PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Das Geiſtliche Ritterſchwerdt
Der guten vnd getrewen Kaͤmpffer Chriſti / wieder etliche faſt gefehrliche Faͤſſel vnd Stricke deß Sa - thans ritterlich zugebrauchen.
Jn einer Leichpredigt Beym Begraͤbnuß / der weyland Viel - Ehrtugendreichen Frawen ANNÆ Des Ehrenfeſten / Achtbarn vnd Hoch - gelahrten Herren M. MELCHIORIS LAUBANI, deß Fuͤrſtlichen Gymnaſij zum Brieg wolverordneten Rectoris, hertzgeliebten Ehelichen Haußfrawen abgehandelt vnd erklaͤret /
(Gregor. in Homeliis. )Sic mors ipſa cum venerit, vincitur: ſi prius quàm veniat, ſemper timeatur. ()
Gedruckt zumBrieg/ beyAuguſtino Gruͤnder/ Jm Jahr1626.
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Clariſſimo Viro MULTIJUGA ERUDITIONE, PIE - tate & virtutum nitore maximê conſpicuo DN. M. MELCHIORI LAUBANO, Illuſtris Gymnaſii Bregenſis Rectori ſolertiſſi - mo, fidiſſimo, meritiſſimo: Amico ac Fratri chariſſimo atq; honorando.

SUBLATAM meritò luges, LAUBANE, maritam:
Namq́; tui cordis pars ea fida fuit:
Sed nimium ne quid tanto concede dolori;
Arbitrio DOMINI concidit illa ſui.
Abſolvit curſum, pugnam ſuperavit & acrem,
Illi pugnandam quam dedit ipſe DEUS.
Nunc ſed in arce poli cum CHRISTO læta triumphat,
Libera compedibus, Sathanicisq́; dolis.
Hanc tibi reſtituet, geſtantem fronte Coronam
Juſtitiæ, referens, JHOVA, brabει῀a ſuis.
Hac ſpe ſuffultus placid ê componito vultus;
Appoſitum cunctis hoc diadema pijs.
Sic nos informat PAULUS, confirmat & idem;
Quis fleat ergò ſuos? Quis metuatq́; mori?
CHRISTE, ſolo noſtram fac nos fuperare palæſtram,
Atque coronatos nos tibi ſiſte polo.

Johannes Neomenius.

[3]

Chriſtliche Leichpredigt.

ES gedencket der heydniſche ScribentPlutarch: de Con - ſol. ad A - polloni - um. Plutarchus, eines beruͤhmbten Mannes / deß Arceſilai, daß er etwan vom Tode dieſe denck - wuͤrdige worte ſolle gebraucht haben:Mors, quæ ma - li nomine cenſetur, hoc unum habet peculiare ex omnibus quæ mala judicantur, quod præſens ne - minem unquam affecit moleſtiâ: abſens, & dum in expectatione eſt, moleſtiam adfert. Der Todt (ſpricht er) welcher vnter die boͤſen ſtuͤck / ſo dem Men - ſchen zu begegnen pflegen / gezehlet wird / hat fuͤr allen andern dingen / ſo fuͤr boͤſe gehalten werden / dieſe ſon - derbare Eigenſchafft / daß wenn er gegenwertig ſich dargeſtellet / niemanden beſchwerlich iſt: Aber weil er noch abweſend / vnd von den Menſchen als zukuͤnfftig erwartet wird / alsdann ſo bringt er furcht vnd beſchwe - rung.

Dieſes iſt zwar eine vernuͤnfftige Rede eines Welt - weiſen Mannes / dem die art vnd eigenſchafft der ſterb - lichen Menſchen nicht vnbekandt geweſen / als ſolcher Leute / die bey geſunden Tagen vnnd Wolſtandt / ohne Beſchwerung jhres Gemuͤttes / nicht wol koͤnnen vom Tode reden hoͤren / es macht ſie melancholiſch: Wenn ſie aber nun von jhm ſind hingeruckt vnnd auffgeloͤſet worden / ſo hoͤret die beſchwerliche Todesfurcht mit jh - rem Leibe auch zeitlich auff. Aber der gute Mann hat noch der Sachen nicht genung gethan / Er hat GottesA ijWort[4]Wort nicht gehabt / vnnd die Erloͤſung Chriſti / in ſei - nem Blut geſchehen / nicht gewuſt / darumb hat er ge - meynet / wenn der Menſch nun geſtorben / ſo ſey er gantz dahin / vnd habe ſein Leib hinfuͤro weder guttes noch boͤ - ſes mehr zugewarten. Wie denn der Heyden religion auß dem Liecht der Vernunfft weiter nicht kommen koͤnnen. Auch vom zuſtandt der Seelen / nach dem ſie auß dem Leibe abgeſchieden / haben ſie ſehr vnfoͤrmig - lich vnd zweiffelhafftig geredet. Drumb iſt dieſer deß Arceſilai Troſt ſehr ſchlecht vnd nichtig / gegen dem / was wir Chriſten auß dem vnfehlbaren wort deß Hoͤch - ſten gewiß wiſſen vnd gleuben / nemlich / daß die / ſo im Herren ſterben / zur Seligkeit einziehen / vnnd1. Sam. 25. 29. jhre Seelen ins Buͤndlein der LebendigenSap. 3. 1. gebunden / vnd in die Hand jhres Gottes ver - ſamlet werden / da ſie keine Qual anruͤhret / vndJoh. 8. 51. die Bitterkeit deß Todes nicht ſchmecken ſol - len ewiglich. Drumb wir Chriſten allein / vnd nicht die Weltweiſen Heyden / dieſes mit gutten Grundt Goͤttliches Zeugnuͤß vnd frewdigem Geiſt ſagen moͤ - gen: Der Todt der Glaͤubigen iſt mit nichten vnter die boͤſen ſtuͤck zu zehlen / iſt auch nicht zu ſchewen oder zu fuͤrchten / ſondern mit Frewden an zunehmen / er komme wenn er wolle. Denn dadurch werden wir von allem Jammer vnd Elend / dieſes zeitlichen Lebens / auffgeloͤ - ſet / vnd der Seelen nach alſobald zur himliſchen Herr -Apoc. 14. 31. ligkeit befordert / da vnter deß der Leib ruhet von al -ler Ar -[5]ler Arbeit / biß auch denſelben Chriſtus am Juͤngſten Tage erwecke / vnd zugleich mit der Seelen vereiniget zum ewigen Leben einfuͤhre. Da ſol vns keine Todes - furcht mehr beſchwerlich ſeyn / ſondern Frewde ſollPſal. 97. 11. auffgehen vnſerm Hertzen / vnd liebliches We -Pſal. 16. 11. ſen vnſerm Gemuͤthe / zur rechten Gottes jmmer vnd ewiglich.

Eine ſolche Gelegenheit hat es nun auch / mit vn - ſerer numehr ſeeligen Fraw Rectorin / derer zeitlicher Todt kan vnter die boͤſen ſtuͤck nicht gezehlet werden / denn ſie iſt durch reinen Glaube[n]bey Leibesleben ein wahres Gliedmaß geweſen deß Herren Chriſti vnd ſeines geiſtlichen Leibes / von demſelbigen hat ſie auch im Tode nicht moͤgen getrennet werden / ſondern iſt vielmehr zu jhm befoͤrdert worden / daß ſie numehr mit jhrer Seelen zu jhrem Herren Chriſto in die himliſche Herrligkeit iſt eingegangen / dahin auch zu ſei - ner Zeit jhr / jetzo fuͤr vnſern Augen verhuͤlleter / Leib ſol gebracht werden. Jn der zeitlichen Jammerfahrt iſt jhr der Todt etwas beſchwerlich geweſt / nicht daß ſie ſich dafuͤr als fuͤr etwas boͤſem entſetzet; ſondern daß er ſie an jhrem Leibe etwas lange auffgehalten / vnd durch langwirige Geſchwulſt / vnd andere Kranckheiten zim - lich wol durchplaget / Aber nun hat diß alles auffgehoͤ - ret / vnnd iſt zur ſeeligen Ruhe kommen / da ſiePſal. 95. 7. keinen Todt / auch keine Schmertzen nochHebr. 4. 1. Kranckheit in alle ewigkeit nicht mehr fuͤrch -Apoc. 21. 4.A iijten[6]ten darff. Dahero dann auch jhr hinterbliebener / vnd jetzo hertzbetruͤbter Herr Wittiber / der dieſen even - tum nicht allein gewuſt / ſondern auch ſchon laͤngeſt gleichſamb fuͤr Augen geſehen / als ein hochbegabter Chriſt / ſein Hertz vber dieſen groſſen Leidt deſto beſſerHeb. 9. 27. wird ſtillen vnd befriedigen koͤnnen / Es muß ein mal geſtorben ſeyn / anders koͤnnen wir nicht zur ſeeligen Ruhe vnſers Gottes eingehen.

Damit aber auch wir noch lebenden / wider die ſchwermuͤtigkeit vnnd ſchrecken deß Todes ausgeruͤſtet werden / wollen wir deß Herren Wort auffſchla - gen / vnnd auß demſelben vnſere Seelen recht waffnen lernen: Damit es aber mit nutz vnd frucht geſchehe / ſo wollen wir hertzlich beten: Vnſer Vater / ꝛc.

TEXTUS.

2. Timoth. 4. verſ. 6. 7. 8. 9.

JCh werde ſchon geopffert / vnd die Zeit meines abſcheidens iſt vor - handen / ich habe einen guten Kampff gekaͤmpffet / ich habe den Lauff vol - lendet / ich habe Glauben behalten / hinfort iſt mir beygeleget die Kroneder[7]der Gerechtigkeit / welche mir der HErr an jenem Tage / der gerechte Richter / geben wird. Nicht mir aber allein / ſondern auch allen die ſeine Erſcheinung lieb haben.

Exegeſis.

