PRIMS Full-text transcription (HTML)
Eine kurtze Evangeliſche Troſt - Predigt
Gehalten zu Prag / in der Kirchen zu S. Johannes vnter dem Berge Sion ge - nant / bey dem volckreichen Begraͤb - niß Herrn Joſeph Heintzens / Roͤm. Kay. Majeſt. geweſenen Cammermahlers / ꝛc.
Welcher den 15. Octobris deß 1609. Jahrs / in Chriſto ſeliglich entſchlaffen / vnd den 17. her - nach / Chriſtlichem gebrauch nach / in ſein Ruh - bettlein gebracht worden.
Gedruckt zuLeipzig/ beyMichael Lantzenberger. AnnoM. DC. X.

Der Edlen vnnd Vieltu - gendſamen Frawen Reginæ / ge - borner Gretſingerin von Augßſpurg / weiland Herrn Joſeph Heintzens / Roͤm. Key. Majeſt. Cam - mermahlers / nunmehr ſeligen hinderlaſſenen Wit - tiben / wuͤntſche ich Valentinus Loͤw / Pfarrherr zu Newdeck / Gottes gnad vnd ſegen / neben rei - chem Troſt des heiligen Geiſtes zuuor.

EDle vnd vieltugendſame / in gebuͤhr guͤn - ſtige Fraw / Weil es ein Chriſtlicher / ruͤhmwir - dig - vnd hochnuͤtzlicher gebrauch iſt / daß man die ſelig verſtorbene Gottes Kinder mit Chriſtlichen Ceremonien vnd Leichpredigten zur Erden / die freylich vnſer aller Mutter iſt / beſtetiget / Hat es die Fraw / nach toͤdlichem abgang jhres hertzlieben Herrn vnd Ehegenoſſens ſeligen / jhres theils daran nicht mangeln laſſen / ſondern demſelbigen zu ehren vnd gedechtnuß / vnnd zu bezeu - gung jhrer hertzlichen Ehelichen Liebe / die ſie in ſeinem leben vn - verruckt zu jhm getragen / ein anſehenliches Begraͤbniß außgerich - tet / vnd jhme ſonderlich von mir vnwirdigen Diener des Goͤttlichen Worts / als ich mich gleich inn Prag befunden / vnnd allda dem ewi - gen Gott / auff geſchehene erforderung / etliche Wochen in ſeiner Ge - meine gedienet / eine Chriſtliche Evangeliſche Leichpredigt halten laſſen.

Ob aber nun wol ich mich viel zu wenig achte / meine ringfuͤ - gige Predigten durch den Druck an tag zu geben / vnd mir auch an dem genuͤget / wenn ſie fleiſſig gehoͤret / vnnd gebuͤrlich zu hertzen ge -A ijnommenVorrede. nommen worden / Jnmaſſen ich dann hoffe / daß es zu dieſem mal geſchehen ſey: ſo hab ich doch / auff bittliches erſuchen der Frawen / ſolchen Leichſermon / wie jhn der getrewe Gott durch ſeinen heiligen Geiſt beſcheret / zu Pappier gebracht. Vnd vbereigne denſelben hier - mit der Frawen / iſt mir auch nicht zu wider / daß er durch den druck publiciret werde. Der Allmechtige Gott / der aller Witwen vnnd Waiſen oͤberſter Patron / Richter vnd Vater iſt / wolle helffen / daß ſich die Fraw damit hertzlich troͤſten moͤge / ſie auch neben jhren lie - ben wolgezogenen Kinderlein in gnediger obhalt haben. Vnd bin jhr mit meinem Vater vnſer je vnd allezeit zu dienen verbun - den. Datum Prag / den 26. Ianuarij, des 1610. Jahrs.

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Der

Der erſte Eingang vorder ableſung des Textes.

  • Gnad / Fried vnnd Troſt von Gott dem Vater / durch das tewre verdienſt ſeines lieben So - nes Jeſu Chriſti / in krafft des heiligen Gei - ſtes / wuͤntſche ich euch meinen geliebten Zuhoͤrern von hertzen / Amen.

ES hat / Jhr meine allerliebſten im HErrn / der ewige verborgene Gott / derEſa. 45. Pſal. 4. Thren. 3. ſeine Heiligen wuͤnderlich fuͤhret / doch nicht von hertzen betruͤbet / eine faſt klaͤgli - che abtheilung mit vns gehalten / in dem / daß er nach ſeinem vnwandelbarẽ / doch all - zeit wolgemeinten Rath / durch den zeitlichen Todt von vns abgefodert / gegenwertigen vnſern geliebten Mitbrudern / den weiland Edlen / Ehrenveſten vnd Kunſtreichen Herrn Joſeph Heintzen / Roͤm. Kay. Majeſt. hocherfahrnen Cammermahlern / ꝛc. Vnd iſt erſtlichen / durch ſolchen noch zur zeit vnuerhofften Todesfall / ſeine hertzgeliebte Hauß - ehr vnd Ehewirtin in groſſe bebruͤbniß vnd trawrigkeit ge - ſetzet worden / weil ſie dadurch in den einſamen Witwen - ſtand gerathen / vnd moͤchte demnach das hochbekuͤmmerte Weibliche hertz wol mit der leidtragenden Naemi klagen vnd ſagen: Der HErr hat mich gedemuͤtiget / vndRuth 1. der Allmechtige hat mich betruͤbet / ꝛc. Ja mit dem Geiſteyverigen Propheten Jeremia koͤnte ſie lamentiren vnd ſprechen: Der HErr hat mich voll jammers ge -Thren. 1. 3.A iijmacht:Eine Chriſtlichemacht: Er hat mich mit bitterkeit geſettiget / vnd mit Wermut getraͤncket.

Nachmals hat auch dieſer (vnſers beduͤnckens) fruͤzei - tiger Tod ſeinen / des verſtorbenen hinterlaſſenen vnerzoge - nen lieben Kinderlein / ein groſſen verluſt gebracht / weil ſie dardurch zu armen Vaterloſen Waißlein worden ſind / Vnd wann ſie jetzt jhren rechten verſtand haben ſolten / wuͤr - den ſie wol erkennen vnd bedencken / was ſie an jhrem hertz - geliebten Herrn Vatern verlohren: (Aber / was ſag ich verloren? Jch ſpreche vielmehr / voran zu dem ewigen Gott geſchicket) Jch achte darfuͤr / es duͤrfften dieſe trawrige wortThren. 5. aus Jeremiæ klagliedern gefallen: Wir ſind Waiſen / vnd haben keinen Vater: Vnſere Mutter iſt eine Witwe: Vnſers hertzens frewde hat ein ende: Cecidit corona capitis noſtri. Die Krone vnſers Haupts iſt abgefallen.

Zum dritten / hat auch dieſer toͤdliche hingang des ſelig abgeſchiedenen / ſeinen lieben bekanten Herren vnd Freun - den ziemliche trawrigkeit verurſachet / wie ich dann allbereit nicht wenig naſſer augen / die ein anzeigung jnnerlicher be - truͤbniß ſind / geſehen: Denn es iſt nicht eine geringe Got - tes gabe vmb einen vertrawten getrewen Hertzensfreund / vnd wer den hat / mag jhn wol lieb vnd werth halten: ſin -Sir. 6. temal er / wie der fleiſſige Haußprediger Sirach ſaget / mit keinem gelt noch gut zu bezahlen iſt. Ja ich bin gentzlicher meinung / daß alle fromme ehrliche hertzen / die vmb dieſes Herrn Joſeph Heintzens Kunſt vnd erfahrenheit wiſſen - ſchafft gehabt / ſich ob ſeinem toͤdlichen abgang in etwas be - wegen werden / Wird auch (zweiffels ohne) die Roͤm. Kay. Majeſt. vnſer aller gnedigſter Herr / dieſen JhrerMajeſt.Leichpredigt. Majeſt. getrewen fleiſſigen Diener / gantz vngerne ver - lohren haben.

Nun iſt aber gleichwol in dieſem fall nur der gnedige wille des allerhoͤchſten ergangen / vnd wie es dem Herrn gefallen hat / ſo iſt es geſchehen. Derowegen muͤſſen vnd ſollen wir vns ja nicht darwider ſperren / ſondern vns viel -1. Petr. 5. mehr vnter ſeine gewaltige Hand demuͤtigen / vnd vnſere Seelen / in ſolchem trawrigen zuſtand mit gedult faſſen:Luc. 21. Denn ſolche gedult iſt vns ja von noͤthen / auff daß wir den willen Gottes thun / ꝛc. wie der heilige Geiſt ſaget. Hebr. 10.

