PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Chriſtliche Predigt /
Bey der Hochtrawri - gen Leich vnnd Begraͤbnuß / deß weiland Wolgebornen Herꝛn / Herꝛn Reicharden / Herꝛn von Starhemberg / Erbherꝛn auff Wildtberg / Rie - degg / vnd Lobenſtein / ꝛc. Roͤmiſcher Key - ſerlicher May. Hoff Cam - mer Rath: Welcher den 8. Tag Februarii / deß inſte - henden 1613. Jahrs / zu Wien im HERRN ſelig ent - ſchlaffen / vnd hernach den letzten Aprilis zu Helmansoͤd / in ſeiner Erbbegraͤbnuß / gantz ehrlich / in beyſein vieler an - ſehenlicher Herꝛn vnd Frawen / zur Erden beſtattet worden:
(Matth. 24. Marc. 13.)
Wachet vnd betet / denn jhr wiſſet nicht / welche Stundt ewer Herr kommen wirdt.
Gedruckt zuMarpurg/ DurchPaul Egenolff/ im Jahr1614.
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Eingang.

GEliebte in Chriſto dem HErꝛn / wir ſind auff dißmal nach Gottes Wil - len / auß Chriſtlichem ſchuldigem mitlei - den verſammlet / bey der Hochtrawrigen Leich vndBegrebnuß / deß weiland Wol - gebornen / vnnd vmb das gemeyne Vatterland Hoch - verdienten / nun aber in GOtt ſeligen Herꝛn / Herꝛn Reicharden / Herꝛn von Starhemberg / Erbherꝛn auff Wildberg / Riedegg / vnd Lo - benſtein / Herꝛn der Graffſchafft Schaun - berg / ꝛc. Roͤm. Key. May. geweſnen Hoff Cam - mer Raths / meines weiland gnedigen Herꝛn: Jhme zwar / nu mehr in der Hand Gottes ruhenden Herꝛn / den letzten Dienſt Chriſtlicher liebe vnd freundſchafft zu erzeygen / ſo ein Menſch / viel mehr aber ein Chriſt dem andern zu leyſten vnd zu erzeygen ſchuldig.

Damit aber hierunder nicht allein dem abgeſtor -A ijbenen4benen Herꝛn / ſondern auch vns lebendigen gedienet werde / vnd damit vnſer trawren nicht ohne troſt abge - he / oder ein trawren ſey / wie der andern / die keine hoff - nung haben: Sondern daß wir alſo trawren / damit gleichwol darbey Gott geehret / wir vnder einander ge - lehret vnnd getroͤſtet werden: So woͤllen wir vns vor allem fůr der hohen Goͤttlichen Mayeſtaͤt demuͤtigen / den Vatter aller gnaden / troſtes vnd barmhertzigkeit vmb aſſiſtentz vnd beyſtand deß heiligen Geyſtes er - ſuchen / vnnd in glaubiger andacht mit einander beten vnd ſprechen das heilige Vatter vnſer / ꝛc.

Text.

HErꝛ nun laͤſſeſtu deinen Diener im friede fahren / wie du geſaget haſt / denn meine Augen haben deinen Heyland geſehen / welchen du bereytet haſt fuͤr allen Voͤlckern / ein Liecht zu erleuch - ten die Heyden / vnnd zum Preiß deines Volcks Jſrael. ()
Außle -5

Außlegung.

WIr leſen / geliebte in Chriſto dem HErꝛn / 2. Sam. 1. als Jonathan / Sauls Sohn / ein dapfferer Mann im Feldt vnd ſtreit wider die Phi - liſter / auff dem Gebirg Gilboa vmbkommen / vnd ſolcher Todtfall dem frommen David / ſo damaln zu Zicklag war / verkuͤndiget worden / ſey er dieſer trawrigen Zei - tung vnd Bottſchafft dermaſſen erſchrocken / daß er daruͤber bitter - lich geweynet / ja vor vnmuht vnd hertzenleydt ſeine Kleyder zerꝛiſ - ſen / vnnd biß auff den Abendt gefaſtet habe. Vnnd zwar iſt dieſer ſchnelle Todtfall Jonathans / dem lieben David nicht vnbillich ſo ſtarck zu Hertzen gangen. Dann Jonathan nicht allein Da - vids guter Freund / / den er lieb gehabt / wie ſein eygen Hertz / ſondern ein fuͤrneme Seul deß gantzen Landes vnd Koͤnigreichs Jſrael ge - weſen / welcher auff ein zeit ſelb ander die Feind angriffen / vnd in die Flucht geſchlagen. Jn Summa / der Bogen Jonathan / wie David ſingt in ſeinem Epitaphio, hat nie gefehlt / vnd ſein Schwert iſt nie leer wider kommen / von dem Blut der erſchlagenen / vnd vom Fett der Helden. Holdſelig vnd lieblich war er in ſeinem leben / leichter dann ein Adler / vnd ſtaͤrcker dann ein Loͤw. Darumb David nicht vnbillich trawret / ſo wol fuͤr das gantze Landt / als fuͤr ſich ſelbs / weil er zwar an jhme ein guten Freundt / das Vatterlandt aber ein ſtarcke Seul verlohren hatte / vnd iſt das leyd vmb jhn ſo groß / daß ers mit Wor - ten ſchier nicht außzuſprechen weyß: Es iſt mir leyd vmb dich / mein Bruder Jonathan / ich hab groſſe frewd vnd wonne an dir gehabt / deine liebe iſt mir ſonderlicherA iijgewe -6geweſen / als Frawen lieb iſt. Wie nun der liebe David vber Jonathan leyd getragen / ja das gantze Land / vnd alle jnnwohner deſſelben zu gleichem trawren antreibt vnd vermahnet: Alſo nach dem der Wolgeborne Herꝛ / Herꝛ Reichard / Herꝛ von Star - hemberg / Erbherꝛ auff Wildberg / Riedegg / vndLoben - ſtein / Herꝛ der Graffſchafft Schaunberg / ꝛc. Roͤm. Keyſ. May. geweßner Hoff Cammer Rath / zwar nicht vorm Feindt durchs Schwerdt vmbkommen / ſondern natuͤrlichen todts geſtorben / in ſein beſten Jahren / wie Jonathan auch: Soll billich vber jhn leydig ſeyn / nicht allein David / das iſt / ſeine nechſte befreundten / ſein Fraw Gemahel / hinderlaſſene Soͤhn / Herꝛ Bru - der / vnd andere Blutsfreundt: ſondern mit jhnen das gantze Land / vnd alle jnnwohner deſſelben / jene zwar / weil ſie an jhme ein trewen Freundt / Herꝛn / Vatter / Bruder: dieſe aber / weil ſie an jhme ein trewhertzigen Patrioten, vnnd fuͤrneme Seul verlohren / da moͤgen wir wol mit David ſprechen: Bey leib / ſagets nicht zu Gath / verkůndigts nicht auff den Gaſſen zu Asklon / daß ſich nicht frewen die Toͤchter der Philiſter / vnnd daß nicht frolocken die Toͤchter der vnbeſchnittenen. Dann wie Jonathans Bogen nie gefehlet: alſo hat dieſes Herꝛn Rath nie gefehlet / leichter / ſcharpffſichtiger / vnnd in allen reſolutionen ge - ſchwinder als ein Adler / muͤhtiger als ein Loͤw. Summa / holdſelig vnnd lieblich war er in ſeinem leben. Freylich wol mag ſein hinder - laſſener Herꝛ Bruder mit David ſagen vnnd klagen: Es iſt mir leyd vmb dich / mein Bruder Reichard / ich hab groſſe frewd vnnd wonne an dir gehabt / dein Lieb iſt mir ſonderlicher ge - weßt / dann Frawen lieb iſt.

Aber7

Aber wo denck ich hin / vnd was mach ich da? Sind wir doch an dieſem orth / auff dißmal nicht eben fuͤrnemlichen lamentirens vnd klagens halben zuſammen kommen / ſondern viel mehr wider das zugeſtandene Leyd vns auß GOttes Wort troſtes zu erholen. Zu effectuirung aber deſſelbigen / hab ich mir ſonderlich / vnd vor allen andern gefallen vnd gelieben laſſen / das wunder ſchoͤne Geſang Si - meonis, als welches ſehr reich an lehr vnnd troſt / vnd deßhalben zu vnſerm fuͤrnemen nicht vnbequem ſeyn wirdt. Es theylt ſich aber ſolch Geſang ſelbs ab / in zwey vnderſchiedliche ſtuͤck / deren das eine vnd erſt im erſten Verß oder Geſetzlein begriffen: HERr nun laͤſſeſtu deinen Diener in friede fahren: helt in ſich die propoſition vnd bloſſen fuͤrtrag: Jch wil willig vnd gern ſterben. Das ander ſtuͤck / in den andern vnd vbrigen Verſen oder Geſetzlein verfaſſet / helt in ſich die confirmation vnnd den beweiß / deſſen / ſo er proponirt vnd fuͤrgetragen.

Wir woͤllen eins nach dem andern hernemen / vnd dann auch etwas zum Ehrengedechtnuß vnſers verſtorbenen lieben Herꝛen er - wehnen. Hierzu aber woͤlle der getrewe barmhertzige GOtt / vns beyder ſeits die gnad ſeines H. Geyſtes / durch Chriſtum aller - gnaͤdigſt verleihen vnd mittheylen / Amen.

Erſter Theyl.

DER erſte theyl S. Simeonis Pſalmen / ſtehet in die - ſen Worten: HERR nun laͤſſeſtu deinen Diener in friede fahren / wie du geſagt haſt. Hiemit thut Simeon ſein propoſition vnd fuͤrtrag / daſſelbig aber nicht fuͤr ſich ſelbs allein / ſondern fuͤr alle andere ſeines gleichen fromme Chriſten in gemeyn. Inſonder heit aber geb E. L. achtung auff das Woͤrtlein Nun / das heyßt ſo viel als Jetz / vnnd gibt ſo viel damit zuverſte -hen /8hen / daß er fertig vnd willig ſey / jetz dieſe Stund zu ſterben / vnd daß er jhm laͤngers leben nicht wuͤndſchen wolte / wann ers gleich koͤndt / aller dings / wie auch S. Paulus ſagt / Philip. 1. Jch begere auff - geloͤßt zu werden / vnd bey Chriſto zu ſeyn. Vnd eben das lehret auch Chriſtus / Luc. 12. alle Chriſten: Laſſet ewere Len - den vmbguͤrtet ſeyn / vndewre Fackeln brennen / vndſeydt gleich denen Menſchen / die auff jhren Herꝛen warten / wenn er auff brechen wirdt von der Hochzeit / auff daß / wann er kommet / ſie wachend findet / Warlich ich ſage euch / er wirdt ſich auff ſchuͤrtzen / vnd wirdt ſie zu Tiſch ſetzen / vnd fuͤr jhnen gehen / vnd jhnen dienen. Vnd ſo er kommet in der andern Wache / vnnd in der dritten Wache / vnd wirts alſo finden / ſelig ſind ſolche Knecht. Soll derowegen ein jeder alle tag / ſtundt vnd augenblick / nicht al - lein eingedenck / ſondern auch gefaßt ſeyn zu ſterben / vnd lernen mit dem frommen Simeon / von Hertzen ſingen vnnd ſagen: Nunc dimittis, Jetz / lieber Gott / iſt es dein will / ſo wil ich auch.

Aber es iſt diß nicht ſo ein kurtz Woͤrtlein / es gehet vns gar ſchwerlich ein zu lernen / viel ſchwerlicher aber zu practiciren / da iſt man nimmer geſchickt zu ſterben / der Todt komme wann er woͤll / ſo kompt er zu fruͤ / vnd heyßt fuͤr vnd fuͤr bey vns: Cras, cras: Mor - gen / Morgen / ſonderlich aber ſind alſo geſinnet die jenigen / von welchen der weiſe Mann Syrach ſchreibt / 41. Cap. O Todt / wie bitter biſtu / wann an dich gedenckt ein Menſch / der gute Tag vnd gnug hat / vnd ohne ſorg lebet / vnd dem es wol gehet in allen dingen / vnnd noch wol eſſen mag. Ein9Ein Exempel haben wir an dem ſonſt frommen Gottſeligen Koͤnig Hiskia, Eſa. 38. Cap. da jhm ſein Hoffprediger vom ſterben ſagt / vnd jhn vermahnet / er ſoll ſein Hauß beſtellen / dann es ſey nicht anders dran / er muͤß ſterben / da iſt es jhm auch noch zu fruͤhe / dar - vmb erſchrickt er der Zeittung von hertzen / er klagt / ringt vnd windt ſich wie ein Wurm / der getretten wirdt: Nun muß ich / ſpricht er / zur Hellen fahren / da mein zeit auß war / da ich ge - dacht noch lenger zu leben.

Viel weniger koͤnnen das Woͤrtlein Nun / practiciren die Gottloſen / wie man ſihet am Koͤnig Balthaſar / Dan. 5. Cap. da jhme der Todt nur ein Handt durch die Wandt reckt / da entfaͤrbt ſich ſein gantz Angeſicht / ſeine gedancken erſchreckten jhn / daß jhm die Lenden ſchutterten / vnnd die Beyne zitterten / wie einem den ein toͤdtlich Fieber angeſtoſ - ſen. Eben ſo wenig luſt hat auch zu ſterben gehabt der reiche Bawr / Luc. 12. der zu ſeiner Seelen ſagte: Liebe Seele / du haſt ein groſſen Vorꝛaht auff viel Jahr / hab nun rhu / vnnd trinck / vnd hab ein guten muht. Allerdings / wie es heutiges tags noch zugehet / daß / wenn der Todt kompt / vnd anklopfft / man noch nirgents fertig iſt: Ach / ſagt mancher / ließ mich GOtt nur noch ein Jaͤhrlein / zwey / drey / leben / biß ich meine Kinder erzogen / vnnd vnderbracht / dieſe oder jene ſach zuvor richtig gemacht / als dann wolt ich willig vnd gern ſterben. Vnd zwar / wann ſolche ge - dancken hetten allein reiche / junge / geſunde / vnnd gluͤckſelige Leut / were es zwar auch nicht recht vnnd zu loben: Aber ſo hoch nicht zu verwundern: Aber es wil diß Woͤrtlein Nun / wol auch alten / krancken / armen vnd geplagten Leuten nicht gern eingehen / dann ſchier keiner ſo alt / ſo kranck / ſo arm / ſo vbel geplagt / der nicht gernBlenger10lenger leben wolte / vnd von hertzen erſchꝛickt / wann der Todt kompt / vnnd ſich anmeldet / inmaſſen die Alten ſolches durch ein ſchoͤnen Apologum lehren woͤllen / von einem alten Mann / welcher / weil er mit Waſſer vnd Holtz tragen ſich kuͤmmerlich nehren muͤßte / jhm offt den Todt ſelber gewuͤndſcht / vnd doch / da der Todt kompt / nicht fort wil / ſondern vmb weiter friſt bittet / mit dem erbieten / daß er lie - ber Stein darzu tragen / denn ſterben woͤll: das heyßt / wie Ovidius der Poet ſagt:

Sæpè precor mortem, mortem quoquedeprecor idem. ()

Vnd eben darumb / weil wir das Woͤrtlein Nunc, oder Nun / ſo gar nicht faſſen koͤnnen / zum theyl nicht faſſen vnd ſtudieren woͤllen / ſo pflegt vns Gott der Herr mit der Ruten einzuſtreichen / vnnd vns das leben mit allerley Creutz von Truͤbſal zu verſaltzen / daß wir deſſelben ſatt / gern vnnd willig ſterben / vnd dem lieben Simeon lernen Nun nachſprechen: Nun / nun / welchen Tag / welche Stundt vnd Augenblick / du mein lieber Gott / wilt / ſo bin ich bereyt vnd fertig / heut viel lieber / als morgen / es iſt doch ſchlechte frewd in der Welt hie auff Erden / ein Creutz / ein Plag vber die ander / vnnd wenn vnſer leben koͤſtlich iſt / ſo iſt es muͤhe vnd arbeyt. Davon redet abermal der weiſe MannSyrach 41. Cap. O Todt / wie wol thuſtu dem důrfftigen / der da ſchwach vnd alt iſt / der in allen ſorgen ſteckt / vnnd nichts beſſers zu ge - warten vnd zu hoffen hat.

