GEliebte im HErꝛen. Es vermahnet der wei - ſe Mann Syrach nicht vergebens / alle Menſchen / in ſeinem Buch / am 7. Cap. zu embſiger Betrach - tung deß Todtes / in dem er ſpricht: Was du thust / „ so bedencke daß Ende / so wirstu nimmermehr vbels „ thun. In welchen worten der weise Mann zuverstehn geben will / daß „ es ein feine / Gottſelige vnd nutzliche Gewonheit ſeye / ſich ſeines letz - ſten Ends vnd Abſchieds auß dieſer Welt offt vnd viel erinnern. Sin - temal ein Menſch dadurch zur wahren Forcht Gottes auffgemun - dert: hergegen von vielen Suͤnden abgehalten / vnnd zu fleiſſiger ver - richtung der Geſchaͤfften in ſeinem Ampt vnd Beruff angereitzet vnd getrieben werde.
Dann wie wolte doch jmmer ein Menſch Gott den HErꝛen nit kindtlich foͤrchten / lieben vnd vor Augen haben? wie wolte er nit von Hertzen andaͤchtig ſeufftzen vnnd betten? wie wolte er nit fuͤr groben Suͤnden vnd verdammlichen Laſtern ſich huͤten? wie wolte er ſeinem Ampt vnd Beruff nit embſig vnd fleiſſig abwarten? der Gottfoͤrchtig bey ſich betrachtet / daß es ein Ende mit jhm haben / vnd er davon muß /A ij[4]Leichpredigt. hie zeitlich ein mahl ſterben / hernach fuͤr Gottes Gericht erſcheinen / vnd all ſeines Thuns vnd Laſſens halben / ja von einem jeden vnnuͤtzen “Wort / daß auß seinem Munde gegangen / Rechenschafft geben / wie “Christus vnser Heylandt selbst Matth. 12. Cap. bezeuget?
Als offt demnach ein ſolcher Spruch in heiliger Schrifft vns fuͤr - kompt / der an vnſer Ende vnd Sterbſtuͤndlein vns gemahnet: ſollen wir daher vrſach nemmen / vnſer Leben Chriſtlich vnd Gottſelig anzu - ſtellen / vnd daſſelbige alſo zufuͤhren / damit auch darauff / zu ſeiner zeit / ein gutes ſeliges Ende / vnnd ein Chriſtlicher Abſcheid erfolgen moͤge.
Wie aber ſolches am beſten vnd fuͤglichſten geſchehen koͤnne / daß ein Menſch Chriſtlich lebe / vnd Gottſelig abſcheide auß dieſer Welt / daß zeigt vns / neben andern / auch dieſer verleßne Spruch an deß H. Apoſtels Pauli: Darinnen er erſtlich ſeinen Roͤmern / vnnd allen glaubigen Chriſten ein feine Regul / form vnd weiſe fuͤrſchreibt / dar - nach ſie ſich richten ſollen im Leben vnd im Sterben: Mit trewhertzi - ger Erinnerung / wie ſie nit jhnen ſelber / ſondern Chriſto dem HEr - ren leben vnd ſterben / vnd daher auch beydes im Leben vnd Todt / ſein Eygenthumb ſein vnd bleiben moͤgen / vnd zu jhm alles liebs vnd guts ſich verſehen koͤnnen vnd ſollen.
Darnach / fuͤrs ander / zeigt S. Paulus auch die vrſach an / woher wir gewiß ſein koͤnden / daß wir Chriſtum angehoͤren / vnnd ſein eygen ſeyen im Todt vnd Leben: vnd woher auch Chriſtus der HErꝛ dieſes Recht vnd Anſpruch zu vns hat / daß wir ſein ſeyen vnnd bleiben im Todt vnd Leben. Daß ers nemblich mit ſeinem Leiden vnd Sterben / vnd auch mit ſeiner ſigreichen Aufferſtehung erlangt vnnd zuwegen gebracht habe. Wir woͤllen von beyden Puncten / zu vnſerm Troſt vnd Beſſerung einfaͤltig auff dißmal reden / ſo viel Gott der HErꝛ ſei - ner Gnad vnd guten Geiſts darzu wird verleihen.
SOviel dann das erſte Stuͤcklin belangt / zeigt anfangs S. Paulus mit Nein / vnd mit Ja an / was wir nit thun / vnnd hingegen was wir thun / vnd wie wir leben vnnd ſterben ſol -len /[5]Leichpredigt. len / vnd spricht hiervon also: Vnser keiner lebt jhm selber / vnnd kei - „ ner stirbt jhm selber. Leben wir / so leben wir dem HErꝛen / sterben wir / „ ſo ſterben wir dem HErꝛen. „
Man findet zu aller vnd jederzeit / vnnd leider / auch auff den heuti - gen Tag / ſolche Leute / von hohen vnd nidrigen. Standts / von Mañs vnd Weibsperſonen / von Reichen vnd Armen / von Jungen vnd Al - ten / die ſich zwar fuͤr gute Chriſten ruͤhmen vnd außgeben / aber jhnen ſelber leben / das iſt / gantz fleiſchlich vnnd jrꝛdiſch geſinnet ſind / welche den Bauch fuͤr jhren Gott halten / vnd deß Epicuri Reim im Schild fuͤhren:
In maſſen jener reiche Schlemmer Luc. 16. Cap. ſeinen Wolluſten vnd Begierden alſo nachhienge / daß er gantz frey vnd ſorgloß / in den sicheren Tag hinein lebte / sich mit Purpur vnnd köstlichem Leinwad „ prächtig kleidete / einen vnnd alle tag herꝛlich lebte / vnnd in frewden. „ Gleich wie auch der ander reiche Mann / Luc. 12. (dem das Feld wol getragen hatte / ſeine Schewren abbrechen / erweitern / vnnd groͤſſer bawen ließ) jhm selbst lebete / der sich vergebens tröstete: Liebe Seel / „ du hast einen grossen Vorꝛath auff viel Jahr / hab nuhn ruhe / Iß / „ Trinck / vnd habe einen guten Muth. Aber eben in derſelbigen Nacht drauff gieng vnnd ſtarb / mit einer ſolchen entpfangenen trawrigen Stimm: Du Narꝛ / dieſe Nacht wird man dein Seel von dir fordern / vnd weß wirds sein / daß du bereitet hast? Darauff der HErꝛe dieses „ denckwirdige Morale hinzu setzet: Also gehet es / wer jhm Schätze sam - „ let / vnd iſt nit reich in Gott.
