DesEdlen / Geſerengen vnd Ehrn - veſten Henning von Zernickow / auff Schoͤner - marck Canto vnd Carwe / weyland Erbſeſſen / ſeligen etc. hinderlaſſenen / Der Edlen / Vilehrentugentſamen Frawen / Mar - gareta von Piccateln / des jetzo erwenten Henning von Zernickow / ſeligen / Hochbetruͤbten hinder - laſſenen Witwen: Den Edlen / Geſtrengen vnd Ehrnveſten Haſſe von Bredo vff Loͤwenburg etc. vnd Levin Friderich von Trotte vff Badingen etc. Erbgeſeſſen / der hin - terlaſſenen Witwen wolverdienten Vormuͤnden: Den Edlen Vielehrentugentſamen Frawen / Eliſa - tet vnd Jlſe von Zernickow / des ſeligen Henning von Zermckow / vielgeliebten hinderlaſſenen Schweſtern. Den Edlen vnd Ehrnveſten Ditterich Holſtein / vff Anckershagen: vnd Henning Pentzen vff Redefin in Meckelnburg / Erbgeſeſſen / Henning von Zer - nicko etc. ſeinen geliebten Schwaͤgern. Dem Edlen vnd Ehrnveſten Hanſen von Zer - nickow / vff Blumenow etc. Erbſeſſen / des ſeligen Henning von Zernickow etc. Lehntregern / ſampt ſeiner viel - geliebten Haußehren vnd Lehnserben:
Semptlichen: Vbergibts vff guͤnſtiges begeren Johann Beuthell Berlinenſis, jetzo Pfarrherr zu Dallhauſen vnd zur Horſt.
ES iſt im alten Vers Sprichworts weiſe geredt: Qui procul eſt oculis, procul eſt à lumine cordis. Das wir Deutſch ſagen / Koͤmpſtu mir aus den augen / koͤmpſt mir auch wol aus dem ſinn. Welches Sprichwort / ob es wol nicht bey allen Menſchen in gleichem theil ſtad fin - det / ſo iſt dennoch der meiſte hauffe alſo geunartet / das was er teglich fuͤr augen hat / das jn beluͤſtiget / das liebet er auch: Wz jm aber auſſm geſicht koͤmpt verg[e]ſſet er gar leichtlieh. Vnd ſolle ſich dis wol vnter Eheleuten / die doch ein Fleiſch ſein / nit gar ſelten begeben / das / wenn eins vom andern durch den zeit - lichen Todt wird hinweg geriſſen / dem verbliebenen theil nicht viel mehr drumb iſt als wenn jhm eine alte Taſche von der ſei - ten entfallen were. Vom abgeſchiedenen theil aber man wol ſagen moͤcht: Wer nur ſo nerriſch iſt / das er ſtirbt / der wird wol bald vergeſſen.
Aber bey rechten vnd echten Gotteskindern / vnd bey de - nen ſo zucht vnd erbarkeit / Chriſtliche liebe vnd trewe in acht haben / findet man dennoch ein viel andern affectum / denen der jhrigen abſcheid von dieſer Welt ſo tieff zu Hertzen gehet / das jnen nicht anders deucht / als wuͤrde jnen durch ſolchen riß das halbe hertze mit weg genommen.
Denn ob jhnen die jhrigen hiedurch werden aus den augen geriſſen / ſo ſind ſie jhnen doch ſo tieff ins hertze einge - wurtzelt das ſie derſelben / weil ein athem aus jhnen gehet / nit vergeſſen moͤgen. Daher es / nach altem loͤblichẽ gebrauch bey vns Deutſchen vblich / das man hat feine zierliche Cœmite - ria, Epitaphia, Epicedia, inngnia in tempns ſuſpenſa, dabey man ſich der Verſtorbenen erinnern kan. Hieneben ſind auch nicht wenig welche die Leichpredigten / ſo in den ge - woͤnlichen Leichbegengniſſen gehalten werden / abdrucken laſ - ſen / auff das ſie dieſelben offt leſen / daraus jhrer verſtorbenenleben[5]leben / wandel vnd ſeligen abſcheid erſehen / vnd ſich jhrer zuer - innern haben. Das ſtehet ſehr fein. Denn weil der H. Geiſt ſelbſt ſpricht: In memoria æterna erit juſtus, Des Ge -Pſal. 112. rechten wird nimmermehr vergeſſen: Warumb ſolt dann der vnſerigen gedechtnis bey vns Chriſten ſo gar verleſchen?
