PRIMS Full-text transcription (HTML)
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JESUS! Him̃els-Verlangen Stillt Seelen-Bangen /
Beſtehend I. Jn des Verlangens Hefftigkeit / II. Jn des Verlangens Seeligkeit / III. Jn des Bereitens Nothwendigkeit / Nach Anleitung der Worte des Apoſtels Pauli II. Cor. V. verſ. 2: 3.
bey letzter / Volckreicher und mitleidender Beehrung Des Weyland Wohl Ehrwuͤrdigen / Vorachtbahren / Wohl - gelahrten und in GOTT andaͤchtigen HERRN TOBIÆ OPIZII, Wohlverordneten und treufleißigen DIACONI zu Litzelſtein; Nachdem Er nach lang außgeſtandener Unpaͤßligkeit in ſeiner geliebten Vater-Stadt Budißin / mitten unter dem Hertz-inniglichen Verlangen nicht ſo wohl nach der jrrdiſchen / als nach ſeiner Him̃liſchen Be - hauſung ſeinen Geiſt ſanfft und ſeeligſt in die Haͤnde ſeines HERRN JESU eingeliefert Jm 1678ſten Jahr den 3. Aprilis ſt. n. und darauf den 7. hujus auf gewiſſe Hoffnung der ſeeligen und frölichen Aufferſtehung in ſein Ruhe-Kaͤm̃erlein verſencket wurde /
Gedruckt beyAndreas Richtern/1678.
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Der Viel Ehrenreich / und Tugend Hochbegabter Fꝛ. Roſina Barbara Opitzin / gebohrner Conradin / Als des ſeeligen Herrn DIACONI Frauen Wittiben. Der WohlEhrbaren / GOtt und aller Gottſeelig - keit ergebener Frauen Criſtina Opitzin / gebohrner Kieberin / Als des Herrn DIACONI Leiblichen FꝛauenMutter; Der Tugend Hoch - und Chrenreich belobter Fꝛ. Maꝛgaretha gebohr. Opitzin / und verehelichter Koͤnigin / Als des ſeel. Herrn DIACONI Leiblichen Fꝛ. Schweſter. Uberreiche Jch die geholtene und begehrte Leichen-P[r]edigt / Jhnen ſambt und ſonders von dem Drey-Einigen GOtt erbittend GOttes des Vaters Feieden / der über alle Vernunfft ſchwebet / der wolle ſich in ihre beunruhigte Hertzen und Seelen ergieſſen / und ſelbige befriedigen und beruhigen; GOttes des Sohnes und ſeines Blutes Suͤßigkeit / die wolle alle Bitterkeit ihres Traurens und Creuzes durchſuͤſſen / daß Sie ſelbige auch in der euſerſten Bitterkeit dennoch in Jhren Herzen ſchme - cken moͤgen; GOttes des H. Geiſtes Guͤttigkeit / die wolle ſie alſo ein - nehmen und beherrſchen / daß ſie in Jhren tiefſten Elend dieſe Worte / wo nicht ausſprechen doch zum wenigſten außweinen moͤchten:GOtt zehlet alle Stunden / Er ſchlaͤgt und heilet Wunden ER kennet jederman /Nichts iſt jemahls geſchehen / Das Er nicht vor geſehen / Uñ wasGott thut iſtwol gethan.

Jhr Gebets-ſchuldigſter DANIEL Roͤmer.

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CHriſtus JEſus / der da ſeiner Glaͤubigen Kinder Trauren in Freude verkehren will / und ſie troͤſten und er - freuen nach ihrem Betruͤbnuͤß / ihr Hertz voller Freude machen / daß ſie ſeiner Ga - ben die Fuͤlle ſollen haben / der wolle auchJer. 31, 13. das Ehe-Hertz in der Frembde / das Mutter - und Schweſter-Hertz in dieſer Gegend / welche Er durch dieſen gegenwaͤrtigen Todesfall zermalmet / wiederumb heilen: Mit ſeinem Goͤttlichen jamrenden JEſus-Hertzen verbinde Er ihre durch die Traurigkeit zermalmete Hertzen; Mit ſeiner Goͤtt - lichen heilender JEſus-Hand berũhre Er ihre von der Betruͤb - niß zerriſſene Seelen; Mit ſeinem troͤſtenden Munde ſtille Er ihre biß in den Himmel klagende Threnen / und ſchaffe den Trau - rigen zu Zion / daß ihnen Schmuck fuͤr Aſchen / und Freuden Oel fuͤr Traurigkeit / und ſchoͤne Kleider fuͤr einen betruͤbten Geiſt ge - geben wirden / und ruffe Jhnen in Jhre betrübte Seelen und Bluttrieffende Hertzen ſelber hinein:

Legt / legt die Hand auf euren Mund /
Und ſeht auf GOTT / der Euch verwund /
Der Euch zu helffen iſt bereit /
Wanns dienet eurer Seeligkeit!

GEliebte / theils auch hertzlich betruͤbte / ꝛc. Was fromme Eltern an Jhren in den Himmel wohl - gezogenen und zum Reiche GOttes wohlgerathenen Soͤhnen haben / daß zeiget ihnen Koͤnig David an / inA 2einer[4]Himmels-Verlangeneiner verbluͤmt en Gleichniß-Rede / wann er ſpricht: Wie diePſ. 127, 5. Pfeile in der Hand eines Starcken / alſo gerathen die jungen Knaben. Es redet der Geiſt GOttes nach der Aus - legung des Seel. Herru Lutheri im 2. Jeniſchen Tom. f. 370. von den jenigen Knaben / die noch nicht Haußhalten / noch Waͤchter der Stadt ſeyn / als Kinder der Jugend / dt. wir meinen ganz und gar unſer Klugheit befehlen zu haben / noch fuͤhret er ſie im Hauſe und Stadt / wie er wil / und richtet mit jhnen aus / war er wil / daß wir ja ſchen ſollen / daß er vor alle Dinge ſorget / und uns nichts nirgends laſſen wil / denn die Arbeit / damit wir nicht meinen / GOtt regiere allein die jungen Kinder in der Wiegen / und laſſe die Groſſen ſich jhrer Vernunfft und freien Willens brauchen. Der regiert die Groſſen (ſpricht er hie) ja ſo maͤchtiglich / als die Jungen / ſie ſind Pfeile in ſeiner Hand / muͤſſen weben und fahren / wo und wie er wil. Es gilt bey jhm gleich Vernunfft und Un - vernunfft / Himmel und Erde / Jung und Alt / Klug und Weiſe. fol. 370.Dieſe K[n] aben und Leute / ſpricht der Seel. Herr Lutherus wei - ter / vergleichet er den Pfeilen in der Hand eines ſtarcken Helden / derſelbe ſcheuſt die Pfeile wann und wo er wil; Alſo ſehen wir auch / wie GOtt mit uns umbgehet / ſiehe doch darauff / wie ſel - zamEr Mann und Weib zuſammen paaret / daß ſichniemand ver - ſehen moͤchte / wie kommen ſie zu ſel[tz]amen Staͤnden und Weſen / da ſie nicht nach gerungen haben / daß man Wunder daran ſiehet / und gemeiniglich anders hinaus gehet / denn es Vater und Mut - ter / und auch ein jeglicher vor ſich ſelbſt bedacht hat / als ſolte GOtt mit der That dieſen Verß bekenner / und ſagen: Jch wil aller Menſchen Anſchlaͤge zu nichte machen / und mit den Menſchen - Kindern umbgehen nach meinen Willen / daß ſie in meiner Hand ſeyn / wie Pfeile in der Hand eines ſtarcken Rieſens. Was hilfft es denn viel Sorgen und Anſchlagen / wie es mit uns werden ſol / ſoes[5]Stillt Seelen-Tangen. es doch nicht anders wird / denn Er wil? Darumb iſt es das beſte / arbeiten / und jhn ſorgen laſſen fuͤr das Zukuͤnfftige. Jndem aber der Geiſt GOttes die wolgerathene Soͤhne vergleichet mit denen Pfeilen in der Hand eines Starcken / indem fuͤhret er uns damit auf die Goͤttliche verwahrende Hand / die dieſe Pfeile feſt in ſich ſchleuſſet. O wie faſt und ſicher werden die Pfeile von den Bogen-Schuͤzzen in jhren Koͤchern und Haͤnden verwahret und behalten / beſondere wenn es Pfeile ſind eines guten Kriegers /Jer. 50, 9. der nicht feilet. Kan auch Jemand den Pfeil hinter ſich treiben / ſo von einem ſtarcken Schuͤzzen geworffen iſt? fraget der Mann GOttes Eſra im 4. Buch Eſraͤ. Wol koͤn -Cap. 16, 7. nen auch wir fragen / kan auch jemand den Pfeil aus der Hand ei - nes ſtarcken und gewiſſen Schuͤ[z]zens / heraus reiſſen? So gewiß und feſte als Hercules ſeine Keule in ſeiner Hand hat gehalten / daß man eher dem Tod ſeine Se[n] ſe / als jhm ſeine Keule haͤtte aus - geriſſen: So feſte und gewiß haͤlt ein ſtarcker Held ſeine Pfeile in ſeinen Haͤnden / daß man eher einem Loͤwen ſeinen Raub / den er ſchon biß auf wey Knie / oder ein Ohr-Laͤplein verſchlungen / aus dem Maul koͤnne reiſſen / als jhm ſeine Pfeile nehmen. Doch was die Menſchen nicht thun koͤnnen / das kan der Allmaͤchtige GOtt gar leicht zu wege bringen / als der den vor der Menſchen Augen faſt unuͤberwindlichen Gog alſo anredet: Jch wil dir denEzech. 39 3. Bogen aus deiner lincken Hand ſchlagen / und deine Pfeile aus deiner rechten Hand werffen. Ungleich viel feſter und gewiſſer haͤlt der Allmaͤchtige GOtt ſeine Goͤttliche und geheimte Pfeile in ſeiner Göttlichen und Allmaͤchtigen Hand / daß er ſelber hiervon kan ſagen: Niemand wird ſie mir aus meiner HandJoh. 10. 29. reiſſen / der Vater / der ſie mir gegeben hat / iſt groͤſſer denn alles / und Niemand kanſte aus meines Vaters Hand reiſ -Rom. 8, 38. 39. ſen. Nichts kan ſie aus dieſer Liebes-Hand heraus reiſſen /A 3oder[6]Himmels-Verlangenoder davon ſcheiden / weder Tod noch Leben / weder Engel / noch Gewalt / noch Fuͤrſtenthum / weder Gegenwaͤrtiges noch Zukuͤnfftiges / weder Hohes noch Tieffes / noch keine andere Creatur. Von denen Seythen wird vermeldet / daß ſie auf eine Zeit an den Koͤnig in Perſten den Darium des Hiſta - ſpis Sohne inen Herold abgeſand mit vier unterſchiedenen Stuͤ - cken / welche er ihm muſte vortragen / als einen Vogel / einen Froſch / eine Mauß und fuͤnff Pfeile / die er feſt und gewiß in ſei - ner H[an] d gehalten. Da er dieſes gethan / und kein Wort darzu geſaget / die Perſianer aber die Bedeutung zuwiſſen verlangeten / ward ihnen ſelbige alſo angedeutet: Der Vogel deute ihnen an / daß ſich die Perſianer in die Lufft begeben / und daſelbſt ihre Sicherheit mit den Vogeln ſuchen ſolten; der Froſch weiſe ſie in die Suͤmpffe und heimliche Pfuͤtzen / ihr Leben zu retten; die Mauß fuͤhre ſie in die verborgene Maͤufe-Loͤcher; Wo ſie das nicht wuͤrden thun / ſo wuͤrden ſie die Seythen mit thren Pfeilen / derer etliche er in der Hand feſt gehalten / alſo bedecken / daß ſie grundaus wuͤrden außgerottet werden. So pranget der Allmaͤchtige GOtt mit dieſen ſeinen feſt-eingeſchloſſenen Pfeilen in ſeine Goͤttliche Haͤn - de biß in den höchſten Himmel hinein / durch alle ſeine Feinde / undZach. 9, 13 ruffet: Das ſind meine Pfeile / die da außfahren / wie der Blitz / denu ich habe mir Juda geſpannet zum Bogen / und Ephraim geruͤſtet. So feſte hat der Allmaͤchtige GOtt die - ſen unſern ſeeligſten Herrn Mit-Bruder in ſeinen Allmaͤchtigen Haͤnden gehalten als ſeinen eigenthuͤmlichen Goͤttlichen Pfeil / daß Er mit dem Propheten Ezechiel hat ſagen koͤnnen: Der WindEzech. 3. verſ. 14. hab mich auf / u. fuͤhret mich weg (Nemlich der Anfechtungs - Wind / beſonders in der Frembde) Jch fuhr dahin und erſchrack ſehr / (Jch gedachte offt / der rauhe Ungluͤcks - und Armuths-Wind wird dich doch einmal alſo verwehen / daß du nicht wirſt wiſſen /wo[7]Stillt Seelen-Bangen. wo du wirſt bleiben / wie ein Pfeil manchmal in der Lufft verdre - het und verwehet wird / daß man ihn nirgends kan finden) aber des HERRN Hand hielt mich feſt. Zwar der alle Men - ſchen umbreiſſende Todes-Windwirbel hat ſich auch an dieſen Goͤttlichen Pfeil angewaget / und hat denſelben außgedrehet und ausgewehet aus der Hand ſeiner Hertz-bekuͤmmerten Eheliebſten / aus der Hand ſeiner Hertz-betrübten Frau Mutter / aus der Hand der Seelen-beſtuͤrtzten Geſchwiſter) und hat Jhn tief unter die Erde gewehet; Doch hat er ihn durchaus nicht im ge - riugſteu aus der Hand GOttes heraus drehen und wehen koͤnnen / ſondern hat Jhn viel genauer und tieffer in dieſelbe Göttliche Hand befördern muͤſſen; Dann Er durch dieſen ſeinen ſeeligen Tod mit ſeinem JEſu zu ſeinen Vater in Himmel gegangen / mit denJoh. 16. v. 16: 17. Seelen der Gerechten in die Hand GOttes / da ſie keine Qvaal anruͤhret / mit dem Lazaro in den Schos Abra -Sap. 3, 1. hams; Allermaſſen der ſeel. Herr Lutherus gar nachdencklichLuc. 16, 22 von dem Tode derer Pfeile / die in der Hand GOttes ſind / re - det: GOtt ſpricht nicht / daß wir nicht ſollen ſterben / ſondern aus dem Tode gehen ſollen. Sollen wir aber aus dem Tode ge - hen / ſo muͤſſen wir zuvor hinein kommen / daß wir heraus gehen mögen. Alſo ſtoͤſſet GOtt die ſeinigen alle in den Tod aufs aller ſchmaͤhlichſte / und da wird er ihnen zu einen GOtt und HErrn aus dem Tode zu gehen: Das heiſſet ein GOtt der Seeligung / und der Herr der Außgaͤnge vom Tode / und alſo der Eingaͤnge in die Hand / ja in den Schos des Dreyeinigen GOttes. Da - hero auch der alte Kirchen-Lehrer Gregorius Nazianzenus:In Orat. de Laude Baſilij p. 107. den Tod des Heiligen Biſchoffs Baſilij alſo beſchreibet: Cum curſu confecto, fideque ſervatâ reſolutionis deſiderio teneretur, tempusque coronarum appeteret, atque illud quidem non audiſſet: Aſcende in mentem, ac morere,verùm[8]Himmels-Verlangenverùm morere, & aſcende ad nos. Darach Vollendung ſetnes Lauffes / da Er Glauben behalten / Er ein Verlangen trug nach ſeiner Auffloͤſung / und die Zeit ſeiner Kroͤhnung heran nahe - te / und zwar ihm ſo eben nicht geſaget war als dem Moſe / ſteig auf den Berg / und ſtirb / ſondern ſtirb / und ſteige herauff zu uns. Und ſo hat der Allmaͤchtige GOtt und HErr dieſen ſeinen Goͤtt - lichen Pfeil / da ihn der Wind des Todes ergrieffen / angeredet / nicht wie vor Zeiten Moſen bey ſeinem Sterben / Steige auffNum. 27. verſ. 12. das Gebuͤrge Abarim / und ſtirb; Sondern wie Er den H. Baſilium hat angeredet: Stirb / und komme zu uns herauf; Zu uns / GOtt dem Vater in ſeine Vater-Hand / zu uns GOtt dem Sohn in ſeine Bruder-Hand / zu uns GOtt dem Heiligen Geiſt in ſeine Mutter-troͤſtende Hand / zu uns / aus der Welt in den Himmel / zu uns / aus dem Elend in die Seeligkeit / zu uns / aus der Zeitligkeit in die Ewigkeit / zu uns aus dem Tode in das Leben. Jn welche Goͤttliche Haͤnde auch wir alle zuſammen als GOttes ſeine Pfeile uns verſencken / durch einen lebendigen Glauben / und ſeufzen:

Jn Deine Haͤnd uns geben wir /
O GOtt du lieber Vater /
Denn unſer Wandel iſt vor Dir /
Hier wird uns nicht gerathen /
Weil wir in dieſer Huͤtten ſeyn /
Jſt nur Truͤbſal / Elend und Pein /
Bey Dir der Freud erwarten!

