PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Leichpredig /
Bey der trawrigen Leich Begaͤngniß Deß Edlen vnnd Ehren Veſten Junckherꝛn Johann-Joachim von Stet - ten / Kochenſtetten vnd Buchenbach: welcher den 23. Martij / Anno 1613. in Chriſto ſeelig endſchlaffen: vnd den 29. deſſelben in die Pfarꝛkirch zu Kochen - ſtetten Chriſtlich zur Erdenbeſtat - tet worden: Jhme zu Ehren vnd ſeeliger Gedaͤchtniß: denen im Leyd Trawrenden zu Troſt: vnd allen Chriſtglaubigen zur Lehre vnd Vermahnung /
(Marciam 10. verſ. 14.)
Laſſet die Kindlein zu mir kommen vnd wehret jhnen nicht / dann ſolcher iſt das Reich Gottes.
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Getruckt im Jahr / Anno1613.
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Der Edlen vnnd Tu - gendſamen Frawen Agatha von Stet - ten / gebornen von Gemmingen / ꝛc. Wittib: Vnd Dem Edlen vnnd Veſten Wolffen von Stetten zu Kochenſtetten vnd Buchenbach / ꝛc. meinem guͤnſtigen Junckern.

EDle Tugendſame Fraw: auch Edler Veſter Juncker: Als verſchiener zeit von E. T. vnd V. bey der trawrigen Leichbegaͤngnis Juncker Johan-Jo - achims E. T. lieben Sohn vnd E. V. Vettern ſe - ligen mir befohlen worden / Chriſtlichem gebrauch nach / eine Leichpredigt zuhalten: Jſt nach verrich - tung derſelben ſo wol von E. T. auch E. V. wie gleicher geſtalt auch von andern Adelsperſohnen an mich begehret worden / dieſelbe Schrifftlich jh - nen zu vber geben: vnd als viel ich verſtanden / vmb vrſach willen: weil dieſelben geſinnet / ſolche Leich - predigt in den Truck zubefoͤrdern vnd kommen zuA ijlaſſen:[4]Vorꝛede.laſſen: damit auch den jenigen / ſo bey ſolcher Be - gengnis nit zu gegen geweſen / vnd aber doch gleich wol / auß ſonder Lieb vnd Affection / ſo ſie zu dieſem jungen Junckern ſeeligẽ getragen / auch gerne wiſ - ſen wolten / was jhme zur letzten Ehre geprediget / vnd von ſeinem ſeeligen Abſchied vermeldet wor - den / dieſelbe deſto fuͤglicher moͤchte communiciret werden. Alſo hiermit E. T. vnd E. V. ſolche Pre - digt Jch in Vnderthenigkeit vberſchicke vnd vber - gebe: Dieſelbe wird nach jhrem gutachten was am nutzlichſten ſey zu thun wiſſen. E. Tugend. be - neben deren geliebten Kindern / wie auch E. Veſt. ſampt deren gantzen Haußhaltung / Goͤttlicher Gnad / Schutz vnd Regierung: Vnd mich derſel - ben zu Guͤnſten hiermit befehlend / Datum Bu - chenbach / den 12. April. Anno 1613.

M. Wolfahrt Spangenberg Pfarꝛher daſelbſten.

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Leichpredigt / Dem Edlen vnd Veſten jungen Junck - hern Johañ Joachim von Stetten / zu Kochenſtet - ten vnd Buchenbach: in Chriſto ſeelig entſchlaffen / zu Loͤblicher Gedechtnis / gehalten.

Die Ewige Guͤte / Gnade vnd Barmhertzigkeit Gottes / vnſers lie - ben Himmliſchen Vatters: der Friede vnd die Hertzliche Liebe / Tre - we vnd Leutſeligkeit vnſers Lieben Herꝛn vnd Heylands Jeſu Chri - ſti: ſambt dem reichen Troſt Sterck vnd Regierung deß Heyligen Geiſtes: ſey mit vns alle zeit; vnd erhalte vnſere Hertzen im wah - ren Glauben / vngeferbter Liebe / Chriſtlicher Gedult / vnd beſtaͤndi - ger Hoffnung / durch allerley Truͤbſal dieſes Jammerthals / biß an vnſer ſeeliges Ende / zu dem Ewigen Leben / Amen.

GEliebte im Herꝛen Chriſto: Dieweil Gott der Allmaͤchtige / nach ſeinem allein Weiſen Raht vnd Willen / die glaubige vnd vnſterbliche See - le / deß Edlen vnnd jungen Junckern / Johann Joachim von Stetten / ꝛc. auß dieſem elenden Leben / durch einen ſeeligen Abſchied / von dem ſterblichen Leib abgefordert: vnnd durch die Lieben Engelein in Abrahams Schoß bringen vnd tragen laſſen: So haben wir deſſelben im Herꝛen Chriſto ſchlaffenden Leichnam / das letzte Geleid / auß Chriſtlicher Lieb / vnnd in Hoffnung der froͤlichen Aufferſte - hung / hieher gegeben / vnd zu ſeinem Rugebettlein gebracht / mit Trawren / Weinen vnd Klagen. Wie dann deſſen Ab - ſchied ſeiner Hertzliebſten Mutter vnd Fraͤwlein (wie Er ſie pflegte zu nennen) der Edlen oder Tugendreichen Frawen Agathen von Stetten / gebornen von Gemmingen / Wittib: vnd ſeinem allerliebſten treweſten Vettern / dem Edlen vnnd Veſten Juncker Wolffen von Stetten / zu Kochen StettenA iijvnd[6]Leichpredig.vnd Buchenbach: Beneben den Edlen vnd Veſten Junck - hern / auch Adelichen Ehrenreichen vnd Tugendſamen Fra - wen vnd Jungfrawẽ / als ſeinen Lieben Geſchwiſtrigen / Vet - tern / Baſen / Blutsfreunden / Verwandten / Dothen vnnd Liebhabern / ſehr ſchmertzlich zu Gemuͤht vnd Hertzen gehet. Ja ſo viel mir bewuſt / als ich ſehe vñ geſpuͤrt habe / allem Hoff - Geſinde / vnd vns ſamptlichen / die wir allhier verſamlet ſeind / ſolcher Todtfall betruͤblich vnd ſehr Trawrig iſt. Nicht da - rumb / als ſey dieſem jungen Junckhern ſeeligen / etwas boͤſes oder ſchaͤdlichs an Leib oder Seelen begegnet vnnd widerfah - ren. Dann wir ja auß Gottes Wort beſſern Bericht haben vnd wiſſen: Oder doch / als Glaubige Chriſten haben vnnd wiſſen ſolten: Sondern weil vns die Gedancken einfallen / als hetten wir ſeiner Zarten / Lieblichen vnd Holdſeligen Ju - gend noch lenger vns koͤnnen erfrewen / oder auch ſeines voll - ſtaͤndigen Alters (da jhme Gott das zeitlich Leben verlaͤngert hette) durch Gottes Gnad vnd Segen / zu Troſt / Huͤlff vnd Schutz (ſo viel ein Menſch vom andern in dieſer Welt zu ge - warten) gebrauchen moͤgen. Aber ſolches alles ſeind Jrꝛdi - ſche vnd Menſchliche Gedancken / welche dieſe vnſere Truͤb - ſal / Bekuͤmmerniß vnd Trawrigkeit nicht mindern vnd ſtil - len: ſondern nur vermehren vnd groͤſſer machen. Darumb wir vielmehr vnſere Hertzen vnd Augen / im Geiſt vnd Glau - ben / gen Himmel erheben ſollen: da werden wir in warheit be - finden / das Er vns zwar Lieb geweſen / als vnſer Liebes Mit - Bruͤderlein in Chriſto: Aber mit vnaußſprechlicher Lieb viel angenehmer vnd neher Verwandt Gott ſeinem Him̃liſchen Vatter / Chriſto Jeſu / ſeinem vertrawteſten Bruder / vnnd dem Heyligen Geiſt / ſeinem getreweſten Zucht vnd Lehrmei - ſter / der Hochgelobten Ewigen Drey Einigkeit: welche die - ſes Junge Zarte Hertzlein / nicht lenger in dieſer Truͤbſeligen / ja mit allerley Suͤnden / Schanden vnd Laſtern vberſchwem -ten[7]Leichpredig.ten Welt: ſondern viel Lieber bey den Lieben Engelein vnnd allen Glaubigen Seelen / in der Ewigen Frewd vnd Seelig - keit hat wiſſen vnd haben wollen. Derenwegen wir billich im Geiſt / als Rechtglaubige Chriſten / vns ſeines ſeeligen Ab - ſchiedts / vnd nunmehr immerwehrender Frewd vnnd Won - ne ſolten frewen. Damit wir aber ſeiner Seligkeit vnnd der wahren Liebe / ſo die Heylige Drey Einigkeit zu jhme tregt / deſto gewiſſer ſein moͤgen / ſo wollen wir an jetzo anhoͤren / was Chriſtus die Ewige Warheit ſelbſten von jhme / ja allen from - men vnd Gottsfuͤrchtigen Kindern ſagt: Vns allen zu nutz - licher warnung / heylſamer Lehr vnd kraͤfftigem Troſt. Dar - zu vns der Allmaͤchtige Gott gnad vnd Geiſt verleihen woͤlle〈…〉〈…〉 wie wir jhn auch darumb wollen anruffen: vnd miteinander im wahren Glauben beten vnnd ſprechen ein Andaͤchtiges Vatter vnſer / ꝛc.