Weil aber gleichwol ſolche vns nothwendige / vnd der goͤttlichen Majeſtet wolgefellige gedult / durch den himli - ſchen Werckmeiſter Gott den heiligen Geiſt / vermittelſtIerem. 16. des goͤttlichen Worts / welches der rechte Troſtbecher in Jſrael iſt / in vnſere hertzen muß gepflantzet werden / daher denn der Land - vnd Volckreiche / doch aber wolgeplagte Koͤnig David ſaget: Wo (Herr) dein Geſetz / oderPſal. 119. Wort nicht mein troſt geweſen were / ſo were ich vergangen in meinem elend / Wollen wir vns aus dem - ſelbigen bey dieſem Leichbegengnus ein wenig miteinander beſprachen. Sol es aber mit nutz vnd frucht geſchehen / ſoZach. 12. muß der Geiſt der gnaden das beſte thun / Derowegen wir vns dann fuͤr den augen des ewigen Vaters demuͤtigen / vnd denſelbigen im Namen Jeſu Chriſti / ſeines hertzallerliebſten Sohnes / vmb die gab vnd wirckung deſſelbigen anruffen / vnnd ein andechtiges Vater vnſer beten wollen: Vater vnſer / etc.

TextEine Chriſtliche

Text der Predigt /

(1. Theſſ. 4.)Wir wollen euch aber / lieben Bruͤder / nicht verhalten von denen die da ſchlaffen / auff daß jhr nicht trawrig ſeyd wie die andern / die keine hoff - nung haben: Denn ſo wir gleuben / daß Jeſus geſtorben vnd aufferſtanden iſt / Alſo wird Gott auch / die da entſchlaffen ſind / durch Jeſum / mit jhm fuͤhren. Denn das ſagen wir euch / als ein Wort des HErrn / daß wir / die wir leben vnnd vberbleiben in der Zukunfft des HErrn / werden denen nicht vorkommen / die da ſchlaffen. Denn er ſelbſt der HErr wird mit einem Feldgeſchrey vnd ſtimme des Ertzengels / vnnd mit der Poſaunen Gottes hernieder kommen vom Himmel / vnd die Todten in Chriſto werden aufferſtehen zu erſt. Darnach wir / die wir leben vnd vberbleiben / wer - den zugleich mit denſelbigen hingerucket werden in den Wolcken / dem Herrn entgegen in der lufft / vnd werden alſo bey dem Herrn ſeyn allezeit. So troͤſtet euch nun mit dieſen worten vn - tereinander.

Der ander Eingang vor der Predigt.

WeilLeichpredigt.

WEil wir vns / jhr meine geliebte im HErrn / in vnſern Chriſtlichen verſam - lungen / nach der lehre Pauli / einer gu -1. Cor. 14. ten ordnung befleiſſigen ſollen / in be - trachtung / daß der ewige Gott nicht ein Gott der vnordnung iſt / ſihe / ſo richte ich / als der geringſte vnter den Dienern vnd Haußhaltern der1. Cor. 4. goͤttlichen geheimnuſſen / mich meines theils billich darnach: Vnd habe demnach den abgeleſenen Text aus der erſten Epiſtel Pauli / an die Theſſalonicher geſchrieben / zu der von mir / in gegenwertiger Leichverſamlung zu halten begehrten Predigt erkoren / in hoffnung / er werde ſich darzu nicht vbel bequemen: Denn darinnen thut ja der hocherleuchte Do - ctor der Heyden Paulus / einen allgemeinen Leichſermon vber dem toͤdlichen abgang aller Gott - vnd ſeligkeit lieben - den Chriſten / vnd tractir[e]t zwey vnterſchiedliche PuͤnctleinSumma vñ abtheilung des Texts. darinnen: Denn erſtlichen berichtet er nicht allein ſeine liebe Theſſalonicher / an welche er dieſen Sendbrieff ab - gehen laſſen / ſondern vns alle miteinander / Womit wir1. vns vber dem zeitlichen abſterben vnſerer lieben verwandten vnd Mitchriſten troͤſten ſollen / damit wir gleichwol den ge - trewen barmhertzigen Gott / der die Menſchen ſterben leſſet /Pſal. 90. wie Moſes redet / zum freund behalten moͤgen. Zum andern / gibet vns auch der außerwehlte Ruͤſtzeug Gottes darinnenActor. 9. zuvernemen / Was es dermal eins am lieben Juͤngſten tage2. fuͤr eine beſchaffenheit mit denen im HErrn ruhenden Chri - ſten / vnd jhrer aufferſtehung / ſo wol mit der im leben ergrif - fenen Kinder Gottes enttzuͤckung vnnd verſetzung haben werde.

BWollenEine Chriſtliche

Wollen demnach den leidtragenden zum troſt / vnd vns allen zum vnterricht / von dieſen zweyen Puͤnctlein / nach anleitung des Textes / ſo viel die zeit leiden wil / mitein - ander handeln. Der liebe Gott helffe durch ſeinen heiligen Geiſt / daß es mit nutz geſchehen moͤge / Amen.

Das erſte Puͤnctlein nach der erkle - rung des Texts.

GLeich wie / jr meine allerliebſten im HErrn / der heilige Apoſtel Paulus ſeine liebe Seelenſchaͤf - lein die Theſſalonicher in den nechſt vorhergehenden worten dieſes vierdten Capitels / aus getrewem wolmeinen - dem hertzen vermahnet / daß ſie ſich eines gottſeligen lebens vnd wandels befleiſſigen / vnd ſich fuͤr mutwilligen ſuͤnden wider das Gewiſſen huͤten ſollen / weil ſie von dem HErrn jhrem Gott nicht zur vnreinigkeit / ſondern zur heiligungIerem. 2. beruffen worden: Alſo erfodert er in dem jetztabgeleſenen Text von jhnen / daß wenn der ewige Gott / der Meiſter vn - ſerer Jugend / bey dem die zahl vnſerer Monden ſtehet / einenHiob. 14. riß vnter jhnen machet / vnd jhnen durch den zeitlichen Tod die jenigen entfuͤhret / die ſie gebluͤts / oder anderer verwand - nus halber / lieb gehabt / ſie ſich darob nicht allzu ſehr betruͤ - ben vnd bekuͤmmern / ſondern im trawren vnd leidtragen ei - ne gebuͤrliche maß halten ſollen.

Damit aber nun der tewre Gottesmann dieſes deſto eher bey den Theſſalonichern erheben moͤchte / fuͤhret er jh - nen gewiſſe vrſachen / durch welche ſie darzu veranlaſt wer -Apoc. 14. den moͤchten / zu gemuͤth / vnd ſpricht vor das erſte / Daß die Chriſten / welche im HErrn ſterben / nur ſchlaffen / vnd injhrenLeichpredigt. jhren Kaͤmmerlein / darein ſie ſich eine zeitlang verſtecken / von jhrer arbeit außruhen / wie in der offenbarung Johan - nis geſchrieben ſtehet / Vnd ſey jhnen demnach der Todt nicht ſchedlich / ſondern vielmehr nuͤtz vnd dienſtlich / inmaſ - ſen denn auch der natuͤrliche ſchlaff den muͤden Menſchen - kindern keinen ſchaden bringet / ſie auch deſſelbigen in dieſem leben nicht entbehren koͤnnen.

Zum andern / ſpricht er / es ſollen ſich ſeine liebe Pfarr - kinder der vbermeſſigen trawrigkeit darumb entſchlagen / da - mit man zwiſchen jhnen als wiedergebornen Chriſten / vnd dann zwiſchen andern Leuten / nemlich den blinden vn - gleubigen Heyden einen vnterſcheid erkennen moͤge: Denn ſie die Heyden haben keine hoffnung / daß jhre Toden wie - der leben werden / vnd gleuben keine aufferſtehung des flei - ſches: Sie aber die Chriſten / wil Paulus ſagen / ſeyn wie -1. Pet. 1. dergeboren zu einer lebendigen hoffnung / wie Petrus dort redet / vnd aus dem vnbetruͤglichen goͤttlichen Wort im her - tzen deſſen verſichert / daß jhre im HErrn entſchlaffene Mitchriſten / dermal eins / wenn nun der Loͤwe vom ſtammApoc. 5. Juda bruͤllen / vnd der von Gott conſtituirte allgemeine Richter der lebendigen vnd Toden ſein Surgite vos mor -Iohan. 5. tui, &c. Stehet auff jhr Toden / ꝛc. wird erſchallen laſ - ſen / aus jhren graͤbern oder ſchlaffkaͤmmerlein herfuͤr kom - men / vnd zum ewigen leben aufferſtehen werden.

