PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1]
Chriſtliche Leichpredigt /
Vber die Wort des H. Apoſtels Pauli 1. Cor. 2. â v. 9. uſque ad 14. excl.
Bey Anſehlicher Volckreicher Leichbe - gaͤngnis / Des weyland Edlen / Ehrenveſten / GroßAchtbaren vnd Hochgelaͤhrten Herrn FLAMINII GASTONIS, Phil. & Medicinæ Doctoris, Fuͤrſtl. Gnad: zur Lignitz / vnd Brig / Rahts / vnd LeibMedici, vnd der Stadt Guhr Phyſici Ordinarij, &c. Welcher den 5. Febr. St. N. des 1618. Jahres / in Gott ſelig vorſchieden / vnd den 21. ſelben Monats Chriſtlicher weiſe zur Erden beſtattet worden.
Gedruckt zuWittenberg/ durchJohan Gorman. Anno M. DC. XVIII.
[2]
Auguſtin.

Quid est mors? Relictio Corporis, depoſitio ſar - cinæ gravis: modò alia ſarcina non portetur, qua bomo præcipitetur in gebennam. Qui cupit diſſolvi & eſſe cum CHRISTO, non patienter moritur, ſed patienter vivit & delectabiliter moritur.

Gregor〈…〉〈…〉 ſup-Matth.

Mors Iuſtorum bonis eſt in adjutorium, malis in teſtimonium, ut inde perverſi ſine excuſatione pereant, unde electi Exemplum capiunt, ut vi - vant.

Cic.

Mors terribilis est ijs, quorum cum vita omnia[extinguuntur], non ijs, quorum lau[s]emori non potest.

[3][Chriſtlic]he Leichpredigt.

JEſus / Der vns gemacht iſt von Gott zurWeißheit / zur Gerech - tigkeit / zur Heiligung vnd zur Erloͤſung / Der vns fuͤhret in der Weißheit ſeines Wortes / Der vns gerecht macht / vnd hernach heiliget durch ſeinen heiligen Geiſt / Den Er vber vns außgegoſſen / vnd Der vns endlich auch erloͤſen vnd vorſetzen wird / in eine ſolche Herrligkeit / die kein Auge geſehen / kein Ohre gehoͤret / vnd die in keines Menſchen Hertzen kommen / Gebe Gnade / daß wir ſol - chem zu jederzeit mit danckbarem Gemuͤ - the nachdencken moͤchten / Amen.

ANdaͤchtige / Geliebte in Chriſto dem HErren / Es haben etliche weiſen Heyden / die groͤſte Weißheit des Men - ſchen in contemplatione mortis, In ſtaͤ - ter betrachtunge des Todes / zubeſtehen / nicht vnfuͤglichen gemeinet / Sintemal es auch der heilige Mann Gottes Moſes dafuͤr helt / wann er betet: Herr / Lehre vns bedencken / daß wir ſterben muͤſ - ſen / auff daß wir klug werden / Pſal. 90. Wil derowegen vns gebuͤr[en]/ daß wir ſtets an vnſeren Tod gedencken ſollẽ /A ijdas[4]Chriſtliche Leichp[redigt .]das wird vns nit allein darzu dienẽ / daß wir vns deſto fleiſ - ſiger fuͤr Suͤnden huͤten werden / denn es heiſſet wie Sy - rach ſagt / Gedencke an dein Ende / ſo wirſtu nimmermehr Vbels thun / Syrach 7. Vnd wie Auguſtinus ſaget: Nihil ita hominem revocat à peccatis, quàm frequens atq́; aſ - ſidua mortis meditatio. Es iſt nichts das den Menſchen ſo ſehr von Suͤnden koͤnte zuruͤcke hatten / denn wenn er ſtets an ſein ſterbſtuͤndlein gedencket / Sondern daß wir auch deſto mehr vnſer Hertze præparat vnd vorbereit halten / vnd es mit ſchoͤnen Troſtſpruͤchen vollfuͤllen / damit wir / wenn der HErr koͤmmet mit dem Todtes Stuͤndlein / ſa - gen koͤnnen mit David: Paratum eſt Cor meum Domi - ne, Paratum eſt, Mein Hertz iſt bereit / Gott mein Hertz iſt bereit.

Solches hat auch gar wol behertziget vnſer ſeliger Mittbruder / der weyland Edle / Ehrenveſte / GroßAchtba - re / vnd Hochgelarte Herr Flaminius Gaſto Philoſophiæ, vnd Medicinæ Doctor, Fuͤrſtl. Gnaden zur Lignitz vnd Briegk Rath / vnd Leib Medicus, auch dieſer vnſer Stadt Guhr wolverdienter Phyſicus Ordinarius, Jn dem er nicht nur in ſeiner letzten Niederlage / da er den Todt fuͤr Augen geſehen / (wie etliche Bußauffſchiebende muthwil - lige Hertzen zu thun pflegen) Sondern etliche Jahr da - her mit Todesgedancken jmmer vmbgegangen / wie ſol - ches vnter andern zu ſehen / Aus dem / daß er die Apoph - thegmata morientium, vnd Sterbekunſt ſeines Præce - ptoris zum Manual vnd Hand Buͤchlein eine lange zeit ge - brauchet / wie er dann auch auff daſſelbe ſchon Anno 1610. den 3 Septemb. geſetzt / was er fuͤr einen Text zur Leich -predigt[5]Chriſtliche Leichpredigt. predigt begehre. Wir wollen denſelben zubetrachten fuͤr vns nehmen / Zuvor aber Gott vmb Beyſtand ſeines Gei - ſtes anruffen / durch ein Andaͤchtiges Vater vnſer / ꝛc.

Textus.

1. Corinth. 2.

WJe geſchrieben ſtehet / Daß kein Auge geſehen hat / vnd kein Ohre gehoͤret hat / vnd in keines Menſchen Hertz kommen iſt / daß Gott be - reitet hat / denen / die jhn lieben.

Vns aber hat es Gott offenbahret durch ſeinen Geiſt. Denn der Geiſt er - forſchet alle ding / auch die tieffe der Gottheit. Denn welcherMenſch weiß / was im Menſchen iſt / ohn der Geiſt des Menſchen / der in jm iſt? Alſo auch / niemand weiß / was in Gott iſt / ohn der Geiſt GOttes / Wir aber habenA iijnicht[6]Chriſtliche Leichpredigt. nicht empfangen den Geiſt der Welt / Sondern den Geiſt aus Gott / daß wir wiſſen koͤnnen / wie reichlich wir von GOtt begnadet ſind. Welches wir auch reden / nicht mit Worten / welche Menſchliche Weißheit lehren kan / ſon - dern mit worten / die der heilige Geiſt lehret / vnd richten Geiſtliche Sachen Geiſtlich.

ANdechtige / Geliebte in Chriſto dem HErrn / Sehr ſchoͤne wort ſetzet der fro - me Kirchen Lehrer Bernhardus, welche vnſerm ſeligen Herrn Doctori auch lieb waren / wie er ſie denn auch ſelbſten auff - gezeichnet: Sequemur Domine te, per te, ad te. Te quia ve - ritas, per te, quia via, ad te, quia vita; Ach HErr Jeſu / wir wollen dir folgen / durch dich / zu dir. Dir wollen wir fol - gen / denn du biſt die Warheit / durch dich / denn du biſt der Weg / zu dir / denn du biſt das Leben; vnd hat ſie Bernhar - dus genommen / aus den ſchoͤnen worten des HErrn Jeſu; Ich bin der Weg / die Warheit / vnd das Leben / Niemand koͤmmet zum Vater / denn durch mich / Johan. 14. Wolte Gott / daß alle Menſchen Jeſu folgeten. I. Als dem / der vns alles / ſo zur Seligkeit noͤtig / in ſeinem Worte / ſo dieWarheit[7]Chriſtliche Leichpredigt. Warheit iſt / Johan. 17. offenbahret hat; Wer jhm fol - get / der wandelt im Liecht / vnd kan ſagen mit David: Herr in deinem Liecht / ſehen wir das Liecht / Pſal. 36. Wer aber ſeinen eygenen Gedancken folget / der iſt im fin - ſtern vnd wird anſtoſſen / vnd nicht fortkommen auff dem Wege / ſo zur Seligkeit fuͤhret. Die Jeſu nicht folgen / die ſind das Volck ſo im finſtern wandelt Eſa. 9. Sie ſitzen im Einſternuͤß vnd Schatten des Todes Luc. 1. Die jhm aber folgen / die koͤnnen auch durch den finſtern Todes - Thal ſicher zur liechten Ewigkeit wandeln / ſie ſehen ein groſſes Liecht / es ſcheinet helle vber jhnen / Eſa. 9.

2. Als dem / der allein der rechte Weg zur Seligkeit iſt / Denn es iſt doch in keinem andern Heyl / iſt auch kein an - derer Namen geben vns Menſchen Kindern / darinnen wir k[]nten ſelig werden / denn allein der Name JESVS / Actor. 4. Von dieſem Jeſu zeugen alle Propheten / daß in ſeinem Namen vergebung der Suͤnden empfahen ſol - len / Alle die daran gleuben / Actor. 10. Vnd wer jhm wil / ein ander Ziel / Ohn dieſen Troͤſter ſtecken / Den mag gar bald des Teuffels gewalt mit ſeiner liſt erſchrecken / wie die Chriſtliche Kirche recht / vnd wol ſinget.

3. Als dem / der das Leben ſelbſten iſt / Haut vmb Haut / vnd was ein Mann hat / giebt er fuͤr ſein leben / ſtehet ge - ſchrieben Job. 2. Je warumb wolten wir denn nicht alles ſtehen vnd liegẽlaſſen / vnd Jeſ[us] folgen / Der vns das zeitliche; das Geiſtliche; Ja auch das Ewige Leben gibt. Das zeitliche Leben haben wir von Jhm; Denn in jhm leben / ſchweben vnd ſind wir / Act. 17. Das Geiſtliche Le - ben koͤnnen wir auch allein durch jhn haben. Denn Gott Der da reich iſt von Barmhertzigkeit / hat vns / die wir inSuͤnden[8]Chriſtliche Leichpredigt. Suͤnden Todt waren / ſampt Chriſto wider lebendig ge - macht / Epheſ. 2.

Endlichen wird er vns auch geben das Ewige Leben / da wir haben ſollen Herrligkeit / die kein Auge geſehen / kein Ohre gehoͤret / vnd die in keines Menſchen Hertze kom - men / wie S. Paulus in vnſerem Text vnterrichtet. Damit aber / weil es heiſſet / Ignoti nulla cupido, was man nicht weiß / dazu kan man nicht beſondere luſt vnd liebe tragen / ein frommer Chriſt deſto mehr anlaß bekommen moͤchte / ſeinem HErrn JESV trewlich zu folgen / als wollen wir jetzo nach anleitung abgeleſenes Texts nachfolgende Puͤnctlein betrachten:

I. Wie vns doch die Goͤttliche Weißheit / ſo da iſt das Evangelium / vnd Predigt von Chriſto / offenbaret worden ſey.

II. Was doch der heilige Geiſt durch die offen - barte Goͤttliche Weißheit in vns wircke?

III. Was die / ſo die Goͤttliche Weißheit anneh - men / fuͤr Herrligkeit davon zugewarten?

Der HErr Jeſus wolle vns hierzu ſeine Gnade / vnd den H. Geiſt von oben herab geben vnd verleyhen / Amen.

De Primo.

Lib. 31. me - ral. cap. 36. GEliebte Chriſten / Es vergleicht der alte Kir - chenlehrer Gregorius den heiligen Apoſtel Pau - lum einem Adler / von welchem geſchrieben ſtehet /Job[9]Chriſtliche Leichpredigt. Job 39. v. 33. Das er in der hoͤhe fliege / vnd ſeine Jungen Blut ſauffen. Seine Deutung iſt alſo / daß Paulus fuͤr ſeine Perſon biß in dritten Himmel verzucket / vnd die vn - außſprechliche Worte angehoͤret / wie er ſelber meldet / 2. Cor. 12. Aber ſolche vnaußſprechliche Worte lege er ſeinen Zuhoͤrern nicht fuͤr / ſondern laſſe ſie Blut ſaugen / Er weiſe ſie auff das Evangelion vom Blut / Todt / vnd Ver - dienſt des Gecreutzigten HErren Jeſu Chriſti / denn das iſt der vnterſcheidt zwiſchen rechten vnd falſchen Lehrern; daß jene allein auff Chriſtum weiſen / als den Anfaͤnger vnd Vollender vnſerer Seligkeit / vnnd ſich auch ſonſten nichts / denn des gecreutzigten HErren JEſu zu ruͤhmen wiſſen.

Dieſe aber / die falſchen Lehrer / weiſen jhre Leute auff MenſchenSatzungen / damit man Gott vergebens die - net / Matth. 15. auff eigene Wercke / Verdienſte / Trewme / Einbildungen / etc.