So wollen wir nun zu jetzt vorhabender Pre - digt einen Text anhoͤren auß dem Evangeliſten Mattheo / da der Herꝛ Chriſtus Cap. 18. verſ. 10. alſo ſpricht:

Sehet zu das jhr nicht jemand von dieſen Klei - nen verachtet. Dann ich ſage euch / jhre Engel im Himmel ſehen alle zeit das Angeſicht meines Vatters im Himmel.

Dann deß Menſchen Sohn iſt kommen ſeelig zumachen / das verlohren iſt.

JHR Liebe Chriſten / Es iſt ja Natuͤrlich / vnd niemand ſo gar hart darumb zuverdencken / auch an jhm ſelbſt / wann es im Glauben vnd in der Liebe geſchicht / nichtſo gar[8]Leichpredig.ſo gar vnrecht / das man trawret vnd weinet / wann vnſer liebe Kinderlein / von vnſerm Herꝛen Gott / mit Kranckheit ange - griffen / ein zeitlang mit Schmertzen deß Leibes gequelet / vnd endtlich durch toͤdtlichen abgang von vns genommen werden: ſonderlich / ſo man bedenckt / was man fuͤr Liebe vnd Frewde an jhnen gehabt: dann auch die H. Schrifft die Todten heiſ - ſet beweinen / Syrach 38. verſ. 16 Dann ja das Sprichwort war iſt / was von Hertzen kompt / das gehet widerumb zu Hertzen. Allein da ſoll man wol acht haben / das die Trawrigkeit vnſere Hertzen nicht ſo gar einnehme / wie den Heyden geſchiehet / die keinen Glauben noch Hoffnung der Aufferſtehung deß Leibs haben / dafuͤr vns Sanct Paulus warnet / Theſſal. 4. verſ. 13. da - mit wir nicht in Vngedult fallen noch wider Gott murꝛen. Solchs aber zuvor kommen / iſt nichts noͤtigers / nutzlichers / noch kraͤfftigers / als / das man auß Gottes wort lehrne / wie er gegen vnſere Kinderlein geſinnet ſey: So koͤnnen wir dann darauß auch abnemmen vnd ſchlieſſen / wie Er es mit jhnen auch dazumahl meine / wann Er ſie durch zeitlichen Todt von vns abfordert. Dann ſo ſie Chriſtus in der Heyligen Tauff annimt vnd Liebet / ſo wird war bleiben / was der Evangeliſt Johannes Cap. 13. verſ. 1. ſagt / das wie der Herꝛ Chriſtus die ſei - nen anfangs geliebet / alſo liebet er ſie ans Ende. Darzu dann erſt abgeleſener Spruch deß Herꝛen Chriſti vns ſehr nutzlich iſt: Sintemahl Er vns darinnen fein klar vnd eigentlich an - zeiget / in was Liebe / Wuͤrden vnd Anſehen / die widergebornẽ Kindlein bey Gott ſeyen. Vnd thut ſolches in dreyen ſtuͤcken.

  • 1. Warnet er vns ernſtlich vnd trewlich / das wir ſolche Kin - der nicht ſollen verachten.
  • 2. Lehret Er vns / wie hoch ſie bey Gott ſeinem Himmli - ſchen Vatter angeſehen ſeyen.
  • 3. Troͤſtet er vns / das vnſere Kindlein vnverlohren ſeyen / ob ſie ſchon in Suͤnden empfangen vnd gebohren / auch durchden[9]Leichpredig.den Zeitlichen Todt auß dieſer Welt ſcheiden muͤſſen.

Dieſe warnung / Lehr vnd Troſt wollen wir / ſo viel Gott gnad verleihen wird / weiter betrachten.

Erſtlich ſo ſetzet der Herꝛ Chriſtus allhie eine Ernſte vnd trewe Warnung / das wir die getaufften glaubige Kinder / ja nicht ſollen verachten: das iſt ſein Will vnd ernſte Meinung. Darauß ja folgen muß / das ſolche glaubige Kinder / gewißlich Gott dem Herꝛen ſehr Lieb vnd angenem ſein muͤſſen / weil er ſie kurtzumb will vnverachtet haben. Dann wir ja ſelbſten nit leiden koͤnnen / daß man das jenige / ſo vns lieb vnd werth iſt / vernichtige / verwerffe / oder verachte: viel weniger wirdt es Gott leyden vnd zugeben: ſonderlich weil ſolche Kinder durch das Blut Jeſu Chriſti Thewer erkaufft ſeind. Vnd damit wir deß Herꝛen Chriſti Wort recht verſtehen / muͤſſen wir alhie dreyerley Woͤrtlein betrachten. 1. Warumb Er ſagt / Sehet zu! 2. Woher Er ſie Klein nennet. 3. Was er meine mit dem Wort / Verachten.

Es ſpricht der Herꝛ Chriſtus nicht nur ſchlecht / Ver - achtet die Kleinen nicht: ſondern Sehet zu! das iſt / Laſt es euch ein Ernſt vnd hoch angelegen ſein / habt wol acht / tragt Sorg dafuͤr / vnd huͤtet euch. Dann alſo brauchet die Heyl: Schrifft diß Woͤrtlein: nicht nur vom euſſerlichen auffſehen: ſondern von iñerlicher Sorg / Vleiß vnd Hertzlichem anligen. Jn ſolchem Verſtandt ſpricht auch der Herꝛ Chriſtus Matth. 24. verſ. 5. Sehet zu! das euch nicht jemand verfuͤhre: dann es werden viel kommen vnder meinem Namen vnd ſagen / Jch bin Chriſtus / vnd werden viel verfuͤhren. Vnd Marc. 13. v. 23. Jhr aber ſehet euch fuͤr / Siehe! Jch habe euch alles zu vor ge - ſagt. Luc. 11. verſ. 35. Schawe drauff / das nicht das Liecht inn dir Finſter ſey. Marc. 13 verſ. 33. Sehet zu! wachet vnd betet. Luc. 12. verſ. 15. Sehet zu vnd huͤtet euch vor dem Geitz AlſoBbraucht[10]Leichpredigt.braucht es auch der heylig Apoſtel Paulus 1. Corin. 10. verſ. 12. Wer ſich laͤßt duncken er ſtehe / der mag wol zuſehen / das er nit falle. Col. 2. ver. 8. Sehet zu! das euch niemand beraube durch die Philoſophia / vnd loſe verfuͤhrung / nach der Menſchen Leh - re / vnd nach der Welt Satzungen vnd nicht nach Chriſto Heb. 3. verſ. 12. Sehet zu / liebe Bruͤder! das nit jemand vnder euch ein arges vnglaubiges Hertz habe / das da abtrette von dem le - bendigen Gott. Heb. 12. verſ. 51. Sehet drauff! das nicht je - mand Gottes Gnad verſaume / ꝛc. Jn weichen Spruͤchen al - len das Woͤrtlein Sehet zu! ein ernſtliche Erinnerung vnnd Warnung iſt / wol / ja wol in achtung zu nehmen / vnd jhme hart angelegen ſein laſſen / was jhme geſagt vnd wo fuͤr er ge - warnet werde.

