PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Leichpredigt /
Vber das Troſtſpruͤchlein aus dem (73. Pſalm.)Herr / wenn ich nur dich habe / ꝛc.
Bey Chriſtlichem Leichbegaͤngniß der wei - land Edlen / Ehr-vnd Tugendreichen F. Lydomillæ / Des weiland Edlen vnd Ehrenve - veſten Herꝛn Adam Zwill von Konetzchlum / Buͤrgers vnd Handelsmans in Praga S. nach - gelaſſenen Wittiben / Welche in wahrer Erkaͤntniß jhres Heylan - des Jeſu Chriſti / dieſes 1636. Jahrs den 21. Februarij in Leipzig ſeliglichen entſchlaffen vnd den folgenden 23. dito mit Chriſtlichen Ceremonien zur Erden beſtat - tet worden.
Gedruckt zuLeipzig/ beyFriederich Lanckiſchen S. Erben/ Anno1636.
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In Nomine Jesu.

Spruͤchlein aus dem 73 Pſalm.

Herr / wenn ich nur dich habe / ſo frage ich nichts nach Himmel vnd Eꝛden. Wenn mir gleich Leib vnd Seele verſchmacht / ſo biſtu doch Gott allezeit meines Hertzen Troſt / vnd mein Theil.

Exordium.

GEliebte vnnd Andaͤchti - gen Freundt in Chriſto dem HErrn / der erſte Menſch iſt im Stand der Vnſchuld alſo von Gott geſchaffen worden / daß er ſeinem Schoͤpffer ange - hangen / jhn von gantzen Hertzen geliebet / ge - ehret / gefuͤrchtet vnd gehorchet hat / gleichwieA ijder[4]Chriſtliche Leichpredigt.der allerhoͤchſte Gott von den H. Engeln alſo geehret vnd geliebet wird: Hat demnach der erſte Menſch GOtt den Herrn fuͤr ſein Hauptgut gehalten / vnd iſt ſeine hoͤchſte Luſt vnd Frewde geweſen / Gott zu lieben / vnd ſei - ne Befehl außzurichten / wie heutiges Tages die H. Engelein allzeit ſehen das Angeſicht Gottes / vnd ſtehen fuͤr ſeinem Thron / vnd richten ſeine Befehlich aus / vnd warten den Glaͤubigen auff den Dienſt / vnd beſchuͤtzen ſie fuͤr dem Teuffel im Leben vnd Sterben.

Aber der leidige Suͤndenfall hat ſolch Band der Liebe zwiſchen Gott vnd den Men -Eſa. 59 ſchen zerriſſen / wie Eſa. 59. ſtehet: Ewre Suͤnd vnd Vntugend ſcheiden euch vnd ew - ren Gott von einander. Weil aber GOtt ſelbſt aus vnermeßlicher Liebe ſich mit der Welt verſoͤhnet hat durch ſeinem Sohn / wel - chener vmb vnſer Suͤnde willen dahin gege - ben hat / ſo hat er vns auch durch ſein Ver - dienſt den H. Geiſt erworben / der zuͤndet ſolch Glaubens Liecht wieder an in vnſerm Her - tzen / daß wir durch den Glauben an Chriſtum zu Gott nahen / ein kindlich Vertrawen zuGott[5]Chriſtliche LeichpredigtGott habẽ / vnd vmb Chriſti willen die K〈…〉〈…〉 - ſchafft gegen Gott empfangen / vnd das Er - be des ewigen Lebens hoffen. Solcher Glau - be bringet nu eine ſolche Liebe vnd Zuverſicht auff Gott mit ſich / daß wir nu ſagen koͤnnen mit Aſſaph: HErr / wenn ich nur dich habe / ſo frage ich nichts nach Himmel vnd Erden / wenn mir gleich Leib vnd Seele verſchmacht / ſo biſtu doch Gott allezeit meines Hertzens Troſt vnd mein Theil. Solche Wort wol - len wir nu verſtehen lernen / vnd darauß ver - nehmen: Welches vnſer Hauptgut ſey / vnd was wir von demſelbigen fuͤr hohe beneficia vnd Wolthaten zu genieſſen haben.

