PRIMS Full-text transcription (HTML)
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SALUTIFERUM CHRISTI VOLO.
Der gantz gnaͤdi - ge / heylſame Wille vnſers allerlieb - ſten Heylandes vnd Erloͤſers JESV CHRJSTJ: Zur Leich - Ehr - vnd Gedechtnuͤß Predigt /
Bey der Chriſtlichen Sepultur vnd Begraͤbnuͤß Deß weyland Ehrenveſten / Achtbarn vñ Wolgelarten Herrn ABRAHAMI GASTS / Medicinæ Candidati, Welcher am H. Oſtertage / war der 23. MonatsTag April. zwiſchen 3. vnnd 4. Vhr nach Mittage / ſanfft vnd ſtill auß dieſem Leben abgeſchieden vnd entſchlaffen / Vnd hernach den 27. als Donnerſtags / Chriſtli - chem / loͤblichem Brauch nach / zur Erden beſtattet worden / Jn der Pfarr Kirchen zu Schwibuſſen bey anſehnli - cher Volckreicher Verſamblung Auß den Worten Chriſti (Joannis cap. 17. v. 24.)Vater / Jch wil / &c. ()
Gedruckt zuFranckfurtbeyMichael Koch.
[2][3]Chriſtlicher LeichSermon.

Chriſtlicher LeichSermon.

Prima Præfata.

DEr Aufferweckete OſterKoͤnig vnd triumphirende SiegsFuͤrſte Chri - ſtus JEſus / der darzu geſtorben vñ auffer ſtanden / vnd wieder lebendig worden / daß Er vber Todte vnnd Lebendige HErr ſey / Rom. 14. vnd ſich verlautẽ leſt: Jchv. 9. war todt / vnd ſihe / ich bin lebendig von Ewig - keit zu Ewigkeit / vnnd habe die Schluͤſſel der Helle vnd deß Todes / Apoc. 1. ſintemal er demv. 18. Tode die Macht genom̃en / vnd das Leben / vnd ein vnvergaͤngliches Weſen ans Liecht ge - bracht / 2. Tim. 1. ſey vnſer vnd aller betruͤbtenv. 10. vnnd leidetragenden Troſt / Leben / Liecht / Huͤlffe / Schutz / Safft / Krafft vnd maͤchtige Erquickung / Amen.

ANdaͤchtige / zum theil hochbetruͤbte / in dem Fuͤrſten deß Lebens aber alleſamptApocal. 3. v. 14. Außerwehlte vnnd Geliebte Chriſten: Gregorius der alte KirchenLehrer / als er die Nichtigkeit vñ Fluͤchtigkeit deß MenſchlichenVerglei - chung deß Menſchlichẽ Lebens mit einem Schiff - man. Denn es iſt der Menſch: Lebens bedencket / bricht er in ſolche Wort auß / vnd ſpricht: Vita noſtra naviganti ſimilis est: Is enim, qui navigat, ſtet, ſedeat, jaceat, ſemperA ijvadit,[4]Chriſtlicher LeichSermon. vadit, quia impulſu navis ducitur: Sic & nos vigilantes, ſive dormientes, per momenta tem - porum quotidiè ad finem tendimus. Das iſt: Vnſer Leben iſt gleich einem Schiffman: Deñ der jenige / der auffm Schiffe fehret / er ſtehe / er ſitze oder liege / ſo koͤmpt er jmmer weiter / er wird auffm Schiffe jmmer fortgefuͤhret: Alſo gehets auch mit vns Menſchen in dieſen zeitli - chen Leben / Wir wachen oder ſchlaffen / ſo ſtreicht die Zeit jmmer fort / vnd wir eilen taͤg - lich jmmer zum Ende.

Dieſe Wort deß Alten Lehrers ſtimmen fein vberein mit dem / was im Buch der Weiß - heit geſchrieben ſtehet: Vnſer Leben fehret da - hin / wie ein Schiff auff den Waſſerwogen da - hin leufft / welches man / ſo es fuͤruͤber iſt / keine ſpur finden kan / noch deſſelben Bahn in der Fluth. Oder wie ein Vogel / der durch die Lufft fleugt / da man ſeines weges keine ſpur finden kan. Denn er regt vnd ſchlegt die leichte Lufft / treibt vnd zertheilet ſie mit ſchwebenden Fluͤ - geln / vnd darnach findet man kein Zeichen ſol - ches Fluges darinnen: Oder als wenn ein Pfeil abgeſchoſſen wird zum Ziel / da die zer - theilte Lufft bald wieder zuſammen fellt / daß man ſeinen Flug nicht dardurch ſpuͤren kan. Alſo[5]Chriſtlicher LeichSermon. Alſo auch wir / nach dem wir geboren ſind ge - weſen / haben wir ein ende genommen. Dar - auß wir verſtehen / wie der Menſch hier in die -α Ein Gaſt vnd Pilgrim. ſem Leben nur ein Gaſt vnnd Frembdling / ein Pilgrim vnd Wandersman ſey / der hier keine bleibende ſtadt habe / ſondern die zukuͤnfftigev. 14. ſuchen muͤſſe / Hebr. 13. Wie ſolches erkandte der Ertzvater Jacob, darumb er fuͤr Pharaone, als er gefragt wurde / wie alt er were / ſein vnd ſeiner Vaͤter / ja aller Menſchen Leben / einer Wanderſchafft vergleichte / vnd ſagte Gen. 47. v. 9.Die Zeit meiner Wahlfarth iſt hundert vnnd dreyſſig Jahr / wenig vnd boͤſe iſt die Zeit mei - nes Lebens / vnd langet nicht an die Zeit mei - ner Vaͤter in jhrer Wahlfarth. Denn GOtt hat den Menſchen geſchaffen auß der Erden / vnd macht jhn wieder zur Erden / vñ beſtimpt jm die zeit ſeines lebẽs / ſpricht Syrach der wei - ſe ZuchtLehrer in ſeinẽ Haußbuͤchlein cap. 17. v. 1. & 2.

Denn aller Menſchen vrſprung vnd her -β Erde vnnd Staub. kommen iſt anders nichts / als pulvis & terra, eine ſchlechte bloſſe Erde / welche endlich zerſtie - ben vnd zerfallen muß / wie Gott der HErr ſel - ber bald nach dem klaͤglichen Suͤndenfall zu vnſerm Großvater Adam ſagte / im Buch der Schoͤpffung am 3. Cap. Jm ſchweiß deinesv. 19.A iijAnge -[6]Chriſtlicher LeichSermon. Angeſichts ſoltu dem Brodt eſſen / biß daß du wieder zur Erden werdeſt / davon du genom̃en biſt / denn du biſt Erdẽ / vnd ſolt zu Erden wer - den. Deſſen ſich in ſeinem groſſen ſchweren Creutz auch erinnerte der fromme Creutztraͤ -v. 8. & ſeq. ger Hiob cap. 10. da er ſpricht: Deine Haͤnde Gott haben mich gearbeitet vnd gemacht / al - les was ich vmb vnd vmb bin / vnd verſenckeſt mich ſo gar; Gedencke doch / daß du mich auß Leimen gemacht haſt / vnnd wirſt mich wiederγ Fluͤchtig vnd vnbeſtaͤndig. zur Erden machen. Drumb iſts bald mit einem Menſchen geſchehen / daß er dahin fellet vnnd ſtirbet: So leicht als ein jrrden Gefaͤß / das man nuͤtzet vnd brauchet / kan zur brochen wer - den / Eben ſo leicht gehet auch der Menſch da - hin. Denn der Menſch weiß ſeine zeit nicht / ſondern wie die Fiſche gefangen werden mit ei - nem ſchaͤdlichen Hamen / vnnd wie die Vogel mit einem Strick gefangen werden / alſo wer - den auch die Menſchen beruͤckt zur boͤſen Zeit / wenn ſie ploͤtzlich vber ſie fellet / ſpricht der Pre -v. 12. diger Salomo in ſeinem 9. Cap. Denn wo iſt jemand / der da lebet / vnd den Todt nicht ſehe?v. 49. wie David redet Pſal. 89. Vnnd wie das klugev. 14. Weib von Thekoa zu David ſaget 2. Sam. 14. Wir[7]Chriſtlicher LeichSermon. Wir ſterben alle deß todes / vnd wie das Waſ - ſer in die Erde verſchleifft / das man nicht auff - helt.

Deſſen duͤrffen wir nicht fernen Beweiß holen vnd Exempel herfuͤr ſuchen. Dieſe ver -Exempel an dem mit tode verblichenem Herren A. brah. Gaſt. ſtorbene Leiche fuͤr vnſern Augen allhier ſte - hend / der weyland Ehrenveſte / Achtbar vnd Wolgelarte Herr Abraham Gaſt / Medici - Candidatus, prediget vns jetzo auß ſeinem Todtenſarche herauß / daß er mit dem Namen vnnd mit der That hier in dieſer Welt nur ein Gaſt geweſen / vnd ſtellet vns fuͤr ein Exem - pel der Vnbeſtaͤndigkeit deß Menſchlichen Le - bens / weil jhm der grawſame Menſchenwuͤr - ger der Todt zimlich zeitlich / in ſeinen beſten Jahren / da er erſt das jenige / was er durch groſſe muͤhe vñ angewendeten fleiß (mit nicht geringen vnkoſten) in den loͤblichen Schulen vnd Academiis hin vnd wider ſtudiret vnd ge - lernet / Gott zu Ehren / vnd ſeinem lieben Va - terlande vñ Nechſten zu Nutz / der hochbetruͤb - ten Frawen Mutter vnnd Freundſchafft aber zu Ruhm vnd Frewden / hette anwenden ſol - len / mit ſeiner Senſen / als wie eine ſchoͤne Blume vnter vñ fuͤr andern vnnuͤtzẽ gewaͤch -ſen[8]Chriſtlicher LeichSermon. ſen vnd inutilibus ponderibus terræ mit weg - gehawen vnd nieder geworffen hat.

Was eigent - lich glaͤubt - ger Chriſten Todt ſey.Nun muͤſſen wir zwar bekennen / daß from - mer glaͤubiger Chriſtẽ Todt nichts anders iſt / als felix clauſula & terminꝰ miſerrimæ noſtræ peregrinationis, ein ſeliger Beſchluß vnd End - ſchafft vnſerer gantz muͤheſeligen Pilgrim - vñ Wanderſchafft / oder eine placida dimiſlio, ei - ne ſanffte entbindung vñ loßlaſſung der See - len auß der Huͤtten deß ſterblichen Leibes / da - durch ſie mit frewden wieder zu Gott koͤmpt / ja daß er iſt Tranſitus in cœleſtem patriam, ein Durch - vnd Ausgang aus dem elenden Gaſt - hofe dieſer Welt ins Himliſche ewigwehrende Vaterland.