GLeich wie ein auffrichtiger vnd frewdi -1. Cor. 9. 25. ger Kriegsman / wenn er ſeinen Feind fuͤr augen hat / nicht faullentzet / noch ſeine Waffen von ſich2. Tim. 2. 3. leget / ſondern ſich fuͤrſichtig helt / vnd auff allen fall ſich ſtaffieret vnnd ausruͤſtet / entweder daß er ſeinen Feindt daͤmpffe vnd ſchlage / oder wo jm ja der Feind zu maͤch - tig wuͤrde / vnd jhn ſchluͤge / daß er doch als ein Ritters - mann in ſeiner ſtation, vnnd als der ſich ritterlich ge - wehret / fuͤr ſeinem Feinde ſein Leben laſſe / Derowegen ſolcher Todt jhm nicht eine ſchande / ſondern fuͤr einen Ruhm gehalten / vnd ein Ritters oder Heldentodt genennet wird. Alſo ein rechtſchaffener auffrichtiger Chriſt / der vnter ſeinem feldoberſten Jeſu ChriſtoHeb. 12. 2. militiret, vnd wider den Teuffel / Welt / vnd darzuEph. 6. 12. ſein eigenes Fleiſch vnd Blut / als ſeine aͤrgſte feinde1. Petr. 5. 8. in ſtetem Kampff ſtehen muß / der faullentzet nicht in1. Joh. 2. 15. fleiſchlicher Sicherheit / erlegt die Waffen ſeinerGal. 5. 17.geiſt -[8]lichen Ritterſchafft / das Wort / Glauben / Gebet / Seufftzen / kein mahl beſeit / ſondern macht ſich fertig auff allen fall / entweder ſeinen Feind zuſchlagen vnd nider zulegen / oder da er ſich ſein nicht gaͤntzlich erweh - ren koͤnte / er muͤſte ſeinen Leib auff der Walſtatt laſſen / daß er doch ſein Leben nicht in der Faulheit deß Flei - ſches / ſondern im Kampff als ein Geiſtlicher Rit -2. Tim. 2. 3. ter Jeſu Chriſti / hette im Glauben des Blutes Je - ſu Chriſti geendet / vnd alſo eines ſeligen Todes geſtor - ben / ſolcher Todt iſt jhm in Warheit keine Schande /Pſ. 116. 15. ſondern eine Ehre / ja fuͤr Gott ſelbſt thewer vnd werth geſchaͤtzet / als eines rechtſchaffenen Chri - ſten Todt / dadurch ſeine Seele / von allem fernerem Kampff vnd widerwertigen Streit entlediget / vnd zuMatth. 25. 21. ſeines Herren Frewde iſt eingefuͤhret / derEſa. 26. 20. cap. 57. 2. Leib aber in ſein Ruhkaͤmmerlein iſt ſchlaffen ge - leget worden / biß er auff den Morgen deß Juͤng -Joh. 11. 11. ſten Tages zum ewigen Leben wieder erwecketJoh. 6. 39. werde.

Einen ſolchen Sinn hat der Apoſtel Paulus ge - habt / wie auß dieſen ſeinen jetzt verleſenen worten wol zuſpuͤren / als der ſein Leben vber dem Glauben vnd be - kaͤntnuͤß Chriſti ſeines Feldoberſten auffzugeben / willig bereit iſt / vnd ſchaͤtzet jhm ſolchen ſeinen Todt gleich - ſam ein Opffer zu ſeyn / damit er ſeinen Gott preiſen moͤge / leſſet ſich derowegen ſeines Apoſtoliſchen Lauf - fes vnd Kampffes mit nichten gerewen / ſondern troͤſtetſich der[9]ſich der verheiſchenen Siegeskron / die Jeſus Chriſtus der ſtarcke Heldt vnd Vberwinder ſeinen Kaͤmpffern auff zuſetzen verheiſſen hat.

Vnd wie er ſelbſt geſinnet geweſen / alſo ermah - net er zu gleichem Kampff vnd Standhafftigkeit an / Timotheum, vnd zugleich auch alle fromme Chriſt - hertzen / daß ſie ſich leiden als die guten ſtreiter2. Tim. 2. 3. Jeſu Chriſti / vnd deß zeitlichen Weſens ſich ger - ne verzeihen / daß ſie gefallen moͤgen dem / deribid. v. 4. ſie angenommen hat / Chriſto / vnd fuͤr ſeine Eh - re vnd Warheit / recht vnd beſtaͤndiglich kaͤm -Syr. 4. 33. pfen / ſo ſollen ſie auch gekroͤnet werden.

Solcher Apoſtoliſchen Ermahnung / iſt vnſere nu - mehr ſelige Fraw Rectorin auch indenck geweſen / vnd weil jhr GOtt jhre Lebenszeit in einen ſteten Kampff mancherley Kranckheiten / vnd Widerwertigkeit gele - get / ſonderlich die letzten Jahre jhr zimlich zuſchaffen gemacht / daß ſie mit der Kranckheit / vnd harten Ge - ſchwulſt jhres Leibes nu lenger denn ein gantzes Jahr ſich hat balgen vnd ſchleppen muͤſſen / die ſie auch end - lich / dem Leibe nach / vnter ſich gezwungen / vnd auß die - ſem zeitlichen Leben weggeriſſen hat / Derowegen ſie als eine geiſtliche Kaͤmpfferin nicht in fleiſchlicher Wolluſt gefaulentzet / ſondern in jhrer geiſtlichen ruͤſtung / deß gleubigen ſeufftzens vnd Gebets / in groſſer Gedult / vnd mit Gottes Wort wol gewapnet / ſich allezeit hat fin - den laſſen / biß ſie jhre Seele endlich auffgegeben / vndBalſo[10]alſo zwar die Kranckheit jhren Leib getoͤdtet / die Seel aber hat die Kranckheit vnd Todt ſelbſt vberweltiget / im Glauben deß erhaltenen Sieges / durch den bluti - gen Todt Chriſti / vnd hat auch von jhrem Feldober - ſten die Kron deß Lebens numehr gantz herrlich em - pfangen / damit ſie pranget im Himmel fuͤr GOttApoc. 3. 5. vnd ſeinen Engeln.

Weil nun jhr Kampff zimlich hart / vnd lange ge - wehret / hat ſie mit dieſem Apoſtoliſchen Text ſich ſtets auffgemuntert / vnd jhre geiſtliche Ritterslabung fuͤr jr muͤhſeliges Hertz darauß genommen / weil ſie ſonderlich eben denſelben Text bey jhres ſeeligen Herren Vaters Begraͤbnuͤß zur Sprottau / durch den Geiſtreichen Prediger Herren Martinum Mollerum, hat hoͤren außlegen / welche Predigt ſie alſo gefaſſet / daß ſie des Saffts vnd Kraffts / ſo in dieſem Text gefunden wird / ſich noch allezeit zu jhres Hertzens erquickung hat ge - brauchen koͤnnen / Wie dann vnter andern auch eben dieſer vrſachen halben dieſer Apoſtoliſche Spruch mir denominiret worden / denſelben zu jhrem Gedaͤcht - nuͤß in der Leichpredigt abzuhandeln / welchem jhren letzten willen / ſo viel jmmer moͤglich nachzukommen / ich mich ſchuldig erkennet / vnd derowegen auch / vnge - achtet er vor dieſem auch / wiewol in einer andern diſ - poſition, von mir in einer Leichpredigt iſt abgehandelt worden / dabey verbleiben wollen.

Daß wir aber die geiſtliche Rittersmacht darinnen recht erſehen / vnd Chriſtlich zu vnſerm behuff gebrau -chen[11]chen moͤgen / wollen wir auß demſelben vns zu Gemuͤh - te fuͤhren:

Wie wir damit / als mit einem wol bewehr - ten / ſcharffſchneidenden geiſtlichen Ritters - ſchwerdt / fuͤnff feindſelige Stricke vnd Faͤſſel deß Teuffels / damit er vns nach ſchleichet / vns gefangen zunehmen / kraͤfftiglich zerhawen vnd gantz zerſchneiden moͤgen / daß ſie vnſerer Seelen nicht angeleget werden / ſondern wir wider ſie ſiegen vnd triumphiren. Addatur votum.

Confirmatio.

NJcht allein Wunden vnd Schlaͤge / ſondern auch Gefaͤngnuͤſſe ſind gemeine in Kriegesleufften. Alſo in vnſerm geiſtlichen Kampff vnnd Kriege / vnter vnſern Feldoberſten Jeſu Chriſto / wider den Teuffel / Welt vnd Fleiſch / gefallen nicht allein Wun - den vnd Schlaͤge / die je ſo bald den glaubigen Kaͤmpf - fern / von jhren Feinden angefuͤget werden / als ſie jren wiederwertigen thun koͤnnen; ſondern auch grauſame vnd ſchroͤckliche Gefengnuͤß / maſſen dann die Schriff - ſaget: Daß nicht allein Chriſtus den Teuffel vber -Luc. 11. 22. weltiget / das Gefengnuͤß gefangen / vnd dieCol. 2. 15. boͤſen Geiſter mit Ketten der Finſternuͤß ge -Eph. 4. 8. bunden habe / vnd behalten zum Gerichte deßB ijgroſſen[12]groſſen Tages / ſondern auch Paulus klaget vber dasEp. Judæ. v. 6. Gefaͤngnuͤß der Suͤnden / daß jhm hefftig zuſetzt /Rom. 7. 23 Vnd anderswo ſagt er / daß Satanas die Menſchen /2. Tim. 2. 26. derer er mechtig worden / gebunden oder gefangen fuͤhrt mit ſeinen Stricken / nach ſeinem boͤſen willen / welches vnſere Hertzen billich bewegen / vnd in der Chriſtlichen fuͤrſichtigkeit / kluͤglich zuwandeln auff - muntern ſolte / zumahl weil wir wiſſen / daß der Sathan als ein Tauſendkuͤnſtler / ſeine Stricke vnd Fallen alſo liſtig vnd ſubtil / vnd darzu ſo vielfaltig vnd artig / auch wol gar in vnſer Fleiſch vnnd Blut zulegen weiß / daß wir dieſelben nicht ſehen / vnd de[m]nach darinnen ver - fuͤtzt werden koͤnnen / ehe wirs mercken / daß wol Petrus vns ermahnet vnd geſaget: Seyd nuͤchtern vnd1. Petr. 5. 8. wachet / denn ewer Widerſacher der Teuffel gehet herumb wie ein bruͤllender Loͤwe / vnd ſuchet welchen er verſchlinge.

