Denen Hoch-Edelgebohrnen / Geſtrengen und Veſten Herren / Herrn Hanſen von Dießkau / auff Dießkau und Canehn / itziger Zeit hochanſehnlichen Directori, der Ertzſtifftiſchen Magdeburgiſchen Landſchafft des Saal-C[r]eyſes / als der wohlſelig-verſtorbenen Frauen Annen Suſannen von Dießkau hochgeehrten Herrn Vater / Herrn Carln von Dießkau / auff Lochau / Herrn Geißlern von Dießkau / auff Tſcheplin / Herrn Gebharten von Dießkau / auff Gruhna / Wie auch Denen Hoch-Edelgebohrnen Hoch-Ehren - und Tugendreichen Frauen Annen Margarithen gebohrner van Dießkau / (Tit.) Herrn George Rudolphs von Heſeler / auff Balgſtedt Ehe-Liebſten: Jungfer Suſanna von Dießkau / Jtztgedachter Wohlſeligen Fr. Annen Suſannen von Dieß - kau / Hertzgeliebten hinterlaſſenen leiblichen Soͤhnen und Toͤchtern / uͤbergiebet auff Begehren dieſes Dießkauiſche Ehren-Gedaͤchtniß / Mit hertzlichen Wunſche des Gnadenreichen Troſtes des H. Gei - ſtes / und alles Hoch-Adelichen ſelbſtbegehrten Wohler - gehens
Der Autor.
DAs walt der GOtt alles Tro - ſtes / der uns auff mancherley Weiſe / in Sonderheit / aber durch ſein ſeligma - chendes Woꝛt in unſern Creutz und Truͤb - ſal / troͤſtet und auffrichtet / daß auff unſere zeitliche und leichte Truͤbſal eine ewige und uͤber alle Maſſen wichtige Herrligkeit ſol erfolgen / der wolle auch ſolchen Troſt in uns alle legen / und ewig verſiegeln / Amen.
HOchwerthe / alleſamt in Chri - ſto JEſu geliebte und theils hertzlich und ſchmertzlich betruͤbte Zuhoͤrer / Es iſt aus den Vitis Patrum eine faſt troͤſtliche Legenda bekant von einem Altvater / wel - cher auff ſeinem Todt-Bette im Geſichte geſehen eine Wage mit zwey Schalen / auff welcher ſeine Suͤnden und gute Wercke gegen einander abgewogen worden / da er denn vermerckt / wie die Schale / darinne ſeine be - gangene Suͤnden gelegen / die andere / in welcher die gu -A 2ten4Chriſtlicheten Wercke auffgeſchoͤbert geweſen / bey weiten uͤberwo - gen / und den Ausſchlag behalten / woruͤber ihm denn / wie vermuthlich / uͤberaus angſt und bange worden / denn er ihm leichtlich die Rechnung machen und einbil - den koͤnnen / daß wenn die Suͤnden ſolten den Ausſchlag behalten / und die guten Wercke uͤberwegen / er derſelben wegen ohnfehlbarlich wuͤrde verſtoſſen oder verdammt werden. Jndem nun das Hertze mit bitterer Angſt / und aͤngſtlichen Kummer umbwallet und angefuͤllet iſt / ſo erſiehet er mit hoͤchſten Freuden / daß ein Engel vom Himmel koͤmmt / und einen eintzigen Tropffen von dem vergoßnen theuren Blute JEſu Chriſti bringet / und in die Schale darinnen zuvor die gute Wercke gelegen / geworffen / worauff alsbald ſolche Wageſchale den Ausſchlag bekommen / und der andern Schale / darinne die Suͤnden auffgehaͤuffet / weit uͤberlegen geweſen; Daruͤber ſich dieſer Sterbende von Hertzen erfreuet / das hochwichtige und vielgeltende Blut JEſu Chriſti im Glauben ergriffen / und ſelig darauff verſchieden. Ob dieſes nun eine warhafftige Geſchicht oder nur ein ſolch troſtreich Gedichte ſey / wollen wir fuͤr dißmahl nicht erſtreiten / ſondern haben unſer Abſehen anitzo eintzig und alleine auf die wunderſeltzame Wage / darauf ſo wohl die Suͤnden / als auch die guten Wercke dieſes Alt-Vaters uͤberſchlagen und abgewogen worden. Dergleichen Wunder-Wage E. Chriſtl. L. von meiner Wenigkeit auff dißmahl auch ſol gezeuget und gewieſen werden / darinne die zeitliche Truͤbſal mit der ewigen Herrligkeit ſol abgewogen werden / worzu uns denn guten Anlaß und Vorſchub geben wiꝛd der theure Tꝛoſt - Spruch Pauli, welchen zu ihren Leichen-Text erwehletdie5Leich-Predigt. die weyland Hoch-Edelgebohrne Frau Anna Su - ſanna / gebohrne von Dießkau / aus dem Hauſe Dießkau / des auch weyland Hoch-Edelgebohr - nen Heren Carls von Dießkau / auff Knauthayn / Tſcheplin / Trebſen / Lochau / Klein-Zſchocher / und Gruna Sel. nachgelaſſene Frau Wittbe / Unſere geweſene / ach daß ſie es noch viel Jahr haͤtte ſeyn ſollen〈…〉〈…〉 Hochwerthe Erb - und Lehns-Frau / unſere theure Mut - ter und Gutthaͤterin / Dero Hoch-Adliches Leich-Be - gaͤngniß wir anitzo ſchuldigſter maſſen halten und bege - hen / wiewohl der Hoch-Adliche Coͤrper allbereit am vergangenen 10. Maji in die Kirche zu Knauthayn / durch einen hochanſehnlichen Comitat der Hoch-Adli - chen Kinder und Freundſchafft begleitet / und in das Erb-Begraͤbniß daſelbſt mit Hoch-Adlichen und herr - lichen Ceremonien beygeſetzet worden / damit aber un - ſer Vorhaben gereichen moͤge zufoͤrderſt dem hohen GOTT im Himmel zu Preiß und Ehren / der ſeligen Frau von Dießkau zu einem ohnſterblichen Nachruhm / denen Hertz betruͤbten Hoch-Adlichen Bluts-Freunden zu einem kraͤfftigen Troſt / im uͤbrigen auch dem Hoch - geehrten Auditorio eintzige Vergnuͤgung von meiner Wenigkeit begegnen moͤchte / ſo wollen wir uns / fuͤr dem Vater aller Gnaden und Barmhertzigkeit in Kind - licher Demuth niederlaſſen / ihn umb den allerſeligſten Beyſtandt Gottes des H. Geiſtes in einem glaͤubigen Vater Unſer anruffen / und ſolches in hertzlicher Be - reuung unſerer Suͤnden auff das hochtheure Verdienſt JEſu Chriſti mit andaͤchtiger Zuverſicht beten.
A 3Tex -6ChriſtlicheΤὸ παραυτίκα ἐλαφρὸν τῆς ϑλίψεως ἡμῶν, καϑ 'ὑπερβολὴν εἰς ὑπερ - βολὴν αἰώνιον βάρος δόξης κατερβάζεται ἡμῖν, μὴ σκοπούντων ἡμῶν τὰ βλεπόμενα, ἀλλὰ τὰ μὴ βλεπόμενα. τὰ γὰρ βλεπόμενα πρό - σκαιρα, τὰ δὲ μὴ βλεπόμενα, αἰώνια.
VNſere Truͤbſal die zeit - lich und leichte iſt / ſchaf - fet eine ewige und uͤber alle Maß wichtige Herrligkeit / Uns / die wir nicht ſehen auff das Sichtbare / ſondern auff das Ohnſichtbare. Denn was ſichtbar iſt / das iſt zeit - lich / was aber ohnſichtbaꝛ iſt / das iſt ewig.
WEnn man meinen Jammer woͤge / und mein Leiden zuſammen in eine Wage legte / ſo wuͤrde es ſchwerer ſeyn denn Sand am Meer. Mit dieſen klaͤglichen und beweglichen Wor - ten J. M. G. bricht der hochgeplagte Creutz-Traͤger Hiob. c. 6. herauß / als ihn der hochtrabende Eliphas von Theman in vorhergehenden 4. und 5. Cap. ziemlich har -Job. 6, 2. & 3. te wegen ſeiner Froͤmmigkeit durch die Hechel gezogen hatte / und beklagt ſich darinne uͤber ſeinen groſſen ſchmertzlichen Jammer / damit ihn Gott ſo hart ange - griffen und heimgeſucht / daß er auch den ſchweren und ohnermeßlichen Sand am Meer uͤbertreffen und uͤber - wegen ſolte; Wenn man meinen Jammer / ſagt er / woͤge / und mein ꝛc. Es war der liebe Mann durch des Teuffels Trieb und Boßheit auff Goͤttliche Verhaͤng - niß in uͤberauß groß Ungluͤck und Jammer gerathen / denn 1. war er umb alle ſein Haab und Gut gekommen /1. die Araber hatten ihm 500. Joch-Rinder vom Pfluge / und 500. Eſelinnen von der Weide geraubet / und hin - weg getrieben / und darzu die Knaben oder Knechte mitc. 1, 1[5]. der Schaͤrffe des Schwerts erſchlagen. Das Feuer Gottes war vom Him̃el gefallen / und hatte ihm 7000. v. 16.Schaaffe verbrannt / und nebſt den Knaben oder Huͤ - tern verzehret. Die Chaldæer hatten ſeine 3000. Ka - mele uͤberfallen / dieſelben mit Gewalt genommen / undv. 17. das darzu gehoͤrige Geſinde / mit der Schaͤrffe des Schwerts erwuͤrget. Nun frage man einen Hauß - Wirth / was ihm das fuͤr Kummer und Jammer erwe -cket8Chriſtlichecket / wenn er ploͤtzlich umb etliche ſtuͤck Vieh koͤmmt / wil geſchweigen / wenn man gantze Heerden / und zwar in ſolcher Menge / wie Hiob / verliehren ſolte? Die jenigen ſo heuer ihre ſchoͤne Heerden Schaaff-Viehe eingebuͤſſet / werden dem Hiob wohl glaͤuben / wie ihm zu Muthe ge - weſen / da er ſo viel 1000. ſtuͤck an unterſchiedlichen koſt - baren Vieh auff einmahl ſo kuͤrtzlich verlohren. Aber das war noch der geringſte Verluſt und Jammer. Es2. kam 2. darzu der ſchmertzliche und Hertzbrechende Ver - luſt ſeiner lieben Kinder / welche alle auff einmahl in dem Hauſe ihres erſtgebohrnen Bruders / bey dem ſie in Froͤ - ligkeit beyfammen waren / ploͤtzlich und jaͤmmerlich um - kahmen / indem der leidige Satan einen groſſen und grauſamen Wind erregte / welcher auff alle 4. Ecken des Hauſes ſtieß / und daſſelbe erſchrecklich auff die gedach - ten Kinder warff und ſtuͤrtzte / daß ſie alle elendiglich darunter ſterben muſten. Das war nun freylich ein Jammer uͤber allen Jammer / ein Schmertz uͤber alle Schmertzen; Kinder kommen von Hertzen / und gehen auch wieder zu Hertzen; Wenn mancher nur eins von ſeinen Kindern ſolte ſehen elendiglich umbkommen / was Jammer und Schmertzen ſolte es ihm verurſachen. Da Jacob den einzigen Joſeph von ſeinen 12. Soͤh - nen verlohr / wolte er ſich durchaus nicht troͤſten laſſen /Gen. 37, 35. ob ſchon alle ſeine Soͤhne und Toͤchter aufftraten / daß2. Sam. 18. v. 33. ſie ihn troͤſteten; Da David den Abſolon einbuͤßte / was fuͤr eine bittere Klage fuͤhrte er / und wie jaͤmmer - lich und erbaͤrmlich ſtelte er ſich deßwegen; Wie ſolte dann nun der Verluſt aller Kinder dem Hiob nicht ge - jammert und gekraͤncket haben / denn er freylich alles Haab und Vieh gerne wuͤrde vergeſſen haben / wennGOtt9Leich-Predigt. GOtt ihm nur die Kinder gelaſſen haͤtte. Alleine es kam 3. noch darzu / das ihn der Satan auff Gottes Zu - laſſung mit boͤſen und gifftigen Schweren von der Fuß - ſolen an biß auff die Scheitel ſchlug / das nicht ein geſun - der und heiler Fleck an ſeinen gantzen Leibe bliebe / und er ſich nirgends hinwenden oder gehen konte / da es ihm nicht ſchmertzlich wehe gethan haͤtte. Und halten viel Gelaͤhrten dafuͤr / daß der Satan dieſem Gottliebenden Manne alle Kranckheiten und Wehtagen / die er nur er - ſinnen koͤnnen / an den Halß gehangen / und geworffen habe / und wie in das Meer alle Waſſer lauffen / und darinn zuſammen kommen / alſo ſollen auch bey dem lieben Hiob alle Kranckheiten / Schmertzen und Wehe - tagen zuſammen geſtoſſen ſeyn / daß ſie ihn Augenblick - lich auffgerieben / und den Lebens-Funcken außgeleſcht haͤtten / wenn ihn GOtt nicht noch ſonderlich geſtaͤrckt und erhalten haͤtte. Das mag nun freylich einen ohner - traͤglichen Jammer / ein ohnſaͤgliches Leiden / einen grauſamen Schmertzen verurſacht haben; Wenn man - cher nur von einer Kranckheit befallen wird / als von Haupt - Augen - oder Zahn-Wehe / von der reiſſenden Gicht / von einem Peſtilentialiſchen Fieber / oder von dem ſchmertzlichen Podagra / und dergleichtn; was Jammer / was Elende / was Schmertzen veruhrſachts ihm / wil geſchweigen / wenn nun eine gantze Fluth von Kranckheiten auff ihn ſtoſſen ſolte? wie bey dem lieben Hiob geſchehen; darumb er nicht unbillich anhebt zu klagen: Wenn man meinen Jammer woͤge ꝛc. Letzlich4. kam auch diß hinzu / daß er von ſeinem eignem[u] nver - ſtaͤndigen Weibe und beſten Freunden in ſolchem Elen - de verſpottet und gehoͤnet wurde; Es gieng ihm nichtBnur10ChriſtlichePſal. 38. 12.nur wie dem lieben David / welcher Pſalm. 38. klaget: Meine Lieben und Freunde ſtehen gegen mir / und ſcheu - en meine Plage / und meine Nechſten treten ferne; ſon - dern das heylloſe Weib dorffte ihm auch ſeine Gottes - furcht auffruͤcken / und ſagen: Haͤlſtu noch an deiner Froͤmmigkeit? ja ſegne GOtt und ſtirb. q. d. Da ſiehet man wie du dich umb GOtt verdienet haſt / wie recht - ſchaffen dein Hertz gegen GOtt geweſen / das Er nun dich in ſeinem Zorn gaͤntzlich auffreiben / und dir deine Heucheley auff einmahl bezahlen wil; Dergleichen auch Eliphas und ſeine andere Freunde thaten / die ihn mehr kraͤnckten und betruͤbten / als mit Troſt auffrichteten und erquickten / darumb er ſie auch ſaͤmptlich Menacha -Job. 16, 2. mé amal oder leidige Troͤſter nennte Cap. 16. Wie dann offt dergleichen geſchicht / daß / wenn manchen ehrlichen Manne bald von dieſem / bald von jenem allerley Dampff angeleget / und er von allen Seiten getraͤnget und geaͤngſtet wird / das ihn ſein eignes Halßſtarꝛiges und boßhafftiges Weib / ſo ihn doch nach Salomonis Anweiſung mit Freundligkeit ſolte troͤſten / noch immer - mehr und hefftiger kraͤncket und bekuͤmmert. Und alſo iſts dem lieben Hiob auch ergangen / daß er uͤber alles zugeſchickte Creutz / Schmertzen und Leiden noch von ſeinen naͤrꝛiſchen Weibe iſt verhoͤhnet und in ſeinem Her - tzen gequaͤlet worden; Darumb Er nicht unbillich auß - geruffen und geklaget: Wenn man meinen Jammer ꝛc. Ob nun wohl des Sandes am Meer eine ohnzaͤhlbare Maͤnge und ohnertraͤgliche Laſt iſt / alſo das man den - ſelben auff keiner Wage / wie groß und ſtarck dieſelbe auch ſein moͤchte / wird ab - und außwaͤgen koͤnnen. Den - noch meinet der hochgeplagte Mann / daß ſein Leidenund11Leich-Predigt. und Jammer viel-ſchwerer ſey / denn die Pfeile des All - maͤchtigen ſtecken in ihm / deroſelben Grimm ſauffe a[u]ß ſeinem Geiſte / und die Schroͤcknuͤß Gottes waͤren auff ihn gerichtet / wie er in folgenden Worten v. 4. anfuͤhretc. 30. 21. und beſeufftzet; oder wie er unten klaget: GOtt habe ſich in einen Achſár oder Grauſamen / der ihn plage und martere / gegen ihm verwandelt. Wie ſchwer nun des lieben Hiobs und aller frommen Chriſten Jammer und Leiden ſeyn mag in dieſer Welt / alſo das es auch den Sand am Meer uͤberwegen moͤchte / ſo weiſet uns doch Paulus in unſern abgeleſenen Texte noch etwas wichtigers / das alles Creutz und Leiden / alle zeitliche Truͤbſal weit uͤberwaͤget / nehmlich die ewige ohnermeß - liche ohnaußſprechliche Herꝛligkeit / zu derer Beſitzung die Glaͤubigen nach dieſer Sterbligkeit gelangen ſollen. Dieſelbe iſt ſo groß / ſo wichtig / und ſo herꝛlich / daß wenn wir gleich allen Jammer / alle Marter und Pein / ſo jemahls alle Menſchen von den erſten Adam an / biß auff den letzten erlitten und außgeſtanden haben / zu - ſammen auff eine Schale legte / ſo wuͤrde ſie doch ſol - cher ewigen und uͤber alle maß wichtigen Herꝛligkeit bey weiten nicht die Waage halten / wie Paulus klar und außdruͤcklich bezeuget / wenn Er in unſern Text ſaget: Unſere Truͤbſal die da zeitlich und leichte iſt / ſchaffet eine ewige und[κατ '][ὑπερβολὴν] εἰς[ὑπερβολὴν] uͤber alle maß wichtige Herꝛligkeit. Da der Apoſtel gleichſam eine Wage in die Hand nimbt / die ihre ordentliche zwey Schalen hat / und legt in die eine die zeitliche Truͤbſall / in die andere aber die zukuͤnfftige ewige Herꝛligkeit / befindet aber das die Truͤbſal viel zu leuchte ſey / und die ewige Herꝛligkeit einẽ ohnermeßlichen Außſchlag habe. Wohlan wir wol -B 2len12Chriſtlichelen ohne eintzigen weitern Umbſchweiff ſolche troſtreiche Worte mit GOtt zu erklaͤren fuͤr uns nehmen / und dar - auß beſchauen und betrachten
Votum. HERR JESU gib du ſelbſt den rechten Außſchlag / und bekraͤfftige ſolchen herꝛlichen Troſt in unſer al - ler Hertzen / zuforderſt bey denen Hochbetruͤbten / und nachmahls bey deinen ſaͤmptlich Geliebten / Amen / O HErꝛ hilff / O HErꝛ laß wohl gelingen / Amen.
