PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1]
AMVLETVM SPIRITVALE,
Oder Geiſtliche Seelen Artzeney wieder der Suͤnden / des Teuffels / Todes vnd der Hellen Gifft / taͤglich / ſtuͤndlich vnd augenblicklich / heilſam zugebrauchen. Das iſt: Chriſtliche Leichpre - digt / auß dem guͤldenen Spruͤchlein / (1. Joh. 1.)Das Blut JEſu CHriſti &c. ()
Beym Leichbegaͤngniß deß Ehrbahren vnd Gottſeligen Juͤnglings / THOMÆ Wiegers / des Weyland Ehrenveſten Vornehm vnd Wollgeachten Herrn / DAVID Wiegers / geweſenen Buͤrgers vnd Kauffmanns / in der Weitberuͤhmbten HandelStadt Luͤbeck / nach gebliebenen Soh[n] s / welcher zur Wilda in groß Littawen den 3. Decembris Anno 1629. Seliglich geſtorben vnd den 9. Ianuarij begraben / gehalten
(Pſalm. 118. v. 17.)Jch werde nicht ſterben / ſondern leben / vnd des HErrn Werck verkuͤndigen. ()
Gedruckt zuRiga in Lieffland/ durchGerhardum Schroͤder/ Jm Jahr1630.
[2]1Vorrede.
Der Ehrbaren vnd Tugendreichen Frawen N. N. Des weiland Ehrenveſten / Vornehm vnd Woll - geachten Herrn / David Wiegers / geweſenen Buͤrgers vnd Kauffmanns / in der Hochloͤblichen Handel - Stadt Luͤbeck / nach gelaſſenen Witwen / ſampt deroſelben vielgeliebten Kindern / vnd gantzen anverwandten Freundſchafft: Wie auch Dem Ehrenveſten Vornehm vnd Wolgeach - ten Herrn / Georg Langen / Buͤrgern Kauffmann vnd Kirchen Vatern vnſerer Lutheriſchen Gemein: Meinen zuverlaͤſſigen guͤnſtigen Freunden. Wuͤnſche ich GOttes des Allmaͤchtigen Gnade / Troſt vnd Gedult in Truͤbſall / ſampt allerley reichen Se - gen / an Leib vnd Seele / vmb Chriſti willen. Amen.

EHrbare vnd Tugendreiche Fraw / Wie auch Ehrenveſter Vornehm vnd Wol - geachter Herr / inbeſonders zuverlaͤſſi -A ijge2Vorrede. Gen. 3. v. 19.ge guͤnſtige Freunde. Jm Erſten Buch Moſis am dritten / tritt die hohe Mayeſtaͤtt GOttes auff / thut dem Menſchen die erſte Leichpredigt vnd ſpricht: Du biſt Erde vnd ſolt wider zur Er - den werden / davon du genommen biſt. Jn dieſen Worten ſtellet vns der groſſe Jehovah dreyerley1. Conditio noſtra præ - terita. zubetrachten fuͤr. Das erſte iſt Conditio noſtra præterita, vnſer vergangener Zuſtand. Woher koͤmpt derſelbige? Auß der Erden / dann davon ſind wir genommen. Es iſt vnſer Großvater Adam auß einem Erdenkloß erſchaffen / vnd dan - nenhero wird die Erde genand vnſer aller Mut -Syr. 40. ter. Syr. 40. Vnd des Menſchen Leib ein LeimenJob. 4. 19. 2. Cor. 5. 1. Phil. 3. 21. Pſal. 103. 14. Eccleſ. 12. 7. Gen. 18. 27. Syr. 40. Hauß. Job. 4. Eine jrrdiſche Huͤtten 2. Cor. 5. Ein nichtiger Leib Phil. 3. Staub Pſalm. 103. Eccleſ. 12. Aſchen. Gen. 18. Das mag recht heiſ - ſen wie Syrach am 40. ſagt: Es iſt ein elend jaͤm - merlich ding vmb aller Menſchen Leben von MutterLeib an / biß ſie in die Erde geleget wer - den. Vors ander wird vns in dieſen Worten auch2. Conditio noſtra præ - ſens. gezeiget Conditio noſtra præſens. Vnſer gegen - wertiger Zuſtand. Du biſt Erde / ſpricht der All - maͤchtige GOtt. Es werden in der Welt Men - ſchen gefunden / die ſich fuͤr fromm halten / vndLuc. 18. 9. verachten die andern Luc. 18. da iſt jhnen keiner gut genug / dann ſie vermeinen / ſie ſeyn etwasmehr3Vorrede. mehr alß andere / ja mancher gedencket / er allei - ne ſey Lux mundt, vnd wenn er nicht verhanden / muͤſte alßbald die gantze Welt vber einen hauffen fallen. Aber / ach! daß doch ſolche gleiſſende / glaͤn - tzende Pfawen nur jhre Fuͤſſe beſehen moͤchten / das iſt / ach das doch ſolche vbermuͤhtige / praͤchti - ge / ſtoltze auffgeblaſene Laßduͤnckel jhre ankunfft / vnd was ſie ſein / bedencken moͤchten! Warlich / Warlich / es wuͤrde jhnen der kitzel wol verge - hen / ſie wuͤrden auch den gefaſſeten Muht gar leicht fallen laſſen. Das dieſes nun geſchehen moͤ - ge / ſo brauchet ſich GOtt der heilige Geiſt in der Goͤttlichen Schrifft vnterſchiedlicher gleichnuͤſ - ſen / damit er den Menſchen in ſeinem Leben ver - gleichet Pſal. 144. Vergleichet er den MenſchenPſ. 144. 4. Nichts: Jſt doch der Menſch gleich wie Nichts: Job. 8. Vergleichet er jhn einem Schatten: VnſerJob. 8. 9. Leben iſt wie ein Schatten auff Erden. Job. 7. ver -Job. 7. 8. gleichet er jhn dem Winde: Gedencke / das mein Leben ein Wind iſt. Pſalm 102. Vergleichet er jhnPſ. 102. 4. den Rauch: Meine Tage ſind vergangen wie ein Rauch. Pſal. 103. Vergleichet er jhn dem Graſe:Pſ. 103. 15. Ein Menſch iſt in ſeinem Leben wie Graß. Eſ. 40. Eſ. 40. 6.Vergleichet er jhn dem Hew: Alles Fleiſch iſt Hew. Sap. 2. Vergleichet er jhn einer Wolcken:Sap. 2. 24. Vnſer Leben fehret dahin / alß were eine WolckeA iijda4Vorrede. Jacob. 4. 14.da geweſt. Jacob. 4. Vergleichet er jhn einen Dampff: Was iſt vnſer Leben? Ein Dampff iſts / der eine kleine zeit wehret / darnach aber ver - ſchwindet er. Wenn ein jeder dieſes alles wol er -Rom. 12. 16. weget vnd beweget / ſo wird er ſich wol herunter halten zu den Niedrigen Rom. 12. vnd mit Sy -Syr. 10. 9. 10. rach ſprechen auß dem 10. Capittel. Was erhebt ſich doch die arme Erde vnd Aſche? Jſt er doch ein eitel ſchaͤdtlicher Koht / weil er noch lebet / vnd wenn der Artzt ſchon lang daran flicket / ſo gehets doch entlich alſo / Heute Koͤnig / Morgen todt / vnd wenn der Menſch todt iſt / ſo freſſen jhn die Schlangen vnd Wuͤrme. Zum Dritten wird3. Conditio noſtra fu - tura. vns in dieſen Worten gezeiget Conditio noſtrafu - tura, vnſer kuͤnfftiger zuſtand / den es hernach mit vns gewinnen wird / davon heiſt es: Du ſolt wie - der zur Erden werden. Das iſt nun die clauſula itineris humani, der beſchluß vnſer Menſchlichen Wanderſchafft in dieſem Leben. Denn da hat ein jeder ſeine zeit / vnd iſt einem jeglichem ein ziel ge -Job. 14. 5. ſetzet / das wird er nicht vbergehen / Job. 14. Da - faͤr erſchrecken nun zwar die jenigen / welche taͤg -Sap. 2. 6. lich der Welt Liedlein anſtimmen / Sap. 2. Woll - her laſſet vns woll leben / vnd vnſers Leibes ge -Luc. 12. 19. brauchen / vnd Luc. 12. Nun meine liebe Seele ha - be einen guten Muht. Wir aber / die wir KinderGOttes5Vorrede. GOttes ſeyn / ſehnen vns Rom. 8. nach vnſer er -Rom. 8. 22. loͤſung. Luc. 21. Denn wir wiſſen / daß wir nachLuc. 21. 28. dem ſtreit dieſes Lebens haben eine ſichere Frie - den fahrt. Luc. 2. Nach der Saatzeit / die wir mitLuc. 2. 29. Thraͤnen geſeet / eine rechte frewden Erndte / Pſ. Pſ. 126. 5.126. vnd ein ſanfftes Wiſchtuͤchlein Eſaiæ 25.Eſ. 25. 8. nach der beſchwerlichen walfahrt dieſes Lebens / eine ſtoltze ruhe / Eſa. 32. eine ſichere Herberge imEſ. 32. 18. Himmel / da vnſer Wandel iſt. Phil. 3. SolcherPhilip. 3. 20. Him̃els Herberge iſt nun auch theilhafftig wor - den / ewer lieber Sohn / Tugendreiche Fraw Wie - gerſche / ewer getrewer Diener aber / Herr Georg Lange / welchem die Leichpredigt / auff ewer be - gehren / verfertiget vnd gehalten. Das ich aber dieſelbe auff ewer einrahten vnd guttachten zum oͤffentlichen Druck vbergebe / vnd ſie euch / im gleichen der Tugendſahmen Frawen Wieger - ſchen / ſampt deroſelben vielgeliebten Kindern vnd gantzen anverwandſchafft dedicire, geſchicht dar - umb / daß ſie ſaͤmptlich / wie nehmlich jhr Sohn / Bruder vnd Freund / Ehrlich vnd Chriſtlich zur Erden beſtetiget / vernehmen moͤchten / vnd hie durch bey jhnen allerſeits die Traurigkeit vber dem fruͤhzeitigen Tod vnd Abgang jhres liebes Sohnes / Bruders / vnd Freundes / wo nicht gantz vnd gar weg genommen / dennoch etzlichermaſſen6Vorrede. maſſen moͤge gelindert werden. Wie nun dieſe Offerirung Chriſtlich vnd wolgemeinet / alſo wol - len. E. L. dieſelbe ſich auch gefallen laſſen. Vnd thue ſie hiemit ſampt vnd ſonders GOTT / von Hertzen zu aller Wollfahrt befehlen / der ein Va - ter des Troſtes iſt / vnd vns in aller wiederwer -2. Cor. 1. 3. tigkeit troͤſtet. 2. Cor. 1. Datum in der Koͤniglichen HaͤuptStadt deß Großfuͤrſtenthumbs Litta - wen Wilda / am 9. Tagt des Januarij, an wel - chem vmbs Jahr CHriſti 1534. Johannes Aven - tinus der beruͤhmte Hiſtoricus zu Regensburg geſtorben. Anno 1630.