Damit aber nu an ſolcher aufferſtehung deſto weniger gezweiffelt werden moͤchte / machet S. Paulus den grund namhafftig / auff welchen dieſelbige gewidmet iſt / vnd ſaget: Denn ſo wir gleuben / daß Jeſus geſtorben vnd aufferſtanden iſt: alſo wird Gott auch / die da ent - ſchlaffen ſind / durch Jeſum mit ſich fuͤhren: VndB ijwilEine Chriſtlichewil in dieſen worten der heilige Lehrer alſo argumentiren vnd ſchlieſſen:

Actor. 3. Epheſ. 5.Jſt Chriſtus der hochgeborne Fuͤrſt des lebens / als das einige Heupt der Kirchen / von den todten aufferſtanden / ſo werden auch die jhme zugehoͤrige gliedmaſſen / die jme durch den Glauben einverleibt vnd beygefuͤget ſind / im grabe nichtIohan. 17. bleiben / ſondern ebener maſſen von den Todten aufferſte - hen / damit ſie ſind / wo er iſt / vnd mit jhm in ewiger herrlig - keit leben:

Nu iſt aber er der HErr Chriſtus / vermoͤg der ſchrifft vnd vnſers Chriſtlichen glaubens / gewieß vnd warhafftig aufferſtanden / vnnd kan der Tod hinfort nicht mehr vberRom. 9. jhn herrſchen:

Derowegen wird auch die Aufferſtehung der frommen Chriſten gewießlich folgen / vnd nicht zu ruͤcke bleiben.

Das iſt / lieben Chriſten / das erſte Puͤnctlein / welches der heilige Apoſtel Paulus ſeinen lieben Theſſalonichern zu gemuͤth fuͤhret.

Gebrauch dieſes erſten Puͤnctleins. I.

BEy welchem wir denn fuͤrs erſte zu lernen haben / daßDeut. 32. dieſe vermahnung zur maßhaltung im trawren noch heutiges tages hoch von noͤten ſey: Denn es wird hierin - nen von vielen Leuten / wie in exceſſu, alſo in defectu ge - ſuͤndiget / Vnd werden erſtlichen jhr viel gefunden / die ſich vber dem toͤdtlichen ab - vnd hingang der jhrigen allzu ſehr betruͤben / vnd wollen ſich durchaus nicht zu frieden geben / wenn der getrewe grundfromme Gott / an dem kein boͤſes iſt / ſie nur ein wenig ſawer anſihet / vnd jhnen ein liebes ſtuͤckvomLeichpredigt. vom hertzen reiſſet / vnd vergeſſen alle ſolche leidtragende hertzen der trewen vermahnung des fleiſſigen Haußpredi -Sir. 38. gers / welche er in ſeinem ſchoͤnen lehrreichen Buch mit fol - genden worten giebet: Laß die trawrigkeit nicht in dein hertz / ſondern ſchlage ſie von dir / vnd dencke an das ende / vnd vergieß es nicht: Denn es iſt kein wiederkommen. Es hilfft jhn nicht / vnd du thuſt dir ſchaden. Gedencke an jhn / wie er geſtorben iſt / ſo muſtu auch ſterben. Geſtern wars an mir / heute iſts an dir.

Nachmals giebet es auch ſolche Leute / die ſich wenigEph. 1. Iohan. 1. darumb bekuͤmmern / wenn der getrewe himliſche Vater ſei - ne in Chriſto erwehlte vnd gefellige Gnadenkinder / durch den zeitlichen Tod zu ſich fodert / Von welchen denn der geiſtreiche Prophet Eſaias redet / vnd ſaget: Der Gerech -Eſa. 56. te kompt vmb / vnd niemand iſt / der es zu hertzen neme / Vnd heilige Leute werden auffgerafft / vnd niemand achtet drauff. Sonderlich aber werden vnterweilen ſolche vnchriſtliche liebloſe Leute gemercket / welche eine ſonderbare frewde dar - ob ſchoͤpffen / wenn die jenigen todes verfahren / denen ſie in jhrem leben nicht allzu hold geweſen / Da ſie doch billich be - dencken ſolten / was jhnen der heilige Geiſt in die ohren ſchreyet / da er durch den weiſen Man Sirach ſaget: FreweSir. 8. dich nicht / daß dein feind ſtirbet: Gedencke / daß wir alle ſterben muͤſſen. Freylich iſt kein lebendiger Menſch exemtæ paſſionis, ſondern es iſt einem jeden vn -Hebr. 9. ter vns geſetzet ein mal zu ſterben / kan ſich auch keiner ſo hoch auffſchuͤrtzen / daß er dieſem im Buch der offenbarungApoc. 6. Johannis abgemahlten Reuter auff dem faͤhlen Pferd / derRom. 5. durch die ſuͤnde vber vns armiret worden / entrinnen moͤchte.

B iijDero -Eine Chriſtliche

Derowegen ſollen wir / vnſers theils / auff der mittel - bahn bleiben / vnd vnſere Toden zwar beweinen vnd bekla - gen / doch aber darinnen die gebuͤrliche maß nicht vberſchrei - ten: Denn daß wir weinen vnd trawren moͤgen / das giebet nicht allein vnſere natur / weil vns der HErr vnſer Gott vnd Schoͤpffer / nicht zu ſteinen / kloͤtzen vnd ſtoͤcken / ſondern zu empfindlichen Menſchen geſchaffen / Daher wir denn auch ſehen / daß je edler die Naturen ſind / je mehr ſich ſen - ſus doloris, die ſchmertzliche empfindung / vnd die mitlei - denden affecten darinnen ereignen: Sondern es hat auch der H. Geiſt ſolches im goͤttlichen Wort verguͤnſtiget / ſintemalSir. 22. er im Buch Sirachs am 22. ſaget: Vber einen Toden pfleget man zu trawren: Denn er hat das Liecht nicht mehr. Ja er hat vns das trawren vnd leidtragen ſelbſtenSir. 38. aufferleget vnd anbefohlen / weil er im offterwehnten ſchoͤ - nen Haußbuch Sirachs ſaget: Mein Kind / wenn einer ſtirbet / ſo beweine jhn / vnd klage jhn / als ſey dir groß leid ge - ſchehen / ꝛc. Jtem / Du ſolt bitterlich weinen / vnd hertzlich betruͤbet ſeyn / vnd leid tragen / darnach er geweſen iſt. Dan - nenhero ſehen wir auch / daß die gleubige Gottes Kinder jh - rer Toden / nicht ohne bewegung vergeſſen haben: Denn der großgleubige Ertzvater Abraham beweinet ſeine hertz - geliebte Saram / als ein recht trew erkantes ehrengefaͤß / dieGen. 23. 1. Petr. 3. jhn nach S. Petri zeugniß in wahrer demuth reſpectiret hat - te / gar hertzlich / vnd richtet jhr ein ſtattliches begrebniß aus. Der liebe fromme keuſche Joſeph ſtifftet ein ziemlich groſ - ſes leid / da ſein hertzgeliebter Vater / der heilige vnd durchs Creutz wolgepruͤffte Patriarch Jacob die ſchuld der naturGen. 49. bezahlete: Denn das gibet vns der heilige Geiſt zu verneh - men / da er ſaget: Da fiel Joſeph auff ſeines Vaters ange -ſicht /Leichpredigt. ſicht / vnd weinet vber jhn / vnd kuͤſſet jhn. Ach / wie hertz - lich beklaget David das fromme Gott - vnd ſeligkeit lieben - de Regentenblut / ſeinen vertrawten Bruder vnd hertzens - freund Jonathan / den Sohn Sauls / Er gebrauchet gar ſehnliche wort vnd ſaget: Es iſt mir leid vmb dich / mein2. Sam. 1. Bruder Jonathan: Jch habe groſſe frewd vnd wonne an dir gehabt / deine liebe iſt mir ſonderlicher geweſen als Fraw - en liebe. Vnd dieſes iſt auch geſchehen vber dem toͤdlichen verbleichen des frommen Gottfuͤrchtigen Koͤniges Joſiæ: Denn gantz Juda vnd Jeruſalem haben leid vmb jhn getra - gen: Vnd Jeremias / ſo wol alle Saͤnger vnd Saͤngerin2. Chron 35. haben klaglieder vber jhn gehalten / wie die Schrifft meldet. Ja was wollen wir viel von ſolchen exempeln ſagen? HatPſal. 45. Dan. 9. doch Chriſtus der ſchoͤnſte vnter den Menſchen Kindern / ja der allerheiligſte / ſeinen guten freund Lazarum ſelbſtenIohan. 11. betrawert / wie im Evangeliſten Johanne zu leſen iſt. De - rowegen es denn heutiges tages den Chriſten vnverbot - ten iſt.

