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POLITIſcher DISCURS Von den eigentlichen Vrſachen / deß Auf - und Abnehmens / der Staͤdt / Laͤnder und Republicken / in ſpecie, Wie ein Land Volckreich und Nahrhaft[zu] machen / und in eine rechte Societatem civi - lem zu bringen. Auch wird von dem Bauren-Hand - wercks und Kaufmannsſtand / derer Han - del und Wandel / item Von dem Monopolio, Polypolio und Pro - polio, von algemeinen Land-Magazinen / Niederlagen / Kaufhaͤuſern / Montibus pietatis, Zucht - und Werck - haͤuſern / Wechſelbaͤncken und derglei - chen / außfuͤrlich gehandelt.
(Calvin. in Lex. Jurid.)
Publicè intereſſe ducitur, quodin com - mune expedit, & ad totius reipublicæ utilitatem ſpectat, licet quæ ad omnes pertinent, plerumq; à ſingulis negligantut.
Franckfurt /In VerlegungJohann David Zunners/Anno Chriſti M DC LXVIII.

Dem Hochgebohrnen Herꝛn / Herrn Geoͤrg Ludwig / deß Heiligen Roͤmiſchen Reichs Erb - ſchatzmeiſtern / Graffen von Sintzen - dorff / zu Thanhauſen und Neuburg am Jhn / Freyherrn auf Ernſtbrunn / Herrn der Herrſchaf - ten Friedau / Rennersdorff / Sitzendorff / Hau - ſenbach / Maniburg / Ainoͤd / Traͤßmaurn / Wal - persdorff und Gfoͤhl / Erbſchencken in Oeſterreich ob der Ens / Rittern deß guͤldenen Fluͤſſes / der Roͤmiſchen Kaͤyſerlichen Majeſtaͤt Gehei - men Raht / Cammerherrn und Hof Camer Præſidenten; Meinem Gnaͤdigen Grafen und Herrn.

D alles was zu Vermeh - rung Land und Leuten die - net / ad materiam ſtatus ge - hoͤre / iſt ex ipſâ definitione Politices kundbahr / daß a - ber die Commercien, ne - gotien / Handel und Wandel / ein Land Volck-Geldreich nahrhaft machen / auf - bringen und hinwieder in Grund verderbena ijkoͤn -Dedicatio. koͤnnen / iſt in gleichem bekant undtaͤglich vor Augen / wie aber und auf was Weiß / Weg und Mittel ſolches geſchehe / iſt viel - leicht nicht jedem bekant / noch ſo viel mir bewußt von einigem Seribenten bißhero entdecket und an Tag gegeben worden. Nach deme aber die eigentliche Erkaͤntnuß ſolcher Sachen ſo noͤthig / als das Com - mercien-Weſen ſelbſt / welches ich bewieſen habe / daß es zum Staat und Staats materi gar nah gehoͤre / ſo haben Jhre Kaͤyſerl. Majeſtaͤt etwan vor zwey Jahren ein ab - ſonderliches Collegium, und daruͤber Euer Hochgraͤfl. Excellentz zum Præſiden - ten Allergnaͤdigſt verordnet / und mit einer außfuͤhrlicher inſtruction verſehen / welche dahin zielet / daß man auf den Lauf der Commercien abſonderlich Achtung gebe / damit er denen Kaͤyſerlichen Erblanden nicht zum Schaden / ſondern Nutzen ge - reiche / in ſpecie, daß / ſo viel moͤglich / allerhand manufacturen / vor welche nun viel Geld in die Frembde gehet / in den Kaͤy - ſerl. Erblanden gearbeitet / und nicht allein das müſſig gehende Volck in die Arbeit ge - ſtellet / das Geld im Land erhalten / ſondernauchDedicatio. auch durch dieſen Angel der Nahrung meh - rere Vnterthanen in beſagte Kaͤyſerl. Erb - landen gezohen / und alſo dieſelbe Volck - und Geld-reich gemacht wuͤrden. Nach deme nun Jhre Kaͤyſerl. Majeſtaͤt auch Aller - gnaͤdigſt durch ein Kaͤyſerl. Decret meine wenige Perſon zu beſagtem Collegio ge - nommen / und mir darinnen die commiſſi - on uͤber einige manufacturen zu introdu - ciren gegeben war / woruͤber auch Jhre Kaͤyſerl. Majeſtaͤt allergnaͤdigſt privilegia ertheilt / ſolches aber unter dem Kaufleuten bekant worden / iſt nicht zu glauben noch zu beſchreiben / wiewol beſagte manufacturen den Kaufleuten im geringſten nichts ſchaͤd - lich noch hinderlich / ſondern vielmehr be - foͤrderlich geweſen weren / wie gleichwol ei - nige beſagter Kaufleut / ſo inn als auſſer den Kaͤyſerl. Erblanden / ſich erſtlich wi - der das geſaͤmtliche Collegium, hernach in ſpecie wider mich / als den ſie vor den Vr - heber deſſen hielten / geſetzet haben / wie ſie alle Mittel und Weg gebraucht heimlich und offentlich / mit gutem und boͤſen ſolches zuverhindern / mit Worten / mit Schrei - ben / mit Gewalt und gutem / mit Gift unda iijGa -Dedicatio. Gaben / durch Geiſt - und Weltliche / in der Naͤh und in der Ferne / welches damit ſie es deſto beſſer ins Werck richten / und die Frucht in erſter Bluͤet erſticken moͤchten / haben ſie geſucht vor allen Dingen das fundament umb zuſtoſſen / nemlich in das Collegium und Conſilium Vneinigkeit zu bringen / welches ſie dann endlich durch einen Pfaffen zu wegen gebracht / nach dem Spruch: Non audet ſtygius Pluto ten - tare, quod audet, effrænis monachus, plenaque fraudis anus: denn als beſagter unruhiger Moͤnch durch Subornirung an - derer an Eure Hochgraͤfl. Excellentz ein ſehr ſcharffes ehrenruͤhriges Schreiben / heimlich und hinderruͤcks meiner von mir geſchrieben / ſolches mir aber zu wiſſen und unter die Hand kommen / iſt die jenige di - verſion und Vneinigkeit auch gewaltſa - mes procedero darauß entſprungen / dar - von man durch das gantze Land hat zu ſagen wiſſen / und welches weder Euer Hochgraͤfl. Excellentz noch mir nuͤtzlich / Jhrer Kaͤy - ſerl. Majeſtaͤt und dero Dienſt aber hoͤchſt - ſchaͤdlich geweſen / auch viel gute ehrliche Leut und deß gemeinen Weſens Liebhaberſol -Dedicatio. ſolches beklaget / als welche die conſe - quentz deſſen leichtlich geſehen; in deſſen a - ber iſt nicht zu beſchreiben / was vor ein Jubel-Feſt bey den Kaufleuten und Anſtif - tern dieſer action geweſen / als welche nun - mehro erlangt / was ſie verlangt. Ob nun zwar der auß vorberuͤhrter diverſion ent - ſtandene Mißverſtand / ſo viel moͤglich / aufgehoben / und die Einigkeit wiederumb zuſammen geflickt und gelappt wuͤrde / ſo gut als man gekoͤnnt haͤtte / wider alles vermeinen und hoffen der Kaufleut / ſo ha - ben ſie doch deſto freudiger und muthiger ihre boͤſe intention fortgeſetzt / als welchen wol wiſſent war / daß eine Sache / ſo ein - mal geflickt / eher zu zerreiſſen ſeye / als wann ſie noch gantz iſt: hierzu nun gab ihnen Gelegenheit meine Abreiß von Wien nach Muͤnchen / ſo ich wegen meiner und anderer Geſchaͤften gethan; in ſolcher meiner Abweſenheit war nun ihr eintziges ſpeculiren, wie ſie machen koͤnten / daß ich nimmermehr nach Wien kaͤme / ja ich war ihnen auch noch zu Muͤnchen zu nah / derentwegen eine abſonderliche Ehren ab - ſchneideriſche heimliche correſpondentza iiijmei -Dedicatio. meinetwegen von etlichen in Wien und Muͤnchen gefuͤhrt / und beeder Orten auf das aͤuſſerſte traducirt / ja / da ich nach Wien reiſen ſolte / unterwegens mit Nach - ſtellung / Verhaftung / und mit einem Wort nicht allein nach Ehr / ſondern auch nach dem Leben geſtellt worden / woruͤ - ber / als es mir zu wiſſen gethan / und ich mich etlich mahl darunten zu Wien hoher Orten beklaget und umb protection ge - betten / hab ich doch keine andere noch ge - wiſſe Antwort erhalten / als was das ora - culum dem Æacidi geſagt / a jo te Æaci - da Romanos vincere poſſe: Nemlich es werde mir in Wien keine Vngelegenheit geſchehen / oder man werde mir nichts unbilliges wiederfahren laſſen. Auß wel - chen zweiffelhaftigen Schreiben ich bil - lig Vrſach genommen / zu bleiben / wo ich bin / welches dann eintzig und allein mei - ne Widerſacher geſucht / und dadurch das dritte und letzte expediens gefunden / nemlich damit die Vrſach meines Abwe - ſens ihnen nicht zugeſchrieben wuͤrde / noch an Tag kaͤme / haben ſie vorgeben / ich verſtuͤnde das Werck nicht / getrauetemirDedicatio. mir derentwegen nicht mehr hinunter / alſo waͤre man mir auch meine Beſoldung nicht zu geben ſchuldig; kürtzlich die Kaufleut empfingen / was ſie verlangt / nemlich meine Stellund zugleich die Dire - ction uͤber das Commercien-Weſen / wel - che dann die Sachen ſo wol dirigiren wer - den / als wann man den Bock zum Gaͤrt - ner gemacht haͤtte. Jhre Rede iſt / Do -[ct]ores verſtehen nichts von den Commer - cien / miſchen alſo manufacturen und Commercien unter einander / da ſie doch ſelbſten nicht einen Faden arbeiten koͤn - nen / ja die Handwercksleut ſo uͤbel tracti - ren / daß ſie ihnen das Blut auß dem Leibe ſaugen / und ihnen kein Handwercks - mann ſatisfaction thun koͤnte / wann er gleich von dem Himmel kaͤme: aber ein Doctor, wann er Geld hat / kan eher ein Kaufmann / als ein Kaufmann ein Do - ctor werden / dann ob man gleich man - chem Kaufmann Sammet und Geld anhen - cken thaͤte / iſt und bleibt er doch ein Stock - fiſch. Nach deme nun alſo die Sachen darunten zertrennet / die Kaufleut nicht haben wolten / daß das Werck ſolte fort -a vgehen /Dedicatio. gehen / Euer Hochgraͤfl. Excellentz es hingegen haben wolten / und doch de - nen Glauben gaben / die es nicht haben wolten / ich auch hinunter beruffen ward / und doch unterwegens verbotten worden / mich nicht hinunter zulaſſen / Jhre Kaͤy - ſerl. Majeſtaͤt / in der Kaͤyſerl. inſtru - ction auch gantz ein anders gebotten / als mir in der That zu thun zugelaſſen wuͤr - de / und was andere ohne mein Wiſſen / Willen und in meiner Abweſenheit ver - dorben / darzu hab ich unſchuldiger müſ - ſen der Deckmantel ſeyn / was ich auch gethan und angeordnet / alles unrecht und ůbel aufgenommen war; hab ich / da - mit ichs kurtz mache / nachdem ich ſolche contradictoria nicht zuſammen reimen koͤnnen / meine Zeit beſſer anwenden / und auf eine andere Weiß Jhrer Kaͤyſerl. Ma - jeſtaͤt hoffentlich fruchtbar dienen wollen / dann ich doch von dieſen meinen Dienſten in dem Commercien-Weſen nichts erlangt / als daß ich einen ſchweren Fall auf die Bruſt gethan / welcher mich noch taͤglich incommodirt und ins Grab bringen wird / welches dann ſamt Verkleinerungmei -Dedicatio. meines ehrlichen Namens die Fruͤchte von meinen treu gemeinten Kaͤyſerl. Dienſten ſeynd / welches mich umb ſo viel mehr dar - zu ſchmertzet / daß ich meine wenige außſte - hende Beſoldung nicht haben kan / und Jhre Kaͤyſerl Majeſtaͤt von dieſem allem nichts wiſſen / als daß ſie uͤbel berichtet ſeynd / dann ich lieber habe ſtilſchweigen / als euch viel umb andern ohne Erkaͤntnuß zu dienen / bemühen wollen / habe alſo die Zeit / ſo von andern Geſchaͤften noch etwas daran übrig blieb / in guten ſtudiis zubringen wollen / in der Hofnung / daß die Zeit und der Außgang dieſes einmal werden geben / was nun die beſte rationes und conſilia nicht haben erhalten koͤnnen / und in ſolcher Hofnung hab ich dieweil alhier in München die Werckſtat der un - terirdiſchen Natur und Geſchoͤpffen / durchſucht / über tauſend experimenten gethan / und meine Phvſicam ſubterrane - am geſchrieben / auch weil mir etwas Zeit uͤber / meinen Methodum Didacticam verfertiget / welche zwey Bücher hoffent - lich von gelehrten Leuten mehr werden æſti - mirt werden / als wann ich zehen Jahr /michDedicatio. mich zu Wien vergeblich mit den Kaufleu - ten gezaͤnckt haͤtte. Als ich nun der geſtalt in der Ruh / und wie Diogenes in dem Faß ſitze / und mir das vor eine hohe con - ſolation angenommen / was mir die Kaufleute an ſtat eines Vnglůcks berei - tet / auch meine Beſtaͤndigkeit ſahen / da verdreußt ſie der Handel wiederumb / und koͤnnen mich auch in dieſem otio nicht ley - den / ſondern fahren in ihrer teuffeliſcher Verkleinerung fort / und ſpreyen aller Orten auß / ich haͤtte ex ignorantiâ das Werck můſſen bleiben laſſen / waͤre ſchul - dig / ſolches zu reaſſumiren / ſc. da ſie es ſo verderben / daß ihme kaum mehr zu helf - fen / und ſelbſten nun mit Schand und Spott darinnen ſtehen / ſo hab ich / wie - wol ich nicht darnach frag / ob mich boͤſe Leut ſchelten cum à malis vituperari, idem ſit quod laudari, dennoch der Warheit zu ſteur / und andern meinen ehrlichen Freunden zu gefolg gegenwertiges Buͤch - lein an ſtat einer Verantwortung geſchrie - ben / und an deß Tages Liecht kommen laſſen wollen / da ich dann wol weiß / daß es bey verſtaͤndigen Liebhabern mir mehr Ehr /LobsDedicatio. Lobs und guten Namen bringen wird / als alle Ehrendieb / Lůgner und leichtfer - tige Voͤgel / ſie ſeyen auch wer ſie wollen / ſamt ihrem Anhang dem Teuffel / ſeiner Mutter und Großmutter / mit aller ihrer Gewalt und Macht heimlich und oͤffent - lich / ſchrift - und muͤndlich / mir werden Schaden bringen koͤnnen; nam paucis poſſum eſſe beatus, nimirum pauca in terris Deus quælibet optima gignit: Hos reverenter adi, & merces his exere no - ſtras, quas ſi laudârint, ſatis eſt, quid cætera dicat turba, parùm cura & vulgi convitia ride. Stulta placent ſtultis, ob - ſonia quisque palato, digna ſuo quærit, non omnibus una voluptas. Ob ich nun zwar Vrſach gnug gehabt haͤtte / ſol - che Ehren-abſchneideriſche Menſchen / ſo Geiſt-als Weltliche / ſo zu Wien als zu München / welche mich nicht wenig ver - folget / und dieſen Laͤndern / darinnen ſie ſelbſt ſeynd und wohnen / nicht geringen Schaden dardurch gethan / ſo hab ich doch / wofern ſie nicht inhalten / ſolches in meine Praxin ůber gegenwaͤrtigen Tractat verſchoben / welcher mit nechſten in Druckkom -Dedicatio. kommen / und alſo jedermann kundbar werden wird / was vor ſchoͤne patrioten wir in Teudſchland haben / welche wann ſie ſolches mit einem Loͤffel Waſſer ertrencken koͤnten / es thaͤten; und ſolches zuvolbrin - gen / alles Gewiſſens / ihrer Ehr und Stands vergeſſen: ſie haben mich mit - gen hin und her denigrirt und beſchreyet / ich wil ſie mit der Warheit beſchreiben / und ſolche deductiones bringen / welche kein Menſch als Feinde deß Vaterlands wer - den widerſprechen koͤnnen. Jn gegen - wertigem Tractat aber hab ich allein de - monſtriren wollen / welcher geſtalt die Commercien einem Land Schaden und Nutzen bringen koͤnnen / derentwegen ich von derer Natur und conſequentien et - was außfuͤhrlicher habe handeln wollen / koͤnftige Herbſt-Meß / geliebts GOtt / dann vor dißmal iſt es mir anderer Ge - ſchaͤfften wegen zu ſpat worden / wil ich die Praxin uͤber dieſen Tractat hearuß geben / unter dem Titul; Fundamental Inter - eſſe der Kaͤyſerlichen Erblanden; oder von dem Wol - und Vbelſtand / das iſt / von dem gegenwertigen Zuſtand der CommercieninDedicatio. in den Kaͤyſerlichen Erblanden. Auß die - ſen zwey Tractaten / nemlich dieſem ge - genwertigen und dem koͤnftigen / hoffentlich jedermann erſehen wird / daß ich nicht ohne Wiſſenſchaft / Grund und Erfahrung zu dieſer materi kommen / oder darvon geſchrieben habe: iſt nun ſolches wahr / als mir der calculus der gelehrten und er - fahrnen unpartheyiſchen ehrlichen Leuten ohn zweiffel beyſchlagen wird / ſo haben die jenige Ehrenabſchneider unrecht gethan / daß ſie mir eine Vnerfahrenheit und igno - rantz dieſer Sachen haben wollen aufbür - den: es kan einer wol ein Kaufmann ſeyn / aber die Kunſt der Kaufmannſchaft zuver - ſtehen iſt ein Vnterſcheid / welche ob ſie bey mir ſeye / gegenwertiges Buch wei - ſen wird; verſtehe ich nun dieſe Sachen / und hab in meinen concepten recht / und ſo ſolche den Kaͤyſerlichen Crblanden nůtzlich ſeynd / ſo haben die jenige uͤbel gethan / welche mich ſo lange Zeit darauß gehalten / und meinen Pflichten und inſtruction ge - meß / Jhro Kaͤyſerlichen Majeſtaͤt zu dienen abgehalten / an welchem allem der jenige verkapte Ehrendieb Vrſach / welcherdurchDedicatio. durch ſein ehrenruͤhriges Schreiben mei - netwegen an Euer Hoch-Graͤfl. Excel - lentz den Anfang gemacht / und ſeiner geiſt - lichen Kutten wegen mehr credit, als ein ehr - licher Mann / der es aufrichtig meinet / und gerad durch zugehen gewohnt iſt / gefunden hat / und zwar / wer ſolte einem ſolchen Idioten nicht glauben / der ſeiner ignorantz wegen ſchon auf dieſer Welt wil vor heilig gehalten werden / aber fuͤrwahr / wann er keine groͤſſere miracula, noch Dienſt vor Jhre Kaͤyſerliche Majeſtaͤt thut / als er damit mir gethan / ſo waͤre er werth / daß er bey Saͤuen / und nicht bey hohen Fůrſtlichen Perſonen in hoͤchſter Ver - traͤuligkeit und conferentz / zwo Stunden lang / als der Spion ſchreibet / und darzu luͤget / ſitzen ſolt; es waͤre dann Sach / daß Ehren abſchneiden bey Pfaffen keine Suͤnd / ſondern nur bey weltlichen waͤre / doch GOTT iſt gerecht / und wird die - ſen boͤſen Menſchen vieleicht nicht ſo lang leben laſſen / biß dieſes gedruͤckt wird / dann gleich wie ich dieſes ſchreibe / hoͤre ich / daß GOtt von ihme Rechenſchaft zu for - dern anfange / und ihme durch eine Kranck -heitDedicatio. heit ſein Ehr abſchneiden heimgeſtellt ha - be. Daß ich nun gegenwertigen Tractat Euer Hoch Graͤfl. Excellentz dedicire und unterthaͤnigſt offerire, ſeynd neben vieler - hand Vrſachen dreyerley; Erſtlich dieweil Euer Hoch Graͤfl. Excellentz von Anfang biß daher allen Verlauf und Begebenheiten dieſer Sachen wiſſen / als welche ſelbſten zu Befoͤrderung der Commercien / von ihren eigenen Mitteln / nicht wenig darzu geſchoſſen / und von den Kaufleuten nicht viel weniger als ich ſelbſten dulden muͤſſen. Vor das ander / weil Euer Hoch Graͤfl. Excellentz von Jhrer Kaͤyſerlichen Maj. zum Præſidenten uͤber das geſaͤmtliche Commercien-Weſen in den Kaͤyſerlichen Erblanden allergnaͤdigſt verordnet wor - den / welche derenthalben von einem und an - dern außfuͤhrlich informirt zu werden / ſichs nicht werden uͤbel gefallen laſſen; und weil ſie anderer hochwichtigen Geſchaͤften wegen kaum Zeit zum ſchlaffen und eſſen ha - ben / wil geſchweigen / daß ſie auf alle dieſe minutias Achtung haben und reflexion darauf machen ſolten / als habe Eure Hoch - Graͤfl. Excellentz dieſer Muͤh uͤberheben /bundDedicatio. und in gegenwertigem Tractatdie Sachen der Laͤnge nach außfi hren wollen / nicht zwar von hoͤren ſagen / ſondern ex praxi: dann weil ich Matheſin ſtudirt / und ſon - derlich zu Mechaniſchen Sachen Luſt ge - habt / hab ich mit vielerhand Handwercks - leuten zuthun gehabt / ihre Arbeit / termi - nos und inſtrumenta verſtehen lernen muͤſ - ſen / ja ſelber unterſchiedliche Handwercks compendia gefunden / alſo ſpeculirt, wie die manufacturen leichtlich zu machen ſeynd / hernach bin ich weiter gangen / und dahin getrachtet / wie ſie moͤchten verkauft werden; in deme ich damit umbgehe / hab ich der Verlaͤger Compagnien / und mit einem Wort der geſaͤmtlichen Kaufmann - ſchafft Art / Natur und Beſchaffenheit ler - nen müſſen / alſo bin ich nach und nach in dieſe ſcientz und nicht plumpweiß ohne Verſtand / Vrſach und Beruff gerathen / darzu dann nicht wenig gethan hat / daß ich groſſe Reiſen verrichtet / viel anſehnliche Handelsſtaͤdt / dero Regiment und Ge - brauch geſehen / auch in unterſchiedlichen Commiſſionen in dieſer materi gebraucht / und von hohen Orten verſchickt worden /wel -Dedicatio. welches ich mir dann zu nutzen habe machen wollen. Drittens ſo verwalten auch Euer Hoch Graͤfl. Excellentz das Kaͤyſerliche Hof-Cammer Præſidenten-Ampt ſchon lange Jahr rühmlich / und mit groſſer Müh und Sorgen / derentwegen Jhnen dann dieſe materi wiederumb nicht zu wider ſeyn kan / als welche eine Materia Cameralis iſt / & quidem potior pars. Dann das Cameral-Weſen beſtehet nicht allein in Einnahm und Außgab / und dieſer richti - ger Verrechnung / ſondern es beruhet auch / daß man deß gantzen Lands inter - eſſe befoͤrdere / und dem gemeinen Mann zu Mitteln verhelffe / das iſt / daß man ih - me ſage / wo er es hernemmen ſolle / wann man ihme befihlt / daß er was geben ſol; das erſte iſt künſtlicher und noͤthiger / als das letzte: hiervon nun handelt gegenwer - tiger / und der hierin verſprochene zukoͤnfti - ge Tractat, dann es iſt einmal vor allemal gewiß / wann man nicht eine ſonderliche re - flexion auf die Handelſchafft und Kauf - leut in den Kaͤyſerlichen Erblanden ma - chen / und ſolche in einen andern und beſ - ſern Gang bringen wird / daß ſolche nachb ijundDedicatio. und nach gleichſam mit einer Hectica be - hafft / erſtlich an dem Gebluͤt / nemlich an dem Geld / hernach an dem Fleiſch als der Nahrung / und letztens an dem innerſten Marck und humido radicali, das iſt / an Menſchen und Vnterthanen / gemach und unvermerckt abzehren / und der Schaden nicht gemerckt wird werden / als wann nicht mehr zu helffen iſt. Jn curirung ſolcher Po - litiſcher Hectic nun / muß man den Metho - dum Medendi brauchen / denn man in den Phthiſiſchen in Obacht nimt / nemlich man muß nicht viel purgiren und aderlaſ - ſen / ſondern humectantia nutrientia und rofrigerantia brauchen / wiewol die jenige Medici heutiges Tags nicht viel geachtet werden / die nicht ſtarck purgiren und oft aderlaſſen / alſo auch die in politicis nicht viel Danck verdienen / die nicht auf alleꝛhand neue emunctiones, exactiones und con - tributiones ſpeculiren / iſt ſich deßhal - ben auch nicht zuverwundern / wann ich von meiner Arbeit wenig Nutzen haben werde / dann es heiſſet; Veritas odium pa - rit, obſequium amicos: ſed malo pro ve - ritate patiſupplicium, quàm pro adula -tioneDedicatio. tione recipere beneficium; ſage derhal - ben zum Beſchluß nochmalen / wann Jh - re Roͤmiſche Kaͤyſerliche und die Koͤnig - liche Majeſtaͤt in Hiſpanien / die Com - mercien in ihren Landen wolten in Obacht nehmen / daß ſie allein darauß ſo maͤchtig würden werden / daß ihnen kein Potentat auf der Welt an Vermoͤgen / baaren Mit - teln und Volck wuͤrde gleich ſeyn / gleich ich ſolches in einer abſonderlichen deducti - on verfaſſet habe / und ad oculum demon - ſtriren kan. Dieſe nun und dergleichen mei - ne Schriften werden ein unſterblicher Zeu - ge ſeyn / daß es nicht an den Mitteln den Kaͤyſerlichen Erblanden auf zuhelffen / als an dem Willen ſolche anzunehmen geman - gelt habe: dann daß einer reich ſeye / werden drey Stuͤck erfordert; erſtlich daß er Reich - thumb habe / vor das ander daß er wiſſe / daß er es habe / drittens daß er es gebrau - chen wolle: die erſte zwey kan ich demon - ſtriren / zu dem letzten aber niemand zwin - gen / dann dieſes ruͤhret von GOtt qui in - terdum eſurientes implet bonis, & di - vites cum omnibus ſuis divitiis relin quit inanes: und dieſes waͤren alſo die Vrſa -b iijchen /Dedicatio. chen / welche mich bewogen / gegenwaͤrti - gen Tractat Euer Hoch Graͤfl. Excellentz zu deduciren / nicht zweifflend / ſie werden ihnen ſolchen gefallen laſſen / und deſſen Autorem unter dero Protection nehmen / welcher nichts wuͤnſchet / als daß Euer Hoch Graͤfl. Excellentz in langwuͤriger Geſundheit und proſperitaͤt / alle Gluͤckſe - ligkeit und Wolſtand der Kaͤyſerlichen Erblanden erleben / und die wolverdiente Fruͤchte / ihrer Sorg / Müh und Arbeit gedeylich genieſſen moͤchten; in ſolchem Wunſch verbleibe

Euer Hoch Graͤfl. Excellentz Unterthaͤnig Gehorſamſter Diener und Knecht Johann Joachim Becher / D.

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CAPUT I. Die Civil ſocietaͤt wird definirt, daß ſie ſeye eine Volckreiche Nahr - haffte Gemeind.

EH ich den Anfang mache zu er - weiſen / worinnen das Auff - nehmen eines Landes / od Stad beſtehe / muß ich nothwendig zuvor erinnern / dzder Menſch / als die Materi der Republick / ein animal ſociabile ſey / und Geſelſchafft ſuche / wie dann der H. Text ſelbſten ſaget / es iſt nicht gut / daß der Menſch allein lebe: damit er der - halben eine Geſellſchafft habe / werden andere / und mehr Menſchen erfordert; und daß dieſe ge - bohren wuͤrden / hat GOtt das Weibliche Ge - ſchlecht erſchaffen / und den Eheſtand eingeſetzt / deſſen Ende iſt fruchtbahr ſeyn / und die Erde er - fuͤllen; daß alſo negſt der Vernunfft / allein die Menſchliche Geſellſchafft / das Menſchliche Le - ben / von dem Viehiſchen unterſcheidet / welche Geſellſchafft einig und allein die Grund-Uhr - ſach / Anfang / Mitl / und End aller Geſaͤtze / und Ordnungen iſt / welche die Menſchen / ſo wol Heyden / als Chriſten / zu Erhaltung dieſer Ge - ſelſchafft gemacht haben: es ſeynd auch daraußAdie2CAPUT I. die Natuͤrliche Straffen kommen / mit welchen ſie die Ubertretter geſtraft haben; kuͤrtzlich / alles was dieſe menſchliche Geſelſchaft befoͤrdert / das iſt zuverlangen / und zu handhaben / und alles / wz dieſe menſchliche Geſelſchaft ſchwaͤcht / iſt ab - zuſchaffen / und zu ſtraffen: wann ich derohalben eine Stadt recht definiren ſolte / wolte ichs nen - nen eine volckreiche nahrhafte Gemein; und zwar / damit ich am erſten anfange / ſo muß eine Stadt ſeyn Volckreich: dann gleich wie eine Schwalbe keinen Sommer macht / alſo macht auch ein Menſch keine Gemein / noch ihrer drey oder vier Hanßgeſind ein Dorf / oder Stadt: je volckreicher alſo ein Stadt iſt / je maͤchtiger iſt ſie auch; derohalbẽ leichtlich zuerachten / daß die vor - nehmſte Staats Regul / odeꝛ maxima einer Stadt oder Lands ſeyn ſol / Volckreiche Nahrung; ange - ſehen / weder der Lands fuͤrſt / Staͤdt oder Laͤnder conſiderabel ſeyn / wann ſie arm von Volck ſeyn / dann ſie koͤnnen ſich nicht defendiren auß Mangl der Menſchen / werdẽ derohalben zur Beut jedem der da komt / und ſie anfeindet: es iſt aber nicht ge - nug die populirung und Volckreichmachung ei - ner Stadt oder Lands / wann die Nahrung nicht daꝛbey iſt; dañ damit eine volckꝛeiche Veꝛſamlung beſtehen konne / muß ſie zu lebẽ haben / ja eben diß letztere / iſt ein Anfang deß erſten: die Nahrung ſag ich / iſt ein Angel / oder Hamen / wodurch man die Leut herzu locket / dann wann ſie wiſ - ſen / wo ſie zu leben haben / da lauffen ſie hin / und je mehr hinlauffen / je mehr koͤnnen auch voneinan -3Von der Civilen Societaͤt Definition. einander leben; und das iſt die andere funda - mental Staats-Regnl / nemlich umb ein Land populos zu machen / demſelben gute Verdienſt Nahrung zuverſchaffen. Dann ob ſchon ein Land populos waͤre / und im Fal der Noth keine Lebens-Mitl / Nahrung / oder Verdienſt haͤtte / ſo waͤren die Leut potius oneri, quam uſui. Wie man an den uͤbel regierten Staͤdten ſihet / alwo / wann ſie belaͤgert werden / man auß Mangl der Victualien / die Leut / ſo man eines theils zur defenſion brauchen koͤnte / andern theils auß der Stadt / dem Feinde zu Huͤlff jagen muß. Gleich wie nun die Volckreichmachung auß der Nahrung eines Orts quellet / alſo entſpringet die Nahrung auß der Gemeind; nemlich / daß die Leut eines Orts einander unter die Arme greiffen / und einer dem andern durch gemeinen Handl und Wandl zu ſetnem Stuͤck Brod verhelffe: dann es beſtehet die Gemein nit darin / daß die Leut eines Orts nichts gemein / alß die Ungluͤckſeligkeit / ſage Armuth / Arbeit / Steur / Auflagen / und contribution haben / ſondern diß iſt die rechte Gemein / wann die Glieder der Ge - mein ihre Sachen alſo anſtellen / daß einer von dem andern leben / einer von dem andern ſein Stuͤck Bꝛod verdienen kan / ja einer dem andeꝛen die Nahrung in die Hand ſpielet / das iſt die rechte Gemeind / dañ dar durch entſtehet die Nahrung / und durch die Nahrung wird ein Ort populos: iſt alſo die Gemeind die dritte / ja die groͤſte Staats-Negul / dañ wo dieſe wol ſtehet / wird esA ijan4CAP. I. Von der Civilen Societaͤt Definition. an Nahrung / und an Menſchen nicht fehlen / wo aber dieſe verſtimt iſt / ſo kan auch kein guter Thon ſeyn / nichts als Haß / Feindſchafft / Verfolgung / Untertruckung der Armen / Erhebung der Reichen / Rebellion / Verderb / und endlich Ver - armung / und gaͤntzliche Ruin darauß erfolgen: weil dann / wie leicht zuerachten / wann einer auff einer Geigen ſtreichẽ wil / er zuvor jede Saͤtte con - ſideriren und ſtimmen muß / alſo wann eine Ci - vil Gemeind ihrer Nahrung verſichert ſeyn ſoll / ſo muß man gewißlich auff jede Arth von Men - ſchen / ſo darin ſeind / wol Achtung geben / und kompt mir nichts wunderlichers vor / als daß man in dieſen allerſchwereſten Puncten vieler Orten ſo gar kein acht gibt / und ein jeden ſich er - nehren laſſet / wie er kan / es gerahte ihm wie es wolle / er verderbe / und mache hundert andere auch verderben / oder er komme auff / mit der Gemein Nutzen oder Schaden / Auf-oder Abneh - men / ſo fragt man nichts darnach. Weil aber gleichwol an dieſem Puncten viel / ja ſchier alles gelegẽ / und der gantzen Gemeind Wohlfahrt da - ran hengt / als wil ich ein klein wenig / und ſo - viel zu meinem propoſito noͤhtig / die Glider der Gemeind / wie ſie in Puncto der Nahrung ein - ander mit gemeiner Hand / ſollen unter die Arme greiffen / und Gemeinſchafft halten / conſideri - ren, anatomiren, wieder zuſammen ſetzen / und alſo ein ſceleton politicum darauß formiren.

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CAPUT II. Von Vnterſcheid der Menſchen in einer Gemeind.

JSt dero halben zuwiſſen / daß in einer Gemein zweyerley Art Menſchen von noͤhten ſeyn; eine Art / von welcher als der meiſten die Gemeinde beſtehet / die andere aber / welche Diener der er - ſten ſeyn / und hierunter gehoͤrt die Obrigkeit / welche eine Dienerin der Gemein iſt / und die Leut in guter Ordnung und Geſelſchaffts Geſetzen er - haͤlt / damit ein Menſch neben dem andern woh - nen koͤnne / dann die Gemein iſt nicht umb der Obrigkeit / ſondern die Obrigkeit umb der Ge - meine willen da / ſo ſeyn auch Diener der Gemei - ne die Geiſtlichen / welche die Seel / die Gelehrte / welche das Gemuͤth / die Medici, Apothecker / Barbirer / Bader / welche die Geſundheit / die Soldaten / welche den Leib / und die gantze Stadt und Land verwahren; dieſe alle ſeind Diener der Gemein / und wiewol ſie die ſocietatem civilem vermehren / und erhalten helffen / ſeynd ſie doch noch die Gemeinde nicht ſelbſt / ſondern wie ge - ſagt / nur Diener derſelben / welche von der Ge - meine muͤſſen beſoldet und unterhalten werden / und darumb / damit ſie nicht uͤberlaͤſtig der Ge - meine fallen / ſol ſich ihr Zahl nach der Gemeind proportioniren, das iſt / nicht zuviel / noch zu we - nig ſeyn / dann wann mehr Burgermeiſter / als Buͤrger in einer Stadt ſeyn / mehr Prediger / und Beichtvaͤtter / als Zuhoͤrer und Beicht -A iijKin -6CAPUT II. Kinder / mehr Schulmeiſter / als Schuͤler / mehr Doctorn als Kranckẽ / mehr Soldaten / als Buͤr - ger und Bauren / mehr Edelleut / als Untertha - nen / ſo ſtehts kahl umb ſelbig Land / und iſt kein Zweiffel / daß ein ſolch Land oder Stadt bald verderben muͤſſe / deſſen wir dann klare Exempl haben an denen / welche mehr Diener annehmẽ / als ſie ernehren koͤnnen / oder vonnoͤhten haben / ich auch darfuͤr halte / daß kein Ding ſeye / wel - ches die Potentaten ſamt Land und Leuten mehr verderbe / und ehender ruinire, als eben dieſe gar groſſe unnoͤhtige Hofhaltungen. Die andere Art von Menſchen nun / welche die ſocietatem civilẽ eſſentialiter conſtituirn / ſeynd die jenige / wor - von die Gemeinde am meiſten beſtehet / dahero dann ihrer auch am meiſten in der Gemeinde ſeynd. Solche Menſchen nun / derer Diener die vorige ſeynd / kan man billich in drey Staͤnde theilen. Der erſte Stand iſt der groͤſte / nemlich der Baurenſtand / der andere / der Handwercks - ſtand / und der dritte / der Kaufmannsſtand: die - ſer iſt der kleineſte / gleich wie der Baurenſtand der groͤſte iſt; dieweil ein eintziger Kaufmann verhandlen kan / was hundert Handwercksleut verarbeiten / und ein Handwercksmann verar - beiten / was hundert Bauren ihme an rohen ma - terien zum verarbeiten geben koͤnnen / iſt alſo der Baurenſtand der erſte / groͤſte / auch noͤhtigſte: deꝛ eꝛſte / dieweil er die rohe Materi gibt / welche deꝛ Handwercksmann verarbeitet / und der Kauf - mann verkauft: der groͤſte / dieweil der Bauren am meiſten ſeyn muͤſſen / und / wie gleich vorhergedacht /7Von Unterſcheid der Menſchen / in einer Gemeind.gedacht / ein Handwercksmann verarbeiten kan / was ihme hundert Bauren an roher Materi liffe - ren koͤnnen: der noͤhtigſte iſt er zur Gemeind in der Nahrung / dann ohne deß Baurẽ Arbeit haͤtte der Handwercksmann kein ſubjectum zur manu - factur, und ohne dieſe beyde haͤtte der Kaufmann nichts zuverhandlen; daß alſo der Baursmann nicht allein das fundament vom Adelſtand (woꝛ - von ich nun nicht handle) ſondern auch der Grund von dem Civilſtand und deſſẽ ſocietaͤt iſt. Es ſeynd aber in dem Baurenſtand unterſchied - liche Claſſen: dann einige bauen die Erd / einige die Berckwerck / einige nehmen die Viehzucht Jagt in Obacht / und unter dieſen dreyen bringẽ wieder einige Wahren herfuͤr / welche weiterer Bereitung nicht vonnoͤthen habẽ / ſondern alſo - bald ſolcher Geſtalt koͤnnen gebraucht werdẽ / als da ſeynd die eſſende Speiſen: andere bereiten ſie halb / und laſſen ſie hernach den Handwercksleutẽ in den Staͤdten zu voͤlliger Verarbeitung / als da iſt wol Flachs / Spinſel / Zucker / Holtz / Bret - ter / Haͤut und dergleichen. Mit einem Wort von den Bauren haben wir alle edele und un - edele Erdgewaͤx / Fruͤchten / Tranck / Eſſen / Speiſen / Specereyen / Seiden / Woll / Lein - wand / Leder / Metallen / Holtz / Farben / Butter / Oel / Horn / alles / worvon der Handwercks - mann das ſubjectum zu ſeiner Arbeit nimt: dann unter den Bauren / und ihren gezielten ſubjectis leben Becken / Kieffer / Muͤller / Bier - bꝛaͤueꝛ / Koͤch / Zuckeꝛbaͤckeꝛ / Seidẽbereiter / Wol - lenweber / Hutmacher / Leinweber / Weiß - undA iiijRoth -8CAPUT II. Rothgerber / Kuͤrſchner / Gold-Silber-Kupfer - Schmit / Rohtgieſſer / Kañengieſſer / Klaͤmpner / Schloſſer / Schmit / Muͤntzer / Schreiner / Tre - her / Zimmerleut / Faͤrber / kurtz noch hundert andere Handwercke / welche alle / wann der Baursman verdirbt / und ihnen keine Nahrung zu ihrer Arbeit bringt / verderben muͤſſen / iſt alſo klar / dz der Baurenſtand der groͤſte / und noͤhtig - ſte Stand zur gemeinen Nahrung ſey / ja ich halte von keiner Stadt etwas / da nicht Bauren her - umb ſeyn / und umb der Stadt / gleich wie die in der Stadt von ihnen / ihre Nahrung haben. Der andere Stand in der ſocietet beſtehet in Handwercks-Leuten / dann dieſe muͤſſen ver - arbeiten und verzehren die ſubjecten und Materi - en, welche ihnen der Baursmann bringt. Dieſer Stand nun iſt negſt dem Baurenſtand der groͤſte / dann der ander iſt auß kurtz oberwehnten Urſachen der groͤſte. Die Handwercks Leut ſeynd die jenige / welche in der Stadt wohnen / und die civil ſocietaͤt nicht wenig vermehren helffen / und weil das Abſehen der Civil ſocietaͤt auf die Viel - heit der Menſchen zielet / werden billich ſolche Handwercks Leut in unterſchiedliche Claſſen ge - theilt / und nicht jedem zugelaſſen / allein alles zuthun / damit nemblich andere auch etwas zule - ben / und Urſach dahin zukommen haben. Gar fuͤglich aber koͤnte man alle Handwercks-Leut in ſo viel Claſſen abtheilen / ſo viellerley Materien o - der ſubjecten ihnen die Bauren bringen / derer wie geſagt / in genere dreyerley ſeind / als Erden - gewaͤx / Berg-Werck / Viehzucht / zu welcherich9Von Unterſcheid der Menſchen in einer Gemeind.ich auch die Jagt ſetze. Die Handwercke / ſo da Erdengewaͤx verarbeiten und tractiren, ſeind unterſchiedlich / nemblich / ſo viellerley derſelben Species ſeind / und das iſt auch zuverſtehen von denen / die Metallen / und das was von der Viehzucht / und Jagt herkommet / verarbeiten / darvon ich kurtz zuvor einige zum Exempel er - zehlet. Was nun den dritten und letzten Stand der Menſchen in der Civil ſocietaͤt anbelanget / ſo beſtehet ſolcher von Kauf-Leuten / welche mitaller - hand ſo rohen / alsverarbeiteten / und dann darin - nen wieder mit vielerhand handeln / kan man ſolche den beeden vorigen gleich nit abtheilen / dann es were groſſe Thorheit / einem Handels - Mann gebieten wollen / nur mit einerley zuhan - dlen / derentwegen werden dieſe Leut anders / als die vorige / wiewol doch in drey Claſſen abge - theilt: dan da ſeind einige / welche die Handwercks Leut verlegẽ / ihnen zu arbeiten geben / und die ge - machte Arbeit wieder von ihnen nehmen / und mit ſolchen Wahren hernach in groſſo handeln: dieſe nennet man Verleger / Groſſirer, oder rechte Handels-Leute / die andere ſeind nur Kauff - Leut / oder Kraͤmmer / welche minutim und ins kleine bey Ehlen / und Pfunden jederman ver - kauffen / von den vorigen aber ihre Wahren ein - kauffen: die dritte ſeind voriger beeden Diener / nemblich die Wexler; dann dieſe muͤſſen ihnen ihre geloͤſte oder benoͤhtigte Gelder hinmachen / wo ſie ſolche verlangen / und vonnoͤhten haben. Dieſes waͤren alſo die dreyerley principalA vStaͤn -10CAPUT II. Staͤnde im gemeinen Weſen / nemblich der Bauren / Handwerck / und Kauffman-Stand / worauß die gantze Gemeinde beſtehet. Wiewol nun dieſe Staͤnde einander ſo nah verwand ſeyn / daß einer ohne den andern nicht beſtehen kan / al - ſo die groͤſte Gemeinſchafft miteinander haben muͤſſen / ſo ſeind ſie gleichwol in dieſem von ein - ander entſchiden / daß ſie ſich nicht untereinan - der vermiſchen laſſen / ſondern ihre proportion gegen einander haben wollen / dann es wuͤrde nit beſtehen koͤnnen / wann in einem Land mehr Kauff-Leut / als Handwercks-Leut / und mehr Handwercks-Leut als Bauren weren / auß Ur - ſachen / ſo hier oben erzehlt / dieweil nemlich ein Kaufmann mehr verkauffen kam / als hun - dert Handwercksleut machen / und ein Hand - wercksmann verarbeiten kan / was hundert Bauren Materi zur Arbeit bringen koͤnnen: und ob gleich ein Land waͤre / darinnen dieſe propor - tion der Staͤnde unter einander nicht obſervirt wuͤrd / noch auß Mangl deß Lands in Obacht ge - nommen werden kan / ſo iſt doch gewiß / daß dañ ſolches Land oder Stadt ſich der Umbligenden Huͤlffe bedienen muß / welche Huͤlffe gar ungewiß iſt / in deme ſie nur ſo lang wehret / als man in Freundſchaft iſt / die dann ſtuͤndlich kan gebrochẽ werden kan / und dann jedem Baurẽ / oder Hand - wercksmann / auch Kaufmann frey ſtehet / dem andern etwas zu bringen / oder von einander et - was zu nehmen / oder nit; alſo klaͤrlich hierauß erhellet / daß dieſer Staͤnde proportion wol inObacht11Von Vnterſcheid der Menſchen / in einer Gemeind.Obacht muͤſſe genommen / dahin geſehen wer - den / daß der Baurenſtand am meiſten ſeye / und das Land alſo cultivirt werde / daß es materien gnugſam bringe dem Handwercksmann zum verarbeiten; und dieſer Handwercksleut muͤſſen nicht mehr ſeyn / als zu ſolcher Verarbeitung erfordert werden: Letzlich der Kaufleut muͤſ - ſen ſo viel ſeyn / als zur Verkauffung der verarbeiteten Guͤtter gnug ſeyn / ſonſten verderbt ein Stand den anderen / gleich ſich unter einander auch ſelbſt; Weiter / ſo ſollen wie oben gedacht dieſe Staͤnde nicht vermiſcht / noch confundirt werden / geſtaltſam es wider ihr Natur iſt / dann / in dem der Baursmann die Erde bauet / kan er nicht zugleich zu Hauß ſitzen / und Handwercks-Sachen arbeiten / und in deme der Handwercksman arbeitet / kan er nicht zu - gleich herumb lauffen / und einen Kaufmann agiren / gleich wie hingegen der Kaufmañ / in dem er ſich umb die conſumption, debît, Verſchleiß be - muͤhet / nicht indeſſen zu Hauß / oder auf dem Feld kan ſitzen / und Handwercks Sachen / oder Bauren-Arbeit treiben: dann gleich wie dieſes elende Handwercksleut ſeynd / die auf ein unge - wiſſes / nemlich ohnbeſtelte Arbeit machen / her - nach ſolche wol ein Jahꝛ aufdem Laden haben / ehe ſie es und bißweilen auß Noth um halb Geld ver - kauffen / oder im Land herumb von einem Jahr - marckt zum andeꝛn damit lauffen / mehr Reiß - gelt verzehren / als ſie loͤſen; alſo waͤren das auch ungluͤckſelige Bauren / wann ſie ihre Feldarbeitmuͤſten12CAP. II. Von Unterſcheid der Menſchen / ꝛc.muͤſten ſtehen laſſen / und ihre Nohttirfftigkeit im Handwercksweſen ſelbſten zu Hauß arbeiten / ja wie langſameſchlechte Kaufleut weren dieſes wañ ſie nichts zuverkauffen hetten / als was ſie ſelbſten gemacht / und gezeuget: iſt derohalbẽ eine unfehl - bare Regul / wo kein Baur iſt / hat der Hand - wercksman nichts zuverarbeiten / und wo nichts gearbeitetes da iſt / da kan auch der Kauffmann nichts verkauffen / item in deme der Baursman daß Feld arbeit / kan er nicht zu Hauß ſeyn / und in dem der Handwercksman zu Hauß arbeitet / kan er nit im Landherum lauffẽ / und verkauffen / und in dem der Kauffmann diſes letztere thut / kan er kein Bauroder Handwercksman ſeyn / dz alſo hie - rauß der ungezweifflete Schlnß ervolget / dieſe drey Staͤnd ſoll man nicht untereinan der ver - miſchen / ſondern machẽ / dz ſie nur nah bey ſammẽ ſtehen / und eine rechte Gemein machen / nemlich mit gemeiner Hand einander unter die Arm greif - fen / dann wo dieſes letztere / nemblich die rechte Gemeinſchaft dieſer dreyen Staͤnden wol in Ob - acht wird genommen werden / iſt kein Zweiffel / daß ſolche ſocietaͤt / Stad / Land / oder Republick / erſtlich zn bluͤhender Nahrung / und dadurch we - gen deß Zulauffs zu maͤchtiger populoſitet, hier - durch aber zu dem End der wahrhafften policey, nemblich zu einer anſehlicher und noͤhtiger Menſchlicher Geſelſchafft gelangen werde.

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CAPUT III. Was die drey Staͤnde in einer Ge - mein / nemblich der Bauren-Handwercks - und Kauffman-Stand / vor Gemeinſchafft haben und erfor - dern.

