PRIMS Full-text transcription (HTML)
HOMO SPIRITUALITER Phthisicus.
Geiſtlich-Schwindſuͤchtiger und von Hertzen bekuͤmmerter und betruͤbter Menſch / Auß dem XXV. Pſalm. . 17. 18. Die Angſt meines Hertzens iſt groß / etc. Bey Chriſtlicher Leich-Beſtattung Der Erbarn / Wol - und Viel-Ehr - und Tugendtrei - chen Frawen ROSINÆ gebohrnen Goltzin /Des Ehrenveſten und Wolbenambten Herrn Sigißmund Liebiſches/ fuͤrneh - men Buͤrgers unnd Handelßmannes in Liſſa
Biß ins XXXIXigſte Jahr Hertzgeliebten Hauß - und Ehe-Frawen / Welche im Jahr nach Chriſti Geburt M DC L. den XII. Martij zwiſchen 2. und 3. Uhr nach Mittage in JESU CHRiſtoIhrem Erloͤſer ſeeliglich verſchieden / und den XXIII. ejuſd. darauff in den Schoß der Erden beygeſetzet worden.
Gedruckt zur Poln: Liſſa/ beyWigand Funcken.

Der Erbaru / Wol - und Viel-Ehr - und Tugendreichen Frawen ROSINÆ gebornen Goltzin/ Numehr Seeligen / nachgelaſſenen I. Ehe-Herrn und Wittiber Dem Ehrenveſten unnd Wolbenambten Herrn SIGISMUND. Liebiſchen. II. Frawen Toͤchtern Denen Erbarn / Viel - und Wol-Ehr - und Tugendreichen

  • Frawen Eliſabeth Schroͤerin/
  • Frawen Sabinæ Scholtzin/
  • Frawen Roſinæ Thlanin/

gebohrnen Liebiſchin / III. Herren Eydam-Soͤhnen Dem Ehrwuͤrdigen / Achtbarn und Wolgelahrten Herrn MARTINO Scholtzen/ trewen Pfarrern und Seelſorgern der Chriſtlichen Gemeinde zu Oyßim Lignitzſchen Fuͤrſtenthumb. Denen Ehrnveſten und Wolbenambten / Erbarn und Wolgeachten Herrn JOHANN. Thlanen/ Buͤrgern und Handelß - mannen in Poſen. Herrn Abraham Urban/ Buͤrgern und Handelßmannen in Liſſa. Herrn CHRISTOPH. Schroͤern/ Buͤrgern und Tuch - machern in Liſſa. Seinen theils vielgeliebten Herrn Gevattern / und Frawen Ge - vatterin / allerſeits aber Ehrenguͤnſtigen Herrn und Fra - wen / viel werthen Freunden und Freundin / uͤbergiebt gegen - wertige Leich-Predigt / mit Wuͤntſchung reicher Gnaden GOttes

M. JOHANN HOLFELDIUS.

Chriſtliche Leich-Predigt.

JESUS.

Das walt GOTT / unnd der Vater unſers HErren JEſu CHRiſti/ der Vater der2. Corinth. 1. v. 3. 4. Barmhertzigkeit / und GOtt alles Tro - ſtes / der uns troͤſtet in alle unſerm Truͤb - ſaal; Er troͤſte auch dieſe Stunde / und ferner allezeit / was Er unter uns betruͤ - bet hat: Er fuͤhre uns auß aller Angſt und Noth / und ſehe an unſer aller Jammer und Elend / und vergebe uns alle unſere Suͤnde / Umb JEſu CHRiſti/ Seines lieben Sohns / unſers einigen Erloͤſers uñ Heylandes willen / AMEN.

ANDaͤchtige / etc.ϖ〈…〉〈…〉 οίμ. Vom Spruch Eſa. 57. v. 15. Was der Hohe und Er - habene / der ewiglich wohnet / Des Nahmen Heilig iſt / im LVII. Ca - pitel Eſaiæſaget / Daß Er nicht nur in der Hoͤ - he und im Heiligthumb wohne / ſondern auchA ijbeyChriſtliche Leich-Predigt.bey denen / ſo zuſchlagenes und demuͤttiges Gei - ſtes ſind / auff daß Er erquicke den Geiſt der Ge - demuͤtigten / unnd das Hertze der Zuſchlagenen. Das haben je und allezeit die Glaͤubigen GOttes / bey - des im Alten und Newen Teſtament / nicht nur fuͤr gewiß und waar gehalten / und feſtiglich geglaͤubet / ſondern auch in der That und im Werck waar befunden.

GOtt der HErr iſt es / der zuweilen uns ſchlaͤ - get / zuͤchtiget / und harte ſtraffet. Er ſchlaͤget uns mitJer. 23. v. 23. dem Hammer ſeines Worts / ſo wie ein Fewer iſt / Und wie ein Hammer der Felſen zuſchmeiſt. SeinPſal. 88. v. 17. Grim gehet zuweilen uͤber uns / unnd ſeine Schrecken druͤcken uns / daß wir ſchier verzagen moͤchten.

Er machet unſer Gewiſſen wach und rege / unndEſa. 38. v. 13. zubricht gleich alle unſer Gebein / wie ein Loͤwe / durch ſchwere Verſuchungen und Anfechtungen / oderPſal. 38. v. 18. durch viel unnd langwirige Kranckheiten / da unſer Schmertz immer fuͤr uns iſt: Aber Er iſt es doch auch / deſſen Troͤſtungen bey ſolchen vielen Bekuͤmmer -Pſal. 94. v. 19. nuͤſſen unſers Hertzens unſere Seele wider ergetzen / und beweiſet ſich in der That / daß Er der HErr ſey / der na -Pſal. 34. v. 19. he iſt bey denen / die zubrochenes Hertzens ſind / und hilfft denen / die zuſchlagen Gemuͤth haben. Wann wir ſchreyen / ſo hoͤret Er / unnd hilfft uns auß aller unſer Noth.

Ein ſolch gedemuͤtigter Geiſt / unnd zuſchlagenes Hertz war bey dem lieben David/ darumb ſagte Er:HErr /Chriſtliche Leich-Predigt.HERR / du haſt nicht luſt zum Opffer / Ich wol - te dir es ſonſt wol geben / und Brandopffer gefal - len dir nicht / die Opffer / die GOtt gefallen / ſind ein geaͤngſter Geiſt / ein geaͤngſtes und zuſchlagen Hertz wirſt du GOtt nicht verachten / im LI. Pſal. Pſ. 51. v. 18. 19.

Er war eines ſo zuſchlagenen und demuͤtigen Gei - ſtes / als Er bey ſeiner harten Verfolgung groſſe Noth und viele Hertzens-Angſt empfunde / unnd daruͤber gar ſehnlich ſchrye: Die Angſt meines Hertzens iſt groß.

Aber GOtt Lob / Er ward erquicket / und mit GOttes Huͤlffe wider getroͤſtet. Denn der HERR ſahe an ſeinen Jammer und Elend / und vergab Ihm alle ſeine Suͤnde.

Ein ſolch zuſchlagen Hertz / unnd gedemuͤtigtenApplication auff die See - lig entſchlaſ - fene. Geiſt hat auch Ihres theils die numehr Seelige Erbare und Wol Ehr - und Tugendreiche Fraw Rosina, Herrn SigißmundLiebiſches biß ins neun und dreyßigſte Jahr trew - und Hertzgeliebte geweſe - ne Ehegattin / GOtt dem HErrn jederzeit auffgeopf - fert / und diß bey Ihrem Chriſtenthumb und gefuͤhretem Wandel Ihr fuͤrnehmſtes ſeyn laſſen / Sich in JESV CHRISTOIhrem Heylande / GOtt Ihrem Vater mit zuſchlagenem unnd demuͤttigem Geiſt unnd Hertzen angenehm zu machen. Er hat Sie hinwiderPſal. 41. v. 4. erquicket / und kraͤfftiglich getroͤſtet auff Ihrem Siech - bette / und Ihr von aller Ihrer Kranckheit durch ein ſanfftes und ſeeliges Abſcheiden vollkoͤmlich geholffen /2. Timoth.4. v. 18. als dadurch Sie auß allen Ihren Noͤthen und von allemA iijUbelChriſtliche Leich-Predigt.Ubel erloͤſet / und in das Himliſche Reich iſt eingefuͤhret worden.

Wenn wir dann nun auch bey Ihrer Chriſtlichen Sepultur jtzo in dieſem GOttes-Hauſe beyſammen ſeyn / hiervon etwas zu reden und zuhoͤren / als wollen wir von dem Hohen und Erhabenen / der ewiglich wohnet / des Nahmen Heilig iſt / des Heiligen und guten Geiſtes Beyſtand demuͤttigſt bitten / mit einem glaͤubigen und andaͤchtigem Vater Unſer / ꝛc.

Leich-Text außm 25. Pſalm. v. 17, 18.

Leich-Text. Auß dem xxv. Pſalm.

. 17. DIe Angſt meines Hertzens iſt groß / Fuͤhre mich auß meinen Noͤthen.

. 18. Siehe an meinen Jammer und Elend / und vergib mir alle meine Suͤnde.

An -Chriſtliche Leich-Predigt.
Andaͤchtige / etc.

IM CXIX. Pſal.Eingang außm 119. Pſalm. v. 83. ſaget Koͤnig David/ Ich bin wie eine Haut im Rauch / deiner Rechte vergeſſe Ich nicht.

Es ſind theils Klag -Sind 1. Klage - Worte Worte; theils auch Troſt - Worte.

Eine bittere Klage iſt es / wenn hie ſtehet: Ich bin wie eine Haut im Rauch.

Der jenige / der allhie klaget / iſt nicht einer auß de -a. Wer klage. nen gemeinen Leuten deß Volcks GOttes / ſondern DAVIDiſt es / der ſchon in ſeiner Jugend ſich erwieſen hat / alß Ein frewdiger / behertzter und muttiger Held und Kriegsmann / Von deſſen Lob und Thaten der Haußlehrer SyrachCap. XLVII. fuͤr der gantzen Gemeinde ſinget und ruͤh - Syr.47. v. 2. 3. 4. 5. 6. met: Davidwar unter den Kindern Iſrael auß - erkohren / wie das Fett am Opffer Gott geeygnet war. Er gieng mit Loͤwen umb / als ſchertzete Er mit Boͤcklein / und mit Baͤern / als mit Laͤmmern. In ſeiner Jugend ſchlug Er den Rieſen todt / undnahmChriſtliche Leich-Predigt.nahm weg die Schmach von ſeinem Volck / Auffhub Er ſeine Hand / uñ warff mit der Schleu - der / und ſchlug den ſtoltzen Goliath darnieder. Denn Er rieff den HErren den Hoͤchſten an / der ſtaͤrcket Ihm ſeine Hand / daß Er erwuͤrget den ſtarcken Krieger / und erhoͤhet das Horn ſeines Volckes. Welches alles / und was mehr folget von den Thaten Davids/ Syrachwiderholet außm XVII. XVIII. und XXX. Cap. des erſten Buchs / und auß dem V. VIII. und X. Cap. des andern Buches Sa - muelis.

Er war Ein von GOtt geehrter Mann / Den GOtt erwaͤhlet / und jhn auß den Schaaffſtaͤllen genommen / und von den ſaͤugenden Schaafen geholetPſalm. 78. v. 71. 72. hatte / Daß Er ſein Volck Jacob weyden ſolte / und ſein Erbe Iſrael. laut des LXXVIII. Pſalms. Unnd war mit ſo fuͤrtrefflichen Gaben des Heiligen2. Sam. 23. v. 2. Geiſtes außgeruͤſtet / daß Er ſelbſt ſaget im andern Bu - che SamuelisCap. XXIII. Der Geiſt des HErrn hat durch mich geredet / und ſeine Rede iſt durch meine Zunge geſchehen. Und daher War Er Ein Heiliger Gottes-Mann /2. B. Chron. 8. v. 14. Wie Er heiſſet im VIII. Cap. des andern Buchs der Chronica; Und mit einem Wort / Ein Mann nach1. B. Sam:13. v. 14. dem Hertzen GOttes / wie außm XIII. Cap. des erſten Buchs Samuelis/ und außm XIII. des Apo -ſtoliſchenChriſtliche Leich-Predigtſtoliſchen Geſchicht-Buchs zu ſehen iſt / welche ArthAp. geſchicht 13. v. 22. Chryſoſtomhom. de Da - vide. zu reden der alte Lehrer Chryſoſtomusaußleget / daß es heiſſe / Se prorſus accommodare ad voluntatem DEI, Sich gaͤntzlich nach GOttes Willen beqvaͤ - men / nemlich Im Glauben / im Gehorſam / in der Buſſe und Bekehrung / in der Gedult / im Beten und Dancken. Und ein ſolcher Mann klaget ſehnlich. Denn es doch nur immer dabey bleibet / und fort und fort bleiben ſoll / was der Apoſtel im XII. Cap. der EpiſtelHebr. 12. v. 6. 7. an die Hebreer ſaget: Mein Sohn / achte nicht ge - ringe die Zuͤchtigung des HErren / und verza - ge nicht / wann du von Ihm geſtraffet wirſt; Denn welchen der HErr lieb hat / den zuͤchtiget Er; Er ſtaͤupet aber einenjeglichen Sohn / den Er auffnimbt. So Ihr die Zuͤchtigung erduldet / ſo erbeut ſich Euch GOtt / als Kindern.

Woruͤber nun aber Davidklaget / das benie -b. Woruͤber Er klage. met Er damit / und ſagt: Ich bin wie eine Haut im Rauch.

