PRIMS Full-text transcription (HTML)
Das Ander Buch Vom wahren Chriſtenthumb /
Wie Chriſti Menſchwerdung / Liebe / Demuht / Sanff[t]muht / Gedult / Leyden / Sterben / Creutz / Schmach vnd Todt / vnſer Artzney vnd Heylbrunnen / Sp[ie]- gel / Regel vnd Buch vnſers[L]ebens ſey / Vnd Wie ein wahrer Chriſt / Suͤnde / Todt / Teuffel / Helle / Welt / Creutz / vnd alle Truͤbſal durch den Glauben / Gebet / Ge[d]ult / Gottes Wort vnd Himliſchen Troſt vberwinden ſol / Vnd d[a]ſſelbe[a]lles in Chriſto Jeſu durch[d]eſſe[l]ben Krafft / Stercke / vnd Sieg in vns.
(Matth. 7.)Die Pforte iſt enge / der Weg iſt ſchmal der zum Leben fuͤhret / vnd wenig ſind jr die jn finden
Bernh. Chriſtum ſequendo c[i]tius apprehendes quam legendo.
Mit Churf. Saͤchſiſcher Freyheit / etc.
Gedruckt zuMagdeburgdurch Joachim Boͤel / In verlegungJohan Francken/ Im Jahr1610.

Vorꝛede Vber das Ander Buch vom wahren Chriſtenthumb.

GLeich wie in der Natur / Chriſtlicher lieber Leſer / Eines Dinges vntergang / des andern Anfang iſt / alſo ge - hets auch zu in wahren Chriſtli - chen Leben. Denn der alte Fleiſch - liche Menſch / muß zuuor vnter - gehen / ſol der Newe Geiſtliche Menſch herfuͤr kommen / vnd weil vnſer Fleiſchliſches Leben / dem heiligen Leben Chriſti gar zu wieder iſt / wie im erſten BuchA ijgnug -Vorꝛede. gnugſam erkleret / ſo muͤſſen wir ja notwendig zuuor vnſer Fleiſch - lich Leben verleugnen / ehe wir das Geiſtliche Leben Chriſti anfahen / oder demſelben nachfolgen[]koͤnnen. Als zum Exempel: Du muſt ja zu - uor auffhoͤren Hoffertig zu ſeyn / ehe du anfeheſt demuͤtig zu wer - den. Darumb muß das Geiſtliche Chriſtliche Leben nothwendig von der Buſſe angefangen werden. Vmb dieſer Vrſach willen iſt das erſte Buch alſo verfaſſet / wie aus der Ordnung der Capitteln deſſel - ben / vnd aus dem Beſchluß zu vernehmen. Demnach aber in die - ſem andern Buch / die Lehre von der Buſſe in etlichen Capitteln wiederholet werde / muß ich deſſen Vrſach / neben der Ordnung dieſesBuchsVorꝛede. Buchs kurtzlich andeuten. Weil das Heuptſtuͤck des erſten Buchs beruhet in erkentnis des abſchew - lichen / Toͤdtlichen vnd verdam[l]i - chen Gifftes der Erbſuͤnde / wel - ches nicht genug kan erkant wer - den / ſo muß nothwendig diß ander Buch angefangen werden / von vnſerm ewigen vnd einigen Heyl - brunnen Jeſu Chriſto / in welchem wir wiedergedachtes greuliches Gifft der angebornen Suͤnden / vnd allem darausquellendem jam - mer / vnd Elende / Artzney vnnd Huͤlffe durch den Glauben finden. Solches iſt in den dreyen erſten Capitteln / dieſes andern Buchs begriffen.

Weil aber der Glaube / welcher ſolche Guͤter / aus dem Gnaden -A iijbrunnenVorꝛede. brunnen Chriſto Jeſu ſchepffet / lebendige Fruͤchte bringen muß / So ſeind dieſelbe in den drey fol - genden Capitteln beſchrieben. Sol - len aber die Fruͤchte der Gerechtig - keit vnd Geiſtes in vns wachſen / ſo muͤſſen die Fruͤchte des Fleiſches vntergehen / vnd das iſt die taͤgli - che / ware wirckliche rechtſchaffene Buſſe / darin ein Chriſt ſtets leben vnd ſich vben muß / ſol anders das Fleiſch getoͤdtet werden / vnd der Geiſt in vns herꝛſchen. Darzu iſt von noͤten ein klarer Bericht vom vnterſcheid des Fleiſches vnd G[e]i - ſtes / vnd von den Eigenſchafften der taͤglichen Buſſe. Darauff ge - hen die vier folgenden Capittel. Weil aber aus ſolcher taͤglichen Buſſe / vnnd toͤdtung des altenMen -Vorꝛede. Menſchen (denn eines wahren Chriſten Leben nichts anders ſeyn ſol / denn eine ſtetige Creutzigung des Fleiſches) taͤglich ein newer Menſch herfuͤr kommen ſol / ſo kan man keine beſſere Ordnung fin - den / denn wie vns Chriſtus vnſer HERR mit ſeinem Exempel iſt fuͤrgangen / darumb folget ferner wie Chriſti Leben vnſer Spiegel ſeyn ſoll / vnd fahen billich an / an ſeiner Armut Schmach / Verach - tung / Kranckheit / Creutz / Leyden Todt / welches heilige Leben Chri - ſti / vnſers Fleiſches Creutzigung iſt / darzu gehoͤret Gebet / Liebe vnd Demut: Solches iſt in folgenden fuͤnffzehenden Capitteln begrif - fen. An dieſer Niedrigkeit vnd Demut vnſers HERRN JeſuA iiijChri -Vorꝛede. Chriſti / ſteigen wir auff / als an der rechten Himmels Leiter / in das Hertz GOttes vnſers lieben Vaters / vnd ruhen in ſeiner Liebe / deñ an Chriſti Menſchheit muͤſſen wir anfahen / vñ auffſteigen in ſei - ne Gottheit. Da ſchawen wir jhn in Chriſto an / daß Hertz vn - ſers lieben Vaters im Himmel / wir ſchawen Gott an als das hoͤch - ſte / ewige / weſentliche / vnendli - che Gut / als die vnermeßliche All - macht / als die abgruͤndtliche Barmhertzigkeit / als die vner - forſchliche Weißheit / als die lau - terſte Heiligkeit / als die vnſtreff - liche vnd vntadliche Gerechtigkeit / als die ſuͤſſeſte Guͤttigkeit / als die edleſte Schoͤnheit / als die lieblich - ſte Holdſeligkeit / vnd als die hold -ſeligſteVorꝛede. ſeligſte Liebligkeit / als die frew - denreichſte Seligkeit. Welches die vornembſten Stuͤcke ſeyn Vitæ contemplatiuæ. Darzu gehoͤren die acht folgenden Capittel. Dieweil aber ſolche betrachtungen ohne Gebet nicht geſchehen koͤnnen / So folgen hernach zehen Capittel vom Gebet vnd ſchoͤnen Lobe Gottes. Vnd endlich weil ſolche Gottſelig - keit in Chriſto Jeſu / Verfolgung leiden muß / ſo folgen dreyzehen Capittel von gedult im Creutz: von hohen Geiſtlichen Anfechtun - gen wie dieſelbe zu vberwinden / Gott helff vns das wir alle ge - trewe nachfolger Chriſti ſeyn / vnd vns ſeines heiligen Lebens nicht ſchemen / ſondern dem Lemblein Gottes nachfolgen wo es hinge -A vhet /Vorꝛede. het / daß es vns weide vnd leite zu den lebendigen Waſſerbrunnen / vnd alle vnſere Thraͤnen von vnſern Augen abwiſche. AMEN.

Johan Arnds Pfarꝛer zu S. An - dreas in Eißleben.

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Regiſter

Regiſter der Capittel dieſes An - dern Buchs von wahrem Chri - ſtenthumb.

1. JEſus Chriſtus GOTtes Sohn / iſt vns von vnſerm Him - liſchen Vater gegeben zu einem Artzt vnd Heylbrunnen / wieder das toͤdliche verdamliche Gifft der Erbſuͤnde / ſampt jhren Fruͤchten / vnd wieder allen Jammer vnd Elen - de Leibes vnd der Seelen.

2. Wie ein jeder Chriſt den Troſt des Evan - gelij auff ſich ziehen / vnd jhm zueignen ſol.

3. Daß vnſere Gerechtigkeit allein ſtehe in dem voilkommenen Gehorſam vnd Verdienſt Jeſit Chriſti / vnd in vergebung der Suͤnden / welche der Glaube ergreifft.

4. Daß der ſeligmachende Glaube in einem wahren Chriſten wircke allerley Fruͤchte der Gerechtigkert / ſo aus dem innerſten Grund desHer -Regiſter. Hertzens gehen muͤſſen / ohne alle Heucheley. Daß auch Gott alle euſſerliche Wercke / nach dem grunde des Hertzens vrtheile.

5. Daß nicht die Wiſſenſchafft vnd Gehoͤr des Goͤttlichen Worts einen wahren Chriſten mache vnd beweiſe / ſondern Gottes Wort ins Leben verwandeln / vnd Gott von Hertzen an - ruffen / daß ſem Wort in vns Frucht ſchaffe vnd lebendig werde / als der Saine Gottes.

6. In der vereinigung mit Chriſto durch den Glauben ſtehet des Menſchen Vollkommen - heit vnd Seligkeit / darzu der Menſch nichts thun kan / ſondern hindert ſich viel mehr an Gottes Gnade durch ſeinen eignen boͤſen wil - len. Chriſtus aber thuts alleine in vns.

7. Die Buſſe recht zu verſtehen iſt noth zu wiſ - ſen / den vnterſcheidt des alten vnd newen Men - ſchen / oder wie Adam in vns ſterben vnd Chri - ſtus in vns leben ſol / oder wie der alte Menſch in vns ſterben / vnd der newe Menſch in vns leben ſol.

8. Wie freundtlich vns Gott zur Buſſe locke / vnd warumb die Buſſe nicht zu verſeumen.

9. Was Buſſe thun heiſſe / vnd wie ſie geſchehen muͤſſe / vnd wie vns Gottes guͤte zur Buſſe leite.

10. Von vier Eigenſchafften der wahren Buſſe.

DieRegiſter.

11. Die Frucht der waren Bekchrung iſt die newe Creatur / Vnd was ein Cheꝛſt ſey / nach dem Glauben / Nemlich / ein Herr vber alles / Vnd was Er ſey nach der Liebe / Nemlich ein Knecht vnter allen / Vnd wie Chriſti Leben vn - ſer Spiegel ſey.

12. Wie Chriſtus der rechte Weg vnd Zweck ſey / der waren Gottſeligkeit / vnd wo Gotr den Menſchen nicht leitet vnd fuͤhret / ſo jrret er.

13. Wie Chriſtus das rechte Buch des Le - bens ſey / vnd wie Er vns durch ſeine Arenuth lehret der Welt Herrligkeit verſchntchen.

14. Wie vns der HErr Chriſtus lehret / durch ſeine Schmach / Verachtung vnd Verleugnung ſein ſelbſt / der Welt ehre vnd ruhm verſchme - hen.

15. Wie wir durch Chriſtum die Truͤbſal vnd Verachtung der Welt tragen vnd vberwinden ſollen.

16. Wie die Chriſten ſollen jhre Ehre vnnd Ruhm an Chriſto / vnd im Himmel / ſuchen vnd haben.

17. Wie wir durch Chriſtum vnd aller Hei -ligenRegiſter. ligen Exempel die Verleumdung falſcher Zun - gen vberwindeu ſollen.

18. Wie wir durch die Trawrigkeit vnnd Schmertzen Chriſti / ſollen die Wolluſt dempf - fen.

19. Wie wir in dem gecreutzigten Chriſto als in dem Buch des Lebens anſchawen ſollen vn - ſere Suͤnde / Gottes Zorn / Gottes Gerechtig - keit / Gottes Liebe vnd Gnade.

20. Von der Krafft vnd Nothwendigkeit des Gebets / in dieſen Goͤttlichen Betrachtungen.

21. Von der Krafft der Edlen Tugendt der Demuth.

22. Alle Wercke eines waren Chriſten / ſollen in demuth geſchehen / oder es werden eitel Greu - wel vnd Abgoͤtterey daraus.

23. Ein Menſch der ſeine nichtigkeit nicht er - kennet / vnd nicht alle Ehre GOTT gibt / be - gehet die groͤſte Suͤnde / vnd des Teuffels Fall.

24. Von der Edlen Tugendt der Liebe / vnd jhrer Krafft / Lauterkeit vnd Reinigkeit.

25. Von etlichen Zeichen dabey man erkennen kan / ob die ware Liebe Chriſti bey vns ſey.

26. Von Fuͤnfferley liebe Wercken Gottes / darinvornem -Regiſter. vornemlich Gottes Gnade vnd Guͤte leuch - tet.

27. Wie ſich der HErr JEſus der liebhaben - den Seelen offenbaret / als die hoͤchſte Liebe vnd das hoͤchſte Gut.

28. Wie das hoͤchſte Gut erkant / vnd in der See - len geſchwecht werde.

29. Wie die liebhabende Seele / Gott in ſeinen Wolthaten anſchawet / als die mildeſte Guͤtig - keit.

30. Wie ſich Gott der liebhabenden Seelen of - fenbaret / als die hoͤchſte Schoͤnheit.

31. Wie ſich Gott der liebhabenden Seelen offenbaret / als die vnendliche Allmacht.

32. Wie die liebhabende Seele Gott erkennet / als die hoͤchſte Gerechtigkeit vnd Heiligkeit.

33. Wie die liebhabende Seele Gott ſihet / als die ewige Weißheit.

34. Wie ein Menſch durchs Gebet die Weiß - heit Gottes ſuchen ſol / dabey ein nuͤtzliches Tractaͤtlein vnd Vnterricht / wie das Hertz zu - erwecken / vnd in einen ſtillen Sabbath vnd ru - he zubringen / daß Gott darin ſelbſt Andacht vnd Gebet wircket vnd anzuͤnde / begreifft 12. kurtze Capittel.

EinesRegiſter.

35. Eines waren Chriſten / das iſt Geſalbeten des HErrn Eigenſchafft vnd Kennzeichen / iſt das Gebet.

36. Von dem nutz / frucht vnd krafft des Ge - bets / vñ was vnſer Gebet muͤſſe fuͤr grund habẽ.

37. Grundt vnd Vrſach / das Gott vnſer Ge - bet gewiß erhoͤre.

38. Sieben Gehuͤlffen vnd Adminicula vnſers ſchwachen Gebets.

39. Ein Geſpraͤch der Gleubigen Seelen mit Gott.

40. Ein Geſpraͤch des Glaubens mit der Barmhertzigkeit Gottes.

41. Von dem Herrlichen nutz vnd krafft des Lobes Gottes vnd der Lobgeſaͤnge

42. Was den Menſchen taͤglichen zum Lob Gottes anmahnen vnd treiben ſol.

43. Gott loben iſt des Menſchen hoͤchſte / Ja Engliſche Herrligkeit.

44. Von der Gedult / dadurch alles Creutz vber -wun -Regiſter. wunden / vnd die verheiſſene Herrligkeit eewar - tet wird.

45. Gottes Troſt in Truͤbſal wircket Gedult.

46. Bewegliche Vrſachen zur Gedult: Et de bono crucis vom Nutz des Creutzes.

47. Spruͤche vnd Exempel von der Gedult vnd Troſt.

48. Es iſt keine Truͤbſal ſo groß / Gott hat Troſt dagegean verordnet / Denn Gottes troſt iſt allezeit groͤſſer denn vnſer Elend / welches die Gedult in vns ſtercken vnd erhalten ſol.

49. Gottes vnfeilbare Warheit vnd Ver - heiſſung / ſo nicht betriegen kan / ſol in vns Ge - dult wircken.

50. Wie vnd warumb die Hoffnung nicht leſſet zu ſchanden werden / auch wie dieſelbe Probieret werde / in Leiblichen vnd Geiſtlichen Anfechtungen.

51. Troſt wider die Schwachheit des Glau - bens.

52. Troſt vnd Bericht / wie man ſich in hohe Geiſtliche Anfechtung ſchicken ſol.

BTroſtRegiſter.

53. Troſt in hohen Geiſtlichen Anfechtun - gen.

54. Troſt wider die Innerlichen heimlichen verborgenen Anfechtungen des Sathans / durch boͤſe laͤſterliche Hertzplagẽde gedancken.

55. Von Verzugk Goͤttlicher huͤlffe.

56. Daß man in werendem Creutz das Exem - pel der hohen gedult Chriſti anſchawen ſol / vnd die kuͤnfftige ewige Herrligkeit / dadurch alles Creutz gelindert wird / wie groß es auch iſt.

57. Troſt wider den Zeitlichen Todt.

58. Daß der Himmel vnd alle Natuͤrliche kraͤffte / dein Glauben vnd Gebet eines Chri - ſten / vnterworffen ſeyn.

Das
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Das Ander Buch Vom Waren Chriſtenthumb.

Das erſte Capittel. JESVS Chriſtus Gottes Sohn iſt vns von vnſerm Himliſchen Vater gege - ben zu einem Artzt vnd Heilbrunnen / wieder das toͤdtliche vnd verdamliche Gifft der Erb - ſuͤnde ſampt jren Fruͤchten / vnd wider al - len Jam̃er vnd Elende / Leibes vnd der Seelen.

Eſa: 12. Ihr werdet mit frewden Waſſer ſchoͤpffen auß dem Heil - brunnen. ()

WCil vnſere Kranckheit vberaus groß / toͤdtlich / verdamlich / vnd allen Creaturẽ zu heilen vnmuͤg - lich. So muͤſſen wir auch eine groſſe ho - he Goͤttliche ewige Huͤlffe vnd Artzney haben / welche aus lauter Erbarmung Gottes herflieſſen muß. Gleich wie vn - ſer toͤdtlicher Erbſchade herkommen iſt / auß dem grim̃igen Zorn / Haß vnd Neid des Teuffels. Darumb billig der All -Alle vnſe - re HuͤlffeB ijmech -2Jeſus Chriſtus Gottes Sohnauß Got - tes erbar - mung.mechtige Gott / die toͤdtliche Wunde vn - ſer Suͤnde mit ſeiner gnediaen Erbar - mung heilet. Vnd weil der Sathan ſei - ne hoͤchſte Weißheit / Kunſt vnnd Ge - ſchwindigkeit gebraucht hat / das er vns vergiffte / toͤdte / verdaͤmme / So hat auch Gott hinwider ſeine hoͤchſte Weißheit gebraucht durch ſeinen lieben Sohn / das Er vns heile / lebendig vnd ſelig mache. 1. Joh: 2. Actor: 20Darumb hat er das Goͤttliche Blut Chriſti zu vnſer Artzney vnd ReinigungEſa: 25. 30 53. vnſer Suͤnde gemacht / ſein lebendigma - chendes Fleiſch zum Brodt des Lebens /Joh: 6. ſeine heilige Wunden zu vnſer Wund - Artzney / ſeinen heiligen Todt zu wegne - mung vnſers Zeitlichen vnnd Ewigen Todes.

2. Dieſe koͤſtliche Artzney koͤnnen wir nu auß eigenen kraͤfften vnd vermuͤgen nichtDer Menſch kan wegẽ groſſer ſchwach - heit die Himliſche annemen. Dann wir ſind gar zu kranck. Wir widerſtreben dieſer himliſchen Chur von Natur / darumb darffſtu O du ge - trewer vnnd heilſamer Artzt / nicht auff mich warten / ſonſt werde ich nimmer -mehr3vnſer Artzt vnd Heilbrunn. mehr geſundt / ſondern zeuch mich jtzo zuCur nicht annemen. dir / reiß mich von mir gar hinweg / vnd nim mich gantz an / ſo du mich gantz hei - len wilt. Leſtu mich in meiner Kranckheit liegen / ſo muß ich ewig verderben. Dar - umb bekehre mich HErꝛ / ſo werde ich be -Jerem: 17 kehret / heile mich HErꝛ / ſo werde ich heil / hilff mir / ſo wird mir geholffen / denn du biſt mein Ruhm. So lang du deine Barmhertzigkeit auff ſcheubeſt / ſo lange bleibe ich in meiner Kranckheit vnd Todt. So lang du verzeuchſt mich le - bendig zu machen / ſo lang behalten mich die bande des Todtes. Darumb ſchreyet David: Eyle mir zu helffen / du biſt meinPſal: 31. 69 70. Helffer vnnd Erretter / mein Gott ver - zeng nicht.

3. Ach lieber HErꝛ / ſolt deine Barm - hertzigkeit nicht ſtarck ſein / mich armen krancken Menſchen auff zurichten / weil ich mich ſelbſt nicht kan auffrichten? Solteſtu nicht ſo freundlich ſein zu mir zukommen / Weil ich durch mich ſelbſt zu dir nicht kommen kan? Haſtu mich doch1. Joh: 4.B iijehe4Jeſus Chriſtus Gottes Sohnehe geliebet / ehe ich dich geliebet habe. Iſt doch deine Barmhertzigkeit ſo ſtarck / daß ſie dich ſelbſt vberwunden hat / ſie hat dich ſelbſt ans Creutz gehefftet / vnd in den Todt geſencket. Wer iſt ſo ſtarck / der dich ſtarcken vberwinden kan ohne deine Barmhertzigkeit? Wer hat doch ſo groſ - ſe macht gehabt dich zufangen / dich zu - binden / zu Creutzigen / zu toͤdten / als dei - ne Liebe / damit du vns geliebet haſt / daEpheſ. 2. wir noch Todt in Suͤnden waren? Dañ du haſt lieber den Todt leiden wollen / ehe wir ſolten im Todte vnd in der Hellen ewig bleiben.

4. Deine Barmhertzigkeit hat dich vns gar zu eigen gemacht vnd gegeben / vns biſtu geboren / da du ein Kindlein wur -Eſa: 9. deſt / vns biſtu gegeben / da du ein Opffer wurdeſt / da dich Gott als ein Lemb lein fuͤr vns alle dahin gegeben / vnd alles mit dir geſchencket. O der groſſen Gabe. Du biſt ein verſenckt Gut / vnd vnſer eigen Gut. Siehe aber allhie / lieber Chriſt / die Weißheit Gottes. Gott hatſich5vnſer Artzt vnd Heilbrunn. ſich durch das geſchenckte ewige Gut vnſer eigen gemacht / auff das Er vns da1. Cor: 6. durch jhme hinwider zu eigen machte. Dañ wer ſo ein hohes geſchencktes guth annimpt / der macht ſich dadurch den Ge ber zu eigen. Hinwider wer ein eigen gut hat / der macht jhm daſſelbe zu nuͤtze auffs beſte er kan: Alſo iſt Chriſtus vnſer wor - den / daß wir jhn zu vnſer ſeligkeit brau -Mancher - ley ge - ſchmack vñ brauch des Him - melbrots. Sap: 16. Joh: 4. 6. Eſa: 49. vnd 66. Joh: 12. vnd 6. 1. Joh: 2. 1. Cor: 1. chen koͤnnen / wie wir wollen. Darumb ſiehe lieber Chriſt / du kanſt jhn brauchen zu einer Artzney deiner Seelen / zu deiner Speyſe vnd Tranck dich damit zuerqui - cken / zu deinem Brunnen des Lebens wi - der deiner Seelen durſt / zu deinem Liecht im Finſterniß / zu deiner frewde in traw - rigkeit / zu deinem Advocaren vnd Fuͤr - ſprecher wider deine anklaͤger / zur Weiß - heit wider deine Torheit / zur Gerechtig - keit wider deine Suͤnde / zur Heiligung wider deine vnwirdigkeit / zur ErloͤſungRom: 3. wider deine Gefaͤngniß / zum Gnaden - ſtuel wider das Gerichte / zur Abſolu - tion wider das letzte Vrtheil / zu deinemMatt: 11.B iiijFrie -6Jeſus Chriſtus Gottes Sohn1. Cor: 15Friede vnd Ruhe wider dein boͤſes Gewiſ - ſen / zu deinem Sieg wieder alle deine Feinde / zu deinem Kaͤmpffen wider deine Verfolger / zu deinem Breutigam dei - ner Seelen / zu deinem Mittler wieder2. Cor: 5. Eſa: 53. Gottes Zorn / zu deinem Opffer fuͤr dei - ne Miſſethat / zu deiner ſtaͤrcke wider dei - ſchwachheit / zu deinem Wege wider dei -Joh: 14. ne Irꝛſal / zu deiner Warheit wider die Luͤgen / zu deinem Leben wider den Todt / zu deinem Rath / Wenn du keinen RhatEſa: 9. weiſt / zu deiner Kraff / wenn du krafftloß biſt / zu deinem ewigen Vater / wenn du verlaſſen biſt / zu deinem Friedefuͤrſten /Eſa: 63: Matt: 23. Einer iſt ewr Mei - ſter. Pſal: 2. Pſal: 110. wider deine Wiederſacher / zu deinem Loͤ - ſegelde fuͤr deine ſchuld / zu deiner Ehren - kron wider deine verachtung / zu deinem Lehrer wider deine vnwiſſenheit / zu dei - nem Richter wider deine beleidiger / zu deinem Koͤnige wider des Teuffels reich / zu deinem ewigen Hohenprieſter / der fuͤr dich bitte.

Sihe / lieber Chriſt / darzu iſt d[ir]Chriſtus geſchencket vnd gegeben / bitt[e]d[u]7vnſer Artzt vnd Heilbrunn. du nur taͤglich / daß du jhn alſo brauchen moͤgeſt / Vnd das Er ſein heilwertig Ampt alſo an dir erfuͤllen moͤge. Dann wañ er deine Artzney iſt / ſo wirſtu geſund. Wann er dein Brodt iſt / ſo wird deine Seele nicht hungern. Iſt er dein BrunnJoh: 6. des Lebeus / ſo wirſtu nicht duͤrſten? Iſt er dein Liecht / ſo wirſtu nicht im Finſter -Joh: 12. niß bleiben? Iſt er deine Frewde / wer wird dich betruͤben? Iſt er dein Advo - cat / wer wil dir abgewinnen? Iſt er dei -1. Joh: 2. ne Warheit / wer wil dich verfuͤhren? Iſt er dein Weg / wer wil dich verirꝛen? Iſt er dein Leben / wer wil dich toͤdten? Iſt erJoh: 14. deine Weißheit / wer wil dich betriegen? Iſt er deine Gerechtigkeit / wer wil dich verdammen? Iſt er deine Heiligung /Rom: 8. wer wil dich verwerffen? Iſt er deine Er - loͤſung / wer wil dich gefangen halten? Iſt er dein Friede / wer kan dich vnruhig machen? Iſt er dein Gnadenthron / werRom: 3. wil dich richten? Iſt er dein Loßſprechung vnd Abſolution / wer wil dich vervrthei - len? Iſt er dein Kaͤmpffer vnd Vorfech -B vter /8Jeſus Chriſtus Gottes SohnPſal: 45. Epheſ: 5.ter / wer wil dich ſchlagen? Iſt er dein Breutigam / wer wil dich jhm entfuͤhren? Iſt er dein Loͤſegelt / wer wil dich in den1. Tim: 2 Schuldthurm werffen? Iſt er deine Eh - renkrone / wer wil dich verachten? Iſt er dein Lehrer / wer wil dich ſtraffen? Iſt erZach: 9. dein Richter / wer wil dich beleydigen? Iſt er deine Verſoͤnung / wer wil dich in Gottes Vngnad bringen? Iſt er dein Mittler / wer wil dir Gott zuwider ma -1. Joh: 2. chen? Iſt er dein Fuͤrſprecher / wer wil dich verklagen? Iſt er dein Immanuel /Eſa: 7. wer wil wider dich ſein? Iſt er dein Koͤ -Jerm: 23. nig / wer wil dich auß ſeinem Reich ſtoſ -Pſal: 110. ſen? Iſt er dein Hoherprieſter / wer wil ſein Opffer vnd Vorbitte verwerffen? Iſt er dein Seligmacher / wer wil dichLuc: 2. vnſelig machen? Wie kanſtu ein groͤſſer Geſchenck haben? Daß Geſchenck iſt groͤſſer vnd mohr werth / dann du / alle Menſchen / alle Welt / vnd aller Welt Suͤnde / jammer vnd elend. Dann Chri - ſtus iſt gantz vnſer / mit ſeiner Gottheit vñ Menſchheit. Denn wir hatten durch dieSuͤn -9vnſer Artzt vnd Heilbrunn. Suͤnde / vnſern hoͤheſten Schatz verloh - ren / daß hoͤheſte ewige Gut / welches iſt Gott ſelbſt. Denſelben hat vns Gott in Chriſto wider geben / vnd in jm ſich ſelbſt. Darumb heiſt er Immanuel: Auff das wir an Chriſto hetten / beyde einen Gott vnd einen Bruder. Sihe / lieber Chriſt /Der gan - tze Chriſtꝰ iſt vnſer Gott vnd Menſch vnd alles in jhm. welch ein groß vnendlich Guth haſtu an Chriſto / wider allen deinen Jammer vnd Elend. Wirſtu das recht verſtehen ler - nen / ſo wird dir kein Vngluͤck zu groß ſein / kein Creutz zu ſchwer / denn Chriſtus iſt dir alles / vnd in jhm iſt alles dein / denn er iſt ſelbſt dein / nicht allein der gecreutzig - te Chriſtus / ſondern auch der Herꝛliche Chriſtus / mit aller ſeiner Herꝛligkeit / 1. Corinth: 3. Es iſt alles ewer / es ſey Pau - lus oder Apollo / es ſey Cephas oder die Welt / es ſey das Leben oder der Todt / es ſey das gegenwertige / oder das zukuͤnf - tige / alles iſt ewer / jhr aber ſeid Chriſti / Chriſtus aber iſt Gottes. O wir armen Elenden / Verworffenen / Verfluchten / Verdampten Suͤnder / wie kommen wir zu einem ſolchen groſſen geſchenck? Dañ10Jeſus Chriſtus Gottes Sohn

Tu O Domine IEſu es nobis
Iehova Iuſtitiæ,
Mediator Dei & Hominum,
Summus Sacerdos,
Vnctus DEI,
Agnus immaculatus,
Sacrificium propitiatorium,
Impletio Legis,
Deſiderium Patriarcharum,
Inſpirator Prophetarum,
Magiſter Apoſtolorum,
Doctor Evangeliſtarum,
Lumen confeſſorum,
Corona Martyrum,
Laus Sanctorum,
Reſurrectio Mortuorum,
Primogenitus ex mortuis,
Beatorum Gloria,
Angelorum læticia,
Mœrentium Conſolator,
Peccatorum Iuſticia,
Afflictorum Spes,
Miſerorum refugium,
Advenarum cuſtos,
Peregrinantium comes,

11vnſer Artzt vnd Heilbrunn.

Du HErꝛ JEſu biſt vns /
Der Gott vnſer Gerechtigkeit /
Ein Mittler zwiſchen Gott vnd Men -
Vnſer ewiger Hoherprieſter
(ſchen /
Der Geſalbte des HErꝛn /
Ein vnbeflecktes Laͤmblein /
Vnſer Verſoͤhn Opffer /
Erfuͤllung des Geſetzes /
Daß verlangen der Patriarchen /
Ein Eingeber der Propheten /
Ein Meiſter der Apoſteln /
Ein Doctor der Evangeliſten /
Eir Liecht der Bekenner /
Eine Kron der Maͤrterer /
Ein Lob der Heiligen /
Eine Aufferſtehung der Todten /
Der Erſtgeborner von den Todten /
Der ſeligen Herꝛligkeit /
Der Engel Frewde /
Der trawrigen Troͤſter /
Der Suͤnder Gerechtigkeit /
Der Truͤbſeligen Hoffnung /
Der Elenden Zuflucht /
Der Frembdlingen Huͤter /
Der Pilgram Geferte /

12Jeſus Chriſtus Gottes Sohn

Errantium via,
Derelictorum auxilium,
Languentium virtus,
Protector ſimplicium,
Fortitudo rectorum,
Merees juſtorum,
Caritatis incendium,
Auctor fidei,
Ancora ſpei,
Flos humilitatis,
Roſa manſuetudinis,
Radix virtutum,
Exemplar patientiæ,
Orationis inflammatio,
Arbor ſanitatis,
Fons beatitatis,
Panis vitæ,
Caput Eccleſiæ,
Sponſus animæ,
Margarita pretioſa,
Petra ſalutis,
Lapis vivus,
Hæres omnium,
Rex gloriæ.
Salus mundi,

13[vnſer] Artzt vnd Heilbrunn.

Der Irꝛenden Weg /
Der Verlaſſenen Huͤlffe /
Der ſchwachen Krafft /
Der Einfeltigen Beſchirmer /
Der Auffgerichteten Stercke /
Der Gerechten Lohn /
Eine Entzuͤndung der Liebe /
Ein Anfaher des Glaubens /
Ein Ancker der Hoffnung /
Eine Blume der Demuth /
Eine Roſe der Sanfftmuth /
Eine Wurtzel der Tugenden /
Ein Spiegel der Gedult /
Des Gebets Entzundung /
Ein Baum der Geſundheit /
Ein Brunn der Seligkeit /
Daß Brodt des Lebens /
Daß Haͤupt der Kirchen /
Ein Breutigam der Seelen /
Eine koͤſtliche Perle /
Ein Felß des Heils /
Ein lebendiger Eckſtein /
Ein Erbe vber alles /
Ein Koͤnig der Ehren /
Daß Heil der Welt

14Jeſus Chriſtus Gottes Sohn

Triumphator inferni,
Princeps pacis,
Leo fortis,
Pater futuri ſeculi,
Dux ad patriam,
Sol Iuſticiæ,
Stella matutina,
Cœleſtis Ieruſalem inextinguibil[e]
Candor lucis æternæ,
(lumen,
Speculum ſine macula,
Splendor divinæ Maieſtatis,
Imago paternæ bonitatis,
Sapientiæ Theſaurus,
AEternitatis abyſſus,
Principium ſine principio,
Verbum continens omnia,
Latitudo amplectens omnia,
Vita vivificans omnia,
Lux illuminans omnia,
Veritas judicans omnia,
Conſilium moderans omnia,
Norma dirigens omnia,
Pietas ſuſtentans omnia,
Totumq; omnium bonorum com[-]
plementum.

15vnſer Artzt vnd Heilbrunn.

Ein Vberwinder der Hellen /
Ein Fuͤrſt des Friedens /
Ein ſtarcker Loͤwe /
Ein Ewiger Vater /
Ein fuͤhrer ins ewige Vaterlandt /
Die Sonne der Gerechtigkeit /
Ein Heller Morgenſtern /
Ein Vnaußleſchliches Liecht des Him[-]
liſchen Jeruſalems /
Die klarheit des Ewigen Liechtes /
Ein vnbefleckter Spiegel /
Ein glantz der Goͤttlichen Mayeſtaͤt /
Daß Ebenbild der Vaͤterlichẽ guͤtigkeit /
Ein Schatz der Weißheit /
Ein Abgrundt der Ewigkeit /
Ein Anfang ohne Anfang /
Daß ewige Wort / das alles traͤgt /
Eine weite die alles begreifft /
Ein Leben / das alles lebendig machet /
Ein Liecht / das alles erleuchtet /
Die Warheit / die alles richtet /
Ein Raht der alles regiert /
Ein Richtſchnuer / die alles eben machet /
Die Liebe / die alles erhelt /
Vnd ein gantzer Begriff alles vollkommenen
Gutes.

CSihe16Wie ein jeder dieſen TroſtSihe das iſt das groſſe vnendliche ge - ſchenck / daß Gott dem ſterblichen Men - ſchen gegeben hat.

Das II. Capittel. Wie ein Jeder Chriſt dieſen Troſt auff ſich ziehen / vnd jhm zueignen ſol.

Luc: 19. Des Menſchen Sohn iſt kommen zu ſuchen / vnd ſelig zu machen das verlohren iſt. ()

DEr erſte Haͤuptgrundt / daß ein Jeder Chriſt der vergebung der Suͤnden / vnd Chriſti Verdien - ſtes ſich zu troͤſten habe / ſind die allgemei - ne Verheiſſung / vnter denen nicht der geringſte iſt dieſer Spruch / Lucæ 19. Dann ſo Chriſtus kom̃en iſt die verlor - nen zu ſuchen / ſo wird er dich auch frey -Allgemei - ne Ver - heiſſung erſtrecken ſich vber alle Men - ſchen. lich ſuchen. Dann du biſt auch derſelben einer. So er kommen iſt die Verdam - pten ſelig zu machen / So wird er dich auch ſelig machen. Actor: 17. Gott hat befohlen allen Menſchen an allen enden Buſſe zu thun / darumb / daß Er einen tagverord -17jhm zueignen ſol. verordnet hat / an welchem Er richten wird den Erdenkreiß. Diß iſt eine troͤſt -Troͤſtliche Schlußre de. liche Schlußrede: Chriſtus wird den gantzen Erdenkreiß richten / Darumb gebeut Gott / daß alle Menſchen Buſſe thun ſollen / daß ſie dem ſchrecklichen Vrtheil der Verdamniß entflihen moͤ - gen. Welches auch S. Petrus wider - holet in der 2. am 3. Gott wil nicht / das Jemand verlohren werde / Sondern das ſich Jederman zur Buſſe kehre. Da ha - ſtu den allgemeinẽ gnedigen willen Got - tes gegen dich / Deſſen ſich troͤſtet der groſſe Suͤnder Manaſſe in ſeinem Ge - bet / da er ſpricht: Du haſt nach deiner groſſen Guͤte Buſſe verheiſſen / zur ver - gebung der Suͤnden / Vnd haſt die Buſ - ſe nicht den Gerechten geſetzet / ſondern den Suͤndern. Sihe / was dieſer thut / daß thue du auch. Dann Gott hat mit ſolchen Exempeln bezeuget / daß er wolleSap: 13. Buſſe annemen fuͤr die Suͤnde.

2. Der ander Grundt iſt ſein tewrer Eydt. Denn damit du an dem gnedigenC ijwillen18Wie ein jeder dieſen Troſtwillen Gottes gegen dich nicht zweiffeln ſolſt / hat er ſeinen willen / vnd allgemei - ne Verheiſſungen mit einem tewren Eyd bekrefftiget. Ezech: 33. So war ich Lebe / wil ich nicht den Tod des Suͤnders / ſon - dern das ſich der Suͤnder bekehre vnd le - be. Meinſtu / das ich an dem Tode des Gottloſen einen wolgefallen habe? Als wolt er ſprechen: Wie kan der am TodeEyd Got - tes be - greifft alle Suͤnder vnd Gott - loſe. luſt haben / der das Leben ſelbſt iſt? wann ſich der Gottloſe bekehret / ſo ſol er leben. Es ſol jm nicht ſchaden / daß er iſt Gott - loß geweſt / vnd aller ſeiner Suͤnden / die er gethan hat / ſol nimmermehr gedãcht werden. Sihe / Gott wil die Gottloſen / die Suͤnder bekehret haben / biſtu nicht auch ein Suͤnder? Dieſen Eydt erklaͤret S. Paul: 1. Timoth: 1. Es iſt ein tew - res werthes Wort / daß Jeſus Chriſtus in die Welt kommen iſt / die Suͤnder ſe - lig zu machen. Iſt nun Chriſtus kom̃en die Suͤnder ſelig zu machen / ſo biſtu auch einer von denen / vmb welcher willen Chriſtus kommen iſt.

Das19jhm zueignen ſol.

Das Gott der Suͤnden nicht mehr gedencken wil / verheiſſet er dreymahl: Einmahl Eſa: 43. Ich tilge deine Vber - tretung / vmb meinet willen / vnd geden - cke deiner Suͤnden nicht. Das ander - mahl Jerem: 31. Daß ſol der Bund ſeyn: Ich wil jhnen jhre Suͤnde vergeben / vnd derſelben nicht gedencken. Das dritte - mahl Ezech: 18. Wo ſich der GottloſeHober vñ tewrer Eydt. bekehret von ſeinen Suͤnden / ſo ſol er le - ben vnd nicht ſterben. Es ſol aller ſeiner Vbertretung / die er begangen hat / nicht gedacht werden.

Die vrſach aber / warumb Gott der Suͤnden nicht mehr wil gedencken / iſt die vollkommene bezahlung vnd verſoͤh - nung. Dann was vollkoͤmlich / ja vber - fluͤſſig bezahlt iſt / das muß auch vergeſ -Warumb Gott vn - ſer Suͤnde nicht ewig gedencken wil. ſen ſeyn. Vnd weil Gott gruͤndlich ver - ſoͤhnet / außgeſoͤhnet / durchſoͤhnet iſt durch das aller Heiligſte Opffer Chriſti / ſo kan er ja nicht mehr mit vns zuͤrnen / noch der Suͤnden ewig gedencken.

Dieſen Eydt widerholet GOtt derC iijHErꝛ20Wie ein jeder dieſen TroſtHErꝛ Eſa: 45. Wendet euch zu mir / ſo werdet jhr ſelig aller Welt ende. Ich ſchwere bey mir ſelbſt / vnd ein Wort der Gerechtigkeit gehet aus meinem Mun - de. Dieſen Eydt erkleret die Epiſtel an die Hebreer am 6. Gott da er wolte den Erben der Verheiſſung vberſchwenglich beweiſen / daß ſein Rhat nicht wancket / hat er einen Eydt dazu gethan / auff das wir durch zwey ſtuͤcke / die nicht wancken (Dann es iſt vnmuͤglich das Gott liege) einen ſtarcken Troſt haben / vnd halten an der angebotenen Hoffnung / welche wir haben als einen ſichern vnnd feſten Ancker vnſer Seelen / das iſt / durch Got - tes Rhat oder Verheiſſung / vnd durch ſeinen Eyd hat er ſeinen gnedigen willen verſiegelt vnd bekrefftiget.

3. Der dritte Grundt iſt der ewige Gnadenbundt / welcher da ſtehet in ver - gebung der Suͤnden / Jerem: 31. Das ſol der Bundt ſein: Ich wil jhnen jhre Suͤnde vergeben. Dieſer Bundt vnd Teſtament iſt durch Chriſti Todt beſte -tiget /21jhm zueignen ſol. tiget / darumb iſt es Ewig. Darumb ſpricht Eſaias am 54. Der Bundt des Friedens ſol nicht hinfallen / ſpricht der HErꝛ dein Erbarmer / Eſa: 55. Ich wil mit euch einen ewigen Bundt ma - chen / die gewiſſe gnade Davids / das iſt / Chriſti / Deut: 4. Der HERR dein Gott iſt ein Barmhertziger Gott / er wird dich nicht laſſen verderben / noch vergeſſen ſeines Bundes. Pſalm 111. Er gedencket ewiglich an ſeinen Bundt: Vnd damit du dich dieſes ewigen Bun -Gnaden - bund iſt mit allen gleubigen gemacht. Rom: 4. Gal: 3. Vnd wie - derholet in der Tauffe. det troͤſten kanſt / das dich Gott auch in demſelben eingeſchloſſen / ſo hat er den - ſelben mit dir inſonderheit widerholet / vnd dir inſonderheit auffs newe denſel - ben beſtetigt in der heiligen Tauffe / Da - her S. Petrus die Tauffe nennet einen Bundt / eines guten gewiſſens mit Gott / Darumb hat ſich Chriſtus auch Taͤuf - fen laſſen am Jordan / vnd iſt mit dir in1. Pet: 3. den Bundt getreten.

4. Der vierde Grundt iſt nun der Todt Chriſti / dadurch der Bundt vnd Teſta -C iiijment22Wie ein jeder dieſen Troſtment Gottes beſtetiget iſt. Da bedencke nun / fuͤr wem der Todt Chriſti geſche - hen? S. Paulus antwortet dir / 1. Theſ: 5. Einer iſt fuͤr alle geſtorben. S. Johan -1. Joh: 2. nes ſpricht: Er iſt die Verſoͤhnung fuͤr der gantzen Welt Suͤnde. S. JohannesJoh: 1. der Taͤuffer ſpricht: Sihe / das iſt Got - tes Lamb / das der Welt Suͤnde traͤgt. Welches S. Paulus troͤſtlich erkleret: Wie durch eines Menſchen Suͤnde die Verdamnuͤß vber alle Menſchen kom -Ronn 5. men iſt: Alſo iſt durch eines Gerechtig - keit die Rechtfertigung des Lebens vber alle Menſchen kommen. Da S. Pau - lus gegen einander helt Adam vnd Chri - ſtum. Solte Adams Suͤnde kraͤfftig ſein vber alle Menſchen / vnd Chriſti Ge - rechtigkeit ſolte nicht viel kraͤfftiger vnd mechtiger ſeyn? Iſt die Suͤnde mechtig /Chriſti Verdienſt allgemein ſo iſt die Gnade noch mechtiger. Dar - umb / auff das S. Paulus beweiſe / das Chriſti Verdienſt allgemein ſey / vnd alle Menſchen angehe / ſetzet er eine Herꝛli - che Schlußrede / 1. Timoth: 2. Es iſt einMitt -23jhm zueignen ſol. Mittler zwiſchen GOtt vnd den Men - ſchen / der Menſch Jeſus Chriſtus / der ſich ſelbſt gegeben hat fuͤr alle zur Erloͤ - ſung. Derhalben ſo wil auch Gott / das allen Menſchen geholffen werde / vnd zur Erkentnuͤß der Warheit kommen / weil Chriſtus ſich fuͤr alle gegeben hat zur Er - loͤſung. Vnd das meinet S. Paulus Co - loſſ: 1. das durch Chriſtum alles verſoͤnet iſt / was im Him̃el vnd Erden iſt. Wel - ches er auch bezeuget / Rom: 8. Gott hat ſeines eignen Sohns nicht verſoͤnet / ſon - dern fuͤr vns alle dahin gegeben. Sihe / in dieſer zahl biſtu auch. Dann bey Gott iſt kein anſehen der Perſon / Actor: 10. Sa - ge mir / fuͤr wem iſt Chriſtus geſtorben? fuͤr die Suͤnder. Iſt er nun fuͤr die Suͤn - der geſtorben / ſo iſt er auch fuͤr dich ge - ſtorben / weil du auch ein Suͤnder biſt.

5. Der fuͤnffte Grundt iſt der allgemei - ne Beruff / welcher da fleuſſet aus dem allgemeinen Verdienſt Chriſti. Dann weil derſelbe fuͤr aller Welt Suͤnde ge - ſchehen / ſo iſt auch daſſelbe gepredigetC vwor -24Wie ein jeder dieſen Troſtworden allen Creaturen / Marc: 16. DerAllgemei - ner Beruf gehet vber alle Crea - turen. HErꝛ ſpricht Matth: 9. Ich bin kom̃en die Suͤnder zur Buſſe zu ruffen / vnd nit die Gerechten. Sihe du biſt ein Suͤnder / darum̃ hat dich der HErꝛ geruffen / Wo zu? zur Buſſe. Warumb? daß du verge - bung der Suͤnden erlangen ſolt durch den Glauben. Darumb hat er predigen laſſen in aller Welt / Buſſe vnd verge - bung der Suͤnden / Luc: 24. Darumb ſpricht S. Paulus Col: 1. Daß Evange - lium iſt geprediget allen Creaturen / die vnter dem Himmel ſindt. Warumb hat aber Gott das Evangelium predigen laſ - ſen? Den Glauben auff zurichten vnd an - zuzuͤnden / wie zu in Roͤm: am 10. troͤſtlich beſchrieben iſt: Wie ſollen ſie anruffen an den ſie nicht gleuben? Wie ſollen ſie gleuben / von dem ſie nicht gehoͤrt haben? Nun laͤſſet dich aber Gott nicht vergeb - lich ruffen. Er iſt kein Heuchler / es iſt jm ein rechter ernſt. Er wil / du ſolt ſeinem Goͤttlichen Beruff folgen. Zuͤrnet auch mit ernſt vber die ſo ſeine Mahlzeit vnd Hochzeit verachten / Matth: 22. Luc: 14. 25jhm zueignen ſol. Denen aber die durch den Glauben die - ſen Beruff annemen / hat er die troͤſtliche verheiſſung gegeben / vnd dieſelbe an den Glauben gebunden / daß alle die an jhn gleuben / nicht ſollen verlohren werden / ſondern das ewige Leben haben / Joh: 3. Ja das er auch denſelben Glauben biß ans ende erhalten wolle / biß des Glau -1. Pet: 1. Philip: 1. Rom: 8. Epheſ: 1. bens ende die Seligkeit darauff folget.

6. Der ſechſte Grundt iſt das inwen - dige Zengnuͤß des heiligen Geiſtes / der in dir ſeufftzet nach der Gerechtigkeit / mit welchem du verſiegelt biſt. Dieſer Geiſt beweget ohn vnterlaß dein Gewiſ - ſen / vnd laͤſſet dir keine ruhe / ſtraffet dich ohn vnterlaß / ſtellet dir deine Suͤnde fuͤr Augen / treibet dich zur Buſſe / ruffet dir inwendig vnd vber zeugt dich / wolt dich gerne von Suͤnden abhalten vnd bekeh - ren. Vnd wann du das gleich verber -Gott ruf - fet alle Menſchen zur Buſſe inwendig durchs ge - wiſſen. gen wolteſt / ſo kanſtu es nicht. Dieſer Zeuge Chriſti in dir ſchweiget nicht. Wann du gleich die Ohren zuſtopffeſt / ſo hoͤreſtu jhn doch inwendig. Vnd wann du das gleich nicht verſtehen wilt /26Wie ein jeder dieſen troſtſo muſtu jhn doch empfinden vnd leiden. Welches ja ein vnwiderſprechlich / kreff - tig / thetig / lebendig Zeugnuͤß iſt / daß dich Gott gern wolt ſelig haben.

7. So haſtu ſo viel Exempel / daßHat Gott einen buß - fertigen Suͤnder angenom - men? So nimpt er ſie alle an / denn es iſt bey jhm keinvnter - ſcheidt. Rom: 3. Exod: 32. Gott die Suͤnder hat angenommen / die ſich zu jhm bekehret haben. Es iſt ja kein Gerechter vnter allẽ Menſchen / ſie ſind alle Suͤnder / nicht allein David / Ma - naſſe / Petrus / Paulus / Maria Mag - dalena / Zacheus / ſondern alle Menſchen. Dann es iſt kein vnterſcheidt / wir haben alle geſuͤndiget / vnd mangeln alle des Ruhms / den wir fuͤr Gott haben ſollen. Fuͤr jhm iſt Niemand vnſchuldig. Wie er nun einen Suͤnder hat angenommen:Actor: 10. Alſo nimpt er alle Suͤnder an. Dann bey jhm iſt kein anſehen der Perſon. Es iſt keiner beſſer fuͤr jhm / dann der ander. Epheſ: 2.Wir werden alle aus Gnaden ohn Ver - dienſt gerecht / vnd duͤrffen alle verge -Pſal: 32. 130. 143. bung der Suͤnden. Wenn er wil Suͤnde zu rechnen / wer wird fuͤr jhm beſtehen? Dañ fuͤr jm iſt kein Lebendiger Gerecht / wann er mit vns wil ins Gericht gehen.

27jhm zueignen ſol.

8. So iſt auch Chriſti Verdienſt nicht allein genug / ſonder vberley genug / fuͤr aller Menſchen Suͤnde / ſie ſind ſo groß / ſo viel vñ ſchrecklich als ſie wollen. Chri - ſti Verdienſt iſt nicht allein eine genug - ſame gleichgeltende Bezahlung vnd ran -Chriſti Verdienſt vnd Beza - lung iſt groͤſſer denn aller Menſchen Suͤnde. tzun / ſondern eine vbergeltẽde / vberwich - tige / weitvolkom̃ene vnd groͤſſere Bezah - lung dann aller Welt Suͤnde. Warum̃ wolteſtu dich dañ ſelbſt ausſchlieſſen / vnd dich dieſer Bezahlung nit annemen? Du biſt ja auch ein Menſch? [Nun] ſpricht derLuc: 9. HErꝛ: Des Menſchẽ Sohn ſey nicht kom̃en die Seele der Menſchen zuverder - ben / ſondern zuerhalten. Du biſt ja auch in der Welt? Nun ſpricht S. Paulus: Gott hat die Welt in Chriſto verſoͤhnet. 1. Cor: 5. 1. Joh: 2.Vnd S. Johannes ſpricht: Er iſt die Verſoͤhnung fuͤr der gantzen Welt Suͤn - de / das iſt fuͤr alle Suͤnde / e[in]es jedern Menſchen.

9. So iſt Chriſti Verdienſt eine vn - endliche / ewige Bezahlung / die kein zahl kein Maß / kein ende hat wegen der ho -hen28Wie ein jeder dieſen Troſthen Perſon / ſo fuͤr vns gelitten / dieVnendli - che Beza - lung be - greifft al - ler Men - ſchen Suͤnde. Gott vnd Menſch iſt. Warumb wol - teſtu dann dieſem hohen Verdienſt eine Zahl / ein Maß / ein Ende ſetzen / daß er eben an dir ſolt auff hoͤren / vnd dich vnd deine Suͤnde nicht mit begreiffen ſolte? Ja wann ein jeder Menſch aller Welt Suͤnde allein auff den Halß hette / vnd ſo viel welt voll ſuͤnde werẽ / ſo viel Men -Mich: 7. ſchen ſein / ſo were doch Chriſti Verdienſt vnd Gerechtigkeit groͤſſer. Warumb wolteſtu dich dañ deſſelben nicht auch an - nemen? Daß iſt die Tieffe des Meers / darein GOtt vnſere Suͤnde geworffen. Daß iſt das der 103. Pſalm ſpricht: So hoch der Himmel vber der Erden iſt / leſt GOtt ſeine Gnade walten vber alle / die jn fuͤrchten / ſo weit der Abend vom Mor - gen / leſt er vnſere Vbertretung von vns ſeyn. Daß iſt die ewige Erloͤſung / davonRom: 8. Volkom̃e - ner Ge - horſam Chriſti gilt fuͤr al - le menſch[] die Epiſtel an die Hebreer am 9. ſagt: Diß iſt / daß S. Paulus ſagt. Wer wil Verdammen / Chriſtus iſt hie / der ge - ſtorben / Gott iſt hie der gerecht machet.

So29jhm zueignen ſol.

10. So iſt Chriſti Gehorſam voll - kommen / Weil Er dem willen ſeines Vaters / vnd dem Geſetz in allen Pun - cten hat genung gethan / allen Vnge - horſam aller Menſchen zuverſoͤhnen. Dann ſo eines Menſchen Suͤnde vnd Vngehorſam durch jhn nicht were hin - weg genommen / ſo were ſein Gehor -Wie A - dams vn - gehorſam kraͤfftig geweſt iſt zur Suͤn - de vber alle Men - ſchen ſam nicht vollkommen / So were Adams Vngehorſam kraͤfftiger vnd maͤchtiger zur Suͤnde dann Chriſti Gehorſam zur Gerechtigkeit. Welches aber nicht ſein kan / Wie Sanct Paulus zun Roͤmern am fuͤnfften ſpricht. Warumb wolte - ſiu dich dann aus dem vollkommenen Gehorſam Chriſti ſelbſt ausſchlieſſen / vnd dich deſſelben nicht annemen? Be -Alſo iſt Chriſti ge horſam viel kraͤff - tiger alle Suͤnde al - ler Men - ſchen hin - weg zu ne - men. Gala[t]. 3. dencke / Warum̃ Chriſtus ſo einen tieffen Gehorſamb vnd erniedrigung biß zum Tode des Creutzes / daß iſt / biß in den ewi - gen Fluch / ſeinem Himliſchen Vater ge - leiſtet / auf dz er die / ſo vnter dem fluch des Geſetzes warẽ / erloͤſet. Sihe / vnter dem hauffẽ biſtu auch. Vnd dieſe allertieffſteernie -30Wie ein jeder dieſen TroſtGalat: 3.erniedrigung hat / darum̃ geſchehen muͤſ - ſe / weil vnſere erſte Eltern die ehre der allerhoͤchſten Gottheit begehret vnd an -Wie aus Adam der Fluch vber alle Menſchn: Alſo aus Chriſto der Segen vber alle Menſchen getaſtet haben. Daß hat Chriſtus mit der allertieffeſten ſchmach vnd erniedri - drigung buͤſſen muͤſſen / vnd ein Fluch werdẽ / auff das auff alle / ſo in Adam ver - fluchet / der Segen kommen moͤchte.

11. So gehet Chriſti Koͤniglicher Sieg / Triumph / vberwindung vber alle Macht der Suͤnden / vber alle menge der Suͤn - den / vber alle groͤſſe der Suͤnden / vber alle Gewalt des Teuffels / des Todtes /Chriſti Sieg ge - het vber alle Suͤn - de aller Menſchen der Helle / wie ſolt dann Chriſti Sieg vñ Vberwindung nicht vber deine Suͤnde gehen? Solte dann deine Suͤnde allein ſtaͤrcker ſein dann Chriſtus / der Allmech - tige Koͤnig? Hat er alle ſeine Feinde zum Schemel ſeiner Fuͤſſe gelegt / wie ſolten dann deine Suͤnde allein vber Chriſtum herꝛſchen? Wie ſolſtu dich aus dieſem ge - waltigen Sieg vnd Triumph Chriſti al - lein ausſchlieſſen.

12. So iſt Chriſti Koͤnigliches hohesPrieſter -31jhm zueignen ſol. Prieſterthumb ewig. Pſal. 110. Hebr. 9. Er vergibt allen Suͤnde / die jhn darumb bitten. Er gibt allen den heiligen Geiſt / die jhn darumb bitten. Er verſagt nie - mand ſein Ampt / Er kans auch nicht thun. Dann er iſt ein Heyland der Welt /Chriſti ho he Prieſter liche Mit - ler Ampt ſchleuſſet keinẽ Men ſchen aus. ein Mitler zwiſchen Gott vnd den Men - ſchen. Wann er nun einem Menſchen / der jhn anlieffe / ſein Ampt verſagte / ſo were er kein Mitler / vnd wie ſolt er ſein hohes Prieſierliches Mitler Ampt ei - nem Menſchen verſagen? Beut ers doch allen Menſchen an / vnd allen Suͤndern. Kompt her zu mir alle / die jhr muͤheſeligMatth. 11. vnd beladen ſeid. Alle die jhr duͤrſtig ſeid / kompt her zum Waſſer des Lebens. Leſſet vns doch der Herr bitten durch ſeineJoh. 7. Eſa. 55. 2. Cor. 5. Bottſchafften vnd Legaten / wir ſollen vns mit Gott verſoͤhnen laſſen / vnd beut vns ſein Verſoͤhnampt an. Er ſuchet ja die verlorne Schaffe / er nimpt ja den verlornen Sohn an. Siehe du biſt ja auchEzech. 34. Luc. 15. ein Menſch / warumb wolteſtu dann das Mitlerampt Chriſti zwiſchen dir armenDMen -32Vnſere GerechtigkeitMenſchen vnd zwiſchen Gott ausſchla - hen / vnd ſelbſt verwerffen / vnd dich ſelbſt aus dem hohen troͤſtlichen Hohenprie - ſterlichem Mitlerampt außſchlieſſen.

Das III. Capittel. Daß vnſere Gerechtigkeit fuͤr GOTT allein ſtehe in dem vollkommenen Gehorſam / vnd Verdienſt Jeſu Chriſti / vnd in verge - bung der Suͤnden / welche der Glaube ergreiffet.

Rom. 5. Wie durch eines Men - ſchen vngehorſam viel Suͤnder worden ſeyn. Alſo ſind durch ei - nes Menſchen gehorſam viel gerccht worden. ()

GLeich wie ein guter Bawmeiſter / wann er ein hohes Gebew auff - richten will / zuuor einen tieffen beſtendigen grund legen muß: Alſo der gnedige vnd barmhertzige Gott / als er wolte das hohe ewige Gebew vnſerer Se - ligkeit vnd Gerechtigkeit aufffuͤhren / legt er den grund in die tieffe ſeiner Barmher - tzigkeit / vnd auff den ewigen vnd beſten -digen33im gehorſam Chriſti. digen grund der Perſon vnd Ampts / ſei -Grundt vnſer Ge - rechtig - keit vnnd Seligkeit iſt Gottes Barmher tzigkeit in Chriſto. nes lieben Sohns vnſers Herrn Jeſu Chriſti / als auff den rechtẽ Felſẽ des Heils der nicht wancket / wie er ſolches durch den Propheten Eſaiam am 28. verheiſſen hat: Siehe / ich lege einen Grundſtein in Sion / einen bewerten Stein / einen koͤſt - lichen Eckſtein / der wol gegruͤndet iſt / wer gleubet / der fleuget nicht.

Welchen Grund vnd Felß der Herr S. Petro zeiget / vnd andeutet / darauff er ſeine gemeine bawen wolle ſo feſt vnd gewiß / daß ſie auch die Pforten der Hel - len nit vberweltigẽ ſollen. Welchen grundMatt. 16. auch S. Paulus vnd Petrus predigen 2. Ti. 1. 1. Pet. 2. vnd der 118. Pſ. gruͤndet ſich auch auf dieſen wunderꝛichẽ Eckſtein. Auf dieſẽ grund hat Gott vnſere gerechtigkeit / ſeligkeit / vñ den Glauben erbawet. Gleich wie aber vnſer gnediger lieber himliſcher Vater / deñ grñd vnſer ſeligkeit vñ gerech - tigkeit in den tieffen abgrund ſeiner barm - hertzigkeit gelegt hat / in ſeine ewige liebe / in ſeinem lieben Son / in ſein allerfreund -D ijlichſtes34Vnſere Gerechtigkeitlichſtes Vaterhertz: Alſo hat er auch die - ſelbe geleget in die tieffe vnſers Hertzens / in den innerſten grund vnſerer Seelen / auff daß durch das newe Goͤttliche Liecht vnd Krafft des Glaubens / den er in vnsVrſachen warumb GOtt die Seligkeit dem Glan ben zu - ſchreibe. durch den heiligen Geiſt wircket / allein Chriſti Gerechtigkeit ergriffen / vnd vns aus gnaden allein durch denſelben Glau - ben zugerechnet vnd geſchenckt werde / ohne alle vnſere vorgehende vnd nachfol - gende Wercke / darumb / 1. Auff daß er den Menſchen von innen heraus recht - fertige aus dem grunde der Seelen / gleich wie der Menſch in den innerſten krefften der Seelen abgruͤndlich tieff vergifftet iſt durch den Satan.

2. Muß vnſere Gerechtigkeit allein aus dem Glauben kommen / weil denſel - ben Gott wircket / auff daß er beſtehe al - lein in Gottes Wercke / vnd nicht in euſ -Matth. 5. ſerlichen Menſchen Wercken / oder heu - cheley / wie die Phariſeiſche gerechtigkeit / die nur außwendig war / vnd nicht im Hertzen grund 3. Auff daß vnſer Hertz /Geiſt /35im gehorſam Chriſti. Geiſt / vnd Seele ſich wieder abwendete von allen eigenen Menſchlichen krefften vnd vermuͤgen / zu welchen ſie ſich durchs Teuffels verfuͤhrung geneiget hatte durch eigene ehre / liebe vnd Hoffart / vnd dagegen ſich bloß lauter wendete zu Chri - ſto / zu ſeinem thewren verdienſt vnndGlaube wendet dẽ Menſchen von jhm ſelbſt ab zu Chri - ſto. Rom. 5. gnugthuung: Aus welchem allein verge - bung aller vnſer Suͤnde aus gnaden her - fleuſſet / darumb / daß Chriſtus Jeſus al - lein fuͤr der Welt Suͤnde gnug gethan / vnd den Vater verſoͤhnet. 4. Auff daß Chriſti Gerechtigkeit vnſer eigen wuͤrde durch den Glauben / Darumb er auch durch ſein Wort vnd Geiſt in vnſern Hertzen den Glauben wircken vnd an - zuͤnden leſſet / auff daß wir durch denſel -Warumb Gott den Glaubẽ in vns wir - cket. ben dieſes vnausſprechlichen Schatzes theilhafftig werden koͤnnen. Dann diß iſt der hoͤheſte vnaußdenckliche / vnd vnauß - ſprechliche Troſt / daß vnſer gerechtigkeit nicht eines Menſchen / nicht eines groſ - ſen Heiligen / nicht eines Engels gerech -Rom. 8. tigkeit iſt / ſondern Chriſti gerechtigkeit /D iijGot -36Vnſere GerechtigkeitGOStes gerechtigkeit / GOTT iſt hie / der gerecht macht. Darumb / wann eines Menſchen Suͤnde die gantze Welt erfuͤllete / ſo iſt doch Chriſti verdienſt groͤſ -Jerem. 33. ſer / Dann er iſt Iehova iuſtitia noſtra, der Gott der vnſer gerechtigkeit iſt. Solt dañ die ſuͤnde mechtiger ſeyn dann Gott? Iſt gleich als wann man einen guͤlden ſchuͤldig were / vnnd man bezalte den Schultherꝛn mit tauſentmal tauſent Cent. Goldes / ſo iſt Chriſti Blut / welchesAct. 20. S. Paulus Gottes Blut nennet / zu rech - nen gegen vnſere Suͤnde / ſo groß iſt Chri - ſti gerechtigkeit / die er vns ſchencket durchHoͤchſte Bezahlũg in Chriſti Blut. den Glauben / alſo / daß wir nicht allein durck jn gerecht werden / ſondern daß wir in jhm werden die gerechtigkeit ſelbſt / 2. Cor. 5. Dann gleich wie es nicht gnug iſt / daß man ein armes kleines Kind we - ſchet vnd reiniget von ſeiner vnſauberkeit / vnnd leſſets darnach nackend liegen / ſon - dern mann muß es auch wider anziehen / mit weiſſen reinen Heinbdlein vnd reinen Tuͤchern bekleiden / Ezech. 16. Alſo hat vns Chriſtus vnſer HErr nit allein reingewa -37im gehorſam Chriſti. gewaſchen mit ſeinem blut / ſondern auch mit dem Kleid deß Heils / vnnd mit dem Rock der Gerechtigkeit bekleidet. DannEſ. 61. 40. wir haben zweyfaltigs entfangen von der Handt deß HErrn. Welches Kleid derChriſtus vergibt vns nicht allein vn - ſere Suͤn - dẽ / ſonder bekleidet vns auch mit ſemer Gerech - tigkeit. Prophet Eſaias am 61. nennet ein Prie - ſterlich Kleid / das iſt / ein heilige kleid / vñ der 29. Pſ. einen heiligen Schmuck / vnd Apoc. 19. Weiſſe ſeide / welches iſt die Ge - rechtigkeit der Heiligen. Der Prophete Amos am 6. nennets ſtroͤme der Geroch - tigkeit / S. Paulus Roͤm. 5. eine mechti - ge vberfliſſende Gnade / Eph. 2. den vber - ſchwencklichẽ reichthumb der gnade. Das iſt / ſo eine groſſe gerechtigkeit / das ſie kein menſch außdencken kan / ſo groß als Gott ſelbſt. Dann ob wol vnſere erſten ElternDer Chri - ſten ge - rechtig - keit eine hohe Ge - rechtig - keit. in jhrer Vnſchuld eine vollkommene Gerechtigkeit gehabt / ſo haben ſie doch nicht eine ſuperabundantem, eine ſo hohe vberfliſſende gerechtigkeit gehabt / als wir jetzo in Chriſto haben. Dann Chriſti gerechtigkeit vnd Heiligkeit / die er vns ſchencket durch den Glauben / iſtD iiijviel38Vnſere Gerechtigkeitviel groͤſſer dann die vns Adam hette koͤnnen anerben / wann er ſchon nicht ge - fallen / ſondern in der Vnſchuld blieben were / ſo iſt auch Chriſtus mit einer hoͤ - hern Demuth vnd gehorſam GOtt ge - faͤlliger geweſt / dann Adam in ſeiner vn - ſchuld. Dann er iſt mehr dann tauſent A -Chriſti ge rechtigkeit iſt hoͤher in ſeinem Verdienſt deñ Adam in ſeiner vnſchuldt. dam in ſeiner vnſchuld. Vnnd ob vns gleich Adam die Erbgerechtigkeit hette in der vnſchuld angeerbet / vnd vns mit der - ſelben vereiniger: So iſt doch die vereini - gung / ſo wir mit Gott habẽ in Chriſto viel groͤſſer / in dem Chriſtus Menſch worden / vnſere Menſchliche Natur angenom̃en / vnd dieſelbe ſo hoch gereiniget in jhm ſelbſt / ja will hoͤher als ſie immer in Adam geweſt iſt. Bleibet auch mit derſelben ein - mal angenommenen Menſchlichen Na - tur ewig vereiniget / vnd in derſelben alle Gleubige / denn Chriſtus iſt gantz vnſer vnd wir ſind gantz ſeyn. Vnd ſo rein als er nun ſeine Menſchliche Natur gemachtChriſtus machet in ſeiner Perſon / ſo rein hat er vnſere Na - tur auch fuͤr GOtt gemacht / welcheswir39im gehorſam Chriſti. wir in der verklerung an jennem Tagevns in im ſo rein als er ſelbſt iſt. erfahren werden / wann vnſere ſterbliche Leiber ehnlich worden ſeyn ſeinem ver - klerten Leibe. Hie heiſſets im Glauben: Tota pulcra es amica mea, Siehe mei -Cant. 1. ne Freundin du biſt ſchoͤn / ſchoͤn biſtu / vnd Epheſ. 5. Herꝛlich ohne Runtzel vnd Makel / vnd im 45. Pſalm / Inwendig ſchoͤn mit guͤldenen Stuͤcken geſchmuͤ - cket / Summa vnſere Gerechtigkeit iſt ſo groß in Chriſto als GOtt ſelbſt / daß wir ſie in Ewigkeit nicht werden ergruͤnden koͤnnen / ſo wenig als GOtt ſelbſt: Dar - uͤber alle Creaturen erſtarꝛen muͤſſen / vnd koͤnnen wieder den Menſchen nichts auff - bringen / ſondern muͤſſen ſagen: Wer willRom. 8. den Menſchen verdammen / iſt doch Got - tes Sohn ſelbſt ſeine Gerechtigkeit? Sie - he daß iſt des Glaubens gerechtigkeit / darauff wir ſo feſt bawen / als auff einen ewigen grund / derer wir vns frewen vnd ruͤhmen in zeit vnd ewigkeit / dadurch wir ſiegen vnnd triumphieren / vber Welt / Suͤnde / Todt / Teuffel vnd Helle / dar -D vdurch40Vnſere GerechtigkeitPſal. 91. Luc. 10.durch wir auff Lewen vnd Ottern gehen / vnd treten auff den jungen Lewen vnnd Drachen.

Vnſer ge - rechtig - keit iſt auf keine Cre - atur ge - gruͤndet / ſondern auff Gott.5. Vnſere gerechtigkeit kan auff kei - nen Engel gebawet werden. Dann es iſt kein Engel fuͤr vns geſtorben / viel weni - ger auff einen Menſchen. Dann wie bald wancket ein Menſch mit ſeiner gerechtig - keit / wie bald fellet er dahin? So ligt dann danieder im Koht alle ſeine gerechtigkeit / vnd ſo er fellet / wird ſeiner GerechtigkeitEze. 18. 33. nicht mehr gedacht. Darumb muß vnſere Gerechtigkeit / einen andern feſten / be - ſtendigen / vnd ewigen Grund haben der nicht hinfellet / wann gleich Berge vnnd Huͤgel hinfallen / der da bleibet wann al - les vergehet. Eſa. 54. Es wird eine ewige Gerechtigkeit gebracht werden. Dan. 9. Durch die hoͤchſte bezalung / muß auch das hoͤch - ſte gut er - kaufft ſeyn.Mein Heyl bleibt ewiglich / vnnd meine gerechtigkeit wird nicht verzagen. Eſa: 51. Es muß fuͤrwar das allerhoͤchſte / ewige / vnendliche Gut ſeyn / daß vns durch eine ewige Perſon / durch die hoͤchſte Perſon / durch ein vnendliche hoͤchſte bezahlung erworben iſt.

6. Hat41im gehorſam Chriſti.

6. Hat GOtt vnſere gerechtigkeit durch den Glauben zu ergreiffen verord - net / weil derſelbe auff Gottes Warheit / vnd verheiſſung gebawet / vnd daran ge -GOTtes gnade vñ warheit iſt der grund vn ſer ſelig - keit. bunden / durch welche Gott die gerechtig - keit dem Abraham / vnd allen ſeinem gleu - bigen Samen verheiſſen vnnd zugeſagt. Darum ſchleuſt S. Paulus zun Roͤmern am 4. Muß die Gerechtigkeit aus dem Glauben kommen / auff daß ſie ſey aus Gnaden / vnd die Verheiſſung feſt blei - be. Auff dieſe Verheiſſung der gnaden / ſo in Chriſto erfuͤllet iſt / hat GOTT vnſere Gerechtigkeit vnnd Seligkeit er - bawet / wie der Apoſtel ferner zun Gala - tern am 3. bezeuget: Gleich wie Abra - ham GOTT gegleubet / vnd es iſt jm zu gerechnet zur gerechtigkeit / ſo erkennet jhr nu / daß die des Glaubens ſind / die ſind Abrahams Kinder. Die Schrifft aberAlle gleu - bige / erbẽ den Segẽ Abrahae. hat es zuuor erſehen / daß Gott die Hey - den / durch den Glauben gerecht mache / darumb verkuͤndiget ſie dem Abraham: In dir ſollen alle Heyden geſegnetwerden.42Vnſere Gerechtigkeitwerden. Alſo werden nu die des Glau - bens ſind / geſegnet mit dem gleubigen A - braham. Dieſe gnade vnd warheit iſt vns durch Jeſum Chriſtum worden Johan. 1.

Vnd endlich zum 7. So hat auch Gott der Herr vnſere gerechtigkeit auff ſei - ne gnade / vnd Chriſti verdienſt gegruͤn - det / auff daß Chriſtus vnſer Herr al - lein die Ehre behalte. Dann aus jhm al -Eſ. 45. 53. lein koͤmpt vnſer Heyl. Oſ. 13. Er iſt vn - ſerer Gerechtigkeit vnnd Seligkeit / An - fang / Mittel / vnd Ende / Auff daß aller Mund verſtopffet werde / ſpricht S. Pau - lus Rom. 3. vnd Cph. 2. Gottes gnade iſt es nicht aus den Wercken / auff daß ſich kein Fleiſch ruͤhme. Wann aber vnſere Gerechtigkeit auff vns ſelbſt / auff vnſere Wercke / vnd Verdienſt gegruͤndet were / ſo were die gnade nichts / duͤrfften auch keiner gnade vnd Barmhertzigkeit / duͤrff - ten auch keiner vergebung der Suͤnden / darumb doch alle Heiligen Gott bitten Pſ. 32. Were auch alle Demut vnd furchtViel gruͤn -[d]e der Ge - GOttes / der Glaube vnd Gebet auffge -hoben /43im gehorſam Chriſti. hoben / duͤrfften auch keines Mitlers / Er -rechtig - keit des Glaubẽs. loͤſers / Heylandes / Seligmachers / vnd Chriſtus were vmbſonſt geſtorben / We - ren auch ſchuͤldig das gantze Geſetz mit vollkommenem innerlichen vnd euſſerli - chen Gehorſam zu erfuͤllen / weren auch vnter dem Fluch / weren aus der gnaden gefallen / vnd hetten Chriſtum verloren / wie S. Paulus Gal. 3. 4. vnd 5. gewaltig bezeugt. So gar iſt die Lere von der ge - rechtigkeit der Wercke / fuͤr GOtt dem Fundament der gantzen Schrifft Altes vnd Newes Teſtaments / vnd dem heili - gen Chriſtlichen Glauben zuwieder.

Daß aber vnſere Gerechtigkeit vnd Seligkeit auff Gottes ewige gnade / auff Chriſti ewige Perſon vnd Ampt erbawet vnd gegruͤndet iſt / vnd wir in Chriſto ewig gerecht / fromm / heilig / lebendig / ſelig / Gottes Kinder vnd Erben ſeyn / ja daß Chriſti gerechtigkeit vnſere gerechtigkeit / Chriſti froͤmmigkeit vnſere froͤmmigkeit /Vnſer hoͤchſter Troſt vnd Ruhm. Chriſti Heiligkeit vnſere Heiligkeit / Chri - ſti Leben vnſer Leben / Chriſti Seligkeitvnſere44Vnſere Gerechtigkeit / etc. vnſere Seligkeit / Chriſti Kindtſchafft vnd Erbe / vnſer Erbe iſt / ja daß Chriſtus gantz vnſer iſt nach ſeiner Gottheit vnnd Menſchheit. (Dann Gott vns den gan - tzen Chriſtum geſchencket zu einem Crloͤ - ſer vnd Seligmacher / daß er gantz vnſer eigen ſey mit ſeiner Perſon / Ampt / Gna - de / Herꝛligkeit vnd Seligkeit:) Das iſt vnſer hoͤchſter Troſt / Ehre / ruhm / preiß / Liebe / frewde / friede fuͤr Gott / Engel vnd Auſſerwehlten / Vnſere hoͤchſte Weiß - heit vnnd Kunſt / ſtercke / Krafft / Sieg / Trotz wieder die Suͤnde / Todt / Teuffel / Helle / Verdamnuß / Welt / vnd alle Fein - de. Dafuͤr ſey Gott gelobet in ewigkeit / Amen.

Das IIII. Capittel. Daß der ſeligmachende Glaube in einem waren Chriſten wircke allerley Fruͤchte der Ge - rechtigkeit / ſo auch aus dem innerſten Grund des Hertzens gehen muͤſſen ohne Heucheley: Daß auch Gott alle euſſerliche Wercke nach dem Grunde des Hertzens vrtheile.

Phil:45Glaube wircket Fruͤchte / etc. Philip. 1. Daſelbſt vmb bete ich / daß jhr ſeid lauter vnd vnan - ſtoſſig biß auff den Tag Chriſti erfuͤllet mit Fruͤchten der Ge - rechtigkeit / die durch Jeſum Chriſtum geſchehen in euch zur Ehre vnd Lob GOttes. ()

EIn warer Chriſt wird nicht allein durch den Glauben an Chriſtum gerecht / ſondern wird auch durch1. Cor. 6. Eph. 2. Tit. 3. den Glauben eine wohnung vnd Tempel Chriſti vnd des H. Geiſtes. Darzu hat er dein Hertz gereiniget durch den Glau - ben. Darumb muſtu nu deinen HerrnAct. 15. Chriſtum in dir leben vnd herꝛſchen laſ - ſen / nemlich ſeine Liebe / Demuth vnnd Sanfftmut. Darzu gibt dir dein Herr vñ Erloͤſer ſeinen H. Geiſt / welcher dir ein newes freywilliges Hertz machet / zuthun was Gott gefelt ohn allẽ zwang aus frey -Jer. 31. Heſek. 11. em Geiſt. Vnd koͤmpt dieſer newe heilige gehorſam nicht aus dem Geſetz / Gebot / oder zwang / ſondern aus dem lebendigenGlau -46Glaube wircketGlaube. Alſo iſt dem gerechten kein Ge - ſetz gegeben / daß iſt / kein noth / oder zwang Geſetz / wiewol es eine ſchoͤne Regel iſt / eines Chriſtlichen lebens. Dann der wa - re lebendige Glaube thut alles freywillig /Lebendi - gen Glau - bens Art. ernewert den Menſchen / reiniget das Hertz / liebet den Neheſten mit luſt / hof - fet vnd ſiehet auffs Zukuͤnfftige / er betet / lobet / bekennet / fuͤrchtet Gott / iſt De - muͤtig / geduͤltig / barmhertzig / Freundlich Sanfftmuͤtig / verſoͤhnlich / mitleydig / friedfertig / vergibt gern / hungert vnnd duͤrſtet nach der Gerechtigkeit / ergreifft Gott mit aller ſeiner Gnade / Chriſtum mit allem ſeinem Verdienſt / vnd verge - bung aller Suͤnden. Vnd wo du Chri - ſtum nicht alſo durch den Glauben in dir leſſeſt leben / auch die Fruͤchte des Gei - ſtes nicht alſo entpfindeſt / ſoltu darumb bitten / ſeufftzen / trawren. Daß ſoltu aber nicht alſo verſtehen / das ein Chriſt in dieſem leben muſte oder konte volkom - men heylig ſein. Dann es befinden auch die heiligſten jhre ſchwachheit / wie dergantze47Fruͤchte der Gerechtigkeitgantze Pſalter / vnd das Vater vnſer be -Wie das Chriſtli - che Leben zuverſte - hen. zeuget. Aber gleich wie vnſer lieber Gott darum̃ vnſere gerechtigkeit / dadurch wir fuͤr jhm beſtehen / durch den Glauben er - griffen haben wil / vnd dieſelbe in den in - nerſten grundt des Hertzens gelegt hat / auff das ſie keine Heucheley ſey: Alſo muͤſſen alle fruͤchte des Glaubens vnd der Gerechtigkeit / aus dem grund des Hertzens gehen / darnach ſie auch Gott vrtheilet / ſollen ſie anders keine Heuche - ley ſeyn.

Ich rede hie von keiner vollkom̃en - heit / ſondern das nur vnſer newes leben / vnd gute Wercke keine Heucheley ſeyn. Die fruͤchte der Gerechtigkeit vnd des Geiſtes / wie ſie Galat: 5. beſchrieben ſind / muͤſſen ſich ja in denen ereugen / die den H. Geiſt haben / vnd muß ja der gu - te Baum an ſeinen Fruͤchten erkand wer - den / ob ſie gleich nicht vollkommen vnd Engeliſch ſein / ſondern mit vielen gebre - chen vnd ſchwachheiten beflecket vñ ver - dunckelt. Vnter deſſen aber muͤſſens jaEkeine48Glaube wircket. keineheuchel vndluͤgenfruͤchte ſeyn. Das Chriſtenthumb iſt zwar ein Hauß vnnd Spittal vieler ſchwacher vnnd krancker Leute / ja beyde voller Suͤnder vnd Hei - ligen. Vnd gehet zugleich wie mit den Kindern / die erſt an den Bencken gehen lernen / die muß man gaͤngeln / heben / tragen / auffrichten / dulden: Alſo muß in der Chriſtenheit einer des andern Laſt tragen / auch nicht bald einen ſchwachen Chriſten richten vnd vrtheilen / ſondernGalat: 6. Rom: 14. mit ſanfftmuͤtigem Geiſt wieder zu recht bringen / vnd aus deſſelben Exempel ſei - ne ſchwachheit erkennen lernen. Aber vnter deſſen muͤſſen ſie auch in Chriſto warhſen vnd zunemen / vnd nicht jmmer1. Cor: 14. vnverſtendige Kinder bleiben / ob ſie wol ſchwerlich das Fleiſch toͤdten / vnd vber - winden koͤñen: Muͤſſen ſich auch befleiſ -1. Tim: 1. ſigen der Liebe / von reinem Hertzen / von gutem Gewiſſen vnd vngeferbtem glau - ben / vnd lernẽ / daß Gott alle euſſerliche Wercke nach dem grund des Hertzens vrtheile. Iſts Hertz gut / ſo iſts alles gut /was49Fruͤchte der Gerechtigkeit. was du thuſt: Iſts Hertz boͤſe / vnrein / Feindtſelig / ſo ſindt alle deine Wercke Feindtſelig vnnd boͤſe fuͤr Gott. Wie du inwendig biſt / ſo biſtu fuͤr Gott / ſo iſt dein Gebet fuͤr Gott / dein Kirchen ge - hen / dein Allmoſen / dein Sacrament ge - brauchen / Darumb wiltu dich vnd dei - nen Glauben recht pruͤffen / ſo nim die zehen Gebot fuͤr dich / vnd vrtheile ſelbſt alle deine Wercke nach deinem Hertzen / ſo wirſtu ſelbſt Richter ſein koͤnnen / vnd pruͤffen / ob du in deinem Thun GOtt gefalleſt oder nicht. Vnd ob du recht -Proba des Glau - bens vnd des Her - tzens. ſchaffne fruͤcht der jnnerlichen glaubens Gerechtigkeit haſt. Du treibeſt keine euſſerliche Abgoͤtterey / iſt recht. Sie - he nun zu ob auch grundt des Hertzens dabey iſt / ob du auch einen Goͤtzen imInwendi - ger Goͤtze. Hertzen ſitzen haſt / ob du auch inwendig alſo biſt / wie außwendig. Hanget dein Hertz nicht an der Welt / am Geitz / am hoffart / Itzo gefelt dein euſſerlich werck Gott wol. Iſts aber anders / ſo iſt dein außwendig. Werck nichts fuͤr GOtt. E ijDu50Glaube wircketInwendi - ges Her - tzen Ge - bet.Du beteſt / lobeſt / danckeſt Gott euſſer - lich mit dem Munde. Siehe aber / das du nicht mit dem Munde beteſt / vnd im Hertzen flucheſt. Forſche des Hertzen grund / wie es da ſtehet. Iſts da auch nicht alſo / iſt dein Beten vnnd LobenInwendi - gen Her - tzen Sab - bath. nichts. Du heiligeſt den Feyertag euſ - ſerlich / iſt recht. Siche des Hertzen grund an / wie es da ſtehet. Haſtu auch den rechten Sabbath im Hertzen? Ru - heſt vnnd feyreſtu auch da von deinen boͤ - ſen gedancken / vnd willen / vnd ergibſt Gott dein Hertz / daß er in dir wircke? Bringeſtu auch einen hoffertigen giffti - gen Wurm mit in die Kirche? Iſt dem alſo / ſo iſt dein Kirchen gehen nichts. Du leiſteſt den euſſerlichẽ gehorſam / iſt recht. Innerli - cher Ge - horſam.Siehe obs im Hertzen auch ſo iſt. Haſtu auch ein gehorſames Hertz aus liebe / nicht aus zwang? Wo nicht / iſts Heu - cheley. Du toͤdteſt niemandt mit der Fauſt / iſt recht. Siehe obs im HertzenHertzen todſchlag. auch ſo iſt. Iſt Zorn da / ſo iſts ein jnner - licher Todtſchlag vnd biſt des Gerichtesſchul -51Fruͤchte der Gerechtigkeit. ſchuldig. Du muſt darumb fuͤr Gericht. Siehe / wie der jnnerliche Zorn deine ge - berde verſtellet / vnd dadurch aus dem Hertzen als Fewer lauſchert. Dadurch ſageſtu zu deinem Bruder: Racha / vnd biſt des Rahts ſchuͤldig. Du biſt eines Verdamlichen / Peinlichen Vrtheils werth / Siehe / wie der Zorn durch die Scheltwort außbricht / daß du ſageſt mit gifftigen worten: Du Narꝛ / ſiehe ſo biſtu des Helliſchen Fewres ſchuͤldig. WasDer Moͤr - der ſitzt im Hertzen. hilffts dich nun / daß du mit der Fauſt nie - mandt toͤdteſt / aber im Hertzen ein Moͤr - der biſt? Was hilffts die Hende ſtill hal - ten / vnd dagegen mit Feindſeligen geber - ben als ein Baſiliſck mit den Augen den Neheſten toͤdten? Was hilffts das Schwerdt nicht zuͤcken / vnd doch ein bloſſes Schwerd im Munde haben / vndJerm: 18. den Neheſten mit der Zungen Todſchla - gen? Im Hertzen ſitzet der Moͤrder / der Ehebrecher / der Dieb / der Luͤgener / vnd die boͤſe Beſtia / die boͤſe Luſt vnnd Wur - tzel alles vbels / Siehe / wann dieſer boͤſerE iijWurm52Glaube wircketWurm im Hertzen nicht getoͤdtet wird durch ware Hertzliche Buſſe / rewe vnd leid / durch den Glauben vnd Blut Chri - ſti / ſo iſts vnmuͤglich das du GOtt dem Herrn ein einig angenemes Werck thun koͤnneſt. Dann Gott vrtheilet al - les nach dem Hertzen.

Matth: 5.

Deſſen gibt dir der Herr ſelbſt ein Exempel aus dem fuͤnfftẽ Gebot vnd ſpricht: Wann du deine Gabe auff dem Altar opfferſt / vnd wirſt allda einden - cken / das dein Bruder etwas wieder dich hab / ſo gehe zuvor hin vnd verſoͤhne dich mit jhm / oder es wird dein Gebet / Opf - fer / Gottesdienſt / Sacramentbrauchen dir nichts helffen / Ja vielmehr zur Suͤn - de werden / dann Gott ſiehet daß Hertz an. Darum̃ befihlt S.[Paulus] / 1. Tim:Warer Gottes - dienſt aus reinen her tzen. 2. Das wir heilige haͤnde auff heben ſol - len im Gebet ohne zorn vnnd zweiffel. Vnd den Eheleuten befihlt S. Petrus 1. am 3. das ſie ſich fuͤr Zorn huͤten ſol - len / auff daß jhr Gebet nicht verhindert werde. Darauff thut der Herr Jeſus eine trewhertzige Vermanung zur Bruͤ -derlichen53Fruͤchte der Gerechttgkeit. derlichen Verſoͤhnung / vnd braucht fol - gende drey gruͤnde.

1. Sey wilfertig deinem Wiederſacher bald / weil du noch bey jm auff dem Wege biſt / das iſt / du geheſt alle ſtunde auff dem Wege des Todtes. Vnſer gantzes Leben iſt nichts anders / dann ein ſtetiger gangVerſoͤh - nung nit zuverſeu - men. zum Tode vnd zum Grabe. Stuͤrbſtu im zorn / ſo behelſtu ewig ein feindſelig hertz / vñ wirſtu des zorns in dieſem lebẽ nit loß / ſo bleibeſtu ewig in deiner Seelen mit dem zorn vereinigt / ja mit dem Teuffel ſelbſt.

2. Das dich der Widerſacher nit vber - antworte dem Richter. Schrecklich iſts einen fuͤr Gottes Gericht fordern / vnd mit ſeinem Widerſacher ſtehen fuͤr dem geſtrengen Gerichte Gottes / vnd des vr - theils erwarten. Darumb was hie verge - hen / vergeſſen / verſoͤhnet iſt / das iſt auch dort ewig vergeſſen / vergehen vnd außge - ſoͤhnet. So hoch iſt dey Gott die liebe an - geſehen / das er ſeine Liebe vnd des Nehe - ſten Liebe bey einander haben wil vnge - ſcheiden / vnd wil kurtzumb ohne des Ne - heſten Liebe von vns nicht geliebet ſeyn. E iiijEr54Glaube wircketEr wil ſeine Liebe vnd des Neheſten Lie - be nicht getheilet haben. Dann er iſt dieJerm: 12. Liebe ſelbſt / vnd hat den Menſchen ſo lieb als ſeine Seele.

3. Wer nicht vergeben wil / wird in den Kercker geworffen / da er den letzſten Heller bezahlen muß / daß iſt / Gottes ge - rechtigkeit iſts / daß er ſo mit vns hande - le / wie wir mit vnſerm Neheſten handeln / vnd vns eben mit dem Maſſe meſſe / da - mit wir andern gemeſſen haben. Ver - gibſtu nun deinem Neheſten nicht ſo iſt Gottes Vrtheil / daß er dir auch nicht vergeben wil / ſo bleiben alle deine Suͤn - de vber dir. Die muſtu dann ſelbſt von der groͤſten biß auff die kleineſte in der e - wigen Pein buͤſſen: vnd kanſt doch in e - wigkeit nicht bezahlen.

Siehe / wie dir nun der Sohn Got - tes ein Exempel gegeben hat deine euſſer - liche Werck aus deinem Hertzen zu vr - theilen / ſo vrtheile nu dein gantzes Chri - ſtenthumb aus deinem Hertzen. Du ſprichſt: Ich bin ein Chriſt / bin getaufft /habe55Fruͤchte der Gerechtigkeit. habe Gottes Wort rein / hoͤre daſſelbe /Das Chri ſtenthum̃ muß man im Hertzẽ haben. brauch das H. Sacrament des Abend - mahls / Ich gleube vnd bekenne auch alle Artickel des Chriſtlichẽ Glaubens. Dar - umb kan mirs nicht mangeln / mein thun muß Gott gefallen / vnd ich muß ſelig werden. So ſchleuſſet jtzo alle Welt / vñ helts auch dafuͤr / darinn beſtehe die Ge - rechtigkeit. Daß iſt wol ein guter rech - ter Schluß / wann des Hertzens grundt dabey iſt / wo nit / ſo iſts alles vergeblich. Pruͤffe dich nur aus deinem eigen Her - tzen. Die Proba liegt im Hertzen. Erſt - lich ſprichſt[u]: Du biſt ein Chriſt / iſt recht. Beſi[e]he des Hertzen grundt / wie iſts da? Biſt[u]dann auch in deinem Her - tzen ein Chriſt mit der That alſo / wie mit1. Joh: 2. dem Namen? Iſt die Salbung des Gei - ſtes auch in dir / vnd des heiligen Geiſtes fruͤchte / die einen waren Chriſten bewei - ſen? Wo nit / ſo biſtu ein falſcher Chriſt. Die Proba liegt im Hertzen. Du ſprichſt auch: Ich bin getaufft / iſt recht. Beſi -Fruͤchte der tauffe. he deines Hertzen grundt. Lebeſtu auchE vin56Glaube wircketFruͤchte der Tauff.in der newen Geburt / in ſteter Buſſe / vñ toͤdtung des alten Adams? Du haſt die Tauffe empfangen / wo ſindt die fruͤchte deiner Tauffe? Du haſt wol die newe Geburt empfangen / aber du lebeſt nicht darinnen. Du ſprichſt: Ich habe Got - tes Wort rein / vnd hoͤre daſſelb / Iſt al - les recht. Beſiehe deines hertzens grund. Wie Got - tes Wort zu hoͤren.Iſt auch Gottes Wort in dein leben ver - wandelt worden / Wie eine Speiſe im Fleiſch vnnd Blut: Dann alſo muß die edle Speiſe Goͤttliches Worts in dein leben verwandelt werden / oder es iſt ver - geblich gehoͤrt / Wie der Herr andeu - tet / Matth: 13. vnd Luc: 13. vom Sau - erteig / dadurch der gantze Teig durch - ſewret wird. Biſtu auch froͤmmer da - durch worden? ſpricht nicht der Herr? Es werden nicht alle / die zu mir ſagen:Matth: 7. Herr / Herr / ins Himmelreich kommen? Du ſtreiteſt vnd eyfferſt vber vnd fuͤr die reinen Lehr / iſt recht. Siche dein Hertz an. Haſtu auch aus der rei - nen Lehr / ein rein Hertz berom̃en? Iſts nicht war / das mancher bey dem eyfferder57Fruͤchte der Gerechtigkeit. der reinen Lehr / der vnreineſt Menſch iſt / voll Hoffart / Feindſeligkeit / vnd Wu - cher? Ach Gott der tewre Name dein / ꝛc. Du ſprichſt: Ich brauch das H. Abend - mal / iſt recht. Sihe deines Hertzen grund an. Du haſt Chriſti Fleiſch vnd Blut im Abendmal offt empfangen / warumb le - ſin dann Adams Fleiſch vnd Blut in dir herꝛſchen vnd leben / vnd nicht viel mehr daß edle Leben Chriſti / das iſt / Liebe / Sanfftmuth vnnd Demuth? Du em -Fruͤchte des Abent mals. pfeheſt Chriſtum im Sacarament / vnd verleugneſt jn in deinem lebẽ? Biſtu auch in jhn verwandelt durchs H. Abendmal / wie S. Auguſtinus ſagt: Du ſolt mich nicht in dich / ſondern ich wil dich in mich verwandeln? Du ſprichſt: Ich gleube vnd bekenne alle Artickel des Chriſtlichen Glaubens / iſt recht. Beſiche deines Hertzen grundt. Das iſt der ware Glau - be / der dich mit Gott / vnd Gott mit dir vereiniget / gleubeſtu an Gott / ſo muß Gott in dir ſein / in dir leben vnnd wircken / oder dein Glaube iſt falſch /vnd58Glaube wircketWas ſey an Gott vnd Chri - ſtum gleu ben. Epheſ: 3. Rom: 6.vnd hat dich mit Gott nicht vereiniget / Du biſt von Gott geſcheiden. Ich rede allhie nicht von dem ſchwachen Glauben der offt nicht empfunden wird / vnd als ein glim̃endes Tochtlein iſt / vnd gleich - wol Gott anhanget / wie ſchwach er auch iſt / vñ ſeine fruͤchte auch bringet in ſeiner ſchwachheit / Sondern ich rede von der allgemeinen Prob vnd Frucht des Glau - bens. Gleubeſtu an Chriſtum / ſo muß Chriſtus in dir ſein / vnd in dir leben / oder dein glaube iſt falſch. Gleubeſtu das Chriſtus fuͤr deine Suͤnde geſtorben iſt / ſo muſtu mit jhm der Suͤnden vnnd der Welt abſterben / ſonderlich der Hoffart vnd Geitz / wo nicht / ſo gleubſtu nicht an Chriſtum. Gleubſtu / daß Chriſtus ge - creutziget iſt fuͤr die Suͤnde der Welt / ſo muſtu mit jhm der Welt gecreutziget werden / oder du biſt mit deinem HErꝛn Chriſto nicht vereinigt durch den glau - ben als ein wares glied. Gleubeſtu / das Chriſtus aufferſtanden iſt / ſo muſtu mit jhm als mit deinem Haupt vereinigt blei -ben.59Fruͤchte der Gerechtigkeit. ben. Summa Chriſti Geburt / Creutz / Todt / Leyden / Aufferſtehung / Himmel - fahrt / muß alles in dir ſein / oder es iſt nichts mit deinem glauben. Gleubſtu an den heiligen Geiſt / ſo muß der H. Geiſt in dir ſein / dich regieren / erleuchten vnd heiligen. Denn die der Geiſt GottesRom: 8. treibt / die ſind Gottes Kinder.

Siehe nun / mein Lieber Chriſt / laß dein Chriſtenthumb inwendig ſein / nicht außwendig / aus dem jñerſtẽ grund deines Hertzens gehen / aus dem waren lebendi - gen / thaͤtigen Glauben / aus warer jnner - licher Hertzlicher ſtetiger Buſſe / oder dein gantzes Chriſtenthum̃ iſt falſch / vnd kanſt mit allem deinem thun fuͤr GOtt nicht beſtehen / wird dich auch nicht helf - fen an jenem Tage. Dann Gott wird alle ding / was du gethan haſt nach dei - nem Hertzen richten. Befindeſtu aber hie mangel vnd vnreinigkeit deines Her - tzens / ſo lauffe zu dem Heilbrunnen der gnade Gottes / trincke / ſchoͤpffe / bitte / ſuche / ſchreye Miſerere Itzo wird deinHertz60Ein warer Chriſt muß Gottes WortHertz geheilet / deine Suͤnde bedecket / vnd deine Miſſethat zugeſiegelt.

Das V. Capittel. Das nicht die Wiſſenſchafft / vnd Ge - hoͤr des Goͤttlichen Worts einen waren Chriſten beweiſe / ſondern Gottes Wort ins Leben verwandeln / vnd Gott von gantzem Hertzẽ anruffen / das ſein Wort in vns frucht ſchaffe vnd lebendig werde / als Gottes Same.

Sap: 6. Wer ſich gern leſſet wei - ſen / da iſt gewißlich der Weiß - heit anfang. Wer ſie aber ach - tet / der leſſet ſich gern weiſen. Wer ſich gern weiſen leſſet / der helt jhre Gebot. Wo man aber die Gebot helt / da iſt ein heilig leben gewiß. Wer aber ein heilig leben fuͤhret / der iſt Gott nahe. ()

DIeſer ſchoͤne Spruch lehret vns / wie wir die rechte Weißheit er - langen ſollen / dadurch wir Got -tes freun -61ins Leben verwandeln. tes Freunde werden / nemlich / wann wir von Hertzen Buſſe thun / vnd vnſer Le - ben nach Gottes Wort anſtellen. Dar -Fruͤchte emes hei - ligen le - bens. auff folget die rechte erleuchtigung vnd vermehrung aller gnadengaben Gottes / vnd Gottes ſonderliche nahe verwand - nuͤß / daß wir auch der Goͤttlichen Natur theilhaͤfftig werden / ſo wir fliehen die fleiſchlichen luͤſte / wie S. Petrus 2. am 1. ſagt: Deſſen wir ein Exempel habenGen: 6. an Enoch dem ſiebendẽ von Adam / weil er ein heilig Leben fuͤhrete / ward er weg - genommen gen Himmel / vnd ward nicht mehr fundẽ auff Erden. Nach einem ſol - chen heiligen leben verlangt David / dar - umb betet er zum hefftigſten im 119. Pſal: vnd ſetzet zwo mittel zu einem heiligen le - ben: 1. Das embſige Gebet. 2. Emb -Zwey We - ge zu ei - nem heili - gen leben. ſiger fleiß ſich in Gottes Wort zu vben / vnd ſpricht:

Ich ruffe von gantzem Hertzen / Erhoͤ - re mich daß ich deine Rechte halte. Ich ruffe zu dir / hilff mir daß ich deine Zeug - nuͤß halte. Hie leret vns der H. Prophetwie62Ein warer Chriſt muß Gottes Wortwie ſchwere es ſey ein guter rechtſchaffe - ner Chriſt zu ſein / vnd Gottes Wort mit der That / vnd mit heiligem Leben zu er -Es iſt ſchwer ein rechter Chriſt zu ſeyn. halten. Dann Blut vnd Fleiſch wider - ſtrebet von Natur dem Wort Gottes. 2. So iſts zu ſchwach / leſſet ſich zu bald vnd zu offt zu ruͤck treiben. 3. So iſt der boͤſe Feindt vnledig vnd verhindert vns zur rechten vnd zur lincken. 4. Boͤſe Leu - te feyren auch nicht mit Ergerniß vnnd Verfolgungen. Dawider muß man ſich legen mit allen kraͤfften der Seelen / wieEiniger Wunſch des lieben Davids / vnd aller waren Chriſten. hie David ſpricht: Ich ruffe von gan - tzem Hertzen. Daß iſt ſein bitten vnd be - geren / daß er moͤge ein heylig leben fuͤh - ren / Gottes Wort ins leben verwande - len / vnd Gottes willen vollbringen / auff das er Gottes gnade nicht moͤge verlie - ren. Daran ſol vns auch am meiſten ge - legen ſein / vnd mehr dann an allem / was in der Welt iſt. Wer Gott zum Freun - de hat / dem kan aller Welt Feindſchafft nicht ſchaden. Von gantzem Hertzen beten / iſt der erſte grad.

Das63ins Leben verwandeln.

Das ander Mirtel zu einem heiligen Leben iſt / daß er ſpricht: Ich komme fruͤe (vnd ſchreye / auff dein Wort hoffe ich. Ich wache fruͤe auff. Vor Tage ehe die Nachtwache aus iſt) das ich rede von dei - nem Wort / daß ich daſſelbe betrachte. Dieſe Wort ſindt beyde von einem ſon - derbaren fleiß / vnd empſigkeit zuverſte - hen / vnd von einem ſonderbaren ernſt vñ liebe zu Gottes Wort / vnd dann auch von der nachtlichen Zeit / vnd fruͤe ſtun - den / in welchen man ſonderlich ſcharff vnd tieff gedencken kan: ſonderlich aber / wann man mit hohen Anfechtungen vnd Geiſtlicher trawrigkeit geplagt wird / da man des troſtes wartet von einer Mor -Pſal. 130. Pſal. 77. genwache biß zur andern / da Gott der HErꝛ einem die Augen helt / daß er muß wachen vnnd hoffen / da man iſt wie ein einſamer Vogel auff dem Dache / wiePſal. 102. ein Keutzlein in den verſtoͤreten Einoͤden / daß allein ſitzet vñ kirret / Da vnſer lieber Gott einen ſo muͤde machet von ſeufftzen /Pſal. 6. daß man kaum Othem holen kan.

FSehet64Ein wahrer Chriſt muß Gottes Wort

Sehet das iſt die rechte Creutzſchule aller Heiligem 1. Wer in dieſe Schule nicht kommen iſt / weiß nicht viel von Gottes Wort. 2. Gott zerbricht vns al - le Lebens vnd Seelenkreffte / auff daß erVrſachen der hohen Anfech - tungen. allein vnſere krafft ſey. 3. Er will vns durch ſolch Creutz das Fleiſchliche Leben nemen / auff daß er in vns lebe / vnd wolte gerne ſein Wort in vns lebendig machen. Dann dahin ſoll vnſer Leben vnd Chri - ſtenthum gerichtet ſeyn / daß wir das voll -Warumb ein menſch lebet. bringen muͤgen / vnd thun was wir aus Gottes Wort hoͤren.

Darumb lerne nun hier dieſe Lehre mit allem Fleiß / was einen rechten Chri -Joh. 13. ſten beweiſet / nicht Gottes Wort wiſſen vnd hoͤren / ſondern thun. Dann erſtlich iſt vns ſonſt Gottes Wort nichts nuͤtze / Sintemal es vns nicht darumb gegeben iſt / daß wirs allein hoͤren ſollen / ſondernVrſachen warumb GOttes Wort hoͤ - daß wirs thun ſollen. Dann gleich wie ei - ne Artzney nicht hilfft / wann ſie der Pa - tient nur anſihet / vnnd dauon hoͤret re -den /65ins Leben verwandeln. den / wann er ſie auch nicht zu ſich nimpt:ren vnnd wiſſen nit genug ſey. Alſo weil GOttes Wort vnſer verderb - ten Natur Artzney ſeyn ſol / ſo wird ſie dich nicht viel beſſern / vnd auß dem To - de Lebendig machen / wann du nicht wilt dein Leben darnach richten: Darzu ge - hoͤrt ein embſig Gebet Tag vnd Nacht daß du thun muͤgeſt / was du hoͤreſt auß GOttes Wort / wie hie Dauid betet. 2. Was hilfft einem Kuͤnſtler / daß er ſei - ne Kunſt weiß / vnnd brauchet ſie nicht? Muß er nicht daruͤber verderben? Al - ſo was hilfft dirs / daß du GOTtes Willen weiſt / vnd thuſt jhn nicht? Der Knecht der ſeines Herꝛen Willen weißLuc. 12. vnd thut jhn nicht / wird mit viel Strei - chen geſchlagen werden. S. Petrus2. Per. 2. ſagt: Es were beſſer du hetteſt den Weg der Warheit nicht erkant. 3. Helt auch ein Vater ſeinen Sohn / der jhm in al - len dingen wiederſtrebet / fuͤr ſein Kindt? Mit nichten / ſondern er ſpricht: Wiltu meinen Willen nicht thun /F ijſo66Ein warer Chriſt muß Gottes WortGottes Kinder thun auch GOTtes Werck.ſo ſoltu mein Kind nicht ſeyn. Alſo bewei - ſen die bloſſen Wort kein Kindt Gottes / ſondern wenn wir als Kinder Gottes le - ben / wie der Herr ſagt / Joh: 8. We - ret jhr Abrahams Kinder / ſo thetet jhr auch Abrahams Wercke: Weil jhr aber des Sathans Wercke thut / vnd trach - tet mich zu toͤdten / ſo ſeid jhr von ewrem Vater dem Teuffel. Das iſt eine gewiſſe Proba: Weſſen Wercke einer thut / deſ - ſen Kindt iſt er / deſſen Natur hat er. 4. Was iſt ein Baum im Garten nuͤtze / wann er keine Fruͤchte traͤgt? Er gehoͤret ins Fewer / es iſt Fewerholtz / wie Luc. 13. von den Feygenbaum / der das Land hin - derte / vnnd keine Fruͤchte brachte / ge - ſchrieben iſt. 5. Wann dich einer vberre - den wolte / daß ein Rabe ein Schwan were / vnnd ſpreche zu dir: Siehe / welch ein ſchoͤner weiſer Schwan iſt das / wuͤr - deſtu nicht lachen vnd ſprechen / er were toll? Dann du ſeheſt weder Farb noch ge - ſtalt eines Schwans an einem Raben: Alſo wann jemand auff das jetzige Lebender67ins Leben verwandeln. der Welt zeiget vnd ſpricht: Siehe / das iſt ein Chriſt / vnd die ſind alle Chriſten / mag einer nicht vnbillig denſelben fuͤr toll achten. Es gilt hie nicht vberredens / es gilt beweiſens. Das Reich GOttes1. Cor. 4. ſtehet nicht in Worten / ſondern in der Krafft. Dann man ſiehet ja keine Chriſt - liche Wercke an den meiſten / die ſich Chriſten nennen / wie zu Rom L. Valla geſagt hat / da er das Evangelium gele - ſen: Selig ſind die Barmhertzigen / dieMatt. 5. Friedfertigen / etc. Certè aut hæc non ſunt vera, aut nos non ſumus Chri - ſtiani. 6. Viel Thiere vnd Vogel vber - treffen die Menſchen mit Tugend / DieProv. 6. Taube mit einfalt / die Ameiſe mit fleiß vnd Arbeit / der Storch mit ernehrung ſeiner Eltern / ein Kranich mit wachen / der Hund mit liebe vnd trewe / der OchsEſa. 1. vnd Eſel mit erkantnuß ſeines Herꝛn / das Schaf mit ſanfftmut / der Lewe mitDer mẽſch vbertrifft alle Thie - re mit boßheit. Tapfferkeit / vnd verſchonen der kleinen Thierlein / der Han mit wackerkeit / die Schlange mit klugheit / aber der natuͤr -F iijliche68Ein wahrer Chriſt muß Gottes Wortliche Menſch vbertrifft alle Thiere mit boͤßheit. Er iſt vnbarmhertziger denn ein Wolff / argliſtiger denn ein Fuchs / hof - fertiger denn ein Pfaw / freſſiger als ein Schwein / gifftiger als ein Otter / grim -Luc. 13. Matt. 12. 2. Tim. 4. miger dann ein Baͤhr / Wie dann der HERR Chriſtus ſelbſt / Herodem einen Fuchs nennet / S. Joh. die Phariſeer Ottergezichte / S. Paulus Neronem ei - nen Lewen / Ja die Laſter vnd Vntugend /Aller Thi - re Vnart im Men - ſchen. die man an einem Thiere inſonderheit findet / die findet man alle in einem natuͤr - lichen Menſchen / daß wol S. Paulus den Menſchlichen Leib einen Leib derRom. 6. Suͤnde nennet / der mit vielen Suͤn - den behafftet vnd erfuͤllet iſt. Zu dem ſo iſt kein Thier ſo boͤſe / es iſt noch etwa wo gut zu: Der Fuchs vnd Wolff zu Peltzen / vñ ſo fortan. Aber lieber ſiehe / was iſt doch von Natur gutes am Menſchen / da allesGen. 6. tichten vnd trachten des Menſchlichen Hertzens boͤſe iſt von Jugendt auff im - merdar? Die Vernunfft brauchet er zu betriegen / den Leib zur Hoffart vnd zurVnzucht /69ins Leben verwandeln. Vnzucht / inwendig vnd außwendig iſt er verdorben. Dann alle ſeine Glieder ſind Waffen der Vngerechtigkeit. Rom. 6.7. Gottes Wort beſchreibet nicht ohn vrſach vnſere verderbte Natur ſo ſchreck - lich / vnd ſtellet vns vnſer Conterfect fuͤr die Augen / Rom. 3. Da iſt nicht der ge - recht ſey / auch nicht einer / da iſt niemand der nach Gott frage. Sie ſind alle abge -Pſal. 14. wichen / vnnd alle ſampt vntuͤchtig wor - den / Da iſt niemand der guts thue / auch nicht einer. Ihr Schlundt iſt ein offe - nes Grab / mit jhren Zungen heuchlen ſie. Otterngifft iſt vnter jhren Lippen / Ihr Mundt iſt voll fluchens vnd bitter - keit. In jhren Wegen iſt eitel Vnfall vnd Hertzleid / vnd den Weg des Frie - dens wiſſen ſie nicht. Ihre Fuͤſſe eilen Blut zuuergieſſen. Es iſt keine Gottes - furcht fuͤr jhren Augen.

Sehet diß iſt das natuͤrliche BildNatuͤrlich Bilde ei - nes Men - ſchen. eines Menſchen / dieſer grewel iſt allen Menſchen von Natur angeboren. Da ſage mir nun / wie kan ein MenſchF iiijdas70Ein warer Chriſt muß Gottes Wortdas Reich GOttes ſehen / wann er alſo bleibet / wann er nicht new geboren wird? Darumb vns S. Paulus befihlt zun E - pheſ. 4. vnd Coloſſ. 3. vnd ſpricht: Er - newert euch im Geiſt ewres gemuͤts / zie - het den alten Menſchen mit ſeinen Luͤ - ſten aus / vnnd ziehet den newen Men - ſchen an / der nach GOtt geſchaffen iſt / in rechtſchaffener Gerechtigkeit / ja er ſpricht: Ihr habt Chriſtum nicht alſo ge - lernet / ſo jhr anders wiſſet / daß in Chri - ſto ein rechtſchaffen Leben iſt. Ja erGal. 5. ſpricht: Die Chriſtum angehoͤren / die creutzigen jhr Fleiſch ſampt den LuͤſtenColoſ. 3. vnd Begierden. Ach lieber Gott gehoͤren wir nun Chriſto nicht an / wann wir in ſolchem ſuͤndlichen Leben bleiben / vnnd die Glieder der boͤßheit nicht toͤdten? So kans ja anders nicht ſeyn / dann daß ſol - che Leute muͤſſen dem Teuffel angehoͤ - ren / vnnd werden demnach das Reich GOttes nicht erben die jhr Fleiſch nicht2. Cor. 5. Galat. 6. creutzigen. Wir muͤſſen eine newe Crea - tur werden in Chriſto / ſollen wir fuͤrGOtt71ins Leben verwandeln. GOtt beſtehen. Dann in Chriſto giltHoͤchſte ſorge der Chriſten. weder Vorhaut noch Beſchneidung / oder einiges anſehen der Perſon / ſondern eine newe Creatur. Darumb ſol das vn - ſere groͤſſeſte vnnd ernſte ſorge ſeyn / wie wir taͤglich die Suͤnde in vnſerm ſterbli - chen Leibe dempffen muͤgen / daß wir Chriſtum muͤgen angehoͤren / vnd nicht dem Sathan / wie Gottes Wort in vnsRom. 9. muͤge geſchehen / vnd lebendig werden / wie vnſer Leben GOtt muͤge wolgefal - len / daß wir ja GOttes Gnade muͤgen behalten / vnd gefaͤſſe ſeyn ſeiner Barm - h[e]rtzigkeit / vnd nicht ſeines Zorns.

Das iſt nun die vrſach / warumb der H. David ſo hertzlich jhm ein heilig Leben wuͤnſchet / daß er muͤge GOTtes Wort halten / wie er ſpricht: Ich ruffe von gantzem Hertzen / erhoͤre mich Gott /Pſal. 119. daß ich deine Rechte halte. Wir muͤſſen vmb ein heilig Leben bitten. Dann dieJer. 17. 31. Bekehrung koͤmpt von oben herab. Heile mich HERR / ſo werde ich heil / bekehre mich / ſo werde ich bekehrt / hilff mir / ſoF vwird72Ein wahrer Chriſt muß Gottes WortWir ſollẽ wacker ſeyn alle - zeit. Luc. 21. Pſad. 119.wird mir geholffen / Dann du biſt mein Ruhm. Darumb ſpricht er ferner: Ich ruffe zu dir / hilff mir daß ich deine zeug - nuß halte. Gott muß vns freylich helf - fen vnd ſtercken / Dann die Suͤnde vnd deß Teuffels Reich iſt ſonſt zu mechtig im Menſchen.

So ſollen wirs an vnſerm fleis nicht mangeln laſſen / die Faulheit vnd ſieher - heit vns aus den Augen wiſchen / wie er ferner ſpricht: Ich komme fruͤe / vnnd ſchreie / auff dein Wort hoffe ich. Ich wache fruͤe auff / das ich rede von deinan Wort. Daruon ſtehet ein ſchoͤner ſpruch im Propheten Eſaia am 50. Der wo[l]zu mercken. Der HERR wecket mich al - le Morgen / er wecket mir das Ohr / daß ich hoͤre wie ein Juͤnger. Vnnd im Ho - henlied Salomon: am 4. Ich ſchlaffe / aber mein Hertz wachet / vnnd hoͤret die ſtim̃e meines Freũdens / der anklopffet ꝛc.

Mit dieſen Worten werden wir auch erinnert der Vaͤterlichen Vorſorge vnd Freundſeligkeit deß freundlichẽ gnedigenGot -73ins Leben verwandeln. Gottes / wie gerne Er mit den Menſchen vmbgehe / mit jhnen handle vnd wandle / mit jhnen rede / ſie vnterweiſe vnnd lehre darumb Er vns ſeinen Sohn zum Lehr - meiſter / zum Himliſchen Doctore vndMatth. 3. Luc. 2. Præceptore verordnet hat. Dieſes iſt vns fein fuͤrgebildet in dem ſchoͤnen Ex - empel vnd Bilde / da daß Kind JEſus im Tempel zu Jeruſalem lehret. Das iſt nit geſchehen vmb deß[Juͤdiſchen] Tem - pels willen allein / der nun zerſtoͤret iſt /Chriſtus lehret in dem Tem - pel vnſers Hertzens. ſondern es iſt geſchehen erſtlich vmb deß geiſtlichen Jeruſalems willen / welches iſt die H. Chriſtliche Kirche / da wil er allein Lehrer ſein durch ſein Wort vnnd Geiſt / vnd dann vmb deß Tempels wil - len vnſers Hertzens / darinnen wil er auch lehren / troͤſten / erleuchten / heiligen / be - ten / fragen / antworten / reden durch hei - lige gedancken vnd hertzliche andacht / vnd das iſt ſein Lehrampt in vnſerm her - tzen. Darumb er gantz troͤſtlich ſpricht zu ſeiner Mutter? Was iſts das jhr mich geſucht habt? Wiſſet jhr nicht /daß74Ein warer Chriſt muß Gottes Wort / etc. daß ich ſeyn muß in dem / daß meines Vaters iſt / das iſt / in dem Beruff vnd Ampt / welches mir mein Vater befoh - len hat? Solch Ampt hat er ja noch / vnd verrichtets noch zur rechten Hand Got - tes / als vnſer ewiger Hoherprieſter. Er verꝛichtets aber auff Erden durch ſein Wort / dadurch er auch inwendig in vn - ſerm Hertzen predigt durch den heiligen Geiſt / vnd gnedige erleuchtigung / ohne welche die euſſerliche Predigt Krafftlos vnd vnfruchtbar iſt / wie S. Paulus ſagt:1. Cor. 3. Ich habe gepflantzet / Apollo hat begoſ - ſen / Gott aber hats gedeyen darzu gege - ben. So iſt nun der da pflantzet / vnd der da begeuſſet nichts / ſondern GOtt / ders gedeyen gibt.

Das VI. Capittel. In der vereinigung mit Chriſto durch den Glauben ſtehet des Menſchen Vollkom - menheit vnnd Seligkeit / darzu der Menſch nichts thun kan / ſondern hindert ſich vielmehr an GOTtes Gnade durch ſeinen boͤſen wil - len. Chriſtus aber thuts allein in vns.

Johan.75In der vereinigung mit Chriſto / etc. Johan. 15. Ohne mich koͤnnet jhr nichts thun. ()

GLeich wie der Menſch durch den Abfall von GOtt / das iſt / durch eigene Liebe vnnd eigene Ehre von Gott geriſſen / vnd ſeine angeſchaffe - ne Vollkommenheit verloren: Alſo muß er durch die Vereinigung mit Gott wie - der zu ſeiner vollkommenen ruhe / vnd Seligkeit kommen. Dann des Menſchen Vollkommenheit ſtehet in der vereini - gung mit Gott. Darumb muſte Gottes Sohn Menſch werden / auff daß die Menſchliche Natur wieder mit GOttVrſach der Men - ſchwer - dung Chri ſti. vereiniget wuͤrde / vnd alſo wieder zu jh - rer Vollkommenheit gebracht wuͤrde. Dann gleich wie Goͤttliche vnd Menſch - liche Natur in Chriſto Perſoͤnlich verei - niget iſt. Alſo muͤſſen wir alle mit Chriſto durch den Glauben aus gna - den vereiniget werden / auff daß die tieffe verderbung vnſer ſuͤndlichen Natur ver - beſſert werde / als mit dem hoͤchſten ewi - gen Gute. Darumb ſpricht der SohnGottes76In der vereinigung mit Chriſto /Gottes Hoſ: 2. Ich wil mich mit dir verloben in Ewigkeit / in Gnade vnnd Barmhertzigkeit. Dann es koͤnte vnſereInſtaura - tio. vnd Wider - bringung der ver - derbten Natur. Natur / weil ſie mit dem vnendlichen vbel der Suͤnde vergifftet vnnd verdorben ward / nicht inſtaurirt vnnd verbeſſert werden / dann mit dem hoͤchſten Gute / welches Gott ſelbſt iſt.

Vnnd wie nun die Vereinigung Goͤttlicher vnnd Menſchlicher Natur inVereini - gũg Chri - ſti mit ſei - nen gleu - bigen gli - dern. Rom. 8. Chꝛiſto ewig iſt / vnzertrennlich / vnauff - hoͤrlich / daß auch der Todt diß Band der Vereinigung der Naturen in Chriſto nicht trennen vnd zerreiſſen koͤnnen: Al - ſo mus Chriſtus vnſer Haupt mit vns ſeinen gleubigen Gliedern alſo vereinigt werden / daß vns weder Leben noch Todt von Chriſto ſcheiden kan. Darumb ſpricht der Prophet Hoſeas in der Per - ſon Chriſti: Ich wil mich mit dir verlo - ben in Ewigkeit.

Solche Vereinigung muß notwen - dig geſchehen durch den Glauben / weil die Suͤnde vns vnd vnſern Gott von ein -ander77Deß Menſchen Seligkeit. ander geſchieden / ſonſt bleiben wir auſſerEſaia. 59. Chriſtus mus in vns ſein vnd leben Gott / ohne Gott / ohne Leben / ohne Se - ligkeit / wo Chriſtus nicht in vns lebet / wohnet vnd iſt durch den Glauben. Wir konten auch ſonſt nichts guts thun / wo es Chriſtus nicht in vns wircket / wie S. Paulus ſpricht: Nicht ich / ſondern Got -1. Cor. 15. Alles was wir gutes thun iſt Gottes. tes Gnade. Vnd Joh. 15. Ohne mich koͤnnet jhr nichts thun. Welches er durch ein ſchon Gleichniß erklaͤret vom Reben vnd Weinſtock. So bleibets alles was wir guts ſein / vnd guts thun Gottes al - tes allein / Eſa. 26. Alles waß wir auß - richten das haſtu vns gegeben / Oſe. 14. Ich wil ſein wie eine gruͤne Tanne / an nur ſol man deine Fruͤchte finden.

Siehe nun / lteber Menſch / was du biſt vnd was du vermagſt? Was haſtu zu deiner Widerbringung vnnd zur erne - werung deiner verderbten Natur thun koͤnnen? Lauter nichts. Gleich wie du zu deiner Leiblichen Geburt nicht haſt thun koͤnnen / vnd dich nicht ſelbſt ſchaf - ſen: Alſo kanſtu auch zu deiner newenGeburt78In der vereinigung mit ChriſtoGeburt nichts thun. Verderben haſtu dich wol koͤnnen / verlieren / vnd toͤdten / Aber ernewren / wiederbringen / heilen / Gerecht vnd Lebendig machen haſtu nit koͤnnen. Was haſtu darzu thun koͤnnen / daß GOtt iſt Menſch worden? LauterDer mẽſch bindert ſich viel - mer durch ſeine eige - ne kreffte an ſeiner Seligkeit. nichts. Alſo haſtu dir vber alles nichts zuzurechnen / oder deinen krefften etwas zuzuſchreiben. Ja je mehr ein Menſch ſeinem eigenen willen / krefften / vnd ver - muͤgen zuſchreibet / je mehr hindert er ſich ſelbſt an der gnade GOttes / vnd an der ernewerung ſeiner verderbten Natur. Darumb muſtu allen deinen eignen kreff - ten vnd vermuͤgen gantz abſterben / deiner eignen Weißheit / deinem eignen Willen / deiner eignen Liebe / vnd muſt Gott al - lein alles laſſen in dir wircken / ja es mu[ß]nichts in dir ſeyn / daß GOttes Wille[n]vnd Wercke verhindere / oder denſelben wiederſtrebe.

Vnd ſo lange du das nicht thun wilt / vnd nicht bey dir iſt ein bloß lauter ley - den / alſo daß Gott alles allein in dir thuevnd79des Menſchen Seligkeit. vnd wircke / du aber leideſt jhn vnnd ſein Werck / vnd ſeinen willen in dir / ſo langeDu muſt Gott gãtz gelaſſen ſtehenond gelaſſen - heit lernẽ. hinderſtu GOtt / daß er ſich mit deiner Seelen nicht vereinigen / ſein Bilde in dir ernewern / vnd deine verderbte Natur beſſern kan. Dann eigen wille / eigen Lie - be / eigen Ehre / eigene Weißheit / vnd al - les was du dir ſelbſt zuſchreibeſt / das hin - dert GOtt / daß er nicht alles allein in dir ohne hindernuß wircken kan. Dann des Menſchen wille verderbet den Menſchen immer weiter vnd weiter: GOttes wille aber beſſert immer mehr vnd mehr.

