PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Deß armen Lazari Leben vnd Todt:
Am erſten Sontag nach Trinitatis den 30. May Anno 1630. kurtz vnd einfaͤltig erklaͤrt: vnd applicirt Auff das Leben vnd Todt D weyland Ehrwuͤr - digen / Achtbarn vnd Wolgelehrten Herꝛn Johannis Widers Predigers zu Nuͤrmberg / in der Kirchen zu vnſer Frawen:
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Nuͤrmber[g /]Gedruckt beySimon Halbmayern. M. DC. XXX.
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〈…〉〈…〉Dominica I. poſt Trinitatis, Evangel. Luc. 16, v. 19. usq; ad finem. TEXTUS.

Es war aber ein Reicher Mann / der kleidet ſich / ꝛc. ()

Exordium.

NAch der Aſtronomorum bericht / wer - den wir auff morgigen Tag Abends ¾. nach 6. Vhr / der kleinen / eine groſſe Sonnenfinſter - nuß zu Geſicht bekommen: wo ferꝛn der Him - mel nit mit truͤben Wolcken bedecket ſeyn moͤch - te. Dieſelbige ſoll werden ſchroͤcklich 1. wegen der apparition vnd ſcheins; ſintemal der Mond ſtehend zwiſchen der Sonn vnd vnſerm Geſicht / die Sonn faſt totaliter vnd gantz verfinſtert wird. Schroͤcklich 2. wegen der duration, daß ſie auff die . Stund ſich erſtrecken ſoll. Schroͤcklich 3. wegen jhrer opera - tion vnd wirckung / ſo darauff erfolgen ſollen / wie hievon inden Prognoſticis mit mehrem zu leſen.

Nun finden wir in den Hiſtorien / daß weyland etliche Hey - den vor dergleichen Finſternuſſen ſich hart entſetzet. ArchelausA ijder4Deß armen Lazarider Macedonier Koͤnig ließ einsmals / als er eine ſahe / eilend ſein Schloß verꝛigeln / vnnd (immaſſen ſie in groſſer Betrübnuß zu thun pflegten) ſeinem Sohn die Haar abſcheren / wie Cælius meldet. Zur andern Zeit ſind die Roͤmer / ob ſolchem Anblick ſo erſchluchzet / daß ſie allen muht ſincken laſſen / biß jhnen Sul - pitius Gallus auß der Aſtronomiâ erwieſen / wie / vnnd daß es natuͤrlich zugienge. Plutarch. in Æmilio. Andere haben jh - ren Goͤtzen mit aller Andacht geopffert / die zornigen Goͤtter dar - durch zu placirn, vnd zu verſoͤhnen. Quid autem nos? Was ſollen dann wir thun / die wir Chriſten ſeyn? Zwar ſolches Zei - chen an der Sonnen nicht verachten; ſondern mit verwunde - rung anſchawen / darbey ein heiſſet / Seufftzerlein gen Himmel ſchicken / vnd GOtt / den Regenten dieſer groſſen Liechter / vmb abwendung alles angedroheten Vbels bitten; Jedoch vns nicht ſtellen wie die Heyden 1 Theſſ. 4. vielmehr hoͤren deß HErꝛen Wort / welches lautet: Nolite timere ſigna cœh! Foͤrchtet euch nicht fůr den Zeichen deß Himmels / Jerem. 10. Die Gott - loſen aber / als vn-Chriſten / moͤgen ſich entſetzen vor einer an - dern / vnnd viel ſchroͤcklichern Finſternuß / welche vns zeyget der himmliſche Aſtronomus vnd Schoͤpffer der Firmamenten, Chriſtus / im heutigen Evangeliſchen prognoſtico, nemlich des Hoͤllen Finſternuß / Matth. 8.

Dieſe iſt recht ſchroͤcklich / auch 1. wegen der apparition vnd ſcheins. Dann ſihe / die verdammten ſind beraubt deß anſchau - en Gottes Joh. 3. vnd der Sonnen der Gerechtigkeit Malach. 4. Schroͤcklich 2. wegen der duration, dann ſie weret ewig / ewig / Eſa. 66. Matth. 25. Schroͤcklich 3. wegen der operation, dann ſie wircket vnaußſprechliche Qual in der Flamme / geſtalt ſolche der reiche / hoffertige / vnnd vnbarmhertzige Schlemmer in der Hoͤllen gefuͤlet / daruͤber erbaͤrmlich geklaget / vnd ſeine hinderlaſ - ſene Bruͤder davor zu warnen begeret / Lut 16.

Wann wir aber hiebevorn / bey betrachtung deß Geſprechsdeß5Leben vnd Todt. deß Reichen Manns in der Hoͤllen mit Abraham im Himmel ſol - che erſchroͤckliche Finſternuß angeſchawet; Als wollen wir diß - mals behertzigen Lazari vitam & mortem: deß armen Laza - ri Leben vnd Todt / vnd hoͤren / wie jhm in ſeinem leben die Frew - den-Sonn zwar auch verfinſtert geſchienen: nach ſeinem leibli - chen Todt aber ſchoͤn auffgangen im ewigen Leben.

Die Sonn der Gerechtigkeit wolle vns hell ſcheinen laſſen das Liecht jhres Worts / damit der Morgenſtern auffgehe in vn - ſeren Hertzen / 2 Petr. 1. Amen!

Lazari I. Vita oder Leben.

SYrach ſpricht zwar ins gemein von aller Menſchen leben daß ein elend / jaͤmmerlich ding darumb ſey / Cap. 40. vnd es wol heiſt:

Neminis mortalium Fortuna currum â carcere emiſſum extimo Metas ad usq; curſu in offenſo tulit; ()
Baud. Jamb. Gnom.

Jedoch war Lazari leben vor anderen

    • Ein kuͤmmerliches
    • Ein jaͤmmerliches
    • Ein erbaͤrmmliches
    Leben.

I. Kuͤmmerlich war es ja! Dann er war ein Bettler. Das Bettler Handwerck iſt nur ein Handwerck; aber es gibt vielerley Meiſter darauff. Es ſind ſtarcke Land-Bettler / die nicht arbeiten moͤgen / ob ſie ſchon koͤnnten: faule Knecht / die ſichA iijvon6Deß armen Lazarivon jhren Herꝛn entriſſen / 1 Sam. 25. Es ſind betriegliche Bettler / die falſche Brieff fůhren / auff erlittene Brand / Waſ - ſer oder Kriegsſchaͤden betteln / vnd durch jhre Bubenſtuͤck offt - mals die vnſchuldigen verdaͤchtig machen. Es finden ſich auch Gottsvergeſſene Buben / welche ſich wainerlich oder breß - hafft ſtellen / Arm vnnd Bein verbinden / ja wol gar jhnen mit fleiß einen offentlichen Leibsſchaden zuziehen / ad mercimoni - orum occaſionem, dadurch jhr Bettel-mercantzerey zu trei - ben / wie Gregorius Nazianzenus redet. Solche Geſellen wa - ren jene zween / von denen man in Kirchenhiſtorien liſet / daß / als ſie erfahren / wie Epiphanius Biſchoff in Cypern ſo mitleidig / vnd mild were / jhn zu betriegen / dieſen liſt erdachten: Der eine ſtreckt ſich / ſo lang er war / nechſt neben den Weg / welchen Epi - phanius reiſte: Der ander ſtunde vor jhm / weinete klaͤglich / vnd ſprach: ſein Geſell leg allda / vnd wer jaͤhling geſtorben / nun het - te er kein Geld / daß er jhn begraben laſſen koͤnnte! Epiphanius troͤſtete jhn / daß er mit weinen vnd heulen jhn nicht wuͤrde wider lebendig machen / gab jhm benebens Geld / damit er jhn Chriſt - lich vnd ehrlich zur Erden beſtatten laſſen ſolte. Da nun Epi - phanius hinweg / ermahnete dieſer ſeinen Geſellen / hieß jhn mit Frewden wider auffſtehen / ſie hetten das Geld erſchnappet / wol - ten nun hin vnd guter ding drumb ſeyn. Was geſchicht? der ſich geſtellet ob er Todt wer / blieb ligen / vnd war wahrhafftig Todt; Jſt alſo in ſeiner Boßheit verꝛeckt. Das war ſein verdienter Lohn / dann GOtt leſt ſich nicht ſpotten / Gal. 6.

Vnter ſolche betruͤgliche Bettlerszunfften gehoͤrte Laza - rus nicht / ſondern er war 1. ein rechter Bettler / πτωχὸς, wie er / in der Grundſprach genennt wird ( ϖτὼσσω, ſive ϖτωέω, me - tu percelior) ein ſolcher der nur ander Leut gnaden lebet /

& timidà voce rogare cibos, ()

wie der Poet redet / mit erſchrockenen Hertzen das panem pro - pter D[e]um betteln muſte. Er war 2. ein armer Bettler / dernicht7Leben vnd Todt. nicht etwan ein eygenes Huͤttlein hatte / oder in einem Spital auf - genommen war / darinnen er ſein Lager haben moͤgen: ſondern er muſte auff der Gaſſen / vor den Thuͤren ligen; inmaſſen er dann auch vor deß Reichen Manns Thuͤr lag / vnnd alſo nichts eygnes hatte / da er ſein Haupt hinleget / wie CHriſtus in ſeiner armen geſtalt Matth. 8. Er war 3. ein hungeriger Bettler / der ſich zu ſaͤttigen begerte von den Broſamlein / die von deß Reichen Manns Tiſche fielen / welche ſonſt Hund eſſen Matth. 15 / das war ja ein kuͤmmerlich Leben.

