Bernh. Chriſtum ſequendo c[i]tius apprehendes quam legendo.
GLeich wie in der Natur / Chriſtlicher lieber Leſer / Eines Dinges vntergang / des andern Anfang iſt / alſo ge - hets auch zu in wahren Chriſtli - chen Leben. Denn der alte Fleiſch - liche Menſch / muß zuuor vnter - gehen / ſol der Newe Geiſtliche Menſch herfuͤr kommen / vnd weil vnſer Fleiſchliſches Leben / dem heiligen Leben Chriſti gar zu wieder iſt / wie im erſten BuchA ijgnug -Vorꝛede. gnugſam erkleret / ſo muͤſſen wir ja notwendig zuuor vnſer Fleiſch - lich Leben verleugnen / ehe wir das Geiſtliche Leben Chriſti anfahen / oder demſelben nachfolgen[]koͤnnen. Als zum Exempel: Du muſt ja zu - uor auffhoͤren Hoffertig zu ſeyn / ehe du anfeheſt demuͤtig zu wer - den. Darumb muß das Geiſtliche Chriſtliche Leben nothwendig von der Buſſe angefangen werden. Vmb dieſer Vrſach willen iſt das erſte Buch alſo verfaſſet / wie aus der Ordnung der Capitteln deſſel - ben / vnd aus dem Beſchluß zu vernehmen. Demnach aber in die - ſem andern Buch / die Lehre von der Buſſe in etlichen Capitteln wiederholet werde / muß ich deſſen Vrſach / neben der Ordnung dieſesBuchsVorꝛede. Buchs kurtzlich andeuten. Weil das Heuptſtuͤck des erſten Buchs beruhet in erkentnis des abſchew - lichen / Toͤdtlichen vnd verdam[l]i - chen Gifftes der Erbſuͤnde / wel - ches nicht genug kan erkant wer - den / ſo muß nothwendig diß ander Buch angefangen werden / von vnſerm ewigen vnd einigen Heyl - brunnen Jeſu Chriſto / in welchem wir wiedergedachtes greuliches Gifft der angebornen Suͤnden / vnd allem darausquellendem jam - mer / vnd Elende / Artzney vnnd Huͤlffe durch den Glauben finden. Solches iſt in den dreyen erſten Capitteln / dieſes andern Buchs begriffen.
Weil aber der Glaube / welcher ſolche Guͤter / aus dem Gnaden -A iijbrunnenVorꝛede. brunnen Chriſto Jeſu ſchepffet / lebendige Fruͤchte bringen muß / So ſeind dieſelbe in den drey fol - genden Capitteln beſchrieben. Sol - len aber die Fruͤchte der Gerechtig - keit vnd Geiſtes in vns wachſen / ſo muͤſſen die Fruͤchte des Fleiſches vntergehen / vnd das iſt die taͤgli - che / ware wirckliche rechtſchaffene Buſſe / darin ein Chriſt ſtets leben vnd ſich vben muß / ſol anders das Fleiſch getoͤdtet werden / vnd der Geiſt in vns herꝛſchen. Darzu iſt von noͤten ein klarer Bericht vom vnterſcheid des Fleiſches vnd G[e]i - ſtes / vnd von den Eigenſchafften der taͤglichen Buſſe. Darauff ge - hen die vier folgenden Capittel. Weil aber aus ſolcher taͤglichen Buſſe / vnnd toͤdtung des altenMen -Vorꝛede. Menſchen (denn eines wahren Chriſten Leben nichts anders ſeyn ſol / denn eine ſtetige Creutzigung des Fleiſches) taͤglich ein newer Menſch herfuͤr kommen ſol / ſo kan man keine beſſere Ordnung fin - den / denn wie vns Chriſtus vnſer HERR mit ſeinem Exempel iſt fuͤrgangen / darumb folget ferner wie Chriſti Leben vnſer Spiegel ſeyn ſoll / vnd fahen billich an / an ſeiner Armut Schmach / Verach - tung / Kranckheit / Creutz / Leyden Todt / welches heilige Leben Chri - ſti / vnſers Fleiſches Creutzigung iſt / darzu gehoͤret Gebet / Liebe vnd Demut: Solches iſt in folgenden fuͤnffzehenden Capitteln begrif - fen. An dieſer Niedrigkeit vnd Demut vnſers HERRN JeſuA iiijChri -Vorꝛede. Chriſti / ſteigen wir auff / als an der rechten Himmels Leiter / in das Hertz GOttes vnſers lieben Vaters / vnd ruhen in ſeiner Liebe / deñ an Chriſti Menſchheit muͤſſen wir anfahen / vñ auffſteigen in ſei - ne Gottheit. Da ſchawen wir jhn in Chriſto an / daß Hertz vn - ſers lieben Vaters im Himmel / wir ſchawen Gott an als das hoͤch - ſte / ewige / weſentliche / vnendli - che Gut / als die vnermeßliche All - macht / als die abgruͤndtliche Barmhertzigkeit / als die vner - forſchliche Weißheit / als die lau - terſte Heiligkeit / als die vnſtreff - liche vnd vntadliche Gerechtigkeit / als die ſuͤſſeſte Guͤttigkeit / als die edleſte Schoͤnheit / als die lieblich - ſte Holdſeligkeit / vnd als die hold -ſeligſteVorꝛede. ſeligſte Liebligkeit / als die frew - denreichſte Seligkeit. Welches die vornembſten Stuͤcke ſeyn Vitæ contemplatiuæ. Darzu gehoͤren die acht folgenden Capittel. Dieweil aber ſolche betrachtungen ohne Gebet nicht geſchehen koͤnnen / So folgen hernach zehen Capittel vom Gebet vnd ſchoͤnen Lobe Gottes. Vnd endlich weil ſolche Gottſelig - keit in Chriſto Jeſu / Verfolgung leiden muß / ſo folgen dreyzehen Capittel von gedult im Creutz: von hohen Geiſtlichen Anfechtun - gen wie dieſelbe zu vberwinden / Gott helff vns das wir alle ge - trewe nachfolger Chriſti ſeyn / vnd vns ſeines heiligen Lebens nicht ſchemen / ſondern dem Lemblein Gottes nachfolgen wo es hinge -A vhet /Vorꝛede. het / daß es vns weide vnd leite zu den lebendigen Waſſerbrunnen / vnd alle vnſere Thraͤnen von vnſern Augen abwiſche. AMEN.
Johan Arnds Pfarꝛer zu S. An - dreas in Eißleben.
1. JEſus Chriſtus GOTtes Sohn / iſt vns von vnſerm Him - liſchen Vater gegeben zu einem Artzt vnd Heylbrunnen / wieder das toͤdliche verdamliche Gifft der Erbſuͤnde / ſampt jhren Fruͤchten / vnd wieder allen Jammer vnd Elen - de Leibes vnd der Seelen.
2. Wie ein jeder Chriſt den Troſt des Evan - gelij auff ſich ziehen / vnd jhm zueignen ſol.
3. Daß vnſere Gerechtigkeit allein ſtehe in dem voilkommenen Gehorſam vnd Verdienſt Jeſit Chriſti / vnd in vergebung der Suͤnden / welche der Glaube ergreifft.
4. Daß der ſeligmachende Glaube in einem wahren Chriſten wircke allerley Fruͤchte der Gerechtigkert / ſo aus dem innerſten Grund desHer -Regiſter. Hertzens gehen muͤſſen / ohne alle Heucheley. Daß auch Gott alle euſſerliche Wercke / nach dem grunde des Hertzens vrtheile.
5. Daß nicht die Wiſſenſchafft vnd Gehoͤr des Goͤttlichen Worts einen wahren Chriſten mache vnd beweiſe / ſondern Gottes Wort ins Leben verwandeln / vnd Gott von Hertzen an - ruffen / daß ſem Wort in vns Frucht ſchaffe vnd lebendig werde / als der Saine Gottes.
6. In der vereinigung mit Chriſto durch den Glauben ſtehet des Menſchen Vollkommen - heit vnd Seligkeit / darzu der Menſch nichts thun kan / ſondern hindert ſich viel mehr an Gottes Gnade durch ſeinen eignen boͤſen wil - len. Chriſtus aber thuts alleine in vns.
7. Die Buſſe recht zu verſtehen iſt noth zu wiſ - ſen / den vnterſcheidt des alten vnd newen Men - ſchen / oder wie Adam in vns ſterben vnd Chri - ſtus in vns leben ſol / oder wie der alte Menſch in vns ſterben / vnd der newe Menſch in vns leben ſol.
8. Wie freundtlich vns Gott zur Buſſe locke / vnd warumb die Buſſe nicht zu verſeumen.
9. Was Buſſe thun heiſſe / vnd wie ſie geſchehen muͤſſe / vnd wie vns Gottes guͤte zur Buſſe leite.
10. Von vier Eigenſchafften der wahren Buſſe.
DieRegiſter.11. Die Frucht der waren Bekchrung iſt die newe Creatur / Vnd was ein Cheꝛſt ſey / nach dem Glauben / Nemlich / ein Herr vber alles / Vnd was Er ſey nach der Liebe / Nemlich ein Knecht vnter allen / Vnd wie Chriſti Leben vn - ſer Spiegel ſey.
12. Wie Chriſtus der rechte Weg vnd Zweck ſey / der waren Gottſeligkeit / vnd wo Gotr den Menſchen nicht leitet vnd fuͤhret / ſo jrret er.
13. Wie Chriſtus das rechte Buch des Le - bens ſey / vnd wie Er vns durch ſeine Arenuth lehret der Welt Herrligkeit verſchntchen.
14. Wie vns der HErr Chriſtus lehret / durch ſeine Schmach / Verachtung vnd Verleugnung ſein ſelbſt / der Welt ehre vnd ruhm verſchme - hen.
15. Wie wir durch Chriſtum die Truͤbſal vnd Verachtung der Welt tragen vnd vberwinden ſollen.
16. Wie die Chriſten ſollen jhre Ehre vnnd Ruhm an Chriſto / vnd im Himmel / ſuchen vnd haben.
17. Wie wir durch Chriſtum vnd aller Hei -ligenRegiſter. ligen Exempel die Verleumdung falſcher Zun - gen vberwindeu ſollen.
18. Wie wir durch die Trawrigkeit vnnd Schmertzen Chriſti / ſollen die Wolluſt dempf - fen.
19. Wie wir in dem gecreutzigten Chriſto als in dem Buch des Lebens anſchawen ſollen vn - ſere Suͤnde / Gottes Zorn / Gottes Gerechtig - keit / Gottes Liebe vnd Gnade.
20. Von der Krafft vnd Nothwendigkeit des Gebets / in dieſen Goͤttlichen Betrachtungen.
21. Von der Krafft der Edlen Tugendt der Demuth.
22. Alle Wercke eines waren Chriſten / ſollen in demuth geſchehen / oder es werden eitel Greu - wel vnd Abgoͤtterey daraus.
23. Ein Menſch der ſeine nichtigkeit nicht er - kennet / vnd nicht alle Ehre GOTT gibt / be - gehet die groͤſte Suͤnde / vnd des Teuffels Fall.
24. Von der Edlen Tugendt der Liebe / vnd jhrer Krafft / Lauterkeit vnd Reinigkeit.
25. Von etlichen Zeichen dabey man erkennen kan / ob die ware Liebe Chriſti bey vns ſey.
26. Von Fuͤnfferley liebe Wercken Gottes / darinvornem -Regiſter. vornemlich Gottes Gnade vnd Guͤte leuch - tet.
27. Wie ſich der HErr JEſus der liebhaben - den Seelen offenbaret / als die hoͤchſte Liebe vnd das hoͤchſte Gut.
28. Wie das hoͤchſte Gut erkant / vnd in der See - len geſchwecht werde.
29. Wie die liebhabende Seele / Gott in ſeinen Wolthaten anſchawet / als die mildeſte Guͤtig - keit.
30. Wie ſich Gott der liebhabenden Seelen of - fenbaret / als die hoͤchſte Schoͤnheit.
31. Wie ſich Gott der liebhabenden Seelen offenbaret / als die vnendliche Allmacht.
32. Wie die liebhabende Seele Gott erkennet / als die hoͤchſte Gerechtigkeit vnd Heiligkeit.
33. Wie die liebhabende Seele Gott ſihet / als die ewige Weißheit.
34. Wie ein Menſch durchs Gebet die Weiß - heit Gottes ſuchen ſol / dabey ein nuͤtzliches Tractaͤtlein vnd Vnterricht / wie das Hertz zu - erwecken / vnd in einen ſtillen Sabbath vnd ru - he zubringen / daß Gott darin ſelbſt Andacht vnd Gebet wircket vnd anzuͤnde / begreifft 12. kurtze Capittel.
EinesRegiſter.35. Eines waren Chriſten / das iſt Geſalbeten des HErrn Eigenſchafft vnd Kennzeichen / iſt das Gebet.
36. Von dem nutz / frucht vnd krafft des Ge - bets / vñ was vnſer Gebet muͤſſe fuͤr grund habẽ.
37. Grundt vnd Vrſach / das Gott vnſer Ge - bet gewiß erhoͤre.
38. Sieben Gehuͤlffen vnd Adminicula vnſers ſchwachen Gebets.
39. Ein Geſpraͤch der Gleubigen Seelen mit Gott.
40. Ein Geſpraͤch des Glaubens mit der Barmhertzigkeit Gottes.
41. Von dem Herrlichen nutz vnd krafft des Lobes Gottes vnd der Lobgeſaͤnge
42. Was den Menſchen taͤglichen zum Lob Gottes anmahnen vnd treiben ſol.
43. Gott loben iſt des Menſchen hoͤchſte / Ja Engliſche Herrligkeit.
44. Von der Gedult / dadurch alles Creutz vber -wun -Regiſter. wunden / vnd die verheiſſene Herrligkeit eewar - tet wird.