Zum andern / ſtehet in dieſem Verß auch / HERR du laͤſſeſt fahren / wie du geſagt haſt. Zeygt hiemit Simeon an / daß ers Gott heym ſetze / wann er jhn abfordere / oder fahren laß / vnd daß ſein leben ſtehe in Gottes ſeines Herrn Hand: vnd wie ers geſagt / verſtehe / daß er den Todt nicht ſehen ſoll / biß er zuvor Chri - ſtum geſehen / vnd nun ſolches erfuͤllet: Alſo werde nun ſein Stuͤnd -lein11lein billich außgelauffen ſeyn: Vns abermal zur lehr / daß wir zwar willig vnd bereyt ſeyn ſollen zu ſterben / doch nach GOttes willen / vnd wann ers ſagt vnd haben wil. Dann Gott iſt ein Herr vn - ſers Lebens vnnd Todes / die zahl vnſerer Monat ſtehet beyJob 14. jhm / er hat eim jeden ſein ziel geſetzt / das wirdt er nicht vbertretten / Job 14. vnnd vnſere Tag ſind fuͤr jhm ge[-]Pſalm. 139.ſchrieben in ein Buch / wie viel jhr werden ſollen / ehe dann einer iſt / Pſalm. 139. Darumb wirs jhm ſollen heymſetzen / daß er komme / vnd vns fahren laſſe / wann es zeit iſt. Aber hierwi - der ſtoſſen ſich abermal jhrer viel / welche auß vngedult jhnen ſelber den Todt wuͤndſchen / vnd iſt jhnen nichts beſchwerlichers / als das zeitliche leben / wie auch Job ſelber thut 7. Cap. Mein SeelJob 7. wuͤndſcht erhangen zu ſeyn / vnnd meine Gebeyne den Todt / ich beger nicht mehr zu leben. Mancher laͤßts beym wuͤndſchen nicht bleiben / ſondern nimpt jhm wol ſelber das leben druͤber / vnnd ſtirbt in der Suͤnd / wider das fuͤnffte Gebott: Du ſolt nicht toͤdten / wie an Saul / Achitophel / Juda / vnd noch heutigs Tags an vielen ſchrecklichen Exempeln zu ſehen iſt: dieſe koͤnnen auch das Nunc dimittis noch nicht recht / vnnd wie jhm jene zu viel thun / die lenger leben woͤllen / als Gott wil / alſo thun jhm dieſe zu wenig / die ehe ſterben woͤllen / als GOtt wil. Darumb ſoll man da in der mitteln Straſſen bleiben / vnnd weder lenger noch kuͤrtzer begeren zu leben / als GOtt wil / vnnd nicht ſelbs fahren / oder zum Todt vrſach geben / noch auch ſich ſelbs verwarloſen / ſondern zu danck annemen / was GOtt ſchickt / vnnd wiſſen / daß es alles gut ſey vnd nuͤtzlich / was Gott gibt / Leben vnnd Todt. Daher auch vn - ſer leben einer Wacht verglichen wirdt. Dann wie bey den Alten die Nacht in vier Wachten außgetheylet worden: Alſo iſt eines je - den Menſchen leben in gewiſſe Jahr / Monat / Wochen / Tag /B ijStundt12Stundt vnd Minuten bey GOTt abgetheylet. Darumb wie ein Waͤchter auff eim Thurn / oder ein Kriegsmann / der auff der Schiltwacht ſtehet / ſein gewiſſe zeit hat / wie lang er wachen ſoll / vnnd von ſolcher Wacht nicht abtretten darff / biß er von ſeinem Hauptmann oder Corporal abgefuͤhret wirdt: Alſo ſtehen wir Menſchen hie auff Erden / als auff einer Schiltwacht / deren ſollen wir außwarten / ſo lang es GOtt gefellt / vnnd vor der zeit nicht ab - tretten / oder abzutretten begeren / ſondern mit gedult der zeit erwar - ten / biß wir von vnſerm Obriſten ſelbſt abgefuͤhrt / oder durch denPhilip. 2. zeitlichen Todt abgefordert werden / daher ſagt S. Paulus, Philip. 2. es ligt jhm beydes hart an / er hette wol luſt abzuſcheyden / welches ſeines bedunckens auch beſſer were / aber er ſagt / es ſey noͤtiger im Fleyſch zu bleiben / vmb jhrent willen / ſintemal im Fleyſch leben / diene mehr nutzen zu ſchaffen. Das heyßt dann mit dem frommen Simeon das Nunc dimittis recht geſungen / wann es alſo Got - tes willen heym geſetzt wirdt / vnnd wir weder lenger noch kuͤrtzer zu leben begeren / denn es jhme gefellt.

Es iſt aber fuͤrs dritte in dieſem erſten Geſetzlein nit zu præteriren, das Woͤrtlein Fahren: Du laͤſſeſt fahren. Mit demſelbigen deutet Simeon an den Todt. Denn der Todt / ja die gantze zeit vnſers lebens auff Erden nichts anders iſt / als ein fahrt / da man jmmer fehrt / biß man ſtirbt / vnnd auß dieſer Welt in ein andere kompt / vnd gehet hie eben mit vns zu / als wenn man in ei - ner Gutſchen vber Landt / oder in einem Schiff zu Waſſer faͤhrt / man eſſe oder trincke / man lige oder ſitze / man treib kurtzweil / oder re - de mit einander / man ſchlaffe oder wache / in ſumma / man thue was man woͤlle / ſo gehet hie zwiſchen die Gutſchen auff dem Landt / vnd das Schiff auffm Waſſer jmmer fort / biß man an das ort kompt / dahin man begeret: Alſo hat es auch ein geſtalt mit vnſerm leben / das fehret vnd eilet dem Todt zu / als dem Ziel / dahin wir alle an -lenden13lenden muͤſſen / wir achten gleich deſſelben oder nicht / wir eſſen oder trincken / ſchlaffen oder wachen / ſitzen oder ligen / gehen oder ſtehen / ſo fahren vnd kommen wir dem Todt je lenger je naͤher. Vnd eben alſo redet vom Todt auch Moſes, Pſalm. 90. Du HERR laͤſ - ſeſt die Menſchen ſterben / du laͤſſeſt ſie hinfahren / wie einen Strohm. Geneſ. 15. ſagt Gott zu Abraham: Du ſolt fahren zu deinen Vaͤttern. Daher auch bey den Griechiſchen der Todt den Namen bekommen / daß er ϑἀνατος genennt wirdt / ἀπὸ τοῦ ἀναϑέειν, vom hin oder heymfahren / anzuzeygen / daß wir hie nicht daheym ſeyen / ſondern wie S. Paulus ſagt Philip. 3. Vnſer Buͤr - gerſchafft iſt im Himmel. Vnd wann wir Chriſten ſterben / ſo ſetzen wir vns gleichſam auff ein Gutſchen / darinnen wir auß der frembde heym fahren / in das ewige Vatterlandt. Jm Griechiſchen Text ſtehet das Woͤrtlein ἀπολύειν, das heyßt auff loͤſen / vnd wirt dardurch angezeygt / daß der Todt nichts anders ſey / als ἀπόλυσις τῆς ψυχῆς ἀπὸ τοῦ σώματος: ein auff loͤſung der Seelen vom Leib. Dann ſo lang vnſer leben wehret / iſt die Seel gleichſam an Leib gebunden/ daß ſie nicht kan fahren oder wandeln / wann oder wohin ſie wil: Sie ligt gleich als in einer Gefaͤngnuß eingeſperꝛt / vnd kan mehr nicht thun / weder ſo viel der Leib zugibt / aber im Todt wirdt die Seel auffge - bunden vnd auffgeloͤßt von dem ſchweren vngeſchickten Klotz deß Leibs / vnd frey gemacht. Jſt alſo diß die rechte natuͤrliche defini - tion oder beſchreibung deß Todts / daß er ſey ein ἀπόλυσις, ein auff - loͤſung oder außfahrt der Seelen vom Leib: Aber wie vnſer Glaub vber alle Phyſie / Natur vnd vernunfft iſt: Alſo nennet Simeon vnſern Todt nicht ſchlecht ein ἀπόλυσιν, ſondern ἀπόλυσιν εν εἰρηύῃ, das iſt / ein friedliche auff loͤſung oder heymfahrt / nit allein darumb / daß ein Chriſt / wann er ſtirbt / zu frieden iſt / vnd jhm ohne das nichts an - ders wuͤndſcht / vnd fein fanfft in ſeinem gewiſſen dahin ſtirbt / gleichB iijals14als entſchlieff er / wie dann die Schrifft / der Chriſten Todt ein Schlaff nennet: ſondern daß auch GOtt mit jhm zu frieden / vnnd ſein Leib vnnd Seel zu ruhe vnnd frieden bringt / Dann der ge - rechten Seelen ſind in Gottes Hand / kein Plag ruͤhꝛet ſie an / fuͤr den vnverſtaͤndigen werden ſie angeſehen als ſtuͤrben ſie / vnnd jhr abſchied wirdt fuͤr ein Pein ge - rechnet / vnnd jhr hinfahrt fůr ein verderben / aber ſie ſind im frieden / Sap. 3. Apoc. 14. Selig ſind die Todten / die im HERRN ſterben / ἀπαρτὶ, Amodò, Von nun an. Der Leib deßgleichen kompt zur ruhe / vnnd ruhet in ſeinem Grab / als in einer Schlaffkammer / wie Eſaias davon redet / Eſa. 56. cap. Ja er wirdt erſt recht purgirt vnd gereyniget / nicht allein von aller angeborner oder natuͤrlicher vnehr / ſchwachheit vnnd ſterbligkeit / daß er dermaln eins auffſtehe / herꝛlich / kraͤfftig / oder ſtarck / vnſterb - lich vnd vnverweßlich / ja geyſtlich / 1. Cor. 16. ſonderlich von der Suͤnd / welche in den glaubigen auch nach der Wider geburt vbrig bleibt / vnnd jhnen viel zu ſchaffen macht / Rom. 7. vnnd wann ſonſt nichts wer / als daß / wie durch den Todt alle Suͤnd an Leib vnnd Seel außgefegt wirdt / alſo nun auch auffhoͤrt der beſchwerliche ſtreit wider die Suͤnd / daruͤber S. Paulus ſo ſtarck klagt / vnnd wir nun in jener Welt Gott ohn alle Suͤnd vnnd mackel dienen / vnnd wir nicht mehr ſuͤndigen / alſo auch durch die Suͤnd bey Gott nicht mehr in vngnad kommen koͤnnen / ſo moͤchts doch wol ein friedliche vnd ſelige hinfahrt genennt werden / da wir auß eim zeitlichen truͤb - ſeligen ſuͤndlichen leben / durch den Todt in ein ewiges / froͤliches vnd heiliges leben fahren. Wann einer mit vnfried dahin fahren ſoll / daß er nicht allein vngern ſtirbt / ſondern auch GOtt mit jhm nicht zu frieden iſt / vnd er ſolches in ſeinem gewiſſen empfindet / vnnd nichts anders / als das ewige Helliſche Fewr vor jhm weyß / das iſt wolſchreck -15ſchrecklich / da behuͤt vns lieber Gott fuͤr: Aber im frieden fahren / vndzur ruhe kommen / das iſt ein erwuͤndſchter handel / das gib vns lie - ber Gott im Himmel.

Vierdten ſprichſtu: Wer faͤhrt vnnd ſtirbt denn alſo im friede? Ach daß ich auch einer were / ſo ſolt mir der Todt wol nicht ſchrecklich fuͤrkommen? Darauff gibt das letzte Woͤrtlein dieſes erſten Geſetzlein bericht: HERR laß in friede fahren dei - nen Diener. Simeon hat vnſerm Herrn Gott ein fleiſ - ſigen Diener geben / er iſt frommvnd Gotts foͤrchtig geweſen / daruͤ - ber hat jhm GOtt ein ſolche froͤliche ſelige hinfahrt geſchickt: Alſo haben ſich alle Diener GOttes gleicher gnad zu getroͤſten. Dann wie geſchrieben ſtehet / 1. Sam. 2. Wer mich ehret / den wil ich wider ehren / Alſo / wenn einer Gott trewlich dienet / ſo wil er jhm dagegen ein ſelige froͤliche hinfahrt verleihen. Solch dienen aber muß angeſtellt ſeyn nach Gottes Wort / daß wir thun vnnd laſſen was Gott haben wil / vnd daß wir wider ſeine Gebott vnd Verbott zu handlen vns ſchewen vnd foͤrchten. Dann ſo jemandt mein Wort wirdt halten / ſpricht Chriſtus Johan. 8. der wirt den Todt nicht ſchmecken ewiglich. Vnd wer den HERRN foͤrchtet / ſagt Syrach 7. Cap. dem wirdts wol gehen in der letzten noth. Vnd leben wir dem HERRN / ſpricht S. Pau - lus, Rom. 14. ſo ſterben wir jhm auch. Vnnd kan ein ſolcher auch in der grewlichſten Marter froͤlich ſeyn / vnd ſtirbt gewiß ſelig im frieden dahin. So ſchnur ſchlechts kans wol nicht zugehen / es ſtrauchelt vndfellt auch der gerecht deß Tags ſibenmal / Prov. 24. Aber wann wir nur nicht gern fallen / vnnd nicht mit wil - len ſuͤndigen / auch alſo bald durch ware Rew vnnd Buß vns wider auffrichten / ſo bleiben wir gleichwol Diener Gottes / denen GOttneben16neben anderer zeitlicher ergetzligkeit / auch ein ſeliges Sterbſtuͤnd - lein verleihen wil. Gottloſe Leut / vnd die nicht Gott / ſondern dem Fleyſch / der Welt / vnd dem Teuffel dienen / mit luſt vnnd frewden / wider Gottes Wort vnd Gebott handlen / reden vnd gedencken / die fahren nicht allein vnſelig dahin / vnd hat man bey eins jeden Gott - loſen Menſchen abſchied gewiſſe Bottſchafft zum reichen Mann in die Helle / darinnen ſie ligen wie die abgeſtochene Schaaff auffm haufſen / Pſam 49. vnd da nichts iſt als heulen vnnd Zeenklappern / da jhr Wurm nicht ſtirbt / vnd jhr Fewr nicht verliſcht / Eſa. 66. ſon - dern ſie ſterben auch ſehr vnrůhig / vnd nemen ein end mit ſchrecken / jhr gewiſſen vnd der Todt naget ſie / Pſal. 49. vnd wann einer gleich[meynet] er woͤlle noch wol buß thun / wann er außbuhlet / außgeu - tzet / ꝛc. ſo gehets doch hart zu / wie wir in einem ſchoͤnen Geſang ſingen:

Ich foͤrcht fuͤrwar die Goͤttlich gnad / Die er allzeit verachtet hat / Werd ſchwerlich ob jhm ſchweben. Prov. 1.

