PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1]
Eine Leichpredigt /
Bey dem Chriſtlichen Leichbegengnuß / deß weyland Ehrnueſten vnd Wolweiſen Herrn Autor Beſe - ken / geweſenen Buͤrgermei - ſters in der loͤblichen Stadt Braunſchweig /
Welcher den 6. Julij, Anno 1574. in GOtt ſeliglich entſchlaffen / vnd inn der Pfarrkirchen S. Catharinæ im Hagen ehrlich zur Erden beſtat - tet iſt. Gehalten durch Martinvm Chemnitivm, der H. Schrifft Doctorn / vnd der Kirchen zu Braunſchweig Superintendenten. Psalm. 112. In memoria æterna erit juſtus. Deß Gerechten wird nim̃ermehr vergeſſen.
Hamburg/
[2]
Bernhardvs.
Quocunque loco fuero,
Jesvm meum deſidero:
Quàm lætus, cùm invenero,
Quàm felix, cum tenuero.
Ach Jeſu trewer Heyland mein /
All Augenblick begehr ich dein:
Mein frewd iſt / anzuſchawẽ dich /
Vnd bey dir leben ewiglich.
[3]
Den Erbaren vnd Wolge - achten Daniel Beſeken / deß Keyſerlichen freyen Stifftes zum Berge vor Magdeburg / Vorwalter auff dem groſſen Hoffe Preſter. Vnd Paul Henckel / Deren von Schulenburg Ver - walter auff dem Schloß Derbſen vor Leipzig. Meinen Großguͤnſtigen lieben Herren Schwaͤgern vnd guten Freunden.
ERbare vnd wolge - achte liebe H. Schwaͤ - gere:

Sehr troͤſtlich ſa - get Dauid im 10. Pſal. A ijDu4Vorrede.Du HErr ſiheſt ja / denn du ſchaw - eſt das Elend vnd Jammer / es ſte - het in deinen Henden / die Armen befehlens dir / du biſt der Waͤyſen helffer. Vnd lehret darinne / daß ſich alle arme verlaſſene Waͤiſen frewen vnd troͤſten ſollen / daß der Allmechtige Gott auch jhr Schutz - herr / Helffer vnd Troſt ſein wolle. Dieſer Troſt aber ſtehet erſtlich hierinnen / wenn Dauid ſagt: Der HErr ſiehet vnd ſchawet den zu - ſtand der verlaſſenen Waͤyſen / vnd iſt jhr helffer. Vnd Pſalm. 146. Der HErr behuͤtet die Waͤyſen. Jtem / Der HErr iſt ein Vater der Waͤy - ſen / Pſal. 68. deme Chriſtliche ab - ſterbende Eltern die jhrigen befeh - len / vnd dahin ſie auch jhr Kindli - che zuflucht vnd vertrawen haben ſollen. Es iſt war / der AllmechtigeGott5Vorrede.Gott iſt vmb Chriſti ſeines Sohns willen / vnſer aller Vater / Eſa. 64. Vnd Chriſtus vnſer HErr ſpricht / Johan. 20. Jch fahre auff zu mei - nem Vater / vnd zu ewrem Vater. Vnd S. Paulus der Apoſtel ruͤh - met vnd ſaget / Epheſ. 3. daß der Vater vnſers HErrn Jeſu Chriſti / ſey der rechte Vater vber alles / das da Kinder heiſſet / im Himmel vnd auff Erden. Dieweil aber dem HErrn vnſerm Gott die armen Waͤißlinge in dieſer Welt zuſter - ben / darumb ſo wird er gleich inſon - derheit / vnd außdruͤcklich genant ein Vater derſelben. Warlich er iſt jhr Vater / vnd wil jhr Vater ſeyn / vnd ſie ſollen ſchutz vnd ſchirm / Ehr vnd foͤrderung von jhm haben / wie abermahls der HErr Chriſtus ſehr troͤſtlich ſpricht Johan. 14. Non re -A 3linquam6Vorrede.linquam vos orphanos. Jch wil euch nicht waͤyſen laſſen. Solches bezeugen auch die Exempel: Eſther das gottfuͤrchtige Megdlein / hatte weder Vater noch Mutter / vnd ſie war ein ſchoͤnes frommes Kind / vñ da jhr Vater vnd Mutter geſtor - ben / nam ſie Mardachai auff zur Tochter. GOtt ſchickts / Gott gabs / die Eſther kam an den Hoff des Koͤniges Ahaſveri, ein reicher Herr vber 127. Laͤnder / der gewann Eſther lieb vor allen andern / vnd ſetzte die Koͤnigliche Kron auff jhr Heupt / vnd macht ſie zur Koͤnigin an der ſtoltzen Vaſthi ſtat / Eſther am 2. Cap.

Alſo ſahe auch GOtt auff den verweiſeten Johannem den Teuf - fer vnd Chriſti vorleuffer / vñ erhielt jhn / biß er ſolt herfuͤr treten / fuͤr dasVolck7Vorrede.Volck Jſrael / Luc. 1. Vnd es ſte - het fuͤr augẽ in aller Welt / in Staͤd - ten vñ Doͤrffern / wie der liebe from - me getrewe Gott / verlaſſene Wid - wen vnd Waͤiſen / denen die jhrigen fruͤhe abgangen / vnd manchmahl nicht vielmehr / denn allein vnd fuͤr - nemlich einen gnedigen Gott im Himmel vnd auff Erden / einen gu - ten ehrlichen Namen hinterlaſſen / ſie aber ſich auch ſelbſten daheim vñ in der frembden / ehrlich vnd froͤm - lich verhalten haben / wunderbar - lich verſorget / fortgebracht / zum Ehrenſtand vnd jhrem Hauſe ge - holffen hat. O wie mancher iſt im Geiſtlichen Stand / im Weltlichen Ampt / im buͤrgerlichen Leben / han - del vnd wandel / der da aus danck - barlichem hertzen ruͤhmen vnd ſa - gen muß / vnd Gott die ehre gebenA iiijmit8Vorrede.mit Dauids worten: Pater & ma - ter dereliquerunt me, Dominu[s]autem ſuſcepit me. Mein Vater vnd Mutter haben mich verlaſſen / aber der HErr mein Gott hat mich auff vnd angenommen / vnd zu Eh - ren bracht / Pſal. 27. Quis ſicut Do - minus Deus noſter? Wer iſt wie der HErr vnſer GOtt? der ſich ſo hoch geſetzet hat / vnd auff das nie - drige ſiehet im Himel vñ Erden / der den geringen auffrichtet auß dem Koth / daß er jhn ſetze neben die Fuͤr - ſten ſeines Volcks / exclamirt Da - uid / vnd mit demſelben gar viel fromme Chriſtliche Hertzen.

