PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1]
Eine Chriſtliche Leichpredigt / bey der Begraͤbnuß deß Ehrengeachten / Wolgelehrten vnd Vornehmen Herꝛen / Dauid Wincklers / etwan Buͤrgermeiſters zu Reichen - bach in Schleſien /
[figure]
Gedruc[k] t im Jar1599.
[2]3

RECTOR ACADEMIÆ HEIDELBERGENSIS David. Pareus Francostenæus Silesius. S. Theologiæ Doctor & Profeſſor: omnibus Academiæ Subditis. S.

ANte aliquot menſes venit in hanc urbem cum familia vir pius, honeſtus & literatus david vvin - glerus silesius. Is cum juvenis olim Vilnæ Litvva - niæ metropoli in familia Illuſtriſſimi Principis Radze - vvilii ſeptennium vixiſſet, & orthodoxi cœtus, qui iſt - hic eſt, membrum fuiſſet: reuerſus tandem in patriam Reichebacum, quod eſt ducatus Svvidnicenſis oppidum non ignobile, ob ſingularem pietatem, do - ctrinam atq; prudentiam ciuibus ſuis charus, primùm ſcholæ patriæ præfectus, poſtea in Senatorium ordi - nem aſcitus, annos non paucos magna cum laude con - ſulatum geſſit: nec rarò legationibus ad co mitia Ordd. Sileſiæ Reipub. cauſa interfuit atque etiam præfuit. Etſi autem honoribus & vitæ commodis domi ſic ſatis af - flueret: attamen ea quæ mundus ſectari ſolet, bona flu - xa & momentanea pro nihilo ducens, cum DauidePſal. 27. & 84. Pſalte ſum mis hoc votis ſemper à Deo opt. max. contendit: hocque vnum petijt, vt in domo Iehouæ ha - bitare, ac fugacis vitæ reliquum in eccleſia orthodoxa tranſigere & claudere daretur. Nec votis ſucceſſus de - fuit. Ante ſemeſtre enim cum filiis huc commigrans noſtræſe eccleſiæ adiunxit, ac breui hoc tempore, pieta -A 2te ac4teacvirtute, qua pollebat, ſingulari nobis ac bonis o - mnibus ita ſe commendauit, vt etiam exIlluſtriſſimi D. Electoris aula præfecturæ cuiuſdam obtinendæ ſpes iam non dubia ei affulgeret.

Verùm aderat propior tranſacti terminus æui:
Et voluit meliore Deus ſtatione locari
VVinglervm. fideiꝙ́ ſuæ iam fine fruiſci.

Ex mutatione igitur aëris, victusque diuerſa ratione nuper δυσκρασίαν quandam & morbum contraxit: quo paulatim ingraueſcente, & in ca ætate (erat enim quin - quennio maior quinquagenario) curationem non ad - mittente, iuxta omnipotentis Dei voluntatem, heri in verafide & inuocatione Filij Dei, vitam clauſit: imò hãc miſeram & caducam cum æterna & glorioſa illa, quæ nos in cœlis manet, commutauit. Hoſpiti igitur tam pio & honeſto, vt pietatis ergò honeſtum quoq; funus façiamus, κοινωνία ſanctorum & charitas à nobis flagitat. Id hodie hora xii. curabitur: atq; ex ædibus Reueren - diviri M. Abrahami sculteti silesii, pa - ſtoris Eccleſiæ ad Franciſcanos, aulæ Schönauianæ, quem vocãt den Schoͤnawer hoff / contiguis, ad cœme - terium D. Petri efferetur. Hortamur igitur omnes no - ſtræ iuriſdictioni ſubiectos, & cumprimis ſtudioſam iuuentutem, vt funus pij & literati hoſpitis debita reue - rentia frequentes comitari, ſupremoq́; cohoneſtare of - ficio ne grauentur: illud Horatianum meditantes.

O beate SextiLib. 1. od. 4. Vitæ ſumma breuis ſpem nos vetat inchoare longam.

PP. Heidelbergæ XXI. Martii Iuliani. Anno Domini M. D. C.

5
(Matt.[1]3. verſ. 44. 45. 46. )
ABermals iſt das Himmelreich gleich einem ver - borgenen ſchatz im acker / welchen ein menſch fand / vnd verbarg jhn / vnd gieng hin fuͤr freuden vber demſelbigen / vnd verkaufft alles / was er hatte / vnd kaufft den acker. Abermals iſt gleich das Himmelreich einem Kauffman / der gute Perlen ſuchte / vnd da er eine koͤſtli - che Perlen fand / gieng er hin / vnd verkaufft alles was er hat / vnd kaufft dieſelbigen.