GOtt zeucht vielmals die Hand ab / daß ein ſolcher nicht mehr bußHebr. 12. thun kan / wie ſie Eſau mit Threnen geſucht / vnd doch nicht funden. Vnnd wir in der gantzen Schrifft nicht mehr haben als das einig Exempel deß Schaͤchers am Creutz. Derhalben wer heut / morgen / auch im frieden fahren wil / der lerne mit dem frommen Simeon / Gott dem Herrn von jugendt auff dienen / vnnd laſſe ſich alle Tag / Stund vnd Augenblick im dienſt vnnd gehorſam GOttes finden / ſo hat er ſich nicht zu foͤrchten.

Vnd ſo viel vom erſten / nemlich von der propoſition vnnd fůrtrag / welchen Simeon in dieſem ſeinem Geſang thut / vnnd mit einem Wort zu melden / darinnen beſtehet: Jch wil willig vnd gern ſterben.

Ander17

Ander Theyl.

HIERauff folgt nun die confirmation, oder be - weiß deſſen / was Simeon im erſten Geſetzlein ſeines Ge - ſangs proponirt. Dann weil der gute Mann ſo willig vnnd luſtig iſt zum ſterben / fragt ſich / was jhm ſeinen Todt ſo friedlich vndfroͤlich gemacht / vnnd woher es kommen / daß er ſich vorm Todt nicht allein nicht entſetzt / ſondern mit frewden zu ſterben wuͤndſcht vnd begert / vnd wie mans machen muß / daß auch wir zu ſterben lu - ſtig ſeyen? Das zeygt Simeon an im andern theyl dieſes ſeines Geſangs: Dann meine Augen haben deinen Heyland geſehen: Weil ich hab die Stundt erlebt / darauff du mich / Her r vertroͤſtet / daß ich den Todt nicht ſehen ſoll / ich hab dann zuvor den Chriſt deß Herrn geſehen / darauff auch ſo viel Gottſelige Koͤ - nig / vnnd hocherleuchte Propheten / ja alle glaubige in die vier tau - ſent Jahr mit verlangen gewartet / vnnd ſich von hertzen geſoͤhnet: So bin ich willig vnd bereyt zu ſterben: ich wuͤndſch vnd beger mir nicht lenger zu leben. Vnd gleich wie der heilige Ertzvatter Jacob / da er wider all ſein verhoffen ſeines in ſeinem Sinn verlornen Sohns / deß Joſephs / anſichtig wirdt / fuͤr lauter frewden ſagt: Suf - ficit, ich hab gnug gelebt / vnnd beger nun zu meinen Vaͤttern ver - ſammlet zu werden: Alſo weil dem frommen Simeon die gnad wi - derfahren / daß er auff ſeine Arm nemen koͤnnen den / an dem man ſelbiger zeit ſchier verzagt gehabt / ſingt er mit frewden mit dem hei - ligen Ertzvatter das Sufficit, nun iſt mir nichts geſunders / nichts liebers / nichts erwuͤndſchters dann der Todt / lehret hiemit / wer froͤ - lich vnd ſelig ſterben woͤll / vnd im friede fahren / der muß es allein in vnd bey Chriſto ſuchen. Dann wie in keinem andern Heyl / auch kein anderer Name vnder dem Himmel den Menſchen gegeben / darinnen wir ſollen ſelig werden: Alſo iſt auch kein anderer / in demCein18ein Menſch froͤlich vnnd friedlich ſterben koͤnne / als Chriſtus Jeſus / darauß im gegentheyl zu verſtehen / daß auſſer Chri - ſto keiner friedlich oder ſelig ſterben koͤnne. Simeon iſt wol ein frommer Diener GOTtes geweſen / aber wie frommer auch iſt / bawet er doch nicht auff ſein frommkeit vnnd Gottsforcht / daß er ge - ſagt hette: Nun wil ich willig vnnd gern ſterben / dann ich hab mein lebenlang Gott trewlich vnnd fleiſſig dienet / mich fuͤr Suͤnden ge - huͤtet / vnnd bin mir keiner groben offentlichen Suͤnden bewußt: Neyn / das thut Simeon nicht / dann er weyß / daß ſein frommkeit vor Gottes Gericht den ſtich / farb vnd prob nicht halten kan. Dar - vmb er ſeine Augen von eygner frommkeit wendt auff Chriſtum / der allein macht jhn ſo frewdig vnd muhtig zu ſterben / dem gibt er auch allein die Ehre vnnd den Preiß. Alſo hat zwar die Gottsforcht verheyſſung dieſes vnnd deß zukuͤnfftigen Lebens / 1. Ti - moth. 4. Aber dennoch iſt das ewig Leben ja auch ein ſeliger fried - licher abſchied / nicht ein verdienſt vnſerer Gottsforcht vnnd fromm- keit / ſondern alle Ehr vnſers Herrn Chriſti / wer den nicht hat / vnd wenn er ſonſt vor der Welt der aller ehrlichſte Menſch were / ſo were er doch dem Todt zu gering im Harniſch / der Todt wirdt jhm ein ſchrecken abjagen / vnnd die Schantz abgewinnen: Vnnd heyßt wol wie der alte Kirchenlehrer Auguſtinus ſagt: Væhominum vitæ quantumvis laudabili, ſi remotâ miſericordiá diſcutias eam.

E. L. mercken aber mit fleiß / daß Simeon ſagt: Meine Augen haben Chriſtum geſehen: Lehret hiemit / daß jhn das ſehen ſo froͤlich mach zu ſterben / vnd alſo auch vns. Sprichſtu: Wie ſollen oder koͤnnen wir Chriſtum ſehen vnd ergreiffen / der nun gen Himmel gefahren / vnnd biß an Juͤngſten Tag vnſichtbar iſt? Das euſſerliche ſehen vnd greiffen hat Simeon nicht ſo ſelig ge -macht. 19macht. Dann ſonſten hette es andere / ſo dazumal im Tempel mit groſſer anzahl verſammlet geweſen / auch geholffen / vnnd die Kriegs - knecht / die Chriſtum gecreutziget / weren die aller ſeligſten Leut ge - weſen: ſintemal ſie jhn / den Herrn Chriſtum / nicht allein geſe - hen / ſondern am gantzen Leib angegriffen vnd betaſtet haben / wie jhn auch am Juͤngſten Tag alle Gottloſe ſehen / vnnd doch nichts deſto ſeliger ſeyn / ſondern viel mehr deß anblicks erſchrecken werden.

Darumb hat das euſſerliche leibliche ſehen den Simeon nichts geholffen / wann nicht darzu kommen were auch das jnner - lich vnd geyſtlich ſehen / welches beſtehet im Glauben an Chriſtum / dardurch Simeon an Chriſto geſehen hat / was leibliche Augen nicht ſehen koͤnnen / Nemlich daß er ſey Gottes Sohn / vnd der ver - ſprochne Heyland der Welt / das bindts erſt / das thuts allein / vnnd das macht den Simeon ſo frewdig zu ſterben. Alſo wer mit Simeon im friede fahren / froͤlich vnd ſelig ſterben wil / der darff ſich nicht mit Zacheo ſo ſtarck darumb reiſſen / Chriſtum leiblich zu ſehen / ſondern er muß an jhn glauben. Dann wer Chriſtum ſol - cher geſtalt ſihet / vnd an den Sohn Gottes glaubt / der hat das ewig Leben / Joh. 3. er kompt nicht ins Gericht / ſon - dern iſt vom Todt zum Leben hindurch gedrungen / Jo - han. 5. er ſoll nicht ſterben / vnnd wann er gleich ſtirbt / ſo wil er jhn doch am Juͤngſten Tag mit ehren wider aufferwecken / Johan. 6. Glauben aber heyßt nicht nur bloß der Hiſtori nach wiſſen / wer Chriſtus ſeiner Perſon halben ſey / vnnd was er gethan: Sondern es heyßt ſich darauff fiducialiter vnd zu - verſichtiglich verlaſſen / vnd alſo an ſeiner erloͤſung / durch Chriſtum geſchehen / nicht zweiffeln. Wer alſo Chriſtum ſihet / vnd mit dem Glauben ſein erloͤſung ergreifft / der iſt ſelig / wer aber nicht glaubt /C ijſondern20ſondern zweiffelt / oder verzweiffelt / der iſt verdampt. Vnd je ſtaͤr - cker ein Menſch glaubt / je weniger er deß Todts empfindet / vnd iſt gewiß ſelig in ſeinem Glauben.

Vnd hier auß ſihet E. L. was die Papiſtiſche Religion ſey / da man die ſterbende Leut weißt auff die abgeſtorbne Heyligen / vnd ſonderlich auff die Mutter Gottes / die heilige Jungfraw Ma - riam / inmaſſen jhre Ora pro nobiſche Litaney / Collecten, vnd an - dere Buͤcher bezeugen / darinnen vnder andern auch dieſe Wort zu finden: Mater gratiæ, in mortis horâ nos ſuſcipe. Ja das noch mehr / ſo haben ſie einer ſchmotzigen Moͤnchs oder Nonnen Kutten ſo viel krafft zugeſchrieben / daß / wer darinnen ſterb / vnd begraben werd / der ſterb ſelig / In hoc moriens ſalvabitur, daher es auch kommen / daß auß ſolcher einbildung groſſe Potentaten offtermaln jhr Regierung abgetretten / in ein Kutten geſchloffen / oder doch auffs wenigſt / nach jhrem abſterben / darinnen haben woͤllen begra - ben werden / alles der hoffnung / ſie woͤllen deſto ſeliger ſterben: Da - gegen iſt vnſers Herrn Chriſti deſto mehr bey jhnen vergeſſen / vnd gedenckt man ſchon ſeiner / ſo lehret man zweiffeln / vnd gibt fuͤr / es ſey die groͤſte vermeſſenheit / vngezweiffelt glauben / daß man durch Chr iſtum ſelig werde. Welches aber Simeons Geſang ſtracks zuwider laufft / als der allein auff Chriſtum / vnd den glau - ben an jhn zeygt / vnd hierdurch den Todt vberwinden lehret. Jhr ſehet auch im werck ſelbs / daß es lauter thorheit iſt vnd betrug / dann wie ſie Chriſtum / vnd den Glauben an jhn / auß den Augen ſetzen / alſo ſihet man auch / wie ſie ſich vorm Todt entſetzen. Vnd iſt ge - wiß / daß kein Menſch auff dem Papiſtiſchen Glauben froͤlich ſter - ben kan / weil er zweiffeln ſoll / ob er auch gewiß ſelig werde / vnnd wann man jhm auff das beſte zu ſpricht / ſo weißt man jhn ins Feg - fewr / da er erſt ſeine Suͤnd buͤſſen ſoll / ſo viel vnd ſo viel Jahr / nach dem der Suͤnden viel oder wenig ſind / vnndhernach erſt gen Him -mel21mel fahren. Wie erſchrocken vnd verzagt iſt ein vbelthaͤter / wann er ſoll verbrennt werden / vnd iſt doch in einer viertel Stundt / oder wol eher geſchehen? Wie viel verzagter muß ein Papiſt zu ſeinem ſter - ben ſeyn / der zum hoͤchſten troſt hoͤret / wie er ſo viel Jahꝛ im Fegfewr ſoll ſitzen vnnd ſchwitzen / welches jhrem eygnen fuͤrgeben nach / nicht geringer iſt als das Helliſche Fewr / allein daß es nicht ewig wehret: Dargegen gedenckt / wie ſelige Leut wir ſeyen / vnnd wie gut ſterben bey vns ſey / die wir mit Simeon nicht auff vnſer eygen gute vn - volkommene Werck vnd frommkeit / ſondern allein auff Chriſtum glauben vnd abtrucken lehren / vnd iſt auch gewiß / je mehr man die - ſer Lehr folget / vnd je ſtaͤrcker der Glaub iſt / je froͤlicher vnnd ſeliger auch das ſterben iſt. GOTT ſey gelobt in ewigkeit / ſprichſtu / man weißt mich wol ſtarck auff den Glauben an Chriſtum / mit der ver - troͤſtung / wer an jhn glaube / der koͤnne mit fried vnd frewd ſterben / vnnd dahin fahren / das aber ſchreckt mich / das Hebr. 9. ſtehet / einem jeden Menſchen ſey geſetzt nicht allein zu ſterben / ſondern hernach das Gericht / da man muß rechenſchafft ge - ben vmb ein jedes vnnůtzes Wort / Matth. c. 12. da vns vnſer Suͤnd / vnd vmb der Suͤnden willen / Teuffel vnnd Hell anklagen werden. Wie kan dann ein Menſch willig / wil nicht ſagen froͤlich ſeyn zu ſterben? Soll er doch erſchrecken / ſo offt er an den Todt gedenckt / ich wil geſchweigen / wann er ſeiner anſichtig wirdt. Das iſt zwar ein gemeyne vnd ſchwere anfechtung / die da macht daß viel Leut vn - gern ſterben. Darwider aber gibt vns Simeon ein troſt in dieſem ſeinem Gefang / in dem er Chriſtum nennet einen Heyland / an - zuzeygen / daß er vns heyle / geſund vnnd ſelig mache von Suͤnden. Daher jhme auch / auß Goͤttlicher verordnung / der Nam Jesus gegeben worden / vnnd daſſelbig / krafft der Engliſchen außlegung / darumb / dieweil er ſein Volck ſoll ſelig machen von Suͤnden: wo aber die Suͤnd hinweg / da kan weder Klag noch Gericht ſtatt ha -C iijben /22ben: dann wer wil die auſſerwehlte Gottes beſchuldigen? Gott iſt hie der gerecht machet / wer wil verdammen? Chriſtus iſt hie / der geſtorben iſt / ja viel mehr / der auch aufferweckt iſt / welcher iſt zur rechten Gottes / vnd ver - tritt vns / Rom. 8. daher Chriſtus ſelber ſagt Johan. 3. Gott hat ſeinen Sohn nit geſandt in die Welt / daß er die Welt richte / ſondern daß die Welt durch jhn ſelig werde / wer an jhn glaubt / der wirdt nicht gericht. Vnd Johan. 5. da Chriſtus ex profeſſo vom Juͤngſten Gericht redet / mit vermel - den / daß jhm zwar vom Vatter alles Gericht vbergeben ſey / be - thewrt ers hoch / vermittelſt eines doppelten Eyds: So jemandt ſein Wort halte / vnnd glaube dem / der jhn geſandt / der hab das ewig Leben / vnnd komme nicht in das Ge - richt / ꝛc.

V. Hie fellt aber noch etwas fuͤr / welches viel Leut kleinmuͤhtig macht / daß ſie vngern ſterben / ja von hertzen erſchre - cken / wann man vom Todt ſagt / oder der Todt ſelbſt durch kranck - heit bey jhnen anklopffet / als daß ſie jhnen ſelbſt einbilden: Vielleicht ſie der Heyland nichts angehe. Wider dieſe gefaͤhrliche gedancken ſagt Simeon / Chriſtus ſey ein Heyland / welchen GOtt bereytet habe / fuͤr allen / merck / fuͤr allen Voͤlckern. Vndalſo auch fuͤr dich / darumb laß jhn dir verkuͤndigen: daß du zu jhm kommen / vnnd an jhn als deinen Heyland glauben ſolt. Darumb / O lieber Chriſt / ſey getroſt vnd frewe dich / daß Gott Chriſtum fuͤr deinen Heyland be - reytet hat / den mach dir zu eygen durch waren Glauben / ſo biſtu heyl vnd ſelig.

