PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1]
Der groſſe Weltberg / mit ſeinen Zehenfachen harten Steinklippen / vnd Creutzhuͤgeln.
Den alle Chriſtliche vnd Gott - ſelige Hertzen vberſteigen muͤſſen / ehe ſie das Himliſche Vaterland einnehmen / vnd beſitzen.
Gehandelt in einer Leichpredigt Bey der Chriſtlichen Sepultur, der weyland Ehr - vnd Tugendtreichen Frawen / Eliſabeth Schmiedelin. Des Ehꝛenfeſten / Achtbarn vnd Hochgelahꝛ - ten Herꝛen Johannis Pilgrami, der Artzney Doctoris, vnd Medici zum Brieg / Hertz - vielgeliebten Ehlichen Haußfrawen. Welche den 7. Junij dieſes lauffenden 1614. Jahꝛes / zwar ploͤtzlich / des Morgens fruͤh / zwiſchen 3. vnd 4. Aber doch Seliglich / eingeſchlaffen / vnd folgendts den 12. diß Chriſtlich zur Erden beſtattet worden / Jn der Fuͤrſtlichen Schloſskirchen zum Brieg.
Gedruckt / Jnn der Fuͤrſtlichen StadtOlſſe/ DurchJohan: Boͤſſemeſſer.
[2]

Viris Magnificis Virtutum Nobilitate, Eruditionis Claritate, Conſiliorum Dexteritate, Præſtantißimis. Dn: Dn: Georgio Gerhardo. Conrado Passelio. J. U. Doctoribus Celeberrimis JLLUSTRISSIMI ATQ. AUGUSTISSIMI Principis ac Domini, DN. CAROLI, MONSTER - BERGENSIUM IN SILESIA DUCIS, & ç. Supremi per utramq̀; Sileſiam Capitanei. & ç. Conſiliariis prudentißimis, & isti, Cancellario diſertißimo. Nec non Dn: JOHANNI PILGRAMO Medicinæ Doctori, apud Bregenſes, peritißimo ac felicißimo. Dn: Dn: Dn: Mecœnatibus Patronis & Fautoribus ſuis, Suſpiciendis & æternùm colendis. S.

COnjuge qui placida fruitur, ſuaviꝙ́ bonaꝙ́
Oeconoma, qua cum vivere dulce viro est,
Quæꝙ́[3]
Quæꝙ́ ſuis Natis verè pia, fidaꝙ́ Mater
Est: Generisꝙ́ ſuis chara & amanda Socrus:
Hæc ſi condiderit pallentia lumina ſomno,
Et ſubitò exanimis funere merſa cadat:
Anne putas lætos, Generos, Natasꝙ́, Virumꝙ́,
Poſſe ita defunctæ ferre ſuprema ſuæ?
Non reor: at potius gemitu miſeroꝙ́ tumultu
Ædes miſceri, lachrymulisꝙ́ puto:
Immò & vita prior quantò fuit arctior, atꝙ́
Suavior, heu, tantò mors venit aſperior.
Quantam nunc, Patriæ nostræ, O tria Lumina, terræ,
Mors tulerit vobis Matris, amaritiem,
Matris tàm blandæ, tàm fidæ Conjugis, atꝙ́
Socrus tàm egregiæ, voce quis exprimeret?
Cor ſentit vidui, lachrymæ teſtantur obortæ
Natarum, vultus triſtior & Generûm.
Cur hoc? Nempe omnes uno ſic ore loqvuntur,
Occidit, heu, Conjunx, Mater, & alma Socrus,
Quàm proba Mater erat, Concorsꝙ́ Marita, Socrusꝙ́
Quàm prompta & facilis: quàm citò diſperiit.
Iſti ſunt fructus, quos lapſus protulit ADÆ,
Scilicet hæc EVÆ eſt rapta DEi effigies,
Propter ut hoc facinus Mors ſæviat atra per omnes,
Quotquot ab Adami ſangvine nomen habent:
Hinc rupes nobis cœlum occluſere præaltæ,
Quas vel adire, dolor, quas ſuperare, labor:
Has niſi triviſſet GENITORIS in Æthere NATUS,
Ad nos è Cœlo quando veniret HOMO,
Nec crudele trucis tranſiſſet Principis antrum,
Qui tenuit Mortis terribile Imperium,
Nec miſeris nobis monſtraſſet ad aſtra regreſſum,
Concipere haud vitæ ſpem potuiſſet homo;
At nunc tranſcendit Montes hos, ipſe JEHOVAH,
Ex morte in vitam cùm reſiliret HOMO,
Noſtram & quam aſſumpſit Carnem de Virginis alvo,
Advexit ſecum ad ſidera celſa poli:
A 2Sic[4]
Sic domus alma PATRIS nobis, ſic Janua vitæ
Æternæ, Christi ſangvine parta, patet.
Quin DEus exclamat: Pateat mea porta, popello
Qui fidei est cuſtos, Juſtitiæꝙ́ ſtudet.
Nil ergò excelſos montes, nil cuncta moramur,
Rupes, atꝙ́ truces, quas vehit aura, cruces:
Scandendum est: Igitur manibus pedibusꝙ́ repentes
Tendimus ad ſummum, ut perficiamus iter,
Ac læti ex Letho migremus ad ardua tandem
Gaudia, Salvator quæ dabit ipſe ſuis,
Et quia jam vicit rupes, clauſitꝙ́ labores
Tàm duros, MATER veſtra, MARITA, SOCRUS,
Inꝙ́ ſinu Chriſti placidè ſopita quieſcit:
In requie ſit Mens ſic quoꝙ́ veſtra DEi.
Reſtat ut has rupes vaſtas ſuperemus & ipſi,
Aſpera per, noſter Spiritus, aſtra petat.
Tu DEus è Cælo defeſſis addito vires,
Ne medio in curſu deſinat ægra manus,
Tu recrea mentes, aquilarum ſubdito pennas,
Evolitent citò, quò Te videantꝙ́ citò.
Quod ſuperest, VOS, ô Doctorum LAMPADES, oro,
Quos DEus ornavit dotibus eximiis,
Accipite hoc, vobis quod nuncupo, pignus amoris,
Est exile quidem, non ſed inane tamen:
Sic voluiſtis, ſic faciendum jure putavi,
Uſus ſit veſter, GLORIA SUMMA DEO.

VV. M. M. Et Human. Suſpiciens & colens. Johannes Neomenius.

Chriſtliche[5]

Chriſtliche Leichpredigt.

WENn man meinen Jammer woͤge / vnd mein Leyden zuſammen in eine Wage legte / ſo wuͤrde es ſchwerer ſein / denn Sandt am Meer / darumb iſts vmbſonſt was ich rede / denn die Pfeyle des Allmaͤchtigen ſtecken in mir / derſelben grim ſeufft auß meinem Geiſt / vnd die Schrecknuͤß GottesIjob. 6. . 1. 2. 3. 4. ſind auff mich gerichtet. So Klaͤglich vnnd gantz Erbaͤrmlich winſelt der Bloͤtterige vnd wolgeplagte Job / in ſeinem elende / das jhn auß Gottes wunderbarlichen Rath vnd Willen betroffen hatte. O wenn man jetzt dieſen ge - genwertigen Herꝛn Wittwer fragen / oder ſein jnwendiges Betruͤbnuͤß ſehen koͤnte / ſolte man nicht dergleichen Klage ſpuͤren[?]Ohne zweyffel: Denn was kan einem auffrichtigẽ vnd trewen Ehemanne ſchmertzlichers in dieſer Welt wider - fahren / als weñ er ſeines hertzlieben vñ trewen Ehegenoſſen / mit dem er inn freundlichem / ſtillen / lieblichen Geiſt / ſein Leben inn Gottesfurcht gefuͤhret / muß beraubet werden[?]Warlich es bringt groſſen Jam̃er / wenn einer eine ſchlechte Kranckheit vnnd geringes Fieber erduldet / oder ſonſten an Nahrung vnd Guͤttern ſchaden leydet: Noch groͤſſer wird die Betruͤbnuͤß / wenn einer an ſeinen Kindern klaͤgliches Elende vnd Hertzleyd / oder Toͤdtlichen abgang ſehen / vndGẽ. 37. 35. erfahren muß / Sinthemal Kinder von Hertzen kommen /Ijob. 1. 20 vnd widerumb zu Hertzen gehen / wie Jacob / Job / David2. Sam. 12. . 16. c. 18. . ult: auß eygner erfahrung davon wol Predigen koͤnnen / vndA iijwiſſens[6]Chriſtliche Leichpredigt.wiſſens alle / die dergleichen Jammer erfahren haben / Aber das groͤſte Hertzleyd iſt / wenn trewe Ehegenoſſen ſich ſchey - den / vnnd eines dem andern mit naſſen Augen nachſehenIjob. 14. . 10. 14. muß / wie mans zum Hauſe hinauß traͤgt / vnd in die Erde hinein legt / da in dieſer Welt kein widerſehen iſt. Ach frey -Syr. 38. . 27. lich bringts Schmertzen vnd Hertzeleyd / ſonderlich / wo ein2. Sam. 6. . 8. ſolcher Riß gantz ploͤtzlich vnd vnverſehens geſchicht / davon jetzt niemandt beſſer Predigen koͤnte / als der Hochbetruͤbte /Geneſ. 2. . 21. 22. vnd ſehꝛ bekuͤmmerte Herꝛ Wittwer ſelbſt / dem ſein Eheliche Riebe durchs Todtes pfeyl auß der ſeite geriſſen / ſein HertzEpheſ. 5. . 23. mitten entzwey geſpalten / vnnd der Leib von jhm / als dem Häupt / abgeloͤſet worden. Solte er nu mit dem lieben Job nicht ſagen? Wenn man meinen Jam̃er woͤge / vnd mein Leyden zuſammen in eine Wage legte / ſo wuͤrde es ſchwerer ſein / deñ ſandt am Meer / ꝛc. Darumb dringet der Schmertz ſein Hertz / vnd ſeine Augen koͤnnen ſich der thꝛaͤnen nicht gaͤntzlich enthalten / So ſtehen neben jhm auch der Seelig verſtorbenen Herꝛn Aydame vñ Kinder mit trawrigen geberdẽ / beklagen jhꝛer Fraw Mutter todt / darumb ſie alle in kläglichen Trawrkleydern da ſtehen / jhr Betruͤbnuͤß dadurch an Tag zu geben / ꝛc. Wie ſoltenRom. 12. . 15. aber wir ſolchen Jammer ohne Mitleyden anſchawen / vnd nicht trawꝛig ſein / mit ſolchen trawrigen[?]Haben wir doch alle diß / vnd nichts beſſers / Heut oder Morgen zugewarten /Syr. 38. . 28. denn es wird vber vns auch kuͤrtzlich kommen / was wir jtzt an dieſen betruͤbten ſehen muͤſſen. Der alte Bundt / du muſtSyr. 14. . 16. ſterben / wird vns nicht laſſen exempt ſein / es wird auch bald mit dir vnd mir heiſſen / Du biſt Erden / vnd muſtGeneſ. 3. . 19. wider zur Erdẽ werden. Derowegen wir gleich heut ein incitament auß dieſem trawrigen Exempel haben /darbey[7]Chriſtliche Leichpredigt.darbey wir vns auß der Sicherheit zur Gottesfurcht / vnd Seeligen bereytung gegẽ vnſern letztem Ende auffmuntern moͤgen / damit wir / wenn vns der Allmächtige Menſchen -Ijob. 7. 20 huͤtter abfordert / in ſeeligem Stande des Glaubens vnd gutten Gewiſſens moͤgen erfunden werden / den letzten Todteskampff Ritterlich außzuſtehen / vnnd hindurch zu - dringen zum Ewigen leben.

Das wir aber deſto Frewdiger hinan gehen / wollen wir vns Muts vnd Troſts erholen / auß dem Wort des Leben -Jacobi. 1. . 21. digen Gottes / welches kan vnſere Seelen ſeelig machen / damit ſich auch in jhrer letzten Not dieſe vnſere ſeelige Mit - ſchweſter ermuntert vnd erfrewet hat / das ſie geſieget / vnd zu jhres Herꝛn frewde eingangen iſt / welches damit es auchMatth. 25. . 22. vns als muͤden Krafft / vnd als vnvermuͤgenden ſtärcke ge - nung gebe / wollen wir den Ewigen Gott / deſſen vermoͤgenEſa: 40. . 29. vnd ſtarcke Krafft groß iſt / darumb hertzlichIbid. . 27. anruffen.