Darnach ſo nennet der Herr Chriſtus die Kinder Klein / nit nur allein von jhrer geringen Perſon / Statur vnd Kind - heit wegen: Sondern weil die Welt dieſelben gering ſchaͤtzet / fuͤr klein helt / vnd nichts achtet / ja auch wol gar verachtet vnd aͤrgert. Wie dann die erfahrung bezeuget / das man offtmals fuͤr ein Huͤndlein mehr Sorg tregt vñ fleiß anwendet / wie daſ - ſelbig gehalten vnd erzogen werde: als das man ſich der Kin - der alſo ſolt annemmen / wie Chriſtus alhie befiehlet. Wann es wol geraht / ſo verſorgt man ſie mit gutem Eſſen vnd Trin - cken / das jhre Geſundheit erhalten werde: Mit huͤpſcher vnd reinlicher Kleidung / zur Hoffahrt: vnd das ſie feine Adeliche Geberden konnen fuͤhren / der Welt damit zugefallen. Aber wie ſie an der Seelen verſorget werdẽ / im Gebet vnderꝛichtet / vnd im Glauben zunehmen moͤchten / da werden ſie zu jung / zu klein / zu gering geſchaͤtzet / geachtet / oder wie Chriſtus alhier ſagt / verachtet. Der Herꝛ Chriſtus aber will / das wir anders geſinnet ſein ſollen. Dann kurtz vor jetzt erzehlten worten inn dieſem Capitel / da die Juͤnger den Herꝛen fragen: Wer dergroͤſte[11]Leichpredig.groͤſte im Himmelreich ſey? da ruͤfft der Herꝛ ein Kind zu ſich / ſtellet daſſelbig mitten vnder ſie vnd ſpricht: Warlich / Jch ſa - ge euch / Es ſey dann das jhr vmbkehret / vnnd werdet wie die Kinder / ſo werdet jhr nicht ins Himmelreich kommen. Wer nun ſich ſelbſt nidriget / wie diß Kind / der iſt der groͤſſeſt im Himmelreich. Damit ja der Herꝛ Chriſtus will anzeigen / das in ſein Reich nicht gehoͤret / was in der Welt groß / hoch / Maͤchtig / Praͤchtig vñ Anſehnlich: ſondern was gering / klein vnd veracht iſt / 1. Corin. 1. v. 26. ꝛc. Daher werden die Glaubi - ge Chriſten in der H. Schrifft vnmuͤndige Kinder genennet. Wie Chriſtus ſelbſt ſagt / Matth. 11. v. 25. Jch preiſe dich Vat - vnd Herꝛ Himmels vnd der Erden / das du ſolches (das Evan - gelium vnd Glauben) den Weiſen vnd Klugen verborgen haſt: vnd haſt es den Vnmuͤndigen offenbahret. Ja Vatter / dann es iſt alſo wolgefaͤllig geweſen fuͤr dir. Daher werden auch die Glaubigen Alber genennet Pſal. 19. verſ. 8. Vnd diß alles da - rumb / weil ſie nicht allein vor der Welt verachtet / fuͤr Kinder / Narꝛen vnd Thoren geſchaͤtzet werden: ſondern auch ſelbſten auff eygene Vernunfft ſich nicht verlaſſen / noch dieſelbige in Glaubens ſachen ruͤhmen vnd hoch halten / viel weniger dieſel - big zu raht ziehen vnd jhr folgen / ſondern vielmehr dieſelbig ge - fangen nemmen vnder den Gehorſam Chriſti / 2. Corin. 10. v. 5. vnd Gott den Allmaͤchtigen in ſeinem Wort laſſen Recht vnd Wahr haben / jhme auch darauff trawen vnd glauben / wie ein liebes frommes Kind ſeinem Trewhertzigen Vatter: es ſey gleich gegen / vber oder wider die Vernunfft. Daher der Hoch - erleuchte Mann Gottes Doctor Martin Luther (in der Kirch Poſtill am III. Sontag nach der H. drey Koͤnig Tag) recht ſagt: Lieber was guts thut die Vernunfft zum Glauben vñ Gottes Wort? Jſts nicht Sie / die dem Glauben vnd Wort Gottes auffs hoͤchſt widerſtehet / das niemand fuͤr jhr zum Glauben kan kommen / noch Gottes Wort leiden will / ſie werde dann B ijgeblen -[12]Leichpredig. geblendet vnd geſchendet: daß der Menſch muß jhr abſterben / vnd gleich werden ein Narꝛ / ja ſo vnvernuͤnfftig vnd vnver - ſtaͤndig als kein jung Kind / ſoller anders Glaubig werden vnd Gottes Gnad empfahen. Wie offt halt vns Chriſtus fuͤr / dz wir zu Kindern vnd Narꝛen werden muͤſſen / vnd verdampt die Vernunfft.

Weiter ſagt der Herꝛ Chriſtus / man ſoll die Widergebor - nen Kinder nicht verachten / vnd damit der Evangeliſt deß Herꝛen Chiſti meinung recht erklaͤre / braucht er das wort κατα - φρονεῖν welches eine ſonderliche Nachlaͤſſigkeit bedeuttet: Da man ein ding nicht allein gering ſchaͤtzet / ſchimpflich davon redet: ſondern auch gar in Wind ſchlegt / kein ſorg dafuͤr traͤgt / alſo auch der Kinder ſich nicht annimbt / vnd wenig achtet / wie ſie an der Seelen verſorgt werden. Vnd heiſt demnach die Kinder verachtet / wann man ſie nicht fuͤr eine Gabe deß Her - ren / vnd Leibsfrucht fuͤr ein Geſchenck achtet / Pſalm 27. v. 4. vnd derentwegen jhrer nicht groß achtet / nicht alle Sorg vnd Vleiß drauff wendet / damit ſie aufferzogen werdẽ in der Zucht vnd Vermahnung zu dem Herꝛen / Epheſ. 4. v. 4. Ja auch wol mit ſuͤndlichen Worten / Geberden vnd Wercken / durch ſich ſelbſt / durchs Geſinde vnd andere / aͤrgert / oder zulaͤſt daß ſie geaͤrgert werden. Darumb ſollen alle Chriſten / ſonderlich aber die Eltern / vñ die ſo den Kindern an Eltern ſtatt vorgeſetzt ſein / wol zuſehen / Sorg vnd Vleiß haben / mit Ernſt vnd eigentlich nach forſchen / ob jhre Kinder auch in der Forcht Gottes zu - nehmen vnd wachſen: vnd nicht dem hoͤren ſagen oder andern Leuten / die / jhnen zugfallen / das Wolhalten jhrer Kinder ruͤh - men / alſo bald / ohn weiters nachdencken glauben geben. Son - dern ſelbſt zuſehen / damit jhre Kinder nicht verachtet werden / das iſt / daß ſie nicht verfuͤhret vnd geaͤrgert werden / von der Forcht Gottes ſich abwenden / vnd allgemach deß Fluchens Schwerens / Sauffens / Spielens / Vnzucht vnd anderer La -ſter[13]Leichpredig /ſter / vnwiſſent jhrer Eltern gewohnen. Wo ſie auch ſolches ſpuͤren / oder deſſen erinnert werden / nicht durch die Finger ſe - hen / noch die Vernunfft / das man der Jugend etwas muͤſſe zu gut halten / ſich verfuͤhren laſſen: ſondern bey zeiten abwen - den / vnd ſolchen Vntugenden wehren: Auff daß die Kinder nicht dadurch verachtet vnnd zu ſchanden werden / wider deß Herꝛen Chriſti ernſte Warnung.