Jſt demnach ſehr ruͤhmlich vnd Chriſtlich / das dieſes jetzo in Gott ruhenden Junckern Henning von Zernickow / ſeligen ſeine hinderlaſſene ſehr bekuͤmmerte Witwe / ſeine liebe traurende Schweſtern / vnd andere nahe Freundſchafft nicht allein dafuͤr geſorget / wie der erſtorbene Coͤrper / Chriſtlich / zierlich vñ ehrlich zu ſeim Ruhebettlein (welches dann in herr - licher ſolennitet mit gantz Chriſtlichen Ceremonien vnd belei - tung einer anſehnlichen anzal Adelicher Perſonen geſchehen) gebracht / auch andere monumenta geſetzt moͤchten werden zu ſeinem gedechtnis. Sondern begehren auch / das die Leich - predigt jnen moͤge mitgetheilet werden / das ſie dieſelbe offt le - ſen / ſich ſeines lebens / wandels / bekentnis vnd ſeligen abdan - ckens fleiſſig erinnern / vnd ſein jmmer bluͤhendes gedechtnis bey ſich behalten koͤnnen. Welches ich jhnen auff vnterſchied - liches ſuchen vnd begeren zu weigern vnd abzuſchlagen nicht gewuſt hab: Sintemal ſie es alleſampt vmb mich vnd die mei - mgen wolverdienet / das ich jhnen in ſolchen vnd mehren zu wilfahren mich pflichtig befinde.
Bitte aber den Chriſtlichen Leſer / Er wolle hievon alſo vrtheilen / das / obs wol nicht in allen Stuͤcken getroffen / als es ein jeder begehren vnd haben wolte: So ſol der Menſch noch geboren werden / der ſein arbeit alſo an tag gebe / das es allen gefalle. Es iſt dennoch nach der Richtſchnur Goͤttli - ches Worts abgemeſſen / behawen vnd bebeilet / ſo viel GOtt gnade darzu verliehen. Wer nicht 5 Centner empfangen hat / wie kan der ſeim Herrn wider 5 Centner lieffern? Jch erkenneMatth. 25. mich fuͤr einen der geringſten Arbeitern im Hauſ&ſrj des HEr - ren / darumb ich auch gerne bey angewehneter einfalt bleibe. A iijWer[6]Wer daran nicht genuͤge tregt / der bringe aus ſeim / mit Kunſt vberladenen Gehirn etwas beſſers herfuͤr: vnd laſſe vn[t]er des dieſe geringe vnd einfeltige Leichpredigt denen / vmb welcher willen ſie am tag gegeben iſt / dedicirt vnd vbergeben bleiben.
Hie ſoltu / Chriſtlicher leſer / nicht auff den vberfluͤſſigen verborum ornatum, auch nicht auff die kuͤnſtliche materie diſpoſitionem ſehen / als / welche du hie nicht wirſt finden: Sondern vielmehr aus den Bruͤnnlein Jſraelis dieſe Guͤl - dene Kunſt lernen faſſen / wie du moͤgeſt Chriſtlich leben vnd ſeliglich ſterben. Denn wie Keyſer Fridericus III. wol ge - ſagt hat / ſol man darnach trachten / das man ein ſeligen Men - ſchen von dieſer Welt mitneme. Jſt das ende gut / ſo iſt alles gut. Omn[i]a tunc bona ſunt, clauſula quando bona eſt. Vnd: Omnis laus in fine canitur. Hiemit bekuͤmmert euch / O Chriſtliche Leſer / vntereinander. GOtt mit vns allen / Amen.