Der Ehr vnd Tug: Frawn vnd Fr. Wie auch E. E. Dienſtwilliger Fr. JACOBUS WOLLENBERGIUS, Neo Berlinenſis Marchiacus.

TEX -7Chriſtliche Leichpredigt.

TEXTVS.

(1. Johan: 1. v 7. )DAs Blut JEſu CHriſti des Sohnes GOttes machet vns rein von aller Suͤnde.

EXORDIVM.

JN der Offenbahrung Johan -Apoc. 19. v. 11. nis am 19. wird dem hochfliehenden Adler dieſes Geſicht gezeiget: Vnd ſihe / ein weiß Pferd / vnd der drauff ſaß / hieß Trew vnd Warhafftig / vnd richtet vnd ſtreitet mit Gerech - tigkeit: Vnd ſeine Augen ſind wie eine Fewer Flamme / vnd auff ſeinem Haͤupte viel Kronen / vnd hatte einen Nahmen geſchrieben / den Niemand wuſte / denn er ſelbſt. Vnd war angethan mit einem Kleide / das mit Blut beſprenget war / vnd ſein Nahme heiſt GOttes Wort. Vnd jhm folgete nach das Heer im Himmel auff weiſſen Pferden / angethan mit weiſſer vnd reiner Seiden. Jn dieſen Worten wird vns vnter andern fuͤrgeſtellet ein Gemehlde des kraͤfftigen Bluts JEſu CHriſti. Der Reu - ter auff dem weiſſem Pferd iſt CHriſtus JEſus / der heiſſet Trew vnd Warhafftig / denn er iſt die Warheit ſelbſt. Jo -Joh. 14. 6. han. 14. Was er zuſaget / das helt er gewiß. Pſal. 34. EsPſ. 34. 4. iſt niemahls betrug in ſeinem Munde erfunden. Eſaiæ. 53. Eſa. 53. 9.BDerſelb8Chriſtliche Leichpredigt /Derſelb hat Augen / wie Fewerflammen / denn er iſt Allwiſ - ſend / der alles weiß vnd ſiehet / ſeine Augen ſehen auch in dieSyr. 23. 28. heimlichen winckel. Syr. 23. Er weiß / was im finſtern ver -1. Cor. 4. 5. borgen iſt. 1. Cor. 4. Er weiß auch / was in den Menſchen iſt / vnd bedarff nicht / das man von jemand Zeugniß gebe. Joh. 2. 25.Joh 2. Vnd wie ſolte er nicht alles wiſſen vnd ſehen? ErPſal. 94. 9. hat ja daß Auge ſelber gemacht Pſalm. 94. Vor ſeinen Au - gen bleibet keine Creatur verborgen. Ebr. 4. Er traͤget vielEbr. 4. 12. Kronen auff ſeinem Haͤupt / denn er iſt der HErr der Herr -1. Cor. 2. 8. ligkeit 1. Cor. 2. Der HErr aller HErren 1. Tim. 6. Der1. Tim. 6. 1. Koͤnig aller Koͤnige. Apoc. 19. Ja et hat ſein Kleid / das iſt / ſeinen angenommenen Menſchlichen Leib / zur zeit ſeinesApoc. 19. 16. Leidens / mit Blut beſpruͤtzet vnd beſprenget / vnd durch ſolch ſein Blutvergieſſen hat er vns erworben reine ſchoͤne weiſſe Kleider / den Rock des Heyls / vnd das Kleid der Ge -Eſa. 61. 10. rechtigkeit Eſaiæ. 61. Welches wir anthun / damit nicht offenbahr werde die ſchande vnſer bloͤſſe fuͤr GOtt. Apoc. 3. Apoc. 3. 8.Dieſes iſt der Verſtand vnd die Meinung dieſes Geſichts / welches alles der heilige Theologus Johannes auffs kuͤr - tzeſte / gleich in einer Summa / zuſammen faſſet in vnſerm verleſenen Spruͤchlein: Das Blut JEſu CHriſti des Sohnes GOttes machet vns rein von allen vnſern Suͤnden. Das wir nun dieſe Wort zum Leich - Argument fuͤr vns nehmen wollen / iſt theils darumb geſche - hen / dieweil vnſer HErr vnd Heyland CHriſtus JEſus vbermorgen / nach dem Alten Calender gezehlet / jtzt fuͤr 1630. Jahren / ſeine erſten Blutstroͤpfflein / in ſeiner Be - ſchneidung / fuͤr vns vergoſſen. Theils auch darumb / dieweil ſich vnſer nunmehr in GOtt ruhender Mitbruder inſei - nem letzten / mit dieſem Spruͤchlein ſehr getroͤſtet / vnd es die letzten Wort geweſen / die er mir vornemlich vnd verſtaͤnd -lich9Chriſtliche Leichpredigt. lich nachgeredet. Wir wollen vns zur erklaͤrung derſelben wenden / vnd darauß etwas reden / De efficaci contra Sata - nam amuleto. Von der bewehrten Artzeney / welche wir wieder den Satan gebrauchen koͤnnen / nemlich / von dem Blut JEſu CHriſti vnd deſſelben Krafft.

Dieſes ſoll fuͤr dieſes mahl vnſer propoſitum ſein. Be - reitet jhr alle ſaͤmptlich ewre Hertzen zu einer vngefaͤrbeten andacht / vnd Chriſtlichen auffmerckung. Zu dir wende ich mich O ſuͤſſer vnd liebreicher HErr JEſu CHriſte / rede dich an vnd bitte:

O HErr JEſu.
Regier mein Zung / thu auff mein Mund /
Jch wil dich lobn von Hertzen grund.
Amen / HErr JEſu Amen.

πραγματεία.

WAs nun anlanget vnſer vorgenommenes Puͤnctlein / ſo ſagt davon vnſer Text alſo: Das Blut JESV CHriſti machet vns rein von allen vnſern Suͤnden. Jn dieſen Worten werden vns dreyerley zu betrachten fuͤr Augen geſtellet.

1. Morbi noſtri pernicioſitas, die ſchaͤdligkeit vnſer1. Morbi no - ſtri perni - cioſitas. Kranckheit vnd Vnreinigkeit. Dieſes wird vns gezeiget in dem Woͤrtlein Suͤnden. Denn iſts noͤtig / das wir durch das koͤſtbahrliche Blut JEſu CHriſti von Suͤnden gerei - niget werden? So wil ex Antitheſi folgen / das wir durch die Suͤnde alle ſampt auffs heßlichſte vnd greßlichſte befle - cket vnd beklecket / welches leider wahre / vnd allzu wahre iſt. Zwar fuͤr dem Fall war der Menſch erſchaffen nach dem Bilde GOttes. Gen. 2. Aber nach dem Fall wird er ge -Gen. 2. 7.B ijzeuget10Chriſtliche Leichpredigt. Gen. 5. 3.zeuget nach dem Bilde Adams. Gen. 5. Jſt gantz vnd gar1. Ex Ortu. vnſauber vnd vnrein / wie denn ſolches 1. erſcheinet ex Or - tu auß ſeiner Ankunfft vnd Gebuhrt / denn da iſt jhm die1. Totum hominem. Suͤnde angeerbet / welche eingenommen / inficiret, vnd angeſtecket an einem theil totum hominem den gantzen Menſchen / ſein Leib / Seel / vnd alle Gliedmaſſen. Denn da iſt an dem Menſchen kein Aderlein ſo klein / ja welches mehr iſt / es iſt an dem Menſchen kein Blutstroͤpfflein / vnd ſolts auch gleich in ſiniſtro cordis thalamo præpariret, in der lincken ſeiten des Hertzen zubereitet ſein / welches doch ſonſten fuͤr das ſubtileſte gehalten wird / ſo iſts doch alles vervnreiniget / vnd von der Suͤnden angeſtecket. WelchesEſaiæ. 1. 6. wol verſtanden Eſaias im erſten Capittel: Das gantze Haͤupt iſt kranck / das gantze Hertz iſt matt. Von der Fuß - ſolen biß auffs Haͤupt iſt nichts geſundes an jhm. HiervberPſ. 38. 4. klaget Koͤnig David / Pſalm. 38. Es iſt nichts geſundesRom. 7. 18. an meinen Leibe. Vnd Paulus Rom. 7. Jch weiß / das in mir / das iſt in meinem Fleiſche wohnet nichts guts.