Erklaͤrung /

Geliebten in dem Herꝛn Chriſto demnach der menſch durch die taͤgliche erfahrung genungſam vnterwieſen wird / wie es vm̃ das armſelige menſchliche leben beſchaf - fen / vnd wie daſſelbige ſo ſchnel vnd geſchwind zum endt lauffe / dañ da kan auch kein alter namhafft gemacht wer - den / deſſen der todt verſchonen ſolt / oder daß jm einige ſi - cherheit verheiſſen doͤrfft / ſonder da muß meniglich bekẽ - nen das ſich keiner auff ſeine ſterck / jugendt / reichthum̃ / groſſen gewalt / wuͤrden / vnd anſehen dieſer welt / oder et - was anders zuuerlaſſen hab / dan daß alles ſiehet der todt nicht an / wan deß menſchen zeit vnd ziel vorhanden iſt / vnd wan er anfaͤngt zu herſchen / vnd ſeinen gewalt zu uͤben / dan nach der Lehre deß Ap. Heb. 9. iſt einem jeden menſchen geſetzet einmal zu[ſterben] / vnd darnach daß ge - richt.

Dieſem nach will es ein groſſe nott[u]rfft ſein / das wir auff diß irdiſch vergenglich leben nichts trauen / ſetzẽ oder bawen / ſonder all vnſer ſtudium kunſt fleiß vnd geſchick - lichkeit dahin anwenden / das wir ſeliglich ſterben moͤgen /A ijvnd6vnd vnſern geiſt dem lieben Gott / wieder mit freuden lie - fern moͤgen / vondem wir in anfenglich empfangen ha - ben: Prouerb. 12. wie dan auch ſolches dem Man Gottes Moſem bewegt hat im 90. Pſalmen Gott den Herꝛn in - bruͤnſtig anzuruffen vnd zubittẽ / das er doch dem armen menſchen ſeine ſterblichkeit wol woͤlle einbilden / vnd zu gemuͤthe fuͤhren / damit er ſein hertz von der eitelkeit dieſes lebens abziehe / vnd in ſachen ſeine ſeligkeit betreffent / wacker erfunden werde / Herꝛ ſaget er / lehr vns beden - cken / das wir ſterben muͤſſen auff das wir klug werden / dan obs gleichwol nicht on / daß vns die tegliche erfah - rung vnſer ſterblichkeit genugſam fuͤr die augen mohlt / ſo offt man einen todten Coͤrper auff den Kirchhoff tre - get / alſo das es ſich leſt anſehen / als wan wir deß gebets nicht hoch vonnoͤthen hetten / jedoch iſt es wohl zu bekla - gen / das ſo wenig in dem Herꝛn ſterben / daß iſt in beſten - diger anruffung vnd bekandnuß ſeines nahmens / welche doch die ſchrifft allein fuͤr ſehlig preiſet / in der Offenba - rung Johan. am 14. Vnd vnangeſehen das die menſchen ſonſt jren verſtant wol wiſſen zugebrauchen / vnd auch kluge mittel erdencken / wie ſie doch jren zeitlichen nutz ſchaffen moͤgen / vnd zu groſſen ehren / vnd zeitlichen gut kommen / jedoch wils vielen daran mangeln / daß ſie die himliſche klugheit nicht begreiffen / vnd die ſterblichkeit nicht der geſtalt woͤllen zu gemuͤth fuͤhren / wie ſie ſolten / daher entſtehet jnen dan entlich dieſer ſchad / das wan die tag jres lebens zum ende geloffen / daß ſie ſich keines beſ - ſern lebens zuuerſehen / das jnen die Himliſche guͤter ver - ſpert ſind / vnd das ſie deren halben muͤſſen in verluſt vnd ſchaden liegen / das alſo deß menſchen hoͤchſte klugheit vnd weißheit darinnen ſtehet / in welcher er auch fuͤrnem - lich ſein ſtudium vnd vbung haben ſol / wie er doch ein - mal ſeliglich abtrucken / vnd ſein zeitlich leben alſo zubringen7gen moͤg das er doch das rechte ewige ſelige leben / nicht verſchertze.