Aber das gleichwol die hochbetruͤbte FrawLuc. 7. v. 13 Mutter vñ Wittib / mit der Wittwen zu Nain nicht weinen vnd weheklagen / vnd die Bluts - freunde vnd nahe Verwandten nicht trawrig vnd betruͤbt ſeyn ſollen / das kan nicht ohn ſein: Denn die Mutter hat verlohren Columnam domus ſuæ, die Seule jhres Hauſes / wie Eu - ripides ex Iphigeniâ in Tauris ſaget: Στύλοιγὰρ οἴκων εἰσὶ παῖδες ἄρσενες: Domus columnæ ſunt filii maſculi: Das iſt: Die Seulen des Hauſes ſind tapffe - re Soͤhne. Sie koͤnte recht vnd wol von jhmſagen /[9]Chriſtlicher LeichSermon. ſagen / wie dort die Hecuba von Polydoro ſa -Euripid. get: Hic ſolus domus noſtra & ancora fuit: Er iſt allein vnſer Hauß vñ vnſer Ancker geweſen. Sie hat verlohren jhren einigen Sohn / jhre einige Frewde / die ſie nechſt GOtt vnnd dem warem Erkentnuͤß gehabt. O wer nur ein Auge hat / der wiſchet es offt / pflegt man im gemeinen Sprichwort zu ſagen. Drumb we - re ſie nicht zu verdeucken / wann ſie ſich verlau - ten lieſſe: Schawet doch / vnd ſehet / ob jrgend ein ſchmertzen ſey / wie mein ſchmertzẽ / der mich troffen hat / Thren. cap. 1. Jch habe ſchier mei -v. 12. ne Augen außgeweinet / daß mir mein Leib da - von wehe thut. Meine Leber iſt auff die Erden außgeſchuͤttet vber den Jam̃er / Thr. 2. Aberv. 1[2.] was richtet man auß mit vbrigen trawren vñ weheklagen? was ſol man anders thun vnd ſagen? Nichts anders / als / Memoria ipſius ſit in æternâ benedictione: Sein Gedechtnuͤß ſey im ewigen Segen. Denn dieſer im HErrn verſtorbene iſt nicht gar verlohren / ſondern er iſt numehr kom̃en / à labore ad quietem, ex mo - leſtiis ad tranquillitatem, ex morbis ad perpetu - am ſanitatem, ex exilio ad veram patriã: Auß groſſer muͤheſeligkeit vnnd arbeit zur ſanfften Ruhe / auß der Beſchwerung zur Sicherheit /Bauß[10]Chriſtlicher LeichSermon. auß der langwirigen Kranckheit zur ewigen Geſundheit / auß dem elend vñ wanderſchafft in das rechte himliſche Vaterland. Wir aber / die wir noch in dieſem Elend wallen / vnd dieß Jam̃erthal bawen muͤſſen / ſollen vns taͤglich zu einem ſeligẽ Simeonsſtuͤndlein præpariren vnd bereiten / vnd mit Koͤnig David auß demv. 5. & ſeq. 39. Pſal. ſtets betẽ: HErr lehre doch mich / daß ein ende mit mir haben muß / vñ mein Leben ein ziel hat / vnd ich davon muß. Sihe / meine ta - ge ſind einer hand breit bey dir / vnd mein leben iſt wie nichts fuͤr dir / Wie gar nichts ſind doch alle Menſchen / die doch ſo ſicher leben / Sela. v. 13.Vnd mit Moſe aus dem 90. Pſal. Lehre vns be - dencken / das wir ſterben muͤſſen / etc.

Damit wir nu ſolches jetzo vnd zu jederzeit recht moͤgen bedencken / vnd fleiſſig practiciren, auch auff dißmal etwas nuͤtzliches bey ange - ſtellter Trawer proceſſion aus Gottes Wort lehren vnd anhoͤren / wollen wir den Vater al - ler Barmhertzigkeit vnd GOtt alles Troſtes vnd Gedult / vmb ſeine Gnaden Huͤlff vnnd Beyſtandt des H. Geiſtes anruffen / vnnd in warem Glauben an Chriſtum JEſum ein an - daͤchtiges / heiliges vnd demuͤtiges Vater vn - ſer beten.

Die[11]Chriſtlicher LeichSermon.

Die Wort / ſo wir bey angeſteltem Leich - begaͤngnuͤs zu betrachten fuͤr vns genommen haben / die werden beſchrieben vom H[.]Evangeliſten vnnd Apoſtel Johanne / in der Evangeliſchen Hi - ſtori am 17. Cap. v. 24. vnd lauten im Deutſchen alſo:

JEſus redet vñ ſprach: Vater / Jch wil / daß / wo ich bin / auch die bey mir ſeyn / die du mir gegeben haſt / daß ſie meine Herrligkeit ſehen / die du mir gegeben haſt. ()

POSTILLA.

WEliebte / im hertzen Hochbetruͤbte / Aus -Vrſach / da - durch Chri - ſtus zu ſol - chem ſehnli - chen ſeu[ff]〈…〉〈…〉[er]bewog[en]worden. er wehlte Freunde in Chriſto JEſu vn - ſerm HErren / Dieſe jetzt abgeleſene Wort ſind genom̃en / vnnd gleichſam der Be - ſchluß aus dem ſchoͤnen troſtreichen Gebete / welches der Sohn Gottes gebetet vnd geſpro - chen hat / kurtz zuvor her / als Er an ſein bitte - res Leiden vnd ſterben hat gehen ſollen; Deñ weil der HErr mit ſchmertzen hat ſehen vnd er - fahren muͤſſen / wie baldt nach der Stifftung des hochwuͤrdigen Abendmals der Teuffel ein pomum ἔριδος vnter ſeine Juͤnger vnd Apoſtel geworffen / vnd ſie einen hader vñ zanck vnterB ijſich[12]Chriſtlicher LeichSermon. ſich er haben / welcher vnter jhnen ſolte fuͤr den groͤſten gehalten werden / Vnd aber der HErr ſolch vnzeitiges begiñen jhnen freundlich ver - weiſet / ſich jhnen zum Exempel der Demuth fuͤrgeſtellet / vnnd jhres Ampts erinnert / daß die weltlichen Koͤnige herrſchen / vñ die gewal - tigen man gnaͤdige Herren heiſſe / welches aberv. 24. & ſeqq. vnter jhnen nicht alſo ſeyn ſolte / Luc. 22. Auch gar wol im Geiſt vorhin geſehen / wie in den letzten Hefen der welt / vor ſeiner Zukunfft zum juͤngſten Gericht / die Bruͤderliche Einigkeit in der Kirchen verleſchen / die Vngerechtigkeit vberhand nemen / vnd die Lieb in vielen erkal -v. 12. ten werde / wie er redet Matth. 24. So ſeufftzet vnd flehet Er zu Gott ſeinem Himliſchen Va - ter / daß Er ſie in erkanter Warheit er halten wolle / damit ſein Name außgebreitet / vnd Er als der ewige / eingeborne Sohn / der Glantz ſeiner Herrligkeit / vnnd das Ebenbild ſeines Weſens / wie Er genennet wird vom Meiſterv. 3. der Epiſtel an die Hebreer cap. 1. der verſpro - chene Meſſias vnd Heyland der Welt erkand / angenom̃en vnd geehret werde / jhr viel durch jhre Predigt gewonnen / zu ſeinem Erkentnuͤß geleitet / das ewige Leben vnd Seligkeit erlan - gen moͤchten. Vnd beſchleuſt endlich mit dieſenſchoͤnen[13]Chriſtlicher LeichSermon. ſchoͤnen Worten:

Vater / ich wil / daß wo ich bin / auch die bey mir ſeyn / die du mir gegeben haſt / daß ſie meine Herrligkeit ſehen / die du mir gegeben haſt. ()

Welches zwar das letzte / wie der hocher -Tom. 6. Je - nenſ. Germ. pag. mihi 202. lauchte Man Gottes Herr Lutherus vber dieſe Wort gar ſchoͤn ſchreibet / aber das allertroͤſt - lichſte ſtuͤcke in dieſem Gebete iſt / fuͤr alle die an Chriſto hangen / daß wir gewiß vnnd ſicher ſeyn / was wir endlich zu hoffen haben / wo wir Ruhe finden vnnd bleiben ſollen / weil wir hier in der Welt elend / verſtoſſen / vnd keine gewiſſe bleibende ſtadt haben. Denn wer ein Chriſte iſt / der muß ſich aller Welt Gunſt / Gnade / Sicherheit / Gemach vnd Ruhe verzeihen / vñ deß Teuffels Fußtuch ſeyn / daß er ohn vnter - laß muß in gefahr ſtehen / Leibes vnd Lebens / vnd alle ſtunden deß Todes gewarten. Nun iſts aber gar ein ſchrecklich / grewlich ding / vmb den Todt / ſonderlich / wenn er jm̃erdar fuͤr au - gen ſtehet / vnd der Menſch nicht weiß / wohin er den erſten tritt ſetzen / oder fuſſen / vnd vber Nacht bleiben ſoll. Darumb thut Chriſtus / als ein frommer / trewer Heyland / daß er fuͤr vns ſorget / vnd ſaget vns zu / Er wolle vns dieB iijHerberge[14]Chriſtlicher LeichSermon. Herberge beſtellen / alſo / das wir ſollen bey jhm ſeyn / vnd ſo gut haben / als ers hat bey ſeinem Vater / Als ſolt er ſagen: Seyd getroſt / vnnd ſorget nur nicht / wojhr bleiben / vñ wie jhr fah - ren ſollet / laſſet nur den Teuffel vnd die Welt toben vnd wuͤten / morden / brennen / vnd euch zur Welt außſtoſſen / Jhr ſolt wol verſorget ſeyn / vnd dahin kommen / dahin jhr begehret / vnd da jhr fuͤr der Welt vnd allen Teuffeln ſi - cher ruhen vnd bleiben koͤnnet. So weit Luth.

Nutz der Aufferſte - hung Chri - ſti.Dieſe ſchoͤne Lebens Wort deß ewigẽ Soh - nes Gottes / hab ich jetzo fuͤr mich nemen wol - len / weil ſie vns den herrlichen kraͤfftigen Nutz der ſiegreichen Aufferſtehung Chriſti fein zei - gen vñ weiſen. Denn wie Chriſtus / qui mor - tem noſtram moriendo deſtruxit, & vitam re - ſurgendo reparavit, wie die Lateiniſche Kirche auff die Oſterliche Zeit ſinget / Der durch ſein ſterben vnſern Todt zerſtoͤret / vnnd mit ſeiner Auffer ſtehung das Leben wider gebracht hat / im tode nicht blieben / Sondern als der rechtev. 13. Durchbrecher Mich. 2. herfuͤr gebrochen / vndv. 20. ſich hoͤren laſſen / Joh. 14. Vivo ego, & vos vi - vetis: Jch lebe / vnnd jhr ſolt auch leben: Vnd daher in den abgeleſenen Worten Gott ſeinen himliſchen Vater bittet / daß ers jhm wolle ge -fallen[15]Chriſtlicher LeichSermon. fallen laſſen / das er ſeine glaͤubige / thewer er - arndte vnd erworbene Gliedmaſſen moͤge bey ſich haben in der ewigen Glori / Fr[e]wd vnnd Herrligkeit / das ſie ſeyn / wo er iſt: Ey ſo ha - ben alle glaͤubige Chriſten dieſen kraͤfftigen Troſt / daß ſie durch den zeitlichen Todt zu jh - rem lieben Heylande Chriſto JESV kom̃en / vnd ſollen ſich demnach hertzlich nach der ſeli - gen Ruhe ſehnen / vnd drauff frewen / wie ein armer Tagloͤhner ſich auff den Abend frewet / vnd mit froͤlichem Hertzen ſingen:

Jch fahr nun hin zu JESV Chriſt /
Mein Arm thue ich außſtrecken /
Jch ruhe ſanfft zu dieſer friſt /
Kein Menſch kan mich erwecken /
Denn JESVS Chriſtus / Gottes Sohn /
Der wird die Himmels Thuͤr auffthun /
Mich fuͤhrn zum Ewign Leben.