Dieſen herrlichen Troſt / gnedi - gen Segen / Vaͤterliche huͤlffe vnd reichliche befoͤrderung deß allmech - tigen Gottes / muͤſſen wir / Erbare vnnd wolgeachte lieben HerrenSchwaͤ -9Vorrede.Schwaͤger / mit allen Chriſten auch ruͤhmen / loben vnd preyſen. Dann nach dem der Allmechtige guͤtige Gott / nach ſeinem heiligen willen vnd wolgefallen vnſere liebe Eltern: Ewren lieben Herrn Vater ſeligen Autor Beſeken / vnd Ludolph Hen - ckel / vnd darnach auch ewre liebe Mutter ſelige Anna Schorkop - pes / vnd Dorothca Beſeken. Vnd darnach auch meinen lieben Vater ſeligen Hans Halebecken / vnd mei - ne liebe Mutter ſeligen Chriſtina Hoppenhoͤuedes / alle Chriſtlieben - de hertzen / auß dieſem Jammerthal ſelig abgefordert / vnd jhre Kinder Waͤiſen werden laſſen / haben wir inn der that erfahren / daß Dauid recht redet / Pſalm. 10. daß Gott der Waͤiſen helffer / vnd jhr Vater ſey. Wie dann der allmechtige GOtt /A vſolches10Vorrede.ſolches auch an mir vnd meiner lie - ben Haußfrawen / ewer lieben Schweſter Catharina Beſeken / vnd auch euch ſelbſt / vnd allen den vnſerigen reichlich bewieſen. Vnd ſonderlich / daß ich dieſes vor allen in GOtt preyſe / daß / nach dem ich meine Studia in patria zu Plawe / auch zu Roſtock / Parchim vñ Mal - chin in Mechelnburg habe angefan - gen / vnd ferner zu Saltzwedel vnd Braunſchweig / dieſelbe zu conti - nuiren mich auffgehalten. Vnd letz - lich gen Helmſtedt auff die Acade - mien gereiſet / vnd zu dem Ehrwuͤr - digen / Achtbarn vnd Hochgelarten Herrn Henrico Boethio, der H. Schrifft Doctorn vnd Profeſſorn ins Hauß kommen / ins dritte Jahr bey jhm gewohnet / vnd mein ſtudi - um Theologicum meiſtestheilsgewar -11Vorrede.gewartet hab / biß ſo lange ich ſolte zu Dienſt befoͤrdert / vnd gen Gar - delegen durch Doctorem Iohan - nem Sigfried Medicũ Helmſtad: zum Conrectorat beſtellet worden. Da ſchickts vnd giebts Gott / daß ich auff guten rath durch den Ehr - wuͤrdigen vnd wolgelarten Herrn M. Rhodolphum Hildebrandt, Pfarrherrn zu S. Catharinæ inn Braunſchweig / vmb ewere liebe Schweſter Catharina / meine jetzi - ge eheliche Haußfraw / ehrlich wer - ben laſſen / Vnd iſt folgendes dar - auff durch den Ehrwuͤrdigẽ / Ehrn - veſten vnd wolgelarten Herrn Lu - dolphum Henckel / Probſt des Klo - ſters zum H. Creutz vor Braun - ſchweig / vnd der viel Ehrn vnd thu - gentreichen Gottsfuͤrchtigen frau - wen Anna Beſeken / des Ehrnue -ſten12Vorrede.ſten vnd Achtbarn Johann Maſ - ſen / Fuͤrſtlichen Braunſchweigſchẽ Ober Amptmans zum Liechten - berg ſeligen / hinterlaſſene eheliche Widwen / von welcher vns allen viel ehr vnd guts widerfahren / vnd nun ſelig im HErrn entſchlaffen iſt / ſampt vnſer andern beyderſeits freunden bewilligung / dieſelbe mir ehelich verſprochen vnd zugeſagt / biß daß wir etwa ein Jahr darnach ſolchen Eheſtand in Braunſchweig vollenbracht haben. Jn welchem Stande vns der liebe Gott Vaͤter - lich nun in die 15. Jahr wunderlich gefuͤhret / vnd ſampt deme / was wir von den vnſeren geerbet / mit meh - rem in meinem Predigerdienſt / bey - des am Fuͤrſtlichen Niederſaͤchſi - ſchen Hoffe zur Lawenburg ins 4. Jahr / vnd nun allhier zu Stadeins13Vorrede.ins 10. Jahr / in Geiſtlichen vnd zeit - lichen / reichlich verſorget vnd behuͤ - tet hat: Alſo / daß wir jhm billich dafuͤr zu loben vñ zu dancken ſchuͤl - dig ſeyn. Welchem getrewen Gott zu lob / ehr vnd preiß allein / ich auch ſolches erzehlen / vnd hierbey kuͤrtz - lich einfuͤhren wollen. Vnd thue euch hiermit / auff ewer fleiſſiges be - gehren / vnſers lieben Herrn Va - ters ſeligen Leichpredigt durch den Druck zuſenden. Dieſelbe wollet jhr fleiſſig leſen / vnd mit vns nuͤtzlich gebrauchen / alß denn auch darinn die Regul / Chriſtlich zu leben / vnd ſelig zu ſterben beſchrieben wird. Weil ich auch newlich vecſtanden / daß jr lieber Herr Schwager Da - niel / euch werden anderweits zu Magdeburg mit einer Ehrlichen Widwen zur Ehe einlaſſen / wil ichench14Vorrede.euch darzu Gottes Segen vnd ge - deyen bitten vnd wuͤnſchen / damit jhr ſolche Ehe muͤgen gluͤcklich an - fahen / Chriſtlich darinne fortfah - ren / vnd ſeliglich beſchlieſſen. Vnd alſo euch vnd vns alle hiermit inn Gottes vaͤterlichen Schutz ewig - lich befohlen haben. Datum Sta - de / den 3. Maij, Anno 1611.

E. L. S. M. Laurentius Halenbecius Paſtor der Kirchen S. Ni - clas in Stade.

[15]

Text der Leich - predigt / Auß dem 14. Capittel / der Epiſtel Sanct Pauli an die Roͤmer.

