O Todt / wiewol thuſtu dem / der duͤrfftig / ſchwach vnd alt iſt / der in allen Sorgen ſtecket / vnd nichts beſſers zu hoffen noch zugewarten hat.
Dem Geſtrengen / Edlen / vnd Ehrnveſten Hanſen von Falcken - reder / Erbſaſſen im Sandberg vor Beltzigk nachgelaſſenen betruͤbten Widwer: Wie auch / Dem Edlen / Geſtrengen / vnd Ehrn - veſten Euſtachio von Erichsleben / Erb - ſaſſen vff Niebeln vnd Selbelang: Vnd dann Der Edlen / ehrn vnnd vieltugentrei - chen Frawen Annæ von Erichsleben / des wey - land auch Geſtrengen Edlen vnd Ehrnveſten Buſſo Schil - de / ſeligen / nachgelaſſener Widwen: Seinen guͤn - ſtigen Junckern vnd Frawen: Wunſchet Gnad / Troſt / Fried / zeitlichen vnd ewigen Se - gen / beneben einem gluͤckſeligen / friedt vnd frewdenreichen newen Jahre / von Gott der heiligen hochgelob - ten Dreyfaltigkeit.
GEſtrenge / Edle / Ehrnveſte Jun - ckern / dnnd Ehrntugentſame Fraw: Nach dem dieſe Leichpredigt beydes einen Chriſtlichen Bericht von der hertzlichen Sehnſucht nach einem ſeligen ſterb - ſtuͤndlein / vnd darnach / den gottſeligen Wandel der weyland Edlen vnd Ehrntugentſamen Fra - wen Hippolytæ Ewer vielgeliebten Ehgemahln / vnd leiblicher Schweſtern / ſummariſcher weiſe in ſich begreiffet: Jhr aber / Juncker Hans von Falckenreder / der Chriſtlichen Leichproceßion Ewer geliebten Haußfrawen / in der Perſon zu folgen / vnd beneben andern Adelichen vnd Buͤr - gerlichen Leidtragenden / beyzuwohnen / durch vnverſehener Leibsſchwachheit als dann zu ruͤck gehalten vnd verhindert worden; Dannenhero jhr ſelbſt begehr et vnd durch andern bitten laſ - ſen / das ſolcht Leichsſermon, durch den Abdruck Euch zu leſen vberreichet werden moͤchte: Zu - mal weil auch jhr ewer ſehnliches verlangen / der vorhin geſchickten Ehfrawen / durch ſeliges Ab - ſterben / bald / bald nachzufolgen / ſo wol mit deutlichen Worten / als durch die vorlangſt an - hero verſchafften Leichſteinen / vnd auserſeheneGrab[5]Vorrede.Grabſtaͤdte in der Brix Kirche allhier / von Euch vnd am tage gegeben: Habe ich demnach Gott zu ewigen Ehren: E. G. vnd T. als nachgelaſ - ſenen Eheman / vnnd leiblichen Bruͤdern vnnd Schweſtern zu ſonderbaren gefallen / der nu - mehro im GOtt ruhenden Frawen Hippolytæ von Erichsleben / zum ruhmſeligen Zeugniß jh - res Ehrnreiches wolgefuͤhrten Chriſtenthumbs vnnd friedlichen Abſchieds: Auch wol andern frommen Sterbſuͤchtigen Mit Chriſten zum einfeltigen Bericht / dieſe durch des guten Gei - ſtes eingeben / gehaltene Leichpredigt / zum Ab - druck vmbſchreiben / vnd E. G. vnd T. alten loͤb - lichen Gebrauch nach / zur Anzeigung Chriſt - licher affection vnd freundlichen Dienſten / nun - aupirn vnd zuſchreiben wollen vnd ſollen / der zu vorleſſigen Hoffnung / E. G. vnd T. werden ſol - che auffgewandte Amptarbeit vnnd Dedication im beſten vormercken vnd annehmen: Helffe der himliſche Vater / daß das edle Kraͤutlin / die Sehnſucht ſelig zu ſterben / in vnſer aller Hertz - gaͤrtlein durchs Wort Gottes vnd heilige Sa - cramenten / in kraͤfftiger Wirckung des wer - then heiligen Geiſtes gepflantzt / vnnd von tag zu tag ſtaͤrcker werde / durch Jeſum ChriſtumA iijhoch -[6]Vorrede.hochgelobet in Ewigkeit Amen: Thue E. G. vnd T. goͤttlicher Vorſorg zum trewlichſten be - fehlen. Denen vermoͤgende vnnd in Ehren zu wilfahren / bin ich bereit willig:
Geben Beltzigk den 21. Decembris Jm Jahr vnſers Erloͤſers 1614. M. Michael Mulingius.
GEliebte vnd andaͤchtige im HerrnExord[.]ex Sy - ratide cap. 41. 1. per tria: Chriſto. Dreyerley handelt der ermelte Zucht - lehrer in ſeinem Todtesſermon Cap. 41. Ein - mal / Wie vnnd welchem der Todt bitter vnnd blutſawer ankoͤmpt / nemlich dem Menſchen / der gute Tage vnd gnug hat / vnd ohne Sorgen lebet / vnnd dem es wolgehet in allen dingen / vnnd noch woleſſen mag. Nachmals / wie2. vnd welchem das Sterben gewuͤntſcht vnnd angenehm ſey / als der duͤrfftig / ſchwach vnd alt iſt / der in allen Sorgen ſte - cket / vnnd nichts beſſers zu hoffen / noch zu gewarten hat: Vnd denn endlich / Wie vnd worumb der Todt nicht ſo ſehr3. zu fuͤrchten ſey: Weil er von Gott dem HErrn verordnet / vnd zwar vber alle Menſchen / beydes derer / ſo verſtorben vndnoch[8]Chriſtliche Leichpredigt. noch geboren werden / man lebe / ſo lang man kan / es ſeynd ze - hen / hundert oder tauſent Jahr: Jn Betrachtung / das man im Todte nicht frage / wie lang einer gelebt habe / dorumb nie - mand wider Gottes Willen zu ſterben ſich wegen ſol.
NV vom erſten vnd dritten Stuͤcke zur an - derer Gelegenheit: Jetzo laſſet vns im Namen des HErrn das ander vnnd mittel theil was weiter zu er - wegen / vor vns nehmen / vnd ſolches darumb / Sintemal die Edle / Ehrnvieltugentſame Fraw Hippolyta / wegen lang - wiriger Leibsſchwachheit / offtermals des Todtes vnd ſeligen Abſchieds ſehnlichen begehret: Wie zum end dieſer Leichpre - digt / meldung geſchehen ſol.
Propoſitio. Wolan von denen / ſo der Todt ein wilkommener Gaſt iſt / wollen wir nach anleitung des abgeleſenen Sterb - ſpruͤchlein / handeln vnd hoͤren.