Vnnd was ſolche Leute ſind / die glauben wenig an Gott / jhren HEꝛen vnnd Schoͤpffer / Sondern meinen frey / ſie haben daß Leben von jhnen ſelber / ſie ſeyen jhr eygen Herꝛ vnnd Meiſter / ſeyen von jhnen ſelbſt hie / ſeyen jhnen ſelber geboren / Nicht andern Leuten / Geb wo der Nechſt bleibe / Er verderbe gleich / oder komme auff / er ſterbe oder geneſe / da ligt jhnen nicht viel an: proximus egomet mihi, heißt. A iij[6]Leichpredigt. bey jhnen / das Hembd iſt mir naͤher / dann der Rock / Ich bin mir ſelbſt die beſte Threw ſchuldig: Ein jeder fuͤr ſich / Gott fuͤr vns alle.
So doch Chriſtus vnſer Heylandt Matthæi am 7. Cap. viel ein ander Regul fuͤr geſchrieben: Alles daß jhr woͤllet / daß euch die Leute “thun sollen / das thut jhr jhnen auch / das ist das Gesetz vnnd die Pro - “pheten. Vnd hernach Matth. 22. befilcht er vns den Nächsten zulie - “ben / als vns selbst. Ja beim Evangelisten Johanne am 13. Cap. bindet Chriſtus der HErꝛ ſolche Liebe deß Nechſten vns noch haͤrter vnnd naͤher ein / daß er ſpricht: Ein new Gebott gebe ich euch / daß jhr euch “vnter einander liebet / wie ICH euch geliebet / das iſt / euch lieber ge - “habt dann mich selbst / Sintemal ich mein Leib vnd Leben für euch ge - laſſen habe.
Zugeſchweigen / daß auch die vernuͤnfftigen Heyden / vnter denen ſonderlich Plato einer geweſen / der vnter anderm gelehrt / vnnd ge - ſchrieben hat / wir Menſchen ſeyen nit vns ſelbſt geboren / daß wir vns ſelber leben ſolten / ſonder ſeyen zum theil dem Vatterlandt / zum theil den Eltern / zum theil den Freunden / vnnd alſo auch andern Leuten / zum beſten / in dieſe Welt kommen vnnd geboren / daß wir denſelbigen Guts thun / vnd mit Rath vnd That / mit Hilff vnd Dienſt jhnen zu - ſpringen ſollen.
“Gleich aber wie ersterzehlte Leute jhnen selber leben: also sterben “sie jhnen auch selber: das ist / soviel das geistlich Leben belangt / da sie jhrem Haupt vnd Heylandt Chriſto durch den heiligen Bundt / vnd durch das Tauffgeluͤbd / incorporiert vnd einverleibet ſein vnnd blei - ben / vnnd in eim wahren lebendigen Glauben / auff deſſelbigen Ver - dienſt ſich verlaſſen / vnnd alſo im Glauben vnd gutem Gewiſſen von hinnen ſcheiden ſolten: So ſterben / vnd fahren ſie / ſine lux, vnd ſine crux, vnd ſine Deus, (wie man ſagt) ohn wahren Glauben / vnnd ohn Erkandtnuß Gottes / vnnd Chriſti / dahin / halten es fuͤr einen vnge - faͤhrlichen Handel / fuͤr ein natuͤrlich Werck / daß einem jeden fuͤr ſein Perſon zuſtehe vnd heimfalle.
Aller maſſen / wie es mit dem gruͤnen Gewaͤchs / mit den Blumen vnd Graß auff dem Felde / vnnd mit den gruͤnen Blaͤttern auff den Baͤumen / eine Gelegenheit hat / daß dieſelbige zu ſeiner zeit abfallen / verwelcken vnd verdorꝛen / andere hergegen an ſtatt kommen / auffge -hen vnd[7]Leichpredigt. hen vñ wachſen: alſo ſeye es auch beſchaffen mit deß Menſchen Leben vnd Abſterben / daß derſelbige anfangs der Jugend daher bluͤhe / wie ein Roſe / vnd friſche ſchoͤne Blum / ſtarck vnd geſundt ſeye / hernach aber allgemach von kraͤfften komme / vnd abnemme / biß daß Humi - dum Radicale (wie es die Artzte nennen) das iſt / alle ſafft vnnd krafft / ins Menſchen Leib gar hinweg / vnnd verzehret ſeye / da vergehe der Mensch / vnd lösche / wie ein Liechtlin / auß / werde widerumb zu staub „ vnd Erden / davon er genommen ist / Gen. 3. Cap. „
Weiter vnd mehr gedencken ſie nicht / dabey laſſen ſie es bleiben / wie ſie gelebt haben / alſo ſterben ſie auch / vnd wie es ſich mit jhnen / in jhrem Leben / vbel hat geleibet / alſo ſeelet es ſich auch vbel mit jhnen / nach jhrem Todt: Dero Ende ist daß Verdamnuß / welchen der „ Bauch jhr Gott ist / vnd jhr Ehre zuschanden wird / deren / die jrꝛdisch „ geſinnet ſind / wie S. Pauli wort lauten / Phil. 3. cap.