Hiezu nuhe wird dieſes dem menſchen ein groſſer vor - theil vnd behelff ſein / wan er dieſe verleſene gleichnuß wol ſtudieret / vnd zu gemuͤthe fuͤhret was doch Chriſtus da - mit wil gemeinet vnd verſtanden haben. Was nun dieſe gleichnuß anlangt / ſo iſt zu wiſſen das der zweck derſelben fuͤrnemlich dahin gelanget / das jm der me[n] ſch den ſchatz deß ewigen lebens / vnd deß Goͤttlichen worts / mit groſ - ſem ernſt vnd eyfer ſol laſſen angelegen vnd befohlen ſein alſo das er auch vmb deßſelben willen keinen koſten / vnd verluſt deß zeitlichen ſol anſehen / oder ſparen / das dieſes der Jnhalt der gleichnuß ſey / ſo iſt derſelbig genugſam darauß abzunehmen / dieweil Chriſtus das ewige leben einem Edlen ſchatz vnd perlin vergleicht / dan gleich wie man einem ſchatz vnd koͤſtlichen perlin mit fleiß nach ſtelt vnd auch keinen koſten fleiß muͤh vnd arbeit ſpart / damit man den ſchatz erlangen / vnd dauon bringen moͤg. Alſo will auch Chriſtus lehren / das der menſch kein koſten / fleiß / muͤh / oder arbeit ſparen ſol / damit er deß Goͤttli - chen worts genieſſen / daſſelbige hoͤren / vnd durch huͤlff vnd anleittung deſſelben / deß ewigen ſchatzes im Him̃el moͤg theilhafftig werden / vnd zwar / wir haben viel heili - ger Exempel H. Leuth in der Schrifft zu leſen / welche jnen den ſchatz deß ewigen lebens mit groſſem ernſt haben laſſen angelegen ſein / das ſie auch demſelben mit allem fleiß nachgeſtelt / dan von Abraham ſtehet geſchrieben / das wie jhn Gott auß ſeinem vatterland in ein frembt Land zu ſeiner erkantnuß / vnd zum Gottesdienſt beruf - fen hab / da hab er den Beruff gehorſamblich angenom - men / vnangeſehen / das er nicht einen fuß breit darinnen gehabt / da er doch zuuor Hauß vnd Hoff hat / die vrſach erzehlet der Ap. Heb. 11. vnd ſaget / das er ein ſolches deſtogutwil -8gutwilliger gethan hab / dieweil er hab auff eine ſtatt ge - hofft / welcher baumeiſter vnd Schoͤpffer Gott iſt.

Ein ander Exempel haben wir zuſehen an Moſe / dan vngeacht / das er an des Koͤnigs Pharaonis Hoff in allem weltlichen pracht / vnd wolluſten erzogen war / vnd auch immerdar in groſſen Fuͤrſtlichen ehren hette leben koͤñen / wan er von der Kirchen Gottes het wollen abgeſondert ſein / noch wuͤſte er ein ſolchen pracht zuuerachten / dan wie weiter im 11. cap. der Ep. an die Heb. geſchrieben ſtehet / Er geſellet ſich zum volck Gottes / vnd liß ſich gern mit demſelben ſchmehen vnd verachten / dan wie der Ap. ſagt. Er achtet die ſchmach Chriſti fuͤr groͤſſer Reich - thumb / alß die ſchaͤtz AEgypti. Nicht anders iſt auch der Koͤnigliche Prophet Dauid geſinnet geweſen / dan ſein Silber vnd Gold het er jm nimmermehr laſſen ſo lieb ſein / als das Goͤttliche wortt / vnd daher ſaget er auch im 19. Pſalmen. Jch ſcheme mich deiner zeugnuß nit / ſon - dern ich rede dauon fuͤr Koͤnig vnd Fuͤrſten / dan das ge - ſetz deines Mundes iſt mir viel lieber / alß viel tauſent ſtuck Goldt vnd Silbers / vnd wer wolte doch die Exem - pel der reichen leuthe im Neuen Teſtament alle erzehlen / die es gewoget / vnd den Herꝛn Chriſtum / vmb deß ewi - gen lebens willen offentlich bekant / vnd ſein Wort gelie - bet vnd geſucht haben / vnangeſehen das es nit ohn groſſe maͤrckliche Gefahr jhres zeitlichen guts / vnd auch etwan Leibes vnd Lebens / het koͤnnen abgehen / vnd darumb ſo lehrnen wir nuh bey dieſer Gleichnuß / was doch von de - nẽ Leuthen zuhalten ſey / die da nur auff den zeitlichen nutz ſeynd abgerichtet / vnd allein dahin ſtreben / daß jhnen in dieſem leben wol ſey / wie ſie aber den ſchatz deß ewigen le - bens moͤgen dauon bringen / vnd jre arme ſeelen dazu be - fuͤrdern / darumb bekuͤmmern ſie ſich nicht / ſondern da haben ſie weltſchmeckende hertzen / die nur am zeitlichenhafften /9hafften / vnd noch keinem beſſern vnd ewigen leben fra - gen / vnd daher kompts dan / das es inen alles gleich gildt / ſie genieſſen der Schaͤtz im Himmel oder nicht / wan ſie nur deß irꝛdiſchen vnd zeitlichen volauff haben.