DEnn vnſer keiner lebet jhm ſelber / vnd keiner ſtirbet jhm ſelber. Leben wir / ſo leben wir dem HErren / Sterben wir / ſo ſterben wir dem HErren. Darumb wir leben oder ſterben / ſo ſind wir deß HErren. Denn dazu iſt Chriſtus auch geſtorben / vñ aufferſtanden / vnd wieder lebendig worden / daß er v - ber Tode vnd Lebendige ein HErr ſey.
Erkle -16Chriſtliche Leichpredigt.

Erklerung vorgeleſener Wort.

GEliebte im HErrn / Es iſt je vnd allweg bey vns vnd allen rechtgleubigen Chri - ſten / dieſer loͤblicher brauch gehalten worden / Wann der liebe Gott / auß vnſerm mittel einen fuͤrne - men ehrlichen / hochbegabten vnd nuͤtzen Chriſten / auß den dreyen Hauptſtenden dieſes Lebens / zu ſeinen Henden abgefor - dert hat / vnd jhn im HErrn Gottſelig ent - ſchlaffen laſſen / daß man jhn ehrlich vnnd gebuͤrlich zu ſeiner ruhe in ſein Grab vnd Schlaffkaͤmmerlein geleitet vnd gebracht hat. Vnd daſſelbe nicht vmb des Prachts willen / oder daß man andere / ſo mit ſolchem gepreng nicht begraben werden / verachten wolle. Nicht auch darumb / daß mit ſolchen Ceremonien deß verſtorbenen Seele da - durch getroͤſtet / oder auß dem Fegefewer / wie im finſtern Babſtumb gelehret war / moͤge oder ſolte geholffen werden. Dann / wie die Offenbahrung Johannis Cap. 14. zeuget:17Chriſtliche Leichpredigt.zeuget: kommen der jenigen Seel / ſo im HErren ſterben / Alßbald zur ruhe / von al - ler jrer Arbeit / da alßdann die Klufft ſchon befeſtiget iſt / daß eines jeden Seel an dem orth muß bleiben / dahin es verordnet iſt. Alſo wird des Reichen Manns Seel in der Helle gequelet / vnd des armen Lazari Seel in dem Schoß Abrahæ getroͤſtet / Luc. 16. Jtem / ſolches geſchicht auch nicht allein vmb wolhergebrachter gewonheit willen / Sondern aus hochnuͤtzen bedencken / wie der Prediger Salomon lehret / daß es beſ - ſer ſey / in das Klaghauß zu gehen / in der furcht GOttes / als in das Dantz: oder Trinckhauß in ſicherheit der Weltlichen vergenglichen Frewden: denn im Klag - hauß kommen die Gottfuͤrchtigen gleubi - gen Chriſten zuſammen:

Erſtlich darzu / daß ein jeder bedencke / was er an ſeinem Glaubensgenoſſen vnd MitChriſten ſiehet vnd erfehret / daß jhm ſolches auch begegnen kan / vnd begegnen werde. Betrachtet derwegen mit mehrerm ernſt vnd fleiß ſein vnd alles Fleiſches We - ge vnd ende / Als wir vns auch jetzund außBden18Chriſtliche Leichpredigt.den Grabpſalmen erinnern: Wenn wir gehen vnſere Straſſen / ſo ſchicke ſich auch ein jeder mit allem fleiß / denn der Todt koͤmpt vns gleicher weiß.

Zum Andern / bezeugen wir hiemit die letzten zween Artickel vnſers Chriſtlichen Glaubens / da wir bekennen / daß denen / ſo in ernſter Buſſe / Rew vnd leid vber jhre Suͤnde / durch den glauben an Chriſtum / die vergebung jhrer Suͤnden bekommen / die auch durch die heilige Tauffe / vnd den gebrauch des Sacraments des Leibs vnd Bluts Chriſti / Chriſto eingeleibet ſeyn / auch in jhrem Leben ſolchen jhren Glau - ben / als ware Glidmaſſen Chriſti / in aller Gottſeligkeit erwieſen haben / folgen werde am Juͤngeſten Tage / die Aufferſtehung jhres Fleiſches / vnd das ewige Leben.

Geleiten demnach ſolche vnſers Glau - bensgenoſſen / ſo in rechtem Glauben von hinnen abgeſcheiden ſeynd / zu jhrer Grab - ſtete / vnd bringen ſie in jhre Schlaffkaͤm - merlein / mit ſolcher hoffnung / daß wir ſienicht19Chriſtliche Leichpredigt.nicht verlohren / ſondern vornan geſand ha - ben / wir wollen vns wieder zuſammen fin - den / in der Aufferſtehung deß Fleiſches / im frewdenreichen ewigen Leben / nach welcher vnſer Behauſung / wir vns alle ſolten von Hertzen verlangen / lehret Paulus 2. Cor. 5. vnd vermahnet 1. Theſ. 4. Wir ſollen vns vber vnſere verſtorbene Chriſten troͤ - ſten vntereinander / mit der hoffnung der Aufferſtehung deß Fleiſches zum ewigen Leben.

Dieweil dann der liebe Gott / nach ſei - nem hochweiſen Rath / vnd gnedigem wil - len vnd gefallen / den Ehrnueſten vnd wol - weyſen Herrn Buͤrgermeiſter Avtor Beſeken / wie fuͤr Augen / von hinnen abge - fordert hat / vnd ſeliglich entſchlaffen laſſen / vnd nun in ſein Grab vnd Schlaffkam - mer ſoll geſetzet werden / Jſts fuͤrwar jo gut vnd loͤblich / daß die Perſonen / die jetzo noch im Regiment ſeyn / in dem Ampte vñ Stande / darein der verſtorbener Herr Buͤrgermeiſter eine geraume zeit geſeſſen / vnnd ruͤhmlich vorgeſtanden / ſampt dem Ehrwuͤrdigen Miniſterio vnd der loͤbli -B ijchen20Chriſtliche Leichpredigt.chen Buͤrgerſchafft in groſſer frequentz, zu Ehren vnd gutem gedechtnus auß vor - angezeigter Vrſachen zu Grabe folgen. Deßwegen auch bey ſolcher Perſonen Ab - ſterben vnd Begraͤbnus wir Leichpredig - ten thun pflegen / welches dann auch ja billich iſt / weil ſie von jhrem Ampte nicht mehr haben / dann Muͤhe / Sorge vnd Ar - beit / vnd wenig danck dazu / kommen offt vmb jhre Nahrung vnnd alle jhre zeitliche Wolfarth / Ja vmb jhres Leibes geſund - heit. Aliis inſerviendo ipſe conſu - mor.