Es offenbahret vns aber allhier der Apoſtel Pau - lus inſonderheit / fuͤnff Fallen vnd grauſame Stricke deß Boͤſewichts / die er in vnſer eigen Fleiſch vnd Blut ſo heimiſch geleget hat / vns damit ſo zuverfuͤtzen vnd beſtricken / daß er mit Leib vnd Seele vns ewiglich ins helliſche Gefaͤngnuͤß reiſſen moͤge. Vnter welchen die erſten vier zwar ſehr gefaͤhrlich / gifftig vnd ſcharff / daß durch einen jeglichen deroſelben der Menſch kan vber - waͤltiget vnd gefaͤllet werden. Aber der fuͤnffte der aller -ſchwereſte[13]ſchwereſte vnnd gefaͤhrlichſte iſt / welchen der Teuffel gleich zum Stichblat behelt / Ob ein gottſeliger Menſch ſich / durch Gottes Gnade vnd Geiſt / auß allen den er - ſten vieren außwickelte / Er dennoch mit dem fuͤnff - ten jhm das Hertz beſchlingen / vnd ſeine Seele fangen moͤge / die wir jm doch mit dem geiſtlichen Ritterſchwerd deß Wortes Gottes zerhawen vnd verderben muͤſſen / wollen wir anders nicht in ſeine Krewel gedeyen.

Vnd iſt der erſte Teuffelsſtrick zu vnſerm Gefeng - nuͤß angeleget Deß Todtes Vergeßligkeit / wann er vns vnſer letztes Ende ſo weit ſteckt / vnd auß den Augen ſetzet / daß wir es nicht wol erſehen moͤgen. Vnd bildet vnſerm Fleiſch ſuͤſſe ding ein / da mancher dencket: Sihe / du biſt noch jung / ſchoͤn / ſtarck / reich / anſehlich / gewaltig vnd im hohen Stande / was wilt du dich viel Caſteyen / vnd gleichſam in einem Kloſter oder Clauſen eingeſperret ſitzen / beten / leſen / vnd deine Zeit mit Melancholiſieren zubringen? brauche dich deiner Jugend vnd geniete dich deiner guten Tage / die du wol haben kanſt / ſieheſtu nicht wie da vnd dort deines glei - chen pralen / pancketieren / jauchtzen / ſpringen / tantzen / buhlen / ſpielen / ꝛc. mach dich doch auch etwas geſelliſch / kleide dich praͤchtig / lerne Bruͤderſchafft mit jhnen ma - chen / auff eines andern Geſundheit eines außtrincken / was ſchadet dir ein Rauſch mit einen tantz / Venusſpiel vnd dergleichen Kurtzweil / maſſen dann im Buche der Weißheit ſolche fleiſchliche gedancken der ſichern Welt - kinder artig beſchriben werden: Wolher / ſagen ſie /Sap. 2. v. 6.B iijlaſt[14]laſt vns wol leben weils da iſt / vnd vnſers Lei - bes brauchen weil er Jung iſt / wir wollen vns mit dem beſten Wein vnd Salben fuͤllen / laſ - ſet vns die Meyenblumen nicht verſaͤumen: laſt vns Kraͤntze tragen von jungen Roſen / ehe ſie welck werden / vnſer keiner laß jhm fehlen mit Prangen / daß man allenthalben ſpuͤren moͤge / wie wir froͤlich geweſen ſind / wir haben doch nicht mehr davon dann das. Jch habe noch lange Zeit darzu / dencket mancher / eheEccl. 12. 1. & ſeqq. die grawen Haar herzu tretten / die Glaſe - fenſter tunckel werden / vnd die guͤldene Quelle verſeige. Der Todt iſt mir ſo nahe nicht / ich kan mich noch eine lange Zeit in der Welt tummeln. Dieſes ſind dem Fleiſch ſuͤſſe vnnd anmuhtige Gedancken / aber in Warheit ein recht gefaͤhrlicher Teuffelsſtrick / damit der helliſche Profoß manch junges Blut fehet / vnd ſo ſtarck anfaͤſſelt / daß es hernach nicht wieder loß werden kan / wird auch offters mitten in der bluͤhenden Jugend / durch einen ſchnellen Zufall hingerichtet / daß kein wie - derbringen mehr ſtatt finden kan.

Solchen geſchwinden vnnd liſtigen Teuffelsſtrick lehret vns Paulus in den verleſenen worten / als mit ei - nem ſcharffen Schwerdt zerhawen / durch ſtete vnnd embſige Betrachtung vnſers Todeß vnd letzten Hin - fahrt: Jn dem er ſaget / Jch werde ſchon geopf -fert /[15]fert / die zeit meines Abſcheides iſt verhanden. Dar auß denn wol erſcheinet / daß Paulus die Gedan - cken ſeiner Sterbligkeit nicht fern von ſich leget / ſon - dern ſtets die Schuldt der Adamiſchen Natur in ſeinem Hertzen erwogen / vnnd derowegen darauff getrachtet / wie er dieſelbte zu rechter Zeit / nach dem gnedigen wil - len ſeines GOttes moͤchte ablegen / daß ſein Abſchied auß dieſer Welt / nicht wuͤrde eine verſchleuderung1. Sam. 25. 29. ſeiner Seelen / ſondern ein heiliges Opffer / ſei - nem Herren Chriſto zu ehren / welcher mitJoh. 21. 19. ſeinem groſſen Verſoͤhnopffer am Creutz / auch jhn (den Apoſtel) von ſeinen Suͤnden erloͤſet / Gott dem himli - ſchen Vatter angenehm gemacht / vnd zum himliſchen Erbgut deß ewigen Lebens erkaufft hette / deme er ſich ſchuldig erkennet / hinwiederumb mit ſeinem gantzen Le - ben auff zuopffern / jhme ſeiner Wolthat mit Hertz vnd Munde zu dancke / in gottſeliger Vbung alles Gehor - ſams nach ſeinem Evangelio vnterthaͤnig zu dienen / auch vber ſeinem Nahmen vnd Bekaͤntnuͤß ſein Blut zulaſſen / als ein ſchuldiges Danckopffer vnd Zeugnuͤß der Ehre vnd Lehre ſeines Herren / welcher ſeinen Liebhabern / das himliſche Erbgut der ewigen Selig - keit / ſeiner theuren Verheiſchung nach / gewißlich zu - theilen wolle / ob ſie gleich wie die SchlachtopfferPſ. 44. 23. durch einen blutigen Todt auß dieſer Welt ſollen geriſ - ſen werden / wie denn dem Apoſtel wiederfahren / vnd viel tauſend Maͤrtyrern begegnet / die doch alle durchjhre[16]jhre Marter vnd Todt durch gedrungen / vnd zu jhrem Herren Chriſto in die himliſche Herrligkeit ſind transferiret worden.

Hie laſſet vns nun die praxin ſolcher wort dem A - poſtel ablernen / daß wir zu keiner Zeit ſicher ſeyn / vnd meynen / der Todt komme noch in funfftzig oder ſechtzig Jahren nicht / ſondern nichts anders dencken / als ſey er vns am nechſten / wo wir hingehẽ / da ziehe er vns nach / vnd warte auff vns wenn wir zum Ziel kommen (wel - ches vnſern Augen verborgen iſt) daß er vns alsdann die Gurgel entzwey beiſſe / vnd toͤdte. Denn es iſt dochSyr 14. 18. der alte Bundt / ſagt Syrach / du muſt ſterben. Heb. 9. 27.Vnd Paulus / Allen Menſchen iſt geſetzt ein - mahl zu ſterben / darnach das Gerichte / Vndcap. 13. 14. abermahls / Wir haben allhier keine bleibende ſtatt / ſondern die zukuͤnfftige ſuchen wir.

Werden wir alſo die Zeit vnſers Abſcheidens ſtets fuͤr Augen haben / ſo wird vns der erſte ſtrick des Teuf - fels nit fangen noch binden / Sondern wir werden vnsRom. 12. 1. fein gewaͤhnen / auch vns ſelbſt mit vnſerm gantzem Le - ben durch ſtetswehrende Buſſe Gott dem Herren auffopffern / daß vnſere Seel voll Geiſtes / das Hertz voll Glaubens / der Mund voll lobens vnnd danckens / Haͤnde vnd Fuͤſſe voll heiliges Gehorſams ſeyn moͤgẽ /Pſal. 96. 32. ſolches wird dem Herren baß gefallen / denn ein Ochß der Hoͤrner vnd Klawen hat / vnd wann vns nach dem gerechten willen Gottes / derzeitli -[17]zeitliche Todt von hinnen wegnehmen wird / ſo wird auch ſolcher vnſer Todt / dem Herrn ein angeneh - mes Opffer ſeyn / durch Chriſti Todt geweihet / daß er vns wird zulaſſen / zu ſeinem Heiligthumb / ewiglich bey jhm in ſeinem Tempel droben im Himmel zuwohnen / vñ ſeine groſſe Majeſtet / mit allen Außerwehlten ewig - lich zupreiſen / das alles faſſet Syrach fein rundt zuſam - men / wenn er ſaget: O Menſch bedenck das en -Syr. 7. 40. de / ſo wirſtu nimmermehr vbels thun.

Der andere Strick deß Sathans / welchen er vns als eine Falle auffgezogen hat / vns in ſein helliſch Gefaͤngnuͤß zu ſchleppen / iſt faulheit deß Fleiſches / welches nicht gerne viel wil zuthun haben / ſondern ſtille ſitzen / vnd ſuchet ſeine Ruhe in weltlichen vnd vergaͤng - lichen dingen / das Creutz Chriſti iſt jhm be -1. Cor. 1. 18 ſchwerlich / vnd ſeine Schmach verdruͤßlich: Was? dencket mancher / ſoll ich mir alle Welt zu feinden ma - chen / vber dem Glauben? ſoll ich bey dem Evangelio Chriſti nicht mehr denn Schmach vnnd Verfolgung haben / von Weib vnnd Kind / von Haab vnd Gut / ins Elende ſtampen / vnd nur allenthalben mit Vngluͤck vnd Gefahr vmbringet ſeyn? Soll ich bey meiner froͤ - migkeit nichts mehr erlangen / als Armuth / Betteley / Verachtung / vnd dabey mich noch ſpotten laſſen? das were ein elender Gewihn / den wil ich gerne einem an - dern laſſen / der Armuth fuͤr Reichthumb / Schmach fuͤr Ehre / Verfolgung fuͤr Herrligkeit / aller WeltCFeind -[18]Feindſchafft fuͤr ſeinen Fried halten kan. Mir deſſen nicht: Jch lege die Religion eine weile beyſeite / ac - commodire mich der zeit: bey welchen ich wohne / mit denen halte ichs / ſo lange mirs genieß traͤgt bleibe ich / mercke ich daß ich ſolle Schaden leiden / wende ich mich auff die andere Seiten / da es ſeine anſehliche / weiſe / rei - che vnd hochgelehrte Leute gibt / die muͤſſen ja auch nit Narren ſeyn / warumb ſolte ich nicht zu jhnen treten / ꝛc.

