’ ()Zu dulden iſt ſtets Lieb vnd Leidt /Dazu ein rechter Chriſt bereit.
DEDICATIO. Der Edlen / Ehrentugent - reichen / Adelichen / Chriſtlichen Matro - nen / Fraw ANNÆ / gebornen Schwartzinnin / des weiland Edlen / Geſtrengen /[E] hrenveſten Junckern Arnd Kannen auff Cloͤden hin - derlaſſenen Witwen. Dem Edlen / Geſtrengen vnd Ehrenveſten Jun - ckern / Bernd Ludolff Kannen / Erbſaſſen auff Cloͤden vnd Luͤden. Dem Edlen / Geſtrengen vnd Ehrenveſten Jun - ckern Chriſtian von Bocken auff Salhauſen vnd Kliphauſen Erbſaſſen / Vnd Der Edlen / Ehrentugentreichen Frawen / Fraw Eliſabeth / gebornen Kanninnen / ſeinem vielgeliebten Ehegemal. Wie auch Dem Edlen / Geſtrengen vnd Ehrenveſten Jun - ckern Chriſtoff von Drandorff auff Boltzen vnd Weri - chaw / ſampt ſeinen dreyen Soͤhnen vnnd Waiſen / J. J. J. Hans Chriſtoff / Melchior Arnd / vnd Bernhard Heinrich /
Wuͤnſche ich Gottes milde Guͤt vnd Gnad / vnd durch Chriſtum voͤlligen Troſt vnd ſeelige Geduldt im Heiligen Geiſt / vnd ſonſt geſunden langen Lebens / Lei - bes vnd Seelen heilſame Wolfart.
E Edle / Ehꝛentu - gentreiche Frawen / auch Edle / Geſtrenge / Ehrenveſte Junckern / Chriſtliche wolgenei - gete Freundinnen vnd Freunde / von den Elephanten ſchreiben die Naturkuͤndi - ger / das / wenn eins von Jaͤgern vnd die jhnen nachſtellen geengſtet wird vnd nohtleidet / ſo kommen jhme die andern Elephanten alle zu huͤlffe / vnd zu troſte / ſtehen jhme bey / verlaſſen es nicht. Wie viel mehr ſol ſolche Liebe bey vernuͤnfftigen Menſchen / ja warenſeligen Chri - ſten ſich im Creutz vnd nothfall ereignen vnd be - weiſen / wann wir ſehen / mercken vnd vernemen / das es mennichen Chriſten / aller Staͤnde Men - ſchen / durch Creutz / Anfechtung vnd Widerwer - tigkeit / alſo ergehet / das ſie mit dem Gottſeligen Koͤnige Ezechia muͤſſen ſagen vnnd ſchreyen / Eſa. 38. Sihe vmb Troſt war oder iſt mir ban - ge / Demnach da ich verneme / erkenne vnd weiß / das wegen toͤdtlichen Abgangs / der weiland Edlen / Ehrentugendreichen Gottſeligen Fraw - en / Fraw Magdalenen Armgard Kanninnen / Ewrer hertzliebſten Tochter / Schweſter / Schwi -gerin -[5]Vorrede. gerinnen / ja viel geliebten hertzliebſten Ehegatten vnnd Mutter / jhr mit einander Hertzlich vnnd Schmertzlich betruͤbt ſeid / auch die Fraw Kan - ninne / die alte liebe Fraw Mutter / ſonderlich hoͤchlich bekuͤmmert / das jhr ſo eine fromme liebe Tochter in jhrem hohen Alter / gleich aus dem Hertzen geriſſen / ſo hab ich mich ſchuͤldig erachtet in Chriſto / nicht allein der ſeligen Frawen / auff jhr Hertzliches begeren / als meiner lieben Lands - mannin vnd Chriſtlichen Liebhaberinnen / wegen des Worts vnd ſeeliger Lehr Chriſti / die Leich - predigt / auff bewilligung des Herrn Pfarrers zur Colachaw / in Chriſtlicher Einfalt zu ver - richten / Beſondern habe auch dieſelbe euch ſehr betruͤbten Hertzen / wegen vnverſehenden toͤdli - chen Abganges / ewer liebſten Tochter / Schwe - ſter / Schwigerinne / ja lieben Ehegatten zu ſon - dern Troſt / nachleſung vnd heilſamer Betrach - tung / zu erweckung ſeeliger Gedult / auff Ewer begeren / wie ich vernommen / ferner in den Druck zu geben mich bereit willig erkant / mit freund - lichſter / demuͤtigſter Bitte / E. E. EE. EETT. wie auch EEEEE. EEEEE. GGGGG. vnd E. E. EE. E. wollen dieſe ſeliges Troſts ar - beit vnd gethane Publicirte Leichpredigte Groß - guͤnſtig / von mir Diener Jeſu Chriſti / auff vndA iijanne -[6]Vorrede. annemen / vnd durch Troſt des Heiligen Geiſtes deren zu beſtendiger Gedult vnd Hoffnung kuͤnff - tigen ewigen Lebens / jederzeit wol gebrauchen. Mit meinem Gebet vnd Vater vnſer / wil ich ſol - chen wolmeinenden Troſt / vnd Chriſtliche liebe Dienſte ferner vnd taͤglich zu mehren / in Chriſto nichts vnterlaſſen. Goͤttlicher Gnad vnd ſtetem Troſt empfolen.
Geben zu Hertzberg / den 20. Tag Aprilis, Anno 1613. fuͤr 60. Jahren meinen Geburts tage.
EE. EE. EE. TT. vnd EEEEE. GGG. GG. vnd EEE. EE. Jn Chriſto D. W. M. Felicianus Clarus Pfarrer vnd Superintendens zu Hertzberg.
VNd ſie zogen gen Bethel / vnd da noch ein Feldt weges war von Ephrad / da gebar Rahel. Vnd es kam ſie hart an vber der Geburt. Da es jhr aber ſo ſawr ward in der Ge - burt / ſprach die Wehemutter zu jhr / Fuͤrchte dich nicht / denn dieſen Sohn wirſtu auch haben. Da jhr aber die Seele ausgieng / das ſie Sterben mu - ſte / hieß ſie jhn Benom / aber ſein Va - ter hieß jhn Benjamin. Alſo ſtarb Ra - hel vnd ward begraben an dem Wege gen Ephrat / die nun heiſt Bethlehem. Vnd Jacob richtet ein mahl auff vber jhrem Grabe / daſſelbe iſt dz Grabmal Rahel biß auff dieſen Tag.
DER Koͤnigliche Prophet David /προοίμιον ſpricht im 4. Pſal. alſo: Erkennet doch / das der Herr ſeine Heiligen wunderlich fuͤh - r[e]t. Eſa. 28. Sein rath iſt Wunderbarlichvnd[8]Chriſtliche Leichpredigt. vnd fuͤhret es herrlich hinaus / Jere. 32. Er iſt der Herr Herr / groß von Raht / vnd maͤchtig von That / vnd ſeine Augen ſtehen offen vber alle Wege der Menſchen Kinder / das iſt / er ſiehets / weiß / ja ordnet / was den Menſchen wi - derfahren ſol / es ſey Guts oder Boͤſes.
Das dieſem allen alſo ſey / habẽ wir ſonderlich / wie an dem Gottſeligen Patriarchen Jacob / vnd ſeiner hertzliebſten Ra - hel / alſo auch am hie gegenwertigen ſehr betruͤbten Junckern Chriſtoff von Drandorff / vnd ſeinem viel geliebten hie vor - ſtehenden ſeelig ruhenden Ehegemahl / ja auch an jhr hie ge - genwertigen hertzlich ſehr betruͤbten Fraw Mutter / der Fraw Kanninnen / Witwen / vnd den jhren allen gnugſam zu ver - nemen.
Wie wunderlich Gott der Allmechtige den lieben Pa - triarchen Jacob vnd ſeine hertzliebſte Rahel gefuͤhret / Vaͤ - terlich Heimgeſucht / bald mit Lieb / bald mit hertzlichem Lei - de wol probirt / geuͤbet vnd gnugſam verſucht ohne nachtheilπρότασις. jhrer Seligkeit / Davon wollen wir bey dieſer Adelichen Chriſtlichen Leichbegengnis dieſer geſtalt Vnterricht / Lehr vnd Troſt einfuͤhren nach dieſem Ziel vnd Zweck.
I.
Wollen wir nach vmbſtenden der Hiſtorien Jacobs vnd Rahels vernemen / wie Gott der Allmaͤchtige den lieben Jacob mit ſeiner lieben Rahel ſonderlich mit Segen vnnd Troſt erfrewet / vnd bald darauff mit groſſem Creutz / Hertz - leid / vnd widerwertigen Gluͤck probirt vnd ſeelig geuͤbet / vnd wie Jacob vnd Rahel in ſolchem Creutzfall ſieh Geduͤltig / Gottſelig vnd wol verhalten.
II.
So wollen wirs auff den hie gegenwertigen Creutzfal / auff den ſehr betruͤbten Junckern / ſeinen ſeeligen Ehegatten /vnd[9]Chriſtliche Leichpredigt. vnd die hinderlaſſene ſehr betruͤbte Fraw Kanninnen / Wit - wen / die Fraw Mutter / jhre betruͤbte Tochter vnd Sohn / vnd dem lieben Tochterman Troͤſtlich accommodiren, vnd einfuͤhren. Darzu Gott in Chriſto ſeine Gnade vnd Gabe / ſelige Lehr vnd Troſt verleihe / mir vnd euch / durch des Heiligen Geiſtes heilſame erleuchtung / Amen.
WEnn wir den Anfang der Hiſtorien desNB. γλυκύπι - κρα Lieb mit Leid vermi - ſchet. Patriarchen Jacobs vom 28. Capitel des erſten Buchs des Propheten Gottes Moſi wol betrach - ten / vnd biß auffs 50. Capitel in acht nemen / ſo befinden wir darinne lauter γλυκύπικρα Lieb mit Leid vermiſchet. Son - derlich bekrefftiget ſolches die Hiſtoria von Jacob im 35. Ca - pitel Gen. beſchrieben: Mercke es lieber Chriſt / vnd laß dirs wol zu Hertzen gehen / denn es kan leicht nach Gottes wun - derbaren Rath vnd ſeligen Wolgefallen geſchehen / das dir Jacobs Lieb vnd Leid / widerfahre / mercke dieſen Beſcheidt.
Sihe Jacob kommet auff ſeines lieben Vaters Iſaaci vnd ſeiner lieben Mutter Rebeccæ willen vnd Raht zum La - ban ſeiner Mutter Bruder in Meſopotamiam. Hilff lieber Gott / wie mancherley finden ſich da mit jhme γλυκύπικρα, wie manches Lieb vnd Leid vermiſchet ſich da in die 20. JahrBlang[10]Chriſtliche Leichpredigt. lang mit jhme. Was geſchiehet? Gott hilfft jhm alles v - berwinden / koͤmpt aus Gottes Befehl widerumb mit ſeinen Weibern vnd Kindern aus Meſopotamia / koͤmpt widerumb[i]ns Land Chanaan / wird mit ſeinem Bruder Eſaw verſoͤnet / iſt auff der Reiſe / verhoffet bald zu ſeinem lieben Vater Jſaac im Mambre gen Hebron zu kommen. Auff derſelben Reiſe erſcheinet Gott dem Jacob abermal / nach dem er aus Meſopotamia kommen war / vnd ſegnete jhme ſonderlich. Ja Gott der Allmaͤchtige ſprach zu jhm Gen. 35. Jch bin[d]er Allmaͤchtige Gott / ſey Fruchtbar vnd mehre dich / Voͤl -[c]ker vnd Voͤlcker hauffen ſollen von dir kommen / vnd Koͤni - ge ſollen aus deinen Lenden kommen / etc. denſelben Ort aber heiſt Jacob / da Gott mit jhm geredt hatte / Bethel.
