PRIMS Full-text transcription (HTML)
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I. N. I. Himmliſche Johanna Eliſabeth
Das iſt einer glaͤubigen Seele Allerholdſeligſte Ruhe in GOtt.
Bey hochanſehnlichem Leichbegaͤngnuͤß Der weiland Hochgebohrnen Frauen Fr. Johanna Eliſabeth Gebornen auß dem Hoch-Fuͤrſtlichen Hauß zur Lignitz. Vermaͤhlet Dem Hoch - und Wolgebornen Herren Herren Czenko Howora / Herren von der Leippe / Erbherren auff Schwentnig / klein Knignitz / Pſchiderwitz / Carlsdorff und Weinberg.
Breßlau/ Jn derBaumanniſchen Erben DruckereydrucktsGottfried Gruͤnder.
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Dem Hoch und Wolgebornen Herren Herren Czenko Howora / Herren von der Leippe / Erbherren auff Schwentnig / klein Knignitz / Pſchiederwitz / Carlsdorff und Weinberg Meinem gnaͤdigen Herren

Ubergiebet ſolches auff begehren ren mit hertzlichem Wuntſch Goͤttlichen Troſtes und de - muͤtigſter Vorbitt bey Gott / G. B.

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I. N. J. JESUS. Die unerſchoͤpffliche Brunquell alles TroſtesVotum. wolle ietzo den H. Geiſt / als ein lebendiges Waſſer außgieſſen / uͤber die durſtigen und duͤrren Hertzen / der hochſchmertzlichſt ver - wundeten und hochbetruͤbteſten uͤber ihrem Todten / daß Stroͤme Goͤttliches Troſtes von ihrem Leibe flieſſen / in Hoffnung der Aufferſtehung zum ewigen Leben / Amen.

JN Chꝛiſto ſaͤmtlich andaͤchtige Geliebte /Introitus. nach Gottes Willen aber theils Hochbe - truͤbteſte. Da der Heilige Abgeſandte Gottes an das Volck Jſrael / der Prophet Joel / ihnen einen er baͤrmlichen Trauertag an welchem alles jaͤmmerlichen ſtehen / nichts als heulen zu - hoͤren und ſeufftzen zuſehen ſeyn wuͤrde / ankuͤndigte / brauch - te er dieſe Redens-Art: Die Sonne ſoll in Finſternuͤß ver -Joel. 1. 12. c. 2. 31. wandelt werden. Da nun die Weiſſagung in der That er - fuͤllet wurde / Ach! da erzitterten die Einwohner deß Lan - des / ſahen jaͤmmerlich und heuleten klaͤglich; O wehe des Tages! die Freude der Menſchen iſt zum Jammer worden. A ijO ein[4]O ein finſter Tag! Ein wolckichter Tag! Ein neblichter Tag! Gehe ich in meinen Gedancken zuruͤck und erinnere mich deß verfloſſenen 30. Tages deß Weinmonats / ſo war derſelbe in Warheit ein finſter / tunckel / wolckicht und neb - lichter Tag / inſonderheit nach Mittag zwiſchen 1. und 2. Uhr / wegen ploͤtzlich auffziehender ſchwartzer verfinſtern - der Wolcken / neblichter Schnee-Lufft / und uͤberauß heffti - gen Sturmwind / wordurch die Sonn gaͤntzlich in Finſter - nuͤß verwandelt ward / daruͤber damalen dieſer Gegend ſich iederman entſetzte. So ohne abgoͤttiſchen Beyfall omina zu Zeiten nicht in Wind zuſchlagen / inſonderheit bey hoͤhe - rer Perſonen Standes-Veraͤnderung / ſo ſage ich / daß die - ſer ploͤtzlich entſtandene Sturm in dieſer Gegend und ge - meldten Stunde ein Omen ach! ein trauriges Omen gewe - ſen / daß die auß Erlauchtetem Fuͤrſten Stamm auffgegan - gene holdſeligſte Ehe-Sonne dieſes herrlichen Hauſes Schwentnig in Finſternuͤß ſolle verwandelt werden: Jch meyne die Hochgebohrne Frau / Frau Johanna Eliſabeth gebohrne auß dem Piaſtæiſchen Fuͤrſtenhauß zur Liegnitz / deß Hoch - und Wolgebornen Herren / Herren Czenko Howora / Herren von der Leipe / Erbherꝛen auff Schwent - nig / Pſchiderwitz / klein Kniegnitz / Carlsdorff und Wein - berg / meines gnaͤdigen Herren hochſchaͤtzbare Frau Ge - mahlin. Auff dieſe ſtuͤrmeten gleich in ſelbter Stunde / die allerhefftigſten Todeszuͤge / dieſe uͤberzogen die Kohlſchwaꝛ - tzen Wolcken der Sterbligkeit / ihres lieblichen Lebens Son -Amos 8. ne / gieng am Mittage und hohen Tage unter / ihr RuhmJer. 15. und Freude hatte ein Ende in der beſten Bluͤte deß Alters. Das war dieſem herrlichen Hauſe und hohen Blutsver - wandten ein finſterer Trauer-Tag. Da klagte mit jaͤm - merlichen heulen / der Hochbetruͤbteſte Herr / O meine hold -ſeligſte[5]ſeligſte Johanna / O meine Ehe-Sonne iſt in Finſternuͤß verwandelt! Und nicht ohne Urſach / denn ein huldreiche Gemahlin iſt wie die Sonne / wie die Sonne wenn ſie auff -Syr. 26. 21. gangen iſt / am hohen Himmel deß HErren / eine Zierde iſt / alſo iſt eine Zierde ein holdſeliges Weib in ihrem Hauſe. Man hoͤrete ihn winſeln: Die Freude meines Hertzens iſt zum Jam̃er worden. Denn ein freundlich Weib erfreuet ih -Syr. 26. 16. ren Mann / ſie iſt ihm ein Troſt und macht ihn allzeit froͤlich. Wie ſtieß Er mit Seufftzen und Thraͤnen dieſe Worte von ſich: Die Krone meines Hauptes iſt gefallen. Und nichtThr. 5. unbillich / denn ein fleiſſiges Weib iſt ein Krone ihres Man -Prov. 12. 3. nes. Wann die Haupt-Seule eines Baues durch Stuꝛm oder andern Zufall bricht und faͤllt / kracht das gantze Ge - baͤu / faͤllt uͤber Hauffen und entſtehet heulen der Jnnwoh -Jud. 16. 30. ner / wie zu ſehen am Hauſe Dagons / da Simſon die Ha[u]pt Saͤulen darnieder ſtuͤrmet. Welch ein erzitterndes kra - chen / erſchrecklicher Fall vieler Fuͤrſten und jaͤmmerlich heu - len der viel tauſend erquetſchten Philiſter ward geſehen und gehoͤret. Ein vernuͤnfftig Weib iſt wie eine guͤldene Saͤu - le / worauff das Gemuͤth deß Mannes ſich lehnet / ihresSyr. 26. 23. Mannes Hertz kan ſich auff ſie verlaſſen / ſie iſt die Saͤule der Nahrung / die wird ihr nicht mangeln / ſie iſt wie ein Kauff - manns Schiff / das ſeine Nahrung von ferne bringt. Sie denckt nach einem Acker und kaufft ihn / ſie mercket wie ihrProv. 31. 11. 12. 13. 15. Handel frommen bringet / ihr Leuchte verleſcht deß Nachts nicht. Jhr Schmuck iſt / daß ſie reinlich und fleiſſig iſt. v. 17. 24.Und eben eine dergleichen von Salomon belobete ietzt ent - ſeelete beklaget mein Jammer-vol[ler]Gnaͤdiger Herr.

Jch unterſtehe mich in unte[rth]anigem Gehorſam noch eines zu melden; Ein finſter Tag war der obengenente Tag dem Durchlaͤuchtigſten Piaſtæiſchen Hauß ſambt Hoch - Graͤfflichen einigen Herren Bruder / als Hoch FuͤrſtlichenA iijHerren[6]Herren Abgeſandten / meinem gnaͤdigen Grafen und Her - ren / wodurch gnaͤdig condoliret / und der Tag ſchwartz be - mercket wird / daran abermals ein Zweig von dem Hoch - fuͤrſtlichen Stamm-Baum durch deß Todes Grimm ab - gebrochen / und in den Staub der Verweſung geleget wird.

Ja alle Jnnwohner dieſes anſehnlichen Trauer-Hau - ſes / alle Unterthanen der Herrſchafft ſtunden jaͤmmerlich / ſahen traurig / weineten mit den weinenden und pfnuchzeten mit klaͤglicher Stimme: Die unſer Troſt war / iſt vomThr. 4. Tode gefangen und geleget in den Staub.

Aller merckwuͤrdigſt aber war dieſes am Himmel anzu - ſchauen / daß in der entſeeleten Seligen ſchmertzhafften doch vernuͤnfftigen Todeszuͤgen / die Lufft zwar voller Unruh / Sturm und Finſternuͤß / aber ploͤtzlich / uͤber aller vermuten klaͤrete ſich die Lufft helle auß / da ward alles ſtille und leuch - tete die Sonn mit dem alleranmutigſten Schein und vol - lem Glantz / und in dem ward auch die ſelige Seele / (wie von iedem zur Zeit gegenwaͤrtig wol bemerckt /) auß der finſtern Leibes-Hoͤle abgefordert. Da hieß es recht: Poſt Nubila Phœbus. Oder / wie es Sara andaͤchtig erklaͤret;Tob. 3. 21. 23. das weiß ich fuͤrwar / wer GOtt dienet / der wird nach der Anfechtung getroͤſtet / und nach der Truͤbſal erloͤſet / nach dem Ungewitter laͤſſeſt du die Sonne wieder ſcheinen / und nach dem heulen und weinen uͤberſchuͤtteſt du uns mit Freu - den. Dieſes erfuhr in der That die Selige. Es ward zwar in ihrem Todes-Sturm und letzten Kampff auff der Welt / deꝛEzech. 32. 7. Himmel ihres irrdiſchen Wolſtandes verhuͤllet / ihre Stern der Augen verfinſtert / und die Sonn deß Lebens mit Wol - cken der Sterbligkeit uͤberzogen / ja als der Hauß-Mond ſchiene ſie ihrem Herren und Gemahl nicht mehr. Aber in dem Augenblick hoͤrete die außerwehlte Seele vor dem StulApoc. 5. 8. deß Lammes die Davidiſche Harffen klingen und Cherubi -gehet[7]niſche Stimmen ein neues Lied ſingen: Den FrommenPſal. 112. 4. gehet das Licht auff im Finſternuͤß / von dem Gnaͤdigen /Mal. 4. 2. Barmhertzigen und Gerechten. Jhr leuchtete die Sonn derApoc. 22. 4. 5. Gerechtigkeit / ſie ſahe Gottes und deß Lambs Angeſicht / da keine Nacht iſt und nicht bedarff eine Leuchte oder Lichts der Sonnen; denn Gott der HErr erleuchtet ſie. Deſſen hat ſich auch die weiland Hochgebohrne nun Hocherkohrne ſee - lige Frau in ihrem Leben getroͤſtet / und zu dem Todes - Sturm und Kampff ſich lang vorhero bereitet / im Glau - ben ſich verſichert / ſolte Sie gleich in dem letzten Sturm auff eine Zeit dem Leibe nach mit einer Finſternuͤß und Schatten deß Todes uͤberzogen werdẽ / ſo werde ihr doch Chriſtus Je - ſus / das groſſe Licht erſcheinen und ſie kroͤnen mit der Kro - ne der Gerechtigkeit / als eine Seele die den Glauben gehal - ten; Und in der allgemeinen Erſcheinung am Tage deß Gerichts auch den Leib werde erleuchten und kroͤnen mit der Krone deß ewigen Lebens. Dahero Sie bey geſunder Le -Joh. 6. bens-Zeit als eine Liebhaberin deß Wortes deß Lebens nicht allein den Text ihrer Leich-Predigt auß dem 27. Pſam 1. und 2. . der HErr iſt mein Licht und mein Heil / fuͤr wem ſolt ich mich fuͤrchten? ꝛc. Sondern gleicher geſtalt die ſchoͤ - nen Worte Pauli als ein Symbolum zur Stand-Sermon eigenhaͤndig auffgezeichnet: Genommen auß der 2. Epi - ſtel an Timotheum am 4. . 6. 7. 8. alſo lautende:

Textus.

JCh werde ſchon geopffert / und die Zeit meines Abſchiedes iſt fuͤrhanden. Jch habe einen gutten Kampff gekaͤmpf -fet /[8]fet / ich hab den Lauff vollendet / ich hab Glau - ben gehalten. Hinfort iſt mir beygeleget die Krone der Gerechtigkeit / welche mir der HErr an jenem Tage / der gerechte Richter geben wird. Nicht mir aber alleine / ſon - dern auch allen die ſeine Erſcheinung lieb haben.

Dieſe Worte Pauli / nach der Andacht unterſchiedener Liebhaber / haben auch unterſchiedene Benennung empfan - gen / zu ſteter Erinnerung einer ſonderen Lehre und Troſt.

Baſilius nennet dieſen Spruch Symbolum Apoſtoli - cum: einen Apoſtoliſchen Wahl-Spruch / darinnen er ſich deß wahren ſeligmachenden Glaubens an Chriſtum / vom Creutz und Leiden der Frommen / von einem ſeligen Tode / Aufferſtehung deß Leibes und deß ewigen Lebens kuͤrtzlich erinnert.

Anshelmus nennet ihn: Ultimum Pauli Valedictorium. Pauli Valet-Segen. Da er von Timotheo und aller Welt Eitelkeit Abſcheid nihmt / und in Himmel wandelt. Chry - ſoſtomus ſagt: Er ſey Teſtamentum Pauli; Pauli letzter Wille. Da er alles wol beſtellet mit ſeinem Vermoͤgen / Gott beſcheidet er die Seele / den Leib auff eine Zeit dem To - de: Sein Exempel deß Glaubens und Lebens / Timotheo und allen Glaͤubigen zur Nachfolge.

Eraſmus tituliret ihn: Enchiridion Militis Chriſtia - ni; Ein geiſtlich Turnier-Buͤchlein / worinnen Chriſten ritterlich zu kaͤmpffen und herrlich zu ſiegen / uͤber Welt / Suͤnde / Tod / Teuffel und Hoͤlle gelehret werden.

Solt unſer Andacht dieſem ſchoͤnen Kern-Spruch auchietzt[9]ietzt / ein inbruͤnſtiges Verlangen nach dem him̃liſchen zu - erwecken / einen Nahmen geben / meyne ich / es waͤre nicht un - recht / nach der ſeeligẽ Liebhaber in deſſen ihres ſchoͤnen Nah - mens-Benennung / uns zu einer ſondern Lehre / Eꝛinnerung / daß er heiſſe:

Himmliſche Johanna Eliſabeth.

Das iſt: Er ſoll uns zeigenPropoſitio.

Jucundiſsimam Animæ in Deo Requiem.

Die allerholdſeligſte Seelen-Ruhe in Gott.

Und dieſe werden wir auch gewiß darinnen finden / ſo wol nach dem Nahmen als der That. Denn Johanna heiſſet allerholdſeligſt und lieblich. Eliſabeth: GOttes Hauß oder Wohnung der ſeinen Stul im Himmel bereitet. Et - liche ſagen auch: Eliſabeth heiſſe GOttes Eid. Wol be - deutet / daß die holdſelige liebliche Ruh aller frommen See - len gewiß ſey; Nicht allhier in der Welt oder was das ihre heiſſet / denn da lebt der Menſch vom Weibe gebohren kurtzeJob. 14. 1. c. 7. 1. Zeit / und iſt voll Unruhe / er muß immer im Stꝛeit ſeyn auf Erden. Da ſind Wolluͤſte / die da ſtreiten in den Gliedern:Jac. 4. 2. Sondern Paulus / und mit ihm unſere wol ſelige und nun himmliſche Johanna Eliſabeth / zeigen uns die allerhold - ſeligſte gewiſſe und verſicherte Ruhe unſerer Seelen einig und allein in Gott unſerm Heyland / in ſeiner Wohnung und Hauſe deß Himmels. Jn meines Vaters Hauſe ſindJoh. 1 4. viel Wohnungen und ich gehe hin euch die Staͤdte zu berei - ten / dort ſolt ihr Ruhe finden fuͤr eure Seelen. Wie aber? Matth. 11.

1. Mortem magni æſtimando.

Dencken offt deß Todes-Hoheit /
Confirmatio.
Jſt der Seelen Ruh und Freud.

An dieſes παράδοξον wollen Cultores Voluptatis mun -Bdanæ,[10]danæ, Bachus - und Venus-Kinder / wenig gedencken; Es ſcheinet ihnen ſo wenig wahr / als daß ſie vor Zucker die Wer - muth ſuͤſſe preiſen ſollen. Wie es ihre Praxis lehret: O Tod wie bitter biſt du / wenn an dich gedencket ein Menſch der gutte Tage und g[e] ung hat / ohn Sorge lebet / und dem es wol gehet in allen Dingen / und noch wol eſſen mag. Auch halten hiervon gar wenig Amatores naturalis ſcientiæ oder Philoſophi, die nur in irrdiſcher Welt-Weißheit und Spitz - fuͤndigkeit Vergnuͤgung ſuchen. Dieſe klagen vielmehr einer Unbilligkeit die Natur an / wegen Abſcheu deß Todes der Menſchen / als daß ſie den Tod hochachten ſollen / außTheophra - ſtus Urſache; daß die unvernuͤnfftigen Thiere / als Hirſchen im Walde / Kraͤhen in der Lufft / Hechte im Waſſer / ihre Jah - res-Laͤnge auff Secula anmercken lieſſen. Dagegen die al - leredelſte Creatur / der Menſch / als Microcoſmus, oder die kleine Welt / ſo allein die groſſe Welt in ſich allervollkom - menſt abbildete / ſo ploͤtzlich vernichtet wuͤrde / daß man ih - me dieſe Eitelkeit faſt zum Spott nachruffe:

Wie ein Bluͤmlein bald entſtehet /
Und auch wieder bald vergehet /
So iſt unſer Leben / ſehet!

Und

Uber dem / dem man hat muͤſſen
Heut die Haͤnde hoͤfflich kuͤſſen /
Geht man morgen mit den Fuͤſſen.

Alleine Paulus und Pauliniſch-geſinnete Seelen / die Sur -Col. 3. 2. 3. 4, ſum corda, wol gelernet: Trachtet nach dem was droben iſt / nicht nach dem was auff Erden iſt / denn ihr ſeyd geſtor - ben und euer Leben iſt verborgen mit Chriſto in Gott / wenn aber Chriſtus euer Leben ſich offenbahren wird / denn werdet ihr auch offenbar werden mit ihm in der Seligkeit. Phil. 3. 21.Sie warten von dannen deß Heilandes JEſu Chriſti / wel -cher[11]cher unſern nichtigen Leib verklaͤren wird / daß er aͤhnlich werde ſeinem verklaͤreten Leibe. Dahero redet Paulus und mit ihm Chriſtliche Hertzen gar ehrerbietig und lieblich von dem Tode / ſo er bezeuget.

A. Suavi Appellatione. Durch anmuthige Benah - mung. Jch werde ſchon geopffert. Die Zeit meines Ab - ſchiedes iſt verhanden. Er gedencket nicht einmal deß Nah - mens todt / weil Fromme Glaͤubige an Chriſtum nicht ſter -Joh. 11. 25. 26. ben / ob es gleich fuͤr den Unverſtaͤndigen ſcheinet / als ſtuͤr -Sap. 2. 2. ben ſie; Sondern er nennet ſeines Lebens-Beſchluß.

a. Immolationem. Eine Auffopfferung. Jch werde ſchon geopffert / und das ob multorum Martyrium, wegen deß Marter-Todes; dieweil Paulus und viel tauſend ſtandhaffte Bekenner Chriſti ſind auß Grauſamkeit der Tyrannen und Verfolger nichts anders als Heerden Scha - fe geſchlachtet worden. Wie David eine Leich-Sermon davon haͤlt: Wir werden ja umb deinet willen taͤglich er -Pſ. 44. [2]3. wuͤrget / und ſind geachtet wie Schlacht-Schaffe. Die Er - fahrung hat es iederzeit ſo erwieſen / von der Zeit an deß ge - rechten Abels / nicht allein biß auff Zachariam BarachiæMatth. 25. Sohn / oder biß Stephani Todes-Opffer; ſondern biß heu -Act. 7. tigen Tag. Darnach iſt Fromer Tod eine Auffopfferung ob divinum beneplacitum. Wegen deß Goͤttlichen Wolge - fallens; wie im alten Teſtament die Opffer der unvernuͤnff - tigen Thiere GOtt wolgefielen: Alſo gefaͤllet der Tod der Glaͤubigen Gott wol / ob gleich vor der Welt ihr Leben fuͤrSap. 5. 4. unſiñig / und ihr Ende fuͤr eine Schande gehalten wird / laut warhafften Zeugnuͤſſes deß Heiligen Geiſtes durch David: Der Tod ſeiner Glaͤubigen iſt weꝛth gehalten fuͤr dem HEr -Pſ 116, ren; doch nicht fuͤr ſich ſelbſt / daß Menſchen Tod auß eigner Wuͤrde ſolch Anſehen fuͤr GOtt hette / ſondern ob Chriſti Sacrificium, wegen deß Allerheiligſten TodesChriſti unſeꝛsB ijHeylan -[12]Heylandes / der da iſt das einige vollguͤltige Opffer / und ſich einmal auffgeopffert am Holtze deß Creutzes / dadurch eine ewige Erloͤſung zuerwerben. Nicht daß er ſich offtmalsEbr. 9. 25. 26. opffere / gleich wie der Hohe-Prieſter gehet alle Jahr in das Heilige mit frembdem Blut / ſonſt hette er offt muͤſſen lei - den von Anfang der Welt her. Nun aber am Ende der Welt / iſt Er einmal erſchienen / durch ſein eigen Opffer[c]. 10. 14. die Suͤnde auffzuheben. Denn mit einem Opffer hat Eꝛ in Ewigkeit vollendet die geheiliget werden. Wer nun auf dieſen Opffer-Tod ſein Vertrauen allein ſetzet / und glaͤubet der unwandelbahren Warheit deß Wortes / daß nemlich dasEbr. 9. 14. Blut Chriſti / der ſich ſelbſt ohn allen Wandel durch den Hei - ligen Geiſt Gott geopffert hat / unſer Gewiſſen reiniget von den todten Wercken / zu dienen dem Lebendigen Gott / und dabey im Leben ſein Gemuͤth und Kraͤffte auffopffert in der Heiligung / der kan ſicher und grade zu im Tod / nach Chriſti Beyſpiel in ſeinem Tode / dem Himmliſchen VaterLuc. 23. 46. ſeine Seele auffopffern / ſagende: Vater in deine Haͤnde be - fehl ich dir meinen Geiſt. Er iſt nicht benoͤthigt einigens andern Opffers ohne Blut / ſondern troͤſte ſich / daß ſeine1. Joh. 1. Seele gewaſchen mit dem Heiligen Blut deß Sohnes Got -Apoc. 1. tes / dem opffere er ſolche mit Stephano: HErr Jeſu nihmAct. 7. meine Seele auff. Da haſt du Ruhe fuͤr deine Seele / ſie iſtSap. 3. in Gottes Hand / und keine Qual ruͤhret ſie an.