Er nennet Rauch / dadurch in Heiliger Schrifft zuweilen bedeutet wird der Zorn GOttes / wie außPſalm. 18. v. 8. 9. dem XVIII. Pſalm / und andern Orthen mehr erſchei - net. Zuweilen heiſſets auch ſo viel / als beiſſendes unnd ſcharffes Creutz / Jammer / Verfolgung und Leiden / dardurch der Menſch heßlich / grewlich unnd ungeſtalt gemacht wird / Dergleichen Rauch Koͤnig Davidallhier meynet / und ſpricht: Er ſey wie eine Haut im Rauch / Unnd zeiget damit an /BWieChriſtliche Leich-Predigt.Wie Er gleich eins theils ab afflictione externè illatâ, von Creutz und Jammer / ſo Ihm von auſſen zum hefftigſten zugeſetzet; Andern theils ab auxilii expectatione admodum moleſtâ, von langwieriger und ſehr beſchwerlicher Erwartung der Huͤlffe / die Ih - me lange auſſen geblieben / meiſtens gantz verſchwar - tzet / vertrocknet / und ſo außgedoͤrret ſey / daß alle Kraͤff - te dahin ſeyn / und Er heßlich und ungeſtalt genug / als wenn Er gantz zuſammen geſchrumpffet waͤre / außſehe /Hiob 7. v. 5. c. 19. v. 20. Uber dergleichen Noth auch Hiob klaget Cap. VII. Daß ſeine Haut verſchrumpffen unnd zu nichte worden ſey. Und im XIX Cap. Daß ſein Gebei - ne hange an ſeiner Haut und Fleiſch / und koͤnne ſeine Zaͤhne mit der Haut nicht (mehr recht) bede - cken. Und ſind ſolche Klagen noch wol heute bey vie - len frommen / und durch langwieriges Creutz außgedoͤr - reten Chriſten ſehr gemein / daß Sie vielmahl winſeln mit CHRiſto Ihrem Creutz-Herren außm XXII. Pſ. Pſal. 22. v. 16.Meine Kraͤffte ſind vertrocknet wie eine Scher - be / unnd meine Zunge klebet an meinem Gau -Eſa. 21. v. 4. men. Und widerumb außm XXI. Cap. Eſaiæ: Mein Hertz zittert / Grawen hat mich erſchrecket / Ich habe in der lieben Nacht keine Ruhe dafuͤr.

So herbe unnd bitter aber die Klage Koͤniges Davidsiſt / ſo troͤſtet Er ſich doch wider mit GOtt /2. Troſt-wor - te. und ſpricht: Deiner Rechte vergeſſe Ich nicht.

Er nennet die Rechte GOttes / und ſiehet hiemit auff die Warheit des Wortes und der Verheiſ -ſungChriſtliche Leich-Predigt.ſung GOttes / die Er auch an Ihm nicht werde feh - len laſſen.

Er ſagt: Er vergeſſe nicht der Rechte Got - tes / Und verſichert ſich dabey im Glauben / daß Ihm GOtt der HErr nach ſeinem Wort Troſt / Huͤlffe / und Errettung noch thaͤtlich und wuͤrcklich werde wider - fahren laſſen / allerdings Er in folgenden 92. 93. 94. Verſiculn des 119. Pſalms auß Erfahrung davon be - zeuget / und ſpricht: Wo dein Geſetze nicht meinPſal. 119. v. 92. 93. 94. Troſt geweſt waͤre / ſo waͤre Ich vergangen in mei - nem Elende / Ich wil deiner Befehl nimmermehr vergeſſen / denn du er quickeſt mich damit. Ich bin dein / huͤlff mir / denn Ich ſuche deine Befehl.

Und erinnert mit ſolchem ſeinem Exempel uns al - le / wie wir bey dem beiſſenden / herben / und außdoͤrrendem Creutzrauche des Worts und der Verheiſſung GOttes ja auch niemalß vergeſſen / ſondern vielmehr ſelbige Gott im Himmel zuverſichtlich fuͤrhalten / und Ihn getroſt an - reden ſollen / außm XXVII. Pſalm; HERR / meinPſal. 27. v. 8. 9. Hertz helt dir fuͤr dein Wort / Ihr ſolt mein Ant - litz ſuchen; Darumb ſuche Ich auch HErr dein Antlitz. Verbirge dein Antlitz nicht fuͤr mir / und verſtoſſe nicht im Zorn deinen Knecht / denn du biſt meine Huͤlffe / Laß mich nicht / und thue nicht von mir die Hand ab / GOtt mein Heyl.

Nu Koͤniges DavidsKlage und Troſt hat Ih -Accommo - dation der Pſalm wor - res theils bey Ihrer langwierigen Niederlage auch wol empfunden die numehr Seelige Fraw Rosina,B ijHerrnChriſtliche Leich-Predigt.te Davidsauff die nu - mehr Seeli - ge Fraw.Herrn Sigmund Liebiſchesgeweſene geliebte Hauß - und Ehegattin.

Ach Sie konte warhafftig bey Ihrer verzehrenden Lungen - und Schwindſucht wol klagen / Ich bin wie eine Haut im Rauch. Oder wie Hiob redet imHiob 30. v. 30. XXX. Capitel ſeines Buͤchleins; Meine Gebeine ſind verdorret fuͤr Hitze.

Aber / GOtt lob / Sie hat der Rechte GOttes nie - mals dabey vergeſſen / und darauß in wahrer Glau - bens-Zuverſicht ſich des angenommen / daß auch Ihr lieber GOTT und Vater Ihr getrew bleiben wuͤr -1. Cor. 10. v. 13. de / und Sie nicht laſſen verſuchen uͤber vermoͤ - gen / wie Paulus in der 1. an die Corinth. Cap. X. redet. Daß Er der HErr ſey / Der wol betruͤbe / aber Er er - barme ſich auch wider nach ſeiner groſſen Guͤtte /Klagl. Jer.3. v. 32. in Klagliedern JeremiæCap. III. Und daß Ihr traw - teſter Schatz und Heyland viel groͤſſere Pein und Mar - Matth.26. v. 38. 39. ter fuͤr Sie habe erduldet und erlietten / da Er geſprochen; Meine Seel iſt betruͤbt biß in den Todt / und auff Marc.14. v. 36. ſein Heiliges Angeſicht niedergefallen und gebethet; Ab - ba / mein Vater / es iſt dir alles muͤglich / uͤberhebe mich dieſes Kelchs / doch nicht wie Ich wil / ſondern wie du wilt. Darumb ſolle es auch mit Ihr heiſſen / und dabey bleiben /

Was mein GOtt wil / daß g’ſcheh allzeit /
Sein Will der iſt der beſte /
Zuhelffen den Er iſt bereit
Die an Ihn glaͤuben feſte:
ErChriſtliche Leich-Predigt.
Er hilfft auß Noth / der frome GOtt /
Und troͤſt die Welt ohn maſſen:
Wer GOtt vertrawt / feſt auff Ihn bawt /
Den wil Er nicht verlaſſen.

Alſo iſt Sie am vergangenen XII. Martij auß die - ſer Welt auß - und der Seelen nach zu Ihres HErren Frewde eingegangen / unnd empfindet numehr in der That / daß Sie Ihr HErr / nach deme Sie verlan - get / und auff den Sie gehoffet / auß allen Ihren Noͤthen gefuͤhret habe / wornach Sie ſo hertzlich vielfal - tigſt mit Koͤnig Davidgeſeufftzet / Die Angſt mei - nes Hertzens iſt groß / fuͤhre mich auß meinen Noͤ - then. Siehe an meinen Jammer und Elend / und vergieb mir alle meine Suͤnde.

Wie Sie nun ſolche Worte Ihr ſelbſt zum Lei - chen-Text erkohren hat; Alſo wollen wir Ihren letzten Willen zu erfuͤllen ſolche zu betrachten fuͤr uns nehmen / und bey Ihrer gehabten Kranckheit der Lungen - und Schwindſucht / damit Sie gutte Zeit iſt ſehr be - aͤngſtiget worden / Uns Anlaß und Gelegenheit nehmen / zubeſchawen Hominem Spiritualiter Phthiſicum,Fuͤrſchlag. Geiſtlich - Schwindſich tiger Menſch was Ihm

  • Einen Geiſtlich-Schwindſichtigen / oder von Hertzen betruͤbten und bekuͤmmerten Menſchen / unnd zwar
B iijZumChriſtliche Leich-Predigt.
I. Beſchwer - lich.
  • Zum I. Was Ihm nach Arth leibli - cher Schwindſucht ſo beſchwer - lich ſey / Und den
II. Erſprießlich ſey.
  • zum II. Was Ihm auch hinwieder mehr / als einem Leiblich - Schwindſichtigen / gut / zu - traͤglich und erſprießlich ſey.
Huͤlff-wunt - ſch.

Der HErr JESVSaber / welcher umb unſert Willen voller Schmertzen und Kranckheit worden / gebe Uns hiezu ſeine Gnade / Das es al - les wolgerathe / AMEN.

JESUSacrum!

Deß XXV. Pſalms

DEr XXV igſte Pſalm / Ihr M. Ge - liebten / darauß Ihr Unſere Seelige Fraw RosinaIhren Leichen-Text hat erkohren / hat mit andern Pſalmen diß gemein / daßa. Titul. Er in dem Titul heiſſet / Ein Pſalm Davids. IſtChriſtliche Leich-Predigt.Iſt darumb Koͤnig Davidder jenige / welcher auß getrieb GOttes des Heiligen Geiſtes ſolchen Pſalm gemacht2. Sam.23, v. 1. hat / Der Mann lieblich mit Pſalmen Iſrael. Und iſt durch und durch voll Lehre / voll Troſts / unnd Vermahnung / ſo gar / daß nicht das geringſte Wort da - rinnen vergebens geſetzet iſt.

Wenn aber und zu welcher Zeit Koͤnig Davidb. Zeit / oder wenn Er ge - macht wor - den.ſolchen Pſal. gemacht habe / Ob zu Saulszeiten / alß Er jetzo in den Wuͤſten ſich auffenthalten muͤſſen / davon im XXIII. Cap. des I. Buchs Samueliszu leſen iſt / O - der zur Zeit ſeiner Flucht fuͤr Abſolom / davon im 2. Buch1. Sam.23. v. 14. ſeqq. Samuelis. Cap. XV. XVI. XVII. und XVIII. ge - handelt wird / darinnen ſind die Interpretes und Auß -2. Sam.15. 16. 17. 18. leger ungleicher Meynung. Gewiß iſts aber / und bezeu - gets der gantze Pſalm / Daß Er Ihn gebetet / als Er mit ſchwerem Ungluͤck und Anfechtung umbfangen geweſen iſt / daß Er an aller Menſchlichen Huͤlffe / Troſt unnd Schutz verzagen / und demnach ſeine Zuflucht alleine zu GOtt nehmen muͤſſen / als Den Er daher mit hertzlicher Bußfertigkeit umb gnaͤdige Vergebung der Suͤnden / wie auch zugleich umb Huͤlffe / Beyſtand und errettung / mit ſtarckem vertrawen unnd hertzlicher Zuverſicht an - ruffet.

Daher auch dieſer Pſalm hin und wider ſo herrlichc. Summa / und Inhalt. D. Bugenh. commendiret wird / als von dem Alten Herrn D. Po - merano Bugenhagio, Hæc eſt cum multâ ad DE - um fiduciâ cordis Oratio, quam non poſſibile eſt, ut DEUS non exaudiat. Dieſer Pſalm iſt einGebetChriſtliche Leich-Predigt.Gebet des Hertzens / mit vielem und groſſem ver - trawen auff GOtt / und iſt unmoͤglich / daß Gott ſolch Gebet nicht erhoͤren ſolle. Von Herrn Doct.D. Brentius. Joh. Brentio, Hic Pſalmus eſt generalis precandi formula, qualis apud nos eſt Oratio Dominica, qua afflictus quisq́;, quocunq́; afflictionis genere tenetur, uti poteſt. Dieſer Pſalm iſt eine gemei - ne Bet-Formul / wie bey uns iſt des HErrn Ge - bet / (daß Heilige Vater Unſer) deſſen ſich ein jeder bekuͤmmerter in allem Anliegen nuͤtzlich kan ge - brauchen.

M. N. H.

Ein ander Chriſtlicher Lehrer titulirt Ihn Aller betruͤbten Auffenthalt / und widerumb / der gantzen Kirchen / unnd eines jeglichen frommen Chriſten / zufoͤderſt eines Sterbenden / Betbuͤch - lein.

Und auß ſolchem Betbuͤchlein hat nun auch die Seelige Mitſchweſter Ihr Hertz fuͤr GOtt taͤglich außgeſchuͤttet / mit dem ſchreyen und ruffen / Die Angſt meines Hertzens iſt groß / ꝛc. Und ſich damit bey Ihrer verzehrenden Lungen - unnd Schwindſucht hertzlich erlabet und erquicket; Dahero wir uns hiebey umb einen Geiſtlich Schwindſuͤchtigen / und be - kuͤmmerten Menſchen / und deſſen Zuſtandt nicht un - eben bekuͤmmern.