Hie iſt nun kein zweiffel / Jacob wird wegen dieſer Verheiſſung Gottes ſonderlich mit ſeinem hertzliebſten Ehe -[g]atten Rahel / welche damals Schwanger / vnd jhre GeburtJacobi & Ra - helis exulta - tio. ſehr nahe war / ſehr froͤlich worden ſein / ſind gutes Hoffens geweſen / Gott werde ſonderlich durch die liebſten / als Ra - hel / ſeine Verheiſſung war / vnd ſie zur froͤlichen Kinder - Muter machen / darauff ſie auch von Bethel auffbrechen / vermeinen ſie wollen zum alten Jſaac kommen / wollen da froͤliche Kindt auff machen / vnd groſſe Frewde haben. Ja vielleicht hat Jacob vnd Rahel gedacht / ſie wollens nun alſo machen / wie im Prediger Salomonis am 9. Der Geiſt Gottes lehret vnd ermanet. So geht hin vnd jß dein Brodt mit Frewden / trinck deinen Wein mit gutem Muth / denn dein Werck gefelt Gott. Laß die Kleider jmmer weiß ſein / vnd laß deinem Haͤupte Salbe nicht mangeln. Brauche des Lebens mit deinem Weibe / das du lieb haſt / ſo lange du das eitel Leben haſt / das dir Gott vnter der Sonnen gegeben hat / ſo lange dein eitel Leben wehret. Dieſes zweiffels ohn hatjhme[11]Chriſtliche Leichpredigt. jhm Jacob zu verrichten / bey ſolcher herrlichen Verheiſſung Gottes fuͤrgenommen / hat zweiffels ohne gedacht / nun wolle er erſtrecht froͤliche gute Tage erlangen / vnd wolle ſich mit ſeiner liebſten Rahel bey vnd vnter dẽ reichen Segen Gottes deſto hertzlicher erfrewen / vnd ſtets danck barlich ergetzen.
Wie gehets aber? Wie der heilige Bernhardus rechtγλυκύπι - κρα nova, Sortis lætæ mutatio. ſaget: Novus fructus, novus luctus. Newe Frewde / newes Leid. Eins auffs ander. Muß ferner lernen was Auguſti - nus lehret: Si exceptus es à paßione flagellorum, exceptus es à numero filtorum
Jacob iſt auff froͤlicher Reiſe / bricht auff von Bethel. Vnd da noch ein Feldt weges war von Ephrad / da gebar Rahel. Muß die fromme Rahel auff der Reiſe / an frembden Orte / auff dem Felde / vnter den Blawen Himmel jhre Ge - burtzeit ausſtehen vnd halten. Jſt an im der Ort klaͤglich / iſt ſehr vnbequem / im Felde geberen muͤſſen. Ja wenns nur recht vnd wol zugehet / ſo iſt noch alles zu verdulden vnd zu verbeiſ - ſen.
Wie gehets jhr aber in vnd mit der Geburt? 1. EsRahel parit & obit. kam ſie hart an vber der Geburt. Sie muß ſonderlich im Fel - de erfahren / was das ſey Geneſ. 3. Jch wil dir viel Schmer - tzen ſchaffen / wenn du Schwanger wirſt / du ſolt mit Schmer - tzen Kinder geberen. Jch meine / die liebſte Rahel mus ſolches mit Angſt vnd Wehe voͤllig gnug erfahren haben. Was das ſey mit Schmertzen Kinder geberen / kan niemand ſagen / als die Geberenden Weiber / vnd der heilige Geiſt wil ſolches an - zeigen wenn er groſſe Straffen Gottes mit geberender Wei - ber Schmertzen hin vnd herwider in H. Schrifft anzeiget / als Pſal. 48. Eſa. 13. 23. 42. Jer. 4. 6. Hoſeæ 13.
B ij2. Ja[12]Chriſtliche Leichpredigt.2. Ja es koͤmmet Rahel die Geburt nicht alleine ſehr hart vnd ſchmertzlich an / beſondern die Seele gehet jhr aus / vnd muß daruͤber ſterben. Da moͤchte Jacob fuͤr groſſem Hertzleid / das Hertze im Leibe zerſprungen ſein. Da wird Fleiſch vnd Geiſt einen harten Kampff gehalten / vnd Jacob villeicht gedacht haben / Ja wie fein empfinde ich hie Gottes Segen / ſeine groſſeVerheiſſung / heiſt das mit Gott in Gna - den vnd Segen ſein? Nun iſt die allerliebſte dahin / was ſol ich nun anfahen vnd beginnen.
1. Rahel. 1. Da es Rahel ſo ſawr ward in der Geburt / iſt kein zweiffel / hat ſie betrachtet Evæ Suͤndenfall / vnd wird ſich geduͤltig in den Willen vnnd gehorſam Gottes ergeben haben.
2. Die Wehemutter ſpricht jhr behertzt zu / (wie ſol - ches ſolchen Perſonen gebuͤret / das ſie behertzet ſein / die Ge - berende Weiber mit Huͤlff vnd Troſt / beſten vermuͤgen nach erquicken) Spricht / fuͤrcht dich nicht / deñ dieſen Sohn wirſtu auch haben / als wolt ſie ſagen / der Allmaͤchtige Gott / der dir in ſchwerer harter Geburt fuͤr 18. Jahren beygeſtanden / vnd dich endlich mit dem lieben Sohn Joſeph erfrewet / Sihe der wird auch dißmahl dich erfrewen / vnd dir abermal einen lieben Sohn beſcheren vnd verehren. Darumb ſey nur froͤliches Hertzens vnd guts Muths vnd zage nicht.
3. Da jhr aber die Seele ausgieng / das ſie ſterben muſte / hieß ſie jhn Benoni.
War -[13]Chriſtliche Leichpredigt.Warumb hieß ſie jhn Benonj?
Benoni heiſt nach Hebraiſcher Sprach / Schmertzen Sohn / wil ſie mit dieſem Namen /
Erſtlich anzeigen / was ſie vnd alle Weiber Menſchli - cher Empfengniß vnd Geburt nach / fuͤr Kinder geberen / nem -Pſalm. 51. Epheſ. 2. lich Schmertzen Kinder / in Suͤnden empfangen vnd gebo - ren / Kinder des Zorns / die billich vmb der Suͤnden willen ewige Schmertzen vnd Pein leiden ſolten. Thut hiermit jhre Buſſe / bekennet ſich fuͤr eine Suͤnderin / alſo auch jhr liebes Soͤhnlein fuͤr ein Suͤndenkind. Anders theils / ſo gibt jhr Gott der heilige Geiſt dieſen Namen ein / dz ſie gleich weiſſa - ge vnd ſich troͤſte. Sie muß hie Weiſſagen das eben an dem Orte / da ſie ein Schmertzen Kind geborꝛn / als zu Bethle - hem / zu ſeiner zeit werde auch ein Sohn von einer Jung - frawen Eſa. 7. 9. geboren werden / welcher aller Menſchen Schmertzen werde auff ſich laden / vnd alle vnſere Kranckheit tragen / Eſa. 53. vnd darin ohn allen zweiffel / hat ſie auch ſonderlichen Troſt fuͤr jhre Seele im heiligen Geiſt empfan - gen. Ja / ſie muß auch mit dieſem Namen nachmals Weis - ſagen vnd anzeigen / wie in kuͤnfftigen Tagen zu Bethlehem / vnd in jhren Grentzen viel Schmertzen Kinder werden gebo - ren werden / wie zur zeit der Geburt Chriſti geſchehen / das Herodes viel tauſent Kinderlein / Soͤhnlein / von zweyen Jah - ren vnnd darunter jaͤmmerlich Toͤdten vnd Vmbbringen laſſen / Matth. 2. Cap. Daher denn auch von der Rahel / der Ort den Namen bekommen / darumb ſpricht Jer. 31. vnnd Matth. 2. Rahel beweinete jhre Kinder / vnd wolte ſich nicht Troͤſten laſſen / denn es war aus mit jhnen.
Jacob zwar muß fuͤr Frewden Brodt vnd Wein / trawr Brodt vnd Wein Eſſen vnd Trincken / fuͤr weiſſe Kleider / ſchwartze Trawrkleider anziehen / aber er faſſet nach Gottes gnedigen willen ſeine Seele in Gedult / nimpt ſich ſeiner lieb - ſten Rahel hertzlich an / hat zur Hand eine Gottfuͤrchtige / trewe Hebamme / die behertzt wol troͤſten kan. Ja er iſt nicht ferne von ſeiner hertzliebſten Rahel in Kindes noͤhten / ſtehet jhr bey / flehet Gott mit hertzlichen Gebet vnnd Seufftzen / Gott wolle helffen vnd erretten / vnd da er ſihet / das Gottes wille geſchehen muͤſte / vnd Rahel jhr liebes Soͤhnlein / ſo ſie ſchmertzlich Geberet / Benonj, ſchmertzen Sohn nennet / So ſpricht er jhr mit Troſt zu / vnd nennet jhn Benjamin, das iſt der rechten Sohn / Als wolte er Erſtlich ſagen / Sey getroſt liebe rahel / du haſt dich nicht alleine zu troͤſten des zukuͤnff - tigen Meßiæ als eines ſchmertzen Sohns / der fuͤr dir vnd vns allen / den ſchmertzlichen bittern Todt wird leiden vnnd ausſtehen / beſondern erfrewe dich auch in jhme / er iſt Benja - min / der rechten Sohn / das iſt / Er wird in Schmertzen vnd Todt nicht bleiben / beſondern er wird vom Todt wider Auff - erſtehen / gen Himmel fahren / ſich ſetzen zur Rechten Gottes des Allmaͤchtigen Vaters / in dem wirſtu auch im Todt nicht bleiben / beſondern in jhme widerumb zum ewigen Leben aufferſtehen / das laß deinen ſeligen Troſt ſein. Zu dem gibt er jhr auch mit dieſem Namen dieſen Troſt / nennet Rahels andern Sohn Benjamin, als wolte er ſagen: Hertzliebſte Rahel / ob vns gleich der Todt jetzo ſcheidet / ſo ſoltu mir doch im Hertzen die liebeſte / die rechte ſein vnd bleiben. Ja dieſer dein Sohn / wie auch Joſeph ſollen doch mir die Soͤhne der Rechten / die liebſten ſein / das wil ich hiemit dir zu geſagt ha - ben / wer jhnen Leide thut / ſol mirs thun. Wie dann auch Ja -cob[15]Chriſtliche Leichpredigt. cob ſolches in der That bewieſen / Joſeph vnnd Benjamin mehr denn ſeine andert Kinder alle geliebet vnd hoͤher gehal - ten hat / wie davon Gen. 39. 42. 43. etc. zu leſen iſt.