Zum Andern / moͤcht jemand fragen / was hat dann Chri - ſtus fuͤr vrſach / daß er vns ſo trewlich vnd ernſtlich warnet / die Kinder nicht zuverachten? Daß lehret vns der Herꝛ Chriſtus mit folgenden worten / da er ſagt: Dann jhre Engel / im Himmel / ſag ich euch / ſehen allezeit das Angeſicht meines Vatters im Himmel. Vmb der liebe Gottes willen ſollen wir ſie nicht verachten: Weil Gott der Allmaͤch - tige ſolche Kinder ſo hertzlich liebet / daß er jhnen auch jhre ei - gene vnd beſondere Engel zugeordnet: Dann er ſpricht: Jch ſage Euch / ja Jch / der Jch die ewige Warheit bin / drumb ſolt jhr mir ja billich glauben / daß ſie jhre eigene Engel haben / die auff ſie warten / ſich vmb ſie her laͤgern vnd jhnen auß helffen / Pſal. 34. v. 7. von welchen die Epiſtel zu den Hebreern c. 1. v. 14. ſagt: Daß ſolche Engel ſeyen allzumahl dienſtbare Geiſter / außgeſand zum dienſt / vmb derer willen / die ererben ſollen die Seeligkeit. Darauß ja vnwiderſprechlichen folget: weil die lie - ben Engel denẽ zum dienſt werden geſendet / welche die ſeligkeit ſollen ererben: vnd aber Gott / auß ſonderlicher Vaͤtterlicher liebe / den Kindern jhre gewiſſe Engel zugeordnet / jhnen zudie - nen / daß ſolche glaubige Kinder auch Erben ſeyen der ewigen Seeligkeit / jhnen durch Chriſtum erworben. Vnd ſetzet der Herꝛ Chriſtus fein darbey / daß ſolche Engelein allezeit ſehen das Angeſicht ſeines Vatters im Himmel. Das Angeſicht oder Antlitz Gottes iſt ſeine Goͤttliche Vorſehung / Gegen -B iijwart[14]Leichpredig /wart / Guͤte / Gunſt vnd Gnade. Dann alſo nennets der Koͤ - nigliche Prophet David / Pſalm 27. v. 8. da er mit Gott redet vnd ſpricht: Mein Hertz helt dir fuͤr dein Wort / jhr ſolt mein Antlitz ſuchen: Darumb ſuche ich auch Herꝛ dein Antlitz: verbirge dein Antlitz nicht fuͤr mir / vnd verſtoſſe nicht im Zorn deinen Knecht: dann du biſt meine huͤlffe: vnd thue nicht von mir deine Hand abe / Gott mein Heyl. Alſo pflegt man auch die gemeine deß Herꝛen / auff Gottes befehl / Num. 6. v. 24. in der Chriſtlichen verſamblung zu ſegnen: Der Herꝛ ſegne euch vnd behuͤte euch: Der Herꝛ erleuchte ſein Angeſicht vber euch vnd ſey euch gnaͤdig: Der Herꝛ erheb ſein Angeſicht auff euch vnd geb euch den Frieden. Vnd will der Herꝛ Chriſtus ſo viel ſagen: Wir ſollen die Kinder nicht verachten / dann ſein Him - liſcher Vatter hab / auß ſonderlicher Goͤttlicher vorſehung / Guͤte / Gnade vnd Barmhertzigkeit / jhnen jhre Engel zuge - ordnet: vnd laſſe ſein Antlitz / ſeiner Goͤttlichen Vorſehung / Gegenwart / Guͤte / Gnade vnd Liebe vber die Kinder leuchtẽ: vnd ſiehet gar wol wie man mit jhnen vmbgehet: Ja auch die Engel / ſehen auff ſolche Goͤttliche Guͤte / Gnade vnd Liebe: vnd ſo man dieſe Kinder verachtet / aͤrgert vnd nicht recht auff zeucht / ſo betruͤbt es die lieben Engelein / vnnd klagens Gott dem Allmaͤchtigen: der dann ſolche Verachtung / aͤrgerniß vnd Nachlaͤſſigkeit der Eltern oder anderer / ſie ſeyen wer ſie woͤllen / nicht will ohngeſtrafft laſſen. Hergegen wo man die Kinder / wie vor gemeldet / nicht verachtet / ſondern zu Ehren befoͤrdert / ſich befleiſſet / damit ſie bey Gott vnd Menſchen zu Ehren kommen / vnd alſo in der Forcht Gottes auff erzeucht: ſo frewen ſich deſſen die lieben Engel: vnd hat Gott ein hertz - lichs wolgefallen daran / daß er auch ferner ſein Antlitz vber ſie laßt leuchten / ſie durch ſeinen Geiſt regieret / vnnd mit ſeiner Guͤte / Gnad vnd Warheit ob jhnen waltet / Pſal. 117. v. 2. vnd ſetzet der Herꝛ Chriſtus gar troͤſtlich zuſammen ſeines Him -liſchen[15]Leichpredig /liſchen Vatters Angeſicht vnd die lieben Engel / Vns damit zu lehren / daß die lieben Engel nichts thun ohn dẽ willen Got - tes ſeines Himliſchen Vatters / fuͤr deſſen Angeſicht ſie jm - merdar ſtehen / als ſtarcke Helden / ſeinen Befehl auß zurichten: Dann ſie ſind ſeine Heerſcharen / ſeine Diener die ſeinen wil - len thun / Pſalm 103. v. 20. daß wir alſo vngezweiffelt ſchlieſſen ſollen: Gott der Himliſche Vatter nehme ſich ſolcher lieben Kinder hertzlich an / ſorge fuͤr ſie / vnd ordne jhnen ſolche Him - liſche Waͤchter zu / die ſeinem Geheiß fleiſſig nach kommen / die frommen gehorſamen Kinder behuͤten auff allen jhren we - gen: Ja ſie auff den Haͤnden tragen / damit ſie jhren Fuß nicht an einen Stein ſtoſſen / Pſalm 91. v. 11.

Nun laſt vns auch zum Dritten anhoͤren den hertzlichen Troſt / ſo der Herꝛ Chriſtus mit anhengt / da Er ſpricht: Dann deß Menſchen Sohn iſt kommen / ſeelig zu machen das verlohren iſt. Will vns damit ſo viel anzei - gen / daß ob wol vnſere Kinder / (Wie David im 51. Pſalm v. 7. von jhme ſelbſten vnd allen Menſchen bekennet) auß ſuͤndlichẽ Samen gezeuget / vnd Fleiſch von Fleiſch geboren werden / ſo wegen dieſer erſten Geburt in das Reich Gottes nicht kom̃en koͤnnen / wie Chriſtus ſagt Johann: 3. v. 6. ſondern ſeind Geiſt - lich Todt in Suͤnden fuͤr Gott / Coloſ. 2. v. 13. von Natur Kin - der deß Zorns vnd der Vngnaden / gleich wie auch die ande - ren / Epheſ. 2. v. 3. vnd wegen deß Falls vnſerer erſten Eltern an jhnen ſelbſt verlohren: So ſeye doch er / der liebe Herꝛ Chri - ſtus / wahrer Gottes Sohn / darumb in die Welt kommen / ein reines / heiliges / zartes Kindlein gebohren / vñ alſo Menſch worden / auff daß er ſolche verlohrne Kinder ſeelig mache / ſie durch Waſſer vnnd H. Geiſt widerumb New gebehre / vnnd durch ſeine reine Empfaͤngniß vnd Geburt ſie reinigte / vnd alſo Blutrote Suͤnde Schneeweiß machte / Eſai. 1. v. 18. Pſal. 51. v. 9.

Welchs[16]Leichpredig /

Welchs vns ein ſehr groſſer Troſt iſt / daß wir ohn ge - zweiffelt wiſſen / daß ſo vnſere Kinder / durch das Gebet im wahren Glauben / Chriſto auff ſeinen Befehl werden zuge - tragen / durch die H. Tauff widerumb New gebohren / Chri - ſto einverleibet / als dann werden ſie auß Kindern deß Zorns / Kinder der Gnaden / in den Gnaden Bund auff vnd ange - nommen: Vnd wo ſie in ſolchem Glauben erhalten / in der Forcht Gottes auff erzogen werden: daß alsdañ jhr zeitliches ableiben jhnen nichts ſchaden mag: Sondern ſie ſeind vnnd bleiben in Chriſto Kinder Gottes vnd Erben der ewigen See - ligkeit / Rom. 8. v. 17. Gal. 4. v. 7. Daher ſich die hochgelobte Drey Einigkeit ſolcher Kinder ſo hertzlichen annimt / daß Gott der Vatter (wie im 8. Pſalm / v. 3. ſtehet) jhm ein ſonders Lob hat bereitet vnd eine Macht hat zugerichtet / auß dem Mund der jungen Kinder vnd Saͤuglingen / vnd ſolches vmb ſeiner Feinde willen / daß er vertilge den Feind vnd Raachgirigen / Matth. 21. v. 16. Ja / Gott der Sohn begehret jhrer ſo hertzlich / da er ſpricht Matth. 19. v. 14. Laſſet die Kinder zu mir kommen / vnnd wehret jhnen nicht: dann ſolcher iſt das Himmelreich. Darumb er auch die Haͤnde auff ſie leget / ſie hertzet vnd ſeg - net / Marc. 10. v. 16. vnd Gott der H. Geiſt ſie ſo freundlich zu ſich locket vnnd jhnen ruffet Pſal. 34. v. 11. kommet her / Kin - der / hoͤret mir zu / ich will euch die Forcht deß Herꝛen lehren. Darauß wir ja ſehen / hoͤren vnd ſpuͤren / daß vnſere liebe ge - tauffte fromm. Kinder der heyligen Drey Einigkeit gar Lieb vnd Werth ſeyen: vnnd wann dieſelbe deren begehret / ſollen wir ſie willig vnnd gerne folgen laſſen / jhnen jhre Seligkeit nicht mißgoͤnnen / noch mit vbermaͤſſigem Trawren / vns ſchuldig machen vnnd an Tag geben / gleichſam wir ſie lieber in dieſem Jamerthal / als in dem Himliſchen Frewden Saal wiſſen wolten. Vielmehr ſollen wir vns jhrer Seligkeit frewẽ / vnſern willen in Gottes willen ſetzen / vnd in vnſer Betruͤbniß vns durch den Geiſt Gottes troͤſten.

Was[17]Leichpredig.

