PRIMS Full-text transcription (HTML)
TroſtPredigt
Wider die ſchwereſten zwo Anfechtungen des Ewigen vnd des Zeitlichen wegen; Auß denen Dreyen letzten Artickeln des Apoſtoliſchen Glaubens Bekaͤntniß: Vber der Leiche des Ehrenveſtẽ / Namhaff - ten vnd Wolgelehrten Herrn Zacha - riæ Kuhlhaſes / Wailandt Buͤrgers vnd Han - delßmannes / auch Gerichtsverwandtens zum Jawer;
Welcher Anno Chriſti 1623. Ætat. 34. den 23. Aug. zwiſchen 10. vnd 11. vor Mittage zur Stregaw / bey ſeinem Geehreten Herrn Schwaͤhrvater / Sanfft vnd Selig geſtorben / daſelbſt auch den folgenden 25. Aug: Chriſtlich vnd Ehrlich beſtattet worden.
Gedruckt zurSchweidnitz/ beyJohann Jaͤgern.

Der Erbaren / viel Ehr vnd Tugend - reichen Frawen Annæ Mariæ, geborner Kuͤtt - nerin von der Stregaw / an jetzo zum Jawer. Dem Edelen / Ehrenveſten / Wolbe - nambten vnd Wolweiſen Herrn Sebaſtiano Kuͤtt - nern / Buͤrgern vnd des RahtesElteſten zur Stri - gaw / auch Koͤniglichem LehensManne dero Fuͤrſtenthuͤmber Schweid - nitz vnd Jawer. Dem Ehrenveſten / Wolbenambten vnd Wolweiſen Herrn Simoni Kuhlhaſen / Buͤr - gern vnd des Rahtes zur Stregaw. Des in GOtt Seligens hinterlaſſenen Frawen Wittiben Herr Schwaͤhrvatern Herr Brudern Vbergiebet folgende TroſtPredigt Willig vnd Schuldig M. HENTSCHEL.

3

DEr Hochweiſe Mann vnd Prophet GOttes Daniel / ſiehet zur Zeit im Geſichte einen Wid - der / der zwey hohe Hoͤrner ge - habt / mit denen er vmb ſich geſtoſſen habe / gegen Abend / gegen Mitternacht / vnd gegen Mittag; Welchen auch dieſer Widder jm - mer geſtoſſen der hat liegen muͤſſen. Nie - mand hat jhm widerſtandt thun noch ſeiner ſich erwehren koͤnnen. Jnmaſſen zuleſen iſt im Buche der Prophecey vnd Weiſſagungc. 8. v. 3. 4. Danielis.

Ob nun zwar durch dieſen Widder / dem Buchſtaben nach / eigentlich gemeinet das Perſiſche vnd Mediſche Reich / oder das an - dere Keyſerthumb in der Welt / das mit ſeinen zweyen Hoͤrnern / mit den beyden Koͤnigen Cy - ro vnd Dario, gewaltig vmb ſich geſtoſſen / vnd alles / was nur jmmer angetroffen worden / vnter ſich gebracht hat; Jedoch per anagogi - am vnd Gleichnißweiſe / kan durch dieſen Wid - der gar wol auch gemeinet vnnd verſtandenwer -4werden der Todt / welcher trawen mit ſeinen Todtenhoͤrnern zu allen Zeiten / weidlich vmb ſich geſtoſſen hat / vnd noch vmb ſich ſtoͤſſet an alle vier Örter vnnd Ende der Welt. Der Todt iſt nicht zuerſaͤttigen / er raffet zu ſich al - le Heyden / vnd ſamlet zu ſich alle Voͤlcker; Jnmaſſen / neben der taͤglichen Erfahrung /c. 3. v. 5. auch Habacuc der Prophet bezeuget.

Dieſem Todeshorn hat auch nicht entgehen moͤgen / Sondern iſt darmit geſtoſſen / ja gar vmbgeſtoſſen worden der Ehrenveſte Nam - haffte Herr Zacharias Kuhlhaſe / Weiland Buͤrger vnd Handelsmann auch Gerichts - verwandter in der benachbarten Stadt Ja - wer / dem wir jetzt das Geleit zu ſeiner Ruhe - ſtelle gegeben haben / wollen auch numehr ei - nen LeichSermon jhm nachhalten. Zu der erbawlichen verrichtung / wollen wir vor allen dingen vnſere Hertzen zu GOTT erheben vnd Beten:

Vater vnſer / ꝛc.

The -5Chriſtliche Leichpredigt.

Thema Concionis; Jch glaͤube Vergebung der Suͤnden Aufferſtehung des Fleiſches / vnd ein Ewiges Leben.

A Jacob ein Sohn des heiligen Patriarchen Jſaacs / von Berſeba auß ſeiner Heymat Reiſete gen Haram / Da er dann hernach geheiratet vnd den Laban zum Schwaͤhrvater bekam; Auff ſolcher Reiſe vnd vnterweges uͤberfiel den Jacob an einem Ort uͤber verhoffen der Tages Abend / daß er daſelbſt des Nachts uͤber bleiben vnd herbrigen muſte / dann die Sonne war vntergangen; Nam demnach einen Stein desGen. 28. v. 10 Ortes / legte jhn zun Haͤupten vnd entſchlieff.

Herr Zacharias Kuhlhaſe in GOtt ſeliger / rei - ſete auch am Eilfften Tage des AuguſtMonats / vom Jawer auß / da er ſein Heimweſen gehabt / allhero zu ſeinem geehreten Herrn Schwaͤhrvater / die Lufft (ſei - nes geſundes erheiſchung nach) ein wenig zuvoraͤn - dern / vnd ſiehe / der Abend ſeines Lebens uͤberfaͤllt jhn / daß er allhie bleiben vnd einſchlafen oder Sterben muß. Was demnach Jacobs Vater der JſaacA iijvon6ChriſtlicheGen. 27, 2.von ſeiner vnd vnſer Sterbens zeit geſaget hat / Jch weis nicht wenn ich Sterben ſol; Das ſol auch von vnſerm Sterbens Ort vnd ſtelle verſtanden werden / Denn ja beydes Zeit vnd Ort / wañ vnd wo wir Ster - ben ſollen gleich vngewiß ſeyn auff vnſerm Theil / wir wiſſen eins ſo wenig alß das ander. Außgenom - men gar ſonderliche Faͤlle etlicher heiligen Maͤnner GOTtes / denen etwas von der Zeit vnd Ort jhres Todes offenbaret vnd bewuſt geweſen iſt. Dem Hohenprieſter Aaroni kuͤndigte GOtt an / daß er zuNum. 20, 23. & 28. Hor am Gebirge Sterben ſolte; Vnd Aaron ſtarb daſelbſt oben auff dem Berge / nach dem Befehl desIbid. c. 33, 38. Herrn. Dem Moſi des Aaronis ſeinem Bru - der kuͤndigte GOtt auch an / daß er auff dem BergeDeut. 32, 50. c. 34, 5. Nebo Sterben ſolle; Welches auch alſo geſchehen / im ſelbigen 5. Buche Moſis. Dem Koͤnige Ezechiæ2. Reg. 20, 1 ließ GOtt durch den Propheten Eſaiam auch ſa -Eſa. 38, 1. gen / Er ſolle ſein Hauß beſchicken / Denn er wuͤrde2. Reg. 2. Sterben vnd nicht leben bleiben. Eliæ dem Pro - pheten wars auch bewuſt / wann vnd wo er auß die - ſer Welt gen Himmel genommen werden wuͤrde. 2. Pet. 1, 14.So zeuget auch der Apoſtel Petrus / Er wiſſe / daßJoh. 1, 19. er ſeine Huͤtte bald ablegen werde / Wie jhm denn auch der Herr JEſus Chriſtus ſelbſt eroͤffnet habe. Auſſer dieſen ſonderbarẽ exempeln / weis kein Menſch /c. 9, 12. hats auch niemalß gewuſt / wann vnd wo er Sterben werde / Sondern es bleibet bey der Schrifft; Der Menſch weis ſeine Zeit nicht / im Prediger.

Gleich wie aber Jacob einen Stein des Orts / da er uͤber Nacht bleiben muſte / nam / legte jhn zu ſeinenHaͤu -7Leichpredigt. Haͤupten vnd entſchlieff drauff; Alſo hat Herr Za - chrias Kuhlhaſe / bald im anfange ſeiner Niderlage ergriffen den Grund vnſers Chriſtlichẽ ApoſtoliſchenEph. 2, 20. Glaubens / da JEſus Chriſtus der Eckſtein iſt. Vnd ſonderlich hat er die drey letzten Glaubens Artickel / (Jch glaͤube Vergebung der Suͤnden / Auf - ferſtehung des Fleiſches vnd ein ewiges Leben) jhm gleichſam zum Haͤuptkuͤſſen bald anfangs vn - terleget / hat darauff gelidten / iſt drauff eingeſchlafen vnd geſtorben. Jnmaſſen dann ſolche Drey letzte Glaubens Artickel zum Fundament vnd Grunde ſeiner LeichPredigt zulegen / er gar zeitig bey mir an - geordnet / demſelbten auch durch Goͤttliche verleihung nachzukommen / ich jhm mit Mund vnd Hand zu - geſaget; Zuſage macht Schuld / Omne promiſſum cadit in debitum: Derentwegen auch ich meine Zuſage halten / vnd die beym Seligen Herrn Kuhlha - ſen gemachte Schuld zahlen vnd ablegtn wil.