EXPLICATIO.

DAs Hauptgut eines Menſchen machet Aſſaph alſo bald in den erſten Woͤrt - lein Herr namhafftig / welches Woͤrtlein Jehovah iſt der weſentliche Name Gottes / welcher keiner Creatur zugeeignet wird. Dieſer groſſe GOtt hat ſich nun alſo geoffenbahret / in ſeinem Wort / daß er ſey ei - nig im Weſen / vnd dreyfaltig in Perſonen /A iijvnd[6]Chriſtliche Leichpredigt.vnd daß die mitlere Perſon in der Gottheit / ď eingeborne Sohn Gottes / vnſere Menſch - heit in die Einigkeit ſeiner Perſon angenom - men habe / vnd iſt in zweyen vnterſchiedenen Naturen / ein Chriſtus / θεάνθρωϖος, GOtt vnd Menſch / ein Koͤnig aller Koͤnige / vnd ein Herr aller Herren / vnſer Hoherprieſter vnd Mitler / wie vns S. Paulus dieſen HErrn1. Tim. 2. beſchreibet / in der 1. Tim. 2. Es iſt ein Gott / vñ ein Mitler zwiſchen Gott vnd den Menſchen / nemblich der Menſch Chriſtus Jeſus der ſich ſelbſt gegeben hat fuͤr alle zur Erloͤſung. In1. Cor. 8. der 1. an die Corinthier am 8. ſtehet eben eine ſolche Beſchreibung: Es iſt kein ander Gott / ohne der einige / vnnd wiewol es ſind die Goͤtter genennet werden / es ſey im Himmel oder auff Erden / ſo haben wir doch nur einen GOtt / den Vater von welchem alle Dinge ſind / vnd wir in jhm / vnd einen HErrn Je - ſum Chriſt / durch welchen alle Dinge ſind / vnd wir durch jhn. Dieſen Herrn meynet auch Aſſaph allhier / ja dieſer einige Gott vnd Mitler wird in der H. Schrifft durch das Woͤrtlein Herr verſtanden / vnd weñ gleichnur[7]Chriſtliche Leichpredigt.nur eine Perſon genennet wird / ſo werden doch die andern Perſonen in der Gottheit nicht außgeſchloſſen / denn die euſſerlichen Wercke / welche die Gottheit in den Creatu - ren wircket / ſind vnzertrennet / ſie gehoͤren allen dreyen Perſonen.

