IMAGO Clariſſimi & Conſultiſſimi Viri, Dn. IOH. VALENTINI NEYFFERI Herrenbergenſis, V. I. D. Pand. in Illuſtri Acad. Tubing. Profeſſoris, &c.
Talis erat facies NEYFFERI Iure VALENTIS: Quo vix vllus erat Integritate prior.
M. H. VV.
CVMOCVLOS NOSTROS in hoc Vniverſitatis Theatro circumferimus: ſingulis propè rebus, terrâ naſcentibus, certos ſuos, quibus oriantur: certos, quibus intereãt, terminos præſtitutos eſſe, deprehendimus. Hinc quia rigidæ nuper diffugêre nives, iam læta redeunt gramina Campis, arboribusꝙ́ Comæ: Inde flores, inde fructus, inde triſtis alia exſpectatur hyems, quæ rebus quaſi mortem quandam inferre omnibus vide - tur. Haudaliter in vita hominis comparatum eſſe, non ſacræ tan - tùm docent literæ: ſed quotidiana quoꝙ ſubinde confirmat expe - rientia. Etenim omnia tempus habent, & ſuis ſpatijs tranſeunt v - niverſa ſub cœlo. Tempus naſcendi, & tempus moriendi, Eccle - fiaſtes concionatur, Cap. 3. v. 1. & 2. Homo, natus de muliere, qua -A 2ſi flos2ſiflos egreditur, & rurſum ſucciditur, & fugit velut vmbra, & nunquam in eodem ſtatu permanet: conqueritur Iobus in amari - tudine animæ ſuæ, cap. 14. Omnis caro fœnum: & omnis gloria eius quaſi flos agri. Exſiccatum est fœnum, & cecidit flos. Eſaiæ cap. 4. v. 6. & 7. Manè floret, ſed mutatur, & ad veſperum are - ſcit. Pſalm. 90. v. 6. Et quidem hora mortis nobis incerta. Vides, ait ingemiſcens Iſaac, quòd ſenuerim, & ignorem diem mortis m[e]æ. Geneſ. cap. 27. verſ. 2.
Sed ideò nobis incertum eſſe voluit DEVS, quanto tempore duraturi eſſemus, vt expectatione incertâ, cer - to ſtudio virtutem & pietatem in vero DEI timore ſemper amplecteremur; ſic viventes, quaſi quotidie morituri. Et fragili - tatis, & incertitudinis huius Exemplum DEVS heſternâ luce ob oculos nobis poſuit luctuoſiſſimũ, dum circiter horam nonã matu - tinã præmaturâ morte è medio quaſi vitæ curſu ad Beatorũ illud conſortiũ ſubduxit Nobilẽ & Conſultiſſ. virũ, verâ pietate, exi - miâ eruditione, ſummâ vitæ integritate, atꝙ in omnib officij ſui partibus obeundis ſingulari diligentiâ & conſtantiâ præſtantiſſi - mum: Dominum IOHANNEM VALENTINVM NEYFFERVM, Vtriuſꝙ Iuris Doctorem, & in inclyta hac Academia vltra Sexennium Profeſſorem Pandectarum cele - berrimum; nec non hoc ipſo tempore Facultatis Iuridicæ Deca - num ſpectatiſſimum, Amicum & Collegam noſtrum chariſſi - mũ. Qui Anno Chriſti Milleſimo, Quingenteſimo, Septuageſimo ſecundo, à Parentib. honeſtiſſ. & præclariſſimis in hanc lucem pro - gnatus, ab ijſdẽ ſtatim in pueritia ad verũ limorem Domini, pie - tatem & reliquarum virtutum ſtudia ſolicitè educatus, prima literarum fundamenta in Schola Patriâ Herrenbergenſi felici - ter poſuit. Ad Academias poſtea, hanc nimirum Tubingen - ſem, Marpurgenſem item, & Ienenſem ablegatus, tantos per Dei gratiam (abſolutis feliciter ſtudijs Philoſophicis) in exquiſi - ta Iurium cognitione & ſcientiâ fecit progreſſus: Vt cùm antè Annos duodecim gradum Doctoratus in hac Academia, ſum - mâ cum laude conſecutus fuiſſet, ab Illuſtriſſimo, Celſiſſimoqúe Principe ac Domino, Domino FRIDERICO, Duce Vvür - tembergico ac Teccio, Comite Mompelgartenſe, Domino in Haydenheim, &c. Domino noſtro Clementiſſimo, &c. excellentiſ -ſimæ3ſimæ recordationis, antè Decennium non modò ſupremi Dicaſte - rij Vvürtembergici Aſſeſſor, & in illuſtri Collegio Conſuetudi - num Feudalium Profeſſor conductus; ſed etiam ante Sexennium ab Ampliſſimo Senatu Academico in numerum Profeſſorum Vniverſitatis cooptatus fuerit. Cumꝙ́ toto eo tempore in ipſo inſignis Legum interpretan darum & explicandarum induſtria & dexteritas; in Conſilijs dandis ſingularis ſolertia, & fidelitas; in omnibus denique officij partibus obeundis ardens Iuſtitiæ æquita - tisꝙ́ amor, prudentia & integritas conſpiceretur: Eidem publica etiam, eaꝙ́ graviſſima & ampliſſima, Vniverſitatis officia; Re - ctoratus nimirum & Decanatus fuerunt commiſſa; Quibus o - mnibus maximâ ſemper cum fide, incredibili diligentiâ atque vtilitate præfuit. Quàm enim ſyncerus, & Vniverſitati huic fru - ctuoſus fuerit Profeſſor, Senator, Decanus & Rector Magnifi - cus, adeoꝙ́ de tota Reipublicâ literaria optimè meritus; nôrunt omnes, qui expeditionibus ipſius interfuerunt: Nota est omnibus Integerrimi huius & optimi Viriæquitas, nec non de omnibus & ſingulis benemerendi prona propenſaꝙ́ voluntas. Porrò (quod præ cipua in laude ponendum) pietatis & huius & futuræ vitæ promiſſionem habentis, ſtudioſiſſimus fuit: Conciones ſacras non modò diligentiſſimè frequentavit, conſtantiꝙ́ attentione au - divit: ſed & domi crebrò ruminavit, familiæ ꝙ́ ſuæ & dulciſſimis liberis magno & laudabili cum zœlo propoſuit & explicavit. Sa - croſanctæ præterea Cœnæ vſu fidem ſuam ſæpiùs tùm publicè, tùm privatim morbi tempore, piè confirmavit. In morbo denique graviſſimo, dolorumꝙ́ pleniſſimo perferendo, Patientiæ inaudi - tæ, Conſtantiæ ꝙ́ admirandæ ſpecimina edidit & plurima & lu - culentiſſima.
Cæterùm huic verè Nobili & Ampliſſimo Viro, in Chri - ſto placidè defuncto, cùm hoc tempore gratitudinis ſignificatio - nem nullam aliam, quàm quæ est in funeris ipſius honeſta dedu - ctione, oſtendere atque declarare poſſimus: Omnibus & ſingu - lis, Juriſdictioni noſtræ ſubiectis, mandamus ſeriò; Vt funeris huius deducendi causâ, horâ mediâ tertiâ veſpertinâ ad Ædes Vniverſitatis frequentes conveniant; & Defuncto, eiuſꝙ́ hone - ſtiſſimæ Cognationi eximium hoc pietatis officium præſtent; acA 3ſimul4ſimul defragilitate humanâ, Varijs & gravibus rerum commu - tationibus, & noſtrâ etiam ex hac vita migratione ſedulò cogi - tent; & tandem diſcant (quod Moſes à Domino precatus est) numerum dierum quiſꝙ́ ſuorum, vt ambulent Corde ſapien - ti; Valete. Exaratum Tubingæ, ſub Sigillo Vniver - ſitatis publico, Die VI. Aprilis, Anno Chriſti MDCX.
Sie namen aber Jeſum / vnd fuͤhreten jhn hin / ꝛc.
ES iſt / Geliebten im HERRNVrtheil wil exequirt vnd volſtreckt ſein. Chriſto / ein gemein vnd wahr Spruͤch - wort: Ein Glocke ohne ein Schwen - gel / vnd ein Moͤrſer ohne ein Stoͤſſel / taugen beede nichts. Alſo iſt es auch vmb Vrtheil / welches gleichwol gefaſſet vnd publicirt / aber nicht exequirt vnd volſtreckt wuͤrdt.
Eben das haben die Juden / namlich die Schꝛifft - gelehrten / Phariſeer / Hohenpꝛieſter vnd Elteſten des Volcks (welche vnſern HERrn vnd Heiland Chri - ſtum / vom Verꝛhaͤter Juda erkaufft / im Garten ge - faͤnglich angenommen: Jm Geiſtlichen Conſiſtorio zum Tode verdampt / auch dem Landpfleger Pilato / kein Rhuwe gelaſſen / biß er gleiches Vrtheil gefaͤllet /vnd6Paſſional vnd Leichpredigt /vnd das Staͤblin vber jhne gebꝛochen hat) Auch wol gewußt. Demnach / ſo bald die Vrtheil Pilati auß ge - ſprochen / vnd der vnſchuldige Chriſtus / jhrem Wil - len / daß er gecreutziget wuͤrde / vbergeben woꝛden: fey - ren ſie kein Stunde mehr / damit ſolch gefeltes Vr - theil / vielleicht nicht widerumb geaͤndert / caſſirt oder auffgehaben wuͤrde: ſondern alſo bald nemmen die Kriegsknecht Chriſtum an / fuͤhren jhn hin / Exequi - ren das gefelte Vrtheil / vnd creutzigen jhne.
Wann wir dañ / in geſterigen gehaltenen Paſſion[s]Predigten / vernom̃en / welcher geſtalt Chriſtus vnſer trewer Erloͤſer vnd Heiland / durch Judam verꝛha - ten / vnd von den Kriegsknechten im Garten gefan - gen genommen: Auch bald / vnd noch ſelbigen Abend / voꝛ dem Geiſtlichen Conſiſtoꝛio zum Tod verdampt. Jn heutiger Moꝛgen Predigt aber / gleicher geſtalt von Pilato / auffjnnſtaͤndiges vnd vnablaͤßliches An - halten der Juden / zum allerſchmaͤhlichſten Tode / des Creutzes verurtheilt woꝛden: darauff jetzund die Exe - cutio vnd der Vrtheil Volſtreckung volget: Vnd aber ſolcher Execution Punct / vnter allem anderm / was Chriſtus gelidden / freylich ein gar voꝛnemes Stuck iſt: Dann durch den Fluch des Creutzes Chri - ſti / welchen er von vnſertwegen auff ſich genommen / ſeind wir geſegnet / vnd durch ſeinen Tod / ſeind wir er - kaufft zum Leben. Demnach ſollen wir ſolcher Exe - quution vnd Creutzigung Chriſti / mit hoͤchſtem vleiß / vnd aller Chriſtlichſter Andacht zuſchawen: vnd das lernen / deſſen ſich Paulus gegen ſeinen Corinthiern1. Corinth. 2. 1. rhuͤmet: Da ich zu euch kam / lieben Bruͤder / kam ich nicht mit hohen Woꝛten / oder hoher Weißheit / euch zu verkuͤndigen die Goͤttliche Predigt. Dann ich hieltmich7Vom Creutze vnd Tod Chriſti. mich nicht darfuͤr / daß ich ettwas wuͤßte vnter euch / ohne allein Jeſum Chriſtum den gecreutzigten. Wer dieſes gelernet hat / der kan hohe vnd ſeeligmachende Kunſt.
Es beſtehet vnd beruhet aber dieſer Exequution Punct oder Creutzigung Chriſti / auff dieſen dreyen Particular Stucken.
1. Das Erſte / iſt die Außfuͤhrung / von Jeruſalem biß an die Schedelſtatt.
2. Das Ander / die Creutzigung an jhr ſelbſten.
3. Das Dritte iſt / von den Wunderwercken / wel[-]che ſich theils noch bey lebendigem Leib Chriſti am Creutz: theils bald nach ſeinem Tode begeben haben.
Vnſer gecreutzigter vnd getoͤdteter / Aber wider - umb von Todten erweckter / vnd zur Rechten Hand Gottes ſitzender / vnd allenthalben regirender Erloͤ - ſer vnd Heiland Jeſus Chriſtus / wolte mit ſeiner Krafft vnd Gnade ſeines H. Geiſtes / mit vnd bey vns ſein: daß wir durch ſein Creutz / an vnſerm Seelentroſt maͤchtiglich geſtaͤrckt: an Chriſtlicher Gedult reich - lich vermehret / vnd in allem vnſerm Leben ohne Vn - terlaß / vnd ſtundtlich verbeſſert werden / Amen.
SO viel dann die Außfuͤhrung Chriſti (der zumI. Von der Auß - fuͤhrung Chri - ſti. Creutz verdampt war) von Hieruſalem / biß auff die Schedelſtatt / da er gecreutziget wor - den / belanget: Muͤſſen wir in ſolchem Außgang / auff volgende Perſonen Achtung geben. 1. Auff Chriſtum. Summariſche Puncten die - ſes Erſten Theils.2. Darnach auff die beede Vbelthaͤter / welche ſampt jhme außgefuͤhret vnd gecreutziget worden. 3. ZumBDritten /8Paſſional vnd Leichpredigt /Dritten / auff die andere Gefaͤhrten / Mann vnd Weibsperſonen / welche zu gelauffen / vnd mit Chriſto zu ſeiner Creutzigung hinauß gegangen. 4. Vnd dann muͤſſen wir auch Achtung geben / auff den Ort / da Chriſtus gecreutziget: 5. Wie auch endtlich auff die Kriegsknecht / durch welche ſolches alles Exequirt vnd volſtreckt woꝛden.
Beſchreibung der Außfuͤh - rung Chriſtizum Creutz.Chriſtum vnſern HERrn vnd Heiland belan - gend / wuͤrdt demſelbigen / der Purpurmantel / den ſie jhme zum Spot angelegt hatten / auß / vnd ſeine Klei -I. Chriſtus. der angezogen. Vnd das zwar nicht darumb / daß ſie gehalten / es were nunmehr / des Geſpoͤtts genug / ſon - dern / damit er in der Außfuͤhrung / an eigenen vnd gewohnlichen Kleidern moͤchte erkant / vnd mennig - lichen offenbar werden / der jenige / den man bißher fuͤr ein Propheten gehalten / were nun an offenbarem Be - trug / vnd ſolchen Vbelthaten befunden worden / daß er mit Vrtheil vnd Recht / zum wolverſchuldten Tode verdampt / vnd jetzt zur Exequution außgefuͤhrt wer - de. Es muß auch der arme vnſchuldige Chriſtus / wel - chen die Gottloſe / vnbarmhertzige Kriegsknecht / die gantze Nacht vber / ſo vbel gehandelt / vnd Morgens / auff Pilatus Geheiß / mit Ruten vnd Geiſſeln / Auch Doͤrnin Crone / an ſeinem gantzen Leibe / von der Hauptſcheittel an / biß auff die Fuß ſolen / allen thalben verletzt vnd verwundet haben / dannoch ſein Creutz oder Holtz / daran er ſterben ſolte / ſelber tragen: biß ſie Simon von Cyrenen angetroffen / welchem ſie ſol - ches auffgelegt / vnd Chriſto nachzutragen gezwun - gen haben / wie an ſeinem Ort / mit mehrern Vmb - ſtaͤnden / bald volgen wuͤrdt.
II. Zween Vbel - thaͤter.Es wurden aber mit Chriſto außgefuͤhret / auchzween9Vom Creutze vnd Tod Chriſti. zween Vbelthaͤter / welche nicht in Vnſchuld / wie Chriſtus / ſondern vmb jhrer begangenen Miſſethat wegen / zu wolverdienter Straff / hingefuͤhrt worden: Jnmaſſen der eine vnter jhnen / als ſie jetzt am Creutze gehangen / den andern / ſeiner Laͤſterung wegen ge - ſtrafft vnd geſagt hat: Vnd du fuͤrchteſt dich auch nicht fuͤr Gott? der du doch in gleicher VerdamnuͤsLuc. 23. 40. biſt.
Es bleibt aber dieſer Creutzgang nicht bey ettli -III. Groſſer Zu - lauffe des Volcks. chen wenigen Perſonen / alſo / daß Chriſtus / die zween Vbelthaͤter / vnd ettliche wenige Kriegsknecht mit einander weren hinauß gegangen: ſondern wie es zu geſchehen pfleget / wann man einen oder mehr zum Tod verdampten juſtificiren wil / gibt es ein groſſen Zulauff / vnd wiljederman der Sachen Verlauffe vnd Außgang ſehen. Alſo iſt es damalen zu Hieruſalem auch zugangen. Dann nach dem Pilatus / nicht nur ein / ſondern drey Perſonen zu Creutzigen befohlen / vnd ſolche zu Oſterlicher Zeit (Als die Statt voller Juden geweſen / welche auff das bevoꝛſtehende Feſt ankommen waren) auß gefuͤhrt wurden / ſonderlichen aber weil Chriſtus darunter geweſen / welcher bißhero viel Zeichen vnd Wunder gethan / vnd von vielen / fuͤr einen Propheten vnd Meſſias gehalten worden / So iſt auß der gantzen Statt Hieruſalem / von anwe - ſenden Burgern / vnd albereit einkommenen Gaͤſten / von Mann vnd Weib / jung vnd alt / ein groſſer vnge - wohnlicher Zulauffe woꝛden / vnd hat jedermann / was da geſchehe vnd vorgehe / ſehen vnd hoͤren woͤllen. Vnter denſelben / als ettliche Weiber / Chriſtum er - kant / vnd was er bißhero geprediget / auch mennigli - chen zu gutem fuͤr Zeichen vnd Wunder gethan / ſichB ijerin -10Paſſional vnd Leichpredigt /erinnert: deßwegen auch hertzlich daruͤber weinen vndLuc. 23. 28. klagen theten: zu denen hat ſich Jeſus vmbgewendet / vnd geſagt: Jhr Toͤchter von Jeruſalem / weinet nicht vber mich / ſondern weinet vber euch ſelbs / vnd vber ewere Kinder. Hat auch eine Weiſſagung hinzu ge - than / die alſo gelautet. Dann ſihe / es wuͤrdt die Zeit kommen / in welcher man ſagen wuͤrdt / ſeelig ſeind die Vnfruchtbarn / vnd die Leibe / die nicht geboren ha - ben / vnd die Bruͤſte / die nicht geſaͤuget haben. Dann werden ſie anfahen zuſagen zu den Bergen / fallet vber vns / vnd zu den Huͤgeln / decket vns. Dann ſo man das thut am gruͤnen Holtz / was wil am duͤrꝛen werden?
IV. Schedelſtatt.Der Ort aber / dahin man Chriſtum zu Creutzi - gen außgefuͤhrt hat / iſt auſſer der Statt / vnd eben der Ort geweſen / da man alle andere Vbelthaͤter / welche des Tods verdampt waren / vom Leben hingerichtet / vnd juſtificirt hat. Darumb er auch von wegen des Todten Gebeins / ſo daſelbſten zuſtrewet lage / Sche - delſtat iſt genennet woꝛden.
V. Kriegsknecht.Die Kriegsknecht aber / welche Chriſtum zu ſei - ner Creutzigung außgefuͤhrt: Wie ſie von der Stund ſeines Gefaͤncknuͤs an / vnbarmhertzig vnd vnmenſch - lich mit jhme vmbgegangen / vnd ja freylich den Paſ - ſion mit jhme geſpilt haben: alſo haben ſie es Conti - nuirt vnd fortgetrieben / biß an ſein Ende vnd letzten außgehenden Seufftzen. Darumb ſie jhme nicht allein Eſſich vnd vermuͤrꝛheten Wein / ſampt Gallen zu - trincken geben / in ſeinem groſſen Durſt / vnd ſeiner noch darzu ſpottẽ: ſonder auch nach ſeinem Tod / einer mit einem Spere ſeine Seiten verwundet / wie ferꝛner volgen wuͤrdt. Daß ſie aber vnterwegen / das Creutzvon11Vom Creutze vnd Tod Chriſti. von Chriſto nemen / vnd Simoni von Cyrenen auff - legen / den ſie zwingen / das Creutz Chriſto nachzutra - gen: das iſt ja auß keiner Barmhertzigkeit oder Mit - leiden / ſondern ohnezweifel darumb geſchehen / weil ſie beſoꝛgen muͤßten / der HErꝛ Chriſtus / welcher die gantze Nacht ſo vbel geplaget / des Morgens / ſo ernſt - lich vnd ſcharpff gegeiſſelt / auch mit einer Doͤrnin Cron gecroͤnet / vnd alſo an ſeinem gantzen Leibe ver - wundet vnd Blutruͤſſig war / moͤchte jhnen vnter dem Außgange vnd ſchweren Laſte des Creutzes ver - ſchmachten / vnd ſie alſo / jren boͤſen Willen vñ Muth nicht genugſam an jhme veruͤben vnd erkuͤhlen moͤ - gen. Jſt derowegen dieſer Wechſel des Creutzes / von Chriſto auff Simonem / mehr Chriſti Marter vnd Creutz damit zuvermehren / dann einige Trew vnd Barmhertzigkeit an jme zuerzeigen / bedacht vnd voꝛ - genommen woꝛden.
Vnd dieſes / Geliebten im HErꝛn / iſt der traw -Lehrenauß dem Erſten Theil. rige / ſchmertzliche / vnd erbaͤrmliche Creutzgang / wel - chen Chriſtus / von dem Richthauß Pilati an / durch die Statt Hieruſalem / biß an die Schedelſtatt / oder Richtplatz auſſer der Statt / da er gecreutziget woꝛden / von vnſertwegen voꝛ ſich nemen / vnd verꝛichten woͤl - len. Darbey wir allerley nntzliche lehren zuvermercken haben / deren wir ettliche kurtz andeuten woͤllen.