Tractatio. SO hat nun die ſelige Frau von Dießkau auff die Apoſtoliſche Glaubens-Wage geleget / und mit dem S. Paulo abgewogen I. Die zeitliche Truͤbſal / welche deñ ſehr leichte und vergaͤnglich befunden worden / wie unſer Text bezeuget: Τὸγὰρπαραυτίκα ἐλαφρὸν τῆς ϑλίψεως ἡμῶν. Unſere Truͤbſal die da zeitlich und leichte iſt / das Woͤrtlein ϑλίψις, welchesalhier13Leich-Predigt. alhier ſtehet / koͤmpt her von dem verbo ϑλίβω, i. e. premo, ich druͤcke / und wird nebſt andern Bedeutungen beym Philoſtrato auch gebrauchet / von dem druͤcken der Schue / wenn einem ſ. h. ein Schuch nicht gerecht iſt / ſondern zu enge und klein / und derſelbe den Fuß druͤcket / reibet / oder auch zuſammen preſſet / wie es denn auch ſonſt ſo viel heiſt / als zuſammen ziehen und preſſen / It. druͤcken und aͤngſtigen. Und wird diß Woͤrtlein ϑλίψις gar offt und in die 44. mahl in Neuen Teſtament befun - den / und hats der Herꝛ Lutherus an allen Orten mit dem Woͤrtlein Truͤbſall auff Deutſch gegeben / auſſer beym Joh. 16. v. 21. und 33. da es zwey mahl zu finden / undJoh 16. 21. 〈…〉〈…〉33. mit dem teutſchen Woͤrtlein Angſt verdolmetſchet wor - den. Und iſt zwar diß Wort ein einig und kurtzes Wort / aber ein ſehr hart und grauſames Wort / das viel in ſich faſſet und begreiffet; denn nach dem Ebreiſchen heiſts eine innerliche Beaͤngſtigung / ſo da entſtehet / entweder wenn einer von den Feinden umbringet iſt / und weder auß noch ein kan / wie Deut. 28 / 53. es alſo zu befinden /Deut. 28. 53. Zeph. 1, 15. oder wenn einem der Strick an den Halß geleget / und zugezogen wird Zeph. 1 / 15. und hats David gar offt in ſeinem Pſalm-Buͤchlein von der Angſt ſeines Hertzens gebraucht; Alſo brauchens die Bruͤder Joſephs von gedachten ihres Bruders Seelen-Angſt / als ſie ihn in die Grube geworffen / und er alle Augenblick des Todes ge - waͤrtig ſeyn muſte / Gen. 42 / 21. Und ſo wirds auch ge -Gen. 42, 21. braucht von den Schmertzen einer ſchwangern Frauen / Jer. 2 / 31. 30 / 29. 49 / 24. Joh. 16 / 21. Es wird aber durchJer. 2, 31. 3〈…〉〈…〉, 28 49, 24. Joh. 16, 21. ſolch woͤrtlein verſtanden / alle Angſt / Furcht / Schre - cken / Sorge / Marter / Pein und Verfolgung / ſo etwa einen frommen Chriſten betreffen kan / als welche δίαB 3πολλῶν14Chriſtlicheπολλῶν ϑλίψεων, durch viel Truͤbſal in das Reich GottesAct. 14. 22. muͤſſen eingehen / Act. 14 / 22. von ſolchen menſchlichen Elende und Truͤbſal ſagt nun Paulus / ſie ſey παραυτίκα ἐλαφρὸν, i. e. zeitlich oder ſchnelle und leichte / welche bey - de Woͤrtlein ſonſt gar ſeltzam in Neuen Teſtament ſeyn / denn das Woͤrlein παραυτίκα wird nirgends mehr im Neuen Teſtament gefunden / als hier / das WoͤrtleinMatth. 11, 30. ἐλαφρὸν aber nur noch einmahl / nehmlich / Matth. 11 / 30. wie wir unten bald hoͤren werden. Wenn wir ſonſt das Elende dieſes Lebens uͤberlegen und abwegen / ſo kompts bey manchen nicht leicht / ſondern ſehr ſchwer herauß. Wir wollen anitzo nicht ſagen von den lieben Hiob / deſ - ſen Klage uͤber ſeinen Jammer und Leiden wir oben ex Cap. 6. gehoͤret haben. Wir wollen auch nicht geden - cken des lieben Jacobs / welcher fuͤr den Koͤnig Pharao fein rund herauß bekennet; Die Zeit ſeiner WolfarthGen. 47, 9. und Lebens ſey wenig und boͤſe geweſen / Gen. 47 / 9. Wegen des vielfaͤltigen Creutzes und Hertzeleids / daß er die Zeit ſeines Lebens erfahren muͤſſen / bald von ſei - nem Mordſuͤchtigen Bruder / der ihn verfolget und ver - jaget / bald von ſeinem geitzigen Schwaͤher dem ohnge - rechten Laban und umbgekehrten Nabal / der ihn zehn mahl gedeuſcht / und ſein Lohn veraͤndert / ohne das er ihn vorher mit der Heyrath ſchaͤndlich betrogen / wie ihm Jacob ſolches fein treige unter die Naſe reibet /Gen. 31, 41. Gen. 31 / 41. bald mit ſeinem Weibern die ſich oͤffters ge - zanckt und gezweiget; bald mit ſeinem Kindern / dem Blutſchaͤnderiſchen Ruben / dem Moͤrderiſchen Si - meon und Levi / der geſchwaͤchten Dina / und dem ver - lohrnen Joſeph. Wir wollen auch nicht gedencken des Mannes Gottes Moſis / welcher ein ſehr geplagterMenſch15Leich-Predigt. Menſch uͤber alle Menſchen auff Erden geweſen Num. Num. 12, 3.12 / 3. Wir wollen auch nichts ſagen von den lieben Da - vid / der wohl ſecundum locum, oder die andere ſtelle un - ter allen Creutz-Bruͤdern und Marter-Hoͤltzern haben doͤrffte / wie er denn ſein lebetage ſo viel Leiden erfahren / das Er ſich beklagt: Er ſey gar zu Leiden gemacht / Pſ. 38 / 10. ſondern wir wollen nur des Syrachs zeugnuͤßPſal. 38, 18. Syr. 40, 1, 2, 3. & 4. hieruͤber anhoͤren / welcher Cap. 40. v. 1 / 2 / 3. & 4. mit dieſen klaͤglichen Worten heraus bricht: Es iſt ein elend jaͤmmerlich Ding / umb aller Menſchen Leben / von Mutter Leib an / biß ſie in die Erde begraben werden / die unſer aller Mutter iſt. Da iſt immer Sorge / Furcht / Hoffnung / und zu letzt der Tod / ſo wohl bey dem der in hohen Ehren ſitzet / als bey dem Geringſten auff Erden: So wohl bey dem der Seyden und Cron traͤgt / als bey dem / der einen groben Kittel an hat. Da iſt immer Zorn / Eyffer / Widerwertigkeit / Unfriede / und Todes - fahr / Neyd und Zanck / ꝛc. Und welche menſchliche Zun - ge kan außſprechen den Jammer und Elende unſers Le - bens? Wer kan erzehlen alle die Sorgen / Angſt und Bekuͤmmernuͤß / die der Menſch an ſeinem Gemuͤthe außſtehen muß? Wer kan außrechnen alle die Gebre - chen / Kranckheiten / und Schmertzen / denen der arme Leib unterworffen iſt? Wer kan außdencken die man - cherley Schaͤden und Verluſt an zeitlichen Guͤtern? und was etwa fuͤr andere Widerwertigkeiten mehr dem Menſchen begegnen moͤgen? Ach eines Menſchen Lei - den waͤret ſo lange er lebet / Syr. 42 / 14. und faͤnget ſichSyr. 42, 14. alsbald mit ſeinem Leben an. Denn GOtt der HErꝛ wartet nicht mit dem lieben Creutze / biß das der Men - ſche groß und ſtarck wird / das ers deſto fuͤglicher tauren /auß -16Chriſtlicheaußſtehen und ertragen koͤnne / ſondern es faͤnget ſich das Leiden an / alsbald in der Geburth / ja noch wohl fuͤr der Geburth / wenn ſie noch unter Muͤtterlichen Hertzen liegen / da ihnen manchmahl ſehr wehe geſchicht /Sap. 7, 3. da mancher auch Weinen ihre erſte ſtimme iſt / Sap. 7 / 3. Was muß der arme Menſch ferner leiden in der Pfle - gung und Wartung / und wie koͤnnen Eltern und Waͤr - terinnen allzeit wiſſen / ob ſie den Kindern mit eſſen und trincken zu viel oder zu wenig thun? ob ſie ihnen daſſelbe zu rechter oder unrechter Zeit geben? Ob ſie auch eben Hunger und Durſt haben / oder nicht? Ob ihnen heiß oder kalt ſey? Ob man ſie recht und ſanffte lege oder nicht? Das alles kan man nicht allemahl wiſſen. Was ſonſten dem Menſchen bey ſeiner Aufferziehung fuͤr al - lerhand Unfaͤlle begegnen / wollen wir anitzo nicht be -Pſ. 34, 20. ruͤhren / es bleibt darbey / was David Pſal. 34 / 20. auß - ſaget: Der Gerechte muß viel leiden / it. was Paulus2. Tim. 2, 4. ſchreibet 2. Tim. 2. v. 4. Wir ſind darzu geſetzt das wir Truͤbſall haben / wir muͤſſen uns leiden als die guten Streiter JEſu Chriſti. Und eben das haben wir auch zuvor mit der Chriſtlichen Kirche beſeufftzet / da wir geſungen:
Es ſollen aber die Einfaͤltigen hierbey wiſſen / daß der Apoſtel alhier faſt in genere von einer jeden Truͤbſal re - det; Er verſtehet alhier nicht etwa der Gottloſen ſelbſt - gemachte Truͤbſal / die ſie ſich offtmahls muthwillig uͤber ihren eignen Hals ziehen / das ſie nach dem Pſ. 32 /Pſal. 32, 10. 10. viel Plage haben; wie etwa Moͤrder / Diebe Ehebre - cher / Saͤuffer / und dergleichen boͤſe Volck thut; oder wie die Baals-Pfaffen zu Eliæ zeiten / welche ſich mit Maͤſſern und Pfriemen ſchmertzlich ritzten / biß das Blut jaͤmmerlich hernach gieng / 1. Reg. 18 / 28. welchen1. Reg. 18. 2[8] die Geißler-Moͤnche im Pabſtthum heut zu Tage nach - folgen / in Hoffnung Vergebung der Suͤnden / und das ewige Leben durch ſolche Pein und Leiden zu erlangen. Sondern er redet alhier von der jenigen Truͤbſal / die GOtt der HErꝛ denen Seinigen auß vaͤterlicher Wohl - meinung zuſchickt / es ſey nun am Leibe oder Gemuͤthe / Haab oder Gute / Bluts - oder Muths-Freunden / und ruͤhre her wo es wolle. Von dieſer Truͤbſal ſagt nun Paulus das ſie ſey 1. παραυτίκα, zeitlich / h. e. geſchwinde[I.] uͤberhin gehe / und nicht lange verziehe oder ſich auffhal - te. Wie man etwa den Tageloͤhnern ihrem Lohn nicht lange ſol fuͤrhalten / ſondern ihnen denſelben bald geben. Wie in ſolcher Meinung der alte Tobias in ſeinem Te - ſtamente das Woͤrtlein brauchet / da er zu ſeinem Sohne ſagt: Wer dir arbeitet / ἀπόδος παραυτίκα ἀυτῶ, dem bezah - le oder gieb ſeinen Lohn bald / Tob. 4 / 15. Und wird dasTob. 4,[15]. Woͤrtlein παραυτίκα gebraucht von allem was ſchnelle / ge -Cſchwin -18Chriſtlicheſchwinde / behaͤnde und haſtig iſt. Und wenn David un - ſere Truͤbſal nach der Laͤnge und taure beſchreiben wil / ſo ſagt er: Sie waͤre nicht laͤnger denn einen Abend / denPſal. 30, 6. Pſ. 54, 7. Abend lang waͤret das Weinen / aber ꝛc. Pſal. 30 / 6. noch kurtzer aber beſchreibet ſie GOtt der HErꝛ / Eſ. 54 / 7. da Er unſere Truͤbſal und Leiden nur einen Augen - blick / und zwar einen kleinen Augenblick nennet / wann er ſaget: Jch habe dich einen kleinen Augenblick verlaſ - ſen / aber mit groſſer Barmhertzigkeit wil ich dich ſam - len. Jch habe mein Angeſicht im Augenblick des Zorns ein wenig fuͤr dir verborgen / aber ꝛc. Denn wie von der Gottloſen ohnziemlichen Luſt recht geſagt wird: Mo - mentaneum quod delectat, æternum quod cruciat: Alſo kan man von der Glaͤubigen Truͤbſal hingegen ſagen: Momentaneum quod cruciat æternum quod delectat. Wie wir unten von ſolcher ewigen Ergoͤtzung und Herꝛ -2[.] ligkeit hoͤren werden. 2. Sagt Paulus von unſerer Truͤbſal / daß ſie ſey ἐλαφρὸν, h. e. κουφον oder leichte / ſo man gar leichtlich ertragen koͤnne. Eben wie auch der HErꝛMatth. 11, 30. JEſus Matth. 