PRIMS Full-text transcription (HTML)
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SENIUM CALAMITOSUM
Leid vnd Beſchwerligkeit Menſchliches Alters. Außm 12. Cap. des PredigerBuͤchleins SALOMONIS.
Geprediget vnnd außgefuͤhret Bein Chriſtlichem Leichbegaͤngnuß Des Edlen / Geſtrengen / Ehrenveſten / Wolbenambten Herrn Adam von Lucka des Eltern auff Leſewietz / ꝛc. welcher den 20. Octobr. Anno 1611. ſehlig im Herrn entſchlaffen / vnnd den 14. dorauff folgen - den Novembr. in volckreicher verſamlung ehrlich zur Erden beſtattet iſt.
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1612. Wittemberg/ Gedruckt beyMartin Henckel.
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Denn Edlen Vielehrentugentrei - chen Frawen Margarethen / gebornen Borſch - nitzin / des Weyland Edlen Geſtrengen Herrn Adam von Lucka auff Leſewietz / des Eltern / hinterlaſſenen Wittib. Vnnd Even / gebornen Luckin / deß Ed - len / Ehrenveſten / Wolbenambten Herrn Han - ſen von Liedelaw auff Putſchel / etc. Ehelichen ge - liebten Haußfrawen / Meinen großgoͤn - ſtigen Frawen. GOttes Gnad vnd reichen Segen / ſampt aller lei - bes vnd Seelen heilſamer wolfarth.

EDle / VielehrentugentreicheExordium ἐξωτερικὸν großgoͤnſtige Frawen / es ſaget Koͤnig David im 112. Pſalm:In memoria æterna erit juſtus ()Des Gerechten wird nimmer - mehr vergeſſen. Weil dann der F. F. geliebter verſtorbener Herr vnd Freund / auch in anzahl vnd gemeind / der durch Chriſti Blut vnd Todt /A ijwelches2Vorrede. welches er mit gleubigenhertzenergriffen/ vndſanfft vnd ſelig darauff eingeſchlaffen / gerechtfertigten Chriſten geweſen / vnd nunmehr an jhm thaͤtlich erfuͤllet / was Paulus zun Roͤm. am 6. ſaget: Wer geſtorben iſt / der iſt gerechtfertiget von der Suͤnde / als habe zu einem ſondern memorial vnd ehrengedaͤchtniß / ich auff vielfeltiges anhal - ten Geiſtliches vnd Weltliches Standes vorne - mer Perſonen / nachgeſetzte jhm gethane Leich - ſermon publici juris gemacht / vnd offerire vnd eigene denn F. F. derer Gottſeligkeit / vnd gegen denPredigampt wolthaͤtigkeit mir mit mehrerm bewuſt / Chriſtlicher vnnd trewhertziger wolmei - nung ſolche zu / mit fleiſſigem freundlichen bitten / die F. F. es von mir vor lieb auff vnd anneh - men / vnd mein jhnen zu wilfahren bereitwilliges gemuͤth doraus vermercken vnderkennen wollen. Vnd befehl die F. F. ſampt alle den jhrigen Got - tes Vaͤterlichen Gnadenſchutz zun allem gluͤck - ſeligen wolergehen hertzlich vnd treulich. Da - tum am heiligen Chriſtabend / des abgelauffe - nen 1611. Jahres.

D. F. F. Dienſtwilliger M. Wolffgangus Droſchki.

3Chriſtliche Leich Predigt.

Textus

Auſſm 12. Cap. des Prediger Buͤchleins Salomonis.

GEdenck an deinen Schoͤpffer in dei - ner jugend / ehe denn die boͤſen tage kommen / vnd die Jahre herzu tret - ten / da du wirſt ſagen / ſie gefallẽ mir nicht. Ehe denn die Sonne vnd das Liecht / Mond vnd Sternen finſter werden / vnd Wolcken wieder komen nachdem Regen. Zur zeitt / wenn die Huͤter im Hauſe zittern / vnd ſich kruͤmmen die Starcken / vnd muͤſſig ſtehen die Muͤller / das jhr ſo wenig wordẽ iſt / vnd finſter werdẽ die Geſicht durch die Fenſter. Vnd die Thuͤr auff der Gaſſen geſchloſſen werden / das die Stimm der Muͤllerin leiſe wird / vnd erwacht wann der Vogel ſinget / vnd ſich buͤcken alle Toͤchter des Geſanges. Das ſich auch die Hoͤhen fuͤrchten / vnd ſche -A iijwen
4Vorede. wen auff dem wege / wenn der Mandel - baum bluͤhet / vnd die Hewſchrecken beladenwird / vnd alle luſt vergehet (denn der Menſch feret hin da er ewig bleibet / vnd die Kleger gehen vmb her auff der Gaſſen) Ehe denn der Silbern Strickweg kome / vnd die Guͤldenquelle verlauffe / vnd der Eimer zu - lechſe am Born / vnd daß Rad zubreche am Born. Denn der Staub mus wider zu der Erden kommen / wie er geweſen iſt / vnd der Geiſt wider zu Gott / der jn gegeben hat. ()

WIR leſen / meine Geliebten / von einem Heydniſchen Philoſopho, das er hab gedichtet vnd vorgegeben / der Gott Jupiter hette dermal eines allerley aͤmpter vnter die numina vertheilet vnd außgeſpendet / Neptuno hette er vber - geben das Dominum / die Herrſchafft vbers Meer / æolumhette er gemacht zu einem Regenten der winde / Mortem zum Heerfuͤhrer vnd Kriegesfuͤrſten / Plutonem zum Hoͤll - koͤnige / Mercurium zum Legaten vnd Dolmetſcher / Apol - linem zum Jaͤgermeiſter ſchuͤtzer / Artzt vnd Apotecker / Bacchum zumWeinheiligen / Junonem zur Brautfuͤhrerin vnd Hebammen / Cererem zur Schafferin vnd For -wergß -5Chriſtliche Leich Predigt. wergßfrauwen / Venerem zur Bulengoͤttin / Dianam zur Waldpatronin / Hecaten zur Nachtwechterin. Heben zur Schenckin / Nemeſin zur Scharffrichterin vnd alſo fortan wehre ein jedes mit gewiſſen demenſo vnd ſonde - rer vorwaltung bedacht vnd vorſehen worden / alleine LUCTUS der Klag-Trauwer - vnd Jammer-Gott ſey abweſend negligiret vnd vbergangen worden / deſſen er ſich hoͤchlich / alß er zur ſteile kommen / beim hoͤchſten Gott Jovi beſchweret / vnd auch vmb ein Lehn vnd Dienſtlein / alles vleiſſes angehalten / darauff ſich Jupiter reſolviret vnd erkleret / Es were zwar das Regiment gantz beſtellet / vnd jhme ferner etwas vnbeſetzet zu ſein nicht wiſſend / ohne die function vnd pflege ingeminare calamitoſis & lugentibus luctum & mœrorem, den betruͤbten / traw - rigen vnd weheklagenden jhr betruͤbnuͤß vnnd trauren zu heuffen vnd mehren / das nimbt Luctus der TrawerGott willig an / ſtehet ſeiner Herrſchafft wol vor / vnd ſtrewet bey dehnen / ſo jhm dienen / auß bittere Klage / aͤngſtlichen harm / vnnd ſchmertzlichen Kummer hauffen weiſe. Solches / vnangeſehen es ein Juventum / vnd auß blinder finſternuͤß vnglauben heruͤhrender fund iſt / kan doch in ſeinem vorſtande nicht vnformlich auff menſchliches Le - benß zuſtand referiret vnd gezogen werden: Dann da iſt es vmb der verdampten ſuͤnden willen / mit vnß elenden leider dahin gerathen / das in mancherley vnfellen / wieder - wertigkeit vnd hertzeleid / haͤrmen / graͤmen vnd jammer / wem man vnſer recurs taͤglich fruͤmal vnd abendeſſen iſt / vnd ſein alle begriffen im 126. Pſ. da geklaget vnd geſaget wird / das wir mit thraͤnen ſeen / gehen hin vnd weinen / vnd tragen edlen ſamen. Vnd Chriſtus der HErr ſpricht Jo -hann.6Chriſtliche Leich Predigt. han. am 16. Cap. Jhr werdet weinen vnd heulen / in maſ - ſen denn den Heiligen Gottes vollig begegnet / Koͤnig Da - vid ſetzt im 6. Pſalm / ich bin muͤde von ſeufftzen/ ich ſchwem - me mein bette die gantze nacht / vnd netze mit meinen thraͤ - nen mein lager / meine geſtalt iſt vorfallen fuͤr trawren / denn ich allenthalben geengſtet werde. Hiskias der frome Herr kehret auffm kreiſtbetlein Eſaia am 37. ſich zur wand / & lacrymis totum os opplet, vnd weinet zumahl ſehr vnd bitterlich vber ſeine leibes ſchwacheit vndtodſuͤchtige kranck - heit. Jeremias hat Thren. 2. Capitt. ſchier ſeine augen außgeweinet / das jhm der leib darvon wehe thut / ſeine Lebe iſt auff die Erden außgeſchuͤttet vber dem jammer der Toch ter ſeines Volcks / vnd die taͤgliche erfahrung iſt auch bei〈…〉〈…〉 einem jeden im dieſem fal der gewiſte vnd ſtaͤrckeſte zeuge Denn da beweinet einer / vnd zwar billich vnd Chriſtlich, ſeine vielfaltige fuͤnde / der ander ſein bitteres armut vnd elende / der dritte ſein langwiriges ſiechen / das er nimmer keine geſunde ſtunde haben kan / der vierd / boͤſe meuler vnd vorleumbdung / der fůnfft / gewalt vor recht vnd vorfol gung / & ſic conſequenter, das alſo wol war iſt / was Acto rum am 14. Cap. ſtehet / das wir durch viel truͤbſal muͤſſen inß Reich Gottes eingehen.

Sic ærumnarum variis ſubjecta procellis Vita hominum ut nil ſit in dolor atqúelabor.
O Menſch O Menſch wie klaͤglich du
Dein leben hier muſt bringen zu /
Was iſt dein leben denn angſt vnd noht /
Biß endlich kombt der bitter Todt /
Der bitter Todt ein herber Gaſt /
Schleuſt angſt mit angſt in groſſer Laſt.
von7Chriſtliche Leich Predigt.

