PRIMS Full-text transcription (HTML)
[figure]
[1]
Leichen - und Gedaͤchtniß-Rede,
Welche an Salv. Tit. HERRN, Hrn. M. Gottfried Boͤttners, Hochverdienten Rectoris des Lau - baniſchen Lycei, Begraͤbnuͤß-Tage, War der 29. Mart. Anno. 1740. nachdem derſelbe den 23 Ej. im 60ſten Jahre ſeines Alters ſeelig verſtorben, Jn der Kirche zum Creutze Chriſtigehalten hat
Lauban, gedruckt beyNicolaus Schillen.
[2][3]

I. N. I.

  • HErr GOtt Zebaoth, troͤſte uns! laß dein Antlitz leuchten, ſo geneſen wir! Amen.

Geliebte, und zum Theil ſchmertzlich Be - truͤbte! O mein Haupt! mein Haupt! Das iſt nicht eine Stimme in der Wuͤſten, das iſt eine Stimme auf dem Felde, nach dem 4. C. des 2 Buches der Koͤnige. O mein Haupt! mein Haupt!

Spricht der Redner: O! O! deſſen bedienet er ſich, an - zudeuten, was er rede, waͤre von ausnehmendem Gewichte. O wehe des abtruͤnnigen Volckes! ſagt der erſte unter denen 16 Propheten, welche in der Bibel juſt auf einander folgen Eſaias. O welch eine Tieffe! ſagt der letzte unter den Apo - ſteln, der letzte nehmlich, dem Beruffe zu dem Apoſtoliſchen Amte nach, Paulus. Wer iſt, der das O! nicht im Munde haben muß: O ich Elender! der ich thue, was ich nicht will und der ich nicht thue, was ich will.

A 2Es4

Es hieſſe: O mein Haupt! mein Haupt!

Jm Himmel iſt weder Plage noch Klage. Wer im Himmel iſt, iſt in dem Garten der Froͤlichkeit, in dem Schloſſe der Gluͤckſeeligkeit, in dem Lande der Sicherheit, in dem Tempel der Gottheit. Hier iſt, ehe man durch die Pforte des Himmels gelaſſen wird, Plage und Klage das Kraut, welches uͤberall waͤchſt; Plage und Klage ſind Gefehrten; Plage und Klage ſind nicht weit vonſammen. Der Sunamitin Sohn beſtaͤtiget die Sache. Plage veran - laſſet Klage: O mein Haupt! mein Haupt!

Es hat an der verwichenen Mitwoche das Zeitliche mit dem Ewigen verwechſelt cum Tit. deb. Herr, Herr M. Gottfried Boͤttner, dieſes Lycei Hochberuͤhmter Rector.

Unverhofft ereignet ſich offt. Wer haͤtte ſich eingebildet, daß der Baum ſobald verdorren wuͤrde, der die ſchoͤnſten Fruͤchte trug. Der Breßlauiſche Rector, Gryphius, ſtarb eben an dem Tage, an welchem er noch etliche Stunden do - ciret, und die Materie von den Thraͤnen zur Ausarbeitung vor - gegeben hatte. Der Laubaniſche Rector Boͤttnerſtarb am fruͤhen Morgen, als er den Tag zuvor noch die offentlichen Lectiones abgewartet hatte, und zwar, wie er pflegte, mit vieler Treue.

Es iſt, ob ſpraͤche Deſſen ſehr gebeugte nachgelaſſene Frau Wittwe, Frau Chriſtiana Eliſabeth Boͤttnerin, gebohrne Jungin: O mein Haupt! mein Haupt! Der Mann iſt ja des Weibes Haupt. Sieben Graͤber auf dem Creutz-Kirchhofe. Jch bin gewiß, Jhr muͤtterliches Hertze iſt voll des Jammers, erinnert Sie Sich deßen, was in den Grabern ruhet. Der Tod hat in Jhrem Ehegarten man - chen Griff gewagt; Nun ergrief er den Gaͤrtner ſelber, vondem5dem jene ſind gezeuget worden. Es iſt Jhr nicht zu verargen, aͤchtzet und lechtzet Sie: O mein Haupt! mein Haupt!

Wir haben eine gute Schule. Man muß es der Obrig - keit laſſen, daß ſie mit Ernſte veranſtaltet, was zu dem Flor der Schule befoͤrderlich iſt. Der in GOtt Entſchlaffene war das Haupt der Schule.

Der Verluſt des Hauptes iſt werth, daß man ihn bit - terlich beweine. Ach Schule! Schule! laß es doch in dir hallen und ſchallen: O mein Haupt! mein Haupt!

Der iſt es, dem zu Ehren wir an der gegenwaͤrtigen Staͤtte ſind, daß Seiner im Beſten gedacht werde. Wir wol - len im uͤbrigen dem Spruche nachſinnen, der zur Abhand - lung iſt ausgeſetzet worden. Laßt uns GOtt zuvor bitten, daß er die Abhandlung ſeegne, zu dem Ende auch in der Stille und in Demuth ſprechen das Gebethe Chriſti.

Text.

(2 Ep. PetriCap. I. v. 14. 15. )Jch weiß, daß ich meine Huͤte bald ablegen muß, wie mir denn auch unſer HErr JEſus Chri - ſtuseroͤfnet hat. Jch will aber Fleiß thun, daß ihr allenthalben habt nach meinem Ab - ſchiede, ſolches im Gedaͤchtniſſe zu halten.

Geliebte! und zum Theil ſchmertzlich Betruͤbte! Das Geſchlecht der Hebraͤer ſitzet und ſchwitzet in der Babyloniſchen Gefangenſchafft. An was fehlts? A 3Kein6Kein Lehrer lehret uns mehr, an dem fehlts. Es erhel - let aus dem 74ſten derer Pſalmen Davids.

Was iſt doch gelegen an geſchickten Lehrern? Jſt der Ver - ſtand noch ſo faͤhig, er muß durch die Ubung geſchaͤrffet wer - den, ſonſt iſt er dem Eiſen aͤhnlich. Das Eiſen verroſtet, braucht mans nicht. Der Verſtand aber wird geſchaͤrffet, ſind es geſchickte Lehrer, welcher man ſich bedienet.

Vitringahat vorgegeben, Chriſtuswaͤre nach der Ju - den Art Doctor worden, das haͤtte er werden muͤſſen, ſonſt wuͤrde er die Freyheit offentlich zu lehren nicht gehabt haben. Das ſey, wie es ſey. Chriſtuswar der Lehrer aller Lehrer, wie er iſt der Herr aller Herren.

Derer Lehrer Arbeit iſt Kopf-Arbeit. Was Kopf-Ar - beit iſt, verſtehet der Poͤbel nicht. Wer lehret, muß viel leiden, ſonderlich leidet der Kopf viel, der wird angeſtren - get, biß man bricht und zerbricht.

Chryſologusſoll geſaget haben: waͤre noch ein Paradiß auf Erden, es waͤre da, wo Kirchen und Schulen recht be - ſtellet ſind. Es hat hingegen Phantaſten, die laͤrmen und ſchwaͤrmen, des Lehrſtandes koͤnne man entbehren, man ha - be GOttes innerlichen Zuſpruch, an dem muͤſſe man ſich ge - nuͤgen laſſen. Wer hellere Augen hat, wird denen nicht beypflichten.

Man lehret, und lehret in den Kirchen; doch hat die Welt falſche Joabs, neidiſche Labans, unzuͤchtige Am - mons. Was wuͤrde die Welt nicht haben, lieſſe man den Lehrſtand gar eingehen?

Derer Kirchen Schweſtern ſind die Schulen. Wer ſich zur Kirche oder zur Schule haͤlt, haͤlt ſich zu Bronnen, aus denen Waſſer geſchoͤpfet wird, reines Waſſer, Waſſer wohl -gegruͤn -7gegruͤndeter Lehre. Nur hat er ſich vorzuſehen, daß er ſolch Waſſer nicht wieder verſchuͤtte.

Schulen ſind Noaͤh Arche. Jn die Arche muß man kriechen, daß man ſich bewahre fuͤr der Suͤndfluth ſchaͤdlicher Laſter.

Unanſtaͤndige Sitten, an die man ſich gewoͤhnet hat, und die man ſich nicht abgewoͤhnet, ſind dem zum Abſcheu, der von aͤchtem Schrot und Korne iſt. Jn den Schulen er - faͤhrt man, was ſich geziemet, oder was ſich nicht geziemet.

Den ſeeligen Herrn Rector hatte GOtt zum Lehrer in der Schule beſtimmt, zu einem hoͤchſt nuͤtzlichen Lehrer. Es waren nicht fuͤnf, es waren zehn Pfund, mit denen ihn GOtt ausgeruͤſtet hatte.

Zum Zwecke: Das Lehren in der Schule iſt es, das ich zu betrachten entſchloſſen bin. Daſſelbe geſchiehet

vor das I. bedachtſam.
Es iſt vor das II. muͤhſam.
Und vor das III. heilſam.

Das Lehren in den Schulen, Geliebte, und zum Theil ſchmertzlich Betruͤbte! geſchiehet fuͤr das I. bedachtſam. Den Satz will ich erklaͤren, ſo wird, was dunckel iſt, ſich ſchon ausklaͤren. Was Petruslehret, lehret Petrusbedachtſam, mit gutem Bedachte. Er bedencket, was? Jch weiß, ſpricht er. Und was er wuſte, hatte ihm der entdecket, von dem er ehedeſſen ſelber ſagte: Er wiſſe alle Dinge. Wie? Ob im Traume, und ſo weiter, iſt mir zu eroͤrtern nicht moͤglich.

Petrus8

Petruswuſte, wer noch ſo klug waͤre, koͤnne zu der und der Thorheit veranlaſſet werden. Solches wuſte Petrusaus der Erfahrung. Er durfte ſich nur beſinnen auf den Pal - laſt des Caiphaͤ, und was ihm in dem Pallaſte begegnete.

Was wuſte er nach dem Texte? Er wuſte, der Tod waͤre ihm nahe; Er wuſte, daß er bald ablegen wuͤrde die Huͤtte, nehmlich die Huͤtte des Leibes. Der Leib faͤllt und zerfaͤllet, waͤre er auch feſter, als der Thurm zu Siloah. Der Leib iſt kuͤnſtlich gebauet; gehet aber die Uhr ſtets or - dentlich? Gebluͤte, Saͤfte, die Raͤder heben an zu ſtocken, biß es ins gantze reißt.

Man traͤgt nette Kleider; es waͤhret nicht lange, ſo wird man getragen, wohin? auf den GOttes-Acker. Man richtet den Naͤchſten; es waͤhret nicht lange, ſo wird man ge - richtet, von wem? Von GOtt. Man erhoͤhet ſich; es waͤh - ret nicht lange, ſo wird man erniedriget, biß in den Staub.

Was Petrumbetrifft, deſſen Leib wurde auf gewalt - ſame Art zerſtoͤret. Der Maͤrtyrer-Tod war es, mit dem er GOtt preiſen ſolte. Daß es ſo beſchloſſen waͤre im Rathe der Waͤchter, war ihm bekannt. Petrusbedencket das. Mit Bedachte lehret er. Es iſt, ob ſpraͤche Petrus: Man wird mich bald bringen in den Schooß der Verweſung. Jch lehre, das iſt, ich weide GOttes Heerde. Es iſt an dem, daß ich den Hirten-Stab niederlegen ſoll; deſto arbeitſamer bin ich, daß ich denen, welche ſich Chriſtuserkauffet hat, noch zum Nutzen werde.

So lehren auch billig Lehrer in den Schulen bedacht - ſam. Sie dencken: Jch lehre: wie, wenn es das letzte mal waͤre? deſto eyfriger will ich lehren, daß noch was erſpruͤßli - ches durch mich gewuͤrcket werde.

Der9

Der Seelige hatte nicht Erſcheinungen, wie Petrus; Er hatte inzwiſchen Vermuthungen. Es brach an Jhm aus groſſes Abnehmen, wie an dem Abraham. Er merckte, GOtt eyle mit ihm aus der Unruhe in die Ruhe. Deſto unermuͤde - ter verrichtete Er, was dem Beruffe, den Er hatte, gemaͤß war. Er dachte und bedachte, der duͤrffe ſich nicht ſchaͤ - men zu ſterben, der ſichs hier habe laſſen ſauer werden, mit dem, was uns GOtt abfordert, und was dem Nahmen GOt - tes zur Verherrlichung dienet, geſchaͤftig zu ſeyn.

Wer immer bedenckt, es koͤnne ſich fuͤgen, daß er vor Abends noch zur Leiche werde, dem iſt es zu der nachdruͤck - lichſten Erweckung. Er ſpricht: Jch will thun, was mir be - fohlen iſt, ich moͤchte bald auf und davon muͤſſen. Spraͤche GOtt: Auf und darvon! waͤre aber ungethan geblieben, was ich haͤtte ſollen, es wuͤrde mich reuen, ich wuͤrde GOttes Zorn zum Lohne haben.

Die Suͤnde wird eine Laſt in der Schrifft genennet. Dem Gottloſen iſt ſie nicht zur Laſt; es iſt, ob lecke er Zu - cker, hats mit dem und dem Frevel den Fortgang. Wer aber die Gnade GOttes hochachtet, erſchrickt vor ſich ſelber. Ach, ſpricht er: Suͤnde! Suͤnde! wer nur die Otter nicht im Buſen haͤtte! Die Suͤnde iſt es, die GOtt noͤthiget, daß er ſich in einen Grauſamen verwandeln muß. Der andaͤch - tige Scriverſagt in dem Siech - und Siegs-Bette: Jch leſe mit Verwunderung, daß ſich Hiob einem Blatte ver - glichen hat. Der Wind wehet und verwehet das Blatt. Man kan nun nicht ſagen, welcher Stamm es iſt, auf dem das Blatt ſich zuvor befunden hat. Man muß ſich verbergen in Grufft und Klufft; nach und nach wird unſer vergeſſen; nach und nach wird derer vergeſſen, aus derer Fleiſche wir ent - ſproſſen ſind. Stelle dir je und je vor, als muͤſſeſt du nachBwenig10wenig Stunden in den Sarg, der Suͤnde wirſt du Feind werden, daß du, ob du ſchon dem Vergaͤnglichen den Ruͤ - cken zukehren muſt, doch das Unvergaͤngliche nicht ver - ſchertzeſt.

Wir werden bedeutet: Buſſe, an der muͤſſe es nicht er - mangeln, wolle man der Hoͤlle entfliehen. Buſſe, bloß aus Furcht fuͤr der Straffe, hat nicht Verlangen nach GOtt, ſondern nur eigenen Gewinn, zur Abſicht; Buſſe, bloß aus Furcht fuͤr der Straffe, iſt Ahabs Buſſe. GOttes Guͤte ſoll man ſich zur Buſſe regen und bewegen laſſen. Das klingt ſchoͤne: GOtt beleidiget mich nicht; wehe mir, lieſſe ich nicht ab, ihn zu beleidigen! Du lebeſt. Das Leben hat Graͤntzen, wie das Meer Ufer hat. Lebſt du gewiß noch inſte - hende Woche? Haſt du einen Buͤrgen? Jſt das nicht faͤhig, dich zu fuͤhren in den Schrancken der Buſſe?

So iſt es mit dem, der ein Amt hat. Wer ein Amt hat, hat es auf Rechnung. Er bedencke, daß GOtt mit ihm rechnen wird; er bedencke, zu was er verurtheilet werden wird, wer mit der Rechnung nicht beſtehet; er wird getroſt ziehen an dem Joche, an dem er zu ziehen Ordre hat, in der Hoffnung, GOtt werde ihn, wenn er mit Petrodie Huͤtte ablegt, nun ewig ſchmecken laſſen, wie freundlich er iſt.

Das Lehren in den Schulen iſt fuͤr das II. muͤhſam.

Petrusſpricht im Texte: Er wolle Fleiß thun, juſt als ſpraͤche Petrus: er wolle ſich bemuͤhen; er wolle Muͤhe an - wenden. Wer hat was ohne Muͤhe? Jacobſpricht: Der HErr hat mirs beſchert. Hatte es dem Jacobkeine Muhe gekoſtet? Haͤtten Lehrer in den Schulen den Trichter, wemkan11kan es eingetrichtert werden ohne Muͤhe? GOtt hatteMuͤ - he mit denen Jſraeliten. Er ſpricht: Jch muß mich immer mit euch ſchelten. Wer im Sommer ſammlet, der iſt klug; wem aber Muͤhe der Apfel iſt, in den er nicht zu beiſſen be - gehret, der wird ungeſammlet laſſen.

Laban iſt die Kraͤhe, welche fett wird. Wer gerne be - qvem iſt, wird ſich kaum wuͤnſchen, daß er ſo fett werde; es haͤuffte ſich doch nur Muͤhe mit Muͤhe. Auch um einen Groſchen muß man ſich bemuͤhen, ehe man den erobert. Das Obſt wird abgepfluͤckt: es iſt noch da und dort eine Bir - ne, man klettert und klettert, daß man auch noch zu der gelange. Es hat Heyden, Voͤlcker, die lauter Finſter - niß bedecket. Muͤhe, Muͤhe! ehe man nur etlicher Garben ſich bemaͤchtiget, ehe aus der ungeheuren Menge nur etliche mit dem Hamen des Evangelii gefangen werden. Was hats doch fuͤr Klippen! Muͤhe, Muͤhe! daß man vorbey ſeegle, daß der Fuß nicht ſtrauchle ins Verderben.

Moſes ſagte, er wuͤrde ſich vergebens bemuͤhen, man wuͤrde ſprechen, daß er von GOtt nicht geſandt waͤre. Man muß ausrichten, was man ausrichten ſoll, man bemuͤhe ſich vergebens oder nicht vergebens. Saulgehorche oder ge - horche nicht, Samuelmuß ihm doch das Geſetze ſchaͤrffen.

Muͤhe! Muͤhe! mit der ſind beſackt und bepackt die Lehrer in den Schulen. Wer iſt, der das Brodt ſo im Schweiſſe des Angeſichts eſſen muß, als Lehrer in den Schu - len. Die Erloͤſeten des HErrn ſind das edelſte Kleinod. Muͤhe hat, wem ſolch Kleinod anvertrauet wird, daß ers nicht verungluͤcken laſſe. Wer kan brennende Neſſeln ausrot - ten ſonder Muͤhe? Den, de[r]von Natur geneigt iſt zum Boͤ - ſen, herumbholen, daß ſich der Sinn aͤndere, fuͤrwahr, da - zu wird Muͤhe erfodert. Wo iſt der Weinberg, in dem esB 2nicht12nicht Heerlinge hat? Wo iſt der Pallaſt, in dem man nicht Spinnweben abkehren muß? Wo iſt der Keller, in dem das Bier nicht umſchlaͤgt? Wo iſt die Schule, welche nicht zum Stalle wird, in dem raͤudige Schaafe ſind. Muͤhe! Muͤ - he! ſoll, was hoͤckricht iſt, eben; ſoll, was unaͤcht iſt, aͤcht werden. Der ſeelige Martin Roͤßler, er war Collega tertius, ſagte offte: er muͤßte ſich martern, wie der Eſel, Futter aber haͤtte er, wie der Zeisken. Frage nur den, der den Schul - Geſtanck riechen muß, was Schulen ſind, er wird dirs er - zehlen.

Studenten die Huͤlle und die Fuͤlle. Wenig derer, die Luſt haͤtten auf den Schul-Cathedern zu ſitzen. Zu muͤh - ſam, zu muͤhſam, das Lehren in den Schulen! welches ich aber auch nicht loben kan. Man geht zu Schiffe, ob es ſchon auf der See Sandbaͤncke hat. Man laͤßt den Pflug nicht ſte - hen, ob es ſchon Kloͤſſer hat, von denen man beſorgen muß, daß der Pflug an ſie ſtoſſen doͤrffte. Was GOtt will, muß man auch wollen, wird man ſchon zum Lichte, das ſich daruͤ - ber ſelber verzehret.

Jſt bemuͤht, wer lehret, ſo muß auch bemuͤht ſeyn, wer gelehret wird. Man ſpricht: Junges Blut, ſpaare dein Gut. Spaare, ſpaare, nur Muͤhe ſpaare nicht. Muͤhe, der bedarf, aus wem was werden ſoll. Verlohren des Lehrers Muͤhe, iſt, wer gelehret wird, verdroſſen, traͤge. Er iſt das Holtz, aus dem kein Tugendbild werden kan. Non tibi de ventis aſ - ſa columba venit. Wer hungrig iſt, kan ſich des Hungers nicht erwehren, wartet er, biß ihm, nach was er Appetit hat, ins Maul fallen wird.

Muͤhſam iſt das Lehren in den Schulen. So Centner - ſchwere Muͤhe, ſo Feder-leichter Danck. Spricht man nicht: Kahl-Kopf! Kahl-Kopf! Man hat mehr Titul, Kletten, dieſich13ſich der Schul-Lehrer zu ſeiner Beſchimpfung muß anhaͤn - gen laſſen. Aber Geduld! Lieſſe man ſich in dem Leben al - les vergelten, ſo verkuͤrtzte man ſich, was GOtt in jenem Leben zu vergelten verſprochen hat.

Des ſeel. Herrn Rectoris Lehren war ſehr muͤhſam. Pflantzen, Begieſſen, ſolches zu thun hat Er ſich keine Muͤhe dauren laſſen; Nach Muhe hat Er einen unendlichen Lohn vor dem Stuhle des Lammes.

Das Lehren in der Schule iſt fuͤr das III. heilſam.

Heilſam iſt, was Heil bringet. So iſt heilſam JEſuBlut. Es heilet, was weder Kraut noch Pflaſter heilet, nehmlich, un - ſere Gebrechen. Heilſam iſt GOttes Wort. Des Wortes Troͤſtungen ergoͤtzen die Seele. Jſt es an dem, daß der Ju - den Weiber gebaͤhren ſollen, die Maͤnner leſen denſelben vor das 54. C. Jeſ. zu ſtaͤrcken ihr Vertrauen zu GOtt. GOttes Wort iſt die Wahrheit. Daß GOttes Wahrheiten nicht Wahrhei - ten waͤren, man befeſtige ſie denn mit Schluͤſſen der Vernunft, wer den Wahn hegt, iſt mir zum Anſtoſſe. Was wahr iſt, nur dem nach, nur dem nach, ſo wird man ſich nicht verirren. Wem die Welt zum Jammerthale wird, dem iſt es was heilſames; de - ſto eher verſchmaͤhet er die Welt; und deſto weniger murret er, eylet GOtt mit ihm aus der Welt. Was heilſames ſind die Ge - ſchichte der Alten. GOttes wunderbare Fuͤhrungen erhellen aus den Geſchichten der Alten. Man wird GOtt gelaſſener und gelaſſener. Man ſpricht: Jch habe den GOtt, den die hatten, welche vor mir waren. Der GOtt, der jene zu erretten wuſte, wie man den Brand aus dem Ofen errettet, wird auch mich zu er - retten wiſſen.

Heilſam iſt das Lehren in den Schulen. Stirbt der Lehrer; was er gelehret hat, ſtirbt nicht mit, er laͤßt es im Ge -B 5daͤcht -14daͤchtniſſe denen, die er gelehret hat. Petrusſagt: Daß ihr allenthalben habt, nach meinem Abſchiede, ſolches im Gedaͤcht - nuͤſſe zu halten. Was Petruslehrte, lehrte Petrus, daß es nach ſeinem Abſchiede noch moͤchte in Safft und Krafft gehen; daß es nach ſeinem Abſchiede zur Qvelle werden moͤchte, die den geſeegneſten Ausfluß hat.

Was man im Gedaͤchtniße hat, muß man in dem Gedaͤchtniſ - ſe nicht haben, wie der Geitzige den Mammon im Kaſten. Her - aus, heraus, was im Gedachtniſſe iſt, daß es zum Nutzen ange - wendet werde. Was im Gedaͤchtniße iſt, muß ſeyn, wie, was in den Acker geſaͤet wird. Es waͤchſt hervor, und traͤgt Fruͤchte. Wer kan ſprechen von dem was er nicht im Gedaͤchtniſſe hat, es waͤre ſeine.

Jn den Schulen wird gelehret, daß Vorrath in die Schatz - Kammer des Gedaͤchtniſſes gebracht werde; Vorrath, vermit - telſt deſſen man gelehrt, vermittelſt deſſen man fromm wird.

Es hat gelehrte Leute. Haͤtte man nicht gelehrte Leute, es waͤre mancher Knothen, den man wuͤrde muͤſſen unaufge - loͤſet laßen; es waͤꝛe mancher Hader, der nicht koͤnnte entſchieden werden; es waͤre manches, welches abzuthun man den Sebel zucken muͤſte; ſo kan es mit der Feder abgethan werden.

Rechte Gelehrte ſind jedoch rar. Der, deſſen Odem, was mit dem angehauchet wird, nach Schmarutzerey ſtincket, ſpricht: es waͤre Gruͤtze, was doch nur Maͤuſe-Koth iſt. Wer nur maͤſ - ſigen Rang haben ſolte, wird von ihm herausgeſtrichen, als ſaͤſ - ſe er auf dem Throne der Weißheit. Rechte Gelehrte ſind doch rar. Man ſuchet Subjecta; man muß dann und wann wehlen, was man kriegt, weil nichts von hoͤherm Werthe kan aufge - bracht werden. Waͤre nicht das Lehren in den Schulen, Sa - muelund Danielwaͤren nicht, was ſie ſind.

Es15

Es hat fromme Leute. Wer fromm iſt, hat zuverlaͤßige Hoffnung; wer nicht fromm iſt, iſt auch nicht faͤhig, ſich zuzuei - gnen, was das Evangelium verkuͤndiget. Der Froͤmmigkeit muß man auf helffen im Lande. Bluͤhet Froͤmmigkeit im Lan - de, das befoͤrdert des Landes Wohlfahrt. Wird durch das Lehren in denen Schulen der Froͤmmigkeit nicht aufgeholffen? Wer in den Schulen iſt gelehret worden, erinnert ſich hernach deſſen, was ihm der und der Gamalieleingeſchaͤrffet hat. Er ſpricht: Dem und dem geſtatte ich nicht, daß es mich bethoͤre, mein Præceptor ſagte: es waͤre Pech, wer es angrieffe, der beſudele ſich.

