25. Pſal.Die Angſt meines Hertzens iſt groß / fuͤhre mich auß ꝛc.
DIE Angſt meines Her - tzens iſt groß / fuͤhre mich auß meinen Noͤhten.
Sihe an meinen Jam - mer vnd Elend / vnd vergib mir alle meine Suͤnde.
GEliebte vnd andaͤchtige Freun - de in Chriſto dem HErꝛn / dieſes Pſalmgebetlein iſt ein recht Hertz - brechendes Gebetlein / damit ſich alle gleubige Chriſten in jren An - fechtungen vnd Noͤhten / vnd ſon - derlich in der letzten Todesnoth kraͤfftiglich troͤ - ſten / vnd auffrichten koͤnnen. Solch GebetleinA ijſol[4]Chriſtliche LeichPredigt /ſol von vns allen mit hertzlicher Andacht bewogen werden / weil vns ſonderlich das Prognoſticon vnd die Verkuͤndigung des HErꝛn Chriſti allzuſehr betrifft / Joh. 16. da er ſpricht: Jn der Welt habet jhr Angſt.
Bedencket lieben Chriſten / was wir newlich fuͤr ein Angſt nach Gottes Willen außgeſtanden haben / nicht nur eine heußliche Angſt / welche jetzo viel fromme Chriſtliche Eheleute erfahren vnd außſtehen muͤſſen / wenn der zeitliche Todt jhnen jhre liebe Ehegatten / jhre liebe Ehepflantzlein ſchmertzlich hinweg reiſt: Sondern eine Stadt - Angſt / ja eine LandesAngſt / dadurch wir in ſolch Schrecken / Jammer vnd Noth gerahten ſeyn / daß es viel Leute außſiechen muͤſſen / etliche muͤſſen gar Erde daruͤber kaͤwen.
Wenn wir vns nu in ſolche Noth vnd Angſt recht ſchicken ſollen / deſſen muͤſſen wir vns auß Gottes Wort Berichts erholen / vnd weil ſich vn - ſere im HErꝛn Chriſto ſelige verſtorbene Mit - ſchweſter auß dieſem Gebetlein Davids hertzlich getroͤſtet hat / auch mit eigener Hand dieſe Wort auffgezeichnet / vnnd begehret / daß ſie bey jhrer Leichbeſtattung moͤchten erklaͤret werden / ſo wol - len wir ſolchem Chriſtlichen Begehren zu folge ſolch Pfalmgebetlein in folgenden zwey Puͤnctlein außlegen.
Erſt -[5]Auß dem 25. Pſalm.Von dieſen beyden Puͤnctlein mit Nutz vnd Erbawung zu handeln / wolle vns Gott der HErꝛ ſeines heiligen Geiſtes Gnade verleihen / vmb Chriſti Jeſu willen / Amen.
DJE Noth daruͤber David klaget / Ge - liebten im Herrn / iſt HertzensAngſt. Die Angſt meines Hertzens / ſpricht er / iſt groß. Jn der Heuptſprache lauten dieſe Wort alſo: Anguſtiæ cordis mei dilatatæ ſunt: Die Bangigkeit meines Hertzens ſind außgebreitet. Lutherus hats alſo gegeben: Die Angſt meines Hertzens iſt groß. Denn David klaget nicht vber einerley HertzensAngſt / ſondern vber viel vnnd mancherley Angſt / die er in ſeinem Hertzen gefuͤh - let hat: wie er auch daruͤber klaget im 71. Pſal. da erA iijſpricht:[6]Chriſtliche LeichPredigt /ſpricht: Du leſſeſt mich erfahren viel vnnd groſſe Angſt: Vnd wenn wir vns ein wenig in dem Le - benslauff des lieben Davids wollen vmbſehen / wuͤrden wir mehr als zu viel Angſt finden / dadurch ſein Hertz iſt gekraͤncket vnd geaͤngſtet worden von ſeinen Feinden / ſichtbarn vnd vnſichtbarn / vnd von den vielfeltigen Anfechtungen vnd Verfol - gungen / die er hat außſtehen muͤſſen. Davon die Buͤcher Samuelis zu leſen / auch der Pſalter gnugſam davon zeuget.
