PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Gluͤckſeliger Reichthumb Eines Lob-ſeligen Richters /
Bey ſehr anſehnlichem und Volckreichem Leichbegaͤngnis Deß Edlen / Veſten / Hoch - und Wolweiſen Herꝛn Johan Langens von Krugberg / Vornehmen und hochverdienten Raths-geſchwornen bey der Koͤniglichen Frey-Stadt Leutſchaw in Ober - Vngarn / auch deß loͤblichen Raths-Col - legij Elteſtens / ꝛc. Welcher den 30 Novembris im Jahr Chriſti 1647. Selig ver - ſchieden / und darauff den 14 Decembris mit Chriſt - Adelichen cerem[o]nien bey der Deutſchen Pfarr-Kirchen in die Grufft ſeiner Eltern und Geſchlechts - verwandten beygeſetzet worden / Vorgeſtellet aus dem Buch Jobs / cap. XXIX.
Gedruckt zurLeutſchaw/ beyLorentz Brewern.
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Wapen / Schild vnd Helm

derer Langen von Krugberg.

WAs unter dem Metall / Stein / Pflantzen vnd den Thieren
vor Edel wird geſchaͤtzt / ſieht man diß Wapen zieren.
Gold / Edelſtein / Gehoͤrnder Hirſche / Liljen-Bluhm /
Ein Rebe / Roſen-Zweig / Korn-aͤher / Pfawen-ruhm /
Ein ſchoͤner Feder-puſch: Alß artige Gemercke.
Gold / Stein an Kron und Helm hat Ehre. Muth und Staͤrcke
zeigt das Gehoͤrne an. Das Leben vnbefleckt
gleicht Weiſſen Lilien. Es werden fortgeſtreckt
Durch Zweig und Reben-krafft Weinſtoͤcke / Roſenſtraͤuche:
Jn pflantzung deß Geſchlechts ſind den die Kinder gleiche.
Korn-aͤher deutet Frucht: Der Pfawen-puſch die Zier.
Das war der Langen art. Jſt ſchen kein Rebe hier /
Kein Zweig von Mannes-ſtamm / der das Geſchlecht vermehre;
Jſts abgeſtorben gar: So wird das Lob der Ehre /
Der Staͤrck und Tapfferkeit / der vnbefleckten That /
Der Frucht unſterblich ſeyn / die Sie gezieret hat.
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VIRO quâ Stirpem, Generoſo, quâ Doctrinam, Præclaro, quâ Virtutem, Inſigni, quâ Autoritatem, Præcipuo Dno. FRIDERICO POBST, â Seittaw. &c. Generoſi Dni LANGI, &c. Cognato cariſſimo, Domino, Fautori & Amico mco honoratiſſimo.

MAſcula LANGORUM Stirps nunc defecit. In une
Nuper Defuncto ſpes ſita tota perit.
Hoc luges, POBSTI. Tecum quoꝙ́ lugeo. Cuncti.
LANGIA quêis Virtus cognita, Fata dolent.
Ne tamen Illius ſit laus oblivia, (*) prælo
(8) Varro lib. 4. de L. L.
Commiſſa en præſens pagina noſtra vetat.
In mundo vivet poſt mortem Fama ſuperſtes,
Heic ubi Poſteritas geſta decora leget.
Vivet in his LANGUS. Sed & in TE LANGIA Virtus
POBSTIADÆ vivat ſuaviter apta diu!
Antiqua ut nunquam Stirps POBSTIA deſinat, annot
LANGIADÆ demtos addat IöVA Tuæ.
[4]

Der Edlen / Ehren-Tugendreichen Frawen CATHARINEN / gebornen Schwartzin / Deß Edlen / und Veſten Herren Johann-Bilibald Meyers / ꝛc. Ehlichen Haußfrawen: Meiner geehrten Frawen / und ehrengeneigten Goͤnnerin.

Sonnet.

JA freylich hat Euch hart / geehrte Fraw / geſchlagen
Deß Herren Bruders todt. Es macht das Hertz betruͤbt /
Da der verblichen iſt / den Jhr ſo ſehr geliebt /
Dieweil Ein Mutter-Hertz Euch beyde hat getragen.
Das trawren wird geſtaͤrckt / weil Er in beſten tagen /
Eh man es faſt vermeynt / der Welt den Abſchied giebt.
Dem lauffe der Natur zu wieder wird veruͤbt /
Den / der zu letzt gebohrn / zum erſten tod beklagen.
Doch trawret nicht zu ſehr / und goͤnnet Jhm die Ruh.
Der unterm Hertzen lag / iſt an der Seiten nu
Der liebſten Mutter / zwar dem Leibe nach im Grabe /
Jm Himmel mit der Seel. Euch halte Gott in hut /
und fůhre kuͤnfftig hin / wo ſtets in Frewden-muth
An Jhnen / mehr an Gott / ſich Ewer Seele labe.
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Antrit zum Gebet vnd Texte.

GOTT unſers Herren Jeſu Chriſti / der Vater der Herr - ligkeit gebe euch den Geiſt der Weißheit und der of - fenbarung zu ſeines ſelbſt Erkentnis / und erleuchte - te Augen ewers Verſtaͤndnis / Amen.

GEliebte und Andaͤchtige in Chriſto dem Herrẽ / Die / ſo Gott fuͤrchten / halten jhren Regenten in ehren /Sirach 10. verß. 24. ſagt Sirach im 10 cap ſeines Buchs. Denn ob wol Gott der Herr ein Koͤnig aller Koͤnige und Herr aller Herren iſt / (1. Timoth: 6.) So hat er doch Herren und1 Timoth 6 verß 15. Regenten auff Erden geordnet / welche ſeines Reichs Amptleute ſeyn / (Weißh. 6.) alß Mittelperſonen an ſeiner ſtatt / durch dieWeißh. 6. verß 5. von jhm verliehene Gewalt / und nach ſeinem Willen deß Regi - ments ſich annehmen / und daſſelbe fuͤhren ſollen. Dieweil denn keine Obrigkeit iſt / ohne von Gott / und denen Regenten die Obrigkeit gegeben vom Herren und die Gewalt vom Hoͤchſten / (Rom: 13. Weißh. 6.) Alß iſt billich / daß die / ſo Gott fuͤrchten /Rom: 13. verß 1. auch denen / welche jhnen von Gott vorgeſetzet ſind / umb undWeißh. 6. verß 4. nach Gotteswillen / wie ſchuldigen Gehorſam in dem / was nicht wieder Gott iſt / alſo auch gebuͤhrende Ehre leiſten und erwei - ſen. Auff dieſen grund fuͤhret S. Petrus die bekehrtenChri -1. Pet: 2. v. 13. 14, 17 ſten / da er ſpricht: Seyd unterthan aller Menſchlichen Or - dnung umb deß Herren willen. Es ſey dem Koͤnige / alß dem Oberſten / oder den Hauptleutẽ / alß den Geſandten von jhm / ꝛc Thut ehre jedermann / habt die Bruͤder lieb. Fuͤrchtet GOTT. Ehret den Koͤnig. Salomo ſetzet in ſeinen Spruͤchwoͤrtern amSpruͤchw. 24. v. 22. 24. auch beydes zuſammen: Mein Kind fuͤrchte den Herren und den Koͤnig / das iſt / Obrigkeit und Regenten. Wie nunA iijdie[6]die Regenten von den Gottfuͤrchtigen geehret werden bey jhrem Leben / alſo iſt es billich / daß ſie dieſelben / ſo viel muͤglich / auch wenn ſie verſtorben ſeynd / ehren / mit anſehnlicher beſtattung / mit ruͤhmlicher erzehlung jhres loͤblichen Regiments / auch mit geneigtem und danckbarem Gemuͤthe gegen jhre hinterlaſſene Kinder oder Anverwandten / daß man ſie deß Wolverhaltens jh - rer Eltern oder Freunde genieſſen laſſe. Solcher maſſen redetSirach 46. v. 13. 14. 15 Sirach von den laͤngſt-verſtorbenen Richtern / cap. 46. Die Richter / ein jeglicher nach ſeinem Namen / welche nicht Ab - goͤtterey trieben / noch vom Herrn abfielen / werden auch ge - preiſet. Jhre Gebeine gruͤnen noch immer / da ſie liegen. Vnd jhr Name wird gepreiſet in jhren Kindern / auff welche er ge - erbet iſt. Nun denn Gott der Herr nach ſeinem unerforſch -1. Buch ď Koͤnige 2. verß 3. lichem Rath und willen einen loͤblichen Regenten dieſer Stadt von jhrem Haupte genommen hat / nemlich / Den Weiland / Edlen / Veſten / Hoch - und Wolweiſen Herren Johann Lan - gen von Krugberg / vornehmen und hochverdienten Raths - geſchwornen / auch deß loͤblichen Raths-Collegij bey dieſer Koͤ - niglichen Freyen Stadt Elteſten / welcher bey lebzeiten gechret / geliebet vnd gelobet worden / Alß iſt billich und recht / daß Dem - ſelben auch nach ſeinem Tode / und zwar auff heutigen Tag mit wolanſehnlichem und Volckreichem Leichbegaͤngnis gebuͤhren - der Ehrendienſt geleiſtet worden / und noch jetzo mit einem Chriſtlichen Ehren-Sermon geleiſtet werde. Damit ſolches zu foͤrderſt zur Ehre Goͤttliches Namens denn auch dem ſeligen Herrn Langen zu ſchuldigem Nach-Ruhm / und uns ſelbſt zu nuͤtzlichem unterricht gereichen woͤge / wollen wir umb Goͤttli - che Gnade / Krafft und beyſtand anhalten mit einem glaͤubigen und andaͤchtigem Vater vnſer / ꝛc.

Der[7]

Der Text / Aus dem 29 Capitel deß Buchs Jobs / vom 12. verß biß zu ende deß Capitels.

Jch errettet den Armen / der da ſchrey / und den Wayſen / der keinen Helffer hatte. Der Se - gen des / der verderbenſolte / kam uͤber mich / und ich erfrewet das Hertz der Witwen. Gerechtig - keit war mein kleid / das ich anzog / wie einen Rock / und mein Recht war mein Fuͤrſtlicher Hut. Jch war des Blinden Auge / und des Lahmen Fuͤſſe. Jch war ein Vater der Armen / und welche ſache ich nicht wuſte / die erforſchete ich. Jch zubrach die Backen-zaͤhne deß Vngerechten / und reiß den Raub aus ſeinen Zaͤhnen. Jch gedacht / ich wil in meinem Neſt erſterben / und meiner Tage viel ma - chen / wie Sand. Meine Saat gieng auff am Waſſer / und der Thaw bleib uͤber meiner Erndte. Meine Herrligkeit ernewet ſich immer an mir / und mein Bogen beſſerte ſich in meiner Hand.

Man hoͤret mir zu / und ſchwiegen / und warteten auff meinen Rath. Nach meinen Worten redet niemand mehr / und meine rede troff auff ſie. Sie warteten auffmich / wie auffden Regen / und ſper - reten jhren Mund auf / als nach dem Abendregen. Wenn ich mit jhnen lachete / wurden ſie nicht zukuͤhn[8]kuͤhn darauff / und das Liecht meines Angeſichts machete mich nicht geringer. Wenn ich zu jhrem Geſchaͤfft wolt kom̃en / ſo muſt ich oben an ſitzen / und wohnet wie ein Koͤnig unter Kriegsknech - ten / da ich troͤſtet die leide trugen.

Eingang.

GEliebte und Andaͤchtige in Chriſto / Nicht allein in er - haltung und regierung der Welt / ſondern auch in Er -Weißh. 11. verß. 22. ſchaffung derſelben hat Gott alles geordnet mit Muß / Zahl und Gewicht / alſo / das zwar alles / wasEr gemacht hat / ſehr gut iſt / Dennoch aber ſolche ſehr[gu]te Geſchoͤpffe nach ſei -1. Buch Moſe 1. verß. 30. ner unendlichen Weißheit alſo gemacht und geordnet ſind / das eines vor den andern mit beſſern / groͤſſeren / mehrern und wich - tigern Gaben oder eigenſchafften gezieret iſt. Solcher unter - ſcheid findet ſich nicht allein unter den P[e]rſonen der Menſchen /Buch der Weißh. 8. verß. 20. da einer vor dem andern guter art iſt / eine feine Seele bekom - men hat / ſtaͤrcker / geſunder / ſchoͤner / verſtaͤndiger / geſchickter iſt / denn viel andere / und alſo vor jhnen den vorzug hat: Son - dern es ereignet ſich auch dergleichen vorzug in andern natuͤrli - chen dingen / welche zwar deß Lebens / oder der ſinnen / oder doch der vernunfft mangeln / und dennoch ſonſt an ſchoͤne / an zierde / an groͤſſe / an ſtaͤrcke an lieblichkeit / an dawerhafftigkeit / an frey - heit / an nutzbarkeit andere uͤbertreffen. Solche vortreffliche Geſchoͤpffe pflegt die H. Schrifft Edel zu nennen / das wie die Edle unter den Vernunfftigen Menſchen / alſo ſie vor vielen an - dern Geſchoͤpffen den vorzug haben.

Dergleichen Edle Creaturen ſind anzutreffen:

1. Vnter den Laͤndern. Weil das Land Canaan weit und gut war / wegen fruchtbarkeit und menge an zeitlichen Nah -rungs -[9]rungs-mitteln einen reichen uͤberfluß hatte / alſo das Milch und2 b. Moſtz. verß. 8. Honig gleichſam darinnen floß / wie Gottes Wort zum offterncap. 13. v. 5 auff ſolche weiſe davon redet / So wird es genennet das Ed -Za: 7. v. 14. le Land / Zachar: am 7. Ein Edel Land vor allen Laͤndern /Ezech: 20. verß 6. 15. Ezech: am 20. Das Land / ſo vor GOtt unter allen das Edel -b. ď Weiß: 12. verß 7. ſte war / eine wuͤrdige Wohnung der Kinder GOttes / Weißh: am 12. Auff ſolche weiſe wird auch Moab oder das Land derEzech: 25. verß 9. Moabiter ein Edel Land genennet / Ezech: am 25. Alſo wur - den Jonien / Aſien und Lydien / 1. Buch der Maccabeer am 8.1 Buch der Maccab: 8. verß 8. geruͤhmet / daß ſie geweſen / die Edelſten Laͤnder / nemblich / un - ter denen / welche die Roͤmer dem Koͤnige Antiocho abgenommen hatten.

2. Vnter den Metallen und Steinen. Daß das Gold und Silber vor andern Metallen Edel ſey / zeiget die H. SchrifftKlag-Lied, Jer: 4. v. 2. an / wenn ſie die Edlen Kinder Zion beſchreibet / das ſie dem Golde gleichgeachtet / Klaglied Jeremia am 4. das die WeißheitSpruͤchw: Salom: 16. verß 16. beſſer ſey / weder Gold / und Verſtand haben Edler / denn Sil - ber. Spruͤchw: Salomo am 16. das Gold und viel Perlen ſeyn / Aber ein vernuͤnfftiger Mund ſey ein Edel Kleinod /c. 20. v. 15. cap. 20. Das eine vernuͤnfftige und fromme Frawe EdlerSir: 7. v. 21 ſey / denn kein Gold. Sirach am 7. Der Koͤnigliche Thron Salomonis wird gelobet / das er ſey uͤberzogen geweſen mit dem1 Buch der Koͤn: 10. 18 Edelſten Golde. 1 Buch der Koͤnig 10. Die Steine / welche ihrer farbe / glantzes oder krafft halben die beſten ſind / pfleget man auch in gemeiner Sprach-art Edelgeſteine zunennen.

Alſo wird in H. Schrifft vielmahl gedacht der Edelgeſteine /1 B. Moſ: 2. verß 12. welche man im Waſſer Piſon gefunden (1. Buch Moſ: am 2.)2 B. Moſ: 35. v. 33. welche zu der Stiffts-Huͤtten / (2 Buch Moſ: 35.) zu dem Tem - pel gebraucht / (1 Buch der Chronica am 30. und im 2 Buch am1 Buch der Chron: 30. 2 3.) welche zur Beute von den Ammonitern erlanget (2. Buch2. B. 3. v. 6 Samuelis am 12.) von der Koͤnigin aus Reich Arabien vereh -2 Sam: 12. verß 30. ret / (1 Buch der Koͤnige am 10.) dem Salomon durch ſeine an -1 Buch der Koͤn: 10. v. 2. 10.Bgeſtel -[10]2 Buch der Ch[r]oni: 9. verß 10.geſtelte Schiffart zugefuͤhret worden / (2. Buch der Chronica am 9.) und was ſonſt noch mehr vor gelegenheit iſt / bey welcher viel -Spruͤchw: Salom: 3. verß 15. mahl derſelben gedacht wird. Dazu gehoͤren auch die Edlen Perlen / der er in Sprůchwoͤrtern am 3. meldung geſchicht.

3. Vnter den Erdgewaͤchſen und Pſtantzen. Da iſt ein Baum / ein Stock / ein Zweig / eine Bluhme / eine FruchtEzech: 31. verß 16. Edler / als die anderen. Der Prophet Ezechiel gedencket im 31. capittel der Edelſten und beſten Baͤume auff dem Liba - non; als da waren die ſchoͤne hohe / groſſe und feſte Cedern-Baͤu -Hohelied 4. v. 13. cap. 5 v. 1. c. 7. 13 me. Das Gewaͤchs der Chriſtlichen Kirchen ruͤhmet Koͤnig Salomon im Hohenliede am 4 das es iſt / wie ein Luſtgarte / von Granataͤpffelen / mit Edlen fruͤchten. Von den Edlen fruͤch - ten / welche im antheil des Stammes Joſeph gewachſen / redet5. B. Moſ. 33. verß 13 14. 15. Moſes im 33. capittel des 5. Buchs alſo: Sein Land lieget im Segen des HERren / da ſind Edle Fruͤchte vom Himmel / vom Thaw / und von der Tieffen / die hunden liegt. Da ſind Edle Fruͤchte von der Sonnen / und Edle reiffe Fruͤchte der Monden / und von den hohen Bergen gegen Morgen / und von den Huͤgeln fuͤr und fuͤr. Jſt alſo unter dem Pflantz-werck ein natuͤrlicher und anerſchaffener Adel / damit Gott der All - weiſe Schoͤpffer eines vor den andern geadelt hat!

Job: 39. verß 20.4. Vnter den Thieren. Denn da Gott etlichen unter jhnen die Weißheit genommen und jhnen keinen Verſtand mit - getheilet / So hat Er hing gen andere mit ſonderbahrer tapfer - keit / großmuͤthigkeit / freyheit / ſtaͤrcke oder geſchwindigkeit / und andern ruͤhmlichen eigenſchafften begabet / umb welcher willenJob am 39. verß 1. 4. 7. 12. 13. 14. 15. 16. 22. 23 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. ſie / als Edle / unter den Thieren / zu achten ſind. Solcherley Edle unter den Vierfaͤßigen Thieren / wie auch Vogeln / ſind die Loͤwen / die Hirſche / die Einhoͤrner / die Pfawen / die Roſſe / die Habicht / die Adler / welche Gott ſelbſt wegen jhres vorzugs ruͤhmet im 39. Capittel Jobs. Von dergleichen Adel und vor - zug etlicher Thiere meldet auch Salomo / wenn er in ſeinen Spruͤchwoͤrtern an 30. ſchreibet: Dreyerley haben einen fei -nen[11]nen Gang / und das V[i]erdte gehet wohl. Der Loͤwe maͤchtigSpruͤchw: 30. verß 29 30. 31. unter den Thieren / und kehret nicht umb fuͤr jemand. Ein Wind von guten Lenden / das iſt / ein guter Wind-Hund oder Windſpiel / ſo einen guten ſchnellen lauff hat. Vnd ein Wid - der oder Ziegenbock. (Tajiſch) Vnd der Koͤnig / wieder den ſich niemand darff legen. Es ſind unterſchiedliche Gelehrte / wel - che eben das Wort Edler und Adel wollen herfuͤhren von dem Namen deß Vogels / den man Adler heiſſet / weil Edle oder der Adel gemeiniglich unter den Menſchen / wie die Adler unter den Vogeln / jhre wuͤrde haben.

Aus betrachtung ſolches Natuͤrlichen Adelo iſt es kom̃en / das offtmals vornehme Herren und Edle zu abbildung und denckmahl jhrer Tapfferkeit / Tugenden und Ehre / in den Wapen ſolcherley zierath gefuͤhret / ſo von Edlen Metallen und Steinen / oder Edlen Gewaͤchſen / oder Edlen Thieren ge - nommen ſind. Dem Propheten Daniel ſind die Vier Haupt - reiche vorgebildet worden unter der Geſtalt Vier Thiere / da das eine geweſen ein Loͤwe mit Adlers-ftuͤgeln; das ander ein Baer; das dritte ein Parder / mit vier Fluͤgeln und vier Koͤpf -Daniel 7. verß 4-8. fen; das vierdte mit eiſernen Zaͤhnen und zehen Hoͤrnern Daniel 7. Von den Rabbinen wird gemeldet / das der Stam̃R. David Kimchi in〈…〉〈…〉 Eze. 1. ult. ex Thalm. Juda in ſeinem Wapen einen Loͤwen gefuͤhret / dieweil ſolche Stamm-genoſſen muthig waren / wie ein Loͤwe / und wie eine Loͤ - winne / wieder welche ſich niemand aufflegen doͤrffte / im 1. Buch1 B. Moſ. 49. verß 9. Moſe am 49.