Dieſe Predigt nun vom Blut / Todt vnd Verdienſt Jeſu Chriſti / nennet Paulus allhier ein Goͤttliche Weiß - heit / die vns Gott offenbahret / durch ſeinen Geiſt: Alle Wort ſind denckwuͤrdig:

1. Wird gemeldet / wer vns ſolche Weißheit offenbah - ret? Nemlich / nicht vnſer Fleiſch vnd Blut / oder vnſere eygene Vernunfft / Sondern Gott; Denn wir ſind nicht tuͤchtig von vns ſelber etwas zu dencken / als von vns ſelber / ſondern / daß wir tuͤchtig ſind / iſt von Gott / 2. Corinth. 3. Daruͤmb als dort S. Petrus / das ſchoͤne Bekaͤndtnuͤß that von JESV; Tu es Chriſtus Filius Dei vivi, Du biſt Chriſtus des lebendigen Gottes Sohn / Matth. 16. BAntwor -[10]Chriſtliche Leichpredigt. Antwortet jhm der HERR: Fleiſch vnd Blut hat dir diß nicht offenbahret / Sondern mein Vater im Him - mel.

Es braucht aber S. Paulus das woͤrtlein offenbah - ret: Er ſaget nicht / Gott habe es vns erinnert / als ob wir es jrgend zuvor gewuſt vnd vergeſſen hetten; Sondern er habe es vns offenbaret / da wir nichts davon wuſten / wel - ches wir auch mit vnſer Vernunfft nimmermehr hetten finden noch bekommen moͤgen.

Denn es iſt die Predigt von Chriſto nicht eine Weiß - heit dieſer Welt / auch nicht der Oberſten dieſer Welt / wel - che vergehen / Sondern eine heimliche verborgene Weiß - heit Gottes / welche Gott verordnet hat vor der Welt zu vnſerer Herrligkeit / wie Er droben redet.

Weil wir derowegen das Evangelion von Gotte ha - ben / Ey ſo ſollen wir es ja nicht verachten / ſondern als ei - nen hohen Schatz in hoͤchſten Ehren halten. Weiß man doch ſchoͤn zu thun mit einem Kleinoth / ſo man von einem fuͤrnehmen Herren hat / waruͤmb wolten wir denn nicht ſchoͤne thun mit dieſem Kleynot / das wir haben von Gott / dem Koͤnig aller Koͤnige / vnd HErren aller Herren / 1. Ti - moth. 6. Es ſol vns lieber ſein / denn viel tauſendt ſtuͤck Gold vnnd Silber 119. Pſalm. Wir ſollen dieſe Weiß - heit fuͤr vnſere Schweſter vnnd Freundin halten / Pro - verb. 7.

Wenn wir aber dieſe Goͤttliche Weißheit wollen vns regieren laſſen / als muͤſſen wir vnſere Vernunfft gefan - gen nehmen / vnter den Gehorſam Chriſti / 2. Corinth. 10. Sintemal der Natuͤrliche Menſch nichts vernimpt vom Geiſt GOTtes / Es iſt jhm eine Thorheit / vnnd kan esnicht[11]Chriſtliche Leichpredigt. nicht erkennen. Vernunfft wider den Glauben ficht / Auffs kuͤnfftige wil ſie trawen nicht / Singet die Kir - che.

2. Wem ſolche Geiſtliche Weißheit offenbahret wer - de? Vns hat es GOtt offenbaret / vns / die wir GOTtes Feinde waren / Rom. 5. Die wir von Natur Kinder des Zorns / Epheſ. 2. Vns / derer Vntugendt zuvor vns vnd GOtt von einander ſcheideten / Eſa. 59. Daraus wir die groſſe Liebe Gottes ſehen / von welcher S. Johannes ſchreibet: Darinne ſtehet die Liebe nicht / daß wir GOtt geliebet haben / ſondern daß er vns geliebet hat / vnd geſandt ſeinen Sohn zur verſoͤhnung vnſerer Suͤnde / 1. Joh. 4. v. 10. Hiervon ſingt die Chriſtliche Kirche aus Koͤnig Davids 103. Pſalm: Er hat vns wiſſen laſſen / ſein heiliges Recht vnd ſein Gericht / Darzu ſein Guͤt ohn maſ - ſen / Es mangelt an ſeiner erbarmung nicht / welches wir zum Troſt mit hertzlicher Danckbarkeit mercken ſol - len.

3. Durch wen offenbahret es aber GOtt? Nicht jr - gend durch Enthuſiaſtiſche raptus, Nicht durch Trewme vnd verborgene Einfaͤlle / Menſchlicher Vernunfft / ſon - dern durch ſeinen Geiſt / nemblich durch den heiligen Geiſt / der vns in alle Warheit fuͤhret / Johan. 16. Vnd durch das gepredigte Wort Gottes kraͤfftig in vns wircket / hier - von ſchreibt S. Paulus: Gott kan euch ſtercken / laut mei - nes Evangelions / vnnd der Predigt von CHRISTO JEſu / durch welches das Geheimnuͤß geoffenbahret iſt / daß vor der Welt her verſchwiegen geweſt / Nun aber offenbahret / auch kundt gemacht / durch der Pro - pheten Schrifft aus befehl des Ewigen GOTTES /B ijden[12]Chriſtliche Leichpredigt. den Gehorſamb des Glaubens auffzurichten vnter allen Heyden / Rom. 16. Vnd an einem andern Ort: Das Ge - heimnuͤß Chriſti / welches nicht kundt gethan iſt in den vo - rigen Zeiten den Menſchen Kindern / iſt nun offenbahret ſeinen heiligen Apoſteln / vnd Propheten durch den Geiſt / Epheſ. 3. v. 4. Denn die heiligen Menſchen Gottes haben geredt / getrieben von dem heiligen Geiſt / 2 Pet. 1. Laſſet vns derowegen Gott den heiligen Geiſt ſtets anruffen vnd beten mit der Chriſtlichen Kirchen: Du werthes Liecht gib vns deinen Schein / Lehr vns Jeſum Chriſtum erken - nen allein / daß wir an jhm gleuben / den getrewen Hey - land / der vns bracht hat zu dem rechten Vaterland / etc.

De Secundo.

ES meldet nun ferner S. Paulus / Was der heilige Geiſt durchs Wort Gottes in vns wircke? Nemblich drey herrliche Stuͤcke /

I. Wahre Erkentnuͤß Gottes / Daran iſt vns ſehr viel gelegen / denn dich O Gott kennen / iſt eine vollkommene Gerechtigkeit / vnd deine Macht wiſſen iſt eine Wurtzel des Ewigen Lebens Sap. 15. Das iſt das Ewige Leben / ſagt der Herr / daß ſie dich Vater / das du allein wahrer Gott biſt / vnd den du geſand haſt Jeſum Chriſtum erken[n]en / Johan. 17. Von ſolcher Erkaͤntnis Gottes ſagt S. Pau - lus allhier / Wir haben nicht empfangen den Geiſt der Welt / ſondern den Geiſt aus GOtt / daß wir wiſſen koͤn - nen / wie reichlich wir von GOtt begnadet ſind. Durch den Geiſt der Welt verſtehet er Menſchliche Klugheit vndWeltli -[13]Chriſtliche Leichpredigt. Weltliche Weißheit / welche in Geiſtlichen Sachen gar zur Thorheit wird. Denn der Natuͤrliche Menſch / vernim - met nichts von dem / das des Geiſtes Gottes iſt / Es iſt jhm eine Thorheit vnd kans nicht verſtehen (wie es Theophi lactus außleget) Durch den Geiſt aus Gott verſtehet er den heiligen Geiſt / ſo vom Vater vnnd Sohne außgehet / vnd ohne welchen niemand Jeſum einen HErren heiſſen kan / 1. Cor. 12. Sollen derowegen jhn anruffen vnd bi[t]- ten / O heiliges Liecht / Edler Hort / Laß vns leuchten des Lebens Wort / vnnd lehr vns GOtt recht erkennen / Von Hertzen Vater jhn nennen / O HErr behuͤte etc.

Die 2. Wirckung des heiligen Geiſtes iſt / daß wir auch recht reden koͤnnen von Gott. Denn ſo ſagt der Apoſtel. Welches wir auch reden / nicht mit worten / welche Menſchli - che Weißheit lehren kan / ſondern mit worten / welche der heilige Geiſt lehret / nemblichen in dem geoffenbareten Worte Gottes. Welches wol zu mercken / wider die jeni - gen / welche in jhren Predigten vnnd reden meiſtentheils nur aus des Ariſtotelis, Platonis, Ciceronis, vnd anderer vnglaͤubiger Heyden Buͤcher / Sententias vnnd Spruͤche vorbringen / da ſie doch ſolten aus Gottes Worte reden / das da iſt eine Krafft Gottes / ſelig zu machen alle die dar - an gleuben / Rom. 1. Alſo machte es S. Petrus am heili - gen Pfingſttage / da er im Namen der andern Apoſteln aufftratt / vnd ſeine Reden gruͤndete auff die Schrifften der heiligen Propheten Actor. 2. Chriſtus der HERR redet auch nach ſeiner Aufferſtehung mit ſeinen Juͤngern aus Moſe / aus den Pſalmen vnd Propheten / denn die ſinds die von jhm zeugen / Joh. 5.

Die Weltliche Klugheit der Menſchen iſt auch vnter dieB iijEitel -[14]Chriſtliche Leichpredigt. Eitelkeit vnd Vanitet gezehlet / Aber das Wort des HEr - ren bleibet ewiglich / Eſa. 40. Himmel vnd Erden wer - den vergehen / aber die Wort Chriſti vergehen nicht / Luc. 21.

Die dritte Wirckung des heiligen Geiſtes in vns iſt / daß wir / wie Paulus redet / Geiſtliche Sachen / Geiſtlich richten / dieſes verſtehet durch ein Exempel / wenn ich rede vnd ſage / die todten Leichnam / wenn ſie gleich lange zeit in der Erden gelegen / verweſen vnd verfaulen / ſollen wider aufferwecket vnd lebendig werden / vnd mir jemand wider - ſpreche / Es were vnmuͤglich; ſo kan darvon nichts rechtes gerichtet werden / aus Menſchlicher Klugheit vnd Welt - weißheit. Wenn man alle Philoſophos vnnd Vernunfft zu hauffen naͤhme / denn es wil Geiſtlich gerichtet ſeyn / wenn man aber herfuͤr nimmet / das Buch des heiligen Geiſtes / die heilige Bibel / da wird man Zeugniß gnug - ſam finden / daß gleubige Hertzen zur affirmativ werden ja vnd Amen ſprechen muͤſſen / welches dann faſt in allen GlaubensArtickeln zu ſehen iſt / Derowegen ſind ſelige Leute nicht die jenigen / ſo da alles mit der blinden Ver - nunfft erforſchen wollen vnd ſehen; ſondern die da nicht ſehen vnd doch gleuben / Johan. 20. In ſolcher betrach - tung betet ein Chriſt mit Auguſtino: O Domine Ieſu, aperi oculos intellectus & mentis meæ, ut mandata tua videam & agnoſcam. HErr Jeſu eroͤffne mir die Au - gen meines Verſtandes vnd Gemuͤtes / daß ich deine Befehl recht anſchawen / erkennen vnd betrachten moͤge.

DE[15]Chriſtliche Leichpredigt.

De Tertio.

WAs haben aber die jenigen / ſo die Goͤttliche Weißheit vnnd Warheit in ſeinem Wort anneh - men / darvon zugewarten? S. Paulus ſaget aus dem Propheten Eſa. c. 64. Es habe es kein Auge geſehen / kein Ohre gehoͤret / vnnd es ſey in keines Menſchen Hertze kommen / daß Gott bereitet hat / denen die jhn lieben.

Es wird ſein mit einem worte zu reden vnaußſprech - liche Frewde vnd Herrligkeit / Frewde die fuͤlle / vnd lieb - liches Weſen zur Rechten GOttes jmmer vnnd ewiglich / Pſal. 16.

Derowegen wir dann das Creutz in dieſer Welt mit deſto frewdiger gedult tragen koͤnnen; Denn es iſt doch dieſer Zeit leiden nicht werth der Herrligkeit / die an vns ſol offenbaret werden / Rom. 8. Es iſt nubecula citò tranſiens, Es iſt ein truͤbes Woͤlcklein das bald fuͤruͤber gehet / nach dem Regenwetter koͤmmet bald Sonnenſchein. Vnſere Truͤbſal die zeitlich vnd leicht iſt / ſchaffet ein ewige vnd vber alle maſſe wichtige Herrligkeit / 2. Corinth. 4.

Dieſes hat vnſer ſeliger Herr Doctor auch wol be - trachtet / vnd ſich in aller ſeiner Truͤbſal vnd Widerwertig - keit darmit getroͤſtet. Denn ſo lauten ſeine Worte ſo er mit eigener Hand auff ſein Manual geſchrieben:

Diß ſey meine Leichpredigt / daß kein Auge geſehen / noch einig Ohre gehoͤret hat / was GOtt den ſeinigen / in der kuͤnfftigen Herrligkeit bereitet hat / das iſt mein Troſt in allem Creutz vnd Widerwertigkeit.

Nun Gott hat jhm aus allem Creutz vnd Wiederwer - tigkeit gaͤntzlich geriſſen / vnnd wie nicht zu zweiffelnverſe -[16]Chriſtliche Leichpredigt. verſetzet in die Herrligkeit / die kein Auge geſehen / keinOh - re gehoͤret / vnnd die in keines Menſchen Hertze kom - men iſt / etc.