Von dieſem Luctu, angſt / jammer vnd betruͤbtem leid / ſchreibet nun auch Koͤnig Salomonim 12. Cap. ſeines Pre - diger buͤchleins / vnſerm vorleſenen text / vnd zeuget mit mehrerm / das er im letzten theil vnſers lebenßlauffs / im al - ter allererſt mit ſeinem dominio vndherrſchafft ſich herfuͤr thue / vnd mercklich an vns erweiſe. Weil dann an gegen - wertiger Adelicher Leichen wir auch einenvorlebten Herrn / dem das alter vnd ſeine langwirige ſchwacheit / Luctum, trawren vnd graͤmen wol eingerieben / vor augen haben / als wollen wir vns in die zeit ſchicken mit S. Paulo Epheſ. 5. vnnd auff dißmal miteinander reden vnd hoͤren: De Senectute. Vom Alter / vnd deſſen truͤbſeligen vielfel -ϖρόθεσις μονομερὴς tigen beſchwerligkeit.

Der liebe Gott gebe darzu ſeine genad vnd ſegen / darmit es bein jungen vnd alten ohne ſondern nutz nicht abge - he / Amen.

EXEGESIS.

MAN pfleget / meine geliepten / in gemein zwar zu ſagen: Zehenjhar ein kind: Zwantzig jahr ein Juͤng - ling: Dreyſſig jahr ein Mann: Viertzig jahr wol - gethan: Funfftzig jahr ſtille ſtam: Sechtzig jahr gehet das alter an: Sibentzig jahr ein greiß: Achtzig jahr nimmer weis: Neutzig jahr der kinder ſpot: Hundert jhar genad dir Gott. Aber Varro qui inter peritiſsimos ſcriptores refertur, thet - let in fuͤnff ſchicht oder ſorten das Menſchliche Alter ein. Die erſten nennet er Pueritiam, die Kindheit / â puritate,Bvnd8Chriſtliche Leich Predigt. vnd erſtreckt ſie biß ins funfftzehende jahr. Die ander nennet er adoleſcentiam, die jugend / ab incremento, vnd er - ſtreckt ſie biß ins dreiſſigſte jhar. Die dritte nennet er Juven - tutem, Manbarkeit / ab adjumento, da man ſagt ein fei - ner junger Mann / er iſt zu biedern vnd gebrauchen beim ge - meinem nutz vnd allerley ſachen / vnd erſtreckt ſie ins 45. jahr. Die vierd nennet er ſenium, vom Seneo, das Alter da die Seniores, die altenHerrn vnd grawe Heupter klug vndweiſe ſein / vnd longum rerum uſum, vieler dinge erfah - rung zu einer krone haben / wie Syrach am 25. Cap. redet / vnd erſtreckt ſie biß auffs 60. jar. Die fuͤnffte nennet er ſe - nectutem, die hohe vndletzte Lebenszeit / da man hat alterumpedem in cymba charontis, den einen fuß albereit im grab / man tregt die Seel an armen / wie man zu reden pfle -Octo incommodo ſenectutem exaſperan - tia: get / hat nichts mehr zu hoffen alß denTodt / iſt halb geſtorben/ hinc ſenex quaſi ſeminex. Diß letzte alter meinet ſonder - zweifel der Koͤnig Salomon im worten vnſers vorleſenen textes / vnd beſchreibet es nach acht groſſen vnd truͤbſehligenbeſchwerligkeiten / die wir nacheinader durchzufuͤhren.

I. DJe erſte groſſe vnd truͤbſehlige beſchwerligkeit des alters iſt / das es Salomon nennet Tempus ad -Anni de qui - bus dicas nonmihi placent. flictionis / das iſt boͤſe / vngefellig vnd vnangenehm / Ehe /[ſ]pricht er / denn die boͤſen tage kommen / vnd die jhar herzu tretten / da du wirſt ſagen / ſie gefallenmir nicht. Es iſt zwar vnſer gantzer lebenßlauff boͤſe / wie Jacob Geneſis am 47. Cap ſagt / er iſt dolor & labor, muͤhe vnd arbeit / wie im 90. Pſalm ſtehet / es iſt ein elend jemmerlich ding von Mutterleibe an / wie Syracham9Chriſtliche Leich Predigt. am 40. Cap. ſpricht. Auguſtinus ſchreibet: Vita hæc eſt vita dubia, vita cæca, vita ærumnoſa, quam dolores extenuãt, triſtitiæ cõſumunt, ſollicitudo coarctat, pau - pertas dejicit, infirmitas frangit, mœror deprimit, Diß leben / iſt ein zwerfelhafftiges / blindes / klaͤgliches weſen / da iſt jmmer angſt / traurigkeit / ſorge / armut / kranckheit vnd ſchmertzen / darzu freilich niemand groſſe luſt hat / keinem iſt es gefellig vnd annehmblich / aber das meiſte boͤſe vnd widerwertige findet ſich erſt im alter. Denn da heiſt es wie beim Pluto ſtehet:

Conſitus ſum ſenectute onuſtum gere Corpus, vires reliquêre, ut ætas mala estmer〈…〉〈…〉(malè est ergò, Nam res plurimas peßimas, cum advenit adfert,(quas ſi autumem Omnes, nimis longus ſermo est.
Das Alter hat betretten mich /
Beſtrickt den Leib macht mich gantz ſiech /
Wil nicht mehr mich lahn wacker ſein /
Erwehrt mir alle freude mein /
Ach wie iſts ſo ein ſchwere pein.

Martialis Klaget:

Expectant curæqúecatenatiqúelabores Gaudia non remeant ſed fugitiva vola nt.
Die meiſte ſorg vnnd groͤſte noht /
Hebt ſich im alter kurtz form Todt.

Jm Heſiodo leſen wir / da auß der buͤchſen Pandoræ alles vngluͤck vnter die Menſchen außgeſteubert / das ſich auffm bodem allererſt die haͤfen gefunden / das iſt / das im alterB ijallererſt10Chriſtliche LeichPredigt. allererſt ſich der vngemach heuff. Daher Apollo Pythius, dehnen ſo jhm ſeinen Tempel erbawet hatten / vnd batten / das er jhnen das beſte zu lohn geben wolte / in ſieben tagen mit dem tode ablohnet / damit ſie nicht alt werden doͤrffen / Cyprianus ſchreibt: Lucrum maximum computemus ſi ex hoc mundo velocius recedamus, es iſt fuͤr einen groſſen gewin zu achten / wer zeitlich die Welt geſegnet / vnd in gemein ſagen wird: Quem diligit Deus moritur νέος wehn Gott lieb hat / nimbt er jung hinweg.

II. Die ander groſſe vnd truͤbſehlige beſchwerligkeit des Alters iſt / dz es Salomon nennet Tempus obſcurationis,Obtenebreſ cunt ſol & lumen & ſtellæ & luna Blendung / Ehe / ſpricht er / dann die Sonne vnnd das Licht / Mond vnnd Sterne finſter werden / vnd Wolcken wieder kommen nach dem Regen / wennfienſter werdendie Geſicht durch die Fenſter. Geneſis am 1. Cap. ſtehet / vnd Gott machet zwey groſſe Liechter / ein gros Liecht das den Tag regiere / vnd ein klein Licht das die Nacht regiere / das iſt Sonn vnd Mond / dartzu auch die Sternen / vnd Gott ſetzt ſie an die Feſtendes Himmels / das ſie ſcheinen auff die Erden / vnd den Tag vnd die Nacht regierten / vnd ſcheideten Liecht vnd Finſter - nuͤſſe. Wans geregnet hat / ſo wird es auch wieder liecht vnd heimlich / poſt nubiia phœbus, wann ſich aber bald der Himmel wieder mit truͤben Wolcken vberzeucht / ſo ſie - het es betruͤbet vnd tunckel auß. Wenn helle Fenſter vnd durchſichtige Glaſeſcheiben es in einem gemacht hat / ſo gibtß Liecht genung / wenn aber die Fenſter geblendt vnd vorhenckt / ſo iſts wie Nacht / darumb hierverſtanden wer - den die par Augen / ſo Gott den Menſchen gegeben / ſichzu11Chriſtliche LeichPredigt. zu weg vnd ſteg darmit zubeſehen / darvon der Prediger Salomon am 11. Cap. ſaget / es iſt das Licht ſuͤſſe vnd den Augen liblich die Sonne zu ſehen / Chryſoſtomus ſchreibet: Quod ſol mundo hoc oculus corpori, extincto ſole omnia perduntur & perturbantur: ita amiſsis oculis pedes inutiles ſunt, & manus & animus, Was die Sonne der Welt nutzet / das nutzen auch die Augen dem Leib / wenn die Sonne nicht leuchtete / ſo wuͤrde alles zerdruͤmert / alſo wenn die Augen das Geſicht fehlen / ſein Fuͤß / Haͤnd vnd Gemuͤth weinig nuͤtz. VndAriſtoteles ſaget: Senſus viſus multarum rerum nobis differentiam demonſtrant, Durch das Geſicht erkennenvnd vnterſcheiden wir ein ding. Jm alter aber oculi caliant, nimmet das Geſicht ab / die Augen werden verfinſtert vnd vertunckelt / die Fenſter wer - den ploſtricht vnd dick / man ſiehet wie Marci am. 8. der Blinde / der ſahe Menſchen gehen als ſehe er Beume. Nomina ſervorum nec vultum agnoſcit amici, Man kennet die nehſten Befreundten vnd Vorwandtennicht / wie Jeneſis am 27. Jſaac im alter ſich mit dem Geſicht vbel behilfft / das er ſeine eigene Kinder den Eſau form Jacob nicht vnterſcheiden konte. Eli der acht vnd neutztzig jaͤrige Prieſter hat im 1. Buch Samueliß am 4. Cap. ſo tunckele Augen / das er die fluͤchtigen von der Schlacht allererſt er - fragen muſte / was fuͤr ein laut getuͤmmel da ſey. Vnnd im 1. Buch der Konige am 14. ſtarreten den Propheten Achia die Augen vor alter / das er die Koͤnigin / ſo zu jhm kam / am rauſchen der Fuͤſſe erſt hoͤret / was aber dis vor ein jammer vnd elend ſey / bezeuget gemugſam der alte blinde Tobias in ſeinem Buch am 5. Capit. der zum Engel ſaget: Was ſol ich vor frewde haben / der ich im fin -B iijſtern12Chriſtliche LeichtPredigt. ſtern ſitzen muß / vnd das Licht des Himmels nicht ſehen kan / vnd Lucæ am 18. Cap. ſeufftzet auch der Blinde Betler bey Jericho vmb nichts anders beim Jeſu / denn das er ſehen moͤge.