DAmit man aber etwas außfuͤhrlicher ſehe / worin dann dieſe notwendige Gemeinſchafft dieſer 3. Staͤnden beſtehe / wil ich ſolches ſo viel zu meinem propoſito noͤhtig / mit kurtzem erweiſen. Erſtlich muͤſſen dieſe 3. Staͤnde gemein habẽ eine Obrigkeit / dann von diverſen Obrigkeiten dieſe Staͤnde zuſammen flicken / thut / wie kurtz hie - vor gedacht / ſelten gut / und hat keinen Beſtand / wann unter dieſem Herrn reiche Kauffleut / und in jener Stadt gute Handwercks Leut / und unter eines andern Herrn Gebiet die Bauren wohnen / dann ſolcher geſtalt wil einer den andern noͤtigen / ſperren / uͤbernehmen; und mit einem Wort einer muß deß andern Gnad leben / und verderben / wann unter einander der geringſte Mißverſtand entſtehet. Derohalben ſehr rahtſam / dz dieſe drey Staͤnde einer Jurisdiction, einer Obrigkeit / ei - nem Herrn zugehoͤren: vor allen Dingen aber ſol die Obrigkeit ſehen / daß ſie dieſe Staͤnde alſo tra - ctire, wie es das End der Buͤrgerlichen Gemein - ſchafft / oder civil ſocietaͤt erfordert / nemblich daß ſie ſich taͤglich je mehr mehr vermehre / und dieGe -14CAPUT III. Gemeine groͤſſer werde / welches wie vor geſagt / geſchicht / wañ man der Gemeine ihr Narung leſ - ſet ſolche befordert: weil aber / wie kurtz hernach folgen wird / ſolche allein in Verhandlung / und Verkauffung / auch Verſilberung ihrer Guͤter be - ſtehet / iſt leicht zuerachten / daß alles / was dieſes verhindere / auch die darauff fundirte Nahrung / und die darauß entſpringende / zum End der Civil ſocietet hoͤchſtnoͤhtige populoſitet verhindere und ſchwaͤche: iſt dero halben der Gemeine und de - rer Nahrung / auch aller darauß folgender utili - teten nichts ſo hinderlich / als wann man die Kauff-Wahren / und Kauff-Leut mit hohen Zoͤl - len und impoſten beſchwert / dann dardurch wird der Handelsmañ bewogẽ / ſeine Wahrentheurer zugebẽ / ſolche impoſten wiederum daꝛauf zuſchla - gẽ: weil ſie dan ein Fremder / da ſolche impoſten nit ſeyn / kan wolfeiler geben / oder wann auß Theure wegen ſolche beſchwerte Waren nit mehr ſo ſtarck conſumirt, und gekaufft werden / ſo folgt / daß der Kauffmann keine conſumption oder debît mehr habe / perconſequenser verderben / und der gantze Handel geſchwecht werden muß. Es iſt andern theils nichts / welches den Buͤrger / und Hand - wercksmañ mehr verderbt / als die ſchwere impo - ſten / ſo auf die Lebens Mittel / und die groſſe Con - tribution, ſo auf ſolche Leut / und ihre Wohnun - gen geſchlagen werden / dann alſo werden ſie ge - noͤhtiget / ihre Arbeit theuer zugebẽ / und zwingen den Kaͤuffer oder Veꝛlaͤger / daß er von ihnẽ geht / es lieber von den frembden nimt / da er es wol - feyler und beſſer haben kan / daß alſo dem Hand -wercks15Von der dreyen Staͤnde Gemeinſchafft.wercks mañ ſeine Nahrung entzogen / und er zum Muͤſſiggang oder Bettlſtab genoͤthigt wird / nit weniger iſt dem Landmann Bauren die groſſe Steur und Auflag ein groſſes augenſcheinliches Verderben / dann wann die zwey erſte Staͤnde ruinirt oder im Abnehmen ſeyn / ſo kan er ſeine Fruͤchte nicht verſilbern / der Handwercksmann trinckt auß Mangl der Mittl Waſſer / da er ſonſtē Wein truͤncke / die groſſe Auflagen machē / dz er ſie theur gebē muß / zumalen / da eꝛ ſie verfuͤhꝛē / und die ſchwere Zoͤl darauf ſchlagen muß: hier zu komt noch / daß wann die Fruͤchte der Erdē theueꝛ ſeynd / ſie gemeiniglich nicht gerahten / er keine hat / dafals ſie aber wolfeyl fallen / iſt es ein Zeichē / daß ihr viel verhanden / und dann ſchier ein jeder ſolche zuverkauffen hat; dannenhero ein ſolcher armer Mann vor dem Reichen / wegen deß ſchaͤd - lichen Vorkaufs nicht zur Verſilberung kommen kan / zumalen machen alle vorerwehnte Urſachen nicht allein die Leut auß dem Land lauffen / ſol - ches arm an Menſchē / ſondern auß dieſer Urſach / daß nemlich wenig Menſchē in einem Land ſeyn / und zwar die noch uͤbrige arm / geſchichts auch / daß die Victualien dem Baursmann ligen blei - ben / und nicht verſilbert werden / alſo der Obrig - keit ihre contribution nicht eꝛtꝛagē koͤnnẽ: dañ ob zwar ſolcher geſtalt die populoſitaͤt / nemlich das Hertz der Civil ſocietaͤt der Obrigkeit ſelbſtē Verderben gereicht / dennoch duꝛch ebē dieſelbe ge - ſchwaͤcht / mit Gewalt verringert / dz Land von Menſchen und Jnwohnernoͤd und wuͤſt ge - macht wird / ſo gedencket doch die guͤtige Naturnoch16CAPUT III. noch ihꝛeꝛ / laͤſſet einē Weg wie andeꝛn / gleich als wann ſie noch da weren / ja als wann ſie ihnen zu Raht ruffen wolte / auß der Erden die Lebens Mittel waxē / welche zum Zeugnuß ihrer der Na - tur Guͤtigkeit / und der Menſchen Unbarmhertzig - keit den uͤberbliebenē zum uͤberfluß / Schand und Schaden / in Scheuren und Kellernligen muͤſſen. Vor das ander ſo haben auch dieſe 3. Staͤnde ge - mein / und ſehr noͤhtig zu ihrer Erhaltung / die conſumption, debit, oder Verſchleiß / dan wo der Kauffman ſolchen hat / nimt er dem Handwercks - man die Waren ab / wo der Handwercksman ſeinē manufacturen einē gewiſſen Verſchleißweiß / da arbeitet er nit allein Tag und Nacht / ſondern weil er ſolcher geſtalt ſeine Arbeit verſilberen kan / lebt er nit allein beſſer / trinckt an ſtat Waſſers / Wein / oder Bier / und gibt dem Land mann Gelt zuloͤſen / er kaufft ihm auch neue Materien zu ma - nufacturen ab / und da kan der Landmann alles Korn / Wein / Fleiſch / Leinen / Leder / Woll und was ihme die Erd gibt / zu Geldmachē / und ſeiner Obrigkeit die Guͤlten entrichten / da freuetſich der Baursman / wann er dieſer Dingen ein fruchtba - res Jahr ſihet / da er nun weiß / wo er mit hin ſol; da er hingegen offt betruͤbt iſt / ja mancher / der di - ſer Dingen Vorrat hat / wuͤnſchte ein Miß jahr / welches ja unmenſchlich iſt; Da freuet ſich der Handwercksman / wan er viel manufacturen ma - chen kan / oder fertig hat / wañ er das gantze Hauß vol Geſind / und Tag und Nacht Unruh hat / dan er weiß / wo er Sambſtags ſein Geldt dafuͤrbeym17Von der dreyen Staͤnden Gemeinſchafft.beim Verlaͤger hohlen ſoll: Da er nun / ſo er etwas fertig hat / aͤngſtig iſt / wo er es bey Juden / oder Chriſten verſetzen / halb hinweg ſchencken / oder verhandelen / ja den einen Tag nicht weiß / wo er den andern ſein Brodt hohlen ſoll; da freuet ſich endlich der Kauffmann / wann er gantze Bal - len Wahren / bald hie / bald dorthin verhandlt / und deſſentwegen / bald von hie / bald von dort Wexel ziehet. Mit einem Wort / die Conſum - ption erhaͤlt dieſe drey Staͤnd / die Conſumption iſt ihre Seel / die Conſumption iſt der eintzige Bindſchluͤſſel welcher dieſe Staͤnde aneinander bindet und hefftet / auch von einander leben macht / ja der conſumption wegen iſt der Kauff - man-Stand ſo noͤhtig in der Gemeind / ſo groß darinnen der Bauren-Stand / dann dieſer ver - mehrt zwar die populoſitaͤt, jener aber ernehrt ſie: dann wie ich nun er weiſen wil / ſo ligt die eintzige conſumption dieſer dreyen Staͤnden / und alſo alle ihre Nahrung allein an dem Kauff - mañ: dann von dieſem lebt der Handwercksmañ / und von demſelben der Baur; ich verſtehe aber am meiſten Handels-Leut / welche Verlaͤgerſeyn / und von welchen viel Handwercksleut leben koͤnnen / und ihren Verlag haben / dann wann alles in der Gemeinde ſol fovirt werden / was zu Vermehrung / Grnehrung der populoſitaͤt und der civil ſocietaͤt dienet / ſo muͤſſen warlich ſolche Verlaͤger vor Grundſaͤulen der Gemeinde gehalten werden / dann von ſo einem Verlaͤger koͤnnen etlich hundert Menſchen leben / darvonBdie18CAPUT III. die Bauren / und von dieſen der Edelmann nicht wenig Nutzen haben: durch das Wort Verlegen aber verſtehe ich / wann ein reicher Mann den Handwercksleutē Mittl macht / daß ſie die in dem Land fallende / oder auß der Frembde hereinge - bꝛachte rohe Waarē in manufacturen veꝛarbeiten koͤnnen / und dann daß ein ſolcher Verlaͤger die gemachte manufacturen von ihm wieder umb ein billiches Geld nimt / und hernach ander - werts / ſo gut er kan / inn oder auſſer Lands ver - handlet: dieſes nennet man Verlaͤger / darvon man Exempl hat / daß durch ihnen etliche gantze fuͤrnehme Staͤdte ſeynd auf kommen / ja etlich 1000. Menſchē von ihnē ihre ehrliche Nahrung gehabt / dzſeynd rechtſchaffene Handlsleut / die da durch ihren Verlag machen / daß die rohe Waa - ren im Lande bleiben / und durch die Unterthanen veꝛarbeitet / ſolche daꝛduꝛch vom Muͤſſiggang ab - gehalten und zu ehrlicheꝛ Nahrung gebracht wer - den / daß an ſtatt nun frembde manufacturen ins Land gehen / und das Geld darfuͤr hinauß ge - het / nicht allein ſolches Geld im Land bleiben / ſondern die im Land gemachte / und in die fremb - de geſchickte manufacturen noch ein mehrers Geld ins Land ziehen / und alſo ſolches popu - los und nahrhafft machen: dieſes ſag ich / ſeynd nuͤtzliche Glieder der Gemeind / die ihr End die ſocietatem civilem vermehren ernehren / aber dieſe Kaufleut / von welchen ehender ein Papa - gey / Hund oder Pferd / als ein einiger Menſch / oder Unterthan leben kan / welche lieber die roheWaa -19Von der dreyen Staͤnde Gemeinſchaft.Waaren auß dem Land fuͤhren / in der Frembde verarbeiten laſſen / und dann wieder hereinbrin - gen / alſo lieber den frembden / als den Jnnlaͤn - dern das Geld goͤnnen; oder die / welches das ge - meinſte iſt / jaͤhrlich viel hundert tauſend in frembde Laͤnder ſchicken / frembder Leut Untertha - nen reich / und potent, hingegen ihres Lands-Fuͤr - ſten Unterthanen arm machen / das Geld hinauß ſchicken / und nichts wertige / oder ſolche manu - facturen darfuͤr herein bringen / die man ſelber im Land haben / und zum wenigſten den Jnwohneꝛn und Bettlern / derer das gantze Land vol lauft / das Stuͤcklein Brodt goͤnnen koͤnnen; welche al - lein auf ihren Profit ſehen / das Land ſchinden / ſchaben und auſſaugen / etwan hernach einem Teufel ein Liecht anzuͤndē / darbey die groͤſte pro - poliſten ſeyn / und nicht allein deß Lands Unter - thanen in keine Arbeit ſtellen / und ihres Gewins genieſſen laſſen / ſondern ihre Mitbuͤrger Ne - ben-Handelsleut verderben / ja als biſſige Hund an dem Bein allein nagen wollē / deß Landmanns und Handwerckmanns blutigen Schweiß auſ - ſaugen / und / ſo man ihnen dann ein boͤſes Wort gibet / oder ſich die Zeiten nur ein wenig aͤnderen und boͤß anlaſſen / oder ein Feind auf 50. Meil voꝛ der Thuͤr iſt / tꝛoͤwen / lauffen ſie mit ihrem geſchundenen Mammon hinweg / und laſſen die arme Leut allein leyden / diß ſeynd die Blut - und Saugigel einer Republick / der Todt und Untergang derſelben End / dann ſie mindern die populoſitaͤt und entziehen dem Land dieB ijNah -20CAPUT III. Nahrung / bereichen deſſen Feind / und tra - gen keine Scheu / ihres Nutzens willen / daſſel - be ſeinen Feinden zuverrathen und zuverkauf - fen / ſie ſeynd die Miedling / und nicht rechte Hirten / gefaͤhrliche Leut in der republick / welche umb ſo viel groͤſſern progreſs haben / je weniger man auf dieſelbe Achtung gibt / ja je mehr ſolche bey den Staats-Perſonen bißweilen ac - ceſs haben / dieſe ſeynd das contrarium mit den Verlaͤgern / dann weil dieſer Juden und Canalien boͤſe intention nur ein Monopolíum iſt / und auf ihre Bereichung allein ſihet / ihres Nachbarn / und Neben-Menſchen Befoͤrde - rung aber (welches doch wider alle leges der ſocietaͤt iſt / laut vorhergehender deduction) gantz auf die Seite ſetzet / ſuchen ſie nicht allein ſolche nit zu befoͤrdern / und gilt ihnen gleich (wie ich es auß ihrem Mund habe / und die Experi - entz ſolches erweiſet) wie lang ein Staat ſtehe / ob er wol / oder uͤbel fahre / ſondern ſie ſuchen auch aufs aͤuſſerſt ihren Nechſten blind zu machen / da - mit ſie ihn deſto beſſer betruͤgen koͤnnen / ſie wen - den vor / man koͤnne der gleichen Waaren nit im Land machen / alle Elementē ſeynd nicht gut dar - zu / man muͤſſe ſie auß der Frembde holen / zwar nur darumb / darmit hinter ihren diebiſchen Ge - win niemands gruͤndlich komme / und ihnen ſol - chen (wans im Land verlegt wuͤrde) unter Augen legen kan: dieſe Urſachen / ſag ich / der Geitz al - lein alles zu haben / die intention dem Land nicht zu dienen / den betrogenen Gewin verborgen zuhalten / das Geld unter einem juſten prætexthin -21Von der dreyen Staͤnde Gemeinſchafft.hinauß zu partirn, neben dem Vorwand der Un - moͤglichkeit / grober ignoꝛantz / und Faulheit (dañ ſolche Geſellen keine Liebhaber von manufacturn ſeynd / und die den geringſten Leinweber / wil ge - ſchweigen / jemands anders verlegt haben / ſeynd grobe ldioten / und von Stoltz uͤbernommene E - ſel) ſeynd die motiven / daß ſolche Todtfeind / und Peſten der republick nicht allein / wie geſagt / dem gemeinen Weſen nicht zum beſten handeln / ſon - dern wie die vorige die lobwuͤrdige Verlaͤger / der civil ſocietaͤt End / die populoſitaͤt / und die Nah - rung vermehren / alſo vermindern dieſe ſolche: dann es iſt gewiß / und ſich nach vorher geleſenem gantz nicht zuverwunderen / daß ein Kauf - mann ein Land aufbringen / oder verderben koͤn - ne / wiewol es unſere Staatiſten theils nicht mercken wollen / allein weil die endliche conſum - ption, wie erwieſen / bey den Handelsleuten be - ſtehet / iſt leicht zuerachten / daß beede folgende Staͤnd / der Handwercks - und Baurenſtand von ihnen dependirt: warum ſchlagt man einem Moͤrder den Kopff herab / hencket einen Dieb / allein darumb / daß der erſte die populoſitaͤt / der ander die Nahrung der Gemeinde mindert / dieſe loſe Menſchen / die vorige Art von Kauf - leuten / welche beydes begehen / ja nicht offent - lich / ſondern meuchtlich / dieſe / ſag ich / an ſtat der Straf venerirt, privilegirt / und nobilitirt man bißweilen; eine Menſchen-Art / die umb ſo viel - boͤſer iſt / daß ſie nicht allein boͤſes thut dem gan - tzen gemeinen Weſen / ſondern dieweil ſie auch ſucht das Gute / nemlich die erſte / edleſte ArtB iijder22CAPUT III. der Verlāger zu verhindern / wiewol ſie / weil ſie boͤß ſeyn / nicht anders als boͤß / und dem guten zu wider thun koͤnnen / wie ſie nun die Verlaͤger / und derer befoͤrdern / beluͤgen / betruͤgen / ver - kleinern / verfolgen / und mit ihnen umbgehen / wil ich anderwertlich erzehlen / wann ich erſtlich ein project von der rechten Gemeinſchaft / und Aufnehmen dieſer dreyen Staͤndē gehandelt ha - be: nun wil ich noch zum Beſchluß deß punctens von der conſumption, folgendes den Verlaͤgern zu Lob und Ehren anhencken / daß nemlich ſie al - lein vor Grundſaͤulen dieſer dreyer Staͤnden zu halten ſeynd / dann von ihnen lebt der Hand - wercksmann / von dieſen der Bauer / von dieſen der Edelmann / von dieſen der Lands Fuͤrſt / und von dieſen allen wieder der Kaufmann: das ſeynd die jenige Haͤnde / welche einander vereinigen muͤſſen. Wir verwundern uns oͤfters / warumb das Teutſchland arm ſeye / und depopulirt / und ſehen nicht die Blutigel / welche ihm in dieſem Schlam das Blut auß den Aderen ſaugen / biß wir ohnmaͤchtig worden ſeynd / und uns end - lich frembde ſolche mit Gewalt herab thun muͤſ - ſen; aber es iſt gewiß / daß allein die Kauffleut die jenige ſeynd welche heimlich ein Land verder - ben / und aufbringen koͤnnen: die Kauffmann - ſchaft / aber nur die jenige / von welcher der Staat an Geld und Nahrung gemehrt wird / iſt negſt der Natur die jenige Saͤuge-Mutter / welche das noch junge Auſnehmen / auch deꝛ deſerteſten Laͤn - der zum Sproſſen / zur Bluͤt / und endlich herli -chen23Von der dreyen Staͤnden Gemeinſchaft.chen Fruͤchten bringet / daß alſo der Poet wol / und verantwortlich hat ſingen koͤnnen; Handeln / Wandeln und Verkauffen: Jn der Welt herum - mer lauffen / bald zu Waſſer / bald zu Lande: nuͤ - tzet trefflich jedem Stande. Wo die Kauf - mannſchaft recht bluͤhet / und die Nahrung nach ſich ziehet / da kann Land und Leut auff Erden / reich und wol beguͤtert werden. Was nun die conſumption, und wie viellerley ſie ſeye / iſt in gleichem zuerinnern / und zu wiſſen / daß ſie zweyerley ſey / nemlich Jnlaͤndiſch und Auß - laͤndiſch: Die Jnlaͤndiſche iſt die jenige / welche von den Unterthanen eines Lands erhalten wird; man bringt ſie zu wegen durch ein Privi - legium, welches man privativum nennet / dar - umb / daß dardurch dergleichen frembde manu - facturen / oder in einem Land fallende Wahren von der Frembde herein zu bringen verbotten wird / dann es iſt natuͤrlich / daß ſich ein jeder am naͤchſten iſt / und ſeinen Landsleuten / und Mitbuͤrgern vor frembden ein Stuͤck Brod goͤnnen / auch kein Waſſer in die Donau / das iſt / Wahren / die man in einem Land ſelber ha - ben kan / von der Frembde hinein bringen ſol / dann ſolcher geſtalt verſchlaͤgt man die Jnlaͤn - diſche Guͤter / wo derohalben ein privilegium privativum uͤber einen Verlag iſt / da iſt die Jnlaͤndiſche conſumption gewiß / und wo dieſe gewiß iſt / da finden ſich ohnfehlbar Verlaͤger / wo aber Verlaͤger ſeynd / da mangelts an Handwercksleuten nicht / und wo dieſe etwasB iiijverdie -24CAPUT III. verdienen / kan und muß der Landmann ohn - fehlbar ſeine Waaren verſilbern / und das iſt eine conſequentz / die richtig einander folget. Die außlaͤndiſche conſumption aber anbelan - gend / ſo iſt ſie die jenige / welche ihre Waa - ren in die Frembde conſummirt: wiewol nun von frembden / wann ſie klug ſeynd / ſelten daruͤber ein privilegium zu hoffen / und alſo dieſe conſum - ption nicht ſo gewiß / als die vorige iſt / ſo wird ſie gleichwol erhalten durch Wolfeyle / Guͤte der Waaren / durch welche zwey Mitl / wie man im Sprichwort ſaget / man auch von ſeinem aͤrgſtē Feind das Geld herauß locken kan: daß aber die manufacturen wol feyl ſeyn koͤnnen / wird zwey - erley erfordert / erſtlich / daß an dem Ort / wo ſie gemacht werden / wolfeyl zu leben ſey / und dar - umb ſeynd die uͤbergroſſe impoſten, ſo man auf die Victualien ſchlaͤgt / dieſem Ende gantz zu wi - deꝛ; vor das ander / daß man in der Arbeit ſelbſten compendia, und Vortheil ſuche / und darum ſol man gute Mechanicos, und Kuͤnſtler lieben / und daraufſpendieren: die Guͤte der Waaren a - ber anbelangeud / wird ſolche zu wegen gebracht durch Unterhaltung guter Meiſter / Erhand - lung guter roher zu manufacturen gehoͤriger materien: zu allem dieſem aber wird erfordert Verſtand / und in ſpecie zur frembden conſum - ption wird converſation mit den frembden / Abſchaffung ber ſchweren Zoͤl auf die hinauß - gehende manufacturen / Trockirung der inn - laͤndiſchen manufacturen vor frembde roheWaa -25Von der dreyen Staͤnden Gemeinſchaft.Waaren requirirt / wie dann ſolches ein jeder ehrlicher Handelsmann / der dem Vatterland zum Aufnehmen / und beſten zu handlen ſuchet / mit mehrerem wiſſen wird / da er dann / wann er dieſe gute intention hat / von GOtt / auch ohn fehlbar hierinnen geſegnet wird werden / da hingegen die vorige Hummeln / die den armen Bienen den Honig ſtehlen / nemlich die ſchaͤdliche Kaufleut / ſo auß boͤſer intention, Geitz / Neyd / Faulheit / und Unverſtand dem Land zum beſten nichts verlegen / ja andere ehrliche Verlaͤger / und ihre Befoͤrderer noch hindern wollen / darvon ich zuvor gedacht / dieſe ſag ich / die nuꝛ deꝛ Gemeinde zum Schaden im truͤben fiſchen wollen / werden den unaußbleiblichen Fluch erben / und weiß man manchsmal nicht / warumb GOtt einen oder den andern Prachthanſen / ein klein wenig ehrlicher / als einen Dieb durch einen unverſche - nen Panckrot fallen laͤſſet. Drittens ſo haben dieſe drey Staͤnde weiter gemein eine gewiſſe proportion, und correlation, ſo alle drey gegen einander (darvon bereits im vorhergehenden gemeldet) als jeder unter ſich ſelbſt; und zwar / ſo haben alle dieſe drey Staͤnde gemein drey ge - faͤhrliche / und hoͤchſtſchaͤdliche / verderbliche Feinde / derer erſte die populoſitaͤt verhin - dert / und der iſt das Monopolium, der andere verhindert die Nahrung / und der iſt das Poly - polium, der dritte zertrennet die Gemeinſchaft / und der iſt das Propolium: von geſaͤmtlichen dieſen / und ihren Gegentheilen / wil ich / ſo vielB vzu26CAPUT IV. zu meinem propoſito noͤthig / in der Kuͤrtze auß - fuͤhrlichen Bericht geben.

CAPUT IV. Von den drey Hindernuſſen und Hauptfeindē voriger dreyer Staͤnden / nem - lich / von dem Monopolio, Polypolio, und pro - polio, ſampt remediis vor die zwey erſte / nemlich / von den Zuͤnften und Kaufmanns compagnie.

DAs Monopolium anbelangend / ſo beſtehet ſolches darinnen / wann ein Glied in der Ge - meind das allein hat in der Nahrung / worvon ſonſten in der Gemeinde viel andere leben koͤn - ten: dann weil das End der civil ſocietaͤt die Vielheit der Menſchē iſt / und ſolche zu lebē haben wollen / das Monopolium aber nur einem / o - der ihrer wenigen gibt das jenige / worvon viel ehrlich leben koͤnten / ſo folget / daß die jenige / welchen dardurch die Nahrung entzogen wird / verderben und auß dem Land muͤſſen / alſo dardurch das Land arm und depopulirt wird / welches wider das End der civil ſocietaͤt / die in Menge der Menſchen beſtehen ſol / iſt. Dann ohneracht der Monopoliſt umb ſo viel reicher wird / als er Anderer Nahrung an ſich ge - zogen; iſt es doch der Gemeind / Stadt oderLand27Von den 3. Haupfteinden der drey Staͤnden.Land beſſer / wann ſie viel mittelmaͤſſige reiche / und von ehrlicher Buͤrgerlicher Nahrung Leut hat / als wann ſie arm von Menſchen iſt / und nur etliche wenige hauptreiche Leut unter ſich hat / dann im Fal der Noth gehen ſolche reiche Leut / und mit ihnen die gantze Gemeind durch / iſt alſo das Monopolium der populoſitaͤt und Ver - mehrung der Jnwohner eines Lands ſchaͤdlich: warumb aber das Monopolium von etlichen ſo ſehr verlangt wird / iſt die Urſach / das ſie gern reich ſeyn / koͤſtliche Haͤuſer bauen / in Kutſchen fahren / ſtatlich haußhalten / und mit Weib und Kindern praͤchtig daher gehn wollen / welches aller Monopoliſten Zweck iſt: dannenhero ziehen ſie alles allein an ſich / und in deme ſie viel zu ih - rem Uberfluß vonnoͤhten haben / nehmen ſie / ich ſag / zu ihrem Geitz / und Uberfluß / andern ih - ren Mitbuͤrgern das jenige hinweg / was ſolche Leut zu ihrer taͤglichen Nothduͤrftigkeit gebrau - chen / machen alſo / indem ſie auf Kutſchen fah - ren / koͤſtliche Haͤuſer bauen / im Fraß und Wol - luſt leben / daß andere ihre Mitbuͤrger nicht einmal zu Fuß gehen / unter Dach kommen / ein Lumpen uͤber den Leib / oder ein Stuͤck Brod bekommen koͤnnen; welches ja unchriftlich / und unbillich / einem andern ſeine Notturft nehmen / und hernach zum Uberfluß gebrauchen. Weil dann nun dz Monopoliú ſolcher geſtalt der civil ſocietaͤt ins Hertz greifft / haben wolbeſtelte O - brigkeiten durch allerhand gemeine Policey-Re - guln die Verordnung gethan / wie ein jedermaͤſſig28CAPUT IV. maͤſſig und buͤrgerlich in ſeinem Stand leben / und ſich im Haußbauen / Eſſen / und Kleyderen verhalten ſolle / damit er außkommen koͤnne / und nicht vonnoͤthen habe ein Monopolium zu affe. ctiren / ſondern ſeinem Mitbuͤꝛger auch ein Stuͤck Brod laſſen: dem Monopolio nun iſt zu wider das Polypolium, dann gleichwie in dem Mono - polio einer hat / worvon viel leben koͤnnen / alſo gibt das Polypolium allen dieſes / worvon nur etliche leben koͤnnen / und iſt alſo das Poly - polium ein Verderb der buͤrgerlichen Nahrung / gleich wie das Monopolium der populoſitaͤt / dann ob ſie / gleich wie geſagt / beyde gantz è Diametro ein ander contrar ſeyn / ſo ſeynd ſie doch in dieſem einig / daß ſie beyde der civil ſo - cietaͤt hoͤchſte Feind ſeyn / in deme das eine die populoſitaͤt / das andere die Nahrung der Gemeinde ſchwaͤchet / und von den Kaufleuten meiſterlich koͤnnen practiciret werden. Darmit man mich aber wol verſtehe / wil ich die Sa - chen durch ein Exempl erklaͤren: wann ein Schuſter in Wien waͤre / und koͤnten doch 50. ih - rer ſich daꝛinnen ernehrē / ſo begieng dieſer Schu - ſter ein Monopolium, dann er triebe 49. Men - ſchen auß der Gemeind / und ſchwaͤchte ſie an der populoſitaͤt / hingegen wann 50. Schuſter in der Gemeind ehrlich / mitlmaͤſſig / und e - ben buͤrgerlich leben koͤnten / und man ließ frey / daß noch 150. Schuſter darzu kaͤmen / ſo waͤre kein Zweiffel / das Handwerck waͤre uͤberhaͤuft / und wurden nicht allein die vo -rige29Von den 3. Hauptfeinden der drey Staͤnden.rige 50. ſondern die darzu gekommene 150. mit - einander verderben / dann es wuͤrde wenig Arbeit / und ſchmahle Biſſen geben / und das unter viele getheilet werden / worvon nur et - liche leben koͤnnen / welches iſt das Polypolium, dann gleich wie der civil ſocietaͤt vortraͤglicher iſt / daß viel mitlmaͤſſige reiche Leut / als nur etliche wenige hauptreiche Monopoliſten in ih - rer Gemeind ſeynd / alſo iſt hingegen gedach - ter Gemeind auch nuͤtzlicher / wann ſie eine ge - wiſſe Anzahl mitlmaͤſſig reicher Leut / als ein uͤbergroſſe Maͤnge Betler und armer Polypoli - ſten in ihrer Gemeind hat / dann ſolche Leut / wie oben bereits gedacht / im Fal der Noth / oder Be - laͤgerung eines Orts / entweder auß Hunger ſelber rebellirn / oder mit Schaden / und Schand dem Feind zugewieſen werden muͤſ - ſen. Mit einem Wort / das Monopolium iſt der Populirung eines Lands zu wider / in dem es nur einem gibt / worvon viel leben koͤn - ten: und das Polypolium iſt der Nahrung eines Orts zu wider / in deme es allen dieſes zulaͤſſet / worvon nur etliche ſich ehrlich zur Nohtturft ernehren koͤnnen / beydes iſt / wie erwieſen / einer Gemeind ſehr ſchaͤdlich / dann es werden dardurch alle drey Staͤnde verdorben / und ruinirt: wann nur ein Bauer im Land / ein Handwercksmann und Kauffmann in der Stadt waͤre / ſo waͤrs ein Monopolium, und deſertes Land und Stadt. Wann hin - gegen mehr Bauren / als Land verhanden /mehr30CAP. IV. mehr Handwercksleut als Arbeit / mehr Kauf - leut / als conſumption in der Gemeinde ſeynd / ſo waͤrs ein polypolium, und durch beede die Ge - meinde bald ruinirt werden / ein Mitl derhalben zu finden / daß / ſo das Monopolium, als Po - lypolium auß der Gemeinde gewieſen werden / haben die alten Obrigkeiten die Zuͤnfte oder Guͤlten erfunden / wordurch jeder Stand / und Handwerck in eine ſolche Zahl reducirt wird / als es der Horizont, oder Nahrung ſelbiges Orts leidet / damit / ſo das Monopoli - um als Polypolium verhuͤtet werde / und nicht jedem frey ſtehe / alles allein zu haben / oder ſei - nem Belieben nach zu thun / was er wil: iſt de - rohalben das End der Zuͤnften / daß ſie daran ſeyn ſollen / auf daß die Zahl der Handwercks - leut / und Meiſter ſich nach der proportion der conſumption, und Nahrung richte / daß nicht zu viel / noch zu wenig ihrer in einer Stadt ſeyn / und einer den andern verderbe; deſſentwe - gen auch die Stoͤrer / Stimpler und Beinha - ſen / und ſolch Volck / welches durch heim - liche Arbeit den Meiſtern das Brod vor dem Mund hinweg ſtielet / billich in der Gemein - de nicht ſollen gelitten werden. Aber dieſes Mitl der Zuͤnften / welches ein remedium wider das Monopolium und Polypolium ſeyn ſol / iſt heu - tiges Tages zu einem boͤſen Mißbrauch worden / dann die Hauffen Handwercks-Gerechtigkei - ten / Gebraͤuch / Lehrbrieff / Geburtsbrief / Mei - ſterſtuͤck / ſchelten / unehrlich / und durch eineSauffe -31Von den 3. Hauptfeinden der drey Staͤnden.Saufferey wieder ehrlich machen / geſchenckte Handwerck / der Geſellen Muthwillen / und hun - derterley andere Dingen / welche die Handwercke zum Schein der Aufrichtigkeit in ihren Zuͤnften haben / machen / daß kein ehrlicher armer Geſel zum Meiſter / oder Buͤrger werden kan; ja unter allem dieſem ſteckt ein heimliches Monopolium, darumb macht man die Zuͤnfte ſo ſchwer / daß nemlich niemands hinein begehrt / noch kan / und alſo den Meiſtern / ſo bereits darinnen ſeynd / das Weſen / und die Arbeit allein bleibe / wel - che dann / weil ſie wiſſen / daß ſie allein ſeynd / den Kaͤuffer / mit dem Preyß uͤbernehmen / trutzen / und ihrem Gefallen nach die Arbeit ſte - hen laſſen / und die Leut mit der Arbeit nicht befoͤrdern / welches dann der Gemeinde uͤber die maſſen ſchaͤdlich iſt. Dieſes derhalben| zu re - medirn / und diß heimliche Monopolium auf - zuheben / haben die Hollaͤnder alle Zuͤnffte caſſirt / und das polypolium zugelaſſen / der ge - ſtalt / daß jedem frey ſtehet ſich zuernehren / wie er kan / deſſentwegen dan ein groſſer Zu - lauf von Menſchen da iſt / und ſich die Hand - wercksleut wegen ihrer groſſen Maͤnge umb die Arbeit reiſſen / ja damit einer vor dem an - dern einen Zulauf habe / befleiſſen ſie ſich guter / und wolfeyler ſauberer Arbeit / und wil als einer mit dem anderen darinnen certirn / und den Vorzug haben. Diß zugelaſſene Polypolium in den Handwercken iſt nun den Kaufleuten / und Verlaͤgern ein gemach -tes32CAPUT IV. tes Spiel / dann dardurch erhalten ſie den Haudwercksmann in ſteter Armut / und Arbeit; dann die Maͤnge ihrer macht / daß ſie fleiſſig / und wolfeyl arbeiten / und die Leut befoͤrdern / ja der Arbeit nachlauffen / und mit aller ihrer Muͤ - he dennoch kaum ein Stuͤck Brodt verdienen koͤnnen: beedes aber iſt unbillich / ſo die viele dif - ficultaͤten der Zuͤnfte; als diß polypolium: dann ohneracht Holland Wunder vermeinet / wie es durch diß letzte aufkomme und florire, ſo iſt doch gewiß / daß es eben dardurch einmal zu aͤuſſerſter Ruin kommen wird / nemlich / wann die Hollaͤnder einmal der frembden con - ſumption privirt und Menſchen arm worden / welches leicht geſchehen kan / wann nur die um - ligende Oerter die Augen etwas beſſer aufthaͤ - ten: dann ſolcher geſtalt muſſen die Handwercks - leut in Holland nothwendiglich ſich in ein ge - ringere / und gewiſſe Zahl reducirn, oder mit ein - ander verderben / und entlauffen: deſſen man dann genngſam Exempel hat / wann Holland in Krieg / und Ungelegenheit mit den Nach - Baurn iſt / daß alsdann die Handwercksleut mit hunderten auß dem Land lauffen; hinge - gen in Teutſchland / wo Zuͤnfte / und die Handwercksleut in gewiſſe Zahl reducirt ſeynd / ſpuͤhret man in Kriegszeiten die geringſte al - teration bey den Handwercken nicht / ſondern ſie bluͤhen alsdann vielmehr / und kommen auf: ſo laſſen ſich auch in Teutſchland darumb die Zuͤnfte nicht abſchaffen / und jedem freylaſſen33Von den drey Staͤnden und Hauptfeinden / ꝛc.laſſen zu arbeiten / was er wil / weil Teutſchland keine Außlaͤndiſche conſumption hat / als die Hollaͤnder / ſondern es wuͤrden in kurtzer Zeit die Handwercke ſo uͤberhaͤuffet / daß ſie auß Man - gel der conſumption mit einander verderben muͤſten. Wie nun hierinnen das Mittel zu treffen / daß nemblich weder zuviel / noch zu wenig Menſchen an einem Orth ſeyn / ſondern ihre Zahl ſich ſtetigs nach dem Maß der Nahrung proportioniren ſoll / wie ſolche propoſition und Maß / daran eines gantzen Orths Wolfahrt ge - legen / in obacht zu nehmen ſey / darvon were viel zu melden / iſt ſicherlich nit eins von den gering - ſten ſecretis politicis, wiewol es unter hundert Orthen kaum in einem in obacht genommen / und practicirt, das iſt / ein Monopolium oder Polypolium verhuͤtet wuͤrd / dann gemeiniglich / in deme man ſich vor dem einen warſchauet / faͤllt man ins andere / ſo erforderts auch viel ſub - tilitaͤten / Erkaͤntnuſſen / und ein gutes Judi - cium, ja gantze geheime Handgriff / die Nah - rung nach den Leuten / und die Leute nach der Nahrung proportioniren, und auff jeden bege - benden Fall ohne confuſion und ruin, oder aͤnde - rung und Neuerung eines Orts zu moderiren, das bißhero bekanteſte und nechſte Mittel aber iſt / ein wachendes Aug auff die Handlung / Bau - renſtandt / und Zuͤnffte der Handwercksleut zu haben / wie nemblich ſolche Staͤnde gegen einander / und unter ſich ſelbſt ſtehen / inſonder - heit daß den Zuͤnfften nicht in allem ihr Will /Cund34Caput V. und zugelaſſen werde / die Handwerck und Mei - ſter / in eine ihnen beliebige Zahl zu reducirn, und die Meiſterſtuͤck ihrem Belieben nach zu beſchweren / und mit allerhand Narretheyen zu uͤberhaͤuffen / und difficil zu machen.

Caput V. Von den Kauffmanns Compagnien und Geſellſchafften / auch von Underſcheid deß Handels / quoad ſubjectum in genere.

WJe nun bey den Handwercksleuthen das Mono - und Polypolium zuverhuͤten / die Zuͤnffte angeſtellt ſeyn / alſo hat man mit den Kauff - und Handelsleuthen / welche ſich ſchwer - lich in ſolche Zuͤnffte reſtringirn laſſen / ein an - der Expedientz gefunden / nemblich man hat Compagnien / oder Maſcopien gemacht / wel - che von ſolcher Anzahl Menſchen und Gliedern beſtehen / als eben ſelber Handel erleiden kan / damit er in kein Monopolium noch Polypo - lium declinire, ſolcher Compagnien nun findet man hin und her in der Welt ſehr viel / welche auch dem gemeinen Weſen ſehr nutzlich ſeynd / dann neben deme / daß wie gedacht / das Mono - und Polypolium dardurch verhuͤtet wird / wer - den auch die negotien dardurch deſto beſſer er - hoben / dann ſo eine gantze Compagnie hat mehr Mittel und credit, gehet auch viel ſiche - rer / als ein privat Handelsmann / welcher viel eher verdeben kan / als ſo eine gantze Compa -gnie /35Von den Kauffmanns-Compagulen / ꝛc.gnie / welche maͤchtig iſt / und einer Sachen außwarten kan / derentwegen man dann auch ſiehet / daß der Handel / ſo durch dergleichen Compagnien getrieben wird / viel mehrer / als bey andern florirt, deſſen man in Jtalien / Franckreich / Engellandt / Schweden und Hol - landt genugſame Exempel hat / was vor maͤch - tige Dinge ſolche Compagnien thun koͤnnen / es werden aber ſo zur fundirung / als Erhaltung ſolcher Compagnien / vier Stuͤck erfordert / und zwar erſtlich / daß ſie von ſoviel Gliedern und portionen beſtehen / als zur Erhebung deß Han - dels noͤhtig / und daß die Glieder / oder partici - panten alſo beſchaffen ſeyn / daß ſie mit ihren Einlags quotis folgen koͤnnen / dann ſonſten verderbet oder hindert einer den andern. Vor das ander wird erfordert / daß kein Mitglied in ſolcher Compagnie in ſolidum vor die andere verſchrieben / noch die uͤbrige Guͤter / Vermoͤ - gen oder Schulden auſſer der Quotâ ſeyn / ſo in der Compagnie hafftet / obligirt ſeyn / oder mit / ſo in Schaden als Verluſt / participiren, dann ſolcher geſtalt wurde das falliment eines eintzigen gnugſam ſeyn / alle andere / auch auſſer der Compagnie / zuverderben / und in Malor zubringen. Drittens wird erfordert eine gemeine adminiſtrirung / ſo der Glieder / als Guͤter der Compagnie / weſſentwegen dann pa - cta oder Vergleich unter den Compagnien auff - gericht / Bediente auffgenommen / Gewindhe - her / oder Gevollmaͤchtigte conſtituirt, und vonC ijden36Caput V. den uͤbrigen in ſolche compromittirt wird / dann gleich wie nicht alle regiren koͤnnen / alſo wurde auch eine Compagnie bald ruinirt ſeyn / wann ein jeder belieben nach darmit umbgehen / und befehlen wolte / derenthalben per plura vota nothwendig alles abgehaudelt / und in den Schluß / welcher Authentiſch ſeyn ſoll / com - promittirt werden / und die Buchhalterey durch die darzu verordnete wol in obacht genommen werden muß / damit keiner dem andern was vorzuwerffen / noch ſich zubeklagen habe. Vier - tens iſt noͤhtig / daß ſolche Compagnien Licentz und Privilegia haben / damit ſie ohngehindert ihre conventicula halten / Freyheit haben ſich zuverbinden / und verſichert ſeyn / daß ihnen ſonſten niemands in ihren Handel greiffen darff / dann wo keine Privilegia ſeynd / ſon - dern nur ihrer etliche ſich in privato verbinden / und wie ſie es nennen / mit einander in Com - pagnia ſtehen / koͤnnen ſie leichtlich uͤber einen hauffen geworffen werden / wann andere Kauff - leuth / die maͤchtiger ſeynd / wider ſie ein Com - pact machen / und gegen ſie handeln / dann alſo verderbt der reicherer den aͤrmern / oder diſer / der außhalten kan / den andern / ſo weichen muß / wie wir dañ Exempel gnug habē / daß anſehliche Compagnien der geſtalt ſeynd ruinirt, und beyde endlich zu grund gangen / ſeynd alſo die Privile - gia zur Sicherheit den Compagnien noͤhtig / es ſeynd aber der Privilegien zweyerley / nach zweyerley Arth der negotien, dann einigenego -37Von den Kauffmans-Compagnien / ꝛc.negotien werden in dem Landt gethan / einige geſchehen auſſer Lands / darbey ſeynd auch zweyerley in obacht zu nehmen / wornach ſich nemblich die Privilegia richten / nemblich in dem Handl / ſo innen Lands geſchicht / muß man trachten / daß man erſtlich Freyheit habe zu han - deln / 2. daß der / ſo in eben ſolchen negotien traffiguirt, einem keinen Schaden thun koͤnne. 3. Daß man dem Landt zum beſten handle. 4. Daß man in Sachen handle / darinnen Nu - tzen zuthun / auff dieſe Puncten nun ſoll ein Pri - vilegium / ſo vor Jnlaͤndiſche Handlung gege - ben wird / abſonderlich collimiren, nemblich / 1. die beſſere und wolfeylere Wahren bringen / haben naturaliter den Vorzug vor den andern. 2. alſo auch die / ſo frembde Manufacturen in einem Landt verlegen wollen / die noch nicht darinnen ſeynd / ſondern bißhero auß der Fremb - de ſeynd herein gebracht worden. 3. alſo auch die in andern Sachen einem Landt zum Vor - theil handeln / ſeynd denen zu præferirn, die ei - nem Landt zum Schaden handeln. 4. Alſo auch iſt dieſer Handl andern vorzuziehen / von welchen viel Menſchen in der Gemeind leben. Jn allen dieſen Puncten kan ein Lands-Fuͤrſt / Statt / oder Republic kecklich ſolche Compa - gnien privilegiren / dann ſie gereichen dem Landt zum beſten / und thut man ſicherer / daß man ge - wiſſe Compagnien fundirt, derer man verſichert iſt / und welche man in gewiſſe Leges reſtringirn kan / alſo daß man den Handl jedes BeliebenC iijlaͤſſet /38Caput V. laͤſſet / und da man nicht verſichert iſt / ob er zu deß Landes Beſten / oder Schaden gefuͤhrt iſt / Was aber die Privilegia anlangt / ſo den Han - del / und die darauff gerichte Compagnien in die Frembde concernirt, ſo iſt zu wiſſen / daß dieſelbe auch auff den allda gefuͤhrten Handel reflexion machen muͤſſen / dann der in die Frembde handeln wil / muß viererley beden - cken. 1. Ob und was fuͤr ein Weg dahin ſeye. 2. Ob er Freyheit habe / dahin zu handeln. 3. Ob er etwas / oder was er da koͤnne hin ver - handeln. 4. Und was er auß der Frembde wider holen koͤnne / der Lands-Fuͤrſt hingegen / Statt oder Republic / ſo ihren Underthanen in die Frembde zu handeln Privilegia ertheilt / muͤſſen folgende reflexiones machen. 1. Ob es ihrer Statt oder Landt nutzlich ſeye / daß ſie ihre Underthanen dahin handeln? und was vor commoda oder incommoda dar auß erfol - gen koͤnnen. 2. Wie man der Zoͤlle Nachbar - ſchafft und Contrabandts wegen in Kriegs - und Friedenszeiten mit dieſen frembden Or - then ſtehe / da die Underthanen hin handeln wollen. 3. Wie die Underthanen bey angefuͤg - tem Schaden duꝛch Rechte oder repreſſalien koͤn - nen manutenirt werden? 4. Daß keine Obrig - keit andere Privilegia in die Frembde / da ſie nicht Herr iſt / zu handeln geben kan / als allein ſolcher geſtalt / daß nur ihre Underthanen neben denen / die da privilegirt ſeynd / nicht dahin handeln moͤgen. Dieſe nun / und dergleichenPun -39Vonden Kauffmans-Compagnien / ꝛc.Puncten ſeynd ſo bey den Jnn-als Außlaͤn - diſchen Privilegien in obacht zu nehmen. Nun wil ich noch zum Beſchluß dieſes Punctens kuͤrtzlich erklaͤren / wie vielerhandt der Handel iſt / und wie vielerley Compagnien darvon be - ſtehen koͤnnen. Wie nun gleich oben gedacht / der Handel zweyerley iſt / neinblich der Jnn - und Außlaͤndiſche / alſo kan man allhie ſolchen wider ins geſambt auff zweyerley Art conſi - deriren: Erſtlich wie vielerley ſo roh / als in manufacturn iſt / vor das ander / wohin in der Welt / ſo mit vorerwehnten rohen Wahren / als manufacturn negotia geſchehen / und ge - handelt wird. Was anlangt den erſten Punct / ſo iſt zu wiſſen / daß wo rohe Wah - ren ſeynd / die manufacturn, und dieſer bey - der die Handlung auff den Fueß nachfolgen / dannenhero wann ich von dem einen reden werde / muß ich nothwendig allezeit der an - dern eingedenck ſeyn / allen Handel dero - halben kan man billig in vierzehen Theil generaliter, alſo auch in ſoviel Compagnien abtheilen / welche unter ſich nach beſchaffener Materi viel unterſchiedliche Haͤndel machen / und treiben koͤnnen / ich ſetze ſie vor dißmal in folgende Ordnung. 1. Seydenhandel. 2. Leinenhandel / dem ich die Baumwoll bey - fuͤge. 3. Wuͤllenhandel / dem ich das Cameel: und andere Haar zueigne. 4. Lederhandel. 5. Buchhandel. 6. Frantzoͤſiſch / Nuͤrm - bergiſch / und Augſpurgiſche manufacturn. C iiij7. Jubi -40Caput VI. 7. Jubilirerweſen. 8. Glaßhandlung / Holtz - handl. 10. Metallen / und 11. Materialiſten Handl. 12. Specerey Handel. 13. Friandiſch Wahren. 14. Victualien. Von jedem dieſer wil ich ſoviel in ſpecie handeln / als zu meinem Vorhaben allhie noͤhtig iſt.

Caput VI. Von dem Seyden-Handel in ſpecie.

1. DEn Seyden-Handel derhalben an - belangend / ſo beſtehet ſolcher in zweyen Stuͤcken / nemblich in Ver - handlung roher-und verarbeiteter Seyden / bey der rohen Seyden iſt in obacht zu nehmen ihre Zihlung / ihre Qualitaͤt / und ihre Verkauf - fung / oder Werth / und Orth / wo ſie anfaͤnglich eingekaufft / und hernach wider verkaufft wird / was die Zihlung angehet / ſo iſt zu wiſſen / daß die Seyden zwar aller Orthen / wo nur Maul - beerlaud zubekommen / zu zielen iſt / aber je waͤr - mer Landt / je beſſer Seyden / nicht wenig thut auch darzu die Arth deß Bodens / und deß Baums / dann nach Beſchaffenheit deß Bodens die Blaͤtter deß Baums / und derer Safft wird nach deme der Seydenwurm auch harte oder weiche / ſtarcke oder ſchwache / ſchoͤne oder daͤßliche Seyden ſpinnt / mit einem Wort / es iſt darinnen ſolche variation, als immermehr mit den Weinen / dann wie bißweilen ein eintzi -ges41Von dem Seyden-Handel in ſpecie. ges Plaͤtzlein beſſern Wein / als alle umbligende Orth bringen / alſo bringt auch bißweilen ein abſonderlich Landt und Strichbaum / vor allen andern beſondere Seyden / unter den Euro - peiſchen haͤlt man die Jtaliaͤniſche vor die beſte / welcher nachfolgt die Spaniſche / dieſer die Frantzoͤſiſche / der Frantzoͤſiſchen die Teutſche / die beſte in Jtalien iſt die Boloniſche / welcher die Meßiniſche und Maylaͤndiſche folget / es ſeynd deſſentwegen zu Meſſina und Bolonien vornehme Seydenmaͤrckt / allwo zu gewiſſen Zeiten deß Jahrs die rohe Seyden Ballenweiß gekaufft wird / in Franckreich hat man vor kur - tzer Zeit hero maͤchtig auff das Seyden zielen ſich geleget / ſeynd auch auff Koͤniglichen Befehl in Truck viel Buͤchlein außgangen / darinnen die Arth deß Seydenwurms / und deſſen Zih - lung außfuͤhrlich vor gemeinen Mann gelehrt werden / in Tyrol umb Rovereid zielt man auch Seydenbaͤume / Jhro Churfuͤrſtl. Gna - den von Maͤyntz / gleich wie ſie in allerhand Sachen ſehr curios ſeynd / alſo haben ſie bey Wuͤrtzburg zu Veitshoͤchen auch eine ziemliche quantitaͤt Baͤume pflantzen / welche wol gegluͤ - cket / angeſehen man nun dort gute Seyden machet / am allerbeſten aber im Teutſchlandt ſchicket ſie ſich in der untern Pfaltz umb Heydel - berg / und in der Bergſtraß / angeſehen das Seydenweſen allda ſo gut thut / als immermehr in Franckreich / weſſentwegen auch Jhro Chur - fuͤrſtl. Durchl. mir vor etlich tauſend StuͤckC vBaͤu -42Caput VI. Baͤume zu pflantzen Gelegenheit / und Platz anweiſen laſſen / es ſeyn aber andere Ungele - genheiten / und nun Krieg und Peſt ſelbiger Orthen herumb eingefallen / daß das Werck verhindert worden / iſt ſonſt nicht zu zweiff - len / daß wo guter Weinwachs / auch gut Maulbeerlaub wachſe / der Baum iſt ſonſt leicht zu handhaben / dann weil er am lang - ſambſten ſeine Blaͤtter gibt / leidet er vom Froſt keine Gefahr / es muͤſſen aber weiſſe Maul - beer-Baͤume ſeyn / dann die andern zu fett ſeyn / und die Wuͤrme darvon gar bald ſchnel - len / ſo hat man auch nun / wie ich hoͤre / Vor - theil / daß man den Maulbeerbaum / und deſſen Laub zum Seydenweſen zweymal im Jahr gebrauchen / und alſo doppelten Nutzen thun kan / unter der oriental Seyden haͤlt man die Perſianiſche fuͤr die beſte / welcher die Siniſche folget / ſo gar zu zart iſt / dieſer iſt entgegen die Smirniſche / Armeniſche / oder Seeſeyden / welche gar grob und ſtarck iſt: Einige Seyden nun / als die Boloniſche / und Meßiniſche wird zu Baͤndern / andere zu Struͤmpffen / andere zu Zeugen und Sammet / andere zu Spinn-Stepp-und Nehſeyden / einige ſo bloß / andere vermiſcht gebraucht / und aller - handt manufacturn darauß gemacht / nach - deme ſie nun zart und fein iſt / nachdem iſt ſie auch theur / darnach hat ſie auch wenig Un - rath oder Lackaßin bey ſich / wiewol allerhand Betruͤg mit unterlauffen / bißweilen Steinin den43Von dem Seyden-Handel in ſpecie. in den Knoͤpffen der Straͤng / und die Straͤng feucht / faul / oder zerſchnitten ſeynd / ſo veraͤn - dert ſich auch der Preyß der Seyden / nachdem ſich die Jahr / Sommer / Baͤume und Wuͤrm anlaſſen / unter welche gar offt ein Sterben und Mißrahten kompt. Was nun den andern Theil dieſes Punctens / nemblich die Verarbeitung der rother Seyden anbelangt / ſo werden der auß vielerhand manufacturn bereitet / alle ins geſambt aber werden entweder gezwirnt / ge - webt / geſtrickt / geſponnen / gefiltzt / gefaͤrbt / zwar alſo roh wird die Seyden ſchon bereitet / wann ſie von den Wuͤrmen geſponnen / geſot - ten / auffgehaſpelt / durch ſonderliche Muͤhlen in Straͤnge verſamblet / und in Ballen ge - bunden wird / aber hernach wird darauß durch andere Zwirn-Muͤhlen und Duppliren die Stepp-und Neh-Seyden bereitet / andere wird zu den Poſamenten und Weberey zuge - richtet / unter die Seydenweberey aber gehoͤ - ren die Seyden-Bandt / alle Seyden-Zeug und Sammet / darunter widerumb ein Unter - ſchied iſt / als Weberey von pur Seyden / oder mit Leinen oder Wuͤllen vermiſcht / und unter den puren Seydenwahren werden einige glatte Wahren geneñet / als Taffet / Attlas / Tertzenell / Sammet / worunter keine Veraͤnderung oder mode kom̃t / als wie unter die Fꝛantzoͤſiſche Zeug / derentwegen ſicherer damit / als mit den Frantzoͤ - ſiſchen gebluͤmbten Zeugen zu handeln / einige Seyden wird zum Struͤmpffſtricken gebraucht /und44Caput VI. und iſt ſich wol zuverwundern uͤber die curioſe invention der Struͤmpffſtricker Muͤhl / welche man kurtz erfunden / und gleich wie die Men - ſchen mit Haͤnden / alſo durch gewiſſe Inſtru - menta ſtricket / ja die Schlingen viel gleicher zie - het / als ein Menſch thun kan / macht alle Tag einen Strumpff fertig / einige Seyden / als die Lakaßin / wird gekamt / geſponnen / und dar - auß Floretbandt gemacht / worzu man dann auch eine abſonderliche invention einer Muͤh - len hat / und ſolch Bandtdarauff webet / ohner - achtet ſolches Inſtrument verbotten / dieweil es die populoſitaͤt vermindert / in deme es viel Menſchen erſpahrt / aber ich ſage einen Handl anzufangen / ſeynd alle ſolche compendia gut / und zugelaſſen / dann ſie machen / daß man die Wahren anfangs wolfeyl geben / und in Flor bringen kan / wo man aber die Sache erſt er - hoben / und in Schwang bracht hat / alsdann kan man ſie auch bleiben laſſen / und den neben - Menſchen auch ein ſtuͤck Brot gewinnen laſſen / und Arbeit geben. Weiter wird die Seyden gefuͤltzt / und Watten darauß gemacht / welche manufactur auß Oſt-Jndien kommen / und hat man nun / weil es waͤrmt und leicht iſt / gantze Camiſol / Decken und Roͤck darvon / iſt beſſer als Beltz / dann es kommen keine Motten hinein / endlich wird die Seyden zu den meiſten dieſen Arbeiten gefaͤrbt / und darinnen iſt ein groſſer Verſtandt / dardurch die Seyden ver - dorben / und gut gemacht werden kan / ſie wirdauff45Von dem Seyden-Handel in ſpecie. auff ihr gewiſſes zugelaſſenes Gewicht gefaͤrbt / und je hoͤher die Farben ſeynd / je mehr ſie zeh - ren / und je groͤbere Seyden ſie haben wollen / in allem dieſem wil es gute inſpection haben / die Stepp-und Nehſeyden ſoll gleich ſtarck / und perlicht die Bandt / Zeug und Struͤmpff aleich und dickt / und mit einem Wort an aller Farb jedes ſein Beſtandt / Gewicht und luſtro haben. Wann nun die Seyden bearbeitet / ſo wird ſie verhandelt / und finden ſich / wie vorge - dacht / dreyerley Handlsleuth darinn / einige die ſie roh kauffen / und verkauffen / einige die ſie verarbeiten laſſen / und verlaͤgen / und dann einige / welche die bereits gemachte manufactu - ren verhandeln / von den zweyerſten iſt in dem vorigen gehandelt / jetzo ſeynd allein die Sey - den-Handler / ſo mit bereits gemachten manu - facturen handeln / zu conſideriren, und iſt zu wiſſen / daß es ein koſtbarer und ſorgſamer Han - del ſeye / darauff ſogar kein groſſer profit iſt / dann weil ſolche Handlsleuth ihre Wahren nicht ſelbſt verlaͤgen / ſondern von dem dritten und vierdten Handhaben / muͤſſen ſie dem Kauf - fer ſowol ihren / als der andern profit anſchla - gen / auch ſeynd die Zoͤll auff den Seyden manu - factoren hoch / die Wahr iſt nicht jedes Kauffs / zumalen wanns Zeug ſeyn / da eine variation und mode darein kombt / welche dann veralten und verligen / der Seyden-Handl iſt bißhero unter den Frantzoͤſiſchen Wahren geweſen / und ſo uͤberhaͤufft / und im polypolio, daß ſieguten46Caput VII. guten theils einander verderben / und was der - gleichen motiva mehr ſeynd / hir gegen iſt doch auch nicht zu laugnen / daß der geſaͤm̃tliche Sey - den Handel / verſtehe Erkauffung roher Seyden / derer Verarbeitung / und der manufacturn Ver - kauffung / wo ſie zuſamen kommen / einen groſſen profit machen / wie ſolches die jenige in Hollandt / Brabandt / und Teutſchlandt / ſo dergleichen manufacturn anfangen zuverlegen / gnugſam ſpuͤren / waͤre auch zu wuͤnſchen / daß dieſe manu - factur / ſo viel moͤglich / in Teutſchlandt introdu - cirt wuͤrde / dañ dardurch Jaͤhrlich auß Teutſch - landt etliche millionen baar Gelt auß dem Landt gehen / da hingegen / wanns darinnen verlaͤgt wuͤrde / nicht allein ein guter Theil die - ſes Gelts im Landt bliebe / ſondern auch viel tauſend Menſchen / die nun betteln gehen / ihr Brot dardurch gewinnen koͤndten / worzu nicht wenig helffen wurde / wann wir Teutſchen un - ſer Leinwand ein wenig bey den Welſchen in beſſer æſtime braͤchten / und erweiſen thaͤten / daß es ihnen noͤhtiger / als uns ihre Seyden waͤre / ſie alſo dahin braͤchten / daß ſie rohe Sey - den umb Leinwand ſtechen thaͤten.