Solche Angſt muͤſſen alle wahre Chriſten in jhrem Lebenslauff auch erfahren vnd außſtehen. Sie muͤſſen durch das AngſtMeer dieſer Welt hin - durch wandern / biß ſie kommen in das himliſche Canaan / wie der HErꝛ Chriſtus den Zuſtand ſei - ner Gleubigen alſo beſchreibet Joh. 16. Jn der Welt habt jhr Angſt. Solche Angſt ruͤhret von der Suͤnde vhrſpruͤnglich her / wie S. Paulus bezeu - get zun Roͤm. 2. Vngnad vnd Zorn / Truͤbſal vnd Angſt vber alle Seelen der Menſchen / die da boͤſes thun. Vnſere Seele hat jhre Ruhe / Troſt vnd Frewde in Gott / Aber die leidige Suͤnde trennet vns vnd vnſern GOtt von einander / darauß kan nichts anders folgen / als Angſt / Schreckẽ / Traw - rigkeit / Schwermuth / Melancholey / vnd Vnru - he des Hertzens / wie David klagt 28. Pſalm: Jch heule fuͤr Vnruhe meines Hertzens. Vmb der Suͤnde willen gerahten wir vnter des Teuffels Gewalt / der weiß das Hertz zu aͤngſten / bißweilengebraucht[7]Auß dem 25. Pſalm.gebraucht er ein gering Ding darzu / vnd kan dem Menſchen dadurch ſo hefftig zuſetzen / vnd ſeinem Hertzen ſo angſt vnd bange machen / daß er weder auß noch ein weiß.
Die Suͤnde hat die Vnarth an ſich / daß ſie das Gewiſſen beiſſet / wie im Buch Hiob dieſe Art zu reden fuͤrkoͤmpt / da Hiob ſpricht im 27. Cap. Mein Gewiſſen beiſſet mich nicht meines gantzen Lebens halben. Solch beiſſen des Gewiſſens ſte - het in der Anklage des boͤſen Gewiſſens / wenn vns vnſere Suͤnde vnter die Augen ſchelten / daß wir kein kindliches Vertrawen zu Gott haben koͤnnen / Sondern wir halten Gott fuͤr vnſern Feind / weil vns das Gewiſſen vberzeuget / wie hoch wir Gott mit vnſern Suͤnden beleidiget haben / vnd weil es vns vnſer Hertz ſaget / daß Gott ein Suͤndenfeind ſey / ſo ſtehen wir fuͤr vnd fuͤr in ſorgen vnd aͤngſten / vnd koͤnnen keine Ruhe finden in vnſern Hertzen / wie David klagt 38. Pſal. Jch heule fuͤr Vnruhe mei - nes Hertzens. Item: Mein Hertz bebet / Meine Krafft hat mich verlaſſen / vnd das Liecht meiner Augen iſt nicht bey mir.
Hierzu helffen nicht wenig die Kranckheiten des Leibes / wenn ſie ſonderlich ſchmertzhafftig ſeyn / daß wir winſelu vnd heulen muͤſſen / wie Da - vid ſpricht Pſal. 102. Jch bin gleich wie ein Rohr - dommel in der Wuͤſten / Jch bin gleich wie ein Keutzlein in den verſtoͤreten Staͤdten. Jch wache / vnd bin wie ein einſamer Vogel auff dem Dache. Vnd[8]Chriſtliche LeichPredigt /Vnd der Koͤnig Hiskias betet im 38. Capitel Eſai. Jch winſele wie ein Kranch / vnnd girre wie eine Taube. Jn hitzigen Febern ligt das Hertz wie in einem Brennofen / vnd moͤchte fuͤr Angſtwehe gar zu ſchmeltzen / da muͤſſen wir klagen auß dem 22, Pſal. Mein Hertz iſt in meinem Leibe wie zerſchmol - tzen Wachs / Meine Kraͤffte ſind vertrocknet wie ein Scherbe / vnd meine Zunge klebet an meinem Gaumen.
Ferner wird ſolche HertzensAngſt vermeh - ret / wenn wir ſchreyen vnd ruffen zu Gott / vnd er ſich ſtellet / als hoͤret er nicht / da fangen wir an mit der Anfechtung der Verzweiffelung zu ringen / da iſt vnſer Hertz voll Jammer vnd Angſt / da klagen wir auß dem 88. Pſal. Meine Seele iſt voll Jam - mers / vnd mein Leben iſt nahe bey der Hellen. Jch bin ein Mann / der keine Huͤlffe hat. Jch lige vn - ter den Todten verlaſſen / wie die Erſchlagenen / die im Grabe ligen / der du nicht mehr gedenckeſt / vnd ſie von deiner Hand abgeſondert ſind. Du haſt mich in die Gruben hinunter geleget / ins Finſter - niß vnd in die Tieffe. Dein Grimm druͤcket mich / vnd drenget mich mit allen deinen Fluten.