Auff dieſe Weiſe iſt auch des S. Herrn Langens von Krugberg Adeliches Wapen gezieret / mit ſolchen ſtuͤcken / die zugleich von Edlen Metallen und Steinen / von Edlen Thieren und Erdgewaͤchſen genommen ſind. Denn in dem Schilde / welches fuͤnffach abgetheilet / ſind zu befinden / drey Hoͤrner oder Geweihe von den Hirſchen / zwo auffgebluͤhete Weiſſe Lilien / ein Weinrebe / ein Roſenzweig / beyde mit gruͤnenden Blaͤt - tern / und denn eine auffgerichtete gelbe Getreide-aͤhre. VberB ijdem[12]dem Schilde iſt geſtalt ein Adelicher offener Stech und Thur - nier-Helm / mit einer Koͤniglichen von Gold und Edelgeſteinen gezierten Krone / aus welcher ein puſch voll ſchoͤner geſpiegelten Pfawen-federn hervor raget. Die Krone iſt gebildet von Me - tall und Steinen: Die Pfawen-federn und Hoͤrner der Hir - ſche gehoͤren zu den Thieren: Die Lilien aber / Weinrebe / Ro - ſenzweig / und Getreide-aͤher zu den Pftantzen und Erd-ge - waͤchſen. Vnd zwar die Lilien zu den Bluhmen. Die Wein - Rebe und der Roſenzweig zu den Staͤmmen / Zweigen und Blaͤttern. Die Aher aber zu den Fruͤchten. Alles iſt genom - men von dem was in der Natur Edel iſt. Denn die Krone be - treffend / iſt ſchon vorhin dargethan / das das Gold unter den Metallen das Edelſte ſey: Wie auch nicht zu leugnen / das die Steine / welche zum Schmuck einer Koͤniglichen Krone ge - braucht werden / koͤſtliche Edelgeſteine ſind. Von vortrefflig - keit des Edlen Pfawens und ſeiner Federn redet Gott derJob 39. [v]erß 16. Herr / Job am 39. Die Federn des Pfawens ſind ſchoͤner / denn die Fluͤgel und Federn des Storchs. Von Freyheit / frewdigkeit und Reichthumb der Edlen Hirſchen (davon die Hoͤrner in dem einen Felde abgebildet ſind) iſt gleichfals an jetzt[v]erß 6. 7. 8. 9. 10. angezogenem Orte zu leſen: Sie laſſen aus jhre Jungen. Jh - re Jungen werden feiſt. Wer hat das Wild ſo frey laſſen ge - hen? Wer hat die bande des Wildes auffgeloͤſet? (das ſind die Freyheiten vnd Exemtions-diplomata, das ſie nicht wie Eſel / Ochſen oder Pferde zum frondienſte / im pfluͤgen / in fuͤhren / in reiten / in tragen ſich duͤrffen brauchen laſſen /) dem ich das Feld zum Hauſe gegeben habe / und die Wuͤſte zur Wohnung.

(Das ſind die jhnen eingeraͤumte Lehn-guͤter / und Adeliche Haͤuſer.) Es verlacht das getuͤmmel der Stad / und das po - chen des Treibers hoͤrt es nicht. (Das iſt / es gebraucht ſich ſei - ner freyheit / iſt umb die arbeit / muͤhe / plage / furcht / ſchatzun - gen / und andere beſchwerden / ſo in Staͤdten vorgehen / unbe - kuͤmmert.) Das die Lilien / derer zwo in den andern Felde ge -mah -[13]mahlet ſtehen / Edele Bluhmen ſind / iſt abzunehmen aus dem Hohenliede Salomons 7. da die Lilien mit den Edlen FruͤchtenHohelied 7. verß 13. zuſammen geſetzet werden / in dem die geiſtliehe Braut ſpricht: Die Lilien geben den Ruch / und fuͤr unſer Thuͤr ſind allerley Edle Fruͤchte. Das die Weinreben Edle Zweige ſind / iſt gnugſam bekand aus den Worten Jacobs / da er im 1. Buch Mo -1. B. Moſ. 49. v. 11. ſe am 49. von dem Meßia weiſſaget / daß derſelbe werde ſein Fuͤl - len an den Weinſtock binden / und ſeiner Eſelin Fuͤllen an den Edlen Reben. Jtem aus dem Eſaia am 5. da der Prophet dasEſaia 5. v. 1. 2. 7. Hauß Jſrael vergleichet einem Weinberge / darin Edle Reben ſind. Mein lieber hat einen Weinberg an einem fetten Ort / und er hat jhn verzaͤunet / und mit Steinhauffen verwahret / und Edle Reben drein geſencket. Von Roſenſtoͤcken und Ro - ſenzweigen iſt gleicher maſſen zu halten / das ſie wegen der ſchoͤ - nen zierde / liebliches geruches und herrlichen nutzes in der artz - ney / die bey denen durch ſie hervorgebrachten Roſen ſich ereig -Sirach 40. (39) v. 17. nen / vor ein Edles Gewaͤchs zu achten ſind. Traun Sirach brauchet in vermahnung der Kinder zu Gott / Ehr und Tu - gendliebenden Wandel eben hiervon die Gleichnis-rede: Ge - horchet mir / jhr heiligen Kinder / und wachſet / wie die Roſencap. 50. v. 〈…〉〈…〉. an den Baͤchlein gepftantzet. im 49. Capittel. Vnd im 50. Capittel ſagt er in beſchreibung der herrlichen zierde des Hohen - prieſters / das derſelbe geweſen / wie eine ſchoͤne Roſe im Len - tzen. Die auffgerichtete Getreide-aͤhre / welche in dem letzten Felde des Langiſchen Wapens abgebildet / iſt gehoͤrig unter die Edlen Fruͤchte / als wir ſchon aus dem 5. Buch Moſe am 33. ge -5. B. Mof, 33. v. 15. hoͤret haben / wie vom guten Getreide-boden des Stammes Jo - ſephs geſaget wird / es ſeyen darin Edle Fruͤchte von der Erden / und was darinnen iſt.

Faſſen wir nun zuſammen die in ſolchen Wapen begriffe - ne Stuͤcke / ſo finden wir gleichſam bey einander abgebildet / was ingeſambt / dem Weltlichen Stande nach / einer Edlen Perſon wohl anſtehet. An der Krone iſt abgebildet die Ehre; An denB iijgeſpie -[14]geſpiegelten Pfawen-federn die Zierde; An den Hoͤrnern der Hirſche / die Tapfferkeit / Freydigkeit und Staͤrcke; An den unbefleckten Weiſſen-Lilien / der untadelhaffte Wandel; An dem Weinreben und Roſenzweige / die fortſtammung des Ge -Eſa: 16. v. 8 ſchlechtes; wie denn die Vornehme und wolgeartete Kinder / E -Sirach 40. (39) v. 17. ſaiæ 16. den Edlen Reben / und Sirach am 40. den Roſen an den Baͤchlein gepftantzet / verglichen werden. Die Getreide - aͤhre deutet auff die Fruͤchte und Nutzbarkeiten / welche ein ſol - cher Herr nicht nur ſeinem Geſchlechte / ſondern einer gantzen Stad / einem gantzen Lande / durch ſeine ruͤhmliche Thaten zu wege bringet.

Zu wuͤntſchen waͤre es / (Vnd wer iſt unter Vns / der nicht ſolches von grund ſeines Hertzens inniglich gewuͤntſchet!) das der ſelige Herr Lang bey langem leben / und deſſen altes wolverdien - tes Geſchlecht bey beſtaͤndigem Wachsthumb und auffnehmen waͤre erhalten worden. Aber es heiſſt / wie im 1. Capittel desPrediger Salomo 1. verß 4. Predigers Salomo ſtehet: Ein Geſchlecht vergehet / das an - der kommet. Geſtern iſt es 29. Jahr / da des jetzo vor uns lie - genden Herrn Langens Herr Vater / der Weiland Edle / Ve - ſte / und Wolweiſe Herr Chriſtoph Lang / ꝛc. alhier zur Erden beſtattet worden. Auff heutigen Tag ſoll jhm nun auch des Herren Sohns abgeſeelter Coͤrper in der Grufft an die Seiten geſetzet werden. Ein klaͤglicher Fall iſt jener geweſen / da dem loͤblichen Stad-Regiment ein ſo trewes und verſtaͤndiges Mit - glied entzogen worden. Doch hat damals jedermann der hoff - nung gelebt / das der hinterlaſſene Herr Sohn nicht allein in trewer beobachtung Gemeinen Nutzes des Herrn Vaters ſtelle wohlvertreten / ſondern auch das Geſchlecht fortpflantzen wuͤrde. Sirach 30. v. 3. 4. 5. 6.Da hat es geheiſſen aus dem Sirach am 30. Wenn einer ſein Kind zeucht / das verdreußt ſeinen Feind / und erfrewet ſeine Freunde / denn wo ſein Vater ſtirbt / ſo iſts / als waͤre er nicht geſtorben / denn er hat ſeines gleichen hinter ſich gelaſſen.

Da er lebete / ſahe er ſeine luſt / und hatte frewde an jhm. Daer[15]er ſtarb / dorfft er nicht ſorgen / denn er hat hinter ſich gelaſſen einen Schutz wieder ſeine Feinde / und der den Freunden wieder dienen kan. Es hat auch Gott dieſem unſern ſeeligen Herrn nicht allein Drey Toͤchter / ſondern auch einen Sohn / Antonium Langen beſcheret / deſſen groſſer Verſtand und Tugend in dem Herrn Vater ſo groſſe hoffnung und frewde erwecket / das er ſich des vorigen groſſen Hertzeleids (ſo er we - gen toͤdlichen hintrit ſeiner Haußfrawen und dreyen Toͤchtern empfunden) an jhme gaͤntzlich zu troͤſten vermeinet / wie ſeine eigene Worte im Secretbuch lauten. Aber denſelben hat der Tod in der ſchoͤnſten Bluͤhte des Alters hinweg geriſſen. Nun - mehr iſt der Herr Vater auch vollend hernach gefolget / das alſo an jhm der gantze Maͤnnliche Stam̃ des wohl verdienten Ge - ſchlechts der Langen gaͤntzlich auffhoͤret / und deswegen bey heu - tigem ſeinem Leichbegaͤngnis das Gemaͤlde des Wapens uͤberall in umbgekehrter geſtalt angeſchawet wird. Numehr iſt die Schoͤne der geſpiegelten Augen gebrochen. Die Krone vom Haupte gefallen. Die Staͤrcke hat ſich verlohren. Die Weiſ - ſe Lilien ſind verwelcket. Der Weinrebe und Roſen Zweig ver - dorret. Die Fruͤchte / die er bißher reichlich genieſſen laſſen / entzogen.

Ob aber ſchon deſſen Leichnam numehr verſtorben / und Seelenloß hier vor uns lieget / So ſol doch ſein Gedaͤchtnis in unſerm Hertzen nicht erſterben / ſondern allezeit unter Vns im Segen / inEhren und Ruhm verbleiben. Es wil Sirach im 38Sirach 38. v. 16. 17. Capittel haben / das wir einen verſtorbenen betrawren und be - klagen ſollen / Nach dem Er geweſt iſt. Damit wir derowegen auch in dieſem Fall uns der gebuͤhr nach verhalten / iſt noͤthig / wohl zu betrachten / Wer der ſelige Herr Lange / den man bekla - gen ſol / geweſt ſey. Kurtz zu ſagen: Ein ſolcher / wie im vorha - benden Texte ſich Job ſelbſt beſchreibet / das er geweſen: Nem - lich vors Erſte / ein loͤblicher Richter. Vors Ander / ein gluͤcklicher Reicher. Auf dieſe beyde Stuͤcke werdẽ wir unſe -re an -[16]re andacht in ordentlicher erklaͤrung des verleſenen Textes zu richten haben. Gott laſſe ſolch unſer vorhaben Jhme zu lobe / dem ſelig Verſtorbenen zu gebuͤhrendem Ehren-gedaͤchtnis / der leid-tragenden Freundſchafft zu erſprießlichem Troſte / auch uns ſelbſt zu erbawlichem nutze wohl gelingen / durch Jeſum Chriſtum in Krafft des H. Geiſtes / Amen.

Erklaͤrung.

DAs Salomo / der allerweiſeſte Koͤnig in Jſrael / die lehrt gegeben: Laß dich einen andern loben / und nicht dei - nen Mund / Einen frembden / und nicht deine eigene Lippen /Spruͤchw: 27. v. 2. Spruͤchwt am 27. iſt recht und wol geredet wieder die Ehrgei - tzigen / welche nicht erwarten koͤnnen / biß ſie von andern geruͤh - met werden / ſondern aus hochmuth viel von ſich ſelbſt halten / und ſich ruͤhmen / in meinung groſſe ehre und anſchen bey den Leuten dadurch zu erlangen. Doch moͤgen auch unterſchiedliche faͤlle ſeyn / da einer ohne Suͤnde das jenige ſagen und vorbringen mag / was an jhme loͤblich / und was er ruͤhmliches gethan habe. Nemlich wenn er ſolches nicht thut aus Ehrgeitz / ſondern ſich ge - gen falſche beſchuldigung und verleumbdung zu vortheidigen; eine wohlgethane ſache zuver antworten; Aus der noth und truͤb - ſal / darein man gerathen iſt / ſich zu retten, Gottes ehre / und4. B. Moſ. 16. v. 15: den nutz derer / die ſolches lob hoͤren / zu befoͤrdern: Wie auff ſol - che weiſe Moſes / Samuel David / Nehemias / Paulus und an -5. B. Moſ. 30. v. 15. dere Heiligen Gottes von ſich ſelbſt und von jhren Thaten růhm - lich geredet haben. Vnter ſolche iſt auch zu rechnen der Mann1. Sam: 12 verß. 3. Gottes Job / welcher auch hier von ſeinem wohlverhalten undPſalm 101 Nehem: 13 ſonderbahrem Gluͤcke ruͤhmet / Aber nicht aus hochmuth oder leichtſinnigkeit / ſondern aus noth / weil ſeine Freunde nicht ver -2. Cor. 11. v. 16. folg: c. 12. v. 1-7. ſtunden die lehre vom Creutz und Truͤbſal der Frommen / jhnen einbildeten / das erduldung groſſes elendes nichts anders / als eineſtraffe[17]ſtraffe / von dem durch Suͤnden erzuͤrnetem Gotte waͤre / und derowegẽ er / dem es ſo uͤber die maſſenuͤbel gieng / muͤſte ſonderlich boͤſe ſtuͤcke auff dem Hertzen haben: Dieſelbe ſolte er nur bekeffen /Sihe Job c. 4. verß 6. 7. 8. c. 5. v. 1 2. c. 11. v. 13. folg. c. 15. v. 11. c. 22. v. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10 11. ſo wuͤrde es beſſer mit jhme werden. Wie hin und wieder aus jhrẽ reden zuſehen / ſonderlich da Eliphas im. 22. Capittel ſpricht: Meineſtu / das den Allmaͤchtigen gefalle / das du dich ſo from̃ macheſt? Du haſt etwan deinem Bruder ein Pfand genom - men ohn urſach / du haſt den Nackenden die Kleider ausgezo - gen. Du haſt die Muͤden nicht getraͤncket mit Waſſer / und haſt dem Hungrigen dein Brod verſagt. Du haſt gewalt im Lande geuͤbet / und praͤchtig darinnen geſeſſen. Die Witwen haſtu leer laſſen gehen / und die Arm der Waͤiſen zubrochen. Darumb biſtu mit Stricken umbgeben / und furcht hat dich ploͤtzlich erſchrecket. Solteſtu denn nicht die Finſternis ſe - hen / und die Waſſerſtuth dich nicht bedecken? Wieder ſolche beſchuldigung muſte ſich Job mit gewalt wehren / und ſeine Vn - ſchuld retten. Darumb er zwar bekandte / das er vor den aller - heiligſten Augen Gottes mit ſeiner Gerechtigkeit nicht beſtehen koͤnne; Er wiſſe wohl / das ein Menſch nicht rechtfertig beſtehen moͤge gegen Gott; habe derſelbe luſt mit jhm zu haddern / ſoJob 9. verß 2. 3. koͤnne er jhm auff tauſend nicht eins antworten. Aber gleichwohl ſey er nicht ein Gottloſer / der wieder Gewiſſen geſuͤndiget / in ſchande und laſter gelebet / und damit ſolche ſchwere ſtraffe verdie - net habe: Es ſey kein Frevel in ſeiner Hand / und ſein Gebet ſey rein: Sein Gewiſſen beiſſe jhn nicht ſeines gantzen lebens hal -c. 16. v. 17. ben. Gleichwohl wiſſe er / das Gott offtmahls in dieſem lebenc. 27. v. 6. den Gottloſen gutes / und hingegen den frommen uͤbel Gluͤck er -c. 12. v. 4. fahren laſſe. Dergleichen begegne auch jhm jetzo an ſtat des vo -5. 6. rigen wohlſtandes. Zu ſolcher Schutzrede wieder die falſche beſchuldigung ſeiner Freunde gehoͤret auch gegenwaͤrtiger Text / darin er ſonderlich die von Elipha / im 22. Capittel jhmc. 22. v. 4. folg. zugemeſſene boßheit / unbarmhertzigkeit / ungerechtigkeit / belei - digung der Armen / der Witwen und Waͤiſen wiederleget / undChinge -[18]hingegen ſich ruͤhmet / das er geweſen ein Loͤblicher Richter / ein Gluͤcklicher Reicher.

Wohl dem Reichen / der unſtraͤfflich funden wird / und nicht das Geld ſucht / Wo iſt er? So wollen wir jhn loben. Denn er thut groß ding unter ſeinem Volck. Der bewehrt hierin und rechtſchaffen erfunden iſt / der wird billich gelobt. Er kundte wol uͤbels thun / und ehaͤts doch nicht / Schaden thun / und thaͤts auch nicht. Darumb bleiben ſeine Guͤter /Sirach 31. verß 8. 9. 10. 11. und die Heiligen preiſen ſeine Allmoſen / ſagt Sirach im 31. Capittel. Ein ſolcher Reicher / und doch auch ein Gerechter; ein guter Richter / der nicht uͤbels / ſondern gutes / nicht ſchaden / ſondern frommen geſtifftet / und groß ding unter ſeinem Volck gethan hat / iſt geweſen Job: Wie denn auch andere / ja gar Heidniſche Seribenten / die ſolcher Hiſtorien erwehnen / jhmeEuſeb. l. 9. præpar. E - vang: f. 251 das lob geben. Euſebius im 9. Vuch der Evangeliſchen Vorbe - reitung fuͤhret an / wie Ariſteas / ingleichen Polyhiſtor in jhren Schrifften jhn geruͤhmet / das er wegen ſeiner Gerechtigkeit und Froͤmmigkeit / und deñ auch wegen ſeins Reichthumbs vornehm und anſehnlich geweſen. (Jobum ex Eſavi liberis in Idumææ atꝙ́ Arabiæ finibus habitaſſe, & cùm Juſtitiâ, tum Opibus præcipu - um fuiſſe.) Nach ſolchen beyden Suͤcken beſchreibet er ſich all-hier ſelber / das er geweſen:

I. Ein loͤblicher Richter.

ver. 12. 13. 14. 15. 16. 17.Davon redet er in dieſen Worten: Jch errettete den Ar - men / der da ſchrey / und den Waͤtſen / der keinen helffer hatte. Der Segen des / der verderben ſolte / kam uͤber mich / und ich erfrewet das Hertz der Witwen. Gerechtigkeit war mein Kleid / das ich anzog / wie einen Rock / und mein Recht war mein Fuͤrſtlicher Hut. Jch war des Blinden Auge / und des Lahmen Fuͤſſe. Jch war ein Vater der Armen / und welche Sache ich nicht wuſte / die erforſchte ich. Jch zubrach die Backenzaͤhne des Vngerechten / und reiß den Raub aus ſeinen1. B. Moſ. 36. verß 33 Zaͤhnen. Das Job ſey geweſen ein Koͤnig in Edom / deſſen im1. Buch[19]1. Buch Moſe am 36. unter dem Nahmen Jobab gedacht wird / iſt von unterſchiedenen Gelaͤhrten mit glaubwuͤrdigen gruͤndenGerhard in Exe. Tom. 1. L. Theol. de Serip. S. § 134. 135. 136. Pined. in Comm. cap. 1. . 1. num. 14. ſe. . 29. 30. 31. ſeq. bewieſen worden / welche hier anzufuͤhren die zeit nicht leidet.

Es hat zwar ein Paͤbſtlicher Seribent Cajetanus (ſonſt Tho - mas de Vio genant) ſolcher meinung unter andern auch entgegen geſetzet die Worte in Vnſerm Texte / da zum beſchluß Job ſaget: Jch wohnet / wie ein Koͤnig unter Kriegs-knechten. Wil al - ſo ſchlieſſen: Weil er ſage / Er ſey geweſen Wie ein Koͤnig / ſo muͤſte er in Warheit nicht Koͤnig geweſen ſeyn / ſondern ein Krie - ges Obriſter. Aber das giebt keinen gnugſamen gegenbeweiß.

Denn der H. Schrifft nicht ungewoͤhnlich iſt durch woͤrtlein derEſa: 1. v. 7. Vergleichung Wie oder Gleich wie / nicht ein bloß Gleichnis / ſoncap. 13. v. 6. dern die Warheit ſelbſt / da etwas warhafftig und in der that al -Oſea 4. v. 4 ſo iſt / anzudeuten. Exempel ſind hin und wieder zufinden. Joh: 1. v. 14

(Auch im vorhergehenden 24. Capittel haben wir dergleichen:1. Corinch: 4 verß 1. ꝛc. Wenn der Tag anbricht / ſtehet auff der Moͤrder / und erwuͤrgetJob 24. verß 14. den Armen und Duͤrfftigen / und des Nachts iſt er wie ein Dieb. Heiſſet ſo viel / alß Er iſt ein Dieb.) Alſo iſts auch hier zuverſtehen / das angedeutet wird / Job ſey ein Koͤnig geweſen / unter den Krieges-knechten / das iſt / der nicht allein in Friedens - zeiten wohl regieret / ſondern auch ſeine Soldaten zu regieren ge - wuſt hat. Von ſeinem Regiment / Herrſchafft und Obriſtem Richter-Ampt haben wir auch eben aus dieſem 29. Capittel /Job 29. v. 7 8. 9. 10. daraus vorhabender Text genommen / gute nachricht / wenn er von ſeiner vorigen gluͤckſeligkeit alſo redet: Da ich ausgieng zum Thor in der Stad / und mir ließ meinen Stuel auff der Gaſſen bereiten. Da mich dieJungen ſahen / und ſich verſteck - ten / und die Alten fuͤr mir auffſtunden. Da die Oberſten auffhoͤreten zu reden / und legten jhre Hand auff jhren Mund. Da die Stimme der Fuͤrſten ſich verkroch / und jhre Zunge an jhrem Gaumen klebte. Vnd hier in unſerm Text: Ge - rechtigkeit war mein kleid / das ich anzog / wie einen Rock / und mein Recht war mein Furſtlicher Hut. Erwehnet alſo ſeinesC ijRich -[20]Richterſtuels / den er jhm auff der Gaſſen / das iſt / offentlich be - reiten laſſen / Er gedencket der Alten und Jungen / der Oberſten und Fuͤrſten / die auff jhn gewartet. Er ſaget von ſeinem Fuͤrſtlichen Hut. Jſt alſo gewiß / das er ein Regent geweſen / der die ſachen gerichtet und geſchlichtet hat. Fragt ſichs aber / Was er vor ein Regent oder Richter geweſen? Ein ſehr Loͤbli - cher. Denn da hoͤren wir in unſerm Texte / wie nach einander erzehlet werden / die gute Eigenſchafften eines Richters / die er an ſich leuchten und ſpuͤren laſſen. Er iſt ein loͤblicher Richter geweſen / wegen ſeiner

I. Gerechtigkeit.

Davon giebt er dieſen Bericht: Jchv. 12. 13. 14 errettet den Armen / der da ſchrey / und den Waͤiſen / der keinen Helffer hatte. Der Segen des / der verderben ſolte / kam uͤber mich / und ich erfrewet das Hertz der Witwen. Gerechtigkeit war mein Kleid / das ich anzog wie einen Rock / und mein Recht war mein Fuͤrſtlicher Hut. Beniemet alſo zu Erſt Beſondere Faͤlle / darin er allermeiſt ſeine Gerechtigkeit erwieſen / und ſetzet vors Ander darauff eine Allgemeine Rede von dem Ruhm ſeiner Gerechtigkeit. Die

(1.) Beſondere Faͤlle / welcher er gedencket / ſind dieſe: Jch errettet den Armen / der da ſchrey / und den Waͤiſen / der keinen Helffer hatte. Der Segen des der verderben ſolte / kam uͤber mich / und ich erfrewet das Hertz der Witwen. Meldet alſo zu foderſt / das er ſich verlaſſener und vor der Welt verach - teten Perſonen angenommen habe. Von dem Regiment desPſalm 72. v. 12. 13. 14 H. Chriſti iſt im 72. Pſalm geweiſſaget: Er wird den Armen erretten der da ſchreyet / und den Elenden / der keinen Helffer hat. Er wird gnaͤdig ſeyn den Geringen und Armen / und den Seelen der Armen wird er helffen. Er wird jhre Seele aus dem Trug und Frevel erloͤſen / und jhr Blut wird thewer ge - achtet werden vor jhm. Gleich wie nun Gott im Him - mel und deſſen eingeborner Sohn in ſeinem Reich am allermei - ſten ſich derer annimbt / die da elend und verlaſſen ſind / Alſo willes auch[21]es auch denen gebuͤhren / welche Gott im Regiment zu ſeinen Statthaltern geordnet / und jhnen das Gericht befohlen hat / die ſollen wohl zuſehen / das ſie zwar ins gemein niemanden Vn - recht geſchehen laſſen / doch aber ſonderbahre acht haben auff die von Menſchen huͤlffloß gelaſſene Perſonen / welche zum offtern / weil ſie ſich zu retten und zuſchuͤtzen keine Mittel haben / von an - dern geplaget und geplacket werden: Damit man nicht auch von fuͤhrung jhres Richter-amptsſagẽ muͤſſe aus dem Prediger Sa -Predig: 4. verß 1. lomo am 4. Jch wandte mich / und ſahe an alle / die Vnrecht leidẽ unter der Soñen / und ſihe / da waren Thraͤnen dere / ſo Vnrecht lidten / und hatten keinen Troͤſter / und die jhnẽ Vnrecht thaten / waren zu maͤchtig / das ſie keinen Troͤſter haben kunten.