Ewere Chriſtliche Liebe bereite jhre Ohren vnd Hertzen zu fleißiger beharrlicher auffmerckung die - ſes einigen Stuͤckes; Weſſen ſich ein ChriſtenMenſch / vnter den aller gefaͤhrlichſten vnd verzweiffelſten An - fechtungen / auß denen dreyen letzten Glaubens Arti - ckeln zutroͤſten habe.

GOTT alles Troſtes / gebe vnd verleihe2. Cor. 1, 3. vns hierzu ſeinen TroſtGeiſt / vmb alles Tro - ſtes vrſprungs vnd Brunquaͤlles JEſu Chri - ſti willen / Amen.

Belan -8Chriſtliche

Belangend das Einige vorgenommene / Weſſen ſich ein ChriſtenMenſch / vnter den allerge - faͤhrlichſten vnd verzweiffelſten Anfechtungen / auß denen vorhabenden Dreyen letzten Glaubens Arti - ckeln troͤſten koͤnne vnd ſolle; So muͤſſen E. L. vor allen dingen vnd zu Erſt wiſſen / was recht heiſſe vnd ſey / Jch glaͤube. Glaͤuben iſt nicht allein eine Opinio ein Wahn / oder eine Notitia eine Wiſſen - ſchafft im Gehirn oder im Kopffe / da der Menſch die Artickel des Apoſtoliſchen Glaubens außwendig weis / auch ſonſten viel Spruͤche vnd Pſalmen auß der Bi - bel fertig daher ſagen kan: Welches zwar auch zum Glauben gehoͤret vnd Nohtwendig darbey ſeyn muß / Aber nicht bloß vnd allein; Sondern / der Glaube iſt eine erwogene Zuverſicht des Hertzens / da ein Menſch auff das jenige / was er auß GOTtes Wort weis / auch ſeines Hertzens Vertrawen vnd Zuverſicht ſe - tzet vnd vngezweiffelt glaͤubet / daß keine Leibes vnd Lebens beſchwer ſo manigfaltig vñ gefaͤhrlich ſey / daß keine Hertzens vnd Seelen Angſt ſo groß vnd ver - zweiffelt ſey / darauß GOTT dem Menſchen nicht helffen koͤnne vnd wolle. Der Menſch muß in Noht vnd Todt von Grunde ſeines Hertzens ſagen koͤnnen / Herre GOtt / Du biſt mein GOtt / Herre JEſu / Du biſt mein Heiland / Du wirſt mich er - hoͤren / wenn ich Bete / DV wirſt mich erretten / wenn ich leyde / Du wirſt mich troͤſten / wann ich angefoch - ten werde / Du wirſt mich Lebendig machen / wenn ich werde geſtorben ſeyn / ja nach dem Tode wirſtu mir geben das Ewige Leben. Das glaͤube vnd hoffe ich /drauff9Leichpredigt. drauff trawe vnd bawe ich / drauff Lebe vnd Ster - be ich / drauff wil ich mit breitem Fuſſe ſtehen blei - ben / vnd ſol mich / vermittelſt Goͤttlicher Gnade / nie - mand eines andern bereden in Ewigkeit; Es gehe mir gleich hierzwiſchen / wie es jmmer wolle / ja / wenn der Herr mich auch gleich druͤber Toͤdten wuͤrde / ſo wil ich dennoch auff Jhn hoffen. Dieſes nicht nurJob. 13. mit dem Munde ſagen / Sondern auch mit lebendi - ger Zuverſicht des Hertzens faſſen / das heiſſet vnd iſt glauben. Ewer Liebe hoͤren deſſen ein Exempel an:

Alß des beruͤhmbten Churfuͤrſtens, zu Sachſen Auguſti Fraw Mutter / Anno 1561. zu Torgaw ſtarb / Redete ſie vnter andern auch dieſe großglaͤubi - ge Wort; Jch wil an meinem Heylande Chriſto JE - ſu kleben bleiben / wie eine Klette am Rocke. Welche großglaͤubige Worte alß ſie jetzt genandtem jhrem Herrn Sohne erzehlet wurden / Sagte er zu ſeinem Hoffprediger / wie auch zu ſeinem Leib Medico D. Johann Nævio, GOtt helffe mir auch alſo / an mei - nem Erloͤſer wil auch ich kleben bleiben an meinem Ende / ER laſſe mich nur ſeinen Schuchhader ſeyn im ewigen Leben / So habe ich genung / wie ſolches bezeuget ein beruͤhmbter Theologus zu vnſern zei - ten D. Selneccer in der LeichPredigt ChurFuͤrſten Auguſto, Anno 1586. zu Leipzig gethan.

Ein SchrifftExempel haben wir an dem Koͤni - ge David / der beging zwo ſchreckliche Suͤnden / Ehe - bruch vnd Mord. Nach begangener ſchwerer Miſ - ſethat wachete ſein verſehretes vnd hochbeſchweretes Gewiſſen auff / Alſo / daß David weder auß noch einBwuſte.10Chriſtlichewuſte. Dann ſahe er uͤber ſich / ſo ſahe er einen er - zoͤrneten GOtt im Himmel / Sahe er vnter ſich / ſo ſahe er wie die Helle jhren fewrigen Rachen auffſper - rete vnd wolte jhn durch auß verſchlingen. Sahe er vmb vnd neben ſich / ſo ſahe er ſeine hochgeaͤrger - te Vnterthanen. Jn dem nun der groſſe Suͤnder allda lieget / zittert vnd zaget; Erholet er ſich endlich (auß eingeben des heiligen Geiſtes) vnd gedencket; Jch ſehe leider / daß mich alles verdammet / was uͤber mir / was vnter mir / was vmb mich iſt / gleichwol ei - nen Mann weis ich noch / der wil mich Selig vnd nicht verdampt haben / derſelbige iſt der verheiſſene Meſſias vnd Heyland der Welt / bey dem iſt die Gna - de vnd viel Erloͤſung bey Jhm / ER wird Jſrael er -Pſ. 130, 7. loͤſen auß ſeinen Suͤnden allen.

Ein ſolch hertzliches Vertrawen zu GOtt iſt der Glaube / daß / wann gleich alle Menſchen / auch wir ſelbſt an vns zagen vnd zweiffeln / wir doch an GOtt nicht zweiffeln noch verzagen / Sondern Jhm getroſt zutrawen ſollen / wann keine Creatur helffen koͤnne / ſo koͤnne GOtt; Wann keine Creatur helffen wolle / ſo wolle GOtt. Vnd dergeſtalt ſol ein Menſch / der ſich der aller ſchwereſten vnd verzweiffelſten An - fechtungen erwehren wil / Glaͤuben.

Was aber? Vergebung der Suͤnden / Aufferſtehung des Fleiſches / vnd ein Ewiges Leben.

Keine ſchwerere Anfechtung kan einem Menſchen widerfahren vnd zu Hertzen ſtoſſen / alß wenn er ſichaͤngſti -11Leichpredigt. aͤngſtiget des Ewigen halben / fenget an zu zweiffeln / Ob er auch werde Selig werden? Ob er auch nach dem Leben werde kommen ins Ewige Selige Leben? Solche Schwermuth des Ewigen halber / verurſa - chet beym Menſchen vornemlich: Peccatorum Cu - mulus, Wenn der Menſch jhm einbildet die menge vnd ſchwere ſeiner Suͤnden; Jnmaſſen denn auch den Heiligen GOttes widerfahren. Job hat das Zeugniß vom Heiligen Geiſt ſelbſt / daß er ſchlecht /Job. 1, 1. Recht vnnd Gottfuͤrchtig ſey vnd meide das Boͤſe. Gleichwol klaget er uͤber die Suͤnde in ſeinem Bu -c. 9, 1. che. Vnd ſpricht alſo; Jch weis faſt wol / daß ein Menſch nicht rechtfertig beſtehen mag gegen GOtt / hat GOtt luſt mit jhm zu hadern / ſo kan der Menſch GOtt auff Tauſend nicht Eins antworten. Dero - gleichen Klage uͤber die Suͤnde fuͤhret Job auch / Was iſt ein Menſch / daß er ſolte Rein ſeyn? Vndc. 15, 14. daß er ſolte Gerecht ſeyn / der vom Weibe geboren iſt? Siehe / vnter ſeinen Heiligen iſt keiner ohne Tadel / auch die Himmel ſeynd nicht Rein fuͤr Jhm; Wie viel mehr ein Menſch der ein Grewel vnd Schnoͤde iſt / der Vnrecht ſaͤufft wie Waſſer.

Koͤnig David hat das SchrifftZeugnis / er ſey ein Mann nach dem Hertzen vnd Willen GOttes. NochAct. 13, 22 38, 5. dennoch beklaget er ſich wegen der ſchwere ſeiner Suͤn den / ſpricht im Pſalm: Meine Suͤnde gehen uͤber mein Haͤupt / vnd wie eine ſchwere Laͤſt ſeynd ſie mir zu ſchwer worden. Er klaget uͤber der menge vnd viel - heit ſeiner Suͤnden. Meiner Suͤnden iſt mehr dannPſ. 40, 13. Haar auff meinem Haͤupte. Vnd iſt noch heute nie -B ijmand12ChriſtlicheExod. 34, 7mand vnſchuldig fuͤr GOtt. Auch der Gerechte faͤlletProv. 24, 17. des Tages Siebenmal.