Was die Kranckheit der Schwindſucht ſonſten leiblicher weiſe betrifft / was nemlich derer Subjectum und Sitz ſey / was jhre Zeichen / Urſachen / differentien,undChriſtliche Leich-Predigt.und deßgleichen ſeyn / das laſſen wir billich denen Ge - laͤhrten und Erfahrenen Medicis anheimgeſtellet ſeyn / welche ſonſten ſolche Kranckheit auß Ihrem Galenobe - ſchreiben / Sie ſey ulcus pulmonum ein GeſchwuͤrBeſchrei - bung der Schwindt - ſucht. der Lungen / von einer ſcharffen unnd beiſſenden materi / mit einem febriculâ lentâ, oder allmaͤhli - chen langwirigen Fieber / Huſten / beſchwerlichen Athemen / und garſtigem unnd eyterendem auß - werffen / dadurch allmaͤhlich der gantze Leib ab - niemet / und geſchwaͤchet wird / Unnd die daher Phthiſis ἀϖὸ〈…〉〈…〉 φϑίνειν oder â φϑίειν, das heiſſet ſchwin - den / verzehren / abnehmen / verderben / unnd deß - gleichen / genennet wird.

Wir dencken unſers Theils jtzo nur deme nach / wie ſolche Kranckheit / wie ſonſt leiblich / alſo auch Geiſt - lich / dem Armen Menſchen viel Leydes ſchaffe / unnd was hingegen dawider zuthun ſey / deſſen alles uns Koͤ - nig Davidin unſerm Pſalm-Text gar fein erinnert.

Zum I. aber hoͤren wir allhierAbhandlung des 1. Stuͤcks De hominis ſpiritualiter phthiſici difficultate: Was einem Geiſtlich Schwindſuͤchtigen / von Hertzen bekuͤmmerten und betruͤbten Menſchen / ſo beſchwerlich ſey.

Beſchwerlig keit 1. Leibli - cher Schwind - ſuͤchtigen.

Viel Ding iſt / ſo einem natuͤrlich oder leiblich Schwindtſuͤchtigen groſſe Noth / Angſt unnd beſchwe - rung machet.

CBeſchwe -Chriſtliche Leich-Predigt.

Beſchwerlich iſt Ihm das niemals ablaſſende Fie ber / ſo bey Schwindſuͤchtigen ſich ereygnet / und Ihnen / wie der ſchatten dem Leibe / unablaͤßlich folget. Beſchwer - lich iſt daß oͤfftere Huſten und Kuͤlſtern / ſo einem ſolchen Menſchen viel Naͤchte verunruhiget; Das ſtaͤttige und garſtige Außwerffen / das ſchwere Athemen / und deß - gleichen. Beſchwerlich iſt die conſumtio & extenua - tio totius corporis, daß der gantze Leib abniemet / ſich abzehret / und ſchwindet / davon der Arme Menſch uͤbel und duͤrfftig gnug außſiehet / und ſich enthalten muß vonFab. Scheu - nerus libro deCatharris. vielem / das Er lieber eſſen wolte / wie denn die Aertzte ſa - gen: Omnis phthiſicus evitet omnia acura, Ein je - der Schwindſuͤchtiger fliehe alles / was ſcharff iſt / alß Zwibeln / Knoblauch / Saͤnff / Eßig / Raͤttig / Kraͤſſe / und deßgleichen.

Aber ſo beſchwerlich diß und viel anders mehr ei - nem natuͤrlich und leiblich Schwindſuͤchtigen iſt / ſo uͤber2. Geiſtlich Schwind - ſuͤchtiger. viel groͤſſere Beſchwerung klagt ein Geiſtlich Schwind - ſuͤchtiger / und durch langwieriges Creutz außgedoͤrreter / abgematteter Menſch / wenn es jetzo mit Ihm / wie all - hie mit Koͤnig David/ heiſſet: Die Angſt meines Hertzens iſt groß.

Ein bitter Wort iſt das Woͤrtlein Angſt / noch bitterer iſts / wenn Davidnennet; Hertzens - Angſt / Am allerbitterſten iſts / wenn Er nennet; Groſ - ſe Hertzens-Angſt.

ErſtlichChriſtliche Leich-Predigt.

Erſtlich[klagt] unnd ſchreyet hie DaviduͤberAngſt. Angſt.

Das Deutſche Wort Angſt kompt her von dem Lateiniſchen anguſtus, und bedeutet / was enge iſt / da - ruͤber einem bange und wehe wird / und Er gleich geklem - met / gedruckt und gepreſſet wird; Wie dann alſo Un - gluͤcke / Noth und Anfechtung zu thun pflegen / daß einen dabey die gantze Welt zu enge zu ſeyn bedeucht.

In der Heiligen Sprache nennet Daviddieſe Angſt in Numero plurali Zaroth, die aͤngſte / und ſagt gleich / plurimis calamitatibus & ærumnis hincBaſil. M. in Pſal. 25. inde circumdor, wie es Baſilius Magnus außleget / Ich bin hin und wider mit vielen aͤngſten und bedraͤng - nuͤſſen umbgeben. Deutet aber auch eben mit ſolchem Worte die Sache an Ihm ſelbſt an: Denn ZarahZarah. bey denen Hebræern / das Angſt heiſſet / kompt her vom Verbo Zur, das heiſſet zuweilen Feindlich handeln / und bedeutet / in aͤngſten ſeyn der Feinde halber / wie al - ſo Joſeph in aͤngſten war / unter ſeinen feindſeeligen Bruͤ - dern / die Ihn wol aͤngſteten / alß Feinde / da Sie Ihn einsmals in Ihre Gewalt bekamen / welches Sie nach - mals ſelbſt bekenneten / da Sie auch in Angſt geriethen fuͤr Joſeph in Egypten/ und Ihn noch nicht kenneten / Das haben wir an Unſerm Bruder verſchuldet / ſagten Sie / da wir ſahen die Angſt ſeiner Seelen /1. Buch Mo - ſe 42. v. 21. da Er Uns flehet / und wir wolten Ihn nicht erhoͤ - ren / im XLII. Cap. des I. Buchs Moſe.

C ijZuweilenChriſtliche Leich-Predigt.

Zuweilen heiſſet es Enge zuſammen ſpan - nen und belaͤgern /

Und bedeutet / in aͤngſten ſeyn / Einer Belaͤ - gerung halber / wie alſo GOtt draͤwet / Er wolle den Ariel aͤngſten / daß Er trawrig unnd jamrig ſey. Eſa. 29. v. 2.Eſa. XXIX. redet aber von der Belagerung der Stadt Jeruſalem/ ſo durch die Babylonier ſolte fuͤrgenommen werden / und auch zu letzt durch die Roͤmer geſchehen iſt / daruͤber Chriſtusder HErr im Newen Teſtament denLuc. 19. v. 43. Hieroſolymitanern Angſt ankuͤndiget. Luc.XIX. Dei - ne Feinde werden umb dich / und deine Kinder mit dir / eine Wagenburg ſchlagen / dich belaͤgern / und an allen Orthen aͤngſten.

Es heiſſet auch Zur zuweilen Feindlich zu - druͤcken / und bedeutet in aͤngſten ſeyn / groſſer Bedruckung und Verhinderung halber / Da man eines ſo klemmet / hemmet und haͤlt / das man ſich nicht regen kan / welches alles auch noch mit mehremΘλίψις durch das Griechiſche Wort ϑλίψις, ſo allhie ſtehet / Uns fuͤrgeſtellet wird / ſo ein ſolch Preſſen und Druͤcken bedeutet / wie die Weindrauben gepreſſet / gekeltert / und mit ſtarcken Schrauben in einandergedruckt werden / daß Ihnen der Safft entgehet. Es heiſſet eine Geburts - Angſt / alß da iſt der Kreiſterin / die in aͤngſten iſt / wenn das Kind in der Geburt harte anſtehet / und mit groſſer Leibes und Lebens-Gefahr entlich zur Welt gebohren Joh.16. v. 21. wird / davon Johan.im XVI. Chriſtusſaget: EinWeib /Chriſtliche Leich-Predigt.Weib / wenn Sie gebieret / ſo hat Sie Trawrig - keit / denn Ihre Stunde iſt kommen / wenn Sie aber das Kind gebohren hat / dencket Sie nicht mehr an die Angſt / umb der Frewde Willen / das der Menſch zur Welt gebohren iſt. Es heiſſet Ei - ne Verfolgungs-Angſt / wie Chriſtusdenen Seini - gen ſolche Angſt verkuͤndiget / auch Johann. XVI. Inv. 33. der Welt habt Ihr Angſt. Es bedeutet auch Weg - Angſt / da man an einem engen Orth unnd Wege iſt / und ſchwerlich fort kan / ſondern Muͤhe und Noth hat / wie alſo Chriſtusvon dem Wege zur Seeligkeit ſaget: Daß Er ſey Via〈…〉〈…〉 εϑλιμμένη, Ein enger oder ſchmaler Weg / Matth.VII. Capitel.

Matth.7. v. 14.

Auß welchem allem erſcheinet / was Koͤnig Da - vidmeyne / wenn Er Angſt nennet / nemlich / daß Ihn nicht anders beduͤncke / Er ſey unter eytel Feinden; Sein Hertze ſey belagert / und koͤnne nirgendts her freye Lufft / oder einen frewdigen Gedancken empfinden; Sondern Er werde geklemmet / getretten / und verfolget; Er em - pfinde Schmertzen / und wolle fuͤr Angſt kein Troſt haff - ten; Uber dergleichen Angſt Er ſonſt vielmahl klaget / und ſpricht: HErr ſey mir gnaͤdig / denn mir iſt Angſt. im XXXI. Pſalm. Item: Angſt unndPſal. 31. v. 10. 119. v. 143. 143. v. 4. Noth haben mich troffen / im CXIX. Pſal. Und im CXLIII. Mein Geiſt iſt in mir geaͤngſtet.

So bitter aber nu diß iſt / ſo bitterer iſt es / da Er zum andern ſchreyet / uͤber Hertzens-Angſt / und ſagt:Hertzens - Angſt. Die Angſt meines Hertzens. Nennet alſo den SitzC iijderChriſtliche Leich-Predigt.der Angſt / wo Er Sie gefuͤhlet habe / nemlich / das Hertze / darinnen der Brunnquell aller Angſt zufinden ſey / und ſey Ihm nicht anders / als wenn das Hertze in tauſend Stuͤcke zuſpringen wolte.

Daruͤber wir uns nicht unbillich verwundern und bekuͤmmern / Warumb auch zuweilen das Hertze ſolche Angſt muͤſſe leyden und außſtehen? Wir koͤnnen aber darauff antworten / theils daß dergleichen Zuſtand bey fromen Leuten auch gehoͤre unter die ſonder - bare Wege und Gerichte GOttes / da Er ſeine Heili -Pſal. 4. v. 4. gen nur wunderlich fuͤhret / laut des IV. Pſalms. Theils auch / daß es darumb geſchehe / weil nur leyder Urſpruͤnglich von jnnen / unnd auß dem Hertzen der Menſchen / herauß gehen alle Suͤnden / boͤſe Gedan - Marc.7. v. 21. cken / Ehebruch / Hurerey / Mord / Dieberey / Geitz / Schalckheit / Liſt / Unzucht / etc. Marc.VII. Capitel. Darumb wir denn auffs Hertze deſto mehr acht haben Matth.5. v. 8. ſollen / daß wir reines Hertzens ſeyn moͤgen / wie Matth.V. ſtehet; Darumb Koͤnig Davidſo flehent -Pſalm 51. v. 12. lich biettet im LI. Pſalm. Schaffe in mir GOTT ein rein Hertz.

Am allerbitterſten aber wird nun noch weiterDa -Groſſe Her - tzens-Angſt.vidsKlage / da Er zum dritten uͤber groſſe Hertzens - Angſt ſchreyet / unnd ſpricht: Die Angſt meines Hertzens iſt groß / oder / Anguſtiæ cordis mei dila - tatæ ſunt, die aͤngſte meines Hertzens ſind außgebreitet worden / und wil damit ſo viel ſagen: Seine Hertzens - Angſt ſey außgebreitet / wie ſich etwa ein Kriegs-HeerbeyChriſtliche Leich-Predigt.bey eines Orths Belagerung außbreitet / daß niemand weder auß noch ein kan: Oder / wie ſich ein Waſſer - Strom mit Gewalt ergeiſſet / und außbreitet / und offte ein gantz Land uͤberſchwemmet.

Iſt eben die Klage / ſo Er auch im LXXI. PſalmPſalm 71. v. 20. fuͤhret; Du laͤſſeſt mich erfahren viele und groſſe Angſt. Und widerumb im VI. Pſalm: Ich werde6. v. 8. allenthalben geaͤngſtet. Nochmehr im LXXIII. Pſ:73. v. 14. Ich bin geplaget taͤglich / und meine Straffe iſt alle Morgen da.

Und iſt hiebey kein Zweiffel / daß Ihn Sathan wird wol geaͤngſtiget haben mit vielen trawrigen Gedan - cken / wie ſeine Suͤnde ſo groß ſey / wie GOtt ſo zornig ſey / wie die Hoͤlle ſo heyß ſey / und was des mehr mag genennet werden / umb deßwillen Er ſeine Angſt Groß nennet / Der groſſen Empfindligkeit halber / Der anhaltenden Beharligkeit halber / Seiner Einſamkeit halber / alß der von allen verlaſſen / und einſam lebe / Und denn auch / der groſſen außwendigen Feindſeeligkeit halber.

O was Beſchwerligkeit iſt nu das / ſo Uns Arme der Suͤnden halber Geiſtlich-Schwindſuͤchtige Leute zur Zeit der Noth offte druͤcket!

Denn was Davidfuͤr ſich hat empfunden / das muͤſſen nur noch fort und fort alle rechtſchaffene Da - vids-Leute mit Ihm fuͤhlen und empfinden / unnd viel -mahlChriſtliche Leich-Predigt.mahl ehe ruffen / ehe Sie es wol gemeynet hetten / Die Angſt meines Hertzens iſt groß.