WAs nun dieſes / vnſer in Chriſto Jeſu ſeelig entſchlaf - fenes Bruͤderlein anlanget: koͤnnen wir ſeiner Perſohn hal - ben / nicht viel / der Welt Brauch nach / von Ritterlichen Thaten ruͤhmen vnd von groſſen Streichen ſagen: Sintemahl Er we - der Roß beſchritten / noch im Streit Schwerdt / Schildt / vnd Harniſch Weltlich gefuͤhret. Das aber koͤnnen wir mit Warheit jhme ſagen / das Er von dem Edlen vnnd Veſten Juncker Caſparn ſeeligen / von Stetten / zu Kochenſtetten vnd Buchenbach: auch der Edlen vnd Tu - gendreichen Frawen Agatha von Stetten / gebornen von Gemmingen / durch Gottes Segen ehelichen gezeuget / vnd im Jahr Chriſti 1606. Samſtag den 22. Martij / vor zehen Vhren Mittags / zur Welt ge - bohren worden: vnd demnach beyderſeits Linien von Altem Adelichem Gebluͤt vnd Stammen herkommen. Deſſen vor Eltern Lob vnd Ruhm dieſes orts zuerzehlen nicht gelegenheit. Allein weil der weyſe Salomo in ſeinen Spruͤchen Cap. 17. v. 6. ſagt: Der Alten Krone ſeind Kinds - Kinder / vnd der Kinder Ehre ſeind jhre Vaͤtter: ſo ſeind allhier nicht zuverſchweigen / die Edele / Veſte vnd G[o]ttsfuͤrchtige / in der Religion eyfferige Junckern / ſeine Anherꝛen / deß Vatters Stammen nach Juncker Eberhart von Stetten zu Kochenſtetten vnnd Buchenbach: vnd der Mutter Lini / Juncker Dietherich vnd Wolffen von Gemmin - gen / aller ſeeligen Gedaͤchtnis / deren Lob vnd Chriſtlicher Eyfer anders - wo / vnd ſonderlich im Adel Spiegel (Andertheil / im Sechſten Buch am 44. vnd 4. Cap) zuleſen: die jhme ein ſondere groſſe Ehre vnd Ruhm geweſen. Aber gleich wie kein Menſchſich der Fleiſchlichen vnd Leibli - chen Geburt fuͤr Gottes Gericht ruͤhmẽ kan: Alſo hat Juncker Johañ Joachim / in ſeinem Leben / mit dem Koͤnig David im 51. Pſalm / v. 7. auch bekennen muͤſſen: Siehe! Jch bin auß Suͤndlichem Saamen gezeuget / vnd meine Mutter hat mich in Suͤnden empfangen. Vnd im 143. v. 2. Herr / gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht / dann fuͤr dir iſt kein Lebendiger Gerecht. Dann ſo Gott vom Himmel ſchawet / auff aller Menſchen Kinder (wie dieſelben von Vatter vnd Mutter / vor der WiderGeburt / als Fleiſch vom Fleiſch geboren werden) das Er ſehe ob jemand Klug ſeye / der nach Gott frage / ſo befind es ſich / wie der 14. Pſalm v. 3. ſagt / Sie ſeind alle abgewichen vnd alleſampt vntuͤchtig. Da iſt keiner der guts thue / auch nicht einer. Vnd iſt demnach war was CS. Pau -[18]Leichpredig.S. Paulus Roͤm. 3. v. 23. ſagt: Es iſt hie kein vnderſcheidt: Sie ſeind allzumahl Suͤnder / vnd mangeln deß Ruhms / den ſie an Gott haben ſollen: vnd werden ohne Verdienſt Gerecht auß Gnaden / durch die Er - loͤſung / ſo durch Chriſtum Jeſum geſchehen iſt / ꝛc. Vnd wie der Thew - re Mann Gottes Doctor Martin Luther ſolches im Gloͤßlein daſelbſten erklaͤrt / vnd ſpricht / Es iſt alles Suͤnde was nicht durch das Blut Chri - ſti erloͤſet im Glauben Gerecht wird. Welches auch Chriſtus Jo. 3. v. 3. mit eim doppeln Eydt beſtettiget / vnd ſpricht / Warlich / Warlich / Jch ſage dir: Es ſey dann / das jemand von newem gebohren werde: kan er das Reich Gottes nicht ſehen. Vnnd ob wir daran nicht genug hetten: ſagt Er noch einmahl: Warlich / Warlich / Jch ſage dir: Es ſey dann das jemand gebohren werde / durch Waſſer vnd Geiſt / ſo kan er nicht inn das Reich Gottes kommen. Darumb hat ſich nun Gott ſein Himmli - ſcher Vatter / vmb ſeines Sohns Chriſti willen vber jhn erbarmet / vnd nach ſolcher ſeiner Vaͤtterlichen Barmhertzigkeit jhn ſeelig gemacht / durch das Bad der Widergeburt vnd ernewrung deß H. Geiſtes Tit. 3. v. 5 vnd / durch die H. Tauff / jhn zu ſeinem Kind auff vnd angenohmen: Jhn Geiſtlich Geadelt vnd zum Chriſtlichen Ritter geſchlagen. Dann Er ſich ja in der H. Tauff / gegen Gott verpflichtet / ſein Lebenlang wi - der den Teuffel / als ſeinen gewiſſen Feind / zu ſtreiten: Darumb Er auch demſelben / vnd allen ſeinen weſen vnd wercken widerſagt vnd widerſpro - chen. Vnd damit Er demſelben Feind im Leben vnd Sterben ſtarcken widerſtand thun / vnd erhalten werden moͤchte: hat Gott der Allmaͤchti - ge / durch ſeinen Heyligen Geiſt / in ſolcher Tauff / jhme auch die Geiſtli - che Waffen geben vnd angezogen: nemlich den Helm deß Heyls / den Krebs oder Harniſch der Gerechtigkeit / den Guͤrtel der Warheit / die Stiefeln deß Friedes: vnnd jhme an den Lincken Arm / den rechten Schutz deß Hertzens geben den Schildt deß Glaubens / mit welchem er außloͤſche alle Fewrige pfeil deß Boͤßwichts: Auch in ſeine Rechte Hand das Schwerdt deß Geiſtes / welches iſt das Wort Gottes Ephe. 6. v 14. damit Er durch ſolche Geiſtliche Waffen / die da Maͤchtig ſeind fuͤr Gott / verſtoͤren moͤchte die Bevoͤſtungen / die Anſchlaͤge vnd alle Hoͤhe die ſich erhebt wider die Erkandtnis Gottes: vnd neme alle Vernunfft gefan - gen vnder den Gehorſam Chriſti. Wie S. Paulus ſolches alles erklaͤ - ret. 2. Corin 10. v. 4.

Vnd[19]Leichpredig.