Durch dieſen Strick ruͤckt der Satan manchen hin -Pſa. 95. 10. weg / daß er den Weg der Warheit vnd Gerech -Jer. 2. 17. tigkeit fahren leſſet / wird zum Mammelucken / vndLuc. 16. 8. vngerechten Haußhalter / leidet Schiffbruch am Glauben / vnd fellet daruͤber ins ewige Verderben. Als ſolches die taͤgliche Erfahrung mehr denn zu viel be - zeuget.

Wider dieſen gefaͤhrlichen Fallſtrick des Teuffels / vberreichet vns der Apoſtel im verleſenen Text einHeb. 4. 12. zweyſchneidiges Schwerdt / jhn damit entzwey zuhawen / nemlich Kaͤmpffen vnd Lauffen / denn ſo ſpricht er: Jch habe einen guten Kampff ge - kaͤmpffet / ich habe meinen Lauff vollendet. Als wolt er ſagen: O jhr frommen Hertzen / die jhr mit ernſt nach den himliſchen wohnungen trachtet / vnd bey Chriſto ewige Ruhe vnd Herrligkeit zu beſitzen begeh - ret / laſſet euch nicht verdrieſſen / etwas Muͤhe vnnd Ar - beit daran zuſtrecken / denn es iſt das himliſche Gut /1. Petr. 1. 4. das vnbefleckte vnnd vnvergaͤngliche vndvnver -[19]vnverwelckliche ewige Erbe / dafuͤr Chriſtus ſeinHeb. 9. 12. Blut gegeben hat / daß Ers vns erkauffte / daruͤber er ſelbſt biß auff den blutigen vnd allerſchmaͤhlichſtenPhil. 2. 8. Todt ſeines Creutzes geſtritten / vnnd ſolches ero -Joh. 14. 3. bert / vnd vns zu gute eingenommen hat / auff die - ſen ewren Fuͤrfechter ſehet jhr billich / vnnd mercketHeb. 12. 2. 3. welch ein gewaltiges Wiederſprechen er von den Suͤndern vber dieſem ewren Erbe erduldet hat / daß jhr jhm nachfolget / vnd als die guten Kaͤmpffer2. Tim. 2. 3. alles zeitlichen euch entſchlahet / daß jhr nicht et - wan vnter dem Gaffen auffs jrrdiſche / den Streich ver - ſehet / vnd werdet daruͤber auffs Maul gedroſchen / vnd gar vom Sathan vberwaͤltiget vnd gefangen / welches euch dieſes herrlichen Erbtheils wuͤrde verluſtig ma - chen. Was wuͤrde es euch helffen / ſo jhr die gantzeMat. 16. 26 Welt gewinnet / vnd nehmet hernach Scha - den an ewer Seelen?

Sehet die jrrdiſchen Kaͤmpffer an / welchen Kampff1. Cor. 9. 25 die vber ſich nehmen / wie viel Streiche vnnd Hiebe ſie aufffaſſen / von jhren gegenkaͤmpffern / vmb eines elen - den / bald verwelcklichen Kraͤntzleins willen? Solte denn das himliſche Kleinot deß ewigen Lebens / nit viel mehr in acht genommen / vnd darob ritterlich gekaͤmpfft wer - den? Erſchrecket derowegen nit fuͤr des Teuffels grim̃ / laſſet euch die Welt nicht bethoͤren / laſſet euch ewres Fleiſches ſuͤndliche Boßheit nicht verleithen / fechtet /C ijkaͤmpf -[20]kaͤmpffet / ſtreitet maͤnnlich / alles was jhr GeiſtlicherMat. 11. 12. kraͤffte vnd vermoͤgens habt in ewrer Seele vnd Geiſt / ſuchts alles herfuͤr / ſtreckts alles daran: ſeydt jhr dochJoh. 14. 3. deß Sieges ſchon gewiß / denn CHriſtus hat die Welt ſambt jhren Printzen dem Teuffel ſchonRom. 8. 32 vberwunden / vnd ſeinen ſieg euch geſchencket /2. Petr. 1. 3. Jn Chriſto ſollet auch jhr ſiegen vnd triumphiren / dasPhil. 3. 14. Kraͤntzlein ſol euch werden / das Kleinot ſol euch nie - mand entwenden. Jch habs auch verſucht / vnd meinen kampff von meiner Bekehrung an bißher / ſtattlich fuͤh - ren muͤſſen / das rewet mich nicht / ſondern troͤſtet vndPhil. 3. 14. erfrewet mich viel mehr / vnd ich ſtrecke mich noch darnach / nemlich nach dem Ziel vnnd Kleinot / welches mir fuͤrhelt die himliſche Beruffung2. Tim. 2. 3 in Chriſto Jeſu. Solches thut auch jhr / vnd leidet euch daruͤber als die guten ſtreiter Jeſu Chriſti /1. Cor. 9. 24. das Reich muß euch doch bleiben. Ein Wettlaͤuf - fer laufft im Schrancken mit aller Macht / daß er ſei - nem Gegenlaͤuffer zuvor komme / vnnd ein jrrdiſches Kleinot erjage / lauffet viel mehr jhr in dem Schran - cken ewers Beruffs in ewrem Chriſtenthumb / außRom. 1. 17. Glauben in Glauben. Das iſt / auß dem hiſtori - ſchen in den kindlichen vnnd lebendigen Glauben /Pſal. 84. 8. von einer Tugend zur andern / auß der Gedult in2. Petr. 1. 5. die Hoffnung / ſo wirdt euch die gewiſſe HoffnungRom. 5. 5. deß Lebens in Chriſto Jeſu nicht laſſen zu ſchan -den[21]den werden / jhr werdet endlich ewren Feinden dem Teuffel / der Welt / den ſuͤndlichen Luͤſten ewres Flei - ſches zuvor kommen / vnd eingehen in das inwendi -Ebr. 6. 19. ge deß Fuͤrhanges / dahin der Vorlaͤuffer fuͤr vns eingegangen / nemlich Jeſus Chriſtus / daß jhr bey jhme in ſeinem frieden vnnd frewdenhauſe bleiben werdet jmmerdar / vnnd in alle ewigkeit /Pſal. 23. 6. vnnd werdet in ſeinem himliſchen Ehrenreich dasApoc. 2. 7. Holtz deß ewigen Lebens zugenieſſen haben.

Der dritte Strick des helliſchen Jaͤgers / da -Pſal. 91. 3. mit er den Gotteskindern nachſtellet / ſie zufahen vnd zubinden iſt Vnbeſtaͤndigkeit vnd Wanckelmuͤ - tigkeit. Wenn das kaͤmpffen vnnd lauffen etwas lange (als es vns duͤncket) wehren ſoll / da keichet man vnd ſchlaͤgebaͤuchet / wie ein vbertrieben Pferd / da wol - len wir gar erligen / daß man ſchreiet: O ich kan nicht mehr / viel erliegen mitten im Kampff / vnnd erſtarren / ehe ſie die helffte deß Lauffes vollbracht haben / dz macht die Gedult wil jhnen zerreiſſen / vnd ſich nicht mehr ein - ziehen laſſen. Das weiß der Teuffel ſehr wol / drumb braucht er dieſes Stricks gewaltiglich zu ſeinem Vor - theil / wann er die Leute durch langwiriges Creutz in vn - gedult jaget / daß ſie Schwerdt vnnd Waffen von ſich werffen / Wort vnd Saerament nicht mehr achten / werden muͤde vnnd verdroſſen auff dem Creutzwege Chriſti zulauffen / vnnd die Dornhecken vnd hartenC iijſchrof -[22]ſchroffen der Steinklippen zu vberklettern / daß es jhnen aͤrger gehet als bey der Poetin der gewaltigen LaͤufferinOvid. lib. 10. Meta - morph. Atalantæ, weil ſie den guͤldenen oͤpffeln nachlieff / die - ſelbe auffzuheben / blieb ſie dahinden / ward ſie von Hip - pomenc im Lauff vberwunden / vnd verlohre die Wet - te: Alſo weil dieſe nach dem Jrdiſchen gaffen / verlie - ren ſie das ewige.