Solchen Leuthen gibet Chriſtus ein notwendige vermahnung im 6. Mat / Jhr ſollt euch nicht ſchetz auff erden ſamlen / da ſie die motten freſſen / vnd die diebe ſte - len koͤnnen / ſamlet euch aber ſchaͤtz im Himmel / die da be - ſtendig / ewig vnd vnuergenglich ſindt / vnd die da keinen ſolchen ſorgen vnd anfechtungẽ vnderwoꝛffen ſeindt / wie man ſie behalten / vnd vor dem diebſtal verwahren moͤg. Da fꝛaget man aber wie dan ſolches zugeh / vñ wie jm ein menſch ein ſchatz im Himmel ſamlen moͤg? Antwort: Das geſchicht alſo 1. wañ der menſch ſein hertz abwendet von vnnuͤtzen ſchaͤblichen ſorgen / vnd ſich allein bekuͤm - mert vmb das hemliſche ewige gut / das vns Chriſtus durch ſein blut erworben hat / wie er doch deſſen moͤg ge - nieſſen vnd theilhafftig werden / vñ darauff dr[in]get auch der Ap. im 3. an die Coloſſer Suchet was droben iſt / da Chriſtus iſt / ſitzende zu der rechten Gottee.

Hiezu wirdt auch erfordert / das man gern den armen gliedern Chriſti ſteuer vnd behuͤlfflich ſey / nach der lehr Pauli in der 1 ad Timoth am 6. das wan die reichen ger - ne geben / behůlfflich ſein / vnd reich werden an guten wer - cken / das ſie jnen ſelber einen ſchatz ſamlen / vnd einen gu - ten grundt auff das zukůnfftige / damit ſie das ewige lebẽ ergreiffen / dan den andern / die jr Silber vnd Goldt ver - roſten laſſen / mit verſeumnuß der armen denen dreuwet Jacob im 5. cap. die ewige verdamnuß / vnd ein großheu - len vnd wehklagen / zuuorderſt aber muß ein menſch mit wahrem glauben beſitzen / den Herꝛen Jeſum Chriſtum als in welchem alle ſchaͤtze der erkantnuß vnd weißheit Gottes verborgen liegen / dan wer Chriſtum wol ſtudie -Bret / vnd10ret / vnnd in ſein hertz hat eingeſchloſſen / der hat rei - chen troſt in todes noͤthen vnd andern anfechtungen / der hat wol zugenommen in der ſchule deß H. Geiſtes / vnd der iſt ein rechtſeliger menſch / dahin gegẽ alle andere ſtu - dia, jren nutz vnd gebrauch allein in der welt haben / Aber das ſtudium, das man Chriſtum wol erkennen lernt / vñ wie man ſich jm im leben vnd im ſterben ſol auffopffern / vñ alſo ſein eigen ſein vnd erfunden werdẽ / wan vnd auff was weiſe vns auch Gott der Herꝛ mit dẽ todt angreifft / an welchem ort es auch immermehr geſchehen moͤg / daſſelbig ſtudium hat ſeinen nutz vnd gebrauch auch in jener welt / dan dort wil ſich Chriſtus mit ſeiner hoͤchſten weißheit allen ſeinen ſchuͤlern / vnd angehoͤrigen Juͤn - gern / volkomlich offenbaren / mittheilen vnd zuerkennen geben / vnſer wiſſen ſaget Paulus 1. Cor. 13. iſt ſtuͤckwerck: wan aber kommen wirdt das volkom̃en / alßdan ſo wirdt das ſtuͤckwerck auffhoͤren.