Solche Schwermuth des Ewigen halben / wird verurſachet / wann dem Menſchen eingebildet wird: DEUS juſtus & iratus. Wie ſchroͤcklich GOtt uͤber vnd wider alles ſuͤndliche Leben vnd Weſen zoͤrne / DV / O GOtt / biſt nicht ein GOtt dem GottloßPſal. 5, 4. weſen gefalle / Wer Boͤſe iſt bleibet nicht vor Dir. Pſal. 11, 7.Deßgleichen / GOTT wird Regnen laſſen uͤber alle vnbußfertige Suͤnder / Blitz / Fewer vnd Schwefel / vnd wird jhnen ein ewiges Wetter zu Lohn geben. Der Zorn GOttes uͤber die Gottloſen hat kein auff -c. 5, 7. hoͤren / zeuget Syrach. Vnd Manaſſe der Koͤnig Juda ſpricht in ſeinem BußGebet; Vntraͤglich iſt der Zorn denen GOtt draͤwet den Suͤndern.

Hierzu koͤmbt vors Dritte vnd hilfft die Schwer - muth des Ewigen halben nicht wenig vermehren Conſcientiæ ſtimulus. Des Menſchen ſein ſelbſt ei - gen Gewiſſen facit hominem ſtare contra ſeipſum;Rom. 2, 15. Des Menſchen eigne Gedancken verklagen ſich vn -1. Joh. 3. tereinander. Den Menſchen verdampt ſeyn eigenJoh. 3, 6. Hertz. Vnd ſaget: Siehe du biſt Fleiſch vom Fleiſch1. Cor. 15, 50. geboren. Fleiſch vnd Blut aber kan das Reich GOt - tes nicht ererben. Solche angeborne Vntugend vnd Erbſuͤnde haſtu / (uͤberzeuget manchen ſein Gewiſſen weiter) Taͤglich mit wircklichen Suͤnden vermehret vnd gehaͤuffet / (leider) gar zu offt vnd viel / ſo vnd ſo haſtu gelebet / das vnd das haſtu gethan / du kanſts nicht laͤugnen.

Dieſe Gewiſſens anklage / aͤngſtiget manchen dero -maſſen /13Leichpredigt. maſſen / daß er mit dem hochverſuchten Creutzmannc. 30, 20. Jobo klaget / vnd ſaget: DV / O GOtt / biſt mir verwandelt in einen grawſamen / vnd zeigeſt deinen Gram an mir / mit der Staͤrcke deiner Hand. DerPſ, 31, 23. Menſch ſpricht in ſeinem Zagen mit dem Koͤnige David; GOtt / ich bin von deinem Angeſichte ver - ſtoſſen. Desgleichen: Hat denn GOTT vergeſſenPſal. 77, 8. Gnaͤdig zuſeyn? Hat denn GOtt ſeine Barmher - tzigkeit vor Zorn gar verſchloſſen? Ja ſolche Schwer - muth des Ewigen halben / ſo auß erkaͤntniß der Suͤn - den vnd des Zorns GOttes wider die Suͤnde / ſambt der Gewiſſens Anklage / entſtehet vnd herkoͤmbt / aͤng - ſtet manchen dermaſſen / daß er ſchier Cains Liedlein ſingen wolte vnd ſagen; Meine Suͤnde iſt groͤſſer /Gen. 4, 13. denn daß ſie mir vergeben werden moͤge.

Vnter ſolcher Seelenangſt / was kan vnd mag doch dem ſchwermuͤtigen Menſchen troͤſtlicher vnter dem Himmel ſeyn / alß der Artickel von Vergebung der Suͤnden. Wann der Menſch an einer hitzigen Kranckheit darnider liget; Alßdann kan der Leib mit einem kraͤfftigen Roſenwaſſer erfriſchet vnd erquicket werden: Aber / wenns Hertze brennet vnd den Fewri - gen Zorn GOttes uͤber die Suͤnde fuͤhlet vnd em - pfindet / alßdann kan niemand helffen / niemand laben noch kuͤhlen / niemand erfriſchen noch erquicken / Allei - ne[]GOtt der Heilige Geiſt geuſſet auff ein ſolch bren - nendes Hertz das kuͤhle friſche Waſſer Evangeli - ſchen Troſtes von Vergebung der Suͤnden / welches in einem glaͤubigen ſterbenden Menſchen quillet bißJoh. 4, 14. ins ewige Leben. Sprichſtu; Die Zeitung von Ver -B iijgebung14Chriſtlichegebung der Suͤnden iſt zwar koͤſtlich gut / wenn ſie aber nur nicht gar zu gut / vnd demnach vngewiß were? Nein / mein Freund / ſie iſt gewiß vnd zwar ſo gewiß / alß gewiß GOtt im Himmel lebet / vnd ſol - ches in ſeinem Wort vielfaͤltig bezeuget / ja / bethew -Exod. 20, 6 & c. 34, 6. ret vnd beſchworen hat. Der Herr thut Barm - hertzigkeit an vielen Tauſenden / die Jhn lieben vnd ſeine Gebot halten. Herr / Herr GOTT /Pſ. 103, 8. Barmhertzig / Gnaͤdig / Geduͤldig vnd von groſſer Guͤte vnd Trew / der Du beweiſeſt Gnade in Tau - ſend Glied vnd vergiebeſt Miſſethat Vbertrettung vnd Suͤnde. Barmhertzig vnd Gnaͤdig iſt der HErr / Geduldig vnd von groſſer Guͤte; ER wird nicht jm - merdar hadern noch ewig Zorn halten. ER handelt nicht mit vns nach vnſern Suͤnden / vnd vergilt vns nicht nach vnſer Miſſethat / Sondern ſo hoch der Himmel uͤber der Erde iſt / leſſet ER ſeine Gnade walten uͤber die ſo Jhn fuͤrchten / So fern der Mor - gen vom Abend iſt / leſſet ER vnſere Vbertrettung von vns ſeyn / Wie ſich ein Vater uͤber Kinder erbar -Oſeæ. 11, 8. met / Alſo erbarmet ſich der Herr uͤber die Jhn fuͤrchten; GOttes Barmhertzigkeit iſt Jnbruͤnſtig. Luc. 3, 78.Sie iſt Hertzlich. Sie iſt ja ſo groß alß groß GOttSyr. 2, 21. ſelber iſt. O wie iſt die Barmhertzigkeit des HErrn ſo groß! vnd leſſet ſich Gnaͤdig finden gegen alle die ſich zu Jhm bekehren. Eines Menſchen Barmher - tzigkeit gehet allein uͤber ſeinen Nechſten / Aber Gottes Barmhertzigkeit gehet uͤber alle Welt / ſchreibet aber -c. 18, 28. & 12. c. 1, 18. mal Syrach. Beym groſſen Propheten Eſaia, ſpricht GOtt ſelber; Wann ewre Suͤnde gleich Blutrothiſt /15Leichpredigt. iſt / ſol ſie doch Schneeweiß werden / Vnd wenn ſie gleich iſt wie Roſinfarbe / ſol ſie doch wie Wolle wer - den / Hoc dixit DEUS, Das hat GOTT geredt / Si parum adhuc, Jſts am Reden jemanden zu we - nig / hoc juravit, Alß hats GOTT noch darzu mit einem Goͤttlichen Eyde bethewret vnd beſchworen / beym Propheten Ezech. So war Jch lebe / ſprichtc. 18, 32. & c. 33, 11. der Herr / Jch habe keinen gefallen am Tode des Gottloſen / Sondern daß ſich der Gottloſe bekehre von ſeinem weſen vnd lebe.

So bekehret euch doch nu von ewrem Boͤſen weſen / warumb wollet jhr Sterben in ewern Suͤn - den. Nun kan man einen Menſchen hoͤher nicht trei - ben alß auff einen Eyd; Der Eyd machet ein endeHeb. 6, 16. alles Haders. Warumb wolten wir dann von GOtt ein mehrers vnd hoͤhers begehren. Es bleibet viel - mehr beym Spruche / Tertull: Chriſti Juramen - tum ſit noſtrum firmamentum. Vnd bey des Auguſt: O beatos, qvorum cauſâ DEUS jurat! O miſeros, qvi DEO ne qvidem Juranti credunt.