Damit demnach ſolcher LebensTroſt in vn - ſern Hertzen moͤge verſiegelt werden / vnd wir auß den abgeleſenen Worten bey dieſem ange - ſtalten LeichenBegaͤngnuͤß etwas nuͤtzliches mit einander abhandeln moͤgen / wollen wir jetzo mit einander bedencken:

  • Was vns / nach Anleitung vnſers ſchoͤnen
    Propo - sitio.
    Spruͤchleins / ein Hertz vnd Muth machen ſoll / daß wir nach dem zukuͤnfftigen ewigenFrew -[16]Chriſtlicher LeichSermon. FrewdenLebẽ / ein hertzliches inbruͤnſtiges ſehnen vnd verlangen haben vnnd tragen ſollen: Auch wie wir vns vber dem toͤdtli - chen Abgang der vnſerigen troͤſten vñ auff - richten ſollen / das wir nicht vbermeſsig trawren / weil wir hoͤren / das ſie zu CHri - ſto kommen / vnd bey jhm ſeyn vnnd bleiben ſollen ewiglich.

Hilff HErr JESV Chriſte / du triumphi - render OſterHerr vnd SiegsFuͤrſte / das wir auß deinem heiligen Worte in dieſer vnſer Trawer Begaͤngnuͤß / ſolches recht erwegen / wol faſſen / vnd es dir zu Ehren / vns aber zur Seligkeit gebrauchen / Amen.

Exegesis.

Viel glaͤu - ben nicht eine Aufferſtehũg der Todten / Juͤngſtes Ge - richt / vnd E - wiges Leben oder He[ll]en - Pein.ES werden allenthalben viel Gotteslaͤ - ſterliche / Sodomitiſche ChriſtSpoͤtter gefunden / die nicht glaͤuben / daß eine Auffer ſtehung deß Fleiſches / ein juͤngſtesGe - richt / vnnd darauff erfolgendes ewiges Leben fuͤr die Glaͤubigen / oder ein ewige HellenPein fuͤr die Gottloſen / dermal eins angehen wer - de. Drumb leben ſie mit den Saduceern vndv. 19. dem reichen Schlemmer Luc. 16. fein leichtſin - nig dahin / vnd intoniren mit den Weltkindernaus[17]Chriſtlicher LeichSermon. aus dem Buch der Weißheit am 2. Cap. jhrv. 6. & ſeqq. BubenLiedlein: Wol her nu / vnd laſt vns wol leben / weils da iſt / vñ vnſers Leibes brauchen / weil er jung iſt. Wir wollen vns mit dem be - ſten Wein vnnd Salben fuͤllen / laſt vns die Meyenblumen nicht verſeumen. Laſt vns Kraͤntze tragen von jungen Roſen / ehe ſie welck werden. Vnſer keiner laß jhm feilen mit brangen / das man allenthalben ſpuͤren moͤge / wo wir froͤlich geweſen ſind / wir haben doch nicht mehr davon / denn das. Allermaſ - ſen der heilige Apoſtel Petrus ſchon zu ſeiner zeit ſolches prognoſticiret vnd verkuͤndiget hat in ſeinem andern Sendbrieff am 3. Cap. mitv. 3. & ſeq. ſolchen worten: Wiſſet auff das erſt / das in den letzten Tagen kommen werden Spoͤtter / die nach jhren eigen Luͤſten wandeln / vnnd ſa - gen: Wo iſt die Verheiſſung ſeiner Zukunfft / Denn nach dem die Vaͤter entſchlaffen ſind / bleibet es alles / wie es von Anfang der Crea - turen geweſen iſt. Damit ſtimmet auch ein S. Paulus in ſeiner andern Epiſtel an Timothe - um Cap. 3. vnd ſpricht: Es werden Menſchenv. 2. & ſeqq. ſein / die von ſich ſelbſt halten / geitzig / ruhmre - tig / hoffertig / Leſterer / den Eltern vngehor - ſam / vndanckbar / vngeiſtlich / ſtoͤrrig / vnver -Cſuͤhnlich /[18]Chriſtlicher LeichSermon. ſuͤhnlich / Schaͤnder / vnkeuſch / wilde / vnguͤtig / Verraͤther / Freveler / auffgeblaſen / die mehr lieben Wolluſt denn GOtt / die da haben den ſchein eines Gottſeligen Weſens / aber ſeineHiſtori von einem Dorff - Schulteiß. Krafft verleugnen ſie. Vnnd Herr D. Luthe - rus ſchreibet von einem reichen DorffSchul - teiß / der ein ſolcher Epicurer geweſen / vnd we - der die Aufferſtehung des Fleiſches / noch ein ewiges Leben gegleubet: Als er nun kranck ward vnd ſterben ſolte / vnd aber der Pfarrer ſelbigen Orts lange mit jhm von der Auffer - ſtehung diſputirte, vnnd jhn gerne vberreden wolte / das ers gegleubet hette / ſagte er: Herr Pfarrer / Jch wils zwarten gleuben / Aber jhr werdets ſehen / das nichts drauß werde.

Bapſt Pau - lus III. ein Epicurer.Vnd deſſen iſt ſich noch nicht ſo hoch zuver - wundern von einem Idioten vnnd Leyen / weil die Baͤpſte ſelbſt eins theils ſo Epicuriſch ge - weſen. Denn vom Bapſt Paulo dem dritten / melden die Hiſtorien / das er ſein Lebenlang dieſen Artickel nicht gegleubet habe / Derowe - gen / da er ſterben ſollen / hat er geſagt: Er wol - le nu drey dinge erfahren / daran er ſein lebta - ge gezweiffelt hette: Ob ein GOtt ſey / ob ein Helle ſey / vnd ob ein Aufferſtehung der Todten oder die Seelen vnſterblich ſein?

So[19]Chriſtlicher LeichSermon.

So gedencket auch der Herr D. LutherusTom. 2. lat. in Geneſin pag. mihi 132. in ſeiner Erklerung vber das erſte Buch Moſis noch einer andern Hiſtori / das Bapſt Leo der - mal eines zween Philoſophos an ſeine Taffel mit gezogen / vnnd ſie von der Aufferſtehung des Fleiſches diſputiren laſſen / Deren einer die Aufferſtehung deß Fleiſches vnd die Vnſterb - ligkeit der Seelen bekandt vnnd vertheidiget / der ander aber geleugnet vnnd widerfochten hat. Alß ſie nun lange vnd hart daruͤber ge - ſtritten / vnd der Bapſt als Schiedeman das Vrtheil fellen ſollen / welchem vnter dieſen bey - den er wol beyfiehle vnnd recht gebe / hat er zu dem / der die Vnſterbligkeit der Seelen ver -Bapſt Leo nis Vrtheil vnd gutach - ten von der Seelen vn - ſterbligkeit vnd Auffer - ſtehung. theidiget / geſaget: Tu vera quidem videris dicere; ſed ad verſarii tui oratio, facit bonum vultum. Es ſcheinet wol deine ſache recht vnd gut ſein / als ob du die Warheit redeteſt / Aber deines Widerſachers Meinung / das wir nicht aufferſtehen doͤrffen / macht ein froͤlich Geſich - te. Vnnd ſolcher Epicuriſcher Chriſtſpoͤtter werden noch heutiges Tages ſehr viel gefun - den / auch vnter denen / die gute Chriſten ſein wollen.

Damit derowegen die gleubige Chriſten vnd Gottes Kinder von ſolchen TeuffelßKin -C ijdern[20]Chriſtlicher LeichSermon. dern nicht inn gleiche Epicuriſche Sicherheit moͤchten verleitet vnd ſampt jhnen in die ewi - ge Hellenglut vnd Verdamnuͤß geſtuͤrtzet wer - den / ſo zeiget vns der HErr in den abgeleſenen worten den herrlichen krefftigen Troſt / was wir nach dieſem muͤheſeligen Leben zu hoffen vnnd zu gewarten haben / nemblich / die ewige Ruhe / Frewd vnd Herrligkeit. Denn hoffen wir allein in dieſem Leben auff Chriſtum / ſo ſind wir die Elendeſten vnter allen Menſchen /v. 19. 1. Cor. 15.

Damit wir aber deſto mehr zur ſeligen Hoffnung vnd Verlangen / nach dem ewigen Leben moͤchten entzuͤndet werden / ſo finden wir in vnſerm Spruͤchlein drey denckwuͤrdige Stuͤcke / dardurch wir vnſerer vnd der Vnſeri - gen / welche wir fuͤr vns herſchicken / zukuͤnffti - gen Herrligkeit des ewigen Lebens verſichert / vnd zu hertzlichem Verlangen darnach ſollen angereitzet werden.

Das wir ge - wiß im ewi - gen Leben bey Chriſto ſein ſollen / bezeu - getDas I. iſt: Benignißima & immutabilis Chriſti voluntas, Der gantz gnedige vnwan - delbahre Wille vnſers allerliebſten Heylan -I. Chriſti gne - diges wollen. des JESV Chriſti / der vns ſeine gleubige Gliedmaſſen bey ſich in der ewigen Herrlig - keit haben vnd wiſſen wil. Darumb ſeufftzet erin ſei -[21]Chriſtlicher LeichSermon. in ſeinem Gebet / vnnd ſpricht: Pater, volo, Vater / ich wil / daß wo ich bin / auch die bey mir ſeyn / die du mir gegeben haſt.

Da hoͤren wir / wie vns vnſer lieber Bru - der vnnd Jmmanuel den Artickel des ewigen Lebens mit ſeinem goͤttlichen Willen verſi - chert / das wir im geringſten nicht daran zuChriſti vnd ſeines Va - ters Wille iſt ein Wille. zweiffeln haben. Nun iſt des HErrn Chriſti vnnd Gottes des himliſchen Vaters Wille / nicht ein widerwertiger Wille / ſondern was der Sohn wil / das wil auch der Vater: Er ſondert ſich nicht ab von dem Sohne / was dem Sohne gefellet / das gefellet auch dem Vater: Sein Wille gegen dem Menſchen iſt voller Gnade vnd Barmhertzigkeit. Danner nicht aus Haß / ſondern auß lauter Gnade / Guͤte vnnd rechtſchaffener Liebe vns ſeinen Sohn geſchencket vnd gegeben hat / vnd zwar hat er jhn gegeben in den Todt des Creutzes / Phil. 2. Er hat jhn darzu geſendet / das Er vnsv. 8. heilen vnd verbinden / das er vns troͤſten vnd erquicken ſolle / Er hat jhn geſalbet vñ geſand / den Elenden zu predigen / die zubrochenen Her - tzen zu verbinden / zu predigen den Gefange - nen eine Erledigung / den Gebundenen eineC 3oͤffnung /[22]Chriſtlicher LeichSermon. oͤffnung / zu predigen ein gnaͤdiges Jahr des HErrn / vnd einen tag der Rache vnſers Got - tes / zu troͤſten alle Trawrigen / wie der Sohn Gottes ſelber redet beym geiſtreichen Prophe -v. 1. & ſeq. ten Eſaia am 61. Cap.