Daß man aber gleichwol im Trawren eine maß hal - ten ſol / das erfodert der heilige Geiſt ebener maſſen / nicht allein in vnſerm Apoſtoliſchen text / ſondern auch an andern orten der Schrifft / bevorab in dem vnlangſt eingefuͤhrten ſpruch Sirachs. Vnd zwar es were ein gantz vnbillich / vnd darneben vnnoͤtiger handel / wenn wir diß nicht in acht ne - men wolten.

Vnbillich iſt es / weil man ſich in dieſem fall wider den ewigen Gott zu felde leget / vnnd wider ſeinen ge - rechten vnwandelbaren willen murret / gerade zu / als hette er nicht macht mit vns Menſchenkindern vmbzugehen / wie es jhme liebet: Denn wir ſind ja ſein Geſchoͤpff / vnd tewererkauff -Eine ChrſtlichePſal. 31.erkaufftes Erbgut / Von jhm haben wir das natuͤrliche vnd geiſtliche leben / vnſere zeit ſtehet in ſeinen Henden. Vnd wenn er demnach einen vnter vns aus dieſer Welt fodert /Eſa 29. Ierem. 18. ſo thut er ja nichts vnbefugtes / ſondern hat als der himliſche Toͤpffer vnd Werckmeiſter / gute macht / mit vns als dem werck ſeiner Hende / nach eigenem gefallen zu gebaren / Er mag vns / ohne jemands wiederrede / durch die hand des To - des zerbrechen / weil er ſonderlich durch ſeine allmechtige Hand die ſcherben wieder zuſammen ſetzen / vnd aus vnſern1. Cor. 15. natuͤrlich - vnd verweßlichen Leibern / geiſtliche vnd vnuer - weßliche machen kan. Weh nu dem / der mit ſeinem Schoͤpf - fer hadert / Eſa. 45.

Vnnoͤtig aber iſt es / weil wir mit vnſerm vbermeſſigen trawren nichts außrichten / vnd vnſern ſelig abgeſchiedenen Mitchriſten vnd liebes hertzen nicht das wenigſte dienen:Sir. 38. Gen. 27. Eccleſ. 9. Hiob. 14. Denn da iſt (wie zuuor gedacht) kein wiederkommen / ſon - dern wir muͤſſen vns deſſen troͤſten / daß wir dermal eins / auff die vns verborgen / dem allwiſſenden Gott aber wolbe - kante zeit / zu vnſern im HErrn entſchlaffenen lieben Ehe - genoſſen / Kindern / Bruͤdern / Schweſtern vnd vertrawten guten nothfreunden / die in dieſer letzten ſtunde der ſteinal -1. Iohan. 2. ten vnd eißkalten Welt ein ſeltzames Wilbraͤt ſind / fahren werden. Zu geſchweigen / daß die leidtragenden jnen / durchSir. 28. allzu groſſes trawren ſelbſt den groͤſten ſchaden thun / vnd ſonderlich den allerhoͤchſten Gott / der liberrimum agens, ein freywilliges vngebundenes weſen iſt / vnd jhme nichts abbochen leſſet / ſie anderweit mit ſeiner Zuchtruten anzu - greiffen / verurſachen.

Derowegen ſollen wir vns recht in die ſache ſchicken / vnd vnſere verwandten alſo betrawren / damit wir die gebuͤrnichtLeichpredigt. nicht vberſchreiten / vnd vnſer hertz allzeit mit troſt verſehen bleiben moͤge.

II.

SOlches aber wird deſto eher vnd leichter geſchehen / wenn wir / vor das andere / die vrſachen / die vns all - hie vom heiligen Apoſtel Paulo fuͤrgehalten werden / fein betrachten: Denn dieſer hochbegabte Doctor der Heyden / der ſeine kunſt im dritten Himmel ſtudieret hat / ſaget ja in2. Cor. 12. dem erklaͤrten Text erſtlichen / Daß der Tod der vnſerigen / die im wahren Glauben abgeſchieden ſeyn / nicht ein Tod / ſondern nur ein ſchlaff ſey / vnd pflichtet alſo hierinnen derIohan. 14. Matth. 9. Diener dem HErrn / der die Warheit ſelber iſt / bey: Sin - temal der HErr Chriſtus von dem verſtorbenen Toͤchter - lein Jairi ſaget: Das Maͤgdlein iſt nicht tod / ſondern es ſchlaͤffet. Vnd beym Evangeliſten Johanne ſaget er vonIohan. 11. ſeinem zuuor benanten gutem freund: Lazarus vnſer freund ſchlaͤfft / aber ich gehe hin / daß ich jhn aufferwecke. Vnd daher werden auch die Graͤber der Kinder Gottes ſchlaff - kaͤmmerlein genennet / Jnmaſſen ſie dann der allein weiſeRom. 16. Eſa. 26. Gott ſelbſten alſo tituliret / da er ſaget: Gehe hin / mein Volck / in eine Kammer / vnd ſchleuß die thuͤr nach dir zu / vnd verbirge dich einen kleinen augenblick / biß der Zorn fuͤr - uͤber gehe.

Gleich wie aber nun wir Menſchen / wenn wir auff den Abend ſchlaffen gehen / vnd vns (wie es denn in allewege geſchehen ſol) dem ſchutz vnſers lieben Gottes durch ein fleiſſiges Gebet ergeben / die nacht vber ruhen / vns der ge - ſchwechten kraͤffte wieder erholen / fruͤ morgens aber vom ſchlaff erwachen / auffſtehen / vnd zu den wercken vnſers be -CruffsEine Chriſtlicheruffs geſchickt / luſtig vnd hurtig ſind: Alſo gehen auch die jenigen / ſo im rechten erkent - vnd bekentniß Jeſu Chri -Sap. 3. ſti abſcheiden / nur ſchlaffen / Vnd wenn die Seele in der Hand Gottes / da ſie von keiner qual beruͤret wird / jhren ſtand hat / wie das Buch der Weißheit von den Seelen der Gerechten redet / ſo bekompt der Leib / der in dieſem le - ben viel arbeit / muͤh / noth / elend vnd widerwertigkeit / dar - durch ſeine kraͤffte allgemach verzehret worden / außgeſtan -Hebr. 2. den / ſeine ruh im Bett - vnd Kaͤmmerlein der Erden / wel - ches der Hertzog vnſerer Seligkeit Jeſus Chriſtus mit ſei - nem eigenen heiligen vnnd gebenedeyten Leibe gewaͤrmet hat / vnd ſchlaͤffet alle muͤhe / noth vnd gebrechligkeit aus / Vnnd wenn dermal eins der liechte Morgen des lieben Juͤngſten tages anbrechen wird / ſo wird er wieder auff - ſtehen / herfuͤr kommen / mit der Seelen vereiniget / vnd neben derſelbigen in das ewige himliſche fried - vnd frew - denland transferiret vnd verſetzet werden.

Das ſollen nun erſtlichen die jenigen zum troſt faſ - ſen / welchen der vnerſettliche vielfraß vnd Menſchenwuͤr - ger ziemlich nahe an die ſeiten rucket / vnd jhnen jhre liebe Ehegenoſſen / Kinder / Eltern / Geſchwiſter / oder andere nahe zugethane Freunde / verwandten vnd bekandten ent -1. Reg. 2. zeucht / vnnd ſie den weg aller Welt fuͤhret / daß ſie darob nicht kleinmuͤtig werden / ſondern ſich deſſen vielmehr frewen / vnd wiſſen / ſie werden hierdurch zu einem jhnen angenemen vnnd nuͤtzlichen ſchlaff befoͤrdert / Sollen jh - nen auch jhre ruhe deſto lieber goͤnnen: Denn welche Mutter reiſſet jhr Kindlein gerne aus einem ſuͤſſen ſchlaff? Ja wie muß manch Muͤtterlichs hertz offtermals ſo groſ - ſe muͤhe haben / ehe ſie jhr ſeugendes Kindlein zu einemſchlaffLeichpredigt. ſchlaff bringet? weil ſie weis / daß ſolches des Kindleins groſſer nutz iſt.