〈…〉〈…〉χή.Gott der allmaͤchtige wolle ferner ſeine Gnade vnnd heiligen Geiſt hierzu verleihen vmb Jeſu Chriſti willen / Amen.
Tractatio tri - membris. Dreyerley werden vns in dem angehoͤrten Syrachs - ſpruͤchlein zu betrachten vorgehalten: 1. Wer der Gott ſey: 2. Wie wol er thue: 3. Welchen Menſchenkindern.
Propoſitionis 1. Subjectum:Wer iſt der Gaſt oder Gutthaͤter? Der Todt: Der Todt ſo allhier Figurlicher vnnd verblumter weiſe / als ein ſichtbarliches / leibliches vnnd verſtaͤndiges weſen angeſpro - chen vnd eingefuͤhret wird: Daher die Maler den Todt in folgender abſchewlicher geſtalt entwerffen vnnd darſtellen / mit einem kalen Haarſcheddel / tieffen Augenloͤchern / abge - freſſenen Geſicht / geel bleckenden Zeenen / außgeſtrecktenArm /[9]Chriſtliche Leichpredigt. Arm / beneben einen ausgeloffenen Sandſeigern / ſcharffe Senſen vnd Leib von bloſſen Rippen vnd Knochen / langen Beinen / mit Schlangen vnd Ottern bewunden / anzuzeigen das durch den Todt der ſterbliche Menſch ſeines Fleiſches / Haut / Adern vnd anders beraubet vnd vngeſtalt wird: Das Sterbſeigerlein lauffe mit der zeit aus / die bluͤhende Adam vnd Evæ Kinder muͤſſen endlich vmbgehieben vnd von den Langbeinenden Todt / dem Menſchenfreſſer ergrieffen vnd zu Boden geriſſen werden: Jn der Offenbarung Johannis cap. 6. wird der Todt auff einen fahlen Pferd ſitzend ge - ſehen:
Was wird nu vom Todt gemeldet? Was leiſtet er? Er2. Prædicatum. thut wol / er verdient ſich wol: Er iſt ein willkommener / koſt - freyer Gaſt / geſchwinder kutzſcher vnd angenemer Poſtbott / wieruſtig vnd vngeſtalt er ſonſt ſey / wird er doch wegen guter Bottſchafft / freundlich empfangen vnd wert gehalten: Der Todt kan wol Hippolytus heiſſen: Jnmaſſen er den Wegfer - tigen vnd Sterbenden als ein geſatteltes vnd abgebundenes Roß fuͤrgeruͤcket wird. Job. 3. cap. ſpricht: die des Todes warten vnd koͤmmet nicht / vnd gruͤben jhn wol aus dem ver - borgen / die ſich faſt frewen vnd ſeind froͤlich / daß ſie das Grab bekommen: Vnd in 30. cap. Jch weiß du (Gott) wirſt mich dem Todt vberantworten / das iſt daß beſtuͤmte Hauß aller Lebendigen: Doch wird er nicht die Hand ausſtrecken ins Beinhauß vnd werde nicht ſchreien fuͤr ſeinem ſchrecken / das iſt / nach der Marginalgloſſ: Jm Beinhauß werde ich Ruhe haben: Mors ultima meta malorum.
Welchen Menſchen koͤmpt wol der Todt gewundſcht3. Objectum. vnd geruffen? Derſelben Expectanten vnd DeſiderantenBwerden[10]Chriſtliche Leichpredigt. werden fuͤnfferley Claſſen vnnd Zuͤnfften in vnſern Sterb - ſpruͤchlein gedacht vnd Namhafftig gemacht.
Der erſte Expectant heiſt Indigus Duͤrfftig: So an -I. derer Leute Huͤlff vnd Vorſchub bedarff fuͤr ſich vnd die Sei - nen: Jſt Blut arm / hat weder zu brocken noch zu beiſſen / nichts vmb noch an: Leidet Hunger vnd Kummer: Jſt ein recht Marterholtz vnd Aſcherbroͤde: Nach dem Ausſpruch Syrachs cap. 41. Es iſt ein jammerlich Ding / vmb aller Menſchen Leben / von Mutterleib an biß ſie in die Erden be - graben werden / die vnſer aller Mutter iſt / da iſt Jammer / Sorge / Furcht / Hoffnung vnd zu letzt der Todt; ſo wolbey dem / der im hohen Ehren ſitzet; als bey den Geringſten auff Erden: So wol bey dem / der Seiden vnd Kron treget / als bey dem / der einen groben Kittel an hat: Nu ſolchen Not - tuͤrfftigen thut der Todt wol / nicht zwar / wann vnnd wofern ſie in allen Vntugenden vnd Boßheit leben / nach dem Spruͤchwort: Je aͤrmer / je aͤrger: Je kruͤmmer / je thum - mer: Solche gelangen vielmehr durch den Todt in das rech - te Hungerland vnd euſſerſten Mangel aller Himllſchen Guͤ - ter: Sondern den Chriſtgleubigen Notleidenden / wird der Tod ein guͤldenes Thor vnd Thuͤr / ja Eingang zur vberrei - cher erſetzung vnd ergetzung / an Vberfluß der Geiſtlichen e - wigen Guͤter / alſo das ſie keinen mangel haben werden an jr - gend einem Gut: Pſal. 34. 84. mit David ſprechend Pſal. 23. Du bereiteſt fuͤr mir einen Tiſch gegen meinen Feinden: Du ſalbeſt mein Haͤupt mit Oele / vnd ſchenckeſt mir voll ein: Gutes vnd Barmhertzigkeit werden mir folgen mein Leben - lang / vnd werde bleiben im Hauſe deß HERRN jmmerdar. Matth. 5. Selig ſind / die da Geiſtlich arm ſind / denn das Himmelreich iſt jhr.