III. Die dritte groſſe vnnd truͤbſelige beſchwerligkeit des Alters iſt / das es Salomon nennet Tempus commoti -Commoven- tur cuſtodes onis, einne Bewegung / Zur zeit / ſpricht er / wann die Huͤterin Hauß zittern / vnnd ſich kruͤmmen die Starcken. Lactantius ſagt: Vir à vi nominatus eſt, & hinc virtus nomen accepit, Der Mann hat den Namen von der Mannheit vnnd Staͤrck / daher das wort Krafft vnd Tugend kompt / aber im alter hat es ſich auß - gemannet / außgekrafftet / außgeſtaͤrcket. Denn durch die Huͤter des Hauſes / werden verſtanden Armen / Haͤnd vnd Schultern / welche den Leib / den S. Paulus 2. Cor. am 5. ein jerdiſch Hauß nennet / contra vim, wider gewalt vnd vnfal behuͤten vndvortheidigen/ ſolche werden ſchwach / ſchwer / zitternd vndvnvormoͤglich / ein Alter kan ſie offt kaumvbern Kopff bringen / wann er darmit zuſchlagen wolte / thut es niemand weher alß jhm ſelbſt / er darff nicht viel dar - mit poltern / ſo iſt die Spill oder das Rohr entzwey:

Labitur ex humeris demiſſo corpore veſtis Quæqúebrevis fuerat jam modo longa mi hi eſt. Der Mantel entgleit von Achſeln / die Alten nehmen jhn vngleich vmb / ſchlepffen jhn nach.

nutant viri fortißimi. Durch die Starcken werden angedeutet die Schen - ckel vnd Bein / welche ſtarck vnd ſteiff / molem corporis, den Leib tragen / die kruͤmmen ſich / nolunt facere officium,13Chriſtliche Leich Predigt. ficium / ſie geben nicht mehr gut Briefftraͤger vnd Boten - leuffer / ermuͤden vnd erliegen bald / es kan auch wol ſein der Ruͤck im dem ein firmitas, wenn man im Alter einge - kruͤpt vnd boͤgerickt einher gehet / wie ein Saͤnſen / wie Luc. am 13. das arme Weib / das in 18. Jahren ſich nicht auffrichten kan / vnd wir auch hier bey der Stadt eine ſol - che alte Mutter haben:

Non cœlum ſpectare licet: ſed prona ſenectus Terram à qua genita est, & reditura, videt. Fitqúetripes, prorſus quadrupes, ut parvulus infans Et per ſordentem flebile ſerpit humum. ()

Schreibet Cornelius Gallus, die Alten ſehen nicht wo ſie fliehen / ſondern wo ſie liegen / nicht viel vber ſich / ſondern tieff genung vnter ſich / der Kopff henget jhn jmmer nach der Erden / darvon anfangs der Menſch gemacht / vnd da er wieder einkommen vnd begraben werden ſol / jtzt ſind ſie dreyfuͤſſig / ſchlepffen ſich mit kruͤcken vnd ſtab / bald krie - chen ſie auff allen vieren gar wie ein kleines Kind / man darff jhnen nicht vor ſchreiben / ſie enthalten ſich es ohne das wol was Syrach am 9. Cap. ſaget: Cum ſaltatrice ne ſis aſsiduus, Pfleug die Taͤntzerin / das du nicht in jhre Stricke falleſt / Sie muͤſſen klagen aus 5. Cap. Thren. Vnſers Hertzen freude hat ein ende / vnſer reigen iſt in we - heklagen verkehret.

Die Vierde groſſe vnd truͤbſeelige beſchwerligkeitIV. des Alters iſt / das es Koͤnig Salomon nennet Tempus Colliſionis, ein ſchedlich Feuer. Wannmuͤſſig ſtehen /Occiſæ mo - lentes. ſaget er / die Muͤller / das jhr ſo wenig worden iſt. Solinus ſchreibet von Milone Crotoniata, das er auffeinen14Chriſtliche LeichtPredigt. einen Tag allein habe einen Ochſen vorzehret vnd auffge - freſſen / da muß ein richtig vndfertig getrieb auff der Muͤhl gewehſen ſein / ein gut mundwerck / das gewaltig feſt ge - ſtanden / aber im alter leget ſich es wol / denn durch die Muͤller werden gemeinet die maſtificantes cibum, die Maltzmahler / die Zeene / welche die Speiß / wie auff einer Muͤhl dem Getreidicht beſchicht / zermalmen / vnd klein ge - macht / den Magen hinab ſenden / ſolche werden nun ſtumpff / loͤchricht / ſchertig / deveniunt ad paucitatem virtutis & officij, ſagt Olympiodorus, ſie feyren / ſie wol - len nicht mehr friſch darein knorplen / vnd gute Nuſpicker geben im alter / das rauſchender Kinbacken hoͤret man nicht / ſie fallen auch hauffenweiſſe auß / lapſi numero minuun - tur, ſchreibet Cyprianus, jhr werden wenig / man kan nur ein wenig muͤffeln / vnd offters kaum nur ein weiches brey - lein vnd floͤſſiges Suͤplein bezwingen / das ſtehet betruͤbt zu ſehen. Ein Biſchoff zu Meintz hat etliche / die das Sa - crament ſub utraqueempfangen / genommen / vnd ſie in ei - nen Thurm geworffen / vnd hungrig ſterben wollen / dar - umb hat er jhnen von fernes laſſen Brod vnnd Wein zei - gen / cum impia hac imſultatione, & ſarcaſmo Diabo - lico, mit dieſen worten: Nemet hin vnd eſſet / nehmet hin vnnd trincket / darmit muß er die armen Leut mechtig ge - quelet haben / nun iſt zwiſchen ſolchen vnd Alten zwar ein mercklicher vnterſcheid / aber gleichwol muß es auch we - nig frewde geben / wenn alte Leut Speiſe ſehen / vnd vnter haͤnden haben / vnd koͤnnen jhr nicht genieſſen.

V. Die fuͤnffte groſſe vnnd truͤbſehlige beſchwerligkeit des Alters iſt das Salomon es nennet Tempus convul -ſionis,15Chriſtliche LeichPredigt. ſionis, ein vorfallung / wenn / ſpricht er / die Thuͤr auff der Gaſſen geſchloſſen werden / das die Stimm der Muͤllerin leiſe wird / vnd erwacht wenn der Vogel ſinget. Die Gaſſen bedeut das Antlitz / das iſt amPlatia. Menſchen Sichtbar wie ein offene Gaſſen / es wird nicht bedeckt wie ander theil des Leibes / die Thuͤr iſt der Mund /Oſtium. der iſt die Thuͤr vnd eingang des Leibes / ſo wol im Reden der außgang / denn weſſen das Hertz vol iſt / gehet der Mundt vber / ſagt Chriſtus ſelbſt Lucæ. am 6. Cap. Vnd hat mannich Menſch / mancher ſeuberlicher Mann vnnd Juͤngling / manniche tugendſame Fraw vnd Jungfraw gar ein ſchoͤne Thuͤr / gar ein zierliche gaß / ein ſchoͤnen rotenMundt / ein ſchoͤnes zartes klares Andlitz / ſie ſind holdſeeli - ge Bilde / helle Spiegel / in maſſendie Koͤnigin Eſther / wie in jhrem Buͤchlein am 2. zuleſen / nicht mus die grewlichſt ge - weſen ſein / weil ſie allen Jungfrawenauß 127. Lendern vor - gezogen worden. Job / wie in ſeinem Buch am 42. ſtehet / hat toͤchter / dehrer gleiche an ſchoͤnheit in allen Landennicht zu finden. Ezechielis am 24. nennet Gott ſelbs des Prophe - ten Weib Machemad Enæcha, eine Augenluſt / Hertzens - troſt / beſtenSchatz / daher auch die Tuͤrckenjhres Luͤgengeiſts vndAbgotsnahmen entlehnet / vnd in Machomet, den ge - wuͤnſchten/ den geliebten / an denjederman luſt vndfrewde habe / genennet / vnd Pythagoras der Philoſophus ſol ſo ſchoͤn geweſen ſein / das jhn ſeine Schuͤler vor den Gott Apolli - nen, qui ex Hyperboreis veniſſet, gehalten haben: Aber

Forma bonum fragile est, quantumqueaccedit ad annos Fit minor & ſpatio carpitur ipſa ſuo. ()

Wann der Menſch wird alt / ſo wird er gantz vnd gar vn -Cgeſtalt /16Chriſtliche LeichPredigt. geſtalt / die ſchoͤnheit verleuret ſich / vnd gehet auff / die haut ſchrumpfft ein / die ſchoͤne Thuͤr des roten Mundes wirdClauditur. geſchloſſen / vnd in die falden geſchlagen / beuget ſich wie ein halber Mond / die Lefftzen erblaſſen / werden ſchwartz - lecht vnd blaulicht / die Gaß des klaren Andlitz / wird gruͤ - bicht vnd hoͤlſtricht:

Et jam læve caput madidiqúeinfantia naſi. ()

Es ſtehet offt vmb die Augen ſo da ſchweren vnd rinnen / vnnd vmb die Naſen / dardurch ſich das Gehirn reiniget / bein Alten nicht gar richtig / ſagt Juvenalis, daher Ovidi - us recht ſchreibet:

Tempus erit quo vos ſpeculum vidiſſe pigebit, Et veniet rugis altera cauſa dolor. ()