Damit er auch an der ſeligen verſtorbene Rahel ſeine liebe ferner beweiſe / leſt er ſie begraben am Wege gen E - phradt / die nun heiſt Bethlehem. Geſchicht alles nach den gnaͤdigen Willen vnd Rath Gottes / der ſeine Heiligen wun - derlich fuͤhret. Hat darnach der Ort von der Grabſtatt Ra - hels den namen empfangen muͤſſen / wie zuvor Matth. 2. Jerem. 31. angedeutet worden. Jacob wil ſeine verſtorbene Rahel nicht mit gen Mamre / gen Hebron fuͤhren / damit er ſeinen alten Vater Jſaac / wie auch ſeine liebe Mutter Re - beccam nicht vnverſehens erſchrecke vnd betruͤbe. Er richtet aber ein Mahl auff vber jhrem Grabe / das iſt das Grab - mahl Rahel biß auff dieſen Tag / wil damit anzeigen / das gewiß eine Aufferſtehung der Todten im Meſsia erfolgen werde / wolle er darnach ſeiner liebſten Rahel ſtets einge - denck ſein / vnd geliebtes Gott in der Aufferſtehung der Tod - ten / ſie widerumb zu ſehen bekommen / ja in Chriſto im ewi - gen Leben ſich mit jhr erfrewen.
Hieraus ſind nun wol zu mercken nachfol -διδαγματ - ιὴ ἐργασία. gende Notwendige Lehr / Troſt vnd Vermanungs Puͤnkt - lein.
JAcob des lieben Patriarchen vnd ſeiner liebſten Rahel〈…〉〈…〉en erux, affli - ctio notæ, Im - pietatis; ir〈…〉〈…〉 Dei. geoſſer Betruͤbniß Exempel / gibt vns dieſe Lehr wol zu erkennen / vnd mit fleiß zu mercken / ob Creutz / groß Anfechtung / mancherley des Lebens Widerwertigkeit / ab -ſterben[16]Chriſtliche Leichpredigt. ſterben trewer lieber Ehegatten / Kinder / Eltern / guter Freun - de / wohlverdienter Leute anzeigungen ſein / das ſolche Creutz - tragende Menſchen fuͤr andere muͤſſen Gottloß gelebt ha -Diabolus peßi - mus conſolator ſub cruce. ben / Gott nicht lieb vnd angenem ſein? Wann man hie dem Sathan raum leſt / vnd den hie vmb Raht vnd Beſcheidt fraget / ſo gibt er trawrigen Hertzen ein / als ſey Gott ſonder - lich Zornig vber ſolche Menſchen / reitzet die CreutztragendeSolches leh - ren heute die newen Pho - tinianer. Perſonen zur Vngedult / Verzweiffelung / das ſie gedencken / wehreſt du oder der bey Gott in Gnaden / ſo wuͤrde dir oder einem andern der deinen ſolch ſchwer Creutz vnd Leiden nicht widerfahren? So iſt auch wie Jeremias am 17. ſaget: DasImbecillitas humana. Hertz eines Menſchen ſehr Trotzig vnd verzagt / wer kans er - gruͤnden. Fleiſch vnd Blut wegen des Suͤndenfals / wal - let auff wann Gluͤcke / Ruhe / Friede / gute Tage verhanden ſein / da dencket ein ſolch Menſch / er ſitze ſonderlich Gott im Schoß / ſey jhme fuͤr andern Lieb vnd angeneme. Aber wenn die finſtern / truͤbe / dicke Creutzwolcken herfuͤr tretten / vnd groſſe Betruͤbniß / Platzregen herein ſchlagen / da wird das Hertz zaghafftig felt dahin / zweiffelt / ob es bey Gott in Gna - den oder Vngnaden ſtehe vnd ſchwebe. Ja was ſol ich ſa - gen / ergern ſich auch wol die Gottſeligſten daran / wenn (Pſal. 69.) jhnen das Creutzwaſſer begint an die Seele zu gehen / verſencken im tieffen Schlam der Anfechtung / da jhn be - duͤnckt kein Grund zu ſein / das ſie muͤſſen ruffen / ich bin im tieffen Angſtwaſſer / vnnd die Fluth wil mich erſeuffen. Sehen ſie aber / das es den Gottloſen in allem wolgehet / ſo er - gern ſie ſich daran / wie darumb der Koͤnigliche ProphetPiorum ſub cruce ſcanda - lum. David / der Man nach dem Hertzen des Herrn ſpricht Pſal. 73. v. 2. 3. Jch hette ſchier geſtrauchelt mit meinen Fuͤſſen / mein Tritt hette nahe geglitten / denn es verdroß mich auff den Ruhmrettigen / da ich ſahe / das es den Gott -loſen[17]Chriſtliche Leichpredigt. loſen ſo wohl gieng / dann ſie ſind in keiner gefahr des Todes / ſondern ſie ſtehen feſt / wie ein Pallaſt / ſie ſind nicht in Vn - gluͤck wie ander Leute / vnd werden nicht wie andere Men - ſchen geplagt. Job am 21. Capitel ſpricht gleicher geſtalt: Wann ich daran gedencke / ſo erſchrecke ich / vnnd Zittern koͤmpt meinem Fleiſche an / Warumb Leben denn die Gott - loſen / werden Alt vnd nemen zu mit Guͤtern? Jerem. 12. Warumb gehets doch den Gottloſen ſo wol / vnnd die Ver - aͤchter haben alles die Fuͤlle?
Aber hierauff ſollen Gottſelige Creutztragende Her - tzen wol mercken vnd Selig lernen / das die Gottſeligen auchPij ſub cruce benedicti Dei. mitten im hoͤchſten vnd ſchwerſten / im langwirigſtem Creutze allhie / im Segen / vnter Gottes Gnad / Schutz vnd Schirm wallen / Leben vnd Sterben: Gott helt ſeine Zuſage gewiß / wie er ſie dann bey vnd mit vielen belegten Creutz / Jacob vnd ſeiner hertzliebſten Rahel gewiß gehalten hat / vnd ſonderlich im ewigen Leben halten vnd erfuͤllen wird. Gott lieget / Gott trieget nicht / was er zuſagt / helt er gewiß / Jſt nicht wie Menſchen / die offt viel groſſes zuſagen / wenig oder nichts halten / heiſt vnd bleibet doch hiebey dieſem Troſt / Pſal. 73. Jſrael hat dennoch Gott zum Troſt / wer nur reines Her - tzens iſt / Pſal. 72. Er wird das elende Volck bey Recht er - halten / vnd den armen helffen / vnd die Leſterer zu ſchmeiſſen. Jbid. Er wird gnaͤdig ſein den Geringen vnd Armen / vnnd den Seelen der armen wird er helffen. Er wird jhre Seele aus den Trug vnd Frevel erloͤſen / vnd jhr Blut wird Tewr geachtet werden fuͤr jhm / Pſal. 116. v. 3. 4. 5. Stricke des To - des hatten mich vmbfangen / vnd Angſt der Hellen hatten mich troffen / Jch kam in Jammer vnd noth. Der Herr behuͤte die Einfeltigen / weñich vnter liege ſo hilfft er mir. Pſ. 33. Des HErrn Wert iſt warhafftig / vñ wz er zuſagt / dz helt er gewiß.
CDem -[18]Chriſtliche Leichpredigt.Crux nen ſe - paratâ Deo. Demnach ſo ſcheidet Creutz / Vngluͤck / Noth vnd Todt / die Gottſeligen nicht von Gott / wie Paulus ſpricht Rom. 8. Wer wil vns ſcheiden von der Liebe Gottes? Truͤbſal oder Angſt? oder Verfolgung? oder Hunger? oder Bloͤſſe / oder Gefehrligkeit / oder Schwerd etc.? Denn ich bin gewiß / das weder Todt noch Leben / weder Engel noch Fuͤrſtenthumb / noch Gewalt / weder gegenwertiges noch Zukuͤnfftiges / weder hohes noch tieffes / noch keine andere Creatur mag vns ſcheidẽ von der liebe Gottes / die in Chriſto Jeſu iſt vnſerm HErrn.
Crux piorum quale indici[̃u]Darumb fromme Gottſelige Hertzen es wol mercken vnd lernen muͤſſen / das Creutz vnd Vngluͤck ſo den Frommen wederfehret / nicht tanzeigung ſein des Zorns vnd vngnad Got - tes / ſondern viel mehr rechte Warzeichen ſeiner Liebe / Guͤte vnd Barmhertzigkeit. Darumb muß man dieſe Schrifft - ſpruͤche im Creutz wol behertzigen / vnd ſich damit erquicken / als Pſal. 34. Der Gerechte muß viel leiden / aber der HErr hilfft jhm aus dem allen. 2. Tim. 3. Alle die Gottſelig leben wollen in Chriſto Jeſu / muͤſſen Verfolgung leiden / Act. 14. Wir muͤſſen durch viel Truͤbſal in das Reich Gottes gehen - Syr. 2. Mein Kind wilt du Gottes Diener ſein / ſo ſchieke dich zur Anfechtung: Halt feſte vnd leide dich / vnd wancke nicht / wenn man dich davon locket / 1. Pet. 4. Jhr lieben laſt euch die Hitze ſo euch begegnet / nicht befrembden / die euch wi - derfehret / das jhr verſucht werdet / als widerfuͤhre euch etwas ſeltzams. Sondern frewet euch / das jhr mit Chriſto leidet / auff das jhr auch zur zeit der Offenbarung der Herrligkeit / Frewd vnd Wonne haben moͤget. Jerem. 49. So ſpricht der Herr / Sihe die jenigen / ſo es nicht verſchuldet hatten den Kelch (des Creutzes) zu trincken / muͤſſen trincken / vnd du (Gottloſer) ſolteſtu Vngeſtrafft bleiben? etc. 1. Pet. 4. Das Gerichte fehet vom Hauſe des Herrn an. Ezech. 9. Erwuͤrget[19]Chriſtliche Leichpredigt. wuͤrget beyde Alte vnd Juͤngling / Jungfrawen / Kinder vnd Weiber / alles todt / fehet aber an / an meinem Heiligthumb. Es heiſt aber dabey / Pſalm. 91. Jch bin bey jhm in der Noth / etc. Pſalm. 23. Ob ich ſchon wandele im Finſternthal / ſo fuͤrchte ich doch kein Vngluͤck / etc.
Wer darauff nun Gottſelig iſt / der ſol vnd kan im Creutze ſagen / nicht wie Pſal. 77. ſtehet: Hat denn Gott ver - geſſen Gnaͤdig zu ſein / vnd ſeine Barmhertzigkeit fuͤr Zorn verſchloſſen? Sondern ſol aus demſelben Pſalm ſingen vnd ſagen: Jch ſprach / ich[m]uß ſolches leiden / denn die rechte Hand des Hoͤchſten / die kã alles endern. Gott wird die Thre - nen abwiſchen von dem betruͤbten Hertzen / Eſa. 25. Apoc. 21. Eſa. 66. Jch wil ſie troͤſten / wie einen ſeine Mutter troͤſtet / Eſa. 49. Kan auch eine Mutter jhres Kindes vergeſſen etc.
Sollen demnach fromme Chriſtliche Hertzen ſich fuͤrImpatientia à pijs abſit. Vngedult im Creutz huͤten / vnd nicht ſagen Pſal. 44. Herr warumb verbirgeſtu dein Andlitz / vergiſſeſt vnſers Elends vnd dranges / Pſalm. 31. Mein iſt vergeſſen im Hertzen / wie eines Todten / ich bin worden wie ein zu brochen Gefaͤß ſondern ſol - len ſagen / Pſal. 27. Jch gleube doch das ich ſehen werde / das Gutt des Herrn im Lande der Lebendigen / harre des HErrn / ſey getroſt vnd vnverzaget / vnd harre des Herrn. Pſal. 16. Du th[u]ſt mir kunt den Weg zum Leben / fuͤr dir iſt Frewde die fuͤlle / vñ lieblich weſen / zu deiner Rechten ewiglich.