So ſchreibet der H. Apoſtel Paulus

(Rom. 8. 1)
ICh bin gewiß / das weder Todt noch Leben / weder Engel / noch Fuͤrſten - thumb / noch Gewalt / weder Gegenwertiges / noch Zukuͤnfftiges / weder Hohes / noch Tieffes / noch kein andere Creatur / mag vns ſcheyden von der Liebe Gottes / die in Chriſto JEſu iſt vnſerm HErꝛen.
Kein[8]Chriſtliche Leichpredigt.

Außlegung.

KEin groͤſſer Gluͤck vñ Heyl / kan auff dieſer Welt einem Menſchen widerfahren / als ein ſeliges Ende / wie auch im Gegentheyl / kein groͤſſer Vngluͤck vnd Hertzeleydt jemanden betreffen kan / als ein vnſeeliges boͤſes Ende. Denn / ſo der Menſch ein guttes Ende nimpt / vnd auff ſeinem Todt - bette / im rechten Glauben an Chriſtum ſeliglich abdruͤckt / wird er dar - durch auff einmal ſeiner Muͤhe / Angſt vnd Sorge / entledigt / vnd in die liebliche Frewde verſetzt / davon Apoſtel ſagt / dz ſie ſo wichtig ſey /1. Cor. 2. . 9. das ſie noch kein Auge geſehen / kein Ohr gehoͤret / vnd in keines Menſchen hertzen kommen iſt / wie ſie auch Petrus nennet /1. Pet. 1. 8. eine vnaußſprechliche vnd herꝛliche frewde / da alle ThraͤnenApocal. 7. . 17. von aller Seeligen geſtorbenen Angeſicht abgewiſcht werden:Eſa: 35. 10 Vnd alle Schmertzen vnd ſeufftzen weg muͤſſen. In Summa /Pſalm. 16. . 11. Er kompt an den gewuͤnſchten Oꝛt / da frewde die fuͤlle iſt / vnd ein lieblich Weſen zur rechten Gottes Ewiglich: Schadet jhm auch gar nichts / ob er ſein Lebetag zuvor / nichts / denn lauter Elend /Lucæ. 16. . 20. 21. Armut vnd Betteley / Jammer vnd Todt erlitten / wie Lazarus, denn er wird hinfoꝛt getroͤſtet vnd erquickt mit Himliſcher wonn vnd frewde /Roman. 8. . 18. derer diß zeitliche Leyden nimmermehr werth iſt.

Widerumb / ſo der Menſch ein boͤſes Ende nimpt / ſtirbt vnſelig / wird etwa in ſeinen Suͤnden erhaſcht / vnnd abgefordert / durch einen ploͤtzlichen Fall / oder ſtirbet inn verzweyffelung / oder kompt ſonſt ohnePſalm. 49. . 9. 15. ware Rew vnd Buſſe vmb / ſo fellet Er in das groͤſte Vngluͤck vnnd Jammer / darauß jhm in alle Ewigkeit nicht kan noch mag geholffen werden / denn er kompt mitten in den ort der Qual / da der ReicheLucæ 16. . 24. Mann jnnen ligt / Heulet vnd Schreyet vber ſeine brennende Zunge / vnd vber die Pein / die er leydet in den Fewerflammen. Da hilfft jhnSap. 5. . 8. denn gar nichts / ob er allhier hette lauter Honig / vnd Zucker gehabt / ſampt aller Frewden luſt in der gantzen weiten Welt / wie es ſein Hertz nur hette wuͤnſchen moͤgen / denn es hat nu alles auffgehoͤrt / vnd iſt in Ewiges Hertzeleyd verwandelt worden / vnd muß nu dafuͤr ſtinckendtSchwefel[9]Chriſtliche Leichpredigt.Schwefel vnd Pech auß dem Helliſchen Fewersbrunnen / mitten vnter den heßlichen vnnd ſcheutzlichen Teuffeln / Ewiglich in ſich ſchlucken / Alſo gar nichts hilffts den Menſchen / weñ er die gantze WeltMatth: 16. . 26. gewinne / vnd nehme doch ſchaden an ſeiner Seelen.

Nazianz: in Carm: ſac: Ἧχι πυρὸς ποταμοὶ, καὶ δαίμονες ἀγριόθυμοι Ψυχῶμ τοῦλομϑύων ποινὴ καὶ τίσις ἄπαυςος.

Diß haben gar wol bedacht Moſe vnd David / beyde Hocherleuchte Maͤnner vnd Propheten Gottes / derowegen ſie inn jhren Pſalmen ſoPſal. 39. 5. Hertzlich geſeufftzet / das ſie Gott ja nicht wolle in dieſe SewgedanckenPſ. 90. 12. gerahten laſſen / als were nur alles am Zeitlichen gelegen / darumb ſich die Gott - vnd Glaubloſen Weltkinder ſo hefftig bemuͤhen / Sorgen /Pſalm. 39. . 7. Scharꝛen / Kratzen / vnd machen jhnen viel vergebliche vnruhe / ſamlen vnd wiſſen doch nicht / wers kriegen wirdt / Sondern woͤlle ſie be - dencken lehren / das ſie ſterbẽ muͤſſen / auff das ſie klug werdẽ. In gleicher Betrachtung iſt auch Syrach geweſen / wie ſeine ErnſteSyr: 7. 39. vnd trewhertzige Warnung zeuget / O Menſch / ſpricht Er / was du thuſt / ſo bedencke das ende / ſo wirſtu nim̃ermehr boͤſes thun /

Dannenher Auguſtinus ſagt /

Semper ante oculos noſtros verſetur ulti -Auguſtin: Epiſt: 8. mus dies, & cum diluculo ſurrexerimus, nõ ad veſperam nos confidamus pervenire, & cum in lectulo membra noſtra depoſuerimus, de lucis non confidamus adventu: jta facilime poterimus corpus noſtrum â vitijs & concupiſcentiis refrenare.

Vnd die alten Verß.

Felix ut hora ſit ultima, ſemper ora:
Wiltu zu letzt ein ſeelige ſtundt /
So bitt ſtets drumb auß Hertzen grundt.
Pervigili cur â ſemper meditare futura:
Dein groͤſte Sorg / laß dieſes ſein /
Wies Himliſch Gutt moͤg werden dein.

Wolte Gott / das wir diß vnſere jmmerwerende Gedancken / vnd wie David vnd Moſe / vnſere Taͤgliche ſeufftzer ſein lieſſen: Wie wuͤr - den ſo viel Suͤnden nach bleyben: Wie Chriſtlich wuͤrde man Leben: Wie Andaͤchtig wuͤrde man Beten: Wie Seelig wuͤrde man auch ſterben. Aber die Heutige ſchlaͤmmige Sewelt achtet das nicht /Bſondern[10]Chriſtlich Leichpredigt.ſondern ſuchet nur jhren Sewiſchen Ruͤſſel im Koth der Fleiſchlichen wolluͤſte / zuſuͤhlen vnd jhre Ergetzligkeit zu holen / in jhren ſchendtlichenMich: 7. . 2. Suͤnden / wie der Kaͤfer im vnflat / darumb auch die Gottſeligkeit faſt verſchwunden / vnd ſchier alle Erbarkeit vnnd Tugendt außgezogen iſt / Laſter aber vnd Boßheit hat platz bekommen im Lande / vnnd mehret ſich noch Taͤglich ohne maß / das wir wol mit David klagen moͤgen /Pſalm. 12. . 1. Hilff HErꝛ die Heyligen haben abgenom̃en / vnd Glaͤubigen iſt wenig vnter den Menſchen Kindern.

Wir aber / als Kinder Gottes / denen jhre Seeligkeit ein rechter Ernſt iſt / vnd die auff dem wege Gottes gehen / wollen vns von ſolchem Schlamhauffen der Gottloſen abſondern / vnd mit David / Moſe / vnd allen Gottes heyligen lernen / wie wir im letzten Todeskampff Ritter - lich ringen / vnd durch Todt vnd Leben zu Chriſto vnſerm HErrn ein - dringen moͤgen / darzu kan vns aber der abgeleſene Spruch S. Pauli gutte anleytung geben / welchen wir als einen ſtarcken Machtſpruch Goͤttlicher warheit / ein wenig auffwickeln / demſelben in Gottesfurcht nachdencken / vnd ſonderlich darauß betrachten wollen zwey Stuͤck.

Erſtlich / was fuͤr ſchwere Berge ein Chriſtliches Hertz vberſteigen muß / wil es obſiegen / vnd bey Chriſto ſeinem HErrn ſein vnd bleyben.

Zum Andern / daß vortreffliche Privilegium vnd ſtattliche Freyheit / daran ein Chriſtlicher Steiger ſich halten / vnnd des gewiſſen Sieges getroͤſten ſoll.

JEſus Chriſtus Lehre vns diß alles wol bedencken / Helffe vns die hohen Berge vnd ſtarcke Paſteyen vberſteygen / vnd bringe vns zu der Herꝛlichen Freyheit des Ewigen Lebens / Amen.

Vom Erſten Stuͤck.

GLeich wie ein Kriegsmann / der inn der Schlacht -1. Cor. 9. . 25. ordnung ſtehet / vnd ſeinen Feind fuͤr Augen ſiehet / ſich nicht darff der Sicherheit ergeben / vnnd bloß der wolluſt nach - hengen / ſondern mit ſeiner Ruͤſtung in gutter Oꝛdnung vnd Bereyt - ſchafft ſein muß / ſich ſeiner Haut zuwehren / vnd dem Feind zu wider - ſtehen / alſo muͤſſen auch die geheyligten Kinder Gottes / als Geiſtliche Kriegsleute / die vnter dem Creutz vnd Blutfahne JEſu Chriſti widerden[11]Chriſtliche Leichpredigt.den Teuffel zu Felde ligen / nimmer bloß vnd muͤſſig / ſondern jmmerzu in groſſer Bereytſchafft ſein / jhre Geiſtliche wehren vnd waffen / die der2. Cor. 10. H. Geiſt in dem Wort Gottes darꝛeicht / zur Hand haben / zu beſtreiten alle Feinde / vnnd zu vberſteygen alle Feſtungen / die vns zu vnſerm HERRR Chriſto zu kommen am Wege liegen vnd hinderlich ſein. Dannenher ſagt Job / das der Menſch jmmer zu muͤſſe im ſtreitIjob. 7. . 1. ſein auff Erden / Vnd Paulusſchꝛeibet dieſen Reim allen Chꝛiſt - lichen Kriegsleuten fuͤr / Jnwendig Furcht / Außwendig ſtreit /2. Cor. 7. . 5. welches Reimes ſich noch heute keiner ſchemen oder beſchweren wird / der ein trewer Diener ſeines HErrn JEſu Chriſti ſein wil / ſondern deſto mehr Muttes darauß faſſen ſich zu wehren / vnd die Feſtungen / ſo vns entgegen ſein / einzunemen.

Es finden ſich aber in abgeleſenen Worten / Zehenerley wehren / oder ſtarcke Paſteyen / welche als hohe Berge / ein Chriſtliches Hertz / ſo es zu ſeinem HErrn Chriſto kommen wil / muß vberſteigen vnd vnter ſich zwingen.

Die Erſte Paſteye oder hohe Berg iſt der Todt / der mit ſeinem ſcharffen Pfeyl vnd Bogen vns entgegen zeucht / als eine grauſame Straffe der Suͤnden / wie denn die Schrifft ſaget / das der Todt ſeyRom. 6. . 23. der Suͤnden ſoldt.

Dieſe Feindſelige Paſtey / ſetzt Paulus in verleſenen Worten oben an / damit Er vns fuͤhre zu vnſerm ſelbſt eygenen Erkendtnuͤß das wir Pruͤfen lernen / wer wir doch ſindt / Nemlich arme Suͤnder / die den Todt am Halſe haben / ſo bald wir in Mutterleibe anfahen zu werden / vnd vns mit jhm blewen vnd ſchlagen muͤſſen / alle ſtunden vnd Augen - blick vnſers gantzen Weſens vnd Lebens / auff das wir ſehen / nicht auff vns vnd vnſere Kraͤffte / welche nichts ſind: ſondern auff Gott / deſſen Krafft in den Schwachen Mechtig iſt. Denn durch die Suͤnde iſt2. Cor. 12. . 9. der Todt vnſer ſo Mechtig worden / das er nicht allein vnſern Leib an - fellet / mit allerley Kranckheiten / Vngluͤck / Sorgen / Jammer vnndRom. 5. . 12. Not: Sondern auch vnſere Seelen durch Blindheit vnd Vnwiſſen -Syr. 40. . 27. 28. heit / die vns der verterbten Natur halben auff dem Halſe ligt / das wir von Gott / ſeinem Weſen vnd willen auß vns ſelber nichts wiſſen noch verſtehen koͤnnen / ſondern als Todte Leute in vnſern SuͤndenEph. 2. . 1. da liegen / wie die Schrifft redet / die ſich weder regen noch bewegen1. Cor: 2. . 14.B ijkoͤnnen /[12]Chriſtliche Leichpredigt.2 Cor: 3. v 5.koͤnnen / in Geiſtlichen ſachen / es werde vns denn eine Newe Lebens -Epheſ. 1. . 17. 18. krafft eingepflantzt / vom Heyligen Geiſt / von oben herab / durch vnſern HErrn JEſum Chriſtum / welchen Paulus fuͤr ſein Leben ruͤhmet /Phil. 1. 21. Vnd Chriſtus ſelbſt ſpricht / Er ſey das Leben / der (wie Paulus aber -Joh. 11. 25 mal redet) durch Glauben wohnet inn vnſern Hertzen / dadurch wirEph: 3. 17 denn im Geiſt Lebendig gemacht werden / vnd alſo dieſen hohen BergRom. 8. v. 2. vnd ſtarcke Gegenwehr / ſchon mehr denn die helffte im Geiſt eroͤbert vnd erſtiegen haben.