Dieſen Gott vnd HErrn muͤſſen wir haben / HErr / wenn ich nur dich habe / ſpricht Aſſaph. Wie koͤnnen wir dieſen HErrn erlan - gen vnd haben? Antwort: Darzu wird erfo - dert die Vereinigung vnſerer Seele mit Gott / dadurch Gott ſeine Wohnung in vn - ſeren Hertzen hat / daß wir in Gott bleiben / vnd Gott in vns. Wie vns Gott anfaͤng - lich zu ſeinem Ebenbild erſchaffen hat / auff daß er ſeinen Tempel in vnſern Seelen het - te. Aber durch die Suͤnde iſt der Tempel GOttes zerſtoͤret worden / der vnſaubere Geiſt hat durch die Erbſuͤnde ſeinen Pallaſt in vnſren Hertzen auffgeſchlagen / der treibet ſein Werck kraͤfftig in den Kindern des Vn - glaubens / er verfuͤhret vns aus einer Suͤn - de in die andere / vnd wir koͤnnen fuͤr vns ſelbſt nicht nuͤchtern werden von den Stricken deßSa -[8]Chriſtliche Leichpredigt.Satans / noch vns aus ſeiner tyranniſchen Obrigkeit loß wircken / ſondern der groſſe Gott vnd HErr von Himmel hat vns erret - tet von der Obrigkeit der Finſterniß / wie S.Coloſſ. 1. Paulus ſchreibet zun Coloſſ. am 1. Capitel: Danckſaget dem Vater der vns tuͤchtig ge - macht hat zu den Erbtheil der Heiligen im Liecht / welcher vns errettet hat võ der Obrig keit der Finſterniß / vnd hat vns verſetzt in das Reich ſeines lieben Sohns / an welchem wir haben die Erloͤſung / durch ſein Blut nemlich / die vergebung der Suͤnde. Jeſus Chriſtus hat vns durch ſeine allertieffſte Er - niedrigung / dadurch er ſeinem Himliſchen Vater iſt gehorſam worden biß zum Tode am Creutz / aus des Teuffels Reich erloͤ - ſet / vnd vns jhme ſelbſt durch ſein Blut / zu ſeinem Eigenthuͤmlichen Volck erkauffet / auff daß wir jhm in ſeinen Reich dienen ſollen ohne Furcht vnſer Lebelang / in Heiligkeit vnd Gerechtigkeit / die jhm gefaͤllig iſt. Die - ſem HErrn hat nu Gott einen Namen ge - geben / der vber alle Namen iſt / daß in dem Namen Jeſu ſich beygen ſollen / alle der Knie /der[9]Chriſtliche Leichpredigt.die im Himmel vnd auff Erden / vnd vnter der Erden ſind / vnd alle Zungen bekeñen ſollen / daß Jeſus Chriſtus der HErr ſey / zur Ehre Gottes des Vaters / wie zun Philip. am 2.Philip. 2. geſchrieben ſtehet. Wenn wir an dieſen HEr - ren glaͤuben / ſo reiniget er vnſere Hertzen mit ſeinem Blut von allen Suͤnden / er geuſt vber vns aus ſeinen H. Geiſt / der bereitet vnſere Hertzen zu Tempeln vnd Wohnungen der H. Dreyfaltigkeit. Auff dieſe weiſe werden wir durch den Glauben wieder mit Gott ver - einiget / wie S. Paulus ſchreibet zun Epheſ.Epheſ. 1. am 3. Chriſtus wohnet durch den Glauben in vnſerm Hertzen.

Wer nu an Jeſum Chriſtum glaͤubet / der hat einen gnaͤdigen Gott / er iſt ein Kind vnd Erbe Gottes / wie zun Galat. am 3. geſchrie -Gal. 3. ben ſtehet: Jhr ſeyd alle Kinder Gottes durch den Glauben an Chriſtum Jeſum. Denn wie viel ewer getaufft ſind / die haben Chri - ſtum angezogen.

Wenn wir nun alſo den HErrn haben / was haben wir fuͤr guts von jhm zu hoffen vnd zu gewarten? Antwort: Weil Gott dasBalle -[10]Chriſtliche Leichpredigt.allerhoͤchſte Gut iſt / ſo wil er ſich ſelbſt mit al - ler ſeiner Guͤte ſeinen Glaͤubigen vnd Auß - erwehleten mittheilen / wie er ſpricht zu Ab -Gen. 15. raham / Geneſ. 15. Ero merces tua valde ma - gna, Jch bin dein ſehr groſſer Lohn. Wer Gott hatt / der hat alles / denn Gott allein iſt der Schaddai, der vollkommene Gott / der vnſere Seele ſettigen kan / welche jhre Ruhe nir - gend anders / als in Gott finden vnd erlan - gen kan. Gott iſt die Liebe / vnd iſt Frewde vnd liebliches Weſen fuͤr jhm: Gott anſcha - wen iſt die hoͤchſte Seligkeit / vnd wircket lau - ter Frewde / Friede vnd Hertzens Wonne. Da Petrus Jeſum ſahe in ſeiner Klarheit auff dem Berge Thabor / vnnd hoͤrete die Stimme des Vaters / ſanck er in einen ſuͤſſen Schlaff / vnd da er erwachte / ſagte er zu Jeſu: HErr / hie iſt gut ſeyn / wiltu / ſo wollen wir hie drey Huͤtten machen / dir eine / Moſi eineMatt. 17. vnd Elias eine / Matth. 17.