Damit wir aber ſolchem Wort vnd Verheiſ - ſungen GOttes, von Vergebung der Suͤnden deſto kuͤhnlicher trawen doͤrffen; So iſt ſolches mit vielen Exempeln bewehret vnd bekraͤfftiget. VergebungGen. 3, 15. der Suͤnden erlangten die allererſten vnnd groͤſten Suͤnder Adam vnd Eva. Vergebung der SuͤndenGen. 12. erlangte der Heidniſche Goͤtzendiener Abraham. Ver - gebung der Suͤnden erlangte des guͤldenen Kalbes -Exod. 32. diener Aaron. Vergebung der Suͤnden erlangte2. Sam. 12, 13. David / der ein Ehebrecher vnd Moͤrder war. Ver -gebung16ChriſtlicheJoh. 21, 15gebung der Suͤnden erlangte Petrus / der Chriſtum dreymal verleugnet hatte. Vergebung der SuͤndenAct. 9, 1. 15 erlangete Paulus / der wider Chriſtum vnd ſeine Kir - che ſchnaubete mit drewen vnd Morden / Deßwegen denn Paulus ſein eigen Exempel anzeucht vnd an -1 Timoth. 1. 15. dere Suͤnder darauff vertroͤſtet vnd ſpricht: Das iſt gewißlich war / vnd ein Tewres Werthes Wort / daß Chriſtus JEſus kom̃en iſt in die Welt die Suͤn - der Selig zu machen / vnter welchen ich der Vornemb - ſte bin: Aber darumb iſt mir Barmhertzigkeit wieder - fahren / auff daß vornemlich an mir JEſus Chriſtus erzeigete alle Gedult / zum Exempel denen die an Jhn glaͤuben ſolten zum ewigen Leben. Summa / Se - het an die Exempel der Alten / vnd mercket ſie / Wer iſt jemalß zu Schanden worden der auff GOtt ge - hoffet hat? Wer iſt jemalß verlaſſen worden / der in der Furchte GOttes blieben iſt? Oder / wer iſt jemalß verſchmaͤhet worden / der Jhn angeruffen hat? Denn /Syr. 2, 11. der Herr iſt Gnaͤdig vnd Barmhertzig. ER ver - giebet Suͤnde vnd hilfft in der Noht.

Wenn du nu gleich die Gebot GOttes alle Zehen uͤbertretten hetteſt / ja / wenn du gleich die Suͤnde der gantzen Welt allein gethan hetteſt / So glaͤube doch Vergebung der Suͤnden / Alßdann hats keine Noht des Ewigen halben mit dir; Denn wo Vergebung der Suͤnden iſt / da iſt GOttes Hold vnd Gnade / wo GOttes Hold vnd Gnade iſt / da iſt Chriſtus mit ſeinem Verdienſt / mit ſeiner Gnugthuung / wo Chri - ſtus mit ſeinem Verdienſt vnd Gnugthuung iſt / da iſt Gerechtigkeit / wo Gerechtigkeit iſt / da iſt ein ruhi -ges17Leichpredigt. ges ſtilles Gewiſſen / wo ein ruhiges ſtilles Gewiſſen iſt / da iſt der Heilige Geiſt / wo der Heilige Geiſt iſt / da iſt die gantze Heilige Dreyfaltigkeit / wo die Hei - lige Dreyfaltigkeit iſt / da iſt ewiges Leben vnd Him - liſche Seligkeit / Ja ſprichſtu / Jch glaͤube zwar / aber der Glaube iſt zumal ſchwach bey mir / daß ich jhn offt kaum fuͤhle. Antwort: Sey gleichwol getroſt vnd wolgemut / der du ſolche deine Schwachglaͤubig - keit erkenneſt vnd von Hertzen beklageſt; Denn eben bey ſolchem Erkaͤntniß vnd leid deiner Schwachglaͤu - bigkeit kanſtu vnd ſolſtu gewiß ſeyn / daß der Heilige Geiſt mit ſeiner Gnade / ob ſchon ſchwaͤchlich / bey dir wohnet / vnd demnach des Ewigen halben / noch wol vmb dich ſtehe. Ein Kind iſt eben ſo wol ein Menſch alß ich vnd du / obs gleich klein vnd ſchwach / vnd nicht ſo groß vnd ſtarck iſt / alß ich vñ du / Alſo iſt der Glau - be auch ein Glaube / ob er ſchon nicht allezeit gleich groß / vñ ſtarck iſt / wie der Helden Glaube Abrahams war. Manch Ring wird auff etliche Hundert ja Tau - ſend Thaler æſtimiret vnd geſchaͤtzet / Nicht eben we - gen des Goldes / So kaum zweene oder drey Ducaten ſchwer wuͤget: Sondern wegen des Edlen Steins der ins Gold gefaſſet iſt: Alſo wird dem Glauben Ver - gebung der Suͤnden vnd andere groſſe ſachen zuge - ſchrieben / nicht bloß ſo ferr er ein Glaube iſt / in præ - dicamento qvalitatis, Sondern ſo weit er Chriſtum ergreiffet / vnd in prædicamento Relationis iſt; Vñ dz vermag auch ein kleiner ſchwacher Glaube zuthun.

Derentwegen biſtu gleich nicht groß vnd ſtarck - glaͤubig / Sondern klein vnd ſchwachglaͤubig / ſo ſeyCnur18Chriſtlichenur nicht gar Vnglaͤubig. Hiermit were nun ei - ne Anfechtung vnd zwar die allerſchwereſte / alß die das Ewige betrifft / uͤberwunden.

Es aͤngſtiget ſich aber manch Menſch auff ſeinem Sterbebette vnd uͤberwirfft ſich offte auch des Zeitli - chen wegen / welches er nu mehr verlaſſen ſol vñ muß.

Dieſe Anfechtung des Zeitlichen halben / verurſa - chet beym Menſchen / Erſtlich temporalium appe - titus. Die Luſt vnd Liebe zum Zeitlichen / wir haben von Natur gar zu Weltſuͤchtige Hertzen / wir ſehen jmmer hinter vns wie Lohts Weib hinter ſich nachGen. 19, 26. Sodoma ſahe / vnd ward zur Saltzſaͤule. Wir laſ - ſen vns mit den Jſraeliten jmmer geluͤſten nach denExod. 36, 3 Fleiſchtoͤpffen Aegypti.

Wenn wir nu das Zeitliche verlaſſen ſollen vnd muͤſſen / aͤngſtiget ſich mancher daruͤber. Wir aͤng - ſtigen vns / in dem wir das ſchoͤne Sonnenlicht nicht mehr anſchawen ſollen / wie bey vnſeren Lebetagen ge - ſchehen Taͤglich / vnd iſt zumal Luſtig vnd Anmutig;c. 11, 7. Es iſt das Licht ſuͤſſe vnd denAugen Lieblich die Son - ne zu ſehen / im Prediger Sal:

Wir aͤngſtigen vns des Zeitlichen halben / in dem wir nicht mehr vnſern freyen Lauff in der Welt haben ſollen / ſollen nicht mehr handeln vnd wandeln / kaͤuf - fen vnd verkaͤuffen / bawen / ſaͤen / pflantzen.

Wir aͤngſtigen vns des Zeitlichen halben / in dem wir alle das vnſrige hinterlaſſen muͤſſen / vnſer Geld vnd Guͤtter / vnſer Hauß vnd Hoff / vnſere Scheunen vnd Kammern / vnſere Soͤller vnd Keller / vnſere Ki - ſten vnd Kaſten / die allenthalben voll ſeyn. Koͤnnenherauß19Leichpredigt. herauß geben jmmer einen Vorraht nach dem andern. Pſal. 144, 13.Darvon auch wir ſelber noch lange zeit vnd viel Jahr koͤndten Eſſen / Trincken / vnd haben einen gutenLuc. 12, 19 Muth / welches alles aber wir im ſterben / nicht mitneh -Pſ. 49, 18. men koͤñen. Vnſere Herrligkeit fehret vns nicht nach. Wir muͤſſen alles andern laſſen vnd ſterben. Ja / wirSyr. 11, 20. wiſſen offt noch darzu nicht / wers kriegen wird. DaPſal. 39, 7. heiſſets recht wie Syrach ſchreibet: O Tod / wie biſtuc. 41, 3. ſo Bitter / wenn an dich nur gedencket einer der gute Tage vnd genung hat / der ohne Sorge lebet / dem es wolgehet in allen dingen vnd noch wol Eſſen mag.

Wir aͤngſtigen vns des Zeitlichen halben / in deme wir vnſere Eltern / vnſere Ehegatten / vnſere Kinder / vnſere Geſchwiſter / vnſere gute Freunde vnd Bekan - te hinter vns laſſen muͤſſen / auch noch darzu in Ar - mut / vnbezahleter Nahrung vnd anderen Vnrichtig - keiten / darzu ſie vnſers Rahts vnd Huͤlffe am aller - noͤtigſten bedoͤrfften.

Endlich / aͤngſtigen wir vns des Zeitlichen halben / in dem wir das Leben ſelber laſſen / vnd ſterben muͤſſen; Das Leben iſt lieb / das Leben iſt Edel. Mit ſolcher Le - bensluſt uͤberwarff ſich auch der from̃e Koͤnig HißkiaEſa. 38, 10. in ſeiner toͤdtlichen Kranckheit / vñ ſprach: Meine zeit war auß / da ich doch gedachte noch laͤnger zu leben / Jch ſprach / Nu muß ich nicht mehr ſchawen die Men - ſchen / bey denen die jhrezeit leben / Jch gedachte / moͤch - te ich biß morgen leben.

Mit ſolcher Lebensluſt uͤberwarff ſich auch der Apoſtel Paulus / worvon er ſelber zeuget vnd ſchrei -Phil. 1, 22. bet: Sintemal am Fleiſche laͤnger leben dienet mehrC ijFrucht20ChriſtlicheFrucht zu ſchaffen / ſo weis ich nicht / welches ich er - wehlen ſol / denn es lieget mir beydes hart an.