Fab. Scheu - nerus.

Bey Leiblich-Swindſuͤchtigen heiſſets wol; O - mnis phthiſicus ſit quietus, & evitet clamores, ne nimis moveatur pulmo. Ein jeder Schwindſuͤchti - ger ſey geruhiglich / und meyde Geſchrey / das die Lunge nicht zu ſehr bewegt werde.

Aber wo kan und mag ein Geiſtlich-Schwindſuͤch - tiges / und recht betruͤbtes leydendes Hertz ſich des Kla - geſchreyens enthalten / wenn Ihn jetzo die Angſt ans Hertze gehet?

Tibulluslib. 3. Eleg. 2.
Frangit fortia corda dolor, ſagt auch ein Heyde;
Groſſe Angſt[und] Schmertzen /
Brechen ſtarcke Hertzen.

Der Creutz-Mann Hiob ſaget ſein Theil von der -Hiob. 7. v. 11. gleichen Angſt / und ſpricht Cap. VII. Ich wil reden von der Angſt meines Hertzen / unnd wil herauß ſagen von Betruͤbnuͤß meiner Seelen.

Paulusſeufftzet ſeines Theils daruͤber / und ſpricht:2. Cor. 7. v. 5. Inwendig Streit / außwendig Furcht. II. Co - rinth. VII.

Und wo wollen wir Zeit hernehmen / alle Angſt nur zunennen / welche fuͤr andern nur Frome Leute be - trifft / wie allhie den Koͤnig David? (Denn auch die Boͤſen und Gottloſen daß Ihre zu ſeiner Zeit wol werden ſinden / wenn Sie gleich eine zeitlang ſich davon befreyet zu ſein vermeynen.)

KoͤnigesChriſtliche Leich-Predigt

Koͤniges DavidsAngſt deutet / wie geſa - get / an

Feindes-Angſt /
Belagerungs-Angſt /
Bedruͤckungs-Angſt.

Ach frome Davids-Hertzen empfinden nur auch Ihre Feindes-Angſt! GOtt ſelbſt ſtellet ſich zuwei - len / als ein vermeynter Feind / und muͤſſen Jacob1. B. Moſ. 32. im Alten / und das Cananæiſche Weiblein im Newen Matth.15. Teſtament Ihm ſeine Huͤlffe gleich abkaͤmpffen. Und klaget uͤber dergleichen Feindſeeligkeit Hiob im XXX. Hiob. 30. v. 20. 21.Cap. Schreye Ich zu dir / ſo antworteſt du mir nicht / trete Ich herfuͤr / ſo achteſt du nicht auff mich. Du biſt mir verwandelt in einen grawſa - men / und zeigeſt deinen Gram an mir / mit der ſtaͤrcke deiner Hand. Waare Feinde aber ſind die Welt / und der HErr der Welt / der Teuffel / und zu letzte der Todt / da die Welt haſſet / Johann. XV. Joh15. v. 18. 19. Der Teuffel wil Verſchlingen / I. Petr.V. Und der Todt trennet und reiſſet zu letzt von einander / was zuvor1. Petr.5 v 8. lange verknupfft und verbunden geweſen iſt.

Belagerungs-Angſt empfinden frome Da - vids-Leute / das gleich wie eine belagerte Stadt mit Ku - geln und Fewerballen geaͤngſtet wird; Alſo werden auch Sie bald mit vielem Creutz und Elend / bald mit groſ - ſer und ſchwerer Kranckheit / mit Angſt im Haupte / in der Bruſt / in Lunge und Leber / in Nieren und Blaſen / an Haͤnden und Schenckeln / bald mit ſtetter UnruheDdeßChriſtliche Leich-Predigt.des Hertzens / beſtritten und bedraͤnget / und leyden allerley Schrecken / daß Sie ſchier verzagen moͤch -Pſalm 88. v. 17. ten / Laut des LXXXVIII. Pſalms.

Sie empfinden Bedruͤckungs-Angſt / und wer - den gleich geklemmet / und verhindert / und offte mit U n - recht und Gewalt auffgehalten in deme / wozu Sie ſonſt Rechts gnug haͤtten / wenn man Ihnen nur auch / wie andern / wolte recht widerfahren laſſen / daruͤber Sie mit Habacuc.1. v. 4. dem Propheten klagen: Es gehet Gewalt uͤber Recht / darumb gehets gar anders denn Recht / und kan keine rechte Sache gewinnen / denn der gottloſe uͤberfortheilet den gerechten / darumb gehen verkehrete Urtheil.

Von welcher Angſt den ingeſampt auch die See - lige Fraw und Mitt-Schweſter Ihr Theil auff ge - wiſſe Maß und Weiſe wol geſchmecket hat / doch in al - lem darunter durch Ihren einigen Heyland JEſum CHRIſtum/ der auch Ihr zu gutt zur Zeit ſeines Ley -Eſa. 53. v. 3. dens voll Schmertzen geworden iſt / wie EſaiæCap. LIII. ſtehet / Kraͤfftig[und] maͤchtig / biß an Ihr letztes Gieben / iſt geſtaͤrcket und erhalten worden.

Und erwegen wir unſers Theils hiebey gar billich und nothwendigſt / warumb eben ſo viel und ſo groſ - ſe Angſt GOTT der HErr uns noch offte erfah - ren und fuͤhlen laſſe? Nemlich / Er thut es ad promeritam peccati pœnam agno - ſcendam, Zuerkennen die verdiente Straffe der Suͤnden / daß /wennChriſtliche Leich-Predigt.wenn ſolche uns nicht auß Gnaden wuͤrden vergeben / unnd CHriſtus ſich ſelbſt nicht dargegeben hette fuͤr uns zur Gabe und Opffer / GOtt zu einem ſuͤſſen Ge -Epheſ. 5. v. 1. ruch / nichts / denn ewige Angſt / Qual und Pein unſer verdienter Lohn ſeyn wuͤrden.

Er thut es ad pœnitentiam maturandam, Daß wir uns nicht verſaͤumen ſollen / waare Buſſe zu - thun / und zum Herrn unſerm GOtt von gantzem Hertzen zubekehren. Denn weil wir nur leyder / mit dem Unflat der Suͤnden beſudelt ſeyn / ſo zuͤchtiget uns GOtt / daß ſich niemand unſchuldig zu ſeyn beduͤncken laſſe / und darumb eyle / Ihme zubegegnen / auff daß Er mit der Gottloſen Welt nicht verdampt werde / atq́; ideò Auguſtin.de verâ inno - centiâ c. 5. DEUS maximè iraſcitur in hoc ſeculo, ne in futu - ro iraſcatur, & miſericorditer temporalem adhi - bet ſeveritatem, ne æternam juſtè inferat ultio - nem, wie alſo hiervon Auguſtinusredet / und iſt ſo viel geſaget / Eben darumb laͤſſet GOtt uns hie ſeine Zorn - Ruthe koſten / daß Er dorte nicht zoͤrnen doͤrffe: Er brau - chet hie einen ernſt / wie ein trewer Vater / daß Er mit dem Fewer ſeiner Rache uns in Ewigkeit nicht plagen doͤrffe.

Er thut es / und laͤſſet fromme Davids-Leute ſol - che Angſt fuͤhlen ad alios informandum, Anderen hiedurch thaͤtlich zu predigen; Den Frommen zwar / daß Sie auß Ihrem Exempel ſich troͤſten / oder wie Davidim XXXIV. Pſalm ſaget / Daß es diePſal. 34. v. 3.D ijelendenChriſtliche Leich-Predigt.elenden hoͤren / und ſich frewen: Denen Gottlo - ſen aber / daß Sie in ſich ſchlagen / und bedencken ſollen / Geſchehe das am gruͤnen Holtze / was wolle am Luc.23. v. 31. duͤrren werden? Luc.XXIII. Und So der Gerech - te auff Erden leyden muͤſſe / wie vielmehr der Gott -Spruͤche Sal. 11. v. 31. loſe und Suͤnder? Spruͤche Salomon. XI.

Es thut es auch endlich GOtt der Herr ad vitam meliorem expetendam. Daß wir uns nach dem zukuͤnfftigen beſſeren Leben deſto mehr ſehnen / unnd Luſt gewinnen moͤgen / nach dem Willen GOttes abzuſcheiden / und bey CHriſtozuPhil. 1. v. 23. ſeyn / mit Pauloaußm I. Cap. ſeiner Epiſtel an die Philipper / Da wir alsdann erſt werden offenbar werden mit CHriſtounſerm Leben in der Herr -Coloſſ. 3. v. 4. ligkeit / Coloſſ. III. Und werden hingegen von aller Angſt und Ubel vollkoͤmlich erloͤſet ſeyn / darumb wir im Matth.6. v. 13. Heiligen Vater Unſer taͤglich bitten / Matth.VI. Erloͤſe uns von dem uͤbel. Zu welcher Heiligen Be - gierde Auguſtinusſeine Zuhoͤrer zu ſeiner Zeit gar ſehn - Aug.Serm. 18. de verbis Domini in Ev. ſecund. Matth. ich anmahnete / und ſagte: Diſcite Fratres quærere æternam vitam, ubi mala iſta non tolerabitis, ſed in æternum cum DEO regnabitis. Lernet Ihr meine liebe Bruͤder das Ewige Leben ſuchen / da Ihr ſolch uͤbel nicht mehr empfinden / ſondern mit GOTT ewig herrſchen werdet.

Abhandlung des andern Stuͤcks.

WIr muͤſſen aber nun auch des beſten nicht vergeſſen / und nebenſt ſolcher Angſt-Beſchwerung Leiblich - und Geiſtlich Schwindſuͤchtiger Leute auch fer -Chriſtliche Leich-Predigt.ners / unnd Zum II. etwas hoͤren de remedij hominis phthiſici Salu - britate, Was dann hinwider einem von Angſt und Noth Geiſtlich Schwindſuͤchtigen gut / zutraͤglich und erſprießlich ſey.

Einen leiblich Schwindſuͤchtigen zu curiren ſagen die Medici ſey ſchwer / aber doch nicht unmoͤglich / und darumb muͤſſe man bey Zeit durch ordentliche Mittel der Natur helffen.

Die Alten blinden Heyden / wenn Sie mit etwa einer Kranckheit ſind befallen worden / haben Sie ſich in den Tempel Æſculapijund Serapidisbegeben / und tragen laſſen / unnd gemeinet / wenn ſie allda ſchlieffen / Thom. Dem - pſter. lib. 1. antiquitat. wuͤrde Ihnen bey der Nachtruhe mali medicina, oder die waare Artzney wider Ihr uͤbel gezeiget / wie deſſenRom. col. 57. 58. auch Thomas Dempſterusgedencket.

Aber wer wil das glaͤuben? Gentium Dij Dæmonia, der Heyden Goͤtter ſind Teuffel / oder Silber und Gold /Pſ. 115. v. 4. von Menſchen Haͤnden gemacht / ſagt der CXV. Pſal.

Verſtaͤndige Aertzte handeln mit der Cur ſchwind -Was er - ſprteßlich ſey Schwind - ſuͤchtigen a. Leiblich. ſuͤchtiger Leute gar fuͤrſichtig / unnd verordnen / was den Catharrum wegnehme / was das ulcus und Lungen - Geſchwuͤr heyle / das Gebluͤtte corrigire unnd reinige / was dem Fieber waͤhre / die Kraͤffte widerbringe / unnd dem Nachtſchweiß / deſſen bey Schwindſuͤchtigen viel iſt /D iijabhelffe.Chriſtliche Leich-Predigt.abhelffe. Sie ſagen / den Schwindſuͤchtigen ſind gut und zutraͤglich / Suͤſſe Mandeln / Mandelmilch / Mandelmuͤßer. Item / Roſen / Roſenſafft / Roſen -Tabern. Kraͤuterbuch lib. 1. p. 260. c. 24. lit. K. zucker. Item / Bibernellen zu reinem Pulver geſtoſſen / unnd mit Roſenzucker ein Latwergen darauß gemacht / und ſo fort an.

Nu Koͤnig Davidlaͤſſet es ſeines Theils an ſich auch nicht mangeln / von Noth und Angſt bekuͤmmertenb. Geiſtlich. Leuten in Leibes und Seelen Noth beſondere und beweh - rete ArtzneyMittel zuzeigen.

Er weiſet Sie aber mit ſeinem Exempel zu GOtt2. B. Moſ. 15. v. 26. im Himmel / alß dem HErrn Ihrem Artzt / und Ey -Eſa. 63. v. 1. nigen Meiſter zuhelffen / und ruffet gar ſehnlich und hertzlich /

Fuͤhre mich auß meinen Noͤthen / Siehe an mein Jammer und Elend / Und vergieb mir alle meine Suͤnde.

Wil hiemit ſeiner groſſen Hertzens-Angſt gerathen und geholffen wiſſen /

Durch die Hand GOttes / Durch das Anſchawen GOttes / Durch die Gnade GOttes. ()

Er bittet Huͤlffe und rettung

1. Educens ma - nus DEI.
1. ab educente manu DEI. ()

Von der Hand GOttes / die Ihn auß ſeinen Noͤthen fuͤhren ſol / und ſpricht / Fuͤhre mich auß meinen Noͤthen.

