PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Leichpredigt /
Welche bey dem Begraͤbnuͤs Des Ehrbaren vnd Gelehrten Christophori Vtlandes des Juͤngern / Der freyen Kuͤnſte vnd Heiligen Schrifft Studioſi iſt gehalten worden Zur Lignitz in der Ober Pfarr - Kirchen zu S. Peter vnd Paul den 17. Februar. Jm Jahr nach der Geburt Chriſti 1611.
Gedruckt zurLignitzdurchNicolaum Schneider.
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Dem Ehrbahren vnd Wolgeachten Chriſtoff Vtland Buͤrgern vnd Beckern zur Lignitz / ſo wol Der Ehrbahren Tugendtſamen Frauen Vrſula Kretſchmerin / ſeiner lieben Haußehre
  • Wuͤntſche ich von GOtt dem HErren zum gluͤckſeli - gen neuen Jahr / neuen Segen / reichen Troſt / ge - wiſſe huͤlffe / vnd alle heilſame wolfahrt an Leib vnd Seele.

IM 68 Pſalm redet der Koͤnigliche Prophet David ſchoͤn vnd troͤſtlich von aller Chriſtgleubiger Menſchen zuſtand in dieſem leben / da er ſpricht: GOtt legt vns eine laſt auff / aber Er hilfft vns auch / wir haben einen Gott der da hilfft / vnd einen HErrn HErrn der vom Tode errettet. Mit dieſen worten lehret Er / das GOtt der HErr ſelber in dieſem Leben eine laſt des Creutzes vnd Truͤbſales / der kranckheit vnd des Todes vns vndA ijden[4]den lieben vnſerigen zuſchicke vnd auflege; Wie - wol aber Gott der HErr vns ſolche laſt aufleget / ſo iſt es doch gar troͤſtlich zuvernehmen / das der Prophet bald darauff ſaget / Aber er hilfft vns auch / eben der HErr der vns eine laſt aufleget / der hilfft vns auch. Vnd damit wir vns den troſt ja wol ein - bildeten / wiederholet Er denſelben vmb mehrer ge - wißheit willen zum andern mahl vnd ſpricht: Wir haben einen Gott der da hilfft / vnd einen HErrn HErrn / der vom tode errettet; einen ſolchen HErrn ſagt er haben wir an vnſerem lieben GOtt / der vns eine laſt aufleget / vnd der nicht allein aus Leibli - cher noth vnd gefahr / truͤbſal vnd kranckheit aus - hilffet / ſondern der vns auch vom Tode erretten / aushelffen vnd wieder lebendig machen kan. Weil nu dem alſo / ſo ſolt Ihr beide Chriſtliche Eltern in eurem ſchweren Haußereutz vnd betruͤbnuͤs / darein Euch der liebe Gott durch den toͤdlichen abgang eu - res gehorſamen lieben Sohnes Chriſtophori / von dem jhr gutte hoffnung gehabt freude vnd troſt an jhm zu erleben / geſetzet hat / euch kein anders einbil - den noch vberreden laſſen / als das Gott der HErr ſelber euch ſolche laſt des Creutzes vnd betruͤbnuͤs aufferleget / vnd euren lieben Sohn / als auch ſein liebes Kind in Chriſto nach ſeinem allerweiſſeſtenrath /[5]rath / willen vnd wolgefallen / aus euren Armen vnd Augen auff eine kurtze zeit hinweg geruͤcket hat. Ihr ſolt aber auch in eurer traurigkeit an die - ſen troſt des lieben Davids viel vnd offters geden - cken / das jhr einen ſolchen Gott habt / der Euch ge - wißlich in eurem ſchmertzlichen Creutz nicht ohne huͤlff vnd troſt laſſen wird / ſondern Er wird euch al - ſo beyſtehen / vnd euch troͤſten / wie einen ſeine Mut - ter troͤſtet / Eſa. 66. Er wird auch am Juͤngſten ta - ge euren lieben Sohn dem Tode gantz vnd gar aus ſeinem rachen heraus reiſſen / zum Ewigen leben aufferwecken / vnd wird euch denſelben mit Him - liſcher ehr vnd klarheit gezieret wieder zuſtellen / da jhr euch denn mit einander recht freueu werdet / die jhr jtzt eine kleine zeit traurig ſeid / wie 1. Petr. 1. geſchrieben ſtehet. Damit jhr aber mit ſolchem vnd dergleichem troſt eure betruͤbte hertzen deſto beſſer zu frieden ſtellen moͤget / hab ich auff euer freundli - ches anſuchen vnd bitten die Chriſtliche Leichpre - digt / welche ich bey eures lieben Sohnes Chriſto - phori Chriſtlichem Leichbegaͤngniß durch die gna - de Gottes gethan / ſchrifftlichen verfaſſen / vnd zum druck verfertigen wollen / die ich euch auch hiermit wil zugeeignet vñ vbergeben / auch Goͤttlicher gna - den vnd bewahrung ſambt euren lieben KindernA iijbefoh -[6]befohlen haben / freundlich bittende / wollet ja des langen verzugs halben keinen vngefallen tragen. Geſchrieben zur Lignitz auffm Pfarrhofe zu S. Peter vnd Paul / im jahre nach der ſeligmachenden Geburt vnſeres HErrn JEſu Chriſti 1612. den 1. Februarii / an welchem tage vor 36. Jahren H. An - dreas Baudiß mein lieber Vater ſeligen / zu Breß - law im 66. Jahr ſeines alters mit dem lieben Alt - Vater Simeon ſeliglich eingeſchlaffen / vnd zu ſei - nen Vaͤtern verſamlet worden iſt.

Andreas Baudiß / Superintend.

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  • Die Gnade Gottes des Himliſchen Vaters / die Liebe JEſu Chriſti ſeines Sohnes / der troſt vnd die gemeinſchafft des Hei - ligen Geiſtes ſey vnd bleibe jetzt vnd al - lezeit mit vns allen / Amen.