Caput VII. Von dem Leinen-Handel in ſpecie.

2. DEn Leinen-Handel belangend / ſo iſt zu wiſſen / daß ſelbiger nicht allein ein herꝛ - licher Handel / ſondern auch die Wahren da -rinn47Von dem Leinen-Handel in ſpecie. rinn cuͤrrent ſeyn / es beſtehet aber dieſer Handel in ſechſerley Arthen / nemblich Erſtlich in Hand - lung mit rohem Flachs und Hanff / darinnen dann das Biſtumb Straßburg / Schwaben / Bayern / Laͤndel ob der Enß / Weſtphalen und Schleſien den Vorzug haben / geſtaltſam allda viel Flachs und Hanff gezielt / auch groſſer Handel darmit getrieben wird: Zum andern wird viel Handlung darmit gethan / mit Sey - lern / Stricken / und Segelgaren. Drittens iſt eine abſonderliche Handlung mit Spinſel oder geſponnen Garen / welches bey tauſenden ver - kaufft / in andere Oerther gefuͤhrt / und allda verwebt wird. Vierdtens iſt ein abſonderlicher Handel der Leinen Zeughandel / es werden Jaͤhrlich viel tauſend Stuͤck Leinwand in Jta - lien und andere Oerther verhandelt / iſt auch eine cürrente Wahr / und unterſchidlich / glat / oder gebluͤmbt / grob oder fein / weiß oder mit Farben gemiſcht / dieſem Handel thut nit wenig Scha - den das Baumwollene Leinwand / welches ſie in Jndien uͤber die maſſen fein zuzurichten wiſſen / wird von dannen in maͤchtiger Menge in Euro - pam gebracht / weil es dañ viel wolfeyler als Lein - wand / kombt es nit allein viel in den Gebrauch / ſondern thut dem Leinenhandel auch einen be - ſondern heimlichen Stoß / die Oſt-Jndier und Sirener wiſſen dieſes Leinwand / wie gemel - det / nicht allein fein zuzurichten / ſondern auch ſolches ſo arth-und kuͤnſtlich zubemahlen / daß man ſich hoͤchlich daruͤber zuverwundern hat. Der38[48]Caput VII. Der fuͤnffte Handel im leinen Weſen beſtehet in Spitzen / welche haͤuffig in Brabandt und Nie - derlandt gemacht / und aller Orthen verkaufft werden. Sechſtens beruhet der Leinen-Han - del endlich auch in allerley ſchlechten Wahren / als leinene Baͤnder / gefaͤrbt Leinewand vor das Landt-Volck / gemachter Wahr / als Hemb - der / Struͤmpff / Schlaffhauben / Schnup - tuͤcher / gefuͤrnuͤſt Leinwandt / welches alles durch die Naͤderinnen auff den Kauff gemacht / und verhandelt wird / ernehren ſich alſo in ge - nere uͤber die maſſen viel Menſchen von dieſem Handel / die Bauren / die Flachs oder Hanff bauen / die Spinnerinnen / Stricker und Sey - ler / die es ſpinnen / ſtricken und treben / die We - ber / die es verweben / die Spitzenmacherinnen / die es in Spitzen verwircken / die Faͤrber / die es faͤrben / die Schneider und Naͤderinnen / die es verarbeiten / und endlich die Kauffleuth / die es verkauffen / und darmit handlen / in allen die - ſen Theilen iſt nun wider ein ſonderlicher Vor - theil / wordurch eine Landsarth vor der andern ein prærogativ hat / an dieſem Orth wiſſen ſie den Hanff und Flachs beſſer zu bauen / oder die Erde iſt bequemer darzu / an einem andern Orth wiſſen ſie den Flachs und Hanff beſſer zu bereiten / zu brechen / zu ſieden / zu haͤchlen / an einem andern Orth weiß man ihn wol zu ſpin - nen / dort webt man beſſer als hie / hie hat man andere Arth von Gewebs / als dort / und hat ein jeder Orth gemeiniglich etwas / worvon erexcel -49Von dem Leinen-Handel in ſpecie. excellirt / dort webt man beſſer glatt / hie beſ - ſer gebildt / an einem andern Ort webt man gemiſcht / an jenem Ort kan man mit dem Bleichen beſſer umbgehen / alhie mit dem Spirn machen. Mit einem Wort / wo ein Theil ſolcher manufactur eingericht iſt / und man nichts als nur dergleichen alda macht / und ſich ex profeſſo darauf legt / da iſt auch die manu - factur am beſten / und muͤſſen die Kaufleut / wo ſie anderſt gute Waaren haben wollen / ſich auch befleiſſigen / daß ſie ſolche an dem rech - ten Ort holen / wiewol mir nicht zweiffelt / daß durch Fleiß und induſtria viel Sachen ein - gefuͤhrt werden koͤnten / wann nur Liebha - ber / und Verlaͤger da ſeyn / ſonſten wird auch das Leinen mit Wollen und Seyden ge - miſcht / und verwebt / wiewol Seyden nicht ſo wol darbey als Woͤllen haͤlt / am beſten aber vereinigen ſich in der Weberey mit ein - ander Baumwol und Leinwand / worauß man viel ſchoͤne manufacturen / inſonder - heit aber Parchet machet / darmit vor dieſem in Augſpurg groſſer Handl gethan worden iſt / dann weil man den Parchet wol faͤrben kan / und der Baumwol wegen Waͤrmb gibt / auch ehrbar ſteht / iſt es vor das Landvolck ei - ne bequeme Tracht / ſonſten auch zum Unter - futter ſehr dienſtlich / alſo in gutem Abgang: unter vorgemeldter ſexerley Art von Handel / iſt die rohe Waar / Seyler und Leinwand die beſte / Spinſel oder geſponnen Garn / Spi -Dtzen50CAPUT VIII. tzen / und zugeſchnittene Waar die ohnge - gewiſſeſte / ſo iſt auch in genere beym Leinen - handl zu mercken / daß die Handelsleut beſſer darmit fahren / als die Handwercksleut in die - ſer manufactur, dann jetziger Zeit die Spinne - rinnen / Leinenweber / und Spitzenmacher kaum das liebe Brod bey ihrer Arbeit haben / dieweil ſie uͤberhaͤuffet ſeynd / und der Ver - lag mangelt / auß Mangel deß Abgangs der Waaren / dieſe aber nicht mehr ſo ſtarck ge - hen / als vor dieſem / auß bereits erzehlten / und noch andern Urſachen / die wir Teutſche ſelber alſo haben wollen / und uns ſelbſten in dem Liecht ſtehen.

CAPUT VIII. Vondem Wuͤllen-und Haar-Handel in ſpecie.

3. NUn folget der Wuͤllen-Handel / welcher billich ein Regal eines Lands mag genen - net werden / wie ihn auch Engeland darfuͤr haͤlt / und deſſentwegen keine Wol darauß laͤſſet / ſie werde dann darinnen verarbeitet / dann ſol - cher geſtalt kan ſich das gantze Land darvon ernehren / behaͤlt nicht allein das Geld / ſo vor dergleichen Waaren hinauß gehet / im Land / ſondern ziehet auß der gantzen Welt durch ihremanu -51Von dem Wuͤllen-und Haar-Handel in ſpecie. manufacturen ein maͤchtiges Vermoͤgen zuſam - men / neben dem maͤchtigen Vortheil / daß ſie ihr gantzes Land dadurch in Arbeit ſtellen: wie ſie dieſe manufacturen haben angerichtet / und werckſtellig gemacht / faͤllt zu weitlaͤuftig alhie zu erzehlen / dieſes iſt zu wiſſen / daß viel Vor - theil darinnen mit unterlauffen / dann nach de - me die Weyd / und das Land iſt / nach dem ſeynd die Schaf / und ihre Wolle / gleich wie nach den Maulbeerblaͤttern die Seyde variirt, die Spaniſche Wol haͤlt man fuͤr die beſte / welcher die andere Arten als Engliſche / Flandriſche / Boͤhmiſche / Teutſche / ꝛc. folgen / ja es iſt bißweilen auch nur ein gewiſſer Strich Lands / welcher gute Woll gibt: neben dieſem iſt nun ein groſſer Vortheil die Schaf / und die Wol zu ſortiren / dieſelbe zu Kartetſchen / zu ſpinnen / welches ein ſchlecht Werck zu ſeyn ſcheinet / aber doch von ſolcher importantz iſt / daß es weder J - taliaͤner / noch Teutſche biß auf den heutigen Tag den Engelaͤndern und Hollaͤndern haben abge - lernt / ſo iſt hernach auch nicht ein geringer Vor - theil Tuch zu weben / ſolches zu walcken / zu faͤr - ben und zu bereiten / in welchen allen Arbeiten ſonderliche Handgrif ſtecken / welche die jenige wol wiſſen ſolten / die Tuchhaͤndler ſeyn / o - der Wullenweber verlaͤgen wollen / dieſe ſag ich / muͤſſenauf alle Handwercksleut genau acht gebē / dann von dem eintzigen Tuchhandel ein gantz Land leben kan / es hat Nutzen darvon der Edel - mann / der die Wol verkauft / der Schaͤffer der dieD ijSchaaf52CAPUT VIII. Schaaf weidet / und die der Schaafſcheer ab - warten / die ſie ſortiren / die ſie kartetſchen / und die die Kartetſchen machen / die Wolſpinner und Wollenweber / und welche dieſen beedē ihre Geraͤtſchaft machen / als Treher / Schreiner / Blaͤtterſetzer; es haben darvon ihr Einkom̃en die Walckmuͤhlen / und ihre Meiſter / die Faͤrber / Tuchbereiter / Kaufleut und Schneider / Hut - macher / Tapetenwercker / Struͤmpfſtricker / und was dergleichen Volck mehr iſt / dieſe alle koͤnnen ihr Nahrung darvon haben. Es beſtehet aber der geſaͤmtliche Wollenhandel in viererley / als in rohen Wollenhandel / alwo zumercken / daß ſo viel moͤglich / die Wol im Land erhalten / darinnen verarbeitet / und nicht rohe hinauß ge - laſſen werde / es waͤre dañ Sach / daß gar zu groſ - ſer Uber fluß da waͤre; die andere Aꝛt von Wuͤllen - handel / beſtehet in geſponnener Wol / oder Wuͤl - lengarē / damit wiꝛd auch groſſer Handel gethan / dañ dieſes Garen wird gebraucht zum Stꝛuͤmpf - ſtricken / und wanns gefaͤrbt iſt / zum Tapeten - wercken / und zur Teppichnath. Drittens folget der rechte Tuchhandel / und beſtehet in Zeugen / und Tuͤchern / die Zeuge ſeynd entweder pur Wol / oder gemiſcht / breit oder ſchmal / ticht oder lucker / oder gantz duͤnne / als Zeug zu Flor und Seefloggen / alſo ſeynd die Tuͤcher hingegen grob oder fein / leicht oder ſchwer / ſtarck oder ſchwach / und iſt ſo viel theils wegen der Farb / der Feine / deß Fadens / und anderer Umb - ſtānden darbey vom Kaͤuffer in Obacht zuneh -men53Von dem Wuͤllen-und Haar-Handel in ſpecie. men / daß man wol deß Argos Augen haben muͤſte / wann einen ein Tuchhaͤndler betruͤ - gen wil / und einer dannoch nicht wil betrogen werden / dann die manufacturen ſeynd unter - ſchiedlich / als Spaniſch / Engliſch / Frantzoͤ - ſiſch / Jtaliaͤniſch / und in dieſen Orten von un - terſchiedlichen Plaͤtzen auch wieder unterſchied - lich / als in Teutſchland / ein Unterſcheid zwi - ſchen Meißniſchen / Schleſiſchen und Jgelau - iſchen Tuͤchern iſt; hingegen machen die Hollaͤn - der alles / als nur grobe Tuͤcher nicht / nach / und wiſſens ſo artlich nach zu affen / und mit ſo abſonderlichen Vortheil zu thuen / daß es ihnen nicht bald einer nachthun wird: man fangt in Teutſchland nun auch an allerhand woͤllene Zeug zu machen / pur und gemiſcht. Mit einem Wort / an Oertern da es wintert / und kalt iſt / da hat der Tuchhandel die præro - gativ, gleich wie der Seydenhandel in den waͤrmen Laͤndern deu Vorzug hat; es thuet aber dem Tuchhandel / nicht wenig Schaden / wo das Landvolck viel Leder / und Parchet traͤget / dann dardurch wird viel Tuchs erſpart. Der vierdte Theil von wuͤllen manufacturen beſtehet in Filtzen / und wird ein groſſes mit Huͤten / auch wol gantzen filtzen Decken gethan / dann weil in die Huͤt oͤfters ein Variation komt / muͤſſen ſie auch oft geaͤndert werden / je beſ - ſer nun die Wol iſt / je beſſer werden auch die Huͤt / welche auch wol mit Haaren ge -D iijmiſcht54CAPUT VIII. miſcht werden / darvon ich hernach handeln wil. Ob nun zwar der geſaͤmtliche Wuͤllen - handel ein profitlicher Handel iſt / ſo hat doch ein Theil vor dem andern einen Vorzug / und wird der Handel mit der rohen Wolle zu den negotien / die uͤbrige drey Theil aber unter die manufacturen gerechnet: Das negotium mit der Wol haͤlt man fuͤrs beſte / welchem die uͤbrige manufacturen aber beruͤhrter Ordnung nach folgen. Jn Holland verder - ben die Tuchhaͤndler gutes theils / dieweil ihrer zu viel ſeynd / koͤnten auch gar nicht auf - kommen / wann nicht der teuren Koſt we - gen das genaue Leben der Arbeiter / und ihre ſubtile Tuͤcher / und Arbeit ihnen ei - nen Vortheil geben; iſt auch kein Zweiffel / ſie wuͤrden gar auß dieſem Handel gerahten / wann Teutſchland ſich ein wenig beſſer umb das Tuch machen annehmen / und ſeine eige - ne Woll in gute Tuͤcher verarbeitẽ laſſen wolte / aber gleichwie außlaͤndiſche Tracht uns alzeit beſſer gefaͤlt / alſo gehets auch mit dem auß - laͤndiſchen Tuch: nicht wenig wuͤrde den Hollaͤndiſchen Tuchhandel auch ſchwaͤchen / wann die Spanier entweder / wie vor die - ſem geſchehen / ihre Woll in Spanien / oder in den Spaniſchen Niederlanden verarbeiten lieſſen; Der Woll iſt nah verwand allerhand Haar / es wird viel Handel getrieben in Franck - reich / und Niederland mit Menſchen-Haar / welches von Weibsbildern komt / und dasſie55Von dem Wuͤllen - und Haar-Handel in ſpecie. ſie noch auf dem Kopf zu bleichen wiſſen / dieſes Haar wird lebendig Haar genent / und zu Paruͤcken gebrauchet; Das wir in Teutſch - land Cameel-Haar nennen / iſt das wenig - ſte / ſondern meiſten theils von Ziegen und Boͤcken / in Tuͤrckey / und Perſten / wird ihnen an dem Leib abgeſponnen / und dar - mit gleich auch mit dem Tuͤrckiſchen Garen ein groſſer Handel getrieben / allerhand Zeug werden darauß gemacht / als Camelot / und dergleichen / billich kan man hierzu die Caninchen und Bieberhaar rechnen / welche zu dem Hutmachen ſehr dienſtlich ſeynd / die Roß - und Rehhaar brauchen die Sat - ler zum Kuͤſſen / und Madratzen fuͤllen / auch zu anderer Arbeit. Bey dem Haarhan - del nun iſt zu wiſſen / daß es ein guter Han - del ſeye / allein ſchlaget die Waar bald auf / bald ab / und muß man auch wol wiſſen / wie das Gut zu conſerviren ſey / dann es auch allerhand accidentien leydet: Haar laͤſſet ſich mit Seyden wenig / mit Leinen mehr / mit Woll am beſten vermiſchen und verarbeiten / haͤlt aber bey keinem recht beſtaͤndig / ſondern friſts hinweg; die haͤaͤrin Zeug ſtoſſen ſich auch bald / und ſo ſie einmal brechen / ſeynd ſie ſchwerlich mehr zu beſſern / man muß in Er - kauffung derer auf den Faden ſehen / wie viel - traͤtig er ſeye: ſonſten werden auch auß Haar allerhand galanterien gemacht / als Ring / Arm -D iiijband /56CAPUT IX. band / Saͤckel / Weiber-Auſſetze / Hutſchnuͤr / auch gantze Seyler / cilicia, und dergleichen mehr.

CAPUT IX. Von dem Lederhandel in ſpecie.

4. DEr Lederhandel iſt nicht der geringſte / worvon ſo der Kauffmann / als Hand - wercksmann / ja gantze provincien leben koͤn - nen: man kan ihn wol in zwey Theil thei - len / als in rauch Leder / oder Haͤuten / und in bereitet Leder / ich ſetze noch hinzu / drittens das Rauch - oder Felwerck / und viertens den Feder-Handel / welche alle beyſammen wol ſteheu; Haͤute werden viel tauſend jaͤhrlich auß Pohlen nach Dantzig / und von dannen nach Luͤbeck in die Seeſtaͤtte / und nach Am - ſterdam gebracht / und alda verarbeitet; nicht weniger kommen auß Ungarn durch Oeſterreich uͤber Nuͤrmberg / und Franckfort / nach Nie - derland / und an den Rheinſtrom: das berei - tete Leder kan man billich in drey Theile ver - faſſen / als in die Roth - und Weißgaͤrberey / oder in hart und weich Leder / und in Cor - duan / welches letzte auß Cordua kommen / und in Luͤbeck / und Amſterdam haͤuffig ge -macht57Von dem Lederhandel in ſpecie. macht wird / man machts auß Bocksleder / und iſt eine gantze ſonderbare Bereitung darzu; Unter das weiſſe / oder weiche Leder / rechnet man billich das Saͤmiſchleder / und das roth und weiſſe Saphianleder / beede werden von Bocks - und Kalbsleder bereitet: man koͤn - te noch darzu rechnen das Baſanleder / dar - auß man auch Guͤldenleder macht / welches beſte von Kalbsleder / das ſchlechtere aber von Schaafsleder bereitet wird / auß wel - chem letzteren in Sparien das Guͤldenleder ge - macht wird / weil es aber ſeinen Schmutz / und Fettigkeit nicht laͤſet / kommet ſie in dem Guͤldenleder noch alzeit ervor / und iſt deſ - ſentwegen das Spaniſc[he]nicht in ſolcher Guͤ - te: dieſem kan man no[ch]beyrechnen das Gem - ſenfel / Elendhaͤut /[H]irſchhaͤut / Bocksle - der / Kalbsleder / Shaafsleder / Hunds - leder; alle dieſe Lederkan man nun glat oder rauch faͤrben / auch auf allerhand Art / theils mit Saft / theils mit mineral-Faͤrben / kuͤnſt - lich faͤrben / iſt auch gantz ein andere Art von Faͤrberey: alle dieſe Arten von weichen Leder zu bereiten findet man in Engeland die beſten manieren / und Handgrif / auch geht in Teutſchland der Weißgaͤrber Handwerck nicht wenig in Oeſterreich und Baͤyern / hinge - gen florirt die Rothgaͤrberey in Reuſſen / Preuſ - ſen / in den Seeſtaͤtten und Niederland; es wird aber darunter gezehlt das Sohlen -D vleder /58CAPUT IX. leder / geſchmiert Leder / trucken Leder / und Reuſſiſche wolriechende Juchten; wann nun un - ſere Teutſchen curios waͤren / koͤnten ſie viel noch in der Lederbereiterey / und Faͤrberey von den fremden Nationen lernen / aber es bleibt bey dem Alten. Auß Leder werden nun wieder allerhand manufactu bereitet / als Schuh / Stieffel / Sat - telzeug / Decken / Kuͤſſen / Kleider / und derglei - chen / worvon allerhand Handwerck leben / als Schuſter / Satler / Riemer / Koͤllerwaͤſcher / Seckler / Handſchuhmacher / Schneider ꝛc.

Was das Rauch - oder Felwerck anbelangt / ſo haben damit die Kuͤꝛchne zu thun / und beſtehet in allerhand Felwerck welche zubereitet / und genommen werden von obeln / Martern / Ot - tern / Biebern / Fuͤxen Katzen / Woͤlffen / Beeren / Schaffen /[Z]iegern / Seehunden / Schwanen / Wieſeln / Kaninchen / ſie werden bereit / gar gemacht / undgefaͤrbt / welches wie - derumb eine abſonderlich Art mit der vorigen von faͤrben iſt: der Kaͤuffer kan in dieſem Han - del leicht betrogen werden / ſo wil auch das Fel - werck ſonderlich wol erhalten werden / dann es viel accidentia leydet. Auß Moſcau / Pohlen / und Neu Franckreich / auch derſelben Quartie - ren / komt viel ſolch Rauchwerck / iſt derohal - ben in Pohlen / Moſeau / Dantzig / Boͤhmen / Baͤyern / Augſpurg / und an allen Orten / wo ſo das Manns / als Weibsvolck in den kalten Or - ten das Felwerck viel tragen / ein groſſer Handel damit. Dem Felwerck iſt nah verwand derFeder -59Von dem Lederhandel in ſpecie. Federhandel / wormit man auch maͤchtig betro - gen werden kan / beſtehet in gemeinen Pflaumen / und Schwanenfedern; es wollen die Federn ins gemein wol gehalten / und oͤfters umbgewend ſeyn / ſouſten ſie verderben: es wird auch mit den Strauſſen-Federn groſſer Handel getrie - ben / dann ſolche werden durch die Federſchmuͤ - cker zu bereitet / gefaͤrbt / und ein Federbuſch vor die Cavalier / und Damen accommodirt: man hat auch noch eine beſondere Art von Federn / welche man nennet Federn auß Norwegen / oder Adderdung / iſt ein zuſammen gemachter Klump / oder Neſt von Federn / da ſo ein eintzig Stuͤck ein gantz Betdeck erfuͤllen kan / dann es thuet ſich maͤchtig auf / iſt leicht / und ſehr warm / laͤſſet ſich hingegen in ein kleines Kuͤſſelein[tr]uͤcken / und ſo viel von dem Haͤute Leder -[Ra]uchwerc[k]und Feder-Handel / wormit in den kalten Laͤndern ein ſehr groſſer Handel getrieben wird / und eini - ge zu hauptreichen Leuten darburch worden: der beſte Handel darunter iſt der roher Haͤuthandel / mit welchem ein recht negotium gethan wird; hernach iſt die contanteſte Waar / das Sohlen - und trucken Leder / dieſem nach folgen die andere der Ordnung nach / wie ſie oben beruͤhrt ſeynd.

CA -60CAPUT X.

CAPUT X. Von dem Buchhandel in ſpecie.

5. NUn folget der Buchhandel / welchen man wol in drey Claſſen theilen moͤchte / als in den Papierhandel / in den Buchhandel / und in den Maculatur, Illuminatur, Karten / und Kupfferſtuͤcke Handel. Was erſtens den Papierhandel angehet / iſt zu wiſſen / daß darmit ein groſſes negotium, ſo in Franck -[reich][als in]der Schweitz getrieben wird / dann an ſelbigen[Orten]die Leut guten theils in Leinwand gekleidet gehen / dannenhero es viel leinene Lumpen gibt / ja mit den Lum - pen ſelbſten wird nicht wenig Handel getrie - ben / angeſehen nach Holland / wo man auch viel Leinen tragt / gantze Schiffe auß Franck - reich abgeſendet werden / dann ſie haben in Holland kein gut friſch hart Felſen-Waſſer / ſo zum Papier machen erfordert wird / dann je friſcher das Waſſer / je beſſer Papier: die Lumpen muͤſſen Leinen ſeyn / dann die Wuͤl - lene nehmen das Leimwaſſer nicht an; in Si - na haben ſie Papier von Seyden / man hat auch gefuͤrniſt Papier / darvon man Schreibtaffeln machen kan; das Papier wird nun mit Boͤ -gen /61Von dem Buchhandel in ſpecie. gen / Buͤchern / Rieß - und Ballen weiß verhan - delt / und iſt dreyerley / Schreibpapier / Truck - papier / Fließpapier / ins gemein zweyerley / nemlich fein und grob / das Frantzoͤſiſch Pa - pier haͤlt man fuͤrs beſte: zu Franckfurt wird ein maͤchtiger Handel mit Papier von Baſel alle Meſſen getrieben / und iſt das Papier eine currente Waar. Anbelangent nun den Buchhandel / ſo beſtehet ſolcher in drey Stuͤ - cken / als in einer Druckerey / Verlag / und Verhandlung deß verlegten; Die Hollaͤnder nehmen den Teutſchen leichtlich den Preiß in der Truckerey / dann ſie nicht allein ſau - ber Papier / guten format, ſaubere Littern / Schrifften / und fleiſſige Arbeit machen / ſondern auch auf die Correctur wol Achtung geben / da hingegen in Teutſchland die Truͤ - cker-Geſellen meiſten theils nur vermeinen / ihre Kunſt beſtehe in Feyertag machen / rauf - fen / ſauffen / und darvon lauffen / dan - nenhero ſie auch nunmehr in den Reichs-Ab - ſchieden unter die Handwercke gerechnet werden / worbey das wuͤſte Papier / ſo mei - ſten theils zum Truck genommen wird / und die ohnzahlbare Vitia auß Mangel der Corre - ctur dem Kaͤuffer / und Leſer nicht wenig un - annehmlich ſeyn; wann vor dicſem ein Bo - gen wider das manuſcriptum deß Autoris drey merckliche Vitia haͤtte / hat den Bogen der Corrector zahlen muͤſſen / ſo hat man zudem62CAPUT X. dem Corrector auch noch einen Lectorem ge - halten / ſeynd Doctor maͤſſige Leut geweſen / anjetzo haͤlt man kaum einen Lectorem, der ſel - ber leſen kan / wann dannoch darzu ein ſol - cher Corrector ſein Ampt verrichten / und die Vitia außſetzen wil / wollens die Herrn Ge - ſellen weder in der erſten noch andern Correctur aͤndern / ſondern laſſens alſo / dardurch dann das Buch verdorben wird: der gantze Mangl aber komt dahero / daß der Buͤcherhandel in ein Polypolium iſt kommen / ihrer zu viel / und die Buͤcher zu wolfeyl ſeynd / dannen - hero der Muͤh nicht lohnen / daß man koſtbah - re Correctores, und gute Geſellen / wie vor dieſem / darauf halte / und gnugſam bezahle / dann ſo man dieſes thaͤte / muͤſte man auch die Buͤcher teuer geben / und ſo ſolches ge - ſchicht / truckens andere nach / und gebens wol - feyler / ſo iſt der erſte wieder gehemmet: die vornehmſte Truckerey iſt ſonſten in Teutſchland zu Franckfort am Maͤyn / und leben darvon nicht wenig Herrn / Geſellen / Jungen / Setzer / Truͤcker / Correctorn, Schriftgieſ - ſer / und andere Handwercksleut / welche ih - nen bedient ſeynd: die General Regul vor ei - nen Truckerherrn / der eine Truckerey hat / iſt / ſelbſten der Arbeit zuſehen / und den Geſellen ihren Muthwillen nicht laſſen / noch ſich zu ſehr mit ihnen gemein machen ꝛc.

Anbelangend nun die Buchverlaͤger / ſo ſeynd ſolches die jenige / die einem Autori eineMate -63Von dem Buchhandel in ſpecie. Materiam abhandeln / in die Truckerey geben / und verdingen / alſo trucken laſſen / Papier darzu ſchaffen / den Truck bezahlen / das ver - fertigte Opus zu ſich nehmen / und andern er - ſter Hand wiederumd verhandeln: es hat ein ſolcher Verlaͤger einen mißlichen Handel vor / dardurch er bald reich / bald arm werden kan / inſonderheit muß er etliche Puncten wol in Ob - acht nehmen / daß er ſich nicht zu tief in Ver - lag einlaſſe / materien erhandle von bewerten Autoribus, welche current ſeynd / bald ab - gehen / und nicht zu maculatur werden; daß er ſein Werck in einer guten Truckerey ver - fertigen laſſe / darinnen es recht / und correct herauß komme / daß er leßliche Schrift / an - genehmen format, und ſauber Papier dar - zu nehme / daß er die Meß nicht verſaͤume / ſondern die erſte vor die beſte halte / daß er das Buch nicht zu hoch anſchlage / das Judicium dar - uͤber vernehme / und als dann es content halte / oder damit ſteche / daß er mit ſeinem eignen Geld handele / und nicht mit entlehntem / oder wann ein Opus fertig iſt / der Verlaͤger ſelbſtk ein Exemplar habe / nur den Nahmen ſpendire, und entweder ein Larve von Chriſtlichen oder Hebræiſchen Juden ſeye / dann darauf folgt der Segen / den man zu Franckfort am Maͤyn gar oft ſihet; Abſonderlich aber ſeynd in dem geſamtlichen Buͤcher-Verlag dreyerley zu no - tiren / warumb nemblich beſagter Ver -lag /64CAPUT X. lag / der doch ſonſten ſehr profitlich / jetziger Zeit gefaͤhrlich iſt; erſtlich daß die Verlaͤger nun ſchier ins gemein nicht ſtudirt haben / noch Latein koͤnnen / welches dann ſo wol von ſtatten gehet / als man bey dergleichen Apothe - ckern / und Barbierern ſiehet / derentwegen muͤſſen ſie / weil ſie nichts verſtehen / noch ge - leſen / glauben / was ihnen andere von den ma - terien oder autoribus ſagen / wordurch es oft geſchicht / daß ihnen die beſte materien auß Handen in Holland / und Franckreich ge - hen / und die ſchlechteſte zuruͤck bleiben / weil auch die Verlaͤger meiſten theils nicht ſtudirt haben / ſeynd ſie grobe Geſellen / wiſſen denen Autoren nicht zu begegnen / machen / und brechen Accord mit ihnen wie ſie wollen; was ſonſten die currenſte materi - en and elanget / ſeynd ſolche Schuelbuͤcher / Betbuͤcher / Haußbuͤcher / Grillen - oder Nar - ren-auch Liebsbuͤcher / und Calender: nicht we - niger iſt dem Verlag das maͤchtige Polypolium ſchaͤdlich / und konte dem Buchhandel nichts beſſers wiederfahren / als wann man in 10. Jah - ren nichts mehr truͤcken thaͤte / oder ſonſt ein Ungluͤck in die Buͤcher kaͤme / geſtaltſam man dann geſehen hat / daß die Feuer - brunſt im Carmeliten Kloſter zu Franck - fort / darinnen viel tauſend Tractaten ver - brunnen / einigen wieder hat aufgeholffen / welche dardurch Urſach bekommen / die ver -bron -65Vom Papier-Handel.bronnene Tractaten wider auffs neue zuverlaͤ - gen / es iſt weiter dem Verlaͤger ſehr ſchaͤdlich / wann er ſolche Buͤcher verlaͤgt / die langſam / oder gar nicht abgehen / und opera, ſo Macula - tur werden / worvon ſich auch der gelehrteſte Autor nicht eximiren kan / dann es heiſſet beym Poͤfel pro captu lectoris habent ſua facta libelli, iſt ſich alſo nicht zu verwundern / wann deß Eu - lenſpiegels / oder Francions Hiſtorien beſſer / als der Capucciner allerheiligſter Maͤnner Annales, und Miracula / oder dergleichen ein anders Opus abgehet / unter deſſen ligt gleichwol dem Verlaͤger Capital und Intereſſe im Papier / welches vor Feuer / Waſſer und Ratzen koſtbar muß bewahrt werden. Was ſag ich aber dar - von / die Vergeſſenheit macht die meiſte Buͤcher unkantbar / es ligen viel tauſend herꝛliche Tra - ctat in der Statt Franckfort / und in der Juden - Gaß / die ſehr verlangt werden / und kein Menſch weiß / daß ſie da ſeyn / glaube daß einer nicht uͤbel fahren ſolte / welcher einen Catalogum aller Buͤcher / ſo in Franckfort ſeynd / und wo ſie zu finden / verfertigte. Vor das ander ſo macht den Buͤcher Verlag gefaͤhrlich das ſchaͤd - liche Nachdruͤcken / dann ob es zwar wol ſcheinet ein Privilegium allein auff ein Buch zu haben / ſeye ein Monopolium, und ſich die Herren Ver - laͤger ihrer Gewalt bißweilen uͤbernehmen / und die privilegirte Buͤcher zu theuer geben / ſo muß mans doch alſo gehen laſſen / dieweil ſie keine gewiſſe Zuͤnfft / noch numerum haben / ſondernEim66Caput X. im Polypolio ſtehen / ihren meiſten Handel mit Stechen thun / und ein jeder ſihet / wie er ſeine Wahren am beſten anbringen kan / wuͤrde auch in Anſehung der groͤſten Unkoſten / ſo auff ein ſolch Opus gehen / nie kein Buch verlegt werden / wann es nicht privilegirt wuͤrde / und ein jeder dem Verlaͤger ſolches nachtrucken koͤnte / gleichwol thun es die Hollaͤnder / welche viel Privilegia auß Teutſchlandt bekommen / und hohen reſpect in Teutſchlandt darauff machen / da hingegen die Teutſche in Hollandt nicht allein wenig Privilegia auff ihre Buͤcher erhalten / ſondern auch die erhaltene darinnen nicht gehalten / ſondern alles darinnen nachge - truckt / und manch ehrlicher Mann dardurch verdorben wird. Dieſes ſeynd die Fruͤchte deß Hollaͤndiſchen Polypolii, die mit der Zeit ſo hoch wachſen werden / daß ſie (der Hollaͤnder Underthanen) der Staaden Privilegien ſo hoch / als deß Reichs / achten werden / ja de facto achten / deſſentwegen ich nochmalen ſage / daß der Buͤcher-Verlag gefaͤhrlich ſeye. Drit - tens / ſo iſt auch dieſer Verlag gefaͤhrlich wegen deß Wercks ſelbſten / in deme ſelten ein Werck zu rechter Zeit auff die Meß herauß kombt / hernach wider ein gantzes halb Jahr ligen blei - bet / alſo mehr Buͤcher im Catalogo, als in den Officinen ſeynd / unter deſſen gleichwol / wie vor gedacht / dem Verlaͤger das Capital mit den Intereſſen auff dem Halſe ligt / ſolches kombt gemeiniglich auß dem Muthwillen derGeſel -67Vom Papter-Handel.Geſellen / welche umb dieſe Zeit / da ſie arbeiten ſollen / ſpatzieren gehen / und theils ſehr hard ſind / darvon bereits oben geſagt. Ob nun zwar alle dieſe und dergleichen Urſachen billig einen Verlaͤger abſchrecken ſolten / iſt es doch gewiß / wann nur die Privilegia gehalten werden / und die Materien gut / und nicht zu groß ſeynd / daß ein ehrlicher Mann durch den Buch-Verlag / auch bißweilen nur durch ein eintziges Buch bald auff die Bein kommen kan / geſtaltſam der Kauffmanns Mercurius in kei - nem Ding ſchier mehr / als hierinnen / variab - len iſt / uneracht der Verſtandt / Ehr und Red - ligkeit / auch Guͤte der Materi / und gute In - tention eines Verlaͤgers ihn nicht wenig figi - ren koͤnnen. Nach den Verlaͤgern folgen die Buchhaͤndler / nemblich dieſe / welche von den Verlaͤgern die verlaͤgte Materien kauffen / und wider verkauffen / verlaͤgen gemeiniglich etwas / damit ſie nicht baar Gelt geben doͤrffen / ſon - dern ſtechen moͤgen / geſtaltſam dann ſchier die - ſes in dem Buchhandel das ſchlimmeſte iſt / daß viel tauſend darinnen verhandelt / und kaum etlich hundert baar Gelt dargegen geſehen wer - den / da hingegen Author / Trucker / Papier / baar Gelt ſeyn wollen. Ein Buchhandler nun muß vors erſte wiſſen / welche Buͤcher contant, und welche im Truck ſeynd / er muß derentwegen die Tax / (die gantz different iſt /) in beyden wol erkennen / in ſeinem Regiſter haben / welche Buͤ - cher hier / welche dort abgehen / und welcher erE ijbenoͤh -68Caput X. benoͤhtiget iſt / auch ob die jenige / ſo er erhandelt / complet ſeynd / oder defecten haben / nicht we - niger muß er auff das packen / verfuͤhren / ver - kauffen / einbinden / (allwo ein rohes Buch alle - zeit beſſer / als ein eingebundenes iſt) und mit einem Wort auff alles acht geben / was ſein Handel erfordert / und ſoviel von der andern Art deß Buchhandels. Folget die dritte / nemb - lich die Maculatur / Jlluminatur / Karten und Kupfferſtuͤck-Handel / und zwar die erſte ſpeciem anbetreffend / ſo haben gleichwol die Buchhaͤndler ein groſſes prærogativ vor allen andern Handelsleuten / dann ob gleich die Ma - teri nichts nutz iſt / loͤſen ſie doch gemeiniglich in der erſten Meß den Druckerlohn wider / verſte - chen eine Parthey / und machen auß dem Reſt Maculatur / welches wider eine currente Wahr iſt / angeſehen die Haͤcker / Kraͤmer / und Karten - macher ſolches contant kauffen / ja wann ein Buch nicht gehen wil / macht man bißweilen mit Fleiß etliche Exemplar zu Maculatur / da - mit es unter die Leuth komme / und bekandt wer - de / wie ich dann ſelber etlich mal occaſione eines Scarmuͤtzls von einem Kraͤmer dem Buch nach - gefragt / und gekaufft habe. Andern theils ſo iſt das Brieffmahlen und Jlluminiren auch ein abſonderlicher Handel / ſo in den Kraͤuterbuͤ - chern / als andern Hiſtorien gebraͤuchlich / theils vor Gelehrte / theils vor die Marckſchreyer und Baurenvolck / auch Landtwirth / welcher / wel - che dergleichen Jlluminirte Dinge in die Stu -ben69Von dem Papier-Handdel.ben herumb hencken / damit der Gaſt die Zeit ein weil verzehre / biß das Eſſen fertig / und ſcheinet das Augſpurg darinnen den Vorzug habe / hierzu kan man auch noch das Tuͤrckiſch / und allerhand Farbenpapier rechnen / der Karten - handel iſt ein currenter Handel / und den Ver - lagern profitlich / wo die unbeſonnene Spieler den Zorn die Karten entgelten laſſen / und uͤber das dritte Spiel eine zerreiſſen / ins Waſſer / Wein / oder zum Fenſter hinauß werffen / den - noch werden viel tauſend dardurch Jaͤhrlich in Franckreich geſchickt / wolte wuͤnſchen / daß un - ſer Teutſchlandt an manufacturn nur Jaͤhrlich von ihnen wider ſoviel gewinnen thaͤte / als ſie allein an Karten von uns ziehen. Das letzte iſt der Kunſt - oder Kupfferſtuͤck-Handel / in al - lerhand Figuren / Contrafeythen / Karten / Mappen / Mathematiſchen Figuren / Wap - pen / Laͤndern / Staͤtten / und dergleichen / ſehr gebraͤuchlich / zwar etwas theuer / aber doch nutz - lich / und ſcheinet / daß uns Teutſchen die Hollaͤn - der / und andere Nation / ſolchen haben abge - wonnen / wiewol was weniges zu Franckfort / Nuͤrmberg und Augſpurg darinnen gethan wird / gleichwol luſt uns Teutſchen lieber was Frembde machen / auch beſſer / dann weil es der Frembde wegen theurer bezahlt wird / koͤn - nens auch die Arbeitsleut dort beſſer machen / derentwegen den Vorzug haben / und machen / daß ſich unſere Teutſche als nur weniger darauff befleiſſen: Kupfferſtuͤck vertheuren die BuͤcherE iijumb70Caput XI. umb viel / dann ſie wollen eigne Stecher / Tru - cker und Farben haben / machen auch / daß ſie nicht bald nachgetruckt werden / zu den Kupffer - ſtuͤcken moͤchte man billig die Holtzſtoͤcke ſetzen / worinnen vormalen Teutſchlandt maͤchtig ex - cellirt hat / ſeynd theurer als Kupfferſtuͤck / wo ſie recht gemacht ſeynd / hingegen profitlicher / dann ſie brauchen keinen abſonderlichen Truck / ſondern werden mit den litern eingeſetzt / und zu eben der Zeit mit gleicher Farb und Muͤh getruckt / auch trucken ſie ſich nicht ab / oder auß / wie die Kupffer / (welche bald wider muͤſſen auffgeſtochen werden) hierzu koͤnte man das Leinwand trucken / item / der Sineſer Trucke - rey ſetzen / und was dergleichen mehr Truckwe - ſen iſt. Und ſoviel vom Buchhandel.

Caput XI. Von Frantzoͤſiſchen / Nuͤrnbergiſchen und Augſpurgiſchen Manufacturn und Handel.

6. WIll ich voriger Abtheilung nach etwas von Frantzoͤſiſchen / Nuͤrnbergiſchen / und Augſpurgiſchen Manufacturn handeln / welches man billig einen quodlibet Handel nen - nen mag / und weiſet ſich die Außtheilung an ſich ſelbſten / daß er dreyerley ſeye. Die Fran - tzoͤſiſche Manufacturn erſtlich anbelangend / be - ſtehen zwar ſolche von allerhand ſubjectis, als Seyden / Leinen / Wuͤllen / Leder / Metallen /Glas /71Von unterſchidlichen Manufacturn. Glas / Holtz / Bein / Papier / und andern darauß gemachten Sachen / als allerhand ſeydener und wuͤllener Zeugen / Huͤt / Struͤmpff / Baͤnder / Wehrgehaͤnck / Schuch / Calotten / Handſchuch / Fuͤtrall / Sine - ſiſche Arbeit / und allerland Galanterien / Plumaſchi / ꝛc. Ja uns Teutſchen iſt ſchier kein Kleid mehr recht / wann es nicht auß Franck - reich kombt / worvon Jaͤhrlich dann nicht nur eine Million auß Teutſchlandt hinein gehen / weil aber dieſe manufacturn unter ihren eigenen ſubjectis und Materien abgehandlet werden / wil ich hier nur erzehlen / was man eigentlich abſtractis prioribus, (ohne die vori - gen) Frantzoͤſiſche / das iſt / leichte wenignuͤtzige manufacturn neñen kan / iſt zu wiſſen / daß die Frantzoͤſiſche Schermeſſer uns Teutſchen den Bart beſſer ſcheren / als andere / die Frantzoͤſiſche Scheren und Zangen ſchneiden beſſer die Naͤgel / und reiſſen die Haar auß / als unſere / ihre Uhren gehen beſſer / wann ſie die Teuſche zu Pariß gemacht haben / als wann eben ſelbige Meiſter ſolche zu Augſpurg gemacht haͤtten / dann die Lufft allda iſt beſſer darzu / ihre Spiegel ſeynd heller als die Venetianiſch / ihꝛer Weiber Auffſaͤtz / Garniteuͤr / Baͤnder / Ketten / Perlen / Schuch / Struͤmpff / endlich gar die Hembder ſeynd beſſer / wann ſie die Frantzoͤſiſche Lufft ein wenig perfumirt hat / (wiewol ehe ich ſie anlegen thaͤte / den guten Geruch erſtlich mit Schwebelrauch / als wie man den Brieffen in der Peſt thut /E iiijver -72Caput XI. vertreiben wolte /) man faͤhret nicht wol in den Kutſchen / wann ſie nicht die Frantzoͤſiſche mode haben / der Frantzoͤſiſche Huetſtock ſchicket ſich auff alle Teutſche Koͤpff / ſo haben auch die Fran - tzoſen viel ein ander Maß / einem die Kleyder an - zumeſſen / und zu machen / als die Teutſche Schneider / die Frantzoͤſiſche Perucken ſchicken ſich beſſer auff die teutſche Koͤpff / als der Teut - ſchen Haar ſelbſten / ſo laͤſſet ſich auch hernach ein ſolch Frantzoͤſiſch Haar von keinem teutſchen Kam kaͤmmen / oder anderſt / als mit Frantzoͤ - ſiſchem Pudder beſtreuen / noch ein teutſcher Bart anderſt / als von einer Frantzoͤſiſchen Bartbuͤrſte oder Eyſen auffſetzen / noch ſich ein teutſcher Zahn / als mit einem Frantzoͤſiſchen Zahnſtierer butzen / noch ſich das teutſche Gelt anders / als mit Frantzoͤſiſchen Karten verſpie - len / und anderſt als in Frantzoͤſiſchen Beuteln oder Kuͤſtlein auffheben / es iſt weiter gewiß / daß ſich das Brot und uͤbrige Speiſen von uns Teutſchen beſſer mit Frantzoͤſiſchen Meſſern / als von den Frantzoſen ſelbſt / zerſchneiden laͤſ - ſet / (dann ſelbige Hofleut brauchen die Finger.) Jch hab von Frauenzimmer gehoͤrt / daß ſich mit Frantzoͤſiſchen Nadeln und Garn viel beſ - ſer / als mit Teutſchen naͤhen laͤſſet / ja die Fran - tzoͤſiſche Pflaſter halten auff dem teutſchen Ge - ſicht beſſer / als die Teutſche / (hingegen halten die teutſchen Pflaſter zu St. Marx beſſer auff dem Frantzoͤſiſchen Geſicht / als die Frantzoͤ - ſiſche ſelbſten.) Welcher unter uns Teutſchenhaͤtte73Von unterſchiedlichen Manufacturn. haͤtte wol das Hertz gehabt / einem Weibsbild ein Stuͤck Holtz uͤber den Bauch zu ſtecken / und ſie weiß zu machen / ſie wurde einen Buckel bekommen / wann ſie es nicht thaͤte / die Fran - tzoſen habens gethan / die koͤnnen das Weibs - volck außbutzen mit Kleidern / Haaren / Augen / (wann eins faͤhlt / Zaͤhnen / wann etliche man - geln /) Geſicht-Farben / Bruͤſt / Harniſchen / Plancheten / Hembder / Struͤmpff / Schuhe / die koͤnnen ſie behaͤncken mit Spieglen / Uhren / Corallen / Meſſerſtuͤtzgen / Baͤndern und Buͤ - chern / (dann es bettet ſich auch beſſer auß Fran - tzoͤſiſchen Buͤchern) ſie ſtechen ihnen Loͤcher durch die Ohren / und haͤncken ihnen daran was ſie wollen / ſolten auch die Ohren Eſels lang gezogen werden. Mit einem Wort / Teuſch - landt hat zu ſeinem Schaden / O der groſſen Raſerey! frembde Kauffleut eingeladen / daß es ja bald Geltarm ſey / frembde Wahren / welche leider nichts als frembde Kleider / dar - durch wird die teutſche Welt reich an Hoffart / arm an Gelt. Wann nun das gantze Roͤmi - ſche Reich in der aͤuſſerſten Noht eine Anlag von vier Millionen machen ſolte / wie wuͤrde es da hergehen? Scepter und Cron blieben eher im Stich / da doch / wann es mir zuſtuͤnde / und mein Vornehmen allhie waͤre / ich bey Batzen und Kreutzer / auch Orth und Ende erweiſen wolte / wo Jaͤhrlich zum wenigſten auß dem Roͤmiſchen Reich allein teutſcher Nation auff die vier Millionen Thaler / und baares gutesE vGelt74Caput XI. Gelt contant in Franckreich gehen / nur vor oben erzehlte Wahren / welche wir nicht allein / wo nicht beſſer / dannoch eben ſo gut in Teutſch - landt machen / das Gelt im Landt erhalten / und viel tauſend arme Menſchen durch derglei - chen Arbeiten darzu ernehren / und alſo ſetzen und nutzen / Ehr und Lob zugleich darvon haben koͤnten / aber worinnen wir Teutſche vor dieſem am meiſten excellirt haben / darin - nen leiden wir nun am meiſten Mangel / nemb - lich an Reſolution: Die Nuͤrnberger Wah - ren anbelangend / beſtehen ſolche in allerhand Eyſen / und Meſſenzeug / Traͤht / Nadeln / Fin - gerhuͤten / Meſſer / Wagen / Trehwerck / Bergdesgaden-Arbeit / Puppengezeug / wel - che Wahren zum theil / ob ſie zwar wenig nutz ſeyn / noch auff die Thauer gemacht / oder zur Menſchlichen Notturfft gereichen / ſeynd ſie doch ſehr / ſo in Jndien / als andern umbli - genden Koͤnigreichen current, und ziehen die Nuͤrnberger dardurch unter allen Teutſchen Provintzen noch mit den ſchlechſten Manufa - cturn das meiſte Gelt auß der Frembde in Teuſchlandt. Die Augſpurger Manufacturn betreffend / ſo beſtehen ſolche meiſtens in getrie - bener ſilber Arbeit / ſchoͤnen Schreibtiſchen / und kuͤnſtlichen kleinen Uhren / und Kupffer - ſtuͤck / iſt auch vor dieſem allda ein maͤchtiger Leinwand und Parchet-Handel geweſen / al - lein jetzo excelliren ſie in denen drey vorher - gehenden Manufacturn, darvon nicht wenigin75Von unterſchiedlichen Manufacturn. in umbligende Oerther verfuͤhrt / auch allda beſtellt wird / angeſehen / die Handwercks-Leuth allda einander trefflich verſtehen / und einer auff deß andern Arbeit abgericht iſt / daß alſo einer dem andern in die Hand arbeitet / und aller - hand gute Handwercks-Vortheil haben. Zu den Frantzoͤſiſchen / Nuͤrnbergiſchen und Aug - ſpurgiſchen Manufacturn koͤndte man noch bil - lig den Handel von allerhand Antiquitaͤten / Statuten, Gemaͤhlden / Metallen / Kunſtſtuͤck von Beyn / Cryſtall / Wachs / ꝛc. Oſt-Jndi - ſchen / und ſonſt anderer natuͤrlichen raritaͤten und curioſitaͤten von Thieren / Kraͤutern / Me - tallen / und Manufacturn, oder ſelbſtentſproſſe - nen Gewaͤchßen rechnen / darmit in Hollandt / Engellandt / Franckreich / und Jtalien nicht wenig Handels getrieben wird / aber uns Teut - ſchen iſt wenig darmit zuthun / dann es gehoͤrt dieſe Wahr nur vor die Reiche / und dieſe ſeynd bißweilen zum tummiſten / werden eher ihre curioſitaͤt im Schinden und Schaben / Freſ - ſen und Sauffen / lebendigen als gemahlten Bildern / als ſonſten was ſuchen / zu deme ſeynd es auch ſolche Wahren / derer pretium allein in der æſtimation deß Liebhabers / Kauffers und Verkauffers beſtehet / derer beyde alſo diſponirt ſeyn muͤſſen / daß ſie einander zu ſuchen wiſſen / und beyde ohne diß ſeyn koͤnnen / und zu leben haben.

Caput76Caput XII.

Caput XII. Von dem Jubilir-Weſen / und Edelgeſtein-Handel.

7. DEm vorigen quodlibet Handel ſetze ich billich noch zu das Jubilier-Weſen / oder den Edelgeſtein-Handel / welcher umb ſoviel ge - faͤhrlicher / je koͤſtlichſter er iſt / ja je mehr er Ab - ſaͤtze und Anmerkungen hat. Dann erſtlich er - fordert er ein genaue Erkantnuß der Stein / und werden darmit bißweilen die Geſcheideſte detro - gen. 2. Haͤngt daran ein groſſes Capital / zu welchem ſich das taͤgliche Intereſſe ſchlaͤgt / da hingegen das Jubel nicht ſchwerer / ſondern nur theurer / und derentwegen unverkaͤufflicher wird. 3. Jſt die Wahr nicht jedermans Kaufft / ſon - dern wil nur reiche und groſſe Herren haben / welche bißweilen ſchlechter als gemeine Leuth zahlen / ja das Jubel verſchencken eher / als es noch einmal bezahlt iſt / alſo dem Jubilirer tieff in Zettel / und in Reſt kommen / und ſeynd ge - meiniglich ſolche Leuth / die wol tieff im Reſt / aber nicht in Arreſt kommen koͤnnen / ſondern dem Jubilirer das nachlauffen laſſen. 4. Jſt es eine Wahr / derer pretium nicht ſo liquid iſt / als das Brot auff dem Laden / derentwegen dar - von ein Sprichwort am Tag iſt / ein edler Stein ſeye ſo viel werth / als ein reicher Narꝛ darfuͤr geben thut. 5. Jſt es eine Wahr / die weit geholt / uͤber Landt gefuͤhrt / und von einem Hoff zum andern muß gebracht / und gewieſenwer -77Vom Jubilier - und Edelgeſtein-Handel.werden / alles mit Gefahr. 6. Jſt der Jubi - lier-Handel in gleichem uͤberhaͤufft / und nimbt einer dem andern ſein Brot / groſſe Herꝛen auch haben nun ſelber Leuth / und Cammerdiener / die ſich darauff verſtehen / und auß der Frembde holen / was von noͤhten / und da ſie die Wahl haben / auß allen dieſen / und noch andern Ur - ſachen / iſt der Jubilier Standt ein verſtaͤndi - ger / koͤſtlicher / und gefaͤhrlicher Standt / vielen difficultaͤten unterworffen / welche doch alle ſuperirt werden / in deme gemeiniglich ihrer et - liche zuſammen ſtehen / guten Vermoͤgens / wel - che mit einander ein Compagnie machen / und alſo dem Handel ſicherer außharren koͤnnen / auch gute Wiſſenſchafften haben / wo urſpruͤng - lich die Edelgeſtein zuverhandeln / wie ſie zu ſchleiffen / zu ſchneiden / zu poliren / zu faſſen / und zuverſetzen / und wo ſie hin zuverhandeln ſeyn / da ſie dann groſſer Herꝛen Hoͤfe und Be - kantſchafft an ſich bringen / und alſo Hof-Jubi - lierer werden / alsdann nicht wenig gewinnen / angeſehen man ſo in Teuſch-als Nieder-Holl - und Engellandt / Franckreich und Jtalien nicht wenig reiche und vermoͤgliche Jubilierer findet / welche auff einmal offters gewinnen / daß ſie lange Zeit wider darmit warten / und die Zeiten außhalten koͤnnen. Es thun aber die Juden den Chriſtlichen Jubilirern hierin - nen nicht wenig Abbruch und Schaden / dem Kauffer aber Vervortheilung und Betrug an / in deme ſie mit dergleichen Jubelen handeln /alle78Caput XIII. alle Orth und Ende durchlauffen / und den Chriſten das Brot vor dem Mund wegneh - men. Aber hiervon in puncto propolii.