Vnd iſt nicht zu loben / daß die Perſo - nen / die das jhre bey der ſchweren Regie - mentsſorge vnd muͤhe muͤſſen verſeumen / vnd auffſetzen / nichts von dem Ampte zu - gewarten haben / Sondern offtmals mit groſſem ſchmertzen vnd bekuͤmmertem Ge - muͤth zu Hauſe gehen / Welches dann auch der ſelige Herr Buͤrgermeiſter / in ſei - nem Ampte genugſam befunden / vnd die zeit vber ſeines Amptes / die ſchweren Buͤr - den dieſer Stadt / zu frieden vnd vnfriedens zeit / geduͤltig hat tragen helffen / biß er nunendlich21Chriſtliche Leichpredigt.endlich ſeine ſelige Fried: vnd Heimfarth mit dem alten Simeone bekommen / vnd nach dem Exempel S. Stephani Actor. 7. im rechten Glauben ſeine Seele Chriſto in ſeine Hende befohlen / die Abſolution vnd vergebung der Suͤnden inn dieſem Leben empfangen / mit dem heiligen hochwirdigen Sacrament des waren Leibes vnd Blutes Jeſu Chriſti ſich dienen laſſen. Daß er ge - wiſſe ſey der Aufferſtehung des Fleiſches / vnd des ewigen Lebens / vnd daher auch frewdig mit Sanct Paulo bekandt hat: Leben wir / ſo leben wir dem HEr - ren / ſterben wir / ſo ſterben wir dem HErren. Darumb wir leben oder ſterben / ſo ſind wir des HErren. Denn dazu iſt Chriſtus auch ge - ſtorben / vnd aufferſtanden / vnd wie - der lebendig worden / daß er vber Todte vnd Lebendige HErr ſey. Darumb wir vns anch zu guter Lehr vnd hertzlichem Troſt / dieſen Text zu ſeiner Leichpredigt außerleſen / vnd in dieſen drey - en Punckten erkleren wollen.

B iij1. Wie22Chriſtliche Leichpredigt.

1. Wie wir vns im Leben vnd Ster - ben zu vnſerm ſeligen Ende bereiten vnnd ſchicken ſollen. Dauon ſagt S. Paulus: Vnſer keiner lebet jhm ſelber / vnd keiner ſtirbet jhm ſelber: Leben wir / ſo leben wir dem HErren / Sterben wir / ſo ſterben wir dem HErren.

2. Wenn wir vns denn alſo recht ge - ſchickt haben / daß wir alßdenn den Troſt feſt faſſen im Leben vnd im ſterben / ſind wir deß HErrn Chriſti. Wie der Text lautet: Darumb wir leben oder ſterben / ſo ſind wir deß HErren. Denn dar - zu iſt Chriſtus auch geſtorben / vnd aufferſtanden / vnd wieder lebendig worden / daß er vber Todte vnd Le - bendige HErr ſey.

3. Lehret auch dieſer Spruch / daß wir vns deſſelben Troſtes auch werden zu troͤſten haben am Juͤngeſten Tage / wenn wir alle fuͤr dem Richtſtuel Chriſti ſollen dargeſtellet werden / da wir zur RechtenSeiten23Chriſtliche Leichpredigt.Seiten dieſes vnſers HErrn Chriſti Stim - me hoͤren werden: Kompt her jhr gebene - deyeten meines Himliſchen Vaters / etc. Matth. am 25.

Von dieſen noͤtigen Sachen wollen wir auffs einfeltigſt vnd kuͤrtzte mit E. L. reden / zur Lere / Vermahnung vnd beſten - digem Troſt der hoffnung zum ewigen Leben.

Vom Erſten.

VNd erſtlich / wird diß zeitliche vergengliche Leben vngleich mit groſſem vnterſcheid gefuͤhret / ge - uͤbet vnd gebrauchet. Etliche leben nach jhrer Hand vnd jhres gefallens jhnen ſebſt / vnd ſterben auch jhnen ſelbſt zu verderb vnd verluſt jhres Leibs / vnd jhrer Seele zum ewigen verdamnis.