Einen lieblichen Nahmen gibt Paulus dem Tode / daß wir ihn hochhalten ſollen und nicht ſcheuen / wenn er ihn nen - net:

b. Reſolutionem, einen Abſchied. Abſchied nennt er den Tod propter futurum Reditum. Die Zeit meines Ab - ſcheidens iſt verhanden. Nihmt ein Gleichnuͤß von einem Reiſenden / der Abſchied nimmet nur auff eine Zeit / nicht gaꝛauß -[13]außzubleiben / und mit dem geben ſich die Hinterlaſſenen zu frieden. Wiederkom̃en macht / daß man ſcheiden nicht acht. So auch noch ſollen Chriſten von dem ſeligen Tod der[i]hri - gen ſchlieſſen / daß ſie nur Abſchied nehmen und reiſen nur dem Leibe nach in ihre Schlaff-Kammer / und verbergen ſichPſ. 116. eine kleine weile / ruhen in ihren Kammern / ja recht / der Hei -Eſai. 26. c. 57. lige Geiſt ſagt: Sie ruhen von ihrer Arbeit. Darnach heiſſet er ihn; ein Entſcheidung / propter animæ corporisquèApo. 14. reſolutum vinculum, wegen Auffloͤſung deß natuͤrlichen Seelen und Leibes-Bandes. Deſſen iſt Urſach unſere Suͤn - de. Deñ der Tod iſt der Suͤnden-Sold. Dieweil numalleRom. 6. [c]. 5. geſuͤndiget haben / ſo iſt der Tod zu allen Menſchen durchge - drungen. Doch iſt der Glaͤubigen Troſt dieſes / daß der Geiſt zu Gott und nirgends anders hin faͤhret / wie uns deſ - ſen Salomon verſichert: Der Staub muß wieder zur Er -Ecel. 1[2]. 7. den kom̃en / wie er geweſen iſt / und der Geiſt wieder zu Gott / der ihn gegeben hat. Ferner heiſſet diß Wort eine Auffloͤ - ſung / propter finitum omne Infortunium, dieweil einſeliger Chriſt im Tode von allem Ungluͤck und Banden deß Elen - des auffgeloͤſet und loßgelaſſen wird. Wie ein gefangen und gefaͤſſelter den Tag und die Stunde gluͤckſelig preiſet / wenn er vom Bande auffgeloͤſet / auß dem Gefaͤngnuͤß frey gelaſ - ſen wird. Wie wird Joſeph mit einem gluͤckſeligen Zei - chen den Tag / an welchem der Monarch Pharao nach ihm geſendet und in einen freyen Stand verſetzet / angemercket / und ihn den Tag ſeiner Auffloͤſung genennet haben. WieGen 40. freudig waren die Buͤrger von Zion / da ſie auß der Babylo - niſchen Gefaͤngnuͤß befreyet / wie freudig ergrieffen ſie die mit weinen an den Weiden auffgehenckten Harffen / ſtimme - ten ſie an / und ſungen mit einem Munde voll lachens und Zungen voll ruͤhmens: Der HErr hat groſſes an uns ge -Pſ. 137. 1. 3, than / deß ſind wir froͤlich. Verſichert euch alle recht Geiſt -Pſ. 126. 2. 3.liche[14]liche Jſraeliten / tauſendmal froͤlicher iſt der Seelen eine ſe - lige Auffloͤſung von dem Gefaͤngnuͤß deß ſterblichen Leibes / ſie jubiliret alsbald im Chor der himmliſchen MuſicantenEſai. 61. 10. alſo: Jch freue mich im HErren und meine Seele iſt froͤ - lich in meinem Gott. Der Leib wird am Tage der Auff - erſtehung auß dem Kercker und Gefaͤngnuͤß der Erden vol - ler Freuden herfuͤr gehen nach der Hoffnung ſo unfehlbarPſ. 17, 15. iſt. Jch wil ſchauen dein Antlitz in Gerechtigkeit / ich wil ſatt werden / wenn ich erwache nach deinem Bilde.

Endlich brauchet Paulus dieſes Wort / propter Vi - ctoriam & Triumphum. Denn es bedeutet einen Abmarſch mit herrlichem Sieg auß einer Feldſchlacht. So wirds ver - dollmetſchet in der Grichiſchen Verſetzung / als Judas[2]. Macc. 15. 27, 28. Maccabæus den Heyden Nicanor uͤber wundẽ / die Schlacht vollendet / und mit Freuden und jauchtzen abgezogen / μετὰ χαρᾶς ἀναλύοντες. Was iſt ô ſeliger Chriſt dein Tod anders als ein Sieg und Triumph uͤber alle Geiſt - und leibliche Fein - de? Da marſchiret man ab und jauchtzet / daß die Hoͤlle er - zittert und der Himmel frolocket und erſchallet / mehr als da〈…〉〈…〉. Sam. 4. die Bundes-Lade in der Jſraeliten Lager kam / die Philiſter erſchracken und die Erde erbebete. Der Tod iſt verſchlun - gen in den Sieg / Tod wo iſt dein Stachel? Hoͤlle wo iſt〈…〉〈…〉. Cor. 15. dein Sieg? GOTT ſey Danck der uns den Sieg gegeben hat durch unſern HErren JEſum Chriſtum. Und ſolche anmutige Benennung ſoll uns allen rechtſchaffenen Chri - ſten Andacht erwecken mehr nach zudencken was der zeitliche Tod ſey / ſo wird der ander ewige Tod kein Theil an uns ha - ben / und werden auff dem Siech-Bette von Jacob lernen[Hi]ob. 7. 2. 3. ſeufftzen: HErr ich warte auff dein Heil. Hiob wird uns lehren / daß er ſey ein Erquickungs-Schatten / nach dem ſich der muͤde Knecht ſehnet; Ein Feyerabend der dem Tagloͤh - ner die Laſt der Arbeit abnihmt. Simeon Lebens-ſatt undmatt[15]matt wil ihn gleichſam einen Kammer-Wagen nennen / da man voller Freuden Himmel-an faͤhret: HErr nun laͤſſeſtLuc. 2. du deinen Diener im Friede fahren. Summa; Fromme ſagen im ſterben: Mori Lucrum: Sterben iſt mein Gewin! Phil. 1.

Den Tod haͤlt Paulus und mit ihm unſer ſelige Frau Johanna Eliſabeth ſehr hoch

B. Jugi meditatione, ſo zuerſehen auß ſtetiger Betrach - tung. Da ſaget Paulus ἤδη ietzt verhanden. Dieſes ſollen wir ihme ja wol ablernen / haben doch die Heyden dieſes ge - lehret / daß ein ieder Menſch offt ſich ſeinen Todes-Tag fuͤr - bilden ſoll / nach deß Horatii Außſpruch:

Omnem crede diem tibi diluxiſse ſupremum. So offt der Sonnen Licht auffs neue gehet auff.

Gedenck obs nicht das End mit bring im Lebens-Lauff. Fragt aber iemand / was nutzet dieſes? Es machet melan - choliſch Gebluͤt? Es nutzet und machet froͤlich Gebluͤtt. Tela præviſa minus nocent.

a. Securitatem expellit. Den allerbeſten Nutzen brin - get den Tod ſtetig betrachten / daß wir nicht in Sicherheit ſuͤndigen / und in ſelbter nicht hingeraffet werden / wie die er -Gen. 7. c. 19. ſte Welt und Sodom. Es leſe taͤglich / iſts moͤglich / ſtuͤnd -Syr. 7. 40. lich ein ieder dieſe Hauß-Vermahnung: Was du thuſt be - denck das Ende / ſo wirſt du nimmermehr uͤbels thun. Hoͤ -Gen. 25. 8. reſtu daß man erzehlet von einem alten / wie von Abraham / Er ſtarb alt und Lebens ſatt im 175. Jahr. Oder von einemLuc. 5. bluͤhenden Juͤngling wie zu Nain / oder gar von einem zar -2. Sam. 12, 25. 18. ten Kind wie Davids: Der Herr ſchlug das Kind Da - vids und ſtarb am 7. Tage: Richte bald ein Epitaphium auff in deinem Hertzen / mahle darein einen Todtenkopff eig - ner Sterbligkeit mit der Uberſchrifft: Heri mihi, hodieSyr. 38. 23. tibi: Geſtern wars an mir / heute an dir. Und das da - rumb / damit Niemand / er ſey alt oder jung / in Sicherheitgerathe[16]gerathe / ſondern ieder gedencke: Mors Senibus in Januis, Juvenibus in Inſidiis.

Dein End bild dir taͤglich fuͤr
Gedenck der Tod iſt fuͤr der Thuͤr
Und wil mit dir davon /
Er klopfft an / du muſt herauß
Da wird nun nichts anders drauß /
Hetteſt du nun recht gethan /
So kriegeſt du gutten Lohn.

Und dann / daß Niemand unbereitet in Suͤnden von dem[L]uc. 21. 35. Tage ſeines Todes / als einem Fallſtrick ploͤtzlich uͤberfallen werde und verterbe. Denn wenn der Baum faͤllet / er falle[E]ccl. 13. gegen Mittag oder Mitter nacht / auff welchen Ort er faͤllet da wird er liegen. Dahero vermahnet Chriſtus zur Be -[M]atth. 25. 13. reitſchafft: Wachet / denn ihr wiſſet weder Tag noch Stun - de / in welcher deß Menſchen Sohn kommen wird. So ſeyd[L]uc. 21. 36. nun wacker allezeit und betet / daß ihr wuͤrdig weꝛden moͤget zu entfliehen / nemlich einem unſeligen Tod / und zu ſtehen fuͤr deß Menſchen Sohn. Es nuͤtzet den Tod taͤglich in Be - trachtung ſich fuͤrſtellen /

b. Timorem mortis reprimit. Denn es vertreibet die Todesfurcht. Wer alſo lebet daß er taͤglich ſtirbet durch andaͤchtiges Andencken / ehe er ſtirbet dem Leibe nach / der ſtirbet nicht / ſondern lebet ewiglich. Klar und wahr iſt dieſer Spruch durch das Beyſpiel Davids / der betete taͤg -Pſ. 39. 6. 7. lich: HErr lehre mich daß es ein Ende mit mir haben muß / und mein Leben ein Ziel hat und ich davon muß. Siehe meine Tage ſind einer Hand breit bey dir / und mein Leben iſt wie nichts fuͤr dir / wie gar nichts ſind doch alle Menſchen. 1. Reg. 2. 2,Wie war er gemuth als er hingehen ſolt den Weg aller Welt? Traun / wolgemuth. Da andere winſeln und heulen / fingPſ. 118. 17. er an im Geiſt voller Freuden zu ſingen: Jch werde nichtſterben[17]ſterben ſondern leben und deß Herren Werck verkuͤndi - gen. Sey nun wieder zu frieden meine Seele / denn derPſ. 116. 7. 8. 9. HErr thut dir guts. Denn du haſt meine Seele auß dem Tode geriſſen / mein Auge von den Thraͤnen / meinen Fuß vom gleiten. Jch wil wandeln fuͤr dem HErren im Lande der Lebendigen. Wolan ihr Seelen / die ihr Ruhe ſuchet in Gott / durch Betrachtung deß Todes / daß der wolthut den Frommen / laſſet die Heyden trauren uͤber ſich und ihre Todten / die keine Hofnung der Erloͤſung vom zeitlichen1. Theſ. [4] Tode haben; Laſſet Ciceronem winſeln / der in aller ſeiner Beredſamkeit nicht ein einig Troſt-Wort wuſte / ſeine See - le wider den Tod zu troͤſten / laſſet Ariſtotelem in ſeiner tief - fen Welt-Weißheit als einen Thoren zittern und beben / wenn er in der Todes Erwehnung verzagt und klagt όϑά - νατος τῆν φοβερῶν φοβερότατον. Der Tod iſt das allerſchreck - lichſte Ding auf der gantzen Welt. Wir ſagen: Nein. Vielmehr ſelig ſind die Todten die im HErren ſterben vonApoc. 1. [4] nun an. Der Geiſt ſaget: Sie ruhen von ihrer Arbeit.

Weiter findet eine Seele allerholdſeligſte Ruhe in Gott mitten im Tode

II. In omni Adverſitate conſtanter certando.

Uberwinden Kampff und Streit
Macht der Seelen Ruh und Freud.

Wer deß Tages Laſt und Hitze in ſchwerer Arbeit zu -Matth. 20. gebracht wie jene im Weinberge / der ruhet bey kuͤhler Nacht lieblich und wol. Fromme Chriſt-Hertzen ſind dazu be - ruffen / daß ſie hier im Creutz und Truͤbſal und allerley Ver - folgungs-Hitze ihre Lebens-Tage zubringen ſollen / aber am Abend eines ſeligen Todes iſt die Ruhe beſtellet. Da ge - het uns abermal Paulus vor mit ſeinem Lebens-Lauf / wieCes[18]es ihm allhier ehe er zur Ruhe kommen / ergangen / ſagen - de: Jch hab einen guten Kampf gekaͤmpfet; Jch hab den Lauff vollendet / Jch hab Glauben gehalten. Wie?

A. Benè certemus. Wir muͤſſen wol kaͤmpffen. Ich hab einen gutten Kampff gekaͤmpffet: bildet unſer Chri - ſtenthum in dem Krieges-ſtande ab; Gleich wie

a. Ein Soldat vielem Ungemach unterworffen / muß2. Sam. 11. 11. in freyem Feld Ungemach außſtehen / wie Urias von Da - vids Armee vor Rabba erzehlet. Hunger und Durſt auß -Jud. 15. 18. ſtehen / wie Simſon nach der Schlacht faſt erdurſtete. So muͤſſen Chriſten vieler Gefahr unterworffen ſeyn zu Waſ -2. Cor. 11. 26. ſer und Land / in Staͤdten und Wuͤſten / unter Heyden und falſchen Bruͤdern / in Muͤh und Arbeit / in Verfolgung. 2. Tim. 3.Alle die Gottſeelig leben wollen in Chriſto JEſu muͤſſenAct. 14. Verfolgung leiden / und durch viel Truͤbſal ins Reich Got - tes eingehen.

b. Ein Soldat / ſol er kaͤmpffen / muß bewaffnet ſeyn: Von dem groſſen Hertzog und tapffern Deutſchen Helden Rulando gedencket Draudius, daß er zwey ſondere Jnſtru - ment wider die Heyden gebraucht / und manchen herrlichen Sieg dadurch erhalten; Ein Horn / deſſen Schall ſo ſchreck - lich zu hoͤren geweſen / daß die Feind erſchrocken; Und ein Schwerdt / was es getroffen unheilbar verwundet. Wir goͤnnen ſie ihm / ſo er ſie gehabt. Gewieß iſts / GOttes Wort iſt ein Horn oder eine Poſaune / blaſen wir die an / ſo erſchrecken wir damit den Teuffel und ſein hoͤlliſches Raub - Neſt / daß ſein Mauren / ſein Muth und Macht dahin faͤllt / wie zu Jericho die Mauren durch der Poſaunen Schall darnieder geworffen. Ja er fleucht mit ſeinem Anhang / Suͤnd und Tod / wie zu ſehen in der Wuͤſten / da ihn ChriſtusMatth. 4. 10. hiemit anbließ / er zur Hoͤllen fuhr. Es iſt das rechte zwey -Ebr. 4. ſchneidige Schwerdt damit wir den Satan erlegen / wieDavid[19]David dem Goliath mit dem Schwerdt den Kopff abhieb. 1. Sam. 17So ſtehet nun umbguͤrtet euer Lenden mit Warheit / uñ an - gezogen mit dem Kꝛebs der Gerechtigkeit / und an Beinen ge - ſtiefelt / als fertig zu treiben das Evangelium deß Friedes /Eph. 6. 14. da mit ihr bereit ſeyd. Fuͤr allen Dingen ergreiffet den Schild deß Glaubens / mit welchem ihr außleſchen koͤnnet alle feurige Pfeile deß Boͤſewichts / und nehmet den Helm deß Heils / und das Schwerdt deß Geiſtes / welches iſt das Wort Gottes; und betet ſtets in allem Anligen mit bitten und flehen im Geiſt. Das iſt ein gutter Kampff.

c. Ein Soldat wenn er gnug gekaͤmpffet und lange zu Felde gelegen / ſehnet ſich endlich nach dem Quartier / dar in - nen er außraſte. Gleicher geſtalt wenn ein Chriſt allhier in ſeinem Feldzuge einen gutten Kampff gekaͤmpffet wider den Teuffel mit Glauben / Gebeth und Heiligem Wandel;1. Pet. [5]. wider die Welt und ihre Luͤſte / als da iſt Augenluſt / Flei -1. Joh. [3]. ſchesluſt / und hoffaͤrtiges Leben; Wider die Begierde ei -Gal. 5. gnen Fleiſches / daß ſie nicht geherrſchet in dem ſterblichen Leibe / den fuͤhret Chriſtus JEſus der Feld-HErr in das Quartier einer ſeligen Ruhe; Die Gerechten ruhen in ih -Eſa. [57] ren Kammern.

Darnach ehe wir zur kuͤhlen Ruhe gelangen / iſt unſer Pflicht mit Paulo

B. Curſum conſummemus. Unſern Lauff vollenden. Verſtehet den Lauff unſers Chriſtlichen Wandels / da wir nicht nur wol anfangen zu lauffen / ſondern biß ans Ende fortlauffen ſollen. Virtus in fine coronat.

Die Tugend zeiget zwar ein rauhen Lauff zu gehn /

Am Ende zeigt ſie erſt mit Ruhm bekroͤnet ſtehn.

Er ſtellet aber allen vor ein Roͤmiſch Gleichnuͤß / ge - nommen von denen die in Schrancken lauffen.

a. Sie lieffen mit hoͤchſter Begierde. Nichts minderC ijſollen[20]ſollen Chriſten begierig ſeyn im gutten zu lauffen und ſich uͤben / mit Freuden gehen zu den ſchoͤnen GOttes-Dien - ſten und ſagen: Jch freue mich daß wir werden in das HaußPſ. 122. 1. deß HErren gehen / daß unſere Fuͤſſe werden ſtehen in denPſ. 26. 6. 7. 8. Thoren Jeruſalem. Jch halte mich HErr zu deinem Al - tar / da man hoͤret die Stimme deß Danckens / und da man prediget alle deine Wunder. HErr ich habe lieb die ſtaͤdte deines Hauſes / und den Ort da deine Ehre wohnet.

b. Die Roͤmiſchen Laͤuffer hatten gewiſſe Schrancken / worinnen ſie lieffen zum vorgeſteckten Zweck. Unſer Chri - ſtenthums-Lauff hat die von GOTT ſelbſt außgeſteckte Schrancken / die zwey Taffeln der Heiligen Zehen Geboth:Ex. 20. Eſa. 8. Nach dieſem Geſetz und Zeugnuͤß ſollen wir einher gehen /Deut. 11. 27. 2. 30. 19. denn die weiſen uns Segen und Fluch / Leben und Tod / auſſer dieſen wandeln und lauffen iſt das ewige Verterben. Denn Chriſtus ſagt ſelber: Vergeblich dienen ſie mir / dieweil ſie lehren ſolche Lehre / die nichts denn Menſchen Geboth ſind.

c. Die Laͤuffer richteten im Lauff die Augen auf den Zweck die Ehren-Krone zu erlangen; das Ende unſers Glaubens iſt das ewige Leben / nemlich der Seelen Selig -1. Pet. 1. 9. keit / wie Petrus ſagt: der richtige Weg iſt Chriſtus: JchJoh. 14. bin der Weg die Warheit und das Leben / Niemand koͤmmt zum Vater denn durch mich. Auf den muͤſſen wir ſehen mit den Augen deß Glaubens / wollen wir anderſt die Kro - ne deß Lebens erlangen / wie Paulus lehret: Laſſet uns lauffen durch Gedult in dem Kampf der uns verordnet /Ebr. 12. 2. und aufſehen auf JEſum den Anfaͤnger und Vollender deß Glaubens.

d. Im Lauff lieſſen ſich die Roͤmer durchauß nichts aufhalten. Jm Chriſtenthums Lauf rechtſchaffene Chri - ſten auch nicht / damit ſie ihren Lebens-Lauf ſelig vollenden /obſchon[21]obſchon der Teufel durch ſeine Werckzeuge viel Querhoͤltzer in Weg waltzet. Tryphon ein Koͤnig in Syrien ließ ſei - nen verfolgenden Feinden all ſein Geld in Weg werffen / nur daß er das Leben als eine Außbeuth davon bracht. Frome Hertzen werfen auch billich alles zeitliche / Ehr und Gutt weg / wenn der Teufel Verfolgung anhebet / umb das ewige Leben zu bringen; Laſſen ſich nicht aufhalten dasLuc. 19. Reichthum wie jenen Juͤngling der die Seele darumb ver - tauſchte; O der eitelen Welt-Ehre / wie Demas ſich die Welt ließ abhalten von Paulo / und dadurch Schiffbruch2. Tim. 4. an ſeinem Glauben gelitten. Wirff alles hinter dich / O Seele / nach Chriſti Wort: Wer verlaͤſſet Haͤuſer / oder Bruͤder / oder Schweſter / oder Vater / oder Mutter / oderMatth. 19. 29. Weib oder Kinder / oder Aecker umb meines Nahmens willen / der wirds hundertfaͤltig nehmen und das ewige Le - ben ererben. Ziz̄ka ließ in einer Enge Weiber-Schleyer und Schuͤrtztuͤcher außſtreuen / darinn verwirreten ſeine Feinde die Fuͤſſe / und dadurch ereilet er und ſchlug ſie. Ach wie viel verwirren ſich in den Weiber-Schuͤrtzen fleiſchlicher Unreinigkeit / werden dadurch im Lauff ihres Chriſtlichen Wandels gehindert / wie die Jſraeliten durch die Moabiti -Num. 25. 4. ſchen Frau-Zimmer-Schleyer / daruͤber wurden alle Obri - ſten an die Sonne gehencket / und alle die andern erwuͤrget. Ach wie viel ſind noch heut zu Tage die an Leib und Seel er - wuͤrget werden. Denn die Hurer und Ehebrecher wirdEbr. 13. 5. Gott richten. O weg / weg mit dergleichen Schuͤrtzen und Schleyern. Selig ſind die reines Hertzens ſind / denn ſieMatth. 5. werden Gott ſchauen. Die ſollen dem Lamm nach folgenApo. 14. 4. wo es hingehet / denn ſie ſind Jungfrauen.