GOtt Vater vnd Sohn wollen vns ſelig haben.Daraus denn wol abzunehmen / das der Vater im Himmel vns mit gnaͤdiger Zunei - gung zugethan ſey / vnſere Seligkeit gerne be - foͤrdert ſehe vñ haben wolle / welche der Sohn durch ſeinen Gehorſam / bitteres Leiden / Ster - ben vnd Blutvergieſſen vermehret / vnnd vns bey jhme außgeſoͤhnet / ſintemal Er iſt der Mittler zwiſchen Gott vnd den Menſchen / der ſich ſelbſt gegeben hat zur Erloͤſung fuͤr alle / Wie der hocherlauchte Apoſtel Paulus bezeu -v. 5. get inn ſeinem erſten Sendbrieff an Timoth. cap. 2.

Vmb vnſert willen ver - richtet Chri - ſtus die Erloͤ - ſung.Dieſen Willen GOttes deß himliſchen Vaters / beſtetiget der Sohn GOttes / giebt ſein Votum vnd conſens darzu / vnd ſaget: Vo - lo, Jch wil: Er kommet vom hohen Himmel herunter auff die Erden / nimmet an ſich / nicht Engels Natur / ſondern vnſer Fleiſch vnndv. 16. Blut Heb. 2. wird ein warer Menſch geboren / leſt ſich vnſert wegen beſchneiden / vnſert we - gen tauffen / vnſert wegen von Sathan ver -ſuchen /[23]Chriſtlicher LeichSermon. ſuchen / vnſert wegen verfolgen / verhoͤnen / verſpotten / vnſert wegen verklagen / geiſſeln / mit Doͤrnern kroͤnen / vnſert wegen verdam - men / vervrtheilen / gar ans Creutz ſchlagen vnnd toͤdten / vmb vnſert wegen ſtehet er vom Tode auff / fehret gen Himmel / ſetzet ſich zur Rechten Gottes / vnnd vertritt vns / Rom. 8. v. 34.Er tilget vnſere Suͤnde vnnd Vbertrettung Eſa. 43. Er nimpt die Straffe auff ſich / auffv. 25. ſich / auff daß wir friede hetten / vnnd durch ſei - ne Wunden geheilet wuͤrden Eſa. 53. machetv. 5. vns ſelig von vnſern Suͤnden Matth. 1. reini -v. 21. get vns von denſelben 1. Joh. 1. iſt die Verſoͤh -v. 8. nung fuͤr vnſere vnnd der gantzen Welt Suͤn - de 1. Joh. 2. wird der Gnadenſt[u]el fuͤr GOttv. 2. Rom. 3. er ſuchet / was verlohren iſt Luc. 15. ſei -v. 25. v. 4. ne Krafft iſt in den ſchwachen mechtig 2. Cor.v. 9. 12. Er nimpt vns an zu ſeinen Bruͤdern Pſ. 22.v. 23. zu ſeinen Freunden Joh. 15. Er liebet vns biß inv. 15. den Todt Joh. 13. Er nimpt vns an zu ſeiner lie -v. 34. ben Braut Eph. 5. zum lieben Bulen Eſa. 62. v. 25. v. 4.Er verlobet ſich mit vns im Glauben / in Ge rechtigkeit vnd Gericht / in Gnad vnd Barm - hertzigkeit Oſeæc. 2. Jn ſumma:v. 19.

Er bringt vns alle Seligkeit /
Die Gott der Vater hat bereit /
Das[24]Chriſtlicher LeichSermon.
Daß wir mit jhm im Himmelreich /
Solln leben nun / vnd Ewiglich.

Das mag mir ein krefftiges Volo, vnnd gnaͤdiger Wille Gottes deß Vaters / vnd ſei - nes lieben Sohnes ſein / daran wir gar nicht zu zweiffeln haben / denn er kan nicht luͤgenv. 4. noch triegen / ſondern wie im 33. Pſalm ſtehet: Des HErrn Wort iſt warhafftig / vnnd wasv. 9. er zuſaget / das helt er gewiß. Denn ſo er ſpricht / ſo geſchichts / ſo er gebeut / ſo ſtehetsv. 19. da. Vnd Bileam ſaget Num. cap. 23. GOtt iſt nicht ein Menſch / das er luͤge / noch ein Men - ſchenkind / das jhm etwas gerewe. Solt er et - was ſagen / vnnd nicht thun? Solt er etwas reden / vnnd nicht halten? Daher der HErrv. 32. Chriſtus ſelber ſpricht Luc. 12. Fuͤrchte dich nicht du kleine Herde / denn es iſt ewers Va - ters wolgefallen / euch das Reich zu geben. Wer wolte nun einigen Zweiffel darein ſetzen / dieweil der HErr Zebaoth ein ſolcher GOttv. 6. iſt / qui cuſtodit veritatem in ſeculum, der Glau - ben helt ewiglich / Pſal. 146.

Moͤgen derowegen mit dem Baruch wol ſagen aus ſeinem 3. cap. O ſelige vnd vberſeli - ge Leute ſind wir geiſtliche Jſraeliten / das vns Gott ſeinen Willen offenbahret. Denn nichtallein[25]Chriſtlicher LeichSermon. allein der ewige Sohn Gottes ſetzt allhier vns ſein troͤſtliches Volo, ſondern der himliſche Va - ter erkleret vns ſeinen gnaͤdigen Willen bey - des in Gnadenwercken / vnnd dann auch mit klaren deutlichen worten / wenn er Matth. amv. 17. v. 5. 3. vnnd 17. Capitel ſich verlauten leſt: Diß iſt mein lieber Sohn / an welchem Jch wolgefal - len habe / den ſolt jhr hoͤren.

Jſt nu Chriſtus der liebe Sohn / an dem der Vater ſeinen Wolgefallen treget / ey ſo wird jhm freylich auch anders nicht denn wol - gefallen / alles / was dieſer ſein lieber Sohn thut / was er fuͤr vns verdampte Menſchen am Stamm des H. Creutzes gelitten vnnd außgeſtanden hat. Es werden jhme auch hertzlich wolgefallen alle / denen dieſer gelieb - te Sohn macht giebet / Gottes Kinder zu wer - den / Joh. 1. die er ſo hertzlich vnd inbruͤnſtig ge -v. 12. liebet / das er williglich ſein Leben fuͤr ſie gelaſ - ſen hat / Joh. 10. die er wil / das ſie bey jhm ſein /v. 12. vnd ſeine Herrligkeit ſehen ſollen / wie er im ab - geleſenen Text redet. Daher ſaget der alte Lehrer Bernhardus recht vnd ſchoͤn: Quomo -Bernhardꝰ. do perirent, pro quibus Filius orat, ne pereant; pro quibus Pater Filium ſuum tradidit, ut vi - vant? Wie ſolte Gott denen koͤnnen feind vndDgramm[26]Chriſtlicher LeichSermon. gramm ſein / wie ſolte er die in Suͤnden ſter - ben vnnd verderben laſſen / fuͤr die ſein lieber Sohn ſo hertzlich ſeufftzet vnnd flehet / das ſie nicht verderben ſollen / ja fuͤr welche der Vater ſeinen Sohn in Todt gegeben hat / daß ſie le - ben ſollen?

Vnd da von zeuget nu auch die H. Schrifftv. 16. hin vnnd wider gar troͤſtlich / als Joh. 3. Alſo hat Gott die Welt geliebet / das Er ſeinen ein - gebornen Sohn gab / auff daß alle / die an jhn gleuben / nicht verlohren werden / ſondern dasv. 39. & ſeq. ewige Leben haben. Joh. cap. 6. Das iſt der Wille des Vaters / der mich geſand hat / das ich nichts verliere von allem / das er mir gege - ben hat / ſondern dz ichs aufferwecke am juͤng - ſten Tage. Das iſt aber der Wille des / der mich geſand hat / das / wer den Sohn ſiehet / vnd gleubet an jhn / habe das ewige Leben / vnd ich werde jhn aufferwecken am juͤngſten Tage. Vnd der Apoſtel Paulus ſagt in ſeiner Epiſtelv. 32. & ſeqq. an die Roͤmer geſchrieben am 8. Cap. GOtt hat ſeines eigenen Sohnes nicht verſchonet / ſondern hat jhn fuͤr vns alle dahin gegeben / Wie ſolte er vns mit jhm nicht alles ſchencken? Wer wil die Außerwehlten Gottes beſchuͤldi - gen? Gott iſt hie der da gerecht machet. Werwil[27]Chriſtlicher LeichSermon. wil verdammen? Chriſtus iſt hie / der geſtor - ben iſt / ja viel mehr / der aufferwecket iſt / wel - cher iſt zur Rechten Gottes / vnd vertritt vns. Vnd zun Epheſern am 1. Cap. ſagt er: GOttv. 3. & ſeqq. hat vns geſegnet mit allerley geiſtlichem Se - gen / in himliſchen Guͤtern durch Chriſtum / wie er vns denn erwehlet hat durch denſelbi - gen / ehe der Welt Grund geleget war / daß wir ſollen ſeyn heilig vnd vnſtraͤfflich fuͤr jhm in der Liebe. Vnd hat vns verordnet zur Kindſchafft gegen jhm ſelbſt durch JESVM Chriſt / nach dem Wolgefallen ſeines Willens. Vnd der Evangeliſt vnnd Apoſtel Johannes in ſei - ner Canoniſchen Epiſtel am 4. Cap. ſaget:v. 9. & ſeq. Daran iſt erſchienen die Liebe Gottes gegen vns / das er ſeinen eingebornen Sohn geſand hat in die Welt / das wir durch jhn leben ſollen. Darinnen ſtehet die Liebe / nicht das wir Gott geliebet haben / ſondern das er vns geliebet hat / vnd geſand ſeinen Sohn zur verſuͤhnung fuͤr vnſere Suͤnde.

Wer wolte nun ſolchen gnaͤdigen Rath / Decret vnd Willen Gottes nicht glauben ge - ben / vnd gaͤntzlich daher ſchlieſſen / das ein an - der vnd beſſer Leben zu hoffen vnd zu gewarten ſey / dieweil das lebendige Wort Gottes ewig -D ijlich[28]Chriſtlicher LeichSermon. lich bleibet / Vnd es recht heiſſet / wie der HErrv. 33. Chriſtus ſaget Luc. 21. Himmel vnnd Erden vergehen / Aber meine Wort vergehen nicht.