Dauon ſagt Bonauentura: Totà religionis perfectio, in voluntatis propriæ abdicatione conſiſtit. Die Vollkommenheit der Chriſtlichen Reli - gion / ſiehet in abſagung des eignen Wil - lens. Vnd Auguſtinus: Si totum ho - minis bonum eſt amare Deum, totum hominis malum fit neceſſe eſt, amare ſeipſum. Wenn GOtt lieben des Men - ſchen hoͤchſtes Gut iſt / So muß des Menſchen hoͤchſtes verderben ſeyn / ſichGſelbſt80In der vereinigung mit Chriſtoſelbſt lieben. Idem. Si ea eſt conditio boni, vt ſeſe effundat & propaget: Non poteſt non eſſe magnum malum amor proprius, qui bona ſua & alio - rum ad ſe totũ trahit, nec quicquam de eis communicat. Wenn daß die Ei - genſchafft des guten iſt / daß es ſich auß - breitet vnd andern mittheilet / ſo muß die eigen Liebe ein groſſes vbel ſeyn / die jhre vnd ander Leut Guͤter vnd Gaben zu ſich allein reiſſet / vnnd niemand mittheilet. Welches auch Seneca ein weiſer Mann verſtandẽ / da er ſpricht: Hoc ſolum vir - tuti adieceris, quod propriæ volun - tati ſu btraxeris: So viel wirſtu an Tu - genden zunehmen / So viel du an deinem eigenen Willen wirſt abnehmen. Idem: Niſi à teipſo defeceris, ad Deum qui ſupra te eſt, non appropinquabis. Wirſtu von dir ſelbſt nicht außgehen / ſo wirſtu zu GOtt nicht eingehen.

Der eigen Wille iſt nichts anders dann der Abfall von GOtt. Vnd der -ſelbe81des Menſchen Seligkeit. ſelbe Fall iſt zwar leicht vnd luſtig: DieWieder - bringung ſchwer. wiederbringung aber ſawer / bitter / vnd ſchwer / ja allen Creaturen vnmuͤglich. Dann der Menſch kan nicht von jhm ſel - ber wieder auffſtehen / vnd vermag jhm ſelbſt nicht zuhelffen / weder mit Willen noch mit Wercken. Der Wille iſt gefan - gen / die Wercke ſind todt. Es muß Chri - ſtus allein helffen im Anfang / Mittel vnnd Ende. Er zeiget dir / ja er gibt dir zwey Mittel? Geſetz vnd Evangelium / Buſſe vñ vergebung der Suͤnde. Durchs Geſetz muſt du erſt mit Chriſto ſterben / durch ware Rew vnd Leid deinen Willen auffopffern / in dir ſelbſt zu nichte werden vnd dich Chriſto allein laſſen. So koͤmpt dann die gnade Gottes / vnd vergebung der Suͤnde durchs Evangelium / vnnd machet dieſen Todten lebendig durch den Glauben. Alſo kan durch eigene Krafft vnd vermuͤgen niemand bekert werden / oder auffſtehen. Dann man muß ſich ja ſelbſt haſſen / verleugnen / verlieren / an jm ſelber zu nichte werden vnd ſterben / auffG ijGott82In der vereinigung mit ChriſtoGOtt allein hoffen vnd warten / ſeiner Gnade leben.

Aber ſolch haſſen / verleugnen ſein ſelbſt / Geiſtlich ſterben / ſtehet auch nicht in vnſerm Willen vnd vermuͤgen / ſonſt were es Currentis & Volentis, & nonRom. 9. GOTT macht vns allein zur gnade geſchickt. Miſerentis Dei. Das iſt / es lege an Je - mandts wollen vnd lauffen vnd nicht an GOttes erbarmen. Darumb muß Gott ſelbſt ſolches alles in vns wircken durch ſeine Goͤttliche Gnade vnd Krafft ſeinesVnſer Rechtfer - tigung ein werck Gottes. Geiſtes. Vnd alſo bleibt vnſere Recht - fertigung allein in Gottes Hand / als ein Werck vnd Gabe Gottes / vnd nicht in der gewalt der Creaturen. Dann vnſernt - halben ſind wir ſelbſt vnſere ergeſte vnd groͤſſeſte Feinde vnd muͤgen wol bitten / daß vns GOtt von vns ſelbſt erloͤſe / vns gantz vnd gar nehme / was vnſer iſt / vnd gebe vns / was ſein iſt. Dann aus eigenen krefften koͤnnen wir nichts guts thun / wo es GOtt ſelbſt durch ſeine gnade auch nach der Bekehrung nicht in vns wircket. Er iſt die Liebe / vnd muß ſie in vns wir -cken /83des Menſchen Seligkeit. cken / er iſt die Barmhertzigkeit vnd muß ſie in vns wircken / vnd alſo von allem gu - ten ſo wir thun ſollen. So hilfft nun Chri - ſtus hier allein / Menſchen huͤlffe iſt hie kein nuͤtze. So tieff aber der Menſch in Adam gefallen vnd verdorben / ſo hoch vnd viel hoͤher iſt er in Chriſto wieder er - hoͤhet / vnd wieder gut gemacht / wie im eilfften Capittel hernach folget.

Das VII. Capittel. Die Buſſe recht zu verſtehen / iſt noth zu wiſſen den vnterſcheid des alten vnd newen Menſchen / oder wie Adam in vns ſterben / vnd Chriſtus in vns leben ſol: oder wie der alte Menſch in vns ſterben / vnd der Newe leben ſol.

Rom. 6. Weil wir wiſſen / daß vnſer alter Menſch mit Chri - ſto Gecreutziget iſt / daß der ſuͤndliche Leib auffhoͤre / daßG iijwir84Nohtwendiger Vnterſcheidtwir hinfort der Suͤnde nicht mehr dienen.

EIn jeder Chriſt iſt zweyfach / vnd befinden ſich in jhm zweyerley wiederwertige Menſchen mit jh - ren Fruͤchten / wie aus folgender Tabel - la zuerſehen.

Adam /Chriſtus.
Alte Menſch /Newe Menſch.
Euſſerlicher Menſch /innerlicher Mẽſch.
Alte Geburt /Newe Geburt.
Fleiſch /Geiſt.
Natur /Gnade.
Vernunfft /Glaube.
Finſternuß /Liecht.
Baum des Todes /Baum des Lebens.
Boͤſe Fruͤchte /Gute Fruͤchte.
Suͤnde /Gerechtigkeit.
Verdamnuß /Seligkeit.
Todt /Leben.
Alte Jeruſalem /Newe Jeruſalem.
Reich des Teuffels /Reich GOttes.
Schlangen SahmeGottes Sahme.
Natuͤrlich Menſch /Geiſtlich Menſch /
Irꝛdiſch Bilde /Himliſch Bilde.

Diß bezeuget erſtlich die H. Schrifft / darnach die erfahrung. Die H. Schrifft redet vielfeltig vom alten vñ newen / vom innerlichen vnd euſſerlichen Menſchen / Eph. 4. Coloſſ. 3. 2. Cor. 4. Item daß der Geiſt Gottes in vns ſey / Rom. 8. 1. Co - rinth. 3. vnd 6. 2. Cor. 1. 5. Epheſ. 1. Item daß Chriſtus in vns ſey / Galat. 2. 2. Cor. 13. Zum andern bezengets die erfahrung / nemlich der Kampff des Fleiſches vnnd Geiſtes / auch in den Heiligen Rom. 7. vnd die Fruͤchte des Fleiſches vnd Gei - ſtes / Gal. 5. Derwegen hieran im gering - ſten nicht zu zweyffeln / viel weniger bey Chriſten einiger ſtreit dauon ſein ſol. Dañ diß iſt dz Fundament der gantzen ſchrifft / vnnd die rechte Erkantnuß des Men - ſchen. Hierauff iſt die Buſſe gegruͤndet /Worinnẽ das ware erkantniß des Men - daß Adam in vns ſterben / vnd Chriſtus in vns leben ſol. Dann wann Adam inG iiijvns86Nohtwendiger Vnterſcheidtſchen / vnd das Fun - dament der Buſſe ſtehet.vns ſtirb / ſo ſtirbt vnd gehet mit vnter al - les was aus Adam iſt / der alte Menſch / der euſſerliche Menſch / die alte Geburt / Fleiſch / Natur / Vernunfft / Finſternuß / Baum des todes / boͤſe Fruͤchte / die Suͤn - de / Todt / Verdamnuß / Schlangen Sa - me / natuͤr lich Menſch / irꝛdiſch Bilde / das alte Jeruſalem / Reich des Teuffels. Wañ aber Adam in vns lebet / ſo lebet vñ herꝛſchet im Menſchen der alte Menſch /Das Le - ben A - dams in vns. die alte geburt / Fleiſch / natur / vernunfft / Finſternuß / Baum des Todes / die boͤſe Fruͤchte / die Suͤnde / das alte Jeruſalem / vnd das Reich des Teuffels. Daß gehoͤrt alles ins Verdamnuß / vñ vnter dem ewi -Chriſti Leben in vns. gen Fluch. Lebet aber Chriſtus in vns / ſo lebet vnd herꝛſchet in vns der newe Menſch / der innerliche Menſch / die newe Geburt / Geiſt / Gnade / Glaube / Liecht / Baum des Lebens / gute Fruͤchte / Ge - rechtigkeit / Leben / Seligkeit / GOT - TES Sahme / Geiſtliche Menſch / Himliſches Bilde / newe Jeruſalem / vnd das Reich GOTtes. Das gehoͤrt allesvnter87Des alten vnd newen Menſchen. vnter den Segen / vnd in die Seligkeit.

Da hat nun ein jeder Menſch mit jhm ſelbſt gnug zu thun weil er lebet / das er den alten Adam nicht laſſe in jm leben vnd herrſchen / ſondern den newen Adam welcher iſt Chriſtus. Da gilts wachen / faſten / beten / kempffen / ſtreiten / vnd wie S: Paulus ſpricht / ſich ſelbſt pruͤfen1. Cor. 3. 1. Phil. 2. Matth. 7. Luc. 9. 14. Rom. 6. vnd verſuchen / ob Chriſtus in vns ſey / ja das wir mit furcht vnd zittern ſchaf - fen / das wir ſelig werden / das wir durch die enge Pforte eingehen vnd den ſchma - len weg in Chriſto wandeln / welcher iſt ſich ſelbſt haſſen / verleugnen / abſagen alle dem / das man hat vnnd der Suͤnde abſterben / Welches nicht mit lachendem munde / vnd zerteilung deß Fleiſches zu - gehet wie die zarten Heiligen meinen / ſondern mit jnnerlicher trawrigkeit / rew vnd leid / mit jnniglichem heulen vnd wei - nen / wie der 6. 38. vnd andere Bußpſal - men bezeugen. Welches S. PaulusGal. 5. Gal. 2. nennet daß Fleiſch creutzigen ſampt den Luͤſten vnd Begierden. Wann daß ge -G vſchicht /88Nothwendiger Vnterſcheidſchicht / ſo lebet Chriſtus in dir / vnd du in Chriſto / ſo herrſchet vnnd ſieget Chri - ſtus in dir durch den Glauben. Dar - umb S. Johannes ſpricht: Der glau -1. Joh. 5. be iſt der Sieg / der die Welt vberwin - det.

Du muſt aber die Welt nicht auſſer1. Joh. 2. dir ſondern in dir vberwinden. Dann die Welt iſt nicht auſſer dir / ſondern in dir. Was iſt die Welt anders dann Augen - luſt / Fleiſchesluſt / vnd hoffertiges leben. Das iſt in dir / Darumb iſt die Welt in dir / vnd muſt dieſelbe in dir vberwinden. So heiſſeſtu dann / vnd biſt ein Kind Got - tes. Dann alles / was auß Gott geboren1. Joh. 5. Epheſ. 5. 1. Cor. 6. Joh. 10. Matt. 12. iſt / vberwindet die Welt. So biſtu ein Kind deß Liechtes / ein Glied Chriſti / ein Tempel deß H. Geiſtes / eiv Schaͤfflein Chriſti / ein guter Baum / der von ſich ſelbſt ohne Gebot / ohne Geſetz / ohne Zwang / mit Luſt / Liebe / vnd Frewde / gute Fruͤchte bringet.

Lebeſtu aber in Adam / vnd herrſchet Adam in dir / ſo biſtu nicht ein Kind Got -tes /89des alten vnd newen Menſchen. tes / auß Gott newgeboren / biſt von der Welt vberwunden / vnnd herrſchet der Fuͤrſt dieſer Welt in dir durch Hoffart / eigen Ehre / eigen Liebe / biſt ein Kind deß Teuffels. Dann welche der Geiſt GottesJoh. 8. Rom. 8. treibet / die ſind Gottes Kinder: Alſo die der Sathan treibet / die ſind deß Satans Kinder / ja Glieder deß Teuffels / Kinder der Finſterniß / behauſung der boͤſen Gei - ſter / die ſcheußliche Babylon voller vn -In Adam leben iſt ſchrecklich reinen abſchewlichen Thiere / wie ſolches Eſa: 13. Apoc: 18 / vnd Ezech: 8. iſt fuͤr - gebildet. Da der Prophet Ezechiel im Geiſt in den Tempel zu Jeruſalem ein - gefuͤhret iſt / vnd vnter andern zweyerley denckwirdige ſachen geſehen hat: 1. Aller - ley geſtalt kriechender Wuͤrme / vnd ab - ſchewlicher Thiere / vnd allerley Goͤtzen vnd grewel deß Hauſes Iſrael gemah - let an der Wand rings vmbher. 2. Dar - nach / welches noch erger / ſiebentzig Men - ner auß den Elteſten von Iſrael / welche denſelben Bilden vnnd Thieren gereu - chert vnd geopffert haben.

Siehe90Nothwendiger Vnterſcheid

Sihe O Menſch / das iſt dein altes Adamiſches / Viehiſches / ThieriſchesWunder - licher Ty - pus vund Figur. Hertz abgemahlet. Dann wann du in den Tempel deines hertzens gehen wirſt / ſo wirſtu erſtlich ſehen eine groſſe menge abſchewlicher Thiere / Bilder / vnd Goͤ - tzen / welche in deinen Adamiſchen ge - dancken vnd gedechtnuß geſchrieben vnd abgemahlet ſein. Darnach / welches er - ger iſt / da ſolche grewel auß deinem Her - tzen billich ſolten vertrieben werden / vnd du daruͤber heiſſe Thraͤnen weinen ſol - teſt /[das du] ein ſolch vnrein Hauß voller boͤſer wuͤrme biſt / du auch durch die Buſſe vnd toͤdtung deß fleiſches dieſelbe erwuͤr - gen ſolteſt / ſo liebeſtu dieſelbe noch / die - neſt jhnen / opfferſt jhnen / beluͤſtigeſt dich in denſelben / vnd denckeſt nicht / daß dein HErr Chriſtus durch ſolche grewel auß deinem hertzen vertrieben wird / vnd keine ſtat in dir haben kan / vnd du dich alſo deß hoͤchſten ewigen gutes ſelbſt beraubeſt / deß H. Geiſtes / vnd aller ſeiner gaben / Du trawreſt / wann du etwas thuſt / dar -aus91Deß alten vnd newen Menſchen. auß dir ein gros Vnheil entſtehet / oder wann du etwas liebes verleureſt / War - umb trawreſtu dann nicht / wann du Chriſtum aus deinem hertzen verleureſt vnd vertreibeſt / vnd dein Leib vnd Seele eine behauſung der boͤſen Geiſter wird?

Aus dieſem allen verſteheſtu nun / wz A - dam vñ Chriſtus ſey / wie dieſelbe beide in dir ſein / vnd leben darzu gehoͤret auch dißIn Adam ſind wir alle gleich boͤſe ohne vnter - ſcheidt. Rom. 3. erkentniß. Erſtlich dz wir von natur in A - dam alle gleichſein / keiner beſſer dann der ander. Dann wir ſind alle gleich durch vnd durch verdorben vñ vergifftet an Leib vnd Seele / wie S. Paulus ſpricht: Es iſt hie kein vnterſcheid / nicht allein vnter Juͤden vnd Heyden / ſondern auch vnter allen Menſchen. Es iſt keiner vnter vns beſſer fuͤr Gott dann der ergeſte Menſch vnnd Vbelthaͤter. Ob gleich die Boß - heit nicht bey allen außbricht / ſo richtet doch Gott alle Menſchen nach dem her - tzen vnnd vergifften Brunnen. Es iſt auch keine ſuͤnde ſo groß / die ein Menſch nicht beginge von Natur / wann jn Got -tes92Nothwendiger VnterſcheidJer. 13.tes Gnade nit erhielte. Dann von Na - tur koͤnnen wir nichts anders dann ſuͤndi - gen auff dz allerſchrecklichſte. Daß wirs aber nicht thun / daß haben wir nicht vn - ſern krefften / oder klugheit zu dancken / ſondern der gnaden Gottes / die vns vor Suͤnden bewaret. Gen. 12. daß ſol vns dienen zur Demut vnd Gottesfurcht / daß keiner den andern verachte / vnd nicht ſicher ſey.

2. Gleich wie wir aber in Adam von Natur alle gleiche boͤſe ſeyn / vnnd iſt kein vnterſcheid / was die verderbte Natur an - langet: Alſo ſind wir auch in Chriſto glei - che gut vnd from gemacht. Dann es hat fuͤr Gott keiner eine andere / oder beſ - ſere Gerechtigkeit dann der ander. Chri - ſtus iſt vnſer aller Froͤmmigkeit / Gerech - tigkeit / Heiligung vnd Erloͤſung / vnd iſt in Chriſto keiner beſſer dann der ander / gleich wie auch in Adam. Dann gleich wie wir in Adã von Natur allein Menſch vnnd ein Leib ſeyn / auffs hoͤchſte vergiff tet / vnd verdorben: Alſo ſind alle Gleubi -gen93deß alten vnd newen Menſchen. gen in Chriſto ein Menſch ein Leib auffs hoͤchſte gereiniget vnd geheiliget / durch den Glauben vnnd Blut Chriſti.

Diß iſt eine Artzney wider die Geiſt - liche Hoffart / daß ſich keiner fuͤr Gott hoͤher vnd beſſer halte dann der ander / ob er gleich mehr Gaben haͤt. Dann gleich wie die Gerechtigkeit vnd Seligkeit eitel Gnade iſt: So ſind auch alle Gaben ei - tel Gnade / vnd ein frembd gut. DieſenGnade machet nit ſtoltz ſon - dern de - muͤtiget. grund der Gnade GOttes erkenne / ſo wird dich die Gnade nicht laſſen ſtoltz ſeyn / oder ſtoltz machẽ / ſondern wird dich geiſtlich Arm machen / vnnd wirſt dich ſelbſt in deiner Armut vnnd Elend recht erkennen / vnnd Chriſtum in dem groſſen Reichthumb ſeiner Gnade vber alle Menſchen.

Das VIII. Capittel. Wie freundlich vns Gott zur Buſſe locke / vnnd warumb die Buſſe nicht zuverſeumen.

Luc. 94Wie freundlich vns GottLuc. 15. Alſo ſage ich euch / wird Frewde ſein fuͤr den Engeln Gottes vber einen Suͤnder der Buſſe thut. ()

ES hat der viel getrewer vnd gne - diger GOtt die Bekehrung deß Menſchen / vnd die wahre Buſſe auff mancherley weiſe vnd art vns in ſei - nem Wort fuͤrgebildet / vnſere harte vnd ſteinerne hertzen dadurch zu erweichenAct. 26. vnd zu bekehren von der Welt / von vns ſelbſt / vom Sathan zu Gott.

Vnter andern aber ſind die beiden gleichnuß Luc. 15. Vom verlohrnen Schaͤfflein / vnd vom verlohrnen Sohn ſo troͤſtliche vnd ſo hertzbrechende / das ſie nit wol ohne traͤhnen koͤnnen gruͤndlich vnd jnniglich betrachtet werden. Dann der HErr JEſus darinnen abmahletDreyerley Hertzen. dreyerley hertzen.

  • 1. Das vnbekerte Hertz deß Suͤn - ders.
2. Das95zur Buſſe locke.
  • 2. Das rewende Hertz deß bußferti - gen Suͤnders.
  • 3. Das erbarmende Vaterhertz GOttes.

Das vnbekehrte Hertz des Suͤnders mahlet er ab in dem Bilde eines vngera - tenen Sohns / der ſein Gut vnd Erbtheil vmbbracht / vnnd endlich anfehet zudar - ben / vnd mit den Saͤwen die Trebern zu freſſen. Welches nichts anders bedeutet dann vns vngeratene Kinder / vns ſuͤndi - gen Menſchen / die wir vnſer Himliſch Erbgut durch die Suͤnde verloren hat - ten / nemlich / Gerechtigkeit / Heiligkeit / Vnſchuld / vnd das ſchoͤne Bilde GOt -Bilde des verlornen Menſchẽ. tes / nach welchem wir geſchaffen / dar - durch wir in die ſchwere Dienſtbarkeit der Suͤnde / Teuffels / vnd Todes gerah - ten ſind. Auch in allen Menſchen Wer - cken vnd Geſetzen / ſo durch die Trebern bedeutet ſeyn / weder Ruhe / Huͤlffe / vnd Troſt finden koͤnnen / ſondern ewiges Hungers ſterben muͤſten / wo wir nichtHzu ruͤcke96Wie freundlich vns GOttzu ruͤcke daͤchten an die Gnade deß Va - ters.

2. Das rewende bußfertige Hertz a - ber hat er in dieſen Worten abgemahlet /Bilde der Buſſe. da ſchlug er in ſich vnd ſprach: Wie viel Tagloͤhner hat mein Vater / die Brodt die fuͤlle haben / vnnd ich verderbe im hunger / ich will mich auffmachen / vnd zu meinem Vater gehen / vnd zu jhm ſa - gen: Vater / ich hab geſuͤndiget im Him - mel vnd fuͤr dir. In dieſen Worten iſt herꝛlich abgemahlet die wahre Buſſe / 1. Die contritio, das iſt / die Goͤttliche Rewe: Er ſchlug in ſich / er betrachtet ſein Elend / daß er auß einem Kind Got - tes ein Viehe vnd vnfletige Saw wor - den / Irꝛdiſch / Viehiſch / Thieriſch / be - ſtialiſch. Erinnert ſich aber ſeines Vr - ſprungs / woher er kommen / gedencket an ſeinen Vater / vnd rewet jhm / bekennet ſeine Suͤnde / vnd ſpricht: Vater ich ha - be geſuͤndiget im Himmel vnd fuͤr dir / Ich habe Gott vnd Menſchen beleidigt. Erkent auch ſeine Vnwirdigkeit: Ich binnicht97zur Buſſe locke. nicht werth / daß ich dein Sohn heiſſe. 2. Der Glaube / als das ander Stuͤck derBilde des Glaubens vnnd De - mut. Buſſe / iſt darinnen abgemahlet / daß er ſich auffmacht vnnd zum Vater gehet / vnd hat die Zuuerſicht / wann jhm ja der Vater nicht wolte fuͤr einen Sohn an - nehmen / ſo werde er jhn gewiß fuͤr einen Knecht vnd Tagloͤhner halten. Dann er ſpricht: Ich bin nicht werth / daß ich dein Sohn heiſſe / mache mich zu deinen Tag - loͤhner. Vnnd hoffet gewiß der Vater werde jhm ſolches nicht verſagen / ſon - dern auß Gnaden ſich vber jn erbarmen.

3. Daß Vaterhertz iſt alſo abgemah - let / 1. Da er noch ferne von dannen war / ſahe jhn der Vater. Ach die gnedigen Au -Vater - hertz. gen des Vaters / wie ſehen ſie nach den verlornen Kindern? Iſt præueniens mi - ſericordia, das iſt / die vorkommende vñ vorlauffende Gnade / 2. Jammert jhm. Pſal. 79. Eſa. 30.Iſt expectans miſericordia, die erwar - tende Gnade. 3. Lenfft vnnd fellt jhm vmb den Halß. Iſt[ſuſcipiens] miſeri -Pſal. 32. cordia, die auffnemende Gnade. 4. Kuͤſ - ſet jhn. Iſt conſolans miſerrcordia,H ijdie98Wie freundlich vns GOttEſa. 65.die troͤſtende Gnade. 5. Bringet das be - ſte Kleidt her / das iſt Chriſtus vnd ſeinePſal. 103. Gerechtigkeit. Iſt luſtificans Miſeri - cordia die rechtfertigende Gnade. Ein Fingereiff an ſeine Hand / Iſt der heilige Geiſt / Trawring / annulus filialitatis ἤοθεσὶας, deſpondens miſericordia, dieRom. 8. Gal. 4. Eph. 1. Phil. 1. 1. Petr. 1. Pſ. 84. 63. Eſ. 65. 66. vermehlende Gnade. 6. Schuh an ſeine Fuͤſſe / Iſt ein newer heiliger Wan - del in Chriſto durch den heiligen Geiſt vnd Gottes Krafft vnd Macht. Das iſt confirmans miſericordia, die erhal - tende Gnade. 7. Bringet ein gemeſtes Kalb her / ꝛc. Conuiuium & gaudium Angelorum. Das iſt viuificans, læti - ficans & coronans miſe ricordia, die erfrewende lebendigmachende vnd Kroͤ - nende Gnade.

Wie koͤnte vns doch GOtt freund - licher zur Buſſe locken? Wollen demnachSieben bewegen - de Vrſa - chen der Buſſe. die vornembſten Vrſachen / die vns zur Buſſe bewegen ſollen / betrachten. De - rer ſind aber vornemlich ſieben. 1. Die groſſe Barmhertzigkeit GOTTES. 2. Chriſti99zur Buſſe locke. 2. Chriſti Freundligkeit / vnnd thewrer Verdienſt. 3. Die ſchreckliche Straffe vnd Drewung. 4. Der Todt. 5. Das Juͤngſte Gericht / 6. Die Helle. 7. Die ewige Freude.

1. GOttes Barmhertzigkeit.

Deut. 4. Wann du den Herren deinen Gott ſuchen wirſt / ſo wirſtu jhn finden / wo du jhn wirſt von gantzen Her - tzen / vnd von gantzer Seelen ſuchen. Wann du geengſtet ſein wirſt / vnd dich treffen werden alle dieſe Dinge in den letzten Tagen / ſo wirſtu dich bekehren zu dem Herrn deinem GOtt / vnd ſeiner Stimme gehorchen. Dann der HerrHertztroͤſt liche Ver - heiſſung. dein GOtt iſt ein Barmhertziger Gott / Er wird dich nicht laſſen / noch verder - ben: Wird auch nicht vergeſſen des Bun - des / den er deinen Vaͤtern geſchworen hat. Ach diß gnedige Vaterhertz ſoll vns billig zur Buſſe locken. Vnſer Suͤnden koͤnnen ſo viel nicht ſeyn / es iſt vielmehr Gnade bey dem Herren / wieH iijder100Wie freundlich vns GOttder 130. Pſalm ſpricht: Bey dem Her - ren iſt die Gnade / vnd iſt viel verge - bung bey jhm / vnnd Er wird Iſrael er -Groͤſſe der Suͤn - de. loͤſen aus allen ſeinen Suͤnden. Die Suͤnde kan ſo groß nicht ſeyn / GOT - tes Barmhertzigkeit iſt noch groͤſſer. Grewlich - keit der Suͤnde.Pſalm 51. Tilge meine Suͤnde nach deiner groſſen Barmhertzigkeit. Vnſe - re Suͤnden koͤnnen ſo greulich nicht ſeyn / GOTT kan ſie Schneweiß machen. Eſa. 1. Wann ewre Suͤnde gleich Blut - rot weren / ſollen ſie Schneweiß wer - den / Pſalm 51. Beſprenge mich mit I - ſopen / daß ich rein werde. Waſche mich / daß ich Schneweiß werde. Vn -Mancher - ley Suͤn - de. Eph. 1. Exod. 34. ſere Suͤnde koͤnnen ſo mancherley nicht ſeyn / der Reichthumb der gnade GOt - tes iſt noch vberſchwenglicher. Dann Er iſt Barmhertzig / Gnedig / Geduͤl - tig / von groſſer Gnade vnnd Trewe / vnnd vergibt Vbertretung / Miſſethat / vnnd Suͤnde. Vnſere Suͤnde kan ſoStercke der Suͤn -[de]. mechtig vnd ſtarck nicht ſeyn / GOTT kan ſie dempffen / vnnd in die tieffe de[s]Meers101zur Buſſe locke. Meers werffen / wie Pharao mit allem ſeinem Heer. Mich. 7. Vnſere SuͤndeGifftig - keit der Suͤnde. Eſa. 55. kan ſo ſchedlich vnnd gifftig nicht ſeyn / GOtt kan ſie heilen. Ezech. 18. Wann ſich der Gottloſe bekehret / ſolts jhm nit ſchaden / daß er iſt Gottlos geweſen.

2. Chriſti Freundligkeit.

Wie freundlich auch vnſer Herr Jeſus Chriſtus die Suͤnder auffgenom - men / bezeuget Er Matth. 9. da er ſpricht: Die Starcken beduͤrffen des Artzes nicht / ſondern die Krancken. Ich bin kommen die Suͤnder zur Buſſe zu ruffen / vnnd nicht die Gerechten. Vnd Luc. 19. Deß Menſchen Sohn iſt kommen zu ſuchen vnnd ſelig zu machen / daß verloren iſt. Von dieſer holdſeligen FreundligkeitChriſt[i]holdſeli - ge Freund ligkeit lo - cket dich zur Buſſe. haben die Propheten geweiſſaget / Ezech. 34. Wehe euch Hirten / die jhr das Ver - lorne nit ſuchet / ſondern ſtrenge vnd hart vber ſie herꝛſchet. Meine Schafe ſind zerſtrewet als die keinen Hirten haben. H iiijSiehe /102Wie freundlich vns GOttSiehe / Ich will mich meiner Herde ſelbſt annehmen / vnd ſie ſuchen / wie ein Hirte ſeine Schaffe ſuchet / wann ſie von der Herde verirꝛet ſeyn. Ich will das verlorne ſuchen / daß verirꝛete wie - derbringen / daß Verwundete heylen / deß Schwachen warten. Eſa. 40. Er wird ſeine Herde weiden wie ein Hirte / Er wird die Lemmer in ſeine Armen ſamlen / vnnd in ſeinen Buſem tragen. 2. Nicht allein aber Chriſti Freundligkeit locket dich zur Buſſe / ſondern auch ſeine hertzliche Traurigkeit / vnd ſein heilig ver -Chriſti Blut ruf - fet dich zur Buſſe. goſſenes Blut ruffet dir. Bedencke wie er ſein Leben nicht hat gegeben fuͤr den Himmel / noch fuͤr die Erde / ſondern fuͤr deine Seele / vnd du wilt durch deine Vn - bußfertigkeit mutwillig dieſen Edlen Schatz verlieren / Bedencke / daß du mit1. Petr. 1. keinem andern Loͤſegelde haſt koͤnnen er - loͤſet werden / dann durchs Blut Chri - ſti / warumb wiltu dich dieſer hoͤch - ſten vnnd thewreſten Bezahlung ver - luſtig machen. 3. Bedencke doch / wovon dich dein HErr Chriſtus erloͤſethat /103zur Buſſe locke. hat / nemlich / vom Teuffel / vnnd von der argen boͤſen Welt / von deinen Suͤnden / noch haſtu luſt dem Teuffel jmmer ferner zu dienen? 4. Bedencke doch / daß dir Chriſti Verdienſt ohne Buſſe nichts nuͤtze iſt / Ja daß du Chriſti Blut mit Fuͤſ - ſen tritteſt / vnnd den Geiſt der Gnaden ſchmeheſt. 5. Bedencke wie ſawer duHeb. 10. deinem Erloͤſer worden biſt / wie Er ge - weinet / getr awret / gezittert / gezaget / wie ſchrecklich Er vmb deiner Suͤnde willen verwundet / wie Er ein Wurm vnd Fluch am Holtz worden. O triſtißimumEſa. 55. Pſal. 22. ſpectaculum, & miſerandum pœni - tentiæ ſpeculum.

3 Die drewung der zeitlichen Straffe.

Pſal. 7. Gott iſt ein rechter Richter / vnd ein Gott / der taͤglich drewet. Wil man ſich nicht bekehren / ſo hat Er ſein Schwert gewetzet / vnnd ſeinen Bogen geſpannet / vnd zielet vnd hat darauff ge - legt toͤdliche geſchoß / ſeine Pfeile hat Er zugerichtet zuverderben.

H vDann104Wie frenndlich vns GOtt
Deut. 32.

Dann dem Zorn vnnd Rache Got - tes kann kein Menſch entflihen / Amos 9. Wann ſie gleich in den Himmel ſtie - gen / wil ich ſie herab ſtuͤrtzen. Wann ſie ſich gleich verbuͤrgẽ im grund deß Meers / wil Ich doch den Schlangen befehlen / die ſollen ſie daſelbſt ſtechen. Sihe / die Augen deß Herrn ſehen auff ein ſuͤn - diges Koͤnigreich / das ichs vom Erdbo - dem vertilge. Zepha. 1. Ihr Blut ſoll vergoſſen werden wie Staub / vnd jhr Leib ſol werden wie Koht. Dann jhre Silber vnd Goldt ſoll ſie nicht erretten am tage meines Zorns / ſondern das gantze Land ſol durchs Fewer meines Eivers verzeh -Gottes Zorn ein verzeh - rend fewr ret werden. Solche ſchreckliche Draw - ungen ſollen vns zur Buſſe treiben. Buſ - ſe wendet groſſe Landſtraffen ab / Ja den Vntergang eines Volcks / Stadt vnnd / Landes / Wie zu Ninive. Jer. 18. Ploͤtz - lich rede ich wider ein Volck / daß Ichs außrotten vnd vertilgen wil. Wenn ſichs aber bekehret / ſol mich auch rewen die Straffe.

4. Der105zur Buſſe locke.

4. Der Todt.

Darumb hat Gott die Stunde deß Todes verborgen / daß wir taͤglich vndWarumb Gott die Stunde deß todes verbor - gen. Was das Menſchẽ leben ſey. alle ſtunden Buſſe thun / vnnd eine jede Stunde fuͤr die letzte achten ſollen. Tota hominis vita ipſi ad pœnitentiam data, ſagt Bernhardus. Das gantze le - ben deß Menſchen iſt jhm zur Buſſe ge - geben / Vnnd iſt nichts anders dann ein taͤglich Creutz vnd Pein / pœna & crux quotidiana, wie im 38. Pſalm ſtehet: Sihe ich bin zu leiden gemacht / vnd mei - ne Plage iſt alle morgen da. GOtt hat dir ſeine Gnade verheiſſen / aber den mor - genden tag hat er dir nicht zugeſagt. Es iſt den Menſchen einmal auffgelegt zu ſterben / vnd darnach das Gericht. Heb, 9. Syrach 7. Bedencke das Ende / ſo wirſtu nimmermehrſuͤndigen. Dann wie dich Gott findet / ſo wird er dich richten. Darumb ſoltu in deinem Leben al - ſo ſeyn / wie du wuͤnſcheſt zu ſeyndeinem106Wie freundlich vns GOttin deinem tode. Bedencke wo die ſeyn / die vor wenig Jahren in fleiſchlichen Luͤſten vnd Frewden gelebet. Itzo ſind ſie an jhrem orthe vnd erwarten deß letzten Vr - theils. Darumb gehet auß von jnen mein Volck / daß jhr nicht theilhafftig werdetApoc. 18. jhrer Suͤnde / auff daß jhr nicht empfa - het etwas von jhrer Plage.

5. Daß Juͤngſte Gericht.

Dann nach dem tode wird kein zeit oder raum zur Buſſe ſeyn. Hîc enim aut vita amittitur aut retinetur. Hie in dieſem Leben wird entweder das Leben ewig verlohren / oder ewig erhalten. Die Bußfertigen kommen nicht ins Ge - richte / vber die Vnbußfertigen aber wird das ſchreckliche Vrtheil ergehen:Der Rich - ter iſt fuͤr der Thuͤr. Jacob. 5. Gehet hin jhr Verfluchten. Matth. 20. Jetzo iſt der tag deß Heyls / 2. Cor. 5. Dort der Tag deß Gerichts. Pſal. 95. Heut / Heut / ſo jhr ſeine Stimme hoͤret. ſo verſtocket ewer Hertz nicht / daß ich nicht ſchwere in meinem Zorn. Sie ſol - len nimmermehr zu meiner Ruhe kom -men.107zur Buſſe locke. men. Heb. 3. 2. Cor. 5. Wir muͤſſen alle geoffenbaret werden fuͤr dem Rich - ter Stuel vnſers HErrn JEſu Chriſti / auff dz ein jeder empfahe / wie er gehand - let bey Leibes leben. Es ſey boͤß oder gutes. Den Bußfertigen aber werden jhre Suͤnde zugedecket. Pſal. 32. vnnd gar vergeſſen / Ezech. 33. Tu igitur a - gnoſce, ut ille ignoſcat. Erkenne du deine Suͤnde / auff daß ſie Gott verge - be vnd vergeſſe.

6. Ewige helliſche Pein.

Da wird alle Barmhertzigkeit Got - tes auff hoͤren / vnd wird heiſſen: Geden -Luc. 16. cke Sohn / daß du dein guts empfangen haſt in deinem Leben. Itzo lebeſtu nun nicht mehr / ſondern biſt ewig todt / vnnd Gott ewig abgeſtorben. Auß der Hel -Pſal. 49. len iſt keine Erloͤſung. Wie kan dem gutes widerfahrẽ / oder einiger Troſt / der ewig geſtorben iſt? Hie iſt allein die Gnadenzeit / dort werden die Verdam - pten alſo ſterben / daß ſie doch allezeit le - ben / vnd alſo leben / daß ſie doch allezeitEwiger todt.vnd108Wie freundlich vns GOttQual vnd Pein der Hellen.vnd ewig ſterben. Alle ſinne werden da gequelet werden / ſehen durch die ewige Finſternuß / hoͤren durch Zeenklappern vnd heulen / riechen durch Schwefell ge - ſtanck / ſchmecken durch deß ewigen todes Bitterkeit / empfinden durch ewige Qual.

7. Die Frewde deß ewigen Lebens.

Solte ein Menſch eine ſo kleine nich - tige Frewde nehmen fuͤr die ewige Frew - de? Kein Vngerechter wird da hinnein gehen / der ſich nicht mit vielen heiſſen Thraͤnen im Glauben gereiniget vnnd gewaſchen / vnnd ſeine Kleider helle ge -Apoc. 14. Apoc. 22. macht im Blut deß Lambs. Drauſſen ſind die Vnreinen / die Hunde / die Zau - berer / vnd die da lieben vnd thun die Luͤ - gen. Der Verraͤchter keiner wird diß A -Luc. 14. bendmal ſchmecken. Die hoͤchſte Frewde deß ewigen Lebens iſt Gott ſehen. 1. Joh. 3. Viſio Dei tota merces, Dz anſchaw - en Gottes iſt alles vnd ewiges Lohn. Die Frewde der Außerwehlten iſt Chriſtumſehen.109zur Buſſe locke. ſehen. Ihr werdet mich wieder ſehen /Joh. 16. vnd ewer Hertz wird ſich frewen. Daß anſchawen deß Angeſichtes Gottes iſt der Engel Frewde vnd Leben / das En - gelbrot / davon die Engel leben / jhre vn -Tob. 12. ſichtbare Speiſe wie der Engel Raphael zu Tobia ſpricht: Ich eſſe vnſichtbare Speiſe / die kein Menſch ſehen kan. Gleich wie nun Gott ſehen alle Frewde iſt: So iſt Gott nimmer ſehen / die groͤſ - ſeſte hoͤchſte ewige vnd alle Pein vnnd Qual.

Das IX. Capittel. Was Buſſe thun heiſſe / wie ſie ge - ſchehen muͤſſe / vnd wie vns Gottes Guͤte zur Buſſe leite.

Joel. 2. So ſpricht der HErr: Be - keret euch zu mir von gantzẽ her - tzẽ mit faſten / mit weinẽ / mit kla - gen / zerreiſſet ewre hertzen / vnnd nicht ewer Kleider / vnnd bekereteuch110Wie freundlich vns GOtteuch zum HErrn ewern GOtt. Dann er iſt gnedig / barmher - tzig / geduͤldig / von groſſer Guͤ - te / vnnd gerewet jhn bald der ſtraffe.

DEr viel getrewe gnedige GOtt / der nicht wil noch ſuchet vnſer verderben / ſondern vnſer ewiges Heyl vnd Seligkeit / der am beſten vnſer Noth / vnd Elend kennet vnd ſiehet / vnd vns gern darauß erretten wolle / locket vñ reitzet vns auff mancherley weiſe zur Buſſe / Dann durch wahre Buſſe vnndDurch Buſſe heilet vns Gott. Jer. 17. Bekehrung wil er vns helffen vnnd hei - len.

Er locket vns einmal durch Straffe / drewungen / alß Jer. 6. Ich wil ein Vn - gluͤck vber diß Volck bringen / nemlich / jhren verdienten Lohn / darumb daß ſie auff meine Worte nicht achten / vnndGott ruf - fet vns durch dreuungẽ. meine Geſetz verwerffen. Vnd am 7. Weil jhr dann alle ſolche ſtuͤcke treibet / ſpricht der HErr / vnd ich euch ſtets pre -digen111Was Buſſe thun heiſſe / etc. digen laſſe / vnd jhr wolt nicht hoͤren / ſo wil ich auch euch von meinem Angeſicht verwerffen. Fuͤr dieſen ſchrecklichen Drauworten ſoltẽ wir billig erſchrecken / Dann hie zeit liche vnd ewige Straffe gedreuwet wird / Denn die Goͤttlichen Dreuwungẽ ſind nicht ein lerer vnd tod - ter Schall / ſondern haben einen mechti - gen nachdruck / ſind Gottes Eiver / vnd gehen endlich in jhre Krafft. Vnd wir erfahren ja / was vns GOtt der HerrWir ſol - len Got - tes dreu - nng fuͤr keinen ſchertz halten. fuͤr. Vngluͤck vnnd Hertzleid zuſchicket / daß wirs alle Winckel voll haben: Vnd wo wir nicht Buſſe thun / wird GOttes Zorn durch Krieg / Hunger / Peſtilentz / Fewer / vnd Waſſer dermaſſen anbren - nen / daß auch ſolch Fewer die Grundfe -Tren. 4. ſie verzehren wird / wie zu Jeruſalem.

Wollen wir vns aber durch Gottes Zorn vnnd Dreuwung nicht laſſen zur Buſſe locken / ſo ſollen wir vns durch ſei - ne Gnade bewegen laſſen / dadurch Er vns ſo freundtlich locket / Als Er ſpricht Jer. 3. Kere doch wider zu / du Abtruͤn -Jnige112Was Buſſe thun heiſſe /Gott ruf - fet vns durch ſei - ne Guade.nige Iſrael / ſo will Ich mein Andlitz nicht gegen euch vorſtellen. Dann Ich bin Barmhertzig / ſpricht der Herr / vnd will nicht ewig zuͤrnen / allein erken - ne deine Miſſethat / daß du wieder den Herren deinen GOTT geſuͤndiget haſt. Da beut vns GOTT ſeine Gna - de an / ja Er flehet vnnd bittet / wir ſollen doch wieder zu jhm kommen / ſo wolle Er Buſſe annehmen fuͤr die Suͤnde / wie Sapient. 12. ſtehet: Du gewaltiger Herꝛſcher richteſt mit gelindigkeit / vnnd regiereſt vns mit viel verſchonen / vnnd lehreſt deine Kinder / daß du wolleſt Buſ - ſe annehmen fuͤr die Suͤnde / vnnd wir auff deine Barmhertzigkeit trawen ſol - len.

Ein ſolcher freundlicher Spruch iſt dieſer auch / dardurch vns GOTT durch ſeine Gnade / Barmhertzigkeit / Gedult / groſſe Guͤte / vnnd daß jhn bald der Straffe gerewet / zur Buſſe locken will. Iſt demnach auß vorangezoge - nem Spruch dreyerley zu mercken:1. Was113wie ſie geſchehen muͤſſe. 1. Was Buſſe thun heiſſet / nemlich ſich zum Herren bekeren / 2. Wie wir ſollen Buſſe thun / nemlich mit Fa - ſten Heulen vnd Weinen. 2. Wie vns GOttes guͤte zur Buſſe locke? Denn ich bin gnedig / etc. 1. Buſſe thun vnd ſich1. Peccata noſtra & gra[ti]am Dei agno - ſcendo. zum Herren bekeren / heiſſet auß dem Geſetze GOttes ſeines Hertzens ange - borne Blindheit / innerliche Boßheit / abſchewliche Vnreinigkeit / vnnd groſſe Gottloſigkeit erkennen / als den inwen - digen Grewel / vnnd vergifftigen Brun - nen aller Suͤnde / dardurch wir vns von GOTT dem hoͤchſten ewigen Gute abgewendet / vnnd dardurch ſeinen Zorn /Beſchrei - bung der Buſſe. die Helle / vnnd Verdamnuß / auch al - lerley zeitliche Straffen / woll / recht / vnd billich verdienet haben / vnnd daruͤ - ber rechte innigliche hertzliche Rewe vnd Leid haben / nicht wegen der Straffe / ſondern vielmehr darumb / daß wir GOTT den Herren / der die ewi - ge Liebe ſelbſt iſt / vnnd vnſer lieber Va - ter / ſo hoch beleidiget haben: DurchsJ ijEvan -114Was Buſſe thun heiſſe /Evangelium aber ſich wider auffrichten / vnd ſich troͤſten der Gnade Gottes / vnd vergebung der Suͤnde in Chriſto verheiſ - ſchen / ſein Leben auch ernſtlich beſſern / das boͤſe Hertz durch den Glauben rei - nigen / die boͤſen Luͤſte dempffen / daß ver - kerte vnd widerſpenſtige Hertz endern / dem eignen willen / ſo allezeit dem Willen Gottes widerſtrebet abſterben / vnnd in Chriſto ein newes Gott wollgefelliges Leben anfahẽ / vnd rechtſchaffene Fruch - te der Buſſe thun / Eſai. 1. Waſchet euch / reiniget euch / wann dann ewre Suͤnde Blutrot weren / ſollen ſie Schneweiß werden.

Diß iſt bald geſaget / Aber ſchwer zu thun. Dann niemandt wil den inwendigen Grewel ſeines Hertzens recht erkennen / vnnd ſich ſelbſt haſ - ſen lernen. Jederman ſchmeicheltEigene fleiſchliche Liebe hin dert die ware Buſ - ſe. vnnd Liebkoſet ſeinen alten Adam / vnnd dem boßhafftigen Fleiſch vnnd Blut / vnnd iſt ſelten ein Menſch / der recht gruͤndlich ſein boͤſe Hertz er -forſchet /115wie ſie geſchehen muͤſſe. forſchet / Sondern jederman hat ein Gefallen an jhm ſelbſt / vnnd wil den Grewel ſeines Hertzens nicht recht an -Tren. 3. greiffen / Achtet auch nicht groß der hohen thewren Gnade in Chriſto / vnnd verſeumet dieſelbe muthwillig - lich.

Solches erfordert aber der Pro -2. Ad De - um rever - tendo. phet Joel mit dieſen Worten ſich zum Herrn bekehren von gantzem Her - tzen / mit Faſten / Weinen / vnnd kla - gen. Mit welchen Worten er vns erinnert / daß wir vns von GOTT ab -Buſſe thũ heiſſet dz abgekerte Hertz wi - der zu GOtt wenden. gekeret haben / vnnd die lebendige Quel - len verlaſſen. Jerem. 2. Vnnd koͤnnen kein Leben noch Seligkeit haben / wo wir vns nicht wider zu Ihm wenden vnnd bekeren. Jerem. 6. So keret nun wider jhr abtruͤnnigen Kinder / ſo wil ich euch heilen von ewrem Vnge - horſam. GOTT wil daß wir vnſer Elend erkennen ſollen / ſo wil er ſich vber vnſer Elend erbarmen.

J iijWeil116Was Buſſe thun heiſſe /
3. Media non aſpe - rando.

Weil wir aber von Natur ſo blind ſeyn / vnd vnſer Elend von vns ſelbſt nichtMittel der Buſſe. erkennen / ſo hat GOTT Mittel darzu verordnet: Sein heilig Wort vnd Sa - crament / dabey allezeit ſeine Gnade vnd Geiſt iſt / dardurch zeucht / locket vnd ruf - fet vns GOtt als die verlorne Schaffe. Dann gleich wie ein verirꝛet Schaff von ſich ſelbſt nicht wieder kommen kan / der Hirte muß es ſuchen vnnd wieder - bringen: Als wann vns GOTT nicht ſuchte / lieffen wir ewig in der irꝛe. Wel - ches die Exempel S. Petri vnnd Pauli gewaltig bezeugen / Darumb der Pro -Jer. 31. phet ſpricht: Bekehre mich Herr / ſo werde ich bekehret. Dann du biſt meinJer. 17. GOtt. Heile mich Herr / ſo werde ich heil / hilff mir / ſo wird mir geholffen. Dann du biſt mein Ruhm. Ach GOtt iſts / der in vns wircket beyde das WollenPhil. 3. vnd Vollbringen nach ſeinem wolgefal - len.

Wann vns nun GOtt der Herr alſo durch die Mittel als durch ſeine gna -den117wie ſie geſchehen muͤſſe. den Hand auffrichtet / vnnd zur BuſſeRom. 2. locket / ſollen wir ſeiner Gnade / vnd dem heiligen Geiſt nicht wiederſtreben / (wie der 95. Pſalm ſpricht: Heute heute ſo jhr ſeine Stimme hoͤret / ſo verſtocket ewer Hertz nicht) ſondern die Suͤnde / ſo an vns geſtraffet wird / fuͤr Suͤnde erken - nen / vnd GOttes gnade / ſo vns angebo - ten wird / nicht verachten / ſo wird GOtt gnedig ſeyn / wie Eſa. 55. ſtehet: Der Gottloſe bekere ſich zum Herren / ſo wird Er ſich ſein erbarmen / vnd zu vn - ſerm GOtt / Dann es iſt viel erbarmung bey jhm.

Alſo wird die Bekerung vns zu ge -4. Non re - luctando. Bekerung iſt em lau - ter gna - denwerck. ſchrieben / obs wol ein lauter Gnaden - werck GOttes iſt / wann wir vns nur Gott durch ſeine Gnade laſſen dem heili - gen Geiſt nicht mutwillig wiederſtreben / die Gnade nicht verachten vnd von vns ſtoſſen / Act. 13. die Ohren nit verſtopffen wie die Juden / Act. 7. ſondern vnſere Kranckheit auß dem Geſetz erkennen vnd nach dem Evangelio vns heilen vnd mitJ iiijvns118Was Buſſe thun heiſſe /vns handlen laſſen als ein Medicus mit einem Patienten.

Sehet ein Schaͤfflein an / wann es verbaſet iſt / vnd in der Irre leufft / vnnd hoͤret von ferne deß Hirten Stimme / ſo keret es in puncto auff dem Irrewe - ge wider vmb / vnd leufft zu ruͤck nach der Stimme deß Hirten zu. Warumb thun wir das auch nicht? Sind wir dann vn - verſtendiger dann das tumme Viehe? Eſai. 1.Vnd zwar der Prophet Eſaias klagt dar - uͤber. Ein Ochs kennet ſeinen Herrn / vnd ein Eſel die Krippe ſeines Herrn /Jerem. 8. Aber Iſrael kennet mein nicht. Vnnd der Prophet Jeremias: Wer iſt doch der da felt / der nicht gern wider auffſtuͤnde? Wer iſt / der da jrre gehet / der nicht gern wieder zu recht kaͤme? Ein Storch vnd Schwalbe wiſſen die zeit / wann ſie ſollen wider kommen / Aber mein Volck wils nicht wiſſen.

5. Sed pe - tendo.

Darumb ſollen wir ſtets zu GOtt ſeufftzen / Daß Er ja ſeine Gnaden - handt nicht wolle von vns abziehen /daß119wie ſie geſchehen muͤſſe. daß wir nicht jrren. Denn die Suͤn - de vnnd der alte Adam ſtecket jetzt in vnſerm verderbten Fleiſch vnnd Blut. Derwegen wir ſtets GOTtes Gna - de beduͤrffen / Dadurch die Suͤnde in vns gedempffet werde / das ſie nicht herrſche / Ja Stuͤndtlich Augenblick - li[c]h beduͤrffen wir GOTTES Gnade die vns erhalte. Dann die -Wir be - duͤrffen alle Au - genblick der gna - den. ſelbe iſt vnſer Seelen Leben / gleich wie die Seele deß Leibes Leben iſt. Vnnd wie vnſer Leib nicht ein Au - genblick der Lufft entberen kan: Alſo vnſere Seele der Gnaden GOTtes / 2. Reg. 3. betet Salomon: Der Herr vnſer GOTT ſey mit vns / vnd ver - laſſe vns nicht / vnnd ziehe ſeine Hand nicht ab von vns / zuneigen vnſer Hertz zu jhm / daß wir wandlen in ſeinen we - gen.

Dieſes ſollen wir vns nicht allein in Gemein laſſen geſaget ſeyn / ſondern ein jeder inſonderheit ſolls zu hertzen neh - men vnd jhm laſſen geſagt ſeyn. Ein jederJ vſehe120Was Buſſe thun heiſſe /6. Ad ſin - gulos ac - commo - dando. ſehe auff ſich ſelbſt / vnd beſſere einen / ſo werden wir alle gebeſſert. Bedencket die troͤſtliche Ermahnung vnnd verheiſſung Gottes Eſ. 55. Suchet den Herꝛn / weil zu finden iſt / ruffet jhn an / weil Er nahe iſt. Jerem. 29. Wann jhr mich von Her - tzen ſuchet / ſo will ich mich von euch fin - den laſſen.

7. Cor e - mundan - do.

Es iſt aber das nicht allein Buſſe / wann man von euſſerlichen groben Suͤn - den ableſſet / ſondern in wahrer Buſſe muß das Hertz geendert / die inwendige Hoffart / Geitz / Wolluſt / boͤſe affecten gedempffet werden. Dann wenns Hertz nicht geendert vnd gebeſſert wird / ſondern bleibet darin die alte Adamiſche Vnart / inwendige Boßheit / Zorn / Feindſchafft / Rachgier / Luͤgen / Falſch - heit / etc. ſo iſts keine rechtſchaffene Buſ -Hertzen Buſſe. ſe / ſondern Heucheley. Dann GOtt will ein newes Hertz haben / eine newe Creatur in Chriſto Jeſn. Darumb keiner ſo fromm iſt / ſo heilig / ſo rein /er hat121wie ſie geſchehen muͤſſe. er hat taͤglich an ſeinem boͤſen Hertzen zu beſſern / Jerem. 6. Wie ein Brunn ſein Waſſer quillet / ſo quillet ewere Boßheit. Das iſt das erſte / was die Buſſe ſey: vnd wie wir darzu kommen: wie auch im Erſten Buch deutlich erkle - ret iſt.

2. Wie ſollen wir vns dann zum Herren bekeren? Von gantzem Her - tzen / mit Faſten / Weinen / vnd Heulen. Vmb zeitliche Dinge weinen wir / aber die arme Seele will niemand beweinen / wie David im 6. vnnd 38. Pſalm thut. Damit lehret vns der Prophet / daß vn - ſere Buſſe keine Heucheley ſeyn ſolle / ſondern ſie ſolle von Hertzen gehen. Pſal. 7.Dann GOtt ſiehet das Hertz an / Er pruͤffet Hertz vnd Nieren.

Mit Faſten. Diß iſt ein allgemei -1. Ieiunan - do. nes Faſten des gantzen Volcks / welches der Prophet allhie befihlt / da die gantze Gemeine offentlich fuͤr Gott ſich demuͤ - tiget / Buſſe thut / jhre Suͤnde oͤf - fentlich bekennet / berewet / beweinet /dane -122Was Buſſe thun heiſſe /Offentli - che Buſſe der gantzẽ Gemein - de.daneben faſtet / vnd mit nuͤchterm Leib vnd Seele GOtt vmb vergebung der Suͤnde / vnd vmb abwendung allgemei - ner Straffe anruffet vnnd bittet. Ein ſolch allgemeines Faſten / Buſſe / war - hafftige Rew vnd Leid / Glaube / Gebet / Bekantnuſſe / Abbitte iſt ſehr krefftig vnd gewaltig GOttes Zorn vnd groſſe Landtplagen abzuwenden / wie wir leſen Judic. 20. Da die Staͤmme Iſrael / von dem Stamme Benjamin geſchlagen wuͤrden / vnnd verloren dreiſſig tauſent Mann / da kam alles Volck zum Hauſe GOttes / weineten / vnd blieben daſelbſt fuͤr dem Herrn / vnd faſteten den Tag biß auff den Abend. Wir haben das ge - waltige Exempel des Niniuitiſchen fa - ſtens. Dergleichen leſen wir 1. Chron. 10. Da die Kinder Iſrael von den Phi - liſtern geſchlagen / Saul vnd Jonathan vmbkamen / haben ſie ſieben Tage ge - faſtet.

Bußfaſtẽ.

Solch Bußfaſten iſt auch in der er - ſten Kirchen gebreuchlich geweſen / da diegantze123wie ſie geſchehen muͤſſe. gantze Gemeinde in groſſen allgemeinen Noͤten hat Buſſe gethan / nicht mit die - ſen bloſſen Wercken vergebung der Suͤn - de zu verdienen / ſondern mit rewenden nuͤchtern demuͤtigen Hertzen GOtt die allgemeine Straffe abzubitten / vnd ſolte billig noch erhalten werden.

Solch Bußfaſten were vnſere rech - te Feſtung vnd Mauren wieder den Tuͤr - cken / vnnd alle vnſere Feinde / ein groſſer Segen in thewrer zeit / eine allgemeine Artzney in Sterbensleufften / ein ſchutz aller vnſer Guͤter / wie wir von dem hei -Krafft des allge - meinen Bußfa - ſtens. ligen Job leſen / wie er ſeine Kinder mit Opffer / Gebet / vnd Faſten bey GOtt verbeten / ſo offt ſie wolleben vnd Pancket gehalten / ꝛc. vnnd wie er ſein Haus mit dem Gebet verzeunet / vnd verwahret hatte / daß jhm der Teuffel keinen ein - greiff thun konte.

Vnnd in den allgemeinen groſſen Landtſtraffen ſiehet ſich Gott der Herr vmb nach ſolchen Leuten / die ſeinen zorn als eine Mawer auffhalten / Ezech. 22. Ich124Was Buſſe thun herſſe /Ich ſahe mich vmb / Ich ſuchte vnter jh - nen / ob ſich jemand zur Mawer machte / vnnd wieder den Rieß ſtunde / gegen mir fuͤr das Land / daß ichs nicht verderbte / aber ich fand keinen. Darumb ſchuͤttet Ich meinen Zorn vber ſie / vnd mit dem Fewer meines Grimmes machte Ichs ein ende vnd gab jhnen jhren Verdienſt auff jhren Kopffe.

Dan. 9.

Eine ſolche Mawer iſt der Prophet Daniel geweſen / da er des gantzẽ Volckes Suͤnde bekennet / ꝛc. Ein ſolch Bußfaſten beſchreibt der Prophet Joel alhie / da er ſpricht: Blaſet mit Poſaunẽ zu Zion / heili - get eine Faſte / ruffet die Gemeine zuſamẽ / ſamlet die Elteſten / heiliget das Volck / bringet zuſammen die jungen Kinder vnd Seuglinge. Der Breutigam gehe aus ſeiner Kammer / vnd die Braut auß jh -Beſchrei - bung des allgemei - nen Fa - ſ[t]e[n]s. rem Gemach. Laſt die Prieſter des HEr - ren weinen vnd ſagen: Herr / ſchone deines Volckes / vnd laß dein Erbe nicht zu ſchanden werden.

Solches Faſten ſol dem gantzen Volck ein groſſer ernſt ſein ohne alle Heucheley. Dann125wie ſie geſchehen muͤſſe. Dann GOtt will die Suͤnde bekant ha - ben von jederman / Er will wahre Demut vnd Buſſe von vns haben / vnnd daß wir vns mit gantzem Hertzem ſollen zu jhm bekeren. Darumb ſpricht der Prophet von ſolcher ernſter Buſſe. Zerreiſſet ewere Hertzen / vnd nicht ewere Kleider. DieVerè teiu - nando. Heuchel Buſſe vñ heuchel Faſten. Juden hatten im brauch / wann ſie etwas ſchreckliches hoͤreten oder ſaͤhen / zerriſſen ſie jhre Kleider / vnnd thaͤtens offt zum ſchein auß Heucheley / giengen in zerriſ - ſen Kleidern zum ſchein / faſteten auch offt zum ſchein / wie ſolches der Prophet Eſa. 58. ſtraffet / da er ſpricht: Solt das ein Faſten ſeyn / daß ich erwehlen ſoll / daß ein Menſch ſeinem Leibe vbel thut / oder ſeinen Kopff henget wie ein Schilff / oder auff einen Sack vnnd in der A - ſchen liege? Wolt jhr daß ein Faͤſten nennen / vnnd einen Tag dem Her - ren angenehme? Daß iſt aber ein Faſten / daß ich erwehle: Laß loß / welchen du mit Vnrecht verbindeſt / laß ledig / welchen du beſchwereſt / gib frey /wel -126Was Buſſe thun heiſſe /welchen du bedrengeſt / reiß weg allerley Laſt / brich den Hungerigen dein Brod ꝛc. Sieheſtu einen nackend / ſo kleide jhn / vnnd entzeuch dich nicht von deinem Fleiſch.

Recht Fa - ſten.

Da hoͤren wir / was das rechte Fa - ſten ſey / nemlich / wann man von Suͤn - den ableſſet / die boͤſen Luͤſte des Fleiſches dempffet / den alten Adam toͤdtet / Liebe / Gedult / Barmhertzigkeit vbet / vnd ſol - ches alles mit rewendem bußfertigen zer - brochenen Hertzen. Darumb der Pro - phet allhie ſpricht: Zerreiſſet ewere Her - tzen. Dann gleich wie ein verwundetes Hertz wehe thut / vnd groſſe ſchmertzen machet: Alſo wehe ſoll vns vnſere Suͤn - de thun / als wann das Hertz gar zerknir - ſchet were / wie David im 51. Pſalm von dein rechten Opffer eines zerſchlagenen / zerbrochenen / zerknirſchten Hertzens vnd2. Corda ſeinden - do. Geiſtes zeuget. Ein ſolch Hertz iſt dem lieben GOtt das angenembſte Opffer. Ein ſolch Hertz iſt vehig durch den Glau - ben der gnade GOttes / des Troſtes desheiligen127wie ſie geſchehen muͤſſe. heiligen Geiſtes / deß thewren Verdien - ſtes vnnd Bluts Jeſu Chriſti. Dann gleich wie ein harter Felß / der nicht ver -Zerknirſch tes Hertz Gnaden fehig. wundet iſt / der nicht zerſchlagen / vnnd muͤrbe iſt / nicht in ſich trincken kan das Oele vnd Waſſer / ſo man darauff geuſ - ſet: Wann aber der Stein muͤrbe vnnd zermalmet iſt / ſo durchdringet jhn das Oele: Alſo auch durchdringet das Oele der Gnaden vnd troſtes Gottes ein ſolch muͤrbes vnd zerſchlagen Hertz / auff daß es durch den Glauben des Verdienſtes Chriſti theilhafftig werde. Dann die Starcken beduͤrffen des Artztes nicht / ſondern die Krancken. Es darfft niemandMatth. 9. Gal. 6. dencken / daß er Chriſtum angehoͤre / der nicht ſein Fleiſch creutzigt ſampt den Luͤ - ſten vnd Begierden. Dann ſol dir Chri - ſti Blut helffen / ſo muſtu es mit rewen - dem / zerſchlagenem / bußfertigem / de - muͤtigem / glaͤubigem Hertzen auffneh - men / oder du wirſt nimmermehr deſſel - ben vehig.

3. Erinnert vns auch der ProphetKder128Was Buſſe thun heiſſe /der vrſachen / die vns zur Buſſe fuͤhren / vnd leiten / vnd ſpricht: Bekeret euch zum Herrn / dann vnſer Gott iſt gnedig / barmhertzig / geduͤltig / von groſſer Guͤte / vnd gerewet jhm bald der Straffe. In dieſem Spruͤchlein ſtecket eine herꝛlicheGOTtes Gnade rufft vns zur Buſſe. gradation. Als wolte Gott der Herr ſagen. Iſts zu wenig gnedig ſeyn / ſo bin ich auch barmhertzig: Iſt diß zu wenig / ſo bin ich auch geduͤltig: Iſt diß auch zu wenig / ſo bin ich auch von groſſer Guͤte: Iſt das noch zu wenig / ſo gerewet mich auch bald die Straffe. Das iſt / wann ich ſchon angefangen hab zu ſtraffen / ſo iſt noch zeit zur Buſſe mittẽ in der ſtraffe.

1. Singula - ris Dei clementia Was heiſ - ſe gnedig ſeyn.

1. Spricht er: Vnſer GOTT iſt gnedig. Gnedig ſeyn / heiſſet ſich leicht vnd bald verſoͤhnen laſſen / ſich bald erbitten laſſen / den Zorn vnnd Vngna - de bald ſincken vnnd fallen laſſen / die Suͤnde vergeben / vnnd nicht zuͤrnen / nicht handeln mit einem nach Verdienſt / vnnd nach der ſtrengen Gerechtigkeit. Das thut Gott der Herꝛ alles an vns /vnd129wie ſie geſchehen muͤſſe. vnd daß ſoll vns auch zur Buſſe bewegen. Dann wir haben viel ſchoͤner verheiſſung von Gottes Gnade Exod. 22. Wird der Beleidigte zu mir ſchreyen / ſo werde ich jn erhoͤren. Dann ich bin gnedig. Eſa. 30. Er wird dir gnedig ſeyn / wann du ruffeſt / Er wird dir antworten / ſo bald Ers hoͤren wird. Darumb harret der Herr / daß er euch gnedig ſey / das iſt / der Herr wartet auff euch / GOTT iſt reich von Gnaden / denn erſtlich iſt bey jhm gratia expectans, wenn wir vns zu jm bekeren / will er vns mit Gnaden auffnehmen. 2. Iſt gratia præueniens, eine vorlauf -GOTtes Gnade wartet auff vns. fende Gnade. Citò anticipet nos mi - ſericordia Pſal. 79. 3. Iſt gratia fu ſci - piens, Eine auffnemende Gnade / Pſ. 32. Die auff den Herrn hoffen wird die Gute vmbfahen. 4. Gratia conſeruans, Pſ. 23. Gutes vnd Barmhertzigkeit wer - den nur folgen mein Lebenlang: wie im vorigen Capittel mit Exempeln bewieſen. Pſalm 130. Bey dem Herren iſt die Gnade / vnnd iſt viel Erloͤſung bey jhm. K ijDar -130Was Buſſe thun heiſſe /Darumb laß dich durch die holdſelige gnade Gottes zur Buſſe bewegen.

Paterna miſericor - dia. Was heiſt barmher - tzig ſeyn.

2. Er iſt auch barmhertzig. Barm - hertzig ſein heiſſet / wann einem eines an - dern Elend zu Hertzen gehet / ja das Hertz ruͤhret / daß es jhm wehe thut / wie es geſchicht dem Vaͤterlichen vnnd Muͤtterlichen Hertzen / die jhre Kinder nicht allein von grund deß Hertzens lieb - haben / ſondern ſich vber jhre Schwach - heit / vber jhr Elend vnnd Gebrechen hertzlich erbarmen / vnd ein ſolch mitlei - den mit jhnen haben / daß ſie lieber fuͤr jhre Kinder ſterben wolten / wie David2. Sam. 18. klagt: Ach Abſolon mein Sohn / wolte Gott ich muͤſte fuͤr dich ſterben. Das hat GOtt alles an vns gethan. DarumbGOttes Barmher[-]tzigkeit v - bertrifft alle Vaͤter - liche vnd Muͤtterli - che Barm - hertzigkeit Gottes Sohn ſelbſt fuͤr vns gelitten / vnd mit ſeiner Barmhertzigkeit hat er alle Vaͤtterliche vnd Muͤtterliche Barmher - tzigkeit vbertroffen / wie Eſa. 49. ſtehet: Kan auch eine Mutter jhres Kindes ver - geſſen / etc. Solche hertzliche Barmher - tzigkeit wird auch beſchrieben Jerem. 31. Iſt131wie ſie geſchehen muͤſſe. Iſt nicht Ephraim mein thewrer Sohn / vnd mein thewres Kind: Darumb bricht mir mein Hertz gegen jhm / daß ich mich ſein erbarmen muß / Deut. 4. Dein Gott iſt ein barmhertziger Gott / er wird dich nicht laſſen verderben / noch vergeſſen des Bundes / den er den Vaͤtern geſchwo - ren hat. Pſalm 103. Barmhertzig vnnd gnedig iſt der Herr. Des troͤſtet ſich David / als jhm die Wahl der Straffe gegeben ward auß dreyen eine zu erweh - len. 1. Sam. 24. Ich will lieber in die Hand des Herren fallen / etc. Ach laß dich doch die Vaͤterliche Barmher - tzigkeit Gottes zur Buſſe bringen. Ich ermahne euch / ſagt S. Paulus / durchRom. 12. die Barmhertzigkeit Gottes.

3. Geduͤltig. Geduͤltig ſeyn heiſſet ſichLongani - mis pati - entia. Was beiſ - ſe geduͤltig ſeyn. nicht bald zum Zorn bewegen laſſen / viel gebrechen tragen / leyden vnd zu gut halten / zeit zur Buſſe vnnd Bekehrung geben. Daß hat Gott reichlich an vns bewieſen. Dann er iſt die Liebe ſelbſt / die da langmuͤtig vnnd freundlich iſt / dieK iijalles132Was Buſſe thun heiſſe /alles hoffet / vertregt / vnd duldet / wie ein Vater vnd Mutter groſſe gedult mit jh - ren Kindern haben. Daher S. Petrus2. Petr. 3. ſpricht: GOtt hat gedult mit vns / vnnd will nicht daß jemand ſolle verloren wer - den / ſondern daß ſich Jederman zur Buſ - ſe kere / vnnd lebe. Item: Die gedult vn - ſers Herren Jeſu Chriſti achtet fuͤrGroſſe ge - dult Got - tes. ewre Seligkeit. Rom. 2. Weiſtu nicht / daß di[ch]die Guͤtigkeit Gottes zur Buſſe leitet[?]A[lſo][g]ab GOtt der erſten Welt zeit h[un]dert vnd zwantzig Jahr. Vnd wie lang hat er vns zeit zur Buſſe gegeben? Daruͤber ihr viel die gnade Gottes auff muhtwillen ziehen / vnd auff Gnade ſuͤn - digen / Aber die ſtraffe kuͤmpt darnach de - ſto ſchneller vnd heuffiger. Wenn jrer ſo viel weren die vns beleidigten / als derer ſind die Gott beleidigen / vnd kaͤme jtzo ei - ner / bald der ander / bald der dritte / vnd ſo fort / ſo wuͤrde kein Menſch auff Erden ſo groſſe Gedult haben / daß er nicht allein allen vergebe / ſondern noch allen gutes thun koͤnte. Nun thuts aber GOTT /ſehet133wie ſie geſchehen muͤſſe. ſehet wie geduͤltig muß er ſeyn. Ach laß dich doch die hohe gedult GOTtes zur Buſſe locken.

4. Von groſſer guͤte. Iſt deine Suͤn -Gott ein weſentlich mittheilẽ - des Gut. Jer. 32. Benignita - tis gratia. de groß / ſo iſt auch ſeine Barmhertzigkeit groß / Gott iſt ſo weſentlich vnd gruͤndt - lich gut / daß er gern ſich ſelbſt allen Men - ſchen mittheilete / muͤchten ſie jhn nur er - greiffen vnd annemen / ja er kan nicht an - ders dann guͤtig ſeyn / das iſt ſeine Natur / daran hat er ſeine freude / wie er im Pro - pheten ſagt: Es ſoll jhm eine luſt ſeyn / daß er vns guts thun muͤge. Seine Barm - hertzigkeit iſt ſo groß als er ſelbſt iſt /Syr. 18. 2. das iſt / vnendlich / vnnd gehet vber alle Menſchen. Seine Vaͤterliche Barm - hertzigkeit iſt nicht ſo enge geſpannen als eines Leiblichen Vaters / der ſich nur vber ſeine eigene Kinder erbar -Rom. 10. met / ſondern er iſt Reich von Barmher - tzigkeit vber alle / ꝛc. Seine Gnade rei -Pſal. 36. chet ſo weit der Himmel iſt. Solche eine hohe tieffe Barmhertzigkeit iſt GOttesK iiijBarm -134Was Buſſe thun heiſſe /Barmhertzigkeit / ſo hoch der Himmel iſt vber der Erden. Pſalm 103. die guͤte des Herrn iſts / daß wir nicht gar auß ſein / ſeine Barmhertzigkeit hat noch kein Ende / ſie iſt alle Morgen new / vnd deineThren. 3. Trew iſt groß. Ach laß dich doch die Freundligkeit GOttes / vnd ſeine groſſe guͤte zur Buſſe locken.

Afflictio - nis condo - lentia. Gott ſtraf fet nicht zum ver - derben.

5. Vnd gerewet jhn bald der Straf - fe / das iſt / er ſtraffet vngerne / vnd wann er ſtraffet / ſo thut ers nicht zu vnſerm verderben / ſondern zu vnſer beſſerung vnnd Seligkeit / 1. Cor. 10. Wann wir vom Herrn gerichtet werden / ſo wer - den wir gezuͤchtiget / auff daß wir nicht mit der Gottloſen Welt verdampt wer - den / Eſa. 26. Deus facit opus alienũ, vt faciat proprium. So gerewet jhn bald der Straffe zu Ninive. Thren. 3. Das iſt ein koͤſtlich ding geduͤltig ſeyn / vnd auff die Huͤlffe des Herrn hof - fen. Dann der Herr verſtoſſet nicht ewiglich / ſondern er betruͤbet woll / vnnd erbarmet ſich wieder nach ſeiner groſſengute.135wie ſie geſchehen muͤſſe. guͤte. Dann er nicht von Hertzen die Menſchen plaget noch betruͤbt. Darumb laß dich doch gerewen deine Suͤnde. So bald dich die Suͤnde gerewet / vnnd du im waren Glauben Gott dieſelbe abbitteſt / ſo bald gerewet GOtt die Straffe. Wie ſagt GOtt der Herr zu Jona: Jam - mert dich des Kuͤrbiß / ſolt euch dann nit jammern der groſſen Stadt? So ſchleuſ - ſet GOtt der Herr / du haſt ja an dem Kuͤrbiß nichts gearbeitet: Haſt nichts daran gewandt / er koſtet dir ja nichts / noch jammert er dich: Was meineſtu hab ich an die groſſe Stadt Ninive gewandt: So viel tauſent Menſchen erſchaffen / bißhero ernehret / vnd ſolte ſie alſo laſſen vntergehen. Solch ein erbarmentes Hertz hat Gott noch / vnd behelts gegen vns in Ewigkeit / wann wir nur ein buſ - fertiges Hertz haben / vnnd zu jhm brin - gen. Darumb laß dich das erbarmende Hertz Gottes zur Buſſe be - wegen.

K vDas136Von vier Eigenſchafften

Das X. Capittel. Von vier Eigenſchafften der wah - ren Buſſe.

Pſalm 102. Ich eſſe Aſchen wie Brodt / vnnd miſche meinen Tranck mit weinen. Fuͤr deinem Drewen vnnd Zorn / daß du mich auffgehaben / vnd zu Bo - dem geſtoſſen haſt. Meine Ta - ge ſind dahin wie ein Schat - ten / vñ ich verdorre wie Graß. Du aber HErꝛ bleibeſt ewiglich / vnd dein gedaͤchtniß fuͤr vñ fuͤr. ()

HIerin werden vns vier Eigen - ſchafften der wahren Buſſe fuͤrge - halten / die wir auch vben muͤſſen. Die erſte Eigen - genſchafft der waren Buſſe iſt die erkant nuͤß ſeiner vnwirdig - keit.Die erſte Eigenſchafft der waren Buſſe iſt / daß ſich ein bußfertiges Hertz aller Wolthaten Gottes vnwirdig ach - tet / dauon ſagt der Pſalm: Ich eſſe Aſchen wie Brodt / vnd miſche meinen Tranck mit weinen / das iſt / es iſt mir alle luſt vndfreude137der waren Buſſe. freude vergangen / Ich achte mich vn - wirdig einen niedlichen Biſſen zu eſſen / da ſich ander Leute erquickẽ mit niedlicher Speiſe ſchmecket mirs wie Aſche. Solche Vnwirdigkeit leget der Herr ChriſtusLuc. 9. alſo aus. Wer mein Juͤnger ſein will / der verleugne ſich ſelbſt / vnd neme ſein Creutz auff ſich / vnd folge mir nach. Item / SoLuc. 14. jemand zu mir koͤmpt / vnd haſſet ſich nit ſelbſt / ja ſein eigen Leben / der kan nicht mein Juͤnger ſeyn. In dieſen Spruͤchlein beſchreibt der Herꝛ / wie ein warer Chriſt ſeine Vnwirdigkeit erkennẽ ſoll in 3. dingẽ.

1. Sich ſelbſt verleugnen / das iſt / ab -Sichſelbſt verleugnẽ. ſterben ſeinem eignen Willen / ſeiner eignẽ Liebe / ſeiner eignen Ehre / vnd ſich allerGen. 32. Wolthaten Gottes / ſo einem Menſchen wiederfahren muͤgen / nit werth achten / ſich zu gering achten aller Barmhertzig - keit Gottes / ſich nit allein vnter alle Men - ſchen erniedrigen / ſonder vnter alle Crea - turen / wie der HErꝛ ſagt: Ich bin einPſal. 22. Wurm vnd kein Menſch. Daß heiſt ſich ſelbſt verleugnen / das iſt fuͤr nichts achtẽ

2. Sich ſelbſt haſſen / das iſt / allesSichſelbſt haſſen.was138Von vier Eigenſchafftenwas dem Fleiſch ſanfft thut / vnd was das Fleiſch will / als Ehre / Wolluſt / Rach - gier / Zorn / Geitz / vnd was ſolch Fleiſch - lich ding mehr iſt / an jhm ſelbſt ſtraffen / das Fleiſch creutzigen ſampt den Luͤſten vnnd Begierden / vnnd daſſelbe alles fuͤr Teuffelswerck vnnd Schlangenſahmen an jhm ſelbſt achten / vnd halten / vnd ſich ſelbſt anklagen als einen Hellenbrant / vnd des ewigen Todes wirdigen.

Sein Creutz auf ſich neh - men.

3. Sein Creutz auff ſich nehmen / vnd dem Herren nachfolgen / das iſt / ohne alle Wiederrede vnnd Vnmuth in der ſtille allerley Truͤbſal williglich auff ſich nehmen / ſich nicht allein alles Ley - dens werth achten / ſondern immer geden - cken / man habe viel ein groͤſſers verdie - net / vnd darumb ſein Creutz tragen / in ſi - lentio & ſpe, wie der Herr Chriſtus. Das heiſt jhm gefolget.

Ein Chriſt achtet ſich nichts wir dig als al - lein der Straffe.

Auß dieſem allen iſt zu ſehen / daß ein recht demuͤtig vnnd bußfertig Hertz ſich aller Wolthaten Gottes vnwirdig ach - tet / auch nit wirdig eines biſſen Brodts /oder139der waren Buſſe. oder einer niedlichen Speiſe / oder Labe - trunck / wie dann der Herr Chriſtus am Creutz in ſeinem groſſen durſt den bit - tern vermirreten Eſſig eingenommen / vnnd nichts darwieder geſagt als allein: Es iſt vollenbracht. Daher iſts nun kom - men / daß die im alten Teſtament / wann ſie Buſſe gethan / haben ſie ſich nicht werth geachtet einer Gutthat / ſondern haben Saͤcke angethan vber die bloſſen Haut / haben ſich in die Aſche geſetzet / trucken Brodt geſſen / daſſelbe in die A - ſche gelegt / vnnd alſo geſſen / als die nicht werth weren rein Brodt zu eſſen / vnnd ei - nen lautern Tranck zu trincken / ſondern haben die Thraͤnen / ſo ſie vnter Eſſen vnnd Trincken vergoſſen mit eingeſſen vnd getruncken.

Die Vrſach aber / warumb ſie ſichDer mẽſch durch die Suͤnde al - ler Wol - thatẽ Got - tes verlu - ſtig. ſo vnwerth geachtet / iſt / daß ſie erkant ha - ben / daß ſie mit jhren Suͤnden den ewi - gen Fluch vnd die Helle verdienet / vnnd ſich dardurch verluſtig gemacht aller gnaden vnd barmhertzigkeit GOttes anLeib140Von vier EigenſchafftenLeib vnd Seele / alſo / daß ſie auch der al - lergeringſten Wolthaten Gottes nicht werth ſeyn. Das iſt bedeutet durch den2. Reg. 8. Mephiboſeth / den Sohn Jonathan. Als David ins Regiment kam / ließ er fragen im Lande / ob jemand vom Ge - ſchlechte Jonathan noch vbrig were / daß er Barmhertzigkeit an jhm thaͤt / darumb / daß Jonathan ſein liebſter Freund geweſen / vnnd jhn errettet auß der Hand ſeines Vaters Sauls. Da ward gefunden ein armer lahmer Mann mit Nahmen Mephiboſeth / zu dem ſprach David: Du ſolt taͤglich an mei - nen Tiſch eſſen vmb deines Vaters Jo - nathan Willen. Da antwortet er: Wer bin ich? Ein todter Hund / daß ich vber des Koͤniges Tiſche eſſen ſolle? Das iſt ein Bilde aller demuͤtigen bußfertigen Hertzen / die ſich nicht werth achten der Wolthaten GOTtes. So moͤchten wir auch wol ſagen zu GOTT dem Herren / wann er vns mit ſeinen Wolthaten ſettiget als von ſeinemTiſch /141der wahren Buſſe. Tiſch / vnnd im heiligen Abendmal mit ſeinem Leib vnd Blut ſpeiſet vnd tren - cket.

Deßgleichen leſen wir vom verlor -Luc. 15. nen Sohn / da er Buſſe that / achtet er ſich nicht werth / daß er ſeines Vaters Sohn heiſſen ſolte / ſondern wolte gern ein Knecht vnd Tagloͤhner ſeyn ſeines Vaters. Alſo das Cananeiſche Weib -Matt. 15. lein wolte gern ein Huͤndlein ſeyn / vnnd die Brodtſamen eſſen / ſo die Kinder fal - len laſſen. Petrus ſpricht: Herr / geheWahre Buſſe / de - muͤtiget von Her - tzen. Luc. 5. Joh. 4. Act. 20. von mir hinauß / Ich bin ein ſuͤndiger Menſch / nit werth / daß du bey mir geheſt oder ſteheſt. Der Hauptman zu Caper - naum: Herr ich bin nicht werth / daß du vnter mein Tach geheſt. S. Paulus ſagt: Er habe ſein Leben nicht ſo lieb / daß ers mit Freuden vollenden ſolte. Er achtet ſich ſelbſt nicht ſo werth / daß er ein Apoſtel heiſſe. Alſo der heilige Da -1. Cor. 15. vid achtet ſich nicht ſo werth / daß er Brodt eſſe / ſondern ich eſſe Aſche wie Brodt / ſagt er / ſo gar achte ich mich nichtwerth142Von vier Eigenſchaffterwerth einer Gutthat. Wann ein Chriſt ein ſolch Hertz hat / ſo iſts recht / ſo iſts zerbrochen vnd zerſchlagen / vnnd ein le - bendig Opffer GOttes.

Die ander Eigen - ſchafft der Buſſe iſt die hoͤch - ſte Rewe vñ ſchmer - tzen habẽ / darumb / das man Gott be - leidigt hat Pſal. 102.

Die ander Eigenſchafft iſt / daß der Bußfertigen hoͤchſter Schmertz vnd Traurigkeit iſt / daß ſie GOtt erzuͤrnet / vnd beleidiget haben. Dauon ſagt Da - vid. Fuͤr deinem Zorn vnd draͤwen / daß du mich auffgehaben / vnd zu Bodem ge - ſtoſſen haſt / das iſt / es thut mir all mein Vngluͤck vnnd Schmertz ſo wehe nicht / als daß ich dich ſo einen herꝛlichen / heili - gen vnnd gerechten Gott erzuͤrnet / oder wieder dich gehandlet habe.

Weil Gott eitel Liebe / Gnade / Ge - rechtigkeit / Guͤtigkeit vnd Barmhertzig - keit / ja alle Tugent iſt / ſo beleidigt man mit einer jeden Suͤnde GOtt: Als mit Vngerechtigkeit / beleidiget man GOt - tes Gerechtigkeit: Dann GOtt iſt die Gerechtigkeit ſelbſt / mit Luͤgen / Dann GOtt iſt die Warheit ſelbſt / mit Haß / Dann GOtt iſt die Liebe ſelbſt. GOtt iſtdas143der wahren Buſſe. das hoͤchſte ewige Gut alle Tugent / vnd iſt die hoͤchſte Liebe. Nun iſts ja eine groſ - ſe Teuffeliſche boßheit denſelbigen belei - digen / der die hoͤchſte Liebe / ja die Liebe ſelbſt iſt. Wann vns GOtt je etwas zuEin mẽſch hat mehr Vrſache fromm zu ſein dann zu ſuͤndi - gen. leid gethan hette / ſo were es ſo groß wun - der nicht / daß wir jhn haſſeten / vnd jhm wiederſtrebeten. Nun gibt er vns ja alles Gutes / Leib vnd Leben / ſpeiſet vnd klei - det vns / gibt vns Artzney / wann wir kranck ſeyn / vergibt vns vnſere Suͤnde /Hohe wol thaten Gottes. ſo offt wir ſeufftzen / vnd iſt bereit allezeit vns auffzunehmen / wann wir vns bekeh - ren: Hat vns ſeinen lieben Sohn ge - ſchencket / vnnd den heiligen Geiſt / vnnd gibt ſich ſelbſt vns zu eigen / iſt vnſer Va - ter / vnd nunpt vns zu Kindern an: Den - noch erzuͤrnen wir jhn / wiederſtreben jhm / vnd haſſen jhn. Were das nicht ei - ne groſſe boßheit / wann du den toͤdteſt / der dir das Leben gebe / wann du den ſchluͤgeſt / der dich in ſeinen Armen truͤge / vnnd in ſeinem Schoß hielte / wann du den verachteſt / von dem du alle deineLEhre144Von vier EigenſchafftenEhre hetteſt / wann du den verleugneteſt / der dich fuͤr ſein Kind auffgenommen het -Groͤſſeſte vñ ſchend - lichſte vn - danckbar - keit in al - len Suͤn - den. te? Siehe daß thuſtu Gott deinem Vater ſelbſt. Siehe / welch ein heiliger vnnd ge - rechter Gott iſt der / den du beleidigeſt / welchen alle Engel Gottes anbeten / ſich fuͤr jhm fuͤrchten / jhm das Sanctus ſin - gen / vnd du biſt Erde vnd Aſche / vnd be - leidigeſt jhn? Wann daſſelbige ein buß - fertiges Hertz bedencket / ſo wird in jhm gewircket eine ſehr groſſe Traurigkeit vnd ſchmertzliche Rewe / die ſo wehe thut als die tieffeſte Wunde / vnd macht eineSuͤnde bringet Furcht vñ ſchrecken. ſehr groſſe Furcht fuͤr Gottes Gerech - tigkeit / vnd Gerichte / die dem Menſchen ſehr ſchrecklich drewet inwendig vnd auß - wendig: Inwendig im Gewiſſen / auß - wendig durch zeitliche plagen / darfuͤr hat der Menſch nicht Friede vnd Ruhe / wie Job klagt / vnd vergehet jhm alle Freude / ſo in der Welt iſt / daß er weder eſſen noch trincken kan / wie ſolches Drewen im 38. Pſalm beſchrieben iſt: Deine Pfeile ſte - cken in mir / vnnd deine Hand drucketmich.145der wahren Buſſe. mich. Gleich als die Wunde / darin ein Pfeil ſtecket / ſehr wehe thut / der ſchmer - tze auch ſo lang zunimpt / ſo lang der Pfeil darin ſtecket: Alſo / ſo lang die FurchtEin jeder tregt ſein Vrtheil bey ſich ſelbſt. Lebendi - ge Zeuge der ver - dienten Straffe. im Gewiſſen ſtecket / iſt da keine ruhe / ſondern eitel Drewen. Vnnd diß Drewen iſt nichts anders dann das le - bendige Vrtheil der Gerechtigkeit Got - tes in vnſerm Gewiſſen / vnd eine groſſe Furcht der verſtoſſung in die Helle. Darumb ſpricht David: Daß du mich auffgehaben vnnd zu Bodem geſtoſſen haſt. Gleich als wann einer von einem hohen Orte in eine groſſe Tieffe fiele / vnd ſo zuqueſcht wuͤrde / daß er kein gantz Glied behielte.

Dennoch gleichwol iſt jn dieſem groſſen drewen vnnd ſchrecken Gottes noch einGott hei - let ſeine Wunde vnd Pfeile ſelbſt. Pſal. 146. 1. Sam. 2. Troſt: Dann der Prophet ſpricht: Es iſt Gottes drewen / ſchrecken vñ Pfeile. Der Gott / der das Hertz verwundet mit ſeinẽ Pfeilẽ / der wirds auch heilẽ / der da toͤdtet der wirds auch Lebendig machẽ / der Gott der zu Bodem ſtoͤſſet / vnd in die Helle fuͤ - ret / der kan auch wieder herauß fuͤhren.

L ijWann146Von vier Eigenſchafften

Wann nun das ein bußfertiges Hertz an jhm befindet / daß jhm nichts ſo ſchmertzlich wehe thut / als das er Gott das hoͤchſte Gut / vnd die hoͤchſte Liebe er - zuͤrnet habe / ſo iſts recht mit jm. So thaͤtPſal. 51. David: An dir allein hab ich geſuͤndiget. Ach / will er ſagen / wann ich nur dich nitDan. 9. beleidiget hette. So thaͤt Daniel: Du biſt gerecht / wir aber muͤſſen vns ſchemen / daß wir nemlich ſo einen gerechten Gott beleidiget haben.

Die dritte Eigen - ſchafft der Buſſe iſt die erkant nuß ſeines hoͤchſten vnuermuͤ - gens.

Die dritte Eigenſchafft iſt / daß Da - vid ſpricht: Meine Tage ſind dahin / wie ein Schatte / vnd ich verdoͤrre wie Graß / das iſt: Ein bußfertiges Hertz verzagt an allen ſeinen Kraͤfften / vnd weiß / daß es ſo wenig Krafft hat / als ein Schatte / vnnd ſo wenig Safftes als ein duͤrre Graß. So ſtehet auch im 39. Pſalm: Siehe / meine Tage ſind einer Hand breit bey dir / vnd mein Leben wie nichts fuͤr dir. Wie gar nichts ſind alle Men - ſchen / die doch ſo ſicher leben. Sie gehen daher wie ein Schaͤmen / ꝛc.

O wie147der wahren Buſſe.

O wie iſt das eine groſſe Weißheit /Erklerũg des gleich - nuͤſſen võ Schatten. Pſal. 39. wann ein Menſch ſein eigen nicht erken - net. Der Menſch iſt nichts gleich wie ein Schatten nicht iſt. Dann ein Schatten iſt ein Lebeloß / Todes / ohnmechtig Ding / daß keinen Leib / Leben / noch be - wegung von jhm ſelbſt hat / vnd vergehet wann die Sonne hinweg iſt. Alſo auch der Menſch / wann Gott das Liecht des Lebens entzeucht. Vnd iſt diß ein wun - der / je neher die Sonne / je kleiner Schatten: Alſo je neher Gott mit ſeinen Gaben / je kleiner ein frommer Gotts - fuͤrchtiger Menſch iſt in ſeinen Augen / vnd fuͤr der Welt: Vnnd je weiter die Sonne von vns / je groͤſſer Schatten: Alſo je weiter der Menſch von Gott iſt / je groͤſſer er wird in ſeinem Hertzen / vnd innerlicher Hoffart: Vnd hinwieder je groͤſſer der Menſch iſt in ſeinem Hertzen / je weiter er von Gott iſt. Vnd gleich wie die groſſen Schatten gegen den Abend bald vergehen vnnd verſchwinden: Alſo die groß vnd hoch ſind in jhrem Hertzen /L iijver -148Von vier Eigenſchafftenvergehen auch bald. Dann der Schatten muß darumb verſchwinden / dieweil jhm die Sonne entgehet: Alſo wañ der Schat - tenmenſch groß wird in ſeinem Hertzen / ſo entgehet jhm die Goͤttliche Sonne / ſo muß er vergehen. Wie auch der Schattẽ von jhm ſelbſt kein Leben hat / ſondern hat ſeine bewegung von der Sonnen / vnnd gehet mit derſelben: Alſo iſt der Menſch von jhm ſelbſt nichts / ſondern Todt vndAct. 17. Lebeloß. Gott iſt ſeine Bewegung vnd Leben. Gleich als man ſiehet einen groſ - ſen Baum / der wirfft von ſich einẽ groſ - ſen Schatten / der Schatten lebet vnnd beweget ſich von jhm ſelbſt nicht / ſon - dern wann ſich der Baum reget / ſo reget ſich der Schatten auch: Alſo der Menſch lebet vnd webet in Gott. Im Tode er -Pſ. 39. 90. 103. fahren wirs / daß vnſere Tage dahin ſind wie ein Schatten / vnd wir wie Graß verdorren / welches der Todt mit der Si - chel vnd Senſen abgehawen.

Wann nun der Menſch diß alles gruͤndlich in ſeinem Hertzen empfindet durch wahre Demut / daß er nichts iſt /vn[d]149der wahren Buſſe. vnnd einem todten Schatten gleich / ſo iſt ſein Hertz recht fuͤr GOTT / vnnd richtig in der Buſſe. Dann wie wir na -Ein Chriſt muß im - mer ſter - ben lernẽ / daß er ein - mal wol ſterbe. tuͤrlich vnd Leiblich ſterben muͤſſen: Alſo muͤſſen wir auch Geiſtlich taͤglich ſter - ben / auff daß wir einmal wol ſterben ler - nen. Dann was man ſtets vbet / daß kan man am beſten.

Die vierdte Eigenſchafft der BuſſeDie vierde Eigen - ſchafft der Buſſe iſt Gott e - wig an - hangen. iſt die Vereinigung mit GOtt / wie der Pſalm hie ſpricht: Du aber bleibeſt ewig - lich / vnd dein Gedechtnuß fuͤr vnd fuͤr / als wolte er ſprechen / ob ich gleich bin wie ein Schatte vnd verdoͤrre wie Graß hie zeitlich / ſo weiß ich doch daß ich in dir ewig bleiben werde / wie du ewig biſt. Gleich wie der Menſch durch die Suͤn - de von Gott geſcheiden wird: Alſo wird er durch wahre Bekerung wieder mit GOTT vereiniget. Gleich wie die Perſon Chriſti nicht kan getrennet werden / ſondern die ewige Gottheit hat die Menſchliche Natur in Chriſto jhr alſo vereinget durch ein vnauff -L iiijloͤßli -150Von vier Eigenſchafften / etc. loͤßliches Band / daß auch der Todt die - ſe Vereinigung nicht hat trennen koͤn - nen / vnd alſo bleibt die Menſchliche Na - tur Chriſti ewig mit der Gottheit vereini - get / vnd mit Gottes Herꝛligkeit erfuͤllet: Alſo werden durch die bekerung zu Gott / durch den Glauben vnd hertzliches Ver -Rom. 8. 1. Cor. 6. Hoſ. 2. Pſal. 25. trawen / die glaͤubigen Seelen alſo mit Gott vereinigt / daß ſie weder Leben noch Todt ſcheiden kan. Dann die dem Her - ren anhangen / die werden ein Geiſt mit jhm / vnd Gott hat ſich in Ewigkeit mit vns verlobet / Ja Chriſtus Jeſus vnſer Herr iſt vnſer ewiger Zeuge / vnd vnſer Buch deß Lebens / darin wir ſehen / vnnd lernen / daß wie ſeine Menſchliche Natur ewig mit Gott vereiniget iſt: Alſo auch alle glaͤubigen. Gleich wie nun Gott vnnd Chriſtus ewig iſt / ſo werden auch ſeine Verheiſſungen ewig ſeyn / durch welche Er mit vns einen ewigen Gnadenbund gem[a]cht hat / der nicht wird auffhoͤren / wann vns gleich die Welt verleſt / Suͤnde / Todt / Teuffel /vnd151Die Frucht der wahren Bekehrung / etc. vnd Helle plagen / ja wann vns gleich vnſer Leib vnd Seele verſchmachtet / ſoPſal. 73. iſt GOtt doch vnſers Hertzens Troſt / vnd vnſer Theil.

Das XI. Capittel. Die Frucht der wahren Bekehrung iſt die Newe Creatur: Vnnd was ein Chriſt ſey nach dem Glauben / nemlich ein Herr vber alles / vnd was er ſey nach der Liebe / nemlich ein Knecht vnter allen / vnd wie Chriſti Leben vnſer Spiegel ſey.

2. Cor. 5. Iſt jemand in Chriſto / der iſt eine newe Creatur. ()

ALle die in Jeſu Chriſto ſeyn durchWas da heiſſe eine newe Cre - atur ſeyn. den Glauben / die ſind newe Creaturen / das iſt / ſie ſind Kin - der GOttes / ſind gerecht fuͤr GOTT / haben vergebung der Suͤnde / haben den heiligen Geiſt / ſind der Goͤttlichen Na - tur theilhafftig / ſind Erben des ewigen Lebens / ſind frey im Gewiſſen vom Ge - ſetz / Fluch / Todt / Teuffel / Helle / Ver -L vdamnuß /152Die Frucht der wahren Bekehrungdamnuß / ſind an keine Zeit / Ort / Geſetz gebunden. Dann ſie empfahen alles von Chriſto aus Gnaden lauter vmbſonſt durch den Glauben / was zur Seligkeit gehoͤrt / daran ſie weder Zeit noch Ort / weder Geſetz oder Gebot / oder Ceremo -Freyheit der Chri - ſten. Rom. 10. nien hindern. Sie ſind in Chriſto voll - kommen / dieweil ſie in jhm haben die Er - fuͤllung des Geſetzes durch den Glauben.

Chriſten Name iſt vber alles was in der Welt iſt / vnd hin - wieder vn ter allen dingen in der Welt.

Darumb ein gleubiger Chriſt ſein iſt ein hoher Name vber alle Namen in der Welt / vnd vber alle Staͤnde vnd Empte - re / vber alle Zeit / Ort / Geſetz / vnd vber die gantze Welt. Wiederumb aber ein warer Chriſt ſein im Leben iſt der allernie - drigſte Name vnter alle Namen in der Welt. So hoch nun der Glaube einen Chriſten vber alles erhoͤhet / ſo tieff ernie - drigt die Liebe einen Chriſten vnter alles / welches du fein verſtehen kanſt / wann du das H. Leben Chriſti betrachteſt. Wel - ches iſt ein heller Spiegel der Liebe vnd aller Tugende in vollkommenem Grad.

Siehe wie iſt Chriſtus vnſer allerKnecht153iſt die New Creatur. Knecht vnd Diener worden / wie demuͤti -Spiegel des Lebẽs Chriſti. ges Hertzens / wie ſanfftmuͤtiges Geiſtes / wie freundlich in Worten / wie holdſelig in Geberden / wie barmhertzig gegen die Armen / mitleidig gegen die Elenden / wie geduͤltig gegen die Laͤſterer / wie gelinde in ſeiner Atnwort / wie gnedig gegen die Suͤnder / wie hat er ſo gar niemand ver - achtet noch verſchmehet / wie hat er ſich an niemand gerechnet / wie hat er aller Menſchen Seligkeit ſo hertzlich geſuchet / wie hat er fuͤr ſeine Feinde gebeten / wie hat er vnſer aller Suͤnde / Kranckheit / Schmertzẽ / Schmach / Schlege / Straf - fe getragen? Vnd iſt alſo ein vollkommen Exempel der Liebe / der Demut / der Ge - dult / vnnd aller Tugenden / welches wir immer anſchawen ſolten in vnſern Her - tzen / ſonderlich wann wir allein ſeyn. Dann daſſelbe iſt beſſer dann alle KunſtChriſti le - bẽ betrach ten iſt beſ - ſer dann alle Kunſt. Cant. 8. vnd Weißheit dieſer Welt. Darumb wir diß Siegel der Liebe Chriſti in vnſer Hertz drucken ſollen / nemlich ſein Bilde / ſein Leben / ſeine Liebe / ſeine Demuth / ſeine Gedult / ſein Creutz / ſeine Schmach / ſeinẽTodt.154Wie Chriſtus der rechte Weg vnd Zweck ſeyTodt. Daß wird ein Liecht in vnſerm Hertzen ſeyn / dardurch wir werden er - newert / vnd in ſein Bilde verkleret wer - den. Wie nun Chriſtus vnter allen Men - ſchen / ja vnter allen Creaturen geweſt iſt / im Stande ſeiner Niedrigkeit in dieſer Welt: Im Stande aber ſeiner Herꝛlig - keit / Ein HErꝛ vber alles: Alſo iſt auch ein Chriſt nach ſeinem Glauben ein Herꝛ vber alles / nichts außgenommen denn Gott ſelbſt nach ſeinem Leben aber iſt er vnter allen dingen.

Das XII. Capittel. Wie Chriſtus der rechte Weg vnd Zweck ſey der wahren Gottſeligkeit / vnd wo Gott den Menſchen nicht leitet vnd fuͤh - ret / ſo irret er.

Pſal. 86. Weiſe mir HErꝛ deinen Weg / daß ich wandele in dei - ner Warheit / Erhalt mein Hertz bey dem einigen / daß ich deinen Namen fuͤrchte. ()Dieſer155der wahren Gottſeligkeit.

DIeſer Weg iſt Chriſtus. Joh. 14. Ich bin der Weg. Wie komme Ich zu jhm? Durch den Glauben. Dann der Glaube vereinigt vns mit Chriſto / die Liebe verbindet / die Hoffnung erhelt / vnnd iſt doch beyde Glaube / Liebe / vnnd Hoffnung auß Chriſto / vnd Chriſti Werck in vns. Die - ſer Weg gehet auß jhm / vnnd wieder zu jhm.

Der Glaube ergreiffet Chriſti Per -Durch dẽ Glauben / Liebe vnd Hoffnung bleibẽ wir in Chriſto. ſon vnd ſein Ampt / die Liebe folget jhm in ſeinem Leben / die Hoffnung ergreiffet die zukuͤnfftige Herꝛligkeit. Der Glaube muß keinen andern Chriſtum / Heyland / Seligmacher / Mitler / vnnd Weg zum Leben haben dann Chriſtum Jeſum: Die Liebe hat das ewige Leben Chriſti fuͤr ſich: Die Hoffnung erwartet nichts an - ders dann der ewigen Herꝛligkeit. VndArt der dreyheupt Tugendẽ. Pſal. 143. das iſt der rechte Weg / das iſt die War - heit / darin wir wandeln / das iſt das eini - ge / die GOttesfurcht / darin GOtt vnſer Hertz erhalten wolle.

Dieſe156Wie Chriſtus der rechte Weg vnd Zweck ſey
Verwand nuß der Tugendẽ.

Dieſe drey Heupttugende / Glaube / Liebe / Hoffnung / ſind nun befreundet mit dreyen andern Tugenden: Der Glaube iſt befreundet mit der Demuth / die Liebe mit der Gedult / die Hoffnung mit dem Gebet. Dann wer gleubet / der demuͤtiget ſich / wer liebet / der iſt geduͤl - tig / wer hoffet / der betet. Ach das iſt einSchoͤner Weg Got tes. rechter ſchoͤner Weg GOTtes / O Herr weiſe vns denſelben / das iſt die Warheit / darin wir wandeln ſollen / das iſt die rechte Furcht GOTtes / das ei - nige / darumb David im 27. Pſalm bit -Was heiſ - ſe in Chri - ſto leben. tet. Das heiſſet Chriſto nachfolgen in Demut / in der Liebe / in Gedult / vnnd in ſeinem Hertzen toͤdten den gifftigen Wurm / die Hoffart durch die Demut Chriſti. Bedenck das Chriſtus ein Wurm fuͤr dich worden iſt / vnd du biſt ſo Hoffertig? Toͤdte in deinem Hertzen den Geitz durch die Armut Chriſti. Siehe / Er hat nicht ſo viel gehabt / da Er ſein Haupt hinlege / vnd du wilt alles haben / vñ haſt nimmermehr gnug? Siehe / er hatdir157der waͤhren Gottſeligkeit. dir dein Leben gebẽ / vñ du goͤnneſt deinem Neheſten nit ein biſſen Brodt? Toͤdte in deinem Hertzen die rachgier durch die ſanfftmut Chriſti. Siehe / er hat fuͤr ſeine Feinde gebeten / vnd du bitteſt fuͤr deineChriſti Le - ben / vnnd heilig Lei - den / ſoll vnſers Le - bens Artz - ney ſeyn. Freunde nit? Sein Angeſicht iſt mit Feu - ſten geſchlagen vnd angeſpeyet / er hats er - duldet / vnd du kanſt nicht erdulden / ſo du ſawer angeſehen wirſt? Toͤdte die Saͤwi - ſche Wolluſt in deinem Hertzen durch die Schmertzen des H. Leibes Chriſti. Siehe ob jemands Schmertzen gleich ſey ſeiner Schmertzen / vnd du wilt immer in Wol - luſt leben? Er hat eine dorne Krone getra - gen / vnd du wilt eine Guͤldene Krone tra - gen? Er hat vmb frembder Suͤnde willen geweinet / vnd du weineſt nicht vmb deine eigene Suͤnde? O lieber Herr Chriſte /Der rechte weg Chriſt liches Le - bens. wie viel Menſchen ſind noch auff dieſem Wege nit. Weiſe mir Herꝛ deinen Weg / daß ich wandele in deiner Warheit / gibPſal. 143 mir ein Hertz daß dich fuͤrchte / einen Glauben / der dich ergreiffe / Liebe / die dir nachfolget / Hoffnung die deine Herꝛligkeit ſehe / ein Gemuͤt / dasdich158Wie Chriſtus der rechte Weg vñ Zweck ſeydich liebe / einen Sinn der dich erkenne / Ohren / die dich hoͤren ruffen vñ ſchreyen am Creutz in deinem Leyden / Augen / die dich ſehen in deiner Demut / einen Mund / der mit dir betet fuͤr die Feinde.

Ohne vnd auſſer Chriſto iſt eitel Irr - thumb.

Wo du Herr / dieſen Weg nicht zeigeſt / mich darauff fuͤhreſt / vnd leiteſt / ſo iſt mein Weg eitel Irꝛthumb / vnnd mein Liecht Finſternuß. O du ewiges Liecht / welches den alten Tobiam er - leuchtet / da er ſein Geſicht verloren / den Iſaac / da ſeine Augen tunckel wuͤrden / den Jacob / da er ſeinen Soͤhnen zukuͤnff - tige Dinge verkuͤndigte / den alten Si - meon / da er ſeinen Heyland ſahe / er - leuchte vns auch / daß wir in Chriſto die ſchoͤnen Tugenden leuchten ſehen / vnnd mit denſelben erleuchtet vnd gezieret wer -Geiſtliche vnd newe Schoͤ - pffung. Gen. 1. den. In der Schoͤpffung war es finſter auff der Tieffe: Alſo iſts in der tieffe vn - ſers Hertzens finſter / biß Gott ſpricht / es werde liecht / vnd biß der Geiſt GOt - tes ſchwebet auff dem waſſer vnſers Her - tzens. Die Erde war wuͤſte vnd leer: Alſovnſer159der wahren Gottſeligkeit. vnſer Hertz / wo es Gottes Gnade nicht erfuͤllet. Das Wort / dardurch Liecht vnd Finſterniß geſcheiden iſt / wolle auch in vnſerm Hertzen als in einer newen Welt vnd Creatur die Finſternuß ſchei - den / vnnd ſprechen: Es werde liecht. Dann diß Wort iſt ſelbſt das Liecht / vnd iſt in Chriſto / vnd Chriſtus ſelbſt / vnd das Liecht iſt die Warheit / ohne welchesJoh. 1. alles / was im Menſchen iſt / Luͤgen iſt /Auſſer Chriſto eitel Fin - ſterniß Luͤ gen vnnd Todt. vnnd des Teuffes Reich: Ohne welches Liecht / welches Chriſtus iſt / eitel Fin - ſterniß im Menſchen iſt. Ohne welchen Weg eitel Irꝛthumb iſt: Ohne welches tugenthafftiges Leben eitel Laſter im Menſchen ſeyn / vnnd der ewige bitter Todt.

Diß iſt nun der Weg / diß iſt die War -Rechter Wege der Gottſelig - keit. heit / diß iſt das Leben / diß iſt die Furcht deß Herren / das einige / darumb David bittet: Gott vnd Chriſtum / ſtets in ſeinem Hertzen haben durch den Glau - ben Chriſto in der Liebe folgen / in der Demut vnd Sanfftmut Chriſtum ſtetsMals160Wie Chriſtus der rechte Weg ſey /als einen Weg vnd Spiegel deß Lebens fuͤr Augen haben / in der Hoffnung ſeine Herꝛligkeit ſtets anſchawen. Das iſt die Furcht des Heren / die den Menſchen behuͤtet / vnd das Hertz fromm machet /Syr. 1. der Suͤnde wehret. Dann wer ohne Furcht fehret / der kan Gott nit gefallen / vnd ſeine eigen Freyheit wird jhn ſtuͤrtzen. Ohne die Furcht deß Herren iſt alles nichts werth / weder Kunſt noch Reich - thumb / weder Schoͤnheit noch Stercke / weder Weißheit noch Beredſamkeit. Dann der Natur Gaben ſeyn FrommenOhne Furcht GOttes ſind alle Gaben nichts. vnd Boſen gemein: Die Furcht des Her - ren aber iſt eine ſondere Gab / ein ſonde - res Liecht / welche GOttes Freunde / ja GOttes Kinder machet / die durch den Glauben Gott gefallen. GOtt hat kei - nen gefallen an Weißheit / Kunſt / Ver - ſtandt / Beredſamkeit / Reichthumb vnd Schoͤnheit / wann keine Furcht Gottes dabey iſt. Reichthumb ohne Liebe / Kunſt ohne Gnade / Schoͤnheit ohne Furcht Gottes iſt wie ein Schatten ohne Leib /Sprew161der wahren Gottſeligkeit. Sprew ohne Weitzen / Huͤlſen ohne Korn / Rauch ohne Fewer. Die Furcht Gottes iſt die Zierde aller Gaben. DiePſal. 11. Furcht GOttes iſt der Reichen Krone / der Weiſen Rahtgeber / der Schoͤnen Hulde / der Starcken Sieg / der Fuͤrſten Ehre / der Kinder Zuchtmeiſter. Die hatFurcht GOTtes zieret vnd ſchmuͤcket alles. den Daniel / den Joſeph / die Suſannam behuͤtet. Ohne Furcht GOttes iſt der Menſch ein duͤrrer Baum / ein vnnuͤtzer Fewerbrand / eine zerbrochene Scherbe / die man herauß wirfft. Fuͤrſten vnd Koͤ -Syr. 10. nige ſind in groſſen Ehren / Aber ſo groß ſind ſie nicht / als der Gott fuͤrchtet.

Das XIII. Capittel. Wie Chriſtus Jeſus das rechte Buch deß Lebens ſey / vnd wie er vns durch ſeine Armut lehret der Welt Herrlig - keit verſchmehen.

2. Cor. 8. Ihr wiſſet die Gnaden vnſers HErꝛn Jeſu Chriſti / das / ob er wol Reich iſt / ward er dochM ijArm162Wie Chriſtus Jeſusarm vmb ewrent willen / auff daß jhr durch ſeine Armut Reich wuͤrdet.
Luc. 10.

ALle / die an Jeſum Chriſtum denChriſtus iſt das Buch deß Lebens auff zwey - erley wei - ſe. Sohn Gottes Glauben / die ſind ins Buch deß Lebens geſchrieben / derſelben Name iſt im Himmel geſchrie - ben / vnd wird an jennem Tage offenba - ret werden / wann Gott aller gleubigen Namen fuͤr allen heiligen Engeln beken - nen wird. Apoc. 3. Es iſt aber vnſer Herr Jeſus Chriſtus auch ein lebendi - ger Spiegel eines heiligen Chriſtlichen Lebens / weil er iſt das ewige Wort / vnd die Weißheit deß Vaters / darumb in die Welt kommen / vnnd Menſch worden / auff daß er durch ſeine heilwertige Lehre / durch ſein Leben / vnd Todt vns lehrete / vnd durch ſein heiliges Exempel vns fuͤr leuchtete.

Nun iſt aber ſein gantzes Leben von Mutter Leibe an biß in ſeinen Tod nichts anders geweſen dann ein ſtetiges Creutz:Welches163das rechte Buch des Lebens ſey. Welches in dieſen dreyen Stuͤcken ſte - het / die nimmer in ſeinem Leben in dieſer Welt von jhm gewichen: Das erſte iſtDas gan - tze Leben Chriſti iſt Armut / Verach - tung / vnd Schmer - tzen. groſſe Armut / das ander noch groͤſſere verachtung / das dritte die allergroͤſſeſte Schmertzen vnd Pein. Daß hat ſich mit ſeinem Leben angefangen / vnd mit ſei - nem Tode geendet.

Seine heilige Armut hat wiederLuc. 9. drey gradus: 1. Daß er klagt: Die Vo - gel vnter dem Himmel haben jhre Ne - ſter / die Fuͤchſe jhre Loͤcher / aber deß Menſchen Sohn hat nicht ſo viel / da er ſein Haupt hinlegt.

2. So iſt er Arm geweſen von freun - den. Er hat von einer armen Mutter3. Gradus der Armut Chriſti. wollen geboren werden in groſſer Armut / vnnd keines Reichen / Herꝛlichen / vnd gewaltigen in dieſer Welt Freundſchafft geſucht. Lazarus zu Bethanien iſt ſein Freund geweſt. Welchen er aber nichtJoh. 11. zum Freunde erwehlet vmb ſeines Reich - thumbs willen / ſondern vmb ſeinesM iijGlau -164Wie Chriſtus JeſusGlaubens willen / daß er gleubte / er were der wahre Meſſias.

Beſchrei - bung der Armut Chriſti.

Der dritte Grad ſeiner Armut iſt / daß er ſich ſeiner Goͤttlichen Gewalt vñ Herꝛligkeit geeuſſert hat / vnd ſich gantz vnnd gar in vnſer Elend verſencket. Iſt ſchwach vnnd muͤde worden wie andere Menſchen / ſonderlich von der groſſen menge der Krancken / die er geheilet / die erMarcl. 3. jm ſo hart laſſen angelegen ſeyn / daß die Juͤnger gemeinet / er wuͤrde von Sinnen kommen / vnnd ſie haben daran gedacht /Eſa. 53. dz geſchriebẽ ſtehet: Er trug vnſer Kranck - heit. Er hat keinem Vngemach / keine Ar - mut / keinem Vbel wiederſtanden / da jhm ſonſt woll alle Creaturen hetten dienen muͤſſen / alle Engel auff jhn warten: So hat er doch alles von allen geduͤltig gelit - ten / vnd dagegen ſeines gewalts vber die Creaturen nicht gebraucht. Hat zu gelaſ - ſen / daß jhm die Dornen ſein Haupt zer - ſtochen / vnd verwundet / hat ſeine Hende binden laſſen / ſeinen heiligen Leib geiſ - ſeln / ſeine Hende vnd Fuͤſſe durchgraben /ſeine165das rechte Buch des Lebens ſey. ſeine Seite eroͤffnen. Welches alles er mit einem Wort hette hindern koͤnnen / ja mit einem Wanck allen Creaturen ge - bieten jhme kein leid zuzufuͤgen.

Summa / er hat ſich allen Creatu -Chriſtus hat ſich al len Crea - turen vn - terworffẽ / vnd war - umb. ren vnterworffen vmb vnſernt willen / auf daß er vns die Herꝛſchafft vber alles / die wir verloren hatten / wieder erwuͤrbe / vnd daß er vns durch ſeinen Sieg / vnd durch ſeine Aufferſtehung vnuͤberwindtlich machte. Ja das noch mehr iſt / hat dem Satan zugelaſſen jm zu verſuchen / vmb - her zu fuͤhren / vnd des Teuffels Werck - zeugen den Juden verhenget jhn zu pei - nigen / vnnd ans Creutz zuſchlagen / auff daß er dardurch den Menſchen von der gewalt des Teuffels vnnd aller ſeiner Werckzeuge erloͤſete.

Alſo iſt der allerſterckeſte ſchwach wor - den / der allergroßmechtigſte ohnmech - tig / der allerherꝛligſte ď alleruerachteſte /Chriſti tieffe Er - niedrigũg. der allerſchoͤneſte der allerabſchewlichſte / vnterworffen aller Plagen / Schmer -M iiijtzen /166Wie Chriſtus Jeſustzen / vnd Leyden / auff daß er vns beſche - mete / die wir ſo zart vnd weichlich ſeyn / daß wir auch nicht gern ein klein Vnge - mach vnd Creutz vmb Gottes vnd vnſers Neheſten willen / auff vns nemen / ſon - dern auch wieder das Creutz / ſo GOtt zu vnſer Beſſerung / vnd zu ſeinen Ehren vns zugeſchicket / murꝛen vnd gruntzen.

Chriſtus ſich ſeiner Weißheit geeuſſert.

Nicht allein aber hat er ſich ſeiner Goͤttlichen Gewalt geeuſſert / ſondern auch ſeiner Goͤttlichen Weißheit. Dann er hat in der hoͤchſten Einfalt gewandelt / als ein Vnwiſſender / nicht als ein hoch - gelarter / anſehenlicher Doctor / der mit groſſer Kunſt vnd Weißheit herein pran - get / ſondern in der ſtille / in der Warheit / Goͤttlicher Krafft / in Vnſchuld / in Hei - ligkeit / in der Liebe / in Sanfftmut vnnd Demut. Vnd mit ſchlechten einfeltigen Worten hat er den Weg Gottes geleh - ret. Daruͤber iſt er von den Stoltzen ver - achtet / vnd als ein Vnweiſer gehalten worden / da er doch die ewige Weißheit iſt / der durch die Propheten geredt / vndein167das rechte Buch des Lebens ſey. ein Liecht vnd Erleuchter iſt der Men - ſchen / vns zur Lehre / wie wir vns vnſe - rer Gaben nicht vbergehen ſollen / ſon - dern dieſelben in Demut vnd Einfalt ge - brauchen.

Er hat ſich auch geeuſſert deß anſe -Chriſtus ſich ſeiner Herrlig - keit geeuſ - ſert. hens groſſer Herꝛligkeit / Darumb iſt er mit den Suͤndern vmbgangen / hat mit jhnen geſſen / getruncken / daß er ſein Ampt verrichtete / daß Verlorne wieder -Luc. 9. ſuchte vnd ſelig machte. Daher er einenJoh. 8. Namen bekommen / der Zoͤllner vnd Suͤndergeſell / ein Weinſaͤuffer / ein Sa - mariter. Ja endlich hat er ſich als derTieffeſte Erniedri - gũg Chri - ſti ein Fluch am Holtz. groſſe Vbelthaͤter zwiſchen zwey Moͤr - der auffhencken laſſen / damit er vnſere Miſſethat truͤge.

Er hette jhm woll koͤnnen mit ſeinerJoh. 5. Heiligkeit vnd Vnſchuld einen groͤſſern Namen machen dann Johannes der Taͤuffer / daß ſcheinende Liecht / Aber er hat ſich ſolches Namens geeuſſert / auff daß er zu nichte machte vnſere Heuche - ley / die wir offt fuͤr groſſe Heiligen ange -M vſehen168Wie Chriſtus Jeſusſehen ſein wollen / da es im grund nichts mit vns iſt dann ein Schein der Gottſe - ligkeit.

Chriſti Vnterthe - nigkeit.

Summa er hat ſich allen deſſen ge - euſſert / was in der Welt iſt. Er war ein Koͤnig / vnnd iſt den Koͤnigen vnd Herꝛ - ſchafft vnterthan geweſt / ja ſeiner armenMatt. 20. Mutter vnnd Pflegvater. Er war ein Herr / vnd iſt der armeſte vnnd gering - ſte Knecht worden auff Erden. Er war der allerhochweiſeſte Prophet / vnnd er - wehlet arme vnweiſe Leute zu ſeinen Juͤngern. Er hette ſich ja billig feiner Herrſchafft vber ſeine Juͤnger ſollen an -Luc. 22. maſſen / Aber er ſpricht: Ich bin mit - ten vnter euch wie ein Diener. Er warChriſtus vnſer Mei ſter mit ſei nem Exem pel. zwar jhr Herr vnnd Meiſter / Aber nicht ein Meiſter der Herꝛſchafft vber ſie in dieſer Welt / ſondern ein Meiſter der Lehre vnd Lebens / alſo / daß er ſie mit ſei -Non Ma - giſter Im - peril, ſed vitæ & do - ctrinæ. nem Exempel lehrete den Gehorſam / die Demut / die Vnterthaͤnigkeit. Darumb trug er zuforderſt / als das Haupt / Ver - achtung vnd Schmach / Armut vnnd E -lend /169das rechte Buch des Lebens ſey. lend / dienete ſeinen Juͤngern / wuͤſche jh - nen jhre Fuͤſſe. Alſo war er jhr Meiſter vnd Herr ſie mit ſeinem Exempel zu lehren.

Ach vnſerer groſſen Thorheit / die wir nach Ehren vnnd Herꝛligkeit trach - ten / nichts leiden wollen / niemand vn - terthan noch gehorſam ſeyn wollen / eitel Freyheit ſuchen / vnd nach vnſerm eigen willen leben wollẽ / da doch vnſer Herr Chriſtus nicht alſo gelebet hat / ſondern mit ſeinem heiligen Exempel / als mit dem Buch des Lebens vns viel anders gelehret.

Siehe nun / wie ferrn der Weg / den du wandelſt / iſt von dem Wege deines Herren Chriſti. Dann du wandelſt nicht den Weg Chriſti deines Herrn / ſondern den Weg dieſer Welt / der zum Verderben fuͤhret. Das iſt das truͤbſeli - ge erſte Stuͤcke des Lebens Chriſti / ſeine Armut.

Das170Wie wir an Chriſto lernen

Das XIV. Capittel. Wie vns der Herr Chriſtus durch ſei - ne Schmach / Verachtung / vnnd verleugnen ſein ſelbſt lehret der Welt Ehre / vnd Ruhm verſchmehen.

Eſa. 53. Er war der aller verachte - ſte / vnnd Vnwerdeſte / voll Schmertzen vnd Kranckheit. ()

DAs ander Stuͤck der Truͤbſal Chriſti iſt verachtung. Wann du nun in dem Buch des Lebens Chriſti beſehen haſt ſein Armut / ſo beſihe auch ferner ſeine gruͤndliche warhafftige Demut. Er hat ſich keiner zeitlichen Eh - re vnd Ruhms angemaſſet / ſondern al - len / die jn ehren / loben / vnd ruͤhmen wol - len / wiederſprochen mit Worten vnnd Wercken. Dann er allezeit geflohen die Ehre dieſer Welt / auch nicht die gering -Ware De - muth iſt groſſe ver - achtung Leyden nach Chri - ſte Vrſache darzu gegeben. Ja er hat in groſſer Demut vber ſich gehen laſſen die groͤſſeſte Verachtung / vnd Leſterung / da jhn die Juden ſcholten fuͤr einen Sama -riter /171der Welt Ehre verachten. riter / der den Teuffel hette / vnd durchſti Exem - pel. Krafft des Satans ſeine wunder thaͤte. Joh. 8.Seine Goͤttliche Lehre hat man fuͤr Got - tes Leſterung gehalten. Er iſt mit vielen Luͤgen / moͤrdiſcher Liſt vnd Verleumb - dungen beſchweret worden / endlich ver - rahten / verkaufft / verleugnet / ins Ange -Spiegel der groſ - ſen ver - achtung Chriſti. ſicht geſchlagen / verſpeyet / mit Doͤrnen gekroͤnet / verſpottet / gegeiſſelt / verwun - det / verworffen / verurtheilet / verdampt / verlaſſen von Gott vnd Menſchen / ent - bloſſet als ein Vbelthaͤter / ja als ein Fluch auffgehencket / da jederman ſein geſpottet / ſeines Gebets gelachet / vmb ſeine Kleider geloſet / jhn mit Gallen vnd Eſſig in Todes noth getrencket. Letzlich iſt er am Holtz in der allergroͤſten ſchmach vnnd verachtung geſtorben / ſein todter Leichnam am Creutz durchſtochen vnnd eroͤffnet / endlich begraben als ein Gott - loſer / ja auch nach ſeinem vnſchuͤldigen Tode ein Verfuͤhrer geſcholten / ſeiner Aufferſtehung iſt auch wiederſprochen. Vnd iſt alſo im Leben vnd Tode / vnndnach172Wie wir an Chriſto lernennach dem Tode voll verachtung geweſt.