Warumb aber haben die Gottloſen nicht ſolch ſchwer Creutz vnd Anfechtung wie die Frommen / Bußfertigen vnd Gottſeligen Pſal. 73. Jere. 12. Job 21. Sie ſind keiner liebe Zuͤchtigung Gottes werth / ſintemal alle ſeine liebhabende Kinder / Gott allhie vnter der Ruhten des Creutzes helt vnd ziehet / Prov. 3. Apoc. 3. Hebr. 12. Vnd jhr Ende iſt nur Le - ben / Frewde vnd Seligkeit. Aber den Gottloſen wird endlichC ijdas[20]Chriſtliche Leichpredigt. das Vngluͤck toͤdten. Pſal. 34. Wird alles vbel am ende ſie vberfallen / nemlich am Juͤngſtengerichte / da wird dann E - wiglich jhr Wurm nicht ſterben / vnd das Fewr des Zorns Gottes in jhnen nicht ausleſchen / 1. Pet. 4. Sie werden Re - chenſchafft geben dem / der bereit iſt zu richten die Lebendigen vnd die Todten / 2. Pet. 2. Der Herr weiß die Gottſeli - gen aus der Verſuchung zu retten. Die Vngerechten aber behalten zum Tage des Gerichts zu peinigen.
Cauſarum e - narratio cur Deus pijs po -[t]ißimum cru -[c]em immittat. ES ſpricht aber ein Bußfertiges gleubiges Hertz / Jch moͤchte dennoch gerne die Vrſachen wiſſen / wie vnd warumb es Gott ſo wol gefalle / das er den Frommen die er ſonderlich lieb hat / ſo viel Jammer / Elends vnd Leids hie in der Sterbligkeit zuſchickt / vnd damit pfleget zu bele - gen.
Cauſæ cur ſuis Deus crucem[i]mmittat. Sub cruce erigit Deus in Spiritu ſancto Scho - lam pœnitentiæ. Vnſer lieber HErr Gott richtet jhn auff vnter dem Creutz eine angeneme Bußſchule / OfficinamI. 〈…〉〈…〉ehret recht Suͤnde buͤſ - ſen. Spiritus ſancti, durch welcher er ſeine liebſten Kinder zur Buſ - ſe bringt vnd bekehret / Sintemal wie Chriſtus ſpricht Luc. 15. Jſt Frewde im Himmel fuͤr den Engeln Gottes / vber einen Suͤnder der Buſſe thut. Die Buſſe aber iſt allen Menſchen ſonderlich den aller Heiligſten noͤtig / ſintemal ſie ſo wol / wie alle andere / auch Gottloſe Menſchen / in Suͤnden empfan - gen vnd geboren / Pſal. 51. vnd von Natur ſind ſie Kinder des Zorns / Epheſ. 2. Vnd der Gerechte felt ſiebenmal / Prov. 24. vnd ſtehet wider auff. Luth. Gott hilfft widerumb auff den Gerechten / wie offt er verdirbet vnd vertrieben wird / Jer. 32. Spricht Gott zu den Bußfertigen / Mit dir wil ichs kein en - de machen / Zuͤchtigen aber wil ich dich mit maſſe / das du dichnicht[21]Chriſtliche Leichpredigt. nicht Vnſchuͤldig halteſt etc. Darumb ſpricht auch Gott Joeſ. 2. Bekeret euch zu mir von gantzem Hertzen mit faſten / mit Weinen / mit Klagen. Zerreiſſet ewre Hertzen / vnd nicht ewre Kleider / vnd bekehret euch zu dem Herrn ewren Gott / denn er iſt Gnaͤdig / Barmhertzig / Geduͤltig vnd von groſſer Guͤte / vnd rewet jhn bald der Straffe / etc. Darumb ſpricht auch Chriſtus ſelbs / Thut Buſſe vnd gleu[b]et dem Evangelio / Matth. 4. vnd Proverb. 28. Wer ſeine Suͤnde leugnet / dem wirds nicht gelingen / wer ſie aber bekennet vnd leſt / der wird Barmhertzigkeit erlangen / etc. Darumb ſpricht auch David im 32. Pſalm / da ichs wolte verſchweigen / ver - ſchmachten meine Gebeine. Chryſoſt. Nulla re adeò placa - tur Deus, quam hominis ingenua confeßione atꝙ emenda - tione.
Per crucem ducit Deus in Scholam provi -2. Lehret Got - tes Raht vnd Wolgefallen zu erkennen. dentiæ. Jm Creutz lernet man erſt recht / das dem Men - ſchen ohne Gottes Wolgefallen vnd Raht das geringſte nicht widerfahre / es ſey Gutes oder Boͤſes / Thren. 3. Wer darff denn ſagen / das ſolches geſchehe ohne des HErrn Befehl / vnd das weder Boͤſes noch Gutes komme aus dem Munde das Allerhoͤheſten / wie murren denn die Leute im Leben alſo? Ein jeglicher murre wider ſeine Suͤnde / Amos 3. Jſt auch ein Vngluͤck in der Stadt / das der Herr nicht thue? Syr. 11. Es koͤmmet alles von Gott / Gluͤck vnd Vngluͤck / Leben vnd Todt / Armut vnd Reichthumb / Matth. 10. Kaͤufft man nicht zweene Sperling vmb einen Pfennig? Noch feltC iijder[22]Chriſtliche Leichpredigt. der keiner auff die Erden / ohn ewrem Vater. Nun aber ſind auch ewre Hare auff dem Haͤupt alle gezehlet. Darumb fuͤrchtet euch nicht (in Creutz vnnd Leiden) Jhr ſeid beſ - ſer den viel Sperling. Gott verwundet / Gott heilet / Todtet / machet Lebendig / Oſeæ 6. 1. Sam. 2. Darumb ſpricht ein Chriſt im Creutz vnd Leiden: Herr dein Wille der ge - ſchehe / er weiß wie es am beſten iſt / er braucht an vns kein ar - ge Liſt / das ſollen wir jhn vertrawen.
3. Im Creutz er -[k]ennet man rechte Gottes Barmher-tzigkeit.Per crucem ducit Deus in Scholam miſeri - cordiæ divinæ. Jm Creutz lernet man recht erkennen Got - tes Gnad vnd Barmhertzigkeit / da lernet man Erſt Gott flehen vmb ſeine Gnaden groß / das er vns mach vom uͤbel loß. Da ſaget manrecht: Ach Herr gedencke an deine Barmhertzigkeit / vnd an deine Guͤte / die von der Weit her geweſen / gedencke nicht der Suͤnde meiner Jugend / vnd mei - ner Vbertrettung / gedencke aber mein nach deiner Barm - hertzigkeit vmb deiner Guͤte willen. Permiſerere mei flectitur ira Dei. Wann ich anruffe Gottes Huld vnd Gnad / ſo endet ſich Gottes Zorn gerad / Pſal. 103. Barmhernig vnd gnaͤdig iſt der Herr / Geduͤltig vnd von groſſer Guͤte / er wird nicht jmmer haddern / noch Ewiglich Zorn halten. Die - ſe Bekentniß gehet denn recht aus dem Hertzen / wenn der Menſch im Creutz fuͤhlet Noth vnd Schmertzen.
4. Wer wil wer - den Chriſto gleich / Der neme an[da]s Creutze〈…〉〈…〉 eich.Per & in cruce conſorma mur Imagini Chri - ſti. Jm Creutz werden wir rechtgleichfoͤrmig dem eben Bil - de Chriſti / hie im Leid / dort in ewiger Frewd. Rom. 8. Dar - umb auch Paulus ſpricht 2. Tim. 2. das iſt gewislich war / Sterben wir mit / ſo werden wir mit Leben / Dulden mir mit / ſo werden wir mit herrſchen.
Crux eſt vera probatio diſectionis DEI &5. Im Creutz er - fahren wir recht wie L[ieb]vns Gott[in]Chriſto habe. Chriſti in nos. Jm Creutz vnnd Noth erfehret man erſt recht / wie Lieb vns Gott hatt in Chriſto Jeſu vnſerm Hey - land. Da erferet man endlich / Pſal. 91. Jch bin bey jhm in der Noth ich wil jhn heraus reiſſen / vnd zu Ehren machen[:]Da bewehret Gott ſeine liebe / Eſa. 49. Zion ſpricht: Der Herr hat mich verlaſſen / der Herr hat mein vergeſ - ſen / kan auch ein Weib jhrer Kinder vergeſſen / das ſie ſich nicht erbarme vber den Sohn jhres Leibes? vnd ob ſie ſchon deſſelben vergeſſe / ſo wil ich doch dein nicht vergeſſen / Siehe / in die Haͤnde habe ich dich gezeichnet / deine Mawren ſind jmmer fuͤr mir. ὁμοὶωσις.
Crux piorum eſt fidei accenſio & inflammatio:6. Der Glaub[e]mehret ſich i[m]Creutz. Wie durch anblaſen vnd durch den Windt ein Fewr auffge - het vnd helle brennet / alſo Anfechtung vnd Creutz lehret vns das Wortmercken / Eſa. 28. vnd thun den Glauben ſtercken. Syr. 27. Prov. 7. Wie das Fewr Silber vnnd der Ofen Gold / alſo pruͤfet der Herr die Hertzen. Eſa. 28. Jch wil dich leutern nicht wie Silber / ich wil dich Auserwelt machen im Ofen des Elendes. Tob. 12. Weil du Gott lieb wareſt ſo muſt es ſo ſein / ohne Anfechtung muſtes du nich[t]bleiben / auff das du beweret wuͤrdeſt.
Crux piorum eſt piarum precum auctio. 7. Jm Creutz be - ſet man rech[t]er[nſt]lich.
Ach wie gerne ſihets der liebe Gott / das viel andaͤchtt - ge Bettler fuͤr ſeiner Gnaden Thuͤr ſtehen anklopffen / flehe[n]vnd bitten vmb Leibes vnd Seelen ſeelige Wohlfart. Dar - umb ſpricht er ſelbſt: Pſalm. 50. Ruffe mich an in der zeit der Noth / ſo wil ich dich erretten / vnd du ſolt Mich preiſen, Matth. 7. Luc. 18. Wil Chriſtus man ſol betten / ſo ſol vns werden gegeben / man ſol ſuchen / ſo wird man ſindenan[24]Chriſtliche Leichpredigt. anklopffen / ſo ſol vns auffgethan werden. Ja Luc. 18. Wil er man ſoll allzeit beten / vnd nicht laß werden. Jch meine das liebe Creutz lerne beten. Man pfleget zu ſagen: Qui neſcit orare, intret mare. Wer nicht beten kan / den mache man zum Schiffman. Laß jhn kommen auff das wilde Meer / Er wird wol lernen beten ſehr. Jch meine Matth. 15. kunte das Cananeiſche Weiblein beten lernen / da ſie das Creutz mit jhrer Tochter hart druckete / vnd Chriſtus ſie eine weile verſuchte.
8. Hoffnung mehret ſich.Crux piorum eſt ſpei Confirmatio.
Rom. 8. Wir ſind wol Selig / doch in Hoffnung. Die Hoffnung aber die man ſihet / iſt nicht Hoffnung / denn wie kan man das hoffen / das man ſihet / 1. Johan. 3. Meine Lie - ben / wir ſind nu Gottes Kinder / vnd iſt noch nicht erſchienen was wir ſein werden. Wir wiſſen aber wenn es erſcheinen wird / das wir jhm gleich ſein werden / denn wir werden jhn ſehen (Chriſtum) wie er iſt / Pſal. 84. Herr Gott Ze - baoth wol dem Menſchen / der ſich auff dich verleſt / Rom. 5. Die Hoffnung leſt nicht zu ſchanden werden. Hebr. 10. Laſſet vns halten an der Bekentniß der Hoffnung / vnd nicht wan cken / denn er iſt trew der ſie verheiſſen hat.