Allhier erzehlet Aſſaph dreyerley Guͤ - ter / die wir von der gnadenreichen Einwoh - nung Gottes zu gewarten haben.

Das I. Gut iſt der vnerſchoͤpffliche Reich -thumb[11]Chriſtliche Leichpredigt.thumb GOttes: Wenn ich nur dich habe / ſpricht Aſſaph / ſo frage ich nichts nach Him - mel vnnd Erden. Aſſaph wil ſich gerne des Himmels vnd der Erden verzeihen / vnd aller Guͤter / die im Himmel vnd auff Erden zu fin - den ſeyn / wenn er nur ſeinen lieben Gott ha - ben vnd erlangen kan: Hierinnen hat Aſſaph nicht vnrecht geurtheilet / denn Himmel vnd Erden hat GOtt geſchaffen / ſo weit nu der Schoͤpffer das Geſchoͤpffe vnd das Werck ſeiner Haͤnde vbertrifft: So weit vbertrifft auch Gott der HErr Himmel vnd Erden / vnd alles was drinnen zu finden iſt. Gott allein iſt ewig. Aber die Welt iſt vergenglich: Die Himmel werden veralten / wie ein Ge - wand / ſtehet im 102. Pſalm. Himmel vnd Er -Pſal. 102. den vergehen / wie Chriſtus Luc. 21. CapitelLuc. 21. bezeuget: Die Erde vnd alle Werck die drin - nen ſind / werden im Fewer auffgehen / vnd die Elementa werden fuͤr Hitze zerſchmeltzen / ſchreibet S. Petrus / 2. Pet. 3. Wer demnach2 Pet. 3. ſein Paradieß in dieſer Welt ſuchet / der iſt der groͤſte Narr: Wer ſein datum auff dieſe Welt ſetzet / der begehet die groͤſte Thorheit. AberB ijwer[12]Chriſtliche Leichpredigt.wer GOtt vertrawet / hat wol gebawet im Himmel vnd auff Erden / wer ſich verleſt auff Jeſum Chriſt / dem muß der Himmel werden. Alſo ſchreibet auch S. Johannes in ſeiner 1. 1. Job. 2. Epiſtel am 2. Cap. Die Welt vergehet mit jhrer Luſt. Wer aber den Willen Gottes thut / der bleibet in Ewigkeit. Wer wolte nicht lie - ber reich ſeyn denn arm / wir reden nicht von dem Reichthumb dieſer Welt / welches wurm - ſtichig vnd mottenfreſſig iſt / in der EpiſtelJacob. 4. Jacobi am 4. Capitel / ſondern wir reden von dem rechten beſtendigen Reichthumb / wel - ches allein in Gott zu finden iſt / wer nu einen gnaͤdigen Gott hat / der iſt reicher als Him - mel vnd Erden: Hergegen wer einen vngnaͤ - digen Gott hat / ob er gleich alles Reichthumb dieſer Welt beſeſſe / ſo kans jhm doch nicht ret -Zephan. 1. ten / wie beym Propheten Zephania am 1. ge - ſchrieben ſtehet / Es wird ſie jhr Silber vnd Gold nicht erretten muͤgen / am Tage des Zorns des HErrn. Er muß zu letzt ins Hel - liſche Fewer / vnd mit dem Teuffel ewiges Armuth leiden.