Syr. 44. Weil es aber auch heiſſet / Laſſet vns loben die beruͤmb - ten Leute / vnd vnſere Vaͤter nach einander / viel herrli - ches dinges hat der HErr bey jhnen gethan / von anfang durch ſeine groſſe macht / ſie ſind zu jhren zeiten loͤblich ge - weſt / vnd bey jhrem leben geruͤhmet / vnd haben einen ehr - lichen Namen hinter ſich gelaſſen / jhnen iſt ein gut Erbe blieben / ſampt jren Kindern / wollen wir vnſerem im HEr - ren entſchlaffenen MitChriſten zum Ehrendienſt / vnnd Lobwuͤrdigẽ Gedaͤchtnuͤß ſeine ehrliche Ankunfft / Chriſt - lichen Wandel / vnd ſeligen Abſchied kuͤrtzlichen beruͤhren / oſculo pietatis in ſein Schlaffkaͤmmerlein beleiten / vnnd ſein Grab mit lieblichen Danckroͤßlein beſtrewen.

Anno 1571. den 9. Septembr. iſt der ſelige Herr Doctor in das Gaſthauß / in welchem wir keine bleibendeHeb. 13. ſtelle haben / durch die Allmechtige Wunderhand Gottes / aus einem Alten / Ehrlichen / vnd Chriſtlichen Stamm / vnd Geſchlecht eingefuͤhret worden.

Seines Herren Vatern / des weyland Ehrenveſten / Wolweiſ[e]n / vnd Wolbenambten Herren Gabriel Gaſts / loͤblichen Rahtsverwandten in Schwibiſſen / Herr Vater iſt geweſen / der auch weyland Ehrenveſte / Wolweiſe / vnd wolbenambte Herr Wolffgang Gaſt / welcher in die 40. Jahr dem Voigt - vnd Buͤrgermeiſter Ampt trewlich vor - geſtanden / vnd nicht allein durch den vnermeßlichen Se - gen Gottes / ein hohes Alter vber die 90. Jahr erreichet / Sondern auch 115. Kinder / vnnd Kindes Kinder er - lebet.

Von[17]Chriſtliche Leichpredigt.

Von dieſem ſeligen Herren kan man wol ſagen ausPſal. 127. 128 den Pſalmen / Siehe / Kinder ſind eine Gabe des HErren / vnd Leibes Frucht iſt ein Geſchencke. Wie die Pfeile in der Handt eines Starcken / alſo gerathen die Jungen Knaben / Wol dem der ſeinen Koͤcher derſelben voll hat / die werden nicht zu ſchanden / wenn ſie mit jhren Feinden handeln im Thor / Ja dein Weib wird ſein wie ein frucht - bar Weinſtock vmb dein Hauß heruͤmb / deine Kinder wie Oelzweige vmb deinen Tiſch her / Siehe / alſo wird ge - ſegnet der Mann / der den Herren fuͤrchtet.

Seine Fraw Mutter iſt geweſen die Ehren Tugend - reiche Fraw / Dorothea / des Ehrenveſten / Wolgelahrten vnd Wolweiſen Herren Martini Martini, weyland Stad - ſchreibers in Schwibiſſen Eheleibliche Tochter.

Von dieſen Chriſtlichen Eltern iſt er gebohren / vnd von denſelben durch die heilige Tauffe Chriſto einvorlei - bet worden.

Es hat aber der Allweiſe GOtt nach ſeinem vner - forſchlichem Wolgefallen / den trewhertzigen Vater mit ſeinem Flaminio bald in die CreutzSchuel gerathen laſ - ſen / ſintemal Er im andern Jahr ſeines Alters durch zwey Boden / einen vnvorſehenen / ſchrecklichen / toͤdtlichen Fall gethan / weil das liebe Kind mehr todt / als lebend / hat der Vater mit inbruͤnſtigen HertzSeufftzerlein / den HEr - ren vber Todt vnd Leben vmb gnaͤdige Rettung angeruf - fen / welche er troͤſtlich erlanget / vnd darauff / wie die liebe Hanna / jhr vom HErrn erbetenes Samuelichen / ſeinen1. Sam. 1. Flaminium dem Herren wider gegeben ſein Leben - lang.

Damit ſein Herr Vater dem voto ein folge thaͤte /Chat[18]Chriſtliche Leichpredigt. hat er jhn den Præceptoribus in der Schulen commendi - ret, vnter welchen er ſeiner Studien einen erwuͤndſchten Anfang gemacht.

Nach gemachtem Anfang iſt er in das beruͤmbte Gy - mnaſium zu Goͤrlitz abgefertiget worden / Da hat er erſt recht fortgeſetzt etwas ehrliches in Studijs außzurichten / Fato aber von dannen zu reiſen verurſachet / hat er zum Meſtichen von meinem geliebten Collega, vnnd Herren Gevattern / M. Melchiore Redlichio principia Hebreæ linguæ gelernet.

Als er wider nach Goͤrlitz kommen / iſt er aus raht des Herren Laurentij Ludovici Rectoris vornehmer Leu - te Kinder Præceptor worden / taͤglich ſalutaria vitæ præ - cepta gehoͤret / bonum artium Logicarum, ſonderlich Oratoriæ vnd Poêticæ facultatis fundamentum geleget / vnd utiliſsimam ſtudiorum rectè inſtituendorum me - thodum gefaſſet.

Von Goͤrlitz hat er ſich auff die weitberuͤmbte Univer - ſitet Wittenberg begeben / privatim den Ariſtotelem von M. Daniele Clæpio, publice die gelehrten Philoſophos vnd Medicos gehoͤret / ſich bey denſelben / wie auch bey dem vortrefflichẽ JurisConſulto D. Matthæo Veſenbecio der - maſſen inſinuiret, daß er kunſt vnd gunſt davon getragen.

Nach dieſem hat er ſich zu Leipzig ſtudiorum cauſa vmbgeſehen / aber endlich zu Altorff / auff welcher Univer - ſitet er die beruͤmbten Philoſophos vnd Medicos, Scher - bium, Taurellum, &c. gehoͤret / vnnd in Diſputando mit ſonderlichem fleiß ſich geuͤbet / wil nicht ſagen / wie ſich Sci - pio Gentilis gegen jhm erzeiget.

Haben ſich gewißlich dannenhero je mehr vnd mehrdie[19]Chriſtliche Leichpredigt. die bona animi augenſcheinlich erweiſet / acies ingenij, vnd ſemina virtutis von Tage zu Tage Deo dante incre - mentum, dermaſſen zugenommen / vnd ſich erweitert / daß er à theoria ad pra[x]in zu ſchreiten ermahnet / hat aber die - ſes nicht ins werck ſetzen wollen / er hette ſich denn zuvor bey einem erfahrnen Practico erſehen.

Iſt derowegen nach Breßlaw vorreiſet / von Her - ren Johanne Specht / V. J. D. den vornembſten Leuten commendiret worden / vnd bey dem weitberuͤmbten Me - dico D. Launentio Scholzio in der that befunden / was Cicero ſchreibet / Nec Medici, nec Oratores, quanquam artis præcepta perceperint, quicquam tamen laude di - gnum ſine uſu, & exercitatione conſequi poſſunt. In re herbaria wie embſig er geweſen / erweiſet des Ieremiæ Geſ - neri M. D. valetdiſcurs, de Denticulata dalechampij. Vom Doctore Laurentio Scholzio, welcher jhn mit die - ſen worten von ſich gelaſſen / Fac officium, Deus provi - debit, hat er ſich zu dem erfahrnen Phioſopho vnd Medi - co Cæſareo Simone Simonio begeben / vnd von Prag in Welſchland angelanget. Was er in Logica facultate, ac Philoſophia, atq́; alijs ſcientijs præſtiret, weiß Alphonſus Baroccius zu ruͤhmen. Wie er Bononiæ ſein ſtudium Me - dicum angeſtellet / zeugen die vortrefflichen gelehrten Leute / Vlyſſes Aldrovandus, welches Conſilia Anatomi - ca er gehoͤret / vnd artem in varijs animalium ſpeciebus mit verwunderung geſehen / Iulius Cæſar Claudinus, welcher jhn mit erſprießlicher Foͤrderung / einer anſeh - lichen Heyrath / einer groſſen ſumma Geldes antragung / fuͤr ſeinẽ Sohn gehalten / des TauffEydes aber ingedenck /C ijhat[20]Chriſtliche Leichpredigt. hat er dieſes alles hindan geſetzt / vnd ſeiner Seelen Se - ligkeit / der Weltlichen Ehr / vnnd vergaͤnglichem Reich - thumb weit vorgezogen / wil geſchweigen / des Flaminij Ro - , Joannis Coſtei, Cafparis Taliacotij, &c.

Zu Rom hat er gehoͤret den Franciſcum Patricium, den er ſonderlich propter Philoſophiam Platonicam ge - ruͤhmet / den Andræam Cæſalpinum, welchem er ein ange - naͤhmer Gaſt geweſen / weil er zu Altorff ſtudieret / vnnd von dem Taurello, der die Cæſas alpes wieder den Cæſal - pinum geſchrieben / koͤnnen muͤndlichen bericht thun. Er aber hat ſich alſo wiſſen zu moderiren, daß er ſeinem Præ - ceptori dem Herren Taurello trew / vnnd danckbar vor - blieben / vnnd des HErren Cæſalpini Gunſt mit Ehren erhalten.

Zu Padua, vnd folgends in ſeiner peregrination, hat er ſich beſprochen mit dem Hieronymo Mercuriale. Hyp - polyto Spadazzonco. Paulo Cigantino. Joanne Petro Inberto, vnd vielen andern / welche morum ſuavitatem, ingenij excellentiam, vnnd artis ſcientiam commendi - ren, Octaviano de Alberthis Schliſſende / Dignus amore qui bonus eſt, Ein ehrlich Gemuͤth iſt lieb vnnd lobens werth.

Anno 1597. hat er zu Baſel den 31. Auguſti de Poda - gra, & alijs quæſtionibus diſputiret, Gradu Doctoris or - niret, ſich nach ſeinem lieben Vaterlande wiederuͤmb ge - wendet / vnnd im ruͤckzuge die anſehlichſten Medicos be - ſucht / leichtlich abzunehmen / daß es nicht ohne frucht ab - gegangen.

Nach dem er den Curſum ſtudiorum abſolviret, vnd ſeine peregrination, welche jhm / vnd ſeinen Eltern /wie[21]Chriſtliche Leichpredigt. wie Lobettus ſchreibet / ruͤhmlich zum gewuͤnſchten En - de gebracht / hat ſein Herr Vater embſig angehalten / Er ſolte im Vaterlande ſich ſetzen / weil aber ein Ordinarius Phyſicus geweſen / iſt er auff guter Freunde erinnerung anhero nach dem Guhr / zu dem Edlen / Ehrenveſten vnnd Wolbenambten Herren Georgio Fahrenholtz / jetziger zeit Wolweiſen Herrn Buͤrgermeiſter vnnd Apotecker / kommen / auff ſeinen trewen Raht / weil allhier kein Or - dinarius Medicus geweſen / ſubſiſtiret, praxin angefan - gen / vnd von einem Ehrenveſten / Wolweiſen Raht etc. zum Phyſico beſtellet worden.

Anno 1600. den 8. Februarij hat er ſich nach Gottes willen / mit vorgehaltenem Raht ſeines Herren Vatern / vnd Freunde / in den H. Eheſtand begeben / mit der da - mals EhrenThugentſamen Jungfraw Barbara / des Ehrenveſten vnd Wolbenambten Herren Sebaſtian Hel - des / vornehmen Handelsmannes vnd Buͤrgers in Gura / vielgeliebten Tochter / welche er nach des Allmaͤchtigen Gottes Rath in dem betruͤbten Wittwenſtande hinter ſich verlaſſen. Gott troͤſte ſie mit ſeinem Troſt Geiſte kraͤff - tiglich. Gott hat dem ſeligen Herren Doctori eine gluͤck - ſelige Ehe vorliehen / Gott hat jhm ein Chriſtliches / liebes Ehegemahl gegeben. Gott hat jhn in wehrendem Eheſtan - de / mit 8. Ehepflaͤntzlein / zwey Toͤchterlein / vnd 6. Soͤh - nen geſegnet / die zwey Toͤchterlein / vnnd zwey Soͤhnlein findet er im Himmel / vier Soͤhne hat er allhier vnter dem Schirm des Hoͤchſten / vnd vnter dem Schatten des All -Pſal. 91. maͤchtigen verlaſſen / der wolle ſie bey geſundem Leibe er - halten / mit ſeinem H. Geiſte regieren / daß ſie in jhres Herren Vatern loͤbliche Fußſtapffen treten / in wahremC iijErkaͤndt -[22]Chriſtliche Leichpredigt. Erkaͤntnis Gottes / vnd in allen Chriſtlichen Tugenden wachſen vnd zunehmen.

Was nun betrifft des in Gott ruhenden Herren Do - ctoris Wandel vnd Leben / iſt er ein πτράγωνος geweſen / hat er ohne Menſchliche Schwachheit vnd Faͤhltritt ſein1. Reg. 8. Leben Engelrein gefuͤhret? Mit nichten. Daß er in Suͤn -Iob. 14. den empfangen / vnd geboren / daß der alte Adam ſich in jhm erfunden / das Fleiſch / vnd Blut ſich beweget / daß er einRom. 3. Suͤnder / vnd des Ruhms mangelte / den er an Gott haben ſolte / hat er / weil er dem Creutz vnd Tode vnterworffen / in der that erfahren / erkennet / bekennet / beweinet.

Er hat ſich aber ſeines TauffBundes ſtets erinnert / denſelben bey dem Tiſch des HErren offt ernewert / wider den alten Adam geſtritten / dem newen Adam JESV Chriſto ſich einig vnd allein ergeben.