Rom. 8. verſ. 10.Aber doch iſt der Leib noch (Todt) / das iſt / dem Tode vnterworffen / vmb der Suͤnden willen / dannenher muͤſſen wir noch jmmerfort mit1. Sam. 14. . 13. groſſer Muͤhe vnd Arbeyt / mit Henden vnd Fuͤſſen (wie Jonathan mit ſeinem Waffentraͤger vber die ſpitzigen Felſen vnd Berge der Philiſter) durch allerley Doͤrnen vnnd Hecken der Truͤbſall / Sorgen / Furcht /Syr. 40. v. 25. Angſt / Graͤmen / Kranckheit vnnd Not klettern / biß wir an vnſerm Seeligen Ende dieſen Todtenberg vollendt gar vberſteygen / vnd zumApoc. 21. v. 4. rechten Leben eingehen / da kein Leyd mehꝛ hinkom̃en kan. Denn ſo ſagt Chriſtus / Warlich / warlich / Jch ſage Euch / Wer meinJohan. 5. v. 24. Wort hoͤret / vnd glaͤubet dem der mich geſandt hat / der hat das Ewige leben / vnd kompt nicht ins Gericht / ſondern iſt vom Tode zum Leben hindurch getrungen.

Tertul: lib. de teſtim: animæ. Dannenhero ſagt nu Tertullianus, Non est timendum, quod nos liberat ab omni timendo, daß wir den Todt nicht Fuͤrchten ſollen / weil Er vns von aller Furcht entledigt / vnd Chryſoſtomus, ὕπνος τὸ πρά -Chryſoſt: in 1. ad cor. γμα ἔστιν, οὐ ϑάνατος,[μετάστασις] οὐκ ἀπώλεια: ἀποδημία ἀπὸ τοῦ ἐλαττόνων, ἐπὶ τὰ βελτίονα, ἐπὶ βίον, οὐκ ἔτι πολύμοχϑον, ἀλλ 'ἔνϑα ἀπέδρα ὀδύνη, λύπη καὶ στεναγμός. Der Schlaff / (dennMatth. 9. verſ. 24. alſo nennet er Chriſten Todt) iſt ja ein Werck vñ nicht ein Todt / ein vmbwechſelung / nicht ein verterben / eine Wanderung von dem ge -Joh. 11. v. 11 ringern / zum beſſern / Nemlich zu einem ſolchen Leben / da man nicht mehr darff Muͤhe vnd Arbeyt haben / ſondern ferne davon bleyben muß / Schmertz Trawrigkeit vnd Seufftzen.

Die Andere zu vberſteigen ſchwere vnd hinderliche Feſtung / nennetSyr. 41. v. 23. S. Paulus nu das Leben / verſteht / diß Natuͤrliche vnd Zeitliche Leben / das die Menſchen gar zu ſehr lieben / vnd das nimmer gerne ver -laſſen[13]Chriſtliche Leichpredigt.laſſen wollen / ſonderlich die Reichen vnd Wolluſtigen / die dem FleiſchPhilip. 3. verſ. 19. dienen / vnd jhren Bauch zu einem Gott haben / die machen jhnen mit jenem reichen Koꝛn Junckern allzeit ein lange Rechnung auff vil Jahꝛ /Lucæ 12. v. 18. vnd dencken nicht / das jhnen das Todtengloͤcklein ſo bald ſoll geleutet werden. Ja alles was man vom Todt redet vnd ſchreibet / iſt jhnen verdrießlich / vnnd wenn er mit ſeinem Pfeyl vnd Rantzebogen kompt herein geſchritten / Schreyen ſie klaͤglich / O Noch nicht / Noch nicht / Jch bin noch Jung / Schoͤn / Reich / Es iſt noch viel zu fruͤhe / wenn ich nur ein Jahr / Zehen / Zwantzig / mehr oder weniger leben ſolte / von denen ſagt Syrach /O Todt / wie bitter biſtu / wenn anSyr: 41. v. 23. dich gedencket ein Menſch / der gutte Tage vnd genung hat / vnd ohne Soꝛge lebet / vnd dem es wolgehet in allen dingen / vnd noch wol Eſſen mag. ()Vnd warlich / es muͤſſen ſich auch die Heyligen Kinder Gottes ſehr bemuͤhen / ehe ſie dieſen Berg vber - ſteigen / ſie haben auch noch Fleiſch vnd Blut am Halſe / vnd entſetzen ſich fuͤr dem Todt / weil er iſt eine verſtoͤrung der Natur / der die aller - liebſten vnd beſten zween Freunde / Leib vnd Seel / von einander tren - net / jaget die Seele auß jhres Coͤrpers wohnung / in die andere Welt / den Leib aber in die Erde / darinnen er vermodern vnnd verweſen muß / welches die Natur / als ein vbel / jhr zugegen / ſcheucht vnd fleucht. 2. Reg. 20. v. 2. 3.Dannenhero erſchrickt der frome Koͤnig Hißkias bitterlich ſehr / als er vom Propheten hoͤret / Er wuͤrde bald ſterben / das er heiſſe ThraͤnenEſaiæ 38. v. 2. 3. vergeuſt / vnd ſehr weinet / wendet ſich zur Wandt / mit ſeinem Antlitz / vnnd Betet zum HErꝛen vmb erlengerung ſeines Lebens / wird auch erhoͤret.

Jhr viel erliegen gantz vnd gar vber dieſem Berge / die ſich nemlich wider einflechten in den vnflat der Welt / hengen an den Sorgen des2. Petr: 8. verſ. 20. Reichthumbs / vnd Zeitlicher wolluͤſte / vergeſſen darvber des Ewigen /Lucæ 8. v. 14. von welchen Chriſtus ſagt / Sie koͤnnen ſeine Juͤnger nicht ſein / denn wer nicht abſaget allem / das er hat / vnnd ſein eygen LebenLucæ 14. v. 26. haſſet / der kan nicht ſein Juͤnger ſein. Doch iſts nicht dahin zuverſtehen / als muͤſte jhm einer ſelbſt das Leben nehmen / wolte er zu Chriſto kommen / denn das were wider Gottes Gebot / Du ſolt nichtExod. 20. v. 13. Toͤdten / Sondern alſo ſollen wir das Zeitliche Leben haſſen / das wir willig vnd gerne es fahren laſſen / ſampt allem / was vns in dieſemB iijLeben[14]Chriſtliche Leichpredigt.Leben lieb geweſen / wenn vns Gott durch den Zeitlichen todt / od̕ durch ein Martyrium, oder Blutzeugniß / abfordern wil / weil vns viel ein beſſer Leben bereytet iſt im Himmel / das vns denn vberſchwencklich viel lieber ſein ſoll / als alle Zeitliche Herꝛligkeit.

Die Creatur liebenden Welt - vnd Geltkinder / Glaͤuben das nicht / drumb kleben ſie an dem Jrꝛdiſchen leben vnd vergaͤnglichen Guͤttern dieſer Zeit / wie die Fliegen im Peche / das es jhnen nimmer zeit ſein kan zuſterben / begeren jmmer lenger zu leben / wenn ſie ſich aber fuͤhlen / es wil mit jhnen auß ſein / der Todt wil ſie wegreiſſen / da bricht jhnen der Angſtſchweiß auß / da ſehen ſie ſich finſter vnd wilde vmb / vnd ſtel -Baſil: ho - mil: quod non ſit ad - hærẽd: reb. ſecularib. Aurũ, inꝗt, deſerit ho - minem nec vult cum poſſeſſorib. ſuis emi - grare. len ſich ſehr vngeberdig / Jhr viel laſſen jhnen jhre Geldtkaſten fuͤr - tragen / Guͤlden vnd Thaler fuͤrſchuͤtten / das ſie darinnen maͤhren / vnd jhꝛ Geldtſuͤchtiges hertz erquicken moͤgen: Aber eine Elende erquickung / Ja wenn mans Leben vmb Gelt kaͤuffen koͤnnte / Nu aber nimpt der Todt kein Gelt / Golt vñ Silber mag auch niemandẽ erꝛetten / am Tage des Zorns des HErꝛn / wenn das geſetzte Lebens ziel erꝛeichet wird / ſo muͤſſen ſie davon / Jhr Leben reiſſet ab wie ein Weberſpul / vnnd fellt vmb / wie eines Hirten huͤtte / es fleucht dahin / wie Sprew / oder ein fliegende Blat / das der WindSophon: 1. . 15. abſtreicht / vnd bleybt alle jhre Herꝛligkeit dahinden / daruͤber fahren ſie dahin / mit Schrecken vnd Weheklagen.

Ijob. 14. v 5. Eſa: 38. 12Das kompt aber alles daher / das ſie weder das Leben noch den TodtIjob. 21. . 18. dieſer zeit recht anſchawen: Das Leben ſehen ſie nur von auſſen an / mit ſeiner gleiſſenden Pracht / vnd bald / bald vergaͤnglichen Herꝛligkeit /Pſ. 90. . 5. Pruͤfen aber nicht / das es ſey vol vnruhe / darinnen man ſich ohnIjob. 13. v 25 vnterlaß mit dem Todte balgen muß / Ja ein Todtes leben / das alleSapient. 5. . 7. 8. 9. Augenblick hinfahren kan: Den Todt ſehen ſie gleichsfals nur auß -Pſ. 73. . 19. wendig an / als eine Jaͤmmerliche erwuͤrgung der Menſchen kinder /Ijob. 14. v 1. drumb lieben ſie vber die maß das Muͤhſelige Leben / vnd fuͤrchten grau -Bernhard: Serm: 6. de adventu Domini. Caro miſe - ra Cœca & ſtulta, non quærit conſolationes ſed deſolationes. ſamlich den Todt / Aber die Erleuchteten Gottes kinder / denen der H. Geiſt die jnwendigen Augen des Hertzens geleutert hat / die ſehen gar viel weiter vnd ſchaͤrffer / ſie kennen diß Leben recht / als ein Todtes Leben / in welchem der Todt ſo lange an vns naget vnd friſſet / durch allerley Jammer / Angſt vnd Not / biß er vns gar das Hertz abfriſſet /darumb[15]Chriſtliche Leichpredigt.darumb ſagen ſie gern mit Paulo / Jch ſterbe Täglich. So ſehen1. Cor: 15. . 31. ſie auch mitten im Todte das Leben / das da Ewig weret / darinnen kein Todt mehr iſt / noch Leyd / noch geſchrey / ſondern EwigeJoh: 11. 26 Frewd vnd wonne. Darumb wenn ſie mercken / es wil mit jhnen zumApoc: 21. . 4. Ende eylen / werden ſie wunder froh / das ſie dieſes Todten lebens der - mals eins ſollen entlediget / vnd ins recht Ewige Frewden leben verſetzt werden / welches Anfang vnd Eingantz iſt der Zeitliche todt / darumb ſingen ſie jhr Nunc dimittis mit dem alten Simeon mit Frewden / vnd fahren ſanfft vnnd ſtill dahin / vnd zwingen alſo auch dieſen hohen vndLucæ: 2. . 29. ſchweren Berg vnter ſich.