DEr Weiſe Kirchenlehrer Syrach am 7. Cap. do er die gleubigen Gotteskin - der zu allerley loͤblichen Tugenden ermanet / gibt vnter andern auch dieſe Lehr: Ja beweiſe auch den Todten deine Wolthat. Das iſt / wie es auffm rande wird erkleret: das man die Todten ſol ver - huͤllen vnd ehrlich begraben / vmb Gottes vnd der Aufferſtehung willen: Wie er dann ſolche mei - nung hernach im 38. Cap. ſelbſt erkleret / ſprechen - de: Mein Kind / wenn einer ſtirbt / 1. ſo beweine jn / vnd klage jn / als ſey dir gros leid geſchehen / 2. vnd verhuͤlle jhn gebuͤrlicher weiſe / 3. vnd beſtatte jhn ehrlicher weiſe zum Grabe. Dis iſt eine feine lehr / Denn weil alles was aus der Erden koͤmpt / widerSyra. 41. mus zur Erden werden / ſo iſt jm nichts beſſers / alsGen. 3. das er nach ſeinem abſchied der Erden / die vnſer al - ler Mutter iſt / wider vberantwortet werde. Syr. 40.
Wenn aber der Menſch allhie dis Lazareth geſegnet / ſo ligt er danider / hat alle viere von ſich geſtreckt / Hic neq́; pes neq́; mens ſuum facere po - teſt officium. Do iſts billich / recht vnd Chriſtlich / ja es iſt loͤblich vnd fein / das die lebendigen vndvberblie -[8]vberbliebene ſich ſolches erſtarreten Coͤrpers aus Chriſtlicher liebe vnd condolentz annemen / ſich da - hin bearbeiten / das er ehrlich zur Erd gebracht / vnd dem Todten die gebuͤrliche Wolthat bewieſen wer -Tob. 1. 2. de: Jnmaſſen es dann vom alten Thobia trefflich geruͤhmet wird / das er die Todten begraben / mit groſſer Leibes gefahr.
So thun wir demnach auch Chriſtlich vnnd wol / die wir in dieſer gegenwart verſamlet ſein / dem gegenwertigen todten Coͤrper / des weiland Edlen / Geſtrengen vnd Ehrnveſten Henning von Zerni - ckow auff Schoͤnermarck / Canto vnd Carwe Erb - geſeſſen / welcher den montag nach Eſto mihi / war der 7. Martij / zwiſchen 8. vnd 9. vhr vor mittag mit tode verbliechen / auch die letzte wolthat zuerzet - gen / jn ehrlich zur Erden zu beſtatten / vnd zu ſei - nem Ruhekemmerlein zubeleiten. Hie iſts beſſer /Eccleſ. 7. in das Klaghaus zu gehen / denn in das Trinck - haus / in jenem iſt das ende aller Menſchen / vnd der lebendige nimpts zu hertzen.
Das wir aber die zuſammenkunfft in dieſem heutigen Klaghauſe wol anwenden moͤgen / als muͤſſen wir bedencken / das neben dem / das wir die - ſem vnſerm ſeligen Junckern vnnd in Gott ruhen - den mit bruder ſeine letzte ehr wollen erzeigen / wir auch den leidetregern troͤſtlich ſein / vns ſelbſt aber in guter acht nemen / vnd zu vnſer ſeligen hinnefart vns ſchicken lernen. Welches alles ohne GOttesWort /[9]Wort / die Geiſt vnd leben ſein / en Chriſti huͤlff / ohnIoh. 6. 11. welchen wir nichts vermoͤgen / vnd ohn des H. Gei - ſtes beyſtand / ſine cujus numine, nihil eſt in homi - ne, ohn welches erleuchtung nichts fruchtbarlich vnd nuͤtzlich iſt / verrichtet werden kan. Druͤmb wollen wir den Vater aller gnad vnd des troſts im Namen Jeſu Chriſti vmb ſeines werden H. Gei - ſtes huͤlff erſuchen / vnd von grund vnſers hertzens ein gleubiges andechtiges Vater vnſer beten.