Jn ſumma / es iſt wol zubeklagen / vnd ein erbaͤrmli - cher handel / das der menſch weiß / das er zu ewigen him̃ - liſchen guͤtern erſchaffen / vnd auch wiederumb zu denſel - ben durch Chriſtum Jeſum erloͤſet iſt / das er gleichwohl offtermals ſein hertz dermaſſen an zeitlichen guͤtern hen - gen leſt / das er all ſein luſt vnd freude darinnen ſucht vnd gar nit den ewigẽ Himliſchẽ guͤtern nachſtellet / ja er mag offt nit dauõ hoͤrẽ / ſein hertz wird jm traurig im leib drin - nen / wan man jm vom verluſt der zeitlichẽ guter predigt / vnd das er dieſelben in einem nothfall von wegen der be - kantnuß Chriſti / vnd ſeiner warheit begeben ſol / oder wan ſie jm ſonſt zu nah wolten zum hertzen raumen / vnd hie - von hat vns Chriſtus ein ſchroͤcklich exempel fuͤrgeſtellet / in dem Reichen Junglinge Marci am 10. dan wiewol derſelbig ein feinen anfang hat / vnd ſich auch mit einem rechten ernſt vmb das ewige leben bekuͤm̃ert / noch da jmChri -11Chriſtus predigt / wie das er ſein gut verkauffen / vnd al - les den armen geben ſoll / alß dan ſo werd er im einen ſchatz im Himmel ſamlen / da gehet er traurig von dem ange - ſicht deß Herꝛn hinweg / vnd wil lieber der Himliſchen / alß der jrdiſchen ſchaͤtz gerathen / darauß wir dan ſehẽ das Reichthumb ein ſehr groß verhindernuß am ewigen le - ben iſt / wo man das hertz daran henget / vnd daher ſie auch nicht ohn vrſache von Chriſto den doͤrnern verglichen worden im 8. Luce / das gleich wie man ein dorn nicht wol kã angreiffen ohn groſſe verletzũg das man ſich nit daran ſtechen ſolte. Alſo iſt es mißlich / das der menſch der da noch ſei[n]datum in dieſe welt ſetzt / dazu kan gebracht wer - den / das er ſein zeitlich gut in einem nothfall vmb deß e - wigen lebens willen in die ſchantze ſchlage / daher auch Paulus in der 1. an Tim. am 6. bezeuget / das die jenigen / ſo da wollen reich werden / oder nach reichthumb ſtreben / in die ſtrick deß teuffels fallen. Alſo nuhe verſtehen wir / wie jm ein menſch in ſeinem gantzen leben / den ſchatz deß ewigen lebens ſoll laſſen angelegen vnd befohlen ſein vnd ſein zeitliche geſchaͤfften alſo anſtellen / das er doch ſeiner ſterblichkeit nicht vergeß / wie vns dan auch Paulus hie - zu vermahnet 1. Cor. 7. da er ſaget die zeit iſt kurtz / vnd derhalben welche kauffen / die ſollen ſein / alß beſaͤſſen ſie es nit / dan das weſen dieſer welt vergehet. Was aber all - hie vom Reich Gottes geſaget wird / vnd wie das man ge - gen demſelben alles ſol verachten vnd in die ſchantz ſchla - gen / was nur einen ſchein vnd glantz in dieſer welt haben mag / daſſelbig iſt auch von den mitteln zuuerſtehen / die zum Reich Gottes befuͤrdern / als da iſt die predigt des worts vnd der gebrauch der heiligen Sacramenten / dan durch ſolche mittel wurd die hoffnung deß ewigen lebens in vns erhalten / vñ der glaub an Jeſum Chriſtũ geſterckt vnd daher werden ſie in der Schrifft auch einem EdlenB ijſchatz12ſchatz vnd perlin verglichẽ / wie dan Chriſtus im 7. Mat. ſagt jr ſollet das heiligthumb nicht den hunden geben / vñ die perlin ſolt jr nicht fuͤr die ſew werffen: vnd gemeinet damit nichts anders / dan das man den offentlichen halſ - ſtarrigen ſpoͤttern vnd verachtern / die predigt goͤttliches worts / vnd die H. Sacramenta nit wieder jren willen ſoll auffdringen. Dan ſonſt wird Gott ſelbſt in ſeinem wort vnd Sacrament geſchmaͤhet / vnd verunehrt.