45. Gottes Troſt in Truͤbſal wircket Gedult.
46. Bewegliche Vrſachen zur Gedult: Et de bono crucis vom Nutz des Creutzes.
47. Spruͤche vnd Exempel von der Gedult vnd Troſt.
48. Es iſt keine Truͤbſal ſo groß / Gott hat Troſt dagegean verordnet / Denn Gottes troſt iſt allezeit groͤſſer denn vnſer Elend / welches die Gedult in vns ſtercken vnd erhalten ſol.
49. Gottes vnfeilbare Warheit vnd Ver - heiſſung / ſo nicht betriegen kan / ſol in vns Ge - dult wircken.
50. Wie vnd warumb die Hoffnung nicht leſſet zu ſchanden werden / auch wie dieſelbe Probieret werde / in Leiblichen vnd Geiſtlichen Anfechtungen.
51. Troſt wider die Schwachheit des Glau - bens.
52. Troſt vnd Bericht / wie man ſich in hohe Geiſtliche Anfechtung ſchicken ſol.
BTroſtRegiſter.53. Troſt in hohen Geiſtlichen Anfechtun - gen.
54. Troſt wider die Innerlichen heimlichen verborgenen Anfechtungen des Sathans / durch boͤſe laͤſterliche Hertzplagẽde gedancken.
55. Von Verzugk Goͤttlicher huͤlffe.
56. Daß man in werendem Creutz das Exem - pel der hohen gedult Chriſti anſchawen ſol / vnd die kuͤnfftige ewige Herrligkeit / dadurch alles Creutz gelindert wird / wie groß es auch iſt.
57. Troſt wider den Zeitlichen Todt.
58. Daß der Himmel vnd alle Natuͤrliche kraͤffte / dein Glauben vnd Gebet eines Chri - ſten / vnterworffen ſeyn.
WCil vnſere Kranckheit vberaus groß / toͤdtlich / verdamlich / vnd allen Creaturẽ zu heilen vnmuͤg - lich. So muͤſſen wir auch eine groſſe ho - he Goͤttliche ewige Huͤlffe vnd Artzney haben / welche aus lauter Erbarmung Gottes herflieſſen muß. Gleich wie vn - ſer toͤdtlicher Erbſchade herkommen iſt / auß dem grim̃igen Zorn / Haß vnd Neid des Teuffels. Darumb billig der All -Alle vnſe - re HuͤlffeB ijmech -2Jeſus Chriſtus Gottes Sohnauß Got - tes erbar - mung.mechtige Gott / die toͤdtliche Wunde vn - ſer Suͤnde mit ſeiner gnediaen Erbar - mung heilet. Vnd weil der Sathan ſei - ne hoͤchſte Weißheit / Kunſt vnnd Ge - ſchwindigkeit gebraucht hat / das er vns vergiffte / toͤdte / verdaͤmme / So hat auch Gott hinwider ſeine hoͤchſte Weißheit gebraucht durch ſeinen lieben Sohn / das Er vns heile / lebendig vnd ſelig mache. 1. Joh: 2. Actor: 20Darumb hat er das Goͤttliche Blut Chriſti zu vnſer Artzney vnd ReinigungEſa: 25. 30 53. vnſer Suͤnde gemacht / ſein lebendigma - chendes Fleiſch zum Brodt des Lebens /Joh: 6. ſeine heilige Wunden zu vnſer Wund - Artzney / ſeinen heiligen Todt zu wegne - mung vnſers Zeitlichen vnnd Ewigen Todes.
2. Dieſe koͤſtliche Artzney koͤnnen wir nu auß eigenen kraͤfften vnd vermuͤgen nichtDer Menſch kan wegẽ groſſer ſchwach - heit die Himliſche annemen. Dann wir ſind gar zu kranck. Wir widerſtreben dieſer himliſchen Chur von Natur / darumb darffſtu O du ge - trewer vnnd heilſamer Artzt / nicht auff mich warten / ſonſt werde ich nimmer -mehr3vnſer Artzt vnd Heilbrunn. mehr geſundt / ſondern zeuch mich jtzo zuCur nicht annemen. dir / reiß mich von mir gar hinweg / vnd nim mich gantz an / ſo du mich gantz hei - len wilt. Leſtu mich in meiner Kranckheit liegen / ſo muß ich ewig verderben. Dar - umb bekehre mich HErꝛ / ſo werde ich be -Jerem: 17 kehret / heile mich HErꝛ / ſo werde ich heil / hilff mir / ſo wird mir geholffen / denn du biſt mein Ruhm. So lang du deine Barmhertzigkeit auff ſcheubeſt / ſo lange bleibe ich in meiner Kranckheit vnd Todt. So lang du verzeuchſt mich le - bendig zu machen / ſo lang behalten mich die bande des Todtes. Darumb ſchreyet David: Eyle mir zu helffen / du biſt meinPſal: 31. 69 70. Helffer vnnd Erretter / mein Gott ver - zeng nicht.
3. Ach lieber HErꝛ / ſolt deine Barm - hertzigkeit nicht ſtarck ſein / mich armen krancken Menſchen auff zurichten / weil ich mich ſelbſt nicht kan auffrichten? Solteſtu nicht ſo freundlich ſein zu mir zukommen / Weil ich durch mich ſelbſt zu dir nicht kommen kan? Haſtu mich doch1. Joh: 4.B iijehe4Jeſus Chriſtus Gottes Sohnehe geliebet / ehe ich dich geliebet habe. Iſt doch deine Barmhertzigkeit ſo ſtarck / daß ſie dich ſelbſt vberwunden hat / ſie hat dich ſelbſt ans Creutz gehefftet / vnd in den Todt geſencket. Wer iſt ſo ſtarck / der dich ſtarcken vberwinden kan ohne deine Barmhertzigkeit? Wer hat doch ſo groſ - ſe macht gehabt dich zufangen / dich zu - binden / zu Creutzigen / zu toͤdten / als dei - ne Liebe / damit du vns geliebet haſt / daEpheſ. 2. wir noch Todt in Suͤnden waren? Dañ du haſt lieber den Todt leiden wollen / ehe wir ſolten im Todte vnd in der Hellen ewig bleiben.
4. Deine Barmhertzigkeit hat dich vns gar zu eigen gemacht vnd gegeben / vns biſtu geboren / da du ein Kindlein wur -Eſa: 9. deſt / vns biſtu gegeben / da du ein Opffer wurdeſt / da dich Gott als ein Lemb lein fuͤr vns alle dahin gegeben / vnd alles mit dir geſchencket. O der groſſen Gabe. Du biſt ein verſenckt Gut / vnd vnſer eigen Gut. Siehe aber allhie / lieber Chriſt / die Weißheit Gottes. Gott hatſich5vnſer Artzt vnd Heilbrunn. ſich durch das geſchenckte ewige Gut vnſer eigen gemacht / auff das Er vns da1. Cor: 6. durch jhme hinwider zu eigen machte. Dañ wer ſo ein hohes geſchencktes guth annimpt / der macht ſich dadurch den Ge ber zu eigen. Hinwider wer ein eigen gut hat / der macht jhm daſſelbe zu nuͤtze auffs beſte er kan: Alſo iſt Chriſtus vnſer wor - den / daß wir jhn zu vnſer ſeligkeit brau -Mancher - ley ge - ſchmack vñ brauch des Him - melbrots. Sap: 16. Joh: 4. 6. Eſa: 49. vnd 66. Joh: 12. vnd 6. 1. Joh: 2. 1. Cor: 1. chen koͤnnen / wie wir wollen. Darumb ſiehe lieber Chriſt / du kanſt jhn brauchen zu einer Artzney deiner Seelen / zu deiner Speyſe vnd Tranck dich damit zuerqui - cken / zu deinem Brunnen des Lebens wi - der deiner Seelen durſt / zu deinem Liecht im Finſterniß / zu deiner frewde in traw - rigkeit / zu deinem Advocaren vnd Fuͤr - ſprecher wider deine anklaͤger / zur Weiß - heit wider deine Torheit / zur Gerechtig - keit wider deine Suͤnde / zur Heiligung wider deine vnwirdigkeit / zur ErloͤſungRom: 3. wider deine Gefaͤngniß / zum Gnaden - ſtuel wider das Gerichte / zur Abſolu - tion wider das letzte Vrtheil / zu deinemMatt: 11.B iiijFrie -6Jeſus Chriſtus Gottes Sohn1. Cor: 15Friede vnd Ruhe wider dein boͤſes Gewiſ - ſen / zu deinem Sieg wieder alle deine Feinde / zu deinem Kaͤmpffen wider deine Verfolger / zu deinem Breutigam dei - ner Seelen / zu deinem Mittler wieder2. Cor: 5. Eſa: 53. Gottes Zorn / zu deinem Opffer fuͤr dei - ne Miſſethat / zu deiner ſtaͤrcke wider dei - ſchwachheit / zu deinem Wege wider dei -Joh: 14. ne Irꝛſal / zu deiner Warheit wider die Luͤgen / zu deinem Leben wider den Todt / zu deinem Rath / Wenn du keinen RhatEſa: 9. weiſt / zu deiner Kraff / wenn du krafftloß biſt / zu deinem ewigen Vater / wenn du verlaſſen biſt / zu deinem Friedefuͤrſten /Eſa: 63: Matt: 23. Einer iſt ewr Mei - ſter. Pſal: 2. Pſal: 110. wider deine Wiederſacher / zu deinem Loͤ - ſegelde fuͤr deine ſchuld / zu deiner Ehren - kron wider deine verachtung / zu deinem Lehrer wider deine vnwiſſenheit / zu dei - nem Richter wider deine beleidiger / zu deinem Koͤnige wider des Teuffels reich / zu deinem ewigen Hohenprieſter / der fuͤr dich bitte.
Sihe / lieber Chriſt / darzu iſt d[ir]Chriſtus geſchencket vnd gegeben / bitt[e]d[u]7vnſer Artzt vnd Heilbrunn. du nur taͤglich / daß du jhn alſo brauchen moͤgeſt / Vnd das Er ſein heilwertig Ampt alſo an dir erfuͤllen moͤge. Dann wañ er deine Artzney iſt / ſo wirſtu geſund. Wann er dein Brodt iſt / ſo wird deine Seele nicht hungern. Iſt er dein BrunnJoh: 6. des Lebeus / ſo wirſtu nicht duͤrſten? Iſt er dein Liecht / ſo wirſtu nicht im Finſter -Joh: 12. niß bleiben? Iſt er deine Frewde / wer wird dich betruͤben? Iſt er dein Advo - cat / wer wil dir abgewinnen? Iſt er dei -1. Joh: 2. ne Warheit / wer wil dich verfuͤhren? Iſt er dein Weg / wer wil dich verirꝛen? Iſt er dein Leben / wer wil dich toͤdten? Iſt erJoh: 14. deine Weißheit / wer wil dich betriegen? Iſt er deine Gerechtigkeit / wer wil dich verdammen? Iſt er deine Heiligung /Rom: 8. wer wil dich verwerffen? Iſt er deine Er - loͤſung / wer wil dich gefangen halten? Iſt er dein Friede / wer kan dich vnruhig machen? Iſt er dein Gnadenthron / werRom: 3. wil dich richten? Iſt er dein Loßſprechung vnd Abſolution / wer wil dich vervrthei - len? Iſt er dein Kaͤmpffer vnd Vorfech -B vter /8Jeſus Chriſtus Gottes SohnPſal: 45. Epheſ: 5.ter / wer wil dich ſchlagen? Iſt er dein Breutigam / wer wil dich jhm entfuͤhren? Iſt er dein Loͤſegelt / wer wil dich in den1. Tim: 2 Schuldthurm werffen? Iſt er deine Eh - renkrone / wer wil dich verachten? Iſt er dein Lehrer / wer wil dich ſtraffen? Iſt erZach: 9. dein Richter / wer wil dich beleydigen? Iſt er deine Verſoͤnung / wer wil dich in Gottes Vngnad bringen? Iſt er dein Mittler / wer wil dir Gott zuwider ma -1. Joh: 2. chen? Iſt er dein Fuͤrſprecher / wer wil dich verklagen? Iſt er dein Immanuel /Eſa: 7. wer wil wider dich ſein? Iſt er dein Koͤ -Jerm: 23. nig / wer wil dich auß ſeinem Reich ſtoſ -Pſal: 110. ſen? Iſt er dein Hoherprieſter / wer wil ſein Opffer vnd Vorbitte verwerffen? Iſt er dein Seligmacher / wer wil dichLuc: 2. vnſelig machen? Wie kanſtu ein groͤſſer Geſchenck haben? Daß Geſchenck iſt groͤſſer vnd mohr werth / dann du / alle Menſchen / alle Welt / vnd aller Welt Suͤnde / jammer vnd elend. Dann Chri - ſtus iſt gantz vnſer / mit ſeiner Gottheit vñ Menſchheit. Denn wir hatten durch dieSuͤn -9vnſer Artzt vnd Heilbrunn. Suͤnde / vnſern hoͤheſten Schatz verloh - ren / daß hoͤheſte ewige Gut / welches iſt Gott ſelbſt. Denſelben hat vns Gott in Chriſto wider geben / vnd in jm ſich ſelbſt. Darumb heiſt er Immanuel: Auff das wir an Chriſto hetten / beyde einen Gott vnd einen Bruder. Sihe / lieber Chriſt /Der gan - tze Chriſtꝰ iſt vnſer Gott vnd Menſch vnd alles in jhm. welch ein groß vnendlich Guth haſtu an Chriſto / wider allen deinen Jammer vnd Elend. Wirſtu das recht verſtehen ler - nen / ſo wird dir kein Vngluͤck zu groß ſein / kein Creutz zu ſchwer / denn Chriſtus iſt dir alles / vnd in jhm iſt alles dein / denn er iſt ſelbſt dein / nicht allein der gecreutzig - te Chriſtus / ſondern auch der Herꝛliche Chriſtus / mit aller ſeiner Herꝛligkeit / 1. Corinth: 3. Es iſt alles ewer / es ſey Pau - lus oder Apollo / es ſey Cephas oder die Welt / es ſey das Leben oder der Todt / es ſey das gegenwertige / oder das zukuͤnf - tige / alles iſt ewer / jhr aber ſeid Chriſti / Chriſtus aber iſt Gottes. O wir armen Elenden / Verworffenen / Verfluchten / Verdampten Suͤnder / wie kommen wir zu einem ſolchen groſſen geſchenck? Dañ10Jeſus Chriſtus Gottes Sohn
11vnſer Artzt vnd Heilbrunn.
