget das Gerichte an / 1. Pet. 4 / 17.

Endlich aber holet er uns gar aus der Angſt-Grube / und erloͤſet uns von al - len Ubel / durch einen ſeligen Tod und Ausſpannung aus unſern Angſt-Karn. Laͤſſet unſere Seele aus den Kercker / daß ſie dancke ſeinem Nahmen / Pſ. 142 / 8. Und holet ſie zu den Berge Zion/ zu der Stadt des Lebendigen GOttes / zu den himliſchen Jeruſalem / und zu der Menge vieler tauſend Engel. Laͤſſet ſeine Die - ner hinfahren in Friede. Da ruhen denn / die viel Muͤhe und Angſt ausge - ſtanden. Da wohnen ſie in den Haͤuſern des Friedens / in ſicherer Wohnung / und in ſtoltzer Ruhe / Eſ. 32 / 18. Und nach dieſem Leben wird er unſere Leiber / aus der Todes-Grufft zu ſich holen / an den groſſen Tage ſeiner Herrligkeit / wenn er wird unſere Graͤber auffthun / und uns ſein Volck aus denſelbigen heraus holen / und uns in das Land Jſraelbringen / und wir werden erfahren und ſehen / daß er der HErr ſey / Ezech. 37 / 12. 13. Da wir denn nicht mehr gedencken werden / an dieAngſtLeichen-Predigt. Angſt / die uns hier gedruͤcket / umb der Freude willen / die in Ewigkeit niemand von uns nehmen ſoll / Joh. 16 / 22.

Nun ſo laſſet euch denn ziehen / ihr Gottergebnen Gedruͤckten Hertzen / wie / und wo GOtt hin will. Wunderlich / doch ſeliglich. Biß ihr auch zur Herrlig - keit werdet erhaben werden. Ergreiffet das ſtarcke Liebes-Seil eures GOttes / das euch nimermehr wird fallen laſſen. Er will ſelbſt / wenn ihr ja zu unvermoͤ - gend ſeid / ſolch Liebes-Seil euch anlegen / und ſo ſchoͤn und ſanffte mit euch thun / als es nur muͤglich iſt. Er iſt getreu / der euch nicht laͤſt verſuchen / uͤber euer Vermoͤgen / ſondern machet / daß die Verſuchung ſo ein Ende gewinne / daß ihrs ertragen koͤnnet / 1. Cor. 10 / 13. Jhr lieget in der Angſt-Grube / das iſt erbaͤrm - lich. Winſelt und Seufftzet / in den weiten Rachen der Angſt / die keinen Boden hat / iſt jaͤmmerlich zu hoͤren / aber reichlich werdet ihr ja getroͤſtet / wieder die Menge eures Leidens / von GOtt / der euch heraus holen will.

GOttes Gnaden Hand / iſt gegen euch ausgereckt. Er hat ſich aufgemacht / daß er ſich euer erbarme. Er harret euer / daß er euch gnaͤdig ſey. Das Liebes - Seil iſt euch ſchon zugeworffen. Tretet nur her mit Freudigkeit / daß ihr Barm - hertzigkeit empfahet / und Gnade findet / auff die Zeit / wenn euch Huͤlffe noth iſt / Ebr. 4 / 16. Es bezeugets die Erfahrung / wenn ein Menſch in Lebens-Gefahr geraͤth / in Waſſers-Noth / daß er von den Wellen uͤbermeiſtert wird / oder in ei - nen Brunnen faͤllt / oder von einen hohen Geruͤſte ſtuͤrtzen will / und ihm eine Stange / ein Seil / oder ander Mittel zu geworffen wird / wie er ſich ſo feſt daran anhaͤlt / ſein Leben zu ſalviren: Mache es auch alſo. Halt feſt an deinen GOtt / und laß dich nicht davon abwendig machen / ob man dich locket. Vielmehr ſage / Lieber GOtt / ich laſſe dich nicht / du ſegneſt mich denn / Gen. 32. Jch halte dich / und will dich nicht laſſen / Cant. 3 / 4.

Meinen JEſum laß ich nicht / denn er ſich ſelbſt mir gegeben /
So erfodert meine Pflicht / Klettenweiß an ihn zu kleben. etc.

Die Hochbetruͤbten Leidtragenden / werden die Starcken Liebes-Seile GOttes in ihrer Angſt-Grube / auch nicht aus den Haͤnden laſſen / und nicht weich werden in ihrer Truͤbſal / dazu ſie geſetzt ſind / 1. Theſ. 3 / 3. GOtt hat ihren Eh-Herrn / Vater / Groß-Vater / Schwieger-Vater / Bruder / Schwager / zu ſich geholet / ſie werden ihn durch Ubermaͤßiges Klagen / nicht wiederumb herho - len. Noli flere, ne vel me minus amaviſſe vel invidiſſe huic gloriæ videare, ſagte Seneca, zu ſeinem Weibe / da er gleich itzo das Leben / mit dem Tode vertauſchen wolte / und ſie ſich ſehr klaͤglich dabey bezeigte / Weine nicht / liebes Weib / damit du nicht das Anſehen habeſt / als haͤtteſtu entweder mich nicht recht Lieb gehabt / oder als mißgoͤnneteſt du mir meine Herrligkeit. Die hertzbekuͤmmerte FrauWitweChriſtlicheWitwe wird dieſer Zurede ſelbſten nachdencken / und Raum in ihrer Betruͤb - nuͤß zu kommen laſſen. Zwar das hat ein Heyde vorgebracht / und iſt zu wenig uns Chriſten zu troͤſten. Solte der wohlſelige Herr Inſpector, die ver - goſſene Thraͤnen-Fluth ſehen / ſo wuͤrde er ſagen / wie unſer Heyland zu ſeinen Juͤngern: Haͤttet ihr mich lieb / ſo wuͤrdet ihr euch freuen / daß ich hingehe zum Vater! Und heiſt es ja: Freuet euch mit den Froͤlichen / und weinet mit den Weinenden! Nicht aber: Weinet uͤber die Froͤlichen / Rom. 12 / 15. Denn hier iſt er / (wie er ſelbſt nicht nur einmahl ſagte /) in Angſt geweſen / dort aber wird er geneſen / in ewiger Freud und Wonne / wird leuchten wie die helle Sonne. Jch an meinen wenigen Theil / werde ihnen allerſeits zum Troſt / nichts ſo tuͤchtiges vorbringen koͤnnen / ſie haben allbereit ein mehrers / entweder aus eigener Erfin - dung begriffen / oder von anderer Zureden vernommen / oder aus dem Worte GOttes ſelbſt gelernet. Sie werden demnach ihre Hertzen / nicht wie Wachs zerflieſſen laſſen / ſondern wie Gold / die Probe der Gedult / des Glaubens / und der Hoffnung außhalten. So werden ſie in der Angſt-Grube / auch nicht verderben / ſondern ſchmecken und ſehen / wie freundlich der HERR iſt. Wohl dem / der auff ihn trauet / Pſ. 34 / 9.