Die Suͤnde iſt nicht was heilſames. Beharren wir in der Suͤnde, es verſtopfet ſich die Ader des Heyls. Aus dem Neſte, in dem Wercke Belials ſind, muß man fliehen, daß man derer nicht theilhaftig werde. Jſt die Suͤnde nicht was heilſames, ſo iſt was heilſames die Warnung vor der Suͤnde. Von wem in den Schulen gelehret wird, der warnet. Nicht dißeit, jenſeit, jenſeit des Jordans, ſpricht er, wer nach Canaanwill. Kuͤn - ſte hin, Kuͤnſte her, ſpricht er, ſchade fuͤr die Kuͤnſte, waͤreſt du auſſer dem mit Schalckheit gefuͤttert.

Jſt das Lehren in den Schulen heilſam, dancket GOtt, daß er nicht Julianosuͤber uns herrſchen laͤßt. JulianiBefehl war, man ſolte die Schulen zerſtoͤhren, in der Abſicht, ſo dann wuͤrden fallen maͤchtige Pfeiler des Chriſtenthums.

Das Heilſame, auf welches ich ziele, ſtiffte doch, wer es ſtifften kan! Es hat arme Kinder, in die Schule? das iſt ih - nen zu koſtbar. Was arme Kinder zu geben nicht vermoͤ - gen, das gieb du, der du ein beguͤtterter Boas biſt. Es waͤ - re zu wuͤnſchen, der ſeel. Herr Rector, der ſo heilſam lehre - te, lehrete noch. Eliaslehrete auch heilſam, ploͤtzlich ließ GOtt den Wagen anſpannen, Eliasmuſte fort. Wer kanandern16aͤndern, was GOtt fuͤget. GOtt darf dem, welches nicht iſt, ruffen, daß es ſey, ſo iſt es. Koͤnnen wir dem, was iſt ruffen, daß es nicht ſey? Unſere Schule hat lange ausneh - menden Credit gehabt; GOtt beſchere wackere Maͤnner, ſo hat Laubannoch kuͤnftig, was heilſam verdient genennet zu werden.

So viel von dem Lehren in den Schulen. Jn wel - cher Schule iſt die nachgelaſſene Fr. Wittib? Jn der Creutz - Schule. Jn der Schule iſt GOtt Rector und Director. Was uns in der Schule begegnet, regieret und dirigiret GOtt ſo, daß der, der ihm vertrauet, doch nicht zu ſchanden wird.

Wird ſich es nur befinden,
Daß du ihm treu verbleibſt,
So wird er dich entbinden,
Da dus am wengſten glaͤubſt.
Er wird dein Hertze loͤſen
Von der ſo ſchweren Laſt,
Die du zu keinem Boͤſen
Bißher getragen haſt.

Wir ſind unter GOtt. Wird die und die Creutz-Blume ab - gepfluͤckt: was GOtt verhengt, dem mit Verdruß entgegen ſehen, iſt nicht erlaubt.

Der Seelige hat gelehrt und gelehrt; Er mag uns noch lehren zum Beſchluſſe, wie nichtig und fluͤchtig wir ſind. Jn Groſſens Lexico derer Jubel-Prieſter ſtehet auch M. Damian Boͤttner. Er iſt der letzte Evangeliſche Prediger in dem benach - barten Langen-Oelſſe; Er iſt, wie des ſeel. Hrn. Rectoris, ſo mein Uhr-Groß-Vater geweſen. Der ſtieg hoch, 84. Jahre. Lebten wir Uhr-Enckel 100. Jahre, das Leben wird doch nach und nach zum Geſchrey, das voruͤber faͤhrt, und zum Schatten, der ver - ſchwindet, als floͤge er davon.

Laßt17

Laßt uns dem, was vergaͤnglich iſt, abſagen. Sand iſt es, auf den baut, wer das Eitele zur Zuverſicht hat.

Herrſcher uͤber Tod und Leben,
Mach einmahl mein Ende gut!
Lehre, lehre, mich den Geiſt aufgeben
Mit recht wohlgefaßtem Muth.
Hilf, daß ich ein ehrlich Grab
Neben frommen Chriſten hab,
Und auch endlich in der Erde
Nimmermehr zu ſchanden werde.

Soli DEO Gloria!

[figure]
CLebens -18

Lebens-Lauff.

Was der Koͤnig und Prophete Davidvon denen Edel - ſten in Jſrael, in ſeiner Jammer-Klage uͤber ihren Fall, verſichert, daß ſie im Buche der Redlichen ſtuͤnden,(1)2 Sam.I, 18. das moͤgen wir auch billig die Uberſchrifft der Lebens - und Todes-Geſchichte des weyland Tit. plen. Herrn, Herrn M. Gottfried Boͤttners, beruͤhmten Philologi und hochverdient geweſenen Rectoris bey hieſigem Lau - baniſchen Lyceo, ſeyn laſſen. Wir wollen uns itzo mit den Gelehrten in keinen Streit einlaſſen, was dieſes Buch der Redlichen vor ein Buch geweſen ſey, deſſen Davidgeden - cket, und das ſchon vor ihm Joſuadas Buch der From - men genennet hat. (2) Joſ.X, 13.Ob etwan das erſte Buch Moſis ge - meinet ſey, darinnen die redlichen Leute, die Ertz-Vaͤter vor und nach der Suͤndfluth, beſchrieben worden, wie Mun - ſterusmeinet: Oder das Buch Samuelis, darinnen des red - lichen Samuels, Gaths, Nathansund anderer gedacht wird, und wie der von GOtt erwaͤhlte Koͤnig und ſtreitbare Held, Saul, nachdem er von HErrn gewichen, umkommen; wo - hin Cornelius a lapidezielet: Oder der gantze Pentateuchus, alle 5. Buͤcher Moſis, darinnen GOtt ſeine Rechte und Geſetze leh - ret, daß ihm jedermann nach denſelben redlich dienen ſoll, welches Sanctiusund der Chaldaͤiſche Dollmetſcher vorgeben. Oder19Oder ob es etwa eine beſondere Juͤdiſche Chronica geweſen, darinnen man die Thaten frommer, redlicher und wohlver - dienter Maͤnner in Jſraelverzeichnet, und ſolche hernach - mahls im Tempel verwahrlich beygeleget habe, wie Joſephus, Maſiusund Juniusdavor halten. (3)Dieſes und ein mehrers hiervon iſt zu finden in PoliSynopſi Criticorum Vol. I. und in CaloviiBibliis illuſtratis Vol. I. uͤber dieſe 2 Schrifft-Stellen vom Buche der Redlichen und der Frommen. Genug, wenn es auch ein abſonderliches Buch geweſen waͤre, daß dennoch durch deſſen Verluſt dem Canoni Scripturæ nichts abgehet. Ge - nug, daß wir dennoch zu unſern Zeiten ein Buch der Red - lichen haben, welches nicht verlohren gehen wird, ſo lange die Welt ſtehet, ja, welches dauren wird, wenn alle geſchrie - bene und gedruckte Buͤcher dereinſt mit der Welt gaͤntzlich vergehen werden. Und das iſt das ruͤhmliche und unvergeß - liche Andencken rechtſchaffener und wohlverdienter Maͤnner, ſo wohl im Hertzen GOttes, als aller gleichfalls redlichen und GOtt ergebenen Menſchen, von welchem Buche Salomondurch den Geiſt GOttes getrieben, in ſeinen weiſen Spruͤ - chen den Ausſpruch thut: Das Gedaͤchtniß des Gerech - ten bleibet im Seegen. (4)Prov. X, 7.Schreibt aber Salomonin dieſes Buch einen jeden Gerechten, ſo werden vielmehr die - jenigen einen beſondern Platz darinnen haben, welche in ih - ren wichtigen Aemtern, darein ſie die Goͤttliche Vorſehung entweder in der Policey, oder in Kirchen und Schulen ge - ſetzet hat, ihrem GOtt in Aufrichtigkeit des Hertzens, ohne einige falſche Abſichten, aus allen Kraͤfften, treu und redlich dienen, damit ſeine Ehre befoͤrdert, und ſein Reich hier und dort erbauet und erweitert wird. Wie denn redliche Leute,C 2nach20nach der Mund-Art des heiligen Geiſtes eigentlich Viri virtu - tis, tugendhaffte Maͤnner, heiſſen, und das Grund-Wort (לשי) ſonſt durch geſchickt, aufrichtig, fromm, gerecht und treu uͤberſetzet worden, und alſo ſelbſt erklaͤret, was durch redliche Leute zu verſtehen ſey. Daher auch der Apoſtel Paulus, wenn er alle dieſe Eigenſchafften von Timotheoer - fordert, ſolche in das eintzige Wort der Redlichkeit einſchluͤſ - ſet, und ausbricht: Richte dein Amt redlich aus. (5)2 Tim.IV, 5.Wer wolte alſo zweifeln, ob der Ausſpruch Davids: Es ſte - het im Buche der Redlichen geſchrieben, von unſerm Wohlſeel. Herrn Rectore in Wahrheit geſagt werden koͤn - ne, da ſeine, obzwar ſehr weitlaͤufftige, doch itzt kurtzgefaßte Le - bens-Beſchreibung beſtaͤtigen wird, daß Er mit allem Rechte unter die redlichen Knechte GOttes gezehlet werden koͤnne.

Macht der Unterſcheid der Geburt ſchon unter denen Menſchen einen mercklichen Unterſcheid, und eignet ei - nem vor dem andern merckliche Vortheile zu, ſo koͤnnten wir unſern Wohlſeeligen, in Anſehung, daß Er Vaͤterl. und Muͤtterl. Seiten von ſolchen Groß-Eltern und Uhr-Eltern, aus der Boͤttneriſchen, Langiſchen, Guͤntheriſchen und Kreckleriſchen Familie entſproſſen iſt, aus welchen viele GOtt in ihren geiſtlichen und weltlichen Aemtern, als treue Knechte GOttes, lange Jahre redlich gedienet haben, voraus, daß er von Tit. plen. Herrn M. Gottfried Boͤttnern, von GOtt und Menſchen redlich erfundenem Paſtore in Frie - dersdorff am Qveiß, als Herrn Vater und von der Grund frommen und redlichen, Frau Martha Boͤtt - rin geb. Langin, als Frau Mutter, im Jahre Chriſti1680.211680. den 25. Mart. des Morgens um 9. Uhr (als man gleich in die Kirche gelautet) in gedachtem Friedersdorffgluͤcklich gebohren worden, ſchon eine Stelle im Buche der Redlichen einraͤumen; Allein weil die werthen Eltern gar wohl wuſten, daß ihr Geliebtes Soͤhnchen, wegen der angebohre - nen Erbſuͤnde, mehr in das Buch der Feinde, als redlichen Freunde GOttes gehoͤrte, ſo befoͤrderten Sie es alsbald den 27. Mart. zur heiligen Tauffe, und lieſſen Jhn vermittelſt, und in Gegenwart Chriſtlicher Zeugen, mit dem Nahmen Gottfried, nicht nur in das Buch der getaufften Chriſten, ſondern gar in die Rolle derjenigen einzeichnen, derer Nah - men im Himmel angeſchrieben ſind.

Damit aber unſer Wohlſeeliger, theils in ſeinem gluͤck - lichen Stande moͤchte erhalten, theils geſchickt gemacht wer - den, GOtt in einem offentlichen Amte dereinſt redlich zu die - nen, ſo lieſſen ſich die Geehrten Eltern deſſen Erziehung red - lich angelegen ſeyn, daher ſie ſo wohl die noͤthige Wartung und Pflege ſeines Leibes beſtmoͤglichſt beſorgten, als auch, ſo bald es Alter und Verſtand zulieſſen, ihn zum Gebeth und wah - ren Furcht GOttes treulich anhielten. Und da er alsbald ſonderbare Luſt und Faͤhigkeit zum Studiren von ſich zeigte, gab ſich der Herr Vater bey ſeinem ſchweren Amte die Muͤ - he, ihn ſelbſt zu informiren, und legte bey Jhm einen guten Grund der Latinitaͤt, gab Jhm auch zugleich einigen Vor - ſchmack von der Griechiſchen Sprache, Hiſtorie und Ora - torie.

Anno 1691. kurtz vor Michaelis kam er nach Greiffen - bergzu Herrn Melchior Herbſten, Anſehnlichen des Raths, und beliebtem Kauffmann daſelbſt, als ſeinem Herrn Pathen, der des Herrn Vaters Frau Schweſter zur Ehe hatte, von denen er 3. Jahre rechte Vaͤterl. und Muͤtterl. Liebe undC 3Pflege22Pflege genoſſen, und frequentirte ſo lange in der Schule zu Nieder-Wieſe, anfangs unter Hrn. M. Melchior Guͤnthern, (der Frau Groß-Mutter Herrn Bruder) als Rectore, und als dieſer ein Jahr darauf ins Loͤbauiſche Rectorat vociret wurde, unter deſſen Succeſſore, Hrn. Chriſtian Hein, und ſeinem Collegen, Hrn. Joh. Melchior Redern, ſo daß er nicht nur in der Latinitaͤt und Griechiſchen Sprache avanciren kon - te, ſondern auch in der Hebraͤiſchen Sprache einen Anfang machte, und hiernaͤchſt in der Logica, Oratoria, Arithme - tica und Muſica, Anweiſung hatte.

Anno 1694. kurtz vor Michaelis fuͤhrte Jhn der Herr Vater hieher nach Laubanins Lyceum, deſſen Rector da - mahls Hr. M. George Wendewar. Als aber dieſer ein halb Jahr darauf nach Thoren zog, das Rectorat in daſigem Gy - mnaſio anzutreten, und nach gehaltener Abſchieds-Rede in Lauban, bey dem Herausgehen aus dem Auditorio der er - ſtern Claſſe, unſerm Wohlſeeligen einen ſchoͤnen Seegens - Wunſch ertheilet hatte, genoß Er von deſſen Succeſſore, Hr. M. Gottfried Hoffmann, als Rectore, und Hr. M. Frid - rich Guden, als Con-Rectore, (itzigem annoch, und GOtt gebe! noch lange lebendem Hochverdientem Paſtore Primario allhier) ſehr groſſe Liebe und treue Information, und ward von Jhnen zur Univerſitaͤt recht wohl præpariret, daß er nach des Hrn. Rectoris Rath Anno 1699. Laubanverlaſſen, und nach deſſen Vorſchlage den 17. Mart. offentlich valedi - ciren, auch in ſeiner Oratione valedictoria, nach Gelegen - heit des damahls zwiſchen dem Roͤmiſchen Kayſer und der Ottomanniſchen Pforte zu Carlowitzgeſchloſſenen Friedens, de emolumentis in re literaria pacis Carolowizenſis handeln konte, da er zugleich, ſo wohl von dem Herrn Rectore, alsHerrn23Herrn Con-Rectore, mit einem ſchoͤnen Programmate loco Teſtimonii begleitet wurde. (6)Des Hrn. Rectoris Programma handelte in genere de Pace orbi Chriſtiano recens reſtituta. d. d. 16. Mart. 1699. Der Hr. Con-Rector, als Præſes eines aufgerichteten Collegii ebreæ lingvæ, darinnen die Provectiores die ſchwaͤcheren Commilitones unterweiſen ſolten, und der abituriens ein fleißiges membrum ge - weſen war, ſtellete in ſeinem Programmate vor Amicitiam do - centem, veluti novam methodum lingvæ ebreæ in Lyceo Lau - banenſi docendæ & diſcendæ.

Hierauf wandte er ſich an der Oſter-Meſſe dieſes 1699ſten Jahres, um ſeine Studia zu continuiren und abſolviren, nach Leipzig, und ward von ſeinem Herrn Vetter, dem beruͤhm - ten Theologo, Herrn L. Johann Guͤnthern, in ſein Haus und ſonderbare Vorſorge willig aufgenommen, ſo, daß er nach deſſen Vorſchlaͤgen ſeine Studia kluͤglich einrichten, und deſſen ſchoͤner[Bibiiothec] ſich dabey beſtaͤndig bedienen konte. So bald Er den 28. Apr. von Hrn. L. Ottone Mencken, als der Zeit Rectore Magnifico, unter die Zahl der Leipziger Muſen-Soͤhne aufgenommen, und in das Buch der Studio - ſorum eingeſchrieben worden, war ſein eintziges und eifriges Bemuͤhen, ſeinen Zweck unter Goͤttlichem Seegen gluͤcklich zu erreichen, weßwegen er ſich die beruͤhmteſten Maͤnner zu ſeinen Lehrern und Wegweiſern erwehlet, und deren Colle - gia unausgeſetzt beſucht. Uber die gantze Philoſophie hoͤrete er Herrn L. Gottfried Olearium, beſonders aber uͤber die Phy - ſic Herrn D. Cyprian, uͤber die Metaphyſic Herrn Profeſſ. Hardt, uͤber die Matheſin die Herren Profeſſores Pfautzund Diecel, uͤber die Ethic und Politic Herrn L. Otto Mencken, und uͤbers Jus Naturæ Herrn D. Titium, in Hiſtoricis Hrn. M. Lange, (der Frau Mutter Herrn Bruder, Sr. Hoch -Edel -24Edelgebohrnen Magnificenz, den itzigen Koͤnigl. Pohlniſchen und Churſaͤchſ. Geheimden Kriegs-Rath, und hochverdien - ten Burgemeiſter zu Leipzig, welchen GOtt als den noch eintzig lebenden von allen ſeinen academiſchen Lehrern, noch lange Jahre in vollem Seegen, zum Troſt der gantzen Familie, gnaͤdig erhalten wolle!) in Oratoriis elaboratoriis und practi - cis Hrn. D. Schmieden, und in der Hebraͤiſchen und Syri - ſchen Sprache Hrn. M. Starckenund Ludwigen. Und da Er die Theologie zu ſeinem Haupt-Studio erwehlet, ſo hoͤrte Er mit ſonderbarem Fleiſſe in theticis und polemicis Hrn. D. Schmie - denund Guͤnthern, in moralibus Hrn. D. J. Olearium, in exe - geticis Hrn. D. Seeligmann, in hiſtoricis eccleſiaſticis Hrn. D. Jttig, und in homileticis, ſo wohl fundamentalibus, als practicis Herrn D. Seeligmann, Guͤnthernund Pippingen, wie auch in diſputatoriis Herrn D. Schmieden, Guͤnthernund Olearium.

Koͤnig Salomonſagt in ſeinen weiſen Spruͤchen: Der HErr laͤßt es denen Aufrichtigen gelingen.(7)Prov. II, 7. und ge - brauchet in feiner Sprache von den Aufrichtigen eben das Wort, ſo Davidvon denen Redlichen ausgeſprochen. Und ſiehe, das kan man auch von unſerm Wohlſeeligen ſagen. Denn wie Er von Jugend auf eine aufrichtige Intention ge - habt, GOtt und ſeinem Naͤchſten einmahl recht nuͤtzlich zu ſeyn, auch deſſentwegen weder Fleiß noch Muͤhe geſparet, ſo ließ es Jhm GOtt dermaſſen gelingen, daß Er allenthalben auf Schulen und der Univerſitaͤt redliche Præceptores und Profeſſores fand, und in allen ſeinen Studiis ſo gluͤcklich avan - cirte, daß Er nicht alleine in denen Collegiis ſchoͤne Specimi - na mit peroriren und diſputiren ablegte, ſondern ſich auch offentlich auf der Cantzel und Catheder in und auſſerhalbLeip -25 Leipzigzu vieler Vergnuͤgen hoͤren ließ, daher er die gewoͤhn - lichen honores academicos mit groſſem Ruhme annehmen, aber auch deren Privilegia mit noch groͤſſerm Ruhme und Nutzen diſputando und legendo gebrauchen konte. Er hatte ſchon auf Schulen zu informiren angefangen, und faſt 3 Jah - re in einem freyen Hoſpitio ſeine voͤllige Verpflegung allhier genoſſen, auch uͤber dieſes vielen ſchwaͤchern Commilitonibus, beſonders nahen Vettern, nachgeholffen, und das ſetzte Er in Leipzigmit Luſt ſo wohl privatim als publice fort. Er blieb zwar beſtaͤndig biß auf die letztern zwey Jahre im Guͤntheri - ſchen Hauſe, doch hat Er unterſchiedene Jahre Herrn D. Chriſtian Wolffs, beruͤhmten MedicinæPractici daſelbſt, zwey Soͤhne informiret, und in dieſem vornehmen Hauſe viele Liebe und Wohlthaten genoſſen, auch letzlich mit deſto groͤſ - ſerm Vergnuͤgen in demſelben gewohnet, jemehr Er Platz und Beqvemlichkeit fand, daſelbſt ſeine Collegia fortzuſetzen und zu erweitern. Er hatte kaum Anno 1699. den 2 Dec. den Gradum Baccalaureatus Philoſophiæ erhalten, ſo bediente Er ſich alsdald dieſes Vortheils, daß er ſo wohl die Lectio - nes cereales laſe, als auch 5mahl in Cathedra philoſophica inferiori unter denen Baccalaureis als Præſes diſputirte(8)A. 1700. d. 6. Mart. de Præjudiciis Autoritatis in Philoſo - phia nocumentis. A. 1700. d. 3. Apr. de Uſu Autoritatis in Philoſophia genuino. A. 1700. d. 10. Jul. de incommodis, quibus obnoxii ſunt Αυτοδίδακτοι. A. 1700. d. 22. Sept. de Spicilegio Plutarchico. A. 1701. d. 13. Mart. de Theſibus quibusdam philoſophicis varii generis. NB. absque Reſpondente. und andern bey dergleichen Speciminibus und Exercitiis uͤber 30mahl opponirte; Uber dieſes noch unter Hrn. M. JohannDPaul26Paul GumprechtsPræſidio, deſſen Diſputation de Obligati - one hominis erga Patriam, A. 1700. den 13. Mart. als Reſpon - dens publice vertheidigte. Als Jhm hierauf Anno 1702. den 26. Jan. bey offentlicher Promotion die Magiſter-Wuͤrde con - feriret wurde, habilitirte Er ſich nicht nur alsbald den 18. Mart. dieſes Jahres auf der Ober-Catheder in der Diſputa - tion de Viventium erga mortuos obligatione, ſondern ſchrieb auch, und defendirte nachgehends noch 8 Diſputationes als Præſes,(9)Anno 1703. d. 6. Febr. de Quæſtione: An & quatenus So - mnia hominibus imputentur. A. 1704. d. 25. Oct. de Eruditis Studiorum intemperie mor - tem ſibi accelerantibus. A. 1705. d. 19. Dec. Diſputationem hiſtorico-moralem de malis Eruditorum uxoribus. A. 1705. d. 21. Dec. Diſputationem moralem de malis Erudi - torum uxoribus. A. 1706. d. 29. Dec. de Emendatione mentis humanæ ab in - tellectu inchoanda. A. 1707. d. 10. Sept. Diſp. I. de Quæſtione: An & quatenus Sab - batum Jure Naturæ præcipiatur, NB. in vicem prioris PRO LOCO abſque Reſpondente. A. 1709. d. 20. Apr. Diſp. II. de eadem materia. NB. in vicem po - ſterioris PRO LOCO absque Reſpondente. A. 1709. d. 21. Dec. Diſp. III. de eadem materia. zu geſchweigen, daß Er ſich auf der Opponen - ten-Banck oͤffters und mit groſſem Applauſu hoͤren laſſen. Anno 1702. den 26. Jul. vertheidigte Er auf der theologiſchen Catheder, unter dem Præſidio Hrn. D. Johann Schmidts, die Diſputationem anticalvinianam de Scriptura ſacra, und Anno 1703. hielt Er am Reformations-Feſte in der academi - ſchen Kirche eine ſolenne Rede: Quod Lutherus ſua reforma - tione & doctrina ſubditos nequaquam rebelles fecerit. Dasſetzte27ſetzte Jhn an vielen Orten, ſonderlich in Leipzig, und am meiſten bey der Univerſitaͤt, in gutes Anſehen, daß Er nach gehaltenen 2. Diſputationibus PRO LOCO, die Aſſeſſur bey der Philoſophiſchen Facultæt erhielt, voraus aber in ſeinen Collegiis Panſophicis, Homileticis t. fundamentalibus t. di - ſpoſitorio-elaboratoriis, Diſputatoriis fundamentalibus & practicis, Oratorio-elaboratoriis und Hebraicis immer groͤſ - ſern Zulauf und Applauſum bekam.