Endlich ehe wir zur Ruhe unſerer Seelen gelangen / iſt unſere Pflicht allhier

C. Fidem ſervemus. Wahren Glauben halten. Wie einC iijSoldat[22]Soldat ſeinem Feldherrn unter ſein Fahn ſchweret biß in Tod treu ſeyn. Eben alſo erfordert von uns wahre Glau - bens-Treu Chriſtus unſer Feldherr. Was iſt das fuͤr Glaube? Keinen andern HErren / Erloͤſer / Mittler / Fuͤr - ſprecher und Heiland erkennen noch annehmen / durch den wir ſollen ſelig werden / als allein durch ihn. Denn es iſt inAct. 4. 10. 12. keinem andern Heyl / iſt auch kein ander Nahme den Men - ſchen gegeben / darinnen ſie ſollen ſelig werden / als in dem Nahmen JEſu Chriſti von Nazareth / welchen die Ober -Act. 15. 11. ſten der Juden gecreutzigt haben / den Gott von den Todten auferwecket hat; Und ſo glaͤuben wir alleſambt mit den Apoſteln durch die Gnade unſers HErren Jeſu Chriſti ſe - lig zu werden / gleicher Weiſe wie auch unſere Vaͤter. Und diß iſt der wahre / allgemeine ſeligmachende Glaube. WerMatth. 10. in dem beharret biß ans Ende / ſoll ſelig werden. Solte man gleich das Leben daruͤber in die Schantze ſchlagen. Matth. 16. 25.Denn wer ſein Leben verleuret umb meiner Willen / ſpricht unſer Lebens-Fuͤrſt Jeſus Chriſtus / der wirds finden / undApoc. 2. ſey treu biß in Tod / ſo wil ich dir die Krone deß Lebens ge - ben.

Letzlich kommet unſer Seele am Ende deß Lebens zur allerholdſeligſten Ruhe

III. Gloriam ineffabilem exſpectando.

Hoffen groͤſſre Herrligkeit
Bringt der Seelen Ruh und Freud.

1. Tim. 1. 19.Wenn nun beſtaͤndige Liebhaber Chriſti eine gutte Rit - terſchafft geuͤbet / Glauben und guttes Gewiſſen behalten / und am Glauben nicht Schiffbruch erlitten / ſo ſollen ſie auch verſichert ſeyn der Freundligkeit und Leutſeligkeit un - ſers Gottes / daß er die in der Gerechtigkeit Chriſti Gerechtenicht[23]nicht ewiglich in Unruhe laſſen wil / ſondern ſollen wiſſen /Pſ. 55. daß unſer Truͤbſal die zeitlich und leicht iſt / ſchaffet eine ewi - ge und uͤber alle Maß wichtige Herrligkeit / uns die wir nicht ſehen auf das ſichtbare ſondern aufs unſichtbare. Die -2. Cor. 4 17. ſes hat Paulus und die Hochſelige Frau Johanna Eliſa - beth in ihrem Tode als ein Hertzens-Labſal gehabt in den Worten: Hinfort iſt mir beygelegt die Krone der Ge - rechtigkeit / welche mir der HERR an jenem Tage / der ge - rechte Richter geben wird. Nicht mir aber alleine / ſon - dern auch allen / die ſeine Erſcheinung lieb haben. Hoͤret / ihr ſelig-ſterbende / eine Krone der Gerechtigkeit habt ihr zu gewarten. Damit wird angedeutet eine uͤberauß groſ - ſe Seligkeit. Jch wolte gern was davon melden / aber weil wir in dieſer Huͤtten ſeyn / iſt unmoͤglich dieſelbte Herrlig - keit zubeſchreiben. Kan doch Paulus ſelbſt nicht Worte ſinden ſolche zu melden / der doch im Paradiß etlicher maſſen ſolche Herrligkeit geſehen und geſchmecket / ſondern ſpricht: Kein Auge hat geſehen / kein Ohr hat gehoͤret / und iſt in kei -1. Cor. 2. 9. nes Menſchen Hertz kommen / das Gott bereitet hat / denen die ihn lieben. Darumb wil ich nur ein par Worte davon melden / und ſage / daß dieſes ſeyn werde:

a. Gloria honoratiſſima. Eine Herrligkeit voller Ehre und Majeſtaͤt. Weils hie genennet wird eine Krone / die iſt ein Zeichen der hoͤchſten Ehre einer einigen Perſon in ei - nem Koͤnigreich / wie Salomon gekroͤnet in Juda und Iſra -1. Reg. 2. el. Dort aber werden alle Außerwehlten mehr Majeſtaͤt und Ehre habenals alle Kronen auf Erden. Deñ ein Ge - rechter / gekroͤnet mit der ſchoͤnen Krone von der Hand deß HErren / wird eine gantze Rotte der Gottloſen grauſam erſchrecken in ſeiner Seligkeit / daß ſie mit Reue und AngſtSap. 5. 1. 2. 3. 17 deß Geiſtes ſeuftzen werden: Das iſt der / welchen wiretwa[24]etwa fuͤr einen Spott hatten / und fuͤr ein hoͤniſch Beyſpiel. Wir Narren hielten ſein Leben fuͤr unſinnig / und ſein Ende fuͤr eine Schande / wie iſt er nun gezehlet unter die Kinder Gottes / und ſein Erbe iſt unter den Heiligen.

Darnach wird die Herrligkeit der Kinder Gottes ſeyn b. Gloria juſtiſſima: Eine gerechte Krone / nicht auß unſer Gerechtigkeit oder Wercken / dann die iſt fuͤr GOttes Ge -Eſai. 64. richt wie ein befleckt und unrein Kleid / Sondern die durch den Glauben uns geſchencket iſt von JEſu Chriſto dem ge - rechten Richter. Wie ſolches Paulus deutlich ſaget: JchPhil. 3. 8. achte es alles fuͤr Schaden / ja fuͤr Koth / auf daß ich Chri - ſtum gewinne und in ihm erfunden werde / daß ich nicht ha - be meine Gerechtigkeit / die auß dem Geſetz; Sondern die durch den Glauben an Chriſtum JEſum kommet / nemlich die Gerechtigkeit / die von GOtt dem Glauben zugerechnet wird / damit ich ſeinem Tode aͤhnlich werde / damit ich ent - gegen komme zur Aufferſtehung der Todten.

c. Gloria certiſſima: Es iſt eine gewiſſe Herrligkeit. Weil dieſe Krone beygeleget / das iſt / wol aufgehoben und verwahret iſt / und wird auch gewiß gegeben werden an je - nem Tage: theils der Seelen bald nach dem Abſchied auß dem Leibe; wie Timotheo bey ſeiner Marter ſie Ehriſtus zeigete / in dem er ein Kron am Himmel ſahe und die Stim̃e gehoͤret: Vincenti dabitur. Aber am juͤngſten Tage dem gantzen Menſchen / wenn Leib und Seel werden wiederumb vereiniget ſeyn / und daß ſo gewiß / als es gewiß / daß derLuc. 21. Juͤngſte Tag deß Gerichts kom̃en wird nach den gegebenen Zeichen Chriſti. Darumb ſol ein ſterbender Chriſt durch - auß nicht zweifeln an ſeiner Seligkeit am letzten Ende / ſon - dern ſich troͤſten der vollkommenen geſchenckten Gerechtig - keit Jeſu Chriſti / und mit Paulo volles Troſts und Freudẽ2. Tim. 1. ſagen und ſterben: Jch weiß an welchen ich glaͤube / nemlichan[25]an JEſum / und bin gewiß / daß er mir kan meine Beylage / meine beygelegte Krone der Gerechtigkeit bewahren biß an jenen Tag. Und noch einmal: Jch bin gewiß / daß wederRom. 8. 18. 19. Tod noch Leben / weder Engel noch Fuͤrſtenthum / noch Ge - walt / weder gegenwaͤrtiges noch zukuͤnfftiges / weder hohes noch tieffes / noch keine andere Cꝛeatur mag uns ſcheiden von der Liebe Gottes die in Chriſto Jeſu iſt unſerm HErren.

d. Gloria univerſaliſsima. Es iſt eine allgemeine Herꝛ - ligkeit. Hier iſt nur ein einiger Perſon Herrligkeit: dort aller Außerwehlten / wie Paulus ſagt: Nicht mir aber al - leine / ſondern auch allen die ſeine Erſcheinung lieb haben. Das wird ja praͤchtig uͤber praͤchtig ſeyn / wenn ſo viel tau - ſend gekroͤnete werden vor dem Koͤnig aller Koͤnige Chriſto Jeſu ſtehen. Da wird nicht Eſther / Maria / David / Sa - lomon / Joſaphat / Joſias allein gekroͤnet ſeyn / ſondern auch Bartimæus / Lazarus / Maria Magdalena / das Blut-fluͤſ - ſige Weib / und alle Armen / denen das Evangelium gepre - digt / die es angenommen und demſelben geglaͤubet. Alle die hat der Fuͤrſt der Koͤnige auff Erden geliebet und gewaſchenApoc. 1. 6. c. 5. 10. von den Suͤnden mit ſeinem Blut / und hat ſie gemacht zu Koͤnigen und Priſtern fuͤr Gott und ſeinem Vater.

Und alſo ſtehet ietzo gekroͤnet in hoͤchſter und holdſelig -Applicatio. ſter Vergnuͤgung und Ruhe die Heilige Seele der weiland Hochgebohrnen nun im Himmel außerkohrnen / Frauen / Frauen Johanna Eliſabeth / die iſt nun nach vieler auß - geſtandener Unruhe dieſer Welt zur ewigen Ruhe in Gott angelanget; Denn

1. Hat Sie den Tod nicht mit leiblichen ſondern geiſtli - chen Glaubens-Augen bey wehrenden Lebens-Tagen ange - ſchauet / wenn ſie Jhr denſelben durch oͤfftere Betrachtung ihrer Sterbligkeit vorgeſtellet / alſo daß Sie gedacht / daß Sie werde dermaleines zu der von Gott beſtimten Zeit vonDder[26]der Welt Abſchied nehmen muͤſſen. Daß Sie nun nicht un - bereitet erfunden wuͤrde / hat Sie gewachet; GOttes WortAct. 17. wie die Berrhoënſer fleiſſig geleſen / wol behalten in einemLuc. 8. feinen gutten Hertzen / und deſto feſter es zu bewahren und ſich zuerinnern / viel ſchoͤne Kernſpruͤche eigenhaͤndig auff - gezeichnet / begangene Menſchliche Gebrechen / fuͤr Gott bey dem Heiligen Beichtſtuhl erkennet und ſchmertzlich bereuet /Eph. 3. das Pfand der Verſicherung der Jnwohnung ihres Jeſu / durch den Glauben im Hertzen das Heilige Abendmahl off - ters gebrauchet / wie auch gleich zu ſolchem Abſchied 14. Ta - ge zuvor mit inbruͤnſtiger Andacht ſolches nehmende / ſie ſich bereit gemacht; mit hertzlichem Seufftzen ihrem JEſu ſich auffgeopffert / in dem ſie faſt Tag und Nacht zu leſen und be - ten befohlen ihre Andacht zu vermehren. Offters geruffen: Komm ô Jeſu / komm! und ſpanne mich auß. Sind PauliPhil. 1. Wort; Jch begehre auffgeloͤſt zu ſeyn. Einsmal hat Sie ih - re Augen beſtaͤndig in die Hoͤhe gehalten / und als Sie gefra - get worden / antwortet Sie mit glaͤubigem Hertzen und Munde: Jch ſehe auff die Huͤlffe deß HErren JEſu / wo er ſo lange auſſen bleibet. Das ſind klare Zeugnuͤſſe / daß Sie den Tod nicht mit leiblichen ſondern geiſtlichen Augen an - geſehen / wiſſende / daß Sie im Tode nicht untergehe.

Wie Paulus als ein Verreiſender Abſchied genommen in der Hoffnung / daß ſie wuͤrden wieder zuſammen kom̃en; Eben alſo that die Hochſelige. Sie geſegnet ihren Herren und Gemahl mit Troſt-reichen Worteu: Ade! weine nur nicht! Es muß geſchieden ſeyn; Es iſt beſſer daß Du mir / als ich Dir nachſehe. Weine nicht! warumb nicht? Sie hat wollen andeuten: wieder zuſammen kom̃en macht / daß man ſcheiden nicht acht. Sie geſegnete ihre gegenwaͤrtige hohe Bluts-Verwandten / doch in der Hoffnung deß wieder ſchauens[i]m ewigen Leben.

Darnach[27]

Darnach hat Sie mit Paulo gekaͤmpffet in vielerley Truͤbſal von zarter Kindheit an / in dem allzufruͤhzeitig erſt dero Hochgeliebteſte Frau Mutter / und kurtz hernach dero Hochfuͤrſtlicher Herr Vater ihr durch den Tod weg ge - nommen / nach dem nicht allein ſo viel ſchmertzliche Trauer - Faͤlle deß Piaſtiſchen Stamm-Hauſes / als auch eigner Herrichen und Fraͤulinnen erfahren muͤſſen. Zugeſchweigen vieler ſchmertzhaffter Leibes Schwachheiten. Aber Sie hat gekaͤmpffet mit Glauben / Gebeth und Andacht / dazu Sie ihr ſonderlich erwehlet deß ſeligen Wudrians Creutz-Schu - le / welche Sie biß faſt gaͤntzlich zum drittenmal durchgele - ſen. Beſonders in der langwierig letzten Niederlage / da Sie zum Bilde der Nachfolge / ihr den Geiſtlichen Myrꝛhen - Berg die Paſſion Chriſti vorgeſtellet / und Krafft derſelben auch / eigner Bericht nach / ſiegende uͤberſtiegen. Dannen - hero gewiß auch deß letzteren / deſſen Paulus ſich getroͤſtet / ſich verſichert / daß Sie nunmehro gekroͤnet ſtehet vor Got - tes Thron und deß Lammes: wie in zwey Viſionen Chri - ſtus Jeſus es der wol-ſeligen / als einen Vorſchmack deß ewi - gen Lebens / gezeiget. Denn als Sie einsmal in ihren groͤ - ſten Schmertzen gelegen / und Sie der Huͤlffe deß HErren Je - ſu erinnert worden / ſagte Sie: Jch ſehe den HErren mir entgegen kommen mit der ſchoͤnen Krone / und reichet ſie mir. Noch eines; als Sie von einer dero Hochgeliebteſten Bluts - Verwandten getroͤſtet worden / ſich ein kleines zugedulden / ſo wuͤrde ſie bald zu dero hertzliebſten Kindrichen gelangen. Darauff Sie zwar geſchwiegen; laͤngſt hernach faͤnget Sie unverſehens an mit freudigem Gemuͤthe: Ach! da kommt eines! Als befragt worden / wer? Meiner Kinder eines mit einer Krone. Und Kinder ſind ja im Himmelreich /Marc. 10. laut Chriſti Zuſpruch: Jſt das nicht verſichert genung der Krone deß Lebens? Jſt das nicht erfuͤllet an Jhr / wasD ijChriſtus[28]Joh. 11.Chriſtus ſagt: Wer da lebet und glaͤubet an mich / der wird nimmermehr ſterben? Wol moͤgen wir ſagen: O himm - liſche Johanna Eliſabeth! Jhre Seele iſt in der aller -Valedictio. holdſeligſten Ruhe in Gott! Hoch-Wolgebohrner / Hoch - betruͤbteſter Herr Wittiber / mein gnaͤdiger Herr. Er troͤſte fich nun mit dieſen Worten / weil Er weiß wie hoͤchſt - ſelig Sie ietzo ſich beſinde / und in tauſendmal groͤſſer Freuden wiederfinden wird. Sie nimmet gleichſam durch meine Wenigkeit noch einmal troͤſtlichen Abſchied auß Chꝛi - ſti Mund wie er die Witwe zu Nain troͤſtete. Ade! ô al - lertreueſter Schatz! Er weine nicht / Mein Seelen-Schatz Jeſus rufft mir: Komm her meine Schoͤne / komm her. Er kroͤnet mich mit der Krone der Gerechtigkeit / und laͤſſet mich ſeine Herrligkeit ſehen. Er ſey ihm auch treu / biß in Tod / ſo wird er Jhm auch die Kron deß Lebens aufſetzen. Dort wollen wir uns wieder ſehen; Ade!

Dem Durchlauchtigſten Stammbaum und Hoch - Graͤfflichen Herren Bruͤdern / als Hoch-Fuͤrſtlichen Her - ren Abgeſandten / meinem gnaͤdigen Grafen und Herren / le - get zu dero Fuͤſſen und Hertzen ab ein verpflichtetes Ade!Gen. 24. daß einen Segen auß den Worten der Rebeccen Freund - ſchafft hinter ſich laſſen ſoll: Du Hoch-Fuͤrſtlicher Pia - ſtus-Baum / du biſt meines irrdiſchen Lebens Urſprung. Wachſe in viel tauſendmal tauſend / und dein Saame beſitze die Thore ſeiner Feinde. Der Baum deß Lebens JEſus / beſtaͤtige dieſes Segens-Ade! Daß zur Ehre deß Hoͤch - ſten und gantzen Landes Wolſtand / beſonders zum Schutz der verbundenen Fuͤrſtenthuͤmer dieſes Hoch-Fuͤrſtlichen Hauſes viel Georgen / Wilhelmen / Chriſtianen / Ludwi - gen / Joachimen / Friedrichen / Heinrichen auß dieſem Stamm entſprieſſen und gruͤnen / ſo lange die Erde ihr Ge - waͤchſe giebet und geben wird. Ja endlich wendet Sie ſichzu[29]zu allen andern hohen Bluts-Verwandten / und allen ietzt zu Jhrem Ehren-Gedaͤchtnuͤß Anweſenden / ſagende:

Ade!
Geſegne Euch Gott der HErre
Jhr Viel geliebten mein.
Trauret nicht all zu ſehre
Uber dem Abſchied mein;
Beſtaͤndig bleibt im Glauben
Wir werden in kurtzer Zeit.
Einander wieder ſchauen
Dort in der Ewigkeit.
Evolemus!
Concluſio.
Eja! waͤren wir da!
AMEN.
[figure]
[30][31]
Heil vom Heilande! Geiſtliche Seelen-Artzney Wider alle Todes-Scheu /
Auß den Worten Koͤnig Davids Pſalm XXVII. vers 1. 2. Bey dem Hochanſehlichen Leichen-Begaͤngnuͤß Der Weiland Hoch - und Wolgebornen Frauen Fr. Johanna Eliſabetha / Vermaͤhleten Frauen von der Leippe / Gebohrnen auß dem Fuͤrſtl. Hauſe Lignitz und Brig / Freyin von der Lignitz / Frauen auff Schwentnig / klein Knignitz / Pſchiderwitz / Carlsdorff und Weinberg in einer begehrten Leich-Predigt
[32]

Und Derer Hinterlaſſenen Hochbetruͤbten Herren Wittibern Dem Hoch - und Wolgebornen Herren Herren Czenko Howora / Herren von der Leippe / Erbherren auff Schwentnig / klein Knignitz / Pſchiderwitz / Carlsdorff und Weinberg Seinem gnaͤdigen Herren Nechſt hertzlichem Anverwuͤntſchen beſtaͤndigen kraͤfftigen Seelen Troſtes / und allem hohen Geiſt - und Leiblichen Wolbe - finden / zu Erweiſung gehorſamer Schuldigkeit betend uͤbergeben:

DEr herbe Todesfall / der Hertz und Geiſt beſtrickt /
Und das verknuͤpffte Band der Liebe reiſt / und nimmet /
Macht / Herr / daß Jhr betruͤbt im Kummer geht gebuͤckt /
Jn Wermuth faſt verzehrt und heiſſen Thraͤnen ſchwimmet
Doch ſeht zu Gott hinauff von dem der Schlag geruͤhrt /
Und denckt daß Er es gut mit beyderſeits gemeinet:
Die Selige ward ja zur Freud auß Angſt gefuͤhrt
Und Jhre Noth hoͤrt auff die offters Jhr beweinet.
Goͤnnt Jhr die Herrligkeit wornach Jhr ſelbſt euch ſehnt
Und Gott wird Lebens-ſatt dort geben zu genieſſen /
Da beyder Liebes-Band zerbrochen und bethraͤnt
Sich wird in Ewigkeit durch Himmliſch Lieben ſchlieſſen

von M. Eſaias Anſorgen Pfarrern zu Naſelwitz und Wilſchkowitz.

[33]

Timoris antidotum. Geiſtliche Seelen-Artzney Wider alle Todes-Scheu. auß den Worten Davids Pſalm XXVII. vers. 1. 2.

Antrits-Wunſch

GOtt der Vater unſers HErren JEſu Chri - ſti / der GOtt alles Troſts / erquicke und richte auff / nebſt deme Hochbetruͤbten Her - ren Wittibern / alle Hohe Angehoͤrige / ſo Fuͤrſtlich-Erlauchte / als Graͤfliche / Herrliche / und Hoch-Adeliche Anverwand - te / zu kraͤfftiger Beſaͤnfftigung Jhrer in Wehmuth zerſchmoltzenen Hertzen / umb ſein ſelbſt willen / Amen!