Vnter ſolchen verlaſſenen Perſonen ſind

1. Die Armen. Von dergleichen ſpricht Job: Jch errettet den Armen / der da ſchrey. Das Ebreiſche wort bedeu - tet zugleich einen / der an Guͤtern Arm / und auch einen ſolchen / dem es ſonſt uͤbel gehet / das er betruͤbet / arm und elend iſt. Der - gleichen Arme / und zu jhm umb huͤlffe ſchreiende Leute hat er er - rettet / das ſie nicht / wegen anderer unbilliches und unbarmhertzi - ges beginnens / in mangel verderben / in el[e]nd vergehen muͤſſen.

Das ſollen jhnen zufoͤderſt die / welche Gott in den Stand Weltlicher Obrigkeit geſetzet hat / wohl laſſen angelegen ſeyn / damit ſie nicht allem mit Job einen ſchoͤnen Ehrenruhm hievon erlangen / ſondern auch der Straffe / welche Gott im wiedrigen Fall gedraͤwet hat / entgehen moͤgen. Denn es ſaget die Heilige Schrifft: Wer ſeine Ohren verſtopfft vor dem Schreyen desSpruͤchw: 21. v. 13. Armen / der wird auch ruffen / und nicht erhoͤret werden.

Spruͤchwoͤrt: am 21. So hoͤret demnach / jhr Richter und Regenten auff Erden / das ſchreyen der nothleidenden Armen / das euch Gott wieder hoͤre.

2. Die Waͤiſen: Jch errettet den Waͤiſen / der keinen Helffer hatte. Von ſolcher vorſorge fuͤr verlaſſene Waͤiſen /Job 31. verß 17. 21 meldet er auch im 31. Capittel. Er habe ſeinen Biſſen nicht al -C iijlein[22]lein gegeſſen / ſondern der Waͤiſe habe auch davon gegeſſen.

Wiewohl er geſehen ſeine Macht im Thor / das iſt / im Gerichte / So habe er doch nicht mit ſeiner Hand uͤber den Waͤiſen gefah - ren / das iſt / er habe jhn nicht beleidiget / noch jhme leid geſchehen laſſen. Es iſt ja ein erbaͤrmlicher zuſtand / wenn Vater und Mutter dahin ſterben / unmuͤndige und unerzogene Waͤiſen hin - ter ſich verlaſſen. Denn die Eltern ſolten ſie erziehen / etwas tuͤchtiges und ehrliches lernen laſſen / fuͤr boͤſen ſitten und Geſell - ſchafft fleißig warnen / jhnen etwas in Vorrath ſamlen / das ſie mittel zur aufferziehung / und ins kunfftige zu eigener Haushal - tung haben koͤnten. Wie denn trewhertzige Eltern / ſo viel ſich mit Gott und gutem Gewiſſen thun laͤſſet / keiner Sorg und Muͤhe ſparen / ſich ſelbſt offtermahl kaͤrglich und nehrlich behelf - fen / damit nur den Kindern etwas bleiben moͤge. Da ſie aber der Tod hinweg reiſſet / ſo faͤllet ſolches alles gemeiniglich dahin.

Fleißige und trewhertzige Vormunden ſind ein ſeltzames Wild - pret. Viel derſelben ſind ſolche Vor-Munde / das ſie den armen Mundlein die verlaſſenſchafft vor dem Munde gleichſam hinweg nehmen / als das jhrige brauchen und durchbringen. Man un - terdruckt die Waͤiſen / ſtricket jhnen ab jhr habendes recht; Sie werden ſehr verachtet / muͤſſen gleichſam Fuß-hadder ſeyn; Auff erhaltung jhrer Geſundheit / auff fleißige unterweiſung und auf - erziehung wird ſchlechte achtung gegeben / und dennoch alles thewer bezahlt genommen. Wer jhren Eltern feind geweſen / und jhnen doch bey lebzeiten nicht ſchaden koͤnnen / der gedenckt an den hinterlaſſenen Kindern ſich zu raͤchen / und ſein Muͤthlein zu kuͤhlen. Job ſelbſt erwehnet hin und wieder ſolches Elendes / das uͤber einen verlaſſenen Waͤiſen gehet. Man falle uͤber einenJob 6. v. 27 c. 24. v. 3. c. 31. v. 21. armen Waͤiſen; im 6. Capittel. Man treibe der Waͤiſen Eſel weg; im 24. Capit. Man fahre mit ſeiner Hand uͤber die Waͤi - ſen / das iſt / bedraͤnge ſie / und thue jhnen gewalt; im 31. Capit. Solcherley Waͤiſen / die unter Menſchen keinen Helffer gehabt / hat ſich Job angenommen / und als ein gerechter Richter ſie er -rettet.[23]rettet. Dieſer ſeiner huͤlffe haben auch genoſſen

3. Die zum verderben verſtoſſene. Davon ſagt er alſo: Der Segen des / der verderben ſolte / kam uͤber mich. Es fin - den ſich offtmahl Exempel / das einer eine gerechte ſache hat / und iſt unſchuldig an dem / das man jhm zeihet. Er kan aber ſeine Vnſchuld nicht ausfuͤhrẽ / entweder aus mangel des Verſtandes / oder guten Raths / oder Geldes / und anderer Huͤlff-mittel. Der Gegenpart hat gute gunſt; iſt anſehnlich und maͤchtig / das ſich nicht leicht jemand darff wieder jhn aufflegen; er beſticht man - chen mit Geſchencke; er hat verſchlagene Leute an der Hand / die jhm beyſtehen / und weiſen / wie er die ſache kluͤglich angreiffen ſolle / dieſelbe zugewinnen; die Zeugen duͤrffen / oder wollen nicht wieder jhn reden. Es gehet Gewalt uͤber Recht. Dar -Habacue 1. verß 4. umb gehets gar anders / denn recht / und kan keine rechte ſache gewinnen. Der Vnſchuldige wird verdammet und verderbet / das er umb ſein habendes recht / umb ſein zeitlich vermoͤgen / umb ſeinen ehrlichen Namen / wo nicht gar vollend umb Leib und Le - ben kommet. Da ſagt nun Job / Er habe ſich ſolches zum ver - derben verurtheileten Menſchens angenommen / jhn von un - rechter gewalt erloͤſet / ſeine unſchuld und gerechtigkeit an den Tag gebracht; das alſo ein ſolcher / der ſonſt haͤtte verderben muͤſſen / jhme / als ſeinem Richter und Erloͤſer von Gott dem Herrn reiche vergeltung fuͤr ſolchen ſchutz / gluͤck und ſegen ge - wuͤntſchet und gebeten habe / welcher gewůntſchte Segen auch an jhm beklieben und erfuͤllet worden. Das iſt es / was er hier ſpricht: Der Segen des / der verderben ſolte / kam uͤber mich. WieJob 31. v. 19. 20. er im 31. Capittel ſpricht: Hab ich jemand ſehen umbkom - men / das er kein Kleid hatte / und den Armen ohne Decke ge - hen laſſen? Haben mich nicht geſegnet ſeine Seiten / da er von dem Fellen meiner Laͤmmer erwaͤrmet ward? das iſt / da er meiner Kleidung genoß / dadurch er vor froſt verwahret wurde / da ſegnete er mich / wuͤntſchte mir alles gutes vor ſolche erzeig - te Wohlthat. Alſo meldet er hie / das auch die / welche ſonſthaͤtten[24]haͤtten verderben muͤſſen / wegen ſeiner huͤlffe jhn geſegnet / und ſolcher Segen an jhm wol erfůllet worden. Er nennet noch eine art der verlaſſenen Perſonen / welchen er / als ein gerechter Richter beygeſtanden und geholffen. Das ſind nun

4. Die Witwen. Denn er ſpricht: Jch erfrewete das Hertz der Witwen. Witwen Stand iſt auch ein truͤbſeliger Stand / darin man viel wiederwertigkeit ausſtehen muß. Es haben ſolche jhres lieben Ehegatten beraubte Turteltaͤublein haͤuffige urſach zu ſeufftzen und zu girren in jhrer einſamkeit.

Der beſte Freund iſt geſtorben; umb andere / die jhnen beyſtehen ſolten / iſt es mißlich. Es wird jhnen ſchwer / etwas zuerwerben / oder die Nahrungs-mittel alleine fort zu treiben. Man uͤber - vortheilet ſie hin und wieder / thut jhnen Gewalt / laͤſſet an jhnen die unbilliche gegen jhren Ehemaͤnnern gefaſſete feindſchafft aus / welche man bey ſeinen lebzeiten nicht durffen mercken laſſen. Wittiber koͤnnen ſich / wo es die noth erfodert / noch wiederumb anderwerts umbſehen nach einem Ehegatten. Aber das ſchickt ſich nicht vor Witwen. Die ſollen nicht eher dancken / biß ſie ge - gruͤſſet werden. Solcherley vielfaͤltige truͤbſeligkeiten im Wit -Greg: Nyſs: de virg: c. 3. wenſtande hat Gregorius Nyſſenus. von der Jungfrawſchafft im 3. Capittel weitlaͤufftig beſchrieben. Ja es redet auch Job ſelbſt hiervon: Man nehme der Witwen Ochſen zu pfande;Job 24. v. 3. 21. c. 31. v. 19. man thue jhr kein guts / im 24. Capittel / man laſſe die Augen der Witwen verſchmachten / im 31. Capitel. Hingegen berich - tet er / das Er der Witwen Hertz erfrewet habe. Er nennet das Hertz der Wittiben / anzuzeigen die groͤſſe jhrer gehabten betruͤb -1. B. Sam: am 1. v. 13. 15. 16. nis. Denn gleich wie im 1. Buch Samuels am 1. von Hanna gemeldet wird: Sie redet in jhrem Hertzen / allein jhre Lippen regeten ſich / und jhre Stimme hoͤret man nicht; denn ſie war ein betruͤbt Weib / das aus ſeinem groſſen kummer und traw - rigkeit redete / und ſein Hertz vor dem Herren ausſchuͤttete.

Alſo will hier Job ſagen / gehet es den armen verlaſſenen Witti - ben / jhr Hertz iſt voll trawrens und kummernis / ſie koͤnnen nicht /duͤrffen[25]duͤrffen auch wohl nicht viel Wort machẽ von jhrem elende / oder jhre noth andern klagen. Sie můſſen jhr leid in ſich freſſen / und auff dem Hertzen behalten. Er aber hat dergleichen von Her - tzen bekuͤmmerter / von Freunden verlaſſener / von andern geplag - und bedraͤngter Perſonen ſich trewlich angenommen / jhnen zu jhrem recht verholffen / und ſie hiermit erfrewet; ja alſo ſie er - frewet / das die frewde bey jhnen viel groͤſſer worden / als der vo - rige kummer geweſen. Jm Ebreiſchen ſtehet das Wort arnín Bedeutet eigentlich: Jch habe gemacht / ſtarck zu ruffen / nem - lich vor Frewde. Der kummer iſt geweſen im Hertzen: die frewde aber wegen erhaltenen rechtes und huͤlffe / zugleich im Hertzen und in dem Munde / das ſie vor frewden ausgeruffen / und ſolche rettung offentlich geprieſen haben.

Solchem Exempel Jobs / des ſonderbar loͤblichen Rich - ters ſollen billich alle die jenigen / welche GOTT in den Stand der Obrigkeit geſetzet hat / mit allem Fleiſſe nachfolgen / alſo / das ſie beſonders der Witwen und Waͤiſen / der Armen und Ge - druckten / die vor der Welt verachtet und verlaſſen ſind / ſich an - nehmen / jhnen ja nicht laſſen unrecht geſchehen / ſondern muͤg - lichſten fleiß anwenden / das jhre rechte ſache gefoͤrdert / und ſie dabey erhalten und geſchuͤtzet werden. Gott hat es jhnen ernſtlich in ſeinem Worte befehlen laſſen: Schaffet recht dem Armen und dem Waͤiſen / und helffet den Elenden und Duͤrf - tigen zum Recht. Errettet den Geringen und Armen / undPſalm 82〈…〉〈…〉 verß 4. 5. erloͤſet jhn aus der Gottloſen Gewalt / im 82. Pſalm. Erret - te die / ſo man toͤdten will / und entzeuch dich nicht von denen / die man erwuͤrgen / das iſt / unſchuldiger weiſe verdammen und verderben will / im Spruͤchw: Salom: am 24. Helffet demSpruͤchwe Salom: 24. verß〈…〉〈…〉 1. Verdruckten / ſchaffet den Waͤiſen recht / und helffet der Wit - wenſachen / Eſaiæ am 1. Hoͤre den Armen gerne / und ant -Eſaia 1. verß 17. worte jhm freundlich und ſanfft. Errette den / dem Gewalt geſchicht / von dem / der jhm unrecht thut / und ſey unerſchro - cken / wenn du urtheilen ſolt. Halt dich gegen die Waͤiſen wieDein[26]ein Vater / und gegen ihre Mutter wie ein Hauß-Herr / das iſt / denen jhr Vater / jhr Ehemann verſtorben / derer nimm dich an /Sirach 4. v. 8. 9. 10. und ſchuͤtze ſie als waͤrens deine Kinder / dein Ehegatte / ſagt Si -Casſiod: 4. Var: c. 42. rach im 4. Capittel. Wie denn Koͤnig Theodoricus, beym Caſſi - odoro im 42. cap. des 4. Buchs der mancherley Sendſchreiben / ſolcher art zu reden ſich gebraucht / das er geſagt: Wohl nim - met die Fuͤrſtliche Guͤtigkeit auff / welchem die Vaͤterliche liebe und Froͤmmigkeit mangelt: Dieweil unter dem of - fentlichen Vater (das iſt / unter einem loͤblichen Regenten / wel - cher ein Vater ſeiner Vnterthanen iſt) ſoll der Verluſt des Vaters / der einen gezeuget hat / mit nichten empfunden wer - den. Denn zu uns nimmet billich und recht die verlaſſene Kindheit jhre zuftucht. (Bene Principalis clementia ſuſcipit, quos pietas paterna deſtituit: Quia ſub Parente Publico Genitoris minimè ſentiri deb〈…〉〈…〉 t amiſſio. Ad nos ſiquidem jure recurrit In - fantia deſtituta.) Es hat Chriſtliche Obrigkeit nebenſt dem Ve - fehl Gottes / auch vor ſich deſſen eigenes Exempel. Denn die H. Schrifft zeuget vielfaͤltig / wie er ſich allermeiſt der Witwen und Waͤiſen / der Armen und Elenden / die von Menſchen ver - laſſen ſind / annehme / jhnen recht ſchaffe ſie ſchuͤtze / und hingegen jhre Beleidiger ſtraffe. Er iſt es der da recht ſchaffet denen / ſo Gewalt leiden / der die Hungrigen ſpeiſet. Der HErr erloͤſet die Gefangenen / der HERR machet die Blinden ſehend / der HErr richtet auff / die Niedergeſchlagen ſind / der HErr liebet die Gerechten. Der HErr behuͤtet die Frembdlinge und Waͤi - ſen / und erhaͤlt die Witwen / und kehret zu rucke den Weg derPſalm 146 v. 7. 8. 9. Gottloſen / ſagt der 146. Pſalm. Er laͤſſet anfuͤhren / als ſei - ne ſonderbahre Ehrentitel / das Er ſey ein Vater der Waͤiſen / und Richter der Witwen / im 68. Pſalm. Er iſt ein GOTT aller Goͤtter / und HErr uͤber alle Herren / ein groſſer GOTT / maͤchtig und ſchrecklich / der keine Perſon achtet / und kein5. B. Meſ. 〈…〉〈…〉0. v. 17. 18 Geſchenck nimpt. Vnd ſch[a]ffet recht den Waͤiſen und Wit - wen / und hat die Frembdlinge lieb / ſagt Moſes im 5. Bucham 10.[27]am 10. Capittel. Alſo ruͤhmet jhn auch K. David im 10. Pſalm /Pſalm 10. verß 17. 18 Die Armen befehlens dir / Du biſt der Waͤiſen Helffer. Das Verlangen der Elenden hoͤreſtu HERR / jhr Hertz iſt gewiß / das dein Ohr drauff mercket / das du Recht ſchaffeſt den Waͤi - ſen und Armen / das der Menſch nicht mehr trotze auff Er - den. Weil denn Richter und Regenten das Gerichte halten2. Buch der Chromc: 9. verß 7. nicht den Menſchen / ſondern dem Herren / und er deswegen jhnen ſeinen Namen mittheilet / das er ſie im 2. Buch Moſe am2 B. Moß 22. verß 9. 22. und Pſalm 82. Goͤtter nennen laͤſſet / ſo ſollen ſie auch nachPſalm 82. verß 7. dem Exempel Gottes ſich richten / den Witwen und Waͤiſen / den Armen und Elenden zu jhrem Recht verhelffen / und ſie wie - der billigkeit nicht beſchweren laſſen / viel weniger ſelbſt beſchwe - ren. Wollten ſie dieſem Exempel Gottes nicht folgen / So wuͤr - den ſie in Warheit jhnen auff den Halß laden ſeinen Zorn und ſchwere Straffen / welche er in ſolchem Fall ergehen zu laſſen ge - draͤwet hat: Wehe den Schrifftgelehrten / die Vnrechte Ge - ſetz machen / und die unrecht Vrtheil ſchreiben / Auff das ſie die Sachen der Armen beugen / und Gewalt uͤben im Recht der Elenden unter meinem Volck / das die Witwen jhr Raub / und die Waͤiſen jhre Beute ſeyn muͤſſen. Was wollt jhr thun am Tage der heimſuchung und des Vngluͤcks / das von ferne kompt? Zu wem wollt jhr ſtiehen umb huͤlffe? Vnd wo wollt jhr ewre Ehre laſſen / das ſie nicht unter die Gefangene gebeuget werde / und unter die Erſchlagene falle? Jn dem allem laͤſt ſein Zorn nicht abe / ſeine Hand iſt noch ausgereckt / Eſaiæ am 10. Hinwiederumb haben loͤbliche Regenten / wel -Eſaia 10. v. 1. 2. 3. 4. che mit Job und andern Gottſeligen Richtern / denen Armen nothleidenden / und von der Welt verlaſſenen Perſonen zu recht verholffen / reicher Belohnung ſich zu getroͤſten. Wir haben gehoͤrt / wie Job geſprochen: Der Segen des / der verderben ſolte / kam uͤber mich. Alſo geſchicht es annoch / wenn bedraͤng - te Leute empfinden / wie man jhnen Vnrecht thut / und ſie weder rath noch huͤlffe wiſſen / jhre Vnſchuld aus zu fuͤhren; Gleich -D ijwohl[28]wohl aber ein Gewiſſenhaffter Regente die unbilligkeit ſpuͤret / und ſie vom verderben errettet / das ſolche Leute nicht allein uͤber ſolchen Schutz und huͤlffe ſich hoͤchſt erfrewen / ſondern auch dem / der jhnen geholffen / von grund jhres Hertzen alles gutes Wuͤnt - ſchen: Ach / Gott ſey lob und danck / das Er mir an dem Her - ren einen ſo trewenHelffer beſcheret hat! weñs ohne jhm geweſen waͤre / man haͤtte mich gantz untergedruckt. Gott vergelte es jhm ja reichlich. Gott laſſe es jhn und ſeine Kinder wiederumb genieſſen. Solcher Segen ſoll nicht vergebens ſeyn / ſondern auf ſolche Gerechte Richter kommen / und wohl bekleiben. Dieſes ließ Gott der Herr dem K. in Juda / dem Jojakim vorhalten /Jerem: 22. verß 15. 16. Jerem: 22. Dein Vater (nemlich der fromme Joſias) hielt uͤber dem Recht und Gerechtigkeit / und gieng jhm wohl. Er halff den Elenden und Armen zu recht / und gieng jhm wohl.