12Jeſus Chriſtus Gottes Sohn
13[vnſer] Artzt vnd Heilbrunn.
14Jeſus Chriſtus Gottes Sohn
15vnſer Artzt vnd Heilbrunn.
CSihe16Wie ein jeder dieſen TroſtSihe das iſt das groſſe vnendliche ge - ſchenck / daß Gott dem ſterblichen Men - ſchen gegeben hat.
DEr erſte Haͤuptgrundt / daß ein Jeder Chriſt der vergebung der Suͤnden / vnd Chriſti Verdien - ſtes ſich zu troͤſten habe / ſind die allgemei - ne Verheiſſung / vnter denen nicht der geringſte iſt dieſer Spruch / Lucæ 19. Dann ſo Chriſtus kom̃en iſt die verlor - nen zu ſuchen / ſo wird er dich auch frey -Allgemei - ne Ver - heiſſung erſtrecken ſich vber alle Men - ſchen. lich ſuchen. Dann du biſt auch derſelben einer. So er kommen iſt die Verdam - pten ſelig zu machen / So wird er dich auch ſelig machen. Actor: 17. Gott hat befohlen allen Menſchen an allen enden Buſſe zu thun / darumb / daß Er einen tagverord -17jhm zueignen ſol. verordnet hat / an welchem Er richten wird den Erdenkreiß. Diß iſt eine troͤſt -Troͤſtliche Schlußre de. liche Schlußrede: Chriſtus wird den gantzen Erdenkreiß richten / Darumb gebeut Gott / daß alle Menſchen Buſſe thun ſollen / daß ſie dem ſchrecklichen Vrtheil der Verdamniß entflihen moͤ - gen. Welches auch S. Petrus wider - holet in der 2. am 3. Gott wil nicht / das Jemand verlohren werde / Sondern das ſich Jederman zur Buſſe kehre. Da ha - ſtu den allgemeinẽ gnedigen willen Got - tes gegen dich / Deſſen ſich troͤſtet der groſſe Suͤnder Manaſſe in ſeinem Ge - bet / da er ſpricht: Du haſt nach deiner groſſen Guͤte Buſſe verheiſſen / zur ver - gebung der Suͤnden / Vnd haſt die Buſ - ſe nicht den Gerechten geſetzet / ſondern den Suͤndern. Sihe / was dieſer thut / daß thue du auch. Dann Gott hat mit ſolchen Exempeln bezeuget / daß er wolleSap: 13. Buſſe annemen fuͤr die Suͤnde.
2. Der ander Grundt iſt ſein tewrer Eydt. Denn damit du an dem gnedigenC ijwillen18Wie ein jeder dieſen Troſtwillen Gottes gegen dich nicht zweiffeln ſolſt / hat er ſeinen willen / vnd allgemei - ne Verheiſſungen mit einem tewren Eyd bekrefftiget. Ezech: 33. So war ich Lebe / wil ich nicht den Tod des Suͤnders / ſon - dern das ſich der Suͤnder bekehre vnd le - be. Meinſtu / das ich an dem Tode des Gottloſen einen wolgefallen habe? Als wolt er ſprechen: Wie kan der am TodeEyd Got - tes be - greifft alle Suͤnder vnd Gott - loſe. luſt haben / der das Leben ſelbſt iſt? wann ſich der Gottloſe bekehret / ſo ſol er leben. Es ſol jm nicht ſchaden / daß er iſt Gott - loß geweſt / vnd aller ſeiner Suͤnden / die er gethan hat / ſol nimmermehr gedãcht werden. Sihe / Gott wil die Gottloſen / die Suͤnder bekehret haben / biſtu nicht auch ein Suͤnder? Dieſen Eydt erklaͤret S. Paul: 1. Timoth: 1. Es iſt ein tew - res werthes Wort / daß Jeſus Chriſtus in die Welt kommen iſt / die Suͤnder ſe - lig zu machen. Iſt nun Chriſtus kom̃en die Suͤnder ſelig zu machen / ſo biſtu auch einer von denen / vmb welcher willen Chriſtus kommen iſt.
Das19jhm zueignen ſol.Das Gott der Suͤnden nicht mehr gedencken wil / verheiſſet er dreymahl: Einmahl Eſa: 43. Ich tilge deine Vber - tretung / vmb meinet willen / vnd geden - cke deiner Suͤnden nicht. Das ander - mahl Jerem: 31. Daß ſol der Bund ſeyn: Ich wil jhnen jhre Suͤnde vergeben / vnd derſelben nicht gedencken. Das dritte - mahl Ezech: 18. Wo ſich der GottloſeHober vñ tewrer Eydt. bekehret von ſeinen Suͤnden / ſo ſol er le - ben vnd nicht ſterben. Es ſol aller ſeiner Vbertretung / die er begangen hat / nicht gedacht werden.
Die vrſach aber / warumb Gott der Suͤnden nicht mehr wil gedencken / iſt die vollkommene bezahlung vnd verſoͤh - nung. Dann was vollkoͤmlich / ja vber - fluͤſſig bezahlt iſt / das muß auch vergeſ -Warumb Gott vn - ſer Suͤnde nicht ewig gedencken wil. ſen ſeyn. Vnd weil Gott gruͤndlich ver - ſoͤhnet / außgeſoͤhnet / durchſoͤhnet iſt durch das aller Heiligſte Opffer Chriſti / ſo kan er ja nicht mehr mit vns zuͤrnen / noch der Suͤnden ewig gedencken.
Dieſen Eydt widerholet GOtt derC iijHErꝛ20Wie ein jeder dieſen TroſtHErꝛ Eſa: 45. Wendet euch zu mir / ſo werdet jhr ſelig aller Welt ende. Ich ſchwere bey mir ſelbſt / vnd ein Wort der Gerechtigkeit gehet aus meinem Mun - de. Dieſen Eydt erkleret die Epiſtel an die Hebreer am 6. Gott da er wolte den Erben der Verheiſſung vberſchwenglich beweiſen / daß ſein Rhat nicht wancket / hat er einen Eydt dazu gethan / auff das wir durch zwey ſtuͤcke / die nicht wancken (Dann es iſt vnmuͤglich das Gott liege) einen ſtarcken Troſt haben / vnd halten an der angebotenen Hoffnung / welche wir haben als einen ſichern vnnd feſten Ancker vnſer Seelen / das iſt / durch Got - tes Rhat oder Verheiſſung / vnd durch ſeinen Eyd hat er ſeinen gnedigen willen verſiegelt vnd bekrefftiget.
3. Der dritte Grundt iſt der ewige Gnadenbundt / welcher da ſtehet in ver - gebung der Suͤnden / Jerem: 31. Das ſol der Bundt ſein: Ich wil jhnen jhre Suͤnde vergeben. Dieſer Bundt vnd Teſtament iſt durch Chriſti Todt beſte -tiget /21jhm zueignen ſol. tiget / darumb iſt es Ewig. Darumb ſpricht Eſaias am 54. Der Bundt des Friedens ſol nicht hinfallen / ſpricht der HErꝛ dein Erbarmer / Eſa: 55. Ich wil mit euch einen ewigen Bundt ma - chen / die gewiſſe gnade Davids / das iſt / Chriſti / Deut: 4. Der HERR dein Gott iſt ein Barmhertziger Gott / er wird dich nicht laſſen verderben / noch vergeſſen ſeines Bundes. Pſalm 111. Er gedencket ewiglich an ſeinen Bundt: Vnd damit du dich dieſes ewigen Bun -Gnaden - bund iſt mit allen gleubigen gemacht. Rom: 4. Gal: 3. Vnd wie - derholet in der Tauffe. det troͤſten kanſt / das dich Gott auch in demſelben eingeſchloſſen / ſo hat er den - ſelben mit dir inſonderheit widerholet / vnd dir inſonderheit auffs newe denſel - ben beſtetigt in der heiligen Tauffe / Da - her S. Petrus die Tauffe nennet einen Bundt / eines guten gewiſſens mit Gott / Darumb hat ſich Chriſtus auch Taͤuf - fen laſſen am Jordan / vnd iſt mit dir in1. Pet: 3. den Bundt getreten.
4. Der vierde Grundt iſt nun der Todt Chriſti / dadurch der Bundt vnd Teſta -C iiijment22Wie ein jeder dieſen Troſtment Gottes beſtetiget iſt. Da bedencke nun / fuͤr wem der Todt Chriſti geſche - hen? S. Paulus antwortet dir / 1. Theſ: 5. Einer iſt fuͤr alle geſtorben. S. Johan -1. Joh: 2. nes ſpricht: Er iſt die Verſoͤhnung fuͤr der gantzen Welt Suͤnde. S. JohannesJoh: 1. der Taͤuffer ſpricht: Sihe / das iſt Got - tes Lamb / das der Welt Suͤnde traͤgt. Welches S. Paulus troͤſtlich erkleret: Wie durch eines Menſchen Suͤnde die Verdamnuͤß vber alle Menſchen kom -Ronn 5. men iſt: Alſo iſt durch eines Gerechtig - keit die Rechtfertigung des Lebens vber alle Menſchen kommen. Da S. Pau - lus gegen einander helt Adam vnd Chri - ſtum. Solte Adams Suͤnde kraͤfftig ſein vber alle Menſchen / vnd Chriſti Ge - rechtigkeit ſolte nicht viel kraͤfftiger vnd mechtiger ſeyn? Iſt die Suͤnde mechtig /Chriſti Verdienſt allgemein ſo iſt die Gnade noch mechtiger. Dar - umb / auff das S. Paulus beweiſe / das Chriſti Verdienſt allgemein ſey / vnd alle Menſchen angehe / ſetzet er eine Herꝛli - che Schlußrede / 1. Timoth: 2. Es iſt einMitt -23jhm zueignen ſol. Mittler zwiſchen GOtt vnd den Men - ſchen / der Menſch Jeſus Chriſtus / der ſich ſelbſt gegeben hat fuͤr alle zur Erloͤ - ſung. Derhalben ſo wil auch Gott / das allen Menſchen geholffen werde / vnd zur Erkentnuͤß der Warheit kommen / weil Chriſtus ſich fuͤr alle gegeben hat zur Er - loͤſung. Vnd das meinet S. Paulus Co - loſſ: 1. das durch Chriſtum alles verſoͤnet iſt / was im Him̃el vnd Erden iſt. Wel - ches er auch bezeuget / Rom: 8. Gott hat ſeines eignen Sohns nicht verſoͤnet / ſon - dern fuͤr vns alle dahin gegeben. Sihe / in dieſer zahl biſtu auch. Dann bey Gott iſt kein anſehen der Perſon / Actor: 10. Sa - ge mir / fuͤr wem iſt Chriſtus geſtorben? fuͤr die Suͤnder. Iſt er nun fuͤr die Suͤn - der geſtorben / ſo iſt er auch fuͤr dich ge - ſtorben / weil du auch ein Suͤnder biſt.
5. Der fuͤnffte Grundt iſt der allgemei - ne Beruff / welcher da fleuſſet aus dem allgemeinen Verdienſt Chriſti. Dann weil derſelbe fuͤr aller Welt Suͤnde ge - ſchehen / ſo iſt auch daſſelbe gepredigetC vwor -24Wie ein jeder dieſen Troſtworden allen Creaturen / Marc: 16. DerAllgemei - ner Beruf gehet vber alle Crea - turen. HErꝛ ſpricht Matth: 9. Ich bin kom̃en die Suͤnder zur Buſſe zu ruffen / vnd nit die Gerechten. Sihe du biſt ein Suͤnder / darum̃ hat dich der HErꝛ geruffen / Wo zu? zur Buſſe. Warumb? daß du verge - bung der Suͤnden erlangen ſolt durch den Glauben. Darumb hat er predigen laſſen in aller Welt / Buſſe vnd verge - bung der Suͤnden / Luc: 24. Darumb ſpricht S. Paulus Col: 1. Daß Evange - lium iſt geprediget allen Creaturen / die vnter dem Himmel ſindt. Warumb hat aber Gott das Evangelium predigen laſ - ſen? Den Glauben auff zurichten vnd an - zuzuͤnden / wie zu in Roͤm: am 10. troͤſtlich beſchrieben iſt: Wie ſollen ſie anruffen an den ſie nicht gleuben? Wie ſollen ſie gleuben / von dem ſie nicht gehoͤrt haben? Nun laͤſſet dich aber Gott nicht vergeb - lich ruffen. Er iſt kein Heuchler / es iſt jm ein rechter ernſt. Er wil / du ſolt ſeinem Goͤttlichen Beruff folgen. Zuͤrnet auch mit ernſt vber die ſo ſeine Mahlzeit vnd Hochzeit verachten / Matth: 22. Luc: 14. 25jhm zueignen ſol. Denen aber die durch den Glauben die - ſen Beruff annemen / hat er die troͤſtliche verheiſſung gegeben / vnd dieſelbe an den Glauben gebunden / daß alle die an jhn gleuben / nicht ſollen verlohren werden / ſondern das ewige Leben haben / Joh: 3. Ja das er auch denſelben Glauben biß ans ende erhalten wolle / biß des Glau -1. Pet: 1. Philip: 1. Rom: 8. Epheſ: 1. bens ende die Seligkeit darauff folget.