11 / 30. hiervon redet / da Er ſaget: τὸ φορτίον μου ἐλαφρὸν ἐστι. Meine Laſt iſt leicht. Daher wird auch beym Dioſcoride das Feuer tituliret ἐλαφρὸν πῦρ, ein leichtes Feuer / weil es / wie alle leichte Dinge / uͤber ſich ſteiget / und nicht zu Boden faͤllet / wie Steine / Waſſer und andere dergleichen Dinge. Wie denn diß Woͤrtlein auch gebraucht wird von einem geringen Wort-Strei -Exod. 18, 22. te / der gar leichtlich beygeleget werden kan / Exod. 22. Und wollen etliche / daß das Woͤrtlein ἐλαφρὸς herkomme von ἔλαφος, welches ein Hirſch oder Rehe heiſt. Wie nun dieſe Thiere uͤber auß ſchnelle und geſchwinde ſind / daß ſie in einem Huy uͤber Berg und Thal dahin ſtrei -chen /19Leich-Predigt. chen / und ſich geſchwinde auß unſern Augen verlieren; Alſo wil Paulus von unſerer Truͤbſal auch ſagen / das ſie ſchnell uͤberhin ſtreiche / und nicht lange Fueß halte; Wie den Hiob Cap. 7 / 6. dis Woͤrtlein auch gar foͤrm -Job. 7, 6. lich von ſeiner Lebens-Zeit brauchet / da er ſaget: Meine Tage ſind leichter ἐλαφρότερος, dahin geflogen denn eine Weber Spule / & Cap. 9 / 25. βίοςμου ἐσὶν ἐλαφρότερος ϑρο -c. 9, 25. μέως; Mein Leben oder meine Tage ſind ſchneller gewe - ſen / denn ein Laͤuffer. Sehet ſo leichte und ſuͤſſe kan uns Paulus die zeitliche Truͤbſal machen; Welches auch der H. Aug. thut / da er im Pſal. 60. alſo ſchreibet: AliaAug. in Pſ. 60. ſarcina aggravat te, Chriſti ſarcina ſublevat te, aliud pon - dus onus, Chriſti pondus pennas habet. Andere Laſten und Beſchwerungen druͤcken dich / aber Chriſti Laſt er - hebet dich; Andere Laſten ſind ſchwer wie Bley / aber Chriſti Laſt iſt leichte wie eine Pflaum-Feder. Drumb mercket alhier / Jhr Kinder Gottes / wie und wofuͤr ihr eure Truͤbſall ſolt anſehen und halten / nehmlich fuͤr ein geſchwinde und leichte Werck / das nicht alleine leicht zu ertragen / ſondern auch / wie etwa ein truͤbes Woͤlcklein / gar bloͤtzlich uͤber hin gehet. Ja moͤchte manches hier einwenden: ſoll das ein kleines und leichtes ſeyn / ſoll das geſchwinde uͤber hin heiſſen? So und ſo viel Zeit hats gleichwohl mit mir gewaͤret / ſo viel Jahre hab ich gleichwohl in meinem Kummer und Elende zugebracht / es iſt das liebe Creutze / traun / nicht ſo leichte / als man darvon redet. Aber hoͤre / ſolte deine Truͤbſal gleich 12. Jahr waͤren / wie des Blutfluͤſſigen Weibleins / Matth. 9 / 20. oder 13. Jahr / wie des lieben Joſephs / Gen. 37.Matth. 9, 20. Gen. 37. & 19. und 39. oder 18. Jahr / wie jenes Weibes / Luc. 13 / 11. oderLuc. 13, 11. auch 38. Jahr / wie jenes ohngluͤckſel. Bettrieſens /C 2Joh.20ChriſtlicheJoh. 5, 5.Joh. 5 / 5. oder auch uͤber 40. Jahr / wie jenes Lahmge -Act. 3, 2. & 4, 22. bohrnen Kruͤpels / Act. 3 / 2. & 4 / 22. oder auch uͤber 60. Gen. 27.Jahr wie des Jſaacs Blindheit / Gen. 27. oder auch gar die gantze Zeit deines Lebens / ſo iſt doch alles ſolches Creutze nur fuͤr ein kurtzes und leichtes zu achten / und1. zwar 1. in Anſehung dieſes zeitlichen Lebens. DannJac. 4, 14. was iſt unſer Leben? Ein Dampff / Jac. 4 / 14. Wie lange waͤret der nun? Traun eine kurtze Zeit. DavidPſal. 39, 7. hat das Werck auch klaͤglich abgemeſſen / wann er Pſal. 39 / 7. ſagt: Siehe meine Tage ſind einer Hand breit bey dir / und mein Leben iſt wie nichts fuͤr dir. Jſt nun das menſchliche Leben ſo ein kurtzes und leichtes Weſen / ſo kan man auch leichte die Rechnung machen / daß das Creutze ſehr kurtz und leichte ſeyn muß. Wiewohl auch noch uͤber diß durch manche froͤliche Stunde / Jtem durch den Schlaff / damit der Menſch faſt den dritten Theil ſeines Lebens hinbringet / die zeitliche Truͤbſal2. umb ein merckliches verkuͤrtzet wird. 2. Jn Anſehung der ewigen Truͤbſall und Leidens / ſo die Verdambten in Ewigkeit werden außſtehen muͤſſen / denn da wird der Rauch ihrer Quaal von Ewigkeit zu Ewigkeit auff -Apoc. 14, 11. ſteigen / Apoc. 14 / 11. Jhr Wurm wird nicht ſterben /〈…〉〈…〉Ea. 66, 24 Marc. 9, 44. und ihr Feuer wird nicht verloͤſchen / Eſ. 66 / 24. Marc. 9 / 44. Und ob ſie ſchon den Todt werden ſuchen / ſo wer - den ſie ihn doch nicht finden / ob ſie ſchon werden begeh - ren zu ſterben / ſo wird doch der Todt von ihnen fliehen /Apoc. 9, 6. 3. Apoc. 9 / 6. 3. Wenn wirs ſolten gegen das ſchwere und mannigfalte Leiden JEſu Chriſti halten; ach was dein Heyland außgeſtanden / das iſt mit keiner Zunge außzuſprechen / noch mit eintziger Feder zu beſchreiben; Gehe nur in den Oelgarten / da wirſt du ſehen daß diralle21Leich-Predigt. alle Haare werden zu Berge ſtehen / du wirſt hoͤren daß dir das Hertz im Leibe wird erkalten / wenn dein liebſter Heyland anhebt zu klagen: Meine Seele iſt betruͤbt biß in den Tod / Matth. 26 / 38. Wenn die Evangeliſten be -Matth. 26, 38. zeugen / daß er habe angefangen zu trauren / zu zittern / und zu zagen / ja das Er fuͤr lauterer Furcht und Todes - Angſt Blutigen Schweiß geſchwitzet / Luc. 22 / 44. Wel -Luc. 22, 44. ches ein Wehe uͤber alles Wehe / A[n]gſt uͤber alle Aeng - ſte / Schmertzen uͤber alle Schmertzen / ja uͤber alles Engliſche und Menſchliche Vermoͤgen geweſen. Ha - ben nicht die Pfluͤger auff ſeinem Ruͤcken geackert / und ihre Forche lang gezogen? Pſal. 129 / 3. Hats nicht Pi -Pſal. 129, 3. lato ſelbſt gejammert / da Er nach außgeſtandenen blu - tigen Geißlung auff ihn gezeiget / und gegen die bluti - duͤrſtigen Juden geſagt: Sehet welch ein Menſch! Joh.Joh. 19, 5. 19 / 5. Und hat ſich der Schmertzens Mann / wie ihn Eſa. 53 / 3. nennet / deßwegen uͤber ſeinen JſraelitiſchenEſa. 53, 3. Vater beklagt / und geſaget: Mein GOtt / mein GOtt / warumb haſtu mich verlaſſen? Matth. 27 / 46. WasMatth. 27, 46. iſt nun deine Noth / deine Truͤbſal? Wenn du es mit Chriſti Leiden wolteſt abwegen / wuͤrde es gegen einan - der ſeyn / wie ein Pflaum-Federlein gegen einem Cent - ner Bley / wie ein kleines Sonnenſtaͤublein gegen einen groſſen Sand-Berg / und wie ein troͤpfflein Waſſer ge - gen dem groſſe[n]Mittel-Meere der Welt; Darumb mag ja keiner auß Ungedult dem theuren Apoſtel alhier widerſprechen / als welcher unſere Truͤbſal nach dem er ſie abgewogen / gantz zeitlich und leicht befunden / und zwar vorauß / da er auff die andere Wageſchale geleget und entgegen gehalten.
C 3II. Der22ChriſtlicheDer ewigen Freude und Herꝛligkeit uͤber - ſchwengliche Wichtigkeit / (welches das 2. iſt / ſo wir an der Apoſtoliſchen Glaubens-Wage zu beſehen ha - ben) davon ſtehet nun im Texte: Schaffet eine ewi - ge und uͤber alle maß wichtige Herꝛligkeit / ꝛc. Mit dem Woͤrtlein Herꝛligkeit wil Paulus den gantzen Zuſtand jenes ſeligen Lebens beſchreiben / und braucht auch Petrus eben diß Wort von dem heiligen Freuden -1. Pet. 5, 10. Leben / wann Er 1. Ep. 5 / 10. alſo ſchreibet: Der GOtt aller Gnaden hat uns beruffen zu ſeiner ewigen Herꝛ - ligkeit in Chriſto JEſu. Ja der Sohn Gottes ſelbſtLuc. 24, 26. braucht diß Woͤrtlein Luc. 24 / 26. Muſte nicht Chri - ſtus ſolches leiden / und zu ſeiner Herꝛligkeit eingehen? Wenn einer ſonſt vermeinte die Glori und Herꝛligkeit des ewigen Lebens gnugſam zu beſchreiben / der thaͤte eben als wenn er den hohen Himmel umbſpannen / das groſſe Mittel-Meer der Welt in ein Graͤblein faͤllen / oder die groſſe Erd-Kugel in ein enges Kaͤſtlein ver - ſchlieſſen wolte; denn dieſe Herꝛligkeit / iſt viel zu hoch / und nicht zu erſteigen / viel zu weit und nicht zu begreif -Aug. fen / viel zu tieff und nicht zu ergruͤnden. Daher Augu - ſtinus gar nachdencklich hiervon ſetzet: Die Welt mag wuͤten und toben / mit Zungen ſchaͤnden und laͤſtern / mit Waffen und Wehren trohen / mit Gebehrden ſchnau - ben und ergrimmen / dieſes alles iſt nichts zu rechnen gegen der zukuͤnfftigen Herꝛligkeit; Jch uͤberlege und waͤge dieſes ſo ich ſehe / mit dem das ich hoffe; Und ob ich gleich fuͤhle was ich leide / und nicht ſehe was ich hoffe / ſo iſt doch das jenige / welches ich hoffe / weit uͤber -ſchwenck -23Leich-Predigt. ſchwencklicher als das jenige / welches ich fuͤhle und leide. Und Bernh. ſchreibet: Præmia cœleſtia ſunt tam magna,Bernhardus. ut non poſſint menſurari, tam multa, ut non poſſint nu - merari, tam copioſa, ut non poſſint terminari, tam pre - tioſa, ut non poſſint æſtimati. Die himmliſchen Beloh - nungen ſind ſo groß / daß ſie nicht koͤnnen gemeſſen / ſo viel / daß ſie nicht koͤnnen gezehlet / ſo uͤberſluͤſſig / das ſie nicht koͤnnen beniemet / und ſo koſtbar / das ſie nicht ge - ſchaͤtzet werden. Darumb weiß auch Panlus al[hi]er nicht Worte gnug zu finden / damit er ſie nach Wuͤrden moͤchte herauß ſtreichen / und ſetzt〈…〉〈…〉 ϑ᾽ ὑπ〈…〉〈…〉 ρβολ〈…〉〈…〉 ν εἰς ὑπ〈…〉〈…〉 ρ - βολὴν ἀιώνων βάρος δόξης. Dergleichen Exceſſiv Rede / wie ſie Herꝛ D. Hulſem. p. m. in einer Leich-Predigt eins - mahls genant / in der gantzen Bibel / ja auch bey keinen profan ſcribenten, die doch manchmahl ziemliche exag - gerationes pflegen zu gebrauchen / und die Barthe / ut di - ci ſolet, eben weit werffen / nicht leichtlich zu befinden ſeyn. Denn ob ſchon das Woͤrtlein ὑϖερβολὴ in die ſieben - mahl im[N] euen Teſtament gefunden wird / ſo ſtehets doch an den andern ſechs Orten nur einfach / und nicht doppelt wie hier / als Rom. 7. v. 13. da es Paulus vonRom. 7, 13. der Suͤnde gebraucht / aber / wie gedacht nur halb und einfach / Jtem 2. Cor. 12 / 7. braucht ers von ſeiner him̃ -2. Cor. 12, 7. lifchen Offenbahrung / und nennet ſie ἀποκάλυψιν καϑ᾽ ὑπερ - λήν, eine hohe Offenbahrung. Alſo nennet er 2. Cor. 1 /2. Cor. 1, 8. 8. ſeine Verfolgung und Truͤbſal von ihrer Hefftigkeit wegen καϑ᾽ ὑϖερβολὴν εβαρήϑημεν, ſie war ſo wichtig / das wir auch nicht ſehrer haͤtten koͤnnen beſchweret werden der andern Oerter wo Paulus dis Wort mehr gebrau - chet / als 1. Cor. 12. v. 13. 2. Cor. 4. 4 / 7. Gal. 1 / 13. an -1. Cor. 12, 13. 2. Cor 4, 7. Gal. 1, 13. Syr. 25, 13. itzo zu geſchweigen. Alſo braucht auch Syr. Cap. 25. v. 13.24Chriſtlichev. 13. φόβος κυρίου ὑπερ πἀντα ὑπερέβαλεν, die Furcht Gottes ge - het uͤber alles / aber gleichwohl braucht ers doch nicht doppelt / wie es hier in unſern Spruͤchlein zu befinden. Und giebt Paulus gnugſam hiermit zu verſtehen / daß er ſelber den Grad und Wuͤrde dieſer Herꝛligkeit nicht wiſſe / noch vollkoͤmmlich beſchreiben koͤnne / ſintemahl doch noch kein Auge geſehen / und kein Ohr gehoͤret hat / und in k[e]ines Menſchen Hertz kommen iſt / das GOtt be -Eſ. 64, 4. 1. Cor. 2, 9. reitet hat denen die ihn lieben / Eſ. 64 / 4. 1. Cor. 2 / 9. Wir wollen aber doch gleichwohl umb der EinfaͤltigenEs beſtehet die uͤber alle maß wichtige Herꝛligkeit willen der Sache ein wenig nachſinnen / und kuͤrtzlich anfuͤhren worinne doch ſolche uͤberauß wichtige Herꝛ - ligkeit beſtehe? Nehmlich 1. Jn der allerſeligſten An -1. Jn der allerſe - ligſten An - ſchauung Gottes. ſchauung GOttes. Denn da werden die Außer - wehlten GOtt ſehen / nicht in Bildern und Figuren / nicht wie jhn Abraham geſehen im Hayn Mambre / Gen. 18 / 1. nicht wie ihn Jacob auff ſeiner Reiſe geſehen /Gen. 18, 1. Cen. 32, 30. Exod. 33, 23. Eph. 8, 1. Ez[e]ch. 1 & 10 Exod. 13, 21. und mit ihm gerungen / Gen. 32 / 30. nicht wie Moſes von hinden nach / Exod. 33 / 23. nicht wie die Propheten Eſaias / Ezechiel und andere mehr geſehen haben / Eſ. 6 / 1. Ezech. 