Vnd damit er deſts Hertzhaffter vnd Mutiger ſtreitten moͤchte / iſt jhme auch / durch Gottes ſonderbare ſchickung / der Titel vnd Name / als das Symbolum / Zeichen oder Baͤndel ſeines Ritter Ordens gegeben worden / daß er ſolt heiſſen Johan-Joachim: ſich darbey ſeines Him - liſchen Oberſten zuerinnern. Dann Johan heiſt ſo viel als Huldreich: der Gunſt vnd Gnade hat bey Gott vnd Menſchen: Alſo er ſich der Gna - den Gottes ſeines Him̃liſchen Vatters / der Huld Jeſu Chriſti / vnd der Gunſt deß H. Geiſtes ſolte troͤſten: der jhme als dann auch Gnad ge - ben wuͤrde / daß er Gunſt bey den Menſchen finde. Vnnd ob er etwan in ſolchem Streit / dem Fleiſch nach / ſtraucheln wuͤrde / ſolte er ſich doch ſei - nes andern Nahmens Joachim oder Jojakim erinneren / der da heiſt vñ bedeutet / der Herr wird jhn auffrichten / der Herr wird jhn erhalten. Ja ob er auch ſchon in dieſer Welt / dem Leib nach muͤſt endſchlaffen / vnd ſich in die Erde legen laſſen / ſo werde jhn der Herr doch erhalten wider erwecken vnd auffrichten / Pſal. 3. v. 6. Job. 19. v. 25. In ſolcher Ritter - ſchafft hat ſich nun dieſer junge Juncker ſeelig / alſo verhalten / daß er ſich hat ziehen laſſen zur Furcht Gottes / welche iſt der Weißheit anfang / Pſal 111 v. 10. wie er dann auch darzu iſt gehalten worden / daß er Abends vnd Morgens / vor vnd nach Eſſens / auch ſonſten vleiſſig gebettet / hat Luſt vnd Lieb zum Kirchen gehen gehabt: ſich die Wochen vber auff den Freytag gefrewet / auch wol gefragt / wann derſelbig Tag komme / da der Pfarꝛher von Buchenbach predige? Jſt gern zur Predigt gangen / vnd nach ſeinem Kindlichem / doch Gott wolgefaͤlligem Einfaͤltigem Ver - ſtande / ſo viel er gekoͤnt / wo nicht die Wort / doch die Melodi mit zuſin - gen ſich vnderwunden. Vnd wie wir auch pflegen in der Wochen die er - ſten Sechs Tag / neben dem Gebet vnſere Weltliche Geſchaͤffte zuver - richten; am Siebenden Tag / Sabbath oder Sontag aber / mit mehrerm Ernſt dem Gottesdienſt abwarten: Alſo hat er auch in ſeinem Leben die erſten Sechs Jahr ſeiner Jugendt / neben dem Gebet mit Kurtzweil Kindlichem Spielen vnd Anſchlaͤgen / welches der Kinder wercke ſein / vollbracht: Jm Siebenden Jahr aber ſich der Gottesforcht etwas mehr angenom̃en / in welchem er nit allein anfahen zuleſen / ſondern auch mehr Gebetlein vnd ſchoͤne Spruͤchlein gelernet / vnd ſich alſo in ſeinem Sie - benden Jahr / als an ſeinem Sabbath vnd Ruge Tag zur rechten Rug ſeiner Seelen vnd Leibs begeben: vnd ruget nun von allen ſeinen wercke. Apoc. 14. v 13. Daß auch der H. Geiſt ſein hertzlein regiret / daß hat ſichC ijauff[20]Leichpredig.auff das letzte auch an ſeinem Ende erweyſet. Dann als ich zu jhm kom - men vnnd gar Schwach gefunden: ſeine Augen jhm auch von den Vr - ſchlechten vaſt zugeſchworen geweſen / hat er doch mich vnnd andere / bey der Sprache / wol erkennet / vnd mit Nahmen / wiewol gantz ſchwaͤchlich zunennen wiſſen. Als ich jhn auch getroͤſtet / daß er woͤll gedultig ſein / vleiſſig betten / vnd ſich dem Herꝛn Chriſto befehlen / vnnd gerne folgen / weil jhme derſelbig ruffe / vnd ſpreche: Laſſet die Kindlein zu mir kom̃en vnd wehret jhnen nicht / dann ſolcher iſt das Reich Gottes / Marci 10. v. 14. vnd ich jhn darauff fragte / ob er auch gerne zu ſeinem Lieben Herꝛen Chriſto / in Himmel kommen wolte? hat er ſanfftiglich darauff ja geſpro - chen. Jn deme ich die vmbſtehenden vermahnet mit mir zubetten. Aber ehe ich das wort recht anfahen moͤgen / zog er ſeine Armlein / die er ſonſten auff dem Bette außgeſpreittet hatte / vnnd wegen der Schwachheit von ſich geſtrecket / eyfferig zu ſich / legte ſeine ſehr verletzte Haͤndlein andaͤch - tig zuſammen / dieſelben gefaltend in einander ſchlieſſend / vnd bewegte die Lippen ſeines Muͤndleins / daß man freylich wol ſpuͤren kondte / wie ſein Kindlicher Geiſt geruffen hab Abba lieber Vatter / Rom 8. v. 15. Gal. 4. v. 6. Nach ſolchem Gebet; ſeind wir bald widerum̃ zu jhm erfordert wor - den / da ſchon alle zeichen deß zeitlichen Abſchieds ſich gnugſam erzeiget / er auch anfahen den Athem jmmer ſchwerlicher zuziehen: Alſo haben wir vnſer Gebet widerumb zu Gott gewendet / vnnd vmb ein ſanfftes Stuͤndlein vnd ſeeligen abſchied gebeten / welchs Gebet Gott auch gnaͤ - diglich erhoͤret. Dann als wir darauff die Beſandniß vnſers Chriſtlichẽ Glaubens geſprochen: vnd nach dem letzten Artickel / ich glaube ein Auff - erſtehung deß Fleiſches vnd ein Ewiges Leben / ich dieſen wunſch mit an - gehengt Wolan / Gott geb dir auch das Ewige Leben / Amen[,]da ſchied ſeine Seele / mit dem letzten Athem / in dem Woͤrtlein Amen von ſeinem einſchlaffendem Leibe. Vnd iſt an jhme war worden was der Prediger Salomo c. 7. v. 2. ſagt. Der Tag deß Todtes iſt beſſer dann der Tag der Geburt. Dann wie er Anno Chriſti 1606, den 22. Martij vor 10. vhrn Mittags / mit groſſer gfahr ſeines Lebens (wie diejenigen wiſſen vnd an - zeigen ſo bey ſeiner Geburt geweſen) auff die Welt kommen: Alſo iſt er hergegen diß 1613. den 23. Martij / vmb 12. vhr Mittags / ohn alle ge - fahr / ja auch in glaubiger Hoffnung deß Ewigen Lebens / in Chriſto Jeſu ſanfft eingeſchlaffen: Eben auff den Tag da er ſein Achtes Jahr eingetretten / vnnd den Tag zuvoren ſein Siebendes Jahr beſchloſſen:welches[21]Leichpredig /welches Jahr die Medici vnd Artzte pflegen zu nennen Annum cli - mactericum oder ſcalarem, das auffſteigende Jahr / nach welchem er auch der Seelen nach / an der heylſamen Leiter / ſo dem H. Patriarchen Jacob erſchienen / Gen. 28. v. 12. welche iſt Chriſtus / auffgeſtiegen zu der ewigen Frewde / da jhn kein qual mehr ruͤhren wird: dann auß Sechs Truͤbſalen hat jhn der Allmaͤchtige erꝛettet / vnnd in der Siebenden hat jhn kein Vngluͤck beruͤhret. Job. 5. v. 19. Vnd hat alſo / als ein Chriſtli - cher Ritter / alle ſeine Feinde vberwunden. Den Teuffel durch ſeinen Erloͤſer vnd Seligmacher Jeſum / welcher der Hoͤlliſchen Schlangen den Kopff zertretten Gen. 3. v. 15. Die Welt durch den Glauben: dann vnſer Glaub iſt der Sieg / dadurch die Welt vberwunden iſt 1. Joh. 5. v. 4. die kan jhm nun mit jhren boͤſen Exempeln vnd aͤrgerniſſen nicht mehr ſchaden[.]Sein eygen Fleiſch mit dem Gebet / Herꝛ dein Wille geſchehe / vnd mit der Gedult. Dann ob wol dieſe Schmertzliche Kranckheit / jh - me dem Fleiſch nach / als dem Alten Adam auch nicht wol gethan / vnnd deren wegen anfangs ſich auch gewunden vnd vngedultig geweſen; ſo iſt er doch zuletzt / ja da der Schmertzen am groͤſten auch am aller gedultig - ſten worden / vnd ſelbſt bekennet / er wolle gern ſterben: hat alſo Luſt ge - habt abzuſcheiden vnd bey Chriſto zuſein: Philip. 1. v. 23 Rom. 7 v. 24. Den Todt als den letzten Feind der durch Chriſti Sieg verſchlungen iſt 1 Corin. 15 v. 26. 54. hat er durch den ſeeligen Schlaff vberwunden / inn dem Er ehe dañ noch ſeine Seele von jhme geſcheiden / auff die troͤſtliche Wort / ſo Jch jhme vorgeſprochen: Herꝛ in deine Haͤnde befehl ich mei - nen Geiſt / du haſt mich erloͤſet: Herꝛ Chriſte du getrewre Gott Pſal. 1. v. 6. ſein Haͤuptlin geneiget vnd zum ſeeligen Schlaff bereitet. Alſo hat dieſes vnſer in Chriſto liebes Mit-Bruͤderlein / als ein Geiſtlicher Rit - ter einen guten Kampff gekaͤmpffet / ſeinen Lauff vollendet / vnd Glau - ben gehalten. Hinfort iſt jhme beygelegt die Krone der Gerechtigkeit / welche jhm der Herr / an jenem Tag / der gerechte Richter geben wird: nicht aber jhm allein / ſondern vns allen / die wir ſeine Erſcheinung lieb haben 2. Thim. 4. v. 7. Darzu wolle jhm die Hochgelobte DreyEinigkeit GOTT Vatter Sohn vnd H. Geiſt / eine froͤliche Aufferſtehung: Vns aber zu ſolcher Frewdenreichen Vrſtend auch ein ſeeliges Ende verlei - hen. AMEN.

C iijEPICE -[22]

EPICEDION in Obitum NOBILISSIMI OPTIMÆQUE SPEI PUERI JOANNIS JOACHIMI à STET - TEN: Nobiliſſimi & maximè ſtrenui quondam viri Dn. Caſpari à Stetten in Kochenſtetten. &c. feliciſs. memor. re - licti filij qui completo jam Septennio, præmatura mor - te abreptus, piè placideq́; in Immanu Ele ſuo ob - dormivit. 23. die Martij Anno Salutis 1613.