Das ein vorfallenes Muͤtterlein / ein geklempts Silicerni - um, vnnd Maͤnlin / ſich nicht viel vmb den Spiegel drin - gen / ſie werden jhnen ſelber gram. Die Stimmder Muͤl -Voxmolen - tis lerin / die leiſe wird / zeiget an / die Rede / ſo wir durch die Muͤller durch die Zeen herfuͤr thun. Athenæus ſchreibet von einem Drommeter / der Herodotus geheiſſen / das er zu gleich oder vnter einem / hab zwo Poſaunen anſtoſſen vnd auffblaſen koͤnnen / da muß viel Wind vnd gute Bla - ſebaͤlge geweſen ſein / vnnd zwar beyn jungen Leuten findet ſich offt auch inſolchen dingen ein zwang oder nachdruck / aber im alter wird die Stimmder Muͤllerin leiſe / der Athem verlieget / man redet ſchwaͤchlich / kan offt kaum ein Liecht außblaſen / man muß nahe hinzu treten / wil man recht hoͤ -Conſur - gunt ad vo - cem volucris ren / was alte Leut reden. Das erwachen / wenn der Vo - gel ſinget / iſt vorlierung der ruhe / Somnus eſt quies ani - malium virtutum, cum intentione naturalium, Der Schlaff iſt eine erholung der Menſchlichenkraͤffte ſagt Avivicenna,17Chriſtliche LeichPredigt. vicenna, bein alten Leuten iſt er gar kurtz / ſehr vnruhig / bald verſtoͤrt / es mag leicht ein gefuͤgel / gaͤnß / hanen / oder anderß des nachts ſchreien / ein huͤndlein bellen / oder ſich ſonſt etwas regen / ſo erwachen ſie / vnd wann ſie dann einmal geſtoͤret vnd gemuntert ſein / koͤnnen ſie nir - gend wider einſchlaffen / werffen ſich im bette die quere vnd lenge herumb / ſchlagen ſich mit ſorgen / ſind des morgens ja ſo abgemattet vnd ermuͤdet alß abendts / lectulum eri - am moleſtè ferunt wie Ion Sophiſta von Krancken ſa - get / das bet / die deck iſt jhnen vielmals zu ſchwer vnd wie - drig / wans ſchon noch von lauter pflaum oder ſchwan - federn wehre / bringen auch mannichmal mit dem Koͤnig Ahaſvero Eſther 6. vnd den lieben Hieronymo, der von jhm ſchreibt breviſsimo ſomno utor & quaſi intervi - gilo, aliquando dormiviſſe me ſentio, aliquando ſu - ſpicor, eine Winterlange Nacht / mit groſſen beſchwer gantz vnd gar ſchlafflos zu / vnd rechnen die minuten der ſtunden / ſie verlanget mit dem Job Cap. 7. daß es nicht ſchier wil tag vnd morgen werden.

Die ſechſte groſſe vnd muͤheſelige beſchwerligkeit desVI. Alters iſt / daß es Salomon nennet Tempus defectionis, ein abnehmen / Wan ſich / ſagt er / buͤcken alle Toͤch - ter des Geſanges / das ſich auch die Hohen fuͤrchten vnd ſchewen auff dem Wege / wann die Hewſchreck beladen wird / vnd alle luſt vorgehet. Die Toͤchter des Geſanges / filiæ Carminis, ſind die Oh -Obſurdeſ - cunt filiæ carminis. ren / hoͤren gerne / wie ein Toͤchterlein / ein Maͤgdlein oder Jungfreulein / einen guten Geſang / ein lieblich Muſicam, ein frolich Seiten Spiel / Muſica & Vinum lætificantC ijcor18Chriſtliche LeichtPredigt. cor hominis ſchreibt man gemein auſſem 40. Cap. Sy - rachs an die Inſtrument vnd Harffen / Wein vnd Seiten - ſpiel erfrewen daß Hertz / das Alter aber macht es vnmehr / es wil nicht mehr ſo wol wie in der jugend klingen / vnd wannder kuͤnſtler vnd concentus noch ſo gut wehre / die Ohren hangen vnd buͤcken ſich / es gehet durch den Kopff / vnd iſt alten Leuten in die lenge verdrießlich / in maſſen wir im 2. Samuelis am 19. Cap. am alten Barſillai ſehen / den wolte Koͤnig David / welcher zumahl eine ſtatliche Canto - rey angerichtet / mit ſich nach Jeruſalem inß Koͤnigliche Hofflager nehmen / aber es iſt jhm kein dienſt / er ent - ſchuͤldiget ſich mit dem Alter vnd ſaget / waß iſts das ich noch zu leben habe / ich bin heute achtzig jahr alt / wie ſolt ich koͤnnen was gut oder boͤſe iſt / oder ſchmecken was ich eſſe oder trincke / oder hoͤren was die Senger oder Senge - rin ſingen?

Excelſa ti - mentDie Hohen / die ſich ſchewen vnd fuͤrchten auff demwe - ge / zeigen an / das vorſichtige vnd bedachtſame gehen der Alten / ſie ſind vbel zu paß / fuͤrchten ſich jmmer / ſie werden ſtolpern / gleiten vnd fallen / nehmen jhnen wol weil die quer vber Gaß zu gehen / ſetzen ſachte vnd gemachſame ſchrit vnd trit. Stobæus ſchreibet vom altenAlexio, das er einem / der jhn gefraget / wanher er die leiſe tritlein gelernet het / vnd warumb er ſo ſchwechlich daher zoͤge / geantwortet / paula - tim morior, ich ſchleich allgemach dem Tode nach vnd er auch mir / er buhlet / wirb et oder freyet vmb mich.

Locuſta im - pinguata. Die beladene Hewſchrecken ſind laſt vnd buͤrde des Alters: Denn wie ein Heuſchreck vol tawes vnd humo - ris ſalivalis, ſpeichelichtee ſafftes iſt / den ſie von graͤßlein vnd leublein in ſich gezieſert vnd gelecket hat / alſo ſindalte19Chriſtliche LeichPredigt. alte Leut voller phlegma, voller melancholiſches ſchlei - mes / zeher fluͤſſe / weſſeriches vnflatz vnnd vngeſunder feuchtigkeit / kuͤlſtern vnd puͤlſtern iſt jhr teglich handwerg / tuſsis cachinnat, genua trepidant, talos & pedes tu - mor inflat. Die luſt ſo vergehet diſsipabitur Capparis,Caparisſive ut Gaza ex Theophraſ - to reddit, in - turis lib. 6. cap. 5. nennet Lyra Concupiſcentiam carnis, quæ ſic nomi - natur, eo quod Capparis eſt herba quâ luxuria exci - tatur, er nennet es fleiſches begierde / mit der legt es ſich mercklich im alter / wie im 1. Buch der Koͤnige am 1. Cap. deſſen nachricht an Koͤnige David / der hat in ſeinem ho - hen alter / da er ſich nicht mehr erwermen kont / zwar die ſchoͤne Abiſag von Sunem / in derer armen er ſchlefft / ſed non cognovit cam, aber er erkand ſie nicht / vnnd Ovi - dius ſaget:

Turpe ſenex miles, turpe ſenilis amor. ()

Es kan auch ſonſten gezogen werden auff andere luſt / quæ diſsipatur. Die in alter vergehet / Menan - der ſchreibet Απαντ᾽ ἀφανίζει γῆρας ἰχη〈…〉〈…〉 σώματος, omnem delet ſenectus vim corporis, im alter vorſchwelckt alle luſt / krafft vnd ſterck / der appetit zum eſſen liegt zu boden:

Ipſe ad conſpectum cœnæ deducere rictum Suetus. ()

Einem wird wehe von geruch vnd brodem der Koͤſte / wieC. K. P. C. ein frommer alter Prieſter in der Nachbarſchafft / der vn - lengſt todes vorbliechen / keine warme ſpeiſe eine zimliche zeit vor ſeinen abſcheid riechen / vielweniger genieſſenkonte. Vnd Phavorinus ſchreibet von einem Altenbein 70. Jah - ren / daß / als er einen groſſen Schatz von vngefehr gefunden/ er den Fuß dargegenauffgehaben/ jhn geſchuͤttelt / vndleer dar -C iijvon20Chriſtliche Leich Predigt. vongegangen ſey / ſagend / zu langſamb zu langſamb treff ich dich an / die luſt zum dingen dieſer Welt iſt auß / ich bin zu alt darzu / kan dich nicht zur frewd vndwolluſt gebrauchen / darumb wil ich dich einem andern laſſen / der ſich deiner das wird zugenieſſen wiſſen.

VII. Die Siebende groſſe vnd muͤheſelige beſchwer - ligkeit des Alters iſt / das es Salomon nennet TempusFloret amygdalus dealbationis, den ſchneweiſſen wandel. Wann/ ſpricht er / der Mandelbawm bluͤget / das iſt / wanndie grawenhaar lockenvmb denKopff hengen/ ein alter ſiehet nicht anders / als ein weiſe Taube / wie ein baum mit weiſſet bluͤt bedeckt / in - maſſen denn Ariſtoteles ſchreibet / Proprium hominis eſ - ſe in ſenectute ſeneſcere, das eines Menſchen eigene natur ſey / im Alter zu grawen:

Intempeſtivi funduntur vertice Cani. OderEt tibi jam venient Cani formoſe capilli. lauten die Verß.
Vornim mich recht du junges Blut /
Das in der jugend hat ein mut /
Darzu ein ſchoͤn krauß gelbes Haar /
Im alter wirds graw vnd weis gar.

Vnd Alexander Magnus ſpottet billich eines eiß - grawen Kopffes / der ſeinem Haar ein ander farben an - ſtreichen wolt / vnd ſaget / nicht das haar / ſondern die runtzeln vnd furchen muſtu endern / wiltu dein Alter leug - nen / vnd dich fuͤr einen jungen vorkauffen: Capilli etiam defluunt, es fellet auch wol das haar gar aus / man darff die Alten nicht erſt beſcheren / wie Hanon der Koͤnig / im 2. Buch Samuel. am 10. Cap. Koͤnig Davids Legaten theten / ſie bekommen ohne das wol glatzen vnd platten / vndtragen21Chriſtliche Leich Predigt. tragen jhr zienern gefaͤß oder Silbern Scheiblein auffm Wierbel.

Die Achte vnd letzte groſſe vnd muͤhſelige beſchwer -VIII. ligkeit des Alters iſt / daß es Salomon nennet Tempus diſruptionis, ein entzuckung / hinwegruͤckung / Ehe / ſpricht er der Silbern ſtrick wegkomme / vnd die Guͤlden quelle verlauffe / vnd der Eymer zerlech - ſe an dem Brun / vnd das Rad zerbreche am Brunn.