Zu GOttes Hand / von der Er weiß / daß SieAllmaͤch -Chriſtliche Leich-Predigt.Allmaͤchtig iſt / unnd alles endern kan / wendet Er ſich / und erinnert ſich / was GOtt mit außgedruckten Wor - ten zugeſaget hat / Ruffe mich an in der Zeit der Noth / ſo wil Ich dich erretten / und du ſolt mich preyſen / im L. Pſalm. Und widerumb im XCI. Pſal. Pſal. 50. v. 15Ich bin bey Ihm in der Noth / Ich wil jhn heraußPſal. 91. v. 15. reiſſen / und zu Ehren machen. Und bittet darumb / dieſe Hand GOttes ſol Ihn fuͤhren / erretten / herauß - reiſſen.

Zeiget alſo mit dem Wort Fuͤhren an / wie Er fuͤr ſich ſo Krafftloß / ſo ſchwach / ſo ohnmaͤchtig ſey / daß Er ohne GOttes Handleittung nicht einen Schritt oder Tritt fort zukommen wiſſe: Er thut wie einer / der in Waſſers-Gefahr iſt / und jtzo den Todt fuͤr Augen ſiehet / und daher umb ſich greifft / ob Er etwa einen Pflock / oder Baum / oder Schiff / oder eine Menſchen Hand erfaſ - ſen / ſich daran halten / unnd alſo errettet werden moͤge; Alſo greifft Er auch nach der Huͤlff-Hand ſeines GOt - tes / die Ihn außfuͤhren ſol / oder quæ faciat egredi, nach dem Hebræiſchen / die Ihn heiſſe heraußgehen / und ſchaffe / daß Er herauß gehe / welche Arth ein ſolch Auß - gehen andeutet / wie etwa die jenigen / ſo in einem Kercker eine Zeitlang gefangen gelegen / endlich herauß zu gehen geheiſſen werden / wie von ſolchem Außgehen und Auß - fuͤhren im CXLII. Pſalm ſtehet:

Pſal. 142. v. 6
Fuͤhre meine Seele auß dem Kercker / Daß Ich dancke deinem Nahmen. ()

Worauß aber ſol Er Ihn fuͤhren? Auß Noͤthen /ſprichtChriſtliche Leich-Predigt.ſpricht Er / nennet die vorige Hertzens-Angſt Coarcta - tiones, Noͤthen / und ſolche Aengſte / die das Hertze ſo beklemmen / daß Sie nicht nachlaſſen wollen / und nen - net beſonders derer Noͤthen nicht eine / zwey / zehen / zwantzig / oder mehr / ſondern gar ſehr viel / ja alle ſeine Noͤthen / Leibliche Noͤthen / Geiſtliche Noͤthen / oder wie ſie jmmer Nahmen haben moͤgen / davon hie eine tieffe / und da eine tieffe brauſen / wie Er anderwerts alſo redet im XLII. Pſalm.

Er bittet Huͤlffe und Rettung2. Condolens vultus DEI. Fuͤrs II. â condolente vultu ſive facie DEI, Von dem Angeſicht GOttes / damit Er ſein Jam - mer und Elend mitleydig ſehen ſol / Und ſpricht / Siehe an mein Jammer und Elend.

Er nennet Jammer oder Truͤbſaal und Armuth wie das Hebræiſche Wort allhie mit ſich bringet / unnd verſtehet dadurch alles daß / was theils fuͤr ſich ſelbſt zu bejammern iſt / darumb Er mein Jammer ſaget: Theils auch / was Ihn jaͤmmerlich machet / welchesPſ. 44. v. 26. Er im XLIV. Pſalm heiſſet / zur Erden gebeuget / und biß zur Hoͤllen geniedriget ſeyn.

Er nennet Elend / oder Muͤhe / Arbeit und Wie - derwertigkeit / damit Er ſich quele. Und bittet nun / GOtt wolle diß alles anſehen / das iſt / Er wolle es Ihm als der HErr ſein Artzt / zu Hertzen gehen / und Ihn oh - ne alle erbarmung ferner in ſolchem Jammer und ElendjaChriſtliche Leich-Predigt.ja nicht ſtecken laſſen / ſondern vielmehr ſeine Huͤlffreiche Augen / ja ſein Hertz / zu Ihm wenden / Ihm zu helffen / als davon Davidanderwerts ſich verſichert weiß / daß deß HErrn Auge ſiehet auff die / ſo Ihn fuͤrchten / die auff ſeine Guͤtte hoffen / daß Er jhre Seel er -Pſalm. 33. v. 18. 19. rette vom Tode / im XXXIII. Pſalm.

Huͤlffe und rettung bittet Er auch endlich Fuͤrs III â condonante Gratiâ3. Condonans gratia DEI. DEI. Von der Gnade GOttes / umb derer willen Er Ihm alle ſeine Suͤnde vergeben ſol / Und ſpricht / Und vergieb mir alle meine Suͤnde. Wil hiemit von Grund außgeheylet ſeyn / und erkennet und bekennet ſich fuͤr einen Armen Suͤnder / unnd fuͤr ei - nen ſolchen Suͤnder / der viel tauſendfaͤltig und ſehr groͤb - lich geſuͤndiget / bittet aber aller derer Suͤnden / keine auß - genommen / vergebung / Vergebung nemlich aller an - gebornen unnd wuͤrcklichen Suͤnden / aller heimli - chen / verborgenen und offentlichen Suͤnden / aller wiſſentlichen und unwiſſentlichen Suͤnden / Aller kleinen und groſſen Suͤnden / ja Aller / Aller Suͤn - den / derer Ihn GOtt ſchuldig weiß. Und die alle ſol Ihm GOtt vergeben / oder wie das Hebræiſche Wort Sa, und das Griechiſche ἄφες mit ſich bringet / ſo all - hier ſtehet / GOtt ſol Sie von Ihm Auffheben / unnd als eine Laſt nehmen / womit Er in waarem Glauben auff den Herrer JEſumſiehet / den Ihm damalsEverheiſſe -Chriſtliche Leich-Predigt.verheiſſenen Meßiam / von demeJohannes der Taͤuf - Joh.1. v. 29.ferim I. Cap. Johan.ſaget / Siehe / das iſt GOttes Lamb / welches der Welt Suͤnde traͤgt / umb deß Willen GOtt auch jtzo ſich ſeiner erbarmen / ſeine Miſ - ſethat daͤmpffen / und alle ſolche ſeine Suͤnde hinter ſichEſa. 38. v. 17. zuruͤck / und in die Tieffe des Meers werffen ſol / Mich.7. v. 19. Eſa. XXXVIII. und Miche.VII.

O hertzliches Seufftzen! O bewehrte Artzney!

Das hie Koͤnig Davidſey erhoͤret unnd errettet worden / iſt kein Zweiffel. Und hat Er zu SaulsZei - ten / der Ihn in den Wuͤſten verfolget / diß alles fuͤr Gott im Himmel außgeſchuͤttet / ſo bezeiget es der Heilige Geiſt / wie Er iſt erhoͤret und errettet worden / und ſpricht1. Sam.23. v. 14. im XXIII. Cap. des I. Buchs Samuelis. Davidbleib in der Wuͤſten / in der Burg / und bleib auff dem Berge in der Wuͤſten Siph/ Saulaber ſuch - te Ihn ſein lebenlang / aber GOtt gab Ihn nicht in ſeine Haͤnde.

Hat Ers aber bey Abſoloms Verfolgung gebetet / ſo wiſſen wir es / wie GOtt Abſolom geſtraffet / und Da - vidauff ſeinen Koͤniglichen Thron mit ehren wider ein - geſetzet hat / außm XVIII. und XIX. Cap. des an - dern Buchs Samuelis. Hat alſo auch allhie in der That waar befunden / was Er im XVIII. Pſalm ſaget:Pſal. 18. v. 7. Wenn mir Angſt iſt / ſo ruffe Ich den HErrn an / und ſchrey zu meinem GOtt / ſo erhoͤret Er meineStim -Chriſtliche Leich-Predigt.Stimme von ſeinem Tempel / und mein Geſchrey kompt fuͤr Ihn zu ſeinen Ohren.

Uns / Ihr M. Geliebten / wird allhier eine wol -Gebrauch dieſes Stuͤcks. verſehene / wolbeſtellete / unnd freye Officin unnd Apo - theck gezeiget und weit auffgethan / worauß wir / als Ar - me Patienten / wider Hertzens-Angſt / Noth / Jam - mer / Elend / Suͤnde / Schwindſucht / und alle Kranck - heit / ja wider den Todt ſelbſt / bewehrete Artzney / Staͤr - ckung / Labſall / Lattwergen und deßgleichen holen ſol - len / beſonders Von weme / Wo durch / Und Was Fuͤr Huͤlffe wir ſuchen ſollen.

Von weme? Nicht von und bey den Verſtorbe - nen Heiligen / oder auch Engeln / davon Auguſtinusin ſeinen Dulciloquijs ſaget: Quem invenire poſ - Auguſt.lib. 2. c. 32. Dul - ciloq. ſem, qui me reconciliaret Tibi! an eundum mihi fuit ad Angelos? Sed quâ prece? quibus Sacra - mentis? Wenn koͤnt Ich finden / der mich dir verſoͤh - nete? Solt Ich zun Engeln gehen? Aber was muͤſt Ich fuͤr Gebeth an Sie thun? Was fuͤr Heilige Din - ge ſolt Ich Ihnen Opffern? Sondern einig unnd al - leine von und bey GOtt / wie allhie Davidthut; Der - gleichen mit Ihm die Iſraelitiſche Kirche gethan hat / Hoſe.VI. Kompt wir wollen wider zum HErrn / Hoſ.6. v. 1. Er hat Uns zuriſſen / Er wird uns heilen / Er hat Uns geſchlagen / Er wird Uns auch verbinden. E ijDer -Chriſtliche Leich-Predigt.Dergleichen Koͤnig Hißkiasgethan hat / in ſeiner Kranckheit / der kurtz / aber gutt betete / HErr / IchEſa. 38. v. 14. leyde Noth / lindere mirs. EſaiæXXXVIII. Cap. Wodurch aber und Wie ſollen wir bey dieſem GOtt Huͤlffe ſuchen?

Ey / Mit eim bußfertigem Gebet / wie allhie Koͤnig David/ bey deme ſich findet Erkaͤntnuͤß und berew - ung der Suͤnden / und ſpricht / Siehe an meinen Jammer und Elend. Klaget damit nicht nur uͤber euſerlichen Jammer / damit Ihn GOtt gezuͤchtiget hat - te / ſondern auch vielmehr uͤber jnnerliche Schmertzen / ſo Er ſeiner Suͤnden halber in ſeinem Hertzen empfun -Pſal. 38. v. 2. 3. 4. ſeqq. den / Uber dergleichen Er im XXXVIII. Pſalm auch klaget / unnd GOtt umb Huͤlffe und linderung bittet / HErr ſtraffe mich nicht in deinem Zorn / und zuͤch - tige mich nicht in deinem Grimm. Denn deine Pfeile ſtecken in mir / unnd deine Hand druͤcket mich. Es iſt nichts geſundes an meinem Leibe / fuͤr deinem draͤwen / und iſt kein Friede in meinen Gebeinen fuͤr meiner Suͤnde / ꝛc.

Neben dieſer hertzlichen Rewe aber findet ſich auch bey Ihm waarer Glaube / damit Er ſich an die gnaͤdi - ge Verheiſſung von der vergebung ſeiner Suͤnden / ſo Ihme GOTT auß ſeiner Gnad und Barmhertzigkeit wolle widerfahren laſſen / umb ſeines lieben Sohns vollkommener gnugthuung willen / helt / und bittet auß ſolchem Glauben / vergieb mir alle meine Suͤnde.

Worinnen wir Ihm denn billich unnd Chriſtlichnach -Chriſtliche Leich-Predigt.nachfolgen / daß wir uns auch fuͤr Arme Suͤnder fuͤr GOtt erkennen und bekennen / unſern Troſt auff ſeine Gnade unnd Barmhertzigkeit ſetzen / und in waarem Glauben auff JEſu CHRiſtithewres unnd Heiliges Verdienſt uns ſtewren und gruͤnden / in der gewiſſen Zu - verſicht / daß / wo die Suͤnde iſt maͤchtig worden /Rom. 5. v. 20. 21. da ſey doch die Gnade viel maͤchtiger / auff daß gleich wie die Suͤnde geherrſchet hat zum Tode / alſo auch herrſche die Gnade durch die Gerechtig - keit zum Ewigen Leben / durch JEſum CHRiſt/ wie alſo Paulusan die Roͤmer V. redet. Welches denn ſonderlich eines theils der aller gewiſſeſte und beſte Weg iſt / Gnade zuerlangen / anders theils iſts auch der be - ſtaͤndigſte Troſt im Sterben wider daß Sterben / auß ſo zuſchlagenem unnd glaͤubigem Hertzen ſingen und ſagen koͤnnen:

Und ob mich ſchon mein Suͤnd anficht / Dennoch wil Ich verzagen nicht / Ich weiß daß mein getrewer GOtt Fuͤr mich in Todt Sei’n liebſten Sohn gegeben hat. Derſelbig mein HErr JEſus CHriſtFuͤr all mein Suͤnd geſtorben iſt / Und aufferſtanden mir zu gut / Der Hoͤllen Glut Geleſcht mit ſeinem thewren Blut. Dem leb und ſterb Ich allezeit / Von Ihm der bitt’r Tod mich nicht ſcheidt /E iijIchChriſtliche Leich-Predigt.Ich leb oder ſterb ſo bin Ich ſein / Er iſt allein Der einige Troſt und Helffer mein.

Was fuͤr Huͤlffe ſollen wir denn nu aber alſo ſu - chen und bitten?