Darwider ſtehet Paulus in dieſem Text / vnd ſaget:Mat. 10. 22 Jch habe Glauben gehalten. Lehret vns alſo die -Apoc. 2. 10 ſen Strick deß Sathans zuhawen / durch beſtendig - keit / Gleich wie ein trewer vnd wackerer Soldat / wenn er einmal ſeinen Namen der Feld vnd Kriegsrolle hat einleiben laſſen / vnd zum Faͤhnlein geſchworen / ſo muß er dabey Fuß halten / weil er Athem hat / vnd ſo lange der Streit wehret. Verleſſet er das Faͤhnle / vnd ent - laͤuffet davon / ehe er abgedancket wird / ſo verleuret er ſeinen guten ehrlichen Nahmen / wird zum Schelmen vnd Preiß gemacht / daß er ohne entgeltnuͤß von einem jeden mag vmbgebracht vnd getoͤdtet werden / es kraͤhet kein Han daruͤber / bleibt er aber trew / vnd helt auß biß zum ende deß Streits / ſo krigt er ſein Paßport vñ Klei - not / vnnd kan mit Ehren weiter kommen. Alſo ein recht trewer Chriſt / wenn er bedencket / wie bey ſeiner Tauffe / ſein Nahme der geiſtlichen Kriegsrollen vnſers Feldoberſten / deß Herren Jeſu Chriſti ſey einver - leibet worden / vnnd daß er zu deſſelbten Blutfaͤhnel ge - ſchworen / der weiß auch / daß jhn die Pflicht ſeinesChriſten -[23]Chriſtenthumbs obligat machet / bey ſeinem Feldober - ſten vnd deſſen Panier oder Faͤhnel / daß in der reinen Lehre deß heiligen Evangelij vnd Gebrauch der hoch - wuͤrdigen Sacramenten geſchwungen wird / Fuß zu - halten / weil er Athem hat / vnd der Kampff vnd Streit in dieſem ſeinem zeitlichen Leben wehret. Thut er nu als ein trewer Soldat ſeine Pflicht / ſo hat er allezeit ein froͤlich Gewiſſen / ſolte er gleich auff der Walſtatt blei - ben / das iſt vber dem Glauben vnd Bekaͤntnuͤß ſeines Herren Chriſti / alles zeitliche / Haab / Gut / Blut / Leib vnd Leben einbuͤſſen / ſo habe er deſſen keinen Ver - luſt / ſondern werde als ein trewer Knecht ſeines HERREN / durch den zeitlichen Todt zu jhm dem Herren Chriſto ſelbſt im Himmel eingefuͤhret / vermoͤge der Verheiſchung Chriſti. Ey du klugerMattli. 25. 21. vnnd getrewer Knecht / du biſt im geringſten trew geweſen / ich wil dich vber groͤſſere ding ſetzen / gehe ein zu deines HErren Frewdt. Thut er es aber nicht / ſondern weichet zuruͤck / oder ſchlaͤgt ſich auch wol gar zu den feinden / zur Welt / vnd weltlichem Gehetze / zur Suͤnde vnd Boßheit ſeines Fleiſches / vnd wird dadurch deß Teuffels Knecht / ſo hat er Leib vnd Leben / Ehr vnd Seeligkeit alles verloh -Ezech. 18. 24. ren / vnd iſt dem Teuffel vnd ewigen Todt Preiß wor - den / die moͤgen jhn hinreiſſen vnd ins ewige Verdam - nuͤß zerren.

Darumb o Chriſtliches Hertze / laß dir nicht grau -en /[24]en / wenn noch ein zuͤglein zuthun iſt / faſſe dir ein friſches Hertze in Chriſto Jeſu / dencke / wolan / es iſt zimlich zum ende gelauffen / der Krieg dieſes zeitlichen Lebens wird ſchier ein Loch haben / thue noch ein ruͤcklein / keiche vnd arbeite mit aller Macht / das Ziel iſt vorhanden / die Wette gewonnen / auff vnd laſſe nicht abe / alſo kombſtu endlich herzu: nach gethaner Arbeit aber iſt denn gutRom. 8. 18 ruhen. Ja dieſer Zeit leiden iſt nicht werth der groſſen Herrligkeit die an vns ſol offenbahret werden. Denn auff diſen kurtzen ſtreit / vnd auff dieſen wenigẽ lauff deiner jam̃erfahrt / ſol dir zu theil werdẽ ein vberſchwengliche vnd vber alle maſſe wichti -2. Cor. 4. 18. ge Herrligkeit / daß du in die ewigen FriedeshuͤttẽEſa. 32. 18. wirſt eingehen / vnd in ſtoltzer Ruhe deines Gottes wohnen jmmer vnd ewiglich.

Der vierdte Strick deß helliſchen Profoſſen die Leuthe zufahen iſt das Ergernuͤß / beyde deß gluͤcklichen vnnd auch vngluͤckhafftigen Zu - ſtandes dieſes Lebens. Denn da finden ſich Leuthe / welche / ſo ſie dieſer Welt Guͤter vollauff haben / vnnd ſich jhrer Fleiſchesluſt / Augen -1. Joh. 2. 16 luſt vnd hoffertigen Lebens in gutem Wolſtande zugebrauchen haben / denen bildet der Sathan ein / daß ſie meynen ſie haben nu eine ſchoͤne Krone weltlicher Herrligkeit auff zuſetzen / darinnen ſie pralen koͤnnen / Derowegen duͤrffen ſie vmb keine andere Krone ſichbekuͤm -[25]bekuͤmmern / ſie haben hie Mehl auff Erden genung / darumb laſſen ſie Gott gerne den Himmel / dieſe ge -Luc. 12. 17. hen mit den zweyen Reichen / derer Lucas gedencket /cap. 16. 19. dahin / vnd werden vom Teuffel gefuͤhret / ins Gefeng - nuͤß der ewigen Qual / da ſie fuͤr vnd fuͤr Pein leiden / das ewige Verderben / von dem Angeſicht deß2. Theſſ. 1. Herrn / vnd von ſeiner herrlichen macht.

Wiederumb ſind jhrer viel / die in der Welt arm / elend / verachtet / vnd nichts ſind / vnd derowegen in kei - ner Krone deß zeitlichen Gluͤcks / Reichthumb vñ Herr - ligkeit der jrrdiſchen Guͤter zuprangen haben; Wenn ſie ſehen / wie die Kinder dieſer Welt ſo bald hoch ſtei - gen / zu Reichthumb / Ehren / aͤmptern / vnd hohen di - gniteten befoͤrdert werden / daß ſie als gekroͤnte Koͤnige in jhrem Pracht einher tretten / wie die Toͤchter Zion / vber welche Eſaias klagt. Die froͤmbſten aber bey jhrem Herren Chriſto nur Truͤbſal / Verſtoſſung vnd Elende tragen / vnd in euſſerſter Armuth vnd Ver - achtung gelaſſen werden / da dencket mancher / ſiehe du haſt nu ſo viel Jahr deinem Herren Chriſto trew - lich gedienet / du haſt dir es in deinem Ampt laſſen ſauer werden / du haſt von einem Jahr zum andern gehoffet / du werdeſt auch einmahl etwas fuͤr dich bringen / ein ei - gen Haͤußlein fuͤr die deinen erkaͤuffen koͤnnen / daß ſie doch wiſſen moͤchten / wann du nun deinen Lauff auch vollbracht / vnd in dein Schlaffkaͤmmerlein dich ver - borgen hetteſt / wohin ſie einkehren / vnd jhre wohnungDhaben[26]haben moͤchten / aber dein hoffen vnd harren / hat dich gemacht zum Narren / du biſt ein armer Stuͤmpffer ge - weſen von anfang / dabey biſt du noch biß dato verblie - ben / wirſt auch wol ein armer Betler ſterben. Dieſen Strick wolte der liſtige Teuffel auch Petro ſchier an den Halß geworffen haben / da er eines zu Chriſto ſaget: Siehe wir haben alles verlaſſen vnd ſind dir nachgefolget / was wird vns darvon[?]Es fehlete nit weit / Jeremias der Prophet were auch ſchierJer. 20. 7. damit gefangen worden / da er ſagte / Herr du haſt michs vberredt / vnd ich habe michs vberreden laſſen / du biſt mir zu ſtarck geweſen / vnd haſt gewonnen / ich habe auff dein geheiß vnnd befehl muͤſſen das Prophetenampt auff mich nehmen / aber ich bin druͤber zum Spott worden taͤglich / vnd jederman verlachet mich. Ach wie klaͤglichibid. v. 15. thut der Prophet weiter / daß er auch den Tag ſeiner Geburt daruͤber verfluchet. Sieheſtu was das fuͤr ein hemiſcher vnnd gefaͤhrlicher Teuffelsſtrick ſey. Den zu zerſchneiden / zeiget vns Paulus die Kron der Gerechtigkeit in dieſem Text / in dem er ſaget[:]Hinfort iſt mir beygeleget die Kron der Ge - rechtigkeit. Ach das iſt ein vber alle maſſe herrliche Verehrung / eine vberreiche vnd vnaußſprechliche Be - lohnung / die vnſer Herr Jeſus Chriſtus ſeinen Kaͤmpffern / Lauffern vnd trewen Dienern austheilenwird.[27]wird. Er wird jhnen gantze Koͤnigreiche austheilen / deñ Er hat vus erkaufft mit ſeinem Blut / vndApoc. 1. 5. vns vnſerm Gott zu Koͤnigen vnd Prieſtern gemacht.

Was wirds fuͤr eine Krone vnd Koͤnigreich ſeyn? Die Welt meynet jrrdiſche Koͤnigreich mit jhren guͤl - denen Kronen vnd Sceptern ſeyn die hoͤchſten Gaben / vnd zwar alſo mags ſeyn fuͤr der Welt. Aber Chriſtus Jeſus vnſer Koͤnig achtete es jhm fuͤr den groͤſten ſpot / ſeinen trewen Knechten / nur ſolche jrrdiſche Koͤnigreich vnd Kronen zugeben. Denn ſie ſind alle vergaͤnglich / vnd die gewaltigen Koͤnige muͤſſen endlich von jh -Dan. 2. 21. ren Stuͤlen herunter / jhrer jrrdiſchen Kronenc. 4. v. 17. entbloͤſſet / vnd durch den Todt degradiret werden / vñSyr. 10. 17. ſo ſie nicht Chriſto gedienet vnnd trew geweſen / verſin - cken ſie mit Leib vnd Seel in der vnergruͤndlichen klufft der helliſchen Fewerflammen / in ein ewigwaͤhrendes Gefaͤngnuͤß. Was were das fuͤr eine ohnmaͤchtige Be - lohnung. Vnſer Koͤnig iſt ein geiſtlicher himliſcherLucæ. 1. 33. vnvergaͤnglicher vnd ewiger Koͤnig / drumb ſindJoh. 18. 36 37. auch ſeine Gaben geiſtlich / himliſch / vnvergaͤnglich vñ ewig. Alſo iſt auch die Kron vnd Koͤnigreich / ſo er ſeinen trewen Knechten vnd Maͤgden wird austheilen / der Himmel ſelbſt / das vnvergaͤngliche Reich der ewi - gen Seligkeit / die Krone der Gerechtigkeit. Welche auß dem vberkoͤſtlichen rohten Golde / deß blu - tes Jeſu Chriſti zubereitet iſt. Denn Chriſtus ſeinD ijBlut[28]Rom. 4. 25Blut vergoſſen hat / vnd geſtorben iſt vmb vnſer Suͤnde willen / vnd aufferſtanden vmb vnſe -1. Cor. 1. 30 rer Gerechtigkeit willen / Er iſt vns vom Vater gemacht zur Weißheit / zur Gerechtigkeit / zur2. Cor. 5. 21 Heiligung vnd zur Erloͤſung: Jn jhm haben wir die Gerechtigkeit die fuͤr Gott gilt. Dieſer vnſer Heyland vermahnet ſelbſt den Engel oder Bi - ſchoff der Chriſtlichen Gemeine zu Smyrnen / vnd ſag -Apo. 2. 10. te jhm zu. Sey getrew biß in den Todt / ſo wil ich dir die Kron deß Lebens geben / O eineEſa. 62. 3. ſchoͤne Krone in der Hand deß Herren / vnd ein Koͤniglicher Hut in der Hand vnſers Gottes. Jm Hohenliede Salomonis wird geſaget / Gehet herauß / vnd ſchawet an jhr ToͤchterCant. 3. 11. Zion den Koͤnig Salomo in der Krone / da - mit jhn ſeine Mutter gekroͤnet hat / am Tage ſeiner Hochzeit / vnd am Tage der Frewde ſei - nes Hertzen. Aber wer iſt Salomo mit ſeinem Koͤ - nigreich / gegen Chriſtum vnd ſeinem himliſchen Eh - renreich zuſchaͤtzen. Viel tauſend mahl beſſer wird es klappen / wenn wir Chriſtum den groſſen Himmelskoͤ - nig / in der Kron ſeiner Goͤttlichen Majeſtaͤt werden ſe - hen / wann er auch vns ſeine Glaͤubigen wird kroͤnen / mit Gerechtigkeit vnd ewiger ſeligkeit / vñ zu vns ſagen;Mat. 25 34 Kommet her jhr Geſegneten meines Vaters /ererbet[29]ererbet das Reich / daß euch bereitet iſt von anbegin der Welt. Dann werden die Gerech - ten ewiglich leben / vnd der Hoͤchſte ſorget fuͤr ſie / der iſt jhr Lohn / Drumb werden ſie em -Sap. 5. 16. pfahen ein herrlicheß Reich / vnd eine ſchoͤne Krone von der Hand deß HErren / dieſes wird1. Petr. 5. 4. die vnverwelckliche Krone der Ehren ſeyn / wie Petrus redet. Kan man nun / nach der Welt ſprich - wort / auff ein gut bißlein nicht zu lange harren / ſolte es vns zu lange werden auff dieſe vberfluͤſſige vnnd vber - ſchwengliche Belohnung zuwarten? Ey habe ein klei - nes gedult / laß die Weltkinder jhre nichtige Kronen der zeitlichen Guͤter vnd Wolluſt jmmer hin tragen.