Voꝛderiſt aber / ſehen wir in dieſem Spectacul /1. Wir ſollen Chriſto / in ſei - nem Elenden vnd erbaͤrmli - chen Creutz - gang nachvol - gen. vnſern HERrn vnd Heiland Chriſtum / vnter dem Creutz daher gehen: welches nicht allein darumb er - baͤrmlich / dieweil wir wiſſen / daß er vnſchuldig zu dem Tod verdampt woꝛden: ſondern alle Vmbſtaͤnde alſo beſchaffen / daß es billich einem jeden Chriſten / welcher weißt / daß ſolcher Creutzgang vmb ſeinen willen an -B iijgeſtelt12Paſſional vnd Leuchpredigt /geſtelt vnd verꝛichtet woꝛden / nahend zum Hertzen tringen / vnd taͤglich voꝛ Augen ſchweben ſolle. Dann bedencke du Chriſtliches Hertz / was das fuͤr ein ſpatzir Wege muß geweßt ſein / welcher nicht allein zu vnver - ſchuldtem Tode fuͤhret / ſondern mit ſo vielen bitteren Thraͤnen / vnd vnzaͤhlichen Blutstropffen des ewigen Sohns Gottes beſpꝛenget war. Beſihe den Creutz - traͤger Chriſtum / welcher an ſeinem gantzen Leib ver - wundet / auff ſeinen friſchen Wunden das vngehobel - te Creutz ligen hat. Gib Achtung auff ſein Doͤꝛnine Cron / an welches das Creutz jetzt hie / dann dort anſtoſ - ſet / vnd alle Tritt vnd Augenblick / newe vnd vnleiden - liche Schmertzen vnd Wunden machet. Gedencke daran / was Pilatus / als er von den Kriegsknechten gegeiſelt / vnd erbaͤrmlich zugerichtet war / wiewol er ein Heid / mitleidenlich geſagt hat: Sehet welch ein Menſch. Aber nun iſt ſein Geſtalt viel[v]erachter / vnd ſein Schmertz groͤſſer woꝛden: Deßwegen viel Gott - ſeelige Weiber mit Thraͤnen vnd hertzlichem Weinen jhne begleitet haben.
Dieſer iſt der Voꝛgaͤnger / welchem wir / ſeinem Bevelch nach / zuvolgen haben. Dann ſo ſpricht erMatth. 16. 24. zu ſeinen Juͤngern: Wil mir jemand nachvolgen / der verlaͤugne ſich ſelbs / vnd neme ſein Creutz auff ſichMatth. 10. 37. vnd volge mir. Vnd widerumb: Wer nicht ſein Creutz auff ſich nimpt vnd folget mir nach / der iſt meinLuc. 9. 23. nicht werth. Vnd abermal ſpꝛicht er zu allen: Wer mir volgen wil / der verlaͤugne ſich ſelbs / vnd neme ſein Creutz auff ſich taͤglich / vnd volge mir nach. Dann welch ein fauler Knecht muͤßte das ſein / welcher ſeinen HErꝛn / ſeinetwegen einen groſſen Laſt tragen ſehe / vnd er allerdings ledig vnd frey wandlen wolte. Das13Vom Creutze vnd Tod Chriſti. Das Creutz / welches Chriſtus traͤgt / das iſt der rechteVnſer Creutz iſt ſehr leicht gegen dem Creutz Chriſti. Laſt: dann auff dem ſelbigen ligen alle vnſere Suͤnde / vnd vmb der Suͤnden willen / der Fluch des Geſetzes / der vntraͤgliche Zoꝛn Gottes / vnd ewige Verdam - nuͤs. Was er aber vns aufflegt / das ſeind kaum leichte Spoͤnlein / vnd ringe Spꝛeißlein / welche wir / als zum Zeichen vnd Hoffarbe der Creutztraͤger / billich gern haben vnd jhme gedultig nachtragen ſollen. Be - voꝛab / weil alle vnſer Creutz / durch Chriſti Creutz / ſo er von vnſertwegen getragen / geſegnet vnd geheiliget iſt. Darumb er auch vnſer Creutz / ſein Creutz / vndMatth. 11. 28. vnſern Laſt / ſein Laſt vnd Joch nennet. Kompt her zu mir / alle die jhr muͤheſeelig vnd beladen ſeidt / Jch wil euch erquicken. Nemet auff euch mein Joch / vnd lernet von mir / dann ich bin ſanfftmuͤtig / vnd von Hertzen demuͤtig / ſo werdet jhr Rhu - we finden / fuͤr ewere Seele. Dann mein Joch iſt ſanfft / vnd mein Laſt iſt leicht. Wann es dem - nach auff vnſerm Creutzgang auch Threnen regnet / ſo laßt vns auff den Voꝛgaͤnger Chriſtum ſehen / der vnſern Laſt / namblich der Welt Suͤnde traͤgt: Laſſet vns in ſeine / mit ſeinem vnſchuldigen Blut beſpreng - te Fußſtapffen tretten / da werden wir kein boͤſen ſchaͤd - lichen Tritt thun: ſondern ſo wir jhme in beharꝛlicher Gedult vnd Standhafftigkeit volgen: werden wir ſampt jhme / auß dem Creutzgang / zur Himmelfahrt / vnd auß dem Leiden / zur ewigen Frewde vnd Seelig - keit kommen vnd promovirt werden.
Laßt vns aber auch Achtung geben auff die Ge -2. Der vn - ſchuldige Chri - ſtus / muß viel vngleicher Sententz vnd Vrtheil vber ſich ergehen laſſen. fehꝛten Chriſti / welche er in ſeiner Außfuͤhrung vnd Creutzgang gehabt hat: das ſeind nicht allein die beedeVbel -14Paſſional vnd Leuchpredigt /Vbelthaͤter / welche ſampt jhme hingefuͤhret vnd ge - creutziget woꝛden: ſondern auch der groſſe Zulauff vom Volck / wie wir geſehen vnd gehoͤrt haben. Vn - ter dieſen muß der vnſchuldige HErꝛ Chriſtus aller - ley Reden / Sententz vnd Vrtheil vber ſich ergehen laſſen. Ettliche haben hertzliches Erbaͤrmd vnd Mit - leiden mit jhme getragen. Ettliche ſeind vber der ſa - che beſtuͤrtzt woꝛden. Wie muß das zugehen / daß Chꝛi - ſtus / der gewaltige Lehrer vnd Prophet / zu den Vbel - thaͤtern gekuppelt woꝛden? Ettliche / vnd ſonderlich diejhenige / welche vmb Gunſt oder Genuͤß wegen / den Hohenpꝛieſtern vnd Schrifftgelehrten Lavirn vnd Liebkoſen woͤllen / werden geſagt haben / Nun ge - hets abermal dem Spꝛuͤchwort nach / daß boͤſe Sa - chen kein Beſtand haben. Wen hat dieſer newge - wachſene Prophet nicht bethoͤret? Dann weiler dem vnverſtaͤndigen Poͤbel zu gefallen wol ſchwetzen kund - te: demſelben auch zu Genuͤß ettliche Zeichen vnd Wunder gethan / hat ſich jederman an jhme vergaffet: vnd jhne fuͤr einen hohen Propheten vnd Lehrer hal - ten woͤllen. Nun aber findet ſichs im Außgang / daß er ein Verfuͤhrer vnd Weltbetruͤger muß geweßt ſein / dann ſonſten weder die Hohenpꝛieſter noch Pila - tus / jhne zum Tode wuͤrden verurtheilt haben. Andere werden Pilatum gerhuͤmbt vnd geſagt haben: Nun ſihet man / daß Pilatus ein recht getrewer Freund des Kaiſers iſt. Dann wie hoch er ſich auch dieſes Ver - fuͤhrers angenommen: hat er jhme doch endtlich lieber woͤllen das Recht ergehen laſſen / dann des Keiſers Huld verlieren. Ettliche ſollen wol auch vber Chri - ſtum ſelbs erzuͤrnet / vnd vnwillig woꝛden ſein: vnd geſagt / oder doch bey ſich ſelbs gedacht haben: Wemiſt15Vom Creutze vnd Tod Chriſti. iſt doch in der Welt mehr zutrawen. Siehe / es hat die - ſer Mann ein ſolch ſcheinbaren heiligen Wandel vnd Leben gefuͤhrt / daß er Engelrein anzuſehen / wer ſolte jmmermehꝛ gedacht haben / daß ſolch Heuchlerey / Be - trug vnd Vbelthat / ſo des Tods wuͤrdig / hinder jhme verſteckt vnd verſchlagen were? Vnd was der vnbe - ſtaͤndig Poͤbel noch mehr vnd weiter mag getrieben haben. Diß alles muß der vnſchuldige HErꝛ Chri - ſtus / vber ſich gedencken / reden vnd vrtheilen laſſen: Jn welchem jedoch allem / jhme groß Vnrecht vnd Schmache geſchehen. Dann er iſt der vnſchuldige Mann / an welchem kein Vbelthat befunden / welcher auch nichts mißhandelt / ſo des Tods werth were / wie jhme Pilatus vnd Herodes ſelbſten das Zeugnuͤs ge - geben: Ja er iſt der gerechte Knecht / das heilige KindEſa. 53. v. 11. Gottes / das nie kein Suͤnde gethan / vnd in des Mun -Actor. 4. 27. de kein Betrug niemalen iſt gefunden woꝛden. Du lie -1. Petr. 2. 22. ber Chriſten / ruͤſte dich zu ſolchem / oder dergleichenSo wuͤrdts dir auch ergehen. Creutzliedlein auch: vnd mache dir kein andern Ge - dancken / dann wie es deinem HErꝛn Chriſto ergan - gen / du deſſelben auch zugewarten habeſt. Vbe dich ſelbs an der Gottſeeligkeit: diene deinem Gott von1. Tim. 4. 8. reinem Hertzen: Befleiſſe dich zuhaben / ein vnverletzt2. Tim. 1. 3. Gewiſſen allenthalben / beede gegen GOtt vnd demActor. 23. 1. & 24. 16. Menſchen / du wuͤrſt dannoch erfahren muͤſſen / daß man allerley Falſch vnd Laͤſterung auff dich ertichtet: Wie ſolches der fromme vnſchuldige Joſeph / David / Abimelech / Suſanna / vnd andere mehr vnzaͤhliche Heiligen redlich erfahren haben. Troͤſte dich aber des Exempels deines HERrns Chriſti / der muß ſich gleichwol fuͤr ein Vbelthaͤter / fuͤr ein Verfuͤhrer vnd Laͤſterer von menniglich anſehen / vnd deßwegen / ne -Cben16Paſſional vnd Leuchpredigt /ben andern ſchuldhafften Vbelthaͤtern zum Tod auß - fuͤhren laſſen: Er aber iſt vnd bleibt dannoch / das vn - ſchuldige vnd heilige Kind Gottes / alſo daß jhme ſein Vnſchuld vnd Heiligkeit / durch euſſerliche falſche Vrtheil vmb gar nichts befleckt wuͤrdt: Des haſt du dich in reinem Hertzen / voꝛ dem Hertzenkuͤndiger / der in das Verboꝛgen ſihet / vnd offentlich vergelten wil / auch zutroͤſten. Frewe vnd troͤſte dich / der Verheiſ -Matth. 5. 11. ſung vnd Zuſag deines Heilands: Seelig ſeidt jhr / wann euch die Menſchen / vmb meinen Willen ſchmaͤ - hen vnd verfolgen / vnd reden allerley Vbels wider euch / ſo ſie daran liegen.
3. Auff den ge - meinen wan - ckelmuͤtigen Poͤbel hat ſich niemand zu - verlaſſen.Sonderlichen aber ſehen wir auch bey dieſem Creutzgang / wie vnbeſtaͤndig vnd wanckelmuͤtig der gemein Poͤbel iſt. Dann kein zweifel / es ſeind vnter dieſem Volck viel geweſen / welche zuvoꝛ Chriſtum / als er jhnen durch Zeichen vnd Wunder / viel vnd groſſe Gutthaten erweiſet / fuͤr einen Propheten ge - halten: Als er ſie geſpeiſet / zu einem Koͤnig machen woͤllen: Vnd voꝛ wenig Tagen / als er am Palmtag auff einem Eſel zu Hieruſalem eingeritten / jhme mit Frolocken das Hoſianna zugeſchryen vnd geruffenMatth. 21. 9. haben: Gelobt ſeye der da kompt im Namen desMarc. 11. 9. HErꝛn / Hoſianna dem Sohn David / Hoſianna in der Hoͤhe. Jetzund aber / ſo bald die Hohenpꝛieſter vnd Pilatus / jhne zum Tod verdammen / ſo bald wen - den ſie ſich auch / vnd halten jhren Propheten fuͤr ei - nen Verfuͤhꝛer / jhren Koͤnig / fuͤr einen Auffrhuͤrer / vnd den Gebenedeyten des HERrn / fuͤr einen Ver - fluchten / vnter den Vbelthaͤtern. So machts der ge -Pſal. 118. 8. 9. meine / vnbeſtaͤndige / wanckelmuͤtige Poͤbel. Darumb iſt es gut auff den HErꝛn vertrawen / vnd nicht ſichverlaſ -17Vom Creutze vnd Tod Chriſti. verlaſſen auff Menſchen. Es iſt gut auffden HERrn vertrawen / vnd ſich nicht verlaſſen auff Fuͤrſten / Pſalm. 118.
Ferꝛner haben wir bey dieſem Zulauff / vnd volck -4. Chriſtus hat ſein Paſſion / fuͤr alle Men - ſchen gelidden. reichen Creutzgang / einen ſchoͤnen Paſſional Spie - gel / von deſſelben vielfaͤltigen groſſen Nutzen vnd Frucht zubeſchawen. Dann wie viel Volck / von Man vnd Weib / von Alt vnd Jung / bey dem Creutzgang Chriſti zuſamen lauffet: alſo hat Chriſtus fuͤr alle Menſchen / fuͤr Mann vnd Weib / Reich vnd Arm / Jung vnd Alt / niemand außgeſchloſſen / ſein Creutze getragen / Marter vnd Tod gelidden.
Sintemal / wie durch eines Suͤnde die Verdam -Rom. 5. 18. nuͤs vber alle Menſchen kommen iſt / alſo iſt auch durch eines Gerechtigkeit / die Rechtfertigung des Lebens / vber alle Menſchen kommen. Wie ſolches Paulus außfuͤhrlich vnd ſehr troͤſtlich handelt / zun Roͤmern am 5. Cap.
Jnſonderheit haben die Weibsperſonen / an dem5. Weibsper - ſonen haben ein ſondern Troſt. HErꝛn Chriſto einen hertzlichen Troſt zumercken: wie gnaͤdig er gegen jhnen geſinnet. Dann Pilato hat Chriſtus nicht auff alles geantwoꝛtet: Herodem hatJohan. 19. 9. er keines Worts gewuͤrdiget: Alle Hohepꝛieſter / Schrifftgelehrten vnd Elteſten (welche auch zu derLuc. 23. 9.C ijCreutzig -18Paſſional vnd Leuchpredigt /Matth. 27. 41.Creutzigung Chriſti hin auß gegangen waren / Mat - thęi 27. verſ. 41.) laßt er vnangeſpꝛochen jhres PfadsLuc. 23. 28. fortziehen: Aber gegen dem armen / weinenden Wei - bervolck / wendet ſich der barmhertzige Creutztraͤger vmb / vnd redet ſie mit hertzlichen / holdſeeligen Wor - ten an: Jhr Toͤchter von Jeruſalem / weinet nicht vber mich / ſondern weinet vber euch ſelbs / vnd vber ewere Kinder / ꝛc. Alſo daß Chriſtus in ſeinem Creutzgang / ſeiner ſelbs / gleichſam vergiſſet / vnd des armen Wei - bervolcks / als fuͤr welche er auch ſeine Paſſion Marter vnd Tod / leiden woͤllen / ſich erbarmet vnd annemet.
Derowegen O ſeelige Toͤchtern Eva / weinet zwar vber ewere / vnd ewerer Mutter Suͤnde: Frewet vnd troͤſtet euch aber / des verheiſſenen vnd geſandten Weibs Samens / der hat durch ſeinen herben / bittern Creutzgang / vnd ſchmertzlichen Tod / euch widerumb Leben / Gerechtigkeit vnd Seeligkeit erworben. Vber euch vnd ewere Kinder erbarmet er ſich: Euch armſee - lige weinende Weiber / fuͤr welche er alle dieſe ſchmach traͤgt / redet Chriſtus an: Euch vnterꝛichtet vnd lehꝛet er / auff ſeiner letzten erbaͤrmlichen Creutzfahrt. Vnd du / Chriſtliche / Gottſeelige Matron / wer du biſt / wel - che du vnter deinem Truͤbſal vnd Creutz / weineſt vnd heuleſt / ſihe Chriſtum / deinen Zuſpꝛecher vnd Troͤſter an: Frewe vnd troͤſte dich ſeiner Erbaͤrmbd / vnd Mit - leidender Huͤlffe. Dann / hat ers in ſeinem Creutzgang vber ſein barmhertziges Hertz nicht bringen koͤnnen / ſondern ſich gegen den weinenden Toͤchtern Jeruſa - lem vmbgewendet / vnd ſie zu jhrem Heil vnd Troſt vnterꝛichtet: wie viel mehr wuͤrdt er ſich / mit Huͤlff vnd Troſt gegen dir wenden / dieweil er nun auß der Angſt genommen / vnd nicht mehr mit geflochtenenDornen19Vom Creutze vnd Tod Chriſti. Dornen / ſondern mit ewigem Preiß vnd Ehre / mit Goͤttlicher Macht vnd Herꝛlichkeit gecroͤnet iſt.
Ach ſo kehre auch dich zu jhme / frewe vnd troͤſte dich ſeiner / der in alle deinem Creutze / mit allen Gna - den / ſo freundtlich vnd hertzlich ſich gegen dir wendet: vnd alle dein Hilff vnd Troſt iſt.
Was muß aber das ſonderliches bedeuten: daß6. Die Suͤn - den ſol man be - weinen. Chriſtus / nicht leiden wil / daß man vber jhn weine / vnd zu den Weibern ſagt: Weinet nicht vber mich? welcher doch nicht allein / vber andere Leute / ſondern auch vber ſein ſelbs eigen Creutze vnd Tod gejammert vnd geweinet hat. Dann vber dem Tod Lazari / gehenJohan. 11. 34. jhme die Augen vber. In ſeinem letzten Einzug genLuc. 19. 41. Jeruſalem / weinet er vber die Statt / vmb jhres kuͤnff - tigen Verderbens vnd Vntergangs wegen. Vnd amHeb. 5. 7. Tag ſeines Fleiſch / hat er Gebet vnd Flehen mit ſtar - ckem Geſchrey vnd Thraͤnen geopffert / zu dem der jh - me von dem Tod kundte außhelffen. Was iſt es dann / daß er allhie nicht leiden wil / daß man vber jhne wei - ne? Antwoꝛt: Er hat hiemit das Chriſtliche Mit - leiden / welches die Weiber mit jhme gehabt / oder noch einjeder Chriſt mit dem andern haben kan vnd ſol / nicht geſtrafft oder verwoꝛffen.
Dann daß wir weinen ſollen / mit den weinenden /Rom. 12. 15. Matth. 11. 17. das iſt vns trewlich befohlen. Vnd ſtrafft Chriſtus das widerig: Wir haben euch geklagt / vnd jhr woltet nicht weinen. Sondern darinn wil Chriſtus die Kla - gende Gottſeelige Weiber vnterꝛichten / daß ſie be - dencken ſollen / welche groſſe Suͤnde vnd Grewel / das Juͤdiſche Volck / durch ſolche Moꝛdthat / begehe / ſo ſie voꝛ Augen ſehen vnd beweinen. Dann dardurch / daß ſie jhne den verſpꝛochenen Meſſias vnd Heiland /C iijnicht20Paſſional vnd Leichpredigt /nicht annemen / ſondern ohne Vrſach creutzigen vnd toͤdten / laden ſie ſolchen Laſt vnd Zorn GOttes auff ſich / daß vber wenig Jahr / nicht allein die Statt Je - ruſalem / ſondern das gantze Land / jaͤmmerlich / ver - derbt vnd verwuͤſtet / vnd welches das groͤſſeſte / alle ſo ſich nicht bekehren / vnd an jne / den ſie nun verhoͤhnen vnd creutzigen / nicht glauben werden / die muͤſſen zu - mal ewig verdampt vnd verlohren ſein. Dieſen jam - mer ſollen ſie bedencken / vnd ſolche Angſt vnd Not hertzlich beweinen. Mit welchem allem / Chriſtus nicht allein ſein vnſchuldiges Leiden / vnd der Juden Freve - le Moꝛdthat / vnd daher ervolgenden Vntergang / dieſen Gottſeeligen Weibern zuerkennen geben: ſon - dern auch ſeiner Perſon vnd Amptshalben / daß er der warhafftige Meſſias / welchen jedoch die Juden ſo ſchandtlich verwerffen / vnd alſo von der Frucht vnd Nutz ſeines Paſſions vnterꝛichten woͤllen. Weinet nicht vber mich / ſondern vber euch vnd ewere Kin - der.