Daruͤmb hat er ſein Glaubens Hauß nicht auff den Sand gebawet / daß es der Welt Platzregen / vnd des wuͤ -Matth. 7. tenden Sathans Winde / mit einem groſſen Fall vmbſtoͤſ - ſen / ſondern hat es auff den Felſen Jeſum Chriſtum / nach anleitung der heiligen Schrifft / der drey Heupt Symbo - lorum, des Symboli Apoſtolici, Niceni, Athanaſij, vnnd der Augſpurgiſchen Confeſsion, gegruͤndet / welches we - der von den ſchmertzruͤhrenden Platzregen / im finſtern Thal dieſes Jammerlebens / noch in den zweiffelwuͤtenden Winden des Todes / gefallen.

Daruͤmb hat er die heilige Bibel mit ſo groſſem ey - fer geleſen / einen reichen Vorrath troͤſtlicher Spruͤche im Gedaͤchtnuͤß behalten / vnnd ein richtig memorial in der Bibel mit ſeiner Hand zuſammen gezogen. Wie eretli -[23]Chriſtliche Leichpredigt. etlicher gelaͤhrter Leute meynungen de Bibliorum lectio - ne geſehen hat / daß man die gantze Bibel in ein Buch / diß Buch in ein Capittel / diß Capittel in einen Verß / dieſen Verß in ein Wort / vnd das Wort in ein Punct faſſen ſol - te / wie etliche die Septem Sapientiæ gradus aus den Spruͤ - chen Salomonis deduciren, etliche die Perl vnſer Selig - keit in dem Abgrund der Offenbahrunge Johannis ſu - chen / wie gelehrte Theologi wollen / daß die erſten drey Capittel im erſten Buch Moſe der Catechiſmus ſein des Alten / vnnd Newen Teſtaments / weil in Hebraiſcher Sprache / die wort in præterito, præſenti, vnd futuro ſol - len verſtanden werden / ſol man nicht allein an Adam in welchem die Natuͤrliche Geburt / Sondern auch an Chriſtum / in welchem die Geiſtliche Wiedergeburt / ge - dencken / wie viel Doctores auff das 43. 53. vnd 63. Ca - pittel Eſaiæ / andere auff das 3. Capittel des erſten Buchs Moſe / von der Suͤnde / auff das dritte im Evangeliſten Johanne von der Wiedergeburt / vnnd auff das dritte in der Epiſtel an die Roͤmer / von gnaͤdiger vergebung der Suͤnden / durch die Erloͤſung ſo durch JESVM Chri - ſtum geſchehen / etc. ſehen / ja wie nicht vnanſehliche Leh - rer das 21. Capitel in der Offenbahrunge Johannis fuͤr das ſchoͤnſte Capitel in der Bibel halten / Hat er geſagt / Ich laſſe einem jeden ſeine meynung / wil die Bibel vnge - zwungen / vnnd vngetheilet laſſen / die Predigt aber des HERREN Chriſti vor ſeinem Leyden im 14. 15. 16. 17. Capitel des Evangeliſten Johannis / hat ſafft / vnnd krafft / troͤſtet im Leben / vnd im Tode.

Daruͤmb[24]Chriſtliche Leichpredigt.

Daruͤmb hat er ſo fleiſsig andere Buͤcher / ſonderlich von Eytelkeit dieſer Welt / von der Wiedergeburt / von der Liebe Gottes / von gnaͤdiger Vergebung der Suͤnden / etc. evolviret.

Daruͤmb hat er die Predigten in der Kirchen / wanns ſeines Beruffs halben moͤglichen geweſen / andaͤchtig ge - hoͤret / viel Chriſtliche Sontags Gebet / auch andere in abſonderlichen faͤllen zugebrauchen / formiret, von wel - chen der weyland Ehrwuͤrdige / vnnd Wolgelaͤhrte Herr Martinus Leſchius Senior, dieſer Kirchen Paſtor p. m. Anno 1607. den 1. Sept. alſo ſchreibet / Mirificè mihi pla - cent, & approbantur precationum tuarum formulæ. Unde certo cognoſcere poſſum T. E. eſſe domicilium, & templum Spiritus S. &c.

Als Er Anno 1616. an Welſchland gedencket / betet vnd ſchreibet Er aus dem erſten Buch der Koͤnige / Domi - ne miſericors, equidem non appendi cor meum, at nul - lum velum prætexam hypocriſi meæ, miſerere mei. Te oro propter meritum Filij tui, Domini noſtri Ieſu Chri - ſti, annumera me illis quos reliquos feciſti, qui non mo - riantur, ſed tecum vivant in æternum.

Darumb hat Er ſich ſo viel Jahr mit ſeines Præce - ptoris M. Martinij Milij Sterbekunſt getragen / vnd viel Chriſtliche Todesgedancken darin vorzeichnet / außwen - dig / Anno 1610. den angehoͤrten Spruch zur Leichpre - digt annotiret, vnnd vermeinet / Er koͤnte Theologos, ſo bey jhm zuſammen kommen / nicht beſſer brauchen / Als wann ſie von dem Zuſtandt der Seelen nach dieſem Leben / mit einander conferirten, welches zur zeit in Betrachtungjhres[25]Chriſtliche Leichpredigt. jhres Ampts zwey geuͤbte Theologi willig / vnnd gerne mit ſchoͤnen weitleufftigen Reden jhm zugefallen ver - richtet.

Daruͤmb hat Er jhm zum Symbolo gefallen laſſen / Quid ago, Was thue Ich? Damit hat er ſich ſeiner ange - bornen Natuͤrlichen Bloͤdigkeit ſtets erinnert / vnd / wie er auch kurtz vor ſeiner Valediction in Spirituali mori - entium theſauro Georgij VVaygeri geleſen / den noth - wendigen / vnvermeidlichen / den Hertzkrenckenden / Schwaͤrmuͤtigen / Betruͤbtmachenden / den edlen / fuͤrtreff - lichen / hochwichtigen / thewer werthen Handel des Todes jhm taͤglich eingebildet.

Iſt derowegen der ſelige Herr Doctor nicht mehr ein Kind geweſen / vnnd ſich in dieſem verwirten IrrthumbEpheſ. 4. Labyrintho waͤgen / vnd wiegen laſſen von allerley Wind der Lehre / durch Schalckheit der Menſchen vnd Teuſcherey / damit ſie vns erſchleichen zuverfuͤhren / ſondern hat durch Gottes Gnade die fundamenta pietatis wol verſtanden / Er hat ſich hertzlich betruͤbt / vber den Religionsſpaltun - gen / ſonderlich vber eines vornehmen Photinianers col - loquio, in welchem der Photinianer fuͤrgegeben / Sie het - ten nicht wolgethan / daß ſie den articulum de Trimtate, weil er auch den Kindern mit dem Morgen vnd Abend Ge - bet / eingepflantzet wuͤrde / angegriffen / weißlicher were ge - weſen / wenn ſie den Artickel von der Rechtfertigung / wel - cher vielen vnbekandt / hefftiger getrieben hetten.

Den Abend ehe er communiciret, hat er außdruͤck - lich derer gedacht / welche die Sacramenta hindan ſetzen / den Befehl des HErren Chriſti / Solches thut / nicht inDacht[26]Chriſtliche Leichpredigt. acht nehmen / vnd das aͤrgernuͤß bey der Chriſtlichen Ge - mein nicht einſtellen.

Es iſt nicht vnbewuſt / wie trew er ſeinem Beruff vorgeſtanden / was er durch Gottes Segen orando, & la - borando außgerichtet.

Wie er vor zehen Jahren / in der Peſt / mit ſeiner be - ſtendigen gegenwart / trewem Rath / vnnd erſprießlicher That / ſeinem Nechſten gedienet / iſts vnbewuſt? Mit was fuͤr Gemuͤth vnd Intent / iſt er aus ſeinem Hauſe gegan - gen / die Krancken zubeſuchen / HERR Allmaͤchtiger Gott / Ich gehe aus meinem Hauſe / gleich wie ein Krieges - mann / aus dem Lager wieder ſeine Feinde / die Kranck - heiten durch deine vorlichene Mittel / abzuthun / HErr be - wahr mich vor allem Boͤſen / Laß mich vnſtrefflich ſeyn / damit ich die Cur vnd Sieg nicht zur Straffe verliere / vnd vergebens arbeite. Mit was fuͤr gedancken / er die Recept angefangen zu ſchreiben / werden die vota, darauff er in manu ſcripto ſich referiret, in den 49. Buͤchern / erwei - ſen. Wie Prudens vnd vorſichtig in medicamentis, wie diſcretus vnd vernuͤnfftig / er in conſilijs geweſen / werden die jenigen referiren, welche in der Medicin erfahren / vnd bey hohen Perſonen de dubijs caſibus, vnd ſchweren Kranckheiten conſultiret.

Seines geliebten Herren Vatern wolmeinenden voti2. Chron. 1. ingedenck / hat er Anno 1617. den 2. Iulij mit dem Koͤnige Salomone ſeine Stimm erhaben / vnd geſaget / So laß nu HErr Gott deine Wort wahr werden an meinem Vater. Du haſt mich zum Medico vieler Leute / vnd mancherley Kranckheiten gemacht / ſo gib mir nu Weißheit vnd Er -kaͤntniß /[27]Chriſtliche Leichpredigt. kaͤntniß / daß ich vor dieſem Volck / auß - vnd eingehe. Denn wer koͤnte ohne deinen Beyſtand ſo ein groſſe menge ſchwe - rer Kranckheiten / curiren, vnd gluͤcklichen heilen.

Wie viel Durchleuchtige / Hochgeborne / Fuͤrſtliche Perſonen / ſonderlich der Durchleuchtige / Hochgeborne Fuͤrſt vnd Herr / Herr Georg Rudolph / Hertzog in Schle - ſien zur Lignitz vnd Brieg / vnd auch die Durchlauchtige / Hochgeborne Fuͤrſtin vnd Fraw / Fraw Sophia Eliza beth / Herzogin in Schleſien zur Lignitz vnd Brieg / Ge - borne Fuͤrſtin zu Anhalt / vnnd Graͤfin zu Aſcanien etc. weil J. F. G. Raht vnd trewer Leib Medicus er geweſen / wie viel Wolgeborne Frey Herren / Edle / Geſtrenge / Ehrenveſte / Erſame / vnd Wolweiſe Herren in Schlaͤſien vnd Polen / wird des ſeligen Herren Doctoris toͤdtlicher Abgang betruͤben / Ach wie viel arme vnnd krancke Leute werden jhn heut / vnd offtmals hertzlichen beklagen.

Als jhm Anno 1608. am Tage Joſephi / nebenſt Herrn Martino Leſchio wolverdienten Pfarrherren / die Inſpection der Lectionum, vnd Diſciplinæ Schola - ſticæ committiret, Wie haben ſich die frommen Her - ren bemuͤhet / daß die bluͤhende Jugend ἐν παιδεία, καὶ νουθεσίᾳ τουκυρίου ertzogen / daß in den zarten Hertzen Lieb vnd Einigkeit gepflantzet / Haß vnnd Feindſchafft außgerottet wuͤrde. Denn aus Erfahrung offenbahr / was Schuelfreundſchafft bawet / vnnd auch was Schuel - feindſchafft in Republica einreiſſet.

Wiſſentlich mit was fuͤr Nutz der ſelige Herr Do - ctor, die publica exercitia, weißlich hat koͤnnen anſtellen /D ijwie[28]Chriſtliche Leichpredigt. wie offte hat er denſelben mit vornehmer AmptsPerſo - nen / Deutſcher vnd Polniſcher Nation / gegenwart / bey - gewohnet / Ja in ſo viel / vnnd manchfaltigen / vberheuff - ten Vocation bemuͤhungen / hat er ohne beſchwer in der Schule peroriret.

Das miniſterium, trewe Lehrer in der Kirchen vnd Schulen / hat er wolmeinend geliebet / guͤnſtig begabet / willig medicina, conſilio, patrocinio gefoͤrdert. Wenn wir jetzt hoͤren ſolten / die nothbedrengten / verjagten / ab - gebrandten arme Leute / was wuͤrdẽ wir wol fuͤr ein Klag - liedlein hoͤren / die Krone vnſer Hoffnung iſt gefallen / Ach daß wir Waſſer gnug hetten in vnſerm Heupte / vnd vnſe -Ier. 9. v. 1[7]. re Augen Threnenquaͤllen weren / daß wir Tag vnd Nacht beweinen moͤchten den Abgeſchiedenen in vnſer Ge - meine.

Wiewol er ſich gegen Jedermann in Chriſtlicher Liebe / vnd ſchuͤldiger Gebuͤhr freundlich vnd ſanfftmuͤtig erzeiget / fuͤrnemblich gegen etlichen Candidatis Medici - , welchen er eben dieſe Foͤrderung / welche jhm in Deutſch - vnd Welſchland geleiſtet / trewlich vnd auffrich - tig erwieſen / Iſt er doch von Gott auch mit ſonderer au - thoritet begnadet geweſen / vnnd von menniglich / bey de - nen / welche jhm am Stand gleichmeſsig / auch von hohen Perſonen / reſpectiret, geliebet vnd geehret worden.