1. & 10. nicht wie die Kinder Jſrael / des Ta - ges in einer Wolcken-Seilen / und des Nachts in einer Feuerſeule / Exod. 13 / 21. nicht in ſeinem Wort und Sa - menten / nicht in ſeinem Wercken und Geſchoͤpffen / auch nicht durch innerliche Eingebung / ſondern von Ange -1. Cor. 13. 12. 1. Joh. 3, 2. Matth. 18, 22. & 22, 30. ſicht zu Angeſicht / 1. Cor. 13 / 12. 1. Joh. 3 / 2. Dann wie die Engel allezeit ſehen das Angeſicht Gottes / Matth. 18 / 22. alſo werden auch wir / die wir den Engeln ſollen gleich werden / Matth. 22 / 30. GOtt in unſern Fleiſche ſehen / und unſere Augen werden ihn ſchauen / wie ſichJob. 19, 27. Hiob. Cap. 19 / 27. hiermit troͤſtet / und uns desgleichenver -25Leich-Predigt. verſichert; daß wird nu freylich eine uͤber alle maß wich - tige Herꝛligkeit ſeyn. Und wann es moͤglich waͤre / das die Verdamten in der Hoͤlle koͤnten das Angeſicht Got - tes ſehen / wuͤrden ſie keine Pein / viel weniger die Schmertzen / am wenigſten aber eintzige Traurigkeit empfinden / ja das Quaal-Hauß wuͤrde ihnen zu einen Luſtgarten / die Marter zu einem Wohl-Leben / und die Hoͤlle zum Paradies werden; Ja wenn es geſchehen koͤnte / das GOtt die Verdamten in der Hoͤlle nicht ſtraffte / ſondern nur ſein Gnaden-Antlitz von ihnen verbirge / ſo waͤre es ihnen viel beſſer das ſie nie geboh - ren waͤren. Ja es ſchreiben die alten Kirchen Lehrer / das die Freude und Wolluſt / welche auß den Anſchauen Gottes entſtehet / ſo groß ſey / das woferne gleich alle und jedwede Wolluͤſte und Freude dieſer Welt ſich zu - gleich in eine eintzige Seele eines Außerwehlten verſam - len ſolte / ſo wuͤrde doch dieſelbe das Anſchauen Gottes dieſem allen fuͤrziehen.
2. Jn voͤlliger Beſitzung aller Guͤter. Hier2. In voͤlliger Beſitzung al - ler Guͤtee. in dieſer Welt mangelts auch offtmahls den Fuͤrnehm - ſten an den noͤthigſten Lebens-Mitteln / als an Abra - ham / Jſaac und Jacob zu ſehen / welche auß Brodt - Mangel in der Philiſter Land nnd in Egypten wandern muͤſſen / Gen. 12 / 10. 26 / 1. 42. & 46. Elimelech muß mitGen. 12. 10. 26, 1. 42. & 46. ſeiner Maëmi auß Brodmangel in der Moabiter Land ſeinen Stab ſetzen / Ruth. 1 / 3. David macht ſich außRuth. 1, 3. Noth uͤber die heiligen Schau-Brod / ſo ſonſt niemande als denen Prieſtern zu eſſen erlaͤubet waren / 1. Sam.1. Sam. 21. 6. 21 / 6. Dergleichen Mangel auch zu Eliæ und Eliſæ Zei - ten fuͤrgangen / 1. Reg. 17. 2. Reg. 4. & 6. anderer Maͤn -1. Reg. 17. 2. Reg. 4. & 6. gel und Duͤrfftigkeiten anitzo zu geſchweigen. Aber imDewigen22[26]Chriſtlicheewigen Leben wird kein Mangel zu ſpuͤren ſeyn. Denn was nur nuͤtze und lieblich ſeyn wird / das wird vorhan - den ſeyn; Denn wo GOtt iſt / da kan nichts mangeln / weil der da iſt / bey welchen alles iſt.
3. Das ſie mit GOtt zur Taffel ſitzen werden.3. Das ſie mit GOtt zur Taffel ſitzen werden. Bey groſſen Herꝛen heiſts heutiges Tages auffwarten / wenn einer von Adel / oder ſonſt ein vornehmer Hoff - Mann mit zu Taffel ſitzet / und der Tractamenten gleich - wohl ſo gut und offtmahls uͤberfluͤſſiger geneuſt / als der Herꝛ dem Er dienet. Alſo werden die Außerwehlten auch bey ihren Ampts-Verꝛichtungen / damit ſie GOtt auffwarten und dienen / gleichwohl zur Taffel des groſ - ſen Gottes gezogen werden / und mit Abraham / Jſaa[c]Matth. 8, 11. Luc. 13. 29. & 14, 15.und Jacob im Himmelreich zu Tiſche ſitzen / Matth. 8 / 11. Luc. 13 / 29. & 14 / 15. und werden das Brod un Him - melreich eſſen. So ſich nun Haman uͤberauß viel wuſte damit / daß Er zu der Koͤnigin Eſter Taffel erfordertEſth. 5, 12. & 7, 10. war / Eſt. 5 / 12. wiewohl ſolche Koͤnigliche Mahlzeit ihm noch uͤbeler bekam als dem Hunde das Graß / ſintemahl er den Striek dran fraß / wie in folgenden Cap. 7 / 10. zu erſehen / wie viel herꝛlicher wird die Ehre der Außerwehl - ten ſeyn / wenn ſie mit dem Himmels-Koͤnige werden das Mahl halten; Gegen welches herꝛliches Mahl alle Kaͤy - ſerliche und Koͤnigliche Panquete / wenn ſie auch gleich ſolten koſtbahrer ſeyn als der Cleopatræ, anders nichts zu rechnen als dort das Sau-Panquet des verlohrnen Sohns / als derſelbige ſeinen hungrigen Magen mitLuc. 15, 16. Eſth. 1, 5, 6, 7. Trebern außfuͤllen und abſpeiſen muſte / Luc. 15 / 16. Bey des Koͤnigs Ahaſveri Wohlleben / davon Eſt. 1 / 5 / 6. & 7. zu leſen / gieng es zwar ſehr praͤchtig zu / es wurde in Koͤniglichen Garten gehalten / daſelbſt hiengen weiſſe /rothe27Leich-Predigt. rothe und gelbe Tůcher mit Leinen und Scharlachen Seyden gefaſſet in ſilbern Ringen und Marmel-Seu - len. Die Baͤncke waren guͤlden und ſilbern / auff Pfla - ſter von gruͤnen / weiſſen / gelen / und ſchwartzen Mar - mel gemacht / und die Getraͤncke trug man in guͤldenen Gefaͤſſen / und immer andern und andern Gefaͤſſen / und Koͤniglichen Wein die Menge / wie denn der Koͤnig ver - mochte. Die Augen wurden geweidet mit dem koſtbah - ren Vorꝛath des gantzen Hofes / mit der Ordnung der Diener / die auff unterſchiedliche aber doch praͤchtige Art werden ſeyn bekleidet geweſen. Die Ohren wur - den beluſtiget mit dem faſt Engliſchen Geſang der Mu - ſicanten und faſt himmliſchen Klang der Inſtrumon - ten. Der Geruch wurde erquicket von den Anluffter - lein / welches die gemachten Winde von dem Balſam der Roſen und Blumen / von den Salben der Spece - reyen / und von dem zugerichteten Waſſern daher we - heten. Der Geſchmack wurde angemahnet von den Ge - wuͤrtzen / mit welchen man die ohne das herꝛlichſten Speiſen bereitet und geſpicket / und von den edlen Wein / welchen man von allen Orten zugefuͤhret und eingele - get hatte. Die Empfindligkeit wurde beruͤhret von den ſeidenen Kuͤſſen und Polſtern / von den Babyloni - ſchen Tapezereyen / und von den Sidoniſchen Gewe - ben. Aber dort wird die himmliſche Mahlzeit gehalten im Garten des Paradiſes / der iſt nicht umbhaͤnget mit ſeidenen Tuͤchern / ſondern mit der Klarheit des HErꝛn Zebaoth erfuͤllet / dieſelbe ruhet nicht auff Marmel - Seulen / ſondern auff den wohlgezierten Grund von GOtt auß unerforſchlicher weiſe geleget / und zum aller - ſchoͤnſten gezieret. Es wird nicht in guͤldenen GefaͤſſenD 2Wein28ChriſtlicheWein umbgetragen / ſondern die edlen Waſſer des Le - bens werden voll eingeſchenckt; Nichts wird geſpeiſet denn lauter Freude / lauter Wonne / lauter Friede / lau - ter Troſt / lauter Liebe / lauter Ergoͤtzligkeit; Da ſitzen die Außerwehlten unter den Schatten / des ſie begehren /cant. 2, 3. und ſeine Frucht iſt ihrer Kaͤhle ſuͤß / Cant. 2 / 3. Denn auff die allerſuͤſſeſten Speiſen in dieſer Welt gegen dem Wohlleben des Paradieſes eygendlich darvon zu reden / nur bittere Schalen und ſtinckende Abſchnitte ſind. Denn ſo die jrꝛdiſche Beluſtigung dieſer Welt / die Auß - guͤſſe der Natur / die Hefen der Erden / die ungeſtalten Gewuͤrme / und andere zahme und wilde Thiere / ſo theils mit garſtigen Unflath und andern abſcheulichen Sachen ſich ernehren / unſerm Geſchmack ſehr angeneh - me ſind / was wolten wir nicht ſagen von dem ewigen unzergaͤnglichen Wohlluͤſten und Ergoͤtzligkeiten des himmliſchen Abendmahls. Darumb ſelig ſind / die zuApoc. 19, 9. dem Abendmahl des Lams beruffen ſind / Apoc. 19 / 9.
4. Jn der immer weh[r]en[den]luft und lu[ftigen]Liebligkeit de[r]himmliſchen Wohnung.4. Jn der immerwaͤrenden Luſt und luſtigen Liebligkeit der himmliſchen Wohnung. Hier giebts zwar auch manchen luſtigen Ort / manche froͤliche Stunde / aber es hat keinen Beſtand / und wird ſolche Freude und Liebligkeit gar oͤffters allzugeſchwinde ver - ſaltzen und verſtoͤret / bald durch eine oder die andere Widerwertigkeit / wie es mit des Hiobs Kindern ihrenJob. 1, 19. Wohlleben ſo ſchlecht ablieff / Cap. 1 / 19. Bald auch durch die Abwechſelung der Zeit; denn in Winter wird manche Luſt verderbet durch die grauſame Kaͤlte; im Fruͤhling durch die ſchlakrige und ungeſunde Lufft; im Sommer durch die uͤbrige Hitze; im Herbſt durch dieentſte -29Leich-Predigt. entſtehende Kranckheiten. Aber dort wird die Luſt und Freude ewig waͤren / und nimmermehr turbiret und zer - ſtoͤret werden / da wird Saſón veſimchá jaſsígu, Freude und Wonne ſie ergreiffen / Eſa. 35 / 10. und ſolche Freu -Eſa. 35. 10. de wird niemand von ihnen nehmen koͤnnen / Johan. Joh. 16, 22.16 / 22.
5. Jn der gaͤntzlichen Uberwindung aller5. In der gaͤntz - lichen Uber - windung al - ler Feinde. Feinde. Hier in dieſer Welt muß der arme Menſche immer im Streite ſeyn / Job. 7 / 1. da ſetzts inwendig Furcht / außwendig Streit / 2. Cor. 7 / 5. Und habenJob. 7, 1. wir nicht nur mit Fleiſch und Blut zu kaͤmpffen / ſon -2. Cor. 7, 5. dern mit den Fuͤrſten und Gewaltigen / mit dem Herꝛn dieſer Welt / Eph. 6 / 12. das dannenhero Kaͤyſer L. Sept.Eph. 6, 12. Severus Pertinax nicht unfuͤglich zu ſeinen Symbolo ge - fuͤhret das Woͤrtlein Militemus! Und wie Daniel unter den grimmigen Loͤwen / Dan. 6. alſo ſitzen wir unterDan. 6. den leidigen Teuffeln / die ihre feurigen Rachen auff - ſperꝛen uns zu verſchlingen; aber dort ſind wir ſolches Feindes frey und loß / die Feſtung iſt ihm zu hoch / er iſt einmahl herauß geworffen / Apoc. 12 / 12. und wird ſie nimmermehr wieder erſteigen. Befreyet werden wirVid. Luth. Tom. 8. Wie fol. 406. auch ſeyn von des Satans Braut der gottloſen Welt und dero Ergernuͤſſen / welche nicht beſſer kan verglichen werden / als mit einer liſtigen und frechen Huhre / die ei - nen albern und naͤrꝛiſchen Juͤngling zur Schlachtbanck fuͤhret / Prov. 7 / 7 / 8. ꝛc. Da denn mancher dermaſſenProv. 7. 7, 8. &c. von ihr verfuͤhret wird / daß er zu letzt die Haͤnde uͤber den Kopff zuſammen ſchlaͤgt / das es an ein Klagen und Zagen gehet / und man alſo freylich in der Welt nichts als Angſt zu hoffen hat / Joh. 16 / 33. Aber dort muß ſieJoh. 16, 33.D 3die30Chriſtlichedie Außerwehlten wohl unverfuͤhret und unbetruͤbet laſſen. Befreyet werden wir auch ſeyn von dem argen Fleiſch und Blute / und der reitzenden Luſt / wider wel - che ein neugebohrner Chriſt immer zu Felde liegen muß. Und gleich wie im Leibe der frommen Rebecca die zwo Zwillinge Eſau und Jacob / ſich mit einander ge -Gen. 25, 22. ſtoſſen / Gen. 25 / 22. alſo ſtreitet auch in den menſchlichen Hertzen das Fleiſch wider den Geiſt / und der Geiſt wi -Gal. 5, 17. der das Fleiſch / Gal. 5 / 17. Von ſolchen Streite / Jam - mer und Ungemach ſind nun die Außerwehlten im ewi - gen Leben befreyet; Ja ſie ſind frey von der Suͤnde und deroſelben Straffe. Summa alle ihre Feinde ſind er - legt / nicht einer kan ihnen ſchaden / ſo groß iſt GOttes Gnade / und die Herꝛligkeit des ewigen Lebens.