Den ſilbern Strick gloſſiret Lyra, Quod ſit Hat -Funiculuſ argenteus. monia, quâ colligantur Elementa in corpore vivente, quæ in morte rumpitur, daß es ſey die Harmoni / in deh - rer nach jhrer mas die Element / daraus der Menſchliche Coͤrper zuſammen geſetzt / vereinbahret vndvorbunden: An - dere ſagen es ſey ῥὰχις, primum quaſi reliquorum oſsi - um principium, ſpondylorum ſeries, quæ caput exci - pit, Wie Celſus ſchreibet / der Ruͤckgrad / aller ander ge - bein anfang / oder es ſein Spinæ medullæ, da der marck einen abgang vomgehirn als an einer ſchnur oder ſeil habe: Es koͤnte auch wol ſein vena cava, daher die adern qua - rum origo ex epate, wie Galenus meinet / durch den Leib zertheilet werden / ſolches alles / die gantze κρ〈…〉〈…〉 ις oder temperies, Ruͤckgrad / der Marck im ſelben / die andern / vnd das Gebluͤt / werden im Alter gantz zerruͤttet, kommen weg von krefften / es neiget ſich alles zum ende / wie in ei - nem alten Hauſe / bald jetzt dis / bald ein anders / knackt / platzt vnd bricht / biß es zuletzt gar vber ein hauffen liegt.

Die Guͤlden quel kan ſein Humor ingenitus, una cumVita auriacorpore22Chriſtliche Leich Predigt. corpore primo ex ſanguine menſtruo productus, pro - prius in qualibet parte, ad nutriendum corpus, qui ab influente humore augetur: der natuͤrliche ſafft / ſo durch zugang / nahrung ſtetz haben mus: Denn der Leib iſt in perpetua quaſi reſpiratione vel potius corruptio - ne, der Leib wird jmmer gemindert / er nuͤtzet ſich / wie ſon - ſten mit allen dingen beſchicht / gemehlichen ab / ideò con - tinua requiritur appoſitio, darumb muß er auch jmmer wieder zugang haben / durch natuͤrlichen ſafft / vnd dieſer natuͤrliche ſafft muß huͤlffe haben ab influente humore, ſonſt wuͤrd er bald erleſchen. Solche quel nun / darauß vigor corporis kombt vnd quillet / trocknet aus / vnd ver - leufft ſich im alter / das Fleiſch wird mager / vnd hat keinFons. fett mehr / man moͤcht eim alle Knochen zehlen. Der Brun iſt das Hertz / ſenſuum & totius vitæ fons & ori - go, welches deß Lebens Brun vnd anfang / daher es Ari - ſtoteles ἀρχὴ βίου nennet / & ſpiritumac vivificum calorem in totum corpus ſpargit, vnd die lebendige wermbde dem gantzen Leibe mittheilet / dieſer Brun wird dermal eins auch erſchoͤpfft / das Hertz zittert / es ſchrumpfft ein / Parmenides ſagt γῆρας γίγνεσϑαι, παρὰ τὴν τοῦ ϑερμο ὑλει - ψιν, Senectutem ob caloris defectum fieri, das AlterHydria. folge auff mengel der wermbde / wie der Winter auff den Sommer. Der Eymer an dieſem Brun / kan ſein ar - teria aorta membrum illud panniculoſum & nervo - ſum à corde deferens ſpiritum vitalem ad ſingula membra, omnium arteriarum in toto corpore ſtipes, das Kaͤſtlein oder behaltnuͤs / der Roͤhrlein oder gaͤnge / der Pulsadern / da die lebendigen Geiſterlein / vom Hertzenim23Chriſtliche Leich Predigt. in gantzen Leib geleitet werden / ſolcher Eimer zerlechſet / wird im alter ſchad vndmangelhafftig / bis ſo lange im tod / Reiffen / Bodem vnd Tauben/ knallen vnd ſpringen. DasRota ſuper ciſternam Rad am Brun iſt das Heupt / darvon Gallenus ſchreibet: Figuram capitis optimam eſſe, ſi imitetur ſphæramex - actè rotundam, Daher ſagt man / ein huͤbſch keulicht Heubtlein / es ſteckt viel drinnen / vnd Homerus tadelt ſehr vbel in vituperatione Therſitæ, die Spitzkoͤpffe / vnnd meinet / es ſey eine anzeigung einer verkehrten vnart / diß Rad zerbricht nun auch am Brun vbern Hertz / die ſorgen / der kummer / ſtudieren / anſchlag / vnd dergleichen / darmit der Menſch ſich weidlich die zeit ſeineß lebens vberworf - fen / machet das liebe Heupt ſchwach im alter / es ſummet / brummet / pfeiffet / ſinget vnd klinget drinnen / man leu - tet olgemach zu grabe / der letzte pulft vnd abdruck / da man gar im ableiben zuſamen ſchlecht / wird bald darauff erfol - gen. Das ſein die achterley groſſe beſchwerligkei[t]en des truͤbſeeligen Alters.

USUS.

Aus welchem allen / wie es bißher / vermoͤg vnſers tey -Doctrina triplex. tes beybracht / haben wir nun dreyerley zu lernen vnnd wol in acht zunemen.

Das erſte / ſo wir hieraus zu lernen / iſt Tandem mo -I. riendum, daß es einmal mus geſtorben ſein. Viel Leut leben in tag hienein / als hetten ſie mit dem Todt einen bund / vnd mit der Hellen einen vorftand gemacht / Eſaiæ 28. flechten ſich blos in meltliche hendel / vnd vorbottene vbermeſſige ſorgen der nahrung / Luc. 21. geitzen / ſcharren / ſchachern / kriemen / kratzen / alßwolten ſie hier ewig ſeben:DAndere24Chriſtliche LeichPredigt. Andere warten jhrer volbrettigkeit vnd vppigkeit / fleiſches luſt / Augenluſt / vnd hoffertiges leben / davon S. Johan - nes in ſeiner 1. Epiſtel am 2. Cap. ſaget / oder ein gutter ſtarcker Epicuriſmus, leſt ſie nicht darzu kommen / das ſie nur ein kleines zu ruͤck gedechten / was endlich daraus wer - den wolte / dieſen ſtehet mit mehrerm / angeregte beſchrei - bung des alters / als ein Spiegel vor Augen / vnd gibt jh - nen einen trarurigen ſauren todesblick nach dem andern /duplici po - tißimum ra tione ſacra ſcriptura, extremam nobis ſe - nectutis as mortis ho - raminculcat ja die gantze heilige Schrifft ſtehet wieder ſie dictus & exemplis, mit raht vnnd that: Dictis mit raht / in dem Job am 34. Cap. univerſaliter in gemein auſſaget / mo - riuntur omnes ſubitò, ploͤtzlich muͤſſen alle Leute ſter - ben / im 89. Pſal. ſtehet / wo iſt jemand der da lebet / vnd den Todt nicht ſehe / der ſeine Seele errette auß der Hellen hand / nullus freilich wird man keinen findenn / den alles Fleiſch iſt Hew / vnd alle ſeine guͤte wie eine Blume auff dem1. Felde / das Hew verdorret / die Blume vorwelcket / ſaget Eſaias am 40. ein jeglicher hat ſeine beſtimpte zeit zu leben / ſchreibet Syrach am 37. Cap. vnd iſt allen Menſchen ge - ſetzt ein mal zu ſterben / zeuget die Epiſtel zun Hebreern am 9. Cap. Exemplis mit that / in dem auch die / ſo groſ - ſe vnd hohe prærogativen, merckliche vorzuͤge vor viel tauſend andern gehabt / gleichwol nicht exemtæ paſsio - nis geweſen ſein Adam iſt geweſen der erſte Menſch / Gen. 2. Methuſalah der elteſt / Gen 5. Simſon der ſterckeſte / Judicum 15. 16. Ahaſael der ſchnelleſte. 2. Samuel. 2. Ab - ſolon der ſchoͤnſte. 2. Samuel. 14. Salomon der kluͤgeſte vnd reichſte / 1. Reg. 3. Matth. 6. Johannes vnter allen ſo von Weibern geboren / der Groͤſte / Matt. jj. wo ſind ſie hin kommen? Sie ſind alle geſtorben / lautet das trauw -rige25Chriſtliche LeichPredigt. rige final, Ach das ſolten wir doch zu hertzen nehmen / vnd vnableſſig mit Koͤnig David auſſm 39. Pſalm beten / Herr lehre mich doch / daß es ein Ende mit nur habenmuß / vnd mein Leben ein ziel hat vnd ich darvon muß / ſihe mei - ne Tage ſind einer Hand breit bey dir / vnd mein Leben iſt wie nichts vor dir / wie gar nichts ſind alle Menſchen / die doch ſo ſicher leben. Wo kommen aber nun dieQuid cum mortuis fu - turum. Menſchen / die alle ſterben / nach dem Tode hin? Das zeiget Salomon im vorleſenen Text / der Staub muß wieder zur Erden kommen / wie er geweſen iſt / vndder Geiſt wieder zu Gott / der jhn gegebenhat /Hominis partes eſſen - tialis. Da machet er zwey theil des Menſchen / corpus & ani - mam, Leib vnd Seel.

Der Leib / wird zur Erden im Tod / nach Gottes1. Corpus. vrtheil / Geneſis 3. du biſt Erd vnd ſolt zur Erd wieder wer - den / das weis Job Cap. 17. da er ſingt / die Erd oder das Grab iſt mein Hauß / vnd im Finſternuß iſt mein Bette gemacht / die vorwehſung heis ich meinen Vater / vnd die Wuͤrme meine Mutter vnd meine Schweſter / darumb wir vnſerer vorſtorbener Coͤrper auch nicht vorwerffen den Hunden / oder verſtuͤrtzen ins Waſſer / oder verſengen vnd verbrennen / oder an die lufft knuͤpffen vnd hengen / wie etleiche Heyden gethan haben / ſondern wir befoͤrdern ſie zu jhren Ruhebetlein in die friſche vnd kuͤhle Erden / wie Syrach Cap. 38. vermahnet / Mein Kind / wenn ei - ner ſtirbet / ſo beweine jhn / vnd klage als ſey dier groß leid geſchehen / vnd verhuͤlle ſeinen Leib gebuͤrlicher weiſe / vnd beſtatte jhn ehrlich zu Grabe. Die Seel oder der Geiſt /2. Anima. fromer vnd gleubiger (dennvon Gottloſen die dem TeuffelD ijzu -26Chriſtliche LeichtPredigt. zuſtendig / reden wir hir nicht) koͤmpt wieder zu Gott / Sapi - ent. 3. in die ſochß Abrahæ, Luc. 16. inß Paradies / Luc. 23.II. ins Himliſche Jeruſalem / Apocal. 21.