In demſelben allen iſt vns der Sohn Gottes nicht allein als der Schatz vnſer Erloͤſung fuͤr geſtellet / ſondern als vnſer Doctor / Magiſter / Prophet / Hirte / Lehrer / Liecht / daß wir durch ſeine Schmach der Welt Herꝛligkeit ſollen lernen fliehen / wollen wir anders mit jm als vnſerm Haupte vereinigt bleiben / vnd ſeine wahre Glieder ſeyn / vnd durch die Liebe in jm eingewurtzelt vnd gegruͤn - det bleiben.

Eph. 3.

Weil wir aber das gegenſplel thun / vnd in allem vnſerm Thun / Worten vnd Wercken vnſere Ehre / vnd nicht GOt - tes Ehre ſuchen: So bezeugen wir damit / daß Chriſtus noch nicht in vns lebet / ſon - dern der Fuͤrſt dieſer Welt / daß wir noch nit der Welt Liebe außgezogen / die Welt1. Joh. 5. vberwunden haben / wie S. Johannes ſagt: Alles was auß Gott geboren iſt / v - berwindet die Welt. Es iſt ein groß Zei - chen / daß wir Chriſtum noch nicht recht lieb gewonnen haben. Dann in welchemdie173der Welt Ehre verachten. die Liebe der Welt iſt / in dem iſt die Liebe1. Joh. 2. des Vaters nicht / alſo auch nicht die Lie - be Chriſti. Dann das gantze Leben Chri -Was vns Chriſti Le ben lehret. ſti lehret vns / wir wir der Welt ſollen ab - ſterben. Darumb ſiehe an den Anfang / Mittel / vnnd Ende des Lebens Chriſti. Es iſt eitel lautere Demut / vnd eitel ver - achtung / welche jhm von allen denen wiederfahren iſt / die die Welt lieb ha - ben.

Das XV. Capittel. Wie wir durch Chriſtum die Truͤbſal / vnd Verachtung der Welt tragen / vnd vberwinden ſollen.

Hebr. 12. Gedencket an den / der ein ſolches Wiederſprechen von den Suͤndern wieder ſich er - duldet hat / daß jhr nicht in ew - rem Hertzen matt werdet. ()Im174Wie wir durch Chriſtum die verachtung

IM 109. Pſalm klagt der Meſſias. Ich muß jhr Spott ſeyn / wann ſie mich ſehen / ſchuͤtteln ſie jhren Kopff / Stehe mir bey Herr mein GOtt / nach deiner Gnaden / daß ſie in - nen werden / daß diß ſey dein Hand / daß du Herr / ſolches thuſt. Fluchen ſie / ſo ſegne du / ſetzen ſie ſich wieder dich / ſo muͤſſen ſie zu ſchanden werden / Aber deinKlag des HEerren Chriſti v - ber ſeine Verach - tung. Knecht muͤſſe ſich frewen. Meine Wie - derſacher muͤſſen mit Schmach angezo - gen werden / vnd mit jhrer Schande be - kleidet werden / wie mit einem Rock. Ich will dem Herren ſehr dancken mit meinem Munde / vnd jhn ruͤhmen vnter vielen. Dann er iſt dem Armen zur rech - ten / daß er jhm helffe von denen / ſo ſein Leben vervrtheilen.

Dieſe Klage deß Herren vnſers Erloͤſers ſoll vns billig zu Hertzen gehen / vnd ſollen vns offt in deß Herren Chriſti vnd aller Heiligen Creutz beſehen. Darumb wirds faſt in allen Pſahnen wiederholet / auff daß wir auch lernen mitjhnen175der Welt tragen ſollen. jhnen durch viel Truͤbſal zum Reich Gottes eingehen: Vnn / wie ſeine Ver - achtung vnnd Schmach / eine Artzney ſeyn ſoll / vnſer Verachtung: Item daß wir lernen ſeinem verſchmeheten Bilde gerne ehnlich werden / auff daß wir jhm helffen ſeine Schmach tragen / damit wir auch ſeinem verklerten Bild muͤgen ehnlich werden in der Herꝛligkeit.

Wie nun der 109. Pſalm ein Gebet Chriſti iſt in ſeinem Leydẽ: Alſo klagt er zu Ende des Pſalms noch vber dreyerley Leyden / ſo er empfunden.

1. Klagt er vber groſſe Hertzenangſt vnd Trawrigkeit: Ich bin Arm vnd E - lend / mein Hertz iſt zerſchlagen in mir. Sehet dieſe hohe vnd heilige Perſon an / warumb klagt er ſo? Auff daß wirs hoͤ - ren ſollen / was er vnſerthalben gelitten. Er ſagt / Ich bin Arm / vnnd du kanſt Reichthumbs nit ſat werden? Er ſaget /Chriſti Hertzen - angſt ſoll in vns ge - dult wir - cken. Ich bin Elend / vnd du wilt bey jederman herꝛlich ſeyn. Er klagt mein Hertz iſt zer - ſchlahen in mir / vnnd du wilt immer inNfreu -176Wie wir durch Chriſtum die verachtungfreuden leben / ein freudig / froͤlich / vnnd vnbetruͤbt Hertz haben? Lieber gedencke doch / daß deinem Herrn Chriſto auch nit allezeit wol geweſt / ſondern ſein Hertz iſt jhm in ſeinem Leibe als mit einem Ste - cken zerſchlagen / vnd zerquetſchet geweſt. Gedencke doch / was du biſt gegen eine ſolche hohe heilige Perſon? Wann du in der hoͤchſten Hertzenangſt biſt / ſo geden - cke: Siehe / ſo iſt meinem Herrn Chri - ſto auch geweſt / ſein Hertz hat viel hoͤher Traurigkeit vnd Angſt erlitten. Wie a - ber vnſer Herr Chriſtus durch leid in die frewde gangen iſt / durch ſchande in die Ehre / durch den Todt ins Leben /Der Weg vñ Gang Chriſti. durch die Helle in Himmel: Alſo ſoll vnd muß vns auch vnſer Creutz zu vnſer Seligkeit befoͤrdern / vnd ein eingang ſein zum ewigen Vaterlandt.

2. Klagt Er vber Leibliche ſchwach - heit: Ich fahre dahin / wie ein Schatte der vertrieben wirdt / vnd werde verjagt / wie Hewſchrecken. Meine knie ſind ſchwach vom faſten / mein Fleiſch iſt ma -ger /177der Welt traͤgen ſollen. ger / vnd hat kein fett. Mit dieſen Wor - ten Lehret vns der Herr / Was wir ſein in der Welt. Ein Schatte iſt nich -Lerne der ne Nich - tigkeit er - kennen. tes / vnd hat kein Leben vnd Krafft. Ver - gleichet ſich der Herr Chriſtus ei - nem Schatten / der doch das Liecht vnd Leben ſelbſt iſt / (Welches Er aber im Stande ſeiner euſſerſten Niedrigung ge - ſagt / vnnd dauon verſtanden haben will / ſonſt nennet er fich das Leben ſelbſt) wie viel mehr ſollen wir vns fuͤr einen Schat - ten / vnd fuͤr nichts halten / vnnd die De - mut vom Sohn GOTtes lernen? Er ſagt: Er ſey vertrieben vnnd verjagt wie Hewſchrecken / vnnd wir wollen hie vn - ſern ewigen Sitz haben? Einer Hew - ſchrecken vergleichet ſich der Herꝛ dar - umb. Dann ein Hewſchrecke hat kein Haus / iſt furchtſam vnd fluͤchtig: So iſt der Herr auch geweſen in dieſer Welt /Warumb ſich der HErr ei - ner Hew - ſchrecken verglei - chet. auff daß er vns mit ſeinem Exempel lehre / ein ander Vaterland zuſuchen. Wie auch ſeine Knie ſchwach / vnnd ſein Fleiſch mager ſey / daß hat man wol erfahren in ſeinem Leyden / da alleN ijſeine178Wie wir durch Chriſtum die verachtungPſal. 22. Eſa. 53.ſeine Kreffte vertrucknet ſeyn wie eine Scherben. Daran ſollen wir gedencken in vnſern Leiblichen Kranckheiten. Es iſt an Leiblicher ſtercke nicht gelegen / wann nur vnſere Seele durch den fuͤſſen Troſt Gottes ſtarck / vnd in Himliſcher Wol - luſt fett iſt / wie Eſa. 55. ſtehet: Vnnd durch Chriſti Krafft geſtercket vnnd er - halten wird / Eph. 6.

Chriſti Verach - tung eine Artzney vnſer Hof - fart.

3. Klaget der Herr vber die groſſe Verachtung / ſo er in dieſer Welt gelit - ten. Siehe / er hat groſſe Verachtung er - litten / vnd du wilt immer in Ehren ſeyn? Ich muß jhr Spott ſeyn / ſagt er / wannPſal. 109. ſie mich ſehen / ſchuͤtteln ſie den Kopff. Wie koͤnte es einem erger in dieſer Welt gehen? Er hat aber ſolche Schmach vn - ſernthalben gelitten / auff daß er vns von der ewigen Schmach vnd Schande er - loͤſet. Der Menſch iſt ein VerraͤchterTroſt - gruͤnde wi der die ver achtung der Welt. GOttes worden: Darumb muſte Chri - ſtus vnſere Suͤnde buͤſſen durch ſeine euſ - ſerſte Verachtung. Die remedia aber vnd Troſtgruͤnde wieder die verachtung der Welt ſind dieſe.

1. Du179der Welt tragen ſollen.

1. Du traͤgſt Chriſti Bilde / vnnd fol -Rom. 8. geſt deinem Haupt vnd Meiſter nach.

2. Durch die verachtung der Welt lerneſtu wahre Demut / welche bey Gott1. Petr. 5. Gnade findet. Dann den Demuͤtigen gibt er Gnade / den Hoffertigen aber wiederſtehet er.

3. Biſtu in der Zahl der Heiligen / die1. Cor. 6. allewege ein Fluch / vnd Fegopffer der Welt geweſt ſeyn.

4. Wird dir im Himmel von GOttApoc. 7. 1. Cor. 5. Lob wiederfahren fuͤr allen heiligen En - geln.

5. Weil du an jennem Tage nicht ſoltDan. 12. aufferſtehen zur ewigen Schmach vnnd Schande / dauon dich Chriſtus erloͤſet hat / ſo laß dich die zeitliche Verachtung nicht hart betruͤben noch anfechten.

6. Daß dir auch Gott in dieſer Welt ſeine Gnade nicht verſagen wolle. Ob du nun Gleich keines Menſchen Hulde haſt / ſo haſtu dennoch GOttes Hulde. Darumb ſagt der Pſalm: Stehe mirPſal. 109. bey / Herr mein Gott / hilff mir nachN iijdeiner180Wie wir durch Chriſtum die Verachtungdeiner Gnade / das ſie jnnen werden / das diß ſey deine Handt / das du Herr /Wie Gott vnſer Haupt auß der Verach - tung vnd Schmach geriſſen / alſo auch alle deſſel - bigẽ Glie - der. ſolches thuſt / das iſt / Gleich wie GOtt der Herr ſeinen Sohn auß der ſchmach vnd ſchande geriſſen / vnd Ihn in die Himliſche Ehre eingeſetzet durch ſeine Gewaltige Handt. Alſo wird Ers dir auch thun / der du ſeine ſchmach tre - geſt / das Jederman erkennen wird / das es GOttes Werck ſey.

7. Gleich wie GOtt der Herr ſeinem lieben Sohn ſeine ſchmach auff - erlegt hat / wie Er im 69. Pſalm ſpricht: Vmb deinent willen trage Ich ſchmach / vnd mein Angeſicht iſt voller ſchande: Item / Ich muß vmb deinent willen Lei - den Pſalm 16. Alſo hat Er dir dein Creutz auch aufferlegt / dich zupruͤffen.

Ein vn - uerdienter Fluch ſchad nit. Prov. 26.

8. Das GOtt einen ſolchen vnver - dienten Fluch will in einen Segen ver - wandeln / vnd die Veraͤchter zu ſeiner zeit wieder zu ſchanden machen. Daruͤmb ſpricht Er hie: Fluchen ſie / ſo Segne du / ſetzen ſie ſich wieder dich / ſo muͤſſen ſiezuſchan -181der Welt tragen ſollen. zuſchanden werden / Aber dein Knecht muͤſſe ſich frewen. Welchen GOttNum. 23. ſegnen will / wieder den hilfft kein Flu - then / wie das Exempel Bileams bezeugt. Die aber ſegnet GOtt / die Ihn fuͤrch - ten / Syrach 1. Wer den Herꝛn fuͤr ch - tet / dem wirds wol gehen in der letzten noth / vnd wird endlich den Segen behal - ten. Das verheiſſet auch GOTT A - braham / vnd allen Glaͤubigen. Gen. 12. Ich will ſegnen / der dich ſegnet / vnnd fluchen / der dich verfluchet. Darauff vertroͤſtet vns auch GOTT / Eſa. 51. Fuͤrchtet euch nicht / wann euch die Leu - te ſchmehen / etc. Matth. 5. Selig ſeid jr / ſo euch die Leute ſchmehen / etc. 1. Petr. 4. Selig ſeid jhr / wann jhr geſchmehet werdet vber dem Namen Chriſti. Dann der Geiſt der Herrligkeit ruhet auff euch.

9. Ich will dem Herꝛn ſehr dancken mit meinem Munde / vñ jhn ruͤhmen vn - ter vielen. Chriſtus danckt ſeinem Himli - ſchen Vater fuͤr ſeine ſchmach vñ Creutz:N iiijAlſo182Wie wir durch Chriſtum die VerachtungAlſo iſt aller Chriſtlichen Hertzen Art / daß ſie jhr Creutz vnd Verachtung mit Danckſagung auffnemen. Vnſer lieber GOtt machts noch immer alſo / daß wir jhm zu dancken haben. Auß dem Creutz wechſet die Danckſagung / denn wer die Verachtung mit Gedult tregt vmb der Liebe Chriſti willen / denſelben ehret GOtt wieder beyde in dieſem vnnd jen - nem Leben. Pſal. 113. Der den geringen auffrichtet auß dem Staube / vnd erhoͤhet den Armen auß dem Koht / daß er jhn ſetze neben die Fuͤrſten / neben die Fuͤrſten ſeines Volcks. Ach es iſt eine groſſe Tu - gent / alle Verachtung mit Gedult in der Stille tragen vmb der Liebe Chriſti wil - len.

10. Dann er ſtehet den Armen zur Rechten / daß er jhm helffe von denen / die ſein Leben verurtheilen. Das iſt ein herꝛ - licher Troſt wieder die groſſe Verach - tung vnd Laͤſterung. Nicht ſagt er: Ste - het er den Gewaltigen / Herꝛlichen / vnd Verfolgern der vnſchuͤldigen zur Rechtẽ /ſondern183der Welt tragen ſollen. ſondern dem armen verlaſſenen / der kei - nen beyſtand hat. Dann er gedencket vnd fraget nach jhrem Blut / Pſal. 9. Tertul. Cùm damnamur à mundo, abſolui - mur à Deo. Pſal. 73. Der Gottloſe lau - ret auff den Gerechten / vnd gedencket jhn zu toͤdten / aber der Herr leſt jhn nicht in ſeinen Henden / vnd verdampt jhn nicht / wann er verurtheilet wird. Siehe / dafuͤr wirſtu jhm noch dancken / vnd vnter vielen ſeinen Namen ruͤhmen / daß er dich ſo wunderlich errettet hat / Pſal. 27. Ich hoffe aber doch / daß ich ſe - hen werde das gute des Herren im Lande der Lebendigen. Harre deß Her - ren / ſey getroſt vnd vnuerzagt / vnnd harre deß Herren. Richtet nicht fuͤr der zeit / biß der Herr koͤmpt / wel - cher herfuͤr bringen wird was im finſtern verborgen iſt / vnd den Raht der Hertzen1. Cor. 5. offenbaren. Alsdann wird einem je - den von GOtt lob wie - derfahren.

N vDas184Wie die Chriſten ſollen jhre Ehre

Das XVI. Capittel. Wie die Chriſten ſollen jhre Ehre vnd Ruhm in Chriſto im Himmel ſuchen vnd haben.

Pſal. 109. GOtt mein Ruhm / ſchweige nicht. ()

D iſt ein Gebet des ewigen Sohns GOttes / vnnd will ſo viel ſagen: Mein Himliſcher Vater / du weiſt / wie ich in dieſer Welt nicht meine Ehre geſucht habe / ſondern deines heiligen Namens Ehre / vnd aller Menſchen Seligkeit: Darfuͤr werde ich ſo bitterlich verfolget / geleſtert / verach - tet vnnd verſchmehet. Dagegen iſt das mein troſt / daß du mein Vater biſt / daß ich dein eingeborner Sohn bin / das iſt mein Ruhm im Himmel bey dir. Vnnd dieſe meine Herꝛligkeit wirſtu zu ſeiner zeit einmal offenbaren / vnnd ans LiechtJoh. 12. bringen / vnd mich alſo verkleren / daß die Welt ſehe / weñ ſie verfolget vnd geleſtert habe.

Hie185in Chriſto im Himmel ſuchen vnd haben.

Hie ſollen wir lernen / daß die den groͤſſeſten Ruhm im Himmel haben ſo vnſchuͤldig in der Welt verfolget werden. Diß ſollen wir lernen an dem Exempel vnſers Herrn Jeſu Chriſti. Dann an jhm / vnnd auß jhm lernen wir die rechte Weißheit / als auß dem rechten Buch des Lebens. Er iſt mit ſeinem Exempel / vnd heiligen Leben vnſer Buch des Lebens / Alſo: 1. Hat er nie auff Erden einen eini - gen Ruhm gefuchet / ſondern ſich daran begnuͤgen laſſen / das Gott ſein Ruhm iſt. Ach Gott / gib vns auch ein ſolch Hertz /Gott ſoll vnſer rum allein ſein. daß wir vnſern ruhm allein an dir haben / vnd nicht auß vns ſelbſt / daß wir vnſern Ruhm allein im Himmel haben / vnd nit auff Erden.

2. So iſt daß des Herrn ChriſtiChriſti ruhm ſoll aller Chri - ſten ruhm ſeyn. hoͤchſter Ruhm / daß er Gottes eingebor - ner Sohn iſt. Daruͤber hat jhn die Welt verfolget vnd geleſtert. Gib vns auch / lieber Vater / daß das vnſer hoͤchſter Ruhm vnd Freude vnſers Hertzens ſey / daß wir deine Kinder ſeyn / deiner Vaͤ -terli -186Wie die Chriſten ſollen jhre Ehreterlichen Liebe vnd Trew ewig genieſſen muͤgen / vnnd durch die Kindtſchafft das ewige Erbe beſitzen / ob vns gleich die Welt haſſet / neidet / ſchmehet / verfolget / wie ſie deinem lieben Kind Jeſum auch ge - than.

3. Iſt daß deß Herren Chriſti Ruhm / daß er ſo viel Goͤttlicher Wun - derwercke gethan hat / vnd den Menſchen auß Liebe vnnd hoͤchſter Trewe gutes ge - than / wiewol er darfuͤr den groͤſten Vn -Gutes thũ auß Liebe nicht vmb danckes willen / iſt eines Chri ſten ruhm danck erlangt hat. Ach lieber GOtt / gib vns auch ein ſolch getrewes Hertz / daß wir vielen Leuten muͤgengutes thun / vnd vns den groſſen vndanck der Welt nicht laſſen abſchrecken / daß wir nicht vns / ſondern deinem Namen die Ehre geben in all vnſerm thun.

4. Iſt daß des Herren Chriſti hoͤchſter ruhm / daß er auß Liebe fuͤr vns geſtorben / vnd vns mit ſeinem Blut er - kaufft hat / daß er ſeinem Vater gehor - ſam worden biß zum Tode am Creutze / daß er in ſo heiliger Demut gewandelt /daß187in Chriſto im Himmel ſuchen vnd haben. daß er mit ſo groſſer Sanfftmut die hoͤch - ſte Schmach erduldet / daß er mit ſo ho - her Gedult die Pein des Creutzes erlit - ten. Ach Gott vnſer Ruhm / hilff / daßDurch Liebe / De - mut vnnd Gedult / ſie gen / iſt ein groſſer Ruhm. wir auch vnſer Feinde mit Liebe vberwin - den / vnſer Fleiſch mit Goͤttlichem Ge - horſam zwingen / durch die Demut vnd Sanfftmut Chriſti die Schmach der Welt tragen / durch Gedult im Creutz ſiegen / vnd im Herren ſtarck ſeyn.

5. Der hoͤchſte Ruhm des Herren Chriſti iſt / auch ſeine erhoͤhung zur rech - ten Hand Gottes / vnnd ſein Name / der vber alle Namen iſt / daß alle Knie im Himmel vnnd Erden in ſeinem NamenPhil. 2. ſich beugen muͤſſen / vnd alle Zungen jhn fuͤr einen Herren bekennen. AchKuͤnfftige Herrlig - keit vber - windet al - les Hertze - leid. lieber GOtt / hilff / daß wir das fuͤr vn - ſern hoͤchſten Ruhm achten / wann wir mit Chriſto offenbar werden in der Herꝛ - ligkeit. Daruͤber aber der Welt Schmach vnd Spott gern erdulden / vnd erwarten der Freudenzeit / wann einem jeden von1. Cor. 5. Gott lob widerfahren wird.

6. Des188Wie die Chriſten ſollen jhre Ehre

6. Des Herrn Chriſti Ruhm iſt / daß er iſt ein einiges Haupt ſeiner Kir - chen / vñ aller Glieder derſelben / ein herr - licher Koͤnig ſeines Volckes / ein ewigerChriſti wahres Glid ſem / iſt ein ho - her ruhm. Hoherprieſter. Hilff / lieber Gott / daß diß vnſer hoͤchſter Ruhm ſey / daß wir Chriſti Glieder ſeyn / Vnterthanen ſei - nes Reichs / vnnd vnſers ewigen Hohen - prieſters / Vorbitte / Opffers vnnd Se - gens ewig genieſſen muͤgen.

7. So iſt das Chriſti hoͤchſter Ruhm / daß GOtt ſeinen Namen in aller Welt geoffenbaret hat / vnnd den Glauben an ſeinen Namen vnter ſo viel Voͤlckern auffgerichtet wieder alle ſeine Feinde / Leſterer vnd Verfolger / die jhn nicht ha - ben fuͤr GOttes Sohn erkennen wol - len. Ob wol GOTT eine zeitlang ſtill ſchwieg / vnnd dieſen Ruhm verbarg vn - ter dem Creutz im Leyden Chriſti: Den - noch iſt einmal dieſer Ruhm herfuͤr ge - brochen wie die helle Sonne. Pſalm 50. Auß Zion bricht an der ſchoͤne Glantz Gottes / vnſer Gott koͤmpt / vnd ſchwei -get189in Chriſto im Himmel ſuchen vnd haben. get nit. Alſo ob gleich Gott vnſer RuhmChriſti Mund wird die ſeinen be - kennen fuͤr allen hei - ligen En - geln A - poc. 3. bißweilen ſchweiget in vnſer Verfol - gung: Dennoch wird er einmal / wann das Pruͤffeſtuͤndlein auß iſt / ſeinen Mund auffthun / vnnd vns von vnſer Schmach erretten. Pſalm. 39. 1. Joh. 3. Es iſt noch nicht erſchienen / was wir ſeyn werden.

Sehet / daß heiſſet nun / Gott mein Ruhm / nicht Welt / Gelt / Gut / mein Ruhm / ſondern GOTT mein Ruhm. Darumb ſagt GOtt Jer. 9. Ein Weiſer ruͤhme ſich nicht ſeiner Weißheit / ein Starcker ruͤhme ſich nicht ſeiner ſtercke / ein Reicher ruͤhme ſich nit ſeines Reich - thumbs: Sondern wer ſich ruͤhmen will / der ruͤhme ſich des Herren / daß er mich wiſſe vnd kenne / etc.

Das XVII. Capittel. Wie wir durch Chriſtum / vnd aller Hei - ligen Exempel die Verleumbdung boͤſer Maͤulet / vnd falſcher Zungen vber - winden ſollen.

Pſal. 190Wie wir durch ChriſtumPſal. 102 Taͤglich ſchmehen mich meine Feinde / vnd die mich verſpotten / ſchweren bey mir. ()

VNter anderm Creutz vnd Truͤb - ſal der Chriſten iſt nicht das ge - ringſte / boͤſe Meuler / vnd faͤl - ſche Zungen / wie ſolches der Herr Chriſtus ſelbſt mit ſeinem Exempel be - zeuget. Wie jhn dann ſonderlich die Pha - riſeiſchen Schlangen vnnd Ottern mit jhren verlipten Zungen beyde im Leben vnd Tode geſtochen.

Das iſt ein gewaltiges Zeugnuß / daß kein Chriſt fuͤr denſelben ſicher ſeyn kan. Je gleichfoͤrmiger Chriſto einKein Chriſt fuͤr den falſchen Zungen ſicher. Menſch iſt / vnd je fleiſſiger Nachfolger Chriſti / je mehr jhn falſche Zungen verfolgen. Das ſehen wir am heili - gen David. Wie iſt der Mann von boͤſen Meulern geplagt worden / als er im 3. 4. 5. 10. 12. 15. 31. 50. 52. 55. 58. 64. 69. 120. vnd 140. Pſalmen ſchmertziglich klagt. Ja es iſt kein Prophet / der dieſe Mord -pfeile191falſche Zungen vberwinden ſollen. Pfeile nicht erfahren / wie der Prophet Jeremias am 9. ſpricht: Ihre falſche Zungen ſind moͤrdliche Pfeile / mit jhrem Munde reden ſie freundlich mit jhrem Neheſten / aber im Hertzen lauren ſie auff denſelbigen. Es ſollen ſich auch alle fromme Hertzen fuͤr den Verleumbdern huͤten. Denn gleich wie ein auſſetziger gifftiger Othem einen vergifftet / alſo auch eine ſolche gifftige Zunge / vergifftet die / ſo ſie gerne hoͤren.

Weil nun niemand fuͤr den boͤſen Meulern geſichert iſt / vnd aber wieder - ſchelten verboten / vnd dein Chriſtlichen Glauben vngemeß: So iſt darwieder kein ander raht dann daß man gewiſſen Troſt auß Gottes Wort faſſe.

1. Laß den erſten Troſt ſein Chriſti vnd aller Heiligen Exempel. Dann die - ſelben ſind / die vns am erſten vnd leich - teſten begegnen vnd einfallen / wann wir geleſtert vnd verleumbdet werden. Dann ſo iſts dem Herren Chriſto vnſerm Haupt ſelbſt gangen. Da iſt kein Vn -Ogluͤck192Wie wir durch Chriſtunigluͤck in der Welt ſo groß geweſen / man hats jhm gewuͤnſchet / vnd jhn deſſelbigen tauſentfeltig wirdig geachtet. Wie iſtsNum. 12. Moſi gangen dem groſſen Propheten / von dem geſchrieben ſteht: Er ſey ein ſehr geplagter Menſch geweſen vber alle Menſchen auff Erden? Was wollen wir von David ſagen? Der iſt zu ſeiner zeit ein Ziel geweſen / nach welchem alle fal - ſche Zungen im Lande jhre Mordpfeile geſchoſſen haben. Pſalm. 102. Taͤglich ſchmehen mich meine Feinde / vnnd die mich verſpotten / ſchweren bey mir / das iſt / ſie werffen mir mein Vngluͤck fuͤr / vnd weme ſie vbels guͤnnen / wuͤnſchen ſie / daß jhm ſo gehe / wie mir / oder daß es mir ſo gehen ſolle / wie dem allererge - ſten vnd verfluchteſten Menſchen. Wie plageten den lieben Job ſeine Freunde mit jhren Zungen? Daniel der heilige Prophet fiel in falſche Meuler als in ein offenes Grab / in die Lewengrube hinun - ter. Siehe an dieſe Exempel / gedencke daran in deiner Verfolgung. Das iſtder193falſche Zungen vberwinden ſollen. der negſte Troſt / den Mann am erſtenProſopo - peia. ergreiſſen kan in ſolchem Vngluͤck. Act. 14.Siehe dieſen Weg der Truͤbſal ſind viel Helligen fuͤr dir hin gangen. Siehe / da gehet dein Herr Chriſtus fuͤr dir hin / der Phariſeer fluchet hinter jhm her: Siehe da gehet Moſe fuͤr dir hin. Die Rotte Chore vnnd Abiram leſtern hin - ter jhm her / haben Steine in jhren Haͤn - den. Siehe da gehet David fuͤr dir hin. Simei ſluchet hinter jhm her. Vnnd ſo fortan.

2. So muß man der Heiligen Exem - pel nicht ſchlecht vnd bloß oben hin anſe - hen / ſondern alſ[o]/ daß man in ſolcher Truͤbſal von jhnen Gedult vnd Sanfft - mut lerne. Dann lieber ſage mir / was wuͤſte man / was Gedult vnnd Sanfft - mut were / wann man keine Verfolger hette? Darumb ſoll man ſein Creutz ge - duͤltig auff ſich nehmen / vnd dem Her - ren Chriſto nachfolgen. Das iſt rechtVerleumb dung eine Proba der Demut. Chriſtlich / vnd dem Glauben gemeß / nit ſich ſelbſt rechen / vnnd wiederſchelten /O ijſon -194Wie wir durch Chriſtumſondern es dem heimſtellen / der da recht richtet. Da werden die boͤſen Meuler vonMatt. 12. einem jeglichen vnnuͤtzen Wort Rech - nung geben muͤſſen. Daran wird jhnen bang gnug werden. Darumb gebuͤhretDeut. 32. GOtt die Rache. Dann er kans am be - ſten / er weiß einem jeden Recht zu ver - gelten. Gedencke an den Herrn / der ſeinen Mund nicht auffthaͤt wie einEſa. 53. Laͤmblein / das zur Schlachtbanck gefuͤh - ret wird.

3. Haben wir an der Heiligen Exem - pel zu lernen / was ſie fuͤr ſonderliche Artz - ney wieder boͤſe Meuler gebraucht haben /Pſal. 119. nemlich / ſie haben gebetet: Fluchen ſie / ſo ſegne du. Luc. 6. Pſal. 107. Sehet den gantzen Pſalter an. Wie hat David mit dem Gebet ſich fuͤr falſchen Meulern be - waret als mit einer Eyſern Mauren? Wann man dawieder einẽ Pfeil ſcheuſt / ſo prallet er zu ruͤcke / vnd verletzt den naͤr - riſchen Schuͤtzen ſelbſt: Alſo fallen die Luͤgen vnnd Laͤſterung dem wieder auff den Kopff / der ſie außſpeyet / wie der 37. Pſalm195falſche Zungen vberwinden ſollen. Pſalm ſpricht: Ihr Schwert wird in jhr Hertz geben / vnnd jhr Bogen wird zer - brechen. Das alles kan mit dem Gebet außgerichtet werden. Dann wann einerWieder Verleumb dung ſoll man betẽ. wider ein Luͤgenmaul betet / ſo iſts ſo viel / als wann man mit jhm ringete vnd kem - pffete wie David mit Goliath / Oder wie Moſis Stab mit den Egyptiſchen Zaͤuberern. Dann hie kempffen zweyExod. 7. Geiſter mit einander: Das gleubige Ge - bet / ſo auß dem heiligen Geiſt gehet / vnd die Luͤgen / ſo auß dem Teuffel gehen / vnd werden doch endlich die Teuffeliſche Schlangen Egypti verſchlungen / von Moſis Stabe / das iſt durchs Gebet.

4. Iſt auch daß ein vornemer Troſt wieder falſche Meuler / daß / wann ein from Hertz alſo von des Teuffels Jagt - hunden den falſchen Zungen gehetzet wird wie ein Hirſch / daß es lauffe zum kuͤlen Brunnen des heiligen Goͤttlichen Worts / vnd daſelbſt ſich erquicke / denn daſelbſt redet GOtt freundlich mit vns. Matt. 5.Dann der Herr ſpricht: Selig ſeid jr /O iijwann196Wie wir durch Chriſtumwann euch die Menſchen vmb meinent - willen ſchmehen vnd verfolgen / vnd re - den allerley vbels wieder euch. So ſie daran liegen / ſeid froͤlich vnnd getroſt /GOtt re - det mit vns freũd - lich / ob vns gleich die Men - ſchen le - ſtern. Es ſoll euch im Himmel wol belohnet werden. Da ſtehet dreyerley Troſt: Se - lig / froͤlich vnnd belohnet werden. Wer wolte doch vmb dieſer Herꝛligkeit willen nicht zeitlichen Spott vnd Verachtung leyden. 1. Petr. 4. Selig ſeid jhr / wann jhr verſchmehet werdet vber den Namen Chriſti. Der Geiſt der Herꝛligkeit ruhet vber euch. Thren. 3. Es iſt ein koͤſtlich ding einem Manne / daß er des Joch in ſeiner Jugendt trage: Daß ein Verlaſſe - ner geduͤltig ſey / wenn jhm etwas vber - fellt / vnd ſeinen Mund in den Staub ſte - cket / vnnd der Hoffnung erwartet / vnnd laſſe ſich auff die Backen ſchlagen / vnnd jhm viel Schmach anlegen. Denn der Herr verſtoͤſſet nicht ewiglich.

Helliſch Vngewit - ter.

5. So muſtu lernen / daß ſolche Ver - leumbdungen ein Helliſches Vngewit - ter ſeyn / daß einem ploͤtzlich betreffen kan. Dann197falſche Zungen vberwinden ſollen. Dann wie ein Pilgram / vnd Wanders - man ſich immer muß des Regens vnnd Vngewitters verſehen: Alſo auch wer in der Welt iſt / vnnd darinnen wallet / muß ſich befahren eines ſolches Vngewitters / wie Eſa. 54. die Kirche beklaget wird: Du Elende vnnd Troſtloſe / vber die alle Wetter gehen. Was iſts wunder / daß ein Wandersman bißweilen ein Platzre - gen bekompt? Heut iſts an dir / Morgen an einem andern / Die Welt muß doch etwas haben / daran ſie jhr Affenſpiel treibet. Heut leget ſie dieſem eine Nar - renkappe an / Morgen einem andern. Da leufft dann Jederman zu / vnndWelt des Teuffels Comedia. vnd tra - gedia. tregt denſelben Menſchen auff den Luͤ - gen Marckt vmbher / biß ſie jhren Muͤt - lein gekuͤhlet / vnnd ſich muͤde gelogen haben. Dann nemen ſie einen andern fuͤr. Wer ſich nun mit allen krefften darwieder legt / vnnd von der Welt gar nichts leiden will / der thut gleich als ei - ner / den eine Biene ſteche / vnnd lieffe hin / ſtieſſe den gantzen Bienenkorb vmbO iiijin ei -198Wie wir durch Chriſtumin einem Hauffen. Ich meine er ſolte zu maſſe kommen / daß eine jede ſeinen Sta - chel in jhn ſteche: Alſo will mannicher ei - ne kleine boͤſe Rede nicht dulden / vnnd richtet darnach groſſen Zanck vnd Hertz - leid an. Eine boͤſe Zunge iſt einer Waſſer - ſchlangen gleich / welche man Hydram nennet. Hewet man derſelben einen Kopff ab / ſo wachſen jhr ſieben wieder: Alſo / wirſtu dich mit gewalt wieder eine boͤſe Zunge aufflehnen / ſo wirſtu ſiebenDurch ge - dult vnnd Leyden v - berwindẽ iſt der be - ſte Sieg. Luͤgen erregen. Wer nun dieſe Kunſt lernet / vnd es verſucht / ſich darzu gewe - net / daß er nicht alle Rede verantwortet / nicht bald vngeduͤltig wird / wann jhm ei - ne Schmeißfliege ſticht / oder ein Hund anbellet / ſo wird er durch dieſelbe gedult an Leib vnnd Seele ruhig werden / ſonſt machet man ſich eine Vnruhe vber die ander. Das iſt die rechte art die Feinde zu vberwinden / ſonſt muͤſte man wol nim - mermehr ein Schwert in der Scheiden haben.

6. So hats auch ſonderliche Vrſa -chen /199falſche Zungen vberwinden ſollen. chen / warumb GOtt vber einen boſe Meuler verhengt. Als David ſprach zu Simei: Vielleicht hats jhm der Herr2. Sam. 16. geheiſſen / fluche David. Warumb thut das GOtt? Antwort: Damit man ſich der Gaben / ſo GOtt mitgetheilet hat / nicht vberhebe / ſondern fein lerne in der Demut wandeln / guͤtig vnnd freundlich ſeyn gegen einander. Es ſind warlich zwey denckwirdige Wort / die David ſpricht: Der Herr habs Simei geheiſ -Job 12. ſen / vnnd das Job ſagt: GOtt ſchuͤtte Verachtung auff die Fuͤrſten. Lieber GOTT / wer kan die vnerforſchlichen Gerichte GOttes ergruͤnden? Es thut wol Fleiſch vnnd Blut wehe / wann manVerbor - gene Vr - ſachen d[er]V[erleu]mb dung. vns vernichtet / ſchmehet / vnd ſchendet. Es iſt vns allen angeboren / daß wir gern hoch ſeyn / viel von vns ſelbſt halten / Eh - te bey den Leuten haben. Vnd das iſt die eigene Liebe / die vns bethoͤret / es iſt Lu - eifers vnd Adams fall. Dieſe haben alle durch eigene Liebe vnd Ehre Gottes Lie - be vnd das ewige Leben verloren. DaO vdencket200Wie wir durch Chriſtum2. Cor. 12. Durch Verleumb dung wer - den wir in Demut er - halten.dencket dann Gott der Herr: Ich will eine verlogene Zunge vber dich verhengẽ / als den Satan vber Job vnd Paulum: Der ſoll dein Geiſſel vnnd Peitſche ſein vnd dein Teuffel / der dich mit Feu - ſten ſchlahe / auff daß du lerneſt demuͤtig ſeyn. Dann Gott muß es auff mancher - ley weiſe verſuchen / daß er vns in der De - mut erhalte / vnnd die Hoffart in vns dempffe vnd toͤdte / vnd wir nicht in Luci - fers Geſelſchafft gerahten.

7. Iſt Gott der Herr ſo getrew / daß er alles Vbel vnnd Vngluͤck / ſo vns boͤſe Zungen gedencken zuzurichten / zu allem guten wendet. Die boͤſe Welt ver - meinet vns damit ſchaden zuthun / ſo wendets GOtt zu vnſerm Heyl / wie die Schlange Tyrus, ob ſie noch ſo ein groß gifft iſt / deñoch muß ſie eine Artzney wer - den / daher der Tyriack ſeinẽ Namen hat /Auß den gifftigen Zungen macht vns Gott offt koͤſtliche Artzney. wie S. Paulus Rom. 8. ſpricht: Es muß denen / die GOtt lieben / alle ding zum beſten gedeyen. Dadurch lehret vns dann GOTT das hohe Edle Werckder201falſche Zungen vberwinden ſollen. der liebe vben / nemlich / fuͤr die Feinde bitten. Wer das recht thun ſoll / der hat faſt den hoͤchſten Grad der Liebe errei - chet / vnd iſt ſehr gewachſen in der Liebe / vnd hat Chriſti Hertz / muth / vnd Sinn bekommen / der da ſprach: Vater / ver - gib jhnen. Dann ſie wiſſen nicht / was ſieHoher Grad der Liebe ſich vber Fein - de erbar - men. thun. Alſo ſoll ein jeder Chriſt in erbar - mender Liebo fuͤr ſeine Feinde bitten: Vater / vergib jhnen. Dann die Rechte liebe erbarmet ſich auch vber die Feinde. Dieweil man weiß / daß ſolche Leute fern von GOtt vnd Chriſto ſeyn / vnnd der Teuffel in ihnen iſt. Darumb / wann man ſolche boͤſe Meuler ſiehet oder hoͤ - ret / ſoll man ſich vielmehr vber ſie erbar - men. Dann ſie ſind nit auß Gott / ſonder auß jhrem Vater dem Teuffel. Das iſt die Vrſache / warumb man fuͤr die Feinde bitten ſoll / auff daß ſie nicht in ewigkeit des Teuffels Leibeigene Knechte blei - ben muͤgen. Ja GOtt der Herꝛ brauchetWarumb man fuͤr die Feinde bitten ſoll. offt einer boͤſen Zungen gifft zur Artzney den ſeinen. Sehet den Joſeph an. Hettejhn202Wie wir durch Chriſtumjhn die boͤſe Zunge des vnzuͤchtigen Wei - bes nicht ins Gefengnis bracht / er were nimmermehr erhoͤhet werden. Hetten boͤſe Meuler den Moſen nicht verfolget / daß er auß Egypten in Midian fliehen muſte fuͤr Pharao / ſo were jhm GOtt nicht erſchienen im Fewrigen Buſch / da er der Schaffe huͤtet am Berge Horeb. Hette die boͤſe Zunge des Doegs den Da - vid nicht ſo verfolget / er hette ſo viel her -Gifftige Zunge ſind vnſer Artzney. licher Pſalmen nicht gemacht. Alſo war Doegs gifftige Zunge Davids Artzney. Alſo muſten boͤſe Meuler der Hoffraͤhte des Koͤniges in Perſien Daniel in die Lewengruben bringen / auff daß GOtt ſeine Allmacht an jhm beweiſe. Dieſe boͤ - ſe Zungen waren Daniels erhoͤhung. Als giengs mit dem Mardochæo: Der - ſelbe wolte Haman mit ſeiner Zungen gar todt ſchlagen vnnd an Galgen brin - gen / vnd erhoͤhet hn damit beim Koͤnige / vnnd Haman muſte hencken. Darumb ſey ſtill dem Herren / er wird deine Gerechtigkeit ans Liecht bringen / wie dieSonne /203falſche Zungen vberwinden ſollen. Sonne / vnnd dein Recht / wie den hellen Mittag. Siehe nur zu / daß du GOTTPſal. 37. Die War - heit iſt ei - ne helle Sonne / vñ bricht end lich durch die dicken Nebel der Luͤgen. zum Freunde habeſt: Dann wann je - mands wege dem Herren wolgefal - len / ſo macht er auch ſeine Feinde mit jm zu frieden. Prov. 16. Nimpt nun dir die Welt deine Ehre / gedulde dich / GOtt wird ſie dir wiedergeben / Pſal. 91. Ich will jhn herauß reiſſen / vnnd zu Ehren machen. Pſal. 84. Der Herr gibt Gnade vnd Ehre / ꝛc.

8. So iſt das auch ein Troſt / daß GOtt aller Menſchen Hertzen in ſeinen Henden hat / Pſal. 33. Von ſeinem feſten Thron ſchawet er auff alle / die auff Er - den wohnen. Er lencket jhnen alle das Hertz / vnnd hat acht auff alle jhre Wer - cke. Vnd Pſal. 41. GOtt wird dich nicht geben in den willen deiner Feinde. Man - cher iſt offt bitter vnd boͤſe / leſtert / leugt /[v]nd treugt / vnd drewet ſeinem Neheſten: In einer Stunde iſt ſein Hertz ſchon vmbgewand / vnnd viel anders worden. Ja es begibt ſich bißweilen / wann derboͤſe204Wie wir durch Chriſtumboͤſe zum frommen koͤmpt / kan er jhm nicht ein Haͤrlein kruͤmmen / vnnd muß jhm noch gute Wort darzu geben. DasFacies vi - riafacies leonis. thut GOtt / wie wir an Jacob vnnd La - ban ſehen. Da Laban bitter vnnd boͤſeGen. 31. 33. war auff Jacob / ſprach GOtt zu jhm: Huͤte dich / daß du nicht anders dann freundlich mit Jacob redeſt. Alſo auch Eſau vnnd Jacob. Eſau kuͤſſet Jacob / vnd weinet an ſeinem Halſe.

9. Letzlich iſt zwar der falſchen Zun - gen Art / daß ſie bald vber ſich ſteiget / bald ein groß anſehen gewint / alſo / daß ſich jederman dar uͤber verwundert / vnnd zuleufft / aber ſie treibts nicht lange / ſie wird bald zu ſchanden vnnd Schamrot. Vnd wann ſie anfehet zufallen / ſo gehetBoͤſer Meuler ploͤtzlicher vntergãg. ſie ploͤtzlich zu grunde. Sie iſt wie ein Fewer / das hoch in der hoͤhe loddert / A - ber felt bald wieder / vnnd verleſchet. Vr - ſach: Gott iſt der Luͤgen vberauß feind / weil Er die ewige Warheit iſt / vnd kans in die lenge nicht dulden. Wann ſie mei - net / ſie habs auffs hoͤchſte gebracht /vnd205falſche Zungen vberwinden ſollen. vnd muͤſſe ſich jederman fuͤr jr fuͤrchten / ſo koͤmpt GOttes Gerichte wunderlich / als im 31. Pſalm ſtehet: Verſtummen muͤſſen alle falſche Meuler / die da reden wieder den Gerechten / ſtoltz / ſteiff / hoͤ - niſch. Mercket dieſe drey Eigenſchaff - ten der boͤſen Meuler: Stoltz / ſteiff / hoͤ - niſch. Eſa. 33. Wehe dir du Veraͤchter / wenn du des verachtens haſt ein Ende gemacht / wirſtu wieder verachtet wer - den. Summa / das Scepter der Gott -Pſal. 125. loſen wird nicht bleiben vber dem Heuff - lein der Gerechten / daß ſie jhre Hand nicht außſtrecken / zur Vngerechtigkeit. Pſalm. 140. Ein boͤſes Maul wird kein gluͤck haben auff Erden. Ein Freveler boͤ - ſer Menſch wird verjagt vnnd geſtuͤrtzet werden.

Troſt wieder die Feinde / vnd boͤſe Meuler auß den Pſalmen. ()Pſal 3. 206Troſt wieder die Feinde /
1. Artzney GOttes Schild.
Pſal. 3 Aber du HERR biſt der Schildt fuͤr mich / der mich zu Ehren ſetzet / vnd mein Haupt auffrichtet Auff HERR / vnd hilff mir mein GOtt / Dann du ſchlegeſt alle meine Feinde auff den Backen / vnnd zer - ſchmetterſt der Gottloſen Zee - ne. ()
2. GOttes Regierũg.

4. Lieben Herꝛn / wie lang ſoll meine Ehre geſchendet werden? Wie habt jhr das Eitel ſo lieb / vnd die Luͤgen ſo gern Erkennet doch daß der Herr ſeine Hei - ligen ſo wunderlich fuͤhret. Der Herr hoͤret / wannn ich jhn anruffe.

3. Rache GOttes v ber die Verleumb der / vnnd freude der Gleubigẽ.

5. Du bringſt die Luͤgner vmb / der Herr hat ein grewel an den Blutgie - rigen vnd Falſchen / in jhrem Munde iſt nichts gewiſſes / jhr inwendiges iſt Hertz leid / jhr Rachen iſt ein offenes Grab / mit jhren Zungen Heuchlen ſie. Schuͤl - dige ſie GOtt daß ſie fallen von jhrenFuͤr -207vnd boͤſe Meuler / auß dem Pſalmen. Furnemen. Laß ſich frewen alle die auff dich trawen / ewiglich laß ſie ruͤhmen / froͤ - lich laß ſeyn in dir die deinen Namen lie - ben / denn du He rꝛ ſegneſt die Gerech - ten / du Kroͤneſt ſie mit Gnaden als mit einem Schilde.

6. Es muͤſſen alle meine Feinde zu4. Leſterer werden bald zu ſchande. ſchanden werden / vnnd ſehr erſchrecken / ſich zu ruͤcke kehren / vnnd zu ſchanden werden ploͤtzlich.

7. Auff dich / Herr / trawe ich / mein5. Ver - leumbder fallen in jhre eige - ne Grube. GOtt hilff mir von allen meinen Ver - folgern / vnd errette mich. Daß ſie nicht wie Lewen meine Seele erhaſchen / vnnd zerreiſſen / weil kein Erretter da iſt. Sie - he / der hat boͤſes im Sinn / mit Vngluͤck iſt er ſchwanger / er wird aber einen Feil geberen. Er hat ein Gruben gegraben vnnd außgefuͤhret / vnd iſt in die Gruben gefallen / die er gemacht hat. Sein Vn - gluͤck wird auff ſeinen Kopff kommen / vnd ſein Frevel auff ſeinen Scheitel fallẽ.

17. Behuͤte mich wie einen Aug -6. Schirm Gottes. Apffel im Auge / beſchirme mich vnterPdem208Troſt wieder die Feinde /dem Schatten deiner Fluͤgel. Vor den Gottloſen / die mich verſtoͤren / vor mei - nen Feinden / die vmb vnd vmb nach mei - ner Seelen ſtehen.

Gebet dempffet die Luͤg - ner.

18. Ich will den Herren loben vnnd anruffen / ſo werde ich von meinen Feinden erloͤſet / wann mir angſt iſt / ſo ruffe ich den Herren an / vnd ſchreye zu meinem GOtt / ſo erhoͤret Er meine Stimme von ſeinem Tempel / vnd mein geſchrey koͤmpt fuͤr jhn zu ſeinen Oh - ren.

27. Der Herr iſt mein Liecht vnd mein Heyl / fuͤr wem ſolt ich mich fuͤrch - ten? Der Herr iſt meines Lebens Krafft / fuͤr weni ſolt mir grawen? Dar - umb / ſo die boͤſen / meine Wiederſacher vnd Feinde an mich wollen / mein Fleiſch zu freſſen / muͤſſen ſie anlauffen vnnd fal - len. Wann ſich ein Heer ſchon wiederSchutz Gottes. mich leget / ſo fuͤrchtet ſich dennoch mein Hertz nicht. Wann ſich Krieg wieder mich erhebet / ſo verlaſſe ich mich auff jhn. Dann Er bedecket mich in ſeinerHuͤtten209vnd boͤſe Meuler auß dem Pſalmen. Huͤtten zur boͤſen zeit. Er verbirget mich heimlich in ſeinem Gezelt / vnnd erhoͤhet mich auff einem hohen Felſen. Herr / weiſe mir deine Wege / vnnd leite mich auff richtiger Ban vmb meiner Feinde willen. Gib mich nicht in den willen meiner Feinde. Dann es ſtehen falche Zungen wieder mich / vnnd thun mir vn - recht ohne ſchewe. Ich glaͤube aber doch / daß ich ſehen werde das gute des Her - ren im Lande der Lebendigen. Harre des Herren / ſey getroſt vnnd vnuerzagt / vnnd harre des Her - ren.

31 Ich aber Herr / hoffe auff dich / vnnd ſpreche: Du biſt mein GOtt. Meine Zeit ſtehet in deinen Haͤnden / er - rette mich von der Hand meiner Feinde / vnd von denen / die mich verfolgen. Ver - ſtummen muͤſſen falſche Meuler / die da reden wieder den Gerechten ſteiff / ſtoltz / vnnd hoͤniſch. Wie groß iſt deine Guͤte /GOttes Huht wi - der boͤſe Zungen. die du verborgen haſt denen / die dich fuͤrchten / vnnd erzeigeſt denen / dieP ijfuͤr210Troſt wieder die Feinde /fuͤr den Leuten auff dich trawen. Du ver - birgeſt ſie heimlich bey dir fuͤr jedermans Trotz. Du verdeckeſt ſie in einer Huͤtten fuͤr den zenckiſchen Zungen.

GOTtes Rache.

35. Sie muͤſſen werden wie Sprew fuͤr dem Winde / vnnd der Engel des Herren ſtoſſe ſie weg. Ihr Weg muͤſſe finſter vnd ſchlipfferig werden / vnd der Engel des Herren verfolge ſie.

37. Erzuͤrne dich nicht vber die boͤſen / ſey nicht neidiſch vber die Vbelthaͤter. Dann wie das Graß werden ſie bald ab - gehawen / vnd wie das gruͤne Kraut wer - den ſie verwelcken. Der Gottloſe drewet dem Gerechten / vnnd beiſſet ſeine Zeene zuſammen vber jhn / aber der Herr la - chet ſeyn. Dann er ſiehet das ſein TagLeſterer fallen in jhr eigen Schwert. koͤmpt. Die Gottloſen ziehen dz Schwert auß / vnd ſpannen jhren Bogen / daß ſie fellen den Elenden vnnd Armen / vnnd ſchlachten die frommen. Aber jr Schwert wird in jhr Hertz gehen / vnd jhr Bogen wird zerbrechen. Der Gottloſe lauret auff den Gerechten / vnnd gedencket jhnzu211vnd boͤſe Meuler / auß dem Pſalmen. zu toͤdten. Aber der Herr leſſet jhn nit in ſeinen Haͤnden / vnnd verdampt jhn nicht / wann er vervrtheilet wird. Ich habe geſehen einen Gottloſen / der war trotzig vnd breitet ſich auß / vnd gruͤnete wie ein Lorberbaum. Da man fuͤruͤber gieng / ſiehe / da war er dahin / ich fragte nach jhm / da ward er nirgend funden.

38. Ich aber muß ſein wie ein Tau -Gedult v - berwindet die Leſte - rer. ber / der nicht hoͤret / vnd wie ein Stum - mer / der ſeinen Mund nicht auffthut. Vnnd muß ſein wie einer / der nicht hoͤ - ret / vnd der keine Wiederrede in ſeinem Munde hat. Dann ich bin zu leyden ge - macht / vnnd mein ſchmertzen iſt immer fuͤr mir.

39. Ich bin verſtummet / vnnd ſtill / vnnd ſchweige der Freuden / vnnd mußGott die Rache zu beſtehen. mein Leyd in mich freſſen. Ich will ſchweigen vnd meinen Mund nicht auff - thun / Du wirſts wol machen. Dann ich bin beyde dein Pilgram vnd Buͤrger wie alle meine Vaͤter.

55. Wirff dein Anliegen auff denP iijHer -212Troſt wieder die Feinde /Schreck - lich Ende der Ver - leumbder.Herrn / der wird dich verſorgen / vnnd wird den Gerechten nicht ewiglich in vn - ruhe laſſen / Aber Gott / du wirſt ſie hin - unter ſtoſſen in die tieffe Gruben. Die Blutgirigen vnd falſchen werden jhr Le - ben nicht zur helffte bringen. Ich aber hoffe auff dich.

57. Sey mir gnedig GOtt / ſey mir gnedig. Dann auff dich trawet meine Seele / vnnd vnter dem Schatten deiner Fluͤgel hab ich zuflucht / biß das Vngluͤck fuͤruͤber gehe. Ich ruffe zu Gott dem Al - lerhoͤheſtẽ / zu Gott / der meines jammers ein ende machet. Er ſendet vom Himmel / vnd hilfft mir von der Schmach meines Verſenckers / Sela. Gott ſendet ſeine Guͤte vnd Trewe / Ich liege mit meiner Seelen vnter den Lewen. Menſchenkin - der ſind Fewerflammen / jhre Zeene ſind Spieß vnnd Pfeile / vnnd jhre Zungen ſcharffe Schwerter. Erhebe dich / Gott /Im Gebet vnd Lob Gottes iſt der Sieg vber den Himmel / vnnd deine Ehre vber alle Welt. Sie ſtellen meinem Gange Netze / vnnd drucken meine Seele nieder /ſie213vnd boͤſe Meuler / auß dem Pſalmen. ſie graben fuͤr mir eine Gruben / vnd fal -wieder die Verleumb der. len ſelbſt drein. Sela. Mein Hertz iſt be - reit / Gott / mein Hertz iſt bereit / daß ich ſinge vnd lobe. Wache auff meine Ehre / wache auff Pſalter vnnd Harpffe / fruͤh will ich auffwachen. Herr / ich will dir dancken vnter den Voͤlckern / Ich will dir lobſingen vnter den Leuten. Dann deine Guͤte iſt / ſo weit der Himmel iſt /Gott ſtrei tet ſelbſt wieder die Verleumb der. vnd deine Warheit / ſo weit die Wolcken gehen. Erhebe dich / GOTT vber den Himmel / vnnd deine Ehre vber alle Welt.

64. Behuͤte mein Leben fuͤr den grauſamen Feinden / denn ſie ſcherſſen jre Zunge wie ein Schwert / mit jrem gifftigẽ Worten zielen ſie wie mit Pfeilen / daß ſie heimlich ſchieſſen die frommen / ploͤtz - lich ſchieſſen ſie auff jhn ohn alle ſchew. Aber Gott wird ſie ploͤtzlich ſchieſſen das jhnen weh thun wird. Ihre eigen Zungen wird ſie fellen daß jhr Spotten wird wer ſie ſthet.

P iiij71. Mei -214Troſt wieder die Feinde /
Verleumb der des Teuffels Jagthun - de.

71. Meinde Feinde reden wieder mich / vnd die auff meine Seele halten / beraten ſich mit einander / vnnd ſprechen: GOtt hat jhn verlaſſen / jagt nach / vnd ergreifft jhn. Dann da iſt kein Erretter. Ich gehe einher in der Krafft des HerrenGOTtes Krafft er - heltvnswi der die Luͤ gẽmeuler. Herrn. Ich preiſe deine Gerechtig - keit allein. GOtt / du haſt mich von ju - gend auff gelehrt / Darumb verkuͤndige ich deine wunder / Auch verlaß mich nicht Gott im Alter / wann ich Graw werde / biß ich deinen Arm verkuͤndige Kindes - kindern / vnd deine Krafft allen / die noch kommen ſollen. Dann du leſſeſt mich er - fahren viel vnnd groſſe Angſt / vnnd ma - cheſt mich wieder lebendig / vnnd holeſt mich auß der tieffe der Erden herauff / Du macheſt mich ſehr groß / vnd troͤſteſt mich wieder.

121. Ich hebe meine Augen auff zu den Bergen / von welchen mir Huͤlff koͤmpt. Meine Huͤlff koͤmpt vom Her - ren / der Himmel vnd Erden gemacht hat. Er wird deinen Fuß nicht gleitenlaſſen /215vnd boͤſe Meuler / auß dem Pſalmen. laſſen / vnd der dich behuͤtet / ſchlaͤfft nit. Gott be - decket vns mit ſeinem Schatten fuͤr den Mordt - Pfeilẽ der boͤſen Meuler.Siehe / der Huͤter Iſrael ſchlaͤfft noch ſchlummert nicht. Der Herr behuͤtet dich / der Herr iſt dein Schatten vber deiner Rechten Hand / daß dich des Ta - ges die Sonne nicht ſteche / noch der Mond des Nachtes. Der Herr be - huͤte dich fuͤr allem Vbel / er behuͤte dei - ne Seele / Der Herr behuͤte deinen Außgang vnnd Eingang von nun an biß in Ewigkeit.

140. Errette mich / Herr / von den boͤſen Menſchen / behuͤte mich fuͤr den freveln Leuten / die boͤſes gedencken in jh - rem Hertzen / vnd taͤglich Krieg erregen. Sie ſcherffen jhre Zunge / wie eineGott be - wahret vns fuͤr der Liſt der faſchẽ Zungen. Schlange / Ottergifft iſt vnter jhren Lip - pen / Sela. Bewahre mich / Herr / fuͤr der Hand der Gottloſen / behuͤte mich fuͤr den freveln Leuten / die meinen Gang gedenckẽ vmbzuſtoſſen. Die Hof - fertigen legen mir Stricke / vnnd brei - ten mir Seile auß zum Netze / vnd ſtellen mir Fallen an den Weg. Ich aber ſageP vzum216Troſt wieder die Feinde /zum Herren: Du biſt mein GOtt / Herr vernim die Stimme meines fle - hens. Herr / Herꝛ / meine ſtarcke huͤlf - fe / Du beſchirmeſt mein[Haupt] zur zeit des ſtreits. Herr / laß dem Gottloſen ſein begierde nit / ſtercke ſeinen Mutwillen nicht / ſie moͤchtens ſichs erheben / Sela. Das Vngluͤck / dauon meine FeindeStraffe der Luͤgen Meuler. Rahtſchlagen / muͤſſe auff jhren Kopff fallen. Er wird Strahlen vber ſie ſchuͤt - ten / Er wird ſie mit Fewer tieff in die Er - de ſchlagen / daß ſie nimmermehr nicht auffſtehen. Ein boͤſes Maul wird kein gluͤck haben auff Erden / ein Freuel boͤſer Menſch wird verjagt / vnnd geſtuͤrtzet werden. Dann ich weiß / daß der Herꝛ wird des Elenden ſache / vnd der Armen Recht außfuͤhren. Auch werden die Gerechten deinem Namen dancken / vnd die Frommen werden fuͤr deinem Ange - ſicht bleiben.

142. Ich ſchreye zum Herren mit meiner Stimme / ich flehe dem Her - ren mit meiner Stimme / ich ſchuͤtte mei -ne Rede217vnd boͤſe Meuler / auß dem Pſalmen. ne Rede fuͤr jhm aus / vnd zeige an fuͤr jhm meine Noth. Wann mein Geiſt in aͤngſten iſt / ſo nimmeſtu dich meiner an. Sie legen mir Stricke auff dem Wege / da ich auffgehe. Schawe zurIn Ver - folgung wilt vns niemand kennẽ deñ Gott al - lein. Rechten / vnd ſiehe / da will mich niemand kennen / ich kan nicht entfliehen / niemand nimpt ſich meiner Seelen an / Herr / zu dir ſchreye ich / vnd ſage: Du biſt mein Zuuerſicht / mein theil im Lande der Le - bendigen. Mercke auff meine Klage / Dann ich werde ſehr geplagt / Errette mich von meinen Verfolgern / Dann ſie ſind mir zu mechtig. Die Gerechten werden ſich zu mir ſamlen / wann du mir wol thuſt.

Das XVIII. Capittel. Wie wir durch die Trawrigkeit vnnd Schmertzen Chriſti ſollen lernen die Wol - luſt des Fleiſches dempffen.

Matth. 25. 218Wie wir durch die Traurigkeit ChriſtiMatth. 25. Meine Seele iſt be - truͤbt biß in den Todt. ()

DAs dritte Stuͤcke der truͤbſal vnd Creutzes Chriſti iſt ſeine groſſe vnaußſprechliche Trawrigkeit vnnd Schmertzen / welche ſich mit jhmGroſſe Traurig - keit Chri - ſti. von Mutter Leibe angefangen. Dann weil ſeine allerheiligſte Menſchliche See - le mit dem Liecht Goͤttliches Erkentnuß vnnd Weißheit durch die Perſoͤnliche Vereinigung erfuͤllet vnd erleuchtet: So hat ſie auch alles zukuͤnfftige / daß jhr begegnen ſolte / als gegenwertig geſehen: Daruͤber ſie auch mit hoͤchſter Traurig - keit / vnd inniglichem Leyden von Anfang erfuͤlletworden. Dann ſie hat zuuor ge - ſehen jhre vndenckliche vnnd vnſaͤgliche Seelen Angſt / vnd vnaußſprechliche Lei - bes ſchmertzen. Dann je zarter / reiner / vnſchuͤldiger die Menſchliche Natur in Chriſto iſt / je groͤſſer Angſt / Schmer -Seelen Angſt Chriſti. tzen / vnnd Pein ſie erlitten hat: Welches man ſiehet an aller innerlicher Geiſtli - cher Seelenangſt. Dann je edler die See -le iſt /219ſollen die Wolluſt des Fleiſches dempffen. le iſt / dann der Leib wegen der vnſterblig - keit / je groͤſſer Schmertzen ſie auch lei - det dann der ſterbliche Leib. Darumb iſt der Herr Chriſtus nie froh worden fuͤr ſich ſelbſt / oder ſeinenthalben / ſon - dern ſeine freude iſt geweſt / daß ſein Him - liſcher Vater von den Menſchen muͤch - te recht erkant / geehret / vnd die Wercke Gottes offenbar werden. Darumb freu - et er ſich im Geiſt / da die ſiebentzig Juͤn -Luc. 10. ger wiederkommen.

2. Weil er wuſte alles / was jhm be - gegnen wuͤrde / vnnd von wem / nemlich / von ſeinem eignen Volck: So hats nicht anders ſein koͤnnen / dann daß er in ſteter Trawrigkeit vnnd Schmertzen geweſt / vnd je neher ſeinem Leyden je trauriger / wie er ſpricht: Ich muß mit einer Tauf -Luc. 12. fe getaufft werden / vnnd wie iſt mir ſo bang / ehe ichs vollbringe. Da nun dieMatt. 25. zeit kam / ſprach er: Meine Seele iſt be - truͤbt biß in den Todt: Da er die aller - hoͤchſte Traurigkeit vnd Seelenangſt er - litten / daruͤber er auch blutigen Schweißgeſchwi -220Wie wir durch die Traurigkeit Chriſtigeſchwitzet. Seine Seelenangſt vnd Lei - bes ſchmertzen / ſo Er am Creutz erlitten / kan keines Menſchen Zunge außreden /Woher die ſchmer tzẽ Chriſti. Erſtlich / weil die Suͤnde ſo ein vnend - lich vnd vnaußſprechlich vbel iſt. Dann es hat die vollkommene Bezahlung vnnd Straffe der Suͤnde / dem Sohn GOt - tes am Leibe vnd Seele vnaußſprechliche vnd von keinem purlautern Menſchen er - tregliche anaſt vnd Schmertzen gemacht. 2. Weil er die Suͤnde der Welt getragen / das iſt / Er hatt nicht allein fuͤr die Suͤn - de gelitten / ſo vom Anfang der Welt ge - ſchehẽ / ſondn auch fuͤr die / ſo biß ans ende der Welt geſchehen ſolte. So viel nur alle vñ jede Menſchen Suͤnde gehabt / ſo viel ſchmertzẽ hat Chriſtus gelitten / ja vmb ei - ner ſuͤnde willen vnzehliche ſchmertzen / vñVnauß - denckliche ſchinertzen Chriſti. ſo groſſe Suͤnde / ſo groſſe ſchmertzen vnd pein. Darumb bittet er am Oelberge: Vater / wiltu / ſo nim̃ dieſe Kelch von mir.

3. So iſt auch ſonſt noch ein hoher vnd vnaußſprechlicher ſchmertz Chriſti / den Er empfunden wegen ſeiner vollkomme -nen221ſollen die Wolluſt des Fleiſches dempffen. nen Liebe. Dann je groͤſſer Liebe / je groͤſ -Liebe ma - chet ſchmer[-]tzen. ſer ſchmertz. Dann was man nicht liebet / machet keinen ſchmertzen. Weil aber Chriſtus ſeinen Himliſchen Vater voll - koͤmlich liebet / ſo hats jhm an ſeiner Seelen auch vollkoͤmlich vnnd vnauß - ſprechlicher weiſe wehe gethan / das Gott ſein Himliſcher Vater ſo hoch beleidiget worden durch die Suͤnde. Vnnd haben jhm vnſere Suͤnde mit aller jhrer Straf - fe ſo wehe nicht gethan / als das GOtt / der die Liebe ſelbſt iſt / durch die Suͤnde / ſo hoch beleidiget iſt. Vnd vmb der LiebeWas dem HErren Chriſto die groͤſtẽ ſchmertzen gemacht. willen des Vaters / die billig von keiner Creatur ſolte beleidigt werden / hat Chri - ſtus den allerſchmehligſten Todt / vnd die allergroͤſte Schmertzen vnnd Pein auff ſich genommen / vns armen Menſchen die Liebe vnnd Gnade / des Vaters wie - der zuerwerben / auff daß ſo hoch die Lie - b[e]des Vaters durch Menſchen belei - digt / er dieſelbe ſo hoch wieder verſoͤnete.

4. Hat auch Chriſtus die hoͤchſte ſchmer - tzen erlitten wegen der vollkom̃enen Liebedes222Wie wir durch die Traurigkeit ChriſtiVnbuß - fertigkeit der Men - ſchen hat Chriſti Leyden ſchwerer gemacht.des gantzen Menſchlichen Geſchlechts. Dann gleich wie er fuͤr alle geſtorben / vnnd aller Suͤnde getragen / ſo wolte er auch gerne / daß ſie alle ſelig wuͤrden. Vnnd iſt alſo der Menſchen Vnbußfer - tigkeit jhm das hoͤchſte Leyden geweſen. Dann das iſt ſeiner Lieber zu wieder /Viuifican - tur Chri - ſti ſangui - ne, qui e - ius ſangui nem fude - runt Vi - tam para - uit a qui - bus occi - ſus. ſonderlich derer verderben vnd Verdam - nuß er zuuor geſchen / daß ſie nicht wer - den Buſſe thun / zugeſchweigen / daß jhm an ſeiner liebreichen Seele wehe gethan der groſſe Haß vnnd Neid / Feindtſchafft vnnd Leſterung derer / die er doch wolte ſelig machen. Daher ſpricht er: Die Schmach bricht mir mein Hertz / vnnd krencket mich. Welches er nicht ſeinent -Pſal. 69. halben allein klaget vnnd betrauret / ſon - dern vielmehr derer halben / die ſolche Schmach an jhn vbeten.

5. So iſt auch das ſein groͤſter Schmertz vnnd Pein geweſen / daß er als Gottes Sohn dennoch von GOtt ver - laſſen geweſen. GOtt konte jhn zwar nicht verlaſſen / Dann er war ja ſelbſtGOtt /223ſollen die Wolluſt des Fleiſches dempffen. GOtt / Ja Er war vnd bleib GOtt daChriſtus wahrer GOtt im Creutz vñ im Tod. Er am Creutz hienge / da Er Starb / da Er Begraben ward / vnd klagt dennoch GOtt hab Ihn verlaſſen: Aber Er hat mit ſeinem klaͤglichen geſchrey anzeigen wollen / das Ihm Gott / als einem Men - ſchen ſeinen Troſt entzogen / ſich fuͤr Ihm verborgen / vnd das Er vns ſeines groſſes Elende durch ſein klaͤglich geſchrey offen - bahrete.

6. Iſt auch Chriſti ſchmertz vnd pein vnaußſprechlich geweſt wegen ſeiner Perſon / Dann Er war wahrer GOtt. Daruͤmb alle ſchmach vnd Laͤſterung / ſoSchmach / ſo Chriſto geſchehẽ / iſt der gã - tzen Per - ſon ge - ſchehen / vnd alſo GOtt ſelbſt. Ihm wiederfahren ein vnendtlich vbel war / weil es der gantzen Perſon wieder - fuhre / die GOtt vnd Menſch war. Vnd alſo GOtt ſelbſt welches der Seelen Chriſti ein hohes vnd vnaußſprechliches Leyden geweſt.

7. Was die Leibliche Pein vnd Mar - ter dem Vnſchuͤldigſten / Heiligſten / Jungfraͤwlichen / Zarteſten Leybe des Herrn fuͤr ſchmertzen gemacht / werQkan224Wie wir durch die Traurigkeit Chriſtikan das außdencken? Einen ſo vnſchuͤldi - gen / zarten / edlen / reinen Leib von dem H. Geiſt empfangen / mit der ewigen Gott -Leiblich leydẽ Chri ſti vnauß - ſprechlich ſeine edlẽ Natur hal ben. heit Perſoͤnlich vereinigt / mit dem H. Geiſt vnd aller fuͤlle der Gottheit erfuͤl - let / ſchlagen / geiſſeln / verwunden / zuſte - chen / creutzigen / toͤdten / das iſt ein Leyden vber alles leyden auff Erden. Keine Crea - tur kans auß ſprechen. Was iſt dagegen all vnſer Leyden vnd Creutz / die wir Suͤn - der ſeyn / vnd den ewigen Todt vnd Ver -Chriſti ed - les Leben gibt den hoͤchſten Geiſtlichẽ Adel. damnuß verdienet haben? Vnd wir flie - hen darfuͤr / murꝛen dawieder / da es doch ſo eine heilſame Artzney iſt. Warlich eine Seele / die Chriſtum lieb hat / ſoll kein an - der Leben vnd Stand in dieſer Welt wuͤn - ſchen dann einen ſolchen wie Chriſtus vn -Chriſto im leyden ehnlich werden iſt der hoͤch - ſte gewinn in dieſer Welt. ſer Herr gehabt. Das ſoll man fuͤr den groͤſten gewinn achten in dieſer Welt / vnd deſſen ſoll ſich eine liebhabende Seele frewẽ / dz ſie wirdig iſt mit Chriſto zu leidẽ.

Vnd weil wir wiſſen / daß Truͤb - ſal vns muß begegnen auff dem WegeAct. 14. zum Himmelreich / dardurch wir kommenzu ei -225ſollen die Wolluſt des Fleiſches dempffen. zu einer ſo groſſen vnaußſprechlichen Herꝛligkeit / warumb wandeln wir den -Die Truͤb - fal auff dem Weg zum Him - melreich / iſt durch Chriſtum geheiligt. ſelben Weg nicht mit freuden? Ja auch darumb / weil der Sohn Gottes dieſen Weg gangen / vnd jn mit ſeinem heiligen Exempel geheiligt / vnd in ſein Reich nit anders wollen eingehen / dann durch lei - den. Ja auch darumb / weil auff ſo kurtzes leyden ſolche immerwehrende Freude folget.

Gleich wie nun Chriſtus auß LiebeChriſtus ſein ſelbſt nicht ge - ſchonet vmb vn - ſerent wil - len. gegen vns ſein ſelbſt in keinem dinge ver - ſchonet hat / ſondern alles williglich vmb vnſerent willen erlitten: Alſo ſollen wir jhn auch hinwider lieben / vnd nicht muͤ - de werden in einiger Truͤbſal.

Das XIX. Capittel. Wie wir in dem gecreutzigten Chriſto als in dem Buch des Lebens anſchawen ſollen vnſere Suͤnde / Gottes Zorn / Gottes Liebe / Gerechtigkeit / vnd Weißheit.

Q ijApoc. 226Wie wir in dem gecreutzigten ChriſtoApoc. 5. Ich ſahe in der rechten Hand des / der auff dem Stuel ſaß / ein Buch inwendig vnd außwendig geſchrieben. ()

DEn gecreutzigten Chriſtum ſtel - vns Gott fuͤr die Augen als ein Buch des Lebens / auß welchemIn Chri - ſto die gã - tze ſchrifft erfuͤllet. wir die allerheiligſte Weißheit lernen vnd ſtudieren ſollen. Dann in jhm iſt die Schrifft / alle Propheten vnnd das gantze Geſetz vollkoͤmlich erfuͤllet durch voll - kommenen Gehorſamb biß in den Todt / durch erleidung der ſchrecklichen Straf - fe / vnnd des Fluchs fuͤr die Suͤnde der Welt. Das iſt das Buch / ſo außwendig vnd inwendig geſchrieben / nemlich voll - kommener inwendiger vnd außwendiger Gehorſamb / vollkommen innerlich vnnd euſſerlich Leyden.

Der ge - ereutzigte Chriſtus iſt ein ſpie gel vnſer Suͤnde.

Darumb zeiget vns erſtlich der ge - creutzigte Chriſtus vnſere Suͤnde / derſel - ben groͤſſe vnd menge. Er offenbaret vns durch ſein Jammergeſchrey ſeiner See -len -227vnſere Suͤnde ſollen anſchawen. lenangſt / dardurch Er die heimliche ver - horgene Suͤnde vnſers Hertzens gebuͤſ - ſet. Er zeiget vns ſeinen verwundetẽ bluti - gen kleglichen Leib / voller Schmertzen vnd Kranckheit / daß wir in dem ſollen als in einem Buch leſen / vnd verſtehen ſollen vnſere Suͤnde / die wir mit allen vnſern Gliedern vollbracht haben.

Es ſiehet die andechtige Seele in demIm ge - creutzigtẽ, Chriſto ſchen wir Gottes Gerechtig keit. gecreutzigten Chriſto Gottes Gerechtig - keit / das durch kein ander Mittel vnſere Suͤnde / vnnd die Straffe vnſer Suͤnde hat koͤnnen hinweg gereumet werden / dann durch eine ſolche hohe vollkommene Bezahlung / ja das warhafftig die Suͤn - de nicht koͤnte vngeſtrafft bleiben. Es muͤ - ſte ehe der Vater ſeinen allerliebſten Sohn dahin geben / auff daß die Suͤnde des Menſchlichen Geſchlechts nicht vn - geſtrafft bleibe.

Wir ſehen in dem gecreutzigten Chri -GOttes Liebe in dem ge - creutzigtẽ Chriſto. ſto die groſſe Liebe vnd Barmhertzigkeit des Vaters / wie er ſo ein Vaͤterliches mitleiden mit vns gehabt / das / ehe wirQ iijſolten228Wie wir in dem gecreutzigten Chriſtoſolten im Tode / Marter vnd Hellenpein ewig bleiben / ſo hat ſein lieber Sohn muͤſſen fuͤr vns gnug thun / weil wir daſ - ſelbe nit thun konten mitaller vnſerer vnd aller Creaturen krefften vnd vermuͤgen.

Gottes gnediger wille vns ſelig zu machen.

Wir ſehen in dem gecreutzigten Chriſto als in dem Buch des Lebens den allergnedigſten willen Gottes / vnd Vaͤ - terliche Fuͤrſorge vns ſelig zu machen / dz jm nit zu ſchwer vnd verdrießlich geweſt biß er durch ſeinen lieben Sohn alles ver - richtete / was zu vnſer Seligkeit gehoͤrt. Daran hat er nichts geſparet vnnd ge - ſchonet / daß wir nur moͤchten die ewige Freude ererben.

GOttes Weißheit in dem ge[-]creutzigtẽ Chriſto.

Wir ſehen auch in dem gecreutzigten Chriſto die hoͤchſte Weißheit Gottes / in dem er ein ſolch Mittel vnſerer Erloͤſung erfuͤnden / das allen Creaturen zu erfinden vnmuͤglich / das zugleich ſeine Gerechtig - keit vnd Barmhertzigkeit erfuͤllet wuͤrde. Dann er hat ſeiner Barmhertzigkeit alſo gebrauchet in der Erloͤſung des Menſch -lichen229vnſere Suͤnde ſollen anſchawen. lichen Geſchlechts / das ſeiner Gerech - tigkeit kein abbruch geſchehen. Dann al - ſo h[at]Chriſtus vnſer Herr durch ſei - nen todt vnſere Suͤnde bezalet nach der geſtrengen Gerechtigkeit GOttes / das zugleich die groͤſte Barmhertzigkeit an vns erfuͤllet iſt. Vnd gleich wie durch den verbotenen Baum der erſte Adam den Fluch vber vns bracht: Alſo hats GOtt weißlich verordnet / daß durch das Holtz des Creutzes der Fluch hinweg genom - men / vnnd der Segen wiederbracht wuͤr - de. Ja die Weißheit GOttes hat wun - derlich verordnet / das durch den Todt Chriſti alles lebendig gemacht / vnnd der Todt hinweg genommen wuͤrde / vnnd daß er vns durch ſeine Schmertzen vnnd Pein die Himliſche ewige Wolluſt / durch ſeine Schmach die Herꝛligkeit / vñ durch ſeine Traurigkeit die ewige Freude er - wuͤrbe. So wunderlich hats die Weiß - heit Gottes verordnet / dz durch ein ſolch Werck / ſo fuͤr der Welt die hoͤchſte thor - heit ſcheinet / der Welt Weißheit zunichteQ iiijgemacht /230Wie wir in dem gecreutzigten Chriſtogemacht / vnd durch ſolche Thorheit die hoͤchſte Weißheit geuͤbet wuͤrde.

Der Ge - creutzigte Chriſtus ein Ge - dultſpie - gel.

In dem Gecreutzigten Chriſto ſe - hen wir als in einem Buch vnd Spiegel die hoͤchſte Gedult vnd Sanfftmuth / dz Er ſo gar keine Rache geuͤbet / das Er auch fuͤr ſeine Creutziger vnd Laͤſterer ge - beten / Ja fuͤr ſie vnd jhre Suͤnde Ge - ſtorben.

Im Ge - creutzigtẽ Chriſto die groͤſte Demuth im hoͤch - ſtẽ Grad.

Die Gleubige Seele ſichet auch in dem Gecreutzigten Chriſto die allergroͤ - ſte vnd tieffeſte Demuth / die nit groͤſſer vnd tieffer hat ſein koͤnnen dann das der Herr der Herrligkeit einen ſo ſchme - lichen Todt williglich ohne wiederrede vnd vngedult gelitten hat.

Fruͤchte des Todes Chriſti.

Die Gleubige Seele ſiehet auch in dem Gecreutzigten Chriſto / das ſein Ley - den vnd Todt zugleich ſey eine Erloͤſung auß der Helle / vnnd eine eroͤffnung deß Paradiſes / die hoͤchſte Verſoͤhnung GOttes / vnd vberwindung deß grimmi - gen Teuffels / die vollkommene Bezah - lung der Suͤnde / vnd volkommene wie - derbringung der Gerechtigkeit.

Alſo231vnſere Suͤnde ſollen anſchawen.

Alſo ſiehet nun die Gleubige Seele /Der Ge - creutzigte Chriſtus iſt dz rech - te Glau - bens vnd Lebens Buch. das der Gecreutzigte Chriſtus ſey das rechte Buch deß Lebens vnd der ewigen vnbetrieglichen Warheit Gottes: Dar - auß wir recht Gleuben / vnd recht Chriſt - lich Leben lehrnen / wollen wir anders wahre Lebendige vnd nicht Todte Glie - der ſein an dem Leibe vnſers Erloͤſers / Ja wollen wir anders / das ſein Leben vnd Tod in vns Wircken / vnd Lebendige fruͤchte bringen ſollen.

Das XX. Capittel. Von der Krafft vnnd Nothwendigkeit des Gebets / in dieſen Goͤttlichen be - trachtungen.

Cant. 2. Ich wil ſuchen / den mei - ne Seele liebet. ()

WEil das Lebendige erkaͤntnuͤß GOttes / vnnd auch des Ge - creutzigten Chriſti nicht kan er - langt werden / man Leſe dann Taͤglich vnd ohn vnterlaß in dem Buch deß Vn -Q vſchuͤldi -232Von der Krafft des Gebets /vnſchuͤldigen vnd heiligen Lebens Chri - ſti Jeſu vnſers Hernn / vnd aber die - ſelbe betrachtung vnnd erhebung des ge - muͤts zu Gott nicht kan geſchehẽ ohn einWas das Gebet ſey. andechtig / gleubig / demuͤtig vnd fleiſſiges Gebet / welches nicht allein ein geſprech des Mundes / ſondern vielmehr des gleu - bigen Hertzens vnd Gemuͤtes / vnd allerPſal. 19. kreffte der Seelen erhebung iſt. So iſt von noͤten / daß man die Art vnd Tugent des Gebets verſtehen lerne. Dann ohne Gebet findet man Gott nicht. Das Ge - bet iſt ein ſolch Mittel / dardurch man Gott ſuchet vnd findet.

Daſſelbe iſt nun dreyerley: Muͤndt - lich / Innerlich / vnd Vbernatuͤrlich / wie1. Cor. 14. S. Panlus ſagt: Ich will im Geiſt beten / vnd mit dem gemuͤte.

Das Muͤndliche Gebet iſt eine feine demuͤtige euſſerliche Vbung / welche zu dem innerlichen Gebet fuͤhret / ja welches den Menſchen in ſein eigen Hertz fuͤhret / ſonderlich weñ man im Glauben andech - tig betrachtet die Wort ſo man betet / deñ dieſelbe bewegẽ vñ erhebẽ den Geiſt vñ dieSe[el]233in dieſen Goͤttlichen Betrachtungen. Seele zu Gott / dz mã ein gleubig geſprechMuͤndlich Gebet. in Kindtlicher zuuerſicht mit Gotthelt.

Das innerliche Gebet geſchicht ohne vnterlas im Glauben / Geiſt vñ Gemuͤte /Innerlich Gebet. wie Johannis 4. vnſer lieber Herr ſagt / die waren Anbeter werden den Vater im Geiſt vnd in der Warheit anruffen vñ der 19. Pſalm / Laß dir wolgefallẽ dz geſprech meines Hertzens fuͤr dir / Item Pſal. 73. Mein Hertz redet / mein Geiſt muß for - ſchen / Item Rom. 8. Durch welchen wir rufft Abba lieber Vater. Durch ein ſolch innerlich Gebet wird man denn gefuͤret zu dem vbernatuͤrlichen Gebet / welches ge - ſchicht wie Taulerus ſagt / durch ware ver einigung mit Gott durch den Glauben / da vnſer erſchaffner Geiſt verſchmeltzt vñVberna - tuͤrlich Ge bet. verſenckt wird in den vnerſchaffnen Geiſt Gottes / da alles in einem Augenblick ge - ſchicht was ſonſt von allen Heiligen mit Worten vñ werckẽ / von anfang der Welt her geſchehẽ / vñ ſo klein ein Heller iſt / gegẽ 1000. Marck Goldes / ſo viel beſſer iſt diß Gebet / gegẽ dz außwendige. Deñ hie wirddas234Von der Krafft des Gebets /das gemuͤt durch wahren Glauben alſo mit Gottes Liebe erfuͤllet / daß es nichts anders gedencken kan / denn Gott / vnnd wenn ein ander Gedanck ins Hertz vndPſal. 37. Pſ. 42. 63. 84. gemuͤt fellet / ſo iſts der Seelen leid. Ein ſolch gemuͤt leſſet die Zunge nicht reden / oder ja ſehr wenig / ſeufftzet immer zu Gott / duͤrſtet nach Gott / hat ſeine eini - ge luſt vnd liebe an Gott vnnd ſchleuſſet die gantze Welt auß / vnd alles was in der Welt iſt / vnd wird immer mehr vnd mehr mit Gottes Erkentnis liebe vnnd freude erfuͤllet / welches die Zunge nicht außre - den kan. Denn was die Seele alsdann er - kennet / iſt vnaußſprechlich / vnd wenn ſie in ſolcher hoher Andacht gefragt wuͤrde / was erkenneſtu? Wuͤrde ſie antworten / ein gut / das alles gut iſt: Was ſieheſtu? Eine Schoͤnheit die aller ſchoͤnheit vber - trifft: Was empfindeſtu? Eine Freude v - ber alle freude: Was ſchmeckeſtu: Eine Freundligkeit vber alle freundligkeit. Ja ſie wuͤrde ſprechen: alle Wort die ich dar - an rede / ſind nur ein Schatten / denn daskoͤſtli -235in dieſen Goͤttlichen Betrachtungen. koͤſtliche daß ich in meiner Seelen em - pfinde / kan ich nicht außreden. Das iſt des ewigen Worts Stimme / vnd rede zu der liebhabenden Seele / wie Joh. 14. ge - ſchrieben iſt / Wer mich Liebet dem will ich mich offenbaren / vnnd was man als denn ſiehet vnd empfindet / iſt vber die Na - tur / da hoͤret man vnaußſplechliche Wort vnd Stimme / welche heiſſen Vox intel - lectualis & mentalis.

Da lernet dann die Seele Gott rechtZeichen der Liebe Gottes. erkennen vnd ſchmecken. Vnd in dem ſie Gott erkennet / liebet ſie jhn / vnd in dem ſie jhn liebet / begeret ſie jhn gantz zu ha - ben. Vnnd das iſt das rechte Zeichen der Liebe / daß ſie das geliebte gantz haben / ſich mit demſelben gantz vereinigen / vnnd ſich in daſſelbe verwandlen will.

Diß wird offt in der Seele des Menſchen empfunden als in einem Blick / der bald vergehet. So ſuchet dann die Seele embſiiglich / ob ſie dieſen Him - liſchen Blick vnnd Geſchmack koͤnte wie -der236Von der Krafft des Gebets /der bekommen / daß ſie ſich mit dem ge - liebten muͤge vereinigen. Vnd fehet dann an zu beten Muͤndtlich vnnd innerlich. Dañ ſie ſiehet wol / daß man ſolche Him -Goͤttliche Weißheit thutnichts ohne Ord - nung. liſche Luſt vnd Erquickung durchs Gebet wiederſuchen muß. Dann alſo hats die Goͤttliche Weißheit verordnet / vnd die - ſelbe thut nichts ohne die allerſchoͤneſte Ordnung / vnd gibt auch allen dingen jh - re Ordnung.

Darumb hat ſie es alſo geordnet / daß niemand ohn das Muͤndtliche Gebet kommen kan zu dem Gebet des Gemuts / vnd ohne daſſelbe kan niemand kommen zum vbernatuͤrlichen Gebet vnd Verei - nigung mit dem hoͤchſtẽ lieblichſten Gut: Welches man zwar empfinder / aber nit außreden kan.

Warumb Gott das Gebet be - ſohlen.

Darumb hat GOtt das Gebet ſo ernſtlich / ſo offt vnd ſo betheurlich befoh - len / dieweil das Gebet iſt ein Pfand / vnd ein Band dardurch vns Gott zu ſich zeu - get / dardurch er vns deſto oͤffter vnnd tenger bey ſich behalten will / dardurchwir237in dieſen Goͤttlichen Betrachtungen. wir auch deſto neher zu jhm kommen koͤn - ten / vnnd er mit jhm als den Vrſprung alles guten vereinigen / vnnd ſein in allen dingen nicht vergeſſen ſollen. Sonſt dechten wir ſelten an jhn / vnd wuͤrden ſei - ner Guͤter nicht theilhafftig.

Wann du nun recht beten wilt / ſo muſtu mit gantzen / vnd nicht mit halben Hertzen beten. Vnd da gehoͤret groſſe v - bung / vnnd groſſer fleiß zu / ſonſt wirſtu die Frucht des Gebets nicht erlangen. Im gegentheil / wann du andere euſ - erliche ding thuſt / ſo muſtu ſie alſo thun daß du nit mit gantzem Hertzen dar - an hangeſt / als / wañ du iſſeſt vñ trinckeſt / oder andere euſſere ding thuſt / dz muß nit dein gantz Hertz ſeyn / ſondern dein Hertz ſoll gantz in GOtt ſeyn / daß du durchs[innerliche] Gebet ſtetiglich an GOtt hangeſt. Vnd je mehr du alſo beten wirſt / je mehr du wirſt erleuchtet werden. je klarer du nun wirſt GOTT erken - nen / je lieblicher du das hoͤchſte Gutempfin -238Von der Krafft des Gebets /empfinden wirſt / vnd je mehr du wirſt in der Liebe GOttes angezuͤndet / vnd fehi - ger werden des hoͤchſten Gutes / welches dir Vbernatuͤrlich in deiner Seelen alß das allerkoͤſtlichſte / ſo nicht außzureden iſt / ſchmecken wirſt.

Praxis Orationis

Dieſes dreyerleyes Gebets Exem - pel / Lehr / Art / vnd Weiſe haben wir an vnſerm Herrn Jeſu Chriſto / wann wir ſeine weiſe zubeten recht anſehen. Dann Er offt etliche Tage vnd Nacht im Gebet verharret / vnd mit allen kraͤff - ten gebetet / vnnd ſich im Gebet vnd im Geiſt gefrewet. Daruͤmb Er vns mit Worten vnnd Wercken / mit ſeinem Exempel hat lehren beten / wie Er ſprach zu ſeinen Juͤngern: Wachet vnd Be - tet / das Ihr nicht in Anfechtung fallet. Vnnd wie ſehr offt vermahnet Er vns zum Gebet / zubezeugen / das Ihm nichts Liebers vnd angenehmers ſey dann vnſer Gebet / vnd das Er vns warhafftig alſoFruͤcht des Ge - bets. Lieb habe / das wir durchs Gebet dz Ed - leſte vnd Koͤſtlichſte Gut der Seelen er - langen moͤchten.

Vn[nd]239in dieſen Goͤttlichen Betrachtungen.

Vnnd damit wir keine entſchuͤldi - gung hetten / als koͤnten wir dieſe Edle hohe Frucht deß Gebets nicht erlangen / ſo hat Er nicht allein geſagt: Betet / ſoJoh. 16. werdet Ihr nehmen / dz ewre frewde voll - kommen ſey / ſondern Er hat mit ſeinem Exempel vns zum Gebet bewegen wol - len / in dem Er fuͤr vns Gebetet in ſeinem Leyden / wie der Evangeliſt ſagt: Es kam aber / das Er mit dem Tode Rang / vnd Betet hefftiger / Es ward aber ſeinLuc. 22. Schweiß wie Bluts Tropffen / die fielen auff die Erden.

Setze dieſen Bet Spiegel fuͤr deineChriſtus vnſer Bett Spiegel vnd Bett - Buch. Augen / vnd lerne im Gebet verharren / vnd ob du ſchwach biſt im Gebet / ſo ſiehe deinen Herrn JEſum an. Dann Er hat nicht fuͤr ſich / ſondern fuͤr dich Gebe - tet / vnd dadurch dein Gebet Geheiliget / Geſegnet / vnd kraͤfftig gemacht. Siehe - ſtu / das dein Erloͤſer / ob Er gleich als wahrer GOtt alles hette / ſo hat Er doch als ein Menſch alles durchs Gebet von ſeinem Himliſchen Vater erlangt / vndRerbetet240Von der Krafft des Gebets /erbetet vmb deinent willen. Darumb ſein gantzes Lebẽ nichts anders geweſt iſt dañ ein ſtetig Gebet vnd Seufftzen den willen Gottes zuthun. Darum̃ er auch ſein Lebẽ am Creutz mit dem Gebet beſchloſſen hat.

So nun der Herr Chriſtus vmb deinent willen ſo hefftig gebetet / vnd er - hoͤret worden iſt. Ach ſo wird er dich auch ja vmbſonſt nicht beten laſſen: Vnnd ſo dein Herr vnd Erloͤſer durchs Gebet alles erlanget hat dir zu gut / meineſtu dann / daß du ohn Gebet etwas erlangenHerrliche Vrſachen des Ge - bets. wirſt? Du weiſt ja / das ohn GOttes Gnade / Liecht / Erkantnuß / vnnd Glau - ben niemand kan ſelig werden. Wiltu a - ber Gottes Gnade / Liecht vnd Erkant - nuß haben / ſo muſtu beten. Dann ohn Gebet wirſtu es nicht erlangen. Bitte vmb den Glauben / vmb die Liebe / vmb die Hoffnung / vmb Demut / vmb Ge - dult / vmb den H. Geiſt / vmb alle Chriſt - liche Tugende / ſie werden dir gegeben vnnd vermehret werden durch den / der ſie hat. Dann der ſie nicht hat / der kanſie241in dieſen Goͤttlichen Betrachtungen. ſie dir nicht geben. Der ſie dir aber geben kan / vnnd will / von dem muſtu ſie bitten.

Du kanſt aber nimmer bruͤnſtiger vnd andechtiger beten / du ſetzeſt dir dann den Spiegel des demuͤtigen ſanfftmuͤtigen Lebens Chriſti fuͤr deine Augen / ſeine Armut / Verachtung / Schmertzen / vnd ſeinen ſchmehlichen Todt. Wann du inNB. Krafftdes Gebets in anſchau - ung des Leydens Chriſti. diß Betbuͤchlein ſieheſt / ſo wird dein Hertz vnnd Gemuͤt angezuͤndet werden mit inniglichem bruͤnſtigem Fewrigem Seufftzen / vnd werden dir zwar viel an - fechtungen des Teuffels vnd deines Flei - ſches begegnen / aber du wirſt ſie durch beten vberwinden.

Durch das anſchawen des gecreu - tzigten Chriſti wird das Gebet erwecket vnnd wird ſtarck. Dardurch wird auch das Hertz gereinigt. Ohne welche Rei - nigung des Hertzens durch den Glauben / kein recht Gebet geſchehẽ kan. Vnd durch ſolch Gebet kompt der H. Geiſt zu dir / wie am Pfingſtage vber die Apoſtel / als ſie beteten.

R ijIn242Von der Krafft des Gebets /
Anfech - tung des Gebets / wie zu v - berwindẽ.

In deinen Anfechtungen aber vber deinem Gebet thue / wie der Herr Je - ſus that: Je hefftiger Er angefochten ward in ſeinem Gebet am Oelberg / je hefftiger er betet. So wirſtu auch durchs Gebet vberwinden. Durchs Gebet of - fenbaret ſich Gott den Menſchẽ / durchs Gebet wird die Demut recht geuͤbet. Da koͤmpt dann zuſammen das hoͤchſte vnd niedrigſte / das demuͤtigſte Hertz / vnd der hoͤchſte Gott. Vnd durch ſolche Demut wird viel gnade in des Menſchen Seele eingegoſſen. Dann je mehr die Gnade Gottes den Menſchen demuͤtigt / je mehr in ſolcher Demut die gnade Gottes wech -Nutz des Gebets. ſet vnnd zunimpt / vnnd je mehr GOttes gnade im Menſchen zunimpt / je mehr ſie die Seele demuͤtiget.

Die groͤſte Anfechtung vnd hinde - rung aber des Gebets iſt / wann GOtt die Gnade der Andacht / vnd Inbruͤn - ſtigkeit entzeucht / vnd dann ſoltu am mei -Hinde - rũg des Gebets / ſten beten. Dann ob wol GOtt ein in - bruͤnſtiges Gebet ſehr lieb iſt / ſo iſt jhmdoch243in dieſen Goͤttlichen Betrachtungen. doch das Gebet viel lieber / welches du in wie hin - weg zu - nemen. ſolcher deiner Seelen noth / in deiner An - fechtung / betruͤbnuͤß vnnd Traurigkeit thuſt. Dann gleich als es einem natuͤrli - chen Vater vielmehr jammert / wann jm ein kranckes Kind mit kleglicher Stimme anwinſelt / dann wann jhm ein ſtarckes geſundes Kindt mit vollem Munde an - ruffet: Alſo iſt dem lieben GOtt einesDer Be - truͤbten Gebet iſt GOtt am ange - geneme - ſten. kleinmuͤtigen / ſchwachglaͤubigen / troſt - loſen / geiſtarmen Menſchen innerlich heimliches leyden vnd Seufftzen viel lie - ber dann eines ſtarckgleubigens Gebet / der voller freude iſt. Gott wird dir ſeine Gnade zu ſeiner zeit wol wiedergeben / vnnd dieſelben dir nicht verguͤnnen oder verſagen.

Das XXI. Capittel. Von der Krafft der edlen Tugende der Demut.

Judith. 9. Es haben dir die Hof - fertigen noch nie gefallen: AberR iijallezeit244Von der Krafft der edlenallezeit hat dir gefallen der E - lenden vnnd Demuͤtigen Ge - bet.

OHne wahre Demut iſt alles Ge - bet vmbſonſt. Dieſe Tugende koͤnnen wir am allerbeſten von vnſerm Herrn Jeſu Chriſto lernen / welcher iſt ein vollkommener Spiegel al - ler Tugenden. Dann ſiehe an ſein Leben / es iſt eitel Liebe vnd Demut / ſiche an ſei -Chriſti gantzes Leben ei - tel Demut / in Worten vnd Wer - cken. ne Lehre / ſie iſt eitel Weißheit vnd War - heit / welche nicht ſtehet in Worten / ſon - dern in lebendiger Krafft vnd in der That ſelbſt.

Vnd daß wir ja dieſe Tugend recht von jhm lernen ſolten / ſo hat er vns die - ſelbe nicht allein mit Worten / ſondern mit der That vnd heiligem Exempel ge - lehret / in dem er ſich ſelbſt erniedrigt biß zum Tode am Creutze. Darumb ſiehe / wo dieſe Tugend jhr Fundament / vnnd jhren hoͤchſten Grund hat / nicht in einem Engel / nit in einem Apoſtel oder andern Heiligen / ſondern in Chriſto Jeſu ſelbſt. Darumb245Tugende der Demut. Darumb ſpricht er: Lernet von mir. AlsFunda - ment der Demut. wolte er ſagen: Sehet mich an / wie ich mich vnter alles herunter laſſe / da ich doch vber alles bin. So viel niedriger iſt meine Demut / ſo viel hoͤher meine Ma - jeſtat iſt / vnd ſo viel lieber ſoll euch dieſe Tugend ſeyn / weil ich ewer Herr vnd Gott euch dieſelbe mit meinem Le - ben fuͤrbilde. Er ſpricht: Lernet von mir nicht groſſe ding vnd wunder thun / oder andere groſſe Wercke der Schoͤpf - fung / ſondern demuͤtig vnd ſanfftmuͤtig ſeyn. Vnnd wo ich euch nicht ſelbſt mit meinem Exempel dieſelbe Lehre / ſo ſoltet jhr mir nicht gleuben / das dieſes ſo eine hohe edle Tugend ſey.

Zu dem Ende vbet der Herr das demuͤtige Werck / vnnd wuſche ſeinen Juͤngern die Fuͤſſe / auff daß er die Tu - gendt durch ſein Exempel vns allen ins Hertz pflantzte / wie er ſpricht: Wiſ -Joh. 13. Warumb der HErr ſeinẽ Juͤn - gern die Fuͤſſe ge - waſchen. ſet jhr / was ich euch gethan habe? Als wolte er ſprechen: Wo jhr meiner De - mut vergeſſen werdet / ſo werdet jhrR iiijein246Von der Krafft der edlenein fuͤrnemes Stuͤck vergeſſen meiner Lehre / vnd meines Exempels. Darumb laſſet diß mein Exempel eine Regel vnnd Richtſchnur ſeyn ewres gantzen Lebens: Vnd laſſet euch diß Bilde der Demut fuͤr ewren Augen ſtehen.

Damit wir nun zu vnſerm Vorne - men kommen / wie das Gebet / gleich wie ohne Glauben / alſo auch ohne Demut nichts ſey / ſo wiſſet / daß die Demut im Hertzen ein ſchoͤnes Liecht oder Erkent - niß iſt / dardurch erkant wird die Nichtig - keit des Menſchen / vnnd die hohe Maje - ſtat vnd vberſchwenckliche Guͤte Gottes. Je mehr man nun dieſelbe erkennet / jeWarumb das Ge - bet ohne Demnt nichts ſey. mehr man im Erkentnuß ſeiner eigen Nichtigkeit zunimpt. Dann wann ein Menſch ſiehet ſeine Eitelkeit / daß er gantz leer iſt alles guten / ſo fehet er an deſto bruͤnſtiger zu beten vmb die Gnade vnnd Barmhertzigkeit Gottes / vnnd fehet an Gott / als den Vrſprung alles guten / recht zu erkennen / zu loben vnnd zu prei - ſen / vnd ſiehet in ſolcher Demut GottesHerꝛ -247Tugende der Demut. Herꝛligkeit vnnd vberſchwengliche Liebe vnd Gnade. Dann fahen an die Gna - denſtroͤmlein abzuflieſſen in eine ſolche glaͤubige vnd demuͤtige Seele durchs Ge - bet. Durch ſolche gnade Gottes wird auch der H. Geiſt vber vns mehr vnd mehr außgegoſſen / vnd ſeine Gaben vermehret / vnnd durch den H. Geiſt die Liebe GOttes in vnſer Hertz. Rom. 5. Dann wann eine glaͤubige Seele ſiehet jhre Nichtigkeit / vnnd das gleichwol Gottes Sohn ſelbſt ſich ſo tieff herunter gelaſſen / vnnd nicht allein Menſch wor - den / ſondern vmb ſo elender Creatur wil - len ſo ein ſchweres hartes vnaußſprech - liches Creutz erlitten: So wird in ſolcher Demut diß edle Flaͤmlein der Liebe Got - tes vermehret / vnnd durch den Glauben in Gott gezogen / alſo / daß ſie in GOtt vnd Chriſto alle Menſchen liebet vmb der groſſen Liebe GOttes willen. Dann ſieDemuͤtige Seele lie - bet in Gott alles was Gott lie - bet. ſiehet / wie hoch ſie ſelbſt vnd alle Men - ſchen in Chriſto geliebet werden. Vnd weil ſie in GOTT gezogen / vnnd inR vGottes248Von der Krafft der edlenGOttes Liebe beſchloſſen / ſo liebet ſie auch alles / was Gott liebet.

Der demuͤ[-]tigen Lie - be art.

Daher folget / daß die Liebe ſich frewet vber allem guten / ſo dem Neheſten wiederfehret / vnd trauret vber allem vn - heil / ſo jhm begegnet. Vnnd weil ſie freundlich vnd guͤtig iſt gegen den Nehe - ſten / richter vnnd vrtheilet ſie jhn nichtDemut richtet niemand. bald / wann ſie ſein elend ſiehet / viel we - niger wird ſie auffgeblaſen / vnnd ſtoltz jhn zu verachten. Dann in wahrer De - mut ſiehet ſie jhr ſelbſt eigen Elend vnnd Nichtigkeit / vnnd das ſie in gleichem vn - gluͤck / vnd Suͤnden vnnd noch wol groͤſ - ſerm ſtecke. So ſie ſtehet / erkennet ſie wol daß ſie von jhr ſelbſt vnd durch ſich ſelbſt nicht hat beſtehen koͤnnen / ſondern ſey durch Gottes gnade erhalten.

Die demuͤtige Liebe richtet vnd vr - theilet ſich allezeit ſelbſt / ehe ſie andere Leute vrtheilet / vnnd gehet in ſich ſelbſt / wann ſie ſiehet des Neheſten Vngluͤck / vnd betrauret ſich ſelbſt. Dann ſie ſiehet in des Neheſten Fall jhre eigene gebre -chen249Tugende der Demut. chent Suͤnde / Jammer vnnd Elende.

Durch Demut wird auch ein MenſchDemut ſtercket dz erkentnis Gottes vñ Hoffnung im Erkentnis Gottes geſtercket / vnnd in der Hoffnung. Dann wann ein Menſch anſchawet ſein eigen Vnwiſſenheit / Blindheit vnnd Thorheit in Gottes ſa - chen / ſo vancket er Gott fuͤr die Offen - darung ſeines Worts / vnd nimpts deſto mehr zu Hertzen. Vnd wann er betrach - tet / das all ſein vermuͤgen vnnd Krafft nichts iſt / ſo wird er in der Hoffnung ge - ſtercket / daß er dieſelbe allein auff Gott ſetzet.

Durch die Demut wird auch einDemut macht al - les lieb - lich. Menſch lieblich vnd angeneme in ſeinem euſſerlichen Leben. Dann dieſelbe Tu - gent leſſet einen Menſchen nicht Zanck - ſuͤchtig / haderhafftig ſeyn / ſondern gelin - de vnnd freundlich / ja ſie machet einen Menſchen dem Herrn Chriſto gleich / der da ſpricht in Pſalmen: Ich muß ſeinPſal. 38. wie ein Tauber / vnd nicht hoͤren / vnd wie ein Stumme / der ſeinen Mund nit auff - thut. Vnd muß ſein wie einer / der nichthoͤret /250Von der Krafft der edlenhoͤret / vnnd keine Wiederrede in ſeinemDemut ſi - het vnd hoͤret aus Liebe viel ſcheltwort nicht. Munde hat. Vnnd ſo iſt denn ein ſolcher glaͤubiger demuͤtiger Menſch ein leben - dig Glied Chriſti / in welchem Chriſtus lebet.

Die Demut machet auch einenGibt frie - de. rechten innerlichen Hertzenfride / vnnd machet / daß eine ſolche Seele durch kein Vngluͤck vnd Creutz verunruhiget / vñ al - zu hoch betruͤbt werde / ſondern ſprichtRoͤm. 8. mit S. Paulo Wer will vns ſcheiden2. Cor. 12. von der liebe GOttes? Laß dir an mei - ner Gnade benuͤgen.

Verſchwie genheit.

Die Demut Wircket auch ver - ſchwiegenheit. Dann ſie erkennet Ihr eigen vnwiſſenheit vnd thorheit / vnd vn - terſtehet ſich nicht viel zureden vnd zu - lehren.

Summa es iſt nicht außzureden /Demut ein Schatz kammer voll Him - liſcher Guͤ ter. was fuͤr ein hohes Geiſtlich Gut / vnnd Edler Himliſcher Schatz in dieſer Tu - gend als in einer Geiſtlichen Schatz - Kammer verborgen iſt. Darumb nicht ohn Vrſach der Sohn GOttes vnſerLiecht251Tugende der Demut. Liecht / Leben / Schatz / vnd Heil / dieſelbe von Ihm zulernen befohlen. Vnd wolt GOtt es erfuͤlleten alle Chriſten den Heiligen Wunſch des Herrn / vnd lerneten dieſe Tugendt von jhm.

Wodurch aber / durch welches Mit - tel / durch welchen Weg kommen wir zu dieſem Edlen Schatz / der ſo viel Gna - dengaben mit ſich bringet? Durch zween Wege.

1. Durch ein Inbruͤnſtig Andechtig Hertzlich Gebet.

2. Durch anſchawung des Gecreutzig - ten Chriſti / Nemlich / durch betrachtung ſeines Lebens vnd ſeines Todes / in wel - chein als in einem Buch des Heiligen Lebens wir ſo lang Studieren vnnd Meditirn muͤſſen biß in vnſerm Her - tzen von Tage zu Tage dieſe WurtzelDemut ein Grund vnd An - cker vieler ander Tu - gendt. wachſen / vnnd in demſelbigen als in ei - nem guten betrifetem Grunde vnd Ancker alle Tugende.

Das252Alle Wercke eines wahren Chriſten /

Das XXII. Capittel. Alle Wercke eines wahren Chriſten ſol - len in Demut geſchehen / oder es werden eitel Grewel vnd Abgoͤtterey darauß.

Luc. 16. Alles was fuͤr der Welt hoch iſt / das iſt fuͤr GOtt ein Grewel. ()

ALle Wercke / ſo Gott gefallen vnd jhm ein angenemes Opffer ſeyn ſollen / muͤſſen auß einem warhaff - tigen Glauben gehen / welcher im Hertzen die Chriſtliche Demut wircket / das ein Menſch erkennet / daß Gott alles / was gut vnnd tuͤchtig iſt / in jhm wircke durch1. Cor. 15. ſeine Gnade / wie S. Paulus ſpricht: Nicht ich hab ſolches gethan / ſondern Gottes Gnade / die in mir iſt. Wer nun daſſelbe nicht thut / der begehet eine ge - dnppelte Suͤnde / erſtlich einen Abfall von GOtt / daß er ſich von Gott abwen - det zu jhm ſelbſt / das iſt / von dem hoͤch -ſten253ſollen in Demut geſchehen. ſten weſen zu dem / das nichts iſt: Dar -Wer nicht alles in Demut thut der raubet Gott ſei - ne Ehre. nach einen Gottes raub / in dem er jhm zueignet die Ehre / die Gott allein gebuͤh - ret / das nemlich alles / was gut iſt vnnd heiſſet / Gottes allein iſt / vnnd nicht des Menſchen. Dann GOtt der Herr ſpricht: Ich will meine Ehre keinem an -Eſa. 42. dern geben / noch meinen Ruhm den Goͤ - tzen. Das meinet er alſo / daß Ehre vnnd Ruhm niemand gebuͤre dañ Gott allein.

Wer jhm nun etwas zuſchreibet / daß er viel wiſſe / vermuͤge / vnnd thun koͤnne / oder gethan habe / der eignet jhm ſelbſt Ruhm vnd Ehre zu / die doch alleinEigne Eh re iſt Ab - goͤtterey. Gottes iſt / vnd alſo machet der Menſch auß jhm ſelbſt einen Goͤtzen. Derwegen iſt eigene Ehre / eigene Liebe / eigner Ruhm die allergrewlichſte Abgoͤtterey / vnd da - her will auch der Teuffel angebetet ſeyn.

Einen ſolchen Teuffel / der von je - derman will angebetet ſeyn / hat ein jeder Hoffertiger / Ehrſuͤchtiger im Hertzen. Siehe zu / daß du diß Idolum dieſenAbgott254Alle Wercke eines wahren Chriſten /Abgott in deinem Hertzen StuͤrmeſtEigne Liebe ein innerli - cher Ab - gott. vnd Niederwirffſt. Viel Leute ſind ſo Heilig / das ſie kein euſſerlich Bilde an - ſehen wollen / auff das ſie nicht Vervn - reinigt werden / vnd erkennen den groſſen Abgott nicht / den ſie im Hertzen tragen / der ſie auch alſo Vervnreinigt / das ſie ein Grewel fuͤr GOtt werden. Dann alles / was fuͤr der Welt hoch iſt / verſtehe / auß eigner Ehre vnd Liebe / das iſt fuͤrLuc. 16. GOtt ein Grewel / Alle Menſchen / die an Ihnen ſelbſt / an jhren eignen Ehren / Kraͤfften / vnd vermuͤgen hangen / ſind Abgoͤttiſch. Vnnd alſo iſt die gantzeWelt voll Abgoͤtte - rey. Welt voll Abgoͤtterey / vnd alle Haͤuſer voll Lebendiger Goͤtzen.

Die Abgoͤtterey kompt von innen herauß / die dich Vervnreinigt. Dann wohin ſich dein Hertz neiget / woran es hanget / worauff es ruhet / was es Liebet / als Zeitlich Gluͤck / Reichthumb / Ge - walt / Ehre / langes Leben / das iſt allesWas Ab - goͤtterey ſey. Goͤtzen Werck vnd Abgoͤtterey. Der - wegen die Abgoͤtterey nicht euſſerlich iſt /ſondern255ſollen in Demut geſchehen. ſondern innerlich / Geiſtlich / vnd quillet[v]on innen herauß. Dann Gott richtet[a]lles nach dem Hertzen / welches GOtt[a]lein anſchawet vnd pruͤffet / vnd vrthei -[let]dich nach deinem Glanben oder Vn -[gl]auben. Darumb ſpricht der Herr:Matth. 6. Wo dein Hertz iſt / da iſt dein Schatz / das iſt / dein Gott / deine Ruhe / dein Friede / deine Zuuerſicht / dein Luſt / dein Para - dieß / dein Himmel vnnd alles. Mercke nur auff dein Hertz / worauff es ruhe mit Luſt vnd Liebe / das iſt gewiß dein GOtt / es ſey was es immer wolle. Beruhet dein Hertz allein in GOtt / ſo iſt GOtt dein Gott / vnd biſt ſelig. Dann ſelig iſt der / des der Herr ſein GOtt iſt: VndPſal. 146. hab deine Luſt am Herrn der wird dir geben was dein Hertz wuͤnſchet. HangetPſal. 37.[d]ein Hertz an der Welt / ſo iſt die Welt[d]ein Gott / vnnd ſo mit allem / daran du[ha]ngeſt.

Darauß ſieheſtu / das in der War -2. Cor. 4. heit kein Goͤtze in der Welt iſt / ohne wel -[chen]des Menſchen Hertz darzu machet. SDarumb256Alle Wercke eines wahren ChriſtenWarumb der Satan ein GOtt diſer Welt genennet wird.Darumb wird auch der Teuffel ein Gott dieſer Welt genant / weil jhm die Gott - loſen folgen / ſeine Wercke thun / die fin - ſternuͤß lieben / gefallen haben an des Teuffels Wercken. Dann alſo machen die Leute ſelbſt den Satan zu jrem Gott.

Fuͤr den Hoͤltzern Goͤtzen iſt ſich leicht zu huͤten / huͤte dich fuͤr den Guͤlde - nen. Fuͤr den todten Goͤtzen iſt ſich auch leicht zu huͤten / huͤte dich fuͤr den Leben - digen vnd fuͤr dir ſelbſt. Dann ſo bald du dir Ehre / Ruhm / Kunſt / Gewalt zu - ſchreibeſt / ſo bald macheſtu auß dir ſelbſt einen Goͤtzen. Vnd das hat Gott eigent - lich mit dem Wort verboten / daß er ſeinẽ Ruhm den Goͤtzen nicht geben wolle. Dann alles / was Ehr vnd Ruhm iſt vnd heiſſet / daß gebuͤhret niemand dann dem / der der allerhoͤheſte vnd heiligſte iſt / vnd dem / der das ewige vnd hoͤchſte Gut iſt.

Darumb lerne allhie / daß du dir dir keine Ehre vnnd Ruhm zuſchreibeſt / wiltu anders nit auß dir ſelbſt einen Ab - gott machen / vnnd alle deine Wercke zulauter257ſollen in Demut geſchehen. lauter grewel. Lerne auch hie was wahre Demut ſey. Wahre Demut iſt keine Eh -Was wa - re Demut iſt. re begeren / vnd ſich aller Ehre vnwirdig achten. Das iſt dann vnd heiſſet der Welt abſterben / wann nemlich alle eigene Liebe vnd eigene Ehre im Hertzen ſtirbt. DasIn welchẽ Menſchẽ Chriſtus lebe. heiſſet dann ein ſolcher Menſch / in dem das edle Leben Chriſti iſt / welches der Herr beſchreibet von Hertzen Demuͤ -Matth. 11. tig vnd Sanfftmuͤtig ſeyn. Im gegentheil iſt der noch ein fleiſchlich Menſch / vnnd lebet noch nach dem Fleiſch / vnd in der alten geburt / der da will geehret / hoch vñ werth gehalten ſein. Dañ ſolches alles gefelt dem Fleiſch wol. Dann ein Fleiſch - lich Menſch vñ Hertz iſt / das gern etwas / ja alles ſein will. Ein Geiſtlich Chriſtlich Hertz iſt / das gern nichts ſein wolle. WoFleiſchlich Menſch. will man doch rechte Chriſten finden / nemlich / ſolche Leute / die gern nichts ſein wollen? Das heiſſet auch ſich ſelbſt ver - leugnen / ſich ſelbſt haſſen / vnd abſagenAbſagen alle dem das man hat allem dem / daß ein Menſch hat. Die ſind rechte Chriſten / vnd Chriſti Juͤnger.

S ijNun258Alle Wercke eines wahren Chriſten

Nun moͤchteſtu ſagen: Wie ſoll jhm dann ein Chriſt thun / wann jhm GOtt Gnade vnd Ehre gibt / wie der 84. PſalmWie ſich ein Chriſt in groſſen Gaben vñ Ehren - ſtaͤnden verhalten ſol. ſpricht / weil auch Gott ſelbſt vnterſcheid machet der Perſonen mit ſeinen Gaben vnnd durch mancherley Empter vnnd Staͤnde / die er verordnet? Antwort. Thue jm alſo / gib Gott alle Ehre wieder / die dir gegeben wird / vnd eigene dirs nicht zu. Dann es iſt ein frembd Gut / vnd iſt Gottes allein.

Darumb ſo bald dir Ehre gegeben wird / ſo gib ſie Gott wieder durch De - mut / vnnd behalt ſie nicht / ſonſt wirſtu Gottes gnade verlieren / vnd ein Gottes Dieb werden. Als zum Exempel: Biſtu Geiſt: vnd Kunſtreich / weiſe / verſtendig / reich / vnd herꝛlich fuͤr andern / laß die Eh - re nicht dein ſeyn / ſondern Gottes / vnnd gib ſie jhm in deinem Hertzen wieder. Welches du thuſt / ſo du dich nichts ruͤh - meſt / vnd das meinet der Prophet Jer. 9. Ein Weiſer ruͤhme ſich nicht ſeiner Weißheit / ein Starcker ruͤhme ſich nichtſeiner259ſollen in Demut geſchehen. ſeiner Stercke / ein Reicher nicht ſeines Reichthambs / ſondern wer ſich ruͤhmen will / der ruͤhme ſich des / daß er mich wiſ - ſe vnd kenne / daß ich der Herr ſey / der Barmhertzigkeit / Gericht vnd Gerech - tigkeit vbet auff Erden. Dann ſolches gefelt mir woll / ſpricht der Herr.

Das XXIII. Capittel. Ein Menſch / der ſeine eigene Nichtigkeit nicht erkennet / vnd nicht alle Ehre Gott gibt / begehet die groͤſte Suͤnde / vnd des Teuffels Fall.

Pſal 39. Wie gar nichts ſind alle Menſchen / die ſo ſicher lebeu. ()

DAs der Menſch ſeine Nichtgkeit erkennen ſolle / darumb verglei - chet jhn der 39. Pſalm einem Schatten / vnd ſpricht: Sie gehen dahin wie ein Schatten / vnd der 90. Pſalm ver - gleichet den Menſchen einem Traum: Sie ſind wie ein Schlaff. Was iſt nunEin mẽſch ein Schat - te. ein Schatten? Es iſt eine todte lebloſeS iijgeſtalt260Wer ſeine Nichtigkeit nicht erkennet /geſtalt des dinges / daran er henget / vnd hat fuͤr ſich ſelbſt kein weſen vnnd leben / ſondern iſt niehts: Alſo hat auch der Menſch von jhm ſelbſt weder leben noch weſen / weder Krafft noch vermuͤgen / ſon - dern henget an Gott als ein Schatte am Leibe / als der Schein an der Sonnen / iſt von jhm ſelbſt Lebloß vnnd Krafftloß vnd gar nichts / hat auch nichts / daß er fuͤr ſein Eigenthumb ruͤhmen konte. Dañ was hat ein Schatte / das ſein iſt? Iſt er doch ſelbſt nichts / wie kan er etwas ha -Eccleſ. 34. ben das ſein iſt? Was iſt aber ein Traum / ein ſomnium? Nichts dann Eitelkeit.

Wann nun ein Menſch das vergiſ - ſet / daß er als ein Schatte an Gott hen -Gal. 6. get / an dem / der alles allein iſt / vnnd mei - net / er ſey etwas / da er doch nichts iſt / der betreugt ſich ſchendtlich. Dann er fellet ab von dem waren weſen / das alles alleinHoffart iſt ein greulicher Fal: vñ ein ſchreckli - che ſtraffe. iſt / in ſein eigen Nicht: Ex vero æterno ſummo Ente ruit in nihilum, ab im - mutabili bono in vanitatem, à veri - tate in mendacium, das iſt / von demwahren261begehet die groͤſte Suͤnde. wahren ewigen hoͤchſten Weſen in das / ſo nichts iſt / von dem vnbeweglichen Gut in Eitelkeit / von der Warheit in die Luͤgen.

Das iſt nicht allein die groͤſſeſte Suͤnde / ſondern auch die groͤſte Straffe / Dann je mehr ein Menſch ſich von Gott abwendet zu jhm ſelbſt / zu ſeiner eigenen Liebe vnd Ehre / Krafft vnd vermuͤgen / je mehr er ſich wendet vnnd kerei zu ſei - nem groͤſſeſten Jammer vnnd Elende. Vnd das iſt ſeine Straffe vnd des Men - ſchen eigene Schuld. Dann aber wen -Deut. 32. det ſich der Menſch von GOtt ab / vnd verleſſet den Felß ſeines Heyls / wenn er jhm ſelbſt groſſe Krafft / Kunſt / vnd ver - ſnuͤgen / Weißheit / Ehre / vnd Wirdig - keit zuſchreibet / dadurch der Menſch et - was ſein will / da doch diß alles nicht des Menſchen / oder einiger Creatur iſt / ſon - dern allein Gottes. Dann alles / was Le - ben / Krafft / Vermuͤge / Stercke / Weiß - heit / Ehre vnnd Wirdigkeit heiſſet / das iſt alles GOttes / vnnd gebuͤhret keinerS iiijCrea -262Wer ſeine Nichtigkeit nicht erkennet /Gottes iſt alles der Crea - tur iſt nichts.Creaturen. Dann alle Creatur iſt ein bloſſer Schatte / vnd nichts von j[h]r ſelbſt / vnnd jhr Leben / Weſen / vermuͤgen / Weißheit / Krafft vnnd Stercke iſt alles Gottes / vnd nicht der Creatur.

Eigen Eh re ein Ab - fall von Gott.

Eignet nun ein Menſch daſſelbe al - les / oder deſſen etwas ihm ſelbſt zu / ſo iſts ein Abfall v[on]Gott. Dann daß war des Sathan[s]Fall / daß er nicht bleib in der Art vnd Eigenſchafft einer Creatur / wel - che jhr Leben / Weſen / vnnd Krafft in Gott hat vnd haben ſoll / wie ein Schat - ten ſeine bewegung von dem Leib hat /Eigen - ſchafft der Ceatur. ſondern maſſete ſich deſſen an / das Got - tes iſt / wolte eigene Ehre haben / eigenen Auhm / Weißheit / vnd Herꝛligkeit / da doch dieſes keiner Creatur gebuͤhret / ſon - dern allein Gott / weil alles GOttes iſt. Darumb ließ jhn Gott fallen / vnd ſeine gnade erhielt jhn nicht mehr. So gehets auch allen Menſchen / die aus Hoffart vnd Ehrgeitz jhnen etwas zuſchreiben / das Gottes iſt / die muͤſſen fallen. Dann Gottes Gnade erhelt ſie nicht / weil ſieſich263begehet die groͤſte Suͤnde. ſich von Gott abwenden. Ja eben das ſein wollen / das Gott iſt. Gott iſt allein alles / GOtt iſt allein gut vnd alles gut / weſentlich. Darumb alles / was gut iſt / ſoll jhm keine Creatur zu ſchreiben. Dar - umb ſpricht der Herr: Niemand iſt gut dann Gott allein / das iſt / er iſt das we - ſentlich gut / vnd alles gut allein. Dar -Matt. 19. umb wolte auch vnſer Herr nicht aus eigener Ehre im Stande ſeiner Niedrig - keit jhm daſſelbe zu eignen / das Gottes allein iſt / weil er fuͤr einen pur lautern Menſchen gehalten vnd angeſehen ward.