II. Die Lieblig - keit des Or - tes.Das II. Stuͤck / das vns auch billich zu hertzlichem ſehnen vnd verlangen nach einem andern beſſern Leben reitzen / vnd vor vbrigem Trawren wegen der Vnſrigen abhalten ſolte / iſt: Loci manſionis noſtræ ſublimitas, Der fuͤr - treffliche Ort / dahin wir nach dieſem Leben kommen vnnd gelangen ſollen. Was iſt nun diß fuͤr ein Ort? Chriſtus ſaget: Vater / ich wil / daß wo ich bin / auch die bey mir ſeyn / die du mir gegeben haſt. Da hoͤren wir / daß wir ſollen zu Chriſto kommen / vnnd ſein an dem Orte / da er iſt.

Nun iſt Chriſtus nach verrichtetem Wer - cke der Erloͤſung Menſchliches Geſchlechtes / nach dem er von den Todten aufferſtanden / vñ ſich ſeinen Juͤngern offenbahret / vnd als der Erloͤſer vnnd Vberwinder erwieſen / gen Him -Chriſtus iſt gen Himmel gefahren / da - hin wil er ſei - ne Gleubige auch holen. mel gefahren / vnd hat ſich zur rechten Gottes ſeines himliſchen Vaters geſetzet / vnd hat vns die Stete vñ Wohnung bereitet / vnd wil vns auch hernach holen. Er hat vns die Bahn ge - brochen / daß / wenn wir vnſern Abſchied ausdieſer[29]Chriſtlicher LeichSermon. dieſer Welt nehmen / vns nicht erſtlange vmb Herberg vnd Wohnung bekuͤmmern duͤrffen / wo wir bleiben ſollen / ſondern werden bey jhm ein willkom̃e ner GAST ſein / mit groſſen Eh - ren vñ Frewden vor viel tauſend heiligen En - gelein in die himliſche Wohnung eingeholet vnnd eingefuͤhret werden. Denn wo ich bin / ſpricht der HErr Chriſtus Joh. 12. da ſol meinv. 26. Diener auch ſeyn. Vnd wer mir dienen wird / den wird mein Vater ehren.

Sprichſtu aber / Wo iſt denn der HErrObjectio. Chriſtus nach ſeiner Himmelfarth hinkom - men? Jſt er etwa inn einem vmbſchriebenen Ort im Himmel arreſtiret vnnd verſchloſſen / dahin ſeine Gleubige auch dermal eins gelan - gen ſollen? Antwort:

Die heilige Schrifft erwehnet zwar drey -Dreyer Him - mel gedenc[kt]die heilige Schrifft. erley von Gott erſchaffener Himmel: Als da iſt: 1. Cœlum aereum, der Lufft Himmel / da die Vogel jhren Flug haben / davon Chriſtus redet Matth. 6. Adſpicite volucres cœli, Sehetv. 6. die Vogel vnter dem Himmel an. 2. Jſt - lum ſidereum, der Geſtirn Himmel / oder das Firmament / da Sonne / Mond vnd Sternen jhre ſtelle haben: Davon Koͤnig David redet Pſal. 19. Die Himmel erzehlen die Ehre GOt -v. 2.D iijtes /[30]Chriſtlicher LeichSermon. tes / vnnd die Feſte verkuͤndiget ſeiner Haͤnde Werck. Zum 3. iſt auch: Cœlum Empyréum, oder Sedes beatorum, da ſich GOtt den lieben Engelein vnd außerwehleten Heiligen offen - bahret / welcher Ort ſonſt genennet wird derv. 22. Schoß Abrahæ Luc. 16. das Buͤndlein derv. 29. v. 43. Lebendigen 1. Samuel. 25. das Paradiß Luc. 23.

Aber / wenn wir recht von der ſache reden wollen / muͤſſen wir bekennen / das Chriſtus auffgefahren ſey vber alle Himmel / auff daß er alles erfuͤlle / Wie Paulus bezeuget in ſei -v. 10. nem Sendbrieffe an die Epheſer am 4. Cap. Er ſitzet in der Hoͤhe in ſeinem goͤttlichẽ Thro - ne / da er alles ſihet / da jhm nichts verborgen / nichts vnmoͤglich iſt. Duͤrffen vns derowegen nicht einen ſolchen Chriſtum einbilden / der nach ſeiner angenommenen Menſchheit in ei - nem gewiſſen Ort im Him̃el eingeſperret ſey / vnnd nicht auch auff Erden ſein koͤnne / Nein / das iſt Chriſto JESV viel zu nahe geredet / ſintemal er hoͤher / denn der Himmel iſt / Wiev. 26. der Meiſter der Epiſtel an die Hebreer cap. 7. redet / Vnd der Sohn Gottes nach verrichte - tem. Werck der Erloͤſung vnnd abgelegter KnechtesGeſtalt / nach ſeiner angenommenen Menſcheit viel hoͤher erhabẽ / dz ſie jhrer mit ge -theilten[31]Chriſtlicher LeichSermon. theilten goͤttlichẽ Ehr / Gewalt vñ Herrſchafft vollkoͤmlich ſich gebrauchen kan. Daher ſagt Euſtachius apud Theodoretum in 2. Dialogo: Humana natura Chriſti est συύϑρονος, ſedens in eodem throno cum divinißimo Spiritu, propter DEUM inhabitantem in inſeparabiliter. Das iſt: Die Menſchliche Natur Chriſti ſitzet auff einem Thron oder Stuel mit der Gott - heit / darumb / weil Gott vnzertrenlich in der - ſelben wohnet. Vnnd Auguſtinus de fide &Tom. 3. col. 144. Symb. c. 6. Ubi & quomodo in cœlo ſit corpus Do - minicum curioſißimum & ſuper vacaneum est quærere: tantummodo in cœlo eſſe credendum est. Non est enim fragilitatis noſtræ cœlorum ſecreta diſcutere, ſed est noſtræ fidei de Domi - nici corporis dignitate ſublimia & honeſta ſa - pere.

Derhalben wir ſolche vnnuͤtze Gedan - cken von dem Ort / wo Chriſtus ſey / ſollen fah - ren laſſen / vnd in einfalt glauben / das wir bey jhm ſein ſollen / wo er iſt / wie vns auch der auß - erwehlte Ruͤſtzeug Gottes Paulus vertroͤſtet 1. Theſſ. 4. Wir werden bey dem HErrn ſeinv. 17. allezeit. Daher vertroͤſtet vns auch der HErr Johan. 14. Jn meines Vaters Hauſe ſind vielv. 2. & ſeqq. Wohnungen. Wenns nicht ſo were / ſo woltich zu[32]Chriſtlicher LeichSermon. ich zu euch ſagen / Jch gehe hin / euch die ſtette zu bereiten. Vnnd ob ich hingienge / euch die ſtette zu bereiten / wil ich doch wider kommen / vnd euch zu mir nehmen / auff daß jhr ſeyd / wo ich bin.

Weil wir demnach den Troſt haben / daß wir beym HErrn Chriſto ſeyn ſollen / je fuͤr wem ſollen wir vns denn fuͤrchten? Muͤſſen wir gleich hier in Kranckheit / oder in Armuth vnd Elend leben / haben offters nichts eigenes / nicht Herberge noch Wohnung: O wolan / wir wiſſen / das Chriſtus im ewigen Leben vns ewige Geſundheit vnd den ſchoͤnen Pallaſt vñ Herberg allbereit bereitet hat: Wir wiſſen / ſo vnſer jrrdiſch Hauß dieſer Huͤtten zubrochen wird / das wir einen Baw haben von Gott er - bawet / ein Hauß nicht mit Haͤnden gemacht /v. 1. das Ewig iſt im Himmel / 2. Cor. 5.

Hiſtory vom Churfuͤrſten zu Sachſen.Wir leſen von dem loͤblichen Churfuͤrſten zu Sachſen / Hertzog Johann Friedrich / nach dem Kaͤyſer Car. IV. die Evangeliſchen Predi - ger zu Augſpurg entvrlauben laſſen / vnnd jh - nen ernſtlich geboten / dz ſie ſich im Roͤmiſchen Reich nicht ſollen finden laſſen / darumb / das ſie das gottloſe Interim, welches hatte einen Schalck hinter jhm / nicht billichen vnd anneh -men woͤl -[33]Chriſtlicher LeichSermon. men wolten: Habe der loͤbliche Churfuͤrſt / der damals gefangen gehalten wurde / einen von dieſen Predigern zu ſich erfordern laſſen / vnnd gefraget / wie es jhm gienge? Vnd als er ant - wortet: Gnaͤdigſter Herr / der Kaͤyſer hat vns verjaget / vnd das gantze Roͤmiſche Reich ver - boten: Hat der Churfuͤrſt angefangen bitter - lich zu weinen / das jhme die Thraͤnen vber die Backen mildiglich herab gefloſſen: Jſt drauff auffgeſtanden / vnnd an ein Fenſter gangen / Hat ſich aber bald wider erholet / vmbgewand vnd geſaget: Hat er euch aber auch den Him - mel verboten? Vnd als der Prediger antwor - tet: Nein. Da ſagte er: Ey ſo hats noch keine Noth mit euch / ſeyd getroſt / das Reich Gottes vnd der Himmel muß vns doch bleiben.

Vnd der Herr Lutherus antwortete demAntwort des Herrn Luthe - ri zu Worms gegeben. Baͤpſtiſchen Legaten dem Cardinal Cajetano auff dem Reichßtage zu Worms / als er jhn von ſeiner Lehre abſchrecken wolte / mit dem / das er ſagte / Er wuͤrde fuͤr dem Bapſt vnnd Kaͤyſer nirgend ſicher bleiben koͤnnen / auch al - ſo: Si terra nos non capiet, cœlum capiet: Wer - de ich hier in dieſer Welt nicht Raum haben / ſo werde ich ein Ortlein im Himmel findenEWie[34]Chriſtlicher LeichSermon. Baſilius Biſchoff in Cappadocia.Wie auch der fromme Biſchoff in Cappadociâ Baſilius gethan / da jhme des Arrianiſchen Kaͤyſers Valentis Haͤuptman draͤwete / jhn zum Lande hinaus zu jagen: vñ ſpoͤttlich fra - gete: Wo er doch bleiben wolte? Antwortet er: Sub cœlo, vel in cœlo. Entweder vnter dem Himmel / oder im Himmel. Jſt demnach vnſer Wandel im Him̃el / von dannen wir auch war - ten des Heylandes JESV Chriſti deß HEr - ren / welcher vnſern nichtigen Leib verkleren wird / das er ehnlich werde ſeinem verklerten Leibe / Nach der Wirckung / da er mit kan auchv. 20. & ſeq. alle ding jhm vnterthenig machen / Wie Pau - lus redet in ſeinem Sendbrieff Philip. cap. 3. Drumb ſollen wir auch mehr nach dem himli - ſchen / als nach dem jrrdiſchen trachten / Wie vns abermal Paulus vermahnet zun Coloſ -v. 1. & ſeq. ſern cap. 3. Seyd jhr nu in Chriſto aufferſtan - den / ſo ſuchet was droben iſt / da Chriſtus iſt / ſitzend zu der Rechten Gottes. Trachtet nach dem das droben iſt / nicht nach dem / das auff Erden iſt.