So hatte ſich unſer Hr. M. BoͤttnerMit GOttes Bey - ſtand (nach ſeinem Symbolo) gnugſam præpariret und legiti - miret, ein offentliches Amt, auf der Catheder oder Cantzel, als ein redlicher Mann zu bekleiden, als von welchem Moſes vor allen Dingen Weißheit und Verſtand erfordert. (10)Deut. I, 13.Auch darinnen ließ es Jhm ſein GOtt wohl gelingen. Zwar hatte es einige mahle das Anſehen, GOtt wolte Jhn auf der Can - tzel brauchen, doch wieß es ſich endlich, Er ſey von GOtt auf die Catheder beſtimmt. Denn als Anno 1709. das Lau - baniſche Con-Rectorat vacant war, und ſich die Herren Pa - troni, nach der Erinnerung Jethro,(11)Exod. XVIII. 21. nach einem redli - chen Mann umſahen, lenckte der oberſte Kirchen - und Schu - len-Patron deren Gedancken auf unſern Wohlſeeligen, daß Sie Jhn den 14. Nov. dieſes Jahres wuͤrcklich zum hieſigen Con - Rectorat im Nahmen GOttes vocirten, welches Amt Er aber erſt den 18. Febr. Anno 1710. am Tage Concordiæ, mit ei - ner[Inaugural-Oration], de Informationis academicæ & ſcho - laſticæ differentia & convenientia antrat. Und da Er nach - gehends in Verwaltung ſeines Amtes alle Qvalitaͤten eines redlichen Schulmannes zur Gnuͤge von ſich zeigte,(12)Der Wohlſeelige hat auſſer ſeinen ordentlichen public - undprivat - ge -ſchahe28ſchahe es, daß Er nicht allein in Laubanſehr beliebt, ſon - dern auch in der Fremde ſehr beruͤhmt ward, und Jhm da - her unterſchiedene Gelegenheiten angebothen wurden, an vor - nehmen Orten auf academiſchen und Schul-Cathedern em - ploiret zu werden. GOtt offenbarte aber endlich allemahl, daß Laubanſeine redlichen Dienſte beſtaͤndig genuͤſſen ſolte, drum ſetzte Er Jhn hier vollends feſte, als Er Anno 1732. bey damahliger Rectorat-Vacanz von denen Herren Patronis den 3. Mart. zum Rectorat einhellig erwehlet, und Dominica Reminiſcere ſchrifftlich vociret wurde, welches neue und hoͤchſt - wichtige Amt Er auch, (nachdem Er ſolches ſchon vorher eine Zeitlang modo vicario verwaltet) nicht nur alsbald antrat, und nachgehends bey der Ankunft des neuen Hrn. Con-Rectoris, den 16. Sept. dieſes Jahres, ſeine Inaugural-Oration, de Vigi - lantia Rectoris ſcholaſtici ſolenniter ablegte, zu welcher er den 13. Sept. in einem lateiniſchen Programmate de Vigilantia omnium virtutum comite eingeladen hatte, ſondern auch[mit ſo] viel Fleiß und Klugheit fuͤhrete, daß das Lyceum un - ter goͤttlichem Seegen wieder in guten Flor kam, auch dar - innen biß an deſſen Ende beſtaͤndig blieben iſt. (13)Hieher kan wohl billig mit gerechnet werden, daß der ſeel. Mann Zeit ſeines Rectoratsa) alle

Bey

(12)[privat-Verrichtungen] beſtaͤndig Collegia privatiſſima; auch 1725. an Oſtern, zum Andencken der vor 200. Jahren in Lauban angegangenen Reformation eine Jubel-Oration gehalten, de Ec - cleſia Laubanenſiducentis abhinc annis e ſepulchro Papatus reſurgente; ingleichen 1730. den 28. und 29. Jun. als am andern Augſpurgiſchen Confeßions-Jubel-Feſte einen Actum Oratorio - Poëtico-Dialogiſticum, von der Hiſtorie der Augſpurgiſchen Confeßion, und der daher entſtehenden Pflicht - und Jubel-Fey - er, auf dem offentlichen Theatro aufgefuͤhret, und darzu in einem deutſchen Programmate d. d. 23. Jun. 1730. eingeladen.

29

Bey dieſen Aemtern nun war unſerm Wohlſeeligen eine treue Ehe-Gattin hoͤchſt von noͤthen, zumahl ſich vom Adel. und Buͤrgerl. Stande, vornehmlich aus Schleſien, viele mel - deten, welche Jhre Soͤhne zu Jhm ins Haus und an TiſchD 3gerne(13)a) alle Jahre einen Actum Valedictorium gehalten, an welchem ſo wohl die Candidati Academiæ als Congratulantes ihre Ora - tiones in verſchiedenen Sprachen, gebunden und ungebunden, offentlich abgeleget, worzu der Herr Rector allemahl in einem lateiniſchen Programmate invitiret, darinnen er zugleich den gantzen Jnhalt vorgeſtellet, als: A. 1733. den 26. Mart. de Contubernio Muſarum & Muſices. A. 1734. den 14. Apr. de Vi nominum propriorum homini - bus impoſitorum. A. 1735. den 28. Mart. de Proverbio: Medice, cura te ipſum. A. 1736. den 5. Mart. de Pacis Compoſitione. NB. Traf gleich den Tag Friedrich, als den hohen Nahmens-Tag Sr. Koͤn. Maj. in Pohlen, und Churfl. Durchl. zu Sachſen, und Deſſen Koͤnigl. Chur-Printzens Hoheit, daher nicht allein alle Valedicentes und Gratulantes ihre Orationes drauf ge - richtet, ſondern auch beſonders 2 Studirende von Adel aus der Ober-Lauſitzihre devoteſte Gratulationes in 2 Poetiſchen Reden, in lateiniſcher und deutſcher Sprache, abgeleget. A. 1737. den 3. Apr. de Harmonia inter animam & corpus. A. 1738. den 26. Mart. de Controverſia recentiſſima; An ex amore ſolo univerſum Jus Naturæ ſit derivandum? A. 1739. den 9. Apr. de veræ Eruditionis Natura & Partibus, earumque numero & ordine. A. 1740. den 10. Mart. de Sapientiæ & Divitiarum nexu. b) Jngleichen auf Anordnung E. HochEdl. Raths, und Verlangen der gantzen Stadt, den jaͤhrlichen Gregorius-Aufzug wieder herge - ſtellet, deſſen Vorſtellung Er gleichfalls allemahl in einem deutſchen Programmate vorher intimiret. Solche Vorſtellungen und Programmata haben aber gehandelt:A. 173230gerne thun wolten, daher Er, nachdem Er 2 Jahr bey ſeiner da - mahls hier lebenden Fr. Schweſter an Tiſch gegangen, GOtt hertzlich anrief, daß Er es ihm auch hierinnen gelingen laſſen wolle. Das that auch GOtt, und fuͤgte es ſo gnaͤdig, daß Er mit der damahls Tit. deb. Jungfer Chriſtianen Eliſa - beth Jungin, Tit. Herrn M. Chriſtian Jungens, treu-verdienten Paſtoris in Eybau, eintzigen Jgfr. Tochter,als(13)A. 1732. Von der Wachſamkeit im Geiſtlichen und Leiblichen. A. 1734. von der milden Gutthaͤtigkeit gegen die Schulen. A. 1735. Von der Selbſt-Erkenntniß. A. 1736. Von der Erkenntniß GOttes. A. 1737. Von der Erkenntniß der Welt. A. 1738. Von der gelehrten Gottſeeligkeit, als dem Haupt - Zwecke aller Chriſtlichen Schulen. A. 1739. Von dem Unterſcheide der wahren und falſchen Ge - lehrſamkeit. NB. A. 1733. geſchahe wegen der hohen Landes-Trauer kein of - fentlicher Aufzug und Præſentation, doch intimirte der See - lige den gewoͤhnlichen[Gregorius-Umgang] gleichwohl in ei - nem deutſchen Programmate, un[d]handelte darinnen von des verſtorbenen Koͤnigs Majeſtaͤt recht Koͤnigl. Einſicht in die vortreflichſten Kuͤnſte und Wiſſenſchaften, und ſeinem allergnaͤdigſten Bezeugen, ſo wohl gegen ihre Liebhaber und Verehrer, als gegen die Werckſtaͤtte der - ſelben gegen hohe und niedere Schulen. c) Auch A. 1735. den 3. und 4. Aug. einen Actum Dramaticum, von der falſchen Politic, auf offentlichen Theatro, und darzu in einem deutſchen Programmate eingeladen. Und weil am 3. Aug. zugleich als am Tage Auguſti, der hohe Nahmens-Tag Jhro Koͤnigl. Maj. in Pohlenund Churfuͤrſtl. Durchl. zu Sachſen, Unſers Allergnaͤdigſten Landes-Vaters, einfiel, wurde ſel - biger zum Beſchluſſe des Actus mit etlichen Poetiſchen Reden in lateiniſcher und deutſcher Sprache allerunterthaͤnigſt gefeyert.31als anitzo hoͤchſtſchmertzlich betruͤbten Fr. Wittib, allhier in Laubanden 5. Apr. A. 1712. offentlich copuliret worden, ſintemahl Er an Derſelben, mit einem Worte, ein redlich Weib bekommen, die Jhn gebuͤhrend geehret, hertzlich ge - liebet, treulich gepfleget, und durch voͤllige Ubernehmung der Haus - und Wirthſchaffts-Sorgen Jhm ſein Amt ſehr erleichtert. GOtt ſeegnete auch dieſe Ehe mit 7. angenehmen Ehe - und Liebes-Pfaͤndern, mit 3 Soͤhnen und 4 Toͤchtern. Nur iſt zu beklagen, daß dieſe angenehme Kinder-Freude im - mer verſaltzen, und in deſto groͤſſeres Leid verkehret worden, indem nicht allein die 3 Soͤhne,(14)Die drey Soͤhne ſind geweſen: a) Gottfried, geb. A. 1718. den 24. Apr. geſtorben den 28. Apr. ſeines Alters 4. Tage. b) Chriſtian Gottfried, geb. A. 1719. den 18. Oct. geſt. 1722. den 14. Apr. ſeines Alters 2. J. 25. W. Tag. c) Nathanael Gotthilf, geb. A. 1727. den 11. Jun. geſt. den 14. Jul. ſeines Alters 4. Wochen 4. Tage. und 3 Toͤchter,(15)Die drey Toͤchter ſind geweſen: a) Martha Chriſtiana, geb. A. 1713. den 14. Jul. ſtarb nach ei - ner halben Stunde und erlangten heiligen Tauffe. b) Magdalena Eliſabeth, geb. A. 1723. den 13. Apr. geſt. An. 1728. den 20. Jun. ihres Alters 5. Jahr 9. Wochen, u. 6. Tage c) Johanna Friederica, geb. A. 1726. den 26. Apr. geſt. den 9. May dieſes Jahres, ihres Alters 12. Tage, 13¾ Stunden. inihrer(13)d)[Und] A. 1738. Feſto Johannis, zum Andencken des vor 150. Jahren erweiterten Lycei, und der vor 50. Jahren vermehrten Zahl derer Herren Præceptorum an demſelben, eine feyerliche Jubel-Rede gehalten, de Cura & Providentia divina circa Ly - ceum Laubanenſe, worzu Er durch ein lateiniſch Programma de Jubilæis ſcholaſticis, & ſpeciatim de Jubilæo ſcholaſtico quin - quagenario atqve ſeſquiſeculari Lycei Laubanenſis, novæ Ca - thedræ inauguratione, d. d. 22. Jun. eingeladen.32ihrer zarten Kindheit erblaſſet, ſondern auch die erwachſene Jungfer Tochter, Jungfer Chriſtiana Theodora, in ihrem vergnuͤgten Braut-Stande mit Tit. deb .. Hrn. M. Samuel Seideln, hieſigen Lycei treuverdienten und beliebtem Con - Rectore, A. 1733. den 18. Apr. durch einen unvermutheten Tod das Jrrdiſche mit dem Himmliſchen verwechſelt. (16)Die erwachſene Tochter, Jungfer Chriſtiana Theodora, war geb. A. 1715. den 23. May, ſtarb an der Blatter-Kranckheit A. 1733. den 18. Apr. ihres Alters 17. J. 46. W. 6. T. und 14. St.

Niemand wird alſo zweifeln, daß unſer wohlſeeliger Herr Rector in dem goͤttlichen Buche der Redlichen aufge - ſchrieben geweſen, da es ihm GOtt dermaſſen gelingen laſſen, daß Er nicht allein durch eine gute Erziehung und geſeegnete[Studia] zu einem redlichen Knechte GOttes geſchickt gemacht, ſondern Jhm auch in ſo wichtigen Aemtern Gelegenheit und Seegen gegeben worden, der Kirche und dem gemeinen We - ſen gute Dienſte zu leiſten, auch dabey in einer gluͤcklichen und vergnuͤgten Ehe gelebet. Er zweifelte ſelbſt nicht daran; Nahm alles, als unverdiente Merckmahle des guͤtigen Anden - ckens GOttes, mit demuͤthigem Dancke an, und bethete um deſſen gnaͤdige Erhaltung hertzlich mit Nehemia: Gedencke meiner, mein GOtt! im Beſten. (17) Nehem.XIII. 31.Ließ ſich aber dadurch antreiben, deſto behutſamer zu ſeyn, und ſich in allem, ſo Jhm anbefohlen woͤrden, redlich als einen treuen Haushalter zu bezeugen, damit Er nicht ſeinem redlichen Nahmen einen Schandfleck anthun, vornehmlich aber GOtt bewegen moͤchte, Jhn aus dem Buche ſeiner redlichen Knech - te, d. i. aus ſeinem gnaͤdigen Angedencken auszuſtreichen.

Und ſo koͤnte von der Redlichkeit unſers Wohlſeeli - gen Herrn Rectoris, dadurch Er ſich im Buche der Redli -chen33chen bey GOtt und Menſchen erhalten, vieles mit Grunde der Wahrheit angefuͤhret werden, wenn es nicht Stadt - ja Landkundig waͤre.

Merckwuͤrdig iſt, daß Er an einem Orte, wo Er ſeine Fata aufzuzeichnen einen kleinen Anfang gemacht, einen Zettel beygeleget, worauf bloß dieſe Worte ſtehen: Das Ampt mit moͤglichſter Treu und Sorgfalt abwarten; gegen den Naͤchſten liebreich, freundlich und dienſt - fertig ſeyn; zufoͤrderſt gegen GOtt eine rechte hertz - liche Ehrfurcht und Hochachtung haben. Daraus ſchluͤſſen wir gantz ſicher, daß der ſeel. Hr. Rector dieſe drey Puncte ſich zur Regel und zum Memorial ſeines Wandels taͤgl. vorgeſtellet. So beſtehet auch in dieſen Stuͤcken die Redlich - keit eines treuen Knechtes GOttes in ſeinem Amte. Dar - um kan man auch in Wahrheit von Jhm ſagen: Er habe im Buche der Redlichen bey GOtt und Menſchen angeſchrieben geſtanden.

Redlich war Er gegen GOtt. Er blieb an dem Vor - bilde der heilſamen Lehre von der Gottſeeligkeit, hielt ſteiff und feſte uͤber den Grund-Saͤtzen unſerer Religion, wie ſie in der heiligen Schrifft und denen Symboliſchen Buͤchern ge - gruͤndet ſind, und tractirte mit ſonderbarem Ernſt und Eyfer die Theologie bey denen Seinen. Er hatte dabey eine aus - nehmende Ehrfurcht vor GOtt, liebte ſein Wort und deſ - ſen treue Diener, und ließ die Ehre GOttes den Haupt-End - zweck aller ſeiner Vortraͤge und Ve[rric]htungen ſeyn.

Redlich war Er gegen ſeine Untergebene in Abwartung ſeines Amts. Er ſuchte ſie zufoͤrderſt fromm, und alsdenn ge - lehrt zu machen, weßwegen Er nicht allein eine genaue Di - ſciplin fuͤhrte, ſondern auch aus allen Kraͤfften, wie publice und privatim, alſo auch privatiſſime auf ſeinem Mu -Eſeo34ſeo, an ihnen arbeitete, damit aus ihnen auch dereinſt redli - che Maͤnner in der Kirche und Policey werden moͤchten. Und da in groſſen Schulen gemeiniglich mehrere Arme als Reiche ſich befinden, ſo war Er gegen die Armen ſo redlich als gegen die Reichen, wir moͤgen wohl ſagen, noch redlicher, indem Er es ſich viel Sorge und Muͤhe koſten laſſen, ſie un - terzubringen, auch ihrentwegen wieder eine Schul-Armen - Caſſe angeleget, und Mit GOttes Beyſtande in ſchon gar gut - tem Stande hinterlaſſen,(18)Hierzu geſchahe der Anfang den 30. Aug. 1735. Denn da da - mahls, als am andern Laubaniſchen Jahrmarckts-Tage, der be - reits den 3. und 4. hujus aufgefuͤhrte Actus auf vieler Verlangen repetiret wurde, lud der Hr. Rector nicht allein in einem neuen deut - ſchen Programmate darzu ein[ſondern eroͤffnete] auch darinnen vor - nehml. ſeine Intenti[on][,]eine[Schul-Armen-Caſſe] wieder aufzurich - ten, u. recommandirte das Werck allen in - und auslaͤndiſchen Schul - Goͤnnern. GOtt hat auch nach und nach viele geneigte Hertzen er - wecket, daß ſchon ein anſehnliches beyſammen iſt, welches GOtt ſeegnen und mehren wolle! Der ſeel. Mann hat ſelbſt von ſeinem eigenen Vermoͤgen an dem 1738. gefeyerten Schul - Jubilæo 100 Rthl. dazu geſchencket, auch noch uͤber dieſes in ſeinem Teſtamente abermahl 100. Rthl. dazu legiret. zu geſchweigen, was Er durch freye Information, und ſonſt an denen Armen gethan.

Redlich war Er gegen die Seinigen. Er war nicht nur ein redlicher Ehe-Mann gegen ſeine Frau Ehe-Liebſte, und fuͤhrte mit Jhr eine vergnuͤgte und exemplariſche Ehe, ſondern auch ein treuer Bruder und Vetter ſeines Geſchwiſters und der Jhrigen, mit denen Ers redlich und aufrichtig meinte, und vor einige, die in betruͤbten Umſtaͤnden leben, mehr vaͤter - lich, als bruͤderlich und vetterlich, ſorgte.

Red -35

Redlich war Er gegen Jedermann, mit denen Er um - zugehen hatte. Seinen Obern begegnete Er mit gehoͤrigem Reſpecte. Mit ſeinen Herren Collegen lebte Er friedlich und vertraulich. Gegen ſeines Gleichen war Er liebreich, und gegen die Geringern freundlich und dienſtfertig, ſo, daß ſich wohl niemand uͤber Jhn beſchweren, jedermann aber ſeinen Verluſt beklagen wird. Und war es Jhm eine groſſe Freude, wenn Er jemanden auch mit ſeiner groͤſten Bemuͤhung einen Dienſt und Gefaͤlligkeit erweiſen konte.

Er war aber auch redlich gegen ſich ſelbſt. Wir wol - len ſo viel ſagen: Er bemuͤhte ſich, ſein Amt und Chriſten - thum ſo zu fuͤhren, damit Er dereinſt beſtehen moͤchte, wenn Er von ſeinem Ober-Herrn zur Rechenſchafft wuͤrde gefordert werden. Und da Er in taͤglicher Pruͤfung dennoch Maͤn - gel und Unvollkommenheiten gnung an ſich gewahr wurde, ſo wandelte Er immer vorſichtiger, hat GOtt ſeine Fehler bußfertig und wehmuͤthig ab, und ſuchte durch wahren Glau - ben allein in JEſuBlut und Wunden vor dem Vater zu be - ſtehen, und ſeelig zu werden.

Und ſo ließ es auch GOtt dieſem ſeinem redlichen und aufrichtigem Knechte immer ferner gelingen. Er gab gu - te Leibes - und Gemuͤths-Kraͤfte, 30 Jahre allhier in Laubanredlich zuarbeiten. Er gab vielen Seegen zu ſeiner Arbeit, daß Er zu ſeinem groſſen Troſte viele von ſeinen geweſenen Untergebenen in wichtigen Aemtern als redliche Leute wiſſen konnte. Er erweckte viele vornehme und geringere in - und auſſerhalb Landes, daß Sie aus Vertrauen zu ſeiner Red - lichkeit Jhm ihre Soͤhne anvertrauten. Ja was Jhm das angenehmſte, ſo verſicherte Jhn GOtt in ſeinem Hertzen ſei - ner Gnade, und daß Er mit ſeinem, obwohl unvollkommenem, doch redlichem und aufrichtigem Dienſte, um ChriſtiwillenE 2zufrie -36zufrieden ſey. So war es gewieß: Er ſtund bey GOtt und Menſchen im Buche der Redlichen angeſchrieben.

So muſte Jhm auch das letzte und beſte gelingen. Denn was der Geiſt GOttes von denen, die richtig und redlich vor dem Herrn gewandelt haben, verſichert, daß ſie zum Frie - den kommen,(19)Eſaiæ LVII, 2 das hat Er auch an dieſem ſeinem redli - chen Knechte treulich erfuͤllet. Ließ Jhm ſein wichtiges Amt, und ſeine Redlichkeit, Tag und Nacht, wenige, ja faſt keine Ruhe, ſo wollte Jhm der HErr Ruhe ſchaffen, und durch einen ſeeligen Tod zur ewigen und ungeſtoͤrten Ruhe in Him - mel bringen. Am 8ten Julii des vergangenen 1739ſten Jah - res wolten ſich ſchon einige Vorbothen darzu anmelden, in - dem Jhm Nachmittags unter waͤhrendem Dociren eine Schwaͤche des Hauptes und Gedaͤchtniſſes auf der Catheder uͤberfiel, ſo aber bald wiech, daß Er gleich den folgenden Morgen wieder publice und privatim arbeiten konnte, auch ſeit der Zeit ſich wieder gar vigorös befand. Den 1 Dec. aber des gedachten 1739ſten Jahres uͤberfiel Jhn Abends um 11 Uhr eine hefftige Anwandelung eines Schlagfluſſes, worzu ſich ein beſchwerliches Erbrechen, empfindliche Haupt - Schmertzen und groſſe Unruhe geſellete. Nun wurden zwar die kraͤftigſten Medicamenta wider ſolche Zufaͤlle mit ſo er - wuͤnſchtem Effect appliciret, daß der Herr Patiente binnen 3. Wochen zum Troſt ſowohl der ſaͤmmtlichen Familie, als des gantzen Lycei wieder reſtituiret wurde, und Er ſein Amt wieder verwalten, auch andre damit verknuͤpfte affai - ren beſorgen, ja noch letztens den muͤhſamen, und dißmahl ſo weitlaͤuftigen Actum Valedictorium zu Stande bringen koͤnnen; Doch blieben noch einige Reli -qvieu37qvien von einem defectu memoriæ zuruͤcke, die auch mit vieler Schwaͤche des Leibes begleitet waren. Dieſes nahm der Wohlſeelige als ein Monitorium von GOtt an, daß ſei - ne Arbeit auf der Welt zu Ende gehen ſollte. Er beſtellte da - her ſein Hauß, uͤbergab ſich Goͤttlichen Willen, und arbeite - te darnach manchmahl faſt uͤber ſein Vermoͤgen, wuͤnſchte dabey aus redlichem Hertzen nichts mehr, als GOtt moͤchte Jhn nicht unbrauchbar werden, ſondern ſeine Amts-Arbeit biß ans Ende verrichten laſſen. Auch dieſer Wunſch iſt Jhm gelungen. Denn heute vor 8 Tagen, als am 22 Martii, da Er den gantzem Tag gearbeitet, und ſich bey einem etliche Tage geſpuͤrtem Catharr, gar leidlich zu Bette geleget hatte, uͤberfiel Jhn abermahl ein heftiger Steck - und Schlag-Fluß, daß Er gleich ſagte: Wo GOtt nicht bald hilfft, ſo iſts mein Ende! Da auch das Stecken immer heftiger wurde, und die angewendeten kraͤftigſten Medicamenta nicht anſchlagen, auch die geſchehene Ader-Laß keine Remisſion geben wollte, erklaͤrte Er ſich, Goͤttl. Willen gaͤntzlich uͤberlaſſende, getroſt: HErr dein Wille geſchehe! Nach GOttes Willen! ſeuftzete dabey ſehr beweglich: HERR JESU, hilff mir! Genoß auch gegen 2 Uhr noch mit groſſer Andacht das Heil. Abend - mahl. Worauf Er zwar wenig mehr reden koͤnnen, durch Seufzen, Minen, und ſonderlich durch weiſen auf das Hertz aber gnugſam darthat, daß Er nicht nur die ſchoͤnen Vor - ſpruͤche des gegenwaͤrtigen Herrn Geiſtlichen und ſeiner Her - ren Collegen wohl verſtuͤnde, ſondern auch der Heil. Geiſt in ſeinem Hertzen treu und redlich wuͤrckte. Und dieſer beglei - tete Jhn auch durch das finſtre Todes-Thal, durch eine ſanf - te und ſeelige Aufloͤſung, welche Mittwochs fruͤhe gleich nach 6 Uhr (als in die Kirche und Schule gelautet wurde) unter hertzlichen Beten der ſaͤmmtlichen Anweſenden Freunde, Her -E 3ren38ren Collegen und Untergebenen erfolgte, dahin, wo er als ein rechter Gottfried ohne beſchwerliche Arbeit in den Haͤu - ſern des ewigen Friedens ſich befindet, und diß in der himml. Schule ſeine eintzige Arbeit ſeyn laͤſt, GOtt vor ſeine Jhm in der Zeit erwieſene Treue redlich zu dancken, und Jhm, mit allen Engeln und Auserwehlten, vor ſeinem Stuhl in ſeinem Tempel, Tag und Nacht ohne Aufhoͤren vollkommen zu die - nen. Nachdem Er auf der Welt ſeinem GOtt redlich gedienet, im Con-Rectorat 22 Jahr, im Rectorat 8 Jahre, im Ehe-Stande faſt 28 Jahr, in ſeinem Leben zuſammen aber 60 Jahr weniger 2 Tage und 3 Stunden.

So bleibts demnach von Unſerm Wohlſeeligen ge - wiß: Er ſtehet im Buche der Redlichen.

Wohl! wer des HErren Werck von Hertzen red -
lich treibet,
Und ſeinem GOTT voraus im Glauben treu
verbleibet!
Deſſelben Nahme ſteht, auch wider allen Neid,
Jm Buch der Redlichen in Zeit und Ewigkeit.
[figure]
Abdan -39

Abdanckungs-Rede gehalten von M. Gottlob Friedrich Guden, Diacono.

Allerſeits Hoch - und Wehrtgeſchaͤtzte, Leidende und Mitleidende!

Zu unſerm allgemeinem Leidweſen ruhet auf dieſer Bah - re der, welcher in ſeinem dreyßigjaͤhrigen Schul-Amte die Ruhe des Leibes ſo wenig ge - genoſſen, als geſuchet. Er ruhet, und die Er in ſeinem Leben geliebet, die Er in ſeinem Amte gelehret, hat Er mit ſeiner gegenwaͤrtigen Ruhe in die groͤſte Unruhe geſetzet.

Denn wie viele Thraͤnen ſalben die entſeelten Gebeine! Wie viele Seufzer ziehen ſich auf den Sarg des Hochedlen, Hochachtbaren und Hochgelahrten, nunmehro aber auch Hochſeeligen Herrn M. Gottfried Boͤttners, der an hieſigem Lyceo zwey und zwantzig Jahre als Conre - ctor, und acht Jahre als Rector mit nicht gringerem Fleiſſe als Ruhme gearbeitet, vergangene Mittwoche aber durch einen unvermutheten harten Steck - und Schlagfluß von ſei - ner Arbeit zur ewigen Ruhe geruffen worden!

So viele Thraͤnen, und Seufzer Jhn im Tode beglei - ten, und ſeinem Andencken nach dem Tode folgen, ſo vieleZeu -40Zeugen der Froͤmmigkeit, der Wiſſenſchafft, der Treue, und des Fleiſſes, womit der Hochſeelige Herr Rector der Schu - le vorgeſtanden! Ja, die weiſen Vorſteher unſers Lycei preiſen die ſonderbaren Verdienſte des allzufruͤh erblaßten Herrn Rectoris!