WEnn wir / L. a. vnd auserwelte im HERRN Chriſto / in der Heyden Buͤ - cher hin vnd wider leſen / oder auch referiren vnd erwehnen hoͤren / wie ſie vom Edelſten ge - ſchoͤpff vnd Creatur GOttes dem Menſchen geſchrieben haben das es mit jhme gar ein elend ding ſey auff dieſer Welt / das auch Menander kleglich genug davon geſagt hat:
Non eſt vitam invenire absq́; triſtitia in aliquo. BDer[10]Der Menſch iſt hie zu finden ſchwer /Der gar on forg vnd vngluͤck wer.
lib. 7. Vnd Plinius den Mund darvon gar voll nimpt / ſagende:
Cum hommem dixeris, omnes miſerias dixeris.Wo du ein Menſchen nennen thuſt /So nenneſt all elend vnd vnluſt.
So beduͤnckt vns vnſerm Credo nach / es ſey dem Faß ſchier der boden gar ausgeſtoſſen: Sintemal das leben an jm ſelbſt je natuͤrlich vnd lieb: vnd do gleich einer oder mehr mit elend bis auff die bloſſe haut bekleidet / ja jhr Hauß vnd HoffPſ. 127. 80. zu kummer ſtehend haben / vnd jr panem doloris & lachry - marum, jhr trawr / ſorge vnd threnen Brod beiſſen muͤſſen: So finde man hinwider andere dargegen welche zur Roſen - burg in dem kuͤlen Meye ſich erluͤſtigen / die gute tage vnd ge -Syrac. 41. nug haben / on ſorge leben / vnd denen es wolgehet in allen din - gen / vnd wol eſſen moͤgen. Ja welcher jre Kammern voll ſein / die heraus geben koͤnnen einen vorraht nach dem andern / daPſal. 44. jr Schafe tragẽ tauſend / vñ hundert tauſent auff jren Doͤrf - fern / da jr Ochſen viel arbeiten / dz kein ſchade / kein verluſt noch klage auff jren Gaſſen ſey: Eja: Beatum dixerunt popu - lum, cui hæc ſunt: Wol dem Volck / dem es alſo gehet.
Pſal. 119. Do wir aber auffſtecken die rechte Lucernam des Worts GOttes / vnd den handel bey liechter klarer Sonnen beſcha -cap. 40. wen / ſo wird ſichs finden / das dennoch war ſey / was Syrach ſagt: Es iſt ein elend jemmerlich ding vmb aller Menſchen le - ben / von Mutterleib an / bis ſie in die Erden begraben werden / die vnſer aller Mutter iſt / do iſt jmmer ſorge / furcht / hoffnung / vnd zu letzt der Tod / ſo wol bey dem / der in hohen Ehren ſitzt / als bey dem geringſten auff Erden / ſo wol bey dem / der Sey - den vnd Krohn tregt / als bey dem / der einen groben Kittel an hat.
Denn erſtlich beſihe / Vitæ noſtræ ingreſſum in hunc mundum, den eingang vnſers lebens in dieſe Welt / ſo kom -men[11]men wir darein / nudi ab utero, nacket vnd blos von Mut -Iob 1. terleibe / vnd haben nichts mit auff dieſe Welt gebracht / Flen -1. Tim. 6. tes naſcimur, utpote vallem lachrymarum ingreſsi,Bernhard. Weinende gruͤſſen wir dieſe Welt / darumb das wir in das rechte Trawerthal eintretten / wenn wir geboren werden.
Beſihe fuͤrs ander / Progreſſum, vnſern Durchgang / lauff vnd wandel auff dieſer Welt / ſo iſts je jmmer ſorg / gram /Pſal. 90. furcht etc vnd wenn vnſer leben ſchon koͤſtlich iſt geweſen / ſo iſts muͤhe vnd arbeit geweſen. Es iſt alles thun ſo vol muͤhe /Eccleſ. 1. das niemand ausreden kan. Wie vns hievon ein klares zeug - nis gibt der Patriarch Jacob / der fuͤrm Koͤnige Pharao in E - gypten ſtehend / bekennet: Die zeit meiner walfart iſt 130 Jar / wenig vnd boͤſe iſt die zeit meines lebens. Gen. 47.