Und dieſes hat auch gewißlich gethan / und ihm das ſtarcke Liebes-Seil ſei - nes GOttes wohl gewuſt zu Nutze zu machen unſer wohlgedachter Herr Inſpector. Wenn er offters vor groſſen Hertz-Schmertzen / und hefftiger Bruſt - Angſt / nicht wuſte / wo er ſich laſſen ſolte / und ihm nicht anders deuchtete / als wuͤr - de er von einem ungeheuren Berge / zu Boden gedruͤckt / als ſolte und muͤſte er vergehen; Ergriff er mit ſtarcken Glauben / das Blutrothe Seil des Verdienſts CHriſti / band ſolches feſt an ſein Hertz / des unfehlbaren Vertrauens / wenn nur ſeine Seele wohl verwahret waͤre / wuͤrde es in die Laͤnge mit den breßhafftigen Leibe / keine Noth haben: Den wuͤrde GOtt eheſtens aus der Angſt erloͤſen / und zur Ruhe bringen. Daher er denn ohn Unterlaß / ſeinen Leichen-Text in Ge - daͤchtnuͤß / offters in Munde fuͤhrete. Du holeſt mich aus der Tieffe meiner Angſt Grube heraus / anzudeuten / daß er taͤglich bereit ſey / wenn es ſeinen lieben GOtt gefalle / ſich durch eine ſelige Auffloͤſung / holen zu laſſen. Er ſpricht nicht / du wirſt mich etwa einmahl holen / ich kan unterdeſſen eine lange Zeit noch ſicher leben. Nein / er wuſte wohl / daß es umb den morgenden Tag ein mißliches Ding waͤre / in dem niemand wiſſen koͤnte / was ſich noch heute begeben moͤchte / Prov. 27 / 1. Sondern / du holeſt mich in præſenti. Herr / nun laͤſſeſtu deinen Diener in Friede hinfahren / Luc. 2. O der feinen Zubereitung!

Wer alſo ſtirbt / der ſtirbet nicht /
Wenn ihm der Tod das Hertz zer -
O wohl iſt hier geweſen /
(bricht.
Welcher alſo / wie er einſchlaͤfft /
Sein Suͤnd erkeñt / Chriſtum ergreifft.
So kan man ſelig ſterben.
GOttLeichen-Predigt.

GOtt hat ihn geholet von dem Leibe dieſes Todes. Geholet aus der Gru - be des Verderbens. Seine Seele iſt nun nach ausgeſtandener Angſt wieder zu frieden / denn der HErr thut ihr guts. Er hat ſein Auge von Thraͤnen errettet / ſeinen Fuß von gleiten. Er wandelt nun vor dem HErrn im Lande der Lebendi - gen / Pſ. 116 / 9. Nur das jenige / was irdiſch iſt / hat ein Ende mit ihm genom̃en / das Ubrige iſt durch dieſen Wechſel zu ſeiner Vollkommenheit gelanget. Seine Vereinigung mit CHriſto / deſſen Leib und Blut er allhier mit feuriger Andacht zu ſeiner Seelen Labſal gebrauchte / hoͤret dort nicht auff. Der Leib zwar wird in die Erden-Grufft durch Seile geſencket / der Verweſung geſchencket / aber / da - mit er dermal eins wieder heraus geholet und mit himmliſcher Klarheit moͤge uͤberkleidet werden.

Wir ingeſambt laſſen uns auch das Liebes-Seil GOttes beſter maſſen an - befohlen ſeyn / laſſen uns daran fuͤhren und leiten / ſo lange wir in den Angſt vollen Labyrinth dieſer Welt zu wandern haben / befehlen demſelben unſer Leib und Seel / Außgang und Eingang (unſer Leben und Sterben / und ſo wirds geſchehen / daß er uns nicht verlaſſen noch verſaͤumen kan / er wird uns ans Licht bringen / daß wir unſere Luſt an ſeiner Gnaden ſehen / Mich. 7 / 9. Wird uns in der Angſt - Grube nicht verderben laſſen. Wird unſer Leben erloͤſen / nicht zwar nach den Wunſch unſers Fleiſches und Bluts / ſondern nach ſeinen allerheiligſten Willen / von Verderben / und uns kroͤnen mit Gnad und Barmhertzigkeit / Pſ. 103 / 4. Wird unſere Gebeine in den Schoß der Erden bewahren / daß derer nicht eines verlohren und zerbrochen werde / Pſ 34. Und endlich dahin holen / wo keine Angſt / Leid und Geſchrey mehr ſeyn wird / ſondern Freude die Fuͤlle und liebliches We - ſen ewiglich / Pſ. 16. Wie er uns denn deſſen laͤngſt verſichert hat / Joh. 5 / 24. & Cap. 8 / 51. Welche Worte die Chriſtliche Kirche alſo ausſpricht.

Warlich warlich euch ſage ich /
Wer mein Wort helt und glaͤubt an
Der wird nicht etc
(mich /
Sondern ich will mit ſtarcker Hand
Jhn reiſſen aus des Todes-Band
Und zu mir nehmen in mein Reich ꝛc.

Drittens wird auch das aus der Anaſt-Grube geruͤckte Chri - ſten-Hertz von Himmel her reichlich erqvickt. Denn den Frommen ge - het doch immer das Licht auff in der Finſternuͤß / von den gnaͤdigen und barmher - tzigen GOtt / Pſ. 112 / 4. Die Sonne der Gerechtigkeit / die mit ihren Gnaden - Glantz alle truͤbe Wolcken vertreibet / bleibet nicht von uns auſſen. Der helle Stern aus Jacob gehet auff uͤber uns mitten in der Anfechtung. Nach den Ungewitter laͤſt GOtt die Sonne wieder ſcheinen / und nach den Weinen und Heulen uͤberſchuͤttet er uns mit Freuden / Tob. 3 / 23. So gebuͤckt und den gantzen Tag traurig wir zuvor hergegangen / ſo munter und hurtig werden wir durchDGoͤtt -ChriſtlicheGoͤttliche Erqvickung. Das ruͤhmet David/ und wir mit ihn / daß GOTT er - qvicke / und zwar Erſtlich durch ſeine Lebendigmachung. Du macheſt mich wieder lebendig: ſpricht der Text. Leiblicher weiſe hat GOTT den lieben Davidoͤffters lebendig gemacht / da er den Tod fuͤr Augen geſehen. Bald / da er denen reiffenden Thieren dem Loͤwen und Baͤren nachgejaget / und das geraubte Schaͤfflein aus den Rachen geriſſen / 1. Sam. 17 / 34. Bald da er mit den unge - heuren Goliath ſich in einen zwey Kampff eingelaſſen / der ihm den Reft und ſein Fleiſch / den Vogeln unter dem Himmel / und den Thieren in Felde zu freſſen ge - ben wolte / 1. Sam. 17 / 49. Wiederumb / wenn er von ſeinen abgeſagten Feinde dem Koͤnige Saulmit Soldaten gantz umbringet war / und es vor Menſchli - chen Augen nicht anders ſchiene / als muͤſte er ſein Leben laſſen / 1. Sam. 23. Le - bendig hat ihn GOTT gemacht / geiſtlicher weiſe / indem er ſeine Suͤnde und die darauff folgende Straffe von ihm weggenommen. Denn da es zuvor hieſſe / du biſt der Mann des Todes / lautet es itzo: Der Herr hat deine Suͤnde wegge - nommen / du wirſt nicht ſterben / ſondern leben / 2. Sam. 12 / 7. 13.