Der ander Expectant wird genant Languidus:[2.] Schwach: Schwach an Kraͤfften des Leibes vnd Ge - muͤhtes / durch langwirige groſſe Leibsſchmertzen / Hertzen angſt / Schwermuͤtigkeit vnd herbe Anfechtung: Hierruͤber klaget der hochbekuͤmmerte David Pſal. 6 18 32. 69. Der Todkrancke Koͤnig Hiskias Eſa. 38. der geduͤltige Job. cap. 6. Jeremias in Klagliedern cap. 1. Dieſen Schwachen erſcheinet der Tod gehoffet / nicht wann ſie gantz verzagt vnd vngeduͤltig ſeind / oder vngebuͤrliche Mittel gebrauchen; Hierdurch wird vbel aͤrger gemacht: Dann welche an der Gnade vnd Huͤlffe Gottes verzweiffeln vnd Moͤrder an jhnen ſelbſt werden / die lauffen als dann aus den Rauch ins Fewer / aus dem Regen ins Waſſer / aus zeitlichen Jammer in das ewige Heulen vnd Helliſche Fewer / Pſal. 49. Sondern denen Schwachen iſt der Tod troͤſtlich / die in jhrer Schwachheit ſich ſtercken vnd auffrichten durch den Glauben ſtecken an den bewerten koͤſtli - chen Grund vnd Eckſtein Chriſto Jeſu Eſa. 8. 1. Pet. 2. Deſ - ſen Krafft in den Schwachen maͤchtig iſt 2. Cor. 12. Hoffende der ſtarcken Huͤlffe jhres Himliſchen Erretters vnd Erloͤſers von einer Morgen wache biß zur andern Pſal. 130. Laſſen die Frewde an dem HERRN jhre ſtercke ſein. Nehem. 2. Eph. 6. ſprechen aus dem Pſal. 37. HERR wann ich nur dich habe / ſo frage ich nichts nach Himmel vnnd Erden: Wann mir gleich Leib vnd Seel verſchmacht / So biſtu doch Gott alle - zeit meines Hertzen troſt vnd mein theil. Pſal. 84. Meine See - le verlanget vnd ſehnet ſich nach den Vorhoͤffen deß HErrn: Mein Leib vnd Seele frewen ſich in dem lebendigen Gott: mit Paulo 2. Cor. 12. Wann ich ſchwach bin / ſo bin ich ſtarck. Die nu auff dem HERrn harren / kriegen newe Krafft. Eſ. 10.
3. Der Dritte Expectant heiſſet Decrepitus: Alt: Vom vielen Jahren vnd langen Leben / ſo einen Fuß im Grab ha - ben: Gebuͤcket auff allen Vieren hereinkriechen vnnd den Kirchhoff anbellen / wann die Muͤller muͤſſig ſtehen / die Fenſter finſter werden vnd die Starcken ſich kruͤmmen. Ec - cleſi: 12. Welches hohe Alter an ſich ſelbs beſchwerliſh vnd zu vielen Vnluſt vnd Verdruß anlaß giebet / daher jener hoch - betagter Barſillai deſſen wegen ſich des Hoffleben erwert. [1.]Samuel. 19. Jch bin heut 30. Jahr alt / wie ſolt ich kennen / was gute oder boͤſe iſt: Oder ſchmeeken / was ich eſſe oder trin - cke / vnd hoͤren / was die Singer oder Sengerin ſingen: Vnd heiſt: 90. Jahr Kinder ſpott: 100. Jahr gnad dir Gott: De - nen Steinalten Kuͤlſterigen Leuten man weder Geſicht / Herbrig / Speiß / Tranck noch Lufft vnd Leben goͤnnet. Nu ſolchen Eißgrawen vnd Vnbehuͤlfflichen Alten / ſo den la - chenden Erben vnd Erbnemen / ja wol jhren Ehgatten vnnd andern zu lang leben / vnd ſonſt allerley Schmach vnd Man -Quanquam Nemo tam ſe - nex, qui non ſperet, ſe ad - huc poſſe an - num vive[re]. gel leiden / Thut der Tod ſehr wol vnd koͤmpt gewuͤnſcht / nicht ſo fern ſie in der Boßheit ſeind veraltet vnnd verhart bleiben: Den Alter vor Thorheit nicht hilfft: Oſeæ. 7. Er hat grawe Haar krieget / noch will ers nicht mercken. Eſa. 65. be - zeuget: Die Knaben von hundert Jahren ſollen ſterben / vnd die Suͤnder von hundert Jahren ſollen verflucht ſein: Son - dern da ſie nuͤchtern ſein / Erbar / Zuͤchtig / Geſund im Glau - ben / in der Liebe / in der Gedult. Tito 2. Dieſe will Gott all - hier tragen biß ins Alter vnd biß ſie graw werden. Eſa. 46. ſie ſollen bluͤhen / Fruchtbar vnd Friſch ſein nach jhren ſelbſt Wundſch Pſal. 71. 92. Dann ſollen ſie recht jung werden wie Adler Pſal. 103. Vnd mit den 24. Eltiſten / den Ehrenkoͤnigewig[13]Chriſtliche Leichpredigt. ewig preiſen. Apoc. 4. 5. Hierzu ſie durch den Todesweg befor - dert werden.
Der Vierdte / Deſiderant wird von vnſerm Syrach ti -4. tulirt Curioſus Sorgſam: Jn allen Sorgen ſteckent / biß v - ber die Ohren vnd alle Haͤnde voll / verwirret vnd eingewi - ckelt wie ein gefangenes Thierlein in Fallſtrick vnd Netzen: Weiß nicht wo aus oder ein: Nicht allein durch ſchwere Ambtsgeſchaͤfft / ſondern zumal wegen zeitlichen Guͤtern deß G[e]muͤhtes / Leibs vnd Glieder oder wegen euſſerſte B[ed]reng - niß vnd Gefengniß / nicht ohne mercklichen nachtheil des Lei - bes vnd Seelen. Melancholey machet boͤſen Brey: Wie Syrach cap. 30. 31. 32. meldet: Trawrigkeit toͤdtet viel Leute vnd dienet doch nirgend zu: Eiver vnd Zorn verkuͤrtzen das Leben / vnd Sorgen macht alt vor der zeit: Solches bezeuget die taͤgliche Erfahrung: Hieher gehoͤret die Hiſtoria jenes jungen Edelmans an deß Keyſers Caroli V. Hoff / welcher vmb Vnzucht des andern Tages ſolte hingerichtet werden / derſelbe wird in einer Nacht in der Cuſtodi durch euſſerſten Kuͤmmer vnd Sorge Eißgraw / das jhm auch vom Keyſer das Leben gefriſtet vnd er doch deß Landes verwieſen worden. Nu die ſo Sorgfellig ſeind vber die maſſen / begegnet der Tod als dann behuͤlfflich / nicht in dem ſie der Bauchſorg vnd an - dern Vnchriſtlichen Kuͤmmern durch Mißtrawen zu Gott vnd hindanſetzung deß heiligen Predigambts / nachhengen vnd daruͤber zum Teuffel in Nobis Krug fahren. Luc. 18. 21. 16. Sondern wann ſie zu foͤrderſt das Reich Gottes vnnd ſeine Gerechtigkeit ſuchen / jhres Beruffs trewlich warnehmen / werffen jhr Anliegen auff dem HErrn. Pſal. 37. 55. Matth. 6. dieſe werden durch den zeitlichen Tod / aus Leid in Frewd: aus Sorgen vnd Borgen in volle Beſitzung vnd Genieſſung derB iijHimli -[14]Chriſtliche Leichpredigt. Himliſchen Gnadenſchaͤtzen / verſetzet / das ſie fuͤr guten Muth jauchtzen. Pſal. 126. Eſa. 35. 65. Ioh. 16. Apo. 7.