Es ſol vnd wolle nun jhm niemand die gedancken ma - chen / als hette der ſelige Herr Doctor, in ſeinem Erbah - rem / auffrichtigen / vnd Chriſtlichem Wandel / jmmerzu im Roſengarten geſeſſen / weil er aber ſein von Gott auff - gelegtes Joch / wie es offtmahl ohn Todesgefahr ſchwer - lich abgegangen / ſilentio & ſpe, mit demuͤtiger gedult er -tragen /[29]Chriſtliche Leichpredigt. tragen / den außgang Gott vertrawet / gegen ſeinem Nechſten mit lieb vnd freundligkeit verhuͤllet / iſt vnnoͤtigSyr. 2. ſeine pericula vnd Creutzqual / die er im Glauben / vnd mit einem guten Gewiſſen ritterlich vberwunden / allhier zu entdecken.

O du trewes Vaterhertz / daß du auff erſprießliche Wolfahrt aller Staͤnde geſehen / vnnd menniglich gedie - net / Jeſus Chriſtus ſey dein groſſer Lohn / vnd Ehren - krone / auff dieſer Erden aber wolle er deinen Samen / der Trew ohn vnterlaß reichlich genieſſen laſſen.

Des ſeligen Herrn Doctoris Kranckheit anlangendt Anno 1617. den 11. Auguſti, iſt er wegen des bey Nacht in der Stadt auffgegangenen Fewers / hefftig erſchrocken / Darauff den 14. eine mattigkeit aller Glieder / ſampt ei - nem Hautwehe erfolget. Den 16. aber iſt er von einem febrili paroxiſmo angegriffen worden / welcher jhn den 26. ſo hefftig beſtrickt / daß er in der Pilgramſchafft die - ſer Niederlage / wie Jacob auff ſeiner reiſe / mit Gott zuGen. 32. ringen angefangen / Aber jhn nicht gelaſſen / biß er mit ei - nem friedſanfftſeligen Stuͤndlein geſegnet.

Dieſes iſt nun nicht ohn Saltz vnd Fewer zugegan -Marc. 9. gen. Ach wie hat der ſelige Herr Doctor offt im Schmeltz -Sap. 3. ofen der Goͤttlichen[Z]uͤchtigung / vnd des hitzigen Fiebers1. Pet. 4. geſchwitzet / aber ſich mit dem friſchen Waſſer des LebensApoc. 21, abgekuͤhlet. Ach wie offt hat er in dem Glaͤſern Saltz -Apoc. 15. Meer der zufallenden Symptomatum, welche Er progno -Gen. 14. ſticiret, ſeine Augen / Haͤnde / vnnd Hertz gen Himmel /Prov. 6. Wie ein Schnecklein nach den Geiſtlichen Tawtroͤpfflein des HErren JESV / erhaben / welche jhm zu einer kraͤff - tigen. SeelenPerle worden. Ach wie hat er offt imMatth. 13. D iijSchmertz -[30]Chriſtliche Leichpredigt. Eſa. 60,Schmertzwetter / wie ein Turteltaͤubelein / gekuͤrret / aber ſich mit wahrem Glauben in die auffgeſpaltene Seyte / ſei - nes vorgeſetzten Felſen Jeſu Chriſti eingeſchloſſen.

Ach wie hat er offt in ſeiner angſt / von allen Artz - neyen / welche er lange zeit zu Gottes Ehr / vnd Troſt ſei -Luc. 10. nes Nechſten angewendet / verlaſſen / zwiſchen Todt vnnd Leben / wie der verwundte zwiſchen Jericho vnd Jeruſa - lem / gelegen / Aber durch des Himliſchen Samariters Geiſtlich Oel / vnd Wein / durch das Wort vnnd Sacra - ment / gereiniget / verbunden / gelabet / vnd mit Glau - bens Palmen begabet / hat er mit gewiſſer Zuverſicht ſpre -Apoc. 7. chen moͤgen / Heyl ſey dem / der auff dem Stule ſitzt / vnſe - rem Gott vnd dem Lamb.

Er hat ſich nicht allein im Liecht der Natur / in Chymica Mineralium præparatione beſpiegelt / ſon -Ioh. 12. dern auch aus dem Weitzenkoͤrnlein de φθορᾷ, καὶ αφθαρ -1. Cor. 15. σίᾳ, von der verweßligkeit / vnd vnverweßligkeit / wol wiſ - ſen zu troͤſten. Er hat geiſtliche Sachen geiſtlich gerich - tet / vnd mit des Apoſtels Worten beſchloſſen / Dieſer mein Leib wird geſeet verweßlich / vnd wird aufferſtehen vnver - weßlich / er wird geſeet in Vnehre / vnnd aufferſtehen in Herrligkeit / er wird geſeet in Schwachheit / vnnd wird aufferſtehen in Krafft / Es wird geſeet ein Natuͤrlicher Leib / vnd wird aufferſtehen ein Geiſtlicher Leib.

In dieſer Kranckheit ſind jhm Theſes dediciret, vnd vberſendet worden / in welchem folgende worte der Philoſophorum, Placeat uni ſapienti deo, dum gradus luminis impreſſi meditamur, luminis expreſsi perfe - ctionem imitemur, ubi 1. ab Opaco itur ad tenebras, 2. à tenebris ad umbram, 3. ab umbra ad perſpicuuminter -[31]Chriſtliche Leichpredigt. interminatum, 4. ab interminato ad terminatum, 5. à perſpicuo ad ſplendorem, 6. à ſplendore ad lu - men, 7. à lumine ad radium, 8. à radio ad lucem, 9. à luce ad lucidum ſolem: Atq́ue ut per univerſi gradus principem univerſi veneremur, ubi 1. à ma - teria ad privationem, 2. à privatione ad formam, 3. à forma ad naturam, 4. à natura ad animam viventem, 5. à vivente ad ſentientem, 6. à ſentiente ad rationalem, 7. ab anima ad mentem, 8. à mente ad intelligentiam, 9. ab intelligentia ad Deum aſcenditur.

Dieſe wort hat er nach etlichen Wochen nicht ohne verwunderung / mit gutem bedacht / aus ſcharffem Ge - dechtnuͤß / in richtiger Ordnung erzaͤhlet / darauff lieb - lich vnnd Chriſtlich / von der Geiſtlichen erhebung desLuc. 1. Menſchen Seel in Gott diſſeriret, vnnd das froͤliche Ma - gnificat erwogen.

Wie hat er ſich aus dem Liecht der Gnaden / auff das allein Seligmachende thewre Verdienſt / des gecreu -1. Cor. 2. tzigten JESV Chriſti / wider die Suͤndenfluth / vnnd Verdamnis Stuͤrme koͤnnen veranckern.

Wie ein Hertzlich verlangen hat der ſelige Herr Do - ctor, nach dem Liecht der ewigen Herrligkeit gehabt / daß er des ſchoͤnen Spruchs aus Moſe / Fuͤrchtet euch nicht / ſtehet feſt / vnd ſehet zu / was fuͤr ein Heil der Herr heu -Exod. 14. te / ja noch in dieſem Leben / an euch thun wird / erinnert / ſich auff die Seyte gewendet / Ich habe luſt abzuſcheiden /Phil. 1. vnd bey Chriſto zu ſeyn / geſaget.

In dieſem inbruͤnſtigen verlangen / hat er angefan -gen[32]Chriſtliche Leichpredigt. 〈…〉〈…〉. Reg. 20. gen ſein Hauß zubeſchicken / Erſtlich / weil es zum theil ſtatus morbi erfordert / zum theil / daß er hernachmals vngehindert ſeine gedancken / vnd reden / auff ſeinen Er - loͤſer vnd Seligmacher JESVM CHRISTVM alleine richtete / Leiblich / wes ſein hochgeaͤngſtes Ehege - mahl / vnd ſeine hertzlieben Kinder / nach ſeiner toͤdtlichen Hinfart ſich zugetroͤſten. Darnach Geiſtlich / Er hat ſich Menſchlicher Schwachheit erinnert / Mich / nebenſt mei - nem Collega Herrn M. Redlichio zu ſich erfordert / ſeine Suͤnde gebeichtet / erkennet / vnd bekennet / vnd ſich nebenſt ſeinem Hertzlieben Ehegemahl / vnd Elteſten Sohne Got -Matth. 26. frido mit dem wahren Leib vnd Blute JeſuChriſti ſpeiſen vnd traͤncken laſſen.

Vber diß hat er / wie es mit ſeinem abgelebten Coͤrper ſolte gehalten werden / wo er ſolte hingeleget / wie er ſolte zu ſeinem Schlaffkaͤmmerlein bereitet vnnd beleitet wer - den / mit E. E. vnd Wolweiſen Rathe ſich beſprochen / loͤb - lich / vnd Chriſtlich angeordnet.

Wie nun die wehrende Kranckheit die hochbetruͤbte Wittib / jhrem Hertzvielgeliebten Eheherren / alle Trew vnd fleiß / mit wachen vnd auffwarten erzeiget / alſo hat ſie auch ſeinen letzten willen / wiewol mit Blutrinnenden HertzThraͤnen erfuͤllet.

Viel ſchoͤne vnd Chriſtliche reden hat er ante agonem gefuͤhret / Als

Conteror, ſed ſatis mihi eſt, quod hoc facit ma - nus tua. ()

Sey du mir nicht ſchrecklich. ()

Ierem. 17. Wiltu wider ein fliegend Blat ſo ernſt ſein / vnnd ei -Iob. 13. nen duͤrren Halm verfolgen / etc.

Illuc[33]Chriſtliche Leichpredigt. Illuc feſtino ubi ſemper vivam. Meditatio beatæ mortis, eſt inchoatio vitæ æternæ. Per multitudinem miſerationum tuarum ſana multi - tudinem dolorum meorum. In cruce fixus Amor meus es ante omnia Iesu. ()
In den Armen meines Erloͤſers Jeſu Chriſti begehre ich zu leben vnd zu ſterben. JEſu der ſuͤſſe Name dein / Im Todt erquicke die Seele mein / Hertzlich lieb hab ich dich O HERR / etc. HERR Jeſu Chriſt war Menſch vnd Gott / etc. Nim von vns Herr du trewer Gott / etc. Wenn wir in hoͤchſten Noͤthen ſein / etc. Ehre ſey Gott in der Hoͤhe.
Luc. 2.
Vnſer Wandel iſt im Himmel. ()
Philip. 3.
Ich ſehe den Himmel offen / vnd des Menſchen Sohn zurAct. 7. Rechten Gottes ſtehen.
Herr Jeſu nim meinen Geiſt auff. ()
Luc. 23.
Vater / ich befehle meinen Geiſt in deine Haͤnde. Matth. 21. Hoſianna.
Ich laſſe dich nicht / du ſegneſt mich denn. ()
Gen. 32.
HErr / gib mir den Tranck / das lebendige Waſſer / das inIohan. 4. mir ein Brunn des Waſſers werde / das in das Ewi - ge Leben quillet.
O Todt wo wird dein Stachel ſein / wann ich werde rit -1. Cor. 15. terlich vberwunden haben?

Wie er dann auch die Hand auffs Hertze gelegt / vndEſa. 40. zu einem ſeinem vornehmen Freunde / dieſe Wort geſpro -Pſal. 69. chen / Ich habe ein kleines / waͤlckes / abgemattetes Hertz / Aber dieſes beſchleuſſet mehr / als Himmel vnd Erden.

EEndli -[34]Chriſtliche Leichpredigt.

Endlichen hat der ſelige Herr Doctor mit dem Fin - ger auff ſein Bildnuͤß / vnd Buͤchlein zeigende / geſaget /Epheſ. 3. Chriſtum lieb haben / iſt beſſer / denn alles wiſſen.

Weil augenſcheinliche Zeichen des letzten Stuͤndleins angetreten / hat ſein hertzliebes Ehegemahl jhm vorgebe - tet / er mit nunmehr zum Tode abgematteten / jedoch re - genden Lippen nachgeſprochen / Als er gefraget wor - den / Ob ers auch hoͤrete / verſtuͤnde / vnnd gleubete / mit einem deutlichen Jawort beſchloſſen / das Heupt auff die rechte Seyte geneigt / ſanfft vnnd ſtille vor - ſchieden.

Ereignet ſich demnach nicht allein aus dem geſchrie - benen Meditationibus, Sondern auch aus dem Chriſt - lichen Wandel / vnnd ſeligen Abſchied / wie reichlich der ſelige Herr Doctor von GOTT begnadet geweſen / daß jhm in den Creutzflammen dieſes vergenglichen Gaſt - hauſes / ſonderlich drey Stuͤcke hertzlichen angelegen / Das rechte Erkaͤntniß Gottes / Des Nechſten Wolfahrt / Seiner Seelen Seligkeit / vnnd was er offt vnd viel mit Hand / Mund / vnd Gemuͤthe / von dem Gnaͤdigen / vnnd Barmhertzigen Gott / gebeten / das hat er auch in Gnaͤ - diger Barmhertzigkeit erbeten. Denn GOttes KrafftEſa. 40. in ſeiner Schwachheit maͤchtig geweſen / vnnd im letzten Stuͤndlein nicht laſſen Sinnloß / Sprachloß / Troſtloß liegen.