Nach erzehlung Beſonderer Faͤlle / darin Job ſeine Ge - rechtigkeit hat erwieſen / haͤnget er von ſolcher Tugend an eine

(2.) Allgemeine Rede / anzudeuten / das er zwar ſonderlich denen vor der Welt verachteten / und von der Welt verlaſſenen Perſonen / zu recht verholffen habe / doch auch in andern ſtuͤcken und gegen andere Perſonen ein Liebhaber und Foͤrderer der Ge - rechtigkeit geweſen ſey. Gerechtigkeit / ſpricht er / war mein Kleid / das ich anzog wie einen Rock / und mein Recht war mein Fuͤrſtlicher Hut. Mit ſolcher art zu reden ſiehet er auff die gewohnheit der Regenten / welche ſich mit ſonderbahrer art der Kleidung verſahen und ſchmuͤckten / wenn ſie im Gerichte ſi -Apoſt: ge - ſchicht 12. verß 21. tzen ſolten / wie wir in der Apoſtel geſch: am 12. leſen. Das He - rodes auff einen beſtim̃ten Tag das Koͤnigliche Kleid anthat / ſich auff den Richterſtuel ſetzte / und eine Rede an das Volck that.

Eſaia 59. verß 17.Aus dem Eſaia am 59. und dem Buche der Weißheit am 5.Buch der Weißh. 5. verß 19. wil faſt erſcheinen / das die Richter bisweilen geruͤſtet und gewa - pnet im Gerichte geſeſſen ſind / weil unter ſolchem Gleichnis vom Harniſch / vom Pantzer / vom Helm / vom Schild / vom Schwerd / vom Krieges-Rocke Gott der Herr / als ein Rich -ter[29]ter zubetrachten vorgeſtellet wird. Die worte ſolcher Texte ſollen bald angefuͤhret werden. So ſaget demnach Job / Er ſey auch / als ein vornehmer Richter / bekleidet und mit Schmuck an - gethan geweſen / nicht zwar alſo / das er viel auff praͤchtige Klei - der gehalten und gewendet / ſondern das er mit Tugenden ge - ſchmuͤcket / und dieſelbigen / namentlich aber die Gerechtigkeit vor ſeinen beſten Schmuck / vor ſein ſchoͤnſtes Richter-Kleid ge - achtet habe. Es iſt zwar Richtern und Regenten nicht verbo - ten / das ſie vor andern ein zierlich Ehren-Kleid tragen / und ſich alſo jhrem Stande gemeß halten wenn nur den Sachen nicht zu viel geſchicht. Alſo ward Joſeph ſtattlich bekleidet / da jhn Koͤ - nig Pharao ſatzte zum Herrn uͤber gantz Egypten Land. Denn der Koͤnig that ſeinen Ring von ſeiner Hand / und gab jhn Jo - ſeph an ſeine Hand / und kleidet jhn mit weiſſer Seiden / und hieng1 B. Moß 41. v. 41. 42 jhm eine guldene Ketten an ſeinen Halß. Alſo gieng Mardochai / nach dem er an Hamans ſtatt erhoͤhet war / in Koͤniglichen Klei - dern / Geel und Weiß / und mit einer groſſen guldenen Krone / angethan mit einem Leinen und Purpurmantel. Doch ſollenEſther 8. verß 15. ſich auch ſolche Regenten in acht nehmen / das ſie ſich nicht erhe -Sirach 10. verß 4. ben jhrer Kleider / noch ſtoltz ſind in jhrem Hertzen; auch nichtLuc 7. v. 〈…〉〈…〉 alſo weiche Kleider tragen / das ſie in herrlichen Kleidern und Luͤ - ſten leben. Der allerbeſte Schmuck aber und das ſchoͤnſte Eh - renkleid / welches jhnen das meiſte anſehen macht / iſt der wohler - haltene ruhm von liebe und uͤbungen der ſchoͤnen Tugenden / al - lermeiſt der Gerechtigkeit. Wer damit geſchmuͤcket iſt / der hat das rechte Ehrenkleid / welches ſeinen glantz immerdar behaͤlt / niemahls veraltet / vielweniger zureiſſet. Je laͤnger man es traͤ - get / je ſchoͤner es einem anſtehet. Gott ſelbſt / als der Oberſte Richter hat ſich in H. Schrifft alſo abbilden laſſen / das er an ſtatt Wehr und Waffen / Rocks und Schmuckes / mit Gerech - tigkeit und andern zum Richter-ampt gehoͤrigen Eigenſchafften ausgeruͤſtet ſey. Er zeucht Gerechtigkeit an / wie einen Pan - tzer / und ſetzet einen Helm des Heils auff ſein Haupt / undD iijzeucht[30]zeucht ſich an zur Rache / und kleidet ſich mit Eiver / wie mit einem Rock / ſagt Eſaias im 59. Capittel. Gleiches ſinnes redet von jhm das Buch der Weißheit im 5. Capittel. Er wird ſeinen Eiver nehmen zum Harniſch / und wird die Creatur ruͤſten zur Rache uͤber die Feinde. Er wird Gerechtigkeit an - ziehen zum Krebs / und wird das ernſte Gericht auffſetzen zum Helm. Er wird Heiligkeit nehmen zum unuͤberwind - lichem Schilde. Er wird den ſtrengen zorn wetzen zum Schwerd. So ſollen demnach Gottſelige Richter und Re - genten / als die von Gott verordnete Amptleute ſeines Rei - ches / ſich in die Hof-farbe jhres Koͤniges und Herrn kleiden / Ge - rechtigkeit anziehen / als einen ſchoͤnen Rock / und mit dem Recht / als mit einer ſchoͤnen Krone und Fuͤrſtlichem Hute / jhr Haupt zieren. Gleich wie ein Ehrbahrer Menſch alle Tage / wenn er aus dem Bette auffgeſtanden / ſeine Kleider anleget / und damit den Leib bedecket / das er nicht bloß erfunden werde: Alſo gebuͤh - ret Richtern und Regenten (weil ſie Gerechtigkeit als einen Rock anziehen ſollen) das ſie alle Tage jhres Amptes / ja jhre gantze lebetag ob dem Recht mit allem fleiſſe halten / und nicht et - wan eine zeitlang ſich gut und from̃ erweiſen / nachmahls aber boͤ -Job 27. v. 6 ſe und ungerechtwerden. Sie ſollen mit Job den feſten Vorſatz haben: Von meiner Gerechtigkeit / die ich habe / will ich nicht laſſen / in ſeinem 27. Capittel. Was hilfft es / wenn man ein theil des Leibes zierlich bekleidet / und hingegen ein ander theil o - der Gliedmaß deſſelben entweder mit ſtinckenden alten zuriſſe - nen Haderlumpen bedecket / oder gar ſchaͤndlich bloß laͤſſet? Al - ſo iſt es nicht gnugſam / das ein Richter in etlichen ſtuͤcken und fål - len ſich Gerecht erweiſet / ſondern er ſoll ſich befleiſſen / allenthal - ben und in allen ſachen alſo zu verfahren / wie es die Gerechtig -Sirach 47. verß 21. keit erfodert. Thut er dieſes nicht / So haͤnget er ſeiner Ehre einen Schandfleck an / und wird das Lob / welches er aus vorigem Wohlverhalten erlanget hat / vernichtet. Dieſes erinnert auchGregor: M. Gregorius M. in auslegung dieſes Textes / und ſpricht: Wer mitder[31]der Gerechtigkeit / als wie mit einem Kleide bekleidet wird / der bedeckt ſich allenthalben mit guten Wercken / und laͤſſet der Suͤnden kein Theil oder ſtuͤck ſeines thuns bloß. Denn wer in etlichen verrichtungen gerecht iſt / in den andern ungerecht / der bedeckt gleichſam dieſe ſtuͤcke / hat aber jene entbloͤßet / und ſind nun nicht mehr gute Wercke / welche durch andere entſtan - dene boͤſe Wercke beflecket werden. (Qui juſtitiâ ſicut veſtimente veſtitur, ſe undiꝙ́ bono opere protegit, & nullam partem actionis ſuæ peccato nudam relinquit. Nam qui in alijs actionibus juſtus eſt, in aliis injuſtus, quaſi hoc latus cooperit, illud nudavit: Neꝙ́ jam bona ſunt opera, quæ ſubortis aliis pravis operibus inquinan - tur.)

Wir ſchreiten fort zur betrachtung der Anderen guten ei - genſchafft / umb welcher willen Job / als ein beſonderer Loͤblicher Richter / zu preiſen iſt / nemlich wegen ſeiner

II. Weißheit.

Das einem Regenten allerdings noͤthig ſey die Weißheit / iſt an ſich ſelbſt klar und offenbar. Darumb auch der Junge Koͤnig Salomo / da er ins Regiment trat / und Gott der Herr jhm frey ſtellte / zu bitten / was er jhm geben ſollte / nicht umb langes leben bat / noch umb Reichthumb / noch umb ſeiner Feinde Seele / ſondern umb Verſtand / Gericht zu hoͤren / umb ein Weiſes und Verſtaͤndiges Hertz / 1. Buch der1 Buch der Koͤn: 3. v. Koͤnig: 3. So iſt auch ſolche Weißheit und Verſtand in Poli - cey Weſen / hoͤchſt nuͤtzlich / alſo das wohl ein armer Weiſer Mann durch ſeine Weißheit eine Stadt erretten kan / und dero - wegen Weißheit ja beſſer iſt / denn Staͤrcke / wie abermahls Sa - lomo ſchleußt Predig: 9. Solche Weißheit hat ſich auch erei -Prediger Salom: 9. verß 15. 16 gnet bey dem Job / wie er denn davon meldet in den Worten die nun zu erklaͤren ordentlich folgen: Jch war des Blinden Au - ge / und des Lahmen Fuͤſſe. Nach dem Ebreiſchen lautet es von Wort zu Wort alſo: Jch war die Augen dem Blinden / und die Fuͤſſe dem Lahmen war Jch. (Enájim hajíthi laivvér ve - raglájim lappisſéach aní.) Zeiget alſo an / das er die Re -giments -[32]giments-ſorgen nicht ſeinen Dienern und Beampten uͤbergeben / ſondern ſich derer ſelbſt angenommen / und darauff gedacht ha - be / wie er ſeinen Vnterthanen mit Rath und That wohl helffen koͤnne. Das er ſich nicht nur das Auge oder den Fuß nennet / ſondern beyde Augen / beyde Fuͤſſe (In Ebr: eſt numerus Du - alis) des Blinden und Lahmen / iſt darumb geſchehen / das er an - deute / wie er nicht nur in etwas / ſondern gantz und voͤllig zu ra - then bereit geweſen. Einaͤugige ſehen zwar: Aber der mangel des andern Auges gibt einen groſſen uͤbelſtand. Die auff einem Beine hincken / kommen zwar endlich auch fort / Aber ſehr be - ſchwert und langſam. So hat er demnach ſeinen unverſtaͤndi - gen und ungeſchickten Vnterthanen beyde Augen / beyde Fuͤſſe ſeyn wollen / alſo / das ſie die jhnen obliegende oder vorfallende ſachen wohl verſtehen / und den Wandel jhres lebens richtig fuͤh - ren ſollen. Er vergleicht ſich den Augen / weil er jhnen geweſen ein Fuͤhrer des Weges zum Verſtande: Den Fuͤſſen aber / weil er ſie gefuͤhret hat auff den Weg guter Sitten und richti - ges Wandels (Origenes ſup. r h. l. Uſurpatus eſt Oculus, tan - quam Dux viæ ad Intelligendum: Pes. a. quaſi Dux viæ Mo - rum) Er hat ſie angewieſen zu guten Wiſſen / und zu guten Wercken zu rechtem Verſtande und rechtem Wandel / wie jhmJob 4. verß 3. 4. denn auch ſein Freund / der Eliphas cap. 4 das Zeugnis gibt: Sihe du haſt viel unterweiſet / und laſſe Haͤnde geſtaͤrcket. Dei - ne rede hat die Gefallenen auffgerichtet / und die bebende Knie haſtu bekraͤfftiget. Denn Richter und Regenten beduͤrffen der Weißheit / zu beyderley faͤllen. Zu

1. Vnterweiſung der Vnwiſſenden / das ſie das jenige / was rechtens ſey oder nicht / verſtehen / und alſo denen rathen und helffen koͤnnen / die deſſen eigentliche wiſſenſchafft nicht haben / aus Vnverſtand fehlen und verſtoſſen. Solcher geſtalt ſind ſie des Blinden Augen. Denn durch Blindheit wird in H. Schrifft zum oͤfftern verftanden die Vnwiſſenheit und Thorheit / da man das / was heilſam iſt / nicht erkennet oder erkennen will. (5. Buch[33](5. Buch Moſ: 18. Eſa: 42. cap. 56. Matth: 15. ꝛc.) 5. B. Moſ. 28. v. 28.

Durch die Augen aber Weißheit und Verſtand / weil man hier -Eſa: 42. verß 19. durch eine ſache erkennet / wie die Augen des Menſchen eußerli -c. 56. v. 16. cher weiſe etwas ſehen und erkennen / (1. B. Sam: 15. 2. Matth: 15. verß 14. ꝛc.Sam: 6. 4. B. Moſ: 10. Spruͤchw: 4. Pred: 2. Matth: 6. Epheſ: 1. Augen des Verſtaͤndnis) Jn ſolcher meinung ſaget1. B. Same 15. verß 17. Salomon von einem Regenten: Ein Koͤnig / der auff dem2. B. Sam: 6. verß 22. Stuel ſitzet zu richten / zuſtrewot alles Arge mit ſeinen Au -4. B. Moſ. 10. v. 31. gen / das iſt / mit ſeinem Verſtande und Weißheit. Sollen nun Richter und Regenten ſeyn des Blinden Augen / alſo / das ſie dieSpruͤchw: 4. verß 25. unwiſſende des rechtens berichten / und jhnen weiſen / was recht oder unrecht / ſo muͤſſen ſie ja vorhin dergleichen wohl verſtehen /Predig: 2. verß 14. und nicht ſelber Blind und Vnwiſſend ſeyn Sonſt heiſſet esMatth: 6. verß 22. aus Luc: 6. Mag auch ein Blinder einem Blinden den WegEpheſ: 1. verß 17. ꝛc. weiſen? Werden ſie nicht alle beyde in die Gruben fallen? Sollen ſie der Blinden Auge ſeyn / ſo muͤſſen ſie ſich wohl huͤten /Luc: 6. v. 39 das nicht jhnen ſelbſt durch Geſchencke / und dadurch erregte gunſt gegen die eine Parthey / die Augen des Verſtandes geblen - det werden. Gott ſelbſt hat jhnen deswegen befohlen: Du ſollt nicht Geſchencke nehmen / denn Geſchencke machen die Sehenden Blind / und verkehren die Sachen der Gerechten / 2. B Moſ: 13. Du ſollt das Recht nicht beugen / und ſollt2 B. Moſ. 13. v. 8. auch keine Perſon anſehen / noch Geſchencke nehmen / denn die Geſchencke machen die Weiſen Blind / und verkehren die5. B. Moſ. 17. (16.) verß 19. gerechten ſachen / 5. B. Moſ: 17.

Noͤthig iſt jhnen die Weißheit zu

2. Regierung der Vnvermoͤgenden und Schwachen.

Das ſie nicht unbedachtſam poltern / und durch ungeſtuͤm̃ gleich - ſam alles uͤbern hauffen werffen / ſondern mit Vernunfft han - deln / und bedencken / das ſie mit vielen Lahmen zu thun haben / das iſt / mit ſolchen Leuten / die jhren gang und wandel nicht aller - dings alſo fuͤhren / wie es die gerechtigkeit und billigkeit erfo - dert / ſondern hincken / offt ſtraucheln / und leicht fallen / das iſt /Efehlen[34]fehlen und ſuͤndigen. Wie man nu einen Lahmen nicht vollends umbſtoͤſſet / ſondern gedult mit jhm hat / jhn auch wohl leitet und fuͤhret / das er / wiewohl langſamer und beſchwerlicher / doch endlich auch fortkomme / und allgemachſam die muͤdigkeit / ver - renckung / verwundung der Fuͤſſe / oder anders / was zum hincken und ſtraucheln urſach gibt / ſich verliere / und er allgemachſam beſſer / endlich auch gar fertig lerne gehen: Alſo muͤſſen Richter und Regenten weißlich umbgehen mit jhren Vnterthanen / die da fehler und gebrechen an ſich haben. Sie muͤſſen anfangs et - was vertragen / und gedult mit jhnen haben / doch aber alſo / das ſie ſie mit ſanfftmuth anmahnen und anweiſen / wie ſie jhre fehler endern / und jhren wandel hinfort beſſer fuͤhren ſollen.

Auff ſolche weiſe ſind ſie der Lahmen Fuͤſſe. Gleich wie Leh - rer und Prediger jhre Zuhoͤrer / die im Wandel des Chriſten - thumbs fehlen und ſtraucheln / mit lehren / mit ermahnen auff - muntern / das ſie wieder auffrichten die laͤßigen Haͤnde / und die muͤden Knie / und gewiſſe tritt thun mit jhren Fuͤſſen / das ſie nicht ſtraucheln / wie ein Lahmer / ſondern vielmehr ge -Ebr: 12. v. 12. 13. ſund werden / wie die Epiſtel an die Ebreer am 12. redet: Al - ſo gebuͤhret Obrigkeit dergleichen zuthun gegen jhre Vntertha - nen / das ſie jhr leben und wandel dem Policey-Weſen gemeß fuͤhren. Der Fuͤſſe Ampt und Werck iſt / das ſie des Leibes laſt tragen / und dieſelbe gleichſam auff jhnen ruhet. Alſo ruhet und beruhet auff denen Richtern und Obrigkeit die Laſt des Re - giments / das ſie deswegen muͤhſame ſorge tragen / und aller - hand beſchwerden vertragen muͤſſen / darunter ſie bißweilen ſehr abgemuͤdet werden / das ſie wohl mit Moſe vor Gott klagen: Warumb bekummerſtu deinen Knecht? und warumb finde ich nicht Gnade fuͤr deinen Augen / das du die Laſt deines gantzen Volckes auff mich legeſt? Jch vermag das Volck nicht allein4. B. Moſ. 11. v. 11. 14. alles ertragen / denn es iſt mir zu ſchwer (aus dem 11. Capittel des 4. B. Moſ. Wie er denn auch gegen dem Volck geklaget: Wie kan ich allein ſolche muͤhe und laſt und hadder von euch er -tragen?[35]tragen? (5. B. Moſ. cap. 1.) Da will nun trewen Collegen,5. B. Moſ〈…〉〈…〉 1. verß. 12. welche denen Richtern in fuͤhrung des Regiments zugeordnet ſind gebuͤhren / das ſie nicht einem allein alles auffbuͤrden / ſon - dern mit rath und that tragen / und alſo die laſt mindern helffen. Dieſen Vorſchlag thut Jethro / da er zu Moſe ſagte: Wo eine groſſe Sache iſt / laß ſie (nemlich die Vnter-Richter und Ampt - leute) dieſelbe an dich bringen / und ſie alle geringe ſachen richten / So wird dirs leichter werden / und ſie mit dir tragen /2. B. Moſ. 18. v. 22. 2. B. Moſ. 18. Gott ſelbſt hat dergleichen angeordnet / da er dem Moſi befahl / 70. Amptleute aus Jſrael vorzuſtellen und ſagte: Jch will deines Geiſtes / der auff dir iſt / nahmen / und auff ſie legen / das ſie mit dir die Laſt des Volckes tragen / das du nicht allein traͤgeſt.

Zu den Eigenſchafften eines Loͤblichen Richters gehoͤret

III. Guͤtigkeit.

Welcher ſich Job allhier auch ruͤh - met / da er ſpricht: Jch war ein Vater der Armen. Ein herr - licher Ehrentitul iſt es / wenn Regenten genennet werden Vaͤter des Vaterlandes / wie Koͤnig Pharao / da er den Joſeph zum vornehmſten Regenten in Egypten lande machte / ließ vor jhm1. B. Moſ. 41. v. 42. her ausruffen: Der iſt des Landes Vater / 1. B. Moſ. 41. Die Richterin Debora war eine Mutter in Jſrael / Buch derB. Richt. 5 verß. 7. Richt: 5. Das Buch Eſra cap. 1. gedencket der Oberſten Vaͤ -Eſr. 1. v. 5. ter aus Juda und Beniamin / das iſt / der Richter und Regen - ten unter ſolchen Staͤmmen. Der gemeine Name der Philiſter1. B. Moſ. 21. v. 22. 33. Koͤnige war Abimelech / welcher ſo viel heiſſet / als Vater / oder Mein Vater Koͤnig welchen Namen auch ein Richter unter demc. 26. v. 1. Volcke Iſrael gefuͤhret hat / wie zuſchen aus dem Buch derHieron. l 9. [1]〈…〉〈…〉Ezech. Richter 9. Denn Obrigkeit ſoll Vaterliche Liebe und treweRich. 9. v. 6 jhren Vntertyanen erweiſen / und ein frommer Fuͤrſte iſt einXenoph. l. 8. παιδ. guter Vater (οὐὲν διαφέρει ἄρχων ἀγαθὸς ἀγαθοῦ πατρὸς. Xenoph) Aber das iſt noch ein mehrers / anmuthigers und angenehmers / da ein Regent geruͤhmet wird / Er ſey ein Vater der Armen. Denn damit wird jhm das Zeugnis gegeben / das er nicht nur ins ge -E ijmein[36]mein ſeine Vnterthanen liebe und vor ſie ſorge; nicht nur mit ſeinen trewen Beampten und Dienern / auch nicht nur mit denen reichen und anſehnlichen Vnterthanen es Vaͤterlich meine: Sondern das er auch abſonderlich dieſe hertzlich liebe / welche vor der Welt gering / arm und elend / verachtet und verlaſſen ſind. Einen Armen haſſen auch ſeine Nechſten / Aber die Reichen haben viel Freunde. Gut macht viel Freunde / Aber der Arme wird von ſeinen Freunden verlaſſen. Den ArmenSpruͤchw: 14. v. 20. c. 19. v. 4. 7. haſſen alle ſeine Bruͤder / ja auch ſeine Freunde fernen ſich von jhm / wie Salomo Spruͤchw: 14. und 19. aus erfahrung des Weltlauffes redet. Je mehr nun Arme und Elende Leute verlaſſen werden / je mehr beduͤrffen ſie / das ſich Obrigkeit jhrer annehme. Je ſchaͤndlicher es iſt denen Vnterthanen / die ſich jh - rer Blutsverwandten ſchaͤmen / und ſie vor jhre Freunde nicht er - kennen / vielweniger jhnen Freundſchafft und Wohlthat erzei - gen wollen: Je ruͤhmlicher iſt es einem Regenten / wenn er / den Gott ſo erhoͤhet hat / ſich ſo tieff demuͤtiget / das er ſolcher ver - laſſenen Armen und Geringen ſich annimmt / vor ſie ſorget / ſie liebet / jhnen gutes thut / als wenn ſie ſeine Blutfreunde / ſeineJob 30. v. 25. c. 31. v. 16. 21. Kinder waͤren / und er jhr Freund und Vater. Das ſolches Job gethan habe / erſcheinet auch aus dem 30. und 31. Capittel ſei - nes Buchs / da er ſpricht: Meine Seele jammert der Armen. Hab ich dem Duͤrfftigen jhr Begierde verſaget / und die Au - gen der Witwen laſſen verſchmachten? Hab ich meinen Biſ - ſen allein geſſen / und nicht der Waͤiſe auch davon geſſen? denn ich habe mich von jugend auff gehalten / wie ein Vater / und von meiner Mutter Leibe an hab ich gern getroͤſtet. Hab ich jemand ſehen umbkommen / das er kein Kleid haͤtte / und den Armen ohne Decke gehen laſſen? Haben mir nicht ge - ſegnet ſeine Seiten / da er von den Fellen meiner Laͤmmer er - waͤrmet ward? Ach das iſt ein ſehr ſchoͤner Ruhm / wenn ein Re - gent alſo die Armen liebet / vor ſie ſorget / und jhnen nach vermoͤ - gen gutes thut / nicht umb erjagung Weltlicher ehre / ſondernaus[37]aus trewem Hertzen / aus Vaͤterlicher liebe. Das erfordert Si - rach cap. 4. Halt dich gegen die Waͤiſen / wie ein Vater / undSirach 4. verß 10. 11 gegen jhre Mutter / wie ein Haußherr / So wirſtu ſeyn / wie ein Sohn des Allerhoͤheſten / und er wird dich lieber haben / denn dich deine Mutter hat.