7. Simon von Cyrene ein Ex - empel / daß Chriſtus ſein Paſſion auch fuͤr die Heiden gelidden.Jnſonderheit aber ſollen wir auch gute Achtung geben auff Simonem / welcher / wie die Evangeliſten anzeigen / Chriſto das Creutz nachzutragẽ / gezwungen worden. Dann ſeines Geſchlechts vnd Herkommens iſt er / wie die Evangeliſten melden / von Cyrenen / das iſt / auß Affrica / vnd alſo gar ein Frembdling vndMatth. 27. 32. Außlaͤnder gegen dem Juͤdiſchen Volck geweßt. Her -Marc. 15. 21. nach aber den Evangeliſten vnd Apoſteln Chriſti / ErPomp. Mela. vnd die ſeinige / wahren Glaubens vnd BekanntnuͤsLib. 1. c. 8. wegen / ſehr wol bekant woꝛden. Dann Marcus von jhme vnd ſeinen Soͤhnen / als von wolbekandten Per - ſonen redet: Sie zwungen einen mit Namen SimonMarc. 15. 21. von Cyrene / der ein Vatter war Alexandri vnd Ruffſ:welche21Vom Creutze vnd Tod Chriſti. welche beede Soͤhne / wie alle Vmbſtaͤnde geben / den Apoſteln vnd andern Glaubigen Juͤngern wol be - kant muͤſſen geweßt ſein. Dieſen frembden Mann / als er vom Feld / vnd dem Volck in der Außfuͤhrung Chꝛi - ſti entgegen kam / zwingen die Kriegsknecht / daß er Chriſto das Creutz muß nach tragen: auß Vrſachen wie droben vermeldet / damit namblich der abgemat - tete Chriſtus / jhnen voꝛ der Creutzigung / nicht vnter den Haͤnden verſchmachtete / vnd dahin ſtuͤrbe / ehe ſie jhne jhrem boͤſen Willen nach / genug martern moͤch - ten. Wolan / bey dieſem Simon / ſehen wir zuvoꝛde - riſt / eine ſchoͤne vnd troͤſtliche Paſſions Predigt / von Krafft vnd Nutzen des Creutzes Chriſti: Namblich / daß er nicht allein fuͤr die Burger zu Jeruſalem / oder das Juͤdiſche Volck / ſondern auch fuͤr die Außlaͤnder / vnd alſo auch fuͤr die Heiden / vnd alle Voͤlcker der gantzen Welt gelidden habe. Des haben wir ein Ex - empel an Simon von Cyrene / der traͤgt nicht allein Chriſto das Creutz nach / ſondern er vnd ſeine Soͤhne kommen auch zu dieſes gecreutzigten Chriſti / wahren vnd ſeeligmachenden Erkantnuͤs / daß dieſer gecreu - tzigte Chriſtus / der wahre Meſſias / vnd verſpꝛochene Heiland der Welt / welcher an dem Creutze / ſo er Si - mon auß Zwang der Juden / Chriſto auff die Walſtatt getragen / feine Simonis / ſeiner Soͤhne / vnd aller Welt Suͤnde gebuͤßt vnd abbezahlet habe. Wie ein ſolches nicht allein diß Exempel eines Heidniſchen Manns / ſondern alle heilige Schrifft beweiſet. Dann alſo ſagt Gott zu Abraham: Jn dir ſollen geſegnetGeneſ. 12. 3. vnd 18. 18. werden alle Geſchlecht auff Erden. Geneſ. 12. 3. wel - ches in volgendem Cap. 18. 18. vnd Cap. 22. 18. dem Abraham / wie auch Gen. 26. 4. vnd 28. 14. dem Jſaacvnd22Paſſional vnd Leichpredigt /vnd Jacob mit gleichen Worten widerholet / vnd deutlich angezeigt wuͤrdt: Daß der Segen / ſo durch den verſpꝛochenen Meſſiam widerzubꝛingen / nicht allein dem Juͤdiſchen Volck / ſondern allen Voͤlckern auff Erden verſpꝛochen vnd zugeſagt woꝛden. Jn - maſſen Gott der himmeliſche Vatter / mit ſeinem lie - ben Sohn redend / ein ſolches mit ſchoͤnen / troͤſtlichen Woꝛten hat außgeſpꝛochen / da er bey dem ProphetenEſa. 49. 6. Eſaia alſo ſpꝛicht: Es iſt ein geringes / daß du mein Knecht biſt / die Staͤmme Jacob auffzurichten / vnd das verwarloſet in Jſrael wider zubringen: ſondern Jch habe dich auch zum Liecht der Heiden gemacht / daß du ſeyeſt mein Heil / biß an der Welt Ende. Vn - ter dieſen iſt der Frembdlinge / Simeon von Cyrenen / bey der Creutzigung Chriſti / der erſte geweßt / an wel - chem ſolche Krafft vnd Nutze des Creutzes Chriſti / al - len Heiden zum Troſt / geoffenbaret werden ſollen.
8. Wir kom - men vngern vnter das Creutz.Wir haben aber ferꝛner bey dem Simeon / vnſere ſtreitige Vnart zuſehen / wie vngern wir vnter das Creutz Chriſti kommen. Dann wie man dieſen Cy - rener zwingen muͤſſen / dem HERrn Chriſto / ſeinem einigen vnd allergetreweſten Heiland / auff ettliche Schritte das Creutz nachzutragen: Alſo woͤllen wir faſt alle zum Creutztragen gezwungen vnd genoͤtiget ſein / vnd ſeind jhrer ſehr wenig / welche ſolches mit gu - tem Willen vnd ſchuldiger Gedult auff ſich nemen / vnd Chriſto vnſerm Voꝛgaͤnger nachvolgen. Da wir doch zubedencken haben / welch vngleichen Laſt wir gegen vnſerm HErꝛn vnd Heiland Chriſto tra - gen. Dann auff ſeinem Creutz ligen all vnſere vnd der gantzen Welt Suͤnde: Es ligt darauff der vn - traͤgliche Zorn Gottes: der erſchroͤckliche Fluch desGeſetzes /23Vom Creutze vnd Tod Chriſti. Geſetzes / vnd ewiges Verdamnuͤs. Welcher laſt aller ab vnſerm Creutz / das wir Chriſto nachtragen / abge - legt: vnd deßwegen alſo erleuchtert / gemindert / vnd geringert iſt / das alles was wir tragen / gegen dem / was Chriſtus von vnſertwegen / auff ſeinem ver - wundten krancken Leib / vnd betruͤbten Seele getragen vnd auß geſtanden hat / kaum ein klein Spꝛeißlein / oder leichtes dinnes Spoͤnlein / ja kaum ein Staͤub - lein / welches einem im Aug nicht wehe thun ſolte / zu - halten oder zuachten iſt. So gar / daß durch Chriſti Creutz / alle vnſer Creutz geſegnet vnd geheiliget iſt. Dann Chriſtus hat vns erloͤſet vom Fluch / da er wardGal. 3. 13. ein Fluch fuͤr vns / auff daß der Segen Abrahæ vnter die Heiden kaͤme. Deßwegen vnſer Creutz kein ver - damlicher Laſt mehr / ſondern ein geſegnete Zuͤchtig - ung vnſers getrewen Vatters / vnd ein von Gott er - weltes Kennzeichen / der heiligen Creutzbruͤder Chri - ſti / vnd lieben Kinder Gottes iſt. Dann welche er zu -Rom. 9. 29. vor verſehen hat / die hat er auch veroꝛdnet / daß ſie gleich ſein ſollen dem Ebenbild ſeines Sohns / auff daß derſelbige der Erſtgeboꝛne ſeye vnter vielen Bruͤ - dern.
So ring vnd leicht aber vnſer Creutz / zutragen9. Vnſer Creutz iſt ſehr koͤſtlich vnd werth vor den Augen Gottes. iſt / ſo thewr vnd koͤſtlich iſt es an ſeinem Preiß vnd Werth. Dann es kein ſchlecht Holtz / welches die Kriegsknechte auff dem Wege auffgeleſen / vnd dem Cyrener zu einer Fewꝛſtatt zutragen / auffgeladen het - ten: ſondern es iſt das Creutz / welches Chriſtus der ewige Sohn Gottes / der verſpꝛochene Meſſias vnd Welt Heiland / auff ſeinen heiligen / verwundten / Blutruͤſſigen Schultern getragen / vnd mit ſeinem eigenen Blut / namblich / mit dem Blut des ewigenDSohns24Paſſional vnd Leuchpredigt /Sohns GOttes / gefaͤrbt hat / welches allenthalben auß ſeinen friſchen Wunden vnd Geiſſelſtriemen / vnd von ſeinem heiligen Haupt / ſo mit Dornen ge - croͤnet / gefloſſen iſt. Es iſt das Holtz geweſen / an wel -Coloſſ. 2. 14. chem ſich der Sohn GOTtes / zur Verſoͤhnung der gantzen Welt / ſeinem himmeliſchen Vatter auffge - opffert / vnd die Handſchrifft der Suͤnden / ſo wider vns war / getilget / auß dem Mittel gethan / vnd an daſſelbige Creutz gehefftet hat. Wer wil dann den Werth des Creutzes Chriſti außſpꝛechen: Welches nicht allein / mit dem aller vberkoͤſtlichſten Blut des Sohns Gottes / Chriſti vnſers Heilands / anfangs / weil er es getragen / beſpꝛenget / vnd hernacher / als er daran genagelt vnd gehangen iſt / gantz vberfloſſen: ſondern auch der groſſe vnd hohe Altar woꝛden / auff welchem das Suͤnden Opffer / fuͤr die gantze Welt verꝛichtet iſt? Freylich traͤgt Simon der Cyrener das allerkoͤſtlichſte Holtz / welches damalen in der Welt gefunden ward. Dann das Blut Chriſti / mit wel - chem es geferbet / viel hoͤher vnd koͤſtlicher iſt / dann al - les Silber / Gold / Perlein vnd Edelgeſtein / darauß Creutz oder Crucifix gemacht / zugerichtet vnd gezieret werden moͤgen. Welches / wann Simon damalen er - kennen oder bedencken moͤgen / wuͤrde er ſolches Chri -Marc. 1. 7. ſto nach zutragen / nimmermehr ſich geweigert haben. Matth. 3. 11.Es were dann / daß / wie Johannes der Taͤuffer / ſich nicht werth vnd genugſam geachtet / daß er ſich fuͤr Chriſto buͤckete / ſeine Schuchruͤmen auffloͤſen / vnd jhme nachtragen ſolte: Alſo auch / vnd viel mehr Si - mon ſich darumb wuͤrde geweigert haben / daß er nicht werth were ſolches anzuruͤren.
Es ſtehet aber ſolcher Werth auch auff vnſermCreutz25Vom Creutze vnd Tod Chriſti. Creutz vnd Elend / welches wir heut vnd alle Tage vn - ſerm HErꝛn vnd Heiland Chriſto nachtragen. Sin - temal alle vnſer Creutz / durch ſeine Wunden vnd ver - goſſenes Blut / geheiliget vnd hoͤchſt gewuͤrdiget iſt. Dann Chriſtus trug vnſere Kranckheit / vnd lude auffEſa. 53. 4. ſich vnſere Schmertzen. Vmb vnſer Miſſethat wil - len / iſt er verwundet / vnd vmb vnſer Suͤnde willen zu - ſchlagen. Die Straffligt auff jhme / auff daß wir Frie - den hetten / vnd durch ſeine Wunden ſeind wir gehei - let. Alſo / daß Chriſti Creutz / ſo er traͤgt / vnſer Creutz / vnd vnſer Creutz / Chriſti Creutz iſt: Vnd demnach durch ſein Blut vnd Verdienſt / alle vnſer Creutz ge - faͤrbet / geheiliget / vnd auffs koͤſtlichſte gezieret woꝛ - den. Darumb heißt er vnſer Creutz / ſein Creutz / ſeinMatth. 11. Joch / vnd Laſt. Was vns trucket / das ſol ſein Laſt heiſſen / vnd was vns beſchweret / ſol auff ſeiner Schul - ter ligen / vnd daher vberauß koͤſtlich vnd werth ſein. Zu Paulo ſpꝛicht Chriſtus: als er die Gemein Gottes noch verfolget: Saul / Saul was verfolgeſt duActor. 9. 4. MICH. Jch bin Jeſus / den du verfolgeſt. Der vr - ſachen nennet hernach Paulus / das Leiden vnd Truͤb - ſal der Gemein Gottes / leiden vnd Truͤbſal des HEr -Coloſſ. 1. 24. ren Chriſti: Jch erſtatte / ſpꝛicht er / an meinem Fleiſch / was noch mangelt an Truͤbſalen in Chriſto / fuͤr ſeinen Leibe / welcher iſt die Gemein. Vnd ſetzt darbey / daß er ſich deßwegen in ſeinem Leiden frewe. Ermahnet auch hierzu alle Chriſten / da er ſchreibt? Seidt froͤlichRom. 12. 12. in Hoffnung / Gedultig in Truͤbſal. Alſo / da Petrus vnd die Apoſtel / von wegen der Predigt von Chriſto geſteupt waren / meldet der Euangeliſt Lucas / in der Apoſtel Geſchicht: daß ſie froͤlich von des Rahts An -Actor. 5. 40. geſicht gegangen / darumb / daß ſie wuͤrdig geweſenD ijwaren /26Paſſional vnd Leuchpredigt /waren / vmb Chriſti Namens willen Schmach zulei -Pſal. 116. 15. den. Dann nicht allein das zeitliche Leiden / ſondern der Tod ſelber der Heiligen / iſt werth gehalten fuͤr dem HErꝛn: wie David im Pſalmen ſingt.
Sollen vnter dem Creutz ge - dultig ſein.Wer nun dieſes alſo bedencket / vnd wie koͤſtlich ſein Leiden ſeye / als welches Chriſtus fuͤr eigen helt / vnd mit ſeinem Blut vnd Verdienſt ſegnet / zu Ge - muͤth vnd Hertzen fuͤhret / der wuͤrdt ohne zweifel viel mehr mit Johanne dem Taͤuffer / der Vnwuͤrdigkeit halben ſich Examiniren / dann mit Simeon dem Cy - rener / des Creutzes Chriſti / ſo vngebaͤrdig ver - waigern.
Vnſer Creutz bringt groſſen Nutzen mit ſich.Bevoꝛab wann wir bedencken / was groſſen Nu - tzen das ſeelige Creutz mit ſich bringet. Dann wann Simeon nicht zu dem Creutzgang Chriſti kommen / der Creutzigung / vnd allen darbey voꝛlauffenden Wunderwercken nicht zugeſehen hette / vielleicht we -Marc. 15. 21. der er noch ſeine Soͤhne (Alexander vnd Ruffus / wel - cher Marcus / als wolbekanter Juͤnger / ſo trewlich gedencket) ſo bald zu Chriſti Erkantnuͤs nicht kom - men weren. Nun er jhme aber das Creutz auff die Wal - ſtatt getragen: iſt jhme ſolches zu Befuͤrderung ſeelig - machender Erkantnuͤs / ſehr nuͤtzlich geweſen / hat auch ohne zweifel / die Predigten / welche die Apoſtel von dem Creutz Chriſti gehalten / viel beſſer verſtanden vnd gemerckt / dañ viel hundert andere / welche dem Creutz Chriſti ſo nahend nicht kommen ſeind. Alſo gehet es mit allen Gottſeeligen / das Creutz / welches ſie Chri -Pſalm. 118. 21. ſto nachtragen / bringet jhnen viel groͤſſern Nutzen /Pſalm. 119. 71. dann ſie zur zeit der Anfechtung bedencken koͤnnen. Deuter. 8. 2.Dann es iſt David / vnd allen Heiligen gut / daß ſie Gott zuͤchtiget vnd demuͤtiget / auff daß ſie ſeine rechtelernen.27Vom Creutze vnd Tod Chriſti. lernen. Auff daß kundt werde / was in jhrem HertzenSyrach. 27. 6. ſeye. Dann wie der Ofen bewerth die newen Toͤpffe / alſo bewehret die Truͤbſal des Menſchen Sinne. Auff1. Cor. 11. 32. daß wir nicht mit der Welt verdampt werden / ſondernEſa. 26. 16. daß wir den HErꝛn ſuchen / vnd auff ſein Wort mer - cken. Vnd was dergleichen ſeelige Nutzen vnd Frucht des heiligen Creutzes mehr iſt. Welches alles den Cy - rener / vnd ins gemein / alle vngedultige Creutztraͤger vnd Traͤgerin wol vnterꝛichten / vnd zur Gedult an - halten kan / wann wir das Creutz mit Chriſtlichen vnd glaubigen Augen anſchawen: Welches wir zuthun nicht vnterlaſſen ſollen. Dann es iſt ein koͤſtlich dingKlaglied. Je - rem. 3. 26. gedultig ſein / vnd auff die Huͤlffe des HErꝛn hoffen. Es iſt ein koͤſtlich ding / einem Mann / daß er das Joch in ſeiner Jugent trage / daß ein verlaſſener gedultig ſeye / wann jhne ettwas vberfaͤlt.
So vngedultig aber der mehrertheil iſt / wann ſie10. Ettliche tragen jhren Naͤchſten zu Creutzigen / das Creutz wil - lig. mit Simeon / Chriſto das Creutz nachtragen muͤſſen: So findet man jedoch ettliche gedultige vnd ſehr wil - lige Creutztraͤger / wann ſie wiſſen / daß ſie es einem andern auff die Walſtatt tragen / das iſt / wann ſie wiſ - ſen / daß nicht ſie / ſondern ein anderer daran werde ge - creutziget vnd auffgehenckt werden. Das ſeind die Leut / welche gern ein zeitlang Leiden vnd Vnge - mach / oder ein klein Schaͤdlin haben / wann ſie nur wiſſen / daß einem andern / groͤſſer Vnfall vnd Scha - den darauß erwachſen mag. Als wann ein boßhaffti - ger Paur / gern Einaͤugig ſein wolte / allein daß der Schultheiß gar blind were. Einen ſolchen heißt man / wie D. Luther ſagt / einen Ertzboͤßwicht. Vnd dieſe ſeind mit dem Simeon von Cyrene nicht zuverglei - chen. Dann jhne hat man auch ein frembdes CreutzD iijauff28Paſſional vnd Leichpredigt /auff die Walſtatt zutragen zwingen muͤſſen / dieſe aber haben Luſt vnd Frewde darzu: daß ſie auch mit jhrem Verluſt vnd Schaden / jhren Naͤchſten verletzen moͤgen.
11. Warumb Chriſtus / auſ - ſer der Statt gelidden habe.Endtlich / ſo haben wir bey dem Creutzgang / auch der Walſtatt warzunemen / auff welche Chriſtus ge - fuͤhret / vnd daſelbſten gecreutziget woꝛden. Dann wer dieſer iſt / welchem Simeon das Creutz nachtraͤgt / das wiſſen wir. Er iſt namblich der HErꝛ / welches Him - mel vnd Erden / vnd alles was darinnen / eigen iſt. Dann er hat alles gemacht / er erhaͤlt vnd regirt alles. Noch kan er / der Allerheiligſte / in ſeiner heiligen Statt Jeruſalem nicht bleiben / ſondern muß fuͤr die - ſelbige hinauß / vnd auſſer dem Thoꝛ gecreutziget wer - den. Dieſes / Geliebten im HErꝛn / iſt ein Zeichen / daß dieſer Chriſtus / der verſpꝛochene Meſſias / vnd ſein Leiden / ein Verſoͤhnopffer fuͤr der Welt Suͤnde iſt. Hebr. 13. 11.Dann welcher Thierer Blut / getragen wuͤrdt / durch den Hohenpꝛieſter / in das Heilige / fuͤr die Suͤnde / derſelbẽ Leuchnam werdẽ verbrant / auſſer dem Lager. Darumb auch Jeſus / auff daß er heiligte das Volck / durch ſein eigen Blut / hat er gelidden auſſen fuͤr dem Thoꝛ. So laßt vns nun auch hinauß gehen / vnd ſeine Schmach tragen.
12. Chriſtus hat auff der Schedelſtatt / alle vnſere fleiſchliche Luͤ - ſte gebuͤſſet.Jnſonderheit aber muͤſſen wir die Wahlſtatt ſelbſten / wol in das Geſicht faſſen: Dann Chriſtus wuͤrdt nicht gecreutziget / in einem ſchoͤnen Garten / oder auff einem luſtigen gruͤnen Platz / ſondern der Ort da Chriſtus gecreutziget iſt / heißt Golgatha / das iſt / Schedelſtatt / vnd war der Ort / da alle Vbelthaͤ - ter / mit dem Creutz / Schwerdt / oder auff andere wege / getoͤdtet vnd hingerichtet wurden. Vnd dahero / weilallerley29Vom Creutze vnd Tod Chriſti. allerley Todtengebein vnd Hirnſchedel / von hinge - richteten vnd verweſenen Vbelthaͤtern / daſelbſten hin vnd wider zuſtrewet lagen / ward dieſelbe Richtſtatt / Schedelſtatt genennet. Darbey wir nicht allein den Grewel vnd Geſtanck der Suͤnden / ſondern auch Gottes erſchroͤcklichen groſſen Zorn / vber dieſelbige / zuvermercken haben. Dann Chriſtus iſt das heilige Kind Gottes / ja der Allerheiligſte / welchem alle Engel vnd Ertz Engel / ohne vnterlaß / im Himmel zuſchrey - en: Heilig iſt vnſer Gott / der HERre Zebaoth / ꝛc. Vnd dieſer / weil er ſich des Wercks der Erloͤſung vn - terfangen / muß an dieſem ſo ſchandtlichen / vngehew - ren Ort / voꝛ welchem man / Augen / Mund vnd Na - ſen zutrucket / getoͤdtet vnd hingerichtet werden. O Eva / du Mutter aller Lebendigen / wie thewer vnd vberthewer / hat dein ſchaͤdliche Luſt / ſo du an der ver - bottenen Paradis Frucht / geſucht haſt / gebuͤßt vnd be - zahlt werden muͤſſen. Vnd wer du ein Juͤnger oder Juͤngerin des gecreutzigten Chriſti ſein wilt / laſſe dich kein weltliche Augenluſt zur Suͤnde reitzen. Gedencke allwegen der Schedelſtat / auff welcher dein HERR Chriſtus / alle Luſtſuͤnden gebuͤßt hat / ſo wuͤrdt dir / verhoffentlich / ein guter Theil Luſts zu dem Argen /Johan. 2. 16. darin die Welt ligt / Namblich fleiſches Luſt / Augen - luſt / vnd hoffertiges Leben / durch den Spiegel der Schedelſtat / abgebuͤßt / vertrieben vnd gelegt fein.