Jch habe die Ehre von ſeinen Verdienſten anitzo zu re - den, ob ich zwar dieſelben bey einer andern Gelegenheit lie - ber ruͤhmen wolte. Unterdeſſen habe das Amt bey ſeiner Beerdigung der Hoch - und Wehrtgeſchaͤtzten Ver - ſammlung vor ihre geehrteſte Gegenwart ſchuldigſten Danck abzuſtatten nicht unwillig uͤbernommen; weil mir die Wahrheit uͤberfluͤßige Beweißthuͤmer an die Hand giebet, daß der Hochſeelige Herr Rector unter die verdienten Maͤnner gehoͤre, und ich ſolchergeſtalt zugleich die be - qvemſte Gelegenheit gewinne, meinen aufrichtigſten Danck zu entdecken, womit ich des Hochſeeligen Herrn BoͤttnersAn - dencken vor die von ihm genoſſene Unterweiſung auch in ſei - nem Sarge noch verehre.

Zwar iſt es bey allen noch nicht auſſer Widerſpruch, ob Schul-Maͤnner unter diejenigen Maͤnner zu zehlen, welchen man Verdienſte beylegen koͤnne? Die Jnwohner der Welt haben nicht einerley Geſchmack, und weil uͤber den groͤſten Hauffen derſelben Thorheit und Unverſtand noch herrſchet; da ſie noch unter einander ſtreiten, worinn des menſchlichen Ge - ſchlechts hoͤchſte Gluͤckſeeligkeit beſtehe; ſo wollen viele die Ver - dienſte getreuer und geſchickter Schul-Lehrer nicht erken - nen. (*)Vulgo videmus nihil fere abjectius eſſe præceptoribus, ſchreibet Hieronymus Ziegler, in JohannisAventini Lebens -Beſchrei -

Nicht41

Nicht alle Menſchen ſind dem weiſen und beruͤhmten Koͤnige in Macedonien, dem Philippogleich geſinnet, der die Geburt ſeines Printzen, des Alexandri, dem Ariſto - teliin einem ſehr gnaͤdigen Handbriefe meldete, und ihn zugleich verſicherte: Er vergnuͤgte ſich nicht ſo wohl daruͤber, daß die Goͤtter ihm dieſen Printzen geſchen - cket haͤtten, als vielmehr, daß ſie ihm ſolchen zu der Zeit gegeben, da Er (der Ariſtoteles) lebete, von dem der Printz zu ſeinem wuͤrdigen Nachfolger zube - reitet werden koͤnnte! (*) Aulus Gelliushat in ſeinen Noctibus Atticis L. IX. c. 3. dieſen Brief zur Ermunterung aller Eltern auf behalten.Die wenigſten glauben mit dem weiſen Seneca, daß ſie ihren Lehrmeiſtern eben die Hoch - achtung ſchuldig waͤren, welche ſie ihren Eltern er - zeigen ſollten! (**)Jm 64. Briefe: Quam venerationem Parentibus meis debeo, eandem illis Præceptoribus generis humani, a quibus tanti boni initia fluxerunt.

Jedoch giebet gleich nur der kleinſte Hauffe derer Ver - ſtaͤndigen dem Philippound dem Senecain Beurthei - lung derer Schul-Lehrer Beifall; ſo erlangen dieſelben doch den groͤſten Glantz dadurch, daß der Allerhoͤchſte ihren Fleiß mit gnaͤdigen Augen anſiehet, und ſich ihre Arbeit wohl ge - fallen laͤſſet.

FDeſto

(*)Beſchreibung, und derſelben Zuſchrifft an ienes Schuͤler Os - waldum von Eckh. Beſiehe des Herrn Hof-Raths Buders, in verwichenem Jahre herausgegebenen Lebens Beſchretbungen einiger beruͤhmten Geſchicht-Schreiber, p. 11. Jngleichen VerpoortensRede, de diverſis Dei & hominum judiciis de ſcholis. Coburg1709. Wie auch M. Boeckmannsvindici - as ſcholarum in R. P. neceſſariarum. Wittenberg1709. Und D. RechenbergsAbhandlung de Scholarum ortu. Leipzig1684.

42

Deſto freudiger macht mich dies goͤttliche Urtheil des Hochſeeligen Herrn Rectoris Verdienſte zu ruͤhmen.

Und wo waͤre das goͤttliche Urtheil von getreuen Schul - Maͤnnern deutlicher anzutreffen als in denen Worten, die mir von der Hochbetruͤbten Frau Wittwe zum Grunde meiner gegenwaͤrtigen Rede an die Hand gegeben worden ſind? Jch meine das gnaͤdige Urtheil, welches Chriſtus, der Richter aller Welt an jenem allgemeinen groſſen Gerichts - Tage uͤber alle ſeine rechtſchaffene Diener faͤllen will, welches Er Matthaͤi25, 23. in dem Gleichniſſe von dem getreuen Knechte vorher verkuͤndiget: Ey du frommer und getreu - er Knecht, du biſt uͤber wenig getreu geweſen, ich will dich uͤber viel ſetzen, gehe ein zu deines Herrn Freude! Denn da getreue und gottsfuͤrchtige Schul-Maͤnner auch unter die getreuen Knechte GOttes gehoͤren, warum ſolte es nicht erlaubet ſeyn, angefuͤhrte Worte als das gnaͤdige Urtheil GOttes uͤber getreue Schul-Maͤnner, anzuſehen.

Jch finde in dieſen Worten erſtlich, einen Abriß ge - treuer Schul-Maͤnner. Davor halte ich den goͤttlichen Ausſpruch: Du biſt uͤber wenig getreu geweſen!

Wiewohl es darf niemand meinen, als ob zu einem ge - treuen Schul-Manne, ſonderlich in einer ſolchen Pflantz - Stadt, darinnen junge Leute zu hoͤhern Schulen zubereitet werden, wenige Wiſſenſchaften, und wenigere Gemuͤths - Gaben erfordert wuͤrden. Dieſes Vorurtheil hindert den gluͤck - lichen Fortgang des Schul-Weſens nicht wenig. Denn daher wiꝛd das Lehr-Amt in Schulen offt Leuten mehr aus Barmher - tzigkeit gegen ihre Nothdurft, als aus Erkenntniß ihrer Ge - ſchicklichkeiten anvertrauet;(*)Haud ſemel peccari compertum habeo, adeo quidem, ut qui nulli bonae rei ſunt utiles, iis tenera aetas regenda com - mittatur, qua re non ipſi tantum, ſed munus etiam, quod gerunt, & impoſita illis perſona, in contemtum & ludibri - um petulantiae puerilis adducuntur, unde damna maxima in ipſam rem publicam redundare dolore magis eſt quam admi - ratione dignum. Alſo klaget uͤber dieß Vorurtheil der beruͤhm - te Schulmann, Johann Matthias Gesner, in ſeinen In - ſtitutionibus rei Scholaſticae〈…〉〈…〉 Vielweniger darf nie -mand43mand dencken, als ob die Bemuͤhung derer Schul-Leute in das gemeine Weſen wenigen Einfluß haͤtte: Sondern ich be - diene mich des goͤttlichen Ausſpruches zur Abſchilderung eines getreuen Schul-Mannes mit gutem Bedacht nur in der Ab - ſicht, weil ihre Verrichtungen dem groͤſten, aber doch un - verſtaͤndigen Haufen wenig und geringe vorkoͤmmt.

Derſelbe nennt es eine nichtswuͤrdige Kleinigkeit, daß ein Schul-Mann der Jugend die Anfangs-Gruͤnde der Religi - on einfloͤſſet; daß er ſie in ihrer Mutter-Sprache unter - wieſe; daß er ihnen die Erkenntniß fremder Sprachen beybrin - ge, einheimiſche und auslaͤndiſche Geſchichte bekannt mache; die Gebrauche des Alterthums erklaͤre; daß er von der Kunſt vernuͤnftige Schluͤſſe zu mache, Wahrheiten zu unterſuchen, und zu pruͤfen, ihr vieles vorſage; daß er ſie zu einer gezie - menden Auffuͤhrung gegen GOtt, gegen obere, niedere und ihres gleichen, anhalte; daß er ſie in gebunder und unge - bundener Schreibart ihre Gedancken auszudrucken lehre, daß er ihr die Wiſſenſchafft zu zaͤhlen, und zu meſſen erklaͤre.

Alle dieſe Dinge ſiehet der Unverſtand vor Sachen an, die wenig, und nichts bedeuten, die bey zunehmenden Jah - ren weit nuͤtzlicher vergeſſen, als behalten wuͤrden, die zu der gluͤcklichen Beſtellung des Haus-Weſens, und zu der Ver - mehrung des Vermoͤgens nichts beytruͤgen.

F 2Wie44

Wie ſchwer ſind viele Eltern zu uͤberreden, daß ſie ihre Soͤhne denen Schul-Lehrern zur Unterweiſung in dieſen Wiſſenſchafften anvertrauten, wie ſauer geht es ihnen ein, Zeit und Unkoſten auf die Erlernung dererſelben wenden zu laſ - ſen. Sie ſchreiben die an ſich gantz kleinen, oder doch ſehr mittelmaͤßigen Ausgaben die Schul-Lehrer zu belohnen, und die noͤthigen Buͤcher anzuſchaffen unter verlohrne Schulden, deren Wehrt ſie um ſo viel hoͤher ſchaͤtzen, da ihnen die Un - terweiſung ihrer Soͤhne in denen Schulen die Zeit geraubet, darinnen ſie ſich ihrer Beyhuͤlffe zu ihrem Gewienſte haͤtten gebrauchen koͤnnen. Wie ſorgfaͤltig ſind ſie demnach denen Lehrern ihren wohlverdienten Lohn abzukuͤrtzen, und ihre Soͤhne der Unterweiſung alsbald zu entziehen, ſo bald ſie nur diejenigen Kraͤffte ihnen zutrauen moͤgen, welche ſie ih - nen an die Hand zu gehen von noͤthen haben.

Solche Urtheile faͤllt der unverſtaͤndige Haufe von der Arbeit derer Schul-Lehrer, ſo ſchlecht ſtehn dieſelben bey ih - nen angeſchrieben! denn ſie halten einen zeitlichen Gewinn, der gegenwaͤrtig iſt, vor ihr groͤſtes Gut; Sie dencken nur auf deſſelben Erwerbung, und Beſitzung, nicht aber, wie er tugendhaftig angewendet werden moͤge. Sie ſuchen Ehre, ohne daß ſie von derſelben einen rechten Begrif haͤtten. Denn ſie bilden ſich ein, daß ſie ſolche ohne Tugend, und dieſe ohne Wiſſenſchafften erlangen koͤnnten.

Dagegen haͤlt ein verſtaͤndiger Menſch die erzaͤhlten Bemuͤhungen derer Schul-Lehrer vor wichtiger! Er haͤlt dieſelben vor die beſten Mittel, durch welche der Verſtand der Jugend erleuchtet, und ihr Wille gezaͤhmet werden kan, damit ſie zur Ehre des Allerhoͤchſten und zur Wohlfahrt des gemeinen Weſens aufwachſen koͤnne. Schulen ſind die Pflantz-Staͤtte, aus welchen das gemeine Weſen unddie45die Kirche ihre Regenten, ihre Redner, ihre Feld - herren, ihre Geſetzgeber, ihre Aertzte, und Hausvaͤ - ter, ia, dieienigen Gaͤrtner erwartet, deren Fleiß und Klugheit der ſpaͤten Nachwelt wiederum neue Vor - ſteher und Mitglieder erziehen ſoll. Was hat Rom, und Griechenlandzu ſo maͤchtigen Staaten gemacht, daß ſie ihren Feinden das groͤſte Schrecken einiagen, und ihren Bundsgenoſſen Schutz und Ruhe ſchaffen koͤnnen? Nichts als die Sorgfalt, daß die Jugend[wohl] erzogen werden moͤchte. (*)Man leſe des Hrn. Carl RollinsAnweiſung, wie man die freyen Kuͤnſte lehren, und lernen ſoll, im erſten Theile p. 3 und 55. Johann Petri MuͤllersAbhandlung de Paedagogia veterum graecorum. Leipzig1735. M. Abraham KriegelsAbhandlung de Lycurgi legibus, quas Lacedaemone de pu - erorum educatione tulit. Leipzig1726. des Herrn geheimen Raths HeinecciiAbhandlung de iure Principis circa civium ſtu - dia. §. 9. Halle1739. Wie auch Joh. Heinrich Kirchhofsiuriſtiſche Abhandlung de eo, quod iuſtum eſt circa educationem libero - rum. Lemgo1741.

Jedoch, der Nutzen den ſie hofften, kan durch die Bemuͤhung Chriſtlicher Schullehrer am gluͤcklichſten erhal - ten werden. Denn dieſelben fuͤhren ihre anvertraute Ju - gend zu dem Erkenntniſſe des einigen wahren GOttes, und zeigen ihr ſo wohl den aͤchten Grund, als auch die rechten Mittel zur wahren Tugend, daß ſie dieſelbe nicht nur von denen Laſtern, ſondern ſo gar von denen Schein-Tugenden unterſcheiden moͤgen.

Wird nicht die Jugend dadurch zum Wohlverhalten in dieſem Leben, ia, zur Wohlfahrt in der Ewigkeit angefuͤh - ret, und zubereitet? Gewiß alle andere Wiſſenſchafften muͤſſenF 3der46der Erkentniß des wahren GOttes und der Chriſtlichen Sit - ten-Lehre an Wichtigkeit, und am Nutzen weichen, ob ſie gleich der Religion hinwiederum mehr als einen Nutzen lei - ſten. Jndem die Gemuͤther durch ihre Erlernung faͤhig gemacht werden, die Lehrſaͤtze der Religion zu erlaͤutern, andern wieder vorzutragen, und gegen die Wiederſprecher zu vertheidigen, oder ſich ſelbſt nach denen Geboten der Re - ligion ihrem Naͤchſten nutzbarer zu machen.

Und in ſolchem Anſehen ſtehet auch die Arbeit eines Schul-Lehrers bey dem Allerhoͤchſten. Darum verbindet GOtt einen Schul-Mann in dem, was vor denen Augen der unverſtaͤndigen wenig heiſt, treu zu ſeyn.

Ein Wort, deſſen vollſtaͤndige Erklaͤrung die Graͤn - tzen meiner gegenwaͤrtigen Rede uͤberſchreiten wuͤrde. Denn gleichwie an einem Knechte, den ein Herr der Verwaltung ſeiner Guͤtter vorſetzet, nichts mehr als die Treue erfodert wird;(*)1 Cor. IV, 2. dergleichen Knechte hatten nicht nur die Roͤmer und Griechen, welche iene atrienſes, & villicos, dieſe aber ἐπ〈…〉〈…〉 ρόπȣς und ὀκονόμους nennten, ſondern auch die Juden, und ſchon die Patriarchen. Beſiehe Hrn. D. Chriſtian Benedict Michaeliserſte academiſche Abhandlung de antiquitatibus oeco - nomiae patriarchalis. p. 9. alſo haͤlt auch das Wort alle Tu - genden, und Eigenſchafften eines gutten, und nuͤtzlichen Schul-Mannes in ſich, die in mehr als einer weitlaͤufftigen Schrifft abgemahlet ſind. (**)Hr. Rollinbeſchreibet die Pflichten eines Lehrers in dem vorhin an - gefuͤhrten Buche ſehr deutlich, und umſtaͤndlich p. 222. Wie auch Hr. M. Gottfried Hoffmann, in ſeinem gutten Schulmanne, und uͤbri - gen zuſammen gedruckten deutſchen Schrifften vom Schulweſen.Dies eintzige Wort verbin - det einen Schul-Mann ſeinen gantzen Unterricht dergeſtalteinzu -47einzurichten, daß ſeine ihm anvertraute Jugend zum Dienſte GOttes, und zum Nutzen ihres Naͤchſtens zubereitet, zur Erlangung ihrer zeitlichen, und ewigen Wohlfahrt tuͤchtig gemacht werde. Es verpflichtet ihn dieſe Treue zum Fleiſſe, zur Gruͤndlichkeit und Deutlichkeit im Vortrage; Sie ver - bindet ihn die Aufmerckſamkeit der Jugend zu ermuntern;(*)Von dieſer Pflicht, als einem Haupt - und Kunſt-Stuͤcke eines Schullehrers verdienen Herrn M. Hilligersacademiſche Abhand - lung de ſubſidiis attentionis merito & falſo ſuspectis. Wit - tenberg1723. Jngleichen M. Abraham Kriegelsacademiſche Schrifft de veterum & recentiorum ratione excitandi iuven - tutem ad literarum culturam, Leipzig1719. geleſen zu werden. Er iſt deswegen ſchuldig ihr nicht allein nuͤtzliche Sachen vorzutragen, ſondern auch den Nutzen deſſen, was ſie itzt lernet, in ihtem kuͤnftigen Leben zu zeigen. Vornehmlich muß er bey dem Vortrage der Chriſtlichen Religion von der Vorſchrifft derer heilſamen Worte ia nicht abweichen; Er muß die Religion ſeiner Jugend als die eintzige Vorſchrifft ihrer Sitten vortragen, und die ſchaͤdlichen Vorurtheile, welche ſie in denen Haͤuſern ihrer Eltern nicht ſparſam einſau - get, mit moͤglichſter Sorgfalt ihr zu benehmen trachten; Er muß auf ihre Sitten genau Acht haben, und dieſelben durch offt wiederhohlte Erinnerungen von Tage zu Tage zu beſ - ſern ſich bemuͤhen.

Dieſes Verhalten guter Schul-Lehrer erfordert nun nicht allein von ihnen die gruͤndliche Erkenntniß derer Wiſ - ſenſchafften, und Sprachen, welche ſie der Jngend einfloͤſ - ſen ſollen! ſondern auch eine beſondere Klugheit ihren Vor - trag nach denen Gemuͤths-Kraͤfften, und Neigungen ihrer Schuͤler einzurichten. Deßwegen muß ſich ein Schul-Leh - rer auf die Erkenntniß derer Gemuͤther ſeiner Untergebe -nen48nen mit allem Fleiſſe legen. (*)Beſiehe Herrn Rollinsbelobtes Buch p. 108. und Herrn M. BreſtovinsAbhandlung, de eo, quid praeceptores circa tem - peramenta deceat! Leipzig1737.Vor allen Dingen muß er ſelbſt der wahren Furcht GOTTes ergeben ſeyn, da - mit er bey der ſchlechten Belohnung ſeiner Arbeit dieſelbe dennoch aus Liebe zu GOtt mit Luſt, Geduld und Fleiß ab - warte,(**) Philippus Melanchthonſoll zu Erasmo Sarceriogeſagt haben: Eine Rede halten, Regieren, und Kinder gebaͤhren verdienen, die drey ſchwerſten Verrichtungen genennt zu wer - den! Matthias Dreſſerusfuͤhret dieſen Spruch in ſeiner Rede de diſciplina nova & veteri, ſo zu Baſel1577. gedruckt wor - den, an; erinnert aber dabey, daß dieienigen, ſo zugleich reden und regieren, oder Kinder erziehen ſollen, noch eine ſchwerere Laſt auf ſich haͤtten. den Seegen zu dem Fortgange derſelben von GOTT ſich eifrigſt erbitte, und in Ausuͤbung der Chriſt - lichen Sitten-Lehre ſeinen untergebenen mit gutem Exem - pel vorleuchte. Solchergeſtalt wird er das Amt eines getreu - en Schul-Lehrers recht verwalten koͤnnen.

Und uͤber ſolche Schullehrer will der Allerhoͤchſte ein gnaͤdiges Urtheil faͤllen. Ein Urtheil, darinnen er ih - nen ſo wohl ein groſſes Lob beyleget, als auch eine herr - liche Belohnung verheiſſet.

Er lobet ſolche Schullehrer als fromme und getreue Knechte. Die der Abſichtihres Berufes, und dem Willen ih - res Herrn nachgekommen, die ihr Amt nicht der Beſoldung wegen verwaltet, ſondern die ſich die Furcht vor GOtt, und die Liebe zur Jugend, ia, zu dem gantzen gemeinen We - ſen antreiben laſſen die Pflichten ihres Amtes zu erfuͤllen. Sie haben das ihnen anvertraute Pfund nicht im Schweiß - tuche liegen laſſen, ſondern ſie haben mit demſelben gewuchert,und49und ſich der Gelegenheit gutes zu thun ſorgfaͤltig bedienet. Sie haben ſich die Befoͤrderung der Ehre GOttes, und des gemeinen Nutzens angelegen ſeyn laſſen. Denn die Treue eines Schullehrers kan nicht ohne Seegen bleiben; da der zarten und beugſamen Jugend die rechten Begrieffe von GOtt, von der Tugend, von der wahren Ehre, und wah - ren Gluͤckſeeligkeit eingedruͤcket werden. Da ihr mit denen erſten Buchſtaben derer Wiſſenſchafften eine Begierde die - ſelben noch tieffer einzuſehen eingefloͤſſet wird. Da ihr die Wege zu ihrem kuͤnftigen Gluͤcke, und Ungluͤcke faſt mit Fin - gern gezeiget werden.

Welchen Zuwachs kann nicht daher der Haufe derer ge - treuen Diener GOttes erlangen? Welche Hoffnung ſchoͤpf - fet nicht das gemeine Weſen, und die Kirche, aus denen Werck - ſtaͤten ſolcher Schullehrer die kuͤnftigen Stuͤtzen, und Werck - zeuge ihrer Wohlfahrt zu bekommen? Weil nun dies denen goͤttlichen Abſichten bey denen Schulen gemaͤß iſt, deswegen lobet GOtt getreue Schullehrer als fromme und getreue Knechte!

Uberdieß will Er ihnen auch eine herrliche Belohnung aus Gnaden geben. Jch will dich uͤber viel ſetzen; gehe ein zu deines Herrn Freude! So gnaͤdig wird ſich der, welchem getreue Schullehrer gedienet haben, gegen ſie er - klaeren.

Er meinet unter dem vielen, den herrlichen Gnaden - Lohn, den Er vor alle, die ihm allhier treulich gedienet ha - ben, in ienem Leben bereitet. Eine Belohnung, die ein Zu - ſammenfluß vieler Guͤtter ſeyn wird, gegen welche alle Herrlichkeiten, auch alle Bemuͤhungen dieſes Lebens vor nichts zu achten ſind. Dieſe will der Allerhoͤchſte auch ge - treuen Schullehrern aus Gnaden geben. Er will ſie uͤberGdieſe50dieſe Guͤtter ſetzen, daß ſie ſich dererſelben gebrauchen, und ſich aus denenſelben auf ihren Fleiß, und Arbeit erqvicken moͤgen.

Gehe ein, ſpricht Er, zu deines Herrn Freude! An den Ort, und in denienigen ſeeligen Stand, darinn GOtt die, ſo ihm hier treulich gedienet, ſeiner Seeligkeit auf eine unausſprechliche Weiſe theilhaftig machet. So wenig nun GOtt in ſeiner Seeligkeit geſtoͤret, und an der ſuͤſſen Freu - de, ſo Er ſelbſt daraus empfindet, gehindert werden mag; So wenig ſoll auch die Seeligkeit, und die aus derſelben entſtan - dene Freude in ſeinen Dienern dermahleins unterbrochen werden.

Und ſolches iſt der Lohn, der ewige Lohn getreuer Schul - lehrer, die nicht nur vor ſich GOtt treulich gedienet, ſon - dern auch ihre anvertraute Jugend zu ſeinem aufrichtigen Dienſte fleißig angefuͤhret haben. Jhre Seelen erhalten bald dieſen Lohn, ſo bald ſie von denen Leibern abgetrennet werden; es ſollen aber auch ihre entſeelten Leiber nach ihrer kuͤnftigen Auferweckung dieſe Seeligkeit erlangen. Alsdenn wird es noch darzu vor aller Welt offenbahr werden, was GOtt von getreuen Schullehrern geurtheilet habe. Wer - den nicht alsdenn ihre Veraͤchter ſchamroth werden? wenn die, ſo in ihren Augen allhier kleine Lichter geweſen, dor - ten als des Himmels Glantz, und als Sterne leuchten wer - den. Ubertrifft der Nutzen, welchen die Arbeit getreuer Schullehrer ſtifftet, den Vortheil, und Erfolg vieler an - dern Bemuͤhungen, ſo glaube ich auch, daß man ihnen vor andern, nach der Anweiſung des Apoſtels Paulieinen hel - len Glantz an ihren Leibern verſprechen koͤnne,(*)1 Cor. XV, 41. 42. DanielXII, 3. Beſiehe Johann Conrad Dannhauersacademiſche Abhandlung der Frage: An in vita ac -trena ob ſie gleichdie -51dieſen Vorzug eben ſo wohl als die Haupt-Guͤtter des ewigen Lebens, ſo allen auserwehlten gemein ſeyn ſollen, aus Gna - den empfangen werden.

Sollte aber nicht dieſe Hoffnung Chriſtliche Schulleh - rer zu der emſigen Abwartung ihres Berufs ermuntern? Die Belohnung iſt zwar kuͤnftig, aber uͤberaus herrlich, und gewiß. Uberdieſes laͤßt es der getreue GOtt ihnen auch hier ſchon in dieſem Leben nicht an aller Belohnung fehlen. Muß es ihnen nicht zu einem ſuͤßen Vergnuͤgen ſchon allhier ge - reichen, wenn ſie an ihrer untergebenen Jugend die erwuͤnſchten Wuͤrckungen des angewendeten Fleiſſes erblicken? Wenn ſie ſehen, daß ihr Verſtand aufgeklaeret, und ihr Wille gebeſ - ſert werde? wenn ſie erfahren, daß ihre Schuͤler von dem gemeinen Weſen und von der Kirche zu nuͤtzlichen Werckzeu - ge[]brauchet werden? ſollte nicht dieſer Erfolg getreuen Schullehrern hoͤchſt angenehm ſeyn, wenn ſie ſehen, daß ihr Fleiß, der in die vier Waͤnde ihrer Lehrſtuben einge - ſchloſſen geſchienen, in mehr als in einer Stadt, und in einem Lande unvergleichlichen Nutzen geſchaffet? Geſetzt, daß ih - nen der Danck auch nicht allemahl vor ihren Ohren erſchal - let, womit der und jener Schuͤler gegen ſeinen Goͤnner, Freunde und Kinder ihre Treue in der ferne erzehlet! (*)Auf dieſe Gruͤnde hat der beruͤhmte Herr Gesnerſeine Abhand - lung de ſcholaſticorum doctorum felicitate gebauet, welche er zu Goͤttingenbey der Eroͤffnung des daſelbſt aufgerichteten Semi - narii philologici 1738. herausgegeben hat. Worinn ihm der mit vielem Ruhm und groſſen Nutzen dem Gymnaſio zu Goͤrlitzvor -

G 2Hoch -

(*)terna futuri ſint gloriae gradus? Straßburg1659. und M. Adam Lebrecht Muͤllers, deutliche Abhandlung derer Stuffen des ewigen Lebens. Jena1733.