II. Jaͤmmerlich war es. Denn neben der lieben Ar - muht war er auch am Leib ſehr vngeſund / 1. ein krancker Menſch / vnd voller Schweren. Ecce! non habebat u - num ulcus, ſed totum corpus ulcera erant, ſpricht Chry - ſoſtomus: Siehe! er hatte nicht nur ein Schweren / ſondern ſein gantzer Leib war voller Blattern vnd Schweren / ja / wie auß dem Wort / ἐβέβλητο, abzunemen / hat er wegen vieler Schwe - ren nicht ſtehen noch gehen koͤnnen / ſondern ligen / vnd ſich von einem Ort zum andern ſchleppen laſſen muͤſſen. Ach was Jam - mer iſt doch diß! Gewißlich wird er offt geſeufftzet vnd gewinſelt haben: Wann man meinen Jammer waͤge / vnd mein leiden zu - ſammen in ein Wag legte / ſo wuͤrde es ſchwerer ſeyn / denn Sand am Meer / mit Hiob / dem Mann voller Schweren. Hiob 6. dieſen ſeinen Jammer haͤuffte / daß er auch war 2. ein vngluͤck - haffter Menſch: welcher der Broſamen / ſo von deß Reichen Schlemmers Tiſch fielen / nicht habhafft werden kondte. Da wird der boͤſe Trawergeiſt nicht gefeyret / ſondern jhm die Ge - dancken eingeſpeyet haben: Du biſt ein Gottloſer Bub / den Gott verſtoſſen / vnd auch den HundsTiſch nicht genieſen laſſen will / wie Hiob in ſeinem elend vorgeworffen worden / Hiob 4.

III. Erbaͤrmlich war über deß Lazari leben / nicht / daß ſich etwa der Reiche Mann uͤber dieſen bettlenden / armen / vnndhun -8Deß armen Lazarihungerigen / ja krancken vnd vngluͤckhafften Menſchen erbar - met / vnd jhm die begerten Gruͤmpelein gegoͤnnet hette. O nein! Er war Tyranniſcher / als Adoni Beſeck, der die gefangenen ſiebentzig Koͤnige / mit verhauenen Daumen an Haͤnden vnnd Fuͤſſen / dannoch vnter ſeinem Tiſch auffleſen laſſen / Judie. 1. Hochmuͤhtiger als der Parther Koͤnige / die jhre geladene Gaͤſt auff die Erden ſetzten / vnd jhnen zu eſſen vorwarffen / daß ſie κυ - νιςὶ, canum more, als die Hund eſſen muſten / davon bey A - thenæo zu leſen. Vnbarmhertziger / als Papſt Clemens V. der ſich erweichen ließ / vnd den Venedigern perdon ertheilete / als jhr Orator Franciſcus Dandulus auff Haͤnden vnnd Fuͤſ - ſen / mit einem guldenen Halsband / wie ein Hund / in die Tafel - ſtuben kroch / vnnd ſich zu deß Papſts Fuͤſſen legte / berichtet Sa - bellicus; Sondern die Hund trugen mitleiden mit Lazaro / von dem Chriſtus emphaticè vnd nachdencklich ſpricht: Aber doch kamen die Hund / vnd leckten jhm ſeine Schwe - ren: Quem nullus hominum levare dignabatur, & con - trectare, feræ mites lambunt, Chryſoſt. Dem kein Menſch helffen / noch jhn anruͤhren wolte / deſſen nemen ſich die Hund an / vnd lecken jhn. Als man in Franckreich die Evangeliſchen ver - folgte / wurden vnter andern einem vom Adel die Jngewaid auß dem Leib geriſſen / die nam ein grimmiger Feind der Evangeli - ſchen / vnd warffs ſeinem Hund vor. Der Hund war barmhertzi - ger / als ſein Herꝛ / vnd wolte dieſelbigen nicht berůhren. Daruͤ - ber wurde ſein Herꝛ ſehr beiſſig / flucht vnd leſterte / lieff auff den Hund im grimm zu / ſchalte jhn vnd ſprach: Nunquid tu quoq; es Lutheranus? Wie biſtu auch Lutheriſch / vnd wilt es mit jh - nen halten? wird annotirt in der Frantzoͤſiſchen Kirchenhiſto - rien lib. 3. Veꝛmuhtlich iſts / daß es dem Reichen Pꝛaſſer auch we - he gethan / daß die Hund ſich ůber Lazarum erbarmet / vnnd jhm ſeine Schweren gelecket haben. Diß war ja ein erbaͤrmliches Leben.

Spuͤren9Leben vnd Todt.

Spuͤren wir aber nicht bey dieſem Hundslecken auch die Guͤ - te GOttes? Dann ehe er Lazarum vngetroͤſt wolte ligen laſſen / ehe leſt er jhn durch die Hund troͤſten / nach jhrer art. Zum Troſt allen Gottſeligen Armen: daß / ob ſchon die Menſchen ſich jh - rer nicht allzeit annemen; jedoch Gott jhnen durch die vnver - nuͤnfftigen Thier ehe helffen / als ſie verderben laſſen wolle Ge - ſtalt auch den Pꝛopheten Eliam die Raben ein zeitlang ſpeiſſen / vñ jhm Fleiſch vnd Brodt bringen muſten 1 Reg. 17. Wer iſt jemal verlaſſen worden / der in der Forcht GOttes blieben iſt? Syr. 2. Darumb verarmter Chriſt / ſprich in deiner Armuht:

Ach GOtt du biſt noch heut ſo reich /
Als du biſt gweſen ewigleich /
Mein trawen ſteht zu dir!
Mach mich an meiner Seelen reich /
So hab ich gnug hie vnd ewigleich.

Solchen Reichthumb an der Seelen hatte auch der am Leib arm / vnd krancke Lazarus / wie erweiſet das ander Puͤnct - lein / nemlich

II. Mors: ſein Todt.

Von demſelbigen ſpricht Chriſtus: Es begab ſich / daß der Arme ſtarb / vnd ward getragen von den Engeln in Abrahams Schoß. Sehet doch! wie ſein Leben geweſen kümmerlich / jaͤmmerlich / vnnd erbaͤrmlich: alſo war hingegen ſein Todt

  • 1. Froͤlich.
  • 2. Seelig.

1. Froͤlich war er. Dann wie der Todt einem Menſchen /Bder10Deß armen Lazarider gute Tag vnnd gnug hat / bitter iſt; alſo / O Todt / wie wol thuſtu dem Duͤrfftigen / der da ſchwach iſt / der in ſorgen ſteckt / vnd nichts beſſers zu hoffen / noch zu gewarten hat / ſpricht Sy - rach am 41. Lazaꝛi Leib hatte in ſeinem Leben weder raſt noch ruhe / viel mehr laborem & dolorem, Muͤh vnd Schmertzen. Pſal. 90. Nun er ſich wol abgemergelt / vnd geſtorben: gab jhm Gott feyrabend / durch den Todt / als ſeinen Schaffner / Matth. 20. Legte den Leib in das Schlaffkaͤmmerlein / daß er ruhete von al - ler Arbeit / Apoc. 14. Darumb / O ein f[r]oͤlicher Todt / ja kein Todt; Sondern ein Schlaff / Joh. 11. Lazari Leib war ein elen - de jrꝛdiſche Huͤtten / voller Schweren: Nun er ſtirbt / legt er ſol - che ab / daß er einen Baw hab / von GOtt erbawet / der ewig iſt im Himmel / 2 Cor. 5. O ein f[r]oͤlicher Todt / ja kein Todt; ſondern ἀπόϑεσις, eine ablegung ſeiner Huͤtten / 2 Petr. 1. Lazari Leib lag erbaͤrmlich auff der Gaſſen / vnd muſte ſich hin vnnd her zeſchen laſſen: Nun er ſtirbt / faͤhrt er ſanfft vnd in frieden. O ein froͤlicher Todt / ja kein Todt; ſondern ἀπόλυσις ein fahrt auff dem Wagen Simeonis Luc. 2.