Damit will vns der Herr lehren / das jhm kein Menſch ſelbſt zueignen ſoll / was Gottes iſt / vnd die Ehre annehmen ſoll / die allein Gottes iſt. Thuts aber ein Menſch / ſo begehet er die rechte Haupt - ſuͤnde / vnd raubet Gott / was ſein iſt / ja will ſelbſt Gott ſeyn / vnd dardurch wen - det ſich der Menſch von Gott ab zu jhm ſelbſt. Darumb ſuchet auch ein ſolcher elender Menſch ſeine Huͤlffe / Raht / vnd Troſt nicht allein bey Gott / ſondern beyS vden264Von der edlen Tugende der Liebe /den Creaturen / ja offt bey dem Teuffe[l]ſelbſt / welches die hoͤchſte verblendungAuß Hof - fart koͤmt die groͤſte Blindheit vnd Thor heit. iſt / vnnd die groͤſte Thorheit / nemlich guts ſuchen bey den boͤſen / das Leben bey dem Tode / die Seligkeit bey den Ver - dampten / Huͤlffe bey den Verderbten / den Segen bey den Verfluchten / das Liecht bey der Finſternuͤß. Im gegentheil iſt daß die hoͤchſte Weißheit / das gute ſuchen bey dem Brunnen vnd Vrſprung alles guten / das Leben bey dem Vrſprung vnd Brunnen des Lebens / die Seligkeit bey dem Vrſprung des Heyls / die Huͤlf - fe bey dem der alles vermag / dem kein Ding vnmuͤglich iſt.

Das XXIV. Capittel. Von der edlen Tugende der Liebe / vnd jhrer Krafft / Lauterkeit vnd Reinigkeit.

1. Joh. 4. Wer nicht Liebe hat der kennet Gott nicht / denn Gott iſt die Liebe. ()Die265vnd jrer Krafft vnd Lauterkeit.

DIe Liebe iſt die groͤſte vnter al -1. Cor. 13. len Tugenden / ſagt S. Paulus / vnd ohne dieſelbe ſind alle Ga - ben vntuͤchtig / darumb ſpricht er / Alle1. Cor. 16. ewere Ding laſſet in der Liebe geſchehen / alſo ſollen wir auch in der Liebe beten / wie vnſer Herr ſpricht: Wann du deineMatth. 5. In der Lie be ſoll mã beten: wie Chriſtus Joh. 17. Gaben auff den Altar Opfferſt / vnd wirſt eingedenck / daß dein Bruder etwas wie - der dich hat / ſo gehe hin / vnnd verſoͤhne dich mit deinem Bruder. Vnd im Gebet des[ Herrn] iſt des Neheſten vergebung an Gottes vergebung gebunden / vnd hin - wieder.

Es iſt aber die Liebe eine ſolche wun - derliche Tugent / darin ein Menſch ſo leichtlich irren kan als an keinem andern ding. Darum̃ ſoll man nichts ſo verdech - tig halten als die Liebe. Dann nichts iſt /In der Liebe kan man leicht irren. daß das Gemuͤt ſo krefftiglich neiget / zwinget / vnd hindert / vnnd ſo gar durch - dringet als die Liebe. Darumb wo die Liebe nicht von wahrem Liecht dem hei - ligen Geiſt regieret wird / ſtuͤrtzet ſie die Seele in tauſenderley vngluͤck.

Vnd266Von der edlen Tugende der Liebe /

Vnd das ſage ich nicht von der Lie - be des boͤſen / Dann dieſelbe von allen Chriſten ſoll geflohen vñ vermieden wer - den / als ein Teuffeliſch ding / ſondern ich rede von der Liebe / die da iſt zwiſchen Gott vnnd dem Menſchen / vnd ſeinem Neheſten. Dann die Liebe / wann ſie nicht durch Goͤttliche Weißheit regiert wird / kan leicht betrogen / verfuͤhret / vnnd aus jhrer rechter Ordnung getrieben werden / alſo / daß ſie nicht das rechte ende errei - chet. Viel meinẽ ſie haben Gottes Liebe / vnnd haben doch der Welt Liebe / oder jhr eigen Liebe / ja wol des Sathans.

Vnter - ſcheid der wahrẽ vñ falſchen Liebe wol zu lernen.

Deſſen nemet ein Exempel: Wann jemand GOtt den Herrn nur vmb zeitliches dinges willen Liebet / daß er jn fuͤr zeitlichem vngluͤck bewahren ſoll / der liebet ſich mehr dann Gott / vnd ſetzet ſei - ne eigene Wolfahrt Gott fuͤr. Das heiſ - ſet eine vnordentliche Liebe. Dann er ſol - te Gott mehr lieben dann ſich ſelbſt / ja vber alles / vnd ſolte alle ding lieben vmb Gottes willen / gluͤck vnd vngluͤck.

Weil267vnd jrer Krafft vnd Lauterkeit.

Weil aber der Menſch ſich ſelbſtder liebe Gottes fuͤr zeugt / jtzo macht er ſich ſelbſt zum Gott / in dem er ſich ſelbſt mehr lie - bet dann Gott / vnd in dem er Gott nicht liebet als GOtt vmb ſein ſelbſt willen / ſondern vmb ſeines eignen Nutzes willen / ſo hat er eine falſche betrogene Liebe. Dann der eine ſolche Liebe hat / der liebet alles vmb ſeinent willen / vnd vmb ſeinesFalſche Liebe auß eigen nutz. nutzes willen / vñ vmb der Ehre willẽ / ſo er davon hat. Er liebet auch heilige Leute / ja auch woll Gottes Wort nur darumb / daß es jhm einen Schein vnnd Namen der Heiligkeit gebe / vnnd nicht vmb des edlen Gutes willen / das darinnen ver - borgen iſt.

Vnd weil ſolche Liebe eine vnreine Liebe iſt / ſo bringet ſie auch vnreine Fruͤchte / die nichts anders ſeyn dann ei -Falſche Liebe der Kunſt. gen nutz / eigene Ehre / eigene Luſt / wel - ches alles Fleiſchliche / vnd nicht Himli - ſche Geiſtliche Fruͤchte ſind. Alſo liebet man ehe groſſe Kunſt / daß er andern fuͤrgezogen werde / vnnd vber herꝛſche / nit aus Gottes vnd des Neheſten Liebe /ſondern268Von der edlen Tugende der Liebe /ſondern auß eigener Liebe groſſe Ehre zu - erjagen.

Es ſind auch andere / die Gott dar - umb lieben / daß er jhrer Suͤnde ſchone / vnd nicht ſchrecklich ſtraffe / ja darumb / daß er jhnen ſoll zeitlich gutes thun / AberSchwache Liebe. dieſelbe iſt eine ſehr ſchwache Liebe. Dann ſie lieben auch Gott vmb jhres eignen nu - tzes willen / vnd nicht vmb ſein ſelbſt wil - len / darumb / daß er das edleſte vnd hoͤch - ſte gut iſt.

Andere lieben Gott darumb / daß er jhnen viel Gaben gebe an Verſtand vnd Weißheit / dardurch ſie muͤgen geruͤhmet werden.

Etliche lieben auch die Tugent nicht vmb der Tugent ſelbſt willen / ſondern daß ſie einen groſſen Namen haben muͤ - gen / vnd fuͤr tapffere tugenthafftige Leu - te gehalten werden: Diß alles iſt nicht die rechte Liebe denn ſie gehet nicht zum rech - ten Ende.

Es entſtehet auch offt eine Liebe zwi - ſchen etlichen Perſonen / die ſich alſo mit einander vereinigen / vnnd durch eine ge -ſchepffte269vnd jhrer Krafft vnd Lauterkeit. ſchepffte liebe verbinden / welche in jhnenVnordent liche betro gene Lie - be. ſo hoch wechſet vnd ſteiget / daß ſie jhnen alles gefallen laſſen / was der jenige thut / den ſie lieb haben. Dann die liebe folget jhrem Geliebten / weil ſie gar vnd gantz an deinſelben hanget / vnd dardurch wird nian offt mit hingeriſſen zum boͤſen / oder der Liebhaber reitzet ſeinen Geliebten ſelbſt darzu / weil er weiß / daß es jhm alſo gefellt / vnd wird durch ſolche falſche betrogene Liebe abgehalten vom Gebet / vnd allen andern Tugenden.

Darumb iſt nun hoch von noͤthen / daß vnſere Liebe durch den heiligen Geiſt gefuͤhret vnd regieret werde / vnnd durch betrachtung des gantzen lebens ChriſtiWare Lie - be muß durch den H. Geiſt regieret werden. vnnd ſeines heiligen Leydens / aus wel - chem nichts anders dann lautere reine liebe leuchtet. Er hat GOtt lauter vnd rein vber alles geliebet / vnnd nicht ſich ſelbſt / Er hat den Menſchen mit rei - ner vnbefleckten Liebe geliebet / vnnd nicht ſich ſelbſt / Er hat nicht vmb ſei - nent willen / ſondern alles vmb vnſerent -willen270Von der edlen Tugende der Liebe /willen gethan vnd geredt. Alles / was er gethan vnd geredt / iſt vns zu gute geſche - hen. Er hat keinen nutz daruon / ſondernSpigel der reinen vnbefleck - ten Liebe in Chriſto wir. Alle ſeine muͤhe vnd Arbeit / ja ſeine hoͤchſte Marter vnnd Pein iſt jhm nicht zu ſchwer geweſt / daß wir nur allein nutz dauon hetten / vnnd dardurch ſelig wuͤr - den / ja daß er Gottes willen vollbringen moͤchte / iſt jhm ſein Creutz eine freude geweſt.

Diß iſt eine reine vnbefleckte Liebe / der nichts zu ſchwer iſt / die nirgend vber - klagt / ja die da jhr ſelbſt nicht ſchonet / ſon - dern ſich felbſt dahin gibt vmb des gelieb - ten willen / auch in den Todt. Dieſelbe Liebe nimpt auch alles fuͤr gut / was jhr Gott fuͤr Creutz vnd Leyden zuſchicket. Wahrer Liebe art.Dann weil ſie ſiehet / daß es Gottes wil - le iſt / ſo wolt ſie lieber vielmehr leyden wegen des heiligen willen Gottes / vnd iſt mit allem dem wol zu frieden / was Gott will. Dann ſie weiß / daß Gott alles recht vnd wol ordnet.

Vnnd weil die Liebe ſich vereinigetmit271vnd jhrer Krafft vnd Lauterkeit. mit dem geliebten / ſo lernet ſie auch deſ - ſelben Sitten / vnd folget jhm auch vmb ſeiner Liebe willen / thut was jhm wolge - felt: Alſo wer Chriſtuin recht lieb hat / der lernet ſein Leben vnnd Tugent von jhm. Dann er weiß daß es jhm wolgefelt / vnd wird ſeinem Bilde ehnlich / bleibet die gantze zeit ſeines Lebens vnter dem Joch vnnd Creutz Chriſti / wie Chriſtus in ſei - nem gantzen Leben das Creutz der Armut / verachtung vnd ſchmertzen getragen hat: Ob nun wolkein Menſch in dieſer Schwachheit die vollkommene Liebe er -Reine Lie - be wie zu verſtehen. reichen kan / ſo ſoll ſich doch ein jeder Chriſt befleiſſigen / daß ſeine Liebe nicht falſch / ſondern rein ſey / ſo viel muͤglich / wie S. Paulus ſagt 1. Tim. 1. Liebe von reinem Hertzen / von gutem Gewiſſen / vnd von vngeferbtem Glauben.

Dieſe reine Liebe / ſo aus ChriſtoWare Lie - be ein Vr - ſprung al - les guten. vnd dem H. Geiſt entſtehet / die wircket dann auch im Menſchen alles gutes / vnd iſt gar nicht muͤſſig / vnd iſt jhr eine freu - de / wann ſie ſoll gutes thun / Dann an -Tders272Von der edlen Tugende der LiebeJerem. 32.ders kan ſie nicht / gleich wie Gott der Herr ſpricht: Es ſol meine luſt ſeyn / daß ich euch guts thue. Warumb? Weil Gott die Liebe ſelbſt iſt / die nichts anders thun kan dann was ſie ſelbſt iſt. Vnd das iſt ein Zeichen der rechten reinen Liebe. Dann dieſe Liebe ſagt nicht: Ich bin diß oder das nicht ſchuͤldig zu thun: Son - dern wo kein Geſetz iſt / da machet ſie jhr ſelbſt ein Geſetz / auff daß ſie nur viel gu - tes thun muͤge. Dann ſonſt bliebe die Lie - be nicht Liebe.

Warumb Gott nit muͤde wird gu - tes zuthũ.

Darauß iſt nun offenbar / wie doch Gott der Allmechtige nicht muͤde wird gutes zuthun / vnd warumb er das vnend - liche Gut iſt / ſo nimer auffhoͤret. Dann er iſt die ewige Liebe / die nicht auffhoͤren kan gutes zuthun / ſonſt hoͤrte Gott auff die Liebe zu ſeyn. Darumb / wann auch Gottſtraffet vnd zuͤchtiget / ſo machet er doch auß dem boͤſen alles gutes / vnd rich - tets zum guten Ende / vnd zu vnſerer Se - ligkeit / alles auß lauter Liebe.

Dieſe reine Liebe Gottes machet dannrecht -273vnd jhrer Krafft vnd Lauterkeit. rechtſchaffen beten. Dann gleich wie einLiebe macht recht be - ten. Freund ſeines Freundes mechtig iſt zu al - len dingen: Alſo iſt ein ſolcher Liebhaber Gottes ein Freund Gottes / vnd erlangtJoh. 11. von Gott / was er bittet. Daher / weil La - zari Schweſter wuſte / daß der Herr Je - ſus nicht allein Gottes Freund / ſondern der liebſte Sohn Gottes war / ſprach ſie: Ich weiß / was du bitten wirſt / daß wird dir Gott geben. Vnd weil Maria Jeſum lieb hatte / ſo ward ſie auch erhoͤrt von dem Herrn / vnd er gab jhr jhren Bru - der wieder. Von ſolcher Liebe / die von Gott alles erlangt / ſagt der H. David:Pſal. 37. Hab deine luſt am Herrn / der wird dir geben / was dein Hertz wuͤnſchet.

Damit du aber ein Zeichen dieſer Liebe haben muͤgeſt / ſo mereke dieſe vier Eigenſchafften der wahren Liebe. 1. So4. Eigen - ſchafften der waren Liebe. vnterwrrfft ſich die Liebe dem willen des Geliebten / 2. So verlaͤſſet die wahre Liebe alle andere Freundſchafft / welche ſeinem Geliebten zu wieder iſt. 3. So of - fenbaret ein Freund dem and’n ſein Hertz. T ij4. So274Von der edlen Tugende der Liebe4. So befleiſſiget ſich auch der rechte Liebhaber ſeiner geliebten gleich zu wer - den mit Sitten / vnd mit ſeinem gantzen Leben / Alſo / iſt der Geliebte arm / ſo wird der Liebhaber mit jhm arm / iſt der Geliebte verachtet / ſo tregt auch der Lieb - haber ſeine verachtung / iſt er kranck / ſo iſt der Liebhaber ja ſo kranck. Alſo machet die Liebe eine gleichheit vnter jhnen / daß ſie einerley Gluͤck vnnd Vngluͤck haben. Dann es muß zwiſchen dem Liebhaber vnd Geliebten eine ſolche Gemeinſchafft ſeyn / da einer des andern Gluͤck vnd Vn - gluͤck theilhafftig wird. Das iſt dann nit allein eine Gemeinſchafft / ſondern eine Vereinigung zweyer gleicher Gemuͤter / vnd mit nichten vngleicher Hertzen.

Auff dieſe weiſe iſt nun vnſer Herr Jeſus Chriſtus vnſer Freund worden. Dann ſeine Liebe hat ſich dem willen des Menſchen vnterworffen / vnnd iſt gehor - ſam worden biß zum Creutz / ja er hat ſei - nen willen jederman auch den Feinden vnterworffen vmb des Menſchen willen. 2. Hat275vnd jhrer Krafft vnd Lautẽrkeit. 2. Hat er alle andere Freundſchafft hin -In Chri - ſto alle ei - genſchafft der hoͤch - ſten Liebe erfuͤllet. dan geſetzet / ſo er in der Welt hat haben koͤnnen / ja er hat ſein ſelbſt vergeſſen / vnnd ſeines eigenen Leibes vnnd Lebens nicht geſchonet vmb vnſerent willen. 3. Hat er vns ſein Hertz offenbahret in ſeinem Evangelio / Darumb ſpricht er:Joh. 15. Ich will euch nicht meine Knechte heiſ - ſen / ſondern meine Freunde / denen ich mein Hertz offenbaren will. 4. Iſt er vns gleich worden an allem / außgenom -Phil. 2. men die Suͤnde. Er iſt arm worden wie wir / ſterblich wie wir.

Wann wir nun ſeine rechte Liebha - ber ſeyn wollen / ſo muͤſſen wir diß alles auch thun. Weil er aber in allen dingen / in allem vnſerm Elend vns iſt gleich wor - den / warumb wolten wir dann vns nicht befleiſſigen jhm gleich zu werden? Wer - den wir jhn alſo liebhaben / ſo werden wir durchs Gebet alles von jhm erlangen / wie er ſpricht: Wer mich lieb hat / dem wilJoh. 14. ich mich offenbaren. O der freundlichẽ / Holdſeligen / lieblichen / OffenbarungT iijim276Zeichen dabey man mercken kan /Die Liebe erlanget alles von Gott.im Hertzen durch empfindung Himli - ſcher Freude / Troſt / Weißheit / vnd Er - kantnuͤß. Vnnd hie iſt die rechte hohe Schule / vnnd der einige warhafftige Weg / Verſtand / vnd Weißheit zu erlan - gen / welches ſo hoch geruͤhmet von dem Koͤnige Salomone / im Buch der Weiß - heit vnnd in Sprichwoͤrtern. Dieſelbe / ſpricht er / hab er allein durchs GebetSap. 7. erlanget. Ich bat / vnnd es kam mir der Geiſt der Weißheit.

Darumb beſchlieſſen wir / daß ohne Liebe kein recht Gebet geſchehen kan.

Das XXV. Capittel. Von etlichen Zeichen / dabey man mer - cken kan / ob die wahre Liebe Chriſti bey vns ſey.

1. Joh. 2. So Jemand die Welt lieb hat / in dem iſt die Liebe des Vaters nicht. ()Das277ob die ware Liebe Chriſti bey vns ſey.

DAs erſte Zeichen der Liebe Chri - ſti in vns iſt die vermeidung der Weltliebe. Dann wañ du Chri - ſtum anſieheſt in ſeiner heiligen Armut / wie gar er ledig geweſt von der Liebe des Zeitlichen / ſo wird dich ſeine Liebe auchChriſtus allein ſei - nes Lieb - habers ge nuͤge. bewegen / daß du lerneſt außziehen die Weltliebe / vnd die Welt verſchmehen / alſo / daß du nichts in der Welt begeren wirſt zu beſitzen / dann deinen Herrn Chriſtum / wirſt auch deine hoffnung nit ſetzẽ auf einige Creatur vñ irꝛdiſche huͤlffe.

2. Wirſtu gern vmb Chriſti wil - len der Welt Schmach vnnd Verach - tung tragen vmb ſeiner heiligẽ Schmach willen / ja du wirſt dieſelbe mit S. Paulo fuͤr deine Ehre achten / vnd dich derſelben frewen. Wirſt auch nicht darumb hoch betruͤbt werden / wann du in der Welt nit groß geachtet wirſt. Dann ſolches iſt dei -Chriſtus allein ſei - nes Lieb - habers Ehre. nes[ Herrn] vnd Erloͤſers leben in die - ſer Welt geweſt. Dir ſol daran wol be - gnuͤgen / daß Chriſtus deine Ehre / ruhm / glori / Herꝛligkeit / Liecht / ſterck / Sieg vñT iiijKrafft /278Zeichen dabey man mercken kan /Krafft / Weißheit vnd Kunſt ſey. Dann Chriſto nachfolgen iſt die hoͤchſte Weiß - heit.

3. Weil Chriſtus an ſeinem heiligen Leibe vnd Seele / Schmertzen vnd Trau - rigkeit erlitten biß in ſeinen Todt / ſo wir -Chriſtus ſeines Lieb habers Ge dult. ſtu vmb ſeiner Liebe willen nicht allein mit Gedult / ſondern auch mit freuden erleidẽ Betruͤbnuͤß / Verfolgung / Trau - rigkeit / vnnd Leid / ja Marter vnd Pein biß in den Todt.

4. Vnnd wie Chriſtus an keinem Menſchen / vnnd an keiner Creatur /Chriſtus allein ſei - nes Lieb - habers Freude vñ Troſt. Troſt vnd Freude gehabt / ſondern allein an Gott / wie der 22. Pſalm ſpricht: So wirſtu auch geduͤltig ertragen / wann dich der Welt Troſt verleſt. Dann du weiſt / daß dich Gott endlich mit ſeinem ewigen Troſt erfrewen wird / davon S. Paulus ein herrlich Regiſter beſchreibet. 2. Cor. 6. Laſſet vns beweiſen / als die Diener Got - tes in groſſer Gedult / in Truͤbſaln / in noͤhten / in aͤngſten / in ſchlegen / in Ge - fengniſſen / in auffruhren / in arbeit / inwachen279ob die ware Liebe Chriſti bey vns ſey. wachen / in Faſten / in Keuſchheit / in Er - kantnuͤß / in Langmut / in Freundligkeit / in dem H. Geiſt / in vngeferbter Liebe / in dem Wort der Warheit / in der Krafft Gottes / durch Waffen der Gerechtig - keit / zur rechten vnnd zur lincken / durch Ehre vnd Schande / durch boͤſe Geruͤch - te vnnd gute Geruͤchte / als die Verfuͤh - rer vnd doch Warhafftig / als die vnbe - kanten vnnd doch bekant / als die ſterben - den / vnd ſiehe wir leben / als die Gezuͤch - tigten / vnnd doch nicht ertoͤdtet / als die Traurigen aber allezeit froͤlich / als die Armen / aber die doch viel Reich machen / als die nichts innehaben / vnd doch alles haben.

5. Soltu das Creutz Chriſti fuͤr dasCreutz beſ ſer denn alle Schaͤ - tze der Welt. allerhoͤheſte Gut halten vber alle Schaͤ - tze der Welt. Dann wanns nicht alſo we - re / ſo wuͤrde Chriſtus mit ſeinem Leben vnd Exempel dich ſolches nicht gelehret / vnd fuͤr deine Augen geſtellet haben. Nun kanſtu wol gedencken / daß dich der Sohn Gottes mit ſeinem Exempel nicht hatT vverfuͤh -280Zeichen dabey man mercken kan /verfuͤhren wollẽ / ſondern dich zum hoͤch - ſten Gut / zur hoͤchſten Weißheit / zur hoͤchſten Himliſchen Freude fuͤhren / obMatth. 7. wol der Weg ſchmal vnnd enge iſt. Du ſieheſt aber / daß er dieſen ſchmalen Weg ſelbſt gangen iſt. Vnnd weil jhrer wenig ſeyn / die jhm folgen / darumb ſpricht er: Ihr ſind wenig / die dieſen Weg finden. Dann es koſtet viel ſich ſelbſt vberwin -Es iſt ſchwerſich ſelbſt v - berwindẽ. den / vnd ſich ſelbſt verleugnen / jhm ſelbſt ſterben / der Welt abſagen / vñ allem dem / was ein Menſch hat. Diß iſt der ſchmaleWas der ſchmale Weg ſey. Weg / vnd jhr ſind wenig / die jhn finden.

6. Das ſechſte Zeichen der Liebe Chriſti iſt / daß man den geliebten Jeſum nimmer aus ſeinem Gedechtnuͤß vnd ge - dancken leſſet / vnnd ſeine Liebewerck be - hertzigt:

1. Seine Menſchwerdung / in wel - cher wir als in einem Buch des Lebens zweyerley Wolthaten fuͤrnemlich ſehen: 1. Das er vns dardurch mit ſeiner Liebe erfuͤllet / 2. Das er vns gewiß machet vnſers enigen Heyls vnd Seligkeit. Achwelche281ob die ware Liebe Chriſti bey vns ſey. welche eine vnaußſprechliche Liebe iſt / dz Gott Menſch worden / vnnd dem Men - ſchen gleich / auff daß er die Menſchen Gott gleich machet. O groſſe Liebe / erFruͤchte der Mẽſch werdung Chriſti. hat Knechtes geſtalt an ſich genommen / auff daß er vns zu Koͤnigen machte / vnd vns mit Koͤniglichen Kronen ſchmuͤckte. Ogroſſe Liebe / daß der vnbegreiffliche Gott / der vnſichtbare Gott greifflich vnd ſichtbar worden. Wer kan den tieffen ab - grund dieſer Liebe erforſchen? O felix culpa (non tamen ex ſe, ſed ex Dei pietate) quæ meruiſti nobis oſtende - reabyſſum diuinæ caritatis abſcon - ditam. O wie groſſe vnaußſprechliche Weißheit / daß du auß dem groſſen vbel / nemlich / auß der Suͤnde / ſo ein groß vn - endlich Gut haſt herfuͤr gebracht / daß du dardurch den tieffen Abgrund deiner Liebe haſt auffgedecket. O groſſer Troſt / daß ich weiß / du ſeyeſt mir zu gut geborn / deine Menſchliche Geburt ſey meine Goͤttliche Geburt / vnd wieder den Suͤn - denbrunnen ein Heylbrunnen.

2. Seine heilige Lehre / darin ewigeWeiß -282Zeichen dabey man mercken kan /Weißheit / Warheit / Liecht / Leben / vnd Seligkeit iſt / vnd ſein heiliges Leben / da - durch er vns die Weiſe vnd Art rechtLehr vnd Leben Chriſti was. Chriſtlich vnd Goͤttlich zu leben gezeiget. Dann das Exempel ſeines heiligen Le - bens / iſt das allerſchoͤnſte Liecht / welches vns nit wird laſſẽ in Finſternuß wandeln.

3. Das dritte iſt das Geheimnuß des vnſchuͤldigen Todes Chriſti / in welchemFruͤchte des Ley - dens Chri - ſti. ſiebenerley zubetrachten ſeyn: Das erſte iſt die Erfuͤllung der Gerechtigkeit Got - tes / vnd des Goͤttlichen Vrtheils. 2. Die Bezahlung aller vnſer Suͤnde. 3. Die Verſoͤhnung mit GOtt. Dann GOtt iſt durch den Todt ſeines Sohns verſoͤh -Rom. 5. net. 4. Die Offenbarung der vber - ſchwencklichen Liebe GOttes durch den Todt vnſers Erloͤſers. 5. Die ewige Warheit Gottes / daß er vns ſeinẽ Sohn geſchencket / vnnd damit bezeuget / daß er warhafftig vnſer Vater ſey. 6. Der Sieg vber alle Feinde. 7. Die Erarnung vnd erwerbung der ewigen Seligkeit / vnd des ewigen Lebens.

4. Die283ob die ware Chriſti Liebe bey vns ſey.

4. Die Aufferſtehung / die vns die gantze gewiſſe Hoffnung machet der Leiblichen Aufferſtehung vnſers Leibs /Fruͤchte der Auffer ſtehung Chriſti. vnnd darnach der Geiſtlichen Aufferſte - hung / daß wir durch Gottes Gnade vnd Krafft des Lebens Chriſti auß Geiſtli - chen Todten Geiſtlich Lebendig werden in Chriſto.

5. Die Himmelfahrt / welche iſt eineFruchtder Himmel - fahrt Chri ſti. vollendung vnſers ewigen Heils / Ge - rechtigkeit / vnd Seligkeit.

Dieſe fuͤnff Geheimnuß vnd Liebe - wercke Chriſti ſind die rechte ChriſtlicheChriſti Schule. Schule / darin wir ſtudieren vnd dieſelbe nimmer auß vnſern Gedancken ſollen kommen laſſen.

Das XXVI. Capittel. Fuͤnfferley Liebewercke / darin GOttes Gnade vnd Guͤte fuͤrnemlich leuchter.

Pſal. 87. Der HERR liebet die Thor Sion vber alle Wohnun - ge Jacob. ()Es284Fuͤnfferley Liebewercke /

ES ſind fuͤrnemlich fuͤnff Argu - menta der liebe Gottes / 1. Chri - ſti Menſchwerdung. 2. Chriſti Leyden / 3. Gottes Einwohnung / 4. Wie Gottes Liebe auß den Creaturen leuchte. 5. Wie lieblich Gott ſey in ſeinem We - ſen / vnd wie er mit ſeiner Liebligkeit alle erſchaffene Ding vbertreffe.

1. Wo Liebe iſt / da iſt Vereinigung. Die Liebe vereini - get.Dann der liebe Art iſt ſich mit dem Ge - liebten vereinigen. Dieweil nun GOtt den Menſchen ſo ſehr liebete / ſo konte es nicht anders ſeyn / GOtt muſte ſich mit dem Menſchen wiederum̃ nach dem Fal[l]auß lauter Liebe vñ Barmhertzigkeit ver - einigen / vnd ein Menſch werden. AchPſal. 8. was iſt der Menſch / daß du ſein geden - ckeſt / vñ des Menſchen Kind / daß du dich ſein annimpſt. Des Menſchen Seel wird von Gott ſo ſehr geliebt / daß gleich wie Chriſtus Gott vnd Menſch iſt / vnd ſich mit Menſchlicher Natur vereinigt / mit vnſern Leib vñ Seel: Alſo ſehr liebet Gott vnſere Seele / daß er luſt hat ſich gantz vñ gar zu ergieſſe in vnſere Seele / wann ſiemoͤch[te]285darin Gottes Gnad vnd Guͤte leuchtetmoͤchte vollkommen gereinigt ſeyn / vnndWie ſehe Gott vn - ſer Seele liebet. jhm der Menſch nit wiederſtrebete. Dann es iſt eine vnendliche Liebe in GOtt / die vnaußſprechlich iſt. So iſt nun das einsMenſch - werdung Chriſti[]ein groß Zeug[-]nis der Lie[-]be Gottes von den allergroͤſten Argumenten der Liebe Gottes / das Gott Menſch worden iſt / ſich als ein rechter Liebhaber der Men - ſchen bezeigt / in dem er an ſich genom̃en / was Menſchlich iſt / auff daß er vns gebe / was Goͤttlich iſt / er wird eines Menſchen Kind / auff daß er vns zu Gottes Kindern mache / er koͤmpt zu vns auff Erden / auff daß er vns in Him̃el bringe / O ein edler Tauſch vnd Wechſel / alles zu dem Ende / auff dz wir in jm von Gott geliebet wuͤr - den. Iſt gleich / als wañ Gott vom Him - mel herab rieffe: O jr Menſchen ſehet anChriſtus neñet ſich des Men - ſchen Son aus Liebe vnnd De - mut. meinen lieben Sohn / denſelbẽ hab ich laſ - ſen Menſch werden / auff daß er ein leben -[di]ges Exempel vnnd Zeuge ſey meiner hertzlichen Liebe / gegen euch / daß er euch alle mit ſich zu mir brechte / vnd jhr durch jhn alle meine Kinder vnd Erben wuͤr - det. Darumb nennet ſich der Herꝛ ſtetsſelbſt286Fuͤnfferley Liebewercke /ſelbſt des Menſchen Sohn im Evange - lio auß hertzlicher Liebe gegen vns. Wir leſen ſelten / daß er ſich GOttes Sohn nennet / ſondern ſtets des Menſchen Sohn auß Hertzlicher Demut vnd Liebe.

2. Wiewol nun ſeine heilige Menſch - werdung ein ſehr groß Argument iſt ſei - ner Liebe gegen vns: So iſt doch ſein hei - liger Todt / Leyden vnd Sterben fuͤr vn - ſere Suͤnde noch ein groͤſſer Argument. Dann niemand hat groͤſſere Liebe / dann wer ſein Leben fuͤr einen andern leſſet. Daran haben wir erkant die Liebe Got -1. Joh. 4. tes / ſagt S. Johannes / das Gott ſeinen Sohn dahin gegeben zur Verſoͤhnung fuͤr vnſere Suͤnde. Das iſt die hoͤchſte vnd vollkommeſte Liebe. Der liebe Gott hette nach ſeiner vnbegreifflichen All - macht wol einander Mittel finden koͤn - nen / vns zu erloͤſen / wie der Herr Chriſtus ſelbſt darumb bittet in der Paſ - ſion: Abba / mein Vater / es iſt dir alles muͤglich / vberhebe mich dieſes Kelchs: Aber es were nicht die hoͤchſte Liebe ge -weſt /287darin Gottes Gnade vnd Guͤte leuchtet. weſt / die vns Gott erzeiget hette. Auff daß nun GOtt die allerhoͤheſte Liebe anHoͤchſte Zeugnis der Liebe Gottes iſt der Todt Chriſti. vns bewieſe / vnd wir nicht ſagen koͤnten / Gott hette etwas ſo lieb / daß er vns nicht geben wolte / ſo hat er vns ſeinen lieben Sohn geſchencket / vnd nicht zwar ſo bloß geſchencket / ſondern zur Bezahlung fuͤr vnſere Suͤnde. Darumb hat vns GOtt keine groͤſſere liebe erzeigen koͤnnen. Dar - in preiſet er ſeine Liebe gegen vns. Rom. 5. Welcher ſeines einigen Sohns nicht verſchonet / ſondern hat jhn fuͤr vns alle dahin gegeben / wie ſolte er vns mit jhm nicht alles ſchencken? Rom. 8. Hat er vns das groͤſte geſchencket / er wird vns das kleine auch geben. Im ewigen Leben ſoll alles vnſer ſeyn / was Gottes iſt. Apoc. 21. Wer vberwindet / ſoll alles erben.

3. Vnter des beweiſet GOtt ſeine Liebe gegen vns durch ſeine troͤſtliche bey - wohnung vnter vns / vnd in vns. Ach wie iſt das ſo ein groſſer Troſt / das Gott vnſer Hertz zu ſeiner Wohnung gehei - ligt vnd geweihet hat. Vor zeiten im Al -Vten288Fuͤnfferley Liebewercke /ten Teſtament / als die Wohnung vnnd das Heiligthumb fertig war / muſte es Moſes weihen vnd heiligen vñ mit BlutHebr. 9. des Opffers beſprengen / Dann es muſte alles durchs Blut geheiligt werden. Dar - auff kam die Herꝛligkeit GOttes vom Himmel / vnd erfuͤllet die Wohnung vnd Huͤtte des Stifftes: Alſo nach dem Chri - ſtus fuͤr vnſere Suͤnde geſtorben / vnd wir nun durch ſein Blut geheiligt ſeyn / koͤmpt Gott zu vns / vnd machet Wohnung bey vns. Wann man einen lieb hat / bey dem iſt man gern GOtt hat den Menſchen ſehr lieb / darumb iſt er gern bey den Men - ſchen / vnd hat ſeine Wohnung in jhnen / Eſa. 57. Ich der Herr wohne in der Hoͤhe vnd in dem Heiligthumb / vnnd in den zerbrochenen Hertzen / daß ich jhren Geiſt erquicke / vnnd hinwieder bey dem man gerne iſt / den hat man ſehr lieb / Gott iſt gerne bey dem Menſchen / Darumb hat er die Menſchen hertzlich lieb / wie der 16. Pſalm ſpricht: An den Heiligen / die auff Erden ſind / vnd an den herrlichen /an289darin Gottes Gnade vnd Guͤte leuchtet. an den hab ich all mein gefallen. Diß ſoll vns nun troͤſten in all vnſerm Truͤbſal / in Armut / in Kranckheit / in Verfolgung / in Verachtung / daß vns Gott lieb habe /Gottes Liebe troͤ - ſtet vns. vnd bey vns ſey. Ja ſprichſtu: Hat er dañ die Lieb / die er in ſo viel Creutz leſt gera - ten? Antwort / Ja auff daß er ſie durchs Creutz herꝛlich mache / weil ſie hier viel Truͤbſal haben / ſollen ſie dort Reichlich getroͤſtet werden / je groͤſſer Truͤbſal auff2. Cor. 1. Erden / je groͤſſer Freude vnd Herꝛligkeit im Himmel. Vnnd das iſt die Vrſach /2. Cor. 4. warumb Gott viel Elender vnd betruͤb - ter Leute machet / nemlich / daß er in jhrenPſal. 34. Hertzen wohne. Dann er wohnet nirgentGott wo - net in den Elenden. lieber dann in der zerbrochenen Hertzen. Gott erfuͤllet vns hier darumb mit ſeiner Gnade / auff daß er vns dort mit ſeiner Herꝛligkeit / als das Himliſche Jeruſa - lem erleuchten vnd erfuͤllen muͤge.

4. So leuchtet auch Gottes Liebe außApoc. 21. den Creaturen / als S. Paulus das aller - beſte / hoͤchſte / vnnd herꝛlichſte ſeinen E - pheſern wuͤnſchen wolte / wuͤnſchet er jnenV ijdaß290Fuͤnfferley Liebewercke /daß ſie die Liebe Gottes muͤgen erken - nen / vnnd begreiffen mit allen Heiligen. Eph. 3.Welches da ſey die breite vnd die lenge / die tieffe vnd die hoͤhe der liebe Gottes. Will ſo viel ſagen / das Gottes liebe hoͤ - her ſey dann der Himmel / tieffer dann das Meer / breiter dann der Erdbodem / lenger dann der Abend von Morgen / wie der 103. Pſalm ſagt. Vnnd in Summa / Himmel vnnd Erde ſind voll der liebe Gottes. Dann alles / was GOtt ge - ſchaffen hat / es ſey ſichtbar oder vnſicht - bar / daß hat er zu dem Ende geſchaffen / daß ſeine vnaußſprechliche Guͤte vnndAlle Crea - turen ſind Zeugen der Liebe Gottes. Liebe offenbar wuͤrde. Vnd darumb hat er dem Menſchen ſeine innerliche vnnd euſſerliche Sinne angeſchaffen vnnd ein - gepflantzet / daß er mit denſelben Gottes Guͤte vnd Liebe empfinden ſoll. Dann was der Menſch mit ſeinem Verſtande / Gedancken / Gemuͤt / vnd Vernunfft be - greiffen kan / das zeugt alles von der liebe Gottes / ſo wol als das / was er mit den euſſerlichen Sinnen begreifft. Dannalles /291darin Gottes Gnade vnd Guͤte leuchtet. alles / was der Menſch hat / iſt ein Zeug - nuͤß der Liebe GOTtes / ja es ſind alle Creaturen ſichtbare vnnd vnſichtbare / gleich als Geſandten vnnd Boten Got -Gott re - det mit vns / durch alle Crea - turen. Prov. 1. tes / die vns GOttes Liebe verkuͤndigen / durch welche Gott gleichſam mit vns re - det / als ſpreche er: Sehet Himmel vnnd Erden an / vnd alle Creaturen / das hab ich alles aus liebe des Menſchen geſchaf - fen. Vnd ſo wir die liebligkeit der Crea - turen empfinden / ſo empfinden wir Got - tes Guͤtigkeit / daß wir beyde mit innerli - chen vnd euſſerlichen Sinnen ſchmecken vnnd ſehen koͤnnen / wie freundlich der Herr iſt / wie der 34. Pſalm ſpricht: Die Sonne redet mit vns durch jhren Schein / Liecht vnd Werme / Als woltDie Son - ne ein ſchoͤ ner Zeuge Gottes. Syr. 43. Pſal. 19. ſie ſprechen: Sehet mich an / ich bin die groͤſſeſte vnnd helleſte Creatur vnter den ſichtbaren geſchoͤpffen / es muß ein groſ - ſer Herꝛ ſeyn / der mich gemacht hat. Ja nicht allein durch die ſchoͤnen Creaturen redet GOtt alſo mit vns / ſondern auch durch die abſchewlichſten Wuͤrmen auffV iijErden /292Fuͤnfferley Liebewercke /Erden / als ſpreche er zu dir: Siehe / du haſt es mir deinem Schoͤpffer zudancken / daß ich dich zu einem Menſchen vnd nichtAbſcheuli - che Wuͤr - me ſind Zeugẽ der Liebe Got tes. zu einem Wurm geſchaffen. Der Gott / der dich zu einem Wurm hette machen koͤnnen / hat dich auß erbarmung zu ei - nem Menſchen gemacht. Gedencke hier an den / der geſagt hat: Ich bin ein WurmPſal. 22. vnd kein Menſch. Alſo redet Gott durch alle Creaturen mit dem Menſchen / vnnd verkuͤndigt jhm ſeine Liebe / reitzet / trei - bet / locket / fuͤhret vnd zeucht vns zu ſich. Prov. 1.Das iſt die Weißheit GOttes / ſo an al -Prov. 8. len Orten / auff allen Gaſſen ruffet / Item / die da ſpielet auff dem Erdboden / vnnd hat luſt bey den Menſchenkindern zu wohnen.

Ja wanns ein Menſch recht beden - cket / ſo ſind wir in GOttes Liebe einge - ſchloſſen / gleich wie wir alle vnter dem Himel eingeſchloſſen ſeyn / in dem wir inAct. 17. GOTT leben / weben vnd ſeyn. Dann gleich wie ein Menſch nirgend hinlauf -fen393[293]darin Gottes Gnade vnd Guͤte leuchtet. fen kan / der Himmel iſt doch allenthal -GOttes Libe vmb gibt vns / vnd leufft vns nach. ben vmb jhn / vber jhm / vnter jhm / zur Rechtẽ / zur Lincken: Alſo kan ein Menſch nirgend hinlauffen / die Liebe vnnd Guͤ - tigkeit Gottes folget jhm doch nach / vndGOttes Liebe ruf - fet vns durch alle Creaturẽ. ruffet jhn durch alle Creaturen / ja durch ſein eigen Hertz vnd Gewiſſen / vñ ſpricht: Du liebes Kind / wo wiltu dann hinlauf - fen? Wo wiltu doch hinflichen / da ich nicht were? Fuͤhreſtu gen Himmel /Pſal. 139. ſo bin ich da. Fuͤhreſtu in die Helle / ſo bin ich auch da / Nehmeſtu Fluͤgel der Morgenroͤte / vnd bliebeſt am euſſerſten Meer / ſo wuͤrde dich doch meine Hand daſelbſt finden. Darumb komme zu mir / erkenne meine Liebe vnnd Gnade / darmit ich dir in allen Creaturen be - gegne. Haſtu geſuͤndiget / bey mir iſt viel Gnade / Haſtu mich verlaſſen / ſo hat dich doch meine Liebe vnnd Trewe noch nicht verlaſſen / vnd verſtoſſen / ſon - dern iſt dir immer nachgelauffen / hat dich geſuchet / hat dich geruffen / hat dich alsV iiijein294Fuͤnfferley Liebewercke /ein verirret Schaͤfflein wiedergeſucht. Vnnd wann du den groſſen Zeugnuͤſſen aller Creaturen nicht gleuben wilt / ſoDie Seele kan nir - gend ruhẽ denn in Gottes Gnade. gleube den Zeugnuͤſſen meines lieben Sohns / wie ich in jhm die Welt geliebet hab. Du kanſt ſonſt nirgend ruhe finden fuͤr deine Seele / wende dich hin wo du wilt / du muſt in meiner Liebe vnd Gna - de ruhen. Ach ein ſelig Hertz iſt / daß diß verſtehet / wie Himmel vnnd Erde voll ſeyn der liebe Gottes / vnnd wie er ſo vielGottes Sohn der groͤſte Zen ge der Zie - be Gottes Joh. 3. Zeugen ſeiner liebe habe / ſo viel geſchoͤpff vnnd Creaturen ſeyn. Der groͤſte vnnd hoͤchſte Zeuge aber der liebe GOttes iſt Gottes Sohn.

5. So erkennen wir auch die Liebe GOttes auß ſeinem lieblichen weſen. Dann auß den Geſichten der Propheten vnd Offenbarung Johannis koͤnnen wir mercken / daß der allmechtige GOTT ſo ſchoͤn vnnd lieblich iſt / daß er vnauß - ſprechlicher weiſe vbertreffe alle ſchoͤnheit vnd liebligkeit in der Welt. Er iſt aller ſchoͤnen dingen ſchoͤnheit / aller lieblichendingen295darin Gottes Gnade vnd Guͤte leuchtet. dingen liebligkeit / aller lebendigen leben / Er iſt alles. Es hat ein alter Lehrer geſagt: Gott ſey ſo lieblich vnd ſchoͤn / daß / wannGott iſt das aller - ſchoͤnſte vnd lieb - ligſte We - ſen. ein Menſch in einem gluͤenden Ofen ſeſ - ſe / vnd ſehe Gott in ſeiner ſchoͤnheit vnd Herꝛligkeit nur ein Augenblick / ſo wuͤrde jhm die groͤſte Marter / die groͤſte Freu - de werden / wie dem heiligen StephanoAct. 7. geſchach / da er die Herꝛligkeit Gottes ſahe / vnnd ſprach: Siehe / Ich ſehe den Himmel offen / vnd des Menſchen Sohn zur Rechten ſtehen. Gott iſt ſo lieblich vnnd ſchoͤn / daß / wann jhn ein Menſch tauſent Jahr ſehe / wuͤrde es jhm nur ei - ne Stunde deuchten. Dann in dem an - ſchawen der Liebligkeit vnnd Herꝛligkeit Gottes verleuret ſich alle zeit / vnd wird Ewigkeit daraus / daß je mehr man Gott ſiehet / je mehr man jhn ſehen will / je mehr man jhn liebet / je mehr man jhn lieben will / vnd je mehr man jhn lobet / je mehr man jhn loben will / wie ein alter Lehrer Xyſtus geſagt hat: Piorum ani -Der Heili - gen Seelẽ ſind vner - inſatiabiles amoris & laudis Dei. V vVnd296Fuͤnfferley Liebewercke /ſetlich der Liebe vnd lobes Got tes.Vnd das ſtimpt mit dem Syrach am 24. vberein / da er von der Weißheit Gottes redet: Wer von mir iſſet / den hungert immer nach mir / vnnd wer von mir trin - cket / den duͤrſtet immer nach mir. Vnd wiewol die H. Engel Gott von Anbegin / da ſie erſchaffen ſind / geſehen haben / ſo haben ſie jn doch nit gnug geſehen. Wie - wol ſie jhn von Anbegin gelobet / ſo ha - ben ſie jhn doch noch nicht gnug gelobet:Gott iſt loͤblicher denn aller Creaturen Lob / lieb - licher deñ aller Crea - turen Lie - be. Nam Deus omni laude laudabilior, omni amore amabilior. Dañ Gott iſt vnendlich in ſeiner Liebligkeit / ſchoͤnheit / vnd Herꝛligkeit / Darumb kan jhn keine erſchaffene Creatur gnug lieben vnd lo - ben. Gott iſt ſo lieblich / daß / je mehr man jhn liebet / je mehr man jhn begert / zu lie - ben / ſo loͤblich zu lobẽ / daß man das Ende ſeines lobes nit erreichen kan / ſo freund - lich anzuſchawen / daß man ſeines an - ſchawens nicht muͤde wird / ſo troͤſtlich zu hoͤren / daß inan jhn nicht kan ſatt hoͤren. Taulerus ſpricht: Wañ einer ein Troͤpff - lein der vollkommenen Liebe GOttes ſchmecken moͤchte / ſo wuͤrde jm alle freu -de vnd297darin Gottes Gnade vnd Guͤte leuchtet. de vnd wolluſt dieſer Welt verwandelt in die hoͤchſte Bitterkeit. Vmb der Liebe GOttes willen haben die Heiligen die groͤſte Marter gelitten / jr Leib vnd Leben dahin gegeben / vnnd wann einer tauſent Leiber hette / die ſolte er wagen / daß er die Liebe GOttes behalten moͤchte / wie der 63. Pſalm ſpricht: Herr / deine guͤ -Gottes Lieblich - keit vnnd Suͤſſigkeit vnendlich vnnd vn - außſprech lich. te iſt beſſer dann Leben / meine Lippen preiſen dich. Gott iſt ſo ein hohes edles lauters Gut / je mehr man jhn kennet / je mehr man jhn liebet / Er iſt eine zarte außerwehlte Suͤſſigkeit / je mehr man jhn ſchmecket / je ſuͤſſer er wird / je mehr man jhn liebet / je lieblicher er wird. Se - lig iſt das Hertz / daß erſettigt wird mit GOtes Liebe. Er wird in ſeiner Seelen eine ſolche Liebligkeit empfinden / die man in der zeit nicht findet vnter den geſchaf - fenen Creaturen.

Seh[e]t nun alle Menſchenkinder / wie ſeid jhr ſo betrogen von der Weltliebe. Was haben alle Menſchen von der LiebeBetrug der Welt Liebe. des Zeitlichen dann Sorge / bekuͤm̃ernuͤß / verlorne zeit / vergebliche vnnuͤtz wort / dafuͤr298Fuͤnfferley Liebewercke / etc. fuͤr muͤſſen Rechnung geben / Hader / Zanck / Krieg / Streit / vnd ein beſchwert Gewiſſen. Es wird noch alle Menſchen - kinder gerewen / daß ſie die Welt vnnd das zeitliche ſo lieb gehabt haben. Wie dann S. Johannes darfuͤr warnet: Lie - ben Kindlein / habt nicht lieb die Welt / noch alles / was in der Welt iſt / als / Au - genluſt / Fleiſchesluſt / hoffertiges Leben. Welches alles iſt nicht vom Vater / ſon - dern von der Welt / vnd die Welt verge - het mit jhrer luſt: Wer aber den willen GOttes thut / der bleibet in ewigkeit. Darumb ſoll ein jeder Menſch ſein leb - tag darumb trawren / daß er anders et -Gottes Liebe das aller beſte vnd hoͤch - ſte Gut. was mehr geliebet hat dann Gott allein. Gibt dir GOtt ſeine liebe vber alle dinge in dein Hertz / ſo hat er dir das beſte gegeben / daß er hat / das iſt / ſich ſelbſt.

Das299Wie ſich der HErr Jeſus / etc.

Das XXVII. Capittel. Wie ſich der Herr Jeſus der liebha - benden Seele offenbaret / vnd zu erkennen gibt als die hoͤchſte Liebe / vnd als das hoͤchſte Gut.

Johan. 14. Wer mich Liebet / dem will ich mich offenbaren. ()

WAnn du den gecreutzigten Chri - ſtum recht wirſt anſchawen / ſo wirſt du nichts dann eitel reine vollkommene vnaußſprechliche Liebe in jhm ſehen / vnd er wird dir ſein Hertz zei -In dem gecreutzig ten Chri - ſto ſiehet man die al lerreineſte vollkom - meſte Lie - be. gen / vnd ſprechen: Siehe / in dieſen Her - tzen iſt kein Betrug / keine Luͤgen / ſondern die hoͤchſte Trewe vnd Warheit. Neige dein Haupt her / vnnd ruhe auff meinem Hertzen / ja reiche deinen Mund her / vnd trincke aus meinen Wunden die al - lerſuͤſſeſte Liebe / welches aus meines Vaters Hertzen durch mich entſpringet vnd quellet.

So du nun dieſe liebe ſchmeckẽ wirſt / ſo wirſtu die gantze Welt daruͤber vergeſſen /vnd300Wie ſich der HErr Jeſusvnd fuͤr dieſer vberſchwencklichen Liebe verſchmehen / vnd nichts mehr dann dieſe Liebe wuͤnſchen / vnd zu deinem Herrn ſagen: Ach Herr / gib mir nichts mehr dann die Suͤſſigkeit deiner Liebe / ja wann du mir gleich die gantze Welt geben wol -Hoͤchſter wunſch ei - nes Chri - ſten. teſt / ſo will vnd begere ich nichts anders dann dich allein vnd deine Liebe.

O ſelig iſt die Seele / die dieſe Liebe empfindet. Dann in derſelben Seele wird Chriſtus recht erkant vnd geoffenbaret / daß er nichts anders ſey dann eitel reineChriſtus der gleu - bigen S[e]e len einige Liebe. Liebe / vnd daß er ſey die Liebe der Seelen. Welche Wort einen hohen Verſtand vnd Erfahrung in ſich begreiffen. Dann das Chriſtus die Liebe vnſerer Seelen ſey / offenbaret er durch ſeine Geiſtliche Zukunfft / vnnd liebliche erquickung der Seelẽ / vnd weñ daruon vnſere Seele ein kleines Troͤpfflein oder Blicklein em - pfindet / ſo iſt ſie zum hoͤchſten erfuͤllet mit freuden. Dann die vnendliche Liebe iſt ſo groß / daß ſie vnſer Hertz nicht faſſen noch begreiffen kan. Solches erkanteder301der Liebhabenden Seele offenbaret. der H. Marterer Ignatius, der den Her - ren Jeſum allezeit ſeine Liebe geneñet hat vnd geſagt: Meine Liebe iſt gecreutzigt.

In dieſer Liebe Chriſti ſollen alle vn - ſere Wercke geſchehen / ſo gehen ſie aus Chriſto vñ aus dem waren Glauben / vnd gefallen Gott wol / wir eſſen / oder trin - cken / oder ſchlaffen / oder verrichten die Wercke vnſers beruffs. Es wird allesLiebe Got tes macht alles lieb - lich. lieblich fuͤr Gott vnd Menſchen / was auß der gleubigen Liebe gehet / denn das ge - ſchicht in Gott / vñ wird in Gott gethan.

Joh. 3.

Ob nun wol dieſe Liebe Chriſti das allerhoͤchſte / Gut iſt im Himmel vnd Er - den. Dann in dieſer Liebe iſt alles gut be - griffen: Dennoch iſt Gott ſo willig vndDie Liebe Chriſti das hoͤch - ſte Gut. bereit vns diß hohes Gut zugeben / daß er auch ſeinen lieben Sohn in diß Elend geſandt / vns durch jhn dieſes vnauß - ſprechlichen Schatzes theilhafftig zuma - chen durch den Glauben. Vnnd iſt viel williger vns diß hohes Gut zu geben / dann wir bereit ſein daſſelbe zu empfangẽ.

Dieſe Liebe / ſo durch den H. Geiſt auß -gegoſſen302Wie ſich der HErr JeſusRom. 5.gegoſſen wird in vnſer Hertz / ſo ſie em - pfunden wird / erfrewet mehr dann die gantze Welt. Vnd wann alle Creaturen da gegenwertig ſtunden / ſo ließ eine gleu - bige liebhabende Seele dieſelben fahren / vnd ſehe ſich nicht darnach vmb / vmb der vberſchwencklichen Suͤſſigkeit willen / der liebe Gottes. Vnd wann alle Crea - turen anfiengen zu reden / ſo were doch die Stimme der liebe Gottes ſtercker vnd lieblicher dann aller Creaturen Stimme. Krafftder Liebe Got tes.Dann dieſe liebe bindet das Gemuͤt / vnd vereinigts mit Chriſto / vnd erfuͤllets mit allem Gute / hoͤher vnnd beſſer dann alle Creaturen vermuͤgen. Welches hohes Gut zwar im Geiſt erkant / geſehen / vnd geſchmecket wird / Aber es kan mit keinen Worten außgeredt werden. Dann alle Wort ſind viel zu wenig nur den Schat -Das koͤſt -[l]iche ſo in der Seelẽ empfundẽ wird von der Liebe GOttes / ten anzuzeigen / weil keines Menſchen leibliche Zunge das koͤſtliche vnd liebliche Gut / ſo der Geiſt des Menſchen empfin - det / erreichen kan. Daher auch S. Pau - lus im Paradieß Wort gehoͤret hat / diekein303der Liebhabenden Seele offenbaret. kein Menſch außreden kan / verbakan keine Zunge außreden. ἄῤῥητα, vnaußſprechliche Wort / 2. Co - rinth. 12.

Vnnd wann ein ſolch koͤſtlich Gut ſich von der Seelen entzeucht / da iſt groͤſ - ſer leid als wann die gantze Welt verloh - ren were. Da rufft man: O du holdſeligeGroſſer verluſt der Seelẽ. Pſal. 131. Liebe / Ich hab dich kaum recht geſchme - cket / warumb verleſſeſtu mich? Meiner Seelen gehets wie einem Kinde / daß von der Mutter Bruͤſten abgeſetzet iſt / ſagt der Pſalm. Ach deine Guͤte iſt beſſer dannPſal. 63. Leben. Laß mich dieſelbe empfinden. Meine Seele duͤrſtet allein nach dir / ſonſt kan mich nichts ſottigen noch er - frewen.

Dieſe holdſelige Liebe machet auch / daß ohn dieſelbe der gleubigen liebhaben -Ohn die Liebe Chriſti / iſt das Leben eitel Bit - terkeit / ja der Todt ſelbſt. 2. Cor. 5. den Seelen das gantze Leben bitter wird / vnd fuͤr einen lautern Todt vnnd Elend geachtet wird / ja vmb dieſer Liebe willen begert ein Menſch zu ſterben / vnnd die irꝛdiſche Huͤtte abzulegen / vñ wolte gern daheimb ſein bey dem Herrn / wie S. Paulus ſpricht.

XDas304Wie das hoͤchſte Gut erkant /

Das XXVIII. Capittel. Wie das hoͤchſte Gut erkant / vnd in der Seelen geſchmecket wird.

Pſal. 34. Schmecket vnd ſchet / wie freundlich der HERR iſt. ()

GOTT iſt ein ewiges / vollkom - menes / vnendliches / lieb: vnnd freudenreiches / weſentliches / mittheilendes Gut / vnd will / daß er alſo im lebendigen Glauben / im Geiſt / vnnd in der Warheit erkant werde. Solches aber kan nit geſchehẽ / es muß ein Menſch Gottes Guͤtigkeit / Suͤſſigkeit / Freund - lichkeit / vnnd Troſt warhafftig im Her - tzen ſchmecken vnd empfinden.

Solte nun das geſchehen / ſo muͤſte etwas im Menſchen ſeyn / daß ſich mit Gott vergleiche / auff daß der Menſch vehig wuͤrde des hoͤchſten Guts. Das iſt des Menſchen Seele / darin wolte Gott ſeine Guͤtigkeit außgieſſen / Ja ſelbſtdarin -305vnd in der Seelen geſchinecket wird. darinnen wohnen / vnd ſich derſelben im - mer mehr vnd mehr offenbaren / vnnd zu erkennen geben.

Weil aber durch die Suͤnde derTeuffels Werck im Menſchẽ. Menſch dieſes hohen Gutes verluſtig worden / vnd dagegen den Teuffel zum Einwohner vnd Beſitzer bekommen / der ſein Werck vbet im Menſchen / als Hof - fart / Geitz / Wolluſt / Zorn / Neid: Wel - ches alles des Teuffels Werck im Men - ſchen iſt: So muß der Menſch durch den Glauben / den GOtt wircket / zu Gott wieder bekehret werden von der Welt / jaWas den Menſchen hindert dz er Gottes Guͤtigkeit nicht em - pfinden kan. vom Teuffel zu Chriſto Jeſu / Act. 26. vñ muß der Satan mit ſeinem werck herauß. Dann ſo lang des Sathans Worcke im Menſchen ſeyn / ſo lang wircket Gott nit in jm / vnd ſo lang werden Gottes Wercke verhindert / dz die Seele nit empfindẽ kan / wie frenndlich GOtt iſt. Derwegen ſind wenig Leute / die GOtt recht erkennen / ſintemal in den meiſten die Wercke der Finſternis vnnd des Sathans herꝛſchen. X ijDie306Wie das hoͤchſte Gut erkant /Die meiſten hangen an der Welt / an den Creaturen / vnd an jhnen ſelbſt.

Die aber Gott recht erkennen vnd1. Cor. 6. ſchmecken wollen / die muͤſſen dem Her - ren anhangen / vnd ein Geiſt mit jm wer - den / vnnd je mehr das geſchicht / je mehr ſich Gott in der gleubigen liebhabendenWer Gott recht ſchmecken will muß ſich mit Gott ver - einigen. Seele offenbaret / je mehr das Hertz von der Welt abgewand wird zu GOtt / je mehr ſich Gott mit der Seelen vereinigt. Dann alle Welt Liebe vnd Creatur Lie - be muß außgehen / ſoll Gottes Liebe ein - gehen. 1. Johan. 2. In wem die Liebe der Welt iſt / in dem iſt die Liebe des Vaters nicht. Vnd wo Gott eine Seele findet / die leer iſt von der Welt / die erfuͤllet er mit dem Himmel / mit jhm ſelber / vnnd mit all ſeiner Guͤtigkeit. Je leerer das Hertz von der Weltliebe / je mehr esNiemand weiß recht was Gott iſt / ohn der ſeine Guͤtigkeit geſchme - cket hat. Gott mit ſeinem Liecht vnd Troſt erfuͤl - let. Darumb ſagt ein alter Lehrer / leſſet ſichs in einer leeren / ſtillen / ruhigen See - len mehr empfinden / dann außſprechen / was Gott iſt.

Soll307vnd in der Seelen geſchmecket wird.

Soll nun ein Menſch warhafftig wiſſen / daß Gott gut iſt / vnd das hoͤch - ſte Gut / ſo muß er ſeine Guͤtigkeit im Hertzen ſchmecken. Die Schrifft zeuget dauon euſſerlich / aber das Hertz muß in - nerlich empfinden / vnnd das lebendige Wort ſchmecken. Heb. 6. Die geſchme - cket haben das guͤtige Wort vnnd die kreffte der zukuͤnſſtigen Welt. Das Gott freundlich ſey / kanſtu nicht beſſer verſte - hen dann wann du ſeinen Troſt ſchme - ckeſt / daß er ein freudenreiches Weſen ſey / kan dich niemand beſſer lehren dann GOtt ſelbſt / wann er ſich in dir frewet: Alſo mit allen dingen / daß Gott iſt. Wo ers nicht alles ſelbſt in dir thut vnnd wir - cket / ſo wirſtu nim̃er ſein lebendig Erkant -Lebendig erkentnis Gottes was? nuß haben. Dann Gott erkennen ohne Gott iſt vnmuͤglich / ſagt S. Auguſtinus. Darumb wann ſich Gott nicht ſelbſt of - fenbaret / vnd zu erkennen gibt / der wird nimmermehr recht wiſſen koͤnnen / was GOtt iſt: Wann aber ein Hertz das le - bendige erkantnis Gottes empfindet / ſoX iijerkennet308Wie das hoͤchſte gut erkanterkennet es / daß Gott alles ſey / vnd alles Gut / vnd daß rechte vollkommene ewige Gut / vnd beſſer dann alles / wz ein Hertz wuͤnſchen vnd erdencken moͤchte. Dann vber diß ewige hoͤchſte Gut kann keine Creatur beſſers dencken oder wuͤnſchen.

So nun daſſelbe erkant / vnd in der Seelen geſchmecket wird / wie im 84. vnd 63. Pſalm ſtehet: Herr deineWoher die ver - ſchme - hung der Welt. Guͤte iſt beſſer dann Leben. Itzo fehet die gleubige Seele an die Welt zuver - ſchmehen mit jhrer Frewde vnnd Luſt. Dann ſie hat an Gott gnuͤge / vnd alle volle gnuͤge / vnd in ſumma alles. Dann die Welt mit allem jhrem Reichthumb iſt eitel ſtuͤckwerck / vnvollkommen vnnd vnbeſtendig. GOtt aber iſt daß rechte vollkommene beſtendig vnd ewig Gut.

Auß dieſem Grunde ſpricht David im 73. Pſalm. Herr / wann ich nur dich habe / ſo frage ich nichts nach Him - mel vnd Erden: Daß iſt eine ſolche See - le / die daß vollkommene gut geſchmecket hat / in welcher alle Creatur vnd Weltlie -be ver -309Vnd in der Seelen geſchmecket wird. be verſchwindet / vnnd keine Lũſt noch Frewde mehr hat an den Creaturen / am jrrdiſchen / an der Welt / ſondern allein an Gott / dem hoͤchſten Gut. Vnd dißCognitio Dei pra. ctica. iſt das rechte empfindliche Erkentnuß Gottes / Ja die rechte Liebe Gottes vber alles / ſo im Hertzen geſchmeckt wird. Dann wann Gott recht erkant wird / ſo wird Er auch vber alle ding geliebet / ge - lobet / vnd geehret.

Wann man nun daß ewige vollkom - mene Gut hat / in dem alles gut iſt / vnnd welches alles allein iſt / warumb wolte man dann daß vnvollkommene liebhabẽ? Dann wann daß rechte vollkomene Gut erkant wird / da wirds auch geliebet vber alles vnvollkommene / das iſt vber alle Creaturen in der gantzen Welt:

Alſo tilget nun das lebendige Er - kantnuß GOTtes aus die Liebe der Welt / vñ ſo fehet ein Menſch an die Welt zuverſchmehen mit jhrer eitelkeit / vnnd ſpricht mit dem Koͤnige Salomon: Va - nitas vanitatum & omnia vanitas. X iiijEs310Wie die Seele Gott anſchawetEitelkeit der Welt. Eccleſ. 2.Es iſt alles eitel vnd nichtig / ja eitel Jam - mer / das vnter dem Himmel iſt. Alſo wird die Weltliebe im Hertzen zu nichte / vnd bleibet allein Gottes Liebe / vnd das ewige Gut / daß ewig bleibet.

Das XXIX. Capittel. Wie die liebhabende Seele Gott in ſei - nen Wolthaten anſchawet als die mil - deſte Guͤtigkeit.

1. Joh. 4. Daran iſt erſchienen die Liebe GOttes gegen vns / daß GOTT ſeinen eingebornen Sohn geſand hat in die Welt / daß wir in jhm leben ſollen. Darin ſtehet die Liebe / nit daß wir GOTT geliebet / ſondern daß er vns geliebet hat / vnd ge - ſandt ſeinen Sohn zur Ver - ſoͤhnung fuͤr vnſere Suͤnde. ()Alles /311als die mildeſte Guͤtigkeit.

ALles / was GOtt der Herr mit dem Menſchen handelt vnnd vor - nimpt / es ſey Wolthaten oder Straffen / daß thut er alles zu dem Ende / daß er den Menſchen / der von jhm abge - wendet iſt / wieder zu jhm wende vnnd be - kere.

Der Menſch aber iſt naͤrriſch vnndAlle Wer - cke Gottes ſindgerich tet zur be - kehrung des Men - ſchen. thumb / wie das Viehe / vnnd verſtehet nicht die Vrſache / warumb jhm GOtt groſſe Wolthaten erzeiget / nemlich / daß er jhn damit zu ſich locke / daß er GOtt lieben ſoll. Bedencket auch nicht / war -Pſal. 32. umb jhn GOtt ſtraffe / nemlich / daß er jhn zu ſich bekere / vnd zu jhm wende.

Wir wollen aber erſtlich die Leibli - chen Wolthaten betrachten / darnach die Geiſtlichen vnd ewigen.

1. Gott hat nichts geſchaffen / daß dem Menſchen nicht diene / es ſey ſicht - bar oder vnſichtbar. Die Vnſichtbaren / die vns dienen / ſind die H. Engel / derer Weißheit / Stercke / fleiſſige Hut vnnd Wacht vber vns die Goͤttliche SchrifftX van312Wie die Seele Gott anſchawetan vielen orten ruͤhmet vnd offenbahretGen 31. 2. Koͤn. 6. alſo / daß viel Engel auff einen Menſchẽ warten muͤſſen / als die Hiſtoria deß Ertz - vaters Jacobs vñ Eliſei bezeuget. Alldie - weil auch viel boͤſe Geiſter auff einẽ Mẽ -Wolthat Gottes durch H. Engel. ſchen lauren jn zuverderben / ſo ſind auch dagegen viel heilige Wechter von Gott verordnet. Wie ſie ſich auch frewen v - ber vnſere Buſſe vnd Gebet / lehret der Herr Luc. 15. Dieſe Wolthat / weil ſie vnſichtbar iſt / vnd vnſichtbarer weiſe geſchicht / achten viel Leute fuͤr gering / Aber ein Weiſer / der nicht allein die ſichtbare Welt anſchawet / ſondern die vnſichtbare / der verſtehet wol / daß im vnſichtbaren Weſen / darin Gott woh - net / viel groͤſſere Herrligkeit / viel ein ein groͤſſer Volck vnd Kriegßheer / vielVnſicht - bares we - ſen vber - trifft weit die ſicht - bare Welt. groͤſſere Herꝛſchafftẽ vnd Fuͤrſtenthumb ſein muͤſſen / dann in dieſer ſichtbaren Welt. Vnd dieweil vnß GOtt ſeine eigene Diener zu Wechtern vnd huͤtern gibt / ſeine Fuͤrſten vnnd Herrſchafften / ſo ſiehet man ja wol / wie dieſes ein v -berauß313als die mildeſte Guͤtigkeit. berauß groſſe Wolthat iſt. Gleich alß ein Fuͤrſt durch ſeine eigene Diener einen beleiten vnnd beſchuͤtzen leſſet / der etwa durch ein Wildniß reiſen ſol / o - der durch der Feinde Lande.

Schawe den Himmel an / wie Gott denſelben zu deinem Dienſt verordnet hat. Siehe an den wunderlichen lauff der Sonnen vnd Mondes. Warumb lauffen ſie ſo vnserdroſſen Tag vnnd Nacht / vnnd ſtehen nicht ein Augenblick ſtill? Sind ſie nicht fleiſſige vnd embſige Diener der Menſchen? Dann GOTt darff jhres Dienſtes nicht / Er darff jhrer Wirckung / jhres Liechtes nicht. Der Menſch aber bedarffs. Die Sonne die - net dir alß ein vnverdroſſener Knecht / der fruͤe auffſtehet alle tage / vñ daß liecht vñ ſchoͤne Fackel fuͤr dir hertregt / erinnert dich deß ewigen Lichtes / welches iſt Chri - ſtus vnd ſein Goͤttlich Wort / daß ſol dei - ner Seelen Liecht vnd Leuchte ſein / daß duWie Sonn vñ Mond den Men - ſchen die - nen. ſolt als ein Kind deß liechtes wãdeln. Der Mond vñ die nacht decket dich zu mit einẽSchat -314Wie die Seele Gott anſchawetSchatten als mit einem Bette / bringet dir ruhe / lehret dich vnter dem SchattenDie Nacht bringt ru - he. des Hoͤheſten bleiben vnd wohnen. Der Mond iſt wie eine vnuerdroſſene Magd / die holet Waſſer / vnd befeuchtet die Er -Ein jeder Stern hat ſeinen Se - gen. de. Ja es iſt kein Sternlein / es hat ſeinen Segen dem Menſchen zu gute empfan - gen / vnnd leuchtet vmb des Menſchen willen.

Siehe an die Lufft vnd die Winde / wie ſchoͤn vnd klar machen ſie den Him - mel / vertreiben die Wolcken / vnd treiben die Wolcken zuſammen als groſſe Waſ - ſerfeſſer vnd Schleuche / gieſſens hernachJob. 26. 31. auß auff die Erde. Vnnd iſt hoch zu ver - wundern / daß Gott das Waſſer in denPſal. 33. 78 Wolcken vntern Himmel zuſammen helt / als in einem Schlauch / vnnd die Lufft muß es tragen vnd halten. Vnnd ſind die Wolcken nichts dann ein feuch - ter Dunſt / welche ſich darnach reſoluirtDienſt der Wolcken / Donner / Blitzen regens. in Troͤpfflein. Auch dienet vns der ſtarcke Donner / Blitzen / Hagel / etc. daß wir GOttes gewalt darin erkennen / beten /vnd315als die mildeſte Guͤtigkeit. vnd Gott dancken / wann er vns errettet hat im ſchrecklichen Wetter / wie der 18. Pſalm lehret.

Siehe die mancherley art der Win - de an / die regieren die Schiffart / vnnd wo ein Wind hinſtreicht / da fehret das Schiff mit als ein Vogel / der durch dieWinde. Lufft fleucht. Dardurch koͤnnen alle Or - ter vnnd heimlichkeit der Welt beſuchet werdẽ / auff daß nichts verborgen bleibe / daß GOtt dem Menſchen zu gut ge - ſchaffen.

Siehe die mancherley art der Fiſche im Meer an / die haben jhre Zeit vnnd Monden / wann ſie kommen / ſo præſen - tirn ſie ſich an / geben ſich auß der tieffen herfuͤr in die hoͤhe / ſtehen da als ein Her -Erndte des Meers vnd der Lufft. de Schaffe / ja ſo dicke als das Getreide auff dem Felde / als ſprechen ſie: Itzo iſt vnſere zeit / jtzo iſt die Erndte des Meers / greiffet zu jhr Menſchen. Alſo iſts auch mit den Vogeln / wann jhre zeit iſt / flie - hen / ſie bey hauffen turmatim, vnd zei - gen ſich den Menſchen.

Siehe316Wie die Seele Gott anſchawet
Erde Got - tes ſpeiſe kammer: Berge GOttes Schatz - kammer.

Siehe die Erde an / die groſſe Spei - ſe vnd Schatzkammer Gottes / die gibt herfuͤr Speiſe vnd Tranck / Artzney vnd Kleidung / vnſere Heuſer vnd Wohnung / vnd die mancherley Metallen / Gold vnd Silber. Ein jeder Mond gibt ſeine Bluͤmlein / die treten herfuͤr / als ſprechen ſie: Hier ſind wir / vnnd bꝛingen vnſere Gaben vnd Geſehenck / vnnd verehren euch ſo gut als wirs von vnſerm Schoͤ - pffer empfangen haben. Ja ſihe den Walt an / welcher eine Behauſung iſt deß Wildes / daß hat GOtt den Men - ſchen in jhre hand gegeben / vnnd ſie zuEines ei - nigen lan - des vnzeh liche wol - thaten. Herren daruͤber geſetzet. Vnnd wann man alle Leibliche Wolthaten GOttes zehlen ſolte / were es ja vnmuͤglich eines einigen Landes Wolthaten alle zu zeh - len. Denn es iſt ja nicht der geringſte Apffel / oder ſonſt eine Frucht es iſt eine Wolthat Gottes / die zehle nur einer / iſt er ſo geſchickt / vnd wir ſolten den wolthe - tigen vnd guͤtigen Gott nicht daraus ler - nen erkennen? Wann ein groſſer Po -tentat317als die mildeſte Guͤtigkeit. tentat vnnd Herꝛ ſein gantzes Reich / alle ſeine Herꝛſchafft Ritterſchafft vnd Ge - waltigen / ja alle ſeine Vnterthanen dir dienſtbar machte vnd geboͤte daß ſie dich behuͤten / bewahren / kleiden / artzneyen / ſpeiſen / trencken ſolten / vnnd bey Leibes ſtraffen zuſehen / daß dir nichts mangele / wolteſtu jhn darumb nicht liebhaben / vnd fuͤr einen wolthetigen / liebreichen Her -Groſſe vn danckbar - keit der Menſchẽ / durch ein Gleichnis angedeu - tet. ren halten? Ein Narꝛe muſte ſeyn / der das nicht thaͤte. Wie kanſin dann Goͤtt dei - nen Herrn nicht lieben / der dir alles / was im Himmel vnnd vom Himmel iſt / was auff Erden vnnd allenthalben iſt / zu deinem Dienſt verordnet hat / vnd jhm nichts vorbehalten? Dann er darff kei - ner Creaturen fuͤr ſich / vnnd hat nichts außgenommen auß allen Herꝛſcharen der heiligen Engel vnter den SternenAlles zu vnſern Dienſt ge - ſchaffen. vnnd allen ſeinen Geſchepffen / daß dir nicht dienen ſolte. Wann wir nur wol - len / ſtehen ſie vns zu dienſte / ja auch die Helle muß vns dienen / in dem / dasſie318Wie die Seele Gott anſchawetſie vns eine furcht vnd ſchrecken einjagt / daß wir nicht ſuͤndigen / ja in dem ſie alle Gottloſen vnnd vnſere Feinde ſtraffet vnnd peiniget mehr dann ein Menſch wuͤnſchen moͤchte.

2. Laſſet vns nun an der Leiter der Creaturen zu Gott dem Schoͤpffer hin - auff ſteigen / hat nicht die H. Dreyfal - tigkeit / ein jeder Perſon inſonderheit /Wolthatẽ der H. Dreyfal - tigkeit. Rom. 8. dem Menſchen groſſe Gnade vnd Wol - that erzeigt: Der Vater hat vns ſeinen Sohn geſchencket / wie ſolt er vns nicht alles mit jhm ſchencken? Hat ſich nicht Gott der Sohn vns ſelbſt gegeben mit allen / was er iſt / vnd was er hat? Rom. 5. Darumb preiſet Gott ſeine Liebe gegen vns / das Chriſtus fuͤr vns geſtorben iſt / da wir noch Suͤndet waren / etc. Iſt nicht der H. Geiſt in vns der vnſere Seele er - leuchtet / reiniget / lehret / troͤſtet / ſchmuͤ - cket vnd zieret mit ſeinen Gaben? Rom. 8. Gibt zeugnis / daß wir Gottes Kinder ſeyn.

Summa Gottes Barmhertzigkeitgeuſſet319als die mildeſte Guͤtigkeit. geuſſet / ſich gar vber vns auß / vnd leſſet nichts vnterwegen / dardurch ſie den Menſchen zur Liebe GOttes bewegen koͤnne. So viel Wolthaten als vns Gott erzeigt / ſo viel Boten ſendet er vns / wir ſollen zu jhm kommen / vnnd ſeiner Liebe genieſſen. Wann du Gottes Wort / En -Gottes Boten die vns zu Gott brin gen. gel / alle Propheten / Apoſtel / vnd Heili - gen GOttes frageſt / ja alle Creaturen fragen wirſt / wo kompt jhr her? So wer - den ſie ſagen: Wir ſind Boten der barm - hertzigkeit GOttes / wir tragen Fewer vnnd Flammen / damit des Menſchen Hertz / ſo mit einer toͤdtlichen Kelte er - froren vnnd vbereiſet iſt / moͤchte in Got - tes Liebe wieder erwermet werden: Den - noch vermoͤgen ſo viel Fewriger vnnd Flammender Boten Gottes nicht / das todtkalte vnnd erfrorne Hertz zu erwaͤr - men. Vnd iſt demnach dieſes das hoͤchſte Wunderwerck des Teuffels / daß er kan /Groſſe macht des Satans in des Menſchẽ Hertz. daß er ein Menſchlich Hertz ſo Eißkalt machet / daß es ſo viel Flammen der Liebe Gottes nicht erwermen koͤnnen.

YDarumb320Wie die Seele Gott anſchawet

Darumb mercke auff du Menſchlich Hertz vnd ſiehe / wohin dich dein Schoͤ - pffer geſetzet hat? Mitten vnter ſo viele fewrige Wolthaten / da die leuchtenden Engel vmb dich hergehen mit jhrer few - riger Liebe / da ſo viel Creaturen vnd Bo - ten Gottes ſein / die dir alle ſeine Liebe an - kuͤndigen. Was hat nun der Allmechti - ge Gott wider dich geſuͤndiget / womit hat Ers verſchuldet / das du Ihn nichtDer mẽſch wird v - berzeuget durch die Wolthatẽ Gottes das jhn Gott lie - be. lieben vnd loben wilt oder kanſt? Iſts zu wenig / daß Er gethan? Siehe / ſo erbeut er ſich noch mehr zu thun / er wil dir noch einen newen Himmel vnd eine newe Er - de ſchaffen / vnd eine newe ſchoͤne Him - liſche Stadt erbawen / welche ſeine Herr - ligkeit erleuchten ſoll / Ja Er wil dich mit ſeiner Herrligkeit vnd Liecht erleuchten. Sage mir / wie koͤnte ein junges Weibes - bild ſo erkaltet ſein / daß ſie nicht lieben ſolte einen jungen ſchoͤnen Breutigam / deſſen Schoͤnheit vnnd Froͤmmigkeit ſie Tag vnd Nacht hoͤrete ruͤhmen / Ja der ſie vom Tode errettet / vnnd ſie ſchoͤnſchmuͤck -321als die mildeſte Guͤtigkeit. ſchmuͤckte / vber allen ſchmuck? Were ſieDer mẽſch gar erkal - tet in der Liebe Gottes nicht eine groſſe Naͤrrin / wann ſie den - ſelben nicht wolte lieben? Darumb er - kenne du Menſchliche Seele / wie du vom Teuffel erkaltet biſt / daß du gar nicht kanſt in der Liebe Gottes erwermet wer - den.

Vnd dieweil ja Gott allen Menſch - lichen Hertzen die Liebe eingepflantzet hat / ſo ſage mir / wann deine Liebe zu kauffen were / wem wolteſtu ſie lieber ver - keuffen dann Gott deinem Herrn? Meineſtu aber / Gott hat dir deine Liebe nicht thewr gnug abgekaufft vnd bezalt / hat Er dir nicht ſeinen lieben Sohn da - fuͤr gegeben / vnd Himmel vnd Erde dar -Gott hat vns vnſe - re Liebe thewr gnung bezahlet. zu? Dann alles / was du von der Welt hoffeſt vnd erwarteſt / daß ſie dir fuͤr dei - ne Liebe geben ſolt / iſt nichts dagegen / was dir Gott gegeben hat / vnd was Er[k]uͤnfftig bereitet hat denen / die Ihn lieb - haben. Die Welt gibt dir etwa einEſa. 64. 1. Cor. 2. Hand voll Ehre vnnd Reichthumb / vnd damit viel ſchmertzen / noch liebeſtuY ijſie322Wie die Seele Gott anſchawetſie / warumb liebeſt du GOtt nicht viel mehr / der das ewige Gut iſt? Iſt aber dei - ne Liebe vmbſonſt zu erlangen / wie kan jhr etwas beſſer anſtehen dann daß ſieNichtes iſt vnſerer Liebe ſo wirdig als Gott. das hoͤchſte ewige vnd ſchoͤnſte Gut Lie - be. Dann ein jedes Ding / daß man lie - bet / das iſt ſeine ſchoͤnheit vnd ſchmuck. Wirſtu Gott lieben / ſo wirſtu kein beſſer ſchoͤnheit vnd ſchmuck haben koͤnnen.

Vnd letzlich ſo iſt ja billig / daß wir den lieben / der vns erſt geliebet hat. Rech - ne alle Wolthaten Gottes zuſammen / ſo wirſtu befinden / daß alle Creaturen voll ſeyn der Liebe Gottes / dieſelbe gehet dir nach / vnd vmbgibt dich / daß du dichGottes Liebevmb gibt vns / wir koͤnnẽ vns derſel ben nicht erwehren. derſelben gar nicht erwehren kanſt / vnnd kanſt dich nicht fuͤr jhr verbergen / ſie iſt zu ſtarck / ſie vberwindet dich / du muſt jhr genieſſen / es were dann / daß du nicht le - ben wolteſt.

Nun lieben ja alle Thiere die / von welchen ſie geliebet werden / wolteſtu dann erger ſeyn dann ein Thier / vnd dei - nen Liebhaber haſſen? In deſſen Liebe dulebeſt323als die mildeſte Guͤtigkeit. lebeſt vnnd webeſt / ſteheſt vnnd geheſt /Schoͤn Ar gunient der Liebe Gottes. ſchleffeſt vnnd wacheſt. Gleich wie man aber das jenige / daß man anzuͤnden vnnd anbrennen will / ſo lang zum Fewer hal - ten muß / biß es brennend wird: Alſo mu - ſtu auch dein Hertz ſo lang halten zu dem Fewer der liebe Gottes / biß es in derſel - ben entzuͤndet vnnd brennend werde / wel - ches geſchicht durch ſtetige betrachtung der Wolthaten Gottes. Vnd wie vorWie die Liebe Got tes in vns angezuͤn - det werde. zeiten die Prieſter mit heiligem Fewer die Opffer muſten anzuͤnden: Alſo muß der ewige Hoheprieſter Chriſtus Jeſus durchs Fewer ſeines H. Geiſtes das O - pffer deines Hertzens[anzuͤnden]. VnndSchoͤn Vorbilde des heili - gẽ Fewers. hat diß heilige Fewer ſeiner Liebe von Ewigkeit her gegen vns gebrant / Dann fuͤr der Welt grund wir in Chriſto gelie - bet ſeyn. Es hat ſich aber darnach herꝛ - lich ereuget in des Herren Menſch - werdung vnd Geburt / vnd ſonderlich in ſeinem H. Leyden vnd Sterben / dadurch er vns die hoͤchſte Liebe erzeiget / vnd wird das Fewer ſeiner Liebes Flamme auch inY iijEwig -324Wie ſich Gott der Seelen offenbaretEwigkeit gegen vns nicht erleſchen. Zu demſelben Fewr halte dein kaltes Hertz / daß du erwermet vnd mit der liebe Chri - ſti entzuͤndet vnnd vereiniget werdeſt.

Das XXX. Capittel. Wie ſich Gott der liebhabenden Seelen offenbaret als die hoͤchſte ſchoͤnheit.

Pſalm. 104. HErr mein GOTT du biſt herrlich vnnd ſchoͤn ge - ſchmuͤcket / Liecht iſt dein Kleid / das du an haſt. ()

GLeich wie der liebhabenden See - len nichts lieblichers iſt dann Chriſtus / vnd kein hoͤhers vnnd koͤſtlichers Gut dann Gott ſelbſt: Alſo iſt auch derſelben nichts ſchoͤners dann Gott. Dann ſie ſiehet Gott als die hoͤch - ſte ſchoͤnheit / der nichts im Himmel vnd Erden zuuergleichen / alſo das alle H. Engel von Ewigkeit zu Ewigkeit dieſe ſchoͤnheit Gottes nicht gnugſam loben koͤnnen. Dann wann alle H. Engel injrem325als die hoͤchſte Schoͤnheitjhrem Glantz / vnd alle Außerwehlten inGottes weſendli - che ſchoͤn - heit vber - trifft alle geſchaffe - ne ſchoͤn - heit. jhrer Verklerung da auff einen hauffen ſtuͤnden / ſo wuͤrde man doch ſehen / das alle jhre Schoͤnheit vnnd Klarheit von Gott vnd aus Gott / als aus der ewigen Klarheit vnd Schoͤnheit / aus dem ewi - gen vnendlichen Liecht vnd Glantz jhren Vrſprung haben. Dann gleich wie Gott alles Gut vnd das hoͤchſte Gut iſt: Alſo iſt er auch alle ſchoͤnheit / zierde vñ ſchmuck.

Vnd wann man Gottes Herꝛligkeit im Geiſt anſchawet / ſo vergiſſet man al - ler Creaturen / ja aller Engel ſchoͤnheit / vnd trauret nirgend vber ſo ſehr / dann dzWer Gott recht ken - net / trau - ret daruͤ - ber das er jhn belei - diget hat. ein Menſch ein ſolches hohes Gut mit ſeiner Boßheit vnd eine ſo ewige vnend - liche Schoͤnheit vnd Klarheit mit ſeiner Vnreinigkeit beleidigt hat.

Weil aber Gottes Sohn der Glantz der Herrligkeit Gottes iſt Menſch wor -Heb. 3. den / ſo hat Er die Menſchen ſeiner Goͤttlichen Natur vnnd Schoͤnheit2. Pet. 1. theilhafftig gemacht als das alle die durch den Glauben in Chriſto ſein / dieY iiijſind326Wie ſich Gott der Seelen offenbaret /Pſal. 16. In Chri - ſto ſind wir vber - aus ſchoͤn ohne Fle - cken.ſind ſchoͤn vnnd herrlich fuͤr GOtt / vnd Gott gedencket vnſern Mangel vnd Vn - reinigkeit nicht mehr. Obs wol ſeine Augen ſehen: So deckets doch zu der Glantz der Herꝛligkeit vnd Liebe Chriſti.

Eph. 5.

Plato / der weiſe Heyde / als er die ſchoͤnheit der Creaturen betrachtet / der Himliſchen Liechter / der Blumen auff dem Felde / der Metallen vnnd Thiere / hat er aus der Vernunfft geſchloſſen / Gott muͤſſe ein ewiges vberaus ſchoͤnes weſen ſeyn. Dann es muͤſte in demſelben aller Creaturen ſchoͤnheit beſchloſſen ſeyn. Wir aber ſagen vnd bekennen aus Gottes Wort / vnd auß dem H. Evan -1. Joh. 3. geliſten Johanne / weils noch nicht er - ſchienen iſt / was wir ſeyn werden: Wir wiſſen aber / wanns erſcheinen wird / daß wir jhm (Gott) gleich ſeyn werden. Denn wir werden jhn ſehen / wie er iſt: Daß wir alsdann nach dem Ebenbilde GOttes vollkoͤmlich ernewert / warhafftig ein ſolch Bild ſein werden / daß Gott gleich iſt / darauß Gottes Schoͤnheit / Klarheitvnd327als die hoͤchſte Schoͤnheit. vñ Herꝛlichkeit leuchten wird: Auß Chri - ſto Jeſu aber vnſerm Herrn in hoͤch - ſter Klarheit vnd Schoͤnheit vber alles. Dann in jhm iſt alle Fuͤlle. Vnd ſo hatsCol. 1. Eph. 1. GOtt beſchloſſen / daß in jhm alle Fuͤlle wohnen ſolte / vnnd daß in jhm alles zu - ſammen gefaſſet wuͤrde / was im Him - mel vnnd Erden iſt. Welches keine endli - che Creatur außdencken kan.

Darumb ſich Engel vnd MenſchenGottes Schoͤn - heit wird aus Chri - ſto leuch - ten. vber der Verklerung vnnd Schoͤnheit Chriſti verwundern werden / ſonderlich die außerwehlten Kinder Gottes / das jh - re nichtige Leiber alſo verkleret ſind / daß ſie ehnlich ſeyn dem verklerten Leibe vn - ſers Herrn Jeſu Chriſti. Vnnd das iſts / daß die Heiligen leuchten werden wie die Sternen / vnd wie des Himmels Glantz immer vnd ewiglich. Vnd weil1. Cor. 15. Dan. 12. der 104. Pſalm von Gott ſpricht: Liecht iſt dein Kleid / daß du anhaſt / ſo wird vn - ſer Kleid auch nichts anders ſeyn dann Liecht vnd Klar - heit.

Y vDas328Wie ſich Gott der Seelen offenbaret /

Das XXXI. Capittel. Wie ſich Gott der liebhabenden Seele offenbaret als eine vnendliche Allmacht.

Pſalm. 89. HERR Gott / wer iſt wie du ein Allmechtiger GOtt? Vnd deine Warheit iſt vmb dich her. ()

DIe liebe GOttes will / daß die liebhabende Seele allen Men - ſchen gutes thue / vnd nuͤtze ſey. Feinden vnd Freunden / vnd daſſelbe vmb keines nutzes oder ehre willen / ſondern allein vmb der liebe Gottes willen / welcheGott thei - let vns aus liebe ſeine Guͤ - ter aus / daß wir ſie aus lie - be wieder ſollen aus theilen. machet daß die vnendliche Allmacht GOttes bewogen wird ſich herunter zu vns zulaſſen. Die auch aus jhrem vnend - lichen Schatz vns alles gibt zu dem En - de / daß wirs wieder geben ſollen aus liebe / was vns Gott aus liebe aus dem Schatz ſeiner Allmacht gibt.

Darumb329Als eine vnendliche Allmacht.

Darumb ſiehe zu / lieber Menſch /Der mẽſch hat nichts drumb ſol er jhm nichtes zu ſchreiben. daß du dir nichts zuſchreibeſt / ſondern al - les der Allmacht Gottes wieder gibſt / wel - cher auch alles iſt / was du haſt vnnd was du biſt. Keine Creatur kan dir etwas ge - ben / oder nemen / die Allmacht GOttes thuts allein: Keine Creatur kan dich auch troͤſten / die liebe GOTtes thuts al - lein.

In ſolcher liebe ſiehet die liebhaben - de Seele die fuͤlle der vnbegreifflichenSpiegel der All - macht Gottes. Allmacht Gottes / die da Himmel vnnd Erden / Meer vñ trucken in ſich begreifft. Sie aber kan von nichts begriffen wer - den. Dann die gantze Welt iſt gegen Got -Eſa. 40. tes Allmacht als ein Steublein vnnd als ein troͤpfflein Waſſer.

Vnd aus derſelben fuͤlle der Allmacht Gottes gehen alle kreffte alle Engeln / Menſchen / vnnd alle Creaturen herfuͤr. In derſelben beſtehet die feſte des Him - mels: Aus derſelben gehet die bewegung des Meers / die kreffte der Erden / alſo / dz Himmel vnnd Erde iſt voll GOTtes /voll330Wie ſich Gott der Seelen offenbaret /Sap. 1. vñ 11.voll Goͤttlicher Krafft vnd Wirckung /Pſal. 139. voll Geiſtes des Herren. Gottes Gewalt begreifft vnnd beſchleuſſet alles / vnd erfuͤllet alles / aber wird von niemand begriffen.

So hoch nun Gott vber alles iſt / ſoRom. 11. tieff iſt er in allem / vnd alle Ding in jm / wie S. Paulus ſagt: von jhm / in jhm / vnnd durch jhn ſind alle Ding. Item /Eph. 3. welcher iſt vber euch alle / in euch allen / vnd durch euch alle.

Weil nun Gott ſo groß iſt vber alles / ſo kan jhm ja niemand gleich ſeyn / vnnd wer jhm gleich ſein will / der machet ſich ſelbſt zum Gott / vnnd begehet die groͤſte Suͤnde / vnd fellet in die tieffe des Ver - derbens. Vnd weil Gott alles iſt / ſo muß ja alles / was auſſer Gott iſt / nichts ſeyn. Darumb aus der Allmacht GOttes er -Rechter gebrauch der All - macht Gottes. kennet der Menſch ſeine Nichtigkeit / vnd lernet Gott fuͤrchten. Daher der Herr allein an denſelben ſeinen gefallen hat / die ſich vnter ſeine gewaltige Hand demuͤ - tigen.

So331als eine vnendliche Allmacht.

So groß vnnd hoch nun Gott iſt inGOtt iſt groß vnd klem / hoch vnd nie - drig. Col. 1. ſeiner Allmacht / ſo klein vnd niedrig ma - chet jhn ſeine Liebe. Sehet vnſern Her - ren Jeſum Chriſtum an / den lebendi - gen Sohn Gottes / den gewaltigen Arm Gottes / durch welchem alles geſchaf - fen / in welchem alles beſtehet: Wie hat er ſich durch ſeine Liebe herunter gelaſ - ſen / vnd ſich vnt er alle Creaturen ernie - driget vnd gedemuͤtiget?

Darumb / gleich wie wir die All - macht GOttes nicht außſprechen vnnd ergruͤnden koͤnnen: Alſo koͤnnen wir auch Chriſti Demut vnnd Niedrigkeit nichtEph. 3. außdencken. So tieff als er herunter ge - ſtiegen / ſo hoch iſt er erhoben vber alles. Ihm ſey Ehre vnnd Preiß in Ewigkeit / Amen.

O Deus, ô Ieſu: ô Spiritus alme:

Mens inuariabilis,
Lux inextinguibilis,
Pax imperturbabilis,
Vnitas indiuiſibilis,
Veritas infallibilis,
Beni -332Wie die Seele Gott erkennet
Benignitas ineffabilis,
Potentia immenſa,
Sapientia infinita,
Bonitas incompræhenſa,
AEternitas omnipræſens,
Simplicitas omnia replens,
Principium omnia regens,
Stabilitas omnia mouens,
Vita omnium viuentium,
Senſus omnium ſentientium,
Operatio omnium operantium,
Illumina me, ſanctifica me, viui -
fica me.

Das XXXII. Capittel. Wie die liebhabende Seele Gott erken - net als die hoͤchſte Gerechtigkeit vnd Heiligkeit.

Pſalm. 36. Deine Gerechtigkeit ſtehet wie die Berge GOttes / dein Recht wie groſſe Tieffe. ()Alle333als die hoͤchſte Gerechtigkeit.

ALle Seelen die Gott lieb haben / er - kennen jhm als die hoͤchſte vnnd al - lerheilichſte Gerechtigkeit. Dieſel -Gerech - tigkeit Gottes in allen din - gen. be gehet durch alles vnnd vber alles. In Gott iſt ſie der allerheiligſte wille GOt - tes / in den Engeln der heilige gehorſam / im Menſchen das zeugnis des Gewiſſens in allen Creaturen iſts die Ordnung der Natur / dardurch GOtt alles in gewiſſeSap. 11. Zahl / gewicht / vnnd maͤſſe geſetzet hat: Was da wieder geſchicht / iſt wieder die Natur vnnd wieder Gott.

Darumb alle Suͤnde in der Welt geſchehen wieder Gottes Gerechtigkeit /Suͤnde iſt wieder GOttes Gerech - tigkeit ὰνομὶα. 1 Joh. 3. Wann GOtt er - zuͤrnet wird ſo werden al le Creatu - ren dem Suͤnder zu wieder. Col. 1. vnnd in dem beleidigt der Suͤnder alle Creaturen / vnd machet ſie jm zu wieder / auch alle Engel im Himmel / vnd ſein ei - gen Gewiſſen. Dann wann Gott delei - digt vñ erzũrnet wird / ſo werdẽ alle Crea - turen beleidigt vnd erzuͤrnet: Wann auch Gott verſoͤhnet wird / ſo werdẽ alle Crea - turen mit verſoͤhnet / vnd frewen ſich vber einen ſolchen Menſchen. Vnd aus dieſem grunde ſpricht S. Paulus: Es ſey durch Chriſtum alles verſoͤhnet / wz im Himmelvnd334Wie die Seele Gott erkennetvnnd Erden iſt. Vnd daſſelbe darumb / weil Gott durch jhn verſoͤhnet iſt. VnndLuc. 15. daher ſpricht der Herr: Es wird freu - de ſeyn fuͤr den Engeln Gottes vber ei - nen Suͤnder / der Buſſe thut. Die En - gel frewen ſich Gottes vnnd des Men - ſchen halber.

Wo aber Gott nicht mit dem Men - ſchen verſoͤhnet wird / ſo vben alle Crea - turen / Engel / vnd die gantze Natur Ra -Warumb Gott die Creatur ruͤſtet zur Rache. Sap. 5. che an einem ſolchen Menſchen. Daher ſolche ſchreckliche Vrtheil Gottes kom - men / daß alle Elementa einem ſolchen zu wieder ſeyn. Vnd iſt vnmuͤglich ſoͤlche Rache vnnd Vrtheil auffzuhalten / daß auch das Erdreich dafuͤr erſchrecket / vnd ſtille wird. Pſal. 76. Du biſt ſchrecklich / wer kan beſtehen / wann du erzuͤrneſt? Solches ſehen wir an den Egyptiſchen Plagen / wie alle Creaturen an den vn - gerechten Rache geuͤbet haͤben: Wie ſol - ches nach der lenge das Buch der Weiß - heit beſchreibet.

Auß der beleidigung der allerheilig -ſten335als die hoͤchſte Barmhertzigkeit. ſten Gerechtigkeit GOttes kompt auchFluch aus der belei - digung der gerech tigkeit Gottes. her der Fluch / wie der Mann Gottes Moſes zeuget von der Vbertretung des Geſetzes Gottes / Deut. 27.

Ein Fluch aber iſt / wann Gottes Gerechtigkeit ſolche Rache vbet / daß ei - nem verfluchten nichts gutes wiederfah - ren kan / weder von Gott noch von eini - ger Creatur / daß er allem Fleiſch vnd al -Was ein Fluch ſey. len Creaturen ein grewel wird / Eſa. 66. Maledictio eſt ad æternam miſeriam obligatio & condemnatio. Darum̃ iſt ein Fluch allen Creaturen abſchewlich vnnd grewlich / vnd koͤnnen denſelben bey ſich nicht dulden. Vnd das iſt die hoͤch - ſte Rache der Gerechtigkeit Gottes.

Aus dieſer allerheiligſten Gerechtig - keit Gottes folgen auch die wunderlichẽ / vnerforſchlichen / heimlichen / ſchreckli - chen Gerichte GOTtes / dauon der 36. Gottes vnerforſch liche Ge - richte. Rom. 11.Pſalm ſagt: GOttes Gerichte ſind eine groſſe Tieffe. Vnd S. Paulus: Wie gar vnbegreifflich ſind ſeine Gerichte / vnnd vnerforſchlich ſeine Wege.

ZWann336Wie die Seele Gott erkennet

Wann man nun dieſelbe anſiehet /Deut. 32. ſo ſiehet man darin GOttes Gerechtig - keit / dauon der Mann Gottes Moſe ſa - get: Die Rache iſt mein / ich will vergel - ten / ſpricht der Herr. Wann ich den Blitz meines Schwerts wetzen werde / vnnd meine Hand zur Straffe greiffen wird / ſo will ich mich wieder rechnen anBeſchrei - bung der Rache Gottes. meinen Feinden / vnd denen / die mich haſ - ſen / vergelten. Jauchtzet alle / die jhr ſein Volck ſeid. Dann er wird das Blut ſeiner Knechte rechen / vnnd wird gnedig ſein dem Lande ſeines Volckes.

Allhie verkuͤndigt Moſes GOttes Rache vber alle Gottloſen / ſo der Ge - rechtigkeit Gottes wiederſtreben. Wieder dieſelbe wird GOTT den Blitz ſeines Schwerts wetzen. Das iſt nichts anders dann ſein ſchreckliches Gericht vnd Vr - theil / dafuͤr als fuͤr einen Blitz der Erd - boden erſchrecket / vnd kan demſelben kei -Pſal. 76. ne Creatur wiederſtehen. Es kan auch einem ſolchen / an welchem GOtt ſeine Rache vnd Gericht vbet / die gantze Weltnicht337als die hoͤchſte Barmhertzigkeit. nicht helffen / wie der 94. Pſalm ſpricht: Herr Gott / deß die Rache iſt / Gott / deß die Rache iſt / erſcheine. Erhebe dich / du Richter der Welt / vergilt den Hoffer - tigen / was ſie verdienen. Da wir hoͤren / ob wol GOTT der Herr zwar ein gnediger / liebreicher / freundlicher / leutſeliger / barmhertziger / langmuͤtiger / geduͤltiger Gott iſt allen denen / die jhn fuͤrchten: So iſt er dennoch ein gerechter Richter nach ſeiner Gerechtigkeit gegen alle Gottloſen / ſo wieder ſeine Gerech - tigkeit handeln.

Darumb ſtellet er vns nicht allein in ſeinem Wort die Exempel ſeiner Gnade vnnd Barmhertzigkeit fuͤr / ſondern auch die Exempel ſeiner Gerechtigkeit vnnd Rache / Als in der Suͤndflut / an So -Exempel der wun - derlichen Rache Gottes dom vnd Gomorra / an Pharao in Egy - pten / vnnd im Roten Meer / an Core / Dathan / vnnd Abiran / an Saul / Achi - tophel / Achab / Jeſabel / Nebucadne - zar / Balthaſar / Senacherib / Antio - cho, vnnd im Newen Teſtament anZ ijHero -338Wie die Seele Gott erkennetHerode, Nerone, Valente, luliano, Diocletiano, &c. An welchen allen wir Gottes wunderliches Gericht vnnd Ra - che ſehen. Darumb heiſſet er Deus vl -Pſal. 94. Gott heiſ - ſet darum̃ ein GOtt der Rache / daß die Rache nit auſſen blei bet wegen ſeiner. Ge - rechtig - keit. tionum, ein Gott der Rache / der jm al - lein die Rache vorbehelt / darumb / daß er der allerheiligſte vnd gerechteſte Gott iſt / ja die Gerechtigkeit ſelbſt. Darumb die heiligen Seele Apoc. 5. Gottes Gerech - tigkeit anruffen: Herr du Heiliger vnd Gerechter / wie lang recheſtu vnſer Blut nicht?

Solche Gerichte Gottes geſchehen taͤglich / vnd werden allein von den Glaͤu - bigen vnd Heiligen recht erkant / wie der 91. Pſalm ſagt: Ja du wirſt mit deinen Augen deine luſt ſehen / vnd ſchaͤwen / wie es den Gottloſen vergolten wird.

Welchen Spruch wir nicht nach Fleiſchlichen affecten vnnd Vrtheil ver - ſtehen vnd anſehen ſollen / ſondern nach dem Geiſt / daß man Gott dem HerrN das Lob der Gerechtigkeit geben ſoll / vnd mit dem 119. Pſalm ſprechen. Iuſtus esDomine,339als die hoͤchſte Barmhertzigkeit. Domine, Herr du biſt gerecht / vnnd deine Gericht ſind auch gerecht / vnd Pſ. 144. Der Herr iſt gerecht in allen ſei - nen Wercken / vnd heilig in allen ſeinen Wegen.

Alſo ſchen die Heiligen vnd Gleubigen jhre luſt an den wunderlichen GerichtenWie die Heiligen an Gottes Gerichten jhre luſt ſehen. Gottes nicht nach dem Fleiſch / daß ſie frolocken ſolten vber dem vntergang vnd verderben der Gottloſen / welches aus ei - gener Rache herkompt / ſondern nach dem Geiſt ſehen ſie jhre luſt / das iſt / ſie erken - nen vnd ruͤhmen Gottes Gerechtigkeit / daß er ſein Wort erfuͤllet / vnd ein gerech - ter Gott ſey. Vnter des beklagen vnd be - weinen ſie der Gottloſen verderben / wieLuc. 19. 2. Sam. 19. der Herr weinet vber Jeruſalem / vnd David vber Abſolon.

Alſo muß man hie zweyerley reſpect habenrauff Gott vnnd auff Menſchen. Wañman auff das verderben der Men - ſchen ſiehet / gehets einem billich zu Her - tzen: Wann man aber auff Gott ſiehet /Pſal. 92. ſo muß man ſeine Gerechtigkeit preiſen. Dann er thut niemand vnrecht.

Z iijDas340Wie die liebhabende Seele Gott ſiehet

Das XXXIII. Capittel. Wie die liebhabende Seele Gott ſiehet als die ewige Weißheit.

Act. 15. Gott ſind alle ſeine Wer - cke von Ewigkeit her bekant. ()

GOtt ordnet / regieret / beweget / reguliret alles nach ſeiner vn - erforſchlichen Weißheit / wie E - ſa. 45. geſchriebẽ iſt: Ich rieff dich bey dei - nem Namen / vnd nennet dich / da du mich noch nicht kanteſt. Ich bin der Herr vnd ſonſt keiner mehr. Kein Gott iſt ohn ich / der Ich das Liecht mache / vnd ſchaffe die Finſternuͤß / der ich Feinde gebe / vnnd ſchaffe das vbel. Ich bin der Herr / der ſolches alles thut. Wehe dem / der mit ſei - nẽ Schoͤpffer hadert / nemlich der Scher - bẽ mit dem Toͤpffer deß Thons. Spricht auch der Thon zu ſeinem Toͤpffer / was macheſtu? Du beweiſeſt deine Hende nitan dei -341als die ewige Weiſtheitan deinem Wercke. Wehe dem / der zum Vater ſagt: Warumb haſtu mich gezeu -Beſchrei - bung der Weißheit vnd wun - derlichen regierung Gottes. get? Vnd zum Weibe: Warumb gebie - reſtu? So ſpricht der HErr / der Heilige in Iſrael / vnd jhr Meiſter fodert von mir die Zeichen / vnd weiſet meine Kinder / vnd das Werck meiner Hende zu mir. Ich habe die Erde gemacht / vnd den Men - ſchen darauff geſchaffen. Ich bins / des Hende den Himmel außgebreitet / vnnd alle ſeinem Herr geboten.

Diß iſt ein gewaltiges Zeugnis von der ewigen Weißheit / wunderlicher vnd vnbegreifflicher Regierung deß Allmech - tigen GOTTES welche zu ſpuͤren iſt erſtlich in dem / daß er einem jeden vnter vns bey ſeinem Namen genennet vnd geruffen hat / da wir jhn nicht kan - ten / da wir nichts waren. VnſerWas vn - ſer Name ſey / dabey vns Gott ruffet. Pſal 147. Name aber / damit vns Gott ruffet / iſt vnſer Glaub vnd Amptsberuff / vnd der gantze lauff vnſers Lebens. Da ſind wir mit vnſerm gantzen Leben anfang / mittel vnd Ende / mit vnſerm eingang vnd auß -Z iiijgang342Wie die Seele Gott ſiehetgang / wie es der 121. Pſalm nennet / in Gottes ewiger Weißheit vnd Verſoͤh -Pſal. 147. nung eingeſchloſſen. Er zehlt die Ster - nen vnd nennet ſie alle mit Namen / daß iſt / gibt jhnen jhren Lauff / Krafft vnnd Wirckung / wie viel mehr den Menſchen.

Eſai. 45.

GOtt machet Liecht vnd Finſter - nuß / Er gibt Friede vnd ſchaffet Krieg / das iſt das malum pœnæ / die gerechte Siraffe der Suͤnde / die ſchaffet Er / vndJer 48. 49. leſſets zu / Ja er darff wol dem Schwerdt ruffen vnd jhm befehl thun.

Summa Er ordnet alles weißlich / ſihet alles zuvor vnd hoͤret alles / wie der 94. Pſalm ſpricht: Mercket doch jhr Thoren / wann wolt jhr klug werden? Der das Ohr gepflantzet hat / ſolt der nicht hoͤren? Der das Auge gemacht hat ſolt der nicht ſehen? Der die Heyden zuͤchtiget / ſolt der nicht ſtraffen? Der die Menſchen lehꝛet / was ſie wiſſen.

Da lehret vns der liebe David / das Gott einen Spiegel ſeiner Allwiſſenheit / vnd ewigen Weißheit in den Menſchengelegt343als die ewige Weißheit. gelegt habe / in daß hoͤrende Ohr / vnd in[d] ſehende Auge / welches zwey wun - drliche ſinnliche Kreffte ſein am Mẽſch - lichen Leibe.

Gleich wie es nun einem Men -Bildevnd Spiegel der weiß - heit Got - tes. ſchn hefftig verdreuſt / wann er etwas vn illiches ſihet vnd hoͤret / ſolte Gott der einallſehendes Auge / ein allhoͤrendes O[h]r hat / nicht viel mehr verdrieſſen der M[en]ſchen Vndanckbarkeit? Da er doch durch ſeine Weißheit alles geordnet / daß es da Menſchen dienen ſolle? Die Son - ne hit er durch ſeine Weißheit gemacht / daß[ſ]ie vns leuchten ſoll / nicht jhr ſelbſt. Da Waſſer trencket nicht ſich ſelbſt / ſondrn vns. Die Erde gibt jhr FruͤchteWeißheit Gottes ordnet alles zu vnſerm beſten. nicht ihr ſelbſt / ſondern vns. Das Fewer wernet ſich nicht ſelbſt / ſondern vns. Die Lufft gibt jhr nicht ſelbſt Othem / ſonden vns. Das Brot ſpeiſet ſich nicht ſelbſt ſondern vns. Ein Kreuͤtlein hei - let ich nicht ſelbſt / ſondern vns.

Die ewige Weißheit Gottes hat ſo vie Kraͤffte in die Creaturen gelegt / vndZ vſo344Wie die Seele Gott ſiehetſo weißlich ausgetheilet / dz dieſelbe nichts anders ſeyn dann eitel hende / dadurch d[i]e Weißheit vnd Guͤtigkeit Gottes vns jh -Kreffte in allen Cre - aturẽ ſind eitelhende der Guͤ - tigkeit. Gottes. re Schaͤtze außtheilet / wie Job am[1]2. ſpricht: Wer weiß ſolches nicht / daßdes Herrn Hand alles gemacht hat / vnd das in ſeiner Hand iſt die Seele ales / das da lebet / vnd der Geiſt alles fleiſhes? Frage das Viehe / daß wird dirs ſagen / oder rede mit der Erden / vnd mit d[e]Fi - ſchen deß Meers / die werden dirs[e]rzeh - len / das bey GOTT iſt Recht / Gewalt Weißheit. Siehe / wann er zubric[ht]/ ſo hilfft kein bawen. Wann Er zuſcheuſt / ſo kan niemand auffthun. Job. [2]6. Er faſſet die Waſſer zuſammen /[w]ie ein Schlauch in ſeine Wolcken / vmd die Wolcken zerreiſſen darunter nic[ht]. Er breitet aus die Mitternacht nirge[n]d an / vnd henget die Erde an nichts.

Weil nun Gott der HErr a[ll]e ding ordnet / durch ſeine Weißheit / ſo ha Er auch vnſer Creutz verſehen. Darum wir auch nicht murren ſollen / ſondern Got -tes345als die ewige Weißheit. tes Weißheit pruͤfen / vnd gedult lernen. Dann es kann nicht anders gehen dann wie es GOtt ordnet vnnd veꝛſehen hat. Nicht allein aber das / was vns inſonder - heit widerfehret / iſt die allerweißlichſte Ordnung GOTtes / ſondern auch alle groſſe Landplagen / Hunger / Krieg / Pe - ſtilentz / Verenderung der Reiche: AlſoEs mus alles ge - hen wie es Gott ord - net vnd das iſt die hoͤchſte Weißheit Gottes. wann wir dencken / es ſey lauter Zerruͤt - tung / Verderbung / vnd Vntergang / ſo iſt die allerweißlichſte Ordnung Gottes. Welches wir aus den Bibliſchen Hi - ſtorien abnehmen koͤnnen / da Hunger / Krieg / Peſtilentz / Zerſtoͤrung der Reiche der Welt / Vntergang deß JuͤdiſchenWas vns in Gottes Wercken nerriſch deucht iſt das aller - weiſeſte. Reichs vnd Keyſerthumen beſchrieben ſein / die Gefengnus vnnd anders viel - mehr. Sap. 3. Ich mercke das alles was Gott thut das beſtehet immer / man kan nichts dar zu noch abthun / vnnd das thut Gott das man ſich fuͤr Im fuͤrchten ſol.

Item. Sap. 3. Sihe an die Wercke deß HErrn / wer kan das ſchlecht ma - chen das er kruͤmmet.

Wann346Wie die Seele Gott ſiehet

Wenn wir nun ſolch es rech[t]anſe - hen / ſo muͤſſen wir bekennen / Gott hette es nicht weißlicher machen koͤnnen. Alſo iſts mit den Verfolgungen im newen Teſtament / mit vnſerm HERrn Jeſu Chriſto / mit dem H. Evangelio / mit den H. Marterern / vnnd allen andern din - gen. Daß deucht vns alles widerſinniſch / vnnd nerriſch / vnnd iſt doch die hoͤchſte Weißheit GOttes.

Wie wir nun ſollen in den wunder - lichen Gerichten GOTtes dem lieben Gott daß Lob der Gerechtigkeit geben: So ſollen wir auch jhm in den wunderli - chen Verenderungen der Welt / vnnd in allen vnſern Creutz vnd Leiden daß Lob der Weißheit geben / daß Er auch alles boͤſe zum guten Ende richten vnnd aus boͤſen gutes machen kan / das alſo in al - len dingen ſeine Weißheit leuchtet / wie verwirret ſie vns auch duͤnckẽ / gleich wie aus allen ſeinen Gerichten ſeine Gerech - tigkeit.

Sonderlich aber ſiehet die liebha -bende347als die ewige Weißheit. bende Seele GOttes Weißheit in der Widerbringung vnd Erloͤſung Menſch - liches Geſchlechts / vnd in der Ernewe - rung der Menſchlichen Seele / vnd jhrer Kraͤffte. Dann ſo hats der WeißheitHoͤchſte weisheit Gottes / in deß Menſchẽ widerbrin gung. Gottes gefallen / daß das verdorbene Bilde Gottes im Menſchen durch daß Goͤttliche weſentliche Ebenbilde Gottes das iſt durch Chriſtum ernewert wuͤrde. Dann nach dem der Menſch die ſelige Weißheit / daß ſchoͤne Liecht deß Ver -Joh. 12. ſtandes durch die Suͤnde verlohren het - te / dadurch er Gott recht erkante vnnd in die euſſerſte Blindheit / Ja in die ewige Finſterniß gerahten war / vnd auch darin hette bleiben muͤſſen / iſt Gottes Sohn / welcher iſt die ewige Weißheit deß Va - ters / Menſch worden / vnnd den Men - ſchen ein Liecht deß Lebens worden / daß Er die jrrende wider zu rechte brechte / die Vnwiſſenden lehrete / die Suͤnder zu ſich lockete / vnd daß Liecht deß Erkant -Daß ewi - ge Liecht iſt den Menſchẽ das liecht nus Gottes durch den Glauben vnd den H. Geiſt wider anzuͤndete / ja ſich ſelbſtmit348Wie die Seele Gott ſiehetdeß Le - benswor - den im ver ſtande. Ernewe - rung deß Bildes Gottes.mit des Menſchen Seelen vereinigte / vnd darin leuchtete.

Fuͤrs ander / nach dem deß Menſchẽ wille gantz von GOtt abgewand vnnd verkehret war / Ja in einem lautern Vn - gehorſam verwandelt war / vnd GOtt in allen dingen widerſtrebete / iſt GOt - tes Sohn Menſch worden / auff das Er vns ein Exempel deß vollkommenen Ge - horſams wuͤrde / vnd vnſern boͤſen Wil - len heilete / ſeinen guten Wilien in vnſer Hertz pflantzete / vnd vnſern Willẽ durchChriſtus ernewert vnſern willen durch ſei - nen H. gehor - ſam. ſeinen H. Geiſt ernewerte / auch vns ſei - nes H. Gehorſams durch den Glauben theilhafftig machte / wie zum Gal. 3. ge - ſchrieben iſt. Daß wir den verheiſſenen Geiſt durch den Glaubẽ empfangen / Ja ſich mit vns vereinigte / vnd in vns leben te / das vnſer wille auch Gott gleichfoͤr - nag wuͤrde.

Fuͤrs dritte / weil die affecten vnſers Hertzens vnd alle Kreffte Gott wider - ſtrebeten / vnnd alles tichten vnd trachten deß Menſchlichen Hertzens immer boͤſevon349als die ewige Weißheit. von jugend auff / iſt Gottes Sohn / der dieGen. 6. Liebe ſelbſt iſt / Menſch worden / auff das er vns ein gantz new Hertz machte / Got -Die ewige Liebe en - tzuͤndet vnſer Hertz. tes Liebe einpflantzte / her tzliche demut vñ Sanfftmut / vnd dz alte fleiſchliche Hertz hinweg neme / vñ ſich mit vns vereinigte / dz wir mit jm eines Hertzens / Gemuͤts / Sinnes vnd Geiſtes wuͤrden / welches ei - tel Fruͤchte ſind / ſeiner Allerheiligſten Menſchwerdung in vns.

Vnd dz iſt die hoͤchſte weißheit Gottes / das er durch ſeinen lieben Son dẽ Men - ſchẽ alſo ernewert. Dann gleich wie Gott durch ſeine Weißheit den Menſchen er - ſchaffen zu ſeinẽ vollkommenen Bilde: Alſo hat er jn durch ſeinen lieben Son welcher iſt die ewige Weißheit / in dem er Menſch wordẽ / new geſchaffen vnd widergeborn zum newen Bilde GOttes / darin ſeineErnew - ertes Bil - de Gottes Weißheit / Heiligkeit vnd Gerechtigkeit ewig leuchtẽ ſolte. Dann darin ſtehet fuͤrnemlich das Bilde Gottes.

Alſo iſt dz verdorbene Bilde Gottes im Menſchẽ durch dz weſentliche Ebenbilde Gotteswider ernewert durch Chriſtum:

Das350Wie ein Menſch durchs Gebet

Das XXXIV. Capittel. Wie ein Menſch durchs Gebet die Weißheit Gottes ſuchen ſol / dabey ein nuͤtzli - ches ſchoͤnes Tractaͤtlem / vnd Vnterricht vom Gebet / wie das Hertz dazu zuerwecken vnd in einem ſtillen Sabbat zubringen / das Gott das Gebet in vns Wircke: Begreiffet zwoͤlff Ca - pittel.

Cap. 1. Was wir in Adam verlohren haben fin - den wir gantz vnnd vollkommen in Chriſto wider.

Col. 2. in Chriſto ſind alle Schaͤtze der Weißheit vnnd Erkentnis verborgen. ()

DEr Menſch iſt von GOtt auß einem Erdenkloß geſchaffen vnd formirt / vnd durchs ſpira - culum vitæ mit einer lebendigen vn - ſterblichen Seele begabet / welche gezie - ret worden mit vollkommener Weißheit / Gerechtigkeit / Heiligkeit vnd Seligkeitals351die Weißheit Gottes ſuchen ſol. als mit dem Bilde Gottes. Denn woSap. 9. die Weißheit GOttes iſt / da iſt auch die Seligkeit / vnd wo die Seligkeit iſt / da iſt auch die Weißheit Gottes. Sap. 6. Es gefelt Gott niemand / er bleibe denn in der Weißheit. Alſo hat dem Menſchen nichts gemangelt im Paradies. Aber nach dem er ſich durch Verfuͤhrung der Schlangen von Gott abgewand / vnnd in die Suͤnde gefallen / iſt diß Bildnis Gottes im Menſchen verblichen / vnd iſt ſolcher Weißheit beraubet worden / dar - neben auch in gewalt deß Teuffels / To - des / vnd alles Elendes geraten. Dann inDer mẽſch durch die Suͤnde / aus der ſeligen Weißheit in die vn - ſelige tor - heit gera - then. dem durch ſolche Vbertretung das Goͤtt - liche Bild gantz verdorben / ſahe vnd be - fand der Menſch nach dem Fall nichts mehr dann ſeinen eigenen Schaden / Truͤbſal / Blindheit / vnd Verdamnus.

Damit aber Adam / das iſt / alle Menſchen in Adam nicht gantz verduͤr - ben / ward Gott ſelber Menſch / das iſt / Er lies ſeinen Sohn Menſch geboren werden von einer Jungfrawen. Der -A aſelbe352Wie ein Menſch durchs Gebetſelbe Sohn hat vns wiederumb den Weg der Seligkeit vnd Weißheit gezeiget mit ſeiner Lehr vnnd Leben / als mit einem Fuͤrbilde vnd Form / welcher wir ſollen nachfolgen. Dann in dem Er durch ſei - nen bittern Todt vns erloͤſet hat von al - len ſuͤndẽ / befihlt er auch darneben / dz wir1. Joh. 2. wandeln ſollẽ / gleich wie er gewaͤdelt hat.

Alſo werden wir durch den Glauben auß Ihme wiedergeboren zu Kindern Gottes / vnd werden Soͤhne vnd Kinder in dem Son vnd mit dẽ Son. Dann gleich1. Joh. 4. wie er iſt: Alſo ſind wir auch in diſer welt.

In dieſem Sohn ſind verborgen alle Schaͤtze der Weißheit Gottes Dann was wir in Adam verlieren / finden wir inRom. 5. In Chri - ſto finden wir alles wider wz wir in A - dam ver - loren. Chriſto gantz vnd vollkoͤmlich wieder.

Wollen wir aber in dieſer zeit den Anfang ſolcher Schaͤtze ſchmecken / vnnd die Weißheit beſitzen / ſo muß es durch Beten / Suchẽ / embſiges anklo - pffen geſchehen. Dann niemand mag in das Reich GOttes kommen / er wan - dele dann in der newen Geburt / vnnd bitte dann darumb. Niemand mag vonSuͤnden353die Weißheit Gottes ſuchen ſol. Suͤnden loß / vom Teuffel errettet wer -Ohn Ge - bet wird nichts er - langt. den / er thue denn Buſſe / vnd bete im Na - men Chriſti. Dann ob ſchon alle Guͤter durch Chriſtum zuvor erlanget / vñ erwor - ben ſind / ſo mag doch keiner derſelbẽ theil - hafftig werden ohne durch den Glauben / durch welchen er auch muß beten / ſuchẽ vnd anklopffẽ. In ſum̃a es muß alles võJac. 1. obẽ herab durchs Gebet erlanget werden.

O ewiger Vater vnd Gott / lehre mich durch deinen Geiſt erkennen / das / gleich wie ich in Adam ſterbe / vnd alles verliere / auch in Chriſto wider lebendig werdẽ / vnd alles reichlich widererfangen moͤge. Hilff / dz ich mir ſelbſt abſterbe durch taͤgliche rewe vnd buſſe / mich dir gantz laſſe vñ er -Schon ge - betlein wie wir in Chriſto alles wi - der erlan - gen. gebe / ſo werde ich gewiß in Chriſto meinẽ Erloͤſer alle verlorne Guͤter wieder erlan - gen vnd vberkommen / Amen.

CAPVT II. Wie groſſer Schade entſpringe vnnd folge / ſo man das beten vnterleſſet.

Jar. 4. Ir habt nichts drumb das jhr nicht bittet. ()A ijWird354Wie ein Menſch durchs Gebet
[Matth.] 7. Luc. 18.

1. Wird Gottes vnd deß Herrn Chriſti Befehl vbertreten. Der gebeut ohn vnterlas zu beten / nicht ſeinenthal - ben / dann Er ohn das weis / was wir be - duͤrffen / ſondern vnſerenthalben / damit wir gewar werden deß Schatzes vnd Erb -Warumb Gott be - ten heiſ - ſet. theils von GOtt. Nicht beten iſt eine groſſe Suͤnde wider das erſte vnd ander Gebot / gleich wie Gott leſtern / fluchen / ꝛc. So groſſe Suͤnde / wo nicht groͤſſer / als ſich ſelber toͤdten.

Pſal. 50. Joh. 16. Nicht be - ten iſt eine Verach - tung Gottes.

2. Iſts eine Verachtung der thew - ren Verheiſſung Gottes / die Er an ſei - nen Befehl henget: Invoca eripiam petite, accipietis (omnia) Ruffet mich an / bittet / ſo werdet jhr nehmen. Vnd wird alſo Gott fuͤr einen nichtigen loſen Mann gehalten der Zuſage / vnnd nicht halte / deſſen Guͤter nichts werth ſeyn.

3 Wann das Gebet nicht ohn vn - terlas geuͤbet wird / ſo nimpt der Glaube ab / vnd verleuret ſich allgemaͤch / welcher doch ein Krafft vnnd Stercke ſeyn mus deß Menſchen. Dann mit Waffenvn[d]355Die Weißheit Gottes ſuchen ſol. vnd Leibes ſtercke koͤnnen wir Suͤnde /1. Joh. 5. Ohn Ge - bet ver - liſcht der Glaube. Todt Teuffel nicht vber winden / ſondern durch den Glauben in Chriſto. Das Ge - bet iſt eine Narung deß Glaubens. Da - durch muͤſſen wir die Krafft deß Glau - bens vben. Das iſt die Weißheit vnd das ewige Leben die wir ſuchen ſollen.