Dis mus auch wol verſtanden haben Democritus Philoſophus, dem der Koͤnig Artaxerxes lies zuentbieten / er wolte jhm doch ſein verſtorbenes Gemal / ſo er ſehr lieb gehabt / wider lebendig machen. Der merckte des Koͤnigs thoͤrlichs be - gehren / wolt jn dannoch nicht ſo bald fuͤrn kopff ſtoſſen / mi[t]einer abſchlegigen antwort / beſondern lies jhm hinwider an - melden / wofern er jm koͤndt verſchaffen / die remedia / ſo er hier - zu beduͤrffte wolte er ſehen / wie er jhm thete / vnd begerte dem - nach / man ſolt jhm ſchicken 30 Maͤnner / ſo alle 30 Jahr er - reichet / vnd doch kein Creutz vnd vngluͤck erfahren hetten / de - rer Namen wolt er auffs Grab ſchreiben / ſo wuͤrde ſie wider lebendig werden. Der Koͤnig aber kundte ſie nicht finden / welches der Philoſophus zuvor wol wuſte / vnd wolt jm hie - mit eine freundliche erinnerung gegeben haben / es were kein Menſch auff dieſer Welt on gram / hertzleid vnd ſorge. Sum - ma ſummarum: Weil wir in dieſer Huͤtten ſein iſt nur elend truͤbſal vnd pein / bey dir HErr / die frewd erwarten.
Sihe an fuͤrs Dritte Egreſſum, vnſers lebens ausgang / ſo heiſts ad ultimum mors, Wenn der Menſch ſich in dieſerB ijWelt[12]Welt lang genug gekummelt / durch ſorge / furcht / angſt / ſich hindurch gebrochen / ſo ſtehet zu letzt da der Menſchen fraß /Bernhard. der bleiche Todt / welcher iſt & ſrj; enibus in januis, juvenibus in inſidijs, den alten war et er auff den dienſt hinter der thuͤr / der jungen rohten Welt mit liſt vnd geſchwindigkeit / Sinte -Ebr. 9. mal dem Menſchen iſt einmal geſetzt zu ſterben. Naſcentes morimur, finisq́; ab origine pendet. Ja wie Gregoriuslib 23. mo - ral. wol recht geſagt: Quot dies vitæ peragimus, tot patsi - bus ad mortẽ properamus, Wieviel wir tag vnſers lebens zubringen / ſo viel ſchritt gehen vnd eilen wir neher zum Tode.
Vnd fuͤrs Vierde / ſo iſt hierin niemand Except oder Exlex: Hie mus an dieſen Reyen Herr vnd Knecht / KoͤnigSap. 7. vnd Bettler / der Seiden vnd Krohn tregt / ſo wol als der ein groben Kittel an hat. Nemo enim ex Regibus aliud ha - buit nativitatis initium. Vnus ergo introitus eſt omni - bus ad vitam, & ſimilis exitus. Denn es hat kein Koͤnig einen andern anfang ſeiner Geburt / Sondern ſie haben all einerley eingang in das leben / vnd gleichen ausgang.
Pallida mors æquo pulſat pede pauperum tabernas, Regumq́; turres.Der ſcheuſslich Todt ſpricht tapffer an /Den Reichen vnd den Armen Mann /Er ſchleicht ins Koͤnigs Pallaſt nein /So dratt als ins Hirtenheuſslein.
1. Reg. 2. Do mus Koͤnig David entſchlaffen mit ſeinen Vaͤtern /1. Reg. 11. Salomon mus entſchlaffen mit ſeinen Vaͤtern ſo wol als jhrGeneſ. 5. Diener. Der Alte neun hundert vnd neun vnd ſechzig Jaͤ -2. Sam. 12. rige Mathuſalem mus ſo wol dran / als Koͤnig Davids Soͤn - lein in der Wiegen. Die Ertzmutter Sara / welche mit demGen 17. Namen vnd mit der That heiſt Domina & libera, die rech -Galat. 3. te Domina im Kloſter vnd die Freye / mus eben ſo wol ſter -Geneſ. 23. ben / als jre Magd die Hagar.