IM andern Buch der Koͤnige cap. 4. leſen wir / das den Studenten / welche vnter dem Prophe - ten Eliſæo zu Gilgal ſtudieret haben / zur zeit der teurung jhnen vnwiſſend ein gemuͤß von wilden Rancken vnd Colochinten zur Speiſe auff den Tiſch ſey vorgetra - gen worden / welches ſie nicht haben eſſen koͤnnen / vnd da - ruͤber bey jhrem Præceptore dem H. Propheten geklagt / vnd geſagt: O Mann Gottes / der Tod iſt im Topffe. Mit welchen worten ſie ſo viel zuverſtehen gegeben / wenn ſie das gerichte eſſen ſolten / ſo muſten ſie alle des Todes ſein / Da nu ſolches der Prophet des HErrn berichtet worden / hat Er bald raht gefunden / vnd befohlen / man ſolte nur ein wenig mehl darunter ſchitten / vnd da ſolches geſchehen / hat Er das Zugemuͤſe wieder heiſſen aufgeben / vnd den hungri - gen Studenten vortragen / da iſt bald nichts mehr boͤſes vnd ſchaͤdliches in dem Topffe vnd gemuͤſe erfunden wor - den / vnd die Studenten ſind alleſambt aus vorſtehender noth vnd gefahr jhres Leibes vnd Lebens durch den Pro - pheten Eliſæum errettet vnd beim leben erhalten worden. Hie haben wir auch / meine Geliebten im HErrn / fuͤr vns einen Chriſtlichen Studenten / auff ſeinem lager vnd in ſeinem Sarge liegen / welcher nicht allein in der zeit ſeines ſtudierens auff der Vniverſitet Wittenberg nach Gottes willen kranck worden / ſondern auch ſchwach vnd kranck mitſeinen[8]ſeinen lieben Landsleuten zu ſeinen hertzlieben Eltern an - heim kommen / in hoffnung / Er wuͤrde auch zu dieſem mahl der vorſtehenden gefahr des Todes / die jhm ſeine kranck - keit gedreuet / durch Gottes huͤlffe vnd ſeiner lieben Eltern treue wartuug mit den Studenten zu Gilgal entgehen / vnd ſein leben noch auff eine zeit zur beute davon bringen; Aber es hat gleichwol nicht ſein wollen / ſondern er hat nach Gottes rath eben dieſes Lagers vnd in dieſer kranckheit ſei - nen Geiſt auffgeben / vnd des Todes ſein muſſen / wie denn kein Menſch auff Erden zu finden / der nicht ſterben muſſe / er ſey in welchem ſtand er wolle / vnd es ſtehe gleich kurtz oder lang an / es geſchehe in der bluͤhenden Jugend / oder aber im ſchwachen Alter / denn wir muſſen alle ſterben / wie im 4. Buch der Koͤnige im 14. cap. geſchrieben ſtehet / vnd gehen dahin / wie das Waſſer fleuſt. Dieſen Chriſtlichen Studenten aber ſollen wir nicht allein mit gewoͤhnlichen Kirchen Ceremonien / ſondern auch mit einer kurtzen Leich - predigt auff ſeiner geliebten vnd betruͤbten Eltern anſu - chen vnd bitte an jtzo zur Erden beſtaten / damit nun dieſel - be moͤge alſo angeſtellet vnd verrichtet werden / das es Gott dem HErrn zu ehren / deme Chriſtlich verſchiedenen Stu - denten zum gedaͤchtnis / ſeinen betruͤbten Eltern aber vnd anderen in ſolchem vnd dergleichen fall Leidtragenden Chriſtlichen hertzen zu troſt gelangen moͤge / wollen wir GOtt den HErrn vmb ſeines Heiligen Geiſtes huͤlff vnd gnade demuͤttig anruffen / vnd mit einander ein andechti - ges Vater Vnſer beten.

DEr Menſch vom Weibe geboren le - bet kurtze zeit / vnd iſt voll vnruhe /[9] gehet auff wie eine Blume / vnd fellet abe / fleucht wie ein ſchatten / vnd bleibet nicht / vnd du thuſt deine Augen auff vber ſol - chem / das du mich fuͤr Dir ins Gerichte zeuheſt. Wer wil einen reinen finden bey denen / da keiner rein iſt? Er hat ſeine be - ſtimbte zeit / die zahl ſeiner Monden ſtehet bey dir / Du haſt ein ziel geſetzt / das wird Er nicht vbergehen.

(Hiob. Cap. XIIII. )

D wir / Geliebten im HErrn / ſchen vnd er - fahren / das viel feiner junger Leute / ſo dem euſer - lichen anſehen nach von Leibe ſtarck / von geſtalt ſchoͤne / kranck vnd vngeſtalt werden vnd ſterben / daruͤber ſollen wir vns nicht verwundern / denn ſolches je vnd je von alters her / wie die ſchrifft vnd allgemeine erfahrung be - zeuget / geſchehen / denn es iſt / ſpricht Sirach cap. 14. der alte bund / du muſt ſterben / vnd dem Menſchen iſt geſetzt ein mahl zu ſterben / darnach aber das gerichte / wie zun Hebræ. cap. 9. geſchrieben ſtehet. Von wem iſts jhnen geſetzt[?]Vom HErrn / denn der iſts / der die Menſchen leſſet ſterben. Pſ. 90. Wir pflegen zwar von den Kindern vnd lieben Jugend alſo zu reden / das ſie fein wachſen vnd zunehmen / aber wenn wir es recht anſehen / ſo iſt es in der warheit alſo: Je elter ſie werden / je neher ſie dem Tode vnd Grabe kommen / darumb ſaget der wolgeplagte HiobBallhier /[10]allhier / Der Menſch vom Weibe geboren lebet kur - tze zeit. Darumb ſollen ſich jede vñ alle Menſchen zu aller zeit zum Tode alſo ſchicken / das ſie allewege / wenn GOtt wil / zu ſterben willig vnd bereit ſein / vnd bedencken / das der Tod nicht ſeumet / wie Sirach lehret cap. 14. Vnd das wir das geſetzte ziel von Gott / wie vnſer Text lautet / nicht vbergehen koͤnnen. Damit wir aber den lieben Hiob in ſeinen worten deſto beſſer moͤgen verſtehen lernen / wollen wir auff dißmahl zwey Puͤnctlein aus dem verleſenen Text in Got - tes Namen zu handeln fuͤr vns nehmen.