Und das iſt des lieben GOttes Gebrauch. Er toͤdet / und macht lebendig / er fuͤhret in die Hoͤlle / und wieder heraus / 1. Sam. 2 / 6. Hat unterdeß im̃er Luſt zum Leben / Pſ. 30 / 6. Gerathen wir in Seelen Noth / ſo erqvicket er uns mit ſeinen lebendig machenden Wort. HErr davon lebet man / und das Leben meir es Geiſtes ſtehet gar in demſelbigen / Eſ. 38 / 16. Denn es iſt ein Wort des Lebens / Joh. 6 / 69. Erqvicket uns mit dem Fleiſch und Blut ſeines Sohns zum Leben / v. 54. Vielmahl ſtoͤſſet uns Leibes und Lebens-Gefahr zu / es iſt zwiſchen uns und dem Tode nur ein Schritt / 1. Sam. 20 / 3. Werden von Kranckheit uͤber - fallen / ausgeſogen und ausgedrocknet / bleibet nichts als ein Gerippe an uns uͤbrig. Alle Welt gibt uns verlohren. GOtt macht uns lebendig. Unſere geiſt - und leiblichen Feinde bemuͤhen ſich / uns das Lebens-Licht aus zu blaſen. Vergeb - lich / GOtt macht uns lebendig. Muͤſſen wir auch gleich endlich dem Tode her - halten / wie denn kein Menſch iſt / der da lebet und den Tod nicht fiehet / Pſ. 89 / 49. Der Tod iſt zu allen Menſchen hindurch gedrungen / Rom. 5 12. So iſt GOtt ein HERR der auch von dem Tode erretten kan / und wird uns wieder lebendig machen. Denn alle Toden werden leben / und mit den Leichnam aufferſtehen. Wo blieben die Spruͤche Altes und N. T. von dem heil. Geiſte auffgezeichnet / die uns einer Aufferſtehung und ewigen Lebens verſichern. Selig iſt der und hei - lig der Theil hat an der erſten Aufferſtehung / uͤber ſolche hat der andere Tod keine Macht / Offenb. 20 / 6. Unſere Nahmen ſollen im Buch des Lebens ein - geſchrieben ſtehen. Es bleibt bey dem Ausſpruche unſers Heylandes: Jch lebe und ihr ſollt auch leben / Joh. 14 / 29. Wer an mich glaͤubet / der wird leben / ob ergleichLeichen-Predigt. gleich ſtuͤrbe / und wer da lebt und glaͤubt an mich / der wird nimmermehr ſterben / Cap. 11 / 25.

Und was iſt dieſes unſer irrdiſches Leben anders als ein Tod / wie es der weiſe Redner Ciceroſo wohl in den Tußculaniſchen Fragen / alß in Scipions Traume nennet / da wir immer in Furchten ſtehen / itzo werden wir von den Tode / wie dort Damoclesvon dem uͤber ihn an einem Haare hangenden Schwerde / - berfallen / itzo wird das Lichtlein unſers Lebens von einem rauhen Winde außge - blaſen werden. Und das iſts / was der weiſe Senecavor alters geurtheilet. Wir ſterben taͤglich / taͤglich wird unſern Leben was abgekuͤrtzt. Und ob wir auch gleich am Leibe und Alter zunehmen / nimbt doch unſer Leben ab. Jn welchen Fall auch / was ins gemein der Tod heiſſet / vielmehr ein Ende des Todes zu neñen iſt: Weil ſo dann der Menſch zuſterben auffhoͤrt. Hergegen werden wir als denn erſt recht lebendig gemacht / nachdem wir das ſterben beſchloſſen: Leben unveraͤndert / be - ſtaͤndig / geſund wohl und ewig. Drumb rufft Davidund mit ihm eine glaͤubige Seele aus: Jch werde nicht ſterben / ſondern leben / und des HErrn Werck ver - kuͤndigen / der HERR zuͤchtiget mich wohl / aber er gibt mich dem Tode nicht / Pſ. 118 / 17. 18.