Der HErre JEſus hat dem ſeligen Herren Docto -2. Tim. 4. ri, nach dem guten Kampffe / vollendetem Lauff / gehal - tenem Glauben im 47. Jahr ſeines Alters / im 18. ſeines Eheſtandes / in der 24. Woche ſeiner Niederlage / den 5. Februarij, zu Mittag / nach zwoͤlffen der halben Vhr / dieHand[35]Chriſtliche Leichpredigt. Hand geboten / wie er es jhm in ſeiner Kranckheit abgebil - det / ſanfft eingelegt / mit troͤſtlicher Verheiſſung / Gib dich zu frieden / Du ſolt wol ruhen / Ich wil dich zu rechter zeit wider aufferwecken / Du ſolt nichts verſeumen.

Hat nun der heilige Geiſt / durch die offenbahrte Goͤttliche Weißheit in vnſerem ſeligen Herren Doctore1. Cor. 2. Flaminio Gaſtone nicht gewircket? Sind in ſeinem Wan - del die Flaͤmlein der Liebe gegen GOtt / vnd dem Nech - ſten nicht erſchienen? Iſt er nicht fuͤr ein lebendig Glied - maß der Chriſtlichen Kirchen zu halten? Solte ſeine Seel1. Sam. 25. im Buͤndlein der Lebendigen / bey dem HERREN vnſe - rem GOtt / nicht eingebunden / ruhen / vnnd theilhaff - tig ſeyn / des / das kein Auge geſehen / kein Ohr gehoͤ -1. Cor. 2. ret / vnd in keines Menſchen Hertz kommen iſt / des / das Gott bereitet hat denen die jhn lieben?

Derowegen Gura, Gura liebes Vaterland / wie ei - ne nuͤtzliche Perſon / iſt dir nach GOTtes Wolgefal - len / durch dieſen Todesrieß / entzogen worden / Traw - re aber nicht / wie die Heyden / daß du ein ſolchen Mann verlohren / Sondern frewe dich nach des Hieronymi Er - innerung / daß du einen ſolchen Mann gehabet haſt / Der Allmaͤchtige wird dieſe Schmertzwunde durch ein kreff - tiges TroſtPflaſter heilen / vnd dich wiederuͤmb mit einem trewen Medico Vaͤterlichen verſehen.

Nicht wunder daß dieſe Hertzloͤſung den vberblieben - den Perſonen / der verlaſſenen Wittib / Kindern / vnnd Freunden deſto weher thut / daß die Thraͤnen Tag vnnd Nacht jhre Speiſe ſind / Denn /

E ijWas[36]Chriſtliche Leichpredigt.
Was da liebet / das betruͤbet /
Was da hertzet / das ſchmertzet /
Was da trewet / das rewet.

1. Pet. 5. Aber die ſehr betruͤbten Gemuͤther / ſollen ſich vnter die gewaltige Hand Gottes in Gedult / vnd Demut erge - ben / ſich des Gnaͤdigen Gottes / des ſeligen Herren Do - ctoris Chriſtlichen Wandels vnd ehrlichen Namens troͤ - ſten / in jhrem Bekuͤmmernis jhre Zuverſicht / auff den Himliſchen HErren vnd Patron ſetzen / vnd ſich aus demEſa. 54. Propheten Eſaia troͤſten / Fuͤrchte dich nicht / denn der dich gemacht hat / iſt dein Mann / Vater / Freund / HErr Zebaoth heiſt ſein Name / vnd dein Erloͤſer / derHeilige in Iſrael / Der aller Welt Gott genennet wird.

Liege nu / vnd ſchlaffe / O du trewer Diener Gottes / vnd Liebhaber deines Nechſten / O du Hertzvielgeliebter EheHerr / O du Trewſorg feltiger Herr Vater / O du auff -Pſal. 3. richtiger Blut / vnd Muth Freund / Flamini Gaſto, Liege nun / vnd ſchlaffe gantz mit frieden / Der HErre Jeſus helt dich in ſeinen Armen. Nu geſegne dich / vnd ſegne mit rei - chem Troſte / die hertzbetruͤbte Fraw Wittib / verlaſſene Waͤiſen / Trawrige Blut vnd Muth Freunde / Gott Vater / Sohn / vnd H. Geiſt / Hochgelobet in Ewigkeit / Amen.

Paßionis Typicæ l. 2. T[o]m. 5. f. 261.
FRIDERICUS BALDUINUS SS. Theol. D. Profeſſor, Paſtor, & Superintend. VVitteberg. Hæc est præclara illa Alchimia, quæ non ex cupro, vel plumbo aurum, ſed ex morte ſomnum facit, & ex ſepulcro dormitorium. ()
Q. D. E. N. [37]Chriſtliche Leichpredigt.

Q. D. E. N. Valet / oder Gratial aus dem ſchoͤ - nen Namen Flaminius Gast, Nach der Leichproceſsion im Hauſe gehalten / Ad Hoſpites, & Comites.

DEs Durchlauchten / HochgebornenExordium à fatali ne - ceßitate. Fuͤrſten vnd Herren / Herren Georgij Ru - dolphi von Gottes Gnaden / Hertzoges in Schleſien zur Lignitz vnnd Brieg / vnſers Gnaͤdigen Fuͤrſten vnd Herren / Hochan - ſehlicher / Wolverordneter Herr Abgeſandter; Geſtren - ge / Edele / WolEhrenveſte / Ehrwuͤrdige / Achtbare / Hoch - vnd Wolgelahrte / Wolweiſe / Wolbenambte / Vorſichti - ge / Guͤnſtige liebe Herren vnd Freunde / Das contra vim mortis, ſey kein medicamen in hortis, beweiſet die ſehr klaͤgliche / aber doch ſelige Heimfahrt / des weyland / Edlen /Confirma - tio. GroßAchtbaren / Hochgelahrten / vnnd weitberuͤmbten Herren Doctoris Flaminij Gaſtonis, Fuͤrſtl. Gnaden zur Lignitz vnd Brieg / ſo wol dieſer loͤblichen Stadt Trewge -E iijweſenen /[38]Chriſtliche Leichpredigt. Confutatio. weſenen / ſehr wolverdienten Archiatri, Denn wiewol er zuvorn durch Goͤttliche verleyhung / mit ſeiner Kunſt / vnnd Geſchickligkeit / ſehr viel / allerley StandesPer - ſonen / dem Tode außm Rachen geriſſen / vnnd zu guterConcl. exor. Geſundheit bracht hat / So hat er doch gleich allen an - dern Menſchen / nach dem vnwandelbahren Raht Gottes / ſelbſt auch ſiechen vnd ſterben muͤſſen.

Tranſitio ad propoſition. Was er aber nun bey leben fuͤr ein außbund eines trefflichen nuͤtzlichen Mannes geweſen / iſt Stadt - vnnd Landkuͤndig / Bedarff meines præconij, oder lobens ſo wenig / als die helle Sonne eines frembden Liechtes zu jhrem ſcheine. Bevoraus / weil fuͤr groſſem Hertzen - leid vnnd Betruͤbniß / Ich mir nicht getrawe / ſeinen Ruhm entweder mit gedancken zu erreichen / oder mit wor - ten außzuſprechen: Vnd aber ſein eygener Name Flami - nius Gaſt / genungſam von jhme zeugen; vnnd berichten thut.

Flaminius wird derivirt à Flamine, heiſſet einen Geiſtlichen. Der Zunahme Gaſt / bedeutet das Irr - diſche Gaſthauß ſeiner Huͤtten / das iſt den Leib / welchenCumnarra - tione. die Seele zu vorn informiret vnd bewohnet hat. Wie nun beyde Nahmen Conjunctim, keiner abſonders vnſern ſe - ligen Herren Doctorem deſigniret, vnd von allen andern vnterſchieden haben; Alſo beſtand auch ſein vollkommen Eſſe nicht im Geiſt / oder Leibe Seorſim, Sondern in de - rer beyden / tanquam Materiæ, & formæ, Natuͤrlichen Union zu einem Individuo.

Propoſitio bimembris. Nichts deſto weniger / wird in beyden Namen vnter - ſchiedlich / vnſers ſeligen Herren Doctoris 1. StatlichesHerkom -[39]Chriſtliche Leichpredigt. Herkommen / 2. Chriſtliches Leben / vnd 3. Seliger Ab - ſcheid / vns eigentlich vorgebildet.

Denn was den rechten Nahmen betrifft / iſt vnſer ſe - lige Herr Flaminius meliore ſui parte geweſen / ein rechtFLAMI - NIVS. Geiſtlicher / vnd ſo wol nach ſeiner Geburt / als nach ſei - ner Wiedergeburt / DEI progenies, wie S. Paulus außm Arato redet / aus GOTTES Geſchlecht / Actor. 17.

1. Nach ſeiner Geburt; quia flamine cretus, & or -Flamine cretus & ortus in ge - neratione infundendo anim. in corpus, Flamine tinctus, & unctus in re - generat. effundendo S. S. in ani - mam. Miniſterio Sacrament. in baptiſmo. In cœna. tus; Daruͤmb / daß ſein Geiſt / oder Seele nicht vom Fleiſch / noch vom Blut / genommen; Sondern von Gott / qui creando infudit S. animam in Corpus, welcher ſelbſten Spiraculum Vitarum jhme einbließ / Gen. 2. kom - men war / Eccleſ. 12.

2. Nach ſeiner Widergeburt aber / quia Flamine tin - ctus, & unctus; Darumb daß Er nur von Gott im Glau - ben widergeboren war / effundendo Spirit. S. in Ani - mam.

Erſtlich bey der H. Tauffe / da er flumine vnd flami - ne, mit Waſſer / vnd Geiſt / ja flammâ, mit dem Fewer Goͤttlicher Liebe getauffet war.

Zum Andern / beym H. Abendmal / da er offters mit dem wahrem Leib / vnnd Blut Chriſti / mit dem rechten Brodt des Lebens nutriret, vnd zu einem heiligen newen Leben iſt ernewert worden.

Letzlich / vnd zum Dritten / in ſeinem Chriſtenthumb /Miniſterio verbi in Chriſtiani - ſmo. ſo offte er ſeine Suͤnde beweinet / rechtſchaffene Buſſe ge - than / vnd krafft des heiligen Ohls / damit er / etiam præ multis, geſalbet war / ſich zu einem außerwehlten Baw /ja zum[40]Chriſtliche Leichpredigt. ja zum Koͤniglichen Prieſterthumb Gottes erbawet / vnd im Gebet Geiſtliche Gaben / welche Gott angenehm waren / durch Jeſum Chriſtum geopffert hat.

Flamine doctus, & actus,Es iſt aber ferner nicht allein nachm Geſchlecht vnd Herkommen / Sondern auch nachm Leben / ein rechter Flaminius, ein recht Geiſtlicher geweſen / ceu Flamine doctus & actus. Vom heiligen Geiſt gelehret / vnnd ge - leitet.

Informando mentem Dei ſui ipſius naturæco - gnitione. Denn / ſein Verſtandt / vnd Gemuͤth ward von Gott erleuchtet / vnnd begabet / Mit dem 1. Geiſt der Weißheit von Goͤttlichem Weſen / Willen / vnnd Wolthaten. 2. Mit heilſamer Erkentnis ſein ſelbſten. 3. Vnnd dann / mit fruchtbarlicher wiſſenſchafft aller Natuͤrlichen Geheim - niſſe.

Conforman - do volunta - tem ad Spi - rit. S. Rationis obſequium In pietatis & ſidei. Alſo ward ſein Hertz / Sinne / vnd Wille gleichsfals vom heiligen Geiſt gefuͤhret zum rechten Glauben / Ehre / vnd Anruffung Gottes / ſo auch zu vngeferbter Liebe / vnd Dienſtfertigkeit ſeines Nechſten. Denn wiewol er kein Theologus ex profeſſo geweſen / ſo hat er doch ſtets gefor - ſchet in der H. Schrifft / darinnen den Meſsiam funden / deſſen Perſon erkandt / bekandt vnd geehret / ſeinem willen ſich vnterworffen / vnnd endlich alle ſein Verdienſt vnd Wolthaten jhme zugeeignet. Hat allerley Theologiſche Schrifften embſig geleſen / von Theologiſchen Sachen weißlich geurtheilet / vnd darvon mit den Gelehrten ſo offt es die gelegenheit geben / conferiret, vielleicht auch vielen Theoſophis es hierinnen zuvorn gethan.

Artis & cha - ritatis. Ingleichem hat ers in Philoſophiâ, vnd Medicinâ mit ſeinem wiſſen vnd koͤnnen / durch Gottes gnaͤdige Er - leuchtung ſo hoch gebracht / daß jhn vielleicht niemandvberſtei -[41]Chriſtliche Leichpredigt. vberſteigen / wenig erreichen werden. In dem er jhme al - le partes Philoſophiæ, alle ſectas Medicorum, alle receſ - ſus naturæ / nicht allein familiar gemacht / Sondern auch Opera Phyſica mit dem Igne Naturæ, oder Vulcano Al - chymiſtarum zu repræſentiren, æmuliren, vnd perfici - ren Sich wol verſtanden hat.