Im Erſten wollen wir bericht anhoͤren von der kurtze vnd muͤheſeligkeit Menſchliches le - bens / ſambt derſelben vrſachen.

Im Andern / wollen wir von dem Troſt re - den / mit welchem wir vns in dieſem kurtzen vnd muͤheſeligen leben troͤſten vnd auffrichten ſollen.

GOtt verleihe ſeine gnad vnd ſegen darzu / Amen.

Vom Erſten.

D nemlichen der Menſchen leben kurtz vn[d]voll muͤhe vnd elendes ſey. Es iſt vnter allen ſichtbarlichen wercken Gottes keines ſo herrlich vnd ſo groß / als die erſchaffung des Menſchen / Der ſo gar wunderbarlich / wie der 139. Pſ. zeiget / gemacht iſt. Ein wunderſchoͤnes Gebew iſt die erſchaffung Himmels vnd der Erden; Der Himmel iſt wie ein ſchoͤnes Gewelbe / vnd hat doch keinen anſatz noch Pfeiler / darauff er ſtehet; Im Him - mel ſiehet man die helle leuchtenden Sternen / welche jhrenrichti -[11]richtigen lauff vnd gang / ordnung vnd bewegungen haben vnd behalten; Die Erde iſt voll der guͤtte vnd weißheit des HErrn Pſal. 33. der Erdboden vnd alles was darauff wohnet von Menſchen vnd allerley Thieren. Aber dieſe werck vnd Creaturen alle / ob ſie ſchon fuͤrtreflich vnd herr - lich ſein / vbertrifft ſie doch gar bey weiten admiranda Hominis fabricatio: Die wunderbahre erſchaffung des Menſchen / vnd die vberaus artige vnd ausbuͤndige dispoſi - tio vnd abtheilung aller Glieder Menſchlichen leibes / vnd derſelben groſſer nutz vnd gebrauch / wer wolte ſich nicht wundern / wie artig die Ohren mit jhren vmbgaͤngen abge - ſetzt / vnd wie kuͤnſtlich des Menſchen Zunge / nichts anders als ein wolklingendes Inſtrument / mit aller ſeiner zuge - hoͤr iſt bereitet vñ zugerichtet worden: Das ich jetzt anderer / fuͤr treflicher / nuͤtzlicher vnd nothwendiger Glieder mehr geſchweige / alſo das wenn keine andere Creatur auff Er - den zufinden were / an welcher Gottes vnſichtbares weſen / das iſt / ſeine ewige allmechtigkeit vnd Gottheit wuͤrde er - ſehen / ſo hetten wir ſolches an dem Menſchen / der wie eine kleine Welt iſt zur vollen gnuͤge zuſehen: Vnd wenn der Menſch nicht were durch des Satans Liſt vnd Mord ſo ſchendlich betrogen vnd verterbet worden / ſo were Er ge - wißlich allezeit ein ſchoͤner vnd heiliger Tempel Gottes ge - weſen; Aber nach dem fall iſt kein elender vnd duͤrfftiger Creatur auff dem gantzen Vmbkreiß der Erden zu finden / als der Menſch / wie denn die Schrifft hin vnd wieder von des Menſchlichen lebens kuͤrtze vnd fluͤchtigkeit / wie auch von deſſelben jammer vnd elend zeuget: Der Menſch vom Weibe geboren / ſpricht der liebe Hiob in den ab - geleſenen worten / lebet eine kurtze zeit / Mit dieſen wor -B ijten[12]ten lehret Er / das der Menſch in dieſem leben nicht allein dem Tode vnterworffen ſey / ſondern das er auch ſey bre - vium dierum / vnd eine kurtze zeit lebe / Denn jhr viel ver - gehen als bald in der ſchmertzlichen Geburt; andere gehen dahin in jhrer zarten Kindheit / etliche in der beſten bluͤte jh - res Alters / vnd wenn ſie nun faſt jhre Manbahre Jahr er - reichet. Wann ein morbus epidemicus einreiſſet / ſterben viel junge vnd alte heuffig dahin / baumſtarcke Leute / hinter derer einem / ſo zu reden / man hette fliehen moͤgen / ſind in wenig ſtunden rot vnd tod: In offentlichen Feldſchlachten werden offt jhr viel in wenig ſtunden erſchlagen: wil jtzund nicht von ſchrecklichen feuersbrunſten / vnd groſſem ge - waͤſſer vnd Vngewitter / vnd anderen vnzaͤhlbaren ſchwe - ren faͤllen / ſo ſich offt pflegen zuzutragen / reden / dardurch ein Menſch eilends vnd vnverſehens vmb ſein leben kom - men mag / alſo das Koͤnig David hierdurch vervrſachet gebetet hat / Pſal. 39. HErr lehre doch mich / das ein ende mit mir haben wird / vnd mein leben ein ziel hat / vnd ich da - von muß / Meine tage ſind wie eine hand breit bey dir / vnd mein leben iſt wie nichts fuͤr dir / wie gar nichts ſind doch al - le Menſchen / die doch ſo ſicher leben / Sie gehen dahin wie ein ſchemen / vnd machen jhnen viel vergeblicher vnruhe / Sie ſamlen / vnd wiſſen nicht / wer es kriegen wird. Vnd der H. Ertz Vater Jacob ſaget fuͤrm Koͤnige Pharaone in Aeg[y]pten im erſten Buch Moſis cap. 47. Die zeit meiner wahlfart iſt wenig vnd boͤſe / vnd langet nicht an die zeit meiner Vaͤter in jhrer wahlfart / Vnd Hiob cap. 7. ſpricht / Meine tage ſind leichter dahin geflohen / dann ein Weber - ſpul / vnd ſind vergangen / das kein auffhalten da geweſen iſt / gedencke HErr / das mein leben ein wind iſt; Wie nun ein Waͤber / wenn er wircket / die ſchiflein geſchwinde hinvnd[13]vnd wieder ſcheuſt / Alſo lauffen die Tage vnſeres lebens ſchnelle dahin / drumb ſpricht der Gottſelige Koͤnig Ezechi - as beim H. Propheten Eſaia cap. 38. Ich reiſſe mein leben abe / wie ein Weber / wie leicht vnd wie bald iſt ein fauler faden zuriſſen. Die Poeten haben getichtet dreierley Goͤt - tin / die ſie Parcas genennet haben / als die ſolche eigenſchaff - ten an jhnen haben / das ſie keines Menſchen lebens ver - ſchonen / derer eine / ſagen ſie / helt den rocken / die andere die ſpindel / die dritte ſchneit den faden ab / hiedurch haben ſie anzeigen wollen / wie bald es vmb des Menſchen leben ge - ſchehen ſey / vnd wie geſchwinde es vergehe / nichts anders als weñ man einen faden mit einer Schere oder Meſſer ab - ſchneidet.