Das 2. Gut / welches wir von der Ein -woh -[13]Chriſtliche Leichpredigt.wohnung Gottes zugewarten haben / iſt ein beſtendiger Troſt in der letzten Todesſtunde / davon zeuget Aſſaph alſo: Wenn mir gleich Leib vnnd Seele verſchmacht / ſo biſtu doch Gott allezeit meines Hertzens Troſt. Dieſe Wolthat iſt nicht hoch gnug zupreiſen. Denn vmb der Suͤnde willen muͤſſen wir alle ſter - ben / es koͤmpt die Reye auch an vns / ehe wirs meynen / daß Leib vnd Seele vns verſchmach - ten. Das iſt / das natuͤrliche Lebensband zwiſchen dem Leibe vnd der Seele wird zuriſ - ſen / das gehet ohne empfindung einer groſſer Hertzens Angſt / vnnd ſonderlicher Schmer - tzen nicht abe / weil der Todt wider die Natur iſt / vnd die Seele nicht gerne aus dem Neſte jhres Leibes fehret / ob ſie gleich ein geiſtli - ches Geſchoͤpff vnd daher vntoͤdtlich iſt / ſo iſt ſie doch betꝛuͤbet vmb ſolches ſcheidens willen. Gleich wie zwey gute Freunde mit betruͤbten Gemuͤth vnnd naſſen Augen von einander ſcheiden: Alſo erhebt ſich auch Jammer vnd Noth / weñ vns Leib vnd Seel verſchmachten wil: Da kan niemand helffen als der Gott vnſers Lebens / der nimpt vns auff / wieB iijDavid[14]Chriſtliche Leichpredigt.Pſal. 27. David ſpricht im 27. Pſalm: Mein Vater vnd Mutter verlaſſen mich / aber der Herr nimpt mich auff. Er nimpt vnſere Seelen in ſeine Hand / da ruhen ſie / vnnd kan ſie keineSap. 5. Angſt noch Qual mehr anruͤhren / Sap. 5. Solten wir nicht vmb dieſer Vrſachen willen Gott fuͤr vnſer Hauptgut halten / vnd jhn lie - ben vber alles? Solten wir vns nicht ſeiner allein troͤſten im Leben vnd Sterben? Er iſt vnſers Hertzens Troſt. Im Hebreiſchen heiſ - ſet es Petra, Er iſt vnſers Hertzens Felß / ein ſtarcker Felß / welcher durch keinerley Sturm - wind der Anfechtung kan vmbgeblaſen wer - den / ein ſolcher Felß / auff welchen die Kirche vnd alle Glaͤubige feſt gegruͤndet ſeyn / daß ſie alle Hellenpforten nicht vberweltigen koͤn -Matt. 16. nen / Matth. 16. Alſo wird auch Chriſtus ein1. Cor. 10. geiſtlicher Felß genennet / 1. Cor. 10. der hat die Jſraelitẽ durch die Wuͤſten gefuͤhret. Die - ſer Herr iſt auch noch der Felß vnſers Heils / welcher vns durch das tieffe Angſt - Meer dieſer Welt hindurch fuͤhret / vnd brin - get vns an das Vfer der ewigen Seligkeit.

Das 3. Gut / welches wir von der gnaͤ -digen[15]Chriſtliche Leichpredigt.digen Einwohnung Gottes zu gewarten ha - ben / iſt das ſchoͤne herrliche Erbtheil des ewi - gen Lebens / darauff frewet ſich Aſſaph / vnd ſpricht: So biſtu doch GOtt allezeit meines Hertzens Troſt vnd mein Theil. Das He - breiſche Woͤrtlein heiſſet ein Erbtheil / das ei - nem durchs Loß zufaͤllet / wie ſolch Gleichniß im 16. Pſalm gebrauchet wird: Das Loß iſtPſal. 16. mir gefallen auffs lieblichſte / mir iſt ein ſchoͤn Erbtheil worden. Dieſer Titul erinnert vns / daß das ewige Leben nicht aus Verdienſt der Wercke / ſondern aus purlauter Gnade von Gott gegeben wird / darumb wird es auch ge - nennet / Χάρισμα, ein Gnadengeſchenck Got - tes / zun Roͤm. 6. Cap. da Paulus ſchreibet:Rom. 6. Der Todt iſt der Suͤnden Sold / aber die Gabe Gottes iſt das ewige Leben in Chriſto Jeſu vnſerm HErrn. Wird demnach das ewi - ge Leben nicht verdienet / es iſt keine verglei - chung zwiſchen vnſrem Verdienſt vnd dem ewigen Leben / ſondern es wird ererbet / wie der HErr Chriſtus an jenem Tage zu den Glaͤubigen ſagen wird: Kommet her jhr Ge - ſegneten meines Vaters / ererbet das Reich /das[16]Chriſtliche Leichpredigt.das euch bereitet iſt von Anbegin der Welt /Matt. 25. Matth. 25. Solch ſchoͤnes Erbe haben alle Glaͤubigen zugewarten / der Todt kan ſie nicht darumb bringen / ſondern ſie dringen durch den zeitlichen Todt ins ewige Leben / vnd nehmen das Erbe ein / das jhnen behal -1. Pet. 1. ten wird im Himmel / 1. Pet. 1.