2. Seelig war auch ſeyn Todt. Dann die Seele wurde ge - tragen von den Engeln in Abrahams Schoß. Seelig dann ſie nicht wie zuvor im Leib geaͤngſtiget / ſondern getragen wurde. Seelig / daß ſie getragen wird / von den Engeln / als dienſtbaren Geiſtern / außgeſandt zum Dienſt derer / die ererben ſollen die Seeligkeit / Heb. 1 Selig / dann ſie getragen wurde / nicht von einem allein; ſondern von vielen Engeln. Plures ve - niunt, ut chorum læticiæ faciant, Chryſoſt. Es kamen jhrer viel / gantz himmliſche Heerſcharen / die ſie mit froͤlichem Lob - geſang aufffaſten / vnd fortfuͤhrten. Wie ſelig daͤuchte ſich doch Eſaias / als er Chriſti Herꝛlichkeit ſahe / daß Seraphim uͤber jhm ſtunden / vnd einander zuruͤfften: Heilig / Heilig / Heilig / iſt der Herꝛ Zebaoth ꝛc. Eſa. 6. O wie viel ſeliger war Lazarus / daß er ſelbſt mit Seraphiniſchen Modeten beſungen / vnd getragenwurde.11Leben vnd Todt. wurde. Wohin? Jn die Schoß Abrahæ: in ſecuræ quie - tis habitationem, wie es Auguſtinus erklaͤret / inn die ſichere Wohnung der ewigen ruhe: in welcher Abraham der Vatter / ſampt allen Glaubigen ſaͤnffter raſten / als ein liebliches Kind - lein in ſeiner Mutter Schoß: Dann ſie ſind in Gottes Hand / allda ſie keine Qual anruͤhret / Sap 3. im Paradiß / Luc. 23. im Hauß deß Friedes Eſa. 32. in deß himmliſchen Vatters Wohnung / Joh. 14 im Himmelreich / Matth 8. Darumb O ein ſeliger Todt / ob welchem Lazarus freylich wol jubilirt, vnd ſpricht: Chriſtus iſt mein Leben / ſterben iſt mein gewin / Phil. 1. Nun bin ich erloͤſt / von dem Leib deß Todts / nach dem Wuntſch Pauli / Rom. 7. Denn

All mein Jammer vnd Elend /
Jſt kommen zu eim ſeligen End /
Jch hab getragen Chriſti Joch /
Bin geſtorben vnd leb doch noch!
O wol meinem Leib!
Denn er hat in der Erd ſein Ruh /
Biß ſich der Juͤngſt Tag naht herzu.
O wol meiner Seel! Sie iſt ſelig von nun an. Apoc. 14

Applicatio Generalis.

NVn / Gottes Geliebte! Gleich wie der Reiche Mann fuͤnff Bruͤder; alſo hat auch der arme Lazarus vil Lazaros hinter ſich gelaſſen auff Erden. Nit nur allein die armen Bettler / welche zwar auch darunter gezehlet werden; ſon - dern ins gemein / alle nohtleidende Chriſten. Es ligen vor der Kirchen-thuͤr / bey noch werender Verfolgung / viel Lazari / wel - che zumal hungerig ſind / Matth. 5. nach dem Brodt deß Lebens / Das iſt / nach Chriſto vnd ſeinem Wort / Joh. 6. Vor der Re -B ijgen -12Deß armen Lazarigenten-Thuͤr ligen auch viel Lazari: welche Supplicirn vmb m〈…〉〈…〉 tigation vnd linderung der ſcharffen e〈…〉〈…〉 ct vnd preſſuren, damit ſie doch nur ein wenig reſpiti〈…〉〈…〉 n, vnd jhr Leben haben moͤ - gen / wie die Jſraeliten in Egypten / Exod. 6. Vor der gemei - nen Haußthuͤr ligen ach! wie viel Lazari? Wittib vnd Waiſen / mit jhrem leeren Oelkruͤglein / 2 Reg. 4. Krancke / vnd Schwa - che / wie an dem Teich Betheſda, Joh. 5. Haußarme vnd doͤrff - tige / die am Hungertuch nagen / vnd nichts haben zu eſſen / wie jene in der Wuͤſten / Marc. 8. Trüb vnd muͤheſelige / Matth. 11. vnnd viel andere / die ein kuͤmmerliches / jaͤmmerliches / vnnd er - baͤrmliches Leben fuͤhren. Dann

Es iſt allhie ein Jammerthal:
Vnd ein Lazareth uͤberall.

Wolan! alle dieſe ſeyn vnd bleiben nur Lazari / das iſt / nach deß Namens art / ſolche / welche jhr huͤlff allein ſuchen bey dem HErꝛn / der Himmel vnd Erden gemacht hat / Pſ. 121. vnd behal - ten dann dieſen Troſt: Gott werde jhnen / wie Lazaro / auch jhre mitleidende Huͤndlein zuſchicken / die jhre beſchwerden / vnnd Schweren lecken / lindern / vnd ſich der Duͤrfftigen werden anne - men / Pſal. 41. Die Verfolgten vor der Kirchen-Thuͤr die Broͤ - ſamlein von ſeinem reichen Abendmal ſchmecken laſſen Luc. 14. Den Bedrangten vor der Regenten Thůr einen Moſen erwe - cken / quum duplicantur latetes, wann die Zahl der Zigel vermehret wird / Exod. 5. Vor der H[a]ußthuͤr den Wittib vnnd Wayſen geben trewe Eliſæos / die jhre OelKrůglein ſegnen / 2 Reg 4. Den Krancken vnd Schwechen jhre Eſajas / die jhre Druͤſe heilen / 2 Reg. 20. oder ja jhnen das Wort predigen laſſen / welches alles heilet / Sap. 16. Den Haußarmen vnd Duͤrfftigen geſegnete deß Vatters / vnd miltreiche Hertzen / welche die Hun - gerige ſpeiſen / die Durſtigen traͤncken / die Nackende kleiden / Matth. 25. Den Truͤb - vnd Muͤhſeligen den rechten Artzt / Chri -ſtum /13Leben vnd Todt. ſtum / Exodi 15. Matth. 9. der ſie erquicket / Matth 11. Endlichen aber allen vnd jeden Lazaris, beſcheeren ein froͤ[l]iches vnd ſe - liges Sterbſtuͤndlein. Ein froͤliches / daß ſie ſingen werden mit der Kirchen:

Der Todt iſt vns ein groſſer g’win /
Die Suͤnd er in vns ſterbet /
All Noht vnd Jammer nimbt er hin /
Die wir von Adam geerbet.
Forthin nagt vns kein Hertzenleid /
Das G’ſetz macht vns kein Trawrigkeit /
Das G’wiſſen bleibt zu frieden.

Ein ſeligts: daß jhre Seel〈…〉〈…〉 en von den Engeln / ge - tragen werden in die Schoß Abrahæ / da trawren vnnd ſeuff - tzen ferꝛn von jhnen / Freud vnd Wonne aber jhr Haupt ergreif - fen wird / Eſa. 35. vnd

Den Lohn jhrer Ritterſchafft /
Jhn’n wird geben die Goͤttlich Krafft
Sie werdn die Cron empfahen.

Dann werden ſie bekennen vnnd ſagen: Ach freylich wol! Jſt all mein Leiden nicht werth geweſen der Herꝛlichkeit / die an mir nun offenbar wird / Rom. 8. Mein Truͤbſal war zeitlich vnnd leicht / das ſchafft mir nun ein ruhe / die da ewig iſt / vnnd ein uͤber alle maß wichtige Herꝛlichkeit / 2 Cor. 4. wol mir / wol mir! Jch ſehe nun GOtt von Angeſicht zu Angeſicht / 1 Cor. 13. Jch hoͤ - re die Engliſche harmoni Eſa 6. Jch ſchmecke / wie freundlich der HErꝛ iſt / Pſal. 34. Jch rieche die Blum zu Sardis, Cantic. 2. Jch fuͤhle liebliches Weſen / vnnd Frewd die fuͤlle jmmer vnnd ewiglich / Pſal. 16. Nun hat GOtt abgewiſcht alle Threnen von meinen Augen /

Da iſt kein leid noch melancoley /
Kein Schmertz / noch einigs weh geſchrey
Das erſte iſt vergangen. Apoc. 21.
B iijAppli -14Herꝛn Johann Widers

Applicatio Specialis.

EJn ſolcher Lazarus war auch / Geliebte im HErꝛn / die - ſer Gemein wolverordnete Prediger / der Ehrwuͤrdig / Achtbar / vnnd Wolgelehrte Herꝛ Johann Wider / nunmehr ſeliger / welchen Gott nach ſeinem allein weiſen Raht vorgeſtern / von dieſem Jammerthal durch den zeitlichen Todt abgefordert. Darumb dann / in betrachtung deſſen / was der Meiſter der Epiſtel an die Hebreer ſagt: Gedencket an ewere Leh - rer / die euch Gottes Wort geſagt haben / welcher end ſchawet an / vnd folget jhrem Glauben nach / cap. 13. ſo were ja vnbillich vnd vn-Chriſtlich / wann wir ſeiner nicht gedencken wolten.