Caput XIII. Von dem Glas-Handel in ſpecie.

8. DEm Jubiler-Weſen folget der Glas - Handel / als der ihme nahe verwandt iſt / ſogar / daß durch dieſen letztern der erſte oͤff - ters verfaͤlſcht wird / dann man kan nun aller - hand Edelgeſtein nachmachen von Glas / wel - ches man den rechten gleich / mit Metallenfar - ben / aber die Haͤrte nicht geben kan / wiewol man ſie ſchneiden und einfaſſen laͤſſet / ſeynd / wann man ſie nicht probiert / dem Geſicht nach vor den natuͤrlichen ſchwer zu unterſcheiden / hierzu gehoͤren noch die Glaͤſer / Corallen / und Perlen / mit welchen groſſer Handel nach Jn - dien getrieben wird: nechſt dieſer manufactur folget das rechte Glas / welches unterſchiedlich iſt / nach Art deß Sands / oder Kißlings / und der Aſchen deſſelben Lands oder Orths / wo eine Huͤtte iſt / dann darnach auch die Glaͤſer ſchwaͤrtzlich / gelblicht / gruͤnlicht / oder blaulicht fallen werden / nicht wenig thut darzu die Kunſt / durch welche ein Glas klar / blaͤſicht / ſpringend / wol oder uͤbel formirt wird. Zu Venedig macht man das beſte / wiewol durch Kunſt in Teutſchlandt man nun eben es ſo gut machen kan / die manufactur deß Glaſes beſtehetin79Von dem Glas-Handel.in zweyerley / in der Materi / und in der Form ber Glaͤſer: Die Materi anbelangend / ſo iſt von derer Unterſcheid bereits kurtz zuvor gedacht / an ſtat der gemeinen Aſche nehmen die Venetianer Soda, iſt ein gebrante Aſche von Kraͤutern / auß Griechenlandt und Spanien herkommend / un - ſer Teutſche brauchen darfuͤr gemeine Aſche / aber thun uͤbel / dann die Jrꝛdiſchkeit oder der Aſchtrich von der Lauge / ſo darbey bleibet / faͤr - bet das Glas / und machts gruͤn / wiewol die Kuͤſel oder Sand nicht auch wenig darzu thun / wann ſie nur das geringſte Mineraliſch ſeynd / deſſentwegen man Arſenick / Magneſiam / und andere Ding braucht / das Glas hell und klar zu machen / als Salpeter / Borras / Saltz / Pe - taͤſch / welcher ſpecien vermiſchung dz Glas klar oder truͤb / veſt oder bruͤchich / hart oder weich / leicht oder hartfluͤßig macht / wiewol das gar - werden und abkuͤhlen der Glaͤſer / die Tiegel / Feuer und Oefen nicht wenig darzu thun / nach deme nemblich ſelbige accommodirt ſeynd / und der Kunſt gemaͤß adminiſtrit werden / nicht weni - ger kan man auch durch allerhand Hand griffe die Glaͤſer faͤrben / durch die Metallen ihnen uͤber alle maſſen hohe Farben geben / allein dieſe beyde Kuͤnſten / roth faͤrben / und weich Glas machen / ſeynd verlohren / wiewol man ſaget / daß ſie wider gefunden ſeynd / aber ſo gehets gemeiniglich / man ſuchet neue Sachen / und vergiſt der Alten / die dann / wañ ſie erfunden werden / wider neu ſeyn / und deßwegen wol wahr iſt / was Salomon ſagt /es80Caput XIII. es iſt nichts neues / noch wird etwas neues auff der Welt gethan / das nicht zuvor ſchon darauff geweſen. Aber gleichwol von dem Glas kan man billig ſagen / daß es ein neues inventum, und kuͤnſtliches mixtum von Menſchen gemacht iſt / zumalen wann man betrachtet / daß mit ſo leichter Muͤhe / und wenigen Inſtrumenten ſo vielerhand artliche Figuren in ſo kurtzer Zeit darauß koͤnnen gemacht werden: Es wird aber das Glas geblaſen / geſtreckt / und getruͤckt / oder auch wol gegoſſen / durch blaſen werden allerhand Diſtillier - und Trinckglaͤſer / durchs ſtrecken und trucken allerhand Fenſter-Kut - ſchen - und Spiegel-Glaͤſer / durchs gieſſen allerhand Bilder / Statuen und Metallien ge - macht / ſo wird auch das Glas geſchlieffen / und polirt, und im Spiegelmachen ihm ein folium mit Zinn - und Queckſilber geſetzt / in Franck - reich baben boͤſe Leuth auß Glas falſche Piſto - len / denen natuͤrlichen nicht unaͤhnlich / ge - macht / das leichtfluͤßige Glas kan man durch Lampen blaſen / und allerhand curioſitaͤten darauß machen / als Corallen / Federbuͤſch / Bilder / Wetterglaͤſer / und allerhand Galan - tirien, der Glas-Handel iſt ein ſicherer Handel / dann die Materi verdirbt nicht / nur daß es ge - faͤhrlich / die Wahren hin und her zu fuͤhren / wiewol diß ungehindert die Herꝛen der Glas - Huͤtten nicht uͤbel fahren / ohneracht viel Hol - tzung darzu gehoͤrt / und man achtung geben muß / daß Waſſer / Holtz und Sand nicht weitvon81Vom Glas-Handel.voneinander ſeynd / dann Glas-Huͤtten in Staͤtten wollen machen / da nicht bequaͤme Zu - fuhr / iſt Thorheit. Zum Glas-Handel koͤnte man noch wol rechnen den Cryſtall / Serpentin / Agtſtein / Nephritſtein / und Augſtein-Handel / wie auch den Schifferſtein / Wetzſtein / Bimb - ſtein / Tufftſtein / Marmel / Alabaſter-Handel / in welchen allen nicht wenig negotium gethan wird / einige werden getraͤhet / geſchnitten / an - dere gehauen / beſtoſſen / gefaſt / von welchen allen nicht wenig Menſchen leben. Zu Dantzig viel Boͤrnſtein Traͤher: zu Augſpurg / und anderer Orthen Cryſtall-Schneider: am Rheinſtrom und zu Bamberg wird viel Handel mit Schif - ferſtein: Jm Chur: Coͤllniſchen mit Tufft - ſtein und Muͤhlſtein: anderer Orthen mit was anders Handel getrieben. Zum Glas-Handel fuͤgt ſich auch noch drittens der Erden-Handel / und iſt einigerley Art Erden gut zum Feldbau / deſſentwegen / damit an etlichen Orthen / wie auch mit dem Dunge nicht wenig Kummer - ſchafft getrieben wird. Jn Oſt-Jndien / Hol - landt / und Straßburg handelt man gar mit Dreck / deſſentwegen ſeynd die Dreckherren / und heiſſet es hier / bonus odor lucri ex re quâ - libet. Andere Art Sand / Erden / und Stein wird zu Kalch gebraucht / damit dann nicht we - nig Handel getrieben wird / ſogar / daß man in Holland auß Muſcheln Kalch brennt. Hierzu gehoͤrt das Gibsweſen / und Oeſtricht gieſſen. Anderer Art Erden iſt Letten und Laimen / undFdarauß82Caput XIV. darauß macht man Daͤmmen / und Waſſer - Veſtungen / auch brennt man darauß allerhand Jrꝛden-Geſchirꝛe / als Ziegel / Haͤfen / Tiegel / und allerhand Hafner-Wahren / feuerbeſtaͤn - dig / und unfeuerbeſtaͤndig / verglaſt und un - verglaſt / und hierinnen iſt eine Erde und Lands - Art edler als die andere / nachdem ſie nemblich mager und ſett iſt / und gemiſcht wird / in Heſſen / zu Pontzel in Schleſien / und zu Haffnerzell wer - den gute feuerbeſtaͤndige Tiegel / anderer Orten aber gut ander Erdengeſchirꝛe gemacht / darunter das auß Engellandt / Majonica / Franckreich / und nunmehr auch theils Orten in Niederland und Teutſchlandt den Vorzug behaͤlt / aber das Porcellan-Geſchirꝛ / ſo auß China kombt / nimbt hierinnen allen andern Erden den Preyß und pretium, dannenhero es auch ſehr theuer iſt / in allen dieſen irꝛden-Geſchirren nun ſchmaͤltz-Tie - geln / Tabackspfeiffen / und ander Erden manu - facturn wird maͤchtiger Handel gethan / und koͤn - nen gantze Staͤtt und Doͤrffer darvon leben / die Miſchung der Materi / Regierung deß Feuers / und Formirung iſt das vornembſte daran.

Caput XIV. Von dem Holtz-Handel.

9. DEn Holtz-Handel anbelangend / wird ſolcher in zwey Puncten getheilt / als in den Handel mit koͤſtlichem Holtz / und in den mit ſchlechterm: Das koͤſtlich Holtz wird gemeiniglich bey den Materialiſten gefunden / als Ebenholtz /Pernam -83Von dem Holtz-Handel.Pernambuc / Braſtlienholtz / Cypreſſen / Cederr - holtz / und dergleichen / davon man ſowol aller - hand koͤſtliche Schreib-Tiſch / als andere In - ſtrumenta einleget / deſſentwegen auch abſonder - liche Kiſtler / bevorab in Augſpurg ſeynd / wel - che ſolche Hoͤltzer zu arbeiten / zu beitzen und zu accommodiren wiſſen. Das gemeine Holtz an - belangend / wird ſolches in hart und weich Holtz getheilet / unter das harte Holtz rechnet man Ei - chen / Buͤchen / Birnbaum / Ahorn / Ulmen / Riſten / unter das weiche Holtz wird Fichten / Taͤnnen / Linden / und dergleichen / gezehlet / dieſe geſambte Arten von Holtz nun ſeynd wider unterſchiedlich / als Bauholtz / Brennholtz / Bretter / Krumbholtz / das Eichenholtz nimbt in gemeinem Gebrauch den Preiß ſchier allen andern / dann es iſt gut zum Bauen / ſo zu Waſ - ſer als Landt / derentwegen auff dem Rhein - ſtrom nach Hollandt ein groſſer Handel darmit getrieben wird / von Eichenholtz macht man auch die Weinfaͤſſer und Weintauben darzu / wor - mit ein groſſer Handel gethan wird / alſo wer - den auch die Pfaͤl in die Weingaͤrten darvon gemacht / dann es iſt ein beſtaͤndiges / tauerhaff - tes Holtz / bey geſaͤmblichen harten Holtz iſt zu wiſſen / daß es ſich in der Arbeit / in ſpecie aber das Birnbaͤumen wol beitzen laſſet / das weiche hingegen nicht wol / in Norwegen wird ein groſ - ſer Handel mit Maſtbaͤumen und Brettern getrieben / die Wagner und Schiffs-Zimmer - leuh muͤſſen krumb Hoͤltzer haben / wormit widerF ijein84Caput XIV. Vom Holtz-Handel.ein abſonderliches negotium gethan wird / die Bildhauer Linden und Buchsbaum. Bey dem geſaͤmbtlichen Holtzhandel nun iſt zu wiſſen / daß er nirgents mit profit, als nahe an Wal - dungen und Waſſer kan gefuͤhrt werden / daß das Holtz zu rechter Zeit im Jahr gefaͤllt / und alſo gelegt werde / daß es Luffttrucken ſeye / zu deme muß man wiſſen / was vor Art das Holtz habe / dann eins haͤlt gern im Leim / ein anders laſt ſich beitzen / ein anders beſſer trehen / ein an - ders dient zur Bildhauer-Arbeit / anders zum Zimmerholtz / anders zum Gebaͤu ins Waſſer / anders zum Tach / anders zum Fundament, anders zum brennen / anders zu was anders / ſonſten iſt der Holtz-Handel ein ſehr nutzlicher Handel / und leben vielerley Handwercksleuth darvon / als Holtzhauer / Zimmerleuth / Kiſt - ler / Treher / Bildhauer / Faßbinder / Schiffs - Zimmerleuth / Wagner / Segmuͤller / und der - gleichen / welche alle ſambt dem Holtz in der Ge - meinde ſo noͤhtig ſeynd / daß man ihrer in kei - nem Standt entberen kan / derowegen ſo ſie / als ihre Arbeit / und die Materi darzu noͤhtig und cuͤrrent ſeynd / auß Holtz wird auch Potaͤſch gemacht zum faͤrben / Glas machen / und Seyffenſieden noͤhtig.

Caput85Caput XV. Von den Metallen in ſpecie.

Von dem Metall-Handel in ſpecie.

1. DEm Holtz nach / folgen billig die Metal - len / derer ſieben ſeynd / und iſt ein general Regul / daß alle ſieben cürrente Wahren ſeynd / aber guten Verſtand haben wollen / bey denen / die damit handeln / das erſte und vornembſte / auch noͤhtigſte in der Gemeind iſt / Eyſen und Stahl / darinnen ein groſſer Underſcheid iſt / dann ein Eyſen und Stahl iſt feiner / als der ander / und dienet bald zu dieſer / bald zu jener Arbeit beſſer / aber ins gemein iſts nicht gut / wann eins von beyden unſauber / kupfferſchuͤßig und ſproͤde iſt / dann alles / was darvon gemacht wird / iſt bruͤ - chig und untuͤchtig / ſo laſſet ſich auch ein Stahl und Eyſen vor dem andern lieber ſchweiſſen / loͤhten / ſchmieden / feylen / einſetzen und haͤrten / auff welches alles der Eyſenhandler ſeine refle - xion machen / und der Handwercks Leuth Ur - theil nach das Eyſen im Feuer temperiren und ſchmieden laſſen muß / wie nun in der Gemein - de nechſt dem Holtz das Eyſen am noͤhtigſten und nutzlichſten iſt / alſo iſt auch der Eyſen - Handel ein currentes, noͤhtiges und nutzliches negotium, welches gleichwol groſſe Muͤh und Verlag brauchet / wann man die Schmeltzhuͤt - ten / hohe Oefen / ſambt dem Geplaͤß / Hammer - ſchmieden / und die darzu gehoͤrige Leuth und Inſtrumenta beobachtet / es werden gar vielerley manufacturn anß Eyſen gemacht / dann es wirdF iijgegoſ -86Caput XV. gegoſſen in allerhand Formen / zu Ofenblatten / Geſtuͤck und Kugeln / es wird auch geſchnitten in Stangen / Ruthen / und hernacher wider ver - ſchmidt in Meſſer / Beyel / Degen / Huefeyſen / Wagenſchienen / Zangen / was Schmid Schloſſer weiter vor Arbeit darauß machen / es wird in Platten geſchlagen / und zu Blech ge - macht / und was die Waffenſchmid oder Plat - ner und Spaͤngler weiter darauß machen / es wird durch die Schneidmuͤhlen und Tratmuͤh - len geſchnitten / und zu Trat gezogen / und was die Schloſſer und Nadelmacher weiter darauß machen / es wird in Rohr verſchmidt / und was die Buͤchſenmacher mehr drauß machen / daß alſo auß dem Eyſen allein nicht nur wenig manufacturn gemacht werden / ſondern ſich noch uͤber die maſſen viel Handwercksleuth darvon ernehren / als Schmeltzer / Former / Hammer - ſchmied / Gieſſer / Tratzieher / Waffenſchmid oder Platner / Rohrſchmid / Degenſchmid / Spaͤngler / Nadelmacher / Schmid / Schloſſer / Uhrmacher / Circulſchmid / Buͤchſenmacher / Na - gelſchmid / und dergleichen. Nechſt dem Eyſen iſt in Menſchlicher Geſellſchafft und Gemeinde das Bley am noͤhtigſten / dann ohne Bley kan man keinen beſtaͤndigen Bau formirn, keine Angel / Klam̃er und Hacken eingieſſen / und beveſtigen / ohne Bley kan man kein Gold und Silber pro - bieren / ohne Bley kan man nicht wol dz Waſſer leiten / ohne Bley kan man kein Glas faſſen / Bley braucht man zu Kugeln / Schroͤt / Dintenfaͤſſer /Ge -87Vom Metall-Handel.Gewicht / und das Taffelbley zum Dachdecken / auch zu andern Dingen / als Schuppen / Riñen / und der gleichen / mit dem Bley haben zuthun die Probierer / Muͤntzer / Schloſſer / Brunnenmei - ſter / Spaͤngler / Glaſer / und iſt kein Handwerck / welches allein mit Bley umbgienge / das Bley iſt vielerley / zum probieren iſt das Villacher / weil es kein Silber mit ſich fuͤhret / das beſte und ge - ſchmeidigſte / zu dem Bley rechnet man Reiß - oder Waſſerbley / Menig / Zinck / Spiauter / Kobolt / Spiesglas / welche theils zugericht / theils zu Farben / theils zum probiern der Me - tallen gebraucht werden / dem Bley folget nach das Zinn / worauß man Haußgeſchirꝛ / und andere Sachen machet / als geſchlagen Zinn / foluͤrt Zinn vor die Spiegel / Zinnaͤſch zum polirn, und Loth zum loͤthen / unter den Ge - ſchlechten von Zinn behaͤlt das Engellaͤndiſche und Schlackenwaldiſche den Vorzug / gleich wie das Bley durch die Schwaͤchere / alſo wird das Zinn durch die Leichte in gewiſſen Kugel - model probirt / es wird mit Bley legirt, und bißweilen uͤberlegirt, daß es heiſſet / wie jener Kantengieſſer ſaget / Jung ſetz Bley auff / wir wollen Zinnene Leffel gieſſen / dem Zinn / gleich auch allen Metallen / gehet im ſchmeltzen ab / wornach ſich zu richten / es wird durch die Kantengieſſer in Formen gegoſſen / getrehet / außgearbeitet / wiewol man nun das Zinn auch baͤm̃ert / und der Haͤrte und Weiſſe auch Klangs wegen ein Zuſatz von Spiesglas und ArſenickF iiijgibt /88Caput XV. gibt / weiß nicht / ob aber dann geſund darauß zu eſſen iſt / das Zinn ſoll leicht / geſchmeidig ſeyn / und knirſchen / dem Zinn mag man wol nachſetzen das Queckſilber / welches ihme dem Fluß nach am nechſten verwand iſt / es iſt zwey - erley / Virginiſch / das iſt alſo lauffend gefun - den / oder auß Zinober-Ertz gemacht / gleich wie man in Jndia thut / es wird groſſer Handel da - mit nach Spanien / und von dannen nach Jn - dien getrieben / iſt eine currente Wahr / dann man ohne Queckſilber nicht verguͤlden / noch in Jndien die Ertz ohne Queckſilber verquicken / mahlen / preſſen / und zeitigen kan / auß Queck - ſilber macht man auch Zinober / und die Zinn - Folia an die Spiegel / in der Alchimi und der Medici hat es auch ſeinen Gebrauch / man kan ſehr damit betrogen werden / dieweil es ſich mit vielen Dingen vermiſcht / aber man muß das Queckſilber auff einem ſilbern Loͤffel uͤber dem Feuer abraucheu laſſen / und auß dem mal / ſo es zuruͤck laſſet / kan man deſſen Prob / wie nicht weniger auß der Farbe / Gewicht / und Ge - ſchwindigkeit deß Lauffens ſeinen Valor ſehen / es wird durch Leder getruckt / und alſo gereini - get / auch in ledern Saͤcken und Faͤßlein ver - wahrt / dann es greifft alle Metallen an. Mehr iſt zum Menſchlichen Gebrauch noͤhtig das Kupffer / wormit die Kupfferhaͤm̃er und Kupf - ferſchmid zuthun haben / es muß geroͤſtet / und offt im Feuer tractirt werden / biß es gar Kupf - fer / und in Kuchen geſchmoltzen wird / hernachwirds89Von dem Metall-Handel.wirds auch auff den Haͤmmern umbgeſchmitt in Platten / und alſo von den Kupfferſchmieden zum Tachdecken / Rinnen / Keſſeln / Kannen und Haußgeſchirꝛ gebraucht / und zubereitet / und in denen Geſchirren / darauß man iſſet / verzinnt / dann es ſonſt ungeſund iſt darauß zu eſſen / man brauchts auch zum Silber und Gold legiren, auch ſchlaͤgt man Kupfferfolia, es wird mit Galmey geſchmoltzen / und Meßing darauß gemacht / welcher blat geſchlagen / in Stangen gegoſſen / oder zu Traht gezogen wird / welches viel Handwerck / inſonderheit die Glufenmacher brauchen / das Rauſch-Meßing oder Rauſch - Gold brauchen die Kraͤntzlmacher / und die Kin - der in den Proceßionen. Kuͤrtzlich / das Meßing iſt eine currente Wahr / wird zu Achen und Saltzburg gemacht / und zu Nuͤrnberg nicht wenig verarbeitet / das geſchmeidigſte iſt das beſte / es werden ſchoͤne manufacturn, als groſſe Leuchter / Wagſchalen / Schuͤſſeln / Mathema - tiſche Inſtrumenta und Circul / Fingerhuͤt / Metallen / Uhren / und allerhand darauß ge - macht / hierzu gehoͤrt Kupffer mit Zinn / oder Zinn gemiſcht / welches die Jtaliaͤner Metall di Pronzo nennen / darvon die Geſtuͤck / Moͤr - ſel und Glocken gegoſſen werden. Den ſchlech - tern Metallen / welche zwar in dem Civil Ge - brauch den Vorzug haben / folgen die zwey ed - lere Metallen / als Gold und Silber / die ihres Valors wegen alle andere uͤbertreffen / dann ſie ſeynd die Feuerbeſtaͤndigſte / ſchwerſte / geſchmei -F vdigſte /90Caput XV. digſte / und einigem Roſt oder alteration zum wenigſten unterworffen / Gold und Silber wer - den im Feuer / Bley / Scheidewaſſer / Spies - glas / Hammer - und polir Stein probirt / mit Kupffer legirt, guldene und ſilberne Muͤntz / und Geſchirꝛ darauß gemacht / darmit wird auch verguldet und verſilbert / es werden auch beyde Metallen folürt, zu Trath gezogen / Poſamen - ten darauß gemacht / ohne was ſie in der Medi - cin noch fuͤr Gebrauch haben / wie viel Gold und Silber unnoͤhtig verſchmiert / und Jaͤhr - lich verdorben / auch wie es verfaͤlſcht wird / dar - von kan man einen abſonderlichen diſcurs le - ſen / ſo hiervon außgangen / da der Author un - ter andern erweiſet / daß allein von Goldſchla - gern in dreyßig Jahren durch ſechs und fuͤnff - zig Meiſter hundert und ein und viertzig Ton - nen Golds / und zwoͤlff tauſend Guͤlden ſeynd verſchmiert worden / was die Gold - und Sil - berſchmid zu Augſpurg / und umbligenden Staͤtten allein Jaͤhrlich vor eine unglaubliche Summa Gold und Silber verarbeiten / das wiſſen die Muͤntzmeiſter am beſten / als welche derentwegen kein Metall in die Muͤntz bekom - men koͤnnen / dann die Gold und Silber - ſchmid uͤberzahlens / dieweil ſie es haben muͤſ - ſen / wie dann auch dardurch alle grobe Sor - ten verſchmeltzt / und dem gemeinen Weſen und Handel hoͤchſt ſchaͤdlichſt entzogen wer - den. Sonſten iſt leicht zuerachten / daß in der Kauffmanſchafft Gold und Silber currenteWah -91Vom Metall-Handel.Wahren ſeynd auß Mexico Peru kombt / das Spaniſche Silber und Gold / in China und Oſt-Jndien / handelt man Gewichtweiß da - mit / als mit einer Wahr / das Gelt iſt in der Welt / Werth und Wechſeln gantz different, deſſentwegen der / welcher damit handeln wil / gute Nachricht haben muß / zumalen iſt es vieler Orthen verbotten / einig Gold / Silber / oder Gelt auß dem Landt zu fuͤhren / wornach ſich ein Handelsmann zu richten hat / aber Teutſch - landt iſt allein ſo reich an Gold und Silber / daß es allen zulaͤſſet / ſolche haͤuffig hinauß an die Frembde zuverfuͤhren / von dieſen zweyen Metallen nun leben vielerhand Handwerck / als Muͤntzer / Wardein / Gold - und Silberſchmid / Goldſchlaͤger / und Poſamentmacher. Und ſo - viel von dem Handel / welcher mit Metallen ge - trieben wird.

Caput XVI. Von dem Materialiſten - Handel.

FOlgen eilfftens die Materialiſten Wahren / derer vielerley ſeynd / als Apothecker Wah - ren / Horn / Bein / allerhand koͤſtlich Holtz / Per - lenmutter / Gummata / Leym / Farben / Sa - men / Wurtzeln / Saltz / Alaun / Vitriol / Salpe - ter / Pulver / Schwebel / Mineralia / Wachs /Taback92Caput XVI. Taback / und dergleichen mehr / bey welchen allen Wahren der Materialiſt die Guͤte / den Preiß / und die conſervation in obacht nehmen muß / und findet man in Hollandt / auch Franckfort am Mayn / wie ingleichem andern Staͤtten deß Roͤmiſchen Reichs fuͤrnehme Materialiſten / welche ihren Handel auß dem Fundament wol / ja bißweilen gar zuwol / und alſo verſtehen / daß ſie durch ſubtile Miſchung und Verfaͤlſchung der Wahren den Kauffer nicht wenig vervor - theilen / deſſentwegen etlicher Orthen auff die Materialiſten Wahren von der Obrigkeit ſon - derliche Viſitationes geſetzt / und geordnet wer - den.

Caput XVII. Von dem Specerey-Handel in ſpecie.

12. DEn Materialiſten Wahren folgen bil - lig die Specereyen und Gewuͤrtz / als Zucker / Pfeffer / Zimmet / Jngwer / Naͤgeln / Muſcatnuͤß / Muſcatenbluͤt Cardamon / Saff - ran / und dergleichen / welche alle verfaͤlſcht wer - den koͤnnen / zumalen wann ſie geſtoſſen ſeynd / es wird darmit von der Oſt-Jndianiſchen Com - pagnie in Hollandt maͤchtiger Handel getrie - ben / als welche darinnen bey nahe ein Monopo - lium der gantzen Welt hat / wie der Zucker wachſe / iſt auß den Buͤchern bekandt / gleich auch die andere Gewuͤrtz / unnoͤhtig allhie vor dißmal zu melden / der Zucker iſt anfangsſchwartz /93Von dem Specerey-Handel.ſchwartz / und wird in den Zuckerbackereyen / derer viel in Hollandt / Hamburg und Antwer - pen ſeynd / refinirt, wordurch der Syrup erhal - ten wird / es iſt in refinirung deß Zuckers viel in acht zu nehmen / dann darinnen groſſer Scha - den / Nutzen und Betrug vorlauffen kan / auch muß man die Arten deß Zuckers / und der Ge - wuͤrtz wol verſtehen / dann nach den Orthen / wo ſie wachſen / ſie auch edler und unedler / theurer oder geringers Preyß ſeynd / ſonſten iſt der Spe - cerey-Handel ein edler Handel / die Guͤter ſeynd contant, verderben nicht leichtlich / kombt kein neue mode darein / iſt eine groſſe conſumption darinnen / dann allein auß Teutſchlandt Jaͤhr - lich vor dergleichen Wahren viel hundert tau - ſend in Hollandt gehen / von dannen ſie wol durch die fuͤnffte / ſechſte Hand erſt zu uns kom - men / welches dieſe Guͤter nicht wenig vertheu - ret / und koͤnnen wir darmit keine manufacturen thun / als Gewuͤrtz-Muͤhlen und Zuckerſiede - reyen / auch Zuckerbeckereyen und confecturen treiben / ſo waͤchſt auch in Oeſterreich der Saff - ran / wormit groſſer Handel getrieben wird / und welcher dem Orientaliſchen nichts bevor gibt / auch iſt es ein general axioma, daß die Specereyen / ſo uͤber Landt kommen / denen zu Waſſer præferirt werden / voͤr dieſem ſeynd alle Specereyen uͤber das rothe Meer nach Alexan - dria / von dannen auß Levante nach Venedig / und ſo fort uͤber Landt durch Augſpurg in das gantze Reich gangen / ſeid aber die HollaͤndiſcheOſt -94Von Friandiſch Heckerwahren.Oſt-Jndiſche Compagnie iſt auffkommen / hat der Handel damit dort ab / hingegen in Hol - landt auffgenommen.

Caput XVIII. Von dem Friandiß aller Hecker - Wahren.

13. DEn Specereyen ſetze ich nach die Frian - diſch-Schleck - oder Hecker-Wahren / welche beſtehen in allerhand Kaͤß / Butter / Un - ſchlicht / Liechter / Seyffen / Trahn / Baumoͤhl / Speck / Stockfiſch / Hering / Pickling / Buͤtt / Lachs / Pricken / Sardellen / Marinaten / Au - ſtern / Muſcheln / geraͤucherte Zungen / aller - hand Wuͤrſt / als Knackwuͤrſt / Succîs de Po - lognia, &c. Pomerantzen / Limonien / Feigen / allerhand rohe und eingemachte Fruͤcht / Ge - waͤſſer / Spaniſch Wein / Meth / ꝛc. mit wel - chen allen ſambt und ſonders nicht wenig Kauff - manſchafft und Handel / zumalen von den Wel - ſchen in Teutſchlandt getrieben / und ein groͤſ - ſer Gelt / als man vermeint / darauß gezogen wird.

Caput XIX. Von dem Wein-Bier-Korn-Vieh - und allerley Victualien - Handel.

14. Den95Vom allerley Victnalien-Handel.

14. DEn Beſchluß machen endlich die Vi - ctualien / beſtehend in Eſſenſpeiſen / und Getraͤnck / die Eſſenſpeiſen koͤnnen widerumb in vierfachen Handel getheilt werden / als in Fruͤcht / Gartengewaͤchs / Fleiſch und Fiſch. Die Fruͤcht anbelangend / beſtehen ſolche in aller - hand / ſo vor Menſchen als Vieh noͤhtig / prin - cipaliter in Korn / Weitzen / Speltz / Gerſten / Erbſen / Hirſchen / Linſen / Heydekorn / Welſch - korn / Reyß / Habern / Hopffenheu / Stroh / mit welchen allen viel Handel / in ſpecie mit Wei - tzen / Gerſten / Reyß und Korn / Habern / Heu und Stroh getrieben wird / (koͤnte noch hierzu einige Erdfruͤchten ſetzen / welche zwar keine Le - bensmittel / aber dennoch ihr Gelt geben / als Ruͤbſamen / Wayd / Roͤth / Safflor /) der Kornhandel nun iſt in Reuſſen und Pohlen der principal Handel / und gleichſam Dantzig der Kornſpeicher darzu / das Korn wil oͤffters ge - wendet / und ſauber gehalten ſeyn / es leidet An - fechtung von allzunaſſem und warmen Wet - ter / von Ratten / Maͤuß / und anderm Unziefer / wird bißweilen lebendig / und fliehet zum Laden hinauß / die Gerſten wird gerollt / geſchaͤlt / und viel Handel vom Rheinſtrom nach Hollandt mit getrieben / auß Gerſten wird auch Bier ge - brauet / auß Weitzen weiß Brodt gebacken / und Sterckmehl gemacht / alle dieſe Fruͤchte werden auch gemahlen / gemaltzt / Bier oder Brandwein darauß gemacht. Wz die Gartengewaͤchs anbe - langt / ſo beſtehen ſolche in Kraut / Ruͤben / Koͤhl /(welche96Caput XIX. (welche geſchnitten und ſauer gemacht / alſo lang erhalten / und verfuͤhrt werden) in Sa - lat / Rettich / Arteſchocken / Erdbeeren / Krey - ſelbeeren / Johannesbeer / Erdſchwam / Kuͤr - biß / Mlonen. Die Baumfruͤchte aber begreif - fen unter ſich Aepffel / Birn / Nuͤß / Kirſchen / Pferſing / Meſplen / Pflaumen / Spilling / Maleuͤtlen / Kaͤſten / Mandeln / Feigen / ꝛc. unter welchen einige alſo roh geſſen / einige ein - gemacht / andere gedoͤrꝛt / andere gekocht / einige ſo auffgehalten werden. Jn Hollandt wird mit Aepffeln / Birn / Nuͤß / Mandeln / Kaͤſten / Pflaumen und Feigen viel Handel getrieben / von Straßburg kombt viel Kraut / mit Ruͤben und Ruͤbſamen wird am Rheinſtrom und in der Pfaltz negotium gethan / mit andern an - derſtwo. Drittens folget der Vieh-Handel / nemblich das Fleiſch / welches man findet friſch / geſaltzen / oder geraͤuchert / von zahmen oder wil - den Vieh / von Rindfleiſch / Schafen / Schwei - nen / oder Gefluͤgel / wormit in Hollandt / Frieß - landt / Ungarn / Pohlen / Churlandt / Weſt - phalen / Bayern / groſſer Handel getrieben wird / man kan unter den Vieh-Handel noch wol den Pferdthandel rechnen / und dieſem den Hunds - handel zuſetzen / ſo von groſſen Engliſchen Do - cken / als kleinen Boloniſchen Huͤndlen / die Vogelfangerey / die Falcknerey / die Tauben - Vogtey / Meerkatzen / Affen und Papagey koͤn - nen alle hierunter begriffen werden / bey geſamb - tem dieſem Vieh-Handel iſt zu wiſſen / daß eseine97Von allerley Victualien-Handel.eine Wahr iſt / die freſſent iſt / oder wider geſſen kan werden / deſſentwegen wer gewinnen wil / nicht lang damit auffhalten muß / dann ſie iſt auch ſterblich / und leicht verderblich. Vierd - tens / unter den Eſſen-Speiſen iſt der Fiſch - Handel nicht der geringſte / ſondern ſo maͤchtig / daß gantze Laͤnder darvon ihr Auffnehmen ha - ben / Engellandt und Hollandt haben ein groſ - ſes Regal am Heringsfang / Norwegen am Stockfiſchfang / Schweden am Stroͤmling und Hechten / die den Stockfiſchen nichts nach - geben / Teutſchlandt an Salmen oder Lachs - fang / an Forellen / Karpffen / und mehr andern Fiſchen / welche alle Arten von Fiſchen theils ſich einſaltzen / theils ſich raͤuchern / theils an der Lufft doͤrren / theils mit Eßig und Oehl einma - chen laſſen / theils aber friſch moͤgen gegeſſen werden / welche ſich nun zum beſten und laͤng - ſten halten / und am wolfeylſten ſeynd / darmit iſt auch der currenteſte Handel zutreiben / gleich man an den Haͤrigen und Stockfiſchen ſihet / es wil gleichwol der Fiſch-Handel guten Ver - ſtandt haben / daß man nemblich die gute con - ſervation und Preyß der Wahren erkenne / dann man ſonſten haͤßlich damit hinter das Liecht kan gefuͤhret werden. Und ſoviel von den Victualien, ſo Eſſenſpeyſen ſeynd. Nun folget der ander Theil / nemblich das Getr[]nck / beſte - hend in Bier / Wein / Brantewein / und Eßig. Vors erſte / das Bier anlangend / ſo iſt ſolches zweyerley / eines das ſich haͤlt / und uͤber LandtGund98Caput XX. und Waſſer fuͤhren laͤſſet / das andere / wel - ches ſich nicht haͤlt / ſondern bald verdirbt / ab - faͤllt / und ſauer wird. Mit dieſer letztern Art iſt anders kein negotium zu thun / als daß mans bald außſchencket / und verſilbert / dann ſonſten Schaden erfolget / das ſtarcke Bier aber wird weit und breit verfuͤhret / nachdem nun abſon - derlich Getraid und Waſſer iſt / nachdem wird auch abſonderlich Bier gebrauet / und darnach bekombts abſonderliche Namen / alſo hat man allerhand Bier / als das Delffer / Roderdamer / Bredauer / Garlem̃er / Groͤninger / Niemwer - ger / Utrechter / Loͤviſch / Antwerpiſch / Engliſch / Hamburgiſch / Hanoveriſch / Halberſtatiſch / Luͤe biſch / Goßlariſch / Roſtocker / Bremer / Braun - ſchweiger / Embder / Fꝛeyburgiſch / Torgauiſch / Zerbſter / Dantziger / Koͤnigsberger / Elbingiſch / Preßlauiſch / Jglauiſch / Rackonitziſch / Stri - giſch / Eckeſtirdiſch / Neuburgiſch / Paderbor - niſch / Tecklerburgiſch / Muͤnſteriſch / Collber - giſch / Muͤnchiſch Bier / und viel andere mehr / dieſen Bieren hat man auch eigene Namen ge - geben / als S. Nicola / den Bruynen / Barend / Cacaball / Breyhan / Filtz / Scheps / Gauſe / Schluntz / Mum / Gniſnack / Romuldeis / Einbock / ꝛc. Das Bier iſt zweyerley / braun und weiß / je ſtaͤrcker es nun iſt / je laͤnger es ſich haͤlt / und verfuͤhren laͤſſet / geſtaltſam dann die Braunſchweigiſche Mum in Oſt-Jndien ver - fuͤhrt wird / wer mit Bier handeln wil / muß nahe am Waſſer wohnen / daß er nicht weit uͤberLandt99Vrſachen deß Authors warumb / &c. Landt fuͤhren / noch groſſe Zoll geben darff / dero - halben an den Seekanten mit Verfuͤhrung ſol - ches Biers nicht wenig Handlung getrieben wird / ingleichem thut man auff der Donau auß Bayern in Oeſterreich viel Bier verfuͤhren. Was nun den Weinhandel anbelangt / iſt zu wiſſen / daß der ſchlechte muß außgetruncken / und der gute verfuͤhrt werden / Rhein-und Moſel - wein haͤlt man fuͤr die geſundeſte / und curren - teſte / derentwegen groſſer Handel damit in Hol - landt getrieben wird / Neckerwein gehet in Schwaben und Bayern / Ungariſcher und Oe - ſterreichiſcher in Schleſien und Boͤhmen / Fran - tzoͤſiſcher an die Seekanten / Spaniſcher durch die gantze Welt / die Welſche Wein halten ſich lang / guter ſtarcker Wein / wann er wol gepflegt wird / verdirbt nicht / ſonderu wird taͤglich beſ - ſer / iſt eine currente Wahr / und traͤgt ohnfehl - baren profit, doch ſoll ein Weinhandler ſein Maul mit ſich tragen / wann er kauffen wil / und wann er gekaufft hat / ſoll er warten koͤnnen / biß er gute Gelegenheit zum verkauffen bekombt / und eben dieſe Gelegenheit ſoll er auch im Ein - kauffen in obacht nehmen / Wein baar bezahlen / hernacher außborgen / iſt boͤß / aber ſehr gebraͤuch - lich im Weinhandel / dardurch mancher ver - dirbt / zumalen der / dem ſeine Wein oͤffters mehr ſelbſten koſtet / als aufffuͤllet / die Erkantnuß der Guͤte deß Preyſes und der conſervation ſeynd in dem Weinhandel nechſt der conſum - ption das principalſte. Dem Wein folgt nachG ijder100Caput XIX. der Brandtwein / wormit groſſer Handel uͤber See / ſo in kalte als warme Laͤnder getrieben wird / dann er præſervirt vor der Faͤule und Schorbock / truͤcknet / ſtaͤrckt den Magen / und hilfft die grobe Speiſen verdaͤuen / derentwegen vor die Botsleuth und gemeinen Mann eine panacda iſt / darumben dann eine groſſe con - ſumption darinn iſt / der Brandtwein wird auß Wein / Bier / und allerhand Fruͤchten gemacht / unter den Fruͤchten iſt der auß Korn am ſchlech - teſten / der auß Reyß / Zucker / Kirſchen und Wachholdern der beſte / ſo iſt auch / der auß Bier oder Wein ſelbſten gebrennt wird / beſſer / als der auß Heffen gemacht wird / auß Franckreich und auß dem Elſaß kombt viel Wein-Brant - wein / gleich auch auß Tyrol und Oeſterreich / in Pohlen gibts viel Korn-Brandtwein / in den Bierlaͤndern viel Bier-Brandtwein / aller Brandtwein hat ſeine Prob / und wird bezahlt / nachdem er ſtarck iſt / und wenig Waſſer hat / der Brandtwein iſt eine currente Wahr / die nicht verdirbt / aber ſtarck verzehrt / deßwegen wer den Brandtewein lang wil ligen laſſen / ſolchen in groſſen Faͤſſern verwahren ſoll. Hier kan man noch beyfuͤgen den Eßig-Handel / wel - cher dreyerley iſt / Weineßig / Biereßig / Obs - eßig / die zwey letzte halten den Stich / und das Waſſer nicht / Weineßig wird viel in Elſaß gemacht / es werden darzu groſſe Sattz faͤſſer er - fordert / und wird mit Eßig / ſo die Prob haͤlt / groſſer Handel getrieben / allein erfordert dieſerHan -101Von allerley Victualien-Handel.Handel fleißigen Auffſicht / ſonſt laufft bald Be - trua und Schaden mit unter / dann ob gleich einem Weinhandler ein ſtuͤck Wein umbſteht / kan ers doch noch etwas genieſſen / und Brante - wein darauß brennen / wann aber der Eßig verdirbt / ſo iſt gar nichts mehr nutzes darauß zu machen / man hat auch ſonſt vielerhand Eßig von Hinbeern / Klapperroſen / Hollunder / Rau - ten / Roſen / und dergleichen / aber ein Eßig - Handler ſoll ſich damit nicht viel belegen / dann es iſt keine currente Wahr / ſondern er ſoll den Eßig alſo pur laſſen / ſo iſt er Kauffmans Gut / und kan ein jeder dann darauß machen / was er will.

Caput XX. Kurtze Digreſſion und Urſachen / war - umb der Autor nicht noch ſpecialer herauß gangen.

ALſo habe ich vollendet die viertzehnerley Handelſchafften / wohin alle andere negotia reducirt werdẽ koͤñen / ich haͤtte dariñen wol ſpe - cialiora, ja alle Preyß der Wahre / wie ſie nun lauffen / die Merckzeichen der Guͤte / die Arten / terminos, inſtrumenten, Vortheil / und alle Handgrieffe der darunter begriffener Hand - wercksleuth und Kauffleuth melden / und erklaͤ - ren koͤnnen / aber umb welcher willen ich eben das vorige nur generaliter geſchrieben / nemb - lich einiger pralniſcher Kauffleuth / oder viel - mehr (gegen die Hollaͤndiſche negotianten zuG iijrech -102Caput XX. rechnen) Kraͤmer wegen / welche vermeinen / es wiſſe kein Menſch von der Kauffmanſchafft und Handwercken etwas / als nur dieſe / welche / wie ſie ſagen / practici ſeynd / das iſt / einem adi laus Deo umb ein hundert Ducaten lagio ſchreiben / oder ein Elen umb ein paar Zoll mit dem Dau - men zukurtz meſſen / oder mit einer uͤberſchlaͤch - tiger Waag dreyßig Loth vor ein Pfundt wie - gen / oder den Pfeffer mit geroͤſtem Brot ver - miſchen / oder ein verdorbenes Lacken mit Kar - tetſchen auffkratzen / ſchmieren / und wider preſ - ſen / oder einen alten Hut wider Leimtraͤncken / oder dergleichen Gauckleriſche / und Krams - junaens Poſſen mehr koͤnnen / denen ſag ich / hab ich weiſen wollen / daß mehr als ein paar Schuch zum Tantz gehoͤren / und ich ihnen gewißlich in hoc puncto mehr werde antworten / als ſie wol fragen koͤnnen / gleich wie ich nun ſolcher Leuth wegen meiſtentheils dieſes geſchrieben / alſo hab ich die ſpecialiora ihrentwegen wider außgelaſ - ſen / dann daran ein mehrers gelegen / als das mans jedem Holluncken an die Zaͤhn ſtreicht / der gleichwol hernach ſagen thaͤte / ich hab das zuvor wol gewuͤſt / und hieß es meiner ſeits nicht reſponde ſtulto, ne exiſtimet ſe ſapere, ſondern es hieß / reſpondiſti ſtulto, ut ſaperet, ſeynd aber nun dieſe Prachthanſen und Praler ſo geſcheite Leuth / ſo fahren ſie nun fort / wo ich hab auff - gehoͤrt / und dociren nur einen eintzigen Hau - del und manufactur durch ihren eigenen Kopff auß dem fundament, & facient mihi æquum,ich103Vrſachen deß Authors, warumb / &c. ich wil dann hernacher wider weiter fortfahren / & faciam ipſis aſinum, ſic æquitabimus ambo, aber ſolche Geſellen koͤnnen nichts / als hinder - rucks ſchaͤnden / ſcartecken / ſchreiben und Ehrenabſchneiden / auch wol dem Kauffer den Beutel ſchneiden / ſobald ſie hoͤren / daß man einen Handel in eine Compagnie bringen / und ihr monopolium oder propolium trennen wil / da gehet es ihnen ans Hertz / da lauffen ſie zu Welt-und Geiſtlichen / da ſchicken ſie Eſſen und Trincken / da beichten ſie mit dem Mund und Hertzen / machen daß ein unbeſonnener Prediger eine gantze Predig darvon machen / und den Poͤfel zur Auffruhr reitzen muß / welche Sach ſich dann ſowol auff dem Predigſtuel ſchi - cket / als wie deß Horatii Gemaͤhl / Humano ca - piti cervicem pictor equinam, da muß dieſes ein monopolium ſeyn / wann man einem andern das propolium nehmen / und wider die defini - tion deß monopolii in eine Compagnie erwei - tern wil / wann ſolches ein monopolium iſt / ſo koͤnte man auch die Mendicanten Orden / welche von Natur Societaͤten und Compagnien ſeyn / monopolia nennen / dann ſie ja nicht zulaſſen wollen / das auſſer ihren conſens andere Orden auch betteln / vide de his privilegia Mendican - tium ordinum, dann es wurde dar auß ein poly - polium, und gebeunter ſoviel Bettlern ſchmale Biſſen / wird es dann einem ſolchen unbeſon - nenen Clamanten verbotten / daß ers nicht offentlich thun darff / ſo ſchreibt er heimblich /G iiijund104Caput XX. und ſchneid ehrlichen Leuthen die Ehr ab / aber von ſolchen Geſellen kan man ſagen / was jener in ſeiner apologiâ ſagt / entweder dergleichen geiſtlicher weiß nicht das Ehrabſchneiden eine Suͤnd ſeye / und dann iſt er ein Jdiot / der die zehen Gebott nicht kan / und den man eher in den Schweinſtall / als Predigſtuel laſſen ſoll / oder er glaubet / daß zwar Ehrabſchneiden und Luͤgen eine Suͤnd ſeyen / aber daß ſie Gott nicht ſtraffe / und dann iſt er ein Ketzer / der da Gott zum ungerechten GOtt machen wil / oder er glaubt / daß Ehrabſchneiden und Luͤgen nicht allein eine Suͤnd ſeyn / ſondern er glaubt auch / daß ſie Gott ſtraffe / & quod non remittatur pec. catum, niſi reſtituatur ablatum, bleibt aber gleichwol in ſolcher Ehrabſchneidung und Luͤ - gen beſtaͤndig / dann er iſt ein muhtwilliger un - bußfertiger Todtſuͤnder / welcher nicht allein der Ergernuß wegen auß der Chriſtlichen Kirch / ſondern gar auß ſeinem Orden ſolte geſtoſſen werden / non enim putet id genus hominum ſibi quidvis in quemvis impunè licere, ach nein / ihre Kapp hat hiervor kein Privilegium / man kan ſie einem ſolchen Geſellen außziehen / und erwei - ſen / daß darunter kein redlicher Geiſtlicher / ſondern leichtfertiger Ehrendieb ſtecke / welches auch ohnfehlbar geſchehen wird / wann ſich die jenige / ſo ſich hierdurch getroffen finden / und ge - meint ſeyn / nicht beſſern / ſondern in ihrer mali - tiâ continuirn, nam apud nos cum pro veritate & publico bono pugnamus, idem Accao, idemTitio105Vrſachen deß Authors warumb / &c. Titio ius eſt & reſpectus, debitam tamen reve - rentiam nulli detrahimus, niſi qui ipſe ſe indignum reddit, ich hab ſonſten oͤffters gehoͤrt ein Wolff in Wald / ein Fiſch ins Waſſer / ein Muͤnch ins Kloſter / und ein jedes Geſchoͤpff ge - hoͤre in ſein Element: Wann in Hollandt die Kauffleut die Predicanten alſo zum Schmaͤh - len auffder Cantzel zum Auffwiglen / und heim - lichen Paßquillen / und Ehrenabſchneidungen reitzeten / und braͤchten / was gilts / man wuͤrde den Predicanten das Kuͤhfenſter bald / wie jenen zu Utrecht weiſen / den Anhetzern aber ein Maul mit etlich hundert eyſenen Zaͤhnen geben / wo - mit ſie / an ſtat daß ſie mit ihren natuͤrlichen Zaͤhnen andern die Ehr benagt / hinfuͤro dem harten Braſilienholtz die Ehr mit den Spaͤnen abbeiſſen koͤndten. Laſſet uns aber ſehen / was ſo unbillig ſey / daß ich introduciren und de - monſtriren wil / ich ſage / man ſoll die Kauff - leuth zum Verlag anhalten / oder da ſie es nicht thun wollen / zulaſſen / daß es andere thun / den gemeinen Mañ in die Arbeit ſtellen / ein ſtuͤck Brot genieſſen laſſen / an ſtat dz man den Fremb - den goͤnnet / damit nur dieſes beſſer und beſtaͤn - diger geſchehen koͤnne / ſoll man ein gewiſſe Zahl Menſchen oder Verlaͤger darzu nehmen / damit ihrer nicht zuviel noch zu wenig / und alſo in ein monopolium und polypolium geriethen / deſ - ſentwegen man eine Compagnie formiren ſoll / ſoviel nun Arten von realen - Handlungen und manufacturen ſeynd / ſo vielerley CompagnienG vſoll106Caput XX. ſoll man machen / ich hab viertzehen principal Haͤndel erzehlet / wordurch nicht allein etlich hundert Verlaͤger und Compagniſten ihr Gelt reichlich aulegen / jeden Handel auß dem funda - menterheben / viertzehen reale Compagnien fun - dirn, und dardurch viel tauſend Menſchen in die Arbeit geſtellt / und ernehrt werden koͤnten / ich demonſtrire weiter / daß einem Land nutzlich ſey / das Gelt darinen zu halten / und die hinauß ge - hende Wahren darinnen zuverarbeiten / daß die Bettelleuth zu zwingen / und von den Straſſen zu halten / kein beſſer Mittel ſeye / als im Landt ein Zucht-und Werckhauß / daß den Kauffleu - then ihre propolia abzuſchneiden kein herꝛlicher Mittel ſey / als ein allgemeines Landt-Kauff - hauß / wohin die Wahren von der erſten Hand gebracht / und dem Armen ſowol als dem Rei - chen zum Kauff frey ſtehen / daß dem gemeinen Bauersmann nichts nutzlichers ſey / als ein all - gemeines Magazin und Proviant-Hauß / wo er ſeine Fruͤchten verſilbern kan / und daß jedem vermoͤglichen Mann / Buͤrger oder Bauer in einem Landt ein Mittel gemacht wuͤrde / ein ſtuͤck Gelt anzulegen / welches dann durch Auffrich - tung einer wol fundirter Banck geſchehen kan / wie ich von allem dieſem in folgenden Puncten de propolio ein mehrers gemeldet / dieſes iſt nun / was ich proponirt, eine Sach / die man taͤglich vor Augen ſiehet / daß es Franckreich / Engel - landt / Schweden / vor allen aber Hollandt thut / dann wann wir ein klein wenig nur nach ſinnenwollen /107Vrſachen deß Authors warumb / &c. wollen / wordurch Hollandt / ein ſchlechte Graf - ſchafft / zu ſolchem Standt kommen ſeye / daß es allein nun mehr an Mitteln als das gantze Roͤ - miſche Reich vermag / ſo kan man keine andere Urſach finden / als die Commercien / ihre libertaͤt und reſolution ſolche zu fuͤhren / ſie verarbeiten Seyden und Wachs keine im Landt / ſie holen frembder Leuth Flachs und Hanff / machen Spi - tzen und ſchoͤne Leinwand darvon / und bringen ihnen ſolche wider / ſie verarbeiten frembde Woll in ein Tuch / und bringens wider / anderer Laͤn - der Haͤut gerben ſie / und verkauffen ihnen das Leder wider / wer thut es ihnen wol in der Tru - ckery und Buchhandel bevor / die Frantzoͤſiſche / Nuͤrnber giſche Augſpurgiſche Wahren ma - chen ſie bereits nach / und eben ſo gut / man muß ſagen / daß Hollandt ein Mutter vom Jubilier - handel ſeye / die ſchoͤne Hollaͤndiſche Geſchirꝛ / Glaͤſer und Glashuͤtten in Amſterdam weiſen auch darinnen ihre induſtrien, vom Holtzhandel wil ich nichts reden / wie ſtarck die Hollaͤnder deſ - ſentwegen in Norwegen / und an dem Rhein - ſtrom handeln / wie ſchoͤne Schreiner-Arbeit / wie herꝛliche Zim̃ergebaͤu / und was vor anſehn - liche Schiff ſie darauß bauen / ich glaube nit / daß an einem Ort mehr mit Gold / Silber / Kupffer / Eyſen / Bley / Zinn / und andern Mineralien Handelſchafft / ſambt denen manufacturn, ſo darauß gemacht werden / getrieben werden. Wz ſoll ich von Materialiſten Wahren / von Spe - cereyen und Hecker-Wahren / und allerhandVictua -108Caput XX. Victualien reden / keines von denen wachſt recht oder genugſam dort / und findet man doch dor - ten von jedem alles friſch / recht / genugſam / und zum Uberfluß / alſo daß dieſer Orth / da nichts oder wenig wachſt / alle andere Oerther mit Uberfluß proviantirt / das heiſt hinder ſich fuͤr ſich / von Athen war das Sprichwort / daß man da mehr Korn ſaͤe / als erndte / von Hollandt koͤndte mans auch wol ſagen / wann nicht ihr Fleiß alles geaͤndert haͤtte / etliche unſerer Teut - ſchen Staatiſten meynen nicht / daß an den Commercien / und derer Auffnehmen ſoviel ge - legen / ſondern machen vielmehr auß ihrer Sta - ſticâ eine materiam commerciorum, aber die Hollaͤnder machen è contrario auß den com - merciis eine materiam Status, und fuͤhren ſo koſtbare Krieg darumb / ſie wiſſen wol / daß die Commercien ihr Landt Volckreich / Nahrhafft / und rechte Gemeinſchafft darinnen machen / dann allzeit einer von dem andern lebt / ſie ha - ben ihre maͤchtige Kauffmans Compagnien / die auch Koͤnig und Herren trutzen koͤnnen / in Hollandt hat alles ſeine Nahrung / man leidet und ſiehet keine Bettelleuth / wie Volckreich demnach Hollandt ſeye / weiß der jenige / der da - rinnen geweſen / und geſehen / daß es ſchier nur eine Statt iſt / ihre herꝛliche Proviant-Haͤuſer / Zucht-und Werckhaͤuſer / Baͤnck und Kauff - Haͤuſer der Compagnien ſeynd Zeugnuß ihres Fleiſſes / reſolution und Verſtands / ſie ſeynd noch nicht damit zu frieden / was ſie innerhalbLands109Vrſachen deß Authors warumb / &c. Lands thun / ſondern ſie reyſen / und treiben commercia in die gantze Welt / und wo ſie gar nichts zuthun haben / fuͤhren ſie nur die Guͤter von einem Orth zum andern / mit einem Wort / ſie ſeynd in ihrem Handel ſo genau und profit - lich / daß ihrentwegen das Sprichwort erwach - ſen / wo Hollaͤnder hinkommen / da wachſt kein Gras mehr / da iſt nemblich nichts mehr zu thun / dann durch ihren Handel ſaugen und zie - hen ſie das Gelt von allen Orthen an ſich / durch tauſend Handgriff und Vortheil / ſie holen und bringen was noͤhtig / und darinn ſeynd ſie Die - ner der gantzen Welt / welche ſie in deſſen durch ſuͤſſen Muͤſſiggang einwiegen / dieſes nun / und dergleichen mehr thun die Hollaͤndiſche / und umb ſo viel ſicherer / dieweil wir es nicht thun / da wir doch viel eine groͤſſere prærogativ und Vortheil vor ihnen haben / Teutſchlandt iſt ein maͤchtig Landt / und hat ſeine gewiſſe Jnnlaͤndi - ſche conſumption, die Hollandt nicht hat / wann auch die Teutſchen in die Frembde handeln wol - len / wird es ihnen an Gelegenheit und Freyheit an ſolchen Orth und Enden bey frembden Po - tentaten / wo ſie hin handeln wollen / nicht man - geln / welches Holland wider nicht hat / dann es an viel Orth nicht hinhandeln darff / ſondern verhaßt iſt / weiter / Teutſchland hat die Wah - ren im Land ſelbſten / worvon es allerhand manu - facturen machen kan laſſen / da hingegen Hol - landt erſt ſolche auß der Frembde hohlen muß / in Teutſchlandt iſt deß Haußzinß / Holtz und Le -bens -110Caput XX. bens-Mitlen wegen beſſer / als in Hollandt zu leben / ſo begreiffen auch die Teutſchen die Sa - chen ſo gut und wol / als immermehr die Hollaͤn - der / dieſe treffliche / und Hauptvortheil nun ha - ben wir in Teutſchlandt / und ſtehen doch ſtill / laſſens ſolche thun / die dergleichen nicht haben / und das zwar thun wir nur darumb / dieweil es bald hie / bald dort / bald an der reſolution, bald an was anders fehlet / unter deſſen gehet das Gelt auß dem Landt / und wann ein oder zwey Jahr Mißwaͤchs kommen / lauffen die Bauren darzu hinauß / und bettlen / ich hieß einmal im Schertz / als ich in Hollandt war / und mit einigem von dieſer Sache redete / die Hollaͤn - der tumme Haſenkoͤpff / da antwortet einer unter ihnen nicht ſo gar uneben / er ſagte / wann wir Hollaͤnder tumme Haſenkoͤpff ſeynd / ſo ſeyd ihr Teutſche faule Eſelskoͤpff / daß ihr ſo verzagt ſeyd / und habt das Hertz nicht / in ſo langer Zeit mit euren langen Ohren / und groſſen Fuͤſſen nachzuhincken / woruͤber laͤngſt vor euch herein ein ſchwa - cher Haß geſprungen iſt / das war ſapienti ſatis, es muß aber ein guter Oculiſt ſeyn / der uns Teutſchen den Staaren hierinnen ſtechen wil / dann von Jnlaͤndern wil mans nicht leiden / doͤrffen auch die Warheit nicht recht ſagen / die Außlaͤnder aber ſeynd verfeindet / und die man oͤffters mit Gelt einem Landt kauffen ſolte / treibt man mit disjuſto hin - auß / worzu ſich dann zum theil die Kauff -leuth /111Vrſachen deß Authors warumb / &c. und ihre Patronen / die von dem ungerech - ten Mammon den Zehenden bekommen / und darfuͤr kuͤhl Waſſer im Fegfeuer verſpre - chen / gnugſam gebrauchen laſſen / die doch / wanns einmal zum Bindriemen gehet / am erſten darvon lauffen / und die uͤbrige arme Buͤrger ohne Troſt und Mittel laſſen / aber hiervon vor dißmal genug / ich weiß wol / daß wahr iſt / was Calviſius in lexico Iur. ſagt / publicè intereſſe ducitur, quod in commune expedit, & ad totius reipublicæ utilitatem pertinet, aber das folgende iſt jetziger Zeit vieler Orthen wahrer. Quæ ad omnes pertinent, à ſingulis negligun - tur.