O Mors crudelis! quæ ſic graſſaris in Orbe:
Siccine graſſando ſpicula ſæva jacis?
Quæ magnos parvoſꝙ́ feris, quæ fortibus æquas
Imbelles; pueros conficis atꝙ ſenes.
Annón ſufficiat græto modò lumine vitæ
Tot numero infirmos deſtituiſſe ſenes?
Inſuper in teneram ſævis etiam inde juventam,
Tollendo pueros: nunc rapiendo ſenes.
Maxima naſcuntur nobis hinc damna ſubindé.
Sive neces pueros, interimaſve ſenes.
Hi ſiquidem afflictis rebus ſuccurrere poſſent:
Spes verò de illis maxima concipitur.
Arboribus pulcrè teneris ceu coſitus hortus,
Viſu est jucundus, deliciasꝙ́ parit.
Nec tamen optatos poterit producere fructus,
Sit licet ipſe ferax hortulus, ante diem:
Ætas ſicꝙ tenella nequit monſtrare venuſtas
Ingenÿ dotes, mentis & indicia.
Debilitas obſtat obſtat mentis, ratioꝙ́ tenebris
Circumfuſa latet, judicioꝙ́ caret.
Annis at poſtquam facta eſt maturior ætas,
Prædulces fructus ſemina pura ferunt.
Nec venit ante annos unquam prudentia: rerum
Vſu quælongo conſtat & arte ſimul.
Affecti[23]Epicedion.
Affecti ſenio prudenter commoda ſpectant:
Quæ juvenes tantùm ſpeꝙ́ fovere ſolent.
Fragrantes olitor veluti decerpit in horto
Flores, queis pulcrè pingere ſerta velit.
Sic graciles teneræ decerpi IOVA juventæ
Plantas, exornans regna beata Poli.
Bellus ſicꝙ́, jubente DEO, IANVS-IO ACHIMVS
STETTENVS properè cœlica regna petit.
Angeliciſꝙ́ Choris junctus verſatur in arcs
Ætherea, fruitur contuituꝙ DEI.

ALIVD. JOANNES-JOACHIMUS à STETTENAD matrem cùm amantiſſimam tùm mœſtiſſimam.

JAm nunc, O Genitrix, triſtes depone querelas,
Et mentem ceſſa diſcruciare diu.
Non etenim perÿ: poſitis modò corporis ægri
Exuviis, vitam nunc ago rité novam:
In tenues purus ceßit nec ſpiritus auras:
Fumus ut è flammis miſſus ad aſtra volat.
Auxilio CHRISTI devicta morte triumphe,
Cœlicolas inter cantica læta canens.
Hîc nullus dolor, anxietas, nulliꝙ labores
Amplius exiſtunt, me mala nulla premunt.
Hîc nec pallentes habitant morbi nec acuti:
Varorum ſcabies exulat inde procul.
Hîc nec dira feræ jaciuntur ſpicula mortis:
Arce nec auditur planctus in ætherea.
Aſt honor atꝙ decus, pax & concordia florent:
Percipiunt animæ gaudia mille modis.
Vita (mihi credas) eſt terq́; quaterq́ue beata,
Non ibi læticiam finiet nulla dies.
Alloquio dulci me nunc dignatur IESVS,
Paſcor in æternum contuituque DEI
Cœleſti inq́ue ſchola doctè, duce flamine ſancte,
Imbuor æterni cognitione DEI.
Quæ[24]Epicedion.
Quæ quondam ſtudio ſummo indagare nequivi,
Omnia, nunc nullo ritè labore ſcio,
Angelicoſq́ue choros exultans, commoror inter,
Æternumꝙ cano tempus in omne DEVM
Aßiduè mihi verba facit (dulcißima mater)
Optimus, en! Genitor: frater adeſtmeus.
Exultans etiam aſtat Avunculus unus & alter,
Gratando miſcent dulcia verba mihi.
Nec non cœleſti noſtræ hac materteræ in aula
Gratando miſcent dulcia verba mihi.
Mox & avus proavuſꝙ alÿ ſic ordine longo
Gratando, miſcent dulcia verba mihi.
Maxima perpetuò teſtantur gaudia dictis,
Vllus triſticiæ nec locus eſſe pot eſt,
Vndè ego non memini quidquid perpeſſus in Orbe
Terrarum: quia me gaudia ſumma manent.
Caſtigatq́ue DEVS quoſiunꝙ favore paterno
Continet: Electos ſic probat, ecce! ſuos.
Divinæ ſignum non iræ est, ſive furoris,
Si quos morborum vi premit ipſe DEVS
Affligitque pios, violatos vulnere ſanat:
Incipit à ſanctis judiciumq́ue DEI.
Adfuit at ſancto mihi tunc Spiramine ſolus
CHRISTVS qui tantùm est vita ſalusꝙ́ mea.
Idcircò, ô Genitrix! triſtes depone querelas,
Et mentem ceſſa diſcruciare tuam.
O mater pia! jam valeas, & faxit IESVS,
Incolumis ſuperes tempora Neſtorea.
VVolfgangus vivat patruus, vitamq́ue quietam
Traducat multo tempore in arce ſua.
Vive Eberharde diu frater, ſpes progeniei
Vnica, ! noſtræ: vive Eberharde diu!
Agnati, Agnatæq́ue ſient quoq́ue tempora vitæ
Dulcia ſic vobis: vivite vos Amitæ!
Vivite jam cuncti feliciter atꝙ valete:
Ardentiq́ue DEVM ſollicitate prece:
Horula,[25]Klag Spruch.
Horula, nos tandem, cum venerit ultima mundi
Quò alloquio dulci contuituꝙ́ beet:
Omnes Cœleſti quoꝙ́ conjungamur in aula,
Illic per CHRISTVM vita perennis erit.

Felic. recordat. ergò fac. Ioan. Schadius Hailpronnenſ.

Klag Spruch vber den Abſchied Deß Edlen vnd gute Hoffnung von ſich gebenden jungen Junckern Johan-Joachim von Steiten: deß Edlen vnd Veſten Juncker Caſparn von Stetten / zu Kochenſtetten vnd Buchenbach / ſeeligen Gedaͤchtniß / hinderlaſſen Sohns: wel - cher nach vollendung deß Siebenden Jahrs / durch Fruͤh - zeittigen Todtsfall abgefordert: ſeelig vnnd ſanfft in ſeinem ImmanuEle entſchlaffen den 23. Martij Anno 1613 Beſchrieben.

O Grimmiger Todt / der du doch /
Jn der Welt grauſam wuͤteſt noch:
Schieſſeſtu ſo grimmig in Eyl
Deine grauſame ſcharpffe Pfeil?
Groß vnd Klein triffſtu mit deim Streich:
Den Starcken heltſt dem Schwachen gleich.
Die Kinder bringſtu vmb alsbald /
Vnd auch zugleich die da ſein Alt.
Jſt es dann nicht genug einmahl /
Daß ſo viel Alt Leut an der Zahl /
Deß werthen Liechts deß Lebens zwar
Muͤſſen beraubt ſein gantz vnd gar?
Daß du / vber das / noch zur fahrt
Wuͤteſt gegen die Jugend zart.
Balt reiſſeſtu dahin ein Kind /
Balt ein erlebt Perſon geſchwind.
DDaher[26]Klag Spruch.
Daher erwechſt vns jmmerdar
Groſſer Verluſt vnd Schaden zwar:
Du toͤdteſt gleich die Kinder eben
Oder nimſt den Alten das Leben.
Dann dieſe kondten vns zuſpringen
Jn Gfahr vnd Truͤbſeligen dingen:
Von jenen aber je zur friſt
Ein groß Hoffnung zu ſchoͤpffen iſt.
Gleich wie ein ſchoͤner Garten fein /
Darinn viel Baͤum gepflantzet ſeyn
Anzuſchawen Lieblich allzeit
Der da erzeigt Ergetzlichkeit:
Der aber nicht kan bringen fort
Sein erwuͤnſchte Fruͤcht an dem ort /
Vor der zeit zu volkomner friſt
Ob ſchon der Garten Fruchtbar iſt:
Alſo die zarte Jugend mag
Nicht alsbald bringen an den Tag
Die liebliche Gaben / die fein
Deß Verſtandes anzeigung ſeyn.
Die Schwachheit deß Gmuͤts hindert diß
Vnd die vernunfft mit Finſterniß
Vmbgeben / verborgen zuhand /
Da mangelt vollkomner Verſtand.
Wann aber das Alter zur friſt
Durch die Jahr zeitger worden iſt /
Alsdann dem reinen Samen glinge
Daß Er liebliche Fruͤchte bringt.
Dann Weißheit vnd Vorſichtigkeit
Kompt nicht vor rechter Jahres zeit
Weil ſie beſteht in langem Brauch /
Vnd zugleich in den Kuͤnſten auch
Die Alten / ſo man hoch ſoll achten /
Die thun / was Nutz iſt / wol betrachten:
Daher gegen die Jugend klein
Jn Hoffnung ſolchs beſitzt allein.
Wie[27]Klag Spruch.
Wie ein Gaͤrtner im Garten ſein
Die wolriechenden Bluͤmlein rein
Abbricht / die er will das ſie fein
Verſetzt werden zu eim Kraͤntzlein;
Alſo bricht Gott / nach ſeiner art /
Gering Bluͤmlein der Jugend zart:
Das er damit auch zier zugleich
Die Seeligkeit im Himmelreich.
Alſo auff Gottes Bfehl allein
Johan-Jochim von Stetten fein /
Hat begehrt eylend auch zukommen
Jnn das Himmelreich zu den Frommen.
Vnd iſt nunmehr gar nah verwand
Der Engel Chor / da er zuhand
Jnns Himmels Saal Lobt im vettrawen
Gott / den er hinfort thut anſchawen.