Die Kron der zeitlichen Wolluſt / wird von der gott - loſen Haͤupte fallen / dir aber ſoll die Krone der Ehren auffgeſetzt werden / darinnen du fuͤr dem Angeſicht de[i]- nes Koͤniges Jeſu Chriſti prangen ſolt ewiglich. Es ſol geſchehen / es muß geſchehen / denn die Goͤttliche vn - wiederruffliche Verheiſchung ſtehet da. Die Krone deß Lebens ſol dir zu theil werden.

Noch einen Jaͤgerſtrick hat der helliſche Profoß / den er den kindern GOttes an den Halß zu werffen ſich be - muͤhet / wann ſie gleich aller vorigen ſich erwehret het - ten / durch goͤttlichen Beyſtand vnd Gnade deß heiligen Geiſtes / daß er ſie doch mit dieſem letzten erſchnappen vnd ertappen / vnnd ſie noch von ſolcher verheiſchenen Kron deß Lebens vnd Gerechtigkeit moͤchte abreiſſen /D iijNem -[30]Nemlich die anfechtung von der particulari - tet, oder außſchlieſſung / vnd vnwuͤrdigkeit / in dem er die kinder Gottes deſſen zubereden ſich vnter - ſtehet. Ey dieſe Kron der Gerechtigkeit vnd deß Lebens / das ſchoͤne Reich der ewigen Seligkeit gehet dich nicht an. Du biſt noch lange nicht Paulus: noch Petrus: noch der Biſchoff zu Smyrnen: noch ein groſſer Apo - ſtel: oder einer auß den beruͤhmten Heiligen: Sondern biſt ein groſſer Suͤnder / das kanſt du nicht laͤugnen /Rom. 2. 15. dein Gewiſſen vberzeuget dich / Moſe verfluchtDeu. 27. 26 dich / der gerechte vnd eifferige Gott verdammetExo. 20. 5. dich / die heiligen Engel fliehen dich / vnter dieGen. 3. 24. Zahl der Außerwehlten gehoͤreſtu nicht / drumb packeMat. 15. 24 dich jmmer hin in die Helle / zur Kron der Gerechtig - keit vnd deß Lebens wirſt du wol nicht kommen.

Welch ein geſchwinder Griff iſt das deß Teuffels /Luc. 22. 31. damit er manchen groſſen Heiligen offt jaͤmmerlich zer - plaget / vnd in ſeinem Angſtſiebe dermaſſen durch - ſchuͤttelt gehabt / daß jhm der Angſtſchweiß daruͤber außgebrochen / vnd mit der allerſchwereſten Verzweif - felung hat kaͤmpffen muͤſſen / vnd wenn Chriſtus in ſol - cher anfechtung nicht das beſte thete / vnd durch den hei - ligen Geiſt das geplagete Hertz im worte fuͤhrete zu den Blutflieſſenden Wunden ſeines allerheiligſten Leibes /1. Pet. 2. 24 am Creutz fuͤr vnſere Suͤnde geſchlagen / ſo were es vn - muͤglich dieſem Jaͤgerſtrick zu entgehen / der Boͤſewicht legte vns den an den Halß / vnd riſſe vns jm̃er hin jhme nach in die Helle.

Aber[31]

Aber auch dieſen Strick lehret vns Paulus zerhauen vnd zerſchneiden / durch diß / daß er ſaget Ja Chriſtus wird freylich auch mir die Kron der Gerechtigkeit auff - ſetzen / aber nicht mir alleine / ſondern auch al - len die ſeine Erſcheinung lieb haben. Lehret vns hiermit / dem Teuffel in ſeiner anfechtung nicht lange zuzuhoͤren / oder mit jhm zu diſputiren, ob wir erweh - let oder nit / ſondern fuͤr allen dingen darauff zuſehen / ob wir Chriſtum vnd ſeine erſcheinung lieb habẽ / das iſt / ob wir gleuben / daß CHriſtus vnſer Heyland kommen ſey in die Welt / vns armen Suͤnder1. Tim. 1. 15. ſeelig zu machen. Ob ſich vnſer Hertz auff ſolche Trew / vnd blutig / Verſoͤhnung deß Herren kind - lich vnd gruͤndlich verlaſſe: Ob wir Gott mit frewdigem Gemuͤthe fuͤr ſolche groſſe Erloͤſung dancken / vnd jhn wiederumb lieben / wenn wir das beſinden in vnſern Hertzen / vnd der Geiſt Chriſti / als der Geiſt derRom. 8. 15 16. Kindſchafft / gibt vnſern Geiſt diß Zeugnuͤß / daß wir Gottes Kinder ſeyn / ſo iſt die erwehlung ſchon da / vnnd in vnſern Hertzen verſigelt. Denn in Chriſto ſind wir erwehlet / ehe der WeltEph. 1. 4. grund geleget war / da ſind ſchon vnſere NamenLuc. 10. 20 im Himmel an geſchrieben / darauß wird vns kei - ne Suͤnde / ſo noch wider vnſern newgebornen willen vns anklebet / kein Todt / kein Teuffel / keine Helle / viel weniger ein Tyrann oder ein ſterblicher Menſch aus -kratzen[32]kratzen koͤnnen. Derowegen ob wir gleich nit ſind Pau - lus / Petrus / Johannes / Polycarpus / vnnd dergleichenRom. 8. 1. groſſe Heiligen / ſo ſind wir doch in Chriſto JeſuEph. 3. 17. durch den Glauben / Darumb auch wir die wir deß Glaubens ſind / mit Paulo / Petro / Johanne vnd an - dern Heiligen / haben vns der verheiſchenen Krone der Gerechtigkeit zufrewen.

Summa alle / die die erſcheinung Chriſti lieb haben / wenn er ſeine Gnaden gegenwart bezeuget in der Ver - ſamlung der Kirchen durch den ordentlichen Dienſt deßPſal. 42. 5. Predigampts / daß wir mit denen die da feyren /Eſa. 40. 5. zum hauſe Gottes wallen / vnd hoͤren was deß2. Cor. 5. 2. Herrn Mund redet / alle die mit ſehnlichen ver -Luc. 21. 28. langen wartẽ auff ſeine majeſtetiſche zukunft / die vollkommene Erloͤſung ſeines Volcks zur himliſchen Geſellſchafft der außerwehlten Engel vnd Menſchen auß zurichten / die mit dem Leibe zwar auff Erden / mit dem Hertzen aber vnd Gemuͤte ſtets im Himmel ſeyn / dieſe alle haben ſich der Krone der Gerechtigkeit an zunehmen / Jeſus Chriſtus der gerechte Richter wil ſie jhnen auffſetzen. Demſelbi - gen ſambt dem Vater vnd heiligen Geiſt / ſey Ehre vnd Preiß in Ewigkeit / Amen.

Memo -[33]

Memoria Defunctæ.

WAs nun ferner anlanget die Ankunfft / das Leben / vnd endlichen Abſchied auß demſel - ben vnſerer geliebten Schweſter in dem HEr - ren / Der viel chren tugendreichen Frawen ANNAE, deß Ehrenfeſten / Achtbaren / vnd Hochgelarten Herrn M. Melchioris Laubani, deß Fuͤrſtlichen Gymnaſij allhier wolverordneten Herrn Rectoris ehelichen hertz - geliebten Haußfrawen / ſo iſt man gar nit gemeynet / mit uͤbrigen Encomiis vnd vergebenen lobiſationibus E. Chriſtlichen Liebe lange verdrißlich zu ſeyn. Vnd was kan auch einem natuͤrlichen / in Adam verderbten Men - ſchen / nach ſeinem Tode anders nach geſaget werden / als daß er ein armer groſſer Suͤnder geweſen ſey.

Mit vns Chriſten / die wir durch den andern Adam vom Himmel andersweits wiedergebohren ſeyn / hat es zwar eine andere beſſere meynung. Aber was hat man dennoch auch den allerheiligſten nach jhrem Tode an - ders nach zu ruͤhmen / als jhre Schwachheit / vnnd die Gnade Gottes / die jhnen in Chriſto Jeſu wiederfah - ren iſt.