2. Omnem hominem. Am Andern theil hat die Erbſuͤnde auch durch genom - men omnem hominem, denn da bleibet es bey den Wor -Eph. 2. 3. ten S. Pauli / Epheſ. 2. Wir ſind alle von Natur KinderPſal. 51. 7. des Zorns. Pſalm. 51. In iniquitatibus concepti, wir ſindJoh. 3. 6. in Suͤnden entpfangen vnd gebohren. Joh. 3. Quod de carne natum eſt, caro eſt, was vom Fleiſch gebohren wird / das iſt Fleiſch. Da iſt keiner außgenommen / ohn allein2. Cor. 5. 21. CHriſtus JEſus / der hat von keiner Suͤnden gewuſt. 2. Cor. 5. Derſelbige iſt κεχωρισμένος ἀπὸ τῶν ἁμαρτολῶν,Ebr. 7. 27. von den Suͤndern abgeſondert Ebr. 7. Auſſer dem heiſſetsJob. 14. 4. mit allen Menſchen in gemein. Job. 14. Wer wil einen rei - nen finden bey denen / da keiner rein iſt? Job. 15. Vnter ſei -Job. 15. 15. nen Heiligen iſt keiner ohn Tadel. Prov. 20. Wer kan ſa -Prov. 20. 9. gen? Jch bin rein in meinen Hertzen / vnd lauter von meinerSuͤnde.11Chriſtliche Leichpredigt. Suͤnde. 1. Joh. 1. So wir ſagen / wir haben keine Suͤnde /1. Joh. 1. 8. ſo verfuͤhren wir vns ſelbſt / vnd die Warheit iſt nicht in vns. Rom. 3. Es iſt hie kein vnterſcheid / ſie ſind allzumahlRom. 3. 23. Suͤnder / vnd mangeln des Ruhms / den ſie an GOtt haben ſollen. 2. Erſcheinet vnſere Vnreinigkeit auch ex actu,2. Ex actu. auß vnſern thun vnd vorhaben / das iſt / auß der wuͤrcklichen Suͤnde / welche auff die Erbſuͤnde erfolget / vnd alſo die Kranckheit deſto groͤſſer vnd beſchwerlicher macht. Dieſe Suͤnde iſt nun ſo viel vnd mannigfaltig / das ſie ein Menſch auch nicht wol außſprechen mag / denn da fellet auch der Ge - rechte des Tages ſieben mahl / Prov. 24. Sie wird began -Prov. 24. 16. gen / wiſſentlich vnd vnwiſſentlich / euſſerlich vnd innerlich / oͤffentlich vnd heimlich / wie denn du liebes Hertz ſolches am beſten ſehen kanſt auß dem Spiegel der Zehen Geboten. Alſo ſehet / jhr Kinder des hochgelobten GOttes / wie wir durch die Geiſtliche Suͤnden Kranckheit dermaſſen ver - wundet / das vnſere Suͤnde Blutroht ſein Eſa: 1. StehetEſ. 1. 18. hiebey ſtille vnd brauchet dieſes ad informationem, zu ei -Ad infor - mationem. ner ſeeligen Lehr vnd vnterricht. Lernet hierauß ewre Suͤn - den Kranckheit betrawren vnd beweinen. Eſa: 38. LeſenEſ. 38. 1. & ſeqq. wir von Koͤnige Hiskia, das / alß er Kranck worden / vnd jhm / vom Propheten Eſaia / ſeinem Hoffprediger / ſein Todes Stuͤndelein angekuͤndiget / er ſein Angeſicht zur Wand gewand / vnd bitterlich beweinet. O beweinet jhr ewre geiſtliche Suͤnden Kranchheit mit Petro. Matth. 26. Matth. 26. 75.Mit Maria Magdalena Luc. 7. ſprechet auß 38. Pſalm. Luc. 7. 38.Meine Suͤnde gehen vber mein Haͤupt / wie ein ſchwerePſal. 38. 5. Laſt ſind ſie mir zu ſchwer worden; Mit dem Verlohrnen Sohn / das Pater peccavi, Vater / Jch habe geſuͤndiget in den Himmel / vnd fuͤr dir / vnd bin fort nicht mehr wehrt / das ich dein Sohn heiſſe. Luc. 15. Bittet demnach vmb ver -Luc. 15. 19. gebung auß 25. Pſalm. Ach HErr / gedencke ja nicht derPſ. 25. 7.B iijSuͤnden12Chriſtliche Leichpredigt. Suͤnden meiner Jugend / vnd meiner vbertrettung / geden -Pſal. 19. 13. cke aber meiner nach deiner groſſen Barmhertzigkeit. Pſal. Pſal. 51. 3.19. Verzeihe mir auch die verborgene fehle. Pſalm. 51. GOTT ſey mir gnaͤdig nach deiner guͤte / vnd tilge meine Suͤnde / nach deiner groſſen Barmhertzigkeit.