5.Der fuͤnffte Expectant heiſſet Deploratus: Der nichts beſſers zu hoffen / noch zugewarten hat: Mit welchem die Ochſen am Bergen ſtehen: Kan weder ſchwimmen noch waden: Weihe vor euſſerſter Noth vnd tauſender beſchwer - lichkeit nicht / wo er ſich hinwenden oder endlichen bleiben mag. Als ſeind die / ſo auff dem Halß gefangen liegen; vnd im Schuldthurn geworffen: Oder mit langwiriger Leibs - ſchmertzen vnd jnnerlichen Hertzen angſt beleget ſein: Liegen vnd ſiechen Jahr vnd Tag / koͤnnen weder ſterben noch gene - ſen / ſchmecket jhnen weder Eſſen noch Trincken / Koͤmpt kein Schlaff in jhren Augen / Muͤſſen ſich von andern heben vnd legen laſſen / Liegen ſich wol am Leib auff: Welches auch zu zeiten / den frommen Gottſeligen Chriſten / ja den kleinen Vnſchuͤldigen Kindelein durch Vaͤterliche ſchickung Got - tes widerfehret / nicht ohne Hertzeleid der anſchawenden El - tern. Solche fuͤhren mit David den Jammergeſang Pſal. 69. Jch habe mich muͤde geſchriehen / mein Halß iſt heiſch. Das Geſichte vergehet mir / das ich ſo lang muß harren auff mei - nem Gott: Ander winſeln mit Hiskia wie ein Krannich vnd Schwalbe. Girren wie ein Taube. Meine Augen (ſeufftzen ſie) wollen mir brechen / HERR ich leide / Noth Linders mir; Siehe vmb Angſt war mir ſehr bange Eſa. 32. Zuge - ſchweigen / das mancher auch ſonſt frommer Menſch aus Menſchlicher Schwachheit vnter der vntraͤglicher Creutz laſt mit Job / Moſe / Elia / Jona / Tobia / ſeinen Geburtstag verfluchet oder nach dem Todt wol tauſentmal wuͤndſchet / das er nur bald bald ſo tieff vnter der Erden ſein moͤchte / als hoch er vber derſelbe wandere.
Dieſen hochbedrengten Marterhoͤltzern wircket gleich wol der Todt Heil vnd bringet viel Gutes / nicht ſo fern ſie in einem Vnchriſtlichen Weſen verharren vnd darinnen ver - zagen oder ſterben: Sintemal aus der Hellen kein Erloͤſung iſt. Iob. 7. Sondern da ſie durch ware Buß vnd Bekehrung im Glaubigen Gebet vnnd Hertzlichen Seufftzen ſich zum Huͤlffreichen Amens Gott wenden vnnd deſſen Errettung Troͤſtung oder Linderung in Chriſtlicher Gedult erwarten / ſagend mit Koͤnig Joſaphat: 2. Chronic. 20. Wann wir in hoͤchſten Noͤten ſeind &c. vnd mit dem Propheten David Pſ. 62. Meine Seele iſt ſtill zu Gott / der mir hilfft / denn er iſt mein Hort / meine Huͤlffe / mein Schutz / das mich kein Fall ſtuͤrtzen werde / wie groß er iſt.
Von der edele Sterbekunſt / beſonders von der Hertzli - chen Sehnſucht vnd jnnerlichen verlangen nach einem ſeli - gen Sterbſtuͤndlein / welcher geſtalt ein jedlicher frommer Chriſt Stuͤndlichen / ja Augenblicklich in Chriſtlicher Bereit - ſchafft / deß Todes erwarten / vnd nach demſelben inbruͤnſtig wuͤndſchen ſoll / damit er aus dem Angſtkarn vnd Notſtall dieſes muͤhſames Lebens ausgeſpannet vnd zur beſtendiger Ruhe foͤrderlichſt gelangen moͤchte: Wie dann faſt nichts gemeiners iſt / nichts offters gehoͤret vnd gewuͤndſchet wird in der Welt / von den Nothleidenden / denn nach dem Todt oder Sterben: Ach wer geſtorben were? Wer vber den Todtesbergk were? Wie wird mir der Todt Blutſawer ankommen / wie werde ich ſchreyen / mich kruͤm - men vnnd winden / wie ein armer Wurm / ſo gedrucketwird:[16]Chriſtliche Leichpredigt. wird: Wie ichs an meinen Eltern / Kindern vnd andern mit Schmertzen geſehen vnd erfahren habe: Ach das ichs erlit - ten hette: &c.
Mors terribi - lis. Nu iſts zwar an dem / das deß Todtes Anblick ſchreck - lich / kein Mutterkind kan ohne grawen vnd entſetzen ſeines Fleiſches vnd Bluts nicht wol des Todtes gedencken / Sol - ches bezeuget vnſer Syrach kurtz vor den erklaͤrten Worten / es bezeigen die Weltweiſen Heyden / zumal Ariſtoteles: Ja auch Gottſelige Chriſten / David Pſalm. 6. Hiskias Eſa. 38. Der HERR Chriſtus ſelbſt im tieffſten Standt der ernidri -Cauſa terro - ris. gung / doch ohne alle Suͤnden. Matth. 27. Vrſach: Wir ſeind anfenglich nicht zum Todt / ſondern zum Leben erſchaf - fen. Sapien. 1. 2. cap. Vnd geſchiecht im Sterben ein groſſer Riß vnd gewaltſames Scheiden zwiſchen den beſten Freun - den / den Leib vnd der Seelen.
Daher koͤmpt / das in erwehlung des Todes vnnd Le - bens etliche der ſachen zu viel / andere zu wenig thun.
In defect peccirn vnd verſuͤndigen ſich die Ruchloſen /Extrema vi - tioſa. Halſtarrige Geldt vnd Weltſuͤchtige / ſo mit dem Todt einen Bund vnd mit der Hellen einen Verſtandt vermeinendt ma - chen. Eſa. 28. Pſal. 75. Vnd nicht einmal ans Sterben geden - cken / ſchewen der Leichbegaͤngniſſen vnd Kirchhoffe: Ande - re peccirn in exceß: Vnd ſchreyen alſobalden nach dem Todt / als ſeind die Vngeduͤltigen / Murrenden / Weichmuͤ - tigen / Kleingleubigen / hochbedraͤngten / vnd ſehr geplagte / auch vnter den Heiligen aus Menſchlicher Schwachheit: Als Moſes Num. 11. Elias 1. Koͤnig 19. Iob 3 Ieremias 20. Ionas. 4. Tob. 2. cap. Lutherus in Tiſchreden vom Todt: Wollen der verzweiffelten vnd derer / die ſich ſelbſt entleiben geſchwei - gen: Wie wol viel mit jenem Heydniſchen Paten bald an -ders[17]Chriſtliche Leichpredigt. ders Sinnes werden / wann es zum treffen vnd an die zuͤgen koͤmpt / vnd ſagen:Sæpè precor mortem: mortem quoꝙ deprecor idem:Jch wuͤndſche mir gar offt den Todt; Offt ſpreche ich; Behuͤte mich Gott.