Darnach erqvicket GOTT durch ſeine Großmachung. Du macheſt mich ſehr gros. So pfleget er durch das Creutz gros zu machen / und zu ehren zu brin - gen / Pſ. 91. Nimmermehr waͤre Davidein ſo groſſer Herr worden / wenn ihn nicht GOtt durch das Creutz ſo hoch erhoben / ſo gros gemacht hette / wie er ſelber bezeuget / Pſ. 18 / 35. Muſte Joſephnicht Angſt und Elend ausſtehen? Angſt in Stock und Eyſen / Pſ. 105 / 18. GOtt aber machte ihn gros / zu einen Pflege-Va - ter uͤber gantz Egyptenland. Wie er ſich deſſen ruͤbmet gegen ſeine Bruͤder: GOtt hat mich hieher geſand / und hat mich Pharao zum Vater geſetzt und zum Herrn uͤber alle ſein Hauß / und zum Fuͤrſten uͤber Egyptenland/ Gen. 45 / 8. Durch die Loͤwen Grube wurde Daniel gros im Koͤnigreich Dary und Cores der Perſen / Dan. 6 / 28. Die drey Maͤnner wurden durch den Feuerofen zu groſſen anſehnlichen Maͤnnern gemachet. So wird mancher / den Noth und Elend druͤcket / veranlaſſet in die Hoͤhe zu ſtreben / nach Ruhm und Ehren zu trachten und es einem andern an Gemuͤths und andern Gaben weit vor zu thun / da er ſonſt wohl / wenn es ihm wohl gangen / waͤre auff den Hefen ſi - tzen blieben. Diß ruͤhret von GOtt / der uns alſo gros machet hier auff Erden. Recht gros aber in Himmel / da er uns machen wird zu Koͤmgen und Fuͤrſten / Apoc. 1 / 5. Da wir wie der Sonnen Glantz und wie die Sternen leuchten ſollen / immer und ewiglich / Dan. 12 / 3. Denn der Leib / der in Schmach / Schande und Unehre geſeet wird / wird aufferſtehen in Ehre und Herrligkeit / 1. Cor. 15 / 43. D 2WerChriſtlicheWer in der Welt geaͤngſtet und elend iſt / mit Ungluͤck / Kranckheit und allerley Ungemach ge druͤcket / dem mangelts gewiß nicht an Spott und Schimpff dar - neben. Die Welt-Kinder ſingen und ſpringen auff ihn herumb. Was hilfft dich denn deine Froͤmmigkeit / ô ſegne GOtt ins Angeſicht und ſtirb / Job. 2 / 9. Es iſt umbſonſt / daß du GOtt dienſt / und was nuͤtzet es / daß du ſeine Geboth hal - teſt / und hart Leben fuͤr den HErrn Zebaothfuͤhreſt? Wir preiſen die Veraͤch - ter / denn die Gottloſen nehmen zu / ſie verſuchen GOTT / und gehet ihnen alles wohl hinaus / Mal. 3 / 14. Und das mag ſehr ſchmertzen. Faͤhrt irgend dem Pauloeine Otter unverſehens an die Hand / muß er von ſich urtheilen laſſen / er ſey ein Moͤrder / und die Rache wolle ihn nicht leben laſſen / ob er ſchon dem Meer ent - gangen / Act. 28 / 4. Wenn Davidin dem Exilio herumb wandert / wirfft ihn Simeieinen heilloſen Mañ nach den andern in die Haut hinein. Weñ Hiob um̃ ſein Hab und Gut / umb Kinder / Rinder und Geſundheit koͤm̃t / reiben ſich auch die jenigen an ihn / derer Vaͤter er nicht werth gehalten unter ſeine Schaaf-Hun - de zu zehlen. Das alles laͤſt GOtt geſchehen / daß er uns gros mache / daß alle Welt das Splitter richten aͤndern und in einen guten Nachruhm verwandeln muß. Auff was Art die aͤngſtiger der Frommen / endlich die Großmachung GOttes an den Gerechten ſehen / dafuͤr erſchrecken / mit Reue und fuͤr Angſt des Geiſtes ſeufftzen muͤſſen: Das iſt der / welchen wir etwa fuͤr einen Spott hat - ten / und fuͤr ein hoͤniſch Beyſpiel. Wir Narren hielten ſein Leben fuͤr unſinnig / und ſein Ende fuͤr eine Schande: Wie iſt er nun gezehlet unter die Kinder GOttes / und ſein Erbe iſt unter den Heiligen / Sap. V, 2. ſqq.

Endlich erqvicket GOTT / durch ſeine Troſtreichung. Und troͤſteſt mich wieder. Er troͤſtet uns / nach dem er uns betruͤbet hat. Da uns zu vor nach Troſt ſehr bange war / da wir haͤtten vergehen moͤgen / in unſern Elende / ſo erqvicken ſei - ne Troͤſtungen unſere Seele. Er troͤſtet uns durch ſein Wort / das iſt die Troſt - Qvelle unſere Seele zu laben. Das erqvicket uns wieder die Furcht / vor den Zorn GOttes / wieder die Laſt der Suͤnden / die uns druͤcket / Rom. 5 / 20. Wieder das Aergernuͤß / daß es den Frommen ſo uͤbel gehet / Mal. 3 / 16, Wieder den Zweiffel / an GOttes Gnade und unſerer Seligkeit / Rom. 8 / 38. Es erqvicket uns wieder den Grimm des Todes und der Hoͤllen / Oſ 13 / 14. Es erqvicket uns / wenn es lehrt / daß all unſer Creutz und Leiden von GOtt herkomme / und ohne deſſen Willen nicht ein Haar von unſern Haͤupte falle / Mat. 10 / 30. Daß es GOtt mit uns gut meyne / und uns zuͤchtige / daß wir nicht mit der Welt verdammet wer - den / 1. Cor. 11 / 32. Es erqvicket uns / wenn es uns GOttes Beyſtand / in der Noth weiſet / Eſ. 41 / 10. Wenn es zeiget / daß dieſer Zeit Leiden nicht werth ſey / der Herrligkeit / die an uns ſoll offenbahret werden / Rom. 8 / 18. Daß unſere Truͤb -ſal /Leichen-Predigt. ſal / die da zeitlich und leicht iſt / ſchaffet eine ewige / und uͤber alle Maſſen wichtige Herrligkeit / uns / die wir nicht ſehen auff das Sichtbare / ſondern auff das Un - ſichtbare. Denn was ſichtbar iſt / das iſt zeitlich / was aber unſichtbar iſt / das iſt ewig / 2. Cor. 4 / 17. 18.

So reichlich troͤſtet GOtt / die gaͤntzlich ſind vergeſſen.

GOttes Stecken und Stab troͤſtet uns / Pſ. 23 / 4. Aller Troſt der auſſer GOttes Wort geſucht und gegeben wird / iſt nichtig und vergeblich / und kan nicht recht erqvicken. Wie einen Durſtigen traͤumet / daß er trircke / wenn er aber auffwachet / ſo iſt er noch matt und durſtig / Eſ. 29 / 8. 5. So gehets denen / die Troſt und Erqvickung / bey den Menſchen ſuchen. Durch dieſen wird wohl weltliche Sorge unterweilen gehoben / aber wenn die Angſt an die Seele gehet / oder ſonſt uͤberhand nimmet / ſiehet man / was es vor leidige Troͤſter in der Welt giebet. Solon einer von den ſieben Weiſen aus Griechenlandſuchte allen ſeinen Witz zuſammen / und verſuchte ſeinen Freund zu troͤſten / wie er es angefangen / erzehlet Val Max.lib. 7, c. 3. Jſt auch mehrmahl erinnert worden. Und dieſer Troſt wurde dazumahl vor einen Ausbund und Meiſterſtuͤck gehalten / ob aber der be - truͤbte und geaͤngſtete Menſch rechtſchaffen dadurch erqvicket worden / iſt billig zu zweiffeln. Man ſagt zwar Solamen miſeris ſocios habuiſſe malorum, es iſt ein Troſt / wenn man ſiehet / daß andere gleiches Ungluͤck an den Halſe haben. Aber wir wollen wohl ſagen. Solamen miſerum ſocios etc. Es ſey gar ein elender Troſt / eine ſchlechte Erqvickung / viel Cameraden gleiches Elendes haben. Sonſt koͤnten auch wohl GOttes Feinde / in den troſtloſen Abgrunde der ewigen Qvaal erqvicket werden / die freylich viel Hoͤllenbraͤnde / die gleiche Qvaal mit lei - den / umb ſich ſehen und haben werden. Wer ſein Hertz recht erqvicken will / der muß den Troſt ſaugen aus den Bruͤſten des Bruͤnnleins Jſraels. Da will uns GOtt troͤſten / wie einen ſeine Mutter troͤſtet / Eſ. 66 / 13. Der allervollkommenſte Troſt / die allerſuͤſſeſte Erqvickung / iſt uns vorbehalten in dem Schooß Abrahæ / Luc. 16 / 26. Die unausdencklich und unausſprechlich / maſſen kein Auge geſehen / kein Ohr gehoͤret hat / und in keines Menſchen Hertz kommen iſt / was GOtt vor Labſal und Troſt fuͤr die ausgeſtandene Angſt bereitet hat denen / die ihn lieben / 1. Cor. 2 / 9.