2. Medica - menti pre - cioſitas. 2. Wird vns fuͤrgeſtellet. Medicamenti precioſitas. Die koͤſtligkeit der Artzeney. Die wird vns nun gezeiget in dem woͤrtlein Blut / denn ſo ſagt vnſer Text: Das Blut JEſu CHriſti reiniget vns von allen Suͤnden. Je das iſt eine ſeltzame vnd wunderliche Rede / das Johan - nes ſaget / das Blut JEſu CHriſti waſche vnd rei - nige vns / es hat ja das Blut ſonſten die arht / das es nicht reiniget / ſondern beſudelt / wie denn der Kelter treter CHri -Eſ. 63. 3. ſtus hierauff ſiehet. Cſa. 63. Jch habe ſie gekeltert in mei - nem Zorn / vnd habe mein Gewand beſudelt: Aber das Blut JEſu CHriſti hat vim mundatricem eine reinma - chende Krafft / denn es iſt das welß machende ferber Kraut. Mal. 3. 2.Es iſt die Lauge vnd Seiffe der Waͤſcherin Mal. 3. Jm -Apoc. 7. 14. maſſer denn Apoc. 7. ſtehet / das die Außerwehleten GOt - tes jhre Kleider gewaſchen vnd helle gemacht im Blut des Lambs. Zwar man lieſet ſonſten hin vnd wieder in der heili - gen Goͤttlichen Schrifft auch von Blut / alß von der Boͤ -Lev. 16. 14. Ebr. 9. 12. cke vnd Kaͤlber Blut. Levit. 16. Ebr. 9. Von der Voͤgel - blut. Levit. 12. vnd 14. Der Laͤmmer Exod. 12. Wel -Lev. 12. 6. 14. 4. Exod. 12. 6. ches bey den Opffern im alten Teſtament gebrauchet wor - den. Aber ſolch Blut iſt nur ſanguis typicus geweſen / wel - ches fuͤr ſich die Suͤnde der Menſchen nicht zahlen oder buͤſſen konte / das Blut CHriſti aber iſt die verſuͤhnung fuͤr1. Joh. 2. 2. vnſere vnd der gantzen Welt Suͤnde. 1. Joh. 2. Sonſten findet ſich auch Blut / welches man wegen ſeiner Krafft hochgehalten hat / vnd noch helt. Die Phyſici vnd Na -turkuͤn -13Chriſtliche Leichpredigt. turkuͤndiger ſchreiben / vom Blut der Jungen Laͤmmerlein / das man damit den grimmigen vnd wilden Leoparden ſoll zaͤhmen koͤnnen. Von dem Bockes Blut ſchreiben ſie / das es den harten Adamant Stein erweichen ſoll. Von der Tur - turtaͤublein Blut ſchreiben ſie / das es wider das ſchwere ge - brechen ſoll gut ſein. Aber es mag die Krafft ſolchs Bluts ſo groß ſein / alß ſie jmmer wolle / ſo iſt ſie doch gegen der Krafft dieſes Bluts / davon Johannes redet / nicht zu rech - nen: Denn ein einiges Troͤpfflein deſſelben waͤſchet die Suͤnde ab / das erwuͤrget den Teuffel vnd erlegt den Todt. O des heiligen! O des thewren! O des koͤſtlichem Bluts! Denn es verſoͤhnet den zornigen GOtt / welcher ſich einem grimmigen Loͤwen vnd Parderthier vergleichet. Oſ. 13. EsOſeæ. 13. 7. erweichet vnſere ſteinerne vnd Adamantiſche Hertzen / vnd reiniget ſie von allen todten Wercken. Ebr. 6. Es ſtillet vndEbr. 6. 1. heilet die ſchweren Fehl vnſerer Seelen / Es hat außgetil - get die Handſchrifft / ſo wider vns war / Col. 2. vnd vnsCol. 2. 14. außgefuͤhret auß der Gruben / darinn kein Waſſer iſt / Zach. Zach. 9. 11.9. Jn Summa / es reiniget vns von allen vnſern Suͤnden. Weil nun dem Blut JEſu CHriſti / die Krafft beygeleget wird / das es vns reinige von allen vnſern Suͤnden / ſo fra -Quæſtio. get ſich hie nicht vnbillig / ob denn das Blut JEſu CHriſti allein dieſelben von Suͤnden gereiniget / welche zur Zeit des Leidens CHriſti gelebet haben / vnd dieſelbigen nicht / ſo zu - vor oder hernach gelebet vnd noch leben? Mercke hierauff / du außerwehltes Hertz / dieſe Antwort: Chriſti Verdienſtλύσις. gehet antrorſum & retrorſum, fuͤr vnd ruͤckwerts / es er - ſtrecket ſich eben ſo wol auff die / ſo im Alten Teſtament ge - lebet / alß auff vns / die wir im Newen Teſtament leben / es hat zu jeder zeit bey ſeiner Kirchen genuͤtzet. Ebr. 13. JE -Ebr. 13. 8. ſus CHriſtus Geſtern vnd Heute / vnd derſelbe auch in ewigkeit. Apoc. 13. Das Lamb iſt erwuͤrget von AnfangApoc. 13 8.der14Chriſtliche Leichpredigt. Ambroſi. der Welt. Vnd wie D. Ambroſius ſchreibet: Mors Chri - ſti profuit, antequam fuit. CHriſti Todt hat zur See - ligkeit gedienet / ehe er geſchehen iſt. Es haben ſich die Men - ſchen ſeiner / alß eines Seeligmachers fuͤr vnd nach ſeiner Gebuhrt / Leiden vnd Sterben anzunehmen. Hat alſo mit ſeinem Blut gereiniget / nicht allein die / ſo domahlß vmbMatth. 26. 56. jhn geweſen / alß die fluͤchtigen Juͤnger Matth. 26. den vnglaͤubigen Tohmam. Joh. 20. Den Zolner / MattheumJoh. 20. 25. vnd Zacheum. Matth. 9. Luc. 19. Den MoͤrderiſchenMatth. 9. 9. Luc. 19. 2. Schaͤcher. Luc. 23. Sondern auch die erſten vngehorſah - men Menſchen / Adam vnd Evam. Gen. 3. Den truncken - den Noah. Gen. 9. Den Blutſchaͤnder Loth. Gen. 19. Luc. 23. 43.Den Abgoͤtterer Aaronem Exod. 32. Den Moͤrder vndGen. 3. 6. Ehebrecher David. 2. Sam. 12. Nachmahls reiniget esGen. 9. 21. Gen. 19. 33. den ſchnaubenden Saulum nach ſeiner Himmelfahrt Act. 9. Vnd alſo reiniget er mit ſeinem Blut noch biß auff dieſe Stunde alle Suͤnder vnd Suͤnderinnen. Denn er iſts / vonExod. 32. 4. welchem Koͤnig David zeuget / Pſalm 103. Der dir alle2. Sam. 12. 9. deine Suͤnde vergibt / vnd heilet alle deine Gebrechen. Pſal. Act. 9. 1.130. Bey dem HErrn iſt die Gnade vnd viel ErloͤſungPſal. 103. 3. bey jhm. 1. Joh. 2. Er iſt die verſuͤhnung fuͤr vnſere / vnd der gantzen Welt Suͤnde. Wie nun die Glaͤubigen im Al -Pſal. 130. 7. ten Teſtament / der reinigung des Bluts JEſu CHriſti /1. Joh. 2. 2. welche kuͤnfftig geſchehen ſolte / ſich getroͤſtet haben: Alſo halten wir vns auch faͤſtiglich an der reinigung des Bluts CHriſti / welche im Newen Teſtament albereit geſchehen iſt. Stehet / jhr Gebenedeyeten GOttes / hierbey aber -Conſola - tio. mahl ſtille / vnd brauchet dieſes ad conſolationem, zu ei - nem Hertzerquickenden Troſt / denn wenn der Teuffel euch ewre Suͤnde exaggeriren wil / wil euch fuͤhren auff die1. Sam. 31. 5. bahn der Verzweiffelung / daß jhr mit Saul ſollet zum Schwert greiffen. 1. Sam. 31. Mit Achitophel vnd Ju -da zum15Chriſtliche Leichpredigt. da zum Stricke vnd Bindfadem. 2. Sam. 17. Matth. 27. 2. Sam. 17. 23. Matth. 27. 5.Oder / das jhr mit Cain ſprechen ſollet. Gen. 4. Meine Suͤnde ſind groͤſſer / denn das ſie mir moͤgen vergeben wer - den: So troͤſtet euch des Bluts JEſu CHriſti / vnd ſpre -Gen. 4. 13. chet: Sanguis JESU Chriſti emundat nos ab omni pec - cato, Das Blut JEſu CHriſti / waͤſchet vns rein von al - len Suͤnden / vnd mit der Kirchen GOttes:

Mitten in der Hellen Angſt /
Vnſer Suͤnd vns treiben /
Wo ſolln wir denn fliehen hin /
Da wir moͤgen bleiben /
Zu dir HErr CHriſt alleine.
Vergoſſen iſt dein tehwres Blut /
Das genug fuͤr die Suͤnde thut / &c.

Dieſes iſt das rechte recept, welches zu jeder zeit ſich alle Heiligen GOttes getroͤſtet haben / hiemit hat der Ertz - vater Jacob alle furcht vnd bitterkeit des Todes gedaͤmpf - fet Gen. 49. Wenn er von dem HErrn Meſſia ſagt: ErGen. 49. 11. wird ſein Kleid in Wein waſchen / vnd ſeinen Mantel in Weinbeer Blut. Dieſes hat wol verſtanden jener fromme Studioſus zu Wittenberg / denn da er vom B. Luthero inLutherus. ſeinem Sterbſtuͤndlein gefraget ward / was er doch / wenn er auß dieſer Welt ſcheiden werde / ſeinem Erloͤſer CHriſto wolle mitbringen / hat er geantwortet: Cor contritum & conſperſum precioſo ſanguine Chriſti, ein zerknirſchtes Hertze / welches mit dem Blut JEſu CHriſti beſprenget / gewaſchen / vnd gereiniget iſt. Worauff jhm der heilige Gottes Mann Lutherus geantwortet: Ey woll an / ſo fahre hin im Nahmen GOttes / du wirſt dem HErrnCChriſto16Chriſtliche Leichpredigt /CHriſto gar ein angenehmer vnd wilkommender Gaſt ſein. Bernhard. Vom Divo Bernhardo lieſet man / das er geſagt / er halte ſich an die Wunden ſeines HErrn CHriſti / wie ein ſaugen - des Kindelein an die Bruſt ſeiner Mutter. Vnd der heili -Auguſtinus ge Auguſtinus hat dieſes ſeine letzte Wort ſein laſſen: Tur - babor ſed non perturbabor, quia vulnerum Chriſtire - cordabor. Welches die Chriſtliche Kirch alſo vertiret hat:

Mein Suͤnd mich werden kraͤncken ſehr /
Mein Gwiſſen wird mich nagen /
Denn jhr ſind viel / wie Sand am Meer /
Doch wil ich nicht verzagen /
Gedencken wil ich an dein Tod /
HErr JEſu deine Wunden roht /
Die werden mich erhalten.