Jener Holtztraͤger in Apologo / vnter der Holtzlaſt am Berge wuͤnſchte dermal eins / der Tod wolle kommen vnd jhn weg holen / damit er deß beſchwerlichen Holtztragen ab vnd loß keme: Der Todt ſtellet ſich ein; aber der Holtztraͤger verwegert ſich / ſprechend / er hette deß Todes nicht begeret / das er jhn erwuͤrgen / ſondern das Holtz helffen an Berg hinan tragen: So gehets noch heutiges mit vielen / die des Todes etwa aus vngedult begeren; aber nicht ernſtlich: Wie die er - fahrung bezeuget / das auch armſeligſte vnd hochbedraͤngte den Todt ſchewen vnd fliehen: Haut fuͤr Haut / alles was ein Mann / leſſet er fuͤr ſein Leben: Iob. 2. Laſſet vns demnach dieRequiſita de - ſiderandæ mortis. Mittelſtraſſen hierinnen treffen vnd etliche notwendige re - quiſita vnd Stuͤck betrachten / ſo zum Hertzlichen Todtes wundſch erfodert werden vnd denſelben Chriſtlich vnd heil - ſam machen.
Das erſte iſt: Patris cœleſtis placatio: Die ausſoͤhnung1. beim Himliſchen Vater: Will jemand ſich ſehnen / nach ei - nem Sterbſtuͤndlein / der ſehe zu / das es geſchehe nach deß ausgeſoͤhneten Himliſchen Vaters Rath / Willen vnd Wol - gefallen / ja zu deſſelben ewigen ehren: Laut der dritten Bitte in Vater Vnſer: Dein Wille geſchehe auff Erden wie im Himmel: Er weiß wol wanns am beſten iſt zu ſterben. Iob. 14. Du haſt jhm (dem Menſchen) ein Ziel geſetzet / das wird er nicht vbergehen: Pſal. 31. Meine zeit ſtehet in deinen Haͤnden: Pſal. 39. Siehe meine Tage ſeind ein Hand breit bey dir: Pſal. C90. 139.[18]Chriſtliche Leichpredigt. 90. 139. Der HERR Chriſtus ſelbſt ſtellets ſeinem Himli - ſchen Vater frey vnd heim Matth. 26. Mein Vater iſts muͤg - lich / ſo gehe dieſer Kelch von mir / doch nicht wie ich will / ſondern wie du wilt: Das heiſſet dem Apoſtel Paulo Rom. 14. Dem HERR leben / dem HERRN ſterben / taͤglich ſterben. 1. Cor 15. 2. Cor. 1. Vnd S. Petro 1. am 4. cap. Welche leiden nach Gottes Willen / die ſollen jhm jhre Seele befeh - len / als dem trewen Schoͤpffer in guten Wercken: Welches haben wargenommen David Pſal. 31. Jn deine Haͤnde befehle ich dir meinen Geiſt / du haſt mich erloͤſet / du trewer Gott: Der HERR Chriſtus. Luc. 23. Vater / ich befehle meinen Geiſt in deine Haͤnde: Stephanus Act. 7. HERR Jeſu nim meinen Geiſt auff. Wolan ſollen vnd wollen wir ſterben / ſo geſchehe es in Namen Gottes vnſers Verſoͤhneten Vaters im Himmel.
Das Ander: Filij Dei reparatio: Soll man ſelig vnd ge -2. wuͤndſcht ſterben / ſo muß ein Todtsbegieriger Chriſt ſich des Blutes vnnd Todes deß HERRN Chriſti ſeines Bluts - breutigams in waren Glauben troͤſten / als welcher durch ſein Vnſchuͤldiges Blutvergieſſen vnd Todt / den ewigen Todt im Sieg verſchlungen / deſſen Kopff durchſtochen / gantz wehr vnd Krafftloß gemacht / zur Schlangen ohne Giefſt: Zur Bien oder Bremſe ohne Stachel. 2. Timo 1. Ebr. 2. Apo. 5. Daher die Chriſten jhr ἐπινίκιον vnd Triumphliedlein mit frewdigen Mut vnd erhabener Stimme intonirn. 1. Cor. 15. Todt / wo iſt dein Stachel / Hell / wo iſt dein Sieg / Gott ſey danck / der vns den Sieg gegeben hat durch vnſer HERRN Jeſum Chriſtum: Anlangend den zeitlichen Todt / iſt der - ſelbe / Krafft des Sterben Chriſti Jeſu / dem Chriſtgleubigen in einem ſanfften Schlaff / Fried vnd Frewdenreichen hin -durch[19]Chriſtliche Leichpredigt. durch vnd Eingang zum ewigen Leben verwandelt. Ioh. 8. 11. Theſſ 4. Welches ſrommes Gott Chriſtliebendes Hertz ſol - ches bedencken / der wuͤndſchet vnd wartet deß Todtes mit ſonderbarer Frewde.
Das dritte: Spiritus ſancti illuminatio: Zum To -3. deswundſch gehoͤret die Erleuchtung deß heiligen Geiſtes: Jn betrachtung / das derſelbe muͤß in vnſern Hertzgaͤrtlein ſolches ſafftiges Kreutlein / die Schnſucht nach einem ſanff - ten Abſchied / pflantzen: Er hilfft vnſer Schwachheit auff: Wir wiſſen nicht was mir beten ſollen / wie ſichs gebuͤhret: Sondern der Geiſt ſelbs vertrit vns auffs beſte mit vnaus - ſprechlichen Seufftzen. Rom. 8. Trawn Simeon vnd Ste - phanus voll deß heiligen Geiſtes ſingen jhren Schwange - ſang vnd befehlen dem Herrn jhre Heimfart vnd Seelen gantz getroſt vnd großmuͤtig. Lucæ 2. Acto. 7. Glauben vnd wiſſen / das der werte heilige Geiſt jhr Himliſcher Hoffmei - ſter in Todeskampff vnd gang ſein werde: Laſſet vns dem - nach ſingen vnd ſagen: O hoͤchſter Troͤſter in aller Noth / hilff das wir nicht fuͤrchten Schand nocht Todt; Das in vns die Sinne nicht verzagen / wenn der Feind wird das Leben verklagen / Kyrieleiſon.
Das vierdte: S. Miniſterii revelatio: Soll der heilige4. Geiſt die Sterbeſucht in vns pflantzen / muß ſolches durch ſein ordentlich Officin vnd Werckzeug geſchehen / nemlich durch das Hochwirdige Predigambt: Vormittels deſſelben bey den H. Geiſt vns an / vberreicht / verſiegelt / verſichert vnd ſter - cket ſolchen Appetit vnd verlangen nach Sterben: Auff ſol - ches Wort ſaget David Pſal. 23. Ob ich ſchon wandere im finſtern Thal / fuͤrchte ich kein Vngluͤck / denn du biſt bey mir /C ijdein[20]Chriſtliche Leichpredigt. dein Stecken / vnd Stab troͤſten mich: Aus ſolchen Wort bittet er die Klugheit zu ſterben vom HERRN mit Moſe. Pſal. 39. 90. 94. 119. 139. Nach ſolchem Wort deß HERRN begeret Simeon ſeine friedfertige Heimfart zuhalten. Luc. 2. Wie dann die vom heiligen Geiſt erleuchtete Sterbende in jhrer Todesfart / die heilige Sacramenta zum bewerten Zehr - pfennig zugebrauchen pflegen.