Bitten ſollen wir 1. Umb die Hand GOTTES / ut eruat, Daß ſie uns außfuͤhre / uñ auß der Noth reiſſe / als die wir ohne ſolche Handleitung Gottes von uns ſelbſt nirgends hin kommen koͤnnen / welche ſeine Hand aber GOtt derEſa. 41. v. 10. HErr uns zureichen hat trewlich verſprochen / im XLI. Cap. Eſa. Fuͤrchte dich nicht / Ich bin mit dir / Weiche nicht / dann Ich bin dein GOtt / Ich ſtaͤr - cke dich / Ich helffe dir auch / Ich erhalte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit.

Bitten ſollen wir 2. Umb das Antlitz GOTTES ut aſpiciat, Daß Er in Gnaden unſer Jammer und Elend anſehe / und ſich wider U ns ja nicht verſtelle / dergleichen Gna - den-Antlitz Er Uns zugeſaget: Ich ſehe an den elen - den / und der zubrochenes Hertzen iſt / und der ſichEſa. 66. v. 2. foͤrchtet fuͤr meinem Wort / Eſaiæ LXVI. Deſſen wir Ihn alß dann auch billich in wahrem und hertzlichem Vertrawen errinnern / wens Uns fuͤrkompt / alß wennPſal. 13. v. 2. Er lange ſein Antlitz fuͤr Uns verborgen habe / wieIhmChriſtliche Leich-PredigtIhm alſo auch anderwerts Koͤnig Davidthut / im LXIX. Pſalm / und ſpricht: Erhoͤre mich HErr /Pſalm. 69. v. 17. 18. denn deine Guͤtte iſt troͤſtlich / wende dich zu mir nach deiner groſſen Barmhertzigheit / und verbir - ge dein Angeſicht nicht fuͤr deinem Knecht / denn mir iſt Angſt / erhoͤre mich eylend.

Bietten ſollen wir 3. Umb die Gnade GOttes / ut pecca - ta remittat, Daß Er Uns alle Unſere Suͤnde vergebe / als welche die einige Urſache iſt aller Unſer Angſt und Schmertzen / da - rumb auch alle Heiligen da fuͤr GOtt hertzlich zu je - der und rechter Zeit gebethen haben / unnd wenn groſſe Waſſerfluthen (der Anfechtungen / Verfol - gungen / Truͤbſaln / und allerley Gefaͤhrligkeiten) kom - men / ſind Sie nicht an dieſelbigen gelanget / Nem - lich / Ihren Glauben umbzuſtoſſen / wie alſo Davidim XXXII. Pſalm bezeiget. Pſal. 32. v. 6.

O wol auch Uns / wenn wir Ihm alſo thun!

Hierauff wird Troſt folgen / und wir werden nicht umb ſonſt bethen / ſondern gewiß erhoͤret werden / lautPſal. 102. v. 18. dero goͤttlichen Verſicherungen / davon im CII. Pſalm ſtehet; Der HErr wendet ſich zum Gebeth der verlaſſenen / und verſchmaͤhet Ihr Gebeth nicht. Und widerumb im CXLV. Pſalm. Der HERR145. v. 18. 19. iſt nahe allen die Ihn anruffen / allen die Ihn mitErnſtChriſtliche Leich-Predigt.Ernſt anruffen / Er thut was die Gottfuͤrchtigen begehren / und hoͤret jhr ſchreyen / und hilfft jhnen.

Applicatio uñ Beſchluß.

Unnd alſo hat Ihm die numehr Seelige Fraw Mit-Schweſter gethan / und bey Ihrer beſchwerli - chen Leiblichen und Geiſtlichen Schwindt - und Angſt - Sucht Ihre Noth GOtt Ihrem lieben Vater hertzlich geklaget / daß die Angſt Ihres Hertzens groß ſey / Er wolle Sie mit ſeiner Hand auß Ihren Noͤthen fuͤh - ren; Mit ſeinen Vaters-Augen Ihren Jammer und Elend anſehen / und durch ſeine Gnade Ihr alle Ihre Suͤnde vergeben. Nu Sie iſt deſſen in Ihrem Hertzen verſichert gnug geweſen / unnd Ihrer Bitte vollkoͤmlich und reichlich gewehret durch erfolgeten Seeligen unnd ſanfften Abſchied auß dieſer Welt / und ſingen wir Ihr numehr nach /

Ihr Jammer / Truͤbſaal und Elend Iſt kommen zu eim ſeelig’n End. ()

Deſſen denn auch Euch hinterbliebene Hochbe - truͤbte in ewern Hertzen kraͤfftiglich verſichern wolle / der GOtt alles Troſtes: Er helffe allen geaͤngſtigten und Elenden auch noch gnaͤdiglich hindurch / Er ſtaͤrcke uns in waarem Glauben an JEſum CHriſtum/ und erloͤſe uns zu rechter Zeit durch ein Seeliges Ende von allem Ubel.

Offenbar. Joh.5. v. 13.
Ihm ſey Lob / und Ehre / und Preyß / und Ge - walt / von Ewigkeit zu Ewigkeit / ()

AMEN.

BerichtLeben und Abſchied der Seel. Verſtorb.

Bericht von dero numehr Seeligen Frawen ROSINÆLeben / Wandel und Abſchied.

WIr wenden uns nu hier auff zu dem / was von unſerer Seeligen Frawen Mit-Schweſter / der Er - baren / VielEhr - und Tu - gendtſamen Frawen Roſinen/ des gegen - wertigen Ehrenveſten unnd Wolbenambten Herrn Sigiſmund Liebiſches/ Fuͤrneh - men Buͤrgers und Handelsmannes allhier / treu - geweſenen Hauß - und Ehe-Frawen / Ihrem Le - ben / Leyden / und ſeeligem Abſcheiden kuͤrtzlich zu - berichten von noͤthen iſt. Unnd iſt dieſelbe von Chriſtlichen unnd Ehrlichen Eltern / Anno 1591. den 14. Julij zum Raudenim Lignitzſchen Fuͤr - ſtenthumb / auff dieſe Welt gebohren.

Ihr Vater iſt geweſen der Ehrenveſte undFMann -Leben und Abſchied der Seel. Verſtorb.Mannhaffte Herr George Goltz/ Buͤrger und Weinſchencke zum Rauden/ vor dieſer Zeit Ihr Kaͤyſerl. Majeſtaͤt Rudolphi SecundiGlor - wuͤrdigſten Andenckens geweſener Leib-Hetzſchie - rer und Trabant.

Ihre Mutter aber / die Erbare und Woltu - gendſame Fraw Eliſabetheine Wernerin des Geſchlechtes

Von dieſen Ihren lieben Eltern iſt Sie nicht allein / bald nach Ihrer leiblichen Geburt / zum Sacrament der Heiligen Tauffe befoͤrdert / da Sie in den Gnaden-Bund GOttes getreten / und Ihrem Erloͤſer CHriſto JEſueinverleibet / ſon - dern auch folgends zum lieben Gebet / und ſonder - lich zur Schule / darinnen Sie fertig leſen und ſchreiben gelernet / und den Grund Ihres Chri - ſtenthumbs geleget / mit Fleiß gehalten / auch zu aller Erbarkeit und GOtt wolgefaͤlligen Tugen - den angewehnet und aufferzogen worden.

Im Jahr Chriſti 1608. alß Sie das 17. Jahr Ihres Alters erreichet / haben Ihre liebe Eltern auß ſonderbahrer ſchickung des Allerhoͤch - ſten dieſe Ihre Tochter zur Ehe gegeben dem Er - baren und Wolgeachten Herrn Caſpar Neutzli - gen / damahligen Amptmanne zum Schwuſen / da Sie nur 2. Jahr unnd 15. Wochen beyſammen gelebet / und mit einem Sohn und einer TochtergeſegnetLeben und Abſchied der Seel. Verſtorb.geſegnet worden / welche auch allbereits der Mut - ter durch den Zeitlichen Todt vorangegangen.

Alß Sie nun 1. Jahr unnd 24. Wochen im Wittwenſtande zugebracht / hat Sie ſich Anno 1611 nach dem Willen des Allerhoͤchſten / wie auch mit Rath der lieben Ihrigen zum andernmahl mit gegenwertigem hochbetruͤbten Herrn Witti - ber / in ein Chriſtlich Ehegeluͤbniß eingelaſſen / worauff Sie Ihr Hochzeitliches Ehrenfeſt zum Raudengehalten / und folgenden Jahres ſich mit einander nacher Steinawbegeben / da Sie eine geraume Zeit gewohnet / biß Sie durch die allge - meine Kriegs-Unruhe in dieſes Koͤnigreich Polennebenſt vielen andern getrieben worden.

In ſolcher Ehe / darinnen Sie in rechter Lie - be / Fried und Eintraͤchtigkeit beyſammen gelebet 38. Jahr / 38. Wochen / hat Sie GOTT geſegnet mit 2. Soͤhnen / und 8. Toͤchtern / davon die zwey Soͤhne und 5. Toͤchter allbereits den Weg alles Fleiſches gegangen; Drey Toͤchter aber ſindt noch am Leben / welche hier zugegen Ihre trewge - weſene Fraw Mutter ſchuldigſter maſſen hertzlich und ſchmertzlich beklagen und beweinen.

Was Ihr Chriſtenthumb belanget / wie Sie ſich gegen GOtt / ſeinem Wort und deſſen trewe Diener / auch gegen Nachbarn und arme Noth - leydende Chriſten verhalten / hat die Seelig Ver - ſtorbene ſelber nicht gewolt / daß man viel ruͤh -F ijmensLeben und Abſchied der Seel. Verſtorb.mens davon machen ſolte / ſondern geſaget / es we - re GOtt / und denen / mit welchen Sie umbge - gangen / zur gnuͤge bewuſt und bekandt.

Sie hat ſich als eine Suͤnderin erkennet / und in tieffſter Demuth bekennet / daß Sie des Ruhms mangele / den Sie an GOtt haben ſolle. Ihre anklebende Schwachheiten unnd Suͤnden - Maͤngel hat Sie Ihrem GOtt hertzlich abgebe - ten / Ihren Heyland und Erloͤſer mit wahrem Glauben ergrieffen / unnd feſt gehalten / und zur verſicherung der Vergebung Ihrer Suͤnden ſich beym Brauch des Hochwuͤrdigen Abendmahls mit Andacht zum offtern eingeſtellet.

Was Ihre Kranckheit und Seeligen Hin - trit auß dieſem Leben betrifft / hat Sie ſich etliche Jahr hero uͤbel auff befunden / in dem Sie mit ei - nem ſteten Schwindſuͤchtigen Huſten beladen / dahero Sie vorm Jahre gantz lagerhafft wor - den / gleichwol aber durch GOttes Gnade / und ordentliche Artzney-Mittel / uͤber Menſchen ver - hoffen / ziemliche Beſſerung empfunden. Ob Sie nun zwar ſolche Zeit uͤber nirgends hinkom - men / auch Ihres kurtzen Athems halber das Hauß des HErren wenig beſuchen koͤnnen / hat Sie doch zu Hauſe Ihrem GOTT mit leſen und beten fleißig gedienet.

Jetzo vor ſieben Wochen hat Sie ſich wider - umb gantz eingeleget / da Sie ſich dann alſobalddemLeben und Abſchied der Seel. Verſtorb.dem gnaͤdigen Willen des Allerhoͤchſten ergeben / wider Ihn nicht gemurret / ſondern Ihre Seele mit Gedult gefaſſet / mit herrlichen Spruͤchen und andaͤchtigen Seufftzerlein ſich getroͤſtet und auffgerichtet / und umb ein ſanfftes und Seeliges Ende den Herren Ihren GOTT angeruf - fen / wie Ich / da ich Sie unterſchiedlichen in Ih - rer Kranckheit erſuchet / ſolches Ihr mit War - heit nachzeuge.

Nun der trewe GOTT / der Ihr richtigen Verſtand / und vernehmliche Sprache biß an Ih - ren letzten Athem erhalten und verliehen / hat Ihr ſeufftzen und Gebeth gnaͤdigſt erhoͤret / und die Seelige Fraw Roſinamden abgewichenen 12. Martij / war der Tag Gregorij / zwiſchen 2. und 3. Vhr nach Mittage / in beyſeyn der lieben Ihri - gen / durch einen ſanfften und ungezweyffelt See - ligen Todt / von dieſer viel-muͤhſeeligen Welt / ab - gefodert / und der Seelen nach in ſein Ewiges Ehren - und Frewden-Reich auffgenommen und verſetzet / als Sie Ihre Lebens-Zeit gebracht auff 58. Jahr / 36. Wochen.

Wie es dem HErren gefallen / ſo iſt es geſchehen / der Nahme des HERREN ſey gelobet. Der troͤſte den hinterlaſſenen viel - betruͤbten Herren Wittiber / nebenſt ſeinen gelieb -F iijtenLeben und Abſchied der Seel. Verſtorb.ten Frawen Toͤchtern / und Herren Eydmaͤn - nern: Verleyhe dem verblichenen Coͤrper in der Erden eine ſanffte Ruhe / und auff den zuͤkuͤnffti - gen Juͤngſten Tag eine froͤliche Aufferſtehung zum Ewigen Leben / Uns aber nach ſeinem gnaͤdi - gen Willen unnd wolgefallen eine ſeelige Nach - farth / umb JEſu CHriſtiunſers Heylan - des und Seeligmachers Willen AMEN.

[figure]

Grabmal Nach gehaltener FUNERATION und Begraͤbnuͤß der Seelig - erblichenen Frawen Roſinen Lie - biſchin / gebohrnen Goltzin/ Zu letzten Ehren und ſtetem Gedaͤcht - nuͤß auffgerichtet

Von Casparo Heuschelio, RAUTENATE SILESIO.