Belanget nun deſſen

I. Leben.

War es wie Lazari / kuͤmmerlich / ſaͤmmlich / erbaͤrm - lich. Denn ob er woln von Chriſtlichen vnd vornemen Eltern zu Voͤcklabruck in Oeſtereich ob der Ens Anno 1583. auff dieſe Welt geborn: vnd ſein Vatter geweſen / Herꝛ Andreas Wi - ber / Pfleger vnnd Landgerichts Verwalter zu Wartenburg / Rahtsburger vnd StattRichter zu Voͤcklabruck: ſeine Mutter / Margaretha / Herꝛn Benedicti Doͤbners zu Kitzingen in Francken / beeder Rechten Doctoris, &c. ehliche Tochter / nun - mehr ſelige: durch die H. Tauff widergeborn: Gottſelig auffer - zogen: zum ſtudieren fleiſſig angehalten / vnd deßwegen anfangs nacher Lintz inn das Landhauß / dann aber auff die beruͤhmten Univerſiteten Jena vnd Wittenberg / das ſtudium juris zu continuirn geſchickt: vnnd nach dem er ſich wider in ſein Vat - terland begeben / zu vnterſchiedlichen Emptern vnnd Dienſten / zum Præceptorat erſtlich bey dem Hoch-vnnd WolgebornenHerꝛn /15Leben vnd Todt. Herꝛn / Herꝛn Hildebrand Joͤrgern / Freyherꝛn auff Pran - deck / ꝛc. Dann / als er Anno 1607. mit der Tugendſamen Jung - frauen Magdalena Schnablin in die erſte Ehe getretten / zur vornemen Advocatsſtell zu Lintz: hernach zum Rectorat zu Grießkirch: ferꝛners in der andern Ehe mit der Tugendſamen Jungfrawen Maria Bozheimerin (an jetzo hochbetrübten hinderlaſſnen Wittib) durch ſonderbare / vnd vnverhoffte ſchi - ckung GOttes zum H. Predigampt / nemlichen / zur Pfarꝛ zu Stainakirchen: als jhn aber das eingefallene Kriegsvolck / An - no 1620. von dar getrieben / vnd jhm faſt alles das ſeinige ſpo - lirt, bald widerumb / zur Pfarꝛ nach Zell in Mahland / welche er doch Anno 1624. wegen der General-reformation in Ober - Oeſtereich wider verlaſſen / vnd ſich nacher Regenſpurg in das exilium begeben muͤſſen. Endlich von einem Edlen / Ehrnve - ſten vnd Hochweiſen Raht allhie 1625. den 1. May. allhero na - cher Nuͤrmberg zum Diaconat, 1628. aber zur prædicatur in dieſer Kirchen / zu vnſer lieben Frawen genannt / legitimè vo - cirt vnd beruffen worden: welchen ſeinem Beruff / allhero / Er in diß diſtichon eingeſchloſſen:

Natalis Patriæ mihi præſtitit Auſtria quondam: Fatalis patriæ nunc Noriberga vicem. ()

Ob auch ſchon vnſer ſeliger Herꝛ von GOtt mit herꝛlichen Gaben gezieret / vnd ein guter Poet / ein beleſener Hiſtoricus. ein Chriſtlicher Philologus, vnnd Troſtreicher Prediger gewe - ſen / wie jhm ſonderlich diß Auditorium Zeugnuß geben wird; Jedoch war ſein Leben wie Lazari 1. kuͤmmerlich: Dieweil er zum andern mal ſchwere Verfolgungen außgeſtanden / vnnd (maſſen Ers offt auff dieſer Cantzel mit Threnen geklagt) faſt vmb all das ſeinige kommen: alſo / daß er ein zeitlang im exilio e - lendiglich herumb wandern / ſich mit ſeinem Weib / Tochter / vnd ſieben Soͤhnen in den thewren Jahren kuͤmmerlich hinbrin - gen / vnnd gleichſam auch von den Broſamlein / die von miltenHer -16Herꝛn Johann WidersHertzen Tiſch gefallen / ernehren muͤſſen. 2. Jaͤmmerlich: Denn ſein Leib war voller Schweren vnd beſehwerden. Bey zehẽ Jah - ren hero ſetzte jhm das Zipperlein an Haͤnden vnnd Fůſſen hart zu: zu welchem die nechſte zwey Jahr viel andere zufaͤll geſchla - gen / vnd von Tag zu Tag je lenger je mehr zugenommen. Dan - nenhero er ſeinem Predigampt nicht allzeit / wie er doch gern ge - wolt / vorſtehen; ſondern daheim auff ſeinem Marterbettlein li - gen / wie ein Kranich winſeln / vnnd wie ein Taub girꝛen muͤſſen: O HErꝛ ich leide noht / lindere mirs! Eſa. 38. wie Lazarus vor der Thuͤr: alſo lag er in ſeinem engen Muſejolo,

Als ein armes Wuͤrmelein /
Konnt regen weder Arm noch Bein.

Das war ja jaͤmmerlich.

3. Erbaͤrmlich war / ſonderlich ſein letzte Kranckheit: da jhn das Zipperlein / wie vermuhtlich / am gantzen Leib / vnnd ſo gar auch im Hals angriffen / daß jhm die Lufftroͤhren / vnnd alle natůrliche gaͤng geſperꝛet worden: vnnd er alſo den letzten Tag vnnd Nacht nichts mehr genieſen / nichts deutliches reden / ſon - dern nur ach vnd wehe / mein GOtt / mein GOtt / mein GOtt / hilff mir! aͤngſtiglich ſeufftzen koͤnnen. Zwar mitleidende Chriſten haben ſich gefunden / die jhn gleichſam / wie Lazarum die Hůnd - lein / gelecket / vnd jhm moͤglichſten Beyſtand geleiſtet: ſonderli - chen aber hat ſein liebe Hauß Ehr jhm ſolche trew erwieſen / daß ſie wegen ſtettigen wachens / vnd vnablaͤßlicher vorſorg faſt jhre geſundheit dabey eingebuͤſt: Wiewoln auch der wolerfahrne Medicus allen fleiß anwendete; wolten doch keine medica - menta mehr operirn vnd anſchlagen. Darumb O ein er - baͤrmliches Leben!

II. Todt.

Nun jhn aber Gott erloͤſet / iſt ſein Todt / wie Lazari / auch ein froͤlicher vnd ſeliger Todt.

1. Froͤ -17Leben vnd Todt.

1. Froͤlich iſt er: nicht der hinterlaſſenen Wittib vnd Way - ſen / die vielmehr darob ſich hermen / graͤmen / vnnd klagen: O mein lieber HErꝛ! mein Haupt iſt gefallen! vnſer trewer Vat - ter iſt dahin! O vns armen Wittib vnd Wayſen / wie wirds vns nun ergehen! Woher wollen wir Speiß vnnd Kleider nemen? wer verſorgt vns? wer nimpt ſich vnſer hinfuͤro getreulich an? vñ was der Klagwort mehr von jhnen dieſe Tag ůber gehoͤrt wor - den. Nicht iſt es ein froͤlicher Todt meinem lieben Collegæ vnd mir; angeſehen / wir einen trewen Anweiſer vnd Vatter in Chriſto verlohren: Deßwegen vns dieſen Todts-fall tieff zu Hertzen ge - hen laſſen / vnd wie Eliſa uͤber Eliæ hinfahrt ſeufftzen: Vnſer Vatter / vnſer Vatter / Wagen Jſrael / vnnd ſeine Reutter / 2 Reg. 2. vielweniger dieſem Auditorio vnd Gemein / die eins eyferigen Seelen-Waͤchters verluſtigt worden / Heb. 13. vnd da - bey zu behertzigen hat / daß Gott den Gebrauch halte / vnd / wenn er ein ſtraff über ein Land oder Statt ſchicken wolle / zuvor from - me Lehrer hinweg raffe / Eſa. 56. Sondern einig vnnd allein jhm / dem verſtorbenen Herꝛn / iſts ein froͤlicher Todt: nach welchem er ſich lang geſehnet / wie ein Knecht nach dem Schat - ten / vnd wie ein Tagloͤhner / daß ſeine arbeit auß ſey / Hiob 7. offt gewüntſchet: HErꝛ / nun / nun laß deinen Diener im friede fah - ren / Luc. 2. Jch habe luſt abzuſcheiden / Phil. 1. Ach! wenn doch mein lieber GOtt mich elenden Menſchen erloͤſte von dem Leib dieſes Todtes / Rom. 7. Aber / O auch