Darnach ſollen es auch die jenigen zum troſt mer - cken / welchen der Todt ſein Wuͤrgſchwerd ſelbſten an das hertze ſetzet / daß ſie darob nicht erſchrecken / ſondern jhme in Chriſtlicher gedult ſtill halten / weil er ſie nur zu Bette vnd ſchlaffen fuͤhret / welcher ſchlaff jhnen deſto angeneh - mer vnd nuͤtzlicher ſeyn wird / wenn ſie hie ein Chriſtliches1. Tim. 1. 2. Tim. 4. leben gefuͤhret / vnd neben dem Glauben ein gutes Gewiſſen bewahret haben: Denn frewet ſich doch ein armer Tag - loͤhner / der den gantzen tag vber gepuͤffelt / daß jhme der ſchweiß vber die ſtirn herab gefloſſen / wenn der Abend her - bey kompt / vnd er feyerabend machen / vnnd ſich zur ruhe begeben ſol: Ey / warumb wolte denn ein frommer Chriſt /Pſal. 84. Gen. 47. Pſal. 90. 2. Cor. 7. Sir. 40. der durch das Jammerthal gehen / vnd in der gantzen zeit ſeiner walfarth allerley vngemach / muͤh vnd arbeit erdul - den / vnnd von auſſen ſtreit / von innen aber furcht haben muß / ſich nicht frewen / wenn der abend ſeines elenden jaͤm - merlichen lebens herbey rucket / vnd der zeitliche Todt bey jhm anklopffet / vnd jhn zur ruhe bringen wil? Weil er ſon - derlich deſſen verſichert iſt / daß er am lieben Juͤngſten Tage wieder erwachen / vnd mit frewden aus ſeinem ſchlaff - kaͤmmerlein vnd Ruhebettlein aufferſtehen werde.

Denn das iſt der andere Troſt / welchen der heilige Paulus ſeinen geliebten zuhoͤrern giebet / vnd vns allen mit - einander fuͤr die augen vnd ins hertze bildet / Daß nemlichenPſal. 22. die vnſerigen / ſo in des Todes ſtaub geleget werden / nicht verloren ſind / ſondern in die reſtitutionis omnium, amActor. 3. Tage der erquickung / da alles ſol herwieder gebracht / ausC ijjhrenEine Chriſtlichejhren Graͤbern herfuͤr kommen / vnd von Todten erſtehen werden. Solches aber haben wir einig vnd allein der froͤli -1. Sam. 15. Mich. 2. chen[Aufferſtehung] Jeſu Chriſti zuzuſchreiben: Denn da - durch hat er der ſtarcke Held in Jſrael / vnd allmechtige Durchbrecher vnſere Graͤber eroͤffnet / daß wir auch daraus kommen / vnd jhme als vnſerm Hertzogen vnd Fuͤrgaͤnger /Iohan. 14. Apoc. 2. oder Wegbereiter / wofern wir jme anderſt biß inn Tod ge - trew geweſen ſind / ins ewige leben folgen ſollen.

Das iſt / lieben Chriſten / der beſte troſt / mit welchem beydes die ſterbenden / vnd die durch jhr abſterben betruͤbet worden / jhre hertzen fein auffrichten koͤnnen / Dannenhero dann auch die heiligen Kinder Gottes ſich deſſen in ſolchen faͤllen gebuͤrlich angemaſſet haben: Denn als der liebe fromme Hiob in hoͤchſten noͤthen ſchwebet / vnd gedachte / er wuͤrde Todes verfahren muͤſſen / ergrieff er dieſen troͤſt -Hiob 19. lichen glaubensartickel vnd ſaget: Jch weis / daß mein Er - loͤſer lebet / vnd er wird mich hernach aus der Erden auff - erwecken / ꝛc.

Als die ſieben Bruͤder / von denen im andern Buch2. Maccab. 7. der Maccabeer meldung geſchicht / den grimmigen Tod fuͤr jhren augen ſahen / wendeten ſie ſich von dem ſchreckli - chen anblick deſſelbigen zu dieſem artickel / vnd gleubeten ge - wieß / daß ſie in der aufferſtehung der Toden / das leben / vnd zwar ein ewiges leben erlangen wuͤrden.

Da der groſſe Land - vnd Volckreiche Koͤnig David2. Sam. 12. ſein in der vnehe erzeugtes Soͤhnlein dem Tod muſte ge - folgen laſſen / da ſtillet er mit dieſem haupttroſt ſein leid / vnd war deſſen gewieß / daß er kuͤnfftig (verſtehe in der allgemei - nen aufferſtehung des fleiſches) zu demſelbigen kommen wuͤrde.

NunLeichpredigt.

Nun dieſen vnd andern heiligen Leuten folget / jhr meine allerliebſten im HErrn auch nach / vnd ſeid mit ew - erm lieben frommen Gott fein zu frieden / wenn er euch ein ſonderliches liebes ſtuͤck aus den augen / von der ſeiten / ja vom hertzen hinweg reiſſet / vnd troͤſtet euch fuͤr allen dingen deſſen / daß jhr an jenem groſſen tage / der zu der vrſtend allerDan. 12. Menſchen / die vnter der Erden ligen vnd ſchlaffen / deputi - ret iſt / die ewrigen wieder bekommen werdet / vnd zwar in einem tauſendmal beſſern zuſtand / als jhr ſie in der Mord - gruben dieſer ſuͤndlichen Welt bey vnd vmb euch gehabt. Da wird ewiges wiederkommen machen / daß man zeitliches ſcheiden nicht achtet: Ja da wird die Liebe zwiſchen euch vnd ewern eingebuͤſten verwandten vnd bekanten viel tau - ſend mal groͤſſer ſeyn / als ſie in dieſer glaub - vnd liebloſen Welt geweſen iſt:

Da werden wir all vnſre freund /
Vnd die wir trewlich han gemeint /
Sehen / kennen mit groſſer frewd /
Vnd vns in rechter freundligkeit
Mit jhnen vnterreden fein /
Da wird ein Lieb beym andern ſeyn:
Dort wird man Bruͤdr vnd Schweſtern ſehn /
Wie ſie fein miteinander gehn:
Dort werden Eltern / Weib vnd Mann
Die Kinder bey den henden han /
Vnd ſie mit groſſem jubilirn
Jns Himmels ſaal herumber fuͤhrn /
Vnd wird die Lieb feſt vngetrent
Bleiben / vnd die frewd ſeyn ohn end.
C iijDasEine Chriſtliche

Das laſt vns / lieben Chriſten / ja wol mercken / vndLuc. 21. demnach vnſere Seelen mit gedult faſſen / wenn vns der getrewe wunderbare Gott ein wenig ein hartes erzei - get / vnd vns angreiffet / da es vns wehe thut. Vnd zwar wenn wir ſolches thun / vnd vnſere trawrigkeit gehoͤrter vrſa - chen halber maͤſſigen / ſo geben wir zu erkennen / daß wir nicht vngleubige Heyden / ſondern gleubige Chriſten ſind /Pſal. 100. die der HErr vnſer Gott zu ſeinem Volck vnd zu SchafenIerem. 10. ſeiner weide gemachet hat / Vnd wird vns auch der HErreColoſſ. 1. Chriſtus / der getrewe ſchatz Jacobs / an jenem Tage fuͤr die jenigen / die er von der Obrigkeit der finſterniß errettet hat / erkennen / vnd wie er vns allhie nach dem Reichthumb ſeiner groſſen Barmhertzigkeit zu ſeinem Gnadenreich beruffen / alſo wird er vns dort in das Reich der ewigenPſal. 16. Herrligkeit / da frewde die fuͤlle iſt / fuͤhren. Gnug vom erſten.

Das ander Puͤnctlein / nach der er - klerung des Texts.

NAch dem / jhr meine geliebte im HErrn / der heilige Apoſtel Paulus ſeine liebe Pfarrkinder zur maßhaltung im trawren vber jhren Toden ver - mahnet / vnd zu erhaltung deſſen / jhnen erhebliche vrſachen1. Cor. 2. fuͤrgehalten / gibt er jhnen nun ferner zu erkennen / Was fuͤr einen Proceß vnd[ordnung] der HErr der Herrligkeit Jeſus Chriſtus beydes mit der Auffweckung vnd mit der verſetzung der ſeinigen ins ewige leben halten werde / vnd ſpricht: Das ſagen wir euch / als ein Wort des HErrn / daß wir die wir leben vnd vberbleiben inderLeichpredigt. der Zukunfft des HErrn / werden denen nicht vor - kommen / die da ſchlaffen: Denn er ſelbſt der HErr wird mit einem Feldgeſchrey vnd ſtimme des Ertzengels / vnd mit der Poſaunen Gottes her - nieder kommen vom Himmel / Vnd die Todten in Chriſto werden aufferſtehen zu erſt: Darnach wir / die wir leben vñ vberbleiben / werden zugleich mit denſelbigen hingezucket werden dem Herrn entgegen in der lufft / vnnd werden alſo bey dem HErrn ſeyn allezeit. So troͤſtet euch nun mit die - ſen worten vntereinander.