Vnd im Buch der Weißheit am 2. cap. werden ſolcher roher Leu - te Epicuriſche Gedancken vnd Reden gantz eygentlich abcontrafeyet vnd beschrieben / mit diesen worten / daß sie sprechen: Ohn gefähr sind „ wir geboren / vnd fahren wider dahin / als weren wir nie gewest. Wol - „ her nuhn / vnnd lasset vns Wolleben / weils da ist / vnnd vnsers Leibs „ brauchen / weil er jung ist. Wir wöllen vns mit dem besten Wein vnd „ Salben füllen / lasset vns die Meyenblumen nicht versaumen / lasset „ vns Kräntze tragen von jungen Rosen / ehe sie welck werden. Vnser „ keiner laß jhm fehlen mit prangen / daß man allenthalben spüren mö - „ ge / wo wir froͤlich geweſen ſind / wir haben doch nicht mehr davon / dann daß.
Bißher haben wir das Nein gehoͤrt / wie Chriſtenleute ſich nicht geberden noch ſtellen ſollen / nemlich nit jhnen ſelbſt leben / vnnd nicht jhnen ſelbſt ſterben / als welches da vbel gelebt / vnd vbel geſtorben ſeye vnd heiſſe / daruͤber auch Leib vnd Seel auff dem platz bleibe / zu grund gehe vnd verderbe.
Laſſet vns ferner auch das Ja vernemmen / wie dann Chriſten - leute ſich erzeigen vnd verhalten ſollen / im Leben vnd im Sterben / da - mit ſie deſſen zu Leib vnd Seel gebeſſert ſein / vnnd jhrem Herꝛen fuͤr voll vnd eigenthumlich heimfallen moͤgen.
Davon redet nun S. Paulus also: Leben wir / so leben wir dem „HEr -[8]Leichpredigt. “HErꝛen / Sterben wir / so sterben wir dem HErꝛen. Darumb wir le - “ben oder sterben / so sind wir deß Herꝛen. In welchen worten der Apo - ſtel ein feine Regul fuͤrſchreibt / vnd vns lehrt / wie wir Chriſtlich vnd wol leben / vnd dermal eins auch Chriſtlich vnd wol ſterben koͤndten.
Es heiſſet aber Chriſtlich vnd wol leben / wann man dem HErꝛen lebet / das iſt / wann man erkennet / daß man das Leben nicht von ſich ſelber / ſonder von Gott dem HErꝛen her habe / als der ein Schoͤpffer iſt Himmels vnd der Erden / vnd aller Creaturen / davon David der “Königliche Prophet im 101. Psalm redet: Erkennet daß der HErꝛ “Gott ist / Er hat vns gemacht / vnd nit wir selbst / zu seinem Volck / vnd zu Schaffen ſeiner Weyde. Daher wir auch in der Außlegung deß “ersten Artickels vnsers Christlichen Glaubens bekennen: Ich glau - “be / daß mich Gott / sampt allen Creaturen geschaffen / vnnd zu seinem “lieben Kind hat auffgenommen / mir Leib vnd Seel / Augen / Ohren / “vnd alle Glieder / Vernunfft / vnd alle Sinne gegeben / vnnd noch er - helt / deſſen grundloſen vnd barmhertzigen Vatters Liebe wir allein es zuzuſchreiben / vnnd zudancken haben / beyde / was wir ſind / vnnd was wir auch haben vnd beſitzen.
Dieweil aber nit allein ein natuͤrlich vnnd ſichtbar Leben iſt / wel - ches fromme Chriſten vnnd Kinder Gottes / mit den Vnglaubigen vnd Gottloſen / vnd mit dem ſichern groſſen Welthauffen gemein ha - ben: Sonder auch ein geiſtliches Leben / ſo durch den Glauben an Chriſtum herkompt vnd entſtehet / als welcher vns gemacht iſt von “Gott seim Him̃lischen Vatter / zur Weißheit / zur Gerechtigkeit / zur “Heiligung / vnd zur Erlösung / auff daß wer sich rühmen will / sich deß “HErꝛen Christi rühme / 1. Cor 1.
So leben auch glaubige Chriſten hie auff Erden alſo dem HEr - ren / daß ſie Chriſto jhrem Erloͤſer vnd Seligmacher ſich gaͤntzlich er - geben / ſich jhm taͤglich mit Leib vnd Seel auffopffern / commendieren vnd befehlen / vnnd deß Spruchs S. Pauli ſich erinnern / welcher in “der Epistel an die Colosser am 3. cap. spricht: Ewer Leben ist verbor - “gen mit Christo / in Gott: wann aber Christus / ewer Leben / sich offen - “baren wirdt / dann werdet jhr auch offenbar werden mit jhm / in der Herꝛligkeit. Ja ſie koͤndten getroſt mit S. Paulo ſprechen / Gal. 2. “Ich lebe / doch nun nit ich / sonder Christus lebet in mir. Dann wasich jetzt[9]Leichpredigt. ich jetzt lebe im Fleisch / das lebe ich in dem Glauben deß Sohns Got - „ tes / der mich geliebet hat / vnd sich selbst für mich dargegeben. „
Es leben ferner dem HErꝛen fromme glaubige Chriſten auch al - ſo / wann ſie zu ſchuldiger Danckbarkeit (dieweil ſie ſo thewr von Suͤnden durch Chriſtum erloͤſet ſind) nit des Sathans / nit der Welt / nit jhrem boͤſen verkehrten Willen folgen / Raum vnnd platz geben / vnd alſo allerhand Vngerechtigkeit / Suͤnde vnd Laſter begehn vnnd treiben: Sonder wann ſie jhr gantzes Leben / all jhr Thun vnd Laſſen / jhren Handel vnd Wandel / nach Gottes heiligem Wort vnnd Wil - len anſtellen / vnd demſelbigen ſich aͤhnlich vnd gemeß verhalten.