Dazu koͤmpt nu die letzte TodesAngſt / vnd die ſchmertzhafftige Trennung des Leibes vnd der Seelen / wenn wir in der letzten Noth ligen / vnd vns alle menſchliche Huͤlffe zerrinnet / daß wir we - der hoͤren / fuͤhlen / noch ſehen koͤnnen. Alle dieſe Angſt hat David auch betroffen / vnd ſolche Angſtmuͤſſen[9]Auß dem 25. Pſalm.muͤſſen wir auch fuͤhlen in dieſer Welt. Was iſt das fuͤr eine Angſt geweſen / die vnſer lieber HErꝛ Chriſtus im Garten am Oelberge gefuͤhlet hat / da er blutigen Schweiß geſchwitzt / vnd mit dem Tode gerungen hat / dadurch hat der HErꝛ Chriſtus al - le vnſere Angſt geheiliget / daß ſie vns nicht ſchaͤd - lich / ſondern heilſam vnd nuͤtzlich ſeyn ſol.
Neben ſolcher HertzensAngſt / gedencket Da - vid ſeiner Noth / die auch mancherley geweſen / Denn er ſpricht: Fuͤhre mich auß meinen Noͤhten. Freylich iſt die Noth mancherley / die ein Chriſt außſtehen muß geiſtlich vnd leiblich / da langet jmmer ein Creutz dem andern die Hand: Kranckheit / Armuth / Verachtung / Elend / An - fechtung / Verfolgung / Feindſchafft / vnd ander Vngluͤck / wie es mag Namen haben / dadurch wir an den Guͤtern des Leibes / des Gemuͤths / vnd des Gluͤcks gekraͤncket vnd angefochten werden: vnd iſt kein Alter / darinnen der Menſch nicht eine ſon - derliche Noth außſtehen muß / es ſey die Kindheit / die Jugend / das maͤnnliche Alter / ein jedes hat ſeine Noth / im maͤnnlichen vnnd weiblichen Ge - ſchlecht. Zu ſolcher eigenen Noth koͤmpt die allge - meine Noth der Chriſtenheit / die iſt jetziger Zeit in den waͤrenden Verfolgungen ſo groß / daß / wenn ſonſt ein Chriſt fuͤr ſich ſelbſt kein Creutz vnd keine Noth hette / ſo were doch das vbrig gnug / daß wir erfahren muͤſſen / wie die Feinde ſich mit Wagen - ſeilen zuſammen gekoppelt haben / vns außzurot - ten / wie wir ſingen:
BSie[10]Chriſtliche LeichPredigt /Sie ſtellen vns wie Ketzern nach /Nach vnſerm Blut ſie trachten.Wer Gott nicht mit vns dieſe Zeit /So ſol Jſrael ſagen:Wer Gott nicht mit vns dieſe Zeit /Wir hetten muͤſſen verzagen /Die ſo ein armes Haͤufflein ſind /Veracht von ſo viel Menſchen Kind /Die an vns ſetzen alle.Auff vns iſt ſo zornig jhr Sinn /Wo Gott das hett zugeben /Verſchlungen hetten ſie vns hin /Mit gantzem Leib vnd Leben.Wir wern als die ein Fluth erſeufft /Vnd vber die groß Waſſer leufft /Vnd mit Gewalt verſchwemmet.
Daß vnſer Chriſtlicher Glaube vnd Religions - Exercitium an ſo vielen Orten verfolget / vnd auß - gereutet wird / vnd vnſere liebe Glaubensgenoſſen in die allergroͤſſeſte Trawrigkeit / Schwer muth vnd Seelengefahr geſetzet werden / Wie ſolte vns das nicht zu Hertzen gehen? Wenn wir gleich alles vollauff hetten / muͤſten wir nicht dencken / jetzo iſts an jhnen / bald koͤmpt die Reihe an vns. Es iſtcommu -[11]Auß dem 25. Pſalm.communio Sanctorum, eine Gemeinſchafft der Hei - ligen. Wir ſollen froͤlich ſeyn / mit den Froͤlichen / vnd ſollen weinen mit den Weinenden; vnd ſollen vns die allgemeine Noth der Chriſtenheit recht laſ - ſen zu Hertzen gehen / deſto fleiſſiger beten in der Kirchen vnnd daheime / vnd fuͤr dem Riß ſtehen / auff daß wir den Zorn Gottes helffen auffhalten.