USUS.

SOlches ſol vns nu dienen zu ſterckung vnſers Glaubens / daß wir mit vnſerm Hertzen Gott anhangen / vnd jhm aus gan - tzer Macht vertrawen. Er hat vns erſchaffen / erloͤſet vnd geheiliget / in jhm leben / weben vnd ſind wir: Er iſt ein ſtarcker Felß / vnd ei - ne Zuflucht in der Noth / alle die auff jhn tra - wen werden nicht zu ſchanden werden. Da - mit wir aber mit Gott moͤgen vereiniget ſeyn vnd bleiben / ſo muͤſſen wir vns erſtlich durch wahre Buſſe zu jhm bekehren / vnd vns mit feſten Glauben an den Mitler Chriſtum hal - ten / durch welchen wir einen Zugang zum Vater haben / wie er ſpricht Joh. 14. Ich bin der Weg / die Warheit vnd das Leben / nie -mand[17]Chriſtliche Leichpredigt.mand koͤmpt zum Vater denn durch mich.

Fuͤrs 2. muͤſſen wir vnſere Gemuͤther abziehen von der Liebe der jrrdiſchen vnd ver - gaͤnglichen Guͤter. Denn wenn wir vns in denſelbigen zu ſehr wolten verlieben / wie koͤn - ten wir Gott von gantzer Seelen lieben? Da - rumb vermahnet vns der H. Geiſt im 62. Pſ. Pſal. 62. Fellet euch Reichthumb zu / ſo henget das Hertz nicht dran. Ja darumb nimpt vns Gott weg / was wir am liebſten haben / vnſere Ehe - maͤnner / vnſere Weiber / vnſere Kinder / auff daß er vnſern Glauben pruͤfe / ob wir Gott vber alles lieben / vnd daß die Liebe / damit wir Gott lieben ſollen / von allen Huͤlſen der jrr - diſchen Liebe gereiniget werde / daß ſie ſey ei - ne vngeferbte / bloſſe / lauterliche Liebe Got - tes.

Zum 3. muͤſſen wir vns fuͤr dem zeitli - chen Tode nicht zu ſehr fuͤrchten / denn ſelig ſind / die im HErrn ſterben / à modò, von nun an / ſtehet geſchrieben Apoc. 14. Die ſeligApoc. 14. durch Jeſum entſchlaffen / leben dennoch in Chriſto nach ſeiner Verheiſſung / Joh. am 11. Joh. 11. Cap. da er ſpricht: Ich bin die AufferſtehungCvnd[18]Chriſtliche Leichpredigt.vnd das Leben / wer an mich glaͤubet / der wird leben / ob er gleich ſtuͤrbe / vnd wer da lebet vnd glaͤubet an mich / der wird nimmermehr ſter - ben.