Will einer ein Loͤblicher Richter ſeyn / ſo muß er ſich ferner befleiſſen der

IV. Vorſichtigkeit.

Das er ſich in vorfallenden ſachen nicht uͤbereile / ſondern vorſichtiglich handele / und ehe er etwas ſchlieſſe oder thue / zu erſt fleißig erforſche / wie ſich die ſache ver - halte / und wie er derſelben einen ausſchlag geben ſoll. Das hat Job gethan / der in ſeinem Ehrenruhm fort faͤhret / und ſpricht: Welche Sache ich nicht wuſte / die erforſchet ich. Je ſchwerer und zweifelhaffter die Faͤlle ſind / je mehr bedarff es nachfor - ſchens / erkundigens und nachſinnens. Man muß erforſchen / 1. Wie ſich die Sache verhalte. Denn auch in Gericht-ſachen wird befunden / was Sirach 19. cap. ſagt: Man leugt gern auffSirach 19. verß 15. die Leute / darumb glaͤube nicht alles / was du hoͤreſt. Man gibt manchmahl einen an / er habe dieſes oder jenes geredet oder gethan / was ſtraffwuͤrdig iſt: Vnd thut jhm doch unrecht. Ein ander / der unrecht gehandelt hat / bemuͤhet ſich / durch ſeine gute Freunde den Richter uͤberreden und einnehmen zu laſſen / als ob er gar unſchuldig waͤre / und der ander jhm unrecht gethan haͤtte. Da weiß man offtmahls die ſache alſo ſcheinbar vorzubringen / mit ſo vielen umbſtaͤnden / das man faſt dencken ſollte / Es ſey nicht muͤglich / ein ding ſo umbſtaͤndlich zubeſchreiben / und mit ſo vieler einſtimmung zu bekraͤfftigen / wenn es nicht wahr waͤre. Aber / wenn man die andere Parthey auch hoͤret / ſo befindet ſich ein anders / und wird der betrug offenbahr. Darumb ſoll ein Richter nicht ſchlieſſen auff fliegende reden / oder auff das an - bringen einer Parthey / ſondern die andere auch hoͤren / und ſonſt gebuͤhrliche mittel brauchen / dadurch er die That recht erkundi - gen kan. Gott ſelbſt / wiewol er allwiſſend iſt / und alles ſiehet /E iijwas[38]was in den heimlichen Winckeln geſchiehet / ja auch alle aller Menſchen gedancken weiß / redet gleichwohl von ſeinem Richter - ampte nach Menſchlicher weiſe / als ob er zu erſt forſche / Ob das〈…〉〈…〉B. Moſ: 18. v. 20. 21 geſchrey war ſey oder nicht / 1. Buch Moſ. 18. hat er geſprochen: Es iſt ein Geſchrey zu Sodom und Gomorra / das iſt groß / und jhre Suͤnde ſind faſt ſchwer. Darumb will ich hinab fahren / und ſehen / Ob ſie alles gethan haben / nach dem Ge - ſchrey / das fuͤr mich kommen iſt / Oder obs nicht alſo ſey / das ichs wiſſe. Deutet alſo mit dergleichen art zu reden an / nicht nur ſeine Langmuth / das er mit ſeinen ſchwerſten Straffen gemeiniglich zu rucke halte / bis das Suͤnden-maß voll iſt: Son - dern gibt auch zu erkennen die Billig keit ſeiner ſtraffen / dieweil er keinen im Zorn ſtraffet / ohne nur den er genaw weiß / das er ſolche plagen mit ſeinen Suͤnden haͤuffig verdienet habe. Er will aber damit die Weltliche Richter erinnert haben / weil ſie keine Hertzen-kuͤndiger ſind / das ſie doch die Leute gegen einan - der verhoͤren / auch ſonſt anſtellung machen / das jenige / was ver - tuſchet oder verleugnet wird / zu erfahren. Er hat jhnen befoh -〈…〉〈…〉. B. Moſ. 1. v. 16. len im 5. Buch Moſ. 1. Verhoͤret ewre Bruͤder / und richtet recht zwiſchen jederman und ſeinem Bruder und demSirach 10. verß 7. 8. Frembdlinge. Sirach erinnert auch im 10. Capittel / Ver - damme niemand / ehe du die Sache zuvor erkenneſt. Erken - ne es zuvor / und ſtraffe es denn. Du ſollt nicht urtheilen / e - he du die Sache hoͤreſt / und laß die Leute zuvor ausreden.

Als die Phariſeer aus blindem eiver Chriſtum verdammeten / re - dete jhnen Nicodemus ein / und ſagte: Richtet unſer Geſetz auch einen Menſchen / ehe man jhn verhoͤret / und erkennet /Joh. 7. v. 51 was er thut? Joh: 7. Ja auch unter den Heyden iſt ſolche Vor - ſichtigkeit genaw in acht genommen worden / wie erſcheinet ausApoſtelgeſ: 25. verß 16. der Rede Feſti / Apoſtelgeſchicht 25. Es iſt der Roͤmer weiſe nicht / das ein Menſch ergeben werde umbzubringen / ehe deñ der verklagte habe ſeine Klaͤger gegenwaͤrtig / und raum emp - fahe / ſich der Klage zuverantworten. Dergleichen Vorſich -tigkeit[39]tigkeit in erforſchung der Sachen iſt einem Regenten ruͤhmlich:Spruͤchwe 25. verß 1. Wie auch Salomo anzeigt Spruͤchw: 25. wenn er ſpricht: Es iſt Gottes Ehre / eine Sache verbergen / Aber der Koͤnige Ehre iſts / eine Sache erforſchen. Jn Gottes Regiment ſollen wir nicht klug ſein / und wiſſen wollen / Warumb? ſondern alles glaͤu - ben. Aber im Weltlichem Reich ſoll ein Herr wiſſen und fragen / Warumb? und niemand nichts vertrawen; wie es daſelbſt auff dem Rande gloßieret iſt. Was hingegen vor Schande bringe / wenn ein Richter vor gnngſamer erforſchung der Sachen etwas ſchleußt und anordnet / iſt gnugſam zu erſehen aus dem Exempel derer Hauptleute zu Philippis / welche alſobald auff bloſſes an - bringen des zuſammen gelauffenen Poͤbels Paulum und Silam ſtaͤupen / nachmahls in das innerſte Gefaͤngis / und jhre Fuͤſſe in den Stock legen lieſſen. Des morgens aber muſten ſie von den Gefangenen ausdruͤcklich hoͤren / das ſie jhnen fuͤrwurffen / ſie waͤren Roͤmer / und doch ohne recht und urtheil offentlich geſtaͤu - pet worden. Ja eben die Haupleute muſten nicht nur ſie loß laſ - ſen / ſondern ſelbſt zu den Gefangenen kommen / ſie aus dem Ker - cker fuͤhren / und noch dazu bitten / das ſie auszoͤgen aus der Stadt / Apoſtelgeſch: 16. Wenn aber ein Richter gewiß er -Apoſtelgeſe 16. v. 20. folg. kundigt hat / wie eine Sache beſchaffen / und gleichwol nicht weiß / wie eigentlich dieſelbe zu eroͤrtern ſey / weil uͤberall ſchwer beden - cken vorfaͤllet / So ſoll er ſich nicht verdrieſſen laſſen / weiter zu forſchen. 2. Was Rechtens ſey. Denen Richtern im Judi - ſchen Lande hatte Gott der Herr gewiſſe ordnung und be - fehl gegeben / weſſen ſie ſich in ſchweren faͤllen verhalten / und wo ſie des Rechtens ſich erholen ſollten: Wenn eine Sache fuͤr Ge - richt dir zu ſchwer ſeyn wird zwiſchen Blut und Blut / zwi - ſchen Handel und Handel / zwiſchen Schaden und Schaden / und was Zaͤnckiſche ſachen ſind in deinen Thoren / (das iſt / wenn von ſolchen ſchweren faͤllen bey ewerem Gerichte kein rich - tiger und einhelliger Schluß kan gefunden werden) So ſoltu dich auff machen / und hinauff gehen zu der ſtets / die dir derHerr[40]Herr dein Gott erwehlen wird / und zu den Prieſtern / den Leviten / und zu dem Richter / der zur zeit ſeyn wird / kommen5. B. Moſ. 17. v. 8. 9. und fragen / Die ſollen dir das Vrtheil ſprechen. 5. B. Moſ: 17. Wurden alſo / umb Rechtes ſich zu belernen / gewieſen an den Groſſen Rath und das Ober Hoffgerichte zu Jeruſalem. (San - hedrín Gedoláh. Rabbinis: Schibhím Sanhedrín, hem Schibhím Sekením ſchel Beth Din haggadól b[i]ruſchalá - jim.) Heutiges Tages pflegen an deſſen Statt die Richter in wichtigen und ſtreittigen faͤllen / da allerhand bedencken wegen eines Rechtſchluſſes vorfaͤllet / die ſachen an Juriſtiſche / auch nach beſchaffenheit der Faͤlle / zugleich an Theologi ſche Facult eten / an Conſiſtoria, an Schoͤppenſtuͤle gelangen zu laſſen / das ſie bey de - nenſelben ſich eines Rechtlichen Ausſpruches erholen. Wo man aber hiezu gelegenheit nicht hat / und auch wohl durch naͤhere mittel dem zweiffel kan abgeholffen werden / ſoll ein Richter ſich nicht beſchweren anderer Weiſen Leute / beſonders derer jhm im Gerichte zugeordneten Beyſitzer / Rath zu vernehmen / und den - ſelben nachzudencken / damit er ja nicht einen Ausſpruch thue / davon er in ſeinem Gewiſſen nicht verſichert iſt / das derſelbe den Rechten gemeß ſey. Erkenne mit fleiß deinen Nechſten / und wo du Rath bedarffſt / ſo ſuchs bey Weiſen Leuten / und be - ſprich dich mit den Verſtaͤndigen / und richte alle deine SacheSirach 9. verß 21. 22 c. 37. v. 8. folg. nach Gottes Wort / ermahnet Sirach cap. 9. Jm 37. Capit - tel giebt er feine Regeln / bey wem / und wie man ſich Raths er - holen ſolle. Setzt aber dieſe nothwendige erinnerung dazu: Doch in dem allen ruffe auch den Allerhoͤheſten an / das er dein Thun gelingen und nicht feilen laſſe. Manche achtens jhnen vor eine ſchande / das ſie andere ſollten umb Rath fragen / und machen alles nach jhrem eigenen Kopffe und gutduͤncken / A - ber eben auff ſolche weiſe ziehen ſie jhnen die groͤßte Schande - bern hals / wenn ſie einmahl etwas verſehen / das faſt jedermann jhrer ſpottet / den ſchimpff / das unheil und ſchaden / den haß und feindſchafft / ſo auff dergleichen fehler zu folgen pflegen / jhm al -lein zu -[41]lein zumiſſet / und die verantwortung anheim ſcheubt / weil er es mit andern nicht berahtet haͤtte. Es iſt beſſer den Ruhm ſelb - Ander / als den Spott und Schaden allein haben. Wer ver - ſtaͤndig iſt / der laͤſſet jhm rathen. Wo nicht Rath iſt / da gehet das Volck unter / Wo aber viel Rathgeber ſind / da gehet es wohl zu. Die Anſchlaͤge werden zu nicht / wo nicht Rath iſt / Wo aber viel Rathgeber ſind / beſtehen ſie / wie Salomon leh -Spruͤchw: 1. v. 5. c. 11. v. 15. c. 15. v. 22. ret im 1. 11. und 15. Capittel ſeiner weiſen Spruͤche. Damit ſtimmet Sirach uͤberein im 33. Capittel. Ein Vernuͤnfftiger verachtet nicht guten Rath / Aber ein Wilder und HoffaͤrtigerSirach: 33. v. 22. 23. 24 fuͤrchtet ſich nichts / er habe gleich gethan / was er wolle. Thue nichts ohne Rath / ſo gerewet dichs nicht nach der That.

Noch eine Eigenſchafft Loͤblicher Richter iſt uͤbrig / davon ſich allhier Job auch ruͤhmet / nemlich die

V. Strengigkeit.

Ein weiſer Regent iſt ſtrenge / ſagt Sirach im 10. Capittel. Vnd ſolchem iſt gar nicht zuwieder /Sirach 10. verß 1. das zuvor an Richtern gelobet worden die Guͤtigkeit. Denn es ſoll beydes bey jhnen ſeyn / Guͤtigkeit gegen denen / die elend und uͤbel ausſtehen / Strengigkeit aber gegen denen / die Vbel und Vnheil anrichten. Sie ſollen Guͤtig ſeyn gegen den Frommen / Strenge aber gegen den Boͤſen. Das lehret S. Paulus zumRom: 13. verß 3. 4. Roͤmern am 13. Die Gewaltigen ſind nicht den Guten Wer - cken / ſondern den Boͤſen zu fuͤrchten. Wiltu dich aber nicht fuͤrchten fuͤr der Obrigkeit / ſo thue Guts / ſo wirſtu lob von derſelben haben. Deñ ſie iſt Gottes Dienerin dir zu gut. Thu - ſtu aber Boͤſes / ſo fuͤrchte dich / denn ſie traͤget das Schwerdt nicht vmbſonſt. Sie iſt GOttes Dienerin / eine Raͤcherin zur Straffe uͤber den / der boͤſes thut. Auff ſolche weiſe iſt Job zwar ein Guͤtiger / doch daneben auch Strenger Richter geweſen / der ſich gegen die Vbelthaͤter und Vngerechten Strenge erwieſen hat / mit

1. Abſtraffung Vnrechtes Werckes. Davon ſagt er al - ſo: Jch zubrach dis Backenzaͤhne des Vngerechten. WeilFgemei -[42]gemeiniglich die Wilden Thiere / und auch etliche unter denen / die bey den Menſchen in Haͤuſern ſich auff halten / als da ſind die Hunde / am meiſten mit jhren Zaͤhnen kaͤmpfen / damit beiſſen / hauen / ſich nicht allein wehren / ſondern auch andere Thiere ver - letzen / zerreiſſen / jhr Fleiſch zerkawen / und jhnen alſo zur ſpeiſe bereiten; Da hingegen / wenn man jhnen die Zaͤhne / unter wel - chen die Backzaͤhne die ſtaͤrckſten ſind / ausreiſſet oder zubricht / ſie nachmahls jhre Boßheit nicht mehr alſo ausuͤben und ſchadẽ / ja auch der jhnen ſonſt zugelaſſenen Speiſe nicht mehr wohl genieſſen koͤnnen: Als pfleget die H. Schrifft nach verbluͤhmter art zu reden / durch die Zaͤhne / und allermeiſt durch die Backen - Zaͤhne zum offtern anzudeuten aller hand Macht und Gewalt / grimm und boßheit der Blut oder Geld-gierigen Leute / wie hin - gegen das ſchlagen auff jhre Zaͤhne oder Backenzaͤhne / das zu - brechen oder zerſchmettern derſelben bedeutet jhre ſtraffe / das ſtewren und verſtoͤren jhrer unrechten gewalt / grauſamkeit und boßheit. Zum Exempel / wenn David wieder ſeine Feinde be -Pſalm 3. verß. 8. tet Pſalm 3. Auff HErr / und hilff mir mein GOtt / denn du ſchlaͤgeſt alle meine Feinde auff den Backen / und zerſchmet -Pſalm 58. verß 7. terſt der Gottloſen Zaͤhne. Pſalm 58. GOTT / zubrich jhre Zaͤhne in jhrem Maul / zerſtoſſe HErr die Backenzaͤhne derPſalm 124. verß 6. Jungen Loͤwen. Pſalm 124. danckt er Gott / der jhm aus der Gottloſen gewalt errettet: Gelobet ſey der HErr / das er uns nicht giebt zum Raube in jhre Zaͤhne. Es iſt eine art / die Schwerter fuͤr Zaͤhne hat / die mit jhren Backenzaͤhnen friſſet / und verzehret die Elenden im Lande / und die ArmenSpruͤchw: 30. v. 14. unter den Leuten; wie Salomo Spruͤchw: im 30. CapittelSiehe v. 15 Die Geitzigen und andere Vngerechten / die mit anderer Leute ſchaden jhren nutz ſuchen / beſchreibet. Der Prophet Joel re - det von dem Landverwuͤſtenden heer / das es Zaͤhne hatte / wieJoel 1. v. 6. Loͤwen / und Backenzaͤhne / wie Loͤwinne / cap. 1. Hieraus iſt leicht abzunehmen / was Job damit meine / wenn er ſpricht: Jch zubrach die Backenzaͤhne des Vngerechten. Er will ſo viel ſa -gen:[43]gen: Jch ſtewrete jhrer ungerechten gewalt / da ſie and[ere]zu belei - digen / an Leib und leben zuverletzen oder doch umb jhr Haab und gut zu bringen / unterſtunden. Jch ſtraffte ſie deswegen mit ernſt / und in ſolcher ſchaͤrffe / das ſie forthin dergleichen Boßheit nicht mehr veruͤben konnten / oder durfften. Denn das gebuͤhret einer Loͤblichen Obrigkeit / das ſie jhre Vnterthanen vor unrech - ter Gewalt ſchuͤtze / und die boͤſe thaten mit ernſt ſtraffe. Gott hat befohlen: Du ſollt den Boͤſen von dir weg thun / auff das die andern hoͤren / ſich fuͤrchten / und nicht mehr ſolche boͤſe ſtuͤck fuͤrnehmen unter dir. Dein Auge ſoll ſein nicht ſcho - nen / ꝛc. im 5. B. Moſ. am 19. Das iſt das Ampt der Obrig -5. B. Moſ. 19. v. 10. keit / das ſie das Schwerd nicht umbſonſt trage / ſondern eine Raͤcherin ſey zur Straffe uͤber dem / der boͤſes thut. Zun Roͤ -Roͤm: 13. verß 4. mern am 13. Sie iſt geſetzt zur Rache uͤber die Vbelthaͤter. 1. Pet: 2. Sie muß das Vnrechte ſtraffen / auff das die ſo ge -1. Pet. 2. verß 14. ſtrafft werden / hinfuͤro ſich beſſern / und die / ſo ſolche ſtraffe ſe - hen / oder erfahren / abgeſchreckt werden / uͤbels zu thun. Wie denn Gott ſelbſt dieſe Vrſache der Straffen anfuͤhret im 5. Buch5. B. Moſ: 13. verß 11 Moſ. am 13. Du ſolt den Boͤſen von dir thun / ꝛc. Auff das gantz Jſrael hoͤre / und fuͤrchte ſich / und nicht mehr ſolch uͤbel fuͤrnehme unter euch. Die Straffen ſind zugleich denen nu - tze / die ſie erdulden / und auch denen zuſehern. Denn jene werden gebeſſert durch die Schmertzen / dieſe durch das Exempel / ſagtPlato in Gorgiâ. auch der weiſe Heyde Plato. Wenn aber Regenten aus unzei - tiger Gelindigkeit das Boͤſe ungeſtrafft hingehen laſſen / So muͤſ - ſen ſie gewaͤrtig ſeyn / das Gott ſie ſelbſt deswegen ſtraffe. Al - ſo wurden alle Oberſten des Volcks Jſrael auff Gottes befehl dem Herren an die Sonne gehaͤnget / auff das der grimmige Zorn des Herren von Jſrael gewendet wuͤrde; weil ſie nemlich der Iſraeliten Hurerey nich&tt; geſtrafft / ja derer etliche ſich ſelbſt4. B. Moſ: 25. v. 4. 14. mit ſolcher Suͤnde beflecket hatten / im 4. Buch Moſ am 25.

Da der Koͤnig Achab ließ Benhadad den Koͤnig in Syrien zu - wieder Goͤttlicher Ordnung leben / ward dagegen jhm dieF ijStraffe[44]1 Buch der Koͤn: 20. v. 42. Siehe 5. B. Moſ: 20. verß 13Straffe angekuͤndiget / 1. Buch der Koͤnig: am 20. Darumb / das du haſt den verbanneten Mann von dir gelaſſen / wird deine Seele fuͤr ſeine Seele ſeyn. Das bedachte wohl Ludwig Koͤnig in Franckreich / des Zunamẽs der Heilige / welcher dermahleins / als er aus dem Pſalter betete / von jemand angefleht wuͤrde umb ertheilung der Gnade vor einen des Todes ſchuldigen Vbelthaͤ - ter. Wiewohl er nu / weil er uͤber ſeiner andacht war / ſolches verwilligte / dennoch da er bald im fortleſen des Pſalters fand diePſal: 106. verß 3. Worte / Pſalm 106. Wohl denen / die das Gebot halten / und thun jmmerdar recht / ließ er geſchwinde den / auff deſſen Fuͤrbit - te er die ſchenckung des Lebens verſprochen hatte / wiederruffen / enderte ſeine Zuſage / und brauchte dabey dieſe denckwuͤrdige Re - de: Ein Fuͤrſt / der Laſter ſtraffen kan / und nicht ſtraffet / ſey nicht weniger ſchuldig vor GOTT / als wenn er dergleichenAntiMach. l. 3. theor 7. ſelbſt begangen haͤtte. Bey Ludwig dem Eilfften / gleichfalls Koͤnige in Franckreich wurde angehalten / das er einem / der zum drittenmahl hatte einen Todſchlag begangen / ſollte das Leben ſchencken. Da er aber ſich erklaͤrte / Er koͤnte ſolches nicht thun / weil das ſchon der Dritte Todſchlag waͤre / redete jhm ſein Hof - Narr zu: Wenn der Todtſchlag / darumb das er etlichmahl ge - ſchehen iſt / die urſache ſeyn ſoll / warumb der Todtſchlaͤger ſter - ben muß / ſo iſt billich / das du ſterbeſt / und nicht er / denn er hat nur den erſten Todtſchlag begangen / du aber die beyden letzten;Cominæus lib. 11. dieweil du den erſten nicht geſtrafft haſt. Ja / es bezeugen die Exempel / das / da Oberkeit laſſen die Vbelthaten ungeſtrafft ausgehen / deswegen nicht allein ſie vor jhre Perſon geſtraffet / ſondern auch jhre unterhabende Laͤnder und Leute verderbet / verwuͤſtet / mit allerhand plagen beleget worden. Weil die O - berſten der Benjamiter nicht wollten die Leute zu Gibea umb jh - rer boßheit willen ſtraffen laſſen / So wurde das gantze Volck ge - ſchlagen / und der gantze Stamm mit Weib und Kind bis auffB. ď Rich. 20. ver. 13. 14. 35. folg. 600. Mann vertilget / im Buch der Richter am 20. Weil A - chab den verbannten Benhadad loß gelaſſen / ſollte nicht nur ſeineSeele[45]Seele fuͤr deſſen Seele / ſondern auch ſein Volck fuͤr deſſen Volck ſeyn / was die Straffe betraff / im 1. Buch der Koͤnig: am 20. 1. Buch der Koͤnige 20. verß 42.