Jn dem der Geiſt GOttes die wohlgerathene Kinder ver - gleichet mit den Pfeilen in der Hand eines Starcken / indem fuͤh - ret Er uns auch an an die ſorgende GOttes Hand / die dieſePfeile[9]Stillt Seelen-Bangen. Pfeile aufs genauſte abmiſſet Wie genau kennet doch ein Held ſeine Pfeile in ſeiner Hand / wie eigentlich ſorget Er doch fuͤr dieſelbige! Liegen ſie bloß / ſo verwahret Er ſie in ſeinem Koͤcher / ſind ſie von Roſt angelauffen / ſo polieret Er ſie / ſind ihnen die Spitzen abgeſchoſſen / ſo ſpitzet und ſchaͤrffet er ſie wieder / iſt ihnen das Gefieder abegangen / ſo federt Er ſie wieder. Anders rich - tet Er die ein / welche Er in ein Ziel will einwerffen / anders rich - tet Er ſelbige ein / mit welchen er Menſchen gedencket zu faͤllen / anders richtet Er ſelbige ein / mit welchen Er will weiſſagen / und kuͤnfftige Dinge erfahren / wie dann der Geiſt GOttes von dem Koͤnige zu Babel ſaget / daß Er ſich werde an die Weg-Schei -Ezech. 〈…〉〈…〉verſ. 21. de ſtellen / forne an den zween Wegen / daß Er ihm warſa - gen laſſe mit den Pfeilen. Uber welche Worte / wie auch - ber das 4. Cap. Hoſeæ v. 12. Cornelius à Lapide aus dem Hie - ronymo dieſes aufuͤhret / daß nehmlich dieſes Warſagen mit den Pfeilen alſo ſey vorgenommen worden: Es hat der damahlige König zu Babel Nebuchodonoſor zwey Pfeile genommen / ei - nen hat er beſchrieben mit dem Nahmen der Stadt Rabbath / den anderu mit dem Nahmeu der Stad Jeruſalem / ſelbige hat Er untereinander gemenget / und in den Koͤcher geſtackt / und mit zu gebundenen Augen hat Er einen heraus geuommen: Und weil es eben derſelbe war / der mit dem Nahmen Jeruſalem beſchrie - ben war / hat Er daraus geſchloſſen / daß Er wider ſelbige Stadt ſolte ziehen / und ſelbige angreiffen / und daß Er ſelbi - ge wuͤrde gewinnen / welches auch der Außgang war gemacht und beglaubet hat. Ungleich viel genauer ſorget der ſorgende GOtt vor ſeine Goͤttliche Pfeile in ſeinen verſorgenden Haͤnden. So ſorget er vor ſie / daß Er ſie eigendlich erkennet / wie Er ſelber hier -Johan. 10. v. 14: 15. von ſpricht: Jch erkenne die Meinen / und bin bekant den Meinen / wie mich mein Vater kennet / und ich kenne den Va -Pſal. 1, 6. ter; der HERR kennet den Weg der Gerechten; der VeſteBGrund[10]Himmels-Verlangen2. Tim. 2. verſ. 19.Grund GOttes beſtehet / und hat das Siegel / der HERR kennet die ſeinen. Auf welches Goͤttliches Kennen ſich Koͤnig David in ſeiner tieffſten Noth / und euſerſten Verlaſſen beruffen hat: HERR du erkenneſt meine Seele in der Noth. Wel -Pſ. 31, 28. ches Erkennen durch und durch gemenget iſt mit aller Goͤttlichen Guͤttigkeit / die laͤſſet Gott der HErr gehen vor dem AngeſichtExod. 33. verſ. 18. des / den Er kennet; Und mit aller goͤttlichen Seeligkeit / alſo /Rom. 8. v. 29: 30. daß Er die jenige / dieEr erkennet / verordnet hat / daß ſi[e]gleich ſeyn ſollen dem Ebenbilde ſeines Sohn[e]s / die Er aber verord - net hat / die hat Er auch beruffen / welche er aber beruffen ha[t]/ die hat / Er a[u]ch gerecht gemacht / welche Er aber gerecht ge - macht / diehat Er auch herrlich gemacht. Mit dieſem ſeinem Goͤttlichen Kennen ſaͤllet Er auf dieſe ſeine Pfeile / nicht nur dann / wann ſie ſchon auff der Welt ſind / ſondern auch dann / wannEſ. 45, 4. ſie die Welt noch nicht begruͤſſet haben / auch dann ruffet ErJer. 1, 5. ihnen ſchon zu: Jch rieff dich bey deinem Nahmen / und nen - net dich / da du mich noch nicht kanteſt: Jch kante dich / ehe Jch dich im Mutterleibe bereitet hatte / und ſondert dich aus / ehe du von der Mutter gebohren wurdeſt. So ſorget Gott vor dieſe ſeine göltliche Pfeile / daß Er ſie auch auf eine goͤttli - che Art und Weiſe ſchaͤrffet / daß wir von thnen das jenige muͤſſenPſ. 45. 6. ſagen / was der Geiſt GOttes von den Pfeilen des HErrn Meſſiæ ſaget: Scharff ſind deine Pf[e]ile / daß die Voͤlcker vor dir nie -Sap. 7. 22. derfallen mitten unter den Feinden des Koͤniges. GOtt ſchaͤrffet ihren Geiſt / daß er muß behend und beredt ſeyn / und durch alle Geiſter gehen / wie verſtaͤndig und ſcharff ſie ſind: Er ſchaͤrffet ihre Augen / daß ſie mit denenſelben gar ſcharff in die Sonne der Gerechttgkeit CHriſtum JEſum ſehen können / wie die Adler mit thren geſchaͤrfften Augen in die jrrdiſche Sonne ohn eintzige Verletzung ſehen koͤnnen / oder wie von demMarc. 8, 25 blinden Menſchen / dem der HErr JEſus ſeine Augen ſchaͤrffete /geſaget[11]Stillt Seelen-Bangen. geſaget wird / Er konte alles ſcharff ſehen: Er ſchaͤrffet ihreEcclel. 〈…〉〈…〉. verſ. 11. Worte daß ſie ſeyn ſcharffe Spieſſe und Naͤgel / geſchrieben durch die Meiſter der Verſamlungen; daß ſie reden alsHebr. 4. verſ. 12. GOttes Wort / daß ſie muͤſſen ſchaͤrffer ſeyn / denn kein zweyſchneidig. Schwerdt / und durchdringen / biß daß ſie ſcheiden Seel und Geift / auch Marck und Bein: Er ſchaͤrf -Sap. 8, 1〈…〉〈…〉. fet ſie durch und durch / alſo / daß ſcharff erfunden werden im Gericht / und bey den Gewaltigen muß man ſich ihrer ver - wundern. Wann aber dieſe GOttes Pfeile zu ſchwer an der Erden hengen wollen / und wellen ſich gar ſchwer in die Hoͤhe GOttes uͤber das irrdiſche Weſen treiben laſſen / ſo befiedert ER ſie (ſo zu reden) mit ſeiner Göttlichen Krafft und Macht / daßEſ. 40. 31. ſie dann neue Krafft kriegen / daß ſie auffahren mit Flie - geln wie Adler / daß ſie lauffen / und nicht matt werden / daß ſie waudeln / und nicht muͤde werden. So ſorget der ſorgende GOtt vor dieſe ſeine Goͤttliche Pfeile in ſeinen alles ver - ſorgenden Haͤnden / in unterſchiedenen Staͤnden dieſer Welt / daßEſa. 49,〈…〉〈…〉. ein jeglicher kan ſagen: Der HErr hat mich zum reinen Pfeil gemacht / und mich in ſeinen Koͤcher geſtecket. Wer machet aus dieſem Kinde einen Fuͤrſten / aus dem andern einen Cantzler / aus dem dritten einen Buͤrgermeiſter? Die ſtarcke Hand des ſtar - cken Bogen-Schuͤtzens. Dieſe GOTTES Hand braucht in dieſer Welt diß Kind zu dieſem / und ein anders zu einem andern Dienſt / diß in dieſer / jenes in einer andern Stadt / diß in dieſem / jenes in einem andern Land / ja ſo gewiß / und ſo freyes Gefallens / als wann ein ſtarcker Held den Bogen ſpannet / und ſeine Pfeile verſchieſſet / wie er wil / und wohin er wil / wie wir davon in unſe - rer Chriſtlichen Kirchen ſingen:

Sind nicht ſein Erbgut unſer Kind /
Die uns von ihm gegeben ſind /
B 2Gleich[12]Himmels-Verlangen
Gleich wie die Pfeil ins Starcken Hand
So iſt die Jugend GOtt bekant.

Jndem der Geiſt GOttes die wohl gerathene Kinder mit de - nen Pfeilen in der Hand eines ſtarcken Helden vergleichet / indem ſuͤhret Er uns an die verthuende Hand GOttes / die dieſe Goͤttliche Pfeile verſchieſſet. Darzu haben vor Zeiten die Hel - den die Pfeile gebraucht / daß ſie ſelbige ent weder in die Feinde / oder in ein Ziel / oder in eine belagerte Stadt haben koͤnnen ein - ſchieſſen. Wenn der Printz Jonathan ſeinen Seelen-Genoſſen dem David ein Gemercke entweder des Zorns oder der Gnade des Koͤnigs Sauls wolte geben / da ſprach er zum David: Setze1. Sam. 20. v. 20: 21. dich bey dem Stein Aſel / ſo wil Jch zu ſeiner Seiten drey Pfeile ſchieſſen / als ich zum Sichermal ſchoͤſſe / und ſiehe / Jch wil den Knaben ſenden / gehe hin / ſuche die Pfeile. Werde Jch zum Knaben ſagen / Siehe / die Pfeile liegen hierwerts hinter dir / hole ſie / ſo kom / denn es iſt Friede / und hat keine Fahr: Sage Jch aber zum Juͤngling / Siehe / die Pfeile liegen dortwerts fuͤr dir / ſo gehe hin / denn der HERR hat dich laſſen gehen. Das war etwas beſondes ge - weſen / daß der krancke Prophet Eliſa dem Könige Joas anbe -2. Reg. 13. v. 16-19. fahl mit denen Pfeilen vor zunehmen / da Er zu ihm ſprach: Nim den Bogen und Pfeile / und ſpanne mit deiner Hand den Bogen / thue das Fenſter auf gegen Morgen / und ſchieſſe: Und er ſchoß; Er aber ſprach zu ihm: Ein Pfeil des Heils vom HErrn / ein Pfeil des Heils wider die Syrer / und du wirſt die Syrer ſchlagen zu Apheck / biß ſie auffgerieben ſind. Und er ſprach: Nim die Pfeile / und ſchlage die Er - de / und er ſchlug dreymal / und ſtund ſtille. Da ward der Mann GOttes zornig auf ihn / und ſprach: Haͤtteſtu fuͤnffoder[13]Stillt Seelen-Bangen. oder ſechsmal geſchlagen / ſo haͤtteſtu die Syrer geſchlagen / biß ſie auf gerieben waͤren / nun aber wirſtu ſie dreymal ſchla - gen. Das ſind rechte Geheimnis-Pfeile geweſen / mit wel - chen der Allwiſſende GOtt durch den Propheten Eliſam dem Koͤnige Joab in Jſrael Gluͤck und Sieg wider die Syrer hat an - kuͤndigen wollen. Die wohlgerathene Kinder in der Hand des ſtarcken GOttes ſind ſolche Geheimnis-Pfeile / von welchen wir auch muͤſſen ſagen: Das iſt ein Pfeil des Heils / das iſt ein Pfeil wider die Hoͤlliſche Syrer / beſonders / wenn ſie in dem Geiſili - chen Stande wohlgerathen / nach dem lebendigen Beyſpiel ih - res HERRN und Heylandes JEſu CHriſti / als der von ihm ſelber ſaget: Der HERR hat mich zum reinen Pfeil ge -Eſ. 49, 2. macht / und mich in ſeinen Koͤcher geſteckt. Christus eſt Patris ſui ſagitta præ Apoſtolis & alijs ſanctis terſa & electa, quam in pharetrâtùm ſuę omniſcientiæ & providẽ - tiæ, tùm humanæ carnis abſcondit. Hanc ſagittam mittit, quò vult, ejusꝙ́ verbis, & verberibꝰ vulneribus transfixit & vulneravit corda fidelium ſui amore, eorumque vitiâ & peccata occidit, ſaget Cyrillus und Hieronymus uͤber dieſe Worte: Der HERR CHriſtus iſt GOT TES ſeines Him̃li - ſchen Vaters reiner und außerwehlter Pfeil geweſen vor denen Apoſteln und allen andern Heiligen / den Er in den Köcher ſeiner Allweißheit / Vorſorge und Menſchlichen Leibes und Blutes verwahret gehalten. Dieſen Pfeil druͤcket Er ab / wohin Er wil / mit deſſelben Worten / Schlaͤgen und Wunden hat Er die Hertzen der Glaͤubigen zerſpalten und verwundet durch ſeine Lie - be / und ihre Suͤnde getoͤdtet. Von den Bogen des Prin - tzens Jonathans ruͤhmet König David / daß er nie habe gefeh -2. Sam. 1. verſ. 18. let / nemlich mit ſeinen Pfeilen: Vielmehr koͤnnen wir dieſes ſagen von dem JEſus-Bogen und Pfeilen / die haben nie gefehlet / und wo ſie angetroffen haben / da haben ſie gewiß die Seele zer -B 3malmet /[14]Himmels Verlangenmalmet / und das Hertz zerſpalten. Wie gewiß traff dieſer JE - ſus[-]Pfeil das Hertz Sauli / daß er davon auf die Erden fiel / undactor. 9, 6. zaplend rieff / HErr / was wilt du / daß ich thun ſoll? ſunt ſagittæ amoris, horum ſcopus cor eſt, in quem col - lineant, ut vivificent occidendo, ſaget der H. Ambroſius, Das ſind die Liebes-Pfeile (die da von dem Blute JEſu ſind truncken gemacht / die da mit der JEſus Guͤte und Gnade durch und durch befuͤdert ſind) das Hertz der Menſchen iſt das Ziel / da - rein dieſe JEſus-Pfeile hinein fallen / ſie toͤdten / allein durch das Toͤdten machen ſie lebendig. Quàm beatum eſt, hac ſagit - vulnerari, ſaget Origenes, O wie ſeelig iſt derſelbige Menſch / der mit dieſem Pfeil biß auf den Tod verwundet wird. Von dem H. Johanne leſen wir / daß Er auf eine Zeit im Geſichte geſchenApoc. 6, 2. ein weiß Pferd / und der darauf ſaß / hatte einen Bogen / und ihm ward gegeben eine Krone / und er zog aus zu uͤberwindẽ / und daß Er ſieget. JEſus CHriſtus iſt der jenige / der auf die - ſem weiſſen Pferde ſeiner Göttlichen Majeſtaͤt und Herrligkeit geſeſſen / feinen Bogen hat Er beleget mit Pfeilen / die da ſind geweſen ſeine Apoſteln / Evangeliſten und Juͤnger. Nach dem Er aber ſelbige Pfeile biß in den Himmel verſchoſſen / gebrauchteEpheſ. 4. v. 11: 12. Er ſich anderer Pfeile / nemlich treuer Lehrer / Prediger und Hirten / daß die Heiligen zugerichtet werden zum Werck des Ampts / dadurch der LeibChriſti erbauet werde. Seelig iſt eine ſolche Gemeine / die der Allwaltende GOtt mit ſolchen rei - nen Pfeilen wohl berathet / die duͤrffen ſich nicht fuͤrchten fuͤr den feurigen Pfeilen des Satans / denn durch die Geiſtliche PfeileJer. 1, 18. machet ſie der groſſe Wunder GOtt zu einer eherner Mauer /Zach. 6, 1. wider welche ſie durchaus nicht koͤnnen ſiegen / zu ehernen Bergen / von welchen alle angeſchoſſene feurige Pftile muͤſſen abſpringen. Bey dieſen ihren Geiſtlichen reinen Pfeilen duͤrffen ſie nicht zu Tode erſchrecken vor den vergifteten und Blut-ſauffen -den[15]Stillt Seelen-Bangen. den Pfeilen derer Verfolger / denn durch dieſe Geiſtliche Pfeile kan der Wunder-GOtt derer Feinde abgedruͤckte Pfeile zuruͤck in die Feinde hinein treiben / daß ſie von ihrem eigenem Blut muͤſ - ſen truncken werden / und ſich vollſauffen. Und unter ſolche geiſt - liche / reine und ſcharffe JEſus-Pfeile zehlen wir auch billich den Weyland Wohl Ehrwuͤrdigen / Vorachtbahren / Wohlgelahr - ten und in GOtt andaͤchtigen Herrn TOBIAS Opitz / Wohl verordneten und treufleißigen Diaconum zu Litzelſtein / bey Straß - buͤrg gelegen / deſſen eingeſargter und geheiligter Leichnam an - noch vor unſern Augen ſtehet. Denſelben hatte auch der Heilige GOtt zu ſeinen reineu / ſcharffen und wohl gepolirten Geiſtlichen Pfeil gemacht / und in ſeinem Goͤttlichen Koͤcher verwahret ge - halten / daß Er auch iſt geweſen in der Hand des Allmaͤchtigen GOttes als ein Pfeil in der Hand eines Starcken. O wie genau hat Jhn auch der Allwiſſende GOtt gekant / daß ER Jhm auch gleichſam alſo zugeruffen / wie ER vor Zeiten Moſi zugtruffen: Jch kenne dich mit Nahmen / und du haſt Gnade vor mei -Exod. 33. verſ. 17. nen Augen funden: Fuͤrchte dich nicht / denn Jch habe dich bey deinem Nahmen geruffen / Jch habe dich erloͤſel / d[u]biſtEſ. 43, 1. mein. O wie reichlich hat Jhn doch der reiche GOtt auch in der Frembde verſorget! ER hat Jhn auf allen ſeinen Wegen / die Er reiſete / behuͤttet / und hat Jhm Brod zu eſſen gegen -Gen. 28. verſ. 20. ben / und Kleider anzuziehen; GOtt hat Jhn ſein Leben - lang ernehret / Der Engel des Herrn hat Jhn von allenGen. 48. verſ. 15: 16. Ubel erloͤſet; Die gutte Hand GOttes iſt allenthalben in der Frembde uͤber Jhm geweſen / wie uͤber den Eſra und Nehemta /Eſræ 7, 2[9]. dieſelbe hat Jhm in der Frembde Vornehmer Patronen Mildig -Nehem. 2. verſ. 8. keit zugewe[n]det / daß Er mit ſeiner treuen und unverdroſſenen In - formation Jhrer Jugend von Jhnen ſo viel Mittel erlanget / daß Er da mit (ohne Beyhuͤlffe der lieben Mutter / als die als eine verlaſſen. Wittib mit Jhr ſelber uͤbrig genung zu ſchaffen hat) ſichauf[16]Himmels-Verlangenauf frembde Univerſitaͤten konte begeben / und alda ſeine ruͤhmli - che Erudition vollkommener machen / woſelbſt Er die Guͤtte der guten Hand GOttes noch reichlicher empfunden / indem Jhm ſel - bige auch Chriſtliche Hertzen zugewand / die Jhn mit ruͤhmlicher und ehrlicher Beſtallung befordert in ein Geiſtliches Ampt / da dann der Wunder-GOtt aus dieſem theuren JEſus-Pfeilt2. Reg. 13. verſ. 17. einen Pfeil des Heils des HErrn / einen Pfeil des Heils wi - der die Syrer hat gemacht / denn / wie Angelomius uͤber die - ſe Worte ſchr[ei]bet / Sagitta falutis Domini eſt prædicatio ſancta, cùm decenter exhibetur, & ſpiritualium hoſtium certiſſima interfectio, ſi perſeveranter agitur; Das iſt ein Pfeil des Heyls des HErrn / wann ein Prediger das Heilige Wort GOttes mit einem Heiligen Predigen vortraͤgt / und wann Er richtig und beſtaͤndig damit fort faͤhret / ſo erleget er da - durch gewiß die Geiſtliche Feinde / als die Hölliſche Syrer zu Aphek. Und iſt an Jhm wahr worden / was man aus der Erfah - rung pfleget zu ſagen:

Sæpè peregrinus peregrinis ſurgit in oris,
Alteriusque manum dextra aliena lavat.
Offt giebt die Frembd uns an die Hand /
Was nicht thaͤt unſer Vaterland.