Alſo vnd der geſtalt aͤngſtiget manchen Men - ſchen / wenn er alles Zeitliche verlaſſen ſol / tempora - lium appetitus, Die Luſt vnd Liebe zum Zeitlichen / die vns nicht angeſchworen / Sondern angeboren iſt.

Hierzu koͤmpt fuͤrs Ander auch Mortis aculeus, Wenn der Menſch gleich alle ſchwermuͤtige Gedan - cken des Zeitlichen halben / uͤberwunden / So aͤngſti - get jhn nicht wenig die ſchroͤckliche geſtalt des Todes vnd ſeine Vorboten / allerley beſchwerliche Kranckhei - ten. Welche Vorboten des Todes Salomon mit artigen / verbluͤmeten vnd recht Poetiſchen Wortenc. 12. beſchrieben hat in ſeinem Prediger / vnd geſprochen; Zur zeit weñ die Huͤter des Hauſes zittern. Durch das Hauß wird gemeinet vnd verſtanden des Menſchen Leib / der gleichſam eine Behauſung vnd Wohnung der Seelen iſt. Die Huͤter dieſes Hauſes ſind Haͤnde vñ Arme / darmit der Menſch ſich / ſo viel an jhm / wi - der Gewalt ſchuͤtzet vnd behuͤtet; Die zittern im Alter am Menſchen. Die Starcken / dz ſeyn die Schenckel kruͤmmen ſich; Woruͤber man denn Alte Leute offt hoͤret klagen vnd ſagen; Die Beine wollen nicht mehr mitte / die Schenckel wollen mich nicht mehr tragen. Die Muͤller ſtehen muͤſſig / die Zaͤhne koͤñen die Spei - ſe nicht mehr beiſſen noch kaͤwen. Die Geſichte durch die Fenſter werden finſter / Alte Leute ſehen nicht mehr ſo ſcharff / Sondern alles durch die Brille. Die Thuͤr auff der Gaſſen wird geſchloſſen / Alte Leute thun nicht mehr ſo gerne den Mund auff / ſie ſeyn verdroſſenzum21Leichpredigt. zum Reden / allermeiſt aber zum ſingen. Wenn ſie auch gleich Reden / ſo iſt doch die Stimme der Muͤl - lerin leiſe / ſie reden nicht mehr laut vnd vernemlich / Sondern mehlich vnd vnvernemlich. Die Toͤchter des Geſanges buͤcken ſich / Das iſt / das Gehoͤre lieget dem Menſchen im Alter abe / er hoͤret nicht mehr ſo leiſe / man muß jhm alles in die Ohren ſchreyen. Der Mandelbaum bluͤhet / das iſt / der Menſch wird graw / Der ſilberne Strick koͤmpt weg / der Appetitus oder die natuͤrliche Luſt zum Eſſen / darmit alß mit einem Stricke Leib vnd Seele beyſammen verknuͤpfft blei - ben / verleuret ſich im Alter auch. Die Guͤldene quaͤl - le verlaͤuffet / das humidum radicale / oder die na - tuͤrliche feuchtigkeit vertrocknet; Der Eymer am Borne zerlechtzet / der Magen kan nicht mehr daͤwen; Das Rad am Borne zerbricht / die Leber / ſo auß dem Magen das beſte von Speiſe zu ſich zeucht / ins Ge - bluͤte verwandelt / wil auch nicht mehr gut thun. Jn Summa / der Menſch fuͤhlet vnd empfindet an jhm ſelber / wie er taͤglich an ſeinen Gliedmaſſen jn - nerlich vnd euſſerlich abnimmet / vnd nahet ſich mit jhme alles zum Ende.

Wanns nu zu den letzten Zuͤgen koͤmpt / zappelt das elende Hertze im Leibe vnd windet ſich alß ein Regenwuͤrmlein / der kalte Todtenſchweis bricht dem Menſchen auß / bald zucket er mit Haͤnden vnd Fuͤſ - ſen / bald Schlucket Er / kruͤm̃et den Mund / ſchnap - pet nach der Lufft / verkehret die Augen / vnd zeucht darvon / woruͤber auch die vmbſtehenden einander zu - tziſchen vnd ſagen: Sehet / welch ein Menſch iſt das! C iijSo22ChriſtlicheSo bald der Menſch geſtorben / erkaͤltet Er an al - len ſeinen Gliedmaſſen / Ja / Er erſtarret / vnd ver - ſtellet jhn der Todt ſo grewlich vnd richtet jhn ſo Abſchewlich zu / daß auch die Nechſten Blutsfreunde gleich einen Abſchew vor der Leiche haben / Darbey bleibets noch nicht / Sondern nach vnſerm Abſterben werden wir in den Sarg geleget / mit dem Sarge in die Erden verſcharret / da muͤſſen wir verweſen / ver - modern / vnd zu Staub vnd Aſche werden.

Dieſer Mortis aculeus vñ ſchroͤckliche Todtenge - ſtalt / aͤngſtiget vnd qvaͤlet den Menſchen ſehr; Da -c. 17, 13. ruͤber auch Job klaget / vnd ſpricht: Wann ich gleich lange harre / ſo iſt doch die Helle / das iſt / das tieffe Grab mein Hauß / im finſternuͤß iſt mein Bet - te gemacht / Jch muß doch endlich die Verweſung meinen Vater heiſſen / vnd die Wuͤrme meine Mut -c. 10, 12. ter vnd Schweſter. Wenn der Menſch Todt iſt / ſo freſſen jhn die Schlangen vnd Wuͤrme / ſchreibt Sy - rach.

Wider dieſen bittern Todten Syrup / iſt nichts lieblichers / nichts anmutigers / Alß wenn der Menſch von Hertzen Glaͤubet / Aufferſtehung des Flei - ſches vnd ein Ewiges Leben. Vnd das iſt auch der Haͤupttroſt wider den zeitlichen Todt vnd ſeine vorboten.

Dieſen Troſt ergreiffen die Propheten / dieſen Troſt ergreiffet Chriſtus / Dieſen Troſt ergreiffen Chriſti Apoſtel / wann ſonſt kein Troſt hat helffen wollen.

Es23Leichpredigt.

Es dienet zwar zur ſachen auch etwas / wann der Menſch mit dem Tode bey zeiten kundſchafft machet / vnd ſtets bedencket moriendi neceſſitatem. Es muß doch einmahl geſtorben ſeyn; denn GOtt ha - be es alſo beſchloſſen vnd geſprochen: Menſch / duGen. 3, 19. biſt Erde / vnd ſolſt wider zur Erden werden. Der Herr Zebaoth hats beſchloſſen / wer wils wehren? Eſa. 14, 27.Wer wils aͤndern? Es iſt vnd bleibet der Alte BundSyr. 14, 18. du muſt ſterben.

Derentwegen / fuͤrchte den Tod nicht / gedencke es ſey alſo vom Herren geordnet uͤber alles Fleiſch / beydes derer die vor dir geweſen ſeyn / vnd nach dir kom̃en werden / vnd was wegerſtu dich dochSyr. 41, 5. wider GOttes willen? Sprichſtu / ſol ich daran ſtets gedencken / wuͤrde ich vielmehr Trawrig alß Muttig gemacht?

Nein / lieben Freunde / ſolche Sterbensgedancken machen einen Chriſten gar nicht trawrig. Alß zum Exempel / wann ich des Morgens auffſtehe vnd mich anziehe / Lieber / was ſolte michs groß betruͤben / wañ ich beyneben gedaͤchte / Siehe / jetzt kanſtu Arme vnd Haͤnde bewegen / vnd ſelber die Kleider anlegen; Es koͤmpt aber die zeit / da alle deine Glieder erſtarren werden / da ein ander dich anziehen vnd in einen ſter - bekittel kleiden wird. Nu mein GOtt / es geſchehe jmmer hin / was nach deinem Willen geſchehen ſol; Allein hilff vnd verleihe gnaͤdiglich / daß ich vor Dir2. Cor. 5, 3. bekleidet vnd nicht bloß erfunden werde. Daß ich mit den Kleidern des Heils vnd mit dem Rocke derEſa. 61, 10. Gerechtigkeit allzeit bekleidet vnd angezogen ſey / daßich24ChriſtlicheMatth. 22. 11.ich mit dem rechten Hochzeitlichen Kleide angethan bey der Himliſchen Hochzeit erſcheine / vnd von der - ſelbten nicht außgeſtoſſen werde.

Weiter / wann ich hernach zu Tiſche ſitze / Mahl - zeit halte / Eſſe vnd trincke; was ſolte michs ſo groß betruͤben / wann ich gleich beyneben gedechte / Siehe / gleich wie Eſſen vnd trincken deines Leibesnahrung vnd Speiſe jetzt iſt / Alſo / wird dein Leib hinwieder - umb der Wuͤrme Nahrung vnd Speiſe dermahl ei - nes werden. Nu mein Herr vnd mein GOtt /Matth. 8, 11. dein Wille geſchehe; Allein gieb vnd verleyhe gnaͤ - diglich / daß ich mit Abraham / Jſaac vnd Jacob imPſ. 17, 15. Himmelreich zu Tiſche ſitzen moͤge; Vnd vom an - ſchawen Deines Andlitzes uͤber Deiner Goͤttlichen Taffel ſatt werde.