Vber das klaget David vber Jammer vnd Elend / vnd ſpricht: Sihe an meinen Jam - mer vnd Elend. Was verſtehet er durch den Jammer? Antwort: Die Nichtigkeit der Men - ſchen / daruͤber er auch klaget Pſ. : 9. Wie gar nichts ſind doch alle Menſchen / die doch ſo ſicher leben. Denn es iſt ja ein Elend jaͤmmerlich Ding / vmb aller Menſchen Leben / von Mutterleib an / biß ſie in die Erden begraben werden / die vnſer aller Mut - ter iſt. Da iſt jmmer Sorge / Furcht / Hoffnung / vnd zu letzt der Todt / ſo wol bey dem / der in hohen Ehren ſitzet / als bey dem Geringſten auff Erden. So wol bey dem / der Seiden vnd Cron traͤget / als bey dem / der einen groben Kittel an hat. Sirach. 40.
Durch das Elend verſtehet er die Arbeit / Muͤ - he vnnd Beſchwerung / die ein Menſch in ſeinem Leben außſtehen muß / wie die Kinder Jſrael ſolch Elend in Egypten haben erleiden vnd außſtehen muͤſſen in ſchwerer Dienſtbarkeit / Darumb iſt diß Leben nichts anders als ein Kercker / vnnd wenn Gott einen ChriſtenMenſchen durch ein ſeliges Simeonſtuͤndlein außſpannet / ſo hat er ſich ſo we -B ijnig[12]Chriſtliche LeichPredigt /nig zu beſchweren / als die Kinder Jſrael / da ſie auß dem Dienſthauſe Egypti gefuͤhret worden / oder als ein armer Sclave vnd Gefangener / der auß dem Gefangniß erloͤſet / vnd auff freyen Fuß geſtellet wird.
Solche HertzensAngſt / Noth / Jammer vnd Elend hat vns auch der HErꝛ Chriſtus mit in das heilige Vater vnſer geſetzet in die ſiebende Bitte / daß wir GOtt dem himliſchen Vater ſolche Noth ſollen zu aller Zeit fuͤrtragen / biß daß wir darauß errettet werden. Davon iſt nu weiter nicht zu ſa - gen / ein jeglicher Chriſt erfehret es bey ſich ſelber / vnd wird keinem fehlen an einem zimlichen Cata - logo oder Regiſter / wenn er an ſeine Angſt vnd Noth gedencket die er allbereit außgeſtanden hat: Was er aber noch fuͤr ſich hat / das weiß Gott al - lein / vnd ſtehet in ſeinen Haͤnden / der helffe vns durch ſeinen Geiſt alle Angſt dieſer Welt vberwin - den.
Fuͤrs Ander / Was bittet nu David von ſeinem lieben Gott[?]Antwort: Dreyerley bittet der Koͤnigliche Prophet David von GOtt dem Herrn. Erſtlich / daß er jhn auß ſeinen Noͤhten fuͤhren wolle. Fuͤrs Ander / daß er ſein Jammer vnd Elend wolle anſehen. Fuͤrs Dritte / bittet er vmb Vergebung ſeiner Suͤnde.