Soviel die Kriegsknecht belanget / welche Chri - ſtum in dieſem Crentzgang auß gefuͤhrt haben: werden ſich dieſelbigen noch bey dem andern Theil auch fin - den / darumb wir jhre Lection / biß daſelbſthin verſpa - ren woͤllen. Vnd ſo viel von dem Erſten Theil / namb - lich / von dem Creutzgang oder Außfuͤhrung Chriſti /von30Paſſional vnd Leichpredigt /von der Statt Jeruſalem / biß auff die Wahl: oder Richtſtatt / da Chriſtus iſt gecreutziget woꝛden.
Summa vnd Jnhalt des an - dern Theils.KOmmen demnach jetzund zu dem andern Theil der Predigt / welcher von der Creutzigung handlen wuͤrdt. Vñ ſeind darin oꝛdenlich dieſe ſtuck in Acht zunemen. 1. Wie Chriſtus an das Creutz genagelt / auffgerichtet / vñ ſibenmal daran geredt ha - be / ehe er ſeinen Geiſt auffgeben / vnd geſtoꝛben iſt. 2. Was Pilatus fuͤr ein Vberſchrifft vnd Titul auff das Creutz Chriſti geſchrieben habe. 3. Wie die Kriegs - knecht vmb die Kleider des gecreutzigten Chriſti ge - ſpielt haben. 4. Welcher geſtalt / der eine vnter den Moͤrdern Chriſtum verlaͤſtert: der ander aber erken - net vnd angebetet. 5. Wie die Hohenpꝛieſter vnd Schrifftgelehrten / vnter allem Volck die aͤrgeſten / vnd an dem armen Chriſto / jhren vnmenſchlichen Neid vnd Haß nicht erſaͤttigen koͤnnen.
Auß welchen Stucken allen vnd jeden / viel nutz - licher / notwendiger vnd troſtreicher Lehren angezeigt vnd gehandelt werden koͤndten: Weil aber die Hiſto - ria vber die Maſſen reich / vnd ſie nicht alle nach Not - turfft auß geſtriechen werden moͤgen / woͤllen wir nur ettliche / vnd zwar mit wenigem anregen.
Chriſtus hat am Creutz / ett - liche mal ge - redt.Demnach die Kriegsknecht Chriſtum auff die Richtſtatt gebracht / auff das Creutz gehefftet / vnd mitten vnter die Moͤrder auffgerichtet haben: iſt Chꝛi - ſtus nicht alſo bald (wie auch die Moͤrder nicht) daran geſtorben: ſondern wie es die Vmbſtaͤnde der Hiſto - rien geben / hat er drey Stunde / namblichen von derſechsten31Vom Creutze vnd Tod Chriſti. ſechsten / biß auff die neundte Stunde / am Creutz ge - lebet: Welche zeit er nicht ſtill geſchwiegen / oder ſtum - me geweßt / ſondern zu vnterſchiedlichen malen / vnd benantlich ſiebenmal geredt hat / welche Reden man die ſieben Wort Chriſti am Creutze / zunennen pfle - get.
Es iſt aber mit ſolchen Reden alſo beſchaffen / daß Chriſtus das Erſte / Vierdte / vnd Siebende mal / das iſt / zum Anfang / Mittel vnd Ende / mit ſeinem Vat - ter geredt hat. Das Ander mal mit ſeiner Mutter. Das Dritte mal / mit dem einen Moͤrder. Das Fuͤnff - te mal von ſich ſelbs. Das Sechste mal von ſeinem Leiden.
Welche ſieben Wort alſo beſchaffen / daß wol einI. Von den Sie - ben Worten Chriſti. jedes einer eigenen / ja ein jedes vnter den Siebenen / ſieben oder mehr Predigten werth were. Weil aber ſolches gegenwertiger Gelegenheit nicht iſt / ſo woͤl - len wir ein jedes Wort / ſampt ſeiner Lehr / mit ei - nem einigen / oder ja ſehr wenigen Worten andeu - ten.
Das erſte Wort redet Chriſtus mit ſeinem Vat -1. Vatter ver - gib jhnen / ꝛc. Luc. 23. 34. ter / vnd bittet fuͤr ſeine Feinde: Vatter vergib jhnen / dann ſie wiſſen nicht was ſie thun. Das iſt nicht allein ein ſchoͤn Exempel des / was Chriſtus offt gepꝛediget hat / daß wir namblich vnſere Feind lieben / jhnen ver - geben / vnd die ſegnen ſollen / die vns verfluchen. Son - dern es iſt ein troſtreiche Exempl ariſche Predigt / von Frucht vnd Nutzen des Paſſions: Daß namlich Chꝛi - ſtus auch fuͤr ſeine aͤrgſte Feinde / die jhne gecreutziget haben / den Tod gelidden. Dann ſonſten er fuͤr ſie nicht hette bitten koͤnnen. Er iſt aber auch fuͤr vns geſtoꝛ -Rom. 5. v. 8. 10 ben / da wir noch Suͤnder waren. Vnd wir ſeind GottEver -32Paſſional vnd Leichpredigt /verſoͤhnet / durch den Tod ſeines Sohns / da wir noch Feinde waren / wie der Apoſtel zun Roͤmern ſchreibt.
2. Weib ſihe / das iſt dein Sohn / ꝛc.Das Ander Wort redet Chꝛiſtus mit ſeiner Mut - ter. Dann da er ſie bey dem Creutz ſahe / vnd den Juͤn -Johan. 19. 26. ger darbey ſtehen / den er lieb hatte / ſpꝛicht er zu ſeiner Mutter: Weib / Sihe / das iſt dein Sohn. Darnach ſpricht er zu dem Juͤnger / Sihe / das iſt deine Mutter. Vnd von der Stund an nam ſie der Juͤnger zu ſich. Ach welch groſſe ding ſeind abermalen in wenig Woꝛ - ten begriffen. Maria die Mutter Chriſti / weißt wer jhr Sohn iſt / dann ſie hat fleiſſig in jhrem Hertzen be - halten / was gleich Anfangs der Engel Grabriel / wasLuc. 2. 30. Eliſabetha / was die Hirten / was die Weiſen außLuc. 2. 38. Morgenland / was Simeon / was Anna mit jhr ge - redt / vnd Chriſtus ſelbſt / von ſich ſelbs gelehrt hat / Namblich / daß er der Sohn des Hoͤchſten / vnd leben - digen GOTtes / vnd der verſpꝛochene Meſſias vnd Heiland der Welt ſeye: noch muß ſie jhne in der ver -Luc. 2. verſ. 35. fluchten Straff des Creutzes ſehen. Das iſt namblich das ſcharpffe Schwerdt / welches durch jhre Seele tringen ſolte. Vnd iſt hoch zuverwundern / daß die Hochgelobte Mutter GOttes / voꝛ Angſt / Schmer - tzen vnd Hertzleid / ſolch Jammer vnd Elend ertragen vnd außſtehen koͤnnen. Aber du Gottes Menſch / wer du biſt / lerne hierbey / daß auch die liebe Heiligen Got - tes / in groß Jammer vnd Hertzleid gerahten: Dann iſt das dem Sohn GOttes / vnd ſeiner hochgelobten / ſeeligen Mutter Maria begegnet / fuͤr welchem Hertz - leid vnd Kummer wolteſt du geſichert vnd befreyet ſein? Hoͤre aber zumal auch / den Holdſeeligen Na - men / daß nichts deſto weniger Maria in ſolchem Elen - de / die Mutter Jeſu heiſſet. Dann kein Truͤbſal kanvns33Vom Creutze vnd Tod Chriſti. vns ſcheiden von der Liebe Gottes / Roman. 8. So iſt vnd bleibt Chriſtus / ſo wol am Creutz / als in dem Pa - radiß / der Sohn Gottes.
Daß aber Chriſtus / am Creutz / vnd alſo in ſeiner hoͤchſten Not / ſeiner lieben Mutter nicht vergiſſet / ſondern fuͤr dieſelbige ſoꝛget / Hilff vnd Rahtſchaffet / das haben alle gehoꝛſame danckbare Kinder / in Ach - tung zuhalten / vnd nachzuvolgen.
Das Dritte Wort / redet Chriſtus mit dem einen3. Heut wuͤrſtu bey mir im Pa - radiß ſein. Schaͤcher oder Moͤrder / welcher neben jhme gecreu - tziget war. Dann als dieſer zu jhme geſagt hatte: HErꝛ gedencke an mich / wann du in dein Reich kom - meſt: Spꝛach Jeſus zu jhme / Warlich ich ſage dir /Luc. 23. 42. Heut wuͤrſt du mit mir im Paradiß ſein. Diß iſt nicht allein ein Exempel / daß auch groſſe Suͤnder / vmb - kehren / Buſſe thun vnd ſeelig werden koͤnnen: ſondern es iſt abermalen / ein clarer Beweiß / von Frucht vnd Nutzen des Paſſions / welchen Chriſtus / fuͤr alle Suͤn - den der gantzen Welt außſtehen woͤllen. Sonderlich aber gibt die Bekehrung dieſes Schaͤchers / ein Troͤſt - lich Exempel / daß wahre Rhew vnd Bekehrung nim - mermehr zu ſpat ſeye: Welches an vnbußfertigen rhewloſen Suͤndern / nicht zur Sicherheit: Sondern bußfertigen / vnd in der letzten Not angefochtenen Hertzen zum Troſte geſchehen vnd auffgeſchꝛie - ben woꝛden. Dann weil dieſer Schaͤcher / ja in ſeiner letzten Not bekehret woꝛden / ſo gibt es bußfertigen Suͤndern / auch in dem letzten Seufftzen / Troſt vnd Erquickung. Dieweil es aber ein ſonderbar vnd eini - ges Exempel iſt / ſol ſich ja keiner mit Gottloſer Si - cherheit darauff verlaſſen. Sintemal niemand wiſſenE ijkan34Paſſional vnd Leuchpredigt /kan / was er in ſeiner letzten Stund / fuͤr Gnade vnd Bußpꝛediger haben werde.
Wie auch dieſes Schaͤchers Exempel / das gantze Gedicht / von dem Paͤpſtiſchen Fegfewr zu boden rich - tet. Dann ſo jemand im Hauffen der Seeligen iſt / welcher der Papiſten Voꝛgeben nach / des Fegfewers wol beduͤrfft hette / ſo were es fuͤrwar dieſer Schaͤcher geweſen: Aber Chriſtus thut jhme die gewiſſe vnzwei - feliche Verheiſſung: Warlich ich ſage dir / HeutLuc. 23. 43. wuͤrſt du mit mir im Paradis ſein.
4. Mein Gott / mein Gott / warumb haſtu mich verlaſſen.Das Vierdte Wort (als das mitlere an der Zal) redet Chriſtus widerumb mit ſeinem Vatter: Dann vmb die neundte Stund ſchreye er laut vñ ſpꝛach: Eli / Eli / Lama Alſabthani? Das iſt: Mein Gott / MeinMatth. 27. 46. Gott / warum̃ haſtu mich verlaſſen? Welche Woꝛt an - zeigẽ / was erſchroͤcklicher vñ vntraͤglicher Laſt es vmb den Zorn Gottes / vber die Suͤnde ſeye: Als welcher dem Sohn Gottes / ſo von vnſertwegen Menſch woꝛ - den / vnd die Straff der Suͤnden auff ſich genommen / ſolch klaͤgliche vnd ſchmertzliche Wort auß getrieben: Mein Gott / mein Gott / warumb haſt du mich verlaſ - ſen. Dann was fuͤr Angſt vnd Schrecken das muß geweßt ſein / welche Chriſto dem Sohn Gottes / ſolche Wort außgepreſſet / das iſt Menſchlicher Vernunfft vnerfoꝛſchlich. Aber du Kinde Gottes / welches durch ſolche Angſt deines Heilands von Verzweifflung vnd Verdamnuͤs der Suͤnden erloͤſet biſt / erkenne deines Erloͤſers vnaußſpꝛechliche Gutthat / vnd ſeye jhme ewiglich danckbar.
5. Mich duͤr - ſtet.Das fuͤnffte Wort / redet Chriſtus von ſich ſelbs /Johan. 19. 28. vnd ſagt: Mich duͤrſtet. Aber kein Trunck friſchen Wein oder Waſſer mag jhme gedeyen / ſondern ſie fuͤl -leten35Vom Creutze vnd Tod Chriſti. leten einen Schwam mit Eſſich / vnd hielten jhne mit Jſopen / jhme dar zum Munde.
Diß / Geliebten im HERRn / iſt nicht allein die Erfuͤllung der Schrifft / durch welche im Pſalmen ge - ſagt war: Sie geben mir Gallen zueſſen / vnd EſſigPſal. 69. 22. zutrincken / in meinem groſſen Durſt: Sondern zu - mal auch ein Contrafeit der Eitelkeit / vnd Verderb - nuͤs gantzen Menſchlichen Geſchlechts / welche durch Schwam / Rhoꝛ vnd Eſſig abgebildet / Chriſto ſein Leiden zugerichtet vnd geſchaͤrpfft hat.
Es ſollen aber dieſe Wort Chriſti / allen Trun - ckenbolden vnd Zechbruͤdern / ohne vnterlaß in den Ohren klingen / ſo offt ſie zu einem vberfluͤſſigen Trunck / vnd Fuͤllerey Becher / die Hand außſtrecken / vnd ſie erinnern / was dermalen eins jhr Vrtheil vnd Straff ſein werde / dieweil Chriſto in ſeinem groſſen Durſt / nicht ein einiger Trunck friſches Waſſers ge - deyen moͤgen / ſie aber den edlen Wein / zu taͤglichem Vberfluß / ſo ſchandtlich mißbrauchen. Dann weil ſie nun trincken / vnd (wie die Schrifft vom Koͤnig Belſazer redet / Daniel. 5. ver. 1.) ſich volſauffen / da ſie nicht duͤrſtet / ſo haben ſie mit dem reichen Schlemmer Luc. 16. des ewigen Durſts ſich zuverſehen / daß ſie in der Pein der Qual nicht haben ein Tropffen Waſſers / damit ſie jhre Zungen kuͤhlen.
Das ſechste Wort / redet Chriſtus von volbrach -6. Es iſt voln - bracht. tem ſeinem Leiden: Dann nach dem er den Eſſig / ſo jhme in ſeinem groſſen Durſt dargereicht ward / ge -Joan. 19. 30. nommen hatte / ſprach er: Es iſt volnbracht. Diß iſt abermalen nicht allein von Erfuͤllung der Schrifft geſagt / daß an Chriſto erfuͤllet / alles was von ſeinem Leiden geſagt worden. Dann ob er gleichwol nochE iijnicht36Paſſional vnd Leuchpredigt /nicht geſtoꝛben noch begraben geweſen / ſo iſts doch am allernaͤheſten darbey / vnd hat er ſolche Erfuͤllung / noch vor ſeinem Tod anzeigen woͤllen. Sondern es iſt auch zumal ein Troſtreiche Predigt / von Perfection vnd Volkommenheit des verꝛichteten Wercks der Erloͤſung gantzen Menſchlichen Geſchlechts. Dann was wir zu vnſer Seelen Heil vnd Seeligkeit be - duͤrffen / das iſt durch das Leiden vnd Sterben Chriſti /Heb. 9. 12. Alles volnbracht / vnd hat er durch ſein Blut ein ewige Erloͤſung erfunden. Darumb es auch nicht Not / daß Chriſtus ſich offtmals opffere. Gleich wie der Hohe - prieſter (im Alten Teſtament) alle Jahr in das Heilige gieng / mit frembdem Blut. Sonſt hette er offt muͤſ - ſen leiden / von anfang der Welt her. Nun aber am Ende der Welt / iſt er einmal erſchienen / durch ſein ei - gen Opffer / die Suͤnde auffzuheben. Wie die Epiſtel zun Hebreern redet. Alſo daß Chriſti einiges Opffer vnd Tod / ein genugſames vnd volkommenes Opffer iſt / fuͤr der gantzen Welt Suͤnde. Dann in dem Wil -Heb. 10. v. 10. 11. 14. len GOTtes ſeind wir geheiliget / einmal geſchehen / durch das Opffer des Leibs Jeſu Chriſti: das ewiglich gilt. Dann mit einem Opffer hat er in Ewigkeit vol - lendet / die geheiliget werden.
Dem allem nach / ſo ſchlecht Chriſtus mit dieſem Wort / Conſummatum eſt, Es iſt volnbracht / zu hauff / nicht allein allerley gute Werck / Regul / Orden / vnd ſelbs erwoͤhlte Heiligkeit / welche in dem Papſthumb Chriſti volkommenen Verdienſt beygeflickt werden: ſondern vnd voꝛnaͤmblich ſtuͤrtzet er hiemit den taͤgli - chen vnd groͤſſeſten Grewel / der im Papſthumb ge - trieben wuͤrdt / namblich die Meß / in welcher ſie Chri - ſtum taͤglich fuͤr die Suͤnde der Lebendigen vnd derTodten /37Vom Creutze vnd Tod Chriſti. Todten / ſeinem himmeliſchen Vatter auffopffern. Wo bleibt dann das Wort Chriſti / das er am Creutz geredt / Es iſt volnbracht: wann ſie noch taͤglich dar - an opffern muͤſſen? Jſt es aber am Creutz volnbꝛacht / wie wir auß dem Mund Chriſti hoͤren: warumb ſtraf - fen ſie / mit jhrem Meßopffer / den Meiſter vnſers Heils / ſo offt der Vnwarheit? Dann er ſagt am Creutz: Es iſt volnbracht. Die Meßprieſter / welche taͤglich Meß leſen / ſpꝛechen taͤglich / Nein. Dann ſie opffern noch taͤglich fuͤr die Suͤnde.
Es wuͤrdt aber auch / durch dieſe Wort: Es iſt volnbracht: Das Fegfewꝛ auß geblaſen / gaͤntzlich ver - tilget vnd abgeloͤßt. Dann was Chriſtus am Creutze volnbracht hat: das kan nicht allererſt im Fegfewer / gebuͤßt vnd volnbracht werden. Oder es feilt mit den Woꝛten Chꝛiſti / daß es am Creutz volnbꝛacht ſey. Das ſeye aber ferꝛne ewiglich.
Das ſibende vnd letzte Wort redet Chriſtus aber -7. Vatter ich befehle meinen Geiſt in deine Haͤnde. malen mit ſeinem Vatter / dann vmb die Neundte Stunde ruͤfft er laut vnd ſprach: Vatter / ich befehle meinen Geiſt in deine Haͤnde. Vnd als er das geſagt /Marc. 15. 34. verſchied er. Mit ſeinem Himmeliſchen Vatter / hatLuc. 23. 46. Chriſtus ſeine Wort am Creutz angefangen / mit ſei - nem Himmeliſchen Vatter beſchleußt ers. Vns zum Exempel / das alles was wir thun / mit GOtt anfahen vnd vollenden ſollen. Wie der Apoſtel ſagt: Alles was jhr thut mit Worten oder mit Wercken / das thutColoſſ. 3. 17. alles in dem Namen des HERrn Jeſu / vnd dancket GOtt vnd dem Vatter durch jhne. Er hat vns aber auch alle hiemit lehren woͤllen / daß wir auch in vnſern letzten Seufftzen vnſere Seele / dem widerumb zu tre - wen Haͤnden befehlen ſollen / der ſie gegeben hat: nam -lich38Paſſional vnd Leichpredigt /lich Gott dem himmeliſchen Vatter / der vns erſchaf - fen hat / durch Jeſum Chriſtum.
Daß aber Chriſtus / ſolche ſeine letzte Wort / mit lautem Geſchrey auß geſpꝛochen / gleich darauff das Haupt geneiget vnd verſchieden iſt: hat er damit be -Johan. 10. 18. weiſet ſeine Wort: Niemand nimpt mein Leben von mir / ſondern ich laſſe es von mir ſelber: Jch habe es macht zulaſſen / vnd habe es macht wider zunemen. Solch Gebott habe ich empfangen von meinem Vat - ter. Welchem zugehorſam / er ſein Haupt neiget / vnd freywillig ſeinen Geiſt auffgibt.
So viel auffs aller kuͤrtzeſt / von den Worten Chriſti.
II. Von der V - berſchrifft ſo Pilatus auff Chriſti Creutzgeſetzt.Was fuͤr das Ander / den Titul vnd Vber - ſchrifft Pilati belanget / melden die Evangeliſten / Pi - latus ſchreib eine Vberſchrifft (was man jhm Schuld gab. Marc. 15. 26. ) vnd ſetzte ſie auff das Creutz / vnd war geſchrieben / Jeſus von Nazareth / der Juden Koͤ - nig. Dieſe Vberſchrifft laſen viel Juden / dann dieJohan. 19. 19. Staͤtte war nahe bey der Statt / da Jeſus gecreutziget iſt. Vnd es war geſchrieben auff Ebreiſch / Griechiſch vnd Lateiniſche Sprach. Da ſprachen die Hohen - prieſter zu Pilato / Schreibe nicht der Juden Koͤnig / ſondern / daß er geſagt habe / Jch bin der Juden Koͤ - nig. Aber Pilatus antwortet: Was ich geſchrieben habe / das hab ich geſchrieben.
Dieſen Titul / wie wir hoͤren / haben viel Juden geleſen: Er iſts aber werth / daß wir jhn auch leſen / vnd fleiſſig leſen.
[1]. Chriſtus iſt der wahre Meſ - ſias.Dann / fuͤr Eins / zeigt er vns an / daß dieſer ge - creutzigte Chꝛiſtus / der Juden Koͤnig / das iſt / der durch1. Sam. 7. 16. die Propheten lang zuvor verheiſſene Meſſias vndHeiland39Vom Creutze vnd Tod Chriſti. Heiland ſeye: welcher in ſein Eigenthumb kommen / aber von den ſeinen nicht auffgenommen / ſondernJerem. 23. 5. Jerem. 33. 15. Pſalm. 2. 6. verwoꝛffen / verfolget vnd gecreutziget woꝛden / Jo -Luc. 1. 33. Johan. 1. 11. 1. Pet. 2. 7. han. 1.