Von welchem Willen Gottes Chriſtus vnſer Heyland ſelber re - det / Johannis am 6. cap. Das ist der Will deß Vatters / der mich ge - „ sandt hat / Daß wer den Sohn sihet / vnnd glaubt an jhn / habe das „ ewig Leben / vnd ich werde jhn aufferwecken am Jüngsten Tag. Deß - „ gleichen zun Roͤmern am 6. cap. ſpricht S. Paulus: Wir ſollen es darfür halten / daß wir der Sünde gestorben seyen / vnd hinfüro Gott „ leben / in Jesu Christo / vnserm HErꝛen. So last nuhn die Sünde „ nit herꝛschen in ewerm sterblichen Leib / jr gehorsam zu leisten in jhren „ Lüsten. Auch begebet nicht der Sünden ewer Glieder zu Waffen der „ Vngerechtigkeit / sondern begebet euch selbst Gott / als die da auß den „ Todten lebendig sind / vnnd ewer Glieder Gott / zu Waffen der Ge - „ rechtigkeit.
Vnd hernach im 12. cap / erſt angezogener Epiſtel an die Roͤmer / befilcht vns abermal S. Paulus von aller Vngerechtigkeit abzuſtehn / vnd dem HErꝛen zu leben / mit diesen nach dencklichen Worten: Ich „ ermahne euch / lieben Brüder / durch die Barmhertzigkeit Gottes / das „ jhr ewere Leibe begebet zum Opffer / daß da Lebendig / Heilig / vnd Gott „ Wolgefaͤllig ſeye / welches ſey ewer vernuͤnfftiger Gottesdienſt. Vnd „ stellet euch nicht dieser Welt gleich / sonder verändert euch durch ver - „ newrung ewers Sinnes / auff daß jhr prüffen möget / welches da sey „ der gute / der wolgefällige / vnd der vollkommene Gottes Will. „
Vnd in der ersten Epistel an die Thessalonicher am 4. cap. Das ist „ der Will Gottes / ewer Heiligung / daß jhr meidet die Hurerey / vnnd „ ein jeglicher vnter euch wisse sein Faß zubehalten in Heiligung vnnd „ Ehren / nicht in der Lustseuche / wie die Heyden / die von Gott nichts „ wiſſen.
B[10]Leichpredigt.Wie nun glaubige Chriſten / als wir bißher gehoͤrt / nicht jhnen felbſt / ſonder dem HErꝛen leben / alſo ſterben ſie auch nit jhnen ſelbſt / ſonder dem HErꝛen / vnd fallen jhme gaͤntzlich vnd zumal heim.
Dann nach dem der Menſch / der anfangs von Gott Heilig vnd Gerecht / Vnſterblich / vnd zum ewigen Leben erſchaffen war / auß deß Sathans Anſtifftung / in die Suͤnde / leider gerathen vnd gefallen iſt / iſt er hiemit dem Todt vnterwuͤrfflich worden / vnd von rechts wegen / Gott dem HErꝛen einmal den Todt ſchuldig.
“Der Sünden Sold ist der Todt / sagt S. Paulus zun Römern am 6. cap. vnd zuvor im 5. cap. erſtgemelter Epiſtel ſpricht der Apo - “stel: durch einen Menschen seye die Sünd in die Welt kommen / vnd “durch die Sünde der Todt / vnd sey also der Todt zu allen Menschen “durchgedrungen / dieweil sie alle gesündiget haben. Ist demnach dises “der alte Bund / wie jhn Syrach nennet / cap. 14. Mensch / du must ster - “ben. Vnd zun Heb. 9. Es ist dem Menschen auffgesetzt einmal zu ster - “ben / darnach das Gericht.
Wiewol was fromme glaubige Chriſten belangt (dann von den - ſelbigen redet allhie S. Paulus eygentlich) die haben das Privile - gium, vnd den Vortheil / daß ſie nach dem zeitlichen Todt / nit erſt in den andern ewigen Todt gerathen / wie der ſicher Welthauff / die Vn - glaubige vnd Gottloſen / ſonder tringen ſtracks zum ewigen Leben hin - durch: wie Chriſtus vnſer Heylandt klarlich bezeuget / Joh 5. War - “lich / warlich ich sage euch / wer mein Wort höret / vnnd glaubet dem / “der mich gesandt hat / der hat das ewig Leben / vnd kompt nicht in das “Gericht / sondern er ist vom Todte zum Leben hindurch getrungen.
So ſterben nun dem HErꝛen / vnd trucken ſeliglich vnd wol ab die jenigen / welche Gottes Wort / die Predigt deß Evangelij / (dazu auch die heilige Sacramenta gehoͤren) bey jhren Lebzeiten embſig vnd fleiſ - ſig beſucht / darauß einen wahren Glauben geſchoͤpfft / Gott den Her - ren kindtlich gefoͤrchtet / geliebet / vnd jhm gedienet in Heiligkeit vnnd Gerechtigkeit / die jhm gefellig iſt.