Allhie muͤſſen wir / lieben Chriſten / wiſſen / daß der auß - erwehlte Ruͤſtzeug Gottes Paulus / mit dieſen worten ſich auff eine an jhn gebrachte ſonderliche frage reſolviret: Denn die Theſſalonicher hatten durch Timotheum, ſei -1. Tim. 1. nen im glauben rechtſchaffenen Sohn / von jhme zu wiſſen begeret / wie es in der Aufferſtehung der Todten zugehen wuͤrde / Vnd ob die / welche des HErrn Tag lebendig er - greiffen wuͤrde / allein zum ewigen leben gelangen / Oder / ob auch die abgeſtorbene gleubige Chriſten / zu der vnuer - genglichen ſeligkeit aufferſtehen / vnd welche vnter beyden parten den vorſprung haben wuͤrden.

Hierauff antwortet der hochbegabte Doctor der Heyden gebuͤrlich / vnd damit ſein bericht deſto mehr glau - bens finden moͤchte / ermahnet er anfenglich die Theſſaloni - cher / daß ſie ſeine rede fuͤr ein vnbetriegliches wort der war - heit erkennen / vnd wiſſen ſolten / daß er jhnen nichts vnge - wiſſes fuͤrtrage. Nachmals fuͤhret er ſeinen geliebten Seelenſchaͤflein etliche Puͤnctlein zu gemuͤhte: Denn erſtlichen meldet er / Wer die Todten aufferwecken werde / nemlich der Herr ſelbſten / das iſt / der hoch -gelobteEine Chriſtlichegelobte Gottes vnnd Menſchen Sohn Jeſus Chriſtus:Gen. 4. Denn er iſt der Mann der HErr / wie jhn vnſere erſteGen. 3. Mutter Eva nennet / da ſie gedacht / es were die Evan - geliſche Troſtverheiſſung von dem Weibesſamen an jhrem erſtgebornen Sohn Cain erfuͤllet: Er iſt Iehova IuſtitiaIerem 23. Iohan. 5. noſtra, der HErr / der vnſer Gerechtigkeit iſt / welchem der ewige Vater alles Gericht vbergeben hat / der wird allhie das Fac totum ſeyn. Zum andern / zeiget er an / wie denn dieſer Herr ſich zu ſolchem werck werde gebrauchen laſ - ſen / vnd ſpricht / Er werde mit einem feldgeſchrey vnd ſtim - me des Ertzengels / vnd mit der Poſaunen Gottes hernie - der kommen / das iſt / er werde ſich mit einem groſſen vnd ſo ſchrecklichem Donnerwetter præſentiren / daß die Himmel daruon ineinander brechen / die Element fuͤr hitze zerſchmel - tzen / vnd die Erde / ſampt den wercken darinnen verbren -2. Petr. 3. nen werden / wie die Schrifft anderswo redet / vnd werden ſonderlich die Todten die ſtimme des Sohnes Gottes /Iohan. 5. Stehet auff jhr Todten / hoͤren / vnd darauff in einem augenblick alle aus jhren Graͤbern herfuͤr kommen. Zum dritten / ſpricht er / daß zwar die jenigen / ſo vor dem Juͤng - ſten tag in Chriſto ſeliglich entſchlaffen ſind / erſtlich wer - den aufferſtehen / doch werden ſie nicht eher ins himliſche weſen vnd leben kommen / als die / welche durch dieſen Tag noch lebendig ergriffen werden / ſondern ſie werden zu bey - den theilen miteinander / vnd zugleich / jhrem lieben HErrn vnd Heyland Jeſu Chriſto beygefuͤget werden / vnnd bey demſelbigen ewiglich in vnaußſprechlicher frewd vnd won - ne leben. Zum vierdten weiſet er ſeinen lieben Seelen - ſchaͤflein den nutz dieſes jhnen ertheilten berichts / vnd ſaget: So troͤſtet euch nun mit dieſen worten vnterein -ander. Leichpredigt. ander. Als wolt er ſprechen: Das mercket / Jhr meine hertzgeliebte Theſſalonicher / ja wol / vnd laſt dieſes ewern hoͤchſten Troſt / in allerley Creutz / elend vnd widerwertig - keit / ſonderlich in ewrem vnd der ewrigen abſterben ſeyn / vnd gleubet gewieß vnd gentzlich / daß es ſich alſo erfinden / vnd der HErr des lebens euch vnd alle fromme gleubige Chriſten gewieß am tage der Poſaunen zu ſich nemen / vnd von der reichen fuͤlle ſeiner herrligkeit ergetzen werde.

Gebrauch dieſes Puͤnctleins. I.

NVn dieſe zu end angehengte vermahnung Pauli ſol - len wir an ſtatt des erſten Lehrpuͤnctleins fleiſſig mercken / vnd damit alle noth vnd truͤbſalen / die vns in dem Lazareth dieſer Welt begegnet / ſtillen / brechen vnd vberwin - den: Denn wir hoͤren allhie aus dem vnbetrieglichen wortIohan. 17. Gottes / welches die warheit iſt / vnd von einem ſolchen Manne / welchen die vnendliche goͤttliche Majeſtet fuͤr jhrenActor 9. außerwehlten Ruͤſtzeug erkennet / daß gewieß ein Juͤng -Eſa 9. ſter tag zukuͤnfftig ſey / an welchem der vnſterbliche Fried -Actor. 3. vnd Lebens Fuͤrſt Jeſus Chriſtus ſeine liebe Bruͤder vnd Schweſtern / die jhme auff der breiten jammerſtraſſen nach - getrabet / ſeinem Ebenbilde gleichfoͤrmig geweſen ſind / vndRom. 8. in wahrem glauben vnd vertrawen an jhn biß an das endeMatth. 24. verharret haben / nicht allein vom tod erwecken / ſondern ſieIohan. 17. auch dahin bringen wird / da er iſt / vnd werden ſie alſo (wie allhier ſtehet) bey jhme allzeit ſeyn vnd bleiben.

Wie koͤnnen aber nun wir arme Erdenwuͤrmlein einen groͤſſern ſterckern troſt haben? vnd was kan vns angene -DmersEine Chriſtlichemers begegnen? denn daß wir zu vnſerm hochverdienten Erloͤſer vnd Bruder kommen / vnd bey jhm ewig ſeyn vnd bleiben ſollen? Solte doch ein gleubiger Menſch / der dieſes recht bedencket / vngeacht aller zeitlichen truͤbſal / taͤg - lich in vollen ſpruͤngen hereiner gehen / vnd ſich durch den helliſchen Schreckengaſt zu keiner Seelenſchaͤdlichen me - lancholey vnd trawrigkeit bewegen laſſen: Denn wo Chri - ſtus iſt / da iſt eitel frewd vnd wonn / leben vnd ſeligkeit / da muͤſſen vns Sonn vnd Mond / ja alle liebe heilige Enge - lein auff das aller lieblichſt vnd freundlichſt anlachen / da werden wir frewd vnd wonne ergreiffen / aber weinen vnd ſeufftzen wird von vns fliehen muͤſſen / Eſaiæ 51.

Ach / wie hertzlich frewet ſich dort der im Ofen desEſa. 48. elendes außerwehlt gemachte heilige Patriarch Jacob / da er dieſen HErrn nur auff eine geringe zeit in Maͤnnlicher geſtalt erſahe / ja er achtet ſich wegen ſolches anblicks all -Gen 32. bereit ſelig / vnd ſaget: Jch habe den HErrn von an - geſicht zu angeſicht geſehen / vnd meine Seele iſt geneſen. So werden auch die drey Juͤnger / Petrus / Ja - cobus vnd Johannes durch den anblick jres verklaͤrten Hey - lands vnd Seligmachers dermaſſen inflammiret vnd ent - zuͤndet / daß der eine fuͤr groſſer hertzlicher frewde ſchreyet: HErr / hie iſt gut ſeyn: Wiltu / ſo wollen wir drey Huͤtten bawen / dir eine / Moſi eine / vnd Eliæ eine / Matth. 17.

Hat aber nun der anblick dieſes HErrn / der doch nur eine ſchlechte zeit gewehret / eine ſolche inbruͤnſtige frewde verurſachet? Jſt der HErr Chriſtus / vnſer hochuerdien - ter Erloͤſer vnd Gnadenthron / ſeinen lieben getrewen an - haͤngern vnd Juͤngern ſo anmutig vnd frewdenreich gewe - ſen / da ſie jhn doch nur mit jhren ſuͤndlichen augen geſehen? Ey /Leichpredigt. Ey / was wird denn fuͤr eine vnermaͤßliche frewde erfolgen / wenn die außerwehlten Kinder Gottes dieſen jhren leibli - chen Bruder vnnd Bundsverwandten in ſeiner hoͤchſten Majeſtet vnd herrligkeit / in alle ewige ewigkeit mit verklaͤr - ten heiligen augen ſehen werden?

II.