Ja / es kan aus Geiſtlichen und Weltlichen Hiſtorien dargethan werden / wie Gott der Herr ein Land nicht ſo ſehr wegen derSiehe Richter: Axiom: Po - lit. XI. darin geſchehenen Suͤnden / als darumb / wenn die Suͤnden darin ungeſtrafft bleiben / laſſe verderbet und verſtoͤret werden.

2. Abnehmung Vnrechtes Guts. Er hat es nicht da - bey bleiben laſſen / das er den Vngerechten Menſchen mit ernſter Straffe beleget / Sondern hat auch demſelben das Gut / welches andern mit unbilligkeit entzogen war / wieder weggenommen; wie er denn hie beydes erzehlet: Jch zubrach die Backenzaͤhne des Vngerechten / und reiß den Raub aus ſeinen Zaͤhnen.

Er bleibet bey der art zu reden / welche genommen iſt von gefreßi - gen und reiſſenden Wilden Thieren. Gleich wie David / als ein trewer Hirte ſeiner Herde / den Loͤwen und Baͤeren / die jhm ein Schaff von der Herde weg trugen / nachlieff / ſie ſchlug / und den Raub aus jhrem Maul errettete / (1. Buch Samuel: 17.) Al -1. Sam: 17 verß 34. 35 ſo hat Job / der ſich ſeiner Vnterthanen trewlich angenommen / dieſelbe wieder die unrechtmaͤßige Gewalt geſchuͤtzet. Wenn ſchon boßhafftige Leute auff jhre Macht ſich verlaſſen / und des - wegen / als reiſſende Woͤlffe / Baͤeren und Loͤwen andere verder - bet / frembdes Haab und gut an ſich gezogen / gewalt geuͤbet hat - ten im recht der Elenden / das die Witwen jhr Raub und dieEſa: 10. v: 2 Waͤiſen jhre Beute ſeyn muͤſſen: So hat er keine Gefahr ge - ſchewet / kein Gewalt und Trotz ſich ſchrecken laſſen / ſondern ge - troſt ſolche boͤſe Leute angegriffen / und nicht nachgelaſſen / bis er ſie zur Straffe gebracht / jhre unrechtmaͤßige Gewalt gedaͤmp - fet / das geraubte Gut / welches ſie gewiß / als eine Speiſe / zwi - ſchen den Zaͤhnen zu haben vermeinet / entzogen / und denen / wel - chen es abgenommen worden / wiederumb zugeſtellet. Sollen nun / nach dem Exempel Jobs / loͤbliche Richter und Regenten jetzt gedachter maſſen die Backenzaͤhne der Vngerechten zubre - chen / und den Raub aus jhren Zaͤhnen reiſſen / So iſt leicht zuer -F iijachten /[46]achten / was vor ein ſchwer Ampt ſie auff ſich haben / was gefahr ſie ausſtehen / wie tapffer und großmuͤthig ſie ſeyn muͤſſen / in - bung nothwendiger Strengigkeit. Sie haben offtmahls zu kaͤmpffen mit Woͤlffen und Pardern / mit Baͤeren und Loͤwen / in dem ſie ſich wiederſetzen muͤſſen denen grauſamen Tyrannen /Cicero pro Sextio. denen Blutduͤrſtigen Feinden / denen Gewaltigen Geitzhaͤlſen / denen verwegenen Vbelthaͤtern. Es muͤſſens / wie Cicero auch erinnert / die jenigen / welche das Ampt der Obrigkeit fuͤhren / jh - nen laſſen ſauer werden umb des gemeinen Nutzes willen / feind - ſchafft auff ſich laden / offtmahls wegen des Policey-weſens Vn - gewitter ausſtehen / mit vielen verwegenen boßhafftigen / auch bißweilen Gewaltigen kaͤmpffen und ſtreiten. (Sudandum est his, qui magiſtratum gerunt, pro communibus commodis. Adeun - inimicitiæ, ſubeundæ ſæpè pro Republ. tempeſtates: cum mul - tis audacibus, improbis, nonnunquam etiam potentibꝰ dimicandũ) Die errettung etlicher weniger Jſraeliter / welche mit groſſer muͤhe und gefahr ſollten von grauſamkeit des Feindes loß kom -Amos 3. verß 12. men / wird im 3. Cap. Amos beſchrieben / unter dem Gleichnis / wie ein Hirte dem Loͤwen zwey Knie / oder ein Ohrlaͤpplein aus dem Maul reiſſet. Solche muͤhe und gefahr ereignet ſich bey der Obrigkeit / welche jhre Vnterthanen vor unrechter Ge - walt ſchuͤtzen / und daraus erretten ſollen. Wo ſie unrecht ſpuͤ - ren / ſo muͤſſen ſie es aus dem grunde hervor ſuchen / ſich nicht leicht abwendig machen laſſen / ob ſchon die Sache vor jhrem an - tritt zum Ampte geſchehen; ob ſchon aus uͤbereilung der practi - ken die Vngerechtigkeit ein Vrtheil vor ſich erhalten; ob auch ſchon das meiſte theil des mit unrecht genommenen Gutes ver - than / oder anderswohin verwendet / und ſchwerlich kan gantz wiederumb erlanget / und zur ſtelle bracht werden. Koͤnnen ſie nicht das gantze Schaff wiederbekommen / So ſollen ſie ſich doch bemuͤhen / das ſie zum wenigſten ein par Knie / ein Ohr davon dem Loͤwen aus dem Maule reiſſen / das iſt / jhren muͤglichſten fleiß thun / wo ja denen / die unbilliger weiſe des jhrigen beraubetworden /[47]worden / nicht alles kan erſtattet werden / das ſie jhnen doch das uͤbrige / was noch verhanden iſt / helffen wiederumb zu wege brin - gen. Sollen nun / als wir jetzo gehoͤret / loͤbliche Richter und Regenten ſich erweiſen / als trewe Hirten / die da jhre Herde vor Loͤwen / Woͤlffen / und andern grimmigen Thieren beſchuͤtzen / auch / wenn ſolche etwas von Vieh geraubet / jhnen nachjagen / mit jhnen kaͤmpffen / und den Raub aus jhren Zaͤhnen wiederum̃ heraus zu reiſſen ſich bemuͤhen / So iſt im gegentheil leicht zu er - achten / was vor ſchaͤndliche und ſchaͤdliche Regenten dieſe ſeyn / welche ſelbſt gegen jhrer Herde / als geitzige Woͤlffe / als grauſa - me Baͤeren / als hungrige Loͤwen / als unerſaͤttige Vielfraſſe ſich erweiſen / jhrer Gewalt mißbrauchen / ſich zu bereichern / den Vnterthanen mit unnoͤthiger Schatzung / mit uͤbermaͤßigen frondienſten jhr Schweiß und Blut / jhr vermoͤgen ausſaugen / oder durch andere unrechtmaͤßige mittel jhr Haab und Gut an ſich bringen. Solche finden ſich mit eigentlichen Farben abge - mahlet im 3. Capittel Michæ / da jhnen auch das PrognoſticonMichæ 3. v. 1. 2. 3. 4. oder die Warſagung von jhrem kunfftigem Gluͤck geſtellet iſt: Hoͤret doch / jhr Haͤupter im Hauſe Jacob / und jhr Fuͤrſten im Hauſe Jſrael / Jhr ſollts billich ſeyn / die das Recht wuͤ - ſten. Aber jhr haſſet das Gute / und liebet das Arge / Jhr ſchin - det jhnen die Haut abe / und das fleiſch von jhren Beinen / und freſſet das Fleiſch meines Volcks. Vnd wenn jhr jhnen die Haut abgezogen habt / zubrecht jhr jhnen auch die Beine / und zurlegts / wie in Toͤpffen / und wie Fleiſch in einem Keſſel.

Darumb wenn jhr nu zum HErren ſchreyen werdet / wird er euch nicht erhoͤren / ſondern wird ſein Angeſicht fuͤr euch verbergen zur ſelbigen zeit / wie ihr mit ewerm boͤſem weſen verdienet habt.

Wir muͤſſen fort ſchreiten zu betrachtung unſers vorge - nommenen Anderen Punctes / da Job nach erzehlung ſeines Loͤblichen Richter-Amptes erzehlet / wie er auch geweſen

II. Ein[48]

II. Ein gluͤcklicher Reicher.

Davon redet er alſo / das er beſchreibet ſeinen Gehofften / ſeinen Gehabten Reichthumb.

I. Seinen Gehofften Reichthumb.

Jch gedacht / ich will in meinem Neſt erſterben / und meiner Tage viel ma - chen / wie Sand. Er hat gehoffet Reichthumb an Jahren; und zwar

1. An Ruhe der Jahre / das er jhm eingebildet / und ge - wiß vermeinet / er wuͤrde ſeine Jahre in ſanffter Ruhe und Frie - de / in ſeinem Hauſe / bey ſeinem Weibe und Kindern / bey ſeinem vortrefflichem Haab und Gut gluͤcklich zubringen: Er wuͤrde frey bleiben vor aller hand plagen und wiederwaͤrtigkeit / auch da es ſchon zum ſterben dermahl eins kommen ſollte / ohne langwie - riger harter niederlage / ohne abſcheulicher Kranckheit / ohne vielen ſchmertzen / ſanfft und ſtille von dieſer Welt abſcheiden.

Das iſt die meinung ſeiner Worte: Jch gedacht / ich will in meinem Neſt erſterben. Er nimmet die Gleichnis-Rede von den Vogeln. Dieſelbe pflegen auſſerhalb jhres Neſtes hin und her zu fliegen / Aber im Neſte ſitzen / ruhen und ſchlaffen ſie; ha - ben dieſelbe zum offtern ſehr in die hoͤhe der Baͤume / in Klippen und Felſen / oder andere oͤrter / da ſie vermeinen / das man jhnenJob 39. v. 30. Siehe auch Jere: 22. v. 23. c. 49. v. 16. Obad: 1. v. 3. 4. Habac: 3. verß 9. nicht leicht beykommen kan / gebawet / halten ſich darin wohl ver - wahret und ſicher / wie vom Adler Job am 39. gedacht wird / das er ſein Neſt in der hoͤhe mache / in den Felſen wohne er / und bleibe auff den Kipfen am Felſen / und in feſten oͤrtern. Auff den Cedern Libanon / das iſt / auff den hoͤchſten Baͤumen / niſten die Vogel / und die Reiger wohnen auff den Tannen / ſaget DavidPſalm: 104 verß 17. Pſalm 104. Von den Feldtauden meldet der Prophet Jere - mias im 48. Capittel / das ſie niſten in den hohen Loͤchern.

Jerem: 48. verß 28.

So brauchen auch die Vogel jhre Neſte zu ausbreitung und auf - erziehung jhrer Jungen. Der Vogel hat ein Hauß funden / undPſalm: 84. verß 4. die Schwalbe jhr Neſt / das ſie Junge hecken / ſagt David im 84 Pſalm. Daraus iſt leicht zu verſtehen / was Job ſagen wolle /wenn[49]wenn er ſpricht: Jch gedacht / ich wil in meinem Neſt erſterben. Siehe Sirach 37. (36) v. 28.Sein Neſt iſt geweſen ſein Haus und Hof / und was er ſonſt ei - genthuͤmliches hatte. Solch Neſt hatte er in die hoͤhe geleget / das iſt / daſſelbe wohl angerichtet und verwahret. Er war hoch und anſehnlich / herrlicher denn alle / die gegen Morgen wohne - ten (cap. 1.) Er hatte bey ſich ſeine Jungen / ſeine Soͤhne undJob 1. v. 3. Toͤchter. Es mangelte jhme nicht an reichen Vnterhaltungs - mitteln. Da hatte er nun gedacht / auch kuͤnfftige Jahre derglei - chen Gluͤckes zugenieſſen / das er bey dem ſeinen ruhig und ohne anſtoß verbleiben / mit ſeinen Kindern gewuͤntſchtes wohlſtandes genieſſen wuͤrde. Aber es ſchlug jhm fehl. Sein Haab und Gut wurden jhme theils durch einfall der Feinde / theils durch Fewer vom Himmel entzogen. Der Wind ſtieß auff das Hauß / darin ſeine Soͤhne und Toͤchter froͤlich waren / warff es ein / und erſchlug ſie. Er ſelbſt muſte ſich beſorgen / das die Feinde weiter einfallen / jhn von Hauß und Hofe / von Land und Leuten vertrei - ben wuͤrden. Das er hier gedencket des Erſterbene in dem Ne - ſte lautet im Ebreiſchen Ægvà, welcherley Wort auch ſonſt Job zum offtern brauchet von ſeinem Tode capit. 3. 10. 13. 27. EsJob 3. v. 10 c. 10. v. 18. c. 13. v. 19. c. 27. v. 5. bedeutet aber eigentlich einen ſolchen Todt / der nicht gewaltthaͤ - tig iſt / mit langer ſchmertzlicher Niederlage / groſſer Todesangſt und Hertzbrechen geſchihet / ſondern da einer mehlich abnimmet /Schindl: in Lex: Vatab: in Iob. 29. 18. Lorin. in Pſalm: CVI. 5. fol: 204. C. &c. biß er endlich / ohne groſſen verzug und Angſt / ſanfft und ſtille ſeinen Geiſt auffgiebt; wie auch aus betrachtung der ſtellen / wo es in H. Schrifft gefunden wird / iſt abzunehmen: Weil der H. Geiſt daſſelbe ſetzet von dem Tode Abrahams / welcher abnahm und ſtarb in einem ruhigen alter / da er alt und Lebens ſatt war; Von Jſmaël / welcher abnahm und ſtarb; von Jſaac / der auch1 B. Moſ: 25. v. 8. 17. abnahm und ſtarb / und ward verſamlet zu ſeinem Volck / alt und lebens ſatt; vom verſcheiden Jacobs / welcher bey guterc. 35. v. 29. c. 49. v. 33. (1) Vernunfft / da er vollendet hatte die Gebot an ſeine Kinder / die Fuͤſſe zufammen thaͤte auffs Bette / und verſchied; ingleichen von Aaron / der da bald und willig ſtarb auff dem Berge. Auff4. B. Moſ. 20. v. 29.Gſolche[50]ſolche weiſe hat auch Job gehoffet / das er nicht allein ruhig le - ben / ſondern auch in guter ruhe und friede / ohne groſſen ſchmer - tzen und angſt / ſanfft und ſtille dermahl eins ſein leben beſchlieſſen wuͤrde. Da jhn aber / auͤff Gottes zulaſſen / der Satan ſchlugJob 1. v. 7. 12. 13. mit boͤſen Schwaͤren / von der Fußſolen an bis auff ſeine Schei - tel / alſo / das ſein ſchmertze ſehr groß war / und ſeine eigne Freun - de jhn nicht kannten / da gedachte er nicht anders / als das er an ſo groſſem langwierigem ſchmertzen ſterben wuͤrde / und alſo ſeine hoffnung fehl ſchluͤge / da er jhm einen ſanfften und ruhigen Todt eingebildet hat. Wiewohl nachmahls Gott der Herr ſolche ſeine ſchmertzliche kranckheit gewendet / jhme wiederumb Soͤhne und Toͤchter / auch mehr Haab und Guͤter beſcheret / und jhnc. 42. v 10. 12. 13. 16. endlich alt und Lebens ſatt abgefodert / das er alſo freylich in ſei - nem Neſte ruhig verſtorben.

2. An Zahl der Jahre. Denn er hat die gedancken ge - faſſet / ſehr alt zuwerden / und viel Jahre zuerleben; wie er hie ſolche ſeine vorhin gehabte gedancken bekennet / und ſagt: Jch gedacht / ich will in meinem Neſt erſterben / und meiner Tage viel machen / wie Sand. Dieſes iſt Spruͤchworts weiſe / und auff verbluͤhmte art geredet / da eine Vbermaß der Worte ge - braucht wird / zu anzeigung etwas groſſen / wiewohl es nicht ſo groß iſt / als die Worte eigentlich und an ſich ſelbſt lauten. Jn Schulen nennet mans Hyperbolen. Weil des Sandes ſehr viel iſt / Als wird an unterſchiedenen oͤrtern H. Schrifft die groſſe menge eines dinges unter ſolchem Gleichnis angedeutet. Dem Abraham verheiſſet Gott / ſeinen Saamen zu mehren / wie1. B. Moſ. 22. verß 17. den Sand am Vfer des Meers / im 1. Buch Moſ. am 2. Das Getreide / welches Joſeph in den Sieben Wohlfeilen Jah -1. B. Moſ. 41. v. 49. ren auffgeſchuͤttet / wird beſchrieben / es ſey geweſen uͤber die maß viel / wie Sand am Meer / im 1. Buch Moſ. am 41. Des uͤber aus groſſen hauffens der Kamele / welche die Midianiter mit jhren Bundgenoſſen im heerzuge wieder die Kinder Jſrael gehabt / erwehnet die H. Schrifft / das ſie nicht zu zehlen gewe -ſen[51]ſen fuͤr der menge / wie der Sand am Vfer des Meers / im BuchB. ď Rich - ter 1. v. 13. der Richter cap. 7. wie auch 1. Samuel. 13. des groſſen heers1. B. Sam: v. 5. Siehe 1. B. Moſ. 32. v. 12. der Philiſter unter ſolchem Gleichnis gedacht wird. Alſo mel - det Job / er habe gedacht / ſeiner Tage viel zu machẽ / wie Sand / das iſt / viel Jahre zu erleben / und zu einem hohen Alter zu kom -Joſ. 11. v. 4 men. Als denn auch geſchehen / in dem jhn Gott wieder geſund2. B. Sam: 17. v. 11. gemacht / und hernach noch 140. Jahr leben laſſen. (cap. 42.) 1. Koͤnig: 4. v. 20. 29.Wenn jhm nun Gott / wie in andern / alſo auch an dem Alter / zwiefaͤltig ſo viel wieder gegeben haͤtte / als er zuvor gehabt / ſoPſalm: 78. v. 27. 29. wuͤrde er vor hin 70. Jahre alt geweſen ſeyn / und alſo das gantzeEſaia 10. v. 22. c. 48. v. 19. Jer: 15. v. 8. 22. Alter auff 210. erſtrecket haben. Solte aber Gott jhme die Zahl der vorigen Jahre (wie der vorigen Kinder) nur einfach nach der Verſuchung haben erleben laſſen / weil die vorige zeitJob 42. verß 16. Vergleich cap. 1. v. 2. unt cap. 42. verß 13. ſeines Lebens vor Gott nicht verlohren geweſen So wuͤrde er auch vor ſolcher Truͤbſal 140. alt geweſen / und alſo zuſammen 280. Jahr alt worden ſeyn. Den grund der Hoffnung / lange zu leben / wird er jhm gemacht haben theils aus betrachtung Goͤtt - licher Guͤte / welcher die Froͤmmigkeit / Gerechtigkeit / und Frey - gebigkeit (derer ſich Job in vorhergehenden Worten geruͤhmet hat) gemeiniglich mit ertheilung langes Lebens zu vergelten pfleget; theils aus genieſſung ſo gluͤckſeligen Wohlſtandes / da jhme an guten Leibes kraͤfften / an vorrath geſunder Speiſe und Tranckes / an fleißiger wartung nichts mangelte. Denn auch er gehoͤret unter die Exempel der ſonſt Frommen und Gottfuͤrchti - gen Leute / die da gleichwohl bisweilen / wenn ſie gut Gluͤck / Ehre / reichen Vorrath / und allerhand frewde in der Welt haben / im brauch derſelben etwas ſich verſehen / das ſie jhnen dergleichen zu viel belieben laſſen / fangen an unachtſam zu werden / die ge - ſchwindigkeit des wandelbahrn Gluͤcks und die naͤhe des vorſte - henden Todes nicht ſo offt und fleißig / als es wohl ſeyn ſollte / zu behertzigen. Auch Koͤnig David bekennet im 30. Pſalm / wiePſalm: 30. verß 7. er hierin geſtrauchelt habe: Jch ſprach / da mirs wohl gieng / ich werde nimmermehr darnieder liegen. Das Hiskias ſoG ijſehr[52]ſehr betruͤbet wurde uͤber der Poſt / er ſollte ſein Haus beſtellen / denn er wuͤrde ſterben und nicht leben bleiben / ruͤhrete eben da - her / weil er jhm nicht eingebildet hatte / das ſein Todesſtuͤndlein ſo nahe waͤre. Daher klagte er: Jch ſprach / Nun muß ich zurEſaia 38. verß 10. Hellen-Pforten fahren / da meine zeit auswar / da ich gedacht noch laͤnger zu leben / Eſaiæ 38. Die Rechnung auff hohes Al - ter hatte er jhm gemacht aus dem zeugnis gutes Gewiſſens von ſeiner Froͤmmigkeit, wie daraus abzunehmen iſt / weil er ſein Gebet umb erlaͤngerung des Lebens alſo abgefaſſet / das er ge -verß 3. ſprochen: Gedencke doch / Herr / wie ich fuͤr dir gewandelt ha - be in der warheit mit vollkommenen Hertzen / und habe ge - than / was dir gefallen hat! Nun iſt es an dem / das ſich Gott verlauten laſſen / Wenn die Menſchen jhn lieben / und ſeiner5. B. Moſ: 30. ver. 20. Stimme gehorchen / und jhm anhangen / das ſolches jhr Leben / und jhr langes Alter ſey / 5. Buch Moſ. 30. Sonderlich hat er verheiſſen den Gehorſamen Kindern / das es jhnen wohlge -2 B. Moſ. 20. verß 12 hen / und ſie lange leben ſollen auff Erden / 2. Buch Moſ. 20.