2. Solches bezeugen die Exempel an Abel / der von ſeinem Bruder dem Cain / da er noch jung war / ploͤtz - lich vnd vnverſehens erſchlagen ward. Wir ſehens an der Jugend der erſten Welt / Gen. 7. vnd derer zu Sodom vnd Gomorrha Gen. 19. wie ſie in ſolchem gemeinem vn - gluͤck vnd ſtraffe ſind gar geſchwinde hinweg geruckt wor - den. Wir ſehens an Koͤnig Davids Soͤhnlein / das in ſei - ner erſten Kindheit ſchnelle dahin gefahren iſt 2. Sam. 12. ſolches beweiſen auch die erſtgebornen in Aegypten / welche alleſambt in einer nacht dem Wuͤrg Engel ſind zu theil worden; Wie in ſo ſchneller eil werden die zwey vnd viertzig Knaben zu Bethel von zweien Beeren zuriſſen vnd vmb - gebracht. 4. Reg. 2. Die ſieben Bruͤder der Maccabeer waren noch jung / da ſie von dem Tyrannen Antiocho all - zumahl ſind auff das aller ſchrecklichſte gemartert vnd ge - toͤdtet worden. 2. Maccab. 7. Die Kinder zu Bethlehem werden in jhrer erſten bluͤte jemmerlich erwuͤrget. Matth. 2. Vnd die allgemeine erfahrung bezeugets / das man derB iijKinder[14]Kinder vnd jungen Leut ſo viel vnd manchmahl auch mehr als der betageten vnd alten zu Grabe treget.

3. Solches erkleret auch der liebe Job mit zweyen gleichnuͤſſen. Die erſte iſt von einer Blumen genom̃en / wie dieſelbe bald aufwechſet / gewiñet ſchoͤne Bletter vñ Bluͤm - lein / ſtehet aber nur eine kurtze zeit / fellet abe / vnd verwel - cket / oder wird vnverſehens mit einer Saͤnſen vmbgehau - en / da verleuret ſie alſo bald jhre geſtalt vnd ſchoͤne / vnd verdorret / Alſo gehet es auch mit dem Menſchen / der wie ein Graß verdorret / wie der 102. Pſal. davon redet / Ein Menſch iſt in ſeinem leben wie Graß / er bluͤhet wie eine Blume auff dem felde / wenn der wind daruͤber gehet / ſo iſt ſie nimmer da / vnd jhre ſtaͤdte kennet ſie nicht mehr: So gehet es auch mit den Menſchen zu. Manches Knaͤblein vñ Jungfraͤulein / mancher feiner junger Geſelle vnd Jung - fraw / wechſt daher nach aller luſt / wie ein ſchoͤnes Garten - oder Wieſenbluͤmlein / ehe man ſich aber kaum vmbwen - det / koͤmbt der Menſchenmaͤder der Tod mit ſeiner Saͤn - ſen daher geſchlichen / vnd haͤuet ſolch Bluͤmlein abe / wirfft den Menſchen ins Grab / darinnen er vermodern / vnd den Wuͤrmen vnd Schlangen zur Speiſe werden muß.

Zum Andern vergleichet Job des Menſchen leben ei - nem ſchatten / was iſt aber geringer als ein ſchatte[?]Was vergehet eher als ein ſchatten[?]Vnſer Leben iſt wie ein ſchatten / vnd iſt kein auffhalten / ſtehet im erſten Buch der Chronica cap. 30. geſchrieben / vnd S. Jacob ſpricht in ſeiner Epiſtel cap. 4. Was iſt euer leben[?]Ein dampff iſts / der eine kleine zeit weret / darnach aber verſchwindet er. Im 90. Pſal. wird des Menſchen leben verglichen einem Strom / der ſchnelle dahin fehret; Einem Graß / das / ſo bald es abgehauen wird / verdorret; Einem ſchlaff / der bald ver -gehet;[15]gehet; vñ einem geſchwaͤtze / das bald voruͤber iſt: Des Men - ſchen leben iſt wie der Thierlein beim fluß Hyppanim le - ben / welche nur etliche ſtunden / vnd auffs aller lengſte ei - nen tag leben. Welches wir dann zur treuen warnung wol mercken / vnd in acht nehmen ſollen / wie vns auch Sirach lehret cap. 5. Verzeuch dich nicht zu dem HErrn zu bekeh - ren / vnd ſcheub es nicht von einem tag auff den andern / denn ſein zorn koͤmbt ploͤtzlich / vnd wirds rechen / vnd dich verterben. Vnd cap. 18. ſpricht er / Spare deine buſſe nicht / biß du kranck wirſt / ſondern beſſere dich / weil du noch ſuͤn - digen kanſt / verzeuch nicht from zu werden / vnd harre nicht mit beſſerung deines lebens biß in Tod; Lerne mit jenem Altvater ſagen / Hodiè pœnitentiam agam, Cras in me fiat Domini voluntas: Heute wil ich buſſe thun / morgen geſchehe an mir des HErrn wille.