Deßgleichen die mit williger Seele jhren beſcheidenen theilCreutz auff ſich genommen / vnd Chriſto gedultig nachgetragen: die in Truͤb - ſal vnd Verfolgung nit abgefallen / ſonder biß an das Ende beſtaͤndig blieben vnd verharꝛet ſind: die ſich taͤglich im Glauben vnnd gutemGewiſſen[11]Leichpredigt. Gewiſſen haben finden laſſen: die jhr Datum / Sinn vnd Gedancken nit hieher in dieſe Welt geſetzt / ſondern taͤglich / ſtuͤndlich vnd augen - blicklich / zu einem ſeligen Ende vnd Sterbſtuͤndlin haben geruͤſt vnd bereit gehalten / vnd erwartet der Zukunfft deß HErꝛen / deß Him̃li - ſchen Braͤutigams / damit wann derſelbige herein breche / entweder mit ſeinem Juͤngſten Tag / oder mit dem leiblichen Todt / in der er - ſten / andern vnd dritten Wacht / Er ſie nit in Suͤnden ſchnarchend / ſondern munder vnd wacker finde: die auch / an jhrem letzſten Ende / Chriſto jhrem Heylandt vnd Erloͤſer jhren Geiſt vnnd Seel zu ge - threwer Handt vberliffern / vnd ſprechen: Mein HErꝛ Jeſu / dir lebe ich / dir ſterbe ich / dein bin ich / todt vnd lebendig: Dieſe thun / fuͤrwar / ein gute selige Fahrt / sterben dem HErꝛen / vnd kommen in die Hand „ Gottes / da sie kein Pein noch Qual mehr rühret / wie das Buch der „ Weißheit am 3. cap. von der Glaubigen vnnd Gerechten Seelen be - zeuget. Vnd das Buch der Offenbarung Johannis am 14. cap. prei - ſet ſelig die Todten / welche im HErꝛen ſterben / ἀπάρτι, amodò, von „ Mund auff: Ja / der Geist spricht / daß sie ruhen von jhrer Arbeit / „ denn jhre Werck folgen jhnen nach. „
LAſſet vns aber jetzt / fuͤrs ander / auch die Vrſach vernemmen / die S. Paulus am Ende verleſſener Wort hinzuſetzet / warumb wir nemlich dem HErꝛen jederzeit leben / vnnd auch dem HErꝛen ſterben ſollen / vnd womit er daß jenige Recht vber vns erlangt habe / daß wir sein eygen sind im Todt vnd Leben. Wir leben oder sterben / spricht „ der Apostel / so sind wir deß HErꝛen. Dann darzu ist Christus auch „ gestorben / vnd aufferstanden / vnd wider lebendig worden / daß er vber „ Todte vnd Lebendige HErꝛ ſeye. „
Chriſtus / will der Apoſtel ſchlieſſen / iſt vnſer Haupt / ſo ſind wir ſeine angehoͤrige Glieder: Er iſt vnſer HErꝛ / ſo ſind wir ſeine Die - ner / ſeine Knechte vnnd Maͤgde / vnnd demnach jhme nachzufolgen vnd zu dienen / jhme zuleben vnnd zuſterben ſchuldig: Als ſein außer - wehltes Volck vnd Eygenthumb / welches er ſo thewr erworben / er - arnet vnd erloͤſet hat: Nicht mit euſſerlichen Schwertſchlaͤgen / oderB ij[12]Leichpredigt. mit vergieſſung der Vnterthanen Blut (wie etwan groſſe Potenta - ten / Koͤnige / Fuͤrſten vnnd Weltherꝛen beſchwerliche Krieg fuͤhren / vnnd jhren Vnterthanen vberlaͤſtig ſind / welche gemeiniglich die Har her leihen wuͤſſen.) Sondern Ehriſtus hat vns erloͤſet mit dar - “streckung seines eygnen Leibs vnd Lebens. Christus ist gestorben / sagt “hie der Apostel / aufferstanden / vnd wider lebendig worden / damit er “vber Todte vnd Lebendige Herꝛ seye.
Wie ſolches auch vnſer Chriſtlich Catechiſmus / in Außlegung deß andern Hauptartickels von der Erloͤſung troͤſtlich erklaͤret / vnnd “spricht: Ich glaube daß Jesus Christus / warhafftiger Gott / vom “Vatter in Ewigkeit / vnd auch warhafftiger Mensch / von der Jung - “fraw Maria geboren / sey mein HErꝛ / der mich verlohrnen vnd ver - “dampten Menschen erlöset hat / erworben / gewunnen / vnnd von al - “len Sünden / vom Todt vnd von dem Gewalt deß bösen Geistes.
Vnd was hat es jhn aber gekoſtet vnnd geſtanden? was fuͤr ein “Ranzion oder Lößgeld hat er für vns erlegt? Nicht Gold oder Sil - “ber / sagt vnser Catechismus ferner / Sonder sein heilig hewres Blut / “vnd sein vnschuldig Leiden vnnd Sterben. Warumb aber / vnnd zu “was Ende ist solches fürgenommen worden / vnd geschehen? Auff daß “wir sein eygen seyen / vnd in seinem Reich vnter jhm leben / vnnd jhm “dienen / in ewiger Gerechtigkeit / Vnschuld vnd Seligkeit / gleich wie “er ist aufferstanden vom Todt / lebet vnd regieret in Ewigkeit / als ein Großmaͤchtiger / ja Allmaͤchtiger HErꝛ vber alles / im Himmel vnnd auff Erden / der gut Fug vnd Macht / Recht vnd Gewalt / Anſpruch vnd Anforderung hat an Todte vnd Lebendige / als die ſein erloͤſetes Volck / vnnd ſein Eygenthumb ſind / die er auch in ſeinen Allmaͤchti - gen Schutz vnd Schirm faſſen / vnd auffnemmen / in ſeiner ſtarcken Handt / darauß ſie niemandt reiſſen ſoll / bewahren / im Todt vnnd Le - ben erhalten / vnd entlich ſie ewig Gerecht vnd Selig machen will.