4. Der HErr Jeſus Chriſtus wei -Pſal. 145. chet von denen die nicht beten / ſo werden ſie blind / wandeln in Finſternus / erken - nen ſich ſelbſt nicht noch Gott / GOttes Wille bleibet in jnen vnerkant. Sie be -Chriſtus das ewige Liecht wei - chet von den Bett - loſen. rauben ſich ſelbſt Gottes vñ ſeines Reichs vnd weil ſie kein Liecht haben Gottes wil - len zuerkennen / muͤſſen ſie in der Anfech - tung groſſe Puͤffe leiden / offtmals wol gar verzweiffeln / wo aber der H. Geiſt vnd Glaube iſt / wird auch die Welt vber - wunden.

5. Folget hier aus ein ſicher frech Le - ben in allen ſuͤnden vnd ſchanden / aus ei - nem Laſter ins ander / denn ein nichtbe - tender fuͤhlet nicht wie tieff er in ſuͤnden ſtecke / thut dem Teuffel Thuͤr vnd Fen - ſter auff. Die Guͤter der Welt / ſo jhmA a itiGott356Wie groſſer Schad folgeAlle ſuͤn de vnd vndanck - barkeit iſt bey einem Bettloſen.Gott mitteilet / Geſundheit / Reichthum meinet er fallen jm ohne gefehr zu / oder bekom̃e es durch eigen Fleiſch vnd Arbeit ohne Gott / vnd wird alſo ſeinen Schoͤ - pffer vndanckbar.

6. Weil der Menſch nach dem Fall in gefahr lebet leibes vñ der Seelen / ſo wirfft er ſich auch in gewalt des Teuffels der boͤſen Geiſter / vnd allen boͤſen Menſchẽ /Homo ho - mini Di - abolus. Ein nicht betender dem Teuf - fel vnd al - len ſeinen weg zeu - gen vn - terworffẽ die dem Teuffel gleich / auch den From̃en nachſtellẽ / oͤffentlich vnd heimlich zuver - derben / wer nun ohn gebet lebet der wird von ſolchem Vngluͤck getrieben wie ein Schiff von Wellen deß Meers / hat kein ſchutz / huͤlff noch troſt wider ſolchegefahr.

7. Ein ſolcher iſt der vngluͤckſeligſte in ſeinem wandel vnd Leben / ſtehet jmmer inPſal. 9. Ein Bet - loſer der vnſeligſte Menſch im leben. vnd Todt. Pſalm. 37. angſt vnd furcht / iſt vngewiß vnd zweif - felhafftig / wie ſein vorhaben ein außgang gewinnen werde / mit muͤhe vnd arbeit ſu - chet er / vnd findet ſtuͤckwerck / zu letzt kan es doch nicht wol gerahtẽ. Es ſagt wol die Schrifft / es gehe den Gottloſen wol / ſie gruͤnen vnd bluͤẽ ein zeitlang / aber ehe du dich vmbſiheſt / ſind ſie nim̃er da. Wie einPfeile357ſo man das beten vnterleſſet. Pfeile durch die Lufft fehret / vnd man ſiehet ſeinen weg nicht / oder ein VogelSap. 5. vber die Stadt fleucht / wie der rauch ver - ſchwindet / die ſprew verwehet wird: AlſoPſal. 1. 29. Pſalm. 34. ſind die Gottloſen. Aber die da betẽ / gruͤ - nen wie ein Palmbaum an den Waſſer - bechen ꝛc. Der Gerechte muß viel leiden /Syra. 40. Aber die Gottloſen ſiebenmal / Ja hun - dert mal mehr die Helle zuerlangen / als die Frommen den Himmel.

O gnediger vnd guͤtiger Vater / du weiſt ſehr wol / daß der Menſch durch ſei - ne faulheit vnd nachleſſigkeit ſich ſelber quelet vnd plaget / in dem er dein Gebot verleſt / das Gebet verſeumet / deine vnge - zweiffelte zuſage vnd troͤſtliche Verheiſ - ſung vernichtet vnd gering ſchetzet. Dar -Schoͤn ge betlein / warumb GOTt ſo hefftig zum gebet treibet. umb treibeſtu jn ſo hefftig zum anruffen. Dann du biſt ein Liebhaber der Creaturẽ / vnd wilt keinen verderben laſſen / ſo viel an dir iſt. Lere mich ſolches bedenckt / auff das ich in Chriſto Jeſu deinem Son recht mag beten / ſo werde ich gewißlich fuͤr al - lem obgemelten Schaden vnd Vnrath bewart vnd ſicher ſein / AMEN.

A a iiijCap. 358Das der Menſch nutz vnd frommen habe

CAPVT III. Das der Menſch groſſen Nutz vnd From - men habe von ſtetiger vbung des Gebets.

Joh. 16. Bittet ſo werdet jhr neh - men daß ewre Freude vollkom - men ſey. ()

DEr Menſch nach dem Fall iſt faul vnnd vngehorſam worden zu allen Goͤttlichen ſachen. Daß er nun darinne nicht bleibe noch verderbe / ſol er ſich durchs Gebet auff - muntern vnd erwecken durch mancherley betrachtungen / vnd erſtlich bedencken den groſſen Nutz / Troſt vnnd Frommen deß H. Gebets / daß er nemlich den einigen wahren lebendigen Gott bekenne / ehre / anbete vnnd keine frembde Goͤtter tichte vnd anruffe / ſondern den einigen wahren Gott deſſelben befehl vnd gebot hat er inEin wah - rer Beter bekennet den waren Gott. acht als ein gehorſam Kind / bittet / ſu - chet / klopffet / ruffet / preiſet ſeinen Schoͤ - pfer / Vater vnd Seligmacher / ꝛc.

2. Z[u]359von ſtetiger vbung des Gebets.

2. Zu dem verachtet er nicht die Zu -Bekenner Gottes Warheit. ſage Gottes / ſondern gibt mit ſeinem Ge - bet zu erkennen / daß ſie hoch zu achten / vnnd der warhafftige Gott nicht woͤlle noch koͤnne liegen.

3. Zum dritten / der Glaube nimptIm Gebet wechſet der Glau - be. zu / wechſet taͤglich wie ein Baum: Denn im Glauben ſtehet alle vnſere Krafft / T[ro]ſt / vnd ſtercke wieder alle vnſere Fein -1. Joh. 5. de vnnd wiederwertigkeit / ja er iſt der Sieg / der die Welt vberwindet / auch die V[n]gleubigen / ſo vns vbels wuͤnſchen.

4. Vber das empfahen wir den heili -Luc. 11. Beten ver mehret vns die Gabẽ des Geiſtes. Joh. 14. Zach. 12. gen Geiſt / das iſt / wir geben jhm raum vnd ſtatt zu herrſchen / er bleibt vnd macht wo[hn]ung bey vns / wir werden erwecket in den warhafftigen Liecht vnd erkantnis Gittes / daß wir ſeinen willen recht ver - ſtelen / vnnd bleiben im Reich GOTtes thel hafftig aller Himliſchen Guͤter.

5. Auch verhuͤten wir hiedurch ſieher -Aber kem pffet wie - der eignes Fleiſch vñ Blut. hei / wiederfechten den Suͤnden / Fleiſch / vn / Blut / wandeln im froͤlichen Gewiſ -Aa vſen /360Das der Menſch nutz vnd frommen habe1 Tim. 1.ſen vben / eine ſelige Ritterſchafft / behal - ten den Glauben vnd gut Gewiſſen.

Gebet kempffet wider des Teuffels Reich. Eph. 6. Prov. 18. Pſal. 31.

6. Deßgleichen wiederſtehen wir groſ - ſer anfechtung / gefahr / vnnd elende / dem Teuffel / boͤſen Menſchen. Dann das Gebet iſt ein ſtarcker Turm wieder alle Feinde / eine feſte Burg Gottes / zuder wir durchs Gebet fliehen. Vnd ob der Teuffel oder boͤſe Menſchen ein eing[r]ieff thun / muß es doch den frommen zun be - ſten gereichen.

7. Letzlich kan ein ſteterbetender Menſch ſich immer frewen im H. Geiſt mit danckbarkeit nach der Lehre S. [P]au -Aus dem Gebet kõt freude vñ friede. li 1. Theſſ. 5. Semper gaudete, i[n]ceſ - ſanter orate, in omnibus gratias agi - te, das iſt / frewet euch allezeit / bete[o]hne vnterlaß / ſeid danckbar in allen di[n]gen. Keine angſt / keine vnluſt / bekuͤmmer[n]uͤß / Traurigkeit entſtehet aus dem G[e]bet / ſondern freude / wonne / luſt wege[n]des lieblichen geſprechs mit Gott dem ewi - gen Koͤnige. Vnd nach dem Gebe[t]wird man gewiß / vnſere Sachen werden[e]inen[gl]uͤck -361von ſtetiger vbung des Gebets. gluͤcklichen außgang gewinnen. Alle ſor -1. Petr. 1. Phil. 4. Pſal. 37. ge werfft auff den Herrn. Gott iſt na - he / ſorget nicht / Befehle dem Herrn deine Wege / ꝛc. Alle kummernuͤß entſte - hen aus dem mißtrawen gegen GOtt: Das mißtrawen koͤmpt von vnterlaſ - ſung des gebets. Der Glaube vnnd das Gebet trawen Gott / vertreiben alle ſor - ge / ꝛc.

O Herr Gott / hilff mir / daß ich erkenne / wie du mich treibeſt / vnnd ver - maneſt zu meinem groſſẽ nutz / nemlich / zu dem wahren Gebet / damit aller nutz er - langet wird / erwecke mich / ſo erwacheGebetlein ich / ermuntere mich / ſo ſtehe ich auff / vnd folge Chriſto nach allein / Amen.

CAPVT IV. Das ein wahrer Chriſt viel lieber will den ſchmalen Weg in Chriſto wandeln / als den breiten in Adam.

Rom. 5. Wir ruͤhmen vns der Truͤbſal. ()Die362Ein warer Chriſt wil lieber den ſchmalen
Gen. 2.

DIe Schrifft ſagt / Adam ſey ge - ſetzet in das Paradeiß / vnd Gott hat jhn gezeigt den Baum deß Lebens vnd Todes / vnd fuͤr dem Baum des Todes gewarnet / da iſt er geſetzet zwi - ſchen Zeit vnd Ewigkeit / daß er moͤchte nach dem ewigen vber ſich trachtẽ in dem engen Wege. Alſo war jhm fuͤrgelegt Le - ben vnnd Todt / Liecht vnnd Finſterniß. Wie es nun mit Adam zugienge: Alſo iſtChriſtus zwinget niemand ſondern lo cket jeder - man freũd lich durch ſeine Gna - de. es noch. Dañ nach dem Fall koͤmpt Chri - ſtus / weiſet vns von Adam aus dem brei - ten Weg zu ſich ſelber in den engen Weg ohn allen nothzwang. Dann er will keinẽ zwingen zur Verdamnis noch zur Selig - keit. Er zeiget dir den Weg durch die fuͤr - lauffende Gnade / die da keinẽ Menſchen verſeumet / er ſey Jung oder Alt. NunDeut. 30. ſpricht Chriſtus: Gehet ein durch die en - ge Pforte / ꝛc. Matth. 7.

Zwey we - ge: Einer in Adam / der ander in Chriſto.

Hierauß ſiehet man klar zwey Wege: Einen der Welt / darauff viel wandeln / vrſach / ſie bleiben in Adam / vnnd wollen deß Herrn Chriſti nicht: Den andernGot -363als den breiten Weg wandeln. GOttes / in welchem wenig wandeln / weil ſie den breiten Weg in Adam lieber haben. Gehe aber / welchen Weg du wilt / ſo muſtu etwas dulden / es wird dir ſawr werden. Lebeſtu nach der Welt / ſo muſtu viel leiden / vnnd koͤmpft nicht zum grun - de der Warheit / haſt endlich ewige Ver - damnus. Geheſtu im Wege GOttes durch Chriſtum / vbeſt dich im Gebet / ſo muſtu zwar auch mit Chriſto / von der boͤſen Welt viel leiden / aber du erkenneſt2. Tim. 2. ſterben wir mit jhm. den grund der Boßheit / vnd koͤmpſt end - lich in das ewige Leben.

Wer da betet / ſtreitet wider ſich ſel -Im gleu - bigen Gebet iſt der Sieg. ber / vnd den Teuffel / vberwindet ſich ſel - ber / den alten Adam / vnd alle ſeine Fein - de / vnd koͤmpt endlich in die ewige Ruhe mit Chriſto ſeinem Feldheuptman.

Wer nicht betet / der ſtreitet auch nicht wider ſeine Feinde / ſondern iſt in jhrer Gewalt / mus dennoch in der Welt viel leiden / vnnd fehret endlich mit dem Fuͤrſten der Finſternus in die ewige Ver - damnus.

Es364Was ein Menſch bedencken ſol

Es iſt viel beſſer kempffen / vnd her - nach als ein Siegsman eingehen in die Freude dann nicht ſtreiten vnd doch viel leiden / vnd hernach als ein Gefangener in das ewige helliſche Gefengnis geworf - fen werden.

O moͤchten die Menſchen ſolches mit fleiß bedencken / gewißlich ſie wuͤrden der Welt ſatt werden / ſich ſelbſt haſſen vnd verleugnen / vnd dem einigen Chriſto auff dem engen Wege nachfolgen. Daß wir ſolchs ernſtlich betrachten / dem alten Adam in vns vrlaub geben / den newen Menſchen Jeſum Chriſtum anziehen / vnnd durch die enge Pforte eindringen zum ewigen Leben / daß wolle in vns wir - cken vñ verleihen der ware Gottes Sohn Jeſus Chriſtus / Amen.

CAPVT V. Was ein Menſch fuͤrnemlich bedencken ſol / damit ſein Hertz vber ſich zu Gott gerichtet werde.

Jer. 23. Bin ich nicht ein Gott dernahe365damit ſein Hertz zu Gott gerichtet werde. nahe iſt vnd nicht ein Gott der ferne iſt ſpricht der HErꝛ.

AVff daß wir einfaͤltigẽ vnd anhe - benden Menſchen zum innigen Gebet im Geiſt vnd in der War - hdit kommen moͤgen / welches Gott allein erfordert vnnd haben will / wollen wir er - kleren etliche noͤtige Punct / dardurch wir zum Gebet erwecker vnnd bereitet wer - den.

1. Das GOtt alle ding zuuor beſſerMatth. 6. wiſſe / was vns noth ſey / ehe dann wir be - ten.

2. Das Gott aͤlle Menſchen locke / rei -Pſal. 50. tze / treibe / vnd vermahne zum Gebet / vnd auch gewiſſe erhoͤrung zuſage.

3. Das Gott kein anſeher der PerſonAct. 10. ſey / ſondern habe ſie alle gleich lieb.

4. Das eben ſo groſſe Suͤnde ſey be -Luc. 15. ten wegen eigener Froͤmmigkeit / Wir - digkeit / Heiligkeit / als ſein Gebet vnter -Pſal. 32. laſſen wegen der Vnwirdigkeit vnd ver - gangenen Suͤnde.

5. Das366Was em Menſch bedenckeu ſol
Johan. 4.

5 Das man Gott nicht weit duͤrf - fe nachlauffen an einen gewiſſen Orth / ſondern jhn finde allenthalben.

Eſai. 42. Heb. 13.

6 Das GOtt in ſeiner Ewigkeit vnwandelbar bleibe / vnd eine zeit ſo wol hoͤre als die ander / vnnd mit nichten an gewiſſe zeit gebunden ſey.

Jacob. 3.

7. Das Gott lang zuvor komme / vnd heraus gebe alle Natuͤrliche vnd v - bernatuͤrliche Guͤter / vnd doch keiner die - ſelbe erlange noch genieſſe / er bete dann darumb.

wacheauff der du ſchleffſt / ſo wird dich Chri - ſtus er - leuchten. Epheſ. 5.

Wer dieſe Stuͤck teglich betrachtet vnd vbet / deß Hertz vnd Gemuͤte wird ernewert vnd erwecket vom Schlaff / ge - reiniget vnnd geleutert von Irrthumb vnd Blindheit / beſtetigt vnd befeſtigt im grunde der Warheit / auffgerichtet zu Gott / angezuͤndet zum Gebet. Dann daraus folgen dieſe Lehren.

Pſal. 145.

1. Das Gott heiſſe / treibe / vnd ver - mahne zum Gebet nicht ſeinenthalben / als wuͤſte Er vnſer anliegen nicht / ſon -dern367das ſein Hertz zu Gott gerichtet werde. dern vnſerentwegen / daß wir durchs Ge - bet erwecket / auch ſolches erkennen vnnd wiſſen.

2. Das Gott vnſers Gebets vnd lan -Eſai. 65. Pſal. 139. ger erzehlung nicht beduͤrffe / ſondern komme vns zuvor mit ſeiner gegenwerti - gen Allwiſſenheit.

3. Das Gott durch vnſer Geſchrey / Faſten vnd Wachen nicht erwecket wer - de / Dann Er allezeit ein wachendes Au -Pſal. 33. 34. ge iſt: Sondern der Menſch muͤſſe durch ſolche Vbungen vom Schlaff der Suͤn - den erwecket werden.

4. Das Gott ſey tauſentmal bereiterJer. 32. zu hoͤren vnd geben / dann der Menſch zu - nehmen.

5. Er ſey vnmaͤßlicher Guͤte vnndPſal. 103. Matth. 7. Barmhertzigkeit gegen dem Menſchen. Der Menſch aber vnmaͤßlicher faulheit vnd Nachleſſigkeit im beten / ſuchen vnd anklopffen.

6. Dz Gott vnparteiſch gerecht blei -Deut. 32. Pſal. 92. be in allen ſeinen Wercken / vnd keine Vr - ſach vnſer Blindheit / vnwiſſenheit / man -B bgels368Was ein Menſch bedencken ſolgels oder elẽds / ſondern der verkerte MẽſchDeut. 32. Pſal. 92. Johan. 4. Luc. 10. ſelber / der nit bitten noch ſuchen wil.

7. Ein wahrer Anbeter hat an allen Ortern / Zeiten / einen freyen Zutrit zum Vater in Chriſto / im Geiſt vnd War - heit mit Gott zu handeln / ſo fern er ſich ſelber nicht auffhelt.

Pſal. 94.

8. Ein Fauler vnd Veraͤchter deß ge - bets beraubet ſich ſelbſt deß Leiblichen ge - ſprechs mit Gott. Strafft alſo ein jeder Suͤnder ſich ſelbſt.

9. Ein fleiſſiger Anbeter frommet vnd nuͤtzet jhm ſelber nicht vor ſich ſelbſt / ſondern durch die Goͤttliche fuͤrlauffende gnade / welche allen Menſchen zuvor kompt ohn vnterſcheid.

Wem diß fuͤnffte Capittel vnbe - kant iſt / der iſt noch weit von Chriſto / hat der warheit noch wenig geſchmeckt: wers aber weiß / vnd nit gleubet / der thut ſehr vnrecht / wers gleubet / vnd vbet es nicht / erwecket ſich nicht / lebet in dẽ Tag / gleich als zweiffelt er daran: Der iſt ein groſſer Suͤnder / vnd muß deſto mehr ſtreiche lei -den /369das ſein Hertz zu Gott gerichtet werde. den / dann der vnwiſſende. Darumb mag ein ſolcher wol zuſehen / daß erſich bekere ſonſt wird er in Suͤnden vmbkommen.

O guͤtiger HErr vnd Vater / wecke mich auff durch deinen Geiſt / daß ich ſol - ches nicht allein wiſſe / ſondern auch im wahren Glauben vbe / vnd ein warhaff - tiger Anbeter werde im Geiſt vnd in der Warheit / AMEN.

CAPVT VI. Daß der allwiſſende Gott alles wiſſe vnd hoͤre / was wir beduͤrffen / ehe dann wir anfahen zu beten.

Pſal. 159. Du verſteheſt meine ge - dancken von ferne. ()

SOlches iſt gegruͤndet Matth. 6. Ewer Himmliſcher Vater weiß waß jr beduͤrffet / ehe dañ jr betet. Pſal. 139. Du verſteheſt alle meine gedã - cken von ferne. Pſ. 94. Der dz Ohr ge - pflantzet / ſolt der nit hoͤren. Heb. 4. Er iſt ein Richter der ſinne vnd gedanckẽ. Man darff Gott nit mit langẽ wortẽ vnſer an -B b ijliegen370Gott weiß was wir beduͤrffenliegen fuͤrtragen wie einem ſterblichenBey Gott iſt kein vnter - ſcheid der zeit / er hoͤ - ret vnſer Gebet al - lezeit. Menſchen. Dann fuͤr ſeinen Augen ſind alle zeiten nur eine Zeit oder Blick / in wel - chem er alle vergangene vnd zukuͤnfftige ding ſiehet gegenwertig. Darumb hat er vnſere Haar gezehlet / ehe wir geboren waren / weiß alle vnſere gedancken / eheJer. 31. wir beten. Summa ſeinen Augen iſt al - les offen. Alſo muͤſſen einfeltige / anhe - bende ſich erwecken zum Gebet / daß ſie Spruͤche haben der H. Schrifft / den Nutz derſelben betrachten / vnnd in kurtze Gebetlein faſſen: Die geuͤbten aber ſe - hen es ſelbſt. Wann ich im blachen Fel - de gehe am Tageliecht / ſo vmbgreiffet mich ſolches Liecht gantz. Were es nicht Leiblich / ſondern Geiſtlich / ſo durchdrun - ge es meïnen Geiſt auch: Alſo ſind alle Geſchoͤpffe ſichtbar vnd vnſichtbar fuͤrSap. 7. den Augen Gottes. Er durchdringet vnd vmbgreiffet alle ding / es hindert Ihn nichts. Die Finſternuß muß fuͤr Ihm liecht ſein / wie der Tag / wie im 139. Pſal. ſtehet. Wie eine lautere ſchoͤne Criſtalloder371ehe dann wir bitten. oder Waſſerblaſe in meiner Hand / dar - innen auch fuͤr meinen leiblichen Augen das goringſte Haͤrlein oder Steublein nicht kan verborgen bleiben: Alſo / vnndSap. 1. Gott iſt Zeuge v - ber alle ge dancken / vnd ken - net alle hertzen gewis. noch weit mehr ſind alle Geſchoͤpff / vnd alle Gedancken fuͤr dem Geiſt GOttes / welcher das Auge ſelber iſt / ſonſt hat Er kein ander Auge. Diß iſt den Geubten auch nuͤtze / damit ſie jhre Hertzen reini - gen vom groſſen dicken Nebel der Blind - heit vnd Vnwiſſenheit. Es machet ſie auch wacker zum wahren Gebet / dadurch wir ermuntert vnnd erwecket werden / zu ſehen vnd zuerkennen / was wir zuvor nie geſehen noch erkant haben. Viel meinen / was ſie nicht ſehen noch wiſſen / das ſehe vnd wiſſe Gott auch nicht. Welches ei - ne groſſe Blindheit vnnd Vnwiſſenheit iſt / zur Rache vber den der ſie hat.

O Allmechtiger ewiger Gott vnndPſal. 9. Vater / der du biſt ein Hertzenkuͤndiger / vnd Richter der Sinne vnd Gedancken / der du alle ding zuvor ſieheſt / hoͤreſt vnnd weiſſeſt / ehe ſie bey vns Menſchen geſche -B b iijhen:372Gott treibet / eitzethen: Ich komme / vnd bringe meine An - liegen fuͤr dich / nicht der meinung / dich durch mein geſchrey zuerwecken / als wiſ - ſeſtu es nit zuvor / ſondern das ich mich ſelbſt erinnere vnnd erwecke zuverſtehen vnd zuerkennen / wie du alle meine anlie -Apoc. 2. Matt. 10. gen kenneſt / ja alle meine Haar auff mei - nem Haupt ſelber zehleſt. Hilff / lieber Vater / daß ich ſolches recht wiſſe vnnd betrachte / dadurch mein Hertz in deinen gnedigen willen ſetze. Dann der iſt der allerbeſte / vnd daß ich in voller gelaſſen - heit / vnd geduͤldigem außwarten verhar - re / AMEN.

CAPVT VII. Gott Reitzet / Locket / Vermanet / Trei - bet alle Menſchen zum Gebet / ſagt allen zu gewiſſe erhoͤrung.

Joel. 2. Wer den Namen deß HEr - ren wird anruffen / der ſol erret - tet werden. ()Diß373alle Meuſchen zum Gebet.

D ſol fuͤr allen dingen betrach - tet werden. Dann wiſſen / das Gott alle ding zuvor weiß / iſt nit gnug / man muß auch wiſſen / das GOtt das beten fordert vnd Erhoͤrung zuſaget. Joh. 16. So jr den Vater etwas bitten werdet in meinem Namẽ / ſo wird ers euchGott for - dert das Gebet ernſtlich võ vns. geben. Matth. 7. Wer da bittet / der emp - fehet / wer da ſuchet / der findet / wer an - klopffet / dem wird auffgethan. Luc. 18. Mann muß allezeit betẽ vnd nicht muͤde werden. Jacob. 1. So jemand vnter euch Weißheit mangelt / der bitte von GOtt / der da gibt einfeltig jederman / vnnd ruͤ - ckets niemand auff / ſo wird ſie euch ge - geben werden. 1. Joh. 5. So wir etwas bitten nach ſeinem willen / ſo erhoͤret er vns. Matth. 21. Was jr bitten werdet / ſo jr gleubet / ſo werdet jrs empfahen. Da ſtehet der Befehl vnnd Zuſage / wer hiedurch nicht bewogen wird / mus ein ſteinern Hertz haben: Wers nicht gleubet / hat ein heilloß Hertz / iſt nicht werth / daß er Menſch heiſſe. DißB b iiijiſt374Gott treibet alle Menſchen zum Gebetiſt nicht vnbekant / warumb gleuben wirs aber nicht? Oder warumb beten wir nicht? Warumb werden wir nicht erhoͤ - ret? Warumb erlangen wir den heiligen Geiſt nicht? Darumb / daß wir nicht imWas fuͤr groſſe ſuͤn de ſey nit beten im Glauben. rechten Glauben beten / vnd GOtt ſtill halten vnd außwarten. Dann der rechte Glaube / helt GOtt ſtill in gantzer gelaſ - ſenheit. Wer aber zweiffelt iſt trewloß / machet erſt ſein Gebet ſelbſt zu nichte. Dann Gott kan jhm nichts geben: Zum andern helt er GOtt fuͤr einen Luͤgener vnd ohnmechtigen GOtt / der entweder nicht woͤlle oder nicht koͤnne geben / was vns mangelt. Diß ſind zwey boͤſe ſtuͤcke.

Der Glaube aber helt das Hertz ſtille / macht es vehig Goͤttlicher gnaden. Gott fordert nichts mehr vom Menſchẽ dann den Sabbath / ruhe von allen ſeinenHertzen Sabbat. wercken / von jm ſelbſt fuͤrnemlich. Vnſer Geiſt vñ Gemuͤt iſt wie ein Waſſer / dar - uͤber der Geiſt GOttes ohn vnterlas ſchwebet. So bald es ſtille wird / vnd vonkeinem375vnd ſagt zu allen gewiſſe erhoͤrung. keinem Winde der zeitlichen Gedancken hin vnd her bewogen / bleibet Gott darin / ſpricht ſein krefftiges Wort in ſolch ſtill Waſſer. Dieſer Blick iſt beſſer vnd edler dann die gantze Welt. Beſiehe das achte Capittel Theologiæ Germanicæ, vnd D. Taulerum an vielen Ortern. Stille Waſſer werden leichtlich erwermet von der Sonnen / die ſchnellen rauſchenden Fluͤſſe ſelten oder gar nicht. Der Vn -Vnglau - bens Art vnd Scha - de. glaube raubet Gott ſeine Ehre vnd Na - men / der trew vnd warheit. Dardurch wird ein Chriſt gar zum Heyden vnnd verleugner Gottes. Wo er darin blei - bet / iſt er gewiß ewiglich verdampt.

O ewiger / trewer vnd warhafftiger Gott / der du nicht liegen kanſt / ich erken - ne durch deine gnade / daß du alle Men - ſchen reitzeſt / vermahneſt / vnnd treibeſt zum Gebet zu jhrem groſſen nutz vnnd frommen / erbeuteſt dich mit deiner guͤte allen gleich. Hilff / lieber Vater / daß ich ſolches mit ernſte bedencke / vnd dardurch zum rechten / beſtendigen / waren Glau -B b vben376Gott iſt kein anſeher der Perſon /ben moͤge kom̃en / auff daß ich deine groſ - ſe guͤte an mir nicht laſſe vergebens ſein / ſondern durch den Glauben dir ſtill halte / vnd in beſtendiger Gedult auff dein Liecht in mir warte / Amen.

CAPVT VIII. Gott iſt kein Anſeher der Perſon / ſon - dern hat ſie alle gleich lieb.

Pſal. Du HErr biſt gut vnd gne - dig / vnd von groſſer guͤte allen die dich anruffen. ()

ICh weis nun / daß Gott mein an - liegen beſſer weis dann ichs jhm kan fuͤrbringen / hat das beten befohlen / vnnd Erhoͤrung zugeſagt: Zweiffel aber daran / ob Er auch mich heiſſe beten vnd erhoͤren wolle. Da lerne /Gott heiſ - ſet vns al - le beten / vnd ſagt allen er - hoͤrũg zu Pſal. 145. daß Gott kein Anſeher der Perſon ſey / ob wol die Blindenleiter aus etlichen Spruͤchen als Rom. 9. Mal. 1. vnnd dergleichen / Gott wollen partheyiſch vnd zum Menſchen Feinde machen wider dieklaren377ſondern hat ſie alle gleich lieb. klaren vnwiederſprechlichen Zeugnus der Schrifft / die wir vns wol einbilden / vnd dauon in keinem wege abtreiben laſſen ſollen. Actor. 10. Nun erfahre ich in der Warheit / daß Gott die Perſon nicht an - ſihet / ſondern aus allerley Volck / wer jn fuͤrchtet / vnd recht thut / der iſt jhm ange - nehme. Deut. 10 Der HErr ewer Gott iſt ein Gott aller Goͤtter / vnd HErr aller Herren / ein groſſer GOtt mechtig vnnd ſchrecklich / der keine Perſon achtet / vnnd kein Geſchenck nimpt / vnd ſchaffet recht den Waiſen vnd Witwen / vnnd hat die Frembdling lieb / daß Er jnen Speiſe vnd Kleider gebe. Gal. 2. Gott achtet das an - ſehen der Menſchen nicht. Coloſſ. 3. Bey Gott gilt kein anſehen der Perſon. Sap. 6. Der / ſo aller Herr iſt / wird keines Perſon fuͤrchtẽ / noch die macht ſchewen / Er hat beyde die kleinen vnnd groſſen ge - macht / vnd ſorget fuͤr alle gleich. Ezech. 33. So war ich lebe ſpricht der Herr / Ich habe keinẽ gefallen am Tode des Gottlo - ſen / ſondern daß ſich der Gottloſe bekerevnd378Gott iſt kein anſeher der Perſon /vnd lebe. Wann ein Gottloſer fromm wird / ſols jhm nicht ſchaden / daß er iſt Gottloß geweſen / vnd aller ſeiner Suͤn - de / die er gethan hat / ſoll nicht gedachtGottes gnediger wtile gegẽ alle Men - ſchen. werden. 1. Tim. 1. Das iſt gewißlich war / vnd ein thewer werthes Wort / das Chri - ſtus Jeſus kommen iſt in die Welt die Suͤnder ſelig zu machen / vnter welchen Ich der fuͤrnemeſte bin / Aber darumb iſt mir Barmhertzigkeit wiederfahren / auff daß an mir fuͤrnemlich Jeſus Chriſtus erzeigete alle gedult / zum Exempel denen / die an jhn gleuben ſolten / zum ewigen Le - ben. 1. Tim. 2. Gott will / daß allen Men - ſchen geholffen werde / vnd zur erkantnuß der Warheit kommen. 2. Petr. 3. GOtt will nicht / das jemand verloren werde / ſondern das ſich zur Buſſe kere. Solche vnnd dergleichen zeugnuß mache jhm ein jeder bekant / damit er wiſſe / wie GOtt keinen fuͤr dem andern liebhabe / ſondern alle zugleich ohn vnterſcheidt. Dann er hat ſie alle gleich geſchaffen zu ſeinem Bildnuß / vnd durch Chriſtum wieder er -loͤſet.379ſondern hat ſie alle gleich lieb. loͤſet. Er hat bey ſich ſelbſt geſchworen / daß er keinen Suͤnder will verderben laſ - ſen / Gott koͤmpt vns allen zuuor mit ſei - ner gnade: Er wartet nicht biß wir wir - dig werden: Denn ehe wir zu jhm kom - men / kommet er zu vns / ehe wir jhn ken - nen / kennet er vns: Ehe wir jhn lieben: Liebet er vns. Er hat vns geliebet da wir noch ſeine Feinde waren. Rom. 5. Blind vnd Gottloß iſt der Menſch / der da ſagen darff / GOtt hab einen lieber als den an - dern. Ein ſolcher verſchmehet die Goͤtt - liche Majeſtat / macht Gott ſtracks Par - theiſch / zum Anſeher der Perſon.

Das aber geſaget wird: Gott hab Jacob lieb / vnnd Eſau haſſe er: Iſt nicht zu verſtehen von jhrem Menſchlichen weſen oder Abſoluto odio / ſondern von der außſchlieſſung deß Erbtheils im ge - lobten Lande / non de odio negatæ ſa - lutis, ſed terrenæ benedictionis. Vnd ob wir gleich alle Suͤnder ſind / jedoch liebet Gott die / ſo jhn lieben / fuͤr denen / ſo in Suͤnden vnd Blindheit ſtecken blei -ben /380Gott iſt kein anſeher der Perſon /ben / vnd Gott nicht wollen fuͤr jren Va - ter erkennen / noch Buſſe thun. Daran Gott keinen gefallen tregt / ſondern wolte viel lieber / daß alle Menſchen ſelig wuͤr - den. Item: Er erbarmet ſich wes er wil / vnd verſtocket / wen er wil. Iſt recht / ErRom. 9. wil aber keinen verſtocken dann der ſich ſelbſt verſtocket durch ſeinen VnglaubenWie die Spruͤche von der Verſto - ckung zu - uerſtehen. vnd Vnbußfertigkeit. Solche leſt er / wie - wol vngerne / fahren. So ſind ſie gnug vnd allzu ſehr verſtocket. Item: Es ligt nit an jemands lauffen / ſondern an Got - tes erbarmen. Dann Gott leuffet vns zu -Rom. 9. uor / erwehlet vns / vñ nit wir ſelbſt. Dar - umb iſts alles Gottes Gab vnd Gnade: Nichts ſol vns zugeſchrieben werden / ob wir gleich etwas guts thun.

Diß iſt die rechte Erklerung ſolcher Spruͤche / Aber die eigenſinnigen Koͤpffe drehen ſie nach jrer Vernunfft / machen den hauffen der Verdampten groß aus GOttes Ordnung vnd verſehung / aus Gott einen Menſchenfeind / neidiſchen Saturnum / der ſeine eigene Kinder freſſevnd381ſondern hat ſie alle gleich lieb. vnd haſſe. Daher nichts folget dann zer - ſtoͤrung des Glaubens / verzweiffelung / ein rohes wildes Epicuriſch Leben / wie fuͤr Augen iſt / Gott behuͤte vns fuͤr ſol - chen ſtrickẽ des leidigẽ Sathans / Amen.

O ewiger vnparteyiſcher Gott / der du nicht achteſt die Perſon der Menſchen. Liebeſt ſie alle gleich einen wie den and’n / biſt alſo guͤtig / daß du allen zuuor koͤmpſt mit deiner Gnade / warteſt nicht / biß der Menſch tuͤchtig werde / ſond’n durch dei - ne fuͤrlauffende Gnade machſtu jhn ſel - ber wirdig vnd tuͤchtig. Lehre mich durch deinen Geiſt danckbarlich erkeñen ſolche deine vnermaͤßliche Guͤte gegen alle vnd vber alle. Laß mir das Liecht auffgehen in meinem̃ Hertzen / daß ich das gegen - wertige mir eingethane Gut / das herrli - che Erbtheil den Schatz im Acker mit der blinden Welt nicht verleugne / ſondern denſelben fleiſſig ſuche / finde / fuͤhle / vnd in mir ſchmeckende gewahr werde / AMEN.

CAPVT382Beten wegen eigener Wirdigkeit

CAPVT IX. Beten wegen eigener Wirdigkeit iſt ja ſo groſſe Suͤnde als gar nicht beten wegen vorbegangener Suͤnde.

Luc. 15. Vater ich hab geſuͤndiget im Himmel vnd fuͤr dir / vnnd bin nit werth daß ich dein Sohn heiſſe. ()

SO einer betet wegen ſeiner Froͤm - migkeit oder Heiligkeit / bleibt er nicht in der mitte in Einfalt wie ein Kind / ſondern lencket ſich zur Rech - ten / leufft vor Chriſto her wie ein Dieb vnnd Moͤrder / ſtilt jhm ſeine gebuͤrliche Ehre / (Dann er allein vnſere Gerech -1. Cor. 1. tigkeit / Wirdigkeit / vnnd Froͤmmigkeit ſein ſoll /) vnd ſchreibet es ſeinen nichtigen Wercken zu / als verdiene es der Menſch vnd nicht Chriſtus allein / als erhoͤre Gott das Gebet wegen Menſchlicher wercke / vnnd nicht vmb ſeines Sohns willen /Pſal. 130. Da doch geſchrieben ſtehet: Bey dir giltnichts383iſt groſſe Suͤndenichts dann Gnade vnd Gunſt. So we - nig der Menſch hilfft dem Sonnenſchein ſo wenig helffen vnſere Wercke der Gna - den Gottes. Abraham / Iſaac / Jacob /Schoͤn gleichnis. Elias ꝛc. Sind alle auß Gnaden ſelig worden / haben alle ſagen muͤſſen: Ne in - tres in iudicium.

Vnterleſſet aber jemand das Ge -Niemand ſol das ge bet vnter - laſſen we - gen ſeiner vnwirdig keit. bet wegen ſeiner vorbegangenen Suͤnde. achtet ſich derwegen vnwirdig / vnd vn - heilig / der felt auß der mitten zur lincken Hand in ſein elend vnd jammer / nemlich in die leſterung deß Sons Gottes / vnd da er darinnẽ verharret / fellet er in endliche verzweiffelung / gleich als were Chriſti Leiden vnd Todt nicht gnug fuͤr die Suͤn - de der gantzen Welt. Dawider ſoll man ſich auffrichten mit dieſem Spruͤchen: Ob bey vns iſt der Suͤnden viel. Wo dieRom. 5. Suͤnde mechtig iſt / da iſt die Gnade viel mechtiger. Noſtra miſeria invocat mi -Pſal. 42. Abijßim abijſſum in vocat. ſericordiam Dei, noſtra infirmitas Dei virtutem, noſtra indignitas Dei Maieſtatem, noſtra in iuſtitia Dei iu -C cſtitiam. 384Beten wegen eigener Wirdigkeitſtitiam. Vnſer elend ruffet an GOttes Barnthertzigkeit / vnſere Schwachheit / Gottes ſtercke / vnſere Vnwirdigkeit Gottes herrliche Mayeſtat / vnſere Vn -1. Timo. 1. Ezechi. 33. Roma. 8. Ezechi. 18. Pſalm. 32. Prediger Salom. 7. 1. Joha. 1. Pſalm. 84. gerechtigkeit Gottes Gerechtigkeit. Es iſt ein tewres werdes Wort / ꝛc. So war als ich lebe ꝛc. Es iſt nichts verdãlichers ꝛc. Es ſol dẽ bekereten nit ſchadẽ / daß er gott - los geweſt / ꝛc. Darumb werden dich bit - ten alle Heiligen / ꝛc. Sey nicht allzu ge - recht / auch nicht allzu Gottlos / ꝛc. Wer - den wir vnſere Suͤnde bekennen / ꝛc. Sei - ne Gerechtigkeit ſiehet vom Himmel.

Solte ich nicht ehe beten / ich befuͤn - de mich dann wirdig oder tuͤchtig / ſo muͤ - ſte ich nimmermehr beten. Solte mir GOtt nicht ehe zu huͤlffe kommen / oder etwas geben / ich were dann heilig oder gerecht von mir ſelber / ſo muͤſte Er mir nimmermehr etwas geben. Lieber Mẽſch was wiltu dem geben / der deines guten nicht bedarff? Was wolteſtu mit deinen nichtigen Wercken oder FroͤmmigkeitRoman. 3 von Gott erwerben? Nichts. Es muͤſſen ſich trollen alle Werckheiligen / vnd vorjhm385iſt groſſe Suͤnde. jm ſchweigen alle Creaturen. Deine wir -Rom. 3. digkeit hilfft nichts. Deine Vnwirdigkeit ſchadet nichts / Chriſtus hat ſie zugede - cket vnd vergeben. Derwegen ſage beyPſal. 32. dir alſo: Wie ein troͤpfflein Waſſers vom Meer verſchluckt wird: Alſo ſind meine Suͤnde gegen der vnbegreifflichen gna - de Jeſu Chriſti.

O guͤtiger vnd gnediger Vater / der du mich vnterweiſeſt in deinem Wort / wie ich ſol in Chriſto deinem Sohn wan - deln / auff daß ich in der mitten bleibe / vnd nicht falle zur Rechten noch zur Lincken / das iſt / daß ich in meinem Sinne nicht zu from ſey vnnd mich verderbe / auch nicht zu boͤſe / vnnd in meinen Suͤnden ſterbe. Lehre mich mit ernſt bedencken / wie mich meine eigene Wirdigkeit nicht fordere / auch meine groſſe Suͤnde in Chriſto Je - ſu nit hindere / ſo werde ich feſt vñ beſten - dig bleiben in allen Anfechtungen / vnnd mich nicht laſſen einnehmen den ſchoͤnen Teuffel / der im Mittage verderbet / Laß duͤncken genennet. Laß mich auch nicht erſchrecken / fuͤr dem Grawen deßC c ijNachts /386Man ſol Gott an kein enNachts / vnd fuͤr der Peſtilentz / die im fin -Pſalm. 9. ſtern ſchleicht: So werde ich in meinen Suͤnden nicht verzagen / ſondern mit froͤlichem Troſt im Glauben beharren. Daß wolleſtu Herr JEſu Chriſte in mir anrichten / wircken vnnd vollbrin - gen / Amen.

CAPVT X. Ein wahrer Anbeter darff nicht zu Gott lauffen an einen gewiſſen Orth / ſondern er findet Ihn allenthalben im Geiſt vnd in der Warheit.

(Johan. 4. )Es koͤmpt die Zeit / das jhr weder auff dieſem Berge noch zu Zeruſalem anbeten werdet / Denn die wahren An - ruffer werden den Vater anbe - ten im Geiſt vnnd in der War - heit. Wo387gewiſſen Orth anruffen.

WO finde ich nun Gott? Bey S.Jer. 23. Jacob? In finibus terræ? Zum finſtern Stern? Jeruſalem? Berge Tabor? Antwort / Johan. 4. Im Geiſt vnd in der Warheit. Zu Fuͤr - ſten vnd Herrn muß man weit reiſen ſeine Noth fuͤrzubringen / Aber Gott iſt vberall / erfuͤllet Himmel vnd Erden / iſt allen Creaturen neher dann ſie jhnen ſel - beſt ſein: Iſt in vnd auſſer allen / durch al - le: Alle oͤrter ſind fuͤr jhm ein einiger OrtDas Ge - bet iſt an keinen ge - wiſſen ort gebundẽ. alle zeiten eine Zeit. Pſal. 139. Wie einer am tage im blach en Felde wandelt / ſo iſt es liecht vmb jhn / er ſche oder ſey blind: Alſo vnd neher iſt Gott allen Creaturen / Dann die ſiind das Waſſer / daruͤber Gott ſchwebet / der durchdringet alle Geiſter / wie Pur / rein vnd lauter ſie ſeyn. Gott iſt vns allen gegenwertig / aber wirSup. 3. ſind jhm nicht alle gegenwertig / das iſt / wir befinden ſeine Gegenwart nicht / gleich wie ein Blinder das Tageliecht nicht ſiehet. GOtt wendet ſich nicht von vns / wir aber wenden vns von Ihme / da -C c iijdurch388Man ſol GOtt an keinendurch fallen wir in Blind heit / das wir ſa -wie ſich Gott von vns wen - de / vnd mit vns zuͤrne. gen: GOtt habe ſich auch von vns ge - wand / Er ſey zornig / vngnedig. Solche enderung geſchicht nur in vns vnd in vn - ſern hertzen / da befinden wirs alſo / vnnd reden davon / wie wirs befinden. Alſo ſtraffet vnd quelet ſich ein jeder Suͤnder ſelbſt durch ſeine abwendung von Gott: er aber bleibet immer / wie er iſt / guͤtig vñPſal. 145. Luc. 17. vnwandelbar / gerecht in ſeinen wercken / ob ſchon der blinde abgekerte Mẽſch jn fuͤr zornig / vngerecht / oder vngnedig achtet:

Hierauß werden recht verſtan den die Spruͤche vom Reich Gottes / wie daſ -Coloſſ. 14. ſelbe nicht auſſer / ſondern in vns ſey / ꝛc. Item / was gehen mich die drauſſen an? Diß wird nit verſtanden vom euſſerlichẽ Orth / ſondern nach dem Glauben im Geiſt oder innern Menſchen. Sonſt wo man das reich Gottes an euſſerlichen ort bindet / iſts Antichriſtiſch / wie der HErr geweiſſagt dz man ſagen werde Siehe iſt Chriſtus / da iſt Chriſtus / Matt. 24. Ort oder Stelle macht weder ſelig noch ver - dampt: Sonſt were Lucifer kein Teuffelim389gewiſſen Orth anruffen. im Himmel worden / an einem ſeligen ort / Auch were Adam im Paradiß nit in ſuͤnde gefallen ꝛc. Vnd ſo der ort ſolte ver - dammen / wuͤrde kein Menſch ſelig / DañDz Reich Gottes iſt kein ge - wiſſer ort Luce. 17. wir ſind alle in der Welt vnter deß Teuf - fels Reich / der ein Fuͤrſt der Welt iſt. Alſo kan ein Menſch im Reich GOttes ſein auch in der tieffe deß Meers / wie Jonas / ſo er nur gleubet. Dargegen kan einer ins Teuffels Reich ſein durch den Vnglau - ben / ob er ſchon mitten in der Kirchen were / Predigt hoͤret vñ Sacrament brau - chet / Ein ſolcher iſt dennoch fuͤr den Au - gen Gottes darauſſen.

O Herr Jeſu Chriſte einiger weg / Liecht vnd Pfort zum Himmel / ich preiſe dich von hertzen / daß du mich durch ſol - che betrachtung verſtendigeſt / wie ich in dir vnd du in mir ſeyeſt / ich ſey gleich an welchẽ ende der Welt ich wolle / ja du leh - reſt mich / wie du warhafftiger einiger Prieſter bey mir ſeyeſt / vnnd abſolviereſt mich von Suͤnden / ſo offt ich ſeufftze. Ob ich ſchon wandel im finſtern Thal fuͤrcht ich mich nichts / Dann du biſt beyC c iiijmir390Man darff Gott nichtmir. Lehre mich Herr ſolches er - kennen / das ich ſolchen Schatz im Acker nicht mit der vndanckbaren Welt ver - leugne / noch verſeume / ſondern deſſelben im wahren Glauben erwarte / finde fuͤhle / vnd in mir ſchmecke / AMEN.

CAPVT XI. Man darff GOtt nicht zu gewiſſen zei - ten anbeten / ſondern mag jhn alle ſtun - den anſprechen / wo fern ſich der Menſch nicht ſelber ver - hmdert.

Eſ. 49. vñ 55. Itzoiſt die angeneme / zeit Itzo iſt der Tag deß Heils / ſu - chet den HErrn weil er zu fin - den iſt / ruffet jhn an weil er na - he iſt. ()

D wir etwas vom Orth wie - derholen / wie ſelig iſt der Mẽſch / der im Reich GOTTES iſt / Dann er hat den Schatz im jm / er ſeyan391zu gewiſſen Zeiten anruffen. an welchem Ort der Welt er wolle. Wer aber wegen Vnglaub ens nicht im Reich Gottes iſt / der bleibet außgeſchloſſen / ob er ſchon mit andern Chriſten Predigt hoͤ - rete / Sacrament brauchete. Dann derDie Se - ligkeit iſt an keinen Ort ge - bunden. Ein Chri - ſte iſt an allen Or - ten ein Chriſt. Ort ſeliget noch verdammet keinen / ſon - dern Glaube oder Vnglaube / welches im Hertzen der Menſchen im Geiſt voll - bracht wird. Ein Chriſt ſey / wo er wol - le / ſo hat er die Gnade / abſolution vnd Vergebung der Suͤnde bey ſich / Dann Chriſtus iſt in jhm. Aber diß iſt nicht zu - uerſtehen / daß man das muͤndtliche Pre - digtampt verachte / ſondern zum Troſt aller frommen Hertzen / daß ſie in Noht / Krenckheit / frembden Orten in Chriſto ſind / vnnd nicht darauſſen. Item / es wird geſagt zum ſchrecken der Gottloſen[vn]d Vnbußfertigen / ob ſie ſchon mitten[i]n der verſamblunge der Chriſten ſind / dennoch ſind ſie außgeſchloſſen fuͤr denWer auſ - ſer Chriſto iſt / iſt auſ - ſer der Kir chen vnd Seligkeit. Augen Gottes. Dañ ein jeder Vngleu - biger ſchleuſt ſich ſelbſt aus / vnd beranbet ſich des Schatzes in jhm. Alſo hilfft ei -C c vnem392Man d[ar]ff Gott nichtnem gottloſen vngleubigen Krancken gar nicht das Sacrament / Prieſter / Bapſt / wann er gleich mitten in der Kirchen iſt / ſo er nicht gleubet. Gleubt er aber / ſo ſchadet jhm nichts / ob er in Tuͤrckey / tief - fe des Meers / ohne Prieſter / Sacrament ſtirbt. Dann er hat Chriſtum den rechten Prieſter / das Reich Gottes in ſich / wie ſolches Chriſtus gnugſam bezeuget Joh. 4. Luc. 17. Matt. 24. O elende Leute / die jhre ſeligkeit ſuchen bey ſterblichen Men - ſchen / an leiblichen Ort binden / auff das außwendige ſehen / wie viel tauſent thun das / verlieren daruͤber den ſchatz in jnen. Mittel was ſie ſeyn / vnd wie ſie im nohtfall nicht ver - dam̃en / ſo man ſie nicht brau chen kan.Euſſerliche ding ſind nur mittel / die man nit verachten ſol / aber ſie ſind nicht der ſchatz ſelber / ſondern Chriſtus vnd Gott / der kan auch ohne mittel kom̃en / wañ wir die nicht koͤnnen haben. Wir kom̃en alle an einen gewiſſen Ort zuſammen in der Kirchen / damit wir vns einmuͤtiglich er - mahnen / vnd erinnern der gegenwertig - keit Gottes / ruffen jhn an fuͤr gemein an - liegen vnnd noht / vben vns in andernGoͤtt -393zu gewiſſen Zeitenanruffen. Goͤttlichen ſachen / alles vnſernt halben / daß wir armen blinden Menſchen erwe - cket / ſehen vnd verſtehen lernẽ / wie Gott an keinem Ort verſchloſſen ſey / den dieWarumb wir zur Kirchen gehen. Himmel nicht begreiffen koͤnnen / der hoͤher iſt dann die Him̃el / tieffer dann die Helle / breiter als die Erde / wie Job ſagt.

Wie ſichs nun helt mit dem Ort / alſo auch mit der Zeit / an welche Gott mit ſeiner Ewigkeit nicht verbunden / weil Er jmmer vnwandelbar bleibet / hoͤret eine Zeit wie die andere. Ein jrr - diſcher Herr hoͤret nicht allewege / ja gar ſelten. Jetzo ſchleffet er / dañ jaget er / oder hat was anders zuthun / wird offt verhin - dert: Vnſer Gott aber hindert die WeltPſal. 139. Matt. 10. Pſal. 90. nit / ſihet alle ding in einẽ blick / hoͤret / weis alles / auch deine gedancken / ehe du gebo - ren biſt / zelet die haar deines heupts / tau - ſent Jahr ſind jm ein tag / vnd hinwieder / nim̃t weder zu noch ab / hat wed zeit noch ort / iſt jm̃er bereit zu helffen vnd zugeben / ſtehet all Augenblick fuͤr vnſer Thuͤr /Apoc. 3. Wartet wann jhm auffgethan wird:Seine394Man darff Gott nichtGottes zeit iſt al - lezeit / die eroͤhrung betreffen - de.Seine Zeit iſt allezeit: Aber vnſere Zeit iſt nicht allezeit. Halten wir ſtill im glau - ben / ſo werden wir bald erhoͤret. Ach Herr GOtt wie reich troͤſteſtu / etc. Zeitliche ding bringen Verenderung in vnſerem Gemuͤht / halten vns ab von in - nigem Gebet / darumb muͤſſen wir ver - geſſen Zeit / Ort / vnnd aller Creaturen / das iſt / wie die teutſche Theologia Cap. 30. ſagt / Du muſt verlaſſen hie vnd da /Hertzen Sabbath. diß vnd das / heut vnd morgen / vnd gantz in einen Stillſtandt kommen aller deiner Kreffte vnd Gemuͤhts / wann du beteſt. So bricht ſolcher Sabbath an in deinem Hertzen / Du ruheſt von allen zeitlichen Sorgen / vnd Gedancken / vnnd GOtt koͤmpt alsdenn mit ſeinem Wort aus der hoͤhe / da wirſtu gewahr vnnd ſchmeckeſt die trewe Guͤte vnnd Warheit Gottes / wie ſie lang zuuor auff dich warte / ehe du jhn kanteſt. Da muſtu bey dir mit MoyſeExod. 34. ſagen: Ach HErr / du biſt trew / gnedig / barmhertzig / langmuͤtig / von groſſer Guͤ - te / koͤmpſt allen zuuor / ehe ſie bitten. Dawirſtu395zu gewiſſen Zeiten anruffen. wirſtu dich verwundern / daß du aus eige - ner Blindtheit deinem lieben GOtt eine ſolche Vnuolkommenheit angedichtet haſt / als muͤſte Er durch Ceremonien / Geſchrey / Gebet erſt erwecket vñ ermun - tert werden / oder als duͤrffte Gott deines Gebets / langer Worte: So Er doch dein Hertz geſehen / vnd alle GedanckenPſal. 139. gemercket / ehe du geboren wareſt.

O allmechtiger / ewiger / gnediger Gott vnd Vater / deine Guͤte vnd War - hein iſt hoͤher denn der Himmel / tieffer als der Abgrundt / breiter dann die Erde / fuͤr dir ſind alle oͤrter ein Ort / alle Zeiten eine Zeit. Du biſt vber alle Orter vnnd Zeiten / durchdruͤckeſt durchdringeſt / er - fuͤlleſt alles / biſt mir naͤher denn ich mir ſelber bin / koͤmpſt mir mit deiner Gnade zuuor / liebeſt mich armen Suͤnder / ehe ich ſolches erkenne. Lehre mich durch dei - nen Geiſt ſolches alles mit ernſt zube - trachten / ſo werde ich dir / O allwiſſen - der / allgegenwertiger Vater / hinfort aus meiner Vnwiſſenheit nicht zumeſſen / alsmuͤſte396Warumb Gottmuͤſte ich dich durch mein Geſchtey erſt erwecken / hin vnnd her lauffen / dich ſu - chen / oder zu gewiſſer zeit anreden / ſon - dern ich werde verſtehẽ / daß dich die wa -Joh. 4. ren Anbeter finden an allen Orten vnd Zeiten / vnd deine Guͤte gegenwertig ſey / niemand aber derſelben genieſſe / noch deine Suͤſſigkeit ſchmecke / er werde dann durch das heilige Gebet von dir darzu er - muntert vnnd erwecket. Daß ich nun hiezu kommen moͤge / wolleſtu durch dei - nen Geiſt ſelber in mir wircken vnnd ge - ben / Amen.

CAPVT XII. Aus obgemelten Betrachtungen wird nicht allein das Hertz zum wahren Gebet bereitet / ſondern es folgen daraus andere ſchoͤne Lehren.

Eſai. 65. Ehe ſie ruffen wil ich hoͤ - ren / vnd wenn ſie noch reden wil ich antworten. ()1. Daß397dasbeten befohlen habe.

1. Daß Gott nicht ſeinenthalben das beten gebiete / weil Er alles zuuor weis / ſondern daß wir dadurch erwecket erken - nen wie Er zuuor alles wiſſe. Dann ſo ſorgfeltig iſt GOtt fuͤr vns / daß Er einGott weis alles ehe wir beten. ding nicht ehe wil wiſſen / wir habens dann auch erfahren in vns / daß Er alles wiſſe. Darumb / wann wir nicht fleiſſig beten / duͤnckt vns gleich / als wuͤſte es Gott nicht. Wann wir vns aber im Ge - bet vben / ſo lernen wir bald / daß Gott al - les wiſſe / was vns anligt / daß auch vnſe - re Haar des Heupts gezehlet / ehe wir ge - boren waren. Das alles bleibet den ver - aͤchtern des Gebets verborgen.

2. Daß Gott nicht beduͤrffe langer er -Gott be - darff kei - ner lan - gen erzeh - lung. zehlung / wie ein Menſch / ſondern wir be - duͤrffen teglich vbung / damit der jnwen - dige Menſch einkehre in das Reich Got - tes.

3. Daß Gott tauſentmal begierlicherGOTtes geneigter Wille. ſey / wie D. Taulerus ſagt / zu geben / als wir zu nehmen durchs Gebet vnd Hoff - nung.

4. Daß398Warumb Gott

4. Daß Gott nicht bedñrffe vnſer Ce - remonien / wachen / faſten / ſchreyen / da -Pſal. 121. Jerem. 1. mit Er erwache / der nim̃ermehr ſchlefft vnnd zuuor koͤmpt / ehe wir beten / ja ehe wir jhn kennen / ſondern der faule ſchlaf - fende Menſch durch dieſe ding muͤſſe ge - leitet / gefuͤhret / gereitzet / ermuntert vnnd erwecket werden / daß er jnnen werde / wie trewlich der Himliſche Vater fuͤr alle Menſchen ſorge.

5. Wir lernen die vnermeßliche Guͤte /Syr. 18. Trewe / vnd Barmhertzigkeit GOttes gegen alle Menſchen / dargegen der Men - ſchen Blindheit / Vnglauben / Faulheit / vnd vnſegliche Nachleſſigkeit / in dem er ſolche Trew nicht achtet / das beten / ſu - chen vnd anklopffen verachtet.

Pſal. 145.

6. Daß Gott gerecht bleibe in allen ſei - nen Wercken / vnd keine Vrſach ſey vn - ſers Mangels / Blindtheit / vnd Vnwiſ - ſenheit / ſondern wir ſelber / die wir nicht nach ſeinem Befehl beten / ſuchen an - klopffen. Alſo rechet ſich die Boßheit vnd Faulheit ſelbſt. Ein jeder Suͤnderplaget399dasbeten befohlen habe. plaget ſich ſelbſt / der vnparteiſche Gott bleibet gerecht in ſeinen Wercken.

7. Das Gott weder an zeit noch orth gebunden / ſondern daruͤber erhoben / vnd wolle allewege / allezeit / allenthalbenJohan. 4. im Geiſt vnnd Warheit angebetet wer - den.

Dieſe Betrachtungen entledigen den Menſchen von vielen Irrthumen / vnd thun jhm gleich die Augen auff zuer - kennen / das jhm ſonſt vnbekant bliebe. Dann ſolches nicht wiſſen / iſt einem Chriſten eine groſſe ſchande: Wiſſen a - ber / vnd nit vben iſt noch groͤſſer ſchaͤnde.

O Gott wecke vns auff / ſo wachenCant. 1. wir / zeuch vns nach dir / ſo lauffen wir den rechten Weg durch Chriſtum ins Reich GOttes / AMEN.

Das XXXV. Capittel. Eines wahren Chriſten / das iſt Geſalb - ten deß HERRN Eigenſchafft vnnd Kennzeichen iſt das Gebet.

D dPſal.400Eines wahren Chriſten KennzeichenPſ. 86. HErr neige deine Ohren / vnd erhoͤre mich / Dann ich bin elend vnd arm. ()

HIer haben wir eine herrliche Lehr / daß das beten eines wahren Chri - ſten Kennzeichen vnd Eigenſchafft ſey / vnd das Truͤbſal / das Gebet erwecke. Dann:

1. Joha. 2.

1. Wer ein Chriſt iſt / der iſt mit dem H. Geiſt geſalbet vnd getauffet. Wann nun ein Menſch der Salbung / vnnd dem H. Geiſt raum vnd ſtatt giebt / denſelben nicht betruͤbt noch verhindert / ſo thut derRoma. 8. Wirckũg deß H. Geiſtes im Her - tzen. H. Geiſt nichts anders in deß Menſchen Hertz dann daß Er ohn vnterlas ſeuff - tzet / vnd den Geiſt deß Menſchen erhebt zu Gott / vnd mit ſich von der Erden auff - fuͤhret. Gleich wie ein krefftiges ſubtiles Waſſer oder ſpiritus aus einem Bluͤm - lein die krafft an ſich nimpt / vnd mit auf - fuͤhret: Alſo iſt der Menſch Gottes blu -me401iſt das Gebet. me / die der Herr gepflantzet hat /Eſa. 61. Pſalm. 92. Pflantzen im Hauſe deß Herrn / Die muß der heilige Geiſt bereiten / vnnd derſelben Geruch mit auffuͤhren. Nun es verſuchs ein frommer Menſch / er hal - te dem H. Geiſt ein wenig ſtill / vnd ver - hindere jhn nicht / es wird nicht lang weh - ren / es wird ein Seufftzerlein auffſteigen / daß der Menſch ſagen wird: Ach lie - ber GOTT / du getrewer GOTT / erbarme dich vber mich. So bald man ein Weyrauch / Mirrhen / vnnd ander Kreutlein ins Fewr legt / ſo ſteiget ein Reuchlein / auff / vnnd gibt einen liebli - chen Geruch / welches ohn Fewer nicht geſchicht: Alſo ſo bald das Fewer des heiligen Geiſtes vnſer Hertz beruͤhret / vnnd daß er nicht verhindert wird / ſo bald ſteiget ein Geruch eines ſeufftzer - leins vnd deß Gebets auff. Das ſind die guͤldenen Reuchſchalen der Engel /Apoe. 5. vnnd jhr geiſtlicher Weyrauch damit ſie reuchern Iſt derowegen ein an - dechtiges Seufftzen vnnd Beten eineD d ijgewiſ -402Eines wahren Chriſten KennzeichenProba des Gei - ſtes im Mẽſchen.gewiſſe Proba / ob der Geiſt GOttes im Menſchen iſt.

2. Diß bezeuget auch die Eigen - ſchafft der Wohnung vnd Tempels Got - tes deß H. Geiſtes. Was kan da anders ſein / da der H. Geiſt ſeine Wohnung vnd Werckſtat hat dann beten? Vrſach: Der H. Geiſt iſt ein Geiſt der gnadenZach. 12. vnd deß Gebets. Darumb iſt ja das Ge - bet ein gewiß Kennzeichen deß H. Gei - ſtes / wans von grund deß Hertzens ge -Heuchel - gebet. het. Vom heuchliſchen Gebet rede ich jtzt nicht / davon ſagt Gott / Eſa. 29. Diß Volck nahet ſich zu mir mit jren Lippen /Recht ge - bet. aber jhr Hertz iſt fern von mir. Ein recht Gebet / daß der H. Geiſt wircket / fleuſſet auß der tieffe deß Hertzens / ex profun - do & abyſſo cordis, gleich wie die waſ - ſerreiche vnnd friſchen Brunnen tieffe Quelle haben / vnnd je tieffer man den Waſſerquell ſuchet / je hoͤher es ſteigetEſa. 55. durch die Roͤhren. Chriſtus iſt der waſ - ſerreiche Brunn deß Heils. Wollan / al - le die jhr duͤrſtig ſeid / kompt her zum waſ -ſer /403iſt das Gebet. ſer / vnd trincket. Sehet welch einen tief - fen Quellen dieſer Brunn hat / die ewi - ge Gottheit. Vnd wer an jhn gleubet / ſpricht er / von deß Leibe werden Stroͤme deß lebendigen Waſſers flieſſen / das iſt /Joh. 7. Gebet vnd Gaben deß H. Geiſtes.

3. Solches bezeuget auch deß H. Geiſtes Ampt: Er ſol vnſer Lehrer vnndJoh. 16. Troͤſter ſein. Sol Er ein Lehrer vnnd Troͤſter ſeyn / ſo muß Er reden: Sol Er reden / ſo muß Er eine Kirche vnd Tem -Ampt deß H. Geiſtes troͤſten. pel haben / darinn Er redet. Seine Kirche iſt deß Menſchen Hertz: Seine Rede iſt das ſeufftzen deß Hertzens / ſo Er wircket. Er hat eine verborgene vnnd Himliſche Stimm / vnſer Hertz empfindets. Dann Er gibt Zeugnuß vnſerm Geiſt / daß wirRom. 8. Pſal. 51. Gottes Kinder ſein / durch welchen wir ruffen: Abba / lieber Vater. Sol Er troͤſten / ſo muß er ein Hertz haben / das ſeines Troſtes vehig iſt / ein zerbrochen / vnd zerſchlagen Hertz. Da ein Gleich - niß genommen wird von einem zerbro - chenem Gliede / Arm / oder Bein / vnndD d iijvon404Eines wahren Chriſten Kennzeichenvon einem leibe voller Wehetagen ge - ſchlagen. Ach wie ſanfft thut dann einem zerbrochenen gliede ein koͤſtliches Wund - Oel / das die ſchmertzen lindert. Da wer - den die Glieder wieder zu ruhe gebracht / als wann ſie ſanfft ſchlieffen: Alſo / wann daß Hertz durch Trawrigkeit verwun - det / durch Truͤbſal zerbrochen vnnd zer -Wenn der H. Geiſt ſein Ampt am beſten verrichten kan. Pſal. 147. Jer. 17. knirſcht / Alsdann kan der H. Geiſt ſein Troſt Ampt nuͤtzlich brauchen / vnd ſei - nen Himliſchen Balſam hinein gieſſen. Er heilet die zerbrochens Hertzens ſind vnd verbindet jhre Schmertzen. Heile du mich Herr / ſo werde ich heil / hilff du mir / ſo wird mir geholffen. Dann du biſt mein Ruhm.

4. Da ſehen wir nun auch den Nutz deß H. Creutzes. Die Starcken beduͤrf - fen deß Artztes nicht / ſondern die Kran -Matth. 9. cken. O kom du Himliſcher Medicus wir beduͤrffen dein alle. Herr / nei - ge deine Ohren / vnd erhoͤre mich / DannNutz des Creutzes. Pſal. 70. ich bin Elend vnnd Arm: Arm von Gerechtigkeit. Ach es iſt ein Menſchſo arm405iſt das Gebet. ſo arm / wann jhn Gottes Barmher - tzigkeit nicht bekleidete / vnd die Gerech - tigkeit Chriſti nicht zudeckte / er muſte nacket vnd bloß ſtehen fuͤr Gottes Ge - richt / vnd fuͤr allen H. Engeln zu ſchan - den werden. Hie ſind alle Menſchen von Natur ſo arm / das kein armer Creatur ſein muͤchte: Apoc. 3. Du weiſt nicht wie arm / Elende blind vnd bloß du biſt.

Auch Elend ſpricht der Pſalm: Iſt ein effectus der Armut. Wer Arm wird / der wird auch wol Elend. Was heiſt dann elend? Antwort: Der nirgend keine blei - bende ſtatt hat / nirgends hinweiß / vnnd iſt von allen Menſchen verlaſſen / aller Menſchlichen Huͤlffe beraubet / Ach wie Elend ſind alle Menſchen von Na - tur. Wo ſollen wir hin? Wo ſollen wir bleiben? Haben wir kein ander Hoff - nung dann diß Leben / ſo ſind wir die Elendeſten vnter allen Creaturen. Hier1. Cor. 15. Troſt in Elend. ſollen wir all vnſer Geiſtliches Elend vnd Armut erkennen lernen. Wann dasD d iiijgeſchicht /406Eines wahren Chriſten Kennzeichenſchicht / jtzo iſt der Himliſche DoctorEpheſ. 1. 3. vnd Troͤſter da / vnd lchret dich in deiner Armut ſeufftzen nach dem Reichthum der Barmhertzigkeit vnnd Herrligkeit Gottes / vnd in deinem geiſtlichen Elend vnd Pilgramſchafft deine Augen auffhe - ben zu GOtt / der im Himmel wohnet:Joh. 14. Pſal. 27. Davon der HErr ſpricht: In meines Vaters Hauſe ſind viel Wohnung: Mein Vater vnd Mutter verlaſſen mich / aber der HErr nimptmich auff. Biſtu nũ elend im Exilio / im Himmel iſt dein Va -Eſa. 63. terland. Biſtu Arm / Nacket / vnd bloß / Chriſti Gerechtigkeit iſt dein Kleid vnnd Rock deß Heils. Darumb halt dein KleidApoc. 16. feſt / das du nicht bloß erfunden werdeſt / vnd man deine Schande ſehe.

Das XXXVI. Capittel. Von dem Nutz / Frucht / vnd Krafft deß Gebets / vnd was vnſer Gebet muͤſſe fuͤr grund haben.

Heb.. 5. 407Vom Nutz vnd Frucht des Gebets /Hebr. 5. Darumb laſſet vns hin - zu tretten mit Freudigkeit zu dem Gnadenſtuel / auff daß wir Barmhertzigkeit empfa - hen / vnnd Gnade finden auff die zeit / wann vns Huͤlffe noth ſeyn wird. ()

HOre meine Stimme nach deinerPſal. 119. GOTtes Gnade in Chriſto der erſte Grundt vnſers Gebets. Johan. 1. Rom. 3. GOTtes Gnad al - lein in Chriſto. Joh. 16. Gnade. Das iſt das erſte Fun - dament vnſers Gebets / GOttes gnade. Dieſelbe aber iſt in Chriſto vn - ſerm HErrn / der iſt voll gnade vnd war - heit / vnd von ſeiner fuͤlle muͤſſen wir alle nehmen / darumb iſt er vnſer Gnaden - thron / dahin wir das Angeſicht vnſers Glaubens wenden ſollen / in vnſerm Ge - bet / gleich wie die Kinder Iſrael jhr An - geſicht im Gebet nach dem Gnadenſtul wenden muſten. Darumb vns der HErr in ſeinem H. Namen erhoͤrung zugeſagt / wie auch die heiligen Propheten alſo ge -D d vbetet408vnd was es muͤſſe fuͤr grundt haben. betet haben. Dan. 9. Erhoͤre vns Herr vmb des HErrn willen.

Der heilſame Nutz aber vnſers Ge -Pſal. 119. bets iſt / wie der heilige Dauidt ſagt: Er - quicke mich nach deinem Rechten / oder wie es in ſeiner Sprach lautet: Vivifica me, mache mich lebendig. Dañ aus Got -Aus Got - tes gnade koͤmpt dz Leben. tes gnade koͤmpt freylich das Leben. Oh - ne Gottes gnade iſt ein Menſch lebendig todt. Dann ſonſt muͤſten wir ewig vnter dem Zorn Gottes bleiben. Was hilfft vns vnſer Leben ohne GOttes Gnade? Daher der 63. Pſalm ſpricht[:]Herr deine Guͤte iſt beſſer dann Leben. Die - ſelbe lebendigmachende Krafft koͤmptVrſach der Mẽſch werdung Chriſti. auch zu vns durch Chriſtum. Darumb iſt Er Menſch worden / vnd vnſer Fleiſch vnd Blut an ſich genommen / daß durch ſein lebendigmachendes Fleiſch auch wir lebendig gemacht wuͤrden. Solche Le - Lebens Krafft empfinden wir im Ge - bet vnnd durchs Gebet. Gleich! wie alle die geſundt wurden / die den HErrn Chriſtum anruͤhreten / dañ es gieng eineleben -409Vom Nutz vnd Frucht des Gebets /lebendige Krafft von jhm aus / vnd heilet ſie alle / ſagt der Evangeliſt Lucas: AlſoLuc. 6. wann vnſere Seele kranck / trawrig vnd betruͤbt iſt / vnnd wir ruͤhren den HErrn Chriſtum an mit vnſerm Gebet vñ glau - ben / ſo gehet eine Lebenskrafft von jhmWie die Lebens - kraͤffte Chriſti zu vns kom - men. aus / die vns erquicket / wie manniche be - truͤbte Seele empfindet.

Lernen demnach hie: 1. Daß kein be - truͤbtes Hertz kan erquicket / getroͤſtet / er - frewet werden ohne das liebe Gebet / wie wir auch am HErrn Chriſto ſelbſt ſehenOhn Ge - bet kein Troſt. in der heiligen Paſſion. Darumb dem lieben Gott zu dancken / daß Er vns das liebe Gebet zur Artzney vnſers trawrigen Hertzens gegeben hat: Darumb vns der Herr ſelbſt hat lehrẽ beten. 2. Vnd weil der heilige Dauid ſpricht: Erhoͤre michPſal. 119. nach deiner Gnade / erinnert er vns / daß das liebe Gebet ein mittel ſey / dadurch viel gaben der gnadẽ Gottes zu vns kom - men / dòna gratiæ, als vermehrung des Glaubens / der Liebe / der Gedult / der Er - kentnuͤs Gottes / der Andacht / Friede /vnd410vnd was es muͤſſe fuͤr grundt haben. vnd freude des Hertzens / welches allesGnaden - gaben durchs Gebet. herliche Gnadengaben ſind / Himliſche Kreffte vnd Schaͤtze / beſſer dann Him̃el vnnd Erden / Item / ſtarcke Krafft vnnd Sieg wieder die Welt / den Teuffel / vnd alle vnſere Feinde / welche Geiſtliche ſter - cke allein im Gebet ſtehet / dadurch Da - uidt vnd alle Heiligen jhre Feinde vber - wunden haben / wie wir ſehen am Moſe / Elia / Joſaphat / vnd andern / daß ſie jhre ſtercke vnd ſieg im glauben vnd im Gebet gefuͤhret haben. 3. Es hat auch ein jeder des lieben Gebets hoch von noͤhten in ſei -Sieg im Gebet. nem Beruff / Ampt vnnd Stande / dem - ſelben recht fuͤrzuſtehen / daß es gluͤcklich hinaus gehe / vnnd in Summa / daß er Gott vmb ſeinen H. Geiſt / Troſt / vnnd Beyſtandt in allen noͤthen anruffet / weil wir auff dem wilden Meer dieſes Lebens teglich in Gefahr ſchweben / Darumb ſpricht Dauidt ferner:

Pſal. 119.

2. Meine boßhafften Verfolger wol - len mir zu / das iſt / ſtreiten wieder mich / vnd ſind ferne von deinem Geſetze. Daiſt411Vom Nutz vnd Frucht des Gebets /iſt nun betens von noͤhten. Dann was der Sathan ſelbſt nicht thun kan / dazu gebraucht er ſeine Werckzeug / boßhaff - tige Leute / die tag vnd nacht darauff ge - dencken / wie ſie andern muͤgen beykom - men. Fuͤr ſolchen boßhafftigen Leuten iſt keiner ſicher. Dawieder iſt die be[ſ]te Ar -Schutz im Gebet. tzeney ein Lob Pſalm zu Gott geſungen / wie im 18. Pſ. ſtehet: Ich wil den Herrn loben vñ anruffen / ſo werde ich von allen meinen Feinden errettet. Vnd im 25. Pſ: Nach dir HErr verlanget mich / mein GOtt / laß mich nicht zu ſchanden wer - den / daß ſich meine Feinde nicht frewen vber mich. Denn keiner wird zu ſchan - den / der dein harret / Aber zu ſchanden muͤſſen ſie werden / die loſen Veraͤchter.

Es iſt aber wol zu mercken / daß der H. Dauidt ſpricht: Sie ſind ferne von deinem Geſetze. Das ſind alle / die ande - re Leute verfolgen / Sie ſind ferne von Gottes Wort / vnnd von der H. Furcht Gottes. Sind ſie aber ferne von Got - tes Wort / ſo iſt auch Gott ferne von jh -nen.412vnd was es muͤſſe fuͤr grundt haben. nen. Darumb iſt jhr fall nahe / vnd jhr vngluͤck wird ploͤtzlich kommen. Ein gleu - biges / Gottfuͤrchtiges Hertz aber nahet ſich zu Gott durchs Gebet.

Durchs Gebet na - het man zu GOtt.

1. Vnnd in dem wir nun vnſere Her - tzen teglich zu Gott erheben / vnd alſo teg - lich mit Ihm vmbgehen / kommen wir Gott jmmer naͤher / vergeſſen allgemach der Erden vnnd der Welt / vnnd werden aus jrrdiſchen Menſchen Geiſtlich vnnd Himliſch / wie vor zeiten Moſes / da erExod. 34. mit Gott viertzig tage vñ nacht geſprech hielte / vberkam er ein Glantz vnd Ange - ſicht. 2. Vnd gleich wie wir die Sitten vnd Tugende lernen / deſſen / mit dem wirHerlicher nutz des Gebets. ſtets vmbgehen / vnd haben mit niemand mehr luſt vmbzugehen dann deſſen wir gewohnet ſeyn: Alſo durchs tegliche ſte - tige Gebet lernen wir die Sitten vnnd Sprach des Himmels / vnd werden mehr vnd mehr in der Liebe GOttes angezuͤn - det. 3. Ja das liebe Gebet wehret vielen Suͤnden / vnnd iſt ein præſeruativ wieder zukuͤnfftige Vngluͤck vnd Anfechtung /wie413Vom Nutz vnd Frucht des Gebets /wie der Herr ſagt: Wachet vnnd betet / daß jhr nicht in Anfechtung fal -Matt. 26. let. Vnnd wann vns dann etwas be - gegnet / ſo wiſſen wir daß es eine Schi - ckung ſey des Allmechtigen / vnnd laſſen gern ſeinen Willen an vns vollbringen in aller gedult / vnnd bitten vmb linderung des Creutzes.

3. HErr du biſt nahe / vnd deine GebotPſal. 119. ſind eitel Warheit. Hie ſetzet der heilige Dauid den andern Grundt vnd Funda - ment vnſers Gebets: Gottes gegenwart vnd Gottes Warheit.

GOTtes gegenwart troͤſtet vns inDer ander Grundt vnſers Gebets GOTtes gegen - wart. vnſern hoͤchſten Noͤhten. Eſai. am 41. Fuͤrchte dich nicht / Ich bin mit dir: Wei - che nicht / Ich bin dein Gott / etc. Dar - umb koͤnnen wir Ihn auch an allen Or - ten getroſt anruffen. Es ſpricht wol der Herr: Wann du beten wilt / ſoMatth. 6. gehe in dein Kaͤm̃erlein / vnd ſchleuß die Thuͤr nach dir zu / vnnd bete zu deinem Vater im verborgen / vnd dein Vater / der ins Verborgen ſiehet / wird dirsvergel -414vnd was es muͤſſe fuͤr grundt haben. vergelten offentlich: Aber damit bindet Er das Gebet an keinen gewiſſen Ort / ſondern er redets nur wieder die Heuch - ler / die nur zum ſchein offentlich beten. Gen. 24.Vom H. Ertzvater Iſaac leſen wir / daß er gegen Abendt auffs Feldt gangen ſey zu beten. Ja vom HErrn Chriſto ſelbſtLuc. 6. leſen wir / daß er allein auff einen Berg gangen ſey zu beten / vnd die gantze nacht im Gebet verharret: Alſo koͤnnen wir auch an allen Orten / vnd zu allen zeiten beten / ſonderlich wann wir allein ſeyn / vnnd von Menſchlichem Geſpraͤch ge - muͤſſiget. So ſols vns eine Anmahnung ſeyn / daß wir mit Gott ein Geſpraͤch an - ſtellen / vnd ſtets hieran gedencken / was Dauidt hie ſagt: HErr / du biſt nahe. Das beſte werck mit Gott re - den.Iſt dann der HErr nahe / ſo koͤnnen wir ja nichts beſſers thun dañ mit jhm reden. Eſai. 55. Ruffet jhn an / weil er nahe iſt. Pſal. 145. Der HErr iſt nahe allen / die jhn anruffen.

So ſtercket auch Gottes Warheit vnſer Gebet mechtiglich. Dann wir wiſ -ſen /415Vom Nutz vnd Frucht des Gebets /ſen / GOtt hats befohlen: Ruffe mich an / Er hat erhoͤrung zugeſagt / Eſai. 65. Der dritte Grundt des Ge - bets iſt GOTtes Warheit.Ehe ſie ruffen / wil Ich hoͤren / vnd wann ſie noch reden / wil Ich antworten. Er hats auch in der That geleiſtet / manda - uit, promiſit, præſtitit. Sehet an die Exempel Moſis / Samuelis / Dauidis / Joſuæ / Cornelij in Actis, deſſen GebetAct. 10. vnd Allmoſen ſind fuͤr Gott gekommen. Der Exempel iſt die Schrifft voll. Vnd wann du gleich gedencken moͤchteſt: Ja wann ich Moſes / Elias / Dauid / JoſuaTroſt im Gebet. were? Antwort. Es ſind gleichwol Menſchen geweſt / wie Jacobus ſagt: 2. Wer iſt Cornelius in Actis? Ein Heyde. 3. Wer iſt Manaſſe? Der groͤſ - ſeſte Suͤnder. 4. Gott hat den Elenden erhoͤrung zugeſagt / Pſal. 34. Da dieſer Elender rieff / hoͤret der HErr. Pſ. 102. Er wendet ſich zum Gebet der Verlaſſe - nen / vnnd verſchmehet jhr Gebet nicht. Pſ. 9. Die Hoffnung der Elenden wird nicht verloren ſeyn ewiglich.

4. Zuuor aber weis ich / daß du deinePſal. 119.E eZeug -416vnd was es muͤſſe fuͤr grundt haben. zeugnuͤß ewiglich gegruͤndet haſt. Diß iſt ein gewaltiger Spruch / vnnd ſtercket mechtig vnſer Gebet / vnd Glauben / vnd iſt der vierdte vnbewegliche grund vnſersDer vier - de Grund vnſers Ge bets / iſt Gottes e - wiges Wort. Eph. 1. Gebets. Gottes Wort vnd Verheiſſung hat einen ewigen grund / nemlich GOtt ſelbſt / vnnd ſeinen lieben Sohn Jeſum Chriſtum: Auff denſelben iſt GOTtes Wort vnnd vnſere Seligkeit gegruͤndet / ehe der Welt grund gelegt iſt. Was ei - nen ewigen grund hat / das kan nichts zeitliches vmbſtoſſen / dahin S. Paulus Roman. 8. ſiehet / das weder hohes noch tieffes / weder gegenwertiges noch zu - kuͤnfftiges / weder Engel noch Fuͤrſten - thumb / vns von der liebe Gottes ſchei - den kan. Iſt das nun nicht ein groſſer troſt das vnſer Glaube / vnſer Gebet ei - nen ewigen grund / ja einen ewigen Vr - ſprung hat / das ſol vns erfrewen / ſo offt wir daran gedencken / wie der Prophet Eſaias am 28. ſpricht: Siehe / ich lege in Sion einen grundtſtein / einen koͤſtlichen Eckſtein / der wol gegruͤndet iſt. Wergleu -417Vom Nutz vnd Frucht des Gebets / etc. gleubet / der fleugt nicht: oder wie es S.1. Petr. 2. Petrus außlegt: Der wird nicht zu ſchan - den werden: Vnnd S. Paulus: Es kan1. Cor. 11. kein ander grund gelegt werden dann1. Tim. 2. welcher gelegt iſt / Jeſus Chriſtus. Vnd abermal. Der feſte grund Gottes beſte - het / vnnd hat diß Siegel: GOtt kennet die ſeinen. Dieſen grund werden die Pforten der Hellen nicht vberweltigen. Das iſt vnſer ςερὲυμα, vnd grundfeſt vn - ſers Heils / Seligkeit / vnd Glaubens / der feſter iſt dann Himmel vnd Erden.

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E e ijDe418De bono Orationis.
De bono Orationis Eſt enim Oratio.
ALloquium diuinum,
Clauis Cœli,
Flos Paradyſi,
Libera ad Deum acceſſio,
Domeſtica Dei,
Secretorum Dei cognitrix,
Myſteriorum reſeratrix,
Donorum Dei acquiſitrix,
Spirituale conuiuium,
Cœleſte delicium,
Fauus labiorum diſtillans,
Virtutum nutrix,
Vitiorum victrix,
Culpæ deprecatio,
Medicina animæ,
Imbecillitatis remedium,
Peccatorum antidotum,
Columna mundi,
Medela populi,
Semen benedictionis,
Hortus felicitatis,
Arbor419Von den Fruͤchten des Gebets.
Von den Fruͤchten vnd Krafft des Gebets. Dann das Gebet iſt.
EIn Geſprech mit GOTT /
Ein Himmel Schluͤſſel /
Ein Blum des Paradiſes /
Ein freier zugang zu GOTT /
Eine Haußgenoſſe GOttes /
Eine Erkennerin der heiligkeit GOttes.
Eine Offenbarerin ďgeheimniß Gottes /
Eine erbitterin der gaben Gottes.
Ein Geiſtliches Wolleben.
Eine Himliſche Liebligkeit.
Ein Honigſeim der Lippen.
Eine ernehrerin der Tugenden.
Eine Vberwinderin der Laſter.
Eine abbittung der Schuldt /
Eine Artzney der Seelen /
Eine Huͤlffe der ſchwachheit.
Eine gifftiagerung der Suͤnde.
Eine Seule der Welt.
Eine verſoͤhnung des Volckes.
Ein Same des Segens.
Ein Garte der Gluͤckſeligkeit.
E e iijEin420De bono Orationis.
Arbor iucunditatis,
Fidei augmentum,
Spei fulcrum,
Caritatis mater,
Iuſticiæ ſemita,
Perſeuerantiæ conſeruatrix,
Prudentiæ ſpeculum,
Temperantiæ magiſtra,
Caſtitatis robur,
Sanctitatis decus,
Pietatis incendium,
Scientiæ lumen,
Sapientiæ cellarium,
Fiducia animi,
Remedium puſillanimitatis,
Pacis fundamentum,
Cordis gaudium,
Iubilus mentis,
Fida huius peregrinationis comes,
Militis Chriſtiani ſcutum,
Humilitatis norma,
Honeſtatis præuia,
Patientiæ nutrimentum,
Obedientiæ cuſtos,
Ein421Von den Fruͤchten des Gebets.
Ein Baum der Liebligkeit /
Des Glaubens vermehrung /
Der Hoffnung enthaltnuͤß /
Eine Mutter der Liebe /
Eine Regel der Gerechtigkeit /
Eine erhalterin der beſtendigkeit /
Ein Spiegel der klugheit /
Eine Meiſterin der meſſigkeit /
Eine ſtercke der Keuſchheit /
Eine zierde der Heiligkeit /
Eine entzuͤndung der Gottſeligkeit /
Ein Liecht der wiſſenheit /
Eine Kammer der Weißheit /
Eine zuuerſicht des gemuͤts /
Eine Artzney der Kleinmuͤtigkeit /
Ein Fundament des friedens /
Eine freude des Hertzens /
Ein jauchtzen des gemuͤts /
Ein geferte dieſer Pilgramſchafft /
Ein Schilt des Chriſtlichen Ritters /
Ein Richtſchnur der Demut /
Eine Vorgengerin der erbarkeit /
Eine Speiſe der gedult /
Eine Huͤterin des Gehorſams /
E e iiijTran -422De bono Orationis.
Tranquillitatis fons,
Angelorum imitatrix,
Fuga Dæmonum,
Mœſtorum conſolatio,
Iuſtorum exultatio,
Sanctorum læticia,
Oppreſſorum auxiliatrix,
Afflictorum refocillatrix,
Laſſorum quies,
Conſcientiæ ornamentum,
Gratiarum incrementum,
Sacrificii Euchariſtici odoramen -
tum,
Beneuolentiæ incitamentum,
Vitæ ærumnoſæ lenimentum,
Mortis edulcoratio,
Vitæ beatæ præguſtatio,
Salutis æternæ expetitio.
Ein423Von den Fruͤchten des Gebets.
Ein Brun der Ruheſamkeit /
Eine nachfolgerin der Engel.
Eine vertreiberin der Teuffel.
Der traurigen Troſt.
Der Gerechten Freudigkeit.
Der Heiligen froͤligkeit.
Der vntergedruckten helfferin.
Der Elenden erquickerin.
Der muͤden ruhe.
Des gewiſſens ſchmuck.
Der gnadengaben zunehmung.
Des Danckopffers geruch.
Der guͤtigkeit anregerin.
Der muͤheſeligkeit linderung.
Des Todes milderung.
Des ewigen Lebens vorſchmack.
Der ewigen Seligkeit begierde.
E e vDas424Grund vnd Vrſach

Das XXXVII. Capittel. Grund vnnd Vrſach / das GOtt vnſer Gebet gewiß vnd gnedig erhoͤre.

Pſal. 86. Denn du HERR biſt gut vnnd gnedig / von groſſer Guͤte allen / die dich anruffen. Vernim / HErr / mein Gebet / vnd mercke auff die Stimme meines flehens. In der noht ruffe ich dich an / du wolleſt mich erhoͤren. ()

ES ſagt der Prophet Jeremias in ſeinen Klagliedern am 3. Cap. Die guͤte des Herrn iſts / daß wir nicht gar auß ſind. Seine Barmhertzig - keit hat noch kein Ende / ſondern iſt alle Morgen new / vnd deine Trew iſt groß. Der Herr iſt mein theil / ſpricht meine Seele / Darumb will ich auff jn hoffen.

Allhier troͤſtet vns der H. Geiſt in vnſerm Creutz / daß vns Gottes guͤte vndBarm -425das Gott vnſer Gebet gewiß erhoͤre. Barmhertzigkeit erhalte / ſonſt wuͤrden wir bald auß ſeyn. Wie Gott eine ver - wechſelung des Liechtes vnd Finſternuͤß im natuͤrlichen Leben gemacht: Alſo auch im geiſtlichen Leben. Da iſt Finſternuͤß vnd Liecht / Traurigkeit vnd Freude / wie in der Natur. Alſo muß das Liecht immer wieder auffgehen im Finſternuͤß / vnndPſal. 97. Freude den frommen Hertzen. Dann die guͤte GOttes iſt / die alle Menſchen im Leben vnnd gedeyen erhelt. Dann inAct. 17. GOTT leben / weben / vnnd ſind wir. GOTT iſt der Vrſprung vnnd Brun - nen des Lebens / vnd alles gutes: Das be - weiſen ſeine Wercke. Dann ein jedes ef -Beweiß das Gott des lebens hoͤchſtes Gut vnd die Liebe ſelbſt ſey. fectum beweiſet ſeine cauſam. Weil Gott alle lebendige Ding gemacht hat / ſo muß er ſelbſt das Leben ſeyn: Weil er alle ding gut gemacht hat / ſo muß er ſelbſt das hoͤchſte Gut ſeyn: Weil er alle Ding lieblich gemacht hat / ſo muß er ſelbſt die Liebe ſeyn. Darumb er genant wird ein lebendiger GOTT (Du biſt Chriſtus des lebendigen GOTtes Sohn / ſagtMatth. 16.S. Pe -426Grund vnd VrſachS. Petrus) nicht allein ab Eſſentia, darumb / daß er fuͤr ſich lebe / ſondern ab effectu, daß er alle ding lebendig mache / vnd im Leben erhalte / allen dingen Leben vnnd Othem gebe / Act. 17. Pſalm. 104. Dan. 5. Du haſt die Todten Goͤtzen ge - lobet / aber den Gott / der deinen Othem / vnd alle deine Wege in ſeiner Hand hat / haſtu nicht geehret. Jer. 2. Mich / die le - bendige quelle verlaſſen ſie / vnd graben jhnen hie vnd da Brunnen / die kein Waſ - ſer geben. Deut. 30. Ich bin dein Leben / vnd die lenge deiner Tage. Pſal. 27. Der Herr iſt meines Lebens Krafft. Dar - aus folget / daß GOtt aller lebendigen ding leben iſt effectiuè / daß er das Leben in allen wircket vnnd erhelt / vnd es fleuſt aus Gott als die werme aus der Sonnen / dauon nicht allein der Menſch / ſondern auch alle Creaturen leben / wie S. Pau - lus ſpricht Rom. 11. Von Ihm / in Ihm / vnd durch Ihn ſind alle ding / Ihme ſey Ehre vnnd Macht in ewigkeit / Amen. Coloſſ. 3. Alles / vnd in allen Chriſtus.

Wiewol427das Gott vnſer Gebet gewiß erhoͤre.

Wie wol nun alle Creaturen aus Gott jhr leben nehmen / ſo hats doch der Menſch in excellentiori gradu, Der Menſch hat das edelſte Leben vnter allen irꝛdiſchen Creaturen wegen der vernuͤnff - tigen Seele / ſo in jhm wohnet. DarnachDreyerley Grad des Lebens. 1. Theſſ. 5. der Engel leben iſt noch edler vnd in hoͤ - hern grad dann der Menſch / weil Got - tes Herꝛligkeit in jhnen leuchtet. Daher ſie genant werden Engel ſeiner Krafft. Dann ſie ſind keiner eitelkeit vnd veren - derung vnterworffen / wie der Menſch. Darnach Chriſtus vnſer Herr / der hat das aller edleſte Leben / dieweil Er warer Gott vnd das Leben ſelbſt iſt. Er iſt der warhafftige Gott vnd das ewige Leben / 1. Joh. 5. vnnd hat das Leben im hoͤchſten grad / Deus de Deo, lumen de lumine, Deus verus de vero Deo.

Wie nun das Leben aus Gott iſt: Alſo alle guͤtigkeit vnd guͤte iſt in GOtt vnd aus Gott. Dann Er iſt das ewige Gut. Vnnd alles / was gut iſt / vnnd gut heiſt / iſt aus dieſem Brunnen gefloſſen. Darumb428Grund vnd VrſachDarum̃ haben alle Creaturen ein troͤpff - lein der Guͤtigkeit GOTtes / damit ſie jhren Schoͤpffer bezeugen / gleich als redeten ſie mit vns / vnnd ſpreche derAlle Crea - turen ha - ben ein merckmal der guͤtig - keit Got - tes. Weinſtock zu vns: Siehe / Menſch / die Suͤſſigkeit habe ich von meinem Schoͤ - pffer / damit ich dein Hertz erfrewe. Vnd das Brodt ſpreche zu vns: Sehet / dieſe Krafft zu ſettigen habe ich von mei - nem vnnd ewrem Schoͤpffer / etc. Das hoͤchſte Gut hat alle Creaturen mit dem Troͤpflein ſeiner Guͤtigkeit beſprenget / ſagt S. Auguſtinus zu dem Ende / daß es dem Menſchen ſol zu gute kommen / Pſal. 65. Du kroͤneſt das Jahr mit dei - ner Guͤte / vnd deine Fußſtapffen trieffen von Fette.

Was nun in der Natur Gottes guͤ - tigkeit heiſt / bonitas naturæ, das heiſt Theologicè in der Schrifft / GOttes gnade. Jennes gehet den Leib an / dieſes die Seele. Wie nun Gott in dem groſ - ſen Buch der Natur auff tauſenterley weiſe ſeine Guͤtigkeit geoffenbaret / vnnddem429das Gott vnſer Gebet gewiß erhoͤre. dem Menſchen zu erkennen gegeben: Al - ſo in dem Buch der H. Schrifft hat er vnzehlicher weiſe ſeine Gnade vnd Liebe geoffenbaret. Welches alles in Chriſto Jeſu erfuͤllet iſt. Dann in Chriſto iſt zu - ſammen gefaſſet alles gute vnd Liebe im Himmel vnnd Erden / darin iſts alles.

Was nun gut vnd vber gut iſt / das theilet ſich gern ſelbſt mit / ſonſt koͤnts nit gut ſeyn. Dann wie wuͤ[ſ]te man ſonſt / obs gut were / wann ſichs nicht zu erken - nen gebe? Was wuͤſte man von demOmnebo - num com - municati - uum ſui: alias non eſſet bo - num. Weinſtock / daß er gut were / wann er ſeine Trauben nicht gebe? Alſo hette nie - mand gewuſt / wie gut vnd gnedig GOtt were / wann er ſeine guͤte vnd gnade nicht geoffenbaret vnd mitgetheilet hette. Wer hette gewuſt / wer CHriſtus were / wann er ſeine Liebe nicht an vns bewei - ſete?

Warumb hat ſich Gott aber geof - fenbaret / daß er gut / gnedig / vnd Barm - hertzig ſey? Darumb / daß wir an jhngleu -430Grund vnd VrſachFunda - ment vn - ſers Glau - bens / Lie - be vnd Ge - bets. Rom. 10.gleuben / jhn vber alle ding lieben / vnd jhn in allen noͤten anruffen ſollen. Vnd durch die Offenbarung hat er vnſer Gebet er - wecket / vnnd ins Hertz pflantzen wollen. Dann wie ſoll man anruffen / den man nicht kennet. Nemet euch ein Exempel von Moſe / Exod. 34. Als er wolte Got - tes Angeſicht ſehen / darauff ſprach der Herr: Mein Angeſicht kan kein Menſch ſehen vnd lebendig bleiben / das iſt / in meinem vnbegreifflichen weſen: Aber das will ich thun. Ich will dich auff einen Felſen ſtellen / vnnd fuͤr dir vberge - hen / vnnd fuͤr mir her gehen laſſen alle meine guͤte (Nota, nicht ein Troͤpflein meiner guͤte / oder ein Particul dauon / wie du in allen Creaturen ſieheſt / ſon - dern alle meine guͤte ſoltu ſehen vnnd empfinden) So wirſtu mir hinden nach ſehen / das iſt / du wirſt aus meinen Wer - cken mich erkennen lernen. Als nun Gott der Herr in den Wolcken ernieder kam / vnd alle ſeine guͤte vnd Herꝛligkeit vor Moſe vbergieng / rieff Moſes: Herr / Herr Gott barmhertzig vndgnedig /431das Gott vnſer Gebet gewis erhoͤre. gnedig / geduͤltig / von groſſer guͤte vnnd trewe / der du Mifſethat vnd[Suͤnde] ver - gibſt / vnnd barmhertzig biſt in tauſent Glied / vor welchem niemand vnſchuͤldig iſt. Sehet / ſo bald nun Moſes die guͤte Gottes empfand / ſchrey vnnd betete er alſo.

So hat nun der Allmechtige Gott ſeine guͤte / gnade / liebe / vnnd trew den Menſchen offenbaret / vnd eben ſo wol fuͤr vns laſſen vbergehen wie fuͤr Moſe / auff daß wir auch alſo ruffen vnnd beten ſollen / wie Moſes. Ja ſprichſtu / wie iſtIn Chri - ſto iſt alle Guͤte vnd Gnade Gottes vns nicht allein ge - offenbaret ſondern auch ge - ſchenckt. Joh. 1. dann ſolches geſchehen / wann ſich Gott mir auch alſo offenbarete wie Moſe? Antwort. Es iſt in Chriſto geſchehen. In demſelben hat Gott alle ſeine guͤte laſſen fuͤr vns vbergehen ſichtbarlich. Dann wir ſahen ſeine Herrligkeit / eine Herr - ligkeit des eingebornen Sohns GOttes vom Vater voller Gnade vnd Warheit.

Wan wir nun das bedencken / was Chriſtus fuͤr vns gethan / ſo moͤchten wir wol ruſſen: Herr / Herr GOtt /F fbarm -432Grund vnd Vrſachbarmhertzig vnnd gnedig / geduͤltig von groſſer gnade vnd trewe.

Da ſehen wir / wie der typus erfuͤl - let iſt / vnd wie Gott in den Wolcken vom Himmel gekommen / vnd ſeine guͤte laſ - ſen fuͤr vns vbergehen in Chriſto / ſeiner H. Menſchwerdung.

Als Paulus vnd Barnabas zu A - then vnter den Heyden groſſe wunder thaten / ſprachen die Leute vnter einan - der: Die Goͤtter ſind vom Himmel kom -Act. 14. men / vnd Menſchen worden. Das war jhr iudicium. Alſo iſt alle guͤte vnd gna - de Gottes in Chriſto von jm zu vns auff Erden kommen zu dem Ende / auff daß vns Gott zu jhm locke / vnſern Glauben vnd Gebet erwecke. Dann Gott theilet vns ſeine guͤte vnd gnade mit durchs Ge - bet.

Hierbey ſollen wir nun etliche Haupt - gruͤnde mercken / das Gott vnſer Gebet gewiß erhoͤre:

1. So iſt das Gebet einer ſolchen art / daß es einen guͤtigen Menſchen leicht be -weget /433das Gott vnſer Gebet gewis erhoͤre. weget / ja einer ſolchen art / daß es auch offt einen harten Menſchen beweget / wie Luc. 18. von der Widwen vnd vngerech - ten Richter geſchrieben iſt. Da bewegt die Widwe endlich den harten Richter durch jhr offtes Gebet. Dann das Ge - bet / weil es aus dem Geiſt kompt / iſts ei - ne ſtercke der Seelen / dardurch manni - chem das Hertz offt eingenommen vnnd bewogen wird. Dieweil dann nun Gott nicht ein harter GOTT iſt / ſondern die hoͤchſte gelindigkeit / die zarteſte Freundligkeit / die hoͤheſte Gedult / die edleſte Sanfftmut / die bruͤnſtigſte Liebe / vnnd in Summa GOtt iſt alle tugend im hoͤchſten grad: So kans nicht feilen / Ja es iſt vnmuͤglich / daß er nicht ſolte durch ein Hertzliches Gebet bewogen werden. Dann wann das nicht geſche - he / ſo were er nicht die hoͤchſte generoſi - tas, oder Freundligkeit / vnnd die edle -Herlicher grund vn - ſers Ge - bets. ſie Guͤtigkeit. Darumb ſo warhafftig als GOTT die hoͤchſte Guͤtigkeit vnnd Freundligkeit iſt / ſo war wirdF f ijer auch434Grund vnd VrſachEr auch durch ein hertzliches Gebet am aller erſten bewogen.

Taulerus. Gott iſt ja ſo jach nach vns / vnd eilet ſo ſehr nach vns / vnnd thut gleich als wolt jhm ſein Goͤttlich Weſen gar zubrechen / vnd zu nicht werden an jhm ſelber / daß Er vns offenbare allen abgrund ſeiner Gottheit / vnd die fuͤlle ſei - nes Weſens vnd ſeiner Natur. Da eilet Gott zu / daß es alſo vnſer eigen ſey / wie es ſein eigen iſt. Item / Wir ſind zu vn - meſſigen groſſen ewigen dingen geſchaf - fen / beruffen vnd geladen / vnd nimmet das Gott ſehr vbel von vns an / daß wir vns an kleinen nichtigen vergenglichen dingen begnuͤgen laſſen. Dann Er iſt be - reit vns alles zu geben / auch ſich ſelbſt. Item / GOtt will vnd mag von rechter Liebe wegen vns nichts abſchlagen noch verſagen / ja er koͤmpt zuuor vnſerm Ge - bet / vnd gehet vns entgegen / vnd bittet / daß wir ſeine Freunde ſein wollen / vnd iſt tauſentmal williger zu geben / dann wir zu nehmen / bereiter zu geben dann wir jn zu bitten.

. S[o]435das Gott vnſer Gebet gewiß erhoͤre.

2. So erforderts Gottes Warheit vnd thewre verheiſſungen / Pſal. 50. Ruf - fe mich an ſo will ich dich erhoͤren. Pſal. 86. Der Herr iſt gut vnd gnedig / von groſſer guͤte allen / die jhn anruffen. Pſal. 145. Der Herr iſt nahe allen / die jhn mit ernſt anruffen. Der Herr iſt gut / iſts zu wenig / ſo iſt Er gnedig / iſts noch zu wenig / ſo iſt Er von groſſer guͤte / gegen wem? gegen allen / die jhn anruffen. Er thut was die Gottfuͤrchtigen begerẽ / vnd hoͤret jhr ſchreyen / vnd hilfft jhnen / Eſa. 65. Johan. 16. Matth. 7. Bittet: Leſſets dabey nicht bleiben: Suchet: Leſſets da - bey nicht wenden: Klopffet an. Dann wer da bittet / etc. Marc. 11. Alles was jhr bitten werdet in ewrem Gebet / glenbt jhr / daß jhrs empfangen werdet / ſo wirds euch werden. Luc. 11. 18. Diß muß GOtt halten / oder er were nicht der / der Er ſich in ſeinem Wort offenbaret hat. Vnd da - mit vns Gott erhoͤren / vnd ſeine guͤte vns vielen mittheilen muͤge / ſo hat Er vns be - fohlen viel vñ offt / ja ohn vnterlaß zubetẽ.

F f iij3. So436Grund vnd Vrſach

3. So bekrefftigets auch das aller - freundlichſte Vaterhertz GOTtes / Luc. 11. Wo iſt ein Kind oder Sohn / der den Vater bittet vmbs Brodt / der jhm ein Stein darfuͤr biete? So dann jhr / die jr arg ſeid / koͤnnet ewren Kindern gute gabẽ geben / viel mehr wird der Vater im Him - mel den heiligen Geiſt geben denen / die jhn darumb bitten. Iſt er nicht der rech - te Vater vber alles / das Vater heiſt im Himmel vnnd Erden. Epheſ. 3. Vnnd 2. Corinth. 1. nennet S. Paulus Gott den Herrn einen Vater der Barmhertzig - keit / vnd einen GOtt alles troſtes. Sol - te ein Menſch barmhertzig ſeyn / vnd der / der ein barmhertziges Hertz gemacht hat / ſolte ſelbſt vnbarmhertzig ſeyn? Solte GOTT ein Vaterhertz geſchaffen ha - ben / vnnd ſolte ſelbſt kein Vaterhertz ha - ben? Warumb hette jhm GOTT die - ſen Namen gegeben / wann er nicht ein gnedig Vaterhertz hette? So muß Er nun gnediglich erhoͤren / oder Er muß ſei - nen Namen Vater verlieren. Eſai. 64. Du437das Gott vnſer Gebet gewiß erhoͤre. Du biſt ja vnſer Vater / von Alterſ herAus dem erbarmen den Vater vnd Mut - ter Hertzẽ lernen wir GOttes Liebe er - kennen. Eſa. 49. iſt daß dein Name. Jerem. 31. Ich bin Iſraels Vater / ſo iſt Ephraim mein erſtgeborner Sohn. Ja der das Mutter - Hertz alſo geſchaffen / daß es ſich vber den Sohn jhres Leibes erbarmet / wie ſol - te Er ſelbſt nicht ein erbarmendes Hertz haben? Wie ſolte Er ſich vnſer nicht er - barmen / vnnd vnſer Gebet erhoͤren / wann wir ſo klaͤglich ruffen vnnd ſchrey - en? Sehet / wann die Kinder kranck ſeyn / vnnd weinen / wie bricht daß der Mutter das Hertz: Eben alſo vnnd viel mehr GOtt dem Herren auch / wie Er ſelbſt ſpricht Jerem. 31. Darumb bricht mir mein Hertz gegen jm / ich muß mich dein erbarmen.

4. Beſtetigts auch die Vorbitte vn - ſers Herren Jeſu Chriſti. Wie hat der Herr in den Tagen ſeines wandels auff Erden fuͤr ſeine Kirche vnnd fuͤr alle Gleubige gebeten? Wie beſihlet Er ſieJoh. 17. ſeinem Himliſchen Vater? 1. HeiligerF f iiijVa -438Grund vnd VrſachVater erhalt ſie in deinem Namen / die du mir mir gegeben haſt / daß ſie ein ſein gleich wie wir. 2. Heilige ſie in deiner Warheit / Dein Wort iſt die Warheit. 3. Ich bitte / daß du ſie / weil ſie in der Welt ſeyn / fuͤr allem vbel bewahreſt. 4. Ich bitte fuͤr ſie / vnd fuͤr alle / die durch jr Wort an mich gleuben werden. 5. Va - ter ich will / daß wo ich bin / auch ſein beyChriſti Gebet fuͤr vns iſt vn - ſere erhal - tung ſter - cke vnnd Sieg. mir die du mir gegeben haſt. 6. Ich bitte fuͤr ſie / daß die Liebe / damit du mich lie - beſt / ſey in jhnen / vnd ich in jhnen. Nicht allein in dieſer Welt hat er fuͤr vns gebe - ten / ſondern auch jtzo zur rechten Hand Gottes. Rom. 8. Hebr. 5. Hebr. 7. Weil wir dann einen Hohenprieſter haben / Jeſum den Sohn Gottes / der gen Him - mel gefahren iſt / ſo laſſet vns hinzu treten mit freudigkeit zu den Gnadenſtul / auff daß wir Barmhertzigkeit empfahen / vnd gnade finden auff die zeit / wann vns huͤlf -Rom. 8. Geiſt Got tes ſeuff - tzet in vns fe noht ſein wird.

5. Beſtetigts auch das Zeugnuͤß des H. Geiſtes / der vnſerm Geiſte zeugnis gibt / daß wir Gottes Kinder ſeyn. Es iſtvnmuͤg -439das Gott vnſer Gebet gewiß erhoͤre. vnmuͤglich daß das Zeugniß des H. Gei - ſtes in vnſern Hertzen koͤnne vmbſonſt vnd verloren ſeyn.

6. Weil Gott vnd Chriſtus bey vnsEph. 3. Joh. 14. ſeyn / ja durch den Glauben in vns woh - nen / wie ſolle Er dann vnſer Seufftzen nicht wiſſen. Pſal. 139. Es iſt kein Wort auff meiner Zungen / daß du Herr nicht alles wiſſeſt. Du verſteheſt meine Gedancken von ferne. Darffeſt nichtGott iſt in vns vñ wir in Gott / wie ſolte er vn ſer Gebet nicht erhoͤ ren? dencken / GOTT ſey viel tanſent Meil weges von dir / vnnd hoͤre dein Ge - bet nicht. Er iſt in dir / vnd du in jhm. Act. 17. Joh. 17. Item. Gott lebet vnnd webet in dir / wie ſoll er dann dein Gebet nicht hoͤren. Pſal. 38. Gott fuͤr dir iſt all mein begierde / vnnd mein ſeufftzen iſt dir nicht verborgen. Pſal. 19. Laß dir wolge - fallen die rede meines Mundes / vnd das geſprech meines Hertzens fuͤr dir.

7. Weil der H. Geiſt / welcher wahrer GOtt iſt / vnſer Gebet ſelbſt in vns wir - cket / Der H. Geiſt iſt ein Geiſt des Ge - bets / Zach. 12. ja ſeufftzet in vns / Rom. 8. F f vWie440Grund vnd VrſachWie ſolte nun GOTT nicht hoͤren / wiſſen / vnnd ſehen / was Er ſelbſt thut vnd wircket. Darumb iſt es vnmuͤglich /Gott wir - cket in vns dz Gebet: wie ſolt ers nicht erhoͤren? daß ein Seufftzerlein ſolte verloren ſeyn / daß aus dem heiligen Geiſt kompt vnnd zu GOTT gehet. Es koͤmpt von Gott vnd gehet zu GOtt. In GOTT kan nichts verloren werden: Die Wercke ſind in Gott gethan / vnnd kommen ans Liecht / Joh. 3.

8. So iſt GOtt nicht ein vergeßli -Syr. 17. cher GOTT / wie ein Menſch. Wie GOtt alle wolthaten behelt wie ein Sie - gelring / vnnd ein jeder gleubiger fuͤr jhm iſt wie ein Denckzedel / Mal. 3. Alſo ver - giſſet er auch des Gebets nicht. Non ca - dit in Deum obliuio boni, ſed obli - uio peccatorum noſtrorum. GOt - tes gnade iſt ſo groß / ſo vberfluͤſſig / daß ſie vnſere Suͤnde vberwieget vnnd til - get / daß Er jhr nimmermehr gedenckei / Aber das gute daß von jhm herkompt / deß kan Er nicht vergeſſen / oder Er mu -ſte ſei -441das Gott vnſer Gebet gewiß erhoͤre. ſte ſeines Werckes / vnnd ſein ſelbſt ver -Gott ver - giſſet ſei - nes Wer - ckes in vns nicht. geſſen. Nun koͤmpt vnſer Gebet von dem heiligen Geiſt her / ſolte dann der heilige Geiſt vergeſſen des Gebets vnnd Seufftzen / ſo Er ſelbſt in vns gewircket hat? Eſt impoſſibile. Er wird ja ſeines eigenen Werckes nicht vergeſſen / daß Er in vns gewircket hat. GOTT kan ja ſeines Worts vnnd Zuſage nicht ver - geſſen. Ich dencke noch wol daran / was ich jhm geredt habe / Jerem. 31. Darumb ſagt der 56. Pſalm / daß Er vn - ſere Thraͤnen zehle. Pſalm. 111. Er ver - heiſt / daß ſein Bund ewiglich bleiben ſol: Was iſt ſein Bund? Die vergebung der Suͤnde mit Chriſti Todt beſtetiget mit dem heiligen Geiſt verſiegelt / E - pheſ. 1.

Ja ſprichſtu: Iſt das wahr / war - umb erhoͤret mich dann GOTT nicht / vnnd gibt mir meine bitte? Ich habe auch offt gebeten / geruffen / vnnd geſeuff - tzet / werde gleichwol nicht erhoͤret.

Vnd442Grund vnd Vrſach

Vnd das ſihet man vielfeltig fuͤr Augen / das einer offt lang vmb ein ding bittet / bekoͤmpts gleich wol nicht / wird vnſerm anſehen nach nicht erhoͤret. Wo bleiben da dieſe Fundamenta der gewiſſen er -Anfech - tung vber der Erhoͤ - rung. hoͤrung? Vnd diß iſt eine ſchwere anfech - tung / die offt manniches armes Hertz krencket vnnd irꝛe machet: Aber mercke darauff dieſe beſtendige Antwort.

Das Gebet wird allewege erhoͤret / vnd iſt vnmuͤglich / daß es nicht ſolte er - hoͤret werden aus vorerzehlten Haupt - gruͤnden / welche ſind warhafftig / feſt vnd gewiß. 1. So gewiß als Gott ein freundli -Gruͤnde der Erhoͤ - rung. cher Gott iſt. 2. So gewiß / als Gott war - hafftig iſt in ſeinen verheiſſungen / ja die ewige Warheit ſelbſt iſt. 3. So gewiß / als Gott das barmhertzigſte Vaterhertz hat. 4. So gewiß als Chriſtus vnſer Mitler iſt. 5. So gewiß als Gott vnd Chriſtus in vns wohnen. Daran ſol kein gleubig Hertz zweiffeln.

Das aber GOtt vns nicht alsbald gibt / was wir bitten vnnd haben wollen /derhal -443das Gott vnſer Gebet gewiß erhoͤre. derhalben vns beduͤncket / wir werden nit erhoͤret / das koͤmpt daher: 1. Daß vns Gott nicht allezeit erhoͤret nach vnſerm willen / ſondern nach vnſerer Seligkeit. 2. daß jhm Gott hat vorbehalten / ob ErWie Gott das Gebet allezeit er - hoͤre. vns das jenige / darumb wir bitten / will geben an vnſerm Leibe / oder an vnſerer Seele. Wann wir nun vmb ein zeitlich Gut bitten / GOtt der Herr aber er - kent / daß es vns nicht nuͤtzlich vnnd ſelig - lich iſt / ſo gibt Ers vns nicht am Leibe vnnd zeitlichen Guͤtern / ſondern an der Seele vnd Geiſtlichen Guͤtern. Vnnd bekommen alſo gleichwol das / was wir bitten / geiſtlich an der Seele / Ja mehr dann wir bitten. Dann ſo viel die Seele edler vnd beſſer iſt dann der Leib / vnnd die geiſtlichen Guͤter dann die irꝛdiſchen / ſo viel beſſer iſts auch / wann vns Gott das jenige / was wir euſſerlich vnd leiblich bit - ten / an der Seele vnd geiſtlichen Guͤtern zu legt. GOtt erfuͤllet vnſer Gebet an dem / daran am meiſten gelegen / nemlich / an der Seele. Iſt doch am Leibe nit dasmeiſte444Grund vnd Vrſachmeiſte gelegen / wann nur der Seelen ge - holffen wird. Legt dir Gott eine leibliche Kranckheit auff / vnnd du bitteſt / GOtt wolle dich geſund machen / das Gebet iſt erhoͤret vnnd feilet nicht. Gibt Er dir nicht geſundheit des Leibes / ſo gibt Er dir geſundheit der Seelen / die beſſer iſt. Wolleſtu nicht lieber eine geſunde See - le haben dann einen geſunden Leib? WasWas Gott dem Leibe entzeuget / legt er der Seelen zu. huͤlffe dir ein geſunder Leib / wann die Seele vngeſund / das iſt vngleubig were / vnnd muͤſte des ewigen Todes ſterben? Iſt aber die Seele geſund / ſo koͤnnen wir mit David ſagen: Herr wann ich nur dich habe / ſo frage ich nichts nachPſal. 73. Himmel vnnd Erden / wann mir gleich Leib vnnd Seele verſchmachter: VnndJob. 19. mit dem krancken Job: Ich weiß das mein Erloͤſer lebet: Damit war der Seelẽ geholffen: Darumb achtet der liebe Da - vid / die Himliſchen Guͤter hoͤher denn alles Zeitliche. Pſal. 119. Dein Wort iſt mir lieber dann viel tauſent ſtuͤcke Gold vnd Silber.

Ja445das Gott vnſer Gebet gewiß erhoͤre.

Ja ſprichſtu: Ich wolte es gern bei - des haben / geſunden Leib / vnd eine geſun - de Seele / zeitliche vnd ewige Guͤter. Ey1. Cor. 12. ſpricht GOtt der Herr: Laß dich an meiner gnade genuͤgen. S. Paulus woltGottes Gnade iſt beſſer deñ aller Welt Gut. es auch gern / Aber er bekam dieſelbe Ant - wort. Summa alles gleubig Gebet wird erhoͤret vnnd erfuͤllet / wo nicht am Leibe / dennoch an der Seelen.

Zu dem / ſo hat jhm Gott auch dieſes vorbehalten / ob Er vnſer Gebet erfuͤllen wolle in dieſem oder in jennem Leben. Wann du nun hier nicht bekoͤmpſt / was du bitteſt / ſo dencke / es iſt dir hie nicht nutz vnd ſelig / Gott ſparet dirs aber biß in jen - nes Leben. Iſt doch an dieſem Leben nicht alles gelegen. Was dir hier GOtt nicht gibt / daß wird er dir dort reichlich vnd tauſentfeltig geben. Dann wie es vn -Hie ſaͤen wir / un e - wigen Le - ben ernd - ten wir. muͤglich iſt / das GOtt vnſer Gebet ver - geſſen ſolle: So iſts auch vnmuͤglich / daß Ers nicht ſolte auß Gnaden beloh - nen. Geſchichts nicht in dieſem Leben / ſo wirds gewiß geſchehen im ewigen Le - ben. So manniches Gebet / ſo mannicheGabe446Grund vnd VrſachGabe im ewigen Leben / denn da werdenGal. 6. wir erndten ohne auffhoͤren. Da wird er zu einer jeden gleubigen Seelen ſagen: Siche / da haſtu dem Gebet / daß du zu mir geſchicket haſt / vnnd da haſtu das / darimib du gebeten haſt / fuͤr ein Gebet tauſentfeltige Gaben. Das ſollen wir mit gedult erwarten.

Es were ein nerriſcher Ackerman / wann er jtzo geſaͤet hette / vnnd wolte als - bald die Frucht haben / gienge vnnd grei - nete: Ach ich habe geſaͤet / vnd meine Au - gen ſehen nichts wieder. Du Narꝛ / kan - ſtu die zeit der Erndten nicht abwarten / ſo wirſtu deinen Samen / vnd viel Fruͤch - te wieder bekommen. Alſo ſpricht man - nicher: Ach ich habe nun ſo lang vnnd ſo viel gebetet / Ich ſehe gleichwol nicht / das etwas darauß wird / Gott will mich nicht erhoͤren. Du Narꝛ / du haſt kaum ge - ſaͤet / vnd wilt albereit erndten / kanſtu nitEwig Le - ben ein e - wig Ernd te. Gal. 6. der zeit der groſſen Erndten des ewigen Lebens erwarten. Was der Menſch hie ſaͤet / daß wird er dort erndten: Sãeſtu hieviel447das Gott vnſer Gebet gewiß erhoͤre. Gebet vnnd Thraͤnen / einen edlen Sa - men / ey du wirſt dort mit freuden tauſent - fach einerndten / Pſ. 126. Das muß erfuͤl - let werden / Gott hats geredt: Erfuͤllet ers nun hie nicht / ſo muß es im ewigen Leben erfuͤllet werden. Alſo mannicher / dem ſeine liebe Kinder / Weib / gute freun - de ſterben / die weinen vnd heulen / ꝛc. Ach lieber Freund / weiſtunicht / daß diß deine Samezeit iſt / du muſt ja erſt ſaͤen vnnd pflantzen deine gute Freunde / ja deinen ei - genen Leib / che du erndteſt. Warte biß zur zeit der groſſen Erndten / da werden die Schnitter die H. Engel / deine Gar - ben ſamlen / vnnd in die ewige Scheunen tragen. Die Erndte iſt nahe vnd eilet her - zu. Da werden wir vnſer Gebet / Seuff -Aufferſte - bung vn - ſer Leiber eine ſchoͤ - ne Erndte tzen vnnd Thraͤnen / ſo wir vielfaͤltig zu GOtt geſchicket haben / reichlich finden. Dann da werden wir an Gott alles ha - ben / was wir immer hetten bitten / w[]n - ſchen / oder begeren koͤnnen. Vnd werden alſo alle verheiſſungen Gottes / vnd dieſe vnfeilbare Hauptgruͤnde in Ewigkeit inG gChriſto448Sieben GehuͤlfferChriſto Jeſu wahr ſeyn vnd bleiben / vnd an jedem gleubigen zu ſeiner ewigen freu - de vnd Seligkeit vberauß reichlich erfuͤl - let werden / daß wir GOtt dafuͤr ewig ruͤhmen vnd preiſen werden.

Das XXXVIII. Capittel. Sieben Gehuͤlffer vnd adminicula vnſers ſchwachen Gebets.

Rom. 8. Deſſelben gleichen auch der Geiſt hilfft vnſer ſchwach - heit. Dann wir wiſſen nicht / was wir beten ſollen / wie ſichs gebuͤret: Sondern der Geiſt vertritt vns auffs beſte mit vn - außſprechlichen Seufftzen / Der aber die Hertzen forſchet / der weiß / was des Geiſtes ſinn iſt. Dann er vertrit die Heili - gen / nach dem es Gott gefelt. ()Weil449vnſers ſchwachen Gebets.

WEil es dann leider an dem iſt / das vnſer Gebet ſehr kalt vnnd ſchwach iſt / wollen wir forſchen / was vns Gott in ſeinem Wort fuͤr ge - huͤlffe in vnſerm Gebet gezeiget / an wel - che wir in vnſerm Gebet gedencken ſol - len.

1. Der erſte Gehuͤlffe iſt vnſer einiger Mitler vnd Vorſprach / Mediator & aduocatus, der Sohn GOttes Jeſus1. Joh. 2. Chriſtus: Der iſt vnſer Worthalter bey GOtt / wann vnſere Zunge nicht ſo kan vnd vermag zu reden / wie wir gerne wol - ten / vnd es von Hertzen wuͤnſchen. Dar - umb heiſſet er λόγος, das ewige WortMitler - ampt Chri ſti vnſers Gebets er ſter huͤlffe. des Vaters / das GOtt durch jhn ſeinen Raht vns offenbaret / vnnd daß er vnſer Wort bey GOTT redet / darumb iſt Er vnſer Mitler. Diß iſt vns fein fuͤrgebildet in Moſe / dem Mitler des Alten Teſtaments / da das VolckExod. 20. flohe fuͤr GOTT am Berge Si - nar / vnnd ſprachen: Rede du mit Gott fuͤr vns. Item / da ſich Moſes entſchuͤl -G g ijdig t450Sieben Gehuͤlfferdigt / er kunte nicht wol reden / als er fuͤr Pharao gehen ſolte / er hette eine ſchwe - re Zunge: Da antwortet jhm GOtt: Aa -Exod. 4. ron dein Bruder iſt beredt / er ſol dein Mund ſein. Alſo haben wir alle eine ſchwere Sprache / wann wir beten ſollen / ď Himliſche Aaron aber iſt vnſer Mund. Exod. 25.Diß lehret vns auch das Vorbilde des Gnaden Stuls. Darumb hat vns der Herr befohlen in ſeinem Namen zu be - ten. Joh. 16. Darumb iſt Er vnſer ewiger Hoherprieſter / der ein vnuergenglich Prieſterthumb hat Hebr. 7. Rom. 8. ver - trit vns / Epheſ. 3. durch jhn haben wir ei - nen frendigen Zugang zum Vater mit al - ler zuuerſicht.