Das Ander / ſo wir hirauß zu lernen / iſt ln juventute Deo ſerviendum, das man die Jugend wol vnd nuͤtzlich anlegen ſolle. Viel junge Leute / wenn ſie vom tod vndſterben hoͤren / dencken / o es gehet mich noch lange nicht an / laſſen eines nach dem an - dern zu grabe tragen / wollen zuvor vorraſen / vnd ſich der jungen tag recht[genieſſen] / weil es wehret / wol her / lau - tet jhr Sordanapaliſches liedlein im Buch der Weisheit am 2. Cap. laſſet vns wolleben weil es da iſt / vnd vnſers lei - bes brauchenweil er jung iſt / in der bekanten Cantion ſtehet:

Der Leib der ſpricht ich bin geſundt /
Jch hab noch viel der guten Stund /
Ehe mir das trawrig alter kompt /
Wil ich in frewden leben /
Nach Weltlichen luͤſten ſtreben.

Vnnd die gemeine rede der verdamlichen vorterbliche lautet / wer da wolle Reich werden / der duͤrffe vor 60. jah - ren ſeines alters nicht glauben das er eine Seel habe. Solche ſchreyet Salomon hier an / Gedencke an dei - nen Schoͤpffer in deiner Jugend / Ambroſtus ſaget: Honor adoleſcentum eſt timorem Dei habere pa - rentibus deferre, caſtitatem non aſpernari, diligere clementiam & verecundiam, Junger Leut Ehren - ſchmuck iſt / Gott dem HErren fuͤrchten / oder wie Pro - verb. am 3 Cap. ſteht / Sich auff den HErren von gantzem Hertzen verlaſſen / vnd an jhn in allen ſeinen wegen ge - dencken / die Eltern ehren / keuſch / wolthaͤtigk vnd zuͤchtigſein.27Chriſtliche LeichPredigt. ſein. Plutarchus der Heyde ſchreibet der Jugend dreyer - ley vor: In animo Temperantiam: In lingua ſilentium: In ore Pudorem, das ſie ſollen maͤſſig ſein: Das ſie ſol - len verſchwiegen ſein: Das ſie ſollen ſchamhafftig ſein: Vnnd Martialis ſaget:

Non est crede mihi ſapientis dicere vivam, Sera nimis vita est eraſtina: vive hodiè. Pange toros, pete vina, roſas cape, tingere nardo, Ipſe jubet mortis te meminiſſe DEUS.
Was warteſtu viel auff die zeit /
Da der Meuſch im alter erleit /
Thue heute buß / zu Gott dich kehr /
Der Suͤnden ſteur ernſtlich vnd wehr /
O junges Blut brauch dich der frewd /
Das du nicht trawreſt in Ewigkeit /
Gedenck im gantzen Leben dei /
Das endlich muß geſtorben ſein.

Darmit es aber von vns beſcheht / haben junge Leut hertzlich mit dem Koͤnige Salomon auſſm 9. Cap. des Buches der Weißheit zu beten: O Gott vnd HErr aller guͤtte / gieb mir die weißheit / die ſtetz vmb deinenThron iſt / vnd vorwirff mich nicht aus deinen Kindern / denn ich bin dein Knecht / vnddeiner Magdt Sohn / ein ſchwacher Menſch vnd kurtzeß Lebens / vnd zugeringe im vorſtande des Rechtens vnd Geſetzes. Vnd mit dem weiſenMannSy - rach auſſm 23. Cap. HErr Gott Vater / vnd HErr mei - nes lebens / behuͤte mich fuͤr vnzuͤchtigem Geſicht / vnnd wende von mir alle boͤſe luͤſte / las mich nicht in ſchlem men vnnd vnkeuſcheit geraten / vnd behuͤte mich fuͤr vn - verſchempten Hertzen.

D iijDas28Chriſtliche LeichPredigt.

Das Dritte ſo wir hieraus zu lernen / iſt In extremo etiam vitæ actu reſipiſcendum, das man des Alters ſon - derlichen wol ſol warnehmen. Manniche Leute dencken haſtu es ſo lange gewaget / vnd bis anher nicht viel gutes gethan / ſo ſetze es nur auch vollend daran / treib den ſuͤn - denwagen wol / vnd verdiene die Helle redlich / es iſt doch nun zu ſpat vnnd langſamb zur buß / vnd zwar Gregorius der Alte lehrer ſchreibet ſcharff darvon:Satis alienus à fide eſt, qui ad agendam pœnitentiam tempora ſe - nectutis expectat, metuendum eſt, ne dum ſperat miſericordiam, incidat in judicium. ()Das iſt faſt ſo viel als wie die Kirche ſinget:

Die Welt erzittert ob dem Tod /
Wenn einer liegt in der letzten noht /
Denn wil er erſt from werden /
Einer ſchafft dies der ander das /
Seiner Armen Seel er gantz vergas /
Dieweil er lebt auff Erden.
Vnnd wann er nimmer leben mag /
So hebt er an ein groſſe klag /
Wil ſich erſt Gott ergeben /
Jch fuͤrcht fuͤrwahr die Goͤttlich gnad /
Die er allzeit verſpottet hat /
Wird ſchwerlich ob jhm ſchweben.

Aber es iſt ein ſeiner maß wieder die gantz vnd gar muthwillig vnd vorſetzlich beharrenden vnd vnbusfertigen geredet / den andern gilt was beim Propheten Ezech. am 33. Cap. ſtehet:Impietas impij non nocebit ei in quacunq́; die converſus fuerit ab impietate ſua, ()Wenn29Chriſtliche Leich Predigt. Wenn (mercket hir indefinitum tempus, nur daß es nicht in jenes leben geſpart vnd auffgeſchoben wird) ein Gott - loſer from wird / ſo ſols jhn nicht ſchaden / das er Gottloß gewehſen iſt. Apocal. 2. Gedenck wo von du gefallen biſt vnd thue buſſe / vnd ſey getrew biß in den todt / ſo wil ich dir die Krone des Lebens geben. Vnnd Bernhardus ſchreibet / ô quæ qualis quanta eſt miſericordia Dei, qui ſuper peccatore converſo gaudet, & non minus il - lum diligit, ac ſi nullam peccati maculam contraxiſ - ſet, O wie iſt die Barmhertzigkeit des HErn ſo gros / der einen armen bußfertigen ſuͤnder ja ſo hertzlich liebt / als wann er niemalß keine ſuͤnd gethan oder begangen hett. Darumb wen in ſeiner Jugend ſein vorterbt Fleiſch vnd Blut / der Teuffel / vnd die Welt haben betrogen / von Gott vnnd froͤmigkeit zu ſuͤnd / ſchand vnd bosheit vorleitet vnnd abzezogen / vnd Gott nach dem Reichthumb ſeiner guͤte / mit gedult vnd langmuͤtigkeit / wie Paulus zun Roͤ - mern am 2. ſagt / jhn viel hat vbertragen vnd lang zugeſehen / der kehre doch vmb im Alter / werde als ein gebrantes Kind gewitziget / laſſe jhm die boͤſen Tage / die herzu tretten / die vorfinſterung der Sonnen Monden / vnd Sternen / das Zittern der Haushuͤter / vnd Kruͤmmen der Starcken / vnd muͤſſig ſiehen der wenzigen Muͤller / zuſchlieſſen der Thuͤr auff der Gaſſen / das bluͤhen des Mandelbaums etc. Das iſt das eingetretene Alter / die tunckelen bloͤden Augen / die zitternden ſchwachen Arm vnd Schenckel / die vertorbenen ausgefallenen Zeene / das vorfallene Antlitz / die grawen Haar vnd Locken / vnd ſo fortan / lauter Bußprediger / vnnd Todesboten ſein / opffere Gott die wentzige zeit / in hertz - licher rew vnnd leid / wahrer bekehrung / ſtandhafftigenglau -30Chriſtliche Leich Predigt. glauben an Jeſum Chriſtum / in Gottſeligkeit vnnd froͤ - migkeit auff / vbe das kleine reſtlein / das letzte vnnd eilffte ſtuͤndlein / darvon Matth. am 20. Cap. ſtehet / vollend zu - mahl eine gute Ritterſchafft / wie S. Paulus in der 1. Timoth. am 1. Cap. vermahnet / vnd Cyprianus auch meinet / da er ſagt: Plus omnibus religioni operam dare ſenibus convenit, quos præſentis ſeculi florida ætas deſeruit, Alte Leute haben am meiſten vrſach from zu werden / vnnd ſeufftze vnd ſtoͤhne vnableſſig zu Gott auſſm 71. Pſal. Verwirff mich HErr nicht in meinem Alter ver - las mich nicht wennich ſchwach werde / Gott ſey nicht ferne von mir / mein Gott eile mir zu helffen / ſo ſol es heiſſen wie Koͤnig David im 32. Pſal. ſaget: Jch ſprach / ich wil demHErren meine vbertretung bekennen / da vergabeſtu mir die miſſethat meiner ſuͤnde. Vnnd Chriſtus ſagt Lucæ am 15. das im Himmel vber einen Suͤnder / der buſſe thut / werde frewde ſein fuͤr neun vnd neuntzig Gerechten / die der buſſe nicht beduͤrffen. Vorhelffe vns allen / ſolcheß alles nun der antiquus dierum. von dem Daniel am 7. Cap. redet / der HErr aller Jungen vnd Alten / der Alte ſo auffm Stuel ſitzt / Gott der Himliſche Vater vmb ſeines hertz - geliepten Sohnes Jeſu Chriſti willen / Amen.

Προσφώνησις ſive ad defunctum ἀποςροφὴ.