Endlich / wann ich vom Tiſche auffſtehe vnd ent - weder zu Hauſe in der Stube vñ andern Gemaͤchen / oder auch auſſer des Hauſes im Garten / auffm Fel - de ſpatziren gehe / was ſolte mich ſo groß betruͤben / wann ich gleich beyneben gedencke / Siehe jetzt haſtu deinen freyen gang auff vnd nieder / es koͤmpt aber einmahl Tag vnd Stunde / Da man dir ein enges Haͤußlein bawen vnd etwa von vier oder drey Bre - tern zuſammen ſchlagen wird / ſo niedrig / daß / wann du den Kopff regen koͤnteſt / du darmit an den Gibel ſtoſſen wuͤrdeſt. Nu / mein Herr vnd mein GOtt / dein Wille geſchehe; Allein gieb / vnd verleyhe gnaͤ - diglich / daß ich den Baw haben moͤge von Dir er -2. Cor. 5, 1, bawet / Vnd das Hauß das nicht mit Haͤnden ge - macht / Sondern Ewig iſt im Himmel.

Alſo25Leichpredigt.

Alſo / vnd der geſtalt Kan der Menſch mit dem Tode bey zeiten Kundtſchafft machen / Vnd ſtetes bedencken moriendi neceſſitatem ohne allen be - ſchwer. Sonderlich aber ſol ein Menſch / die An - fechtung der ſchrecklichen Todesgeſtalt zuuͤberwin - den / ſtets gedencken / Carnis reſurrectionem & vi - tam æternam, den Artickel von der Aufferſtehung des Fleiſches vnd vom Ewigen Leben. Vnd das iſt / wie kurtz vorhin geſaget / der HaͤuptTroſt wider den zeitlichen Todt vnd ſeine vorboten.

Wann ſonſt kein Troſt hat hafften noch helffen wollen / alß haben dieſen Troſt (Jch glaͤube Auf - ferſtehung des Fleiſches vnd ein ewiges Le - ben) ergrieffen / die Propheten / ergrieffen hat dieſen Troſt der Herr Chriſtus ſelber / ergrieffen haben dieſen Troſt / des Herren Chriſti Evangeliſten vnd Apoſtel alle.

Dieſe beyde TroſtArtickel koͤnte ich abermahl gleich wie den vorigen / von vergebung der Suͤnden mit Spruͤchen vnd Exempeln heiliger Schrifft / alß mit Grundfeſten / Pfeylern Goͤttlicher Warheit vn - terſtuͤtzen; Aber vmb geliebter kuͤrtze willen / bleibe ich allein / beym Spruche Jobs / welcher alſo lautet:c. 19, 25. Jch weis daß mein Erloͤſer lebet / Vnd ER wird mich hernach auß der Erden auffwecken / ich werde mit meiner Haut vmbgeben werden / Vnd werde in meinem Fleiſche GOtt ſehen / denſelben werde Jch mir ſehen / vnd meine Augen werden Jhn ſchawen / vnd kein frembder.

DHoͤret26Chriſtliche

Hoͤret doch wie WortReich iſt allhier der heilige Gottes Mann Job; Mein Erloͤſer wird mich her - nach auß der Erden auffwecken / ſpricht Er zu Erſt. Vors ander / Jch werde darnach mit dieſer meiner Haut vmbgeben werden / iſt noch nicht genung / Er ſetzet vors dritte / darzu; Jch werde in meinem flei - ſche GOtt ſehen. Daran iſt noch nicht genung / er ſpricht weiter vnd zum vierden; Denſelben werde ich mir ſehen.

Hierbey leſſets Job noch nicht bleiben / Sondern haͤngt zum Fuͤnfften auch dieſes hinan: Meine Au - gen werden Jhn ſchawen / vnd ſchleuſt entlich zum Sechſten; Jch vnd kein frembder / kein Vnbußferti - ger / kein Flucher / kein Predigerplager / kein Rachgi - riger / kein Trunckener / kein Vnzuͤchtiger / kein Ei - gennuͤtziger / ꝛc. Hilff GOtt / welch ein Reicher Goldſchatz von ſchoͤnen Reden iſt doch jmmer vnd ewig dieſes! wie flieſſen die wort daher!

Es deutet aber Job in dieſem ſeinem Reichen Wortſchatze / Erſtlich an: Reſurrectionis cauſam, Wer Jhn vnd vns alle von Todten erwecken wer - de? Nemlich: Sein vnd vnſer aller Erloͤſer Chri - ſtus JEſus. Die Juden fabuliren vnd tichten / daß ein jeder Menſch / an ſeinem Leibe habe ein beſonderes Beinlin / darinnen ſtecke die Lebenskrafft / der Spiri - tus vitalis. DaſſelbeGebeinlin verweſe nimmermehr / am Juͤngſten Tage aber werde ſolche Lebenskrafft im Beinlin ſich regen vnd bewegen / Vnd dannen - hero werde der Menſchliche Coͤrper wieder lebendig werden. Aber Nein: Vnſers Erloͤſers des HerrnChri -27Leichpredigt. Chriſti Macht: Ja Allmacht; wird ſolches thun. Jnmaſſen vnſer Erloͤſer ſelber hiervon zeuget vnd ſpricht: Warlich / warlich / Jch ſage euch / es koͤmptJoh. 5, 25. die Stunde / vnd iſt ſchon jetzt / daß die Todten wer - den die Stimme des Sohnes GOttes hoͤren / Vnd die ſie hoͤren / werden hervor gehen / die Gutes gethan haben / zur Aufferſtehung des Lebens / die aber Vbels gethan haben zur Aufferſtehung des Gerichts.

Es deutet Job in ſolchem ſeinem Reichen Wort - Schatz vors Ander auch an: Reſurrectionis ma - teriam, was denn vnſer Erloͤſer Chriſtus erwecken werde? Nemlich / Eben das Fleiſch / eben die Haut / damit wir jetzt vmbgeben ſeyn vnd kein anders / Eben die Augen die wir jetzt haben / vnd keine andere. Idem reſurget qvod cecidit; neq̀; enim reſurrectio re - ctè dici poſſet, niſi id, qvod ceciderat, reſurgeret.

Es deutet Job in dieſem ſeinem Reichen Wort - Schatz vors dritte auch an die Zeit / wenn Er vnd wir werden auß derErden aufferweckt werden? Nem - lich / Hernach / hernach / Oder / wie es die Alte Latei - niſche Verſion außredet / In noviſſimo die, Das iſt / am Juͤngſten Tage.

Endlich deutet Job in ſolchem ſeinem Reichen WortSchatz auch an / Reſurrectionis finem. Zu welchem Ende Er vnd alle die auff ſein bekaͤntnuͤß ſterben / ſollen erwecket werden? Sie ſollen in jhrem Fleiſche GOtt ſehen / denſelbigen / werden ſie jhnen ſehen / jhre Augen werden Jhn ſchawen. So luſtig machet ſich der großglaͤubige Mann Job / uͤber den zweyen Artickeln; Aufferſtehung des Fleiſches vndD ijein28Chriſtlicheein ewiges Leben. Deutet zugleich mit an / worinne das ewige Leben beſtehen werde; Nemlich in DEI viſione, Wir werden in vnſerm Fleiſche GOtt ſe - hen / vnſere Augen werden Jhn ſchawen. O Menſch! O Staub! O Aſche! wie hoch wirſtu kommen /Joh. 17, 24 in dem du GOtt zuſchawen wirſt bekommen. Wir1. Cor. 13, 12. werden ſeyn / da vnſer Heiland Chriſtus iſt / vnd wer - den ſeine Herrligkeit ſehen. Wir werden GOtt ſe -1. Theſs. 4, 17. hen von Angeſicht zu Angeſichte. Wir werden bey dem Herrn ſeyn vnd bleiben allezeit. Wir wer -1. Joh. 3, 2. den Jhn ſehen / wie ER iſt.

Dieſer klare Artickel GOttes wird vns ſeyn ein Vnerſchoͤpflicher Brunquaͤl vnd Vrſprung ſolcher Wonne vnd Frewde / darfuͤr wir alles zeitlichen / wie vngerne wirs auch jetzt verlaſſen / gantz vnd gar ver - geſſen vnd daran nicht eines nur gedencken werden. Dem Apoſtel Petro verſchwand auß ſeinem Sinn vnd auß ſeinen gedancken / die ſchoͤne Stadt Jeru - ſalem vnd alles was jhm ſonſt auff Erden lieb vnd angenem war; Da Er doch nur einen Geruch vnd Vorſchmack dieſer Frewde empfunden bey der ver -Matth. 17. klaͤrung Chriſti auff dem Berge. Was wil denn erſt werden / wenn das Vollkommene erſcheinen wird / vnd wir an GOtt / alß an dem hoͤchſten Gutte / alle1. Cor. 15, 28. Vollige genuͤge haben werden ewiglich. GOTT wird alles in allem ſeyn ſchreibet Paulus: Paulus ſpricht nicht / GOtt wird viel in allem ſeyn / Nein / Sondern GOtt wird alles in allem ſeyn.