2. Der ander Gehuͤlffe iſt GOtt derH. Geiſt der ander Gehuͤlffe vnſers Ge bets. H. Geiſt / Zach. 12. Vber das Haus In - da / vnnd vber die Buͤrger zu Jeruſalem will ich außgieſſen den Geiſt der gnaden vnnd des Gebets. Der vns der gnaden GOttes verſichert / vnd vns aus gnaden gegeben wird / als ein Zeuge der Kindt - ſchafft. 1. Johan. 4. Daran erkennen wir /daß451vnſers ſchwachen Gebets. daß wir von GOtt ſeyn / daß er vns von ſeinem Geiſt gegeben hat. Rom. 8. Wir haben nicht einen Knechtiſchen Geiſt ein - pfangen / ſondern einen Kindlichẽ Geiſt / durch welchen wir ruffen: Abba lieber Vater. Derſelbe Geiſt gibt zeugnuͤß vn - ſerm Geiſt. Iſt durch die Salbung derExod. 29. Prieſter im Alten Teſtament bedeutet: Alſo hat vns Gott mit dem Geiſt Chri -1. Joh. 2. ſti geſalbet GOtt teglich Opffer zu brin - gen / Farren der Lippen / Pſal. 69. Die - ſer Geiſt Gottes erwecket in vns die ſeuff - tzen dauon. Dan. 9. Ach Herr hoͤre / Ach Herr ſey gnedig / Ach Herr mercke auff / vnd thue es.

3. So ſtercket vnſer Gebet krefftig - lich Gottes verheiſſung. Pſal. 50. Ruff mich an / ꝛc. Pſal. 91. Er begeret mein / ſo will ich jhn außhelffen. Pſal. 145. Luc. 11. Wo iſt ein Vater / ꝛc. Luc. 18. Hoͤre / wasGottes verheiſ - ſung der dritte Ge - huͤlffe vn - ſers Ge - bets. der vngerechte Richter / ꝛc. Eſa. 65. Ehe ſie ruffen / will ich hoͤren. Pſal. 34. Die Augen des Herrn / ꝛc. Joel. 2. Wer den Namen des Herren wird anruf -G g iijfen /452Sieben Gehuͤlfferfen / der ſol errettet werden. Matth. 7. Quærite, petite, pulſate ſuchet / bittet / klopffet an. Rom. 10. Gott iſt reich von Barmhertzigkeit.

Exempel der erhoͤ - rũg der 4. gehuͤlffe.

4. Die Exempel der Heiligen / ſo Gott erhoͤret. Sehet an die Exempel der Alten / ſo wird vnſer Gebet krefftiglich geſter - cket / vnnd hat einen groſſen gehuͤlffen / wann man ſich erinnert der vorigen gne - digen huͤlffe / vnd erloͤſung des Allmech - tigen Gottes: Darauff haben alle Pro - pheten jhr Gebet gegruͤndet. Moſe Exo. 32. Da die Kinder Iſrael ſich hart ver - ſuͤndigt hatten mit dem Abgoͤttiſchen guͤldenen Kalbe / alſo / das GOTT zu Moſe ſagte: Laß mich / daß mein Zorn vber ſie ergrimme vnd ſie auffreſſe. Da hielte Moſes ſein Außerwehlter den rieß auff / ſagt der 106. Pſalm / flehete / vnnd hielt jhn mit ſtarckem Gebet / in welchem er GOtt auch ſeiner vorigen Huͤlffe er - innert / vnnd ſpricht: Ach Herr / war - umb will dein Zorn ergrimmen vber dein Volck / daß du mit ſtarcker Hand ausEgypten453vnſers ſchwachen Gebets. Egyptenland gefuhret haſt. Warumb ſollen die Egypter ſagen vnnd ſprechen: Er hat ſie zu jhrem vngluͤck außgefuͤhret / daß er ſie erwurgete im Gebirge / vnnd vertilge ſie vom Erdbodem? Kere dich vom grimme deines Zorns / vnd ſey gne - dig der boßheit deines Volcks. Da grawete dem Herrn das vbel / daß Er dem Volcke gedrewet hatte.

David hat diß Meiſterſtuͤck wol ge - lernet / Dann er faſt in allen Pſalmen GOtt ſeiner vorigen gnade / guͤte / vnnd trewe erinnert / Im 25. Pſalm: Geden - cke Herr an deine Barmhertzigkeit / vnnd im 77. Pſalm. Ich dencke der al - ten zeit / der vorigen Jahre / wird dann der Herr ewig verſtoſſen. Pſalm 86. Herr / der du biſt vormals gnedig ge -Gottes guͤte weh - ret von e - wigkeit zu ewigkeit / darumb wird er vn ſer Gebet nicht ver - werffen. weſt deinem Lande / vnd haſt die Gefan - genen Jacob erloͤſet / der du die Miſſethat vormals vergeben haſt deinem Volcke / vnd alle jhre Suͤnde bedecket / der du vor - mals alle dein Zorn auffgehaben / Troͤſte vns GOtt vnſer Heyland / v[n]nd laß abG g iiijvon454Sieben Gehuͤlffervon deiner Vngnade vber vns. Wiltu dann ewiglich vber vns zuͤrnen? Wiltu vns dann nicht wieder erquicken / daß ſich dein Volck vber dir frewen mag?

Mit was herrlichen Worten erin - nert der Prophet Eſaias am 64. GOtt den Herrn ſeiner vorigen gnade / vnd ſchleuſſet damit auff den wunderlichen ſchrein der Barmhertzigkeit Gottes. Wo iſt dann nun / der ſein Volck aus dem Meer fuͤhrete ſampt den Hirten ſeiner Herde? Wo iſt / der ſeinen H. Geiſt vn - ter ſie gab? Der Moſen bey der rechten Hand fuͤhret durch ſeinen H. Arm / der die Waſſer trennet fuͤr jhnen her / daß Er jhm einen ewigen Namen machet / der ſie fuͤhret durch die tieffe in der Wuͤſten / Wie die Roſſe in der Wuͤſten / die nicht ſtrauchelen / wie das Viehe / ſo ins Feld herumb gehet / welches der Othem des Herren treibet. Alſo haſtu auch dein Volck gefuͤhret / auff daß du dir einen herrlichen Namen machteſt. So ſchawe nun vom Himmel vnnd ſiehe von deinerherrli -455vnſers ſchwachen Gebets. herrlichen Wohnung / Wo iſt nun dein Eiver / deine macht / deine hertzliche Barmhertzigkeit / helt ſich ſo hart gegen vns / Biſtu doch vnſer Vater? Dann Abraham weiß von vns nicht / Iſrael kennet vns nicht: Du aber Herr biſt vnſer Vater vnd Erloͤſer von alters her iſt das dein Name.

Darinnen ſind dieſe grunde. 1. Herr / deine gnade iſt ewig / darumb wird ſie an mir auch nicht auffhoͤren. 2. Ich bin zwar ein Suͤnder / aber du haſt auch vor - mals den Suͤndern gnade erzeiget / die Buſſe gethan. Pſalm. 25. Gedencke nicht der Suͤnde meiner Jugend. 3. Meine Suͤnde iſt zwar groß / Ey ſo laß deine Barmhertzigkeit auch groß werdẽ. 4. Ge - dencke / daß ich dein Geſchoͤpff bin. Job. 10. Gedencke daß du mich aus Lehmen ge - macht haſt / vñ wirſt mich wider zur Erdẽ machen. Dein auffſehen bewahret mei - nen Othem.

5. So hilfft vnſer Gebet die groſſe Freundligkeit vnd Leutſeligkeit Gottes /G g vdie456Sieben GehuͤlfferFreundlig keit Got - tes ſter - cket vnſer Gebet.die troͤſtliche Verheiſſung / das GOTT die Elenden anſiehet. Siehe an meinen Jammer vnd Elend / vnd vergib mir alle meine Suͤnde / Pſ. 25. Da dieſer Elender rieff / hoͤrts der Herr / vnd errettet jhn aus aller ſeiner furcht / Pſ. 34. So habenEſ. 66. wir verheiſſung / das Gott die Elenden nicht verachtet / wiewol die ſtoltzen Men - ſchen thun. Dann Gott iſt nit Menſch - lich geſinnet / hat auch nicht Fleiſchliche Augen / daß er ſehe / wie ein Menſch ſie - het vnd richtet / Job 10. Je Elender ſonſtGott ver - ſchmehet die Elen - den nicht / ſondern wohnet bey jhm. ein Menſch / je weiter ſich andere von jhm abthun. Gott aber iſt nicht alſo geſinnet / je elender ein Menſch iſt / je mehr will Er bey demſelben ſeyn. Pſ. 34. Der Herr iſt nahe bey denen / die zerbrochens Her - tzens ſind / vñ hilfft denen / die zerſchlage - ne gemuͤter haben. Pſ. 10. Du ſieheſt ja vnd ſchaweſt das elend vnd jammer. Es ſtehet in deinen Henden / die Armen be - fehlens dir. Du biſt der weiſen Helſſer. Da findet der HErr Materie vnnd gele - genheit gnug / ſeine Barmhertzigkeit zubewei -457vnſers ſchwachen Gebets. beweiſen / vnd damit kein Elender verza - ge / faſſet er im 146. Pſalm viel Elende zu - ſammen. Der Herr ſchaffet recht denen / die gewalt leiden / Er ſpeiſet die Hungeri - gen. Der Herr loͤſet die Gefangenen / er machet die Blinden ſehend. Der Herr hilfft auff / die niedergeſchlagen ſein / Der Herr liebet die Gerechten / Der Herr behuͤtet die Frembdlingen vnd Waiſen / vnd erhelt die Widwen. Eſa. 66. Ich ſe - he an den Elenden / der zerbrochenes Gei - ſtes iſt / vnnd ſich fuͤrchtet fuͤr meinen Wort. Pſ. 102. Er wendet ſich zum Ge - bet der Elenden / vnnd verſchmehet jhr Gebet nicht. Pſ. 9. Die Hoffnung des E - lenden wird nicht verloren ſein ewiglich.

6. So ſtercket vnſer Gebet krefftig -GOttes Barmher[-]tzigkeit ſtercket vn[-]ſer Gebet. lich die betrachtung der vnaußſprechli - chen groſſen Barmhertzigkeit GOttes. Er nimpt vnſer Gebet beſſer auff dann wirs jm koͤnnen fuͤrbringen. Er verſtehet vnſer noth beſſer dann wirs jhm klagen koͤnnen. Beten wir nicht recht / ſo helt er vns manniche thorheit zu gut / wie Abraham ſpricht: Ach Herr / zuͤrne nichtGen. 18.mit458Sieben Gehuͤlffermit mir. Siehe / Ich habe mich vnter - wunden mit GOtt zu reden. Daher S. Paulus 2. Corinth. 1. ſpricht: Gelobet ſey GOtt der Vater aller Barmhertzigkeit / vnd Gott alles Troſtes / der vns troͤſtet in aller vnſer Truͤbſal / Pſalm. 103. Vmb dieſer Barmhertzigkeit willen kan keinDurch Chriſti Thraͤnen werdẽ vn - ſer Threnẽ geheiligt. Gebet vergeblich ſeyn. Gott zehlet vnſer Seufftzen vnnd Thraͤnen / Pſalm. 65. Vmb der allerheiligſten Thraͤnen Chri - ſti willen. Denn er am Tage ſeines Ley - dens mit ſtarckem geſchrey ſeine Thraͤ - nen fuͤr vns mildiglich geopffert hat.

7. So ſterckets vnſer Gebet mechtig / wann wir vns erinnern des Gnadenbun - des / ſo GOtt mit vns gemacht hat / Jer. Gnaden - bund ſter - cket vnſer Gebet.31. Das ſol der Bund ſeyn / ꝛc. Jere. 54. Der Bund des friedens ſol nicht hin - fallen / ſpricht der Herr dein Erbar - mer / Jer. 55. Wolan / alle die jhr duͤrſtig ſeid / kompt her / Dann ich will mit euch einen ewigen Bund machen. In dieſem Gnadenbund iſt die Erhoͤrung mit ein - geſchloſſen. Suchet den Herrn / weilEr459vnſers ſchwachen Gebets. Er zu finden / ruffet jhn an / weil Er nahe iſt / ꝛc.

Deſſen allen haben wir ein herrlich Exempel in dem Gebet des Propheten Danielis am 9. Ach lieber Herr / du groſſer vnd erſchrecklicher GOtt / der du Bund vnd gnade helteſt denen / die dich lieben vnnd dein Gebot halten. Herr vnſer Gott / der du dein Volck aus Egy - pten gefuͤhret haſt mit ſtarcker Hand / vnd dir einen ewigen Namen gemacht (Das iſt die erinnerung der vorigen Huͤlffe) Herr erhoͤre vnſer Gebet / vnnd ſiehe gnediglich an dein Heiligthum / ſo verſtoͤ - ret iſt vmb des Herren willen (Da iſt der Meſſias vnd ſein Name) Ach Herr hoͤre es / Ach Herr hilff / Ach Herr ſey gnedig (Das ſind die Seufftzen des H. Geiſtes) Neige deine Ohren / mein Gott vnd Herr / Thue die Augen auff vnd ſiehe (Das iſt die verheiſſung) Siehe an dein Heiligthum / das verſtoͤret iſt. Dann vmb vnſer Miſſethat willen tregt Jeruſalem ſchmach (Das iſt die erkant -nuͤß460Ein Geſprechnuͤß der Suͤnde vnd betrachtung des E - lendes vnd Jammers) Dann wir liegen fuͤr dir mit vnſerm Gebet / nicht auff vn - ſer Gerechtigkeit / ſondern auff deine groſſe Barmhertzigkeit (Das iſt die Er - kentnuͤß vnſers vnuermuͤgen vnd vnwir - digkeit vnnd die betrachtung der Barm - hertzigkeit GOttes) Letzlich der Bund. Dann dein Volck vnnd deine Stadt iſt nach deinem Namen genennet.

Das XXXIX. Capittel. Ein Geſprech der gleubigen Seelen mit Gott.

Pſal. 85. Wiltu dann ewiglich v - ber vns zuͤrnen / vnnd deinen Zorn gehen laſſen fuͤr vnd fuͤr? Wiltu vns dann nicht wieder erquicken / daß ſich dein Volck vber dir frewen muͤge? HErr / erzeige vns deine Gnade / vnnd hilff vns. ()Diß461der gleubigen Seelen mit Gott.

D iſt ein freundlich geſprech der gleubigen Seelen mit GOTT. Dann mit welchem Fuͤrſten oder Koͤnige hette wol ein Menſch macht alſo zu reden? Wann der Fuͤrſt oder Koͤnige zornig iſt / darff man jn auch alſo anſpre - chen? Ich halte es nicht. Aber Gott hat die gleubige Seele alſo lieb / die iſt gleich als GOttes Kammerdienerin / die darff zu GOtt hinein gehen ohne anklopffen. So bald die koͤmpt / ſpricht Gott: Was wiltu? Komm herein / vñ fuͤrchte dich nit. Es bedeutet die Bathſebaͤm 1. Reg. 1. Die gieng zu David in ſein Kammer / neiget ſich / vnnd betet den Koͤnig an. Vnnd der Koͤnig ſchwur jr / ꝛc. Itẽ durch die Eſther / die zum Koͤnige Altaſvero hinein gieng / vnd er legt ſeinen Seepter auff jr. Haupt.

Wann hohe Perſonen mit jhren ar - men Vnterthanen reden / achtet man ſol - ches fuͤr eine ſondere hohe groſſe Gnade Herrligkeit vnd Leutſeligkeit / vnd gerei - chet demſelbẽ zu ſonderm lob. Daher man lieſet / weil Titus der Roͤmiſche Keyſer ſo leutſelig geweſen / haben ſeine Vntertha -nen462Ein Geſprechnen jhn nit hoͤher wiſſen zu ruͤhmen dannHoͤchſte freundlig - keit Got - tes / daß er mit der gleubigen Seelen al - le zeit re - dct. daß ſie jm amorem & delicias generis humani genennet haben / weil die Leute an jhm jhre luſt vnd freude gehabt. Viel groͤſſere Herrligkeit / luſt vnd freude iſts / daß Gott ein Herr aller Herren / vnd Koͤnig aller Koͤnige / von dem der 74. Pſalm ſpricht: daß Er der Allerhoͤheſte ſey / erſchrecklich / ein groſſer Koͤnig vber den gantzen Erdboden / mit den armen Menſchen redet / die nicht allein Staub vnnd Aſche ſeyn / wie Abraham ſpricht:Gen. 18. Siehe / Ich habe mich vnterwunden mit dem Herrn zu reden / wiewol ich Erde vñ Aſche bin / ſondern das er auch mit den Menſchen als armen Suͤndern / welcheEſa. 59. durch die Suͤnde von jhm abgeſchieden / ein freundlich Geſprech helt. Dann wañ ein Chriſtliches Hertz die Majeſtat vnnd Hoheit GOTtes / auch ſeine vnnd des Menſchlichen geſchlechts niedrige an - kunfft / elenden zuſtand / vnnd ſuͤndliche vnwirdigkeit betrachtet / iſt kein zweyffel / es werde mit David aus dem 8. Pſalmexcla -463der gleubigen Seelen mit Gott. exclamirn: Herr / was iſt der Menſch / daß du ſein gedenckeſt / vnd des Menſchen Kind / daß du jhn ſo achteſt? Sintemal ein jeder Menſch bekennen muß / daß er vn - wirdig ſey mit GOtt zu reden / wie hoch vnd heilig er auch iſt. Welches der from - me Abraham auch behertzigt / da er fuͤr die Sodomiter bat / vnd dannt Gott ſei - ne Rede nicht vngnedig airffnehme / ſpricht er: Ach Herr zuͤrne nicht / daßGott ant - wortet der gleubigen Seelen al - lezeit. ich noch einmalrede. So offt nun Abra - ham redet / ſo offt antwortet jhm der Herr. Das iſt ein herrlicher Spiegel des geſprechs Gottes mit der gleubigen Seelen. Dann Abraham iſt der Vater aller gleubigen.

Derowegen iſt gar gewiß vnd vnge - zweiffelt / ſo offt ein gleubig Hertz GOtt anruffet / ſo offt antwortet jhm GOTT der Herr durch wahren troſt. Nemet euch deſſen ein Exempel aus dem 85. Pſalm / da redet David Gott den Her - ten alſo an: Herr: der du biſt vormals gnedig geweſt deinem Volck / der du dieH hMiſſe -464Ein GeſprechMiſſethat vormals vorgeben / vnnd alle deinen Zorn auffgehaben haſt / troͤſte vns. Wiltu vns dann nicht wieder erqui - cken? Ach / das ich hoͤren ſolte / daß der Herr redet / ꝛc. Darauff hat er ein ant - wort in ſeinem Hertzen bekommen. Dar - umb ſpricht er: Doch iſt ja ſeine Huͤlffe nicht ferne: Hie ſpricht er: Ach daß ich hoͤren ſolte / daß der Herr redet. VndWie Gott der Sellen antworte in ſeinem Wort. im 50. Pſalm antwortet Gott: Hoͤre mein Volck / laß mich reden. Im 6. Pſalm redet die betruͤbte Seele: Ach Herr / ſtraffe mich nicht in deinem Zorn. Darauff antwortet der 103. Pſalm: Barmhertzig vnnd gnedig iſt der Herr / geduͤltig vnd von groſſer guͤte. Im 139. Pſalm: Herr / wo ſoll ich hinfliehen fuͤr deinem Angeſicht. Dar - auff antwortet der Herr Matth. 11. Kompt her zu mir / alle die jhr muͤſelig vnd beladen ſeid / ich will euch erquicken. Jerem. 10. Ich weiß / daß des Menſchen thun ſtehet nit in ſeiner gewalt / vnd ſtehet in niemands macht / wie er wandele / vndſeinen465der gleubigen Seelen mit Gott. ſeinen gang richte. Darauff antwortet der Herr Pſ. 32. Ich will dich vnter - weiſen / vnnd dir den Weg zeigen den du wandeln ſolt. Ich will dich mit meinen Augen leiten. Im 68. Pſalm ſpricht die gleubige Seele: Weiſe mir Herr dei - nen Weg / daß ich wandele in deiner Warheit. Darauff antwortet der Herr Joh. 4. Ich bin der Weg / die Warheit / vnd das Leben. Wiltu nicht irre gehen / Ich bin der Weg / wiltu nicht verfuͤhret werden / Ich bin die Warheit / wiltu nit im ewigen Tode bleiben / Ich bin das Le - ben. Im 38. Pſalm klaget die gleubige Seele: Es iſt nichts geſundes an meinem Leibe fuͤr deinem drewen / vnd iſt kein frie - de in meinen Gebeinen fuͤr meiner Suͤn - de. Meine Wunden ſtincken vnnd eitern fuͤr meiner Thorheit. Darauff antwor - tet Gott Eſa. 53. Die ſtraffe ligt auff jm / daß wir friede hetten / vnnd durch ſeine Wunden ſind wir geheilet. Jerem. 17. ſpricht die gleubige Seele: Heile du mich Herr / ſo werde ich heil / hilff mir / ſo iſt mir geholffen. Darauff antwortetH h ijder466Ein Geſprechder 103. Pſalm: Der dir alle deine Suͤn - de vergibt vnd heilet alle deine gebrechen. Im Manaſſe klagt die gleubige Seele: Meine Suͤnde ſind groß vnnd viel wie Sand am Meer. Darauff antwortet Gott Eſa. 43. Ich tilge deine Suͤnde / wie eine Wolcken / vnud deine Miſſethat wie den Nebel / vnd gedencke deiner Suͤn - de nimmermehr. Ach ich bin ein groſſer Suͤnder / ſpricht die Seele. Darauff aͤnt - wortet Chriſtus Matth. 9. Ich bin kom - men die Suͤnder zur Buſſe zu ruffen / vnd nicht die gerechten. Pſalm. 25. ſpricht die gleubige Seele: Gedencke nit der Suͤn - de meiner Jugend / noch meiner Vber - tretung. Darauff antwortet GOtt E - zech. 18. Wann ſich der Gottloſe bekeret / ſo ſol er leben / vnd nicht ſterben / aller ſei - ner Suͤnde ſoll nicht gedacht werden. Pſal. 51. Waſche mich wol von meiner Miſſethat / vnd reinige mich von meiner Suͤnde: Antwort. Eſa. 1. Ob ewer Suͤn - de gleich Blutrot iſt wie Roſinfarbe / ſoll ſie doch wie Wolle werden. Pſalm. 143. Herr /467der gleubigen Seelen mit Gott. Herr / gehe nicht ins Gerichte mit dei - nem Knechte. Dann fuͤr dir iſt kein Le - bendiger gerecht. Antwort. Joh. 3. Gott hat ſeinen Sohn nit geſandt in die Welt / daß er die Welt richten ſoll / ſondern daß die Welt durch jhn ſelig werde. Wer an jhn gleubet / der wird nicht gerichtet / vnd koͤmpt nicht ins Gericht. Pſ. 51. Schaf - fe in mir Gott ein rein Hertz / vnd gib mir einen newen gewiſſen Geiſt / Antwort. Ezech. 36. Ich will jhnen ein new Hertz vnd einen newen Geiſt geben / daß ſie in meinen geboten wandeln ſollen. Pſal. 38. Ich bin Elend / den gantzen Tag gehe ich trawrig. Antwort. Eſa. 61. Der Herr hat mich geſandt zu troͤſten alle traurigen Pſal. 25. Siehe an meinen Jammer vnd Elend. Antwort. Eſa. 65. Ich ſehe an den Elenden / vnd der zerbrochens Geiſtes iſt. Pſal. 56. Zehle meine Flucht. Antwort. Matth. 10. Alle ewre Haar auff dem Haupt ſind gezehlet. Pſal. 42. Wann werde ich dahin kommen / daß ich GOt - tes Angoſicht ſchawe. Antwort. Joh. 12. H h iijWo468Ein GeſprechWo ich bin / da ſol mein Diener auch ſeyn. Pſ. 13. Ach Herr / verbirgeſtu dein Andlitz fuͤr mir? Wie lang ſol ich ſorgen in meiner Seele / vnd mich engſten in mei - nem Hertzen teglich? Wie lang ſol ſich mein Feind vber mich erheben? antwort Eſa. 54. Ich hab dich ein kleinen Augen - blick verlaſſen / aber mit ewiger gnade will ich mich dein erbarmen. Halt gegen einander dein leiden / vnd die ewige gnade. Vnd ob die Verheiſſung verzeucht / ſo harre jhr / ſie wird gewißlich kommen vnd nicht verziehen. Pſ. 22. Sey nicht ferne von mir / Dann angſt iſt nahe / vnd iſt hie kein Helffer. antwort Pſ. 91. Ich bin bey jhm in der noth / ich will jhn herauß reiſ - ſen / vnnd zu Ehren machen. Pſ. 13. Er - leuchte meine Augen daß ich nit im Tode entſchlaffe / antwort. Hoſ. 13. Ich will ſie aus der Hellen erloͤſen / vnd vom Tode erretten. Phil. 1. Ich begere auffgeloͤſet zu werden / vnnd bey Chriſto zu ſeyn / ant - wort. Luc. 13. Heut wirſtu mit mit im Pa - radiß ſeyn.

Summa469der gleubigen Seelen mit Gott

Summa die gantze Schrifft iſt nichts anders dann ein geſprech der gleubigen Seele mit Gott. Vnd ſo offt ein gleubi - ges Hertz Gott ſeine noth klagt / oder zu GOtt ſeufftzet / ſo offt antwortet jhm Gott darauff durch innerlichẽ troſt / oder durch den troſt ſeines Goͤttlichẽ Worts.

Das XL. Capittel. Ein Geſprech des Glaubens mit der Barmhertzigkeit Gottes.

Pſal 84. Das guͤte vnd trewe ein - ander begegnen / Gerechtigkeit vnd Friede ſich kuͤſſen. ()

GOttes guͤte begegnet vns durch innerlich geſprech vnſers Glau - bens. Dann die guͤte des Herꝛn vmbfehet vns / Pſ. 32. vnd ſpricht aus dem Propheten Jeremia am 3. Kere wie - der zu mir / ſo will ich nit ewig mit dir zuͤr - nen. Dann ich bin barmhertzig / allein er -H h iiijkenne470Ein Geſprech des Glaubenskenne deine Mi[ſſ]ethat / daß du wieder den Herrn deinen Gott geſuͤndigt haſt. Der Glaube antwortet aus dem 51. Pſalm: GOtt ſey mir gnedig nach deiner guͤte / vnd tilge meine Suͤnde nach deiner groſ - ſen Barmhertzigkeit. Die Barmhertzig - keit Gottes begegnet vns Joh. 6. Wer zu mir kompt / den werde ich nicht hinauß ſtoſſen. Der glaube ſprich Cant. 1. Ach Herr hilff mir / daß ich zu dir komme / zeuch vns nach dir / ſo lauffen wir. Die Barmhertzigkeit GOttes begegnet vns vnd ſpricht. Eſa. 61. Der Herr hat mich geſand den Elenden zu predigen / die zerbrochenen Hertzen zu verbinden / zu troͤſtẽ alle traurigen. Der Glaube ſpricht Pſal. 51. Troͤſte mich wieder mit deinerGlaube helt ſich feſt an Gottes Gnade. Huͤlffe / vnnd der freudige Geiſt enthalte mich. Die Barmhertzigkeit GOTtes ſpricht: Eſa. 43. vnd 44. Ich tilge deine Suͤnde wie die Wolcken / vnd deine Miſ - ſethat wie den Nebel. Der Glaube ſpricht Pſ. 25. Siehe an meinen Jammer vnnd Elend / vnd vergib mir alle meine Suͤnde. Die471mit der Barmhertzigkeit Gottes. Die Barmhertzigkeit Gottes troͤſtet vns vnd ſpricht Pſal. 103. Wie ſich ein Va - ter vber Kinder erbarmet / ſo erbarmet ſich der Herr vber die / ſo jhn fuͤrchten. Der Glaube ſpricht Eſa. 64. Du biſt vn - ſer Vater / von Alters her iſt daß dein Name. Die Barmhertzigkeit ſpricht Matth. 11. Kompt her zu mir. Der Glau - be ſpricht Pſ. 25. Nach dir / Herr / ver - langt mich. Die barmhertzigkeit ſpricht Jerem. 2. Du biſt von mir abgewichen / biſt von mir gelauffen / vnnd haſt mit vie - len Bulern gebulet / doch komme wieder zu mir / ſpricht der Herr. Der Glaube ſpricht Luc. 15. Ich will wieder vmbke - ren / vnnd zu meinem Vater gehen vnnd ſprechen: Vater / Ich habe geſuͤndigt im Him̃el vnd fuͤr dir / vñ bin forthin nit werht / daß ich dein Sohn heiſſe. Mache mich zum Tagloͤhner in deinem Hauſe. Die barmhertzigkeit GOTtes begegnet vns / vnnd ſpricht: Dieſer mein Sohn war verloren / vnnd iſt wiederfunden / er war todt / vnd iſt wieder lebendig worden. H h vDer472Ein Geſprech des GlaubensDer glaube ſpricht Pſ. 13. Ich hoffe aber darauff / daß du ſo gnedig biſt / Mein Hertz frewet ſich daß du ſo gerne hilffſt. Die Barmhertzigkeit begegnet vns vnnd ſpricht Eſa. 55. Wollan alle die jhr duͤr - ſtig ſeid / kompt her zum Waſſer vnd trin - cket. Der Glaube ſpricht Pſ. 42. Wie der Hirſche ſchreyet nach friſchem Waſſer / ſo ſchreyet GOtt meine Seele zu dir. Meine Seele duͤrſtet nach GOtt nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kom̃en / daß ich Gottes Angeſicht ſchawe. Die Barmhertzigkeit ſprichtGlaube ſi - het allein Chriſtum an. Pſal. 103. Der dir alle deine Suͤnde ver - gibt / vnd heilet alle deine Gebrechen. Der Glaube ſpricht Pſ. 130. Herr / gehe nit ins Gericht mit deinem Knechte. Die Barmhertzigkeit ſpricht Joh. 14. Ich bin der Weg / die Warheit / vnd das Leben. Der Glaube ſpricht Pſ. 25. Herr / zei - ge mir deine Wege / vnd lehre mich deine Steige. Leite mich in deiner Warheit / vñ lehre mich. Die barmhertzigkeit GOttes ſpricht Hoſ. 13. Ich will mein Volck ausder473mit der Barmhertzigkeit Gottes. der Hellen erloͤſen / vnd vom Tode erret - ten. Todt / ich will dir ein gifft ſeyn / Hell / ich will dir ein Peſtilentz ſeyn. Der Glau - be ſpricht Pſ. 68. Wir haben einen Gott / der da hilfft / vnd einen Herrn Herrn / der vom Tode errettet. Die Barmher - tzigkeit ſpricht: Ich bin die Aufferſtehũg / vnd das Leben / Wer an mich gleubet / der wird leben / ob er gleich ſtuͤrbe. Der Glaube ſpricht. Job. 19. Ich weiß / daß mein Erloͤſer lebet / vnd er wird mich hernacher aus der Erden aufferwecken. Die Barmhertzigkeit Gottes begegnet vns / vnd ſpricht Eſa. 41. 49. Fuͤrchte dich nicht / in meine Hende habe ich dich ge - zeichnet. Du biſt mein / niemand ſoll dich aus meiner Hand reiſſen. Joh. 16. Der Glaube antwortet vnd ſpricht Pſ. 31. In deine Hende befehle ich dir meinen Geiſt. Du haſt mich erloͤſet Herr du getrewer Gott.

Das XLI. Capittel Von dem heilſamen Nutz vnd heilſamer Krafft des lobes Gottes / vnd der Lobgeſenge.

Pſal. 474Von dem heilſamen NutzPſal. 77. Wann ich betruͤbt bin / ſo dencke ich an GOtt / Wann mein Hertz in aͤngſten iſt / ſo rede ich. Ich dencke des Nachts an mein Seitenſpiel / vnd rede in meinem Hertzen. ()

DIeſer Spruch iſt eine ſchoͤne Regel vnſers Lebens / wie wir vns im Creutz vnd Trawrigkeit verhalten ſollen. Dann gleich wie Gottes Wort eine Regel vnd Richtſchnur ſein ſol vnſers Lebens / wanns vns wolgehet / wie der 32. Pſalm ſpricht: Ich will dir den Weg zeigen / den du wandeln ſolt / Ich will dich mit meinen Augen leiten Pſ. 73. Du leiteſt mich in deinen Rechten / vnd nimmeſt mich endlich mit ehren an. JaGottes Wort iſt eine Regel vnſers Glaubẽs / Lebens vñ Creutzes. wie Gottes Wort eine Regel vnd Richt - ſchnur ſeyn ſol vnſers Glanbens / Pſ. 119. Dein Wort iſt meiner Fuͤſſe Leuchte / vnnd ein Liecht auff meinen Fußſteigen / Item: Erhalte meinen gang auff deinen Fußſteigen / das meine tritt nicht gleiten:Alſo475des lobes Gottes. Alſo ſol auch Gottes Wort ſein eine Re - gel vnſers Creutzes vnnd Truͤbſal / laut dieſes Spruchs: Wann ich betruͤbt bin / ſo dencke ich an Gott / das iſt / ich forſche die vrſache meines Creutzes / vnd wo es mir herkompt / nemlich von dem lieben Gott / bey wem ich auch rath ſuchen ſol in meiner noth.

Da lerne nun / lieber Chriſt in dei - nem Creutz deine gedancken zu Gott rich - ten / vnnd nicht bald hie hin / bald dahin fallen / ꝛc. Wann mein Hertz in engſten iſt / ſo rede ich / ſo bete ich / ſo ſinge ich. Dann dardurch wird die trawrigkeit des Hertzens vertrieben / der trawrige Geiſt vnnd ſchwermut. Dann gleich wie dasGott lo - bẽ lindert ja ſieget v - ber alle Truͤbſal. Hertz leichter wird / vnnd gleichſam eine groſſe Buͤrde ablegt / wann man einem guten Freunde ſeine noht klagt: Alſo wird das Hertz leichter / wann in engſten das Hertz mit Gott redet / vnnd einen Pſal - men ſinget. Darumb ſpricht David: Ich dencke des Nachtes an mein Seitenſpiel / vnnd rede in meinem Hertzen / das iſt / esverlan -476Von dem heilſamen Nutzverlangt mich / biß es tag wird / daß ich in der Morgenſtunde meinen Gott loben muͤge / vnd meine traurigkeit durch einen Lobgeſang vertreiben. Vnter deſſen rede ich in meinem Hertzen / vnd bete im ver - borgen / vnd der Gott / der die rede mei - nes Hertzens vnd Geiſtes verſtehet / vnd der die ſeufftzen erhoͤret / troͤſtet / erquicket / vnd erfrewet mich.

Aus dieſem ſchoͤnen Spruch aber lernen wir auch vnter andern / was da ſey der Nutz / Krafft / vnnd heilſame Frucht der Lobgeſenge / vnnd des ſchoͤnen lobes Gottes. Dann es kan nicht feilen / es muß Gottes lob / wanns von Hertzen ge - het / groſſe Krafft haben.

Dann zum 1. lehrets vns die Natur / 2. bezeugts auch die Krafft des Gebets. 3. die Exempel des alten Teſtaments / 4. die Exempel des newen Teſtaments. 5. die Exempel / daß durchs lob Gottes die Heiligen voll des H. Geiſtes werden ſein im alten vnnd newen Teſtament. 6. Die ſonderliche arten vnd eigenſchaff -ten477des lobes Gottes. ten der Pſalmen. 7. das in ſonderlichenBeweiß daß die Lobgeſaͤn ge groſſe Krafft ha ben. notfaͤllen bey den Alten die lieben Pſal - men gebraucht ſein. Aus dieſen gruͤnden iſt offenbar / das Gottes Lob vnd die Lob - geſaͤnge muͤſſen ſondere groſſe Nutz vnnd Krafft haben. Welches aber niemand al - ſo verſtehen ſoll / daß den bloſſen Worten an jhm ſelbſt ohn allen Glauben vnd An - dacht ſolche Krafft zugeſchrieben worde vmb des bloſſen Lauts willen / ſo ndern daß die Lobgeſaͤnge mit gleubigen Her - tzen geſungen vnd geſprochen ſolche ſon - dere Krafft haben. Dauon auff dißmal ein kurtzer Bericht geſchehen ſol.

1. Das erſte Argument von dem ho - hen Nutz vnd heilſamer Krafft des lobes Gottes gibt vns die Natur. Dann das iſt finis totius creaturæ. Sehet erſtlich an Eccleſiam angelicam. Eſa. 6. vnd in Apocalypſi hin vnnd wieder. Der 148. GOttes lob iſt das ende aller Creaturẽ:Pſalm hat das lob GOttes / darzu alle Creaturen geſchaffen ſein / artig beſchrie - ben / vnd fehet erſtlich von den Engeln an: Lobet den Herꝛn alle ſeine Engel / lobet jnalle478Von dem heilſamen Nutzalle ſeine Heer: Ex mundo angelico ſteiget er herab in mundum cœleſtem: Lobet den Herren Sonne vnnd Mond / Lobet jn alle leuchtende Sterne / Job 38. Da mich die Morgenſterne lobten. Dar - nach ſteiget der Pſalmiſt herunter / kompt auffs Meer: Lobet den Herren jhr Wal - fiſche vnd alle Tieffe. Darnach in die Lufft: Fewer / Hagel / Schnee / Dampff / Sturmwinde / die jhr ſein Wort auff - richtet. Darnach kompt er auff die Erde / Berge / Huͤgel / fruchtbar Baͤume / vnnd alle Cedern. Darnach auff die Thiere / Viehe / Gewuͤrme / vnnd alle Vogel. Darnach auff die Menſchen / vnd fehet wieder von oben an: Koͤnige / Fuͤrſten / Richter / Voͤlcker auff Erden / Geſellen / Jungfrawen / Alte vnd Junge. Dar - nach kompt er auff die Kirche GOttes: Das Volck daß jhm dienet / vnnd alle Heiligen auff Erden lobet den Herrn.

2. So bezeugets die Krafft des Ge - bets. Dann was das gleubige Gebet fuͤr groſſe Krafft habe / bezeuget GOTtesWort479des lobes Gottes. Wort die Exempel der Heiligen / vnd teg - liche erfahrung. Dann dahin ſehen alle verheiſſungen / das kein Gebet / kein ſeuff - tzen / kein Thraͤnlein ſol verloren ſeyn. Pſ. 6. 65. Zehle meine Thraͤnen. 126. Die mit Thraͤnen ſaͤen / ꝛc. 145. Der Herr iſt nahe / ꝛc. Es kan[auch] keine gedeyliche Wolfahrt auff Erden ſein ohne Gebet. Dann alle rechtſchaffene vollkommene Gaben muͤſſen von Gott erbeten werden. Mit dem Gebet muͤſſen wir vnſer Leben anfahen vnd ſeliglich beſchlieſſen. WeilLobgeſẽg begreiffen die groͤſtẽ wunder Gottes in ſich vñ den ſieg vber die Feinde. nun Gottes Lob nichts anders iſt dann ein freudenreiches Gebet / darin die Heiligen GOttes die groͤſſeſten / denck - wirdigſten woͤlthaten vnd wunder Got - tes zum gedechtnus verfaſſet haben / ſo kans nicht feilen es muß das Lob Gottes ſonderbaren nutz / vnnd heilſame Krafft haben.

3. Bezeugens die Exempel des alten Teſtaments Exod. 15. Deut. 32. 1. Sam. 2. Eſa. 12. 26. 38. 64. Jon. 4. Habac. 4. vnd der gantze Pſalter.

J i4. Be -480Von dem heilſamen Nutz

4. Bezeugens die Exempel des newen Teſtaments / ſonderlich die ſchoͤnen Lob - geſaͤnge / das Benedictus vnd Magnifi - cat, welche die Chriſtliche Kirche ver - ordnet hat eins des Morgens / das ander des Abends teglich zu ſingen / als einPſal. 141. Morgen vnnd Abendopffer: anzudeuten / daß wir den Tag mit Gottes lob ſollen anfahen / vnd auch beſchlieſſen / wie der 92. Pſalm vermahnet: Das iſt ein koͤſt - lich ding dem Herrn dancken / vnnd deinem Namen lobſingen / du Allerhoͤhe - ſter. Des Morgens deine gnade / vnd des Nachts deine Warheit verkuͤndigen. Warumb des Morgens deine gnade? Weil deine gnade alle Morgen new iſt. Warumb des Nachts deine Warheit? Dieweil Gott des Nachtes vnſer Huͤter iſt / vnd der dich behuͤtet / ſchleffet nicht / ꝛc. Matth. 26So wiſſen wir auch / daß der Herr im letzten Abendmal mit ſeinẽ Juͤngern den Lobgeſang geſprochẽ habe. Vnd S. Pau - lus ſpricht Eph. 5. Werdet voll Geiſtes / redet vnter einander von Pſalmen / vnndgeiſtli -481des lobes Gottes. geiſtlichen Liedern / ſinget vnd ſpielet dem Herrn in ewren Hertzen. Col. 3. Laſſet das Wort Gottes reichlich vnter euch wohnen in aller Weißheit / Lehret vnnd ermahnet euch ſelbſt mit Pſalmen vnnd geiſtlichen lieblichen Liedern / ſinget vnnd ſpielet dem Herrn in ewren Hertzen / vnd alles was jhr thut / ꝛc. Das S. Pau - lus hie ſpricht lieblichen Liedern / ſiehet er auff die Wort Davids: Es ſagt der man lieblich mit Pſalmen Iſraels / das iſt / der2. Sam. 23 viel liebliche Pſalmen von Meſſia geſun - gen hat. S. Jacobus ſagt: So jemand leidet / der bete / iſt jemands gutes mutes / der ſinge Pſalmen.

5. Durchs lob Gottes ſind die Hei - ligen im alten vnd newen Teſtament des H. Geiſts voll wordẽ. 1. Sam. 10. vnd 19. haben wir zwey Exempel. 1. Da Saul von Samuel zum Koͤnige geſalbet war / gab er jm ein Zeichen: Es wird dir ein Chor Pro -Lob Got - tes ender[t]vnd bewe - get das gemuͤte. 1. Sam. 19. pheten begegnen / da wird der Geiſt Got - tes vber dich kom̃en / vnd wirſt ein ander man werdẽ. 2. Da Saul Botẽ ſandte gen Rama / vnd wolte David holen laſſen /J i ijbegeg -482Von dem heilſamen Nutzbegegneten den Boten Sauls zu vnter - ſchiedlichen mahlen Chor der Prophe - ten. Da die Boten Sauls das hoͤreten / weiſſagten ſie / vnnd zu letzt auch Saul. 2. Koͤn. 3.Da Eliſeus hoͤrete den Spielman Pſal - men ſpielen / weiſſagt er.

Im alten Teſtamente ſind vnter - ſchiedliche Chore der Senger geweſt: Et - liche haben Gott gelobet mit Poſaunen / etliche mit Pſalter vnd Harpffen / etliche mit Cymbeln / vnd andern Inſtrumen - tis muſicis: Daher etliche meinen / daß die Pſalmen im hohern Chor kommen ſeyn. Dann ſie haben nicht einen jeden Pſalmen auff einerley Inſtrument ge - ſpielet / ſondern wie traurige vnd freudi - ge Pſalmen ſind geweſen / alſo haben ſie auch ſolche Inſtrumenta gehabt. Dieſe vnterſchiedliche Chor vnd Inſtrumenta, darauff im alten Teſtamente vnterſchied - liche Pſalmen geſpielet ſeyn / weils ein ſtuͤck vom euſſerlichen Ceremonialiſchẽ Gottesdienſt geweſt / ſind nun vergan - gen / vnd iſt nun vnſer Hertz / Geiſt / See -le /483des lobes Gottes. le / gemuͤt / vnnd Mund / Gottes Poſau -Vnſer hertz / geiſt vñ Mund Gottes Seitẽſpiel. Col. 3. nen / Pſalter / Harpffen / vnnd Cymbeln worden. Daher S. Paulus ſpricht: Sin - get vnd ſpielet dem Herren in ewren Hertzen. Welches nicht alſo zu verſte - hen / als ſolte man nun GOtt in der ver - ſamlung / oder daheim nicht mit lauter Stimme loben / oder mit andern Inſtru - mentis muſicis. Nein / ſondern S. Pau - li meinung iſt / daß es alles fein andech - tig / geiſtlich / vnnd aus grund des Her - tzens gehen ſolle / nicht / daß es nur ein euſſerlicher ſchall oder gepreng ſeyn ſol. Vnter - ſcheid der Pſalmen geben vn - terſchiedli - che Krafft.

6. So bezeugts auch die ſchoͤne ord - nung / vnnd vnterſcheid der Pſalmen / Dann etliche ſind Bett Pſalmen / etliche Troſt Pſalmen / etliche Buß Pſalmen / etliche Lohrpſalmẽ / etliche Weiſſagunge. Aus welchen allen das Menſchliche Hertz vnterſchiedlichen Nutz vnd Krafft empfindet.

7. So gebens die Exempel Moſis vnd Davids / daß ſie die Lobgeſaͤnge in ſpecie in etlichen ſonderliehen NoͤtenJ i iijvnd484von dem heilſamen Nutzvnd faͤllen gebraucht haben. Als 1. Zum Schutz wider die Feinde / vñ ſind Schutz - Pſalmen / als der 68. welchen Moſes ge - betet wieder die Feinde / wann die Lager auffbrachen: Es ſtehe GOtt auff / ꝛc. Vnd etliche meinen / daß der 91. Pſalm in der groſſen Peſt von David gemacht2. Sam. 24 ſey / da in dreyen Tagen 73000. ſturben. Iſt auch kein zweyffel / daß dieſer Pſalm im groſſen Landſterben manchen Men - ſchen errettet. 2. Zum Sieg wieder die Feinde / vnd ſind Sieg Pſalmen. Dann als David in die ſechs Victorien erhal - ten / hat er den 18. Pſalm geſungen. 2. Sam. 22. Vnnd wie der Koͤnig Joſa - phat mit einem Lobpſalm den Sieg wieder die Moabiter erhalten / iſt beſchrie - ben 2. Cron. 20. Dz war eine wunderliche Schlachtordnung / die Prieſter mit loben forne an. 3. Sind Pſalmen geſungen worden in groſſen noͤten / als wir leſen 1. Sam. 21. Da David ſein Geberde ver - ſtellete fuͤr Achis / hat er den 34. Pſalm geſungen / wie der Titel bezeuget. Itemden485des lobes Gottes. den 3. als er flohe fuͤr Abſolon. Vnd als die Apoſtel Act. 4. in jhren groſſen noͤten den 2. Pſalm beten / beweget ſich die Erde. Das ſind Noth Pſalmen. 4. Sind freu - den Pſalmen als 1. Chron. 17. hat David den 105. Pſalm geſungen bey der Lade des Bundes / 84. 63. 5. Sind Trawr - Pſalmen als der 102. wie der Titul lautet. Item wieder die Verleumbder als der 4. 7. 52. Item wieder die kranckheit / als der 30. Pſalm.

Alſo haben wir ſatt vnd gnugſame gruͤnde von der heilſamen krafft des ſchoͤ - nen Lobs GOttes / daraus wir vernom - men haben / das / wie einem Chriſtgleubi -Ein Chriſt ſol teglich Gottlobẽ. vnd war - umb? gen Menſchen gebuͤret teglich zu beten / ſo gebuͤhret jhm auch teglich Gott zu lo - ben. Denn erſtlich ſo iſts eine vereinigung der Menſchlichen Kirchen mit der Enge - liſchen Kirchen im Himmel / vnd iſt eine rechte Engeliſche eigẽſchafft teglich Gott loben. Darum̃ wir im Vater vnſer bittẽ: Dein wille geſcheh wie im him̃el alſoauch auff erdẽ. Dẽnach / wañ du dein betſtuͤnd - lein helteſt / vnd geheſt in dein Kaͤm̃erleinJi iiijin486von dem heilſamen Nutz etc. in verborgen zu beten / ſo ſinge auch dei - nem lieben Gott einen Lobpſalmen mit. 2. So wers gantz Chriſtlich / daß wir die Kinder von jugend auff gewehneten GOtt zu loben durch ſchoͤne Pſalmen nach dem 8. Pſalm: Aus dem Munde der jungen Kinder haſtu dir ein Lob vnnd eine macht zugerichtet. Vnd ſtehet als - bald die Frucht vnd Krafft dabey: Daß du vertilgeſt den Feind vnd den rachgieri - gen. 3. So ſolte es geſchehen vmb der gnedigen beywohnung[Gottes] willen / Pſalm. 22. Herr / du biſt heilig / der du wohneſt vnter dem Lob Iſrael. 4. So gibts die erfahrung / das GOttes lob in vnſern Hertzen erwecket ſonderliche An - dacht / geiſtliche frewde / lebendigen troſt / friede vnd ruhe in Gott.

Das XLII. Capittel. Was den Menſchen zum teglichen Lob Gottes anmahnen vnd treiben ſol.

(Pſal. 106. 107. 118. )Dancket demHErrn /487Was den Menſchen zum lob Gottes / etc. HErrn / Denn er iſt freundlich / vnd ſeine guͤte weret ewiglich.

ES ſpricht der H. David im 119. Pſalm: Ich lobe dich des Tages ſiebenmal vmb der Rechte willen[d]einer Gerechtigkeit / das iſt / ich ſin -[g]e des Tages offt zu ehren deinem Na -[m]en. Lehret vns damit / das kein Menſch ſein leben beſſer anlegen koͤnne / dann wann er des Tages etwa einmal ſich in ſein Kaͤmmerlein verſchleuſt / vnd daſelbſt Gott in der ſtille lobet / wie David ſpricht Pſalm. 65. Gott man lobet dich in der ſtille zu Sion: oder wann der Menſch in ſeiner arbeit iſt / oder ja in der Stilligkeit ſeines Hertzens / er ſey an welchem Ort er wolle / Gott lobet. Dann ein wahrer Chriſt iſt mit ſeinem Gebet ſonſt an kei -Ein mẽſch kan Gott allezeit lo - ben in der ſtille ſei - nes Her - tzens un Geiſt. Col. 3. ne zeit vnd Ort gebunden / ſondern es ſte - het im Geiſt / vnd in der Warheit. Der Geiſt aber iſt an keine Zeit vnd Ort ge - bunden. Darumb S. Paulus ſpricht: Singet vnd ſpielet dem Herrn in ew -J i vren488Was den Menſchenren Hertzen. Da iſt der rechte Ort des lobes Gottes.

Weil wir aber von Natur traͤg vnnd faul ſein zu GOTtes lobe / wie wir ſol - ches alle an vns beſinden / ſo hat vns der liebe Gott in ſeinem Wort viel remedia vnd mittel gezeigt / dardurch wir zu Got - tes lob angemahnet werden.

1. So iſts GOttes ernſter befehl / Er wills von vns als ſeiner Creatur vnnd Knechten haben / die Er darzu erſchaffen hat / daß ſie jhn ſollen loben / wie einer ei - nen Knecht vnnd Diener zum gewiſſen dienſt annimpt. Wer nun Gott nicht teg - lich lobet / den hat GOtt vergeblich ge - ſchaffen / der iſt auch[Gotts] Knecht vndDer mẽſch zu Gottes lob er - ſchaffen. Diener nicht. Darumb wird dieſer befehl ſo offt wiederholet in Gottes Wort: Lo - bet den Herrn / lobet jhr Knechte des Herrn / Dancket dem Herrn / Du ſolt mich preiſen / ꝛc. anzuzeigen / das ſey der vornembſte Gottesdienſt / daß man Gott teglich lobet: Darin ſind die andere Got - tesdienſte alle begriffen / ja das wirdauch489zum lob Gottes anmahnen ſol. auch vnſer hoͤchſter Gottesdienſt ſein in jennem Leben. Darumb ſol das vnſere hoͤchſte ehre / luſt vnd freude ſeyn / GOtt teglich loben / wie David ſpricht / Pſ. 63. Das ſol meines Hertzens luſt vnd freude ſeyn / wann ich dich mit froͤlichem Mun -Gottes lob der Seelẽ luſt vnd freu - de. de loben ſolte. Vnnd Pſal. 37. Habe dei - ne luſt am Herrn / der wird dir geben / was dein Hertz wuͤnſchet. Selig iſt / der in ſeinem Gottesdienſt hoch kommen iſt / daß er ſeine luſt am Herrn hat / vnnd jhn teglich lobet. Der hat reichen troſtPſal. 65. von ſeinem H. Tempel. Was kan fuͤr ei - ne groͤſſere Ehre eines Menſchen ſeyn / daß er als ein nichtiger Staub vnd Suͤn - der / ſo einem mechtigen / ja dem aller - mechtigſten vnd hoͤheſten Herrn die - nen ſol? Wie frewet ſich ein Menſch /Gottes lob vnſer Ehre. wann er einem groſſen Herrn in die - ſer Welt dienen mag / viel mehr hie. Diß ſolte einem Chriſten teglich auffmunte - rung gnug ſeyn.

2. So gereicht ſolches lob Gottes nur vns zum beſten / Gott hat vnſers lobes nit von noͤten / Er wird dadurch nit geringernoch490Was den MenſchenEſ. 6.noch groͤſſer / darzu iſt vnſer lob vnrein / wir ſind von vnreiner Lippen: Sondern vns gereichts zum beſten / daß wir dar - durch viel gutes vnd ſegens GOttes zu vns ziehen. Cor gratum eſt receptacu - lum multarum gratiarum diuinarũ, das iſt: Ein danckbar Hertz iſt ein Gefaͤß -Durch Gottes lob komt viel ſegen zu vns. lein / das GOtt mit vielen gnaden vnnd mancherley ſegen fuͤllet. Ja dadurch zie - hen wir Gott zu vns / werden ſein Tem - pel vnnd Heiligthumb / darin er wohnet. Wo nun Gott iſt vnnd wohnet / da muß auch aller Segen vnnd alles gutes ſeyn. Ja wir treten durch teglich lob Gottes in die Geſellſchafft der Himliſchen vnndDurch Gottes lobkom̃en wir in der Engel ge - meinſchaft triumphirenden Kirchen. Dann was thun die Engel Gottes vnd Außerwehl - ten anders im Himmel / dann daß ſie Gott mit vnauffhoͤrlicher ſtimme loben vnd preiſen. Wir erhalten dardurch in dieſem Leben einẽ Sieg vber den andern / Pſal. 8. vnd 18. Item 84. Vnnd endlich werden wir durch tegliches lob Gottes in vnſerm Hertzen verſichert / daß wir beyGott491zum lob Gottes anmahnen ſol. Gott endlich ewig ſein vnd bleiben wer - den. Dann er hat zugeſagt: Wo ich bin /Joh. 12. da ſol mein Diener auch ſeyn. Wolt GOtt wir armen Menſchen bedechten ſolches / vnnd kontens zu wercke richten / vñ ohn vnterlaß in vnſerm Hertzen / Sin - nen vnd gedancken Gott loben / ſo wuͤrde vnſer Hertz ein recht Betthaus ſeyn.

3. Sol vns zu teglichem Lob Gottes anreitzen GOttes Freundligkeit / Liebe / vnd guͤte / ſo ewig wehret. Dann ſolche vrſach des lobes Gottes wird zum offtern in den Pſalmen wiederholet / anzuzeigen / daß das rechte Fundament vnnd Vrſach ſey des wahren Lobs Gottes vnd hertzli - cher Danckſagung / nemlich / GOttes freundligkeit / guͤte vnd Barmhertzigkeit / ſo ewig wehret: Vnnd ſolches kan keines Menſchen Zunge außreden / ja kein Hertz faſſen / was das ſey / daß Gott / der ſo ein mechtiger groſſer Herr iſt / ſich gegen die Menſchen / ſo Erde vnd Staub ſeyn / ja groſſe Suͤnder vnnd GOttes Feinde ſind / ſich ſo freundlich vnd guͤtig erzeigt /vnd492Was den Menſchenvnnd nicht muͤde / noch verdroſſen wird / vns vnwirdigen vnd vndanckbaren Suͤn -Hohe vr - ſach des lobes Got tes. dern gutes zuthun / ſondern ewiglich ein freundliches / guͤtiges Hertz gegen die Menſchen behelt / gegen die / ſo in voriger zeit gelebet / gegen die / ſo jtzo leben / vnnd kuͤnfftig leben werden in alle ewigkeit. Es empfinden aber alle Menſchen Got - tes freundligkeit vnnd guͤte ſonderlich an jhnen ſelbſt. Siehe dich an / wer biſtu? Ein groſſer Suͤnder. Gott der Herr aber iſt ſo langmuͤtiges vñ geduͤldiges Hertzẽs / daß er nit ſo bald / ſo ſchnell / vnd ſo eilend die Suͤnde ſtraffet / vnnd die Miſſethat heimſuchet / auch nicht ſo ſchrecklich vnd hart vns arme Menſchen ſtraffet / wie wirs wol verdienen / vnd in demſelbigenAlle Men - ſchen em - pfinden Gottes freundlig - keit an jh - nen ſelbſt. vbertrifft er alle Menſchen. Dann kein Menſch hat ſolche innerliche / gruͤndli - che / weſentliche langmut / guͤte vñ freund - ligkeit als GOtt. Darumb wuͤrde kein Menſch mit der Straffe ſo lang harren / er wuͤrde auch tauſentmal harter ſtraffen als GOtt. Dann wir muͤſſen alle be -kennen493zum lob Gottes anmahnen ſol. kennen vnd ſagen / wann Gott ſtraffet / ſo iſt noch allewege gnade vnd freundlig - keit dabey / vnnd GOttes ſtraffen ſind noch allewege geringer dann vnſere Suͤnde. Darumb muß Gott innerlich / gruͤndlich / weſentlich die hoͤheſte guͤte / trewe vnd freundligkeit ſeyn. Das erfehrt ein jeder teglich an jhm ſelbſt.

Gott redet in ſeinem Wort ſo freund - lich mit vns / vnnd hat ſich ſo holdſelig abgebildet / das kein Vater vnd Mutter jhre weinende Kinder freundlicher vnnd liebkoſender anreden koͤnnen. Biſtu nicht mein liebes Kind / vnnd mein trawter Sohn? Darumb bricht mir mein Hertz /Jer. 31. ich muß mich dein erbarmen / ſpricht vn - ſer Gott.

Was hat er vns fuͤr groſſe liebewer - cke vnd freundligkeit erzeigt an Leib vnd Seele? Es ſoll mir eine luſt ſeyn / daßJer. 32. ich jhnen gutes thue / ſpricht GOTT. So guͤtig vnd ſo liebreich iſt GOTT /Vrſach des lobes Gottes. daß er ſich frewet / daß er einen findet / der ſeiner Guͤtigkeit genieſſe Das iſtder494Was den Menſchender liebe art. Ja wann er nicht ſo guͤtig were / wer kuͤnte dann leben? Dann aus ſeiner guͤte koͤmpt das Leben / ja ſeine guͤtePſal. 63. iſt beſſer dann leben. Die den Herrn fuͤrchten / die wird die guͤte vmbfahen. Pſal. 32.Gleich wie eine Mutter jhr Kind hertzet / ſo hertzet vns GOttes guͤte. Dann ſie vmbfehet vns.

Wir ſehen auch die freundligkeit vnd guͤte Gottes in allen Creaturen / quæ ſunt veſtigia & ſpecula bonitatis di - uinæ. Iſt doch die Erde voll ſeiner guͤte. Pſal. 104.Bedenckets ein jeder / weme GOtt ge - ſchaffen all das gute / daß der Himmel vnd Erde in ſich begreiffet? vmb ſeinent - willen hat ers nicht geſchaffen / Dann Er bedarffs nicht / Er darff keiner er -Alle Crea - turen ſind Zeugẽ der freundlig - keit Got - tes vñ ſei - ner guͤtig - keit. Act. 12. ſchaffenen Creatur / Er iſt omniſuffi - ciens ſibi. Die Sonne / Mond / vnnd Sternen leuchten jhm nicht / ſondern vns. Fewer / Lufft / Waſſer / Erde nutzet jhm nicht ſondern vns. Wann Er vnſer Hertz mit Speiſe vnd Freude erfuͤllet / ſo ſehen vnd ſchmeckẽ wir ja Gottes freund -ligkeit495zum lob Gottes anmahnen ſol. keit vnd guͤtigkeit. Hat nicht ein jeder Menſch an ſeinem Leibe mehr guͤter vnd gaben Gottes dann er zehlen kan? Er gibt geſunden Leib vnnd Glieder. Wer wolte ſolches fuͤr ein Keyſerthum̃ geben? Mit welchem gute koͤnte man das einige Ele - ment das Waſſer bezahlen / wanns vns Gott neme vnd in Blut verwandelte / wie in Egypten? Oder welcher Fuͤrſt koͤnteExod. 7. mit all ſeinem Reichthumb des tages Liecht bezahlen / wann Gott Finſternis kommen lieſſe wie in Egypten? WannExod. 9. wir ein Augenblick ſolten der Lufft ent - beren / was huͤlffen alle Schetze der Welt? Siehe daß ſind die groͤſſeſten guͤter / vnnd die verachteſten / dafuͤr GOtt niemand dancket. Wann wir die freundligkeit vnd guͤte Gottes bedencken / ſo er vns im wer - cke der Erloͤſung vnd Heiligung bezeiget / da werden wir vnſer lebelang / ja in ewig - keit gnug an zu preiſen vnnd zu loden haben. Dann es viel ein groſſer Werck iſt die Welt erloͤſen / dann die Welt ſchaffen / den Menſchen new laſ -K kſen496Was den Menſchenſen geboren werden geiſtlich als Leiblich laſſen geboren werden. Vnd in Summa / wann wir Gottes wunderbare Provi - dentz bedencken / ſo ſehen wir allenthal - ben Gottes guͤte.

Vnnd weil wir ja ſo grob ſeyn / daß wir daſſelbe nicht wollen mercken / vnd ſo vergeſſens vndanckbares Hertzens ſeyn / ſo muß vns Gott der Herr bißweilen durchs Creutz vnd entziehung ſeiner Guͤ - ter erinnern vnd zu erkennen geben / von wem wir alles haben / auff daß wir jhm dancken / vnnd den Vrſprung alles guten erkennen lernen / wie GOtt klagt in denWarumb offt Gott das zeitli - che ent - zeucht? Propheten: Mutwillig wollen ſie nicht wiſſen / daß ich der Herr bin / der jhnen gebe Korn / Oele / Wolle / Gold / Silber / darumb will ichs jhnen entwenden / Oſe. 2. Darumb iſt das H. Creutz gleich als ein Liecht / dabey wir Gottes Wolthaten ſe -Vndanck - barkeit iſt die hoͤch - ſte vnehr Gottes. hen / greiffen / vnd erkennen lernen. Dann die vndanckbarkeit iſt eine groſſe blindheit des Hertzens. Sie iſt die hoͤheſte Vn - ehre Gottes / da doch der Ehren GOt - tes alle Welt voll iſt / vielmehr ſoll der -ſelben497zum lob Gottes anmahnen ſol. ſelben des Menſchen Hertz voll ſeyn.

Ja es iſt ſich hoch zu verwundern / vnd GOttes freundligkeit vnd guͤte daraus zu erkennen / daß er dieſelbe auch ſeinen Feinden / vnd den boͤſen mittheilet. Dann er leſt ſeine Sonne auffgehen vnd ſchei - nen vber gute vnd boͤſe / Matth. 5.

Endlich iſt ſeine freundligkeit vnnd guͤte auch daraus zu ſpuͤren / daß / ob wir wol ſo vndanckbar / vnd ſo ſehr boͤſe ſeyn / daß vnſer Hertz teglich die boßheit quellet wie ein Brunn / dennoch iſt Gott ſo guͤtig vnd ſo fromm vnd freundlich / daß er mitJer. 6. guͤte vnſer boßheit vberwindet / vnd nicht auffhoͤret guͤtig zu ſein / darum̃ der Pſalm ſpricht: Seine guͤte wehret ewiglich. Des Menſchẽ Hertz iſt ein abyſſus iniquita - tis, ein abgrund alles boͤſen / Jer. 17. Da - gegen Gott der Herꝛ iſt ein abyſſus bo - nitatis, ein abgrund aller guͤte / vnd leſt ſich vnſere vndanckbarkeit nicht abwen - den von ſeiner guͤtigkeit. Das iſt eine ſehr groſſe gruͤndliche guͤtigkeit / ein Menſch vermag ſolche guͤte nicht. Es iſt Menſch - licher Natur zu ſchwer gutes thun / vnndK k i[i]eitel498Was den Menſcheneitel boͤſes dafuͤr empfahen. So gehets aber Gott: Darumb muß ſeine guͤtigkeit gruͤndlich vnd ſehr groß ſeyn. Vnd ob wir jhn durch vnſere boßheit gleich offt zum zorn bewegen / daß es ſich anſehen leſt / als habe er vergeſſen gnedig zu ſeyn / vnd ſeine Barmhertzigkeit fuͤr Zorn ver - ſchloſſen / ſo iſts doch ein Vater zorn /Gottes guͤte iſt ſehr gros vnauß - ſprechlich. ira paterna, in welchem kein verderben iſt / es iſt doch allezeit gnade dabey. Ja ſeine guͤte iſt allezeit groͤſſer dann ſein zorn Pſal. 89. Wann meine Kinder mein Geſetz verlaſſen / ſo will ich ſie mit der Ruhten heimſuchen / Aber meine gnade will ich nicht von jhnen nehmen. Habac. 4. Wann truͤbſal da iſt / ſo gedencket Er der Barmhertzigkeit. Thren. 3. Er plaget die Leute nicht von Hertzen. Es iſt gleich - ſam wieder ſeine Natur vnd weſentliche Guͤtigkeit. Dann obwol die Schrifft ſaget / das Gott zuͤrne / ſo redet ſie doch erſtlich von GOtt nach Menſchlicher weiſe vmb vnſers weinigen verſtandts willen. Fuͤrs ander ſo zuͤrnet Gott nichtmit499zum lob Gottes anmahnen ſol. mit den gleubigen / ob er ſie wol zuͤchtigetGott zuͤr - net nit mit dem gleu - bigẽ / ſtraf fet ſie auch nicht aus zorn / ſon - dern aus Liebe. Joh. 3. Pſal. 6. ſondern er ſtraffet ſie aus Liebe. Mit den vnbußfertigen aber zuͤrnet er / vnd ſtraffet ſie im zorn. Der zorn Gottes bleibet vber jhnen / Darumb bittet David: Herr / ſtraffe mich nicht in deinem zorn: Als wolte er ſagen / ſondern aus liebe wie ein Vater. Darumb ſo wenig als eine truͤbe Wol[c]ke die Sonne kan vnterdrucken vñ gar außleſchen / ſie bricht doch endlich durch: So wenig kan auch die Wolcke der truͤbſal Gottes guͤte vnd gnade tilgen vnnd dempffen: Vnnd ſo wenig als das Meer kan außgeſchepffet werden / ſo we -Warumb ſich GOtt leicht ver - ſoͤhnẽ leſt nig kan auch Gottes Gnaden Meer auß - geſchoͤpffet werdẽ. Dann ſeine guͤte weh - ret ewiglich. Vnd das iſt auch die vrſach /[warumb] er ſich ſo leicht verſoͤhnen / vnd zur vergebung bewegen leſt / vnd daſſelbe nicht ein mal / nicht ein oder zwey Tage / ſondern er hat eine immerwehrende Guͤ - tigkeit / ja eine ſolche Natur vñ Weſen / die nichts dañ eitel guͤtigkeit iſt. Darum̃ kan ein Menſch nicht ſo offt / nicht ſo bruͤnſtigK k iijſeuff -500Was den Menſchenſeufftzen / Gott vergibt viel offter / viel bruͤnſtiger die Suͤnde / ja er iſt viel geneig - ter vns zu vergeben als wir ſein jhn vmb vergebung zu bitten.

Guſtus bo nitatis Dei primiæ vi - æternæ.

Leſſet nun GOtt hie ſeine guͤte ſo reichlich vber vns walten / daß wir ſie ſe - hen vnd greiffen / was wird dann dort ge - ſchehen im ewigen Leben / da wir erfahren werden / daß ſeine guͤte ewig iſt? Erzeiget er vns ſo viel gutes in dieſer Welt / daß wir in ſeiner guͤte leben / weben / vnd ſeyn / da wir noch dieſen ſuͤndlichen Leib tra - gen / was wird dort geſchehen / wann wir nunder Suͤnden gentzlich loß vnnd gantz ohne Suͤnde ſeyn worden.

4. So iſt diß aller heiligen vornentb - ſtes thun vñ werck geweſen / daß ſie Gott gelobet. Es iſt faſt kein Prophet des al - ten Teſtaments / er hat ſeinen eigenen Lobgeſang / Moſes Exod. 15. Deuter. 32. Hanna 1. Samue. 2. Joſaphat 2. Pa - ral. 20. Eſa. 12. Hißkia Eſa. 38. Jere - mias Thren. 3. ꝛc. Sonderlich David in vielen Pſalmen kan Gottes lob nit gnug -ſam501zum lob Gottes anmahnen ſol. ſam ruͤhmen / vnd bittet / daß es nimmer muͤge aus ſeinem Munde kom̃en. Pſ. 34. Die drey Menner im Fewroffen. Alſo auch im newen Teſtament Luc. 1. vnd S. Paulus / Petrus in allen jhren Epiſteln. Damit ſie gnugſam zuverſtehen geben / daß ſie Gottes lob fuͤr dz herrlichſte werck geachtet haben / ſo ein Menſch in dieſem Jammerthal thun kan. Wollen wir nunGott lobẽ aller Hei - ligen eig - nes werck. von der gemeinſchafft der Heiligen nicht außgeſchloſſen ſeyn / ſo muͤſſen wir vns ſtets des lobs Gottes befleiſſigen.

5. So manen vns alle Crcaturen an zu Gottes lob. Dann ſo redet David alle Creaturen an Pſ. 103. Lobet den Her - ren alle ſeine Wercke an allen Orten ſeiner Herrſchafft. Alle wercke GOttes loben jhren Meiſter auff jhre weiſe. Wie alle Creaturen Gott lo - ben.GOTT hat ſein lob in alle Creaturen mit ſeinem Finger geſchrieben / vnnd kan auch keine Creatur Gottes lob verſchwet - gen. Pſ. 19. Die Him̃el erzehlen die ehre Gottes / vnd die Feſte verkuͤndigen ſeiner Hende werck. Job. 38. Wo wareſtu da mich die Morgenſterne lobeten? Sonne /K k iiijMond /502Was den MenſchenJob 38.Mond / vnd Sterne loben Gott mit jrem liecht. Es muß ein groſſer Herꝛ ſeyn / derSyr. 43. ſie gemacht hat. Die Erde lobet Gott / wañ ſie gruͤnet vnd bluͤet. Die Kreuter vñ Blumen loben jhren Schoͤpffer / vnd ver - kuͤndigen ſeine Allmacht vnnd Weißheit mit ihrem geruch / ſchoͤnheit / vnd farben: Die Vogel vnter dem Himmel mit jrem geſange. Die Baͤume loben Gott durchPſ. 104. jre Fruͤchte: Dz Meer durch ſo viel Fiſche vnd Meerwunder. Vnd in Summa alle Creaturen loben Gott / in dem ſie ſeinen Befehl außrichten: Alle Creaturen reden mit vns durch jhre von Gott eingepflan - tzete Krafft / vnnd offenbaren vns den Schoͤpffer / vnnd mahnen vns an denſel - den zu loben. Alles was man anſiehet / das zeuget von Gottes lob. Gott hat das groſſe Buch der Schoͤpffung voll ge - ſchrieben ſeines lobes. Weil aber GOtt keiner Creatur ſo groſſe Barmhertzigkeit erzeiget als dem Menſchen / ſo iſt er auch ſchuͤldig Gott offter vnnd mehr zu loben dann alle Creaturen.

6. So503zum lob Gottes anmahnen ſol.

6. So iſt vnſer vnd aller Creaturen lob viel zu gering / Gott iſt groͤſſer dann aller Creaturen lob / Er iſt herrlicher dannDeus o. mni laude maior. aller Creaturen Ehre / die ſie jhm geben / Er iſt loͤblicher dann aller Creaturen Ruhm vnnd Preiß. Niemand wird ſein Lob erreichen koͤnnen. Wann wir ohn vrterlaß Gott loben / ſo iſts doch noch zu geung / Er iſt noch groͤſſer. Dann wer kan die groſſen thaten des Herren aufreden / vnd alle ſeine loͤbliche Wercke preſen? Darumb wann die HeiligenVerwun - dern koͤn - nen wir vns vber Gottes Wercken / aber Gott nit gnug - ſam loben. Gottes Gott loben wollen / verwundern ſie ſich mehr als daß ſie Gottes lob errei - chenſolten. Sie haben wol den willen vnd Vorſatz / aber ſie koͤnnens nicht er - reichen. Wie gewaltig redet der H. Da - vid dauon in vielen Pſalmen / vnd redet ſich ſelbſt vnd ſeine Seele an Gott zu lo - ben. Moſes Exod. 15. Der Herr iſt meine ſtercke vnnd mein Heyl / das iſt / mein Gott / ich will jhn preiſen / er iſt mei - nes Vaters Gott / ich will jhn erheben. Er ſpricht: Gott ſey ſeine ſtercke. WannK k vGot -504Was den MenſchenGottes ſtercke vñ krafft nit bey vns were / in vns / vber vns / vñ wir in Gottes krafft nicht eingeſchloſſen weren / ſo zerfielen wir wie ein Staub / vnnd verſchwuͤnder wie ein Schatten / darumb ſagt der 30. Pſalm: Wie gar nichts ſind doch ale Menſchen / die ſo ſicher leben. Der HerrGott iſt vnnd ſoll vns alles allein ſeyn iſt mein Heil / Er iſt meine Gerechtigkeit wieder die Suͤnde / meine ſterck[e]in ſchwachheit meine Zuflucht in verfol - gung / meine freude in der Traurigkeit / mein Leben im Tode.

Wo will man nun einen ſolchen Gott finden / bey welchem ſolch groß Heil iſt /Eſ. 40. der ſo mechtig iſt / daß er Himmel vnnd Erde helt vnd tregt / der ſo heilig iſt / daß jhn alle Engel anbeten / der ſo ſchrecklichEx. 15. iſt / das Himmel / Erde / vnd die Helle fuͤr jhm zittert / der ſo loͤblich iſt / das alles / was er geſchaffen hat / lobens werth iſt /Eſa. 6. des Ehre voll iſt Himmel vnd Erde / vnd alles / was lebet / lobet ſeinen Schoͤpffer / der ſo wunderthetig / daß er aus nichtes etwas / aus Finſterniß Liecht / aus derSuͤnde /505zum lob Gottes anmahnen ſol. Suͤnde Gerechtigkeit / vnd aus dem To - de das leben machen kan? Wer kan das groſſe werck der Erloͤſung außreden? Er leſt ſeinen lieben Sohn ein Menſchen - kind werden / auff daß wir Gottes Kin - der wuͤrden. Er leſt jhn die groͤſſeſte Ar - mut leiden / auff daß wir in jm reich wuͤr - den. Er leſt jhn die groͤſſeſte ſchmertzenDurch Chriſtum wird der Vater ge - ehret vnd gepreiſet. leiden / auff daß wir die ewige freude er - werben. Er leſt jhn den verachteſten wer - den vnter allen Menſchen Kindern / auff daß wir moͤchten zu ehren kommen. Er leſt jhn fuͤr vns ſterben / auff daß wir le - ben ſollen. Sind das nicht groſſe wercke / wer kan die gnugſam preiſen? Iſts nicht ein groß werck / das GOTT in vns wohnet / den ſonſt aller Himmel Him - mel nicht koͤnnen begreiffen / daß er vn - ſere Seele vnſterblich gemacht hat / vnnd nach dem Tode zu ſich nimpt / daß Er vn - ſern Leib aus dem Staube der Erden wird aufferwecken zum ewigen Leben? Freilich iſts ein groſſes Werck / daß das ſterbliche anziehen ſol die vnſterb -ligkeit.506Was den Menſchen zum lob Gottes etc. ligkeit. Darumb lobe nun meine Seele den Herren.

Bewegli - che vrſa - chen des lobes Got tes.

Wer nicht will vmbſonſt geſchaffen ſeyn / vnd als ein vndanckbares geſchoͤpff Gottes vnter allen Creaturen gefunden werden / wer da will ein Chriſt ſeyn / vnd gedencket nach dieſem Leben in Himmel zu kommen vnter die Geſellſchafft der H. Engel / vnd aller Außerwehlten / vnd end - lich bey Gott in ewiger Freude zu leben / des Seele lobe den Herren / vnd bitte Gott / daß er ſein lob in vnſern Hertzen ja nimmermehr erleſchen laſſen. Was wir aber in dieſer Welt nicht gnugſam koͤnnen außreden vnnd preiſen / das wird dort geſchehen / da wir werden vollkom -1. Cor. 13. men ſeyn / vnd das Stuͤckwerck wir auff - hoͤren. Dann wir ſehen hie Gott in einem dunckeln Spiegel / dort aber von Ange - ſicht zu Angeſicht. Das helffe vns GOtt.

Das507Gott loben iſt des Menſchen etc.

Das XLIII. Capittel. Gott loben iſt des Menſchen hoͤheſte vnd Engliſche Herrligkeit.

Pſal. 92. Auff den zehen Sciten vnd Pſalter / mit ſpielen auff der Harpffen. Denn HErr du leſſeſt mich froͤlich ſingen von deinen Wercken / vnd ich ruͤh - me die geſcheffte deiner Hende. HErr / wie ſind deine Wercke ſo groß / deine Gedancken ſind ſehr tieff. Ein Thoͤrichter gleu - bet das nicht / vnnd ein Narꝛ achtet ſolches nicht. ()

ES haben ſechs Pſalmen den Ti - tel: Guͤldene Kleinot / als der 16 / vnd vom 56. biß auff den 60 / an - zudeuten / das Gottes Lob vnnd Ge - bet des gleubigen Hertzens Geiſtliche Himliſche Kleinot iſt. Das aber des Menſchen Herrligkeit iſt Gott loben / iſtdaraus508Gott loben iſt des Menſchendaraus abzunemen / daß man mit aller freudigkeit darff fuͤr GOtt treten / vnnd jhn loben / Pſ. 96. Es ſtehet herrlich vnd prechtig fuͤr jhm / vnnd gehet gewaltig vnnd loͤblich zu in ſeinem Heiligthumb. Darumb iſt nun das eine groſſe Herrlig - keit eines Gottlobenden Menſchen / daß er teglich fuͤr Gott treten kan / vnd Gott loben. Dann auch die H. Engel diß fuͤr eine groſſe Herrligkeit achten. Luc. 1. Ich bin Gabriel / der fuͤr Gott ſtehet.

2. Iſt darumb GOttes lob des Men - ſchen groͤſte Herrligkeit vnd Kleinot / weil wir dardurch den Engeln gleich werden. Als der Herꝛ Chriſtus des Menſchen zu - kuͤnfftige Herrligkeit beſchreiben will / Matth. 22. Luc. 20. ſpricht er: Sie werden den Engeln Gottes gleich ſeyn. Nun iſt zwar ſolches znuerſtehẽ von der Herrlig - keit vnſerer verklerter Leiber in jenner Welt / vnd herrlichen Engliſchen gaben / damit Gott die Außerwehlten zieren vnd ſchmuͤckẽ wird / daß ſie nit allein den En - geln / ſondern dem verklerten Leibe Chriſtiwerden509hoͤheſte vnd Engliſche Herrligkeit. werden ehnlich werden. Vnd 1. Joh. 3. Es iſt noch nit erſchienẽ / was wir ſein werdẽ. Wir wiſſen aber / wanns erſcheinẽ wird / daß wir werdẽ Gott gleich ſein / Dañ wir werden jn ſehen / wie er iſt: Doch gleich - wol / wie niemand Chriſto wird ehnlich werden / er werde jm dann gleich in dieſem Leben / das iſt / er gleube an jhn / er lebe in Chriſto / er folge ſeiner Demut vnnd Sanfftmut / er werde hie dem Ebenbil - de des ſanfftmuͤtigen / demuͤtigen / nie - drigen / gecreutzigtẽn Chriſti ehnlich / auff daß er auch dem Ebenbilde des herrlichen erhoͤheten verklerten Chriſti gleich werde. Alſo wird auch niemand den Engeln gleich werden an jennem Tage / er werde dann auch in dieſer WeltIn jennẽ Lebẽ wer - den wir den En - gelngleich in der ver - klerunge hie aber im lobe Gottes. den Engeln gleich. Das kan nun nicht beſſer geſchehen dann durch tegliches an - dechtiges Lob GOTTES / Dann das iſt der Engel Ampt / wie es Eſa. 6. vnd Pſalm 103. beſchrieben iſt / daß ſie ohn vnterlaß GOTT loben. Wer nun daſſelbe thut / der vollbringetdas510Gott loben iſt des Menſchendas ampt eines Engels / vnd wird in der Zahl der Engel gerechnet. Daraus fol - get / das Gott loben des Menſchen groͤ - ſte Herrligkeit vnd Keinot ſey / Vnd das kan inwendig im Hertzen mit andechti - gen heiligen gedancken ohn vnterlas ge - ſchehen. Dann das rechte lob Gottes ge - het vornemlich aus dem Hertzen. Col. 3. Singet vnnd Spielet dem Herrn in ewren Hertzen.

3. Iſt darumb Gottes lob des Men - ſchen groͤſte Herrligkeit vnd Kleinot / weil der Menſch dardurch Gottes Werck - zeug / Gottes Seitenſpiel vnd Harpffe wird / welche den allerliebſten Laut vnnd Dohn von ſich gibt / durch welche der H.Gott lobẽ des Hertz vñ Mund des H. Geiſtes Seiten - ſpiel. Geiſt Gottes lob außbreitet. Welches fein abgebildet iſt Apoc. 14 / da der Evan - geliſt geſehen hat eine groſſe Schaar / die dem Laͤmblein Gottes nachfolgeten in weiſſen Kleidern / vnnd jhr gedoͤhne war als ein gedoͤhn vieler tauſent Har - pffenſchleger. Vnd das haben vorzeiten im alten Teſtament die mancherley wun -derli -511hoͤheſte vnd Engliſche Herrligkeit. derlichen lieblichen Inſtrumenta muſi - ca bedeutet / deren David im 50. Pſalm gedencket / welche nichts anders bedeu - ten dann die mancherleien gaben des H. Geiſtes / dardurch Gottes Name / Lob / Ehre / Erkantnus / Werck / Wolthaten vnd Wunder außgebreitet werden: Dar - umb ſie auch vergangen ſeyn / auff daß die geiſtlichen Harpffen vnd Pſalter des lobes Gottes ſollen an jenner ſtatt kom - men. Vnd gleich wie ein InſtrumentumWarumb Davids Inſtrumen ta muſica vergangẽ. muſicum des Menſchen Werckzeug iſt darauff zu ſpielen: Alſo iſt des Menſchen Seele des H. Geiſtes Werckzeug / durch welches vnd in welchem Er GOttes lob wircket. Pſ. 8. Aus dem Munde der jun - gen Kinder vnnd Seuglingen haſtu dir ein lob zugerichtet. Wie kan nun des Menſchen Hertz / Mund / vnd Seele eine groͤſſere Herrligkeit haben / dann wañ ſie des H. Geiſtes Werckzeug iſt? David ſagt in ſeinen letzten Worten: Der Geiſt2. Sam. 23. des Herren hat durch mich geredet / vnnd ſeine Rede iſt durch meinen MundL lgeſche -512Gott loben iſt des Menſchengeſchehen. Eph. 5. Werdet voll Geiſtes / Singet vnd ſpielet dem Herrn in ew - rem Hertzen.

3. So iſt GOttes lob darumb des Menſchen groͤſte Herrligkeit vñ Kleinot / dieweil in Gottes Lob die hoͤheſte geiſtli - che Freude iſt / dauon der 92. Pſal. ſpricht[:]Du Herr leſſeſt mich froͤlich ſingen von deinen Wercken / vnd ich ruͤhme die geſcheffte deiner Hende. Nun iſt aber GOttes freude ein herrliches ſtuͤck des e - wigen Lebens / vnd des Reichs Gottes inRom. 14. Gottes lob einvor ſchmack des ewigẽ Lebens. vns / welches iſt Friede vnd Freude im H. Geiſt. Wer nun teglich die Himliſche freude des ewigen Lebens / vnd des Para - dieſes ſchmecken will / der kanns teglich thun durch Gottes lob / wans hertzlich iſt / erfrewet Leib vnnd Seel / wie ſolches der 63. vnd 84. Pſalm augenſcheinlich bezeu - gen. Was iſt das Paradiß anders dann eitel Freude vnd Wonne / da man ſchme - cken vnnd ſehen kan / wie freundlich derPſal. 16. Herr ſey / vñ was das ewige Leben ſey / nemlich Freude die fuͤlle / vnnd lieblich weſen zu ſeiner Rechten ewiglich.

4. So513hoͤheſte vnd Engliſche Herrligkeit.

4. So iſt darumb GOttes lob des Menſchen groͤſte Herrligkeit vñ koͤſtlich - ſtes Kleinot / weil man in demſelbigen die groſſen wercke Gottes betrachtet / vnd die hoͤchſte Weißheit Gottes / vnd dadurch von der Menſchlichen thorheit vnd blind - heit erloͤſet wird / wie der Pſalm ſpricht: Herr / wie ſind deine wercke ſo groß / vñ deine gedancken ſo ſehr tieff? Ein Thoͤ - richter gleubet das nicht / vnnd ein Narr achtet ſolches nicht. S. Paulus ſpricht:2. Cor. 1. Der Geiſt erforſchet alle ding / auch die tieffe d’Gottheit. Je mehr nun ein menſch Gottes erkantnuͤß hat / je mehr er jhn lo - bet / vnd je mehr er Gott lobet / je mehr er wechſet in Gottes Erkantnus / daß man gleich gar in eine tieffe der Weißheit Gottes gereth / vnnd keinen grund finden kan / vnnd GOTT vber alle ding lobet / vnd fuͤrchtet. Dann je hoͤher einer im lob GOTtes / je tieffer einer in gedan - cken koͤmpt / ſo in GOtt verſencket wer - den / nicht / das einer aus fuͤrwitz vner - forſchliche dinge / die jm zu ſchwer ſind / er -L l ijgruͤn -514Gott loben iſt des MenſchenReich - thum̃ des erkentniß Gottes in Gottes lob.gruͤnden ſoll / ſondern das offt GOtt den Reichthum̃ ſeiner Weißheit einem Gott - lobenden vnd Gottliebenden Menſchen ſehen leſt / daruͤber er verſtummet / vnnd kans nicht außreden. Dann hat koͤnnen der Koͤnig Salomon der Koͤniginnen aus Reich Arabia in ſeiner Schatzkam - mer / vnd in eroffnung ſeiner Weißheit ſolchen ſplendorem vnnd glantz zeigen ſeines Reichthumbs vnd Schatzes / dar - uͤber ſie erſtarret / vnnd lobet jhn / vnnd1. Koͤn. 10. ſprach: Deine Weißheit iſt groͤſſer dann dein geruͤcht / Selig ſind deine Knechte / die teglich fuͤr deinem Tiſch ſtehen / vnd deine Weißheit hoͤren: So thuts GOtt vielmehr / der ſeinen Liebhabern vnd Lo - bern offt im Augenblick einem ſolchen Schatz ſeiner Weißheit zeiget / daß ein Menſch erſtarret / vnd mit David excla - miren muß: Herr / wie ſind deine Wercke ſo groß / vnd deine Gedancken ſo ſehr tieff? Das geheimnuͤß des Herrn iſt bey denen / die jhn fuͤrchten / Pſal. 25. vnd Pſal. 51. Du leſſeſt mich wiſſen heim - liche Weißheit. Dann gleich wie dieKoͤnigin515hoͤheſte vnd Engliſche Herrligkeit. Koͤnigin aus Arabia ſpricht: Selig ſind deine Knechte / die fuͤr deinem Tiſch ſte - hen / vnnd teglich deine Weißheit hoͤren: Alſo ſind die / ſo Gott loben / die Knechte GOttes / die fuͤr ſeinem Tiſche ſtehen / vnd Gottes Weißheit im Geiſt glauben /Knechte ſo fuͤr Got tes Tiſche ſtehen. vnd Gottes Wort hoͤren. Aus dieſem Brunnen fleuſt dañ die rechte Weißheit / wie ein Altvater geſchrieben hat vom tief - fen Meer der Weißheit Gottes / Aber ſagt der Pſalm: Ein thoͤrichter gleubet das nicht / vnnd ein Narꝛ achtet ſolches nicht. Summa / je mehr man ſich mit Gottes lob zu Gott nahet / vnd mit Got - tes lob vmbgehet / je mehr GOtt den Schatz vnd Reichthumb ſeiner Weißheit vnd gedancken eroͤffnet / die fuͤr den Nar - ren vnd Thoren wol ewig verſiegelt blei - ben.

5. So iſt GOttes lob darumb des Menſchen hoͤheſtes Kleinot / dieweil in Gottes lob der wahre Sieg iſt vber alle vnſere Feinde / vber Teuffel vnnd Men - ſchen / Pſal. 8. 18. 118. Ein herrlich Exem -L l iijpel516Von der Gedultpel haben wir an Koͤnig Joſaphat / der mit einem Lobgeſang eine groſſe ſchlacht lieffert ohne alle Schwerthſchlacht / 2. Chron. 20. Solcher Sieg Pſalmen ſind viel / als der 18. 46. 76. ꝛc.

Das XLIV. Capittel. Von der gedult / dardurch alles Creutz vberwunden / vnd die verheiſſene Herr - ligkeit erwartet wird.

Hebr. 10. Wir beduͤrffen der gedult ſtets / daß wir den willen Got - tes thun / vnd daß wir die ver - heiſſung erlangen. ()

DIe wahre Chriſtliche gedult iſt eine ſolche Tugend / da man in allerley Truͤbſal vnd Leyden / de - ren man durch keine ordentliche Mittel entfliehen mag / ſich in den gnedigen wil - len Gottes ergibt / vnnd denſelben willig -Was ge - dult ſey. lich an jhm vollbringen leſſet / vnd ehe al - les leidet / ehe er wieder Gott murren / vnd von jhm abfallen wolte.

Die Hauptvrſache aber dieſer Tu -gend517dardurch alles Creutz vberwunden wird. gend iſt der gnedige wille vnd rath Got - tes / dardurch wir zum Creutz vnd Leiden verordnet vnd verſehen ſeyn / wie Rom. 8. ſtehet: Die er verſehen hat / die hat er ver -Heuptvr - ſache der gedult Gottes wille vnd verſehung ordnet / daß ſie ſollen ehnlich werden dem Ebenbilde ſeines Sons. Gleich wie nun der liebe Gott ſeinen lieben Sohn zum Creutz vnd Leyden verordnet vnnd verſe - hen hat / daß Er jhn wolle durchs Creutz herrlich machen: Alſo hat Er alle wahre Glieder Chriſti zum Creutz verordnet / Dann ſonſt konten ſie ſein Geiſtlicher Leib nicht ſeyn: Denen hat Er jr Creutz zuuor verordnet / gezehlet / gemeſſen / wie viel ſie leyden ſollẽ. Dieſem allen kan nun niemand entfliehen / vielweniger mit vn - gedult abwenden: Mit gehorſam aber vnd mit gedult kan mans lindern vnd durch Chriſtum vberwinden.

2. Das herzunahend Ende der Welt / da die Vngerechtigkeit vberhand nimpt / vnd die Liebe erkaltet / dadurch viel Leydẽ / Verfolgung / Creutz / Gewalt vnd Todt angelegt wird werden den Gottſeligen / 2. Timoth. 3. Alle die / ſo in Chriſto JeſuL i iiejwollen518Von der Gedultwollen Gottſelig leben / die muͤſſen Ver - folgung leiden. Vnd der Herr Jeſus weiſſagt Johan. 15. vnnd 16 / daß die ſei - nen vmb der Warheit vnd Gerechtigkeit willen muͤſſen verfolget / vnnd angefoch -Die Truͤb - ſalen der letzten zeit ſind vns zuuor ge - ſagt: Dar - umb ſollẽ wir geduͤl - tig ſeyn. ten werden / vnd die gantze Offenbarung Johannis bezeuget / daß der Antichriſt die Kirche Chriſti biß zu der letzten Zu - kunfft des Herren verfolgen werde / da der ſireit endlich auffgehaben wird / vnd der Drach neben den falſchen Apo - ſteln in den helliſchen fewrigen Pfuel ge - worffen werden wird. Darumb ſol nie - mand jhm ſelbſt guͤldene Trewine ma - chen / vnd beſſerung hoffen / ſondern ſich zur gedult ſchicken vnd bereiten.

3. Sol vnſere gedult geſtercket wer - den durch die hoffnung der zukuͤnfftigen wiederbringung aller ding / vnnd der ewi - gen Seligkeit. Dann gleich wie ein A - ckerman mit gedult wartet auff die Ernd - te vnnd ſiehet alle ſeine Arbeit nicht an / hoffet aber es wird jhm alle ſeine muͤhe vnd arbeit reichlich mit groſſem gewinnerſtat -519dardurch alles Creutz vberwunden wird. erſtattet werden Jacob. 5. Alſo ſol einWieder - bringung aller din - ge: ſtercket die gedult. Chriſt ſeine Seele mit gedult faſſen / Luc. 2. vnnd gewiß gleuben / daß die groſſe Erndte des lieben Juͤngeſten Tages alles wiederbringen wird / was hie verlo - ren / ja nicht verloren / ſondern geſaͤet vnd gepflantzet wird. Dann gleich wie ein Baversman ſeinen Samen darumb nit verleuret / ob er jhn gleich in die Erde wirfft / ſondern ſaͤet vnd pflantzet jn auff Hoffnung: Alſo was du hie ſaͤeſt vnnd pflantzeſt / Leib / Gut / vnd Ehre / dencke nur nicht / daß du es wirſt verlieren / ſon - dern du ſaͤeſt vnd pflantzeſt es auff Hoff - nung der kuͤnfftigẽ groſſen reichen Ernd - te / da wir erndten werden / ohn auffhoͤ - ren. Darumb der 126. Pſalm vnſer Creutz vnd Elend einer Samen zeit vergleichet / als er ſpricht: Die mit Thraͤnen ſaͤen / die werden mit freuden erndten. Sie gehen hin / vnnd weinen vnd tragen edlen Sa - men / vnd kommen vnd bringen jre Gar - ben.

4. Sol vnſere gedult ſtercken die Zu -L l vkunfft520Von der GedultZukunfft vnd Rich - terampt Chriſti ſol gedult in vns wir - cken.kunfft vnſers Herrn Jeſu Chriſti / d[a]all vnſer Leyd wird ein end nehmen / ja in freude wird verwandelt werden / da Got - tes gerechtes Vrtheil vnd Gericht erge - hẽ wird vber alle vnſere Feinde / da ein[e]m jeden von Gott Ruhm vnnd Lob wieder - fahren wird / vnd derſelbige Tag iſt nahe. Der Richter iſt fuͤr der Thuͤr / ſagt S. Jacobus am 5. Vñ S. Paulus Rom. 12. Die Rache in mein. Wir leiden ja eine kurtze zeit / aber ewige freude wird darauff folgen. Es kan ja nicht lang mehr weren.

5. So ſol auch Gottes verhe[i]ſſung vñ ewige Warheit vnſere gedult ſtercken / vñ vnſer Hertz befeſtigen / daß es nicht wan - cke / wie S. Jacobus am 5. ſpricht. Dann wie man ein kleines Beumlein an einen Stecken bindet / daß es der Wind nicht zerbreche / oder in vngeſtuͤmm des Meers Ancker außwirfft / daran ſich das Schiff halte: Alſo muͤſſen wir vnſer wancken - des Hertz an den Stab Goͤttliches Worts vnd Warheit binden / vnd das ſinckende Schifflein des Hertzens / mit dem An -cker521dardurch alles Creutz vberwunden wird. cker der Hoffnung befeſtigen / daß esGottes warhert ſol in vns gedult wircken. nicht verſincke / Hebr. 6. Wieviel ver - heiſſung haben wir / daß vns GOtt er - retten wolle? Wieviel Exempel der mun - derlichen Erloͤſung ſehen wir fuͤr Augen? Wieviel tauſent Mittel hat Gott darzu? Wie offt hat GOtt in groſſen Kranck - heiten geholffen / aus groſſer Thewrung erlaͤſet / 1. Reg. 6. aus groſſen Kriegs - noͤten errettet / 2. Chron. 20. 2. Chron. 14. GOTT kan beyde theil im Kriegen zu friede lencken? Wie offt[ſteuret] Gott dem Feinde? Wie vns dann ſolches in dem lieben Kindlein Jeſu gnugſam iſt fuͤrgebildet / Matth. 2. Sie ſind geſtor - ben / die dem Kindlein nach dem Leben trachteten. GOTT kan auch die ver - folger vnd Feinde bekeren / wie Paulum. Wie offt verhindert Gott Blutduͤrſtige anſchlege? Saul wolt David gar freſſen / vnnd hatte jhn vmbringet / daß er nicht konte entfliehen / aber Gott rieff jn zu ruͤck1. Sam. 23. durch einen Boten / der verkuͤndiget /die522Von der Gedultdie Philiſter waren jhm ins Land gefal - len. Johan. 7. Gaben die Hohenprieſter jhren Dienern befehl / ſie ſolten den Her - ren Jeſum greiffen / vnd gefangen brin - gen / Aber die Diener / da ſie Chriſtum hoͤrten predigen / erſtarreten gar / vnnd konten nichts thun. Bißweilen verblen - det Gott die Feinde / vnd ſchlegt ſie mit blindheit / als in der Hiſtoria Eliſæi,2. Koͤn. 6. Gen. 19. Loths / vnd Athanaſii zuſehen. So hat auch Gott ja ſo viel Legion Engẽl / die auff die Chriſten warten / durch welche ſie offt wunderlich erloͤſet werden / wie S. Petro geſchach / Act. 5. vnd 12. Wie wunderlich iſt offt der Apoſtel Paulus erloͤſet worden / daß der boͤſe rathſchlag wieder jhn iſt of -Act. 23. fenbar worden? Endlich erloͤſet GOtt der Herr die ſeinen durch den zeitli - chen Todt / da hat aller Jammer ein Ende.

6. Wie werden aber die gleubigen jhres leidts ſo hertzlich ergetzet werden in jenner Welt / daß ſie fuͤr jhr leiden nicht alle Herrligkeit der jetzigen Welt nemenMatth.523dardurch ales Creutz vberwunden wird. Matth. 5. Selig ſind / die leide tragen /Ewiger troſt / ſol zeitliche gedult wircken. Apoc. 21. Dann ſie ſollen getroͤſtet werden. In der Offenbarung Johannis ſtehet / vnnd E - ſa. 26 / das GOtt alle vnſere Thraͤnen werde von vnſern Augen abwiſchen. Wie ſol ſie aber Gott abwiſchen / wann du nie hertzlich geweinet haſt?

7. Wir ſollen auch anſehen die Exem - pel der Heiligen / Abels / Noe / Loths / Abrahams / Iſaacs / Jacobs / Joſephs / Davids / Jobs / ſonderlich den MannNum. 12. Exempel der gedult Gottes Moſen / von dem die Schrifft zeuget / daß er ein ſehr geplagter Menſch vber alle Menſchen auff Erden ge - weſt ſey. Wie offt murrete die Gemeine wieder jhn? Zanckten mit jhm / wolten jhn ſteinigen / dagegen war er ſanfftmuͤ - tig / redet das beſte mit jhnen / betet fuͤr ſie / vñ wuͤnſchet aus dem Buch der Leben digen getilget zu ſeyn / ſonſt hette ſie Gott1. Koͤn. 18. vertilget. Elias / ob er wol auffs euſſer - ſte verfolget ward / dennoch bracht er den Regen wieder dem gantzen Lande. Mi - cheas / 3. Reg. 33. ward von falſchen Pro -pheten524Von der Gedultpheten fuͤr den Koͤnigen Achab geſchſa - gen / vnnd ins Gefengnis gelegt / da er doch den Koͤnig warnete fuͤr ſeinen ſcha - den. Eſaias ward fuͤr ſeine trewe dienſte mit einer Sagen von einander geſchnit - ten. Welch ein geplagter Mann iſt Jere - mias geweſen? Daniel muſte in die Lew - engrube. Wie iſts Johanni dem Teuffer gangen? Sehet S. Paulum an was derſelbe hat erlitten / vnnd alle H. Maͤr - terer / vnd alle Apoſtel. Beſiehe die Epi -Weg zur Herrlig - keit. ſtel an die Hebr. am 11. Wann du dieſe alle fragen wirſt / durch welchen Weg ſie ins Reich GOttes eingangen ſeyn / werden ſie antworten: Durch den Weg der Truͤbſal Act. 14. Dieſen Weg hat vnſer Herr Jeſus Chriſtus ſelbſt ge - wandelt in ſeine Herrligkeit / dauon S. Petrus 1. am 2. Chriſtus hat fuͤr vns ge - litten / vnnd vns ein Vorbilde gelaſſen / daß wir ſollẽ ſeinen Fußſtapffen nachfol - gen / welcher nicht wiederſchalt / da Er geſcholten ward / nicht trewete / da Er leid / Er ſtellets aber dem heim / der da recht richtet. Deines Erloͤſers gedultiſt525dadurch alles Creutz vberwunden wird. iſt ſo groß geweſt / daß ob wol in ſeinem Leyden die Sonne verfinſtert vnnd ſolch ein groß Elend nit muͤgen anſehen / dafuͤr auch die Erde bebete / vnd die Felſen zer - riſſen / dennoch hat Er nit am Creutze ge -Hohe ge - dult Chri - ſti ſol in vnsgedult wircken. murret wider ſeine Feinde / oder ſich eines einigen vngeduͤltigen Worts / oder Ge - berdes mercken laſſen / ja daß Er noch fuͤr ſeine Feinde gebeten / vñ gerne wolte durch ſein Blut die jennigen lebendig machen / die ſein Blut vergoſſen haben. So Gott einen jedẽ Sohn zuͤchtigt / den er lieb hat / vnd auff nimpt / ſo muß entweder gezuͤch - tiget ſeyn / oder kein Kind ſeyn? DarumbHebr. 12. wolte auch Gott nicht / daß ſein eingebor -Wo ein Kind iſt da muß die Ruhte ſeyn. ner Sohn ſolte ohne Ruhte ſeyn: Wiewol er ohne Suͤnde war: Der nun ſeinen eini - gen natuͤrlichen Sohn / der ohne Suͤnde war / gezuͤchtigt hat / meineſtu / dz du wirſt ohne zuͤchtigung bleiben koͤnnen / der du ſo viel Suͤnde haſt / vnnd zum Kind er - wehlet hiſt: Sehet doch / wie groſſe ge - dult hat GOTT mit vnſern Suͤn - den / ſolten wir dann nicht gedult haben mit ſeiner Zuͤchtigung / dardurch er vns1. Potr. 4.bekeren526Von der Gedultbekeren will? Summa / wir ſollen vns frewen / wie S. Petrus ſpricht: So wir mit Chriſto leiden / auff daß wir auch in der Offenbarung ſeiner Herrligkeit freu - de vnd Wonne haben muͤgen.

8. Daraus dann dieſer troſt folget / ſo vns in gedult erhalten ſol / das Chriſtus mit ſeinem Leiden vnſer leiden geheiligetChriſtus vnſer lei - den gehei - liget. vnd geſegnet hat / daß es vns nicht zum verderben gereichen ſol / ſondern zum Se - gen / zum Leben / zur Herrligkeit. Gleich wie Chriſti Leiden zur Herrligkeit wor - den. Alſo auch aller Chriſten leiden in Chriſto.

9. Sehet an die herrliche belohnung derer / ſo das Creutz geduͤltig erlitten. Ob wol viel heiliger Merterer mit vnerhoͤr - ter / grauſamer / vnmenſchlicher marter ſind hingerichtet etliche den wilden Thieren fuͤrgeworffen / etliche in Oele gebraten / etliche im heiſſen Bley: So iſt doch niemand vnter vns ſo Gottloß vnd verruckt / der nicht lieber an jhre ſtattjtzo ſein wolle / dann an derer ſtatt die ſie er -mordet527dardurch alles Creutz vberwunden wird. mordet haben. Wer wolte jetzo nicht lie - ber an des armen Lazari ſtatt ſein dann an des Reichen Mannes? Lieber / wiltuChriſtus vnſer ley - den gehei - liget. ſolcher heiligen Herrligkeit haben / ſo mu - ſtu auch jhren weg der Truͤbſal / vnnd der gedult wandelen. Vnd das meinet der Herr / da er ſpricht Matth. 5. Selig ſeid jhr / ſo euch die Menſchen ſchmehen / verfolgen / vnd alles vbels wieder euch re - den vmb meinentwillen: Seid froͤlich vnd getroſt / es ſoll euch wol belohnet werden im Himmel. Rom. 8. So wir mit Chri - ſto leiden / ſo werden wir auch mit jhm zur Herrligkeit erhoben werden. Item:Rom. 8. Dieſer zeit leiden iſt nit werth der Herr - ligkeit / die an vns ſoll offenbaret werden.

10. Sol vnſere gedult ſtercken die Hertzliche Barmhertzigkeit Gottes / das Gott vnſer endlich nicht wird vergeſſen koͤnnen / ſo wenig als eine Mutter jhresGottes Liebe vnd Barmher tzigkeit / ſol in vns gedult wircken. Kindes vergeſſen kan / Eſa. 49. vnd das Gott ſein Hertz breche fuͤr liebe / er muß ſich vnſer erbarmen / Jerem. 31. daß Er auch getrew iſt / der vns nicht vber vnſerM mver -528Gott loben iſt des Menſcheitvermuͤgen verſuchen wird / 1. Cor. 10. vnd daß Er vns nicht zuͤchtiget zu vnſerm verderben / ſondern zu vnſer Seligkeit. Dann wañ wir gerichtet werden / ſo wer - den wir vom Herrn gezuͤchtiget / auff daß wir nicht mit der Gottloſen Welt verdampt werden. Dann iſt das Creutz eitel Liebe / was wolleſtu dann lieber? Immer in freuden leben / wie der Reiche Mann / vnd darnach verdampt werden / oder im Creutz leben / vnd ſelig werden?

Diß alles erkleret vns die Epiſtel an die Hebreer am 12. herrlich: Laſſet vns lauffen durch gedult in den Kampff / der vns verordnet iſt / vnd auffſehen auff Je - ſum / den Anfenger vnnd Vollender des Glaubens: Welcher / da Er wol hette muͤgen freude haben / erduldet Er das Creutz / vnd achtet der ſchande nicht vnd iſt geſeſſen zur Rechten auff dem Stuel Gottes. Gedencket an den / der ein ſol - ches wiederſprechen von den Suͤndern wieder ſich erduldet hat / daß jhr nit in ew - rem Muht matt werdet vnnd ablaſſet. Dann529dardurch alles Creutz vberwunden wird. Dann jhr habt noch nicht biß auffs Blut wiederſtanden vber den kampff wieder die Suͤnde / vnd habt bereit vergeſſen des Troſtes / der zu euch redet / als zu den Kindern: Mein Sohn achte nicht gering die Zuͤchtigung des Herrn / vnnd ver - zage nicht / wann du von jhm geſtraffet wirſt. Dañ welchen der Herr lied hat / den zuͤchtiget er. Er ſteupet aber einen jeglichen Sohn / den er auffnimpt.

So jhr die zuͤchtigung erduldet / ſo er - beut ſich euch Gott als Kindern. Dann wo iſt ein Sohn / den der Vater nit zuͤch - tiget? Seid aber ohn zuͤchtigung / welcher ſie alle ſind theithafftig worden / ſo ſeid je Baſtarte / vnd nit Kinder. Auch ſo wir ha - ben vnſere Leibliche Vaͤter zu Zuͤchtigern gehabt / vnd ſie geſchewet / ſolten wir dañ nit vielmehr vnterthan ſein dem Geiſtli - chen Vater / daß wir leben? Vnnd jenne zwar haben vns gezuͤchtiget wenige Tage nach jhrem duͤncken: Dieſer aber zu nutze / auff dz wir ſeine Heiligung erlangen. Alle Zuͤchtigũg aber / wañ ſie da iſt / duͤncket ſieM m ijvns530Gottes troſt im Truͤbſalvns nicht freude / ſondern Trawrigkeit ſeyn: Aber darnach wird ſie geben eine friedſame Frucht der Gerechtigkeit de - nen / die dardurch geuͤbet ſind.

Das XLV. Capittel. Gottes Troſt im Truͤbſal wircket in vn - ſern Hertzen gedult.

Jacobi 5. Selig iſt der Mann / der die Anfechtung erduldet. Dañ nach dem er bewehrt iſt / wird er die Krone des Lebens em - pfahen / welche Gott verheiſ - ſen hat denen / die jhn liebha - ben. ()

GLeich wie vns GOtt des Leibes Artzney geſchaffen in der Na - tur: Alſo der Seelen Artzney im Wort. Weil kein Menſch in dieſemKein Chriſt oh - ne Creutz. Jammer: vnd Thraͤnenthal ohn Creutz / Truͤbſal / vnnd Wiederwertigkeit ſein kan: So thun wir weißlich daran / daßwir531wircket in vnſern Hertzen gedult. wir etliche gewiſſe Puncten wahres be - ſtendiges Troſtes vns bekant machen vnd zu Hertzen nehmen / die wir in vnſern anfechtungen entgegen halten / vnd vn - ſere Truͤbſal damit lindern koͤnnen.

1. Der erſte Troſt iſt / daß alle Truͤb - ſal von Gott herkomme. 1. Sam. 2. Der Herr toͤdtet / vnnd machet lebendig. Syrach. 11. Es koͤmpt alles von GOtt / gluͤck vnd vngluͤck. Job 2. Der Herr hats gegeben / ꝛc. Matth. 10. Es fellt keinDer gleu - bigen Truͤbſal von Gott. Sperling / ꝛc. Eſa. 45. Da ich das Liecht machete / vnnd ſchaffete die Finſternuͤß. Der ich friede gebe / vnd ſchaffe das vbel. Job. 6. Selig iſt der Menſch / den Gott ſtraffet. Darumb wegere dich des All - mechtigen Zuͤchtigung nicht. Dann er verletzet vnnd verbindet / Er zerſchmeiſt / vnd ſeine Hand heilet. Darumb iſts naͤr - riſch wieder dieſen oder jennen murren. Wie murren die Leute? Ein jeder mur - re wieder ſeine Suͤnde. Buſſe will GottThren. 3. haben / vnd nicht murren.

2. Der ander Troſt iſt / daß Gott derM m iijHerr532Gottes troſt im TruͤbſalHerr nicht aus Zorn oder vngnade vns dz liebe Creutz zuſchicke / ſondern aus Veterlicher liebe / auff daß er vns ſelig mache. Dann daß wir in groſſem gluͤck / vnd allerley guten Tagen vnd wolluſt dieDurchgu - te Tage wird die Seligkeit leicht vnd offter ver - ſchertzt. Seligkeit leicht verlieren koͤnnen / das be - zeuget nit allein der Reiche Mann / Luc. 16. mit ſeinem ſchrecklichẽ Exempel / ſon - dern es bezeugens auch vnſere erſte El - tern im Paradiß / daß ſie ſolche Herrlig - keit vnd wolluſt nit haben ertragen koͤn - nen / ſondern den leidigen Sathan ſich von jhrem Schoͤpffer abwendig machen laſſen / wie noch heut zu Tage groß gluͤck vnd gute Tage das Menſchliche Hertz von Gott abwenden. Vnd ob nun wol Gott der Herr nach ſeiner geſtrengen Gerechtigkeit den Menſchen hette koͤnnẽ zu ewigen verdamnuͤß verurtheilen vnd verſtoſſen: Dennoch hat er ſich ſein er - barmet / Mittel vnd Wege erfunden den Menſchẽ zur Seligkeit zu befordern / vn - ter denen iſt auch das H. Creutz. Darumb trieb Gott der Herr den Menſchenaus533wircket in vnſern Hertzen gedult. aus dem Paradiß / aus dem Garten der frewde vnnd wolluſt ins Elende / daß er im ſchweiß ſeines Angeſichtes ſein Brot eſſe / vnd durchs Creutz vnd Truͤbſal zur Buſſe bewogen werde. Alſo handelt er auch mit einem jeden vnter vns. Ob wir wol auff tauſenterley weiſe jn beleidigen: So iſt er doch ſo gnedig / vnnd verſuchet alle Mittel an vns / daß er vns bekeren muͤge. Darumb hat er nach ſeinem alleinNutz des lieben Creutzes. weiſen Raht einem jeden Menſchen ſein Creutz verſehen vnd verordnet / damit er jhn in wahrer Buſſe / vnd in ſeiner Goͤtt - lithen Furcht erhalte. Aus dieſem grunde ſpricht nun Syrach / vnd die Epiſtel an die Hebreer am 12. vñ S. Paulus 1. Cor. 10. Welchen der Herr lieb hat / den zuͤchtiget er / auff daß wir nicht mit der Gottloſen Welt verdampt werden.

3. So bedencke in deinem Creutz deine Suͤnde / ob du es nicht ſehr wol verdienet haſt? Da muſtu ja ſelbſtẽ bekennen. Dar - um̃ ſo erfordert ja Gottes Gerechtigkeit / daß die ſuͤnde geſtraffet werde / ſol anders Gott ein gerechter Gott ſeyn: Soll vnndM m iiijmus534Gottes troſt im Truͤbſalmuß nun die Suͤnde geſtraffet werden / ſo iſts ja viel beſſer / ſie werde hie geſtraf -Dz Creutz iſt ein zei - chen der Barmher tzigkeit Gottes / das er lie - ber zeitlich den e - wig ſtraf - fen will. fet dann dort. Dann dieſe ſtraffe iſt zeit - lich / jenne iſt ewig. Hie troͤſtet Gott im Creutze / dort iſt in ewigkeit kein Troſt. Hie erbarmet ſich Gott / dort iſt in ewig - keit keine Erbarmung. Gedencke an den Reichen Mann / wie er rieff: Erbarme dich mein. Darumb iſt auch daß ein troſt mitten im Creutz / das GOtt die ewige Straffe von dir genommen / vnd in eine kleine zeitliche Ruhte verwandelt hat.

4. So bedencke in deinem Creutz / was Chriſtus dein Herr vnnd Selig -Chriſti Creutz lin - dert vn - ſers. Matth. 8. macher fuͤr dich gelitten / ob er nicht die groͤſte Armut deinethalben gelitten / daß er nicht ſo viel gehabt / da er ſein Haupt hat hinlegen koͤnnen? Hat auch die hoͤhe - ſte Schmach vnd Verachtung deinent - halben gelitten / daß er auch der allerun - werteſte / verachteſte vnter allen Men - ſchen worden / ein ſpott der Leute / vnndEſ. 53. Pſ. 22. verachtung des Volckes / ein Wurm: Dergleichen kein Menſch je gelitten nochleiden535wircket in vnſern Hertzen gedult. leiden werde. Hat auch die groͤſte ſchmer - tzen / angſt vnnd trawrigkeit gelitten / die nicht außzudencken. Er iſt voll ſchmer - tzen vnd kranckheit geweſen / weil er aller Menſchen Jammer / Kranckheit vnnd Schmertzen hat tragen muͤſſen / daß auch Sonne vnd Mond ſchwartz darfuͤr wor - den / die Erde gezittert / vnd die Felſen zer - riſſen ſeyn: Doch hat ers alles mit ſo ho - her gedult / tieffer Demut / heiliger ſanfft - mut gelitten / daß er ſeinen Mund nicht auffgethan / wie ein Lamb / vnd hat alles vnſchuͤldig gelitten / ja ſeiner ergeſten Feinde halben / aus lauter vnergruͤndli - cher liebe vnd trewe. Vnnd ob wir jhn wol teglich mit vnzehlichen Suͤnden be - leidigen: ſo bleibet er doch getrew / vnd iſtJer. 3. bereit / ſo offt wir Buſſe thun / vns wieder zu gnaden anzunehmen. Ja wanns von noͤten / vnnd ſeine einmal geſchehe - ne Erloͤſung nicht eine ewige Erloͤſung were / ſo iſt ſeine liebe ſo groß / daß er noch einmal fuͤr vns ſterben wolte. Darumb hat er gedult mit vns / vnnd wartet TagM m vvnd536Gottes troſt im Truͤbſalvnnd Nacht auff vns / biß wir wiederke - ren. Dann ſeine Liebe iſt ſo bruͤnſtig / ſo fewrig / daß ſie durch keine Suͤnde vnndEpheſ 3. vndanckbarkeit kan außgeleſchet werden / wann wir nur Buſſe thun. Seine Liebe iſt hoͤher dann der Himmel / tieffer dann das Meer / vnnd iſt nicht zuergruͤnden / Allein Buſſe thun / das will er haben. Darumb hat er allen geruffen. Matth. 11. Matth. 23. O Jeruſalem / Jeruſa - lem / ꝛc. Johan. 7. Wem da duͤrſtet / ꝛc. So ruffet er teglich in ſeinem Wort. Siehe / wie ſolt dich nun Gott in deiner Truͤbſal verlaſſen / der ſo viel vmb dei - nentwillen gethan hat? Darumb hat er ſich auch deinen Vater genennet. Ein Vater hoͤret viel lieber / vñ erbarmet ſich auch ehe dann ein Herr. Vnnd will haben / daß du jhn liebeſt / nicht fuͤrchteſt als deinen Feind / darumb nennet er ſich deinen Vater. Was dir nu dein lieberVater hertz Got tes lin - dert das Creutz. Vater zuſchicket / das leide mit gedult / vnd gedencke es kompt von lieber Hand / vnnd achte Gottes Barmhertzigkeit fuͤrdeine537wircket in vnſern Hertzen gedult. deine Seligkeit / vnd daß dir dein Vater nichts werde zu ſchicken / daß nit zu dei - nem beſten / vnd zu deiner Seligkeit ge - deyen muͤge.

5. Bedencke auch die troͤſtliche Ver - heiſſung deines Erloͤſers Joh. 16. War - lich / warlich / ich ſage euch / jhr werdet weinen vnd heulen / aber die Welt wird ſich frewen / jr aber werdet trawrig ſeyn / Aber ewre traurigkeit ſol in freude ver - wandelt werden. Gleich wie aus einem kleinen Saͤmlein viel Koͤrnlein wachſen: Alſo aus einer Truͤbſal wird viel FreudeFrucht der Truͤb - ſal iſt freu de. werben. Pſalm. 126. Die mit Thraͤnen ſaͤen / werden mit freuden erndten. Sie gehen hin / vnnd weinen / vnd tragen eb - len Samen / vnd kommen vnnd bringen jhre Garben. Bedencke dieſes / wann vn - ſer lieber Gott zu dir keme / vnnd verhieſ - ſe dir / er wolle alle deine Steine in deinem Hofe zu lauter Gold vnd Perlen machẽ / wie rein wuͤrdeſtu die Steinlein zuſamen leſen / vnd wuͤrdeſt ſie lieb haben? Alſo ſol - teſtu auch dein Creutz / Truͤbſal vnd elend liebhaben. Dann Gott will eitel Freudevnd538Gottes troſt im Truͤbſalvnnd Herrligkeit daraus machen / Sap. Rom 8.5. Ein herrliche ſchoͤne Krone / ꝛc. Item / Dieſer zeit leiden iſt nicht werth / etc.

6. Bedencke auch die Exempel der Heiligen. Wo iſt doch wol ein Heiliger / Ja allerliebſtes Kind Gottes geweſt / das ohne Creutz geweſt? Frage ſie alle / die je gelebet haben / ſie werden dir antworten: Wir ſind durch viel Truͤbſal ins Him - melreich eingangen. Frage die H. Engel: Wer ſind dieſe? So werden ſie antwor -Apoc. 7. ten: Dieſe ſinds / die kommen ſind aus groſſer Truͤbſal. Frage Abraham / I - ſaac / Jacob / Joſeph / Moſen / Aa - ron / David / Daniel / Elias den H. Job alle Propheten vnd Apoſtel / Sie haben alle aus dem Creutz Becher vnnd Kelch des Herren getruncken / Pſalm. 116. Wann man allein betrachtet den Jam - mer vnd Elend der H. Maͤrterer / ſo muß man dafuͤr erſchrecken / noch hat man ſie mit keiner Marter vnnd Pein von Chri - ſto abwenden koͤnnen. Was iſt dagegen vnſer Creutz? Es erreichet nicht den ze -henden539wircket in vnſern Hertzen gedult. henden theil der Truͤbſal der H. Maͤrte -Heb. 12. rer: Wir haben noch nicht biß auffsVnſer Creutz ge - ring gegẽ der heiligẽ Merterer. Blut wiederſtanden / koͤnnen wir doch vmb Chriſti willen nicht ein boͤſe Wort / oder eine einige Schmach leiden / da im gegentheil die H. Maͤrterer / ſo ſchmehli - chen Todes haben ſterben muͤſſen? Ei - ner iſt gekoͤpffet / der ander gebraten / der dritte gecreutzigt / der vierde ertraͤncket / der fuͤnffte entheuptet / der ſechſte geſtei - nigt / der ſiebende erhencket / der achte mit Pfeilen durch ſchoſſen / Etliche haben muͤſſen mit bloſſen Fuͤſſen auff gluͤenden Kohlen gehen / als die vmb Chriſti willen die gluͤenden Kohlen lieber gehabt / vnnd geſagt: Sie gehen auff Roſen.

7. So ſol vns troͤſten Gottes gegen - wart in vnſerm Creutz. Wir finden nit / das GOtt geſagt habe / Er wohne in den froͤlichen / ſondern in den Betruͤbten vnd Trawrigen / Eſa. 57. Ich wohne im Himmel / ꝛc. Eſa. 41. 43. Fuͤrchte dich nit / Ich bin mit dir / wann du durch Fewer vnd Waſſer geheſt / ꝛc. Pſ. 91. Er begeretmein540Gottes troſt im TruͤbſalGottes gegẽwart troͤſtet vñ erfrewet im Creutz.mein / ꝛc. Pſ. 34. Der Herr iſt nahs / ꝛc. Daher ſind die H. Maͤrterer ſo muͤtig vnd freudig worden / als ſie GOttes ge - genwart vnnd ſuͤſſen Troſt empfunden / daß ſie der Tyrannen in jhrer groͤſten Marter geſpottet / wie S. Laurentius / S. Vincentius / da er mit bloſſen Fuͤſſen auff gluͤenden Kolen gehen muͤſſen / hat er geſagt / er gienge auff wolriechenden Roſen. Babylas hat gebeten / jhn mit ſei - ner Kette zu begraben / damit er gebun - den / damit er ſeines ſchmucks nit beraubet wuͤrde. S. Ignatius wuͤnſchet ein rein Weitzenkoͤrnlein zu ſeyn / vnnd durch die wilden Thieren gemahlen zu werden / vr fiat panis mundus Saluatori. Diß iſt nicht Menſchen ſondern Gottes Krafft vnd Freudigkeit / als von S. Stephano geſchrieben iſt / daß er eines Engels geſtalt gehabt in ſeiner verklagung. Da heiſſets dann: Ich hatte viel bekuͤmmernuͤß vnd Trawrigkeit in meinem Hertzen / Aber deine troͤſtungen erquicketen meine Seele Conſolationes tuæ viuificârunt ani - mam meam.

Das541wircket in vnſern Hertzen gedult.

Das XLVI. Capittel. Bewegliche Vrſachen der gedult: Et de bono Crucis Vom Nutz des H. Creutz.

Jacabi 5. Seid geduͤltig biß auff die Zukunfft des HERRN. Siehe ein Ackerman wartet auff die Fruͤchte / vnd iſt geduͤl - tig / biß er empfahe Morgen - Regen vnd Abend Regen. ()

DIe gedult iſt / wañ man Gott imWas ge - dult ſey. Creutz gehorſamlich außharret / vnd ſeiner Goͤttlichen Allmacht vnd Weißheit alles anheimbſtellet / nicht ziel / zeit / maß / weiſe vnd ort fuͤrſchreibet / vnnd ſich dem gnedigen willen GOttes gantz ergibt. Darzu ſollen vns bewegen folgende Vrſachen.

1. Dz vnſer Creutz vñ truͤbſal von Gott herkomme / hunger / krieg / peſtilentz. Dañ ob wol die Truͤbſalen / durch den Teuffel /vnd542Bewegliche Vrſachenvnnd ſeine Werckzeuge vns zugefuͤgetTruͤbſal kommen von Gott. werden: So kommen ſie doch nicht ohn gefehr / ſie kommen doch aus GOTtes verhengnuͤß. Eſa. 45. Der ich das Liecht ſchaffe / vnd mache Finſternuͤß / der Ich Friede gebe / vnd ſchaffe das Vbel. Ich bin der Herr / der ſolches alles thut. 1. Sam. 2. Der Herr toͤdtet / ꝛc. Was wiltu dann nun daraus machen? Wiltu wieder Gott ſtreiten vnd kriegen?