6. Jn der aller - gewuͤnſchte - ſten Ruhe.6. Jn der allergewuͤnſchteſten Ruhe. Lieber GOtt! in was ſteter Unruhe / Muͤhe und Arbeit muß der arme Menſche hier leben / ſeine Tage ſind wie einesJob. 7, 1. Tagloͤhners / Job. 7 / 1. Von dergleichen Unruhe und2. Cor. 11, 23. & 27. Arbeit Paulus ein Lied zu ſingen weiß / 2. Cor. 11 / 23. & 27. Und iſt kein Menſche auff dieſer Welt / der nicht von Muͤhe und Unruhe zu ſagen wiſſe; auch die groͤſten Po - tentaten haben auch die groͤſte Sorge und Unruhe; Deßwegen auch der H. Luther den hochſeligen Chur - Fuͤrſt Friedrichen einem Eſel verglichen / weil ihm des gantzen Landes Laſt auffgebuͤrdet waͤre. Darumb auch Kaͤyſer Publ. Ælius Pertinax zu ſeinen Symbolo ge - fuͤhret das Wort Laboremus, und hat manch brutum und unvernuͤnfftiges Vieh in dieſen Stuͤcke weit mehr Gluͤcke / als der arme Menſche. Welches auch Ulyſſis in unvernuͤnfftige Thiere verwandelte Geſellen wohl ver -ſtan -31Leich-Predigt. ſtanden / denn unangeſehen ihnen Ulyſſes die Conver - ſion und Verwandelung wieder angebotten / ſo hat ſie doch nicht geluͤſtet das Menſchliche Leben wieder anzu - treten / und wolten lieber Thiere bleiben als wieder zu Menſchen werden / wie die Sinnreichen Poeten hiervon gedichtet. Und ſolche unſelige Muͤhe hat GOtt den Menſchen Kindern gegeben / daß ſie ſich darinne muͤſ - ſen quaͤlen / Eccleſ. 1 / 13. aber dort kommen ſie mit Laza -Eccl. 1, 13. ro zur ewigen Ruhe / Luc. 16. da ruhen ſie in ihren Kam -Luc. 16. mern / Eſa. 56. v. ult. Denn ſelig ſind die Todten die inEſ. 56. v. ult. dem HErꝛn ſterben / von nun an. Ja der Geiſt ſpricht / das ſie ruhen von ihrer Arbeit / Apoc. 14 / 13. Apoc. 14, 13.
7. Jn den herꝛlichen Eigenſchafften ihrer7. Jn den herꝛli - chen Eigen - ſchafften ihrer Leiber. Leiber / damit ſie von GOtt in jenem Leben werden be - gnadiget werden; welche zu beſchreiben oder zu erzeh - len der heutige Tag viel zu kurtz werden wuͤrde / und doͤrffen wir uns hierinnen uͤber die Zeit nicht auffhalten. Etliche unter den Gelehrten zaͤhlen 10. Eigenſchafften / und lehren / die Leiber der Außerwehlten werden ſeyn 1. Reine ohne alle Suͤnde. 2. Schoͤne ohne alle Flecken. 3. Klare ohne alle Tunckelheit. 4. Glorificirte ohne alle alle Schande. 5. Starcke ohne alle Schwachheit. 6. Vollkommene ohne allen Mangel. 7. Behende ohne alle Laſt. 8. Subtile ohne alle Grobheit. 9. Wa - ckere / ohne allen Schlaff. 10. Unverweßliche ohne allen Schmertzen. Rudolph. Ardens Dom. 1. poſt Pa - ſcha fuͤhret ſiebenerley Eygenſchafften an / welche die Glaͤubigen haben wuͤrden. Die 1. ſey ſubtilitas, das ihre Leiber gantz ſubtil ſeyn werden / welches er dar - thut / weil Chriſtus durch den Grabe-Stein und ver -ſchloſſene32Chriſtlicheſchloſſene Thuͤren gegangen. 2. Velocitas, Geſchwin - digkeit. Wie Chriſtus von Emaus gen Jeruſalem gar bald kommen ſey / auch an viel andere Oerter mehr. 3. Incorruptibilitas, Unverweßligkeit / da werde kein Alter ſeyn / kein Hunger oder Mangel / wie Chriſtus keine Speiſe bedorfft. 4. Fortitudo, Staͤrcke / alſo daß ſie Berge koͤnten verſetzen / welches die H. Engel zuthun vermoͤchten. 5. Pulchritudo, Schoͤnheit / das ſie wer - den leuchten wie die Sonne in des Vaters Reich / Matth. 13 / 43. 6. Voluptas, Wolluſt / daß ihre Sinne mit ewigen Luſt-Stroͤmen erfuͤllet werden. 7. Libertas oder Freyheit / daß ſie nirgend eingeſchloſſen oder gehal -1. Cor. 15, 42, 43, 44. ten ſeyn. Der heilige Apoſtel Paulus beniemet 1. Cor. 15 / 42 / 43 / 44. derſelben 4. und ſagt: Es wird geſaͤet ver - weßlich / und wird aufferſtehen unverweßlich. Es wird geſaͤet in Unehre / und wird aufferſtehen in Herꝛligkeit. Es wird geſaͤet in Schwachheit / und wird aufferſtehen in Krafft. Es wird geſaͤet ein natuͤrlicher Leib / und wirdPhil. 3, 21. aufferſtehen ein geiſtlicher Leib. Zum Philip. 3 / 21. faſt ers noch kuͤrtzer / wenn er bezeuget / das Chriſtus unſern nichtigen Leib verklaͤren werde / daß er aͤhnlich ſey ſei - nem verklaͤrtem Leibe / nach der Wirckung / da er mit kan auch alle Dinge ihm unterthaͤnig machen. UndAuguſtinus. Auguſtinus ſchreibet: Jn jenem Leben wird von unſern Leibern abgeſchafft ſeyn alle Heßligkeit / alle Langſam - keit / alle Schwachheit / alle Verletzligkeit. Die Heß - ligkeit wird abgeſchafft ſeyn durch die Klarheit / die Langſamkeit durch die Behendigkeit / die Schwachheit durch die Geiſtligkeit / die Verletzligkeit durch die Un - ſterbligkeit. Ja ſie werden ſo unverletzlich ſeyn / daß / wann es muͤglich waͤre / daß ſie durch das hoͤlliſche Feuergezogen33Leich-Predigt. gezogen werden / dennoch die Flamme an ihnen gantz nichts verletzen noch verzehren wuͤrde. Und daher kam es daß der Apoſtel Thomas dem HErꝛn Chriſto Joh. 20 / 27. die Finger in die Seite legte / und die Naͤgel -Joh. 20, 27. Mahl wol betaſtete / und doch keine Schmertzen erꝛegte. Von ihrer Klarheit wollen etliche auß den Alten dafuͤr halten / das die Leiber der Außerwehlten ſieben mahl heller ſeyn werden / als anitzo die Sonne iſt. Und das muthmaſſen ſie ex Eſ. 30 / 26. des Mondes Schein wirdEſ. 30, 26. ſeyn wie der Sonnen Schein / und der Sonnen Schein wird ſieben mahl heller ſeyn denn itzt / zu der Zeit wann der HErꝛ den Schaden ſeines Volcks verbinden und ſei - ne Wunden heylen wird. Kurtz davon zu reden / ſo wer - den die Außerwehlten durchleuchtende Leiber haben / wie ein rein Glaß / Cryſtall oder Carbunckel / alſo das alle Adern / alle Nerven / alle Gebeine werden mit den Augen koͤnnen durchſchauet werden. Daher haben ſich etliche unterſtanden zu ſchreiben von der Klarheit der Außerwehlten / daß wann ein eintziger verklaͤrter Leib in dieſe Sterbligkeit auff Erden kommen ſolte / Er den Glantz der Sonnen / und die Fackeln der Sterne ver - dunckeln koͤnte / welches wir aber an ſeinem Orthe be - ruhen laſſen / was ihre Krafft anlanget davon Paulus in oben angezogenen Orte meldet / ſo wird dieſelbe be - ſtaͤtiget Apoc. 2 / 26. da der Sohn Gottes ſaget: WerApoc. 2, 26 uͤberwindet und haͤlt meine Wort biß ans Ende / dem wil ich Macht geben uͤber die Heyden / wie ich von mei - nem Vater empfangen habe. Und in folgenden Cap. 3 / 12. Wer uͤberwindet den wil ich machen zum Pfeiler& 3, 12. in den Tempel meines Gottes. Sehet ſo ſtarck und kraͤfftig ſollen die Außerwehlten ſeyn / daß ſie auch denEPfeilern /34ChriſtlichePfeilern / auff welchen die groͤſten Laſten ruhen / vergli - chen werden. Anshelmus ſchreibt: Daß in den zukuͤnff - tigen ewigen Leben / der Gerechte ſo ſtarck ſeyn werde / daß er / wann er nur wolte / den Erdboden b〈…〉〈…〉 ge / und wie einen Ball von einem Ort zum andern werde w[e]rf - fen koͤnnen: Dargegen die Gottloſen in der Hoͤlle ſo ſchwach / daß ſie auch nicht einen Wurm von ihren Au - gen werden hinweg bringen koͤnnen. Wer mehr von die - ſer Krafft leſen wil / der beſehe H. Luth. uͤber die Epiſtel an die Corinther. Und ſo der Held Simſon in dieſem zeitlichen Leben / ſo ſtarck und maͤchtig war / daß er einen gewaltigen Pallaſt mit ſeinen Haͤnden uͤber einen hauf - fen warff / in welchem die Philiſter ihr Freuden-FeſtJud. 16, 30. hielten / aber in lami und Trauren außging / Jud. 16 / 30. So iſt die Rechnung leicht zu machen / wie ſtarck und maͤchtig die Leiber der Außerwehlten ſeyn werden. Zu ſolcher Herꝛligkeit gehoͤret nun auch die uͤberauß groſſe Geſchwindigkeit der Außerwehlten Coͤrper / da - von obgedachter Anshelmus: Die H. Außerwehlten werden ſo behaͤnde ſeyn / das wie fertig das Auge von der Erde ſein Geſichte erhebet biß an den Himmel / alſo fertig koͤnten auch ſie aufſteigen von der Erden gen Him - mel / und abſteigen vom Himmel zu der Erden; Ande - rer der Außerwehlten Coͤrper herꝛliche Eygenſchafften mehr itzt zu geſchweigen.