Solten wir voritzo den wohlſel. Herrn Inſpectorem fragen / wie reichlich er der Seelen nach erqvicket werde / wuͤrde er uns ſonder Zweiffel antworten: Non credidiſlem, niſi ipſe vidiſſem. Wie denn alſo Hieronvmusnach ſeinen Tode dem Auguſtinoſoll geantwortet haben. Dieſer hatte an jenen geſchrie - ben / er moͤchte ihm doch ſeine beſten Gedancken von dem Zuſtande des ewigen Le - bens offenbahren und wiſſend machen ehe aber der Brieff zu rechte uͤberbracht /iſtChriſtlicheiſt Hieronymusgeſtorben und hat alſo in der That erfahren / was jener zu wiſſen verlangte / iſt aber kurtz hirauff ihm in Geſichte erſchienen und zu ihm geſagt / es ſey leichter den Sand am Meer / die Sternen an Himmel / die Tropffen in Regen zu zehlen / als daß er das ewige Leben und deſſen Herrligkeit beſchreiben koͤnte. Er haͤtte es nicht geglaͤubet / wenn er es nicht ſelber geſehen. Hier wurde der liebe Mann gedruͤcket / weil er GOtt lieb war / muſte es ſo ſeyn / ohne Anfech - tung kunte er hier nicht bleiben / auff daß er bewaͤhret wuͤrde / Tob. 12 / 13. Doch faſſete er als ein geduldiger Creutztraͤger ſeine Seele mit Gedult / und wuſte mit ſanfften ruhigen Geiſt dem gnaͤdigen Willen GOttes ſich zu ergeben / und unter der Creutzes Laſt / die ihn druͤckte / ſeinem Heylande biß in den Tod treu zu verbleiben / daher es ihm auch an ſeiner Erqvickung durch Lebendig - machung / Großmachung und Troſtreichung / niemals GOTT hat fehlen laſſen. Nun iſt er gar heraus geriſſen aus der Angſt / wer will ſeines Lebens Laͤnge ausreden:Hier iſt er in Angſt geweſen / dort aber wird er geneſen / Jn ewiger Freude und Wonne / wird leuchten wie die helle Sonne.

Er iſt kommen aus groſſen Truͤbſal / und hat ſein Kleid gewaſchen und helle gemacht in dem Blute des Lammes. Darumb iſt er fuͤr den Stul GOttes / und dienet ihm Tag und Nacht in ſeinen Tempel / Apoc. 7 / 14. Alſo muͤſſen de - nen / die GOtt lieben und ihm dienen alle Dinge zum beſten dienen / Rom. 8 / 28.

Und hieran gedencken nun die ſaͤmbtlichen Hochbetruͤbten / und wir alle mit ihnen / die wir in CHriſto JEſu Gottſelig leben wollen. Hier muß es gedruͤckt ſeyn. Wir muͤſſen erfahren viel und groſſe Angſt. Aber dieſes nicht ewiglich. GOtt will uns unter der Angſt-Buͤrde wieder herfuͤr holen / und mit ſeinen Gnaden-Strahlen anblicken. Durch das Leid zur Freud. Durch Truͤbſal zum Labſal. Auff das druͤcken / erqvicken. Erqvicken will uns GOtt zeitlich / erqvicken allermeiſt ewig / da die Tage alles Leidens ſollen ein Ende haben Da ewige Freu - de wird uͤber unſern Haͤupte ſeyn / Freude und Wonne uns wird ergreiffen und Schmertzen und Seufſtzen weg muͤſſen / Eſ. 35 / 10.

GOttes Kinder ſaͤen zwar /
Traurig und mit Thraͤnen /
Aber endlich bringt das Jahr /
Wornach ſie ſich ſehen /
Denn es koͤmt die Ernde-Zeit /
Da ſie Garben machen /
Da wird all ihr Gram und Leid
Lauter Freud und Lachen.
Ey ſo faſſe / Chriſten-Hertz
Deine Angſt uñ Schmertzen.
Wirff ſie froͤlich hinterwerts /
Laß des Troſtes Kertzen
Dich entzuͤnden mehr und mehr /
Gib dem groſſen Nahmen
Deines GOttes Preiß und Ehr:
Er wird helffen / Amen!
Lebens -

Lebens-Lauff.

WAs ſonſten des wohlſeligen in GOtt ruhenden Herrn Inſpectoris ehrliche Geburt / Chriſtlich gefuͤhrtes Leben / wohlverrichtetes Ampt / aus - geſtandene Kranckheit auch ſanfften Tod und unver - merckten Abſchied von dieſer Welt / anbelanget: Jſt folgendes noch beyzutragen / wie es ſeine eigene Hand auffgezeichnet und uns hinterlaſſen hat.

Es iſt der Wohl-Ehrwuͤrdige / Groß-Achtbare und Wohlgelahrte Herr M. Chriſtophorus Benedictus Gericcius, Wohlverdienter Pfar - rer und Inſpector allhier zu Waldheimgeboren in LeisnigkAnno 1609. den 7. Februarii Abends zwiſchen 4. und 5. Uhr. Sein ſeliger Herr Va - ter iſt geweſen / der Wohl-Ehrwürdige / Vorachtbare und Wohlgelahrte Herr Lucas Gericcius, damals Diaconus zu Leisnigkvon Anno 1606. biß 1611. als denn er auff Geithen / zum Pfarr Ampt kommen / welches Ampt er treulich und mit nochwaͤhrenden guten Nach-Ruhm / und An - dencken verwaltet / biß Anno 1632. da er zum andernmal kranck aus der Kirchen den damahligen erſten Pfingſt-Tag kommen / ſich eingelegt / und Mitwochs drauf in HERRN ſelig verſchieden.

Die Frau Mutter iſt geweſen Frau Martha / geborne Carpzovin, Herrn Chriſtoph Carpzovii, zu Neu-Brandenburg/ (Welcher ein leib - licher Bruder geweſen des weiland Weitberuͤhmbten ICTI Herrn D. Be - nedicti Carpzovii, anfaͤnglich geweſenen Churfl. Saͤchß. Witwen / Can - tzlers zu Colditz/ hernach Churfl. Appellation-Raths / und Profeſſ. Publ. zu Wittenberg/ ꝛc. ) eheleibliche Tochter / welche als Witwe zu Geithenverſtorben / Anno 1633.