6. Der ſechſte Grundt iſt das inwen - dige Zengnuͤß des heiligen Geiſtes / der in dir ſeufftzet nach der Gerechtigkeit / mit welchem du verſiegelt biſt. Dieſer Geiſt beweget ohn vnterlaß dein Gewiſ - ſen / vnd laͤſſet dir keine ruhe / ſtraffet dich ohn vnterlaß / ſtellet dir deine Suͤnde fuͤr Augen / treibet dich zur Buſſe / ruffet dir inwendig vnd vber zeugt dich / wolt dich gerne von Suͤnden abhalten vnd bekeh - ren. Vnd wann du das gleich verber -Gott ruf - fet alle Menſchen zur Buſſe inwendig durchs ge - wiſſen. gen wolteſt / ſo kanſtu es nicht. Dieſer Zeuge Chriſti in dir ſchweiget nicht. Wann du gleich die Ohren zuſtopffeſt / ſo hoͤreſtu jhn doch inwendig. Vnd wann du das gleich nicht verſtehen wilt /26Wie ein jeder dieſen troſtſo muſtu jhn doch empfinden vnd leiden. Welches ja ein vnwiderſprechlich / kreff - tig / thetig / lebendig Zeugnuͤß iſt / daß dich Gott gern wolt ſelig haben.
7. So haſtu ſo viel Exempel / daßHat Gott einen buß - fertigen Suͤnder angenom - men? So nimpt er ſie alle an / denn es iſt bey jhm keinvnter - ſcheidt. Rom: 3. Exod: 32. Gott die Suͤnder hat angenommen / die ſich zu jhm bekehret haben. Es iſt ja kein Gerechter vnter allẽ Menſchen / ſie ſind alle Suͤnder / nicht allein David / Ma - naſſe / Petrus / Paulus / Maria Mag - dalena / Zacheus / ſondern alle Menſchen. Dann es iſt kein vnterſcheidt / wir haben alle geſuͤndiget / vnd mangeln alle des Ruhms / den wir fuͤr Gott haben ſollen. Fuͤr jhm iſt Niemand vnſchuldig. Wie er nun einen Suͤnder hat angenommen:Actor: 10. Alſo nimpt er alle Suͤnder an. Dann bey jhm iſt kein anſehen der Perſon. Es iſt keiner beſſer fuͤr jhm / dann der ander. Epheſ: 2.Wir werden alle aus Gnaden ohn Ver - dienſt gerecht / vnd duͤrffen alle verge -Pſal: 32. 130. 143. bung der Suͤnden. Wenn er wil Suͤnde zu rechnen / wer wird fuͤr jhm beſtehen? Dañ fuͤr jm iſt kein Lebendiger Gerecht / wann er mit vns wil ins Gericht gehen.
27jhm zueignen ſol.8. So iſt auch Chriſti Verdienſt nicht allein genug / ſonder vberley genug / fuͤr aller Menſchen Suͤnde / ſie ſind ſo groß / ſo viel vñ ſchrecklich als ſie wollen. Chri - ſti Verdienſt iſt nicht allein eine genug - ſame gleichgeltende Bezahlung vnd ran -Chriſti Verdienſt vnd Beza - lung iſt groͤſſer denn aller Menſchen Suͤnde. tzun / ſondern eine vbergeltẽde / vberwich - tige / weitvolkom̃ene vnd groͤſſere Bezah - lung dann aller Welt Suͤnde. Warum̃ wolteſtu dich dañ ſelbſt ausſchlieſſen / vnd dich dieſer Bezahlung nit annemen? Du biſt ja auch ein Menſch? [Nun] ſpricht derLuc: 9. HErꝛ: Des Menſchẽ Sohn ſey nicht kom̃en die Seele der Menſchen zuverder - ben / ſondern zuerhalten. Du biſt ja auch in der Welt? Nun ſpricht S. Paulus: Gott hat die Welt in Chriſto verſoͤhnet. 1. Cor: 5. 1. Joh: 2.Vnd S. Johannes ſpricht: Er iſt die Verſoͤhnung fuͤr der gantzen Welt Suͤn - de / das iſt fuͤr alle Suͤnde / e[in]es jedern Menſchen.
9. So iſt Chriſti Verdienſt eine vn - endliche / ewige Bezahlung / die kein zahl kein Maß / kein ende hat wegen der ho -hen28Wie ein jeder dieſen Troſthen Perſon / ſo fuͤr vns gelitten / dieVnendli - che Beza - lung be - greifft al - ler Men - ſchen Suͤnde. Gott vnd Menſch iſt. Warumb wol - teſtu dann dieſem hohen Verdienſt eine Zahl / ein Maß / ein Ende ſetzen / daß er eben an dir ſolt auff hoͤren / vnd dich vnd deine Suͤnde nicht mit begreiffen ſolte? Ja wann ein jeder Menſch aller Welt Suͤnde allein auff den Halß hette / vnd ſo viel welt voll ſuͤnde werẽ / ſo viel Men -Mich: 7. ſchen ſein / ſo were doch Chriſti Verdienſt vnd Gerechtigkeit groͤſſer. Warumb wolteſtu dich dañ deſſelben nicht auch an - nemen? Daß iſt die Tieffe des Meers / darein GOtt vnſere Suͤnde geworffen. Daß iſt das der 103. Pſalm ſpricht: So hoch der Himmel vber der Erden iſt / leſt GOtt ſeine Gnade walten vber alle / die jn fuͤrchten / ſo weit der Abend vom Mor - gen / leſt er vnſere Vbertretung von vns ſeyn. Daß iſt die ewige Erloͤſung / davonRom: 8. Volkom̃e - ner Ge - horſam Chriſti gilt fuͤr al - le menſch[ē] die Epiſtel an die Hebreer am 9. ſagt: Diß iſt / daß S. Paulus ſagt. Wer wil Verdammen / Chriſtus iſt hie / der ge - ſtorben / Gott iſt hie der gerecht machet.
So29jhm zueignen ſol.10. So iſt Chriſti Gehorſam voll - kommen / Weil Er dem willen ſeines Vaters / vnd dem Geſetz in allen Pun - cten hat genung gethan / allen Vnge - horſam aller Menſchen zuverſoͤhnen. Dann ſo eines Menſchen Suͤnde vnd Vngehorſam durch jhn nicht were hin - weg genommen / ſo were ſein Gehor -Wie A - dams vn - gehorſam kraͤfftig geweſt iſt zur Suͤn - de vber alle Men - ſchen ſam nicht vollkommen / So were Adams Vngehorſam kraͤfftiger vnd maͤchtiger zur Suͤnde dann Chriſti Gehorſam zur Gerechtigkeit. Welches aber nicht ſein kan / Wie Sanct Paulus zun Roͤmern am fuͤnfften ſpricht. Warumb wolte - ſiu dich dann aus dem vollkommenen Gehorſam Chriſti ſelbſt ausſchlieſſen / vnd dich deſſelben nicht annemen? Be -Alſo iſt Chriſti ge horſam viel kraͤff - tiger alle Suͤnde al - ler Men - ſchen hin - weg zu ne - men. Gala[t]. 3. dencke / Warum̃ Chriſtus ſo einen tieffen Gehorſamb vnd erniedrigung biß zum Tode des Creutzes / daß iſt / biß in den ewi - gen Fluch / ſeinem Himliſchen Vater ge - leiſtet / auf dz er die / ſo vnter dem fluch des Geſetzes warẽ / erloͤſet. Sihe / vnter dem hauffẽ biſtu auch. Vnd dieſe allertieffſteernie -30Wie ein jeder dieſen TroſtGalat: 3.erniedrigung hat / darum̃ geſchehen muͤſ - ſe / weil vnſere erſte Eltern die ehre der allerhoͤchſten Gottheit begehret vnd an -Wie aus Adam der Fluch vber alle Menſchn: Alſo aus Chriſto der Segen vber alle Menſchen getaſtet haben. Daß hat Chriſtus mit der allertieffeſten ſchmach vnd erniedri - drigung buͤſſen muͤſſen / vnd ein Fluch werdẽ / auff das auff alle / ſo in Adam ver - fluchet / der Segen kommen moͤchte.
11. So gehet Chriſti Koͤniglicher Sieg / Triumph / vberwindung vber alle Macht der Suͤnden / vber alle menge der Suͤn - den / vber alle groͤſſe der Suͤnden / vber alle Gewalt des Teuffels / des Todtes /Chriſti Sieg ge - het vber alle Suͤn - de aller Menſchen der Helle / wie ſolt dann Chriſti Sieg vñ Vberwindung nicht vber deine Suͤnde gehen? Solte dann deine Suͤnde allein ſtaͤrcker ſein dann Chriſtus / der Allmech - tige Koͤnig? Hat er alle ſeine Feinde zum Schemel ſeiner Fuͤſſe gelegt / wie ſolten dann deine Suͤnde allein vber Chriſtum herꝛſchen? Wie ſolſtu dich aus dieſem ge - waltigen Sieg vnd Triumph Chriſti al - lein ausſchlieſſen.
12. So iſt Chriſti Koͤnigliches hohesPrieſter -31jhm zueignen ſol. Prieſterthumb ewig. Pſal. 110. Hebr. 9. Er vergibt allen Suͤnde / die jhn darumb bitten. Er gibt allen den heiligen Geiſt / die jhn darumb bitten. Er verſagt nie - mand ſein Ampt / Er kans auch nicht thun. Dann er iſt ein Heyland der Welt /Chriſti ho he Prieſter liche Mit - ler Ampt ſchleuſſet keinẽ Men ſchen aus. ein Mitler zwiſchen Gott vnd den Men - ſchen. Wann er nun einem Menſchen / der jhn anlieffe / ſein Ampt verſagte / ſo were er kein Mitler / vnd wie ſolt er ſein hohes Prieſierliches Mitler Ampt ei - nem Menſchen verſagen? Beut ers doch allen Menſchen an / vnd allen Suͤndern. Kompt her zu mir alle / die jhr muͤheſeligMatth. 11. vnd beladen ſeid. Alle die jhr duͤrſtig ſeid / kompt her zum Waſſer des Lebens. Leſſet vns doch der Herr bitten durch ſeineJoh. 7. Eſa. 55. 2. Cor. 5. Bottſchafften vnd Legaten / wir ſollen vns mit Gott verſoͤhnen laſſen / vnd beut vns ſein Verſoͤhnampt an. Er ſuchet ja die verlorne Schaffe / er nimpt ja den verlornen Sohn an. Siehe du biſt ja auchEzech. 34. Luc. 15. ein Menſch / warumb wolteſtu dann das Mitlerampt Chriſti zwiſchen dir armenDMen -32Vnſere GerechtigkeitMenſchen vnd zwiſchen Gott ausſchla - hen / vnd ſelbſt verwerffen / vnd dich ſelbſt aus dem hohen troͤſtlichen Hohenprie - ſterlichem Mitlerampt außſchlieſſen.
GLeich wie ein guter Bawmeiſter / wann er ein hohes Gebew auff - richten will / zuuor einen tieffen beſtendigen grund legen muß: Alſo der gnedige vnd barmhertzige Gott / als er wolte das hohe ewige Gebew vnſerer Se - ligkeit vnd Gerechtigkeit aufffuͤhren / legt er den grund in die tieffe ſeiner Barmher - tzigkeit / vnd auff den ewigen vnd beſten -digen33im gehorſam Chriſti. digen grund der Perſon vnd Ampts / ſei -Grundt vnſer Ge - rechtig - keit vnnd Seligkeit iſt Gottes Barmher tzigkeit in Chriſto. nes lieben Sohns vnſers Herrn Jeſu Chriſti / als auff den rechtẽ Felſẽ des Heils der nicht wancket / wie er ſolches durch den Propheten Eſaiam am 28. verheiſſen hat: Siehe / ich lege einen Grundſtein in Sion / einen bewerten Stein / einen koͤſt - lichen Eckſtein / der wol gegruͤndet iſt / wer gleubet / der fleuget nicht.
Welchen Grund vnd Felß der Herr S. Petro zeiget / vnd andeutet / darauff er ſeine gemeine bawen wolle ſo feſt vnd gewiß / daß ſie auch die Pforten der Hel - len nit vberweltigẽ ſollen. Welchen grundMatt. 16. auch S. Paulus vnd Petrus predigen 2. Ti. 1. 1. Pet. 2. vnd der 118. Pſ. gruͤndet ſich auch auf dieſen wunderꝛichẽ Eckſtein. Auf dieſẽ grund hat Gott vnſere gerechtigkeit / ſeligkeit / vñ den Glauben erbawet. Gleich wie aber vnſer gnediger lieber himliſcher Vater / deñ grñd vnſer ſeligkeit vñ gerech - tigkeit in den tieffen abgrund ſeiner barm - hertzigkeit gelegt hat / in ſeine ewige liebe / in ſeinem lieben Son / in ſein allerfreund -D ijlichſtes34Vnſere Gerechtigkeitlichſtes Vaterhertz: Alſo hat er auch die - ſelbe geleget in die tieffe vnſers Hertzens / in den innerſten grund vnſerer Seelen / auff daß durch das newe Goͤttliche Liecht vnd Krafft des Glaubens / den er in vnsVrſachen warumb GOtt die Seligkeit dem Glan ben zu - ſchreibe. durch den heiligen Geiſt wircket / allein Chriſti Gerechtigkeit ergriffen / vnd vns aus gnaden allein durch denſelben Glau - ben zugerechnet vnd geſchenckt werde / ohne alle vnſere vorgehende vnd nachfol - gende Wercke / darumb / 1. Auff daß er den Menſchen von innen heraus recht - fertige aus dem grunde der Seelen / gleich wie der Menſch in den innerſten krefften der Seelen abgruͤndlich tieff vergifftet iſt durch den Satan.