Antritt. Erlauchte Andachten / im HErren Geliebte / am Hertzen Hochbetruͤbte Zuhoͤrer.

ALs die weiland Hochgeborne Frau / Frau Johanna Eliſabeth / vermaͤhlete Frau von der Leippe / geborne Fuͤrſtliche Frey - in von der Lignitz / Frau auff Schwent -Enig /[34]nig / klein Knignitz / Pſchiderwitz / Carlsdorff und Wein - berg / A. C. 1673. den 30. Tag deß vergangenen Weinmo - nats zwiſchen 2. und 3. Uhr nach Mittage / auff dero Frey - herl. Hauſe zu Schwentnig / nach lang außgeſtandener hef - tiger Leibes Abmattung / Jhre wolbereitete Himmels-ſeh - nende Seele Lebens-ſatt und muͤde im Glauben und Ge - duld / in die Haͤnde ihres treuen Heilandes und Erloͤſers Je - ſu Chriſti ſeufftzend einhaͤndigte / und die vergaͤngliche Welt-Eitelkeit / mit der glorioſen Ewigkeit der ſel. Kinder GOttes verwechſelte: ging ein hefftiges Sturm-Wetter mit grauſamen Regen / und Schnee-Geploͤder vermenget vorher / und folgte bey außgeklaͤretem Himmel ein anmu - tiger Sonnenſchein / mit gelindem Windwehen nach. Jch / der ich dazumal der begierig-andaͤchtigen Seelen ſtatt ihres krancken Seelen-Pflegers eine Zeitlang bißher erfo - dert / auß Nachbarlicher Schuldigkeit / mit Evangel. Tro - ſte gehorſam und andaͤchtig auffwartete / erinnerte mich / bey dieſer Begebenheit deß groſſen Wunder-Propheten[1]. Reg. XIX. 3. Eliæ, und

Seines ſehnlichen Todes-Verlangens:

Das Tyranniſche dreuen der verbitterten Jeſabel hat - te ihn / wie großmuͤtig er ſonſt war / und ſtatt der WorteEpiphan. Feuerflammen zu redenſchiene / in eine ſolche Kleinmuth / und dieſe biß in die wuͤſte Einoͤde deß Wunder-Berges Ho - reb gejaget / daß er auß Zweifel anderer Sicherheit / ſie al - lein im Tode ſuchte und ſagte: HErꝛ es iſt genung / nihm meine Seele / ich bin nicht beſſer als meine Vaͤter. Und entſchlieff daſelbſt unter einem Wacholder / als wolte er mit dem Ebenbilde deß Todes / den Schlaff / deß Todes Bruder den Zutritt machen.

Er meinete es waͤre beſſer einſam geſtorben / als ſein /beſſerer[35]beſſerer Ehren-wuͤrdiges Leben / dem Mord-Schwerdt ei - nes Henckers / und durch einen blutigen Maͤrterer Tod of - fentlich / denn damals ſchwach - und irr glaͤubigen Jſraeliten aͤrgernuͤß und Urſach zur Furcht und Abfall zu geben. Weil er verſichert war / daß ihm im Tode nichts ab - ſon - dern ein beſſerer Danck / als er hier ermangelte / bey ſeinem2. Tim. IV. 8, GOtte zugieng.

Wie auch deß Goͤttlichen Voruͤberganges: GOTT ließ ſeinen eyferigen Diener nicht vergebens ruf - fen. Sondern dem auch Moſis ſeufftzen am Schilff-MeeꝛExod. XIV. 15. ein donnerndes Geſchrey war / neigte ſeine Ohren / und nach dem er ihn durch ſeinen Engel geſtaͤrcket / kam er ſelber ihn zu erquicken. Ließ aber den Eyfer ſeiner Goͤttl. Macht in einem ſtuͤrmenden Winde / ſchrecklichen Erdbeben / und flammenden Feuer vorher gehen: Wodurch er ihm ſein zagendes Mißtrauen gegen Gott / und wie leicht er ihn wi -Sap. V. 18. der alle ſeine maͤchtige Feinde / durch ſeiner gewapneten Creaturen gehorſamen / ſchuͤtzen koͤnte / zeigete.

Deme aber ein gelindes Weſtſauſen / mit demſelben GOtt / und ſein kraͤfftiger Troſt folgete.

Eben dieſes / dachte ich / iſt ietzt unter uns auch geſche - hen. Unſere Fuͤrſtliche Frau von der Leippe ward durch langwieriges ſchmertzhafftes Abmatten ermuͤdet / endlich zu ſeufftzen gemuͤſſiget: Jch begehre auffgeloͤſt zu ſeyn! Phil. I. 23.Komm HErr JEſu! Die vielfaͤltig außgeſtandenenApoc. XXII. 20. Kranckheiten hatten bey acht Jahren her / ihr die Welt-Lie - be ſo vergaͤlleti / daß Sie endlich ihr eintziges aſylum in ei - ner verlangten ἐυϑανασία ſucheteund betete: HERR laßLuc. II. 29. deine Dienerin im Friede fahren! Spanne auß. Jch2. Tim. IV. 7. habe den Creutz-Lauf vollendet! Gott ließ auch hier nicht vergebens bitten.

E ijZwar[36]

Zwar es gieng ein hefftiges bewegen voran. Wir ſa - hen die Arbeit Jhrer Seelen / da Sie mit dem Tode rang /Cant. IV. 6. und hefftiger zu beten vermahnete: Als Jhr der MyrrhenA. C. 1673. d. 29. Marti Domi expl. berg zu ſteigen ſauer / und die Erlangung der Lebens-Cro - ne ſchwer ankam. Aber Jhre am Creutz ſo feſt gebunde - nen Haͤnde worden gewuͤnſcht erloͤſet / der Lebens-FadenJoh. IV. 52. d. leichte zerſchnitten / die ſiebende / als die verlangte Erloͤ -23. Octobr. domi explic. ſungs-Stunde nahete herbey / Jhre ſelige Kinder zeigten im Geſichte die bereitete Ehren-Krone / welche Jhr dazu - mal der Herr in der That gab / als Jhr vom Himmel zu -Cant. IV. 8. geruffen wurde: Kom̃ her meine Liebe von den Woh - nungen der Loͤwen / von den Bergen der Leoparden. Da nahm ein abgekuͤhltes wehen den letzten Athem bey we - nigem Empfinden hin / und ließ den verblichenen Coͤrper uns zu einer / Stands-Gebuͤhr nach / Chriſtlichen Sepul -Mal. IV. 2. tur, Jhr aber gieng auff die Freuden-Sonne deß ewigen Lebens.

Tob. III. 23.Nun iſts wahr / dachte ich / was die keuſche Sara deß fromen Raguels, GOTT zutrauet: Nach dem Unge - witter laͤſſeſt du die Sonne wieder ſcheinen / und nach dem weinen uͤberſchuͤtteſt du uns mit groſſen Freuden. Denn nun hat die ſelige Seele uͤberwun - Pſ. LXI. 6. den. Nun wird Jhre außgeſtandene Arbeit ewig und Matth. V. 12. wol belohnet. Nun iſt dieſer Zeit Leiden nicht Rom. VIII. 10 Eſa. XXXV 10 werth der erlangten Herrligkeit. Nun ergreifft Eſa. LIII. 8. Sie Freud und Wonne. Nun kan Niemand Jhres Lebens Laͤnge außreden.

Jch ſol es erfodert / und zwar vor dieſer Erlauchten und Vornehmen Verſamlung thun.

Erinnere mich aber deß Raths / den ein alter Philoſo -phus[37]phus und Atheniſcher Politicus dem Soloni, als er vor dem reichen Lydiſchen Koͤnige Crœſo Audientz haben ſolte / gab: Er ſolte reden ἣδυςα, ἥκυςα, aut minima aut jucunda. Zwar jenes wird meine Unvermoͤgenheit und Unbe - redſamkeit ohn diß: Dieſes aber / weil ich ein harter1. Reg. XV. 6. Bothe ſeyn muß / nicht verrichten: Es ſey denn daß Euer Erlauchte Andachten und Chriſtliche Liebe die Kraft deß Heiligen Geiſtes von Gott mir erbitten wolten in ei - nem andaͤchtigen Vater Unſer.

Text-Worte

Pſalm XXVII. . 1. 2.

DEr HERR iſt mein Licht / und mein Heil / vor wem ſolt ich mich fuͤrchten? der HErr iſt meines Lebens Krafft / fuͤr wem ſolt mir grauen?

Eingang.

ES war kein Wunder / Erlauchte Andachten / und in dem Herren geliebte / ſchmertzlich be - truͤbte Seelen / daß die ſelige Seele / unſerer wei - land Fuͤrſtlichen Frauen von der Leippe / mit jener gelehrten Ferrarerin Fulvia Olympia Morata; (D. Andr. Güntheri P. P. Heidelberg. Uxore) auß dem Mun -Phil. I. [23]. de deß Apoſtels Pauli ſeufftzete:

Diſsolvi cupio, ſedet hæc ſententia menti, Eſseque cum CHRISTO, ſic mea vita viget.
Mein Hertzens wuͤnſchen iſt allein
Erloͤſet und bey GOtt zu ſeyn!
E iijDenn[38]

Denn Sie wuſte wol / daß Sie im Tode eine beſſere Gluͤckſeligkeit finden / als verlieren wuͤrde.

Zwar in der Welt war Sie nicht ſo ungluͤckſelig / daß Sie deßwegen zu ſterben hette verlangen ſollen. Jhr mangelte ja nichts

An Hoheit deß Standes. Die Vaͤterliche Ab - kunfft von Fuͤrſtlichen / auf Churfuͤrſt-Koͤnig-und Kayſerl. Gebluͤth ſtammend: Und das Muͤtterliche uhralte Rit - ter Geſchlecht / deme auch wol bey Biſchoffl. Wuͤrde deß gantzen Vaterlandes Ober-Herrſchafft anvertrauet ge - weſen / wuͤrde bey andern ein hohes Abſehen gegeben haben. Jhr gieng nichts ab an Kraͤfften deß Verſtandes: Die Himmliſche Weißheit hatte auß den Bruͤnlein Jſraelis ei - ne ſolche uͤberfluͤſſige Erkaͤndtnuͤß der Warheit in Jhre Seele gefloͤſſet / daß Sie bey verſicherter Seeligkeit wuſte[2]. Tim. I. 12. an wen Sie glaubte / und daß Er Jhre Beylage biß an jenen Tag bewahren wuͤrde.

Dieſer reine Glaube war durch die Liebe vor der Welt thaͤtig. Freundliche Wolthaͤtigkeit geſellſchafte Sie den Duͤrfftigen und Krancken / und hinderte Sie nicht Jhr ho - her Stand an der Perſoͤnlichen Erſuchung armer und kreiſſender Unterthanen und Benachbarten / ſo gar / daß Sie Jhr auch ſelbſt abbrach / und was andere / auch min - dern Standes auff praͤchtige Kleider / und koſtbaren Schmuck / Sie auff eine wolbeſtellte Hauß-Apotecken wen - dete / in derer Bereitung Sie Sich lieber zu Hauſe / gleich einer wirthlichen Schnecke / als bey vor nehmen Panqueten wuſte. So war die befeſtigte Geduld unter ſo langwieri - rigem Creutze / und die beharrliche Hoffnung auff Goͤttli - che Huͤlffe / auch bey ſo wenigen Leibes-Kraͤfften wider die Natur und Vernunfft ein unfehlbares Zeugnuͤß / daß diegutte[39]gutte und ſorgfaltige Anfuͤhrung derer Fuͤrſtl. Eltern und Anverwandten / und die wolbetrachteten Exempel Jhrer in der Kirchen und Weltberuͤhmten Vorfahren / nicht ver - gebens geweſen.

Welche loͤbliche Tugenden denn / Jhre menſchliche Schwachheiten leicht bedeckten / und andern zu Chriſtlicher Nachfolge ein kraͤfftiges Beyſpiel geben.

Sie war begluͤckt am Ehebande:

Das ſtattliche Herkommen von den maͤchtigen Boͤh - miſchen Mareſchallen / derer Fuͤrſt - und Koͤnigl. Anver - wandnuͤß Ehre und Anſehen brachte / und denn vornemli - chen die reine Liebe / und auffrichtige Treue Jhres allerlieb - ſten Ehe-Herren und Gemahl / verknuͤpffte das Demand - tene Ehe-Band ſo unauffloͤßlich / daß deſſen Vergnuͤgen / annoch bey dem lebendig gebliebenen Theile ein unvergeß - liches Deſiderium erhaͤlt / und das in Thraͤnen zerfloſſene Wittiber-Hertze noch bekennen muß / daß die Selige widerde J. Bruto Romani. Jhn in dero gantzem Leben nichts mehr geſuͤndiget habe / als daß Sie geſtorben.

Nichts deſto weniger / ob gleich dieſes bey andern nicht eine geringe Urſach zu der Liebe dieſes zeitlichen Lebens ge - geben hette: Blieb doch bey unſerer Seligen der einmal gefaſte Chriſtliche Entſchluß:

Jch hab Luſt abzuſcheiden /
Von dieſer boͤſen Welt.

Was mag wol zu ſolchen unveraͤnderlichen Gedancken die Selige eigentlich beweget / und der natuͤrlichen Furcht fuͤr dem Tode kraͤfftig widerſprochen haben? Jch veimeine; eben Jhr Stand: Sie war nicht nur ein Kind vornehmerAct. XVII. 29 Menſchen / und auf Erden auß hohem Geſchlechte. Sie warJoh. I. 12. eines Goͤttlichen Geſchlechtes / und durch die H. Tauffeein[40]ein Gnaden-Kind deß Himmels worden. GOtt gab JhrGal. IV. 6. Macht ſein Erbe zu ſeyn / und arrogirte Sie zum Beſi - tze der Seligkeit / weil Sie an ſeinen Sohn glaubete. SieJoh. XV. 19. war Gotte von der Welt erwehlet: Du biſt mein /Cant. IV. 8. war die Verſicherung der Goͤttlichen Liebe. Wie ſolte Sie nicht zum Vater nach der Heimet verlangen? HErr / hol mich heim nihm mich zu dir!

Wenn holſt du mich ins ParadeißCant. I. 4. Mo. nica Auguſti - ni mater. Daß ich dein Antlitz ſchaue!

Zeuch mich dir nach! Evolemus! Einem Kinde iſt nirgend beſſer / als im Schoß der Mutter / ein Chriſt nir - gend ſicherer / als in der Hand deß Himmliſchen Vaters. Der Verzug / dahin zu gelangen / erweckte bey der SeligenPſ. VI. 4. XIII. 1. ein ruͤhmliche Ungeduld. Ach du HERR wie lange! Wilt du mich ſo gar vergeſſen? Cupio diſſolvi. Die ανάλυσις war der Zweck Jhrer Seufftzer / und diß Leben JhrRom. VIII. 24 ein Kercker. Wer wil mich erloͤſen von dem Leibe die - ſes Todes? Kein Gefangener ſehnet ſich ſo nach der Er -Sap. IX. 14. loͤſung / als ein Chriſt nach dem Tode. Der Leib iſt der Seelen Stock / und die Welt deß Leibes. Die Aertzte zer - gliedern den verblichenen Coͤrper / und der Todt loͤſet alſo das Band Leibes und der Seelen / auff daß beyde von der Welt abgeſondert werden. Die Seele iſt im Leibe / wie ein Sclave an die Ruderbaͤncke auff einer Galeen angefeſ - ſelt / und verlanget jene ſo ſehr / als dieſen nach der Freyheit. Ein Kauffman wartet bey contrar-Winde mit Schmertzen auff gut Wetter; Und ein ermuͤdetes Laſt-Vieh iſt froh beym außſpannen. Ein Exulant freuet ſich nach der Heim - reiſe / und ein Chriſt nach dem Himmel. Hier ſind wirEbr. XIII. 14. Frembdlinge / und deßwegen in Unruhe / unſer ϖολίτευμαPhil. III. 20. und Buͤrgerrecht iſt in Jeruſalem das droben iſt / daiſt[41]iſt die ſtaͤdte uns bereitet / und ein Bau von GOttGal. IV. 26. angelegt / da wir immerdar bleiben werden. 2. Cor. V. 1. 2. Pſ. XXIII. 6.

Und dannenher entſtehet das Verlangen / welches ſon - derlich die Selige Frau von der Leippe empfand / und ſelbi - ges zu befriedigen den Tod ſuchte.

Nicht durch eigenmaͤchtiges Hand-anlegen / welches ein Stoicus geruͤhmet / Seneca gerathen / und Cato gethan het - te / deſſen Ehrgeitz und Ungeduld ihm die Hand zu ſeines eigenen Lebens Abkuͤrtzung / wider ſich ſelbſt fuͤhrete.

[Valer. Maximus de Catone: Conſtantiſſimè in gladium incum - bendo magnum hominibus documentum oſtendiſti Cato, quantò potior eße debeat probis dignitas ſine vitâ, quàm vita ſine dignitate. Quod & Ariſtoteles approbat. Confer. Ariſtot. l. V. c. 15. de moribus. Plu - tarch. in Catone. Auguſtin. de C. D. l. 1. c. 23. qui & Stoicos ac Genti - les Autocheiriſtas confutat tract. 51. in Johann. Hoc dicimus, hoc aſſeri - mus, hoc modis omnibus approbamuss, neminem ſpontaneam mortem ſibi inferre debere, vel ut fugiendo moleſtias temporales, ne incidat in per - petuas: Neminem propter aliena peccata, ne hoc ipſo incipiat habere graviſſimum proprium, quem non polluebat alienum: Neminem pro - pter ſua peccata præterita, propter quæ magis hâc vitâ opus eſt, ut poſſint pœnitendo ſanari: neminem velut deſiderio vitæ melioris, quæ poſt mor - tem ſperatur, quia reos ſuæ mortis melior poſt mortem vita non ſuſcipit.] ()

Noch von der Heydniſchen Lebens-Goͤttinnen Vor - ſicht / weil Sie als eine Chriſtin von dem nichts hilt / was jene glaͤuben:

Clotho colum ba julat, Lacheſis net, Atropos occat. [Quarum ſub jure tenentur Omnia, quæ ſeriem fatorum pollice ducunt,Claudian. de rapt. Proſ. l. 〈…〉〈…〉. Pſal. XC. 3. XXXI. 16. Longaque ferratis evolvunt fecula penſis]

Sondern von CHriſto / bey dem Sie begehrte zu ſeyn. Maſſen Sie wol wuſte / daß dieſer allein jus vitæ & neois hette / und unſere Lebens-Zeit in ſeinem arbitrio ſtuͤnde; ja Sie lobte vielmehr deß weiſen Socratis vernuͤnfftige Mei -Fnung[42]nung: nefas eſse animam injuſſu Imperatoris DEI è cor - poris præſidio decedere. Plato in Phoedro. Cicero in Somnio Scipion. Sie bewegte hierzu Jhr Verſtand: Alldieweil Jhr ſo wol auß dem Goͤttlichen Wort / als lang - wieriger Erfahrung kund worden / der Welt Eitelkeit:1. Joh. V. 19. welche ſie flohe. Die Welt liegt im Argen. Verkehrt /Sap. IV. 12. durch beliebte aͤrgernuͤſſe unſchuldige Hertzen / und iſt dererAuguſtin. Freude / bey untergemengter Galle / eine rechte impunita nequitia, die dennoch gleich einer Dampff-Kugel ploͤtzlichCohel. l. 4. in eitel Rauch und Stanck zerſpringet. Alles eitel! 1. Cor. VII. 31Das Weſen der Welt vergehet.

In Ictu oculi clauduntur omnia.

Greg. Na - zianz. Wer wolte dieſes wuͤnſchen?

Melius eſt emigrare, quam ſubmergi. Diu vivere, diu torqueri,Luc. Pollio in Conc. de vitâ æt. Præf. In terris quæcunque placent, ſunt omnia nugæ, In cœlis ſunt vera bona & manentia ſemper, Terrenis igitur terrena hæc linquite poreis, Lætemur cœlo placeant cœleſtia nobis.

Sagte derowegen die Selige:

Ade O Welt / mir nichts gefaͤllt
Hier auff Erden!
Jſt bey dir doch eitel Leid
Droben in der Ewigkeit
Hab ich wahre Seeligkeit.

Sie bewegte deß Todes Nutzbarkeit: Sahe denſelben nicht von fornen / ſondern von hinten an / und befand daß er nicht ſo ſchrecklich ſey / als er der Vernunfft fuͤrkommt. Sap. II. 3. 4.Plus habet in fronte, quam in receſsu. Er iſt nicht ein Verderben / wie er von den Epicuriſchen Welt-Kindern ge - glaͤubet und gehoffet wird / welche ihn eine annihilationem Totius nennen; Da inſonderheit die Menſchliche Seelewie[43]wie eine Loder-Aſche in der duͤnnen Lufft zerflattere / und die Wiederkunfft feſt verſigelt ſey: Sondern ein Abſcheiden / da die

Glaubige Seele abgeſondert von dem Leibe zu GottCohel. XII. 7. kommet / keiner Qual unterworffen / in der HandSap. III. 1. und Schoß deß Allmaͤchtigen Vaters / bey froͤlicher Er -Apoc. XIV. 13 wartung Jhres erneueten Leibes / der ewigen Gluͤckſelig - keit geneuſt / und der entſeelte Leib zwar in ſeine Erde undGen. III. 19. Aſche / als zu ſeinem Principio gelange: indeß aber den un -Cohel. XII. 7. vergaͤnglichen Samen / als ein geſaͤetes Weitzen Koͤrn -1. Cor. XV. 36. lein bey ſich behalte / von ſeiner Arbeit außruhe / und amSap. IV. 7. juͤngſten Tage als ein durchſcheinend Glas verklaͤret / außEſa. LVII. 2. ſeiner Aſchen / wie ein Kind auß Mutterleibe / auß der SchoßJob. XIX. 25. der Erden hervor brechen / der Seelen zugeſtellet werden ſolle.

Gantz heilig / rein und zart Ein Kind und Erbe deß HErren.