Hiher gehoͤrt auch was Paulus 2. Cor. 4. von den Apo - ſteln ſchreibt / wie das ſie die ſchaͤtz deß Euangelij in jrdi - ſchen gefaͤſſen tragen / gleich nuhe wie man einen ſchatz pfleget zuuerwahren das man nicht drum kom̃e / alſo ſoll man auch Gottes wort / vnd die H. Sacramenta in hohen ehren halten / vnd daß gar nicht anſehen / das ein ſolcher ſchatz von dem mehren theil dieſer welt nichts geachtet / oder ſonſt geſchmehet vnd verunehrt wird / denn da muß man gedencken / das ein ſolcher ſchatz verborgen lig: wie Chriſtus alhie in der gleichnuß lehret / vnd das nit jeder - man die hohe geheymnuſſen deß Goͤttlichen worts / vnd der H. Sacrament verſtehe / vñ derhalben / wan ein mẽſch den ſchatz gefunden hat / das jm Gott ſein H. wort / vnd den rechten gebrauch der H. Sacrament hat offenbaret vnd zuerkennen gegeben: ſo ſehe er zu das er jm denſelben ſchatz nit nehmen laß / er verkauffe ehe alles was er hat / vñ vermag / ehe deñ er jm den rechten verſtandt deß Goͤttli - chen worts / vnd den wahren gebrauch der H. Sacrament nehmẽ laß / dan gleich wie einer in einer fewersbrunſt dar nach ſtrebet / das er den beſten ſchatz: vnd das edelſte klei - noth moͤg dauon bringen / wan er ſchon das ander alles muß verfladern / vnd verbrennen laſſen. Alſo auch wan es in der welt brennet / wan die verfolgung angehen / vnd das man die Chriſten von wegen der bekandtnuß Goͤtt - liches worts vm̃ leib ehr vnd gut begert zubringen / ſo lugdu zn /13du zu / das du den beſten ſchatz moͤgeſt dauon bringen.

Was iſt das fuͤr ein ſchatz? es iſt ein gut gewiſſen / es iſt ein ſtandhafftiger glaub / der ſich auff Gottes wortt gruͤndet / Es iſt auch ein ſteiffe bekandtnuß in der waren Religion / den ſchatz laſſen leider viel menſchen fahren / wan jnen der Religionhalben wird zugeſetzet / dafuͤr nuh muß man ſich huͤeten / vnd den ſpruch Chriſti wol medi - tiren im 10. Mat. das wer vmb ſeinet willen hauß vnd hoff verlaſſe / der wirts wieder finden.

Vnd derohalben / gleich wie jener Philoſophus Bias genant / alß in ſeinem Vaterland ein feuersbrunſt auß - ging vnd er gefraget ward / wie es doch keme / das er nicht auch etwas auß der brunſt errettete / vnd mit ſich nehme / da er doch ſehe / wie andere buͤrger ſich vnterſtunden et - was dauon zubringen / ey antwortet er / omnia mea me - cum porto, das iſt / ich trage alle guͤter bey mir / vnd ver - ſtund dadurch ſeine hohe weißheit / vnd feine groſſe kunſt / vnd meinet / er koͤndt jm dieſelbige allezeit zunutz machen. Alſo vnd viel mehr ſol ſich ein Chriſt befleiſſen / das wan ſchon das fewer der verfolgung / biß an ſein ehr leib vnd gut gereichen ſolte / das er doch den ſchatz eines guten ge - wiſſens ſtets bey ſich trage / das er eine gute Ritteꝛſchafft vbe / vnd den glauben / vnd ein gut gewiſſen behalte. Ein ſolchen ſchatz wird jm der menſch allzeit wiſſen zu nutz zu machen / dan da weiß er wie ſeine ſachen mit Gott ſtehen / er hat reichen troſt in allen anfechtungen vñ iſt bereit dem Herꝛn zu leben vnd zu ſterben / in gewiſſer hoffnung das jm der ſchatz deß ewigen lebens zu keiner zeit fehlen werde / ſondern gleich wie ſein geliebter Herꝛ vñ Heylandt Chri - ſtus einmal erſchienẽ ſey / jm ſolche Himliſche ſchaͤtz vnd guͤtter durch ſein bitter leiden vnd ſterben zu erwerben / Alſo werd er jn auch in den poſſes derſelbẽ guͤter einſetzẽ / vnd jme die vollkoͤmliche nieſſung der ewigen freud vndB iijklarheit14klarheit in ſeiner herlichen zukunfft mittheilen vnd wi - derfahren laſſen.