9. Gedult uͤbetſich.Crux piorum eſt patientiæ ſtabilitio.
Luc. 8. Chriſtus wil / das ſelige Chriſten ſollen brin - gen Fruͤchte in Gedult. Hebr. 10. Werffet ewer Vertrawen nicht weg / welches eine groſſe Belohnung hat. Gedult aber iſt euch noth / auff das jhr den Willen Gottes thut / vnd die Verheiſſung empfahet. Eſa. 30. Wenn jhr Stille bleibet / ſo wuͤrde euch geholffen / durch Stille ſein vnd hoffen wuͤrdet jhr Starck ſein.
Crux piorum eſt peccati & mundi oblivio. 10. Im Creutz vergiſſet man der Welt jh. rer Suͤnden luſt.
1. Johan. 3. Wer Suͤnde thut / der thut auch Vnrecht / vnd die Suͤnde iſt das Vnrecht. Jbid. Wer Suͤnde thut / der iſt vom Teufel / denn der Teufel ſuͤndiget von Anfang. Aber das liebe Creutz lehret der Suͤnde / dem Teufel / der ſuͤndlichen Welt vnd Wolluͤſten des Fleiſches entſagen / feind werden / vnd dieſelben Hertzlich meiden. 1. Pet. 4. Wer am Fleiſch leidet / der hoͤret auff von Suͤnden / das er hinfort / was noch hinderſtelliger zeit im Fleiſch iſt / nicht der Menſch - en Luͤſten / ſondern dem Willen Gottes lebe.
Crux eſt in pijs dilectionis incitatio. 11. Creutz lehret den Neheſte recht lieben.
Jm Creutz lernet ſichs fein / wie man recht den Nech - ſten ſolle lieben / Gedult mit jhm haben vnd tragen / Wo Lei - dens viel iſt / da leſt man ſich bald verſoͤnen / da bittet man vmb Verſoͤnung / da vergibt man dem Neheſtem gerne / da hat man Mitleiden mit des Neheſten F〈…〉〈…〉 ilen vnd Gebrechen. Non ignara mali miſeris ſuccurrere diſco, ſaget bey dem Vir - gilio die Koͤnnigin Dido.
Crux piorum eſt ad piam mortem præpa -12. Das Creutz lehret ge[r]ne vnd wol ſter - ben. tatio, & vitæ æternæ deſideratio. Pſalm. 89. Wo iſt ein Menſch der da lebet / vnd den Todt nicht ſehe. Jm Creutz be - tet man Pſal. 39. Ach Herr lehre doch mich / das es ein Ende mit mir haben muß / vnd mein Leben ein Ziel hat / vnd ich davon muß / Eccleſ. 9. Die Lebendigen wiſſen das ſie ſter - ben muͤſſen / Pſal. 90. Herr lehre vns bedencken / das wir ſterben muͤſſen / auff das wir Klug werden. Jm Creutz Syr. D7. be -[26]Chriſtliche Leichpredigt. 7. bedencket man das Ende / auff das wir nicht ſuͤndigen. ὁμοίως.Wie ein Schiffman auff dem Meer ſich hinden ins Schiff ſetzet an das ſtewr oder rohr Holtz / damit das Schiff recht ge - he vnd fahre / Alſo wer Gottſelig iſt / ſetzt ſich auff dem Creutz - Meer / hinden im Schiff ſeines Lebens / erinnert ſich des Todts / auff das er Selig vnd wol fare. Da fenget denn ein gleubiges Hertze an vnd ſpricht / Phil. 1. Cupio diſſolvi. Jch begere auffgeloͤſet / vnd bey meinem Herrn Chriſto zu ſein. Jtem / Chriſtus iſt mein Leben / Sterben iſt mein Gewin.
‘Rom. 14. Leben wir ſo Leben wir dem Herrn. ’ ()‘Luc. 2. Herr / nu leſſeſtu deinen Diener in Friede / etc.’ ()‘Phil. 3. Vnſer Wandel iſt im Himmel / etc.’ ()Roman. 8. Dieſer zeit Leiden iſt nicht wirdig der groſſen Herrligkeit / die an vns ſol offenbar werden.‘2. Cor. 4. Vnſer Truͤbſall die zeitlich ett.’ ()
ES iſt hie auch in ſonders wol zu lernen / warumb vnſerCur gravidæ & piæ morte in partu ob - ru antur. Herr Gott Gottfuͤrchtige ſchwangere / von Gott mit Leibes frucht geſegnete Weiber / leſt in harte ſchwe - re Kindes noth gerahten / ja muͤſſen wol darin verblichen / den Geiſt auffgeben / bleibet offte entweder die Liebe Mutter / oder das Kind / ja muͤſſen wol beyde Muter vnd Kind daran / vnd des Todes ſterben? Rebecca Jacobs Mutter kompt es ſawr an / das ſich die Kinder miteinander im Leibe ſtieſſen / ſag - te darumb / da mirs alſo ſolte gehen / warumb bin ich ſchwan - ger worden. Phinees Weib / 1. Sam. 4. bleibet alle heil / Mutter vnd Kind.
Die liebe Rahel muß allhie auch jhres Theils dran / wann ſie auch noch ſo lieb dem lieben Jacob geweſen? Jſt hier aus diß in troͤſtlicher Antwort wol zu mercken.
1. Gott[27]Chriſtliche Leichpredigt.Gott leſt ſolche Faͤlle auch an den Gottſeligſten1. Concionatur de lapſu Evæ. Weibern ſich zutragen vnd begehen / auff das man erkenne / was Eva mit jhrer Luſt vnd Suͤnde verurſachet / vnd dem Menſchlichen Geſchlicht zu wege gebracht / nemlich den Ge - berenden Weibern groſſe Noth vnd Schmertzen / Geneſ. 3. vnd den Menſchen alle ewiges Sterben / wo jhnen nicht durch Chriſtum davon geholffen were. So aber Gottſelige / Bußfertige geberende Weiber ſolch Weh / Schmertzen / noth vnd Todt muͤſſen dulden vnd ertragen / was wird dann wer - den mit den Weibern vnd Menſchen / die ohne Gottes furcht hinſterben? die muͤſſen Ewig verderben.
Weil ſolche klaͤgliche Faͤlle ſich offt begebenn / lehret2. Maritis con - cio ad dilectio - nem. Gott damit / das die Ehemaͤnner ſich deſto Hertzlicher der ſchwanger Weiber annemen / vnd Gott fuͤr ſie anruffen vnd bitten ſollen / auch embſig fuͤr ſie bitten laſſen / das Gott Gnad / Segen vnnd Gluͤck zur froͤlichen Geburt verlethen wolle / vnd jo Mutter vnd Kind ſtercken / vnd zur Seligkeit er. halten vnd bewahren / auch heilſame Gedult verleihen / das ſie ſich in ſeeliger Hoffnung dem Willen Gottes ergeben. Alſo betete Gen. 25. Jſaac fuͤr ſeine Rebeecam. Was wird Ja - cob manches ſehnliches Gebetlein fuͤr die liebe Rahel einge - wandt haben?
Gott lehret mit ſolchen Trawrfaͤllen / das man3. Docetgratitu - dinem pro ſa - na conceptio - ne. Hertzlich vnd Danckbarlich erkenne / das einer froͤlichen Ge - burt genieſſen / gluͤcklich Geberen / eine lautere Gnade / Gabe vnd werck Gottes ſey / ohne welches Huͤlffe / Krafft vnd Bey - ſtandt / alle Welt / alle jhre Kunſt / Weißheit vnd vermuͤgen in dieſen Faͤllen nichts helffen noch rahten kan. Gott iſt es al - lein / der die Ehleute ſegnet / der Kinder in Mutter Leibe bereitet / der eine froͤliche Geburt verleihet. Darumb da Rahel zu Jacob ſprach Geneſ. 30. Schaffe mir Kinder /D ijwo[28]Chriſtliche Leichpredigt. wo nicht ſo ſterbe ich / da antwortet Jacob: Bin ich doch nicht Gott der dir deines Leibes fruͤchte nicht geben wil. Job 10. Deine Haͤnde haben mich gearbeitet vnd gemacht / alles wz ich vmb vnd vmb bin / etc. Pſal. 127. Siehe Kinder ſind eine Gabe des Herrn / vnd Leibesfrucht ein Geſchencke. Pſal. 128. Dein Weib wird ſein wie ein fruchtbar Weinſtock vmb dein Hauß herumb / vnnd deine Kinder wie die Oel zweige vmb deinen Tiſch her / Sihe alſo wird geſegnet der Man / der den HErrn fuͤrchtet. Pſal. 22. Du haſt mich aus meiner Mutter Leibe gezogen / du wareſt mein Zuverſicht / da ich noch an meiner Mutter Bruͤſte war. Pſal. 139. Du wareſt vber mir in Mut - ter leibe / ich dancke dir daruͤber / das ich wunderbarlich ge - macht bin / wunderbarlich ſind deine Werck / vnd das erkennet meine Seele wol. Es war dir mein Gebeine nicht verholen / da ich im Verborgen gemacht ward / da ich gebildet ward vn - ten in der Erden / deine Augen ſahen mich / da ich noch vnbe - reitet war.
4. Machet ſanffemuͤtige Ehemaͤnner.Gott leſt bisweilen in allen Staͤnden ſolche ſchwe - re betruͤbte Geburtsfaͤlle geſchehen / auff das die Ehemaͤnner dadurch zur Liebe / Lindigkeit vnd Mitleiden gegen jhre Ehe - gatten bewogen werden / das ſie nicht wie Syr, 4. Capit. er - mahnet / Lewen in jhrem Hauſe ſein. 1. Pet. 3. Das ſie mit Vernunfft jhren Weibern beywonen / vnd geben den Weibi - ſchen / als dem ſchwechſten Werckzeuge ſeine Ehre / als auch Miterben der Gnad des Lebens. Coloſſ. 3. Jhr Maͤnner lie - bet ewre Weiber / vnd ſeid nicht bitter gegen ſie. Epheſ. 4. Jhr Maͤnner liebet ewre Weiber / gleich wie Chriſtus geliebet hat die Gemeine / etc.
5. Lehret war - umb die Kin - der jhre El - tern recht lie - ben ſollen.Gott lehret auch mit ſolchen Faͤllen die Kinder / das ſie lernen / wie ſawr ſie jhren Eltern / ja ſonderlich der Mutter worden / vnnd dadurch zu deſto groͤſſer Liebe vndDanck -[29]Chriſtliche Leichpredigt. Danckbarket jhr Lebenlang verurſachet werden / vnnd das vierdte Gebot Gottes wol mercken / Ehre Vater vnd Mut - ter. Tob. 4. Spricht der alte Tobias zu dem Jungen To - bia / Ehre deine Mutter / all dein Lebenlang / dencke dran / was ſie fuͤr Gefahr ausgeſtanden hat / da ſie dich vnter jhrem Her - tzen trug. Daramb ſolte es billig alſo heiſſen / wie die weiſen Heiden gelehret:‘μὴ ἔριζε γονεύσι κἆν τὰ δίκαια λέγῃς,’ ()das iſt:
Mit deinen Eltern zanck dich nicht Wann du auch wehreſt vnſchuͤldig.
Ariſtoteles lehret / Præceptoribus & parentibus non potest reddi æquivalens.