Dannenhero Jhr / wie auch allen Glaͤubigen der TodPhil. I. 21. ein Lucrum war / und deßwegen ſo ſehnlich verlanget wur - de - Lucrum maximum computemus, ſi ex hoc mundo ve -Cyprian. de mortal. locius recedamus. Ejus enim eſt mortem timere, qui ad CHRISTUM nolitire; Ejus eſt ad Chriſtum nolle ire, qui ſe non credit cum Chriſto incipere regnare. Das war auch die eintzige Urſach / deß von Jhrem liebſten Her - ren Gemahl offt begehrte ehrliche Begraͤbnuͤß / weil Sie verſichert glaͤubte /

Res quod niſi creditur iſtis Non mortua, ſed data ſomno:
Sie ſey nicht todt /
Sie ſchlaff und ruhe nur in GOtt.

So wuſte Sie auch vor gewiß / daß GOtt zu demF ijSie[44]Sie verlangte und eilte / kein Tyrann noch Timon, ſondern Jhr gnaͤdiger HErꝛ / und lieben Vater ſey / und konte freu -Poſidonius in vita. dig mit dem Gottſeligen Biſchoff Ambroſio ſagen: Ita inter vos vixi, ut me vixiſse non pudeat: ſed neque mori timeo, quia bonum habemus, Dominum. Denn Chriſten ſcheuen im wenigſten GOtt. Die anklebenden Schwach -Rom. VIII. 15. heiten erregen zwar eine kindliche Furcht / unter welcherPhil. II. 12. ſie ſchaffen die Seligkeit mit Furcht und zittern zu -Rom. VIII. 1. V. 1. erlangen: Aber weil ſie gerecht gemacht ſind durch Chri - ſtum der ihnen zur Gerechtigkeit gegeben iſt / und Friede1. Cor. I. 30. bey GOtt haben / ſo treten ſie als Kinder vor ihren liebenEbr. IV. 16. Vater mit Freudigkeit zu GOtt / ja ſie verlangen den - ſelben zu ſehen / vor welchem ſonſt alles er zittert:

Auguſt. in So - liloq. c. 1. Bernhard.
O & Præſidium & dulce decus meum! Eja, moriar, Domine, ut Te videam! Inter brachia Domini & vivere & mori cupio. ()

Zumal unſere ſelige Frau zu ſolchem ſehnlichen To -Cant. IV. 8. des-Verlangen auch reitzete Jhr Eheband: Weil SieOſ. II. 19. Chriſti Braut war / und Jhm von Ewigkeit her /2. Cor. XIII. 5. durch einen Saltzbund verlobet war. Die Liebe Jh - res Eheherren und Gemahl zog Sie zu einer ſolchen Treu / daß Sie befraget ob Sie bey ſelbigem zu bleiben auch laͤn - ger beliebete / ohngeachtet die hefftigen Leibes-Beſchwer - den / Jhr das zeitliche wol genugſam vergaͤlleten / dennoch ſagte: Ja / wenn es GOttes Wille waͤre. Allein SieCant. VIII. 7. war noch feſter Chriſto verbunden / deſſen Liebe die irrdiſche uͤberwog / weil Jhre Glut / eine Flamme deß HErren /Phil. I. 23. und auch ſtaͤrcker als der Tod war / ſo gar / daß als JhrClarus l. 3. § beydes harte anlag / und Sie wuſte / quod nuptiæ & Matri -Teſtam. c. 8. monia morte ſolvantur, Sie zwar zu Jhrem irrdiſchenGemahl[45]Gemahl / ſagte: Es muß geſchieden ſeyn! zu dem him̃ -Rom. VIII. 35. liſchen aber: Es ſol mich nichts ſcheiden / weder TodtRom. XIV. 8. noch Leben / denn ſive vivimus, ſive morimur, Domini ſu - mus.

Was war es denn wunder / daß Sie ein Verlangen trug / bey dieſem Geliebten zu ſeyn / und ſagte: Jch achtePhil. III. 8. alles fuͤr Koth / nur daß ich Chriſtum gewinne.

Mihi omnia JESUS!

Denn DEUS finis eſt deſideriorum noſtrorum, qui ſineAug. l. 2. de. C. D. c. 3. fine videbitur, ſine faſtidio amabitur, ſine defatigatione laudabitur.

Die Heilige Paula, deß Gottſeligen Hieronymi be -Hieron. Ep. 27 ad Euſtach. ruͤhmte Freundin ſeufftzete offt bey Verzug ihres ſeligenPſ. CXX. 5. 6. Endes: Heu mihi, quia peregrinatio mea prolongata eſt. Und unſere ſelige mit ihr:

Ardenter ingemiſco Mens optat emigrare Beatus emori Ex Orbe peſſimo, Obnoxius fatiſco Et aſtra pervolare: Quo plurimæ cruci: JESU, veni citò! ()

Welches / daß wir es auch mit gleichmaͤſſiger Freudig - keit verrichten / und auff ein ſehnliches Verlangen die ewige Seeligkeit beſitzen moͤchten / wollen wir zur Lehre und Troſt auß begehrtem Leichen-Text beſehen: Timoris in morte antidotum:

Eine Geiſtliche Artzney
Wider alle Todes-Scheu.

Gott gebe hierzu ſeines Heiligen Geiſtes Liecht / Krafft und Beyſtand zu unſer Lehre und Seeligkeit. Amen!

F iijErklaͤ -[46]

Erklaͤrung.

Mortem quæ faciant faciliorem Dilectiſſime Chriſtiane hæc ſunt.

DIe Großmuͤthigkeit iſt eine herrliche Chriſten - Tugend / die Gluͤck und Ungluͤck / Creutz und Noth / ja den Todt mit unverwandtem Gemuͤt ertragen kan. Entſtehet theils auß einem fe - ſten Glauben / als der in Verſicherung der unfehlbaren Huͤlffe Gottes / alles Ubel verlachet /

Gleich einem Felß im Meer
Bey welchem Sturm und Fluth mit Spot voruͤber geht.

Pſ. XLVI. 3.Theils auß einem gutten Gewiſſen: Denn

Innocens vitæ, ſcelerisque purus, Si fractus illabatur Orbis Impavidum ferient ruinæ. ()

1. Cor. IV. 4.Sonderlich wenn der Menſch ſeiner Religion wegen ihm1. Tim. IV. 2. nicht uͤbel bewuſt iſt / und kein Brandmal in ſeinem Gewiſ - ſen hat / der mit jener frommen Hertzogin von der LignitzElias Hoſ - mann. in Conc. Funeb. Sophia Eliſabetha, deß in Gott ſeligen Hertzogs Georgii Rudolphi Fuͤrſtl. Gemahlin / die A. C. 1622. ſelig ver - ſchieden / ſagen kan: Ach wie wol ſtirbt ſichs / wenn man Chriſto ſeinem Heilande treu geblieben.

Doch mangelt dieſe herrliche Tugend den meiſten. Der klaͤgliche Suͤnden-Fall unſerer erſten Paradieß-El - tern / hat mit der Unſchuld auch zugleich dieſe ϖαῤῥησίαν der - maſſen geſchwaͤchet / daß der Menſch der ein Herr aller Cre - aturen ſeyn koͤnte / und deme die grim̃igſten Beſtien als ein Schos-Huͤndlein ſchmeicheln muͤſten / ſich ietzo vor einem fliegenden Blate entſetzet / den Schatten fleucht / und von dem geringſten Geſchmeiß Schmertzen erdulden muß. Syrach[47]Syrach bekennets / wenn er von dem Menſchen ſagt: DaSir. XL. c. iſt im̃er Furcht / Paulus geſtehts: außwendig / ſchreibt er / Streit / inwendig Furcht. Denn den Menſchen iſt2. Cor. VII. 1. immer bange / nach Chriſti Auſſage. Luc. XXI. 25.

Und dieſes nicht nur bey denen Gottloſen / derer Ge -Job. XXVII. 6 wiſſen ſie ohn diß ihres uͤbel-gefuͤhrten Lebens wegen beiſſet / und ſich deß aͤrgſten verſiehet / weil ſie in ihrer BoßheitSap. XVII. 12 verzehret / kein Zeichen der Tugend hinterlaſſen /Sap. V. 13. ſondern den gerechten Richter im Himmel / wenn gleich kei - ner auff Erden / ſie verdammet / befuͤrchten. Quam malèPetr. Arbiter. eſt extra Legem viventibus quicquid meruere ſemper ex - pectant.

Multa miſer timeo, quia feci multa protervè.

Derer Kleinmuͤtigkeit am meiſten im T[ode]zu ſehen / wenn die beſchuldete Seele auff der Schwelle der Ewigkeit ſte - het / und ietzt die Ungluͤckſelige Herberge / ihres ſchaͤndli - chen gemißbraucheten Leibes verlaͤſſet / uñ zur Rechenſchaft vor den ſtrengen Urthels-Tiſch deß letzten Criminal-Ge - richts / peremptoriè citiret wird. Da heiſts / wiewol ver - gebens:

O inducias usque manè! Chryſareus Virgil. Vitaque cum gemitu fugit indignata ſub umbras.

Sondern auch wol bey den Glaͤubigen / und Gerechtfertig - ten. Die anklebenden Schwachheiten auch nach der Wie - der geburth erwecken nicht ſelten eine kindliche Furcht vor dem Heiligen und gerechten GOtte wenn ſie durch euſer - liches Creutz und Widerwertigkeiten / bevor bey herbeyna - hendem Tode erkennet werden. Und iſt nichts neues / weil als denn der Satan geſchaͤfftig / die Anfechtungen haͤuffig / die Schmertzen empfindlich / das Fleiſch und Blut bloͤ - de / und der Glaube ſich ſchwach befindet. Wie manchmaldencket[48]dencket alsdenn ein Chriſt er ſey von GOtt verlaſſen / derJob. XXX. 21. ſey ihm in einen Grauſamen verwandelt. Es iſt wol ehe ein mutiger ſtarcker Loͤwe / vor einem geringen Hanen -Gen. XXXII. 11. Schrey erſchrocken / daß er gebebet hat. Jacob / war unteꝛ dem Schutz der Mahanaim / noch furchte er ſich vor Eſau. Joſ. VII. 5.Joſua der Heerfuͤhrer Gottes / war ſeines GOttes Bey - ſtand verſichert / noch zerriß er auß Furcht ſeine Kleider /Pſ. III. 5. und ſein Hertz zerfloß wie Waſſer. David furchte nichtPſ. CXIX. 12 viel 100000. gleichwol entſatzte er ſich vor Gott / daß ihmMat. XIV. 36. die Haut ſchauerte. Petrus wagte ſich dem HErren auff dem Meer entgegen / und ſagte doch einmal auß Furcht:Luc. V. 8. HErr gehe von mir / ich bin ein ſuͤndiger Menſch.

Nicht daß diß ein Zeichen ein zweifelnden Glaubens: Sondern die Anzeige deß Falles / unſerer Schwachheit /Gal. V. 17. und die reliquien deß Streits / deß Geiſtes und deß Flei - ſches iſt. Welches am allermeiſten in der letzten Luctâ mit dem Tode geſpuͤret wird. Deſſen der Menſch ſo wenig - berhoben ſeyn kan / als wenig gelaͤugnet werden darff / daß unſer Hochverdienter Heiland nicht eben ſolches in den Ta - gen ſeines Fleiſches nach ſeiner Menſchheit uns zu Troſt empfunden. Seine Menſchheit erſchuͤtterte ſich ja vor dem Tode / dener ſo willig auff ſich nahm / die AnkuͤndigungLuc. XII. 50. XXII. 42. ſeines Leidens Zwang das Wort herauß: Mir iſt bange! Und ſein Todes-Kampff am Oelberge preſſete blutigen Schweiß.

Wer wil es denn einem ſchwachen Menſchen uͤbel deu - ten / wenn noch unter lang wieriger Cꝛeutzes-Hitze / oder her - beynahendem letzten Stuͤndlein / Bangigkeit und Furcht das Hertze beſtreiten? Homo ſum, & humani à me nihil alienum. Chriſtlicher iſts / ein hertzliches Mitleiden / als unzeitiges Urtheil uͤber fromer Chriſten Angſt haben / undſich[49]ſich deſto mehr wider ſolchen Zufall zu waffnen. Wer daGalat. VI. 1. ſtehet / ſehe zu daß er nicht falle. Quid facient tabulæ,Gregorius in Jobum ſi ſic tremunt columnæ? Quomodo ſtabunt virgulta in concuſsa in deſerto, ſi pavoris turbine etiam Cedri con - cutiuntur in Libano? Unſere Wol-ſelige Frau von deꝛ Leippe / wie willig und bereitet Sie zum ſterben war / wie ein ſehnliches Verlangen Sie nach dem Erloͤſungs-Stuͤnd - lein und Jhrem liebſten Seelen-Schatze JESU hatte: muſte doch auch einen bittern Trunck auß dieſem Kelche ko - ſten / daß Jhr die Augen uͤbergiengen / und das Hertz erbe - bete. Daher ſagte Sie zu mir etlich mal in der letzten Angſt-Nacht: Wie bange iſt mir! ach / ich fuͤrchte mich ſo!

Ach / es ſind zwar durch Chriſtum die durch die SuͤndeJoh. VIII. 5[1]. verdiente Todes-Schmertzen den Glaͤubigen benommen: Aber weil die Natur ſich vor ihrer Zerruͤttung entſetzet / quæ ſemper intendit conſervationem ſui, der Satan auch alsdenn wegen anklebender Schwachheiten hefftiger zuſe - tzet / und die aller groͤſſeſte mutation und deſertion vor gehen ſol / kan es ohn Empfindligkeit nicht geſchehen. SophiaElias Hoſman in Conc. Fun. Eliſabetha, die vorerwehnte frome Gemahlin / deß ſeligen Hertzog Georgi Rudolphi von der Lignitz / beklagte ſolches auch / ward aber von ihrem Seelen-Pfleger eben wie unſere ſelige Frau von der Lignitz und Leippe Chriſtlich erinnert /Joh. V. 24. daß freylich bey dieſem durchdringen / durchbrechen /Mich. II. 13. ringen / zerbrechen / Kampff und uͤberwinden / etwasLuc. XIII. 2[&]2. Cor. V. 1. erlitten werden muͤſte. Solte Jacob ſiegen / ſo muſte ſei -2. Tim. II. 3. ne Huͤffte verrencket werden. Es erlangen nicht alle wieGen. XXXII. 24. Elias / eine Engliſche Saͤnffte in Himmel. Und bey un - ſer ſeligen wolte GOTT in der praxi erfahren / was Sie / eine dreyjaͤhrige Schuͤlerin in Herren Wudrians Creutz -GSchule /[50]Schule / gelernet hette. Man erwege nur die Urſachen. Hier in der Welt haben wir noch in der Noth / die uns alß Freunde mit Rath und That beyſtehen. Jm Tode verlaͤſſet uns alles. Die Freunde bleiben zuruͤck / die Welt zeucht ſich ab / der Leib ſtoͤſſet die Seele auß / dieſe entweicht / und muß allein dahin / zu verantworten / was ſie unter den Freunden / in der Welt / und in ihrem Leibe gefehlet hat. Wenn ein Menſch einen gutten Advocaten bey ſich hat / iſt er auch wol in einer ſchlimmen Sache getroſt: Wenn aber ein Menſch von einer Galeren auff ein oͤdes Eyland außge - ſetzet wird: Oder in einer gefaͤhrlichen action die Reuter hinter einem Officirer abweichen / koͤndten wol auch den be -Joh. XX. 19. hertzten die Haare gen Berge ſtehen. Als Chriſtus bey ſeinen Juͤngern war / furchten ſie kein dreuen der Phariſe - er: Als ſie Jhn aber am Creutze hatten ſterben ſehen / ver - ſchloß die Furcht ihre Thuͤren / und machte auß dem er -Luc. XXIV. 37. ſtandenen JESU ein Geſpenſte. Wer durch einen un - geheuren Wald allein gehen / und das heulen der Woͤlffe / das brummen der Baͤhren / das bruͤllen der Loͤwen / das zi - ſchen der Drachen / das krachen der Donner / das praſſeln der fallenden Baͤume / das rauſchen der Winde / und das ſchallen deß Wiederthons hoͤren muß / dem moͤchte wol das Hertz beben / die Armen zittern / die Fuͤſſe ſtraucheln / und diePſal. CIII. 14. Augen ſich fuͤrchterlich umbſehen: Solte nicht ein Menſch /Pſal. XVIII. 5. das ſchwache Gemaͤcht / wenn ihn deß Todes Bande umbfahen / die Baͤche Belial erſchrecken / der Hoͤllen Bande umbgeben / und deß Todes Stricke uͤberwaͤl - tigen / in Schrecken gerathen? Wenn wir am Tage rei - ſen / koͤnnen wir uns beſehen / die Gefahr vermeiden / oder verachten. So wir aber bey Nacht in der frembde und im finſtern wandeln oder wohnen / iſt die Furcht gewißunſer[51]unſer ſteter Geſell. Die Einwohner in Zembla wuͤrden die hervorbrechende Sonne nicht mit ſolchen Verlangen begehren / wenn die halbjaͤhrige Winter-Nacht ſie nicht in hefftiger Furcht verſtricket gehalten hette. Und waͤre es ein Wunder geweſen / wenn die Egyptier / unter ihrer dꝛey -Sap. XVII. c. 4. 6. 14. 16. taͤglichten Finſternuͤß / die auß der greulichen Hoͤllen Win - ckel / mit grauſamen Geſpenſtern / ſcheußlichen Larven / und ploͤtzlichen Feuerſtralen ſie ſchreckete / geſtorben waͤren?

Solte nicht dergleichen Furcht einen Menſchen im fin - ſtern Thal deß Todes befallen? Pſ. XXIII. 4.

Die Nacht iſt Niemand Freund. Am finſtern ſtoͤſtJoh. XI. 9. man ſich leicht. Sonderlich wenn im Tode die ewige Fin - ſternuͤß dreuet. Da entſtehet freylich grauen deß NachtsPſal. XCI. 5. und Hertzens Bangigkeit.

Was Jonas im Bauch deß Wallfiſches ſeinem wun - derlichen Kercker bey drey Tagen in der Tieffe deß Meeres: eben das empfindet ein Sterbender / bey Antritt deß To - des. Wir ſind nicht alle ſo behertzt / daß wir mit Athana -Poſidonius in vita. ſio etliche Zeit in einem Grabe wohnen / noch im Tode mit Ambroſio ſagen koͤndten: Mori non timeo.

Der Tod bleibt nur der Natur / nach Ariſtotelis Mei -Ariſtotel. nung: terribiliſſimum terribile, und ein Koͤnig deßJob. XVIII. 13 Schreckens. Hæc eſt naturæ prima quodammodo &Auguſtin l. XIX. C. D. c. 4. maxima vox, ut homo concilietur ſibi & propterea mor - tem naturaliter fugiat. Mors omnimodò omnibus viri - bus conatibusque vitatur. Und wiewol ein Chriſt ſich wegen der folgenden Ruhe und Gluͤckſeligkeit auff den Tod freuet: So machen doch die beygehenden Begeben - heiten denſelben furchtſam.

Ein Chriſten Sclave auff einer Mauritaniſchen Fe - ſte / oder Tuͤrckiſchen Galeren freuet ſich / wenn er eine Chriſtliche Flotte angeſegelt kommen ſiehet / weil er hoffenG ijkan /[52]kan / ſeine Erloͤſung naͤhere ſich: Gleichwol aber / wenn die Carthaunen krachen / die Muſqueten blitzen / die Lan - tzen brechen / die Schwerdter klingen / die Granaten ſchlagen / die Petarden ſpringen / die Verwundten ſchreyen / die Uberwundenen heulen / ſo bebet er zwiſchen Furcht und Hoffnung: Alſo machet einen Sterbenden nicht der Todt ſelbſt / ſondern der Abſchied auß der Welt /Job. XVII. 14. die Verweſung deß Leibes / und die Wuͤrmer und Mot -Eſa. XIV. 10. ten ſeine Geſellen im Grabe / bloͤde und wehmuͤtig.

Chryſoſt. Chryſoſtomus ſagt: Der auff einem hohen Thurme eine wolerbaute Stadt uͤberſiehet / hat wol ſeine Luſt an dem herrlichen Proſpect: aber gleichwol helt er ſich feſt an / daß er vom Schwindel nicht uͤberwogen / einen ſchaͤdli - chen Abſturtz thue: So ſchwebet auch ein ſterbender Chriſt / ſo fern er nach Fleiſch und Blut betrachtet wird / zwiſchen Furcht und Hoffnung. Zumal bey dem Anlauff ſo vieler und maͤchtiger Feinde. Jm Tode werden wir von allen2. Tim. IV. 9. beſtritten / die zuvor im Leben particulariter uns anfielen /Apoc. II. 2. welche uns die verheiſſene Cron der Gerechtigkeit und deß Lebens / zu erlangen diſputirlich und ſaur machen wol - len. Und iſt dem Herculi der Sieg in Cerberum tricipi - tem, oder in Hydram lernæam, nicht ſchwerer als einẽ Chri -2. Tim. II. 2. ſten der ſeine worden Wir ſind Streiter JEſu Chriſti / und liegen allezeit zu Felde / aber im Tode findet ſich Gefahr und Arbeit am meiſten.

Jch rede nicht von Feinden die Fleiſch und Blut ha -Eſa. LI. 13. ben. Zu denen hat ein Chriſt keinen ſonderbaren re -Pſal. LVI. ſpect. Was koͤnnen uns Menſchen thun. Allein imEpheſ. VI. 12. Tode ſollen wir die Gewaltigen / die boͤſen Geiſter un - ter dem Himmel uͤberwinden / die ihnen ungerne den Raub nehmen laſſen.