Dieſe ſeine liebe ſelige Eltern haben ihn alsbald des andern Tages hernach zur H. Tauffe bracht / in welcher er von Suͤnden abgewaſchen / GOtt vorgetragen / von ihm zu ſeinen Kinde angenommen / des ewigen Lebens verſichert / und mit dem Nahmen Chriſtophorus Benedictus(zum Gedaͤchtnũß und Ehren auch des ſel. Herrn Chriſtophori, unddannLebens-Lauff. dann des ſel. Herrn Cantzlers / D. Benedicti, beyder Carpzovienund leiblichen Bruͤder) iſt benand worden.

Bey angehenden ſeinen kindlichen jungen Jahren / haben ihm ſeine liebe Eltern fleißig zum Gebeth und Schule zu Geithen gehalten / biß in das zehende Jahr / hernach ihm Privat Præceptores zugeordnet worden / durch deren Fleiß er ſo weit in Lingvis & artibus liberalibus kommen / und dahin gebracht worden / daß er Anno 1627. in 19. Jahr ſeines Alters cum laude iſt auff die Univerſitaͤt Wittenberggezogen / daſelbſt ſein lie - ber Vater und vornehme Freunde / ihme zum Privat Inſpectorem, zu Befoͤrderung ſeiner Studien, geſetzt / weiland Herrn M. Johañem Sper - ling/ damals Medicinæ Studioſũ hernach Profeſſ. Publ. Phyſicæ daſelbſt / mit deſſen guten Rath er die lectiones publicas unterſchiedlicher Herren Profeſſorum gehoͤrt / auch in ſeinen Studiis in allen diſciplinis vornehme autores geleſen auch in den progreſſ ſo weit zu genommen / daß er de Coſ - mopæia zu erſt unter gedachten Herrn Sperlingsſel. Præſidio, hernach ſub Præſidio des ſel. Herrn M. Johann Schwalbens/ damahls Fac. Phi - loſoph. Adjuncti, de Formá & Privatione publicè reſpondiret, worauff auf Rath Vornehmer Profeſſorum und Præceptorum, er den Gradum Magiſterii Anno 1629. in Martio / ſeines Alters 20. Jahr angenom̃en / auch hernach diſputatione publicâ, ſub Præſidio M. Johannis Scharfii, damahls Logicæ & Metaphyſicæ Prof. Publ. ſich habilitiret, daß er Collegia Privata gehalten / und neunmahl privatim præſidiret.

Und weil der Scopus und Zweck ſeiner Studien die heilige Theo - logia war / hat er ſolche / nebenſt den Philoſophicis, nach moͤgligkeit flei - ſigſt getrieben / daher auch die lectiones und diſputationes der damahli - gen Theologorum, als anfaͤnglich Herrn D. Jacobi Martini, dann auch nachkom̃ender Herrn D. Pauli Röberi, Herrn D. Wilhelmi Lyſeri, Herrn D. Johann Hülſemanni, allen numehro ſeligen / fleißig gehoͤrt / auch unter ihnen unterſchiedlich diſputiret, und opponiret, unter andern auch publicè reſpondir et unter Herrn D. Jacobo Martini, de Bonis & ma - lis Angelis, welche diſputation iſt in ſeinen theorem. in Octav. die IX. di - ſput, Colleg. I. zu finden: Unter Herrn D. Paulo Röbero, de Veteri& NovoLebens-Lauff. & Novo Teſtamento, welche Diſputation ſeine Anweiſung hat in Repe - titionem Chemnitio-Menzerianam, und num. die xii. in ſelbigen Colle - gio iſt / und wiederumb unter Herrn D. Paulo Röbero, in der Schloß - Kirchen / de Eccleſiâ, welches in ſeinen damahligen Collegio die xii. Diſput. iſt.

Weil aber das verderbliche Kriegsweſen gleich einfiel / daß er we - nig Subſidia zu ſeinen fernern Studiis, von ſeinen lieben Eltern haben koͤn - nen / auch das Churfl. Stipendium, das er anfaͤnglich bekommen / nicht anreichen wollen / hat er Anno i631. Herbſts ſich auff Dreßdengemacht / und daſelbſt / als ein Electoralis Alumnus beym hochloͤbl. Ober Conſiſto - rio promotion geſucht / welches ihme darmit auffgehalten / bis Fruͤhlings 1632. und aus Manglung damahls anderer Gelegenheit endlich auff Hoͤckendorffihme zu vociren vorgeſchlagen / ob nun wohl er zu ſolcher Condition, ſeiner Studien und Gelegenheit wegen / ſchwer war / iedoch uf promiſſ und Vorſchlag / daß er als alumnus Electoralis dieſelbe nur uf zwey Jahr annehmen / und dann weiter befoͤrdert werden ſolte / hat ers endlich acceptiret, und die erſte Ampts-Predigt daſelbſt gethan den 12. Sontag nach Trinitatis Anno 1632. welcher Vertroͤſtung und Zuſage ein hochloͤbl. Ober Conſiſtorium iſt eingedenck geweſen / dahero als Anno 1634 die Pfarr Ruͤßeinabey Doͤbeln/ unter der Superintendur Meißenleer worden / hat das hochloͤbl. Ober Conſiſtorium ihm abweſend darzu denominiret, und gnaͤdigſten Churfl. Befehl darzu gegeben / daß wie er Anno 1632. ſeine erſte Ampts-Predigt den 12. Sontag nach Tri - nitatis zu Hoͤckendorff(unter der Superintendur Dreßden) gethan / ſo hat er ſeine Prob-Predigt eodem, nehmlich den 12. Sontag poſt Trini - tatis, wieder zu Ruͤßeinagethan / und daraus GOttes ſonderliche Schi - ckung wegen verſprochener zwey Jahr zu ferner Befoͤrderung erkennet / und froͤlich angezogen den 29. Octobris des gemelten Jahres 1634.

Dieweil aber weitere Foͤrderung ihm verſprochen war / und ſich be - geben / daß Anno 1643. ſein Vorfahrer Herr M. Ægidius Wildius/ zum Paſtor und Superintendenten Dienſt nach Plauen/ in Voigtlandevo - ciret, iſt unter 23. Competitorum er vor andern zu dieſer hieſigen PfarrEundLebens-Lauff. und Inſpection benent / auch mit Churfl. Befehl anhero geſchickt / zu ab - legung der Prob-Predigt / die er gethan den 19. Sontag nach Trinitatis / darauf er die Vocation, auch nach abgelegter Predigt in der Churfl. Hof - Capell zu Dreßden/ und darauff ausgeſtandenen Colloqvio Theolo - gico im hochloͤbl. Ober Conſiſtorio die gnaͤdigſte Confirmation unter Churfl. eigener Hand den 1. November bekommen. Darauff den 20. November anhero nacher Waldheimangezogen / und den 26. Sontag poſt Trinit. Anno 1643. ſeine erſte Ampts-Predigt gethan.