Jngleichen befiehlet er unter ſolcher zuſage die Gerechtigkeit /5. B. Moſ. 25. v. 15. 16 im 5. Buch Moſ. 25. Du ſollt ein voͤllig und recht Gewicht / und einen voͤlligen und rechten Scheffel haben / auff das dein Leben lange waͤhre im Lande / das dir der Herr dein Gott geben wird. Dergleichen iſt auch verſprochen den Freygebigen undSpruͤchw: 28. v. 〈…〉〈…〉. c. 20 verß 20. Gutthaͤtigen: Wer den Geitz haſſet / der wird lange leben / Spruͤchw: 28. Da hingegen den Vngehorſamen Kindern / Spruͤchw. 20. Den Blutgierigen und Falſchen / Pſalm: 55. Pſalm: 55. v. 24. Jer: 17. v. 11.Den Vngerechten Geitzhaͤlſen / Jerem: 17. verkuͤrtzung des Le - bens gedraͤwet worden. Aber wir muͤſſen hierbey zugleich be - dencken / das Gott / (nach der art / wie wir es verſtehen koͤnnen / davon zu reden) uͤber dem Gnaden-Ziel / nach welchem er den Gottfuͤrchtigen Langes Lebẽ verheiſſen / und uͤber dem Zorn Ziel / nach welchem er den Gottloſen jhr leben zuverkuͤrtzen gedraͤwet / auch ein Ehren-Ziel habe / da er / als ein Allwiſſender und All - weiſer Gott / aus zwar uns verborgenen / doch gerechten Vrſa -chen /[53]chen / etlichen Gottfuͤrchtigen ein Kurtzes / hingegen aber etlichen Gottloſen ein Weites Ziel jhres Lebensſetzet: Damit jeder - mann / weil jhm das eigentliche Ziel ſeines Lebens unbewuſt iſt / ſein Hertz von der irdiſchen Weltliebe abziehen / zum verlan - gen nach dem Himmliſchen erheben / alle Tage / ja alle Stunden und Augenblicke zum Tode gefaßt halten und bereit ſeyn ſoll.

HERR / lehre unß bedencken / das wir ſterben muͤſſen / auffPſalm 90. verß 13. das wir klug werden.

Weil wir gehoͤret / Was vor Reichthumb Job gehoffet / So laſſet uns nun auch / (wiewohl gar in der kuͤrtze) betrachten.

II. Seinen Gehabten Reichthumb.

Davon wird ge - handelt in den lůbrigen Worten unſers Textes; in welchen be - ſchrieben wird / wie er Reich geweſen

1. An Guͤtern. Meine Saat / ſpricht er / gieng auff am Waſſer / und der Thaw bleib uͤber meiner Erndte. Weil Jo - ſephs Kindern / Ephraim und Manaſſe / im gelobtem Lande ein gut Erbtheil worden an wohlgelegener Landſchafft / welche ſehr reich von Fruͤchten geweſen / ſo wird im 1. Buch Moſ. 49. geſagt /1. B. Moſ. 49. v. 25. er ſey geſegnet mit Segen oben vom Him̃el herab / mit Segen von der Tieffe / die hunden liegt. Alſo auch 5. Buch Moſ. am5. B. Moſ. 33. v. 13. 33. Sein Land liegt im Segen des Herren. Da ſind edle Fruͤchte vom Himmel / vom Thaw / und von der Tieffen / die hunden liegt. Auff ſolche weiſe redet hier Job von dem Reich - thumb ſeiner Guͤter / das er / dieſelbe zu erlangen / ſey geſegnet worden. (1.) Von Vnten oder von der Tieffen: Meine Saat gieng auff am Waſſer. Jſt eine beſchreibung fruchtbares Landes / das nicht ſandicht und duͤrre / ſondern einen guten Boden hat / welcher durch das nahe vorbey flieſſende Waſſer angefeuch - tet wird / damit es der Saat und andern gewaͤchſen an ſafft zum wachsthumb / und erquickung wieder die hitze nicht mangele.

Wie denn von ſolcher beſchreibung eines fruchtbahren Erdbo - dens das Gleichnis genommen wird / das ein Gottfuͤrchtiger ſey / wie ein Baum gepflantzet an den Waſſerbaͤchen / Pſalm 1. DiePſal: 1. v. 3.G iijWeiß -[54]Sirach 24. v. 18. c. 40. (39) v. 17.Weißheit / wie ein Palmbaum am Waſſer / Sirach 24. Die wohlgearteten und gerathenen Kinder / wie die Roſen an dem Baͤchlin gepflantzet / Capit. 40. Allermeiſt war in denen von Natur hitzigen und truckenen Morgenlaͤndern / (darin Job auchJob 1. v. 3. wohnete / wie aus capit. 1. bekandt iſt) vor ein gut theil der gluͤckſeligkeit zu achten / wenn man neben den Feldern und Gaͤr - ten koͤnte Waſſer haben / damit Saat / Pflantzen / und Baͤume1. B. Moſ. 2. v. 10. c. 13. v. 10. nicht verdorreten. Daher leſen wir zum offtern / wie in H. Schrifft die beſten und fruchtbarſten Acker und Laͤnder geruͤh -Joſua 15. verß 19. met werden / als Waſſerreiche (im 1. B. Moſ. am 2. cap. 13. Joſua 15. Richt: 1. Pſalm: 10. Predig: 2. Eſai: 41. Richt: 1. verß 15.Jerem: 31. ꝛc.) Sonderlich gehoͤret hieher was Pſalm: 65.Pſalm: 107 v. 33. 34. 35 von fruchtbarkeit der Erden geſagt wird: Du ſucheſt das LandPre. 2. v. 6. heim / und waͤſſerſt es / und macheſt es ſehr reich. GOTtesEſaia 41. verß 18. 19 Bruͤnlein hat Waſſers die Fuͤlle / du laͤſſeſt jhr Getreide wohlJerem: 31. verß 12. ꝛc. gerathen / denn alſo baweſtu das Land. Alſo ſagt Job / das ſeine Saat am Waſſer auffgangen / das iſt / wohl gewachſen / undPſalm: 65. verß 10. reiche Fruͤchte gebracht habe. Darzu hat geholffen der SegenJerem: 5. verß 24. (2.) Von Oben / das Gott zu bequemer zeit vom Himmel Re - gen und Thaw gegeben / und jhm alſo die Erndte trewlich undApoſtelgeſ: 14. v. 17. jaͤhrlich behuͤtet / ſein Hertz erfuͤllet mit Speiſe und Frewden.

Das ruͤhmet er hie und ſagt: Der Thaw blieb uͤber meinerHagg: 1. v. 10. Erndte. Wenn der Himmel uͤber uns den Thaw verhaͤlt / ſo verhaͤlt auch das Erdreich ſein Gewaͤchs. Wenn aber der Him - mel ſeinen Thaw giebt / ſo giebt auch der Weinſtock ſeine Frucht /Zachar: 8. verß 12. und das Land ſein Gewaͤchs; wie Gott der Herr ſelbſt erin - nert Hagg: 1. Zacha: 8. Es will aber Job mit anfuͤhrung ſei -Sihe 5. B. ner Reichen Erndte zugleich verſtanden haben andere ſtuͤcke ſei -Moſ: 28. verß 11. 12. 22. 24. nes Vermoͤgens und Reichthumbs an zeitlichen Guͤtern / welche die lieben Altvaͤter allermeiſt aus dem Ackerbaw und ViehzuchtOſea: 2. v. 21. 22. erlangten. Kurtz vor unſerm Text hat er ſeinen vorigen uͤber -Job 29. v. 6 fluß alſo beſchrieben / das er damahls ſeine Tritte in Butter ge - waſchen / und die Felſen jhme Oelebaͤche gegoſſen haͤtten. Wel -ches[55]ches abermahl eine Figuͤrliche art zu reden iſt / da durch ſolch uͤber - maß der Worte ein groſſer uͤberfluß angedeutet wird / den er uͤber maͤnniglich vermuthen erlanget habe / auch von geringen mit - teln / und ſolchen oͤrtern / die von Natur unfruchtbar ſcheinen / alſo / das es gleich geweſen / als ob auch die harte Felſen jhme zu gute fruchtbar ſeyn / fettes und gelindes Oele geben muͤſſen.

Koͤmmet alſo ſeine Rede ziemlicher maſſen uͤberein mit den Worten Davids / da er Pſalm: 65. die uͤberaus reiche frucht -Pſalm 65. verß 13. barkeit beſchreibet: Die Wohnung in der Wuͤſten (welche ſonſt duͤrre / unfruchtbar / und deswegen ungebawet bleiben ſind auch fett / das ſie trieffen. Wie er einen groſſen Reichthumb an Vieh gehabt / iſt im 1. Capittel ſeines Buchs zuleſen. SoJob 1. v. 3. iſt demnach nicht ſchlechter dinge unrecht / das Fromme und Gottfuͤrchtige einen Vberfluß an zeitlichen Guͤtern beſitzen.

(Denn auch Job / Abraham / Jſaac / Jacob / David und andere Heiligen ſind reich geweſen) Sondern der Mißbrauch und das Vertrawen auff Reichthumb iſt verboten. Faͤllet euch Reich - thumb zu / ſo haͤnget das Hertz nicht daran / ſagt David Pſalm: 62. Vnd S. Paulus gibt in der 1. Timoth: 6. dieſenPſalm 62. verß 11. Vnterricht: Den Reichen von dieſer Welt gebcut / (Was ſoll er gebieten? Etwan / das ſie jhre Guͤter gantz andern geben /1 Timoth 6 v. 17. 18. 19 und vor jhre Perſon ſtete Armuth geloben! Nein / Sondern) das ſie nicht ſtoltz ſeyn / auch nicht hoffen auff den ungewiſ - ſen Reichtumb / ſondern auff den lebendigen GOTT / der uns dargibt reichlich allerley zugenieſſen / das ſie gutes thun / Reich werden an guten Wercken / gerne geben / behuͤlfflich ſeyn / Schaͤtze ſamlen / jhnen ſelbſt einen guten Grund auffs zukunfftige / das ſie ergreiffen das Ewige Leben.

Nebenſt Reichen vermoͤgen an ſtattlichen Guͤtern iſt Job auch Reich geweſen.

2. An Ehren / alſo das er ein vornehmer / vielgeehrter Herr geweſen / der da von jedermann ſehr hoch gehalten worden. Job 1. v. 3.Er war herrlicher / denn alle / die gegen Morgen wohneten. Von[56]Von ſolchem Reichthumb ſeiner Ehren / und herrliches anſe - hens meldet er auch hier im Text / und zeiget an deſſen

1. Waͤhre: Meine herrligkeit ernewert ſich immer an mir. Das ſind Deutliche Worte / damit er anzeiget / wie ſein Ruhm / Ehre und Herrligkeit nicht ab / ſondern je laͤnger je mehr zugenommen habe. Dieſes deutet er auch an mit den drauff fol - genden Verbluͤhmten Worten: Vnd mein Bogen beſſerte ſich in meiner Hand / das iſt / meine Macht nahm immer zu wie es in der Deutſchen Bibel das Randgloͤßlein erklaͤret. Denn weil man vor zeiten mit den ſtarcken Bogen zu ſchieſſen pflegte / da - mit ſich zu wehren / und andere zu verletzen / So wurde der vor andern hochgeruͤhmet / welcher in ſolcher ruͤſtung wohl erfahren /1. B. Moſ. 48. v. 22. denſelben ſtarck ſpannen / fertig und gewiß abſchieſſen / damit den Feind verjagen / und alſo ruhm erjagen konnte. (Siehe 1. B.2. Sam: 1. verß 22. c. 22. v. 35. Moſ. 48. 2. Sam: 1. capit. 2. Pſalm: 18. 1. Chron: 6. und 9. 2. Chron: 14. ꝛc.) So wird deswegen bisweilen unterPſalm 18. verß 35. dem Namen des Bogens verſtanden die Gewalt und Macht / Tapfferkeit und Ruhm / (1. B. Moſ. 49. 1. Sam: 2. Jerem:1. Chronic: 6 verß 18. cap. 9. v. 40. 49. ꝛc.) Alſo hat ſich der Bogen gebeſſert in Jobs Hand das er je laͤnger je maͤchtiger / und alſo auch anſehnlicher und geehr -2. Chron: 14 verß 8. ꝛc. ter worden. Deſſen haben ſich annoch Richter und Regenten zu1. B. Moſ: 49. v. 23. 24 verſehen / dafern ſie nach dem Exempel Jobs in jhrem Ampte ſich loͤblich verhalten / das ſolche jhre Tugenden und Trewe / wo1. Sam: 2. verß 4. nicht von allen / doch von vielen mit danck erkandt werden / und ſieJerem: 49. verß 24. ꝛc. deswegen je mehr und mehr anſehen und ruhm erlangen ſollen.

2. Groͤſſe ſolches Ehren-Reichthumbs beſtehet darin / das Job geehret worden in Allen Sachen / und an Allen Orten. 1. Alle Sachen / die man vornim̃t / betreffen entweder Schimpff oder Ernſt; ſind Ernſthafftige oder Schertzhafftige. Nun ſagt Job beydes. Er ſey geehret worden in 1. Ernſthafftigen Sachen / als da ſeind wichtige Gerichts-haͤndel / Raht - und An - ſchlaͤge. Denn davon lauten die Deutliche Worte: Man hoͤ - ret mir zu / und ſchwiegen / und warteten auff meinen Rath. Nach[57]Nach meinen Worten redet niemand mehr. Jſt alſo wegen ſeiner bekandten Weißheit / Gerechtigkeit / und anderer Tugen - den hoch gehalten worden / das man in beratſchlagungen und wichtigen vorhaben allermeiſt auff jhn geſehen / auff ſeine mei - nung und ausſpruch gewartet / demſelben ſich nicht wiederſetzet / ſondern einmuͤthig beygefallen. Wie es denn billich iſt / das Raͤthe und Gerichts-perſonen nicht halsſtarrig jhre vorgeſatzte meinung vortheidigen / ſondern da ſie eines beſſern und heilſa - mern Raths berichtet werden / demſelben willig beypflichten / als Sirach capitt. 4. ermahnet: Rede nicht wieder die Warheit /Sirach 4. verß 30. 31 ſondern laß den hohn uͤber dich gehen / wo du in der Sachen gefeilet haſt. Schaͤme dich nicht / zu bekennen / wo du gefeilet haſt / und ſtrebe nicht wieder den Strom. Was Job mit Kla - ren Worten geſagt / das erklaͤret er weiter mit Gleichnis Wor - ten / in dem er ſpricht: Vnd meine Rede troff auff ſie. Sie warteten auff mich / wie auff den Regen / und ſperreten jhren Mund auff / als nach dem Abendregen. Vergleichet alſo ſeine Rede und Rath dem zu rechter zeit fallenden und fein allgemach -Siehe 5. B. Moſ: 32. v. 2. Eſa: 55. v. 10. 11. ſam trieffenden Regen; die Hertzen aber und Gemuͤther ſeiner Beyſitzer und Zuhoͤrer denen ausgetruckneten / vor hitze und mangel des Regens auffgeborſtenen und wie lechzenden Aeckern. Gleich wie der Regen vom Himmel kommet / und wegen mangel deſſelben die Aecker auffſpringen / die Pflantzen und Gewaͤchſe ſich haͤngen zum verwelcken / das Vieh ſeufftzet / die Rinder klaͤg -Joel 1. v. 18. 20. lich ſehen / auch die Wilden Thiere ſchreyen uͤber mangel der Weide und mittel jhren Durſt zu leſchen; derowegen der RegenSirach 35. verß 26. wohl kommt / wenn es duͤrre iſt; die allgemachſam trieffende Tropffen fallen wohl ein / dringen durch / erweichen die harten aͤcker / das ſie den Regen gerne annehmen / in ſich trincken / newen ſafft und krafft bekommen / durch welchen ſafft die verwelckte ge - waͤchſe erquicket / wachſend und fruchtbar gemacht werden Men - ſchen und Vieh ernehren und erhalten: Alſo iſt des hochgeehr - ten Jobs Rede und Rath angenommen / als ob ſie vom HimmelHkaͤme.[58]kaͤme. Wo man ſeines Raths und Anordnens nicht bald hab - hafft werden koͤnnen / da hat ſich klage und haͤuffiges verlangen gefunden. Wenn er aber fein mit glimpff / mit vernuͤnfftigen Vrſachen ſeinen Rath vorgebracht / ſo hat man jhn mit ſonder - barer begierde angenommen. Seine Worte haben beſondern nachdruck gehabt in erweichung der harten hertzen / und iſt alſo durch jhn viel Frucht geſchaffet worden. Das iſt ja ein ſchoͤnerSirach 25. verß 13. Ehren-ruhm / deſſen auch Sirach im 25. Capittel erwehnet unter den ſtuͤcken / die er in ſeinem Hertzen hoch zu loben halte[:]Wohl dem / der klug iſt / und lehret / da mans gerne hoͤret.

Hat es bisweilen die gelegenheit gegeben / das Job mit froͤ - lichen Geſpraͤchen ſein Gemuͤth erfriſchen wollen / So iſt er gleichfalls geehret worden / auch in 2. Schertzhafftigen Sa - chen / wie er denn ſolches abermahl ruͤhmet / theils mit Klaren Worten: Wenn ich mit jhnen lachete / wurden ſie nicht kuͤh - ne darauff: Theils mit Gleichnis Worten: Vnd das Liecht meines Angeſichts machte mich nicht geringer. Weil dasPre: 11. v. 7 Liecht ſuͤſſe iſt / und den Augen lieblich die Sonne zu ſehen (Pre - diger 11.) alſo / das ſich der Menſchen Natur uͤber ſchoͤnem hel - lem Wetter erfrewet / hingegen an tunckeln und neblichten Ta - gen / oder auch in finſterer Nacht trawrig und melancholiſchEſther 8. verß 16. wird / So pfleget die H. Schrifft Liecht zunennen gluͤcklichen Zu - ſtand und Frewde / (Eſth: 8. Pſalm: 97. Spruͤchw. 13. ꝛc. )Pſalm: 97. verß 11. wie hingegen durch Finſternis Vngluͤck und Trauren verſtan -Spruͤchw: 13. v. 9. den wird (Job 18. Eſa: 5. Joel 2. ꝛc.) Heiſſet demnach Liecht des Antlitzes / da man freundlich / froͤlich und luſtig aus -Job 18. v. verß 5. 6. ſiehet; wie Salomon Spruͤchw: 16 vom Angeſichte eines Re -Eſa: 5. v. 30 genten ſagt; Wenn des Koͤniges Angeſicht freundlich iſt / (dieJoel 2. v. 2. Worte im Ebreiſchen Grundtexte ſind / ór-pene-mælæch,Spruͤchw: 16. verß 15. das Liecht des Antlitzes des Koͤniges) das iſt leben / und ſeine Gnade iſt / wie ein Abendregen. Will demnach Job ſagen: Wenn ich gleich freundlich und froͤlich mit jhnen umbgieng / und mich luſtig erzeigte / So mißbrauchten ſie ſolcher freundligkeitnicht /[59]nicht / ſich mit mir allzugemein zu machen / ſondern hielten mich ſo wohl und ſo hoch in ehren / als wenn ich wichtige und ernſihaff - te ſachen mit jhnen vorhatte. (Luth: im Randgloͤßlein: Wenn ich freundlich / froͤlich mit jhnen war / worden ſie darumb nicht kuͤhne / mich zu verachten. Id eſt, familiaritas mea non peperit a - pud eos mei contemtum.) Denn die Verwaltung des Regiments ſoll alſo gefuͤhret werden / das der / welcher regieret / beydes da er anlachet / dennoch gefuͤrchtet / und da er zuͤrnet / dennoch geliebetGregor. werde. (Gregor. ſuper h. l. Talis debet eſſe diſpenſatio Regimi - nis, ut is, qui præeſt, & arridens timeri debeat, & iratus amari.)

Wie in Allen Sachen / alſo auch 2. an Allen Orten / wo er nur hinkommen / iſt er reichlich geehret worden. Denn davon hoͤren wir ſeinen eigenen bericht in den letzten Worten: Wenn ich zu jhrem geſchaͤfft wolt kommen / ſo muſt ich oben an ſi - tzen / und wohnet / wie ein Koͤnig unter Kriges-knechten / da ich troͤſtet / die Leide trugen. Er redet von ſolchen faͤllen / da er aus freundligkeit und milder guͤte ſelbſt zu ſeinen Leuten kom - men / und mit jhnen umbgangen iſt. Die Art / wie man jhn als - denn geehret hat / wird beniemet / das es geſchehen ſey mit Ober - ſtellen: Wenn ich zu jhrem geſchaͤfft wollt kommen / ſo muſt ich oben an ſitzen. Mit Vmbherſtellen / das ſie vor jhm ge - ſtanden / jhm auffgewartet / das jenige / was zu ſeinem dienſt oder ſchutz gereichte / zuverrichten bereit geweſen / und er alſo Gewoh - net / wie ein Koͤnig unter Kriegsknechten. Der Grund und die Vrſache / warumb ſie jhm ſo viel ehre willig und gern ange - than haben / iſt geweſen ſeine guͤtigkeit und trewe vorſorge vor die nothleidenden / daraus ſie verſpuͤrten / wie gut ers mit ſeinen Vnterthanen meine / und wie trewlich er jhr beſtes ſuche. Drumb ſetzt er hie in beſchreibung der jhm geleiſteten Ehre hinzu: Da ich troͤſtet / (nemlich mit Worten und Wercken) die leide tru - gen. Daraus denn zuerſehen / wie Obrigkeit nicht durch Hoffart / ſondern durch Demuth / Freundligkeit / und trewe Vorſorge fuͤr die Vnterthanen jhr die meiſte Ehre und das groͤſſeſte anſe -H ijhen[60]hen koͤnne zuwege bringen: Die Liebe der jhrigen / welche ſie durch ſolche guͤtigkeit erwecken / ſey die beſte und ſicherſte Leib - gvardi / welcher ſie ſich vertrawen moͤgen: Weil Vnterthanen ſolche Regenten / derer trewe und liebe ſie verſichert ſind / hinwie - derumb lieben / und daher auff den nothfall auch wohl Leib und Leben zu wagen bereit ſind. Aber dieſe und andere Lehrpun - eten hieraus vorzutragen und auszufuͤhren will die gelegenheit ferner nicht zulaſſen.

Lebens-Lauff des Sel. H. Johann Langens von Krugberg / ꝛc.