VI. Es laͤßt es aber Simeon bey dem noch nicht er -winden /23winden / daß er Chriſtum einen allgemeynen von Gott be - reyteten Heyland nennt / ſondern er gibt jhm noch ein andern vberauß ſchoͤnen Tittel vnd Namen / vnnd nennet jhn ein Liecht / wil damit abermal removirn, vnd auß dem weg raumen ein ſtuͤck / welches vielen Leuten den Todt ſchrecklich vnd abſchewlich macht / das iſt die Finſternuß deß Todts / daß er den Menſchen beraubt nicht allein deß natuͤrlichen Geſichts / vnnd deß leiblichen Liechts dieſer Welt / ſondern jhn auch / wann er in vnglauben ſtirbt / in die ewige vnnd euſſerſte Finſternuß ſtuͤrtzt / da er das Liecht der gnaden GOttes in ewigkeit nimmer mehr ſehen wirdt / das macht nur / daß jhrer viel vngern daran kommen / wann ſie ſterben ſollen / weil es ſo gar nacht vnd finſter vmb ſie wirdt / vnd ſie keinen ſticken mehr ſehen koͤnnen. Darwider gibt nun Simeon hie auch ſchoͤnen bericht vnd troſt / in dem er Chr iſtum nennt ein Liecht / eben wie er auch Johan. 1. genennt wirdt das warhafftige Liecht / welches al - le Menſchen erleuchtet / die in die Welt kommen / vnnd wie er ſelber iſt der Weg / die Warheit / vnd das Leben / alſo weißt er vns auch den warhafftigen Weg zum Leben in ſeinem Wort / wel - ches ein Liecht iſt vnſern Fuͤſſen. Vnnd damit wir in der fin - ſternuß deß Todes nicht erſticken / in vnſern Hertzen anzuͤnde das Liecht eines rechten Glaubens an jhn. Von dem Liecht redet Za - charias in ſeinem Lobgeſang Luc. 1. cap. daß es ſcheine denen / die da ſitzen in finſternuß / vnnd ſchatten deß Todts / vnd richte vnſere Fuͤß auff den Weg deß friedes. Wer das Liecht mit der Hand deß Glaubens gefaßt / der hat Liechts ge - nug / nicht allein zu leben / ſondern auch zu ſterben: Ja ſelig zu werden.

Jm Bapſtthumb beredet man die Leut / wenn ein ſterbenderMenſch24Menſch ein geweihete Kertzen in die Hand neme / ſo hab er das recht Liecht / in krafft deſſen er durch die Finſternuß deß Todes hindurch paſſiern koͤnne ins ewige Leben: Aber wer thut eim ſterbenden Men - ſchen / wann ein ſolche Kertzen abgeblaſen / jhm auß der Hand fellt / vnnd es ſtick finſter vmb jhn wirdt. Darumb hinweg mit der Ker - tzen / weiter hinweg als die Welt iſt / wilt du friedlich vnnd ſelig ſter - ben / ſo ergreiff mit der Hand deß Glaubens das Liecht / das dir Simeon in die Hand gibt / vnd welches Gott ſelber bereytet hat / das kan vnnd wirdt dir leuchten durch das finſter Thal deß Todts / in das Liecht deß Lebens / wie das Liecht / Chriſtus ſelber ſagt Joh. 8. Jch bin das Liecht der Welt / wer mir nachfolgt / der wirdt nit wandeln in der Finſternuß / ſondern er wirdt das Liecht deß Lebens haben.

E. L. aber merck daß Simeon ſagt / ſolch Liecht ſey bereytet den Heyden / darunder denn auch wir arme Teutſchen / vnnd vn - der den Teutſchen wir Oeſterꝛeicher / vnnd Ober Enſer verſtanden werden. Vnnd iſt ein vber die maſſen troͤſtlichs Wort / wo es mit Glauben ergriffen wirdt / wie dann auch wir Heyden deß Liechts beſſer beduͤrffen als die Juden/ als die wir in viel groͤſſerer finſternuß vnnd Abgoͤtterey geſteckt / dann die Juden / die dennoch jmmerzu Gottes Wort vnd jhre Propheten gehabt. Darumb was Nation einer iſt / ein Oeſterꝛeicher / Steurmaͤrcker / Schwab / er ſey auß Reuſſen oder Preuſſen / Teutſchen oder Welſchlanden / Jud oder Griech / Tuͤrck oder Heyd / wann er nur dieſem Liecht Chriſto nach gehet / an daſſelbig glaubt / ſo wirdt er leben / vnd wann er auffſtehen wirdt vom ſchlaff / ſo wirdt jhn Chriſtus erleuchten.

Noch eins ſetzt Simeon im letzten Geſetzlein ſei - nes Geſangs / nemlich daß Chr iſtus bereytet vnd geſandt worden ſey zum Preiß ſeines Volcks Jſrael. Dardurch verſtehet erdie25die Juden / vnnd wil damit anzeygen / daß Chriſtus der Juden eini - ger rhum ſey / ſie moͤgen ſich ſonſten ruͤhmen was ſie woͤllen / wie ſie dann Gott fuͤr allen andern Nationen vnd Voͤlckern / in vielen ſtuͤ - cken hoch privilegirt vnd herfuͤr gezogen / Rom 9. Aber nichts / wil Simeon ſagen / ſey / deſſen ſie ſich mehr zu rhuͤmen haben / als Chriſtus / alſo daß wer Chriſtum lieb hab / der muß von ſeinet we - gen auch preiſen die Juden / auß welchen dieſer Schatz herkompt.

Doch die wir nun Chriſten heyſſen / ſollen auch Chriſtum al - lein vnſern rhum ſeyn laſſen. Ein reicher rhuͤme ſich nicht ſei - nes reichthumbs / ein ſtarcker nicht ſeiner ſtaͤrcke / ſon - dern wer ſich rhuͤmen wil / der rhuͤme ſich deſſen / daß er mich wiſſe vnnd kenne / daß ich der HERR bin / der barmhertzigkeit / recht vnnd gerechtigkeit vbet auff Er - den / dann ſolches gefellt mir / ſpricht der HERR. S. Paulus, da er 1. Corinth. 1. Chr iſtum preiſet / wie er vns von Gott gemacht ſey zur weißheit / vnd zur gerechtig - keit / vnd zur heiligung / vnnd zur erloͤſung / ſetzt er darzu / es ſey darumb geſchehen / auff daß / wer ſich rhuͤmen wil / ſich rhuͤme deß HERRN. Vnd Gal. 6. . 14. Es ſey ferꝛn von mir rhůmen / dann allein von dem Creutz vnſers HEr - ren Jeſu Chriſti / durch welchen mir die Welt gecreu - tziget iſt / vnnd ich der Welt. Summa / wer ſich eines einigen dings auff der gantzen Welt mehr rhuͤmet vnnd frewet als Chriſti / der iſt ſein nicht werth.

Sehet das iſt der verſtandt dieſes wunderſchoͤnen Geſangs / damit Simeon / der fromme Mann / den Todt gleichſam ange - ſungen. Vnd wer alſo den Herrn Criſtum mit den Augen deßDGlau -26Glaubens / wie Simeon / faſſet / als ſeinen jhme von Gott ſelbs bereyten Heyland vnd Liecht / ja als ſein einigen rhum / der wirdt ſich fuͤr dem Todt ſo wenig als er entſetzen / vnd getroſt / ja mit frewden / ſingen vnd ſagen koͤnnen: HERR nun laͤſſeſtu deinen Die - ner im friede fahren / wie du geſagt haſt / dann meine Augen haben deinen Heyland geſehen / welchen du be - reytet haſt fuͤr allen Voͤlckern / ein Liecht zu erleuchten die Heyden / vnd zum Preiß deines Volcks Jſrael.

Dritter Theyl / Vom Ehrengedaͤchtnuß deß verſtorbenen Herꝛn.

NVN ſollen wir aber fuͤrs dritte nicht vergeſſen / ſondern in allen Ehren gedencken deß Wolgebornen / Chriſtlichen / nunmehr aber in Gott ruhenden Herꝛn / Herꝛn Reicharden / Herꝛn vonStarhemberg / ꝛc. Demſelben aber ſein Lob zu geben / weyß ich ſchier nicht / wo ich an - fahen ſoll / ſoll ich ſagen von ſeinem vhralten loͤblichen Stammen vnd herkommen / ſo befind ich mich hierzu viel zu wenig vnd zu ge - ring / vnnd mangelt mir zwar nicht an Materi / aber an authoritet vnd anſehen / wie auch an Worten vnd wolredenheit / vnnd wolt ich wuͤndſchen / es ſtuͤnde nunmehr nach verꝛichter Predigt ein anderer / den ich wol kenne / an meiner ſtatt / der es / wie mit gutem grund / al - ſo auch mit mehrer gravitet vnd anſehen fuͤr zu bringen wuͤßte. Aber wie dem allen / ſo iſt wiſſend / daß er herkompt von einem vhralten / loͤblichen / vnnd ohn zweiffel auch GOtt wolgefaͤlligen Stammen. Dann ſein Herꝛ Vatter zwar geweſen iſt / der weiland Wol -geborne27geborne Herꝛ / Herꝛ Heinrich / Herꝛ von Starhem - berg / ꝛc. welcher vom Keyſer Maximiliano dem andern / hochlobſeligſter gedaͤchtnuß / zum Regenten der Nider Oe - ſterꝛeichiſchen Landt angenommen / vnnd ſolchen dienſt etlich Jahr mit jhrer May. guten ſatisfaction der geſtalt fuͤrgeſtanden / daß jhr May. jhn hernacher zu dero Reichshoffraht wircklich befoͤr - dert / wie auch zu vielen anſehenlichen Legationen ins Reich zu Chur: vnnd Fuͤrſten gebraucht: Sein Fraw Mutter aber / die weiland Worgeborne Fraw / Fraw Magdalena von Lamberg / Herꝛin von Saunſtein / ꝛc. dieſer beyder Chriſt - lichen Chonleut ehelich erzeugter Sohn / iſt vnſer Herꝛ ſeliger ge - weſen / Herꝛn Eraſm Enckel: Herꝛn Bartholome Vhrenckel: Herꝛn Hanſen dritter Enckel: Herꝛn Caſpars vierdter Enckel: Herꝛn Riedigers fuͤnffter Enckel: Herꝛn Gundackers ſech - ſter Enckel / deſſen Voreltern in den fuͤnfften Grad zu ruck auch Gundacker geheyſſen / vnnd von dem hochloͤblichen vhralten Hauß der Graffſchafft Steyr jhr ankunfft haben.

Wie aber dieſer vnſer Herꝛ ſeliger wolgeborn / alſo iſt er auch wol vnnd Chriſtlich erzogen. Sonderlich aber nach dem ableiben ſeines lieben Herꝛn Vattern ſeligen / von den Herꝛn Gerhaben / denen weiland Wolgebornen Herꝛn / Herꝛn Riediger / Herꝛn von Starhemberg / vnnd auff Schoͤnbuͤhel / ꝛc. Herꝛn Gundackern / Herꝛn von Starhemberg / vnd zu Peurbach / ꝛc. Herꝛn Reicharden Strein / Herꝛn von Schwartzenaw / ꝛc. Herꝛn Hanſen / Herꝛn von Tſcher - nembl / ꝛc. allen Jhꝛ Keyſ. May. Raͤthen / ꝛc. Vnd dem Ed -D ijlen28len vnd Veſten Herꝛn Sigmund Fierern / geweſenen Pfle - gern zu Riedegk / zum ſtudiern auff Trivialn vnd Hoheſchulen mit fleiß gehalten / auch ſonſten zu allen loͤblichen Tugenden vnderwie - ſen worden. Vnd nach dem er in ſtudiis ein gutes Fundament ge - legt / hat er in frembden Landen was zu erfahren / Anno 1590. zu rey - ſen angefangen / hat Italiam geſehen / vnd etliche Jahr darinnen zu - gebracht / iſt ſechsmal in einem Jahr vber Meer geſchifft / hat ſon - derlich das weitberhuͤmpte Koͤnigreich Engelandt perluſtrirt, alda jhm von der maͤchtigen Koͤnigin Eliſabetha groſſe Ehr erzeygt / als von deren er zum offtern zur audientz erfordert worden. Vnnd als er in Schottlandt gezogen / vnderwegen / ſo weit der Koͤnigin Gebiet reychte / in allen Staͤtten ſtattlich / ja Fuͤrſtlich empfangen / vnd einbegleytet worden. Wie nicht weniger auch in Schottlandt jhme vom Koͤnig / vnd ſonderlich der Koͤnigin / als die jhn zum zwey - ten mal zu ſich erfordert / nicht geringe Ehr erwieſen worden. Auß Schottlandt ſind jhr Gn. widerumb in Engelandt kommen / alda ſie ein Frantzoͤſiſchen Geſandten / Vicecomitem Turonium, zu Londen angetroffen / mit dem ſie vber Meer gefahren / vnd nicht ohn groſſe gefahr in Niderland / von dannen vnder der Herꝛn General Staaden anſehenlich[en] Geleyd widerumb in Teutſchland ange - langt / alda ſie vnderſchiedlicher Fuͤrſten Hoͤff beſucht / vnd denſelbi - gen ziemlicher maſſen ſich bekannt gemacht.

Jn dieſen reyſen hat der Herꝛ ſeliger nicht allein vieler Koͤ - nigreich vnnd Land geſetz / gebraͤuch / ſitten / aͤmpter / Provincien / Portus, Staͤtt vnd andere gelegenheit / wie auch der Nationen mo - res vnd thun / auch was an einer jeden loͤblich / oder bedencklich / mit fleiß gemerckt / vnd wo es die gelegenheit gegeben / mit ſonderm luſt vnd nutzen zu erzehlen gewußt / ſondern auch die Sprachen dermaſ - ſen erlernet / daß er ſie nicht allein verſtanden / ſondern auch reden koͤnnen / ſonderlich aber ſind jhre Gn. in Teutſcher / alſo auch La -teini -29teiniſcher / vnd Welſcher Sprach mit reden ſo dapffer / expedit vnd fertig geweſen / daß ſie auch ohne bedacht von wichtiger ſachen vor anſehenlichen Leuten mit verwunderung geredt / vnnd in dem ein ſondere gravitet vnd anmuͤtigkeit gehabt.

Wiewol nun aber ſolches ein groſſe gnad von GOtt / daß der Herꝛ ſeliger vnder deſſelben ſchutz ſo viel Laͤnder durchzogen / ſo iſt doch das noch viel ein groͤſſers / vnnd gleichſamb ein Meerwunder / ja gewißlich ein werck deß heiligen Geyſtes geweſen / daß / ob er wol an ſolchen orten geweſen / da man die Welt vnnd allen jhren Pracht vnd Wolluſt ſihet: Augenluſt / Fleyſchesluſt / hoffertiges leben / vnd da ſo mancherley Voͤlcker vnd Nationen eben ſo wol jhre vitia vnd Vntugendt als Tugendt gleichſamb gen Marckt bringen: daß gleichwol jhr Gn. vnder dem allen in jhrem bluͤhenden Alter / vnnd bey geſundem Leib / ſich in derley Wolluſt vnnd Pracht nicht ver - liebt / vnnd ſeinem Vatterlandt keinen voluptuarium oder Epicu - rer / wie zwar viel geſchicht / heym gebracht. Welches ohn allen zwei - fel daher kommen / weil jhr Gn. von jugendt auff Gott den Herꝛn gefoͤrcht vnd vor augen gehabt / beneben auch fleiſſig gebettet / vnd Gott vmb regierung deß heiligen Geyſtes angeruffen / der jhn auch gnedig behuͤtet hat / daß er mit frembder Nationen vitien vnd vntu - genden nicht angeſteckt / vnd verderbt worden iſt.