Vnd[13]Vnd alſo gehets noch in der Welt / denn es iſt der alte Bund / du muſt ſterben / vnd dis iſt alſo vom HERRN ge -Syr. 14. 41. ordnet / vber alles Fleiſch / beyde derer die vor dir geweſen ſind / vnd nach dir kommen werden. Welchs wir in heutiger erfa - rung haben / Denn in Meckelnburg verſchonet der Todt des Hochloͤblichen Fuͤrſten vnd Herrn / Hertzogen Vlrichs (hoch - loͤblicher gedechtnis) der morgen nach GOttes willen auch wird an ſeinen ohrt zu ſeim Ruhekaͤmmerlein hinfurirt wer - den / ſo wenig / als ſeines getrewen Vnterſaſſens / Caſpar von Flotow ſeligen / der vor 9 tagen auch zur ruhe bracht worden: vnd von dieſem Hauſe zu Schoͤnermarck ſeine ſelige Ehewir - ein gehabt.
Bey vns zu Granſoy wuͤrget der Todt den wolver - dienten / vnd vielen Adeliehen Perſonen bekandten / Herrn B. Michael Stoppeln (ſeligen) der vor 12 tagen zu ſeinen Vaͤt - tern verſamlet iſt / ſo bald / als den krancken ſiechen Schmiede - knecht am Thore.
Hie in dieſer Leichbegengnis haben wir fuͤr vns / nicht einen aus den Vnterthanen dieſes Dorffs / ſondern den wei - land Edlen Geſtrengen vnd Ehrnveſten Henning von Zer - nicko / ſeligen / den Gott auch nach ſeinem allweiſen raht von dieſer Welt abdancken laſſen / vnd mus nun ſeine Weltliche Regirung einem andern vbergeben.
Das heiſt recht / vnſer Eingang / Durchgang vnd Aus - gang dieſes Lebens iſt voller elend / wir muͤſſen alle an dieſen Reyen. Die ſo dem verſtorbenem Coͤrper angehoͤren / tantzen traun auch jetzo nicht im Roſengarten / jhre augen flieſſen von heiſſen trehnen / jhre gedancken ſind mit ſorge vnd gram vber - heuffet / jhre hertzen ſind mit wehe vnd angſt beklemmet / welche der Gott des Troſts wider troͤſten wolle / Amen.
B iijWenn[14]Auſoniue de vita humana. Optima Grajorum ſententia, quippe ho - mini, ajũt. Non naſci eſſe bonum natum aut citò morte potiri. Wenn nun die Heyden ſolch elend des Menſchlichen lebens erwogen / ſo haben ſie geſagt: Bonum eſſe non na - ſci hominem, aut natum cito mori. Es ſey gut / das der Menſch nur nicht geboren werde / oder do er je geboren ſey / dz er nur bald wider ſterbe.