2. Muß vnſere Gerechtigkeit allein aus dem Glauben kommen / weil denſel - ben Gott wircket / auff daß er beſtehe al - lein in Gottes Wercke / vnd nicht in euſ -Matth. 5. ſerlichen Menſchen Wercken / oder heu - cheley / wie die Phariſeiſche gerechtigkeit / die nur außwendig war / vnd nicht im Hertzen grund 3. Auff daß vnſer Hertz /Geiſt /35im gehorſam Chriſti. Geiſt / vnd Seele ſich wieder abwendete von allen eigenen Menſchlichen krefften vnd vermuͤgen / zu welchen ſie ſich durchs Teuffels verfuͤhrung geneiget hatte durch eigene ehre / liebe vnd Hoffart / vnd dagegen ſich bloß lauter wendete zu Chri - ſto / zu ſeinem thewren verdienſt vnndGlaube wendet dẽ Menſchen von jhm ſelbſt ab zu Chri - ſto. Rom. 5. gnugthuung: Aus welchem allein verge - bung aller vnſer Suͤnde aus gnaden her - fleuſſet / darumb / daß Chriſtus Jeſus al - lein fuͤr der Welt Suͤnde gnug gethan / vnd den Vater verſoͤhnet. 4. Auff daß Chriſti Gerechtigkeit vnſer eigen wuͤrde durch den Glauben / Darumb er auch durch ſein Wort vnd Geiſt in vnſern Hertzen den Glauben wircken vnd an - zuͤnden leſſet / auff daß wir durch denſel -Warumb Gott den Glaubẽ in vns wir - cket. ben dieſes vnausſprechlichen Schatzes theilhafftig werden koͤnnen. Dann diß iſt der hoͤheſte vnaußdenckliche / vnd vnauß - ſprechliche Troſt / daß vnſer gerechtigkeit nicht eines Menſchen / nicht eines groſ - ſen Heiligen / nicht eines Engels gerech -Rom. 8. tigkeit iſt / ſondern Chriſti gerechtigkeit /D iijGot -36Vnſere GerechtigkeitGOStes gerechtigkeit / GOTT iſt hie / der gerecht macht. Darumb / wann eines Menſchen Suͤnde die gantze Welt erfuͤllete / ſo iſt doch Chriſti verdienſt groͤſ -Jerem. 33. ſer / Dann er iſt Iehova iuſtitia noſtra, der Gott der vnſer gerechtigkeit iſt. Solt dañ die ſuͤnde mechtiger ſeyn dann Gott? Iſt gleich als wann man einen guͤlden ſchuͤldig were / vnnd man bezalte den Schultherꝛn mit tauſentmal tauſent Cent. Goldes / ſo iſt Chriſti Blut / welchesAct. 20. S. Paulus Gottes Blut nennet / zu rech - nen gegen vnſere Suͤnde / ſo groß iſt Chri - ſti gerechtigkeit / die er vns ſchencket durchHoͤchſte Bezahlũg in Chriſti Blut. den Glauben / alſo / daß wir nicht allein durck jn gerecht werden / ſondern daß wir in jhm werden die gerechtigkeit ſelbſt / 2. Cor. 5. Dann gleich wie es nicht gnug iſt / daß man ein armes kleines Kind we - ſchet vnd reiniget von ſeiner vnſauberkeit / vnnd leſſets darnach nackend liegen / ſon - dern mann muß es auch wider anziehen / mit weiſſen reinen Heinbdlein vnd reinen Tuͤchern bekleiden / Ezech. 16. Alſo hat vns Chriſtus vnſer HErr nit allein reingewa -37im gehorſam Chriſti. gewaſchen mit ſeinem blut / ſondern auch mit dem Kleid deß Heils / vnnd mit dem Rock der Gerechtigkeit bekleidet. DannEſ. 61. 40. wir haben zweyfaltigs entfangen von der Handt deß HErrn. Welches Kleid derChriſtus vergibt vns nicht allein vn - ſere Suͤn - dẽ / ſonder bekleidet vns auch mit ſemer Gerech - tigkeit. Prophet Eſaias am 61. nennet ein Prie - ſterlich Kleid / das iſt / ein heilige kleid / vñ der 29. Pſ. einen heiligen Schmuck / vnd Apoc. 19. Weiſſe ſeide / welches iſt die Ge - rechtigkeit der Heiligen. Der Prophete Amos am 6. nennets ſtroͤme der Geroch - tigkeit / S. Paulus Roͤm. 5. eine mechti - ge vberfliſſende Gnade / Eph. 2. den vber - ſchwencklichẽ reichthumb der gnade. Das iſt / ſo eine groſſe gerechtigkeit / das ſie kein menſch außdencken kan / ſo groß als Gott ſelbſt. Dann ob wol vnſere erſten ElternDer Chri - ſten ge - rechtig - keit eine hohe Ge - rechtig - keit. in jhrer Vnſchuld eine vollkommene Gerechtigkeit gehabt / ſo haben ſie doch nicht eine ſuperabundantem, eine ſo hohe vberfliſſende gerechtigkeit gehabt / als wir jetzo in Chriſto haben. Dann Chriſti gerechtigkeit vnd Heiligkeit / die er vns ſchencket durch den Glauben / iſtD iiijviel38Vnſere Gerechtigkeitviel groͤſſer dann die vns Adam hette koͤnnen anerben / wann er ſchon nicht ge - fallen / ſondern in der Vnſchuld blieben were / ſo iſt auch Chriſtus mit einer hoͤ - hern Demuth vnd gehorſam GOtt ge - faͤlliger geweſt / dann Adam in ſeiner vn - ſchuld. Dann er iſt mehr dann tauſent A -Chriſti ge rechtigkeit iſt hoͤher in ſeinem Verdienſt deñ Adam in ſeiner vnſchuldt. dam in ſeiner vnſchuld. Vnnd ob vns gleich Adam die Erbgerechtigkeit hette in der vnſchuld angeerbet / vnd vns mit der - ſelben vereiniger: So iſt doch die vereini - gung / ſo wir mit Gott habẽ in Chriſto viel groͤſſer / in dem Chriſtus Menſch worden / vnſere Menſchliche Natur angenom̃en / vnd dieſelbe ſo hoch gereiniget in jhm ſelbſt / ja will hoͤher als ſie immer in Adam geweſt iſt. Bleibet auch mit derſelben ein - mal angenommenen Menſchlichen Na - tur ewig vereiniget / vnd in derſelben alle Gleubige / denn Chriſtus iſt gantz vnſer vnd wir ſind gantz ſeyn. Vnd ſo rein als er nun ſeine Menſchliche Natur gemachtChriſtus machet in ſeiner Perſon / ſo rein hat er vnſere Na - tur auch fuͤr GOtt gemacht / welcheswir39im gehorſam Chriſti. wir in der verklerung an jennem Tagevns in im ſo rein als er ſelbſt iſt. erfahren werden / wann vnſere ſterbliche Leiber ehnlich worden ſeyn ſeinem ver - klerten Leibe. Hie heiſſets im Glauben: Tota pulcra es amica mea, Siehe mei -Cant. 1. ne Freundin du biſt ſchoͤn / ſchoͤn biſtu / vnd Epheſ. 5. Herꝛlich ohne Runtzel vnd Makel / vnd im 45. Pſalm / Inwendig ſchoͤn mit guͤldenen Stuͤcken geſchmuͤ - cket / Summa vnſere Gerechtigkeit iſt ſo groß in Chriſto als GOtt ſelbſt / daß wir ſie in Ewigkeit nicht werden ergruͤnden koͤnnen / ſo wenig als GOtt ſelbſt: Dar - uͤber alle Creaturen erſtarꝛen muͤſſen / vnd koͤnnen wieder den Menſchen nichts auff - bringen / ſondern muͤſſen ſagen: Wer willRom. 8. den Menſchen verdammen / iſt doch Got - tes Sohn ſelbſt ſeine Gerechtigkeit? Sie - he daß iſt des Glaubens gerechtigkeit / darauff wir ſo feſt bawen / als auff einen ewigen grund / derer wir vns frewen vnd ruͤhmen in zeit vnd ewigkeit / dadurch wir ſiegen vnnd triumphieren / vber Welt / Suͤnde / Todt / Teuffel vnd Helle / dar -D vdurch40Vnſere GerechtigkeitPſal. 91. Luc. 10.durch wir auff Lewen vnd Ottern gehen / vnd treten auff den jungen Lewen vnnd Drachen.
Vnſer ge - rechtig - keit iſt auf keine Cre - atur ge - gruͤndet / ſondern auff Gott.5. Vnſere gerechtigkeit kan auff kei - nen Engel gebawet werden. Dann es iſt kein Engel fuͤr vns geſtorben / viel weni - ger auff einen Menſchen. Dann wie bald wancket ein Menſch mit ſeiner gerechtig - keit / wie bald fellet er dahin? So ligt dann danieder im Koht alle ſeine gerechtigkeit / vnd ſo er fellet / wird ſeiner GerechtigkeitEze. 18. 33. nicht mehr gedacht. Darumb muß vnſere Gerechtigkeit / einen andern feſten / be - ſtendigen / vnd ewigen Grund haben der nicht hinfellet / wann gleich Berge vnnd Huͤgel hinfallen / der da bleibet wann al - les vergehet. Eſa. 54. Es wird eine ewige Gerechtigkeit gebracht werden. Dan. 9. Durch die hoͤchſte bezalung / muß auch das hoͤch - ſte gut er - kaufft ſeyn.Mein Heyl bleibt ewiglich / vnnd meine gerechtigkeit wird nicht verzagen. Eſa: 51. Es muß fuͤrwar das allerhoͤchſte / ewige / vnendliche Gut ſeyn / daß vns durch eine ewige Perſon / durch die hoͤchſte Perſon / durch ein vnendliche hoͤchſte bezahlung erworben iſt.
6. Hat41im gehorſam Chriſti.6. Hat GOtt vnſere gerechtigkeit durch den Glauben zu ergreiffen verord - net / weil derſelbe auff Gottes Warheit / vnd verheiſſung gebawet / vnd daran ge -GOTtes gnade vñ warheit iſt der grund vn ſer ſelig - keit. bunden / durch welche Gott die gerechtig - keit dem Abraham / vnd allen ſeinem gleu - bigen Samen verheiſſen vnnd zugeſagt. Darum ſchleuſt S. Paulus zun Roͤmern am 4. Muß die Gerechtigkeit aus dem Glauben kommen / auff daß ſie ſey aus Gnaden / vnd die Verheiſſung feſt blei - be. Auff dieſe Verheiſſung der gnaden / ſo in Chriſto erfuͤllet iſt / hat GOTT vnſere Gerechtigkeit vnnd Seligkeit er - bawet / wie der Apoſtel ferner zun Gala - tern am 3. bezeuget: Gleich wie Abra - ham GOTT gegleubet / vnd es iſt jm zu gerechnet zur gerechtigkeit / ſo erkennet jhr nu / daß die des Glaubens ſind / die ſind Abrahams Kinder. Die Schrifft aberAlle gleu - bige / erbẽ den Segẽ Abrahae. hat es zuuor erſehen / daß Gott die Hey - den / durch den Glauben gerecht mache / darumb verkuͤndiget ſie dem Abraham: In dir ſollen alle Heyden geſegnetwerden.42Vnſere Gerechtigkeitwerden. Alſo werden nu die des Glau - bens ſind / geſegnet mit dem gleubigen A - braham. Dieſe gnade vnd warheit iſt vns durch Jeſum Chriſtum worden Johan. 1.
Vnd endlich zum 7. So hat auch Gott der Herr vnſere gerechtigkeit auff ſei - ne gnade / vnd Chriſti verdienſt gegruͤn - det / auff daß Chriſtus vnſer Herr al - lein die Ehre behalte. Dann aus jhm al -Eſ. 45. 53. lein koͤmpt vnſer Heyl. Oſ. 13. Er iſt vn - ſerer Gerechtigkeit vnnd Seligkeit / An - fang / Mittel / vnd Ende / Auff daß aller Mund verſtopffet werde / ſpricht S. Pau - lus Rom. 3. vnd Cph. 2. Gottes gnade iſt es nicht aus den Wercken / auff daß ſich kein Fleiſch ruͤhme. Wann aber vnſere Gerechtigkeit auff vns ſelbſt / auff vnſere Wercke / vnd Verdienſt gegruͤndet were / ſo were die gnade nichts / duͤrfften auch keiner gnade vnd Barmhertzigkeit / duͤrff - ten auch keiner vergebung der Suͤnden / darumb doch alle Heiligen Gott bitten Pſ. 32. Were auch alle Demut vnd furchtViel gruͤn -[d]e der Ge - GOttes / der Glaube vnd Gebet auffge -hoben /43im gehorſam Chriſti. hoben / duͤrfften auch keines Mitlers / Er -rechtig - keit des Glaubẽs. loͤſers / Heylandes / Seligmachers / vnd Chriſtus were vmbſonſt geſtorben / We - ren auch ſchuͤldig das gantze Geſetz mit vollkommenem innerlichen vnd euſſerli - chen Gehorſam zu erfuͤllen / weren auch vnter dem Fluch / weren aus der gnaden gefallen / vnd hetten Chriſtum verloren / wie S. Paulus Gal. 3. 4. vnd 5. gewaltig bezeugt. So gar iſt die Lere von der ge - rechtigkeit der Wercke / fuͤr GOtt dem Fundament der gantzen Schrifft Altes vnd Newes Teſtaments / vnd dem heili - gen Chriſtlichen Glauben zuwieder.