Welches alles / Geliebte im HErꝛen / vns zum beſondern kraͤffti - gen Troſt dienen ſoll / im Leben vnd im Sterben / daß wir wiſſen / wir ſeyen Domini in Nominativo, vnnd Genitivo, wie Herꝛ Lutherus mit dieſen worten ſich erluſtiget. In Genitivo zwar ſeyen wir Domi - “ni, deß HErꝛen / dieweil wir jhme von rechts wegen heimfallen / vnnd “zugehören / als sein Eygenthumb / wir leben gleich oder sterben / so sind wir deß HErꝛen.
In[13]Leichpredigt.In Nominativo aber ſeyen wir Domini, die Herꝛen / nemlich vber vnſer geiſtliche Feinde / Suͤnd / Todt vnnd Teuffel / welche Chriſtus der edle Hertzog vnd Fuͤrſt deß Lebens / vns zu gutem / geſchlagen vnd vberwunden / In dem er außgezogen hat die Fürstenthumb vnnd die „ Gewaltigen / sie schaw getragen offentlich / vnnd einen Triumph auß „ jhnen gemacht / durch sich selbst / Col. 2. „
Daher auch in der Cpiſtel an die Roͤmer am 8. cap. S. Paulus gleichen Trost vns fürstellet: Wer will vns scheiden von der Liebe „ Gottes? Trübsal oder Angst? oder Verfolgung? oder Hunger? oder „ Blösse? oder Fährligkeit? oder Schwerdt? wie geschrieben stehet: „ Vmb deinet Willen werden wir getödtet den gantzen Tag / wir sind „ geachtet für Schlachtschaafe. Aber in dem allem vberwinden wir „ weit / vmb deß willen / der vns geliebet hat. Es braucht der Apostel „ gar ein kraͤfftiges wort in der Griechiſchen Sprach / ſagt nit ſchlechts νικῶμεν, wir vberwinden / ſondern υ῾περνικῶμεν, wir vberwinden weit / weit / vnd ſolches freylich nicht auß eygnen kraͤfften / die wir viel zu ge - ring dazu ſind / vnd auff ſehr ſchwachen Beinen ſtehen: Sonder vmb deß willen / der vns geliebet hat / das iſt / vmb deß HErꝛen Chriſti wil - len / der vns starck vnd mächtig / frewdig vnd muhtig macht / Phil. 4. „
Daß wir ferner mit S. Paulo ſagen koͤndten in eingefuͤhrter Epistel an die Römer am 8. cap. Ich bingewiß daß weder Todt noch „ Leben / weder Engel / noch Fürstenthumb noch Gewalt / weder Ge - „ genwertiges noch Zukünfftiges / weder Hohes noch Tieffes / noch kein „ andere Creatur / mag vns scheiden von der Liebe Gottes / die in Chri - „ sto Jesu ist / vnserm HErꝛen. Vnd zun Philip. am 1. cap. Christus ist „ mein Leben / vnd Sterben ist mein Gewin. Ich habe lust abzuschei - „ den / vnd bey Chriſto zuſein. „
DIeſen bißher in der Predigt weitlaͤuffig erklaͤrten Troſt / daß wir nemblich deß HErꝛen ſeyen / im Leben vnnd im Sterben / hat auch wol gewuſt fuͤr ſeine Perſon zu practicieren vnd zugebrauchen / Weylandt der Ehrnveſte / Fuͤrſichtige / Fromme vnd weiſe Herꝛ La - zarus Zetzner / deß allhieigen beſtaͤndigen Regiments Funffzehener /B iij[14]Leichpredigt. vnſer freundliche liebe Herꝛ / Gevatter / vnnd Mitbruder ſeliger Ge - daͤchtnuß / deſſen Leichnam wir auff dißmal zu ſeiner Ruhſtaͤtt be - gleytet / vnd jhme hiemit den letzſten Ehrendienſt erzeigt vnd erwieſen haben.
Welcher Herꝛ ſelig von Chriſtlichen vnd Ehrliebenden Eltern / allhie in dieſer Statt / ehelichen gezeuget vnd erboren. Aber in ſeiner Kindheit gleichſam das Elend bawen muͤſſen. Dann als ſein lieber Vatter ſelig mit Todt abgangen / hat ſeines Vatters Bruder jhnen ſehr jung mit ſich in die Steyrmarck gefuͤhrt / auß deren er nicht lan - ge zeit hernach durch ein Jtalianiſchen Grafen / ſo der zeit in Vngarn gezogen vnd derends eingekehrt hat / jhnen geſehen / vnd er jhme we - gen ſeiner freundtlichen dienſthafften Geberden ſo wolgefallen / daß er jhnen den Herꝛen ſeligen in ſeiner widerkehr auß Vngarn. Von dannen mit jhme in Jtaliam genommen / jhne lieb vnd werth gehal - ten / vnnd hoch vertrawt / als daß er bey demſelbigen gut ſach gehabt vnd laͤnger haben koͤnnen / Wo jhme Herꝛn nit mit zunemmenden Jahren / dieſe fuͤrſichtige Gedancken einkommen / wie er ſich in kuͤnff - tigem ſeinem Leben ſich mit Ehren außbringen wuͤrd / Vnd dernhal - ben ſeim G. Herꝛen ſo lang angelegen / biß er / ſo jhn vngern von ſich gelaſſen / mit deſſen G. Erlaubnuß vnd Befoͤrderung in Buchhandel kommen. Da er dann zu Venedig auch ein gute zeit bey Herꝛ Peter Langen / Pietro Longo genennt / ſich verhalten / deſſen Handel in den