2. Weil wir die Straffe vnnd alles Creutz wol verdienet haben / ja noch viel groͤſſer. Dann vnſere Suͤnde iſt allezeit groͤſſer dann GOttes Straffe / vnnd die Straffe allezeit geringer dann vnſere Suͤnde vnd Miſſethat / wie die kluge vnd behertzte Judith ſaget am 8. Du muſt auch bekennen / daß dir der liebe GOtt mehr liebes dann leides / mehr gutes dañStraffen ſind alle - zeit gerin - ger den vnſer ſuͤn - de. boͤſes von Mutter Leibe an erzeigt. War - umb wolteſtu dann jhm zu ſchuͤldigem Gehorſam fuͤr ſo viel gutthaten nicht ei - ne Vaͤterliche Zuͤchtigung zu gut halten /die543der Gedult. die er doch allezeit zu deinem beſten rich -Gottes Wolthatẽ ſind alle - zeit groͤſ - ſer denn die ſtraffe. tet vnd ſchicket.

3. Weil wir nun die ſiraffe wol verdie - net haben / ſo muͤſſen wir ja mit dem lie - ben Daniele am 9. bekennen / daß vns Gott nicht vnrecht thut. Solt dich dann Gott gar nicht ſtraffen vmb deiner Suͤn - de willen weder hie noch dort? Das were ja vnrecht / vnd du muſt es ſelbſt beken - nen. Warumb wolteſtu dann nicht ge - duͤltig ſeyn / vnd wieder Gottes Gerech - tigkeit vnd Vrtheil murren? Es iſt ja beſ -Gott thut vns im Creutz nit vnrecht. ſer / daß dich GOtt hie zeitlich zuͤchtiget dann dort ewig. 1. Cor. 10. Wann wir ge - richtet werden / ꝛc. Biſtu aber vngeduͤltig wieder Gott / vnd murreſt wieder jhn / ſo helteſtu jhn fuͤr einen vngerechten Gott / gleich als wann ſeine Gerichte vnd Wer - cke nicht recht weren. Pſalm. 124. Der Herr iſt gerecht in allen ſeinen Wer - cken / vnnd heilig in allen ſeinen wegen. Pſal. 119. Iuſtus es Domine, & rectum iudicium tuum.

4. Wolteſtu nicht gedult tragen mitN ndei -544Bewegliche VrſachenGott hat viel groͤſ - ſer gedult mit vns / den wir ſelbſt im Creutz.deinem lieben Gott / vnd auff jhn har - ren vnnd warten / hat er doch ſo groſſe ge - dult mit dir / vnnd tregt dich mit groſſer langmut vñ gedult / daß auch S. Paulus Rom. 2. vnd 12. nennet den Reichthumb ſeiner gedult guͤtigkeit vnd langmut / daß er dich dardurch zur Buſſe locke?

5. Siehe an die gedult vnſers HErrn Jeſu Chriſti / wie hette er alle ſeine Feinde vnd Laͤſterer im Augenblick koͤnnen zu - ſchmettern / Aber Er duldet ſie / Er bittet fuͤr ſie / vnd iſt doch vnſchuͤldig / vielmehr ſollen wir geduͤltig ſein / die wir alle ſtraf - fen / ja das Helliſche Fewr wol verdienet haben. Chriſtus hat aus liebe gegen vns alles geduͤldig gelitten / wie Jacob ſiebenChriſtus leidet gãtz vnſchuͤl - dig vñ iſt doch der aller ge - duͤltigſte. Jahr vmb Rachel gedienet: Alſo Chri - ſtus vmb vns drey vnnd dreiſſig Jahre: Solten wir dann nicht vmb ſeinent willẽ eine kleine zeit leiden? Siehe an die gedult aller Heiligen / Joſephs / Moſis / da er fuͤr ſein Volck baͤt / vnd wolte lieber ſter - ben fuͤr das Volck: Davids / da er ſprach 2. Reg. 15. Werde ich gnade finden fuͤrdem545der Gedult. dem Herrn / ſo wird Er mich wieder hei - len / Spricht Er aber: Ich hab nicht luſt zu David. Siehe hie bin ich / Er machs mit mir wie es Ihm wolgefelt: Jobs / der H. Apoſtel / vnd der H. Marterer.

6. Die groſſen hohen Wolthaten GOttes ſollen vns zur gedult bewegen. Rom. 5.Dann erſtlich ſo weiſtu ja / das du durch Chriſtum Gott verſoͤhnet biſt / derentwe - gen kan dir kein Menſch / kein Feind / Gottes hulde vnd gnade nehmen / vnnd wann alle Welt wieder dich wuͤtet vnnd tobet. Dann Gottes gnade wehret ewig -Pſal. 103. lich vber alle / die Ihn fuͤrchten. Rom. 8. Es kan vns nichts ſchaden / ꝛc. Du weiſtGottes gnade wel - che vns Niemand nehmen kan / ſoll in vns ge - dult wir - cken. auch / das dich Chriſtus zum ewigẽ Leben erkaufft hat / welches dir auch kein Crea - tur nehmen kan. Weil dir nun keine Cre - atur Gottes liebe nehmen kan / noch das ewige Gut / ſo kanſtu wol alle Weltliche Feinde / Tyrannen / vnd Verfolgere mit allem jhrem thun / frewde vnnd wolluſt verachtẽ vñ verſpotten / wie die H. Maͤr - terer mit frewdigkeit gethan haben.

N n ij7. So546Bewegliche Vrſachen

7. So ſol vns auch GOttes ewige Warheit / vnd ſeine trewe Verheiſſung in gedult erhalten. Eſa. 30. Der Herr harret / daß er euch gnedig ſey. Er hatGottes Warheit ſtercket die gedult ſich auffgemacht / daß er ſich ewer erbar - me. Dann der Herr iſt ein GOtt des Gerichtes. Wol allen / die ſein harren. Pſalm. 25. Syrach. 2. Thren. 3. Jacob. 1. Selig iſt der Mann / der die Anfechtung erduldet. Dann nach dem er beweret iſt / wird er die Krone des Lebens empfahen.

Vnſer Creutz Gottes Ehre.

8. Vmb der Ehre GOttes willen. Daniel im fewrigen Ofen breitet Got - tes Erkantnus aus / Joſeph im Gefeng - nis / David im exilio.

9. Vmb vnſers eigen Nutzes willen. Dann erſtlich hat vnſer Hertz vnd Seele nutz dauon. Dañ ſo lernet man viel durch gedult im Creutz. Rom. 5. Gedult bringt erfahrung. 2. So wird das Creutz durchFrucht der gedult gedult leichter. Matt. 11. bringt der Seelẽ ruhe: Dagegen vngedult groſſe vnruhe bringt / vñ man richtet doch nichts damit aus / vñ machet den ſchaden im̃er groͤſſer /ja es547der Gedult. ja es gereth offt ein Menſch durch vnge - dult in den zeitlichen vnnd ewigen Todt. Alſo wurden wegen der vngedult die Iſ - raeliter / da ſie wieder GOtt murreten durch die Fewrigen Schlangen vmbge - bracht / Num. 21.

10. Gedult wird hoch belohnet / Dann Job bekam ſeine Guͤter / die er verloren /Matth. 5. ſiebenfeltig wieder. Dann ſelig ſind die Sanfftmuͤtigen / ſie werden das Erdreich beſitzen. Vnſelig die vngeduͤltigen / ſie werden das Erdreich verlieren.

11. Was auch in allen Stenden die gedult fuͤr groſſen Nutz bringt iſt nit auß - zuſagen. Im Geiſtlichen Regiment iſts eine groſſe Tugend / wann einer verfol - gung erduldet: Im Weltlichen / wann einer ſeine Leſterer vnd Calumnianten kan tragen. Dann wir leſen in Hiſtorien /Gedult beheit alle Stende ruhig. daß durch vngedult vnnd rachgier gantze Regimenten ſind zerruͤttet vnnd verwuͤ - ſtet. Was gedult im Hauß Regiment fuͤr nutz ſchaffet erfahrẽ die Ehelente. Pro. 16. Ein geduͤltiger iſt beſſer dañ ein ſtarcker.

N n iij12. So548Bewegliche Vrſachen /

12. So hat vns Chriſtus alle vnſere Truͤbſall vnſchedlich gemacht / das ſie vns nicht ſoll ſchaden an vnſerer Selig - keit. Dann Er hat ja alle vnſere Suͤnde durch ſein bitter Leiden vnd Sterben be -Chriſtus hat alle vnſer truͤb ſalheilſam gemacht. zahlt / vnnd alle ſtraffe der Suͤnde auff ſich genommen / vnd dieſelbe krafftloß ge - macht. Vnd vmb dieſer vrſach willen muͤſſen vns alle Truͤbſallen zur Selig - keit dienen / dieweil Chriſtus durch ſein Leiden all vnſer Leiden Geheiliget / vnnd in die beſte koͤſtlichſte Artzeney verwan - delt. Darumb S. Paulus Rom. 8. ſpricht: Es muͤſſen denen / die Gott lie - ben / alle ding zum beſten gedeyen.

13. Letzlich / ſo bedencke / was doch die - ſer zeit leiden iſt gegen die ewige Herrlig - keit? Rom. 8. Nicht werth der Herrlig - keit: Darumb iſts eine groſſe Barmher - tzigkeit / das vns Gott hie zuͤchtiget in dieſer zeit / welche ja eine kleine zeit iſt ge -Zeitlich Creutz ei - ne groſſe Barmher tzigkeit Gottes. gen die ewigkeit: Dagegen Er vns doch die frewde geben wird / die ewig iſt. Solt doch ein Menſch wuͤnſchen vnd daruͤmbbitten /549der Gedult. bitten / das GOtt hie ſeiner nicht ver - ſchonete / auff das Er ſeiner dort Ewig verſchonete: Darumb ſpricht S. Pe -1. Petr. 1. trus: Die jhr hie eine kleine zeit lei - det werdet euch frewen mit vn - außſprechlicher Ewiger frewden.

[figure]
N 4De550De bono Crucis.
De bono Crucis. Crux eſt.
ARcta & Anguſta via, ad vitam ducens,
Virga diuinæ correctionis, à ſomno mortifero
excitans
Diſciplina paterna
Stella matutina ſolem conſolationis præcedens,
Arcus cœleſt is & ſignum diuinæ propitiationis,
Chriſti conformatrix,
Exuens arma tenebrarum,
Induens arma lucis,
Fructus balſamicus
Myrrha imputreſcibilis,
Herba ſalutifera,
Potio ſanatiua,
Cal ix ſalutis,
Fidei probatio,
Proximi ædificatio,
Dilectionis puerpera,
Spei ſocia,
Gratiæ præambula,
Medicina animæ,
Peccatorum prophylacticon,
Vitæ carnalis interemptrix,
Vitæ ſpiritualis excitatrix,
Mentis terrenæ mutatrix,
Von551Von des H. Creutzes Nutz.
Von des heiligen Creutzes Nutz. Das liebe Creutz iſt.
DEr enge vnnd ſchmale Weg der zum
Leben fuͤhrt /
Eine Ruhte der goͤttlichen Zuͤchti -
gung / ſo von Suͤnden ſchlaff auff -
weckt /
Eine Vaͤterliche Zuͤchtigung /
Der Morgenſtern der fuͤr der Sonnen des
Troſts hergehet /
Ein gnadenzeichen gleich dem Regenbogen /
Machet Chriſto ehnlich /
Zeuhet die Waffen der Finſternis aus -
Zeuhet die Waffen des Liechtes an /
Eine Balſamicht Frucht /
Ein vnuerfaulende Myrrhen /
Ein heilſames Kraut /
Ein heilſamer tranck /
Ein heilſamer Kelch /
Ein Proba des Glaubens /
Ein Erbawung des Neheſten /
Eine Gebererin der Liebe /
Ein Geſellin der hoffnung /
Ein Vorgengerin der Gnaden /
Ein Artzney der Seelen /
Ein præſeruatiff der Suͤnden /
Ein tilgerin des Fleiſchlichen Lebens /
Ein Erweckerin des Geiſtlichen Lebens /
Eine verenderin des irrdiſchen gemuͤts /
N n vEin552De bono Crucis.
Mundi deſertrix,
Familiaritatis diuinæ conciliatrix,
Gratiarum cœleſtium auctrix,
Superbiæ domitrix,
Humilitatis nutrix,
Patientiæ doctrix,
Spiritus renouatrix,
Virtutis roboratrix,
Corporis caſtigatrix,
Animi vegetatrix,
Sapientiæ genitrix,
Manſuetudinis cultrix,
Orationis inuitatrix,
Patientiæ Magiſtra,
Caſtitætis cuſtos,
Conſcientiæ ſerenites,
Internorum gaudiorum vbertas,
Carbunculus lucens in aureis ſanctorum monilibus,
Gemma fidelium ſplendens,
Roſa Paradiſi fragrans,
Martyrum corona,
Electorum gloria.
Ein553Von des H. Creutzes Nutz.
Ein verlaſſerin der Welt /
Eine Vermaͤhlerin der Freundſchafft GOttes /
Eine vermehrerin der Himliſchen Gaben /
Eine zeumerin der Hoffart /
Eine Seugamme der Demut /
Eine Lehrerin der Gedult /
Eine erhalterin der Tugend /
Eine Zuchtmeiſterin des Leibes /
Ein ernehrerin des gemuͤts /
Eine Mutter der Weißheit /
Eine Warterin der Sanfftmut /
Eine Anreitzerin des Gebets /
Eine Meiſterin der Gedult /
Eine Huͤterin der Keuſchheit /
Eine Klarheit des Gewiſſens /
Ein Reichthum der inwendigen Freuden /
Ein Carbunckel der da leuchtet in den Klemo -
dien der Heiligen.
Ein Edelgeſtein der Gleubigen /
Eine wolriechende Roſe des Paradiſes /
Eine Krone der Marterer /
Eine Zierde der Außerwehlten.
Das554Exempel der gedult /

Das XLV II. Capittel. Spruͤche / Exempel der Gedult / vnd Troſt.

Act. 14. Wir muͤſſen durch viel Truͤbſal ins Reich Gottes ein - gehen. ()

WEil eines Chriſten Leben in die - ſer Welt nichts anders iſt dann Creutz vnnd Truͤbſall / dadurch wir muͤſſen ins Reich Gottes eingehen / ſo iſt vns von noͤten / das wir vns auff Gedult ſchicken / vnd dieſelbe von GOtt erbitten. Nicht ſchicke dich auff gute Tage / ſondern auff viel Leiden vnd Ge - dult. Davon wollen wir nachfolgende drey Punckten mercken / Alß 1. Spruͤche vnd Zeugniß der Schrifft. 2. Exempel. 3. Troſt.

1. Spruͤche vnd Zeugnuß der Schrifft.

Gedult iſt eine ſolche Tugend / die mit ſanfftmuͤtigem / ſtillen / demuͤtigem / Ge - horſamen Hertzen ſich dem lieben Creutzvnter -555vnd Troſt. vnterwirfft / vnd allerley wiederwertig - keit / Truͤbſal vnd Verfolgung / ſie ſey Geiſtlich oder Leiblich / als Chriſti Creutz vnd Joch auff ſich nimpt / vnd ChriſtoWas Ge - dult ſey? nachfolget / wieder GOtt nicht murret / ſondern im Glauben erkennen / das wir einen gnedigen GOtt in Chriſto haben / welche auch durch Hoffnung der Erloͤ - ſung das Creutz lindert: Vnnd iſt eine ſanfftmuth gegen die / ſo vns beleidigen vnd verfolgen / Beſiehlt Gott die Rache / vnd kompt nicht her aus der Vernunfft / oder Fleiſch vnnd Blut / ſondern iſt eine ſondere Gabe des H. Geiſtes / vnd eine frucht des wahren Glaubens.

Huius definitionis hæc ſunt mem - bra, 1. Obedientia. 2. Imitatio. 3. Non fremere. 4. Intueri Deum pro - pitium in Chriſto. 5. Spe lenire ma - lum. 6 Manſuetum eſſe erga perſecu - tores. 7. Vindictam non exercere. Begreifft Glauben / Liebe / Hoffnung /Gedult begreiffet viel Tu - gend in ſich. Demuth / Sanfftmuth / Gehorſam.

Dieſe Tugend muͤſſen lernen vndStudie -556Exempel der gedult /ſtudieren alle / die Chriſtum angehoͤrẽ / die zum Himmel vnd ewigen Leben erkaufft ſeyn. Dann wieder dieſelbe ſtreitet der Teuffel / der groſſe Drache / vnnd alte Schlange / vnd die gantze Welt. Apoc. 12. Der Drach gieng aus zu ſtreiten mit dem vbrigen ſeines Samens / die da Got - tes Gebot halten / vnd haben das gezeug - nuͤß Jeſu. Daruon ſollen wir folgende Spruͤche mercken. Matth. 16. Wer mir nachfolgen will / der verlengne ſich ſelbſt / vnd nehme ſein Creutz auff ſich / vnd folge mir nach. Dann wer ſeine Seele erhalten will / der wird ſie verlieren / vnnd wer ſeine Seele vmb meinentwillen verleuret / der wird ſie wiederfinden / das iſt: Wer das Creutz vmb Chriſti willen nicht tragen will / vnd daſſelbe fliehen will / der wird ſeine Seele daruͤber verlieren.

Marc. 13. Ihr werdet gehaſſet wer - den von Jederman vmb meines Namens willen. Das iſt warlich ein ſchwer Creutz von Jederman gehaſſet werden / dochweils557vnd Troſt. weils vmb Chriſti willen geſchicht / ſo iſts ein groſſer Troſt.

Von den Geiſtlichen Verfolgun - gen weiſſaget der Herr Luc. 21. Sie werden euch verfolgen / vnd vberantwor - ten in jhre Synagogen, werden euch ins Gefengnis werffen / fuͤr Koͤnige vnd Fuͤr - ſten fuͤhren vmb meines Namens willen. Darumb faſſet ewere Seele mit gedult: Gleich als wann man etwas zuſammen bindet / oder zur ruhe bringet.

Johan. 15. So euch die Welt haſ -Haß der Welt wo - her. ſet / ſo wiſſet / daß ſie mich fuͤr euch gehaſ - ſet hat. Weret jhr von der Welt / ſo hette die Welt daß jhre lieb. Weil ich euch aber von der Welt erwehlet habe / darumb haſſet euch die Welt. Haben ſie mich verfolget / ſie werden euch auch verfol - gen.

Johan. 16. Sie werden euch in den Bann thun / vnnd es kompt die zeit / daß wer euch toͤdten wird / wird meinen / er thue Gott einen dienſt daran.

Act. 14.558Exempel der Gedult /

Act. 14. Als S. Paulus zu Lyſtra Geſteinigt ward / vnd Ihn die Juͤnger erquickten / hat ſie S. Paulus ermahnet im Glauben beſtendig zubleiben / vnd das wir durch viel Truͤbſal muͤſſen ins Reich GOttes eingehen.

2. Cor. 4. Wir haben allenthal - ben / wo wir hinkommen Truͤbſall / Aber wir verderben nicht. Wir haben Angſt / vnd verzagen nicht. Wir leiden verfol - gung / Aber wir werden nicht verlaſſen. Wir werden vntergedrucket / Aber wirChriſti le - ben wird an vns of - fenbar un Creutz. kommen nicht vmb. Wir tragen alle - zeit das ſterben JEſu Chriſti an vnſerm Leibe / das auch das Leben JEſu an vn - ſerm Leibe erſcheine. Dann wir / die wir leben / werden immerdar in den Todt ge - geben vmb Jeſu willen / auff daß auch das Lebẽ Jeſu offenbar werde an vnſerm ſterblichen Fleiſch.

2. Tim. 2. Du ſolt dich dulden / als ein guter Ritter Chriſti. Keiner wird ge - kroͤnet / er kempffe dañ recht. Dulden wir mit jm / ſo werdẽ wir auch mit jm herꝛſchẽ.

2. Tim. 3.559vnd Troſt.

2. Tim. 3. Alle / die da wollen Gott - ſelig leben / in Chriſto Jeſu / die muͤſſen Verfolgung leiden.

Hebr. 10. Gedult iſt euch von noͤten / auff daß jhr den willen Gottes thut / vnd die Verheiſſung empfahet.

Hebr. 12. Laſſet vns lauffen mit ge - dult in fuͤrgeſtaltem Kampff / vnd auffſe - hen auff Jeſum den Anfenger vnd Vol - lender des Glaubens. Welcher / da er wol hette muͤgen freude haben / erduldet Er das Creutz / vnd achtet der ſchande nicht / vnnd iſt geſeſſen zur Rechten auff dem thron Gottes. Gedencket an den / der ein ſolch wiederſprechen wieder ſich von den Suͤndern erduldet hat.

1. Petr. 1. Die jhr eine kleine weile trawrig ſeid in mancherley anfechtun - gen / auff daß ewer Glaube viel koͤſtlicher erfunden werde dann das vorgengliche Gold vom Fewer bewert.

Apoc. 3. Dieweil du haſt behalten das Wort meiner gedult / ſo will ich dich auch behalten fuͤr der ſtunde der Verſuchung /O oſo560Exempel der gedultſo kommen wird vber den Erdenkreiß. Sey getrew biß in den Todt / ſo will ich dir die Krone des Lebens geben.

2. Exempel.

Abraham hat viel von den Chalde - ern / Cananitern / vnnd Egyptern leiden muͤſſen. Act. 7. Abraham gieng aus der Chaldeer Landt / vnd wohnet in Haram. Gott gab jhm kein Erbſchafft drinnen / auch nicht eines Fuſſes breit / vnd ſprach: Dein Same wird ein Freinbdling ſein in einem frembden Lande / vnd ſie werden ſie zu Knechten machen / vnnd vbel hal - ten. Hebr. 11. Im Glauben ward Abra - ham gehorſam / vnnd gieng in ein Land vnd wuſte nit / wo er hinkam. Im Glau - ben iſt erein Frembdling geweſt / vnd woh - net in Huͤtten / vñ hoffet auff die Stadt / welcher Bawmeiſter Gott iſt.

2. Petr. 2. GOtt hat erloͤſet den Ge - rechten Lotht / welches gerechte Seele die boͤſen Leute queleten mit jhren vnge - rechten Wercken. Der Herr weiß die Gottſeligen aus der Truͤbſal zuerloͤſen /die561vnd Troſt. die Vngerechten aber zu behalten zum Tode des Gerichtes / ſie zu peinigen.

Iſaac wolt ſich geduͤltig opffern laſſen. Gen. 22.

Jacob hat viel erdulden muͤſſen / mu - ſte fuͤr Eſaw fliehen. Hatte nicht mehr dann einen Stab / da er vber den JordanGen. 32. gieng. Hoſ. 12. Jacob hat in ſeiner angſt mit Gott geſieget / er hat gekempffet mit dem Engel vnnd ſieget. Dann er hatte geweinet vnd gebeten.

Gen. 47. Spricht er zum Koͤnig Pharao: Die zeit meiner wolfart / ꝛc.

Jacob. 5. Ihr habt die gedult Job gehoͤret / vnnd das Ende des Herrn habt jhr geſehen.

Moſes war der allerſanfftmuͤtigſte vnd geplagteſte Menſch / vber alle Men - ſchen auff Erden / Num. 12. Hebr. 11. Er erwehlte lieber mit ſeinem Volck vnge - mach zu leiden / ꝛc.

David ein Figur vnd Bilde Chriſti / was hatte er gelittẽ? Pſ. 7. Auff dich trawe ich / ꝛc. Pſ. 9. Dz verlangen des Elendẽ / ꝛc.

Salomo / Prov. 25. Die Furcht desO o ijHerrn562Exempel der gedultHerren iſt die Zuͤchtigung der Weißheit / vnd ehe man zu ehren kompt / muß man viel leyden / verſtehe / vor der kuͤnfftigen Herrligkeit.

Syr. 2. Mein Kind / wiltu GOttes Diener ſeyn / ꝛc.

Dan. 3.

Was haben die drey Menner im fewrigen Ofen fuͤr gedult geuͤbet? Alſo alle Apoſtel vnd Maͤrterer.

Des Herren Chriſti Exempel vbertrifft aller Heiligen gedult. 1. Iſt er der allergehorſambſte geweſt im Creutz. 2. Hat wieder Gott nicht gemurret / da - gegen Job / Jeremias / vnd Moſes ge - murret. 3. Hat er den ſtaͤrckeſten Glau - ben gehabt. Dann ob er wol von GOtt verlaſſen / dennoch nennet er Gott ſei - nen GOtt. 4. Hat hertzlich fuͤr ſeine Feinde gebeten / vnd ſich nicht gerochen / ob ers gleich hette thun koͤnnen.

3. Troſt.

Matth. 5. Selig ſind die da leyd tra - gen / ꝛc.

Matth. 11. Kompt her zu mir / ꝛc. Da563vnd Troſt. Da ſtehet fuͤnfferley Troſt: 1. zu Chriſto kommen. 2. Erquicken / 3. Mein Joch. 4. Ruhe der Seelen. 5. Mein Joch iſt ſanfft / weils vmb Chriſti willẽ geſchicht / ſo erquickets. Darumb ſpricht S. Pau - lus rom. 5. Wir ruͤhmen vns der Truͤb - ſal. Dann wir wiſſen / das Truͤbſal ge - dult bringt / gedult bringt Erfahrung / er - fahrung bringt Hoffnung / Hoffnung aber leſſet nit zu ſchanden werden. Dann die liebe Gottes iſt außgegoſſen in vn - ſere Hertzen durch den H. Geiſt.

Jacob. 1. Selig iſt der Mann der die anfechtung erduldet / Denn nach dem er bewert iſt / wird er die Krone des Lebens empfahen / welche GOtt verheiſſen hat denen / die jhn lieb haben.

Joh. 16. In der Welt habt jhr angſt / Aber ſeid jhr getroſt / Ich habe die Welt vber wunden.

Rom. 8. Wer will vns ſcheiden von der liebe GOttes? ꝛc. Es muß denen / die Gott lieben / alle dinge zum beſten gedeyẽ.

2. Timoth. 4. Ich habe einen guten Kampff gekempffet / ꝛc.

O o iijDas564Es iſt keine Truͤbſal ſo groß /

Das XLVIII. Capittel Es iſt kein Truͤbſal ſo groß / GOtt hat Troſt dagegen verordnet. Dann Gottes Troſt iſt allezeit groͤſſer dann vnſer Elend. Das ſol die gedult erhalten vnnd ſtercken.

Der H. Apoſtel Paulus / als er betrachtet die groſſe Freundlig - keit vnnd Leutſeligkeit Gottes vnſers lieben Vaters im Him - mel / wie er ſein Vaterhertz ge - gen alle elende vnd truͤbſelige Leute eroͤffnet habe / preiſet er den lieben Gott hoch vñ ſpricht: 2. Cor. 1. Gelobet ſey Gott / vnd der Vater vnſers HERRN JEſu Chriſti / der Vater der Barmhertzigkeit / vnnd GOtt alles Troſtes / der vns troͤſtet in all vnſerm Truͤbſal / daß wir auch troͤſten koͤnnen / die dafind567[565]GOtt hat Troſt dakegen verordnet. ſind in allerley Truͤbſal / mit dem Troſt / damit wir getroͤſtet werden von GOTT. Dann gleich wie wir des Leydens Chriſti viel haben: Alſo werden wir auch reichlich getroͤſtet durch Chriſtum. Wir wiſſen / daß / wie jhr des Leydens theil - hafftig ſeid / ſo werdet jr auch des Troſtes theilhafftig ſeyn.

WIt welchen holdſeligen Worten der liebe werde Apoſtel GOtt dem Herrn dancket fuͤr ſei - nen Goͤttlichen Himliſchen Troſt. Dann derſelbige allein iſt die hoͤchſte ArtzneyArtzney vnſers E - lendes. wieder ſo vielfaltigen Jammer vnnd E - lend dieſer Welt. Vnnd lehret vns zu - gleich / daß kein Creutz vnd Truͤnſal ſo groß ſey / dagegẽ vns Gott nit hette Him - liſchen Troſt verordnet: Ja daß Gottes Troſt groͤſſer ſey ſey dann aller Menſchen elend. Vnd daß beweiſet er mit ſieben ge - waltigẽ gruͤndẽ / die er nach einander ſetzet.

O o iiij1. Der566Es iſt keine Truͤbſal ſo groß /

1. Der Erſte grund iſt / das GOtt ein Vater der Barmhertzigkeit iſt. Die - ſe Wort ſind ſo Troſtreich / das ſie nicht gnugſam koͤnnen ergruͤndet werden. Dann es ſtelt ſich GOtt allen betruͤbten Hertzen fuͤr / wie ein Vater / der nicht den bloſſen Namen allein hat / ſondern in derEigen - ſchafft ei - nes Va - ters. that vnd Warheitvnſer Vater iſt. Dann worin ſtehet die eigenſchafft eines Va - ters? Darin / das ein Vater ſeine Kin - der. 1. Liebe. 2. fuͤr ſie Sorge. 3. Sie er - nehre. 4. ſie Schuͤtze. 5. ſie Zuͤchtige vnd vnterweiſe. 6. Mitleiden habe mit Ihrer ſchwacheit. 7. Sich vber ſie Erbarme. 8. Ihnen das Erbe beſcheide. Wann einer das recht bedencket / ſo wird er be - kennen muͤſſen / dz in dem einigen Wort /Im Wort Vater ein vollkom - mener Troſt. Vater / ein vollkommener Troſt ſey / ſo allein gnug wieder allerley Truͤbſal / vnd das dieſer Troſt groͤſſer ſey / dann alles Elend. Vnnd damit wir Ihn recht ken - nen lernen / was Er fuͤr ein Vater ſey / ſo nennet Ihn S. Paulus einen Vater der Barmhertzigkeit / von welchem alle Vaͤ -terlicht567GOtt hat Troſt dakegen verordnet. terliche Barmhertzigkeit jhren Vr - ſprung hat / vnd zwar einen ewigen Vr - ſprung. Dann aller derer Barmhertzig - keit / die in ſo viel Tauſend mahl Tauſent Vaͤterlichen Hertzen gepflantzet iſt / de - rer iſt GOtt ein Vrſprung vnd Vater. Darauß folget / das keinem Kinde Got - tes auff Erden ſo viel leides wiederfah - ren kan / dakegen bey dem Vater der Barmhertzigkeit nicht vielmehr Troſtes zufinden ſey.

2. Der Ander grund iſt / das GOtt ein GOtt alles Troſtes ſey. In dieſen Worten iſt abermal ein ewiger vnendli - cher Troſt begrieffen. GOtt iſt das ewige vnendliche hoͤchſte Gut. WasIn Got - tes barm - hertzig - keit aller Troſt. kan nun anders auß dem ewigen Gute kommen vñ entſpringen dann aller Troſt wieder alles Elend / vnd zwar ein groͤſſer Troſt dann das Creutz iſt? Auß Vrſach: Das Creutz iſt zeitlich vnd endlich / Aber GOttes Troſt iſt ewig vnnd vnendlich. Darauß ſehen wir abermahl / das Got - tes Troſt groͤſſer ſey dann vnſer Creutz.

O o v3. Der568Es iſt keine Truͤbſall ſo groß /

3. Der dritte grund iſt / daß ſich S. Paulus neben allen Heiligen vns zum Exempel fuͤrſtellet / als er ſpricht: GOtt troͤſtet vns in all vnſerm Truͤbſal. Wann wir nun die vielfeltigen Exempel der Heiligen bedencken / was ſie gelitten / wie ſie Gott getroͤſtet / vnd mitten im Creutz erhaltẽ / ſo iſt vnſer leiden dagegen nichts / vnd vbertreffen die Exempel der H. Mar - terer mit jhrem Troſt all vnſer Creutz. Wer hat ſo viel gelitten als Job? Wer iſt ſo hoch betruͤbt geweſen als Jeremias? Jer. 20. Pſal. 88.Wer iſt in ſo hohen anfechtungen je ge - ſtecket als David? Ja was iſt vnſer Ley - den gegen des Herrn Chriſti leyden? Sind nicht alle H. Maͤrterer heilige Kinder Gottes geweſt? Warumb ſtellet ſie vns GOTT fuͤr die Augen? Auff daß wir lernen ſollen / daß das H. Creutz ſey. 1. Der wahren Chriſten Heiligthum̃. 2. Geiſtliche Himliſche Ehre / 3. Victo - ria vnd Sieg vber Teuffel vnnd Welt. 4. Eine Vorbereitung zum Himmel - reich / 5. Dann ohne Creutz kan keinChriſt569GOtt hat Troſt dagegen verordnet. Chriſt ins Reich Gottes eingehen. 6. EsGeheim - nis des H. Creutzes. iſt das H. Ebenbilde Chriſti. 7. Sum - ma / das liebe Creutz iſt ein hoch groß Ge - heimnuͤß / darin die hoͤchſte Weißheit vñ Raht GOttes verborgen ligt / welches Fleiſch vnnd Blut nicht verſtehen kan: auch nicht ſchmecken kan das Himliſche verborgene Manna in Gottes Wort ohn Creutz. Darumb iſt Gttes Troſt abermal groͤſſer dann aller Menſchen Truͤbſal.

4. Den vierdte grund ſetzet S. Pau - lus in dieſen Worten: Daß wir auch troͤ - ſten koͤnnen / die da ſind in allerley Truͤb - ſal mit dem Troſt / damit wir getroͤſtet werden von Gott. Womit troͤſtet aber Gott die lieben Apoſtel? Vnd womit troͤ - ſten die Apoſtel vns wieder? Mit dem H. Wort Gottes / mit den thewren Ver - heiſſungen GOttes / wie Rom. 15. ſtehet: Was zuuor geſchrieben iſt / das iſt vns zur Lehre geſchrieben / auff daß wir durch gedult vnd troſt der Schrifft Hoffnung haben. Wann wir nun GOttes Wort recht anſehen / wie freundlich vns GOttzu570Es iſt keine Truͤbſal ſo groß /zuſpricht / wie groſſe Gnade / groſſe Him - liſche vnnd Ewige guͤter Er vns darin verheiſſet / ſo muͤſſen wir ja freilich beken - nen vnd ſagen / das derſelbige Troſt weitDer Troſt Gottes begreifft viel groͤſ - ſer Guͤter in ſich den all vnſer Elend iſt. vbertrifft aller Menſchen Elend. Es hat ja wol der liebe Syrach am 40. ein recht Conterfect vnnd Bilde des Menſchli - chen Lebens beſchrieben / da Er ſpricht / das es ſey ein elend Jaͤmmerlich ding vmb aller Menſchen Leben von Mutter - Leibe an / biß ſie in die Erde Begraben werden / die vnſer aller Mutter iſt. Da iſt jmmer Sorge / Furcht / Hoffnung / vnnd zu letzt der Todt. Aber dakegen muß man halten das Himliſche ewige Leben mit ſeiner Herrligkeit vnd klarheit: So werden wir ſehen / das der Jammer die - ſes Lebens weit vbertroffen wird durch die Herrligkeit des ewigen Lebens / die vns in GOttes Wort verheiſſen wird. Was iſt vnſer kur - tzes Leben kegen die ewige her ligkeit.Es iſt wol die Suͤnde ein grewlich vnnd erſchrecklich vbell / die wir Taͤglich am Halſe tragen / vmb welcher willen wir ſo viell Jammer vnd elend vnterworffenſind571GOtt hat Troſt dakegen verordnet. ſind: Aber wann wir dagegen bedencken / daß Chriſtus vnſere Gerechtigkeit ſey / ſo iſt der Troſt groͤſſer dann die Laſt der Suͤnde. Dann in Chriſto iſt mehr Ge - rechtigkeit zu finden / dañ in vns Suͤnde. Summa Gottes Wort iſt ſo reich vomVnſer hoͤchſter Troſt iſt / das Chri - ſtus vnſer Gerechtig keit iſt. Troſt / daß vnſere Hertzen nicht genug ſein denſelben alle zu faſſen / wie das Oel - kruͤglein der armen Witwen von GOtt ſo reichlich geſegnet ward durch den Pro - pheten Eliſæum, daß es mehr Oels gab dann Gefeſſe verhanden waren / 2. Reg. 4. Ja es iſt offt ein Woͤrtlein in der Schrifft / daß mehr troͤſten kan dann der Teuffel vnnd die gantze Welt betruͤben koͤnnen. Pſal. 65. Gottes Bruͤnlein hat Waſſers die fuͤlle / das wirſtu nicht auß - ſchepffen koͤnnen. Darumb ſich GOttChriſtus die Lebẽs - quelle gie - bet mehr Troſtes / denn die Suͤnde vñ der Teuf - felbetruͤbẽ koͤnnen. nennet Jerem. 2. die lebendige Quelle / vnd Pſal. 36. Herr bey dir iſt die leben - dige Quelle / vnd in deinem Liecht ſehen wir das Liecht. Solte nun die ſuͤndliche Todesquelle mehr Truͤbſal geben / dann die lebendige Quelle troſtes?

5. Der572Ds iſt keine Troͤbſal ſo groß /

5. Der 5. Troſtgrund iſt / daß S. Pau - lus der gleubigen Chriſten Creutz nennet das Leyden Chriſti. Dann er ſpricht: Wie wir des Leydens Chriſti viel haben. Dar - umb / 1. Weil alle Gleubige des He rrn Chriſti geiſtliche Glieder ſeyn. Gleich wie nun das Haupt die ſchmertzen em - pfindet per condolentiam & conſen - ſum, wegen der einigkeit des Haupts vñ Glieder: Alſo empfindet Chriſtus vnſer Haupt das Leyden vnnd Truͤbſal ſeinerWie aller Gleubigẽ Leyden / Chriſti Leydẽ ſey. Act. 9. Glieder. 2. Weil Chriſtus in ſeinen gleu - bigen wohnet / vnd lebet / vnnd ſich mit jh - nen vereinigt hat / ſo leidet er in ſeinen Gliedern / wird in denſelben verjaget vnd verfolget / wie der Herr vom Himmel ruffet: Saul / Saul / was verfolgeſtu mich? 3. Weil wir aus Chriſto new gebo - ren ſeyn / vnnd er vnſer ewiger Vater iſt. Eſa. 9.Was nun das Kind leidet / daß empfin - det der Vater an ſeinem Hertzen. Dar - umb iſt aller Gleubigen Leyden auch des Herrn Chriſti Leyden. Wie kan nun dein Leyden vnnd Creutz ſo groß ſeyn / alsdieſer573Gott hat Troſt dagegen verordnet. dieſer Troſt / das Chriſtus dein Haupt iſt / vnnd du ſein Glied / daß er mit dir ver - einigt iſt / in dir wohnet / vnd in dir leidet / vnnd all dein Creutz fuͤr ſein eigen achtet / daß er dein ewiger Vater iſt / vnnd an ſel - nem H. Hertzen dein Leyden empfindet?

6. Den ſechſte grund nimpt S. Pau - lus von dem Vrſprung vnd Fundament all vnſers Troſtes / welcher iſt Chriſtus / in dem er ſpricht: So werden wir auch Reichlich getroͤſtet durch Chriſtum. Aller vnſer Truͤbſal Vrſprung iſt die Suͤnde: Dagegen aber iſt der Vrſprung alles vn - ſers troſtes Jeſus Chriſtus Gottes Son. Nun aber iſt Chriſtus mechtiger dann die Suͤude: Derhalben ſo iſt auch ChriſtiTroſt in Chriſto krefftiger vnd groͤſ - ſer dann aller Jam - mer der Suͤnder. Col. 1. Troſt mechtiger vnd groͤſſer dann alles e - lend / ſo aus der Suͤnde koͤmpt / wie S. Paulus ſagt Ro. 5. Wo die Suͤnde mech - tig iſt / da iſt die gnade viel mechtiger. Dann es hat GOtt wolgefallen / daß in Chriſto alle Fuͤlle / vnnd der Reichthumb ſeiner Gnade wohnen ſolte. Darumb hat jn Gott geſand alle Trawrigen zu troͤſtẽ / Eſa. 61. Darumb ſo iſt keine trawrigkeitvnd574Es iſt keine Truͤbſal ſo groß /vnd Creutz ſo groß / in Chriſto iſt groͤſſer Troſt dagegen.

7. Den letzten Grund ſo S. Paulus ſetzet / iſt Chriſti Herrligkeit: Wir wiſſen / wie jhr des Leydens theilhafftig ſeid / ſo werdet jhr auch des Troſtes theilhafftig ſeyn. Nun wiſſen wir den vnaußſprechli - chen Reichthumb ſeiner Herrligkeit / daß er nicht allein ſeiner Perſon halber Herr - lich iſt / alſo / daß ſeine Gemeine an der - ſelbigen Herrligkeit kein Theil oder Ge - meinſchafft haben ſolle / ſondern Chri - ſtus iſt zu ſeiner Herrligkeit erhoͤhet / als das Haupt der Gemeine / zu dem Ende / daß alle ſeine Glieder dieſer HelligkeitChriſt Herrlig - keit iſt vn - ſer vnd al - ler Gleu - bigẽ Herr - ligkeit. Eph. 1. ſollen genieſſen. Darumb ſpricht S. Paulus: Er ſey das Haupt der Gemei - ne / vnd die Fuͤlle ſeines Geiſtlichen Lei - bes / daß er alles in allen erfuͤlle. Wie konte nun ein Creutz / Truͤbſal / vnd Ley - den dieſer zeit ſo groß ſeyn / dagegen wir nicht aus der krefftigen Herrligkeit groͤſ - ſern Troſt hetten? Darumb S. PaulusRom. 8. dieſer zeit Leyden nicht werth achtet derHerr -575Gott hat Troſt dagegen verordnet. Herrligkeit / ſo an vns ſoll offenbaret werden.

Wie werden wir nun dieſes Troſtes theilhafftig? Hierzu gehoͤren fuͤnff ſtuͤck.

1. Ware Buſſe vnnd Erkantnus der Suͤnde. Dann ohne erkantnuͤß der Suͤnde kan das Hertz nicht getroͤſtet werden. Die ſtarcken beduͤrffen des Artz - tes nicht / ſondern die Krancken. In derMatth. 9. Erkantnuͤß der Suͤnde ſiehet der Menſch daß er ſich ſelbſt durch die Suͤnde in ſol - chen Jammer vnd Elend geſtuͤrtzet hat. Darumb darff er im Creutz nicht wieder Gott murren / ſondern wieder ſeine Suͤn - de / Thren. 3. Siehet vnnd erkennet auch / daß jhm Gott nicht vnrecht thut. Dann gleich wie die Suͤnde ein allgemein vbelOhne Er - kantnus der Suͤn - den wird der Seelẽ nicht ge - holffen. iſt / dardurch alle Menſchen vergifftet ſeyn. So trifft auch der Jammer vnnd Truͤbſal / ſo aus der Suͤnde kompt / alle Menſchen. Wer aber das von Hertzen bekennet mit Daniele 9. dem wird Gott auch den Troſt vom Himmel ſenden / als einen Engel / wie dem Propheten Daniel.

P p2. Der576Es iſt keine Truͤbſal ſo groß /

2. Der Glaube der an Chriſto han - get wie ein Kind an der Mutter Bruͤſten. Glaube erlanget den Se - gen. Gen. 32.Denn der Glaube iſt / der da ergreifft / vñ ſich helt an das Vaterhertz GOttes / an den Gott alles Tr[o]ſtes. Er greifft Chri - ſtum / vñ helt jhn feſt / wie Jacob: Ich laſ - ſe dich nit / du ſegneſt mich dann. Vnd in Chriſto ſieget der Glaube vber Suͤnde / Todt / Teuffel / die Welt / vnd alles Vn -Marc. 9. gluͤck. Dann alle ding ſind muͤglich dem / der da gleubet / vnnd wer gleubet / wird dieJoh. 11. Herrligkeit Gottes ſehen.

3. Das Gebet welches iſt ein alloqui - um diuinum, ein Geſprech mit GOtt. Gleich wie wir nun troſt vnnd erleichte - rung vnſers Hertzens empfinden / wann wir einen trewen Freunde vnſere noth vñ anliegen klagen: Alſo viel mehr wird vn - ſer Hertz getroͤſtet in dem Geſprech mit Gott / wie der liebe Davig ſagt Pſal. 138. Wann ich ruffe / ſo erhoͤre mich / vnd gib meiner Seelen groſſe Krafft. Das Gebet im Namen Jeſu iſt gleich wie die Him - melsleiter / darauff wir zu Gott ſteigen. Es577Gott hat Troſt dagegen verordnet. Es ſteiget kein Gebet gen Himmel / esEskoͤmpe kein troſt ins Hertz ohne Ge - bet. Gen. 32. ſteiget ein Engel mit herab / das iſt / ein Troſt Gottes. Welches vns vorg bildet iſt in dem Leydẽ Chriſti / da der Herr heff - tiger betet / vnnd es kam ein Engel vom Himmel / vnd ſtercket jhn. Dann Got - tes tewere Verheiſſungen / darinnen er vns erhoͤrung zuſagt / koͤnnen nicht ver - loren ſeyn.

4. Daß wir des Troſtes GOttes ve - hig werden gehoͤret darzu das H. LobIn Got - tes lob freude. Gottes. In allem lob Gottes iſt eine Geiſtliche Freude. Wer teglich Gott lo - bet / der verrichtet eines Engels Ampt. Nun wiſſen wir / daß die heilige Engel Gott ohn vnterlaß loben / vnd das Ange -Matt. 18. ſicht vnſers Vaters im Him̃el ſehen. Dz iſt jre hoͤchſte frewde. Ir Engelbrot / dasEngel - brot. ſie eſſen / kan demnach kein lob Gottesſein ohn freude vnd troſt / Daher der 34. Pſal. ſpricht: Ich will den Herꝛn lobẽ allezeit / ſein lob ſol immerdar in meinem Munde ſein. Meine Seele ſol ſich ruͤhmen / dz die elenden hoͤren / vnd ſich frewen. Da ſetzetP p ijder578Es iſt keine Truͤbſal ſo groß / etc. der liebe David Gottes Lob vnd Frewde zuſammen / vnd lehret vns / daß eins aus dem andern herkomme / vnd an einander hange.

Aus Got - tes Wort der wah - re Troſt.

5. Endlich iſt auch das rechte war - haffte Mittel Troſt zu erlangen / wann man fleiſſig Gottes Wort lieſet / hoͤret vnd betrachtet / vnnd auff den Mund des Herrn achtung gibt. Dann zu dem Ende iſt vns Gottes Wort geoffenbaret / daß wir durch gedult vñ troſt der Schrifft hoffnung haben. Rom. 15.

Vnd alle vorbenante Stuͤcke / nem - lich wahren beſtendigen Troſt in allerley Truͤbſal / vnnd wie wir denſelben durch wahre Buſſe / rechten Glauben / hertzlich Gebet vnd Lob Gottes ſollen ſuchen / vnd zu vns nehmen / muͤſſen wir allein aus Gottes Wort als dem rechten Troſt - Brunnen ſchepffen vnd nehmen.

Das XLIX. Capittel. Gottes vnfeilbare Warheit / vnd ver - heiſſung / die nicht betriegen kan / ſol in vn - ſern Hertzen gedult wircken.

Miche579Gottes vnfeilbare Warheit /Michae 7. Ich will auff den HEr - ren ſchawen / vnd des GOttes meines Heyls erwarten. Mein GOtt wird mich hoͤren. Frowe dich nicht meine Feindin / daß ich niederliege / ich werde wir - der auffkommen. Vnnd ſo ich im finſtern ſitze / ſo iſt doch der HErr mein Liecht. Ich will des HErrn Zorn tragen / (Dann ich hab wieder jhn geſuͤndiget) biß er meine ſache außfuͤhre / vnd mir recht ſchaffe. Er wird mich ans Liecht bringen / daß ich meine luſt an ſeiner gnade ſehe. Meine Feindin wirds ſe - hen muͤſſen / vnnd mit aller ſchande beſtehen / die jtzo zu mir ſagen: Wo iſt der HERR dein Gott? ()P p iijWie580Gottes vnſeilbare Warheit /

Wir leſen im Propheten Jeremia am 9. daß fuͤr der Babyloniſchen Ge - fengnuͤß / ehe Jeruſalem zum erſten mal verſtoͤret / das Land verwuͤſtet / vnnd die Juden gefenglich gen Babylon gefuͤh - ret / neben der Suͤnde der Abgoͤtterey / da - mit ſie dieſe Straffe verdienet haben / auch mechtig im ſchwang gangen ſey vn - trew / luͤgen / falſchheit / feindſchafft / haß / neid / vnd das alle Liebe iſt erkaltet / vnd er - loſchen geweſt. Dann wañ das geſchicht / ſo iſt Gott aus einem Lande vnd Stadt hinweg / ja aus der Menſchen Hertzen. Gott iſt die Liebe darumb wo keine Liebe iſt / Da iſt Gott nit da fol - get das verderbẽ.Vnd darauff folget der vntergang. Deñ ſo ſpricht der Prophet Jeremias am 9. Ein jeglicher huͤte ſich fuͤr ſeinem Freun - de / vnd vertrawe auch ſeinem Bruder nit. Dann ein Bruder vnterdrucket den an - dern / vnnd ein Freund verachtet den an - dern. Ein Freund teuſchet den andern / vnd reden kein war Wort. Sie befleiſſi - gen ſich darauff / wie einer den andern be - triege / vnnd iſt jhnen leid / daß ſie es nicht erger machen koͤnnen. Ihre falſche Zun -gen581ſol in vnſern Hertzen gedult wircken. gen ſind moͤrdliche Pfeile. Mit jhrem Munde reden ſie freundlich gegen den Neheſten / Aber im Hertzen lauren ſie auff denſelben.

Da hoͤren wir / wie es in der Stadt Jeruſalem zugangen iſt vor jhrer erſten verſtoͤrung / nemlich / ſolch vntrew iſt in der Stadt geweſen / daß kein Menſch dem andern hat trawen duͤrffen. Sie ha -Vntergãg einer Stadt. ben ſich nur darauff befliſſen / wie einer den andern hat muͤgen beliegen vnnd be - triegen. Darauff haben ſie in jhrem Hertzen gelauret / vnd das iſt jhr verderb vnd vntergang geweſt.

Der Prophet Micha klagt am 7. auch daruͤber: Ach es gehet mir wie ei - nem / der im Weinberge nachlieſet / da man keine Trauben findet zu eſſen / vnnd wolte doch gern der beſten Fruͤchte ha - ben. Die frommen Leute ſind weg aus dieſem Lande / vñ die Gerechten ſind nit mehr vnter den Leuten. Sie lauren alle auffs Blut. Ein ieglicher jagt den an -P p iiijdern582Gottes vnfeilbare Warheit /dern / daß er jhn verderbe / vnd meinen ſie thun wol daran / wann ſie boͤſes thun. Wollan / wo es ſo zugehet / da arbeitet vnd grebet man ſtarck an der Grube des Verderbens / da man mutwillig will hin - ein fallen. Vnd ſehe ſich nun ein jeglicher ein wenig vmb / obs nicht heutiges Tages auch ſo zugehet. Darumb ſehen wir auch vnſer verderben fuͤr Augen. Dann daſ - ſelb vnſer verderben kompt aus vns ſelbſt. Wolte Gott wir erkentens / vnnd lieſſen ab von vnſern boͤſen gedancken / vnd en - derten das boͤſe feindſelige Hertz / vnnd liebeten Warheit vnd Friede. Geſchicht das nicht / ſo kan vns nicht geholffen werden.

Immittels aber / damit gleichwol noch fromme Leute in dieſer betruͤbten Zeit nicht ohn Troſt ſein muͤgen / muͤſſen wir vns vmbſchen / womit ſich betruͤbte Hertzen die fuͤr vns gelebet / in derglei - chen Faͤllen vnd vngluͤck getroͤſtet haben. Da zeiget vns der Prophet Micha am 7. als mit einem Finger den rechtẽ Haupt -troſt /583ſol in vnſern Hertzen gedult wircken. troſt / vnd ſpricht: Ich aber will auff den Herrn ſchawen / vnd des Gottes mei - nes Heyls erwarten. Das iſt der erſte Troſt. Der ander: Mein Gott wird mich hoͤren. Der dritte: Frewe dich nicht mein Feindin / daß ich niederliege / ich worde wieder auffkommen. Der vierdte: Vnd ſo ich im Finſtern ſitze / ſo iſt doch der Herr mein Liecht. Der fuͤnffte: Ich will des Herren Zorn tragen. Dann ich habe wieder jn geſuͤndiget / biß er mei - ne Sache außfuͤre / vnd mir recht ſchaf - fe. Der ſechſte: Er wird mich ans Liecht bringen / daß ich meine luſt an ſeiner gna - de ſehe: Der ſiebende: Meine Feindin wirds ſehen muͤſſen vnd mit ſchanden be - ſtehen.

1. Ich will aber auff den Herren ſchawen / vnd Gottes meines Heyls er - warten. Da haben wir die Lehr vom Glauben vnd Hoffnung / wie dieſelbe als zwey wackere vnd wachende Augen auff GOtt ſehen ſollen in allerley Truͤbſal / auch im euſſerſten Elend. Je groͤſſer dieP p vnoth584Gottes vnfeilbare Warheit /Glaubevñ Hoffnung ſehen auff Gottes Al macht vñ Barmher tzigkeit.noth wird / je ſtaͤrcker der Glaube vnnd Hoffnung zu Gott werden ſol. Dann da ſollen wir vns erinnern vnſers Chriſtli - chen Glaubens: Ich gleube an Gott den Vater Allmechtigen / Schoͤpffer Him - mels vnd Erden / das iſt: Ich gleube / das keine noth ſo groß ſey / Gott will vnd kan mich daraus erretten. Darumb ſollen wir allhie lernen die Augen abwendẽ von der zeitlichen Truͤbſal / vnnd nicht allein dieſelbe anſchawen / ſondern Gott den Herrn / der alle Huͤlffe thut / ſo im Himmel vnnd Erden geſchicht / wie vns ſolches der H. David lehret Pſalm. 123. Pſalm. 74.Ich hebe meine Augen auff zu dir / der du im Himmel ſitzeſt. Siehe wie die Augen der Knechte auff die Hende jhrer Her - ren ſehen / wie die Augen der maͤgde auff die Hende jhrer Frawen ſehen: Alſo ſehen vnſere Augen auff den Herren vnſern GOTT / biß er vns gnedig wer - de. Sey vns gnedig Herr / ſey vns gnedig. Dann wir ſind ſehr voll verach - tung. Sehr voll iſt vnſere Seele der ſtol -tzen585ſol in vnſern Hertzen gedult wircken. tzen ſpott / vñ der Hoffertigẽ verachtung.

Vnnd nach dem Gottes weiſe iſt / daß er hilfft zu ſeiner zeit / vnnd nicht wann vnd wie wirs gerne hetten / ſo muß neben dem / daß der Prophet ſpricht: Ich will auff den Herren ſchawen / auch diß dabey ſeyn. Vnd des GOTTESGlauben / Hoffnung vñ gedult muß bey einander ſeyn. meines Heyls erwarten / das iſt / Glau - be / Hoffnung / vnnd gedult muß bey einander ſeyn / wie vns der heilige Da - vid im 27. Pſalm lehret. Nach dem er anfenglich durch den Glauben ſich auff GOtt waget / vnd ſpricht: Der Herr iſt mein Liecht vnd mein Heyl / fuͤr wem ſolt ich mich fuͤrchten? Der Herr iſt meines Lebens Krafft / fuͤr wem ſolt mir grawen? Beſchleuſt er endlich mit Hoff - nung / vnd ſpricht: Ich gleube aber / daß ich ſehen werde das Gut des Her - ren im Lande der Lebendigen. Har - ret des Herren / ſeid getroſt vnnd vnuerzagt alle / die jhr des Herren harret. Vnnd Pſalm. 130. Ich harre des Herren / meine Seele harret / vnd ichhoffe586Gottes vnfeilbare Warheit /hoffe auff ſein Wort. Meine Seele war - tet auff den Herren von einer Mor - chenwache biß zur andern. Habac. 2. Die Weiſſagung / das iſt / die Verheiſſung / wird ja noch erfuͤllet werdẽ zu ſeiner zeit / vnd wird endlich frey an Tag kommen / vnd nicht auſſen bleiben. Ob ſie aber ver - zeucht / ſo harre jhr / ſie wird gewiß gewiß kommen / vnd nicht verziehen. Ja ſpricht manniche betruͤbte Seele: Es wehret mir zu lang. Antwort. Es muß alſo ſeyn / auffGlaube vñ gedult gefellet Gott wol. Syr. 1. dz Glaube / hoffnung vnd gedult probiert werde. Das gefellt Gott baß dann alle Herrligkeit dieſer Welt. Weil nun Gott einen gefallen daran hat / ey warumb wolteſtu dann nicht mit gedult außwar - ten? Es hat ein jeglich ding ſein anfang / vnd ſein Ende / vnd wann man das Ende nicht abwartet / ſo wird nichts daraus. Eccleſ. 3.Mancher ſawer Wind gehet vber die Fruͤchte auff dem Felde / ehe ſie reiff wer - den / wann ſie dann des Endes abwar - ten / werden ſie gar ſuͤſſe: So iſts auch mit dem Creutz / erwartet man des En -des587ſol in vnſern Hertzen gedult wircken. des mit gedult / ſo wirds eine ſuͤſſe fried -Hebr. 12. ſame Frucht der Gerechtigkeit bringen. Dann S. Paulus ſagt Rom. 5. Die Hoffnung leſſet nicht zu ſchanden wer - den. Warumb? Dann ſie iſt auff Gottes Wort gegruͤndet / als auff einen Felſen. Darumb beſtehet ſie wieder alles Vn - gluͤck. Pſal. 25. Keiner wird zu ſchanden / der dein harret. Pſal. 34. Welche jhn an - ſehen vnd anlauffen / der Angeſicht wird nicht zu ſchanden: Pſal. 31. In te Domi - ne ſperaui, non confundar in æter - num. Syr. 2. Wer iſt jemals zu ſchandenWarumb Hoffnung nicht leſſet zu ſchandẽ werden. worden / der auff jhn hoffet? Wer iſt je - mals verlaſſen / der in der furcht Gottes blieben iſt? Wem hat er jemals verſchmaͤ - het / der jhn hat angeruffen? Denn der Herr iſt gnedig vnd barmhertzig / ver - gibt die Suͤnde / vnnd hilfft in der noth. Pſalm. 9. Die Hoffnung des Elenden wird nicht verloren ſein ewiglich.

Der ander Troſt: Mein Gott wird mich hoͤren. Diß iſt ein groſſer Troſt in Truͤbſal: Wir wiſſen vnnd ſind gewiß /daß588Gottes vnfeilbare Warheit /das[Gott] vnſer Gebet erhoͤret. Pſal. 6. Der Hern hoͤret mein weinen / der Herr hoͤret mein flehen / mein Gebet nimpt der Herr an. Pſ. 18. Wann mir angſt iſt / ſo ruffe ich den Herren an / vnd ſchreye zu meinem Gott / So erhoͤret er meine Stimme von ſeinem Tempel / vnd mein geſchrey kompt fuͤr jhn zu ſei -GOtt er - hoͤret vn - ſer Gebet gewiß. nen Ohren. Pſalm. 34. Da dieſer Elender rieff / hoͤrets der Herr vnd halff jhm aus aller ſeiner noth. Die Augen des Herren ſehen auff die Gerechten / vnd ſeine Ohren auff jhr ſchreyen. Pſ. 91. Er begeret mein / ꝛc. Pſ. 65. Du erhoͤreſt Gebet / darumb koͤmpt alles Fleiſch zu dir. Erhoͤre vns nach / ꝛc. Da ſtehet / Gott ſey aller derer Zuuerſicht / die auff Erden vnd ferne am Meer wohnen. Ja ſprich - ſtu / das ſind heilige Leute geweſen / wasRom. 3. bin ich? Antwort: Alle Menſchen ſind Suͤnder vnnd mangeln des Ruhms / den ſie fuͤr Gott haben ſollen. GOtt hat ſie aber aus gnaden erhoͤret / wann ſie ha - ben Buſſe gethan / vnd Gott gefuͤrchtet. Pſal.589ſol in vnſern Hertzen gedult wircken. Pſ. 145. Der Herr iſt nahe / ꝛc. Pſ. 102. Er wendet ſich zum Gebet der Elenden / vnd verſchmehet jhr Gebet nicht. Das werde geſchriebẽ auff die Nachkommen.

Der dritte Troſt: Frewe dich nicht meine Feindin / daß ich niederliege / Ich werde wieder auffkommen. Ob wol dieJoh. 16. ſchalckhaffte boͤſe arge Welt ſich frewet / wanns den Frominen vbel gehet / vnnd frolocket vber jhrer Truͤbſal: So ſol doch jhre Feindin zu nichte vnnd zu ſchanden werden. Thren. 3. GOtt verſtoſſet nicht ewiglich. Er betruͤbet wol / aber er er - barmet ſich auch wieder nach ſeiner groſ - ſen gnade. Dann er nicht von Hertzen die Menſchen plaget noch betruͤbet. 1. Co - rinth. 10. Gott iſt getrew / ꝛc. Pſ. 68. Gott legt vns eine Laſt auff / aber er hilfft vns auch. Wir haben einen GOtt / der da hilfft / vnd einen Herrn / der vom To - de errettet. Pſal. 30. Der Herr hatGott troͤ - ſtet gewiß wieder / nach der Truͤbſal: meine Klage verwandelt in einen Rey - en. Er hat meinen Sack außgezogen / vnnd mich mit Freuden geguͤrtet. Tob. 3. Nach590Gottes vnfeilbare Warheit /Nach der Anfechtung troͤſtet er / vnd nach der Zuͤchtigung erzeiget er gnade. Pſalm. 145. Der Herr erhelt alle / die da fal - len / vnd richtet auff / die niedergeſchlagen ſeyn. Eſa. 54. Ich habe im Augenblick des Zorns mein Angeſicht ein wenig fuͤr dir verdorgen / Aber mit ewiger gnade will ich mich vber dich erbarmen. Thren. 3. Die Barmhertzigkeit des Herren iſts / daß wir nicht gar aus ſein. Seine gnade hat kein Ende / vnnd iſt alle Mor - gen new.

Der vierdte Troſt: Ob ich gleich im Finſtern ſitze / ſo iſt doch der Herr mein Liecht. Wann Truͤbſal daher gehet / ſo iſts als wann einen eine groſſe Finſter - nuͤß vberfiel: Da kennen jhn auch die Freunde nicht mehr / da verleſchet aller Troſt der Welt / da ſitzet man vnter dem Schatten des Todes / da iſt verachtung vnnd verleumbdung. In ſolcher Finſter - nuͤß regen ſich alle wilde Thiere / Lewen vnd Baͤhren / boͤſe Geiſter vnd boͤſe Men - ſchen. Ey ſo wird doch der Herr dererLiecht591ſol in vnſern Hertzen gedult wircken. Liecht ſeyn die in ſolchen TrawrſchattenGott leſ - ſet ſein Gnaden - Liecht un Finſter - niß auff - gehen. ſitzen. Dann Gott leſt dann am erſten ſein Gnaden Liecht leuchten in ſolcher Finſterniß / vnd erfrewet mitten in Truͤb - ſal / daß man Gottes gnedige gegenwart mitten im Creutz ſpuͤret / wie der 97. Pſal. ſpricht: Dem Gerechten muß das Liecht immer wieder auffgehen im Finſternuͤß / vnd freude den frommen Hertzen. Deß - gleichen der 112. Pſalm. Den Frommen gehet das Liecht auff im Finſternuͤß von dem Gnedigen / Barmhertzigen / vnd Ge - rechten.

Der fuͤnffte Troſt: Ich will des Herrn Zorn tragen / Dann ich habe wieder jhn geſuͤndigt / biß er meine Sache außfuͤhre / vnd mir recht ſchaffe. Haben wirs gleich gegen die jenigen nicht ver - ſchuldet / die vns leid thun: So haben wirs doch gegen Gott verſchuldet: Der iſts auch / durch welches verhengnuͤß vns alles begegnet. Darumb es des Herrn Zorn hie genennet wird. Darumb alles / was die boͤſe Leute thun / gedencke / es iſtQ qdes592Gottes vnfeilbare Warheit /des Herren Zorn. Darumb ſelig iſt / der in aller Truͤbſal geduͤltig iſt / vnnd ſieTruͤbſal von loſen Menſchen iſt Gottes Zorn: aber ein Va - ter Zorn. alſo auffnimpt / als komme ſie vom Her - ren. Pſ. 94. Wol dem den du Herr zuͤch - tigeſt / vnnd lehreſt jhn durch dein Geſetz / daß er gedult habe / wanns vbel gehet / biß dem Gottloſen die Gruben bereitet wer - de. Thren. 3. Es iſt ein koͤſtlich ding geduͤl - tig ſeyn / vnnd auff die huͤlffe des Her - ren hoffen / ſein Mund in Staub ſte - cken / der Hoffnung erwarten / ſich auff den Backen ſchlagen laſſen / vnd jhm viel Schmach laſſen anlegen. Deſſen iſt Da - vid ein mercklich Exempel: Der hat ſich dieſer dreyen Stuͤcke erinnert: Ich will des Herren Zorn tragen / Dann ich habe wieder jhn geſuͤndigt. Denn er hat erkant daß GOtt die Schmach / ſo jhm Simei anlegt / vber jm verhengt. 3. Wird ſich der Herr vber mich erbarmen / ſo wird er mich wiederholen zum Regi -2. Sam. 15. ment: Wird er aber ſagen: Ich habe nicht mehr luſt zu David: Siehe / hie bin ich. Pſ. 37. Erzuͤrne dich nicht / ſey ſtille / ꝛc.

Der593ſol in vnſern Hertzen gedult wircken.

Der ſechſte Troſt: Er wird mich ans Liecht bringen / daß ich meine luſt an ſeiner gnade ſehe. Iſt ein gleichnis / ge - nommen von einem / der gar im Finſtern ſitzet / deſſen man vergiſſet / wie eines Todten / den man aus einem tieffen Ker - cker herfuͤr bringt ans Liecht. Vnnd wie nun derſelbe zuuor nichts geſehen hat dann eitel Trawrigkeit vnd Finſter - nis: Alſo ſiehet er nun ſeine luſt an dem ſchoͤnen Himmel / vnnd am Liecht der Sonuen. Alſo gehets auch im Vngluͤck vnnd Creutz zu / wann daſſelbe vberhin iſt / ſo bricht dann an der ſchoͤne glantz GOTtes / des Himliſchen Troſtes / daß man ſeine luſt ſiehet an GOTtes huͤlffe vnd gnade. So iſts dem Joſeph ergan - gen. Wie ein herrlich Liecht iſt er worden / da die Finſterniß ſeiner Truͤbſal vber - hin war? Deßgleichen David / welch ein herrlicher Koͤnig ward er / nach demGerechtig keit vnnd Warheit kommen endlich ans liecht. ſeine Finſterniß ein Ende hatte? Wie herrlich bracht jhn GOTT ans Liecht? So wirds auch gehen am Juͤngſten Ta -Q q ijge /594Gottes vnfeilbare Warheit /ge / wann vns Gott aus der Finſternuͤß der Todten wird wieder außreiſſen / vnnd ans Liecht bringen. Da werden wir vn - ſere luſt an ſeiner Gnade ſehen.

Der ſiebende Troſt: Meine Feindin wirds ſehen / vnd mit ſchanden beſtehen. Da haben alle boͤſe Leute / die ſich ande - rer vngluͤck frewen / iren lohn / mit ſchan - den werden ſie beſtehen. Endlich muͤſſen ſich doch noch ſolche Leſterer vnd ſchen -Schande vberfelt endlich die Spoͤt - ter. 2. Sam. 19. 1. Koͤn. 2. der ſchemen. Dann jhr eigen Hertz vber - zeugt ſie / daß ſie vnrecht gethan. Wie muſte ſich Simei endlich ſchemen fuͤr David vnd Salomo. Syrach. 7. Spot - te des betruͤbten nicht. Dann es iſt einer / der da kan beyde erniedrigen vnd erhoͤhẽ. Vnd 28. Die ſich frewen / wans den fro - mẽ vbel gehet / werdẽ im Strick gefangen / vnd das Hertzleid wird ſie verzehren / ehe ſie ſterben. Wurden nit die Philiſter an Simſon zu ſchanden / da ſie ſein ſpotte -Judic. 16. ten / vnd das Haus erſchlug ſie? Sap. 5. Alsdann wird der Gerechte ſtehen mit groſſer Freidigkeit. 2. Theſſ. 1. Es iſt rechtbey595ſol in vnſer Hertzen gedult wircken. bey Gott zu vergelten Truͤbſal denen / die euch Truͤbſal anlegen: Euch aber / die jr truͤbſal leidet / ruhe mit vns. Job 31. Habe ich mich gefrewet / wanns meinem Fein - de vbel gieng / vnd habe ich mich erhoben / daß jhn vngluͤck betreten hatte? Dann ich ließ meinen Mund nicht ſuͤndigen / daß er wuͤnſchete einen Fluch meiner Seelen. Matth. 5. Liebet ewre Feinde / thut gutes denen / die euch haſſen / ſegnet die euch verfolgen / auff daß jhr Kinder ſeid ewres Vaters im Himmel / der die Sonne leſt ſcheinen vber gute vnd boͤſe / vnd leſt reg - nen vber Gerechte vnd Vngerechte / ꝛc.

Das L. Capittel. Von Hoffnung / wie vnd warumb die - ſelbe nicht leſſet zu ſchanden werden / wie ſie probiert wird in Leiblichen vnd Geiſt - lichen Anfechtungen.

Eſa. 49. Du ſolt erfahren / daß ich der HErr bin / an welchem nit zu ſchanden werden alle / die auff mich harren. ()Q q iijGleich596Von Hoffnung / wie vnd warumb

GLeich wie der Glaube nichts an - ders iſt dann eine gewiſſe vnge - zweyffelte Zuuerſicht auff Got - tes gnade in Chriſto verheiſchen / dadurch das gantze Hertz vnd Gemuͤt Gott an -Hoffnung was? hanget: Alſo iſt die Hoffnung eine geduͤl - tige beharrliche außwartung / vnd beſten - dige zuuerleſſigkeit des / daß man gleubet / oder des / daß man mit gedult erwarte daß man gleubet / vnnd iſt nichts anders dann der geduͤltige / beſtendige / wartende Glau - be biß ans Ende.

Von dieſer Hoffnung ſagt S. Pan - lus Rom. 5. daß ſie nicht leſt zu ſchanden werden / Vrſach: Sie hat einẽ vnbeweg - lichen grund / wie auch der Glaube / das iſt Gott ſelbſt. Darumb kan ſie nicht zu ſchanden werden. Dann ihr Grundt vnd Fundament iſt feſt / ewig / vnd vnbeweg - lig. Darumb iſt auch jhr Friede / Frewde /Warumb Hoffnung nicht leſſet zu ſchandẽ werden. Ruhe / Ruhm / Trotz ewig / vnnd kan ſie niemand ſo hoch betruͤben / ſie ergreiffet dagegen gnugſam Troſt vnd Friede aus jhrem vnbeweglichen Felſen. Wanngleich597dieſelbe nicht leſſet zu ſchanden werden. gleich Vngewitter vnnd Sturmwinde kommen / fuͤrchtet ſie ſich nicht / Dann jhr Haus iſt auff einen Felſen gebawet.

Vnnd weil die Hoffnung einen ge - wiſſen vnbeweglichen grund haben muß / der nicht wancket / vnd aber alles zeitliche vnbeſtendig iſt: So ſuchet die HoffnungEigen - ſchafft der Hoffnung nit zeitlich gluͤck / Freude / Ehre / Ruhm / ſondern ſie ruhet allein in Gott / vnd ruͤh - met ſich des Herrn: Da findet ſie be - ſtendige ruhe vñ friede / wie der 124. Pſal. ſpricht: Die auff den Herren hoffen / die werden nicht fallen / ſondern ewiglich bleiben wie der Berg Zion. Vmb Jeru - ſalem her ſind Berge / Aber der Herr iſt vmb ſein Volck her.

Die aber zeitlich ding zu grund jhrer Hoffnung legẽ / Ehre / Reichthum̃ / gluͤck / freude / die muͤſſen in ſteter Furcht / Sor - ge / vnnd Angſt leben / muͤſſen der Welt vnter den Fuͤſſeu liegen / vnd mit dem vn -Falſche Hoffnung beſtendigen vngluͤck als auff dem Meer auff vnd abfuͤhren / vnd koͤnnen nicht len - ger ruhe vnd friede haben dann die Welt / vnd jhre Nachbaren wollen.

Q q iiijDieſes598Von Hoffnung / wie vnd warumb

Dieſes muß im Creutz probiert wer - den. Dann die Anfechtung machet alles offenbar / was eines jeden Hoffnung vndHoffnung wird im Creutz probiert. Zuuerſicht ſey. Da befindet ſichs offt / daß wir nicht auff GOtt ſelbſt / ſondern allein auff ſeine Gaben vnd gluͤck gehof - fet haben / vnd auff den Sand gebawet / ja die Creaturen zu vnſern Gott gemacht haben. Dann ſo verkert iſt die blinde Na - tur / daß ſie an den Creaturen hangen bleibet / durch welche ſie doch zum Schoͤ - pffer ſolten gefuͤhret werden. DannWarumb zeitlich gut vnnd Gaben gebẽ wer - den. Gott gibt darumb dem Menſchen gluͤck vnd heyl / daß er dardurch werde vber ſich gezogen durch die gaben zum Geber / ja daß wir lernen GOtt kennen / lieben / fuͤrchten / ehren / vnd auff jhn allein hof - fen. Aber die Natur iſt alſo verkert / daß ſie auff die Gaben feilet / wie ein Saw auff ein Dreck / vnd des Gebers gar nicht achtet.

Darumb muß vns Gott Creutz vnd Truͤbſal zu ſchicken / vnd vns die Crea - turen wieder nehmen / daß wir auff jhnhoffen599dieſelbe nicht leſſet zu ſchanden werden. hoffen lernen / jhn erkermen / loben / vnnd preiſen. Ja dieweil wir vnſere hoffnung ſetzen auff vns ſelbſt / auff vnſer vermuͤ - gen / Kraͤffte vnnd Gaben / ſo muß vns Gott offt zubrechen / vnnd zu nichte ma - chen / demuͤtigen / gar außlceren / vnd vnsvrſachdes Creutzes. gar ſelbſt nehmen / auff daß er ſich ſelbſt vns moͤchte zu eigen geben. Das kan nun nicht geſchehen / biß daß er das vertrawen auff vns ſelbſt / welches ſeiner Gnade am meiſten zu entgege iſt / gar hinweg nimpt / vnd zu nichte machet.

Darumb iſt die Hoffnung eine kem -NB. pffende Tugend / die da ſtreitet mit demKampff der Hoff - nung. vertrawen auff ſich ſelbſt / auff eigene ga - ben / Verdienſt / Froͤmmigkeit / Herrlig - keit / Gluͤck / Ehre / vnd Reichthumb. Mit dieſen Teuffelslarffen muß ſie kempffen / vnnd ſich dauon loß reiſſen / ſich allein in Gott verbergen / vnd auff jhn ruhen.

Darumb hat die Hoffnung / ſo wol als der Glaube vnd Liebe allein Gott zum obiect vnd gegenwurff. Dann wann jemand jhm etwas anders hoffet / oder inQ q vetwas600Von Hoffnung / wie vnd warumbetwas neben GOtt hoffet / dann in den bloſſen Gott / der hoffet nichtes. Dann alle ding ſind auſſer Gott nichts. Vnd al -Glaube Liebe vnd Hoffnung haben al - lein Gott zum Freũ - de. ſo iſt die Hoffnung verloren. Darumb ſind dieſe drey Tugend / Glaube / Liebe / Hoffnung gantz Geiſtlich / vnd iſt nichts irrdiſches in jnen / vnd find auffs vnſicht - bare gerichtet. Sind alle Geiſtlich / vnnd haben Gott allein zum grund / vnnd ſind allein auff den bloſſen GOtt gerichtet. Darumb ſpricht S. Paulus Rom. 8. Die Hoffnung / die man ſiehet / iſt nicht Hoffnung. Dann wie kan man das hof - fen / daß man ſiehet? Der nun auffs ſichtbare ding ſein Hoffnung ſetzet / hat nicht den vnſichtbaren Gott zum grun - de / ſondern nur einen Schatten. Darum̃ muß ſeine Hoffnung mit der Welt ver - gehen / vnd zu ſchanden werden.

Darumb muß der Menſch durch vergleichung der zeit vnd ewigkeit gefuͤh - ret werden zu der rechten ſeligen Hoff - nung / vñ zur beſtendigen ruhe. Die ewig - keit iſt vnwandelbar / Dann in jr iſt keine verwandlung von einem in das ander. A -ber601ſol in vnſer Hertzen gedult wircken. ber in der zeit iſt wandelung / als von Ta - ge in die Nacht / von Wochen in Monat / von Monat in Jahr / vom Winter in den Sommer. Vnd wie ſich die zeit verwan - delt: So verwandelt ſich auch die Eigen - ſchafft aller Elementen vnnd geſchoͤpffe. Ich geſchweige / daß der Himmel kein Augenblick ſtille ſtehet / vnnd alle Vnter - dinge beweget. Daraus folget / daß keineWarumb in zeitlichẽ dingẽ kei - ne Ruhe. bleibende Ruhe ſein kan in zeitlichen din - gen / ſondern mit der zeit gehen alle ding hin / vnnd muß alles / ſo vnter der zeit iſt / vergehen. Darumb iſt alles eitel. In der Ewigkeit aber iſt die Ruhe vnnd nicht in der zeit. Boͤſe vnd gute Jammern vnd lauffen nach der ewigen Ruhe / aber nie - mand erlangt ſie dann die in Chriſto ſichWie Ruhe zu ſuchen. wiſſen zulaſſen vnnd zu verlieren / der die ewige Ruhe iſt. Daſſelbe erlangt man nicht mit Wercken vnnd vieler Arbeit / ſondern mit einer geduͤltigen Hoffnung / in ſilenrio & ſpe, vnnd in einem ſtillenEſa. 30. Sabbath.

Nun muß nicht allein die Hoffnungdurch602Von Hoffnung / wie vnd warumbdurch entziehung zeitliches gluͤcks probirt werden / ſondern auch durch entziehung der Gnaden in hohen Anfechtungen. Dann es muͤſſen vns alle dinge entzogen werden in der Proba der Hoffnung / alſo / daß vns auch die allerbeſten gaben Got - tes entzogen werden / darauff wir fuſſen moͤchten / auff daß alſo vnſere Hoffnung gantz rein vnd lauter bloß auff GOTT ſtehe. In ſolcher Proba muß man hof - fen / da nicht zu hoffen iſt / vnd muß hof - fen wieder die Hoffnung / wie vom Abra -Hoͤchſte Proba der Hoff - nung. ham Rom. 4. ſtehet. Ja da muß man mit Chriſto bloß außgezogen werden / von je - derman verlaſſen / auch von Gott. Vnd das heiſt dann recht dem Bilde Chriſti ehnlich werden. Da wird dann die Hoff - nung recht probiert.

In andern Truͤbſaln wird allein Gedult / Demut / Gebet / Liebe probiert / Aber in den Anfechtungen des Gewiſ - ſens wird die Hoffnung probiert vnd an - gefochten. Da wird dann ein Menſch wol aller ſeiner Gaben beraubet / Abergleich -603dieſelbe nicht leſt zu ſchanden werden. gleichwol gekroͤnet mit der Hoffnung / die nicht leſſet zu ſchanden werden. Dann ob wol in ſolchen hohen noͤten offt mit einfelt murren / vngedult / leſterung: Dennoch erwecket GOTT ein kleines ſeufftzen / das denſelben wiederſpricht: So iſts auch vergeben vnnd zugedecket / vnd ſo iſt der Menſch als ein Brand aus dem Fewer errettet / Zach. 3. vnnd als einAmos 3. Die Hoff - nung wie - derſpricht durch ein kleines Seufftzer lem der ve[rz]weyf - felung in hohen an - fechtungẽ. Ohrlepfflein aus des Wolffes Rachen erloͤſet. Dann das heiſt keine ver[z]weyffe - lung / ſo wider vnſern willen geſchicht / vñ mit einem vnaußſprechlichen Seufftzen wiederſprochen wird / ſondern es iſt die al - lerſchwereſte Proba vnd Anfechtung der Hoffnung. Diß ſind die vnaußſprechli - chen Seufftzen / dauon S. Paulus Rom. 8. redet.

Solche Leute ſind die groͤſten Hei - ligen / vnd ſind Gott neher dann die ſtol - tzen Geiſter / die jhre Hoffnung in jhnen ſelbſt haben: Dann dieſe ſind die groͤſten[Hofferti - ge ſind die groͤßten Gotteslaͤ - ſterer.] Gottesleſterer mit allem jhrem Ruhm vnd Ehren. Dieſe ſind die liebſten Kin -der604Von Hoffnung wie vnd warumbder Gottes / als an Job vnd David zu ſe - hen. Dann ſie werden recht gereinigt vnd geleutert wie Golt / vnd von jhren eignen gaben vnd ruhm entſetzet / vnnd in GOtt verſetzet als ein glentzend Edelſtein in Gold verſetzet wird / auff daß nichts vberbleibe / darin ſich der ſtoltze Menſch ruͤhmen koͤnne.

In dieſer entbloſſung lernet der Menſch auff ein ander ding hoffen dann allein auff GOtt. Dann wann durch Truͤbſal alles hinweg genommen wird / ſo kan vus doch Gott nicht genommen wer - den. Truͤbſalkan vns Gott nit nehmen / ſondern bringt vns zu Gott / vnd gibt vns Gott wieder / vñ Gott vns. Alſo muß vns die bloſſe Hoffnung im Creutz erhalten / vñ darum̃ leſſet ſie nit zu ſchanden werdẽ. Bloſſe Hoffnung erhelt vns im Creutz: vnnd leſt nicht zu ſchanden werden.Darumb gleich wie die Seele bloß aus Gott kommen iſt: Alſo muß ſie wieder bloß in Gott kommen ohn Creatur liebe. Dann wer aus jhm ſelber / vnd aus allen Creaturen fellet / wo ſolte der hinfallen / dann in GOttes Hand / die alles vmbgreifft /605ſol in vnſern Hertzen gedult wircken. greifft / vnnd gantze Welt vmbſpannet? Eſa. 40.Wer nun durch die Welt fellet / vnd rein iſt von allen Creaturen vnnd jhrer Liebe das iſt / der mit dem Hertzen an nichts hanget / ſondern frey iſt / vnd frey bleibet / ſtehet Gott gelaſſen / leſt ſich geben vnndWer auſ - ſer allen Creaturẽ ruhet / der ruhet in Gott. nehmen / nach Gottes Wolgefallen / der - ſelbe fellt in Gott vnd in ſeine Handt Die aber in der Creaturen bleiben / vnnd in jh - nen ſeld / das iſt / die den freyen Willen eigen machen / vnd nicht mit Gottes wol - gefallen zu frieden ſeyn / die muͤſſen in jh - nen ſelbſt verderben.

Das LI. Capittel. Troſt wieder die Schwachheit des Glaubens.

Eſa. 42. Das zerſtoſſene Rohr wird er nicht zerbrechen / vnnd den glimmenden Tocht wird er nicht außleſchen. ()Diß606Troſt wieder die ſchwachheit

D iſt ein vberaus ſchoͤner troſt wider die ſchwachheit des Glau - bens / welchen der Prophet faſ -Schoͤne gleichnis des Pro - pheten E - ſaiae. ſet in zwey gleichnus. Das erſte nimpt er von einem zerbrochenen Rohr / wel - ches man muß gelinde vnd ſeuberlich an - greiffen / das mans nicht vollend zerbre - lich: So thut GOtt auch mit vnſerer ſchwachheit / vnnd ſchwachen Glauben. Vnnd gleich wie ein glimmend Tocht wanns ein Fuͤncklein Fewer gefangen hat / nicht mit ſtarcken wind muß anbla - ſen / oder man bleſets gar hinweg: Alſo auch Chriſtus vnſer Herr bleſet das kleiue Fuͤncklein vnſers Glaubens mit der gelindigkeit ſeines Geiſtes / vnnd mit ſanfftem Othem ſeines Mundes an / vñ leſſet einen ſanfftmuͤtigen Geiſt von ſei - nem Angeſicht wehen / damit er vns in vnſer ſchwachheit nicht erſchrecke / ſon - dern erquicke / Eſa. 57.

Weil dieſe Kleinmuͤtigkeit vnnd ſchwachheit des Glaubens eine ſchwere anfe chtung iſt / damit alle Chriſten gnugzuthun607des Glaubens. zuthun habẽ / wiewol es mit einem ſchwe - rer hergehet als mit dem andern. So hat der H. Geiſt vns in Gottes Wort gewal - tigen reichen troſt dawieder auffzeichnen laſſen den wir fleiſſig mercken ſollen / da - mit wir denſelben zur zeit des trawrigen Kampffſtuͤndleins ſeliglich gebrauchen koͤnnen.

1. Sollen wir mit allem fleiß mercken / daß der Glaube nicht iſt vnſer thun vnnd werck / ſondern Gottes werck. Joh. 6. Dz iſt Gottes werck / daß jhr an den gleubt / den er geſand hat. Es kan niemand zu mir kommen / es ſey dann / daß jhn ziehe der Vater / der mich geſand hat. Eph. 1. Die wir gleuben nach der wirckung ſeiner mechtigen ſtercke. Eph. 2. Aus Gnaden feid jhr ſelig worden durch den Glauben / vnd daſſelbige nicht aus euch / GOttesGlaube Gottes ga be / vnd ſte het bey jhm / wie ſtarck oder ſchwach er vns im Glauben habẽ will. gabe iſt es / vnnd nicht aus den Wercken. Ebr. 12. Laſſet vns lauffen in dem kampff der vns verordnet iſt / durch gedult / vnnd auffſehen auff Jeſum den Anfenger vnd vollender des Glaubens. Rom. 5. Die lie -R rbe608Troſt wieder die ſchwachheitbe Gottes iſt außgegoſſen in vnſere Her - tzen durch den H. Geiſt / der vns gegeben iſt. Rom. 8. Die wir haben des Geiſtes Erſtling / welcher auch hilfft vnſer Schwachheit. Weil nun der Glaube Gottes Werck / vnd nicht vnſer Werck iſt in vns / ſo ſtehets ja nicht bey vns / oder in vnſerm vermuͤgẽ / wie ſtarck oder ſchwach vnſer Glaube ſein ſolle. Wie vns nun Gott hat zugeſagt / daß er vns durch den Glauben wolle felig machen / ſo weiß er auch wie ſtarck vnſer Glaube ſein muͤſſe / dardurch wir die Seligkeit ergreiffen / vnd ſo viel will vns GOtt geben. Dar - umb heiſſets: Wie GOTT zu Paulo2. Cor. 12. ſagt: Laß dich an meiner gnade gnuͤgen. Dann niemand kan jhm etwas nehmen / es werde jhm dann von oben herab gege - ben / Johan. 3.

2. So koͤnnen wir in dieſem Leben die vollkommenheit nicht erlangen / es blei - bet mit vns ſtuͤckwerck. Das iſt GOttes wille wegen vnſer tieffen Verderbung vnnd Blindheit / damit auch der ſicher -heit609des Glaubens. heit vnd leidigen Hoffart in vns geſteuret werde. Spricht doch S. Paulus Phil. 3. Nicht daß ichs ſchon ergrifſen habe / oder ſchon vollkommen ſey. Ich jage jhm aber nach / ob ichs ergreiffen moͤchte / nach dem ich von Chriſto Jeſu ergriffen bin. Ob ich gleich nicht ſo einen vollkomme -Vnſer Glaube vnuoll - kommen: Chriſti Liebeaber gegẽ vns vollkom - men. nen Glauben habe / daß ich jhn ſo ſtarck vnnd mechtig ergreiffe als ich wol ſolte: So bin ich doch von jm ergriffen / dz iſt / ich bin in Chriſto Jeſu durch den Glau - ben. Ergreiffe ich jhn nicht ſo ſtarck als ich ſolte / ſo hat er mich ergriffen. Dar - umb follen wir mit vnſerer ſchwachheit zu frieden ſeyn / biß wir zur vollkommen - heit gelangen.

3. So will GOtt vnſern ſchwachen Glauben nicht verwerffen / ſondern gne - diglich anſehen / ſtercken / vermehren / vnd zum ſeligen Ende fuͤhren. Dauon mercke die herrlichen guͤldenen Spruͤche. Eſ. 45. Das zerſtoſſene Rohr wird er nicht zer - brechen / vñ den glimmendẽ Tocht wird er nit außleſchen. Eſ. 25. Du biſt der geringẽR r ijſtercke610Troſt wieder die ſchwachheitChriſtus verwirfft den ſchwa chen Glau ben nicht.ſtercke / der Armen ſtercke in Truͤbſal / ein Zuflucht fuͤr dẽ Vngewitter / ein Schat - te fuͤr der Hitze. Eſ. 35. Stercket die muͤ - den Hende / erquicket die ſtrachelenden Knie / ſaget den verzagten Hertzen: Seid getroſt / fuͤrchtet euch nit / ſehet ewer Gott koͤmpt / vnd wird euch helffen. Eſ. 40. Er gibt den Muͤden krafft vnnd ſtercke gnug den vnuermuͤgenden / die auff den Her - ren hoffen kriegen newe Krafft. Eſ. 50. Der Herr hat mir eine gelerte Zunge gegeben daß ich wiſſe mit den Muͤden zu rechter zeit zu reden. Eſ. 57. Ich erquicke den Geiſt der Demuͤtigen / vnd das Hertz der zerſchlagenen. Von meinem Ange - ſicht ſoll ein Geiſt weben / vnnd ich will Othem machen. Eſa. 61. Er hat mich ge - ſand den Elenden zu predigen / die zer - brochene Hertzen zuuerbinden / zu troͤſten alle trawrigen. Exod. 34. ſtehet: Du ſolt das Boͤcklein in ſeiner Milch nit kochen / das iſt / den zarten anfahendẽ Milchglau - ben ſoltu nicht ergern noch betruͤben. Der ſtarcke Glaube kan woll allerley vertra -gen611des Glaubens. gen / daß man jhn ſiede vnd brate / beſte - het im Fewer vnnd Waſſer: Aber den ſchwachen Milchglauben muß man ſeu - ber lich angreiffen / wie ein zerbrochenes Rohr / damit mans nicht vollend zerbre - che. Jerem. 31. Ich will die muͤden See - len erquicken / vnd die bekuͤmmerten See - len ſettigen die ſich fuͤr ſchwachgleubige erkennen / die ſind die Geiſtarmen. Matt. 5. Selig ſind die Geiſtlich arm ſeyn. Die Schwachgleubigen ſind die Geiſtlich Kranck ſeyn / die troͤſtet der Herr Matth. 9. die Starcken beduͤrffen des Artztes nicht ſondern die Krancken. Rom. 14. Die Schwachen im glauben nehmet auff / vnd verwirret die Gewiſſen nicht. 1. Cor. 8. Den Schwachen bin ich wor - den als ein ſchwacher / auff daß ich auch die Schwachen gewinne. Ezech. 34. Ich will das verwundete verbinden / vnnd des Schwachen warten. Joh. 6. Wer zu mir kompt / den will ich nicht von mir hinaus ſtoſſen. In dieſe troͤſtliche Verheiſſung ſollen ſich alle Schwachgleubige ein -R r iijſchlieſſen612Troſt wieder die ſchwachheitſchlieſſen / vnd wiſſen / daß der getrew iſt / ders verheiſſen hat / der wirds auch thun. Dann ſein Wort iſt warhafftig / vnd ſei - ne Zuſage gewiß. Sehet die Exempel der Schwachgleubigen an / des armen Man - nes Marci 9. zu dem der Herr ſprach: Wañ du gleuben koͤnteſt. Er aber ſprach mit weinen: Ich gleube / Herr / hilff meinem Vnglauben. Dem Koͤnigiſchen Johan. 4. die Juͤnger im Schiff Matth. 8. dem ſinckenden Petro auff dem Meer Luc. 14. Darumb ermahnet S. Paulus 1. Theſſ. 5. Troͤſtet die Kleinmuͤtigen. Traget die Schwachen / ſeid geduͤltig gegen Jederman.

4. Ja der Schwachgleubigen willFuͤr die Schwach - gleubige ſorget Gott am meiſten. ſich Gott am meiſten annehmen / Dann die Starcken duͤrffen des Artztes nit / ſon - dern die Krancken / Matth. 9. Er leſt die neun vnnd neuntzig in der Wuͤſten / vnnd gehet nach den verlornen biß ers finde / Luc. 15. Wie eine fromme Mutter der krancken Kinder am meiſten pfleget / vnd auff ſie wartet: Alſo Gott der Schwach - gleubigen.

5. Ja613des Glaubens.

5. Ja ſprichſtu / Ich fuͤhle faſt keinen Glauben in mir. So frage ich dich / ob du auch gerne wolteſt gleuben? Wann du das fuͤhleſt / daß iſt auch ein Glaube. Dann GOTT muß auch das wollen inGerne gleuben wollen iſt auch ein Glaub. vns wircken. Wann du derwegen wol - teſt gern gleuben / ſo fuͤhleſtu Gottes wir - ckung in dir / vnd haſt die troͤſtliche Hoff - nung / daß / der dz wollẽ in dir wircket / der werde auch dz vollbringẽ wircken / Phil. 2.

6. Gott ſiehet der gleubigen begierde alſo gnediglich an / das keines elendẽ Her - tzens verlangen ſol verloren ſein ewiglich. Das verlangen der Elenden hoͤreſtu Herr. Ihr Hertz iſt gewiß / daß dein Ohr darauff mercket. Pſ. 10. Darumb ſoPſal. 9. Keines E - lendẽ Hoff - nung iſt verloren. Pſal. 7. groß du gern wolteſt / daß dein Glaube fuͤr Gott ſein ſolte / ſo groß iſt er fuͤr GOtt Dann Gott ſiehet das Hertz an / er wieget die Geiſter / pruͤfet Hertzen vnd Nieren. Pſ. 91. Er begeret mein / darumb will ich jhn außhelffen.

7. So iſts viel beſſer / daß wir vns vn - ſers ſchwachen Glaubens ruͤhmen dannR r iiijdes614Troſt wieder die ſchwachheitdes ſtarcken. Dann alſo hats Gott ver - ordnet / damit wir nicht in geiſtliche Hof -Beſſer ſich der ſchwach - heit ruͤmẽ denn der ſtercke. fart gerathen. 1. Cor. 12. Meine Krafft iſt in den Schwachen mechtig. Darumb ſpricht S. Paulus: Will ich mich am liebſten meiner Schwachheit ruͤhmen / auff daß die Krafft Chriſti bey mir woh - ne. Des troͤſte dich du Schwachgleu - biger.

8. So iſt der ſchwache Glaube je auch ein Glaube / Dann es ſtehet vnſere Se - ligkeit nicht auff der wirdigkeit vnſers Glaubens wie ſtarck oder ſchwach dieſel - be ſey / ſondern auff Chriſto / welchen der Glaube faſſet vnd ergreiffet. Gleich wie nun ein kleines ſchwaches Kindlein ein Kleinot vnd Perle mit ſeiner ſchwachen Hand eben ſo wol faſſet vnd helt als ein ſtarcker Mann: Alſo helt vnnd faſſet derSchwa - cher Glau be ergreift Chriſtum ja ſo wol als der ſtarcke Glaube. ſchwache Glaube Chriſtum den edlen Schatz mit alle ſeinem verdienſt eben ſo wol als der ſtarcke Glaube: Vnd hat der Schwachgleubige in jm vnd durch jn ebẽ die Gerechtigkeit vnd Seligkeit / die derStarck -615des Glaubens. Starckgleubige hat. Vnd gleich wie der Augapffel ein klein verachtetes Dinglein ſt / dennoch der Sonnen Liecht vnnd Schein / wann ſie gleich zum Hoͤchſten an Himmel ſtehet / ja auch die Sonne ſelbſt / welche doch vmb etliche vielmal g[r]oͤſſer dann die Erde iſt / erreichen kan: Alſo kan auch das Auge des Glaubens / ob es ſchon klein vñ ſchwach iſt / dennoch die Soñe der Gerechtigkeit Jeſum Chri - ſtum mit jrem volligen ſchein vnd andern vna[u]ß ſprechlichen guͤtern vnd gaben faſ - ſen vnd ergreiffen.

9. So iſt das auch des Glaubens art / daß er nicht allezeit gleich ſtarck / ſondern zuweilen gantz ſchwach iſt / daß es ſich an - ſehen leſt / als ſey das Liecht des Glau - bens in vns gantz erloſchen / Inmaſſen die Exempel aller Heiligen / ſonderlich Davids bezeugen. Item Abrahams / der doch ein Vater aller Gleubigen genennet wird / als wir. Gen. 12. leſen / da er beſor - get / die Egypter moͤchten jhn erwuͤrgen / vmb Sara willen / da er doch albereit dieR r vver -616Troſt wieder die ſchwachheitverheiſſung vom gebenedeyeten Samen empfangen. Item Moſis / da er zweyßDie groͤſ - ſeſten Hei - ligen vnd ſtarckgleu bigſten haben ſchwach - heits glau bens be - funden. Pſal. 31. felt an haderwaſſer. David iſt mit ſe - nem Glauben ſo ſtarck / daß er bald in Himmel iſt / bald ſo ſchwach daß er in der Helle iſt / daß er auch klagt / er ſey von Gottes Angeſicht verſtoſſen. Darumb iſt aus dem ſchwachen Glauben nicht zu ſchlieſſen / als wann gantz kein Glaube da were / vnd ſolche Leute von GOtt gar verlaſſen weren. Dann gleich wie wir nicht vrtheilen vnd ſchlieſſen / daßin der Aſchen kein Fewer / weil es kein ſchein oder hitze von ſich gibt / oder in den Beu - men kein Leben / weil ſie im Winter na - ckend vnd bloß da ſtehen: Alſo ſollen wir auch nicht ſchlieſſen / daß darumb kein Glaube iſt / weil er ſich nicht allezeit ſe - hen leſt. Dann der Geiſt Gottes bleſetJoh. 3. wie ein Wind / wenn vnd wohin er will.

10. Wann man vber den ſchwachen Glauben klagt / ſo mercket man / daß ein Kempffender Glanbe da iſt / vnd das iſt eben der rechte Glaube. Dann es iſt einſteti -617des Glaubens. ſietiger Kampff des Glaubens vnd Vn - glaubens im Menſchẽ. Der Glaube mußKlage v - ber den ſchwachen Glauben iſtein zeug nis des Glaubens hie ſtehen vnter vielen Schwertern der Anfechtung. Dann es iſt ein ſchwer ding / vnnd hat viel zuthun / daß das jrr - diſche Hertz mit Chriſto vnnd der boͤſe Acker mit dem Himliſchen Samen durch den Glauben koͤnne vereiniget werden / vnd die Finſternuͤß des Liechtes vehig werde. Da will immer das Fleiſch den Holtzweg / vnd vber den Geiſt herr - ſchen / vnd die Finſternuͤß will immer v - berhand haben. Vber dieſen Kampff haben die Heiligen GOTtes geklagt. Vnd das iſt ein gewiß anzeigen / daß der rechte Glaube da iſt. Dann die gantz keinen Glauben haben / fuͤhlen dieſen Kampff nicht. Vnd dabey iſt der troſt / daß vns GOtt in ſolchem Kampff nicht verlaſſen wolle / auch nicht vber vermil - gen laſſen verſucht werden / ſondern jhr einen ſolchen außgang geben / daß wirs koͤnnen ertragen. Eſa. 40. Der Herr gibt den muͤden krafft / vnd den vnuermuͤ - gende ſtercke gnug.

11. Wann618Troſt wieder die ſchwachheit

11. Wann wir in vnſer Schwach - heit nur noch an Chriſtum gedencken / ſo iſt er warhafftig bey vns / ja wohnet in vns durch den Glauben. Dann er ſpricht: Wo man meines Namens gedencken wird / da will ich zu dir kommen vnnd dichErod. 20. ſegnen / Ja wir koͤnnen ohn GOTT an Gott nicht gedencken. So ſind wir auch in jhm als dem lebendigen Weinſtock ein -Joh. 15. Col. 3. Chriſtus bey vns wenn wir an jhn ge - dencken. Rom 8. gepflantzet / alſo / daß wir leben vnd Safft aus jhm empfangen / ja wir leben in Chri - ſto. Vnnd das Leben vnnd Krafft vnſers Glaubens iſt in Chriſto verborgen. Der H. Geiſt zeuget von jhm in vnſerm Her - tzen durch Friede / Freude vnnd Troſt. Gleich wie kein Prophet im alten Teſta - ment geweſen / der nicht Gott in jhm hat hoͤren reden: Alſo iſt kein Chriſt im newen Teſtament / der nicht Chriſtum in ſeinem Hertzen hette hoͤren reden / vnd die Sal - bung des Geiſtes nicht in jhm geſchme - cket hette: Vnd diß iſt ſolch eine ſtarcke Veroinigung mit Chriſto vnnd vnſerm Glauben / daß ſie vom Tode vnd Teuffelnicht619des Glaubens. nit kan auffgeloͤſet werden / dieweil Chri -Cant. 8. ſtus / deſſen leben er in jhm hat / vnſterb - lich iſt. Ob du dz gleich allezeit in deinem1. Joh. 4. Hertzen nit empfindeſt: So iſt doch der in dir iſt groͤſſer dann der in der Welt iſt.

12. So ſollen wir in der Schwachheit vnſers Glaubens vnſern Erloͤſer vnnd e - wigen Hohenprieſter Jeſum Chriſtum anſchawen / der ſich ſelbſt fuͤr vns am Creutz hat auffgeopffert / vnnd bittet fuͤr vnſern Glauben / wie er ſagt zu Petro: Ich habe fuͤr dich gebetẽ / daß dein Glau -Luc. 22. Luc. 14. Chriſtus reicht dem ſinckendẽ Glauben die Hand wie Petro. be nicht auffhoͤre. Vnnd reicht jhm ſeine Allmechtige Huͤlffreiche Gnaden hand / auff dem Meer da er ſincken wolle. Vnd Joh. 17. bittet er: Heiliger Vater erhalte ſie in deiner Warheit. Ich bitte nicht al - lein fuͤr ſie die Apoſtel / ſondern fuͤr alle / die durch ſie an einen Namen gleuben werden. Darumb ſagt auch die Epiſtel an die Hebr. am 2. vnd 5. Wir haben nit einen ſolchen Hohenprieſter / der mit vn -Chriſtus hat fuͤr al - le Gleubi - ge gebetẽ ſer Schwachheit nicht koͤnte mitleiden haben / ſondern der verſucht iſt allenthal -ben620Troſt wieder die ſchwachheitben wie wir: Welcher iſt zur Rechten Gottes / vnd vertrit vns. Dieſer Fuͤrbit - be haben ſich alle Schwachgleubige zu troͤſten / vnd werden auch derſelbigen ge - wiß genieſſen.

13. Wir ſollen vns auch in vnſer ſchwachheit troͤſten der Barmhertzigkeit Gottes. Die iſt vnaußſprechlich groß / ja ſo groß als er ſelber iſt. Daran ſol nie -Schwache Glaube hanget an der Barm hertzigkeit GOttes wie ein kranckes Kind an der Mut - ter Bruͤſt. mand verzagen. Dann es iſt miſericor - dia præueniens, expectans, ſuſcipi - ens, perdurans in æternum. Gott hat niemand jemals ſeine Barmhertzigkeit verſagt. In die Barmhertzige Armen GOttes ſollen ſich auch alle Schwach - gleubige einſchlieſſen.

14. Sollen wir vns des troͤſten / das Gott / der den Glauben in vns angefan - gen aus gnaden / auch hat zugeſagt / daß ers auch in vns volfuͤhren wolle biß auff den Tag Jeſu Chriſti. Phil. 1. Er wird vns vollbereiten / ſtercken / krefftigen / gruͤnden. Wir werden aus GOTtes macht durch den Glauben bewehret zurSelig -621des Glaubens. Seligkeit / daß wir das Ende vnſersGott iſt nit allein ein Anfen - ger ſon - dern auch ein vollen der des Glaubens des haben ſich alle Schwach - gleubige zu troͤſten. Hebr. 12. Glaubens dauon bringen / welches iſt der Seelen Seligkeit. Auff das Ende hat GOTT geſehen / da er den Glauben in vns angefangen hat. Das iſt nun GOttes Krafft / der kans zur Vollkom - menheit fuͤhren. Darumb nennet die E - piſtel an die Hebreer Jeſum nicht allein den Anfenger / ſondern auch den Vollen - der vnſers Glanbens. Vnnd Chriſtus ſagt Joh. 10. Meine Schaffe ſoll mir nie - mand aus meiner Hand reiſſen.

15. Darumb hat auch ſo viel Mittel verordnet / dardurch der Glaube in vns geſtercket vnnd erhalten werde / nemlichLuc. 17. ſein Wort / die Sacramenta / das Ge - bet: Herr / vermehre vns den Glau - ben / komm zu Huͤlffe vnſeren Vnglau -Marc. 9. ben. So hat Gott verheiſſen den H. Geiſt zu geben denen / die jn darumb bitten. Luc. 11. Rom. 5. 8. Der Geiſt hilfft vnſer ſchwachheit. Ja vnſer gantzes Chriſten - thum̃ iſt dahin gerichtet / daß wir im Glauben geſtercket vnd erhalten werden.

16. So622Troſt wie man ſich in Geiſtliche

16. So iſt auch vnſer Glaube in der e - wigen Wahl Gottes gegruͤndet. Rom. 8. Welche er verſehen hat / die hat er auchGott iſt dẽ ſchwa - chen am negſten. gerecht gemacht. Wir werden aber allein durch den Glauben an Chriſtum gerecht / Rom. 3. Elegit nos in fide veritatis. Er hat vns erwehlet im Glauben der Warheit. Darumb laß dich die ſchwach - heit deines Glaubens nicht alzu hoch be - truͤben. Wann du meineſt / du haſt gar keinen Glauben / ſo iſt dir Chriſtus neherLuc. 14. dañ du meineſt. Wie er dañ den Juͤngern nahe war / da ſie noht litten auff dem Meer: Alſo auch wann dein Glaube am meiſten noht leidet / ſo iſt er bey dir.

Das L II. Capittell. Troſt vnd Bericht / wie man ſich in hohe Geiſtliche Anfechtung ſchicken ſol.

Eſa. 48. Ich will dich außerwehlt machen im Ofen des Elendes. ()1. Soll623Anfechtung ſchicken ſol.

1. Soll man gewiß dafuͤr halten daß der Seelen trawrigkeit von GOtt her - kompt. Dann ſo ſtehet geſchrieben / 1. Sa - muel. 2. Der Herr toͤdtet vnd machet lebendig / er erniedriget vnd erhoͤhet / Er macht Arm vnd macht Reich / Er fuͤhret in die Helle vnnd wieder herauß. Dieſe Helle / da GOtt den Menſchen hinein fuͤhret / iſt die Geiſtliche Trawrigkeit / welche keinen Troſt zuleſt. Dann gleichGeiſtliche Helle dar - ein Gott fuͤhret. wie in der Helle kein Troſt iſt: Alſo iſt auch in dieſer Geiſtlichen Helle kein troſt. Es duͤncket die Seele in dieſer noth / daß ſie gar ſterbe vñ verſchmachte Pſ. 77. daß ſie alle Creaturen anklagen vñ jr zu wider ſein. In dieſer angſt ſpricht ein Menſch mit David: Meine Seele wird ſich nichtPſal. 77. troͤſten laſſen. Es wird jhm alles entzogen beyde die Schrifft / vnd Gott ſelbſt. Vnd das iſt die Helle / darein Gott fuͤhret. Da hoͤret nichts zu dann ſchweigen vnnd ley - den / vnd im Hertzen grund mit einem vn - außſprechlichen Seufftzen daruͤber heu - len / vnnd klagen. Ja ein Menſch kan fuͤrS ſdieſer624Troſt wie man ſich in Geiſtlichedieſer Angſt vnd Pein nicht an Gott oder die Schrifft gedencken. Dann alle kreffte des Glaubens verſchwinden / vnnd ver - ſchmachtet der Menſch wie ein Schnecke. Wann nun Gott durch ſein verborgenes Wort vnnd Krafft den Menſchen nichtPſ. 38. 102. erhelt / ſo muſte er von ſtunden an verge - hen vnd zu nichte werden.

In dieſer Helle iſt Chriſtus Jeſus vnſer Herr auch geweſt / da er anfieng zu trawren / zu zittern / vnd zu zagen / mit dem Tode rang / vñ Blut ſchwitzete. Die - ſe Helle iſt viel groͤſſer angſt / dann der Todt / ja der Menſch wuͤnſchet jhm in ſolcher angſt den Todt. Dann derſelbe were ſeine Freude vnnd Erloͤſung. Wie offt wuͤnſchet jhm Job den Todt? Chri - ſtus vnſer Herr ſchwitzet Blut in die - ſer angſt / Aber am Creutz in Todes nothHellen - angſt. nicht. In dieſer Hellenangſt rieff Chriſtus vnſer Herr: Mein Gott / mein Gott / warumb haſtu mich verlaſſen? Da war aller troſt hinweg. Nichts deſto weniger aber war in dieſer Hellenangſt Gott beyjhm /625Anfechtung ſchicken ſol. jhm / vnnd erhielt jhn / ja iſt das nicht ein groß wunder / daß der Herr Chriſtus in ſeiner Hellenangſt keinen Troſt hat koͤnnen erlangen / vnd war doch mit Gott vereinigt? Dann er war ja GOtt vnnd Menſch Noch dennoch hat ſich Gott mit ſeinem Troſt ſo tieff fuͤr jhm verborgen / daß er keinen Troſt nach ſeiner Menſch - heit hoͤrete oder ſahe. Iſt nun das dem Herrn Chriſto wiederfahren / der mitGott bey vns in Hel lenangſt vnd erhelt vns ob wirsgleich nicht em - pfinden. der ewigen Gottheit vereinigt iſt / vnd mit dem hoͤchſten Freuden Oel geſalbet / vnd iſt gleichwol in ſolche Trawrigkeit gera - ten / was iſts dann wunder / das offt einen armen Menſchen ſolche betruͤbnuͤß vber - felt.

Darumb alles / was vns wiederfehret / das iſt zuuor vnſerm Herrn Jeſu Chri - ſto auch wiederfahren / als vnſerm Heup - te. Vnnd iſt demnach nicht vnrecht / daß die Glieder des Hauptes ſchmertzen em - pfinden.

Daran erkennet man nun / daß du ein wahres Glied Chriſti biſt / vnd einS ſ ijMit -626Troſt wie man ſich in GeiſtlicheApoc. 1.Mitgenoſſer ſeiner Truͤbſalen. Dann in dieſer Helle hat auch geſtecket der from -Eſa. 38. me Koͤnig Hißkias / da er ſprach: Ich winſele wie ein Kranich / vnnd kirre wieJob 7. vñ 30. eine Taube. Vnnd der H. Job / als er ſprach: Wann ich ſchon GOtt frage / ſo antwortet er mir nicht. Ruffe ich ſchon / ſo erhoͤrt er mich nicht. Item am 9. Wañ ich jhn ſchon anruffe / vnd er mich nit hoͤ - ret / ſo gleube ich doch nicht / daß er meine Stimme hoͤre. Vnnd der liebe David klagt auch faſt daruͤber im 6. 13. 38. vñ 88. Pſalm. Da man wunder ſiehet / wie die Heiligen Gottes mit der Hellen gerun - gen vnd gekempffet haben. Das zeigẽ an die wunderlichen affecten in Job vnnd David. Bald verzagen ſie / vnnd gleuben nicht / daß es muͤglich ſey / daß ſie GOttJob 19. erloͤſen koͤnne: bald hoffen ſie auff den Er - loͤſer / der noch lebet / als Job. Darumb Fleiſchliche Menſchen ſolche Wort vnd affecten nit verſtehen koͤnnen / wie man an Jobs Freunden ſiehet / denen muſte der arme Mann immer vnrecht geredthaben:627Anfechtung ſchicken ſol. haben: Aber ſie verſtunden die Waſſer - wogen nicht / die vber ſeine Seele gien - gen. Dann es wird ein Menſch in dieſer noth ſo tieff in den Vnglauben geſtuͤrtzet / daß er ſeines Glaubens nicht kan gewar werden. Es zeucht ſich alle Krafft des Glaubens in einen Punct / vnnd in einen vnaußſprechlichen Seufftzen / darin noch der Glaube jhm vnwiſſende verborgen iſt. Vnnd dieſer verborgene Glaube iſtGlaube vnd Chri - ſtus in dẽ geringſtẽ Seufftzen in hohen Anfechtẽ - gen. dann ſein Vnglaube / vnnd iſt ſeine Helle vnd Marter. Er kan in dieſer Helle nicht gleuben / daß jhm Gott gnedig ſey / vnnd ſpricht: Ach wie gern wolte ich gleuben / wann mir GOtt die gnade gebe. Die Schrifft kan jhn auch nicht troͤſten / biß daß das vngewitter fuͤr vber iſt. Da leſſet dann Gott dem Menſchen ſeine nichtig - keit ſehen / was er an jhm ſelber ſey / da - mit er gar zu nichte werde an allen ſeinen Krefften: Aber gleichwol leſſet ſich GottIn hohen Anfechtũ - gen erken - net der Menſch ſeine nich - tigkeit. noch in den verborgenen vnaußſprechli - chen Seufftzen gleich als von ferne ſehẽ. Vnd dardurch wird der Menſch erhaltẽ.

S ſ iijOb628Troſt wie man ſich in Geiſtliche

Ob nun wol ein Menſch in dieſer angſt marter vnnd zagen offt vngeduͤltig iſt / ja auch leſtert / ſo rechnet es jhm Gott doch nicht zu. Dann es geſchicht wieder den willen des Menſchen / vnnd iſt ſeine hoͤchſte Proba / dardurch jhn Gott leu - tert / vnd die Suͤnde außfeget. Ja es ſind keine groͤſſere Heiligen vnd liebeſte Kin - der GOttes dann eben dieſe / die ſolche Proba vnnd Zuͤchtigung außhalten / alsJob 42. Jer. 20. Glauben lernet mã nicht ohne Creutz. wir an Job / David / vnd Jeremia ſehen. Dann dieſe lernen den Glauben in der rechtẽ Schulen. Die zarten Creutzfleuch - tigẽ Heiligen meinen / ſie wollẽ den Glau - ben auff Polſtern ohne Creutz lernen.

2. Bedencke den herrlichen Spruch in den Klagliedern Jeremiae am 2. Der Herr betruͤbet wol / aber er verſtoſſet nicht ewiglich / ſondern er erbarmet ſich wieder nach ſeiner groſſen Barmhertzig -Vrſprung der hohen Anfechtũg keit. Dann er nicht von Hertzen die Men - ſchen plaget noch betruͤbt. Daraus lerne nun erſtlich / daß dich der Herr betruͤ - bet habe / aber er wird darumb nichtewig629Anfechtung ſchicken ſol. ewig verſtoſſen. Vnnd ob du gleich ſagen moͤchteſt: Solche gedancken / die ich lei - den muß / die ſind nicht von GOtt / ſon - dern vom Sathan. Das iſt recht: Der Sathan kan nichts thun ohn Gottes ver - hengnuͤß. Da nim nun abermal deinen Herrn Chriſtum Jeſum fuͤr dich. Gott verhieng dem Sathan / daß er den Herrn Chriſtum verſuchen muſte. DieMatth. 4. Wie man ſich in boͤ - ſe gedan - cken vnnd Spiritum blaſphe - miæ ſchi - cken ſol. Worte / vnd Fewrige Pfeile / die der Sa - than redete wieder Chriſtum / die waren freylich nit von Gott / ſondern vom Sa - than / aber es hatte es jhm gleichwol Gott erleubt vnd verhenget. Vnd ob wol Chri - ſtus vnſer Herr das alles leiden vnd auß - ſten muſte: So war er doch gleichwol Gottes liebſtes Kind / vnd kunte jhm der Sathan mit ſeinen Fewrigen Pfeilen nichts ſchaden / ob er gleich Chriſtum mit ſich fuͤhrete. Alſo werden dir des Teuf - fels Fewrige Pfeilen nichts ſchaden an deiner Seligkeit: Siehe den Job an / wie jhn der Sathan aus GOTtes verheng - nuͤß plagete vnd engſtete außwendig vnd inwendig an ſeiner Seelen / daß er denS ſ iiijTag630Troſt wie man ſich in Geiſtlichetag ſeiner Geburt verfluchete: Dennoch war Gott bey jm / vnd erhielt jn. Darumb ſpricht er am 10. Ob du ſolches gleich in deinem Hertzen verbirgeſt / ſo weiß ich doch / daß du daran gedenckeſt.

Wann du nun des rechten Vrſprungs deiner Trawrigkeit gewiß biſt / ſo muſtu auch dann lernen die Vrſachen / warumb es geſchicht.

1. So iſts wahr / wann Gottes WortVrſache der hohen Anfechtñ - gen. in vnſern Hertzen recht geſchmecket wird / ſo befinden wir vnaußſprechlichen troſt / friede vnd freude in vns / vnnd vbertrifft ſolcher Goͤttlicher troſt weit aller Welt Freude vnd Herrligkeit. Ja ſolcher troſt iſt ein Vorſchmack des ewigen Lebens. Dann das wahre lebendige Erkantnus Chriſti zeiget vns GOttes Vaterhertz / vnd die allerfeurigſte / bruͤnſtigſte / holdſe - ligſte Liebe Gottes / die nimmermehr ver - leſchet / ſondern ewig iſt als Gott ſelbſt.

Wann wir nun ſolchen Troſt offt empfindẽ / ſo kan vnſere verderbete Natur ſolche hohe Himliſche gabẽ aus ſchwach -heit631Anfechtung ſchicken ſol. heit nicht ertragen / fehet an viel von ſich ſelbſt zu halten / als weren wir allein fuͤr allen andern ſolche ſelige Leute / die Gott ſo hoch begabet hette / dagegen andere Leute nit ſeyn / fallen in Geiſtliche Hof - fart / ja verlaſſen wol den rechten Vr - ſprung dieſer Himliſchen Gaben / vnnd fallen auff vns ſelbſt. Solche verkerte vnart kan Gott an vns nicht leyden / weil ſie vns ſehr ſchedlich vnd hinderlich iſt an vnſerer Seligkeit / vnnd an der wahren Buſſe. Darumb entzeucht er vns den Himliſchen Troſt / vnd alles / daran wir luſt vnd freude haben / vnd verbirget ſich ſo tieff fuͤr vns / daß wir jhn weder ſehen noch hoͤren / noch empfinden in vnſern Hertzen. Leſſet vns alſo zwiſchen Himmel vnnd Helle ſchweben / daß wir ſelbſt fuͤr groſſer angſt nicht wiſſen / wo aus oder ein / ob wir gleuben oder nicht gleuben /Warumb Gott ſei - nen Troſt entzeugt. ob wir Hoffnung haben / oder gar keine haben / ob wir einen gnedigen oder zorni - gen GOtt haben / ob wir im Leben oder im Tode ſeyn. Diß heiſſet dann die entzie -S ſ vhung632Troſt wie man ſich in Geiſtlichehung des Goͤttlichen troſtes / welchen im gantzen 88. Pſalm beſchrieben iſt. Vnnd im 31. Pſalm ſpricht David: Ich ſprach in meinem zagen: Ich bin in deinen Au - gen verſtoſſen / dennoch hoͤreſtu die ſtim - me meines flehens / da ich zu dir ſchrey.

Dieſe entziehung iſt vns Menſchen nuͤtzlicher dann alle Herrligkeit dieſer Welt / obs gleich vnſerer Natur ſehrNutz der Troſtlo - ſigkeit. ſchwer vñ lang wird / Gottes ein zeitlang mangeln vnd entberen. Ja gantz vnd gar nicht fuͤhlen vnnd empfinden / Dann diß iſt ein leyden vber alles leyden. Dennoch aber lernet man in dieſer Fewr Proba die wahre Demut / die wahre Buſſe / die ver - ſchmehung der Welt / daß man ſich ab - wende von allen Creaturen / von allen Gaben / von allen vergenglichẽ Dingen / weil man ſiehet / das darin kein warhaff - tiger troſt der Seelen iſt. Vnnd ob wol das Hertz mit Himliſcher angſt vnd traw - rigkeit geſchlagen / daß ſichs zu Gott nit wol erheben kan: Dennoch iſt immer ein - heilig verborgen Jammern / ſeufftzen vndwehe -633Anfechtung ſchicken ſol. weheklagen nach Gott vnd ſeiner gnade. Daraus wir lernen / welch ein hohes gut Gott iſt / daß auſſer jhm kein wahrer be - ſtendiger troſt iſt. Diß kan man nicht ler - nen ohn in dieſer Schule. Vnd iſt dochHohe An - fechtungẽ die rechte hobe Schule. das hoͤheſte / daß wir in dieſer zeit lernen ſollen vnd muͤſſen. Dann wer dz nit weiß / der weiß nit was Gott vnd Chriſtus iſt.

O wolt GOtt / daß wir dieſe entzie - hung des Himliſchen Troſtes / vnd dieſe Gold Proba Gott zu ehren / vnd vns zum vnaußſprechlichen nutz williglich auſſne - men / vnd außwarteten: So wuͤrden wir wunder vber wunder ſehen. Dann ein Menſch der in ſolcher Proba geleutert iſt / iſt hernach das fein Gold / dem kein Fewr kein Waſſer / kein Vngluͤck ſchaden kan / weder Teuffel noch Todt. Dann er wird ſich hernach recht wiſſen zu verhalten im gluͤck vnd vngluͤck / wird im Creutz nicht verzagen / vnnd im gluͤck ſich nicht erhe - ben / nicht an jhm ſelbſt vnnd an ſeinen gaben gefallen tragen / ſondern in allen Dingen auff den Vrſprung alles gu - ten GOTT ſelbſt ſehen / vnnd desHerrn634Troſt wie man ſich in GeiſtlicheNutz der hohen An fechtungẽ.Herren willen allein (es ſchmecke gleich ſuͤſſe oder ſawer) fuͤr ſein hoͤchſtes gluͤck vnd Himmelreich halten / vnd alſo im gluͤck vnd vngluͤck ſeine einige freude / friede / luſt an Gott ſelbſt bloß vnd lauter allein haben.

2. So iſt derwegen hoch noth / daß wir elende Wuͤrmlein in dieſem ſchmeltz vnd probier Ofen mehr vmb gedult vnnd ſtill - halten / als vmb errettung bitten. DannIn Anfech tungẽ nit allein vm̃ erloͤſung ſondern vielmehr vmb ge - dult vnnd beſtendig - keit zu bit - ten. wann wir einmal die Schlacken vnſer boßheit recht abbrennen laſſen / Hoffart / Wolluſt / Geitz / Neid / ſo koͤnnen wir darnach in allem Creutzfewer deſto beſſer beſtehen / vnd werden vnſern eignen wil - len in Gottes willen gantz verlieren. Aber weil wir arme Menſchen gar zu ſchwach ſeyn / vnd die Proba nicht gern außſtehen / ſo begeren wir offt ehe errettung / ehe wir recht warm worden vnnd geleutert ſeyn. Vnd wann vns Gott offt nicht wieder vnſern willen in dieſem Ofen des Elen - des feſt hielte / ſo wuͤrden wir jhm aus der Proba entlauffen / vnnd nichts darnachfragen /635Anfechtung ſchicken ſol. fragen / ob wir recht geleutert oder gerei - nigt weren / oder nicht / wie die Kinder / die da immer aus dem Bade entlauffen wollen / ob ſie gleich noch nicht rein ſeyn. Gott aber ſiehet beſſer / was vns nutz vnd gut iſt dann wir ſelbſt. Darumb hat er v - ber vns das Creutzſtuͤndlein beſchloſſen / ſo lang es weren ſol / biß er ſeinen willen an vns vollbracht. Darumb ſollen wir mehr vmb gedult dann vmb errettung bitten.