II. Das vnſer Leben auch voll vnruhe vñ voll jam - mers vnd elendes iſt / lehret vnd bezeuget auch allhier der liebe Job / da er ſpricht: Der Menſch vom Weibe ge - boren / lebet kurtze zeit / vnd iſt voll vnruhe; Er ſaget nicht allein / das der Menſch in ſeinem leben vnruhe habe / ſondern er ſpricht auch / das des Menſchen leben voll vn - ruhe ſey / wie ingleichem Sirach cap. 40. davon redet / Es iſt ein elend jaͤmmerlich ding / vmb aller Menſchen leben / von Mutter leibe an / biß ſie in die Erde begraben werden / die vnſer aller Mutter iſt / da iſt jmmer ſorge / furcht / hoff - nung vnd zu letzt der Tod / ſo wol bey dem / der in hohen eh - ren ſitzet / als bey dem geringſten auff Erden / ſo wol bey dem / der Seiden vnd Krone treget / als bey dem / der einen groben kittel an hat. In Summa es iſt kein Menſch / kein Alter vnd Stand / der nicht ſeine ſonderliche beſchwerunghat;[16]hat; Der alte Poẽt Heſiodus ſpricht: Es iſt alles zu Waſ - ſer vnd zu Lande voll truͤbſal; Der Menſch Enoſch ge - nant miſerabilis iſt je vnd allewege auff Erden vielem truͤbſal vnterworffen. Sein erſter eingang in die Welt hebt ſich mit ſchreien vnd weinen an / wie im Buch der weiß - heit capit. 7. der weiſe Koͤnig Salomon von ſich ſchreibet vñ bekennet / Weinen iſt / gleich wie auch der anderen / meine erſte ſtimme geweſt / vnd bin in den windeln aufferzogen mit ſorgen / vnd es hat kein Koͤnig einen andern anfang ſei - ner geburt / ſondern ſie haben alle einerley eingang in das leben / ſein fortgang erſtrecket ſich durch das jammerthal Pſal. 84. Vnd gehet durch viel truͤbſal Act. 14. Vnd wie alle Menſchen einerley eingang in diß leben haben / alſo ha - ben ſie gleichen ausgang / denn wir enden doch alle vnſer leben mit angſt vnd ſchmertzen / Dannenher ſchreibet die Epiſtel an die Hebreer cap. 5. von vnſerem hochgeliebten Heiland JEſu Chriſto / das Er am tage ſeines fleiſches ge - bet vnd flehen mit ſtarckem geſchrey vnd thraͤnen geopffert hat / zu dem der jhm von dem Tode koͤndte aushelffen / vnd iſt auch erhoͤret / darumb das er Gott in ehren hatte. Ein Kind ehe es anfenget zu gehen / ritſcht es auff der Erden hin vnd wieder / vnd wenn es mit der hand gefuͤhret wird / ſo hengt vnd ſenckt es ſich mit dem Haͤuptlein vnd gantzem Leibe zur erden / vnd deutet hiermit an / das es in die erde gehoͤre. Der Menſch der eine weile lebet / vnd auff der erden herumb wandert / was thut er anders / als das er mit ſeinen Fuͤſſen die Erde gleich aushoͤlet / vnd eine grube in die Erde machet / darein er nachmahls ſol geleget werden. Wenn denn die boͤſen Tage kommen / vnd die Jahr herzu treten / wenn die Huͤtter im Hauſe zittern / vnd ſich die ſtarcken kruͤmmen / vnd muͤßig ſtehen die Muͤller / das jhr ſo wenigwor -[17]worden iſt / vnd finſter werden die geſichter durch die fen - ſter / weñ der Mandelbaum bluͤhet / vnd die Hewſchrecken be - laden wird / vnd alle luſt vergehet / dann muß der ſtaub wie - der zur erden kommen / wie er geweſen iſt / vnd der Geiſt wie - der zu Gott / der jhn gegeben hat / wie Salomon in ſeinem Prediger Cap. 12. darvon redet.

III. Wanher koͤmbt es dann / das der Menſchen leben hie auff Erden ſo kurtz vnd voller vnruhe iſt[?]vnd wie koͤmbts / das alle Menſchen jung vnd alt / wenn ſie jhre zeit vnd ziel erreichet haben / ſterben muͤſſen / vnd in die Er - de verſcharret werden[?]Daher koͤmbt es / das Job allhier ſagt: Der Menſch vom Weibe gebohren / deñ wie S. Paulus zeiget / Das Weib iſt zum erſten verfuͤhret / vnd hat die vbertretung eingefuͤhret. Es koͤmbt alles von vnſer er - ſten Eltern fall / ſuͤnde vnd vbertretung her / drumb ſpricht S. Paulus Roͤm 5. Wie durch einen Menſchen die Suͤnde iſt kommen in die Welt / vnd der Tod durch die Suͤnde / al - ſo iſt der Tod zu allen Menſchen durchgedrungen / dieweil ſie alle geſuͤndiget haben / Vnd Job ſpricht allhier: Wer wil einen reinen finden bey denen / da keiner rein iſt. Das iſt ei - ne vrſach das wir nemlich vmb der Suͤnden vnd vnſer an - gebornen vnreinigkeit willen ſo vielem jammer vnd elend in dieſem leben vnterworffen ſein / vnd endlich auch Sterben vnd Erde keuen muͤſſen.

2. Die andere zeiget Moyſes an / Pſal. 90. Das macht dein Zorn / das wir ſo vergehen / vnd dein Grim / das wir ſo ploͤtzlich dahin muͤſſen.

3. So hat jhm der Sathan auch durch die Suͤn - de ein recht zu den Menſchen genommen / alſo das durch des Teuffels neid der Tod iſt in die Welt kommen / vnd dieCſeines[18]ſeines theiles ſind helffen auch darzu / ſpricht das Buch der Weißheit am 2. Cap.