Ne[53]

Ne Hercules quidem adverſus duo. Aber hier finden ſich die Boͤſen. Satan iſt der arge. Der die gan -Matth. XIII. 19. tze Welt verfuͤhret / und was GOtt ſelbſt gut gemacht / ver -Sap. II. 24. derbet hat. Hi quærunt animam & ſitiunt ſangvinemGen. I. 11. noſtrum. Es finden ſich die Widerſacher. Die ſich un -1. Petr. V. 8. ſerer Seligkeit opponiren / uns in der Welt verfuͤhren undApoc. XII. 10. bey Gott verklagen. Es finden ſich die Feinde / hoſtes hæreditarii, die uns gehaͤſſiger ſeyn / als Hannibal den Roͤ - mern / und uns violenter und fraudulenter anfallen. Die vergleichen ſich den Amalekitern / welche dem Jſrael den Ein -Exod. XVII. 8 gang in Canaan hindern wolten: Alſo wiſſen jene ſich der Gelegenheit / wenn wir im Tode auff allen Seiten geſchaͤff - tig ſeyn ſollen / wol zu bedienen / ob ſie uns conjunctis viri - bus, tot malis ſimul, obruiren moͤchten. Quis evadat? Aber getroſt! Unſere ſelige Frau von der Leippe wuſte wider ſolche Bangigkeit / in den hoͤchſten Anlaͤuffen / bald kraͤffti - gen Rath. Sie hatte in dem Heiligthum deß Herren unter andern Geiſtlichen Schaͤtzen auch den 27ſten Pſalm Koͤnig Davids eingetragen / deſſen Anfang alle dieſe biß - herige Todes-Beſchwernuͤſſen gruͤndlich benehmen kan. Wir werden auch befinden / daß derſelbe uns auffrichten wird / mit durchdringendem Troſte / wider die Einſamkeit.

Der HERR iſt mein. Wer wil ſagen / Er ſey al - lein! Die Furcht ſey ſo groß als ſie wolle / und das Ver - moͤgen bey uns noch ſo geringe / dieſer Beyſtand vergnuͤ - get. Maͤchtige Herren ſind offt allzu ohnmaͤchtig / ja ſie ſind allezeit dieſes HErren Ambtsleute / und koͤnnenSap. VI. 4. allzuſammen wenig helffen. Aber dieſer HERR iſt all - maͤchtig. Wir ſcheuen uns nicht allein zu ſeyn / ſo wir die - ſen haben. Er iſt uns ſtat anderer tauſend. Wenn2. Sam. XVIII. 3. Menſchen Huͤlffe auß iſt / denn gehet ſeine erſt an. Schei -Philo JudæusG iijnet[54]Marc. VII. 31.net es verderbt / Er bringt alles zu recht. Sind wir ver -Eſa. XLI. 10. laſſen / er ſtehet uns bey. Fuͤrchte dich nicht / ich bin beyPſal. XCI. 15. dir. Sagt Er. Jch bin bey ihm in der Noth. JchEſai. XLIII. 4. ſtaͤrcke dich / ich helffe dir / ich errette dich / durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit. Und dannenher iſt der Einſamſte am ſtaͤrckeſten und muthigſten. JchPſ. XXIII. 4. III. 7. fuͤrchte kein Ungluͤck / du biſt bey mir. Jch fuͤrchte nicht viel hundert tauſend / denn du GOtt hilffſt mir. Malo eſſe cum Deo ſine præſidio, quàm ſine Deo armato cuſtoditus exercitu. Wer in einer boͤſen Sache einen gut - ten Beyſtand / in der Gefahr einen treuen Helden / im Sturm einen behertzten Steuermann hat / erſchrickt nicht vor einem zornigen Anblick eines ſtrengen Richters; noch vor dem Anlauff eines grimmen Feindes; noch / wenn gleich Maſt und Tau bricht / und das lecke Schiff ſincken wil. George Fromsberg / Kayſers Caroli V. tapfferer Kriegs - Obriſter / als er Lutheri Freudigkeit nach Wormbs zu ziehen ſahe / und ſich wunderte / aber berichtet / daß ſich die - ſer auff ſeinen groſſen HErren dem er dienete / nemlich ſei - nen GOtt verlieſſe: ſagte er: Er hat recht. Denn ich verlaſſe mich auch auff meinen HErren / billicher er auff den ſeinen. Wie ſolte denn ein Gott-ergebener Chriſt /Mat. XXVIII 20. der ſeines GOttes Beyſtand und Gegenwart / Krafft / deſſen Zuſage / verſichert iſt / und wie ſolte die ſelige Frau von der Leippe / ſich einſam und verlaſſen gehalten haben? Pſ. XLVI. 6.Der HErr iſt bey uns / darumb werde ich wol blei -Cant. VII. 10. ben! Der HErr iſt mein / und Er haͤlt ſich auch zu mir.

Und eben ſo wenig erſchreckt uns auch die Finſternuͤß: Weilder HErr unſer Licht iſt. Die Suͤnde macht unſerGewiſ -[55]Gewiſſen / die Unwiſſenheit unſer Hertze / die Traurigkeit unſer Gemuͤthe finſter: Aber der HErr gehet auff -Eſai. LX. 1. ber uns / und ſeine Herrligkeit erſcheinet in uns.

Der mit ſeiner Gnaden Glantz
Erleuchtet unſer Hertzen gantz.

Duplicem pellit privationem, peccatum & ignorantiam, Denn Er iſt das warhafftige Licht / welches in dieJoh. I. 5. Finſternuͤß ſcheinet / und helle macht / wo es tunckelPſ. LXVIII. [1]5. war.

Derowegen: ob wir gleich im finſtern ſitzen / ſoMich. VII. 8. iſt doch der HErr unſer Licht. Ja / ſo wir im TodePſ. XIII. 5. entſchlaffen / ſo erleuchtet er unſere Augen / undXVIII. 19. macht unſere Finſternuͤß Licht.

Gleich wie er die Jſraeliten in der Egyptiſchen Fin -Exod. XIII. 21 ſternuͤß erleuchtete / und durch die Arabiſche Wuͤſten / den Weg in Canaan zeigete: Alſo iſt er auch uns die Leuchte zum ewigen Leben. Die Zemblaner ſind froͤlich / ſo ihnen nach halbjaͤhriger Nacht die Sonne auffgehet / und ein Chriſt wenn im Tode die Goͤttliche Gnade leuchtet. Kan uns bey finſterer Nacht auch unter Donner und Plitz / ein brennendes Unßlit / oder Wachslicht der Furcht entſetzen? Kan ein Bergknappe etlich hundert Klafftern tieff unter der Erden bey ſeinem Berg-Licht ein Berg-Lied freudig ſingen? Wird es ihm gleich von dem Berg-Maͤnnlein auß - geblaſen / er ſchlaͤgts wieder auff / und faͤhret mit Arbeit und ſingen fort. Schiffet ein Bootsmann / der die Zwillings Sterne ſehen / oder ſich nach ſeiner Magnet-Nadel richten kan / zwiſchen Fluth und Klippen behertzt fort? und eilet ein Kauffmann in den Hafen / wenn er auff dem Mare me - diterraneo den Egyptiſchen Pharos erblicket? Ja ſcheuetein[56]ein Reiſender / der auff Neapolis wil / nicht die ungeheure Grotte / durch den Pauſylipum, wenn er bey derer andern Außgange das Tagelicht auch nur einem Sternlein gleich kaum erblicket? Viel weniger kan einen Chriſten deß To - des Finſternuͤß ſchroͤcken / der Chriſtum durch den Glau - ben in ſeinem Hertzen hat.

Noah ſol die Arche zur Zeit der Suͤndfluth / wie die Rabinen wollen / mit einem groſſen Carbunckel oder De - mand erleuchtet haben: Chriſtus iſt unſer Licht auch im Sarch / und Grabe / wer wolte ſich vorm Tode entſetzen. Schlieſſen ſich die Augen deß Leibes / ſo eroͤffnet er die Au - gen der Seelen / daß ſie ihn ſehen / und alſo ſiehet der ſterben - de Chriſt / mehr als der lebendige. Ja er freuet ſich dieſesCohel. XI. 7. ſehens / denn iſt das irrdiſche Licht den Augen ſuͤſſe / viel - mehr das himmliſche?

Und eben der benahm auch der ſeligen Frauen die Ban - gigkeit vor ihren Feinden. Sie war ein Menſch / und da - her menſchlichen Fehlern unterworffen. Die worden dem zarten und engen Gewiſſen von Jhren maͤchtigen Feinden als Berge vorgeſetzet. Die Angſt daher war groß / aber auch der kraͤfftige Troſt. Der HErr iſt mein Heil. Mein Heiland. Genung vor ein beſtuͤrmtes Gewiſſen. Uberfluͤſſiger Schutz / wider alle Feinde. Dominus Pro - tector meus. Auff den koͤnnen ſich alle verlaſſen. ErEſa. IL. 6. iſt zum Heil verheiſſen. Du ſolt das Heil ſeyn biß an der Welt Ende. Jm Todes-Schrecken verlangteGen. IL. 18. dieſes Jacob. HERR ich warte auff dein Heil! und unter ſo vielem Elend / die Jſraelitiſche Kirche: DieEſa. XLV. 8. Erde bringe Heil! Er wurde / da die Zeit erfuͤllet ward / geſandt

Auff daß Er unſer Heiland wuͤrd /
Uns freyet von der Suͤnden-Buͤrd /
Und[57]
Und durch ſeine Gnad und Warheit
Braͤchte zur ewigen Klarheit.
Expecto Salutare tuum, dixit Pater noſter Jacob:In Targo Hicroſol. non expecto redemtionem Gideonis Filii Joas, quæ eſt ſa - lus temporalis; neque expecto redemtionem Simſonis, quæ eſt ſalus tranſitoria. Sed expecto redemtionem Chri - ſti ſeu Meſſiæ Filii David, qui venturus eſt, ut adducat ſibi Filios Jſraël, cujus redemtionem expectat anima mea.

Uber wem wolt ihr nun das Maul auffſperren und dieEſai. LVII. 4. Zunge herauß recken?

Es moͤgen uns viel fechten an
Trotz ſey dem ders nicht laſſen kan.

Das ewige Heyl ſchuͤtzet mich /

Unmittelbarer Weiſe. Durch ſeine AllmaͤchtigePſ. CXVIII. 15 Sieges Hand / auß welcher uns Niemand reiſſen kan /Joh. X. 29. noch die Pforten der Hoͤllen uͤberwaͤltigen. Matt. XVI. 18.

Unter deinen Schirmen
Bin ich fuͤr dem ſtuͤrmen
Aller Feinde frey!
Was kan uns thun die Suͤnd und Tod
Wir haben mit uns den wahren GOtt.

Denn GOtt zerſtoͤret deß Teuffels Werck / hat die1. Joh. III. 8. Welt uͤberwunden / die Handſchrifft deß Gewiſſens abgethan / das gantze Geſetze erfuͤllet / und alſo unſererCol. II. 14. Seelen durch Chriſtum ſeinen Sohn Heil wiederfahrenGalat. III. 13. laſſen. Daß gewißLuc. XIX. 10.

Uns kein Feind zuſetzen
Noch kan verletzen.

Es ſchuͤtzet uns / Mittelbarer Weiſe: Durch ſeine H. Heerſcharen. Die ſtarcken Helden / die ſich umb unsPſal. CIII. 20. XXXIV. 8. herlagern / und beſſer beſchuͤtzen als Salomonis LX. Cant. III. 8.Hſtarcke[58]cke mit ihren Schwerdtern / oder einige Salva Guardia. 8. Sam. XXIII. 8.Denn ſie maͤchtiger als alle Helden Davids / oder die be - ruͤhmten Heydniſchen Heroës, denn einer dieſer himmli -2. Reg. XIX. 35. ſchen Defenſioner in einer Nacht 185000. Gewapnete hin - legen kan / dem es kein Simſon / noch Hercules nachthut.

Pſ. XCI. 11.Sonderlich reiſſen ſie unſere Seele im Tode auß derLuc. XVI. 22. Noth / und tragen ſie auff ihren Haͤnden in die Schoß Abrahæ.

Und eben dannenhero fuͤrchtet ſich auch ein Chriſt nicht vorm Tode. Das finſter Grab ſchrecket nicht / vor der Verweſung iſt ihm nicht bange / und die ZertrennungJob. XIII. 15. Leibes und der Seelen achtet er nicht. Licet occiderit me Dominus tamen ſperabo in eum.

Denn der Herr iſt meines Lebens Krafft. Qui meJoh. I. 4. XIV. 6. occidere poterit, reſuſcitabit quoque. Er iſt das Le -Act. XVII. 28. ben. Jn ihm iſt das Leben. Und wir leben in ihm. Job. XIX, 25.Er iſt die Aufferſtehung / er kan uns wieder auß derJoh. XI. 25. Erden aufferwecken. Verwundert ſich uͤber ſolchen Glauben die Vernunfft / weiſe ſie auff die Natur:

Joh. XV. 4.Ein Pfropffreis nimmt deß Stocks Krafft an ſich: Chriſtus iſt der Baum deß Lebens / wir die zarten Pfropffen / bleiben wir in ihm / wir bringen Fruͤchte. Er1. Petr. I. 23. hat ſein Heiliges Wort / den unvergaͤnglichen Saamen in den Acker unſers Hertzens geſtreuet / der wird wurtzeln / wachſen / und koͤrnen.

Ein Glaſe-Meiſter blaͤſet auß den zerſchmoltzenen Glas-ſtuͤcken ein helleres Gefaͤß; Und ein Natur-Kuͤnſt - ler zwinget auß der Aſche einer Blume und Staude derer Geſtalt und Farbe durch ſein Feuer: Solte ſolches dem Allmaͤchtigen Schoͤpffer an dem vermoderten und einge - aͤſcherten menſchlichen Coͤrper allein unmoͤglich ſeyn / demſonſt[59]ſonſt alle Dinge moͤglich? Konte geroͤſtet Brodt / und klaresLuc. I. 17. Waſſer den Elias ſtaͤrcken / daß er nachmals eine Reiſe bey1. Reg. XXI. 8. 40. Tagen und Naͤchten ohngeſſen verrichtete: Solte nichtJoh. VI. 54. Chriſti lebendig-machendes Fleiſch und Blut eben das wuͤr - cken koͤnnen? Corpora noſtra percipientia EuchariſtiamIrenæuc I. IV. c. 34. I. V. c. 4. jam non ſunt corruptibilia, ſpem reſurrectionis habentia. Quomodo carnem negant capacem eſſe vitæ æternæ, quæ ſangvine & corpore Chriſti nutritur & membrum ejus eſt?

Man haͤlt heutiges Tages viel auff die balſamirten Mumien / weil Aloe / Myrrhen / Saffran / Ceder-Safft / wieder die Verweſung / und hernach zur Artzney dienet. Die edelſte / und kraͤfftigſte Mumia iſt Chriſti Fleiſch / das giebt das Leben der Welt. Die Herren Medici wiſſen ſich viel mit ihrer Circulatione ſangvinis, und erhalten den Sterbenden durch Abzapffung ſeines eigenen mit fꝛembden Blute: Chriſtus floͤſſet uns ſein Blut ein und gibt dasJoh. X. 27. ewige Leben. Das Leben iſt in dem Blute. Und da kriegen wir neue Krafft / daß wir außfahren wie dieEſai. XL. 31. Adler / daß wir lauffen und nicht muͤde werden.

Derowegen Surſum corda! Denn umb dieſer Urſach wegen / kan ein Menſch leben / und Todt / Welt und Gluͤck / auß glaubiger Großmuͤtigkeit trotzen / verachten und be - geben / und mit Themiſtocle zu einem irrdiſch-geſinnten ſa - gen: Tolle tu iſta non enim Themiſtocles es. Oder mit der Heiligen Paula: Valeat pecunia tranſeat vita, pereat corpus, Chriſtiana ſum. Oder mehꝛ mit David: HErꝛ weñPſal. LXXIII. 25. ich nur dich habe / ſo frag ich nicht nach Himmel und Erden / wenn mir gleich Leib und Seel verſchmacht / ſo biſt du doch meines Hertzens Troſt und mein Theil. Cupio diſſolvi.

Solte ich gleich mit Ignatio in dem Rachen der LoͤwenHijzermal -[60]zermalmet; mit Polycarpo zu Pulver verbrennet; mit Laurentio lebendig geroͤſtet; mit Bartholomæo geſchun - den; mit Petro gecreutziget werden / Cupio diſſolvi. Laſ - ſet alle Beſtien kommen / alle Martern verſuchen / alle Glie - der zeraͤdern / und alle Hencker uͤber mir ermuͤdet werden. Evolemus!

Die Japoniſche ſiedende Waſſer-Marter iſt ſchrecklich aber nicht einem himmliſch ſehnenden Hertzen / dem die WeltBraminus ad Alex. M. ein exilium iſt. Non ſumus hujus Mundi incolæ ſed ad - venæ, non ita in Orbem terrarum venimus, ut in eo libeat conſiſtere ſed tranſire: properamus enim ad Larem patri -Ambroſius. um. Non cœlum, non terram, ipſum Creatorem ſitio. Bernhardus. Cor meum inardeſcat, omnis creatura vileſcat, ſolus Cre - ator dulceſcat. Wir fragen nicht nach dem medio, wenn wir zum Zweck kommen koͤnnen. Cupio diſſolvi.

Und das war eben die ſpontaneitas migrandi, unſerer Fuͤrſtl. Frauen von der Leippe. Sie wolte / als ein KindEpheſ. V. 8. deß Lichts / im Licht wandeln; als eine Erloͤſete / dasGal. IV. 5. ewige Heil erlangen; als ein Himmels-Erbin / ewig -Cant. I. 4. lich leben.

Auguſtinus. Hinc deſideria: Trahe me poſt Te! Si aliquando, cur non nunc? Und als das Stuͤndlein kam / nahm Sie es mit Hieronymo lachend an: O du gewuͤnſchtes / O du ſe - liges Stuͤndlein / mich hat hertzlich nach dir verlanget! Benè veneritis!

So fahr / O Selige / wie du gewuͤntſcht dorthin / Da nach der langen Angſt und wiederholten Schmertzen Bey deinem JEſu dich der himmliſche Gewinn Mit ungemeßner Luſt vergnuͤgen wird im Hertzen.

Wir halten noch am Creutz auff dieſer Wanderſchafft Und ſehnen uns zu dir / dir und GOtt gleich zu werden /Erloͤſer /[61]Erloͤſer / hoͤr uns bald / und reiß durch deine Krafft Den Faden der uns haͤlt / und nihm uns von der Erden.

Die ſelige Seele / beſeelet noch einmal dieſen erblaſten Leib / und gibt Jhrem geliebten Ehe - Schatze diß letzte Valete:

Mein Schatz / mein halbes Jch / was zagſt uñ fuͤrchſt du dich
Daß einſam du das Joch muſt vielen Kummers ziehen /
Welchs weiland willig ich getheilet nahm auff mich
Auß treuer Liebes-Pflicht durch emſigesbemuͤhen.
GOtt tritt an meine Stell und bleibet noch bey dir /
Und wil der Sorgen Laſt mit weiſem Rathe tragen /
Sitzt unterm Trauer-Flor verdeckt ohn Freud und Zier /
Er iſt dein Licht und kehrt in jauchtzen bald dein Klagen.
Fall’n tauſend Feinde dich mit grimmen Anlauff an /
Er iſt dein Heil / laͤſt dich in Noth nicht unten liegen /
Tritſt Du betruͤbt umb mich die rauhe Todes-Bahn /
Du wirſt durch ſeine Krafft ein neues Lebenkriegen.
Ertrage mit Geduld was Niemand aͤndern mag /
Jſt uͤbel Dir / Mir iſt recht wol hierdurch geſchehen:
Wir wollen uͤber kurtz / daß dieſer harte Schlag
Zu unſerm beſten dient beyſammen ſelig ſehen.
Jndeß gehab dich wol! Es muß geſchieden ſeyn /
Mein JEſus ſpannt mich auß / auff ſehnliches Verlangen:
Doch bricht der Todt die Treu / ſo ich dir ſchwur nicht ein /
Jch wil in Gottes Reich dich wieder bald umbfangen.

Gebet.

WEnn Angſt und Bangigkeit deß Hertzens mich
beſtrickt
Und in der Einſamkeit mir wil vorm Tode grauẽ /
H iijWenn[62]
Wenn kein Troſt-Sternlein mehr induͤſteꝛn Naͤchten blickt
Und ſich das ſchwartze Grab mit Schrecken gibt zuſchauen.
Wenn aller Menſchen Huͤlff und Krafft zuruͤcke zeucht
Und Satan ritzet auff die Wunden im Gewiſſen /
Und mich / als waͤre nun verlohren alles / deucht /
Und wuͤrde ſchon von Recht zur Hoͤllen hingeriſſen.
Wenn meine matte Seel in ſolchen Banden ſchmacht /
Angſt-Creutz-und Lebens-ſatt wehmuͤtig umb ſich ſiehet /
Hingegen meine Noth der ſchlaue Feind belacht /
Und zum verzweiffeln mich zu bringen / iſt bemuͤhet:
So thraͤnt mein naſſes Aug in ſolcher herben Noth
Von Glaub und Hoffnung voll / umb Rettung und erbar -
men
Zu dir / von dem die Huͤlff alleine koͤm̃t O Gott!
Verſchmaͤhe nicht du Heil und Troſt der Welt / mich
Armen.
Du biſt mein Theil / du haſt dich ſelber mir geſchenckt /
Und Beyſtand in der Angſt mit Ayden zu geſaget /
Trotz dem der unverſchaͤmt die Seel auff Erden kraͤnckt /
Und mich dir zu entziehn durch Luſt und Unluſt waget.
Dein helles Gnaden-Licht vertreibt die Furcht der Nacht /
Der Hoͤllen Schroͤcken muß vor deinem Troſte weichen /
Dein Lebens-Balſam ſuͤſt deß bittern Todes Macht /
Vor dir muß Suͤnd und Welt die ſtoltzen Segel ſtreichen.
Weil ich verſichert bin / daß deine Hand mich haͤlt /
So lach ich der Gefahr die Todt und Leben dreuet /
Und trotze meinen Feind der mir umbſonſt gefaͤllt /
Und ſuche ſelbſt den Tod / den Menſch und alles ſcheuet.
Jch bin gewiß / du laͤſt mich nicht vergebens ſchreyn /
Dein Vater Hertze kan dem Kinde nichts verſagen /
Jch werde / von der Welt erloͤſt / dein Erbe ſeyn
Weil mir dein Sohn es hat verdient und angetragen.
Drumb[63]
Drumb ſteig ich unterm Creutz am Myrꝛhen-Berg hienan
Gleich einem freyhen Roß gefluͤgelt durch Verlangen /
Die Welt iſt mir ein Dampff der ich entrinnen kan /
Weil ich die Freuden-Cron der Ehren ſol empfangen.
Der Himmel oͤffnet ſich / mein JEſus beut die Hand
Jch ſehe ſchon entzuckt / Jhr Kinder eure Palmen!
Reiß / JEſu / was mich hemmt / reiß meines Lebens-Band /
Und nihm in Gnaden an die frohen Jubels Pſalmen.
Nun jauchtze meine Seel und preiſe deinen GOtt
Der auß dem Tode dich und aller Angſt geriſſen;
Hinfuͤro leb ich frey und auſſer aller Noth /
Weil Ehr und Seligkeit mich nun bekroͤnen muͤſſen.