Wenn man ſihet / daß Vater vnd Mutterloſe Kinder alſo hutloß nach jhrer Hand / jhres gefallens in allem muthwil - len leben vnnd erwachſen / ſo pfleget manB iiijrecht24Chriſtliche Leichpredigt.recht zu vrtheilen / da wird nichts guter aus werden / ſondern nur eitel verderb her - nach folgen. Von ſolcher gewoͤnlicher re - de her fuͤhret Paulus auch hie ſeine Wort / Lehr vnd vermahnung / vnd wil ſo viel ſa - gen: Die Weltkinder leben alſo hutloß vnd zaumloß / jhnen ſelbſt zu jhrem verder - ben vnd ſterben / auch jhnen ſelbſt zu jhrer Verdamniß. Bey den getaufften Chri - ſten aber / ſolte es nicht ſo ſeyn / ſondern da wir wollen Chriſto angehoͤren / auch rechte Chriſten ſeyn vnd bleiben / ſo muß ein jeder Chriſt ſein Leben vnd ſein Sterben nach dieſer Regel richten. Vnſer keiner lebet jhm ſelber / etc. Ein jeder Chriſt ſoll auff ſich ſelbſt acht geben / wie er lebet / vnd ob er auch getroſt mit gutem gewiſſen koͤnne alſo ſterben / daß jhm ſein Todt zum Schlaff werde / vnnd wieder aufferwachen moͤge zum ewigen Leben. Jm 8. Capit. zum Roͤ - mern ſchreibet Paulus: Wo jhr nach dem Fleiſche lebet / ſo werdet jhr ſter - ben muͤſſen / Wo jhr aber durch den Geiſt des Fleiſches geſcheffte toͤd -tet /25Chriſtliche Leichpredigt.tet / ſo werdet jhr leben. Vnd weiter im 12. Capittel derſelben Epiſtel: Jch er - mahne euch / lieben Bruͤder / ſtellet euch nicht dieſer Welt gleich / Son - dern verendert euch durch vernewe - rung ewres ſinnes / etc. Vnd in der erſten an die Corinther am 11. Cap. ſchrei - bet Paulus: Wo wir vns ſelber rich - teten / ſo wuͤrden wir nicht von Gott gerichtet / vnd nit mit ſo viel Kranck - heiten belegt. Wie Bernhardus pfleg - te zu ſagen. Si non eſſet iniquitas, non eſſet adverſitas. Auff groſſe Suͤnde ge - hoͤren groſſe ſtraffe / Sap. 1. wie auch Chri - ſtus von den Juͤden ſaget / Johan. am 9. Weil jhr nach ewrem willen in Suͤnden lebet / ſo werdet jhr auch in ewren Suͤnden ſterben muͤſſen. Soll derhalben ein jeder Chriſt darauff bedacht ſeyn / daß er vorthan nicht jhm ſel - ber lebe / ſondern deme / der fuͤr jhm geſtor - ben vnd aufferſtanden iſt / lehret Paulus 2. B vCorinth.26Chriſtliche Leichpredigt.Corinth. 5. wie auch allhier vnſer TextWas da heiſſe / dem HErrn[leben〈…〉〈…〉.] lautet: Vnſer keiner / etc. Das aber heiſt dem HErrn leben / wann ein Chriſte inn ernſtlicher Buſſe / Rew vnd leidt vber ſeine Suͤnde / nach dem Geſetz Gottes / ſich alß - dann auß dem heiligen Euangelio / der ver - gebung ſeiner Suͤnden troſtet / durch den Glauben an Jeſum Chriſtum / ſeinen eini - gen Erloͤſer vnd Heyland / in welchem troſt des Glaubens er ſich vom heiligen Geiſt regieren vnd leiten leſſet / Chriſto / der jhn er - loͤſet hat zu leben vnd jhm zu dienen / in hei - ligkeit vnd Gerechtigkeit / ſo jhm gefellig iſt / Rom. 8. Luc. 1. Wie Paulus ſich zum Exempel fuͤrſtellet / Galat. am 2. Capit. Was ich jtzt lebe im fleiſch (ſpricht er) das lebe ich dem Glaubẽ des Soh - nes Gottes / der mich geliebet hat / vnd ſich ſelbſt fuͤr mich dargegeben. Vnd Rom. 4. Der ſich vmb vnſer Suͤnde willen in den Todt gegeben / vnd iſt vmb vnſer Gerechtigkeit wil - len aufferwecket. Daß alſo der Ge -recht27Chriſtliche Leichpredigt.rechte im Anfang / Mittel vnd ende ſeines Glaubens lebet / Rom. 1. Daß es heiſt: Le - ben wir / ſo leben wir Chriſto. Das heiſtWas da heiſſe / dem HErrn ſterden. auch Chriſto dem HErrn ſterben / wann ein Chriſt die Geſcheffte des Fleiſches toͤd - tet / den Suͤnden abſtirbet / vnd das Elende dieſes Lebens inn allerley Truͤbſal vnnd Creutz mit gedult treget. Wie Jacob fuͤr dem Koͤnige Pharao bekennet: Der Ta - ge meines Lebens ſind wenig / vnd voller muͤhe vnd Arbeit geweſt: Nunmehr aber erwarte ich / daß ich zu meinen Vaͤtern ver - ſamlet werde. Das Paulus hie heiſſet / dem HErrn ſterben / vnd daſſelbe nicht auffs vngewiſſe / ſondern daß ein jeder fuͤr ſich be - kenne allem Vngluͤcke / vnd dem gewiß folgenden Todte wer ich viel zu wenig vnd zu ſchwach / darumb halt ich mich an Chri - ſtum meinen HErrn / vnd dancke GOtt / der mir den Sieg giebet / wider die Suͤnde / des Todtes Stachel / wider das Geſetze / der Suͤnden Krafft / wider den Todt / Teuffel vnd Helle / durch denſelben mei - nen HEren Jeſum Chriſtum / lehret Pau - lus. 1. Corinth. 15. Vnd Philip. 3. begeh -ret28Chriſtliche Leichpredigt.ret er beyd im Leben vnd Todt allein inn Chriſto befunden zu werden / wie wir dann auch auff den TodtChriſti getauffet ſeind / Rom. 6. haben Chriſtum in der Tauffe angezogen / Galat. 3. ſind geheiliget durch das Waſſerbadt im Wort / ſind Glieder ſei - nes Leibes / von ſeinem Fleiſch / vnd von ſei - nem Gebeine / Epheſ. 5. Vnd dieſen Troſt vnd Glauben zu verſiegeln / ſind wir geſpei - ſet vnd getrencket mit dem wahren weſent - lichem Leibe Chriſti / fuͤr vns gegeben / vnd mit dem wahren weſentlichen Blut Chriſti fuͤr vnſere Suͤnde vergoſſen / laut des Te - ſtaments Chriſti / des Sohns Gottes / mit dem Troſte: Da wir alſo Chriſto ſterben / daß wir auch mit CHriſto leben werden / vnnd demnach ſterben wir / ſo ſterben wir dem HErrn. Das iſt ein Vermahnung vnd Lehre / wie ſich ein Chriſt nach dieſer Regel ſchicken ſoll / durch ſein gantzes Le - ben / mit wahrer Buſſe / rechtem Glauben vnd beſtendiger beſſerung / mit heiligem Le - ben vñ wandel / mit aller Gedult im Creutz / biß er auch Chriſto ſterbe / mit Chriſto ge - troſt / ſelig vnd ſanfft einſchlaffe. Das iſt eins.

Vom29Chriſtliche Leichpredigt.

Vom Andern.

ZVm andern / wenn wir Chri - ſten vns nach ſolcher Regel recht vnd richtig (vermittelſt Goͤttlicher Gnaden / vnd huͤlff deß heiligen Geiſtes) ge - halten haben / ſo ſoll alßdenn das vnſer fe - ſter Troſt ſeyn / ſagt vnſer Text:

Darumb wir leben oder ſter - ben / ſo ſind wir deß HErrn. Denn darzu iſt Chriſtus auch geſtorben / vnd wieder lebendig worden / daß er vber Todte vnd Lebendige HErr ſey.