Wie man dann den frommen Jüngling Jofeph in ſeines Va - ters Hauſe / vor einen albernen Traͤumer und nichts werthenFuß - Hader hat gehalten / allein in der Frembde hat ihn der Hoͤchſte GOtt einem großmaͤchtigen Koͤnig an ſeine Seite geſetzet zu ei -Gen 41. verſ. 40. nem Koͤniglichen Auge und Koͤniglicher Rechten Hand in gantzen Egypten Lande. Ach wie wunderlich hat doch der Wunder - GOtt dieſen JEſus-Pfeil verſchoſſen balde vorwarts bald hin - terwarts / bald von Mittage gegen Abend / bald von Abend gegen Mitternacht / bald von Mitternacht gegen Morgen / und hatJhm[17]Stillt Seelen-Bangen. Jhm allenthalben zugeruffen / wie ER dem Propheten Jeremiæ zurieff: Sage nicht / ich bin zu jung / ſondern du ſolt gehen /Jer. 1. wohin Jch dich ſende / und predigen / was Jch dich heiſſe. Das letzte Verſchieſſen dieſes theuren JEſus-Pfeiles iſt das wei - teſte Verſchieſſen geweſen / da der Allmaͤchtige GOtt denſelben durch den zeitlichen und ſeeligen Tod dem Leibe nach unter die Er - de in die drey Klafftern tieff / allein der Seelen nach Himmel hoch bis in den hoͤchſten Himmel hat verſchoſſen. Die Voͤlcker Abari genant / fuͤhren einen Pfeil in ihrem Symbolo zum Gemercke eines Himmel-an hochfliegendes Gemuͤthes / das ſich mit den Him̃ - liſchen Betrachtungen an den Himmel / und an das Hertz des Al - lerhoͤchſten GOttes anhaͤnget. Die Gelegenheit deſſen haben ſie genommen von einem Lehrreichen Gedichte / da vorgegeben wird / daß auf eine Zeit Abaris aus Scythien gebuͤrthig in Grichen - Laud gefangen gelegen / der hat mit ſeinem Bogen einen aufgeleg - ten Pfeil ſo weit verſchoſſen / daß er aus Griechenland biß mitten in Seytheen geflogen / welches der Gregorius Nazianzenus von ſeinem Verlangen in Seythien / als in ſein Vaterland außleget / und fuͤhret es an als ein Bild eines Himmel-verlangenden Her - tzens / daß gleich wie der in Griechenland von dem Abaride abge - ſchoſſene Pfeil nach ſeinem Vaterland / dem Seythenland / ſo zu reden / ſich hat geſehnet / daß er auch nirgends anders wolte hiufallen / als in Seythen-Land; Alſo wird auch eine Him̃els-be - gierige Seele durch ihr Verlangen mit einem geſchwinden Pfeil - Flug in den hohen Him̃el getrieben / daß ſie auch nirgends anders verlanget hinzufallen / als in ihr Vaterland / in den Himmel - Hier iſt mehr / als ein ſolches durch ein ſehnliches Verlangen / und ein verlangendes Sehnen geſchehenes Verſchieſſen; Hier hat der Allmaͤchtige GOtt in der That ſelbſt dieſen ſeinen reinen und wohl polirten Pfeil aus der Welt bis in den Himmel hinein getrieben vnd geleget. O wie ein vielfaͤltiges Verlangen und Sehnen ha[t]Cſich[18]Himmels-Verlangenſich doch bey dieſem Goͤttlichen Verſchieſſen dieſes JEſus-Pfeils ereignet! Verlangen bey ſeiner Hertzgeliebten Eheliebſten / die etliche ſiebentzig Meilen damals weit von Jhm geweſen / ach wie offt mag Sie mit der verlangenden Hanna mit thraͤnenden Augen und blutenden Hertzen Jhre (wiewohl in etwas geaͤnderte) verlan - gens-Worte nach geſeuftzet haben: Ach mein Schatz! Ach mein Schatz! Warumb hab ich dich ziehen laſſen? Meine einige Freude! Mein einiger Troſt! Mein Hertz! Mein Erbe! JchTob. 10. v. 4: 5. haͤtte Schatzes genung gehabt / wann ich dich nicht haͤtte weg ge - laſſen; Verlangen bey ſeinem von GOtt der Hoffnung gezeigten Ehe-Seegen / der annoch unter dem keuſchen Muͤtterlichen Her - tzen verborgen gelegen / darumb es auch denen Menſchen ein ver - borgenes / allein dem Alles-wiſſenden GOtt ein bekantes Ver - langen geweſen; Verlangen bey der Hertz-betruͤbten Frau Mut - ter / als die da an dieſem Jhrem wohlgerathenen Sohn einigen tröſtenden und ſchuͤtzenden Stab in Jhrem verlaſſenen Witwen - Stande gedacht zu haben. O wie willig haͤtte Sie ihreSeele ſtatt ſeiner Seelen / ihr Leben ſtatt ſeines Lebens / in die Haͤnde des Allwa[l]- tenden GOttes eingeliefert / wañ Ers haͤtte annehmen wollen! Ver - langen bey dem ſeligſt in dem JEſus-Schos lebenden Herrn DIA - CONO; Owie hertzlich hat Jhn verlanget ſeine Jhm von dem Her - ren JEſu aubefohlne Kirch-Schaͤflein mit ſeinem letzten Prie - Seegen dem ſegnenden GOtt zu einem immerwehrenden Seegen einzuſegnen / und ſich mit ihnen abzuſegnen! O wie hertzlich hat Jhn verlanget in den Armen und Schoß ſeines Ehe-Schaͤfleins einzuſchlaffen / und daher ſeine theuer erlöſete Seele in die Arme und Schoß des HErrn JEſu zu überreichen! Doch hat dieſes ſein zeitliches Verlangen weit uͤberwunden ſein ewiges Verlan - gen / da Er ſein jrrdiſches Verlangen mit dem Him̃liſchen / ſein Menſchliches mit dem Goͤttlichen Verlangen verwechſelt / und mit dem Apoſtel Paulo geruffen: Und uͤber denſelbigen ſehnenwir[19]Stillt Seelen-Bangen. wir uns auch nach unſer Behaunſug / die im Himmel iſt / und‘, uns verlanget / daß wir damit uͤberkleidet werden / ſo doch / wo wir bekleidet / und nicht bloß erfunden werden. Welchen Wor - ten wir vot dißmal etwas weiter im Nahmen JEſu nachſinnen wollen. Helffet mir darzu erbitten das Vermoͤgen aus der Höhe / und ſeufzet mit mir:

CHriſte JEſu / liebſter Heyland /
Sende deines Geiſtes Beyſtand /
Der uns in alle Warheit leit /
Dir zu Lob / uns zur Seeligkeit! Amen

TEXTUS.

So lautet unſer Text / den wir vor dißmal im Namen GOttes betrachten wollen / genommen aus der 2. Epiſtel S. Pauli an die Corinther Cap. V. verſ. 2. 3.

Und uͤber demſelben ſehnen wir uns auch nach unſer Behauſung / die vom Himmel iſt / und uns verlanget / daß wir damit uͤberkleidet werden / ſo doch / wo wir bekleidet / und nicht bloß erfunden werden. ()

TRACTATIO.

SO trage Ich E. L. vor unſern abgeleſenen Text / daß Jch Jhnen daraus wil vorſtellen des Himmels Verlangen Stillend der Seelen-Bangen. Wie uns daun dißC 2Him -[20]Himmels-VerlangenHimmels-Verlangen vorgehalten wird theils in deſſelben Ver - langens Hefftigkeit / die uns anzeigen die gezwillingte Worte unſ[e]rs Textes / Wir ſehnen uns / Uns verlanget; Theils in des Verlangens Seeligkeit / indem daſſelbe nach unſerm Text fallet auf unſere Behauſung die vom Himmel iſt / und auf unſere Uberkleidung; Theils in des Bereitens gegen dieſes Himmels-Verlangen Nothwendigkeit / nach den Worten unſers Textes: So doch / wo wir bekleidet / und nicht bloß erfunden werden. Von einem jeglichen Stuͤck - lein mit gar wenigen.

So leget der Apoſtel Paulus in unſerm verleſeuen Text vor unſere Augen und Seelen diß Himmels-Verlangen ſtillend der Seelen Bangen / und zwar anfaͤnglich nach dieſes Verlan - gens Hefftigkeit / wilche Er anfuͤhret / wann Er zu zweyen un - terſchiedenen mahlen bald nach einander ſpricht: Wir ſehnen uns / und uns verlanget.[στενάζομεν], ἐπιποροῦντες ſtehet es in dem Grichiſchen Grund-Text / daß beyde Woͤrtlein auf ein ſehr geſchaͤrfftes Verlangen deuten: Jn maſſen das Grichiſche Woͤrt - lein ςενάζομεν auf ein ſolches Sehnen deutet / welches da mit vielen S[e]ufzen / Stehnen / Gürren und Wuͤrren durchmenget iſt / wieHiob. 7. verſ. 2. ein von ſchwerer Arbeit abgematteter Knecht mit vielen Seuf - zen ſich ſehnet nach einem Schatten / da er ſeine ermuͤdete Knochen koͤnte hinlegen / und ſelbige erqvicken: Oder wie dieThren. 5. verſ. 13. Juͤnglinge unter dem Tragen der Muͤhlſteine / und die Knaben unter dem Straucheln von dem Tragen des Hol - tzes ſich ſehnen mit Hertz-inniglichen Begierden nach einiger Er - leichterung. Das Wörtlein ἐπιποροῦντες deutet auf ſolch Ver - langen / das da mit Thraͤnen durchmenget / und aus Leib und Seel / Hertz und allen Vermoͤgen heraus getrieben wird / wie Koͤnig Da - vid ſeine Koͤnigliche Seele in diß Verlangen eingemenget / wannPſ. 119. [8]. Er ſpricht: Meine Seele verlanget nach deinem Heyl;Wie[21]Stillt Seelen-Bangen. Wie eben dieſer Koͤnig David all ſein Vermoͤgen an diß Verlan - gen angewendet / da Er ſpricht: GOTT meine SeelePſ. 63, 2. duͤrftet nach Dir / mein Fleiſch verlanget nach Dir; Wie der HERR JESUS diß Verlangen mit ſeines Hertzens Vermoͤgen geſchaͤrffet / da Er ſpricht: Mich hat hertzlich ver -Luc. 22. verſ. 15. langet; Wie der Apoſtel Paulus ſeinen inneren Grund ſeines Hertzeus in diß Verlangen verſencket hat / wann Er ſpricht: GOtt iſt mein Zeuge / wie mich nach euch allen verlangetPhilip. 1. verſ. 8. von Hertzen Grund in CHriſto JEſu; Mich verlanget dich zuſehen / wann ich dencke an deine Thraͤnen. Dan -2. Tim. 1. verſ. 4. nenhero wird diß verlangendes Seh[n] en und ſehnendes Verlangen in der Hebreiſchen Bibel vom Geiſt GOttes genennet〈…〉〈…〉 von dem Stam̃-Woͤrtlein〈…〉〈…〉 avidè concupivit, Er haͤt mit Hertz-inniglichen Begierden verlanget / als wenn einem nirgends anders koͤnte wohl ſeyn / als bey dem verlangeten; wie der Allwal - tende GOTT ſein Goͤttliches Verlangen alſo beſchreibet: DerPſal. 132. v. 13: 14. HErr hat Zion erwehlet / Hier habe Jch Luſt zuwohnen / dann es gefaͤlt mir wohl / diß iſt meine Ruhe ewiglich: Oder als wann einer ohne dem virlangeten weder leben noch ſterben koͤnte / Wie der H. Gregorius Nazianzenus ſein VerlangenEpiſt. 9. nach ſeinem guten Freunde alſo anfuͤhret: Equidem ipſe te ma - gis, quàm aërem ſpiro, idque ſolùm vivo, quòd tecum ſum, vel coram, vel abſens per animi ſimulacrum; Und zwar ſo muß ich dieſes ſagen / daß ich dich mehr? als die Lufft ein - und aus atheme / und lebe allein hierdurch / daß ich bey dir bin / entweder nahe und gegenwaͤrtig / oder abweſend durch eine Ge - muͤths-Vorſtellung deines Ebenbildes. Sonſten wird auch das Verlangen genennet〈…〉〈…〉 von dem Stam̃-Woͤrtlein〈…〉〈…〉 con - cupivit ferventi animo Er hat verlanget mit erbitzten und feu - rigen Begierden / daß er vor dem Verlangen brennet und feuert / dann / wie der H. Ambroſius redet / quò diutius abeſt, quodC 3deſide -[22]Himmels-Verlangendeſideratur, tantò expectantis deſideria majori quâdam vi amoris igneſcunt, caro deficit, ſed deſiderium alitur & augetur; Je laͤnger ein verlangender Menſch auf das jentge muß warten / das er verlanget / je mehr werden ſeine verlangen - de Begierden durch die Krafft und Macht der Liebe angefeuert und entzuͤndet / das Fleiſch nimmt abe / aber das Verlangen wird genaͤhret und vermehret. Und iſt alſo diß ſehnendes Verlangen eine ſolche Hertz-innigliche Regung und Bewegung der Gemuͤths - Neigung / da ein Menſch das jenige / was er nicht in der That hat / alſo verlanget zu haben / daß er auch anders nicht / als in demſel - ben / mit dem ſelben / durch daſſelbe / was er verlanget / zu leben und zu ſterben begehret. Damit aber E. L. diß ſehnliches Ver - langen in etwas beſſer verſtehen moͤge / wil Jch Jhnen daſſelbe in etlichen Gleichniſſen vorſtellen. Wann die natuͤrliche Waͤrme eines Menſchen die genoſſene Speiſe und Tranck verzehret hat / ſo folget darauf bey einem lebenden Menſchen ein Hunger nach warmen und truckenen Speiſen / und ein Durſt nach einem feuch -Ariſt. de Anim. 2. Sum. 2. Text. 8. ten kuͤhlenden Trunck / worbey der Geſchmack ſtatt eines Gewuͤr - tzes iſt. Wann die Hitze des Creutzes / der Aufechtungen / des Zorus GOttes in dem Hertzen eines GOtt-ergebenen Menſchen alle Krafft und Safft der Goͤttlichen Tröſtungen / alle Feuchtigkeit des Göttlichen Thaues / der Gnaden GOttes ausgezehret und ausgebrant hat / ſo entſtehet alsdann in ihm ein ſolch Goͤttliches und Hertz-innigliches Verla[n] gen / welches der HERR JEſus ſelber einen Geiſtlichen Hunger und Durſt benennet / wann ERMatth. 5. verſ. 6. ſpricht: Seelig ſind / die da hungert und duͤrſtet nach der Gerechtigkeit / dann ſie ſollen ſatt werden. Von dem Ver -L. 8. c. 32. langen nach friſchen Waſſer derer Hirſche ſchreibet nicht allein Plinius, ſondern auch Auguſtinus, Ambroſius, und andere Kirchen-Lehrer / daß es einen Wunder - und ſonderbahren Ur - ſprung habe. Nemlich die guͤtige Natur hat dieſem Thiere ein -gegeben /[23]Stillt Seelen-Bangen. gegeben / daß es durch die in ſich gefreſſene und verdauete Schlan - gen ſein Leben in etliche Hundert Jahre hinein friſten kan. Da - hero wann er das Ab[n] ehmen des Vermoͤgens und des Lebens fuͤh - let / ſo begiebt er ſich an die Hoͤlen und Loͤcher derer Schlangen / da dieſelben am meiſten anzutreffen / an dieſelbe Loͤcher leget er ſich an mit ſeinem Athem / da ziebet er ſo ſtarck / daß er ſie damit aus der Hoͤlen heraus ziehet: alsdann zutrit er ſie mit ſeinen Fuͤſſen / und friſt ſie mit ſambt ihrem Gifft und Stacheln in ſich. Welche / wann er anfaͤngt zu dauen / und zuverdauen / in ihm eine unleidli - che Hitze verurſachen / die ihm dann allen ſeinen Safft und Feuch - tigkeit dermaſſen ausdorret und ausbrennet / daß er vor groſſem Dnrſt muß herumb tretben uͤber Berg und Thal / biß er friſches Waſſer antrifft; daſſelbe trincket er nicht alſo bald in ſich / ſondern er leget ſich zuvor hinein / und kuͤhlet ſich damit ab / hernach trin - cket er davon / und erqvicket ſich. Mit dieſem Verlangen der Hirſchen vergleichet Koͤnig David ſein und aller Kinder GOttes ihr inneres Goͤttliches Seelen-Verlangen / wann Er ſpricht: Wie der Hirſch ſchreiet nach friſchem Waſſer / ſo ſchreietPſal. 42. v. 2: 3. meine Seele GOtt zu dir / meine Seele dürſtet nach GOtt / nach dem lebendigen GOtt / wann werd ich dahin kommen / daß ich GOttes Angeſicht ſchaue? Der von dem Schlangen - Gifft erhitzte Hirſch iſt ein Bild eines von dem Sünden-Gifft an - geſteckten und feurenden Menſchen wann dar zu ſchlaͤget die Flam - me des biß in die unterſte Hoͤlle brenuenden Zorns GOttes / das Feuer der Hoͤlliſchen Qval und Pein / das ſaͤuͤget dann aus allen ſeinen Seelen-Safft / wie es im Sommer duͤrrre wird Se -Pſ. 32, 4. la; daß ſeine Kraͤffte vertrocknen wie ein Scherbe. DasPſ. 22, 16. treibet ihn dann in einen ſolchen Durſt / daß ſeine Seele duͤrſtet / daß ſein Fleiſch verlanget in einem trocken und duͤrren Lan -Pſ. 63, 2. de / da kein Waſſer iſt. Der Heil Auguſtin. vergleichet diß Verlangen mit einem Feuer / von welchem die beyden Juͤnger / diegen[24]Himmels-VerlangenLuc. 24. verſ. 32.gen Emaus giengeu / ſagten: Brandte nicht das Hertz in uns / da ER uns die Schrifft oͤffnete? Verè deſiderium ignisAuguſt. Tom. 10. col. 228. eſt in corde latens ſub emere infirmitatis, ſub fumo ad - ſcendentium ſuſpiriorum, ignis cor ardere faciens, & ſi - tim ſpiritualem inducens, ignis cordi lucem infundens: Deſiderando enim DEUM, agnoſcit ejus miſericordi - am & bonitatem, quæ notitia maxima eſt lux. Warhaf - tig iſt diß Verlangen der glaͤubigen Kinder GOttes ein rechtes Goͤttliches Feuer / ein ſolches Feuer / das da verborgen lieget in dem Hertzen unter der Aſchen ihrer Schwachheit / und uuter demPſ. 102, 21. Rauch ihrer aufſteigender Seufzer zu GOtt / als der Gefan -Pſal 84. v. 2: 3. genen; Ein ſolches Feuer / das das Hertz erhitzet / und einen Durſt erwecket; Ein ſolches Feuer / das in ein Hertz ein Feuer hinein wirfft / dann indem es auf GOtt faͤllet / indem erkennet damit der Menſch GOttes ſeine Guͤtigkeit und Barmhertzigkeit / welchesPſ. 139, 12. dann ein ſolches Licht iſt / das uns in der Finſternis aufgehet / daß Finſternis nicht maß Finſternis ſeyn / ſondern Licht. Eben der angefuͤhrte Auguſtin vergleichet das Seelen-VerlangenAuguſt. Tom. 8. col. 1170. mit einer unſichtbaren Hand: Deſiderium hominis creden - tis manus eſt inviſibilis DEI januam pulſans, ſpricht Er; Das Verlangen eines recht glaͤubigen Chriſten iſt eine unſicht - bare Hand / mit welcher wir an die Thuͤre / ja an das Hertz GOttes anklopffen. Unſichtbar iſt dieſe geheimte Hand / dann die Menſchen ſehen ſie nicht / ſie hoͤren ſie nicht / ſie empfinden ſie nicht / ja ſie verſtehen ſie auch nicht; Der Drey-Einige GOtt aber der ſiehet ſie / der hoͤret ſie / der verſtehet ſie. So ſchwach als aber die Hand des Verlangens denen Menſchen vorkoͤmmt / ſo ſtaeck iſt doch ſelbige in den Augen und Hertzen des MajeſtaͤtiſchenRom. 8. verſ. 26. GOttes / weil GOtt der Heilige Geiſt derſelben Schwach - heit auf hilfft. Das ſchwache Anruͤhren / dadurch ein kranckes Weib nur den Saum des Kleides JEſu beruͤhret / hat ein ſchlechtAuſehen[25]Stillt Seelen-Bangen. Auſehen vor den Menſchen: Das waͤre tieffer in die Augen und Hertzen derer Menſchen hinein gefallen / wann ſie Jhn gar in ihre Arme haͤtte eingeſchloſſen / oder wann ſie ſich an ſeinen gantzen Heiligen Leib haͤtte angehangen / und gleichwohl ward ſie durchMatth. 9, verſ. 20. das ſchwache Beruͤhren geſund. Noch ſchwücher und geringer koͤmt uns vor das bloſſe Anſehen der Ehernen Schlangen / welches der Majeſtaͤtiſche Wunder-GOtt denen von den feurigen Schlan - gen geſtochenen Juden hatte anbefohlen. Das waͤre etwas groͤſ - ſeres geweſen in den Augen der Menſchen / wann ſie dieſe Eherne Schlange haͤtten muͤſſen umbfaſſen / oder den Pfal / daran ſie ge - hangen / kuͤſſen / oder ſich vor derſelben neigen / und mit auffgeha - benen Haͤnden an ſie antreten. Allein der allwiſſende GOtt hatte gar wohl gewuſt / daß etliche ſo ſchwach wuͤrden ſeyn / daß ſie nicht koͤnten heran kommen / darum̃ hat er auch nichts mehrers von ihnen begehret / als das Auſehen der auffgerichteten Schlangen. SoNum. v. 21, 8, 9. ſchwach und gering iſt auch das goͤttliche Verlangen eines geaͤngſte - ten Kindes GOttes vor denen Menſchen / daß ſie auch daſſelbe vor nichts halten; Allein vordem Thron des Hertzens des Majeſtaͤtiſchen GOttes da gilt es viel / ſo gar / daß er daſſelbe haͤlt vor ein Begehren dem er nicht koͤnne abfallen mit ſeiner Huͤlffe / wie er ſelber davon ſpricht: Erbegehret mein / (nehmlich durch ſein Verlangen)Pſ. 91, 14. ſo will ich ihm außhelffen; Dann es faͤllet in das Hertz GOttes des Vaters / des Vaters der Barmhertzigkeit / und des GOttes alles Troſtes / und verlanget nur ein Broͤcklein / das von dem Tiſch ſeiner Kinder faͤllet; Es faͤllet auf das Hertz GOttes des Sohnes / des HERRN JEſu und verlanget nur ein Troͤpf - lein ſeines Goͤttlichen Blutes; Es faͤllet auf das Hertz GOttes des Heil. Geiſtes / und verlanget nur ein Troͤpflein ſeines Troͤſtenden Gnaden-Meers. Dannenhero nennet Koͤnig David ſein Goͤtt - liches Verlangen eine Erhebung ſeiner Seele in GOTT / wann er alſo ſeuftzet: Ad te animam meam levaviDDas[26]Stillt Seelen-Bangen. Das lautet zwar in unſerer teutſchen Bibel alſo / Nach dirPſ. 25. 1. HErr verlanget mich; Allein nach dem Hebreiſchen Grund - Text lautet es alſo; Jch habe meine Seele in den Him̃el hin - ein gehoben; Und nennet alſo Koͤnig David das Goͤttliche Ver - laugen eine Erhebung zu GOTT oder in GOtt / nim̃et dieſe Gleichnis-Rede entweder von deneu Vogeln / die ſich mit ihren Fliegeln in die Hoͤhe heben und ſchwingen; So hebet auch das Goͤt - liche Verlangen auf einen verlangenden Menſchen biß in dasEſ. 40. 31. Hertz des dreyeinigen GOttes / daß ſie auffahren mit Fliegeln wie Adler: Oder von dem Geſchoß / welches die geladene Stei - ne und Kngeln / oder die aufgelegte Pfeile in die Höhe treibet; Eben alſo treibet das Verlangen die verlangende Seele in den hehen Himmel / daß ſie darinnen ihren Wandel hat. Deſiderio bono levamurad Deum, deſiderio malo ad ima præcipitamur: Ipſum tuum deſiderium oratio tua eſt, & ſi deſiderium continuum, continua quoque oratio ſaget der Heil. Au - guſtinus. Durch ein gutes Verlangen werden wir in GOTT hinein gehoben / durch ein boͤſes Verlangen aber werden wir in die unterſten Tieffen geſtuͤrtzet: Dein gutes Verlangen iſt dein Ge - beth / iſt dein Verlangen unaufhoͤrlich / ſo iſt auch dein Gebeth un - aufhörlich. Von welcher Erhebung des Verlangens die Chriſt - liche Kirche pfleget zuſingen.