II. Ein ſeliger Todt. Wer ſeinen Glauben durch die Werck der Lieb bezeuget hat / vnnd einen Chriſtlichen wandel ge - fuͤhret / dann auff Gottes Wort von dieſer Welt abſcheidet / der ſtirbt ſelig. Nun iſt zwar vnſer Prediger ſeliger auch ein armer Suͤnder geweſen / vnnd hat ſeine Menſchliche gebrechen an ſich gehabt / wie alle Menſchen / Prov 20. jedoch koͤnnen wir jhm das Zeugniß geben / daß er in ſeinem Predigampt eyferig vnnd trew / in ſeiner Hauß Zucht Gottsfoͤrchtig / in ſeinem Chriſten -Cthumb18Herꝛn Johann Widersthumb andaͤchtig / in ſeiner langwůrigen Kranckheit / vnnd groͤ - ſten Schmertzen gedultig / ſonderlich aber in dem Glauben an CHriſtum beſtaͤndig: wie er dann zu ſtaͤrckung deſſelben in den nechſten vier Wochen ſich zweymal mit dem H. Abendmal / als dem rechten Viatico vnnd Zehrpfenning / auff den Weg in das himmliſche Vatterland / verſehen laſſen: Benebens / nechſt ver - gangenen Mittwoch abends / da jhm / allem anſehen nach / die Sprach verfallen / hat er ſich in der hoͤchſten Schwachheit / auff dem Bett auffgerichtet / wider der Natur vermoͤgen zum reden ge - zwungen / vnd mit eyfferigen Worten / nochmals ſeine Confeſ - ſion gethan / vnd bekannt: daß er / gleich wie jederzeit; alſo auch jetzt an ſeinem letzten end / mit Mund vnd Hertzen / aller falſcher / jrꝛiger / vnd in Gottes Wort vngegrůnder Lehr abſage. Er baͤte auch / vmb GOttes willen / alle Menſchen / ſo lieb jhnen jhrer Seelen Heyl vnd Seligkeit iſt / daß ſie bey der reinen Lu - theriſchen Lehr / ſtandhafftig verharꝛen / vnd ſich ja davon / we - der durch Gewalt / noch Liſt / abwendig machen laſſen wolten. O huͤtet euch / huͤtet euch / ſprach er / vor dem Grewel deß Antichriſts! Er hat ein boͤſe Teuffliſche Lehr. Der Allmaͤchtige GOtt (ſetzte er hinzu) wolle dieſe liebe Statt / ſo wol das Geiſtliche / als Policey - Regiment / vnſere Hochgeehrte liebe Obrigkeit bewahren. Es iſt zwar (ſagt Er ferꝛner) dieſe Statt viel uͤbel angedrohet: Aber GOtt / der jhr Huͤtter vnd Waͤchter iſt / wird nicht zugeben / daß der Antichriſt mit ſeinem Ruͤſel dieſelbige verwuͤle / wie ein Saw den Rubacker. Die andern / nemlich die Calviniſten / ſind eben ſo arg / vnd begern vns alle zu verderben. Darauff er ſich zu mei - nem lieben Collega, der eben zu gegen war / gewendet / vnnd be - gehret: er ſolte ein Griffel ſeyn dieſer ſeiner Bekanntnuß. Das heiſt getrew ſeyn biß in den Todt: darauff folgt gewißlich die Cron deß Lebens / Apoc. 2. Vber das hat er auch damaln ſei - ne Tochter / vnd ſieben Soͤhne zu ſich erfordert / ſie zur Gottes - forcht / gegen jhre liebe Mutter / vnnd fleiſt im ſtudieren vermah -net.19Leben vnd Todt. net. Als das juͤngſte Soͤhnlein / Septimius genannt / fragte: was doch der Herꝛ Vatter jhm fuͤr ein Spruͤchlein zu guter letz befeh - len wolte / dabey er ſeiner ſtetigs gedencken koͤnnte? Antwortet der Vatter ſchwaͤchlich:

Mein Vatter vnd mein HErꝛe GOtt /
Der mir beyſteht in aller Noht!

Der eltiſte Sohn Georgius Andreas, begerte ebenmaſſig eines / dem ertheilte er / nach langer Vermahnung vnnd Erinne - rung ſeiner H. Tauff / als primæ Salutis portæ (wie ſeine for - malia lauteten) dieſen: Halte im Gedaͤchtniß JEſum Chriſtum / welcher vns von Gott gemacht iſt zur Weiß - heit / zur Gerechtigkeit / zur Heiligkeit / vnnd zur Erloͤ - ſung / 1 Cor. 1. Wann du den Spurch recht fleiſſig lerneſt / vnd lehreſt (ſprach er) wie ich / ſo haſtu alles gnug; wie er jhm dann diß diſtichon hinterlaſſen:

Mi fili Filî filumq́; ſty lumq́; ſupremi
Diſce, nec â verbo cede George Dei.

Drey Tag vor ſeinem Todt / als er vermerckte / ſein Sterb - ſtuͤndlein nun mehr ſeye vorhanden / hat er in ſeinem groͤſten Schmertzen nachfolgende Verßlein / auß Vaͤtterlicher lieb / ſelbſt gemacht / vnd darinnen ſeine liebe Kinder / GOtt dem himmli - ſchen Vatter zu trewen Haͤnden anbefohlen.

Chriſte Tibi ſoli mea pignora viva relinquo,
Quorum poſt mortem Tu pater eſto meam.
Fac ut ſuccreſcant veræ pietatis in uſum,
Et teneant verbo pectora fidatuo.
Qui cunctis vitæ miſerum me jugiter annis
Paviſti, largam dans mihi ſemper opem,
Tu quoq; paſce meos, defende, tuêre, doceq;
Et tandem ad cœli gaudia transfer, Amen,

Endlich hat er ſeine Seel GOtt befohlen. Die zween letztenC ijTag20Herꝛn Johann WidersTag vnd Naͤcht ůber nichts mehr / als bißweiln: Auwe / mein GOtt hilff / vnd dergleichen Hertzens Seufftzerlein vnd Stoß - gebetlein von ſich hoͤren laſſen / die Haͤnde vnnd Augen uͤber ſich geworffen / vnd vmb ein ſeliges Sterbſtuͤndlein aͤngſtiglich gebet - ten. Welche ſein inbruͤnſtige Seufftzer Gott gnaͤdiglich erhoͤret / vnd jhn / eben als man zur Betſtund geleutet / durch den zeitlichen Todt / von ſeinem kuͤmmerlichen / jaͤmmerlichen / vnd er - baͤrmlichen Leben erloͤſet / nach dem Er der prædicatur nun complet zwey Jahr / doch mit ſehr ſchwachem Leib / vorgeſtan - den / im 47. Jahr ſeines Alters.

Wolan! Er hat gethan das Werck eines Evangeliſchen Predigers / vnd ſein Ampt redlich außgericht: als ein guter ſtrei - ter Jeſu Chriſti / einen gutem Kampff gekempffet / den Lauf vol - lendet / vnnd Glauben gehalten. Hinfort iſt jhm beygeleget die Cron der Gerechtigkeit / welche jhm der HErꝛ / an jenem Tag / der gerechte Richter / geben wird / ſampt allen / die ſeine erſchei - nung lieb haben / 2 Tim. 4.

Darumb jhm iſt es ein froͤlicher vnnd ſeeliger Todt. Aber / O auch ein ſchmertzlicher Todt / ſonderlichen der hochbetruͤbten hinterlaſſenen Wittib / vnnd achtar - men Wayſen! Deren ſich GOtt / als der Vatter der Way - ſen / vnd Richter der Wittwen / Pſal. 68. in Gnaden annemen / vnnd Chriſtliche Hertzen / erweichen / daß ſie jhnen mit Raht vnnd That miltiglich beyſpringen moͤgen / dieſen geſchehenen riß in vnſerer Kiꝛchen / mit einem hierzu tůchtigen / vnd in der Lehr reinen Diener erſetzen / vnd vns allerſeits krafft verleyhen wolle / damit wir vnſers vorangeſchickten trewen Lehrere gedencken / ſein ſeeliges End anſchawen / vnnd ſeinem ſtandhafftigen Glauben folgen / Heb 13.

Demnach wollen wir jhn laſſen ſchlaffen /
Morgen bereiten zur Ruh-ſtraſſen /
Vnd21Leben vnd Todt.
Vnd vns ſchicken mit allem fleiß /
Denn der Todt kompt vns gleicher weiß.
Das helff vns Chriſtus vnſer Troſt /
Der vns durch ſein Blut hat erloͤſt /
Vons Teuffels gwalt vnd ewiger pein /
Jhm ſey lob / preiß vnd ehr allein /
Amen / Amen.

Carmina exequialia in obitum Reverendi admodum, & Clariſſimi Viri, Dn. JOHANNIS WIDERI, PA - ſtoris Eccleſiæ ad D. Mariæ fide - liſſimi.

I.

DOtes ſi quem Animi, Pietas & fulgida
Virtus
E triſti poſſent reddere Sandapilâ;
Non jam vitaï Widerum lumine caſſum
Optarem votis hîc ſupereſſe meis.
Viveret! atq; Sacro Divinum Codice Semen
Inq́; aures hominum ſpargeret, inq́; animos.
Vivit, äis, meliore loco. Non abnuo.

Solum hoc Solari Viduam, Pignora & octo poteſt. M. Johann. Saubertus mœrens f.

C 3Wide -22Carmina exequialia.

II.