Lutheri Ge - dancken von den himli - ſchen Woh - nungen Tom. 6. Jen. Von dieſem Ort / da wir ſein werden / hat Herr Lutherus auch feine Gedancken / dar - umb ich ſeine wort hier abermal anfuͤhren wil / vnnd ſpricht: Wo mag nu das ſein / oder wieheiſſet[35]Chriſtlicher LeichSermon. heiſſet der Ort? Wo ich bin / (ſpricht er) dasGerm. pag. mihi 203. iſt / in meines Vaters Schoß vnd Armen / da alle Engel muͤſſen zulauffen / vnnd vns heben vnd tragen / ohn daß es keinen Namen hat / vñ leſt ſich nicht mit Fingern zeigen noch abmah - len / ſondern im Wort durch den Glauben muß gefaſſet werden. Darumb ſolten wir dieſen Spruch laſſen vnſern Haͤuptpfuͤl vñ Pflaum - federn Bette ſeyn fuͤr vnſere Seelen / vnd mit froͤlichem Hertzen dahin fahren / wenn das ſtuͤndtlein dar iſt / daß wir von Suͤnd vñ allem Vngluͤck / dazu der Welt vñ Teuffels gewalt / loß vnd entnommen / zur ewigen Ruhe vnnd Freude gebracht ſollen werdẽ. Hæc Lutherus.

Das III. troſt - vnd denckwuͤrdige ſtuͤck /III. Die groſſe Herrligkeit vnd Selig - keit / ſo zu - kuͤnfftig iſt. das vns nach den himliſchen Wohnungen ein verlangen erwecken vnd alle Trawrigkeit be - nehmen ſol / iſt: Vitæ cœleſtis beata felicitas, die vnausſprechliche vnnd vnergruͤndliche Herr - ligkeit vnd Gluͤckſeligkeit / ſo im himliſchen Le - ben erfolgen wird. Davon ſaget der HErr:

Daß ſie meine Herrligkeit ſehen / die du mir gegeben haſt. ()

Hier in dieſem Leben / haben die gleubigenMuͤheſeliger vnd betruͤbter Zuſtand in die ſem Leben. Chriſten nicht viel zu ruͤhmen von groſſerE ijHerr -[36]Chriſtlicher LeichSermon. Herrligkeit vnnd guten Tagen / ſie ſind gleich - ſam in terrâ oblivionis, inn einem Lande / da man jhrer nicht groß achtet / ſie nicht auff haͤn - den traͤget / muͤſſen manch truͤbes Vngewitter vber ſich ergehen laſſen / ſie werden geſpeiſet mit Threnenbrodt / vñ getraͤncket mit groſſemv. 6. Maß voll Threnen / Pſal. 80. Aber dort werdẽFrewden - ſtand deß ewigen Le - bens. ſie einen ſeligen wechſel treffen: Ibi erit feſtivi - tas ſine labe, ſerenitas ſine nube, æternitas ſine fi - ne, wie Auguſtinus redet: Es wird da kein Vn - gewitter mehr auffziehẽ / es wird nichts mehr verdorren / welck werden vnd vmbfallen / ſon - dern wird ſeyn ewige Frewde ohn Leid / Gluͤck - ſeligkeit ohne Truͤbſall / Ewigkeit ohne Ende. Die hie mit Thraͤnen ſeen / werden dort mit Frewden erndten. Sie gehen hin vñ weinen / vnd tragen edlen Samen / vnnd kommen mit Frewden / vnnd bringen jhre Garben / wie der Prophetiſche Koͤnig / vnd Koͤnigliche Prophetv. 5. & ſeq. David redet Pſal. 126.

Zwiefache Beſchreibũg der zukuͤnffti - gen Herrlig - keit.Sonderlich aber wird die Frewd vñ Herr - ligkeit der Außerwelten hier beſchrieben / Ein - mal / Ab æterna cum Chriſto conſociatione,α Die Außer - welten ſollen Ewig bey Chreſto ſeyn. Von der ewigen Geſellſchafft vnnd Gemein - ſchafft / daß ſie ewig bey Chriſto ſeyn vnd blei - ben ſollen. Denn ſo lauten deß HErrn ChriſtiWort;[37]Chriſtlicher LeichSermon. Wort; Vater / Jch wil / daß wo ich bin / auch die bey mir ſeyn / die du mir gege - ben haſt. Weil vns der HErr Chriſtus die ewige Frewde vnd Herrligkeit nicht allein mit ſeinem vnſchuͤldigen Leiden vnnd Sterben er - worben vnnd zu wegen gebracht hat / ſon - dern auch der Erſtling worden / der von den Todten aufferſtanden / vnnd zu ſolcher Glori vnd Herrligkeit eingangen iſt; So nimpt Er vns nach ablegung der jrrdiſchen Huͤtten zu ſich / daß wir bey jhm ewig hauſiren vnd blei - ben. Wie er ſich nicht allein hier / ſondern auch im vorher gehendẽ 14. cap. Johannis erklaͤret /v. 3. daß er hingehe / die ſtedte zubereiten / vñ wieder kom̃en / vñ ſie zu ſich nemẽ wolle / daß ſie bey jm ſeyn ſollen. Vnd Paulus redet hiervõ gar troͤſt - lich 1. Theſs. 4. vnd ſpricht: Wir werden demv. 17. HErrn entgegen gezuͤckt werden in der Lufft / vnd werden alſo bey dem HErrn ſeyn allezeit.

Wer kans außſprechen / was das fuͤr Frew - de vnd Herrligkeit ſeyn werde / bey dem HErrn zu ſeyn? Cujus unica ſangvinis guttula est pre - cioſior cœlo & terrâ, wie Bernhardus redet: Deſſen ein einiges Blutstroͤpfflein hoͤher vñ mehr zu achten iſt / denn Himmel vnnd Erde. E iijDaß[38]Chriſtlicher LeichSermon. Daß wir demnach mit Hieronymo wol ſagen moͤgen: Omnia quæ in præſenti vitâ habemus, licet magna videantur & plurima, tamen com - parætione futurorũ, parva & pauca ſunt. Das iſt: Alles was wir in dieſem zeitlichen Leben haben / ob es vns wol duͤncket groß vnnd viel ſeyn / dennoch iſts gegen den zukuͤnfftigen Guͤ - tern deß ewigen Lebens / vnnd der troͤſtlichen Beywohnung Gottes nichts zu achten.

β Sie ſollen die Herrlig - keit Chriſti vnd GOttes ſehen.Am andern Theil wird auch die zukuͤnffti - ge Seligkeit beſchrieben / A Claritatis Chriſti contemplatione, von dẽ Anſchawen der Herr - ligkeit Chriſti / Drumb ſpricht Er: Daß ſie meine Herrligkeit ſehen / die du mir ge - geben haſt. Wir werden mit vnſern verkler - ten Augen den gebenedeyeten / Allmaͤchtigen vnd vnſterblichen Gott in ſeinem hellleuchten -v. 2. den Koͤniglichẽ Thron ſehen wie er iſt / 1. Joh. 3. Jetzt ſehen wir durch einen Spiegel in einem tunckeln Wort / denn aber von Augeſicht zuv. 12. Angeſicht / 1. Cor. 13.

Solches froͤlichen Anblicks troͤſtet ſich derv. ult. liebe David vñ ſpricht Pſal. 17. Jch wil ſchawen dein Antlitz in Gerechtigkeit / Jch wil ſatt wer - den / wenn ich erwache nach deinem Bilde. Deßglei -[39]Chriſtlicher LeichSermon. Deßgleichen der fromme Creutztraͤger Hiob cap. 19. Jch weiß / daß mein Erloͤſer lebet / vndv. 25. & ſeq. er wird mich hernach auß der Erden aufferwe - cken. Vnnd werde darnach mit dieſer meiner Haut vmbgeben werden / vñ werde in meinem Fleiſch Gott ſehen. Denſelben werd ich mir ſe - hen / vnnd meine Augen werden jhn ſchawen / vñ kein frembder. Vnd hieher wird auch von etlichen gezogen das Spruͤchlein deß Geiſtrei - chen Propheten Eſaiæ cap. 33. Videbunt regemv. 17. in decore ſuo, Deine Augen werden den Koͤnig ſehen in ſeiner ſchoͤne / daß ſich dein Hertz ſehr verwundern wird. Von ſolchem Anſchawen ſagt Auguſtinus in libro de Spiritu & Anima:Tom. 3. col. mihi 904. Quàm magna est beatitudo illa, & quàm ab - ſcondita ab oculis noſtris. Oculus nõ vidit, au - ris non audivit, & in cor hominis non adſcen - dit, quanta charitas, quanta ſvavitas, quanta jucunditas maneat nos in illâ cognitione. Das iſt: Ach wie groß iſt doch dieſe Seligkeit / vnd wie verborgen iſt ſie fuͤr vnſern Augen. Es hats kein Auge geſehen / kein Ohr gehoͤret / vñ iſt in keines Menſchen Hertz nie kom̃en / welch groſſe Liebe / welch groſſe Suͤſſigkeit / welch ei - ne Liebligkeit wir auß dem Erkentnuͤß vnd an - ſchawen Gottes haben werden.

Denn[40]Chriſtlicher LeichSermon.

Groſſe Frew - de von dem Anſchawen Gottes.Denn ſolche Anſchawung deß lebendigen Gottes wird nicht ein bloſſes nichts wircken - des ſehen ſeyn / ſondern ſolcher Anblick wird groſſe vnaußſprechliche Frewde in den Auß - erwehlten erwecken / daß es wird heiſſen / wie abermal Auguſtinus ſaget: Ibi amabimus ſine modo, videbimus ſine faſtidio, gaudebimus ſine termino: Dort werden wir lieben ohne alle maß / wir werden die Majeſtaͤt GOTtes an - ſchawen ohn allen vberdruß / vnd werden vns frewen ohne ende vnd auffhoͤren.

Vom Gottſeligen ErtzVater Jacob leſenv. 16. & ſeq. wir Geneſ. 28. daß er im trawm / als er in Me - ſopotamiam reiſete / eine Leiter geſehen / die mit einer Spitze oben am Himmel / mit der andern vnten auff Erden anſtoͤſt / an welcher die En - gel Gottes auff - vnd abſteigen / daruͤber wird er ſo hertzlich froh / daß er außſchreyet vnd ſa - get: Gewißlich iſt der HErr an dieſem Ort / vnd ich wuſts nicht. Wie heilig iſt dieſe ſtaͤdte / hie iſt nichts anders denn Gottes Hauß / vnd hie iſt die Pforte deß Him̃els. Vnd als er wie - der auff dem heimwege iſt / vnd mit dem Soh - ne Gottes ringet / vnd nach erhaltenem Sieg den Segen bekoͤmmet / daß er nicht mehr ſolle Jacob / ſondern Jſrael heiſſen / Vnnd etlichermaſſen[41]Chriſtlicher LeichSermon. maſſen ſich der Kaͤmpffer zu erkennen giebt / wird er ſo froͤlich druͤber / daß er außſchreyet / vnd ſaget in vorgedachtem I. Buch Moſis cap. v. 30.32. Vidi Dominum de facie ad faciem, & ſal - va facta est anima mea: Jch habe GOtt von Angeſicht geſehen / vñ meine Seele iſt geneſen.