5.Das fuͤnffte: Cordis confiſio: Deß Hertzen vertrawen: Wann nu der heilige Geiſt in vns die begierde nach dem Tod erwecket / vermittels deß H. Predigambts / muͤſſen wir deſſel - ben eingeben vnd leiten folgen vnd mit glaubigen Hertzen vnd vnerſchrockenen Geiſt / das Sterbſtuͤndlein erwarten / dem Todt ſtracks in Chriſtlicher Großmuͤtigkeit vnter die Augen gehen vnd tretten / demſelben ein Klipflein ſchlagen / vnd mit Job ſagen: cap. 19. Jch weiß das mein Erloͤſer lebet vnd er wird mich hernach aus der Erden aufferwecken / mit S. Pau - lo Rom. 8. Jch bin gewiß / das weder Todt noch Leben &c. Von der Liebe Gottes / die in Chriſto Jeſu vnſern HERRN iſt / vns ſcheiden mag. 2. Tim. 1 Ich weiß / an welchen ich glaube / vnd bin gewiß / das er mir kan meine Beylage bewah - ren / biß an jenem Tage. Ex Philipp. 1. Chriſtus iſt mein Le - ben / Sterben iſt mein Gewinn.
Hierzu gehoͤret ein Hertzliches Gebet vnd jnnerliches Seufftzen biß ans Ende davon in folgenden Troſt:
6.Das ſechſte: Crucis geſtatio: Creutzbuͤrde: Wann dem alten Menſchen vnd vnſern Weltſichtigen Fleiſch vnd Blut wolgehet vnd daſſelbe in allem Frewden ſpringen herein tan - tzen; als dann iſt des Todes vergeſſen: Die Weltkinder ſin - gen jhres Buͤrſchliedlein Sap. 2. Friß ſauffe vnd lege dich nie - der: Stehe auff vnd fuͤlle dich wider: So wir aber mit demPreß -[21]Chriſtliche Leichpredigt. Preßbawm des herben Creutzes gequettzſchet vnd vnter der Angſtbuͤrde ſeufftzent gequelet vnnd in der Creutzſchuͤl wol Pantzerfeget werden / huͤlff lieber Gott / wie ſehen vnd ſehnen wir nach dem Todt: Wie wollen wir gern ſterben / auff vnd davon: Auff des Todes Kutzſchwagen ſitzen vnnd in das Frewdenreiche Himliſche Vaterland verreiſen. Seind gleich den Wandersleuten / ſo ſich im truͤben Wetter / Schneeregen vnd Sturmwind / in Geferligkeit zu Waſſer vnd Landt / in Waͤldern vnd Herbrigen / auff der Reiß nicht laſſen auffhal - ten: Sie eilen zu Hauß: Hieher gehoͤrt der Ausſpruch Eſaiæ cap. 26. HERR wenn Truͤbſall da iſt / ſo ſuchet man dich / wenn du ſie zuͤchtigeſt / ſo ruffen ſie engſtiglich: Ebener maſ - ſen ein Calcant vnd Organiſt die Pfeiffen klingend machen: Diß iſt quinta eſſentia, ſo aus dem Creutzoffen bey den Chriſt - lichen[C] reutzbruͤdern vnd Schweſtern diſtillirt wird: Zuge - ſchweigen der exempel Altes vnd Newes Teſtaments / ja der taͤglichen Erfahrung.
Das ſiebende: Mortis fructificatio: Die Sterbeſucht7. wird zumal erwecket / wann ein Chriſtglaubiger den fuͤrtreff - lichen Nutz vnd Frucht behertziget / welchen der Tod als ein danckbarer Gaſt / oder ausrichtſamer Poſtbot wircket vnnd mit ſich bringet einmal privativè: Jn erwegung der Tod der Heiligen fuͤr dem HERRn wertgehalten iſt / vnd machet einPſal. 119. End alles Jammers / laut des Sterbliedes: Sein Jammer / Truͤbſall / vnd Elend / iſt kommen zu einem ſeligen End. Po - ſitivè: Durch den Todt koͤmpt der hinfellige Leib zu Ruhe vnd ſchlaffen in ſeinem Faulbettlein im Grab gantz ſanfft vnd geſichert fuͤr allen Schmertzen. Eſa. 57. Die abgemattete Seel wird in der Ruheſchoß des HERRN Chriſti mit vnaus - ſprechlicher Herrligkeit vnd Frewde vberſchuͤttet vnd gezieret. C iijEſa. 35. [22]Chriſtliche Leichpredigt. Eſa. 35. 1. Pet. 1. Wem ſolt oder wolt vorſterben grawen? Wer wolt nicht je eher / lieber vnd beſſer ſchlaffen gehen? Lang hie / Spatt dort: Mors hæc reparatio vitæ eſt: O vbermachti - ger gewin: O vberreiche erſetzung alles erlittenen Schaden? O herrliche jmmerwerende ergoͤtzung aller ausgeſtandener Marter vnd Gefahr? Pſalm. 126. Eſa. 65. Luc. 16. Johan. 16. Rom. 8. 2. Cor. 4. Philip. 1. cap. 7. 21.
8.Das letzte: Angelorum ſtipatio: Es macht den Mut vnd Geiſt der Sterbenden / wachſend / groß vnd froͤlich / ſo wir das Engeliſche Geleit erwegen / dadurch die rechten Ehrenkinder Gottes auff der vnſichern Reiß vnd finſtern Thal des Todes rings vmbher durch einen Wagenburgk / vmbgeben vnd in Salvo conductu bewaret / ja gleich in einer Senfften nach dem Exempel Elia vnd Lazari / getragen werden in dem Him - liſchen Koͤniglichen Pallaſt / zur vngetrenter Frewdenreicher Gemeinſchafft der vnermeßlichen Himliſchen Schaͤtzen / mit der Schaar der heiligen Engeln vnd Auserwelten. 2. Reg. 1. Luc. 12. Ebr. 12.