Die Dritte Paſtey / ſo zuvberſteigen / nennet S. Paulus in ver - leſenen Worten ENGEL / das lautet faſt wunderlich / das auch die Heyligen Engel vns hindern ſollen / am Ewigen Leben / die doch / wie die Schriefft ſagt / allzumal ſindt Dienſtbare Geiſter / auß -Ebræ: 1. . 14. geſandt / zum Dienſt derer / die Ererben ſollen die Seligkeit. Wie reimet ſichs denn nu hie / das Paulus vnter die beſchwerlichen vnd hinderlichen Berge zum Leben / auch die Engel zehlet? Nu es iſt freylich war / das die lieben Engel nicht allein nicht hindern / ſondern ſich hoͤchlich drob frewen / das wir Seelig werden / wie ſie denn bey der Empfengnuß / Geburt / Aufferſtehung / vnd Himmelfart des HErꝛnLucæ: 15. . 10. Chriſti ſich brauchen vnd ſehen laſſen / vermahnen allezeit zur FrewdenCap. 1. 16. vnd Frolocken / vnd geſellen ſich auffs Lieblichſte zu den erſchrockenenMatth: 1. . 20. Suͤndern / beleyten vnnd beſchuͤtzen auch die erwelten Gottes kinder / wider des Teuffels gewalt vnd Tyranney / drumb ſie freylich jhrent -Lucæ 2. . 9. 13. halben vns nicht Hinderlich / ſondern Dienſtlich ſind zum Ewigen Leben vnnd Seeligkeit. Doch ſindt ſie vns Hinderlich per Acci -Matth: 28. . 2. dens, vnſernthalben / denn wir / als arme Suͤnder muͤſſen erſchreckenAct. 1. v. 10. vor der Engliſchen Klarheit vnnd Reinigkeit / weil vns vnſere eygenePſalm: 34. Gewiſſen der Suͤnden halben allezeit beſchuldigen. Siehe wie ſchoͤn vnd rein ſind die Heyligen Engel / die im gutten beſtanden ſind / ſo ſchoͤnJoh: 8. v. 44 vnd rein ſolteſtu auch ſein / denn alſo hatte dich der HErr dein Gott im Anfang erſchaffen / vnnd mit ſeinem Ebenbilde gezieret / Siehe wieGẽ. 1. . 27. ſcheutzlich haſtu dich zugerichtet / wie Klaͤglich haſtu dich mit Suͤnden verterbet: Chriſtus dein Erloͤſer / hat dich mit ſeinem Blut von derApo: 1. v. 5. Scheutzligkeit deiner Suͤnden gewaſchen / vnnd gereiniget durchsEph: 5. v. 26 Waſſerbad im Wort / das kein flecken noch runtzel an dir geſehen wird /der[16]Chriſtliche Leichpredigt.1. Cor. 5. . 11.der H. Geiſt hat dich Geheyliget / Erleuchtet vnd Newgebohrn / das du in Reinigkeit deines Hertzens dem Lebendigen Gott / als eine newe2. Cor. 5. . 17. Creatur / Heyliglich dienen ſolteſt / Aber ſihe wie haſtu ſolcher deinerLucæ: 1. . 74. Reinigung vnnd Heyligung ſo ſchaͤndlich vergeſſen / dich mit newen ſtinckenden Suͤnden befleckt / vnnd ſehr Heßlich zugericht / Fuͤhleſt /Rom. 9. . 18. auch noch in deinem Fleiſche / nichts guts wohnen / ſondern die Suͤnde / die du Taͤglich groͤſſer machſt / wie wiltu beſtehen? Die Heyligen Engel werden ſich dein ſchaͤmen / dich außſcheuchen / vnd als einen grewlichen befleckten Suͤnder in jhrer reinen vnd heyligen Ge - meinſchafft nicht dulden wollen.

Dannenher der Engel erſcheinung den armen Menſchen allezeitJud. 13. v. 22 erſchrecklich geweſt / wie die Hiſtorien Manohæ, Danielis, Mariæ, derDaniel. 10. verſ: 8. 9. Bethlehemitiſchen Hirten / vnd der furchtſamen Weiber beym GrabeLuc: 1. v. 29 Chriſti gnungſam außweiſen. Vnd wenn ſie mit jhrer HimliſchenLuc: 2. v. 9. Freundligkeit vnnd Holdſeligen geberden vnd reden / die FurchtſamenMarc: 16. . 8. nicht getroͤſtet / weren ſie wol in der Ohnmacht vergangen. Dero - wegen denn Paulus gar billich auch der Engel hier gedenckt / als einesDaniel. 10. v. 8. groſſen Berges / der vns zum Leben zukommen im wege ligt / Nicht der Engel halben / welche (wie geſagt) vns die Seeligkeit Hertzlich gerne goͤnnen / ſondern vnſert halben / das er vns die zaghafftige Furcht auß dem Hertzen rede / vnd deſto Frewdiger mache / hinan zugehen / ob wir gleich noch vnſere Schwachheiten vnnd Gebrechligkeiten am Halſe haben / Sintemal es entlich darzu kommen ſoll / das auch wir denMatth. 22. . 30. Engeln GOttes ſollen gleich werden / im andern Leben / wie Chriſtus bezeuget: Vnd alſo koͤnnen wir auch dieſe Paſtey vberſteigen vnd durchkommen.

Epheſ: 6. verſ. 12.Den Vierdten Berg nennet S. Paulus Fuͤrſtenthumb / ver - ſtehet hierdurch den Principem tenebrarum, den Fuͤrſten der FinſternißJohan. 12. v. 30. vnd Boßheit / mit ſeinem gantzen Helliſchen Reich / welcher iſt ein ge - waltiger Fuͤrſt dieſer Welt / ein abgeſagter vnnd geſchworner Erb -1 Pet. 5. 8. feind Chriſti / vnd aller ſeiner Glaͤubigen / der Tag vnd Nacht nichtsApo. 12. v. 9 anders thut / tichtet vnd trachtet / als wie er vns in allerley ſchande vndCypr: lib. 1. Epiſt. 8. Mẽtitur ut fallat, blan - ditur ut noceat, bona promittit ut mala tribuat, vitã pollicetur ut pimat. Laſter einfuͤhre / vmb die Seeligkeit betriege / vnd mit Leib vnd Seel in die Helle bringe / darzu iſt der Boͤſewicht liſtig vnd geſchwinde / ein Tauſentkuͤnſtler / allerley Rencke vnd Tuͤcke weiß anzuſtellen / wie erdie[17]Chriſtliche Leichpredigt.die Leute beruͤcken moͤge: So hat er das Handwerck lange getrieben / vnd gar manchen Hindergangen / auch auß genungſamer Erfahrung gelernet / wie er ſeine Zweyffelsknoten ſtricken / vñ die armen Menſchen betriegen kan / das ſie jhm angehen / vnd es ſelbſt nicht mercken: im Eſſen / Trincken / Schlaffen / Wachen / in Lieb vnd Leyd / im Hauſe / oder auff dem Felde / bey Tag vnd Nacht ſtellet er vns nach vnd feyret nicht / ein Augenblick. Daneben iſt er gantz Kuͤhn vnnd Muttig / Fuͤrchtet ſich vor Niemandt / Stal vnd Eyſen achtet er voꝛIjob. 41. . 26. Strohälmen / drumb nennet jhn Petrus nicht einen furchtſamen Haſen / ſondern einen frewdigen Lewen / der nach ſeinem Raub bruͤllet /1 Pet. 5. . 8. nicht ferne von vns / ſondern nahe vmb vns / der vns auff der Ferſen nach ſchleicht / nicht offentlich / das mans mercken koͤnte / ſondern heim - lich vnd Liſtiglich / denn er iſt ein Geiſt / vnd vnſichtbar / vnd kan ſich2. Cor: 11. . 14. verſtellen inn einen Engel des Lichts / der doch iſt der groſſeApocal. 12. . 9. Rote Drache / die alte Schlange vnnd Sathanas / der die gantze Welt verfuͤhret / der vngehewre Leviathan, deſſenIjob. 41. . 17. 18. 19. 20. Augen ſind wie die Augenliede der Morgenroͤte / auß ſeinem Munde fahren Fackeln / vnd Fewrige funcken ſchieſſen her - auß / auß ſeiner Naſen gehet Rauch / wie von heiſſen toͤpffen vnd Keſſeln / ſein Odem iſt wie Lichtlohe / vnd auß ſeinem Munde gehen flammen / er hat einen ſtarcken Halß / vnd iſt ſeine Luſt / wo er etwas verterbet / Ja es iſt ſeine Luſt vnnd Frewde / wenn er die Menſchen bethoͤren / vnnd jhre Seelen ver - ſch lingen kan.

O wie ſchwer iſt dieſe Feſtung zu vberſteigen / daruͤber gar mancher Menſch erlieget vnd vntergehet / ehe er die helffte hinauff kommet: wie viel gerathen druͤber inn verzweyffelung / vnnd verſincken in Ewiges trawren / vnd Warlich / ſo iſt hie Menſchen krafft gar zu wenig / vnd1 Pet. 1. v. 5. nichts nicht / Es muß Gottes Krafft vnd Staͤrcke ſein / die vnsEſaiæ 40. . 29. heruͤber bringet / ſonſt iſts auß mit vns. Jſt derowegen das Not - wendigſte / das man ſich halte zur Geiſtlichen Ruͤſtkammer des ſtarckenEpheſ: 6. verſ. 10. Gottes / zu ſeinem Heyligen Krafft - vnd Troſtwort / vnd werde ſtarck im HErrn / vnd in der Macht ſeiner Stercke / wie Paulus vermanetCvnd[18]Chriſtliche Leichpredigt.Epheſ: 6. v. 11. 12. 13. 14.vnd ſaget / vmb des willen / ſo ergreifft den Harꝛniſch Gottes / auff das jhr / wenn das boͤſe Stuͤndlein kompt / widerſtandtCypr: lib. 4 Epiſt: 4. thun / vnd alles wol außrichten koͤnnet / vnd das Feldt er - halten moͤget. So ſtehet nu / vmbguͤrtet ewere Lenden mitPręliantes nos & fidei cõgreſſio - ne pugnã - tes ſpectat De ſpectãt Angeli. Quanta eſt gloriæ di - gnitas, quã ta felicitas, & tp; ſide Deo cõgredi & Chriſto Ju - dice coro - nari. Warheit / vnd angezogen mit dem Krebs der Gerechtigkeit / vnd an Beinen geſtiffelt / als fertig zu treiben das Evange - lium des Friedes / damit jhr bereit ſeid / vor allen dingen aber ergreiffet den Schildt des Glaubens / mit welchem jhr auß - leſchen koͤnnet alle Fewrige Pfeyle des Boͤſewichts / vnd nehmet den Helm des Heyls / (die gewiſſe Hoffnung des Sieges) vnnd das Schwerdt des Geiſtes / welches iſt das Wort Gottes / vnd Betet ſtets in allen dingen / mit bitten vnd flehen im Geiſt / vñ darzu mit allem anhalten vñ flehen. Eben daß befiehlt auch Chriſtus / da Er ſelbſt zur Zeit ſeines Leydens dieſen Berg vberſteigen ſolte / vnnd ſaget Dreymal nacheinander / Wachet vnnd Betet / das jhr nicht in Anfechtung fallet /Matth: 26 v. 39. 41. der Geiſt iſt willig / aber das Fleiſch iſt ſchwach. WelchesLucæ: 22. v. 46. hernach Petrus ſeine Aſiatiſche Zuhoͤrer auch erjnnerte / Jacob der - gleichen. Wer nu gehorchet / vnd ſich alſo ſtaffiret / vnd außruͤſtet / der1 Pet. 4. v. 7. kompt gewiß hinuͤber / vnd zwinget dieſe ſchwere Paſtey auch vnter ſich /Cap. 5. v. 8. vnd dringt mit froͤlichem Glauben hindurch / deñ der Glaube iſts /Jacob. 4. verſ. 7. der die Welt / vnd den Teuffel ſelbſt vberwindet / Wer da Gläu -1 Joh. 5. v. 4. bet / der fleucht nicht / (das iſt / er erlieget nicht / er fellet nicht zuEſa. 28. v. 16 ruͤcke /) ſondern beſtehet vnd Sieget.