Meſſen in Franckreich zu Lyon / vnd in Teutſchlandt zum Franckfurt am Meyn ruͤhmlich vnd mit trewem fleiß verſehen / Biß er entlichen nach dreyzehen verſchienen Jahren / die er in der Frembde geweſt / ſeine Sachen in ſeinem Vatterlandt / weil er bevorab ſein liebe Mut - ter ſelig noch in Leben befunden / die auch ſeiner Hilff vnd Troſts be - gert vnd vonnoͤthen gehabt / anzuſtellen / jhme vorgenommen in Año 1577. ſich daſelbſten nider gelaſſen / vñ in folgendem Jahr Año 1578. ſich mit der Ehrn vnnd Tugendtſamen Jungfrawen Catharina Heberin / Weylandt Daniel Speckles Baumeiſters ſeligen Schwe - ſter Tochter / in Eheſtandtbegeben / darinn etlich vnd dreyſſig Jahr lang Haußgehalten vnd zugleich in ſolchem / ſeiner alten ſchwachen erlebten Mutter mit Rath Hilff vnd Troſt / auch Vnderhaltung bey - geſprungen / vnd mit aller Nothturfft biß an jhr ſelig End verſehen /vnd[15]Leichpredigt. vnd ſolche trew geleiſtet vnd bewieſen / die nicht bald ein Kindt ſeinen Eltern erzeigt oder erzeige / gehoͤrt worden. Dannen her auch Gott der Allmaͤchtige / als ein reicher Vergelter aller Gutthaten jhnen in ſolchem ſeinem Eheſtandt mit funffzehen Kindern / ſieben Soͤhnen vnd acht Toͤchteren / von denen nach dem Willen Gottes / drey Soͤhn vnnd vier Toͤchter vbrig vnnd im Leben ſind / geſegnet: einer anſehen - lichen Nahrung begabet / zu etlichen / nicht geringen Ehrenaͤmptern allhie erhaben / vnnd darmit aller Welt vor die Augen geſtelt / daß er der Herꝛ ſey / der Gehorſam vnd Trew den Eltern bewieſen / in kein vergeßſtelle / ſondern reichlich mit langem Leben / das jhm dann Gott biß ins 65. Jahr erſtreckt belohnen / die Gottsfoͤrchtigen / Fromme vñ Gehorſame / ob wol geringe auß dem ſtaub erhebe / ſie neben die Ober - ſten / vnnd vnder die Fuͤrſten ſeines Volcks ſetzen woͤlle / koͤnne vnnd auch ſetze / erweiſet.
Jn dieſer ſeiner andern aber drey jaͤhrigen Ehe / hat er mit der Ehren vnd Tugendtreichen Frawen Vrſula Sparſchuhin auch ehe - lich / friedfertig vnd vertraͤglich gelebet / aber von derſelben keine Leib - erben gezeuget / noch bekommen.
Was dann ferner deß Herꝛen ſeligen Glauben vnnd Chriſten - thumb betrifft / iſt er jederzeit Fromb vnnd Gottfoͤrchtig / vnd vnſerer reinen Evangeliſchen Religion von Hertzen verwanth vnd zugethan geweſen.
Daher bey ſeinen Lebzeiten / er nit allein fuͤr ſein Perſon / Gottes Wort / vnd die Predigt deß heiligen Evangelij / ſampt dem hochwuͤr - digen Abendmal / embſig vnd fleiſſig beſucht / hoch vnd thewr / lieb vnd werth gehalten / vnd daran ſein beſondere Hertzensfrewd vnd Ergetz - ligkeit gehabt: Sondern auch hierzu ſeine angehoͤrige Haußgenoſſen / Weib / Kinder vund Geſinde trewlich angehalten / vnd dieſelbige mit ſich zu gleicher Gottesforcht auffgemundert / auff daß ſie gleichfalls wuͤſten dem HErꝛen jhrem Gott zuleben / zuſterben / vnnd deſſelben zuſein im Todt vnd Leben.
Vnd ob er wol fuͤr dem ſtrengen Gericht Gottes ſich ſelbſt hoͤher nit geſchaͤtzt / noch dargegeben / als fuͤr einen armen Suͤnder / welcher der lautern Gnad vnnd Barmhertzigkeit Gottes durch Chriſtum er - worben / im Glauben genieſſen / vnd fro werden muͤſſe: Jedoch hat er /ſoviel[16]Leichpredigt. ſoviel menſchliche Schwachheit vnnd Bloͤdigkeit zugelaſſen / einen erbarn / auffrichtigen vnd tugentlichen Wandel gefuͤhret / davon nie - mandt geaͤrgert / ſondern viel mehr gebeſſert vnd aufferbawet worden.
Wie dann der Herꝛ ſelig deſſen ein gutes Lob / Rhum vnd Zeug - nuß hat vnnd erhelt / bey einem Ehrſamen Wolweiſen Rath dieſer Statt / in dero beſtaͤndigen Regiment er ein Beyſitzer der Herꝛen Funffzehen geweſen: Deßgleichen bey einer Ehrſamen Zunfft zur Steltzen / als jhr Oberherꝛ: bey einer Chriſtlichen Gemein der Pfarꝛ zum Alten S. Peter / als jhr Kirchenpfleger: bey dem Collegio zu S. Wilhelm / wie auch zu S. Marx / vnd im Blaterhauß / als jhr Pfleger vnd Fuͤrſteher: vnnd in was dergleichen Ehrenaͤmptern er mehr ge - weſen / die er bey geſunden Tagen fleiſſig vnnd ſorgfeltig getragen / ge - fuͤhret vnd verwaltet hat / mit beſten threwen / vnd nach euſſerſtem ſei - nem vermoͤgen.