3. Medici cel - ſitas. Zum Dritten wird vns gezeiget Medici celſitas, die hoheit des Artzts / der vns vnſere Suͤnden Kranckheit heilet vnd reiniget / davon ſagt der Text: Das Blut JEſu Chri - ſti des Sohnes GOttes. Jn dieſen Worten wird vns der Artzt fuͤr geſtellet / vnd zwar mit dreyerley Nahmen / vnd1. IESVS. wird 1. genant JESUS. Der Nahme JEſus iſt ein Ebrei - ſcher Nahme / vnd koͤmpt her von dem Woͤrtlein[עשׁי]welches heiſſet ſalvavit opitulatus eſt, Er hat geholffen / geheilet / geſund gemacht / wie der Himmliſche Herhold /Matth. 1. 21. der Engel Gabriel vns dieſe außlegung fuͤrleget. Matth. 1. Du ſolt ſeinen Nahmen JEſus heiſſen / denn er wird ſein Volck Seelig machen von jhren Suͤnden / das iſt / er wird jhr Heyland / jhr Helffer ſein. Dieſen Nahmen JESVInformatio brauchet ad Informationem, zu einer ſeeligen Lehre. Stu - dieret vnd lernet hier auß die guͤltigkeit vnd nutzbarkeit die -ſes17Chriſtliche Leichpredigt. ſes Nahmens. Denn in dem Nahmen JESU findet jhr1. Diaboli depulſio. 1. Diaboli depulſionem, die verjagung vnd vertreibung des leidigen Teuffels. Jud. 7. leſen wir vom Gedeone demJud. 7. v. 16. 17. 18. & ſeq. Streitbahren Helden / daß derſelbe / da er wider die Midia - niter zu Felde gelegen / einen herrlichen Sieg / auff wunder - bahre weiſe / erhalten habe. Denn da er an jhr Lager kom - men / hat ſein Volck brennende Fackeln vnd leere Kruͤge in den Haͤnden tragen muͤſſen / vnd da er jhnen das Symbo - lum vnd die Loſung gegeben / haben ſie die leeren Kruͤge zer - ſchlagen / die Poſaunen anblaſen vnd darbey ein ſolch ge - ſchrey machen muͤſſen: Hie des HErrn Schwert vnd Gi - deon! Vnd da diß geſchehen / ſind die Feinde von einem ſol - chen ſchrecken vberfallen / das ſie nicht allein fluͤchtig wor - den / ſondern ſich auch vntereinander ermordet. Thut jhr dergleichen / jhr Kinder des hochgelobten GOttes! Fein - den euch die helliſchen Midianiter / die leidigen Teuffel an / ſetzen euch dieſelbigen mit Anfechtung vnd Verſuchung zu / ey zerſchlaget ewre erdene Kruͤge / das iſt / laſſet das jrrdiſche fahren / haltet feſt die brennende Fackeln des Glaubens in ewren Hertzen / blaſet die Poſaunen des lieben Gebets / vnd ſchreyet getroſt. Rom. 8. Wer wil verdammen? CHriſtusRom. 8. 34. iſt hie / der geſtorben iſt / ja viel mehr / der auch aufferwecket iſt / welcher iſt zur rechten Gottes / vnd vertritt vns. JaEſa. 8. 10. hier iſt Emanuel, hie iſt Emanuel. Eſa. 8. vnd Johan. 3. Joh. 3. 16.Alſo hat GOTT die Welt geliebet / daß er ſeinen Einge - bohrnen Sohn gab / auff daß alle die an jhn glaͤuben nicht verlohren werden / ſondern das ewige Leben haben. 1. Tim.1. Tim. 1. 15. 1. Das iſt je gewißlich war / vnd ein thewer wehrtes Wort / das CHriſtus JEſus kommen iſt in die Welt / die Armen Suͤnder Seelig zu machen / vnter welchen ich der fuͤrneme - ſte bin. Wenn jhr dieſes practiciret, ſo werden die Teuffel mit ſchand vnd ſpott von euch weichen vnd euch laſſen muͤſ -C ijſen.18Chriſtliche Leichpredigt. 2. Animi DEI præ - mollitio. ſen. 2. Findet jhr auch in den Nahmen JESU, Animi DEI præmollitionem, die erweichung des Hertzens GOttes des Him̃liſchen Vaters. Denn / wenn jhr GOtt dem Himmliſchen Vater mit glaͤubigem Hertzen fuͤrhaltet den liebreichen vnd ſuͤſſen Nahmen ſeines Sohns JESU,Jer. 31. 20. erweichet jhr jhm ſein Hertz dermaſſen / daß er euch Gnade erzeigen / vnd ſich ewer erbarmen muß Jer. 31. Man lieſetD. Peuce - rus in Chron: Carion. pag. 222. in Hiſtorien von dem Themiſtocle, da derſelb ins Elend vertrieben / vnd jhm die Lacedæmonier nachgeſtellet auffs euſſerſte / daß er ſeine Zuflucht genommen zu der Moloſſer Koͤnige Admeto. Dieweil er jhm aber Admetum auch zu einem abgeſagten Feinde gemachet / hat er auff verwilli - gung der Koͤnigin / in hoffnung / daß er Gnade erlangen werde / das Soͤhnlein Admeti bey ſeiner rechten Hand ge - nommen / dem Koͤnige einen Fußfall gethan / mit dieſen Worten: Propter hunc recipe me, vmb dieſes deines Soͤhnleins willen / nimb mich zu Gnaden an / vnd laß mich in deinem Reiche ſicher ſein. Welches denn auch geſchehen. Nun / jhr Kinder des lebendigen GOttes! Wir haben auch auff allen ſeiten Feinde / die vns euſſerſt nachtrachten: Da1. Joh. 5. 19. ſetzet vns zu / die boͤſe Welt / welche im argen liegt / 1. Joh. 5. Mit allerley boͤſen Geſchwaͤtzen haben wir zu ſtreiten /1. Cor. 15. 33. welche gute ſitten verderben 1. Cor. 15. Es fechten vns an1. Pet. 2. 11. die fleiſchliche Luͤſte / welche wieder die Seele ſtreiten 1. Pet. 2. Es ſtellet vns nach der ledige Teuffel / denn er gehet Tag vnd Nacht vmb vns herumb / wie ein bruͤllender vnd reiſſen -1. Pet. 5. 8. der Loͤwe / vnd ſuchet / welchen er verſchlinge / 1. Pet. 5. ErLuc. 22. 31. begehret vns zu ſichten / wie den Weitzen. Luc. 22. Alſo / das auch der heilige Geiſt Apoc. 12. ſagt / , WehApoc. 12. 12. denen / die auff Erden wohnen / vnd auff den Meer / denn der Teuffel koͤmmet zu euch hinnab / vnd hat einen groſſen Zorn / vnd weiß daß er wenig zeit hat. Da habt jhr nunkeinen19Chriſtliche Leichpredigt. keinen andern ſchutz / alß bey GOtt / der iſt vnſer Zuflucht Pſalm. 90. Der iſt des Armen Schutz / ein Schutz in derPſal. 90. 1. Noht. Pſalm. 9. Dem kein Gottloß weſen gefellet / Pſal. Pſal. 9. 10.5. Zuͤrnet auch mit euch vmb ewer Suͤnde willen / vnd obPſal. 5. 5. jhr gleich fuͤr jhn treten wollet / wird er doch ſein Antlitz fuͤr euch verbergen / Eſa. 1. Je / wie iſt nun den Sachen woll zuEſa. 1. 15. thun / daß wir moͤgen audientz bekommen? Da hoͤret / jhr Geliebten im HErrn / vnd betruͤbten im Hertzen! Ergreif - fet mit der Hand des Glaubens den einigen Mitler JE - ſum Chriſtum 1. Tim. 2. den Sohn GOttes / an denſel -1. Tim. 2. 5. ben haltet euch / vnd ſprechet zu GOTT dem Himliſchen Vater: Propter hunc recipe me. Ach du getrewer GOtt / nimb mich zu gnaden an / vmb deines Sohnes wil - len / vnd ſchuͤtze mich wieder meine Feinde / vnd wie die Chriſt - liche Kirche ſinget:

Mein GOtt vnd Schirmer ſteh mir bey /
Sey mir ein Burgk darinn ich frey /
Vnd ritterlich moͤg ſtreiten /
Wieder mein Feind /
Der gar viel ſeind /
An mir auff beyden ſeiten.

Werdet jhr dieſes thun / O warlich / warlich / wird euch der Leutſeelige Vater die Thuͤr der Gnaden bald oͤffnen / euch in ſeinem Schirm vnd Schatten nehmen / Pſalm 91. Pſal. 91. 1.Euch vnter demſelben ſicher wohnen laſſen / Pſalm 4. vndPſal. 4. 9. euch ewer Bitte gewehren. Pſalm 20. Wie euch CHriſtusPſal. 20. 6. JEſus ſelbſt verſpricht: Matth. 7. Bittet / ſo werdet jhrMatth. 7. 7. nehmen. Vnd Joh. 16. Was jhr den Vater bitten werdetJoh. 16. 23. in meinem Nahmen / das wird er euch geben. Jn ſolcher be -C iijtrachtung20Chriſtliche Leichpredigt. trachtung koͤnnet jhr getroſt mit dem Sohn des VatersRom. 8. 15. 2. JEſu / fuͤr GOtt treten / vnd beten. Rom. 8. Abba / lieber Vater / diß iſt der erſte Nahme. Der ander Nahme / welcherCHRI - STVS. vnſerm Artzt beygeleget wird / iſt vnd heiſt CHRISTUS. Hievon ſagt vnſer Text: Das Blut JEſu CHriſti. Der Nahme CHriſtus iſt ein Griechiſcher Nahme / welcher her - koͤmpt von dem Woͤrtlein χρίεοϑαι, welches ſo viel heiſt / alß geſalbet werden / heiſſet demnach der Nahme CHriſtus ſo viel / alß der Ebreiſche Nahme Meſſias, das iſt / ein Ge -Pſal. 2. 2. ſalbter. Von dieſen Nahmen ſagt der Koͤnig David im an - dern Pſalm: Die Koͤnige im Lande lehnen ſich auff / vnd die Herren rahtſchlagen mit einander / wieder den HErrn vnd ſeinen Geſalbten. Mit welchen Worten er denn ei - gentlich auff CHriſtum ſiehet. O freylich / freylich iſt CHriſtus der rechte Geſalbter! Es iſt aber dieſer Nahme ein Ampts Nahme: Denn im Alten Teſtament hat man1. Sam. 10. 1. fuͤrnemlich dreyerley Perſohnen geſalbet / alß 1. Koͤnige / wie zuſehen 1. Sam. 10. 2. Die Prieſter. Levit. 8. 3. Pro -Levit. 8. 12. pheten 1. Reg. 19. Dieſer Titel vnd Nahme ſchicket ſich nu1. Reg. 19. 16. & 19. gar fein auff CHriſtum / denn bey jhm findet ſich das Koͤ - nigliche / Prieſterliche / vnd Prophetiſche Ampt. Was betrifft 1. Officium Regium, ſo ſagt davon der HErr1. Officium regium. Zebaoht / Jer. 23. Jch wil dem David ein gerecht Gewaͤchs erwecken vnd ſoll ein Koͤnig ſein / der woll regieren wird. Jer. 23. 5.Zach. 9. Du Tochter Zion frewe dich ſehr / vnd du Toch -Zach. 9. 9. ter Jeruſalem jauchtze / ſiehe / dein Koͤnig kompt zu dir. Pſal. 2. 6.Pſalm 2. Jch habe meinen Koͤnig eingeſetzet auff meinen2. Officium Sacerdo - tium. heiligen Berg Zion. Was fuͤrs ander belanget Officium Sacerdotium, ſein Prieſterliches Ampt / ſo wird er in der heiligen Schrifft hinn vnd wieder ein Prieſter genand / alßPſal. 10. 4. im 110. Pſalm. Du biſt ein Prieſter ewiglich / nach derEbr. 5. 14. Ordnung Melchiſedech / vnd in der Epiſtel an die Ebreeram21Chriſtliche Leichpredigt. am fuͤnfften / wir haben einen groſſen Hohen-Prieſter / JE - ſum den Sohn GOttes / der gen Himmel gefahren iſt. Was fuͤrs dritte angehet Officium Propheticum, ſein3. Officium Propheti - cum. Prophetiſches Ampt / ſo ſagt davon der Allmaͤchtige GOtt / Deut. 18. Jch wil jhnen einen Propheten erwe - cken / auß jhren Bruͤdern / vnd meine Wort in ſeinem MundDeut. 18. 18. legen / der ſoll zu jhnen reden alles / was ich jhm gebieten werde. Luc. 7. Leſen wir / da der HErr der Wittwen SohnLuc. 7. 16. zu Nain aufferwecket / ſpricht das Voͤlcklein mit jauchzen - der Stimme: Es iſt ein groſſer Prophet vnter vns auffge - ſtanden / Joh. 6. ſprechen ſie: Das iſt warlich der Prophet /Joh. 6. 14. der in die Welt kommen ſoll.