Rõ. 9. v. 33.Der Fuͤnffte Berg wird im verleſenen Text genandt / Gewalt / Das iſt / die gewaltigen Potentaten / vnd hohen Haͤupter auff Erden / die das Regiment jnne haben / vnd vber Land vnnd Leute Herꝛſchen /Rõ. 13. v. 1. denen man Ehre vnd Gehorſam in allen dingen / die nicht wider Gott ſind / zu leyſten ſchuldig iſt. Dieſe gerahten gar offt auff Thorheit /1. Reg: 12. v. 29. & ſeq. das ſie der Abgoͤtterey anhangen / wie Jerobëam vnd andere Gottloſe Koͤnige in Juda vnd Jſraël, Nebucadnezar zu Babel / vnd dergleichen /Dan. 3. v. 1. Oder ergeben ſich ſonſt der Boßheit / zu treiben allerleyEph: 4. v. 19Vurei -[19]Chriſtliche Leichpredigt.Vnreinigkeit vnnd Suͤnden / wie Koͤnig Belzatzer zu Babel / daDaniel. 5. v. 1. 2. Mißbrauchen ſie denn jhrer Hoheit / vnd wollen durchauß nicht leiden das man jhnen einrede / maſſen ſich wol auch Goͤttlicher gewalt an / in dem ſie nicht allein den Leib / vnd Jrꝛdiſche guͤtter jhrer Vnterthanen / ſondern auch derſelbten Gewiſſen vñ Seelen / die allein Gott gewidmet2. Macc. 6. v. 1. 2 & ſeq. Cap. 7. . 1. & ſeqq. ſind / Zubeherꝛſchen ſich vnterfangẽ / wollen mit gewalt die Leute zu jhrer Abgoͤtterey / Grewel / vnd Falſcher Lehre zwingen / bedrewen das arme Volck / mit Fewer / Strick vnnd Schwerdt / mit Verſtoſſung vnd Außjagung von Hauß vnd Hoff / Haab vnnd Gutt / das macht den armen Leuten gar manchen ſawren Tritt / das jhnen offters die Augen mit Thraͤnen rinnen / vnd manch heiſſer ſeufftzer entgehet / denn die altePſalm: 126. . 5. Adams Natur henget nur noch ſehr feſt an Zeitlichen guͤttern / vnnd thut wehe / wenn man Haab vnd Gutt / vnd andere Herꝛligkeiten der Welt verlaſſen / vnd mit Abraham in ein fern vnd frembde Land auß - ziehen ſoll.

Gar mancher Menſch der wol weiß / was recht oder vnrecht iſt / Leſſet ſich die Zeitlichen guͤtter halten / das er wider ſein eygen Gewiſſen thut / vnd ſeinen Gott vnd Glauben verleugnet / wie Menelaus Alci - mus vnd andere Buben / zur Maccabeer zeit / von Gott zu den Heyden2. Macc. 13. . 3. cap. 14. v. 3. abfiehlen / wie es Heut bey Tag ſolcher Leute nicht wenig gibt / die anch jhren boͤſen Herꝛn zugefallen thun / alles was ſie wollen / nur dz ſie gunſt behalten moͤgen.

Wider dieſe Beſchwerung vnd Hindernuß gibt vns Chriſtus einen Muth / da Er ſagt / Fuͤrchtet Euch nicht fuͤr denen / die denMatth. 10. . 28. Leib toͤdten / vnnd die Seele nicht moͤgen toͤdten / Fuͤrchtet Euch aber vielmehr fuͤr dem / der Leib vnd Seel verterben mag in der Helle. Vnd abermal. Seelig ſeid jhr / wenn Euch die Menſchen vmb meinet willen ſchmähen vnd ver - folgen / ſeidt froͤlich vnd getroſt / es ſol euch im Himmel wolMatth. 5. . 11. belohnet werden. Darauff es denn viel Tauſent Maͤrtyrer frewdig gewagt / vnd dieſen grawſamen ſpitzigen hohen Berg Ritterlich durch alle angelegte Marter vnd Pein erſtiegen vnnd vnter ſich gezwungen / haben auch nu die Cron der Gerechtigkeit vnnd Sieges von jhrem HErꝛn Chriſto erlangt / derer ſich auch Paulus troͤſtet in ſeinen Ketten2 Tim. 4. . 8.C ijvnd[20]Chriſtliche Leichpredigt.vnd Banden / damit jhn Keyſer Nero im Gefengniß gebunden hatte /ExPſal. 46. wie auch D. Luther froͤlich ſingt / wider alle gewalt der Geiſtlichen vnd Weltlichen Haͤupter / fuͤr die er zu Wormbs auffm Reichstage erſchei - nen ſolte / Nemen ſie vns den Leib / Gutt / Ehr / Kind vnd Weib / Laß fahren dahin / ſie haben keinen gewinn / das Reich Gottes muß vns doch bleyben.

Die Sechſte / Paſteye wird im Text genennet Gegenwertiges / das iſt / ſolche ding / die vnter Handen ſind / damit wir in gewertiger oder jnſtehender zeit muͤſſen vmbgehen / es ſey das gutte / das wir lieben / oder das boͤſe / das wir fliehen / haben wir etwas guts / das wir nach vnſerm bloͤden verſtandt fuͤr gut achten / Hilff Gott / wie feſt haltenMatth: 19. . 22. wir druͤber / vnd wollens nimmer laſſen / wie jener Juͤngling vber ſeinem Reichthumb / der Chriſtum mit ſeinem Evangelio eher fahren ließ / ehe er ſein Gutt begeben wolte. Haben wir aber etwas boͤſes / das wir fuͤr boͤſe achten / vnd mag doch offt viel beſſer ſein vnd Heylſamer / als das vermeinte gute: ſo koͤnnen wir vns aber nicht drein ſchicken / plagen vns gemeiniglich mit vnnuͤtzen gedancken / ſiehe / Gott iſt vber dich er - zuͤrnet / Er wird dich verſtoſſen / du biſt zu ein groſſer Suͤnder / drumb iſt der Zoꝛn Gottes auff dich gefallen / wie im Pꝛopheten die Kirche klagt:Eſaiæ 49. . 14. Der HERR hat mich verlaſſen / Der HErꝛ hat mein vergeſſen / vnd anderswo / Meine ſchwere Suͤnden ſind durch ſeine Straffe er -Thren: 1. . 14. wacht / vnd mit Hauffen mir auff den Halß kommen / das mir alle meine Krafft vergeht / Der HERR hat mich alſo zugericht / das ich nicht auffkommen kan. Drumb auch diß ein ſchwerer Berg zu vber - ſteigen iſt.

Aber doch vberwinden die Glaͤubigen weit / vnd ſchwingen ſich auch2. Cor. 5. . 1. hinuͤber / denn ſie wiſſen / das ſie an ſtatt der Jrꝛdiſchen vnd vergaͤng - lichen Guͤtter / Himliſche vnd Ewige Reichthuͤmber zu ererben haben /Ebræ. 11. . 40. im Ewigen Leben / vnd ob ſie auch hier ſtets im Creutzofen zu ſchwitzen / ſind ſie doch des verſichert / das jhnen jhre Truͤbſall nicht ſchaͤdlich ſeyRõ. 8. v. 28. ſond̕n zum beſten diene / drumb ſagen ſie mit dem lieben Job / haben wirIjob. 2. v. 10 das gute empfangen von Gott / vnd ſolten dz boͤſe nicht auch annemen? Vnd mit Paulo / Vnſer Truͤbſal / die Zeitlich vnd Leicht iſt /2. Cor. 4. v. 17. 18. ſchaffet ein Ewige vnd vberalle maß wichtige Herꝛligkeit / vns / die wir nicht ſehẽ / auff das Sichtbare / ſondern auff dasVnſicht -[21]Chriſtliche Leichpredigt.Vnſichtbare / denn was Sichtbar iſt / das iſt Zeitlich / was aber Vnſichtbar iſt / das iſt Ewig.

Das Siebende Hinderniß / heiſt im Text Zukuͤnfftiges / das iſt nichts anders / als vnnuͤtze Sorgen vnd Gedancken / von dem / das noch kommen moͤchte / damit ſich ſonderlich jetziger Zeit gegen dem herzuMatth. 24. . 38. nahenden Juͤngſten tage / die Leut plagen / wie Chriſtus Prognoſticiret hat. Dieſen hinderlichen Berg / weiß Sathan genung zu beſteckenLucæ 21. . 34. mit mancherley Doͤrnern der ſchwermuͤttigen Gedancken / ſonderlich / wenn es nicht gehet / wie wirs gerne ſehen / wenn Creutz vnd Truͤbſal / Kranckheit / Armut / Betteley / vnd andere Beſchwerung einher ſchla - gen / da wil bald Hertz vnd Muth entſallen / da denckt manches Hertz / Ach / Lieber Gott / wo wils hinauß? Wo von ſollen wir Leben? Woher ſol ich dieſes oder jenes erzeugen? Es wil alles zu kurtz werden / vnd nirgendt reichen / meine Nahrung / mein Orber / traͤgt ſo viel nicht / als auffgehet / wo wil Weib vnd Kind nach meinem Tode bleyben? Sie werden muͤſſen Bettelbrodt eſſen? Vnd was dergleichen Sorgen von Zukuͤnfftigem vngluͤck mehr die Menſchlichen gemuͤtter betretten kan / daruͤber auch mancher in verzweyffelung geraͤth / vnd jhm ſelbſt Hand anleget.

Hie aber muͤſſen wir hinuͤber klettern durch Glauben vnd Gebet / das man ſich Gott in ſein Vaͤterlich geleyt vnnd Schutz taͤglich befehle /Matth: 6. . 25. & ſeqq. ſchlage jhm die Kuͤmmerlichen gedancken vnd vnnuͤtzen Sorgen / von Zukuͤnfftigen diengen auß dem Hertzen vnnd Sinne / warte ſeines Beruffs / vnd trage die Laſt des Tages / darinnen er Lebet / vnd laſſe es Gott walten / wer weiß wer den Morgenden Tag erleben moͤchte? Jacob. 4. . 14.Wie David hierzu vermahnet / wenn er ſpricht / Hoffe auff denPſalm. 37. . 3. 4. HErꝛn / vnd thue guts / bleyb im Lande / vnnd Nehre dich redlich / habe deine Luſt am HErꝛen / der wird dir geben / was dein Hertz wuͤnſchet / Befihle dem HErꝛn deine Wege vnd Hoffe auff jhn / Er wirds wol machen. Vnd abermaln. Bleybe from / vnd halt dich redlich / denn ſolchen wirds zuIbid. . 37. letzt wolgehen / Alſo vberſteig er (David) ſelbſt dieſen Berg / in ſeinen Kuͤmmerniſſen / Vnd Syrach / Wañ ich mich fuͤrchte / ſo HoffePſalm. 56. . 4. ich auff dich / auff Gott Hoffe ich / vnd fuͤrchte mich nicht /C iijwas[22]Chriſtliche Leichpredigt.was koͤnnen mir die Menſchen thun[?]Welchem wir billich nachſteigen / biß wir dieſe Paſtey auch vnter vns zwingen.

Wil man aber ja vmbs Kuͤnfftige ſich bekuͤmmern / ſo richte man ſeine Gedancken auff die Himliſchen wonungen / dahin vns PaulusCol. 3. . 1. weiſet / vnd ſagt / Suchet was droben iſt / da Chriſtus iſt ſitzent zur rechten Gottes / Trachtet nach dem / das droben iſt / vnd nicht nach dem / das auff Erden iſt / wie auch Auguſtinus vermahnet / Totum gaudium de ſpe futur â ſit! Totum deſiderium vitæ æternæ ſit: omnia ſuſpiria in Christo anhelent, So wird dieſer Berg deſto leichter zu vberſteigen vnd einzunemen ſein.

Das Achte Hinderniß heiſſet S. Paulus Hohes / oder Hoheit / nach welcher die Suͤndtliche Natur allzeit trachtet / vnd wil jmmer - mehr ſein / denn ſie iſt / wie vns Mutter Eva / ſolche Hoffertige Augen / vnd Hochfliegende gedancken angeerbet hat / das wir vns nimmer ge - nuͤgen laſſen / an denen ehren / die vns Gott gegeben / ſondern wollen jm -Gen. 3. . 6. mer Hoͤher ſteigen / vnd gar zu Goͤttern werden: Das iſt die ſchaͤdliche Gifft / die vns die alte Schlange im Paradiß angeſchmeiſſet hat / die jhre Feindſelige Wirckung noch allezeit vbet in aller Menſchen hertzen /2. Sam. 24. v. 1. & ſeqq. das auch groſſe Heylige Leute / ehe ſie dieſen Berg vberſtiegen / gar manchen ſtoß vnd ſchweren Fall gethan / wie David mit Zehlung des2. Reg: 20. . 13. Volcks / Hißkias mit ſeinen Reichthuͤmern / die er den Babyloniſchen Geſandten zeygete: Joſias mit ſeinem vnnoͤtigen Kriege wider Pharao2. Chrõ. 35. v. 20 & ſeq. Necho in Egypten / auß lauter Hoffart vnd Ehrgeitz ſehr ſchwerlich Suͤndigten / vnd Gott erzuͤrneten / das er ſie mit Plagen vnd Straffen zur Demuth treib.

Vnd was mangelt vns jetziger Zeit in dieſem Stuͤck? Siehet man nicht inn offentlichem Werck / wie man Pranget? Fuͤhlet nicht ein jeglicher bey ſich ſelbſt / wie ſich ſein Hertz erhebet / vnd gleich den Fewr - flammeu empor wil? Was darffs viel Wort? Wir ſind alle mit dieſer Gifft beflecket / das auch vmb einer geringen Schoͤnheit vnd ſchlechter Gabe willen ſich einer duͤnckt beſſer ſein / denn der ander: Wil demnach groſſe Muͤhe gebrauchen vber dieſen Berg zukommen.