Macht nu dieſer Anblick ſolche Frewde in dem lieben Patriarchen / da er GOTT den HErrn nur gleich im Traum erblicket / wie viel herrlicher wird die Frewde ſeyn / weñ wir die hohe Goͤttliche Majeſtaͤt vnd vnſern lieben Bruder vnnd Immanuel CHriſtum JEſum werden anſchawen von Angeſicht zu Ange - ſicht.

Da hergegen den Gottloſen diß die groͤſteDie vner - traͤgliche Hel - len Pein wird ſeyn / Gottes Angeſicht in Ewigkeit nicht ſehen. Marter vnd Pein ſeyn wird / ſo die Hellenbraͤn - de in der Hellenglutt fuͤhlen werden / daß ſie von dem froͤlichen vnd hochtroͤſtlichen Anblick der Goͤttlichen Majeſtaͤt in alle Ewigkeit wer - den muͤſſen abgeſondert vnnd geſchieden ſeyn. Wie Bernhardus de domo interiori cap. 2. re -Bernhardꝰ. det: Omnia gehennæ ſupplicia ſuperabit, DE - UM non videre: GOtt den HErrn nicht ſe - hen / wird alle Hellen Pein weit vbertreffen. Vnd der Alte Lehrer Chryſoſtomus ſaget: Ca -Chryſoſto - mus. Frentia[42]Chriſtlicher LeichSermon. rentia viſionis divinæ, major erit pœna, quàm flamma gehennæ: Der Mangel deß Goͤttli - chen Anſchawens / wird eine groͤſſere Straffe ſeyn / als die Hellenglutt ſelber. Dahin ſtim -Auguſtinus Tom. 10. col. mihi 432. met vnd ſie het auch Auguſtinus in libro quin - quaginta Homiliarum Homil. 9. vnd ſpricht: O infelix anima, etiamſi te DEUS non mittat in pœnam, & tantummodò faciem ſuam te vi - dere non permittat, nunquid non melius fuerat, te non fuiſſe natum? Das iſt: O du vnſelige Seele / wenn dich gleich GOTT der HErr nicht in die Hellen Pein ſtoͤſſe / vnnd lieſſe dich nur ſein Antlitz nicht ſehen / were es nicht beſ - ſer / daß du nie geboren wereſt.

Jn betrachtung ſolcher vnaußſprechlichen Herrligkeit / ſolten wir billich dieß vnſern ſte - ten Wunſch ſeyn laſſen / mit dem Apoſtel Pau - lo aus ſeinem Sendebrieff an die Philipperv. 23. geſchrieben cap. 1. vnd ſeufftzen: Cupio diſſol - vi, & eſſecum Chriſto, Jch hab luſt abzuſchei - den / vnd bey Chriſto zu ſeyn. Vnnd aus demv. 2. & ſeq. 42. Pſal. Wie der Hirſch ſchreyet nach friſchem Waſſer / ſo ſchreyet meine Seele GOtt zu dir. Meine Seele duͤrſtet nach Gott / nach dẽ leben - digẽ Gott / Weñ werde ich dahin kom̃en / dz ich Gottes Angeſicht ſchawe. Vnd mit Flam inio:

Me ſolve[43]Chriſtlicher LeichSermon.
Me ſolve tandem vinculis
Iſtis, ut evolem tuam
Beatus ad præſentiam.
Ach GOtt du allerhoͤchſter Herr /
Loͤß mich auß meinen Banden ſchwer /
Daß ich kehr auß dem Jammerthal /
Zu dir in deinen Frewden Saal.

Vnd welcher rechter Chriſt wolte nicht ſol - che Hertzen Frewde vnd Begierde empfinden / wenn er die zukuͤnfftige Herrligkeit bedencket / die auff dieſes Jammerthal erfolgen wird. Denn all vnſer Truͤbſall / die zeitlich vnd leicht iſt / ſchaffet ein ewige vñ vber alle maſſen wich - tige Herrligkeit / vns / die wir nicht ſehen auff das ſichtbare / ſondern auff das vnſichtbare. Denn was ſichtbar iſt / das iſt zeitlich / Waß a - ber vnſichtbar iſt / das iſt ewig / 2. Corinth. 4. v. 17. & ſeq. Weil dort / wie Proſper ſaget / ſeyn wird / Fe - lix æternitas, & æterna felicitas, quam nulla interturbare poterit calamitas: Eine ſolche Frewde / die kein Auge geſehen hat / vnnd kein Ohr gehoͤret hat / vnnd in keines Menſchen Hertz kommen iſt / das GOtt bereitet hat / de - nen / die jhn lieben / wie geſchrieben ſtehet Eſa. v. 4. ſect. 2.64. 1. Corinth. 2. v. 9.

F ijDa[44]Chriſtlicher LeichSermon.
Da werden wir mit Frewden
Den Heyland ſchawen an /
Der durch ſein Blut vnd Leiden
Den Himmel auffgethan /
Die lieben Patriarchen /
Propheten allzumahl /
Die Maͤrterer vnd Apoſtel /
Bey jhm ein groſſe Zahl.
Die werden vns annehmen /
Als jhre Bruͤderlein /
Sich vnſer gar nicht ſchemen /
Vns mengen mitten ein /
Wir werden alle tretten
Zur Rechten JESV Chriſt /
Als vnſern GOtt anbeten /
Der vnſers Fleiſches iſt.

Accommo - datio ad defunctum. Vnter ſolche heilige Geſellſchafft iſt nu auch getretten vnd kommen / der weyland Eh - renveſte / Achtbare vnnd Wolgelahrte / Herr ABRAHAM Gaſt / Medicinæ Candidatus, welchem wir in ſehr Volckreicher Verſamlung jetzo das Geleit zu ſeinem Ruhebettlein gege - ben haben / der nu in ſein Ruheſtaͤttlein ſoll verſetzet vnd eingeſencket werden.

Ob nun wol die hochbetruͤbte Fraw Mut - ter groſſe weheklage vber dem toͤdtlichen Ab - gang jhres einigen / wolgezogenen vnd wolge - rahtenen Sohnes / der was fuͤrnehmes ſtudi -ret,[45]Chriſtlicher LeichSermon. ret, vnd mit Ehren den Gradum Doctoris in Medicinâ hette petiren ſollen vnd koͤnnen / fuͤh - ret; Wie freylich groͤſſer Hertzleid nicht ſeyn kan / als ein einiges liebes Kind verlieren. Da - her die heilige Schrifft / wenn ſie von einem groſſen Betruͤbnuͤß reden wil / es vergleichet den trawrigen Eltern / die jhren einigen Sohn beklagen / wie der Prophet Jeremias thut cap. v. 26.6. da er ſpricht: O Tochter meines Volckes / zeuch Saͤcke an / vnnd lege dich in die Aſchen / trag Leide / wie vmb einen einigen Sohn / vnd klage / wie die / ſo hoch betruͤbt ſind. Vnd der Prophet Zacharias cap. 12. Sie werden jhnv. 10. klagen / wie man klaget ein einiges Kind / vnd werden ſich vmb jhn betruͤben / wie man ſich be - truͤbet / vmb ein erſtes Kind. Vnnd es das E - xempel Hannæ der Mutter Tobiæ bezeuget /Tob. 4. cap. v. 4. & ſeq. die vber jhrem einigen Sohne / der nur ein we - nig vber die beſtimpte Zeit auſſen bliebe / betruͤ - bet war / weinete vnd ſagte: Ach mein Sohn / mein Sohn / warumb haben wir dich laſſen wandern / vnſer einige Frewde / vnſer einiger Troſt in vnſerm Alter / vnſer Hertz vnd vnſer Erbe. Wir hetten Schatzes gnung gehabt / wenn wir dich nicht hetten weg gelaſſen. JeF iijdennoch[46]Chriſtlicher LeichSermon. dennoch ſoll ſie vmb dieſen Hintritt vnnd Ab - ſchied jhres lieben Sohnes ſo ſehr ſich nicht be - kuͤmmern / ſondern ſich dem Goͤttlichen willen vntergeben / vnd erinnern / daß das Volo vnd der Wille deß HErrn Chriſti / der Jhn bey ſich in der Himliſchen Academi haben wollen / jh - rem Velle vnd Wollen weit fuͤr zuziehen ſey / vnd auch fuͤrgangen. Vnd ſoll dieß jhr Cor - dial vnd Hertzſterckung ſeyn / Daß der Gerech - te / ob er gleich zu zeitlich ſtirbet / iſt er doch in der Ruhe. Denn das Alter iſt ehrlich / nicht das lange lebet / oder viel Jahr hat / Klugheit vnter den Menſchen iſt das rechte grawe Haar / vnd ein vnbefleckt Leben iſt das rechtev. 7. & ſeq. Alter / Sapient. 4. Auguſtinus ſaget: Vocan - tur ante tempus boni, ne diutius vexentur à no - xiis: Wird demnach mit trawren vnd weinen maſſe halten / weil jhr geliebter Sohn nun Sie vnd alle betruͤbte Anverwandten gleich - ſam auß ſeinem Sarge mit ſolcher Valedicti - on vnd geſegnung anredet:

Geſegn euch Gott der HErre /
Jhr Vielgeliebten mein /
Weinet nicht alſo ſehre
Vber den Abſchied mein /
Beſtaͤndig[47]Chriſtlicher LeichSermon.
Beſtaͤndig bleibt im Glauben /
Wir werden in kurtzer zeit
Einander wieder ſchawen /
Dort in der Ewigkeit.

Da wird erfuͤllet werden / was Chriſtus ſaget Matth. 5. Selig ſind die da leide tragen / denn ſie ſollen getroͤſtet werden.

ENCOMIUM DEFUNCTI.

SO viel nun aber deß offt erwehnten Herren Abraham Gaſtes Ankunfft / Ge - burt / Leben / Wandel / vnd ſeeliges Abſterben anrei - chen thut. Jſt Erſtlichen zu wiſſen / wie auch maͤnniglichen in dieſer Stadt kundbar / daß derſelbe von vornehmen / Ehrli - chen vnd Chriſtlichen Eltern /[und] auß altem Geſchlechte der Gaͤſte bey dieſer Stadt Schwibuſſen geboren vnd herkom̃en.