Daß aber vnſere Gerechtigkeit vnd Seligkeit auff Gottes ewige gnade / auff Chriſti ewige Perſon vnd Ampt erbawet vnd gegruͤndet iſt / vnd wir in Chriſto ewig gerecht / fromm / heilig / lebendig / ſelig / Gottes Kinder vnd Erben ſeyn / ja daß Chriſti gerechtigkeit vnſere gerechtigkeit / Chriſti froͤmmigkeit vnſere froͤmmigkeit /Vnſer hoͤchſter Troſt vnd Ruhm. Chriſti Heiligkeit vnſere Heiligkeit / Chri - ſti Leben vnſer Leben / Chriſti Seligkeitvnſere44Vnſere Gerechtigkeit / etc. vnſere Seligkeit / Chriſti Kindtſchafft vnd Erbe / vnſer Erbe iſt / ja daß Chriſtus gantz vnſer iſt nach ſeiner Gottheit vnnd Menſchheit. (Dann Gott vns den gan - tzen Chriſtum geſchencket zu einem Crloͤ - ſer vnd Seligmacher / daß er gantz vnſer eigen ſey mit ſeiner Perſon / Ampt / Gna - de / Herꝛligkeit vnd Seligkeit:) Das iſt vnſer hoͤchſter Troſt / Ehre / ruhm / preiß / Liebe / frewde / friede fuͤr Gott / Engel vnd Auſſerwehlten / Vnſere hoͤchſte Weiß - heit vnnd Kunſt / ſtercke / Krafft / Sieg / Trotz wieder die Suͤnde / Todt / Teuffel / Helle / Verdamnuß / Welt / vnd alle Fein - de. Dafuͤr ſey Gott gelobet in ewigkeit / Amen.
EIn warer Chriſt wird nicht allein durch den Glauben an Chriſtum gerecht / ſondern wird auch durch1. Cor. 6. Eph. 2. Tit. 3. den Glauben eine wohnung vnd Tempel Chriſti vnd des H. Geiſtes. Darzu hat er dein Hertz gereiniget durch den Glau - ben. Darumb muſtu nu deinen HerrnAct. 15. Chriſtum in dir leben vnd herꝛſchen laſ - ſen / nemlich ſeine Liebe / Demuth vnnd Sanfftmut. Darzu gibt dir dein Herr vñ Erloͤſer ſeinen H. Geiſt / welcher dir ein newes freywilliges Hertz machet / zuthun was Gott gefelt ohn allẽ zwang aus frey -Jer. 31. Heſek. 11. em Geiſt. Vnd koͤmpt dieſer newe heilige gehorſam nicht aus dem Geſetz / Gebot / oder zwang / ſondern aus dem lebendigenGlau -46Glaube wircketGlaube. Alſo iſt dem gerechten kein Ge - ſetz gegeben / daß iſt / kein noth / oder zwang Geſetz / wiewol es eine ſchoͤne Regel iſt / eines Chriſtlichen lebens. Dann der wa - re lebendige Glaube thut alles freywillig /Lebendi - gen Glau - bens Art. ernewert den Menſchen / reiniget das Hertz / liebet den Neheſten mit luſt / hof - fet vnd ſiehet auffs Zukuͤnfftige / er betet / lobet / bekennet / fuͤrchtet Gott / iſt De - muͤtig / geduͤltig / barmhertzig / Freundlich Sanfftmuͤtig / verſoͤhnlich / mitleydig / friedfertig / vergibt gern / hungert vnnd duͤrſtet nach der Gerechtigkeit / ergreifft Gott mit aller ſeiner Gnade / Chriſtum mit allem ſeinem Verdienſt / vnd verge - bung aller Suͤnden. Vnd wo du Chri - ſtum nicht alſo durch den Glauben in dir leſſeſt leben / auch die Fruͤchte des Gei - ſtes nicht alſo entpfindeſt / ſoltu darumb bitten / ſeufftzen / trawren. Daß ſoltu aber nicht alſo verſtehen / das ein Chriſt in dieſem leben muſte oder konte volkom - men heylig ſein. Dann es befinden auch die heiligſten jhre ſchwachheit / wie dergantze47Fruͤchte der Gerechtigkeitgantze Pſalter / vnd das Vater vnſer be -Wie das Chriſtli - che Leben zuverſte - hen. zeuget. Aber gleich wie vnſer lieber Gott darum̃ vnſere gerechtigkeit / dadurch wir fuͤr jhm beſtehen / durch den Glauben er - griffen haben wil / vnd dieſelbe in den in - nerſten grundt des Hertzens gelegt hat / auff das ſie keine Heucheley ſey: Alſo muͤſſen alle fruͤchte des Glaubens vnd der Gerechtigkeit / aus dem grund des Hertzens gehen / darnach ſie auch Gott vrtheilet / ſollen ſie anders keine Heuche - ley ſeyn.
Ich rede hie von keiner vollkom̃en - heit / ſondern das nur vnſer newes leben / vnd gute Wercke keine Heucheley ſeyn. Die fruͤchte der Gerechtigkeit vnd des Geiſtes / wie ſie Galat: 5. beſchrieben ſind / muͤſſen ſich ja in denen ereugen / die den H. Geiſt haben / vnd muß ja der gu - te Baum an ſeinen Fruͤchten erkand wer - den / ob ſie gleich nicht vollkommen vnd Engeliſch ſein / ſondern mit vielen gebre - chen vnd ſchwachheiten beflecket vñ ver - dunckelt. Vnter deſſen aber muͤſſens jaEkeine48Glaube wircket. keineheuchel vndluͤgenfruͤchte ſeyn. Das Chriſtenthumb iſt zwar ein Hauß vnnd Spittal vieler ſchwacher vnnd krancker Leute / ja beyde voller Suͤnder vnd Hei - ligen. Vnd gehet zugleich wie mit den Kindern / die erſt an den Bencken gehen lernen / die muß man gaͤngeln / heben / tragen / auffrichten / dulden: Alſo muß in der Chriſtenheit einer des andern Laſt tragen / auch nicht bald einen ſchwachen Chriſten richten vnd vrtheilen / ſondernGalat: 6. Rom: 14. mit ſanfftmuͤtigem Geiſt wieder zu recht bringen / vnd aus deſſelben Exempel ſei - ne ſchwachheit erkennen lernen. Aber vnter deſſen muͤſſen ſie auch in Chriſto warhſen vnd zunemen / vnd nicht jmmer1. Cor: 14. vnverſtendige Kinder bleiben / ob ſie wol ſchwerlich das Fleiſch toͤdten / vnd vber - winden koͤñen: Muͤſſen ſich auch befleiſ -1. Tim: 1. ſigen der Liebe / von reinem Hertzen / von gutem Gewiſſen vnd vngeferbtem glau - ben / vnd lernẽ / daß Gott alle euſſerliche Wercke nach dem grund des Hertzens vrtheile. Iſts Hertz gut / ſo iſts alles gut /was49Fruͤchte der Gerechtigkeit. was du thuſt: Iſts Hertz boͤſe / vnrein / Feindtſelig / ſo ſindt alle deine Wercke Feindtſelig vnnd boͤſe fuͤr Gott. Wie du inwendig biſt / ſo biſtu fuͤr Gott / ſo iſt dein Gebet fuͤr Gott / dein Kirchen ge - hen / dein Allmoſen / dein Sacrament ge - brauchen / Darumb wiltu dich vnd dei - nen Glauben recht pruͤffen / ſo nim die zehen Gebot fuͤr dich / vnd vrtheile ſelbſt alle deine Wercke nach deinem Hertzen / ſo wirſtu ſelbſt Richter ſein koͤnnen / vnd pruͤffen / ob du in deinem Thun GOtt gefalleſt oder nicht. Vnd ob du recht -Proba des Glau - bens vnd des Her - tzens. ſchaffne fruͤcht der jnnerlichen glaubens Gerechtigkeit haſt. Du treibeſt keine euſſerliche Abgoͤtterey / iſt recht. Sie - he nun zu ob auch grundt des Hertzens dabey iſt / ob du auch einen Goͤtzen imInwendi - ger Goͤtze. Hertzen ſitzen haſt / ob du auch inwendig alſo biſt / wie außwendig. Hanget dein Hertz nicht an der Welt / am Geitz / am hoffart / Itzo gefelt dein euſſerlich werck Gott wol. Iſts aber anders / ſo iſt dein außwendig. Werck nichts fuͤr GOtt. E ijDu50Glaube wircketInwendi - ges Her - tzen Ge - bet.Du beteſt / lobeſt / danckeſt Gott euſſer - lich mit dem Munde. Siehe aber / das du nicht mit dem Munde beteſt / vnd im Hertzen flucheſt. Forſche des Hertzen grund / wie es da ſtehet. Iſts da auch nicht alſo / iſt dein Beten vnnd LobenInwendi - gen Her - tzen Sab - bath. nichts. Du heiligeſt den Feyertag euſ - ſerlich / iſt recht. Siche des Hertzen grund an / wie es da ſtehet. Haſtu auch den rechten Sabbath im Hertzen? Ru - heſt vnnd feyreſtu auch da von deinen boͤ - ſen gedancken / vnd willen / vnd ergibſt Gott dein Hertz / daß er in dir wircke? Bringeſtu auch einen hoffertigen giffti - gen Wurm mit in die Kirche? Iſt dem alſo / ſo iſt dein Kirchen gehen nichts. Du leiſteſt den euſſerlichẽ gehorſam / iſt recht. Innerli - cher Ge - horſam.Siehe obs im Hertzen auch ſo iſt. Haſtu auch ein gehorſames Hertz aus liebe / nicht aus zwang? Wo nicht / iſts Heu - cheley. Du toͤdteſt niemandt mit der Fauſt / iſt recht. Siehe obs im HertzenHertzen todſchlag. auch ſo iſt. Iſt Zorn da / ſo iſts ein jnner - licher Todtſchlag vnd biſt des Gerichtesſchul -51Fruͤchte der Gerechtigkeit. ſchuldig. Du muſt darumb fuͤr Gericht. Siehe / wie der jnnerliche Zorn deine ge - berde verſtellet / vnd dadurch aus dem Hertzen als Fewer lauſchert. Dadurch ſageſtu zu deinem Bruder: Racha / vnd biſt des Rahts ſchuͤldig. Du biſt eines Verdamlichen / Peinlichen Vrtheils werth / Siehe / wie der Zorn durch die Scheltwort außbricht / daß du ſageſt mit gifftigen worten: Du Narꝛ / ſiehe ſo biſtu des Helliſchen Fewres ſchuͤldig. WasDer Moͤr - der ſitzt im Hertzen. hilffts dich nun / daß du mit der Fauſt nie - mandt toͤdteſt / aber im Hertzen ein Moͤr - der biſt? Was hilffts die Hende ſtill hal - ten / vnd dagegen mit Feindſeligen geber - ben als ein Baſiliſck mit den Augen den Neheſten toͤdten? Was hilffts das Schwerdt nicht zuͤcken / vnd doch ein bloſſes Schwerd im Munde haben / vndJerm: 18. den Neheſten mit der Zungen Todſchla - gen? Im Hertzen ſitzet der Moͤrder / der Ehebrecher / der Dieb / der Luͤgener / vnd die boͤſe Beſtia / die boͤſe Luſt vnnd Wur - tzel alles vbels / Siehe / wann dieſer boͤſerE iijWurm52Glaube wircketWurm im Hertzen nicht getoͤdtet wird durch ware Hertzliche Buſſe / rewe vnd leid / durch den Glauben vnd Blut Chri - ſti / ſo iſts vnmuͤglich das du GOtt dem Herrn ein einig angenemes Werck thun koͤnneſt. Dann Gott vrtheilet al - les nach dem Hertzen.
Deſſen gibt dir der Herr ſelbſt ein Exempel aus dem fuͤnfftẽ Gebot vnd ſpricht: Wann du deine Gabe auff dem Altar opfferſt / vnd wirſt allda einden - cken / das dein Bruder etwas wieder dich hab / ſo gehe zuvor hin vnd verſoͤhne dich mit jhm / oder es wird dein Gebet / Opf - fer / Gottesdienſt / Sacramentbrauchen dir nichts helffen / Ja vielmehr zur Suͤn - de werden / dann Gott ſiehet daß Hertz an. Darum̃ befihlt S.[Paulus] / 1. Tim:Warer Gottes - dienſt aus reinen her tzen. 2. Das wir heilige haͤnde auff heben ſol - len im Gebet ohne zorn vnnd zweiffel. Vnd den Eheleuten befihlt S. Petrus 1. am 3. das ſie ſich fuͤr Zorn huͤten ſol - len / auff daß jhr Gebet nicht verhindert werde. Darauff thut der Herr Jeſus eine trewhertzige Vermanung zur Bruͤ -derlichen53Fruͤchte der Gerechttgkeit. derlichen Verſoͤhnung / vnd braucht fol - gende drey gruͤnde.
1. Sey wilfertig deinem Wiederſacher bald / weil du noch bey jm auff dem Wege biſt / das iſt / du geheſt alle ſtunde auff dem Wege des Todtes. Vnſer gantzes Leben iſt nichts anders / dann ein ſtetiger gangVerſoͤh - nung nit zuverſeu - men. zum Tode vnd zum Grabe. Stuͤrbſtu im zorn / ſo behelſtu ewig ein feindſelig hertz / vñ wirſtu des zorns in dieſem lebẽ nit loß / ſo bleibeſtu ewig in deiner Seelen mit dem zorn vereinigt / ja mit dem Teuffel ſelbſt.