52

Hoch und Wehrtgeſchaͤtzte,

Jch enthalte mich gewiß aller Schmeicheley, ſage aber dennoch, daß ſich der Hochſeelige Herr Rector Boͤttnerin ſeinem Amte durch die Gnade GOttes derge - ſtalt aufgefuͤhret, daß der oberſte Aufſeher der Schulen das itzt betrachtete gnaͤdige Urtheil uͤber ihn habe faͤllen koͤnnen.

Niemand wird ſeine Unterweiſung genoſſen haben, der ihn nicht als einen getreuen Schullehrer ruͤhmen ſollte. Er hatte auf niedern und hoͤhern Schulen die Wiſſenſchafften gruͤndlich erlernet, deren Erkenntniß ein Schullehrer beſi - tzen muß;(*)Daß zu einem getreuen Schullehrer die Eckenntniß mehr als ei - ner Kunſt und Wiſſenſchafft gehoͤre, erweiſet der erfahrne und beruͤhmte Schulmann, Herr Gesnerin ſeinen ſchon angefuͤhrten In - ſtitutionibusrei ſcholaſticae. c. 2. Und die Faͤhigkeit dieſelben vorzutragen, hat - te Er in vielen Vorleſungen, und offentlich herausgegebe - nen Abhandlungen auf der hohen Schule zu Leipzigſattſam bewieſen; demnach war er geſchickt, die in unſrem Lyceo ihm anvertraute Jugend zu unterweiſen. Er zeigte auch bald in ſeiner Antritts-Rede, daß er den Unterſchied der Unterweiſung auf hohen und niedern Schulen verſtuͤnde. Seine Unterweiſung ging alſo nirgends anders hin, als daß er ſeine Untergebene, in der Religion, in den Grund - Sprachen, und ſolchen Wiſſenſchafften gruͤnden moͤchte, welche ſie zur Anhoͤrung derer Vorleſungen auf hohen Schu - len zubereiten, und welche ſie bey ihrer kuͤnftigen Lebensart mit Nutzen wiederum anwenden koͤnnten.

Dieſen

(*)vorſtehende Herr Rector, Herr M. Baumeiſter, in ſeiner 1739 herausgegebenen Einladung zum Fruͤhliugs-Examine, de eo, quod in vita ſcholaſtica dulce eſt, & iucundum, beypflichtet.

53

Dieſen ſich vorgeſetzten Endzweck ſuchte er mit dem groͤ - ſten Eifer zu erreichen. Demſelben ſetzte Er alle Beqvem - lichkeit, und alle Vortheile nach. Er haͤtte ſeine offentli - che Lehrſtunden lieber verlaͤngert, als verkuͤrtzet; Ja, Er hielte es noch vor zu wenig, die offentlichen Stunden abzu - warten, er wendete vielmehr auch ſeine Freyſtunden, auf den beſonderen Unterricht ſeiner untergebenen, ihnen in dem ge - gefaßten Erkenntniſſe noch weiter fortzuhelffen.

Jnſonderheit trug Er vor die gutte Einrichtung ihrer Sitten eine mehr als vaͤterliche Sorgfalt. Er leuchtete ih - nen mit ſeinem gutten Exempel vor. Er bezeugte inſonder - heit bey der Abwartung des offentlichen Gottesdienſtes eine geziemende Ehrerbittigkeit. Wie beweglich ermahnete er ſie zu der Furcht GOttes? welche nachdruͤckliche Vorſtellungen that Er vor und nach dem Gebrauche des heiligen Abend - mahls? Wie vaͤterlich hielt Er die, ſo Er in ſein Haus, und beſondere Aufſicht angenommen hatte, zum Gebet und Got - tesdienſte? da Er ſich ſelbſt nicht ſchaͤmete, die Predigten nach - zuſchreiben, ſo wiederholte Er auch dererſelben Jnhalt mit ſeinen Hausgenoſſen. Hierbey ſuchte Er gar nicht zeitliche Vortheile. Kommt, ihr Armen, und ruͤhmet es ſelber, wie euch euer getreuer Lehrer das ſchuldige Lehr-Geld ge - ſchencket, wie Er ſelbſt euch Wohlthaͤter ausgeſucht, euch eine Caſſe, nach dem Exempel des erſt in Lauban, darnach in Zittaugeſtandenen Rectoris, Herrn M. Gottfried Hoffmanns, ſeines getreuen Schullehrers, aufzurichten ſich bemuͤhet, die Er ſelbſt mit einem anſehnlichen Beytrage vermehret, daraus Er, und ſeine Nachfolger im Amte eu - rer Nothdurft zu Huͤlffe kommen koͤnnten.

Derohalben verdienet Er, ein getreuer Schullehrer genennt zu werden. Seine Wege muſten dem HErrn wohl -G 3gefal -54gefallen. Derſelbe verſuchte ihn zwar, daß Er ihm ſeines hertzgeliebten Eheſeegens gantz und gar beraubte; Er goͤnn - te ihm aber hingegen das Vergnuͤgen, daß Er viele ſeiner Schuͤ - ler auf hohen und niedern Schulen, an Hoͤfen und auf Rath - haͤuſern, in Kirchen, und andern wichtigen Bedienungen, mit Ruhme arbeiten ſehen konnte.

Wiewohl den groͤſten Lohn empfing Er durch die innere Verſicherung des goͤttlichen Wohlgefallens. Und o wie herrlich wird nicht ſein erloͤſter Geiſt vor dem Stuhle des Lammes deſſelben nunmehr verſichert!

Er war bereit und willig, vor dem Richterſtuhle GOt - tes zu erſcheinen. Was Er in ſeinem Todeskampfe mit Worten nicht ausdruͤcken konnte, entdeckte der Hochſeelige Herr Rector mit ſeinen Gebehrden. Sein iaͤhlinger Tod war ſeelig, und eine Erfuͤllung ſeines Wunſches, daß ihn der HErr uͤber Leben und Tod nicht lange Zeit auf dem Siechlager wolte liegen, und zu ſeiner Berufs-Arbeit untuͤchtig werden laſſen! Er hatte ſich auf ſein Ende vor - her zubereitet, und ſich ſonderlich durch die gefaͤhrliche Kranckheit, die ihn etliche Monathe vorher uͤberfallen, und bey vier Wochen ſeiner Schul-Arbeit entzogen hatte, dazu ermuntert. Die gutten Gedancken, welche GOtt dabey in ſeiner Seele gewuͤrcket, entdeckte Er auch ſeiner geliebten Ju - gend, da Er dieſelbe das erſtemahl wiederum lehrte, und ihr eine ſehr erbauliche Betrachtung uͤber den ſittlichen Nutzen derer Kranckheiten, in die Feder mittheilte. (*)Welchen auch C. Pliniuserkannte wen er an ſeinen Maximum ſchrieb: L. VII. 26. Nuper me cuiusdam amici languor ad - monuit, optimos eſſe nos dum infirmi ſumus. Quem enim infirmum aut avaritia, aut libido ſolicitat? Non amoribusſervit,

Alſo55

Alſo fand ihn der Tod in gutter Bereitſchafft, durch den Er von ſeinem GOtt, dem Er getreu gedienet, in den Wohnplatz der allerhoͤchſten Weißheit erhoben wurde, nach - dem Er die Woche vorher unter ſeinen Schuͤlern eine Ver - ſetzung aus denen untern Ordnungen in die obern vorgenom - men hatte. Er iſt nun uͤber viel geſetzet, und in ſeines HErrn Freude eingegangen!

Dahin richte nun ihre weinende Augen die hinterlaſſene Hochbetruͤbte Frau Wittwe, dahin erhebe Sie ihr ge -aͤngſte -(*)ſervit, non appetit honores, opes negligit, & quantulum cunque ut relicturus ſatis habet. Tunc Deos, tunc ho - minem eſſe ſe meminit; invidet nemini, neminem miratur, neminem deſpicit, ac ne ſermonibus quidem malignis aut attendit aut alitur; balnea imaginatur & fontes. Haec ſum - ma curarum, ſumma votorum, mollemque impoſterum & pingvem, ſi contingat evadere, hoc eſt, innoxiam beatam - que deſtinat vitam. Poſſum ego, quod pluribus verbis, plu - ribus etiam voluminibus philoſophi docere conantur, ipſe breviter tibi mihique praecipere ut tales eſſe ſani perſeve - remus, quales nos futuri profitemur infirmi. Die hier vor - getragenen Gedancken ſind ſo ſchoͤne, daß ich denen, ſo der lateini - ſchen Sprache nicht kundig ſind, die Uberſetzung mittheilen muß, welche Herr M. Schwabeder von ihm verfertigten Uberſetzung der Anweiſung des Herrn Rollinszu denen freyen Kuͤnſten, im erſten Theile p. 489. einverleibet hat: Es brachte mich neulich die Unpaͤßlichkeit eines guten Freundes auf die Ge - dancken, daß wir bey einer kleinen Leibes-Schwachheit die beſten Leute ſeyn. Denn wer ſolte ſich wohl, ſo er kranck iſt, den Geitz, und die Wolluſt regieren laſſen? Er ſagt ſeinen Liebes-Grillen den Sclaven Dienſt auf, ſtrebt weiter nachkeiner56aͤngſtetes Hertz, welches ohnedies ſchon gen Himmel gezogen iſt, welchem Sie ſchon ſieben geliebteſte Leibesfruͤchte anvertrauet.

Der getreue GOtt hat Sie zu dem gegenwaͤrtigen Leid - weſen ſchon vorbereitet, da Er Jhr durch die vor einem Vier - tel-Jahre Jhrem Hochſeeligen Eheherrn zugeſtoſſene Kranckheit deſſelben herannahendes Ende vorher geſagt.

Faͤllt Er uͤber Jhren Hochſeel. Eheherrn ein ſo gnaͤ - diges Urtheil, wie ſolte Er vor Jhnen ſein erbarmendes Hertz verſchluͤſſen, die mit ſeinem getreuen Knechte Freud und Leid gemein gehabt hat?

Die Herren Bruͤder, Frauen Schweſter, und die Jhnen geehrten Angehoͤrigen, beweinen freilich mit al - lem Rechte den unvermutheten Fall des Hochſeeligen Herrn Rectoris, denn Er hat ſich gegen Sie nicht nur bruͤderlich,ſondern(*)keiner Ehre, bekuͤmmert ſich nicht ſehr um zeitliche Guͤtter, und laͤßt ſich an dem wenigen, das er ohnediß verlaſſen muß, begnuͤgen. Denn erkennt er erſt, daß noch Guͤtter uͤber ihn ſeyn, und erinnert ſich ſeiner menſchlichen Gebrechlichkeit. Er beneidet keinen, verachtet niemanden, kuͤtzelt ſich an keiner Verlaͤumdung, und giebt auch nicht einmahl Acht darauf, ſondern denckt nur ans Bad, und einen friſchen Kuͤhlbrun - nen. Das iſt denn unſer groͤſtes Sorgen, und Wuͤnſchen; und ſetzt man ſich alsdenn feſte vor, ſo man unverſehrt davon kommen ſolte, einen gemaͤchlichen und ruhigen, das iſt, einen unſchuldigen und unverletzten Wandel zu fuͤhren. Jch kan derohalben dich und mich ſelbſt dasienige nuͤtzlich lehren, was die Weltweiſen in gantzen Buͤchern vorgetragen haben, daß wir nehmlich bey geſunden Tagen uns dermaſſen auffuͤhren, wie wir in der Kranckheit verſprochen haben. 57ſondern vaͤterlich erwieſen. Allein, derienige lebet noch, der durch den Hochſeeligen Jhnen ſo viel zu gutt gethan. Und derſelbe erhalte das ſeltne Band der Einigkeit, womit ihr weitlaͤuftiges Geſchlecht bißher unter einander ver - knuͤpffet geweſen, und womit Sie einander allen Kummer erleichtert haben.

Mit welchen Seufzern und Thraͤnen ſehen die Lehrer unſers Lycei, auf ihr allhier ruhendes Haupt! o wie ſchmertzlich bedauret deſſelben Hintritt unter Jhnen ſonderlich der treuverdienende Herr Conrector, dem die Hoffnung des Hochſeeligen Herrn Rectoris Schwieger-Sohn zu wer - den allzuzeitig verbluͤhte.

Wie aufrichtig beklaget nicht den Fall dieſes Lehrers die ihm untergebene Jugend! O wie ſehnlich wuͤnſchet ſie, daß ſein Mund ſie ferner haͤtte unterweiſen koͤnnen!

Das klingt ſchoͤne, wenn ſo viele Zungen von einem Manne ſagen: daß Er allzufruͤh verſtorben ſey! GOtt, der dieſen Fall nach ſeinem allerheiligſten Willen geſchehen laſſen, erſetze den Verluſt! und verſorge dieſes Lyceum wie - derum mit einem Manne, den Er, wie unſern theuerſten Boͤttner, eines gnaͤdigen Urtheils wuͤrdigen koͤnne!

Wen GOtt ehret, der verdienet auch von Menſchen ge - ehret zu werden. Dieſer Pflicht iſt die gegenwaͤrtige hoch - anſehnliche Trauer-Verſammlung eifrigſt nachgekom - men; unter welcher viele des Herrn Rectoris Treue ge - noſſen, mehrere vernommen, ſie insgeſammt geruͤhmet.

Jch weiß, Sie haben ihre Hochachtung gegen den Hochſeeligen mit willigem Hertzen an Tag gegeben; UmHſo viel58ſo viel mehr ſoll Jhnen im Nahmen der Hochleidtragen - den Frau Wittwe, und derer betruͤbten Herren Bruͤ - der, und Frauen Schweſtern, gehorſamſten und ergeben - ſten Danck abſtatten.

Sie begleiten endlich die entſeelten Gebeine zu ihrer Ruheſtaͤtte, und verehren BoͤttnersVerdienſte in ihren Hertzen ſo lange, biß auch uͤber Sie, obzwar erſt nach ſpaͤ - ten Jahren, das gnaͤdige Urtheil von GOTT moͤge gefaͤl - let werden:

Ey du frommer und getreuer Knecht, du biſt uͤber wenig getreu geweſen, ich will dich uͤber viel ſetzen. Gehe ein zu deines HErrn Freude!

[figure]
Leichen -59

Leichen-Gedichte.

Betruͤbte Boͤttnerin, Dir muͤſſen Aug und Herz
Voll naſſer Wehmuth ſeyn, Dir muͤſſen Angſt und Schmerz
Durch Blut und Adern gehn, da Schul und Lehrer trauren,
Und Dich bey Gram und Gruft mit innrer Pein bedauren,
Du weinſt, Verwittwete, Dein gantzes Angeſicht
Erklaͤrt die Bangigkeit, die Dir Dein Herze bricht,
Und alles, was Du ſagſt, bezeugt, daß Dein Gebluͤte
Jn lauter Wallung ſey. Und freylich, Dein Gemuͤthe
Erkennet den Verluſt, da Dir ein jaͤher Tod
Den beſten Freund geraubt. Erſchreckniß, Furcht und Noth
Entſtunden unverſehns. Der Nerven ſchnelle Saͤfte,
Des Blutes Cirkellauf, des gantzen Lebens Kraͤfte
Verlohren ſich im Nu, Dein Eheſchatz entſchlief,
Ob man gleich Arzt und Kunſt um Huͤlf und Rettung rief.
Wie haͤtte nicht Dein Herz in Aengſten ſchwimmen ſollen?
Wer haͤtte da Dein Leid mit Rechte tadeln wollen?
Jch habe ſelbſt geklagt, und denke hoch beſtuͤrzt
An den geſchwinden Tod, der BoͤttnersFleiß verkuͤrtzt,
Den Fleiß, an welchen ſich ſein eigner Geiſt vergnuͤgte,
Den Fleiß, durch welchen er die Barbarey beſiegte,
H 2Den60
Den Fleiß, durch deſſen Kraft der Schule Flor beſtand,
Den Fleiß, durch deſſen Macht er alles uͤberwand,
Was ſchwer und muͤhſam war. Der Fleiß war Boͤttnerneigen.
Die Wahrheit ſteht mir bey, und giebt mit tauſend Zeugen,
Die alle ſelbſt geſehn, wie hurtig und belebt,
Wie emſig und beherzt ſich BoͤttnersGeiſt beſtrebt,
Der Sprachen Zierlichkeit, der Kuͤnſte Wehrt zu lehren,
Und Tugend und Verſtand und Gottesfurcht zu mehren.
An dieſen treuen Fleiß, durch den mein eignes Gluͤck
Gegruͤndet worden iſt, denk ich, da das Geſchick
Den edlen Muſenſitz, der LaubansEhre zieret,
Durch ſeines Hauptes Tod aufs ſchmerzlichſte geruͤhret.
Jch denk an dieſen Fleiß, und an die Munterkeit,
Mit welcher BoͤttnersWitz der Jugend Herz erfreut,
Mit welcher BoͤttnersMund die Weißheit ausgebreitet,
Die den Verſtand erweckt, und zu der Tugend leitet.
O daß ſein Lebenslauf nicht laͤngre Zeit gewaͤhrt!
Wie hat ſich Staͤrk und Kraft in ihm ſo bald verzehrt?
Jhn hatte die Natur zur Arbeit auserkohren,
Die Luſt zur Emſigkeit war ihm wie angebohren;
Sein ungemeiner Trieb, mit Redlichkeit zu thun,
Was ihm ſein Amt befahl, ließ ihn bey nah nicht ruhn.
Nichts ſchwaͤchte ſeinen Muth, nichts konnt ihn uͤberwinden,
Er ließ bey Sorg und Muͤh ſich unverdroſſen finden,
Und war geſund und friſch, und ſchien recht dauerhaft,
Und feſter Art zu ſeyn. Man glaubte, ſeine Kraft,
Sein Leben wuͤrde ſich auf achtzig Jahr erſtrecken.
Allein, wie bald muß ihn des Grabes Laſt bedecken!
Wie bald empfindet er, daß ſeine Kraft verfaͤllt,
Daß ſein Gebluͤthe ſtockt, daß er das Licht der Welt
Nicht weiter ſehen ſoll! Wie bald ſchluͤßt er ſein Leben!
Wie bald wird Fleiſch und Bein der Faͤulniß uͤbergeben!
Beſtuͤrzte Boͤttnerin, Dein Mund und Herze muß
Hier freylich aͤngſtlich thun. Des Hoͤchſten Rath und Schluß
Jſt61
Jſt freylich wunderbar. Doch aber ſeine Thaten
Sind auch von Weisheit voll, wenn niemand uns zu rathen
Und Troſt zu geben weiß. Es iſt gewiß, daß er uns liebt,
Wenn auch nach ſeiner Macht uns ein Verluſt betruͤbt.
Er nimmt Dir Deinen Freund, da er durch Fleiß und Wiſſen
Der Schule Ruhm erwirbt. Hier kanſt du ſicher ſchlieſſen:
GOtt, welcher alles weiß, und ſtets das Beſte kennt,
Hat Dich und Deinen Schatz nicht ohngefehr getrennt,
So dunckel und verdeckt Dir auch ſein Abſehn ſcheinet.
So daͤmpfe Deinen Schmerz, Du haſt genung geweinet.
Dein Herr, und Mann, und Freund, der Schule Haupt und Zier,
Und LaubansEhr und Schmuck entfernt ſich nun von Dir,
Sein Geiſt denkt noch an Dich. Der Ruf von ſeinem Fleiſſe,
Womit Laubanien, womit die edle Pleiſſe
Beſtaͤndig prangen wird, bleibt BoͤttnersEigenthum,
Bleibt ſeiner Schuͤler Luſt, bleibt ſeiner Freundinn Ruhm.

Dieſes ſchrjeb aus wahrer Hochachtung gegen den ſeelig verſtorbenen Herrn Rector. Johann Heinrich Winkler, Prof. Philoſoph. Extr. zu Leipzig.

Wie? iſt der Himmel denn ſo eiſern,
Daß auch der Andacht fromme Pflicht
Aus mancher Stadt, aus manchen Haͤuſern
Des Schickſals Huld umſonſt beſpricht?
Wie? Boͤttner, kan Dir unſer Bethen,
Jn dem die reinſte Treue glimmt,
Nicht mehr den Weg zur Grufft vertreten,
Die uns an Dir das Beſte nimmt?
H 3Lauba -62
Laubanien, die Zier des Qveiſſes,
Die mir ſo wehrte Vaterſtadt,
Allwo der Seegen Deines Schweiſſes
Manch duͤrres Land getraͤncket hat,
Beklagt Dich, und weyht Deinen Ehren
Jn ſeiner Bruſt ein Heiligthum:
Denn es verliehrt an Deinen Lehrern,
Wie Troja, ſein Palladium.
Dein Volck, die Hoffnung gutter Zeiten,
Dein Volck, die arme Muſen-Schaar,
Wird ſtets vor Deinen Nahmen ſtreiten,
Der ihr ſo lieb und koſtbar war.
Jtzt zeichnet ſie ſich durch die Zaͤhren
Die Spur zu Deinem Aſchen-Krug,
Um dem den Danck einſt zu gewaͤhren,
Den ſie in Mund und Hertzen trug.
Du wirſt in ihr viel laͤnger dauren,
Als die durchbeitzten Mumien,
Die in den Marmorſteinern Mauern,
Der nahen Faͤulniß wiederſtehn.
Sie wird nach viel und ſpaͤten Tagen
Die Frucht von Deinem Unterricht
Auf manchen Rath - und Lehrſtuhl tragen,
Der Dir davor den Danck verſpricht.
Auch die, ſo in entfernten Laͤndern
Den Wachsthum Deiner Zucht erblickt,
Und Dir in ihren Ehe-Pfaͤndern
Jhr beſtes Kleinod zugeſchickt,
Be -63
Beweinen Dich, und ihre Soͤhne,
Und daß Dein noch zu fruͤhes Grab
Der Hoffnung Reiffe nun verhoͤhne,
Die ihnen Deine Treue gab.
Jch ſelbſt, der ich zu Deinen Fuͤſſen
Mit Ehrfurcht und Begierde ſaß,
Und bey dem Kern von Deinem Wiſſen
Der Huͤlſen junger Luſt vergaß,
Jch, den Du einſt ſo wohl gelehret,
GOtt auch im Kleinen treu zu ſeyn,
Muß, da der Tod Dein Amt geſtoͤhret,
Dir einen Danck von Thraͤnen weyhn.
Um Dein Verdienſt recht zu erheben,
Darff man dem klugen Theil der Welt
Des beſten Schul-MannsBildniß geben;
So iſt Dein Ehren-Mahl beſtellt.
Gleich wird die Wahrheit drunter ſchreiben:
Ein ſolcher war mein Boͤttnerauch;
So lange Zucht und Kunſt bekleiben,
So lange bleibt ſein Ruhm im Brauch.
Wenn man Dich Roͤmiſch ſprechen hoͤrte,
So ſchien man ſelbſt in Romzu ſeyn:
Und was dies an Athenverehrte,
Das war Dir taͤglich und gemein.
Ja, fand man nicht in Deinem Munde
Der von der Weißheit uͤberfloß,
Den Schluͤſſel zu dem alten Bunde,
Jn den GOtt ſeinen Geiſt verſchloß?
Der64
Der Sonderling der grauen Weiſen,
Der Menſchen unter Menſchen ſucht,
Darff nicht die halbe Welt durchreiſen:
Er findet ſie in Deiner Zucht,
Er findet ſie auch ohne Kertze,
Die ohnedem gar dunckel brennt,
Und ſtutzet, da ſo manches Hertze
Durch Dich Vernunft und Tugend kennt.
Bald fuͤhrteſt Du die Lehr-Begierde
Zu dem beſtaͤubtem Alterthum,
Und webteſt Dir aus deſſen Zierde
Den Stoff zu Deinem eignen Ruhm.
Bald muſte, was der Fleiß der Neuen
Erdacht, gepruͤfft, erklaͤrt, gezeigt,
Uns von dem Vorurtheil befreyen,
Vor dem man ſonſt das Knie gebeugt.
Der Umſchweiff, der den Wuchs ſonſt hemmet,
Und mit Verluſt der ſauren Muͤh
Die zarten Hertzen uͤberſchwemmet,
Betrat mit Dir den Lehr-Stuhl nie.
Kurtz, deutlich, gruͤndlich, unverdroſſen,
Und ohne neidſchen Hinterhalt
Ward uns die Wahrheit aufgeſchloſſen,
Die Dir weit mehr, als alles, galt.
Wenn mancher Miethling alle Schritte,
Die ihn zum Lehr-Stuhl ziehn, beweint,
Und ihm die Noth der letzten Bitte
Weit leichter, als das Schul-Amt, ſcheint:
So65
So ſahe Dich ein jeder Morgen
Mit neuerwachter Luſt und Krafft
Dein kluges Tage-Werck beſorgen,
Das auch noch itzo Nutzen ſchafft.
Dies machte Dir die Hertzen eigen,
Uns gluͤcklich, Deinen Wehrt bekannt:
Dies lieffert Dir ein Heer von Zeugen,
Wie gut GOtt Deine Rechnung fand,
Als Du Natur und Schuld bezahlteſt;
Beſonders, da Du ieden Zug
Mit des Erloͤſers Blute mahlteſt,
Der Dich in ſeinen Wunden trug.
Mein Lehrer, Vater, Gluͤck und Stuͤtze,
Du, deſſen redlichem Bemuͤhn
Jch, was ich bin, und etwan nuͤtze,
Naͤchſt GOttes Gnade ſchuldig bin,
Erlaube, daß ich Deine Aſche,
Die mir ſo wehrt und heilig iſt,
Mit einem Strohm von Thraͤnen waſche,
Jn denen Danck und Liebe fließt.
Die Ohnmacht weiß von keinem Dancke,
Als was die Zaͤrtlichkeit hier weint,
So ſehr ich mich auch mit mir zancke,
Wenn alles viel zu wenig ſcheint.
Nur dieſe willigen Gefaͤlle
Entricht ich an Dein ſtilles Grab.
Doch GOtt tritt ſelbſt an meine Stelle,
Und lohnet Dir auf ewig ab.
JDu66
Du nimmſt aus ſeinen Gnaden-Schaͤtzen
Das allerreichſte Schul-Geld an,
Das Roſt und Moder nicht verletzen,
Und keine Hand entwenden kan.
Du biſt vom ſchweren Schulen-Zwange
Und Undanck eitler Welt befreyt,
Und nun ein Stern vom erſten Range,
Als Lehrer der Gerechtigkeit.
Gebeugte, Die Du Hertz und Gluͤcke
An Boͤttnernehedem verſchriebſt,
Nun aber mit geqvaͤltem Blicke
Dein Liebſtes GOtt zuruͤcke giebſt,
Erkenn an BoͤttnersEhren-Crone,
Die ſein verklaͤrtes Haupt beſtrahlt,
Wie herrlich GOtt der Treue lohne,
Die er an ihn und Dich gezahlt.