Aber doch vberſteigen jhn auch endlich die jenigen / die jhre eygene Verterbung auß Gottes Wort recht kennen lernen / vnnd Pruͤfen /wie[23]Chriſtliche Leichpredigt.wie ſcheutzlich ſie durch die Suͤnde verterbet / vnnd zum Grewel fuͤr Gott worden ſein / das ſie ſich fuͤr jhnen ſelbſt ſchemen / vnd dem - nach fein tieff herunter laſſen / Demuͤttigen ſich vnter die gewaltigeGeneſ. 32. . 10. Hand GOTtes / vnnd ſagen mit Jacob: Jch bin zu geringe aller Barmhertzigkeit / vnnd aller trewe / die du an deinem Knechte gethan haſt / vnd mit David / Ehe ich gedemuͤttigetPſalm. 119. . 67. ward / jrꝛet ich / Nu aber halte ich dein Wort / HErr meinPſalm. 131. . 1. Hertz iſt nicht Hoffertig / vnd meine Augen ſind nicht ſtoltz / vnd wandele nicht in groſſen dingen / die mir zu hoch ſind.

Die Neundte Gegenwehr / die wir vnter vns zwingen ſollen / heiſſet Tieffes / Das iſt / Tieffe beſchwernuͤſſe des Gemuͤttes / ſchwere Angſt / grauſame Verſuchungen / vnnd Anfechtungen / darinn manPſalm. 130. . 1. offt mit der Verzweyffelung ringen / vnd mit David ſein De profundis intoniren, vnd auß der Tieffe ruffen vnd ſchreyen muß / wenn manLucæ 22. . 31. mit Petro ins Sathans Sieb gedeyet / vnd ſich ſo hart muß ruͤtteln vnd ſchuͤtteln laſſen / das einem der Angſtſchweiß außbricht / vnd offt nicht weiß / wo oder wie man mit Gott dran iſt / Sonderlich wenns zimlich lange weret / da hebt man an mit Jeremia ſeine Klaglieder zu ſingen / vnd Heulet klaͤglich: Der HERR hat mich ver -Thren: 3. . 7. 8. mawert / das ich nicht herauß kan / vnd mich in harte Feſſel gelegt / vnd wenn ich gleich ſchreye vnd ruffe / ſo ſtopfft Er die Ohren zu / fuͤr meinem Gebet / ꝛc. Er hat mich mitIbid. v. 15. Bitterkeit geſaͤttiget / vnd mit Wermuth getraͤncket / Er hat ſich mit einer Wolcken verdeckt / das kein Gebet hindurch kan / ꝛc.

Diß erfuhr der liebe Job in ſeinem ſchweren Creutz / darinnen er noch von ſeinem eygenen Weibe vnd Freunden gehoͤnet ward / das erIjob. 7. . 15. auch ſeiner Seelen wuͤnſcht erhangen zu ſein / vnd verdreuſt jhn lenger zu Leben / wie offt ſchreyet auch David / Ach du HErꝛ /Pſalm. 〈…〉〈…〉. 2. 3. wie lange / wie lange / wiltu mein ſo gar vergeſſen / wie lange verbirgſtu dein Angeſicht fuͤr mir / wie lange ſol ich ſorgenEſaiæ 64. . 9. vnd mich engſten in meinem hertzen taͤglich? Eſaias winſelt gleichsfals /deine[24]Chriſtliche Leichpredigt.deine groſſe Barmhertzigkeit helt ſich hart gegen mir / vnd eben diß iſt noch gar gemein bey den Kindern Gottes / ſie gerathen auch gar offt in tieffe Gedancken / vnd ſchwermuͤttige Anfechtungen / als wennPſalm. 77. . 10. ſie Gott gar verſtoſſen / vnd ſeine Barmhertzigkeit fuͤr Zorn ver - ſchloſſen hette / da ſehen ſie / wie hoch der Himmel / vnd wie tieff ſie herunter ins Elend gerahten ſind / wie brennendt der Zorn Gottes / wie ſcharff das Geſetz mit ſeinem Fluchen / wie ſchwer jhre Suͤnden / wie geſtreng Gottes Gerechtigkeit / wie bitter der Todt / wie ſcheutzlich der Sathan / wie ſchrecklich die Helle ſey / dareinn ſie jhre Suͤnden ver - ſencken wollen.

Warlich da wils Muͤhe gebrauchen / dieſen Berg zu vberſteigen / Menſchen krafft vnd vermoͤgen iſt hier gar zu wenig / Es gehoͤret Goͤtt - liche krafft / Himliſch Labſall / vnd Geiſtliche erquickung darzu / durchMich. 2. . 13. das Blut JEſu Chriſti / der alle Berge fuͤr vns vberwunden / vnd1. Cor. 15. . 57. vns ſeinen Sieg geſchenckt hat. Der gibt vns auch newe Krafft vnd Muth / durch die Predigt des Heyligen Evangelij vnd HochwuͤrdigenEſaiæ 40. . 29. Sacrament / darinn Er vns verſichert / der gnaden Gottes / vergebung vnſerer Suͤnden / Verſoͤhnung mit Gott / vnnd Ewiger Seeligkeit / Wenn wir vns daran halten mit rechtem Glauben / ſo vberwindenPſalm. 42. verſ. 6. 12. wir auch endlich / vnnd ſagen mit David / Was betruͤbſtu dich meine Seele / vnd biſt ſo vnruhig in mir[?]Harꝛe auff Gott / denn ich werde jhm noch dancken / das er meines Angeſichts huͤlffe vnd mein Gott iſt. Das iſt er wird Augenſcheinliche hulffe thun / vnd ſo retten / das man wird ſagen muſſen / das hat Gott ge - than.

Der Zehende vnnd Letzte Berg ſindt alle andere Creaturen / damit wir Taͤglich vmbgehen / wir haben derſelben viel oder wenig vnterhanden / Reichthumb oder Armut / Gluͤck oder Vngluͤck / vnd wie es Namen haben mag / die werden vns auch zu einem hinderlichenSyr: 11. v. 16 Berge vmb des Mißbrauchs willen / haben wir viel / ſo erhebt ſich das Hertz / vnd denckt bald / es koͤnne jhm nu nicht fehlen / haben wir wenig /Jer: 17. v. 9. ſo ſchweben wir in ſteter Furcht / als muſſen wir erhungern / denn des Menſchen Hertz iſt doch ein Trotzig vnd verzagt ding wie der Prophet ſaget.

Wie[25]Chriſtliche Leichpredigt.

Wie wir nu dieſen Berg vberſteigen ſollen / gibt vns die Schrifft gutten Rath: Den Reichen / die der Creaturen od̕; Guͤtter viel haben / ſagt der Pſalm / Fellt Euch Reichthumb zu / ſo hengt dasPſalm. 62. . 11. Hertze nicht dran / vnd der Apoſtel ſpricht: Den Reichen dieſer Welt gebeut / das ſie nicht ſtoltz ſein / auch nicht hoffen auff1. Tim. 6. . 17. den vngewiſſen Reichthumb / ſondern auff den Lebendigen Gott / der vns dargibt Reichlich allerley zugenieſſen / das ſie guts thun / reich werden / an gutten Wercken / gerne geben / behuͤlfflich ſein / ſamlen jhnen ſelbſt einen gutten Grundt auffs Zukuͤnfftige / das ſie ergreiffen das Ewige Leben.

Den Armen die da wenig haben / ſagt Syrach / Bleybe innSyr: 11. v. 12. Gottesfurcht / vnd vbe dich drinnen / vnd beharꝛe in deinem Beruff / vnd laß dich nicht jrꝛen / wie die Gottloſen nach Gutt trachten / vortraw du Gott / vnnd bleyb in deinem Beruff / denn es iſt Dem HErꝛn gar leicht / einen Armen Reich zu machen / Gott ſegnet den fromen jhre Guͤtter / vnd wenn die zeit kompt gedeyen ſie balde.

In gemein ſagt Paulus zu allen Menſchen / Das iſt die mei -1. Cor: 7. . 29. & ſeqq. nung / die da Weiber haben / das ſie ſein als hetten ſie keine / vnd die da weinen / als weinten ſie nicht / vnd die ſich frewen / als freweten ſie ſich nicht / vnd die da Kaͤuffen / als beſäſſen ſie es nicht / vnd die dieſer Welt brauchen / das ſie derſelben nicht mißbrauchen / denn das Weſen dieſer Welt vergehet / das iſt ſo viel geſagt / Ein jeder mache ſich Loß in ſeinem Hertzen von allen Creaturen / das er ſich nichts an ſeiner Seeligkeit hindern laſſe / In Armut vnd Vngluͤck / verzage er nicht / in Reichthumb vnd Gluͤck werde er nicht ſtoltz / Sondern vbe eine gutte Ritterſchafft / be -1. Tim. 1. . 19. wahre Glauben / vnd guts Gewiſſen / denn es kompt der Tag des Gerichts / da mehr gelten werden reine Hertzen / denn verſchmitzte Wort / ein gut Gewiſſen beſſer ſein wird / denn ein voller Beutel / Sintemal der Richter nicht kan mit Worten betrogen / noch mit Ge -Bernhard: Epiſt: 1. ſchencken bewogen werden / wie Bernhardus redet / Veniet inquam,Dveniet[26]Chriſtliche Leichpredigt.veniet dies judicij, ubi plus valebunt pura corda, quàm aſtuta verba, conſcientia bona, quàm marſupia plena, quandoquidem judex ille non fallitur verbis, nec flectitur donis.

Vom andern Stuͤck.

Cãt: 4. v. 6.BJßher haben wir von dem bittern Myrꝛhen Berge / mit ſeinen Zehenfachen Creutzhuͤgeln angehoͤret vnd gelernet / wie wir denſelben vberſteigen ſollen: So folget nu auch das Privilegiũ, daran ſich ein Glaͤubiger Steyger halten / vnd des Sieges gewiß ſein kan / zu Chriſto ſeinem HErꝛn ins Ewige leben zu kommen. Diß Privilegium iſt kein anders / als wie Paulus im Text redet /Eph: 1. v. 4. & ſeqq. Die Ewige vnd beſtendige Liebe Gottes des Vatters / da - mit er vns in Chriſto JEſu ſeinem lieben Sohn vnd vnſern HErꝛn geliebet hat / das Er vns auch / ehe der Welt grundt gelegt war / in demſelben ſeinem Sohne / zu ſeinem Ewigen Reich vnnd Herꝛligkeit hat erwehlet / Jm Anfang zu ſeinem Ebenbilde in Rechtſchaffener Heyligkeit vnd Gerechtigkeit erſchaffen /Col. 1. v. 20. Cap. 2. v. 13. Nach dem Klaͤglichen Paradiß fall wider erloͤſet vnd geheyliget / nur das wir vor ſeinem Vaͤterlichen Angeſicht Ewige Frewde vnd wonne haben / vnd genieſſen ſollen / O Liebe / O Trewe / dagegen der Natuͤr - lichen Eltern liebe / gegen jhren Leiblichen Kindern / wann ſie gleich im Hoͤchſten grad / wie nichts zu rechnen iſt.