8. Jn der im - merwerenden Ewigkeit.8. Letzlich ſo macht auch ſolche Herꝛligkeit uͤber auß groß und wichtig die immerwerende Ewigkeit. Dann dieſe Herꝛligkeit der Außerwehlten ſoll nicht etwa 10. 20. 30. 100. oder 1000. Jahr / ſondern ewig / ewig waͤren. Dieſer Welt Herꝛligkeit waͤret nicht lange / und verkuͤppt ſich gar leichte / Nebucadnezar war anMacht35Leich-Predigt. Macht und Herꝛligkeit ſo hoch geſtiegen / daß er ſeinen Zepter uͤber alle Koͤnigreiche auff Erden außſtreckte / und dem guͤldenen Haupte verglichen wurde / Dan. 2 /Dan. 2,[38] 38. Aber wie lange tauerte dieſe ſeine Magniſicentz und Herꝛligkeit? Weil ſich ſein Hertze erhub / ward er ſeiner Sinnen beraubet / auß dem Koͤnigreiche verſtoſſen / und in die Wildnuͤß gejaget / da er bey den wilden Thieren das Graß auff dem Felde eſſen / und unter dem Tau des Himmels liegen muſte / biß das ſeine Haare wurden wie Adlers Federn / und ſeine Naͤgel wie Adlers Klauen / Dan. 4 / 36. Demetrius Galereus ward vom Gluͤck zuDan. 4, 36. groſſer Herꝛligkeit erhoben / das ihn die Athenienſer in - nerhalb Jahres friſt 360. Ehrenſeulen haben ſetzen laſ - ſen / aber ſo hoch ihn das Gluͤck erhub / ſo tieff warffs ihn wieder herunter; Denn in ſeinem Abweſen ward der Stab uͤber ihn gebrochen / des Todes Urthel gefaͤl - let / und alle ſeine Ehren-Seulen niedergeriſſen und zer - ſchlagen. Diog. Laert. in vit. Philoſ. l. 2. des Hamans /Vid. Beye〈…〉〈…〉 ling in Opere Chronolog, ad an. 1601. Garaſſum Doct. cur. l. 4 max. 4. 〈…〉〈…〉. 7. Belliſarii, item des Marſchalcks d’ Anctu und Duc de Guiſe in Franckreich / des Graffen de Esſec und Thomæ Volſei in Engeland / Johann Barnefelds Wittens / item anderer in Holland anitzo zu geſchweigen. Aber dort wird die Freude und Herꝛligkeit ewig waͤren / Eſ. Eſ. 35, 10, 65, 18.35 / 10. & 65 / 18. Joh. 16 / 22. darumb es auch Petrus ei -Joh. 16. 22. ne ewige Herꝛligkeit nennet / 1. Ep. 5 / 10. So ſehet nun1. Pet. 〈…〉〈…〉10. ihr Kinder Gottes / ob auch auff den gantzen Erdboden eine ſolche Herꝛligkeit zu finden ſey / ob jrꝛgend ein Reich ſey / daß mit dieſen Reiche der ewigen Herꝛligkeit koͤnne verglichen werden? Welcher Potentate hat ſolche Macht / ſolche Herꝛligkeit? traua keiner! denn da iſt kein Potentate mit Dario ſo hoch / das er nicht von ei -E 2nem36Chriſtlichenem Alexandro koͤnne erniedriget werden / kein Koͤnig mit Cræſo ſo reich / daß er nicht koͤnne von Cyro berau - bet werden / kein Bajazeth ſo maͤchtig / das er nicht vom Tamerlane koͤnte gefangen werden / kein Mauritius ſo ſi - cher / das er nicht von Phœa koͤnte hingerichtet werden / kein Haman ſo hoch geehret / daß er nicht durch die EſtherEſth. 7, 10. koͤnte an Galgen gebracht werden / Eſth. 7 / 10. Aber die Außerwehlten werden wol ſicher bleiben / ihr Reich werden auch die Pforten der Hoͤllen nicht uͤberwaͤlti -Matth. 16, 18. gen / Matth. 16 / 18. Wer nun dieſe bißher erzehlte Staͤrcke recht bedencket / der muß mit dem Apoſtel Pau - lo gaͤntzlich dafuͤr halten / daß dieſer Zeit Leiden der Herꝛ - ligkeit nicht werth ſey / die an uns ſoll offenbahret wer -Rom. 8, 18. den / Rom. 8 / 18. und kan ſein Hertze deſto leichter mit Gedult faſſen. Die Portugiſen haben vor dieſen vonVide Meyſart. himl. Jeruſa - lem parte 2. f. 257. ihrer edlen Stadt Lisbona ein Sprichwort gehabt und geſagt: Wen GOtt lieb habe dem gebe er ein Hauß da - ſelbſt / und das taͤgliche Brod. Worauß ſo viel erſchei - net / das Lisbona vor Zeiten eine freudenreiche Stadt geweſen / und in groſſen Freyheiten geſeſſen ſey / welche aber mit dem folgenden Jahren auffgehoben. Aber was iſt dieſe Stadt gegen die him̃liſche Freuden-Stadt der Außerwehlten zu rechnen / darinne die Außerwehlte Buͤrgerſchafft wegen ohnzahligen Freyheiten ohne En - de jubiliret. Denn daſelbſt iſt die Geſundheit ohne Schwachheit / die Jugend ohne das Alter / die Unver - letzligkeit ohne Tod / die Schoͤnheit ohne Ungeſtalt / die Freyheit ohne Zwang und dienſtbarkeit / der Friede oh - ne Beleydigung / die Sicherheit ohne Furcht / die Satt - ſamkeit ohne Hunger und Eckel / der Uberfluß ohne Ar - muth und Duͤrfftigkeit / die Erkantnuͤß ohne Irꝛthumund37Leich-Predigt. und Unwiſſenheit / die Glori ohne Schmach und Ver - achtung / die Freude ohne Schmertzen und Traurigkeit. Hierbey muͤſſen wir nun umb der Einfaͤltigen willen nicht mit Stillſchweigen uͤbergehen das Woͤrtlein κατερ - γάζεται, welches in unſern Texte zu befinden / und auff Teutſch mit dem Woͤrtlein Schaffet gegeben worden / daß ſolches nicht auff Paͤbſtiſche Meinung zu verſte - hen / als koͤnten wir durch unſere Truͤbſal den Himmel erwerben / und GOtt abverdienen / wie etwan Bellarm.Bellarm. l. 4, de Inſt. c. 7. Becan in Ma - nual Contr. l. 1. c. 18. quæſt. 2. n. 1. p. 460. l. 4. de Inſt. c. 7. It. Becanus in Manual. Controv. l. 1. c. 18. quæſt. 2. n. 1. pag. 460. hierauß erzwingen wollen! Juſtos bene operando mereri vitam æternam. Nein / nein / es iſt mit unſern Thun verlohren / verdienen nichts als eitel Zorn. Und Paulus ſagt ja klar / wie wir oben albereit gehoͤret haben / daß dieſer Zeit Leiden der Herꝛligkeit nicht werth ſey / die an uns ſoll offenbart werden / Rom. Rom. 8, 18.8 / 18. Und redet demnach Paulus hier nicht de cauſâ ſ. inſtrumento, von der wirckenden Urſache / oder von dem Inſtrumento und Mittel der ewigen Herꝛligkeit / ſondern de via, von dem Wege darauff man zu ſolcher Herꝛlig - keit gelangẽ kan / nemlich nicht durch Pancketirẽ / ſondern durch den Creutz-Weg / daß wir durch viel Truͤbſall in das Reich Gottes muͤſſen eingehen / Act. 14 / 22. DennAct. 14, 22. wenn wir die zeitliche Truͤbſall haben außgeſtanden / und haben die Anfechtung erduldet / Jac. 1 / 22. WennJac. 1, 22. wir biß ans Ende beharret / Matth. 10 / 22. Marc. 13 / 13.Matth. 10, 22. und biß an den Todt ſeyn getreue geweſen Apoc. 2 / 10. ſoMarc. 13, 13. wil GOtt die Herꝛligkeit und die Krohne des LebensApoc. 2, 10. darauff geben. Aber laſt uns fortfahren und nun mit wenigen auch beſehen
Der Candidaten, ſo zu ſolcher Herꝛligkeit gelangen ſollen / eigendliche Beſchaffenheit. Denn nicht alle und jede Menſchen ſollen zu ſolcher Herꝛligkeit erhaben werden / ſondern nur etliche werden auffwachen zum ewigen Leben / etliche aber zu ewiger Schmach undDan. 12, 2. Schande / Dan. 12 / 2. Der alte Kirchen-Lehrer Orige -Origenes. nes hat fuͤrgegeben / wie in ſeinen Schrifften zu befin - den / daß endlich alle Menſchen zur ewigen Herꝛligkeit gelangen wuͤrden / die auch allbereit eine gute Zeit in der Hoͤlle verpauſiren muͤſſen; Aber das iſt ein ſchrecklicher Jrꝛthumb / und laͤufft klar wider die H. Schrifft / deß - wegen ſich auch dieſer ſonſt beruͤhmte Kirchen-Lehrer trefflich leiden muß / wiewohl etliche in den Gedancken ſtehen / es ſey nicht einmahl Origenis Meinung gewe - ſen / ſondern ſeine mißgoͤnſtigen und Verleumb der haͤt - ten dieſe Lappen in den Purpur Origenis hinein gefli -Franc. Puc - cius. cket. Vor 80. Jahren hat Franciſcus Puccius ein Buch herauß gegeben / darinne er dergleichen Jrꝛthumb an - fuͤhret / und allen Menſchen dieſe Herꝛligkeit zueignet / wenn ſie gleich Chriſtum nicht einmahl erkant / ſondern nur dem Liecht der Natur gefolget. Dergleichen Mei - nung auch viel von den Papiſten und Calviniſten ge - habt / aber dieſes laͤufft unſern Text gantz zu wider; Paulus ſagt alhier: Uns die wir nicht ſehen auff das Sichtbare / ſondern auff das Unſichtbare. Muͤſſen alſo1. offt die Candidaten ſeyn 1. Mundana deſpicientes, daß ſie ſich nicht an den Jrꝛdiſchen und Sichtbaren vergaf - fen / als welches alles vergehet. Die Unſinnige undHirn -39Leich-Predigt. Hirnloſe Weltratzen / die ihren Himmel nur hier ſuchen / kleben an der Erden / ſie preiſen und ruͤhmen zeitliche Wohlfarth; wohl dem Volcke / dem es alſo gehet (ſagen ſie ex Pſal. 144 / 15 / 12 / 13. & 14.) derer Soͤhne auffwach -Pſ. 144, 15, 12, 13, 14. ſen in ihrer Jugend / wie die Pflantzen; und derer Toͤch - ter wie die außgehauenen Ercker / gleich wie die Pal - laͤſte. Und derer Kammern voll ſeyn / die herauß geben koͤnnen einen Vorꝛath nach dem andern / daß ihre Schaaffe tragen tauſend und hunderttauſent / auff ih - ren Doͤrffern. Daß ihre Ochſen viel arbeiten / das kein Schade / kein Verluſt noch Klage auff ihren Gaſſen ſey: Und haben den Vogel lieber den ſie in der Hand haben / als den ſie noch fangen ſollen; Credunt quod vident, was ſie fuͤr Augen ſehen / das glaͤuben ſie / weiter nichts; Aber wie ſie glauben / ſo fahren ſie auch / nehmlich nicht in die ewige Herꝛligkeit / ſondern zu den reichen Manne / Luc. 16. Es muͤſſen die Candidaten ſeyn 2. Cœleſtia ap -Luc. 16, 2. petentes, Himmels ſuͤchtige / die das ſurſum corda pra - cticiren / und ein hertzlich Verlangen nach dem Unſicht - baren haben / die der heylſamen Vermahnung Pauli treulich folgen / und ſuchen was droben iſt / da Chriſtus iſt / Col. 3 / 1. denen ihre Freude iſt / das ſie ſich zu GOttCol. 3, 1. halten / Pſal. 73 / 28. Pſ. 73, 28.
Nun in ſolche Anzahl muͤſſen wir uns auch mit Paulo einſchlieſſen / ſintemahl wir auch des Geiſtes Erſtlinge haben / und der H. Geiſt giebt Zeugnuͤß unſerm Geiſt / das wir Gottes Kinder ſind. Sind wir dann Kinder / ſo ſind wir auch Erben / nehmlich Gottes Erben / und Miterben Chriſti / doch das wir mit leiden / auff das wirRom. 8, 16. & 17. auch mit zur Herꝛligkeit erhaben werden / Rom. 8 / 16. & 17. Wir muͤſſen zum Ende eilen / und zum Beſchluß folgende Lehren mercken und behalten.
Uſ. 1. Wofuͤr zeitli - che Truͤbſall anzuſehen.1. Wofuͤr wir die zeitliche Truͤbſal anſehen ſollen? nehmlich fuͤr ein leichtes; dafuͤr ſiehet ſie Paulus in un - ſerm Texte an. Dafuͤr hat ſie angeſehen Moſes / drumb hat er auch erwehlet / viel lieber mit dem Volck GOttes Ungemach zu leiden / als die zeitliche Ergoͤtzung derEbr. 11, 25. Suͤnden zu haben / Ebr. 11 / 25. Zwar ihrer viel haben dunckele Augen / und koͤnnen nicht durch die finſtern Wolcken der Truͤbſal hindurch ſehen / und die ewige Herꝛligkeit / ſo darhinter ſtickt / erblicken / denn es man - gelt ihnen an den ſcharffſichtigen Glaubens-Augen. Aber wie dort Moſes / ob er gleich ziemlich alt worden / dennoch ſcharffe und helle Augen behalten hatte / daß er von dem Berge Nebo noch gantz Canaan konte be - ſchauen / Deut. 22. & 34. Alſo haben auch alle recht - ſchaffne Kinder Gottes dergleichen ſcharff Geſichte / daß ſie nicht auff das Sichtbare / ſondern auff das Unſicht - hare ſehen / und verſtehen und wiſſen ſchon / was GOttbereitet41Leich-Predigt. bereitet hat denen die ihn lieben / 1. Cor. 2 / 9. Darumb1 Cor. 2, 9. Phil. 1, 2〈…〉〈…〉. iſt auch diß ihr ſehnliches Verlangen / daß ſie auffgeloͤſt moͤchten werden / und bey Chriſto ſeyn / Phil. 1 / 2〈…〉〈…〉. Und
2. Das wir fuͤr der zugeſchickten Truͤbſall nicht2. Fuͤr zettliche Truͤbſall ſoll man nicht er ſchre cken. Rom. 8, 28. ſollen erſchrecken / denn da muͤſſen wir wiſſen / das denen die GOtt lieben / muͤſſen alle Dinge / auch die Truͤbſall / zum beſten dienen / Rom. 8 / 28. Daß Creutz und Truͤb - ſall die rechte Hofe-Farbe der Kinder GOttes ſey / daß / weil ſie GOtt lieb ſeyn / ſie ohne Anfechtung nicht muͤſſen bleiben / auff das ſie bewaͤhrt werden / Tob. 12 / 13. UndTob. 21, 13 das alle die Gottſelig leben wollen in Chriſto JESU / muͤſſen verfolgung leiden / 2. Tim. 3 / 13. Per anguſta ad auguſta! Wer da wil zur Himmels Burg gelangen / der muß ſich fuͤr den Dornigen Creutz-Wege nicht fuͤrch - ten; Und ſo ein Kauffman keine Gefahr ſcheuet / wann er nur die Wahre kan erlangen / darnach er ſtehet / je wie ſolte denn ein Chriſte eintzige Gefahr und Truͤbſal ſcheu - en / weil er dadurch zur ewigen Herꝛligkeit gelangen kan. FNach42ChriſtlicheNachdem die Kinder Jſrael ſich 40. Jahr in der Wuͤ - ſten geduldet / ſo nahmen ſie endlich das Gelobte Land ein. Nachdem David ſich 10. Jahr im Exilio patienti - ret / gelangete er endlich zur Krohne. Nachdem Joſeph 3. Jahr im Kaͤrcker pauſiret / ward er endlich zu mehr als Fuͤrſtlicher Herꝛligkeit erhoben. Alſo wenn wir die Anfechtung großmuͤthig werden erduldet haben / wer - den wir auch in das himmliſche Canaan und zu einer unverwelcklichen Krohne gelangen / und durchleuchtige Himmels Fuͤrſten werden.
3. Das wir uns nach ſolcher Herꝛligkeit ſehnen.Darumb laſt uns nun letzlich und ſchließlich nach ſolcher Herꝛligkeit ernſtlich ſehnen / ich ſage ernſtlich und mit aller Hertzens Begierde. Denn ob gleich ein jeder / wenn er ſolte gefragt werden: Ob er ſich auch nach der himmliſchen Herꝛligkeit ſehnte? lauter Ja ſagen wuͤrde / ſo mangelt doch der Ernſt / und weiſet die That ein an - ders auß; die Wercke verꝛathen das Hertze. Man pfle - get zwar im Sprichworte ſpoͤttiſch zu ſagen: Dieſer ge - dencket an jene Welt / und iſt dieſe noch nicht herumb. Aber wohl dem / der an jene Welt gedencket / der ſich nach dem ewigen Vaterlande ſehnet. Von Anaxagorâ demLaert. de vita Philoſ. l. 2. weiſen Heyden meldet Laert. de vita Philoſ. l. 2. daß / als ihn einer gefragt: Ob er keine Sorge fuͤr das Vater - land traͤge? Er zur Antwort gegeben: Ja freylich tra - ge ich / und zwar groſſe Sorg〈…〉〈…〉 fuͤr daſſelbige; Und zeigte mit den Fingern auff den Himmel / welchen er fuͤr ſein Vaterland hielte; Hat das ein Heyde gethan / was wil uns Chriſten gebuͤhren / die wir gewiß wiſſen / daß unſer πολίτευμα Stadt - oder Buͤrger-Recht und Vaterland imHim -43Leich-Predigt. Himmel iſt / Phil. 3 / 20. Andaͤchtige Chriſten muͤſſen ſichPhil. 3, 20. offtmahls verwundern / woher es doch komme / daß die Weltweiſe Leute fuͤr den zeitlichen Feuer ſich fuͤrchten / und doch fuͤr den ewigen ſich nicht huͤten? Daß ſie nach den zeitlichen Wolluͤſten trachten / und doch an die ewi - gen nicht gedencken? Daß ſie die zeitliche Huͤtte bauen / und die ewige verlaſſen? Wenn man einen unvernuͤnff - tigen Eſel ins Feuer jagen wolte / ſo wuͤrde er ſich ehe er - ſchmeiſſen laſſen / ehe er wuͤrde gutwillig hinein gehen; Aber hingegen findet man viel Menſchen die auß thoͤ - richter Unſinnigkeit ſporenſtreichs in die Hoͤlle lauffen und rennen; Und iſt zu erbarmen / das mancher Men - ſche nicht ſo viel Vernunfft haben ſoll / als ein Eſel. Ein ſaͤugendes Kindlein ſehnet ſich nach der Mutter / ein Stuben-Voͤglein nach der freyen Lufft / ein Laͤmblein nach dem Schaaffe / ein Kuͤchlein nach der Gluck-Hen - ne. Ach ſolten wir uns dann nicht auch nach der himm - liſchen Gluck-Henne ſehnen? Solten wir nicht mir der H. Monica einander zuruffen und ſagen: Evolemus hinc, evolemus hinc! Ach laſt uns dem Himmel zu - ziehen;
Nun ſolchen ewigen Freuden-Lohn wird auch nun - mehro der Seelen nach erlanget haben unſere ſelig Ver - ſtorbene Frau von Dießkau. Denn weil Sie auch ih - rem GOtt allhier gedienet / weil Jhr Hertz auch nach dem Himmel geſtanden / und ſie ihre zugeſchickte Truͤb -F 2ſal /44Chriſtlicheſal / die ihr GOtt viel Jahr her zugeſchickt und aufferle - get / mit aller Gedult vertragen und uͤberwunden / alſo iſt Sie auch nun zum Pfeiler in dem Tempel GOttesApoc. 3, 12. worden / Apoc. 3 / 12. Weil ſie ihrem JEſu getreu gewe - ſen biß an den Todt / ſo hat Sie auch nunmehro die& 2, 10. Krohne des Lebens erlanget / Apoc. 2 / 10. Auff ihre zeit - liche Truͤbſal wird nun auch erfolget ſeyn eine ewige und uͤber alle maſſe wichtige Herꝛligkeit / dann ſie auch nicht auff das Sichtbare / ſondern auff das Unſichtba - re geſehen. Von Dero Hoch Adlichen Ankunfft / Chriſt - lichen und Gottſeligen Wandel / und erwuͤnſchten ſeli - gen Abſchiede auß dieſer Angſtvollen und von Truͤbſal trimmelnden Welt / folgendes zum Beſchluß zu mercken.