Hiezu aber gehoͤret ein ſcharffes Exa - men / daß ſich ein jeder Chriſt zum oͤfftern - mahl ſelbſt erforſche / Schickeſtu dich denn alſo / daß du getroſt in der Warheit ſagen moͤgeſt: Jm Leben vnd im Sterben bin ich deß HErrn Chriſti / nicht alſo / wie Dauid Pſalm. 24. ſaget / daß Himmel vnd E - den des HErrn / als des Schoͤpffers ſind. Oder /30Chriſtliche Leichpredigt.Oder / wie Paulus Actor. cap. 17. beken - net / GOtt iſt nicht ferne von einem jtzlichen vnter vns / Denn in jhm leben / weben vnd ſind wir. Sondern hie muß der gewiſſe grund zu ſolchem beſtendigen troſte / aus dem andern Artickel vnſers Chriſtlichen Glaubens / von der Erloͤſung durch Chri - ſtum / wol gelegt ſeyn / vnd feſte ſtehen. Da - hin weiſet vns Petrus / 1. Petr. 1. vnnd ſchreibet: So wiſſet nun / daß jhr nit mit vergenglichẽ Silber oder Golt erloͤſet ſind / ſondern mit dem thew - renBlut Chriſti. Vnd Paulus Tit. 2. Chriſtus hat ſich fuͤr vns hingege - ben / auff daß er vns erloͤſete von al - ler Vngerechtigkeit / vnnd reiniget jhm ſelbſt ein Volck zu ſeinem Ey - genthumb / das da fleiſſig ſey zu gu - ten Wercken. Auff dieſen Grund wei - ſet vns auch vnſer Text: Denn dazu iſt Chriſtus auch geſtorben / vnd wie - der lebendig worden / etc. Vnd wie esPaulus31Chriſtliche Leichpredigt.Paulus gegen einander helt / 1. Cor. 15. Durch den erſten Menſchen Adam waren alle Menſchen gefallen inn die Suͤnde / in den zorn Gottes / vnd in den Todt: Durch den andern Adam aber / durch den Men - ſchen Chriſtum / ſind die Menſchen wieder erloͤſet vnd gewunnen / vnd alſo Chriſti ei - gen worden / daß ſie auch mit Chriſto herr - ſchen moͤchten / Roman. 8. Daß Chriſtus vber ſolche ſeine erloͤſete im Leben vnd im Todt jhr HErr ſey. Wie auch Anshel - mus an ſeinem letzten Ende bittet: Ach HErr Jeſu Chriſte / laß mich das genieſſen / daß du fuͤr mich geſtorben biſt / vnd vmb meinentwegen wieder lebendig worden. Das iſt der Troſt vnd der ander Theil in vnſerm Text.

Vom Dritten.

JN dieſem Leben gehet es al - ſo zu / daß ſich jemand ſeines Knech tes / ob er jhm ſchon abſtirbet / baldvnd32Chriſtliche Leichpredigt.vnd leicht begiebet / da er wieder vmb Koſt vnd Lohn andere Diener bekommen kan / Aber mit vnſerm HErrn Chriſto hat es eine andere meynung / Da wir jhm leben vnd jhm ſterben / da vns GOtt der Vater jhme gegeben hat / Johan. am 17. Weil ſie jhme nicht vergengliches Silber oder Golt gekoſtet / ſondern ſein thewres Blut / 1. Petr. 1. Actor. 2. Vnd ſeinen vnſchuldi - gen Todt / Ebr. 2. hat Gott dieſen Fuͤrſten deß Lebens aufferwecket / Actor. 3. Vnd daſſelbe nicht fuͤr ſich allein / Sondern wie Paulus 1. Corinth. 15. aus dem Prophe - ten Oſea troͤſtlich ſchreibet: GOtt ſey danck / der vns den Sieg wider die Suͤnde / Todt / Teuffel vnd Helle giebt / durch JEſum Chriſtum vn - ſern HErrn.

Wie auch Danid zeuget Pſalm. 16. Nach dem er den Todt fuͤr alle geſchme - cket / hat jhm Gott gewieſen den Weg zum Leben / fuͤr ſeine erloͤſete / die er auff ſolchem Wege / im Leben vnd Sterben / ſchuͤtzen / ſchirmen / bewahren / vnd biß an den Juͤn -geſten33Chriſtliche Leichpredigt.geſten Tag erhalten kan vnd will / auch zu ſolchem Gerichtstag jhr Vorſprach ſeyn / vnd jhnen trewlich helffen. Dann der Vater wil niemand richten / Sondern hat alles Gerichte dem Sohne vbergeben / die - weil er deß Menſchen Sohn iſt / Johan. 5. So ſagt nun vnſer Text: Wir werden aber alle fuͤr dem Richtſtul Chriſti fuͤrgeſtellet werden / etc.

Derwegen dann wir Chriſten darauff ſollen mit allem fleiß dencken / daß wir vns alſo ſchicken im Leben vnd Sterben / daß wir deß Troſtes moͤchten werth ſeyn / dem Wort nicht wiederſprechen noch widerle - ben / Auff daß ſich dieſer gerechte Richter nicht vber vns zubeklagen habe: Jch habe euch offt wollen verſamlen / jhr aber habt nicht wollen / Matth. 23. Sondern wie die Epiſtel zu den Ebre. Cap. 3. ſaget: Heute ſo jhr hoͤren werdet ſeine ſtimme / ſo verſtocket ewre Hertzen nicht. Laſſet jhn nicht vor ſeinem gerechten Gerichts - ſtuel vber euch klagen / daß jhr von der Welt waret / vnd die Finſterniß mehr liebe -Cten34Chriſtliche Leichpredigt.ten / denn das Liecht / als deren Wercke boͤ - ſe waren / Johan. 3. ſondern als Paulus vermahnet 2. Corinth. 5. Laſſet euch zu ewres Leben zeiten mit GOtt verſuͤhnen / ſchicket euch zur ernſtlichen Buß / Rew vnd leid vber ewre Suͤnde / trachtet nach ewer Seligkeit mit furchten vnd zittern / Phil. 2. Suchet die Gerechtigkeit vnnd Seligkeit nirgend anders / dann im rechten Hertzli - chen Glauben vnd vertrawen bey Chriſto / auff ſein hohes Verdienſt / Beweiſet alß - dann ſolchen Glauben mit Goͤttlichem Le - ben inn Liebe vnd Barmhertzigkeit gegen ewre Negeſten. Dann wie Ambroſius ſagte: Wann wir vns mit ernſter buſſe / rechtem Glauben vñ rechtſchaffenen Wer - cken der Buſſe vnd deß Glaubens werden durch vnſer Leben geſchickt haben / ſo wer - den wir zur zeit der letzten hinfahrt / vnnd auch am Juͤngſten Gericht / an CHriſto haben bonum Dominum, daß wir mit Paulo getroſt ſagen moͤgen: CHriſtus iſt mein Leben / vnnd Sterben iſt mein gewinn / Philip. 1. Aber Matt. 7. zeuget35Chriſtliche Leichpredigt.zeuget Chriſtus / daß der Weg breit ſey / der zur Verdamnis leitet / vnnd viel ſind / die darauff wandeln / ohne buß / ohne Glau - ben / in rohem ſuͤndlichem wuͤſten Leben / zu jhrer Verdamniß. Laſſet vns derhalben bey zeit im raum (wie daß Sprichwort lau - tet) vmbwenden / weil wir noch zeit vnd friſt haben / vnd mit dem lieben Dauid bitten / HErr / das Werck deiner Hende wolleſtu nicht verſchmehen. O HErr Jeſu Chri - ſte / du haſt mich mit deinem Blute erkauf - fet / So wird alßdann folgen der Troſt / daß Chriſtus dein Vorſprecher in ſeinem Gebet / ſeine Stimme zu ſeinem Vater he - bet / Johan. 17. Vater / ich will / daß die / ſo du mir gegeben / ſeyn / wo ich bin / etc. Weñ wir denn laut vnſers Tex - tes / alle werden fuͤr den Richtſtuel Chriſti fuͤrgeſtellet / werden wir an Chriſto einen ſolchen HErrn haben / der vns nicht rich - ten will / ſondern ſelig machen / Johan. 3. vnd das ewige Leben geben / Joh. 5.