Die erſte Bitte / daß jhn Gott auß ſeinen Noͤh - ten fuͤhren wolle / gruͤndet David im Glauben auff die Allmacht Gottes / ſolche Allmacht iſt ein ſtar -cker[13]Auß dem 25. Pſalm.cker Pfeiler eines gleubigen Gebets / Wenn ein Chriſt bedencket / daß GOTT allmaͤchtig ſey / ſo ſchleuſt er darauß / daß keine Noth ſo groß ſey / Gott kan vns darauß helffen / an ſolcher Allmacht ſol kein Menſch zweiffeln / Denn ſo ſpricht GOtt beym Propheten Eſaia am 50. Capitel: Jſt meine Hand nu ſo kurtz worden / daß ſie nicht erloͤſen kan? Oder iſt bey mir keine Krafft zu erretten? Dieſer Allmacht troͤſtet ſich David im 62. Pſalm: GOtt hat ein Wort geredet / das habe ich etlich mal ge - hoͤret / daß Gott allein maͤchtig iſt. Vnd du Herr biſt gnaͤdig / vnd bezahleſt einem jeglichen / wie ers verdienet hat. Vnd im 115. Pſalm: Vnſer Gott iſt im Himmel / er kan ſchaffen was er wil. Vnd der Prophet Jeremias am 32. Cap. da er Gott nen - net einen groſſen vnnd ſtarcken GOtt / groß von Rath / vnd maͤchtig von That. Es ſey nu die Noth ſo groß als ſie wolle / Gott kan vns darauß helffen. Die HertzensAngſt ſey ſo groß als ſie wolle / Gott kan ſie lindern vnd wegnehmen: Vnſer Jammer vnd Elend ſey beſchaffen / wie es wolle / Gott kan alles zum beſten wenden / darumb ſollen wir auff jhn mit gantzer Macht vertrawen.
Das Ander / das David bittet / iſt / daß Gott ſeinen Jammer vnd Elend wolle anſehen. Dieſe Bitte gruͤndet David auff die vaͤterliche Providentz vnd Fuͤrſorge Gottes / davon auch Jeremias zeu - get im 32. Cap. vnd ſpricht: Deine Augen ſtehen of - fen vber alle Wege der Menſchen Kinder. Alſo ſi -B iijhet[14]Chriſtliche LeichPredigt /het auch Gott vnſern Jammer vnd Elend / vnnd nimpt es zu Hertzen / vnd es gefelt jhm wol / wenn wir jhm vnſere Noth klagen / wie es einem Vater gefellet / wenn ein Kind ſeine Noth klaget / wenn er nur kan Rath ſchaffen. Aber der himmliſche Va - ter vermag auß aller Noth zu helffen / vnd jhme iſt nicht verborgen vnſere Angſt vnnd Noth / vnſere Sorge vnd Anligen.
Die gottloſen Weltkinder ſpotten zwar der Chriſten in jhren Noͤhten / als fragte Gott nichts nach jhnen: Aber Gott vergiſt der Elenden nicht / wie im 10. Pſalm geſchrieben ſtehet: Du ſiheſt ja / denn du ſchaweſt das Elend vnd Jammer / es ſte - het in deinen Haͤnden / die Armen befehlens dir / du biſt der Waiſen Helffer. Ja das Verlangen der Elenden hoͤreſt du Herr / jhr Hertz iſt gewiß / daß dein Ohr darauff mercket. Das leufft in das vaͤterliche Ampt vnſers lieben Gottes / was were von einem ſolchen Vater zu halten / der ſich nicht bekuͤmmern wolte vmb ſeine Kinder / noch jhnen Rath ſchaffen in Noͤhten? Alſo wuͤrde auch Gott ſein vaͤterlich Ampt auffgeben / wenn er nicht vn - ſern Jammer vnd Elend anſehen wolte / das thut er aber nicht / ſondern wie ſich ein Vater vber ſei - ne Kinder erbarmet / Alſo erbarmet ſich der HErꝛ vber die ſo jhn fuͤrchten / im 103. Pſal.