Wie aber an den erſten zwey Orten zu ſeiner Dienſt-Beſtallung / GOtt ihme ſeine Gnade geben / daß er allezeit ſeinen Segen / und auch willfertiges geneigtes Gemuͤthe der Eingepfarten zuſpuͤren gehabt / un - geachtet bißweilen reudige Haͤmmel mit unter der Heerde geweſen / alſo hat er auch allhier in vielen es anfaͤnglich geſpüret / ſo er aber alles GOtt dem Gerechten Richter / der alle Dinge trefflich hinaus fuͤhret / uͤbergeben.

Bey ſolchen ſeinen unterſchiedenen dreyen Vocationibus und ver - hoffentlich moͤglichen treuen Ambts-Verrichtungen / iſt nicht zu uͤberge - hen ſein Eheſtand / in welchen durch GOttes Schickung auff vorherge - hendes fleißiges Gebeth / und ſeiner damahls noch lebenden Fr. Mutter und Freunde Rath er ſich begeben / Anno 1633. in 24. Jahre ſeines Alters / und zwar mit der Viel-Erbarn / und Viel-Ehren-Tugendſamen da - mals Jungfrau Barbara/ des weiland Wohl-Ehrenveſten / Vor-Acht - barn und Wohlgelahrten Herrn M. David Zeidlers/ geweſenen Stad - ſchreibers / und Vornehmen Practici Juris zu Doͤbeln/ nachgelaſſene Tochter / mit welcher er den 17. Junii ſelbiges 1633. Jahres Montags nach Trinitatis in DoͤbelnHochzeit gehalten / und in waͤhrenden Ehe - ſtande mit ihr gezeüget drey Toͤchter / als die erſte Nahmens Mariam/ zu Hoͤckendorff/ den 10. Auguſti 1634. die er Anno 1652. den 20. Septemb. verehliget / mit weiland Herrn Auguſto Zimmermann/ geweſenen wohl - verordneten Stadt-Richtern und Vornehmen Handelsmann in Doͤ - beln/ welcher aber in GOtt wieder verſtorben / Anno 1668. den 19. Au - guſti / und hinterlaſſen fünff Kinder am Leben / und mit den ſechſten iſt die Frau Witwe Schwanger gangen und folgends eine Tochter NahmensJohannaLebens-Lauff. Johanna Barbaraden 11. October ſelbigen Jahres friſch und geſund zur Welt bracht / fünff Kinder aber deſſelben ſind verſtorben / und ihren Vater in der Seligkeit vorgangen.

Die ander Tochter iſt geweſen Martha / geboren zu RuͤßeinaAnno 1636. den 23. September / welche er Anno 1655. den 3. September ver - ehliget mit Herrn M. Jmmanuel Gerbern/ damahls Pfarrn zu Colmbey Colditz/ itzo Fruͤh-Predigern zu S. Petriin Freyberg/ die aber wieder verſtorben Anno 1662. den 10. Junii nach Mittage 2. Uhr / ihres Alters 25. Jahr 37. Wochen 18. Stunden / als ſie mit ihren Ehemann in Ehe - ſtand gelebet 6. Jahr 48. Wochen / und gezeüget drey Soͤhne / darvon der Juͤngſte verſtorben die andern zwey ſeind noch am Leben / ſo lang als GOtt will. Endlich die dritte Tochter iſt geweſen Magdalena / gebo - ren zu Rüßeinden 15. December Anno 1638. welche er verehlichet Anno 1663. den 3. Nov. mit Sal. T. Herrn M. Chriſtian Hillſchern/ von LeipzigS. S. Theolog. Baccal. hieſiger Pfarr und Inſpection Subſtituto und Succeſſori, die aber im HErrn wieder ſelig verſtorben den 13. November Anno 1672. und nach ſich verlaſſen vier Soͤhne / die noch am Leben / ſo lange GOtt will / der zu aller ihrer Erziehung ſeine Gnade und Segen gebe. Und alſo hat ihm GOTT geben in ſeinem Eheſtande drey Toͤchter / und von denſelben erleben laſſen achtzehen Kindes-Kinder / davon noch zwoͤlffe am Leben / ſo lange als GOtt will / und denen allen GOTT den Groß vaͤterlichen Seegen reichlich gebe / durch CHriſtum Anien.

Sein Chriſtenthumb belanget / iſt maͤnniglich deſſen Leben und Wandel bekand / daß verhoffentlich ihme niemand was boͤſes wird koͤnnen nachreden / ſondern ſagen muͤſſen / daß er in Andaͤchtigen Gebeth zu den lie - ben GOtt / fleißigen Studiren / gebuͤhrenden Ampts-Verrichtungen / wie auch in fleißigen Gebrauch des heiligen Abendmahls / in unterthaͤnig - ſten Gehorſam gegen Churfl. Durchl. ſchuldigen reſpect, Ehrerbie - thung und gehorſamliche Reverentz gegen ſeine Herren Superiores, und moͤglichſter Friedfertigkeit gegen ſeine Herren Collegen, und Mit-Bruͤ - der / auch andere / in treuͤer Auffrichtigkeit / ja mit Hindanſetzung ſeiner Geſundheit / der ihme anvertrauten Gemeinen und Kirchen vorzuſtehen /in Gott -Lebens-Lauff. in Gottfuͤrchtiger Erziehung ſeiner Kinder / in guter Regierung ſeines gantzen Hauſes / in moͤglicher gutthaͤtigkeit gegen die armen / ſich finden laſſen.