Von allen Menſchen abgewand
Zu dir mein Seel erhoben
Hab ich allein mein HErr und GOTT /
Laß mich nicht werdn bewogen.

So ſtarck iſt das Verlangen eines glaͤubigen Menſchen / daß daſſelbe der ſtarcke GOTT allezeit laͤſt vor ſich kommen / wie Koͤnig David von ſeinem begehrenden Verlangen bezeuget: HERR / ſpricht er / vor dir iſt alle mein Begierde / und me inSeufzen[27]Himmels-VerlangenSeufzen iſt dir nicht verborgen. Da daũ Koͤnig David gleich -Pſ. 38. 10. ſam einen Unterſcheid machet zwiſchen ſeinem begierigen Ver - langen und ſeiner eigenen Perſon. Von ſeiner eigenen Perſon darf er dieſes nicht ſagen / daß ſie allezeit vor den HErrn den heiligenGott koͤnte vorkom̃en; Allein von ſeinen begierigen Verlangen / darff er dieſes ohn eintzigem Bedencken ſagen / daß ſie allezeit vor GOtt ſeyn / und bey ihm vorkommen koͤnnen / nicht nur dir jenigen / die er mit gewiſſen lauten / deutlichen Worten an den Tag leget / ſondern auch die jenigen / die annoch tief in ſeinem Hertzen verborgen liegen / die kein Menſch / ja auch nicht er ſelber hoͤrete / die höre ſchon GOtt / die kom̃en vor GOtt ſtracks / alſobald / von Stund an. Das begie - rige Verlangen nach GOtt koͤmt alſobald fuͤr GOtt / und bringet auch Gott mit ſich; Das begierige Verlangen nach den Him̃el koͤm̃t alſobald vorGOtt in den Him̃el / und bringet auch den Him̃el; Das begierige Verlangen nach dem Glauben koͤm̃t alſo bald vor GOtt und bringee auch mit ſich den Glauben. Und iſt dieſes begierige Verlangen eines glaͤubigen Menſchen nicht uneh[n]lich der bekehr - ten groſſen Suͤnderin die da zu dem HErrn JEſu kam mit Gnaden hungriger und durſtiger Seelen. Der Glaube hatte ſie zwar zu dem HErrn JEſu als dem eintzigen Gnaden-Thron angetrieben allein denſelben Glauben hatte ſie weder mit einem eintzigen Seuf - tzen / noch mit einem eintzigen Woͤrtlein / am wenigſten mit einem eintzigen Gebethlein zu erkennen gegeben. Das eintzige Verlan - gen nach dem Glauben hat ihre Augen in milde Thraͤnen verwan - delt / ihre Haͤnde in das Angreiffen und Waſchen / der Fuͤſſe JESU / und ſtackte ſo ihr Glaube damahls vergraben un - ler ihren Threnen / verſcharret unter ihren Liegen an den Fuͤſſen des HERRN JEſu / welches Verlangen des Glaubens denLuc. 7, 38. 50. HErren JEſum dermaſſen bezwungen / daß er ihr troͤſtlich zu - rief / dein Glaube hat dir geholffen / gehe hin mit Frieden. So weit koͤmmts auch manchmahl mit einem glaͤubigen Kinde GOttes / beſonders in denen Seelen-Anfechtungen / und feurigenD 2hoͤlliſchen[28]Himmels-Verlangenhoͤllifchen Verſuchungen / daß es auch nichts von ſeinem Glauben ſiehlet / mit nichts denſelben an den Tag leget / da hoͤret mann oͤf - ters das Jam̃er-Klagen / und das Steinen-bewegende Winſeln: Ach wer nur glanben koͤnte! Ach wer nur Glauben haͤtte als ein Senff-Koͤrnlein! Ach ich kan nicht glaͤuben! Kanſtu nicht glaͤuben / ſo verlange doch nur den Glauben / ſehne dich nur nach den Glau - ben / dann das iſt vor GOTT auch ſchon ein Glaube. Wenn wir in Schrecken und Angſt ſeufzen und aͤchtzen / und nur mit einer eintzigen Bewegung des Hertzens ſagen: Ach JESU CHriſte! hilff! oder es iſt umb meine Seeligkeit geſchehen! So werden wir bald Huͤlffe und Linderung verſpüren / ſaget der Seel. HerrTom. 4. Jenenſ. f. 299. c. 3. Lutherus. So redet hiervon auch der Herr Johann Staupitz im Buͤchlein vom Glauben: Es iſt nicht weit von einander / Glauben / und embſiglich begehren zuglauben. Glaube an CHriſtum / oder begehre zum wenigſten zuglauben / und zweifle weiter nicht / du biſt in Jhm geſegnet. So lanten hiervon Herrn Johann Arnds Worte: Alle Seelen / die nach GOTT verlangen / und wolten gerne glauben / ſo ſtarck als es unſer HErr GOTT begehret / die kommen ſchon zu Chriſto / die wird er auch nicht von ſich ſtoſſen / ja GOTT nimmt allen heiligen gutten Wil - len an vor die That ſelbſt / dann GOtt thut / was die Glaͤubi - gen begehren. Wann ein Menſch in Schwermuth und Anfech -Matth. 5. tung iſt / und verlanget nur zu glauben / fuͤhlet aber dabey groſſe Schwachheit / ſo iſt ſchon daſſelbe Verlangen ein Glaube / dennCatech. Milch. p. 9. p. 287. das ſind eben die jenige die da hungert und duͤrftet nach der Gerechtigkeit. So beweglich redet auch hiervon der Herr D. Danhauer: Kanſtu den Glauben in dir fuͤhlen / ſo dancke GOttpart 10. p. 113. wo nicht / ſo contentire dich mit deinem Verlangen / und mit dem Kampff des Geiſtes und desFleiſches / dann dieß VerlangenPhilip. 2. verſ. 13. nach dem Glauben iſt daß jenige Wollen / welches GOTT wir - cket / der wird auch zu ſeiner Zeit das Vollbringen wircken nach ſeinem Wohlgefallen. Nur ſeuftze bey dieſem deinen Glau - bens Verlangen:

Allein[29]Stillt Seelen-Bangen.
Allein nach dir HERR JEſu CHriſt
verlanget mich
Weil ich hier leb in dieſer Welt auf Erden /
Allein an dich HERR JEſu CHriſt
Glaͤub ich
Hoffend gewiß / der Himmel ſoll mir werden
Den du erworbn mit deinem Blutt
Am Creutz geſtorben mir zu gutt
O du Lamm GOttes / erhoͤr mein ſehnlich flehen
Meine Augen gen Himmel ſehen.

Dieß begierige Verlangen nach dem Glauben iſt ſo ſtarck vor den Ohren des Allmaͤchtigen GOttes / daß er daſſelbe eigent - lich und genau hoͤret. Das Verlangen der Elenden hoͤreſtuPſ. 10, 17. HERR / ihr Hertz iſt gewiß / daß dein Ohr drauff mercket / ſaget König David. Jſt ein Wunder ſeltzames GOttes Hoͤren / da der Wunder-GOTT nicht allein das groſſe Geſchrey / das Winſeln / das Aechzen / das Schreien und Heulen der betenden und glaͤubigen Kinder GOttes hoͤret / ſondern auch das Weinen / jaPſ. 6, 9. ehe ſie ruffen / hoͤret Er ſchon / das tieffe und in dem Hertzen añochPſ. 65, 24. wallendes und vergrabenes Verlangen. Deus non ſolum preces indicativas, verum etiam optativas audit ſaget der Seel. Herr Lutherus: Der Heilige GOTT hoͤret nicht allein die anſugende / ſondern auch die Verlangende Gebethe. Von dem Wundermann GOttes Moſe leſen wir / daß da er mit dem Volck Jſrael an das rothe Meer war ankommen / da er den ver - folgenden Pharao mit ſeinem gantzen Egyptiſchen Heer hatte er - blicket / und ſie darbey alle fuͤr Furcht verſincken wolten / ihm dann der Allmaͤchtige GOtt alſo habe zugeruffen: Was ſchreieſt duExod. 14, 10, 15.D 3zu[30]Stillt Seelen-Bangen. zu mir? Nicht mit einem einzigen Buchſtaben wird daſelbſt ver - meldet / daß Moſe zu GOTT haͤtte geſchrien. Zwar der Juͤ - diſche Geſchichtſchreiber Joſephus giebt vor / als wann zu der Zeit Moſe zu GOtt alſo haͤtte geſchrien: HERR / dieß Meer darin wir ſtehen / iſt dein / dieſer Berg / der uns beſchloſſen hat iſt dein. Wann du wilt / ſo muß ſich dieſer Berg aufmachen / und uns durchgehen laſſen / das Meer muß uns zu einen harten gebaͤue - ten Weg werden / oder du koͤnteſt uns auch in der Lufft durchfuͤhren / daß wir unſern Feinden koͤnten entgehen. Allein weil die Schrift von dieſem Gebeth uns nichts meldet / koͤnnen wir uns auch dieſes den Joſephum nicht einreden laſſen / und haltens gaͤntzlich dafuͤr / daß Moſes damahls nicht mit einem eintzigen Regen ſeiner Lippen geſchrien habe / und gleichwol ruffet ihm der heilige GOtt zu / Mo - ſe / was ſchreieſt du? Nehmlich ſein Hertz-innigliches Verlangen / ſein Seelen-Sehnen nach der Huͤlffe GOttes das / das heiſſet er ein lautes / und biß in den hohen Majeſtaͤtiſchen Himmel doͤhnen - des Geſchrey.

Gleichwie eine liebreiche Mutter / wann ſie ſichet ihr Hertz geliebtes Kind im Waſſer ſtecken / ſo tieff / daß es damit gantz be - decket iſt / es kan nicht mehr umb Hülffe ſchreien / dann das Waſſer laͤufft ihm ſchon in den Mund / die Haͤnde hat es noch frey / die trei - bet das innere Verlangen in die Hoͤhe uͤber den Kopff / einige Ret - tung damit verlangend. Die Mutter hoͤret keine Stimme / kein Geſchrey / kein Woͤrlein von dem halb ertrunckenen Kinde / das bloſſe Verlangen des armen Kindes erreget ein ſolch groß Geſchrey in den Muͤtterlichen Hertzen und Ohren / daß Sie vor Augſt in das Waſſer möchte ſpringen / ihrem Kinde zuhelffen. So tieff verſencket offt der Wunder-GOtt ſeine Kinder in dieſer Welt / daß die Wellen der Truͤbſalen uͤber ihnen zuſammen ſchlagen / daß hier eine Tieffe / dort eine Tieffe brauſet / das Waſſer der Trübſa - len gehet ihnen biß an die Seele / darumb koͤnnen ſie nicht ſchreien / ſie ſeyn muͤde worden von Seufzen / ihr Halß iſt heiſcher wordenvon[31]Stillt Seelen-Bangen. von Ruffen / dar umb koͤñen ſie nicht mehr laut beten; Nichts uͤbri - ges haben ſie / als das hertzinnigliche Verlangen / das höret kein Menſch / das verſtehet offt der verlangende Menſch ſelber nicht / der eintzige WunderGOTT nim̃t es an als ein Him̃el-ſtuͤrmen - des ſchreien / und ſpricht zu dem verlangenden Menſchen: Was ſchreieſtu? Und das iſt dann das allervollkom̃enſte Gebeth in dem Hertzen des dreyeinigen GOttes / wie es Caſſiodorus angemer - cket: Jſtius hominis oratio perfecta eſt, cujus & cauſa clamat, & lingua, & actus, & ſermo, & vita, & cogitatio, das iſt das vollkommenſte Gebeth / wann ein Menſch alſo betet / daß bey ihm und in ihm ſchreiet ſeine Noth / ſeine Zunge / ſeine Wercke / ſeine Rede / ſein Leben / ſeine Gedancken. Kanſtu nicht mehr belen / ſo ſeufze doch / das iſt auch vor GOTT ein Geſchrey; kanſtu auch nicht mehr ſeufzen / ſo verlange doch nur ein Seufzer / dañ auch das iſt ſchon ein lautes Ruffen in dem Hertzen des drey eini - gen GOttes. Und ſo hatte die tödliche Kranckheit unſern in des HErrn JEſu Schooß ſeeligſt lebenden Herrn Diaconum hart verwahrt / wie einen Meer - oder Walfiſch / daß er von nichtsJob. 7. v. 11: 12-19. anders hat reden koͤnnen / als von der Angſt ſeines Hertzens und von Betruͤbnis ſeiner Seelen / dz ſich Gott von ihm nicht hat gethan / und nicht von ihm abgelaſſen / biß er ſeinen Spei - chel haͤtte ſchlingen moͤgen; daß er auch nichts mehres hat uͤbrig gehabt / als ein flehentliches Verlangen / und ein Herziñigliches Seh - nen / daß es auch mit ihm aus unſerm Text hat geheiſſen: Wir ſeh - nen uns / uns ver-langet / damit er dann ſo beweglich an das Hertz und die Seele des Drey-Einigen GOttes angeſchlagen / daß Er daſſelbe gehoͤretund erhoͤret / und daſſelbe ihm endlich gewaͤhret. Kein Zweifel iſt es / wañ ſeine Hertzgeliebte Eheliebſte dieſe Poſt von ihres ſeel. Ehe-Herrn Tode wird vernom̃en haben / beſenders wann Sie ihr tief zu Hertzen wird gezogen haben / daß derſelbe nicht in Jh - ren Armen / ſondern in die ſiebenzig Meilen weit davon ſeinenGeiſt[32]Himmels-VerlangenGeiſt hat aufgegeben / da Sie weder ſein letztes Abſegnen noch Einſeg[n] en hat vernehmen koͤnnen / das / das wird Jhr von allem Jh - ren Vermoͤgen nichts mehr uͤbrig gelaſſen haben / als Stehnen / Sehnen / Verlangen. Der guͤtige GOtt ſehe / hoͤre / ſtille und erfuͤlle dieſelbe / beſonders wann Jhr Verlangen dieſe Worte in Jhrer zermalmeten Seelen heraus dringet:

JEſu meine Freude /
Meines Hertzens Weide /
JEſu meine Zier /
Ach wie lang / ach lange
Jſt dem Hertzen bange
Und verlangt nach Dir!
GOttes Lamm mein Braͤutigam
Auſſer Dir ſoll mir auf Erden
Nichts ſonſt liebers werden!