Fuͤrs Dritte / bittet David vmb gnaͤdige Ver - gebung aller ſeiner Suͤnde. Dieſe Bitte iſt ge - gruͤndet auff die grundloſe Gnade vnnd Barm -hertzig -[15]Auß dem 25. Pſalm.hertzigkeit vnſers lieben Vaters / welche in des HErꝛn Chriſti Verdienſt gegruͤndet iſt / wie der Prophet Eſaias bezeuget im 53. Cap. Das iſt der rechte Evangeliſche Troſt / Denn wenn die Suͤnde auß dem gifftigen Brunnquell aller Noth / auß dem Mittel gereumet wird / ſo wird vns auch auß aller Angſt vnd Noth geholffen. Auff die Suͤnde gehoͤret auch die HoͤllenAngſt: Aber dieſelbige hat Chriſtus außgeſtanden / auff daß / ſo wir an jhn gleuben / von der Hoͤllenangſt errettet werden / nach der troͤſtlichen Verheiſſung Hof. am 13. Jch wil ſie erloͤſen auß der Hoͤllen / vnd vom Tode erretten / Todt ich wil dir eine Gifft ſeyn / Hoͤlle / ich wil dir ei - ne Peſtilentz ſeyn. Vnd 1. Cor. 15. Hoͤlle wo iſt dein Sieg? Gott ſey Danck der vns den Sieg gegeben hat / durch vnſern HErꝛn Jeſum Chriſtum. Der hat vns auch die Vergebung der Suͤnden erwor - ben / durch ſein thewer Verdienſt / vmb dieſes Her - ren willen bittet David vmb Vergebung der Suͤnden / wenn er ſpricht: Vmb deines Na - mens willen ſey gnaͤdig meiner Miſſethat / die da groß iſt. Durch dieſen Namen verſtehet er nie - mand anders / als den verheiſſenen Meſſiam. Seinen Glauben an jhn bekennet er im Eingang vnd Ende des Pſalmens: Der Eingang lautet al - ſo: Nach dir Herr verlanget mich / mein Gott ich hoffe anff dich / laß mich nicht zu ſchanden wer - den. Der Beſchluß lautet alſo: Jch harre dein / Gott erloͤſe Jſrael auß aller ſeiner Not. In ſolchemGlau -[16]Chriſtliche LeichPredigt /Glauben ſollen auch wir Vergebung vnſerer Suͤn - de bitten von Gott / ſo werden wir durch Chriſtum bey jhm Gnade erlangen / vnd ſollen ſolchen Glau - ben beweiſen durch Gedult in vnſerer Angſt vnd Noth / in vnſerm Jammer vnd Elend / vnnd vns ſolchen betruͤbtẽ Zuſtand zu deſto fleiſſigerm Gebet antreiben laſſen / ſo wird vns Gott gnaͤdiglich er - hoͤren / vnd vnſere Hertzens Angſt in ewige Frewde / vnſern Jammer vnd Elend in vnvergaͤngliche Eh - re vnd Herꝛligkeit verwandeln. Solche Hoffnung ſol vns nu geduͤltig machen in allerley Creutz vnd Leiden. Gedult iſt euch noth / ſtehet zun Heb. 10. auff daß jhr den Willen Gottes thut / vnd die Ver - heiſſung empfahet. Vnd in der 1. Pet. 1. ſtehet ge - ſchrieben: Jhr die jr jetzt eine kleine Zeit leidet / wer - det euch frewen mit herꝛlicher vnd vnaußſprech - licher Frewde / vnd des Glaubens Ende der Seelen Seligkeit davon bringen.
Solches verleihe vns allen mit Gna - den GOtt Vater / Sohn vnnd heiliger Geiſt / hochgelobet in alle Ewig - keit. Amen.
ALſo hat auch jhre Angſt vnd Noth in die - ſem Jammerthal jhres theils gnugſam er - fahren / vnd dieſelbige numehr durch Chri - ſtum froͤlich vberwunden / vnſere im HErꝛn Chri - ſto ſelig verſtorbene Mitſchweſter / die Erbare vnd Tugendſame Fraw Cecilia / des Erbarn vnd Wolgeachten Herꝛn Hans Weiſſen eheliche gewe - ſene Haußfraw / welche bey dieſer Stadt von Chriſtlichen vnd ehrlichen Eltern gezeuget vnd ge - boren im Jahr Chriſti 1612. den 31. Julii.
Jhr Vater iſt der Ehrnveſte vnd Wolgeach - te Herꝛ Hans Chlem / Buͤrger vnd Handelsmann allhier.