IV. Dieſe betrachtung der kuͤrtze vnd muͤheſelig - keit vnſeres lebens iſt vns ſehr nuͤtz vnd gut / das wir Erſtli - chen daraus lernen / das wir nicht ſollen ſtoltz vnd hoffertig ſein / deñ was iſt doch der Menſch anders / als ein eitel ſchend - licher Kott / weil er auch lebet / vnd wenn der Artzt ſchon lan - ge daran flicket / ſo gehets doch endlich alſo / Heute Koͤnig / morgen Tod / vnd wenn der Menſch Tod iſt / ſo freſſen jhn die Schlangen vnd Wuͤrmer / Strach. 10.

2. Es ſol vns auch ſolche betrachtung darzu die - nen / das wir dardurch zur wahren Buſſe vnd beſſerung vn - ſeres lebens auffgemuntert werden / wie Strach cap. 7. ver - mahnet: Was du thuſt / ſo bedencke das ende / ſo wirſtu nim - mermehr vbels thun / Vnd wie wir im 95. Pſalm vermahnet werden: Heute ſo jhr ſeine ſtimme hoͤren werdet / ſo verſto - cket eure hertzen nicht.

V. Was nun / meine Geliebten / von der kuͤrtze vnd elend Menſchliches lebens iſt geredet worden / das ſe - hen wir augenſcheinlich an dieſem Chriſtlichen Studenten Christophoro Vtland / Denn 1. ſein erſter eingang in dieſes leben iſt geweſen flebilis, hatt ſich mit ſchreyen vnd weinen angefangen den 10. Octobr. An. Chriſti 1589. wie aller Menſchen leben.

2. Er iſt von Gottſeligen Chriſtlichen Eltern / als dem Ehrbarn vnd Wolgeachten Chriſtoff Vtlanden Buͤr - gern vnd Beckern alhier / vnd der Ehrbaren Tugendſamen Frauen Vrſula Kretſchmerin durch Gottes ſegen auff dieſe Welt gezeuget worden / die haben Jhn auch von Kind auff Ehriſtlichen erzogen / vnd zur Schulen gehalten / wieEr[19]Er deñ Anno 95. den 17. April im ſechſten Jahr ſeines Al - ters in vnſere Chriſtliche Stad-Schule iſt geſchickt vnd ge - than worden. Nachmaln iſt Er Anno 1607. den 9. Junij in die fuͤrnehme vnd beruͤmbte Schule zu Breßlaw verſchicket worden; Endlich hat Er ſich nach ſeiner lieben Eltern vnd gutten Freunde rath Anno 1610. den 2. Maij / war der Sontag Jubilate mit freuden erhaben / auff die weitbe - ruͤmbte Vniverſitet Wittenberg Studierens halben bege - ben / da Er denn ſeine zeit wol angewendet / die freyen Kuͤnſte fleiſſig Studieret / vnd hat ſich beyneben in Gottes nahmen auff das Studium Theologicum vnd die heilige Schrifft zu Studieren begeben.

3. Der fortgang ſeines lebens hat ſich zimlich ſchwach angelaſſen / deñ Er bald im erſten Jahr ſeines auß - reiſens vmb die zeit des Advents zu Wittenberg kranck wor - den / da Er denn alsbald nach des weiſen Mannes Sirachs cap. 38. vermahnung / den allerhoͤchſten vnd beſten Artzt vmb ſeine huͤlffe demuͤttig angeflohen / vnd GOtt den HErrn gebeten hat / Er wolle Ihn / ſo es Jhm gut vnd Se - lig were / wiederumb geſund machen; Darnach hat Er auch einen fuͤrtreflichen Doctorem daſelbſt conſuliret, vnd nach deſſelben Rath der ordentlichen mittel der Artzney ſich gebrauchet. Das Gebet zu Gott hat Jhm dieſen nutz vnd frommen gebracht / das Jhm GOtt der HErr verliehen / das Er den 22. Januarij mit etlichen ſeinen lieben Landes - leuten hat zu hauſe / vnd zu ſeinen lieben Eltern gelangen koͤnnen / welches Jhm denn auch der gutten Cur vnd war - tung halben ſehr zutraͤglichen vnd troͤſtlichen geweſen / ſeine kranckheit aber hat ſich mit Jhm alſo gemehret / das Er von tag zu tage ſchwaͤcher worden / in derſelben iſt Er geduͤldigC ijgewe -[20]geweſen / ſich hertzlich getroͤſtet / ſonderlich aber aus dem 8. Pſalm / das Ihm GOtt aus dem Munde der vnwuͤndigen vnd Seuglingen wolle eine macht zurichten. Er hat mit dem lieben David ſeine Augen auffgehaben zu den Bergen / vnd zu dem HErrn / der Himmel vnd Erde gemacht hat / von welchem alle huͤlffe koͤmbt / vnd hat ſich aus dem 42. Pſalm getroͤſtet / das Gott der HErr auch ſeines angeſich - tes huͤlffe vnd ſein Gott ſein vnd bleiben werde.

4. Nach dem ſich ſein trauriger / aber doch ſeliger außgang aus dieſem leben herzu genahet / hat Er in ſeiner groſſen angſt mit dem lieben David aus dem 25. Pſalm zu Gott geruffen / Die angſt meines hertzens iſt groß / o HErr fuͤhre Du mich aus meinen noͤthen / hat ſich hierauff durch meinen Herrn Collegam mit den ſchoͤnen troͤſtreichen ſpruͤ - chen Altes vnd Neues Teſtaments laben vnd erquicken laſ - ſen / vnd inbruͤnſtig gebetet.

Ach bleib bey mir HErr JEſu Chriſt
Weil es nu Abend worden iſt /
Dein Wort O HErr das ewig Licht
Laß ja bey mir außleſchen nicht.

Vnd hat jhn mit dem letzten wort vnd Gebet des HErrn Chriſti am Creutze / Vater in deine Haͤnde befehle ich dir meinen Geiſt / außbeten laſſen / vnter welchem Er auch in wahrem glauben vnd Chriſtlicher geduld am Sontag Eſto mihi, war der 13. Februarij vmb 10. vhr vor Mittage auff ſeinem lager vnd in ſeiner lieben Eltern behauſung vnd ge - genwart im 22. Jahr ſeines Alters im HErrn ſeliglich ein - geſchlaffen / vnd verſchieden iſt / alſo das freylich / wie Johannes redet / ſein leben auch ein kurtzes vnd muͤheſeliges leben vnd voller vnru - he geweſen iſt.