JEdoch aber haben wir allhie vor das andere zu ler - nen / daß ſolche frewde nicht alle Menſchen durch die banck hinweg zu gewarten haben: Denn ſie kommen in der aufferſtehung des fleiſches nicht alle zu Chriſto / ſondern nur die jenigen / die ſich hie mit warem glauben an dieſen jrenGen 3. Eſa. 63. Schlangen - vnd Keltertreter gehalten / ſein Wort geehret vnd gehoͤret / auch jr leben darnach angeſtellet vnd gefuͤhret / vnd das Liecht jhres glaubens / von der Sonnen der gerech -Mal. 4. Matth. 5. tigkeit im hertzen angezuͤndet / durch den glantz der von Gott gebotenen / vnd ſeiner Majeſtet wolgefelligen werck haben ſchimmern vnd leuchten laſſen / Haben ſich auch bey zeiten auff dieſe letzte Zukunfft jhres himliſchen Blut - vnd Gna -Matth. 25. denbreutigams / mit den fuͤnff klugen Jungfrawen bereitet / vnd ſich jhrer begangenen ſuͤnden halber / mit jhrem lieben frommen vnd getrewen Gott / am tage des heils / abfuͤndig2. Cor. 6. gemacht / die werden freylich dem HErrn entgegen gezuckt / vnd von ſeinem holdſeligen angeſicht / ja von der ewigen ſe - ligkeit reichlich ergoͤtzet werden. Aber die gottloſen / die Chriſtum den einigen Außtheiler des ewigen lebens / vnd ſein H. ſeligmachendes Wort verachtet vnd geleſtert / im vn - glauben vnd allerhand verdamlichen ſuͤnden vnd laſtern / oh - ne einige ſchew vnd rew gelebet / vnd die ware buſſe von einer zeit auff die andere verſchoben vnd geſparet / werden nichtSir. 5. 18.D ijzumEine Chriſtlichezum HErrn Chriſto / ſondern zu jhrem Gott vnd HErrn dem Fuͤrſten dieſer Welt / dem ſie mit jhrem boͤſen leben zuIohan 14. Hof geritten / nemlich zum leidigen Teuffel kommen: Vnd wenn die außerwehlten ſeligen Menſchen / in wircklicher empfindung der ewigen frewde mit erhabener ſtimme jubi - liren vnd ſchreyen werden: Oblivioni traditæ ſunt angu -Eſa. 65. ſtiæ priores: Der vorigen angſt iſt vergeſſen / So werden dargegen die gottloſen verdampten Hellenbraͤndt in groſſer vnertraͤglicher marter lamentiren vnnd ſagen:Luc. 16. Eſa. 66. Ach wir leiden pein in dieſer flammen. Vnd ſind nun allem fleiſch ein grewel worden. Jetzt empfin - den wir allererſt recht / daß die Menſchen durch jhre ſuͤnd vnd vntugend von Gott geſchieden werden / Eſaiæ 59.

Weil denn nun / lieben Chriſten / nicht allein der Tod / der eines jeden Menſchen Juͤngſter tag iſt / vns taͤglich auff dem fuß nacheilet / vnd keiner vnter vns einen einigen au - genblick fuͤr ſeinem Regiment vnd Wuͤrgſchwerd geſichertGen. 18. Pſal. 7. Luc. 19. iſt / ſondern es wird auch der gerechte Richter aller Welt mit ſeinem letzten Gerichtstage bald hereiner brechen / ſo laſt vns bedencken / was zu vnſerm friede / ja zu vnſerm ewigen heil dienet / vnd jhme dem getrewen Erloͤſer mit wahrem bußfer - tigen hertzen entgegen gehen / ſo wird er vns zu ſich nemen / vnd vns der ewigen vnaußſprechlich - vnd vnuergenglichen frewd vnd herrligkeit theilhafftig machen / Amen.

Die Perſon des ſelig abgeſtorbenen betreffendt.

SO viel aber nun / lieben Chriſten / den allhie vor au - gen liegenden vnſern geliebten Herrn vnd Mitbru -dern /Leichpredigt. dern / benambtlich den Edlen / Ehrnveſten vnd Kunſtreichen Herrn Joſeph Heintzen / Roͤm. Kay. Majeſt. hocher - fahrnen Cammermahlern / numehro ſeligen belangen thut / ſo iſt demſelbigen zwar in ſeiner ruhe / mit meinem ruhm vnd zeugniß gar wenig gedienet / beuor ab / weil er bey E. L. in beſſerer kundſchafft als bey mir geweſen: Jedoch / weil desPſal. 112. Gerechten (nach Davids außſpruch) nimmermehr ver - geſſen werden ſol / wil ich ſeiner mit wenigen gedencken.

Vnd iſt demnach / was ingreſſum vitæ, den eingang ſeines zeitlichen lebens belanget / mir ſo viel berichts inn ſchrifften einkommen / daß er zu Baſel in Schweitz / nun -Baſel. mehro bey nahe fuͤr 45. jahren / von fuͤrnehmen anſehnli - chen Eltern zur Welt geboren worden / Vnd hat ſein ge - liebter in Gott ruhender Herr Vater das Oberbawmeiſter ampt in Schweitz mit ehren bedienet / in welchem hohen Ampt jhm ſeiner Soͤhne einer / des verſtorbenen leiblicher Bruder ſuccediret / vnd ſich noch heutiges tages (als man weis) darinnen befindet. Weil er aber von ſeinen natuͤr - lichen Eltern / nechſt Gott / nur das natuͤrliche leben gehabt / haben ſie jhn auch / ſeiner hoͤchſten notdurfft nach / zum geiſt - lichen befoͤrdert / vnd dieſen jhren lieben Sohn dem HErrnActor. 3. Chriſto / als dem ſtamm vnd Fuͤrſten des lebens / durch die heilige Tauffe zutragen vnd einverleiben laſſen / da er denn aus ſeiner fuͤlle gnade vmb gnade empfangen / vnd in jhmeIohan. 1. das rechte leben fuͤr Gott erlanget hat.

Betreffende aber vor das andere Progreſſum vitæ, den fortgang ſeines lebens / ſo iſt er von jugend auff / neben der1. Tim. 4. Gottesfurcht / die zu allen dingen gut iſt / zu guten Kuͤnſten / vnd ſonderlich zur hochloͤblichen Mahlerskunſt gehalten / auch von hauſe aus / von ſeinen lieben Eltern / gen RomD iijin Jta -Chriſtliche Leichpredigt. in Jtalien / in ſolcher Kunſt / die allda floriret / zu profici - ren verſchicket worden / Allda er denn ſieben Jahr verhar - ret / vnd ſolche zeit nicht vbel angeleget / ſondern iſt durch Gottes ſegen / in dieſer Kunſt ſo hoch kommen / daß die Roͤm. Kay. Majeſt. ſeiner / nach dem er allhie ankom - men / vnnd ſich von dannen an Churfuͤrſt. Saͤchſiſchen Hof nach Dreßden begeben wollen / auff ein verfertigtes Kunſtſtuͤck zu dienſten begehret / in beſtallung genommen / Vnd von hinnen hinwieder nach Rom / allerhand antiqui - teten alldort abzuzeichnen / allergnedigſt befoͤrdert: Dar - auff er denn daſelbſten wiederumb vier Jahr zugebracht / vnd binnen ſolcher zeit ſo viel verrichtet / daß man ſich dar - uͤber verwundert / vnnd ſonderlich hoͤchſtgedachte Jhre Kay. Majeſt. ein allergnedigſtes gefallen darob getragen / jhn auch in jhren dienſten bey nahe auff die zwantzig Jahr gehalten / vnd jhme jederzeit mit Kayſerlichen gnaden be - gegnet.

Demnach er aber ſein leben vber das 32. Jahr ge - bracht / hat er ſich auff gnedige verfuͤgung der Goͤttlichen Majeſtet / in Augſpurg zu ſeiner geliebten Haußfrawen / die jhre fuͤrnehme / Chriſtlich vnd ziemlich verlebte Eltern / den Herrn Vater von 70. die Fraw Mutter aber von 56. Jahren / noch daſelbſten hat / verheyratet / vnd mit derſel - bigen in die 12. Jahr im heiligen Eheſtand zugebracht / auch mit jr die gantze zeit vber / eine Chriſtliche / freundliche / fried - liche vnd Gott wolgefellige Ehe beſeſſen / Daher auch jetzt dem vberbliebenen theil das ſcheiden deſto groͤſſern ſchmer - tzen bringet / ob es wol dem gnedigen willen Gottes anheim geſtellet werden muß. Vnd zwar eben dieſes ſol der betruͤb - ten Frawen Witwen ein ſonderlicher troſt ſeyn / daß / wie ſievonLeichpredigt. von jhrem lieben Herrn ſeligen / allzeit hoͤchlich geliebet vnnd trewlich gemeinet worden / ſie jhme auch hinwie -Prov. 31. der ſolcher geſtalt begegnet / vnd jhme liebes vnd kein leids gethan hat / Jnmaſſen jhr dann dieſer ruhm gegeben wird / daß ſie in waͤrender kranckheit nie von jhme kommen / vnd jhr durch ſtetiges wachen bey jme / ruh vnd ſchlaff abgebro - chen / vnd hette jhn / wenn es bey jhr geſtanden / gerne mit ei - gener leibesgefahr beym leben erhalten.