Vater Unſer.

PERSONALIA.

STerben und gebohren werden / ſind dermaſ - ſen in ſich ſelbſt verſchrenckt / daß dieſes dem Menſchen bey ſeinem erſten Lufft-ſchoͤpffen / die Vermeidung deß andern unmoͤglich macht. Beydes wird mit Thraͤnen bemercket; Wir beweinen unſern Eingang ſelbſt / umb denen die Thraͤnen zu ſparen / welche offt uͤber unſern Abſchied klagen. Es wuͤrde viel billicher ſeyn / wenn ſie ihre ſeufftzen mit den Thraͤnen unſer Geburt ver - miſcheteu / umb dadurch das uns von der Welt vorbereitete Ubel / mit gleichem winſeln zu bejam̃ern / als daß ſie die von dort geſamleten Thraͤnen auff unſere Baare ſchuͤtten / und unſer Andencken mit naſſen Augen beehren; Der auff ein guttes Leben erfolgte Todt / kan anders nicht als gutt und gluͤckſelig ſeyn; Wie koͤnnen wir dann mit Recht die jeni -gen /[64]gen / welche in dem HErren ſterben / und welche der Geiſt deß HErren ſelbſt ſelig preiſt / mit klagen vergnuͤgen? Die Geſetze der Natur ſind auff Marmor geſchrieben / welche ſich von keiner Bemuͤhung außtilgen laſſen.

Beſcheidenheit und Gedult ſind das einige Mittel die Flammen eines Heydniſchen Jammers zu daͤmpffen. Die Aſche iſt ſchon vergnuͤgt / welche mit unvergaͤnglichen Lor - bern bedeckt / und deren Gedaͤchtnuͤß durch Erzehlung wah - rer Tugenden dem Himmel eingezeichnet wird / als dem einigen Ort / wo die Seele bereits der Crone Goͤttlicher Gnaden faͤhig worden. Wir werden nicht unbillich thun / wenn wir der ſelig-verblichene Frauen / uͤber die herrlich - zubereitete Grabſtete / auch die Ehren-Saͤule ihres un - ſterblichen Andenckens auffrichten / und Jhre gegenwaͤrti - ge Todtenbahre / mit zugeworffenen Roſen und Blumen Jhrer eignen Tugenden bedecken; Sehen wir aber vor allen Dingen auff den Urſprung aller Menſchen / und alſo auch auff

Jhres Lebens Anfang;

So befinden wir / daß die ſelig-verſtorbene / die Hoch-Wol - geborne Frau Frau Johanna Eliſabeth / Vermaͤhlete Frau von der Leippe / gebohrne Freyin von Lignitz / Frau auff Schwentnig / klein Knignitz / Pſchiderwitz / Carls - dorff und Weinberg / Jhro Gnaden auß Hochfuͤr ſtli - chem Gebluͤt Jhren Urſprung genommen.

Deren Herr Vater iſt geweſen / der weiland Durch - lauchtige Hochgeborne Fuͤrſt und Herr Herꝛ Johann Chriſtian / Hertzog in Schleſien zur Lignitz und Brieg.

Jhre Frau Mutter aber / die weiland Hoch-Wolge - bohrne Frau Frau Anna Hedwig / gebohrne Freyin von Sitſchin.

Wir[65]

Wir wuͤrden allzuviel Zeit bedoͤrffen / dero Hochfuͤrſtl. Ahnen und unter ſelbten / die mit befindlichen Chur-und Fuͤrſtliche und andere hohe Stands-Perſonen / mit gebuͤh - renden Umbſtaͤndẽ an-und auß zu fuͤhꝛen. Die Welt-bekan - te Genealogie unſerer ſeligen Frauen / und deß Hochfuͤrſt - lichen uhralten Hauſes Herkommen / erſparet uns dieſe Weitleufftigkeit / welche wir enger nicht faſſen koͤnten / als von dem Urheber dieſes erlauchteſten Hauſes Piaſto, den Anfang zu machen / und zu melden / daß bey dero Frau Mutter beruͤhmten Geſchlecht / die Biſchoffliche und Land - fuͤrſtliche Regierungs-Wuͤrde kein geringes Anſehen ver - laſſen. Vor ietzo iſts genung / daß wir wiſſen / daß Dieſelbte von hochbeſagtem Fuͤrſtlichen Stamm entſproſſen / und Anno 1636. den 8. Jun. zu Thoren in Preuſſen / allwo wegen bekandter damaliger Lands-Unruhen und ſchwe - ren Krieges-Troubeln, Jhro Fuͤrſtl. Gn. dero in Gott ruhender Vater / ſamt deſſen auch ſelig-verſtorbenen Frau Gemahlin / Jhrer geliebteſten Frau Mutter / eine Zeitlang ſich auffgehalten / zur Welt gebohren / und darauff d. 29. gedachten Monats / dem HErren Chriſto durch den Gna - den-Bund der Heiligen Tauffe zugetragen / in die Zahl der Außerwehlten Gottes geſchrieben / und zu danckbarer Er - innerung / der in der frembde verliehenen Ruhe und Si - cherheit mit dem holdſeligen Nahmen Johanna Eliſabeth als welches eine holdſelige GOttes Ruhe heiſſet / benennet worden. Ein nicht geringes Gluͤck / welches denen Sterb - lichen allhier begegnen kan! Ein ſolcher Ehren-Stand / welcher ſelbſt von dem Himmel gegeben wird. Jn wel - chem die Tugend mit der Geburt fortgepflantzt / die auff - ſproſſende Zweige Himmel-hoch erhebet / und durch ſelbte das Andencken der laͤngſt-vermoderten Vaͤter in die Ster - ne ſchreibet.

JDie[66]

Die Aufferziehung befeſtigt ihren Selbſt-Stand / und hilfft der ohne diß herrlichen Natur treue Hand anle - gen / umb ein ſolches Bild zu formiren / deſſen innerliche Schoͤnheit / offt der euſerlichen vorgezogen werden muß. Dieſe Tugend-Pflantze wurde ebenmaͤſſig durch ſchoͤne Zucht und Auffacht Jhrer Fuͤrſtlichen Eltern fleiſſig ge - wartet / und in der noch zarten Kindheit / dem Empfindnuͤß - faͤhigem Wachs Jhres Verſtandes / die Tugend aller Tu - genden / die Heilige Liebe GOttes / From-und Gottfuͤrch - tigkeit / ſo gluͤcklich eingedruckt / daß ſelbtes hernach in zu - nehmendem Wachsthum / viel hundert Fruͤchte loͤblicher Tugenden getragen. Aber wie bald beruͤhrete der To - des-Stachel dieſe bluͤhende Roſen? Wie bald zerſprang der Chriſtallin menſchlicher Unbeſtaͤndigkeit? Die ſelige Frau hatte nur das vierdte Jahr angetreten / als Jhre liebſte Frau Mutter / auß unerforſchlichem Rathſchluß Gottes Anno 1639 d. 16. Jul. zu Oſterroda in Preuſ - ſen / den Weg alles Fleiſches gehen muſte. Ein harter Zu - fall vor ein zartes Kind! Ein beweglicher Verluſt! Der zwar damals wegen Wenigkeit der Jahre / von der verlaſ - ſenen Fuͤrſtl. Wayſe nicht beklaget / aber bey zunehmendem Verſtande nicht zur Gnuͤge konte beweinet werden. Das Ungluͤck faͤllet uns mit Fluͤgeln an / und verlaͤſſet uns mit Gicht-verlaͤhmten Fuͤſſen! Wir meinen nach deſſen Ab - ſchied die Thuͤren zu verſchlieſſen / da doch ſchon ein anders in unſerm Zimmer ruhet. Ein Betruͤbnuͤß kommt ſelten allein! Die Faͤule hatte noch nicht mit ihrem Vermode - rungs-Zahne die Baare dieſer Fuͤrſtl. Gemahlin beruͤh - ret; Als man ſchon die Todten-Glocken uͤber dem Able - ben Jhres hinterlaſſenen Ehe-Gemahls zuſammen ſtim - met. Die verlaſſene Tochter hatte kaum die liebſte Frau Mutter verlohren / als noch ſelbten Jahres d. 25. Decemb. dero[67]dero Fuͤrſtlicher Herr Vater / dieſes zeitliche mit dem ewi - gen ſelig vertauſchen muſte. Ein Plitz! Welcher auch das beſtaͤndigſte Hertz erlegen koͤnte: Die jenige welche ſich kurtz vorhero in der Schoß Jhrer liebſten Frau Mut - ter ergetzet / und durch das Anſchauen Jhres Lieb-vollen Herren Vaters erquicket / ſihet ſich nun in einem Augen - blick / allein / verlaſſen / und in den betruͤbten Wayſen-Stand verſetzet. Es folgte der ſelige Herr Vater der jenigen / welche Er bey Lebens-Zeiten treu - und hertzlich geliebet / und konte auch im Tode nicht von Jhr geſchieden bleiben; Allein Er verließ das Pfand / welches von ſeinem Hertzen kommen / klein / unerzogen / und der beſten Schutz-Wehre beraubt! Er wuſte aber wol / daß deß Herren Hand maͤchtig / und ſeine Huͤlffe auch denen Unmuͤndigen ver - ſprochen ſey. Unter dieſem himmliſchen Schutz dorffte das verlaſſene Kind ſich keines widrigen befahren. Gott erweckte das Gemuͤth Fuͤrſtl. Perſonen / und ſtellete ſie an den Ries / nach dem er den Abgang der leiblichen / mit der treu - und gnaͤdigen Vorſorge Erlauchter Pfleg-Eltern erſetzet. Der Durchlauchte / Hochgebohrne Fuͤrſt und Herr / Herr George / Hertzog in Schleſien zur Lignitz und Brieg / dero Roͤm. Kayſ. Majeſt. geweſter geheimer Rath und Ober-Hauptman im Hertzogthum Ober-und Nieder-Schleſien / als deren aͤltere Herr Bruder; und deſ - ſen Frau Gemahlin / die weiland Durchlauchte Hochge - bohrne Fuͤrſtin und Frau / Frau Sophia Catharina / Hertzogin zu Lignitz und Brieg / gebohrne Hertzogin zu Muͤnſterberg in Schleſien zur Oelß; Dieſe beyde legten treue Vorſorge an / ſo wol deß ſelig-verſtorbenen Hertzogs letztes Anſuchen / in treuer Pflege ſeiner Tochter / moͤglichſt zu beobachten / als ſelbſt auß eignem Bewegnuͤs / dieſe / vonJ ijſchoͤner[68]ſchoͤner Hoffnung gruͤnende Pflantze / zu gaͤntzlicher perfe - ction zu bringen. Es wurde kein Fleiß geſpart / Jhre vorſichtige Aufferziehung / nach ihrem Stande zu reguli - ren. Und die loͤbliche Anweiſung herrlicher Tugenden / begundte in Jhrem ſchoͤnen Gemuͤth / ſo kraͤfftig zu wuͤr - cken / daß maͤnniglich dazumal ſich Jhrer / ob wol bey weni - gen Jahren ſonſt ſeltenen Vollkommenheit / verwundern muͤſſen.

Die Antretung deß 16. Jahres brachte Sie in den E - helichen Stand. Jn dem auß Goͤttlicher Schickung Sie d. 3. Nov. 1652. dem Hoch-und Wolgebohrnen Herren / Herren Czenko Howora / Herren von der Leippe / Her - ren auff Schwentnig / klein Knignitz / Pſchiderwitz / Carls - dorff und Weinberg Jhro Gn. als ietzo gegenwaͤrtig hoͤchſt-betruͤbtem Herren Wittiber / mit allerſeits hohen Freundſchafft Willen / Rath / und Wolbedacht / durch vor - gehende ordentliche Verloͤbnuͤß zur Ohlau / ehelichen ver - maͤhlet und beygeleget worden. Abermals ein Zeichen Goͤttlicher Guͤtte / und das hoͤchſte Theil irrdiſcher Gluͤck - ſeligkeit. Liebreiche friedliche Ehe / welche auch in 21. Jah - ren / nicht den geringſten Schatten einiger Widerwaͤrtig - keit / Zancks / und Uneinigkeit blicken laͤſſet / gefaͤllt Gott wol / und ergetzet die Menſchen dermaſſen / daß ſie ſagen muͤſſen: Ach warumb ſcheidet Gott ſolche Ehegatten! Allein / wie es dem HErren gefallen / ſo iſts geſchehen! Hier - inn pruͤfet GOTT unſere Beſtaͤndigkeit und Liebe gegen ihm! Er zeiget ſich freundlich; bald aber verſtellet er ſich; und kan doch die Joſephs Thraͤnen / ſeine heiſſe Liebes - Thraͤnen / gegen uns in die Laͤnge nicht bergen. Was het - te Jhro Gn. dem ietzo hochleidtragenden Herren Witti - ber erfreulicher ſeyn koͤnnen / als nicht allein mit einer ſoTugend -[69]Tugendhafften Gemahlin von Gott beſchenckt / ſondern auch noch der groſſen Liebe deß HErren / durch den reichlich beſcherten Ehe-Segen ſo mercklich vorgewiſſert zu werden? Vier Herrlein und ein Fraͤulein waren die Fruͤchte dieſer 21. jaͤhrigen Lob-vollen Ehe; Was hette der hoͤchſte Gott mehr und erfreulichers geben koͤnnen? Allein / wie verſtel - let ſich ſeine Freundligkeit! Es muͤſſen dieſe fuͤnff Ehe - Pflantzen / auß der betruͤbten eltern liebreichen Armen ge - nommen / und in ihr Ruhgemach der finſtern Grufft geſe - tzet werden. Warumb? Sie gefielen Gott wol / und die Welt war ihrer nicht werth! Mit was fuͤr Betruͤbnuͤß die Bahre dieſer liebſten Kinder begleitet worden / koͤnte Niemand beſſer als eine Mutter von Nain außſprechen! dort zwar ſtunden die Traͤger ſtille; Aber leider / hier ge - hen ſie weiter! die Mutter ſelbſt / muß Jhren liebſten Kin - dern folgen / und auff dieſen / vor ſich hingeſendeten Staf - feln / in den Himmel ſteigen / ja / was das herrlichſte von dieſen Jhren ſchon gekroͤnten Himmels-Fuͤrſten / vor den Thron Goͤttlicher Majeſtaͤt geſiellet werden! O ſelige Nachfarth / welche bey iedem him̃liſch-liebendem Gemuͤth / nichts anders als ein ſeliges Evolemus verurſachen kan. Wir beſehen hierauff der ſeligen Frauen

Lebens Fortgang.

Die Sternen werden vermittelſt eines Spiegels / auch im hellen Tage geſehen. Hier leuchten die Tugenden / auch durch die verdeckte Todten-Bahre. Die GOttes - furcht ſtrahlet unter andern / mit hellem Glantz hervor. Jſt ichtwas der ſelig-verſtorbenen annehmlich geweſen / ſo iſt es gewiß die eyfrige Bezeigung Jhres Chriſtenthums geweſen! Die Heil. Goͤttliche Schrifft war Jhr taͤgliches Hand-Buch; und die Begierde das Hauß deß HerrenJ iijund[70]und ſeine Predigten zu beſuchen / Jhre hoͤchſte Vergnuͤ - gung. Jhre hertzliche Andacht brach / auch in dem euſer - lichen Schein / zur Gnuͤge hervor / beten und ſingen war Jhr meiſter Zeit-Vertreib / und eine gewiſſe Stunde deß Tages / muſte ſonder alle Verhinderung / in Gebet und ſeufftzen taͤglich hingelegt werden. So war dieſe GOtt - liebende Hanna mit embſigen beten und Kirchen-gehen ge - ſchaͤfftig / und bemuͤhet / die eintzige Perle der ewigen Se - ligkeit / umb welche alles zeitliche auff die Schantze zu ſe - tzen / in Jhren Schatz zu kauffen. Jhre Gebet-Buͤcher werden deren taͤglichen Brauch / auch durch das bloſſe An - ſchauen bemercken / und Jhr eigenes auffzeichnen / wie offt Sie ſelbte durch geleſen / den Nachkommenen berichten / ja die taͤglich ihrer Gegenwart genoſſen / werden die hierauß wuͤrckende Froͤmigkeit einhellig ruͤhmen muͤſſen. Wie nun Jhre Freude war den Tempel GOttes zu beſuchen; Alſo war Sie iederzeit bedacht / deſſelbten euſerlichen Schmuck / durch GOtt-wolgefaͤllige Stifftungen / zu ver - groͤſſern / und bezeigte noch an Jhrem Ende / durch eben - maͤſſige Verordnungen / deſſen ruͤhmliches Andencken zur Gnuͤge. Die Diener Gottes waren Jhr lieb und werth / deren Gegenwart Sie iederzeit hoch hielt; Ja Sie be - muͤhete ſich durch moͤgliche Gutthaͤtigkeit gegen dieſelbten eine wolthaͤtige Sunamitin zu heiſſen.

Der Glaube wird durch die Liebe erkand; Unſere ſe - lige Frau ließ jenen noch ferner / durch willige Ertheilung noͤthiger Allmoſen herrlich ſcheinen / Sie theilete mit den Armen das Brod / und gab den Duͤrfftigen ihre Speiſe. Die Thraͤnen Jhrer Noth-leidenden Unterthanen / bezei - gen anietzo den Verluſt der genoſſenen Freygebigkeit. Das klagen der Armen bewegte Jhr Gemuͤth; und ein reiches Allmoſen nothduͤrfftigen Leuten gethan / deuchte Sie einebeſon -[71]beſondere Vergnuͤgung deß Hertzens zu ſeyn. Sie wur - de durch die Menge der Anlauffenden nicht bewegt / und be - zeugte in der That eine gutthaͤtige Tabea zu heiſſen. Das willfaͤhrige Mitleiden macht jenes Weib noch beruͤhmt / welche die ermuͤdeten Seelen der frembden Reiſenden mit ihren vollgeſchoͤpfften Waſſer-Gefaͤſſen erqui[ckt]. Ach unſere ſelige Frau / war gewiß in dieſem Fall eine mitleidi - ge Rebecca / welche denen frembden Armen auß dem Brun - nen Jhres zeitlichen Vermoͤgens reichlich außtheilete. Jh - re mit Kranckheit befallene Unterthanen / wuſten den Weg zu dieſem Mitleidungs-Brunnen wol zu ſuchen / umb ihre und der ihrigen ſchmachtende Leiber zu heilen. Jhre mit - leidigen Haͤnde bereiteten ſelbſt / durch Zurichtung herrli - cher Kraͤuter eine Apotecken in Jhrem Hauſe; welche Sie ſo gar mit Erkauffung koſtbahrer Aꝛtzneyen auß den Staͤd - ten bereicherte! Zu keinem andern Ende / als ihren kran - cken Unterthanen in ihren Noͤthen zu helffen. Und wañ Sie offtmals von Jhrem Herren Gemahl / Schertz-weiſe umb die Bezahlung der außgeſpendeten Artzneyen befragt worden / war dieſes meiſtentheils die Chriſtliche Antwort / daß Sie Jhres Orts wol zu frieden waͤre / in dem die Muͤn - tze Jhrer Unterthanen dieſen Denck-Spruch fuͤhre: Daß es Gott bezahlen werde. O herrliche Wuͤrckungen ei - nes Gott liebenden Gemuͤths! Wol dem der ſich ſolcher maſſen Gott zum Schuldner macht / denn er hat die ge - wiſſe Hoffnung / daß er auff Erden richtige Zinſen / im Him - mel aber das Haupt gut ſelbſt tauſendfaltig eincaſſiren wird.