Man ſagt / Nuͤrnberg hab eineſt nach Venedig geſchickt / und ihre Kleider-Ord - nung verlangt / es were gut / daß wir dar - fuͤr anderer Leuthe Commercien / manufa - cturen und Beutel-Ordnung begehrten / lerneten / introducirten, aber operam, & oleum perdo, dann unter hundert tauſend Menſchen ſeynd kaum tauſend in Teutſch - landt / die ſich umb deß Vatterlands Auff - nehmen bemuͤhen / und unter den tau - ſenden ſeynd wider kaum hundert / die etwas thun koͤnnen / und darunter ſeynd kaum zehen / die etwas thun wollen / hierun - ter ſeynd wider kaum zwey / denen mans zu - laͤſſet / ja die man alſo mortificiret, daß ſie ſelber muͤd werden / und nachlaſſen /es112Caput XX. es kommen mir hierinnen unſere Teutſche ſchier vor wie ein Krancker / der ſtaͤten Durſt hat / und gern trincken wolte / was man ihm aber vor ei - nen Tranck bringet / der ſchmeckt ihm nicht / ſo gehets mit uns / alle Leuth klagen / daß Teutſch - landt arm an Volck / Nahrung und Gelt ſeye / und daß die Commercien / Handel und Wan - del in Abgang kommen / was man aber vor ein Mittel vorſchlaͤgt / das iſt nicht angenehm / es ſcheinet ſchier / als wann es eine Verhaͤngnuß waͤre / daß man alſo / wie man iſt / bleiben muß / und daß man nimmer das thun kan / was die Nachbarn thun / aber woran mangelts / bloß allein an den Leuthen / die die Sach treiben / und gerades Wegs durchgehen ſolten / ſolches auch zum theil thaͤten / wann ſie nur nicht verhindert wuͤrden. Man lieſet in deß Ertz-Gauckelſpie - lers und Zauberers D. Fauſts Hiſtorien / daß er habe einen Knecht gehabt / Namens Chri - ſtoph Wagner / dieſer / ob er gleich geſehen / daß der Teuffel ſeinen Herren geholt / ſeye gleichwol in ſeiner Zauberey beſtaͤndig blieben / biß er eben dergleichen Lohn empfangen / er habe aber den Teuffel in Geſtalt eines Affen mit ſich herumb gefuͤhrt / und viel Poſſen unter den Leuthen mit angeſtellt / unter andern habe er einſten einen Bauren gedinget / er ſolte ihn doch ſambt ſeinen Affen mit einem Karch durch einen tieffen Weg fuͤhren / der Bauer habe vermeint ſolches gar leicht mit ſeinem Pferdt zuthun / habe es auch ge - than / da ſie aber in das Tieffſte kamen / habe ſichder113Vrſachen deß Authors warumb / &c. der Teuffel in deß Affen Geſtalt ſo ſchwer ge - macht / daß das Pferdt den Karch nicht einen Trit fortziehen koͤnnen / in deſſen hab Chriſtoph Wagner ein ſolch Wetter gemacht / daß der arme Bauer durch und durch naß worden / und mit ſeinem Gaul bald erſoffen waͤre / woran dann dieſer Ungluͤcks-Vogel der Wagner ein ſonderliche Kurtzweil gehabt / daß es nemblich dem armen Bauren ſo uͤbel gangen. Solche Teuffliſche Wagners-Geſellen nun finden ſich leider in dieſer Materi zu unſerm propoſito viel in der Welt / die zwar im Mund Chriſtoph / (das iſt / Chriſtus) aber im Hertzen Simon / nicht Petrus / ſondern Magus heiſſen / welche die Gaben deß heiligen Geiſtes / nemblich die Redligkeit / Warheit und Auffrichtigkeit von andern Leuthen gern umbs Gelt kauffen wol - ten / ja gar abzuſtehlen ſuchen / nicht daß ſie ſol - che brauchen wolten / ſondern daß ſie ſelbige ver - tilgeten / oder vor der Welt / gleich wie auß einer Gauckler-Taͤſch darmit ſpielten / im Mund aber ſeynd ſie Chriſtoph / und fuͤhren den Teuf - fel in Geſtalt eines Affen mit / von dem Affen iſt bekant / daß er der Menſchen actiones nach - thue / und was er ſiehet / demſelben ſich aſſimilire, dieſes thut nun ein ſolcher Wagneriſcher Teuf - fels-Aff auch / er weiß alle actiones nachzuma - chen / aſſimilirt ſich jedem / gibt gute Wort / redet alles was er weiß / daß man gern reden hoͤret / weiß einem ehrlichen ihm trauenden Mann alſo meiſterlich zu perſuadiren, und einzunehmen /Hwann114Caput XX. wann man aber ſolche Teuffels-Affen ein mal auff den Karch bekommet / daß er fort / und etwas wuͤrcklichs thun ſoll / da iſt er zwar an - fangs leicht / laßt einen anbeiſſen / und fortfah - ren / biß man in die Tieffe kommen / alsdann macht ſich ſolcher Affen-Teuffel ſo ſchwer / daß man muß ſtecken bleiben / wann man gleich noch ſo groſſe Gewalt thaͤt / dann macht noch darzu ein ſolcher Wagners-Geſell durch ſeine ſchwar - tze Helffers Helffer einem ehrlichen Mann ein ſol - ches Wetter / daß ſich der Himmel per fors ent - zuͤndt / daß einer vermeynt / er muͤſſe vergehen / da unter deſſen dieſe boͤſe Buben lachen / und das Sprichwort wahr machen: Wer den Scha - den hat / darff vor den Spott nicht ſorgen / aber der Teuffel / welcher ſich anfangs dem Wagner zugefallen ſo ſchwer auff dem Karchen gemacht hat / eben derſelbe Teuffel hat ſich hernach dieſem Wagner zugefallen auch wider leicht / ja nur gar zu leicht gemacht / als er ihm gaͤhlich dem Simoni Mago / den Hals umbgetrehet / und ihn mit ſich zu tauſend Teuffeln in die Lufft ge - fuͤhrt / und allda zu trimmer und ſtuͤcken zerriſ - ſen hat / welches dann wider ein Troſt vor ehr - liche Leuth iſt / daß ſie ja wiſſen / daß Gott ſolche Wagners actionen auch mit Wagneriſchen recompenſen bezahle / und zu ſeiner Zeit gewiß - lich ſtraffe / dann ſo wahr Gott nicht falſch iſt / ſo wahr kan er auch nichts falſches leiden / ſon - dern ſtrafft die Falſchheit / und heiſt darmit: Lento gradu ad vindictam ſuæ procedit iræ, ſedtardi -115Vrſachen deß Authors, warumb / &c. tarditatem ſupplicii gravitate repenſat, dieſen Troſt nun ſollen derhalben ehrliche Patienten ſtaͤts vor Augen haben / und nicht lang ſuchen / ſolche Schinder und Teuffels-Kinder zubekeh - ren / und zu ehrlichen Leuthen zu machen / ſon - dern gedencken / es ſeye doch ohnmoͤglich / auß Eulen Sperber zu machen / derohalben nur Gott zu Ehren / und dem Teuffel zu Trutz / ge - rad durchgehen / dann es heiſt doch / incidit in ſcyllam, qui vult vitare charybdin, auff Teutſch / ehrlich ſeyn waͤhrt lang / wiewol es nun nicht jedes thun iſt / ſich mit jedem Narren alſo umb zubeiſſen / und gewiß iſt / daß die Ehr und Nu - tzen von einer / dem gemeinen Weſen zum beſten angegebnen / und zum End und effect gebrach - ter Sach dem hundert tauſenſten Theil nicht ſo groß iſt / dann es heißt hernach / & nos hæc pote - ramuſ, zu Teutſch / ich danck dirs mit dem Teuf - fel / als der Schaden und Schand iſt / wann eine Sach nicht zum gluͤcklichen End kommet / ſo ſollen doch ehrliche Leuth und Liebhaber / auch Befoͤrderer deß gemeinen Weſens / darumb nicht nachlaſſen Guts zuthun / ſondern geden - cken / daß die Sonne darumb nicht auffhoͤre zu ſcheinen / ob gleich einige Blinde ſie nicht ſehen / noch loben / ja wann gleich die gantze Welt blind waͤre / wuͤrde die Sonne doch ſcheinen / gleich ſie jetzunder viel tauſend laͤre Meil wegs Erden und Waſſer beſcheinet / derohalben muß man einen Weg wie den andern arbeiten / und Guts thun nach dem Spruch / facite quod in vobis eſt, & Deus faciet, quod in fe eſt.

Caput116Caput XXI.

Caput XXI. Von den Orthen in der Welt / wo die meiſte negotia gehen.

WIll alſo nun weiter fortfahren / und dieſen meinen Diſcurs zum Ende bringen / ehe ich die vierzehen Handelſchafften habe angefan - gen zubeſchreiben / habe ich auch erinnert / daß ich nach Beſchlieſſung derer etwas wenigs Meldung thun wolte / wohin / und wie die Commercien ſollen gefuͤhrt / und die negotien gethan werden / wil alſo nun erſtlich kuͤrtzlich eroͤrtern / wohin in die Frembde die meiſte ne - gotia gethan / und woher ſie wider gefuͤhrt wer - den / (dann von der Jnlaͤndiſchen negotiation und conſumption habe ich bereits oben ge - dacht /) es iſt aber zu wiſſen / daß die negotia - tion zweyerley iſt / nemblich uͤber Landt und Waſſer / in groſſe Staͤtte / und Reſidentzien: uͤber Landt wird in Teutſchlandt zu Franck - fort am Mayn / Leipzig / Nuͤrnberg / Aug - ſpurg / Hamburg / Preßlau und Dantzig viel Fuhrwerck getrieben / dann die ſchwere Zoͤll auff den Stroͤmen machen / daß man mit min - dern Koſten zu Landt / als auch fluvio ſecun - do fahren kan / und kan man den Herren ſol - cher Stroͤme nicht beybringen / daß ein Kreu - tzer / der zehenmal kombt im Jahr / mehr ein - bringe / als zwey Kreutzer / die nur einmal kommen / der Deckmantel iſt / es ſeye demLandt117Wo die meiſte negotia gehen.Landt nutzlicher / daß viel Landt-Fuhrleuth ſich ernehren / Mittags und Abends einkeh - ren / und das Gelt verthun / item / daß man im Fall der Noth von den Landtkuſchen viel Pferdt bekommen koͤnne. Die Waſſer-Rey - ſen anbelangend / geſchehen ſolche auff den Stroͤmen / oder zur See / in Teutſchlandt wird viel Handel auff dem Rhein / Donau / Elbe / Weſer / Oder und Weixel getrieben / die Seefahrten richten ſich nach den unter - ſchiedlichen Theilen deß Meers / auff der Oſt - See handelt man nach Dennemarck / Schwe - den / Pohlen / Preuſſen / Churlandt / Pom - mern / Liffland / Finnlandt / ꝛc. Auff der Nord-See nach Hollandt / Norwegen / Moſ - cau / Novazembla / Groͤnlandt / Schott - landt / Jrrlandt. Auff der Weſt-See nach Engellandt / ein Theil von Franckreich nach Spanien / Portugal / Africa / den Canarien / und nach Weſt-Jndien. Auff der Mittel - See nach der Straß Neapel / Majorica / Minorica / Sieilien / Sardinien / ein Theil von Spanien / Franckreich / Jtalien / Africa / Levante / Arabien / Cypern / Tuͤrckey. Auff der Jndiſchen See nach dem rothen Meer / ein Theil von Africa / Perſien / Oſt-Jndien / China / Japonien / und die herumb ligende Jnſuln / die beruͤhmteſte Staͤtt und Oerther in der Welt ſeynd / Mexico in Armenia / Canton und Macao in China / Mecao in Japonien / Batavia in der Jnſul Java /H iijSurat -118Caput XXI. Surata in Oſt-Jndien / Ormus in Per - ſien / Athen am rothen Meer / Goa / Gui - nea / Anglia / Cadix in der Straß / Ma - laga / Sevillien / Livorno / Marſilien / Genua / Venetien / Neapel / Meylandt / Malta / Rhaguſa / Alexandria / Aleppo / Famaguſta / Smirna / Conſtantinopel / S. Luca / S. Sebaſtian / Roan / Lyon / Ambſterdam / Rotterdam / Antwerpen / Ham - burg / Luͤbeck / Dantzig / Bremen / Coͤlln / Franckfort am Mayn / Nuͤrnberg / Leipzig / Augſpurg / Baſel / Straßburg / ꝛc. Es wird auch viel Handels getrieben nach den Reſi - dentzien in der Welt / dann wo Hofſtaͤtten ſeyn / da iſt groſſe conſumption, jetziger Zeit iſt in China die Reſidentz zu Pecking / wo - hin die Hollaͤnder zu handeln verſucht / und ohngefehr vor zehen Jahren eine Lega - tion dahin gethan haben. Jn Oſt-Jn - dien iſt die Reſidentz zu Agra und Lahor / wohin von den Engellaͤndern zu Saratta uͤber Aminadab groſſer Handel getrieben wird. Der Koͤnig in Perſien reſidirt zu Jſpahan / allwo von Frantzoſen / Moſeowitern / En - gellaͤndern / und andern Nationen negotiirt wird / deſſentwegen auch der Fuͤrſt von Holl - ſtein dahin ein negotium uͤber die Wolgau thun wollen / derentwegen eine anſehnliche Le - gation hingeſchickt. Conſtantinopel iſt die Hauptſtatt in Tuͤrckey / allwo von vielerhand Nationen Kauff-Haͤuſer ſeynd / und wie ichver -119Wo die meiſte negotia gehen.vernehme / hat der Groß-Tuͤrck auch zuge - laſſen / daß unſere Teutſche auff der Donau dahin handeln moͤgen / deſſentwegen ſich zu Wien eine ſonderliche Compagnie verſamb - let. Rom iſt die Reſidentz vor den Pabſt / wird allda wegen der Hoffſtatt / ſo deß Pabſts / als Cardinaͤl / und vieler Geſand - ten / nicht wenig negotium gethan. Zu Flo - rentz reſidirt der Groß-Hertzog / Liſabona iſt die Reſidentz / von Portugal / allwo / weil ſie an der See gelegen / uͤberauß groſſes negotium gethan wird. Zu Madrit reſi - dirt der Koͤnig von Spanien / zu Londen der von Engellandt. Pariß iſt die Reſidentz vor Franckreich / zugleich die Schuel der Hoͤffligkeit / und Mutter vieler herꝛlicher Manufacturen. Zu Koppenhagen reſidirt der Koͤnig von Dennemarck / und zu Stock - holm der von Schweden / an beyden Or - then / weil ſie die See haben / wird viel nego - tiirt. Moſeava iſt die Reſidentz deß groſſen Zaars / oder Kaͤyſers in Moſeau / es wird allda viel Handel nach der Duͤna / nach der Wolgau / nach Pohlen / Preuſſen / Tarta - rey / Archangel / und andere Oerther getrie - ben. Zu Cracau pflegt der Koͤnig in Pohlen zu reſidirn / von dannen nach Reuſchlehnberg / Warſchau / Wildau / Thoren / Koͤnigsberg und Dantzig nicht we - nig negotiirt wird. Preßburg iſt die Reſi - dentz in Ungarn / und in Boͤhmen Prag /H iiijweil120Caput XXI. weil aber Jhr Kaͤyſerliche Mayeſtaͤt zu Wien reſidirn, allwo derentwegen viel negotia ge - than werden / als reſidirt an dem Letztern ein vice-Koͤnig / ſo man Oberſten Burggrafen in Boͤhmen nennet / an dem erſten aber der Palatinus Hungariæ, wird gleichwol beyder Orthen viel negotiirt, Muͤnchen iſt die Reſi - dentz vor Jhr Churfuͤrſtlichen Durchleucht in Bayrn / wo ingleichem vielerhand Handel und negotium gethan wird / ſo zu Waſſer / als Landt / nach Jtalien / Oeſterreich / Schwa - ben / der Churfuͤrſtliche Pallaſt nimbt leicht - lich allen andern in Teutſchlandt an Schoͤne / Herrlichkeit und Mobilien den Vorzug. Dre - ſen iſt die Reſidentz vor Chur Sachſen Ber - lin vor Brandenburg: Bonn vor Coͤlln: Trier vor Chur-Trier: Heydelberg vor Chur - Pfaltz: Maintz vor Chur-Maintz. An allen Orthen / weil allda Hoffhaltungen ſeyn / meh - rer als anderwerts im Landt negotiirt wird / alle Reſidentzen / wo anjetzo in der Welt wuͤrck - lich die Potentaten in Perſon reſidirn, und welche Oerther von importantz ſeynd / hab ich in folgende Verß verfaſſet.

1.
WEr Pecking hat geſehen / und darff nach Agra gehen / wie auch nach Jßpahan: Und zu Bygantz beykehren / zu Liſabonn lehren / was in Madrit gethan.
2. Nach121Wo die meiſte negotia gehen.
2.
Nach Rom man billig reyſet / wo man viel Sachen weiſet / wers waget nach Florentz / Wer ſelben Weeg wil gehen / wird da viel Sachen ſehen / ein ſchoͤne Reſidentz.
3.
Und wen die See thut tragen / nach Stockholm / Koppenhagen / nach Londen und Pariß / Wer in der Moſcau handelt / und viel zu Cracau wandelt / der ſicht die Welt gewiß.
4.
Wien / Muͤnchen / Trier / Dreſen / wer zu Berlin geweſen / Bonn / Heydelberg und Maintz / der hat die Welt geſehen / darff nicht viel ſtille ſtehen / und iſt kein fauler Haintz.

Alle dieſe / vnd vorerzehlte Oerther haben nun abſonderlich von Gott ihre Beneficia, wormit ſie koͤnnen Handel treiben / alſo kompt auß Japo - nien Kupffer und Silber: auß Mexico Gold / Silber / und Perlen: auß Oſt - Jndien Edel - geſtein und Specerey: auß Perſien Wolle / Haar / Seyden: auß China Seyden / Baum - woll / Porcellan / Silber und Gold: auß Afri - ca Schlaren / Helffenbein / und Gold: außH vSpa -122Caput XXI. Spanien Wein / Zucker / Roſinen / Seyden / Wolle / Gold / Silber: Majorica Geſchirꝛ: aͤuß Jtalia Baumwoll / Seyden: auß Franck - reich Wein / Saltz / Seyden / Hauff / Wolle / Glas / manufacturen: auß Engellandt Wolle und Tuch: auß Dennemarck und Norwegen Stockfiſch / Maſtbaͤum: auß Schweden Ey - ſen / Kupffer: auß Pohlen und Moſcau Fell - werck / Korn / Meth / Honig / Wachs / Haͤut / Vieh: auß Hollandt Haͤring / Fiſch / Butter / Kaͤß / Vieh: auß Hungarn Gold / Silber / Kupffer / Wein / Vieh: auß Oeſterreich Saff - ran / Wein / Saltz / Eyſen: auß Schleſien Leinwand: auß Bayern Korn / Pferdt / Vieh / Saltz / Eyſen / Wolle / Leinwand / Glas: auß Boͤhmen Vieh / Wolle: von dem Rheinſtrom Korn / Wein: und mit einem Wort / es iſt kein Orth / da nicht etwas hinzubringen / und zu holen iſt. Dann ſo lautet das Kauffmanniſch Sprichwort: Wo was zuverkauffen iſt / da iſt auch etwas einzukauffen. Jch ſolte nun noch ferner erzehlen / wie alle dieſe Guͤter Kauff - maͤnniſch genennt / gezeichnet / gemerckt / in Faͤſſer / Tonnen / Kiſten / Kaſten / Stuͤck / Rol - len / Ballen / oder Huͤet zu beſchlagenem oder offenem Gut gepackt werden / wie ſie nach dem Stuͤck / Gewicht / Elen oder Maß außgemeſ - ſen / und in was vor einem Preyß ſie ciirrent verkaufft werden / bißweilen im Valor fallen oder ſteigen / wie ſie conſervirt ſeyn wollen / was vor Weg ſie am nechſten nehmen / was Wech -ſel /123Vrſachen deß Authors warumb / &c. ſel / Fracht und Zoͤll darvon machen / und wie ſolche Guͤter beſtaͤlt werden / auch wie und wo - hin ſie verhandlet / und conſummirt werden / aber gleich wie ich / was ich bißhero geſchrieben / umb gewiſſer Leuth und Urſachen wegen ge - than / alſo ſchreib ich nun allhie umb eben derſel - ben Urſachen und Leuth wegen in dieſer Materi nicht weiter fort / die Urſach iſt kurtz hiervor ge - meldet.

Caput XXII. Wie man handlen ſoll / oder von dem Unterſcheid deß Handels quoad ſubjectum der Commercien / das iſt / von der Wiſſenſchafft deß Kauff-Handels.

NOch wil ich zum Beſchluß beyfuͤgen / wie man handeln ſoll / und worinnen eigent - lich die Kunſt und Wiſſenſchafft in der Hand - lung beſtehe / ſolche aber iſt von den Alten art - lich und fein abgebildet worden durch ein Sonnenbild / nemblich durch den Mercu - rium / welchen ſie der Handelſchafft abſon - derlich zugeeignet / und nicht ohne Urſachen ihme vier Fluͤgel / zwey am Kopff / und zwey an den Fuͤſſen angedichtet / dann dardurch ha - ben ſie zuverſtehen geben wollen / daß ein Han - dels-Mann den Kopff und die Fuͤß gebrau - chen muß / ſo kan auch durch den Kopff die theoria oder ſpeculation, durch die Fuͤß aberdie124Caput XXII. die praxis und das fundament in den negotiis verſtanden werden / von den Fluͤglen an dem Kopff kan man durch einen verſtehen den Ver - ſtandt und Wiſſenſchafft / durch den andern aber die reſolution, ſo in der Handelſchafft er - fordert wird / alſo kan der eine Fluͤgel an dem Fuß die Freyheit zur Handlung / der andere aber das capital und fundum bedeuten / dann gewiß iſt / daß dieſe vier Fluͤgel / Verſtandt / reſolution, Freyheit und Gelt / die eintzige Bewegung und Beſoͤrderung der Kauff - mannſchafft ſeynd / und ſo nur einer davon mangelte / wuͤrde alſobald das Werck hincken / und ſo wenig fortgehen / als ein Vogel fliehen kan / welchem ein Fluͤgel manglet / dann Ver - ſtandt in den negotien ohne reſolution, iſt nichts / noch nutzet die reſolution etwas ohne ein gutes Iudicium, auch hilfft weder Verſtandt noch reſoluion etwas / wo kein Gelt / fundus, oder capital da iſt / und wann gleich alle dieſe drey Puncten vorhanden / und fehlet die Freyheit / permiſſion, und libertaͤt zu handeln / ſo iſt alles wider umbſonſt / derentwegen dieſe vier Fluͤgel bey dem Kauffmans-Mercurio nohtwendig ſeyn muͤſſen / wil ſie auch / ſoviel zu meinem propoſito hier noͤhtig / noch ein klein wenig weitlaͤufftiger außfuͤhren. Den erſten Puncten nun betreffend / nemblich den Ver - ſtandt / Wiſſenſchafft und Iudicium in Han - dels-Sachen / ſo iſt in genere voran zu wiſ - ſen / daß an einem Handelsmann vor allenDin -125Von Wiſſenſchafft deß Kauff-Handels.Dingen ein redliches / und arbeitſames ſorg - faͤltiges Gemuͤth erfordert werde / nach dem alten Sprichwort / Redlichkeit und Fleiß / gibt dem Kauffmann die Speiß / und zwar / wo einiger Orthen Auffrichtigkeit erfordert wird / ſo iſt es in der Handelſchafft / da man auff ein bloſſes Wort / parol, oder kleines Briefflein / ja auff eines andern Buch ohne Zeugen / Zeugnuß / Inſtrumenten, Notarien, Quittungen / Obligationen, oder andern civil - Verſicherung manches mal viel tauſend trauet / da man anderwerts Buͤrgen ſtellen / hypotecken geben / ja gantze Kalbsfell mit Ver - ſicherungen verſchreiben muͤſte / welches alles in der Kauffmanſchafft die bloſſe parol, credit, und Auffrichtigkeit verrichtet / darumb / wann gleich einer gantze Tonnen voll mit Gold haͤtte / und darbey ein betrieglicher Mann waͤre / und kein credit haͤtte / mag er nur mit ſeiner Han - delſchafft zu Hauß bleiben / dann ſie doch nicht lang waͤhren wuͤrde. Nechſt der Auffrich - tigkeit wird auch erfordert der Fleiß / Sorg und Muͤhe / und mag ein Kauffmann / der nicht ſorgfaͤltig / fleißig und arbeitſam iſt / nur den Schildt einhaͤncken / dann er ſolcher geſtalt den Guͤlden bald auff viertzehen Batzen brin - gen wird / dann wann deß Herren Aug / wie man im Sprichwort ſaget / das Pferdt fuͤt - tert / ſo fuͤllt gewiß deß Kauffmanns Aug in gleichem die Buͤcher / dann er muß fleißig in die Buͤcher ſchauen / fleißig correſpondiren /und124[126]Caput XXII. und fleißig auff ſeine Guͤter ſehen / ſolche verwahren / und conſerviren, worinnen nun weiter ſein Fleiß beſtehet / das wird das nachfolgende weiſen / ſoviel præliminariter in ſpecie.

Nun hat ein Handels-Mann achter - ley zubedencken: Erſtlich ſich / als der da han - delt. Vor das andere die / mit welchen er handelt. Drittens den Orth / von wannen / und wohin er handelt. Vierdtens das ſub - jectum, womit er handelt. Fuͤnfftens / die Zeit / wann er handelt. Sechſtens die Wei - ſe / wie er handelt. Siebendens die Inſtru - menta, wordurch er handelt. Achtens die Zufaͤlle / ſo ihme in dem Handel begegnen koͤn - nen. Das Erſte anbelangend / da ein Han - delsmann ſich ſelbſt conſideriren ſoll / iſt frey - lich darbey viel in obacht zu nehmen / dann gleich wie er gern haͤtte / daß andere Handels - Leuth gegen ihme ſeyn ſollen / alſo muß er auch gegen anderen ſeyn / und ſich pruͤffen und erforſchen / gleich wie ers andern thut / vor allen muß er die condition und Beſchaf - fenheit ſeines Standts / Leibes und Ge - muͤths wol erkundigen / und zwar ob ſein Standt zulaſſe / daß er ſich in die Handlung begebe / dann die Kauffleuth bey den Edel - leuthen verhaßt ſeynd / hingen haben die Han - dels-Leuth nicht gern viel mit den Edelleu - then zuthun / iſt ſich alſo vorzuſehen / damit man nicht zwiſchen zweyen Stuͤlen niederſitze /127Von Wiſſenſchafft deß Kauff-Handels.ſitze / und es heiſſe / wie dorten Euclio beym Plauto in der Aulularia ſaget: Boves me in curſabunt cornibus, & aſini me conculca - bunt pedibus, meuſque me irrideat ordo, alſo gehet es auch mit den Handwercks-Leuthen / wann dieſelbige ihr Handwerck wollen ſte - hen laſſen / und Kauffleuth werden / dann gemeiniglich verlieren ſie eins mit dem an - dern / eben als wann die Handels-Leuth Edel - leuth werden wollen / beyde alteration und mutation iſt gefaͤhrlich / wiewol gar belieb - lich / dann ein Bauer waͤre gern ein Hand - wercks-Mann / und wohnete lieber in der Statt / als auff dem Landt / ein Handwercks - Mann waͤre viel lieber ein Kauffmann / und lieffe in der Welt herumb / als daß er in der Werckſtatt ſaͤß / ein Handels-Mann hin - gegen wohnete lieber in einem Adelichen Schloß / als in ſeinem Contor, kurtz / natura hominum eſt novitatis avida, aber omnis mutatio periculoſa, bey conſiderirung ſei - nes Standts hat ein Handels-Mann wei - ter zu bedencken / was er vor ein Capital in Haͤnden habe / wie viel Mittel ihm ſein Standt zulaͤſſet / dann mit laͤerer Fauſt einen Handel anzugreiffen / iſt Thorheit / und mit frembder Leuthen Gelt zu trafi - giren gefaͤhrlich / nicht weniger muß er auch in acht nehmen / ob er einige Freunde / Goͤnner und Befoͤrderer habe / welche entweder Han - dels-Leuth / oder Liebhaber deß Handelsſeynd /128Caput XXII. ſeynd / und welche ihn recommendiren, bey andern Handels-Leuthen in Kundtſchafft und credit bringen / und ihm auffhelffen koͤn - nen / item / ob er in der Jugend leſen / ſchrei - ben / rechnen / und Buchhalten gelernet / ob er in Contoren gedienet / bey Handlungen geweſen / gereyſet / und zu der Handel - ſchafft noch mehr andere gehoͤrige Dinge habe / dann mit einem Sammeten Mantel auff die Boͤrſe gehen / macht allein keinen Kauffmann / es gehoͤret noch mehr darzu / nicht weniger muß ein Handelsmann auch ſeinen Leib conſideriren, ob ihme nemblich deſſen diſpoſition zulaſſen / ſolche Sorgen und Muͤh auff ſich zu nehmen / dann kraͤnck - lich ſeyn / dienet wenig zur Handlung / ſein Gemuͤth aber muß ein Handelsmann am allermeiſten probieren / ob er dem Weibs - Volck / Spielen / Sauffen und Pancke - tieren zugethan / ob er falſch / mißtrauiſch / betrieglich / leichtglaubig / faul / verdroſ - ſen / verzagt / und ungluͤckſelig ſeye / oder ſonſten Mangel an ſich habe / dann derglei - chen Gemuͤth dienet nicht zur Handlung / dann ein Handelsmann muß ſeyn nicht zu geitzig / noch zu freygebig / kein Schab - hals / und kein Verthuner / nicht zu leicht glaubend / noch zu mißtrauig / nam qui fi - dem non dat, fidem non invenit, nicht zu ſorg - ſam / noch zu ſorgloß / nicht zu offenhertzig / noch zu hinderhaltiſch / allezeit hoffend / niever -120[129]Von der Wiſſenſchaft deß Kaufhandels.verzweiffelnt / beſcheiden / doch nicht zu gemein / nicht zu bedachtſam / noch zu unbedachtſam /[from] / aber mehr im contor, als in dem Beicht - ſtuel / mehr bey ſeinem caſſirer und Buch - halter als bey den Moͤnchen / ſo lang auf der Boͤrß als in der Kirchen / mit dem Leib in ei - ner Stadt / mit der Feder in der Welt / mehr Allmuſſen geben / als Haͤuſer bauen / Herr - ber ſein Weib / und Geſind / nicht zu tiefim Handel / noch zu weit darvon ſeyn / mit einem Wort ein Kaufmann iſt ein ſubjectum, wo vor allen anderen vocationen alle Tugenden hervor leuchten koͤnnen / und auch muͤſſen / wil man an - derſt wol fahren: nach dem er nun ſich conſide - rieret / muß er auch die jenige wol kennen / mit welchen er handelt; mit Juden / wird man ohn - fehlbar betrogen / alſo auch im ſtechen der Waar buͤſſet gemeiniglich ein Theil ein; er muß ge - dencken / daß ein jeder / mit welchem er han - delt ihn zu vervortheilẽ ſuche / wanns auch gleich ſein beſter Freund waͤre / dann es heiſſet / dum canis os rodit, ſocium quem diligit, odit, wann der Hund nagt am Bein / ſo hat ers gern al - lein: weiter muß er der jenigen actionen wol aufmercken / mit welchen er handelt / was ſie nemlich vor ein Ruf und credit haben / wie ſie vor dieſem mit Andern umbgangen / und wie ihr Gemuͤth geſtelt iſt / und dieſes muß er deſto genauer mercken / wann er etwan mit einem oder dem andern in eine Compagnie ſtehn wolte / da er dann wol Achtung gebenJmuß130CAPUT XXII. muß / daß er nicht die Laſt traget / und der an - der den Genuß hat / zumahlen daß er ſich nicht bald in ſolidum vor andere vorſchreibe / gut ſpreche / cavire, oder ſich intereſſire: mit dem credit muß er ſich alſo verhalten / daß er nicht mehr creditiere / als er im Vermoͤgen hat / noch zu wenig / oder zu viel / zu leicht / oder zu ſchwere creditiere / dann beedes diſcreditieret; weiter muß er ſich umb den Stand ſeiner Mit - handelsleut wol bemuͤhen / ſolchen zu erfahren / und gleich wie er promptiſt / alſo die anderen auch darzu halten / ſeine Schulden bald einfordern / ſich durch fleiſſige anfaͤngliche Bezahlung nie zu weit hinauß locken laſſen / von einem boͤſen Zah - ler Haberſtroh an Bezahlung annehmen / und nit mehr borgen / als er ſich getrauet zuerleben / die Schulden wieder ein zufordern / dann es iſt ein gemein Sprichwort / wer zehen Jahr handelt / hat dreyſſig Jahr ſchulden einzufordern; ſeine Kunten ſoler als ſeinen Augapffel in Obacht neh - men / und nit ſuchen bald anfangs an ihnen reich zu werden / nach Hofhaltungen ſol er nit anderſt / als umb baar Geld handeln / wann er nicht lieber ein ſupplicant hernacher werden / als ein Kauf - mann ſeyn / und bleiben wil / alſo iſts auch mit den Hofwexlen beſchaffen: vor allem iſt es gut und rathſam / daß ein Handelsmann ſich mit ſeinen Neben-Handlsleutẽ beliebt mache / friedſam hal - te / und einig lebe / auch nicht ſuche dem andeꝛn das Brod abzuſchneiden / nam quod tibi non vis fie - ri, alteri ne feceris, zumahlen da man einandervon -131Von der Wiſſenſchaft deß Kaufhandels.vonnoͤthen hat. Drittens ligt einem Kaufmann auch zubeobachten / von wannen er handle / und wohin er ſeine Guͤter verhandle: in dem puncto von wannen iſt zu conſiderieren / daß ein Handls - mann die Guͤter daher hole / wo ſie anfaͤnglich herkommen und gemacht werden; ſo viel moͤglich nun / ſoll er ſie von der erſten Hand nehmen / und ſelber hohlen / deſſentwegen er dann die requiſita, ſo hernach unter den inſtrumentis folgen / bey handen haben muß: nicht weniger muß er wiſſen / wo er ſeine Guͤter wieder hin veꝛhandelt / wo con - ſumption und Veꝛſchleiß derer vorhanden; in bee - den dieſen Theilen / ſo im hohlen / als verfuͤhren der Guͤter / muß er wol zuſehen / daß er keine ver - bottene und contrabant Guͤter habe / die Zoͤll oder Mauten verfahre; er muß wol conſiderieren / ob er zu Waſſer oder Land handle / derentwegẽ er ſich mit paß und aſſecurantz verſehen ſol / nicht weniger muß er die Weg und Steg / paß und Zoͤl unterweges wol wiſſen / und mit den Guͤter - Beſtaͤtteꝛn / Kundſchaft Correſpondentz / auch Zettel und Schein deſſentwegen habẽ; es iſt auch rathſamer / daß er nit allein an einem Ort handle / und ſein gantz Vermoͤgen dahin dirigiere / dann es moͤchte bald an ſolchem einigen Ort ein Un - gluͤck geſchehen / ſo waͤre dann das gantz Capital verlohren / derentwegẽ dann voꝛſichtige Kaufleut an unterſchiedliche Oerter handeln / und ihre Handlungen theilen. Viertens muß ein Handls - mann weiter conſiderierẽ / wormit er handle / wz es vor ein ſubjectum und Art von Guͤtern ſey /J ijob132CAPUT XXII. ob ſie current, wie ſie conſervirt / gepackt / ein gehandlet / und verhandlet werden / alle Ver - faͤlſchungen / und unterlauffende Betrug / auch die Qualitaͤt derſelben Guͤter muß er per - fect wiſſen und erkennen / fals er nicht betrogen werden / oder andere betruͤgen wil / derentwe - gen muß er fuͤnftens die Zeit und Maͤrckt wol in Obacht nehmen / ſo wegen Einkauffs / als Verkaufs der Guͤter / dann auſſer ſolcher Zeit nicht allein die Guͤter im Preyß variiren / nicht zu bekommen ſeyn / oder ſtehen bleiben / ſon - dern auch nicht ſo gut ſeynd / oder bleiben / eben derentwegen / muß er auch ſextens die Weiſe / und Manier ſeiner Handlung kennen / ob er ſeine Guͤter contant, auf Termin bezahlen muß / oder ob und mit was vor Guͤtern er hin - gegen trockieren / ſtechen / und ſolche einhandeln / auch ſolche wieder alſo verhandeln koͤnne; dar - umb iſt ſonderlich vonnoͤthen / daß er die Manie - ren der Handlungen lerne / dann ein andere Art zu negotiiren iſt in dem Wexlhandl / ein andere bey den Verlaͤgern der manufacturen / ein ande - re bey den negotianten in groſſo, wieder ein an - dere bey den gemeinen Kraͤmern und Kaufleuten / die mit der Ehl / Maaß und Pfund verkauf - fen / ein andere Art iſt endlich ins gemein uͤber See / eine andere uͤber Land handeln / eine ande - re Art iſt auch allein / ein andere aber in Compa - gnie zuhandeln / alſo differiert der Handel auch nit wenig / wann man umb baar Geld / oder auff credit, oder im Trock von der erſten oder andererHand /133Von der Wiſſenſchaft deß Kaufhandels.Hand / in rohen Waaren oder manufacturen handelt; in allen dieſen Manieren aber ſeynd fol - gende General axiomata, in Obacht zu nehmen. 1. Genau gedungen und baar bezahlt / iſt auß ſchwartzem Korn weiß Meel gemahlt. 2. Traw / ſchaw wem. 3. Durch gute und wolfeyle Waa - ren bringt man auch ſeines Feinds Geld an ſich. 4. Leben / und leben laſſen. 5. Viele Maͤu - ler machen ſchmahle Biſſen. 6. Wer fruͤhe auf - ſtehet / wann andere ſchlaffen / der iſt Richter / und kan andere ſtraffen: welches zwar alte / und gemeine Sprichwoͤrter ſeynd / die wieder durch ein Sprichwort auß gelegt werden / nemlich ein Sprichwort ein wahr Wort / ſie ſeynd aber alſo zuverſtehn. 1. Daß contant ein kauffen und ver - kauffen das ſicherſte ſeye. 2. Daß man in dem Einkauf und Verkauf creditieren / und bor - gen / die Augen / und gute Vorſicht mit neh - men ſol. 3. Daß man ſich umb aufrichtige Waaren bemuͤhe / und damit den Kauffer nicht uͤbernehme. 4. daß man nicht ſuche ein Mono - polium zu haben / und den Handel allein zu trei - ben / dann ſonſten die andere Mit-Handlsleut ei - nen Verſtand machen / zuſammen ſtehen / und einen ſolchen monopoliſten uͤber einen Hauffen werffen / oder ihn alſo ſegnen / daß ihm nichts gedeyet. 5. Daß uͤbel zu handln ſey / wo ein polypolium in einem Handel iſt / und ihrer zu - viel ſeyn / welche mit einem Ding handeln / ſol - cher geſtalt / daß mehr Handelsleut als conſum - ption iſt. 6. Daß ein Kaufmann zurechter ZeitJ iijden134CAPUT XXII. den negſten Weg und Preiß nach von der erſten Hand kauffe / und vielmehr ein Verkaͤuffer / als Unterkaͤuffer ſeye / nam melius eſt præveni - re, quàm præveniri. 7. Muß man auch con - ſiderieren die beykommende Dinge in der Han - delſchaft / oder die jenige Huͤlfs-Mittel / und inſtrumenta, ſo zur Handlung und derer beſ - ſerer Befoͤrderung vonnoͤthen ſeynd / und re - quirirt werden / derer ſeynd ins geſamt zwan - tzig / wohin die uͤbrige / ſo ihrer noch etliche ſeynd / referiert werden koͤnnen / ſie folgen einander alſo. Vor das erſte muß ein Han - delsmann vor ſein Hertz achten ſein Contor. 2. Die Buͤcher. 3. Seinen Buchhalter. 4. Caſſierer. Er hat auch vonnoͤthen im Contot 5. einen Schreiber. 6. Contors Diener. 7. So muß auch das Contor beylauffenden Mack - ler haben. 8. Er muß weiter attendiren die Wexel. 9. Correſpondentz. 10. Merckzei - chen und Siegel. 11. Packleut und Traͤger ſeynd auch vonnoͤthen. 12. Kundſchaft mit den Fuhrleuten. 13. Schiffleuten 14. Guͤter - Beſtaͤttern. 15. Aſſurirern. 16. er muß auch wiſſen die Zoͤll. 17. haben Paß und Freyheit zu handlen. 18. frequentiren die Boͤrß. 19. ſeine Handlungen ſchlieſſen in comparitien. 20. und wo was vonnoͤthen außzumachen bey den Notarien der Boͤrß. Von geſambten Puncten wil ich etwas außfuͤhrlicher han - deln. 1. Das Contor iſt die Schreibſtube / o - der vielmehr die Cantzeley eines Kaufmanns /wor -135Von der Wiſſenſchaft deß Kaufhandels.worinnen er alle ſeine Buͤcher / und die Acta ſeiner gantzen Handlung haben / und halten ſol; das Contor ſol wol in Obacht genommen werden / dann wer ſolches violirt / macht den Handlsmann inhabel von allen probationen / darumb daß er ihn ſeiner acten beraubet / wie hernach mit mehrerm wird erwieſen werden / und darumb ſol ein Hanblsmann nicht allein nicht jeden in ſein Contor laſſen / ſondern er ſol auch ſolches mit ehrlicher Leut Kindern / und verſicherten cavirten Leuten beſtellen / dann weil die Seel der Handlung das Geld / die Rechnung der Geiſt / das Contor aber beeder Leib iſt / in dem es beede verfaſſet / ſo iſt ja natuͤrlich / daß wer Geiſt und Seel wol und beyſamn erhalten wil / nothwendig das Contor als den Leib in Obacht nehmen muß / und iſt mancher Handls - mann verdorben / welcher hierinn zu leicht geweſen iſt / und leicht einen in die Kart hat gucken laſſen / ſo gar ſol deß patrons Weib nicht einmal hinein kommen / noch ſich anders befragen / als was ſie zu wiſſen vonnoͤthen. 2. Die Handlsbuͤcher ſeynd deß Handelsmanns Bibliot / eck / die er als ſeinen Augapffel in Ob - acht nehmen / und ſauber auch correct halten muß / dann ſie gelten vor Gericht / und koͤnnen probieren / doch daß alsdann die Buͤcher gantz / und nichts außgeſchnitten / noch außgethan ſeye; man hat ein taͤgliches Klitterbuch / auch journal, worin ohn Unterſcheid taͤglich / was fuͤrkomt / no - tirt wird / darauß traͤgt mans hernach inJ iiijdie136CAPUT XXII. die Buͤcher / ſetzt es tn ſeine locos communes, und bringts ins credit, oder debet, auß dieſen Buͤ - chern macht man hernach die Bilantzen / nem - lich wie deß Handelsmanns Sachen ſtehen / ob er gewonnen / oder verlohren / wol oder uͤbel ſtehe. 3. Dieſe Buͤcher nun zu fuͤhren wird er - fordert ein Buchhalter / und dieſer muß dieſer Kunſt wol erfahren ſeyn / auch die Buchhal - terey wol verſtehen / getreu und geſeſſen ſeyn / nicht weniger verſchwiegen / der ſei - nes Patrons Wolfahrt vor die ſeinige haͤlt / dann ein untreuer / und unfleiſſiger Buchhal - ter iſt deß Handelsmanns aͤuſſerſtes Verder - ben / hingegen ein fleiſſiger ehrlicher Buchhal - ter ſeyn Aufnehmen; die Buchhalter werden derohalben wol gehalten / und hoch beſoldet. 4. Nit weniger muß ein Handelsmann in groſſen Handlungen auch einen caſſirer haben / welcher das Capital in Haͤnden habe / und ſo die Auß - gab / als Einnahm thue / und verrechne / und dieſer muß dem Patron caution thun / und dar - fuͤr geſeſſen ſeyn; in Holland haben viel Kauf - leut ihr Geld in der gemeinen Banck / und bezah - len einander alda nur mit zu-oder abſchrei - ben. 5. Jn dem Contor, wo die Handlung groß iſt / werden dem Buchhalter auch zugeordnet Schreiber / welche die correſpondentz ſchreiben / extracta auß den Buͤchern abſchreiben / und mit einem Wort der Schreiberey abwarten helf - fen / dieſe alle muͤſſen vertrauter Leut Kinder ſeyn. 6. Das Contor hat auch ſeine Diener / welche hinund137Von der Wiſſenſchaft deß Kaufhandels.und her lanffen / Brieff / Guͤter / und Sachen beſtellen / Gewolb / und Laden abwarten / und ſich zu aller hand Kaufmanns-Dienſten / nnd rei - ſen gebrauchen laſſen. 7. Es iſt auch ſehr noͤthig / daß ein Handelsmann mit den Macklern gute correſpondentz halte / und habe / dann dieſes ſeynd die Spuͤrhund / welche ihm das Wild auf - treiben muͤſſen; ein guter Mackler muß ein per - fecter Kaufmann ſeyn / den Preiß / valor / Qua - litaͤt und quantitaͤt der Guͤter worinnen er ma - ckelt / wol verſtehen / alsdann Kauffer und Ver - kauffer ſuchen / den Kauf helffen machen und ſchlieſſeu / und mit einem Wort in allem hin - den / und vornen daran ſeyn. 8. Ein Han - delsmann / der in die Ferne / oder auſſer Lands handelt / kan der Wexel nicht entbehren / dar - umb er dann auch dieſelbe wol in Obacht neh - men / und verſtehen muß / er hat aber bey je - dem Wexel zu conſiderieren. 1. Sich ſelbſten / und der ihn ſpedirt. 2. Dieſen an welchen er ihn ſpedirt. 3. Den Ort wohin. 4. Die Zeit. 5. Die Sort-Lauf und valor der Gelder. 6. La - gio. 7. Den aviſ-Brief. 8. Die erfolgte acce - ptation oder proteſt: nach dem aber von den Wexeln und kaufmanniſchen Wexelrecht viel Buͤcher außgangen ſeynd / und auß dieſen wie - der extracta verhanden als deß D. Sprengers Wexel recht in 12m. und Herrn Wagners (nit deſſen zu Crembs) Bericht von Wexeln in 8v. worinnen das Wexelrecht zimlich begriffen iſt / als wil ich mich alhie nicht laͤnger darmit auf -J vhalten /138CAPUT XXII. halten / ſondern den guͤnſtigen Leſer an citirte Ort gewieſen haben / alwo auch zu ſehen wie des Kaufmanns intereſſe und Kapats in der Be - zahl - und Handlung lauffen. 9. Die Seel gleichſam von der Handelſchaft iſt die corre - ſpondentz / nicht dieſe von neuen Zeitungen und diebiſchen Ehrabſchneidungen / welches correſpondiren jetziger Zeit gemein unter den Kaufleuten wird / ſondern dieſe / welche zur Handlung noͤthig / wie nemlich ſich die Zeiten anlaſſen / die Guͤter in ihrem Werth ſteigen / o - der fallen / die Handlungen hie und dort lauffen / was hie und da zu thun / wie die jenige Handls - leut ſtehen / mit welchen man negotia fuͤhrt / und wexelt / oder welchen man Guͤter ſchickt / oder von ihnen empfaͤngt; wer nun in die Welt handelt und hierinnen fleiſſig correſpon - diren wil / wird ſo viel zu thun finden / daß er das Ehren-Abſchneiden anderer Leut wol wird bleiben laſſen / es thuts ohne diß auch kein ehrli - cher rechtſchaffener Handelsmann / ſondern nur Bernhaͤuter / und Holluncken / die weiß nicht woher gekugelt / und durch ſchinden und ſchaben dem Teufel ein Horn abgeriſſen / und nun jeder - mann damit ſtoſſen wollen; wie gefiel es aber ſolchen Ehrendieben / wann ein ehrlicher Mann ſeine Ehr zu retten / und billige retorſion zu thun / es waͤre hernach wahr oder nicht / auch heimlich und in hoͤchſter Vertreulichkeit ohne Beyſetzung ſeines Namens / wie es ſolche Geſel - len machen / in der Welt ſpargiren ließ / deroder139Von der Wiſſenſchaft deß Kaufhandels.oder dieſer / Frantz oder Hans ſeye am Leib vol mit Pflaſter / habe die Frantzoſen / werde bald pancrotieren / und jenem gleich vor den Gulden 20. Kr. geben / wie wuͤrd es ſolchen Ehrendieben gefallen / wanns gleich wahr waͤre / wie mehr wuͤrden ſie ſich nun beklagen / wanns nicht wahr waͤre; ich ſage das nicht in hoͤchſter Geheim wie ſie / ſondern offentlich / ein jeder ſehe nur vor ſich / gehe nicht zu nahe / mein Pferd ſchlaͤgt dich / auf Latein / quod tibi non vis fieri, alteri ne fe - ceris, der meint es nicht boͤß / der einen warnet; Zu der correſpondentz gehoͤren nun weiter die Correſpondenten / Conſuln, und factorn, in der Frembde / umb welcher Beſchaffenheit / thun und laſſen / in gleichen ſich ein Handls - mann erkuͤndigen ſol. 10. Muß weiter ein Handelsmann wol acht auf ſeine Littern / Na - men / Siegel / und Merckzeichen / ſo er auſ ſeine Guͤter machet / geben / und ihm ein beſonderes machen / worbey er ſein Gut erkennen / und un - terſcheiden kan. 11. Er muß an der Hand haben das Packhauß / Wag / Traͤger / und Packer / mit dieſen wiſſen zu handeln / und zu tractiren / derentwegen nun ſich auch nach der Taxa und Nette der Guͤterrichten 12. Wann er uͤber Land handelt / muß er Kuntſchaften von Fuhrleuten haben / ihren Lohn und Fracht wol wiſſen. 13. Alſo muß ers mit den Schifleuteu thun / wann er - ber See handelt / bey beeden muß er ſehen / daß eꝛs mit ehrlichen / geſeſſenen / nuͤchtern / und verwar -ten140CAPUT XXII. ten Leuten zu thun habe / die die Guͤter wol em - pfangen / wol halten / und wol uͤberbringen / deſſentwegen. 14. er mit den Guͤter-Beſtaͤt - tern gute Verſtaͤndnuß / und Kuntſchaft haben / durch ſie die Fracht machen / und ſich deſſent - wegen von ihnen beſcheinen laſſen ſol / allen diſputat zuverhindern. 15. Weil es auch uͤber See zuhandlen gefaͤhrlich iſt / und leichtlich durch ein Ungluͤck ein Handelsmann zumahlen ein anfahender in malor kommen kan / als hat man die aſſuranten aufgebracht / nemlich es ſeynd Leut / die man aſſurierer nennet / welche Schif und Guͤter umb ein gewiſſes aſſuriren; geſchicht nun den Guͤtern Schaden / ſo muͤſſen die aſſu - tirer ſolche vor vol bezahlen / kommen ſie a - ber ſicher an ihren Ort / ſo muß man den aſſurierern bezahlen / umb wie viel man mit ih - nen ttactirt; mit ſolchen aſſurierern nun muß ein Handelsmann / der uͤber See handelt / in gleichem Bekandſchaft haben / und wiſſen mit ihnen umbzugehen. 16. Weiter muß ein Handelsmann die Zoͤll / gabellen / impoſten unterwegens / wo er hin handelt / wol wiſſen / wie hoch ſie nemlich ſeynd / und was ſie da auß - tragen. 17. Alſo muß er auch genau Kund - ſchaft haben / welche Guͤter man paſſiren / und welche man nicht paſſiren laͤſſet / ſondern vor contrabanb Guͤter erklaͤret / dann uͤber ſol - che muß er Freyheit / und abſonderlich Paß von der Obrigkeit ſelben Orts haben / damit ihme die Guͤter nicht confiſcirt werden. 18. DieBoͤrß /141Von der Wiſſenſchaft deß Kanfhandels.Boͤrß / iſt gleichſam deß Kaufmanns Schuel / komt her â burſâ, auf Latein conventiculum mer - catorium, iſt der Ort / wo die Handlsleut zu - ſammen kommen / und ihre Unterredungen pfle - gen; dann weil ein Kaufmann manchsmal mit hundert anderen zu reden / waͤre es unmoͤglich / ſolche alle zu Hauß zu finden / und zu ſuchen / derentwegen die Noth ſolche invention an die Hand gegeben / daß man ſich verglichen an ei - nem gewiſſen Ort zu gewiſſer Zeit und Stund zuſammen zu kommen / da dann jeder / mit de - nen / da er zu thun / Unterredung pflegen kan / derentwegen es dann auch vor gar uͤbel aufge - nommen wird / wann ein Handelsmann ſich ohne erhebliche Urſachen nicht in Perſon / oder durch ſeinen Buchhalter auf der Boͤrß ſehen laͤſ - ſet / ſo iſt auch der Platz von der Boͤrß ſonderlich befreyet / und ſeynd die Schlaͤgereyen und Diebſtaͤhl / ſo alda geſchehen / viel in hoͤherer conſideration, als wann ſie anderwerts vor - giengen. 19. Es iſt noch eine Zuſammenkunft der Kaufleute / welche man nennet compariti - en / und geſchicht ſolche gemeiniglich in den Wirths - oder Weinhaͤuſern beym Trunck und mit den Macklern / wann nemlich ein Handel vor / und in dem Schluß iſt / ſo wird er alsdann da außgemacht / und geſchloſſen / dann ein nego - tiant theilet ſeine Zeit alſo auß / daß er den Vor - mittag in dem Contor mit der correſpondentz zu - bringt / auch den Macklern Gehoͤr gibt / wo nem - lich / was zu thun und zuhandeln / Mittags gehter142CAPUT XXII. er dann auf die Boͤrß / und redet mit den andern Handelsleuten / vernimt auch / ob / wie und was / wann und mit weme etwas zu thun / da geſchicht dann die Abrede / Nachmittag aber wirds vol - zogen in den comparitien; es pflegen auch die comparitien zu geſchehen vor den Notarien der Boͤrß. 20. Dieſe Notarien haben ihre oͤffent - liche Schreibſtuͤben / protocol, und Buͤcher / in welche ſie verzeichnn / ewas man zu notiren be - gehrt / ſetzen und fertigen auch inſtrumenta, Vergleich / und Accorden auf / und iſt ſehr gemein in Holland / daß man ſich ihrer in Sa - chen / die nur ein wenig important ſeynd / bedienet; und ſo viel in ſpecie von den 20. Puncten / ſo gleichſam Werckzeug / und In - ſtrumenta zur Handlung ſeynd / beſchlieſſen alſo hiemit den ſiebenden Puncten / worauf ein Handelsmann in gleichem reflexion zu ma - chen hat; Nun folget der achte / und letzte / nemlich die accidentien und Zufaͤlle / ſo einem in dem Handel begegnen koͤnnen / als da ſeynd Krieg / Peſt / Ungluͤck zu Waſſer und Land / duꝛch Bꝛand / unteꝛgehen / verderben / und Raub / item-pancrot; der Krieg machet die Straſſen zu Waſſer und Land unſicher / die Peſt banniſiertallen Handel / und Gewerb / Schif - bruch bringt groſſen Schaden / alſo auch der Brand und Raub der Soldaten / oͤffters ge - ſchicht ein Ungluͤck / daß die Guͤter naß wer - den / und verderben; der gemeinſte Zufal aber in der Handlung iſt der pancrot, heiſſetſo143Von der Wiſſenſchaft deß Kaufhandels.ſo viel als ruptura banci, derohalben vor dieſem allein ein pancrot geweſen / wann die Banck - Herrn / es ſeye nun eine gantze Stadt oder Re - public / die ihnen in der gemeinen Stadbanck anvertraute Gelder haben violirt und ange - griffen / weil aber in der Handelſchaft eines Kaufmanns Caſſa gleichſam eine Banck iſt / wohin andere ihre Gelder und Guͤter bouâ fi - de creditiren / ſo wird der billig und nun per uſum vocabuli bancicuptor oder Banckruͤt - tierer genent / welcher dieſe Caſſam oder Banck violirt, und in privatos uſus anwen - det / dann ohneracht die Banck / oder Caſ - ſa ſein iſt / ſo iſt ſie doch nicht anderſt ſeyn / wann fremdd Gut darinnen iſt / als daß er adminiſtrator daruͤber iſt / und deſſentwe - gen ſeinen creditoribus rationem geben muß: man pancrottirt aber auf viererley Weiß; die erſte Art von Pancrot iſt / wann durch Gewalt / Brand / oder Krieg eine gantze Stadt oder Gemeind tamen citra culpam & cauſam de - bitoris Noth leydet / und zu Grund gehet / dann hierwider kan niemands / und verſtehet ſich bey jedwederen Kaufmanns creditirten Geldern hierinnen ein tacitus conſenſus, ſo wol deß creditoris, als debitoris, derentwegen dann bey ſo geſchehenem Ungluͤck der debitor nicht ſchuldig iſt mit creditore zu tranſigiren / als daß er gruͤndlich beweiſe / daß der Schaden hierdurch kommen ſey: dieandere Art von panc -rotten144CAPUT XXII. rotten iſt / wann einer zur See / oder durch privat Brand eines Hauſes / oder durch Dieb - ſtal / oder durch Raub Schaden leydet / und da iſt der pancrottirer / oder debitor ſchuldig erſt - lich zuerweiſen / daß er dardurch umb ſo und ſo viel Schaden gelitten / hernach muß er mit den creditoribus ſein uͤbrig Vermoͤgen theilen / pro parte tranſigiren / dann von dieſem Scha - den iſt ein creditor eximirt / als der darumb ſein Geld nicht creditirt / und hinauß geben / daß der ander uͤber See / oder andere Oer - ter damit handeln ſol / da Gefahr vorhan - deln / aber es præſumirt ſich / daß der ſein Geld auf Handlung und credit geben / auch ſich un - terwerffe allen den Schaͤden / Gefahren / Un - gluͤck / und incommoden / ſo die Handlungmit ſich bringet / derentwegen auch den Schaden ley - den ſol pro ratâ, und iſt der debitor nit ſchul - dig ihm ſatisfaction zu thun / wann er bewei - ſen kan / daß es nicht dolo malo, und propriâ culpâ geſchehen: aber ſolche Strittigkeit zu - verhuͤten / ſol ein Creditor und Debitor wiſ - ſen / worauf / und wie ſie einander Geld ge - ben / und nehmen / dann wann es auf Ge - win und Verluſt geben wird / und ein panc - rott ex cauſis præcedentibus komt / iſt der De - bitor nicht ſchuldig ſich mit dem Creditore zu - vergleichen / und dieſes iſt auch zuverſtehen von der dritten Art von Pancrotten / nemlich wann durch Anderer groſſe fallimenten die inter - eſſirten mit pancrottiren muͤſſen / ubi atten -dendum145Von der Wiſſenſchaft deß Kaufhandels.dendum, ob der erſte fallirer publicæ bonæ fi - dei geweſen / und ob ihme andere vornehme erfahrne Leut mehr creditirt / hernach muß ein ſolcher ſecundar pancrottierer ſeine Buͤcher ju - rato ediren / und demonſtriren / wie weit er mit dem erſten intereſſirt ſeye / und Schaden leyde / dann kan er tranſigiren / und iſt nicht vor einen unehrlichen / ſondern ungluͤckſeligen Mann zu ſchaͤtzen. Die letzte Art von Pancrot - ten komt von den Kaufleuten ſelbſten her / wann ſie ſtattlich freſſen und ſauffen / nie in die Buͤcher gucken / den Handel nicht verſte - hen / anſehnliche Haͤuſer bauen / und mit Pferden und Kutſchen praviren / auch Tag und Nacht im Sauß leben / die credit - Gelder in privatos uſus wenden / und alſo verder - ben / oder unnoͤthig das Geld und ſich ſelbſt auf die ſeite machen / pancrottieren / lieder - lich mit den creditoren tranſigiren / und her - nach von neuem wieder zu handlen anfangen / das ſeynd nun rechte Dieb / und ſ. h. Schelmen / welcher Guͤter man unter die creditores thei - len / und ſie vom Handel proſcribiren ſol. Bey dieſen vier Arten nun von pancrottiren beſte - het das meiſte darinnen / daß man in cauſam banci rupturæ wol und recht in quiriere / ob ſie infortunio inevitabili, incuriâ, vi publicâ, cre - ditoris conſenſu libero & voluntate expoſitâ, debitoris dolo aut voluntate geſchehen ſeye / und wie weit ſich deß Panerottierers Scha -Kden146CAPUT XXII. den und Vermoͤgen in prædictis cauſis er - ſtrecke / alsdann kan man hernach de tranſacti - one cum creditoribus, famâ debitoris gruͤndlich reden / und urtheilen: und ſo viel von dem achten Stuͤck / nemlich von den accidentien in den commercien / auf welche ſingleichem ein Handelsmann gleich auch auf alle vorige ſibene ſeine Gedancken richten muß / dann von dieſen acht Federn beſtehet der eine Fluͤgel an dem Kopf deß Mercurii, daran hanget das Urtheil / Iudicium, Verſtand / Vernunft / Wiſſen - ſchaft / und Kunſt eines Handelsmanns / wann er nur im geringſten einem fehlet / muß er den Schaden bald buͤſſen / und dann ſolchen ad no - tam nehmen / dann hierinnen eine fleiſſige ob - ſervation das beſte thuen muß / negſt dem Verſtand eines Kaufmanns wird auch der an - dere Fluͤgel erfordert / nemlich wie oben gemel - det / die reſolution dardurch er das jenige in effect bringet / was er gut / und den ſeinen pro - fitlich zu ſeyn beſchloſſen / dann ein Kaufmann gleicht ſich einem Soldaten / der die Gelegen - heit nicht verſaumen / ſondern auf Wind / Waſſer / und Erden Achtung geben muß / dann es heiſſet ſonſt poſt hæc occaſio calva, zu - malen weil keine Wiſſenſchafft in der Hand - lung mehr noͤthig / als die Allwiſſenheit / ob nemlich diß Jahr die Frucht gerathen / ob dieſe oder jene materi und auß was fuͤr Urſachen ſie wol feyl / oder teuer fallen / und wo ſich einGe -147Von der Wiſſenſchaft deß Kanfhandels.Gewinn herfuͤr thun werde / dann weil ein Han - delsmann keinen Herrn-Dienſten wegen zuvie - ler occupationen abwarten / deſſentwegen auch kein Beſoldung haben kan / und alſo al - lein von ſeiner Handelſchaft leben muß / ſo iſt es gewiß / daß wo er ſeinem Haußweſen wol fuͤrſtehen wil / er nicht viel ſtill ſitzen / ſondern das ſcheinende Gluͤck mit beeden Haͤnden ſchnel ergreiffen muß / zumahlen wann er in eodem genere viel Neben-Handelsleut hat / die mit ih - me nach einem Haſen jagen; iſt derohalben ei - nem Handelsmann nichts ſchaͤdlichers und verhinderlichers / als Zaghaftigkeit / Forcht / und all zu lange deliberation auß Mangl der reſolution nach dem Verß.