Auff ſolchen Troſt hat der Chrnveſte vnnd Wolweyſer HErr BuͤrgermeiſterC 2Autor36Chriſtliche Leichpredigt.Autor Beſeken ſeinen Abſcheid genom - men / vnd ſeine zerbrochene Huͤtten abge - legt / den wollen wir nun in ſein Schlaff - kaͤmmerlein nieder legen / der Allmechtige gnedige Gott wird jhn wieder am Juͤnge - ſten Tag mit frewden aufferwecken / vnd jhme geben das ewige Leben.

Was nun zum Beſchluß ſein Chri - ſtenthumb belangen thut / hat er / wie auch ſchon im anfang dieſes Sermons gedacht / diß Chriſtliche lob vnd zeugnis bey vielen Chriſten in dieſer loͤblichen Stadt Braun - ſchweig / daß er ein frommer / Erbarer / vnd Gottfuͤrchtiger Rath Herr geweſen ſey / der mit Joſeph von Arimathia nach dem Leichnam Chriſti fleiſſig gefraget / vnd jhm denſelben / wie er im Wort vnd Sacrament wird fuͤrgetragen / habe lieb ſeyn laſſen / Gottes Wort hat er gerne gehoͤret / vnnd keine Predigt mit willen verſeumet / iſt ein guter Kirchen vnd Schulfreund geweſen / Welches lob bleibet ewiglich.

Sein Regierſtand hat er gefuͤhret bey 28. Jah ren / iſt 4. Jahr Rathßherr / 9. JarKaͤm -37Chriſtliche Leichpredigt.Kaͤmmerer / vnd 15. Jahr Buͤrgermeiſter geweſen. Jn welchem Stande er viel ſor - ge vnd Muͤhe gehabt / aber wenig Beloh - nung / wie deſſen im Exordio iſt gedacht worden.

Der Heyde Iſocrates ſagt / wie es im Lateiniſchen gegeben wird / A publicis functionibus diſcede non locupletior ſed laudatior. Gloria enim & laus rectè factorum magnis opibus eſt præferenda. Das iſt: Wenn jemand ein Ampt hat / ſoll er ſich befleiſſigen / daß ers alſo verwalte / daß er dauon abgehe / nicht reicher / ſondern ehrlicher / Denn Eh - re vnd ein guter Nahme ſey beſſer / denn ein groß guth.

Solches iſt an dem ſeligen Herrn Buͤrgermeiſter auch war worden / hat er den ſeinigen nicht koͤnnen groß Guth laſ - ſen / ſo hat er ſich deſſen geruͤhmet vnd ge - troͤſtet / daß er jhnen wolle einen ehrlichen Nahmen laſſen / vnd ſie dem reichen Gott befehlen / der ſie auch Vaͤterlich verſorget / vnd reichlich geſegnet hat. Wie am ta - ge iſt.

C iijJm38Chriſtliche Leichpredigt.

Jm Eheſtande hat er gelebet bey 30. Jahren / vnd die zeit mit der Erbarn Gott - fuͤrchtigen vnnd Tugendſamen Anna Schorkoppes in gutem Haußfried vnd ru - he zubracht.

Er hat mit jhr vier Kinder gezenget / einen Sohn / Daniel Beſeken allhie zu ge - gen / ein fuͤrnemer Buͤrger in dieſer Stad / vnd drey Toͤchter / Anna / Dorothea vnd Catharina / welche Gott eines theils zu jh - rem Hauſe verholffen / eins theils auch / als ein Vater der Weyſen / verſorgen wird zu ſeiner zeit.

Anna / die elteſte Tochter / hat zum Eheman gehabt / den Erbarn Hans Barb - ken / vornehmen Buͤrger allhier / welchen GOtt in zweyen Jahren durch den zeitli - chen Todt an der Peſt ſelig abgefordert.

Darnach hat ſie zum Eheman bekom - men / den Ehrnueſten vnd Wolgelarten Vlrich Meyer / Fuͤrſtlichen Braunſchwei - giſchen Secretarium, Vnd nach deſſen ſe - ligen toͤdtlichen abgang / hat ſie den jtzigen jhren Herrn vnd Eheman / den Ehrnueſten vnd Wolgeacheen Johan Maſen / Fuͤrſt -lichen39Chriſtliche Leichpredigt.lichen Braunſchweigiſchen Oberampt - man zum Lichtenberge / Meinem guͤnſti - gen Herrn vnd Freund / zur Ehe bekom - men / welche Gott in der guten Ehe lange friſten wolle.

Die ander Tochter Dorothea / hat erſtlich zur Ehe gehabt / den Erbarn Car - ſten Piper / vornemen Buͤrger vnd Kauff - man in dieſer Stadt. Vnd nach deſſen toͤdtlichen Abgang zur Ehe bekommen / Den Ehrwuͤrdigen vnd Ehrnueſten Lu - dolff Henckel / Probſt des Kloſters zum Heiligen Creutz / vnd thun noch inn guter Ehe leben / welche Gott ſampt den jhrigen gnediglich ſegnen wolle.

Die dritte Tochter / Catharina Beſe - ken / ein junges Megdlein / lebet noch jetzo bey der Mutter / der gegenwertigen hoch - betruͤbten Witwen / welchen beyderſeits der Allmechtige guͤtige GOtt / der da iſt ein Gott alles Troſtes / vnd ein Vater der Weyſen / vnd ein Verſorger der Witwen / wolle Troſt vnd huͤlffe / Schutz vnd ſchirm mit reichem Segen mittheilen.

C iiijn40Chriſtliche Leichpredigt.