2. Das dich der Widerſacher nit vber - antworte dem Richter. Schrecklich iſts einen fuͤr Gottes Gericht fordern / vnd mit ſeinem Widerſacher ſtehen fuͤr dem geſtrengen Gerichte Gottes / vnd des vr - theils erwarten. Darumb was hie verge - hen / vergeſſen / verſoͤhnet iſt / das iſt auch dort ewig vergeſſen / vergehen vnd außge - ſoͤhnet. So hoch iſt dey Gott die liebe an - geſehen / das er ſeine Liebe vnd des Nehe - ſten Liebe bey einander haben wil vnge - ſcheiden / vnd wil kurtzumb ohne des Ne - heſten Liebe von vns nicht geliebet ſeyn. E iiijEr54Glaube wircketEr wil ſeine Liebe vnd des Neheſten Lie - be nicht getheilet haben. Dann er iſt dieJerm: 12. Liebe ſelbſt / vnd hat den Menſchen ſo lieb als ſeine Seele.
3. Wer nicht vergeben wil / wird in den Kercker geworffen / da er den letzſten Heller bezahlen muß / daß iſt / Gottes ge - rechtigkeit iſts / daß er ſo mit vns hande - le / wie wir mit vnſerm Neheſten handeln / vnd vns eben mit dem Maſſe meſſe / da - mit wir andern gemeſſen haben. Ver - gibſtu nun deinem Neheſten nicht ſo iſt Gottes Vrtheil / daß er dir auch nicht vergeben wil / ſo bleiben alle deine Suͤn - de vber dir. Die muſtu dann ſelbſt von der groͤſten biß auff die kleineſte in der e - wigen Pein buͤſſen: vnd kanſt doch in e - wigkeit nicht bezahlen.
Siehe / wie dir nun der Sohn Got - tes ein Exempel gegeben hat deine euſſer - liche Werck aus deinem Hertzen zu vr - theilen / ſo vrtheile nu dein gantzes Chri - ſtenthumb aus deinem Hertzen. Du ſprichſt: Ich bin ein Chriſt / bin getaufft /habe55Fruͤchte der Gerechtigkeit. habe Gottes Wort rein / hoͤre daſſelbe /Das Chri ſtenthum̃ muß man im Hertzẽ haben. brauch das H. Sacrament des Abend - mahls / Ich gleube vnd bekenne auch alle Artickel des Chriſtlichẽ Glaubens. Dar - umb kan mirs nicht mangeln / mein thun muß Gott gefallen / vnd ich muß ſelig werden. So ſchleuſſet jtzo alle Welt / vñ helts auch dafuͤr / darinn beſtehe die Ge - rechtigkeit. Daß iſt wol ein guter rech - ter Schluß / wann des Hertzens grundt dabey iſt / wo nit / ſo iſts alles vergeblich. Pruͤffe dich nur aus deinem eigen Her - tzen. Die Proba liegt im Hertzen. Erſt - lich ſprichſt[u]: Du biſt ein Chriſt / iſt recht. Beſi[e]he des Hertzen grundt / wie iſts da? Biſt[u]dann auch in deinem Her - tzen ein Chriſt mit der That alſo / wie mit1. Joh: 2. dem Namen? Iſt die Salbung des Gei - ſtes auch in dir / vnd des heiligen Geiſtes fruͤchte / die einen waren Chriſten bewei - ſen? Wo nit / ſo biſtu ein falſcher Chriſt. Die Proba liegt im Hertzen. Du ſprichſt auch: Ich bin getaufft / iſt recht. Beſi -Fruͤchte der tauffe. he deines Hertzen grundt. Lebeſtu auchE vin56Glaube wircketFruͤchte der Tauff.in der newen Geburt / in ſteter Buſſe / vñ toͤdtung des alten Adams? Du haſt die Tauffe empfangen / wo ſindt die fruͤchte deiner Tauffe? Du haſt wol die newe Geburt empfangen / aber du lebeſt nicht darinnen. Du ſprichſt: Ich habe Got - tes Wort rein / vnd hoͤre daſſelb / Iſt al - les recht. Beſiehe deines hertzens grund. Wie Got - tes Wort zu hoͤren.Iſt auch Gottes Wort in dein leben ver - wandelt worden / Wie eine Speiſe im Fleiſch vnnd Blut: Dann alſo muß die edle Speiſe Goͤttliches Worts in dein leben verwandelt werden / oder es iſt ver - geblich gehoͤrt / Wie der Herr andeu - tet / Matth: 13. vnd Luc: 13. vom Sau - erteig / dadurch der gantze Teig durch - ſewret wird. Biſtu auch froͤmmer da - durch worden? ſpricht nicht der Herr? Es werden nicht alle / die zu mir ſagen:Matth: 7. Herr / Herr / ins Himmelreich kommen? Du ſtreiteſt vnd eyfferſt vber vnd fuͤr die reinen Lehr / iſt recht. Siche dein Hertz an. Haſtu auch aus der rei - nen Lehr / ein rein Hertz berom̃en? Iſts nicht war / das mancher bey dem eyfferder57Fruͤchte der Gerechtigkeit. der reinen Lehr / der vnreineſt Menſch iſt / voll Hoffart / Feindſeligkeit / vnd Wu - cher? Ach Gott der tewre Name dein / ꝛc. Du ſprichſt: Ich brauch das H. Abend - mal / iſt recht. Sihe deines Hertzen grund an. Du haſt Chriſti Fleiſch vnd Blut im Abendmal offt empfangen / warumb le - ſin dann Adams Fleiſch vnd Blut in dir herꝛſchen vnd leben / vnd nicht viel mehr daß edle Leben Chriſti / das iſt / Liebe / Sanfftmuth vnnd Demuth? Du em -Fruͤchte des Abent mals. pfeheſt Chriſtum im Sacarament / vnd verleugneſt jn in deinem lebẽ? Biſtu auch in jhn verwandelt durchs H. Abendmal / wie S. Auguſtinus ſagt: Du ſolt mich nicht in dich / ſondern ich wil dich in mich verwandeln? Du ſprichſt: Ich gleube vnd bekenne alle Artickel des Chriſtlichen Glaubens / iſt recht. Beſiche deines Hertzen grundt. Das iſt der ware Glau - be / der dich mit Gott / vnd Gott mit dir vereiniget / gleubeſtu an Gott / ſo muß Gott in dir ſein / in dir leben vnnd wircken / oder dein Glaube iſt falſch /vnd58Glaube wircketWas ſey an Gott vnd Chri - ſtum gleu ben. Epheſ: 3. Rom: 6.vnd hat dich mit Gott nicht vereiniget / Du biſt von Gott geſcheiden. Ich rede allhie nicht von dem ſchwachen Glauben der offt nicht empfunden wird / vnd als ein glim̃endes Tochtlein iſt / vnd gleich - wol Gott anhanget / wie ſchwach er auch iſt / vñ ſeine fruͤchte auch bringet in ſeiner ſchwachheit / Sondern ich rede von der allgemeinen Prob vnd Frucht des Glau - bens. Gleubeſtu an Chriſtum / ſo muß Chriſtus in dir ſein / vnd in dir leben / oder dein glaube iſt falſch. Gleubeſtu das Chriſtus fuͤr deine Suͤnde geſtorben iſt / ſo muſtu mit jhm der Suͤnden vnnd der Welt abſterben / ſonderlich der Hoffart vnd Geitz / wo nicht / ſo gleubſtu nicht an Chriſtum. Gleubſtu / daß Chriſtus ge - creutziget iſt fuͤr die Suͤnde der Welt / ſo muſtu mit jhm der Welt gecreutziget werden / oder du biſt mit deinem HErꝛn Chriſto nicht vereinigt durch den glau - ben als ein wares glied. Gleubeſtu / das Chriſtus aufferſtanden iſt / ſo muſtu mit jhm als mit deinem Haupt vereinigt blei -ben.59Fruͤchte der Gerechtigkeit. ben. Summa Chriſti Geburt / Creutz / Todt / Leyden / Aufferſtehung / Himmel - fahrt / muß alles in dir ſein / oder es iſt nichts mit deinem glauben. Gleubſtu an den heiligen Geiſt / ſo muß der H. Geiſt in dir ſein / dich regieren / erleuchten vnd heiligen. Denn die der Geiſt GottesRom: 8. treibt / die ſind Gottes Kinder.
Siehe nun / mein Lieber Chriſt / laß dein Chriſtenthumb inwendig ſein / nicht außwendig / aus dem jñerſtẽ grund deines Hertzens gehen / aus dem waren lebendi - gen / thaͤtigen Glauben / aus warer jnner - licher Hertzlicher ſtetiger Buſſe / oder dein gantzes Chriſtenthum̃ iſt falſch / vnd kanſt mit allem deinem thun fuͤr GOtt nicht beſtehen / wird dich auch nicht helf - fen an jenem Tage. Dann Gott wird alle ding / was du gethan haſt nach dei - nem Hertzen richten. Befindeſtu aber hie mangel vnd vnreinigkeit deines Her - tzens / ſo lauffe zu dem Heilbrunnen der gnade Gottes / trincke / ſchoͤpffe / bitte / ſuche / ſchreye Miſerere Itzo wird deinHertz60Ein warer Chriſt muß Gottes WortHertz geheilet / deine Suͤnde bedecket / vnd deine Miſſethat zugeſiegelt.
DIeſer ſchoͤne Spruch lehret vns / wie wir die rechte Weißheit er - langen ſollen / dadurch wir Got -tes freun -61ins Leben verwandeln. tes Freunde werden / nemlich / wann wir von Hertzen Buſſe thun / vnd vnſer Le - ben nach Gottes Wort anſtellen. Dar -Fruͤchte emes hei - ligen le - bens. auff folget die rechte erleuchtigung vnd vermehrung aller gnadengaben Gottes / vnd Gottes ſonderliche nahe verwand - nuͤß / daß wir auch der Goͤttlichen Natur theilhaͤfftig werden / ſo wir fliehen die fleiſchlichen luͤſte / wie S. Petrus 2. am 1. ſagt: Deſſen wir ein Exempel habenGen: 6. an Enoch dem ſiebendẽ von Adam / weil er ein heilig Leben fuͤhrete / ward er weg - genommen gen Himmel / vnd ward nicht mehr fundẽ auff Erden. Nach einem ſol - chen heiligen leben verlangt David / dar - umb betet er zum hefftigſten im 119. Pſal: vnd ſetzet zwo mittel zu einem heiligen le - ben: 1. Das embſige Gebet. 2. Emb -Zwey We - ge zu ei - nem heili - gen leben. ſiger fleiß ſich in Gottes Wort zu vben / vnd ſpricht:
Ich ruffe von gantzem Hertzen / Erhoͤ - re mich daß ich deine Rechte halte. Ich ruffe zu dir / hilff mir daß ich deine Zeug - nuͤß halte. Hie leret vns der H. Prophetwie62Ein warer Chriſt muß Gottes Wortwie ſchwere es ſey ein guter rechtſchaffe - ner Chriſt zu ſein / vnd Gottes Wort mit der That / vnd mit heiligem Leben zu er -Es iſt ſchwer ein rechter Chriſt zu ſeyn. halten. Dann Blut vnd Fleiſch wider - ſtrebet von Natur dem Wort Gottes. 2. So iſts zu ſchwach / leſſet ſich zu bald vnd zu offt zu ruͤck treiben. 3. So iſt der boͤſe Feindt vnledig vnd verhindert vns zur rechten vnd zur lincken. 4. Boͤſe Leu - te feyren auch nicht mit Ergerniß vnnd Verfolgungen. Dawider muß man ſich legen mit allen kraͤfften der Seelen / wieEiniger Wunſch des lieben Davids / vnd aller waren Chriſten. hie David ſpricht: Ich ruffe von gan - tzem Hertzen. Daß iſt ſein bitten vnd be - geren / daß er moͤge ein heylig leben fuͤh - ren / Gottes Wort ins leben verwande - len / vnd Gottes willen vollbringen / auff das er Gottes gnade nicht moͤge verlie - ren. Daran ſol vns auch am meiſten ge - legen ſein / vnd mehr dann an allem / was in der Welt iſt. Wer Gott zum Freun - de hat / dem kan aller Welt Feindſchafft nicht ſchaden. Von gantzem Hertzen beten / iſt der erſte grad.
Das63ins Leben verwandeln.Das ander Mirtel zu einem heiligen Leben iſt / daß er ſpricht: Ich komme fruͤe (vnd ſchreye / auff dein Wort hoffe ich. Ich wache fruͤe auff. Vor Tage ehe die Nachtwache aus iſt) das ich rede von dei - nem Wort / daß ich daſſelbe betrachte. Dieſe Wort ſindt beyde von einem ſon - derbaren fleiß / vnd empſigkeit zuverſte - hen / vnd von einem ſonderbaren ernſt vñ liebe zu Gottes Wort / vnd dann auch von der nachtlichen Zeit / vnd fruͤe ſtun - den / in welchen man ſonderlich ſcharff vnd tieff gedencken kan: ſonderlich aber / wann man mit hohen Anfechtungen vnd Geiſtlicher trawrigkeit geplagt wird / da man des troſtes wartet von einer Mor -Pſal. 130. Pſal. 77. genwache biß zur andern / da Gott der HErꝛ einem die Augen helt / daß er muß wachen vnnd hoffen / da man iſt wie ein einſamer Vogel auff dem Dache / wiePſal. 102. ein Keutzlein in den verſtoͤreten Einoͤden / daß allein ſitzet vñ kirret / Da vnſer lieber Gott einen ſo muͤde machet von ſeufftzen /Pſal. 6. daß man kaum Othem holen kan.