Wer ſtetes foͤrcht es moͤcht vieleicht /
Sein thun nicht wol gerathen /
Gar ſelten er ſein Wunſch erreicht /
Thut nimmer dapfere Thaten.
Man kan ſich nicht Gluͤckſeeligkeit
Allzeit verſichert ſprechen /
Wer etwan ſcharpffe Doͤrner ſcheut
Wird keine Roſen brechen:

Aber gleich wie die allzu langſame reſolution ſchaͤdlich iſt / alſo iſt die zu geſchwinde noch viel ſchaͤdlicher / dann ſie bringt præcipitation und Schaden / ſol derohalben ein Handelsmañ in ſei - ner reſolution nit zu langſam / nicht zu geſchwind ſeyn / nit zu ungern / nit zu gern creditirn / nit zu wenig / nit zu tief in den Handel laſſen / und demK ijlieb -148CAPUT XXII. liebkoſenden Gluͤck / wann es komt / nicht zu viel trauen / vor allem aber vergnuͤgt ſeyn / dann ein unvergnuͤgtes und hitziges Gemuͤth in der Handelſchaft gar nicht taugt / ange - ſehen / gleich wie man da in Ungluͤck nicht verzagen / noch alſobald animum deſpondirn muß / alſo muß man ſich in dem geneigten Gluͤck nicht zu viel erheben / noch zu viel trau - en / medio tutiſſimus ibis; und das ſeynd die zwey Fluͤgel an dem Haupt / nun fol - gen die Zwey an den Fuͤſſen: der erſte iſt die Freyheit / dann wann Weg / Steg / und Paͤß / Handel / und Wandel durch allzu - groſſe Zoͤll / impoſten / und Hindernuſſen beſchwert / durch Monopolia, Polypolia, o - der propolia geſpert / wann ein Land durch ſchwere exaggerationen arm an Menſchen und Geld gemacht wird / zumahlen wo die Gelds-Sorten welche zum handlen und wech - ſeln noͤthig / nicht verhanden / und die uͤbri - ge kleine Sorten von Muͤntz zu geringhaͤltig / und in der Nachbarſchaft nicht gangbahr ſeynd; wo nun ſolche inconvenientien vorhanden / da zieht Handel und Wandel hinweg / und iſt vor einen rechtſchaffenen negotianten nichts zu thun / dann es iſt ihme alles ge - ſpert / und hat die Freyheit nicht / das zu thun / was er wol zu thun wuͤſte / koͤnte / und wolte: der andere fundamental Fluͤgel iſt / ein gutes Capital, dann / gleich wie manim149Von der Wiſſenſchaft deß Kaufhandels.im Sprichtwort ſaget / Ex nihilo nihil fit; und Emergunt rarò, quorum conatibus ob - ſtat, res anguſta domi; dann wann einer / zumahlen in der Handlung / auch einen En - gliſchen Verſtand haͤtte / und arm an Mit - teln waͤre / wird er doch von ſich ſelber nicht aufkommen / ſondern ſich nur nach anderer Leut Huͤlff und Mittl regieren / und ſtieren muͤſſen / eben als wie ein Schwahn / der kei - ne Fuͤß haͤtte / dann dieſer koͤnte ſich nicht umbkehren / es trehe ihn dann der Wind ohn - gefehr / auch wo er nicht hin wil / umb; ſol derohalben keiner ſich in Handel begeben / er habe dann einen fundum, Capital, und gute Mittel / die er zwar nicht alle zugleich anlegen / ſondern etwan in vier Theil theilen ſol / als einen Theil in die Handlung ſtecken / einen Theil auf ein groß Gluͤck oder Ungluͤck in der Handlung reſervirn, den dritten Theil vor ſeinen Schatz / und reſerv, und den vierten Theil vor ſeine Haußhaltung deſtinirn; dann es thut nicht gut / wann man die Hand - lungs-Gelder zu der Haußhaltung anwen - det / angeſehen man ſolcher geſtalt gar bald verderben kan: das Geld muß nun ein Han - delsmann vor die Seel in der Handlung halten / und alzeit machen / daß er damit wol verſehen ſeye / und nicht nur anſehen / wie viel er in der Caſſa liegen habe / ſondern wie viel ihme darinnen zugehoͤr / wie viel /K iijund150CAPUT XXIII. und was vor Wexel ihm kommen koͤnnen / dann wann das Sprichwort bey einem Stand wahr iſt / nemo ante finem beatus prædicandus, ſo iſts gewiß bey den Kaufleuten wahr / derer Vermoͤ - gen und bilantz man nie wiſſen kan / es liege dann auf der einen Seiten der Wagſchal die Todten - bahr: ſo viel ins geſamt von der Handlung in puncto Monopolii, & Polypolii.

CAPUT XXIII. Gleichwie erwieſen daß das Mono - polium und Polypolium durch Zuͤnfften und Kaufmanns Compagnien in den drey Staͤn - den der civil ſocietaͤt aufgehoben werde / alſo wird hier von dem Propolio und deſſen remediis gehandelt.

BIßhero nun hab ich gehandelt von zwey maͤchtigen Feinden der Civil ſocietaͤt / nem - lich von dem Monopolio, und Polypolio, derer erſtes die Volckreichheit der Gemeind / das an - dere die Nahrung derſelben mindert. Nun folget noch das dritte / nemlich das Propolium, wel - ches den dritten Theil der Civil ſocietaͤt anfein - det / verhindert / und ſchwaͤchet / nemlich die Ge - meinde ſelbſten zertrennet / und diſſipirt / dann gleich wie kurtz oben gemeldet / daß dierechte151Von dem Propolio und deſſen remedien.rechte definition einer Civil ſocietaͤt ſeyn ſol / eine Volckrekche Nahrhaffte Gemeind / und eine Republic, Land oder Stadt alsdann werde Volckreich werden / wo Nahrung / und zu leben iſt / die Nahrung aber herbey gebracht werde durch die Gemeinde / daß nemlich ein Stand von dem anderen lebe / Gemeinſchafft habe / einander die Nah - rung in die Haͤnd gebe / ja daß jeder Stand unter ſich ſelbſt einig ſeye / und jeder ſich ſo ernehre / daß er die Nahrung nicht allein nehme / ſondern ſeinem Nachbaurn gemein laſſe; wo nun ſolche Einigkeit und Gemein - ſchaft vorhanden / da iſt auch Nahrung / und wo ſich dieſe blicken laͤſſet / folget der Zulauff der Menſchen / daß alſo an dieſer Gemein - ſchafft alles beruhet / und wol heiſſet Con - cordiâ res parvæ creſcunt, diſcordiâ magnæ dilabuntur, gleich die Hollaͤnder vor die - ſem in Symbolo gefuͤhrt / wie nun dieſe Ge - meinſchafft allein in ordine der Nahrung / damit nemlich jedem ſein Stuͤck Brod gelaſſen wird / beſtehet / alſo wird ſie hingegen durch dieſes allein am meiſten hintertrie - ben / welches die Nahrung hindert / ſol - ches aber geſchicht nun negſt dem Monopolio, und Polypolio, darvon zuvor gehandelt / principaliter durch das propolium, auf teutſch / den Vorkauff: dieſem uͤbel aber iſt umb ſo viel boͤſer zuſteuren / je groͤſſeren Schein der Bil -K iiijligkeit152CAPUT XXII. ligkeit / und raiſon es hat; dann wer wil einem verwehren / daß er nicht zu rechter Zeit vor an - dern / und von der erſten Hand ein kauffe / dann darinnen beſtehet einig und allein der Vortheil eines Handelsmanns / und ſo man ſolchen ab - ſchaffen wolte / wuͤrde man den gantzen Han - del niederlegen; ſo heiſt es auch hier / gleich bey den Juriſten / Iura vigilantibus ſubveni - unt, was kann dieſer darfuͤr / daß ein anderer biß zehen Uhren ſchlaffen / und ſich das Brod / in den Mund ſtecken laſſen wil / lucrum vigilan - tibus paratur, und was dergleichen Scheinre - den mehr ſeyn / wordurch die propoliſten das propolium beſcheinigen / und defendiren: die Sache aber / weil viel daran gelegen / wil ich ein klein wenig weitlaͤuftiger außfuͤhren / und examiniren / ſage derohaben / daß frey - lich jedem / er ſeye auch wer er wolle / wil ge - ſchweigen einem Handelsmann zugelaſſen ſeye / im Einkauf ſeinen Vortheil zu ſuchen / zu rech - ter Zeit / und von der erſter Hand ein zu kauffen / auch hernach andern wiederumb zuverkauffen; dieſes aber alles macht noch kein propolium, ſondern dieſes wird ein propolium genen - net / wann durch der andern Vorkauf ver - urſacht wird / daß niemands anders zu dem frey - en propolat gelangen kan / ſondern das propoli - um in ein Monopolium lauft / alſo iſt die Oſt - Jndiſche Compagnie in Holland ein recht ſchaͤdliches propolium, nicht allein vor gantzTeutſch -153Von dem propolio und deſſen remedien.Teutſchland / ſondern vor andere umbliegende Koͤnigreich / ja vor die Hollaͤnder ſelbſt / die nicht in gedachter Compagnie intereſſirt ſeynd / dann eben auf ſie die Hollaͤnder (dann andern Nationen kan mans nicht / niſi vi verwehren) iſt die Octroy, oder privilegium gerichtet / daß kei - ner auſſer der Compagnie in Oſt-Jndien fahren / noch handeln darf / per conſequens hat die Com - pagnie das propolium, und den Vorkauf von allen Specereyen allein: Jch weiß zwar wol / was man hier einwerffen kan / nemlich daß ſol - che groſſe Koſten zu thun / nothwendig ein ge - wiſſe Compagnie muͤſſe fundirt / und darumb privilegirt werden / damit ſie nicht in ein polypo - lium lieffe / und einer den andern verderbe; aber warumb laſſen ſie in andern Dingen das poly - polium ſo leichtlich zu / da es doch viel ſchaͤd - licher / als hie / dann kein armer in Oſt-Jndien handeln kan / und kein reicher wuͤrde es thun / wann er nicht darvon Vortheil wuſte: aber ich wil mich mit dieſem außlaͤndiſchen Werck nicht lang aufhalten / ſondern nur vor unſerer Thuͤr kehren / und die drey Staͤnd in Teutſchland / den Bauren-Handwercks - und Kaufmanns - ſtand durchgehen / und ſehen / was darinnen vor propolia liegen / welche dem gemeinen We - ſen ſchaͤdlich ſeynd; dann gleich wie nicht alle Monopolia boͤß / zumalen wann ſie regalia prin - cipum worden ſeynd / auch nicht alle polypolia ſchaͤdlich / wo eine uͤber groſſe Menge der Men -K vſchen154CAPUT XXVI. ſchen / alſo ſeynd / wie bereits oben unterſchieden / nicht alle propolia boͤß / ſondern viel gut / und al - lein die jenige boͤß / und ſchaͤdlich / welche machen / daß kein anderer darzu gelangen kan / dann die propolia vielmehr in dem polypolio, als Mono - polio verfaſt / und verwand ſeyn ſollen / darumb ich auch das propolium dem polypolio bald nach - geſetzet.

CAPUT XXIV. Wie das Propolium in dem Bau - renſtand zu verhuͤten.

ANbelangent nun die Waaren / ſo der Bau - er hat / ſo lauffen darinnen freylich viel ſchaͤd - liche propolia vor / ſo wol bey dem Verkaͤuffer / als Kaͤuffer; bey dem Verkaͤuffer zwar / wann er entweder ſeinen Nachbauren zu Trutz / und Leyd / oder auß Noth und uͤbler adminiſtration ſeiner œconomiæ ſeine Waaren verkauft / und viel wolfeyler / und beſſers kaufs gibt als die an - dere / dann ſolcher geſtalt verſchlaͤgt derglei - chen Verkauffer ſeines Nachbarn Gut / und be - komt den Vorkauf / dann diß iſt der eintzige Ma - gnet den Kaͤuffer an ſich / und von andern weg zuziehen; es iſt aber ſolcher Vorkauff ein ſehr ſchaͤdlich Ding / dardurch ihrer wenige / gantzeGemein -155Wie das Propolium im Baurenſtand zu verhuͤten.Gemeinde / Handlungen / und Maͤrckte ruinirn koͤnnen; eben dieſes propolium, ſuchen bißweilen auch die Kaͤuffer / machen unter fich Vertraͤg / daß ſie nichts kauffen / noch verkauffen wollen / als umb dieſen / oder jenen Preyß / und zwingen alſo die uͤbrige / wollen ſie anders etwas loͤſen / daß ſie es alſo geben / oder zahlen muͤſſen / und die - ſes begiebt ſich gar oft in allerhand / wormit der Land-oder Baursmannn handelt / in ſpecie a - ber mit Fruͤchten / Wein / Woll / und Vieh / worinnen uͤber die maſſen viel ſchaͤdliche propo - lia vorlauffen / wie aber dieſem geholffen / oder ge - ſteuert werde / wil ich ein / oder ander remedium Exemplsweiß erzehlen / wo es nemlich practi - ciret wird. An dem Rheinſtrohm / wo die beſte Wein wachſen zu Hochheim / iſt es vor dieſem frey geſtanden jedem ſeine Wein ſo wolfeyl / und theuer zuverkauffen / wie / wann / und an wem / auch ſo viel er gewolt / man hat aber be - funden / daß derentwegen ſo bey den Verkaͤuf - fern / als Kaͤuffern viel ſchaͤdliche propolia vor - geloffen / welche demſelben gantzen Staͤdlein groſſen Schaden gebracht haben; dann die viel Gewaͤchs gehabt / haben umb Geld zu bekom - men / und viel zuverkauffen ihre Wein wol - feyler / als die andern geben / dardurch die an - dere gezwungen / fals ſie anders etwas verkauf - fen wollen / ihre Wein auch alſo wolfeyl zu ge - ben / oder gar liegen zu laſſen / hingegen die Kaͤuf - fer haben bißweilen ſelber / zumahlen die reiche /ihre156CAPUT XXIV. ihre Mitkaͤuffer zu vertreiben / durch Steigung deß Preyß die beſte Partheyen an ſich bekom - men / und mit einem Wort durch ſolchen frey - en Kauf / und Verkauf ſeynd viel ſchaͤdliche propolia eingeriſſen / derentwegen aber hat man folgende expedientz beygebracht / wann jetzunder Herbſt iſt / die Wein in den Faͤſſeren liegen / und Zeit zum verkauffen iſt / ſo wird aufgezeichnet / wie viel Fuͤder da / und in jedes Keller und Ge - walt ſeyn / auch darf niemand etwas verkauf - fen / es ſey dann der Marckt / oder Preyß ins gemein erſt gemacht / daruͤber oder darunder niemands ſeine Wein verkauffen mag / hernach erklaͤren ſich die Kaufleut / wieviel ſie Stuͤcke Wein nehmen wollen / ſolche Summe wird dann pro ratâ außgetheilt / und in jedes Keller darauf von dem Kaufmann das Stuͤck / oder ſo viel ſich Stuͤcke betragen / gezeichnet / ſolche ge - zogen / und dann ſteht es jedem frey den Reſt zuverkauffen / wie er kan / werden alſo alle pro - polia verhuͤtet / angeſehen der arme ſo wol als der reiche / und der ſo nur ein Stuͤck Wein hat / ſo wol zum Kauf komt / als der viel hat.

An andern Orten aber am Rheinſtrohm / da ſolche Ordnung nicht iſt / gehet es weit an - derſt her / die Reichen ſo viel Wein haben / und einen geringen Verluſt nicht achten / kommen zum Kauf / ja werden ſelbſten Vorkaͤuffer / und propoliſten / kauffen den armen Leuten in der Noth umb ein leichtes den Wein ab / laſſen ſol -chen157Wie das Propolium im Baurenſtand zu verhuͤten.chen liegen aufein Zeit / da er wol gilt / wann dann der arme Mann auch etwan ein Stuͤck zu - verkauffen haͤtte / ſo wiſchen ſolche herfuͤr / und ſchlagen ihn mit ſeinem eignen Schwerd / nem - lich mit den Weinen / ſo ſie vormahlen von ihnen gekauft haben / durch welche propolia dann der gemeine Mann nimmer zum gruͤnen Zweig ge - langen kan: à parte der frembden Kauffer aber geht es bißweilen auch alſo zu / daß ſie die Noth der armen Leut wiſſen / Geld vorauß auf ein gut Jahr geben / bernach den Wein umb ein Spot weg von der Kelter nehmen / oder etwan ein paar gute Stuͤck herauß ziehen / den Reſt liegen laſſen / oder ihre gewiſſe Kunten haben / von welchen ſie allein nehmen / die uͤbrige aber vorbey gehen / oder wann Geld-Mangl unter den Landleuten verhanden / den Wemen ihrem Belieben nach einen Preiß ſetzen / und ſo man ſolchen nicht eingehen wil / ſie gar ſtehen laſſen; Dieſen vielen inconvenientien nun / ſo durch dergleichen propolia, ſo bey den Verkaͤuffern als Kaͤuffern in hoc genere vorlauffen / haben ihre Churfl. Gnaden von Maͤyntz kurtzverwich - ner Zeit ingleichem ſteuren / und durch einen heylſamen Vorſchlag vorkommen wollen / nem - lich ſie haben mit unterſchiedlichen Handelsleu - ten auß Holland (welche ſich erbotten jaͤhrlich zwey Theil von allen Weinen / ſo alda am Rheinſtrohm waxen / umb ein verglichenes pre - tium zunehmen) Unterredungen / und Tracta -ten158CAPUT XXIV. ten gepflogẽ / es iſt aberunterdeſſen ſo das Erfuͤr - deriſche / als Pfaͤltziſche Weſen und Peſt / wie auch auf ſeiten der Hollaͤnder der Krieg einge - fallen / daß alſo beyde Theil ihr Vornehmen etwz einhalten muͤſſen / waͤre ſonſten dem Land ein - ber die maſſen groſſer Nutzen / wordurch nicht allein jaͤhrlich viel 100000. baar Geld ins Land kommen / ſondern auch die ſchaͤdliche propolia, ſo nun alda im Weinhandel fuͤrlauffen / aufge - hoben wuͤrdẽ / aber die Wein Juden / und propo - liſten ſo Geiſt - als Weltliche / welche ſelbiger Oꝛtẽ damit handeln / werden ſchon dieſem guten An - ſchlag alas machen / daß er auß dem Land fliehet / und zu Waſſer wird / darzu dann die Geiſtliche mit ihrem predigen / und ſchmaͤhlen auf der Can - tzel treflich befoͤrderlich ſeyn koͤnnen / zumahlen wann ſie etwas darbey intereſſirt ſeynd / bißwei - len auch nur in favorem & odium alicujus tertii, der ihnen etwan einmal oder keinmal Eſſen ge - ſchickt hat: ſo haben ſie es vor dieſem zu Wien auch mit der Ochſen-Compagnie gemacht / wel - che dem Land ein herrliches nuͤtzliches Werck war / wordurch der Frembden / und Außlaͤnder propolia gaͤntzlich abgeſchafft / und die Frembde dardurch gehalten wurden von den Jnlaͤndern das Fleiſch zu kauffen / da hingegen vormalen die Jnlaͤnder ſelbſten es von den Frembden kauffen muͤſſen / aber durch dergleichen Clamanten und ſuſurronen war daſſelbig Werck auch ruinirt / alſo da man vorhin / von der Ochſen-Compagnie dasPfund159Wie das Propolium im Baurenſtand zu verhuͤten.Pfund Fleiſch umb zwey Kreutzer haben koͤnnen / muß mans nun umb doppelt / und noch theurer bezahlen / das iſt dann die Frucht vor dem gemei - nen Mann auß dergleichen nichts nutzigen Pre - digen / dann ein ſolcher Clamant weiß viel dar - um / wie der gemein Staat ſtehet / und was den gemeinen Mann ein Stuͤck Brod zu werben ko - ſtet / wanns Eſſen Zeit iſt / ſetzt er ſich an den Tiſch und friſt / was etwan ein einfaͤltig naͤrriſch Weib ihrem Mann und Kindern heimlich entwendet / und fuͤr einen Gottslohn dahin etwan durch ih - res gleichen Magd geſchickt; aber ſolche Men - ſchen Art ſolte entweder gantz / oder gar nicht ge - ſchoren ſeyn / das iſt entweder auſſer / oder recht in der Welt / und nicht animalia amphibia ſeyn / dann wie Salmaſius ſaget / aliter catuli olent, aliter ſues: eben alſo iſt es mir mit ſolchem Geſind er - gangen / als ich einsmals an einem ſicheren Ort eine propoſition gethan / man ſolte doch das vor die ſeyden manufacturen in die Frembd gehend haͤuffiges Geld im Land hehalten / und darfuͤr die Jnlaͤnder / und haͤuffige Bettler in die Ar - beit ſtellen / rohe Seyden kommen laſſen / und zum wenigſten das Geld von der manufactur erſpahren / ob gleich der Gewinn von der Sey - den - Zielung nicht zuerhalten iſt; wol aber iſt zumercken / daß dieſe propoſition an einem ſolchen Ort geſchehen / welcher Italien ſo nah iſt / als einer ſeyn kann: aber hilff GOtt! was haͤtte ich mir dardurch alſobald vor maͤch -tige160CAPUT XXIV. tige Feinde durch eine / und andere / in dieſen Waaren handlende propoliſten gemacht / welche gleich als ein Fewer / oder ferment, nicht Grad - oder Schritt-ſondeꝛn Sprungweiß in den Geiſt - und Weltlichen Stand progreß gethan / und zwar die Herrn Geiſtliche alſo inficirt / daß die ein-und viereckichte Kappen die Ohren nicht mehr decken koͤnnen / ſie haben ſich in aprico ſe - hen / und offentlich auf der Cantzel lauter mono - polia derudiren muͤſſen / & quicquid intereà, in bellam illam veniebat buccam, tam bella enim eſt, quam cerebrum ejus; nam ſimiles habent la - bra lactucas; led aſinus melius rudit, quam can - tat, ratiocinatur, vel concionatur. Nicht beſſer war der weltliche Stand / die trefliche Herrn propoliſten / welche in dieſem genere commercii negotien thun / eben als ein Blinder / der Far - ben verkauft / eben alſo handlen ſolche Seyden - kraͤmer mit den ſeyden manufacturen / dann keiner von dieſen Geſellen hat glaub ich einen Seydenwurm / es waͤre dann ſich / wil geſchwei - gen einẽ Seyden-Arbeiter geſehen / aber den Leu - ten den Wurm zu ſchneiden / wiſſen ſie treflich. 8c. die Luft / das Waſſer hier im Land (warum nicht auch die Speiſen fuͤr die Handwercksleutẽ) ſeyn nicht gut fuͤr die manufacturen / man koͤnne ſolche nicht machen / der effect weiſe es / da wiſſen ſie dieſes / oder jenes Exempl von dieſem / oder jenem Verlaͤger / und Handelsmann / der eben dieſes zu introducieren geſucht / ſo geſcheid gewe -ſen /161Wie das Propolium im Baurenſtand zu verhuͤten.ſen / und dennoch darbey verdorben / die Sey - den wollen wachſen machen / da nur andere die auß guten Landen hergebrachte verarbeiten wol - len / zu allegiren / zumahlen wann man ſie umb Rath fraget / ob man manufactur, und wie man ſolche einfuͤhren ſol / eben als wann man den Bock fragen wolte / ob man ihn in Garten laſſen ſol / und von einem blinden Farbenkraͤmer viel ſciſcitiren wolte / wie doch die Farben / ſo er ver - kauft / bereitet werden / und außſehen / dann ſolche Geſellen haben eher eine ſ. h. Hur / Pferd oder Hund / oder kahlen Kramdiener als einem ehr - lichen einigen Handwercksmann verlaͤgt / wie kan man dann ſolche Geſellen Raths fragen / die ſelber ihrs Intereſſe wegen der Sachen feind ſeynd / nichts verſtehen / als wann es ge - macht iſt / daß ſie es verkauffen / und verpar - tirn / welches ihre einige Kunſt iſt / wann ſie ſolche noch nur einmal genugſam koͤnnen / ja nicht einmal einen terminum wiſſen von der manufactur, damit ſie handeln; ich hab aber beyde Claſſen, die Geiſt-und Weltliche mit zweyen kurtzen / und guten argumenten widerlegt / erſtlich die Geiſtliche / und be - wieſen / daß dieſe Materi von mir auf Gut - achten / und conſens meiner Obrigkeit / in Obacht genommen werde / von welcheꝛ intention ſie gar wenigen Bericht haben / angeſehen ſie nicht einmal den ſtatum cauſæ recht verſtehen / ſolcher auch nicht in den geheimen Beichtſtuel /Lwil162CAPUT XXIV. wil geſchweigen auf die oͤffentliche Cantzel gehoͤ - re / dann ohneracht ſie wol wiſſen / und ſelber verſtunden / was ſie hiervon predigten / ob es nemlich ein Mono - oder Pro polium ſeye / ſo ge - hoͤre es doch nicht auf ihr forum, ſondern gebuͤre dem Lands-Fuͤrſten zu examinieren / welcher dann auch endlich ſolches dieſen Clamanten verbotten / aber mehr auß uͤbel aͤrger ge - macht / dann ſie habens hernacher in Brie - fen gethan; Den weltlichen Stand / nemlich die / welche die impoſſibilitaͤt fuͤrgeſchlagen / und nichts als von Verluſt und Schaden ge - predigt / hab ich nur mit einem argument nicht geſcheut / ſondern ſtum gemacht / nemlich ich hab ihnen die Exempel ihrer Nachbarn von Antwerpn / Coͤllen / Franckfurt und Auſpurg / welche noch weiter als ſie von Jtalien gelegen / und doch die rohe Seyden von dorten hohlen / und verarbeiten / fuͤr Augen geſtelt: ich hab ih - nen weiter bewieſen / daß geſponnen / und ge - webt Leinwand mehr werth ſeye / als roher Flachs / und mit einem Wort / daß andere Leut darbey wol fahren / da ſie ſonſten es bleiben lieſ - ſen / welche doch ihre Nachbarn ſeyn; ein anders aber iſt eine Sache ſagen / ein anders admini - ſtrieren / und gehoͤren darzu beſondere Leut / die man haben muß / nam qui vult finem, vult etiam media; dieſes nur per parentheſin, der Clamanten wegen / quibus merito reclama - mus in puncto, ubi ne muſſitare quidem de -berent;163Wie das Propolium im Baurenſtand zu verhuͤten.berent; taceo clamare, multo minus reclama - re, ſubmiſſiſſima quidem non ſtentorea, aut o - ſtentorea voce, ut (juxtà Eralmi Moriam) jures Helleboro homini opus eſſe, dummodo juvet, etſi juxta illud Plauti toto hellebori juge - re morbus curari nequiret. Mehrere Propolia in Handlungen deß Lands - und Bauers - Manns ſeynd auch ſonſten vieler Orten ein - geriſſen / aber nachdem ſie allezeit ſehr ſchaͤd - lich / iſt man ihnen ſtetigs / und bald entgegen kommen. Jn Engeland / als man die Wuͤllen manufactur introducirt / hat man nicht zuge - laſſen / jedem ſeine Woll zu verkauffen / wo / und wie er gewolt / ſondern man hat alle Woll auf gewiſſe Plaͤtz gebracht / das Gewicht / und jede Quotam oder Parthey daran verzeich - net / hernach den gemeinen Preyß oder Marckt gemacht / und dann jedem ſeine Gelds quotam zugeſtellt; eben alſo hat man hernach mit de - nen verfertigten Tuͤchern / und Zeugen proce - dirt / die eingekaufte Woll in gewiſſe Staͤdte / Flaͤcken / und Doͤrffer außgetheilet / in gewiſſe manufacturen verarbeitet / ſolche wieder in ab - ſonderlichen Orten verſamlet / verhandelt / und das Geld pro ratâ alsdann außgetheilt; ſo gar hat die Natur die Wilden etlicher Orten in Jndien ſolche Kunſt gelehret / daß ſie nem - lich umb die propolia zuverhuͤten ihre Guͤter ins gemein verarbeiten und verkauffen | / das geloͤßte oder verhandelte aber wiederL ijunter164CAPUT XXIV. unter ſich außtheilen / oder gar ins gemein dar von leben: etliche Europæiſche Colonien in Jn - dien habens von ihnen den Wilden gelernet / und gut befunden / nemlich ſie ſamlen / und ver - kauffen / machen auch den Preyß ins gemein / was ſie entweder ſelbſt / oder durch ihre Sclaven / oder Servanten er arbeiten: und hat jeder an der gemeinen Maſſa ſo viel Part / als er Selaven oder Servanten gehabt hat / dann alſo gehn ſie viel ſicherer / und haben weniger Muͤhe / und Ungelegenheit im verkauffen / rechnen / und ein - nehmen / da hingegen unſere Europæiſche Bau - ren mehr Muͤh / manchsmal im verkauffen / als im pflantzen / und erarbeiten ſelbſt haben / kurtz / wir haben in Teutſchland / ja gar in der Nachbarſchafft / im Bierbraͤuen und Berg - wercken noch gantz friſche Exempel / und de - monſtrationen / worauß klaͤrlich erwieſen kan werden / daß keinem frey ſtehet / allein Belieben nach zuſchencken / und zuverkauf - fen / oder den Preyß zu machen / da dann ohnfehlbar erwieſen / und in der That durch die Experientz taͤglich demonſtriert wird / daß ſo viel moͤglich / die propolia zuverhuͤten ſeynd / dann dardurch die Einigkeit / und Nahrung in der Gemeind geſchwaͤcht / und nichts als Ruin der Civil ſocietaͤt cauſirt wird / alle dieſe propolia nun in Handlungen der Bauren / und Lands Guͤter / welche mei - ſten theils Victualien ſeynd / daran dochviel165Wie das Propolium im Baurenſtand zu verhuͤten.viel / und ſchier alles gelegen / iſt ſehr nothwendig / daß man darauf groſſe refle - xion mache / dann dardurch einem Land oder Stadt groſſe Theure und Mangel kan cauſirt werden; einem Land zwar / wann umb ein propolium zu machen / einer der Ge - walt hat / ſelbſten alles Getraͤid durch die darzu beſtelte Unterkaͤuffer / und Unterhaͤnd - ler heimlich durch die dritte / und vierte Hand an ſich kauſt / alſo Mangel im Land an Getraͤid verurſacht / hernach noch dar - zu verbietet / daß keines auß der Nachbar - ſchaft herein darff / daß alſo durch eine action das Getraͤid theuer / dort wolfeyl wird / da es dann am wolfeylen Ort durch derglei - chen Auffkaͤuffer eingehandelt / und an dem theuren Ort wieder verkauft wird / oder da die Unterthanen ihr eigen Getraͤid wieder ein - kauffen / und contribution gnug darfuͤr geben muͤſſen / das heiſſet wol / wie Plautus ſaget / Dii nos ſicut pilas habent, dergleichen ja noch gantz friſche Exempel man gnugſam in den Frantzoͤſiſchen Hiſtorien / zumalen in Vitâ Mazarini finden kan: eine Stadt nun kan auch groſſen Schaden leyden durch dergleichen propolia, da unter andern eine ſehr ſchaͤdliche Art eines propolii bey den Stadthoren / und auf den Wochenmaͤrckten iſt / bey den Thoren zwar / auch eine Viertlmeilwegs darfuͤr / war - ten gemeiniglich alte Weiber / und SoldatenL iijoder166CAPUT XXIV. oder Mackler auf / welche den Bauren / ſo zu Marckt fahren / aufwarten / ihnen ihre Waa - ren erſter Hand abhandeln / dann ſolche in die Stad bringen / und doppelt ſo theur verkauf - fen / auch durch ihren Vorkauf machen / daß der Bauer nicht einmahl in die Stadt komt / oder begehrt / dann er gedenckt / biß er hinein fahr / die Zoͤll unterm Thor / und auf dem Marckt bezahle / darzu noch in Ungewißheit ſeye / wie / wann / und ob er ſeine Sachen ver - kauffen werde / geht er lieber dieſen Vorkauff ein / und denckt / der erſte Kauff ſeye der beſte; alſo geſchehen auch auf den Wochen-Maͤrckten viel Vorkaͤuff / zumalen / wo keine Marcktord - nunge iſt / ſondern dem Bauren frey ſtehet / ſeine Sachen zu bieten / und zu geben / wie er wil; dann ob diß zwar eine geringe Sache zu ſeyn ſcheinet / kann ſie doch in einer gantzen Stadt ei - ne Theurung machen / welche jederman entgel - ten muß / dann die Handwercksleut / und alles ſich auch in ihren Wahren / und Manufacturen und derer pretio darnach richten; ſo iſt es auch ein ſo ſuͤſſes Gift / welches bald / und gelind in - ſenſibiliter einſchleichet / aber hernach boͤß zu e - radicieren iſt / dann in dem Preyß auffteigen / iſt gar leicht / aber im fallen wil der Landsmann ſchwer daran / alſo daß wo vor fuͤnff Jahren einmal durch ein Mißfal eine Waar aufgeſti - gen / man noch heutiges Tags / auch in wolfey - leſten Zeiten ſolches ſpuͤret / ſo ſchwer iſt derLand -167Wie das Propolium im Baurenſtand zu verhuͤten.Landmann zum abſteigen zu bringen: uͤber die - ſes lauffen auch auf den Wochen-Maͤrckten un - ter den Kaͤuffern ſelbſten viel propolia fuͤr: Erſtlich daß wo Hofhaltungen ſeynd / ſolche den Vorzug im Kauff haben / deſſen ſich dann die Hof - Einkaͤuffer bald zu uͤbernehmen wiſ - ſen / und ſub iſto prætextu vor andere einkauf - fen / welches einer Gemeind ſehr beſchwer - lich iſt / zumahlen wann auch die Edelleut / und Hofbedienten dieſes Jus propolii haben wollen / und einem Buͤrgersmann / der eine halbe Stund umb eine Sach gemerckt / nach getroffenem Kauff das Gut auß den Haͤnden reiſſen; in Leckerbißlein kans wol angehen / aber in andern Dingen / die zur Hanßhaltung noͤthig ſeynd / hinderts die Gemeind; ſo iſt auch dieſes auf den Wochenmaͤrckten ein ſchaͤdliches propolium, wann eine Parthey die andere im Kauff uͤberbietet / und alſo den Bauren theuer machen / und ſich ſelbſt Scha - den thut / einander verfolgen / trutzen / und nur Uneinigkeit / und Verbitterung in der Ge - meinde cauſiren / alſo ſeynd zu Franckfort auf dem negſten Wahltag der Spaniſch / und Frantzoͤſiſche Einkauffer an einander in Erkauffung eines Rebhuns gerahten / und einander ſo lang geſteigert / biß das Rebhun auff 1000. Kronen kommen / biß endlich der Frantzoß nachgelaſſen / aber hernach von ſeinem Herrn einen Verweiß bekommen / wie aberL iiijder168CAPUT XXIV. der Spanier den Kauf hernach allein hat / und der ander Weg gangen / hat er wie auch billig dem Bauren bezahlt / was das Rebhun werth war / im uͤberbieten aber nur ſeines Herrn reputation erweiſen wollen / welche doch je darinnen nicht beſtanden / ſondern vielmehr Verbitterung der Gemuͤter darauß erfolgen koͤnnen / iſt alſo dieſes propolium gar nichts nutz / auch nicht zu leyden / ſondern beyde Par - theyen hoͤchlich zu ſtraffen / ſamt dem Bauren / welcher uͤber / oder unter den geſetzten Marckt - Tax verkaufft / und im Verkauffen einige an - dere reflexion auff gewiſſe Perſonen / außge - nommen die prioritatem temporis, oder privi - legium propolatus von dem Marck-Meiſter haben / machet. Und ſo viel von den propo - liis, ſo in dem Land / und Bauren-Stand vorlauffen / wogegen ich zwey remedia ſetze / eines vor den Landmann / und Bauren / das andere vor die Staͤdt / und Bauren / ſo auff die Wochenmaͤrckt kommen: das erſte vor den Landmann ins gemein / iſt die Auff - richtung der Land-Magazinen / und Proviant - Haͤuſer / das andere aber iſt die Fundirung ei - ner allgemeinen Stad Speiſekammer; beyde ſeynd dem gemeinen Weſen ſehr noͤthig / und nuͤtzlich / derohalben ich gar außfuͤhrlich dar - von ſchreiben wil / kurtz hernach wann ich von den allgemeinen Mitteln handeln werde / wel - che zur Erhebung der Commercien / Handelsund169Wie das Propolium im Baurenſtand zu verhuͤten.und Wandels / auch dardurch zum Aufneh - men einer Stadt / oder gantzen Lands erfordert werden.

CAPUT XXV. Wie das Propolium in dem Hand - wercksſtand aufzuheben.

NUn wil ich vortfahren / und erzehlen / was vor propolia in dem Handwercksſtand fuͤr - lauffen / derer dreyerley ſeynd / als der propolat mit den Geſellen / andern theils mit dem Ver - dienſt und pretio der Arbeit / drittens mit der conſumption, und Kunteu: was erſtlich anbe - langet den propolat mit den Geſellen / ſo iſt es bey den Handwercken ein ſehr beſchwerlich Ding mit Foͤrderung derſelben / dann bald kan man ſie haben wann wenig zu arbeiten / bald kan man ſie nicht haben / wo viel zu arbeiten / ja wann die Geſellen manchsmal wiſſen / daß der Meiſter am noͤthigſten zu arbeiten / und nun im Sommer etwas zu verdienen geb / ohneracht ſie ihm den gantzen Winter auf dem Hals ge - legen / gehen ſie doch vort / wann ihnen der Meiſter nicht alles genug gibt / welches billig zuſtraffen waͤre an ſolchen Buben / dann kein rechtſchaffener gewiſſenhaffter Geſel /L vder170CAPUT XXV. der auch einmal gedencket Meiſter zu werden / thuts / ſondern nur Holluncken / die hernach im Land herumb bettlen lauffen / und nichts im Maul / und Beutel haben / als ihre Handwercks privilegia, und hoͤchſtſchaͤdliche Freyheiten / ſol - chẽ Muthwillen nun / ſolte man billig durch an - dere Ordnungen abſchaffen / und die Ubertretter ins Zuchthauß ſetzen / ich ſage nicht / daß die Ge - ſelleu nicht reiſen / noch wandern ſollen / ſondern daß ſie nicht Macht haben ihrem Belieben nach auf zuhuͤpfen / und dem Meiſter alſobald den Stuel vor die Thuͤr ſetzen / welches ſie wol wuͤrden bleiben laſſen / wann ſie nicht ein heimlicher propolat darzu animirte, das iſt / wann ſie nicht wuͤſten alſobald anderwerts Arbeit zu bekommen / wann ſie nur umbſchi - cken; dann das Abſpannen deß Geſinds wider das zehende Gebot / iſt leyder gar zu gemein unter den Handwercksleuten / in deme der eine das gantze Hauß vol mit Geſellen hat / der andere kaum einen bekommen kan / wie - wol nun etliche Handwercke ſelbſten geſehen / daß es alſo nicht gut thut / und dieſer geſtalt ein Meiſter dem andern zu Trutz und Ver - derben alle Geſellen durch Uberbiettung an ſich allein ziehen werde / derhalben in ihren Handwercks-Reguln gewiſſe Geſetze ge - macht / wieviel ein / oder ander Meiſter Ge - ſellen foͤrdern / und halten darff / ſo iſt doch dieſem Werck und incommodo dardurchnoch171Wie das Propolium im Handwercksſt. auf zuheben.noch bey weitem nicht geholffen / wie ich im puncto vom Werckhauß demonſtriren werde. Die andere Art vom propolio unter den Hand - wercksleuten iſt im Verdienſt / und pretio; dann entweder machen die Zuͤnfte unter ſich Vergleich / daß ſie ſo / und ſo / ihre manufa - cturen / und Arbeit geben wollen / ja machen gar compacta bey Schelmen ſchelten / und un - ehrlich machen / wann einer unter dem ver - glichenem Preyß ſeine Arbeit gebe; oder wo ſolche Vergleich nicht ſeynd / gibts jeder ſeinem Belieben nach / und der dann Luſt / und Mittl hat / gibt die Arbeit wolfeyler / verdirbt dar - durch die andere / welches dann Verbitterung unter den Neben-Meiſtern / ja endlich gar Mord und Todſchlag verurſacht / wie ich deſſen / wann ich Weitlaͤuftigkeit gebrauchen wolte / etliche memorable Exempel erzehlen koͤnte: wie nun mit dem Verdienſt / pretio, und An - dingen / auch Schaͤtzung der Arbeit bey den Handwercksleuten eine Expedientz koͤnne ge - funden werden / da ſo wol ſie / als die mit ih - nen zu thun haben / zu frieden ſeyn koͤnnen / weꝛde ich demonſtriren in puncto vom Werckhauß. Die dritte Art von dem propolio unter dẽ Hand - wercksleuten iſt die Gewinnung / und Abſpan - nung der Kunten / welches ein ſehr boͤſes / aber doch unter den Handwercksleuten gemeines Thun iſt / deme umb ſo viel uͤbler zu helffen / je freyer es in jedes Hand / und Gewalt ſtehet /hie /172CAPUT XXVI. hie / oder da / dort / oder bey jenem zu arbeiten laſſen / ſo mag auch ein jedweder Handwercks - mann ſehen / und ſuchen / wie er durch gute / und wolfeyle Arbeit gute Kunten / und Kaufleut bekomme / aber daß darunter kein dolus ſtecke / und er nur ſo lang ſolches thue / biß er die Kunt - ſchaft an ſich bracht / und andere verdorben / und vertrieben hat / hernach mit den andern auf einer Leyren bleibe / und iſt ohne diß das gemeine Sprichtwort / neue Beſen kehren wol: man hat zwar dieſe Expedientz bey der - gleichen Begebenheiten / daß keiner deß an - dern Kunten annimt / der vorige Meiſter ſeye dann erſt bezahlt / aber dardurch iſt der Sa - che noch nicht geholffen / wie ich in puncto von Anſtellung eines allgemeinen Werckhauß / welches ich vor das eintzige remedium wider alle propolia, und inconvenientien der Hand - wercksleut ſtatuire, klaͤrlich erweiſen werde / wann ich von den ſey Mitteln / darvon oben - gedacht / kurtz hernach handlen werde.