Zum 4. muͤſſen wir auch vngezweiffelt hoffen auff das Erbe des ewigen Lebens / ſol - che Hoffnung leſſet nicht zu ſchanden werden / ſie erhelt vns auch im Tode / vnd hilfft vns alle Trawrigkeit vberwinden / wie DavidPſal. 27. ſpricht im 27. Pſalm: Ich glaͤube doch / daß ich ſehen werde das Gut des HErrn im Lan - de der Lebendigen. Mori non timet, qui vi - tam ſperat, wer ein ewiges Leben hoffet / der fuͤrchtet ſich nicht zu ſterben / denn durch einen ſeligen Todt dringen wir ins ewige Leben /Joh. 5. wie Chriſtus zuſaget / Joh. 5. Warlich / war - lich ich ſage euch / wer mein Wort hoͤret vnd glaͤubet dem / der mich geſand hat / der hat das ewige Leben / vnd koͤmpt nicht ins Gericht / ſondern er iſt vom Tode zum Leben hindurch gedrungen.

Solches verleyhe vns allen mit Gna - den / der einige wahre Gott / Vater / Sohn vnd H. Geiſt hochgelobet in Ewigkeit / Amen.

Bericht.[19]Lebenslauff der ſelig Verſtorbenen.

Bericht.

AVff ſolch Hauptgut hat auch ge - trawet vnd gebawet / vnd ſich mit feſten Glauben an den Felſen jhres Heils Jeſum Chriſtum gehalten / vnd durch denſelbigen den Todt vnd die Welt froͤlich vberwunden vnſere im HErrn Chriſto ſeliglich verſtorbe - ne Mitſchweſter / die weiland Edle / Ehr-vnd Tugendreiche Fraw Lydomilla / des weiland Edlen / Ehrenveſten Herrn Adam Zwill von Konetzchlum / Buͤrgern vnd Handelsmann in Prag nachgelaſſene Wittbe / von dero An - kunfft / Lebenslauff vnd End kuͤrtzlichen zu berichten / daß ſie in Praag im Jahr Chriſti 1560. vmb Martini auff dieſe Welt geboren worden.

Jhr Herr Vater iſt geweſen / der weiland Edle / Ehrenveſte Herr Vait Hercules von Morchendorff / ſo bey weiland Keyſer Ferdi - nando I. vnd Maximiliano II. hochloͤblichſter Gedaͤchtniß bey der Boͤhmiſchen Cammer vor einem Concipiſten auffgewartet / in wel - chem Dienſt er auch geſtorben.

Ihr[20]Lebenslauff der ſelig Verſtorbenen.

Jhr Fraw Mutter aber / Fraw Eſtera Herculeſin geborne Hayckin von Hayeck / des Edlen vnd Hochgelahrten Herrn Tadiaſch von Hayeck / ſelber zeit Keyſers Maximiliani II. Leib Medici eheleibliche Tochter. Dieſe jhre liebe Eltern nun haben die ſelig Verſtorbene in aller Gottesfurcht vnd Chriſtlichen Tu - genden aufferzogen / biß Anno 1578. im 18. Jahr jhres Alters / da iſt ſie von denſelben durch ſonderliche ſchickung Gottes / dem Ed - len / Ehrenveſten Herrn Johann Schmer - toſch von Rieſenthal / Buͤrgern vnd Handels - mann in Praag verehlichet worden / mit dem ſie in friedlicher / freundlicher Ehe 11. Jahr vnd 6. Monat gelebet / vnd mit einander 6. Kinder gezeuget / nemlich 2. Soͤhn vñ[4]. Toͤch - ter / darvon der eine Sohn mit Namen Mar - tin Schmertoſch noch am Leben. Vnd nach - dem durch Gottes ſchickung vnſer ſelig Ver - ſtorbenen jhr Mann Anno 1591. verſtorben / iſt ſie 5. Jahr in jhrem Wittbenſtandt verblie - ben / hernach wieder ſich Anno 1595. verhey - rathet / dem Edlen / Ehrenveſten Herrn Adam Zwill von Konetzchlum / Buͤrgern vnd Han -dels -[21]Lebenslauff der ſelig Verſtorbenen.delsmann der alten Stadt Praag / mit deme ſie auch Chriſtlich vnd friedlich 17. Jahr ge - lebet / vnd mit einander 3. Toͤchter gezeuget / darvon die eine Tochter mit Namen Lydo - milla noch am Leben.