Welches billich alle junge Herꝛn deß Landts / ſo von jhren El - tern in frembde Landt etwas zu lernen / zu verſuchen vnd zu erfahren verſchickt werden / wol mercken / vnnd von dem Herꝛn ſeliger ein Ex - empel der nachfolg nemen ſollen / daß ſie die zeit jhrer Jugendt auch alſo anlegen / vnd nicht gedencken / es ſey damit erwunden vnd auß - gericht / wannſie ſich in frembden Landen / als Oeſterꝛeichiſche Land - herꝛn / ſtattlich halten / deß Jahrs ſo viel oder ſo viel tauſent Guͤlden ſpendiren / vnd doch zu letzt nichts / als etwa ein boͤß Gewiſſen vnnd kaͤren Beutel / wo nicht die Frantzoſen darzu heym bringen / derge - ſtalt dann die zeit ſampt dem Gelt vnnuͤtzlich verzehrt / die ElternD iijzum30zum hoͤchſten betruͤbet / vnd heut / morgen / das Vatterland mit der - ley Leuten / ſo in der Jugendt nichts rechtſchaffens geſtudirt vnnd gelernet / vbel verſehen iſt / dann da heyßt es gemeiniglich / wie der Poet ſagt:

Quo ſemel eſt imbuta recens ſervabit odorem Teſta diu. ()

Vnd weil ſie in der frembde deß Prachts vnd Wolluſts gewohnt / woͤllen ſie es hernach in jhrem Vatterlandt fort treiben / vnnd be - kuͤmmern ſich darneben vmb das gemeyne weſen wenig / ja wol gar nichts / daher es auch einig vnd allein kompt / daß die trewe Patrio - ten ſo duͤnn geſaͤet / vnnd ſo wenig ſich finden / die vmb den ſchaden Joſephs ſich bekuͤmmern. Das hat vnſer frommer Herꝛ ſeliger nit gethan / wie er nicht darumb in frembde Landt iſt verſchickt worden / nur pracht vnd wolluſt zu treiben / ſondern etwas zu verſuchen / vnd zu lernen / damit er kuͤnfftig dem Vatterlandt nuͤtzlich dienen koͤnne / alſo hat er ſich vmb daſſelbig mit ernſt angenommen.

Eim ſolchen ehrlichen wolverſuchten vnnd erfahrnen jungen Geſellen aber / wie vnſer Herꝛ ſeliger damaln geweßt / ſtehet auch ein ehrliche dapffere Heyrath wol an. Ein ſolche iſt jhm auch von Gott zugeſtanden / dann ein vernuͤnfftig Weib / ein tugent - ſamb Weib kompt vom HERRN / vnd wirdt dem ge - geben / der Gott foͤrchtet. Weil nun vnſer Herꝛ ſeliger von ju - gendt auff ſich der Gottsforcht befliſſen / hat er deſſen / wie in viel andere weg / alſo auch in ſeiner Heyrath wircklich vnd wol empfindt - lich genoſſen. Dann als er ſeine Mannbare Jahr erꝛeycht / vnnd alsAnno 92. ein junger Herꝛ von 23. Jahren zum Eheſtandt zu greiffen ſich ent - ſchloſſen / hat jhme der barmhertzige GOTt zu einer Gemahlin be - ſchert gar ein tugentſam Fraͤwlein / nemlich die Wolgeborne Fraͤwlein / Fraͤwlein Juliana / ein geliebte Tochter deß wei - land Wolgebornen Herꝛn / Herꝛn Wilhelm / Freyherꝛnvon31von Rogendorff vnnd Mallenburg / Erblandt Hoff - meyſter in Oeſterꝛeich / ꝛc. Roͤm. Keyſ. May. Rath vnd Landt Marſchalck in Oeſterꝛeich / ꝛc. vnd der Wolgebor - nen Frawen / Frawen Anna / gebornen Graͤffin von Widt zu Runckeln vnd Jſenberg / ꝛc. Was fuͤr ein thewren Schatz er an jr gehabt / darvon were viel zu reden / wannes ſich vor jh - ren Ohren zu reden gebuͤrte / das weyß ich / daß der Herꝛ ſeliger die - ſe edle Gab danckbarlich erkennt / wie er auch mit derſelben in die zwentzig Jahr in gluͤck vnd vngluͤck / in ſolcher Chriſtlicher / Eheli - cher lieb / trew vnnd freundtſchafft ſo friedlich vnd Gottſelig gelebt / daß ſie wol ein Exempel frommer Chriſtlicher Eheleut geweſen: vnnd weil conjugium ſine ſobole iſt wie mundus ſine Sole, hat Gott der Herꝛ dieſe beyde fromme Eheleut auch mit Leibsfruͤch - ten geſegnet / vnd jhnen durch ſeinen Goͤttlichen ſegen in wehrendem jhrem Eheſtandt beſchert ſechs Kinder / deren noch vier Soͤhn vndjun - ge Herꝛn im leben. Welches dennabermaln ein beſondere groſſe gnad. Noch viel ein groͤſſers aber iſt das / daß ſie ſich alle vier alſo anlaſſen / daß gute hoffnung / wo ferꝛn ſie alſo fortfahren / vnd jhnen Gott das leben friſten wirdt / ſie werden / wie ſie allbereyt in jhres Herꝛn Vat - ters ſeligen Fußſtapffen zu tretten angefangen / jhne kuͤnfftig erſe - tzen / vnd neben dem gemeynen Weſen / Stammen vnd Namen / wo nicht hoͤher bringen / jedoch erhalten helffen. Vnd muß nemlich et - was zu bedeuten haben / daß Herꝛ Eraſm / der juͤnger vnd dritt vn - der ſeinen Bruͤdern / allbereyt ſo weit kommen / daß jhme zu oͤffentli - chem zeugnuß ſeiner wolhaltung / wie auch Studien / das Rectorat auff der Hohenſchul Marpurg / mit einhelligem conſens der Pro - feſſorum daſelbſten auffgetragen vnd anbefohlen worden / welches auſſer jhme vor dieſem keinem Herꝛn / ſondern allein Fuͤrſtlichen Perſonen widerfahren. Selig ſind die Kinder / die ein ſolchen Vat - ter / vnnd widerumb ſelig ſind die Eltern / die ſolche Kinder haben. Dann32Dann wann der Vatter ſchon ſtirbt / ſo hat er doch ſeines gleichen hinder jhm gelaſſen / der den Freunden wider dienen kan. Selig ſind aber auch die Vnderthanen / die ein ſolchen Herꝛn zur Oberkeit ha - ben / wie Herꝛ Reichard ſeliger geweſen iſt. Dann er iſt geweßt ein Gottsfoͤrchtiger gewiſſenhaffter Regent / der alle ſeine ſachen vnnd handlungen in Kindtlicher forcht Gottes / zu deſſelben Ehr beraht - ſchlagt / angefangen / gehandelt vnnd perficirt hat / darumb ſie auch gemeyniglich gluͤcklich vnd wol gerahten vnnd außgeſchlagen / nachPſ. 1. & 128. der verheyſſung deß H. Geyſtes im erſten Pſalm / da der Mann ſe - lig geprieſen wirdt / der den HERRN foͤrchtet / vnnd auff ſeinen Wegen gehet / dann was ein ſolcher macht / das geraͤht wol / vnd muß lauter gluͤck bey ſeyn. Vnd zwar hat dieſer vnſer Herꝛ ſeliger Gott alſo gefoͤrchtet / daß er dagegen alles Gelt / Gut / Reichthumb/ Ehr vndHerꝛligkeit / ja aller Menſchengunſt nicht geachtet / hat ſich nicht gefoͤrchtet vor denen / die den Leib toͤdten koͤnnen / ſondern allein fuͤr dem / der Leib vnnd Seel toͤdten kan / vnd in das Helliſche Fewer werffen.

Er iſt aber geweßt nicht allein Gottsfoͤrchtig / ſondern auch ein gerechter Mann. Jch rede erſtlich von der gerechtigkeit vor Gott / welche er durch den Glauben an Chriſtum erlangt. Dann er hat mit Abraham glaubt / daß Chriſtus ſey der gebenedeyte Saamen / in welchem alle Geſchlecht der Erden ſollen geſegnet werden: er hat glaubt / daß er ſey der Sohn deß lebendigen GOttes / vom Vatter in ewigkeit geborn / vnnd auch warhafftiger Menſch / in der zeit von der Jungfrawen Maria geboren / zu erloͤſen das gantz Menſchlich geſchlecht: er hat jhn gehalten fuͤr das Haupt derChriſt -33Chriſtlichen Kirchen / vnd fuͤr das einige Fundament / auſſer wel - chem kein anders kan gelegt werden / 1. Cor. 3. Auff dieſen hat er auch gebawt vndvertrawt / dagegen alles das verworffen / was von Chriſto ab / vnd auff ein anders fuͤhrt. Vnd in dieſem ſeinem Glauben iſt er ſo eifferig geweſen / daß ich darfuͤr halte / ehe er denſel - ben verlaugnet / ehe hette er alle Weltliche herꝛligkeit / zeitliche Guͤter vnd Herꝛſchafft verlaſſen / vnnd mit Eleazaro ehe in den ſchmertzli - chen Todt verwilligt / ehe er Menſchen zu gefallen / im wenigſten geheuchelt hette. Jch glaub er were ehe mit Sadrach / Meſach vnd Abednego / den trewen Freunden Danielis, in fewrigen Ofen gan - gen / ehe er jhm hett verwehren laſſen / GOTt nach ſeinem Wort zu dienen / ehe hett er ſich mit Daniel ſelbs laſſen in die Loͤwen Gru - ben werffen. Summa / ſo wol iſt er in dieſem ſeinem Glauben durch Gottes gnad geſtaͤhlet vnnd gehaͤrtet geweſen / daß ich glaub / er hette jhm ehe mit den ſiben Soͤhnen / 2. Macc. 7. die Haut vber die Ohren / ja ein Ader nach der andern auß dem Leib ziehen laſſen / ehe vnd dann er ſein Herrn vnnd Heyland Chriſtum / vel ad ſpe - ciem, verlaugnet hett. Alſo vnd der geſtalt iſt dieſer vnſer lieber Herꝛ ſeliger vor Gott gerecht geweſen / weil er geglaubt hat an den / der den Gottloſen gerecht macht / vnd der den Namen hat vnd fuͤhrt: Herꝛ / der vnſer gerechtigkeit iſt. Wils nicht widerſprechen / daß bey dem Herꝛn ſeliger / neben andern Menſchlichen ſchwachheiten / auch in etlichen ſtuͤcken vnſerer Religion / imperfection vnnd vnvollkom - menheit mit vnder geloffen / wie dann jrꝛen Menſchlich / vnnd auff das Fundament Chriſtum nicht alle Gold vnd Silber / ſondern et - liche Hew vnd Stoppel bawen / vnd die wiſſenſchafft ſo wol als der Glaub ſelbs bey den Chriſten vngleich / in einem groͤſſer / als bey dem andern. Aber weil er ſein imperfection an jhm ſelbs gewußt vnd er - kennt / darneben an den glaubt / in welchem alle Schaͤtz der weißheit vnd erkanntnuß verborgen ligen / vnd der vnsEvon34von Gott gemacht iſt / wie zur heyligung / zur gerechtig - keit / vnnd zur erloͤſung / alſo auch zur weißheit / iſt kein zweiffel / GOTT habe jhm ſein imperfection, ſo wol als andere Menſchliche gebrechen / vmb Chriſti willen / zu gut gehalten / inmaſ - ſen Chriſtus ſelbs mit der ſchwachheit ſeiner lieben Juͤnger vnd A - poſtel gedult getragen.

Es iſt aber der Herꝛ ſeliger gerecht geweſen / nicht allein fuͤr Gott / durch den glauben an Chriſtum / ſondern auch vor der Welt. Dann gerechten ſachen war er von hertzen hold / dieſelbigen auch nach moͤgligkeit zu befoͤrdern jederzeit gefliſſen: wie er dargegen von hertzen daruͤber geſeufftzet vnnd geeyffert / wann es vnrecht zu - gangen. Sonderlich aber hat er bey ſeinen Vnderthanen ob gericht vnd gerechtigkeit mit allem ernſt gehalten / dieſelben wider altes her - kommen nicht beſchwert / wie auch die verbrecher nicht vmb Gelt / ſondern am Leib zu ſtraffen gepflegt. Dann er als ein gerechter Herꝛ bedacht / wann man die Vnderthanen ſtraffen thut an Gelt / ſo gehe es meyſten theyls vber die vnſchuldige Weib vnd Kind. Neben dem / daß ſolche Buben in jhrem frevel vnd mutwillen nur geſterckt wer - den / vnd gedencken / es ſey jhnen vmb ſo viel oder ſo viel guͤlden Gelt zu thun / ſo ſey es bey der Obrigkeit ſchon gebuͤßt / vnnd wann ſie der Obrigkeit kein ſtraffgelt mehr zu geben haben / lauffen ſie davon / laſſen Weib vnd Kind ſitzen / vnnd in der blutigen armut ſchwitzen. An welchem allem warlich allein geitzige Obrigkeit ſchuldig / vnnd daſſelbig dermaln eins gegen GOTt ſchwerlich werden zuverant - worten haben. Vnd wie der Herꝛ ſeliger fuͤr ſein Perſon die Vnder - thanen nit beſchwert / alſo hat er es auch ſeinen Leuten / Pflegern vnd Officirern zu thun keines wegs geſtattet / die Vnderthanen ſelber verhoͤrt / vnd in allen fuͤrfallenden / ſonderlich aber Pupillen ſachen / ſchleinig außrichtung der billigkeit gemaͤß gethan / oder zu thun be - fohlen. Vnd in ſumma ſich in ſeiner Vnderthanen Regierung alſoerwie -35erwieſen / daß ſie an jhme mehr ein Vatter / als Oberkeit gehabt. Nun mehr aber / GOtt im Himmel ſey es geklagt / durch den Todt verlohren / inmaſſen ſolches jhre naſſe Augen / vnnd herablauffende Zaͤhern gnugſam bezeugen. Er iſt geweſt ein dapfferer Herꝛ / eines Heroiſchen vnd vnerſchrockenen gemuͤhts / der kein ſchew getragen / mit Moſe / an ſtatt vnnd im namen der bedrengten Kinder Jſrael / ſeiner mitbruͤder vnnd mitchriſten / fuͤr den Koͤnig Pharao zu tret - ten / vnd zu begeren / daß er ſie ſoll ledig laſſen / vnd nicht verhindern jhrem GOtt zu dienen / wie er dann ſolches mit der that mehrmaln bewieſen / daß er wegen der Religion mit Keyſern / Koͤnig / Fuͤrſten vnnd Herꝛn geredt / vnnd jhm einige entſetzung daruͤber nicht ge - nommen.