WAs bisher angefuͤhret worden / iſt zu dem ende geſchehen / das Ewer Chriſtliche Liebe erkenne / was ſie vor einen thewren und werthen Herren verlohren habe an Weiland dem Edlen / Veſten / Hoch - und Wohlweiſen Herren Johann Langen von Krugberg ꝛc. Ja / eigentlicher mich zu erklaͤren / darumb iſt es ge - ſchehen / damit ich das jenige ſagen moͤge / was nicht allein allhier in der Stadt ein Edler / Ehrenveſter und Wohlweiſer Herr Richter und Rath / wie auch gantze loͤbliche Gemeine und Buͤr - gerſchafft / ſondern auch auſſerhalb derſelben alle auffrichtige Patrioten erkennen und bekennen. Es beklaget Jhn die Ge - meine / als jhren Vater. Es beklaget Jhn der gantze Rath / als Jhre ſonderbare Zierde. Es beklaget Jhn das Predigtampt / als einen beſondern Wolthaͤter. Es beklaget Jhn die allhier in reicher anzahl gegenwaͤrtige Adeliche Ritterſchafft / als Jhren Standes-genoſſen / trewen und dienſtwilligen Freund. Es bekla - get Jhn Jedermann / weil Er dem Gemeinen weſen ſo wohl fuͤr geſtanden. Jch habe von denen / die ſeines Todes erwehnet ha - ben / immer fort als mit einhelliger ſtimme gehoͤret / das Er ge - weſen ein ſonderbarer nuͤtzlicher und loͤblicher Herr / ein vor - trefflicher Patron / das Auge / das Liecht / die Bluhme dieſer Stadt / und was dergleichen ſchoͤne Ehrentitul mehr geweſen.

Sonſt geſchicht es wohl / das nach anderer Leute Todt der einegutes /[61]gutes / der ander boͤſes von jhnen redet. Aber der S. verſtorbe - ne Herr Lange wird ohne unterſcheid von maͤnniglich gelobet / von maͤnniglich beklaget. Denn er freylich dieſen Ruhm mit ſich in die Gruben nimmet / welchen Job in jetzo erklaͤrten Texte erzehlet. Er iſt geweſen ein Loͤblicher Regent und Rich - ter / dem man das Zeugnis gibt / das Er uͤber der Gerechtigkeit ge - halten / den Bedraͤngten und Huͤlfſloſen gerne geholffen. Sei - ne weiſte Sorge und beſte Zierde hat Er jhm dieſes ſeyn laſſen / das Er Recht und Gerechtigkeit handhaben / und dem Gemei - nen Weſen wohl vorſtehen moͤge: Wie aus ſeinen wohl abge - faſſeten wuͤntſchen erſcheinet / die im Buͤchlein / darin Er die nachricht von ſeiner Geburt / Heyrath / Kindern / Trawerfaͤllen / und Ehren-Aemptern verzeichnet hat / zu befinden. Da Er nem - lich Gott angeruffen / das derſelbe jhn durch ſeine Krafft regie - re damit Er jedermann Recht wiederfahren laſſe / keine unbilli - che ſache fuͤrnehme / den Gemeinen Nutzen trewlich befoͤrdere / einen gnaͤdigen Gott und gutes Gewiſſen behalte / ꝛc. Jeder - mann ruͤhmet ſeine Weißheit: Jedermann ſeine Guͤtigkeit.

Denn Er rechtſchaffen geweſen ein Vater der Armen / zu wel - chem faſt ins gemein die Duͤrfftigen / und welche irgend eine noth angeſtoſſen / allermeiſt jhre Zuflucht genommen / ſeiner Guͤte und Huͤlffe genoſſen haben. Jedermann ruͤhmet ſeine Vorſich - tigkeit / das er in ſeinen Rath - und Anſchlaͤgen ſehr behutſam gangen. Daneben hat es Jhme auch nicht gefehlet an Stren - gigkeit / ſondern Er hat ohne anſehen der Perſon das Boͤſe ernſt - lich und hart geſtraffet / das Jhn alſo die Buͤrgerſchafft zugleich geliebet / und doch auch gefuͤrchtet. Zu wuͤntſchen waͤre es / das Jhn Gott dem loͤblichem Regiment / der gantzen Stadt / und vielen andern zu gute noch eine lange zeit beym Leben erhalten haͤtte / wie maͤnniglich gehoffet / und vielleicht Er ſelbſt vermei - net (weil Jhm Gott der Herr eine gute ſtarcke und geſunde Natur verliehen) das die anfangs gering ſcheinende Niederlage Jhn nicht wegraffen wuͤrde. Daher Er auch nach meiner an -H iijkunfft[62]kunfft in dieſe Stadt / welche Jhm ſehr lieb geweſen / die unterre - dung mit mir verſchoben / bis Er wiederumb geſund wuͤrde; weil in der Kranckheit Jhme das reden ziemlich ſauer worden. Aber es hat Gott dem Herrn ein anders gefallen / welcher Jhn nicht zu einem hohen Alter kommen laſſen / ſondern faſt in den beſten und geruͤhlichſten Jahren von dieſer Welt abgefordert.

1. Timot: 6. v. 17. 18.Mit Job hat der S. Herr Lang empfunden den Reichthumb Goͤttliches Segens an Zeitlichen Guͤtern: Welche Er doch al -Pſalm 62. verß 11. ſo gebrauchet / das er dabey nicht ſtoltz geweſen / viel weniger dasPredig: 11. verß 2. Hertz daran gehaͤnget / ſondern gerne gegeben / unter ſieben und unter achte / (das iſt unterſchiedlichen hin und wieder) aus -Spruͤchw: 5. v. 16. getheilet / die Brunnen ſeiner Guͤter laſſen heraus flieſſen / und ſonderlich denen / die in Handwerck oder andere Nahrung ſich einlaſſen / und durch ehrliche arbeit nehren wollen / gerne behuͤlff - lich geweſen. Er iſt auch wegen ſeines wohlver haltens Reich worden an Ehren / das ſein Anſehen je mehr und mehr zuge - nommen hat. Denn im Jahr 1624. iſt Er in den Rathſtuel gezogen worden / in welchem Er auch bis an ſein ende verblieben. 1634. wie auch 1642. hat man Jhn zum Richter und Regen - ten dieſer Stadt erwehlet / welches Ehren-Ampt Er jedesmahl drey Jahr lang nach einander verwaltet / und zwar alſo / das Jhm maͤnniglich das Zeugnis gibt / Er habe loͤblich und wohl re - gieret. Wie viel ſeine Stimme auff dem Rath-Hauſe / wie auch bey der Erwehleten Gemeine gegolten / und wie man es gemeiniglich bey ſeinem Ausſpruch verbleiben laſſen / iſt gnug - ſam bekandt. Freundlich und Frewdig hat Er ſich bey Hoch - zeiten und andern geehrten Zuſammenkunfften erwieſen: doch aber ſeine Freundligkeit und Froͤligkeit alſo anzuſtellen wiſſen / das ſein anſehen im geringſten nicht gemindert / ſondern an al - len orten Jhn jedermann gerne geehret / den vorzug zu laſſen / und demſelben etwas angenehmes zuerweiſen bereit geweſen iſt.

Es ſind noch andere / uͤber die im erklaͤrten Text beniem - te ſtuͤcke / darin der S. Herr Lang dem Job gegleichet. Dennbeyde[63]beyde ſind Vornehmer Ankunfft und Geſchlechtes geweſen.

Jobs oder Jobabs Vater war Serah von Bazra / ein Fuͤrſt1. B. Moſ. 36. v. 33. 15. 17. unter den Kindern Eſau. Jſt ſchon hier das Geſchlecht nicht Fuͤrſtlich: So iſt es doch Adelich / von langer zeit her bey Koͤnigẽ /1. Chronie: 1. verß 44. Fuͤrſten und Herren wohl angeſehen und bekandt. Wie denn auch des ſelig Verſtorbenen Herr Großvater / der Edle / Veſte und Hochweiſe Herr Johann Lang / bey Koͤn: Majeſt: in Po - len vornehme Dienſte gehabt / auch des loͤblichen Schoͤppen - ſtuels der Haupt-Stadt Krakaw Aſſeſſor und Vogt geweſen.

Sein Herr Vater war der Edle / Veſte / und Wohlbenambte Herr Chriſtoph Lang / vornehmer Rathsverwandter allhier / der Jhn mit Weiland der Edlen / Ehrentugendreichen Fraw - en Chriſtina gebohrner Denckhartin gezeuget / Von welcher Er im Jahr 1595. den 25. Sontag nach Trinitatis zur Welt gebohren worden. Jſt alſo am Ende des Kirchenjahres ge - bohren / und auch zu Ende deſſelben geſtorben. Job war ein1. B. Moſ: 36. v. 33. Siehe Eſa: 34. v. 6 cap. 63. v. 1. Amos 1. ver: 11. 12. Jerem: 25. verß 20. 21. Klaglied: 4. verß 21. Iun. in an - not. ad Gẽ. 10. v. 23. Pined. Cõ. in Iob 1. v. 1. 1. 28. 29. 30. Euſ: l. 9. præp. Evãg fol 251. Sohn Serah von Bazra / der Haupt-Stadt im Edomiter Lande / welches graͤntzete mit dem Lande Vz / darinnen Job gewohnet hat. Jſt alſo entweder ſein Vater / oder auch er ſelbſt von Bazra buͤrtig geweſen. Des Herren Langens ſein Herr Vater iſt zu Krakaw / in der Haupt-Stadt des an Vngern graͤntzenden Landes Polen gebohren / und hat ſich allhier in dieſem Lande niedergelaſſen / auch hierin dieſen numehr verſtor - benen Herrn Sohn gezeuget. Dort erlangte Job das Regi - ment in einem frembden Lande / darin er oder ſein Vater zu erſt ſeine Wohnung genommen: Alſo ſind die Herren Langen / Vater und Sohn (ob ſie wohl jhrer ankunfft nach aus Polen buͤrtig) zu verwaltung des Regiments in dieſer Vngariſchen Koͤniglichen Frey-Stadt erhaben worden.

Das Leben und Wandel Jobs betreffend / hat jhme Gott ſelber Zeugnis gegeben / das er geweſen / ſchlecht und recht / Gott - fuͤrchtig und habe das Boͤſe gemieden / im 1. und 2. Capittel. Job 1. v. 1. 8. c. 2. v. 3.An dem Herren Langen iſt gleichfalls zu ruͤhmen / ſeine Auff -rich -[64]richtigkeit / das Er geweſen Schlecht und Recht. Schlecht oder ohne falſch in Worten; Recht und redlich in Wercken.

Seiner Gottesfurcht halben gibt Jhm auch ſein Herr Beicht - Vater das Zeugnis / das Er ſich nicht allein zum gehoͤr Goͤttli - ches Wortes / ſondern auch zur troͤſtlichen Abſolution / zum ge - brauch des Heiligen Abendmahls mit ſonderbahrer Andacht ge - halten. Es zeugen hiervon ſeine ſehr Chriſtliche und andaͤchtige Wuntſchreden / welche Er in obgedachtem Buͤchlein zu jedwe - derm fall und wercke / das er auffgeſchrieben hat / dabey verzeich - net. Ja es zeugen hiervon ſeine ſorgfalt fuͤr Kirchen und Schu - len / ſeine Ehrerbietigkeit und Wohlthat gegen dem Predigt - Ampte / wie auch andere wercke der Liebe und Barmhertzigkeit / welche aus der Gottesfurcht / als Fruͤchte auff einen guten Bau - me / hervor gewachſen. Mit Job hat Er ſich auch beflieſſen / das Boͤſe zumeiden / und einen untadelhafften Wandel zufuͤh -Job 3. v. 1. folg. ren. Gleich wie aber Job ſich verſuͤndigte mit Vngedultigem Verfluchen des Tages ſeiner Geburt: Alſo wird auch der Herr Lang ſein theil an Suͤnden gehabt haben; Wiewohl ich (als ein newlich hier ankommener) keine gewißheit habe / worin Er etwa am ſehrſten gefehlet und geſuͤndiget. Jſt aber kein zweiffel / das der grundguͤtige Vater im Himmel / (deſſen Diener Er auch in ſeiner letzten Kranckheit die Suͤnde andaͤchtiglich gebeichtet von dem Er die troͤſtliche Abſolution / wie auch den wahren Leib und Blut Chriſti / als das thewreſte Pfand zur verſicherung ſeiner Seligkeit / mit hertzlicher begier empfangen / folgends mit inbruͤn - ſtigen ſeufftzern und Stoß-gebetlein bis an ſein Ende umb Gna - de und Huͤlffe Gott den Herren angeruffen.) Jhme alle und jede Suͤnde werde vergeben haben. Die denck wuͤrdigſten Wor - te Jobs die er wuͤntſchte / das ſie in ein Buch / mit einem eiſernen Griffel auff Bley / und zum ewigen Gedaͤchtnis in einen Felß ge -Job 19. v. 23. 24. 25. hauen wuͤrden / ſind dieſe: Jch weiß / das mein Erloͤſer lebet ꝛc. cap. 19. Eben das ſind auch die letzte Reden geweſen / damit der ſelige Herr Lang / den 30. Novemb. nach erfuͤllung des 52. Jahrs[65]Jahres ſeines Alters und in die vierdte Woche mit gedult ausge - ſtandener niederlage / ſanfft und ſelig ſeine ſprache und Leben be - ſchloſſen: Jeſu / mein Erloͤſer. o Jeſu mein Erloͤſer.

Dem Job hatte Gott der Herr Kinder beſcheret / bey -Job 1. v. 2. derley Geſchlechtes / Soͤhne und Toͤchter. Dem Herren Lan - gen hat Er zum Eheſegen einen Sohn und drey Toͤchter gege - ben. Jobs Toͤchter / die er nach ausgeſtandener Plage erzeuget / werden wegen jhrer Schoͤne geruͤhmet / das nicht wurden ſo ſchoͤ -c. 42. v. 15. ne Weiber funden in allen Landen / als ſeine Toͤchter. Vermuth - lich ſind auch die / welche er zuvor gehabt / mit ſchoͤner geſtalt be - gabt geweſen. Den Kindern dieſes unſers Herren Langes hatWeißh: 8. verß 20. Gott nicht nur feine Seelen / ſondern auch feine Leiber und Gliedmaſſen verliehen / das bey jhnen die gute Seele / als der Wirt / ein gutes und zierliches Hauß gehabt / und ſie / als Kinder guter art / zugleich wegen jhrer ſchoͤnen Tugenden und ſchoͤnerJob 1. v. 1[8]19. geſtalt beruͤhmet worden. Job kam umb alle ſeine Kinder / da ſie vom einfall des Hauſes erſchlagen worden. Der Herr Lang hat auch mit groſſen ſchmertzen ſehen und erfahren muͤſſen / wie alle ſeine Kinder / und bald darauff auch ſein hertzliebes Ehe - weib / jhme durch fruͤzeitigen Todt von der ſeiten und aus den augen geriſſen worden. Eine Tochter iſt im Jahr 1626. Die Andere 1628. verſtorben. Die Dritte Tochter / (welche mit jhrem EheHerren Thoma Fickern nur 30. Wochen / und unter denſelben nur 16. bey geſunden kraͤfften leben koͤnnen. ) wie auch der Einige Sohn Antonius Lang / davon Er und maͤnniglich ſonderbare hoffnung geſchoͤpffet / und endlich die Fraw Mutter ſelbſt / die Edle Ehrentugendreiche Fraw Catharina / des E - dlen und Veſten Herren Antonii Rhoͤllens / Jnhabers des loͤblichen Kupfferwercks Schmoͤlnitz / eheleibliche Tochter (mit welcher Er den 15. Novembris 1615. ſeinen Hochzeit - lichen Ehrentag gehalten) ſind kurtz nacheinander / und zwar in - ner Anderthalb Jahr / 1637. und 1638 zu Leichen worden.

Das moͤgen ja ſchmertzliche Riſſe / tieffe Hertzensſchnitte geweſenJſeyn.[66]ſeyn. Doch aber hat Er auch in ſolchen ſchweren Trawerfaͤllen ſich als ein Chriſt / mit der hoffnung froͤlicher Aufferſtehung / da ſie Gott wiederumb zuſammen bringen wuͤrde / getroͤſtet:

Gleich wie Jobs Kinder / ob ſie ſchon verſtorben / dennoch nicht verlohren / ſondern zum ewigen Leben voran geſchickt wa -Greg. l. 35. Mor. c. 11. Baſ[il]. & O - lympiod. in Catenâ. Greg. Nyſſ. in funere P[a]〈…〉〈…〉cheriæ. Job 1. v. 3. c. 32. v. 12. 13. ren. Dieſes erinnern gar wohl unterſchiedliche alte Kirchen - lehrer aus der beſchre[i]bung / Wie Job nach der Plage alles habe duppelt wiederbekommen. Gregorius M. ſpricht: Das er vor der Verſuchung durch die Plage[7]000. Schaffe / 3000. Ka - mel / 500. Joch Rinder / 500. Eſelin gehabt habe / weiſet der Anfang ſelbiger Hiſtori. (cap. 1.) Dieſe / welche er durch die Plage verlohren / ſind jhm nu duppelt wiedergeben wor - den / (14000. Schaffe / 6000. Kamel / 1000. Joch Rinder / 1000. Eſelin /) Kinder aber ſind jhm ſo viel wiedergeben wor - den / als er verlohren. Denn 7. Soͤhne und 3. Toͤchter hat ercap. 1. v. 2. gehabt / (cap. 1.) und wird geſchrieben / das er 7. Soͤhne undcap. 42. 3. Toͤchter wiederumb empfangen habe / (cap. 4[2]. ) zum be - weiß / das auch die / welche geſtorben waren / leben. Denn weil geſagt wird: Der HERR gab Hiob zwiefaͤltig ſo viel / als er gehabt hatte / (æth-col-aſchær-lc Jjobh lemiſchnæ, Alles / was Job gehabt hatte / Geduppelt) und er jhme doch ſo viel Kinder gegeben / als er verlohren / ſo hat er auch die Kinder doppelt gegeben / weil er jhme hernach 10. im Fleiſche wie - derumb zugeſtellet / die 10. aber / welche erſchlagen waren / in dem verborgenem Leben der Seelen erhalten hat. Alſo ſind auch des H. Langens Kinder / und ſein Ehegatte nicht verlohren: Sondern werden jhme nun in dem Himmel wieder zugefuͤhret. Es hat freylich Job darin einen Vorzug und mehrers Gluͤck erlebet / das jhme Gott auch in dieſer Welt an ſtatt der vori - gen 10. andere Kinder beſcheret. Aber was Gott in dieſem fall dem H. Langen verſaget / das hat er jhme mit anderem Se - gen / deſſen hingegen Job entrathen muͤſſen / erſetzet. Denn es mangelte dem Job ein freundlicher und liebreicher Ehe -gatte /[67]gatte / weil ſein Weib / das er hatte / in ſeinem groſſen ſchmertzen jhn noch mehr plagte / und jhm ſein elend fuͤrwurff: HaͤlteſtuJob 2. v. 〈…〉〈…〉Siehe Tob. 2. v. 15. 22. 23. Au[g]uſtinus in Pſalm. 55. noch feſt an deiner froͤmmigkeit? Ja ſegne GOtt und ſtirb.

Darumb S. Auguſtinus von jhr ſchreibt: Es iſt zugelaſſen / (zu dem Job) der Verſucher / er hat alles weggenommen / das derſelbe bloß von guͤtern / bloß von Geſinde / bloß von Kindern / voll in GOTT blieben. Traun das Weib ward jhm noch ge - laſſen. Meinet jhr / es ſey ein barmhertziger Teuffel geweſen / der jhm noch das Weib gelaſſen hat? Mit nichten. Er wu -Greg. Na〈…〉〈…〉. Orat. in laudem A - than Chry ſoſt. ſuper id: Si bona ſuſcepim&uſ;. Apoll. O - lyu〈…〉〈…〉 piod, in Cat. ſte / durch wen er den Adam verfuͤhret hatte. Er ließ dieſe - brig zu ſeiner Gehuͤlffin / nicht aber zur Troͤſterin jhres Ehe - mannes. Sie war / wie andere Kirchenlehrer ſie beſchreiben / ein Hauffe des Elendes; das ſtaͤrckeſte und bequemſte geſchoß und werckzeug zu ſtreiten wieder den Job; ein Weib / das in Schwaͤgerſchafft den Teuffel angehoͤret; mit teufliſchem Gei - ſte angeſtecket. Aber dem Herren Langen hat Gott der Herr einen freundlichen und liebreichen Ehegatten beſcheret / die jhm liebes und kein leides gethan ſein Lebenlang. Daher Er auch im oberwehnetem Buͤchlin / da Er jhres toͤdlichen abſchiedes erweh - net / Jhr das Lob gibt / das ſie geweſen ſeine hertzliebſte / hoͤchſt - fromme und demuͤthige Haußfraw / ſeine allertreweſte und Hertzerquickende Ehegeſellin. Das iſt je eine groſſe Gluͤckſe - ligeit. Mit dem Job kam es zur zeit der Truͤbſal ſo weit / das an ſtatt ſeiner vorhin gehabten groſſen Ehre die Kinder loſerJob 30. v. 1. 11. und verachteter Leute jhn vor einen grewel hatten / und auch das junge Volck ſeiner lachte / Maͤgde und Knechte nichts auff jhncap. 19. v. 13. 2〈…〉〈…〉. gaben / auch ſein eigen Weib ſich frembde gegen jhm ſtallte; wie er daruͤber capit. 19. und 30. mit mehrem klaget. Dem Herren Langen aber hat Gott ſeine Ehre und anſehen ungemindert bleiben / ja je mehr und weiter vergroͤſſern laſſen. Das wir alſo ſehen / wie der Allerhoͤheſte das jenige / was an einem theil ge - mangelt / an dem andern deſto reichlicher eingebracht hat.

Der Erloͤſer Jeſus Chriſtus / deſſen ſich Job (cap. 19) v. 25. 26. 27.getroͤ -[68]getroͤſtet hat / wolle auch den H. Langen / als ſeinen Erloͤ - ſten / dem Leibe nach am Juͤngſten Tage / aus der Erden aufferwecken / mit ſeiner Haut umbgeben / und in ſeinem Fleiſche GOTT ſehen laſſen; Solches verleihe Er / un - ſer Erloͤſer und Seligmacher auch Vns umb ſeines vollkommenen Verdienſtes willen / AMEN.

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About this transcription

TextGlückseliger Reichthumb Eines Lob-seligen Richters
Author Christoph Schlegel
Extent68 images; 21397 tokens; 5035 types; 140304 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationGlückseliger Reichthumb Eines Lob-seligen Richters Bey sehr ansehnlichem und Volckreichem Leichbegängnis Deß Edlen/ Vesten/ Hoch- und Wolweisen Herrn Johan Langens von Krugberg Christoph Schlegel. . 68 Lorentz BrewerLeutschau1647.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 W 124/13 / 537788

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:18Z
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ShelfmarkUniversitätsbibliothek Breslau, 4 W 124/13 / 537788
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