HIerauff ſollen auch alle Gottſelige ſchwangere Wei - ber zum heilſamen Troſt in acht nemen / das den aller Gottſeligſten Weibern / ſolches nach Gottes gnaͤdigem Willen kan widerfahren / das ſie in der Geburt bleiben vnd ſterben muͤſſen / entweder alleine / oder das Kindlein muß auch mit an den Reihen / muß mit der Mutter dieſe ſchnoͤde arge Welt geſegnen vnd verlaſſen. Sollen aber ſolche Weiber bey ſolchem Fall nach folgenden Troſtes gebrauchen.
Ob ſie gleich vmb Evæ vnd angeborner Suͤnde willen muͤſſen groſſe Schmertzen / ja wol den Todt leiden /D iijſo ſind[30]Chriſtliche Leichpredigt. ſo ſind ſolche Schmertzen vnd alles Creutz / ſo jhnen zukoͤmpt /Buß Gebets anweiſung. nur Anweiſung vnd Vrſach zur Buſſe / zum ſehnlichen vnd empfingen Gebet fuͤr ſich / fuͤr die Leibes frucht / damit ſie be - ten / Pſal. 19. Ach Herr verzeihe mir meine verborgene Feile. Pſal. 25. Gedencke Herr an deine Barmhertzig - keit / vnd an deine Guͤte die von der Welt her geweſen iſt. Ge - dencke nicht der Suͤnde meiner Jugend / vnnd meiner Vber - trettung / Gedencke aber mein nach deiner Barmhertzigkeit vmb deiner Guͤte willen.
Ja moͤchte die hinſterbende Rahel oder eine an - dere Chriſtin in ſolchem Falle ſagen / iſt dz Guͤte / Gnade vnd Barmhertzigkeit? Jch habe Buſſe gethan / Gott fleiſsig gnug geflehet / angeruffen / Gebeten / gnugſam fuͤr mich / mein liebes Kind bitten laſſen / mus gleichwol durch Kinder Ge - burt ſterben / vnd mein Leben enden / meine liebe Eltern / Ehe - gatten vnd Kinder verlaſſen? Bey ſolchen Einfellen vnnd Gedancken / ſollen ſich ſolche hinſterbende geberende WeiberMiſeretur et - jam talium Deus. gewiß troͤſten / das wegen jhres Toͤdlichen abganges / ſich die Barmhertzigkeit vnd Guͤte Gottes nicht geendet / ſie nicht verlaſſen / beſondern in ſolchem Kampff vnd Todes noth de - ſto Reichlicher bey jhnen ſey Pſal. 91. Das jhnen ſolcher toͤd - licher Abgang von Gott ſey zum beſten aufferlegt / Gott hat jhnen ein ſolch Ziel geſetzet / das kan kein Engel / ich ſchweige dann ein Menſch / Eheman / Vater / Mutter / Schweſter o[-]der liebſter Bruder enden / da heiſt es / Herr dein Wille der geſchehe. Er weiß wie es am beſten iſt / er braucht an vns kein arge Liſt / das ſollen wir jhm vertrawen.
Ja es ſol ein geberendes Schwanger hinſterbendesSalvæ tales. Weib ſich damit troͤſten / dz Paulus ſpricht vnd lehret 1. Tim. 2. Dz Weib wird ſelig werdẽ durch Kinder geberen Solte ſie nicht Selig werden? Jſt ſie doch in vnd mit an der ArbeitGottes?[31]Chriſtliche Leichpredigt. Gottes? Wer zihet Kinder aus Mutter Leibe / niemand als Gott alleine. Da muß die Mutter mit arbeiten / felt ſie da / ſo felt ſie in Goͤttlichem Beruff vnd Arbeit / wie koͤnte ſie ſe - liger Sterben / als in ſolchem Beruff vnnd Gottſeligſtem Stande? Ein Kriegsman / wenn er im Kriege in der Schlacht getroffen wird / vnd Todt niederfelt / das gereicht jhme zu Ehren / Lob vnd Rhum. Viel mehr habens Gottſeli - ge geberende Weiber rhum vnd lob / wenn ſie Gott zu gefal - len vnd Ehren / alles ausſtehen vnd leiden / auch daruͤber des natuͤrlichen Todes muͤſſen Sterben / ſind ſie doch darumb vnverlohren / ſonderlich die Liebſt auserkornen. Gott wird vnd kan jnen widerumb geben Leben vnd ewige ſelige Freud / fuͤr ſolch zeitlich Leid.
Haben aber ſolches alle ſchwangere Weiber /Non omnes ſalvæ. vnd alle die in der Geburt muͤſſen Sterben vnd bleiben / ſich des Troſtes anzumaſſen / das ſie Selig werden? Mit nich - ten / nur alleine dieſe / wie Paulus ferner ſpricht 1. Timoth. 2. Sie wird Selig durch Kinder zeugen / ſo ſie bleibet im Glau - ben vnd in der Liebe / in der Heiligung ſampt der Zucht. Ein geberendes Weib voll Glaubens an Gott vnd Chriſtum / voll Liebe Gottes / jhres Ehegatten / des nechſten / voll Heili - gung im Gebet vnd gutem Vorſatz / voll Zucht / Gedult vnd Demuth / die iſt in Chriſto gewiß Seelig / ſie Lebe oder Ster - be / ſo kan ſie ſagẽ in ſchwerer harter Geburt / Jeſu dir Lebe ich / dir Sterbe ich / dein bin ich Todt vnd Lebendig. Sie iſt de - ſto gewiſſer jhrer Seligkeit / wenn ſie in ſchwerer harter Kin - der Geburt / im abſterben mit der liebſtẽ Rahel heraus ſchreiet Benoni / das iſt / nennet vnd gedencket an den rechtẽ Schmer - tzen Sohn Jeſum Chriſtum / der Eſaiæ Cap. 53. alle vnſere Kranckheit getragen / alle vnſere Schmertzen auff ſich geladen. Ja[32]Chriſtliche Leichpredigt. Ja weñ ſie gerne hoͤret nennen Benjamin / Jeſum Chriſtum des vom Todt aufferſtanden / vnd ſitzet zur Rechten Gottes des Allmaͤchtigen / vnd Rom. 8. Vertrit vns / ja die dem Him - liſchen Benjamin jhre Seele / jhr lieben Kindes Seele in ſeine Haͤnde befehlet. Pſal. 31. Matth. 27. Vnnd gewiſſe iſt in Chriſto allein / das ſie zur ſeeligen Ruhe komme / vnnd jhre Stele ruͤhre keine Qual an / ſondern ſey vnd bleibe in Gottes Hand / biß zum Juͤngſten Gerichte / da Leib vnd Seele wi - derumb wird heilig vnd rein zuſammen kommen / vnd ewiges Lebens frewde theilhafftig werden / vnd ohne verenderung blei - ben. Joh. 11. Sap. 3. 4. Apoc. 14.
Infans mori - tur ſæpè ſine Baptiſmate. Wie kan vnd ſol man ſich troͤſten / wann entwt - weder das Kind in Mutterleibe bleibet / vnd neben der lieben Mutter muß ſterben / oder Todt auff die Welt koͤmpt / vnd der heiligen Tauffe nicht kan theilhafftig werden? Jn ſolchem Falle ſollen Chriſtliche Hertzen jo fleiſsig fuͤr Calviniſchen Sawr ja Trawrteige ſich huͤten / vnd nicht gedencken / ſey dz Kind von Gott im heimlichen verborgenen Rahtſchluß verſe - hen / ſo werde es / wie auch die Alten ohne die Tauffe wol Se - lig werden / ſey es aber nicht auß Verſehen / ſo helffe jhme / wie auch keinen Eltern / keine Tauffe / Glaube / oder Gottſeligkeit. Dieſe meinung iſt Teufeliſch vnnd gantz Leſterlich / ſched - licher denn der Papiſten zweiffel / welche falſch Lehren / man ſolle nicht gleuben / das man Selig ſey / beſondern zwei - feln / ob man auch ſo viel guter Werck an jhm finde / dadurch man Selig werden moͤge. Da entgegen ſollen rechtgleubige Chriſten / von den Todten / ohne Tauffe geſtorbenen Chriſt - Kindern / dieſes zum waren rechten Troſt aus vnd nach Got - tes Wort wol lernen vnd behalten.
In peccatis na - tus. Das Kind iſt warhafftig von Vater vnd Mut -ter in[33]Chriſtliche Leichpredigt. ter in Suͤnden empfangen vnd geboren / wie David Pſal. 51. Iſt von Natur ein Kind des Zorns worden. Epheſ. 2.
Es iſt aber von Gott / ja Chriſto dem HErrn in Mutter Leibe erſchaffen / zum Menſchen zu bereit von Vaͤ - terlichen vnd Muͤtterlichen Samen / wie jhn Gott da findet. Joh. 5. Mein Vater wircket vnd ich wircke auch.
Weil es von Chriſtlichen Eltern empfangen / ſo iſt es mit vnter der Verheiſſung der Gnaden / mit im Bun - de Gottes / wie der Juͤden Kinder. Gen. 17.
Wie aber die Beſchneidung denen Kindern an der Seligkeit nicht ſchedlich geweſen / welche fuͤr dem achten Tage / ehe ſie beſchnitten worden / mit Tode abgien - gen / Alſo iſt es den Chriſt Kindern nichtes am Leben vnd Se - ligkeit nachtheilig / wann ſie in Mutter Leibe ſterben / oder in harter Geburt verblicken / vnd den Geiſt vor der Tauffe auff - geben. Denn Chriſtus ſaget: Johan. 3. Was vom Fleiſch geboren wird das iſt Fleiſch / das iſt / Suͤndlich / Verdamlich zu achten / was Lebendig auff die Welt wird geborn / vnd das Leben hat. Vnd darauff ſaget er v. 5. zu Nicodemo: War - lich / warlich ich ſage dir / es ſey dann / das jemand geboren werde / aus dem Waſſer vnd Geiſt / ſo kan er nicht in das Reich Gottes kommen. Meinet damit die Lebendig gebor - ne / auff der Welt lebende / verachten dieſelbigen die heilige Tauffe / den Bund des guten Gewiſſens fuͤr Gott / 1. Pet. 3. So koͤnnen ſolche / auch Chriſten Kinder nicht Seelig werden / ſo die ſchuld der Verſeumung oder verachtung von jhnen ſelbſt herruͤrit. Gott / ja Chriſtus hat auff Gottes Befehl / die heilige Tauffe verordnet / nur fuͤr die Lebendig geborne auff die Welt / nicht fuͤr die in Mutter Leibe em - pfangene / oder in der harten Geburt hinſterbende Kinder. Darumb wol zu mercken / Quod non privatio, ſed baptiſmiEcontem -[34]Chriſtliche Leichpredigt. Non Privatio ſed baptiſmi contemtus da - mnat. contemtus damnet. Das Verdammet niemand / das er die Tauffe nicht haben oder erlangen kan / beſondern wenn man die Tauffe wohl haben kan / man verachtet ſie aber Mutt - willig.
Wenn aber die Eltern ein Kind verſeumen / laſſen ſie lange Vngetaufft ligen / vnnd ſtirbet ein Kind vn - verſehens daruͤber / iſt das dem Kindlein auch ſchedlich? Dem Kinde iſt das nicht ſchaͤdlich / welches die Tauffe gerne an - genommen / wenn ſie jhm nur wer zu rechte beygebracht vnd gegoͤnnet worden. Haben aber ſolche Eltern es Gott ſchwer zu verantworten / das ſie an jhren Kindern / der hoͤchſten Liebe vergeſſen / vnd die Tauffe am Kindlein / nichtiger Sa - chen / als Kindtauff / Gaͤſterey vnd Hoffart wegen verſeumet haben. Solte man billich alſo bald die Kinder geborn / ſie Tauffen laſſen / vnd koͤnte man Kindtaufferey / Gaͤſtung dar - auff mit beſſerm Gewiſſen halten / wenn man wolte / vnd es vermoͤchte.