FSehet64Ein wahrer Chriſt muß Gottes WortSehet das iſt die rechte Creutzſchule aller Heiligem 1. Wer in dieſe Schule nicht kommen iſt / weiß nicht viel von Gottes Wort. 2. Gott zerbricht vns al - le Lebens vnd Seelenkreffte / auff daß erVrſachen der hohen Anfech - tungen. allein vnſere krafft ſey. 3. Er will vns durch ſolch Creutz das Fleiſchliche Leben nemen / auff daß er in vns lebe / vnd wolte gerne ſein Wort in vns lebendig machen. Dann dahin ſoll vnſer Leben vnd Chri - ſtenthum gerichtet ſeyn / daß wir das voll -Warumb ein menſch lebet. bringen muͤgen / vnd thun was wir aus Gottes Wort hoͤren.
Darumb lerne nun hier dieſe Lehre mit allem Fleiß / was einen rechten Chri -Joh. 13. ſten beweiſet / nicht Gottes Wort wiſſen vnd hoͤren / ſondern thun. Dann erſtlich iſt vns ſonſt Gottes Wort nichts nuͤtze / Sintemal es vns nicht darumb gegeben iſt / daß wirs allein hoͤren ſollen / ſondernVrſachen warumb GOttes Wort hoͤ - daß wirs thun ſollen. Dann gleich wie ei - ne Artzney nicht hilfft / wann ſie der Pa - tient nur anſihet / vnnd dauon hoͤret re -den /65ins Leben verwandeln. den / wann er ſie auch nicht zu ſich nimpt:ren vnnd wiſſen nit genug ſey. Alſo weil GOttes Wort vnſer verderb - ten Natur Artzney ſeyn ſol / ſo wird ſie dich nicht viel beſſern / vnd auß dem To - de Lebendig machen / wann du nicht wilt dein Leben darnach richten: Darzu ge - hoͤrt ein embſig Gebet Tag vnd Nacht daß du thun muͤgeſt / was du hoͤreſt auß GOttes Wort / wie hie Dauid betet. 2. Was hilfft einem Kuͤnſtler / daß er ſei - ne Kunſt weiß / vnnd brauchet ſie nicht? Muß er nicht daruͤber verderben? Al - ſo was hilfft dirs / daß du GOTtes Willen weiſt / vnd thuſt jhn nicht? Der Knecht der ſeines Herꝛen Willen weißLuc. 12. vnd thut jhn nicht / wird mit viel Strei - chen geſchlagen werden. S. Petrus2. Per. 2. ſagt: Es were beſſer du hetteſt den Weg der Warheit nicht erkant. 3. Helt auch ein Vater ſeinen Sohn / der jhm in al - len dingen wiederſtrebet / fuͤr ſein Kindt? Mit nichten / ſondern er ſpricht: Wiltu meinen Willen nicht thun /F ijſo66Ein warer Chriſt muß Gottes WortGottes Kinder thun auch GOTtes Werck.ſo ſoltu mein Kind nicht ſeyn. Alſo bewei - ſen die bloſſen Wort kein Kindt Gottes / ſondern wenn wir als Kinder Gottes le - ben / wie der Herr ſagt / Joh: 8. We - ret jhr Abrahams Kinder / ſo thetet jhr auch Abrahams Wercke: Weil jhr aber des Sathans Wercke thut / vnd trach - tet mich zu toͤdten / ſo ſeid jhr von ewrem Vater dem Teuffel. Das iſt eine gewiſſe Proba: Weſſen Wercke einer thut / deſ - ſen Kindt iſt er / deſſen Natur hat er. 4. Was iſt ein Baum im Garten nuͤtze / wann er keine Fruͤchte traͤgt? Er gehoͤret ins Fewer / es iſt Fewerholtz / wie Luc. 13. von den Feygenbaum / der das Land hin - derte / vnnd keine Fruͤchte brachte / ge - ſchrieben iſt. 5. Wann dich einer vberre - den wolte / daß ein Rabe ein Schwan were / vnnd ſpreche zu dir: Siehe / welch ein ſchoͤner weiſer Schwan iſt das / wuͤr - deſtu nicht lachen vnd ſprechen / er were toll? Dann du ſeheſt weder Farb noch ge - ſtalt eines Schwans an einem Raben: Alſo wann jemand auff das jetzige Lebender67ins Leben verwandeln. der Welt zeiget vnd ſpricht: Siehe / das iſt ein Chriſt / vnd die ſind alle Chriſten / mag einer nicht vnbillig denſelben fuͤr toll achten. Es gilt hie nicht vberredens / es gilt beweiſens. Das Reich GOttes1. Cor. 4. ſtehet nicht in Worten / ſondern in der Krafft. Dann man ſiehet ja keine Chriſt - liche Wercke an den meiſten / die ſich Chriſten nennen / wie zu Rom L. Valla geſagt hat / da er das Evangelium gele - ſen: Selig ſind die Barmhertzigen / dieMatt. 5. Friedfertigen / etc. Certè aut hæc non ſunt vera, aut nos non ſumus Chri - ſtiani. 6. Viel Thiere vnd Vogel vber - treffen die Menſchen mit Tugend / DieProv. 6. Taube mit einfalt / die Ameiſe mit fleiß vnd Arbeit / der Storch mit ernehrung ſeiner Eltern / ein Kranich mit wachen / der Hund mit liebe vnd trewe / der OchsEſa. 1. vnd Eſel mit erkantnuß ſeines Herꝛn / das Schaf mit ſanfftmut / der Lewe mitDer mẽſch vbertrifft alle Thie - re mit boßheit. Tapfferkeit / vnd verſchonen der kleinen Thierlein / der Han mit wackerkeit / die Schlange mit klugheit / aber der natuͤr -F iijliche68Ein wahrer Chriſt muß Gottes Wortliche Menſch vbertrifft alle Thiere mit boͤßheit. Er iſt vnbarmhertziger denn ein Wolff / argliſtiger denn ein Fuchs / hof - fertiger denn ein Pfaw / freſſiger als ein Schwein / gifftiger als ein Otter / grim -Luc. 13. Matt. 12. 2. Tim. 4. miger dann ein Baͤhr / Wie dann der HERR Chriſtus ſelbſt / Herodem einen Fuchs nennet / S. Joh. die Phariſeer Ottergezichte / S. Paulus Neronem ei - nen Lewen / Ja die Laſter vnd Vntugend /Aller Thi - re Vnart im Men - ſchen. die man an einem Thiere inſonderheit findet / die findet man alle in einem natuͤr - lichen Menſchen / daß wol S. Paulus den Menſchlichen Leib einen Leib derRom. 6. Suͤnde nennet / der mit vielen Suͤn - den behafftet vnd erfuͤllet iſt. Zu dem ſo iſt kein Thier ſo boͤſe / es iſt noch etwa wo gut zu: Der Fuchs vnd Wolff zu Peltzen / vñ ſo fortan. Aber lieber ſiehe / was iſt doch von Natur gutes am Menſchen / da allesGen. 6. tichten vnd trachten des Menſchlichen Hertzens boͤſe iſt von Jugendt auff im - merdar? Die Vernunfft brauchet er zu betriegen / den Leib zur Hoffart vnd zurVnzucht /69ins Leben verwandeln. Vnzucht / inwendig vnd außwendig iſt er verdorben. Dann alle ſeine Glieder ſind Waffen der Vngerechtigkeit. Rom. 6.7. Gottes Wort beſchreibet nicht ohn vrſach vnſere verderbte Natur ſo ſchreck - lich / vnd ſtellet vns vnſer Conterfect fuͤr die Augen / Rom. 3. Da iſt nicht der ge - recht ſey / auch nicht einer / da iſt niemand der nach Gott frage. Sie ſind alle abge -Pſal. 14. wichen / vnnd alle ſampt vntuͤchtig wor - den / Da iſt niemand der guts thue / auch nicht einer. Ihr Schlundt iſt ein offe - nes Grab / mit jhren Zungen heuchlen ſie. Otterngifft iſt vnter jhren Lippen / Ihr Mundt iſt voll fluchens vnd bitter - keit. In jhren Wegen iſt eitel Vnfall vnd Hertzleid / vnd den Weg des Frie - dens wiſſen ſie nicht. Ihre Fuͤſſe eilen Blut zuuergieſſen. Es iſt keine Gottes - furcht fuͤr jhren Augen.
Sehet diß iſt das natuͤrliche BildNatuͤrlich Bilde ei - nes Men - ſchen. eines Menſchen / dieſer grewel iſt allen Menſchen von Natur angeboren. Da ſage mir nun / wie kan ein MenſchF iiijdas70Ein warer Chriſt muß Gottes Wortdas Reich GOttes ſehen / wann er alſo bleibet / wann er nicht new geboren wird? Darumb vns S. Paulus befihlt zun E - pheſ. 4. vnd Coloſſ. 3. vnd ſpricht: Er - newert euch im Geiſt ewres gemuͤts / zie - het den alten Menſchen mit ſeinen Luͤ - ſten aus / vnnd ziehet den newen Men - ſchen an / der nach GOtt geſchaffen iſt / in rechtſchaffener Gerechtigkeit / ja er ſpricht: Ihr habt Chriſtum nicht alſo ge - lernet / ſo jhr anders wiſſet / daß in Chri - ſto ein rechtſchaffen Leben iſt. Ja erGal. 5. ſpricht: Die Chriſtum angehoͤren / die creutzigen jhr Fleiſch ſampt den LuͤſtenColoſ. 3. vnd Begierden. Ach lieber Gott gehoͤren wir nun Chriſto nicht an / wann wir in ſolchem ſuͤndlichen Leben bleiben / vnnd die Glieder der boͤßheit nicht toͤdten? So kans ja anders nicht ſeyn / dann daß ſol - che Leute muͤſſen dem Teuffel angehoͤ - ren / vnnd werden demnach das Reich GOttes nicht erben die jhr Fleiſch nicht2. Cor. 5. Galat. 6. creutzigen. Wir muͤſſen eine newe Crea - tur werden in Chriſto / ſollen wir fuͤrGOtt71ins Leben verwandeln. GOtt beſtehen. Dann in Chriſto giltHoͤchſte ſorge der Chriſten. weder Vorhaut noch Beſchneidung / oder einiges anſehen der Perſon / ſondern eine newe Creatur. Darumb ſol das vn - ſere groͤſſeſte vnnd ernſte ſorge ſeyn / wie wir taͤglich die Suͤnde in vnſerm ſterbli - chen Leibe dempffen muͤgen / daß wir Chriſtum muͤgen angehoͤren / vnd nicht dem Sathan / wie Gottes Wort in vnsRom. 9. muͤge geſchehen / vnd lebendig werden / wie vnſer Leben GOtt muͤge wolgefal - len / daß wir ja GOttes Gnade muͤgen behalten / vnd gefaͤſſe ſeyn ſeiner Barm - h[e]rtzigkeit / vnd nicht ſeines Zorns.
Das iſt nun die vrſach / warumb der H. David ſo hertzlich jhm ein heilig Leben wuͤnſchet / daß er muͤge GOTtes Wort halten / wie er ſpricht: Ich ruffe von gantzem Hertzen / erhoͤre mich Gott /Pſal. 119. daß ich deine Rechte halte. Wir muͤſſen vmb ein heilig Leben bitten. Dann dieJer. 17. 31. Bekehrung koͤmpt von oben herab. Heile mich HERR / ſo werde ich heil / bekehre mich / ſo werde ich bekehrt / hilff mir / ſoF vwird72Ein wahrer Chriſt muß Gottes WortWir ſollẽ wacker ſeyn alle - zeit. Luc. 21. Pſad. 119.wird mir geholffen / Dann du biſt mein Ruhm. Darumb ſpricht er ferner: Ich ruffe zu dir / hilff mir daß ich deine zeug - nuß halte. Gott muß vns freylich helf - fen vnd ſtercken / Dann die Suͤnde vnd deß Teuffels Reich iſt ſonſt zu mechtig im Menſchen.
So ſollen wirs an vnſerm fleis nicht mangeln laſſen / die Faulheit vnd ſieher - heit vns aus den Augen wiſchen / wie er ferner ſpricht: Ich komme fruͤe / vnnd ſchreie / auff dein Wort hoffe ich. Ich wache fruͤe auff / das ich rede von deinan Wort. Daruon ſtehet ein ſchoͤner ſpruch im Propheten Eſaia am 50. Der wo[l]zu mercken. Der HERR wecket mich al - le Morgen / er wecket mir das Ohr / daß ich hoͤre wie ein Juͤnger. Vnnd im Ho - henlied Salomon: am 4. Ich ſchlaffe / aber mein Hertz wachet / vnnd hoͤret die ſtim̃e meines Freũdens / der anklopffet ꝛc.
Mit dieſen Worten werden wir auch erinnert der Vaͤterlichen Vorſorge vnd Freundſeligkeit deß freundlichẽ gnedigenGot -73ins Leben verwandeln. Gottes / wie gerne Er mit den Menſchen vmbgehe / mit jhnen handle vnd wandle / mit jhnen rede / ſie vnterweiſe vnnd lehre darumb Er vns ſeinen Sohn zum Lehr - meiſter / zum Himliſchen Doctore vndMatth. 3. Luc. 2. Præceptore verordnet hat. Dieſes iſt vns fein fuͤrgebildet in dem ſchoͤnen Ex - empel vnd Bilde / da daß Kind JEſus im Tempel zu Jeruſalem lehret. Das iſt nit geſchehen vmb deß[Juͤdiſchen] Tem - pels willen allein / der nun zerſtoͤret iſt /Chriſtus lehret in dem