Ach wie ein guter ruhm iſt dieſes? Das behelt ein froͤ - liches Gewiſſen. Wie muß aber denen das Gewiſſen zu - ſprechen / die miteinander haar vnd brod geſſen / wenn es bey jhnen an ein ſcheiden gehet?

Jm waͤhrendem Eheſtand hat er / der ſelig verſtorbene / mit ſeiner lieben Ehewirtin vnd recht trew erkandten gehuͤlf - fin / durch Gottes ſegen / der die vnfruchtbare zu einer froͤ - lichen Kindermutter machet / vier Kinderlein erzeuget /Pſal. 113. dauon dem ewigen Gott allbereit eins wieder worden / die drey aber / die noch bey leben / haben ſie die Eltern in aller Gottesfurcht aufferzogen / vnd ſie ſonderlich fleiſſig zum lieben Gebet / welches der Jugend / ja aller Menſchen be - ſter ſchatz vnd edelſtes kleinot iſt / gehalten / ſie auch theils in freyen Kuͤnſten / jhrem alter nach / ſo weit gebracht / daß es zu verwundern iſt. Sonſten aber hat ſich dieſer vnſer geliebter Herr vnnd Mitbruder in ſeinem leben als ein Chriſt erzeiget / ſeinen getrewen hochverdienten Erloͤſer vnd Seligmacher Jeſum Chriſtum von hertzen geliebet / ſein goͤttliches wort geehret / vnd in hoͤchſten wirden gehalten / vñ ſelbiges / in manglung reiner Evangeliſcher deutſcher Pre - digten gerne geleſen / ja es iſt jm daſſelbige ſo lieb vnd anmu - tig geweſen / daß er es / empfangenem bericht nach ſelten oh - ne naſſe augen leſen koͤnnen / welchs deñ ein gewiß zeichen iſt /daßEine Chriſtlichedaß es jhme zum hertzen muß gedrungen ſeyn. Auch hat er ſich neben dem Gottesdienſt in ſeinem beruff fleiſſig erzei - get / vnd darinnen mercklich viel præſtiret / Vnd iſt ein Man hohes verſtands / fehiges kopffs / vnd guter gedechtnuß / auch neben der mahlerey in der Architectur vnd Bawkunſt hoch - erfahren geweſen. Vber das / ſo hat er ſich auch mit men - niglich Chriſtlich vnd wol vertragen / vnd mit vielen fuͤrne - men Leuten gute vertrawliche correſpondentz gehalten: Da - her ſie denn auch ſeinen toͤdtlichen abgang / dem augenſchein nach faſt kleglich vnd ſchmertzlich betrawren.

Was aber / zum dritten / Egreſſum vitæ / den außgang vnd das ende ſeines zeitlichen lebens betreffen thut / ſo hetteEſa. 55. man ſich deſſelbigen zwar noch nicht verſehen / Aber Men - ſchen gedancken ſeind ja nicht Gottes gedancken. Wie esHiob. 14. nun dieſem HErrn / bey dem die zahl vnſerer Monden ſte - het / gefallen / alſo iſt es ergangen: Denn geſtern drey Wo - chen / hat jhn der ſchmertz des ſteins / der jhme vor dieſem offtermals zugeſetzet / etwas hart angegriffen / vnd biß anhe - ro ſtarck continuiret / Vnd ob man wol an ordentlichen mit - teln der Artzney nichts geſparet / auch von den Herren Me - dicis groſſer fleiß angewendet worden / ſo hat doch der all - mechtige Gott ſeine kranckheit nicht nach Menſchlichem wuͤntſchen vnd hoffen / ſondern nach ſeinem gefallen / wie ge - meldet / wollen außſchlagen laſſen. Hat jhme auch das en - de ſeines lebens etlicher maſſen zu erkennen geben: Denn er in wehrender kranckheit ſich etlichmal vernemen laſſen / er wuͤrde zu dieſem mal nicht wieder auffkommen. Dero - wegen er ſich dann (auſſer allem zweiffel) auff ein ſeliges en - de im hertzen bereitet / welches er denn auch erlanget. Denn als ſich am nechſten Donnerſtag Epilepſia das FreiſchelbeyLeichpredigt. bey jhm ereignet / hat der paroxyſmus nicht lang gewehret / ſondern er iſt bald ohne hand - vnd fußregen / mit zugeſchloſ - ſenem munde / ſanfft vnd ſelig verſchieden / vnd / ſonder zweif - fel / nach der Seelen ins ewige leben gedrungen / nach demIohan. 5. Leibe aber zu guter ruhe kommen.

Nun iſt zwar (wie im eingang gemeldet) dieſer vn - verhoffte Todesfall der hinderlaſſenen Frawen Witwen ſchmertzlich / ja freylich ſchmertzlich: Denn er hat jhr einen groſſen zeitlichen verluſt gebracht / Sie iſt vmb jhren hertz - lieben Herrn / Eheman / vnd Ruͤckenhalter kommen: Aber ſie ſtelle es dem lieben Gott in kindlicher gedult anheim / vnd troͤſte ſich deſſen / daß ſie nicht allein dieſen jhren hertz - lieben Herrn dermal eines in hoͤchſter wonne vnnd frewde / ohne einige leibesbeſchwerung wieder bekommen wird / ſon - dern daß jhr rechter Mann der hochgelobte Gottes - vnnd2. Cor. 11. Menſchen Sohn Jeſus Chriſtus / der ſich mit jhr in gerech -Hoſ. 2. tigkeit vnd gerichte / in gnade vnd barmhertzigkeit vertrawet hat / noch lebet / der wird ſich jhr in allen fuͤrfallenden noͤten zum trewlichſten annemen / vnd jhr ewiglich glauben halten / Der behuͤtet frembdling vnd Waiſen / vnd erheltPſal. 146. die Witwen / wie David von jm ruͤhmet. Dem ergebe ſie ſich nur mit wahrem glauben vnd hertzlichem Gebet / ſo wird ſie ſchmecken vnd ſehen / wie freundlich er iſt / vndPſal. 34. in jhrem Witwenſtand keinen mangel leiden duͤrffen.

Den lieben vnerzogenen Kinderlein hat der HErr auch ein ziemlich hartes erzeiget / denn wo iſt jr lieber Vater vnd getrewer Verſorger? Er iſt jhnen in dieſer Welt entzo - gen: Aber ſie haben eben an dem Herrn / der ſolches gethan / den rechten Vater vber alles was da Kinder heiſt im HimelEpheſ. 3. vnd auff Erden / der hat Moſen das arme Kind in ſeinemExod. 2.EKaͤſtleinChriſtliche Leichpredigt. Kaͤſtlein erhalten / vnd wird ſie auch nicht verlaſſen. Ja jetzt hat er beſſere gelegenheit als zuuor / ſein Vaͤterliches hertz gegen jhnen zu eroͤffnen. Wird es auch gewieß gantz gerne thun / wenn ſie nur fromm ſind / fleiſſig beten / jhrer Fraw Mutter gehorchen / vnnd ſich gegen andern LeutenPſal. 27. demuͤtig erweiſen. Vater vnnd Mutter verlaſſen mich / aber der Herr nimpt mich auff. JchPſal. 37. bin jung geweſen / vnnd alt worten / vnd habe noch nie geſehen den gerechten verlaſſen / ꝛc. ſaget der liebe David. Der liebe getrewe Gott / der jhres Vaters Gott geweſen / wird auch jhr Gott ſeyn vnd bleiben. Jhme ſey lob vnd ehr in ewigkeit / Amen.

ENDE.

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TextEine kurtze Evangelische Trost-Predigt Gehalten zu Prag/ in der Kirchen zu S. Johannes vnter dem Berge Sion genant/ bey dem volckreichenBegräbniß Herrn Joseph Heintzens
Author Valentin Löwe
Extent34 images; 7629 tokens; 2276 types; 52492 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationEine kurtze Evangelische Trost-Predigt Gehalten zu Prag/ in der Kirchen zu S. Johannes vnter dem Berge Sion genant/ bey dem volckreichenBegräbniß Herrn Joseph Heintzens Valentin Löwe. . 34 Michael LantzenbergerLeipzig1610.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 O 143/9 / 508615

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LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:46Z
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