Das aber Todt gebornen Chriſt Kindern die Seligkeit wegen mañgelung der Tauffe oder Widergeburt aus dem Waſſer vnd heiligen Geiſt / nichts an der Selig - keit ſchade / iſt aus dieſem gutem Grunde wol zu lernen.
Ob gleich ein ſolch ChriſtKind in Suͤnden em - pfangen / ſo reiniget Chriſtus des Kindes vnreine Empfeng - niß mit ſeiner reiner heiligen Empfengniß / wie er vns Men - ſchen zu gute geboren / alſo iſt er auch vns zu gute von dem heiligen Geiſt empfangen im Jungfrewlichem Leibe / Luc. 1. Matth. 1.
Ein ſolch Kindlein wird in Mutter Leibe Wider - geboren durch den heiligen Geiſt / welchen auch ſie wie Jo - hannes der Teuffer in Mutter Leibe empfangen / Luc. 1. Wirds nicht getaufft baptiſmate fluminis, das iſt / mit derWaſſer[35]Chriſtliche Leichpredigt. Waſſer Tauffe / ſo wirds jo gewiß getaufft baptiſmate fla - minis, mit der Tauffe des guten Geiſtes Chriſti / wie die al - ten Kirchenlehrer wohl gelehret / vnnd recht approbiret ha - ben.
Gott erhoͤret gewiſſe frommer Eltern / vnd mit be - tender Chriſten trewes Gebet / werden darauff die lieben Kinder in Mutter Leibe / in harter Geburt / mit einem ſeligen Vater vnſer getaufft / vnd gewiß zum ewigen Leben in Chri - ſto eingeſegnet / Pſal. 145. Der Herr iſt nahe allen die jhn anruffen / die jhn mit ernſt anruffen. Er thut was die Gottfuͤrchtigen begeren / vnd hoͤret jhr ſchreyen / vnnd hilfft jhnen / Johan. 16. Spricht Chriſtus / Warlich / warlich ich ſage euch / ſo jhr den Vater etwas bitten werdet in meinem Namen / ſo wird er es euch geben.
So hoͤret auch Gott / ja Chriſtus der nothleiden - den Chriſtkinderlein Seufftzen in Mutter Leibe / in harter Angſtgeburt / vnd hilfft er jhnen nicht zu dieſem ſterblichem Leben / ſo hilfft er jhnen gewiß durch ein ſeliges Abſterben / zum ewigen Himliſchen Leben / wird auch an ſolchen Kinder - lein war / was Chriſtus ſaget vnd ſpricht: Mar. 10. verſ. 14. Matth. 19. v. 8. Luc. 18. v. 5. Laſſet die Kindlein zu mir kom - men, vnd wehret jhnen nicht / denn ſolcher iſt das Reich Got - tes. Warlich ich ſage euch / wer das Reich Gottes nicht em - pfehet als ein Kindlein / der wird nicht hinein kommen / vnd er hertzet ſie vnd leget die Haͤnde auff ſie / vnd ſegnet ſie.
Rom. 14. Dazu iſt Chriſtus auch geſtorben vnnd Aufferſtanden / vnnd wider Lebendig worden / das er vber Todte vnd Lebendige Herr ſey / das iſt / er iſt jo gewiß vnd fuͤrwar Herr vber der Chriſten in Mutter Leibe / vnd in harter Geburt hinſterbenden lieben Kinderlein / er - helt ſie / vnd hilfft jhnen zur Seligkeit.
LErne lieber Chriſt / an Jacob vnd der lieben Rahel recht vnd wohl / das Gott die ſeinen erhoͤre / nicht allzeit ad ipſorum voluntatem, ſed ad ipſorum ſalutem, Gott er - hoͤret nicht allezeit wie wirs gerne wolten / beſondern wie es vns nuͤtz vnd ſelig iſt.
Anshelm. aut dat quod petimus; aut aliquid melius.Was wir thun bitten das gibt vns GottOder was beſſers / drumb nim vergut /Was dir Gott gibt / es ſey das LebenOder der Todt / diß merck gantz eben.
Gott verſuchet ſeine Liebſten durch ſchwere An - fechtung vnd Creutzfaͤlle / probiret jhren Gehorſam / Glau - ben / Gedult / dieſe art vnd weiſe Gottes muß man hie wol mercken / vnd laſſen ſich den Geiſt Gottes ſtercken / Gen. 17. Saget Gott dem Abraham den Segen zu in Jſaae. Vnd Gen. 22. befelt er jme er ſolle jn Toͤdten. Ge. 35. Verheiſſet Gott Jacob / das groſſe Voͤlcker vnd Koͤnige ſollen von jhm geboren werden / vnd muß gleichwol bald darauff die liebſte Rahel in Kindes geburt ſterben. Gott leſt David 1. Sam. 16. Zum Koͤnige Jſrael ſalben / vnd muß als bald darauff das Land Jſrael reumeu / verjagt vnd geplagt werden / 1. Sam. 21. 22. etc. Chriſtus ſaget den Glaͤubigen zu das ewige Leben / vnd muͤſſen hie gleichwol ſterben / zu Staub vnd Aſchen wer - den. Das heiſt recht Eſa. 28. Gottes Raht iſt wunderbarlich / vnd fuͤret es doch herrlich hinaus / Pſalm. 4. Er fuͤhret ſeine Heiligen wunderbarlich. Das lerne lieber Chriſt fein / vndlaß[37]Chriſtliche Leichpredigt. laß Gott rahten in Gemein / Es muß doch werden alles gut / durch Chriſti Todt / ſein tewres Blut / Gleub feſt an jhn ſo hats nicht noth / wenn gleich dich trifft der natuͤrliche Todt / Der letzte Feind der Chriſten er iſt / Stirbſtu dem HErrn /1. Cor. 15. Ewig ſelig biſt.
Fromme Gottſelige Eheleute lieben jhren Ehegatten biß in den Todt hinein / vnd beweiſen auch an den Toden jh - re trewe / ſtehen jnen bey in Todesnoth mit ſeligen Troſt / wie Jacob der Rahel / ehren ſie mit ehrlicher gebuͤrender Leichbe - gengniß vnd Begraͤbniß vnd Chriſtlichem Grabmahl zur er - innerung / das wir zwar alle Sterblich ſein / aber gewiß hoffen eine Aufferſtehung der Todten / vnnd ein ewiges Leben in Chriſto / Epheſ. 5. Rom. 8. Syr. 38. etc.
BEy den Heyden / ſonderlich den weiſen Grie -Menander. chen / hat man ein Geberendes Weib in hohen Ehren gehalten / dahero Menander eine ſolche nennet βίου σωτηρίαν / als durch welche der Menſchen Heil vnd Leben er - halten vnd fortgepflantzet werden. Die Roͤmer haben ſolche Weiber darinne ſonderlich gerhret / das jhnen fuͤr andern zu gelaſſen guͤldene Ringe zu tragen. Wie viel mehr ſol man bey den Chriſten nach aller Staͤnde erwegung / die Weiber ſonderlich in hohen Ehren halten / jhrer nimmer vergeſſen / durch welche vnſer HErr Gott jhme ſeine Kirche erbawet / ſeine Staͤnde mehret vnd erhelt / ja den Himmel pflantzet / da - rumb auch Paulus / ein Weib ſo Kinder ge〈…〉〈…〉 et / Selig ſpricht 1. Tim. 2.
E iijEin[38]Chriſtliche Leichpredigt.Ein ſolch Weib ſonderlich Adeliches vnd Chriſtliches Standes iſt auch geweſen die weiland Edle / Ehrentugent - reiche Fraw / Fraw Magdalena Armgard / geborne Kan - ninne / im Herrn beneben der ſeligen Feucht jhres Lei - bes / entſchlaffen / derer Gedechtnis billich bleibet Ewiglich / vnnd das eins theils wegen jhrer Adelichen fuͤrnemen An - kunfft / vnd ſonderlich wegen jhres Chriſtenthumbs / welches ſie im Leben / Leiden vnnd ſeligem Abſterben wolgezier[e]t be wi[e]ſen.
SO iſt ſie geboren von Vaͤterlichem Adelichem Stam die -Proſapia ſer maſſen. Jhr lieber Vater iſt geweſen / der Edle / Ge - ſtrenge vnd Ehrnveſte Juncker Arnd Kanne / weiland Erb - ſaſſen auff Luͤden / in der Graffſchafft Lippe / vnd Cloͤden in der Chur Sachſen / Lippiſcher Haͤuptman zu Horn / daſelbſt iſt ſie auch geborn.
Patris. Jhr Großvater iſt geweſen / der weiland Edler Geſtr. vnd Ehrnveſter Juncker Ludolff Kanne / Erbſaß auff Luͤden.
Jhr Elter Vater iſt geweſen / der weiland Edler / Ge - ſtrenger vnnd Ehrnveſter Juncker Joſt Kanne / Erbſaß auff Brockhauſen.
Jhr Großelter Vater iſt geweſen / der weiland Edler / Geſtrenger vnnd Ehrenveſter Juncker Dieterich Kanne / Erbſaſſen auff Brockhauſen vnd Luͤden / etc. vnnd ſo fort an.
JHr hertzliebſte Mutter iſt noch bey Leben / die Edle / Ehrn - tugentreiche Fraw / Fraw Anna geborne Schwartzin / des weiland Edlen / Geſtrengen vnd Ehrnveſten JunckernFrie -[39]Chriſtliche Leichpredigt. Friederich Schwartzen / S. G. Braunſchweigiſchen vnnd Luͤneburgiſchen Fuͤrſtlichen Stadhalters Eheliche hinter - laſſene Tochter.
Jhre Großmutter iſt geweſen die weiland Edle / Eh - rentugentſame Fraw Maria / geborn von Reden im Braun - ſchweigiſchen Lande.
Jhr Elter Mutter iſt geweſen die weiland Edle / Eh - rentugentſame Fraw Anna geborne von Holle.
Jhr GroßElter Mutter iſt geweſen / die weiland Eh - rentugentſame Fraw Margaretha von Mandelsio / vnd ſo fort an.
Aber ob ſie gleich fuͤrnemens herkommens iſt dem Gebluͤte nach / ſo hilfft jr dz nichts zur Seligkeit / iſt ſie gleich - wol / wie alle andere Menſchen / wie David Pſal. 51. lehret / in Suͤnden empfangen vnd geborn / vnd were wegen der er - ſten Geburt verloren / wann ſie nicht in Chriſto dem ewigen Himliſchen Koͤnige were widergeboren / vnd zur Seligkeit auserkorn.
ZV Horn in der Graffſchafft Lippe iſt ſie durch die heili -Regeneratio. ge Tauffe Widergeboren / deſſen hat ſie zu zeugen jhren Tauffnam Magdalena Armgard / vnnd jhre Chriſtliche / Fuͤrſtliche / Graͤffliche vnd Adeliche Tauffpaten / als Erſt - lichen / die Hochgeborne Durchleuchtige S. G. Fuͤrſtinne / Fraw Magdalena / Landgraff Georgen Gemahl / nach der ſie Magdalena genennet worden. Die ander Tauffpate iſt geweſen / die Wohlgeborne Graͤffinne von der Lippe / Armgard / dahero ſie auch Armgard den Namen bekom - men. Sonſten ſind auch jhre Chriſtliche Tauffzeugen geweſen / die weiland Edle / Ehrentugentſame Fraw /Fraw[40]Chriſtliche Leichpredigt. Fraw Anna von Razenburg jhre Großmutter vom Vater. Der Edle / Geſtrenge vnnd Ehrenveſte Juncker / Adolff Schwartze / weiland Lippiſcher Landdroſte / auch Saͤchſiſch. vnd Braunſchweigiſcher beſtalter Rittmeiſter. Der Edle / Geſtrenge vnd Ehrenveſte Chriſtoff von Donepe / weiland Lippiſcher Hoffrichter.