Sein Creutz belanget / ſo hat er daſſelbige ſeinem HErrn CHriſto von Jugend auff nachgetragen / deñ nicht zu ſagen / wie er alſobalden nach ſeiner Geburt / und nach und nach niemahls ſeiner lieben Mutter genie - ſen koͤnnen / ſondern anderweit durch mittel muͤſſen genehret und gezogen werden / aus Urſachen / daß ſeine liebe Mutter von einer Zauber-Hexe verderbet worden / welche auch wegen mehrer Zauberey mit ihrer Toch - ter zu Leisnickendlich iſt verbrand worden: Nicht zu ſagen / wie er auff der Univerſität viel Febres und andere Kranckheiten ausſtehen / und dem damahls Vornehmen Medicum Herrn Sennertum, offt brauchen muͤſ - ſen / nicht zu ſagen / was in vorigen Krieges tumult und Weſen / er an Schrecken / vielen Plünderungen / Einqvartierungen / beſchimpfungen / und mehrern müſſen ausſtehen / ſo iſt nur zu ſagen von der vielen Beſchwe - rungen des mali Hypochondriaci, Scorbuti, Calculi, und anderer Sym - ptomatum, wie bewuſt / deßwegen er viel außgeſtanden / und ſtets Hauptwehe gehabt / und die Zeit ſeines hier ſeyn medicè, das iſt miſerè, und elendiglich leben / bis er endlich gar erfahren muͤſſen / daß Anno 1661. den 2. Advent Sontag in der frühen Ampts-Predigt / der liebe GOtt ihm auff der Cantzel / mitten unter der Predigt mit einem Catarrho Apo - plectico, und Schlag-Fluß an der rechten Seiten / und an Haupte an - gegriffen / daß er als dann nicht weiter Predigen koͤnnen / und ſeine letzte Wort damahls geweſen / da er ſein Haupt in die lincke Hand gelegt / und geſagt; Jhr lieben Leute ich kan nicht mehr / darauff man ihn von der Cantzel müſſen nach Hauße fuͤhren / und in ein Bette bringen / und ob zwar alſobald der Herr Medicus, von Freybergweiland Herr D. Johann Caſpar Horn/ damals Wohlbeſtalter Stadt Phyſicus und Senior, alſo - bald geholet worden / der coràm viel und koſtbare Medicamenta ange - wendet / durch GOttes Huͤlffe endlich es ſo weit gebracht / daß da er zuvor bey zunehmender Beſchwerung / bis in die fuͤnffte Woche niemand ge - kent / weder Eſſen noch Trincken / weder Gehen und Schreiben / weder einMeſſerLebens-Lauff. Meſſer oder anders mit der rechten Hand halten koͤnnen / hernach wieder zu ſich kommen / die Leute kennen / etwas wieder gehen / mit der rechten Hand das Meſſer halten / und etwas ſchreiben koͤnnen / welches alles ſich nach und nach beſſer funden / doch ſind voͤllige Kraͤffte nicht zu erlangen geweſen / ſondern blieben ſtetiges Hauptwehe und deſſen Schwachheit / auch dergleichen Schwachheit der Sprachen / Gehens / und anderer Glieder / auch andere Symptomata mehr darzu geſchlagen / daher er nicht wieder Predigen koͤñen / ſondern ſein Ampt anderthalb Jahr / durch andere / ſonderlich die Herren Vicinos dieſer Inſpection zugethan / und andern muͤſſen beſtellen laſſen / bis / weil keine gaͤntzliche Beſſerung zu hof - fen / itzige Churfl. Durchl. uf ſein geſchehenes unterthaͤnigſtes Anſuchen / und darbey Anfuͤhrung ſeines notoriſchen elenden Zuſtandes / und Un - vermoͤgens ihm einen Subſtitutum und Succeſſorem Anno 1663. Gn. verordnet / namentlich Herrn M. Chriſtian Hillſchern/ von LeipzigS. S. Theolog. Baccal. welches ſein Subſtituten Ampt er bißher in Publicis treulich und fleißig verrichtet / was aber in Privatis Amptswegen zu thun geweſen / hat er der ſel. Verſtorbene nach Vermoͤgen meiſt ſelbſt / biß dato verrichtet.

Bey dieſen ſeinen notoriſchen Zuſtande / darbey er nicht außgehen koͤnnen / ohne daß in warmen Tagen Sommers er zuweilen zur Kirche kommen / hat er einſam gelebt / auch gerne gelitten und erdultet / was ihm GOtt auffgelegt / ſeine Andacht mit leſung der Bibel / und anderer Buͤ - cher / Sontags / auch Gebrauch des H. Abendmahls / zu gebuͤhrender Zeit zu Hauſe / oder in der Sacriſtey Som̃ers / gehalten und angewendet.

Endlich aber als Jhme ſeine letzte und juͤngſte Tochter Herrn M. Hillſchers/ Eheweib Anno 1672. geſtorben / und vier unerzogene Kinder hinterlaſſen / iſt umb dieſes groſſen Leides willen / ihm ſeine offterwehnte notoriſche Beſchwerung von Tag zu Tag faſt ſchwerer worden / biß zu letzt nach und nach dieſe Hauß - und Leibes Beſchwerung groͤſſer worden / alſo gar / das dieſer eingeſeſſene Schlag-Fluß ihme bißher ſehr nach den Hertzen gegraſet / und weil der ſel. Herr Inſpector durch ſothanes vehe - mentes Stürmen wohl gemercket / daß dieſer ſein von Kranckheit / vielenSorgenLebens-Lauff. Sorgen und Betruͤbniß / zermallmeter Leib / nicht in die Laͤnge tauren / ſondern ehe man ſichs verſehen / vollends uͤber den Hauffen fallen wuͤrde / hat er / was zu Beſchickung ſeines Hauſes von noͤthen / nichts verabſauͤmet / ſondern alles dergeſtalt vaͤterlich und ordentlich diſponiret, daß er auch dieſen ſeinen itzt erzehlten Lebens-Wandel / wie er von Wort zu Wort verleſen worden / kurtz vor ſeinen ſel. Tode it. die gantze Anſtellung und Beerdigung dieſes ſeines entſelten Coͤrpers ſo ſorgfaͤltig und fleißig an - noch zwey Tage vor ſeinen ſel. Tode / in ſeinen kleinen Muſæo bey allen guten Chriſtlichen Gedancken / doch nicht ohne Betrübniß / ufgeſetzet / zu - geſchweigen / aus was vor Chriſtlichen Ernſt / er von dieſer ſeiner baldigen wegreiße / mit ſeiner lieben Hauß Mutter / als hoͤchſt betruͤbten Frau Witwen ſich unter redet / daraus Chriſtl. abzunehmen / daß ihme die faſt / und biß ufdas letzte Sand-Korn / zu ende gelauffene Lebens Uhr / von ſei - nen himliſchen Vater gleichſam offenbahret worden / wie er dann Mit - wochs den 10. November war der Tag B. Lutheri, bey gehaltenen Mit - tags Mahl / als er ſich von ſeiner geliebten Hauß Mutter noch einſten den Tiſch Krug reichen laſſen / geſprochen / ich werde nun nicht mehr Trincken / und gleichſam dieſer irrdiſchen Wirthſchafft ſich loß geſaget / und iſt von keiner ferneren Kranckheit zu melden / als daß er ſich kurtz hier - auffer vom Tiſche in ſein Schubettlein in der Stuben geſetzet / ohne ſon - dere Anmerckung und Gebaͤrden / ſein Haupt und Arm zur Erden ge - neiget und den Leibe nach / Chriſtlich / ſanfft / und ſelig / verſchieden / der Seelen nach aber / ſich in die unvergaͤngliche Himmels-Stadt / das theure Erbe / ſeines Erloͤſers JEſu