Jhre Mutter die Erbare vnd Tugendſame Fraw Cecilia / eine geborne Rabin. Von die - ſen jhren lieben Eltern iſt ſie in aller Gottesfurcht / Zucht vnd Erbarkeit aufferzogen worden / alſo / daß ſie auch jhre Frewd an jhr geſehen. Vnd nach dem ſie nun jre Mannbare Jahre erreichet / hat ſie ſich mit Rath vnd Vorwiſſen jhres Herꝛ Vaters vnd Fraw Mutter / in ein Chriſtlich Ehe - geloͤbnuͤß eingelaſſen / mit obgedachtem Herꝛ Hans Weiſſen / Buͤrgern vnnd Handelsmann allhier / mit welchem ſie erſt dieſes 1631. Jar den 31. Janu. zu S. Niclas allhie oͤffentlich iſt getrawet worden / haben alſo laͤnger nicht als 9. Monat / vnd 9. TageCeine[18]Chriſtliche LeichPredigt /eine gewuͤndſchte friedliche / geruhige / vnnd von Gott geſegnete Ehe beſeſſen. Jhr Chriſtenthumb hat ſie in gute acht genommen / die Predigten goͤttliches Worts fleiſſig beſuchet / ſich fuͤr eine Suͤnderin fuͤr Gott erkandt / den Troſt der heili - gen Abſolution, ſo wol auch das hochwuͤrdige A - bendmahl / mit gebuͤhrlicher devotion, wie auch noch in jhrer waͤrender Kranckheit vnlaͤngſten noch zweymal geſchehen iſt / gebrauchet / vnd ſich mit jhren NebenChriſten / wie jhr jederman das Zeugniß wird geben muͤſſen / ſchiedlich vnd Chriſt - lich vertragen.
Es hat ſie aber der allmaͤchtige Gott in jhrem Eheſtande mit einer Leibesfrucht geſegnet / alſo daß man zu Gott gehoffet / vnnd fleiſſig gebeten / Gott wuͤrde ſie jhres Eheſegens fruchtbarlich em - pfinden laſſen / vnd jhr zu rechter Zeit eine gefun - de Leibesfrucht beſcheren.
Jhre Kranckheit aber belangend / ſo iſt jhr vn - ter waͤrender hieſiger Stadt Belagerung / zu O - ſchatz durch Schrecken vnd Bekuͤmmernuͤß / weil jhr lieber Ehemann allhie geweſen / ein ſtarcker Huſten vnd Seitenſtechen ankommen / daß auch jhre Fraw Mutter / ſo damals bey jhr geweſen / nicht anders vermeynt / Gott wuͤrde vber ſie ge - bieten / es hat aber ein wenig wieder was nachge - laſſen / doch etwas vnpaß anhero kommen / den 10. October aber hat der Huſten vnd Stechen ſo ſtarck abermal vberhand genommen / daß ſie ſich gaͤntz -lichen[19]Auß dem 25. Pſalm.lichen zu Bett hat legen muͤſſen / vnd ob man wol an Medicamenta nichts hat mangeln laſſen / ſo iſt ſie doch von tag zu tag ſchwecher worden / vnd weil ſie geſehen / daß es zu keiner Beſſerung hat kom̃en wollen / hat ſie ſelbſten jhren LeichenText / ſo wol auch die Geſaͤnge auffgeſchrieben / vnnd ſie nach einem ſeligen Sterbſtuͤndlein verlanget. Es hat aber der liebe Gott noch in jhrer Kranckheit an verſchienenem Freytag 8. Tage / den 4. Novembris, Abends vmb 8. Vhr / jhr vber verhoffen / einen le - bendigen jungen Sohn beſcheret / welchen der lie - be Gott aber eine halbe Stund nach der Tauffe / wieder von dieſer Welt abgefordert / vnd ob man als dann zwar zu Gott gehofft / Gott wuͤrd es mit jhr zur Beſſerung ſchicken / ſo iſt ſie doch je lenger je matter worden / vnd alſo daß ſie nachmals jren Beichtvater zu ſich erfodert / vnd ſich durch Troſt goͤttliches Worts / vnd durch ein fleiſſiges Gebet / des hochwuͤrdigen Sacraments mit gutem Ver - ſtand gebrbuchet / vnd alſo zu einem ſeligen Ab - ſchied auß dieſer Welt gefaſt gemacht / vnd dar - auff im rechten Glauben an Chriſtum jhren Hei - land / ſanfft vnd ſeliglichen entſchlaffen / am ver - ſchienenen Mitwoch Abends vmb 3. Vhr / Jhres Alters 19. Jahr / 3. Monat / vnd 9. Tag.
Der allmaͤchtige Gott verleihe jhr eine ſanff - te Ruhe / vnd am juͤngſten Tage eine froͤliche Aufferſtehung zum ewigen Le - ben. Amen.
Andreas Stange, Paſtor in Lutzſchena & Haingen. Affin. c. ſ. f.
ENDE.
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