Daß aber dieſer Titul in vnterſchiedlichen / vnd2. Chriſtus fuͤr die gantze Welt gelidden. ſonderlich in den dreyen Hauptſprachen (welche durch die gantze Welt bekant) geſchrieben / auch von vielen / Jnn: vnd Außlaͤndiſchen Juden geleſen woꝛden: Das iſt widerumb ein ſchoͤnes Gezeu gnuͤs / daß das Leiden vnd Verdienſt Chriſti / nicht nur den Juden / ſondern auch den Heiden zu Troſt kommen ſolle: welche ſol - ches auch erkennen / vnd dardurch ewig ſollen ſeelig werden. Dann der gecreutzigte Chriſtus / ſol in allen Zungen vnd Sprachen bekant / vnd ein Heiland ſein der gantzen Welt.
Es iſt aber auch das nicht ohne Vrſach geſche -3. Chriſti Titul vnd Ehr bleibt in Ewigkeit. hen / daß Pilatus auff Anſprechen der Hohenpꝛieſter nicht aͤndern woͤllen / ſondern geſagt: Was ich ge - ſchrieben hab / das hab ich geſchrieben. Sondern auß ſchickung Gottes hat es alſo ſein ſollen / anzuzeigen / dz diſer Koͤnig der Judẽ / Koͤnig / dz iſt / der Welt Meſſias vñ Heiland ſein / vñ Koͤnig bleiben ſolle / in Ewigkeit. Pſalm. 2. 6.Von welchem der Vatter ſelber ſagt: Jch habe mei - nen Koͤnig eingeſetzt / auff meinen heiligen Berge zu Zion. Dieſen / von Gott eingeſetzten Koͤnig der Ju - den / vnd aller Bekenner GOttes / ſollen alle Pforten der Hellen wol verbleiben / vnd demnach auch ſeinen Titul vngeaͤndert laſſen. Dann der Vatter / hat jhmeLuc. 1. 33. das Reich beſtettiget / daß er wuͤrdt ein Koͤnig ſein vber das Hauß Jacob ewiglich / vnd ſeines Koͤnigreichs wuͤrdt kein Ende ſein. So viel vom Titul.
Soviel fuͤr das Dritte / die Kriegsknecht belan -Fget /40Paſſional vnd Leichpredigt /III. Von den Kriegsknech - ten.get / haben wir nicht allein in der Geißlung / Croͤnung vnd Außfuͤhrung Chriſti / Allerley Hohn / Spott vnd Verachtung geſehen / welchen ſie Chriſto mit Woꝛten vnd Wercken angelegt / vnd die wenigſte Barmher - tzigkeit / gegen jhme nicht beweiſet haben: ſondern ſie Continuiren vnd treiben ſolchen jhren verzweifelten Mutwillen mit Chriſto fort / biß an ſeinen Tod. Dann da ſie jhne auff die Schedelſtatt bringen / geben ſie jh - me Eſſig zutrincken / mit Gallen vermiſchet. SieMatth. 27. 33. creutzigen jhne / vnd die Vbelthaͤter mit jhme / einenLuc. 23. 33. zur Rechten / vnd einen zur Lincken: Chriſtum aber / den Fuͤrſten des Lebens / welchen ſie aber fuͤr den Ertz - moͤrder gehalten / mitten jnnen. Sie theilen vor ſei - nen vnd ſeiner Hochgelobten Mutter Augen / ſeine Kleider / vnd vber ſeinen vngeneheten / gantz gewirck - ten Rock / werffen ſie das Loſe. Sie verſpotten auch den armen Chriſtum am Creutz / tretten zu jhme / vndLuc. 23. 36. bringen jhm in ſeinem groſſen Durſt Eſſig: mit aller - ley Spitzbuͤbiſchen Laͤſterworten: Biſt du der Juden Koͤnig / ſo hilff dir ſelber.
1. Chriſtus hat v[n] ſern Spott gebuͤßt.Mit welchem zwar Chriſtus allen ewigen Spot / der in ewigem Verdamnuͤs vnd Fluch vber vns erge - hen ſolte / gebuͤßt hat. Dann wie er von vnſertwegen verwundet / vnd wir durch ſeine Wunden geheilet: Al - ſo iſt er auch von vnſertwegen verſpottet / vnd wir durch ſeinen Spott / zu ewigem Preiß vnd Ehr erha - ben woꝛden.
2. Wir ſollen Barmhertzig ſein.Die Kriegsknecht aber / welche fuͤr jhren Theil / mit dem gefangenen / zum Tod verurtheilten / vnd al - bereit juſtificirten / am Creutz hangenden Chriſto / Mitleiden vnd Erbaͤrmbd hetten haben ſollen / ſolches aber nicht gethan / ſondern mehr dann andere Vbel -thaͤter41Vom Creutze vnd Tod Chriſti. thaͤter / hoͤhniſch verſpottet: vnd deßwegen nicht Buß gethan: die haben ein ſchweres Vrtheil vnd StraffeMatth. 5. 7. deßwegen auff ſich gezogen. Dann wie es heißt / ſeelig die Barmhertzigen / dann ſie werden Barmhertzigkeit erlangen: Alſo heißt es auch widerumb: Vnſeelig ſeind die Vnbarmhertzigen / dann ſie werden keine Barmhertzigkeit erlangen. Vnd muͤſſen die vnbarm -Apocal. 22. 15. hertzige Hunde / auſſer dem Paradis herauſſen blei -Jbid. 21. 8. ben / in dem Pful der Grewlichen / der mit Fewr vnd Schwefel brennet ewiglich.
Vnd dann / welcher Gottſeeliger Chriſt / in allem3. Troſt auß dem Exempel Chriſti. ſeinem Truͤbſal vnd Elend kein Mitleiden vnd Barm - hertzigkeit findet / ſondern noch darzu muß verhoͤhnet vnd verſpottet ſein / der traͤgt hierin das Ebenbild ſei - nes Erloͤſers vnd Heilands Chriſti / vnd wuͤrdt ſampt jhme mit ewiger Glori / Preiß / Ehr vnd Herꝛlichkeit ergoͤtzt werden.
So arg es / fuͤr das Vierdte / die KriegsknechtIV. Von den Schaͤchern. machen / ſo arg vnd boͤß machts der eine Schaͤcher vnd Vbelthaͤter. Dann ob gleichwol derſelbige / auch in Tods Straffe am Creutz hanget / laͤſtert er doch Chriſtum auch / vnd ſprach: Biſt du Chriſtus / ſo hilffLuc. 23. 39. dir vnd vns. Deßwegen er von dem andern geſtrafft woꝛden: vnd du foͤrchteſt dich auch nicht fuͤr Gott / der du doch in gleicher Verdamnuͤs biſt. Vnd zwar wir ſeind billich drinnen / dann wir empfahen was vnſere Thaten werth ſeind / dieſer aber hat nichts vngeſchickts gehandelt.
Darbey ſehen wir / daß nicht alle Vbelthaͤter / am1. Buß nicht auff zuſchieben. Ende Buß thun. Zween ſeind mit Chriſto gecreutzi - get / der eine erkennet Chriſtum / vnd wuͤrdt ſeelig: der ander laͤſtert Chriſtum / vnd wuͤrdt verdampt. So garF ijhat42Paſſional vnd Leuchpredigt /hat man die Buß vmb keine Stund auffzuſchieben. Dann du nicht wiſſen kanſt / ob ſich dein Hertz / durch eine oder zwo / wenig oder mehr Bußpredigten werde lencken laſſen. Wann dir dann der Sprung zu kurtz wuͤrde / ſo muß dir der Fal viel zu ſchwer werden. Laſſe dir demnach des einen Schaͤchers Exempel zum Troſt / vnd[g]ar nicht zu Sicherheit dienen / darfuͤr des Laͤſterers trawrige Hinfahrt ernſtlich warnet.
2. Chriſti Schmertz / des verlornen Schaͤchers halben.Darbey aber auch diß zubedencken / welch ein hertzlichen Schmertzen es Chriſto muß gemacht ha - ben / daß er nicht allein an Juda / der ſich auß Ver - zweifflung erhenckt hat / ſondern jetzund auch an dem einen Vbelthaͤter / der jhne in den letzten Seufftzen laͤ - ſtert / ſehen muß / daß der Nutzen vnd Frucht ſeines Paſſions an jhme verloꝛen iſt.
Welcher gleichwol / wann er Gott foͤrchten / vnd ſich bekehren wolte / ſo wol mit dem andern Schaͤcher ins Paradis kommen / als mit Juda in die Helle fahren koͤnnen: Dann Chriſti Tod (wie bald an ſeinem ort volgen wuͤrdt) ein genugſame Bezahlung fuͤr der gantzen Welt Suͤnde / vnd alſo auch fuͤr dieſes Vbel - thaͤters Suͤnde geweßt iſt.
V. Von den Ho - henprieſtern vnd Schrifft - gelehrten / wel - che Chriſtum verſpotten.Noch ſeind vberig die Hohenpꝛieſter vnd Schꝛifft - gelehrten / welche / wie ſie den Neid am allerlaͤngſten auff Chriſtum getragen haben / alſo beharꝛen ſie den - ſelbigen biß ans Ende / auffs aller gifftigeſt. Dann es iſt jhnen nicht gnug / daß das gemein Volck Chriſtum verſpottet / ſondern ſie / ſampt jnen thun ſolches auch:Marc. 15. 29. Schuͤtteln jhre Haͤupte vnd ſpꝛechen / Pfui dich / wieLuc. 23. 35. fein zubrichſt du den Tempel / vnd baweſt jhne in dreyen Tagen / Hilff dir ſelber / vnd ſteige herab vom Creutze. Er hat andern geholffen / vnd kan jhm ſelber nicht helf -fen.43Vom Creutze vnd Tod Chriſti. fen. Jſt er Chriſtus vnd Koͤnig in Jſrael / ſo ſteuge er nun vom Creutze / daß wir ſehen vnd glauben. Vnd was des Teuffeliſchen Geſpoͤtts vnd Laͤſterns mehr geweſen.
Bey welchem Stuck kein zweiffel zuhaben / dannMit hohen vnd anſehenlichen Leuten nicht zu ſuͤndigen. das durch das Exempel der Hohenpꝛieſter vnd Schrifft gelehrten / viel vnter dem Volck entweder zur Laͤſterung angereitzt / oder doch darinn geſtaͤrckt worden. Darumb in keiner Sach auff das Anſehen der Perſon / ſondern allenthalben auff Fug vnd War - heit / auff Tugent vnd Gottsforcht zuſehen iſt. Dann wer mit hohen vnd anſehenlichen Leuten ſuͤndiget / der wuͤrdt auch mit jhnen geſtrafft werden. Sie aber weil ſie des ſuͤndigens viel machen / werden auch der Straf - fen / vor andern viel vnd ſchwer tragen muͤſſen.
Biß daher / Geliebten im HErꝛn / haben wir ett -NB. Die Principal vnd Hauptlehꝛ des gantzen Paſſions iſt: Daß Chriſtus / fuͤr die Suͤnde der gantzen Welt gelidden hat. liche Particularia / das iſt / ſonderliche Stuck geſehen / welche ſich bey der Creutzigung Chriſti zugetragen. Bey welchem allem aber / das Principal vnd Haupt - ſtuck iſt / daß Chriſtus der ewige Sohn GOttes / vnd wahre Welt Heiland / als ein verfluchter / vnter den Moͤrdern am Creutz hanget. Dann diß iſt das Stuck im Paſſion / darvon Paulus ſchreibt: Jch / lieben Bruͤder / da ich zu euch kam / hielte ich mich nicht dar -1. Coꝛinth. 2. 2. fuͤr / daß ich ettwas wuͤßte vnter euch / ohne allein Je - ſum Chriſtum den gecreutzigten. Von welehem ge - creutzigten Jeſu / Paulus ſeinen Zuhoͤrern / mit ſol - chem vleiß vnd Eiffer / mit ſolch hertzlichen Worten vnd Geberden zupꝛedigen gepflogen / daß ſie alles ſo deutlich verſtehen vnd faſſen koͤnnen / nicht anders als wann ſie damalen / da Chriſtus gecreutziget woꝛden / zu Jeruſalem auff dem Berg Golgatha geweſen / al -F iijles44Paſſional vnd Leuchpredigt /les perſoͤnlich ſelbs gegenwertig geſehen vnd gehoͤrtGalat. 3. 1. hetten. Dann alſo ſchreibt er zu den Galatern: O wer hat euch bezaubert / daß jhr der Warheit nicht ge - hoꝛchet? Welchen Chriſtus Jeſus fuͤr die Augen ge - malet war / vnd vnter euch gecreutziget iſt: Siehe ſo helle vnd deutlich / hatte Paulus den Galatern vom Creutz Chriſti gepꝛediget / als wann ſie es vor Augen geſehen / vnd Chriſtus vnter jhnen were gecreutziget woꝛden.
Nun bin ich freylich ja nicht Paulus / als welcher mit hohen himmeliſchen Gaben ſonderbarlich gezie - ret geweſen / wolte jedoch (wie er widerumb ſchreibet)Galat. 4. 20. daß ich mein Stimme wandlen / vnd wie ein Vatter oder Mutter mit jhren Kindern redet / alſo ich mit euch / von dem Creutz Chriſti redet / vnd voꝛ eweren Hertzen vnd Augen abmalen koͤndte. Dann ich bin (auß Lieben) jrre an euch / ſagt der Apoſtel. Wolan wir woͤllen verſuchen / was Gott fuͤr Crafft vnd Gna - de / darꝛeichen woͤlle.
Beſchreibung der Creutzig - ung Chriſti.Als demnach Chriſtus auff die Richtſtatt ge - bracht / haben die Kriegsknecht jhne aller ſeiner Klei - der entbloͤßt / vnd alſo nackend auff das Huͤltzin Creutz nidergewoꝛffen: Als bald ſeine beede Arm außge - ſtreckt / vnd durch die Haͤnde / mit ſcharpffen Naͤgeln / ans Creutze angehefftet. Darauff den Leib alſo auß ge - daͤhnet / daß man jhme alle Bein vnd Ribbe zehlen koͤnnen / vnd durch die Fuͤß gleicher geſtalt / ans CreutzPſalm. 22. 17. angenagelt. Dann / ſagt er Pſalm. 22. Sie haben mei - ne Haͤnde vnd Fuͤſſe durchgraben. Alle meine Gebei - ne haben ſie zutrennet / daß ich moͤcht alle meine Beine zehlen: Sie aber ſchawen vnd ſehen jhre Luſt an mir. Nach dem er alſo auß gedoͤhnet / auffs Creutz angeheff -tet45Vom Creutze vnd Tod Chriſti. tet war / haben ſie jhne mit groſſem Geſchrey vnd Vn - geſtuͤmme / daran auffgerichtet / hat man jetzt hie / jetzt dort heben muͤſſen: Jetzt war es da zuwenig / dort zu - viel: Jetzt zu nider / jetzt zu hoch / vnd dann in ein Loch / welches in die Erden / oder einen Felſen gehawen war / vnbarmhertzig fallen laſſen / daß es jhme den gantzen Leib / vnd alle Blutstropffen in allen Odern erſchuͤt - tet / dardurch ſeine Wunden an Haͤnde vnd Fuͤſſen / al - ſo zuriſſen / vnd die Alten alſo erfriſchet worden / daß er ſein heiliges / vnſchuldiges Blut / am Stammen des Creutzes / zwiſchen Himmel vnd Erden hangend / von ſeiner Hauptſeheittel an / biß auff die Fußſolen / mit groſſem Hauffen vergoſſen: Vnd noch darzu nicht allein von menniglichen muß verlaſſen ſein / ſon - dern als ein Vbelthaͤter / vnd Ertz moͤrder / von jeder - man verhoͤhnet / verſpottet vnd verlaͤſtert werden. Vnd in ſolchem Hohn vnd Schmertzen / hangt Chri - ſtus / das heilige Kind GOttes / drey gantzer Stund lang / namblich von der Sechsten / biß zur Neundten Stunde: das iſt / nach vnſer Vhr gerechnet / von zwel - fen Mittags / biß auff drey Vhr des Abends. Jnmaſ - ſen wir ſolches in voꝛ gehendem / in ſpecie vnd Stucks - weiſe alles geſehen vnd gehoͤrt haben.
Diß Geliebten im HErꝛn / iſt das vorneme ſtuck des Paſſions / darvon wir handlen / wann wir diß ei - nige genugſam wiſſen vnd verſtehen / vnd wie ſichs ge - buͤrt / Chriſtlich vnd wol brauchen oder anlegen koͤnd - ten: Ach wie wolten wir ſo weiſe vnd kluge Leut / nicht weniger auch ſeelige vnd danckbare Leut / allezeit ſein vnd bleiben? So gebt achtung darauff / alle die jhr den gecreutzigten Chriſtum eweren Heiland hertzlich lieb habt.
Wer46Paſſional vnd Leichpredigt /1. Lehr vñ T[ro]ſt auß der Creutzi - gung Chriſti / Vnd Crafft vnd Nutzen des Leidens Chri - ſti.Wer iſt dann der Mann / welcher ſo Elend vnd verlaſſen alhie am Creutz hanget? Es iſt der / welchem die Juden voꝛ wenig Tagen / als er auff einem Eſel zu Jeruſalem eingeritten / das Hoſianna zugeſchryen / vnd vnter anderm geſagt haben: Gelobt ſeye der da kompt im Namen des HErꝛn. Gelobt ſeye das ReichChriſtus iſt vnſchuldig / vnd wahrer Gott. vnſers Vatters David / das da kompt in dem Namen des HErꝛn / Hoſianna in der Hoͤhe. Es iſt der / von welchem Zacharias geweiſſagt: Frewe dich / du Toch - ter Zion / vnd du Tochter Jeruſalem Jauchze / Sihe / dein Koͤnig kompt zu dir / ein Gerechter / vnd ein Helf -Matth. 21. 9. fer / arm vnd reutet auff einem Eſel / vnd auff einemMarc. 11. 10. jungen Fuͤllen der Eſelin. Wie Mattheus / in der Hi -Zachar. 9. 9. ſtorien des Palmtags / auß dem Propheten angezo -Matth. 3. 17. gen. Es iſt der / von welchem / als er am Joꝛdan ge -Matth. 16. 16. taufft ward / der Vatter ſelbſten vom Himmel herabJohan. 6. 69. geſchryen vnd geſagt hat / das iſt mein lieber Sohn / an dem ich Wolgefallen habe. Der iſts / von welchem Petrus zu vnterſchiedlichen malen bekennet hat: Du biſt Chriſtus des lebendigen Gottes Sohn.
Sagſt du: Wann er dann ein ſo Geben edeiter vnd hochgelobter Mann iſt: wann er der Juden Koͤ - nig vnd Helffer: wann er der ewige Sohn Gottes ſel - ber iſt: Warumb hangt er dann als ein verfluchter / Hilffloſer / vnd verdampter Menſch ſo Elend am Creutze? Dieſe Frage / Geliebte im HErꝛn / trifft den Kern vnd Hertze des gantzen Paſſions. Dann wer das verſtehet / der verſtehet den Nutzen vnd Frucht des Lei - dens vnd Sterbens Chriſti: Warumb namblich er / vnſchuldig vnd der heilige GOTtes / ſolch ſchandtli - chen verfluchten Tods ſterben woͤllen / vnd was er dar - mit auß gerichtet vnd erlangt habe?
Dann47Vom Creutze vnd Tod Chriſti.Dann er iſt vnd bleibt der Gebenedeite vnd Ge -Chriſti Leiden verdienet vns ewige Erloͤ - ſung. ſegnete des HErꝛn. Er iſt vnd bleibt das heilige vnd ſeelige Kind Gottes: Er hat aber eines ſo verfluchten Tods am Creutz woͤllen ſterben / auff daß er vns vom Fluch erꝛettete / vnd den ewigen himmeliſchen Seegen wider braͤchte: Er hat woͤllen verlaſſen vnd verſpot - tet ſein / auff daß er vns alle Hilffe vnd Rhat / ewigen Preiß vnd Ehr erwerben moͤchte. Vnd wann er nurWaher Chriſti Leiden ſolche Krafft habe? ein pur lauterer Menſch / oder / wann es nur eines Menſchen Leiden vnd Creutz geweßt were: ſo were es ſolch groſſe ding außzurichten / viel zu nachguͤltig vnd zu ſchwach geweßt. Weil aber der ewige vnd Allmaͤch - tige Sohn Gottes ſelbſten am Creutz hanget / als wel - cher dieſen Menſchen / Marię Sohn / den wir mit Au - gen am Creutz hangen ſehen / in Einigkeit ſeiner Per - ſon angenommen / vnd es alſo nicht allein Menſchli -Gottes Sohn Leidet an ſei - nem eigenen Fleiſch. ches Leiden / ſondern GOTtes ewigen Sohns eigen Leiden iſt / dann er leidet an ſeinem eigenen / perſoͤnlich angenommenen Fleiſch: Dahero hat dieſes Leiden / Creutz vnd vnd Tode des Sohns GOttes / ſolch All - maͤchtige Krafft vnd Vermoͤgen / daß es die Suͤnde der gantzen Welt tilget / den Fluch weg nimmet / Tod / Hoͤlle vnd Teuffel vberwindet / vnd vns armen / ver - dampten / verfluchten Menſchen / Gnad vnd Leben / Gerechtigkeit vnd Seeligkeit widerbringet / wann wir allein ſolche Gutthaten mit wahrem Glauben annemen / vnd die erworbene Gaben / mit Vnglauben vnd Vngehorſam / nicht außſchlagen.
Dieſes / Geliebten im HERrn / iſt das Funda - ment vnſers Chriſtenthumbs / vnd der vnbewegli - che Grunde / alle vnſers Heils vnd Troſts. Deßwe - gen treibt ſolches Stuck / die gantze heilige Schrifft /Ggantz48Paſſional vnd Leuchpredigt /gantz reichlich / beedes im Alten vnd Newen Teſta - ment.