3. Iſt gewiſſe Erloͤſung zu hoffen / vnd zu gleuben. Dann das iſt ja GOTtes Wort vnd ewige Warheit: Der Herr betruͤbet wol / aber verſioſſet nicht ewig - lich / ſondern er erbarmet ſich auch wie - der nach ſeiner groſſen Barmhertzigkeit. Dieſe Wort ſoltu offt in deinem Hertzen wiederholen / vnd iſt nicht daran gelegen / daß du viel Spruͤche lerneſt / ſondern daran iſt gelegen / daß du einen Spruch wol faſſeſt / vñ zu Hertzen nehmeſt. Dann wann du erſtlich einen gleubeſt / ſo gleu - beſtu ſie darnach alle / vnnd wann du erſt -lich636Troſt wie man ſich in Geiſtlichelich aus einem kanſt troſt faſſen / ſo haflu darnach aus allen troſt. Bete auch offt denn 88. Pſalm / da wirſtu ſehen / wie dein Hertz darin iſt abgemahlet. Daraus du lernen vnd vernehmen kanſt / daß fuͤr dir auch Leute geweſt ſeyn / die mit ſolcher Seelenangſt ſind beladen geweſt. Gott hat jnen aber gleichwol wieder geholffen / vnnd ſie wieder erfrewet / wie dann als bald der 89. Pſalm darauff folget: Ich will ſingen von der gnade des Her - ren. Das wird an dir auch war werdẽ /GOtt er - loͤſet ge - wißlich aus der Hellen - Angſt / vñ leſſet den Menſchẽ nicht da - rinnen. das glaube nur gewiß. Dann der Hertz - plagende vnruhige Geiſt hat mie geruhet mit ſeinen Fewrigen Pfeilen vom anfang her / ſondern allezeit als der rechte See - lenfeind die Hertzen geplaget vnd geque - let mit furcht / ſchrecken / angſt / vngedult / verborgener innerlicher Leſterung / zweyf - fel / vnglauben / boͤſen gedancken / die im Hertzen auffſteigen / wie das vngeſtuͤm - me Meer / ſo immer ein Wellen vnd Buͤl - gen nach dem andern außwirfft / daß hiePſ. 42. eine Tieffe / vnnd da eine Tieffe brauſet /bald637Anfechtung ſchicken ſol. bald furcht bald ſchrecken / bald Trawrig - keit / vnd offte ſo groſſe Traurigkeit / daß keine Creatur in der Welt iſt / die ein ſolch betruͤbtes Hertz erfrewen kan / ja was an - dere Leute erfrewet / das betruͤbet einen ſolchen angefochtenen Menſchen alſo / daß jhm die gantze Welt mit jhrer luſt ein bitter Creutz iſt / ja daß jhm GOTT ſelber zuwieder vnnd ſchwer iſt / wie JobJob 7.8. ſpricht / ſonderlich wann dein eigen Ge - wiſſen zu dir ſagt: Du haſt keine huͤlffe bey GOtt / Pſal. 3.

Dawieder kanſtu keine beſſere Artz - ney finden / dann daß du es alſo macheſt / wie Job / David / vnnd alle Heiligen. 1. Daß du dieſe Trawrigkeit ſo lang ley - den muſt / biß ſie GOtt von dir nimpt /Artzney wieder Geiſtliche Trawrig - kert. du muſt diß Wetter laſſen vber dich ge - hen / Eſ. 54. Mich. 7. Ich will des Herꝛn zorn tragen. Denn ich habe wieder jhn ge - ſuͤndigt / biß ich wider meine luſt an ſeiner gnade ſehe. Dañ es ſtehet in keiner Crea - turẽ gewalt einen erfrewen / welchẽ Gottbetruͤ -638Troſt wie man ſich in Geiſtlichebetruͤbet. Dann der verwundet / der muß auch heilen / der in die Helle fuͤhret / der muß auch wieder herauß fuͤhren / der toͤd -1. Sam. 2. tet der muß auch wieder lebendig machen.

2. So muſtu in deiner Seelennoth nit hoͤren das Vrtheil der Welt / wie Job thet / da jhn ſeine Freunde alſo vervrthei - len / auch nicht was der troſtloſe Geiſt der Teuffel ſagt / auch nicht was dein eigen Hertz / Gewiſſen / Fleiſch vnd Blut ſagt / Denn ſo dich dein eigen Hertz verdampt /1. Joh. 3. ſpricht S. Johannes / ſo iſt doch GOtt groͤſſer dann dein eigen Hertz / ja groͤſſer dann die Welt vnd alle Teuffel. Son - dern du muſt hoͤren / was Gott von ſol - chen elenden Leuten ſagt Eſa. 66. Ich ſehe an den Elenden / vnd der betruͤbtes Geiſtes iſt. Eſa. 48. Ich will dich auß - erwehlt machen in dem Ofen des Elen - des.

3. Du muſt auch hoͤren / was dir die Exempel aller Heiligen ſagen. Siehe dich vmb / ob auch vor dir ſolche elende Leute geweſen / vnd ob jhnen auch Gottgeholf -639Anfechtung ſchicken ſol. gehuͤlffen. Wie klagt David im 13. Pſalm: Wie lang wiltn mein ſo gar ver - geſſen? Siche aber ob jhn Gott in ſolcherExempel der Erloͤ - ſung an - zuſchawẽ. noth gelaſſen? Nein / Dann er ſpricht: Ich hoffe aber darauff / daß du gnedig biſt / Mein Hertz frewet ſich / daß du ſo gerne hilffſt. Im 77. Pſalm klagt er: Hat bann der Herr vergeſſen gnedig zu ſeyn? Ließ jhn aber GOtt in ſolchem Creutz? Nein: Dann er ſpricht: Ich muß das leyden / die rechte Hand des Herrn kan alles endern. Jerem. 17. Kam GOtt dem Propheten ſchrecklich fuͤr / da er ſprach: Sey du mir nur nicht ſchrecklich. Ließ dañ Gott den Propheten in dieſem ſchre - cken? Nein. Dann er ſprach: Meine Zu - nerſichtin der noht. Rieff nicht der Herr Chriſtus: Mein GOtt / warumb haſtu mich verlaſſen? Ließ jhn aber Gott in ſol - cher noht? Nein. Dann er ſpricht: Ich will deinen Namen predigen meinẽ Bruͤ - dern. Vnd im 118. Pſalm: Ich werde nit ſterben / ſondern leben / vnnd des Herrn Werck verkuͤndigen.

T tAlſo640Troſt wieder die hohen

Alſo muſtu mit Chriſto vermyrreten Wein trincken / mit Gallen geſpeiſet werden / auff daß du mit vber ſeinem Tiſch im Himmel den ewigen frewdenEſa. 65. Hebr. 13. Wein trinckẽ muͤgeſt. Lerne ſeine ſchmach tragen / ſo wirſtu auch ſeine HerrligkeitRom. 8. tragen. Lerne dem gecreutzigten Chriſto gleich werden / ſo wirſtu auch dem ver - klerten Chriſto gleich werden.

Das L III. Capittel. Troſt wieder die hohen Geiſtlichen Anfcchtungen.

Eſa. 41. Die Elenden vnd Armen ſuchen Waſſer / vnnd iſt nichts da / jhr Zunge iſt verdorret fuͤr durſt / Aber ich der HErr will ſie erhoͤren / Ich der Gott Iſrael will ſie nicht verlaſſen. ()

IN dieſem Spruͤchlein troͤſtet der H. Geiſt alle hochbetruͤbte / traw - rige / vnd angefochtene Hertzen /denen641Geiſtlichen Anfechtungen. denen nach troſt duͤrſtet / vñ denen nit an - ders zu ſinne iſt / ſie muͤſſen gar verzagen / Gott habe ſie gar verlaſſen vñ verſtoſſen / wie der 88. Pſal. ſpricht: Meine Seele iſt voll Jammers / vnd mein Leben iſt nahe bey der Helle. Dieſelbe ſollen in jhren ho - hen Geiſtlichen Anfechtungen folgende Hauptgruͤnde des troſtes mercken / vnnd zu Hertzen nehmen.

1. Daß die hohen ſchweren Anfech - tungen / trawrige ſchwermuͤtige gedan - cken / ſchrecken der Seelen / angſt des ge - wiſſens vns nit wiederfahren ohne Got - tes ſonderbarem rathe vnd gnedigen wil -Anfechtuͤ - gen kom - men aus Gottes vergeng - nis. Matt. 10. len / wie hart auch der Sathan dem Men - ſchen zuſetzet. Darn Gottes Wort bezeu - get / daß der Sathan vber keine Creatur / auch vber die geringſte nit einige gewalt habe / auch nit vber ein Haͤrlein oder vber einen Strohalm. Dañ alle Creaturẽ ſind in Gottes Hand / vnd nit in des Teuffels gewalt / Ebr. 1. Vielweniger hat er gewalt vber einen Menſchẽ / es werde jm dañ vonT t ijGott642Troſt wieder die hohenMatth. 9. Job 1.GOtt erlaubt vnnd zugelaſſen / wie die Gergeſeniſche Hiſtoria / vnd das Exem - pel Jobs bezeugen.

Dieweil er nun nicht macht hat vber ein eniges Glied oder Haͤrlein des Men - ſchen / vieliveniger vber ſeine Seele / daß er dieſelbe alſo engſte / quele / vnd peinigeTeuffel hat vber keine Crea turmacht. ohn Gottes ſonderlichen raht vnd willen / darumb der 34. Pſalm ſpricht: Der En - gel des Herrn lagert ſich vmb die her / die jhn fuͤrchten / vnnd hilfft jhnen aus. Zach. 2. Ich will eine Fewrige Mawre vmb dich her ſeyn. Pſ. 17. Behuͤte mich wie ein Augapffel im Auge. Daher auch der 88. Pſalm Gott dem Herrn ſol - che hohe Anfechtungen zuſchreibet / als er ſpricht: Du haſt mich in die Gruben hinunter gelegt in die Finſternuͤß / vnd in die tieffe. Dein grimm drucket mich / du drengeſt mich mit allen deinen Fluten. Ich leyde dein ſchrecken / daß ich ſchier verzage. Wie auch der 71. Pſalm ſolche Seelenangſt Gott dem Herren zu - ſchreibet. Du leſſeſt mich erfahren vielvnd643Geiſtlichen Anfechtungen. vnd groſſe angſt / vnd macheſt mich wie - der lebendig / vnd holeſt mich wieder aus der tieffen Erden heraus. Vnd die Pro - phetin Hanna 1. Sam. 2. ſchreibet ſolches alles Gott dem Herrn zu: Der Herr toͤdtet vnnd machet wieder lebendig. Er fuͤhret in die Helle vnnd wieder heraus. Dann wie GOttes Sohn erſtlich in die Helle muſte / ehe er gen Himmel fuhr: Alſo machts auch Gott mit ſeinen Glie - dern der wahren Chriſten. Vnd geſchicht alſo: Wann GOtt dem Menſchen ſeine Suͤnde in ſeinem Gewiſſen offenbaret / vnnd jhm empfinden leſſet die krafft vnnd macht der Suͤnde / den Stachel des To - des / den Fluch des Geſetzes / die Fewri - gen Pfeile des Sathans: So wird des Menſchen Seele ſo hoch betruͤbet / vnndWie vnnd woraus die hohen Anfechtũ - gen entſte hen. Pſal. 77. felt in ſo groſſe Trawrigkeit / daß ſie alles Menſchlichen vnnd Goͤttlichen troſtes beraubet wird / vnd will ſich auch nit troͤ - ſten laſſen / wie David ſagt: Ihr duͤncket / es ſein jhr alle Creaturen zu wieder. Es kan ſie auch nichts erfrewen / ſie achtetT t iijſich644Troſt wieder die hohenſich alles troſtes vnwirdig / ringet mit der verzweyffelung / vnnd kempffet mit der Hellen / fuͤhlet der Hellen angſt. Das iſt[i]nferni morſus Baͤche Belial. Pſal. 18. der rechte morſus inferni / ja die Helle ſelbſt / die keinen troſt zuleſt / ſondern da iſt eitel angſt / zittern vnd zagen. Da hat dañ GOtt warlich einen ſolchen Menſchen recht in die Helle gefuͤhret / nicht zwar Leiblich / ſondern Geiſtlich nach der See - len. Vnd gehet jm gleich wie dem Herrn Chriſto am Oelberge / da er anfieng zu trawren / zittern vnd zagen / mit dem To - de zu ringen.

Warumb aber GOtt ſolches biß - weilen zuleſſet / daß ſeine gleubige Kin - der / die in Chriſtum getaufft / vergebung der Suͤnde haben / durch den Glauben ſind gerecht gemacht / vnd zum ewigen Le - ben auffgenommen / von leidigen Teuffel ſo kleglich vnd jemmerlich mit ſchweren helliſchen gedancken angefochten / geque - let / vnd zu geiſtlichen Maͤrterer gemacht werden / iſt ohne noth / daß wir darnach forſchen / es ſoll vns gnug ſeyn / daß wiraus645Geiſtlichen Anfechtungen. aus Gottes Wort verſichert ſeyn / GottAnfechtũ - gen alle gut zur Scligkeit. ſelbſt hab vns dieſe Anfechtung zugeſchi - cket. Was nun von Gott kompt / das ge - reichet den Menſchen nicht zum verder - ben / ſondern zur Seligkeit / darzu dann alles dienẽ muß / was denen wiederfehret die Gott liebẽ. Doch ſind auch etliche vr -Rom. 8. ſachen geoffenbaret / warum̃ der gnedige vñ trewe Gott ſeinẽ lieben Kindern / ſolche hohe Anfechtungen wiederfahren leſſet.

1. Dz wir die Krafft der ſuͤnde / welche iſt der Stachel des Todes / wie S. Pau -1. Cor. 15. Vrſachen der An - fechtungẽ. lus ſpricht: Der Stachel des Todes iſt die Suͤnde: Die Krafft aber der Suͤnde iſt das Geſetz recht verſtehen lernen / den Fluch des Geſetzes / den Zorn Gottes wieder die Suͤnde / vnnd ſein geſtrenges Gericht vñ Gerechtigkeit / vnd die groſſe Tyranney des Teuffels. Dañ das hengt alles an einander / daruͤber ď Koͤnig Hiß - kia klagt Eſa. 38. Da er winſelt wie ein Kranich / vnnd kirret wie eine Taube / da jhm vmb troſt ſehr hange war.

2. Daß wir die hochheit vnd wirdigkeit des Leidens Chꝛiſti vñ ſeine groſſe woltha -T t iiijten646Troſt wieder die hohenten der tewren Erloͤſung erkennen lernen / daß er vns von der ewigen Hellenangſt vnd Pein erloͤſet durch ſeine Seelenangſt / Pſal. 22.

3. Daß wir dem Ebenbilde Chriſti ehnlich werden / Rom. 8.

4. Daß wir die Krafft des Worts Gottes / vnd den Goͤttlichen Troſt darin ſchmecken lernen / Eſa. 28. Die Anfech - tung lehret auffs Wort mercken.

5. Daß wir Glauben / Liebe / Hoff - nung / Demut / Gedult / Gebet vben ler - nen / auff daß vnſer Glaube koͤſtlicher er - funden werden dann das vergengliche Gold / durchs Fewer bewehrt / 1. Petr. 1.

6. Auff daß wir hernach deſto kreffti - ger getroͤſtet werden / wie S. Paulus ſpricht: Wie wir des Leydens Chriſtiviel2. Cor. 1. haben: So werden wir auch deſto reich - licher getroͤſtet werden.

7. Auff daß wir im ewigen Leben deſto herrlicher werden / Rom. 8. doch daß wir mit leidẽ / auff daß wir auch mit zur herr - ligkeit erhoben werden.

Vnd647Geiſtlichen Anfechtungen.

Vnnd wann wir gleich dieſen hohen Nutz nicht wuͤſten / noch GOttes Raht verſtuͤnden / ſollen wir vns daran gnuͤgen ſaſſen / daß wir alſo verſuchet werden. Dann ſind vnſere Haar auff vnſerm Heupte gezehlet / wie vielmehr will Gott der Herr vnſere Seele behuͤten / das die - ſelbe nicht durch den Teuffel in verzweyf - felung geſtuͤrtzet werde. Daraus verſte - hen wir nun wol / daß aus dieſen Anfech - tungen niemand erretten kan dann Gott allein durch Chriſtum / der den SathanIn hohen Aufechtũ - gen allein bey Chri - ſto raht vnd troſt zu ſuchen. vnd die Welt vberwunden / Joh. 12. vnd 16. Darumb allein bey Chriſto / vnd ſonſt bey keiner Creatur huͤlffe / raht vnd troſt in dieſen noͤten zu ſuchen.

2. Sollen wir die hohen Anfechtun - gen nicht anſehen / als zeichen des zorns Gottes / ſondern als zeichen der gnaden / alldieweil vns Gott in die Zahl derſelbi - gen bringen vnd auffnehmen will / die er in dieſer Welt ſo hoch verſuchet hat / als da iſt der H. David / der im 18. Pſalm klagt: Des Todes Bande vmbfiengenT t vmich.648Troſt wieder die hohenmich. Vnd im gantzen 88. Pſalm klagt er vber Seelen vnd Hellenangſt. Der Pro - phet Jeremias / am 20. wuͤnſchet / daß ſei - ner Mutter Leib ſein Grab geweſen we - er / vnd er nicht lebendig ans Liecht wereGroͤſte Heiligen haben die groͤſten Anfechtũ - gen erdul - det / vnnd ſind doch bey Gott in gnaden geweſt. kommen / ſo duͤrfft er ſolch vngluͤck nicht ſehen. Item der H. Job / der da ſpricht am 6. Wann man meinen jammer auff einer wagen wegen moͤchte / ſo wuͤrde er ſchwerer ſein dañ der Sand am Meer / Meine Seele wuͤnſchet erhangen zu ſeyn. Item S. Paulus / welchen des Sathans Engel mit Feuſten geſchlagen. 2. Cor. 12. Ja der Sohn Gottes ſelbſt / wie zittert ſein heiliger Leib / wie zaget ſeine Seele / wie rufft er: Mein Gott / mein Gott war - umb haſtu mich verlaſſen?

Aus dieſen Exempeln lernen wir / daß wir nicht die erſten ſeyn / die mit ſo ho - hen Anfechtungen verſuchet vnd geque - let worden ſeyn / ſondern daß es auch zu - uor den allerhoͤheſten Heiligen wieder - fahren ſey. Daraus wir den Troſt ſche - pffen ſollẽ / daß wie jenne in dieſer Todts - noth / vnd Hellenangſt nicht ſind verlaſ -ſen:649Geiſtlichen Anfechtungen. ſen: Alſo werde Gott vns auch erretten. Vnd gleich wie Leibliche Kranckheiten / Verfolgungen / vnd dergleichen / Zeichen der Liebe GOttes ſind / dardurch vns Gott ſeinem Sohn ehnlich machen wol - le / vnnd wir alſo ſolch Leiblich CreutzIſt Leib - lich Creutz ein zeichen dergnadẽ / viel mehr der Seelen Creutz. Chriſto geduͤltig nachtragen muͤſſen / wieviel mehr muß ein Zeichen der gna - den ſeyn / vnnd einer groſſen zukuͤnfftigen Herrligkeit / wann er nicht allein vnſerm Leibe / ſondern auch der Seelen jr Creutz aufflegt / dieſelbige leſſet kempffen / vnnd weidlich ſchwitzen / auff daß der Menſch am Leibe vnnd Seele leide / vnnd ſeinem Herrn Chriſto deſto ehnlicher werde? Dann gleich wie der H. Leib Chriſti in ſeinem Leydẽ voller ſchmertzen vñ kranck - heit war vom Haupt biß auff die Fußſoh - len / vnnd ſeine allerheiligſte Seele volle jammers / trawrens vñ zagens: Alſo muß ſein geiſtlicher Leib / alle ſeine geiſtliche Glieder vnd gleubigen dieſes ſchmertzens innerlich vñ euſſerlich theilhafftig werdẽ / auff daß auch ſein gantzer geiſtlicher Leibvoller650Troſt wieder die hohenvoller ſchmertzen werde / gleich wie er warGeiſtli - cher Leib Chriſti / muß auch vol ſchmer tzẽ werdẽ / biß alle Geiſtliche Glieder Chriſto ehnlich werden. in ſeinem Leyden. Vnnd das meinet S. Paulus / als er ſpricht Col. 1. Ich erſtat - te an meinem Fleiſch / was noch mangelt an den Truͤbſaln des Leibes Chriſti. Bi - ſtu nun ein wahres Glied an dem Geiſt - lichen Leibe Chriſti / ſo muſtu die ſchmer - tzen mittragen / auff daß erſtattet werde / was noch mangelt an den Truͤbſaln / auff daß ſie voll werden. Darumb wir vns der Truͤbſaln frewen ſollen / weil dieſer zeitRom. 8. leyden nicht werth iſt der Herrligkeit / die an vns ſoll geoffenbaret werdẽ. Daß wir derwegen jn ſolchen hohen AnfechtungenMich. 7. den Veterlichen Zorn Gottes lernen mit gedult tragen / vnnd der huͤlffe GOttes erwarten / im Gebet nicht muͤde werden / ſondern gedencken: Diß iſt die zeit des Zorns / wie es ſich anſehen leſt / Die gna - denzeit wird auch kommen / wann der Zorn aus iſt / Eſa. 54.

3. Soll vns das hertzlich troͤſten / daß in ſolchem ſchweren Seelenkampff vnnd ſtreit der Herr Chriſtus vns den Sieghat651Geiſtlichen Anfechtungen. hat verheiſſen vnd zugeſagt / obs wol hart zugehet / wie der Herr ſpricht Johan. 16. Siehe es kompt der Fuͤrſt dieſer Welt / vnd hat nichts an mir. Seit getroſt Ich hab die Welt vberwunden / denn gleich wie Davids Sieg wieder den Goliath / des gantzen Iſraels Sieg war / alſo iſt Chriſti Sieg / aller gleubigen Sieg. Apoc. 12. Nun iſt das Heyl vnd die Macht / vnd das Reich vnſers Gottes ſeines Chriſti worden / weil der verworffen iſt / der ſie verklagt Tag vnd Nacht vor Gott / vnd ſie haben jhn vberwunden durch des Lambs Blut / vnnd durchs Wort jhrer Zengnuͤß. Vnd ob wol der Teuffel / derChriſti Sieg iſt aller Gleit bigen. Gathan die Angeſochtenen mit dieſen Fewrigen Pfeilen ſcheuſt / vnd jhnen ein - bleſet: Du biſt verdampt vnnd verloren / Gott hat dich verſtoſſen / du biſt mein / hoͤre auff zu hoffen / zu gleuben / zu beten / es iſt aus: So Sprich: Hoͤre Teuffel / du haſt nicht macht mich zu verdammen / das Gericht iſt dir nicht befohlen / oder das Vrtheil zu ſprechen / wer verlorenoder642[652]Troſt wieder die hohenoder verdampt ſein ſolle / ſondern die gleubigen ſollen die Welt vnd die Teuf - fel am Juͤngſten Tage richten / 1. Cor. 6. Ja der Sohn Gottes hat den Fuͤrſten dieſer Welt ſchon gerichtet / Joh. 16.

4. Ob man wol der greulichen leſte - rung des Sathans ſich nicht erwehren kan / welches man nennet den Spiritum blaſphemiæ: Dennoch weils erſtlich wieder des Menſchen willen geſchicht / vñ zum andern der Menſch zwar dawieder ſtrebet mit ſeufftzen / gedencken / beten / mit Hertzen vnd Munde ſich wehret / kan aber nicht / vnd muß die leſterung leiden / ſo ſoll er dieſen troſt merckẽ / daß jm Gott dieſe leſterung nicht zurechnet. Weils wieder ſeinen willen geſchicht / ſo ſind die Leſterungen nicht ſeyn / ſondern des Teuffels / er muß es nur leiden / wie David klagt Pſ. 77. Ich muß das leiden / die rechte Hand des Herrn kan alles en -Troſt wie der die Fewrige Pfeile des Sathans. dern. Dann ſolche Leſterung eſt paſſio animæ, es iſt ein leyden der Seelen / non actio, nit ein werck der Seelen / darumbrech -643[653]Geiſtlichen Anfechtungen. rechnets Gott nicht zu. Dann es gehet gleich als wann die Feinde fuͤr der Stadt Fewr hinein ſchieſſen / das kan man jhnen nicht wehren / man muß ſie jhren muht - willen treiben laſſen / aber dem Fewr weh - ren wie man kan: Vnd Hißkia dem Rab -Eſ. 36. ſace nicht wehren konte ſeine Leſterung: Alſo kan man auch dem Sathan nit we - ren daß er nicht außſpeye ſolche Helliſche Funcken. Das laß deine Seele leyden mit ſchmertzen vnnd ſeufftzen / Rede aber die Leſterung nicht aus / ſondern halt deinen Mund zu / wie Jeremias Thren. 3. vnnd dempffe das inwendige Fewr / daß es nit außſchlahe. Ja weil ſolche Anfechtungen wieder deinen willen geſchehen / ſo iſt noch verhanden der kempffende Glaube / dar - wider die Anfechtung ſtreitet.

5. So iſt das noch ein groſſer troſt / wann noch ein Seufftzerlein im Hertzen iſt / das nach Gott ſeufftzet / vnd noch ein Woͤrtlein oder Spruͤchlein aus Gottes Wort verhanden iſt. Dañ das iſt noch dz kleine Fuͤncklein des Glaubens vñ Gei - ſies / ſo da iſt als ein glim̃endes Toͤchtlein:Das654Troſt wieder die hohenZeichen / das in An - fechtungẽ der Glau - be noch da iſt.Das wird GOTT nicht außleſchen laſſen / ſondern in der groͤſten Schwach - heit erhalten. Dann das iſt eine gewiſſe Proba / daß der H. Geiſt noch da iſt / wie - wol tieff / tieff verborgen. Datumb ſol man nicht alsbald verzagen. Dañ gleich wie der Leib noch nicht todt iſt / wann ſich das Hertz vnd Othem noch reget: Alſo iſt der Geiſt Gottes vnd Glaube noch nicht gentzlich hinweg / wann nur noch ein klei - nes dunckeles Seufftzerlein / vnnd ein Woͤrtlein Gottes verhanden iſt. Dann das iſt noch das geiſtliche innerliche Le - ben der Seelen / die noch nicht gentzlich todt iſt. Vnnd das muß man ſo lang vor lieb nehmen / biß der frewdige Geiſt wie - derkompt / vnd die Seele wieder gentzlich geſund wird. Dann Ich ſetze den Fall / es konte ein Menſch nicht mehr beten / ja auch nit mehr ſeufftzen / ja auch nit mehr ans Gebet gedencken. Da ſcheinets wol / als were es alles aus: Dennoch wann jm angſt vnd bange darnach iſt / er wolte gern beten / kans aber nicht / thut jhm wehe inſeinem645[655]Geiſtlichen Anfechtungen. ſeinem Hertzen / vnnd das iſt ſeine groͤſte klage vnd angſt / daß ers nicht kan / Den -Was das rechte Ge - bet in An - fechtung ſey. noch ſo betet er eben damit / daß ers kla - get / er koͤnne es nicht / vnd das jhm inner - lich wehe thut / daß er nicht kan beten / vnd daß jhm hertzlich leyd iſt / Eben damit betet er am hefftigſten. Vnd das iſt das vnaußſprechliche ſeufftzen des Geiſtes / Rom. 8. Vnd da wirds wahr / was E - ſaias geſagt hat am 41. Die Armen vnd Elenden ſuchen Waſſer / vnnd iſt nichts da / jhre Zunge iſt verdorret fuͤr durſt / A - ber Ich der Herr will ſie erhoͤren / Ich der Gott Iſrael will ſie nicht verlaſſen.

6. Ob gleich ein Hertz noch ſo hart angefochten iſt / vnd elend: So bezeuget doch Gottes Wort / daß GOtt in jhm wohne / vnd nicht der Sathan. Der Sa - than iſt drauſſen / darumb ſtuͤrmet er als ein Feind dein Hertz mit ſeinen liſtigen anleuffen. 1. Joh. 4. Der aber in vns iſt / iſt groͤſſer dann der drauſſen in der Welt iſt. Vnd Eſa. 41. Fuͤrchte dich nicht / IchEſa. 41. bin bey dir. Weil nun dieſe SeelennohtV udas656Troſt wieder die hohendas allergroͤſſeſte Elend iſt / daß einem Menſchen wiederfahren kan / vnnd aberEſa. 66. Eſa. 61. Gott verheiſſen hat / daß er die Elenden anſehe / ja bey jnen wohne / vnd Chriſtum geſand hat den Elenden zu predigen / vnd alle Trawrigen zu troͤſten / vnd auch der Sohn Gottes Matth. 11. ſolche Elende zu ſich ruffet / ſo ſoll keiner in ſolchem E - lende verzagen. Dann ſolche Leute hat Gott befohlen zu troͤſten / Eſa. 35. Ster - cket die muͤden Hende / erquicket die ſtrau - cheln Knie / ſagt den verzagten Hertzem Seit getroſt / fuͤrchtet euch nit / vnd Gott hat geſagt: Meine Krafft iſt in den ſchwa - chen mechtig. Vnd Paulus ſagt 2. Cor. 12. Wañ ich ſchwach bin / ſo bin ich ſtarck: Ja es iſt doch noch Gottes gnade bey dem Menſchen / wenn jm gleich des Sathans Engel mit Feuſten ſchlegt. 1. Corinth. 12. Denn eben zu der zeit ſprach GOtt zu Paulo / laß dir an meiner gnade gnuͤgen.

7. So hat man kein Exempel / das Gott jemals einen Menſchen in ſolchem Elende / vnd hohen Anfechtungen hettever -657Geiſtlichen Anfechtungen. verlaſſen / ſondern vielmehr zeugnuͤß /Eſa. 48. daß wann Gott einen Heiligen im Ofen des Elendes wol geleutert vnd geſchmol - tzen / die Erloͤſung gewiß darauff erfol - get. Vnnd das iſt ein groſſer troſt / wann das Pruͤffeſtuͤndlein aus iſt / vnnd der Menſch die Proba außgehalten / gewiß die Erloͤſung kommen wird. Dann wann die zeit der Truͤbſal ein Ende hat / ſo koͤmpt die Frewde vberſchwenglich / Vnd Job am 5. Selig iſt der MenſchNach der Anfech - tung wird man ge - wiß getroͤ ſtet. den GOtt ſtrafft. Darumb weigere dich der Zuͤchtigung des Allmechtigen nicht / Dann er verletzet vnd verbindet / er zer - ſchmeiſt / vnnd ſeine Hand heilet. Auß ſechs Truͤbſaln wird er dich erloͤſen / vnnd in der ſiebenden wird dich kein vbel ruͤh - ren. Er fuͤhret in die Helle / vnnd wie - der herauß. Darumb ſoll kein Menſch verzagen in ſeinen hohen Anfechtungen / ſondern eine kleine zeit lernen des Her - ren Zorn tragen / biß die Sonne der Gnaden wieder auffgehet. DannV u ijden648[658]Troſt wieder die hohenPſ. 97. 112.den Gerechten gehet immer das Liecht wieder auff im Finſterniß / vnnd freude den frommen Hertzen.

8. Taulerus zehlet die hohen Anfech - tungen vnter ſonder gaben Gottes / vnd beſchreibet ſie alſo: In groſſen Anfech - tungen nimpt Gott alles dem Menſchen was er jhm zuuor geben hat / vnd will den Menſchen recht vnd ſich ſelbſt zum grun - de weiſen / vnd will daß der Menſch ſehe vnd bekenne / was er von jhm ſelbſt habe vnd vermoͤge / vnd wie er ſich in dieſer en - tziehung ſeiner gnade / halten wolle: Hie wird recht der Menſch von grunde gelaſ - ſen / daß er nit weiß von Gott / noch von gnade / noch von Troſt / noch von allem daß er je zuuor gehabt / denn es wird jhm alles entzogen / verborgen vnd genom̃en / daß der Menſch denn nicht weiß wo er ſich hin wenden oder kehren ſoll. In die - ſer entziehung iſt dem Menſchen hoch von noͤten / daß er ſich koͤnte haltẽ als es Gott von jhm haben will / daß er ſich koͤnte laſ - ſen den freyen willen Gottes / vnnd ſeinenVrtheil /649[659]Geiſtlichen Anfechtungen. Vrtheil. Es iſt wol ein groſſes daß die H. Maͤrterer jr Leben durch Gottes wil - len gelaſſen haben / denn ſie hatten Got - tes troſt von jnen / daß ſie alle marter vor ein geſpoͤt hielten / vnd froͤlich ſtuͤrben / a - ber es iſt kein Leyden dieſein gleich / wenn man Gottes vnd ſeines troſtes entperen muß / denn das gehet vber alle ding. Denn hie ſtehet im Menſchen wieder auff alles Vngluͤck vnd gebrechen / vñ Anfechtung die der Menſch zuuor vber wunden hat / die fechten den Menſchen wieder an / in in der allerſchwereſten weiß / viel mehr denn da der Menſch in Suͤnden lag: Hie ſolte ſich der Menſch demuͤtiglich leyden / vnd ſich den Goͤttlichen willen laſſen / ſo lange als es GOtt von dem Menſchen haben wolte. Solche Leute nennet auch Taulerus die Geiſtlichẽ Maͤrterer / denn ſie werden alles Geiſtlichen Troſtes be - raubet / daß ſie ni[ch]t wiſſen wohin ſie ſich kehren ſollen / vnd werden ſehr gepeiniget inwendig / wenn ſie ſehen / daß andere Menſchen gnade vnd gaben des TroſtesV u iijhaben /660Troſt wieder die hohenhaben / die ſie nicht haben / vnd meinen al - lezeit es ſey jhre Schuld daß ſie die gna - de auch nicht haben. Vnnd ob ſie gleich mehr fleiß dar zu thun / ſo werden ſie doch inwendig immer duͤrrer vnnd inwendig haͤrter denn ein Stein / vnnd koͤnnen vn - terweilen kein gedult haben / vnnd werden alſo mehr mißtroſtig vnd gepeiniget / vnd jhnen duͤncket ſie erzuͤrnen Gott in allen dingen / vnnd das iſt jhnen von Hertzen leid. Endlich begeben ſie ſich in die gedult wiewol es jhnen ſchwer wird / vnd leyden ſich biß es GOtt wandelt / denn ſie ſehen wol daß ſie nicht fuͤrder moͤgen kommen. Vnnd dardurch werden ſie den Heiligen gleich / in einer viel edlern weiſe / denn ſo werden ſie Chriſto ehnlicher / deſſen Le - ben voll war des Leydens. Dieſe Geiſt - lichen Maͤrterer ſind die Ermeſten / vn - ter allen ſo da leben nach jhren Gedan - cken / aber fuͤr Gott ſind ſie die reichſten / ſie ſind die allerferneſten von Gott nach jhren Gedancken / vnnd ſind doch Gott die allernegſten / Sie ſind nach jhren Ge -dancken661Geiſtlichen Anfechtungen. danckẽ die aller verworffeſten von Gott / vñ ſind doch die aller außerkorneſten. Sie ſind nach jhren empfinden Gott die aller vngetreweſten / wiewol ſie jhm ſind die al - ler getreweſten vñ Ernſthafften ſeine Eh - re zufordern / vnd ſeine vnehr zu hindern / denn darumb leiden ſie. Sie befinden ſich angefochten mit mancherley dingen / dar - in ſie nicht verwilligen wollen / welches jhnen ein ſchwerers leyden anthut / denn daß ſie des natuͤrlichen Todes ſterben ſollen / denn ſie wollen gerne jhre Geb[r]e - chen vberwinden / vnd die Tugend vben / vnd koͤnnen doch nit / daß macht jnen ein groffes Leyden / vnnd inwendige bekuͤm - mernuͤß / als ob ſie Helliſche Pein litten / vnnd das koͤmpt jhnen von groſſer trewe vnd liebe ſo ſie zu Gott tragen / wiewol ſie daſſelbe an jhnen nicht wiſſen. Sie halten ſich fuͤr die allerboͤſeſten Men - ſchen die in der Welt ſeyn / vnnd ſind die aller reineſten vor Gott:

Darumb ſollen ſie in ſtiller gedult vnnd ſanfftmut außwarten / denn leydenV u iiijſie652[662]Troſt wieder die innerliche Anfechtungſie es nicht ged[u]ltig auß / ſo verlengern ſie es. Deñ nach dieſer finſtern Nacht kompt ein klares Liecht / welches ſie ſo hoch er - frewet in der Liebe Gottes / daß ſie es nit außſprechen koͤnnen / gleich wie ſie zuuor jre Trawrigkeit nicht haben koͤnnen auß - ſprechen.

Das L IV. Capittel. Troſt wieder die innerliche / heimliche / verborgene Anfechtung des leidigen Sathans durch boͤſe / leſterliche / Hertzplagende / vn - ruhige / engſtigliche Gedancken.

Luc. 22. Siehe / der Sathan hat ewer begert / daß er muͤge ſich - ten wie den Weitzen / Ich aber habe fuͤr dich gebeten / daß dein Glaube nicht auffhoͤre / vnnd wenn du bekehret wirſt / ſo ſter - deine Bruͤder. ()

WAs der Sathan fuͤr ein grimmi - ger abgeſagter Menſchen Feind ſey / bezeuget nicht allein GottesWort653[663]des leidigen Sathans. Wort an vielen Orten / als 1. Petri 5. Seid nuͤchtern / ꝛc. Eph. 6. vnd Apoc. 12. Wehe euch / die jhr auff Erden wohnet / vnd auff dem Meer / ꝛc. Vnd die Hiſtoria des H. Jobs / ſondern die taͤgliche erfah - rung ſtellers einen jeden fuͤr Augen in ſo vielen ſchrecklichen vnnd erbermlichen Exempeln vnnd fellen / ja in ſo mancher - ley hohen vnnd gefehrlichen Anfechtun - gen / mi[t]welchen manches frommes Hertz ge[en]gſtet vnnd gequelet wird auff ſo wund[e]rliche mancherley vnerhoͤrte weiſe / daß ſich niemand dafuͤr huͤten kan: Bald ver[ſ]uchet er vnſern Glauben / bald vnſern Bruff / bald fichtet er vnſer Gebet an. Wel[ch]es vns alles fuͤrgebildet wirdTeuffel leſ ſets nicht / er verſti - chet alle Menſchẽ. in der V[e]rſuchung Chriſti Matth. 4. Darauß[w]ir abnehmen koͤnnen / daß es der Sath[an]nicht leſſet / er verſuchet alle Menſchenkeinen außgenommen. Denn ſo er vnſer Haupt den Herrn Chri - ſtum nicht[v]nuerſucht gelaſſen / wie ſolte er doch e[in]igen Menſchen vnuerſucht laſſen? Dafuͤr vns der Herr warnet:V u vWa -664Troſt wieder die innerliche AnfechtungMatt. 26.Wachet vnnd betet / daß jhr nicht in An - fechtung fallet.

Vnter andern Anfechtungen aber hat der Sathan auch dieſe / daß er den Menſchen mit boͤſen / leſterlichen / ſchend - lichen / vnruhigen gedancken plaget / dar - durch er das Hertz engſtet / martert vnnd quelet / daß es nimmer froh ka[n]werden. Vnnd ſolche boͤſe gedancken ſind ſo ge - ſchwinde / ſo hefftig vnd gifftig / daß man nicht ein Augenblick darfuͤr[Fr]iede hat. Eph. 6.Darumb ſie S. Paulus nenn[e]t Fewrige Pfeile des Boͤſewichts / das iſt gleich wie ein offentlicher Feind eine Stadt mit Fewer engſtet: Alſo engſtet d[er]Sathan das Hertze mit folchen Helliſ[ch]en ged an - cken. Vnd gleich wie ein verg[iff]ter Pfeil ein ſchmertzhafftige Wunden mach[e]t vñ vnleidliche wehetage: Alſo[m]achen die Fewrige Pfeile des Teuffels[ſ]olche angſt vnd heimliche ſchmertzen der Seelen / die kein Menſch außreden kan / d[ar]gegen alle Leibesſchnierßen / ja alles vn[g]luͤck nichts zu rechen iſt. Wieder ſolche[he]imliche in - nerliche Anfechtunge / darau[ß]groſſe See -len665des leidigen Sathans. len angſt entſtehet. Wollen wir nun etli - che troſtgruͤnde auß Gottes wort anhoͤrẽ.

1. So redet der Herr dieſe Wort ſiehe ďSatan hat ewer begeret gar patheticè ans / das iſt / durch ein Hertzlich mittleidẽ / vnd beklaget dardurch vnſer Elend mitlei - dentlich / darum̃ iſt dz gewiß / dz ſolche An - fechtung kein zeichen ſind des zorus Gel - tes / vnd vngnade vber den Menſchen / dz vns Gott dardurch wolle verderben / vnd dem Sathan in die Rappauſe[w]erffen / ſondern es iſt eine ſcharffe Zucht Ruthe / dardurch Gott der Herr den Menſchen demuͤtiget / wie das Exempel S. Petri bezeuget / daß ſeine Vermeſſercheit zu ſei - ner ſchweren Verſuchung / vnd Fall vr - ſach gabe: vnnd S. Paulus ſpricht. Da -Zu welchẽ Ende vns Gott ver - ſuchen leſ - ſet. mit ich mich nicht vberhebe / iſt mir gege - ben ein Pfal ins Fleiſch / nemlich / des Sa - thans Engel der mich mit Feuſtẽ ſchlegt / darfuͤr ich dreymal den Herren ge -2. Cor. 12. flehet / daß er von mir wiche / Aber er hat zu mir geſagt: Laß dir an meiner Gnaden genuͤgen. Dann meine Krafft iſt in den Schwachen mechtig. DieſerSpruch656[666]Troſt wieder die innerliche AnfechtungSpruch S. Pauli lehret vns dreyerley. Er[ſ]tlich das S. Paulus / vnnd alle die alſo angefochten werden / durch ſolche ſchlege des Sathans gedemuͤtiget werdẽ. 2. Daß es durch Gottes Raht geſchehe. 3. Das gleichwol ein ſolcher angefochte - ner Menſch bey Gott in gnaden ſey / ob jhn gleich der Teuffel noch ſo ſehr anfech - tet: Wie der Herr hie ſpricht: Laß dir an meiner gnade genuͤgen.

Den andern Troſt gibt vns der Herr mit dieſen Worten. Der Sathan hat ewer begehret. Da hoͤren wir / daß der boͤ - ſe Feind wol begehret ſeine Fewrige Pfei - le mit hauffen wider vns außzuſchieſſen / aber er darff nicht / es wird jhme nicht alle wege zugelaſſen / er muß erſt Gott darum̃Job. 1. fragen. Vnd wanns jhm gleich Gott er - laubet / ſo ſetzet er jhm doch ein ziel / vnndDem Teuf fel in den verſuchun gẽ ſein ziel von Gott geſetzt. helt jhn wie ein Kettenhund. Darumb S. Paulus ſaget 2. Cor. 10. GOtt iſt ge - trewe / der euch nicht leſſet verſuchen vber ewer vermoͤgen. Da ſpricht S. Paulus Gott leſt dem Sathan nicht zu er iſt ge -trew:657[667]des leidigen Sathans. trew: Solches bezeuget das Exempel Jobs: Da der Sathan ſprach erlaube mir: Gott ſetzet jhm aber ein gewiſſes ziel. Den dritten troſt gibt vns der Herr / da er ſpricht: Ich aber habe fuͤr dich gebe - ten / daß dein Glaube nicht auffhoͤre. Wie der Herr fuͤr vns gebeten hab / be - zeuget das 17. Capittel Johannis / da er ſeine Gleubige hoch vnnd thewer ſeinem Himliſchen Vater befihlet / daß er ſie beware / fuͤr den argen / vñ daß der VaterChriſti Vorbitt fuͤr vns in vnſern Anfechtũ - gen. in jhnen / vnd ſie in jhm bleiben muͤgen / daß er ja keinen moͤge verlieren von denen ſo jm Gott gegeben hat. Diß Gebet wird alle angefochtene betruͤbte Hertzen erhal - ten / daß ſie durch den Glauben in Chri - ſto bleiben / vnnd Chriſtus in jhnen auch durch den Glauben den Sieg behalten vnd vberwinden.

Den 4. Troſt gibt vns der ſchoͤne Spruch Joh. 17. Wie der Herr fuͤr vns gebeten / vnd was er von Gott erbe - ten / nemlich daß wir in Chriſto / vñ Chri - ſtus in vns bleiben moͤge. Nun ſprichtS. Jo -668Troſt wieder die innerliche AnfechtungS. Johannis in der erſten am 4. Der in euch iſt / iſt groͤſſer denn der in der Welt iſt. In einem jeden Chriſten wohnet Chriſtus durch den Glauben. Dieſer herrliche Gaſt iſt gleichwol bey dir / vnnd wohnet in deiner Seele / wann dich gleich der Sathan noch ſo hefftig anficht / Muſte doch der Herr Chriſtus ſelbſt beyden daß er vom Teuffel verſuchetChriſtus bey vnd in vnſern Anfechtũ - gen. wurde / vnd war doch GOtt in jhm / das iſt / die gantze Fuͤlle der Gottheit wohnet in jhm Leibhafftig vnd Perſoͤnlich / Der - halben darffſtu nicht gedencken / das dar - umb der Herr Chriſtus nicht in dir fey / ob du gleich verſuchet wirſt / haſtu nun den Herren Chriſtum bey dir / ſo laß den Sathan immer hinſturmen / Chri - ſtus wird ſein Haus vnnd Wohnung wol erhalten. So iſt ja auch der heili - ge Geiſt bey dir welcher deiner Schwach - heit hilfft vnnd vertrit dich bey GOTT mit vnaußſprechlichen Seufftzen / wel - ches Seufftzen du ja in deinem Hertzen empfindeſt / vnd damit vberzeuget wirſt /daß669des leidigen Sathans. daß der heilige Geiſt in dir iſt. Der auch nicht von dir weichen wird / wie der Herr ſpricht / Johan. 14. Ich will euch einen andern Troͤſter geben / der bey euch bleiben ſoll ewiglich. So hat auch GOTT geſagt / daß er in den betruͤbten Hertzen wohne. Kein betruͤbter Hertz kan auff Erden ſein dann ein ſolch Hertz / ſo vom Teuffel angefochten wird / ich ſe - he an den Elenden ſpricht Gott der Herr Eſ. 57. Diß iſt aber ein rechter Elender.

Den fuͤnfften Troſt gibt vns das Woͤrtlein: Das dein Glaube nicht auff - hoͤre: Ach wie iſt vns diß ein groſſer troſt daß vns der Herr hier vertroͤſtet vn - ſer Glaube ſolle nicht auffhoͤren: Es ſoll allezeit noch ein Fuͤncklein des Glaubens bleiben / das glimmende Toͤchtlein ſoll nicht gar verleſchen / Obs gleich noch inEſa. 42. ſo groſſer ſchwachheit zugehet: Daß wir offt dencken der Glaube ſey gar erloſchẽ / Weil wir keinen troſt empfinden koͤnnen: Dennoch ſol der Glaube nit auff hoͤren ſpricht ď Herꝛ: Ja ſprichſtu wobey ſol ichdas660[670]Troſt wieder die innerliche Anfechtnngdas mercken. 1. an deinem verlangen nach dem Glauben: Denn gerne wollen gleu - ben vnnd ein verlangen haben nach dem Glauben / das iſt das lebendige warhaff -Wobey zu mercken / das der Glaube nicht auff - hoͤret in Anfech - tungen. tige Fuͤncklein des Glaubens. 2. Mer - ckeſtu daß du in hohen Anfechtungen / den Glaubẽ noch haſt an deinem Kampff vnd ſtreit / mit den Anfechtungen / wann du mit jnen kempffeſt / deñ wo der kampff vnnd ſtreit iſt / da iſt der Glaube / den Kampff aber vnnd Streit merckeſtu dar - bey / daß dir ſolche Anfechtungen vnd boͤ - ſe leſterliche gedancken wieder deinen wil - ſen wiederfahr[en]/ vnnd thut dir ſo wehe / als wann man dich mit Feuſten ſchluͤge / Was nun wieder des Menſchen willen geſchicht / das iſt der Kampff des Glau - bens / das rechnet dir Gott nicht zu zur Suͤnde. Denn das iſt allein verdamliche Suͤnde / darein der Menſch verwilliget. Der boͤſe wille beflecket des Menſchen Seel. Hette Adam nicht verwilliget in des Teuffels eingeben / ſo were er rein ge - blieben von allen Suͤnden. So bald eraber671des leidigen Sathans. aber ſeinen willen in des Teuffels willen gab / da fiel er in die Suͤnde: Alſo iſt das keine Suͤnde was der Menſch wieder ſei - nen willen leiden muß. Wann der Feind / ſo fuͤr der Stadt ligt / Fewr hinein ſcheuſ - ſet / daß muß man zwar leyden / Aber gleichwol zu ſehen / daß mans leſche ſo viel man kan. Alſo koͤnnen wir armen Menſchen dem Sathan nicht weren / daß er nit ſeine Fewrige Pfeile in vnſer Her - tze ſcheuſſet / Aber weil wir nit darein ver - williget / ſondern wiederſtreben denſelben / ſo muͤſſen ſie endlich verleſchen / vnd koͤn - nen vns nit ſchaden: Da ſehen wir dann das vnſer Glaube nit auffhoͤre / So nun vnſer Glaube nit ſoll auffhoͤren / So muß endlich der Sieg folgẽ / derſelbe gibt vns den ſechſten Troſt / nach dem herrlichen Spruch Johan. 16. Siehe / es kompt der Fuͤrſt dieſer Welt / vnd hat nichts an mir. Seid getroſt / ich habe die Welt vberwun - den. Alles was Chriſtus gethan hat / das hat er vns zu gute gethan / dann er iſt vn - ſer mit allem ſeinem verdienſt vnd Wol - thaten. Darum̃ weil er den Sathan vber -X xwunden672Troſt wieder die innekliche Anfechtungwunden hat / ſo hat er jhn nicht allein fuͤr ſeine Perſon vberwunden / ſondern fuͤr vns alle / wie ſolches das Vorbilde des Streits Davids mit dem Goliath be - zeuget. Welcher ſtreit zu dem Ende an -Chriſti Sieg vber dem Teuf - fel iſt vn - ſer Sieg. gefangen war / das / wann Goliath den Sieg behalten wuͤrde / vnd David ſchla - gen / ſo ſolten alle Kinder Iſrael der Phi - liſter Knechte ſeyn: Wuͤrde aber der Da - vid den Goliath ſchlagen / ſo ſolten alle Philiſter Iſraels Knechte ſeyn. Gleich wie nun Davids Sieg fuͤr das gantze Volck galt: Alſo gilt Chriſti Sieg vnnd vberwindung fuͤr alle Gleubigen. Dar - umb iſt Chriſti Sieg vnſer Sieg. WieEph. 6. S. Paulus ſpricht / Seit ſtarck in dem Herrn vnd in der macht ſeiner ſter -1. Cor. 15. cke / ꝛc. Item / GOtt ſey danck der vns den Sieg gegeben hat durch vnſern Herren Jeſum Chriſtum.

Den ſiebenden Troſt geben vns die Ex - empla der Heiligen die auch hefftig vom Teuffel angefochten wurden / dauon der Herr hie ſpricht / vnd wann du dermaleins673des leidigen Sathans. eines bekehret wirſt / ſo ſtercke deine Bruͤ - der: Damit weiſet vns der Herr auff die Exempel vnſer Mitbruͤder ſo auch vom Sathan angefochten werden. Dar - umb ſagt S. Petrus 1. Petr. 5. Wiſſet daß ewre Bruͤder in der Welt eben daſ - ſelbige Leyden haben.

Vnnd erſtlich das Exempel vnſers Herren Jeſu Chriſti ſoll vns billich troͤſten. Der war GOttes liebſtes Kind /Alle Heili - gen haben Mordſti - che der al - tẽ Schlan - ge gefuͤh - let. dennoch ließ jhn Gott auffs hoͤheſte vom Sathan verſuchet werden / alſo / daß jhn auch der Sathan mit ſich gefuͤhret / vnd nach ſeinem Muthwillen mit jhm gehan - delt / welches kein Menſch begreiffen kan / daß der Sathan ſo viel gewalt ha - ben ſoll. Aber es iſt der ſtand der ernie - drigung Chriſti geweſt / da er ſich ſeiner Gßttlichen Majeſtat geeuſſert / auff daß er als ein Menſch koͤnte verſuchet vnnd ſeinen Bruͤdern gleich werden. Das Exempel Jobs / das Exempel S. Pauli ſoll vns auch troͤ - ſten / ꝛc.

X x ijDas674Vom Verzug

Das LV. Capittel. Vom verzug der Goͤttlichen Huͤlffe.

Habac. 2. Die weiſſagung wird ja erfuͤllet werden zu ſeiner zeit / vñ wird endlich frey an Tag kom - men / vnd nicht auſſen bleiben. Ob ſie aber verzeucht / ſo harre jhr / ſie wird gewißlich kommen / vnd nicht verzjehen. Siehe wer halßſtarrig iſt / der wird keine ru - he in ſeinem Hertzen haben. Dañ der Gerechte lebet ſeines Glau - bens ()

IN dieſem Spruͤchlein troͤſtet vns der H. Geiſt wieder den Verzug Goͤttlicher huͤlffe.

1. Welcher vns zwar ein verzug deucht / Aber bey Gott iſts kein verzug / ſondern ein ſtetiges eilen zur huͤlffe. Dann dieweil der mechtige Gott nach ſeinẽ vnerforſch - lichẽ allein weiſen raht einem jeden Men -ſchen675der Goͤttlichen Huͤlffe. ſchen ſein Creutz abgezehlet / abgewogen / vnd gemeſſen hat / wie viel er leiden ſoll: So leſſet GOtt der Herr immer einesWie der Verzug der Huͤlffe zu verſte - hen. nach dem andern ergehen / vñ eilet / damit die Zahl der truͤbſaln erfuͤllet werden / vñ hilfft immer eins nach dem andern vber - winden biß ans ende. Vñ daſſelbe deucht vns dann ein verzug Goͤttlicher huͤlffe. Aber wir wiſſen nit / wie ſehr Gott damit eilet / biß die beſchloſſene Truͤbſal erfuͤllet werden. Darumb was bey vns ein verzug iſt / das iſt bey Gott ein ſtetiges eilen zur Erloͤſung.

Wer aber halßſtarrig iſt / das iſt im Creutz vngehorſam / vngeduͤltig / der wird keine ruhe im Hertzen haben. Dann die gedult ſenfftiget vnd ſtillet das Hertz / ma - chets fein ruhig / Die vngedult bringet groſſe vnruhe / ja iſt die vnruhe ſelbſt. Darumb ſpricht der Herr Chriſtus Matth. 11. Lernet von mir / dann ich bin ſanfftmuͤtig / vnd von Hertzen demuͤtig / So werdet jr ruhe finden fuͤr ewre Seele. Dz aber der Prophet ferner ſpricht: Der Gerechte lebet ſeines Glaubens / ſiehet erX x iijauff676Vom Verzugauff die verheiſſung der gnaden Gottes /Leben vñ Todt der Seelen. Eſa. 38. ſo der Glaube ergreifft. Vnd von dieſem Troſt lebet die Seele / vnd wird dardurch erquicket / wie der Koͤnig Hißkia ſpricht: Herr / dauon lebet man / vnd das Leben meines Geiſtes ſtehet gantz vñ gar in dem ſelben. Aus dem Vnglauben aber kompt vngedult / aus der vngedult vnruhe / aus ď vnruhe verzweiffelung / aus der verzweif - lung der ewig todt. Darum̃ wird freylich der Gerechte ſeines Glaubens leben / das iſt / der gnaden Gottes leben / vnd mit ge - dult der huͤlffe erwarten.

2. Dann es hat ein jegliches / wie der Prediger Salomo am 3. ſpricht ſeine zeit / vnd alles fuͤrnehmen vnter dem Himmel hat ſeine ſtunde. Da wir hoͤren / wie wirGott hat die ſtunde der Truͤb - ſal verſehẽ vnſer Creutz vnd Truͤbſal anſchawen ſol - len / nit alſo / als vns ohn gefehr zugeſchi - cket wuͤrde / ſondern daß eben die zeit von Gott verſehen vnd verordnet ſey / darin wir leyden ſollẽ. Derwegen wir in vnſerin Creutz vnſere Augen auffheben ſollen zu dem / der alles in ſeiner Hand hat / gluͤck vñ vngluͤck / Armut vnd Reichthum̃ / Lebenvnd677der Goͤttlichen Huͤlffe. vnd Tod / welches alles von Gott kompt / wte Syrach ſpricht / ja der auch die zeit vñSyr. 11. ſtunde der Truͤbſaln in ſeiner Hand hat.

Nemet euch deſſen ein Exempel von Joſeph. Gott verhieng ſein Creutz vber jn in ſeiner Jugend / vnd ließ jn darinnen ſtecken dreyzehen Jar / biß Gott ſein wort ſandte / vnd jn durchleuterte / vnd erloͤſete / wie der 105. Pſalm ſpricht: Da wir ſehẽ / wie jhm dieſer verzug hat zu groſſen nutz vnnd ehren dienen muͤſſen. Dann da er verkaufft ward / iſt er ſiebenzehen Jahr alt geweſen / vnnd da jhn Gott aus dem Gefengnis erloͤſete / war er dreiſſig Jahr alt / tuͤchtig zum Regiment / vnnd durchs Creutz wol bewehrt vñ herrlich gemacht. In dieſer ſeiner Herrligkeit hat er achtzig Jahr gelebet. Vnd iſt jhm das dreyzehen Jahrige Creutz wol belohnet wordẽ / daß er hernach ſiebenmal dreyzehen Jahr in groſſer Herrligkeit gelebet hat. Dann er iſt 120. Jahr alt worden. Alſo ob wol mancher frommer Chriſt im Kercker der verfolgung ſchmach vñ kranckheit leidet / ſo ſoll er doch wiſſen / daß jhm von derX x iiijewigen678Vom VerzugVerzug Goͤtlicher huͤlffe die - net vns zu groſſem Nutz.ewigen Weißheit Gottes eine ſtunde der Erloͤſung verordnet iſt / gleich wie jm die zeit der Truͤbſal von dem allein weiſen GOtt verſehen iſt. Dann gleich wie ein weiſer Bawmeiſter oder Haußvater / der ſeinem Geſinde arbeit aufferlegt / weiß / zu welcher zeit vnd zu welcher ſtunde ſie mit der arbeit koͤnnen fertig werden: Alſo hat der allein weiſe Gott einem jeden ſein Creutz alſo zugemeſſen / daß er auch ge - wiß weiß die ſtunde / in welcher es ſich en - dern ſol. Vnd dann muß dem betruͤbten Hertzen die Huͤlffe zu der von GOttes Barmhertzigkeit verordneten ſtunde ge - wiß wiederfahren.

3. Wie nun Gott der Allmechtige jhm die Zahl vnſer Truͤbſal vorbehalten: Alſo hat er jm auch die ſtunde vnſer Erloͤſung vorbehalten / vnd daran ſollen wir vns be - gnuͤgen laſſen / daß wir ſolches wiſſen / vñ eingedenck ſein des Spruchs des Her - ren / welchen er geſagt hat zu ſeinen Juͤn - gern / Act. 1. Es gebuͤret euch nicht zu wiſ - ſen ſtunde oder zeit / welche der Vater ſei - ner macht vorbehalten hat. Als Gott derHerr679der Goͤttlichen Huͤlffe. Herr den Kindern Iſrael jhre zukuͤnffti - ge ſtraffe des Babyloniſchen Gefengnis durch Moſen verkuͤndigen ließ / ſprach er: Iſt nit ſolches bey mir verborgen vñ ver - ſiegelt in meinem Schetzen / Deut. 32. DaDie Stun - de der Er - loͤſung ſte - het bey Gott. wir hoͤrẽ mit was groſſer vnerforſchlicher Weißheit / GOtt die Menſchen Kinder regiert / ſtraffe / vnd zuͤchtige / wie auch S. Paulus Act. 17. ſagt: Gott hat gemacht / das von einem Blutstropffen aller Men - ſchen geſchlecht auff dem Erdboden wo - net / vnd hat ziel geſetzt / vnd[zuvor][geſehen] wie lang / vnd weit ſie wohnen ſollen. Da hoͤren wir / wie Gott den Menſches jhres Lebens ziel geſetzet hat / wie lang vnd wo ſie auff dem Erdboden wohnen ſollen. Wie nun die zeit / die man leben ſol von Gott kompt: Alſo iſt auch ď ort von Gott verſehen / da man leben ſoll. Dieſe aberGott hat auch den ort der Truͤbſal verſchen. von GOtt verſehene zeit vnd ort bringet einem jedẽ ſein Creutz vñ Truͤbſal mit ſich.

4. Wie nun Gott der Herr eines je - den gleubigen Creutz vnnd Truͤbſal jhre ziel / zeit / vnd ort / geſetzet hat: Alſo hat er allen muthwilligen Menſchen / ſo die vn -X x vſchuͤl -680Vom Verzug der Goͤttlichen Huͤlffe. ſchuͤldigen beleidigen / drucken / leſtern / ſchmehen / verfolgen / auch jhr zeit / ziel / vnd maß geſetzet. Wañ ſie nun verſcheu - met / vnd jhren grimm alle außgegoſſen haben / ſo wird der Gott / des die Rache iſt einmal auffwachen / wie Deut. 32. ſtehet: Die Rache iſt mein / Ich will vergelten / zu ſeiner zeit ſol jhr Fuß gleiten. Dañ die zeit jhres vngluͤcks iſt nahe / vnd jhr kuͤnff - tiges eilet herzu. Es iſt wol ehe die KircheDie Ty - rannẽ ha - ben auch jhr ziel vñ zeit. Gottes von den Ketzern vnd Tyrannen grewlich biß auffs euſſerſte verfolget worden / vnd hat Gott der Herr den Sa - than eine lange zeit wol außbruͤllen vnnd außſcheumen laſſen / Aber da jre zeit auß - geweſen / hat ſie Gott alſo geſtuͤrtzet / das alle Welt mit Furcht vnnd zittern die ge - richte Gottes anſchawẽ muͤſſen. So ſeid nun geduͤltig / lieben Bruͤder / vnd ſtercket ewre Hertzen / ſpricht S. Jacobus am 5. Dann die Zukunfft des Herren iſt nahe. Seufftzet nicht wieder einander / auff daß jhr nicht verdampt werdet. Siehe / der Richter iſt fuͤr der Thuͤr.

Das681Das man im wehrenden Creutz / etc.

Das LVI. Capittel. Das man im wehrenden Creutz das Exempel der hohen gedult Chriſti ſol an - ſchawen / vnd die kuͤnfftige ewige Hereligkeit / dardurch alles Creutz gelindert werden kan / wie groß es auch iſt.

Lu 1. 24. Muſte nicht Chriſtus ſol - ches leyden / vnnd zu ſeiner Herrligkeit eingehen? ()

DEr ewige Son Gottes hat durch ſeine H. Menſchwerdung allen Menſchlichen jammer / vñ elend an ſich genommen / nicht gezwungen vnd aus noth / ſondern aus Liebe / auff daß er vns mit ſeinem eignen Exempel die gedult lehrete / vnd die guͤldene Kunſt das CreutzChriſt[u]s aller men - ſchẽ elend auff ſich genom̃en. zu tragen / vnnd die Truͤbſal zu vber - winden. Dann da er je ein Menſch werden wolte / da muſte er auch anneh - men / was Menſchlich iſt / das iſt / Menſch lich elend / vnd weil er allen Menſchen zu gute ſolte Menſch werden / muſte er auch aller Menſchen Jammer an ſichnehmen.682Daß man im wehrenden Crentznehmen. Darumb von der ſtunde an ſei - ner Geburt biß in ſeinen todt am Creutz iſt er nit ohn truͤbſal / ſchmertzen vnd jam - mer geweſen. Er hat alles Menſchliche elend erlitten / groſſe armut / wie er Matt. 8. ſpricht. Die Vogel vnter dem Himmel haben jre Neſter / die Fuͤchſe haben jre Loͤ - cher / aber des Menſchen Sohn hat nit ſo viel / da er ſein Haupt hinlege. Er hat groſ[-]ſe Verfolgung erlitten in ſeinem Ampt /Chriſti gantzes le - ben in die - ſer Welt / eitel Creutz Eſa. 53. Es hat jn jederman gehaſſet / belagẽ / ver - leumbdet / geleſtert. In ſeinem Leyden iſt jm die hoͤheſte Schmach widerfahren / Er iſt ď verachteſte vnter allen Menſchen ge - weſt. Warumb wolten wir nit auch Ver - achtung vñ Schmach tragen? Er hat fuͤr ſeine groͤſte Wolthaten den groͤſten vn - danck bekom̃en / fuͤr ſeine herrliche Wun - derwercke Scheltwort / fuͤr ſeine getrewe Lehre Verleumbdung.

Alſo iſt Chriſtus fuͤr vns hergangen / vnd vns den Weg zum Himmel gezeigt / In deſſen Fußſtapffen muͤſſen wir nun treien. Sein Leben iſt vnſer Exempel. Durch die heilige gedult wandeln wir jmnach. 683das Exempel Chriſti ſol anſchawen. nach. Darumb iſt er vns vorgangen / auff daß wir jm folgen ſollẽ. Wie fern vñ weit bleibẽ die dahinden / die diß Ebenbild nit anſchawen / noch demſelben folgen? Wie wandeln die in ſo groſſer Finſternis / die dieſem Liecht nit folgen. Joh. 12. ſpricht der Herrt Ich bin das Liecht ď Welt / wer mir nachfolget / w[]delt nit in Finſternis / ſondern wird das Liecht des Lebens habẽ.

Es ſolte ein Menſch vmb der kuͤnfftigẽ Herrligkeit / vnd vmb des ewigen Lebens willen allen jammer dieſer Welt leyden. Dañ die zeitliche Truͤbſal vergehet ja / die ewige Herrligkeit bleibt. Es iſt klein vnd kurtz alles das / ſo mit der zeit vergehet / vñ des ewigen nit werth. Dann das ewige iſt viel eines groͤſſern ſtreits vnnd kampffsAuff ge - ringe zeit - liche Truͤb ſal der Chriſten folget ewi ge frende. werth. Moͤchteſtu ein Augenblick ſehen die Krone der Herrligkeit / vnd die ewige Frewde derer / die in dieſem Leben Truͤb - ſal vnd Elend erlitten haben / die fuͤr den Menſchen nit werth waren / daß ſie leben ſolten / du wuͤrdeſt dich vnter alle Men - ſchen demuͤtigen / dein Creutz mit freuden tragen / vñ dir nit viel froͤliche tage in die -ſer684Daß man im wehrenden Crentzſer Welt wuͤnſchen / du wuͤrdeſt die Truͤbſal fuͤr einen groſſen gewin achten.

Apoc. 7.

Darumb hebe deine Augen auff gen Himmel / vnd ſihe mit dem Evangeliſten Johanne in ſeiner Offenbarũg die groſſe Schar an / ſo dem Lemblein Gottes nach - folgen / angethan mit weiſſen Kleidern / da der Evangeliſt fragt: Wer ſind dieſe? Vñ jm wird geantwortet: Die ſinds / die kom - me ſind aus groſſem Truͤbſal / vnd haben jhre Kleider gewaſchen / vñ helle gemacht in dem Blut des Lambs Gottes. Darumb ſind ſie bey jhm / vnnd folgen dem Lamb nach / wo es hingehet. Dieſes haben die Heiligen Gottes angeſchawet / wie von Moſe geſchrieben ſtehet Ebr. 11. Durch den Glauben wolte Moſes / da er groß ward / nicht mehr ein Sohn heiſſen der Tochter Pharaonis / ſondern erwehlete vielmehr mit dem Volck Gottes vnge - mach zu leiden / dann die zeitliche erge - tzung der Suͤndern zuhaben / vnd achtete die ſchmach Chriſti fuͤr groͤſſern Reich - thumb dann die Schetze Egypti. Dann er ſahe an die belohnung.

Da685das Exempel Chriſti ſol anſchawen.

Da hoͤren wir / daß der Heiligen Schetze / vnd Reichthumb jhr Creutz ſey geweſen / vnd die ſchmach Chriſti. Es ge - hoͤrt niemand vnter die Zahl der Heiligẽ im Himmel / die nit vnter der Creutzfah - nen Chriſti geſiriten haben-Wir wuͤrdenTruͤbſaln ſind Sche - tze der Hei - ligen. vns die andern Heiligen im Himmel an - ſchawen / wann wir das zeichen des Creu - tzes nicht mitbrechten? Sie wuͤrden vns nit kennen / vnd wir wuͤrden Frembdlinge vnter jhnen ſeyn. Wer vberwindet ſpricht der Herr Apoc. 3. der ſoll mit weiſſen Kleidern angethan werden / vnd ich will ſeinen Namen nicht außtilgen aus dem Buch des Lebens. Wie ſpricht S. Pau - lus 11 Tim. 4. Ich habe meinen lauff vol - lendet / Ich habe einen guten Kampff ge - kempffet / ich hab Glauben behalten / Hinfort iſt mir beygelegt die Krone der Gerechtigkeit / welche mir der gerechte Richter Jeſus Chriſtus geben wird / nicht mir allein / ſondern allen / die ſeine erſcheinung liebhaben.

Das686Troſt wieder

Das LVII. Capittel. Troſt wieder den zeitlichen Todt.

2. Tim. 1. Chriſtus hat dem Tode die macht genommen / vnd das Leben / vnd vnuergenglich weſen ans Liecht gebracht. ()

DIeſer Spruch begreifft in ſich die hoͤchſte Artzney / vñ krefftigen troſt wieder den zeitlichen Todt. Dann ſo dem Tode die macht genom̃en / ſollen wir billig nit fuͤr jm erſchrecken / vnd ſo das leben vnd vnuergenglich weſen wiederbracht iſt / ſollẽ wir vns billig frewẽ das vnuergengliche Leben vñ weſen nach dem zeitlichen Tode zubeſitzen. Weil aber kein Menſch in dieſer Welt ſo heilig ge - weſt iſt / ď ſich nit fuͤr dem Tode gefuͤrch - tet hette / wollẽ wir die vornembſten troſt - gruͤnde wieder den Todt beſehen / vñ die - ſelbe in zwey Theil abfaſſen. Die erſte Heuptgruͤnde des Troſtes ſind genom̃en aus dem Tode vnd Aufferſtehung Chri - ſti / vnd aus deſſelben Frucht: Der anderTheil687den zeitlichen TodtTheil begreifft die Troſtgruͤnde / ſo aus der Welt eitelkeit genommen ſeyn. Ein jeder theil begreifft ſieben Troſtgruͤnde.

1. Der erſte vñ hoͤchſte troſt wider dẽ zeit - lichen tod iſt der heiligſte vñ vnſchuͤldigſte tod vnſers Herꝛn Jeſu Chriſti dadurch er dẽ tod vberwundẽ / vñ demſelbẽ die macht genom̃en hat. Des Todes macht aber iſt immerwehrende Furcht / ſchreckẽ / angſt / zittern vnd zagen fuͤr dem geſtrengen Ge - richte Gottes / damit die Seele des Men - ſchen gequelet wird / daß ſie immer ſtirbt / vnd doch nimmermehr ſtirbt / weil ſie vn - ſterblich iſt. Das iſt die macht des Todes / ja der ander Todt / vnd der ewige Todt. Dieſen Todt machet der Teuffel immer ſchrecklicher / Darumb die Epiſtel an dieMacht des todes. Ebreer am 2. ſpricht / daß der Teuffel des Todes gewalt habe / das iſt / er engſtet vñ peiniget die Gewiſſẽ mit Helliſcher furchtPſ. 18. 88. 116. vnd ſchrecken / zittern vñ zagen: Daruͤber der H. David in Pſalmen klagt. Angſt vnd zittern iſt mich ankommen / vnnd des Todes furcht iſt auff mich gefallen. Der Hellen Bande vmbfiengen mich / vñ desY yTodes688Troſt wiedertodes ſtrick vberweltigt mich. Die Beche Belial erſchrecken mich. Dz iſt die macht des todes: Welche macht der Herr Chri - ſtus dem tode genom̃en hat / vñ hat jn ver - wandelt in einen ſanfften ſchlaff / in eine friedefart / in eine ſelige ruhe Leibes vnd ďSeelẽfried des Leides ruhe. Seelẽ. Wañ die ſeele ruhig iſt / ſo ſchlefft ď Leib ſanfft. Dañ der Seelẽ friede iſt des Leibes ſanffte ruhe vñ ſchlaff. Alſo emſin - det kein warer gleubiger Chriſt den rechtẽ tod / wie Joh. 8. ſtehet: Warlich / warlich / ich ſage euch / wer mein Wort wird haltẽ / der wird den Tod nit ſchmecken ewiglich.

2. Der ander Heupttroſt iſt die auffer - ſtehung vnſerer Leiber. Dann alſo hat der Herr Chriſtus dem tode die macht ge - nom̃en / daß er nit allein vnſere Seele nit engſte / ſondern daß er auch nit vnſere Lei - ber ewig behalten kan. Dañ wie der TodtFrucht des Todes vnd Auff - erſtehung Chriſti. Chriſti in vns krefftig iſt / daß wir des to - des bitterkeit nit ſchmeckẽ: Alſo muß auch die Aufferſtehung Chriſti in vns krefftig ſeyn / daß vnſere ſterbliche Leiber durch jhn lebendig werden muͤſſen.

Dañ der 1. grund vnſerer Aufferſtehungiſt689den zeitlichen Todt. iſt die Aufferſtehũg Chriſti / wie er ſpricht Joh. 14. Ich lebe / vnd jhr folt auch leben. Joh. 11. Ich bin die Aufferſtehung vnd dz Leben / wer an mich gleubet / ď wird leben /Aufferſte - hung Chri ſti iſt ein vrſach vn - ſer Auffer - ſtehung. ob er gleich ſtuͤrbe: Vnd wer da lebet / vnd gleubet an mich / ď wird n[i]m̃ermer ſterbẽ. Job 19. Ich weiß / dz mein Erloͤſer lebet / vnd er wird mich hernach aus der Erden aufferwecken / vñ werde mit dieſer meiner Haut vmbgeben werdẽ. 1. Cor. 15. Durch einen Menſchen iſt der tod kommen in die Welt / vnd durch einen Menſchẽ die Auf - ferſtehung der todten. Dann wie ſie in A - dam alle ſterben: Alſo werden ſie in Chri - ſto alle lebendig gemacht werden.

2. Der ander grund iſt Gottes War - heit. Eſa. 26. Aber deine todten werden le - ben / vñ mit dem Leichnam aufferſtehen / Ez. 37. So ſpricht der Herr von dieſen Todtenbeinen: Siehe / ich will einen O - them in euch bringen / daß jhr ſolt lebendig werdẽ / ꝛc. Ich will ewre Graͤber auffthũ /Vmb Got tes War - heit willẽ muͤſſẽ wir aufferſte - hen. vñ euch mein volck aus denſelbigẽ herauß holẽ. Dan. 12. viele / ſo vnter ď erdẽ ſchlaf - fen liegen / werden auffwachen / etliche zũY y ijewigen690Troſt wiederewigen Leben / etliche zur ewigen ſchmach vñ ſchande. Joh. 5. Warlich / warlich / ich ſage euch / es kompt die Stunde / vnd iſt ſchon jtzt / daß die Todten werdẽ die ſtun - me des Sohns Gottes hoͤren / vnd die ſie hoͤren / die werden leben / Es koͤmpt die ſtunde / in welcher alle / die in den Graͤbern ſind / werden ſeine ſtimme hoͤren / vñ wer - den herfuͤr gehen / die da gutes gethan ha - ben zur Aufferſtehung des Lebens: Die a - ber vbels gethan haben zur Aufferſtehung des Gerichts. Apoc. 20. Vnd ich ſahe die todten beide groß vñ klein ſtehe fuͤr Gott.

3. Grund iſt des Herrn Chriſti Allmacht vnd Herrligkeit. Dann gleich wie er ver - kleret ward in der aufferweckung Lazari /Vm̃ Chri - ſti Herr - ligkeit wil lẽ muͤſſen wir auffer ſtehen. als er rieff: Lazare / kom herauß: Alſo wird er am Juͤngſten Tage / ſeine Herrligkeit vnd Allmacht offenbaren / dz er vber Tod - te vnd Lebendige ein Herr ſey. Rom. 14. Hoſ. 13. Ich will ſie aus der Hellen erloͤſen / vnd vom tode erretten. Todt / ich will dir eine gifft ſeyn / Helle / ich will dir eine Peſtilentz ſeyn.

4. Iſt Gottes Gerechtigkeit. Danngleich691den zeitlichen Todt. gleich wie Gottes Gerechtigkeit erfuͤlletGottes Gerechtig keit in vn - ſer Auffer - hung. iſt in dem Vrtheil: Du ſolt des Todes ſterben: Alſo muß Gottes Gerechtigkeit erfuͤllet werden jn dem / daß er vns wieder lebendig mache / weil die Suͤnde vollkoͤm - lich bezahlt iſt. Dann wo die Suͤnde hin - weg iſt / da muß auch der Suͤnde Sold auffhoͤren. Vnd das erfordert GOttes Gerechtigkeit.

5. Sind die Exempla derer / ſo in die -2. Koͤn. 4 2. Koͤn. 13. Matth. 5. Luc. 7. Joh. 11. Act. 9. ſem Leben von Todten erwecket ſeyn / der Sunamitin Sohn / der Tode / ſo vom an - ruͤren der Gebeine Eliſei wieder lebendig ward / Jairi Tochter / der Witwen Son zu Naim / Lazarus / die Tabea.

6. Chriſtus hat Leib vnd Seele zum ewigen Leben erkaufft vnd erloͤſet.

7. Die ſchoͤnen gleichniſſen aus der Natur genommen / vom Weitzenkorn Joh. 12. 1. Cor. 15. Du Narꝛ / daß du ſaͤeſt / wird nit lebendig gemacht / es ſterbe dann zuuor / ꝛc. Darumb werden die Begraͤb - nuſſen Gottes Ecker genant.

3. Der dritte Haupttroſt iſt die Frucht der Aufferſtehung Chriſti / das ewige le -Y y iijben /692Troſt wiederben / vnd das vnuergengliche weſen / daß der Herr Chriſtus hat wiederbracht. Dann gleich wie alle Menſchen dem tode vnterworffen wegen der Suͤnde des er - ſten Adams: Alſo werden auch alle Men - ſchen durch den andern Adam in das Le - ben vñ vnuergenglich weſen verſetzet wer - den. Apoc. 21. Siehe / ich mache es alles new. In dem newen vnuergenglichen we - ſen wird keine Suͤnde / kein todt / kein leid mehr ſeyn / ſondern eitel Gerechtigkeit / Leben / vnnd frewde. Darumb heiſſet die frewde vnd lieblich weſen / das Paradiß. Pſ. 16. Frewde die fuͤlle / vnd lieblich we - ſen zu ſeiner Rechten ewiglich. Sols einParadiß. Paradiß ſeyn / ſo muß kein leid / kein ge - ſchrey / kein klagen / kein betruͤbnuͤß / kein elend / kein hunger vñ durſt / froſt noch hi - tze / kein vngluͤck noch jam̃er da ſeyn. Dañ das alles gehoͤret zu dieſem vergenglichen weſen: Darum̃ wird dz ewige Lebẽ ein vn - uergengliches / vnbeflecktes / vnverwelck - liches erbe genant. 1. Petr. 1. Dz iſt die her - liche Frucht ď Aufferſtehung Chriſti / deñ durch jn iſt alles wiedergebracht / vñ allesnew693den zeitlichen Todt. new gemacht. Dz vergenglich iſt verwan - delt ins vnuergengliche / das verweßlicheWie alles new ge - macht in vnuergẽg lichen we - ſen. ins vnuerweßliche / dz befleckte ins vnbe - fleckte / dz zeitliche ins ewige / alles leid in froͤligkeit / alle trawrigkeit in freude / die Suͤnde in Gerechtigkeit / dee zorn in gna - den / der fluch in ſegẽ / die Armut in Reich - thum̃ / die kranckheit in ewige geſundheit / die Verachtung in Himliſche Ehre / die ſchmach in Herrligkeit / die vnruhe in ewi - gen friede / alle muͤhe vnd arbeit in volle gnuͤge / der tod ins leben. In diß vnuer - genglich weſen kommen wir durch den Todt. Der Todt iſt die Thuͤr zum Leben / vnd zu dieſen ewigen Guͤtern.

4. Der vierdte Haupttroſt wieder den todt iſt das Gebet. Dann wir ſehen / wie hefftig der Sohn Gottes in ſeinem H. Todeskampff gebetet / wie die Schrifft ſagt: Es kam aber / daß er mit dem TodeLuc. 22. rang / vnd betet hefftiger. Vnd Ebr. 5. Er hat am tage ſeines Fleiſches gebet vñ flehe mit ſtarckem geſchrey vñ Thraͤnẽ zu dem /Gebet lin - dert des Todes angſt. der jhn vom tode konte außhelffen / vnd iſt auch erhoͤrt wordẽ. Eines ſterbendẽ GebetY y iiijgehet694Troſt wiedergehet von grund des Hertzens / vñ durch - dringet die Wolcken. Da iſts ein rechter ernſt / vnd da iſt Gott nicht fern. Pſ. 145. Der Herr iſt nahe bey denen / die jhn mit ernſt anruffen. Pſ. 91. Ich bin bey jm in ď noht / ich will jhn herauß reiſſen Eſa. 41. Fuͤrchte dich nit / ich helffe dir / ich ſtercke dich / ich errette dich.

5. Die verklerung vnſer Leiber / Phil. 3. Vnſer wandel iſt im Himmel / von dan - nen wir auch warten des Heylandes Je - ſu Chriſti des Herrn / welcher vnſern nichtigen Leib verkleren wird / daß er ehn - lich werde ſeinem verklerten Leibe nach ď wirckung / damit er kan auch alle ding jm vnterthenig machẽ. Laß mir das eine groſ[-]ſe Herrligkeit ſeyn / daß vnſer Leib nit al - lein den Engeln Gottes wird gleich ſeyn / ſondern auch dem verklerten Leibe JeſuMatt. 17. Marc. 9. Verklerũg vnſer Lei - ber eine groſſe Herrlig - keit. Chriſti. Darum̃ hat ſich der Sohn Got - tes vns zu troͤſten auff den Berg Thabor in ſeinem verklerten Leibe geoffenbaret vnd ſehen laſſen / daß er in vnſern Hertzen ein verlangẽ erwecke nach der verklerung vnſerer Leiber. O welch ein herrlicherTempel695den zeitlichen Todt. Tempel GOttes wird dann vnſer Leib ſeyn / die H. guͤldenen Gefeſſe im Hauſe Gottes / der Koͤnigliche vnd Prieſterliche Schmuck.

6. Die gegenwart der H. Engel / ſo vn - ſere Seele in Abrahams Schoß tragen. Vnſere Seele kompt in die Geſellſchafft der H. Engel / vñ zur ewigen ruhe / welche heiſſet Abrahams Schoß. Die ruhe iſt / daß ſie keine Qual des Todes anruͤhret / Sap. 3. Daher der 116. Pſalm ſagt: Re -Ruhe der Seelen iſt Gott. uertere anima mea in requiem tuam. Kehre meine Seele wiederumb in deine ruhe. Dann der Herr thut dir gutes / Er hat meine Seele vom Tode errettet / mei - ne Augen von den Thraͤnen / meinen Fuß vom gleiten. Ich will wandeln fuͤr dem Herrn im Lande ď Lebendigen immer vñ ewiglich. Da wird die Seele recht frey võ Joch des Leibes / wird als ein gefangener erloͤſet aus dẽ Kercker des toͤdlichẽ Leibes.

7. Die kuͤnfftige ewige Herrligkeit / Sap. 5. Die Gerechten werden ewig le - ben. Dann der Herr iſt jr Lohn / vnd der Hoͤheſte ſorget fuͤr ſie. Darumb werdenY y vſie696Troſt wiederſie empfangen ein herrlich Reich / vnd ei - ne ſchoͤne Krone von der Hand des. Her - ren. Apoc. 7. Sie wird nicht mehr hun - gern noch duͤrſten / es wird auch nit vber ſie fallen die Sonne / oder irgend eine hi - tze. Dann das Lamb / das mitten im Stul iſt / wird ſie weiden / vnnd leiten zu den le - bendigen Waſſerbrunnen / vnd wird alle Thraͤnen von jhren Augen abwiſchen / Eſa. 32. Es wird alda ewige ſtille vnd ſi - cherheit ſeyn / daß mein Volck wird jn Heuſern des friedes wohnen / vnd in ſtoltzer ruhe. Eſa. 66. Ich breite aus den friede bey jhr wie einen Strom / Ich will euch troͤſten / wie einen ſeine Mutter troͤ - ſtet. Ihr werdets ſehen / vnd ewer Hertz wird ſich frewen. Meine Knechte ſollen eſſen / trincken vnd froͤlich ſeyn / vnd fuͤr guten muht jauchtzen. Diß eſſen vnd trin - cken iſt die liebliche Anſchawung GOt - tes / 1. Cor. 13. Hie ſehen wirs im Dun - ckeln Spiegel / dort aber von Angeſichte zu Angeſichte. 1. Joh. 3. Wir werden jhn ſehen / wie er iſt. Pſ. 17. Ich will ſchawen dein Antlitz in Gerechtigkeit / Ich will ſattwerden /697den zeitlichen Todt. werden / wann ich erwache nach deinem Bilde. O des frewdenreichen Tages / wann wir Gott ſehen werden. Wie ver - langet David darnach / Pſ. 42. Wann werde ich dahin kommen / daß ich Gottes Angeſicht ſchawe?

Wird derwegen die freude des ewi -Freude des ewigẽ Lebens worin? gen Lebens darin ſtehen: 1. Daß wir Got - tes Angeſicht ſehen werden. 2. Daß wir Chriſtum Jeſum vnſern Herrn Er - loͤſer in ſeiner Herrligkeit ſehen werden. Joh. 17. Vater ich will / das / wo ich bin / auch die bey mir ſeyn / die du mir gegeben haſt / dz ſie meine Herrligkeit ſehen / die du mir gegeben haſt. 3. Daß wir alle Gaben vnd alle ſuͤſſigkeit des troſtes des H. Gei - ſtes ſchmecken / als die lebendige Quelle. Pſ. 36. 4. Die liebliche Geſellſchafft aller Außerwehlten / Patriarchen / Prophetẽ / Apoſtel / Marterer / Eſ. 35. Alsdañ werdẽ die Erloͤſeten des Herrn wider kommen / vnd gen Zion kommen mit jauchtzen. E - wige frewde wird vber jrem Haupt ſeyn / vnnd wonne werden ſie ergreiffen / vnnd ſchmertzen vñ ſeufftzen wird weg muͤſſen.

Vnd698Troſt wieder

Vnd das iſt der erſte Theil der Troſt - gruͤnde wieder den Todt / ſo aus Chriſto genom̃en. Der ander theil der Troſtgruͤn - de wieder den Todt ſind aus dieſer Welt Eitelkeit genom̃en: Der ſind auch ſieben.

1. Diß Leben iſt ein elend Leben. Syr. 40. Es iſt ein elend jemmerlich ding vmb aller Menſchen Leben / ꝛc. Wir ſterben ja teglich / 1. Cor. 15. Dañ die zeit nimpt teg -Wir ſter - bẽ teglich / Geiſtlich / vnd Leib - lich. lich ein ſtuͤck von vnſerm Leben hinweg. Vn in dem wir an Jahren zunehmen / in dem nimpt vnſer Leben ab / Ja eben dieſen Tag / den wir jtzo leben / muͤſſen wir mit dem Todt theilen. Mit wieviel elender er - baͤrmlicher Kranckheiten iſt vnſer ſterbli - cher Leib geplagt / die vnſern Leib teglich aufffreſſen als Gifft / biß er endlich da - hin felle? Mit wie viel ſorgen / angſt / muͤ - he vnd arbeit bringen wir vnſer Leben zu? Eccleſ. 2.Das wol der Prediger Salomo ſagen mag: Der Tag des Todes iſt beſſer dann der Tag der Geburt. Job 7. Muß nit der Menſch immer im ſtreit ſein auff Erden? Vnd ſeine Tage ſind wie eines Tagloͤh - ners. Wie ein Knecht ſich ſehnet nachdem699den zeitlichen Todt. dem ſchatten / vñ ein Tagloͤhlier / daß ſein arbeit aus ſey: Alſo habe ich wol gantzer Monden gearbeitet / vnd elender Nacht ſind nur viel wordẽ. Job 14. Der Menſch vom Weibe geboren lebet kurtze zeit / vnd iſt voll vnruhe. Wañ nun der Menſch ſe - liglich ſtirbt / ſo ſtirbt all ſein Elend mit.

2. So iſt auch das zeitliche Leben mit vielen Suͤnden vnd vieler boßheit behaff - tet. Nicht ehe koͤnnen wir von der Suͤndẽ gentzlich erloͤſet vnd gefreyet werden / dañ wann wir ſelig ſterben. Rom. 7. klaͤgt S. Paulus: Ich ſehe ein ander Geſetz in mei - nen Gliedern / daß da wieder ſtrebet dem Geſetz in meinem gemuͤt / vñ nimvt mich gefangen in d’Suͤnden Geſetz / welches iſt in meinen Gliedern. Ich elender Menſch / wer wird mich erloͤſen von dem Leibe die - ſes Todes? Was thun wir in dieſer WeltWer len - ger luſt zu leben hat / hat leitger luſt zu ſuͤn digen. Rom. 8. anders dann das wir ſuͤndigen? Darumb jenner Altvatter bat vñ ſprach: Ach Herr laß mich ſterben / daß ich einmal auffhoͤre zu ſuͤndigen. Alle Creaturen ſehnen ſich engſtiglich nach der Freyheit der Kinder Gottes / daß ſie von der Suͤnden dienſtmoͤchten700Troſt wiedermuͤchten loß ſein / wievielm ehr wir? wie voller ergernuͤß iſt die Welt / die wir muͤſ - ſen anſehen vnnd dulden wieder vnſern willen? Aus demſelben werden wir erloͤſet durch den zeitlichen Tod Sap: 4 der Ge - rechte / ob er zu zeitlich ſtirbt / iſt er doch in der ruhe. Dann er gefelt Gott wol / vnd iſt jhm lieb. Darumb wird er weggenommen auß dem Leben vnter den Suͤndern vnd wird hingezucket / daß die boßheit ſeinen verſtand nicht verkere / noch falſche Lehre ſeine Seele betriege / etc. Seine Seele ge - felt Gott wol / Darumb eilet Er mit jhm aus dieſem boͤſen Leben. Vnd in den Letz - ten Tagen werden die Ergernuͤſſen ſo v - ber hand nemẽ / Daß die Gerechten Seelẽ dadurch worden gequelet werdẽ / wie Loth zu Sodom. 2. Pet: 2. Eccl: 4. Ich wandte mich / Vnd ſahe an alle / die vnrecht lit - ten vnter der Sonnen / vnd ſihe / da wa - ren Threnen derer die vnrecht litten / vnd hatten keinen Troͤſter. Da lobte ich die Todten / die ſchon geſtorben waren mehr dann die Lebendigen. Dann ſie werdendes701den zeitlichen Todt. des boͤſen nicht inne / ſo vnter der Son - nen geſchicht. Welche grewliche Irr - thumb vnd Ketzerey ſind in Glaubens ſa - chen / wie mancherley Religion / falſche Propheten / vnd falſche Chriſti / das auch verfuͤhret moͤchten werden in Irrthumb / wo es muͤglich were / auch die Außer - wehlten? Darumb eilet Gott mit den ſei - nen hinweg aus dieſem boͤſen Lebẽ. Wie - viel vnerhoͤrter ſchrecklicher erbermlicher felle geſchehen? Wieviel Krieg vnd Blut - uergieſſen / ſchrecklicher hunger vnd Pe - ſtilentz? Welchen Jammer kein Chriſt zu ſehen vnd zu erleben wuͤnſchen ſol.

3. Daß der Todt allen Menſchen ge - mein ſey. Rom. 5. Der Todt iſt zu allen Menſchen hindurch gedrungen / dieweil ſie alle Suͤnder ſind. Sind ſo viel herrli - cher vnd heiliger Leute fuͤr dir hin gegan - gen / alle Ertzvaͤter / Propheten / vnd viel tauſent Gleubigen / warumb wolleſtu jh - nen nicht folgen? Ich bin nicht beſ - ſer dann meine Vaͤter / ſagt der Prophet Elias 1. Reg. 19. Nimm meine Seele vonmir.702Troſt wiedermir. Ebr. 9. Es iſt allen Menſchen geſetzt einmal zu ſterben / darnach das Gerichte. Eſa. 40. Alles Fleiſch iſt hew / vñ alle ſei - ne guͤte wie eine Blumme auff dem Felde. Das Hew verdorret / vñ die Blume ver - welcket. Dann des Herrn Geiſt bleſet darein. Pſ. 39. Ich bin beyde dein Pilgrã vnd dein Buͤrger / wie alle meine Vaͤter.

4. Stirbt ja kein Menſch ohn gefehr / Gott iſt ein Herr deines Lebens. Er hat deinem Lebẽ zeit vñ ſtunde beſtimpt. JobKein Menſch ſtirbt ohn gefehr. 14. Er hat ſeine beſtimpte zeit / Die Zahl ſeiner Monden ſtehet bey dir / Du haſt jm ein ziel geſetzet / daß wird er nit vbergehen. Pſ. 90. Der du die Menſchen leſſeſt ſter - ben / vnd ſprichſt: Kompt wieder Menſchẽ Kinder. Pſ. 139. Es waren alle meine tage auff dein Buch geſchrieben / die noch wer - den ſollen / vnd derſelbigen keiner da war / Matth. 10. Alle ewre Haar auff dem Haupt ſind gezehlet. Deut. 30. Der Herꝛ iſt dein Leben / vnd die lenge deiner Tage.

5. So iſt der Todt ein groſſer gewin / Phil. 1. Wir gewinnen im Tode mehr dann wir verlieren / fuͤr die Suͤnde Ge -rechtig -703den zeitlichen Todt. rechtigkeit / fuͤr elend Herrligkeit / fuͤr zeit -Wie der Todt em gewin. lichen Reichthum / ewige Guͤter / fuͤr zeit - liche Freundſchafft / Bruͤder vnd Schwe - ſter ewige Freundſchafft vnnd Bruͤder - ſchafft im Himmel / fuͤr den ſterblichen krancken vngeſtaltẽ Leib einen Himliſchẽ verklertẽ Leib / fuͤr diß Exilium das rech - te Vaterland / fuͤr vnruhe / friede / fuͤr die - ſe Welt / das Paradieß. Summa / was iſt in dieſer Welt / das nit tauſentmal beſſer iſt im ewigen Leben? Wiltu Reichthum / Ehre / Herrligkeit / Freundſchafft / Luſt / Friede / dort wirſtu alles beſſer finden.

6. Der Menſch were die elendeſte Crea - tur vnter allen / ſo er ewig in dieſem Jam - merthal bleiben ſolte. 1. Cor. 15. Hoffen wir allein in dieſem Leben auff Chriſtum / ſo ſind wir die elendeſtẽ vnter allen Crea - turen. Darumb ſind wir zu einem beſſern vnd herrlichern Leben erſchaffen. Thut derwegen Gott der Herr durch den Todt groſſe Barmhertzigkeit an vns / daßGott thut groſſe Barmher tzigkeit an vns / wenn ervns aus er vns von dem jammer dieſer Welt er - loͤſet / vnd nicht ewig in der Welt vnruhe leſſet. Eſa. 57. Die Gerechten werdenZ zweg -704Troſt wieder den zeitlichen Todt. dieſem Jã merthal hinweg nunpt.weggerafft fuͤr dem vngluͤck / vnnd die richtig fuͤr ſich gewandelt haben / kom̃en zum friede vnd ruhen in jhren Kammern. Apoc. 14. Selig ſind die Todten / die im Herrn ſterben / von nun an. Dann ſie ruhen von aller jhrer arbeit.

7. Mit dieſen ſuͤndlichen vnd toͤdlichen Augen koͤnnen wir Gottes Herrligkeit nit ſehen / noch mit dem ſterblichen Leibe den newen Himmel / vnnd newe Erde be -2. Petr. 3. ſitzen / darin Gerechtigkeit wohnet. Dar - umb ſollen wir dieſe Irrdiſche Huͤtte gern ablegen / auff daß wir mit einem Himli -Verkler - ter leib ein ſchoͤner Schmuck auff die Himliſch Hochkeit. ſchen Coͤrper vnd geiſtlichen Leibe ange - zogen werdẽ. Dann nichts ioͤdliches kan in der ewigkeit wohnen / nichts ſuͤndliches bey der ewigen Gerechtigkeit. Darumb iſts abermal eine groſſe Barmhertzigkeit Gottes / daß er vns diß ſuͤndliche beſudel - te Kleid außzeugt / Dann da wird die ewi - ge Hochzeit ſeyn: Ein ſchoͤnes Feyerkleid. Dañ da wird ſein der ewige Sabbat: Ein ſchoͤnes Prieſterliches Kleid / Dañ da iſt dz allerheiligſte / in welches wir eingehẽ muͤſ - ſen geſchmuͤcket mit heiligem Schmucke.

Das705Daß der Himmel vnd die gantze Welt / etc.

Das LVIII. Capittel. Daß der natuͤrliche Himmel / vnd die gantze Welt mit allen natuͤrlichen Krofften / dem Glauben vnd Gebet eines Chriſten vnterworffen ſey.

Jer 10. Ihr ſolt euch nicht fuͤrch - ten fuͤr den Zeichen des Him - mels wie die Heyden. ()

ES haben viel vortrefflicher Leut / Philoſophi vnd Theologi, wie - der die Aſtrologiam geſchriebẽ / vnnd wollen nicht zugeben daß das Ge - ſtirn / im Menſchen etwas wircken ſolte / ſein Leben / wandel vnd geſcheffte betref - fende / haben viel ſcheinbare Argument in groſſer menge zuſammen getragen: vñ vermeinẽ es geſchehe dadurch ein groſ - ſer abbruch der Allmacht: Verſchung vñ Regierung Gottes: Sonderlich weil die Sternſeher von Prophetẽ geſtrafft / vñ dẽ Juͤdẽ ernſtlich verbotẽ dieſelbe vmb raht zufragẽ / wie derſelbẽ Spruͤche viel in der ſchrifft ſeyn. Nu halt ichs auch gewißlich dafuͤr / weñ dieſe kunſt mißbraucht wird zu abgoͤtterey / zũ aberglaubẽ / zur leichtfertigZ z ijkeit706Daß der riatuͤrliche Himmelkeit vñ fuͤrwitz zukuͤnfftige dinge zuerfor - ſchen / welches alles vom Glauben vnnd der Gottsfurcht abfuͤhret / daß ſolcher Mißbrauch hochſtrefflich / vnd nit zu dul - den ſey. Denn daher iſts kommen / daß die H. Propheten nit allein die Sternſeher ſtraffen / ſondern jrer auch ſpotten / weil die Juden zu jnen lieffen / vnd wolten jnen von jhrem zukuͤnfftigen gluͤck / weiſſagen laſſen aus der Natur vñ Himmelslaufft / da doch Gott diß Volck erwehlet hatte / daß er ſie wunderlich fuͤhren wolte / vber / ja wieder die Natur / wie er auch gethan. Darumb kein natuͤrlicher Aſtrologus den Juden hat koͤnnen weiſſagen / weder boͤſes noch gutes / ſondern aus dem Mun - de der Propheten / als aus dem Munde Gottes ſoltẽ ſie es hoͤren / vnd den Herrn fuͤrchten / vnd ſich Gott dem Herrn be - fehlen / ſich nach ſeinem Wort vnd Zeug - nis richten. Vnnd alſo ſols auch ſein im newen Teſtament / bey den Chriſten. Deñ Chriſtus vnſer Herr will ſeine Gleubigẽ ſelbſt regieren / vnd jr newer Himmel ſein ſie krefftiglich incliniren, bewegen / leitẽvnd707dem Glauben vnterworffen ſey. vnd fuͤhren / wie der 4. Pſalm ſpricht / Er - kennet doch daß der Herr ſeine Heiligen wunderlich fuͤhret / von welcher wunder - licher Regierung Gottes der 139. Pſalm herrlich redet. Denn eines Chriſten leben vnd wandel ſoll allein aus Gott vnd aus der newen Geburt gehen / vnd von Gott regieret vnd gefuͤhret werden.

Das aber darumb der Himmel vnd Geſtirn natuͤrlicher weiſe keine wirckung haben ſolte im Menſchlichen Leben / wan - del vnd geſcheffte / weiß ich nit obs mans ſo gar verneinen[k]oͤnte / vnnd ob eben dar - durch der Verſehung vnnd Regierung Gottes ein Abbruch geſchehe / ſintemal der Allmechtige Gott durch die Natur als durch Mittel wirckt. Deñ durch den Lauff des Himmels / ordnet er Zeit vnd Jahr / vnd hat alle vnterding in gewiſſe zeit vnd Zahl verfaſſet / vnd geſetzt. DaherderPre -Sap. 11. Eccl. 3. Eccl. 9. diger Salomo ſpricht: Alles hat ſeine zeit vnd alles vornehmen vnter dem Himmel hat ſeine ſtunde: Ja es ligt alles anderzeit. Nun iſt die zeit ein vornehme vnd ſondere wirckung des Himmels / vnd wir empfin -Z z iijdens708Daß der Himmel vnd die gantze Weltdens daß allezeit nicht gleich iſt / Es gehen die Menſchlichen geſcheffte nit allemal / vnd zu allerzeit gleich wol fort / welches auch der Herr Chriſtus ſelbſt andeutetJoh. 11. da er ſpricht: Sind nit des Tages zwoͤlff ſtunde: Als wolt er ſprechen / was zu einer ſtund nit fort will / gefehrlich oder ſched - lich geweſt / kan ſich leicht zur andn ſtunde endern. Gott hats alſo geerdnet / das alle ding zu ſeiner zeit geſchehen muͤſſen. Wol dem der die zeit trifft: Hetten die JuͤdenLuc. 19. die zeit des Meſſiae / vnd jhrer Heimſu - chung aus den Propheten vnd Predigtẽ Chriſti erkant / ſo ſtuͤnde es wol vmb ſie. Dieſe weißliche erforſchung der zeit / be - ſtetiget viel mehr Gottes Weißheit / ver - ſehung vnd Regierung / denn daß ſie der - ſelben ſolte Abbruch thun. Die Oſſenba - rung Johannis hat viel mit der zeit / vnd mit der Zahl zu thun: Vnd darin ſtecken die groͤſten Geheimnis.

Zum andern: Weiſet vns ChriſtusLuc. 21. Jeſus vnſer Herr ſelbſt auff die Zei - chen des Himmels / der Sonnen / Mond vnd Sternen. Denn der Himmel iſt ein Spiegel der groſſen Welt / Speculũ ma -709dem Glauben vnterworffen ſey. ioris mundi, darin ein verſtendiger ſehẽ kan was auff Erden geſchehen ſol. Denn der Him̃el trawret vnd gibt Zeichẽ wenn groſſe ſiraffen auff Erden kommen ſollen:Eſa. 13. Wie der Prophet ſpricht: die Sternen am Him̃el vnd ſein Orion ſcheinet nit helle. Die Sonne gehet finſter auff / der Mond ſcheinet dunckel Ez. 32. Ich will dẽ Him - mel verhuͤllẽ vnd ſeine ſterne verfinſtern / die Sonne mit Wolcken vberziehen / der Mond ſol nit ſcheinen / alle Liechter am Himmel will ich vber dir laſſen dunckel werden. Joel. 2. Sonn vnd Mond werdẽ finſter vnd die Stern verhalten jrẽ ſchein. Daher ſpricht Gott der Herr / jhr ſolt euch nit fuͤrchtẽ fuͤr den Zeichẽ des Him -Jer. 10. mels / verſtehe / ſo jr from ſeid / vnd in mei - ner furcht lebet. Den denẽ ſo aus Gott ge - borẽ ſein / vnnd in der newen geburt leben kan der Hi[]el vnd die gantze Natur nit ſchaden / darumb ſich dieſelben fuͤr den Zeichen des Him̃els nit zu fuͤrchtẽ haben / wie dre Pſ. ſpricht / wenn eine plage kom̃en will / fuͤrcht ſich der Gerechte nit / ſein her tze hoffet vnuerzagt auf dẽ Herrn Vñ hiePſ. 112. heiſſets Sapiens dominabitur aſtris:710Daß der Himmel vnd die gantze WeltDer Gottweiſe Menſch herrſchet vber dz Geſtirn. Denn die aus der Newengeburt ſeyn / ſein vber den natuͤrlichẽ Himmel in jrem wandel / vñ ſind nit mehrfilii Satur - ni, louis, Martis, oder filii Solis, Mer -Joh. 1. curil, Lunæ, ſondern ſind ſilii Dei: vnd leben im Glauben / dardurch ſie ſich den krefften vnd impreſſionen des natuͤrli - chen Himmels entzſehen. Die aber nit in der Newengeburt lebẽ / ſondern nach dem Fleiſch / die haben ſich zu fuͤrchten / denn ſie muͤſſen des Himmels ſtreiche leiden /Jer. 10. weil ſie Heydniſch leben.

Zum dritten ſo iſt ja gantz vnleugbar / was die Finſterniſſen der groſſen Liechter am Himmel / vnd die Cometen fuͤr groſſe verenderung auff Erden mit ſich bringẽ / nicht allein an einzehlen hohen Perſonen wegen jhres toͤdlichen Abgangs / ſondern auch an verenderungen des Reichs vnnd Herrſchafftẽ: auch andern groſſen Land - ſtraffẽ / daher aus exfahrung geſagt wird:

In cœlo nunquam ſpectati im - pune Cometæ: Vnd ſind derſelben Ex - empel alle Hiſtoriẽ voll: Es iſt wol bekantdes711dem Glauben vnterworffen ſey. des lulii Cæſaris Exempel daß jhm ein Sternkuͤndiger gewarnet fuͤr den Ca - lendis, das iſt / fuͤr dem Tage / an wel - chem er auffm Rahthauſe zu Rom erſto - chen worden iſt / Vnnd da derſelbe Tag kommen war / hat er den Aſtrologum vexiret / vnd geſagt: Ecce venerunt Ca - lendæ: Siehe dieſer Tag iſt nun kom - men / darauff der Sternkuͤndiger geſagt: Sed nondũ preterierunt, Es iſt aberderTag noch nicht vergangen. Gehet alſo in den Raht / vñ wird jem̃erlich ermordet.

Zum Vierdten / ſo iſt der groͤſte Theil Menſchlicher Kranckheit Aſtraliſch / wie die wahren Medici wiſſen / denen die Morbi aſtrales bekant ſeyn / mit jhremMarci 9. vrſachen / vnd mit jhrer Chur. Was ſind morbi Lunatici, vnnd etliche ſpecies Epilepſiæ, auch die Peſt / vnd viel an - dere Mercurialiſche vnd arſenicaliſche Kranckheiten: Was dieſelbẽ im Menſch - lichen Leben / wandel vnd geſcheffte fuͤr verenderung bringen / gibt die erfahrung. Daher ein beruͤmbter Medicus die A - ſtronomiam machet vnd ſetzet zur vierd -Z z vten712Daß der Himmel vnd die gantze Weltten Seule der Medicin, wie ſie dann auch iſt.

Zum fuͤnfften ſchreibet ein gelerter Mann: Ineptũ eſt, ſtatuere tanta cor - pora cœleſtia, quæ toties terræ molẽ ſuperant, vacua eſſe virtutibus & o - perationibus. Quandoquidem vt ait Philoſophus: Quanto formæ rerum ſunt perfectiores, tanto res ipſæ, quo - rum ſunt formæ, nobiliores habent operationes & effectus. Homo eſt centrum maioris mundi in quem o - mnes radii collimant & concurrunt. Zu dem: Wie kan ſo gar verneinet wer - den / daß das Firmament nicht ſeine wirckung im Menſchen habe / da doch dz gantze Firmament im Menſchen iſt: Vnd das Microcoſmiſche Firmament mit dem Macrocoſmiſchen eine ſehr Ge - heimbte vnnd groſſe Conſonantz hat. Wie die rechtſchaffenẽ Philoſophi wol wiſſen. Ich rede nieht von den Wirckun - gen d’Sternen / welche die vermeinten A - ſtrologi den Aſtris antichten / vnnd dar - auff jhre Warſagerey gruͤnden / dawiederfaſt713dem Glauben vnterworffen ſey. faſt alle Theologi zu vnſer zeit geſchrie - ben / vnd dieſelbe verworffen haben / ſon - dern ich rede von natuͤrlichen Krefften des Himmels vnnd der Sternen / daß derſelben Wirckung im Menſchen als im Microcoſmo, nicht koͤnnen vernei - net werden / darumb daß die Aſtrologi ſo vngewiß ding weiſſagen. Was koͤn - nen die Sterne darzu / daß die Aſtrolo - gi jhre Wirckungen vnd Kreffte nit beſ - ſer verſtchen. Vnnd wann man vnſere jtzige Medicinam vnd jtzige Aſtrologi - am auff die Goldwage legen wolte / wuͤr - de ſichs bef[ind]en / daß die Medici auch offt in jhren[Cu]ren feilen / ſo wol als die Aſtrologi in jhren Prognoſciren. Solt man darumb der kreuter Wirckung ver - leugnen / was koͤnnen die Kreuter darzu / daß man jre Krafft nicht beſſer verſtehet. Es iſt auch in den Außlegungen vnd an - ziehung der Zeugnis der Schrifft / ſo wi - der die Sternſeherey / vnd WeiſſagereyEſa. 41. Jer. 47. zukuͤnfftiger dinge / von den Propheten gered ſeyn / ein Vnterſcheid zu machen /vnter714Daß der Himmel vnd die gantze Weltvnter den werckẽ Gottes / ſo Gott imme - diatè thut / vñ vnter den wercken der Na - tur. Die Juͤden wolten GOttes vner - forſchliche Wercke aus der Natur erfor - ſchen / welches vnmuͤglich iſt / darumb wurdẽ ſie mit den Sternſehern zu ſchan - de / vnd wurden verſpottet. Pharao in E - gypten / vnnd Nebucadnezar zu Babel / wolten von den Egyptiſchen vnd Baby - loniſchen Weiſen / die vbernatuͤrlichen Wercke Gottes erforſchen / nemlich jhre Trewme / vnd derſelben deutung / welche vbernatuͤrlich waren / vnnd das war in derſelben Weiſen vermuͤgen nicht: Es gehoͤrte eine hoͤhere W[e]ißheit darzu / nemlich der Geiſt GOttes / der da alles1. Cor. 2. erforſchet / auch die tieffe der Gottheit. Darumb entſchuͤldiget ſie Daniel fuͤr dem Koͤnige vnd bat fuͤr ſie / daß ſie der Koͤnig nicht toͤdtet. Er aber ſagte dem Koͤnige ſeinen Traum vnd die reche deu - tung durch den heiligen Geiſt / gleich wie auch Joſeph dem Pharaoni. Dahin ſie -Eccl. 7. Eccl. 8. het auch Salomo in ſeinem Prediger / daß man die Werck Gottes nicht erfor -ſchen715dem Glauben vnterworffen ſey. ſchen kan / verſtehe aus der Natur / aber wol durch den heiligen Geiſt. Darumb heben ſolche Spruͤche / die Wirckung des Firmaments nicht auff.

Es ſeyn aber ſolche Wirckungen des Himmels wie ſie wollen / ſo mechtig / ſo ſtarck / ſo geſchwind / ſo ſchnell / ſo ſind dieſelbe vnnd alle natuͤrliche Kreffte des Himmels vnd aller Element dem Glau - ben[vnd] dem Gebet vnterworffen. Denn ein Gleubiger iſt in Chriſto ein Herr vber die gantze Natur / welches Apoc. 12. vor - gebildet / durch das weib mit der Sonnen bekl[e]idet / vnd der Mond vnter jhren Fuͤſ - ſen. Das iſt / der Gleubige iſt in Chriſto vber alles erhoben / vnnd in jhn verſetzt / mit Chriſto bekleidet / vnnd theilhafftig ſeiner Herrligkeit / vnd Liechtes / vnd hat die gantze Natur vnter ſeinen Fuͤſſen. Ein Gleubiger iſt in Chriſto eine Newe Creatur / vnnd vberwindet in Chriſto al -2. Cor. 5. les / denn alles was aus Gott geboren iſt / vberwindet die Welt / vnnd alles was in1. Joh. 5. der Welt iſt. Alle ding ſind muͤglich / dem der da gleubet. Siehe ich habe euchMarci 9.macht716Daß der Himmel vnd die gantze Weltmacht gegebẽ vber Schlangẽ vnd Scor - pion / vnnd vber alle macht des Feindes Luc. 10. ob tauſent fallen zu deiner Seitẽ / zehen tauſent zu deiner Rechten / ſo wirds dich doch nit treffen / auff den Lewen vnd Ottern wirſtu gehen / vnd treten auff den Jungen Lewen vnd Drachen. Pſ. 91. Er bedecket mich in ſeiner Huͤtten zur boͤſen zeit / vnnd verbirget mich heimlich in ſei -Pſ. 27. nen Gezelten / vnnd erhoͤhet mich auff ei - nen Felſen / wann du durch Fewer vnndEſa. 43. Waſſer geheſt / bin ich bey dir / daß dich die Fluth nicht erſeuffe / noch die Flam -Joh. 14. Joh. 16. me anzuͤnde. Seid getroſt ich hab die Welt vberwunden / Siehe es kompt der Fuͤrſt dieſer Welt / vnnd hat nichts an mir. GOtt ſey danck der vns den Sieg gegeben hat in Chriſto Jeſu / 1. Corinth. 15. Wer will vns ſcheiden von der Liebe Gottes / Truͤbſal / Angſt / Verfolgung / Hunger / Schwerth / Froſt oder Bloͤſſe. Ich bin gewiß das weder leben noch todt / weder Engel noch Fuͤrſtenthum̃ / weder Hohes noch Tieffes / ꝛc. vns ſcheiden kanvon717dem Glauben vnterworffen ſey. von der Liebe GOttes in Chriſto Jeſu. Rom. 8. Hebr. 11.Wir vberwinden alles / vmb des willen der vns geliebet hat. Durch den Glauben haben die Heiligen den Himmel auff vnd zugeſchloſſen / des Fewers Glut auß -Joſ. 10. geleſchet / Sonne vnd Mond heiſſen ſtil - le ſt[e]hen / der Lewen rachen zugehalten. Nicht allein die Natur iſt dem Glauben vnterworffen / ſondern / alle Helliſche Macht vnd Pforten der Hellen Suͤnde / Todt / Teuffel vnd Helle: Denn ChriſtiLuc. 10. Sieg iſt vnſer. In jhm ſiegen wir vnd er in vns. Darumb ſprechen die ſiebentzig Juͤnger: Herr es ſind vns auch die Teuffel vnterthan in deinem Namen. Darauff der Herr ſpricht Frewet euch deſſen nicht / daß euch die boͤſen Geiſter vnterthan ſeyn / ſondern frewet euch / daß ewre Namen im Himmel geſchriehẽ ſeyn. Das iſt ewer Sieg / das iſt ewre Stercke / ewre Herrligkeit: Ewre Selig - keit / ewer Ruhm: Durch mich ſeid jhr Kinder GOTtes / Erben vnnd Her - ten vber alles: Vnnd alſo ſind allerGleu -718Daß der Himmel vnd die gantze Welt etc. Gleubigen Namen im Himmel geſchrie - ben / daß ſie durch den Glauben in Chri - ſto gerecht / ſelig / ſieghafftig ſeyn / auch Erben vnd Herrn ſeyn mit Chriſto vber alles. Darnach richte / vrtheile / meiſtere ein jeder verſtendiger vnnd gleubiger ſeine natuͤrliche Natiuitet, vnnd wiſſe daß er ein Herr ſey des Himmels / vnd vber das Geſtirn herrſche.

Luc. 21. So ſeid nun wacker allezeit / vnd betet daß jhr wirdig werdet zu entfliehen dieſem allen / vnnd zu ſtehen fuͤr des Menſchen Sohn.

Summa Deo Soli Gloria laus & honor.

ENDE.

[719]
Beſchluß

Beſchluß des Andern Buchs.

ZVM Beſchluß / muß ich dem Chriſtliebenden Leſer / noch etlicher Punctẽ freund - lich erinnern: Das ich keinen andern finem ziel vnd zweck habe vnd ſuche in dieſen meinen Buͤ - chern / denn das neben vnnd mit vnſer reinen Religion / vnnd Glaubens bekendtniß ſo in den Kirchen der Augſpurgiſchen Confeßion ſchallet / vnd in der F. Concordiæ wiederholet iſt / (zu welcher ich mich auch mit Her - tzen vnd Munde bekenne / will auch daß dieſe meine Schriff - ten nicht anders / denn nach der -A a aſelben[720]des Andern Buchs. ſelben ſollen verſtanden werden) Auch das Heilige Chriſtliche Leben muͤge fortgepflantzet wer - den. Denn es hilfft die reine Lehre denen nichts / welche nicht zieren ein Heiliges Leben: Die Reinigkeit der Lehre iſt mit wa - chenden Augen zubewaren / aber die Heiligkeit des Lebens iſt mit groſſem ernſt fortzupflantzen. Was hilfft groſſe Kunſt ohne Gottſeligkeit? Es iſt viel beſſer fuͤr GOtt / einen Gottfuͤrchti - gen Menſchen erziehen / denn ei - nen Gelerten. Die Lehre Chri - ſti treiben jhrer viel mit groſſem ernſt / aber daß Leben Chriſti vben jhrer wenig. Hievon wol - le auch der Chriſtliche Leſer / die Vorrede deß erſten Buchs / vndden[721]Beſchlußden Beſchluß deß Vierdten Buchs beſehen.

Ob auch Jemand ſagen wuͤr - de / ich hette die Lehr vom Chriſt - lichen Leben zu weitleufftig be - ſchrieben / dem gebe ich zur Ant - wort: Das auch vnſer boͤſes Le - ben wei[t]leufftig ſey / vnſer ſchade iſt ja zu groß vnd zu heilloß / ſo iſt auch vnſere Erloͤſung ein groſ - ſes Werck vnd ein tieffes Meer / ſo iſt auch vnſer Creutz mannig - faltig. Doch wers ja wil kuͤrtzer haben / der leſe nur was im Er - ſten andern vnd dritten Buch / von der Buſſe / vom Glauben / von der Liebe / von Demuth / Sanfftmuth / Gedult / vnd vom Creutz in gewiſſe Capittel ver - faſſet iſt / ſo wird er das gantzeA a a ijChriſt -[722]des Andern Buchs. Chriſtliche Leben kurtz haben vnnd finden. Wirſtu aber das gantze Werck leſen / ſo wird dirs Zeit vnd Arbeit reichlich beloh - nen.

Letzlich wolle auch der from - me Leſer erinnert ſein / weil in dem eilenden Druck / etwas ver - ſehen / er wolle nicht bald vnnd ſchnelle Vrtheilen / ſondern in der Correctur darnach ſehen / vnnd Chriſtliche beſcheidenheit brauchen / vnd mit mir Gottes Ehre vnd des Neheſten Se - ligkeit helffen be - foͤrdern.

Erra -[723]

Errata deß Andern Buchs.

IN der Vorrede: F. 1 fac. 2 l. 19 pro wer - de / liß wird. f. 4 l. 13 pro Krauckheit liß Traurigkeit / f. 4 fac. 2 l. 8 dele jhn.

Im Regiſter der Capittel / cap 28 pro ge - ſchwecht / liß geſchmecket / f. 3 l. 19 poſt nicht adde ſo / f. 6 l. 3. pro kempffen / liß kempffer / f. 27 l. 8 pro vollkommene / liß vollkomnere / f. 36 l. 16 pro durck / liß durch / f. 46 l. 1 pro Glaube / liß Glaubens / f. 62 l. 3 pro erhai - ten / liß halten / f. 86 l. 1 pro ſtirb / liß ſtirbt / f. 92 l. 22 pro allein / liß alle ein f. 110 l. 15 pro ſtraffe / liß ſcharffe f. 116 l. 11 pro als / liß alſo Ibid. ad marg. liß aſpernando f. 124 l. 13 de - le ſpricht Ibid. l. 14 poſt er / adde ſpricht f. 130 l. 1 dele durch f. 135 l. 8 liß vnaußſprech - liche f. 155 l. 18 pro ewige / liß einige f. 158 l. 6 poſt her / adde mir f. 164 l. 14 pro kein / liß keiner f. 167 l. 3 pro vbergehen / liß vberhe - ben f. 168 l. 3 pro allem / liß alles f. 169 in fine: liß / das iſt das erſte ſtuͤck deß Truͤbſeligen Lebens f. 202 l. 18 pro als / liß alſo f. 211 ad Marg. fuͤr beſtehen liß befehlen f. 223 l. 8 pro ſeines / liß ſein f. 224 ad Marg. pro ſeine / liß ſeiner f. 226 l. 5 pro ſtel / liß ſtellet f. 227 l. 5 pro ſollen / liß ſelben f. 234 l. 24 pro daran / liß davon f. 237 l. 2 pro er liß vns / Eadem l. pro den / liß dem f. 251 l. 21 fuͤr betriefedem liß bereitetem Ibid. l. vlt. pro Ancker liß Acker f. 267 l. 23 pro man Ebe / liß mancher f. 274 l. 2 pro ſeiner / liß ſeinem f. 282 l. 25 pro ergieſſe / liß ergieſſen f. 298 l. 1. poſt fuͤr adde / ſie f. 325 l. 23 pro als / liß alſo f. 329 l. 18 proA a a iijalle[724]alle / liß aller: Item / l. 19 f. 340 l. 13 pro Fen - de / liß Friede f. 342 l. 2 pro Verſoͤhnung / liß verſehung f. 348 l. 18 pro Lebet / liß Lebete f. 356 l. 3 pro Fleiſch / liß Fleiß Ibid. l. 9 pro allen / liß aller f. 360 poſt gewiſſen adde f. 363 l. 12 pro Boßheit / liß Warheit f. 365 l. 20 pro vergangner / liß vorbegangner f. 368 l. 13 pro vor / liß von f. 388 ad Marg. liß Col. 4 f. 417 l. 10 liß ςερέωμα f. 419 l. 6 pro Heiligkeit / liß Heimligkeit f. 435 l. 14 vnd 16 liß laſſets f. 438 l. 2 pro ein / liß eins f. 461 l. 13 liß iſt be - deutet durch die f. 474 l. 6 pro in deinen rechten / liß mit demem Rath f. 478 l. 10 liß außrichtet f. 494 l. 13 poſt weme adde hat f. 500 ad Marg. liß primitiæ f. 506 l. 17 pro wie liß wird f. 510 l. 15 liß allerlieblichſten f. 514 l. 1 poſt Achab / adde vnnd Joſaphat f. 526 l. 22 pro verruckt / liß verrucht f. 529 l. 14 poſt ſeid / adde / jhr f. 531 l. 3 dele in Ibid. l. 12 pro da / liß der Ibid. l. 13 liß mache vnd ſchaffe f. 533 l. 22 pro da / liß das f. 535 l. 1 pro werde / liß wird f. 537 l: 14 pro werben / liß werden f. 545 l: 15 pro ſchaden / liß ſcheiden f: 555 l: 6 pro erkennen / liß erkennet f. 575 l: 19 pro ſo / liß alſo f: 576 l: 7 liß einem Ibid: l: 20 liß David f: 596 l: 9 poſt oder dele / des f: 600 ad Marg: pro Freunde / liß grund f: 604 l: 10 pro ein / liß kein Ibid: 1: 14 liß Gotte f: 605 l: 1 poſt vnd adde die f: 606 l: 13 poſt angeblaſen adde / werden f: 612 l: 11 poſt 8 der HErr reicht die Hand f: 619 l: 19 pro einem liß meinen f: 621 l: 13 poſt hat adde er f: 623l: 17 pro[725]l: 17 pro wirdt / liß will f: 626 l: 4 liß Winſel - te / Kirrete Ibid: l: 9 dele / vnd er mich nicht hoͤret f: 641 l: 16 liß dann f: 647 l: 4 poſt laſ - ſen / adde: Das wir wiſſen es ſey Gottes wil - le f: 653 l: 6 poſt vnd adde / wie f: 657 l: 5 poſt erfolget / adde iſt f: 659 l: 4 liß von mnen Ibid: l: 19 poſt vberwunden / adde / werden f. 673 l: 18 pro erſtlich / liß letzlich f: 685 l: 6 pro wir / liß wie f: 707 l: 12 pro obs / liß ob Ibid: l: 19 liß vntere f: 709 l: 23 pro dre liß der f: 710 l: 20 liß der Reiche f. 713 l: 16 liß Prognoſtieiren 711 l. 2 vnnd 7 pro Calen - dis & Calendæ, liß Idibus Martii.

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[726][727][728][729][730][731][732]

About this transcription

TextVom wahren Christenthumb
Author Johann Arndt
Extent756 images; 113414 tokens; 12051 types; 740165 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationVom wahren Christenthumb Das ander Buch: Wie Christi Menschwerdung/ Liebe/ Demuht/ Sanfftmuht/ Gedult/ Leyden/ Sterben/ Creutz/ Schmach vnd Todt/ vnser Artzney vnd Heylbrunnen/ Spiegel/ Regel vnd Buch vnsers Lebens sey/ Vnd Wie ein wahrer Christ/ Sünde/ Todt/ Teuffel/ Helle/ Welt/ Creutz/ vnd alle Trübsal durch den Glauben/ Gebet/ Gedult/ Gottes Wort vnd Himlischen Trost vberwinden sol/ Vnd dasselbe alles in Christo Jesu durch desselben Krafft/ Stercke/ vnd Sieg in vns Johann Arndt. . [9] Bl., 718 S., [4] Bl. FranckeBöelMagdeburg1610.

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SLUB Dresden SLUB Dresden Theol.ev.asc.1269-2

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Erbauungsliteratur; Gebrauchsliteratur; Andachtsbuch; core; ready; china

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Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-13T10:47:01Z
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Holding LibrarySLUB Dresden
ShelfmarkSLUB Dresden Theol.ev.asc.1269-2
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