Dem Ehrenvollen Andencken ſeines ehmahligen treuen und theuren Lehrers wiedmet dieſes M. Johann Gottfried Heinitz, Lyc. Cament. Rector.

D. Rich -67

D. Richter. Jn dem andern Theile derer Oden der deutſchen Geſellſchafft p. 294.

Wer klagen will, klagt hier vergebens,
Jhm glaͤntzt die Sonne jenes Lebens;
Der Arm des HErrn nimmt ihn in Schutz.
Laßt uns ihm ſeine Ruhe goͤnnen,
Die Liebe ſonder Eigennutz
Muß ſich bey ſeinem Wohl mit trocknen Augen trennen.
Die Muſen ſind erwacht, wie? ſchlaͤfft Apollo noch?
Jhr Lehrer? Deſſen Spiel ſie ſonſten taͤglich doch
Aus ihrem Schlaf erweckt, hier ſind ſie ihn zu hoͤren,
Die Sehnſucht reitzet ſie zu ſeinen ſuͤſſen Lehren.
Allein, ihr Wuͤnſchen bleibt vor diesmahl unerfuͤllt,
Der ihren heiſſen Durſt des Wiſſens ſonſt geſtillt,
Vergnuͤget heute nicht ihr brennendes Verlangen,
Er bleibt in Schlaf gewiegt, Er iſt zur Ruh gegangen,
Und nicht allein zur Ruh, dort geht er vor den Thron
Der hoͤchſten Majeſtaͤt, Sie reichet ihm den Lohn.
Seht doch, wie ihre Hand ſich um ſein Hertz bemuͤhe,
Den friſchen Lorber-Crantz um ſeine Schlaͤffe ziehe!
O wohlgecroͤnter Fleiß, o ſchoͤn belohnte Treu!
Zugleich erklaͤrt ſie ihn von aller Arbeit frey,
Die er mit Freudigkeit, nicht ohne Schweiß und Sorgen,
Bey nahe dreyßig Jahr mit jedem fruͤhen Morgen
Biß in die ſpaͤte Nacht auf ſeine Schultern nahm.
Daß oft kein langer Schlaf ihm in die Augen kam.
Dies uͤbertrifft den Lohn, den in Olympens Spiele
Des muntern Laͤuffers Haupt nach dem erreichten Ziele
J 2Von68
Von gruͤnen Blaͤttern trug, den man in kuͤnftger Zeit
Dem ihm voreylenden an ſeiner ſtatt geweyht;
Denn dort wird niemand mehr zum Lauffen aufgefodert,
Und traͤgt doch ohne Furcht den Crantz, der nicht vermodert.
Drum bleibt der Lehr-Stuhl leer, verwayſte Muſen-Schaar,
Der geſtern noch gelehrt, liegt heut ſchon auf der Bahr!
Hier ruh! ſein Leib entſeelt, ſein Geiſt ſoll dorten wachen,
Wo ihn die Wachſamkeit niemahls ermuͤdet machen
Und irgends ſchwaͤchen kan. Goͤnn ihm die ſuͤſſe Ruh,
Er ſetzte ſeine Krafft in deinem Dienſte zu.
Wie endlich ſich das Licht den Zufluß ſelbſt verzehret,
Der ſeiner Flamme Schein zu unſerm Nutz ernaͤhret.
So ſtimme nun ein Lied auf deinen Lehrer an,
Verſuche, wie Dein Danck ihn todt verehren kan!
Doch durch das ſummende Gethoͤne derer Glocken
Biſt Du gantz auſſer Dich geſetzet und erſchrocken.
Ein jeder Glocken-Schlag trifft Dein erſchrocknes Hertz,
Es fuͤhlt Dein Helicon gantz einen fremden Schmertz,
Den er, o ſeltnes Gluͤck! in mehr als funfzig Jahren
Nach ſeines SeidemannsVerſcheiden nicht erfahren.
*)Herr M. Martin Seidemannſtarb, nachdem er das Rectorat hieſigen Ly - cei zwantzig Jahre hindurch treulich verwaltet hatte, 1687. Sein Nachfol - ger, Herr M. George Wende, wurde 1695. in das[Gymnaſium] zu Thoren, Herr M Gottfried Hoffmann1708. an das Gymnaſium in Zittau. Hr. M. Friedrich Gude, 1710. in hieſiges Predigt-Amt beruffen, Herr M Johann Paul Gumprecht1731. pro emerito erklaͤret.
*)
Ja, der ihn auch vorher nicht offt erſchuͤttert hat,
Nachdem CapeliFleiß und CnemiandriRath
Allhier ihn aufgefuͤhrt.
**) Caſpar Capelus, und M. Martin Cnemiander, ſind die erſten Rectores hie - ſigen Lycel geweſen. Der erſtere trat in ſein Amt 1526. und verwaltete daſ - ſelbige biß 1539. Der andere folgte ihm 1540. und blieb darinn biß 1553. Jhnen folgten Martinus Regu[l]us. Gregorius Albinus. M. Moſes Nean - der. Lazarus Scherdinger. M. Joachim Meiſter. M. Adam Cloſe. M. Petrus
**)Drum ſtritten mit der Neiſſe
Um ihrer Sayten Ruhm die Muſen an dem Qveiſſe.
So69
So wird des Lehrers Fleiß nicht beſſer hier verehrt,
Als wenn die, ſo ſein Mund mit Gruͤndlichkeit gelehrt,
Nach ihm in ſeine Grufft das dange Wuͤnſchen ſchicken:
Ach koͤnten wir dich noch als unſer Haupt erblicken.
Und wie? zier: BoͤttnersGrab nicht auch ein Danck-Altar?
Es draͤnget ſich dazu nicht eine kleine Schaar
Aus mehr als einer Stadt, aus mehr als einem Lande,
Von mehr als einem Amt, von mehr als einem Stande,
Die BoͤttnersTreue ruͤhmt, und ihm zu dancken ſucht,
Die ſeiner Wiſſenſchafft und Unterrichtes Frucht
Jtzt andern geben kan. Denn das gemeine Weſen
Muß aus der Schule ſich den Grund und Eckſtein leſen.
Drum iſt auch meine Hand zum opfern ſchon bereit,
Mit Freuden denckt mein Sinn an die verfloßne Zeit,
Da du, mein Boͤttner, mir der Weißheit Anfangs-Gruͤnde
So treu ich mitgetheilt, die ich noch feſt befinde.
Betruͤbter Ruf! der mich in Deiner letzten Nacht
Gantz unverhofft zu Dir und vor Dein Bette bracht,
Jn Deinem Sterben Dir mit Beten beyzuſtehen,
Mit Troſte vor den Tod Dir an die Hand zu gehen.
Jndeſſen ging ich ihm mit ſchnellen Fuͤſſen nach,
Weil er der Danckbarkeit Gelegenheit verſprach,
Dir, o mein Boͤttner, dir, im Sterben abzuſtatten,
Wozu ſie Deine Treu und Gunſt verpflichtet hatten.
Wiewohl Du zeigteſt ſelbſt mit halb erſtorbner Hand,
Dein Geiſt und Hertze ſey mit GOTT vorher bekannt.
Dein ſichrer Glaubens-Schritt ging zu der Himmels-Pforte,
Dich ſtaͤrckete die Krafft von JESULebens-Worte.
Dies war die Frucht, daß Du den Tod vorher bedacht,
Eh ſich deſſelben Hand an Deinen Leib gemacht,
J 3Sanck
**) [Petrus] Cellarius. Wenceslaus Scheidenreiſſer. Tobias Polus. Abra - ham Crauſe Melchior Eckard. M. Caſpar Janitius. Johann Leo. Paul Frieſe Georgius Sartorius. Melchior Hauſe. M. Urbanus Scultetus. M. Martin Gerber, M. Chriſtoph Schwartzbach. Von welchen nicht mehrere als achte in dieſem Amte verſtorben ſind.
**)
70
Sanck er, ſo ſtand Dein Geiſt auf einem feſten Grunde.
So lehrteſt Du auch noch mit zugeſchloßnem Munde!
Die Stunde kam, die ſonſt zu Deinen Soͤhnen Dich
Dir zum Vergnuͤgen rieff, jetzt aber meldte ſich
Mit ihr Dein Abend an, GOtt rief Dich aus der Schule
Zur ungeſtoͤhrten Ruh zu ſeines Sohnes Stule.
Dies iſt vor Deinen Geiſt ein hoͤchſt begluͤckter Schluß,
Die aber Du geliebt, netzt ein geſaltzner Fluß.
Dein Abend, Deine Ruh bringt Deinen Hoͤrern Thraͤnen,
Und macht nach Deiner Treu ein Wehmuth volles Sehnen.
Er, der vorm Unverſtand, ja vor der klugen Welt,
Von derer Schulen Wehrt ein beſſers Urtheil faͤllt,
Erqvicke, die ſein Rath, ſein weiſer Rath geſchlagen,
Und Deiner Glieder Reſt zu Grabe weinend tragen.
Es wiſche ſeine Hand von Deiner Boͤttnerin
Das ſcharffe Thraͤnen-Saltz, mit dem ihr treuer Sinn
Die blaſſen Wangen ſchmuͤckt. Er troͤſte Schweſtern, Bruͤder,
Die uͤber Deiner Grufft bethraͤnte Trauer-Lieder
Erſeufzend angeſtimmt. Es lindre ſeine Hand,
Die ſie darein geſetzt, der Schule Wayſen-Stand,
Er laſſe Deine Treu und Unterweiſungs Gaben
Den, der Dir folgen wird, zwiefaͤltig auf ſich haben.
Wohl Dir, gebeugtes Volck! Der Himmel thut ſich auf,
Er hoͤrt Dein mattes Ach, hemmt Deiner Thraͤnen Lauf.
Beweinſt Du BoͤttnersTod, ſo dencke doch im Leyde:
Gieng nicht der treue Knecht zu ſeines HErren Freude!

Aus Danckbarkeit gegen ſeinen getreuen Lehrer, und aus Ergebenheit gegen das vornehme Boͤttneriſche Haus Gottlob Friedrich Gude, A. M. Diaconus zu Lauban.

Koͤnten71
Koͤnten Wehmuth, Harm und Zaͤhren
Lieder ſolcher Art bewaͤhren:
O ſo muͤßte diß allein
Aller andern Muſter ſeyn;
Aber ſo verſchwemmt der Jammer,
Was die Pflicht hier ſchoͤnes denkt,
Da mich BoͤttnersLeichenkammer
Gleichſam ſelbſt mit Jhm verſenkt.
Boͤttner, aller Muſen Liebe,
Theurer Boͤttner, wie ſo truͤbe,
Wie ſo finſter ſieht Dein Haus,
Wie beſtuͤrzt Dein Pindusaus!
Alles bebt bey Deiner Leiche,
Wie die Saat bey naſſem Weſt,
Und wie Laͤmmer im Geſtraͤuche,
Wenn ſie Schutz und Hirt verlaͤßt.
Jch, ein bloͤdes Theil der Deinen,
Sollt ich Dich nicht mit beweinen?
Weint doch, wer Dich kennt und nennt,
Wenn er Deinen Wehrt erkennt.
O was hilft mir den erwehnen!
Vater, Goͤnner, Freund und Schmuck!
Giebt nicht das ſchon meinen Thraͤnen
Einzeln Trieb und Recht genug!
Andre weyhn fuͤr Dein Beſtreben,
Nur der Tugend nach zu leben,
Fuͤr Dein Wiſſen ohne Dunſt,
Hundert Kraͤnze nach der Kunſt:
Doch72
Doch bey deren Blumenkorbe
Girrt die kluchzende Begier
Jn die ſtammlende Theorbe
Nur von Deiner Huld zu mir.
Du mein Leitſtern in der Hoͤhe,
Treues Schickſal, ich geſtehe
Dir, bey Boͤttnersletzten Ruh,
Noch mit tauſend Thraͤnen zu,
Daß, ſo wenig mein Gemuͤthe
Sonſt in Treu und Dankpflicht wankt;
Es dir gleichwohl BoͤttnersGuͤte
Niemahls noch genung verdankt.
Seit man mir am ſanften Qveiſſe,
Nach dem goͤttlichen Geheiſſe
Derer, die mein Gluͤck gebaut,
LaubansMuſen mit vertraut:
Hab ich Jhn zu allen Stunden
Stets ſo redlich, ſo bewaͤhrt,
Stets als ſolch ein Haupt erfunden,
Wie es Wunſch und Luſt begehrt.
Sonder Beyſtand, Rath und Habe,
Kaum mit JacobsWanderſtabe,
Trat ich die gemeßne Bahn
GOtt geweyhter Pflichten an;
Er, der treue Freund und Kenner
Hemmte, was der Harm gedroht.
Boͤttnerwieß mir Huͤlf und Goͤnner,
Boͤttnerbrach mir ſelbſt ſein Brodt.
Welchen73
Welchen Handgrif kluger Lehren
Ließ Er mich nicht ſehn und hoͤren?
Welchen Vortheil nuͤtzer Treu
Brachte mir ſein Rath nicht bey?
Ja, mit mir ein Herz zu werden,
Schien ihm, wie erfreut war ich!
Auch ſein Liebſtes auf der Erden
Endlich nicht zu lieb fuͤr mich.
Zwar der Tod zerrieß die Schluͤſſe;
Doch auch ſeit dem ſchnellen Riſſe,
Ja ſeit dem, was mich verletzt,
Meines BlochmannsHuld erſetzt;
Starb mir gleichwohl BoͤttnersTreue,
Starb mir nie Sein Beyſtand ab,
Der vielmehr mir ſtets aufs neue
Stoff zu Lieb und Dankpflicht gab.
Aber ietzt! Jetzt ſtirbt diß alles,
Und die Wuͤrkung dieſes Falles
Raubt der Regung Luſt und Sinn,
Reiſt mich ſelbſt aus mir dahin.
Sollte nun die Angſt nicht ſchreyen,
Da der Schmerz aufs hoͤchſte ſteigt,
Und kein Trauren, auſſer zweyen,
Mich wie dieſer Fall gebeugt?
Jſt der Sturm fuͤr mich ſo ſtrenge:
Welche ein aͤngſtliches Gedraͤnge,
Theure Wittwe, trift wohl Dich,
Dich, o Boͤttnersander Jch!
KFreylich74
Freylich ja! Bey anderm Schmerze
Sprang Dir noch Dein Boͤttnerbey.
Andrer Jammer preßt Dein Herze;
Dieſer reißt es gar entzwey.
Trafen ſonſt die erſten Wetter
Deiner Myrten Aſt und Blaͤtter:
O ſo koͤmmt voritzt ſogar
Selbſt ihr Wipfel in Gefahr.
Siehe da, hier ſtuͤrzt er nieder:
Und ſo ſcheints um Dich gethan.
Suchſt Du Troſt von mir darwieder?
Ach! es fehlt mir ſelber dran.
GOTT, der Troſt beſtuͤrzter Geiſter,
Macht ja ſonſt die Bloͤden dreuſter:
O ſo ſtill auch deſſen Treu
Unſrer Wehmuth Angſt-Geſchrey.
Er, Dein Schutz und Dein Vergnuͤgen,
Habe ſelber auf Dich Acht.
Laß Dich nicht den Harm beſiegen,
Der nur uͤbel aͤrger macht.
Faßt dies Wort, Jhr andern alle,
Die Jhr bey dem Trauerfalle,
Der zwar BoͤttnersRuhm erhoͤht,
Jn der baͤngſten Tieffe ſteht.
Hemmt, Geſchwiſter, hemmt, Jhr Freunde,
Was Euch itzt beklemmt und kraͤnkt.
Macht ſich der nicht GOtt zum Feinde,
Der ihm ſeinen Schluß verdenkt?
Nun75
Nun ich ſchweige. Ruh und ſchlafe,
Treuer Hirte Deiner Schafe!
Dank und Liebe wacht und thoͤnt,
Biß der Ruhm Dich gnung gekroͤnt,
Und daß dem ſein Zweck gedeye,
Reyht er, Dir zum Schmuck und Glanz,
Jedes Zaͤhrgen frommer Treue
Mit an Deinen Perlenkranz.

Der geheiligten Aſche des Hochverdienten Herrn Rector Boͤttner〈…〉〈…〉wiedmete durch dieſes ſeine Aufrichtige Danck - und Liebes-Thraͤ - nen des Wohlſee ligen vormahliger und noch im Tode getrener Schwiegerſohn. M. Samuel Seidel, des Laubaniſchen Lycei Conrector.

D. O. M. S. ADSTAS. VIATOR. TVMVLO. IN. QVO. MAGIS. ETIAM. QVAM. ERVDITVM. OPEROSVM. HVMANVM. REIPVBLICAE. SCHOLASTICAE. LAVBANENSIS. CAPVT. M. GOTTFRIDVS. BOETTNERVS. BIDVO. SEXAGENAR. MINOR. QVICQVID. HABVIT. MORTALE. K 2X. KA -76X. KALEND. APRILIS. MD CCXXXX. DEPOSVIT. NVLLA. QVIDEM. QVAM. EX. CHRISTIANA. ELISABETHA. NATA. IVNGIA.INCOMPARABILI. CONIVGIS. EXEMPLO. SVSCEPERAT. NVMEROSAM. PROLE. VNICA. TAMEN. EX. INNVMERIS. NECESSARIORVM. ET. AMICORVM. FILIIS. FILIA. MNEMOSYNE. POST. FATA. HVIC. SVPERSTITE. HABES. ERGO. QVOD. TECVM. PORTES. NEMPE. VIRTVTEM. IN. VRNA. ET. VRNAM. IN. VIRTVTE. RECONDITAM. VADE. VIATOR. AC. INTER - VIVOS. ET. MORTVOS. A. SVBLIMIORIS. PHILOSOPHIAE. MAGISTRO. FORMATVS. MOR -77MORTEM. CVM. VITA. COMMVTARE. NON. CONFVNDERE. DISCE.

PRAECEPTORI. O. D. S. M. DISCIPVLVS. ET. COLLEGA. M. I. C. TRAVTMANN. HOC. MONIMENTVM. CVM. LACRVMIS. POS.

Text zur Trauermuſik.

2 Petr.1. v. 14. 15. Jch weiß, daß ich meine Huͤtte bald ablegen muß, wie mir denn auch unſer HErr JEſus Chriſtuseroͤffnet hat. Jch will aber Fleiß thun, daß ihr allenthalben habet, ſolches nach meinem Abſchie - de im Gedaͤchtniſſe zu halten.
GOtt Lob! es geht nunmehr zum Ende.
Mein JEſuskommt: er ſaͤumet nicht.
Er reicht mir ſchon die treuen Haͤnde.
Die morſche Huͤtte knackt und bricht.
Wer weiß, wie bald ſie gar zerfaͤllt!
Es ſey: iſt doch mein Haus beſtellt.
K 3Jch78
Jch habe nur noch wenig Schritte,
Noch wenig Schritte biß ins Grab.
Jch weiß, ich lege meine Huͤtte
Nun bald, ja, bald und eilend ab.
Sie droht den Fall, er iſt nicht weit.
Er komme nur: ich bin bereit.
Fragt nicht, wer die Verſichrung giebet.
Er ſelbſt, der HErr, eroͤffnets mir.
Der, der mich ie und ie geliebet,
Mein Heiland ſelbſt ſteht vor der Thuͤr.
Wie klopft er an! O Liebes-Schlag!
O Schlag, der mich erfreuen mag!
So iſt mein Abſchied denn nicht ferne.
Hier ſteht mein Freund: hier iſt ſein Wort.
Mein Goel winckt: ich folge gerne.
Mein Goel rufft: ich eile fort.
Kommt, Liebſte, kommt, und hoͤret zu.
Kommt, ſeht den Fleiß, den ich noch thu.
Laßt mein Vermahnen, meine Lehren,
Euch immer im Gedaͤchtniß ſeyn.
Laßt euch den Jrrthum nicht verkehren.
Er glaͤntzt; doch mit geſchminktem Schein.
Die Wahrheit ſiegt: goͤnnt ihr das Ohr.
Sie bleibt, und ſteigt zuletzt empor.
O ſeht! Nun muß die Huͤtte fallen.
Ein neuer Schlag zerſchellet ſie.
Der blaſſe Mund kan kaum noch lallen.
Hand, Auge, wie erſtarrt ſind die!
Was JEſusthut, iſt wohl gethan.
Hier iſt mein Seegen: nehmt ihn an.
Doch79
Doch ihr, Jhr allerliebſten Meinen,
Wie kraͤnckt, wie ſehr betruͤbt ihr euch!
Laßt euer Klagen, laßt das Weinen.
Jhr folgt mir einſt in JEſuReich.
Da ſeh ich euch: da ſeht ihr mich.
Glaubt, lebt, und ſterbt nur ſo, wie ich.
Jhr nehmt den Leib, ihr legt ihn nieder.
Die Huͤtte, die zerbrechlich war.
Der ſie zerbrach, der baut ſie wieder,
Und ſtellt ſie unzerbrechlich dar.
So iſt, ſo bleibt ſie ewig gantz,
Und leuchtet, wie des Himmels Glantz.

Dieſes ſang, bey Beerdigung des wohlſeeligen Herrn Rectors, ſei - nes geweſenen ſehr geneigten Goͤnners, der ſchmertzlich betruͤbten Frau Wittwe, und ſaͤmmtlichen uͤbrigen vornehmen Leidtra - genden, zu einigem Troſte, und zu ſchuldiger Bezeigung ſeiner Danckbefliſſenheit fuͤr viele von dem Wohlſeeligen genoſſene Ge - wogenheit, mitleidigſt Nicolaus Chriſtoph Morus, Cantor.

Herr Rector Boͤttnerſchließt heut ſeinen Lebens-Lauff.
Er giebet ſeinen Geiſt in JEſusHaͤnde auf.
Er ſtirbt, Er eilet fort, da man ſich Hoffnung machte,
Und er zugleich mit uns vermeinte und gedachte,
Daß der entkraͤffte Leib, den eine Kranckheits-Laſt
Vor kurtzen hart ergrieff, und gantz verzehrte faſt,
Sich ſolte wiederum, ſo viel als moͤglich, ſtaͤrcken,
So muß man unvermuth, eh man es kaum kan mercken,
Jhn80
Jhn ſchon erſtarret da, als eine Leiche ſehn.
Ach! was vor Wehe muß den Seinen doch geſchehn.
Was ſoll man doch vor Troſt in ihre Hertzen ſchreiben?
Daß ſie gelaſſen noch in Jhrem GOtte bleiben.
Doch dazu bin ich nicht vermoͤgend und geſchickt,
Weil die Empfindung ſelbſt mich bey dem Falle druͤckt.
GOtt ſencke ſelbſt den Troſt in die verwundten Hertzen,
Der Jhren Kummer ſtillt, und lindert ihre Schmertzen.
Er ſehe auch die Schul mit Gnaden-Augen an,
Daß Sie auf Fall und Schlag ſich einſt erqvicken kan.
Er ſeegne ferner noch der Lehrer ihr Bemuͤhen,
Daß Stadt und Land daraus kan viele Fruͤchte ziehen.

Auguſt Valentin Seidemann.

Du ſtirbeſt noch zufruͤh, Du Ehren-werther Mann!
Obſchon an Alter nicht, noch an zu wenig Jahren:
Denn wer ein Sechziger, der hat ſchon mehr erfahren,
Als der die Jahre nur biß zwantzig zehlen kan.
Als Rector ſtirbeſt Du der Schulen noch zu fruͤh,
Vor welche Du als Haupt geredt, geſorgt, gewachet,
Was haſt Du Jhr zu gutt vor Arbeit Dir gemachet!
Der Schlaf, die Kranckheit zog Dich nicht von Deiner Muͤh.
Bey Deinen Jahren war Dir Huͤlff und Ruhe noth;
Weil unlaͤngſt durch den Schlag Dir manche Krafft entgangen;
Doch warſt Du keinem gern zur Laſt, Du biſt gegangen
Von einer Arbeit zu der andern biß in Tod.
Ein Kayſer ſtirbt alsdenn wohl, wenn er ſtehend ſtirbt:
So ſolt die Arbeit Dich auch gar nich[t]muͤde machen,
Den Tag vor Deinem Tod verrichtſt Du noch viel Sachen,
Was Dir nun nach dem Tod noch groͤſſerm Ruhm erwirbt.
Du81
Du ſtirbeſt noch zufruͤh dem treuen Ehgemahl,
Die Du durch GOttes Zug zum Eh-Schatz auserleſen,
Und die ſich gluͤcklich ſchaͤtzt, daß Sie Dir lieb geweſen,
Und Dich gehabt. Jedoch nicht mehr! Ey das bringt Qvaal.
Allein, was tadeln wir des weiſen GOttes Rath!
Er weiß die rechte Zeit uns von der Welt zu nehmen:
Wir Chriſten muͤſſen uns das nicht zu tragen ſchaͤmen,
Was GOtt beſchloſſen hat: Er iſt von Rath und That.
Drum ſtirbt Er nicht zu fruͤh, Er hat Sein Haus beſtellt,
Durch Buß und Glauben ſich mit ſeinem GOtt verbunden,
Und dadurch Seine Feind geluͤcklich uͤberwunden,
Daß Er dem Principal als Sieger wohlgefaͤllt.
Er hat Sein Teſtament vor kurtzer Zeit gemacht,
Und was Er hinterlaͤßt, gar weißlich eingetheilet:
So hat der Tod gar nicht zu fruͤh Jhn uͤbereilet,
Er hat has Seine ja in ſchoͤnſte Ordnung bracht.
Und was die Schul betrifft, hat Er auch die beſtellt,
Und das Examen noch zu rechter Zeit gehalten,
Er translocirete, und konte das verwalten,
Wovon er in der Welt bey allen Ruhm erhaͤlt.
Der Ober-Schul-Patron rufft Jhn nunmehr zu Sich,
Examinirt Jhn auch; und weil Er gut beſtanden,
So iſt vor ſeine Treu der Gnaden-Lohn verhanden.
Er ſpricht: Geh ein zur Freud, ruh aus, erqvicke dich!
Hat der Herr Rector dieß vor die gehabte Muͤh,
So iſt Er hoͤchſt begluͤckt, ſo darf man Jhn nicht klagen,
Und den Betruͤbten kan man das zum Troſte ſagen:
Jhr Mann, Jhr Freund, Patron, der ſtirbet nicht zu fruͤh.