Anweichende nun vnſere Anliche mit tod verbliche - ne Leiche / den Edlen / Wolehrenveſten / Wolbenambten Herrn Adam von Lucka den Eltern auff / Loſewitz / dieſes Fuͤrſtenthumbs wolverordneten Landiselteſten / ſo hat jhm vnſer HErr Gott auch die ehre angethan / vnd jhn geſet -tiget31Chriſtliche LeichPredigt. tiget mit zimlichem langenLeben / das er ein grawes Heupt geworden / vnd das Ziehlmaß des alters / darvon wir jetzt geredet / erreichet hat / welches freilich auch vnter andere Gnadengeſchenck Gottes zu rechnen / wie Proverb. am 3. Cap. ſtehet:Mein Kind / vorgis nicht meines Geſetzes / vnd dein Hertz behalte meine Gebot / denn ſie werden dir langes Leben / vnd gute Jahr vnd Friede bringen / vnnd werden gar viel heutiges tages gefunden / die ſolchen ter - minum bein weiten nicht erreichen.Weil es aber heiſ - ſet / wie Ovidius ſchreibet:

Facta ducis vivent, operoſaqúegloria rerum Hæc manet hæc avidos effugit unarogos. ()

Vnnd Syrach ſaget am 44. Cap. Laſt vnß loben die beruͤmbten Leute / vnnd vnſere Vaͤter nacheinander / viel herliches dinges hat der HErr bey jhnen gethan / von an - fang durch ſeine groſſe macht / ſo wollen wir auch vnſern vorſtorbenen alten HErrn / ſolches loͤblichen vblichen Ehrendienſts nicht entfrembden / ſeines lebensvorlauffes /Quatuor Galeni æ - tatis Homi - nistempora. I. wie billich / im beſten gedencken / vnd nach den vier æta - tibus, die Galenus introduciret, darmit wir bey einem Argument bleiben / nacheinander beſehen.

Primam ætatem facit Galenus, τῶν νέων, id eſt, Juvenum. das erſt alter / ſagt Galenus, ſey der Kinder / dieſem nach iſt gegenwertige Adliche Leich auß einem vhr - alten recht Adlichen Geburtßſtam.

Vom Vater.

Sein Herr Vater iſt geweſen der Edle / Ehren - veſte / Wolbenambte Herr Hanß von Lucka / auſſm HauſeEMechaw /32Chriſtliche LeichPredigt. Mechaw / im Guͤriſchen gelegen.

Seines Herrn Vaters Frau Mutter iſt geweſen eine Zedlitzin / auſſm Hauſe Schoͤnaw / im Glogiſchen - gelegen.

Seines Herrn VaternFrau MutterMutter iſt ge - weſen eine Warkotſchin / auſſm Hauſe Langenhainers - dorff / im Freyſtaͤdttſchen gelegen.

Seines Herrn Vatern Frau Mutter / Mutter Mutter iſt geweſen eine Herrin von Kietlitz / auſſm Hau - ſe Kultzigk / im Glogiſchen gelegen.

Von der Mutter.

Seine Frau Mutter iſt geweſen die Edle / Viel ehrentugendreiche Frau Sophia / geborne Lietwitzin / auß dem Hauſe Gulſchwiettz / im Glogiſchen gelegen.

Seiner Frau Mutter Mutter iſt geweſen eine Hockin auß dem Hauſe Tomaßwaldauw / im Liegnitſchen ge - legen.

Seiner Frau Mutter / Mutter Mutter iſt geweſen eine Bieberin / auß dem Hauſe Wolffshain / im Liegnitſchen gelegen.

[Seiner] Frau Mutter / Mutter / MutterMutter / oder der Großmutter Grosmutter iſt geweſen eine Arnßdorf - fin / auß dem Hauſe Guſtaw / im Glogiſchen gelegen.

Auß dieſem Adlichen Geſchlecht vnnd arbore iſt vnſer ſeeliger alter Herr erzeuget vnnd geboren / vnd auch durch ſeine liebe Eltern auffs ſchleunigeſt darzu befordert / das er den rechten Edlen HErren Jeſu Chriſto / durch die Heilige Tauffe / incorporiret vnnd einvorleibet wor -den.33Chriſtliche LeichPredigt. den. Sintemal es aber heiſſet wie Juvenalis recht ſchreibet: Quis enim generoſum dixerit hunc quiIndignus genere, & præclaro nomine tantumInſignis. Wer nurhat her vom Geſchlecht den Nahm / Jhn mit tugend nicht zieren kan / Derſelbe iſt kein Edelman.

Vnnd jhm ſeine liebe Eltern gar zu zeitlich todes vorbliechen / als iſt die cura tutolaris mit jhm angegan - gen / vnd haben ſeine liebe Herrn Vormuͤnde vnd Freunde ihn von Kindesbeinen auff / zur furcht Gottes / zum gebet / dem gehoͤr Goͤttlichs Wortß / vnd andern Chriſtlichen vnd Politiſchen Erbahren Tugenden fleiſſig gezogen vnnd ge - halten / vnnd / (denn es heiſſet ϖλάνη〈…〉〈…〉 ον τίθησι σωφρονέ ρόν, wer aus kompt / der lernet was / vnter frembden Leuten wird man geſitſamer) zu einem vornemen Herrn inß Land zu Maͤhren vorſchickt vnnd gethan / da er etliche Jahr verharret / wol außgemuſtert worden / vnd treulich gedienet / vnnd ſich alſo verhalten / daß es nicht mit jhm geheiſſen wie Horatius klaget: Cœlum non animum mutant qui trans mare currunt, Ein Ganß fleuget vber Meer / ein Gans kombt wieder her / wie offters zugeſchehenpfleget / das etliche wol die lufft aber nicht die grobheit in - civilitet, boßheit vnd den mutwillen an Herrndienſten vorendert haben.

Secundam ætatem facit Gallenus τῶν ἀκματόντων, id iſt, vigentium, der erwachſenen / die nun / wie man zu ſagen pfleget / eines Kerls werth worden ſein / dieſem nach / hat er ſich / da er von ſeinem Herrn Dimiſſion erlanget vndE ijauß -34Chriſtliche LeichtPredigt. außgeſtattet oder losgeſaget worden / in Vngern wieder dem Erzfeind Chriſtliches Nahmens Manlichen gebrau - chenlaſſen / den Veget: de re militari ſaget: Nihil neqúefir - mius, neqúefelicius, neqúelaudabilius eſt repub: in qua abundant milites, er hat gewuſt das der gemeine nutz Kriegesleut haben muſte / er hat aber nicht einen ſolchen Kriegßman geben / den Lucanus anſticht / inquiens:

Nulla fides pietasqueviris qui caſtra ſequuntur Venalesquemanus: ibi fas: ubi maxima merces. ()

Eine Gottloſe Hammel / die nur nach Geld vnnd Auß - beut fraget / vndſinget: Vorley vns fried gnediglich / HErr Gott nach vnſern zeiten / wie es heutiges Tages ſolcher kalten Kinder geben moͤcht. Als jhm Gott der HErr wieder anheim zu den ſeinigen geholffen / vnnd er das 22. Jahr ſeines alters erreichet / hat er grieffen zur haußhal - tung / vnd jhm darzu einen Gehuͤlffen / wie es Gott Geneſ. am 2. Cap. ſelber nennet / erkieſet / vnd mit rath / vorwiſſen vnnd einwilligen der ſeinigen / ſich begeben in den ſtand der heiligen Ehe / mit der Weiland Edlen Erentugent - reichen Jungfrau Annen / des Edlen / Ehrenveſten / Wol - benambten Herrn Melchiorß von Lietwitz auſſm Hauſe vnnd auff Loſewitz geliepten Tochter / vnnd mit jhr drey Jahr eine friedliche / geruhige vnnd Chriſtliche Ehe beſeſ - ſen / auch auß zuͤchtigem Ehebet / ein Toͤchterlein gezuget / welches ein halb jahr gelebet / da aber Gott der HErr ſol - chen ſeinen lieben Ehegatten / nach ſeinem rath vnd wol - gefallen / durch den zeitlichen todt von jhme gefodert / hat er ſeinen Witwenſtandt gehaͤget biß ins fuͤnffte Jahr / vnnd der erſten treu nirgend koͤnnen vergeſſen.

Ter -35Chriſtliche Leich Predigt.

Tertiam ætatem facit Galenus, τῶν μέσων, id eſt.III. mediorum, der im beſten alter / da einer nicht zu alt nicht zu jung / in ſeinen mittelmeſſigen Jahren / dehme nach / hat er gegriffen / vermoͤge feines Haußhaltens erforderung / in derer vit a ſolitaria ſich nicht mehr hat leiden wollen / dem 4. Augen ſehen jmmer mehr als zwey / zur andern Ehe / vnnd auff hertzliches gebet zu Gott / das jhm Gott auß ſeinem Frawen Zimmer vnd Toͤchtern / was gutes er - ſehen vnnd beſcheren wolle / jhme vorehelichet die Edle Vielehrentugentreiche Jungfraw Margaretham / gebor - ne Borſchwitzin auſſm Hauſe Stampen / ſeine jetzt hin - terlaſſene hochbetruͤbte vnnd trawrige Wittfraw / welche mit jamerigem gemuͤe vnd hertzen alhier zugegen / vnnd mit jhr in fried / lieb vnd einigkeit im Eheſtand zubracht 33. Jahr / auch Gottes reichen Segen in wehrender Ehe / nicht allein in facultatibus, im heußlichen zunehmen der Nahrung / ſondern auch procreatrombus ſive, generati - onibus erfahren vnnd / 13. Kinderlein gezeuget / dehrer 6. todt 2. Soͤhne vnnd 4. Toͤchter / vnnd jhren lieben Herrn Vater voran inß ewige leben gewandert / welchen Gott gnedig vnnd barmhertzig ſein / vnnd am Juͤngſten Tage eine froͤliche aufferſtehung zum ewigen Leben vorleyhen wolle. 7. ſind noch am leben / 4. Soͤhn vnnd 3. Toͤchter / die Gott der Almechtige ſegnen / vnnd jhnen / was zu Leib vnnd Seel nutzet / Vaͤterlichen / als der Vater aller Wit - wen vnnd Waͤiſen / geben wolle / erſtreckt ſich alſo ſein gan - lies alter biß ins 63. Jahr.