Erlauchte hohe Stands-Perſonen koͤñen der Liebe Got - tes beſſer nicht verſichert werden / als wenn ſie den koͤſtli - chen Denck-Spruch: Je hoͤher du biſt / ie mehr dich demuͤ - tige: wuͤrcklich practiciren. Die ſelig-verſtorbene verlaͤſtden[72]den ſchoͤnen Ruhm / daß Sie gegen Jhres gleichen ſich be - ſcheiden / gegen Nidrige freundlich / und gegen geringe Leu - te gnaͤdig bezeuget. Jhr hoher Stand konte Sie nicht beredenden Nechſten mit Hoffaͤrtigen Augen anzuſehen / weil Sie wuſte daß Gott an den Stoltzen einen Greuel hat. Dieſe Demuth machte Sie bey allen Leuten beliebt / und weiln Sie mit gutter Beſcheidenheit temperiret, kon - te Sie in keine Ubermaſſe folgender Verachtung außſchla - gen. Jn allem Jhrem Thun muſte dieſe ſchoͤne Tugend ge - nau betrachtet / und von Jhr mit Warheit geſaget werden / daß ſelbſt die demuͤtige Eſther an beſcheidener Demuth und Freundligkeit / vor ihr wenigen Voꝛtheil haben koͤñen. Wañ Jhre Klugheit und herrlicher Verſtand / nebſt der ruͤhmli - chen Auffacht Jhres Hauſes und obliegenden Wirth - ſchaffts-Sorge / ſolte nach der Laͤnge angefuͤhret werden / wuͤrde Sie gewiß einer wirthlichen Martha wahrhafftes Ehren-Lob verdienen. Es iſt genung / daß man von Jhr mit Beſtand der Warheit ſagen kan / daß Sie Zeit Jhres Lebens ſich bemuͤhet zu ſeyn: Gegen Jhrem Gott / im Glauben beſtaͤndig / in der Liebe bruͤnſtig / in der Hofnung unermuͤdet / und alſo eine rechtſchaffene Chriſtin. Gegen Jhrem hertzliebſten Ehe-Herren / eine rechte Ehr-und Tu - gend-liebende Gemahlin / und dabey ſeines Hauſes / eine fieiſſige Verſorgerin. Gegen Jhren armen Untertha - nen aber / und andern Huͤlff-beduͤrfftigen / eine leibliche Mutter / Pfleg-und Wolthaͤterin. Die Heilige Schrifft / wann ſie bald im Anfang das Leben der Alt-Vaͤter und deren lange Jahre erzehlet / fuͤget ſie einem ieden inſonder - heit bey / er ſtarb. Anzudeuten / daß dieſes der End-Zweck ſey / wornach wir Zeit unſers Lebens ſo muͤhſam gerungen und gelauffen haben / und daß eine Hand-voll Erde auch den Welt-begierigſten Alexander endlich vergnuͤgen muͤſſe. Dieſer[73]Dieſer eintzige Schlag leget die Bewegungen der kleinen Welt uͤbern Hauffen / und hemmet die Raͤder hoher Ge - dancken / dermaſſen / daß auch von dem maͤchtigſten allein geſaget werden kan: Er ſtarb! Wir muͤſſen ein gleiches von unſer ſelig-verſtorbenen Frauen auch melden / indem Jhres

Lebens Außgang

Leider ſo viel beglaubet / daß weder Jugend / noch Tu - gend / weder Stand noch Anſehen / der ſchneidenden Sichel deß Todes entweichen kan. Dieſes eintzige Vortheil hat die ſelige Frau mit andern fromen und Tugend-liebenden Leuten / daß ob wol der Todt Jhrem Coͤrper obſigt / er den - noch die Macht nicht habe / uͤber Jhre Tugenden zu Sieg - prangen / und Jhren unſterblichen Nahmen in der ſtillen Grufftzu halten. Jhr Ruhm breitet ſich biß an die Wolckẽ / und Jhr Andencken wehret biß ans Ende der Welt. Un - ſere im HErren entſchlaffene ſelige Frau / iſt von etlicher Zeit her vieler Leibes-Unpaͤßligkeit unterworffen[ge]weſen; deren Gefaͤhrligkeit doch anfaͤnglich / wegen beykommen - der Artzney-Mittel zimlich gehindert worden: Es hat aber dem Hoͤchſten dabey gefallen / ſolche Jhre Kranckheit viel - mehr zu mindern / als gaͤntzlich auffzuheben. Denn ob Sie zwar etliche Jahre her ſich noch leidlich befunden / und man zu vollſtaͤndig erlangender Geſundheit gutte Hoffnung ge - ſchoͤpfft; So hat doch der verwichenes Jahr faſt umb dieſe Zeit / Sie befallene zweiffelhafte Zuſtand / bald ein anders gezeigt; indem derſelbte ſeinen Anfang mit ſtarckem roͤ - cheln und huſten genom̃en / und zugleich die Lebens-Kraͤff - te ſo ſtarck angefalleu / daß die hieruͤber zu Rath gezogene Herren Medici zimlich beſtuͤrtzt geſchienen. Deren vor - geſchriebene medicamenta iedoch damals nechſt GOtt / ſoKviel[74]viel außgerichtet / daß dem Menſchlichen Anſehen nach / man vorgeſchoͤpfften boͤſen Zweiffel / gaͤntzlich fahren zu laſſen gnugſame Urfachen gehabt. Allein die ſteten Ab - wechſelungen / und andere nach und nach einſchleichende Zu - faͤlle / haben bald gezeiget / daß es bey ſolcher Beſchaffenheit groſſer Auffacht beduͤrffe; An deren ruͤhmlichen Verſe - hung es gar nicht gemangelt. Jnmaſſen der von Jhro Gn. ſeliger damals erforderte Medicus von Schweidnitz / Tit. Herr Hans Friedrich Hubrig / U. M. D. nicht nur ſeinen Fleiß und Vorſorge ruͤhmlich erwieſen / ſondeꝛn auch durch applicirung ungeſparter medicamenten, das euſer - ſte / ſo nur zu Geneſung der ſeligen Fꝛauen dienlich ſeyn koͤn - nen / verſtaͤndigſt angewendet; wiewol alles umbſonſt und vergeblich! Denn nach dem die Nieſſung noͤthigen Un - terhalts / und die noͤthigſte Unterhaltung deß Menſchen ſelbſt / der Schlaff / ſich nach und nach verlohren / hat man die Leibes-Kraͤffte auch Augenſcheinlich abnehmen / und hingegen Schwachheit und Mattigkeit ſo haͤuffig einbre - chen ſehen / daß man an zeit-und menſchlicher Huͤlffe / lei - der gaͤntzlich zweiffeln muͤſſen. Die ſelige Frau konte bey Jhr ſelbſt leichtlich abnehmen / daß es mit Jhr zum Ende gehen / und Jhre Lebens-Zeit gar bald zum Zweck eilen wer - de; Dannenhero / wie Sie iederzeit Jhren Willen dem Willen Gottes nachgeſtellet / ſo bezeugete Sie hierinn die wenigſte Veraͤnderung. Jhr eintziger Kummer war / durch Chriſtliche Vorbereitung / denn Gefaͤhrligkeiten dieſer groſſen Reiſe zeitlich vor zu kom̃en / dannenhero Sie wegen Unpaͤßligkeit Jhres ſonſt ordentlichen Seelen-Hiꝛ - ten / den benachbarten Herꝛn Geiſtlichen zu ſich erbitten laſ - ſen / welcher Jhr mit Geiſtlichem Seelen-Troſt faſt taͤglich beygewohnet / und Jhre hertzliche Andacht / mit Vorbetung ſchoͤner Gebete und Lieder / beſtaͤndigſt unterhalten / der -maſſen /[75]maſſen / daß nach dem Jhre matte Seele durch die wahre Himmels-Speiſe geſpeiſet und getraͤncket worden / und Sie alſo ſich mit Gott und Menſchen Hertz-inniglich verſoͤhnet Jhr Verlangen anders nicht als himmliſch geweſen. Al - les irrdiſche muſte weichen / und Jhre eintzige Unterredung war von Gott / und Anſtellung eines[e]hrlichen Begraͤbnuͤſ - ſes. Sie wiederholete / den mit eigner Hand auffgeſchrie - benen Leichen-Text / und wolte / daß ſelbter bey Jhrem Leich - Begaͤngnuͤß ſolte abgehandelt werden. Sie belohnete die jenigen / welche Jhr in wehrender Unpaͤßligkeit treu gewe - ſen / und ließ in ſolchem ruͤhmlichen Werck auch die euſerſte Mattigkeit ſich nicht hindern. Sie ſtimmete / ſo viel Jhre Schwachheit leiden wolte / die Jhr angenehmẽ Sterbe-Lie - der ſelber an / und wurde nicht muͤde im beten. Jhre Ge - dult war bey ſo langwieriger groſſer Kranckheit unbe - ſchreiblich / und bey der annahenden Erloͤſungs-Stunde / hoͤchlich zu verwundern. Sie troͤſtete ſich offt ſelbſt: ſa - gende: Daß die ſchwere uͤberſteigung dieſes Myrrhen - Berges / durch Gottes ſonderbahren Beyſtand / Jhr bald zu ſeligſter Freude gedeyen werde. Was koͤnte Chriſtli - cher was beweglicher geredet werden! Was iſts Wunder / daß Sie auff befragen der Umbſtehenden / ob Sie ichtwas verlange? behertzt geantwortet: Nichts! nur auffgeloͤſet und bey Chriſto zu ſeyn. Herrliche Worte! welche nicht nur die glaͤubige Vorbereitung zum Tode / ſondern auch / den alles Zweifels befreyten wahren Glauben ſelbſt / kraͤff - tigſt bemercken.

Dieſe ſelige Auffloͤſung hat Sie von Jhrem Gott mit vielfaͤltigem ſeufftzen erbeten / welcher Sie auch ſolches ſehnlichen Begehrens endlich gnaͤdig gewehret / und nach dem Sie ſich mit denen Umbſtehenden / vorhero aber mit dero Herren Gemahl behertzt geſegnet / und deſſen ſchmertz -K iijhafft -[76]hafte Wehmuth / durch Erinnerung Jhr zum beſten die - nenden Willen GOttes / mit nachdencklichem Zureden ge - troͤſtet / ſelbte verfloſſenen 30. Octob. nach Mittag zwiſchen 2. und 3. Uhren / unter andaͤchtigem beten und ſingen / ſanft und ſelig von dieſer muͤhſeligen Welt abgefordert / und alſo nach ſeinem allerheiligſten gnaͤdigen Willen / dem wenigen Leben unſerer ſeligen Frauen / das vorgeſetzte Ende ge - macht. Welche nun Jhre durch Chriſtum teuer erloͤſete Seele / den Gnaden-Haͤnden Jhres Erloͤſers; Den abge - zehrten Coͤrper / der ſchon zubereiteten Grufft der Erden; Das eheliche liebreiche Hertz / Jhrem hinterlaſſenen hoch - betruͤbten Herren Gemahl; Jhre auffrichtige Freund - ſchafft / dero hohen Anverwandten; Jhr beliebtes An - dencken / denen armen und verlaſſenen Unterthanen; Uns allen aber einen ſeligen Eyfer Chriſtlicher Nachfolge hin - terlaſſen; Nach dem Sie Jhr weniges Alter gebracht auf 37. Jahr / 20. Wochen / und 4. Tage. Gott halte die Seele inſeiner Gnaden-Hand / verleihe dem Coͤrper in der Erden eine ſanffte Ruhe / und am herzu nahenden groſſen Gerichts-Tag / eine froͤliche Aufferſtehung zum ewigen Leben.

Eilfertigſt entworffen von L. P. V.

[77]
Ungefaͤrbter Ruhm
womit Deß Hoch-und Wolgebohrnen Herren Herren Czenko Howora / Herren von der Leippe / Erbherren auff Schwentnig / klein Knignitz / Pſchiderwitz / Carlsdorff und Weinberg / Weiland Hertz-innig geliebte Frau Gemahlin Die Hoch - und Wolgebohrne Frau Fr. Johanna Eliſabeth / Frau von der Leippe / gebohrne Freyin zur Lignitz / Frau auff Schwent - nig / klein Knignitz / Pſchiderwitz / Carls - dorff und Weinberg / den 14. Decemb. 1673. Jn Gegenwart hoher Fuͤrſtl. Perſonen / Hochanſehnlicher / Volckreicher Verſamlung / zu Klein-Knignitz auß ſchuldigſtem Gehorſam beehrete
[78][79]

GLeich / als ob die Natur ſauren Ver - druß zur Gnuͤge außzutheilen nicht vermoͤchte / ſuchen wir derogleichen in uns ſelbſt und ſchmieden einige Geſichter im Traum / ſo inzwiſchen biß auffs Leben uns zu aͤdern und thaͤtlich anzugreiffen pflegen. Es iſt nicht genung / daß unſer Hertz widerwerti - ges Gluck beunruhiget / kraͤncklicher Schmertz betruͤbet / wir ertichten vielmehr neue Urſa - chen blaſſer Furcht / uns leichtſinnig beredend / daß unter allen Ubeln / der Tod das haͤrteſte / das allerſchrecklichſte ſey; Wie nun die Jrꝛthuͤ - mer ohne Glaubens-Genoſſen niemals geweſen / ſo hat ſich auch diß fals befunden / daß / nachdem einige deſſen ſcheinbare Beglaubigung erdacht / ſie zugleich andere / ſo irrige Meinungen vor warhafftig auß zuſtreuen / durch nicht gerin - gen Vorwand angelocket haben; Maſſen der unerſaͤttliche Menſchen-Wuͤrger / Vater und Sohn / Bruder und Schweſter / Mann undWeib /[80]Weib / die groͤſten Hertzens-Freunde von einan - der zu reiſſen / dadurch aber Unordnung im ge - meinẽ Weſen / Verluſt anſehnlichſter Geſchlech - ter / Zerꝛuͤttung gantzer Reiche / zu verurſachen pflege; Er kaͤme unſern Begierden gefaſter Hoffnung mehrmahls zuvor / hielte ſie im beſten Lauff zuruͤck und erſticke uns bey gutter Koſt und ſuͤſſem Schlaff; Ohne ihn wuͤrde Tyran - ney in Ohnmacht / Grauſamkeit ohne Wuͤr - ckung / ja die Henckerey ſonder Ubung ſeyn.

Allein dergleichen Außrechnungen ſind be - truͤglich und zwar eingeſchlaͤffte / nicht aber muntere Geiſter zu beruͤcken / faͤhig / in ver - nuͤnfftiger Erwegung / daß durch unumbgaͤng - liches abſterben auch nach Atheiſtiſchem Ur - theil / wir unſern Stand / entweder in ein bloſ - ſes Nichts / oder vielmehr / Chriſtlichem Glau - ben nach / in unvergleichlichen Voꝛtheil geſetzet ſehen; Sind wir denn nichts / iſt ie das jenige / ſo uns die Empfindligkeit alles Ubels benihmt / kein Ubel; Sind wir aber / wie gewiß / was mehres und hoͤheres / ſo thun wir unrecht / zu - bethraͤnen / was tauſend ſiechende ſehnlich ver -langen[81]langen und aber tauſend in Armuth bedraͤng - te / durch geitzige Wuͤntſche begehren; Daß alſo wol zu glauben iſt / die bloſſe Unwiſſenheit das jenige nur fuͤr ein Ubel halte / was auch Socrates nicht ſcheuet / Cato nicht verwirfft / und die Furchtſamſten in ungefaͤrbter Lang - muth geduldig annehmen. Und mit was vergeblicher Hartneckigkeit wuͤrde man nicht ſtreiten wider das / was unuͤberwindlich! Mit was Geſchickligkeit waͤre wol dem zu ent - gehen / ſo unvermeidlich! Und mit was thoͤ - richter Vernunfft wuͤrde man das ſchaͤrffſte Geſetz zu unterbrechen ſich bemuͤhen / ſo an ſich ſelbſten unverbruͤchlich! Wol dannenhe - ro denen / die dem unumbgaͤnglichen Ster - bens-Bund unwiderſpenſtig folgen / und die Gelegenheit zu ſterben / nach bequemer deſſen Eraignung nicht verliehren; Denn ja ein ieder ſeines Lebens ſatt ſeyn kan / wenn durch vortheilhafftigen Wechſel er ſelbiges umbſe - tzen mag. Es gleichet ohne dem nur einem Gauckel-Spiel / da man nicht nachſehen darff wie lang es wehret / maſſen ſein Weſen vonLkeiner[82]keiner Langwierigkeit / ſondern vielmehr / wie man ſeine Perſon beſt-moͤglichſt vorſtelle / ohnbeſorgt in was vor einer Scen, wenn es nur wol geendiget / daſſelbe geſchehen moͤge; Stellet uns ſo denn das Goͤttliche Verhaͤng - nuͤß in hoͤchſtem Elend andern vor / und wil uns / Himmels-Roſen zu brechen / durch irr - diſche Doͤrner ziehen / ſo gedencke man / daß / gleich denen Opffern / ſo vormals / mit einer Menge ſchoͤner Blumen beſtreuet / zum Rauch-Altar gefuͤhret worden / wir auffs zierlichſte geſchmuͤcket / die gewiſſe Gewiß - heit haben / daß nichts unendlich und alles wolgefaͤllige Erloͤſung erlange durch den ſe - ligen Todt; Deme wir zwar in Gehorſam folgen / iedoch wie / nach jenes Roͤmers Auß - ſpruch / man im Kriege mehr als einen Feh - ler nicht begehen / alſo dieſem nur ein einig mal ſein gebuͤhrend Recht ablegen / immit - teeſt aber in unermuͤdetem Eyfer dahin zie - len und ſtreben muͤſſen / womit / nach uͤber - ſtandenen Lehr-Jahren / das groͤſte Meiſter -ſtuͤck /[83]ſtuͤck / erlerneter wahren Sterbens-Kunſt / uns nachgeruͤhmet werde.

Ob nun zwar / ſolch unverweßlichen Ruhm zu erlangen / ſehr ſchwer und mehr als unge - mein iſt / ſo hat ſich dennoch gewiß / vor andern damit verewiget / die Weiland Hoch - und Wol - gebohrne Frau / Frau Johanna Eliſabeth / Frau von der Leippe / gebohrne Freyin zur Lignitz / Frau auff Schwentnig / klein Knig - nitz / Pſchiderwitz / Carlsdorff und Wein - berg.

Deß Hoch - und Wolgebohrnen Herren / Herren Czenko Howora / Herren von der Leippe / Erbherren auff Schwentnig / klein Knignitz / Pſchiderwitz / Carlsdorff uñ Wein - berg. Meines gnaͤdigen hoch-bejammerten Herren Hertz-innig geliebte Frau Gemahlin. Welche / auß uhraltem Piaſtiſchem Stamm entſproſſen / ein Fuͤrſtliches Gemuͤth bald in der Wiegen zeigete / ſelbtes auch bey zugenom - menen Jahren mit den Haupt-Tugenden alſo feſt v[e] rmaͤhlete / daß umb den Vorzug ſie un - tereinander ſelbſt annehmlich ſtritten / undL ijmich[84]mich anietzo / ſolchen zu entſcheiden / gantz zweiffelhafftig laſſen; Gleichwie aber das Ge - ſtirne ſehr klar und heiterer ſcheinet / wenn der ſchwartze Fluͤgel truͤber Nacht ſonſt alles uͤber - decket / und dagegen bleicher / indehm das groſſe Licht die hellen Straalen wirfft; So hat auch derer Vollkommenheit / bey froͤlichen geſunden Tagen zwar nie tunckel / iedoch bey duͤſteren Angſt-Naͤchten ſtaͤrcker vorgeleuchtet.

Beſonders erſahe die ſeligſte Seele mit ſterb - lichen Augen was abweſend und unſichtbar: Sie hielte ihnen vor / das was ſchon weg und noch nicht da war. Sie lebte im Himmel / als Sie noch auff Erden gieng; Denn himm - liſches Erbtheil zu erlangen / war der eintzige Wuntſch / die eintzige Hoffnung. Das gan - tze Hertz war GOTT gewiedmet und daher in Weltlichen Sachen ein Frembdung. Den Nechſten liebte Sie als ſich ſelbſt / es ſtund dem Armuth Thor und Angel offen; Ein ſaures Geſicht / ſo der bedraͤngten Noth vergroͤſſert / war von Jhr entfernet / ja die Verweigerung ſelbſt / verbuͤndlich. Niemand kehrete unver -gnuͤgt[85]gnuͤgt zuruͤck / Sie ſchaͤtzte den Tag verlohren / an welchem / Barmhertzigkeit außzuuͤben / Ge - legenheit ermangelte; Und ob wir wol wiſſen / daß eine Menge harter Kranckheiten Jhr Ket - ten-weiſe zugeſetzt / ſo hat man Sie zwar be - aͤngſtiget / nicht aber uͤberwunden und wie durch den Wind die Flamme nie erſtickt / ehen - der vergroͤſſert: alſo ſie durch Truͤbſal nicht ſo wol erlegt / als auffgerichtet / nicht ſo wol er - ſchuͤttert / als befeſtiget geſehen. Es fanden Sie die Thraͤnen / die Seufftzer der Umbſte - henden blind / taub und unbeweglich / und wañ auch ſchon der Tod / auff unterſchiedene Art / in abſcheulichſter Geſtalt / mit faſt unertraͤg - lichen Schmertzen ſich zu erkennen gab / ſo gefiel er Jhr dennoch / Sie aber ſich ſelbſt in Ihrer Marter wol und ſchickte Freuden-weiſen / da - hin andere ein grauſames Geheul abgehen laſ - ſen; So gar hatte Sie auß langwierigen Wi - drigkeiten ſtarcke Glaubens-Regeln gezogen / welche Sie entſetzlicher Furcht / den Anſtoͤſſen der Verzweiffelung entgegen hielt; daß dan - nenher Sie ſich nicht ſcheuen durffte / JhrenL iijSchoͤpf -[86]Schoͤpffer / ihren Vater / ihren Heyland anzu - ruffen und bey außgeſtandener Noth / unver - ruckter Gedult / Jhn ſeiner Zuſage zu erin - nern. Kam es endlichen dahin / daß ein grau - ſer Myrrhen-Berg / ein ungeheures Gefilde be - treten und in Staffeln groͤſter Truͤbſeligkeit uͤberſtiegen werden muſte; Daß Jhr das Feu - er empfindlichſter Schmertzen in Marck und Adern brandte / und das heiſſe Angſt-Waſſer Flutten-weiſe an Jhre Seeledrang / ſo bildete Sie ſich die unverbronnenen Maͤnner im Feu - er-Ofen vor; Sie ſahe Jonam in Abgrundt ſincken / und doch leben / und ſchiene ſo gar / ob wolte Sie die ſchmertzlichſten Schickungen / mit unveraͤnvertem Geſicht / Gliedern und Ge - berden / ſtandhafftig ermuͤden. Sie wuſte / wem Jhre Seele ſie vertrauen / wohin der ſe - ligſte Todt ſie endlich fuͤhren ſolte / und war nicht ſo gewiß deß ſterbens / als unzweiffelhaff - tig / daß auff den groſſen Donnerſchlag Sie wieder aufferſtehen wuͤrde / dahero Sie jenes nicht fuͤrchtete / auff dieſes aber den gantzen Glauben gruͤndete: Und damit ichs kurtz faſſe /weil[87]weil Sie wuſte / daß der letzte Tag ein unwie - derruflicher Richter der vorhergegangenen und oͤffentlicher Zeuge ſeyn muͤſſe / wie man abge - ſtorben / umb zu wiſſen / wie man gelebet / ſo wieſe Sie in reiner Andacht Chriſtlichen Gehorſam / unvergleichliche Geduld / ſtum - me Schmertzen; Sie fandt in ſtarckem Glau - ben vollkommenſten Troſt / in feſter Hoff - nung unaußſprechliche Freude / das groͤſte Vergnuͤgen in milder Hand / bey Leben / und die unverwelckliche Ruhm-und Ehren-Kron / im ſterben.

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About this transcription

TextHimmlische Johanna Elisabeth
Author Gottfried Burckhart
Extent87 images; 19421 tokens; 5836 types; 135118 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationHimmlische Johanna Elisabeth Das ist einer gläubigen Seele Allerholdseligste Ruhe in GOtt. Bey hochansehnlichem Leichbegängnüß Der weiland Hochgebohrnen Frauen Fr. Johanna Elisabeth Gottfried Burckhart. . 87 Gottfried GründerBreslau1673.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 O 962/4 / 511301

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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Editorial principles

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:55Z
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Holding LibraryUniversitätsbibliothek Breslau
ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 O 962/4 / 511301
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