Jch ruhe ſanft und ſelig:
WAs dann die Hoch-Adeliche An - kunfft / den Chriſtlich-gefuͤhrten Wandel / und das ſelige Abſter - ben der nunmehr in GOtt ruhen - den Hoch-Edelgebohrnen und Vieltugendſamen Frauen An - nen Suſannen / Gebohrnen und Verwittibten von Dießkau anreichet / So hat dieſelbe auß denen zwey Adelichen Familien derer von Dießkau / und derer von Berlebſch ihren Uhrſprung / von denen das Dießkauiſche Ge - ſchlecht nicht nur ſeithero Anno 1280. in Ertz-Stifft Magdeburg wohl bekand und angeſeſſen geweſen / ſon - dern noch lange Jahr vorhero in den Thurnier-Buͤ - chern ihre Nahmen befindlich / geſtalt dann Friedrich von Dießkau / ſo in den Thurnier zu Braunſchweig Anno 996. und Wolff von Dießkau / ſo auff den Thur - nier zu Goͤttingen Anno 1119. anweſend geweſen / auff - gezeichnet worden; Das Geſchlechte derer von Ber - lebſch aber / ſo anfangs Cernewetzky geheiſſen / hat Anno 1070. ſich auß Maͤhren in das Hertzogthum Luͤneburg / und von dannen in Thuͤringen und Heſſen niedergelaſ - ſen / die dann noch heutiges Tages Erb-Caͤmmerer der Landgraffſchafft Heſſen ſeynd.
Der Selig-Verſtorbenen Frau von Dießkau HerꝛF 3Vater[46]Lebenslauff. Vater iſt der gegenwertige und uͤber dieſen Todesfall ſo hertzlich geliebten Tochter hoͤchſtbetruͤbte Hoch-Edel - gebohrne Herꝛ Hanß von Dießkau / auff Dießkau und Cahnen / hiebevor wohlbeſtelter Haupt-Mann des Ampts Giebichenſtein und jetziger Zeit Director der Ertzſtifftiſchen Magdeburgiſchen Landſchafft des Saal - Creyſes / welchen der grundguͤtige GOtt bey ſeinen ho - hen und nunmehro das 79. Jahr angetretenen Alter / in dieſen ſchweren Creutze kraͤfftiglich troͤſten und ſtaͤr - cken wolle!
Die Frau Mutter iſt geweſen die Hoch-Edelgebor - ne Frau Apollonia von Berleſch / auß dem Hauſe Bodungen / die nach Gottes heiligen Willen ſchon in Anno 1642. den 2. Januarii dieſe Welt geſegnet hat.
Der Groß-Herꝛ Vater Vaͤterlicher Seiten iſt geweſen der Hoch-Edelgebohrne Herꝛ Hieronymus von Dießkaw / auff Dießkau / Gneiß / Canehn und Bendorff / Dreyer Chur-Fuͤrſten zu Brandenburg Hochverdienter geheimter Rath.
Die Groß-Frau Mutter aber die Hoch-Edelge - bohrne Frau Anna Pfluͤginn auß dem Hauſe Kot - witz / Herꝛn Hieronymi Pflugs / uff Kotwitz / Chur - Fuͤrſtl. Saͤchſ. Hoff-Ritmeiſters / und Stiffts-Haupt - Manns zu Quedlinburg eheleibliche Tochter.
Der Elter-Vater Vaͤterlicher Linien war Herꝛ Hieronymus von Dießkaw der Elter / uff Dießkaw / Fuͤrſtl. Magdeburg wohlbeſtelter Haupt-Mann zu Giebichenſtein und Sanct Moritzburg.
Die[47]Lebenslauff.Die Elter-Mutter aber die Hoch-Edelgebohrne Frau Chriſtina Pfluͤginn / auß dem Hauſe Großzſchocher.
Der Ober-Elter Vater vom Vater iſt geweſen Herꝛ Hauß von Dißkaw / auff Dießkau / Chur - Maintziſcher und Fuͤrſtl. Magdeburg. Hochbeſtelter Rath / Præſident und Hauptman zu Giebichenſtein / S. Moritzburg und Querfurt / ꝛc. Und
Die Ober-Elter Mutter hat Frau Catharina von Dießkau / auß dem Hauſe Knauthayn geheiſſen.
Der Uhrelter Vater von Vaͤterlicher Seiten war Herꝛ Otto von Dießkaw / auff Dießkaw / Ertzſtifft. Magdeb. Ober-Kuͤchenmeiſter / und folgends Haupt - mann zu Giebichenſtein.
Die Uhrelter Mutter aber Frau Eliſabeth von Barby / auß dem Hauſe Loburg.
Von Muͤtterlicher Linien war der Groß-Vater / der Hoch-Edelgebohrne Herꝛ Caſpar von Berlebſch / auff Groſſen Bodungen und Buhla.
Die Groß-Frau Mutter aber die Hoch-Edelge - bohrne Frau Dorothea Suſanna von der Thanne.
Der Elter Vater iſt geweſen Herꝛ Hanß von Berlebſch / uff Buhia / Erb-Caͤmmerer des Fuͤrſten - thumbs Heſſen.
Die Elter Frau Mutter aber Frau Anna Rie - deſelinn / von Eiſenbach / welches Geſchlecht das Erb - Marſchalck Ampt in Heſſen beſitzet.
Der Oberelter Vater Muͤtterlicher Anſtammung iſt geweſen / Herꝛ Hanß von Berlebſch / auff Sebach /Chur -[48]Lebenslauff. Chur - und Fuͤrſtl. Saͤchſ. Rath / und Hauptmann der Aempter Quedlinburg / Wartenburg uñ Eiſenach. Und
Die Ober-Elter Mutter iſt Frau Beata von Ebeleben / auß dem Hauſe Wartenburg geweſen.
Der Uhr-Elter Vater iſt ſchließlich Herꝛ Sittich von Berlebſch / auff Seebach. Und
Die Uhrelter Mutter eine von Oldershauſen geweſen / ſo daß die 8. Ahnen von Vater ſeynd.
Und von der Mutter
Von dieſen Adelichen Vorfahren iſt die Selig-Verſtor - bene Frau von Dießkaw hergeſtammet / und den 26. Auguſti 1626. auff dem Hauſe Caneh zur Welt geboh - ren / und ihren Heyland und Seligmacher durch dasBad[49]Lebenslauff. Bad der Heiligen Tauffe ſofort zugetragen worden / da Sie denn folgendlich von ihren lieben Eltern in aller Gottſeligkeit und Chriſtlichen Tugenden / auch Adeli - chen qualitaͤten erzogen worden / und an ſtat Jhrer An - no 1642. abgelebten Frau Mutter uff Jhres Herꝛn Va - ters anderweitige Verheyratung / deſſen jetzige Ehlieb - ſte an Mutter ſtat getreten / und die ſelige Frau von Dießkaw / als ihr Kind geliebet / auch derſelben von Jhr hinwieder jedesmahl aller ſchuldiger Gehorſam gelei - ſtet worden. Und dieſe ihre gute Qualitaͤten und ruhm - wuͤrdige Tugenden haben den Hoch-Edelgebohrnen Herꝛn Carln von Dießkaw / auff Knauthayn / Zſchep - plin / Trebſen / Lochaw und Klein Zſchocher in ſeinen zweyten Witberſtande 1649. bewogen / daß Er umb die - ſe ſelige Frau ehliche Anwerbung gethan / und auff er - folgten Conſens den 8. Sontag nach Trinitatis ſolches 1649. Jahrs auff dem Hauſe Dießkaw in anſehnlicher Adelichen Frequentz die Chriſtliche Ehe mit Jhr vollzo - gen / auch mit ſolcher in das 19. Jahr eine liebreiche / ein - traͤchtige / und fruchtbare Ehe beſeſſen / geſtalt dann auß ſolcher 5. Soͤhne und 3. Toͤchter gebohren worden / da - von Carl und Gebhard von Dießkaw Ihrer Seligen Frau Mutter Begaͤngnuͤs beywohnen. Geiſeler von Dießkaw wegen ſeiner Studien ſich auſſerhalb Landes jetzo befindet; Rudolff und Curt aber zeitlich die Welt geſegnet haben: Von denen Toͤchtern aber Frau An - na Margaretha von Dießkau verwichenes 1671. Jah - res an Herꝛn Georg Rudolff von Heſeler uff Balgſted verheyratet worden / und nebſt Jungf. Suſannen von Dießkaw dieſen traurigen Conduct beywohnen. DieGJuͤngſte[50]Lebenslauff. Juͤngſte Chriſtina von Dießkaw aber auch in zarter Jugend abgelebet iſt.
Als dem hoͤchſten GOtt darauff gefallen / Jhren ſeel. Eheliebſten Herꝛn Carl von Dießkau den 11. Octob. Anno 1667. von dieſer Welt abzufordern / und in ſein ewiges Reich zu nehmen / hat die ſelige Frau von Dieß - kaw die ſchwere Vormundſchafft ihrer ſaͤmbtlichen lie - ben Kinder uͤber ſich genommen / und dieſelbe mit Bey - ſtand Jhrer Herꝛen Mit-Vormuͤnder dergeſtalt gefuͤh - ret / daß es ihre Kinder ſambt und ſonders Kindſchul - digſt zu dancken uhrſach haben; Bey welchen muͤhſa - men Verꝛichtungen / zumahl die Lehn-Guͤter ihrer Soͤhne nicht bey einander gelegen / das eine Guth Gru - na auch erſt erkaufft / und von neuen angebauet werden muͤſſen / Sie ſich die viertehalb Jahr ihres Wittben - Standes alſo geſchwaͤchet und abgemattet / daß Sie in ihren beſten Alter die Augen zuthun / und ihren Kindern viel zu zeitlich die Welt geſegnen muͤſſen.
Von Jhren Chriſtenthumb kan man Jhr wohl das Zeugnis beylegen / daß Sie GOtt von Hertzen ge - liebet und gefuͤrchtet / Morgends und Abends ihr Ge - beth verꝛichtet. Wann ihre Leibes-Ungelegenheit / mit welcher Sie ſich ihre letzte Lebens-Jahr eben lange ge - ſchleppet / es nur zugegeben / die Predigten fleiſſig beſu - chet / oder ſolche doch in ihrer Stuben geleſen / und ſich vorleſen laſſen. Das heilige Abendmahl zu gewoͤhnli - chen Zeiten mit gebuͤhrender Andacht gebrauchet / de - nen Armen gerne Gutes gethan; Hingegen alles aͤr - gerliche Leben hertzlich angefeindet / und die / ſo mit gro - ben Laſtern beflecket geweſen / ungern bey ſich leiden koͤnnen. Jhren ſeel. Ehgatten hat Sie treulich gemeinetund[51]Lebenslauff. und geliebet / in ſeinen vielfaͤltigen beſchwerlichen Kranckheiten biß in ſein ſeliges Ende fleiſſig gepfleget. Jhre Kinder zufoderſt zu der Gottesfurcht mit Sorg - falt und Ernſt gehalten / und daß die Soͤhne ſonderlich zu allen Guten / und zu erlernung anſtaͤndigen Wiſſen - ſchafften angefuͤhret wuͤrden / keinen Fleiß noch Koſten geſparet / geſtalt auch die zwey aͤltiſten Soͤhne meiſtlich umb beſſerer habilitirung wegen abweſend geweſen / und der Mittelſte wenig Wochen vor ihren Tod auff die Univerſitet Tuͤbingen verſchicket worden; Der Eltere aber gleich in procinctu geſtanden / ſeine Studia Acade - mica zu continuiren.
Gegen ihren Herꝛn Vater / hat Sie einen unauß - ſetzlichen Gehorſam / ſo wohl vor / als nach ihrer Ver - heyrahtung erwieſen / ſo daß er ſich nicht zu erinnern vermag / daß Sie Jhn jemahls erzuͤrnet; Und Jhm da - hero dieſer wider die Ordnung der Natur erfolgte To - des fall deſto ſchmertzlicher faͤllet. Ein gleichmaͤſſiges bezeuget von Jhr ſolches ihres Vaters jetzige Ehliebſte; und gegen ihres ſeel. Mannes Kindere voriger Ehe / hat Sie ſich nicht als eine Stieff - ſondern leibliche Mutter erzeuget / und Sie zum Theil erzogen / die Sie dann auch wie leibliche Kinder hinwieder geliebet und geehret / und die ſchoͤne Tugend der Einigkeit unter einander bli - cken laſſen. Der Luͤgen und Falſchheit iſt Sie eine groſ - ſe Feindin; Hingegen der Auffrichtigkeit zugethan ge - weſen. Auff Jhr Wort kunte man ſich verlaſſen. De - nen / die ihrer Huͤlffe in einen und andern vonnoͤthen hatten / ließ Sie ſolche gern wiederfahren / ſo daß ihrer viel eine groſſe Gutthaͤterin verlohren haben werden. Pracht und Hoffart hat Sie gehaſſet / ſich bey ihrenG 2ziemli -[52]Lebenslauff. ziemlichen Vermoͤgen niemahl deſſen uͤberhoben / ſon - dern jeders mahl ſchlecht und gerecht erwieſen.
Was Jhr auch an menſchlicher Schwachheit an - gehangen / hat Sie fuͤr GOtt als eine arme Suͤnderinn erkant und Jhm abgebeten; Und dahero ſcharꝛen wir auch billich mit Jhr alles / was menſchliche Gebrechen Sie haben koͤnnen / mit in ihre Grube ein.