Alſo ſehet vnd verſtehet jhr / daß vnſer HErr vnd Heyland JEſus CHriſtus freylich vnſer Geſalbter ſey / beydes ſeinem Koͤniglichen / Prieſterlichen vnd Propheti - ſchen Ampte nach. Doch ereignet ſich allhie ein großmaͤch - tiger vnterſcheid / zwiſchen der Salbung des Koͤniges / Prie - ſters / vnd Propheten CHriſti / vnd zwiſchen der Salbung der Koͤnige / Prieſter / vnd Propheten im Alten Teſtament. Denn / dieſelben ſind von bloſſen Menſchen geſalbet / aber vnſer CHriſtus iſt von GOtt ſelbſt geſalbet worden / wie er ſelber meldet Eſa. 61. Luc. 4. Der Geiſt des HErrn iſtEſa. 61. 1. Luc. 4. 18. bey mir / der halben er / der HErr mich geſalbet hat. Act. 10. GOTT hat JEſum von Nazareht geſalbet mit demAct. 10. 18. heiligen Geiſt vnd Krafft. Wenn andere Koͤnige / vnd Prieſter ſind geſalbet worden / hat man euſſerliches Oͤl dar - zu gebrauchet: Aber CHriſtus iſt mit dem Geiſtlichen Oͤl / mit dem heiligen Geiſt geſalbet worden Act. 10. Ob esAct. 10. 18. nun wol an dem / daß die Koͤnige / Prieſter / vnd Propheten / nebenſt ſolcher euſſerlichen Salbung / auch mit dem heiligen Geiſt ſind geſalbet geweſen / ſo iſt doch ſolches geſchehen κατὰ τὸ μέτρον nach dem maß. Aber CHriſtus iſt nichtnach22Chriſtliche Leichpredigt. Joh. 3. 34.nach dem maß geſalbet worden Joh. 3. Vnd hat auch nichtPetrus Martyr in Dialogo de utraq́; in Chriſte natura. nach der Menſchlichen Natur / welche geſalbet worden / nur dona finita & creata, entliche / vnd erſchaffene Gaben em - pfangen / wie die hochſteigenden Propheten / die Calviniſten traͤumen / ſondern vnerſchaffene / vnendliche / vnd alſo gantz Goͤttliche Gaben / denn die fuͤlle der Gottheit wohnet inCol. 2. 9. jhm σωματικῶς leibhafftig Col. 2. Dieſes alles faſſet Koͤ -Pſal. 45. 8. nig David fein zuſammen Pſalm 45. GOtt dein GOtt hat dich geſalbet mit frewden Oͤle / mehr denn deine Geſel - len. Stehet bey dieſem Nahmen CHRISTUS ſtille / vndConſola - tio. brauchet denſelben ad conſolationem. Zu einem kraͤfftigen troſt. Dieweil jhr hoͤret / das CHriſtus ein Geſalbter Koͤ - nig / Prieſter / vnd Prophet iſt / ſo troͤſtet euch damit. Welt - liche Koͤnige vnd Potentaten ſchuͤtzen / vnd verthedigen jh - re Vnterthanen auffsbeſte / wie ſie moͤgen vnd koͤnnen / wol - len ſie anders mit ruhm vnd ehren (welches heutiges Ta - ges offt nicht gedacht / noch geacht wird) ſich Patres patriæ nennen laſſen. Vom Codro einem beruͤhmten Koͤnige zu Athen in Griechenland lieſet man / daß ers mit ſeinen Vn - terthanen ſehr trewlich gemeinet habe.