Widerum Patriâ pulſum, Noriberga recepit,
Præconem Verbi conſtituitꝙ́ DEI.
Namꝙ Viri cernens præſtantia dona, Fidemꝙ́,
Candidum & explorans Exulis ingenium,
Adjunxit, ſanctæ Genetricis in AEde, Miniſtris
Collegam, & juſſit Munus obtre ſacrum.
Præfuit officio, magnâ cum laude, per unum
Luſtrum, qui dignus vivere plura fuit.
Aſt aliter Christo placuit, quapropter Eundem,
Tempore tam triſti ſuſtulit è medio.
Jam Cives, Vidua & Pupilli, funus amarè
Deflent, eſt ipſis, tanta ruina, gravis.
Optarent Cives Widero Neſtoris annos,
Divinum ut poſſet Dogma docere diu.
Sic obitum, graviter fert fida Marita, Maritt,
Namꝙ́ domi poſthac Turturis inſtar erit.
Nocte dieꝙ́ licèt, cum ſollicitudine, adeſſe
AEgro deberet, huîcꝙ levare malum,
Id tamen ipſa lubens præſtaret, dummodò haberet,
Præſentem Dominum Conjugtiꝙ́ Caput.
Quin Defunctietiam Soboles lachrymatur acerbè,
Quæ orba eſt auxilio ſubſidioꝙ́ Patris.
Sed quid flere nimis? quid prodeſt vellere Crines?
Quid mœrore dies abbreviare juvat?
Fecit23Carmina exequialia.
Fecit quod potuit duri violentia Lethi,
Immiti rumpens Stamina ductamanu.
Non Animam potuit, ſcimus, delere perennem,
Fecit ad Elyſias hanc remeare Domos.
Ergò Auditores nimium ſuſpendite luctum,
Organon utile enim ſubſtituet Dominus:
Quærite Eum precibus, Meſſorem mittet Is aptum,
Credite, rupturam ſarciet hanc iterum.
Sic Viduam moneo, quæ nunc orbata Marito eſt,
Ponat ut in ſummum ſpemꝙ́ fidemꝙ́ DEVM.
Hic ſiquidem eſt Judex Viduarum æquiſſimus, illas
Curat, & iujuſtis liberat è manibus.
Siſte tuas lachrymas Proles, nec fleto Parentem,
Fide DEO potiùs qui vice Patris erit.
Præcipuè hunc colito, ſemper reverenter amato,
Tempore te nullo deſeret iſte Pater.

Condolentiæ & Amicitiæ ergò f. Daniel Tannerus Ratispon. Ec - cleſiæ patriæ ad D. Lazarum Miniſter.

III.

M. Johannes Widterus.
Αναγραμματίζεται.
Turuens, animo dives.
Johan24Carmina exequialia.
Johannes Widterus.
Tu ruens, in Deo aves.

ἑξήγησις.

Hora Tibi mortis felix, Animo quia dives.
Es Turuens, & in Deo æviternùm aves.

συμπαϑέιας χὰριν fecit Georgius Theodoricus Hoffman P. L. C. Aulicæ Leiningianæ & vi - cinæ Wattenhemianæ quondam Paſtor, p. t. Exul Jeſu Chriſti, &c.

IV.

SIc labor atque dolor vita eſt humana: caducus
Floſculus: umbra: cadens bulla furente mari.
Compater exemplo meus heî! triſtiſſimâ in urnâ
Comprobat, ut quiævo dignus erat Pylu.
Huic vitæ partes magnos fecêre dolores
Theulogiæꝙ́ labor, ſæva podagra ſimul!
Denique perſenſit ſortes quoque mortis amaras,
Et nobis lachrymas auxerat interitus.
At lacrymor fruſtrà hîc, diris ſurreptus ovabis
Mi VVidere malis: perfruerisꝙ́ polo.
Te de -25Carmina exequialia.
Te decus æternum maneat: nos Jova benignè
Emagnis mundi liberet, opto, malis.

In luctum Domini Compatrisp. m. lugens ſcripſit Jacobus Huberus Auſtriacus exulâ Patriâ & cathedrâ.

V.

JOhannis jacet hac Wideri corpus in urnâ,
Qui Mariæ in Templo præco fidelis erat.
Exul ab Auſtriacis Noribergam venerat oris,
Quæ ſibi Paſtorem hunc municipemq́; facit:
Dignum laude virum, ſincerum relligione,
Clarum doctrinâ, perfacilem eloquio.
Non verò ille diu hac potuit quoq; ſede manere,
Firmior in cœlo namq; parata fuit.
Illuc jam venit, factusq́ue eſt incola cœli,
Poſtquam abiit terris his, obiitq́ue diem.
Vitaq́ue ei fuerit cùm plena labore, dolore,
Ob varios morbos, ob variamq́ue crucem;
Ut vitâ hac ceſſit mortali, protinus omnes
Ceſsârunt morbi, crux, dolor atque labor.
Nulla podagra illum, non calculus ampliùs urit,
Sed benè in æternum nunc habet atque valet.
Pro cruciante malo jam gaudia, proque dolore
Succeſſit riſus, proq́ue labore quies.
Scilicet in lacrymis qui ſeminat, ille foturô
Exultans lætæ tempore meſſis ovat.
DQui26Carmina exequialia.
Qui tranſis, ſortem hanc ipſi grateris, & optes
Cum Natis Viduæ proſpera fata ſuis.

Affectus & honoris ergò hæc ap - ponebat M. Joh. Vngertus Eccl. AEgid. Diacon[uſ]. Anno, quo meritò precamur, ut AVgVſtana ConfeſsIo In NorIbergâ sIt & DVret In æVVM.

VI.

MVſarum luctus, fato ſi functus Apollo,
Ingens futurus esſet, imò maximus!
Eheu Widerus fato dum functus Apollo,
Eccleſiaſticus flet ordo maximé.
At bene habet, præſto eſt Cornelius, alter Apollo,
Luctum feret decenter hinc Eccleſia.
Cum Coſtâ proles octona, novemſilis ordo,
Apollinem Maritum, Apollinem & Patrem
Deflet, & id merito; quoniam dum Præſes abivit,
Triſtem reliquit ordtnem, & chorum orphanum!
Calliope, Euterpeꝙ́ ſilent, Clioꝙ́; Thalia
Vocem negat, quin & tacet Polymnia.
Melpomene atꝙ Erato, Vrania, & quoꝙ Terpſichorea
Linguis favent, & ora fletibus rigant.
Cùm tamen esſe modus lacrumarum debeat æquus,
Luctum ſuperfluum valere jusſerint.
Edo -27Carmina exequialia.
Edoctæ, quamvis terreſtris functus Apollo,
Superſtitem manere Celeſtem Patrem!

Συμπαϑείας ἔνεκα, f. M. Georg. Klein / Symmv ſta Ægid.

VII.

QUàm brevevita bonum! volat hinc velocius Eurô,
Vita fugæ ſimilis! quàm brevevita bonum!
Vincunt Neſtoreos vivacis cornua cervi
Atque Sibyllinos ſecula longa dies.
Mente Deo ſimilis, generoſus membra, ſeveram
Parcarum ſeriem flectere neſcit homo.
Teſtis eris. Widere, Dei qui præco fidelis,
Ut Chriſto placuit, mortis amara teris.
Defunctus vitâ es, longiq́ue doloribus ævi:
Nunc frueris placidâ jure quiete tibi.
O Sanctum os! nobis quàm ſancta oracla dediſti,
Et tua ſancta pium vita probavit opus,
Usque adeò pietatisamor, fervorq́; ſacratus
Doctrinam atque fidem comprobat uſqud tuam,
Hæc teſtaberis in medio diſcrimine mortis,
Cùm mihi præſenti talia verba dares:
〃Abjuro ex animo Papæ, ZwinglIatque Photini
〃Et reliquûm ſectas, hæreticumq; malum.
〃Magni ſola placent mihi dogmata vera Lutheri,
〃Quæ docui firmâ religione, fide.
〃Hacce fide fretus plàcidè mea lumina claudo,
〃Et venio ad Chriſti tecta beata mei.
D 2〃Iſtud28Carmina exequialia.
〃Iſtud non tamen hîc taceo, quod Norica tellus
〃Exilio uſq; meo præſtitit alma parens,
〃Largiter hæc mihi magna dedit benefacta, refundat
〃Largiter iſta Deus, ſupplice voce rogo.
〃Et fac omnipotens, hominum qui flectere corda
〃Qui emollire potes, corrige Terrigenas.
〃Siſte malum Satanæ, Bellonam ſiſte nefandam,
〃Redde tuis pacem, cor quoq; redde pium.
〃Noridos hanc Urbem ſemper defende, guberna,
〃Ut vivat felix ſecula multa tibi.
His dictis moriens ſuperas migra vit ad auras:
Tu Deus his votis robur in eſſe jube.

f. M. Michael Gros Diaconus. in æde B. Virginis.

VIII.

MAgnus Alexander felicem dixit Achillem,
Ipſi quòd præco laudis Homerus erat.
Sic & felicem te dico, Widere, ſuavis
Cornell Pirho quòd tibi præco fuit.
Et præco, haud equidem titulorum ſchemate inani,
Sed merito laudis præcipuæ elogio.
Hoc auditorum ſpisſiſſima concio firmat
Sparſim per lacrymas omnia puncta ferens.
Laudis id elogium, corpus licet abſit in orbe,
AEternis ſeclis vivct in orbe tamen.
Doctri -29Carmina exequialia.
Doctrina id meruit, virtus, patientia rara,
Quâ mala vincebas continuata piè.
Vivet natorum in ſeptenâ prole relictâ,
Quisꝙ́ horum mavult æmulus eſſe patris.
Hoc ergò gaude laudis præcone Widere:
Gaude auditorum ſuffragio unanimi:
Gaude natorum rarâ indole: quin mage gaude
Quod duræ ſortis victor in æthere oves.