Jhre Leibes Kranckheit und letzten Abſchied be - treffende / ſo hat Sie wohl ſeithero 2. Jahren an der Phtiſi oder Schwindſucht immerhin zunaͤhungen ge - ſpuͤret: Wozu auch verwichenes 1671. Jahr ein Zufall der Waſſerſucht mit groſſer Auffſchwellung des Leibes ſich angefunden / ſo doch ſonderlich durch treufleiſſige Cur Herꝛn D. Luja in Leipzig ſich hinwieder verlohren; Die Schwindſucht aber mit abwechſelnder Hitze / Engbruͤſtigkeit / Huſten Verluſt des Appetits, Schlaffloͤſigkeit und andern Zufaͤllen continuiret: Wel - ches Sie denn auch taͤglich ihrer Sterbligkeit und be - vorſtehenden Endes erinnert hat / ſo daß Sie auch bey ihren Leben ihren Sarg und Sterbkleidung verferti - gen / und in bereitſchafft halten / auch ihre letzte Gedan - cken / wie Sie es ihrer lieben Kinder halber gerne gehal - ten wiſſen wolte / auffſetzen laſſen.
Gleichwol hat Sie nicht unterlaſſen / das jenige / was ihr kuͤmmerlicher Zuſtand bey der Haußhaltung und zu ihrer Kinder Wohlfahrt nur thun koͤnnen / in acht zu nehmen: Und nachdem Sie kurtz nach Oſtern dieſes 1672. Jahres einige Sache / die Jhr ſehr angele - gen geweſen / durch gruͤndlichen guͤtlichen Weg abhelf - fen laſſen / das heilige Abendmahl des Herꝛn gebrau - chet / und Jhres Stieff-Sohns / Herꝛn Henrichs vonDieß -[53]Lebenslauff. Dießkau Ehliebſten ſeel. Leich-Conduct, ſo ſchwer es Jhr auch geworden / perſoͤhnlich zu Knauthayn bey - gewohnet / hat ſie den Sontag und Montag nach Jubi - late Jhre Kinder / Herꝛn Vater / Herꝛn Eydam / Mit - Vormuͤndere und Curatorem zu ſich verbethen / und in deren Gegenwart allen Jhren fuͤnff Kindern biß Oſtern 1672. ſchrifftliche Rechnung uͤber die Adminiſtration ih - res Vermoͤgens gethan / Jhrer geliebten Frau Tochter / der Frau von Heſeler und dero Ehliebſten / auch zu der Vaͤterlichen voͤlligen Abfindung ſie extradenda extradi - ret / und ſich Muͤtterlich und Kindlich alſo reciprocè außeinander geſetzet: Jn uͤbrigen auch ſonſt alle benoͤ - tigte Anſtalt gemachet / und alſo Jhr Hauß wohl be - ſchicket. Darauff Sie Dienſtags nach Jubilate in Leip - zig gefahren / umb daſelbſt noch einige Dinge anzuord - nen / auch ſich folgende Mitwoche ziemlich befunden; Die drauffkommende Nacht aber einen neuen ſtarcken Zufall mit Hitze und groſſer Mattigkeit empfunden / da ſofort obgedachter Herꝛ D. Luja zu Jhr erfodert wor - den / der dann bald angemercket / daß es zu einen ſeligen Ende ſich anlaſſen wuͤrde: Und nachdem Sie ihren Herꝛn Vater / Frau Mutter / Kinder / und alle ihre nechſte Freunde mit fleiſſiger Wartung und Beſuchung bey ſich gehabt / und ſich alſo von denſelben letzen koͤn - nen: Auch Herꝛ I. Loͤffler Diaconus zu Leipzig umb Jhr mit Troſt und Gebeth in dieſen letzten Agone bey - zuwohnen zu Jhr verbeten worden / hat ſie ſich zum Sterben wohl und willig bereitet / andaͤchtig mitgebe - tet / den geiſtlichen Troſt ſich wohl appliciret und zuge - eignet / und ohne alle Anfechtungen mit fertigen Ge - muͤth ihres Endes erwartet / ſo dann auch in beyſeynG 3obiges[54]Lebenslauff. obiges Herꝛn Geiſtlichen und anderer nahen Verwand - ten den Sontag Cantate, war der 5. May nach Mit - tag umb 4. Uhr gleichſam in einen ſanfften Schlaff un - ter den andaͤchtigen Zuhoͤren des Jhr zugeſprochenen Geiſtlichen Troſts erfolget / Nachdem Sie in dieſer Welt gelebet 45. Jahr / 8. Monat und 10. Tage: Derer ver - blichener Coͤrper hierauff unter den Geleute und an - ſehnlichen Conduct von Leipzig auß den 10. May nach Knauthayn gefuͤhret / und ihren mehrmahligen Begeh - ren nach Jhres ſeel. Ehmanns Leichnamb beygefuͤget worden iſt.
Der hoͤchſte GOtt verleyhe dieſem entſeelten Leich - nam eine ſanffte Ruhe / und an[jenem groſſen] Tage eine froͤliche Aufferſtehung zum ewigen Leben; Troͤſte die uͤber dieſen Fall Hochbekuͤmmerte und Leidtragende / und gebe uns allen / wann Zeit und Stunde koͤmpt / ei - ne ſelige Nachfahrt / umb ſeines lieben Sohnes / Unſers HErꝛn und Heylandes JEſu Chriſti Willen / AMEN.
JST eſt wahr? (wie es denn noth - wendig wahr ſeyn ſolte) das die letzteren Trauer-Reden in eigent - licher vorſtellunge der Seelig - Verblichenen Tugenden beſtehe: So muß ich bekennen das mein unterwinden viel eine geſchick - tere Zunge als die Meinige er - fodere.
Der zwar grauſame aber wegen Gemuͤths-zwin - gender Beredſamkeit vortreffliche Nero konte in da - mahls uͤblichen Lobreden bey Begaͤngnuͤß ſeiner mehr auß Wolluſt / als einigen Tugend-Bewegnuͤß geliebten Popæa nichts weniger deſſen Geſchickligkeit ſehen laſſen / ungeachtet es ihm in Betrachtung der Verſtorbenen be - bekandten / und von den klugen Staats-Manne Tacitus hin und wieder abgemahlten Laſtern(a)Huic (ſcil. Popeæ) cuncta fuere præter animum honeſtum. Tac. An - nal. LXIII. c. 45. Idem, Eam Principale Othonis ſcortum appellat. Hiſtor. L. 1. c. 3. alimus ejus erga octaviam crudelis. videat. annal. L. 14. c. pen. & ult. an genungſa - men Veranlaſſungen ermangelte / Er auch ſtat eintzig und allein lobwuͤrdiger tugenhafften Bewandnuͤſſen ſich nur mit denen bloß vergaͤnglichen Guͤtern des Gluͤ - ckes behelffen muſte. (b)Laudavit ipſe apud roſtra formam ejus aliaque fortunæ muncra pi〈…〉〈…〉 vntutibus. Id. annal. I. XVI. c. 6.
In[57]Abdanckungs-Rede.Jn gegenwaͤrtiger Bewandnuͤß und nach ſeeligen Hintrit der Hoch-Edelgebohrnen Frauen / Frauen Annen Suſannen gebohrnen und verwitbeten von Dießkau / ſtellen die ſchoͤnen Gaben des Gemuͤhtes nicht allein ſich fuͤr meine Augen / ſondern ſeind auch mit denen Guͤtern des Gluͤckes in ſolchen Grad menſchlicher Vollkommenheit begleitet / das in Betrachtunge der allzuwichtigen Gegenlag meines Redens ich in Able - gunge meiner letzten Schuldigkeit ſo ungluͤckſelig bin / als gluͤcklich obgedachter Kaͤyſer Neero bey groſſem Mangel derſelben geweſen.
Alleine gleich wie ein fuͤrſichtiger Weltbeſchreiber das praͤchtige Paris / das von Alterthumb beruͤhmte Rom / und weit-umbfangene Conſtantinopel / nebenſt andern fuͤrtrefflichſtẽ Staͤdten und groſſen Fluͤſſen nur mit einẽ kleinen Punct / oder zarten Linien / ein Stern Verſtaͤn - diger auch die fuͤrnehmbſten Sterne / ja die Sonne ſelb - ſten anders nichts als mit einen Zirckel bemercken koͤn - nen; Alſo muß auch ich meinem Unvermoͤgen in etwas zu Huͤlffe kommen / wenn mit kurtzen Worten meinen Hoch - und geehrteſt Anweſenden ich dienſtlich hinter - bringe / was maſſen der ſeel. verblichenen Frauen von Dießkaw leidtragende Herꝛ Vater / noch jammerende liebe Kinder / und ſaͤmbtlich-betruͤbete Angehoͤrigen / an derſelben verlohren / eine fromm - und redliche Frau.
Ob zwaꝛten der Grund-Stein aller Tugendẽ die Froͤm - migkeit von denen Sitten lehren insgemein fuͤr einen kurtzen Begriff unſchuldiges lebens gehalten wird / ſo pfleget doch offtmahls an ſtat derſelben eine u〈…〉〈…〉 aͤchtige / und ſolche Art von Froͤmmigkeit unter ihren Nahmen mit einhero zu gehen / welche in der Andacht nichts an -Hders[58]Abdanckungs-Rede. ders als Heucheley / in der wahren Freundſchafft Verꝛaͤtherey / und in gemeinen Handlunge ſchaͤndlichen Meineyd / lehret. Und wie ein ungeferbetes tugendhaff - tes Gemuͤthe wol weiß den Baum an ſeinen Fruͤchten zu erkennen / auch zwiſchen Schein und Warheit kluͤgli - chen zu urtheilen; Alſo haͤlt es auch alles das jenige / was gleich denen unaͤchtigen Diamanten in alzu groſſen Glantze beſtehet / fuͤr verdaͤchtig / heget die wahre Froͤm - migkeit in den innerſten des Gemuͤtes / laͤſſet deſſelben Fruͤchte in ihren leben gegen GOtt / und neben Chriſten ſo wol in guten als boͤſen Tagen gleich durchgehend von ſich blicken / und wil ſelbige auch in den Tode durch ein williges Abſcheiden bewehren.
Die gute Natur und ebenmaͤſſige Aufferziehung / hat bey der Hoch-Seel. Frau von Dießkau das Erkaͤntnuͤß ihres Gottes / und aus denſelben eine hertzliche Liebe ge - gen ſeine heilige Allmacht eingepflantzet / welche Dero Sinn und Gedancken von den vergaͤnglichen ſichtbaren ab und zu den ewigen unſichtbaren gewendet / in deſſen eyffriger ſuchunge denn Sie des hierzu fuͤhrenden Mit - tels / nehmlichen eines andaͤchtigen und aus frommen Hertzen herꝛuͤhrendenGebets ſich bedienet / und dadurch von allen falſchen Verſtellungen abgeſondert; Maſſen denn ein ſo from̃ und redliches von der Liebe gegen ſeinen unendlichen und uns itzo unſichtbaren Schoͤpffer ange - flammetes Gemuͤthe auch die Strahlen der Liebe uͤber ſein edleſten Mitgeſchoͤpff nothwendig muſte ſchieſſen laſſen. Die hertzliche Fuͤrſorge ſo die Wohlſelige Frau von Dießkau von dero nunmehro Hochbetruͤbten Herꝛn Vatern jedes mahls genoſſen / ſo wol auch die beſtaͤndi - ge Treue ſo ihren in GOtt ruhenden Eheliebſten biß in ſein Grab Sie erwieſen / dienete derſelben zu einer Richt -ſchnur /[59]Abdanckungs-Rede. ſchnur / nach welcher Sie fuͤr ihre itzt leydtragende liebe Kinder eine ſolche Muͤ[tte]rliche Fuͤrſorge getragen / da - mit ſelbigen nicht alleine die von oben herab mildiglich beſcherete Guͤter des Geluͤckes in genaue obacht ge - nommen / ſondern auch durch gute Aufferziehunge alles das jenige was zu einen erbaren Leben gereichet / mit goͤttlicher Verleihunge zu ſuchen eyffrig bemuͤhet geweſen / und dahero durch ſothane und von dero lie - ben Kindern mit hertzlichen Thraͤnen erkennete Treue / ein gedoppeltes Lob verdienet. Und ob zwarten der wohlſeeligen Frau hertzliebſten Angehoͤrigen / und an - dere insgemein nicht weniger die Fruͤchte eines frommen Gemuͤtes empfunden; So wolte ich doch faſt mich er - kuͤnen zu ſagen das obbeſchriebenes gutes Verhaltnis auch wol haͤtte in aͤuſſerlichen Klang und Schein beſte - hen koͤnnen / wenn durch des groſſen Gottes Genade von Jhr ſelbiges nie nicht waͤre bekröhnet worden / und gleichſam die Probe gehalten. Die Vorboten des To - des ihre langwierige Leibesſchmertzen / waren viel zu wenig den wohleingepregeten Glantz eines frommen Gemuͤtes zu endern / es wuͤrde durch das heisbrennen - de Feuer der Truͤbſeligkeit v[i]elmehr erleitert / das ſicht - bare Leyden dieſer Zeit deuchtete / vermittelſt der Glaͤu - biger Hoffnung der unſichtbaren und uͤber alle maſſen(c) Momentane - um & leve tribulationis noſtiæ mſtar plumæ reſpe - ctu immen - ſi pondetis gloriæ, Tirm. ad h. l. wichtigen Herꝛligkeit / Jhr Federleichte zu ſeyn. (c) Jn dieſen frommen Fuͤrſatz hat Sie den bitteren Todes - Kampff unerſchrocken erwartet / die Augen willig ge - ſchloſſen / Jhre Seele dem Gotte / welcher hieſſe das Liecht in der Finſternuͤß herfuͤr leichten (d) und einen hel - len Schein warhaffter Froͤmmigkeit in das Hertze ge - geben / wieder Himmel angeſchicket / der Nach-Welt aber(d) Gen. 1. v. 4.den[60]Abdanckungs-Rede. den Ruhm einer from̃ und redlichen Frauen / auch in deſſen Erwegunge dero liebſten Angehoͤrigen mitten unter derſelben Betruͤbnuͤß einen ſonderbaren Troſt hinterlaſſen; Welchen meine Hoch - und geehrteſt Anweſende nicht wenig bekraͤfftiget / indem ſelbige bey heut angeſtellter letzterer Gebuͤhrn[uͤ]ß gegen den ſeelig entſeeleten Leib alhier ſich einfinden wollen. Vor dieſe hoch - und geneigete Bezeugungen ſagen der Wohlſeel. Frauen ſeel. hinterlaſſene Angehoͤrige Dienſt-Freund - und Ehrengebuͤhrlichen Danck / nebenſt angef[uͤ]gter ebenmaͤſſiger Bitte; Sie wollen vorigen Bezeugungen dieſes noch hinzu ſetzen / wieder in das Trauer-Hauß ſich zu begeben / und mit denen daſelbſten Jhnen geſche - henden Bedienungen zu leben vergn[uͤ]get belieben. Die verlanget froͤliche Begebenheit wird hoffentlichen dar - thun / wie begierig Sie ſeind dieſe und vorige hohe Be - zeugungen gegen dieſelben ſambt und ſonders nach hoͤchſten Vermoͤgen zu verdienen / zu verſchulden / und zu erwiederen.
CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
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