1. Tim. 3. . 16.Wer wil nu dieſe Wichtigkeit / dieſes Privilegij gnungſam auß -1 Pet. 1. v. 12 ſprechen? Wer kans ermeſſen? Engliſche Zungen vnd Klarheit iſt2. Tim. 1. . 9. noch gar zu wenig darzu / wie ſol es denn Menſchliche Sprache vnd verſtand thun koͤnnen? Siehe / Gott hat ſeine Liebe auff vns gewoꝛffen /Pſalm. 78. . 69. ehe die Welt gegruͤndet / vnd noch keiner vnter vns da war / vnd behelt dieſelbe noch fort vnd fort / biß in alle Ewigkeit. Vnd ob wir zwarJer: 31. . 3. durch vbertrettung / vns von Gott abgewandt / vñ dem Teuffel in ſeinenPſal. 125. . 1. Suͤndendienſt gewilliget / das wir mit allem Recht vnd Billigkeit /Gen. 3. . 6. hetten moͤgen ins Teuffels Joch vnd ; Hellen gewalt gelaſſen werden /Oſe: 11. v. 8. So hat doch die Wunderbare vnd vnaußſprechliche Liebe Gottes / vndThren: 3. . 22. 23. ſeine vnmeßliche Barmhertzigkeit nie auffgehoͤret / ſondern jhn viel1 Cor. 1. 30 mehr bewogen / das Er ſeinen Sohn geſandt hat zu vnſerer Erloͤſung /wie[27]Chriſtliche Leichpredigt.wie Chriſtus ſelbſt zeuget: Alſo hat Gott die Welt geliebet /Joh. 3. 16. das Er ſeinen einigen gebornen Sohn gab / auff das alle / die an jhn Gläuben / nicht verlohren werden / ſondern das Ewige leben haben / Welches auch Paulus thut / da er ſpricht / Chriſtus / da wir noch Schwach waren / nach der Zeit iſt fuͤrRom. 5. v. 6. vns Gottloſe geſtorben / doch ſtirbt kaum jemandt vmb des Rechtes willen / vmb etwas guts willen / thuͤrſte vielleicht jemandt ſterben / darumb Preyſet Gott ſeine Liebe gegen vns / das Chriſtus fuͤr vns geſtorbẽ iſt / da wir noch Suͤnder (vnd wie er bald hernach ſetzt) da wir noch Feinde waren / ſo werden wir je viel mehr behalten werden fuͤr dem Zorn / nach dem wir durch ſein Blut gerecht worden ſindt: S. Johannes1 Joh. 4 v. 9. ſagt dergleichen / daran iſt erſchienen die Liebe Gottes gegen vns / das Gott ſeinen eingebornen Sohn geſandt hat in die Welt / das wir durch jhn Lebẽ ſollen / darinne ſtehet die Liebe / nicht / das wir Gott geliebet haben / ſondern das Er vns ge - liebet / vnd geſandt ſeinen Sohn zur Verſoͤhnung fuͤr vnſere Suͤnde. Solche Liebe Gottes gegen die armen Suͤnder / ergeuſt ſich auch noch Heute / zu allen vnd auff alle / die da Glaͤuben / denn GottRõ. 3. . 22. 1 Joh. 4. 8. iſt die Liebe / wie nu Gott in ſeinem weſen nicht kan geaͤndert werden /Malach. 3. . 6. Alſo gerewet jhn auch keines dinges / ſeine Gaben vnd Be - ruffung laſſen ſich auch nicht aͤndern / ſeine Liebe hoͤret zu keinerNumer: 23. . 19. Zeit auff / ſondern bleybt feſt vnd gewiß in alle Ewigkeit. Wenn er demnach einen armen Bußfertigẽ Suͤnder / vmb Chꝛiſti ſeines Sohns1. Sam: 15. . 29. willen / in ſeine Vaters trew vnd Liebe auffnimpt / vnnd vergibt jhmRõ. 11. v. 29. ſeine Suͤnde / ſo gerewet jhn das nimmermehr / ſondern behelt jhn feſtJoh: 13. v. 1. inn ſeiner Hand / das jhn niemandt drauß reiſſen kan. WiePſ: 111. v. 9. Chriſtus ſagt / Niemandt wirdt meine Schaffe auß meinerJohan. 10. ver. 28. 29. Hand reiſſen / der Vater der ſie mir gegeben hat / iſt groͤſſer denn alles / vnd niemandt kan ſie auß meines Vaters hand reiſſen. Vnnd kurtz zuvor / Sie ſollen Nimmermehr vmb - kommen. (In Æternum non peribunt.)

D ijJa[28]Chriſtliche Leichpredigt.

2. Tim. 2. . 13.Ja feſt vnd gewiß iſt die Liebe Gottes gegen ſeine Glaͤubigen / das Er auch jhre hinderſtellige ſchwachheiten / vnd anklebende SuͤndlicheProv. 24. . 16. Gebrechen vertraͤget / vnd ſie nicht gar hinweg wirfft / ob ſie als arme Gebrechliche Menſchen / noch offt ſtraucheln vnd fallen / ſondern ſieMich. 7. . 18. 19. Gnedig anblickt wie Petrum / vnd hilfft jhnen wider auff / braucht auchPſ. 37. v. 24 zu jhrer Heylung ſeine Vaͤterliche Rutte / vnnd Zuͤchtiget ſie / wie einLucæ. 2. 2 v. 61. Vater ſeine Kinder ſtets / aber nicht im Zorn / ſondern mit maſ -2. Macc. 6. . 14. ſen / das ſie nicht gar auffgerieben / noch mit der Gottloſen Welt verdampt werden / wie die Schrifft zeuget / da geſchriebenEbræ: 12. . 6. 7. 8. ſtehet / Es ſollen wol Berge weichen / vnd Huͤgel hinfallen /1. Cor: 11. . 32. aber meine Gnade ſol nicht von dir weichen / vnd der Bund meines Friedes ſol nicht hinfallen / ſpricht der HErr deinJer: 10. v. 24 cap. 30. v 11. Erbarmer.

Vnd eben das iſt die koͤſtliche Freyheit / vnd dz ſtattliche PrivilegiũEſa. 54. v. 10 aller Glaͤubigen / das ſie wiſſen vnd gewiß ſein / daß / ob die hinderliche Berge zum Leben ſehr hoch ſind / die ſie zu vberſteigen ſchwer ankom̃en / weil ſie jhr vnvormoͤgen vnd angeborne Schwachheit allezeit fuͤhlen vnd beweinen / ſie doch nicht erliegen ſollen / Gott wolle auch mit ſeinerEſaiæ 40. . 31. Vaͤterlichen Liebe nicht von jhnen laſſen / ſondern als die auff jhn thun harꝛen / mit newer Krafft anziehen / das ſie auff-fahren mit Fluͤglen wie Adlern / das ſie Lauffen vnnd nicht Matt1. Petr. 1. . 4. 5. werden / das ſie Wandeln vnnd nicht Muͤde werden / biß ſie kommen zu dem vnvergaͤnglichen / vnd vnbefleckten / vnd vnverwelcklichen Erbe / das jhnen behalten wird im Him̃el / als die auß Gottes macht / durch den Glauben bewahret werden zur Seeligkeit.

An diß Herꝛliche Privilegium helt ſich auch Paulus alhie in dieſem Text / Jch bin gewiß / (ſpricht er) als wolt er ſagen / So gewiß alsMal. 3. v. 6. ich Glaube vnnd weiß / das Gott iſt ein Ewiger vnwandelbarerEbr: 6. v. 18. Gott / der nicht liegen kan / noch ſich etwas gerewen leſſet /Num: 23. . 19. So gewiß bin auch deß / das er ſeine Vaͤterliche Liebe nicht wird von mir wenden / ſondern mich feſt darinn erhalten / vnd mich ins Ewige Leben bringen / zu Chriſto meinem HErꝛn.

Ob[29]Chriſtliche Leichpredigt.

Ob ich nu gleich ſchwere Berge zu beſteigen habe / Todt vñ Leben / Engel / Fuͤrſtenthumb / Gewalt / Gegenwertiges / Zuͤkuͤnff - tiges / Hohes / Tieffes / vnd alle Creaturen liegen mir im wege / ſo moͤgen ſie mich auch nicht auffhalten / noch ſcheyden von der Liebe Gottes / die inn Chriſto JEſu iſt vnſerm HErren / das Ewige leben muß mir doch / als mein verſprochenes Erbe / zum Theyl werden / vnd Ewig bleiben.

Daran halten wir vns auch noch inn vnſerm Truͤbſeligen vnnd Kuͤmmerlichen ſteigen vnd klettern / vnd ſagen auch / Jch bins ge - wiß / das weder Todt / noch Leben / weder Engel / noch Fuͤrſtenthumb / noch Gewalt / weder Gegenwertiges / noch Zukuͤnfftiges / weder Hohes / noch Tieffes / noch kein ander Creatur mag vns ſcheyden von der Liebe Gottes / die in Chriſto JEſu iſt vnſerm HErrn / die Seeligkeit vnd Himmel -Lutherus in Cantico Ein Feſte - burg / ꝛc. reich muß vns doch bleiben / Jch weiß an welchen ich Glaube / vnd bins gewiß / das er mir kan mein. beylage bewaren / biß an froͤlichen Juͤngſten tag / da die Ewige Freyheit der Liebe Got -2. Tim. 1. . 12. tes / nach Jnhalt dieſes Privilegij, mit Ewiger Frewd vnd wonne an vns volkommenlich ſol vnd muß erfuͤllet werden.

Diß aber / was von der beſtendigen Liebe Gottes / den betruͤbten Seelen vnd geringſten Hertzen zu Troſt geſagt wird / damit ſie erquickt werden: Sollen die Sichern Weltkinder nicht mißbrauchen / zu jhrer Boßheit / wie jetzt gemein geſchicht / das man das Gaudeamus ſingt / Traͤgt der Suͤnden keinen Heel / man ruͤhmet ſich auchEſa: 3. . 9. wol noch der Boßheit / vnd iſt freylich manchem leyd / das ers nicht erger machen kan / wie beym Propheten geklagt wird /Jer: 5. v. 5. vnd wollen hernach nach jhrem Fleiſchlichen ſinn / ſagen / Es wird mir nichts ſchaden / Die Liebe Gottes iſt ſo groß / das ich darauß nichtJer: 5. v. 12. fallen kan / ich thue gleich was ich wolle: Diß kompt gewis vom Teuffel her / der zu dieſer Zeit ſein Werck hat in den KindernEph: 2. v. 2. des Vnglaubens / der hat jhre Hertzen verſtockt / vnd jhre Sinne2. Cor. 4. verſ. 4. geblendet / das ſie nicht ſehen / das helle Licht des EvangelijD iijvon[30]Chriſtliche Leichpredigt.Epheſ: 4. v. 19.von der Klarheit Chriſti / welcher iſt das ebenbilde Gottes / Sondern ergeben ſich der Boßheit / zu treiben allerley vn -2. Petr. 2. v. 13. reinigkeit / vnd grewel / achtens fuͤr wolluſt das Zeitliche leben / ſindt Schand vnnd Laſter / laſſen jhnen die Suͤnde nicht wehren / Locken an ſich die Leichtfertigen Seelen / haben einRom. 3. v. 8. Hertz durchtrieben mit dem Geitz / verfluchte Leute / welcher Verdamniß iſt gantz recht.

Fuͤr ſolche Ruhloſe Leute iſt dieſer Troſt von der Liebe Gottes gar nichts / es gehoͤret jhnen ein ander Text / von Gottes Zorn / FluchExod. 20. v. 5. vnd Straffe / der ſie / wo ſie nicht ſchleunige vnd ernſte Buſſe thun / bald ſchwerlich Heimſuchen / vnd mit Ewigem Fewer ſtraffen werde / das ſie erſchrecken lernen / vnd ſich beſinnen / ob jhnen Gott dermal2. Tim. 2. v. 25. 26. eins Buſſe gebe / die Warheit zuerkennen / vnd wider nuͤch - tern zu werden / auß des Teuffels ſtrick / von dem ſie gefan - gen ſindt zu ſeinem willen / wie Paulus ſeinem Juͤnger Timotheo zuſchreibet.

Wir aber als Erleuchte vnnd Newgeborne Kinder Gottes / denen jhre Seeligkeit ein rechter Ernſt / wollen ſolche Spoͤtterey weder in vnſern Mund / noch Gedancken kommen laſſen / ſondern fliehen alsPſalm. 37. v. 4. den Teuffel ſelbſt: vnſere Luſt aber haben an des HErren Wort / vnd ſeine Vaͤterliche Liebe ins Hertz faſſen / vns derſelben frewen vñ troͤſten /Rom. 5. v. 5. damit wir deſto Frewdiger ſein / die ſpitzigen Felſen vnd hohen Berge der mancherley Anfechtungen zu vberſteigen / biß wir im Tode hinuͤber kommen / vnd die vberſchwenckliche Liebe Gottes im Ewigen Frewden leben empfinden / vnd genieſſen Ewiglich.

AMEN.

So viel[31]

So viel nun der Seelig verſtorbenen Frawen Chriſtliches Leben / Wandel vnd Abſchiedt anreichet / vorhelt ſich es mit demſelben eygentlich alſo.

SJE iſt Geboren worden von Chriſtlichen Eltern / Als man geſchrieben nach Chriſti vnſers HERRN Geburt 1561. den 6. November.

Jhr Herꝛ Vatter iſt geweſen der Ehrnveſte vñ Wolbenambte Herꝛ Sebaſtian Schmiedel von Redwitz / ꝛc. Vornehmer Buͤrger in Breſslaw / ꝛc.

Jhre Fraw Mutter iſt geweſen / die Vielehr - vnd Tugentreiche Fraw Catharina geborne Seckerwitzin / Ehrliche vnd wolvorhaltene Leute / ꝛc. Welche ſie von jhrer Kindheit vnd Jugendt an / in wahꝛer Gottesfurcht / Zucht vnd Chriſt - lichen Tugenden aufferzogen / vnd als Trewe / Sorgfaͤltige Eltern in Jhrem Chriſtenthumb / fleiſſig angewiſen / denen dann Sie wie einem fromen Kinde gebuͤhret jederzeit mit aller Ehrerbiettung gefolget / vnd das Zeugniß vnd Ruhm von jhren lieben Eltern erlanget / das ſie die - ſelbten niemals betruͤbet / oder auß vorſatz erzuͤrnet hette.