Denn alß einsmahl die Stadt Athen von den Pelo - ponenſern hart belaͤgert worden / hat er ſich zum hoͤheſten bemuͤhet / wie er die Feinde abtreiben / vnd ſeinem Volck Frie - de verſchaffen moͤge. Dieweil er aber fuͤr ſeine Perſohn dazu zu ſchwach geweſen / vnd anders woher keiner huͤlffe oder entſatzung zu gewarten gewuſt / hat er ſeine Zuflucht zu den Goͤttern genommen / vnd ſie vmb einen guten raht ange - ſchrien bey dem Oraculo, welches ſie zu Athen nach Heidni - ſchen Gebrauch gehabt haben. Ob er nu wol von dem Ora - culo die Antwort bekommen / er muͤſte ſein Leben ſelbſt laſ - ſen / vnd in die ſchantze ſchlagen / wann er ſeine Vntertha - nen retten wolte: Hat er ſich doch ſolches alß ein vnverzag -ter23Chriſtliche Leichpredigt. ter Held nichts erſchrecken laſſen / ſondern damit die Feinde ſeines Lebens deſto weniger ſchonen ſolten / hat er ſeine Koͤ - nigliche Kleider abgeleget / vnd eines gemeinen Soldaten Ruͤſtung angezogen / vnd alſo mitten vnter die Feinde / wo der Streit am groͤſſeſten geweſen / vnerſchrocken gewagt / allda er denn auch vnerkand erſchlagen vnd getoͤdtet worden. Darauff hat ſich begeben vnd zugetragen / nach des Oracu - li Antwort / das die Peloponenſer / alß bald die flucht ge - nommen / vnd den Athenienſern einen blutigen Sieg hin - terlaſſen. Dieſe groſſe trew des Koͤnigs iſt von ſeinen Vn - terthanen ſo hoch gehalten worden / das ſie jhn alß einen GOtt geehret / weil ſie gaͤntzlich dafuͤr gehalten / er ſey von dem Jove, wegen ſeiner Liebe vnd Trew in den Himmel er - hoben / vnd vnter die Zahl der Goͤtter gezehlet worden. Die - ſes / O jhr Geliebten / iſt ja freylich an dem Codro eine groſ - ſe Liebe vnd Trew geweſen / dergleichen man ſelten erfehret. Aber an vnſerm HErrn vnd Koͤnige CHriſto JEſu haben wir viel ein groͤſſer Exempel einer viel inbruͤnſtigern Liebe. Denn derſelbe / das ſein Volck nicht verderben ſolte / hat er ſich nicht geſchewet auß ſeines Him̃liſchen Vaters Oraculo oder Rahtſchlag / ſeinen Feinden zu toͤdten / in die Haͤnde gegangen. Damit er aber nicht erkant wuͤrde / hat er ſeine Koͤnigliche Kleider außgezogen / ſeiner Goͤttlichen Maye - ſtaͤt ſich geeuſſert / vnd die einfaͤltige Knechts geſtalt ange - legt / Phil. 2. Hat ſich damit im Streit begeben / iſt nichtPhil. 2. 7. ehe von dannen gewichen / biß er durch ſeinen Todt vns eine herrliche Victori erlanget vnd erhalten hat. O opus ſine exemplo, ô gratia ſine merito, ô amor ſine menſura. O der vnerhoͤrten Trew! O der vnverdienten Gnade / O der vnmeßlichen Liebe! Dagegen Codrus mit ſeiner That wie nichts zurechen iſt. Codrus hat mit ſeinem Tode ſeinenCollatio Chriſti & Codri. Vnterthanen nur einen zeilichen Frieden zuwege gebracht. DChriſtus24Chriſtliche Leichpredigt. CHriſtus JEſus aber hat vns mit ſeinem Tode einen ewi - gen Frieden gemacht. Codrus iſt eines ehrlichen Todes ge - ſtorben / denn was kan ehrlicher geſtorben ſein / alß wenn ei - ner ſein Leben / in der Feinde Schlacht / fuͤr ſein Vaterland / verleuret? JEſus CHriſtus vnſer HErr iſt in hoͤchſter ſchmach an dem Galgen des Creutzes / alß ein verfluchter von GOtt / zwiſchen zween Vbelthaͤtern auffgehenckt /Matth. 27. v. 38. Matth. 27. Der Codrus iſt fuͤr ſeine Liebe fuͤr einen GOtt angeruffen worden. Aber JEſus vnſer HErr muß ſich von dem Juͤdiſchem Volck vnd allen Gottloſen / noch biß auff dieſem heutigen Tag / vor ſeine groſſe Trew ſchmaͤhen vndMarc. 14. 65. laͤſtern laſſen. Marc. 14. Matth. 27. Troͤſtet euch fuͤrsMatth. 27. 29. & ſeq. ander mit ſeinem Prieſterlichen Ampt. Die Prieſter muͤ - ſten im Alten Teſtament das Volck lehren / Beten vnd Opffern. Dieſe Stuͤcke hat CHriſtus auch bey vns ver - richtet. Er hat vns den Weg gelehret zum ewigen Leben. Joh. 3. 2.Joh. 3. Meiſter / wir wiſſen / das du biſt ein Lehrer vonMatth. 22. 16. GOtt kommen. Matth. 22. Geben jhm ſeine abgeſagte Feinde diß Zeugniß: Meiſter / wir wiſſen / das du Warhaff - tig biſt / vnd lehreſt den Weg GOttes recht. Solch ſein Lehr Ampt verrichtet er noch / durch den Mund trewer Leh -Luc. 10. 16. rer vnd Prediger. Luc. 10. Wer euch hoͤret / der hoͤret mich. So hat er auch fuͤr vns vnd alle Glaͤubige gebeten / Joh. Joh. 17. 9. v. 11.17. Jch bitte fuͤr ſie / vnd bitte nicht fuͤr die Welt / ſondern fuͤr die / die du mir gegeben haſt. Vnd abermahl: Heili - ger Va[t]er / erhalte ſie in deinen Nahmen / die du mir gege - ben haſt / das ſie eins ſeyn / gleich wie wir. Vnd mit ſolchem beten / helt er noch heutiges Tages bey GOtt dem Himm -Rom. 8. 34. liſchen Vater an. Rom. 8. CHriſtus ſitzet zur Rechten GOttes vnd vertritt vns. 1. Joh. 2. Wir haben einen1. Joh. 2. Fuͤrſprecher bey GOtt dem Vater / der Gerecht iſt. Vber das hat er auch fuͤr vnſere Suͤnde geopffert / vnd zwar ſichſelbſt /25Chriſtliche Leichpredigt. ſelbſt / denn / da iſt er durch ſein eigen Blut in das allerheili - ge eingegangen / vnd hat ein ewige Erloͤſung gefunden. Ebr.Ebr. 9. 12. 9. Troͤſtet euch auch fuͤrs dritte mit ſeinem Prophetiſchen Ampt. Jm Alten Teſtament haben die Propheten fuͤr - nemlich dem Volck das Geſetze fuͤrtragen vnd außlegen muͤſſen: Alſo hat vns der groſſe Prophet CHriſtus das Geſetz auch außgeleget / vnd gewieſen / was er von vns wol -Matth. 5. 2. & ſeq. le gethan vnd gelaſſen haben. Matth. 5. Erweget dieſes wol / jhr Kinder des lebendigen GOttes / troͤſtet vnd fre - wet euch CHriſti ewres Geſalbten Koͤniges / Prieſters / vnd Propheten / frewet euch ſage ich / vnd abermahl ſagePhil. 4. 4. ich frewet euch / Philip. 4. Wandelt in ſeinen GebotenEzech. 20. 19. Ezech. 20. vnd hoͤret ſeine Stimme. Joh. 10. Denn ſeineJoh. 10. 3. Stimme iſt ſuͤſſe / Cant. 2. Cant. 2. 14

Der Dritte Nahme heiſt Filius DEI. Hievon ſagt der3. Filius DEI. Text: Das Blut JEſu CHriſti des Sohnes GOttes. Zwar / jhr aller liebſten Gottes / wir ſind auch Kinder Rom. 8. Gal. 4. Jhr ſeyd alle GOttes Kinder durch den Glau -Rom. 8. 16. ben an JEſum CHriſtum / aber wir ſind nur GOttes Kinder / κατ´ υἱοϑεσίαν, per adoptionem, GOtt derGal. 4. 6. Himmliſche Vater hat vns zu ſeinen gnaden Kindern auff - genommen. Aber allhie iſt GOttes einiger vnd eingebohr - ner Sohn. Joh. 1. Rom. 8. Sein geliebter Sohn. Matth.Joh. 1. 3. Rom. 8. 32. 3. der Hochgelobte GOtt von ewigkeit. Rom. 9. Der ſelbige iſt vnſer Artzt. Exod. 15. Stehet hiebey wiederumbMatth. 3. 17. Rom. 9. 5. ſtille / vnd brauchet dieſes zum Beſchluß / ad exhortatio - nem, Zu einer trewen Vermahnung. Die weil jhr hoͤret /Exod. 15. 26. das der ewige Sohn GOttes CHriſtus JEſus / ewer Artzt ſey / der euch von Suͤnden gewaſchen vnd gereiniget /Adhorta - tio. mit ſeinem Blut / Ey ſo ſehet auch woll zu / daß jhr an einem theil / die weil euch CHriſtus JEſus der Sohn GOttes1. Pet. 1. 19. mit ſeinem Blut erkaufft / 1. Petri. 1. Euch gewaſchen vndD ijgereiniget /26Chriſtliche Leichpredigt /gereiniget / das jhr euch ja auffs New / wieder das Gewiſſen mit Suͤnden nicht beſudelt / ſondern ohn vnterlaß ſeufftzet. Pſal. 143. 10.Pſal. 143. Ach HErr / lehre mich thun nach deinem Wol - gefallen / denn du biſt mein GOtt / dein guter Geiſt fuͤhre mich auff ebener Bahn. Item.

Laß mich dein ſein vnd bleiben /
O trewer GOtt vnd HErr /
Von dir laß mich nicht ſcheiden /
Halt mich bey reiner Lehr /
HErr laß mich ja nicht wancken /
Gib mir beſtaͤndigkeit /
Dafuͤr wil ich dir dancken /
Jn alle ewigkeit.

Am andern theil / wil euch gebuͤhren dieſen Artzt CHri - ſtum JEſum fleiſſig zu ſuchen. 1. In verbo, denn daſſelbe weiſet vns einig vnd allein auff CHriſtum JEſum / welcherRom. 4. 15. vmb vnſer Suͤnde willen dahin gegeben. Rom. 4. Darumb1. Cor. 1. 23. ſpricht der Apoſtel Paulus ſelber. 1. Cor. 1. Wir Predi - gen den gecreutzigten CHriſtum den Juͤden ein Ergerniß / vnd den Griechen eine Tohrheit: Denen aber die beruffen ſind / beyde Juͤden vnd Griechen / denen Predigen wir Chri -1. Cor. 2. 2. ſtum / Goͤttliche Krafft / vnd Goͤttliche Weißheit. 1. Cor. 2. Jch hielt mich nicht dafuͤr / das ich etwas wuͤſte vnter euch / ohn allein JEſum CHriſtum den Gecreutzigten. 2. In Sacramentis, in der heiligen Tauffe werden wir / krafft des Bluts JEſu CHriſti von Suͤnden gewaſchen vnd gereiniget / denn /

Es iſt fuͤr jhm ein rote flut /
Von CHriſtus Blut geferbet /
Die allen Schaden heilen thut /
Von Adam her geerbet /
Auch von vns ſelbſt begangen.

Jn dem heiligen Abendmahl wird vns dargereichet ſein Leib zu eſſen / vnd ſein Blut zu trincken / das CHriſtus JE - ſus in vns / vnd wir in CHriſto JEſu / alſo das ein jedes Glaͤubiges Hertze ſprechen kan mit frewden:

Jch27Chriſtliche Leichpredigt.
Jch bin ein Glied an deinem Leib /
Des troͤſt ich mich von Hertzen /
Von dir ich vngeſchetden bleib /
Jn Todes noͤhten vnd ſchmertzen /
Wenn ich gleich ſterb ſo ſterb ich dir /
Ein ewigs Leben haſtu mir /
Mit deinem Tod erworben.

Perſonalia.