Jm Jahr 1612. hat Gott der Allmaͤchti - ge vnſer ſelig Verſtorbene abermal in den Wittbenſtandt geſetzt / vnnd jhren andern Mann von dieſer Welt abgefordert / von der - ſelben Zeit an hat ſie in jhrem Wittbenſtandt gantzer 24. Jahr biß an jhr Ende / in aller Gottesfurcht zubracht vnd gelebet. Vnd weiln Jhr Roͤmiſche Keyſerl. Mayt. Willen vnd Meynung geweſen / keine Evangeliſchen mehr im Koͤnigreich Boͤhmen zu dulten / noch zu leiden / ſo hat man die offtgedachte vnſere ſelig Verſtorbene im Jahr 1628. auch neben andren / wegen der wahren Evangeliſchen Religion von Praag weggeſchafft / vnd ins Elend vertrieben / daß ſie ſich nach Nuͤrnberg begeben muͤſſen / vnd allda in 2. Jahr verblie - ben / von dannen iſt ſie aus tragender trew - hertzigen Liebe zu jhren Sohn vnd EnckelnC iijnach[22]Lebenslauff der ſelig Verſtorbenen.nach Leipzig gezogen / vnd bey jhnen ſich biß an jhr ſeliges Ende auffgehalten.

Jhr Leben hat ſie von Jugend auff in Gottesfurcht vnd fleiſſigem Kirchengang / wie maͤnniglich bewuſt / zugebracht / das hei - lige hochwuͤrdige Abendmal gar offt ge - braucht / vnd alſo jhren Chriſtlichen Glau - ben vnd Wandel leuchten laſſen.

Nachdem ſie aber in jhr hohes Alter kommen / hat ſie ſich offtermals wegen jhrer Leibesbeſchwerung beklaget / den 18. Februa - rij mit groſſer Mattigkeit vnd Hertzzittern vberfallen worden / alſo daß ſie ſich ſtracks gantz legen muͤſſen / darauff denn die Kranck - heit alſo zugenommen / daß ſie leichtlich ſchlieſ - ſen koͤnnen / es werde ſie der liebe GOtt von dieſer Welt abfordern / derhalben ſie jhren Beichtvater alsbalden erfordern laſſen / vnd nach empfangener troͤſtlichen Abſolution / auch Nieſſung des wahren Leibes vnd Bluts JEſu Chriſti / ſich zu einem ſeligen Sterb - ſtuͤndlein bereitet / wie denn auch jhr der lie - be Gott aus Gnaden verliehen / vnd iſt ſie am vergangenen Sontag vmb 2. Vhr in derNacht[23]Lebenslauff der ſelig Verſtorbenen.Nacht ſeliglich entſchlaffen / jhres Alters im 76. Jahre.

Der Allerhoͤchſte GOtt verleihe dem verblichenen Coͤrper in der Erden eine ſanff - te Ruhe / vnd am Tage der Herrligkeit eine froͤliche Aufferſtehung zum ewigen Leben / Amen.

ENDE.

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TextLeichpredigt/ Vber das Trostsprüchlein aus dem 73. Psalm. HERR/ wenn ich nur dich habe/ etc. Bey Christlichem Leichbegängniß der weiland Edlen/ Ehr- vnd Tugendreichen E. Lydomillae
Author Johann Hoepner
Extent23 images; 3328 tokens; 1160 types; 21774 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationLeichpredigt/ Vber das Trostsprüchlein aus dem 73. Psalm. HERR/ wenn ich nur dich habe/ etc. Bey Christlichem Leichbegängniß der weiland Edlen/ Ehr- vnd Tugendreichen E. Lydomillae Johann Hoepner. . 23 Friedrich Lanckischen S. ErbenLeipzig1636.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 O 787/29 / 510795

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LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:35:54Z
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Holding LibraryUniversitätsbibliothek Breslau
ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 O 787/29 / 510795
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