Quartam ætatem facit Galenus, τῶν γερέντων, Senũ,IV. das vierd alter ſagt Galenus ſey der Alten vnd Grauwen /E iijdem36Chriſtliche LeichPredigt. deme nach hat vnſer alter grawen Herr / nicht allein in ſolchenan der Wirtſchafft / da er einen ſehr fleiſſigenHauß - vater gegeben / ſein ergoͤtzligkeit vnnd freude gebabt / wie auß Geneſ. am 21. Cap. der Patriarch Abraham in ſeinem Al - ter anfieng ruͤſtig zu ſein / vnnd pflantzete Beume vnd Gar - ten zu Berſaba, ſondern hat auch ſeine luſt gehabt / wie der 1. Pſalm vormahnet / am Geſetze des HErren / vndzwar vornehmlich / hat ſich vleiſſig gehalten zur Kirchen / da - rinnen er gewiß vor vnnd nach der Predigt mit auffge - hobenen henden einen andechtigen Beter gegeben / hat ſich offters gefunden mit ſonderlicher reverentz zum Hoch - wirdigen Nachtmal / iſt den ſeinigen wol vorgeſtanden hat gute haußzucht gehalten / ſeine vnterthane wol regieret / wie ſie jm deſſen genungſam zeugnuͤß geben / iſt im handel vnnd wandel auffrichtig geweſen / nicht ein Politiſchen Hoffman / wie jetzt die letzte Welt giebt / die ſich gegen je - derman freundlich ſtellen / vnnd man weis nicht wie man mit jhnen dran iſt / plus fronte promittunt quam ha - bent in receſſu, er konte nicht heucheln / vnnd lange hin - tern berge halten / erat verè homo antiquâ virtute & fide, gegen dem Predigambt hat er ſich alſo bezeiget / das ich jhn meineß theils hertzlichen betrawre vnnd beklage / non ſunt comparati gemitus, er hat mir viel gutes ge - than / daß mus mit warheit ich jhm nachruͤmen / am erſtenmachet er nach meiner anhero knufft mit mir Kundtſchafft vnnd Freundtſchafft / bitterlich wehe thet es jhm / was je - mand Kirchendienern / aus mutwilliger boßheit / wie es fol - licher geſellen giebt / zu nahend kam / vnnd es nicht alwegen gieng wie es ſolte / er konte von der Geiſtligkeit vnnd vom Ambte halten / das er auch einmahlß / als ich mich wiederteherein37Chriſtliche LeichPredigt. herein fuͤhren zu laſſen / ſich vorlauten lies / er wer ein Al - ter Mann / wolt ſich ehe ſelber vorn Wagen ſpannen / wans nicht anders ſein koͤnte / alß das er ſolches zugebe / ach lie - ber Gott / es ſtehet je fein ein ſolcher ruhm / vnnd wer die Diener ehret / der ehret freilich auch dem HErren ſelber / man Prediget bis am Juͤngſten Tag vom Heuptman zu Capernaum der Lucæ. 7. mit der Juͤdiſchen Cleriſey / wie ſie jhn ſelbſt beim Chriſto das zeugnuͤß geben / ſich wol vertrug / einet vnnd meinet / liebte vnnd foͤderte ſie / halff jhnen eine feine Synagog vnnd Schuel auffbauen / Jm gegenteil ſagt Chriſtus von Predigerplackern vnnd Fein - den / oder Lucianus der geiſtligkeit von leichtfertigen Vo - geln vnnd tolkuͤhnen Narren / die ſich laſſen beduͤncken / es ſey jhnen eine ehre vnnd gar wol gethan / wann ſie hendel mit ſolchen haben / Lucæ am 10. Cap: Wer euch veracht / der verachtet mich / wer aber mich veracht / der vorachtet den der mich geſandt hat.

Nun iſt es wol war was S. Paulus 1. Timoth. am 4. Cap. ſaget, die Gottſeligkeit iſt zu allen dingen nuͤtz / vnnd hat die verheiſchung dieſes vnnd kuͤnfftigen Lebens / aber gleichwol bleibet es auch darbey was Syrach am 14. Cap. ſtehet / alles Fleiſch vorſchleuſt wie ein Kleid: Denn das iſt der alte Bund du muſt Sterben. Daher denn auch vnſer ſehliges graues Heupt / des Todes ſtachel hat muͤſſen fuͤhlen / vnd hat deſſen vorhot ſchwacheit vnd Leibes vnvormoͤgligkeit / das alle kreffte bey jhm mit gewalt abgenommen / ein gantzes Jahr hero geſpuͤrt vnd empfun - den / darwieder er allerley ordentliche mittel vnnd præ - ſervation vnterſchiedlich gebraucht / ſich auch in die Curnach38Chriſtliche Leich Predigt. nach Grosglogaw begeben / aber das Stuͤndlein iſt nur da / vnnd das Seigerlein außgelauffen gewehſen / es wolt nichts deuten / er leget ſich gantz vnd gar in ſeiner wieder - kunfft vor fuͤnff wochen ohngefehr ein / es ſchicket ſich mit ihm alles zum Ende. Da war Beten vnnd grab beſtellen ſeine groͤſte ſorge. Seine Gebet ſein geweſen / HErr Je - fu Chriſte von wegen deines groſſen Leidens vnd Schmer - tzenß / das du in deiner letzten Stunde erlitten haſt / erbarm dich mein / vnnd ſey mir gnedig / wenn ſich meine Seele von meinem Leibe ſcheiden ſol.

O Almaͤchtiger Gott / biß ingedenck deines groſſen Leidens / das du gehabt haſt / am Stam des heiligen Creutzes / da deine Seele von deinem Leibe ſcheidet / biß auch mein ingedenck wenn mein arme Seel von meinem Leibe ſcheidet / O HErr Jeſu / dir leb ich / dir ſterb ich / dein bin ich tod vnnd lebendig.

O Ewige Gottheit / O ware Menſcheit / O H. Dreyfaldigkeit / bereit mich hier in dieſer zeit / wie du mich haben wilt / in der ewigen Seligkeit.

O HErr Gott in meiner Not / etc. ()HErr Jeſu Chriſt wahr Menſch vnd Gott / etc. ()Ach HErr ſey du mein zuverſicht / etc. ()

Seine Troſtgruͤnde vnnd Spruͤche ſein geweſen / Job. 19. Jch weiß das mein Erloͤſer lebet. Joh 3. Alſo hat Gott die Welt geliebet. 1. Theſſal. 5. Gott hat vns nicht geſetzt zum zorn / Sondern die Seeligkeit zubeſitzen / durch vnſern HErren Jeſum / der vor vns geſtorben iſt / auff das wir wachen oder ſchlaffen / zugleich mit jhmleben39Chriſtliche Leich Predigt. leben ſollen. Neben den 7. Bußpſalmen den 6. 32. 38. 51. 102. 103. 143. Seine ſorge wegen beſtellung des Grabes iſt dermaſſen geweſen / das er die meiſte zeit ſeines lagers darmit zubracht / vnd jhm die grabſtaͤtte nicht allein vor etlich jahren albereit erkaufft / ſondern auch fleiſſig gefra - get / als er daran arbeiten laſſen / ob ſein Schlaffkaͤmmer - lein vnnd Ruhebetlein denn nicht vorfertigt ſey / nichts an - ders als Simon der Juͤdiſche Hoheprieſter vnnd Regente 1. Maccab. am 13. Cap. noch bey ſeiner walfart / jm vnd den ſeinigen ein ſehr ſchoͤnes hohes Grab anrichten lies / vnnd wie viel frommer Chriſten / zu erinnerung des To des mit jhren Epitaphiis vnnd ſterbgeraͤte / ſich fruͤhezeitig gefaſt gemacht haben.

Denn 19. Tag Octobris, da er almaͤhlig abge - nommen / wie ein Lichtlein / dem die Nahrung entzogen / hat er meiner begeret / vnnd nach anderm geſprech auch auff damals morgenden tag die Abſolution, vnnd den brauch des heiligen Nachtmals gebeten / denn / ſprach er / ob es zwar zuvor vnlengſt offentlich in der Kirchen beſche - hen / wil doch auff allen fal auch jetzt mit Gott meinem HErren ich mich vorſoͤnen.

Gott der HErr aber intercipirt durch ein ſeeli - ges TodesStuͤndlein ſolch ſein Chriſtliches vorhaben / vnnd fodert jhn ſanfft vnnd linde / ohne alle wehe vnnd todes ſchmertzen den 20. Octobris, 1. Stund vor Tage durch ſeinen Cammerboten den Todt / von deſſem truͤb - ſeeligen Weltweſen abe zu der Ewigen herrligkeit / da frewde die fuͤlle vnnd lieblich weſen iſt zur rechten Gottes Ewiglich Pſalm. 16. Da jhm dann von ſeiner hertzliedenFHauß -40Chriſtliche Leich Predigt. Haußfrawen / die zumal in wehrendem lager ſeiner ſorg - feltig vnnd hertztrewlich gewartet / eingeſchrien worden / das er ſich des Leidens vnnd vordienſtes Jeſu Chriſti er - innern ſolte / welches er zu guter letzte mit bewegung der Lippen vnnd Mundes bejahet.

Genad nun dem Eisgrawen Heupt / dem fromen alten Herrn / der ein zierde war vnſer Kirchvorſamlung vnnd groſſen volckreichen Gemeinde / der getrewe frome Gott laſſe jhn in ſeinem newerbauten Schlaffheuslein ſanfft vnterm ſchatten ſeiner Nachtfluͤgel ruhen vnd brin ge am Juͤngſtentag diß Edle WeitzenKoͤrnlein herfuͤr mit ruhm vnnd ehren / vnnd vorſetze es als ein ſeliges Pflentz - lein vnnd Beumlein der gerechtigkeit ins Ewige leben / troͤſt die hinterſtellig Hertzbetruͤbte Fraw Witwe / die ſchmertzlich trawrenden Soͤhne vnnd Toͤchter / vnnd gantze Adeliche in harm vnd leid ſtehenden Freundſchafft / erfrewe ſie anderwertß / vnnd heil dieſen〈…〉〈…〉 ies / vnnd vorleihe vns dermal eines nach ſeinem gnedi - gen willen auch eine ſeelige Nachfart. Amen.

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Wittemberg / Gedruckt bey Martin Henckel / im Jahr M. D C. XII.

About this transcription

TextSenium calamitosum
Author Wolfgang Droschki
Extent43 images; 9249 tokens; 3689 types; 62381 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationSenium calamitosum Leid vnd Beschwerligkeit Menschliches Alters. [...] Geprediget vnnd außgeführet Bein Christlichem Leichbegängnuß Des Edlen/ Gestrengen/ Ehrenvesten/ Wolbenambten Herren Adam von Lucka des Eltern auff Lesewictz/ etc. Wolfgang Droschki. . 43 Martin HenckelWittenberg1612.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 S 910 / 527017

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LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:17Z
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