Jn dem Krancken Bette hat ſich der ſelige Herr Buͤrgermeiſter / wie auch in ſei - nem Leben / vor einen Suͤnder bekennet. Vnnd gleich wie auch alle Heilige thun muͤſſen / vmb die Abſolution angehalten / vmb vergebung der Suͤnden gebeten / vnd ſich deß hochwuͤrdigen Abendmahls Chri - ſti Jeſu gebraucht / vnd gerne in den willen ſeines lieben Himliſchen Vaters ergeben / vnd jmmerdar ſich mit Gottes Wort ge - troͤſtet / vnd geſagt: Lebe ich / ſo lebe ich dem HErrn / ſterbe ich / ſo ſterbe ich dem HErrn.

Jtem / Pſalm. 37. HERR / wenn ich nur dich habe / ſo frage ich nichts nach Him - mel vnd Erden / Vnd wenn mir gleich mein Leib vnd Seel verſchmacht / ſo biſtu doch allezeit meines Hertzen Troſt vnnd mein theil. Job. 19. Jch weiß daß mein Erloͤ - ſer lebet / etc.
Jtem / Die ſchoͤnen Gebet: Mein troſt vnd huͤlff iſt Gott allein / Jhm hab ich mich ergeben / Jch bin vnd bleib der Diener ſein / im Todt vnd auch im Leben / etc.
Jtem / Allein nach dir HErr JEſu Chriſt / verlanget mich / dieweil ich leb in die -ſer41Chriſtliche Leichpredigt.ſer Welt auffErden: Allein an dich HErr Jeſu Chriſt / gleube ich / hoffend gewiß / der Himmel ſoll mir werden / Den du erwor - ben haſt / mit deinem Blute / am Creutz ge - ſtorben mir zu gute / etc.

Vnd iſt darauff alſo in Chriſti wahrem Erkentniß vnd an - ruffung / ſeliglich eingeſchlaffen im 51. Ja - re ſeines Alters / Vnd ruhet nun von aller Muͤhe vnnd Arbeit. Wie er Chriſto gele - bet / ſo iſt er auch in Chriſto geſtorben / vnd wird auch vngezweiffelt am Juͤngeſten Tage froͤlich zum ewigen Leben auffer - ſtehen.

Der guͤtige Gott vnd Vater im Hi - mel / der gebe dem Leibe eine ſelige ruhe / der Seelen Frewde die Fuͤlle / vnnd liebliches Weſen ewiglich. Helffe vns auch alle - ſampt / wann vnſer Stuͤndlin koͤmpt / mit gnaden hernach / vnd bring Leib vnd Seel / als die zwene beſten Freunde / am Juͤnge - ſten Tage mit frewden wieder zuſammen / daß wir mit vnſern Augen Gott ſchawen von Angeſicht zu Angeſicht / vnd ewig bey jhm leben.

C vEs42Chriſtliche Leichpredigt.

Es wolle der Allmechtige guͤtige Gott jhm das Weltliche Regiement dieſer Stadt laſſen ut Gnaden befohlen ſeyn / die Regiements Perſonen mit dem Geiſt der Weyßheit vnd Staͤrcke beſeligen / daß ſie jhrem von Gott anbefohlenem Ampt koͤn - nen vnd moͤgen trewlich abliegen / vnd wol - le zu gelegener zeit / an des ſeligen Herrn Buͤrgermeiſters ſtadt / nicht im zorn / ſon - dern in Gnaden / einen vernuͤnfftigen Re - genten geben / der redlich / warhafftig / Gottfuͤrchtig / vnd dem Geitz feind ſey / der nicht ein Feind / ſondern ein liebhaber des heiligen Goͤttlichen Worts / vnnd trewer Lehrer vnd Prediger ſey / vnd der der gan - tzen Stadt mit ſolchem ernſt vnnd ſolcher trewe / wie dieſer verſtorbener Herr Buͤr - germeiſter gethan hat / vorſtehe.

Wir wollen auch hier auff den lieben GOtt bitten / er wolle die hochbetruͤbte nachgelaſſene Widwe / Kinder vnd Freun - de / in jhrer Trawrigkeit vnnd Truͤbſall / durch ſeinen heiligen Geiſt troͤſten / vnd in ſolchem Troſt erhalten / biß ſie zum Juͤng -ſten43Chriſtliche Leichpredigt.ſten Tage dieſen jhren hertzlieben Freund wieder ſehen werden / vnd ſich mit jhm inn Chriſto ewig frewen / Amen.

Sprechet von Hertzen ein andechti - ges Vater vnſer.

Gebett.

ALlein nach dir HErr Jeſu Chriſt verlanget mich / weil ich hie leb / in dieſer Welt auff Erden. Allein an dich HErr Jeſu Chriſte gleube ich / hoffend gewiß / der Himmel ſoll mir werden: Den du erworben haſt mit deinem Blu - te / am Creutz geſtorben mir zu gu - te. O du Lamb Gottes / erhoͤr mein hertzliches flehen / meine Au -gen44Chriſtliche Leichpredigt.gen gen Himmel ſehen / Troͤſt mich mit deinem Geiſt / O HErre Gott / hilff mir in meiner noth / wenn ich von hinnen fahre / mein Seel wolſt du bewahren: Denn in dem Todt vnnd auch im Leben / hab ich mich dir ergeben / O HErr JEſu Chri - ſte / meine Seel nim in deine Hen - de / Amen.

Ein Anders.

MEin Troſt vnd Huͤlff iſt GOtt allein / Jhm hab ich mich ergeben. Jch bin vnd bleib der Diener ſein / im Todt vnd auch im Leben: Vnd wenn mir gleich zu wider wehr / die gantze Welt mit jhrem Heer / von GOtt wil ich doch laſſen nicht / dieweil mein Zung einWoͤrt -45Chriſtliche Leichpredigt.Woͤrtlein ſpricht: Welt wie du wilt / GOtt iſt mein Schild / dar - auff ſtehet mein vertraw - en / Amen.

Gedruckt zu Hamburg / bey Paul Langen. Jm Jahr: 1612.

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TextEine Leichpredigt/ Bey dem Christlichen Leichbegengnuß/ deß weyland Ehrnuesten vnd Wolweisen Herrn Autor Beseken/ gewesenen Bürgermeisters in der löblichen Stadt Braunschweig
Author Martin Chemnitz
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationEine Leichpredigt/ Bey dem Christlichen Leichbegengnuß/ deß weyland Ehrnuesten vnd Wolweisen Herrn Autor Beseken/ gewesenen Bürgermeisters in der löblichen Stadt Braunschweig Martin Chemnitz. . 45 Paul LangeHamburg1612.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 8 S 2901 / 378827

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ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:35Z
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