Der hocherleuchte Apoſtel Paulus ſelber weiß ſich keines mehren zuruͤhmen. Denn eines theils widerholet er in ſeinen Sendebrieffen an die Corinther eben derent -2. Cor. 11. 30. wegen / ſo offt dieſe worte / daß er ſich allein ſeinercap. 12. 5. 9. Schwacheiten ruͤhme / wenn er ſich je etwasEruͤh -[34]ibid. v. 10.ruͤhmen ſolle. Ja er darff ſagen / daß er wolgefallẽ habe an ſeinen Schwachheiten / denn weñ er1. Cor. 15. 10. ſchwach ſey / alsdenn ſey er ſtarck. Anders theils aber gibt er ſich klar an / daß er nur allein durch Got - tes gnade das jenige ſey / daß er ſey. Weñ nu die offentliche zeugniſſe / die man den ſelig verſtorbenẽ Chri - ſten bey jrer letzten beſtattung / uͤblichem gebrauch nach / abzulegen pfleget / auff dieſe zwey ſtuͤcke gerichtet werdẽ / ſo gehen ſie keinmal ohn ſondern nutz bey den Zuhoͤrern abe. Denn einmahl gelangen ſie zu Gottes ehren / als dem allein aller ruhm gebuͤhrt: Andersmals dienen ſie vns hinterſtelligen auch zu wahrer Demuth / wie auch ſonſten zu erbawung in Lehr / Troſt vnd Vnterweiſung beydes Chriſtlich zu leben / vnd auch dermahl eins glei - ches falles ſeeliglich zuſterben.

Nicht anders ſol auch gemeynet ſeyn alles das jeni - ge / was bey gegenwertiger bestattung dieſer vnſer Mit - ſchweſter in dem HErrn / zu gutem nachrichtlichen me - morial offentlich fuͤrzubringen fuͤr noͤtig erachtet wor - den iſt.

Dieſelbe iſt auff dieſe Welt geboren Anno 1574. den 16. Auguſti zur Sprottau in NiderSchleſien / von Chriſtlichen vnnd deſſelben Ortes ſehr fuͤrnehmen El - tern. Jhr Herr Vater iſt geweſen / der Ehrnfeſte / Acht - bare / Wolweiſe Herr Georgius Hantſchel / wolverdien - ter Buͤrgemeiſter vnd Rahtsverwandter bey gemelter Stadt Sprottau / biß an ſein hohes 74. jaͤhriges alter. Wie[35]Wie dann das Geſchlecht der Haͤntſchel / gar weit vber 200. Jahr / daſelbſt dem Vatterland allezeit nuͤtzliche Buͤrgemeiſter vnnd Rahtsmanne mitgetheilet hat. Jhre Fraw Mutter iſt geweſen die Edle viel Ehr vnd Tugendreiche Fraw Anna gebohrene Vnwuͤrdin / deß Ehrwuͤrdigen Edeln vnnd Wolgelahrten Herren Simonis von Vnwuͤrden vnnd Baͤhna / biß ins 82. Jahr ſeines Alters / trewen Paſtoris der Kirchen Got - tes zur Sprottiſchen Kuͤpper eheliche aͤlteſte Tochter. Von dieſen Chriſtlichen Eltern iſt vnſere ſeelige Ma - tron, nicht allein dem Herren Chriſto alsbald nach der leiblichen Geburt in der heiligen Tauffe ſicht - barlich fuͤrgetragen vnd conſecriret worden / ſondern ſie iſt auch / dem geſchehenen Tauffgeluͤbnuͤß gemeß / von Jugend auff in allen Chriſtlichen Jungfraͤwli - chen Tugenden / von jhren lieben Eltern auffs aller - fleiſſigſte aufferzogen worden / biß an jhr mannbares Alter. Da ſie denn Anno 1594 den 1. Tag Februa - rij, mit Raht vnd Beliebung jhrer Eltern / vnd auch damahls noch lebenden Großeltern / Herren M. Mel - chiori Laubano, damals Rectori der Schulen zur Sprottaw / an jetzo vnſerm hochbetruͤbeten Herren Wittwer / iſt offentlich vertrawet vnd verehelichet wor - den / in welchem Eheſtande ſie durch GOttes Gna - de mit einander Chriſtlich vnd friedlich zugebracht ha - ben gantzer 32. Jahr / 16. Wochen vnd 6. Tage.

Dieſe gantze Zeit jhres wehrenden Eheſtandes iſt alſo beſchaffen geweſen / daß man mit aller Warheit /E ijvon[36]von dieſer im Herren eingeſchlaffenen ſeeligen Matron nunmehr wol ſagen kan: Sie habe auch einen guten Kampff gekaͤmpffet. Denn zuge - ſchweigen deſſen / daß ſie / wie alle fromme Chriſtliche Hertzen / wider vnſere Geiſtliche feinde / als den Teuf - fel / die Welt / vnd vnſer ſelbſt eigen Fleiſch vnd Blut taͤglich hat zu kaͤmpffen gehabt / So iſt auch jhr Ehe - ſtand mit allerhand ſonderlichem Creutz wol beleget geweſen. Die erſten ſieben Jahr ſind gantz vnfrucht - bar dahin gegangen. Vnd ob wol Gott der Herr Anno j600 jhren Eheſtand mit einem jungen Soͤhn - lein / Eliſæus genandt / verehret / ſo hat dennoch derſelb - te nicht viel laͤnger als nur zwey Jahr gelebet / vnd den Eltern vielmehr Hertzleyd durch ſeinen vnzeitigen Tod / als gar bald Frewde durch ſeine Geburt vnd her - fuͤr leuchtende gute indolem erwecket.

Nachmals ſind widerumb gantzer 5 jar in einſamer vnfruchtbarer trawrigkeit dahin gefahren. Darauff ſie dann zwar Gott der Herr mit einem jungen Toͤch - terlein Anna genandt / wiederumb erfrewet / welches ſie auch biß ans fuͤnffte Jahr Chriſtlich vnd wol auffer - zogen. Aber da ſich dieſes holdſeeligen Kindlein Zucht am allerbeſten angelaſſen vnnd herfuͤr gethan / iſt dieſes einige hertzallerliebſte Ehepflaͤntzlein den lie - ben Eltern von Gott dem Herren wiederumb entzogen / vnd in die himliſche Herrligkeit jhnen zuvor - an eingefuͤhret worden. Was das abermahl dieſen hochbetruͤbten Eltern fuͤr ein trawriger Kampff ge -weſen /[37]weſen / in welchem ſie auch die gantze folgende Zeit jh - res gantz einſamen Eheſtandes von dem lieben Gotte ſind geuͤbet vnd auffgehalten worden / darvon koͤnnen nur allein die jenigen vrtheilen / die dergleichen Her - tzeleyd vnd Betruͤbnuͤß jemals erfahren haben.

Es hat auch dieſe ſeelige Matron in jhrem waͤhren - den Eheſtande gar viel vnd offt zukaͤmpffen gehabt / mit mancherley ſchweren vnd gefaͤhrlichen Kranck - heiten / als mit welchen nicht allein Sie vom erſten anfange biß zum ende / ſondern auch dieſe letzte viel Jahre dahero / jhr lieber Ehemann von Gott dem Herren zum offtern iſt heim geſuchet werden. Dieſen guten langwirigen Creutzkampff / hat ſie nu - mehr in hoͤchſter Gedult / dafuͤr ſie auch hertzlich Gott allezeit gedancket / wol vnd ſeliglich verbracht.

Es iſt aber jhr Eheſtandt auch einem Lauff aͤhnlich geweſen. Denn weil es Gott alſo gefallen / daß er jhres lieben Ehegattens muͤheſame Arbeit in vnterſchiedenen fuͤrnehmen Schulen hat gebrauchen wollen / als iſt ſie demſelben / nach dem ſie 5. Jahr zur Sprottaw in jhrem Vatterlande ehelich beyſammen gewohnet / erſtlich in das loͤbliche Fuͤrſtliche Gymna - ſium nach Goldberg / als dahin von dem Weiland Hochwuͤrdigſten Durchlauchten vnd Hochgebohrnen Fuͤrſten vnd Herren / Herren Joachimo Friderico. Hertzogen in Schleſien zur Lignitz vnd Brieg / Thum - probſten zu Magdeburg / ꝛc. jhr lieber Ehemann in Genaden vociret worden / gantz willig vnnd bereitE iijnach[38]nach gefolget / vnd biß ins 7. Jahr daſelbſten jhren Lauff vnnd Wandel mit fleiſſiger Beſtellung der Haußhaltung / weil ſie taͤglich bey zwey Tiſch vollen / vnd bißweilen auch wol mehr Adeliche Tiſchgaͤnger / als jhres lieben Herren diſcipulos zuſpeiſen gehabt / auffs trewlichſte gefuͤhret.

Von dannen hat ſie auch keinen beſchwer getra - gen / mit jhrem lieben Herren das Vaterland Schle - ſien gantz zuverlaſſen / vnd nach vorhergehender gantz vnverſehener / aber doch Goͤttlichen vocation der Koͤ - niglichen Stadt Dantzig in Preuſſen / auch genaͤdige Erlaubung der damahls Fuͤrſtlichen Liegniſchen vnd Briegiſchen Herren Vormuͤnden / ſich in das weit be - ruͤmbte vnd damals ſehr wolbeſtellte vnd florirende Gymnaſium zu Dantzig zu begeben.

Endlich hat ſie ſich auch nach verflieſſung gan - tzer 9. Jahre / mit jhrem lieben Herren / nicht ohne ſondere Begierde vnd Hoffnung in jhrem lieben Vat - terlande zuſterben / hiehero nachm Briegk / weil es Gott vnd vnſerer Genaͤdigen Landfuͤrſtlichen O - brigkeit alſo gefallen / mit allen Frewden gewendet. Hat allhier gewohnet gerade 12. Jahr vnd noch zwe - ne Tage daruͤber. Vor 12. Jahren iſt ſie neben jhrem lieben Ehemanne von Dantzigk den 27. Maij gluͤck - lich ankommen / Jetzt iſt ſie eben den 29. Maij in den Port deß ewigen Vatterlandes ſeeliglichen eingelauf - fen. Biß daher iſt ſie gar ein getrewer Reyſegeferthe vnd troͤſtliche Mitgehuͤlffin geweſen der ſchweren vndviel -[39]vielfaltigen migrationum vnnd Veraͤnderungen jhres lieben Ehemannes. Numehr hat ſie auch dieſen Lauff Chriſtlich vnd wol zu ende gebracht.