Wie dan kein zweiffel / das auch dieſer fuͤrnehme vnd erlebte Herſeliger / deſſen Leichnam nhu mehr zu ſeinem ruhbetlein deß Erdreichs iſt beſtattet worden gleicher ge - ſtalt der ewigen Himliſchen ſchaͤtz vnd guͤter ſeiner ſeelen nach / mit ſeinem haupt Chriſto genieſſe / dan ob er ſchon durch ein ſchnellen todt / vnd geſchwinden znſtandt auß dieſer welt iſt abgefordert worden / wie dan inſonderheit alte erlebte Leuthe gemeinglich ſolchen ſchnellen hinreiſ - ſenden kranckheiten vnd zuſtaͤnden vnderworffen ſindt / jedoch ſo hat er das loͤbliche zeugnuß bey allen denen hin - derlaſſen / die jn gekant vnd vmb den lauff ſeines lebens / vnd vmb die gelegenheit ſeiner perſchon gut wiſſens tra - gen / das er ſich alle zeit der wahren Religion Gotsfurcht vnd hertzlichen frombkeit eyferig befliſſen / vnd das er jm auch die ſorge ſeiner ſeligkeit / vnd deß ewigen lebens mit groſſem ernſt hab laſſen angelegen ſein / wie dan auch die ſelbig ſorg ein vrſach / das er ſich vmb das zeitliche nicht ſo hoch bekuͤm̃ert hat / wiewol jhn auch Gott in dieſem leben genugſamlich geſegnet vñ herfuͤr gezogẽ / dan er auch et - wan am Keyſerlichen hoff von wegen ſeiner gaben vnd tugenden wol angeſehen geweſen / wie er dan auch zu Rei - chenbach in Schleſien erſtlich ſeinen treuen dienſt bey deꝛ Schule derſelben ſtatt bewieſen / biß er entlich in Rhat ge - zogen vnd hernachmals zum burgermeiſter ampt iſt er - wehlet / vnd erhaben worden / da er dan abermals von we - gen ſeiner treuendienſt vnd auffrichtigen lebens vñ wan - dels iſt geliebet vnd wert gehalten worden. Dieweil jm a - ber Gott der Herꝛ zeitlich die warheit in ſtritigen glaubẽs vnd Religions ſachen hat mitgetheilet / vnd zuerkennen gegeben / ſo hat jn der luſt vnd eyffer zu derſelbigen war - heit beweget / das er alles ſo viel muͤglich in der ſtatt zugelt15geld gemacht / vnd ſich hie herauß in die Churfl. pfaltz be - geben / allein damit er das reine vnuerfelſchte wort Got - tes lauter vnd klar haben vnd hoͤren moͤchte / neben andeꝛn Chriſtlichen Ceremonien vnd vbungen der Gottſelig - keit / vnd dieweil er ſolches alles freywillig vnd vngezwũ - gen gethan / das er das ſeine verlaſſen / verkaufft / welches wiewol zu erachten ohne verluſt nicht hat koͤnnen abgehẽ / ſo wuͤrde er viel weniger deß verluſts geachtet haben / wan jn ſchon die hohe noth dazu ſolte gedrungen haben / das er alſo ohne zweiffel auch auß deren zal geweſen / die da ger - ne vnd mit freuden alles verkauffen / allein das ſie deß koͤſtlichen ſchatzes deß Goͤttlichen worts alhie auff erden genieſſen / vnd hernachmals den vnuergenglichen ſchatz im Himmel moͤgen dauon bringen / vnd derhalben die - weil er ſeinen Herꝛn Chriſtum frey offentlich bekandt / vnd ſchrifftmaͤſſige glaubens ſachen ohne ſchew verthe - diget / auch ſonderliche freude in dieſer Churfl. Pfaltz von der anhoͤrung Goͤttliches worts vnd andern Chriſtlichen Ceremonien gehabt / darum̃ hat jn Gott widerumb ge - ehrt der geſtalt / das er auch von vnſerer genedigſten Her - ſchafft / vnd deren hochloͤblichen Rhaͤten zu einẽ Schult - heiſſen der Churfuͤrſtlichẽ ſtatt Bensheim / an der Berg - ſtraſſen iſt deſigniret vnd verordnet geweſen (welchem dienſt er auch one zweiffel mit nutz vnd frucht wůrde fuͤr - geſtanden ſein / wan jm Gott das zeitliche lebẽ lenger ſol - te gefriſtet habẽ) Nuh wolan wir doͤrffen getroſt dieſe ge - wiſſe hoffnung von jm ſchoͤpffen / das er nuhmehr deſto reichlicher je mehr er Gott geliebet mit Himliſchen guͤe - tern geſegnet ſey in Chriſto Jeſu / alß der da keine werck der Gottſeligkeit wil vnbelohnet laſſen / ja der auch ſeine bekenner vnd Confeſſores, an jenem tage widerumb er - kennen / vnd offentlich vor dem vmbſtandt aller Engel vnd menſchen bekennẽ / vnd ſie zu ſich in ſeine ewige klar - heit vnd herligkeit wil auffnemen.