Sein Herr Vater iſt geweſen der Ehrenveſte / Achtba - rer / Wolweiſer vnd Wolbenambter Herr Wolff Gaſt / ſeliges andenckens ein Auffrichtiger / Ehrlicher vnnd Wolverdienter Mann allhier / welcher per gradus, vnd nach dem Er faſt alle Ampter bey dem gemeinen Stadt Weſen / den Koͤniglichen HoffGerichten vnnd StadtGerichten bedienet / endlichen zu dem Buͤrgermeiſter Ampte erhaben worden; Jn welchem ſei - nem Buͤrgermeiſter Ampte er ſich alſo verhalten vnd erwieſen / daß er ſein Gewiſſen gegen GOTT vnd dem Menſchen rei - ne vnnd vnverletzt bewahret / hat in dem / was zu auffnehmung der gemeinen Stadt Beſſerung angeſehen / an jhm nichts er - winden laſſen. GOttes Wort vnd Diener der Kirchen trew - lichen geliebet vnnd befoͤrdert. Wie dann in ſeinem Buͤrger -meiſter[48]Chriſtlicher LeichSermon. meiſter Ampt das ſchoͤne Gebaͤwde der Schulen ruͤhmlichen auffgerichtet vnd verfertiget worden. Der gemeinen Buͤrger - ſchafft Notturfft hat er jhm nach beſtem vermoͤgen angelegen ſeyn laſſen / vnnd maͤnniglichen die Juſtitz dermaſſen admini - ſtriret, daß dem From̃en Schutz gehalten / die Boͤſen aber zur Straffe gezogen / Wie er dann billich dahero ein rechter Pater Patriæ genennet / auch endlichen ſeine grawe Haar mit Ehr vnnd Ruhmb in ſein Grab von dieſer Welt mit hinweg ge - nommen.

Seine Fraw Mutter / ſo noch im Leben / GOtt gebe lan - ge / iſt / wie dieſer gantzen Chriſtlichen Gemein wiſſend / eine ge - borne Nitſchkin / deß weyland Ehrenveſten / Wolweiſen vnnd Wolbenambten Herren Hanß Nitſchkens / auch ſeeliges ge - denckens / geweſenen Buͤrgers vnd Rathmanns allhie geliebte Tochter / Welcher Herr Hanß Nitſchke ſein ewig wehrendes vnnd ruͤhmliches Gedechtnuͤß allhier in dieſer Kirchen an den ſchoͤnen zierlichen Predigſtuel / darauff das reine vnnd lautere Wort GOttes taͤglichen ſchallet / mit zimlichen Vnkoſten hin - terlaſſen.

Von dieſen Chriſtlichen / Ehrlichen vnnd frommen El - tern iſt nun viel erwehnter Herr ABRAHAM GAST in dem abgelauffenen 1600. Jahr den 3. Tag Septembris A - bends vmb 9. Vhr in dieſe Welt gebohren / vnd alsbaldt hier - auff zu dem Chriſtenthumb durch die heilige Tauffe befoͤdert worden / vnd alſo in den Bund der Gnaden GOTtes einver - leubet. Wie er denn auch hernach / als er etwas erwachſen / alſo baldt ſeines Chriſtenthumbs von mehr erwehnten ſeinen Eltern erinnert / Jn dem er in Gottes Wort vnterrichtet / auff daſſelbe gewieſen / zum Gebet vnd allen Chriſtlichen Tugenden anermahnet vnd angehalten worden. Vnd damit Er hierin deſto gewiſſere vnd beſtaͤndigere fundamenta legen moͤchte / iſt er in der Schulen allhier den Herren Præceptoribus com - mendiret, tradiret vnd vberantwortet worden / Welchen ſei - nen Herren Præceptorib us er Herr ABRAHAM GASTnicht[49]Chriſtlicher LeichSermon. nicht allein gehorſamb geweſen / vnnd dieſelben geehret / beſon - dern auch in ſeinen ſtudijs einen ſolchen anfang allhie gema - chet / daß er ſeine fundamenta Pietatis & Artium liberalium, abſonderlich in Latina lingva, in Dialecticis, in Rhetoricis, in Poeſi vnd Muſicis erlanget vnd vberkommen. Nach dem Er auch einen ſolchen Grundt allhier in der Schulen geleget / iſt Er mit genehmhabung vornehmer Leute vnd ſeiner Herren Præceptoren Rath / etwas mehres zu lernen vnd zu ſehen / An - no 1617. im Monat Septembri gen Briegk geſchicket / vnnd dem hochgelahrten vnnd beruͤhmbten Herren Magiſtro Mel - chiori Laubano domahligen Rectori deß Gymnaſij daſelb - ſten commendiret, der ſich ſeiner denn auch trewlichen ange - nommen / vnnd jhn in ſeinen vorhabenden ſtudijs mercklichen befoͤdert. Daſelbſten Er dann auch ein gantzes Jahr ſeines ſtudierens mit allem fleiß abgewartet.

Nach dem Er aber vernommen / daß der hochgelahrte Herr Magiſter Thomas Sagittarius, ein beruͤhmbter Philoſo - phus, Poët vnd Juriſt, naher Breßlaw in die Schule S. Eli - ſabeth vociret vnnd beruffen worden / hat Er ſich vnter deſſen ſeiner diſciplin vnd information begeben.

Nach dem Er nun in dieſen dreyen trivialiſchen Schu - len ſeine ſtudia fundiret vnd gegruͤndet / alſo / daß er nunmehr mit nutz vnd frucht auff Academien leben koͤndte / hat Er ſich naher Wittenbergk auff die weitberuͤhmbte Univerſitet bege - ben / daſelbſten Er ein gantzes Jahr ſeinen Curſum Philoſo - phiæ nicht allein abſolviret, ſondern auch einen anfang zu der Mediciniſchen Kunſt gemacht.

Von dannen hat Er ſich zuruͤck naher Franckfurt an der Oder begeben / daſelbſten Er ſein angefangenes Studium Me - dicum in vnterſchiedenen Zeiten zuſammen in die drey Jahr gantz gluͤcklichen continuiret. Nach dieſem hater jhm fuͤrge - nommen / in frembden Laͤndern vnd abgelegenen Univerſite - ten ſich vmbzuſchawen / vnnd auff den Grund / ſo er bißher ge - leget / etwas ſtattlichers zu bawen. Deſſentwegen hat Er ſichGauff[50]Chriſtlicher LeichSermon. auff die beruͤhmbte Univerſitet Althorff begeben / daſelbſten Er ein gantzes Jahr verblieben / Hernachmals ſeine Reiſe auff Straßburgk gewendet / daſelbſten Er in zwey Jahr commo - riret; Jn deß aber dennoch die hochberuͤhmbte Univerſitet Baſel in Schweitzerland auff ein viertel Jahr beſuchet / Jn welcher zeit er nunmehr ſein vorhaben in ſeinen ſtudijs ſo weit bracht / daß Er mit Ruhm vnd Lob die Fruͤchte ſeiner erſtande - nen Muͤh vnnd Arbeit wol brechen koͤnne / daß Er alſo einen Doctorem Medicinæ hette mit heimbringen moͤgen / Jnmaſ - ſen denn auch jhn vornehme vnd hochgelahrte Leute auff er - wehnten Univerſiteten hierzu anermahnet / ſo jhm aber von hierauß ingleichem von guten vnnd hochgelehrten Leuten wie - derrahten worden / wie Er denn auß ſonderbahrem bedencken ſolches ſelbſten endlichen differiret, in meinung / daß Er bey ei - ner vorſtehenden occaſion vnd gelegenheit zur Peregrination dazu beſſer vnd ohne eigene Vnkoſten gelangen koͤndte / Wor - auff Er ſich denn im abgelauffenen 1626. Jahre naher Schwi - bußen zu ſeiner vielgeliebten Fraw Mutter begeben / dahin Er zwar gluͤcklichen / aber allbereit zimlich vnpaͤßlich angelanget / denn / weil Er ſich auff der Reiſe wider die grimmende vnd har - te Kaͤlte nicht wol verwahret / iſt Er durch dieſelbe dermaſſen angegriffen / daß Er gantz verderbet / vnnd bey ſeiner Ankunfft faſt kein Glied bewegen koͤnnen. Welches Vbel denn auch die gantze zeit hero ſtets continuiret, alſo / daß Er faſt keine Spei - ſe zu ſich nehmen koͤnnen / Jnmaſſen denn auch andere ſchwere vnd gefaͤhrliche Symptomata vnd Kranckheiten hiebey einge - tretten / daß Er eine zeithero bettruhig ſeyn muͤſſen / Zwar hat jhm der Edle / Ehrenveſte vnd Hochgelahrte Herr Philippus Tuchſcherer Medicinæ Doctor ordentliche medicamenta vñ Artzney vorgeſchrieben. Weil Er aber dieſelbe nicht brauchen oder bey ſich behalten moͤgen / hat hierauff auch kein effectus vnd wirckung erfolgen koͤnnen: Dannenhero die Kranckheit ſo weit vberhand genommen / daß dieſelbige die Natur beſtuͤr - met vnd vberwaͤltiget. Vnnd iſt alſo dieſer Ehrlicher / Auff -richtiger /[51]Chriſtlicher LeichSermon. richtiger / Chriſtlicher vnd Hochgelahrter Herr ABRAHAM GAST Medicinæ Candidatus, nach deme Er zuvor am PalmSontage fruͤe die oͤffentliche Beicht vnnd Bekaͤntnuͤß ſeiner Suͤnden gethan / abſolviret, vnd jhme das hochwuͤrdi - ge Abendmal deß wahren Leibes vnnd Blutes Chriſti von mir gereichet / vnd Er mit dem rechten Viatico verſorget worden / in beyſeyn guter Leute / am heiligen Oſtertage / war der 23. A - prilis, zwiſchen 3. vnd 4. nach gehaltener VeſperPredigt / in beſtaͤndiger Chriſtlichen Glaubens Bekaͤntnuͤß ſanfft vnd ſee - liglichen auß dieſer Welt hin getretten / vnd ſeine geliebte Fraw Mutter / ſo auch die zugethane Freundſchafft gantz betruͤbt vnd trawrig hinterlaſſen. Jſt alſo ſein gantzes Leben in dieſer Welt geweſen 27. Jahr / 7. Monat / 20. Tage.

GOTT der Allmaͤchtige hat auſſer allem zweiffel ſeine Seele in die Gemeinſchafft aller heiligen Engel vnnd Außer - wehlten verſetzet / derſelbe wolle auch dem Coͤrper eine ſanffte Ruhe inn der Erden / vnnd demſelben am letzten Tage eine erfrewliche Aufferſtehung zu dem ewigen Leben verleihen / vmb Chriſti ſeines geliebten Soh - nes vnd vnſers Erloͤſers willen / AMEN.

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TextSalutiferum Christi volo Der gantz gnädige/ heylsame Wille vnsers allerliebsten Heylandes vnd Erlösers JESV CHRISTI: Zur Leich- Ehr- vnd Gedechtnüß Predigt/ bey der Christlichen Sepultur vnd Begräbnüß Deß weyland Ehrenvesten/ Achtbarn vnd Wolgelarten Herrn Abrahami Gasts
Author Johann Feyerabend
Extent51 images; 9524 tokens; 3031 types; 63997 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationSalutiferum Christi volo Der gantz gnädige/ heylsame Wille vnsers allerliebsten Heylandes vnd Erlösers JESV CHRISTI: Zur Leich- Ehr- vnd Gedechtnüß Predigt/ bey der Christlichen Sepultur vnd Begräbnüß Deß weyland Ehrenvesten/ Achtbarn vnd Wolgelarten Herrn Abrahami Gasts Johann Feyerabend. . 52 Michael KochFrankfurt (Oder)1626.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 O 581/7 / 509967

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LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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