Das beſte aber iſt / daß Sie hat Glauben ge - halten. Glauben hat ſie gehalten jhrem Gott vnd Schoͤpffer / als den ſie auß jhrem lieben Cate - chiſmo vnnd heiligen Bibel / von Jugend auff nach ſeinem Weſen vnd Willen hat recht erkennen / lieben / ehren vnd fuͤrchten lernen. Glauben hat ſie gehal - ten jhrem Erloͤſer vnd Heyland Jeſu Chriſto / als auff deſſen heylwertiges Verdienſt ſie ſich einig vnd allein im Leben vnd Todt verlaſſen. Glauben hat ſie ge - halten Gott dem heiligen Geiſte / als dem ſie jhr Hertz zu einem heiligen Tempel eingeraͤumet / daß er darinne Glauben / Liebe gegen Gott vnnd den Nechſten / Gedult / Troſt / Hoffnung / Andacht zum Gebet vnd Danckſagung / ſtetig gewuͤrcket hat. Dan - nenhero ſie dann auch die offentlichen Predigten Goͤtt - liches Wortes / vnd das heilige Abendmahl / als or - dentliche euſſerliche Mittel deß Glaubens / allezeit hoch gehalten / die taͤglichen Kirchen Gebete hat ſie bey geſunden Tagen fleiſſig beſuchet / ſich auch dahei - me mit beten vnd taͤglichem ſingen der Lobwaſſerpſal - men / welche ſie mehrentheils gantz fertig / beydes an Text vnd Melodien / hat außwendig gekondt / allezeit andaͤchtig geuͤbet. Endlich hat ſie auch Glauben gehalten jhrem lieben Ehemanne / den ſie hertzlichgelie -[40]geliebet vnnd geehret / fuͤr den ſie geſorget / vnd die Haußhaltung auch bey jhrer langwierigen Kranck - heit mit ſolchem fleiß vnd Beſcheidenheit beſtellet hat / daß er ſich vmb nichts anders / als nur vmb ſein tra - gendes Ampt / Zucht vnd Vnterweiſung der lieben Ju - gend hat bekuͤmmern doͤrffen.

Laͤnger als vor anderthalb Jahren dahero iſt dieſe gute Chriſtliche Fraw jmmerdar Laͤgerhafftig geweſen / weil jhre langwierige / vielfeltige offt wieder - kom̃ende Kranckheiten / endlich in eine groſſe Schwulſt oder Waſſerſucht / ſo die Medici Tympanitidem nennen / hienauß gelauffen. Was ſie da fuͤr Schmer - tzen vnd Beſchwerungen / bey Tag / bey Nacht auß - geſtanden / da ſie ſich auch endlich gar rohe gelegen / weder liegen / noch ſitzen gekondt / auch bey einem gan - tzen viertel Jahr dahero einen maͤchtigen Eckel fuͤr al - ler Speyſe vnd Tranck gehabet / alſo / das nichts mehr / denn nur Haut vnd Bein an jhrem Leibe uͤbrig gewe[ -][ſ]en / dieſes alles iſt mit worten nicht wol zu erzehlen. Noch dennoch iſt ſie in dieſem allen ſehr gedultig / vnd nur allezeit gantz frewdig vnd bereit zum ſeligen Ster - ben geweſen / Hat auch noch dieſe Genade von GOtt gehabet / daß / ob ſchon der Magen vnd die Nahrungs - kraͤfften gantz zu grunde verderbet waren / dennoch aber das Hertz vnnd das Haͤupt an richtigem Verſtande / friſchem Gedaͤchtniß vnd deutlicher gar nit kraͤncklicher ſprache / auch biß an das letzte Minutichen jhres ſeligen abdruckes / allezeit gantz vnverletzet geblieben ſeyn.

Etwa[41]

Etwa acht oder zehen Tage zuvor / ehe ſie verſchie - den / ſcheinets / als wolte es ſich zu beſſerer Geſund - heit anlaſſen / weil ſich die Geſchwulſt auß dem Leibe vnd Schenckeln gantz verlohren / auch der appetit zum Eſſen ſich etwas wieder erzeigete / alſo auch daß ſie nur den Tag zuvor eigenmaͤchtig ſich auß dem Siech - bette erhaben / vnnd mit jhrem lieben Herren am Tiſch eine zimliche Maalzeit / welches alſo die letzte geweſen / zu ſich genommen. Aber es war nichts / als ultimus naturæ conatus, die letzte Bemuͤhung der Natur. Denn bald folgendes Tages / ward ſie nach Gebrauchung jhrer gewoͤhnlichen purgir artzeney / welche ſonſten / auch damahls daß jhre gar wol that / je laͤnger je matter. Doch hette niemand vermeynen koͤnnen / daß jhr Stuͤndlein ſo gar nahe were / ob ſie zwar deſſelben Tages etliche mahl zu CHriſto ſehn - lich ſeufftzete / er ſie doch nunmehr heimholen wolte / weil ſie deß Weltweſens gantz ſatt vnnd vberdruͤſſig were.

Nach Mittage iſt jhr lieber Herr ad Scholas ge - gangen / vnd hat neben ſeinen Herren Mitt Colle - gis, weil gleich das publicum Examen in allen Claſ ſibus etliche Wochen nach einander auffs fleiſſigſte fuͤrgegangen war / die Translationem diſcentium in hoͤhere Claſſes verrichtet. Da hat es Gott dem Herren gefallen / vber vnſer Zuverſicht / auch eben denſelben Tag mit vnſer lieben Fraw Re - ctorin die lang gewuͤndſchete Translation auß derFjrrdi -[42]jrrdiſchen Schulen deß Creutzes / in die hohe Schu - len der himmliſchen Herrligkeit fuͤr zunehmen. Weil ſie dann jhr lieber Ehegatte gegen Veſperzeit ſehr veraͤndert zu ſeyn vermercket / als hat er jhr den gan - tzen Abendt durch / mit allerley Geiſtlichen Geſpraͤ - chen von Gluͤckſeeligkeit derer / die ſonderlich zu die - ſen jetzigen elenden Zeit en in dem Herren ſter - ben / vnnd von den Frewden deß ewigen Lebens bey - gewohnet / da ſie dann auch allezeit mitte fein zu ge - ſtimmet / vnd ſich etliche mahl deutlich erklaͤret / Sie hette den Herren Chriſtum tieff in jhr Hertz (dahin ſie auch mit der Hand weiſete) eingeſchloſſen / were deß ewigen Lebens durch jhn / gantz gewiß vnd begierig.

Darauff hat ſich endlich der Herr Rector auff jhr vielfaltiges Ermahnen / als welche auch etwa inn Schlaff zu kommen vermeynete / etwas zur Ruhe be - geben / vnd etliche trewe Weibesperſonen ſie auffs fleiſſigſte mit Labung vnd Staͤrckung in acht zuneh - men / verordnet.

Kurtz vor halber zwoͤlffen / heiſſet ſie jhr das Licht / ohne zweiffel auß ſonderem eingeben Gottes / gar nahe fuͤr das Geſichte ſetzen. Denn wenn das Licht nicht ſo nahe bey jhr geſtanden were / ſo wuͤrden auch die Vmb - ſtehenden / jhres bald darauff folgenden gantz ſeuberli - chen vnd ſtillen Todes ſchwerlich ſeyn gewahr worden. Als man aber das gegenwertige letzte Stuͤndlein nur mit dem wenigſten vermercket / iſt der Herr Rector auchbald[43]bald wieder bey der Hand geweſen / hat jhr troͤſtlich zu - geſchrien / vnd ein Zeichen von jhr begehret / daß ſie auff den ſuͤſſen Nahmen vnnd das theure Verdienſt JEſu Chriſti ſterben wolte / da hat ſie jhre zuvor ſchon zuge - thane Augen wieder auffgeworffen / jhn angeſehen / auch mit bewegung der Lippen vnd Zungen alles das jenige / was man jhr fuͤrgebetet / nach zuſprechen ſich bemuͤhet.

Alsbald hat ſich alle Bewegung / gleichſamb in einem Nuh wieder verlohren / vnd iſt alſo die liebe vn - ſterbliche Seele ohne alles zucken / ohne alles Schlu -[ck]en / ohne allen Todesſchweiß von dem ſterblichen Lei - be auffs ſeuberlichſte abgeſchieden. Jhr gantzes Alter iſt geweſen 51. Jahr / 39. Wochen / 3. Tage . Stun - den.

Wer wolte aber nu zweiffeln / daß dieſer guten Ma - tron, auff jhren ſo guten Kampff / auff jhren voll - brachten Lauff / vnd trewlich gehaltenen Glauben / ſchon allbereit der Seelen nach / nit ſolte beygeleget ſeyn die Krone der Gerechtigkeit / welche der Herr an jenem Tage als der gerechte Richter / auch dem an jtzo verſtorbenen Leibe gar gewiß auffſetzen wird? Dem - ſelben getrewen Herren ſey ewig darfuͤr Lob vnd Danck geſaget / der helffe zu dieſer Krone der Gerechtig - keit / auch vns allen / die wir ſeine erſcheinung lieb haben. Amen / komm / Hilff vnd kroͤne lie - ber Herre Jeſu / A - men.

About this transcription

TextDas Geistliche Ritterschwerdt Der guten vnd getrewen Kämpffer Christi/ wieder etliche fast gefehrliche Fässel vnd Stricke deß Sathans ritterlich zu gebrauchen
Author Johann Neomenius
Extent43 images; 8827 tokens; 2865 types; 60898 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDas Geistliche Ritterschwerdt Der guten vnd getrewen Kämpffer Christi/ wieder etliche fast gefehrliche Fässel vnd Stricke deß Sathans ritterlich zu gebrauchen In einer Leichpredigt Beym Begräbnuß/ der weyland Viel-Ehrtugendreichen Frawen Annae Johann Neomenius. . 43 Augustinus GründerBrieg1626.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 S 24/7 / 522325

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LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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