M. Chriſtian Geißler.

Wein Lauban, laß es zu, daß deines Lehrers Gruft,
Daß deines BoͤttnersGrab auch in entfernter Luft
Ein ſchwaches Muſenchor zu Leid und Klag erwecke,
Daß es den innern Schmerz durch dieſes Blatt entdecke.
LDein82
Dein Boͤttnerwar dein Ruhm, Er war auch unſre Luſt.
Sein F[a]ll verdient dein Leid, er ruͤhrt auch unſre Bruſt.
Er ruͤhrt ſie, ja, ſo ſtarck, daß wirs kaum hoͤren laſſen,
Wie ſchlecht wir vielen Gram in matte Reime faſſen.
Doch ſchweig nur, Redlichkeit, du ſolſt und wilſt es thun.
Der Kummer, der dich naͤhrt, laͤßt Hand und Kiel nicht ruhn.
Geraͤth die Wuͤrckung ſchlecht, ſo troͤſte dich auch wieder,
Dein Boͤttnerlebt bereits durch andre nette Lieder,
Noch mehr. Er lebt durch ſich. Sieh ſeinen Wandel an,
Wer ein ſo groß Verdienſt zum Vorrecht zeigen kan,
Wer jeder Tugend ſich, wie Boͤttner, ſtets befliſſen,
Hat der Vergaͤnglichkeit ſich laͤngſt durch ſich entriſſen.
Jhr wißt es, deren Geiſt ein edler Trieb bewohnt,
Der immer weiter dringt, und nie des Fleiſſes ſchont,
Wodurch er ſeinen Witz vom Poͤbel weit entfernet,
Und GOtt, die Welt und ſich ſtets tieffer kennen lernet.
Jhr wißt es, was fuͤr Danck ihr denen ſchuldig ſeyd,
Die eurer Seelen Krafft bey fruͤher Jugendzeit
Erweckt, gelenkt, geſchaͤrft, geuͤbt, vermehrt, geſtuͤtzet,
Jhr wißt es, was der Welt ein guter Schulmann nuͤtzet.
So iſts. Ein junger Baum, den ſeines Gaͤrtners Fleiß,
Weil er noch biegſam iſt, geſchickt zu beugen weiß,
Waͤchſt zur Verwundrung ſchoͤn, durch ſparſam kluges Pflegen
Erhebt ſein Gipfel ſich des erſten Fleiſſes wegen.
Nun laßt ein wildes Reiß, wenn ſichs noch lencken laͤßt,
Jn ſeiner Kruͤmme ſtehn. Der weiche Theil wird feſt,
Zuletzt wird ſich die Hand vergebens ſchwer bemuͤhen,
Den ungezognen Stamm dem andern gleich zu ziehen.
Dieß83
Dieß iſt der Menſchen Bild. GOtt hat uns auf die Welt,
Den zarten Baͤumen gleich, zum Wachsthum dargeſtellt.
Zum wilden Wachsthum nur? Nein Thor, du ſolſt es wiſſen,
Daß wir durch Lehrer erſt zu Menſchen werden muͤſſen.
Dein Wachsthum iſt umſonſt, das, was dem Koͤrpe[r]fehlt,
Durch Nahrung ihm erſetzt, und nur die Jahre zaͤhlt,
Jn denen, leyder! doch des Geiſtes muntern Trieben,
Das, was ihr Zierrath iſt, ganz unbekannt geblieben.
Geh, blinder Unverſtand, nur in dich ſelbſt zuruͤck.
Was hilft dichs, daß dein Geiſt, der Allmacht Meiſterſtuͤck,
Des Koͤrpers weiſen Bau, durch eigne Krafft belebet,
Daß Himmel, Erd und Luft vor deinen Augen ſchwebet?
Daß dich ein GOtt erſchuf, der eh dieß Ganze ſtund,
Schon ewig maͤchtig war, der aller Dinge Grund
Und erſter Urſprung iſt, daß jedes Graͤschen zeiget,
Wie ſehr ſein hoher Witz den unſern uͤberſteiget.
Was hilft dichs, daß den Fehl, der in den Theilen ſteckt,
Ein andrer Theil erſetzt, des Ganzen Fuͤgung deckt,
Daß jeder Menſch ſein Gluͤck in aller Wohlſeyn findet,
Und dieß ſich wiederum auf jedes Treue gruͤndet?
Was hilft dichs, daß ein Menſch, der ſich im Guten uͤbt,
Der Seelen Kraͤffte ſchaͤrft und Witz und Tugend liebt,
So ſehr auch oft ein Sturm auf ſeinen Scheitel blitzet,
Des Lebens hoͤchſtes Gut ein ruhig Herz beſitzet?
Geh, zieh die Thorheit aus. Warum verweilſt du noch?
Ja, ja, du nennſt den Fleiß ein unertraͤglich Joch,
Die Schul ein Marterhaus, den Nutzen, den ſie bringet,
Ein furchtſambloͤdes Herz, daß ein Orbil erzwinget,
L 2Die84
Die Lehren Woͤrterkram und Grillenfaͤngerey.
Du ſprichſt: wie kanns geſchehn, daß dieß das Mittel ſey,
Den dir ſo werthen Schatz, die Weisheit, zu erlangen,
An deſſen Kenntniß doch ſo viele Guͤter hangen.
Dein Einwurf iſt zu ſchlecht. Des klugen Lehrers Treu
Bringt dir der Weisheit Grund gewiß ſchon zeitig bey,
Der Sprachen Wiſſenſchaft dient dir zu andern Zeiten
Das, was du ſelbſt nicht weiſt, aus Buͤchern herzuleiten.
O welch ein edler Schatz liegt da bey dir verwahrt,
Wenn deiner Jugend Kraft den muntren Fleiß nicht ſpart,
Der endlich faͤhig wird, aus kluger Maͤnner Schriften,
Aus Lehrern ohne Mund, den eignen Nutz zu ſtiften.
V[e]rachte dieſe Muͤh, betrogne Muſenſchaar,
Und ſtelle dich alsdenn den hoͤhern Schulen dar,
Und hoͤre, was du wilſt, du wirſt zuruͤcke bleiben,
Ein wurzelloſer Baum kann niemahls Fruͤchte treiben.
Ein ungegruͤndet Haus faͤllt in den eignen Schutt,
So bald ein matter Sturm den ſchwaͤchſten Anfall thut.
Erkennt der Lehrer Wehrt, die eure Jugend lenken,
Die Zeit wird dieſer Pflicht den Lohn gedoppelt ſchenken.
Hier ſtellt ſich uns dein Bild, entſeelter Boͤttner, vor,
Du, den dein Laubanjuͤngſt dem Leibe nach verlohr,
Du, deſſen Witz und Fleiß, wo Kunſt und Tugend bluͤhen,
Stets ein gerechtes Lob zum Lohne nach ſich ziehen.
Wohlan, erlaub es uns, daß dieſes Dein Verdienſt,
Woran Du ſonſt gebluͤht, woran du itzt noch gruͤnſt,
Und immer leben wirſt, auch ſtets durch uns erklinge,
Ja noch in ſpaͤter Zeit der Welt zu Ohren dringe.
Du85
Du ruhſt, doch unſre Bruſt belebt der Lehren Kraft,
Wodurch uns deine Treu ſchon manchen Nutz geſchaft,
Und noch viel Vortheil bringt. Geſegnet ſey dein Lehren,
Dieß wird dich in der Gruft, dieß wird dich ewig ehren.
Jhr Freunde, ſeht auf das, was BoͤttnersFleiß gethan,
Verfolget die von ihm euch oft gewieſne Bahn,
Gelingts dem Eifer nun dem Ziele nachzuſtreben,
So wirſt du, Theurer, auch durch Deine Schuͤler leben.

Dem geſeegneten Andencken des ſeel. Hrn. Rect. Boͤttnerswiedmeten gegenwaͤrtige Zeilen zu Bezeigung der empfindlichſten Traurigkeit ei - nige des Wvhlſeeligen ehemahlige Untergebene, die ſich anitzt in Leipzigbefinden, durch M. Johann Gotthard Nergern.

So ſargt man Boͤttnernein? ach allzuharter Schluß!
Der uns faſt ſelbſt entlebt, und heftig ſchmertzen muß!
Soll denn der letzte Schlag den Blitz ſo bald begleiten?
Ach ja! der Trauer-Thon erſchreckt mich ſchon von weiten.
Mein Vetter, konnteſt Du nicht noch in was verziehn?
Dein unverdroßner Fleiß, dein eifriges Bemuͤhn,
Erwarb Dir Lieb und Huld, Du ſpuͤrteſt vollen Segen.
Und ietzund willſt Du nun Dein Amt darnieder legen.
Sieh! wie Dein Ehe-Weib die Haͤnde aͤngſtlich ringt,
Wie Sie Dein Tod betruͤbt, und Jhr zu Herzen dringt,
Wie da ein Thraͤnen-Guß die matten Seufzer hemmet,
Wie Sie die Angſt befaͤllt, wie ſie der Schmertz beklemmet,
Sie war ja iederzeit dein Liebſtes, deine Luſt,
Was Jhr Vergnuͤgung gab, ergoͤtzte Deine Bruſt
Nun aber trennt Dein Fall das Band der reinen Liebe
Sie ſteht verlaſſen da, das gantze Haus iſt truͤbe,
L 3Haͤllt86
Haͤlt dieſes denn noch nicht Dein ſchnelles Scheiden auf?
Ach nein! Du eileſt fort, und endeſt deinen Lauf.
Allein, was ſoll man denn zu Deinen Soͤhnen ſagen,
Wenn ſie voll Lehr-Begier nach ihrem Lehrer fragen?
Gewiß, hier hebet ſich ein neues Klagen an,
Eh jemand noch vor Schmertz die Antwort geben kan:
Er liegt erblaßt, erſtarrt, ihr koͤnnt die weiſen Lehren
Nicht weiter, wie zuvor, aus ſeinem Munde hoͤren.
Jch ſelbſt ſteh gantz erſtarrt bey ſeiner Bahre hier,
Und dencke bey mir ſelbſt: wie wiederfaͤhret dir!
Jſts moͤglich, daß der Tod ſich dieſen auserleſen,
Der gegen dich geneigt, ja vaͤterlich geweſen?
Ach leyder! allzuwohl, gantz Laubanſieht betruͤbt,
Weil es den Mann vermießt, den es ſo ſehr geliebt,
Der vor der Schule Wohl geſorget und gewachet,
Und nun durch ſeinen Tod die Schuͤler Wayſen machet.
Die gantze Freundſchafft fuͤhlt den Riß, den GOtt gethan.
Ein jedes ſieht den Sarg mit naſſen Augen an.
Die Wittwe ſteht erblaßt, die Pflege-Kinder weinen.
Soll das nicht hoͤchſt betruͤbt, ſoll das nicht ſchmertzlich ſcheinen?
Nun wohl, ſo weinet denn, und hengt der Neigung nach,
Beklaget den Verluſt; doch faßt euch allgemach,
Bedencket, was GOtt thut, ſey wohl und gut gemeinet.
Obs uns gleich offt ſehr hart und unertraͤglich ſcheinet.
Das Leid iſt freylich groß, das euch betroffen hat.
Jch weine ſelber mit, und ſuche Troſt und Rath.
Denſelben zeiget mir des Hoͤchſten Vaters Wille,
Dem uͤberlaſſet euch, und halt geduldig ſtille.
Er, der der Wittwen Troſt und ihr Berather iſt,
Bey dem der Waiſen Schaar den beſten Schutz genuͤßt;
Er, der der beſte Freund, wenn alle Freunde fallen,
Verſiegle dieſen Troſt in mir und auch in allen.
Du87
Du aber, theurer Mann, ruh wohl in Sarg und Grufft,
Du haſt hier auf der Welt genung gelehrt, gerufft,
Nun haſt Du auch den Lohn vor deine Treu empfangen,
Die Seel iſt allbereits zur Herrlichkeit gegangen.

Philipp Gottfried Seybold, S. Theol. Cult. z. Z. Ephorus der Hochadl. Pa - ckiſchen Jugend in Kayſerswalda.

Welcher Jammer? welche Trauer?
Fuͤllt mit Harm und kaltem Schauer
Die ſchon ſonſt beſtuͤrzte Bruſt?
Was benimmt mir Geiſt und Luſt?
BoͤttnersAbſchied, BoͤttnersLeiche!
Boͤttnersewigſeelge Ruh
Macht, daß ich faſt mit erbleiche.
GOtt! wie harte ſchlaͤgſt du zu.
Weint, ihr zarten Pierinnen,
Bleibt mit tiefgebeugten Sinnen
Jtzt bey Sarg und Bahre ſtehn.
Helfft mir BoͤttnersRuhm erhoͤhn.
Doch, erreich ich auch vor Schmerzen
Meines Wunſches Zweck und Ziel?
Nein? bey ſo beſtuͤrztem Herzen
Stockt auch billig Hand und Kiel.
From -88
Fromme Muſe, willt du ſchweigen?
Nein. Du muſt den Jammer zeigen,
Der Gedanck und Reim erſtickt,
Der den Geiſt zu Boden druͤckt.
Dieſes[Lehrers] theure Glieder,
Die die Zeit in Staub verkehrt,
Sind vor andern deiner Lieder,
Sind ja deines Mittleids werth.
Laubans Muſen ſind wie Schaaffe
Bey des treuen Hirtens Schlaffe,
Bey ſo ſeltner Traurigkeit
Ganz verwirrt und faſt zerſtreut.
Jhres Tempels truͤbe Zimmer
Sind mit Boy und Flor bedeckt.
Ja der Tod hat nur zum Schimmer
Trauer-Kerzen aufgeſteckt.
Seht, ihr muntren Buͤrgers-Soͤhne,
Euer Helicon ſtund ſchoͤne.
Nun erſtaunt ihr ſelbſt davor.
Sagt, was fehlt ihm? BoͤttnersFlor,
BoͤttnersSorgfalt, BoͤttnersLiebe,
BoͤttnersGeiſt und Unterricht,
Dieſes iſts, was eurem Triebe
Die geſetzte Großmuth bricht.
Wie viel ſieht man Maͤnner bluͤhen,
Die das Gluͤck durch ſein Bemuͤhen
Andern Weiſen in der Welt
Stets zum Muſter fuͤrgeſtellt.
Lau -89
LaubansSchule ward im Seegen
Unter ſeiner Aufſicht groß.
Nun bezeugt ſie ſich dagegen
Wayſen gleich, und Vater loß.
Bey ſo fruͤhen Leich-Cypreſſen
Hat ſie ihrer ſelbſt vergeſſen,
Ja ſie giebt vor Ungeduld
Fall und Tod dem Schickſal ſchuld.
GOtt, wer wird ihr Angſt-Getuͤmmel,
Und der Wehmuth Nacht zerſtreun?
Soll ihr Tempel nun ein Himmel
Ohne Licht und Sonne ſeyn.
Was fuͤr bange Thraͤnen-Guͤſſe
Rollen itzt bey dieſem Riſſe
Von der theuren Boͤttnerin
Zu dem Leich-Gewoͤlbe hin.
Soll mein andres ich erblaſſen?
Tod, ach Tod, was raubſt du mir!
Herz und Geiſt kan ſich nicht faſſen.
Fort, mein Schatz, ich folge dir.
Muth und Adern ſind entkraͤfftet.
Das, was noch die Glieder hefftet,
Was mich ſelbſt zum Abſchied reitzt,
Hat mir alle Luſt durchbeitzt.
Meine Wunden ſind vor Trauer
Kaum verharſcht und zugeheilt;
Nun hat gar ein kalter Schauer
Mein entſeeltes Herz getheilt.
MMehr90
Mehr als tauſend neue Zaͤhren
Muͤſſen nun den Jammer naͤhren,
Der der Bruͤder Trauer-Nacht
Auch noch itzt erſchrecklich macht.
Treuer Schweſtern fromme Liebe
Draͤngt ſich mit zu Sarg und Grufft,
Weil ihr Freund aus edlem Triebe
Dieſen Troſt zuruͤcke rufft:
Spart die Thraͤnen, hemmt den Kummer,
Liegt mein Leib auch gleich im Schlummer,
Tadelt nicht des Himmels Schluß,
Denckt nur, daß ich ſterben muß.
Goͤnnt dem Coͤrper Staub und Erde;
Goͤnnt der Seele SalemsHeil.
Nun ich euch entzogen werde,
Wird mir ChriſtiReich zu Theil.
Nun ſo ruhet, ihr Gebeine!
Ruhet unter jenem Steine,
Biß euch GOtt aus Sarg und Grufft
Auch zu ſeinen Frommen rufft.
Meine Wehmuth hat indeſſen
Euch diß Denckmahl aufgericht.
Boͤttnerswerd ich nicht vergeſſen.
Boͤttnerſtirbt und ſtirbt auch nicht.

Johann George Thomas, Laub.

Cum91
Cum ſubit atratae triſtiſſima noctis imago,
Quae TIBI poſtremum tempus in orbe fuit;
Cum repeto lucem, qua nos, BOETTNERE, relinquis,
Guttatim lacrymae noſtra per ora cadunt.
Alma palaeſtra ſilet, viduata decoribus iſtis,
Quid, rogat, ille meus? moeſta juuenta ſilet.
Obſtrupuit, ſenſitque ſuos fere damna per artus.
Vulnera vix coeunt omine ſciſſa malo.
Ah! reſonant verbis, reſonant penetralia planctu,
Fiſtula nunc pendet, proh dolor! atque lyra.
Pallida mors imis figit ſua tela medullis,
Pulueris & donat munera parua nigri,
Quaecunque adſpicias, praebent alimenta dolori,
Et cathedram circum nil niſi ſquallor adeſt.
Scilicet ut ſoboles plorat deſerta parentes,
Sic redit itque frequens anxia turba ſcholae.
Triſtia fata Patris quidni ploremus amantes?
Plura referre licet. Quid? patre major erat.
Dicetur merito fatis haec naenia NOSTRI.
Exſtat conueniens luctibus ille modus.
Ni mortalis eris nutritus lacte ferino,
O querulis planctus conſonus eſto ſonis.
Adſis, Melpomene, tantis vlulatibus adſis.
Dignum laude virum Muſa perire vetat.
Hocce leuamen erit. Fomentis hisce quieſcunt,
Quos docuit magni vox operoſa Viri.
Mens, animus, ſenſus tantum ſua corpora linquunt,
Sed meliore tamen parte ſuperſtes erit.
M 2Creſcet92
Creſcet laude recens, cum jam putreſcet in arca,
Et lacrymis madidus fiet vbique cinis.
Fellimur? an nobis adſenſus honore paratur,
Quem docto prudens ille labore parat?
Quos non Siſyphii lapides tulit ille laboris?
Quadruplicis quid non martyriique ſimul?
Dic, age, quot montes curarum ſaepe mouentur,
Munera ſi gnauus rite ſubire cupis?
Hectoreum nomen docturi nomina prodit,
Fortiter vt ſalebras omnibus arte terat.
Militat, erudiens magno ſudore juuentam,
Noſtin? caſtra potens et ſua Phoebus habet.
Nobile depoſitum, prius hinc, quam tollitur, artis
Nutibus interea jam vocat ecce ſuos.
Quam gemit, et clauſis jubet vsque valere labellis,
Quos videt ad lectum flere querique ſuum!
Leniter exſpirat, laſſos ſummittit ocellos.
Ilicet, acclama: ſit tibi terra leuis!
Ite triumphales, frontem circumdate lauri -
Vicit, et o pretium quod pietatis habet!
Quam video vultu BOETTNERI fata gementem.
Quae fuit ipſa ſui corque decusque viri!
Quot fluctus, inquit, miſerae voluuntur aquarum!
Deſeror infelix, mors mea fulcra rapit.
Nil leuat ingentem, qui mordet viſcera, luctum.
Iple maritus abit, mors mihi ſola placet.
Quo ferar? vnde rei tandem ſolamina quaeram?
Ancora fracta mea eſt, vndique quaſſa ratis.
Quam timui lugens, omnes timuere, ruinam.
Fulmine nunc tangor, quod ſine fine premit.
Triſti -93
Triſtitiam tanta dignam TV conjuge reddis,
Et juſte lacrymis languida membra rigas.
Huc ades, ad rapti tenebroſa feretra Mariti!
Huc ades, et Socii percipe verba Tui!
Aſt tandem ſatis eſt doluiſſe, PIISSIMA CONIVX.
Nonne mihi coeli portio dicta manet?
Eſt Tibi ſitque precor, magnum ſolamen adernti,
Vulnera quod faciat, qui medicamen habet.
Sumite majorem, Fratres, ex mente priorum
Luctus queis idem ſaepe ferendus erat.
Perditis ingentem, verum eſt, Fratremque Virumque
Perditis et reliquos triſtia quaeque premunt.
Sic eſt. Aſt mentem, fas eſt, ſeruare ſerenam.
Conuenit haec forti laus modo ſola viro.
TV quoque, SEIDELI, laceras quid viſcera luctu?
Ecquid et oſſa TIBI jam laniatque dolor?
Hem ſtudioſa cohors rueret, ſine lege relicta,
Ni Tu doctrinam praeſidiumque dares.
Ergo age, BOETTNERVMcum nulla piacula reddant;
Condatur noſtris cordibus vrna Viri,
Si tandem mundi moles operoſa laboret,
Illius ac demum tunc monimenta ruant.
Tu modo, ſumme DEVS, Vos et, PIA FVLCRA Lycei,
Vos, precor, afflictae rebus adeſte ſcholae.
Hanc, inſto, ſtabilite bonis, BONA NVMINA, curis,
Filia ne pereat jam pereunte Patre.
Maſcula thura damus. Precibusque rogata parabit,
Qui bene celſa ſuo concutit aſtra pede.
Nec mora, Muſarum viduata Sacraria rite
Qui colat, accedat, qui cathedramque regat,
M 3Cum -94
Cumque venit, doceat liquidae pietatis ad inſtar
BOETTNERI; meritum ſic viget vsque Viri.

Vrnam prænobiliſſimi M. Gottfried Boettneri&c. flebili cupreſſo coronatum eunt Auditores Primae Clasſis, interprete Johanne Sigismvndo Dieterico, Fried. Sileſ.

Wer ſieht der Wehmuth wohl itzt ohne Wehmuth zu?
Man hoͤret nichts als Ach! hat nirgends Raſt und Ruh.
Man bebt vor deinem Grimm, ach Tod! ach Schreckens -
Koͤnig!
Man girret, winſelt, klagt, doch alles iſt zu wenig.
Zu wenig, iſts mit Recht, das Schickſal iſt zu ſchwer.
Hier wuͤnſcht ſich Lieb und Pflicht ein gantzes Thraͤnen-Meer;
Nicht etwan Wund und Schlag ein Pflaſter aufzulegen,
Nein, nur das Schickſal ſelbſt zur Wehmuth zu bewegen.
Kein Fruͤhling lacht ſo ſchoͤn, erqvickt ſo Aug und Bruſt,
Als, theurer Boͤttner, Du, der Schule Zier und Luſt,
Kein Donner ſchreckt ſo ſehr, ſchlaͤgt alles ſo darnieder,
Als uns itzt BoͤttnersTod, als deſſen Leichen-Lieder.
Ach! Theurer Boͤttner, bleib! ach wie? ach! ſtirbſt du ſchon?
Ach! wie? erbarmt dich nicht ein banger Jammer-Thon?
Ach Mann! ach Lehrer! Freund! ach Vater! bleib zuruͤcke!
Ach Schickung! ſiehſt du nicht die matten Zaͤhren-Blicke?
So ſchry, ſo ſeufzte man, die Schickung willigt drein,
Um nicht aufs erſte mahl ſo gleich ſo hart zu ſeyn.
Die95
Die Luſt war allgemein, und Unſers BoͤttnersLeben
Kont der verſcheuchten Luſt aufs neue Nahrung geben.
Kaum haſt Du Dich gerafft, ſo koͤmmt ein neuer Stoß.
Man iſt von Angſt gepreßt, von Rath und Huͤlffe bloß;
Man aͤchzet, weinet, rufft, es thoͤnen die Gewoͤlber;
Man laufft, und rennt, und ſucht, und iſt faſt aus ſich ſelber.
Die Liebe fuͤhret uns zum Schmertzens-Lager hin,
Die Wehmuth geht bey ſeit, und fleht: Ach GOtt! ich bin,
Und was? ich bin bereit vor dieſen Mann zu ſterben,
Nur laß, ach hoͤre doch! ihn meine Jahr ererben!
Der faſt verſchwemmte Wunſch flieht mit dem Schatten fort.
Der Tod dringt naͤher durch, die Wehmuth hat kein Wort
Und keinen Zaͤhren mehr, blickt noch auf ſein Verblaſſen,
Als wolte ſie zum Troſt noch ſeinen Geiſt umfaſſen.
Kaum weicht der Uberreſt von deiner letzten Nacht,
Kaum zeigt Aurora ſich in ihrer muntern Pracht,
Weil Er in ihrem Mund das Weißheits-Gold gefunden;
So ſchloß Er auch mit ihr die letzten Lebens-Stunden.
Der Theure Boͤttnerſtirbt, die Glocken ruffen Jhn,
Als muͤßt ein ſolcher Geiſt nicht ſtill in Himmel ziehn.
Die Glocken hieſſen Jhn beym erſten Hauch willkommen!
Als haͤtte GOtt mit Jhm was groſſes vorgenommen.
Der treue Gatte ſtirbt, ach! Vater lebſt du noch?
Ein Zeichen mit der Hand! ach Vater gieb es doch!
Jtzt kommt der Muſen-Schaar, um deſſen ſuͤſſe Lehren
Des Geiſtes Munterkeit recht emſig anzuhoͤren.
Doch nein: er ſtirbt und weicht, ach fallt auf eure Knie!
Die Muſen mercken es, die armen Muſen die!
Sie ſehen Jhn entſeelt, welch jaͤmmerliches Wimmern!
Ach! unſer Hoffnungs-Schiff geht auf einmahl zu Truͤmmern!
Welch baͤnglich Klag-Geſchrey! o ſchnelles Lebens-Ziel!
Vom Lehr-Stuhl auch ſo gleich hin auf den Sterbe-Pfuͤhl.
Eh noch der Seiger rufft: Jhr Muſen in die Schule;
So glaͤntzt Er ſchon gecroͤnt dort vor des Lammes Stuhle.
Jhr96
Jhr holden Augen ihr, die ihr ſo manche Nacht
Jn Muͤh und Aemſigkeit vor vieler Wohl gewacht,
Das Armuth ſo verſorgt, ach wollt ihr euch nun ſchluͤſſen!
Hier laſſen ſie geſammt viel tauſend Thraͤnen fluͤſſen.
Dein ſo beredter Mund wird nunmehr ſtumm und kalt.
Kurtz: BoͤttnersAbriß heißt: der Tugend Aufenthalt!
Die Muſen treten itzt, verhuͤllt in Boy und Floͤre,
Um Deine Todten-Grufft in ihre Trauer-Choͤre.
Die Wahrheit ſtimmet an: Ja, ja der kalte Mertz
Verdeckt der Muſen Troſt, der Gattin halbes Hertz,
Der Theure Boͤttnerliegt zwar in der Grufft begraben;
Doch wird ihn Lieb und Danck ſtets in dem Hertzen haben.
Nicht immer auf das Grab, betruͤbte Boͤttnerin,
Sieh auch einmahl empor zu jenen Hoͤhen hin,
GOtt lebt, GOtt ſorget noch, vor Wittwen und vor Wayſen.
GOtt reicht auch Zucker dar nach bittern Salſen-Speiſen.