Vom[21]

Vom Andern.

W nun den andern punct nemlich den troſt anlanget / mit welchem wir vns in dieſem kurtzen muͤheſeligen vnd vnruhigen leben troͤſten vnd auff - richten ſollen / iſt erſtlichen / Geliebten im HErrn / wol zu mercken / wen wir von vnſers lebens kuͤrtze vnd vnruhe / truͤb - ſal vnd elend hoͤren reden / vnd vns darbey erinnern / das wir alleſambt vnrein vnd Suͤnder ſein / ſollen wir auch als bald gedencken an vnſern HErrn JEſum Chriſtum / auff wel - chen der HErr alle vnſere Suͤnde geworffen hat / Eſa. 53. vnd welcher macht die reinigung vnſerer Suͤnden durch ſich ſelbſt / Hebr. 1. So wird vns vnſere Suͤnde nicht ſchaden / vnd von der liebe Gottes / die wir haben in Chriſto JEſu / vñ dem ewigen leben nicht abſcheiden koͤnnen Roͤm. 8. Vnd alſo ſollen wir vns mit des HErrn Chriſti Blut / dadurch wir von allen vnſern Suͤnden gereiniget werden / wieder vnſer Suͤnde vnd vnreinigkeit troͤſten.

2. Dem zorne Gottes aber wieder vnſere Suͤn - de ſollen wir entgegen halten den teuren verdienſt / volkom - menes Opffer / vnd genugthuung des HErrn Chriſt / wel - cher iſt die verſoͤhnũg fuͤr vnſere / nicht allein aber fuͤr die vn - ſere / ſondern auch fuͤr der gantzen Welt ſuͤnde. Joh. 2. Vnd nu wir ſind gerecht worden durch den glauben / ſo haben wir friede mit GOtt durch vnſern HErrn JEſum Chriſtum / denn wir ſind Gott verſoͤhnet durch den Todt ſeines lieben Sohnes / wie S. Paulus zun Roͤmern cap. 5. lehret.

3. Der kuͤrtze vnd vergengligkeit dieſes lebens ſol - len wir entgegen ſetzen des zukuͤnfftigen ewigen lebens vn - vergengligkeit / vnd beſtendigkeit / ſintemahl / wie S. PetrusC iijſaget[22]ſaget 1. Epiſt. 1. ein vnvergaͤngliches / vnbeflecktes vnd vn - verwelckliches Erbe behalten wird im Himmel dehnen / die aus Gottes macht durch den glauben bewehret werden zur ſeligkeit.

4. Wieder die vnruhe vnd elend dieſes lebens ſol - len wir mit S. Paulo Roͤm. 8. cap. darfuͤr halten / das die - ſer zeit leiden nicht werth ſey der herligkeit / die an vns ſol of - fenbahret werden.

5. Weñ wir denn daran gedenckẽ / das vnſer leben wie ein Graß verdorret / vnd wie eine Blume verwelcket / ſo ſollen wir vns auch darbey erinnern der vnverwelckli - chen Kron der ehren 1. Petr. 5. vnd des lebens / welches alle die jenigen zugewarten haben / welche trew vnd feſt bleiben im glauben biß in den Tod / wie die offenbahrung S. Jo - han cap. 2. zeuget.

6. Vber diß ſo iſt es war vnd gewieß / das kein Menſch er ſterbe jung oder alt / ohnegefehr vnd zufelliger weiſe ſterbe / ſondern wir leben / ſo lange Gott wil / vnd ſter - ben / wenn Gott wil / der auch einem jeglichen eine beſtimbte zeit zu leben verordnet / vnd ſein Ziel geſtecket hat / wie Job allhier ſaget: Die zeit ſeiner Monden ſtehet bey Dir / Du haſt jhm ein Ziel geſetzt / das wird Er nicht vbergehen / Der - gleichen rede fuͤhret der Koͤnig David Pſalm 31. Meine zeit ſtehet in deinen Haͤnden.