Galat. 3. 13.Paulus in der Epiſtel an die Galater / erclaͤrets alſo: Chriſtus hat vns erloͤſet von dem Fluch des Ge - ſetzes / da er ward ein Fluch fuͤr vns. Dann es ſtehet ge -Galat. 4. 4. ſchrieben / verflucht iſt jederman / der am Holtz hanget. Vnd bald darauff Cap. 4. Da die zeit erfuͤllet ward / ſandte Gott ſeinen Sohn / geboꝛn von einem Weibe / vnd vnter das Geſetz gethan. Auff daß er die ſo vnter dem Geſetz waren / erloͤſete / daß wir die Kindtſchafft empfiengen. Vnd widerumb / 2. Corinth. 5. 21. Gott hat den / der von keiner Suͤnde wußte / fuͤr vns zur Suͤnde gemacht / auff daß wir wuͤrden in jhme die Ge -1. Cor. 1. 30. rechtigkeit / die fuͤr Gott gilt. Noch einmal: Chriſtus iſt vns gemacht von Gott zur Weißheit / vnd zur Ge - rechtigkeit / vnd zur Heiligung / vnd zur Erloͤſung /Rom. 8. 2. dann das dem Geſetz vnmuͤglich war (Sintemal es durch das Fleiſch geſchwecht war) das that Gott / vnd ſandte ſeinen Sohn / in der Geſtalt des ſuͤndtlichen Fleiſches / vnd verdampt die Suͤnde im Fleiſch / durch Suͤnde. Das iſt / GOtt hat die Suͤnde abgetilget / durch das Leiden vnd Creutz Chriſti / an welchem er ein Suͤnden Opffer fuͤr vns woꝛden iſt. Auß welchem al - lem wir offenbarlich ſehen / warumb der vnſchuldige Chriſtus / der Allerheiligſte Sohn GOttes / eines ſo ſchmaͤhlichen vnd verfluchten Tods / am Creutz ſterben woͤllen: Namblich daß er wuͤrde ein Fluch fuͤr vns / vnd wir durch jhne / den Segen / Gerechtigkeit vnd Seeligkeit empfiengen.
Welches alles auch lang zuvoꝛ im Alten Teſta - ment iſt weiß geſagt woꝛden.
Eſa. 53. 4.Dann fuͤrwar / ſagt der Prophet Eſaias / er trugvnſe -49Vom Creutze vnd Tod Chriſti. vnſere Kranckheit / vnd lud auff ſich vnſere Schmer - tzen / wir aber hielten jhne fuͤr den / der geplagt / vnd von Gott geſchlagen vnd gemartert were. Aber er iſt vmb vnſer Miſſethat willen verwundet / vnd vmb vnſer Suͤnde willen zuſchlagen. Die Straffligt auff jhme / auff daß wir Frieden hetten / vnd durch ſeine Wunden ſeind wir geheilet.
Vnd widerumb. Eſa. 63. Wer iſt der / ſo vonEſa. 63. 1. Edom kompt / mit roͤtlichen Kleidern von Bazra / der ſo geſchmuckt iſt in ſeinen Kleidern / vnd einher tritt in ſeiner groſſen Krafft. Jch bins der Gerechtigkeit lehret / vnd ein Meiſter bin zu helffen. Warum̃ iſt dann dein Gewand ſo rotfarb / vnd dein Kleid / wie eines Keltertretters? Ich trette die Kelter alleine / vnd iſt niemand vnter den Voͤlckern mit mir.
Bey dem Propheten Jeremia / prediget der HErꝛJerem. 23. 5. vnd 33. v. 15. von dem kuͤnfftigen Meſſias alſo: Sihe es kompt die Zeit / ſpricht der HErꝛ / daß ich dem David ein ge - recht Gewaͤchs erwecken wil / vnd ſol ein Koͤnig ſein / derwol regieren wuͤrdt / vnd Recht vnd Gerechtigkeit auff Erden anrichten. Zu deſſelbigen zeit ſol Juda ge - holffen werden / vnd Jſrael ſicher wohnen. Vnd diß wuͤrdt ſein Name ſein / daß man jhne nennen wuͤrdt / HErꝛ / der vnſer Gerechtigkeit iſt. Welche Wort bey demſelben Propheten Jeremia im 33. Cap. widerholet werden.
So findet ſich auch eben das / darvon wir reden /Zachar. 9. 9. in dem Propheten Zacharia / da er den Einritt Chriſti gen Jeruſalem beſchreibet. Dann / ſiehe / ſagt er / dein Koͤnig kompt zu dir / ein Gerechter vnd ein Helffer / arm / vnd reutet auff einem Eſel / vnd auff einem jun - gen Fuͤllen der Eſelin. Dann wie arm er iſt an zuſehen /G ijſo50Paſſional vnd Leuchpredigt /ſo iſt er doch ein Koͤnig: Vnd der Koͤnig / der Gerech - tigkeit bringet / vnd ein Meiſter iſt zuhelffen.
Auß welchem allem offenbar iſt / daß dieſer Chri - ſtus / welchen wir an dem Creutz hangen ſehen / nicht nur ein ſchlechter Menſch iſt / ſondern zumal der ewi - ge Sohn Gottes / vnd wahre Jehova / der HErꝛ vom Himmel. Vnd ferꝛner / daß ſolch ſein Leiden vnd Tod / ein vnendtliche vnd Allmaͤchtige Krafft hat / SuͤndeMenſchlicher Natur Leiden allein: hette vns nicht erloͤ - ſen koͤnnen. zu tilgen / vnd ewige Gnade vnd Seeligkeit zuerwer - ben / ohne welche Krafft / das Leiden Menſchlicher Na - tur allein / vns nicht mehr / als des einen oder des an - dern Schaͤchers / helffen oder troͤſten koͤndte. Alſo aber / weil das Leiden Chriſti / des Sohns Gottes Lei - den / vnd der Tod Chriſti / des Sohns Gottes Tode iſt / als welcher dieſen Menſchen / der leidet vnd ſtirbet / in Einigkeit ſeiner eigenen Perſon an ſich genommen / vnd dahero alles ſein eigen iſt / was dieſem angenom - menen Menſchen widerfaͤhret: So volget hier auß: daß durch diß Leiden ein voͤllige vnd volkommene Er - loͤſung / fuͤr die Suͤnde der gantzen Welt zuwegen ge - bracht vnd erlangt woꝛden. Wie ſolches Johannes der Taͤuffer mit ſchoͤnen Worten anzeiget / da er mitJohan. 1. 29. Fingern auff Chriſtum weiſet vnd ſagt: Sihe / das iſt das Lamb GOTTEs / welches der Welt Suͤnde traͤgt. Vnd noch herꝛlicher / Johannes der Evange -1. Johan. 2. 2. liſt. 1. Johan. 2. 2. Chriſtus Jeſus iſt die Verſoͤhnung fuͤr vnſere Suͤnde / nicht allein aber fuͤr die vnſere / ſon -Chriſti Leiden ein thewre Be - zahlung fuͤr vnſere Suͤn - den. dern auch fuͤr der gantzen Welt. Dann bedencke du / vnd nimme es zu Hertzen / O frommer Chriſt / was das fuͤr ein thewre Bezahlung ſein muß / welche der Sohn Gottes fuͤr die Suͤnde der Welt / am Stam - men des Creutzes erſtattet hat. Sintemal wir nichtmit51Vom Creutze vnd Tod Chriſti. mit vergaͤnglichem Silber oder Gold / ſondern mit1. Petr. 1. 18. dem thewren Blut Chriſti / als eines vnſchuldigen vñ vnbefleckten Lammes / erloͤſet ſeind. Welches Blut nicht nur eines Menſchen Blut / ſondern des ewigen Sohns Gottes eigen Blut iſt. Dann Gott hat durchActor. 20. 28. ſein eigen Blut ſeine Gemein erwoꝛben. Vnd das1. Johan. 1. 8. Blut Jeſu Chriſti / des Sohns GOttes / macht vns rein von aller Suͤnde.
Diſes Blut des Sohns Gottes (wies die H. SchꝛifftChriſti Blut fuͤr vns ver - goſſen / iſt eine vberſchwem - mende Suͤnd - fluß / vber vn - ſere Suͤnden. ſelbs nennet) iſt ſolcher vnendtlicher Krafft / daß ein einige Wunden / ja ein einiger Blutstropffe / fuͤr vns vergoſſen / ein gantzes Meere / ja ein gantze Suͤndflut iſt / vber aller Welt Suͤnde. Dann wie viel deren iſt / wie groß auch die ſchwere derſelben iſt / ſo ſeind ſie doch beedes an Zahl vnd Laſt endtlich / das iſt / Zalbar vnd gewichtig: Ein einiger Blutstropffe aber / des Aller - heiligſten / vnſchuldigſten / ewigen vnd vnendtlichen Sohns Gottes / iſt vnendtlichen Werths / vnerfoꝛſch - lichen vnd vnauß ſpꝛechlicher Krafft: Derentwegen auch ein einiger Blutstropffe des Sohns GOTtes vbergnugſam were / zu Bezahlung / Reinigung vnd Außtilgung der gantzen Welt Suͤnde: von dem erſten Adam an begangen / biß auff den letzten Menſchen / ſo naͤchſt voꝛ dem juͤngſten Tag leben wuͤrdt: Niemand vnter allen außgenommen. Schawe aber du deinenChriſtus hat viel Bluts fuͤr vns vergoſſen. HERrn vnd Heiland Chriſtum an / wie er am Creutz hanget / mit wie viel Wunden er zuſchlagen / von ſei - ner Haupt Scheittel an / welches mit Dornen gecroͤ - net / vnd allenthalben durchſtochen / vnd der gantze Leib verletzt iſt / biß auff die Fußſolen. Beſchawe das Fronheilige Blut / welches dem gecreutzigten HErꝛn Chriſto / auß allen ſeinen Wunden / vber ſein Ange -G iijſicht /52Paſſional vnd Leichpredigt /ſicht / auß geſtreckte Arm / vnd gantzen Leibe / haͤuffig ablaufft. Gedencke darneben / wie viel er im Garten vergoſſen da er in ſeinem Todkampff / Blutigen Schweiß geſchwitzt? Wie viel in des Pilati Richt - hauß / da er gegeißlet / vnd mit Dornen gecroͤnet wor - den? Wie viel auff dem Wege ſeines erbaͤrmlichen Creutzgangs? Wie viel jetzt auß den Wunden der Naͤgel / mit welchen ſie jhme Haͤnde vnd Fuͤſſe durch - graben? Wie viel hernach auß ſeiner Seiten / die nach ſeinem Tode / mit einem Speer geoͤffnet woꝛden? O welche ein tieffes / rotes Meer / mit dem Blut des Sohns Gottes flieſſend / zur Abwaſchung der gantzen Welt Suͤnde?
2. Haupt Troſt auß dem Paſ - ſion: wider alle Aufechtung der Suͤnden.Hierauß haben alle / der Suͤndenhalben ange - fochtene Bußfertige Hertzen / aller jhrer Suͤnden we - gen / daß ſie durch das Blut Chriſti / außgetilget vnd gantz erſaͤufft ſeind / gewiſſen / ſatten / vnd vnfeilbaren Troſt zumercken: Welches der Kerne / voꝛnemſte Nutz vnd Frucht iſt / des gantzen Paſſions. Dann ein einig Troͤpfflin Bluts des Sohns Gottes / were gnugſam / der gantzen Welt Suͤnde außzutilgen: vnd ſihe dein HERR Chriſtus hat fuͤr dich ſein heiliges Blut ſo haͤuffig vergoſſen. Wann deiner Suͤnden mehr we - re / dann Sand am Meer / ſo thets ein einiger Tropffe des Bluts Chriſti. Was ſolte dann ſolch groſſes Meer vergoſſenen Bluts / an deinen Suͤnden vberlaſſen / wann ſie vber dein Haupt gehen / vnd biß an den Him̃el reichen: ſo iſt Chriſtus / der Sohn Gottes / welcher zu Abwaſchung deiner Suͤnden ſo viel Bluts vergoſſen / hoͤher dann der Himmel / jhme wuͤrdt keine zu maͤch -1. Johan. 1. 8. tig / zu groß oder zu hoch ſein: Summa das Blut Chriſti / des Sohns GOttes / reiniget vns von allenvnſern53Vom Creutze vnd Tod Chriſti. vnſern Suͤnden. Die Handſchrifft ſo wider vns war /Coloſſ. 2. 14. iſt auß dem Mittel gethan / ans Creutz gehefftet / vnd mit dem Blut des Sohns GOttes aller vberfloſſen vnd außgetilget. Das laſſe dir in allen deinen An - fechtungen / deinen hoͤchſten Schatz vnd dein Troſt ſein / daß du in Tods Gefahr vnd Schrecken der Hel - len / der Heilwertigen Wunden / vnd des darauß ver - goſſenen vnſchuldigen / thewren vnd ſeeligmachenden Bluts / deines getrewen HERRn Jeſu / des ewigen Sohns Gottes / allezeit gedenck eſt:
Wilt du / zu mehrer Verſicherung Exempel ha -Exempel groſ - ſer Suͤnder / welche Gnade vnd Verzei - hung erlangt. David. Manaſſes. Groß Suͤnde - rin. Petrus. Schaͤcher. ben: ſo ſihe an den Koͤnig David / welcher ſeinen be - gangenen Ehebruch / mit ſchroͤcklichem Todſchlage / vieler ehrlicher Leut gehaͤuffet: Sihe an den Koͤnig Manaſſen / welcher das gantze Land mit Blutſchul - den erfuͤllet: Sihe an die groſſe Suͤnderin / Luc. am 7. Cap. Sihe an Petrum / welcher ſeinen HERrn vnd Meiſter gar ſchandtlich / dreymal / vnd mit verfluchen verlaugnet hat: Sihe an den Schaͤcher am Creutze / welcher mit Vbelthat das Leben verwircket: Deren Suͤnde aber alle / durch das Blut Chriſti / abgewa - ſchen / gereiniget vnd vertilget iſt. Dann kein Suͤn - de ſo groß / vnd Blutrot iſt / fuͤr welche das Blut Chri - ſti nicht vergoſſen / vnd an denen ſo Buſſe thun vnd an Chriſtum glauben / nicht ſchneeweiß werde.
Vnd diß iſt der Haupt Troſt / welchen alle ange - fochtene / buß fertige Chriſten / auß dem Paſſion haben ſollen / ſo offt ſie Chriſtum jhren vnd der Welt Hei -land /54Paſſionalvnd Leichpredigt /land / mit glaubigen Augen vnd Hertzen am Creutze anſchawen.
Wem dieſer Troſt zugehoͤ - re?So viel aber allen dieſen Troſt anbelanget / ſol man wiſſen / daß deſſelben allein die bußfertige glaubi - ge Hertzen ſich anzunemen haben. Dann ſolchen zu gutem vnd Heil wuͤrdtes geprediget. Vnd ob gleich - wol Chriſtus / fuͤr alle Suͤnde der gantzen Welt ge - ſtoꝛben vnd genug gethan / als wir gehoͤrt haben: ſo werden doch die Vnbußfertigen / halsſtarꝛige Suͤn - der / der erwoꝛbenen Gutthaten / auß eigner Schulde nicht theilhafftig: wie wir an Juda / dem Verꝛhaͤter ſehen / welcher in ſeinen Suͤnden verzweifelt / geſtor - ben vnd verdorben iſt. Welchem auch nachgefahren ſeind / alle Hohepꝛieſter / Schrifft gelehrten vnd ande - re Juden / welche von jhrem Vnglauben vnd Laͤſtern wider Chriſtum / nicht abgeſtanden / noch jemalen Buß gethan haben / werden jhme auch nach fahꝛen / al - le vnbußfertige / vnglaubige / verſtockte Suͤnder vnd Laͤſterer. Dann ſolche mutwillige / boßhafftige / vndHebr. 10. 29. halsſtarꝛige Leute / tretten den Sohn Gottes / der fuͤr ſie gecreutziget iſt / mit Fuͤſſen / vnd achten das Blut des Teſtaments vnrein / durch welches ſie geheiliget ſeind.
3. Ernſtliche Erinnerung / daß jederman ſich bekehren vnd Buß thun ſolle.Wolan / Geliebten im HErꝛn / ſolches wuͤrdt ge - ſagt vnd gepꝛediget / zu ernſtlicher Erinnerung / vnd vneingeſtelter Verbeſſerung des Lebens / allen denen / welche bißher / nicht wie ſich bey Chriſto gebuͤrt / in Frombkeit vnd Gottſeeligkeit gewandelt / ſondern in Suͤnden’vnd Vntugenden / mit groſſer Vndanck - barkeit gegen dem Leiden vnd Creutze Chriſti jhre Tag zugebracht haben. Dann wie ſchmertzlich / herbe / vnd bitter ſawr iſt es Chriſto dem Sohn Gottes worden /biß55Vom Creutze vnd Tod Chriſti. biß er meine / deine / vnſere vnd der gantzen Welt Suͤn - de gebuͤßt hat. Sihe / zu welchem erbaͤrmlichen Mar - terbild er daruͤber woꝛden iſt. Schawe an ſeine Wun - den vnd Blutruͤſtige Striemen / welche er in Pilati Richthauß / von Ruten vnd Geiſeln / an ſeinem gan - tzen Leib empfangen. Schawe an die ſcharpffe Sta - chel der Doͤrnin Cron / welche allenthalben durch ſein heiliges Haupt tringen. Beſchawe den gantzen Leib / wie er am Creutz außgedoͤhnet / mit ſcharpffen Naͤgeln am Holtz angehefftet / vnd alſo zuſtreckt iſt / daß du jh - me alle ſeine Gebein / alle ſeine Ribbe zehlen kanſt: vnd noch darzu / von Hohenpꝛieſtern vnd andern Juden / Hohn vnd ſpott hoͤren muß: Er klags dem HErꝛn / der helffjhme auß / vnd erꝛette jhn / hat er Luſt zu jhme. Hoͤre / wie er hieruͤber / ſo ſchmertzlich vnd erbaͤrmlich klaget: Jch bin ein Wurm vnd kein Menſch / ein ſpottPſalm. 22. 7. der Leut / vnd Verachtung des Volcks. Jch bin auß - geſchuͤtt wie Waſſer / alle meine Gebein haben ſich zu -Jbid. verſ. 15. trennet / mein Hertz iſt in meinem Leibe / wie zuſchmol - tzen Wachs. Meine Kraͤfften ſeind vertrucknet wie ein Scherbe / vnd meine Zunge klebt an meinem Gau - men. Hoͤre / wie er vber meine / deine / vnd vnſer aller Suͤnde / ſo aͤngſtiglich ſchreyet: Mein Gott / Mein Gott / warumb haſtu mich verlaſſen. Ach ſo thue deine Augen / Ohren vnd Hertze auff / gehe in dich ſelbs / laſſe dich das ſchmaͤhliche Creutz / bitter Leiden vnd Ster - ben Chriſti / des Sohns Gottes / zu wahrer Erkannt - nuͤs vnd Rhewe / aller deiner bißher begangnen Suͤn - den vnterꝛichten / davon abhalten / vnd zu aller Chriſt - lichen Gottſeeligkeit / vnd ſchuldiger hertzlicher danck - barkeit / weiſen vnd anleiten. Vnd trette ab von der2. Tim. 2. 19. Vngerechtigkeit / werden Namen Chriſti nennet.
HNach56Paſſional vnd Leuchpredigt /Der elende vnd gantz er - baͤrmliche An - blick / des ge - creutzigten Chriſti / ſolle vns von Suͤn - den abhalten.Nach dem Pilatus Chriſtum geißlen / vnd zu ei - nem erbaͤrmlichen Anblick zurichten laſſen / fuͤhret er jhne herfuͤr fuͤr das Volck / vnd ſagt: Ecce Homo, Se - het welch ein Menſch. Mit welchen Worten er die vn - barmhertzige Juden / zum Mitleiden vnd Erbaͤrmbd bewegen woͤllen / damit ſie ſich an ſolcher Zuͤchtigung erſaͤttigen / jhren Zorn vnd Neid / Chriſtum zuverfol - gen / fallen lieſſen. Aber er richtet nichts auß. Nimme du daß Ecce Homo, Sehet welch ein Menſch / vnd gehe mit vnter das Creutz Chriſti / heffte dieſen Titul oben ans Creutze / wie dann Pilatus / wann er den geſchrie - benen Titul hette aͤndern woͤllen / nicht beſſer machen koͤnnen / dann wann er vber das Creutz Chꝛiſti geſchꝛie - ben hette: Ecce Homo, Sehet welch ein Menſch. Liſe dieſen Titul du / betracht vnd volge dieſem Titul / be - ſchawe deinen Heiland / das eiende / erbaͤrmlich Mar - terbild / beſchawe ſein Creutze / Crone / vnd Wunden / Mercke auff ſeine klaͤgliche / Hertzbrechende Wort: vnd ſage nicht zu den Juden / bey welchen Pilatus nichts ſchaffet: ſondern zu deinem Hertzen ſprich: Ecce Homo, Sehet welch ein Bilde / welch ein zuplag - ter vnd zuſchlagener Menſch / dein HErꝛ Chriſtus / dein Heiland vnd Seeligmacher / vmb deiner Suͤn - den willen werden woͤllen / wie du jhne vor deinen Au - gen vnd Hertzen / ſiheſt am Creutze hangen. Vnd ſeye kein verſtockter Jude / welchen das Ecce Homo, nichts bewegen thue. Sondern laſſe dir die Dornine Crone auch in dein Haupt / ja in dein Hertz gehen / laſſe dich die Wunden vnd Creutz Chriſti auch ſchmertzen / alſoGalat. 5. 24. daß ſie dir allen Luſt zu ſuͤndigen vertreiben / Eckel vndRoman. 6. 6. Haſſe gegen denſelbigen geberen. Dann welche Chri - ſtum angehoͤren / die Creutzigen jhr Fleiſch / ſampt denLuͤſten57Vom Creutze vnd Tod Chriſti. Luͤſten vnd Beguͤrden: auff daß der ſuͤndtliche Leibe auffhoͤre / vnd wir hinfort der Suͤnde nicht mehr die - nen.