Des Wohlſeeligen ſaͤm̃tliche Haus - und Tiſch-Geſellſchafft.

OVID.

IVRE IGITVR LAVDES PRO PARTE VIRILI CARMINA NOSTRA TVAS QVALIACVNQVE CANVNT. ()
Die Liebe, ja nur die allein,
Soll Dir bey Deinen Trauerglocken,
Da Kunſt und Kraft und Einfall ſtocken,
Diß Blatt, Erblaßter Boͤttner, weyhn.
O ja! vergoͤnne, daß dieſelbe
Nebſt andern mit gelaͤhmten Schritt
Zu Deinem duͤſtren Leichgewoͤlbe
Aus unverſtellter Wehmuth tritt,
Dir unter tauſend tauſend Zaͤhren
Den letzten Dank noch zu gewaͤhren.
Hilff97
Hilf GOtt! was wuͤrkt Dein Todesfall
Fuͤr Thraͤnen, Mitleid, Angſt und Schmerzen,
Und wie betaͤubt ſind unſre Herzen
Durch dieſen Ungluͤcksvollen Schwall!
Wie bebend, traurig und verlaſſen,
Geht die ſonſt muntre Muſenſchaar,
Sie geht, und weiß ſich kaum zu faſſen,
Sie fuͤhlt die aͤngſtliche Gefahr,
Worein ſie durch den Tod gekommen,
Durch den Dich GOtt von uns genom̃en.
Verhaͤngniß, muß ein ſolcher Mann
Denn auch ein Raub des Todes werden,
Des klug und muntrer Fleiß der Erden
Noch viele Jahre nuͤtzen kan?
Verhaͤngniß, kan ein frommes Leben,
Kan Tugend und Gelehrſamkeit
Fuͤrm Sterben keinen Aufſchub geben?
Laͤßt, was der alte Bund gedraͤut,
Denn nirgendwo den Troſt beſtehen:
Die Tugend kan dem Tod entgehen.
Wie manchen druͤckt des Creutzes Noth!
Er lebt. Doch wie? Sich ſelbſt zur Plage,
Er wuͤnſcht den letzten ſeiner Tage;
Und doch verzoͤgert ſich der Tod.
Ein andrer, ſo der Welt nichts nuͤtzet,
Behaͤlt in ihr doch feſten Fuß;
Und der ſo Kunſt als Tugend ſtuͤtzet,
Wird nach der ſtrengen Schickung Schluß
Oft, eh es Harm und Gram bedenket,
Jm Mittag ſeiner Zeit verſenket.
NO Jam -98
O Jammer! Waͤre dieſes nicht.
Was duͤrften wir ietzt Leide tragen?
Was duͤrften wir ſo aͤngſtlich klagen?
Da ſelbſt der Wahrheit Zeugniß ſpricht,
Daß BoͤttnersFroͤmmigkeit und Tugend
Sein ganzes Leben ausgeziert,
Und die Jhm anvertraute Jugend
Zu gleichen Trieben angefuͤhrt,
Die nun um ſo viel ſtaͤrker wimmert,
Jemehr Sein Fall ihr Heil zertruͤmmert.
Wer ruͤhmt nicht BoͤttnersFreundlichkeit,
Womit Sein Mund uns das gelehret,
Was zu der Wiſſenſchafft gehoͤret?
Mit was fuͤr Unverdroſſenheit
Hat nicht ſein gruͤndlich nuͤtzes Wiſſen,
Sein Einſehn, Witz, Verſtand und Treu,
Sich ſtets mit Macht auf das beflieſſen,
Was Schul und Schuͤlern heilſam ſey,
Was beyder Flor und Wuchs geſchuͤtzet,
Was beyder Hoffnung unterſtuͤtzet?
Jhr Armen, ſagt, wenn iſts geſchehn,
Daß ihr bey BoͤttnersVaterſorgen
Nicht euer Abſehn wie geborgen,
Und euren Wunſch erfuͤllt geſehn?
Sein Tiſch und Beyſtand ſtund euch offen,
Er hatt euch mehr als Vaͤter lieb,
Er ſelbſt half euch und eurem Hoffen.
Drum hilft auch nun Sein edler Trieb,
Stets wohl zuthun und mitzutheilen,
Sein Grab vor andern uͤberſaͤulen.
Drum99
Drum weint, wer treu und redlich iſt,
Weil ihn die Pflicht darzu verbindet.
Und recht! Das Trauren iſt gegruͤndet,
Weil man hier gar zu viel vermißt.
O GOtt! wie viel wird hier verſarget:
Ein Lehrer, Freund und Eheſchatz!
Wer ſolche Thraͤnenfluth verarget,
Beſtaͤrkt zu ſeinem Schimpf den Satz:
Er muͤſſe nichts von edlen Gaben,
Er muͤß ein Herz von Steinen haben.
Auch Seidel, unſrer Augen Luſt,
Auch Seidelfuͤhlt bey dieſem Scheiden
Ein unumſchraͤnkt und banges Leiden,
Und foltert die beklemmte Bruſt.
Kan alſo nun bey Bahr und Saͤrgen
Ein ſonſten ſo geſchickter Geiſt
Die naſſe Wehmuth nicht verbergen,
Die ſich auf Aug und Wangen weiſt?
Was wunder, wenn auch wir, die Seinen,
Bey unſrer Schwaͤche doppelt weinen.
Wir thun es auch. O laß doch nun,
Erblaßtes Haupt, dem treuen Triebe,
Der ietzt durch Dich beſtuͤrzten Liebe
Zum letzten Abſchied gnuͤge thun.
O nimm das Herz aus Bruſt und Buſen
Zum Dank fuͤr Deine Lehren an,
Da Dir die Schaar verwayſter Muſen
Doch weiter nichts mehr liefern kan,
Und laß, daß wir den Schmerz beſiegen,
Es mit in Deinem Grabe liegen.
N 2Die100
Die Feder ſinkt, die Hand erſtarrt.
Wir gehn nunmehr mit bauger Seele
Von Deiner duͤſtren Leichenhoͤle,
Worein man Dich ſo fruͤh verſcharrt.
Schlaf wohl! Schlaf nach ſo manchem Jammer,
Und feyre Dein Geburtstags-Feſt
Bey dem, der Dich aus Deiner Kammer
Dereinſt mit Freuden ruffen laͤßt.
Wir gehn; Doch ſoll das Wort bekleiben:
Dein Nachruhm ſoll uns heilig bleiben.

Des Hrn. Conrectoris, M. Seidels, Haus - und Tiſch-Geſellſchafft.

So flieht der Muſen ſuͤſſe Freude?
So weicht der Wiſſenſchafften Zier?
Ach! wanckt der Grund vom Lehr-Gebaͤude?
Wie? bricht der Tugenden Panier?
Und ſinckt der edlen Kuͤnſte Stuͤtze?
Jſts moͤglich? daß nach einem Blitze
Der Weißheit kluger Bau zerfaͤllt,
Der unſre Hoffnung unterhaͤlt?
Ach leider! wanckt, und bricht, und weichet,
Und ſinckt der Pfeiler unſrer Ruh.
Der Tod, der alle Luſt verſcheuchet,
Druͤckt unſrer auch die Augen zu!
Ja101
Ja freylich, nach ſo hartem Knallen,
Muß beydes Knauf und Pfoſte fallen.
Wenn des Gebaͤudes Pfeiler bricht,
Beſteht der Haltung Dauer nicht.
Ach Himmel! welch ein Angſt-Gewitter!
Das in die Freuden-Lorbern ſchlaͤgt.
Der vorge Schmertz war groß und bitter:
Das Schrecken hat ſich kaum gelegt:
Die Hoffnung war noch voller Sorgen:
Doch ſchaͤtzte ſie ſich faſt geborgen.
Sie ſprach: Nun weichet die Gefahr!
Die unſerm Haupt ſo nahe war.
Der iſt des Todes Macht entriſſen,
Der uns zu Kunſt und Weißheit fuͤhrt.
O laßt uns ſeiner Krafft genuͤſſen!
Die man aufs neu geſtaͤrcket ſpuͤhrt.
Doch hoͤrt! der Trauer-Glocken Klingen
Muß uns die Poſt des Todes bringen,
Da ſich der Fleiß der Morgen-Zeit
Auf Boͤttnersſuͤſſe Lehren freut.
Ach Schwerdt, das durch die Seele faͤhret!
Diß Schrecken raubt uns unſer Hertz.
Ach Schmertz, der Marck und Bein verzehret!
Sagt! iſt ein Schmertz, wie unſer Schmertz?
Die Schule ſteht im Wittwen-Leide:
Die Schuͤler gehn im Wayſen-Kleide:
Man hoͤrt ſie, was fuͤr Schmertz und Pein!
Beſtuͤrtzt nach ihrem Vater ſchreyn.
N 3Wie102
Wie ſeuftzt, wie ſtoͤhnt, wie aͤchtzt die Liebe,
Und ſchreyt dem treuen Lehrer nach:
Ach! wenn Er doch nichts ſchuldig bliebe,
Von dem, was uns ſein Fleiß verſprach!
Nichts kan zwar groͤſſern Ruhm erwerben,
Als unter Fleiß und Arbeit ſterben.
Nur uns wird Muth und Luſt entruͤckt:
Jemehr uns ſonſt Sein Fleiß erqvickt.
Drum ſinget, ihr Lamenten-Choͤre!
Denn Boͤttneriſt es dreyfach werth.
Die Schule ward durch Seine Lehre
Gebaut, vermehret und ernaͤhrt.
Laßt unſre Thraͤnen haͤuffig rollen!
Was koͤnnt ihr ſonſt zur Danck-Pflicht zollen?
Was iſt das beſte Pfand der Treu,
Als frommer Zaͤhren Perlen-Reyh?
Ach hoͤrt der frommen Wittwe Klagen:
Jſt Niemand, der mir helffen kan?
Wo bleibt mein Schatz? ſind Jhre Fragen.
Getroſt! der HErr iſt ia Dein Mann.
Seht! SeidelsLiebe ſelbſt thut klaͤglich!
Ach jammre doch nicht ſo beweglich!
Sonſt wird des Traurens Siſyph-Stein
Uns doppelt ſchwer und aͤngſtlich ſeyn.
Hochſeelger Boͤttner, ſchlaf im Friede!
Weil es der Vorſicht ſo gefaͤllt.
Dich machte Muͤh und Laſt nicht muͤde,
Doch ward Dein Haus nach Wunſch beſtellt.
Die103
Die Liebe wird Dein frommes Lehren
Voll Danck und Wehmuth ewig ehren.
Fragt jemand, wo Du hingelegt?
Du bleibſt in unſer Hertz gepraͤgt.

Hierdurch bezeigte ſein kindliches Mittleiden der ſaͤmmtliche Chorus Symphoniacus, durch Johann Chriſtoph Enckelmann, Chor. Præf.

Horat.lib. III. Carm. Od. I.

Æqua lege neceſſitas ſortitur inſignes & imos: Omne capax movet urna nomen. ()
Wein Herze ſaͤhrt noch fort zu bluten
Durch meiner Mutter Fall verletzt;
Und itzo wird ihm ohn Vermuthen
Ein hart und neuer Schlag verſetzt.
Wo ſcheint diß Elend hinzuzielen?
Soll nie der Jammer ſtille ſeyn,
Und muß ich, um es recht zu fuͤhlen,
Nun auch um meinen Lehrer ſchreyn.
Mein104
Mein Vetter, ach! wie unverdroſſen
Folgſt Du der Schickung hoͤhern Macht.
Dein Auge liegt uns ſchon verſchloſſen,
Es liegt und ſchwimmt in lauter Nacht.
Ach! werden wohlverdiente Leute
Denn auch des Todes fetter Raub?
Ach ja! itzt wirſt Du ſeine Beute.
Und koͤmmſt uns allzufruͤh in Staub.
Nun lern ich erſt bey Deinem Grabe,
Jn dem Dich Sarg und Sand umſchluͤßt,
Was ich an Dir verlohren habe,
Und was Du mir geweſen biſt;
Nun merk ich erſt die Treu und Liebe,
Worzu Dich Amt und Blut verband.
O haͤtt ich eh dergleichen Triebe
Mit rechter Gegentreu erkannt.
Doch, was ich nicht in Deinem Leben
Fuͤr Abtrag meiner Pflicht gethan,
Das laß Dir noch im Grabe geben,
Und nimm dafuͤr die Thraͤnen an;
Wiewohl ein Auge voller Zaͤhren,
Die gleich dem Thau im Graſe ſtehn,
Statt aller Pflichten zu gewaͤhren,
Pflegt allzuſchmerzlich einzugehn.
Hier ſteh ich voller Angſt und Zagen,
Und welchen Jammer ſeh ich da?
Der Pallas Kinder ſchreyn und klagen,
Sie ſelber tritt der Bahre nah.
Was105
Was weint ſie? Jſt ſie Wittbe worden?
Ja! Jhr Getreuſter Boͤttnerflieht;
Und jene trifft der Wayſen Orden,
Der lauter Wehmuth nach ſich zieht.
Ja, tritt nur mit beſtuͤrztem Sehnen,
Tritt immer hin, verlaßne Schaar,
Und reich Jhm da durch tauſend Thraͤnen
Den Danck fuͤr ſeine Lehren dar.
Denkt alle ſeiner Lieb und Treue,
Und baut in eurem Lebens-Lauf
Jhm ſtets bey eurem Gluͤck aufs neue
Ein ſchoͤn und friſches Denkmahl auf.
Jch wein, Jhr weint; wir weinen alle,
Und merkens, was mit Jhm entgeht.
Die Ceder kommt gar bald zum Falle,
Die itzt noch voller Hoffnung ſteht:
Ach! BoͤttnersFall koͤmmt zu behende,
Wie ſchmerzlich faͤllts der Boͤttnerin!
Es reißt Sein unvermuthes Ende
Jhr Freude, Troſt und Hoffnung hin.
Jhr fuͤhlt den Fall; Doch Sie noch beſſer,
Seht, wie das Salz von Wangen rennt,
Da Jhr des Todes Wuͤrgemeſſer
Nun Treue, Schwur und Buͤndniß trennt.
Du, werthe Fromme, ſiehſt mit Graͤmen,
Du ſiehſt mit Wehmuts-vollem Geiſt
Jtzt Deinen Boͤttnervon Dir nehmen,
Der auf der Welt Dein Himmel heißt.
ODoch106
Doch bleibe nur in GOtt gelaſſen,
Und harr in ſtiller Zuverſicht!
So kanſt Du diß zum Troſte faſſen:
GOtt laͤßt auch fromme Wittben nicht.
Doch eh uns noch die Flucht der Stunden
Von Seinem Grabe ruͤckwerts rufft,
So ſetz ich ſeiner Treu verbunden
Noch dieſe Schrifft an ſeine Grufft:
Schlaf wohl, Du Muſter from̃er Maͤnner,
Der Tugend ſchoͤnſtes Ebenbild,
Der Wahrheit eyfrichſter Bekenner,
Die eitlen Wahn verwirfft und ſchilt.
Was wir von Kunſt und Weißheit wiſſen,
Hat uns Dein Fleiß mit Luſt gelehrt.
Hier wirſt Du zwar vermodern muͤſſen;
Jedoch Dein Ruhm bleibt unverſehrt.

Ovidius:

Oſſa qvieta, precor, tuta reqvieſcite in urna,
Et ſit humus cineri non oneroſa tuo.

Nathanael Gottfried Boͤttner, Lyc. Laub. Civ.

Jhr107
Jhr Muſen, die ihr ſonſt am Qveiſſe freudig ſpielt,
Wo euer Hertz nicht auch die bange Regung fuͤhlt,
Die unſre Bruſt beklemmt, ſo kommt mit eurem Schilffe
Doch unſrer Bloͤdigkeit und Schwachheit itzt zu Huͤlffe.
Klingt euer Ton doch auch ſo traurig und betruͤbt,
Daß euer Zuſpruch uns gar wenig Hoffnung giebt,
Durch euer heiſchres Rohr und unſre ſchlaffe Saiten
Dem theuren Lehrer heut ein Denckmahl zu bereiten;
Dem Lehrer, deſſen Treu uns ſo begluͤckt gemacht,
Der ſtets fuͤr unſer Heil geſorget und gewacht,
Der uns die Wiſſenſchafft und Tugenden zu uͤben
Durch ſeinen Unterricht und Beyſpiel angetrieben,
So groß war ſeine Treu! So groß war unſer Gluͤck!
Nunmehr verkehrt ſich das in einem Augenblick,
Da Rector Boͤttnerſtirbt. O Nachricht voller Schrecken!
Wie ſolte der Verluſt nicht Schmertz und Gram erwecken?
Ach Nahme, welchen wir mit Ehrfurcht ſtets genennt!
Wer BoͤttnersWiſſenſchafft, wer BoͤttnersTugend
kennt,
O 2Wer108
Wer BoͤttnersTreu erwaͤgt, der wird von ſelbſten ſchluͤſſen,
Was wir fuͤr einen Schatz durch ſeinen Tod vermiſſen.
Wie hoch erſtreckte ſich Sein trefflicher Verſtand!
Wie liebreich bot Er uns die holde Vater-Hand!
Wie gruͤndlich war Sein Wort die Weißheit anzupreiſen,
Und wie bemuͤht Sein Fuß, die Tugend-Bahn zu weiſen!
Sein Ruhm, Sein Edler Ruhm war einem Balſam gleich.
Drang nicht der Ruf davon in manch entlegnes Reich?
Wo manch gelehrter Mann itzt Boͤttnersnoch erwaͤhnet,
Der ihm den erſten Weg zum Helicon gebaͤhnet.
Wie unermuͤdet war des theuren Mannes Fleiß!
Wer junge Leute zieht, der wiſcht den ſauren Schweiß
Offt von der Stirne weg; die Arbeit voller Plage
Macht ihm, an ſtatt der Ruh, die Nacht gar offt zum Tage.
Doch gab ſein muntrer Geiſt nicht der Bemuͤhung nach,
Wenn ſchon die Mattigkeit die Leibes-Kraͤffte brach;
So daß der Tag, der Jhm der letzte hier geweſen,
Jhn nicht verhinderte, noch offentlich zu leſen.
O Tag, den unſre Pflicht niemahls vergeſſen ſoll!
Erblaßter Lehrer, nimm den naſſen Thraͤnen-Zoll,
Den109
Den Zeugen unſrer Bruſt, die voller Leid und Jammer,
Voll Schmertz und Trauren iſt, mit in die Grabes-Kammer.
So hefftig ſchreckt das Land kein harter Donner-Knall,
Als uns Dein unverhofft erfolgter Todes-Fall,
Der Deinen Jahren nicht, nur uns, zu fruͤh noch ſcheinet,
Und den gantz Laubanitzt mit uns zugleich beweinet.
Ach, Vater, ach! verweilt denn nichts den frommen Geiſt?
Betrachte doch, wie die in Thraͤnen faſt zerfleuſt,
Die Dich Jhr eignes Hertz, Jhr groͤſtes Kleinod nennet,
Und die der Tod von Dir dem Leibe nach nur trennet.
Doch das Verhaͤngniß haͤlt kein herbes Klagen auf,
Und Du vollendeſt nun den wohlgefuͤhrten Lauf,
Dir zu vollkommner Luſt und laͤngſt gewuͤnſchten Freude,
Den Deinigen allein, und uns, zum groͤſten Leide,
Der Beyden Lehrer Muth, der uns noch Guts erzeigt,
Jſt ſelbſt durch Deinen Tod beſtuͤrtzt und ſo gebeugt,
Daß wir aus Jhrem Schmertz zu groͤſtem Schmertz er -
meſſen,
Welch ein unſchaͤtzbar Gut wir biß daher beſeſſen.
O 3Jhr110
Jhr Muſen, tragt ihr nichts auf unſer Bitten bey,
Was uns zur Linderung der Schmertzen dienlich ſey,
Und wißt ihr ja kein Wort zu unſerm Troſt zu ſagen:
So helfft uns wenigſtens doch den Verluſt beklagen.
Pflicht, Liebe, Wehmuth ſtehn zugleich bey dieſer Grufft
Zu der die erſtere die Danckbarkeit noch rufft;
Sie ſetzen ſich betruͤbt bey BoͤttnersBahre nieder,
Und ſingen, aber was? bethraͤnte Trauer-Lieder.
Verklaͤrter Geiſt, wo Dich der rauhe Ton nicht ſtoͤhrt,
Wo Deine Freundlichkeit noch unſer Klagen hoͤrt,
Die Dir ſonſt eigen war, ſo ſieh auch itzt nicht minder,
Wie vormahls, auf die Pflicht und Liebe Deiner Kinder.
Die Seeligkeit, die Dich nun ewiglich becraͤntzt,
Jn der die Seele dort, mehr als die Sonne, glaͤntzt,
Die Dir des Lammes Blut zum Gnaden-Lohn erworben,
Zeigt, daß du zwar erblaßt, doch aber nicht geſtorben.
Ja Dein verdientes Lob loͤſcht auch der Tod nicht aus.
Der Tugend Ehren-Preiß bedeckt das duͤſtre Haus,
Bewaͤchſt das kuͤhle Grab, worein wir Dich verſencken.
Die ſpaͤte Nachwelt wird an Dein Verdienſt gedencken.
Ent -111
Entzeucht Dein Todes-Fall uns Deinen Unterricht;
Vergißt doch unſre Bruſt der goͤldnen Lehren nicht.
Kan unſre Schwachheit Dir kein Ehren-Denckmahl ſetzen,
Noch Deines Nahmens Ruhm in Ertzt und Marmor aͤtzen;
So ſoll das Hertz Dein Grab, die Pflicht der Leichenſtein,
Der Danck die Uberſchrifft, und zwar auf ewig, ſeyn.

Die Auditores der andern Claſſe des Lycei in Lauban.

Gelehrter Boͤttner, ſchlaff; es wachen Deine Schriff -
ten,
Die Dir in Deinem Schlaff ein Schoͤnes Denckmahl
ſtifften.
Getreuer Boͤttner, ruh. Du haſt manch Feld gepflegt,
Das itzo gute Frucht zum Nutz der Kirche traͤgt.
Gluͤckſeel’ger Boͤttner, geh, und nihm von GOTT die
Crone,
Die ſchenckt Dir GOttes Hand vor ſeinem Gnaden-Throne.
Geh nun zur Himmels Ruh, Du haſt Dein Werck gethan.
Die Nachwelt ſieht die Frucht mit Lob und Freuden an.
Wohlſeelger Mann, geneuß mit Deinem edlen Saamen,
Den Kindern, die vor Dir zur Himmels-Freude kamen,
Mit112
Mit Deinen Eltern auch, und Deiner Lehrer Schaar,
Die Deinem Hertzen ſtets ſehr wehrt und theuer war,
Geneuß der Herrlichkeit! Nun preiſe hoch mit Ihnen,
Die ohne Hinderniß dem groſſen Schoͤpffer dienen,
Des HERRN Barmhertzigkeit! Wir freun uns uͤber Dir,
Und ſtellen uns entzuͤckt Dein Wiederſehen fuͤr.

Dem gelehrten, dem treuen und fleißigen Herrn Rector Boͤttnernſetzet dieſes wohlverdiente Ehren-Mahl M. Friedrich Gude, Paſt. Prim.

[figure]
[113]

About this transcription

TextLeichen- und Gedächtniß-Rede
Author Konrad Böttner
Extent114 images; 23117 tokens; 6796 types; 157269 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationLeichen- und Gedächtniß-Rede Welche an Salv. Tit. HERRN, Hrn. M. Gottfried Böttners Konrad Böttner. . 114 Nicolaus SchillLauban1740.

Identification

Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 O 127 / 508578

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

Editorial statement

Editorial principles

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:45Z
Identifiers
Availability

Dieses Werk steht unter der „Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz“ (CC BY-SA).

Holding LibraryUniversitätsbibliothek Breslau
ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 O 127 / 508578
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.