Ein Anders Johann-Joachim von Stetten / ꝛc. zu ſeiner Liebſten vnd hochbetruͤbteſten Mutter.

WOlan! O liebe Mutter mein /
Laſt doch ewr trawrigs Klagen ſein!
Laſt ab! vnd plaget nit mit ſchmertz
So lang ewr hart betruͤbtes Hertz.
Dann Jch bin nicht verlohrn zur ſtund.
Sondern hab nur abglegt jetzund.
Meins Krancken Leibes Leichnam eben:
Jetzt fuͤhr ich recht ein Newes Leben.
Mein reiner Geiſt iſt nicht der gſtalt
Jm duͤnnen Lufft verſchwunden balt
Wie ein Rauch von deß Fewers Flamm /
Gen Himmel zeucht verfleugt allſam.
Durch huͤlff Chriſti / hab Jch zur ſtunden /
Mit Triumph den Todt vberwunden.
Mein Frewden Gſang ſing Jch mit Schall /
Mit deß Himmels Jnnwohnern all.
D ijKein[28]KlagSpruch:
Kein Swmertz / kein Angſt / kein arbeit ſchwer
Jſt hie an dieſem Ort nunmehr /
Kein boͤſes Vngluͤck mag auch Mich
Trucken noch ruͤhren ſicherlich.
Kein ſcharffe Kranckheiten zugleich
Seind hie / die den Leib machen Bleich:
Der Durchſchlecht Parplen ſeind allzeit
Von hinnen abgewieſen weit.
Es werden nicht geſchoſſen hie
Deß wilden Todts grimmig Pfeyl je.
Ja kein wehklag wird hie zumahl
Gehoͤret in deß Himmels Saal.
Hie gruͤnet Ehr vnd Zierd allzeit /
Ja der Fried vnd die Einigkeit.
Die Seelen empfinden ohn ziel
Tauſenterleyweiß Frewden viel.
Diß Leben (glaubt mir) iſt fuͤrwar
Seelig vnd vber Seelig zwar:
Da doch gewißlich gar kein Tag
Die Frewde jemals aͤndern mag.
Mein Herꝛ Jeſus acht mich jetzund
Wuͤrdig mit ſeinem ſuͤſſen Mund
Mich anzureden. Jch frew mich
Gott anzuſchawen ewiglich.
Jn Himmliſcher Schul hoch geehrt
Werd Jch durch Gottes Geiſt gelehrt /
Jn der Erkandtnis Gottes frey /
Wie Er ein ewigs weſen ſey.
Was Jch etwan mit hoͤchſtem vleiß
Nicht kondt ergruͤnden: ſolcher weiß:
Daß weiß Jch alles jetzt zur zeit
Recht wol ohn alle Muͤhſamkeit.
Jnn Frewden ſchwebend bleib Ichfein /
Jm Chor der lieben Engelein:
Vnd ſing zu aller zeit ohn ſpott
Ein ewiges Lied meinem Gott.
Ohn[29]KlagSpruch.
Ohn vnderlaß red mit mir fein
(Sag Jch Euch liebe Mutter mein)
Mein lieber Vatter / ja zur friſt
Mein Bruder auch zugegen iſt.
Frewdig ſtehn auch an meine Seit
Mein liebe Vettern jederzeit /
Empfahen mich an dieſem Ort /
Geben mir die freundlichſten Wort.
Ja in dieſem Himmliſchen Saal /
Meine liebe Baſen auch zumahl
Empfahen mich in dieſem Leben!
Vnd die ſuͤſſeſten Wort mir geben.
Balt mein Groß Vatter vnd Ahnlein
Auch andre deren viel da ſein
Empfahen mich: Vnd ſo fort an
Jhr Lieblich Geſpraͤch mit mir han /
Vnd bezeugen mit jhrer Red
Ein groſſe Frewd die nicht vergeht:
Vnd da mag keine Trawrigkeit
Platz haben / ja zu keiner zeit.
Daher gedenck Jch dran nicht mehr
Was Jch gelitten hab ſo ſchwehr
Jn der Jrꝛdiſchen Welt. Dann je
Die groͤſte Frewd mir bleibt allhie
Dann all die Gott Zuͤchtiget hart
Die haͤlt Er recht nach Vatters art /
Jn ſeiner Gnad: Ja alſo fein
Probirt Er die Erwehlten ſein.
Es iſt drumb nicht ein Zeichen ſchlechts
Deß Zorns vnd Grims Goͤttlichen Rechts
Wann Gott einen beſchwehret faſt /
Mit einer harten Kranckheit Laſt:
Gott ſchlegt die Frommen wol zur ſtund
Doch heilt Er die Er hat Verwundt.
Dann Gotts Gericht hebt an geſchwind
An denen die geheyligt ſind.
D iijMir[30]KlagSpruch.
Mir aber iſt geſtanden bey
Chriſtus allein mit ſeim Geiſt frey
Der auch allein zu jeder friſt
Mein Seelen Heyl vnd Leben iſt.
Darumb / mein liebe Mutter / Ach!
Legt ab Ewr trawrig vngemach:
Hoͤrt doch auff klaͤglichem Schmertz
Zu krencken ewr betruͤbtes Hertz.
O Gottsfuͤrchtige Muttet mein /
Bewar euch Gott! Ja Jeſus fein
Geb das jhr friſch vnd gſundt fein eben
So lang als Neſtor moͤget Leben /
Meim lieben Vettern Wolff wuͤnſch Jch
Daß Er auch moͤg geruͤwiglich
Sein Leben fuͤhren lange zeit
Jnn ſeim Schloß ſo jhm Gott bereit.
Vnd Eberhart mein Bruder fein
Auff dem die Hoffnung ſteht allein
Vnſers Stammens: Gott woll dir geben
O Eberhart ein langes Leben.
Jhr Schweſtern vnd Verwandten frey
Gott gebe das Euch allzeit ſey
Lieblich all ewers Lebens zeit.
Jhr Baſen Lebt in Frewdigkeit.
Lebt alleſampt Gluͤckſelig gar:
Zum valete euch Gott bewahr:
Denſelben ruffet an ja ſteht
Mit recht Eyferigem Gebet:
Daß Er vns auch ſeelig verleyh
Mit einander zureden frey /
Wann endlich kommen wird zu letzt
Daß Stuͤndtlein ſo der Welt geſetzt:
Auff das wir da durch Chriſtum eben
Fuͤhren ein Ewigs Seeligs Leben.
AMEN.
EPITA -[31]

EPITAPHIUM.

Nach dem Willen GOTTES / Der Ewigen / Allmaͤchtigen / Hoch vnd Lobwuͤrdigen / Heyligen DreyEinigkeit / Vatters / Sohnes / H. Geiſtes / Leber vnnd Ruget / In Christo Jesu, Der Edel JOHANN-JOACHIM von-Stetten: deſſen Vnſterbliche Seele Nach vollbrachtem Siebenden / vnd gleich an - gehendem Achten Jahr ſeines Alters: Anno 1613. den 23. Marrij / durch ein ſeeliges Stuͤndlein / vmb 12. vhr Mittags / nach Goͤttlicher vorſehung / von dieſer Welt abgeſordert: Aber ſein Verweßlicher Leib Chriſtlichem Gebrauch nach den 29. Martij zur Erden beſtattet worden: da er ruget vnd war - tet des groſſen Tags des HERREN / vnd der Frewdenreichen Zukunfft IESV CHRISTI: der Jhn Froͤlich wider erwecken / vnd mit der Seelen vereinigen wird zur Ewigen Seeligkeit. AMEN.

About this transcription

TextLeichpredig/ Bey der trawrigen Leich Begängniß Deß Edlen vnnd EhrenVesten Junckherrn Johann-Joachim von Stetten
Author Wolfhart Spangenberg
Extent31 images; 7611 tokens; 2674 types; 50978 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationLeichpredig/ Bey der trawrigen Leich Begängniß Deß Edlen vnnd EhrenVesten Junckherrn Johann-Joachim von Stetten Wolfhart Spangenberg. . 31 s. e.Buchbach1613.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 S 312/10 / 526006

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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Editorial principles

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:16Z
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ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 S 312/10 / 526006
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