CAPUT XXVI. Von dem Propolio in dem Kaufhan - del / in ſpecie in den Commercien / und negotien.

Nun173Von dem Propolio in dem Kaufhandel / ꝛc.

NUn folgen die propolia, ſo in dem dritten Stand / nemlich unter den Kauff-und Handelsleuten fuͤrgehen / und ſeynd ihrer mehr / als in den vorigen zwey Staͤnden; es ſeynd a - ber ins gemein fuͤnff: das erſte propolium, ſo dem Handel Schaden thut / verurſachen die Juden / das andere die in dem Land herumb vagierende Baͤndlkraͤmer / Spazecamin, Fran - tzoſen / und Welſchen / das dritte propolium beſtehet in den Meſſen und Jahrmaͤrckten eines Orts / das vierte in der Niderlag / das fuͤnfte machen die Kauf - und Handelsleut unter ſich ſelbſt; das erſte nemlich die Juden anbelangent / ſo iſt gewiß / daß ſelbige Leut der Gemeind hoͤchſt ſchaͤdlich ſeynd / wo ſie hinkommen / al - len Handel miſchen / und verderben / dann ſie ſeynd Leut / welche auf einen Heller gehen / Kraft deß Reichsſchluß groͤſſer Intereſſe nehmen darf - fen / durch ihre Schmiralia intrant bey der Obrig - keit ſeyn / die revers, ſo ſie den andern Kauffleu - ten nicht zum Schaden zu handlen gegeben / nicht halten / heimlich alles außlauffen / und wo ein Heller profit zu thun / den Chriſten vor dem Mund wegnehmen / lieber mit Schaden kauf - fen / und verkauffen / als die Chriſten etwas ge - winnen laſſen / liederlich / und gantz gering le - ben / keine rechte / noch ehrliche Haußhaltung fuͤhren / derohalben ihre Sachen beſſers kauffs geben koͤnnen / die verdorbene Guͤ - ter zu reparieren / und an Mann zu bringenwiſſen /174CAPUT XXVI. wiſſen / und ſchier allen Handel an ſich ziehen / und ſich mit einmiſchen / ſie handlen mit Wein / Brandwein / Fleiſch / Schmaltz / Seyden / Leinen / Tuͤcher / und Buͤcher / ja was noch mehr iſt / ſo haben ſie nicht allein das propo - lium hierinnen / ſondern auch etlicher Or - ten das Monopolium: zu Venedig verkauffen ſie allein den Schnuptaback / anderer Or - ten den Trincktaback / da doch kein Ding iſt / den Chriſten eher damit zu vergeben / als der - gleichen Waaren; auch ſeynd ſie nicht allein zufrieden mit den Staͤtten / ſondern lauffen das gantze Land auß / mit einem Wort / wo Ju - den ſeynd / da iſt vor die Chriſtliche Kaufleut wenig zu thun / dann ſie haben das propolium, und koͤnnens haben / dann ſie koͤnnen umb einen Kreutzer leben / da ein Chriſt nit mit einem Ba - tzen kan zukommen / thun alſo die Juden nit al - lein den Chriſtlichen Kaufleuten / ſondern auch den Chriſtlichen Kaͤuffern Schaden / welche ſie mit liederlicher Waar beluͤgen / und betruͤ - gen: das eintzige iſt / was die Juden - Pa - troni vorwenden / nemlich die Juden thun den benoͤhtigten Chriſten viel guts / indem ſie ihnen auf Pfaͤnder leihen / und auß ihren noͤthen helffen / ſc. wie der Teuffel den Zau - berern auch hilfft / wann er ſie auß der Ge - faͤngnus bringt / oder Geld gibt / nemlich daß er ſie nur allzeit mehr auf ſeine Seiten bringet; die Jtaliaͤniſche Republicken ver -ſtehen175Von dem Propolio in dem Kaufhandel / ꝛc.ſtehen auch die Regierung / ſo ſie es vor g[u]t befunden / wuͤrden ſie gewißlich dieſes Pfand - leyhen den Juden nicht genommen / und ih - re Montes pietatis darfuͤr aufgerichtet haben / welche das eintzige / und beſte Mittl dar - fuͤr ſeynd; was aber eigentlich ein Mons pietatis ſeye / wie er angerichtet / beſtellt / und adminiſtriert werde / und worinnen er eigentlich beſtehe / wil ich unter den ſex Mit - teln hernegſt abſonderlich handeln / nunmehr aber zu der andern Art von propoliis ſchreiten / nemlich zu den Landlaͤuffern / den Friaulern / Spazecamin, und Frantzoſen / welche ihre Kraͤm auf dem Buckel durch gantz Teutſchland tragen; dieſes Volck / und Landlaͤuffer ſeynd der Gemeinde / und buͤrgerlichen Kaufleuten ſehr ſchaͤdlich / indeme ſie als halbe Bettler aller Orten Zollfrey ſeynd / und durchgehen in Flecken / und Doͤrffern / die Bauren mit ihren nichts nuͤtzigen Waaren / Quintl / und Loth / auch Ehlen weiß verſehen / und ſie alſo / daß ſie nicht in die Staͤdte kommen / abhalten / ſo lauffen die Frantzoſen gantz Teutſchland durch mit ih - ren Baͤndern / Scheren / Kaͤmmen / und Meſ - ſern / die Friuler / mit Specereyen / und materiali - en / die Welſche mit Citronen / Pomerantzen / an - dere haben etwan aufeinem Eſel ein paar Stuͤck Tuch / und meſſen ſolches mit halben Ehlen auß / welche alle nit allein den Kaufleuten in Staͤdten groſſen / und eben ſolchen Schaden thun / als die umlauffende Stuͤmpleꝛ dẽ Handweꝛcksleutẽ / ſon -dern176CAPUT XXVI. dern ſie ſeynd auch rechte emunctoria, und ziehen das Geld auß dem Land / betruͤgen die Leut bene - bens evidenter, dann es iſt unmoͤglich / daß ein ſolcher Landlaͤuffer die Waaren ſelbſten à fonte hohlt / und kauft / auch lohnts die Wenigkeit derſelben nicht / noch hat er Mittel / ſondern traͤgt bißweilen ſein gantz Capital auf dem Bu - ckel / muͤſſen derohalben mit verdorbenem Gut nothwendig die Leut betruͤgen / dann ſie biß wei - len dardurch ſo reich werden / daß ſie endlich fuͤr - nehme Handelsleut / ja gar Freyherꝛn werden / ut docent exempla noſtri temporis, aber hinder dieſem Wercke / welches nicht allein per ſe ein haͤßliches / und hoͤchſtſchaͤdliches propolium iſt / ſteckt noch ein anders ſecretes propolium, nem - lich etlicher reicher / fuͤrnehmer Kaufleut / welche ſolchen Landlaͤuffern Unterſchleif / die Waaren / und Mittel geben / ſolchen vom Verdienſt ein ge - wiſſes machen / und alſo unter dieſer Larve in dem Land ihre Guͤter verkauffen / und mit ihren Neben-Kaufleuten ein heimliches unbilliges propolium ſpielen / aber das beſte Expediens iſt / ſolchen Landlaͤuffern die Waaren genom - men / zum Land hinauß gejagt / zuvor ſcharpff examinirt / und ſo ein propoliſt in einer Stadt mit unter der Decken liegt / denſelben geſtraft / dann ob man gleich meinen ſolte / daß / weil dieſe Landlaͤuffer kleine Kraͤm haben / ſie wenig loͤſen koͤnnen / ſo iſt es doch damit beſchaffen / als wie mit einem groſſen Zuber vol Waſſer / der viel kleineLoͤch -177Vom Propolio in Commercien, &c. Loͤchlein hat / dann ſingula collecta iuvant, und zwey mal 2. macht vier / 2. mal vier acht / alſo daß ſolcher Zuber bald wurde außgelauffen ſeyn / ein anders iſts / wo in dem Handel das polypo - lium wegen uͤber groſſer Menge der Menſchen / und conſumption zugelaſſen / und die Handels - leuth und Buͤrger nicht ſo ſehr / als in Teutſch - land / beſchwert ſeyn / da moͤgen ſolche Laͤuffer gleichwol lauffen / und dem Kauffer ihre Wah - ren einſingen / tringen oder pfeiffen / in Teutſch - landt aber ſeynd ſie hoͤchſtſchaͤdliche propoli - ſten / zumalen weils noch darzu mehrern theils Außlaͤnder ſeynd / keine Buͤrgerliche Beſchwer - den tragen / hingegen Jaͤhrlich viel tauſend auß dem Landt tragen. Die dritte Art vom propo - lio in der Handelſchafft beſtehet in den Jahr - maͤrckten / oder Meſſen / auff Lateiniſch nun - dinæ, à nono die, dann man zu Rom allzeit den neundten Tag Wochenmarckt gehalten hat / daß es aber Teutſch Meß heiſſet / kombt her à mittendo, weil man alsdann die Guͤter und Gelder hin und her ſchicket / die Meſſen nun ſeynd darumb angeſtellt / daß erſtlich die Landt - und Statt-Leuth Freyheit haben von den Frembden zu kauffen / iſt zumalen dahin ange - ſehen / daß man die Jnlaͤndiſche Kauffleuth im Zaum halte / damit ſie nicht ſich uͤbernehmen / und wann ſie wuͤſten / daß kein Jahrmarckt waͤre / den Jnlaͤndiſchen Kauffer groͤblich mit dem Preyß verfortheileten / und uͤberſetzten / darumb hat man durch die Jahrmaͤrckt dieſemMWerck178Caput XXVI. Werck remediren wollen / aber ein Loch zuge - ſtopfft / das andere hingegen groͤſſer gemacht / wie ich hernach erweiſen werde / andern theils ſeynd die Meſſen auch darumb / daß die frembde Kauffleuth Außlaͤndiſche neue Wahren brin - gen / welche man auſſer der Meßzeit nicht ha - ben kan / und daß die Jnlaͤndiſche Kauffleuth / welche nicht Mittel haben / ihre Wahren ſelb - ſten à fonte zu holen / ſolche allda von den Frembden kauffen moͤchten. Dieſes ſeynd nun die Urſachen der Meſſen / darumb man ſelbiger Zeit abſonderlich privilegirt, und das polypo - lium gantz frey laͤſſet / da jeder kauffen und ver - kauffen darff / wer nur wil / und etwas hat / aber in Warheit / wann mans recht beſiehet und betrachtet / ſo ſeynd die Meſſen und Jahr - maͤrckte einer Gemeind ſehr ſchaͤdlich / dann wie ich hernach in puncto von der Niederlag erweiſen werde / ſo machen ſie / daß die Jnlaͤn - diſche Kauffleuth ſich darauff verlaſſen / daß man ihnen die Wahren zu ſelbiger Zeit brin - get / alſo ſie ſolche nicht ſelbſten à fonte holen / ſondern alsdann von der dritten und vierdten Handt kauffen / alſo verſicht Nuͤrnberg ſchier gantz Teutſchlandt auff den Meſſen / mit Spe - cereyen / da ſie doch ſolche ſelber erſt von der drieten Handt kauffen / unter deſſen aber durch die Meſſen gleichwol das propolium haben / ſeynd alſo die Meſſen wider die fundamental Regul der Kauffmanſchafft / alwo ſtehet / daß ein Handels-Mann ſeine Wahren von dererſten179Vom Propolio in Commercien, &c. erſten Handt ſelber holen / und nicht auff den Meſſen ſich ſolche von der dritt und vierdten Handt erſt bringen / und zufuͤhren laſſen ſoll / dann dieſes Fuhrlohn kombt dem Kauffer theuer an. Vor das andere / ſo verlaͤſſet ſich auch der Jnlaͤndiſche Kaͤuffer / Buͤrger und Bauer auff die Meſſen und Jahrmaͤrckt / ſpa - ret / was er zu kauffen hat / biß dahin / und weil es ohne das heiſſet / Natura hominum eſt novi - tatis avida, ſo gefaͤllt ihm der Frembden Wahr beſſer / als der Jnlaͤndiſchen Kauffleuth / gibt alſo das Gelt dahin / und goͤnnets den Fremb - den vor ſeinen mit-Buͤrgern / und Landts - Leuthen / zumalen wann er es etwan was wol - feylers bekombt / welches die frembde Kauff - Leuth wol thun koͤnnen / dann es traͤgts ihnen die Maͤnge auß / unter deſſen ſitzet der Jnlaͤn - diſche Kauffmann das gantze Jahr uͤber / traͤgt Buͤrgerliche Beſchwerden / und loͤßt / wann hernach was zu loͤſen iſt / nimbt ihme die Meß vorm Maul hinweg. Schlieſſe derohalben / daß die Jahrmaͤrckt vor die Jnlaͤndiſche Kauff - Leuth ein ſchaͤdliches propolium ſeyen / und daß die Meßfaule Jnlaͤndiſche Kauff-Leuth mache / dañ wo man was hinbringt / iſt ein Zeichen / daß Mangel daran ſeye / und die Jnlaͤnder ſo faul / ſo arm / oder ſo unverſtaͤndig ſeyn / und ſolche nit holen / ſondern ſichs andere bringen laſſen wol - len / derohalben ſiehet man in realen groſſen Han - del-Staͤtten nie keine Jahrmaͤrckt noch Meſſen / dann es iſt alle Tag allda Jahrmarckt und Meß /M ijin180Caput XXVI. in deme man alles da findet / was man haben wil / und an ſtat / daß auff unſern teutſchen Jahrmaͤrckten die frembde Kauffleuth Wahren zum verkauffen bringen / holen und kauffen hingegen allda die Frembde ihre Wahren erſter hand ein / wann es nun eine Statt ſoweit ge - bracht hat / ſo darff ſie der Meſſen freylich nicht / hoͤren auch die ſchaͤdliche Meſſen von ſich ſelb - ſten auff / (dann es wil keiner Waſſer in Rhein / noch in die Donau tragen /) und fangen die nutz - liche taͤgliche Meſſen an / nemblich / daß die Frembde zwar dahin kommen / aber mehr zum einkauffen / als verkauffen. Dieſe Art von Meſ - ſen nun iſt den vorigen Alten gantz zuwider / dann durch die bißhero gebraͤuchliche Meſſen werden Jaͤhrlich viel tauſend auß dem Landt ge - zogen / aber durch dieſe werden ſoviel hingegen gebracht. Wie derhalben die ſchaͤdliche Jahr - maͤrckt abzuſchaffen / und die nuͤtzliche auffzu - bringen ſeynd / werde ich weiſen / wann ich unter den vorerwehnten ſechs Mitteln in puncto von einem allgemeinen Kauffhauß / oder fontico bald hernach handeln werde / ein anders aber iſts mit Jahrmaͤrckten / welche ſolche Guͤter concernirn, die man zu gewiſſen Zeiten kauf - fen muß / und ſich nicht laſſen auffſchieben / noch in der Zeit und Ort tranſportirn, als die Wein - Korn-Seyden-Woll - und Vieh-Jahrmaͤrckt / welche die Natur nur an gewiſſe Ort verleget / und ſich nicht verſetzen laſſen. Die vierdte Art von propoliis in der Handelſchafft ſeynd dieNieder -181Vom Propolio in Commercien, &c. Niederlagen / derer dreyerley ſeynd / nemblich / der Guͤter Stappel / und propriè & impropriè dicta die Niederlag / der Guͤter Stappel / oder das Stappel-Recht / iſt anfangs ex Jure gen - tium herkommen / und darinnen beſtanden / auch eines theils noch beſtehet / daß die Guͤter / ſo bey einer Statt vorbey / oder durchgehen / wann man derer allda beduͤrfftig / ſoviel zum Gebrauch vonnoͤthen / auffgehalten / abgeladen / und be - zahlt werden / dann es iſt natuͤrlich / daß der jeni - ge / ſo Brot von noͤthen / keines wird Frembden zu / und durch ſein Landt ſich vorbey fuͤhren laſ - ſen / da er es ſelber braucht / bezahlen und kauf - fen wil / proximum enim quiſque ſibi, præſer - tim etiam Jure territorii, allhier aber iſt noch eine Frag / wie viel er daran zubezahlen ſchul - dig / dann es iſt gleichwol einem Kauffmann ungelegen / dieſem oder jenem / der im Weg liget / und nichts gewiſſes beſtellt / (ja nur darumb am letzten Ort / wo die Guͤter hin ſollen / ſolche auffhalten / und eine Notturfft hiervon machen koͤnte / nur darumb / damit er ein propolium haͤtte / und ſolche Guͤter hernach ſelbſten da ver - kauffen koͤnte) zu gefallen ſein Gut zuverkauf - fen / ich halte darfuͤr / daß der Kauffer ſoviel dar - fuͤr zu geben ſchuldig ſeye / als der Verkauffer an dem Ort loͤſen kan / da er es gedacht hinzu - bringen / doch cum exceptione, daß der Ver - kauffer durch Entfuͤhrung ſolcher Guͤter keine Theurung / und gemeines propolium mache / dann wo er auch die Nottuͤrfftigkeit ſolcherM iijGuͤter182Caput XXVI. Guͤter vor die Jnlaͤnder gehoͤrig / hinweg fuͤh - ret / iſt man ihm nicht mehr zu zahlen ſchuldig / als was im Land gangbar / aber wañ er den Uber - fluß der Guͤter verfuͤhrt / muß man ihm zahlen / was er anderwerts darfuͤr haben kan / wiewol er beweiſen muß / wo er ſie hinfuͤhrt / wie der cur - rente Preyß dort laufft / andern theils aber wird das Stappel-Recht nun anders genom̃en / nicht allein / daß auch ohne Satzung eines Preyſes / ſoviel eine Stappel-Statt vonnoͤthen / vor den vorbey gehenden Guͤtern auffhaͤlt / bezahlt / und nimbt / ſondern daß ſie auch alles behalten und auffhalten / hernach per propolium ander - werts / auch wo der erſte hin gewolt / verhan - deln mag / und ſo ſie ſolches nicht thun kan / gleichwol ihr Jus zu exereiren / muß man die Guͤter abladen / drey Tage offentlich zum Ver - kauff ligen laſſen / und ſo es dann der Stappel - Statt beliebig / wird es eben durch dieſelbe / gemeiniglich aber durch der Stappel-Statt Schiffleuth / worauff es angeſehen / verfuͤhrt / die Urſach dieſes Stappel-Rechts iſt / daß der Handel nicht einem Orth allein zugelaſſen / ſon - dern auch andern mitgetheilt / und durch Ein - und Abladung / auch Verfuͤhrung und Wechs - lung der Schiffe / unterſchiedlicher Orthen Un - derthanen ernehrt werden / die intention iſt wol gut / wann es allen Staͤtten zu gut kaͤme / aber ſo ſcheinet es / daß die Stappel-Staͤtt vor den andern propolia haben / den Handel nicht wenig hindern / und in der That groſſe Ungele -genheit183Vom Propolio in Commercien, &c. genheit machen / zumalen wann Bettel-Staͤtt Stappel-Staͤtt ſeynd / die es zwar am meiſten wegen ernehrung der armen Leuth vonnoͤthen / aber am wenigſten von den Guͤtern ziehen / und alſo nichts thun / als nur die Handlung hindern koͤnnen / wie ich ſolcher Staͤtte viel allegiren koͤndte / es haben ſich auch dieſes angemaſten Stappel-Rechts wegen ſchon oͤffters die dar - zwiſchen ligende Staͤndt und Staͤtt beklaget / die Stappel-Staͤtt auch ſelbſten geſehen / daß es nicht wol gehen koͤnne / derentwegen mit Zu - laſſung der Marck-Schiffe eine Expedienz ge - funden / wormit es ſich verhaͤlt / als wann auff den Poſten eine hingehende mit der hergehenden wechſelt / nach dem Stappel-Recht / welches eine Art von einer Niederlag iſt / folget die Nie - derlag propriè dicta, das aber iſt eigentlich eine Niederlag / wann die Meß-Leuth auff den Jahr - maͤrckten geweſen / ihre Guͤter nicht alle verkauf - fen koͤnnen / aber dannoch nicht zuruͤck fuͤhren / ſondern auff den nechſten Marckt da ſtehen laſſen wollen: hernach nennet man auch dieſes Nieder - lagen / wann eine groſſe Wahr oder manufactur nur an einem Ort in dem Landt zum verkauff ge - bracht / und nieder gelegt / alsdann hernacher ent - weder auff den Maͤrckten verkaufft / oder weiter verfuͤhrt wird / als da iſt Eyſen / Seyden / Wolle / Wein / irꝛden-Geſchirꝛ: in China / Porcellan / und was dergleichen Dinge mehr ſeynd / welche Art von Niederlagen dem Landt nicht ſchaͤdlich ſeynd / dann ſie zielen Volck und Nahrung /M iiijHauß -184Caput XXVI. Haußzinß und Laden / Kauffer und Verkauf - fer an einen Ort / und iſt gut / daß ein Landt alſo abgetheilt wird / daß jede Statt und Flecken darinnen etwas ſonderliches zuthun haben / wel - ches man dann in Franckreich und Engellandt abſonderlich in obacht nimbt / aber es iſt doch darbey zu mercken / daß durch dergleichen pro - polia kein Monopolium cauſirt werde / dann ſonſten waͤren ſie ſchaͤdlich. Die andere Art von Niederlagen impropriè dicta beſtehet eigentlich in einem perfecten propolio, nemblich in parti - cular Kauff-Haͤuſern etlicher abſonderlicher / und diverſer nationen Kauffleuth / alſo haben zu Stockholm die Moſcowiter / zu Conſtanti - nopel / Jspahan / Venedig / Paris / Amſterdam / Juden / Griechen / Perſianer / Armenianer / Teutſche / Welſche und Frantzoſen ihre Kauff - Haͤuſer und Niederlagen / allwo ſie ihres Lan - des-Art Guͤter / und manufacturen hin brin - gen / damit handeln / ſelbſten darinnen wohnen / eine communem maſſam, und einen Conſulem unter ſich machen / welches alles umb guter Ord - nung / Erhaltung der Commercien / Unter - ſcheid der Nationen und Guͤter / auch zu beſſe - rer defenſion, manutenirung und Erhaltung jedes / der in ſo ferne Laͤnder handeln wil / geord - net iſt / deſſentwegen auch ſolche Niederlage pri - vilegien, und manutenenten von der Obrigkeit empfangen haben / und dieſes iſt die rechte und final intention, dieſer Art von Niederlagen / welche man darumb privilegirt, damit man denHan -185Vom Propolio und Commercien, &c. Handel erhaͤlt / und ſolche in den Niederlagen Intereſſirte, entweder ihrer Nation Wahren bringen / oder derſelben Nation / da ſie ſeynd / Jnlaͤndiſche Guͤter abhandeln / worbey doch zu wiſſen / daß ſolche in der Niederlag intereſ - ſirte nicht ſelbſt unter ſich Geſaͤtze machen / und ihr Privilegium in ein monopolium verkehren muͤſſen / wann ſie keinen andern / als nur eine gewiſſe Zahl in ihre Compagnie laſſen / und da - hin zu handlen vergoͤnnen wollen / dann dar - durch foͤrchten ſie / wuͤrden ihre Wahren wol - feiler / hingegen leiden die Kaͤuffer ſelbiges Orts Theurung und Schaden. Bey dieſer Art von Niederlagen gehet mir folgendes zu Gemuͤthe / Jch laſſe wol zu / daß ſolche Niederlagen in der Frembde / und weit entlegenen Orten den Han - del zu manutenirn gut ſeynd / zumalen wo das polypolium zugelaſſen / wiewol ſie noch wider die allgemeine Regul der Kauffmanſchafft lauf - fen / nemblich / man ſoll ſich die Guͤter nicht bringen laſſen / ſondern ſelbige ſelbſten holen / alſo ſolche zugelaſſene Niederlagen / gleich die Jahrmaͤrckte noch Zeichen eines Muͤßiggans der Jnlaͤnder / wo ſie zugelaſſen werden / ſeynd / zumalen wann ſich die Intereſſirte der Nieder - lag ihres Privilegii uͤbernehmen / minutim ver - kauffen / ja ſelbſten Jnlaͤnder / und nicht Auß - laͤnder ſeynd / und ſo es gleich zum theil Außlaͤn - der / handeln ſie doch nicht mit ihrer Nation / ſondern gantz mit andern Wahren / welche ſie auch nicht einmal von der erſten / ſondern vonM vder186Caput XXVI. der dritten und vierdten Handt / ja gar von den Nachbarn ſelbſt erkauffen / welches gleichwol wi - der intention deß Privilegij der Niederlag iſt / dañ zumalen bey uns in Teutſchlandt haben die Nie - derlagen dahero ihren Urſprung gehabt / daß / als unſere Teutſche noch vermeint / Ambſter - dam / Pariß / Londen / Venedig ſey auſſer der Welt / an dem Caponon und ne ultrà, auch der Handel gar in ſchlechtem Lauff / ſondern daſſel - big ſæculum vielmehr Martiale war / da hat man die frembde Kauffleuth eingeladen / ihnen Privi - legia ertheilt / und durch alle Weiß und Weg herzu gelocket / nun ſich aber die Zeiten geaͤn - dert / und unſere Teutſche ein wenig frembde Lufft geſpuͤhrt / iſt ſich warlich gar nicht zube - foͤrchten / daß niemands ohne privilegia ſolcher Niederlag in ein Landt auß der Frembde han - deln werde / wann er nur weiß / daß was allda zuverkauffen iſt / es iſt gar nicht noͤhtig / daß man durch ſolche Niederlags-privilegia Ketzer in ein Landt ziehe / ihnen den ſchaͤdlichen propolat in die Haͤndt ſpiele / und die Jnlaͤndiſche Buͤrger verderbe / unter dem prætext, wann mans nicht thaͤte / ſo wuͤrde kein frembder Kauffmann ins Landt kommen / und man keine frembde Wahren zu kauffen koͤnnen bekommen. Jch ſetze nun auff die ſeit / ob man ſolche frembde Wahren eben haben muͤſſe / und da man ſie haben muß / ob man ſie nicht ſelber den Jn - laͤndiſchen zu holen / und die Fracht und Vor - kauff vergoͤnnen ſolte / ſondern ſage nur / manſoll187Vom Propolio in Commercien, &c. ſoll machen / daß der Buͤrger / Handwercks - Landt - und Bauers-Mann Luſt habe / vor viel hundert tauſend die weitentlegneſte fremb - deſte Wahren zuerkauffen / (er wuͤrde aber Luſt bekommen / wann man darfuͤr machte / daß er Gelt haͤtte / oder da ers hat / daß mans ihm ließ /) und alle privilegia der Niederlag caſſiren, ſo bin ich doch vergewißt / daß es an Kauffleuthen und Verkauffern nicht ermang - ten / ſondern ſolche durch einen guͤldenen Magnet deß Gewins ſogern dahin uͤber Landt / als mit Leib und Lebens-Gefahr in die aͤuſerſte Theile von der Welt uͤber Seekommen / und verkauffen / ja daß ſie ſolches thun doͤrffen / noch bitten / und mit einander certiren wer - den / als nun Hollandt mit Engellandt umb Jndien thut / ſeynd alſo forchtſame Hafen / die ſich hiervor foͤrchten / und mali - tioſe Fuͤchſe / die foͤrchten machen / von einer Sache / die / wann ſie geſchehe / dem Landt der groͤſte Rutzen waͤre / dann (wann es ja darzu kaͤme / daß die Frembde nicht mehr kaͤmen / da es aber keine Noth ha - ben wird / dann ein Kauffmann vor die Porten der Hoͤllen gienge / wann er was allda zuver - kauffen wuͤſte /) gleich wie ein Kind nimmer ſelber eſſen lernet / wann man ihme allzeit gibt / ſondern der Hunger / und die gegen - waͤrtige fuͤrgeſetzte Speiſe / aber der abweſende Geber es ſelber zuzugreiffen heiſt / und lehret / alſo werden auch nimmermehr die Jnlaͤnderdie188Caput XXVI. die Wahren ſelber holen / und alſo zu rechtſchaf - fenen Kauffleuthen werden / ſolang eine Nieder - lag an einem Ort iſt / dann durch ſolcher Nieder - lag propolium werden andere Frembde ge - ſchlagen / daß ſie nicht hinkommen / die Jnlaͤn - der aber abgehalten / daß ſie die Guͤter nicht ſel - ber holen / ſondern gezwungen gleichſam von dieſen propoliſten nehmen muͤſſen / welche ſich groſſirer ruͤhmen / und daß ſie ihre Guͤter von der erſten Hand / und auß ihrem Vatterlandt holen / welches alles erlogen / dann ſie verkauf - fen minutim, verderben den armen Buͤrger / er - kauffen dergleichen Wahren von den Buͤrgern ſelbſt / und nicht von der dritten / ſondern der ſechſten Handt / nicht auß ihrem Landt / ſon - dern in der nechſten Nachbarſchafft / alſo nicht allein mit denen in der Frembde fallenden Guͤ - tern / ſondern auch mit den Jnlaͤndiſchen pro - polia treiben / und die Buͤrger vertreiben / zum theil auch ſo wenig Außlaͤnder / als die all - dorten geborne Juden Hieroſoly mitaner ſeynd / ob ſie gleich Judenſchlappen tragen. Ob es nun der Muͤhe lohne / daß man umb ſolcher abuſen, und etlicher wenig Menſchen der Nie - derlag wegen Statt und Landt verderben / den Buͤrgern ihr ſtuͤck Brot nehmen / ſie als Frembde in ihren Ketzereyen privilegire, die Landtleuth aber darumb auß dem Landt jage / iſt auß vorhergehenden motiven zu ſchlieſſen. Jch kans nicht begreiffen / wiewol es dieſen in Kopff wil / die vielleicht argenteum aſinum incere -189Vom Propolio in Commercien, &c. cerebro juxtà illud Hieroglyphicum Pierii aureum bovem in ore haben. Einmal iſt es ein ſchaͤdliches propolium, dann ein jeder ehr - licher Buͤrger und Handelsmann gedenckt / wie wil ich gegen dieſe groſſirer auffkommen / ſie holen ihre Wahren auß ihrem Vatterlandt à fonte, haben aller Orten Kundtſchafft / ſtehen in Compagnie fuͤrnehmer Handels-Leuth / ha - ben groſſe correſpondenz, wie ſich dann ſolche Praler ruͤhmen / und ob es gleich wahr waͤre / nimbt es doch einem ehrlichen Mann deſto mehr das Hertz / daß er den Muth ſincken laͤſſet / zu Hauß / und ſein Lebtag ein armer Himpler / Underkauffer / und dieſer Prachthanſen Diener und Unterkauffer ſeyn muß / da hingegen / ſo das Vatterlandt in Noth geraͤth / muß der arme Buͤrger bleiben / und ſolche ſchoͤne Nieder - lags intereſſirte wuͤſchen das Maul / haben viel tauſend auß dem Landt gezogen / und genoſ - ſen / gehen dann auff und darvon / iſt alſo mein ſentiment, die Meſſen und Niederlagen ſeyn einem Landt ſehr ſchaͤdlich / bin auch nicht dar - von zu bringen / biß mir ein beſſers bewieſen wird / dann ich habe keinen aureum bovem in ore, kan alſo frey / zumalen gegen dieſer propo - liſten Schreiben / mit welchen ich ſchon das Eyß gebrochen / Rubiconem tranſivimus, ſed ſolutis prius & dimiſſis militibus, nihil ergo cum Julio commune. Wie aber dieſem Werck zu remedirn, und auch dieſes propolium zu hindertreiben ſeye / werde ich gruͤndtlich in denſechs190Caput XXVI. ſechs Mitteln lehren / und dem Punct von dem Kauff-Hauß. Nunmehr wende ich mich zu der fuͤnfften Art vom propolio in der Kauffmann - ſchafft / nemblich zu dem jenigen / welches die Kauffleuth ſelbſten unter ſich machen / wann ſie nemblich einander vorkauffen / welches ge - ſchicht / wann in einem Landt oder Statt einige ſehr vermoͤgliche reiche Kauffleuth ſeynd / welche unter einander ein Verſtaͤndtnuß / auch wol Freundſchafft und Heyrath machen / alſo die Mittel beyſammen halten / und groſſe Hand - lung thun / dardurch den Handel allein an ſich ziehen / ſo ihnen noch einige im Weg / ſolche entweder mit gutem an ſich bringen / oder ver - folgen / und in eodem genere negotii & com - mercii ihre Wahren wolfeyler geben / dardurch ihre neben-Handelsleuth verderben / und kei - nen zum propolat kommen laſſen / ſondern ſol - cher geſtalt die uͤbrige zwingen / daß ſie die Guͤ - ter von ihnen mehrerntheils cauſirter Armut wegen auff credit nehmen / und von einem hal - ben Jahr zum andern wol ſechs pro cento ge - ben muͤſſen / und ob gleich ſolche ſcheinheilige propoliſten vorwenden / ſie thun an ſolchem creditirn noch ein Werck der Barmhertzigkeit / laſſen im uͤbrigen / ja jedem frey / eben ſowol in die Welt zu reyſen / und ſein fortun zu ſuchen / und von der erſten Hand ſeine Guͤter zu holen / daß ſie im uͤbrigen ſo und ſoviel pro cento nehmen / ſey ihnen nicht fuͤr uͤbel auffzuhalten / angeſehen ſie groſſe Muͤh / riſiko, Gefahr und Koſten auß -ſtehen191Vom Propolio in Commercien, &c. ſtehen muͤſſen / ſo in Ubermachung der Wech - ſeln / als in erkauffung und uͤberbringung der Guͤter / zu dem ſey es ja beſſer einige rechtſchaffne Kauffleuth und negotianten, die in die Fremde negotia thun / zu haben / als ein Hauffen Himp - ler / die kein Katz auß dem Ofen locken koͤnnen / welches alles gar ſcheinliche Reden und Argu - menta fuͤr ſolche propoliſten ſeynd / welche bey Obrigkeit wol und viel gelten / zumalen wann dergleichen Geſellen acceſſus bey den primatibus haben / und etwan armatas preces thun / dannen - hero auch in den Reichs-Staͤtten guten theils defectu hujus capitis, wo nemblich keine Monar - chiſche / ſondern Ariſtocratiſche Regierung iſt / ſolche Schmiralia (exceptis tamen quibuſdam Syndicis) nicht gelten / gemeiniglich die negotia beſſer gehen / auch habẽ ſolche propoliſten bey den Monarchiſchen Regierungen manches mal umb ſoviel mehr Gehoͤr / wann ſie etwan Kloͤſter und Beichtvaͤtter durch ihren Mammon beſtechen / oder das Frauenzimmer regalirn, oder ein ſtuͤck Gelt herſchieſſen und leyhen / oder ſonſt an einem andern Orth die Kertze einem haltẽ / oder hoͤherer Herren Gelt mit unter der Decken liget / und ſie nur rohe Koͤch / die andere aber gar Koͤch ſeynd / aber in der That und Warheit ſelbſten ſeynd alle dieſe argumenta laͤer blind / dem gemeinen Weſen hoͤchſtſchaͤdlich / und ſteckt darhinder ein heimlicher Betrug / dann das andere nit alſo han - deln koͤñen / die Mittel dz Hertz nit habẽ / in die Frembde negotia thun moͤgẽ / eben dz machendieſe192Caput XXVI. dieſe propoliſten / in deme ſie die andere arm machen / & ſic argumentantur ab effectu, cujus illi ipſi ſunt cauſæ efficientes, die correſpon - denz aber anbelangend / Riſiko und Muͤhe / iſt ſolche ſo groß nicht / dann ſolche propoliſten ſolche nur durch ihre Diener / die ihren Handel treiben / und ſie ſelbſten oͤffters zu Leuthen ma - chen / adminiſtrirn laſſen / dieſes derohalben iſt die ſchlimſte Art von allen propoliis, dann es ſeynd zugleich / und eo ipſo auch Monopolia, vor welchen kein ehrlicher Mann kan auff - kommen / zu deß Landes / und deſſen Under - thanen hoͤchſtem Schaden / dann ſolche propo - liſten laſſen zwar bißweilen ein Altar in ein Klo - ſter / ein paar ſilberne Ampeln in ein Kirche machen / ein alt Hauß neu anſtreichen / alles unter dem prætext Guͤter und credit zu ha - ben / wann aber ein Ungluͤck kombt / dann gehen ſie durch / und laſſen die Statt und Hoff ſeyn / da doch vormalen nichts ſuͤſſers war / als der Namen eines Hof-Kauffmanns / vielmehr Hoffs-propoliſten / iſt zuverwundern / wie die Herren ihren eigenen Underthanen das Brot nehmen / und Frembden geben moͤgen / dieſer Art von propoliis iſt nun die letzte / und ſchaͤd - lichſte / dardurch gantze Staͤtt und Laͤnder / ja Koͤnigreich und Provincien koͤnnen ruinirt wer - den / de facto werden / und nimmer zum Ge - deyen kommen koͤnnen / ſolche propoliſten aber endlich wenig Gluͤck auch haben / und entwe - der noch ſelbſt verderben / oder die ihrige dasSprich -193Vom Propolio in Commercien, &c. Sprichwort gewahr werden / De malè quæſi - tis non gaudet tertius hæres, wie gleichwol dieſem ſo ſchaͤdtichen / und allerſchaͤdlichſten propolien zu ſteuren ſeye / wil ich in denen nun folgenden ſechs Mitteln / unter dem Punct von einem Landt-Kauffhauß eroͤrtern.

Zum Beſchluß aber der geſaͤmbtlichen pro - polien erininnern / daß es damit viel ein andere Bewandnuß habe / wo das polypolium, und gemeiner freyer Handel in haupt groſſen Staͤt - ten iſt / da uͤber groſſe Maͤnge der Menſchen / die an der See gelegen / und conſumption von gantzen Provincien und Koͤnigreichen an ſich haben / dann da kan alles paſſiren / was Brot bringt / und heiſt es / proximus quiſque ſibi, und kennet nicht einmal ein Buͤrger oder Einſaß den andern in einem Hauß / wil geſchweigen / daß er reflexion machen ſolte / ob er ihm durch ſeine negotien ſchaden oder nutzeu thue / aber es iſt gleichwol vielmehr den Zeiten und Extra - vaganz der Menſchen / als der gemeinen Statts Regul / und Vorſichtigkeit der Obrigkeit zuzu - ſchreiben / welche befihlt / daß in einer Gemeinde man das Leben alſo anſtelle / daß keiner den an - dern verderbe / ſondern vielmehr mit gemeiner Handt einander unter die Arme greiffen / was ich derhalben bißhero in puncto propolii ge - ſchrieben / iſt mehrerntheils auff Teuſchlandt / und andere regulirte Oerther zuverſtehen / dann die andere Außlaͤndiſche / wo Herr ohne maß das Juberno fuͤhret / urtheilet die Zeit / welcheNbey194Caput XXVI. bey der geringſten Noth weiſet / wie ſchoͤn ihre Staats-Regul ſeye / man muß dem Volck ſeine Freyheit laſſen / ſcil. daß ſie hernach die Rahthaͤuſer auffſchmeiſſen / ihren Obern die Haͤlß brechen / und die polypoliſche Bettel - Ohren alsdann aller Orthen herfuͤr weiſen / und ſelber die propoliſten und monopoliſten als Tyrannen der Gemeind von Hauß und Hoff jagen / ihre Haͤuſer niederreiſſen / und mehr mit einem Handtſchuch koͤnnen / als vor - malen der gantze Roͤmiſche Raht mit aller ſei - ner Authoritaͤt vermoͤcht hat / ſed quæ extra nos, nihil ad nos, vor dißmal iſts genug / daß ich von den propoliis gehandelt / welche bey uns fuͤrlauffen. Gleich wie ich nun dem Mono - polio und polypolio, als ich derer Natur er - zehlet / auch remedia geſtellt / alſo wil ich nach geaͤndigter Beſchreibung deß propolii auch die verſprochene ſechs Mittel an die Handt geben. Jch haͤtte zwar in puncto Monopolli, Poly - polii, und propolii viel heimliche Schlich und Strich / auch Practicken / ſo der Bauren / Handwercksleuth / als Kauffleuth / erzehlen / welcher ſie ſich bedienen / ſo andere als ſich ſelb - ſten unter einander zu vervortheilen / und ein - ander den Tantz abzugewinnen / ich habe es aber mit fleiß bleiben / und ſolche Dinge auß - laſſen wollen / dieweil vielleicht mancher arger junger oder alter Handelsmann / der eben dar - umb noch nicht alles weiß / ſolche auch unter die Hand bekommen / und ſich meiner Erzeh -lung195Vom Propolio in Commercien, &c. lung und Warnung nur zum Boͤſen bedie - nen / und ſich ſolcher Fechterſtreich gebrauchen moͤchte / dann ohne diß die Welt jetzo gena - turt iſt / daß ſie eher zum Boͤſen als Guten in - clinirt, und auß einer boͤſen Theſi vielmehr / als auß einer guten conſequentien gemacht werden. Die Theologi ſonſten bringen aller - hand dubia und Ketzereyen herfuͤr / unter dem prætext Antworten zu ſuchen / wann einmal dergleichen Ketzereyen entſtunden / aber wie viel ſolch Griblen genutzt habe / hat die Zeit gewieſen / und Teutſchlandt genug erfahren. Jch koͤnte auch hier wol manchen Kauffmanns - Vortheil lehren / wie in den Commercien durch die drey Feinde derſelben der Neben-Buͤrger / und Handelsmann / ja alle andere zuvorthei - len / als die Obrigkeit mit der groͤſten Muͤhe ſolches mercken wurde koͤnnen / wiewol wann ſie nur dieſen Weg / welchen ich gelehrt / gehen werden / ſchon darauff kommen wuͤrden / wil aber an ſtat / daß ich mehrere Jrꝛwege entdecke / und andern ſolche nur oͤffnen / und Luſt hinein zugehen machte / ſolche gaͤntzlich verhauen / und die remedia nunmehr dar - gegen ſetzen.

N ijCaput196Caput XXVII.

Caput XXVII. Von den ſechs Mitteln gegen das Pro - polium, und zwar anfangs gegen das jenige / ſo in dem Bauren-Standt vorbey laufft / nemblich von einem allgemeinen Landt - und Statt-Magazin oder Proviant-Hauß.

GLeich wie ich in vorigem erwehnet / ſo ſeynd ſechs Mittel wider das propolium, oder wider den ſchaͤdlichen Vorkauff / welcher die ge - meine Nahrung hindert / trennet / und in einer Gemeind nichts als Armut / Haß / und Unei - nigkeit anrichtet / derentwegen ihme nicht weni - ger / als dem monopolio und polypolio muß geſteuert werden / ja dieſen umb ſoviel mehr / dieweil an dieſer Gemeinſchafft alles beruhet / dann wo man ordentlicher Weiß in einer Ge - meind einander an die Handt gehet / da bluͤhet die Nahrung / und wo Nahrung vorhanden / da iſt / wie offt erwehnet / Zulauff von Men - ſchen / es ſeynd viel Staͤtte im Roͤmiſchen Reich / die der Nahrung wegen wol gelegen / und da ſich derenthalben wol Einwohner finden wur - den / weil aber in puncto der gemeiner Nahrung ſelbe Gemeinden ſo uͤbel legirt werden / daß nur einige Koͤch / und zwar nur Sudel-Koͤch / den Vorkauff und das propolium allein haben / auß Uberſicht der Obrigkeit / die mit unter der Deck liget / und ſelbſt propolia treibet / ſo verderben alle ſolche Gemeinden / und hat kein ehrlicherMann197Vom allgemeinen Proviant-Hauß.Mann weder Luſt zu kommen / noch da zu blei - ben / ſolte man gleich die Gaſſen noch ſo weit machen / und ſeſquipedal Patenten, oder Frey - heits Lockvoͤgel an die Porten ſchlagen / ein ein - tziger ſolcher Propoliſt kan ein gantze ſolche Statt beſchreyt machen / und die Peſt dahin bringen / daß ſie jederman ſcheuet / und den Ort / wie der Teuffel das Creutz fliehet. Weil der - halben an dieſem letzten Punet ſoviel gelegen / ſo wil ich auch von den Huͤlffs-Mitteln deſto fleißiger und außfuͤhrlicher handeln / und alſo dieſen erſten Theil beſchlieſſen.

Gleich wie nun eine Artzney ſich richten muß nach der Kranckheit / alſo muͤſſen auch dieſe Huͤlffs-Mittel ſich nach der Menſchen ihrer Beduͤrfftigkeit / und nach Art der propolien richten / derer aller ſechſerley ſeynd / dann in einem allgemeinen Regiment hat man erſt ach - tung zu geben auff die gemeine Landes-Nah - rung / hernach auff der Staͤtte / drittens muß man ſehen / wie man den arbeitſamen Leuthen helffe / vierdtens wie man den Kaͤuffern und Kauffleuthen an die Handt gehe / fuͤnfftens / wie man den Reichen Mittel an die Handt gebe / ihr Gelt dem gemeinen Weſen / und ihnen ſelber zum beſten anzuwenden / und letztens / oder ſechſtens / daß man auch der Armen nicht vergeſſe / ſondern ſehen / wie denſelben in ihrer Noth koͤnne geholffen werden. Dieſes ſeynd nun die ſechs Puncten / welche als ein Augapffel eines Landts von der Regierung muͤſſen in ob -N iijacht198Caput XXVII. acht genommen werden / dann wo es nur in einem dieſer faͤhlet / gibt es alſobald in dem gan - tzen Staat eine verderbliche Hindernuͤß und Veraͤnderung. Jn ſpecie nun von jedem zu handlen / wil ich anfangen von dem erſten / nemb - lich wie die propolia zuverhuͤten / welche bey dem Landt - und Baurs-Mann vorfallen / und die in den vorhergehenden ſeynd erzehlt worden / unter dem Titul de Propolio, da erwehnet wor - den / wie vielerhand es ſeye / und wie dardurch nicht allein einem Landt eine unnoͤhtige / hoͤchſt - ſchaͤdliche Theurung zuwachſe / ſondern auch der gemeine Landt - und Baurs-Mann dar - durch ruinirt werde / und in die hoͤchſte Armut gerahte. Dieſem groſſen Fehler derhalben vorzukommen / und zu machen / daß der Landtmann ſeine GOttes Gabe verſilbern koͤnne / und dennoch dem allgemeinen Landt keine Theurung zuwachſe / ſondern auch bey Miß-Jahren alle Lebens-Mittel in gutem Preyß ſeyn / und bleiben / ſo wird nothwen - dig ſeyn / daß man ein allgemeines Magazin auffrichte / worbey folgende Puncten in obacht zu nehmen.

Erſtlich / daß alle zehen Meil weges / min - der oder weiter / nachdem der diſtrict nahrhafft iſt / und zuverſtehen im Umbkreyß / welches im diameter zwantzig / in der Ruͤndung ſech - tzig / in dem gantzen Begriff oder areâ bey die drey hundert Meil wegs macht / auff wel -chem199Vom allgemeinen Proviant-Hauß.chem Grund und Boden / wann er ein wenig fruchtbar / viel wachſen kan / und iſt doch von jedem / auch dem weiteſtem Orth nicht weiter nach der Magazinſtatt / als zehen Meil / ſo weit anjetzo wol ein gemeiner Bauer auff bloß gerade wol auff ein ungewiſſes nach-Marck faͤhret.

2. Jn jeder dergleichen Magazinſtatt ſoll man Jaͤhrlichs von denen darzu deputirten und Viſitatorn einen Tag halten / worbey alle darunter gehoͤrige Landtleuth erſcheinen ſol - len / und da ſoll man ſich deß Jaͤhrlichen Prey - ſes aller Victualien und Commercien und Fruͤchten vergleichen / bey welchem Vergleich es bleiben ſolle das gantze Jahr uͤber / und ſoll kein Landts-Mann oder Bauer auſſer dieſem Preyß gedachte Zeit uͤber weder an das Magazin / noch an jemands anders ver - kauffen.

3. Es ſtehet jedem Landtmann frey / ſeine Fruͤchte zubehalten / oder zuverkauffen / doch daß er den currenten verglichenen Jaͤhrli - chen Preyß nicht uͤberſchreite / ſeinem Nach - barn / ſich ſelbſten / oder der gantzen Ge - meind zum Schaden / und dieſes iſt zuver - ſtehen von dem diſtrict der zehen Meilen / wann ers aber darauß und druͤber fuͤhret / mag er ſich nach deſſelben Landts Conſtitu - tionen richten / es waͤre dann Sach / daß eine gantze Gemeind / eine Magazin-Statt / oder mehrer ſeiner Nachbarn dahin handleten /N iiijdann200Caput XXVII. dann ſoll man ingleichem ſich deß Preyſes we - gen vereinigen.

4. An eine Magazin-Statt moͤgen alle im ſelbem diſtrict wohnende / auffgezeichnete / und verglichene Landtleuth ihre Feldtfruͤchte / Ge - waͤchs / Getraͤyd / Wein und Vieh umb den verglichenen Preyß verkauffen / und iſt das Magazin ſchuldig / ſolche von einem jeden der - gleichen anzunehmen / und paar zubezahlen / doch daß es auffrichtig / und Kauffmanns-Gut ſeye.

5. Das Magazin mag hingegen zu allen Zeiten / wie und in was vor Preyß es kan / an wem / und wohin es wil / die eingehandelte Guͤ - ter verkauffen / doch daß es auffrichtig Gut halte / und einen leidlichen Gewinn nehme.

6. Jn das Magazin mag auff Intereſſe, wann noch Stellen uͤbrig / und Gelder vonnoͤ - then / ſein Gelt legen wer da wil / auff ein ehr - liches Intereſſe.

7. Jede Magazin-Statt mag ihre eigene direction - Cammer haben / nach Kauffmanns Art / aber alle Magazins-Staͤtt eines Landts ſollen mit der Haupt-Magazin-Statt / und mit einander correſpondiren, damit eine Obrig - keit wiſſe / wie reich gedachte Staͤtte am Vor - rath ſeyn / und wie das gemeine Landtweſen ſtehe / auß Beſtellung nun dieſer Landt-Maga - zinen folgen viel herꝛliche Vortheil und Nutzen einem Landt.

Dann erſtlich wird der Vorkauff abge -ſchnit -201Vom allgemeinen Proviant-Hauß.ſchnitten / wegen deß ins gemein verglichenen Preyß.

2. Kan ein jeder Landtmann und Bauer ſeine Gottes Gabe gewiß verſilberen.

3. Jſt ſtaͤtigs / und auff allen begebenden Nothfall das Landt mit herꝛlichen Magazinen verſehen.

4. Kan nie durch Miß-Jahr wegen der Magazinen ein allgemeine Landt-Theurung einfallen.

5. Werden die Lebens-Mittel bey nahe zu allen Zeiten gleiches Preyſes ſeyn.

6. Werden zu wolfeylen Zeiten gleichſam umb einen Spott fallende Landt-Fruͤchte nicht ſo liederlich æſtimirt, ſondern auff eine Vorſorg / und theure Zeit auffgehoben / deſſentwegen ein Landt nie in extremis der Wolfeylung oder Theurung ſtehen wird.

7. Kan wegen paarer Mittel der Landtmann auch beſſer ſeine contributiones und Steuren entrichten.

Auß welchem allem / und noch vielem andern abzunemen iſt / wie durch diß eintzige Mittel der allgemeinen Landt-Magazinen einem gantzen Landt ſo eine herꝛliche Huͤlffe zuwachſen koͤnne / ja gleichſam dieſes das eintzige Mittel ſeye / wordurch ein Landt erhalten werden / und ins Auffnehmen gerathen koͤnne / da hingegen / ſo man ſolches nicht achtet / ein Landt in eine ge - faͤhrliche ruin gerahtet.

Dann was kan Erſtlich unbilliger ſeyn / alsN vdem202Caput XXVII. dem gemeinen Landt-Mann ſtaͤtige ewige Contributiones aufflegen / und demſelben nie darzu behuͤlfflich ſeyn / daß er das ſeinige / wann er gleich was hat / verſilbern koͤnne.

2. Was kan naͤrriſcher ſeyn / als auff die wolfeyle und theure Jahr nie einige reflexion machen / ſondern ſolche Sorgen allein eini - gen wenigem privat ungewiſſenhafften Wein - und Korn-Juden uͤberlaſſen / und alſo einem Landt mit fleiß eine unnoͤhtige Theurung auff den Halß laden. Pharao haͤtte auch ſa - gen koͤnnen / was frage ich darnach / meine Underthanen moͤgen zuſehen / wie ſie ſich proviantiren / aber er faſſete eine andere reſolution, die ihme und dem gantzen Lande nuͤtzlich war.

3. Nachdeme es unumbgaͤnglich iſt / daß / zumalen bey uns in Teutſchlandt auffs we - nigſte alle drey Jahr ein Miß-Jahr und aͤnde - rung iſt / ſo verſaͤumet man ja nichts / und gehet nicht fehl / ſondern im rechten Einkauff dergleichen Guͤter gewiß / zumalen wann ſie ſauber conſervirt werden.

4. Nun iſt gewiß / daß die halbe Theure eines Miß-Jahrs ſoviel Gewinn gibt / daß die bey wolfeylen Zeiten erkauffte Guͤter und Fruͤchte / welche etwan ein paar Jahr ge - ruhet / reichlich mit ihrem Intereſſe bezahlet werden.

5. Und203Vom allgemeinen Proviant-Hauß.

5. Und hat uͤber dieſes eine ſolche Maga - zin viel andere / und bequemere Mittel in groſſo ihre Guͤter an den Mann zu brin - geu / als ſo ein armer privat Landtmann und Bauer.

6. Gleich wie ſie auch gar viel Vortheil im Einkauffen haben kan / zumalen / weil man einem oder dem andern auff ſein Gewaͤchß / und kuͤnfftigen Gottes Segen etwas vorſtre - cket / welche praxis an dem Rheinſtrom ſehr im Gebrauch.

7. Schlieſſe derohalben / daß die Anlegung der Gelder zu dergleichen Magazinen nicht allein einem Landts-Fuͤrſten / ſondern allen und jeden vermoͤglichen Leuthen ruͤhmlich / ehrlich / und beyderſeits nuͤtzlich ſeye / ange - ſehen einem gantzen Landt dardurch kan ge - holffen werden / auch derentwegen nicht zu zweifflen iſt / weil es die propolia daͤmpffet / daß ſie GOTT abſonderlich ſegnen werde / werden auch ſolche Magazinen in Theurungen und Kriegszeiten vielen armen Menſchen zu Nutzen kommen.