ZV ſolchem Leben iſt auch gelanget vnſer in GOtt ru - hender Mit Bruder / der Ehrſahme vnd Gottſehlige Juͤngling THOMAS Wiegers. Es iſt derſelbe ſei - ner ankunfft nach von Luͤbeck. Sein S. Herr Vater iſt ge - weſen / der Ehrenveſte / Vornehm / vnd Wollgeachte Herr David Wiegers / Kauff vnd Handelsmann daſelbſt: Sein Fraw Mutter iſt die Ehr vnd Tugendreiche Fraw. N. N. von dieſen Chriſtlichen vnd Gottſeeligen Eltern iſt er in ei - nem reinen vnd vnbefleckten Ehebette Ehrlich gezeuget / vnd nachmahls zu allem guten angehalten. Es haben ſeine lie - be Eltern jhn fleiſſig zur Schulen gehalten / vnd in den ſtuͤ - cken vnſers Catechiſmi recht vnterrichten laſſen. Vnd weil ſie geſehen / das er luſt gehabt in ſeines S. Herrn Vaters Fußſtapffen zutretten / vnd auch einen Kauffmann zu geben / iſt er in der Schreib vnd RechenKunſt trewlich geuͤbet wor - den. Anno 1628. Jſt er nach Koͤnigsberg in Preuſſen / an Vornehme Leute / verſchicket worden / welche jhn denn an dieſen Ort / wegen der Polniſchen Sprach / an ſeinem ge - weſenen Herrn commendiret, nemlich an dem Ehrenveſten Vornehm vnd Wollgeachten H. GEORG Langen / Buͤr - gern vnd Kauffmann bey vns. Bey welchem er den 2. Julij gedachten 1628. Jahrs in Dienſt getreten / vnd jhm ein Jahr vnd 23. Wochen Ehrlich / Redlich / vnd Trewlich ge - dienet / alſo daß er auch ſo woll Muͤndlich / wie Schrifftlich mir bericht gethan / er wuͤnſche nicht mehr alß dieſes: GOttD iijwolle28Chriſtliche Leichpredigt. wolle ſeine Kinder alſo gerahten laſſen / wie er gerahten / daß ſie andern Leuten alſo dienen moͤgen / wie er gedienet / alß - denn ſie wollgerahten vnd dienen werden. O ein herrliches Gezeugnuͤß! O ein koͤſtliches Lob iſt dieſes! Welches bil - lig alle Diener / vnd Dienerinnen zur Redligkeit / Ehrbar - keit vnd Trew auffmuntern vnd anmahnen ſoll / daß ſie auch / Redlich / Ehrlich / vnd Trew in jhren Dienſten ſich er - zeigen / auff das auch ſie diß Lob fuͤr GOtt vnd der Welt haben moͤgen. Sein Chriſtenthumb belangende / muß ich jhm das Zeugniß geben / daß er nicht das Hauß GOttes vorbey gegangen (wie es woll heutiges Tages die junge Welt machet / die offt die Herrſchafft biß auff den Kirch - hoff begleitet / nachmahls aber dem Hauſe GOttes vnd der Predigt Goͤttliches Worts den Ruͤcken beut / vnd die Zeit / die man zur anhoͤrung des Worts GOttes anwen - den ſoll / in aller Boßheit vnd Leichtfertigkeit zubringet.) Nein / das kan ich von dieſem vnſerm in GOtt ruhenden Mitbruder nicht ſagen / ſondern er hat es ſeine Luſt ſein laſ -Pſal. 122. ſen ins Hauß des HErrn zu gehen / Pſal. 122. Vnd inPſal. 27. 4. dem ſelben zu bleiben / Pſal. 27. Hat ſich ſonſten / auch wie noch vor wenig Wochen geſchehen / fleiſſig zum gebrauch des Hochwuͤrdigen Abendmahlß gehalten / vnd ſeine Got -Syr. 1. 36. tesfurcht keine heucheley ſein laſſen. Syr. 1. Was ſeine Kranckheit angehet / iſt er den 27. Novembris des abgewi - chenen 1629. Jahrs / mit der Hitzkranckheit ploͤtzlich be - leget / die jhm denn hefftig zugeſetzet. Zwar es hat ſein Herr an Ärtzten vnd Apotekern nichts erwinden laſſen / aber es hat auch an jhm muͤſſen erfuͤllet werden / was die Kirch GOttes ſinget:

Fuͤrm Todt kein Kraut gewachſen iſt /
Mein frommer Chriſt /
Alles was lebet ſterblich iſt.
Jn29Chriſtliche Leichpredigt.

Jn wehrender Kranckheit hat er ſich Chriſtlich vnd geduͤldig erzeiget / mir fleiſſig nach gebetet vnd ſind / wie im eingange der Predigt gedacht / ſeine letzte Wort geweſen: Das Blut JEſu CHriſti des Sohnes GOttes machet vns rein / von allen vnſern Suͤnden. Mit welchen er den 3. Decembris vmb 11. im Mittage / ſein Leben ſeliglich beſchloſſen / da er erreichet 17. Jahr.

Was nu ſeine liebe Fraw Mutter vnd die gantze Freund - ſchafft betrifft / ſo zweiffelt mir nicht / ſie werden durch dieſen Todes fall jhres Sohnes / Bruders / Schwagers vnd Freundes nicht wenig betruͤbet ſein: Aber ſie ſollen beden - cken / daß er mit GOttes willen vnd bewuſt / geſtorben / der habe jhm ein Ziel geſtecket / das habe er nicht vberſchreiten koͤnnen / Job. 14. Ja das ſie auch dieſen jhren Sohn / Bru -Job. 14. 5. der / Schwager vnd Freundt nicht verlohren / ſondern der - mahln eins zu jhm kommen werden / 2. Sam. 12. Vber2. Sam. 12. 23. das ſollen ſie erwegen / Er habe einen koͤſtlichen Wechſel ge - than / vnd nehme nicht aller Welt Gut vnd Muht / Geld vnd Feld / Pracht vnd Macht / vnd kehre wieder in dieſe ar - ge Welt: Denn er wohnet jtzund in dem Himmliſchen Je - ruſalem / Ebr. 12. Ach du liebes Seelichen! Jetzund dancke -Ebr. 12. 22. ſtu deinem Erloͤſer JEſu CHriſto gegenwertig / daß er dich mit ſeinem thewren Blut erloͤſet. 1. Pet. 1. Jn der hei -1. Pet. 1. 19. ligen Tauffe von Suͤnden gewaſchen vnd gereiniget durch ſein Blut 1. Joh. 1. Jn dem Hochwuͤrdigen Abendmahl1. Joh. 1. 9. mit ſeinem Leib geſpeiſet vnd mit ſeinem Blut getrencket. 1. Cor. 11. Dich in ſeine Haͤnd auffgenommen. Sap. 3. 1. Cor. 11. 24.Jetzt iſt deinem ſehnlichen verlangen ein gnuͤgen geſchehen /Sap. 3. 1. Denn du nu mehr deinen Vater vnd deine Freunde in vn - außſprechlicher Frewde angetroffen. Jetzund koͤnnen dir dei - ne liebe Mutter / Schweſtern / Schwaͤger vnd Freunde /nachſagen /30Chriſtliche Leichpredigt. nachſagen / was Carolus Magnus ſeinem Vatern zum Epi - taphio geſchrieben:

Jns ewig Vaterland thuſtu eiln /
Wir abr im Elend vns verweiln /
Dich hat jetzund des Himmels Saal /
Vns gfangen helt die Sorg vnd Qual.

Nun lieber Bruder THOMA, du biſt bey vns in der Frembde abgefordert / da du Mutter / Schweſtern / Schwaͤ - ger vnd Freunde nicht zugegen gehabt / vnd dich mit jhnen ſegnen koͤnnen zu guter letzt: Darumb wil ich ſolches geſe - gnen in deinem Nahmen verrichten / vnd zwar an einem theil / bey deiner lieben Fraw Mutter / Schweſtern / Schwaͤgern / vnd anverwandten Freundſchafft / welche ich alſo anrede: GOTT geſegne euch / jhr meine liebe Fraw Mutter / Schweſtern / Schwaͤger vnd Freunde: GOTT geſegne euch alle miteinander / Reich vnd Arm / Jung vnd Alt / klein vnd groß. Am andern theil wende ich mich mit ſolchem Geſegnen auch zu dir vnd ſpreche: Es geſegne dich GOtt der Vater / der dich erſchaffen hat. Es geſegne dich GOtt der Sohn / der dich durch ſein thewres Blut erloͤſet hat. Es geſegne dich GOtt der H. Geiſt / der dich gehei - liget hat. Es geſegne dich die hochgelobte heilige vnd vn - zertrenliche Dreyfaltigkeit / GOtt Vater / Sohn vnd hei - liger Geiſt / hochgebenedeyet in alle ewige ewigkeit. Amen.

Auguſtinus.

Vocantur ante tempus boni, ne diutiùs vexentur â noxijs: Mali verò & impij tolluntur; ne diutiùs bo - nos perſequantur. ()

FINIS.

About this transcription

TextAmuletum spiritvale
Author Jacob Wollenberg
Extent32 images; 8127 tokens; 2444 types; 52588 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationAmuletum spiritvale Oder Geistliche Seelen Artzeney wieder der Sünden/ des Teuffels/ Todes vnd der Hellen Gifft/ täglich/ stündlich vnd augenblicklich/ heilsam zu gebrauchen. Das ist: Christliche Leichpredigt/ auß dem güldenen Sprüchlein/ [...] Beym Leichbegängniß deß Ehrbahren vnd Gottseligen Jünglings/ Thomae Wiegers Jacob Wollenberg . . 32 Gerhardus SchröderRiga1630.

Identification

Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 S 121/18 / 523587

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:03Z
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Holding LibraryUniversitätsbibliothek Breslau
ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 S 121/18 / 523587
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