Was fuͤr ein freundtlicher / Leut: vnd holdſeliger / ſanfft: vnd demuͤtiger Herꝛ er geweſen / iſt Landkuͤndig. Gegen ſtoltzen vnnd auffgeblaſenen hat er wol auch ſtoltz ſein koͤnnen / aber ſonſten vnd in gemeyn / hat ſich an jhm erzeygt vnd ſehen laſſen / ein ſolche angebor - ne freundtligkeit vnd demut / daß er damit einem das Hertz bald ge - wonnen / vnd auch groſſer Potentaten gnad vnd gunſt jhme conci - liirt vnd zuwegen gebracht hat. Wie barmhertzig / wie guͤtig / wie mitleidig er gegen armen Leuten geweſen / iſt nicht allein darbey ab - zunemen / daß er bey lebzeiten armen Leuten gern gegeben / wie er dann allhie zu Helmansoͤd einen ſchoͤnen Spittal / ſo vor Augen / von grund auff erbawen laſſen / vnnd zu vnderhaltung der Armen / mit einem ſtattlichen Zehendt begabt hat / ſondern auch in ſeinem Teſtament verſchafft / daß zweyhundert arme Perſonen / nach ſei - nem Todt ſollen bekleydet / vnd einer jeden Perſon ſechs elen Tuch / neben einem guͤlden Gelt / dann auch zwo Malzeit / vnnd bey jeder ſechs wol zugerichte Speiſen / neben einer halben Maß Wein / ſoll gereycht vnd gegeben werden / inmaſſen zu vollziehung dieſes ſeines Teſtamentlichen letzten willens / von den Herꝛn Gerhaben ein ſon - derer Tag wirdt beſtimpt vnd angeſetzt werden.

E ijWas36

Alluſio ad nomen, Reichart: Ratreich.Was ſoll ich ſagen von ſeinem Rhatreichen verſtand / ver - nunfft / weißheit vnd fuͤrſichtigkeit / damit es jhm wenig gleich / we - niger aber bevor thun werden. Daher er dann auch / wegen dieſer vnnd anderer qualiteren, zu den anſehenlichſten ſtattlichſten com - miſſionen, ſonderlich in ſachen das gemeyne weſen / vnd liebe Vat - terlandt betreffendt / gebraucht worden / daſſelbige auch mit ſolcher dexteritet, fleiß vnnd trew / wiewol nicht ohne groſſe gefahr / aber doch gluͤcklich / der geſtalt verꝛichtet / daß damit menniglich wol zu frieden geweſen: Ja Jhr Keyſ. May. ſelbs dieſen ſeinen getrewen fleiß gerhuͤmet / ſolches auch gegen ſeinem hinderlaſſenen Weib vnd Kindern / mit Keyſerlichen Gnaden zu erkennen / ſich gegen dem Wolgebornen / meinem gnedigen Herꝛn / Herꝛn Era - ſmo / dem eltern Herꝛn von Starhemberg / ꝛc. in juͤngſt gehabter audientz, aller gnedigſt erklaͤret. Vnd damit man mich nicht verdencken moͤcht / als wolt ich hiemit ſeinen befreundten heu - cheln / So bitte E. L. ich / ſie erlaube mir auffs kuͤrtzeſt zu erzehlen / was fuͤr gefaͤhꝛliche anſehenliche Commiſſiones der Herꝛ ſeliger die kurtze zeit ſeines lebens verꝛichtet. Jch proteſtir aber vorher fo - lenniter, vnnd beſter form / daß durch ſolche erzehlung / keinem eini - gen Landtherꝛn an ſeinem Lob ich das wenigſte wil derogirt oder præjudicirt haben / als wann er allein alles / andere aber zu dienſt deß Vatterlandts nichts verꝛichtet. Dann mir vnverborgen / daß auch andere das jhrig bey dem gemeynen weſen bißhero trewhertzig gethan: Sondern wz dieſes orts geſchicht / geſchihet wie dem Herꝛn ſeliger zu wolverdientem lob / alſo auch darumb / damit nicht allein ſeine hinderlaſſene Soͤhn / ſondern alle andere junge Herꝛn deß Landts / durch ſolch Exempel zur nachfolg vnd gleichen Tugenden / erweckt vnd auffgemundert werden.

Deß Herꝛn ſeligen 1. Commiſ - ſion, An. 95.Deß Herꝛn ſeligen aller erſte Commiſſion iſt geweſen / daß er An. 1595. den 28. Julii, Don Paulum Sfortza, ſampt deſſelben Rit -terli -37terlichen Geſellſchafft / an deß Landts Confin angenommen / vnnd durchs Landt begleytet.

Vnd als eben in demſelben Jahr / der leydig Bawren Auff -II. Anno 95. ſtandt ſich erꝛegt / iſt der Herꝛ ſeliger an die Roͤm. Keyſ. May. Ru - dolffum / den andern / von denen heroberigen Staͤnden / auff der Poſt nach Prag geſchickt worden. Von dannen er auch / ſo wol muͤndt: als ſchrifftlich beſcheydt bekommen / ꝛc.

Anno 98. iſt der Herꝛ ſeliger zu Jhrer Fuͤrſtlichen Durch -III. Anno 98. leichtig. Ertzhertzogen Maximilian / als dazumal Guberna - torn der Oeſterꝛeichiſchen Landt / von den Staͤnden nach Wien ab - gefertiget worden / vmb ein Interceſſion von Jhr Durchleutigkeit an Keyſ. May. außzubitten / wegen der beſchwerlichen vndLand ver - derblichen Reformation. Vndweil Jhr Durchleuchtigkeit / gleich - wol ein General Jnterceſſion ertheylt / wegen der Jnſtantz / die Staͤndt dabey handtzuhaben / wie auch die Religion den zweyen Staͤnden / ſo viel citra præjudicium ſeyn koͤnne / zu zulaſſen: iſt dabey abzunemen / mit was eifferigem fleiß der Herꝛ ſeliger ſolche Commiſſion verꝛichtet.

Anno 600. iſt der Herꝛ ſeliger abermals von den StaͤndenIV. Anno 600. nach Praag geſchickt worden / vmb abwendung deß Schoͤnburge - riſchen vnd Moͤrſpurgeriſchen Muſterplatz.

Eodem Anno abermal von denen dreyen Staͤnden zu JhrV. Anno 600. Keyſ. May. nach Praag abgeordnet worden / zu fortſetzung der An - no 99. angebrachten gravaminum, fuͤrnemlich wegen deß dazu - maln geweſenen Landt Hauptmanns beſchwerlichen eingriff.

Jm folgenden 601. Jahr / iſt der Herꝛ ſeliger zu Jhr Durch -VI. Anno 601. leuchtigkeit / Ertzherzogen Matthias / nach Preßburg ab - gefertiget worden / die beſchehene Citation der verordneten zu ent - ſchuldigen / benebens auch zu bitten / die verordneten zu hoͤren / vnnd ſich zum Staͤnden aller Pflicht ſchuldigkeiten gnedigſt zu verſehen /E iijda38da dann die loͤbliche Staͤnde vom Herꝛn ſeliger auffs beſt / mit ſtatt - licher Muͤndtlicher außfuͤhrung der vngleichen angebungen / bey Jhrer Durchleuchtigkeit entſchuldigt worden.

VII. Anno 601.Eodem Anno iſt der Herꝛ ſeliger nach Wien erfordert woꝛ - den / neben ſieben andern Herꝛn / vnd Ritterſtandts Perſonen / alles / weil in Religions ſachen er ſo eifferig ſich gebrauchen laſſen / fuͤr - nemlich aber / daß man die Predigt im Landthauß abſtellen ſoll.

VIII. Anno 603.Anno 603. iſt der Herꝛ ſeliger zum Verordneten im loͤblichen Herꝛn Standt erkießt worden / welches Ampt er biß auff den April / deß 1607. Jahrs getragen / vnd demſelben mit guter ſatisfaction der loͤblichen Staͤnde / wiewol zu einer gar gefaͤhrlichen zeit / da die Reformation im Landt am ſtaͤrckſten geweſen / vorgeſtanden.

IX. Anno 604.Anno 604. iſt der Herꝛ ſeliger von den zweyen Staͤnden zu Keyſ. May. nach Praag abgeoꝛdnet worden / wegen der erledigung der Anno 603. vbergebenen beſchwaͤhrung / die Landt Rhats ſtellen mit tauglichen vnd gebornen angeſeſſenen Landtleuten / den freyhei - ten vñ herkommen gemaͤß / zu erſetzen. Wie auch eben in dem Jahr / als Novigrad eingenommen worden / der Herꝛ ſeliger bey jetziger Keyſ. May. damaln Ertzherzogen / im Feld geweſen iſt.

X. Anno 607.Anno 607. hat der Herꝛ ſeliger abermal naher Praag tantzen muͤſſen / wegen deß Hoffkirchiſchen Regiments / daß ſolches nicht ins Landt gelegt werde / vnnd ſind darauff die Staͤnde zu verſcho - nung deß Lands von Jhr Durchleuchtigkeit auff ein gewiſſe Sum - ma Gelts verſichert worden.

XI. Anno 608.Anno 608. iſt der Herꝛ ſeliger auff dem Preßburgiſchen Convent als ein geſandter ob der Enß / neben dem anderen Auß - ſchuß erſchienen / allda er im namen der Vnder vnnd Ober Oeſter - reichiſchen Staͤnde / das erſte anbringen / vnd die Rede an die Hun - garen gethan.

XII. Eodem anno. Vnd als jhre Gn. nach approbation deß Preßburgiſchen ſchluß von Jhr Durchleuchtigkeit / Ertzherzogen Matthias, in dasReich39Reich verſchickt worden / haben hoͤchſtgedachte Jhre Durchl. hiſce formalibus, ſich gegen jhme gnaͤdigſt erklaͤret / ſie woͤllen ſolches je - derzeit gegen jhme vnd den ſeinigen mit gnaden erkennen. Darauff er dieſe / wiewol vberauß gefaͤhrliche Commiſſion, daran der jetzi - gen Keyſ. May. hoͤchſte wolfahrt gelegen war / vber ſich genommen / vnd zu Jhrer Durchl. gutem contentement verꝛichtet / vnnd der - ſelben zu Znam in Maͤhren Relation gethan.

Von ſolcher Reyß hat der Herꝛ ſeliger nicht wol verſchnau -XIII. Eodem anno. fen koͤnnen / er iſt von Colin in Boͤhem / von Jhr Durchl. in die Schleſien zu den Fuͤrſten vnnd Staͤnden ablegirt worden / mit dem gnedigſten befelch / neben den Hungern vnd Maͤh - ren / die Rede vnddas anbringen zu thun. Was dieſe ſeine abſendung / vnd die von jhm gebrauchte perſuaſionen gewircket / hat der Herꝛn Schleſiern in das Laͤger Jhrer Durchl. vor Praag geſchickte Le - gation / vnnd darauff erfolgte Reſolution / in dem ſie ad partes Ar - chiducis bald hernach getretten / zu erkennen geben.

Jm folgenden 609. Jahr iſt der Herꝛ ſeliger von denen hero -XIV. Anno 609. berigen Staͤnden zu den Vnder Oeſterꝛeichiſchen nach Horn ab - geordnet worden / in deß Landts hochwichtigen weit außſehenden ſachen / vnnd hat ſolche Commiſſion von anfangs deß Jahrs / biß auff den 9. Aprilis gewehret / darunder viel ſtarcke vnd ſchwere tra - ctationes fuͤrgeloffen / biß endlich den 14. ejuſdem, der friedliche accord geſchloſſen worden.

Darauff der Herꝛ ſeliger als bald von Horn auß / in dasXV. Eodem anno. Marggraffthumb Maͤhren / verꝛeyßt / neben andern geſandten / ge - gen den loͤblichen Staͤnden / der gehabten bemuͤhung / vnnd gepfleg - ten vnderhandlung ſich zu bedancken / welches er auch bey den O - berſten Landt Officirn / vnd Landrecht beyſitzern ſtattlich verꝛichtet / vnd die Commiſſion abgelegt.

Anno40

XVI. Anno 610.Anno 610. wie das Paſſaweriſch Volck geworben wor - den / haben Jhr Keyſ. May. neben andern den Herꝛn ſeligen in ſpe - cie von denen heroberigen Staͤnden / den andern Jhrer May. Land - außſchuͤſſen zu aſſiſtirn, nach Wien erfordert / vnd gnedigſt begert.

XVII. Eodem anno. Wie eifferig / wie trewhertzig / wie auffrichtig der Herꝛ ſeliger / die neben dem Fuͤrſten von Liechtenſtein / vnd oberſten Cam - merern / nach Praag / zu Jhr Keyſ. May. auffgetragene Commiſ - ſion verꝛichtet / werden hoͤchſtgedacht Jhr Keyſ. May. ſelbs zeug - nuß geben.

XVIII. Eodem anno. Nach ablegung dieſer Commiſſion, hat ſich der Herꝛ ſeliger ein gute zeit zu Wien / als ein geſandter ob der Enß / auffgehalte[n]/ biß die tractation zwiſchen jetziger vnd voriger Keyſ. May. durch mittel der damals anweſenden Churf: Ertzherzogen vnnd Fůrſten jhr endſchafft erꝛeycht.

Kurtz zuvor / ehe der Ramé ins Landt gefallen / welches der Herꝛ ſeliger zu Wien / ſeinen Herꝛn Collegen propheceyt gehabt / haben abermal Jhr May. jhne hinab zu ſchicken / von denen herobe - rigen Staͤnden gnedigſt begert.

XIX. Eodem anno. Es iſt aber dazumal der Herꝛ ſeliger durch den Obriſten Ra - me, zu dem er von den Staͤnden geſchickt / wider trawen vnnd glau - ben / auffgehalten worden. Was der Herꝛ ſeliger damalen fuͤr aller - hand vnderbawung vnnd perſuaſionen gegen jhm Rame / Jhr May. vnnd dem Vatterlandt zum beſten gebraucht / das iſt Jhr May. bewußt / die ſonſten vielleicht durch vieler Leut vntrew / vnnd Prageriſchen gefaͤhrlichen Practicken / noch in groͤſſer gefahr kom - men were / welches der Herꝛ ſeliger mit gebrauchter fuͤrſichtigkeit vernuͤnfftig vnderkommen / vnd in Summa / die ſach jhme mit ſol - chem ernſt laſſen angelegen ſeyn / daß / da er vermerckt / wie jhn der Rame gern mit liſt / mit ſich weiter in Boͤhem auß dem Landt zu ziehen bewegt hett / er ſich vnerſchrocken vernemen laſſen / daß manjhn41jhn lebendig von dem orth / vnnd auß ſeinem Zimmer nicht bringen ſoll / ſondern daß er reſolvirt, ehe er ſeinem gnedigſten Herꝛn / vnnd dem Vatterlandt etwas vergeben woͤll / ſich ehe angeſichts ſeiner Augen zu ſtuͤcken zu hawen laſſen.

Nach dieſem / vnd als bald der Herꝛ ſeliger vom Rame entle -XX. Anno 1611. diget / iſt er / vngeachtet das Paſſawiſch Volck ſich eins theyls auff ſeine Guͤter quartirt, mit derſelben groſſen ſchaden vnd verderben / dennoch nach Wien geeilet / allda Jhr May. nit allein den beſchwer - lichen zuſtand deß Vatterlands zu berichten / ſondern auch neben andern / dero Landen Außſchuͤſſen / in berathſchlagung deß andern Zugs in Boͤhem / gehorſamſt beyzuwohnen.