Ach lieben Freunde / wer dieſe Worte / (GOTT wird alles in allem ſeyn) recht verſtuͤnde / Ob er gleichjhren29Leichpredigt. jhren Verſtand nicht außſprechen koͤnte / Der wuͤrde ſchon halb im Himmel ſeyn / aber ſie ſeyn zu hoch / koͤnnen ſie mit vnſerm verſtande nicht erreichen / viel - weniger mit dem Munde außſprechen / Wann wir gleich mit Paulo entzucket wuͤrden biß in den Drit - ten Himmel / So bliebens doch ἄῤῥητα vnaußſprech -2. Cor. 12, 4. liche wort. Auff der Welt iſt nichts / daß alles in allem were; ſonſte muͤſte der / ſo es haͤtte / mehr vnd weiter nichts uͤberall begehren / Denn er haͤtte vor - hin alles in allem.

Nu ſiehet man aber / wie der Menſch jhm bald dieſes / bald jenes belieben vnd gefallen laͤſſet: Hat einer ein Hauß / wil Er auch einen Garten haben / hat er einen Garten / wil er auch ein ſtuͤcke Ackers haben / hat er auch dieſes erlanget / wuͤnſchet Er ein ſtuͤcke bahren Geldes noch darzu / So gar iſt auff Er - den nichts alles in allem / daran das Menſchliche Her - tze vergnuͤget vnd erſaͤtiget wuͤrde / biß wir kommen werden dahin / Da GOtt wird alles in allem ſeyn; was des Menſchen Hertz nur jmmer wird begehren vnd wuͤnſchen koͤnnen. Warnach ſichs ſehnen wird / das wird der Menſch alles an GOtt haben; Denn GOtt wird alles in allem ſeyn. Derentwegen / O Menſch / im mangel des gegenwertigen troͤſte dich des zukuͤnfftigen / Jm mangel alles zeitlichen troͤſte dich des Ewigen.

Das gegenwertige / Welches zuverlaſſen dich ſchwer ankoͤmpt / iſt doch ohne das zeitlich vnd ver - gaͤnglich / Das Zukuͤnfftige aber / Welches dir wol thun wird / das iſt ewig: Das ewige / das ewige /D iijdas30Chriſtlichedas ewige gehet uͤber alles / es gehet uͤber Himmel / es gehet uͤber Erden / es gehet uͤber alles was im Hi - mel vnd auff Erden erſchaffenes iſt / Vnd mangelt einem Menſchen nichts / wenn jhm gleich alles zeit - liche mangelt / denn er hat das ewige.

Alſo vnd der geſtalt wird die Frewde beſtehen im ewigen Leben / daß wir in vnſerm Fleiſche GOtt ſehen werden / wir werden Jhn vns ſehen / vnſere Au - gen werden Jhn ſchawen.

Neben dem / wird ſolche Frewde auch beſtehen in noſtra cum Chriſto conformatione, wir ſollen dem Herrn Chriſto ehnlich vnd gleichfoͤrmigRom. 8, 29 werden / hiervon ſchreibet Paulus: Welche GOtt1. Cor. 15, 49. zuvor verſehen hat / Die hat ER auch verordnet / Daß ſie gleich ſeyn ſollen / dem Ebenbilde Seines Sohnes. Vnd abermahl; Wie wir getragen haben das Bilde des Jrrdiſchen / alſo werden wir auch tra -2. Pet. 1, 4. gen das Bilde des Himliſchen. Wir ſollen theil - hafftig werden der Goͤttlichen Natur. Nicht zwar daß wir mit GOtte ſollen Perſoͤnlich vereiniget wer - den / wie Chriſtus iſt / Auch nicht daß wir ſolten zur Rechten Hand GOTTes zuſitzen bekommen / wieHeb. 1, 13. Chriſtus / Nein / dieſe Ehre widerfaͤhret keinem Men - ſchen / Ja / keinem Engel nimmermehr; Denn / zu welchem Engel hat GOtt jemals geſaget; Setze dich zu Meiner Rechten.

Es wird aber die gleichfoͤrmigkeit vnſerer vnd des Herrn Chriſti beſtehen in corporum no - ſtrorum transfiguratione, An verklaͤreten Leibern werden wir JHM gleich vnd ehnlich ſeyn; Wieſolches31Leichpredigt. ſolches Paulus bezeuget. Vnſer Wandel iſt im Hi -Phil., 3 21. mel / Von dannen wir auch warten des Heilandes JEſu Chriſti des Herren / Welcher vnſeren nichtigen Leib verklaͤren wird / daß er ehnlich werde ſeinem Verklaͤreten Leibe nach der Wirckung / Da Er mite kan auch alle dinge Jhm vnterthaͤnig ma - chen. Vnſere Leibe werden leuchten wie des Him -Dan. 12, 3. mels glantz / vnd wie die Sternen jmmer vnd ewig - lich. Die Gerechten werden leuchten wie die Son -Matth. 13, 43. ne in jhres Vaters Reich. Wir werden ſeyn gleichMatth. 22, 30. wie die Engel GOttes im Himmel.

Das heiſſet vnd iſt ja / meine ich / troͤſten / Troͤ - ſten wider die ſchwere Anfechtung des ewigen hal - ben: Troͤſten wider die ſchwere Anfechtunge des zeitli - chen halben ſichtet dich des ewigen halben an / die men - ge vnd ſchwere deiner Suͤnden / der Zorn GOttes uͤber die Suͤnde / dein eigen Hertz vnd gewiſſen ver - dampt dich: Darwider glaͤube du zum Troſt / ver - gebung der Suͤnden.

Fichtet dich des Zeitlichen halben an / daß du al - les / was dir auff der Welt lieb iſt / im Tode verlaſ - ſen muſſeſt / auch das Leben ſelber; Darwider glaͤube du zum Troſt / Aufferſtehung des Fleiſches vnd ein Ewiges Leben / da GOTT wird alles in allem ſeyn / vnd du an GOTT alß an dem Hoͤchſten Gutt / das Leben vnd Volle gnuͤge haben wirſt / zu allen E -Joh. 10, 11. wigen zeiten.

Welches alles gewiß iſt / vnd ſo gewiß / alß gewiß GOtt im Himmel Lebet vnd ſolches in ſeinem Wort / ſonderlich in denen biß anhero angezogenen ſpruͤchenviel -32ChriſtlicheLuc. 21, 33.vielfaͤltig geoffenbaret hat. Himmel vnd Erde ver - gehen / Aber Meine Worte vergehen nicht / ſpricht Chriſtus.

Es iſt ein ſtarcker feſter Baw vmb Himmel vnd Erden; Dannenhero dann auch ſolcher Baw in denen Vier Haͤuptſprachen ſeinen Namen bekom - men hat / à ſoliditate. Alß in der Deutſchen Spra - che / wird der Himmels Baw genennet / die Feſte. Jn der Lateiniſchen firmamentum. Jn der Griechiſchen ςερέωμα. Jn der Hebraiſchen Rakia: Nach den - noch wird ſolcher Baw am Juͤngſten Tage zu grun - de gehen; Aber die Warheit des Worts GOttes / vnd vergebung der Suͤnden / Aufferſtehung des Flei - ſches vnd Ewigem Leben / wird gewiß Ja vnd AmenPſ. 33. 4, 9. ſeyn vnd bleiben / wird ewig beſtehen. Des Her - ren Wort iſt Warhafftig / vnd was ER zuſaget /Pſ. 146, 6. Das haͤlt ER gewiß. Wann GOTT ſpricht / ſoEſa. 40, 8. geſchichts / wenn ER gebeut / ſo ſtehets da. Der Herr haͤlt Glauben Ewiglich. Das WORTEzech. 37, 14. vnſers GOttes bleibet Ewiglich. JCH Rede es vnd thue es auch / Spricht GOTT.

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Belan -33

BElangend / die in GOtt - ſelige Leiche / des Weiland Eh - renveſten / Namhafften / vnd Wolgelaͤrten Herrn Zachariæ Kuhlhaſens / fuͤrnehmen Buͤrgers / HandelßMannes / vnd Gerichts verwandtens in der benachbarten Stadt Ja - wer / iſt an Jhm Ruhmwuͤrdig ſein Geburts - Tag.

Denn Er Anno 1589. den 17. Octob. in der Fuͤrſtlichen vnd / wegen der Alten Troce - dorfiſchen Schule / beruͤmbten Stadt Gold - berg / Ehelich vnd Ehrlich auff dieſe Welt ge - zeuget vnd geboren worden iſt.

Sein Herr Vater war der Weiland Eh - renveſte vnd Wolweiſe Herr Simon Kuhl - haſe Stadtvogt vnd Rahtsverwandter da - ſelbſt / meines HochgeEhretenHerrn Schwe - ers getrewer Collega vñ beſtaͤndiger Freund lange zeit vnd Jahr.

Seine Fraw Mutter / Die Ehrenreiche Fraw Eſther / eine Tochter des Weiland Eh - renveſten / Achtbarn / Hochweiſen vnd Wol - gelaͤrten Herrn Magiſtri Zachariæ Barths der Fuͤrſtlichen Schulen zum Goldberge Pro -Efeſſoris34feſſoris gantzer 25. Jahr / Rahts Herrn da - ſelbſt 52. Jahr / Buͤrgermeiſters daſelbſt 30. Jahr.