Iſt demnach ſeine Sapientia vnd Scientia nicht faul o - der vnfruchtbar geweſen / ſondern hat auch dieſelbe allezeitExercitiijs. practiciret, vnd opere bewieſen / als pietate erga Deum, vnd Charitate erga Homines; mit froͤmigkeit des Her - tzens gegen Gott / vnd mit wercken Chriſtlicher Liebe / in ſeinem Chriſtenthumb / vnd Beruff. Dieweil Er nichtExplicatio ſive allein fuͤr ſeine Perſon GOtt geſchawet / vnd vertrawet / gefuͤrchtet / vnd gehorchet hat / Sondern auch mit Exem - plariſchen Leben ſeinen Nechſten Gotte gewonnen. Ja mit heilſamen Rath vñ That / in ſeinem Beruff / fuͤr ſeiner Patienten Geſundheit / mehr deñ fuͤr ſich ſelbſt laboriret,Exaggera - tio. vnd gewachet. Hat nicht allein / all ſein vornehmen / vnd Conſilia, Sondern auch alle ſeine Geberde / wort vnd re -Occaſione. den meiſterlich examiniret, vnd reguliret, ne quid teme - , ne quid timidè; damit er ja nicht vnvorſichtiglich je - mand aͤrgerte / oder beleidigte. Dannenhero er auch proSymboli. Symbolo illud Pythagoræ gefuͤhret / Quid ago? dadurch er ſeine Gedanckẽ / à curis rerum inanium, zu betrachtung ſeines gegenwertigen Zuſtandes / vnd gebuͤhr revociren wollen. Iſt deßwegen allezeit / inallen faͤllen / vnd ver - richtungen (quæ maxima prudentiæ pars eſt) gantz præſenti animo, vnd attent geweſen.

In faciendâ Medicinâ hat er nicht gegaffet / auff dieProfeßionis Medicæ. Fdie[42]Chriſtliche Leichpredigt. die ſteriles communitates Methodicorum, eben ſo we -In quæ mirificè excelluit. nig ſich auff die fallaces Empiricorum Obſervationes verlaſſen: Sondern hat ſehr artig vnnd weißlich die gantze Philoſophiam, ja alle verborgene Schaͤtze der Na - tur ad forum Medicum traduciren koͤnnen. Hierin - nen gefolget dem præſcripto Hippocr. vnnd Galeni, als Principum Medicinæ. Deren Principia, in Pathologi - cis, vnd methodo er zwar meiſten theils / aber doch libe - raliter, ſine mancipij lege amplectiret; Daneben ande - re Authores, Græcos, Arabes, Latinos vnd Germanos e - volviret, vnnd alſo gleich einer arbeitſamen Bienen / aus allen Bluͤmlein zuſammen getragen / ein geſundes Honig / damit er hernach feliciter ſeiner krancken ſchmertzen / vnd aͤngſten zu edulcoriren gewuſt. Wie Er nun in Metho - do vornemblich auff den Indicationibus curativis beru - het / beyneben auff allerley obſervationes, vnd Analogiſ - mum achtung geben / Hiermit dexterrimè Rationem cum Experientiâ copuliret; Alſo hat er in præparandis pharmacis nehſt den gemeinen Apozematibus, vnnd Sy - rupis, jhme auch der Hermeticorum Magiſteria, vnnd Arcana, Eſſentias vnd Tincturas, &c. gelieben laſſen / vnd hiermit den Paracelſum Galeno, bonâ ratione, meliori ſucceſſu ſubjungiret, vnd zugeſpannen.

Was Er damit außgerichtet / das beweiſet der groſ - ſe Nahme / vnnd Beruff / welchen er / ſo wol bey Hohen / als Niedrigen / ja allerley Standes Perſonen / weit vnnd fern erjaget hat. Alſo / das zu jhme tanquam ad Apolli -nem[43]Chriſtliche Leichpredigt. nem Delphicum jhre Zuflucht genommen / alle die ſo mit abſchewlichen Kranckheiten beladen / vund anderwegen nicht haben reſtituiret werden koͤnnen. Welches dann dieſer loͤblichen Stadt Guhra nicht allein zu ſonderen an - ſehen gedienet / Sondern auch die gemeine Buͤrgerſchafft / in merckliches auffnehmen gebracht hat.

Wie nun vnſer Seliger Herr Doctor / jhme Inge - nio vnnd Beneficijs, bein Menſchen ein jmmerwerendes Lob bereitet hat / Alſo hat auch ſein Geiſt / ſeine Seele / Gott jhrem Schoͤpffer vnd Erloͤſer in Gnaden wolgefal - len. Hat deßwegen mit jhr geeylet / aus dem Gaſtho - fe dieſes boͤſen Lebens / in das rechte Vaterland des ewigenFlamine - tus, & ævus. Himmelreichs. Da iſt Er nun erſt nach ſeinem hiei - ſchen Abſchied / recht Flamine lætus, & ævus. Am Geiſt froͤlich / vnnd in ewiger Glori. Er iſt auſſm Fin -viſione eſſentiæ. ſterniß gebracht zum Liecht / da er GOTT ſiehet von An - geſicht zu Angeſicht / vnd in jhme alles / was er zuvorn we - der mit Augen ſehen / noch mit Ohren hoͤren / noch mit Gedancken hat begreiffen koͤnnen: Wie ſawer er es jhme auch in ſeinen ſtudijs apodemijs vñ praxi hat werden laſ - ſen. Er iſt entzuͤcket auſſm Kercker des Leibes zur Frey -Participa - tione naturæ. heit des Geiſtes / zur Geſellſchafft der Heiligen Engliſchen Geiſter / ja zur participation der Goͤttlichen Natur / 2. Petr. 1. Er iſt verſetzet aus der Vnruhe zum Frieden /fruitione gloriæ divinæ. da jhn keine Qual anruͤhret / Da er in vnaußſprechlicher Herrligkeit / vnd Frewde lebet / vnd ohn alles auffhoͤren ein froͤliches Haleluja mit allen Außerwehlten ſchallet / vnd ſinget biß in alle Ewigkeit.

F ijDas[44]Chriſtliche Leichpredigt.

Das mag mir ein rechter Flaminius ſein? quis neget? O - mina nominibus ſæpè ſubeſſe ſuis.

II. Pars Pro - poſitionis. ANlangende demnach vnſers Seligen Herren Doctoris Zunahmen / wird vns gleicherweiſe da -Confirma - tur. rinnen ſein 1. Herkommen / 2. Wandel / 3. vnd Hin - farth abgemahlet.

Denn nach ſeinem Geſchlecht iſt er geweſen ein Gaſt / Dieweil ſein Herr Vater vnd Herr Groß Vater / von wel - chen er dieſen Zunahmen ererbet / geheiſſen haben / GabrielGaſt.[iu]re majorum. vnnd Wolffgangus Gaſt: vornaͤhme Ampteperſonen. Sind anfenglich von Coͤln am Rhein nach Schwibuſin kommen / vnnd haben ſich nu mehr in poſteris durch die Schlaͤſien getheilet / vnd mit jhren Tugenden in allerleyMore Sanctorum[o]mnium. digniteten vnd officia impatroniret. So wir nun ferner dieſem nachſinnen / werden wir beſindẽ / das ſich eben dieſes Geſchlecht derGaͤſte / vber den gantzẽ Erdkreiß an alle vier Orte der Welt ausgebreitet habe. Denn zugeſchweigen der Welt Bruͤder / welche dieſen Nahmen verwechſelt ha - ben; (quid enim Belial cum Chriſto?) iſt aus Gottes Wort erweißlich / das alle Kinder Gottes / eben aus dieſer familien geſtammet.

In V. T. Bald im Alten Teſtament ſaget Gott ausdruͤcklich zum Iſraeliten Levit. 25. Ihr ſeyd Gaͤſte vor mir. Die - ſes ſind die Iſraeliten auch in keiner abreden / So offt ſie jhre Feſte Paſchæ vnnd der Lauberhuͤtten nur als Pilgrame als Wandersleute / begehen / vnd 1. Chron. 30.Typ〈…〉〈…〉 beten; Wir ſein / Herr / Gaͤſte vor dir. Ja der Koͤnig -lich[45]Chriſtliche Leichpredigt. liche Prophet David ſchemet ſich des nicht / wenn er im 119. Pſalm bekennet / Er ſey ein Gaſt auff Erden.

Alſo im Newen Teſtament ſpricht Chriſtus Matth. In N. T. 22. Er komme die Gaͤſte (omnes vocatos) zubeſuchen: Hergegen geſtehen alle Heiligen in der Epiſtel an die E - breer / ſie ſein Gaͤſte / ſuchen das zukuͤnfftige &c. Ja Chri - ſtus ſelbſt (Davidis Antitypus) iſt ein Gaſt geweſen /Antitypo. Matth. 25.

Iſt demnach vnſer Selige Herr Flaminius aus dem aller Chriſtlichſten / Adelichſten / ja Koͤniglichen Ge - ſchlecht der Kinder Gottes entſproſſen; Er hat ſich aberGaſt. In Chriſtiæ - niſmo vitâ, officio. Per abſtra ctionem Theologicam à mundo ad Deum. auch nach ſeinem Chriſtenthumb / vnd Beruff / in ſeinem Wandel / vnd Leben gantz Adelich / wie ſeinem Namen vnd Geſchlecht gebuͤrig / verhalten.

Dieweil jme bewuſt / das er nur ein Frembdling auff Erden / Seine Seele oder Geiſt nur einGaſt des Leibes we - re / Als hat er ſich ſelbſt verleugnet / dem Weltweſen abge - ſaget / dz Ende ſeines Lauffs / ſeiner Pilgramſchafft wolbe - dacht / fuͤr aͤrgerniß / Suͤnden vñ Irrthumb ſich gehuͤttet / zu Gott bekehret / im wege der Gerechtigkeit gewallet / vñ dem Friede / der Liebe / der Sanfftmuth / im Glauben allezeit nachgejaget. Damit er nu ſolches deſto beſſer præſtiren moͤchte / hat er von Weltlicher Eitelkeit / ſein Gemuͤte abſtrahiret, vnnd den Myſterijs Divinis ſcharffPhiloſophi - cam à cor - pere, ad ani mam. nachgeſonnen / auch præ Ariſtotele jhme Platonicam, Phi - loſophiam als Meditationem mortis, vnd den Herme - ticorum Spagyriam, als vivificationem Spiritus gelie - ben laſſen. Hat demnach ſeine Vernunfft vnd GedanckenF iijvon[46]Chriſtliche Leichpredigt. der terrâ damnatâ, vom Capite mortuo, vnd Phlegmate inſulſo / ſeines jrrdiſchen Matracij per intermedios ad ſu - premum Alembicum, hoc eſt, ad divinum numen in der hoffnung Igne fidei, vnd patientiæ ſublimiret. Wel - ches gewiß das aller Subtiliſte ja Goͤttlichſte ſtudium iſt / præ omnibus humanis.

Ferner aber / ſo hat vnſer Selige Herr Doctor / auchEthicam. ab otio ad laborem. In curſu ſtu - dierum contempla - tivo. Per diverſas Scholas. dem Leibe nach / ratione totius adæquati / als einem Pil - gramb / einem Gaſte zuſtehet / ſich verhalten / Iſt nicht hinderm Ofen blieben / faulenzen ligende / Sondern hat bald in ſeiner Kindheit / aus ſeines Herren Vaters hauſe zugeeilet der Schulen zu Schwibuſen. Alldar ſein zar - tes Ingenium nur mit Milch / vnd Honig des Heiligen Ca - techiſmi, Civilitatis morum, vnd Grammaticæ Latinæ geſeuget ward / Von dannen wanderte er nach Goͤrlitz / vnnd ward von Herrn Ludovico, vnnd Mylio / mit den Exercitijs trivialibus gleichſam außgehaͤrtet / vnnd zu ſtaͤrckerer Koſt gewehnet.

Inmaſſen bald hernach jhme in dem freyen Gaſt -Academias. hofe / der beruͤhmten Vniverfitet Wittemberg / eine oͤf - fentliche Taffel reichen Vorraths / aller artium, vnd fa - cultatum von den Herren Profeſſoribus / als Freyen Gaſtgebern / adorniret, vnnd gehalten ward. Da hat er pro ætate vornemlich die fructus Peripateticos decer - piret; Der Artzney aber nur ein ſuͤſſen vorſchmack / von den trefflichen Medicis D. Salomone alberto vnnd Scha - tone eingenommen.

Als[47]Chriſtliche Leichpredigt.

Als jhme nun die Augen vnnd Weg eroffnet / hat erRegiones. weiter paßiret / durch Leipzig nach Altdorff / auff der Nuͤrnberger Academien, Da die Erleuchten Maͤnner Ph. Scherbius jhme ſein judicium, Nic. Taurellus aber ſein Ingenium dermaſſen geſchaͤrffet / vnd expoliret ha - ben / das jhn hernach gantz leicht ankommen / etwas zu er - finden / oder zu vrtheilen.

Iſt alſo mit einem ſchweren Wandergebuͤndlein wider in Schlaͤſien kommen / vnnd zu Breßlaw beim Herren Monavio, vnnd Herren D. Laurent. Scholtzio, einge - kehret / von welchen er nicht allein geliebet / vnnd æſtimi - ret / Sondern auch die Manuſcripta Duthitij / vnd ἐυπόριςα Cratonis, der beyden thewrenMaͤnner / erhalten hat.

Von dannen er verruͤcket nach Praga zum ſcharff -Nationes. ſinnigen Philoſopho, vnnd Medico Simone Simonio, vñ ſo ferner in Italiam, in das beſchrienſte Gaſthauß aller freyen Kuͤnſte gewandert hat. Alldar iſt er zu Bononi - en / als im Muͤtterlichem Schloß der ſtudiorum am leng - ſten vorblieben / vnnd hat ſich als einen ſtetten Gaſt / beim hochheruͤhmten Chyrurgo Tagliacotio, So auch beim hochbenahmten Herrn Claudino Coſtæo, Rota vnnd an - dern in Hoſpitaln / bein Krancken / etc mit ſeinem groſſen Gewinſt allezeit finden laſſen. Zu Rom hat er frequen - tiret Cæſalpinum, Marſil. Cagnatum, vnd den Platoni - ſchen Philoſophum Fr. Patricium. Zu Neapoli hat er beim Herrn Ferdinando Imperator, in ſeiner Reichen antiquitet vnd Kunſtkammer / tanquam in ſpeculo, faſt alles geſehen / was in der Welt fuͤr wunderſeltzam geach - tet wird.