Nach verꝛichtung deß Zugs / in welchem der Herꝛ ſeliger Jh -XXI. Eodem anno. rer May. nachgefolget / haben Jhre May. jhn abermals zu den Pro - teſtirenden Chur: vnd Fuͤrſten / ſo wol dieſer fuͤr genommenen expe -XXII. Eodem anno. dition, als auch einer anderen hochwichtigen ſachen / daran Jhr May. hoͤchſte wolfahrt gelegen / abgefertiget. Mit was ernſt vnnd eiffer der Herꝛ ſeliger Jhr May. auffnemen vnnd wolfahrt jhme mehrers / als ſein eygen leben / welches dazumal ſo wol als zuvor / auff der Wag vnd euſſerſten Spitzen geſtanden / hab angelegen ſeyn laſſen / werden die anſehenliche Chur: Fuͤrſten vnnd Staͤnde deß Reichs / jhm ohngezweiffelte zeugnuß geben / ja es bezeugens die ſchrifftlichen Vhrkundt Jhrer May. ſelbs / mit inſerirter gnedig - ſter zuſag kuͤnfftiger erkanntnuß. Jnmaſſen jhm bald darauff der Hoff Cammer Rhat Dienſt / durch die Herꝛn Geheymen angetra - gen worden / doch mit dem anzeygen / daß jhm freyſtehen ſoll / dieſen Dienſt zu bedienen / vnd in Rhat zu gehen / oder nicht / doch zu anzey - gung deß wircklichen Rhatdienſts / ſoll er anfangs zweymal den Rhat beſuchen. Deſſen er ſich bedanckt / vnnd angenommen / doch mit dieſer condition, zu ſolchem Dienſt nicht wircklich verbunden zu ſeyn / welches jhme auch verſprochen worden.

Nach ablegung vorgedachter Commiſſion, ob wol derFHerꝛ42Herꝛ ſeliger darfuͤr gebeten / ſeiner mit weitern abſendungen zu ver - ſchonen / iſt jhme doch ſolches rundt abgeſchlagen worden / mit ver - meldung / er ſoll der ſachen vollends biß zu ende abwarten / vnnd daß man jhn / biß die ſachen im Reich auch zu ende gebracht / nicht ent - laſſen koͤnne.

XXIII. Eodem anno. Darauff / vnd bald hernach / iſt er zu dem damalen zu Muͤl - hauſen angeſtellten / nachgehendts aber gen Nuͤrnberg verleg - ten Collegat Tag / neben andern Jhrer May. anſehenlichen abge - ſandten deputirt, zu ſolchem ende nach Praag citiert, vnd die in - ſtruction, ſo auch auff den Herꝛn ſeliger in ſpecie gelautet / abge - hoͤrt worden / ja es haben Jhre May. als der Herꝛ ſeliger licentz na - her Hauß genommen / hiſce formalibus, jhm gnedigſt befohlen / er ſoll ſich ſtuͤndlich gefaßt halten / auff daß er auff jede erforderung / ſich alſo bald auff die Reyß begeben koͤnne. Was dem Herꝛn ſeliger in dieſen ſo vielfaͤltigen Reyſen / ſtarcken Commiſſionen, vnnd ſo lang von Hauß auß ſein / fuͤr arbeyt / muͤhe / Kopff vnd Schlaffbre - chens / wie auch vnkoſten auffgelauffen / vnnd was fuͤr ſchaden jhme in privatis darauß erfolget / gibt man einem jeden vernuͤnfftigẽ / ſei - nem beywohnenden verſtandt nach / zu ermeſſen / Gott iſt es am be - ſten bekannt. Einmal iſt das gewiß / nach dem er von Natur ein ſchwacher Herꝛ geweſen / vnnd jhme die anbefohlene ſachen ſo vber - auß eifferig angelegen ſeyn laſſen / es habe ſolches zu fruͤhezeitiger abbrechung ſeines Lebens nicht wenig vrſach gegeben / vnnd hat wol mit jhm geheyſſen / aliis inſerviendo conſumor. Wie ein Liecht / in dem es andern leuchtet / ſich ſelber verzehret / alſo hat der Herꝛ ſe - liger durch die Dienſt / ſo er dem Vatterlandt erzeyget / ſich ſelbs verzehret / daß er zu letzt außgeloſchen / nicht anders als wie ein Liecht.

XXIV. Anno 613.Dann als Jhr Gn. Anno 1613. von den loͤblichen Staͤnden dieſes Lands / zu den Vnder Oeſterꝛeichiſchen Staͤnden abgeſandtwor -43worden / ohngeacht ſie ſich allbereyt im Haupt vbel befunden / ſon - derlich aber die Augen ſehr geklagt / hat der Herꝛ ſeliger ſich doch nichts deſto weniger zu ſolcher abſendung vberꝛeden vnnd brauchen laſſen / aber was er jhm ſelbſten vorher nicht allein propheceyt / ſon - dern auch gewuͤndſcht / das iſt jhm widerfahren. Propheceyet hat er jhm ſelbs / als er die anbefohlene Commiſſion zu verꝛichten / ſich auff die Reyß begeben woͤllen / man ſchick jhn wol auff Wien hin - under / aber todt werd man jhn wider herauff fuͤhren. So iſt er auch / ohngeacht ſeines ſchlechten Alters / dieſes Lebens ſo ſatt vnnd vber - druͤſſig geweſen / daß er jhme / wie hievor zum offtern / alſo auch nur zehen Tag vor ſeinem ende gewuͤndſcht / GOtt woͤlle jhn eheſt erloͤſen auß dieſer argen Welt / die voll Suͤnd vnd aͤrgernuß / vnd jhme helffen in das ander Leben / da er Gott ohne Suͤnd dienen vnd anſchawen koͤnne / wie ſeine formalia in einem ſondern / an ſeinen Herꝛn Brudern abgangenen Schreiben lauten. Wie nun dem Gottloſen gemeyniglich widerfehrt / was er foͤrcht / alſo thut hinwi - derumb der Herr / was die Gottsfoͤrchtigen begeren / der hat jhn ſeines wundſchs vnnd ſeiner bitt mit dem frommen Simeon / mit gnaden gewaͤhrt / vnnd eben bald auß dieſem Jammerthal abgefor - dert. Vns zwar / vnd dem Vatterlandt / welchem er Alters halben noch lang nuͤtzlich dienen koͤnnen / gar zu bald / vnd viel zu fruͤhe / aber jhm ſelbs / der ohne das nichts anders gewuͤndſcht vnd begert / gar zu rechter zeit / ſonderlich weil der barmhertzig Gott ſo ſchnell vnnd ge - ſchwind mit jhme auß dieſer Welt geeylet / vnnd alſo zu reden / in ei - nem Augenblick / der Seelen nach / in die ewige Frewd verſetzt: nicht anders / als wie der fromme Enoch / den Leuten ploͤtzlich auß den Augen weggeruckt / daß er nicht mehr geſehen ward / oder wie Elias / der Prophet / auch eben geſchwindt / mit fewrigen Roſſen vnd Wagen gen Himmel geholet worden. Dann damit E. L. wiſſe /F ijwie44wie es mit ſeinem abſchied zugegangen: Als jhre Gn. den 8. Tag Februarii, dieſes 1613. Jahrs / neben andern Graffen vnnd Herꝛn / bey dem Herꝛn Hoff Marſchalck / Herꝛn Wolff Sig - munden / Herꝛn von Loſenſtein / ꝛc. das fruͤh Mal einge - nommen / vnd nach gehaltener Malzeit / gar nuͤchtern / den Fůrſten von Liechtenſtein / auff zwo ſtundt lang beſucht / vnnd mit jhr Fuͤrſtl. Gn. allerley geredt: ſind ſie von dannen ohngefaͤhr zwiſchen drey vnnd vier vhr nach Mittag / zu dem Herꝛn von Walden - ſtein / Obriſten Landthoffmeyſter in Boͤhem / jhne eben - maͤſſig zu beſuchen / gefahren / bey welchen allbereyt waren Graff Friderich von Hohenlohe / Herꝛ Wolff Sigmundt von Loſenſtein / Hoffmarſchalck / vnd andere mehr Herꝛn. Jn dem nun Jhre Gn. in deß Herꝛn von Waldenſtein Zimmer kom - men / jnen allen die Hand gegeben / vndnun dem Herꝛn von Loſen - ſtein / Hoffmarſchalcken / jhme gleichfalls die Hand zu bieten / zugangen / griffen Jhre Gn. im gehen / mit der rechten Handt / an die rechte ſeiten deß Kopffs / vnnd ſagten: O wehe / mein Herꝛ Bruder / wie thut mir mein Kopff ſo wehe / O wehe / mein HERR Jeſu Chriſte / mich trifft der Schlag. Nach ſolchen Worten fieng Jhr Gn. an zu ſincken / wurden aber als bald vom Herꝛn Hoffmarſchalcken / vnd andern anweſen - den Herꝛn ergriffen / vnnd in ein Seſſel geſetzt. Darauff als Jhr Gn. Diener hinein gefordert worden / haben ſie deren einen mit Namen geruffen / jhn bey der Handt ergriffen / vnd begert / jhme den Fluß von der rechten ſeiten deß Haupts / herunder zu ſtreichen / vnd daſſelbig etlich mal widerholet / mit vermelden / wo der ſchmertz am groͤſſeſten. Bald hernach / ob wol die Zung etwas ſchwer wor -den /45den / haben doch Jhr Gn. mit verſtaͤndtlichen Worten angefangen zu klagen: Ach Gott / ich hab mich lang darfuͤr gefoͤrcht / dann die Starhemberger vnd Rogendorffer haben alle die - ſe Kranckheit gehabt. Vnd dieſe zwey Wort: Ach GOTT / haben Jhre Gn. zum offtern / ſo lang ſie reden koͤnnen / repetirt. Dar - auff Jhr Gn. von den vmbſtehenden troͤſtlichen zugeſprochen wor - den / es werde / weil Jhre G. den rechten Arm noch fein zum Mundt vnd Haupt bringen / vnd ſo verſtaͤndtlich reden koͤnnen / noch der zeit kein gefahr haben / vnd ſich mit Gott bald widerumb zur beſſerung ſchicken. Vnder deſſen man Jhr Gn. Fraw Gemahlin ſolches zu erinnern befohlen / welches aber der Herꝛ ſeliger bald hernach wi - derſprochen / vnd darfuͤr gebeten: Laßt der Frawen nichts ſa - den / ſie wůrde ſonſt zu ſehr erſchrecken. Als nun hie zwi - ſchen die Fraw vngeſaumpt herbey kommen / haben Jhr Gn. nicht mehr reden koͤnnen / aber mit der Handt / vnnd andern geberden / ſo viel zu verſtehen geben / daß ſie ſich zu friedengeben ſoll. Darauff / vndbald hernach / iſt der fromme Herꝛ / als man jhn ins Beth / in ein an - der Zimmer gebracht / vngefaͤhr vmb ſechs vhr / in beyſein vieler Graffen / Herꝛn vnd Frawen / im 43. Jahr ſeines Alters / in Gott dem Herrn ſanfft vnd ſtill entſchlaffen.

Wiewol nun dieſer vnſers frommen Herꝛn ſeliger abſchied in allweg alſo beſchaffen / daß kein ohn paſſionirter Chriſt etwas arges darauß zu vermuhten hat: jedoch weil es Menſchliche vernunfft nicht gar laſſen kan / vnnd manchen / ſonderlich aber den nechſt be - freundten etwas ſchwer vnnd ſeltzam fuͤrkommen moͤcht / daß der Herꝛ ſeliger ſo ſchnell dahin gefahren / vnnd von ſeiner liebſten Frawen Gemahlin / Herꝛn Brudern / vnnd andern nicht vrlaub nemen koͤnnen / vnd es ſchier dahin moͤcht gedeutet vnnd ver - ſtanden werden / als wenn es ſeinet halben ein boͤſes zeychen were:F iijhat46hat man zu bedencken / daß ſein Todt ſo ſchnell nicht geweſen / als er ſich anſehen laͤßt. Dann neben dem / daß er nun ein gute zeit hero mit ſterbens gedancken vmbgangen / vndalſo von ſeinen Befreundten vr - laub genommen / ſo offt er mit denſelbigen von ſeinem Todt geredt: hat er ſich ein gute zeit vorher / ehe vnd dann er auff Wien gezogen / vbel befunden / vnnd ſeinen ſchmertzen geklagt. Daß er aber nichts deſto weniger / zu der letzten abſendung nach Wien ſich bewegen laſſen / vnd nicht viel mehr / zu verſchonung ſein ſelbs / ſich zu Betth gelegt / das hat gemacht die tieff eingewurtzelte affection vnd liebe / ſo er jederzeit zum Vatterlandt getragen / die hat jhn gleichſam al - ler empfindtligkeit beraubt / daß er den gefaͤhrlichen zuſtandt ſeines Leibs / nicht ſo wol in acht genommen. Geſetzt aber gar / es were der Herꝛ ſeliger ohn all vorgehende ſchmertzen / welches doch nicht iſt / alſo ſchnell dahin gefahren: vnd was iſts denn mehr? Sintemal es ein verkehrte betriegliche weiß iſt / auß dem Todt an jhm ſelbs von der Perſon zu judicirn vnd zu vrtheylen: ſondern an dem alles ge - legen ſeyn wil / wie der Menſch / ſo geſtorben / vorher diſponirt, ob er fromb vnd glaubig / oder Gottloß vnd vnglaubig geweſen. Dann iſt ein Menſch fromb vnnd glaubig / ſo kan ſein Todt anders nicht als gut / ja koͤſtlich ſeyn vor dem Herrn / wie im 116. Pſalmen ge - ſchrieben ſtehet / er ſey ſo ſchnell vnnd vnverſehens als er woͤlle. Jſt der Menſch Gottloß vnd vnglaubig / ſo kan ſein Todt anders nicht als boͤß / ja verdammlich ſeyn / vnnd wie es einem Gottloſen zur ſelig - keit nichts fuͤrtregt / wann er langſamb ſtirbt / ob er gleich zehen / zwantzig oder mehr Jahr zum ſterben hat. Alſo kan es einem from - men an ſeiner ſeligkeit nichts præjudicirn, wann er gleich ploͤtzlich / ja in einem augenblick ſein leben enden ſolte.

Chr iſtus Je ſus iſt ſelbs geſtorben / ohn kranck ſeyn / ſo ſchnell / daß auch Pilatus ſich daruͤber verwundert / vnd es ſchier nicht glau - ben wil / biß er vom Hauptmann bericht eingezogen / wie dann eben darumb ein Kriegsknecht ſeine Seiten mit einem Speer geoͤffnet /damit47damit er ſehe / ob er todt ſey / oder nicht. So ſchreibt vnnd helt man darfuͤr / daß der Juͤnger / welchen der Herr Chriſtus vor andern lieb gehabt / am Schlag / vnnd alſo eben an der Kranckheit geſtor - ben / daran vnſer frommer Herꝛ ſeliger geſtorben. So ſagt Paulus Rom. 8. daß denen die Gott lieben / alles / vnnd alſo auch ein ſchneller Todt / zum beſten dienen muß / freylich wol zum be - ſten. Dann je ſchneller ein glaubiger Chriſt ſein leben endet / je ehe er auß der vnruhe zur ruhe / auß der Welt in Himmel / zu Gott vnnd dem Herrn Chriſto kompt / vnnd darneben vieler ſchmertzen vberhaben iſt / die bey einem langſamen ſterben ſich befinden. Sum - ma / einen glaubigenChꝛiſtenkan weder Tod noch Leben ſchey - den von der Liebe GOTTes / wie abermals Paulus ſagt Rom. 8. kan jhn der Todt ſelbs nicht ſcheyden von Gott / viel weni - ger die ſchnelle weiß deß Todts / vnnd daſſelbig ſo gar nicht / daß er jhn erſt naͤher zu Gott vnd dem Herrn Chriſto bringet / daß al - ſo ein ſchneller Todt nichts anders iſt / als ein ſchneller Sprung zu GOTT.