Adverſus mor tis teirorem. Wann nu ein Chriſtliches Todtkranckes Hertz ob dem grewlichen Anblick vnd Geſtalt des Todes / als des Schre - ckengaſt vnd Streckebeins / erzittert / der Tod wird ſie wuͤrgen / oder wird mit vnzehligen Plagen beſchweret: Nu wol an es neme ein Chriſtliebender Menſch erzelte Species, mache aus demſelben eine Hertzſterckung: Lege ſie auff ſeine ſchuͤchtere Seele vnd ſpreche derſelben troͤſtlich zu: Was betruͤbſtu dich meine Seele vnd biſt ſo vnruhig in mir: Harre auff Gott / denn ich werde jhm noch dancken / das er meines Angeſichts Hulffe vnd mein Troſt iſt. Pſal. 42. 43. Ja harre Augenblick - lich des Todes mit frewden / nach dem gnedigen guten Wil - len deines verſoͤhnten Himliſchen Vaters / der Todt iſt durchden[23]Chriſtliche Leichpredigt. den Todt deines Erloͤſers vnd Seligmachers dein Schlaff worden: Von dem ewigen Todt biſtu ſemperfrey vnd geſi - chert: Der heilige Geiſt lehret / leitet / troͤſtet vnd verſichert dich durch das lebendigmachende Wort Gottes vnd gebrauch der heiligen Sacramenten / wegen der Goͤttlichen Gnaden vnd ewigen Seligkeit / daher du ſehnlichen von hinnen abzuſchei - den begereſt: Das Creutzjoch verleitet dir dieſes Weltſuͤchti - ges Weſen: Der Todt bringet dich zur gewuͤnſchter Ruhe vnd Himliſcher Frewde vnd Herrligkeit: Die Engliſchen Trabanten warten dir auff dem dienſt / dich auff der heimfart aus dieſen Jammerthal zum ewigen Leben wider die Helli - ſchen Straſſenreubet zubegleiten vnd zubeſchuͤtzen: Warumb wolſtu vnd ſolſtu nicht mit Bileam wuͤnſchen / das du moͤgeſt ſterben des Todtes des Gerechten. Num. 23. mit Job ſagen. Jch harre taͤglich dieweil ich ſtreite / biß dz meine Verenderũg komme cap. 14. vnd 13. Wenn mich gleich der Herr toͤdten wird / weil ich doch auff jhm hoffen: Mit dem verlaſſenen Da - vid ſeufftzen. Pſal. 25. Nach dir Herr verlanget mich: Mein Gott ich hoffe auff dich / laß mich nicht zuſchanden werden / das ſich meine Feinde nicht frewen vber mich. Pſal. 42. Meine Seele duͤrſtet nach Gott / nach dem lebendigen Gott / wenn werde ich dahin kommen / das ich Gottes Angeſicht ſchawe: Mit dem verfolgern Eliæ 1. Koͤnig. 19. Es iſt gnug: Sonim nu Herr meine Seele: Jch bin nicht beſſer / denn meine Vaͤter: Mit dem Altvater Simeone / Lucæ 2. Herr nu leſ - ſeſtu deinen Diener in Friede fahren: Mit dem gefangenen Paulo. Philip. 1. Jch habe luſt abzuſcheiden vnd bey Chriſto zu ſein: Mit den ſeuffzen Chriſten. Apoc. 22. Ja komme Herꝛ Jeſu: Von allem Vbel vns erloͤß etc. Gott der Vater wone vns bey etc. Hertzlich thut mich verlangen nach einem ſeligen End. etc.
Ad Patienti -[am]. Sollen vnd wollen ſamblich vnd ſonderlich ermuntert vnd angemanet ſein / die von Gott aus lieber Hand vns auff - gelegte vnd zugeſchickte Creutzruten zu kuͤſſen / vnd die Angſt - buͤrde in aller Chriſtlicher gedult zutragen / weil es vns dieſes muͤhſame Leben verdechtig vnd verhaſſet macht / vnd hierge - gen nach einem ſeligen End zu wuͤndſchen vnd zubegeren vns enſtercket / das wir mit dem Creutztraͤger David ſagen moͤ - gen. Pſal. 119. Es iſt mir lieb / das du (HERR) mich gede - muͤtiget haſt / das ich deine Rechte lerne: mit Propheten Mi - cha cap. 7. Jch will deß HERRN Zorn tragen &c. Beten wir andechtig vnd ſeind geduͤltig vnterm Creutz / ſo ſollen vnd vnd werden wir auch vnſers Chriſtlichen Todeswundſch zur vnſer Erloͤſung vnd ewigen Seeligkeit geweret vnd teilhaff - tig werden. Selig iſt der Mann / der die anfechtung erduldet / denn nach dem er beweret iſt / wird er die Krone des Lebens empfahen / welche Gott verheiſſen hat / denen die jhn lieben. Iacob. 1. 1. Petr. 1. Amen Amen.
Solcher Sehnſucht nach einem ſeligen Sterbſtuͤnd - lein haben wir ein loͤbliches exempel an der Edlen / Ehrenviel - tugendſamen Frawen Hippolyta geborne von Erichsleben: Derer Coͤrper / Chriſtlichen gebrauch nach jetzo in die Erde beygeſetzet werden ſoll: Ericus heiſt ſo viel als Ehrenreich: Wie Hulricus Huldreich: Fridericus Friedreich: Henricus Haynreich: Nu wolan ſolchen Ehrenreichen GeſchlechtsNa - men hat vnſere Gottſelige Mitchriſtin mit der That gebran - chet: Jn maſſen ſie ein recht Ehrenreiches Leben gefuͤhret /einmal[25]Chriſtliche Leichpredigt. mal gegen jhren lieben Eltern / welche geweſen / der Geſtrenge Edle Ehrnveſte Balthaſar von Erichsleben / Erbſaſſen zu Selbelang; vnd die Edle Ehrntugentreiche Fraw Margare - ta Ruͤckers / beyde ſeligen: Von welchen dieſe Tochter Hip - polyta im Jahr Chriſti deß Herrn 1543. zur Welt gebo - ren / dem waren Weinſtock vnnd Hertzogk des Leben Jeſu Chriſto durch die heilige Tauff einvorleibet / vnd nachmals in Chriſtlicher Zucht vnd Adelichen Tugenden aufferzogen worden. Ein Ehrenreiches Leben hat ferner dieſe Chriſtli - che Matron gefuͤhret gegen jhren Ehman / dem Geſtrengen Edlen / Ehrnveſten Hanſen von Falckenreder / nachgelaſſe - ner betruͤbten vnd jetzo lagerhafftigen Witwe / (Gott wolle jhn ſtercken vnd troͤſten) welchem ſie Ehlich vermehlet wor - den im Jahr vnſers Erloͤſers 1579 vnd mit demſelben 35. Jahr gantz friedlich vnd ſchiedlich gelebet vnd einen einigen Sohn gezeuget / den Weiland auch Edlen / Geſtrengen vnd Ehrnveſten Hennig von Falckenreder / ſeligen: Welcher zwar von Chriſtlichen vnd Adelichen Sitten gruͤnete vnd in denſelben als ein Roͤßlein herwuͤchſe; Aber vor 8. Jahren im 26. Jahr ſeiner