Und das iſt eben das jenige Werck / das uns vorſtellet nicht allein des Verlangens Hefftigkeit / ſondern auch deſſelben hoͤchſte Seeligkeit. Selbige beſtehet in demſelben unbegreifli - chen und hoͤchſt-ſeeligen / Goͤttlichen und Himmliſchen Gutt / darauf das Verlangen faͤllet. Daſſelbe wird in unſerm Text genennet Unfer Behauſung die vom Himmel iſt / daß wir damit uͤberkleidet werden: Und wird dadurch verſtanden die him̃ - liſche und Goͤttliche Gegend / da der Drey-Einige MajeſtaͤtiſcheMatth. 18. verſ. 10. GOtt auf ſeine Göttliche Art und Weiſe wohnet / da die Heilige Engel das Angeſicht ihres Vaters im Himmel allzeit ſe - hen. Das iſt die rechte GOTTES Burg / Engel-Burg /Apoc. 21. v. 2: 3. Freuden-Burg / Friedens-Burg / Lebens-Burg / die da von GOtt aus dem Himmel heraus faͤllet / zubereitet / als eine geſchmuͤckte Braut ihrem Manne / ſiehe da eineHuͤtte[33]Stillt Seelen-Bangen. Huͤtte GOttes bey den Menſchen. Welche Huͤtte der Heil. Bernhardus mit andaͤchtigen Hertzen gruͤſſet: Salve civitas ſancta, quam ipſe Altiſſimus ſibi domum ſuam ſanctifica - vit, Jch gruͤſſe dich du heilige Stadt / die Jhm der Allerhoͤchſte GOtt ſelber zu ſeinem Hauſe hat geheiliget; Salve civitas Regis magni, ex quâ nova & jucunda miracula nullis tempori - bus defuêre ab initio, Jch gruͤſſe dich du groſſe Stadt des groſ - ſen Koͤniges / welche neue und liebliche Wunder-Zeichen je und allewege von Aufang her hat gegeben / dann darinnen wird GOtt mit den Menſchen / und die Menſchn mit GOtt in einer Huͤtten wohnen / da Er vollkommen wird ihr GOtt ſeyn / das iſt / ihre Wolluſt / die ſie wird traͤncken / wie ein Strom / ihre Freude / die ſie immer wird erfreuen / ihre Ehre / die ſie ewig wird erhoͤhen / ihr Gutt / das ſie ewig wird reich machen / ihre Weißheit / die ſie ewig wird weiſe machen / ihre Krafft / die ſie ewig wird maͤchtig machen / daß ſie werden einher gehen in der Krafft GOttes / ihre Seeligkeit / die ſie ewig wird ſeelig machen / alle ihre Guͤtte / da - rinnen ſie ewig werden leben und ſchweben / und wird an ihnen wahr gemachet das / was der Wunder-GOTT zu dem Moſe ſagte / da ER zu ihm ſprach: HErr zeige mir deine Herrlig -Exod. 33. verſ. 18. keit: Jch wil alle meine Guͤttebey dir voruͤber gehen laſſen. Dieſe Goͤttliche Wunber-Burg GOttes nennet der Apoſtel Paulus in unſerm Text theils eine Behauſung / theils eine Ver - kleidung. Von der Behauſung ſpricht Er: Wir ſehnen uns nach unſer Behauſung / die vom Himmel iſt. Da uns dann der Geiſt GOttes vorſtellet dieſer Burg Benennung / und dann derſelben Beſitzung / endlich derſelben Gruͤndung; Die Be - nennung beſtehet indem Woͤrtlein Behauſung / das wird in der Grichiſchen Bibel gegeben mit dem Woͤrtlein ὄικητήριον, das heiſſet eigentlich eine Wohnung / Behauſung / Sitz / oder eine Gegend / da man wohnen kan / wie es auch Plutarchus gebrauchet. Symp. 4.EDoch[34]Himmels-VerlangenDoch wird es auch in verbluͤmter Bedeutung gefunden / da es heiſſtt einen Sitz / des Vermoͤgens / des Gemuͤthes / wie denn auch der Apoſtel Paulus das Woͤrtlein κατοικητὴριον gebrau -Epheſ. 2. verſ. 22. chet von einer ſolchen Behauſung / da ein Menſch zu einer Be - hauſung GOttes im Geiſt miterbanet wird. Daher denn etliche Lehrer unſerer Kirchen / als Herr D. Weinrich, D. Bal - duin, in ihren Commentariis uͤber dieſe Worte / dieſe Behau - ſung außlegen von denen verklaͤrten Leibern / als herrlichen Woh - nungen der Seelen: Andere / als Herr D. ChriſtophorusPart. 2. pag. 22. Scultetus in ſeinem Todten-Krantz nimmet dieſe Erklaͤrung auch an / doch alſo / daß er auch darbey der andern Lehrer Meinung nicht verwirfft / die da durch dieſe Wohnung verſiehen die kuͤnffti - ge unausſprechliche und unausſinnliche Himmels-Freude / weil beyde Meinungen wohl neben einander ſtehen können / und keine die andere aufhebet / darumb dann auch wir auf beyde Meinun - gen unſer Abſehen richten wollen / und verſtehen durch dieſe Be -Epheſ. 2. verſ. 6. hauſung unſeres Himmliſches Weſen / in welches uns GOtt ſambt CHriſto ſchon verſetzet hat; Wie dann daſſelbe derJoh. 14, 2. HErr JEſus ſelber alſo benennet / wann Er ſpricht: Jn mei - nes Vaters Hauſe ſind viel Wohnungen; Und bey dem H. Luc. 16, 9.Lucâ, Eine ewige Huͤtte. Wie dann dieſe Benennung des Majeſtaͤtiſchen Himmels auch in dem Alten Teſtament nicht un - gemein iſt. Wann Koͤnig David die Einwohner dieſes HimmelsPſ. 15, 2. beſchreibet / ſo ſpricht Er alſo: HERR / wer wird wohnen in deiner Huͤtten? Wer ohn Wandel einher gehet. Wann Er die Seeligkeit der Einwohner dieſes Himmels in unſere Her -Pſal. 84. v. 5: 11. tzen hinein leget / ſo ſpricht Er alſo: Wol denen / die in deinem Hauſe wohnen / Jch wil lieber der Thuͤr huͤtten in meines GOttes Hauſe / den lange wohnen in der Gottloſen Huͤt - ten. Wann aber der Geiſt GOttes den Majeſtaͤtiſchen Him̃el ein Hauß benennet / ſo muͤſſen wir nichts irrdiſches mit unſerenirrdiſchen[35]Stillt Seelen-Bangen. irrdiſchen Gedancken ſuchen / als an einem irrdiſchen und gemei - nem Hauſe / dann es iſt hier alles Goͤttlich / alles Him̃liſch / wel - ches wir in unſere Hertzen und Gemuͤther koͤnnen faſſen. So oft als wir ein irrdiſches Hauß anſehen / ſo oft ſollen wir das Him̃li - ſche Hauß in unſere Gedancken und andaͤchtige glaͤubige Beſchau - ung fallen laſſen. Wir ſehen an einem irrdiſchen Hauſe den Grund / darauf es ſiehet: Wie das Hauß iſt / ſo iſt auch ſein Grund / das Hauß iſt irrdiſch / der Grund des Hauſes iſt auch irrdiſch / nemlich der Erdboden / welchen GOtt den MenſchenPſ. 115, 16. Kindern gegeben. Wir ſehen hierbey den Grund des Him̃liſchen Hauſes: Wie daſſelbe Himmliſch und Goͤttlich iſt / ſo ſtehet es auch auf einem Himmliſchen und Goͤttlichen Grunde / der da iſt das Land der Lebendigen / die neue Erde / die da gegruͤndetPſ. 116, 19. iſt eben auf den Goͤttlichen Edelgeſteinen / auf welchen die Him -Eſ. 65, 17. mels-Stadt gegruͤndet iſt / da der erſte Grund iſt ein Jaſpis /Apoc. 21. v. 19: 20. der andere ein Saphir / der dritte ein Calcedonier / der vierdte ein Smaragd / der fuͤnfte ein Sardonych / der ſechſte ein Sardis / der ſiebende ein Chryſolith / der achte einBeryll / der neundte ein Topaſter / der zehende ein Chryſopras / der eilffte ein Hyacinth / der zwoͤlffte ein Amethyſt; Wormit dann geſehen wird ſo wohl auf dieſes Grundes unbewegliche Fe - ſtigkeit / und feſte Ewigkeit wie auch deſſen Goͤttliche Vergnuͤg - ligkeit / und dann Goͤttliche Klarheit. Wir ſehen an einem irr - diſchen Hauſe unterſchiedene Boden und Wohnungen / maſſen der allein weiſe GOtt dem Noah befohlen / daß er den Angſt-Ka - ſten alſö ſolte bauen / daß Er darinnen unterſchiedene Kammern / und drey Boden machen ſolte / einen unten / den andern in der Mit -Geneſ. 6. v. 14: 16. ten / den dritten in der Hohe. Wir ſehen dadurch im Geiſt an dem Himmels-Hauſe ſeine unterſchiedene Boden und Wohnungen / von welchen der HErr JEſus ſagt: Jn meines Vaters Hau -Joh. 14, 2. ſe ſind viel Wohnungen; Welche deuten auf unterſchiedeneE 2Herrlig -[36]Himmels-VerlangenHerrligkeiten deren / die in dieſem Hauſe werden wohnen. Gleich - wie eine andere Klarheit die Sonne / eine andere Klarheit1. Cor. 15. verſ. 40. der Mond / eine andere Klarheit die Sternen haben / denn ein Stern uͤbertrifft den andern nach der Klarheit / alſo auchTom. 7. Jen. f. 52. die Aufferſtehung der Todten. Der ſeel. Herr Lutherus redet beweglich von dieſen Goͤttlichen Wohnungen: Die Woh - nungen des Lebens ſind weiter / denn die Wohnungen des Todes. Ob ſie euch nun hier aus den irrdiſchen Wohnungen austreiben / das laſſet euch nicht kuͤmmern / es ſind Haͤuſer / die der Welt zugehoͤ - ren / ihr aber ſehet auf ein anderes / worauf ihr zu warten habt. Werdet ihr hier eine Wohnung verlieren / ſo ſolt ihr in eures him̃ - liſchen Vaters Hauſe hundert beſſere Wohnungen davor bekom - men / wo der bleibet und iſt / da werdet auch ihr und Jch bleiben / daß ihr nicht Weltliche noch Menſchliche / ſondern Himmliſche Goͤttliche Wohnungen und Haͤuſer ſollet haben; das iſt / vor eine unflaͤtige / vergaͤngliche / unſichere / unſtette Wohnung / die ihr und alle Welt bald laſſen müſſet / eitel ſchöne / herrliche / weite / ewige / ſichere und gewiſſe Wohnungen / die euch nicht koͤnnen ge - nommen werden / und fuͤr jedermann friedlich behalten werdet. Wir ſehen an einem jrrdiſchen Hauſe unterſchiedene Fenſter / durch welche das Licht hinein faͤllet / ſo das gantze Hauß lichte machet: Wir erblicken dadurch im Geiſt das Him̃els-Hauß / wie daſſelbe weder Fenſter / noch irrdiſches Licht habe / noch deſſelben benoͤthiget ſey / maſſen von demſelben das jenige geſaget wird / was von derApoc. 21. v. 23: 24. Himmels-Stadt: Die Stadt darf keiner Sonnen / noch des Monden / daß ſie ihr ſcheine / denn die Herrligkeit GOt - tes erleuchtet ſie / und ihre Leuchte iſt das Lamm / und die Heyden / die da ſeelig werden (und alſo in das Hauß zuwohnen kommen) wandeln in demſelben Licht. Wir ſehen an einem jrrdiſchen Hauſe / beſonders wann es reich iſt / allerley Vorrath /Pſ. 144, 13. da die Kam̃ern voll ſind / die da einen Vorrath nach dem andernkoͤnnen[37]Stillt Seelen-Bangen. koͤnnen heraus geben: Wir erblicken dadurch im Glauben das Himmels-Hauß / das auch voll iſt von den reichen GuͤtternPſ. 36, 9. 1. Cor. 15. verſ. 28. Pſ. 84, 12. GOttes / denn es iſt angefuͤllet mit dem Gutte / das da iſt alles in allen; Mit dem Gutte / daran uns nichts kan mangeln an jrgends einem Gutte. Solche Himmliſche Gedancken können wir bey unſern irrdiſchen Haͤuſern haben! Mit ſolchen Himmli - ſchen Gedancken hat ein andaͤchtiger Lehrer ſein jrrdiſches Hauß angeſehen / da er durch den zeitlichen Tod daraus ausgebothen ward / da er kurtz vor ſeinem Ende ſein Hauß alſo geſegnet: Va - le domus mea terreſtris, Salve domus mea cœleſtis, ego nunc ex unâ domo in aliam migro: Gehabe dich wohl du mein irrdiſches Hauß / Sey aber gegruͤſſet du mein Himmliſches Hauß / ich ziehe jetzt durch dieſen meinen Tod aus einem Hauſe in das andere. Das Himmels-Hauß benennet der Apoſtel Paulus alſo in unſerm Text / daß Er auch darbey anfuͤhret deſſel - ben Beſitzung / wenn Er ſpricht: Wir ſehnen uns nach un - ſer Behauſung. Der Apoſtel Paulus ſchleuſt in das Wortlein Unſer hinein ſich ſelber / und alle rechtglaͤubige Kinder GOttes. Sonſten pflegen wir ins gemein zu ſagen / Was gehet mich Rom an / hab ich doch kein Hauß darinnen? So muͤſſen wir recht - und aͤchtglaͤubige Kinder GOttes vom Himmel nicht ſagen / Was gehet mich der Himmel an / hab ich doch kein Hauß darinn? Wohl gehet dich der Himmel auch an / wohl haſtu auch darin ein Hauß / und kanſt auch mit dem Apoſtel Paulo ſagen: Wir ſehnen uns nach unſer Behauſung. Solten wir nicht ein Hauß im Himmel haben? Hat uns doch der HERR JESUS durch die Gnaden-Wahl den Himmel bereitet von Anbegin / ehe der Welt Grund geleget war / da Er uns geſetzet hat nicht1. Theſſ. 5. v. 9: 10. zum Zorn / ſondern die Seeligkeit zu beſitzen durch ſich ſelbſt / da ER fuͤr uns geſtorben iſt / auff daß / wir wachen oder ſchlaffen zugleich mit JHM leben ſollen. E 3Solten[38]Himmels-VerlangenSolten wir nicht ein Hauß im Himmel haben? Hat doch JEſusLuc. 10, 20 durch unſere Tauffe unſere Nahmen in dem Himmel hineinJoh. 3, 3. geſchrieben. Solten wir nicht ein Hauß im Himmel haben? Hat uns doch der Sohn GOttes durch ſein eigen Blut den Him -Hebr. 10. v. 19: 20. mel erworben / daß wir nun haben die Freudigkeit zum Ein - gang in das Heilige durch das Blut JEſu / welchen Er uns zubereitet hat zum neuen und lebendigen Weg durch den Vorhang / das iſt / durch das Fleiſch. Solten wir nicht ein Hauß im Himmel haben? Hat uns doch der HERR JEſusJoh. 14, 3. durch ſeine Himmelfarth die Staͤdte in dem Himmels-Haufe bereitet / und hat verſprochen / daß Er am Juͤngſten Tage ſicht -Joh. 17, 24. barer Weiſe wolle wiederkommen / und uns zu ſich nehmen /1. Theſſ. 4. verſ. 17. daß wir da ſollen ſeyn / wo ER iſt / und ſeine Herrligkeit ſe - hen / und alſo bey Jhm ſeyn allezeit. GOtt hat uns ſamptEpheſ. 2. v. 5: 6. CHriſto lebendig gemacht / und hat uns ſampt Jhm aufge - weckt / und ſampt Jhm in das Himmliſche Weſen verſetzet in CHriſto JEſu. Wer wil uns dann das Himmels-Hauß abſprechen? Der muß es auch dem HErrn JEſu abſprechen / denn in Jhm ſind wir in diß Himmels-Hauß geſetzet worden. So moͤgen wir in dieſer Welt jchts oder nichts haben / davon wir koͤn - nen ſagen / Diß iſt unſer / Jenes iſt unſer; So vergnuͤget uns doch dieſes / daß wir mit Beſtand der Warheit koͤnnen ſagen: Der Himmel iſt unſer / das Himmels-Hauß iſt unſer.

Warumb wolt ich mich denn graͤmen /
Hab ich doch JEſum noch /
Wer wil mir den nehmen?
Wer wil mir den Himmel rauben /
Den mir ſchon GOttes Sohn
Hat geſchenckt im Glauben?
Endlich[39]Stillt Seelen-Bangen.

Endlich zeiget uns auch der Apoſtel dieſes Hauſes Gruͤn - dung / wo es gegruͤndet ſey / nehmlich in dem Himmel / davon ſpricht Er alſo: Wir ſehnen uns nach unſer Behauſung / die vom Himmel iſt. Und mit dieſem Grunde wird dieſes Hauß von allen Häuſern in der gantzen weiten und breiten Welt abge - ſondert / und uͤber ſie alle erhaben / daß auch die allerpraͤchtigſten und herrlichſten Koͤnigliche Haͤuſer dargegen nur geringeSchwal - ben-Neſterlein ſeyn. Dann / iſt diß Hauß im Himmel / ſo muß es wohl das allerheiligſte Hauß ſeyn / weil man daſelbſt keinenEſ. 60, 18. Frevel / noch Schaden / noch Verderben hoͤret / man wird2. Petr. 3. verſ. 13. da keinen Fluch noch Suͤnde hoͤren / dann die Gerechtigkeit woh - net daſelbſt. Jſt diß Hauß im Himmel / ſo muß es wohl das allerweiteſte Hauß ſeyn / darinnen wir alle zuſammen Raum ge - nung werden haben / dann es allezeit wird heiſſen / Es iſt noch Raum da! O Jſrael / wie herrlich iſt das Hauß des HErrn /Baruch 3. v. 24: 25. wie weit und groß iſt die Staͤtte ſeiner wohnung / ſie hat kein Ende / und iſt unmeßlich hoch. Jſt das Hauß im Himmel / ſo muß es ein liebliches und luſtiges Hauß ſeyn / dann im Himmel iſt Freude die Fuͤlle / und liebliches Weſen immer und ewig -Pſ. 16, 11. lich. Jſt das Hauß im Himmel / ſo muß es ein feſtes Hauß ſeyn / dann da kan keine Macht noch Gewalt ankommen / da muß ſich auch kein Ubel noch Plage zu dieſer Huͤtten nahen.Pſ. 91, 10. darumb es auch ein ewiges Hauß genennet wird / eine ſichere2. Cor. 5. verſ. 1. Wohnung / eine Huͤtte die nicht weggefuͤhret wird / wel - cher Naͤgel ſollen nimmermehr außgezogen / und ihre SeileEſ. 33. 20. keines zerriſſen werden. Jſt das Hauß im Him̃el / ſo muß es ein geſundes Hauß ſeyn / denn da kan kein Leid / kein Schmertz /Apoc. 21. verſ. 4. keine Klage / ja auch nicht der Tod hin kom̃en. Das Hauß iſt ſo ſchoͤn / daß ihm nichts zuvergleichen / ſo reich / daß ihm nichts ermangelt / ſo vortreflich / daß ihm nichts kan vergliechen werden: Darumb es auch mit ſolchen Nahmen benennet wird / die alleGoͤttli -[40]Himmels-VerlangenGoͤttliche Herrligkeit nach ſich ziehen. Es wird genennet derMatth. 5. v. 12. Himmel; O Goͤttliche Praͤchtigkeit! Das Paradis; O Gött - liche Liebligkeit! der Schoß Abrahams; O Goͤttliche Suͤſſig -Luc. 23. v. 43. keit! Die Huͤtte GOttes darin Er wohnet; O GoͤttlicheLuc. 16, 23 Herrligkeit! Das Himmliſche Jeruſalem; O GöttlichePſ. 15, 1. Vortrefligkeit! Dieſe Goͤttliche und unbegreifliche HerrligkeitApoc. 21. verſ. 20. dieſes Himmels-Hauſes hat ihr die Heilige Cœcilia in ihr Hertz ſo tieff gefaſſet / daß ſie auch ſelbige ihren Moͤrdern / die ſie zu To - de haben gemartert / vorhielt. Dañ da ſie dieſelbige hatten aus - gefuͤhret zu ihren Tode und Marter / da die jenigen / die ſie ſolten um̃bringen / unterwegens ſie beklagten / daß ſie als eine hochgebor - ne / reiche / verſtaͤndige / und nie-genung geprieſene Jungfer ſo jaͤm̃erlich ſolte umbgebracht werden / Schade umb deine Schön - heit / ſagten ſie / Schade umb deine Jugend / Schade umb deine Guͤtter / Schade umb deine wohlgebildete Geſtalt / die ſo jaͤm̃er - lich ſoll zugerichtet werden! Aber ſie gab zur Antwort: Das heiſ - ſet nicht die Jugend verderben / wenn ihr mich werdet zu Tode qvaͤlen und martern / ſondern in eine Engliſche Ehnligkeit verwan - deln; Das heiſſet Koth geben / und Gold davor bekommen; Ei - ne geringe und enge Wohnung geben / und davor ein weites und herrliches / mehr als Goͤttliches / aus lauter koſtbahren himmli - ſchen Edelgeſteinen (die auf nichts anders / als auf die unendliche / himmliſche Herrligkeit deuten) und Gold bereitetes Hauß bekom - men; Einen finſtern und kleinen Winckel geben / und einen unend - lich weiten und breiten / hellſcheinenden Raum bekommen; Eine vergaͤngliche Sache dahin geben / und eine unvergaͤngliche davor bekomen / die von keinem Vergehen noch Tode weis. Einengeringen Stein / der da mit Fuͤſſen zutreten wird / verlieren / und davor eine Koͤnigliche Krone / die da mit lauter glaͤntzenden Edelgeſteinen al - ſo ſpielet / daß ſie einen blenden moͤchte / davor bekommen. So hat die heilige Cœcilia von dem himmliſchen Hauſe / und deſſenHerrlig -[41]Stillt-Seelen-Bangen. Herrligkeit und Seeligkeit recht zu urtheilen gewuſt! So muͤſſen auch wir davon urtheilen / und mit der Hungariſchen Koͤnigin Maria ſingen:

Richt wie ihr wolt jetzund mein Sach /
Weil ich bin ſchwach
Und GOtt mich laͤſt Furcht finden /
So weis ich / daß kein Gewalt bleibet feſt /
Jſt allerbeſt /
Das zeitlich muß verſchwinden /
Das ewige Gutt / macht rechten Muth /
Dabey ich bleib / wag Gutt und Leib /
GOtt helff mir uͤberwinden!

Diß Himmels-Hauß benennet der Apoſtel Paulus in unſerm Texte noch mit einem Nahmen / und heiſſet es eine Uber - kleidung / wann Er ſpricht: Uns verlanget / daß wir damit uͤberkleidet werden: Gleich wie der Apoſtel Paulus das Ster - ben eines Menſchen nennet eine Entkleidung / wann Er ſpricht: Wir wolten lieber nicht entkleidet ſeyn / das iſt / Sterben /2. Cor. 5. verſ. 4. weil wir mit dem Tode gleichſam den alten / befleckten / ſuͤndlichen Bettel-Rock unſers ſuͤndlichen Fleiſches außziehen / und ein Feyer - Kleid der Herrligkeit anlegen / gleichwie der Engel zu denen /Zachar. 3. v. 3. 4 : 5. die vor ihm waren / da der Joſua in unreinen Kleidern vor ihm ſtund ſagte: Thut die unreine Kleider von ihm; Und der Engel ſprach: Siehe ich habe deine Suͤnde von dir ge - nommen / und habe dich mit Feyer-Kleidern angezogen: Dannenhero der H. Chryſoſtomus von denen ſterbenden Men - ſchen ſaget: Eadem facilitate corpus exuere debemus, quâ veſtem, uti Joſeph pallium reliquit Ægyptiæ: So leicht als wir ein Kleid ausziehen / ſo leicht ſollen wir auch unſernFLeib[42]Himmels-VerlangenLeib durch den Tod ablegen / wie der Juͤngling Joſeph ſeinen Mantel der Egypterin hat gelaſſen. Alſo nennet Er im Gegen - theil die kuͤnfftige Verklaͤrung unſerer Leiber / mit welchem wir in dem Himmels-Hauſe werden wohnen / eine Uberkleidung / und iſt dieſe verblumte Redens-Art genommen von den Klei - dern / in welche wir unſere Leiber in dieſer Welt einkleiden / wie wir dann dieſe unſere Leiber auch mit allem Recht Kleider der See - len koͤnnen nennen / mit welchen die Seele / ſo zu reden / eingehuͤllet und eingekleidet wird. Allein ein ſolches Kleid iſt unſer Leib in dieſer Welt / den wir wohl heiſſen koͤnnen ein zerriſſenes / abgetra - genes / abgeſchabetes / mit den Flecken der Kranckheiten / durch und durch beflecktes Kleid / daran zwar der Artzt flicket / aber nur ſo lange / als es den Stich haͤlt; Wann es dann nicht laͤnger haltenSirach. 10. perſ. 12. kan / ſo heiſt es dann: Wann der Artzt ſchon lange daran fli - cket / ſo gehet es doch endlich alſo: Heute Koͤnig morgen todt. Diß Kleid dieſes unſeres Leibes muͤſſen wir an uns tragen / ſo lange wir leben. Lebet einer 20: 30: 40. Jahr / ſo traͤget er diß Kleid 20: 30: 40. Jahr lang: Lebet jemand 60: 70: 80: 90. Jahr / ſo träget er auch diß Kleid 60: 70: 80: 90. Jahr / biß wir damit in unſer Grab / als in unſere Schlaff-Kammer getragen werden. Jn unſer irrdiſchen Slaff-Kammer / wann wir uns zu Ruhe begeben wollen / ſo legen wir unſere Kleider abe / und wenn es gegen den lieben Sonntag oder einen hohen Feſt-Tag gehet / ſo legen wir ein ander Kleid an / nemlich ein Feyer - oder Sonntags-Kleid / wann wirs haben. Eben alſo / wann wir mit dem Kleide unſers Leibes in unſere Ruhe-Kammer unſers Grabes geleget werden / da legen wir auch / ſo zu reden / das alte Kleid abe / die Wuͤrme ziehens uns ab / die Verweſung leget es von uns weg / ſo lange / biß der groſſe Sabbath der Aufferſtehung1. Cor. 15. verſ. 13. der Todten wird anbrechen / da werden wir dann mit einem an - dern Kleide uͤberkleidet werden / da das verweßliche wird anzie -hen[43]Stillt Seelen-Bangen. hen das Unverweßliche / das ſterbliche die Unſterbligkeit; Und alsdann werden wir an unſern Leibern haben ein Feyer-ein Sonntags-Kleid / da er iſt zuvor geſaͤet verweßlich / wird auf -1. Cor. 15. v. 42: 43: 44. erſtehen unverweßlich / er iſt geſaͤet in Unehren / und wird aufferſtehen in Herrligkeit / er iſt geſaͤet in Schwachheit / und wird aufferſtehen in Kraft / er iſt geſaͤet ein natuͤrlicher Leib / und wird aufferſtehen ein Geiſtlicher Leib. Jndem aber die - ſe Veraͤnderung des Kleides unſeres Leibes nicht ſchlechter Dinge eine Außkleidung / ſondern eine Uberkleidung genennet wird / hat der Herr D. Balduinus in ſeinem Commentario uͤber dieſefol. 630. Worte dieſes angemercket: Hanc veſtem non ſaltem indui - mus ſed & ſuperinduimus, quia corpus quoad ſubſtan -[tcium]idem manet, cui in reſurrectione reſtituitur anima, ſed[ac]cedit inſuper tanquàm ſingulare ornamentum glo - ria corporis, quam anima una cum corpore ſuperinduet. Diß Kleid ziehen wir nicht allem an / ſondern wir ziehen es auch uͤber / dann der Leib bleibet wohl einerley nach dem Weſen / mit dem wird in der Aufferſtehung die Seele vereiniget / allein hier - über koͤmpt darzu als eine beſondere Zierde die Herrligkeit des Lei - bes / welche die Seele mit dem Leibe wird uͤberziehen. Und das iſt es / was der Apoſtel ſo Hertz-inniglich verlanget / wann Er ſpricht: Wir ſehnen uns nach unſer Behaufung die vom Him̃el iſt / uns verlanget / daß wir damit uͤberkleidet werden. Das iſt es auch / dariñen beſtehet dieſes Verlangens Seeligkeit. Und das ſoll auch aller rechten und aͤchten Kinder GOttes / und al - ſo auch unſer hoͤchſtes Verlangen ſeyn / daßauch wir mit dem Apo - ſtel moͤgen ſagen: Wir ſehnen uns auch nach unſer Behau - ſung die vom Him̃el iſt / uns verlanget auch / daß wir damit uͤberkleidet werdẽ. Die kleinen Kinderhengen umb die Weynachts - Zeit mit allen ihren Gedancken / Siñen / Tichten und Trachten an dem Heiligen Chriſt / beſonders auch daruͤm / weil ſie hoffen / mit ei -F 2nem[44]Himmels-Verlangennem neuen Kleidchen ausgekleidet zu werden; da zehlen ſie Tage und Stunden / da reden ſie davon / da traͤumen ſie davon fuͤr groſ - ſem Verlaugen. Jn dieſem Stuͤcke muͤſſen wir alte und Hun - dert jaͤhrige Knaben umbkehren / und wie die Kinder werden / und nach dieſer unſer Himmliſchen und Goͤttlichen Uberkleidung ver -Eſ. 26, 8: 9. langen / und mit dem Propheten Eſaia ſagen: HERR / wir warten auf dich im Wege deines Rechten / des Hertzens Luſt ſtehet zu deinem Nahmen / und deinem Gedaͤchtnis. Von Hertzen begehr ich dein des Nachts / darzu mit mei - nem Geiſt in mir wache ich fruͤhe zu dir. Ein Hungriger ver - langet Speiſen / ein durſtiger ſehnet ſich nach einem Trunck / ein Siechling wuͤndſchet Geſundheit / ein Sterbling kirret nach dem Leben / ein Armer ſuchet Reichthumb / ein Ermuͤdeter aͤchtzet nach der Ruhe / ein Gefangener ſeuftzet nach der Erloͤſung: Ein recht ſchaffenes Kind GOttes aber aͤchtzet und lechtzet nach dem Himmel / weil es weis / das es daſelbſt wird erlangen die Spei -Pſ. 17, 17. ſe / die es wird ſatt machen ohn einigen Hunger; Einen Trunck /Apoc. 7. verſ. 17. der es wird traͤncken / daß kein Durſt mehr an ihm wird hafften können; Geſundheit ohe eintziger Empfindung einiger Schmer -Apoc. 21. verſ. 4. tzen; Leben ohne eintziger Furcht des Todes / als der da nichtApoc. 21. verſ. 4. mehr wird ſeyn; Reichthum ohne eintzigen Mangel an jr - gends einem Gute; Eine Ruhe ohne einiger Verurunhigung;Pſ. 34, 11. Eine ewige Erloͤſung / bey welcher auf die Erlöſeten keine Son -Hebr. 4. verſ. 10. ne / oder jrgend eine Hitze wird fallen. Wann ein Kind in der Frembde herumb treibet auſſer dem Vaterlande / abgeſondert vonApoc. 7. verſ. 16. Vater / Mutter und allen Befreundten / ſo treibet es das natuͤr - liche Verlangen ohn Unterlaß in ſein Vaterland / und zu den lie - ben Seinigen / da es auch mit demſelben mehr iſt / als in der Ge - gend / da es ſich weſentlich aufhaͤlt / wie der H. Auguſtinus von der liebenden Seele ſaget: Anima plus eſt, ubi amat, quàm ubi animat, die Seele iſt mehr da / da ſie liebet / (oder das ſie verlanget) als da / da ſie beſeelet. Wir glaͤubige Kinder GOt -tes[45]Stillt Seelen-Bangen. tes ſo lange als wir in dieſer Welt leben / ſo lange leben wir in der Frembde / oder / wie der Geiſt GOttes redet / peregrinamur â Domino, Wir wallen dem HERRN. Allein in dem2. Cor. 5, 6 Himmel / da haben wir unſer rechtes Vaterland / daran JEſus ſein Blut angewand. Da haben wir GOtt den Vater / der auch uns angehoͤret als unſer Him̃liſcher Vater / den wir auch taͤglich als ſeine Kinder anruffen / wenn wir ſagen: Vater unſer der dumatth. 6, 9 biſt im Himmel; Da haben wir den Sohn GOttes CHriſtum JEſum / der uns angehoͤret als unſer Bruder / der ſich nicht ſcheuet / uns ſeine Bruͤder zu nennen; Da haben wir GOtthebr. 2, 11 den Heiligen Geiſt / der uns angehoͤret als unſer Muͤtterlich-ge - ſinneter Troͤſter; Da haben wir die Heiligen Engel / die uns an - gehören / als unſere Mit-Knechte. Dahin muͤſſen wir uns auchApoc. 19. verſ. 17. ſehnen / und durch das ſtete unablaͤßliche Sehnen daſſelbe unſer Him̃liſches Vaterland in unſern Hertzen tragen / wie der GeiſtGot -Cap. 22, 9 tes denen Jſraeliten das Verlangen nach dem irrdiſchen Jeruſa - lem als ihrem irrdiſchen Vaterland einbildet / wann Er zu ihnen ſpricht: Gedencket des HErrn in frembden Landen / und laſſetJer. 51, 50. euch Jeruſalem im Hertzen ſeyn. Wer in einem alten baufaͤlli - gen Hauſe wohnet / da er ſich alle Augenblick des Einfallens befuͤrch - tet / und hat ein ander feſtes und praͤchtiges Koͤnigliches Schloß mit Koͤniglichen Guͤttern angefuͤllet / mit Königlichen Schutz verwahret / der wird ſich ja darnach ſehnen / und das alte Neſt liegen und ſtehen laſſen; Wir leben in dieſer Welt als in einem al - ten ſechs tauſend-jaͤhrigen Schwalben-Drachen Loͤwen-und Leoparden-Neſt / da auch alles daran krachet und praſſelt / bricht und faͤllet wie an einem alten Hundert-jaͤhrigen Menſchen: Wir2. Cor. 5. 1 wiſſen aber auch / daß wir einen Bau haben von Gott erbau - et ein Hauß nicht mit Haͤnden geinacht / dz ewig iſt im Him - mel; Jn daſſelbe muͤſſen wir einziehen mit unſern Begierden / und wohnen mit unſern Verlangen / als in dem neuen und HeiligenApoc. 21. verſ. 10. Jeruſalem / das da zu uns hernieder faͤhret / aus dem Him̃elF 3von[46]Himmels-Verlangenvon Gott. Si in tabernaculo tuo parietes vetuſtate nutarẽt, tecta deſuper tremerent, & domus jam fatigata, jam laſſa, ædificiis jam ſenectute labentibus ruinam maximam mi - naretur, noñe omni celeritate migrares? Mundus ecce nutat & labitur, & ſui ruinam non tam ſenectute rerum ſed fine teſtatur, & tu non DEO gratias agis, non tibi gra -Serm. 4. de Mont, pag. 215. tularis, quòd exitu maturiore ſubtractus ruinis & plagis imminentibus exuaris? ſaget der H. Cyprianus: Wann die Waͤnde an deinem Hauſe / darinnen du wohneſt / begienten bau - faͤllig zu werden / die Balcken fiengen an zu krachen / und fiele hier und dort etwas ein / alſo / daß es den endlichen Einfall und Unter - gang draͤuete / wuͤrdeſt du nicht in aller Eyl heraus ruͤcken? Sie - he / die Welt waucket / und zeiget an ihren Untergang / nicht allein mit ihrem Alter / ſondern numehr mit dem herannahenden Ende / und du danckeſt GOtt nicht / freueſt dich auch nicht / daß du durch einen zeitigen Außgang ſolcher Plagen entrinneſt? Siehe doch / O lieber Menſch / an die Vernunfft-loſe Creaturen / die haben nichts an dieſem Himmels-Hauſe / ſie empfinden auch keine See - ligkeit deſſelben / ſie werden auch nicht hinein kommen / und gleich -Rom. 8. v. 19: 22. wohl ſpricht der Geiſt GOttes von ihnen: Das aͤngſtliche Har - ren der Creatur warter auf die Offenbahrung der Kinder GOttes / dann wir wiſſen / daß alle Creatur ſehnet ſich mit uns / und aͤngſtet ſich noch im̃erdar. Dieſe ſtum̃e und tum̃e Crea - turen mit ihrem Verlangen (das nach ihrer dem allein weiſen Gott allein bewuſten Art und Weiſe geſchicht) nach der Erloͤſung der Kinder GOttes / das beſchaͤmet j[a]/ das klaget dich / O lieber Menſch an / bey dem Drey-Einigen GOtt / wann du kein Ver - langen noch Sehnen nach dieſem deinem Hauſe vom Himmel in dir fuͤhleſt und empfindeſt. Der duͤrſtende und lechzende Hirſch des Koͤniges Davids der lieff allenthalben vorüber / und ließ hin - ter und vor ſich liegen Koͤnigliche Staͤte und Haͤuͤſer / ſchoͤne an -muthige[47]Stillt Seelen-Bangen. muthige Felder und Waͤlder / liebliche und Blumen-reich beſaͤete Wieſen / und verlangete nur friſches Waſſer / damit er ſich koͤnte abkuͤhlen und erqvicken. Gehe / O Menſch mit deinem Hertz - und Seelen-inniglichen Verlangen die Welt und alles Weltliche Weſen voruͤber / und laß alles liegen und ſtehen; Gehe voruͤber die zeitliche Guͤter / die zeitliche eitele Ehre / die Fleiſchliche Luͤſte / die Weltliche Wolluͤſte / und ſage von allen; Das kan meine See - le nicht vergnuͤgen / und mein Verlangen nicht ſaͤttigen /

Die gantze Welt nicht erfreuet mich /
Nach Himmel und Erden frag ich nicht /
Wenn ich dich nur HErr kan haben.