Chriſtliche Abdanckung.

EDle / Wol-Ehrenve - ſte / Großachtbare / Hochge - lahrte / Hoch - unnd Wolweiſe / Ehrenveſte / Wolbenambte / Er - bare / Kunſtreiche / Wolgeachte / Nahmhaffte / Ehrſame unnd Vorſichtige / inſonders Groß - guͤnſtige / hoͤchſtgeehrete Herren / und vielwerthe Freunde.

Deßgleichen /

Wol-Edel-gebohrne / Edle / Wol-Erbare / VielEhren - und Tugendreiche / Erbare und Tugend - ſame Frawen und Jungfrawen;

Wann wir die Buͤcher ſo wol Geiſtlicher als Welt - licher Hiſtorien auffſchlagen / und uns darinnen umb - ſchawen / ſo ſehen und befinden wir / daß den Verſtorbe - nen zu Zeiten herrliche Monumenta, ruͤhmliche Epita - phia, und ſonderbare Grabmale zubereitet und auffge - richtet worden.

Cit. Joh - Heerm.P. II. Lab. ſacr. p. 18. Edit. Goslar.

Von dem Grabe Joſuædes fuͤrnehmen Fuͤrſten unnd tapfferen Heldes in Iſraelberichten die Hebræi - ſchen Lehrer / daß darauff pro Emblemate das Bildniß der Sonnen geſtanden / mit dieſen Worten: Sol contraGabaoChriſtliche Abdanckung. Gabaonemne movearis: Sonne ſtehe ſtille zu Gibeon; Zum Gedaͤchtnuͤß des herrlichen Wunder - werckes / da dieſer ſtreitbare Mann von GOtt ſo viel erhalten / daß die Sonne und der Mond einen gantzen Tag ſtille geſtanden / biß Er die Feinde ſeines Volcks gedaͤmpffet und uͤberwunden / Joſ. 10. Joſ. 10. v. 12. 13.

Von dem Ertz-Vater Jacob erzehlet Moſe / daß / als derſelbe nach ſeiner zwantzigjaͤhrigen Dienſt - barkeit auß Meſopotamiawiderumb ins Land Cana - an gezogen / und auff ſolcher Reiſe ſeine allerliebſte Ra - hel uͤber der harten Geburth des Benjamins den Geiſt auffgegeben / Er Ihr zum Gedaͤchtnuͤß nicht weit von Bethlehem/ wo Ihr Leichnamb begraben worden / ein Grabmal auffrichten laſſen / I. Buch Moſe XXXV.1. Buch Mo - ſe 35. v. 20 welches noch zu Saulszeiten geſtanden und zu ſehen geweſen / wie auß dem X. Capitel des I. Buches Sa - mueliserſcheinet.

Von Clodio Hilariodem Edlen Roͤmer iſt be - kandt / daß / als Julia Priſca / ſeine hertzliebſte Ehe - Gemahlin / Ihm durch den Todt entzogen / Er Ihr zu Ehren ein Grabmal auffrichten / und dieſe Worte dar - auff ſchreiben laſſen: Nihil in me unquam peccavit, niſi quod mortua eſt; Nichts weiß ich / das Sie mir zu wider gethan: Nichts / nichts iſt / daruͤber ich zuklagen habe / als daß Sie durch den Todt von mir geſchieden.

Jetzo bin ich auch entſchloſſen / der Seeligen Frawen Roſinen Liebiſchinzu letzten Ehren ein Grabmal auffzurichten / daran pro Emblemate dasGBild -Chriſtliche Abdanckung.Bildnuͤß der Sonnen ſtehen ſol / mit dieſer beygeſetzten Grabſchrifft;

Hier liegt ein Weibesbild im Todten-kaͤmmerlein /
So Ihrem Hauſe war ein heller Sonnenſchein.

Dieſes Grabmal ſol der Seeligen Frawen zu ſon - derbarem Ruhm und Gedaͤchtnuͤß ſtehen / ſo lange das Gebewde dieſer Welt ſtehen wird. Denn nicht nur die Maͤnner / ſondern auch die Weibes-Bilder / fuͤrnehm - lich aber GOtt - und Ehr-Liebende Ehe-Frawen zu allen Zeiten Ihren Ruhm unnd Ehren-Lob gehabet unnd erhalten.

Ruͤhmlich iſt es Ihnen / daß Sie von GOtt ſel - ber des Mannes Gehuͤlffen genennet werden / I. B.1. Buch Mo - ſe 2. v. 18. Moſe II. Capitel.

Ruͤhmlich iſt es Ihnen / daß Sie genennet werden Fruchtbare Weinſtoͤcke umb Ihre Haͤuſer her -Pſal. 128. v. 3. umb / Pſal. CXXVIII.

Ruͤhmlich iſt es Ihnen / daß der weiſe Koͤnig Sa - lomoein fleißig Weib des Mannes Krone nennet /Spruͤche Sal. 12. v. 4. in ſeinen Spruͤchen XII. Capitel.

Beſonders aber halte Ich dafuͤr / daß es Ihnen zu unſterblichem Lob und Ruhm gereiche / wenn eine fro - me und haͤußliche Ehe-Fraw die Sonne des Hau - ſes genennet wird. Maſſen dann unterſchiedene / be - kandte / und umb die Kirche Chriſtiwolverdiente Theo - logi und Lehrer in Ihren Schrifften an - und außgefuͤh - ret / daß Tugend-Liebende Ehe-Frawen mit der SonnenauffChriſtliche Abdanckung.auff gewiſſe Maaß nicht unfuͤglich koͤnnen vergliechen werden.

Wahr und klar iſt es / daß die Sonne / als das Syr.42. v. 17 groſſe Auge / aller Welt Liecht gebe / am Himmel Ihren Lauff richtig halte / ja als ein fleißiger WaͤchterCap. 34. v. 11. fuͤr die gantze Welt wache / und ſich doch nicht muͤde wa - che: Daß Sie durch Ihren Lauff alles / ſo auff Erden unter dem Mond begrieffen / erwaͤrme unnd erquicke / fruchtbar und wachſende mache / wie Lactantiushier - von ſchreibet.

Wahr und klar iſt es / daß die Sonne / wenn ſie Syr.26. v. 21. auffgegangen / eine ſchoͤne Zierde des blawen Himmels / eine Ehre Ihres groſſen HErrn undCap. 43. v. 5. Schoͤpffers / und mit Ihrem ſchnellen Lauffe ein Ruhm des Allerhoͤchſten ſey / SyrachXXVI. und XLIII. Cap. Daß Sie den Menſchen lieb und werth /Predig. Sa - lom.11. v. 7. und mit Ihrem angenehmen Liechte unſern Augen lieblich zu ſehen ſey / Predig. Salom.XI. Capitel.

Wahr unnd klar iſt es / daß die Sonne zuweilen auch eine Finſternuͤß leyden muß; Daß Sie mit einer ſchwartzen unnd dicken Wolcke uͤberzogen / unnd Ihre Klarheit bedecket wird: Daß Sie auch gar unter - gehet / und Ihr Schein uns entzogen wird.

Unleugbar iſt es alſo auch / daß eine fleißige und haͤußliche Ehe-Wirthin / als das Auge im Hauſe / ge - nawe Auffſicht halte / und unverdroſſen dahin ſehe / da - mit alles in ſeiner richtigen Ordnung ſtehe und gehe / und ſchaͤdlicher Verluſt abgewendet unnd verhuͤttet werde:G ijDaßChriſtliche Abdanckung.Daß Sie / nechſt GOtt / alles in Ihrem Hauſe / durch Ihren richtigen Lauff und fleißige Auffſicht / in guttem Wolſtande erhalte; Daß Sie das Ihre embſig unnd fruchtbarlich verrichte / dadurch Ihr Hauß und Kinder / Ihre Nahrung und Guͤtter je mehr und mehr gebeſſert und wachſende gemacht werden. Dannenhero der weiſe Koͤnig Salomoeine ſo fleißige Hauß-WirthinSpruͤche Salom.31. v. 14. einem Kauffmanns Schiff / das ſeine Nahrung von ferne bringet / wol und weißlich vergliechen / in ſeinen Spruͤchen XXXI. Capit.

Syr.26. v. 21.

Unleugbar iſt es / daß eine Tugendſame Ehe - fraw eine ſchoͤne Zierde ſey / eine Zierde IhresSpruͤche Sa lom.31. v. 19. Hauſes / eine Zierde Ihres Hauß-Herrens / ſein Ruhm in den Thoren / ſein Ruhm bey den Elte - ſten des Landes / Spruͤch. Salom.XXXI. Dahero1. Cor. 11. v. 7. Spruͤche Sal.12. v. 4. heiſt Sie Ihres Mannes Ehre / I. Corinth. XI. Ih - res Hauß-Wirthes zierende Crone / Spruͤch. Salom.XII. Daß Sie Ihr fromer Eheherr unter allen zeitlichen Dingen fuͤr das edleſte / fuͤr das thewreſte / fuͤr das liebſte halte; daß Sie auch ſeinen Augen lieblich zu ſehen ſey / wie Salomovon der Himmels-Sonne redet.

Unleugbar iſt es / daß an der Hauß-Sonnen auch bißweilen eine verfinſterung ſich begiebet: Daß etwa eine truͤbe Wolcke auffzeucht / damit die liebliche Klarheit dieſer Sonnen uͤberzogen und bedecket wird / wenn im Hauß - und Eheſtande viel unnd mancherley Creutz / wie ein Wetter / daher koͤmpt. Nichts deſto weniger aber ſe - hen und erfahren wir / daß dieſer Sonnen-Glantz durchallesChriſtliche Abdanckung.alles Gewoͤlcke der Truͤbſeeligkeit dringe / daſſelbe zer - treibe / und endlich gar verjage: Daß es alsdenn heiſſet / wie das Sprichwort lautet / Poſt nubila Phœbus:

Nach truͤbem Wetter ſcheint die Sonne:

Auff Trawrigkeit folgt Frewd und Wonne. So es aber geſchiehet / daß dieſe Hauß-Sonne gar unter - gehet / und durch den Todt Ihren Abſchied nimpt / Ach da bricht die finſtere unnd trawrige Nacht herein! O da ſcheinet es / als ſolte alles im Hauſe zugleich mit unterge - hen! Sonderlich gehet unter des Mannes Trewe: Es gehet unter ſeine Frewde: Es gehet unter ſein Troſt. Er ſiehet nichts als lauter Verluſt; Verluſt im Hauſe / ver - luſt im Hertzen. Ach ſein Hauß faͤnget an zu zittern und ſich zuerſchuͤttern / in dem die eine Saͤule nicht ohne groſſe Bewegung deſſelben darnieder faͤllet. Ach ſein Hertz wird Ihm von einander geſpalten / in dem die ab - geriſſene Helffte in die tieffe Erde verſcharret wird / die andere Helffte aber verwundet / und gleichſam blutruͤn - ſtig in Ihm hangen bleibet. Solte nu das nicht Schmer - tzen bringen? Solte es nicht klaͤglich unnd erbaͤrmlich ſeyn?

Ein ſo trawriger Aſpect hat ſich nun auch den ab - gewichenen 12. Martij an dem Hauß-Himmel des an - weſenden vielbetruͤbten Herrn Wittibers ereygnet und begeben: Ein ſo ſchmertzlicher Trawr - und Todes-Fall hat ſich mit der Erbaren / Viel-Ehr - und Tugendſamen Frawen Liebiſchinzugetragen. Was dieſelbe fuͤr ei - ne Sonne Ihres Hauſes / was fuͤr eine Zierde Ih -G iijresChriſtliche Abdanckung.res Ehe-Herrns / was fuͤr ein ſcheinendes Liecht Sie geweſen / erkenne ich mich zu wenig / ſolches außzufuͤhren. Nicht ich / ſondern ein Cicero / nicht ich / ſondern ein Demoſthenes ſolte Ihre Tugenden ruͤhmen und prey - ſen. Unleugbar iſt es / daß Sie eine rechte Hauß - Sonne geweſen. Aber / ach leyder! Sie iſt es gewe - ſen / unnd iſt es jetzo nicht mehr. Ach! Sie iſt unterge - gangen: Ihr Schein und Glantz hat ſich verlohren: Ihr Coͤrper iſt ſchon unter die Erde begraben / da er ver[-]weſen und vermodern ſol.

Von den Indianern lieſet man / daß Sie die Son - ne / wenn Sie auffgehet / anbeten / mit Carminibus und von Altersher gebraͤuchlichen Lobgeſaͤngen preyſen / und Sie mit froͤlicher Gluͤckwuͤntſchung empfangen: Wenn Sie aber ſich wider zum Untergange neyget / klaͤglich und trawrig ſich daruͤber geberden. Nun wird zwar ſolcher Heydniſcher und abgoͤttiſcher Gebrauch bey uns Chri - ſten nicht obſerviret und gehalten: Nichts deſto weni - ger aber ſehen und befinden wir / daß mit den Hauß - Sonnen unter uns faſt derogleichen ſich begebe.

Alß dieſe Sonne / die Seelig-erblichene / anfangs Ihren Chriſtlichen Eltern / im Jahr Chriſti 1591. den 14. Julij zum Raudenin Schleſien/ in Ihrem Hauſe auffgegangen / mit was fuͤr Frewde und Gluͤckwuͤnt - ſchung hat man Sie empfangen und angenommen!