Insonderheit aber hat er zu der löblichẽ Kunst der Buchtruckerey groſſe anmuth / luſt vnd liebe getragen / vnd durch derſelben anſehen - liche vnd ſtattliche Verlag / beydes hie in dieſer Statt / vnd an andern mehr Orten / viel herꝛliche vnd nuͤtzliche Buͤcher ans Tagliecht kom - men / vnd Trucken laſſen / vnd damit weit vñ breit / bey Ein heimiſchen vnd Frembden / jhme ſelbſt / vnd auch ſeinen hinderlaſſenen Kindern vnd Erben / einen guten / ehrlichen vnd beruͤmbten Namen gemacht.
Vnd dieweil ſolcher gefuͤhrte weitlaͤuffige Buchhandel einen be - ſondern groſſen Fleiß / viel Sorg vnd Nachdenckens / viel Wachens / viel Muͤhe vnd Arbeit erfordert / dadurch beyde deß Leibs / wie auch deß Gemuͤths kraͤfften pflegen abzunemmen vnd geſchwaͤchet zu wer - den: Als hat dieſer Herꝛ ſelig ſolches in eigner Perſon / der dann in zeit ſeiner gefuͤhrten Handtlung 80. Meſſen beſucht vnd nie kein auß - geſetzt / wol innen worden vnd erfahren / In dem er in nechſtverſchie - ner Herbſt Meß vor zwey Jahren / zu Franckfort in der Statt / mit ei - nem ſchweren vnd gefaͤhrlichen Fluß / auff der rechten Seyten / von Gott dem HErꝛen angegriffen / vnd Vaͤtterlich heimgeſucht worden / davon er dieſe gantze zeit vber nit wenig gelaͤmet / faſt bloͤd / ſchwach vnnd vbel auffgeweſen / vnnd ſeine vielfaͤltige droben angedeuttete Amptsgeſchaͤfft / nicht mehr / wie gern er auch gewoͤlt / verꝛichten koͤndten.
Was[17]Leichpredigt.Was aber in ſo langer zeit her (da es / fuͤrwar / viel betruͤbte Mo - nat / viel betruͤbte Wochen / vnd noch mehr betruͤbter Tag vnd Stun - den bey jhme gegeben hat) ſein Thun vnd Laſſen geweſen / wie Chriſt - lich / wie Gottſelig / vnd wie Gedultig er ſeine Leibsbloͤdigkeit / als eine vaͤtterliche Zuͤchtigung Gottes deß HErꝛen erkandt / getragen / auß - geſtanden vnnd verſchmiertzet habe: daß wiſſen ſeine geliebte Hauß - Ehr hie zugegen / nuhn mehr leidige vnd betruͤbte Fraw Wittib / ſeine liede Kinder / Sohn / Toͤchter / vnd Toͤchtermaͤnner / vnd vbrige ſeine Haußgenoſſen / als die taͤglich vmb jhn geweſen / ſeiner gewartet vnnd gepfleget / jhme Hilff vnd Handtreichung gethan / viel beſſer zuerzeh - len / weder auff dißmal von mir geſchehen kan.
Jch wills kuͤrtzlich / vnd mit wenigem begreiffen. Anß dem Spie - gel deß Geſetzes vnnd der Zehen Gebott / hat er ſeine angeerbte / vnnd auch ſelbſt begangene Suͤnde hertzlich vnd demuͤtig erkannt: hingegen auß der Lehr deß heiligen Evangelij / mit dem aller heiligſten Ver - dienſt / bittern Leiden vnd Sterben Jeſu Chriſti / darein er ſich durch wahren Glauben gewickelt / widerumb getroͤſtet vnnd auffgerichtet: Daheim zu Hauß beyde den Troſt der heiligen Abſolntion / wie auch deß hochwuͤrdig Abendmal / vnd darinnen das thewre werthe Pfandt ſeiner Erloͤſung / den wahren Leib vnnd Blut Chriſti / mit hertzlicher Begierd vnd Andacht / zu viel vnderſchiedlichen mahlen / in wehren - der ſeiner Kranckheit / wie auch erſt nechſtverſchienen Zinſtags / das letzte mal genoſſen vnd entfpangen / zu Staͤrckung ſeines Glaubens / vnd zugewiſſer verſicherung ſeines ewigen Heyls vnd der Seligkeit.
Darauff er gleich am Sambſtag hernach / zwiſchen Ein vnd zwo Vhren / nach MittemTag / gantz vernuͤnfftig vnd ſelig / mitten vnter dem Gebett / eingeſchlaffen vnd verſchieden iſt / in Chriſto ſeinem Hey - landt vnd Erloͤſer / dem er ſeinen Geiſt vnnd Seel zu getrewer Handt vberliffert: in einem zimlich betagtem fuͤnff vnd ſechtzig jaͤrigen Alter / da er dieſes Lebens eben ſatt vnd muͤd worden iſt.
Welchem der Ewige vnd Allmaͤchtige Gott Gnaden woͤlle: vns auch al - len / ſampt vnd ſonders geben vnnd verleyhen / daß wir der droben angehoͤrten Apoſtoliſchen vermahnung S. Pauli getrewlich nachkommen: dem HErꝛen vnſerm Gott / Schoͤpffern / Erloͤſern vnd Troͤſtern leben / wie auch jhme ſterben / vnd ſeine angehoͤrige Glieder ſein vnd bleiben moͤgen / jhne verehren vnd anruf - fen / loben / ruͤhmen vnd preiſen / hie vnd dort / Zeitlich vnd Ewiglich / Amen.
Debitæ condolentiæ ergo gratia Fecit mœrens Samuel Glonerus. Argent. Phil. Stud.
Lugens poſuit Georgius Beck Wormatienſis.
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