Im[48]Chriſtliche Leichpredigt.

Im Ruͤckwege hat er zu Padua ſich vornemlich in des Her - ren Alexand. Maſſariæ, dann auch in Pr. Alpini, Aquæ pendentis, Augenij vnd Saxoniæ Freundſchafft inſinui - ret. Vnnd als er ſolcher maſſen gantz Italiam, Inſubri - am vnd Pædemontium durchwandert / die vornehmbſte lumina Medicorum uſurpiret, einen vnvorzehrlichen Vorrath jhme geſamlet / vnd hiemit ſeine gantze peregri - nation in theorico curſu innerhalb ein vnd zwantzig Ja - ren abſolviret, Iſt er Anno 1597. zu Baſel ſolenniter in Doctorem Medicinæ promoviret worden / Nur da - rumb / das er ſeine gepflogene ſtudia, deſto beſſer exerci - ren moͤchte.

In curſis Medicinæ Practic[o]. Hoc fine iſt er wider in Schlaͤſien nach Schwibſen kommen / vnd von dannen anhero nachm Guhraw gelan - get. Wiewol er nu hier anfenglich / ein gantz fremb - der vnd vnbekandter Gaſt geweſen / So hat er jme doch in kurtzen Animi virtute, judicij dexteritate, morum ſua - vitate, vnnd artis felicitate, einen vberaus groſſen Nah - men allenthalben gemacht. Iſt derowegen von ei - em Ehrenveſten Rath / vnd Ehrſamen Buͤrgerſchafft / alsPer varios〈…〉〈…〉 aſus. ein lieber willkommener Gaſt / vnnd Engel Gottes / auff - genommen vnd Gaſtfrey gehalten worden. So auch das jhm Gott ſein zartes liebes Hertz-vnd HaußEnglichen / die jetzund hochbetruͤbte Fraw Wittib / ein gantz damahlen frembdes / wiewol hochanſehnliches Jungfrewlein / welche jhm hernach gantz lieblich / vnnd trewlich / bis ans Ende beygewohnet / an ſeine Seite getraͤwet hat.

Wenn[49]Chriſtliche Leichpredigt.

Wenn denn in ſeinem practico Curſu, vnſer Selige Herr Doctor / ſich ſehr milde vnd Gaſtfrey erzeiget / vnnd ei - nem jeglichen / mit denen hohen Gaben / die Er empfangendißitæ locæ hatte / als ein guter Haußhalter der mancherley gaben Got - tes / vnverdroſſen gedienet hat: Alß iſt er mit groſſem vber - lauff / von einem Patienten hieher / vom andern dorthin ge - zogen worden / das er gewiß nicht muͤſſig geſtanden / ſondern faſt Taͤglich vnd ſtuͤndlich / von einer Stad zur andern / von einem Hofe zum andern / von einer Gaſſe / von einem Hauſe zum andern / hat rennen vnnd lauffen muͤſſen: Alſo / das er oͤffters weder zum eſſen / noch zum Schlaffen / zeit gehabt.

War er ſchon zu Hauſe / ſo wanderten doch ſeine Ge - dancken / ſeine Feder / ſeine Conſilia, von einem Krancken zum andern. Deren er ſich mit ſolchem ernſt jederzeit hoͤchſt angenommen / das er daruͤber ſein ſelbſten vergeſſen. Hat demnach wie ein Helbrennendes Liecht andern geleuchtet / ſich aber daruͤber vorzehret / vnd hiermit auch innerhalb 21. Jahren / ſeinen Practicum curſum ſchleunigſt abſolviret.

Wie nun die Schweytzeriſche Koͤnigin Baſilea, nichtGast. promoti[o]- ne. ohne ſcharffe examination, offentliche diſputation, ſeine ſtudien, mit einem Doctoraliſchen Lorber Crantz finiret, vnd coroniret hat / alſo hat der Himliſche βασιλεὺς der Ewi - ge Koͤnig der Ehren ſeinen lauff vnd praxin, auch nicht ſine magnâ luctâ vnd luctu terminiren vnd kroͤnen wollen. Hat zuvorn auff ſeinem langwirigen Siechbette allerley gewalt - ſame anſtoͤſſe / grawſame ſchmertzen / vnd mancherley anfe - chtungen ausſtehen / vnnd vberwinden mũſſen / welche abzu - wenden er anfangs ſeiner Kranckheit / mit heilſamen Artz - neiſchen mitteln Chriſtlich vnd weißlich tentiret; Alß er aberreditu. vermercket / das dieſen jhre krafft / von oben benommen were /Ghat[50]Chriſtliche Leichpredigt. hat er ſich mit gedult / Glauben vnnd Gebet / begeben / vnter den Schutz ſeines Erloͤſers des Herrn Jeſu / tanquam Præ - ſidis militiæ Chriſtianæ vnnd deſſen auſpicijs ſeliglich ſu - periret, dieSuͤnde vnd Kranckheit / Not vnd Tod / Jammer vnd Elend.

Seine Seele oder Geiſt / welcher nur ein Gaſt war desAnimæ in cœleſtem patriam. Leibes / hat hindurch gebrochen / vnd iſt gebracht worden / zu ſeiner rechten Heymat / hat von GOTt nicht Doctoralem Lauream, ſondern die vnverwelckliche Kron des Lebens / der Gerechtigkeit vnd Herrligkeit / ja das πολίτευμα oder Buͤr - gerrecht der Kinder GOttes im Himmel erlanget vnnd be - kommen.

Sein Leib / welcher war ein Gaſt auff Erden / iſt nuCorporisad terræ hoſpi - tium. Chriſtlichem brauch nach / wieder zur Erden / in ſein Ruhkaͤm - merlein beſtattet worden / alda er fermentiret, putreficiret, vnd circuliret wird / tanquam in fimo vel ovo Philoſophi - co, erwartende der froͤlichen ſublimation oder aufferſtehung / ad Sempiternum Animæ conjugium vnd Glorioſiſſimum beatorum Triumphum.

Ob nun zwar vnſer ſelige / vmb Maͤnniglichen wolver -Concluſio contin〈…〉〈…〉 diente Herr D. Flaminius Gaſt / mein Waͤrdter / groſſer Freund vnd Gevatter / ja Hertz Vater / ſich faſt aͤngſtiglich / Hertzlich vnnd Lechzende geſaͤhnet hat / nach dieſer ſeeligen analyſi vnd auffloͤſung. Ihme auch die ruhe vnd Herrligkeit / auff ſeine Seuffzer vnd Hertzenswuntſch erfolget / billich zuquerelas guͤnnen iſt: So koͤnnen wir doch vnſre Orbitatem auch nit genungſam beweinen / Ob gleich vnſer Heupter zu Waſſer - brunnen / vnſer Augen zu Threnequaͤllen wuͤrden.

Denn die Krone vnſerer Hoffnung iſt gefallen / vns iſt jeſehr[51]Ch[r]iſtliche Leichpredigt. ſehr gros leid wiederfaren / vnd ſo vielmehr / weil Magnorum Virorum fata, fatalia zuſein pflegen.

Wie dem allem / ſo muͤſſen wir vns gleichwol auch ſelbſt haͤmmen / mit Gedult die wolverdiente ſtraffe tragen / in der hoffnung verharren / vnd im Gebet anhalten; Damit durch Vnglauben vnd Heydniſches murren GOtt nicht zu meh - rerm zorn / vnd zu mehrer ſtraffe genoͤtiget werde.

Das nun die Herren mit ſo groſſer anzahl vnd Condo -Gratias lentz, dieſe exequias zieren / das Gaſthauß der vorblieche - nen Leiche / mit Ehrenpreiß vnnd Gedaͤchtnuß Roͤßlein / be - ſtrewen / vnnd ſonder beſchwerd die betruͤbte Freundſchafft / wieder anhero comitiren wollen; Deſſen thut ſich gegen jhr Fuͤrſt. Gnaden / ewr Geſtreng. Excellentien, Ehrwuͤrden / Weißheiten vnnd Gunſten / fuͤr ſo hohe begnadung / wuͤrdi - gung / Ehrendienſt vnd Freundſchafft / die hochbekuͤmmerte Fraw Wittib / ſampt jhren weynenden Wayſelinzum De - muͤtigſten / Dienſt - vnd Freundlichſten bedancken. Iſt er - poͤttig mit jhrem Gebet / ſchuͤldiger Danckbarkeit vnd gebuͤr - licher Dienſtfaͤrtigkeit / dieſes vmb ſaͤmptliche groͤſten vermoͤ - gens zuverdienen. Wuͤntſchend von grund jhres Hertzens / das der getrewe GOtt ſie ſaͤmptliche / vor ſolchem ſchmertz -Votum. lichem Hertzleide vnd allem vbel in gnaden behuͤtten / vnd her - kegen mit aller erſprießlichen Leibes vnd der Seelen wolfart / zu guterGeſundheit vnd langem leben / Vaͤterlich verſorgen / Segenen vnnd Ehren wolle. Beſihlet hier mit ſich vnnd jhre Wayſelin ferner in dero gnaͤdigen ſchutz / guͤnſtige befoͤr - derung / geneigten favor, guten Willen vnd Freundſchafft. Der troͤſtlichen hoffnung / werden / wie zuvorn jhren ſeligen Herren vnd Vater / alſo auch jhre Perſonen jhnen zum beſten laſſen anbefohlen ſein vnd bleiben. M. V. D.

[52]

Epitæ - phium. D. T[.]O. M. & IMMORT. FAMÆ elegantiſs. MEDICI, ET PHILOSOPHI, Dn. D. FLAMINII GASTONIS ILLUS TRISS. PRINCIP. Lign. Ac Breg. & Guranæ Reipub. Archiatri Peritissimi Viri omni doctrinar. & literar. cultu, pietatis, Gratiar. & virtutum uſu planè admirabilis, QVI CUM PIE VIVENDO, PRUDENTER CONSULENDO, BENE FACIENDO, FELICITER MEDICANDO, DE QVIBUSV, PRÆCLARISS. MERERETUR: HEU! SUBITO INGENTI CUM BONOR. OMN. MOERORE UMBRAM VITÆ ISTIUS INVITÆ BULLAM INANIS OPINIONIS ALIIS LIBERALIVS INSERVIENDO PRÆTERIIT,[53] COELOR. ; GLORIAM, OMN. SCIENTIAM, BONOR. SUMMAM RE, FIDEq́;, APPREHENDIT. ANN. CHRISTI 1618. D 5. FEBR. ÆTATIS 47. CONJUG. 18.

QUONDAM Animæ ſuæ dimidio, Fidei ſacrario, vitæ præſidio, Hygyæ organo, charitum delicio, virtutum ocello Hoc Amor. Et Mnemos. Monument. P. P. P. BARBARA HELDIA CONIUX, ET FILII IV. GOTFRID. SEBAST. FRIDER. JOH. CHRISTIAN. GEORG. RUDOLPH. Cum Dolore Superstites.

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G 3FLA -[54]
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Epigraph. ſepulcbrælis. Flaminius Gasto
PRINCIPUM MEDICUS
ET
MEDICORUM PRINCEPS
QVAM
PL. ALIIS ARTE SUA PROROGARAT.
SIBIIPSI PERPETUARE NEQVIVIT
VITAM HANC LABILEM.
IMMO NOLUIT:
CUM
FATIS VOLENTIBUS.
IPSE
LUBENS VOLENSQ.
TERRÆ HOC HOSPITIUM DESERERET
COELORUMQ; PATRIAM REPETERET
RELICTO
Suis Luctu, Piis Exemplo, Ommibus Desiderio.
Glebæ V. Huic Exuvio
Anno Gratiæ
1618. D. 5. Februar.
TV QVISQVIS ES.
HOSPITIO MUNDUM, PATRIÆ TIBI PRÆFICE
COELUM,
FLAMINE VIVE DEO, RES AGE, SALVUS
ERIS.
FINIS.

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TextChristliche Leichpredigt/ Vber die Wort des H. Apostels Pauli 1. Cor. 2. â v. 9. usque ad 14. excl. Bey Ansehlicher Volckreicher Leichbegängnis/ Des weyland Edlen/ Ehrenvesten/ GroßAchtbaren vnd Hochgelährten Herrn Flaminii Gastonis
Author Martin Etner
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationChristliche Leichpredigt/ Vber die Wort des H. Apostels Pauli 1. Cor. 2. â v. 9. usque ad 14. excl. Bey Ansehlicher Volckreicher Leichbegängnis/ Des weyland Edlen/ Ehrenvesten/ GroßAchtbaren vnd Hochgelährten Herrn Flaminii Gastonis Martin Etner. . 55 Johan GormanWittenberg1618.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 O 581/6 / 509966

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

Editorial statement

Editorial principles

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:50Z
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Availability

Dieses Werk steht unter der „Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz“ (CC BY-SA).

Holding LibraryUniversitätsbibliothek Breslau
ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 O 581/6 / 509966
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