Sprichſt du aber: Ach ich habe des vbertrettensEs ſol kein Suͤnder ver - zagen / wie groß er iſt. zu viel gemacht: die Anzahl meiner Suͤnden iſt zu groß / der Laſt meines zubrachten Gottloſen Weſens iſt alle zuſchwere / ich muß in meinem Elende Verder - ben. Antwort. Halte dich des Troſts / welchen wir kurtz zuvoꝛ / allen Gottſeeligen / Bußfertigen vnd glaubigen Suͤndern gegeben haben. Ein einiger Bluts Tropff des Sohns Gottes / iſt ein groſſes tief - fes Meer / vnd vberſchwimmende Suͤndflut / der gan - tzen Welt Suͤnde hinzunemen vnd außzutilgen. Si - heſt du nun / mit buß fertigem glaubigem Hertzen / dei - nen Heiland am Creutze an / wie viel Blut er fuͤr deine Suͤnden vergoſſen: ſo iſt allem deinem Schaden vnd wolverdienten Verderben reichlich geholffen. Dann ſein vnendtlicher / vnermeßlicher Verdienſt / vnauß - ſprechlich viel reicher vnd groͤſſer iſt / dann deine / vnd aller Welt Suͤnde ſein koͤnnen. Sintemal das endt - liche gegen dem vnendtlichen / kein vergleichen hat. Allein daß du rechtſchaffene Buß thueſt / vnd gegen denen / durch das koͤſtliche vnd vnſchuldige Blut Chri - ſti / thewr erwoꝛbenen Gutthaten / wuͤrdig / vnd allezeit danckbarlich wandelſt.
Jnſonderheit aber ſollen dieſe Erinnerung zurSpecial vnd ſonderbare Er - innerung: daß alle Marter - hanſen / von jhrem Fluchen ſollen abſtehen. Buſſe / alle die jhenige jhnen geſagt / vnd tieff in jhr Hertz ein gebildet ſein laſſen / welche biß daher / das al - lerſeeligſte Leiden / Creutze / Marter / Wunden vnd Tode / vnſers einigen HErꝛn vnd thewren Heilands Jeſu Chriſti / ſampt den heiligen (vns zu Troſt vnd Heil eingeſetzten) Sacramenten / nicht zum Troſt /H ijnoch58Paſſional vnd Leichpredigt /noch zur Beſſerung vnd ſchuldiger Danckbarkeit jh - res Lebens / nutzlich angelegt / ſondern zum Laͤſtern / taͤglichem fluchen vnd ſchwoͤren / ſchandtlich miß - braucht haben.
Welches Laſter / wie vnmenſchlich / vnd vberteu - feliſch es ſeye / mit keiner Menſchen Zungen gnugſam kan auß geſprochen / oder geſagt werden.
Das Leiden Chriſti iſt vns zum Heil ver - richtet woꝛden.Chriſtus der ewige Sohn Gottes / hat ſein gan - tzen Paſſion / das iſt / alle ſein Leiden / Creutz / Marter / Wunden vnd Tod / den Fluch vnd Zorn Gottes / alles von vnſertwegen / auff ſich genommen / damit wir namblich / vom Fluch vnd Zorn Gottes erloͤſet / aller ewigen Marter / Creutzes vnd Tode gefreyet / Leben vnd Segen / Gnade vnd Seeligkeit haben moͤchten. Vnd dieſe Gaben vnd Gutthaten zuerlangen / ſeind ſo thewr vnd hoch kommen / daß ſie kein Creatur / we - der im Himmel noch auff Erden bezahlen koͤnnen /Actor. 20. 28. ſondern der ewige Sohn Gottes ſelbs / mit ſeinem ei - genen Blut / Leiden vnd Tode / hat erwerben muͤſſen. Vber welche hertzliche / vñ vnaußſprechliche Liebe des ewigen Sohns Gottes: Auch vber die vnerforſchliche Weißheit des Vatters / vnd hoͤchſtes Wunderwerck / ſo jemalen in der Welt erhoͤrt worden / daß namblich GOTtes Sohn / der Schoͤpffer aller ding / ſein Ge - ſchoͤpff / das Menſchliche Geſchlecht zuerloͤſen / ge - creutziget vnd geſtorben iſt: Hieruͤber (ſprechen wir) verwundern ſich alle heilige Engel / ohne vnterlaß. Dann das iſt das einige / groſſe vnd ſeelige Werck Gottes / welches neben den ſeeligen Engeln / alle Men - ſchen / als welcher Heil vnd Seeligkeit es betrifft / mit hoͤchſter Verwunderung / taͤglich bedencken / vnd auff den Knuͤen bedancken ſolten.
Welch59Vom Creutze vnd Tod Chriſti.Welch Teufeliſcher Vndanck / vnd verdampter /Bey dem Lei - den vnd Mar - ter Chriſti flu - chen / iſt ein Teuffeliſches Laſter. verfluchter Frevel iſt es dann / daß Menſchen ſollen gefunden werden / welche durch das Creutz / Leiden vnd Tode des Sohns GOTTes / von ewigem Fluch vnd Verderben erloͤſet ſein / die doch ſolches nicht danck - barlich erkennen / noch jhres Naͤchſten halben ſich deſ - ſen erfrewen: ſondern vber das noch / das jhenig / was vns allen zum Heil / Wolfahrt / Segen vnd Seelig - keit geſchehen / mit Teufeliſcher Zungen vnd Munde / dem Naͤchſten zum Fluch / Verderben vnd Vnter - gang / anfluchen doͤꝛffen? Welches die jhenige Laͤſter - maͤuler wol mercken ſollen / welche an Chriſtum vnd ſeiner Erloͤſer Ampt nicht viel gedencken: dann wann ſie mit dem erſten Wort / das ſie reden / dem Naͤchſten einen gantzen Paſſion an den Hals fluchen / das iſt / durch den heilwertigen Paſſion / jhme alles Vbels an wuͤndſchen / vnd daß jhne / GOttes Leiden / GOttes Creutze / Gottes Marter / Gottes Wunden vnd Got - tes Tode / ſchenden ſolle / auß gifftigem / Teuffeliſchem Hertzen fluchen. Welches dann nicht allein ein er - ſchrockenlicher Vndanck / gegen den thewr erworbe - nen Gutthaten Chriſti / vnd Teuffeliſcher Haß gegen dem Naͤchſten / daß ſein erworben Heil / jhm ſein Ver - derben ſein ſol: ſondern auch ein vberteuffeliſche Laͤ - ſterung iſt / des gantzen Erloͤſer Ampts vnſers HErꝛn vnd Heilands Jeſu Chriſti. Dann er hat ſein Leiden erduldet / ſein Creutz getragen / ſein Marter außge - ſtanden / ſeine Wunden verſchmertzet / vnd dem ſchmaͤ - lichen verfluchten Tod ſich vnterwoꝛffen / nicht dar - umb / daß dieſes alles / einen einigen Menſchen ſchen - den vnd verderben: ſondern allen mit einander / Heil vnd Seeligkeit bringen ſolte. Dann er kein SchenderH iijvnd60Paſſional vnd Leichpredigt /Eſa. 49. 6.vnd Verderber / ſondern der gantzen Welt Heiland vnd Seeligmacher iſt: Vnd darumb dieſe Laͤſterung / wann man nicht Buß thut / mit ewigem Fewr ſtraffen vnd buͤſſen wuͤrdt.
Ettliche Laͤ - ſtermaͤuler / Multipliciren die Marter vnd Wunden Chri - ſti.Noch ſchroͤcklicher aber iſt dieſes / daß man Laͤ - ſtermaͤuler findet / welche nicht allein das Leiden / Creu - tze / Marter / Wunden vnd Tode des Sohns Gottes / wie es einmal fuͤr vns / vnd vnſer Heil verꝛichtet iſt / durch jhre Laͤſter Zungen / in Fluch vnd Verdamnuͤs verkehren: ſondern ſo verꝛucht vnd Gotts vergeſſen ſeind ſie / daß / wann gleich Chriſtus / Gottes Sohn / nicht nur einmal / ſondern viel hundert / oder tauſent - mal / fuͤr vns gelidden vnd genug gethon hette / dan - noch ſolches / jhrem verfluchten Willen nach / den Naͤchſten ſchenden vnd verderben ſolte. Dann mit einer Doͤrnin Cron / iſt Chriſtus gecroͤnet / an einem Creutze iſt gemartert / mit einem Tode iſt er hingerich - tet: An jeder Hand vnd Fuß / wie auch der einen Sei - ten / hat er eine Wunden empfangen: noch dannoch findet man der verfluchten Laͤſtermaͤuler / welche in jh - rem Fluchen / ſolches alles / mit Hundert vnd Tau - ſent / ja mit hundert Tauſent / auß jhrem verfluchten Rachen außſpeyen doͤrffen / jhren Naͤchſten damit zu ſchenden. Welches Laſters / wie oben angeregt / vner - meßliche groͤſſe vnd ſchwere / kein Menſchliche Zunge mag außſprechen.
Abbildung / welch vn - menſchlich La - ſter es ſeye / wann man bey der vilfaͤltigenWir woͤllen ein Verſuch thun / ob wir ein ſolches Chriſtlichen Hertzen / nur ein wenig koͤndten einbil - den. Du ſiheſt wie die Kriegsknechte Chriſtum ha - ben zugerichtet. Er iſt an ſeinem gantzen Leibe zugei - ſelt / vnd vielfaͤltig verwundet: ſein heiliges Haupt iſtmit61Vom Creutze vnd Tod Chriſti. mit der Doͤrnin Cron allenthalben durchſtochen vndMarter vnd Wunden Chꝛi - ſti fluchet. verletzt: Seine Haͤnde vnd Fuͤß / ſeind mit ſcharpffen Naͤgeln durchgraben: Seine Seiten mit einem Speer geoͤffnet: Hierauff frage ich dich / der du ein Chriſten ſein wilt / Wann der Simon von Cyrene / oder ein anderer Affricaner / mit ſo viel Wunden vnd Marter nicht wolte Content geweßt ſein / ſondern fuͤr ein jede Wunden (deren er vorhin genug gehabt) ein Hundert / oder ettliche Tauſent / Chriſto wolte gege - ben vnd geſtochen haben. Jch frage dich / gib Antwoꝛt: Was wolteſtu von einem ſolchen Vnmenſchen ge - halten haben / vnd noch halten? Gib richtige Ant - wort / ſprich ich: Ohne zweifel / haͤlteſt du in deinem Hertzen darfuͤr / daß ein ſolcher vnſinniger Menſch / aͤrger dann alle Juden / ja aͤrger dann alle Teuffel muͤß - te geweßt ſein: Dann von dieſer keinem iſt Chriſto ſolch vielfaͤltige gedoppelte Jnjuri vnd Straffe / nicht zugefuͤgt worden. Wolan dieſe ſeinds / welche Chri - ſti / Gottes Sohns / Leiden / Creutz / Marter / Wunden vnd Tode / mit jhrem Laͤſtermunde / ſo vielfaͤltig / zu des Naͤchſten Fluch vnd Verderben / ſo ſchandtlich mißbrauchen. Dann wer Chriſti Verdienſt vnd Er - loͤſer Ampt laͤſtert / der laͤſtert jhne ſelbſten. Wer aber Chriſtum laͤſtert / der verſuͤndiget ſich weit hoͤher vnd ſchwerer / dann die Kriegsknecht / welche jhn mit jhren Geißlen / Dornen / Naͤgeln / vnd Speeren verwundet haben.
Hierauff magſt du dir deine Rechnung ſtellen / der du biß daher / wider alles Bitten / Flehen / Warnen / vnd ſtraffen / des Sohns Gottes Leiden / Creutz / Mar - ter / Wunden vnd Tod / in deinem verfluchten Munde /zu62Paſſional vnd Leuchpredigt /zu des Naͤchſten Fluch vnd Verderben ſo vierfaͤltig gefuͤhret haſt.
Fluchen vnd ſchwoͤꝛen iſt ein viel groͤſſere Suͤnde / dann Stelen vnd Ehebrechen.Damit du aber die Sach beſſer verſteheſt / auch tieffer zu Gemuͤt ziehen moͤgeſt / muß ich dich noch ei - nes fragen. Bilde dir Chriſtum / fuͤr deine / vnd der gantzen Welt Suͤnde / an ſeinem heiligen / ſchmertzli - chen Creutz hangend / alſo fuͤr / wie jhn dir der heilige Apoſtel Paulus hette fuͤr malen koͤnnen: Alſo daß du deine Augen auff jhne wendeſt / ſeine Angſt vnd Schmertzen ſeheſt / ſein Klag vnd Jammer hoͤreſt / nicht anderſt / als wann du auff dem Berg Golgatha / vnd Schedelſtatt ſtuͤndeſt / vnd alles gegenwertig vor Augen hetteſt. Wann dann ein ſolcher Affricaner / wilder vnd wuͤtiger Menſch / ſo viel hundert vnd tau - ſent mal aͤrger vnd erbaͤrmlicher mit Chriſto vmb - gienge / dann alle Juden vnd Kriegsknecht gethan ha - ben. Vnd aber ein anderer / vnter des / entweder zu Bethphage oder Bethania / einen Eſel oder Pferd ge -Johan. 8. 3. ſtolen: oder aber zu Jeruſalem in der Statt / mit der Ehebrecherin / welche hievoꝛ auch in offentlicher / fri - ſcher That ergriffen / Schand vnd Vnzucht getrieben hette: vnd ſie dir alle drey fuͤrgeſtelt wuͤrden: Namb - lich / der vnmenſchliche Chriſtmoͤrder / der Roßdiebe / vnd Ehebrecher / anzuzeigen / welcher vnter dieſen dreyen / der groͤſſeſte vnd ſchandtlichſte Vbelthaͤter vnd Maleſicant were: So frage ich dich hierauff / welchen du in deinem Gewiſſen / fuͤr den aͤrgſten halten wolteſt? Jch frage dich noch einmal. Jch frage dich / ſprich ich / gib Antwort. Du ſchweigeſt: Aber dein Gewiſſen / vnd alle Vernunfft gibt Antwort / daß zwar der Roß: oder Eſelsdiebe / vnd der Ehebrecher / ſich grob vnd hefftig verſuͤndigen: Aber der / welcherden63Vom Creutze vnd Tod Chriſti. den vbelgemarterten Chriſtum / vber alle ſein auß ge - ſtandenes Creutz vnd empfangene Wunden / noch ſo vnmenſchlich tractiret / weit / weit aͤrger iſt / vnd vor den Augen GOttes / viel ſchandtlicher vnd verfluch - ter / dann die andere alle.
Sihe / das weiſtu / das lehret dich / vnd deſſen vber -Erinnerung an alle Chriſt - liche Obrigkei - ten / daß ſie das Fluchen vnd Schweren / mit gebuͤren - dem Ernſt ſtraffen woͤl - len. zeugt dich dein eigen Gewiſſen: Was wilt du dann darvon halten / daß man voꝛ der Welt / den Ehebꝛuch zwar / Diebſtal vnd andere Suͤnden (welches auch nicht vnrecht iſt) hoch achtet / vnd die ſo damit verhaff - tet / nicht fuͤr Bider vnd Ehrlich paſſiren laßt: Die Marterhannſen aber / welche den gantzen tag / mit dem Creutz vnd Sacrament gehen / ja den gantzen Paſſion / das iſt / Gottes Leiden / Gottes Creutz / Gottes Mar - ter / GOttes Wunden vnd Tod / wie auch die heilige Sacramenten / durch jhr Laͤſter Zungen / in eitel Ver - derben vnd Fluch verkehren / nicht krumme anſihet / ſondern manchmalen ſie noch jederman dar zu Ehren / Faſten vnd Feyren muß? Wie meinſt du / daß ſolch vn - gleich Vrtheil / vnd boͤſer Gebꝛauche / vnſerm HErꝛn vnd Heiland Chriſto / wegen ſeiner erwoꝛbenen Gut - thaten / vnd verꝛichteten gantzen Erloͤſer Ampts (wel - ches hierdurch nicht geehret / ſondern auffs hoͤchſt ver - vnehret wuͤrdt) gefallen muͤſſe? Warlich / warlich dasMatth. 23. 24. heißt Mucken ſeigen / vnd Camel verſchlucken. Ste - het auch einem jeden nach ſeinen Beruff / ſonderlichen aber / der Obrigkeit / dermalen eins / vor dem geſtren - gen Gericht Gottes zuverantworten. Deßwegen alle vnd jede Chriſtliche Obrigkeiten / Chriſto / fuͤr ſeinen Paſſion zu ſchuldigen Ehrn vnd Danck / das Fluchen vnd Schwoͤren / dardurch Chriſti Leiden / Creutze / Wunden / Marter / Tode vnd heilige Sacramenten /Jgelaͤſtert64Paſſional vnd Leichpredigt /gelaͤſtert vnd vervnehret werden / vor allen andern Suͤnden vnd Vbertrettungen ernſtlich vnd hertig - lich ſtraffen ſollen. Wer das thut / der ehret den Paſ - ſion: wer das nicht thut / der vnehret. Jch wil hiemit meine Seele erꝛettet / vnd jedermenniglich auffs ernſt - lichſte ermahnet / vnd voꝛ Verderben vnd Straffe ge - warnet haben.
Fluchen vnd Schwoͤren wuͤrdt an den Vnbußferti - gen / ewig vnd erſchroͤcklich geſtrafft wer - den.Biſt du aber noch blinde / ſiheſt vnd erkenneſt an dieſem erſchroͤcklichen / vberteuffeliſchen Laſter noch nichts / ſihe ſo wil ich dir zum Beſchluß dieſer Erin - nerung / ein par Bruͤllen oder Augenſpiegel verehren / deren du dich gebrauchen magſt / ob dir doch ein wenig die Augen auffgehen / vnd geholffen werden moͤchte: Dieſe Augenſpiegel hat zu gerichtet / vnd außpalirt /Zach. 12. 10. der heilige Prophet Zacharias / ſeind auch von Jo -Johan. 19. 37. hanne dem Evangeliſten voꝛgewieſen woꝛden / mit dieſen Worten: Sie werden ſehen / in welchen ſie ge - ſtochen haben.
Diß iſt bey dem Propheten eine Weiſſagung ge -Johan. 19. 34. weßt / von der Paſſion Chriſti: Wie namblich ein Kriegsknecht / dem HErꝛn Jeſu ſeine Seiten mit ei - nem Speer oͤffnen werde. Jnmaſſen Johannes / auff ſolche Erfuͤllung / ſolche Weiſſagung des ProphetenJohan. 19. 37. deutlich fuͤhret. Aber dir / vnbuß fertigem / halsſtarꝛi - gem vnd verzweifeltem Laͤſtermaul / iſt dieſes eine Weiſſagung / welcher geſtalt dir / an dem heiligen Leichnam Chriſti / auch ſeiner heilwertigen Sacra - menten / kein einige Wunden / zuwachſen oder ver - ſchwinden: ſondern alle offenbar vnd kantlich ſein vnd bleiben werden / biß auff den Juͤngſten Tag. Dann ſo viel tauſentmal du / das ſeelige Creutz / Leiden / Wun - den / Marter vnd Tode / auch die heilige SacramentaChriſti /65Vom Creutze vnd Tod Chriſti. Chriſti in deinem verfluchten Leben / gelaͤſtert vnd ge - ſchmaͤcht haſt: ſo viel tauſent / vnd abermal tauſent Wunden / wuͤrſt du an der Welt Heiland / damalen aber deinem geſtrengen vnd ernſtlichen Richter / vor Augen ſehen. Dann du wuͤrſt ſehen / in welchen du mit deiner Laͤſter Zungen geſtochen haſt: vnd wuͤrſt ſo ſcharpff ſehen / auch aller deiner veruͤbten Laͤſterungen ſo gewiß vnd wol eingedencken / daß dir nicht ein Wuͤndlein / noch einiges Sacramentlin wuͤrdt dahin - den bleiben.
Nun ſtecke die Bruͤllen auff / vnd mache dir dieMaulchriſten vnd Flucher / werden haͤrter geſtrafft wer - den / dann die Gottloſe Kriegsknecht welche Chri - ſtum gecreutzi - get haben. Rechnung / was dein Sententz vnd Vrtheil ſein wer - de. Fuͤrwar wann der Kriegsknecht einer / welcher Chriſtum hat helffen geißlen / Croͤnen / Creutzigen / vnd verwunden / auch nicht daruͤber Rhewe gehabt / vnd Buß gethan hat / in der Helle / ferꝛne hinder der Thuͤr ſitzen muß: ſo muſt du Laͤſtermaul naͤchſt an O - fen hinan geruckt: oder gar in die Bratkachel hinein locirt vnd geſetzt werden. Dann jhene Kriegsknecht ſeind Heiden geweßt / vnd habens vnwiſſend gethan / was ſie gethan haben. Du aber wilt ein Chriſten ſein: rhuͤmeſt dich des gecreutzigten Heilands / biſt aber viel aͤrger / weder jhene: wilt auch vber alles Erinnern / Er - mahnen / Warnen / Drawen / Straffen / Singen vnd Sagen / nichts an dir beſſern oder bawen laſſen. Das ſeye dein Verehrung / biß du das erſchroͤckliche Laſter / deines Fluchens vnd Schwoͤꝛens erkennen / berhewen / darvon ablaſſen / vnd dem gecreutzigten Heiland der Welt / fuͤr ſeine / durch den Paſſion erworbene Gut - thaten / von Hertzen dancken lerneſt. Welches ſo du thun wuͤrſt / wie alle heilige Engel / vnd dein HERR Chriſtus / von Hertzen wuͤndſchet / ſo halte dich desJ ijTroſts /66Paſſional vnd Leuchpredigt /Troſts / der dir / vnd allen bußfertigen Suͤndern / oben gezeigt iſt / der wuͤrdt dir nimmer feihlen.
So viel auch von dem andern Theil dieſer Pre - digt.