Jn jhren Eheſtandt iſt ſie mit rath vnd willen Jhrer lieben Eltern geſchritten / Jm Jahr Chriſti 1582. den 19 Novembr. Jhres alters im 21 Jahr / da ſie zum Erſten Gehew - rahtet / den weylandt Ehrenveſten / Wolweiſen vnnd Wolgelarten Herrn Georgium Leuſchnern / bey dieſer Fuͤrſtlichen Schloſskirchen / vnd Fuͤrſtlichen Gymnaſio geweſenen trewen Cantorem vnd Collegam ins 32 Jahr / vnd des Raths freundt vnd verwandter diſer Fuͤrſtlichen Stadt ins dritte Jahr / Mit welchem jhrem lieben vnd numehr auch Seeligen Eheman / Sie eine Chriſtliche vnd Freundliche Ehe beſeſſen / vnd in derſelben mit einander erzeuget auß Gottes ſegen vier Kinder / als einen Sohn vnd drey Toͤchter / davon zwey nach Gottes genedigenRath[32]Rath vnd willen / den Weg aller Welt gegangen vnd Seliglich ein - geſchlaffen / zwo Toͤchter aber hat ſie hinter ſich im Leben vorlaſſen / die ſie auch ſambt jhꝛem jtzt gemelten Erſten Ehemanne nach Gottes ſegen vnd Rath / Ehrlich vnd Anſehnlig außgeſetzt / vnd hat in ſolcher fried - lichen Ehe zugebracht 26 Jahr. Als nun der Gerechte Gott gemelten jhren Erſten Ehemann / durch den Zeitlichen Todt / von jhr geriſſen / vnd ſie in den betruͤbten Wittiben ſtandt geſetzet / hat ſie in demſelben / ſich aller Ehren vnd gebuͤhr erzeyget / vnnd die Beſchwerligkeit vnd Muͤheſeligkeit / welche gemeiniglich den armen vorwaiſeten Wittiben in dieſer Welt zu begegnen pfleget / mit aller Sanfftmuth vnd gedult ertragen / vnd in Chriſtlicher vnd Hertzlicher andacht vnd gebete / ſich aller Gottſeligkett / Tugendt vnd Einſamen / Eingezogenen Lebens vnd Wandels beflieſſen vnd verhalten / vnd in ſolchem Wittibenſtandt drey Jahr weniger[5]wochen zugebracht / Vnd weil es auch nachmals dem trewen lieben Gott alſo gefallen / das ſie zur andern Ehe einſchreitten ſollen / Hat ſie mit rath jhrer lieben Kinder vnd Gefreundten / in Hew - rath ſich eingelaſſen / mit dem Ehrenveſten / Achtbaren vnnd Hoch - gelarten Herꝛn Johan Pilgram der Artzney Doctorem allhier / den 13. Tag des Monats Martij im 1612 Jahre / mit welchem jhrem lieben Ehemanne vnd verlaſſenen Wittiber / ſie zwey Jahr vnnd 12 wochen / eine Chriſtliche vnd Friedliche Ehe beſeſſen / vnd gegen jhrem Eheman ſich alſo erwieſen vnd erzeiget / wie es einem trewen Ehegenoſſen wol anſtehet vnd gebuͤhret / vnd jhr Jedermaͤnniglich deſſen Zeugniß geben kan.

Vnd weil ſie gleichwol von Zeit jhrer Jugendt ſich vieler Muͤhe - ſeligkeit genitten / vnd es in jhrem Beruff vnd Haußſtandt jhr Blut ſawer werden laſſen / darunter nicht wenig an Leibeskraͤfften / auch voꝛ der Zeit vnd Jahr abgenommen / vnd mit einſchleichendem Alter aller - ley beſchwer / vnd ſonderlich des harten vnd ploͤtzlichen Hauptfluſſe zu - genommen vnd ſich haͤuffig vermehret / Sonderlich aber nechſt vor - gangenen Witter mehꝛ als vormals mit dergleichen fluxib. Catarr hoſis befallen worden / das ſie faſt den gantzen Winter vber ſich jnnehalten muͤſſen / Hat ſie bey einer gutten zeit daher Todtes gedancken von ſich vorſpuͤren laſſen / vnd allzeit von jhrem Sterbeſtuͤndlein viel vnd troͤſt - lich geredet / Sich zu demſelbigen gantz vnd gar ferttig vnd geſchickt gemacht vnnd gehalten / auch vor kurtzer zeit / jhr Sterbekleydt vndSterb -[33]Sterbe geraͤthe ſelber zubereyttet / vnd Gott fleiſſig gebeten / Er wolle jhr nur wenn es zeit vnd ſein Goͤttlicher wille ſein werde / ein ſanfftes vnd ſeliges Stuͤndlein vorleyhen / vnd ohne vbrige Schmertzen in ſei - nem Erkaͤndtniß vnd auff das tewre Verdienſt ſeines lieben Sohnes Seliglich ſie einſchlaffen laſſen / welche Bitte vnd Seufftzen jhr auch der genedige guͤttige Gott auß lauter gnaden Vaͤtterlich gezweiget / dañ als ſie am nechſt vorgangenen Freytag zu abendt friſch vnd geſund / ſich in jhre ruhe begeben / vnd gegen dem angehenden morgen als den 7 Junij vmb Zwey vhr / Fruͤhe inn wehrendem Schlaffe ſie vnvormerckt der Catarrhus vbereylet vnd davon erwachet / Jſt ſie baldt der Hefftigkeit deſſelben gewahr worden / Jhrem lieben Herꝛn vnd Ehemann / wie ſie abermaln ſo einen ſchweren vnd duͤnnen Hauptfluß empfindete / der ſie gar erſticken wolte angezeyget / vnd das Geſinde auffzuruffen / vnd nach jhrer lieben Schweſter Frawen Vrſulen / Herꝛen Eliæ Kroͤmmels Haußfrawen zuſchicken begehret / Auch zugleich jhren Seelſorger vnd Beichtvatter erfordern / vnnd jhr das Heylige Abendtmal zureichen / vnd die Troͤſtliche Abſolution anzukuͤndigen gebeten / wie ſie dann ge - meiniglich des Jahrs viermal ſich zu der Heyligen Communion gehal - ten / auch jhr vorgeſatzt ſelbigen Sonnabent ſich ſambt jhrem Eheman zur Beicht vnnd folgenden Sontag zum Tiſch des HErꝛn zufinden / wann jhr Gott geſundheit vorleyhen vnd ſie nicht des Morgens fruͤhe / durch den Fluß der ſo hefftig angehalten / das ſie inn wenig ſtunden daruͤber Todes verfahren / wehre vbereylet worden.

Ehe nun Jhre Schweſter vnd andere Benachbarte Freundin jhr zueylen vnd jhr Seelſorger erlanget werden koͤnnen. Hat ſie gebeten / man wolte jhr jhren Sterbekuͤttel auß dem Kaſten / darinnen ſie ſolchen vorwahret / vnd ſelber angedeutet herzubringen / auch an jhren lieben Herꝛen vnd Eheman begehret / das Er ſie auß jhrer Schlaffkammer in die vnterſte Stube abfuͤhren wolte / Dann ſie wolte / wie jhre Wort gelautet in derofelben vorſcheyden / Als ſie nun jhrem Bitten nach in die Stube gebracht vnd ins Bette geleget worden / auch der Catarrhus Suffocativus hart vnd vberhand genom̃en / hat ſie jhre liebe Schweſter vnd jhren Ehemanne gebeten / wann ſie jetzo nicht mehr wuͤrde reden koͤnnen / Sie wolten jhr in die Ohren die Troſtfpruͤche / mit denen ſie ſich bey geſundem Leben Hertzlich gelabet vnnd erquicket / einſchreyen vnd fuͤr ſprechen / Hat aber vnter der wehrenden Angſt des Catarrhi,ESich[34]Sich ſelber Chriſtlich vnd wol getroͤſtet / vnd jhr Gebete ſo ſie Taͤglich gebrauchet / vnnd ſich damit auffgerichtet / Andaͤchtiglich widerholet:

HERR / HERR / Meine Hoffnung von meiner Jugendt an. Auff dich habe ich mich verlaſſen / von Mutter Leibe an / ꝛc. Verwirff mich nicht (HErꝛ) in meinem alter / vnd vorlaß mich nicht wann ich Schwach werde. Gott ſey nicht ferne von mir / Mein Gott eyle mir zu helffen.

(Jtem /) Wann ich nur dich habe HErꝛ / ſo frage ich nichts nach Himmel vnd Erden: Wañ mir gleich Leib vnd Seele verſchmacht / ſo biſtu doch Gott allzeit meines hertzen Troſt vnd mein Theyl.

(Auß dem 71 Pſalm. )

Deßgleichen den ſchoͤnen Centner Spruch:Alſo hat GOTT die Welt geliebet / ꝛc. Jtem / Leben wir / ſo Leben wir dem HErꝛn.

Vnd als Jhr die Rede bey mehlichen beguͤnnen ſchwer zu werden / Hat ſie geſeufftzet mit dieſen Worten / Nu meine liebe Kinder / mein lieber Mann / meine liebe Schweſtern / vnd damit zu vorſtehen gegeben / das ſie dieſelben hiedurch geſegne / vnd als jhr lieber Herꝛ vnd Eheman / neben gedachter jhrer lieben Schweſter / jhr zu geſchryen / das ſie ſich des thewren Verdienſtes vnd Creutzes Chriſti troͤſten / vnd auff jhren Erloͤſer vnd Seeligmacher beſtendig verlaſſen ſolte / Hat ſie ſolches mit Worten vnd Neygung des Hauptes / verjaet / darauff das Haupt - kuͤſſen mit der Hand ergrieffen vnd auff die Rechte ſeitten / gleichſamb zu ruhen ſich gewendet / vnd zugleich ohn alle Schmertzen vnd Bitter - keit des Todtes alſo Seelig vnnd ſanfft gegen vier Vhren fruͤhe ver - ſchieden vnd eingeſchlaffen.

Hat ſich demnach jhr gantzes Alter auff Zwey vnd Fuͤnfftzig Jahr vnd 30 Wochen erſtrecket. Jſt geweſen eine Liebhaberin Goͤttliches Wortes / Hat ſich gegen dem Miniſterio vnnd Kirchendienern / auch andern dergleichen / jederzeit aller Gebuͤhr nach Mildtreich erzeyget / wie ſie dann auch vielen Armen Schuͤllern guttes gethan / vnd Jaͤhr - lich derſelbten zu gewiſſer Zeit eine zimliche Anzahl geſpeiſet / deſſen man billich gedencket.

Wie[35]

Wie Sie ſonſten inn Jhrem Chriſtenthumb ſich bey Geſundem Leben vorhalten / vnd gegen Jedermaͤnniglich erzeyget / werden Ihr die ſo ſie gekennet / auſſer anderer erzehlung mit guttem Gewiſſen / deſſelben ſelber guttes Zeugniß zu geben wiſſen. Gott habe jhre Seele in ſeiner Hand / da ſie keine Qual anruͤhret / vnd vor - leyhe dem Coͤrper eine ſanffte Ruhe inn der Erden / vnd am Juͤngſten Tage eine Froͤliche Aufferſtehung zum Ewigen Leben.

AMEN.

About this transcription

TextDer grosse Weltberg mit seinen Zehenfachen harten Steinklippen und Creutzhügeln. Den alle Christliche vnd Gottselige Hertzen vbersteigen müssen/ ehe sie das Himlische Vaterland einnehmen/ vnd besitzen
Author Johann Neomenius
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDer grosse Weltberg mit seinen Zehenfachen harten Steinklippen und Creutzhügeln. Den alle Christliche vnd Gottselige Hertzen vbersteigen müssen/ ehe sie das Himlische Vaterland einnehmen/ vnd besitzen Gehandelt in einer Leichpredigt Bey der Christlichen Sepultur, der weyland Ehr- vnd tugendreichen Frawen/ Elisabeth Schmiedelin Johann Neomenius. . 35 Johan. BössemesserOels1614.

Identification

Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 O 581/14 / 509974

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

Editorial statement

Editorial principles

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:50Z
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Availability

Dieses Werk steht unter der „Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz“ (CC BY-SA).

Holding LibraryUniversitätsbibliothek Breslau
ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 O 581/14 / 509974
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