M. Georgius Schrôderus Scho - Laurentianæ Rector.

IX. Auß der Apoſtel Geſchicht am erſten Capitel von CHriſti Him - melfahrt.

ALs vnſer Herꝛ / vñ Gott /der Heyland Jeſus Chriſt /
Sein Juͤngeren gebott /daß ſie wol zu der friſt
Solten bleiben beyſam̃ /all zu Jeruſalem /
Biß in ſeins Vatters Namin die Verheiſſung kaͤm.
Die Juͤnger theten fragnden HErꝛen zn der ſtund:
Ach HErꝛ thu du vns ſagnvnd mach vns die zeit kundt /
Ob du Jſraels Reichwirſt wider richten auff?
Der HErꝛ ſagt jhnen gleich:euch gebuͤhrt nicht hierauff
Zu wiſſen Stund vnd Zeitwelches der Vatter mein
Seiner Allmaͤchtigkeitjhm vorbehelt allein.
Jhr aber werd mit Machtdie Krafft deß heilign Geiſt
Empfahen auch hernach:deß werd jhr allermeiſt /
D iijMein30Carmina exequialia.
Mein Zeugen gwißlich ſeynzu Jeruſalem da
Jn gantz Judea hinein /vnd zu Samaria /
Biß an das End der Welt /darumb ſo ſehet drauff.
Als bald Er ſolchs hat gmelt /ward Er gehoben auff
Zuſehens daher kamein ſchaͤne Wolcken weiß
Von jhren Augen nam;ſie ſahen nach mit fleiß /
Wie Er hinauff thet fahrnins ewig Himmelreich /
Als bald aber da warnzween Maͤnner / die zugleich
Jn dem ſie ſolche ſah’nang’than mit weiſen Gwandt
Zun Jůngern ſie ſprachn /was ſteht jhr hie allſand
Jhr Maͤnner der jhr ſeydvon Galilea her?
Secht fahrn gen Him̃el heut. Dieſer Jeſus der HErꝛ
So von euch iſt gnommen /derſelb der wird gewiß
Wider von Him̃l kommen /wie Er auffgfahren iſt.
Die Jůnger wandten vmbvom Oelberg alle ſampt
Mit groſſer Freud vnd Ruhmtrieben fleiſſig jhr Ampt
Jm Tempel jmmer fort /preiſten vnd lobten GOtt /
Giengen an alle Ort /predigten ſein Gebott.
Gib nun HErꝛ Chriſt daß wirdir dancken allezeit
Auch bald kommen zu dirin die ewige Frewd.
Alſo hat auch Chriſtus der HErꝛ
Außgeſand Herꝛn Johann Wider
Sein Wort zu Predign in dem Land
Welches ob der Ens iſt genannt
Hats Evangelium alldar
Rein lauter Predigt etlich Jahr /
Die falſchen Lehrer er geſtrafft
Gottloſe Jrꝛthumb von ſich gſchafft
Der Satan hett aber kein Ruh /
Wie er denn allzeit ſetzet zu /
Die reinen Lehrer zuvertreibn /
Sie an kein Ort nicht leſt verbleibn.
Wie31Carmina exequialia.
Wie den Apoſteln auch iſt gſchehn.
Muſt ers Land mit dem Ruck anſehn
Mit Weib vnd Kind / von Hauß vnd Hof /
Jn das Exilium hinauß.
Wie ſchmertzlich weh es jhm hat than /
Laß ichs erkennen jederman.
GOtt thut die ſein nicht gar verlaſſn /
Er laitet ſie auff Weg vnd Straſſn /
Wie im vierdtn Pſalm geleſen wird /
Sein Heilige wunderlich fuͤhrt.
GOtt jhn ſeins Jammers widr ergetzt /
Jhn inn die Statt Nůrmberg geſetzt
Zu predigen die reine Lehr /
Wie das befilcht Chriſtus der HErr.
Aber er hett da wenig ruh /
Viel Kranckheit bey jhm namen zu /
Daß er ſeim Ampt nicht vor kund ſtahn /
Wie hoch klagt ers der werthe Mann /
Groß Schmertzen ſtund er taͤglich auß /
Jch hab jhn viel beſucht zu Hauß /
Daß er gwintzelt in ſolchem ſchmertz /
Mir ſelbſt geweinet offt mein Hertz /
Daß ich vielmals thet zu jhm ſagn /
Wolt GOtt ich kund jhm helffen tragn
Sein Schmertzen / ich wolts gerne than /
So jammert mich der krancke Mann /
Wie wol ers als gedultiglich /
Wie Job / gelitten williglich /
Sich ſtets erquickt mit Gottes Wort /
Das war ſein Troſt vnd trewer Hort /
Wie offt iſt er für GOtt getrettn /
Mit hertzlichn Eyffer jhn gebettn;
Daß32Carmina exequialia.
Daß er erhoͤren woll ſein ſchreyn /
Jhm nur ſo viel Gſundheit verleyhn /
Daß er kund ſeim Beruff vorſtahn /
Sein Predigampt verꝛichten than;
Vnd ſo es nicht wer der Will ſein /
So bete er doch GOtt allein /
Daß er jhn nem von dieſer Erd /
Wie hertzlich offt hat ers begert /
Daß jhn GOtt woll nemen hinauff /
So wuͤrd ſein Schmertz dann hoͤren auff.
Solch ſein Gebet hat GOtt erhoͤrt /
Jhn ſeiner Bitt trewlich gewehrt /
Zu ſich genommn ins Himmels Thron /
Jhm gebn die vnverwelcklich Cron /
Weil er Chriſtum hett recht erkennt /
Vnd bſtaͤndig bliebn biß an ſein End /
Leucht nun im Himmel jnniglich /
Wie Stern / jmmer vnd ewiglich.
Ach GOtt / du wolſt nun Troͤſter ſeyn
Der Wittib vnd der Waiſen dein /
Die er nun hinter jhm hat glaſſn /
Thu jhn fort helffen allermaſſn /
Denn du ja HErꝛ ein Vatter biſt
Der Wittwen / Waiſen / wie man liſt /
Laß ſolchs die Wittfraw auch genieſn
Was ſie an jhrn Herꝛn hat erwieſn /
Groß Muͤh / Arbeit / Angſt / Noht vnd Schmertz
Hat außgſtandn jhr betruͤbtes Hertz /
Welches nicht außzuſprechen iſt /
Erbarm dich jhr O HErꝛe Chriſt /
Sie hat ſich nun willig drein gebn /
Die zeit im Wittib Stand zu lebn /
Vnd33Carmina exequialia.
Vnd tracht was ſie moͤcht fangen an
Zu arbeitn / daß bekaͤm ein Lohn /
Damit ſie ſich allhie mit ehrn
Sampt jhren Waiſen moͤcht ernehrn /
Hat nun ein gute Hoffnung ghabt /
Weils GOtt mit Soͤhnen hat begabt /
Derſelb ſein ſieben offenbar /
Georg Andreas der eltſte war /
Auff den ſie hoffet vnd gefreut /
Er wuͤrd ſein Bruͤdern mit der Zeit
Auch fort helffen / wo er nur kan /
Das wůrd er gwißlich haben than.
Aber der Todt kam jhm ins Hauß
Da war der Mutter hoffnung auß /
War erſt auffs new wider betrůbt
Vber dem Sohn / den ſie ſehr liebt /
Weil jhn Gott von der Welt gnommen /
Wird er zu ſeim Vattr ſein kommen /
Dann wie derſelb geſtorben war /
Vnd auff dem Betth noch lag alldar /
Sprach er: O liebſter Vatter mein /
Jch will bald eur nachfolger ſeyn.
Solch begern jhn Gott hat gewaͤrt /
Vnd zu ſich gnommen von der Erd.
Er iſt geweſt in ſeinem lebn /
Deſſen man jhm thut zeugnuß gebn /
Still / eingezogn / fromb vnd fleiſſig /
Gegen den Eltern ghoꝛſamlich /
Seins Vatters Lehr mit allem fleiß
Jſt er nachkommn mit hoͤchſtem preiß /
Wie der jung Tobias hat gthan /
Seins Vattrs vermahnung gnommen an /
EHat34Carmina exequialia.
Hat recht im Glaubn Chriſtum bekennt /
Drinn bſtaͤndig bliebn biß an ſein end /
Jſt hertzlich gern vnd willig gſtorbn /
Chriſtus hat jhm das Heyl erworbn /
Lebt nun in Fried vnd Eynigkeit /
Mit ſeim Vatter in Ewigkeit.
Nun laſt vns jetzt auch arm vnd reich
Auff den Weg rüſten allzugleich /
Wann vns der Todt thut greiffen an /
Daß wir moͤgen vor Gott beſtahn /
Jn rechtem Glauben veſtiglich /
Auff Chriſti verdienſt williglich /
Vnſr Seel vnd Geiſt am letzten end
Recht Gott befehln in ſeine Haͤnd /
Daß er auß Gnaden vns woll gebn
Durch Jeſum Chriſt das Ewig Lebn.
AMEN.