Was noch weiter darbey und in praxi zu erinnern waͤre / iſt nicht noͤhtig hieher zu ſe - tzen / wanns einmal ad rem kompt / wil ich ſchon mehrere particularia darvon an die Hand geben.

Gleich wie nun ein gantzes Landt durch Magazinen voriger weiſe verſehen wird / alſoiſt204Caput XXVII. iſt es auch noͤhtig / daß man jede groſſe Volck - reiche Statt ſolcher geſtalt in obacht nehme / und ein particular Magazin darinnen auffrich - te / auch eigene Leuth beſtelle / welche von darauß in dem Landt herumb reyſen / und die benoͤh - tigte Sachen einkauffen / auch auff den Maͤrck - ten Marckmeiſter halten / welche die Bauren und Verkaͤuffer in ordentlichem billigem Preyß / und Guͤte der Wahren halten / dann was kan von einer Obrigkeit liederlicher gethan werden / als daß ſie den Bauren im Verkauffen ihren freyen Willen und Muthwillen ohne einige inſpection laͤſſet / und ſolche Nachlaͤßigkeit vor ein gering Werck haltet / da doch durch ſolch ſchlechtes Ding eine gantze Statt in Abgang / Theure / und malor kan kommen / dann nach ſolcher Theure ſich nicht allein der Handwercks - und Kauffmann / ſondern auch das Geſind / und alle Bediente richten / und auffſteigen / hingegen iſt der Baursmann ſchwer zum abſteigen zu bringen / und wann vor fuͤnff Jahren einmal eine Theurung geweſen / und er ins Auffſteigen kommen / bleibt er doch allzeit darbey / GOtt gebe / die Zeiten ſeyen ſo wolfeyl als ſie wollen / und dieſes thun dann auch die Handwercks - Leuth / als Schuſter / und dergleichen / das Malter Korn gelte viel oder wenig / ſo gilt doch allzeit ein paar Schuh einen Thaler / durch ſolche unnoͤhtige Theure nun ſeynd gantze Staͤtte in Teutſchlandt beſchreyet worden. Dieſem nun vorzukommen / ſoll man zwar denBaurs -205Vom allgemeinen Proviant-Hauß.Baursmann auff den Marckt laſſen kommen / aber nach den lauffenden Zeiten auch einen lauf - fenden Preyß auff die Guͤter ſetzen / und nie - mands daruͤber noch darunder verkauffen laſ - ſen / es werden auch die Bauren deſto ehe darzu zubringen ſeyn / wann ſie ſehen / daß das Statt - Magazin / oder allgemeine Statt Speißkam - mer durch die ihrige ſelbſten auff dem Landt ein - kauffen / und ſich verſorgen thut / welches doch das Magazin nicht thun ſoll / wann anders die Bauren ſich in einem rechten Preyß / und mit gnugſamen Wahren einſtellen / da dann ge - dachtes Magazin den Bauren und Buͤrgern nutzen wird / den Bauren zwar / in deme es alle Marck-Tag / was ſie nicht verkauffen koͤnnen / von ihnen umb ein billiges nimbt / und ſie alſo der Ruckfuhr enthebet / und eines gewiſſen Kauffs verſichert / doch daß ſie dann auſſer dem Marckt an niemands / weder zuvor oder dar - nach das propolium und Unordnung zuverhuͤ - ten / außgenommen an das Magazin verkauf - fen / und etwas leydlichers / als auff dem Marckt geben / damit ſich auch das Magazin hernach im Verkauffen auſſer den Maͤrckten erholen koͤnne. Andern theils ſo wird auch dieſes Maga - zin den Buͤrgern einer Statt nutzen / in deme ſie ſtaͤts / auch auſſer den Maͤrckten friſche / und allerhand Victualien von dem Magazin umb ein billiges haben koͤnnen / und nicht ſo theuer von den Marcklern und Underkaͤuffern ſolche zu nehmen / welches dann ſo vor die Rei -che /106[206]Caput XXVIII. che / welche groſſe Haußhaltungen fuͤhren / als vor die Arme / die taͤglich auß der Hand in den Mund das ihrige kauffen muͤſſen / ein gutes Mittel iſt / zumalen in gefaͤhrlichen Zeiten / da Theurung zubeſorgen / und derentwegen biß - weilen die Menſchen / ſo zur defenſion in einer Statt noͤhtig waͤren / auß mangel ſolches Ma - gazins muͤſſen hinauß geſchafft werden / welches dann das erſte Kennzeichen eines fahrlaͤſſigen nichtsnutzigen Regiments iſt / wann nemblich in einer Statt nicht viel Proviant vorhanden / daß man zweymal vier und zwantzig Stundt / wil geſchweigen / vier und zwantzig Wochen außhalten koͤndte / und heiſt es hier wol: Felix civitas, quæ in annonâ de penuriâ cogitat.

Caput XXVIII. Von dem Handwercks propolio, wie ſolches nieder zulegen / nemblich durch ein allgemeines Werck - und Zucht-Hauß.

WAnn nun Landt und Statt / Buͤrger und Bauren verſehen ſeynd / ſo iſt weiter noth - wendig / daß man auch deß ledigen Geſinds / und der Handwercksleuth nicht vergeſſe / welche beyde verſorget werden koͤnnen durch ein Werck-Hauß / die erſte zwar / nemblich das ledige lauffende und bettlende Geſind / Jungen und Alten / ſeynd einem Landt eine groſſe Be -ſchwer -207Vom Handwercks propolio und Zuchthauß.ſchwerde und Schandt / wann und ſo lang ſie bettlen / dann eben dieſes iſt das nechſte Kennzeichen eines uͤbelbeſtellten Regiments / wann nemblich viel Bettler in einem Lande ſeynd / ſolche Leuth nur in die Arbeit zu ſtellen / und in ehrliche Buͤrgerliche Nahrung zu brin - gen / iſt kein naͤher Mittel / als ein allgemeines Werck-Hauß. Jch lobe nicht die jenige / wel - che ordnen / daß man die Bettelleuth auß einem Landt jagen / verweiſen und vertreiben ſolt / es waͤre dann Sach / daß ſie nicht arbeiten wolten / vielmehr ſeynd die jenige lobens werth / welche die arme Leuth ſuchen / in die Arbeit zu ſtellen / und gedencken / daß ſie ſo manchen Buͤrger dem Vatterlandt geworben / ſo man - chen Bettler ſie zu ehrlicher Nahrung ge - bracht haben / dann wann ein Bettler einmal zu einem nahrhafften Buͤrger iſt worden / wird er nimmermehr ſuchen zu bettlen / ja an ſtat / daß einige Regierungen die Bettel - leuth durch angeſchlagene Placaten auß ihrem Landt verweiſen / wolte ich daran ſeyn / Frembde herein zu laden / und dann ſolche Bettler in nahrhafften Standt bringen. Was ich nun allhier von Bettlern ſchreibe / eben daſſel - be kan man auch von Waͤiſen / Haußarmen / Jungen / und wandrendem Geſind und Geſel - len verſtehen / welche alle in die Arbeit im Werck - hauß geſtellt werden koͤnnen / es kan auch ſolches zweyerley ſeyn / eines zur Straff vor die boͤſe Menſchen-Betrieger / und Dieb / dann wasnutzet208Caput XXVIII. nutzet ein Dieb / der umb fuͤnfftzig Gulden iſt gehaͤnckt worden / ſich oder dieſem / dem er ge - ſtohlen? da er doch im Werckhauß in einem Jahr wol viermal ſoviel wider verdienen kan / turpia ſunt principi multa ſupplicia, ſicut me - dico multa funera, zumalen / da ein Dieb ein ge - wiſſes Zeichen eines Muͤßiggangs / oder Ar - muths / der von der Obrigkeit herquellet / iſt / die nicht achtung bey zeiten auff ſolche Leuth gibt. Die andere Art vom Werckhauß iſt das Gutwillige / da jeder wandrender Geſell Ar - beit findet / und nicht fechten lauffen darff / da die arme Kinder / und jede Leuth / ſo Luſt zur Ar - beit haben / taͤglich ihr Brot finden koͤnnen. Jch weiß eine andere Art einer manufactur, derer nimmer in der Welt zuviel werden kan / die allzeit paar Gelt iſt / und welche durch ein ſonderlich Inſtrument Alte und Junge / Manns - und Weibs-Perſonen / ja Kinder von zwoͤlff Jahren innerhalb vier Tagen lernen / und gar reichlich ihr Brot und Kleider Jaͤhrlich darmit verdienen / ja noch etwas zuruͤck legen koͤnnen / und zwar gehet ſolches alles ohne Kopffbrechen - de / oder einige ſchwere Arbeit / ſondern gleich - ſam mit ſpielen zu / dieſer und dergleichen Arbeit nun finden ſich viel / darvon an einem andern Orth / wo es beſſer angelegt / mit mehrerm.

Die Beſtallung aber eines Werckhauſes be - ſtehet in wenigen Puncten.

  • 1. Jn permiſſion der Obrigkeit.
  • 2. Jn Verlaͤgern.
3. Jn209Vom Handwercks propolio und Zuchthauß.
  • 3. Jn guter Obrigkeitlicher inſpection, und der Verlaͤger direction.
  • 4. Jn conſumption und Verhandlung der darinnen erarbeiteter Guͤter und Wahren.
  • 5. Jn guter Bezahlung der Arbeiter / dar - durch wird es geſchehen / daß / ſo ſehr die Leuth nun ein Werck-Hauß fuͤrchten / ſo ſehr ſie nachmalen es lieben / und verlangen wer - den.
  • 6. Dann ein jeder weiß / ja im fall der Noth die Handwercksleuth ſelbſten / wo ſie mit ihrer Arbeit hin ſollen / koͤnnen auch ihr Geſind und Geſellen von dannen nehmen / und doͤrffen ſich mit der liederlichen Handwercks Burſch nicht ſo plagen / welche verſoffene Narren nicht koͤn - nen / als ſich auff ihre Handwercks-Gerechtig - keit beruffen / und ihre Meiſter trutzen / dieſen werden die Fluͤgel nicht wenig beſchnitten / dann man an guter Arbeit nicht ſehen kan / ob ſie im Werckhauß / oder nach Handwercks Ge - brauch gemacht ſeye. Manches Landt iſt ſo Volckreich / und laͤſſet ſeine Lands-Kinder bett - len gehen / leidet hingegen den Muthwillen von frembden Geſellen / daß ſolche unnuͤtze Bern - haͤuter umb ein bloſſes boͤſes Wort alle mit ein - ander auß der Arbeit ſtehen / und gantze Wo - chen ſpatzieren gehen / da heißt es / der und der iſt geſcholten / muß wider ehrlich gemacht ſeyn / und was dergleichen Narrenpoſſen mehr ſeyn. An einem wolbekanten Orth am Rheinſtrom haben die Faßzieher auch eine Zunfft / einmalsObey210Caput XXVIII. bey einem Thumherren ſolten ſie ein Stuͤck Wein wegen Schulden an einen Juden auß - ſchroͤten / weis aber nicht was ſich vor ein Streit erhub / daß einer unter dieſen Faßziehern ge - ſcholten wurde / da wolten die andern alle nicht mehr mit ihme arbeiten / warffen das Seyl hindan / der Thumherꝛ wolte wiſſen / warumb man ſich mit der Arbeit ſaͤumete / fragte deſſent - wegen einen / und zwar eben den / welcher ge - ſcholten ward / und deſſentwegen dieſer Handel vorgieng / was da zuthun waͤre / er antwortet / ich bin von meiner mit-Meiſter einem / der gantz truncken iſt / geſcholten / und derentwegen wollen die uͤbrige alle nicht mehr mit mir arbei - ten / biß der ander wider nuͤchtern iſt / und mir meine Ehr wider gibt / Gott weiß / wann man ihn nuͤchtern findet / unter deſſen darff ich nichts arbeiten. O wehe mir armen Mann! Der Thumherꝛ / als er ſolches vernommen / war auch ſonſten nicht wol auffgeraumet / laß deine mit-Meiſter herkommen / ſagte er / ich wil dich wider redlich machen / die andere kommen / und wolten ſich entſchuldigen / warumb ſie nicht ar - beiteten / nemblich / ſie waͤren nicht gleich / einer unter ihnen waͤre geſcholten / da ſagte der Thumherꝛ: Jhr ſeyd Schelmen mit einander / nun ſeyd ihr einander wider gleich / doͤrfft dero - halben wol wider mit einander arbeiten. Man gibt bißweilen Privilegia den Handwercks - Leuthen / verſaͤumet die edle Zeit darmit / und verthut den principalen das Gelt / da es dochbeſſer211Vom Handwercks propolio und Zuchthauß.beſſer waͤre / man lieſſe es bleiben / und ſich und andere mit ſolchen Narrenpoſſen unverwor - ren. Alle dieſe incommoda nun zu verhindern / die Boͤſe zu ſtraffen / die Gute zu belohnen / den Armen Arbeit zu geben / den andern die Arbeit abzunehmen / den Muthwillen der Auß - laͤndiſchen Geſellen zu haͤmmen / die Jnlaͤn - diſche arme Kinder in die Nahrung / und zum ſtuͤck Brot zu bringen / die propolia mit den Wahren und Geſellen zuverhuͤten / iſt ein Werckhauß einer Statt ſo noͤhtig / als ein Rahthauß / ſo ruͤhmlich als eine Hohe-Schuel / ſo Gottsfoͤrchtig als ein Spital / bey Gott ſo viel / wo nicht mehr angeſehen / als ein Bettel - Cloſter / den Reichen ein Mittel / mit gutem Nutzen ihr Gelt anzuwenden / den Armen ein wahres Gaſthauß / aſylum und Zuflucht / ein ſtuͤck Brot zuverdienen. Wie aber / und wel - cher geſtalt dergleichen Werck-Hauß ſeinen Verlaͤgern anſehnlichen Nutzen bringen koͤn - ne / iſt leicht zuerachten. Kan nun ein Geſell den Meiſter / der gemeiniglich nichts arbeitet / ſondern ein Herꝛ iſt / ſambt Weib / Magd und Kind ernehren / ſo werden / ob Gott wil / ihrer hundert wol einen ernehren koͤnnen / aber hier - von nichts mehrers / die Welt iſt blind / und hat lieber das Gelt im Kaſten / und der Teuffel iſt allen ehrlichen Leuthen / die etwas Guts thun wollen / feindt.
O ijCaput212Caput XXIX.

Von den Huͤlffs-Mitteln gegen das Propolium, ſo in Kauffmañs-Sachen vorlaufft / allwo von Juden / Landtlaͤuffern / Monte pietatis, Kauff - haͤuſern / Niederlagen / Jahrmaͤrckten / und einer Banck gehandelt wird.

DAs vierdte Mittel / die Kauffmanns pro - polia zuverhuͤten / iſt ein allgemeines Stap - pel / oder Kauffhauß / da nemblich jede und alle Compagnien der Verlaͤger und Handelsleuth / nemblich der groſſirer, ihre Gewoͤlber haben / davon der Obrigkeit / oder von denen darzu Verordneten die Guͤter beſchauet / gemaͤrcket und taxirt werden / daß alſo von allen / die dahin ihre Guͤter niederlaͤgen / keiner auß beſagtem Taxt das ſeinige theurer oder wolſeyler geben / noch anders als in groſſo verkauffen darff / dann alſo werden einiger reicher Kauffleuth propolia abgeſchnitten / und ſtehet jedem Underkaͤuffer und Buͤrger frey / der ſich in groſſo verſehen wil / ſeine Wahren à primo fonte zu holen / nemblich von dieſem fontico, derentwegen man dann mit Recht hernach frembde hereingehende Guͤter / und die Jahrmaͤrckt verbieten kan / ange - ſehen allda taͤglich ein Jahrmarckt iſt / und jedem zuverkauffen frey ſtehet / nicht weniger koͤnnen allda die Handwercksleuth ihre manufacturen deponiren, und ſich eines gewiſſen Preyſes ver - gleichen / daß alſo alle unter ihnen vorlauffende propolia verhuͤtet werden / und hat man Exem -pel /113[213]Von den Mitteln gegen das propolium. pel / daß gantze manufacturen durch dergleichen Mittel ſeynd erhalten worden / unnoͤhtig allhie alle zuerzehlen. Es iſt nicht die geringſte Schan - de bey uns in Teutſchlandt / daß wir unſere Wahren erſtlich nicht ſelber holen / ſondern ſolche uns von andern / ja bißweilen unſern Nachbarn bringen laſſen. Zum andern wann ſie gebracht / jedem zulaſſen / ſeinem un Chriſt - lichen Gewiſſen nach ſolche zuverkauffen / ohne gewiſſen Taxt / und Kaͤntnuß der Guͤte. Waͤre es nicht beſſer / daß / wie oben gedacht / gewiſſe Compagnien fundirt wuͤrden / welche in groſſo ein gantzes Landt Jaͤhrlich / und auff einmal verſehen thaͤten / und mit welchen man deß Preyſes wegen handlen / und ſich vergleichen koͤndte / auch welcher man verſichert waͤre / als daß man ſo ungewiſſen Leuthen nun trauet / welche alſobald mit dem weglauffen / nachdeme ſie gnug beguͤtert / trotzen und pochen / und von welchen alle andere dependiren muͤſſen / und ihre Lebenszeit arme Underkaͤuffer bleiben / auch ihrentwegen nie auffkommen koͤnnen / da hin - gegen einem jeden ehrlichen Mann frey ſtuͤnde / in dergleichen Kauffhauß ſein Gelt anzuwen - den / und daß man einwerffen moͤchte / der Weg ſeye bißweilen weit / die Zoͤll zu Waſſer und Landt groß / ſo koͤndte ich dennoch beweiſen / wie reichlich ſie deß heiligen Grabs huͤten / wann ichs nicht anderer Urſachen halben bleiben lieſſe. Die Vernunfft hat etlicher Orthen endlich un - ſere Obrigkeit ſo geſcheid gemacht / daß ſie esO iijfuͤr214Caput XXIX. fuͤr rahtſam befunden haben / Stat-Keller und allgemeine Sauff-Stuben auffzurichten / war - umb thun ſie nicht auch ſolches mit viel theu - rern Wahren / und da groͤſſere Auffſicht von noͤthen / nemblich mit Specereyen / frembden Tuͤchern / und dergleichen. Etlicher Orthen hat man verpflichte Gewuͤrtz-Muͤhlen / und wird alles geſtoſſene Gewuͤrtz von denen darzu depu - tirten beſichtiget / und gemaͤrcket / warumb ge - ben ſie nicht vielmehr achtung / daß es unver - faͤlſcht in naturâ herkomme / und von auffrichti - gen Leuthen gebracht / und geholet werde / aber wir ſuchen nicht allein unſern Jnlaͤndiſchen Handel nicht zubefoͤrdern / ſondern dencken noch viel weniger an den / der in die Frembde gethan wird / und mit Vortheil und Nutzen gethan werden kan / klagen ſtaͤts nach Gelt / und laſſen doch die Frembde ſolches ſtuͤndtlich auß dem Landt fuͤhren / an ſtat / daß wir ſie locken ſolten / ſolches herein zu bringen / welches alles durch dergleichen allgemeines Kauff-Hauß geſchehen koͤnte / zugeſchweigen / daß darvon viel Men - ſchen leben koͤnten / als Packer / Wirth / Fuhr - leuth / und was dieſem weiter anhaͤnckt / als Schuſter / Schneider / und dergleichen / dann alles was Gewerb macht / iſt / wie ſchon obge - dacht / vor allen andern zuergreiffen / ſo kan auch ein ſo allgemeines Kauff-Hauß viel groͤſſere negotia thun / dieweil es von vielen und groͤſ - ſern Mitteln dependiret, als etwan ein privat - Perſon thun kan Wann nun Buͤrger / Bau -ren /215Von den Mitteln gegen das propolium. ren / Junge und Alte / Handwercksleuth und Kauffleuth / nemblich Kaͤuffer und Verkaͤuffer verſorgt ſeynd / durch vorige Mittel / ſo iſt noch uͤbrig / daß man auch den reichen und beduͤrff - tigen Leuthen an die Hand gehe / und Huͤlff verſchaffe. Den Reichen zwar muß man helf - fen durch Auffrichtung einer allgemeinen Landt - Banck / allwo ſie nemblich ihr Gelt anwenden / und auff Intereſſe legen koͤnnen.

Zu einer Banck aber werden drey Stuͤck erfordert / nemblich credit, Gelt / und ein fundus.

Den credit anbelangend / muͤſſen ſolchen die jenige machen / welche die Banck aſſecuriren, vor ſie gut ſprechen / und ſolche dirigiren, dieſes wer - den die Banck-Herren genennet / und ſeynd ſchuldig zu ſtehen vor die conſervation. der Banck / und ſo ſie nicht zu halten / ſondern die Banck-Gelder ſelber in privatos uſus angreif - fen / ſo ſeynd eben ſolche die rechte raptores banci, oder Panckrottirer / wie oben erwehnet / darumb vor ſolche allgemeine Statt - Banck gemeiniglich eine gantze Statt gut ſpricht / an die Banck-Herren nun gehet der Gewinn / und Verluſt der Inteſſen deß Capitals, das iſt / ſie moͤgen mit den Geldern gewinnen / oder verlieren / ſo ſeynd ſie ſchuldig jedem ſein Capi - tal und Intereſſe, nachdem es wegen der Zeit und quotæ verglichen / zu reichen / iſt nun das credit dieſer Leuth ſtarck / ſo finden ſich auch vielO iiijdie216Caput XXIX. die Gelt hinein legen / welches der ander Punet in Auffrichtung einer Banck iſt / dann wo kein Gelt vorhanden / oder zu hoffen / da iſt keine Banck anzufangen / hingegen wo Gelt iſt / da ſoll man alle Mittel und Weg ſuchen / groſſe Capitaler durch dergleichen Baͤncken im Landt zuerhalten / gleich auch dieſe maxima in Welſch - und Hollandt in guter obſervanz iſt / es ſoll aber das Banck-Gelt in groſſen Sorten be - ſtehen / welche alle current ſeynd / derentwegen Bergwerck / oder gute gangbare Muͤntzen / und verſtaͤndige Muͤntz-Meiſter / (nicht die alle Jahr kaum einen Thaler ſchlagen / ſondern die ihre Werck auß dem fundament verſtehen /) in der Nachbarſchafft einer Banck ſehr dienſt - lich ſeynd. Das dritte requiſitum zu einer Banck iſt der fundus banci, nemblich die Weiſe / Mit - tel und Weg / das Capital anzuwenden / und Intereſſe dardurch zugewinnen / dann ob wol das credit der Banck-Herren genugſam dar - fuͤr ſtehet / und Gelt genug da waͤre / ſo waͤre es doch nicht genug / ſondern einem Landt / wel - ches das Intereſſe geben muͤſte / mehr ſchaden als nutzen / ſolcher geſtalt nehmen groſſe Herren Gelder auff / ſie genieſſen das Capital / und die Underthanen muͤſſen das Intereſſe zahlen / aber eine rechte Kauffmaͤnniſche Banck muß einen andern fundum haben / dardurch ſie das Inter - eſſe bekombt / nemlich Handel und Wandel / dann wann ein depoſitarius hoͤret / daß man Krieg mit ſeinem Gelt fuͤhren / oder bauen wil /oder217Von den Mitteln gegen das propolium. oder daß er ſein Gelt nach Hoff / und groſſen Herren leyhen ſoll / ſo gehet er behutſam / und laͤſſet es wol bleiben / wann er aber vernimbt / daß eine gantze Statt darfuͤr gut ſpricht / und die Banck-Herren ehrliche / verſtaͤndige Leuth / und von gutem credit ſeynd / und daß man da - mit Handel und Wandel treiben wil / ſo kan er leicht erachten / daß man nichts darbey ver - lieren / ſondern gewinnen wil / wann dann die Jnlaͤndiſche depoſitarii voran gehen / ſo folgen die Frembden nach / und hat man dann mehr credit und Gelt / als man anwenden kan. Was nun vor ein fundus, und wie er zu ſtabiliren ſeye / iſt auch noͤhtig zueroͤrtern / es koͤnnen aber von einer Banck alle Leuth / inſonderheit die Kauffleuth und Wechßler / ſo von credit ſeyn / Gelt zu haben / zumalen die Compagnien und Verlaͤger / darvon oben gemeldet / und wann gleich in einem Landt der fundus ſich nicht ſo hoch erſtrecken thaͤte / daß man groſſe Capita - ler in die Banck auffnehmen koͤndte / ſo finden ſich doch herꝛliche andere ſichere Mittel / ein ſtuͤck Gelt / wann es gleich viel Millionen waͤre / mit guten Nutzen der Banck / und der Inter - eſſenten anzulegen / zumalen da man allzeit Mei - ſter derſelben bleibet / und entweder ſolches in na - turâ, oder ſonſt an guten effecten in der Hand hat. Jch uͤbergehe allhier ein groſſes / und einem gemeinen Weſen hochnuͤtzliches arcanum poli - ticum, und ſolches darumb / dieweil ich nicht zu - gleich den Unwuͤrdigen und Wuͤrdigen einer -O vley218Caput XXVII. ley Brey einſtreichen wil / dann vor die erſte was anders gehoͤret / was eine wol fundirte Banck einem Landt vor Nutzen bringe / iſt an ſich ſelbſten am Tag / & ſic vino vendibili non opus eſt ſuſpensâ hæderâ, wann manchen Obrigkeiten / Fuͤrſten und Herren ſoviel an ihres Landts ihrer Underthanen / ja ihrer ſelbſt eigener Wolfahrt gelegen waͤre / wuͤrden ſie ſich ſchon umb dergleichen Mittel und An - ſchlaͤge bewerben / und einen ehrlichen Mann anhoͤren / aber ſie trauen lieber einem herge - loffenen Goldmacher / oder verdorbenen Kauff - mañ / da es dann heißt / ſicut credidiſtis, ita acce - piſtis. Nachdeme dann nun durch dieſes vorher - gehende Mittel der Banck den Reichen geholf - fen / ihr Gelt anzulegen / welches einem vermoͤg - lichen Mann ein groſſes beneficium iſt / und ihn perſuadirt, daß er ſein Gelt im Landt behaͤlt / und ſolches demſelben zum beſten anwendet / da er ſonſten ſolches auß dem Landt ſchleppet / dann er anjetzo darinnen nichts mit anzufangen weiß / angeſehen / laͤßt er es ligen / ſo traͤgt es ihm nichts / lehnt er es ſeinem Herren / ſo bekompt ers nicht wider / bauet er Haͤuſer / ſo ſtehet das Capital in taͤglicher Gefahr deß Brandts / und traͤgt darzu wenig Intereſſe, kaufft er Landt - Guͤter / ſo wird alſobald darnach gelegt / und mit einem Wort / er mache es wie er wil / ſo iſt er in Gefahr / oder leidet Schaden. Nachdeme er aber alſo durch die Banck verſehen / welche mit einigen oneribus, repreſſalien, oder dergleichenAngrif -219Von den Mitteln gegen das propolium. Angriffen von der Obrigkeit nicht beſchwert / ſondern gantz befreyt ſeyn muß / ſo iſt es nur an deme / daß man auch die Vorſorge / welche weder arm noch reich / ſondern bißweilen mit einer gaͤhlingen Nothduͤrfftigkeit behafft ſeynd / und doch kein credit in der Banck / unter deſſen be - wegliche Unterpfandt und mobilen haben / wel - che ſie nun bey den Juden oder bey den Chriſten / die bißweilen aͤrger als Juden ſeynd / auff viel - ſaͤltiges bitten umb ein Spotgelt verſetzen / biß - weilen im Stich laſſen / und dardurch nicht we - nig Schaden und Noth leiden. Dieſem Ubel nun vorzukommen / und ſolchen Faͤllen zube - gegnen / welche doch taͤglich auch einem jeden ehr - lichen Haußvatter koͤnnen vorfallen / haben die Welſchen eine invention auffgebracht / ſo man Montem pietatis nennet / da ein gewiſſes Stuͤck Gelt auff Intereſſen ligt / und gewiſſe geſeſſene directoren darzu verordnet werden / einem jeden nun / welcher Gelt beduͤrfftig / und ein Unter - pfandt hat / es ſeye nun auch was es wolle / dem wird erſtlich ſein Unterpfandt geſchaͤtzt / hernach etwan die helffte oder der drittel deß Werths dar - auff geliehen / und ſo ein Jahr herumb / und ſich niemands drumb anmeldet / wird das Unter - pfandt verkaufft / der Mons pietatis nimbt das ſeine ſambt dem Interſſe darvon / und der Reſt bleibt dem depoſitario, welchem deſſentwegen bey dem Verſatz von dem Monte ein Schein ge - gehen wird. Dieſes iſt nun ein feines Hilff-Mittel vor die betrangte Buͤrgerſchafft und Jnwohner /auch220Caput XXIX. auch die Frembden / und wird dardurch aller unbilliger heimlicher Wucher / auch die Juden caſſirt, und abgeſchafft / hingegen mancher noth - leidender Burger noch bey Ehren erhalten / welcher ſeine Armut nicht gern bekant haben wil / aber uns Teutſchen ſeynd vieler Orthen die Juden / oder Gelt-Narren / welche nur auff Silber und Gold leyhen wollen / viel lieber / als dieſes Mittel / ja wir gedencken gar nicht dar - auff / wie wir nur mit dem geringſten den Un - derthanen und der Buͤrgerſchafft an die Hand giengen / ihnen zur Nahrung / oder ſonſten in ihren Noͤhten helffen / allein deß ewigen Gebens wird wol nicht vergeſſen. Wo findet man bey uns Teutſchen ſchier an den meiſten Orthen ein eintziges von dieſen ſechs ſo nothwendigen Mit - teln / zugeſchweigen / daß man ſie alle / oder mei - ſten theils beyſamen haͤtte? Wo iſt Landt und Statt proviantirt? Wo iſt die Vorſorg zu wolfeylen und theuren Zeiten? gaͤhlingen tritt man die liebe Lebens-Mittel mit Fuͤſſen / und muß der Landtmann verderben / gaͤhlingen wird es unglaublich theuer / und muß der Burger bald entlauffen. Wo iſt eine Ordnung mit den Handwercken / ledigen lauffenden Geſind / Muͤſ - ſiggaͤngern / und Bettlern? Wo wird einer in die Arbeit geſtellt / wann man nur von intro - duction einer manufactur gedencket / dardurch der gemeine Mann ein ſtuͤck Brot verdienen koͤndte / wird man mit ſolchem gratias Luͤgen / Schaͤnden und Ehrabſchneiden empfangen /daß221Von den Mitteln gegen das propolium. daß man wol deß Werck-Hauſes vergißt / und dennoch / wann man zu einem Bettler ſaget / arbeite / ſo ſagt er / ſchafft mir Arbeit / ich hab keine / ich wolte gern arbeiten. Was ſoll ich von den nuͤtzlichen Verlags - und Kauffmanns Compagnien / auch allgemeinen Kauff - Haͤu - ſern reden? Wie dann ſeynd ſolche bey uns Teutſchen geſaͤet / hingegen die Wag - und Zoll - haͤuſer behaͤlt man fleißig / dieſe ſeynd beſchwer - lich / und tragen der Obrigkeit ein / Gott gebe / die negotia fahren dardurch wol oder uͤbel / man weiß wol in Teutſchlandt von einer Kammer / aber da iſt keine Banck darinnen / ſondern wir Teutſchen ſitzen auff Stuͤlen / wie gut were es aber / wann auß der Kammer einmal eine Stub / und auß dem Stuel eine Banck wuͤrde / mit einem Wort / der Mangel der Proviant - Haͤu - ſer in einem Landt iſt ein Zeichen der Unvorſich - tigkeit einer Obrigkeit / der Mangel von den Werck - Haͤuſern iſt ein Zeichen der Faulheit / der Mangel der Kauffhaͤuſer ein Zeichen der Unachtſamkeit / der Mangel einer Banck ein Zeichen deß verlohrnen Credits, und der Ar - mut eines Orths / der Mangel eines Montis pietatis ein Zeichen deß geringachtens der Be - trangten / dieſes ſeynd gewiſſe indicia einer ver - dorbener unachtſamer Statt / und wann gleich ſolche von oben diß unten auß gantz neu ange - ſtrichen waͤre / und mit guͤldenen Buchſtaben auff den Thoren ſtuͤnde: Salus populi ſuprema lex eſto. Andere moͤgen ihre Regierungs-Artvon222Caput XXIX. von den Venetianern holen / dieſe eintzige ſechs Mittel / wie ſie in flore ſeynd / nutzen einer Ge - meind mehr / als tauſend Venetianiſche Edel - leuth / es iſt zwar nicht ohn / ein Orth iſt vor dem andern beſſer gelegen / und hat beſſere Vortheil / aber gute Ordnung und Fleiß hat Athen auff - bracht / da man mehr Korn geſaͤet / als geaͤrndet / gute Ordnung hat an den unfruchtbarſten Or - then die reicheſte Staͤtt gepflantzet / und was iſt Venedig / Ambſterdam / Stockholm / und noch viel andere Staͤtte ſelbſten anfangs anders ge - weſen / als deſerte, wuͤſte uͤbelgelegene Oerther / und anfangs ſchlechte Fiſcher-Wohnungen / gleichwol ſeynd ſie durch gute Ordnung / und Regiment ihrer Obrigkeit nun ſoweit kommen / daß ſie andern das nachſehen laſſen.

Es iſt eine fuͤrnehme politiſche Frage / war - umb die Republicken und Reichs-Staͤtt allzeit beſſer floriren / als die Provincial - oder ſolche Staͤtte / welche Monarchiſcher Regierung unterworffen / und einem Herren zugehoͤren? Hierauff gib ich zur Antwort / daß die auffloͤſung gar leicht ſeye. Dann eine Republick hat nur ein Intereſſe, aber ein Landt hat zwey / nemb - lich ihr eigenes / und ihres Herren / wie aber die Cammer-Guͤter und Landtſchafft in dem Intereſſe mit und gegen einander lauffen / und ſich hindern / da ſie doch einandern befoͤrdern ſollen / wil ich an einem andern Orth lehren / und ſoviel in der Kuͤrtze von den ſechs Huͤlffs - Mitteln / wider das propolium, bey welchenich223Von den Mitteln gegen das propolium. ich noch viel nutzliche Sachen haͤtte einbrin - gen koͤnnen / aber der dieſes nicht begreiffen kan / noch will / iſt eines mehrern nicht werth / wie - wol ich bereit bin / jedem Liehaber deß gemeinen Weſens / Zeit und Gelegenheit nach gern mit mehrerm à parte an die Hand zu gehen.

Bey Beſchluß dieſer ſechs Mittlen nun iſt nachfolgendes zuerinnern / und das ſiebende hierbey zu ſetzen / nemblich ein Mittel / wordurch die vorigen ſechs Werckſtellig / und auffgerich - tet / auch in guter Ordnung conſervirt werden / und dieſes muß geſchehen durch eigene darzu deputirte, dann es heiſſet ſonſten / Quæ ad omnes pertinent, à ſingulis negliguntur, der geheime Rath hat nun auff Staats-Sachen / und hunderterley andere Dinge / der Hoff-Rath auff Juſtitz-Sachen / die Cammer auff Ein - nahm und Außgaben / der Kriegs-Rath auff Kriegsſachen / und der geiſtliche Rath auff geiſt - liche Dinge zugedencken / daß alſo unter ſoviel Conſilien keines in ſpecie iſt / welches auff dieſe noͤhtige Mittel und Sachen / worvon dieſes Buch von anfang / biß hieher handelt / abſon - derlich und ex profeſſo daͤchte / und ſich ſolches angelegen ſeyn ließ / daran gleichwol eines gan - tzen Landts und Statt Wolfahrt gelegen / weit mehr / als bißweilen an den naͤrꝛiſchen Staati - ſten / die ein Landt in nichts / als Unruhe ſetzen koͤnnen.

Jſt derhalben / wie gedacht / vor allem rath - ſam / daß man ein eigen Collegium anrichte /welches224Caput XXIX. welches auff ſolche Sachen achtung gebe / und dieſes wird an etlichen wolbeſtellten Orthen das Commercien Collegium genennet / es nimmet aber darumb von den Commercien den Na - men / tanquam à potiori, dann weil zu den Com - mercien nicht allein vorige ſechs Puncten gehoͤ - ren / ſondern die Floriantz deß Bauren - Hand - wercks - und Kauffmann-Stands / die Ver - mehrung / Ernehrung / und gemeine Handbie - tung eines Orth / die Abſetzung der Monopo - lien, Polypolien, und Propolien, und mit einem Wort / dieſer aller Subſtantz auß den Com - mercien herruͤhret / ſo hat man billich ſolchen Rath den Commercien Rath genennet / welcher auff den Lauff und Gang der Commercien / auff Bereichung und Verarmung eines Landts / auff vorerwehnte ſechs Mittel / auff den Bau - ren - Handwercks - und Kauffmanns - Standt / auff Verhuͤtung der Monopolien, Polypolien, und Propolien, auff Befoͤrderung der Vermeh - rung / Ernehrung / und Gemeinſchafft eines Landts ex profeſſo achtung gebe / Obſicht habe / Kundtſchafft einnehme / ſich aller Begebenheit wol informire, ſein Gutachten daruͤber auff - ſetze / beneben die neben den Kauffleuthen lauf - fende Strittigkeiten beylege / und mit einem Wort ſich deß Auffnehmens der Handlung / und derer darzu gehoͤrigen Materien annehme / dann wie vorgedacht / dieſes ein gantz ander Werck iſt / und nimmer / wie die Erfahrung weiſet / von Staats-Leuthen / Hof-Raͤhten /oder225Von den Mitteln gegen das propolium. oder Doctorn wol adminiſtrirt wird / derent - wegen ſeine eigene Leuth haben wil / muß alſo ſolches Collegium von dreyerley Art Menſchen beſtehen / nemblich von etlichen / welche da wiſ - ſen / Quid Juris, ſcilicet, die ihre territorialia und Juriſdictionalia, wieweit ſie befugt ſeynd / wol verſtehen / andere / die den Kauffhandel auß dem fundament wiſſen / ſo in Wechßlen / als trafiquen, uͤber Landt und See / in groß und klein / andere aber / die die manufacturen wiſſen / und den Verlag verſtehen / dann es ſeynd zwey - erley Kauffleuth / nicht alle wiſſen / was Manu - facturen ſeynd / oder wie ſie gemacht werden: Und widerumb / nicht alle wiſſen / wie ſie hin - gegen die verfertigte Manufacturen verhandlen ſollen / derentwegen auch hierinnen / wie ge - dacht / ein Unterſcheid ſeyn muß / dieſen koͤndte man noch die vierdte Art zuſetzen / nemblich Camerales, wegen deß Bauren-Stands / und Victualien / Zoͤll / und anderer Sachen / ſie ſeynd wol zu leiden / wann ſie entweder nicht gar zu unerfahren / und ſordidè avari, oder gar zu geſcheyd ſeynd / und das Graß allein wollen wachſen hoͤren / dann alſo potius ſunt oneri, quàm uſui, und hindern nur alles. Weiterer Bericht von dieſem Commercien Collegio fol - get in dem andern Theil dieſes Wercks unter ſeinem eigenen Orth.

PCaput226Caput XXX.

Caput XXX. Beſchluß von dieſen geſaͤmbtlichen Diſcurs.

VOr dißmal beſchlieſſe ich alſo hiermit dieſen erſten Theil / von dem Eſſential ſubjecto eines Landes / oder Statt / nemblich vom Bau - ren - Handwercks - und Kauffmanns - Standt / von Vermehrung / Ernehrung und Gemein - ſchafft eines Orths / von dem Monopolio, Polypolio, und Propolio, als gemeinen Fein - den der populoſitaͤt / Nahrung / und Gemeinde eines Orths. Kuͤrtzlich / bißhero iſt gehandelt worden von dieſen Menſchen / derer Standt und Nahrung / worvon eine Gemeinde am meiſten / und eſſentialiter beſtehet / nemblich / von dem ſubjecto oder materia Reipublicæ.

Nun ſolte ich auch zu dem andern Theil ſchreiten / nemblich / ad formam Reipublicæ, und von der Obrigkeit / derer Beſtellung / ad - miniſtration, und bedienten Handeln. Jn dem dritten Theil aber die politiſche Reguln / und Geſaͤtz erzehlen / vermittels welcher eine Ohrig - keit ihre Underthanen regieren / und in Flor bringen ſoll. Jn dem vierdten Theil endlich wuͤrde es wol gethan ſeyn. Wann ich die pra - xin voriger drey Theilen ſpecialiter durch Exempel erweiſe / wie ſie in der Welt von an - fang biß nun / ſo im Gebrauch als Mißbrauch bey allen Nationen im Schwang geben / nach -dem227Beſchluß deß geſambten Diſcnrs.dem es aber heiſſet / Veritas odium parit, obſe - quium amicos, ſo werde ich von dieſem vierdten Theil nichts melden / dann ich mein Intereſſe anderer Intereſſe wegen nicht verderben wil. Wer aber gleichwol Luſt von dieſer materi zu leſen hat / der kan eine Satyram leſen / intitulirt: Tubus opticus pro conſpiciendis maculis terræ.

Was den dritten Theil anbelangt / ſo hab ich darinnen verfaſſet einen practicirlichen Ex - tract, von allen Policey-Ordnungen / und heil - ſamen Gedraͤuchen der gantzen Welt / nemb - lich von Siniſchen / Jndiſchen / Tuͤrckiſchen / kuͤrtzlich von allen Heydniſchen und Chriſtlichen Policey-Ordnungen / ſo an einigem Orth der Welt moͤgen gefunden werden. Hierauß nun hab ich ein Corpus gemacht / und eine Policey - Ordnung / in welcher zu ſehen iſt / was in der gantzen Welt in einem Regiment ruͤhmlich iſt / und kan gethan werden / welches dann der ein - tzige Zweck iſt / durch ein gute Ordnung ein Landt auffzubringen / wie ſchon in vorher gehendem er - wieſen / daß nemblich bloß / durch gute Ordnung allein / auch die unſruchtbarſte Laͤnder habe populoß / und Nahrhafft gemacht. So klein und leicht - practicirlich nun dieſe meine Policey-Ordnung iſt / ſo man billich eine Eſſenz aller andern nennen mag / ſo ſchwer und muͤh - ſam / auch koſtbar iſt ſie mir gefallen zu verferti - gen / derenthalben gar nicht zu zweifflen wann es von einem Legiften oder Legulejo waͤre gemacht worden / er haͤtte ſich vor einen Teutſchen Lycur -P ijgum228Caput XXX. gum außgeben / dann dergleichen Leuth ohne diß auß Fliegen Elephanten machen koͤnnen / und alles wolgethan iſt / was ſie thun / aſpirante ſcilicet fortunâ.

Den andern Theil anbelangend / handelt von der Obrigkeit / und derer Bedienten / was ſie nemblich in obacht zu nehmen / wie ſie Erſt - lich auff ſich ſelbſt / und unter ſich ſelbſt leben / und achtung geben / hernach wie ſie mit den Underthanen umbgehen / und ſolche alſo re - gieren ſollen / daß man ſehen moͤge / daß ſie mehr umb der Underthanen / als die Underthanen ihrentwegen da / und vorhanden ſeynd. Dieſer dritter Theil / wie geſagt / iſt auch bereits fertig / in welchem / wie auch in dem dritten / dem ge - meinen Vatterlandt viel herꝛliche und nuͤtzliche Sachen / neben andern demonſtrit werden.

Jnſonderheit Erſtlich / wie ein Herꝛ ſein Landt und Leuth ohne ſeiner und der Undertha - nen Schaden bereichern / vermehren / und merck - lich in beſſere Nahrung bringen koͤnne.

Vor das andere / wie er ein unerſchoͤpffliches / beſtaͤndiges ærarium auffrichten moͤge / ohne einiges Menſchen Beſchwerden.

Drittens / wie er ſeinen Hofſtaat vergroͤſ - ſern / in Beſoldung verbeſſern / und doch ſeinen Underthanen dardurch kein Beſchwerd an - thun ſolle.

Vierdtens / wie er ſein Regiment alſo anſtel - len koͤnne / daß er mit groſſem Nutzen ſeiner Underthanen / ſein Landt und Leuth zu defen -diren,229Beſchluß deß geſambten Diſcurs.diren, einen proportionirten perpetuum mili - tem halten koͤnne / welcher nicht allein ſich ſelbſt underhalte / ſondern ſeinem Herren und Landt / welches er defendiren ſoll / noch darzu groſſen Nutzen bringt.

Fuͤnfftens / wie eine Gemeinde zu fundiren, daß ihr weder Krieg / noch Brandt / noch Ar - mut / noch Sterben ſchaden / und ſie ruiniren koͤnne.

Sechſtens / eine neue bißhero unbekandte / wiewol gantz ſichere / gewiſſe und loͤbliche Muͤntz - Reformation, wordurch alles boͤſe Gelt auß ſeinem Landt / hingegen Gutes herein gebracht / das iſt / ein Landt Geltreich gemacht / mit guter Muͤntz verſehen wird / welche ſtetigs darinnen beiben muß.

Dieſe und dergleichen Dinge / welche pro paradoxis und Chymeren von den Unerfahrnen werden gehalten werden / dieſe / ſage ich / wer - den in beſagten reſtirenden Theilen alſo klar er - wieſen / daß darwider nichts wird koͤnnen ge - ſagt werden / als das non putâram, oder / Et nos hæc poteramus, dieſes iſt derhalben auch die Urſach / daß beſagte zwey Theyl noch bey mir verarreſtiert ſeynd / und deß Tages Liecht ſobald nicht ſehen werden.

Ob nun wol Cholerus de proceſſibus execu - tivis parte 2. cap. 3. num. 148. ſchreibet: Quod per boves, & ignorantes (aſinos) jus miniſtrari cenſeatur, ubiarreſta, & ſaxamenta facilè conce - dantur, und gezweiffelt wird / an hoſpes pere -P iijgrini230Caput XXX. grini apud ſe divertentis bona, donec ſibi pro cibo & potu ſatisfactum fuerit, poſſit arre - ſtare? ja etliche ſolches gar laͤugnen / cum hoc eſſet ſibi ipſi jus reddere, quod nemini per - mittitur, quod ſic verò fecerit, & reddere rem Domino, & pretium ejus reſtituere cogitur, imo & jus crediti, pignoriſquè meritò perdit, gleich Beſoldus und ſein Succenturiator Dit - herꝛ / in dem Theſauro practico, unter dem Titul Arreſt / mit mehrerm allegiren, welches aber mit dieſem Opere kein Gemeinſchafft hat. Leges enim ſervis latæ ſunt, non literis, ut alibi à nobis demonſtratum eſt, at liberi ingenij liber fœtus eſt, & partus ſequitur ventrem. Bleiben alſo gedachte Theil mein / ſolang als es mir gefaͤllt / die jenige / ſo zu allen Sachen ſchreyen: Et nos hæc poteramus, hi faciant mihi æquum, tunc equitabimus ambo, zumalen ſolche / welche groſſe Beſoldung und recom - pens darvon haben.

Daß ich aber dieſen erſten Theil herauß ge - ben / iſt geſchehen / die jenige zu uͤberweiſen / welche das obbeſagte & nos poteramus ſtaͤts im Maul haben. Nam ſi potuerunt, cur à condito orbe hucuſquè non fecerunt, dann daß ſie es nicht gethan haben / weiß ich zum beſten / als der in dieſer Materi / auff dieſe Weiß / wie ichs tractir, ohneracht ich mein Lebtag viel Buͤcher geſehen / keines in derglei - chen Materi hab finden koͤnnen / wie dann derjenige231Beſchluß deß geſambten Diſcurs.jenige ſelbſt erfahren wird / der in dieſer Materi nachſuchen wird.

Jch weiß / daß ihm dieſer erſte Theil / wel - chen ich nun endige / ein complement aller der jenigen ſeyn wird / welche darvon geſchrieben haben / das iſt / er wird darinnen finden / was alle andere nicht haben. Welchen ich derhalben darinnen ein Genuͤgen thue / die moͤgen dieſe meine Arbeit zu Danck annehmen / und ge - nieſſen / welche nicht Zeit haben ſolche zu leſen / die halten ihr Urtheil ein / dann von hoͤren ſagen laͤuget man gern / die ſolches leſen / und nicht verſtehen / dieſelbige moͤgen eher darvor legendas Patrum leſen / die ſeynd verſtaͤnd - licher / wiewol bißweilen ein vinum Theologi - cum darzu gehoͤret / ad concoctionem ſcilicet cibi interdum ſatis duri & craſſi; Die aber endlich dieſes leſen / und vor untuͤchtig und falſch befinden / die bitte ich / beweiſen das contrarium, oder machen ein beſſers / und geben ihre Arbeit offentlich an Tag / gleich ich auch thue / und ſchon oͤffters gethan habe / dann es keinem redlichen Mann wol anſtehet / in einiger Profeſſion jemandes heimlich und hinderrucks zuverkleinern / die Verkleinerun - gen in die Welt ſpreyen / und doch ſelber als Urſprung das Liecht ſcheuen / ſolten auch bil - lich allen ehrlichen Leuthen ſolche Spargaden, derer Urſprung man nicht weiß / nicht weniger als ein Waſſer ſcheuen / welches Quell ver - daͤchtig iſt. Wann ein Soldat eine Feindt -P iiijſchafft232Caput XXX. ſchafft gegen ſeine Cameraten traͤgt / und doch das Hertz nicht hat / ſolchen vor die freye Fauſt herauß zu fordern / ſondern ihm nur heimlich mit verbottnen Gewehren auffpaſt / ein ſolcher iſt kein redlicher Kerls / ſondern wird von den Kriegs-Rechten vor einen feigen und ehrloſen Bernhaͤuter declarirt, und von der Compagnia geſtoſſen / welche billige Sentenz, ob ſie zwar in anderen Profeſſionen und Faͤllen nicht im Schwang gehet / iſt ſie doch warhafftig auff alle die jenige zu deuten / welche anderer Leu - then ehrlicher muͤhſamer Arbeit heimlich nach - ſtellen / und in der Finſternuͤß das Liecht ſcheuen / ſie verfolgen. Darunter dann auch hillich hegriffen iſt der jenige verkappte Vogel / welcher dieſes Buchs anfangs Urſach gewe - ſen. Dann als derſelbe ohngefehr vor einem Jahr umb dieſe Zeit mir durch ſeine verlogene Schreiben nicht wenig Unluſt gemacht / hab ich ſpeculirt, wie ich dieſelbige Zeit und Ver - folgung zu Gutem anwenden / und mit einer nutzlichen Contemplation verſuͤſſen koͤndte / habe derohalben etliche wenige Boͤgen von die - ſem Tractat zu ſchreiben angefangen / hernach anderer Geſchaͤſſte wegen ligen laſſen / dann wider vorgenommen / und endlich außgemacht. Hat alſo der guͤnſtige Leſer dieſen Tractats An - fangs oben citirten verkappten Ehrn-Dieb zu dancken / und was iſt es wunder / daß ein boͤſer Anfang ein gutes Ende mache / iſt doch der leichtfertige Judas ein Anfang deß LeydensChriſti233Beſchluß deß geſambten Diſcurs.Chriſti geweſen / woran aller Menſchen Heyl und Wolfahrt haͤngt: Chriſtus hingegen iſt zu Endt gen Himmel gefahren / Judas aber hier auff Erden verſtrickt worden, & diſperſa ſunt omnia viſcera ejus. Dieſes mein geringes ſcriptum hoffe ich werde auch nach meinem Todt leben / und aufferſtehen / der oben citirt falſch verkappte Judas aber wird ſich durch ſeine Polypragmoſynen etwan noch ſo ver - ſtricken / daß ſeine viſcera, das iſt / ſeine heim - liche boͤſe actiones in der gantzen Welt wer - den zerſtreuet / und bekant werden.

Dieſes iſt derhalben nun wider ein Tractat, den ich geſchrieben auß der trefflichen Lehre deß gelehrten Authoris de utilitate capiendâ ex ad - verſis, welchen ich mit Ehren〈…〉〈…〉 Becher / gleich der heilige Text dieſes Wort im Buch Numeri cap. 26. verſ. 35. gebraucht / und etliche pro filio ululatus außlegen wollen / nennen koͤndte. Jch hoffe aber / daß die jenige / ſo allhier weinen / und umb deß Guten und der War - heit willen Verfolgung leiden / auch zu ſeiner Zeit einſten lachen werden / da es dann heiſſen wird / nachgelacht iſt auch gelacht / und ich der - gleichen Exempel ſchon viel erlebt habe / da ich uͤber meiner Feinde Undergang / ſo maͤchtig ſie auch waren / zu lachen genugſame Urſach ge - habt / wann ich nicht die uhraͤlteſte / vornehmſte / Chriſtlichſte politiſche Regul vor Augen haͤtte: Quod tibinon vis fieri, alteri ne feceris, welchesder234Cap. XXX. Beſchluß deß geſambten Diſcurs.welches der guͤnſtige Leſer in Cenſur dieſer mei - ner Arbeit auch in Obacht nehmen wolle / gleich ich ihn dann zum Beſchluß darumb freund - lichiſt gebetten haben will.

Geendiget den dritten Tag Julij, an dem vierdten Sontag poſt Trinitatis, von dem Splitter und Balcken in deß Naͤchſten Aug / Anno 1667.

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About this transcription

TextPolitischer Discurs Von den eigentlichen Vrsachen/ deß Auf- und Abnehmens/ der Städt/ Länder/ und Republicken
Author Johann Joachim Becher
Extent264 images; 50203 tokens; 9081 types; 352666 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationPolitischer Discurs Von den eigentlichen Vrsachen/ deß Auf- und Abnehmens/ der Städt/ Länder/ und Republicken in specie, Wie ein Land Volckreich und Nahrhaft z[u] machen/ und in eine rechte Societatem civilem zu bringen Auch wird von dem Bauren-Handwercks und Kaufmannsstand/ derer Handel und Wandel/ item Von dem Monopolio, Polypolio und Propolio, von algemeinen Land-Magazinen/ Niederlagen/ Kaufhäusern/ Montibus pietatis, Zucht- und Werckhäusern/ Wechselbäncken und dergleichen/ außfürlich gehandelt Johann Joachim Becher. . [11] Bl., 234 S. ZunnerFrankfurt (Main)1668.

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HAB Wolfenbüttel HAB Wolfenbüttel, M: Sc 9Dig: http://diglib.hab.de/drucke/sc-9/start.htm

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Ökonomie; Wissenschaft; Ökonomie; core; ready; china

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:28:48Z
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ShelfmarkHAB Wolfenbüttel, M: Sc 9
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