Als Sie nachmals 1611. am Hauß-Himmel Ih - res damaln liebſten Braͤutigambs / und nun biß ins 39. Jahr trewgeweſenen Ehe-Herrns / jetzo vielbetruͤbtenHerrnChriſtliche Abdanckung.Herrn Wittibers / auffgegangen / mit was fuͤr Frewden unnd Gluͤckwuͤntſchung iſt Sie empfangen und ange - nommen! Nun aber nachdem Sie untergegangen / und durch den Todt Ihren Abſchied genommen / mit was fuͤr naſſen Augen hat man Ihr nachgeſehen! Mit was fuͤr trawrigen Geberden hat man Sie begleitet! Mit was fuͤr ſchmertzlichen Worten hat man Sie beklaget!

O wie lichte war es / weil dieſe Sonne noch ſchien /
O wie finſter iſt es nu / nachdem Sie trawrig unter -
gegangen!
Finſter iſt es in allen Gemaͤchern / in allen Winckeln
des Hauſes.
Finſter iſt es in dem Hertzen des Hoͤchſtbetruͤbten
Herrn Wittibers.
Finſter iſt es in den Hertzen der hoͤchſtbetruͤbten Fra -
wen Toͤchter.
Finſter iſt es in den Hertzen der vielbetruͤbten Her -
ren Eydam-Soͤhne.
Finſter iſt es in den Hertzen der hinterlaſſenen Kinds -
Kinder.
Finſter iſt es bey der gantzen leydtragenden Freund -
ſchafft.
Finſter iſt es bey allen denen / welchen die Seelige
Fraw als eine Sonne geſchienen / und Sie mit
Wolthun erfrewet und erquicket hat.

Gleich wie wirs aber gewiß ſeyn / daß die Him - mels-Sonne / wann Sie untergehet / und Ihren Schein fuͤr uns eine kleine Zeit verbirget / nicht gar verdirbet /ſondernChriſtliche Abdanckung.ſondern in dem andern Hemiſphærio, oder / wie man ins gemeinredet / in der newen Welt ſcheinet / und auff den Morgen mit Ihrem Glantze wider auffgehet / und lieblich herfuͤr koͤmpt: Alſo ſind wir es auch gaͤntzlich verſichert / daß dieſe Hauß-Sonne nicht gantz unter - gegangen; ſondern Sie leuchtet und fuͤnckelt der See - len nach im Hauſe GOTtes / in der rechten newen Welt: Ihr Leib / der jetzo ſeinen Niedergang in die Er - de genommen / wird auff den Morgen des Juͤngſten Ta - ges wider herfuͤr kommen / und mit der Seelen vereini - get wird erleuchten wie des Himmels-Glantz / leuch - Dan.12. v. 3. ten wird Er wie die Sternen / Dan.XII. Leuch - Matt.13. v 43 ten wird Er wie die Sonne / Matth.XIII. Cap.

Nun die Seelige Fraw Roſinaniempt jetzo Ihren endlichen Abſchied / und ſegnet zum Valet die hin - terbliebenen durch mich alſo:

Seyd geſegnet hertzliebſter Ehe-Schatz! Seyd geſegnet hertzliebſte Kinder unnd Kinds-Kinder! Seyd geſegnet Ihr meine trewgeweſene Herren Eydam-Soͤhne! Seyd geſegnet Ihr meine ge - liebete Anverwandte und gutte Bekandte! Seyd beſtaͤndig im Glauben! Seyd feſte und unbeweg - lich in der Hoffnung! Seyd meine durch Lėyd und Streit / durch Noth und Todt ſtandhaffte und ſeelige Nachfolger! Ach nun ſeyd Alle zu viel tau - ſent mahlen geſegnet / unnd GOtt zu Gnaden empfohlen!

IchChriſtliche Abdanckung.

Ich hoͤre aber die Seelige Fraw noch eins auß Ihrem Grabe ruffen: Ich hoͤre Sie mit dem erſten Buchſtaben Ihres Nahmens uns zuruffen / Re - quieſco:

Ich lieg im Grab und ruhe wol:
Nichts mich unruhig machen ſol.

Ach Ihr meine Allerliebſte / was betruͤbet euch mein Seeliger Abſchied? Requieſco / Ich ruhe. Wie offt hab Ich gewuͤntſchet! Wie vielmahl hab ich geſeuff - tzet! Wie ſehnlich hab Ich geruffen!

O du edles Frewden-Leben!
O du edle Herrligkeit!
Wenn wirſtdu mir einmahl geben
Ruh fuͤr mein Muͤhſeeligkeit?

Nun aber laß ich meine Stimm erklingen / nu nu kan ich mit Frewden ſingen:

Ich bin gefuͤhrt auß Angſt und Noth:
Ich ruh und ſchlaffe ſanfft in GOtt /
Der mich nu hat entbunden.

Ich ruhe in meiner Kammer / darinnen IchEſa. 26. v. 20. mich einen kleinen Augenblick verborgen / biß der Zorn fuͤruͤber gehe / Eſa. XXVI.

Ich ruhe von aller Muͤhe und Arbeit / Of -Offenb. Joh[.]14. v. 13. fenb. Joh.XIV.

HIchChriſtliche Abdanckung.
Eſa. 35. v. 10.

Ich ruhe von allem Schmertz und Kranck - heit / Eſa. XXXV.

Buch der Weißh. 3. v. 1.

Ich ruhe von aller Qual unnd Hertzleyd / Buch der Weißheit / III.

Ich ruhe unnd habe Friede von der Suͤnde / die kan mich nicht mehr anfechten.

Ich ruhe und habe Friede von dem Fluch des Ge - ſetzes / der kan mich nicht mehr ſchrecken.

Ich ruhe und habe Friede von dem Teuffel / der kan mich nicht mehr anſprengen.

Requieſco in pace, Ich ruhe und ſchlaffePſal. 4. v. 9. gantz mit frieden / denn der HErr hilfft mir / daß ich ſicher wohne / Pſal. IV.

Ja ich hoͤre die Seelige Fraw noch eins mit dem erſten Buchſtaben Ihres Nahmens uns zuruffen; Reſurgam.

Ich werde wieder aufferſtehen / Und in die Herrligkeit eingehen.

Ach Ihr meine Allerliebſte / was kraͤncket euch mein Seeliger Hintrit? Wir werden nicht ewig geſchieden / nicht ewig getrennet ſeyn und bleiben. Wir ſind es ge - wiß / daß die Stunde kommen wird / in welcher al - le / die in den Graͤbern ſind / die Stimme deß Soh - nes GOttes hoͤren / und die da guts gethan haben herfuͤr gehen werden zur Aufferſtehung des Le - Joh.5. v. 28. 29. bens / die aber uͤbels gethan / zur Aufferſtehung des Gerichts / Johann.V. Dann werde ich auchdieChriſtliche Abdanckung.die Stimme meines Heylandes hoͤren; Dann werde ich auffwachen / und auß dem Staube der Erden herfuͤr gehen. Reſurgam in gloria, Ich werde aufferſte - hen in Herrligkeit / nach Sanct PauliAußſpruch /1. Cor. 15. v. 43. I. Corinth. XV.

Mein Leib wird ſchoͤn verklaͤret ſeyn /
Und leuchten wie der Sonnenſchein.

Das wird geſchehen und erfuͤllet werden / wenn JEſus CHriſtusdie Sonne der Gerechtigkeit auff den froͤlichen Morgen des Juͤngſten Tages auffgehen und erſcheinen wird / Malach.IV. Wenn unſer Lieb - Malach.4. v. 2. ſter Seelen-Braͤutigamb kommen wird / ſeine Glaͤubi - gen einzufuͤhren in das Hauß ſeines Vaters / dar - innen viel Wohnungen ſind / Johan.XIV. in das Johann.14. v. 2. Hauß / darinnen keine Nacht ſeyn wird / in das Hauß / darinnen das Liecht der irrdiſchen Sonne nicht von noͤthen / ſondern GOtt der HErr ſelbſt uns ewig leuchten und erleuchten wird / Offenb. Johan.XXII. Wann unſer trawter ImmanuelunsOffenb. Johann.22. v. 5. ſeinen Außerwaͤhleten zuruffen wird; Kompt her jhr Geſegneten meines Vaters / ererbet das Reich / das euch bereitet iſt von anbegin der Welt / Matth.XXV. Matth.25. v. 34.

Da wird zuſammen kommen /
Was ſcheidet hier der Todt:
Da wird ſeyn weggenommen
Suͤnd / Jammer / Angſt und Noth.
H ijFahrChriſtliche Abdanckung.
Fahr hin all Trawrigkeit!
GOtt / deme wir getrawet /
Ein Frewden-Hauß gebawet
Hat uns in Ewigkeit.

Da wird Frewde / da wird lieblich weſen / da wird Herrligkeit ſeyn / Herrligkeit / die kein Auge geſe - hen / die kein Ohre gehoͤret / Frewde / die in keines Menſchen Hertzkommen / Frewde / die GOtt be - reitet hat denen / die Ihn lieben / wie der außerwaͤh -1. Cor. 2. v. 9. lete Ruͤſtzeug GOttes S. Paulusam II. Cap. ſeiner I. Epiſtel an die Corinth. ſchreibet.

O wie werden wir da jubiliren und frolocken! O wie werden wir da einander ſo freundlich unnd mit hoͤch - ſter Frewde empfangen und annehmen!

Da werden wir uns alle kennen:
Da werden wir fuͤr Liebe brennen:
Da wird der Todt nicht mehr uns trennen.
Ey nun ſo ſey du auch geſegnet / O ſeelige Fraw
Roſina!
Sey geſegnet von deinem biß ins 39. Jahr trew
geweſenen Ehe-Herrn!
Sey geſegnet von deinen hinterbliebenen Frau -
en Toͤchtern!
Sey geſegnet von deinen geliebten Herren Ey -
dam-Soͤhnen!
Sey geſegnet von deinen nach gelaſſenen lieben
Kindskindern!
SeyChriſtliche Abdanckung.
Sey geſegnet von deinen Verwandten unnd
gutten Bekandten!
Sey geſegnet von uns allen zu viel tauſent
mahlen!
Es ſey geſegnet dein Seeliger Außgang auß
der Welt!
Es ſey geſegnet dein jtzt gehaltener Eingang in
das Grab!
Es ſey geſegnet deine Ruhe im friſchen Kaͤm -
merlein!
Es ſey geſegnet dein Außgang auß dem Grabe /
Dein Eingang in den Himmel / den du
dermaleins dem Leibe nach mit Frewden
halten wirſt.
Nu ſo ruhe und ſchlaffe im Nahmen JEſu/
Der ſey mit dir! Der ſey auch mit uns / und helffe /
Daß wir dort in dem Himmelreich
Einander wider ſehn zugleich!

Daß aber meine Groß-Guͤnſtige und Hochgeeh - rete Herren allerſeyts / wie auch die loͤblichen und Tu - gendſamen Frawen und Jungfrawen auff vorgehendes Anſuchen und Bitten ſich ſo willigſt erwieſen / und nicht nur den erblaſſeten Coͤrper der Seelig-Verſtorbenen Frawen Roſinæzu ſeiner Ruhe-Kammer / ſondern auch die Leydtragenden biß hieher haben begleiten helf - fen / und alſo dem Chriſtlichen Leich-Proceß denen be - truͤbten zu ſonderem Troſt / der Seeligen Frawen zu letz -H iijtenChriſtliche Abdanckung.ten Ehren / und Ihnen ſelbſt zur heylſamen Erinnerung Ihres Abſchiedes / in ſo anſehnlichem Comitat beywoh - nen wollen / erkennen die Leydtragende / als der anwe - ſende hoͤchſtbetruͤbte Herr Wittiber / Frawen Toͤchter / und Herren Eydam-Soͤhne / fuͤr ein Zeichen hertzliches Mittleydens / unnd bedancken ſich gegen die Herren / Frawen unnd Jungfrawen durch mich Dienſt - und Eh - ren-Freundlichſt / mit Erbiettung / ſolchen Lieb - und Eh - ren-Dienſt in aller vorfallender / doch wuͤntſchende / nicht in ſo trawriger Begebenheit / hinwider zu demeri - ren / und hoͤchſter Moͤgligkeit nach zubeſchulden.

JEſus CHRiſtus/ die waare und klare Sonne / ſcheine und leuchte uns in der Fuͤnſternuͤß dieſes Lebens / ſcheine uns durch den fuͤnſtern Creutz - und Todes-Thal / ſcheine uns biß in den lichten Himmels-Saal / da es wie der Son - nenſchein ewiglich wird ſeyn: Da unſer Mund voll Lachens / Unſere Zunge voll Ruͤhmens / und Unſer Hertz voll Frewden ſeyn / unnd ohn Ende bleiben wird.

About this transcription

TextHOMO SPIRITUALITER Phthisicus
Author Johann Holfeld
Extent62 images; 11489 tokens; 3400 types; 77712 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationHOMO SPIRITUALITER Phthisicus Geistlich Schwindsüchtiger und von Hertzen bekümmerter und betrübter Mensch/ Auß dem XXV. Psalm. 17. 18. Die Angst meines Hertzens ist groß/ etc. Bey Christlicher Leich-Bestattung Der Erbarn/ Wol- und Viel-Ehr- und Tugendtreichen Frawen ROSINÆ gebohrnen Goltzin Johann Holfeld. . 63 Wigand FunckPolnisch Lissa1650.

Identification

Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 B 565/22 / 347551

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

Editorial statement

Editorial principles

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:26Z
Identifiers
Availability

Dieses Werk steht unter der „Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz“ (CC BY-SA).

Holding LibraryUniversitätsbibliothek Breslau
ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 B 565/22 / 347551
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.