Wann dann der abgeſtorbene Herꝛ ſeliger auch vnder die glaubigen zu zehlen / ſoll man ſolchen nichtigen gedancken nit nach hengen / ſondern es ohne gezweiffelt darfuͤr halten / daß er durch die - ſen ſeinen ſchnellen Todt / einen ſchnellen ſprung zu GOtt gethan / vnd nun allbereyt / der Seelen nach ſey / da jhr ewig wol iſt.

Daruͤber aber hat man ſich wol viel mehr zu verwundern vnd zu fragen / woher es komme / vnd was die vrſach ſey / wann GOTt ſolche Leut / vnnd Seulen deß Lands / vns auß den Augen hinweg ruckt / wie er dann in wenig Jahren viel anſehenliche Herꝛn / als ei - nen Herꝛn von Gera / zween Herꝛn von Polheym / einen jungen Herꝛn von Volckersdorff / auff den doch / wegen ſei - ner dapfferer qualiteten, ein gantzes Landt ein Aug vnnd hoffnunggehabt /48gehabt / hinweg genommen / da / da laßt vns viel mehꝛ curioſos ſeyn / vnd fragen / was es bedeuten moͤcht / vnd warumb es der Allmechtig Gott thue.

Hier auff aber iſt zu wiſſen / daß es geſchicht / fuͤrnemlich drey - erley vrſachen halben: Erſtlich / wegen der Freund vnd bekannten. Zum andern / wegen vnſer aller. Vnd fuͤrs dritte / wegen jh - rer ſelbs.

Wegen jhrer Freundt vnnd bekandten alſo / vnnd der geſtalt / dann wann Gott einem Geſchlecht / einer Freundtſchafft / ein ſol - chen dapffern Mann beſcheret vnd gibt / da prangt man mit / vnnd ſetzt offt mehr lieb / hoffnung vnd vertrawen auff jhn / als auff Gott ſelbs / dem doch allein vber alles zu vertrawen iſt / denn es heyßt / wie im Propheten Jeremia 17. Cap. ſtehet: Maledictus, qui confidit in homine: Verflucht iſt der / der ſich auff Menſchen verlaͤßt / vnd Fleyſch fuͤr ſeinen Arm helt. Darumb nimpt GOtt ſolche Leut hinweg / auff daß man das vertrawen allein auff GOtt ſetze / vnd jhm allein anhang / nicht anders / als wenn einer auff einen Baum ſteigen wil / vnd jhm aber die vndern Zweig abgehawen ſind / ſo muß er wol nach den hoͤhern greiffen. Alſo / wann man ſolche dapffere Leut auff Erden verleurt / da ſteiget man mit den gedan - cken vnd vertrawen hoͤher / vnnd helt ſich an den / der ewig vnnd vn - ſterblich iſt.

Darnach / wann Gott ſolche Seulen deß Landts abhawt vnd vmbwirfft / thut ers auch vmb vnſert willen / vns dardurch zur Buß zu locken / daß wir gedencken ſollen / wo man ſich nicht beſſere / ſo wer - de er ſolcher Leut mehr hinweg nemen / daß wir hernach niemandt haben / der ſich vnſer im nothfall mit raht vnnd that anneme. Ja er draͤwet vns damit / nicht anders / als wann er vns mit eim Finger winckte / weil er mit dem gruͤnen Holtz alſo vmbgehe / ſo werde er viel weniger deß duͤrꝛen verſchonen / vnnd weil ſolche dapffere Leut demTodt49Todt nicht zu hoch geſchuͤrtzt / ſo werden jhm viel weniger andere entlauffen koͤnnen.

Sonderlich aber / wann ſolche Leut ſterben / geſchichts auch jhnen ſelbs zum beſten / damit ſie nicht ſehen vnnd erfahren das vn - gluͤck / ſo auff Erden kommen wirdt / davon redet Eſaias 56. Cap. da er ſagt: Sie werden vor dem vngluͤck hinweg gerafft / anzuzeygen / GOTt woͤlle ſie vor viel Jammer vnd Truͤbſal be - freyen / vnd gleichſam an ein ſicher orth flehnen. Vnd ſihet der Pro - phet hiemit auff den gemeynen brauch / ſo man helt in Fewer / Waſ - ſer vnnd Feindes noͤhten / dann wann ſolche noth vorhanden iſt / da laufft ein jeder ſeinem liebſten vnd beſten Kleinot zu / das beſt rafft er zuſammen / damit eilet er an ein ſicher orth / das vberig ſchlegt er in die ſchantz / wann er nur das beſt ſalvirn vnnd davon bringen kan. Eben alſo / wenn der Zorn Gottes anbrinnt / ſo ergreifft er ſeine beſte Klei - noter auff Erden / rafft fromme Leut hinweg / vnd flehnet ſie / damit ſie deß Jammers nicht theylhafftig werden. Dann weil zu dieſen letzten zeiten / darinn wir leben / allerley Suͤnd / ſchand vnd laſter mit voller macht im ſchwang gehen / vom hoͤchſten biß zum nidrigſten / man frißt vnd ſaufft / man huret vnd bubt / man flucht vnnd ſchilt / man ſchindt vnd ſchabt / hoffart vnd pracht in Kleydung / vberfluß in eſſen vnd trincken / iſt neben der vndanckbarkeit vnnd verachtung GOttes Worts / ſo hoch geſtiegen / daß es damit nicht hoͤher kom - men kan / ſo kans nicht fehlen / es muß GOtt darein ſchlagen / vnnd ſtraffen / vnnd zwar / wann es blieb bey einer Peſtilentz / oder andern leiblichen ſtraffen / ſo were es noch zu verſchmertzen. Aber zu beſor - gen iſt / GOtt werde vns / wegen vnſerer vndanckbarkeit / laſſen in kraͤfftige / vnd ſolche grewliche Jrꝛthumb fallen / daß zu letzt keiner wirdt wiſſen / was er glauben ſoll. Wie dann allbereyt ſchon viel ſind / auch vnder den groſſen Herꝛn / die vom ewigen Leben / vnd von der aufferſtehung der Todten nichts halten. Darumb warlich zu beſorgen ſtehet / es moͤcht ein zeit kommen / da wir die todten ſeligGpreiſen /50preiſen / vnnd ſagen werden: Ach wie iſt dem vnd dem ſo wol geſche - hen / daß jhn GOtt bey zeit hinweg genommen / wann er ſolte gelebt vnd geſehen haben / wie es jetzt in der Welt gehet vnd ſtehet / wie wehe ſoll es jhm gethon haben. O wehe vnſerer armen Kinder vnnd nach - kommen / was fuͤr ein heyſſes Bad thun wir jhnen vber / mit vnſerer vndanckbarkeit / vnd andern Suͤnden / darinnen ſie watten vnnd ba - den muͤſſen. Dann einmal kan die ſtraff nicht auſſen bleiben / nach dem GOtt ein eifferiger GOtt iſt / der die Suͤnde ſtrafft vnnd heymſucht / biß ins dritt vnnd vierdte Glied. Darumb ſchawet wol auff / jhr Herꝛn / welche Gott zu Seulen deß Landts ge - ſetzt / vnd ſtellet die Laſter in ewern Herꝛſchafften mit allem ernſt ab / fahet aber an euch ſelbs an / ſo wirdt GOTT gnad einwenden / ſein Schwerdt / ſo er mit hinwegnemung ſo dapfferer Leut / vber vns ge - zuckt / wider einſtecken / vnnd euch / dem Vatterlandt zum beſten / ſegnen vnnd erhalten / wo nicht / ſo wißt / daß die Axt dem Baum an die Wurtzel gelegt iſt / damit wirdt abgehawen[werden] / was nicht frucht bringt: Wiſſet daß Gott ſein Bogen geſpannet hat / vnd zihlet / vnnd hat darauff gelegt toͤdtliche Geſchoß / ſeine Pfeil hat er zu gericht zu verdeben. Den Regenten Baum hat er in ſeiner Hand / werdet jhr euch nicht beſſern / ſo wirdt er jhn alſo ſchuͤtteln / daß davon weder Wurtzel noch Stam̃ / weder Zweig noch Eſt / weder Butzen noch Stiel ſoll vberbleiben.

Das hab ich alſo nach meiner einfalt / auß Chriſtlicher wol - meynung / bey inſtehender Leich E. L. fuͤrhalten woͤllen. Den ewigen Allmaͤchtigen Gott bittend / daß er den groſſen Riß / ſo durch fruͤhe zeitigen toͤdtlichen abgang offtwolgedachtes Herꝛn von Star - hemberg / dem gantzen Landt widerfahren / ander werts wider er - getzen / vnd die noch vberige Seulen vnnd Herꝛn deß Lands / ſonder - lich die noch vberige Zweig / von dem loͤblichen Stammen derHerꝛn51Herꝛn von Starhemberg / mit dem Geyſt der weißheit vnnd deß verſtandts anziehen / vnnd ſampt dem gantzen Vatterlandt / bey langwirigem friedlichem wolſtandt erhalten woͤll / vnnd das woͤlle er thun vmb deß Herrn Chr iſti / vnſers getrewen Mittlers wil - len / welchem ſampt dem Vatter vnnd H. Geyſt ſey lob / preiß / ehr vnd danck geſagt von nun an biß in ewigkeit / Amen / Amen / Amen.

Cantilenæ Lugubres, Quas AD TUMULUM ILLUSTRIS QUONDAM ET GENEROSI BARONIS. DOMINI RICHARDI, DOMINI à STARHEMBERG, IN WILDBERG, Riedegg, & Lobenſtein, Comitatus Schaunburgici Domini, S. Cæſ. Majeſt. &c. Conſiliarii, & ejuſdem Cameræ Aulicæ Aſſeſſoris pru - dentiſſimi, &c. Christophorus Grundner, Illuſtris itidem & Generoſi Baronis, Dn. Erasmi, Dn. à Starhemberg, præfatarum ditionum Domini, & Auſtriæ ſuperioris Provincia - lium inter Illuſtres Ordinarii, &c. Fratris mœſti mœſtus Miniſter, & Schaumburgici Comitatus pro tempore Præfectus, flebili voce cecinit pridie Cal. Maji, Anno 1613.

RElligio, Pietas, Æquum, Prudentia, Candor
Flevêre ad tumulum, Magne Ricarde tuum.
Et procul, ô fœdi, dixêre, hinc cedite vermes:
Cedite: ſunt iſto viſcera noſtra ſolo.
G 2Alia[52]

ALIA.

Ratrejch herr lich von Sinnen /
Nimpt Gott ein Mann von hinnen /
Oeſterꝛeich wirdt es jnnen.
Er war von hohem Stammen /
Vhralts Geſchlechts vnd Namen /
Darzu viel Tugendt kamen.
In d frembd thet er refiren /
Kuͤnſt vnd Sprachen ſtudiren
Die einen Herꝛen zieren.
Chriſtlich fuͤhrt er ſein Leben /
Der reynen Lehr ergeben /
Miltreich / freundtlich darneben /
Hertz wolt vom Mundt nicht weichen /
Mit falſch / betrug vnd ſchleichen /
Kundt er ſich nicht vergleichen.
Hielt trewlich bey ſeim Herꝛen /
Sucht gmeynen Nutz zu mehren /
Ließ ſich kein gfahr abkehren.
An deß Reichs Potentaten /
Braucht man jhn zum Legaten /
Sein muͤhe thet wol gerahten.
Religionsfried im Lande /
Politiſcher wolſtande /
Gieng gluͤcklich durch ſein Hande.
Traw -53
Trawrig iſt vns ſein ſcheyden /
Dann ob er wol auß leiden
Kompt zu ewigen frewden.
Hat man doch vrſach z heulen /
Wann Gott mit ſolchen Seulen
Thut auß dem Landt weg eilen.
Viel werthes Oeſterꝛeiche /
Rundt ſag ichs / vnd ohn ſcheuche /
Du haſt wenig ſeins gleiche.
Sags noch / moͤchts werden jnnen /
Die dir ſo beyſtehn koͤnnen /
Ratrejch herrlich von Sinnen.

Alia.

TEmprin homaj il lagrimoſo grido
Che ſi lamentan del buon Baron Ricardo,
A chi non tolſe vita di morte’l dardo,
Anzi dal mare guidato l ha al lido.
Dal mare, che per ſuperbia e torto
Gonfia, che per avaritia bolle,
Fa ſpuma per luſſuria brutt e folle,
Al dolce ripos al deſiato porto.
So bene jo. ch’è coſa pien di duolo,
Quand à donna gentile caro conforte
Rapito viene dall’improviſa morte,
Od’vn buon padre al ſuo figliuolo.
G 3Amor54
Amor tra i fratelli ſenza colori
O quant’è coſa rara nel mondo empio,
Di quello furon ben viuo eſſempio
Ricardo & Erasmo duo Signori.
Niſo che per Eurialo morir volea,
Non l’amò più, che diſtruſſe ſolo
Schierene miche di Saul buon figliuolo
Il gran Profeta e di gent’Ebrea.
Che ſen’amaron quei duo nobil petti:
Quel che ſpiacque ad vn, e diede noia,
L’altro non volse; mache ad vn gioia,
Di quel prendea l’altro mille diletti.
So, dico, bene, che per ſi gran perdita
Di vnico fratello e tant amato,
L’altro che reſta triſte e ſconſolato
Piange con ragion mentr’è in vita.
Ma poiche già ſalì ad alto polo
L’alma felice il corpo ben s’acqueta,
F’l ſuon di tromba del gran giorn’aſpetta;
Mitighil ſuo gioir il voſtro duolo.
E ſe ben voi per l’acerba partita
Reſtate ſenza lui nella tempeſta,
Nella prigion oſcura e moleſta
Di queſta frale e miſerabil vita.
Pur vi conforti che non è mort quello,
Che ci promette con veraci parole,
Che laſciare i ſuoi mai non vole,
Egl è voſtro marito, padr e fratello.
Ripoſa dunque Baron gentil in pace:
Ci riuedremo, non già in ſi vil ſtato,
Ma55
Ma in più felice, più beato,
Efra vn poco, ſe à Dio piace.

Alia.

IMprobe (namquefoles post fata qnieſcere) livor,
Ecquid in illuſtri funere quæſo, facis?
Sed ſcio, laudati vitam culpare Baronis
Non poteras; mortis quare age, rode genus.
Scilicet horrendum violento occumbere fato;
Et nota mors ſubita est impietatis, ais,
Heus tu, qui ſapimus non vitam ex morte probamus;
Sed mortem ex vitâ. Si bona vita fuit,
Mors bona, ſeu præceps fuerit, ſeu lenta ſequetur;
Sin mala vita fuit, mors mala ſemper erit.
Nullum iter est ſubitum niſi non migrare paratis:
Ægrè fert omnem, qui cupit ire, moram.
Verùm ah quàm cupiit diſſolvi ſæpè Ricardus,
Et tecum in regno vivere, Christe, tuo.
Quod dudum optavit, felix nunc obtinet. Ecquid
Quod porrò carpas, improbe livor habes?

FINIS.

About this transcription

TextChristliche Predigt/ Bey der Hochtrawrigen Leich vnnd Begräbnuß/ deß weiland Wolgebornen Herrn/ Herrn Reicharden
Author Ehrenfried Murschel
Extent55 images; 14239 tokens; 3758 types; 94765 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationChristliche Predigt/ Bey der Hochtrawrigen Leich vnnd Begräbnuß/ deß weiland Wolgebornen Herrn/ Herrn Reicharden Ehrenfried Murschel. . 55 Paul EgenolffMarburg1614.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 S 312/5 / 526001

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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Editorial principles

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Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:16Z
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ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 S 312/5 / 526001
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