Dieſer HERR und ſein Himmels-Hauß iſt es eintzig und allein / der dr das Seelen-Verlangen kan ſtillen. Dahin treibet all unſer Verlangen der Geiſt GOttes / wann Er uns zuruffet: Suchet (nemlich mit eurem Verlangen) was droben iſt / daCol. 3, 1: 2 CHriſtus iſt / ſitzend zu der Rechten GOttes / trachtet (nem - lich durchs Verlangen) nach dem das droben iſt / nicht nach dem das auf Erden iſt. Mit ſolchem Verlangen hat der H. Apoſtel Paulus nach dieſem Himmels-Hauſe getrachtet / da Er von Jhm ſelber ſpricht: Jch jage ihm nach / ob ichs auch er -Philip. 3. v. 12: 13. 14. greiffen moͤchte / nach dem ich von CHriſto JEſu ergriffen bin / ich verlaſſe / was dahinden iſt / und ſtrecke mich zu dem / das da forne iſt / und jage nach dem fuͤr geſtecktem Ziel nach dem Kleinod / welches vorhaͤlt die Himmliſche Beruffung GOttes in CHriſto JEſu! Bey dem heiligen Johanne in ſei - ner geheimbten Offenbahrung treten die Kinder GOttes zuſam - men mit ihrem Verlangen nach dieſer ihrer Himmliſchen Woh - nung / daß der heilige Johannes von ihnen ſpricht: Und der Geiſt /Apvc. 22. v. 17: 20. und die Braut ſprechen komm / und wee es hoͤret / der ſpre - che / komm / und wen duͤrſtet / der komme; Es ſpricht / der ſolches zeuget / ja ich komme balde / Amen; Ja kom̃ HErrJEſu[48]Himmels-VerlangenCap. 24.JEſu. Der heilige Auguſtinus war auch gantz und gar von dieſem Verlangen nach bieſem Himmels-Hauſe eingenommen / wie Er von ihm ſelber zeuget in ſeinem Manual. Da Er ſeine Seele alſo anredet: O anima mea ſuſpira ardenter, & deſi - dera vehementer, ut poſſis pervenire ad iſtam ſupernam civitatem, de quantam glorioſa dicta ſunt. Amore po - tes adſcendere, amanti nihil eſt diifficile, nihil impoſſibile, anima, quæ amat, adſcendit frequenter, & currit fami - liariter per plateas cœleſtis Jeruſalem, viſitando illos Pa - triarchas & Prophetas, ſalutando Apoſtolos, admiran - do exercitus Martyrum & confeſſorum, choros virgi - num ſpeculando & omnium Sanctorum. O meine Seele erſeufze inbruͤnſtig / und verlange hefftig / daß du möchteſt kom̃en in die Him̃liſche Stadt / die da droben iſt / von welcher ſolche Herr - liche Dinge geſagt werden. Durch die Liebe kanſtu dahin gelan - gen / einem Liebenden iſt nichts ſchwer / nichts unmoͤglich; Die Seele / die dieſe Him̃liſche Wohnung lieben / die gehet gar offt in daſſelbige Hauß hinein / ſie durchlaͤufft gantz bekant alle Straſſen und Gaſſen / dieſes Himmliſchen Jeruſalems / alle Wohnungen dieſes Hauſes vom Himmel. Sie beſuchet die Patriarchen und Propheten / ſie gruͤſſet die Apoſteln / ſie verwundert ſich uͤber das Heer der Maͤrtyrer und der freudigen Bekenner / ſie durchſchauet die Menge der heiligen Jungfrauen / und aller anderer Einwoh - ner dieſer Himmliſchen Wohnung. Unter ſolche Himmels-ver - langende Seelen ſetzen wir auch unſeren numehr in dem Schoß JEſu ſeeligſt lebenden Herrn DIACONUM. Sein natuͤr - liches Verlangen zog Jhn zwar dahin / da Jhm der Allwaltende GOtt eine geheiligte Gemeine zu unterrichten und ſeelig zu ma - chen anvertrauet hatte / darunter Er auch ſeine andere Helffte ſei - nes Hertzens (nemlich ſeine Hertzgeliebte Ehe-Gehuͤlffin) woh - nend hatte; Doch hat endlich das Geiſtliche und Him̃liſche Ver -langen[49]Stillt Seelen-Bangen. langen das natuͤrliche Verlangen weit uͤberwunden / indem er das / das dahinten war / vergeſſen hatte / und hat ſich auch mit dem Ver - langen geſtreckt nach dieſem Himmels-Hauſe / da Er auch mit dem Koͤnige David geſeuftzet: Wenn werde ich dahin kom -Pſ. 42. 3. men / daß ich GOttes Angeſicht ſchaue! Was Er verlanget / was Er ſucht / das hat Er gefunden / wornach Er ſich geſehnet / das hat Er in ſeineBeſitzung uͤber kommen. GOTT helffe auch uns ſeelig / die wir auch mit Himmel-verlangenden Seelen ſeufftzen:

O ſuͤſſer HErr JEſu CHriſt /
Der du der Suͤnder Heyland biſt /
Fuͤhr uns durch dem Barmhertzigkeit
Mit Freuden in dein Herrligkeit!

Der Drey-E[in]ige GOtt wird auch unſer Himmels-Ver - langen endlich erfuͤllen / und uns diß unſer verlangetes Himmels - Hauß eigenthuͤmlich uͤbergeben / und uns hineinfuͤhren / doch an - ders nicht / als wann Er auch an uns wird finden des Bereitens gegen das Einnehmen dieſes Himmels Hauſes Nothwen - digkeit / welches dann das dritte Stuͤck iſt / davon der Apoſtel in unſerem Text alſo ſpricht: So doch / daß wir bekleidet / und nicht bloß erfunden werden. Gleichwie das Hauß / wie auch die Uberkleidung in den kurtz vorher gehenden Worten unſeres Tex - tes Geiſtlich und Him̃liſch geweſen / ſo iſt auch dieſe Bloͤſſe Geiſt - lich / und die Uberkleidung Him̃liſch und Goͤttlich. Wir ſtellen uns kuͤrtzlich vor der Geiſtlichen Bloͤſſe Abſcheuligkeit / und des Goͤttlichen Bekleidens Herrligkeit. Von der Geiſtlichen Bloͤſſe und derſelben Abſcheuligkeit ſpricht der Apoſtel Pau - lus: ſo doch / wo wir nicht bloß erfunden werden. Das iſt die Geiſtliche Bloͤſſe / wann ein Menſch innwendig leer iſt vom Glau - ben[an]CHriſtum / und auswendig von den Fruͤchten des Glau - bens / als der Liebe / der Tugend / der Beſcheidenheit / der Gott - ſeeligkeit / der Maͤſſegkeit. Wer ſolches nicht hat / der iſt blind /2. Petr. 1. verſ. 9. (nemlich daß er auch ſeine eigene Bloͤſſe und Naͤckte nicht kan ſehen) Gund[50]Himmels-Verlangenund tapet mit der Hand / und vergieſſet der Reinigung ſei - ner vorigen Suͤnde. Da der Engel oder Biſchoff / zu Laodicea alſo gewandelt / daß man an ihm weder das Licht des Glaubens / noch[den]Glantz der guten Wercke konte ſehen / da redete ihn derApoc. 3. verſ. 17. Geiſt GOttes alſo an: Du ſprichts / ich bin reich / und habe gar ſatt / und darf nichts / und weiſt nicht / daß du biſt elend und jaͤmmerlich / arm blind und bloß. Jn dieſer Geiſtlichen Naͤckte und Bloͤſſe darff niemand dem allerheiligſten GOtt unter ſeine Goͤttliche Augen treten. So wenig als Koͤnig Achis zu Gath den von ſeinen Knechten ihm zugefuͤhrten Darid vor ſeinen Augen konte leiden / da Er ſeine Geberde verſtellete / und unter ih - ren Haͤnden kollerte / daß ihm der Geifer in den Bart lief / daherSam. 21. v. 14: 15: Er gar zornig ſeine Knechte anfuhr; Warumb habt ihr dieſen zu mir gebracht? Solte der in mein Hauß kommen? So wenig kan auch der reine GOtt die jenigen vor ſeinen Sonnen-hel - ken reinen und Goͤttlichen Augen leiden / die in ihrer Geiſtlichen Blöſſe ſich nicht entbloͤden vor ihm zu erſcheinen: Er laͤſſet ſie hinaus treiben von ſeinem GnadenAngeſicht und aus ſeinem Him̃el / wie ErGeneſ. 3, verſ. 24. den nackenden Adam und Evam aus ſeinem Paradis Gar - den ließ heraus treiben; ER laͤſſet ſie hinaus vor die hoͤlliſche Hunde / Woͤlffe / und Löwen werffen / wie Er das Jeruſalem in ſeiner Geiſtlichen Bloͤſſe ließ hinaus werffen aufs Feld bey dieſenEzech. 16. verſ. 5. Worten: Alſo veracht war deine Seele / da du gebohren wa - reſt; ER laͤſſet ſie hinaus in die Hoͤlle werffen / wie der Koͤnig den jenigen Gaſt / der da auf ſeines Sohnes Hochzeit kam / und hatte kein Hochzeitlich Kleid an / lies hinaus werffen mit gebundenen Haͤnden und Fuͤſſen in das Finſternis / daMatth. 22 verſ. 13. Heulen und Zaͤhn Klappen iſt. Dieſem Hinaus werffen aus dem Him̃liſchen Hochzeit-Hauſe in das ewige Finſternis hinaus koͤnnen wir anders nicht entgehen / als wann wir dieſe unſere Geiſt - liche Bloͤſſe bekleiden nach den Worten des Apoſtels Pauli in un - ſerm Text: So doch / daß wir bekleidet erfunden werden. welchen[51]Stillt Seelen-Bangen. Welchen Rath uns auch der Sohn GOttes CHriſtus JEſus giebt / wann Er ſpricht: Siehe / ich komme als ein Dieb / ſee -Apoc. 16. verſ. 15. lig iſt / der da wachet / und haͤlt ſeine Kleider / daß er nicht bloß wandele / und man nicht ſeine Schande ſehe. Dieſe Geiſtliche Bekleidung legen etliche alte Kiechen Lehrer aus von der Vereinigung der Seelen mit dem verſtorbenen und hernach wieder auferweckten Leibe / da die Seele mit ihrem vorigen Leibe wie mit einem Kleide wieder ſolle bekleidet werden / alsdann ſoll darauf die - ſe ſeelige Uberkleidung der Klarheit GOttes / und der Herrligkeit des Leibes JEſu erfolgen. Dieſes wie es an den außerwehlten Kindern GOttes in der That und Warheit wird erfolgen / ſo koͤn - nen wir doch dieſes von denen Verdampten durchaus nicht ſagen / die werden zwar auch am Jüngſten Tage von den Toden auferſte - hen / ihre Leiber werden mit ihren Seelen wieder vereiniget werden / und werden auch ſolche Leiber bekom̃en / die da unſterblich und un - zerſtoͤrlich werden ſeyn / dann ſie werden nicht wieder ſterben / ſo wer - den ſie auch brennen / und doch nicht verbrennen / ſondern ewig bleiben und leben / und gleichwohl werden ſie nicht uͤberkleidet mit der Klarheit und Herrligkeit GOttes / ſondern dieſe ihre Unſterb - ligkeit und Unzerſtoͤrligkeit ihres Leibes wird ihnen vielmehr eine Plage / als eine Gabe / eine Straffe / als eine Wohlthat ſeyn / darinnen ſie auch aufferſtehen werden zur ewigen Schmach undDan. 12, 2 Schande. Das beweget uns / daß wir die Bekleidung nicht von der Vereinigung der Seelen mit ihren Leibern / die am Juͤngſten Tage erſt wird geſchehen / verſtehen / ſondern von dem Geiſtli - chen Bekleiden / das in dieſer Welt geſchicht / da ein glaͤubiger Menſch den HERRN JEſum durch den Glauben in ſeinerGal. 3, 3. Tauffe anziehet / und in demſelben angezogenen JEſus-Kleide ſeelig ſtirbet / als die jenigen / die da in dem HErrn ſterben /Apoc. 13. verſ. 13. und alſo auch mit dem angezogenen JEſu von den Todten auffer - ſtehet / und vor die flammende Augen des Majeſtätiſchen Richters erſcheinet am Juͤngſten Gericht / der erſcheinet dann nicht bloß /G 2der[52]Himmels-Verlangender erſcheinet dann bekleidet / der wird alsdann uͤberkleidet wer -Phil. 3, 5. den / daß ſein nuͤchtiger Leib wird ehnlich werden dem ver - klaͤrten Leibe JEſu. Auf dieſe Bekleidung weiſet uns der HErrApoc. 3, 18 JEſus / wañ Er uns zuruffet: Jch rathe dir / daß du Gold von mir kauffeſt / das mit Feuer durchlaͤutert iſt / daß du reich werdeſt / und weiſſe Kleider / daß du dich anthuſt / und nicht offenbahret werde die Schande deiner Bloͤſſe. Jn einem ſchoͤ - nen Bilde wird uns dieſe unſere Geiſtliche Bekleidung vorgetra - gen / wann der Majeſtaͤtiſche GOtt von den nackenden / und alles Glaubens und guter Wercke entblöſſeten Juden ſaget: Jch ge -Ezech. 16 v. 8-13. lobet dirs / und begab mich mit dir in einen Bund / daß du ſolteſt mein ſeyn; Jch badete dich mit Waſſer / und wuſch dich von reinem Blute / und ſalbete dich mit Balſam / und kleidete dich mit geſtickten Kleidern / und zog dir Semiſche Schuh an / Jch gab dir feine Leinene Kleider / und Seidene Schleyer / und zierete dich mit Kleinoten / und legte dir Ge - ſchmeide an deine Arme / und Ketlein an deinen Hals / und hab dir Haarband an deine Stirn / und Ohren-Ringe an deine Ohren / und eine ſchoͤne Krone auf dein Haͤupt. Sum - ma / du wareſt gezieret mit eitel Gold und Silber / und ge - kleidet mit eitel Leinwand / Seiden und Geſtickten / und wa - reſt uͤberaus ſchoͤn / und bekameſt das Koͤnigreich. Bey1. Petr. 3. verſ. 21. unſer Heiligen Tauffe da begiebet ſich der Drey-Einige GOtt mit uns in einen Bund / da badet / da waͤſchet Er uns mit ſeinemEpheſ. 5. v. 26: 27. Blut / und mit dem Waſſer-Bad im Wort / daß nicht ein Flecken / nicht ein Runtzel / oder des etwas an uns ſey / ſon - dern daß wir ſeyn eine Gemeine / die herrlich ſey / heilig undEſ. 61, 10. unſtraͤfflich. Bey der Tauffe ziehet Er uns auch an / mit ihm ſelber / als mit dem Rock der Gerechtigkeit und Kleide des Heyls / damit kleidet Er uns ſo praͤchtig aus / daß wir dann als ei - ne Koͤnigliche Tochter gefuͤhret werden in guͤldenen Stuͤck geklei -det[53]Stillt Seelen-Bangen. det / und in geſtickten Kleidern zum Koͤnige / und werden dann ſte - hen zu der Rechten dieſes Himmels-Koͤniges / und werden von ſei - ner Hand empfangen das Koͤnigreich und eine Krone / nemlich die Krone der Himmliſchen Uberkleidung mit ewiger Klarheit und Herrligkeit. Wann der Patriarch Jacob vor ſeinen Vater den Jſaac ſolte vorkommen umb einen angenehmen Seegen zu erlau -Geneſ. 27 v. 15. ſeq. gen / ſo muſte er ſich zuvor in des Bruders des Eſaus koͤſtliche Klei - der einkleiden laſſen / alsdann erlangete er des Vaters Seegen mit einem Göttlichen Nachdruck. Wann auch wir von unſerm Him̃ - liſchen Vater im Himmel den Seegen der allerſeeligſten und herr - lichſten Uberkleidung wollen erlangen / ſo muͤſſen wir auch vor Jhn kommen eingekleidet in das weiſſe Kleid der Unſchuld JEſu / eingekleidet in das rothe Kleid der blutigen Gnugthuung JEſu / eingekleidet in das bunte Kleid der ewigen Erlöſung JEſu / ſo werden wir nicht bloß erfunden / und ſo werden wir auch uͤber - kleidet werden / weil wir bekleidet erfunden worden. Von demEſther. 4. verſ. 2. Koͤnige Ahaſvero leſen wir / daß ers mit ſeinem Koͤniglichen Hau - ſe alſo h[ie]lt / daß niemand an das Thor / am wenigſten gar in das innwendige des Hauſes durffte hinein gehen / der mit einem Sack angezogen war. Der in des Koͤniges Hauß wolte hinein gehen / der muſte mit Feyer-Freuden-und Ehren-Kleidern angethan ſeyn / damit konte er vor den Koͤnig vorkommen / damit hatte er Hoffnung gehabt / einige Koͤnigliche Gnade zuerlangen. Der groſſe Koͤnig aller Koͤnige auf Erden haͤlt mit ſeinem Koͤniglichen Hauſe im Himmel auch dieſe Weiſe / daß / wann jemand in daſ - ſelbe wil eintreten / die Koͤnigliche und Göttliche Uberkleidung zu erlangen / ſo darf niemand davor kom̃en bekleidet mit demBettel - Sack eigener Heiligkeit / oder anderer erbethenen und erkaufften guten Wercke / oder aber derer Moͤnche und Ordens-Leute ihren gemeinen Kleider-Saͤcken. Sothan bekleideten Menſchen wird dieG 3Thuͤr[54]Himmels-VerlangenThuͤr des Himmels-Hauſes vor der Naſen zugeſchloſſen / und wenn ſie gleich werden anſchlagen und ruffen: HErr / HErr / thue uns auf! So werden ſie doch nicht eingelaſſen / ſondern mitMatth. 25. verſ. 11. dieſer harten Antwort abgewieſen werden: Warlich ich kenne euer nicht. Dem Ulpiano, des Kaͤyſers Alexandri Severi Hoffrath wolte ſeine eigene gemeine Kleidung nichts helffen wider den gefaſten Grimm der Soldaten / die ihn durchaus wolten todt haben / die ihn auch ſchon zur Erden geworffen hatten / und nun an dem war / daß ſie ihn in demſelben Augenblick wolten umbbrin - gen. So bald als aber der Kaͤyſer Severus ſeinen Purpur - Mantel auf ihn geworffen / ihn damit bedecket / und gleichſam bekleidet hatte / ſo bald ward der Grimm der rafenden Landes - Knechte geſtillet / und Ulpianus ward dadurch errettet. So viel vermochte ein eintziger Purpur-Mantel eines irrdiſchen Kaͤy - ſers: Hier iſt mehr / als eines irrdiſchen Kaͤyſers Purpur Man - tel und Kleid: Hier iſt des HErrn JEſu ſein mit ſeinem eigenem Purpur-Blut gefaͤrbetes Kleid / das muß / das kan / das wird uns auch wider die grimmige Macht / und maͤchtigen Grim̃ aller unſer Seelen-Feinde helffen. Sonſten ſo wenig als unſerer erſten Eltern ihre eigene Außkleidung / da ſie ſich in die Feigen-Blaͤtter hatten eingekleidet / hatte geholffen wider ihre natuͤrliche Blöſſe / und den Zorn des erzuͤrneten GOttes zuſtillen; (ſolte ihnen geholf - fen werden / ſo muſte ſie GOtt der HErr ſelber kleiden / und zwarGen. 3, 21. mit Roͤcken von Fellen) ſo wenig können wir uns ſelber helffen mit unſer eigener Außkleidung / wann wir uns in unſere eigene Gerech -Eſ. 64, 6. tigkeit wollen einkleiden / ſelbige iſt wie ein unflaͤtig Kleid / das kan weder den grimmigen Zorn GOttes von uns wegtreiben / noch den Satan und ſeinen Grimm toͤdten. Soll uns in dieſem Stuͤck geholffen werden / ſo muß uns der HErr JEſus ſelber auskleiden in ſeinen Goͤttlichen Purpur-Mantel ſeines blutigen Verdien - ſtes. Wann denſelben der Satan an uns erſiehet / ſo muß er tau - ſendt Meilen von uns fliehen / dann diß Blut toͤdtet alle ſeine hölli -ſche[55]Stillt Seelen-Bangen. ſche Macht und Gewalt / gleichwie es ſonſten die Feindſchafft /Eph. 2, 16. ſo wider uns iſt / toͤdtet. So balde als daſſelbe GOtt der Him̃ - liſche Vater erſtehet / ſo bald laͤſt er alle Feindſchafft wider uns verſchwinden / und bringet uns dahin / da wir von ihm uͤberklei - det werden. Dann eben durch das Purpur-Blut des HEr -Eph. 2, 13. ren JEſu werden wir nahe an GOtt gebracht / die wir wei - land ferne ſind geweſen. Und das moͤgen unſere ſeelige Vorfah - ren wollen angedentet haben / wann ſie ihre Verſtorbene in weiſſe Kleider eingekleidet haben / und alſo bekleidet begraben laſſen / wie es auch heut zu Tage bey uns geſchicht; da ſie mit haben andeuten wollen / daß ſie es feſt davor hielten / daß gleich wie ſie ihre Todten in ein weiß Sterbe-Kleid haben eingekleidet / daß ſie auch haben den HErrn JEſum durch den Glauben mit ſeiner weiſſen Un - ſchuld angezogen; Das angezogene irrdiſche weiſſe Todten-Kleid werde zwar in dem Grab[e]ermodern und verfaulen / aber der an - gezogene JEſus werde bey ihnen bleiben / bis an den Juͤngſten Tag / und weil ſie dann alſo bekleidet worden ſeyn / ſo werde ſie auch GOtt gewis mit ewiger und Goͤttlicher Klarheit uͤberkleiden. Worauf der ſeel. Herr Lutherus einen ſterbenden Studioſum zu Wittenberg zu ſeiner Zeit verſichert / da er kurtz vor ſeinem To - de denſelben fragte / wo er durch dieſen ſeinen Tod wolte hinziehen? Und da er ihm antwortete: Jn den Himmel zu meinem JESU. Da er weiter fragte: Was er Jhm dann wolte mitbringen? Da ſprach er / Ein geaͤngſtetes und zerſchlagenes Hertz / das mit dem Blute JEſu beſprenget iſt; Da ſprach er zu ihm: Fahre wohl mein lieber Sohn / du wirſt deinem JEſu ein angenehmer Gaſt ſeyn / der wird dich / wann du alſo bekleidet zu ihm wirſt kommen / uͤberklei - den mit Unſterbligkeit / Unverweßligkeit / Klarheit und Herrlig - keit. Und in dieſer unbegreifflichen Goͤttlichen Uberkleidung wird die hoͤchſt-betruͤbte Frau Wittib dieſen ihren Hertzgeliebten ſeel. Ehe-Herrn / und die liebe Mutter dieſen ihren lieben ſeel. Herrn Sohn / weil Er auch mit JEſu wohl bekleidet aus dieſer Weltverſchie -[56]Himmels-Verlangen / Stille Seelen-Bangen. verſchieden / und damit vor den Thron GOttes erſchienen / der - maleins ſehen. O wie ein Hertz - und Seelen-erfreuliches Auſe - hen wird das ſeyn! Die Hertzlich betruͤbte Frau Mutter war wohl Hertzlich erfreuet / da Sie dieſen Jhren lieben Herrn Sohn in dieſer Welt zu allererſt erblickete in ſeiner Prieſterlichen Be -Eſ. 60, 10. kleidung in ſeinem Peieſterlichen Schmuck; Worbey auchPſ. 132, 16. Jhm GOtt zugeruffen: Jhre Prieſter wil Jch mit Heil klei - den. Unbegreiflich viel mehr wird Sie ſich erfreuen / wann Sie Jhn im Himmel in dieſer Goͤttlichen Uberkleidung wird anſehen. Zwar durch das ſeelige Ableben dieſes ſeel. Herrn Diaconi hat der Allwaltende GOtt ſo wohl ſeine hinterlaſſene Frau Wittib / alſo auch die Frau Mutter eingekleidet in ein Trauer-Kleid / daß ſie mit der geheimten Mutter der Kinder Jſrael muͤſſen klagen[:]Baruch. 4. verſ. 20.Jch habe mein Freuden-Kleid außgezogen / und das Trau - er-Kleid angezogen; Er hat Sie bekleidet mit einem betruͤb -Eſa. 61, 3. ten Geiſt. Wir wuͤndſchen ihnen von dem Drey-Einigen GOtt im Nahmen JEſu / daß Er derſelben Trauer-Sack wolle aus -Pſ. 30, 12. ziehen / und Sie mit Freuden guͤrten: Er ſchaffe / daß die -Eſa. 61, 3. ſen Traurigen zu Zion Schmuck vor Aſche / und Freuden - Oehl vor Traurigkeit und ſchoͤne Kleider vor einen betruͤb - ten Geiſt gegeben werde! Uns aber / dieEr auch mit dem JEſus - Kleid in unſerer Tauffe bekleidet / regiere Er alſo / daß wir in dem - ſelben freudig und ſeelig moͤgen entkleidet werden / den ſuͤndlichen Leib ablegen / und der kuͤnfftigen ſeeligen Uberkleidung theilhafftig gemacht werden.