Ruͤhmlich iſt an Jhm vors Ander Sein WiedergeburtsTag / Jn dem Er bald nach der Leiblichen Geburt zum Sacrament der heiligen Tauffe / von jetzt gedachten ſeinen El - tern geſchickt / daſelbſt auß Waſſer vnd hei - ligem Geiſt wiedergeboren / dem Herrn Chriſto vnd ſeiner Kirchen einverleibet / fol - gends / in aller GOttſeligkeit vnd Erbarkeit fleiſſig erzogen / Auch zur Schule embſig an - gehalten worden iſt. Jn welchem allen Er / alß ein gehorſamer Sohn Kindlich gefolget / in den beruͤhmbten zweyen Schulen Gold - berg vnd Breßlaw das Fundamentum vnd den grund ſeiner Studien dergeſtalt geleget / daß Er die Lateiniſche Sprache wol verſtan - den auch zur Notturfft hat Reden vnd ſchrei - ben koͤnnen.

Ruͤhmlich iſt weiter an Jhm ſein Hoch - zeitlicher EhrenTag: denn Anno 1617. den 18. Auguſti / hat Er ſich in den Stand der heiligen Ehe / außſonderbarer providentz des Allerhoͤchſten / begeben / mit der Weiland Eh -ren -35renReichen Frawen Barbaren Geborner Neiſſerin / zum Jawer / des weiland Ehrenve - ſten Wolbenambten / H. Caſpar Jaͤckoſches / des HochgeEhreten Kaͤy: vnd Koͤnigl: Amb - tes zum Jawer Wolverdieneten Secretarii / hinterlaſſenen Wittib / mit welcher Er in Ru - higer Ehe geſeſſen biß ins fuͤnffte Jahr.

Nach Abſterben dieſer Erſten Lieben ſei - nen / (ſo geſchehẽ den 1. Febr. des 1621. Jah - res) hat Er ſich abermahl auß ſonderbarer Schickung GOttes in den Eheſtand ander - weits begeben / mit derer viel Ehr vñ Tugend - reichen damahlen Jungfrawen / Annæ Ma - riæ / des Edlen / Ehrenveſten / Wolweiſen / vnd Wolbenambten Herrn Sebaſtian Kuͤttners des Rahtes Elteſten allhie / auch Koͤniglichen LehenMannes dieſer Fuͤrſtenthuͤmber / gelie - beten Tochter / mit welcher Er auch eine fried - liche Ehe beſeſſen / aber (leider) laͤnger nicht alß 1. Jahr 15. Wochen vnd einen Tag.

Ruͤhmlich ſeynd / an vnſerm verſtorbenen zum vierden / ſeine Lebenstage / die Er loͤblich vnd Chriſtlich zugebracht / hat bald von Ju - gend auff etwas Redliches zuerfahren / an vn -[E]ijter -36terſchiedlichen / Chriſtlichen Hoͤfen ſich beſtel - len vnd gebrauchen laſſen / Am Freyherrli - chen Maltzaniſchẽ Hofe / hat Er alß ein Can - tzeley verwanter ſich auffgehalten / gantzer 5. Jahr.

Anno 1616. den 9. Martii / iſt Er vom Edlen / Geſtrengen / Hochbenambten / Herrn Caſpar von Warnßdorff vnd Guͤßmanß - dorff / auff Ober: vñ Nieder Guͤßmanßdorff auch Koͤniglichen Burglehen Jawer / ꝛc. De - ro Roͤm: Kay: auch zu Hungern vnd Boͤhei - men Koͤniglichen May: vornehmen Rahte / der beyden Fuͤrſtenthuͤmber Schweidnitz vñ Jawer / vollmaͤchtigen Landes Hauptmann an das HochgeEhrete Kaͤy: vnd Koͤnigliche Ampt zum Jawer / zu einem Cantzeliſten vo - ciret worden. Welche muͤheſame ſtelle / Er et - liche Jahr / vñ ſo lange Es ſeine Leibeskraͤfften vertragen wollẽ / trewlich vñ fleiſſig bedienet.

Drauff Er ſich in einen Ehrlichen Han - del / nach Leiptzig / vñ anderswohin / gerichtet / deſſen auch in aller ſtille gepflogen vnd abge - wartet / Sein Chriſtenthumb hat Er Gottſe - lig / Sein euſſerliches Leben eingezogen / vndmaͤſſig37maͤſſig gefuͤhret / iſt kein Flucher / kein Saͤuf - fer / kein Zaͤncker noch Hadermann geweſen / Derentwegen Er dann auch / wegen ſeiner qualit aͤten vnd ſonderbaren diſcretion zu Eh - ren vnd offentlichen aͤmbtern wol zugebrau - chen geweſen / auch gebraucht worden were / wann GOtt jhme das Leben gefriſtet.

Ruͤhmlich iſt an vnſerm verſtorbenen / vors fuͤnffte auch ſein leidens Tag / in deme GOtt jhn mit Creutz / ſonderlich mit leibes - kranckheit offt vnd hart beleget / vor 10. Wo - chen iſt Er mit ſo harter Leibes ſchwacheit an - gegrieffen worden / daß Er gantz laͤgerhafftig davon worden / auch mehrentheils laͤgerhaff - tig geblieben biß an ſein Ende. Hat ſich aber dem willen GOttes in allem Kindlichen ge - horſam allezeit gaͤntzlichen ergeben / Welches dann ich offt von jhm / vnd zwar von jhm alß einem noch Jungen Manne / mit verwunde - rung gehoͤret / hat ſich auß GOttes Wort ſehr Schoͤn vnd Reichlich getroͤſtet / auch zu ſtaͤrckung ſolches Troſtes / des Hochwuͤrdigen Abendmahls / wie zuvor bey geſunden lebeta - gen / alſo auch auff ſeinem Siechbette zu vn -E iijter -38terſchiedenen mahlen beydes zum Jawer vnd allhie / Andaͤchtiglich gebrauchet. Alß am 4. Auguſti ich des Morgens fruͤhe vor meiner ordentlichen Freytags Predigt / zu jhm erfor - dert ward / jhnen ſchwitzende / vnd demnach in groſſer Mattigkeit fand / vñ vnter anderm zu jhm ſagte / Es wuͤrde viel boͤſes wegſchwitzen / antwortete Er / wiewol Schwaͤchlich / jedoch vernemlich / es ſchwitze weg oder bleibe / ſo ha - be ich mich GOtt albereit ergeben / Sontag hernach / war der 6. Aug: fand ich ſeinen ei - nigen H. Brudern den Ehrenveſten / Wolbe - nambten vnd Wolweiſen H. Simon Kuhl - haſen / Buͤrgern vnd des Rahts allhier / bey jhm / erinnerte Jhn / (weil ſeine Sprache ſehr ſchwaͤchlich) der Hiſtori Moſis beym Roten Meer / da Moſis vor aͤngſten kein wort reden konte / vnd GOtt ſagte gleichwol zu jhm / Mo - ſe was ſchreyeſtu? Fiel der Krancke mir in die Rede vnd ſprach: Suſpiria, ſuſpiria. Die wa - ren (verſtunde er darunter) das groſſe Ge - ſchrey Moſis / Welches mir auß dero maſſen wolgefallen / denn ja darauß ich vngezweiffelt ſchlieſſen koͤnte / Er ſolcher Hiſtori gar wolkuͤn -39kuͤndig ſey / Sintemal Er darauß ſo appoſitè antworten konte.

Ruͤhmlich / Ja ſelig iſt endlich an jhm auch geweſen ſein SterbeTag / in dem Er am 23. Auguſti / zwiſchen 10. vnd 11. vor Mittage bey ſeinem geEhreten Herrn Schwaͤher Va - ter allhier / auff die Drey Glaubens Artickel / von vergebung der Suͤnden / Aufferſtehung des Fleiſches vnd ewigem Leben alß auff ſei - nem Haͤuptkuͤſſen / gar ſanfft vnd ſelig einge - ſchlafen / ſeines Alters im 34. Jahr.

GOTT verleyhe Jhm nu mehr einen ſanfften Ruhe Tag in der Erden / vns zu ſei - ner zeit einen ſeligen Nachfahrts Tag / Jhm / Vns / vnd allen glaͤubigen / einen Frewden - reichen Aufferſtehungs: vnd Himmel - fahrts Tag / am Juͤngſten Tage zum Ewigen ſeligen Leben / Amen / Amen.

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TextTrostPredigt Wider die schweresten zwo Anfechtungen des Ewigen vnd des Zeitlichen wegen; Auß denen Dreyen letzten Artickeln des Apostolischen Glaubens Bekäntniß: Vber der Leiche des Ehrenveste;/ Namhafften vnd Wolgelehrten Herrn Zachariæ Kuhlhases
Author Adam Hentschel
Extent39 images; 7837 tokens; 2473 types; 53085 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationTrostPredigt Wider die schweresten zwo Anfechtungen des Ewigen vnd des Zeitlichen wegen; Auß denen Dreyen letzten Artickeln des Apostolischen Glaubens Bekäntniß: Vber der Leiche des Ehrenveste;/ Namhafften vnd Wolgelehrten Herrn Zachariæ Kuhlhases Adam Hentschel. . 39 Johann JägerSchweidnitz1623.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 O 474/17 / 509545

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

Editorial statement

Editorial principles

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:49Z
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Availability

Dieses Werk steht unter der „Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz“ (CC BY-SA).

Holding LibraryUniversitätsbibliothek Breslau
ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 O 474/17 / 509545
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