Mit ſolchem vnd dergleichen Troſt aus dem Bruͤnlein Iſraëlis geſchoͤpffet ſollen wir vns in dieſem kur - tzen / muͤheſeligem / vnd vnruhigem leben troͤſten vnd auff - richten. Vnd alſo hat ſich auch dieſer Chriſtliche Student Chriſtophorus Vtland in ſeinem kurtzen vnd muͤheſeligen leben getroͤſtet / Bekennet hat Er / das Er auch vnrein vndein[23]ein armer Suͤnder ſey vnd geſagt / Jch armer Menſch gar nichts nicht bin / Gottes Sohn allein iſt mein gewin / das Er Menſch worden iſt mein troſt / Er hat mich durch ſein Blut erloͤſt. Solchen troſt hat Er genommen aus den E - vangeliſchen Machtſpruͤchen Joh. 1. Siehe das iſt Gottes Lamb / das der Welt Suͤnde tregt / vnd in der 1. Epiſt. S. Johannes 1. cap. Das Blut JEſu Chriſti des Sohnes Gottes macht vns rein von aller Suͤnde. Er hat ſich wie - der das ſchrecken des zornes Gottes getroͤſtet mit ſeines HErrn Chriſti tod / dadurch Er mit Gott iſt verſoͤhnet wor - den / die kuͤrtze ſeines lebens hat Er vberwundẽ mit dem troſt des jmmerwehrenden ewigen lebens. Jn ſeinem Creutz / truͤbſal vnd Kranckheit hat Er ſich mit S. Paulo in der 2. an die Corinther am 4. cap. auffgezeichneten troſtſpruͤch - lein erquicket / welches alſo lautet: Vnſer truͤbſal die zeit - lich vnd leichte iſt / ſchaffet eine ewige vnd vber alle maß wichtige herrligkeit Vns / die wir nicht ſehen auff das ſicht - bahre / ſondern auff das vnſichtbahre / denn was ſichtbar iſt / das iſt zeitlich / was aber vnſichtbar iſt / das iſt ewig. Ob Er auch als eine Blume vnd Graß verdorren muͤſſe / ſo iſt Er doch in gutter hoffnung geſtanden / die vnverwelckliche Cro - ne der ehren / des lebens vnd der Gerechtigkeit zu empfan - gen / welche Jhm Gott der gerechte Richter an jenem tage geben wuͤrde / nicht aber Jhm alleine / ſondern auch allen die ſeine erſcheinung lieb haben / 2. Tim. 4. Neben dieſem hat Er wol verſtanden vnd gegleubet / Er lebe oder ſterbe / ſo ſey Er des HErren Roͤm. 14. vnd das Er ſeine beſtimbte zeit zu leben von Gott habe / vnd das die zahl ſeiner Monden bey dem HErrn ſtehe / der habe Jhm eim ziel geſetzt / das werde Er / wenn die zeit ſeiner aufloͤſung herbey kommen wird / nicht vbergehen / wie Er denn auch nach Gottes vnerforſchlichemRath /[24]Rath vnd ſeinem Vaͤterlichen willen vnd wolgefallen in dem Jahr / Monat / tag vnd ſtunde ſein leben Chriſtlichen geendet vnd beſchloſſen / welche Jhm Gott der HErr ſelbſt beſtimmet vnd verordnet hat / Deſſen ſich nu auch ſeine liebe Eltern vñ Geſchwiſter erinnern / damit troͤſten / jhre Seelen mit geduld faſſen / vnd ſich im glauben vnd geduld in den wil - len des allmechtigen Gottes ſchicken vnd ergeben / vnd es fuͤr gewiß halten / das ob zwar jhr lieber Sohn vnd Bruder dieſes zeitliche leben in ſeiner bluͤhenden jugend hat vberge - ben muͤſſen / das Er doch durch den Tod zum ewigen leben herdurch gedrungen / aus aller vnruhe zur rechten ruhe vnd freude / aus der hoffnung zur belohnung / aus allem truͤbſal vnd traurigkeit zur ewigen freude vnd wonne / vnd aus dem tode zum leben / aus der irdiſchen wanderſchafft vnd heymath ins ewige Vaterland angelendet vnd kommen ſey / deſſen ſey Gott gelobet in ewig - keit /

AMEN.

Obitus Anni, Menſis, Diei Chronologia.

TertIVs & bIs qVIntVs erat FebrVVs, qVo VtLan -
DesIIt eſſe ſoLo, CepIt Ineſſe poLo. DVs
FeLIX ó feLIX ortVs! pereVntIa LIqVIt
qVò CIto, perpetVIs geſtItat atqVe frVI.

Dan. Baudisius.

[25]

Etliche Gebetlein / welche Christophorus Vtland der Juͤnger / ſeeligen / vnter anderen vor ſeinem En - de in ſeiner Niederlage gebrauchet.

I.

O HErr vnd liebſter Vater mein
So es dein heilger will mag ſein /
So hilff mir von der Kranckheit ab /
Geſundheit HErr iſt deine gab /
Mach mich geſund / ſo will ich ſein
Jn ewigkeit der Diener dein /
Vnd außbreiten dein heilges Wort /
Welchs Vns fuͤhret zur himmels-Pfort.

II.

CHriſt o Himliſcher Seelen Artzt /
Der du auch dieſes Coͤrpers wartſt /
Mach mir mein Seel von ſuͤnden rein /
Vnd huͤlf dem leib vom ſchmertz vnd pein.
III. [26]

III.

WJe es dir gfallen thut HErr Gott
So mach es auch mit meiner noth /
Dein will mein will ſoll allzeit ſein /
Jm tod vnd leben bin ich dein.

IIII.

GOtt der du ſagſt im worte dein /
Du wolſt vnſr aller Vater ſein.
Behalt gegn mir dein Vater hertz /
Das ichs nicht durch die ſuͤnd verſchertz.
HErr ich bin woll nicht werd zu ſein
Ein liebes Kind vnd Erbe dein.
Aber dein gnad mich wuͤrdig macht /
Das ich meiner vnwuͤrd nicht acht.
Vnd wo hatt man auch jemals zwar
Diß von eim eingen Kind erfahrn /
Daß es muſt von den Eltern ſein
Abverdienen die Erbſchafft ſein.
Eim Kind wird angebohrn das Erb /
Es iſt nicht noth daß es erwerb /
So bald ein Kind gebohren wird /
So bald der Eltern Erbe wird.
Alſo iſt angebohren vns
Die himliſch Erbſchafft gar vmb ſonſt
Durch[27]
Durch die geburt des Jeſuleins /
Welchs worden iſt vnſr Bruͤderlein /
Jſt Er denn nu der Bruder mein
So muß ſein Vatr auch mein Vatr ſein /
Was darff ich nu des himmels Erb
Bey Gott verdienen odr Erwerbn /
Gott iſt der liebſte Vater mein
So muß der himmel auch mein ſein.
Denn was eins Vatern eigen iſt /
Das iſt auch ſeines Kinds gewiß.
Des troͤſt ich mich vnd ſterbe drauff
Wenn ich vollbracht hab meinen lauff /
Was Gott zuſagt im Worte ſein /
Das iſt gewiß / drauff ſchlaff ich ein.
JEſu du liebſter Bruder mein
Laß diß mein letzt gedancken ſein /
Fahr hin mein Seel in Gottes nahmn
Auff ſein wort ſag von hertzen Amn.

About this transcription

TextLeichpredigt/ Welche bey dem Begräbnüs Des Ehrbaren vnd Gelehrten Christophori Vtlandes des Jüngern
Author Andreas Baudis
Extent27 images; 5666 tokens; 1805 types; 36456 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationLeichpredigt/ Welche bey dem Begräbnüs Des Ehrbaren vnd Gelehrten Christophori Vtlandes des Jüngern Andreas Baudis. . 27 Nicolaus SchneiderLiegnitz1611.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 O 717/6 / 510575

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:51Z
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