Wir16

Wir haben an ſolchen exempeln Gottſeliger Gelehr - ter leuthe / dern es wenig zu vnſern zeiten gibt / vns zu ſpi - geln / das wir auch in jre fußſtapffen eintretten / vnd vns die bekantnuß Goͤttlicher warheit / vnd die ſorge deß ewi - gen lebens mit groſſem ernſt vnd eyſſer laſſen angelegen ſein / vnd das wir vns auch nicht beſchweren ſollen / auß luſt vnd lieb zur warheit Gottes gerne an ſolchen orthen vnd enden zu ſein / vnd vnſer vbriges hinderſtelliges leben zubeſchlieſſen / da das reine Euangelium võ Chriſto Jeſu lauter vnd klar geprediget wird / vnd da die reine lehr von der perſon Chriſti / vnd ſeinem ſeligmachenden ampt ge - trieben / vnd nicht verlaͤſtert wird / auff das wan wir je ein geringen zeitlichen verluſt ſolten erleiden an haab vñ guͤ - tern / das wir doch deß groſſen ſchatzes nit beraubt wuͤꝛdẽ / der vns im Him̃el drobẽ beygelegt iſt durch Jeſum Chri - ſtum / vnd dieweil wir auch gleichwol alle tage ſehen vnd erfahren / was wir fuͤr ein gefehrlichen ſtandt allhie auff erden beſtehen muͤſſen / vnd wie vnſer leben ſo viel ſchnel - len vnuerſaͤhnlichen zu ſtaͤndẽ vnd todes gefahren vnter - worffen iſt / ſo ſollen wir vns warnen laſſen / das wir vns vermoͤg der vermahnung deß Herꝛn Jeſu alle tag ſtund vnd augenblick zu ſeiner zukunfft / vnd zu einem ſeligen endt gefaſt machen / mit wachen / betten vnd einem nuͤch - tern Gottſeligen wandel / alß dan ſo werden wir ſtets im Herꝛn ſterben / es greiffe vns auch der liebe Gott an / wie er wolle / wan vnd an welchem ort er woͤll / dan da kan die außerwelten kein Creatur von der liebe Gottes ſcheiden. Ja weder todt noch leben weder gegenwertiges noch zu kuͤnfftiges / ſondern da ſagen ſie ſtets mit dẽ Dauid im 31 Pſalm Herꝛ mein zeit ſteht in deinen henden / vnd mit Paulo 2. Th. 1. ich weiß an wen ich geglaubet hab / vñ deꝛ wird mir meine beylog bewahren biß an jenen tag. Dem - ſelben getreuen. Herꝛn Jeſu Chriſto ſey lob preiß vnd ehr von nuh an biß in Ewigkeit / Amen.

ENDE.

About this transcription

TextEine Christliche Leichpredigt/ bey der Begräbnuß deß Ehrengeachten/ Wolgelehrten vnd Vornehmen Herren/ Dauid Wincklers
Author Johann Philipp Mylaeus
Extent16 images; 3978 tokens; 1597 types; 26623 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationEine Christliche Leichpredigt/ bey der Begräbnuß deß Ehrengeachten/ Wolgelehrten vnd Vornehmen Herren/ Dauid Wincklers Johann Philipp Mylaeus. . 16 Heidelberg1599.

Identification

Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 O 103 / 508455

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

Editorial statement

Editorial principles

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:45Z
Identifiers
Availability

Dieses Werk steht unter der „Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz“ (CC BY-SA).

Holding LibraryUniversitätsbibliothek Breslau
ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 O 103 / 508455
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.