bluͤhenden zarten Jugend durch deß Todtes Senſen niedergehieben / vnd in ſein Schlaffkaͤmmerlein an - hero verſamlet worden: Mit waſerley Hertzeleid vnd Weh - klagen der hochbetruͤbten Eltern / iſt leichtlich abzunemen: Es hoffeten Vater vnnd Mutter / dieſer jhr wolgeratener Sohn ſolte jhr eintge Frewd / jhr Hertze vnd Erbe / jhr einiger Troſt / ja Stecke vnd Stab in jhrem hohen vnvermoͤgenden Alter vnd Leibsſchwachheit ſein; jhrer am beſten warten vnd pflegen vnd ſie ehrlichen zum Grab bringen helffen: Weil a -Sap. 4. ber ſeine Seele GOTT wolgefallen / hat er mit demſelben aus dieſen boͤſen Leben geeilet: Solches iſt zumal den ElternDſehr[26]Chriſtliche Leichpredigt. ſehr ſchmertzlich fuͤrkommen / daß auch die Mutter ſeithero in kuͤmmerliche Gedancken gerahte / vnd ſich nicht leichtlich hat koͤnnen zufrieden geben: Was hertzt / das ſchmertzt: Was liebet / das betruͤbet. Ein Aug wiſchet man offt. Zach. 12. Wird gedacht deß Wehklagen vnnd Hertzlichen Kuͤm - mers der Barmhertzigen Eltern / gegen jhren erſten vnd eini - gen Sohn: Zu dem hat die offt vnd wolermelte Fraw Hip - polyta ein Ehrn-lieb - vnd Friedreiches Leben vnd Wandel gefuͤhret gegen jhren Adelichen Geſchwiſtern vnd jederman: Niemand / ja kein Kind mit Willen beleidiget / noch erzuͤrnet: Schlecht vnd Gerecht gewandelet / welches jhr Menniglich wird zeugniß geben muß: Alſo das ſie ein Fackel vnd Zierd der Adelichen Weiblichen Tugenden geweſen. Beſchawen wir das Chriſtenthumb dieſer im Herrn entſchlaffener Frawen von Erichsleben / befindet ſich Augenſcheinlich / daß ſie auch ein recht Ehrenreiches Leben gefuͤhret gegen Gott dem Herrn / welchen ſie aus ſeinem Wort vnd hei - ligen Catechismo erkant / gefuͤrcht / geliebet vnd auch in jhrer langwiriger Leibsſchwachheit / durch Chriſtliche beſtendige Gedult vertrawet / andechtig gebetet vnd fuͤr ſich in vnſern Chriſtlichen Verſamlungen bitten lvſſen: Die Predigten an Sonn-vnd Wochentagen / ſo lang ſie hat koͤnnen zu Wege vnd Stege gehen / vnnachleſſig beſuchet / das heilige Abend - mal deß Herrn in der Kirchen / vnd zu Hauß / zeit jhres Lagers / mit gebuͤhrender andacht gebrauchet. Wann aber rechtſchaffene Kinder Gottes nicht ohne Creutz zur Probi - rung jhres Glaubens vnd Gedult vnd zu erweckung hertzli - chen verlangens nach dem Todt / ſein koͤnnen / nach dem Engeliſchen Ausſpruch. Tob / 12. vnd Syrach. 2. Mein Kind wiltu Gottes Diener ſein / ſo ſchicke dich zur Anfech -tung:[27]Chriſtliche Leichpredigt. tung: Hat demnach dieſe vnſere nunmehro in Gott ruhende Mit Chriſtin auch die Hoffarbe eines bewerten Thriſten an ſich tragen vnd dem Creutz vnterworffen ſein muͤſſen; vnd zwar nach anleitung vnſers erklerten Sterbſpruͤchleins. Sie iſt auch Duͤrfftig vnd Schwach geweſen / nicht zwar an zeit - lichen Guͤtern / ſondern wegen langwiriger Leibsſchwach - heit durch vnverſehenen Fall / in dem ſie bey vierdhalb Jah - ren ſchwerlich habe hoͤren vnd reden / noch ſich ſelbſt ſpeiſen noch trencken koͤnnen / hat ſich muͤſſen von andern heben / le - gen / tragen vnd warten laſſen: Jſt 71. Jahr alt worden:Senes bis pus - ri: Jn Sorgen iſt ſie geſtecket vnd gleichſam zum Kinde wor - den / aus Kummer vnd Harm wegen toͤdliches abgangs vnd verluſt jhres einigen liebſten Kindes / daß ſie dahero nichts beſſers zuhoffen noch zugewarten gehabt als eines ſeeligen Sterbſtuͤndleins: Wie ſie dann in werender Kranckheit bald deutlich; bald heimlich ſeufftzend vnd weinend habe die Wort deß anmuͤtigen Geſangs: Ach Gott das du vns haſt ſo mild ꝛc. welche jhres lieben Sohnes Schwan vnd Sterb - lied geweſen / nach geſprochen / vnnd jhr kurtz vor jhren ſee - ligen End von jhren geliebten Juncker vnd Ehwertfolgen - des Stoßgebetlein zu guter letzte fuͤrſprechen laſſen: Herr CHRISTE / ich begere zu ſterben / auff das ich bey dir ſey: Dich ſehe: Dir lebe: O Herr Jeſu Chriſte / wann du wilt / ſo nim mich zu dir: Foddere meine Seele ab von dieſen ſterblichen Leibe / denn ich ja in dir meine Frewde habe: Daß heiſt ſtracks nach dem Todt einen Boten geſchicket / vnnd nach einen ſeeligen Abſchied gerungen? Wie dann dieſe Chriſtliche Kaͤmpfferin jhres Todteswundſch iſt gewehret worden / das ſie den 8. Novembris dieſes lauffendes 1614. Jahrs[28]Chriſtliche Leichpredigt. Jahrs zwiſchen 9. vnd 10. Vhr des Abends gantz ſanfft vnd ſeelig von vnd durch den vielgewuͤndſchten Todt abgefoddect vnd eingeſchlaffen: Jſt numehro ohne einigen zweiffel nach der Seelen bey jhren vnd vnſern Blutsverwandten Herrn Chriſto: Siehet vnd ſchawet denſelben nach jhres Hertzen wundſch; Lebet demſelben in Himliſcher Ehre / Herrligkeit vnd Frewde. Wolan laſſet vns ſaͤmblichen vnd ſonderlich / dergleichen Ehrnreiches Ehrliches Leben fuͤhren / gegen Gott vnd Jederman / laſſet vns gleichsfalls begehren nach Gottes Willen zu leben vnd zu ſterben auff das auch wir je eher / je beſſer / je lieber beim Herrn Chriſto Jeſu vnſern Himliſchen Breutigam vnd Brudern ſein / jhn anſchawen / vnd jhm ewig leben moͤgen: Zu welchen allen vns verhelffen wolle GOtt Vater / Sohn / heiliger Geiſt / Hochgelobte Dreyfaltigkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit AMEN. Herr Jeſu Chriſte komme bald Amen AMEN.
ENDE.
CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
Dieses Werk steht unter der „Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz“ (CC BY-SA).