Educatio. JHre liebe Eltern haben ſie nicht alleine in Adelichen Tu - genden beneben jhrer lieben Schweſter vnd Bruder wohl erziehen / beſondern in ſeliger Gottesfurcht mit fleiß vnter weiſen laſſen. Denn da jhnen Gott nur drey Kinder in we - render holdſeliger Ehe beſcheret / als dieſe ſilige Fraw / Fraw Magdalena Armgard / vnd die Edle / Ehren Tugendreiche Fraw / Fraw Eliſabeth / des Edlen / Geſtreng. vnd Ehrnv. Junckern Chriſtian von Bocken auff Salhauſen vnd Klip - hauſen Erbſaſſen / viel geliebten Gemahl / vnnd den einigen Sohn / den Edlen / Geſtreng. vnd Ehrnv. Junckern Bernd Ludolff / Erbſaſſen auff Cloͤden vnd Luͤden / ſo haben ſie den - ſelben das beſte edleſte Gutt zum Erbe mit zu theilen nichtes vnterlaſſen / nemlich die ware Gotſeligkeit. Zu deren Behuff haben ſie dieſen dreyen Kindern einen eignen Præceptorem, der Adelichen Zucht vnd Tugendt / vnnd der waren Gottes furcht Vnterweiſer gehalten. Es felt / wie man im Sprich wort ſaget / der Apffel nicht weit vom Stamme / demnach ha - ben ſich dieſe drey Kinder lernen Chriſtlich vnd Adelich wol arten / nach des lieben Vaters / vnd der lieben Mutter Ade - lichen Tugenden vnd Gottſeligkeit. Abends vnd Morgends haben ſie etliche Capitel aus der Bibel leſen / Jhr Abends / Morgens vnd Tiſchgebet thun muͤſſen / haben viel Pſalmen Davids recitiren / auch andere Pſalmen vnd feine Geiſtliche Lieder ſingen koͤnnen. Wie dieſe ſelige Fraw dem jtzo hinter -laſſenen[41]Chriſtliche Leichpredigt. laſſenen ſehr betruͤbten Wittwer Ehelich verſprochen / hat ſie gleichwol fuͤr den Tiſch tretten / vnnd jhr Gebet thun muͤſſen. Haben ſich dieſe drey Kinder alſo Chriſtlich vnd wohl erziehen laſſen. Zeuget auch ſonderlich von dieſer ſeli - gen Frawen die hinderlaſſene hertzlich betruͤbte Mutter die Fraw Kanninne / das ſie ſie niemals womit erzuͤrnet oder be - truͤbet habe. Jſt ein ſchoͤn herrlich Lob / dem billich alle Chri - ſten Kinder folgen ſollen. Vnter jhr / jhrer lieben Schweſter vnd Bruder iſt trewe Liebe / vnnd holdſelige Einigkeit gewe - ſen / welches ſich auch newlich ereignet an deme / als da der Juncker Bernd Ludolff Kanne von Cloͤden nach Luͤden juͤngſt verreiſet / vnd dieſe ſelige Fraw bey jhm geweſen / haben ſie vnter einander ſolche Chriſtliche Liebezeichen da gethan / das da er auff den Kutzſchen geſtiegen / er etlich mal jhr / vnd ſie jhme gute Nacht gegeben / villeicht zur Anzeigung / das ſie hie einer den andern nicht werden widerumb zu ſehen bekom - men.
NAch dem gnaͤdigen Willen des Allmaͤchtigen / hat ſie mitConjugium. Raht vnd willen jhrer lieben Eltern / ſich in den heiligen Eheſtandt begeben / vnd alſo im Jahr Chriſti 1603. Geeh - liget den hie gegenwertigen ſehr betruͤbten Junckern / den Ed - len / Geſtrengen vnd Ehrnveſten Chriſtoff von Drandorff / Erbſaſſen auff Boltzen vnd Werichaw / mit welchem ſie in werender Zehenjaͤhiger Ehe drey liebe Soͤhne gezeuget / als Hans Chriſtoff / Melchior Arnd / vnnd Bernd Heinrich / welchen ſie einen eignen Præceptorem gehalten / vnd ſie Selig wol erziehen laſſen. Mit jhrem lieben Junckern hat ſie ſich in friedliebender holdſeliger Ehe wol begangen / jhn Hirtzlich geliebet / vnd mit Sanfftmuth erfrewet.
Æta[s]. SJe hat nu mehr erlebet bey nahe 31. Jahr jhres Alters / den ſie Anno 1583. den 9. Decemb. geborn / vnd jtzo den 2. April. ſelig jhr Ende genommen.
Vita, Pietas, Sors, Mors. WJe ſie in jhrer Jungfrawſchafft / alſo auch in jhrem Ehe - ſtande hat ſie Gott / ſein heiliges Wort Hertzlich geliebet ſich fleiſsig zum hochwirdigen Abendmal Chriſti gehalten / wie auch jtzo kurtz fuͤr jhrem Abſchiede geſchehen. Sie hat in werender Ehe viel Leibes beſchwerung empfunden / ſonderlich vor drey Jahren. Damals / weil ſie mich zu Hertzberg etlich mal Predigen hoͤren / hat ſie mich als jhren Landsman / da wir nicht weit von einander geboren / vnterſchiedene mal zum ſeligen Troſt aus Gottes Wort / zu jhr fordern laſſen / habt ich mich wegen jhrer Liebe / gegen jhren lieben Junckern vnd Kindern / auch ſonderlich wegen Godult in Kranckheit vnnd jhrer Gottſeligkeit / die ſie mit Spruͤchen vnd Gebeten bewei - ſete / verwundern muͤſſen. Endlich iſt ſie auffs newe im Mo - nat Martio in dieſem Jahr mit beſchwerung des Haͤupts vnd anderer Schwachheit befallen / vnd da ſie wie die liebe Rahel von Gott widerumb auffs newe mit Leibes frucht geſegnet / verhoffend / ſie wolle etwa in der Marterwochen jhren lieben Junckern mit einer froͤlichen Geburt aber mal erfrewen / muß ſie / wie Rahel in der Geburt die Seele auffgeben / vnnd was noch mehr iſt / das liebe Kindlein bey jhr behalten / vnnd alſo auff den ſtillen Freytag Schmertzen ausſtehen / aber doch bald zur ſeligen Ruhe in Chriſto mit jhren lieben Kindelein zur Seiligkeit eingehen. Vnd was ſie zuvor ſelbſt aus geſpro - chen (Es werde am ſtillen Freytage gut mit jhr werden / vndwerde[43]Chriſtliche Leichpredigt. werde wol ruhen) iſt jhr in der Warheit Troͤſtlich vnd Se - lig widerfaren. Ob ſie wol damals nicht viel reden vnnd Antworten koͤnnen / hat ſie doch vorige Tage mit jhrem Pfar - rer vnd Beichtvater Herrn Valentin Richter jhr Gottſeli - ges Geſprech gehalten / vnd in empfahung des Abendmals Chriſti jhre ſeelige Bekentniß gethan. Voriges Tages hat ſit auch jhr Chriſtlich Geſprech gehalten mit dem Pfarrer zu Malitſchendorff Herrn M. Iobanne Zeiger, welcher auch beneben dem Pfarrer zu Wildenaw / Herrn Martino Guſovio bey jhrem Ende geweſen / vnd dadieſelben jhr Chri - ſti Leiden / Tod vnd Sterben zum Troſt fuͤrgehalten / vnd ſie vnterſchiedlich gefraget / ob ſie auch darauff ſelig wolte Le - ben vnd Sterben / hat ſie es mit Ja bekrefftiget / vnd darauff jhre Seele dem lieben Gott / dem Heyland der Welt Chriſto ergeben / vnd einen ſeligen Abſchiedt aus dieſer elenden Welt genommen zwiſchen 6. vnd 7. Schlegen des Morgens am ſtillen Freytage. Jſt alſo in Chriſto all jhr Creutz / Noth vnd Todt mit jhr ſtille worden / vnd hat ein ſeliges Ende genom - men. Jhren Vnterthanen iſt ſie lieb vnd angenem geweſen / die jhres toͤdtlichen Abgangs wegen ſehr betruͤbet ſein / hat Krancken Leuten mit Artzneyung vnd rath / auch den Vn - terthanen offte mit freundlicher Vorbitte Trew vnd Liebe be - wieſen / darumb auch die Weiber zu Boltzen in jhrer Kranck - heit zuſammen zu jhr kommen / auff jhre Knie gefallen vnnd Gott mit Seufftzen vmb Friſtung jhres Lebens angeruffen / hat aber dem lieben Gott anders gefallen / ſie mit Rahel durch Kindergeburt abzufodern / vnd mit ſeliger beſtendiger Freud des ewigen Lebens zu vberſchuͤtten. Weil denn dieſe ſeelige Fraw durch ſelige harte Kindergeburt mit Rahel nach Got - tes beſten Rath vnd Willen / dieſe arge ſchnoͤde Welt geſeg - net / vnd nun an der Seelen in Chriſti Schoß im Buͤndlein〈…〉〈…〉F ijderſel[b -][44]Chriſtliche Leichpredigt. derſelbigen iſt / So wollen auch nun die hertzliehe betruͤbte hin - derlaſſene Perſon / als der Edler / Geſtr. vnd Ehrenv. Jun - cker Chriſtoff von Drandorff beneben ſeinen lieben drey Soͤhnen / ja auch ſonderlich die hochbetruͤbte Mutter / die alte Witwe Kanninne / jhre liebe Tochter / Sohn / vnnd Tochter Man / ja der abweſende Juncker Bernd Ludolff Kannt / vnd gantze Adeliche mitleidende Freundſchafft / in ſe - liger gebuͤrender Gedult / in dem gnaͤdigen willen Gottes ſich ergeben / vnd der ſeeligen Frawen / jhren lieben Kinderlein jhre heilſame Ruhe gerne goͤnnen. Es hat nach Gottes be - ſten Wohlgefallen nicht anders ſein ſollen vnd muͤſſen. Seh[e]alle mitleidende Adeliche Chriſtliche Hertzen an die Werck[e]Gottes / Eccleſ. 7. Wer kan das Schlecht machen / wa[s]Gott kruͤmmet. Sie hat nun mit jhrem Kindlein Apoc. 2 vberwunden in Chriſti Leiden / Todt vnd Sterhen / nu ka[n]jhr kein Leidt geſchehen vom andern ewigen Todt / Sie i[ſt]nun kommen aus aller Noth / Erwartet des Leibes Aufferſte - hung / vnnd darauff an Leib vnd Seele die ewige Seligkeit / die Himmels frewd / die gebe vns allen in Chriſto allein di[e]heilige Dreyfaltigkeit. Gott erfuͤlle euch alle mit ſelige[r]Gedult vnd heilſamen Troſt in Chriſto durch des heiligen Geiſtes Gnad vnd Gaben / AMEN.
ENDE.
CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
Dieses Werk steht unter der „Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz“ (CC BY-SA).