C. N.

Sequuntur jam Carmina Filiorum.

I.
Georgius Andreas natu maximus, qui Patrem mox
ſubſequ〈…〉〈…〉 tns, die 2. Auguſti ejnſdem anni, obiit.
EHe〈…〉〈…〉! quanta mihi pereunt jam gaudia? viræ
Dum cadit una meæ ſpe〈…〉〈…〉 columenq́; Pater.
Flete〈…〉〈…〉 ii Myſtæ, vos ô quos oria Phœbi
A〈…〉〈…〉 dumq́ue juvant carmina, flete, Viri.
Flete35Carmina exequialia.
Flete Tratenniades Muſæ; lux poſtulat ægra
Largior ex oculis ut cadat imber aquæ,
Plangite Theſpiades, lachrymasq́; effundite mecum;
Cauſa pii fletûs atq; doloris adeſt.
Spesq́ue ſalusque meæ vitæ fi〈…〉〈…〉 miſſima, mortis
Vulnificâ. Genitor, falcereſectus obit;
Vir pius atque bonus, nulli virtute ſecundus,
Qui docuit purè dogmata ſancta Dei.
Aſt ego cur queritor, ſeu cur ſic lugeo Patrem,
Curq́ue alios jubeo funera fle〈…〉〈…〉 e Patris?
Haudquaq́uam periit prorſus, ſed pro cruce multâ
Invenit celfi gaudia ſumma poli;
Nec mortem moriens nec funus ſenſit acerbum,
Funus ei fœnus, Mors ea ſomnus erat.
Spe lætus, ſauctâq́ue fide firmatus ad illum
Tranſivit cætum qui ſine fine viget,
Quq́ue Deum â facie ad faciem colluſtrat, cumq́ue
Carmine conce ebrat tempus in omne ſuo.
Finem igitur lachrymis faciamus & usque ſileſcat
Nænia f〈…〉〈…〉 offi ioſa modis;
Nos etiam morimur. Vita hæc da〈…〉〈…〉 r omnibus uſu,
Reddendum, alterius quod fuit, eſſe, patet.
Cùm jubet ire viam, quam calca vêre Parentes,
Quam caro cuncta te〈…〉〈…〉 it, voce potente Deus,
Omnibus imperio tandem parere neceſſo eſt,
Sive ſit ille puer, ſive ſit ille ſenex:
Nec q〈…〉〈…〉 enquam fortuna juvat, ne[c]ſplendida gaza,
Sive ſit ille〈…〉〈…〉 s ſi[v]e ſic ille Midas:
Nec quenquam doctrina j〈…〉〈…〉 vat, nec candor & artes,
Sive ſit ille bonus, ſive ſit ille malus.
Hæc calcanda via eſt: ſic ibimus, ibitis, ibunt;
Hâc etenim nati conditione ſumus.
E 2At36Carmina exequialia.
At non ulla, Pater, nobis Te oblivia tollent,
Non deſiderio finis eritq́ue Tui.
Jam Tibi parta quies. Nos hîc in valle dolorum
Naſcimur & patimur, vivimus, & morimur.
O Deus altipotens matura, nosq́ue beata
Ad cœli aſtrigeri mœnia transfer! Amen.

II.

Johann. Chriſtophorus.
Τὶ χρόνος ἐστὶ βίου ϑνητῶν κατ 'ἀπείρονα γαῖαν;
Ἕστιν ἄχος, λυπέον πράγματα πάντα, κακόν.
Ἀλλὰ καλῶς ὅς ζῆσεν, ἀχῶντ' ἀνδρεῖος ὕπηρξε
Νικητὴς, καῖνον μοῖρα κρατεῖ ἀγαϑή.
Λῶστε πάτερ, σὺ καλῶς ζήσας, κ 'ἀνδρεῖος ὕπηρξας
Νικητὴς ἀχέαν γυιοκόρωντε νόσων.
Τύνεκεν εὖ ϑανέων κτεατίζεις μακρὸν ὄλυμπον,
Καὶ ἀντὶ στρυφιῶν πάντα γλύκιστα ἔχεις.
Τοῖς δὲ ποῖς ἀγαθοῖς; πάτερ, οὐ κάλλιστε; φϑονοῦμεν,
Ἕξομεν ἠδ' ἡμεὶς εὐρὺν ὄλυμπον ἀεί.

III.

Johann. Ludovicus.
VIve memor lethi: vulgata parœmia dicit,
Exhortans quòd ſit mors meditanda benè.
Hoc fecit genitor chariſſimus, inde re[v]olvit
Mente ſuâ, quid ſit vivere, quidꝙ́ mori.
Hâc etiam causâ occubuit tam morte beatâ,
Et jacet in tumulo, jam requiemꝙ́ fovet.
Ergò vale, dilecte pater, cœleſtia templa
Incole pro terrâ, vive valeꝙ́ benè.
Spiritus37Carmina exequialia.
Spiritus atꝙ́ tuus teneat cœleſtia tecta,
Terra tegat corpus, vivat in orbe decus.

IV.

Johann. Jacobus.
SUnt multi terris, audent qui dicere, vitâ
Non eſſe functos lachrymis
Condecorandos.
Hoc verò curans nequaquam, funera patris
Pia lachrvmis meis mei
Condecoravi.
Nam licèt ex terrâ in cœlum migraverit, ævum
Ubi beatum tranſigit
Jam ſine fine:
Poſt Jvoam, quoniam ablatam cunctam eſſe ſalutem
Duxi, nec eſſe ſuperſtitem
Auxiliantem.
Sed ceſſo lachrymis triſtiſſima funera patris,
Longè mei chariſſimi
Condecorare.
Et ſpero in Dominum, precor, & matri obſequor, atq;
Incumbo literis bonis.
Me juvat ipſe!

V.

Zacharias Widerus.
QVamvis auferrent matrem mihi fata patremꝙ́:
Te mihi, cunctipotens, attamen illa darent.
E 3Tu38Carmina exequialia.
Tu meus eſto pater, patris qui nomine gaudes,
Sedulus atque pius filius hujus ero.

VI.

Theodoſius.
HEu! quàm nos vario vexas diſcrimine ſortis,
O Deus, ô animæ ſpes columenque meæ.
Cur tolli charum pateris mihi morte parentem,
Lumine nec cernis pignora multa tuo?
Ecce! fui ipſius natus, chariſſimus olim,
Ejus jam corpus ſub ſcrobe buſta jacent.
Ad nos ille redit nunquam, ſed adimus ad ipſum,
Hûc nos transferri, Chriſte benigne, juva!

VII. Dialogus, quo pater defunctus, & filius na - tu minimus, Johannes Septimius introdu - cuntur.

PATER.
FIli parve vides, magnos tole râſſe dolores
Pacrem, nunc vegetum corpore robur abit.
Amplius haud tantos potis eſt tolerare dolores,
Debilis hancq́ue nequit ſuſtinuiſſe crucem.
Filius Septimius.
Optime ſumnè parens, tantorum cauſa dolorum?
Hoc peperi, quotu diſcruciâre malum?
Pater39Carmina exequialia.
Pater.
Non ea cauſa tua eſt, non eſt, chariſſime Fili,
Peccata hæc meritò promeruêre mea,
Queîs Dominum offendi, ſuper aſtra ſuprema tonantẽ.
Ipſius ergò iram mente lubente feram,
Et moriar, ſi vult Domini ſuprema voluntas,
Sin minus; en tecum poſco manêre puer.
Filius.
Sed dilecte parens dictum mihi quale relinquis,
Quod mihi lugenti mulceat ægrum animum.
Pater.
Obſerva: pater est mihi ſu〈…〉〈…〉 mus & almus va,
Omnibus in duris qui mihi rebus adest.
Filius.
Aſt genitor dilecte cupis me linquere ſolum?
Cætera ſic curas pignora chara nihil.
Pater.
Abſit tetanquam mea cætera pignora curo,
Et mallem poſthâc utilis eſſe tibi.
Cernis at, ut fatum manibus pedibusq́ue repugnet,
Quod Lacheſin vitæ rumpere fila jubet.
En! morior, morior, ſic ſic juvat ire ſub auras
Æthereas, fili hæc juſſa ſuprema nota:
Mente preces fundas ardentes, atque ſtudendo
Pergas, & matri moriger eſſe velis.

FINIS.

About this transcription

TextDeß armen Lazari Leben vnd Todt
Author Cornelius Marci
Extent39 images; 7587 tokens; 3581 types; 51897 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDeß armen Lazari Leben vnd Todt Am ersten Sontag nach Trinitatis den 30. May Anno 1630. kurz vnd einfältig erklärt: vnd appicirt Auff das Leben vnd Todt Deß weyland Ehrwürdigen/ Achtbarn vnd Wolgelehrten herrn Johannis Widers Cornelius Marci. . 39 Simon HalbmayerNürnberg1630.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 S 29/19 / 522410

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:59Z
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