Von den Wunderwer - cken bey der Creutzigung Chriſti.WJr haben vns zimlich lang / bey der Creutzig - ung Chriſti auffgehalten: deßwegen wir mit den Wunderwercken / welche ſich theils vor / theils nach dem Tod Chriſti am Creutz begeben haben / deſto kuͤrtzer woͤllen hindurch gehen.
Die vornembſte ſein dieſe. 1. Daß der Vorhang im Tempel zureißt. 2. Die Sonne verfinſtert wuͤrdt. 3. Die Erde bebet / vnd Felſen zureiſſen. 4. Vnd der Hauptmann Chriſtum bekennet.
1. Vorhangdes Tempels.1. So viel nun das Erſte belanget / daß der Fuͤr - hang im Tempel zureiſſet: Jſt ein Beweiſe / daß dasMatth. 27. 51. Levitiſche Prieſter thumb ſein Endſchafft erꝛeicht hat. Marc. 15. 38.Dañ nu iſt Chꝛiſtus der rechte Hohepꝛieſter / durch ſeinHeb. 9. 12. eigen Blut / in das Allerheiligſte eingegangen / vnd hat ein ewige Erloͤſung erfunden.
2. Finſternuͤs.2. Daß aber die Sonne. 1. Vmb das Oſterfeſt der Juden (welches mit dem Volmond hat muͤſſen ge -Matth. 27. 45. halten werden) 2. Drey gantzer Stund lang / 3. Dar -Marc. 15. 33. zu vber dem gantzen Erdboden / verfinſtert worden /Luc. 23. 44. welches / wie die gelehrten Aſtronomi wiſſen / alles v - ber vnd wider die Natur geweßt iſt. Das iſt ein Zeug - nuͤs geweßt / der Vnſchuld vnd Herꝛlichkeit Chriſtus. Dann die Sonne des Himmels kan nicht zuſehen / noch jhren Schein gehen laſſen vber die ſchroͤckliche Mordthat der Juden: welche jhren HERRN vndSchoͤpffern /67Vom Creutze vnd Tod Chriſti. Schoͤpffern / den HErꝛn des Lebens / vnd die warhaff - te Sonnen der Gerechtigkeit / ſo vnſchuldig am Creu - tze toͤdten. Weil aber er iſt das Liecht der Welt / hat er vns in ſolcher Finſternuͤs / auß der Finſternuͤs des To - des erloͤſet / Leben vnd Seeligkeit ans Liecht gebracht / welche Finſternuͤs ſonſt ewig wehren / vnd vber die gantze Welt gehen ſolte.
3. Alſo auch / daß die Erden erbebet / die Felſen zu -3. Erdbeben. reiſſen. / die Graͤber ſich auffthun / vnd nach Chriſti Aufferſtehung / die Todten auß den Graͤbern in die Stat gehen: Das iſt gleichsfals ein Zeugnuͤs / beedes der Glori vnd Herꝛlichkeit / vnd der Vnſchuld Chri - ſti / dann weder die Erden noch Felſen / das Creutz tra - gen woͤllen / daran der heilige vnd vnſchuldige Sohn Gottes hanget. Es iſt aber zumal auch / ein offenbarer Beweiß / vom Nutzen vnd Frucht des Paſſions. Dann weil das Leben am Holtz geſtorben / iſt durch ſolchen Tode / des Allmaͤchtigen Sohns GOttes / der Tod v - berwunden / vnd in Sige verſchlungen / alſo daß er die Heilige vnd Glider Chriſti / nicht mehr in den Graͤ - bern / viel weniger in der Hoͤlle behalten kan. Dann hie iſt erfuͤllet / was durch den Propheten geſagt iſt: Oſe. Oſe. 13. 14.13. Jch wil ſie erloͤſen auß der Hellen / vnd von dem1. Cor. 15. 55. Tode erꝛetten. Tod / ich wil dir ein Gifft ſein / Hoͤlle / ich wil dir ein Peſtilentz ſein.
4. Gleicher geſtalt / iſt es ein herꝛliche Predigt /4. Hauptman. von Nutz vnd Frucht des Paſſions / daß der Haupt - mann mit ſeinem Geſinde / auß dem Erdbeben vnd an - dern Wunderwercken / Chriſti Vnſchuld vnd PerſonMatth. 27. 54. erkennen lernet. Dann da ſie ſahen das Erdbeben / er -Marc. 15. 39. ſchracken ſie ſehr vnd ſprachen: Warlich dieſer iſt ein from̃er Menſch vnd Gottes Sohn geweſen. WelchesLuc. 23. 47.J iijein68Paſſional vnd Leuchpredigt /ein Augenſcheinlich Exempel vnd Pꝛobe iſt / daß Chꝛi - ſtus nicht allein fuͤr die Juden / ſondern auch fuͤr die Heiden geſtorben ſeye. Jnmaſſen dieſer Hauptmann / vnd ettliche ſeiner Kriegsknecht / die erſte Bekantnuͤs / von Chriſto / nach ſeinem Tod gethan haben: Da dieMatth. 19. 30. Schrifftgelehrten vnd Phariſeer / noch mit Neid vndJbid. 20. 16. Zorn wider jhne toben: daß es ja freylich heißt / die Cr - ſten werden die Letſten / vnd die Letſten die ErſtenJbid. 22. 14. ſein.
Vnſerm HERrn vnd Heiland Jeſu Chriſto / welcher fuͤr vns / vnd das gantze Menſchliche Ge - ſchlecht / Tod vnd Marter am Creutze gelidden / vnd dardurch vns ein ewige Erloͤſung erfunden hat: ſeye fuͤr ſein bitter Leiden / Creutze / Marter / Wunden vnd Tode / Preiß vnd Ehr / Lob vnd Danck geſagt / nun vnd in alle Ewigkeit. Der wolte auch / durch ſeine hertzliche Barmhertzigkeit vnd Allmaͤchtige Krafft / vns allen ſeinen Geiſt vnd Gnade verleihen: daß wir alle ſein Trew vnd erwoꝛbene Gutthaten / rechtſchaf - fen erkennen / veſtiglich daran glauben / vnſer ſuͤndt - lich Leben taͤglich beſſern: allzeit Danckbar ſein / vnd ſeiner vnaußſprechlichen Lieben / gegen vns / in Hoffnung vnd Gedult / ohne vnterlaß vns erfrewen moͤgen / Amen. Amen.
Chriſte Ieſu, benigniſſime Salvator, qui paſſus es pro nobis, miſerere noſtri.
O Jeſu Chriſte / du milter Heiland / der du fuͤr vns ge - lidden haſt / Erbarme dich vnſer.
WJr haben jetzund / Geliebten im HERrn / eine Paſſions Predigt / vom Creutze vnd Tod / vn - ſers einigen vñ allerliebſten HErꝛn vnd Hei - lands Jeſu Chriſti / angehoͤrt: Zumal aber auch (vor angehender dieſer Predigt) ein Mitglied Chriſti / vnd vnſer Kirchen / Namblich / Weilund den Ehrnveſten vnd Hochgelehrten Hern / Johann. Valentin Neuf - fern / beeder Rechten Doctorn / vnd bey loͤblicher Ho - henſchul geweſnen Profeſſorn / zu ſeinem Rhuwbetlin begleitet. Deßwegen es Chriſtlicher Liebe gemeß / vnd vns erbawlich ſein wil / von ſeinem Chriſtlichen Leben vnd ſeeligem Sterben / voꝛ dieſer Loͤblichen / Chriſtli - chen vnd Volck reichen Gemein / ettwas / vnd kurtze Meldung zuthun. Dann hierauß werden wir aber - mal koͤnnen Exempel haben / von Frucht vnd Nutz des Paſſions: Auch / wie man Chriſto / fuͤr ſeine vns er - woꝛbene Gutthaten / in Leben vnd Sterben / gebuͤrlich vnd von Hertzen danckbar ſein ſolle.
Jſt demnach Ehrngemelter Herꝛ Doctor Neuf - fer / ſeeliger Gedaͤchtnuͤs / im Jahr Chriſti 1572. den 10. Novembris / Moꝛgens zwiſchen 5. vnd 6. Vhren / zu Herꝛenberg / von Chriſtlichen vnd Gottſeeligen Eltern (welche vielen in dieſer Gemein bekant / vnd der vberlebende / hochbetruͤbte Vatter / Ludwig Neuf - fer / ſo bey dieſem trawrigen Leuchgang ſeines lieben vnd einigen Sohns zugegen iſt) geborn / vnd ſelbigenTags70Paſſional vnd Leichpredigt /Tags nach Mittag / zwiſchen ein vnd zwey Vhren getaͤufft worden. Alſo daß er vngefahrlich / auff die achthalben vnd dreiſſig Jahr / in ſeinem Leibs Leben erꝛeicht hat / vnd deßwegen Vermoͤgen vnd Alters halben / nach ſeiner Pietet vnd Gottsforcht / auch ſon - derbaren verlihenen Gaben / vnd erlangter Erudition vnd Geſchicklichkeit / ſo wol ſeiner anbefohlenen Pꝛo - ſeſſion bey Loͤblicher Hohenſchul alhie / noch viel Jahꝛ mit Nutzen vorſtehen / als gemeinem Vatterland / vnd allen den ſeinigen / hette dienen moͤgen. Aber des Himmeliſchen Vatters / gnaͤdiger vnd guter Wil / iſt dieſer geweſen / daß er jetzund / auß dieſem Elend / in die ewige Frewde ſolte verſetzt werden. Vns gibts eine Erinnerung / daß niemand auff viel Jahr / vnd hohes Alter hoffen / vnd deßwegen ſein Frombkeit vnd Buß / biß zu den grawen Haaren / vnd vnvermoͤgliches Al - ter auffſchieben ſolle.
Vnſer HERr Doctor Neuffer ſeeliger / iſt von Kindheit auff / zur Gotts forcht erzogen. Dann ſo bald er in dieſe Welt geboren / iſt er nicht allein durch die heilige Tauffe / vnſerm Erloͤſer vnd Heiland Chriſto eingeleibt: ſondern auch von der Wiegen vnd Mutter Milch an / zum Gebet vnd allen Chriſtlichen Tugen - den / mit Worten vnd taͤglichen Exempel / von ſeinen Chriſtlichen Eltern vnterwieſen vnd angehalten woꝛ - den. Dahero auch ervolgt / daß ſeine liebe Eltern / an jhme nicht allein als an einem einigen / ſondern vor - deriſt / als an einem gefaͤlligen / gehorſamen Kind / groſſes Gefallen vnd Frewde / allezeit gehabt haben.
Demnach er ſo viel Jahr erꝛeicht / daß er zur Schule vnd Lehrung taugenlich / iſt er in den erſten Fundamenten / vnd Anfang ſeiner Studien zu Her -renberg71Vom Creutze vnd Tod Chriſti. renberg vnd Vrach vnterrichtet: Hernach auff die loͤbliche gemeine Hohenſchulen vnd Academien / als Tuͤwingen / Marpurg vnd Jhena verſchickt woꝛden. Alda er die Edle Zeit vnd auffgewendete Koſten / nicht mit Muͤſſiggang / Zehren / Spilen / vnzeitigem Spa - tziren / oder anderm vnnuͤtzlichem Kurtzweilen zuge - bracht / ſondern mit Erlernung allerley Freyen Kuͤn - ſten vnd Sprachen / ſonderlich aber in Studio Iuris, al - ſo angelegt / daß er voꝛ zwelff Jaren / Namblich Anno 1598. (ſeines Alters im ſechs vnd zweinzigſten) Gra - dum Doctoratus in vtroq; Iure, bey loͤblicher Hohenſchul alhie / mit ſonderm Lob vnd Rhum erlangt hat.
Jn welchem Ehrenſtande / er durch allerley Exer - citien vnd Proben / bey menniglichen ſich alſo bekant gemacht vnd Commendirt hat / daß er bald darauff in Anno 1600. von vnſerm gnaͤdigen Fuͤrſten vnd Herꝛn / Hertzog Friderichen / Lobſeeliger Gedaͤcht - nuͤs / nicht allein zu einem Profeſſorn / in dem Fuͤrſtl. Newen Collegio / ſondern auch zu einem Aſſeſſoꝛn / des auch Fuͤrſtl. Wuͤrtember giſchen Hovegerichts alhie / angenommen vnd beſtelt woꝛden.
Als aber in Anno 1604. ein Stelle Iuridicæ Fa - cultatis & Profeſſionis, bey loͤblicher Hohenſchul alhie erlediget: iſt offtgenanter D. Neuffer ſeeliger / haben - der Qualiteten / berhuͤmbter Erudition / vnd erfahr - ner Pꝛactic wegen / zur ſelbigen angenommen woꝛden. Welcher Vocation er / biß an ſein ſeeliges Ende / ab - gewartet.
Jn dieſen Functionibus aber / vnd was jhme ſon - ſten / privatim oder publicè vertrawet vnd auffgetragen woꝛden / hat er in allen vnd jeden Verꝛichtungen / ſein beſten / getreweſten / muͤglichſten Fleiß vnd VermoͤgenKjeder -72Paſſional vnd Leuchpredigt /jederzeit angewendet / vnd alle tragende Ampter alſo zuverwalten ſich befliſſen / daß er beedes gegen Gott / vnd den Menſchen / ein reines gutes Gewiſſen haben / vnd behalten moͤge. Alſo daß er eines frommen / auff - rechten vnd redlichen Juriſten / Exempel vnd Voꝛbild mit Warheit mag genennet werden. Vnd was wir heut loͤbliches von Pilato gehoͤrt / das hat er auch ge - habt vnd geliebet: Vnd widerumb / was wir ſtraͤfflichs an Pilato geſehen / das hat er mit rechtem Ernſt ge - haſſet.
Dann gegen jederman iſt er freundtlich vnd ver - traͤglich geweßt: vnd hat einem boͤſen Buben / ſeine Perſon belangend / wie Pilatus / den ſtoltzen Juden / wol ettwas vertragen koͤnnen.
Niemand hat er verdampt oder verurtheilet vn - verhoͤret: ſondern fleiſſig ob dem Spruͤchlin gehalten: Audiatur & altera pars, &c. Man muß den andern Theil auch hoͤren. Behalt dem andern Theil das ein Ohꝛ be - vor. Welches bey allen Chriſten ins gemein / ſonder - lich aber bey Obrigkeits Perſonen / Juriſten vnd Sa - cerdotibus Iuſtitiæ, ein treffliche / vnd hochnotwendige Tugent iſt. Deren doch viel feihlen / welche ſich nicht fuͤr gering vnd vnverſtaͤndig halten. Wann es aber an Pilato / als einem Heiden gerhuͤmbt wuͤrdt / daß er auff der Juden Anklag / nicht als bald Chriſtum ver - dammen / ſondern jhne zuvoꝛ daruͤber anſprechen vnd hoͤren woͤllen: Wie viel mehr wil es allen Chriſten / ſonderlichen aber allen Obrigkeits Perſonen vnd Ju - riſten gebuͤren: daß man allweg beede Theil hoͤre / vnd niemand vnverhoͤrter Sach verdampt werde. Wer dieſes nicht thut / der iſt nicht werth / daß er im Amptder73Vom Creutze vnd Tod Chriſti. der Obrigkeit / oder in Cathedra Iuſtitiæ, ſitzen ſol / vnd ein Juriſt genennet werde.
Daß aber Pilatus / durch Perſon Anſehen / ſich ſchrecken / vnd durch bedr awete Fahr / des Keiſers we - gen / ſich dahin bringen laſſen / daß er wider ſein wiſſen vnd Gewiſſen / den vnſchuldigen Chriſtum verdam - met / vnd ſich mit Handwaſchen entſchuldigen woͤllen / das hat vnſer Juriſt / ſeeligen Angedenckens nicht ge - thon: ſondern ohne Anſehen einiger Perſon / oder be - ſoꝛgen der Gefahr / jedermann recht geſpꝛochen / wie ſich von Rechtswegen gebuͤrthat. Dann er wol ge - wuͤßt / daß Suͤnde / Vnrecht / vnd boͤſes Gewiſſen / vmb falſche Vrtheil / ſich mit keinem Pilatus Waſſer reinigen vnd abwaſchen laſſe.
Viel weniger hat vnſer / in GOtt ſeelige Juriſt / die Goͤttliche Warheit (wie Pilatus gethan) fuͤr ein Spott gehalten. Welches bey Pilato / vnd allen vn - goͤttlichen vnd vngeiſtlichen Juriſten die einige Vr - ſach iſt / daß man ſich keiner beſtaͤndigen Gerechtigkeit oder einigẽ andern Tugend zu jnẽ zuverſehẽ hat: Dañ ein ſolcher thut vbel / auch wol vmb ein Stuͤck Brots. Prover. 28. 21.Sondern ſein hoͤchſte Tugent vnd Frewde iſt / allezeit wahre Gottsforcht geweſen. Dann GOttes Wort hat er ſelbs fleiſſig geleſen: ſich vnd ſeine liebe Kinder vnd Haußgeſinde darinnen geuͤbet Tag vnd Nacht. GOttes Wort hat er gern gehoͤrt / vnd deßwegen die Predigten mit Fleiß vnd Eiffer vielfaͤltig beſucht / wie menniglichen bewußt iſt. Auß ſolchem allem / hat er ſich ſelbs / vnd ſeinen vnd vnſer aller Heiland vnd Er - loͤſern / Jeſum Chriſtum erkennen lernen / an welchen er warhafftig geglaubt / jhme fuͤr ſein Creutz vnd Tod / vnd alle erwoꝛbene Gutthaten / vnd Hertzen gedanckt /K ijvnd74Paſſional vnd Leichpredigt /vnd dargegen danckbarlich zuleben / durch GOTtes Gnad vnd Beyſtand ſich jederzeit befliſſen.
Solchen ſeinen Glauben / hat er bey geſundem Leib / vielmalen in der Gemein / wie auch letztlich in wehrender Kranckheit / mit Empfahung des heiligen Abendmals beſtettiget. Vnd darbey ſich mit groſſem Eiffer gegen dem Allmaͤchtigẽ Gott bedanckt / dz er jn vor allerley Secten vnd Ketzereyen / ſonderlichen aber vor den erſchroͤcklichen Calviniſchen jrꝛthum̃en / vaͤt - terlichẽ behuͤtet / vñ mit ſeinem reinen / allein ſeligma - chenden Woꝛt des H. Evangeliums erleuchtet habe: zumal auch hertzlich gebeten / dz er nit allein jne / ſonder ſein gantze werthe Chriſtenheit / bey ſolchem beſtaͤndig - lich erhalten / vnd jhme in ſeiner Kranckheit vnd allem bevorſtehendem Creutz / Chriſtliche Gedult / vnd Hoff - nung verleihen / damit er jhme in kindtlichem Gehoꝛ - ſamb ſtillhalten / vnd ſeinem heiligen Willen nach / in Leben oder Tode / preiſen moͤge. Welcher Bit er auch gnaͤdig gewehrt / vnd wie alle die jenige wiſſen / ſo jhne mehrmalen heimgeſucht / in beſtaͤndiger Gedult vnd Anruffung Goͤttlichen Namens / biß an ſein ſeelig Ende erhalten woꝛden. Vnd ſonderlich da diſe Cahr: oder Marterwochen angegangen / vnd er ſich des Lei - dens vnd Creutzes Chriſti erinnert / hat er ſich dar - durch / beedes zu vnfeihlbarem ſeeligem Troſt ſeiner Seelen / als welche durch Chriſti Tode / von allen Suͤnden / Verdamnuͤs vnd Tode erloͤßt woꝛden / vnd zu ſchuldigem gedultigem Gehorſamb / mit dem Si - meon / Chriſto ſein Creutz williglich nachzutragen / auffgemundert. Als auch geſterigs Tags / die erſte Paſſions Predigt gehalten woꝛden / hat er zu Anfang derſelben / nicht allein vor ſich ſelbſten / mit Chriſtogebetet:75Vom Creutze vnd Tod Chriſti. gebetet: Vatter / iſts muͤglich / ſo nimme dieſen Kelch von mir: Aber nicht mein / ſondern dein Wil geſchehe: ſondern auch alle Vmbſtaͤnder / mit jhme zubeten / vnd Chriſto fuͤr ſeinen ſeeligen thewren Paſſion Danck zuſagen / angeſprochen: Welches auch mit Eiffer vnd Andacht geſchehen / vnd er mit dem blutigen Schweiß / Todkampff / vnd allem Leiden Chriſti / ſo al - les fuͤr jhne geſchehen / vnd andern Evangeliſchen Spruͤchen getroͤſtet worden. Biß er endtlich / noch vnter wehrender ſelbiger Predigt / vnd Gebet der Vmbſtaͤnder / ſeine Seel mit dem HErꝛn Chꝛiſto / ſei - nem himmeliſchen Vatter befohlen / vnd ſeinen Geiſt / ſtille / vnd ſanfft einſchlaffend / auffgegeben. Alſo daß wir kein zweifel haben ſollen / daß das Wort Chriſti / ſo er mit dem glaubigen Schaͤcher geredt hat: Heut wuͤrſt du bey mir im Paradis ſein / albereit auch an vn - ſerm frommen Neuffern ſeeligen / ſeye erfuͤllet woꝛden: vnd er nun mit Chriſto / vnd allen heiligen Engeln / der Seelen nach / himmeliſcher Frewde genuͤſſe: Seinem verſtorbenen / vnd in der Erden rhuwenden Leichnam / woͤlle Chriſtus der groſſe Gott / der durch ſeinen Tode / alle vnſere Graͤber geoͤffnet / ein ſeelige Aufferſtehung / vns aber auch Gnade verleihen / daß wir ſein Bitter Leiden vnd Sterben / auch Chriſtlich bedencken / vnd gegen demſelben / wie ſichs gebuͤrt / danckbarlich leben moͤgen. Das verleihe GOtt der Vatter / durch Chriſtum vnſern Erloͤſer vnd Heiland / in Krafft des heiligen Geiſtes / Amen.
ENDE.
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