CHriſti Blut und Gerechtigkeit /
Das iſt mein Schmuck und Ehren-Kleid /
Damit wil ich vor GOtt beſtehn /
Wann ich zum Himmel werd eingehn /
AMEN.
[57]

Lebens-Lauff.

I. N. J.

DEr Weil. Wohl-Ehrwuͤrdige / Vor-Acht - bare und Wohlgelahrte Herr TOBIAS Opitz / geweſener Diaconus zu Litzelſtein / bey Straßburg in Elſaß gelegen / iſt alhier zu Budißin / von Chriſtlichen / Erbaren und frommen Eltern gezeuget / und den 9. Decembris Anno 1648. in die - ſe Jammer-volle Welt gebohren worden: Deſſen gelieb - ter Vater iſt geweſen der Weil. Ehren-Wohlgeachte und Wohlbenahmte Herr TOBIAS Opitz / alter Buͤrger / wie auch Eltiſter derLoͤblichen Spohrer-Zunfft und Leinwand-Haͤndler alhier: Die Frau Mutter aber iſt die gegenwaͤrtige herzlich und ſchmerzlich betruͤbte Frau Chriſtina Opitzin / gebohrne Kieberin: Dieſe ſeine Chriſtliche Eltern haben Jhn bald nach ſeiner ſuͤndhaff - ten Geburth / zum Heiligen Bade der Wiedergeburth be - foͤrdert / und nach des Vaters Nahmen / TOBIAS, ins Buch der Lebendigen einzeichnen laſſen: und weiln Sie / ſo bald Er ein wenig zum Verſtande kommen / in ſeiner zarten Jugend / ein liberal Ingenium, auch ſo bald ſie Jhn in die Evangeliſche Lateiniſche Schulen alhier gebracht / eine ſonderbahre Inclination zum ſtudieren bey Jhm ver -Hſpuͤret /[58]Lebens-Lauff. ſpuͤhret / haben Sie ſich keine Muͤhe und Unkoſten dauren laſſen / ſondern Jhn durch allen geneigten Willen / deſto mehr in ſeinem Vornehmen zu allen Gutten animiret / daß Er von der unterſten Claſſe biß zur Oberſten / mit ſattſa - mer Vergnuͤgung ſeiner Herren Præceptorum, nach gele - gtem Chriſtenthum dermaſſen in Linguis & Artibus zu - genommen / daß Er ſeinen Herren Præceptoribus, vor jhre treue Information jederzeit groſſen Danck geſaget / und ſich / mit derenſelben / (ſonderlich des Herrn Rectoris, Tit. Herrn M. JOHANNIS THEILLII, P. L. Cæſ. ) gutten Rath und Vorbewuſt / wie denn nicht weniger mit ſeiner lieben Frau Mutter Seegen / Anno 1669. auff das be - ruͤhmte Gymnaſium nacher Dantzig begeben / allwo Er ſeine Studia ruͤhmlich continuiret, indem Er unter dem Herrn Profeſſore, M. GEORGIO Neufelden / de Ente ra - tionis, und unter Herrn D. Strauchio, ex Theologicis, de Communicatione Idiomatum publicè diſputiret, und iſt daſelbſt bey Jedermann lieb und angenehm gehalten worden / jedoch hat Er nach verfloſſenen 3. Jahren / unge - achtet ſeines gutten Zuſtandes daſelbſt / ſich auff die be - ruͤhmte Univerſität, nacher Roſtock / nebenſt etlichen ſeinen guten Freunden begeben / und unter denen beyden Herrn Profeſſoribus, Doctor Cubabo und D. Varenio, ſeinen Studiis eine Zeitlang fleißig obgelegen / hat aber wegen des Orths unverdaulicher Speiſen ſich von dar wiederumb / nach Jahres-friſt / wegwenden / und zwar auff einrathen Herrn D. Strauchii, und gutte Recommendation, aus Leipzig / nacher Straßburg / dieſelben Herren Theologos auch zuhoͤren / begeben muͤſſen / da Er denn / wegen gutter Recommendation bald einen freyen acceſſum erlanget / ſeine Studia eiferig continuiret, und unter Herrn M. Joa -chimo[59]Lebens-Lauff. chimo Zentgraffio. Prof. Moral. Practico damahls ad D. Neopetrinæ Eccleſiaſto Ordinario & Collegii Wilhel - mi tani Pædagogo Angelis dediſputiret. Als Er ſich nun daſelbſt auch biß ins dritte Jahr auffgehalten / hat Jhm der hoͤchſte GOTT / nach ſeiner wunderbahren direction Anno 1675. durch ordentliche Vocation des Durchlauch - tigſten Herrn / Herrn Leopold Ludewigs / Pfaltz - Graffens beym Rhein / Hertzogs in Baͤyern und Graffens zu Velentz / zu einem Diacono zu Litzelſtein bey Straßburg beruffen / welchen Goͤttlichen Beruff auch der Seel. Herr Opitz gar willig gefolget / und nach gethaner Prob-Predigt und erlangter Heil. Ordination (beym Conſiſtorio zu Eßlingen / unter Herrn D. Johann Ulrico Wildio Superintendenten daſelbſt) den dritten Sontag pòſt Trinitatis, des gedachten 1675. Jahres / ſolch Diaconat-Dienſt / mit Freuden angetreten / in ſeinen heil - Ampt / ſeinen Zuhoͤrern GOttes Wort rein und unver - faͤlſcht / nach inhalt der ungeaͤnderten Augsburgiſchen Confeſſion und Concordien Buch treulich vorgetragen und ſo wohl in ſeinem Vaterlande / als anderer Orthen / ſeinen Chriſtlichen Lebens-Wandel alſo angeſtellet daß Er mehr ſeinem GOTT / als der boͤſen Welt zu dienen ſich befliſſen. Nach dem Er nun in ſeinem angetretenen Pre - digt-Amt / wie ſonſt jederzeit GOttes Seegen reichlich ge - ſpuͤret / hat Er zu beſſeren Fuͤhrung ſeiner Wirthſchafft / nach dem gnaͤdigen Willen GOttes / ſich Chriſtlicher Weiſe in den heil. Eheſtand eingelaſſen / Anno 1677. am 2. Martii / mit der Wohlerbaren / Viel-Ehr - und Tugend - reichen Jungfer Roſinen Barbaren / des Ehrenveſten und Wohlbenambten Herrn LUDEWJGS CON -H 2RADI[60]Lebens-Lauff. RADI, Rathsverwandtens in Bußweiler ehelich geliebten Jungfer Tochter / mit welcher Er in Lieb - reicher Ehe gelebet 1. Jahr 4. Wochen und 3. Tage / und iſt zwar durch GOttes Seegen von Jhr einiger Lei - bes-Frucht gewertig geweſen / hat aber / nach GOttes Willen derſelben Geburth nicht erlebeu moͤgen / wie groß der Schmertz ſeyn wird / bey der hinterlaſſenen Fr. Witt - wen / in ſolchen Zuſtande / wenn Sie Jhres lieben Ehe - Herren Todt erfahren wird / iſt leicht zuerachten / und da - bey hertzlich zuwuͤndſchen / daß Jhr der hoͤchſte GOTT / mit ſeines heil. Geiſtes Troſt kraͤfftiglich beywohnen wolle.

Wiewohl nun der Seel. Herr Diaconus, eine zeit - lang mit einem ziemlichen Huſten beleget geweſen / ſo hat Er doch die meiſte Urſach ſeiner zunehmenden Kranckheit dem großen Schrecken / ſo Jhnen der wuͤttende Frantzoſe / (mit erſtuͤrmung ihres Staͤdleins und Veſtung) ein geja - get / zugemeßen deswegen Sie ſich mit hinterlaſſung des ihrigen nacher Straßburg begeben muͤſſen! weiln Er nun ſolcher Geſtalt muͤßige Zeit gehabt / hat ihn beliebet ſein Vaterlãd und die lieben Seinigen noch einſten zubeſuchen / haͤtte auch / ſo es GOTT gefuͤget / indem ſelbiger Orthen alles weit und breit verwuͤſtet / alhier condition angetre - ten / und ſein liebes Ehe-Weib / welche Er vor ſeinem En - de ſchmertzlich bedauret und beklaget / hernach gehohlet. Allein der wunderbahre GOTT ſchickte es gar anders; denn nach dem Er von Straßburg außgereiſet / hat ſich ehe Er nach Leipzig kommen / der Huſt vermehret und einige Schwindſucht bey ihm ereignet; ob Er nun gleich in Leip - zig von ſeinen Herrn Schwager und Frau Schweſter wohl in acht genommen und gepfleget worden / hat ſichdoch[61]Lebens-Lauff. doch die Unpaͤßligkeit nach und nach vermehret / dahero Er ſeine Reiſe beſchleunigen wollen / und iſt am Freytagẽ 4. Wochen mit ſeiner Frau Mutter alhier / welche gleich damahls in Leipzig geweſen / ziemlich ſchwach und kranck ankommen / ſich auch alsbald eingeleget / woruͤber gedach - te ſeine Frau Mutter / nebenſt der Frau und Jungfer Schweſter / wie auch dem Schwager nicht wenig er - ſchrocken; Ob Sie nun bald den Herrn D. Lehman / nachmahls auch Herrn D. Braͤunigen zu Rathe ge - nommeñ / gutte Arzney-Mittel anwenden laſſen / und ſei - ner Geſundheit / (wonach Er ſich auch ſeiner lieben Ehe - Frauen und Schwieger-Eltern wegen ſehr geſehnet) gerne rathen wollen / ſo hat doch der Huſten und die Mat - tigkeit (worbey Er auch einen boͤſen Hals bekommen) mercklich zugenommen / alſo daß man vor allen Dingen die teuer erloͤſete Seele bedencken / und Jhm / durch Tit. Herrn MARTINUM FRANCISCI, Diaconum alhier / am Montage 3. Wochen / durch das HochwuͤrdigeAbend - mahl / zu mehrer Verſicherung ſeiner Seelen Seeligkeit / ſpeiſen und traͤncken laſſen. Wiewohl nun der ſeelige Herr Opitz lieber bey ſeiner lieben Ehe-Frauen / die ver - ſprochene Treue / durch ſeinen Seegen und Valet - Wundſch abgeleget / als daß Er hier ſeinen Geiſt auffge - geben / ſo machte Er ſich doch albereit zu einem ſeeligenAb - ſchiede bereit / erzehlete / ſo viel die Schwachheit leiden wol - te / ſeinen Lebens-Wandel kuͤrzlich / und erwartete des HErrn gnaͤdigen Willen geduldig. Unterdeſſen ward mit moͤglichſten Arzney-Mitteln / wie nichts weniger mit forgfaͤltigſter Wartung fortgefahren / aber leider! allesH 3ver -[62]Lebens-Lauff. vergebens und uͤmbſonſt / ſondern die Kraͤffte nahmen ab / daß Er ſeiner 3. Tage vor ſeinem Ende / nicht mehr maͤch - tig war / und als Er vergangenen Sontag nach Mittage faſt mit dem Tode umbging / auch Jhm der Fluß ſo hefftig auf die Bruſt fiel / der ihm große Quaal verurſachte / und Er merckte / daß der gefallne Fluß nicht wieder nachlaſſen moͤchte / warff Er die rechte Hand von ſich aufs Bette / ſagende / gutte Nacht / gutte Nacht / Mutter / Er alſobald auch darauff von der gegen waͤrtigen Jungfer Schweſter und Herrn Medico Abſchied genommen / ward von ſeiner Frau Mutter und Jungfer Schweſter inſtaͤndig zu GOtt geſaͤuffzet / auch nach dem vor wohl gedachten Herrn Dia - cono eilend geſchicket / welcher zwar erſchienen / den Herrn Patienten aber in euſerſter Todes-Noth angetroffen / wel - cher auch alſo mit dem Prieſterlichen Seegen / unter waͤh - rendem Gebeth und Saͤufftzen der Frau Mutter und Geſchwiſter ſeine teure erloͤſete Seele GOTT dem Him̃ - liſchen Vater wieder auffgegeben / und derSeelen nach auß dieſem ſeinem irrdiſchen-in das Himmliſche Vater-Land zu allen Heiligen und Außerwaͤhlten verſamlet worden. So geſchehen am vergangenen Sontage / Abends drey Viertel auf 6. Uhr / nach dem Er ſein Chriſtliches / und wohlgefuͤhrtes Prieſterliches Leben gebracht auf 29. Jahr 11. Wochen und 5. Tage.

GOtt troͤſte vorauß / die uͤber dieſen Todesfall / betruͤbte abweſende Frau Wittib und ſtaͤrcke dieſelbe Jhrer Leibes-Frucht / daß ſie von der ſelben geſund und froͤlich moͤge geneſen. Der Höchſte GOTT troͤſte auch die gegenwaͤrtige hochbetruͤbte Fr. Mut -ter[63]Lebens-Lauff. ter / Fr. und Jungfer Schweſtern / Schwager und in ſonderheit die abweſende Fr. Schweſter nebenſt ih - rem Eheherren in Leipzig / wie auch den außlaͤndiſchen Herrn Bruder wenn ſie den Todes-Fall ihres Herrn Bruders erfahren werden / Er behütte Sie allerſeits vor fernerm trauren und Hertzeleid und gebe ihnen alle Seelen - und Leibes-Wohlfarth / durch JESUM CHriſtum AMEN.

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About this transcription

TextJesus! Himmels-Verlangen Stillt Seelen-Bangen/ [...]
Author Daniel Römer
Extent63 images; 17649 tokens; 4538 types; 118241 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationJesus! Himmels-Verlangen Stillt Seelen-Bangen/ [...] bey letzter/ Volckreicher und mitleidender Beehrung Des Weyland Wohl Ehrwürdigen/ Vorachtbahren/ Wohlgelahrten und in GOTT andächtigen Herrn Tobiae Opizii Daniel Römer. . 63 Andreas RichterBautzen1678.

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Universitätsbibliothek Breslau Universitätsbibliothek Breslau, 4 W 2340 / 542013

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LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Leichenpredigt; Gebrauchsliteratur; Leichenpredigt; ready; aedit

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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ImprintBerlin 2019-12-10T09:36:20Z
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