Vnd dieſe harte klage koͤmpt daher / das ſie ſind gewe - ſen ἄθεοι / ohn Gott in dieſer Welt / die vom rechten funda - ment nichts gewuſt. Wir Chriſten aber ſollen nicht trawrig ſein / wie die andern / die keine hoffnung haben. Denn was dz elend vnd jammer dieſes lebens belanget / ſo mus doch denen die Gott lieben / alle ding zum beſten dienen. Ja vnſer2. Cor. 4. truͤbſal die zeitlich vnd leichte iſt / ſchaffet eine ewige vnd vber alle mas wichtige herrligkeit / vns / die wir nicht ſehen auff das ſichtbare / ſondern auff das vnſichtbare. Vnd wie Auguſtinus fein geſagt: Gott lieſſe nichts boͤſes kommen / wenn er nicht wuͤſte etwas beſſers daraus zu machen. Was den Todt be - treffen thut / ob wol Ariſtoteles ſagt: Mors eſt omnium ter -Pſal. 116. ribilium terribiliſsimum: So wiſſen wir dagegen: Pre - cioſa in conſpectu Domini, mors ſanctorum ejus. Der Todt ſeiner Heiligen iſt werth gehalten fuͤr dem HERRN. Darumb ſollen wir fein lernen die mittelſtraß gehen. Wel - ches geſchicht / wenn wir wiſſen vnd gleuben / das ob wir ſchon ſolchem elend vnd zeitlichen Tod vnterworffen ſein / wir den -Act. 14. noch nicht gar verzagen ſollen / ſondern vns geduͤltig drein er - geben / weil wir durch viel truͤbſal muͤſſen in das Reich Got - tes gehen. Oder wie vnſer abgeleſener Spruch lautet: Das vnſer keiner lebet jm ſelber / vnd keiner ſtirbet jm ſelber: Wir le - ben oder ſterben / ſo ſind wir des HErren. Denn dieſer ſpruch vns gleich als ein koͤſtlich guͤlden Recept iſt / alle Schwermuͤ - tigkeit / ſo aus betrachtung des Elends in dieſer Welt / vnd aus furcht des zeitlichen Todes entſtehet / damit zuuertreiben vnd auszuleſchen / alldieweil wir hier nicht vns ſelbſt / ſondern dem HERRN leben vnd ſterben. Vnd es gehe vns hie wiees[15]es jmmer koͤnne vnd woͤlle / wir leben oder ſterben / ſo ſind wir des HERRN. Dannenher wir mit S. Paulo ſchlieſſenRom. 8. koͤnnen: Das weder Todt noch Leben etc. noch keine andere Creatur mag vns ſcheiden von der liebe GOttes / die in Chri - ſto Jeſu iſt / vnſerm HERREN.
Vnd eben darumb / das vns dieſer Spruch fein vnter - richtet / wie wir im Leben vnd Sterben allwege auff GOTT ſehen muͤſſen / wo wir alles elend vberwinden / vnd des Todes furcht vertreiben wollen / iſt dis eine vrſach / dz wir jn tractiren vnd erkleren wollen.
Fuͤrs Ander auch darumb / das vnſer jetzo in GOtt ru - hender Mitbruder / Henning von Zernickow / ſeliger / den - ſelben auch in letzten Todeszuͤgen ſein beſten troſt ſein laſſen / damit er des Todes bitterkeit vberwunden.
Fuͤrs Dritte / weil es auch der nechſten Freundſchafft mit gefallen / ſie es auch befohlen haben / das dieſer Spruch bey kegenwertiger Leichbegengnis moͤchte gehandelt wer - den.
Vnd das wir denſelben ordentlich vnd richtig erwegen / auch wol vnd ſeliglich anwenden vnd gebrauchen moͤgen / ſol dis ſein vnſer einiges Lehr ſtuͤck vnd
WJr wollen aus S. Pauli Mund anhoͤren: Wie wir in dieſem Threnenthal vnd Trawerſaal vnſer Leben vnd Sterben recht anſehen / vnd richtig anſtellen ſollen / damit wir alles elend dieſer Welt vnd furcht des Todes getroſt vnd freidig vberwinden koͤnnen.
Wenn[16]Wenn dis Stuͤck geendiget: Sol fuͤrs ander auch vom Leben vnd Sterben vnſers gegenwertigen in Gott ruhenden Junckern ſeligen / meldung geſchehen.
Jeſus Chriſtus wol mir Mund vnd Weißheit geben / euch Hertzen vnd Ohren eroͤffnen / das ſolches zu ſeines Na - mens ruhm vnd vnſer aller ſeligkeit gereichen muͤge.
CHriſtlich leben vnd ſeliglich ſterben / iſt eine noͤtige vnd nuͤtzliche / aber ein ſehr ſchwere vnnd ſaure Kunſt zu lernen / die auch kein Menſch auff dieſer Welt nimmermehr aus kan ſtudiren / vnd wenn auch einer alle Buͤ - cher der Philoſophorum ausſtudirte / wuͤrde er dieſe Kunſt nit darinnen finden. Sintemal den Heyden / ſo die rechten Bruͤnlein Jſraelis nicht haben / ſolch Stuͤck gar vnbekandt vnd verſchwiegen. Denn ob wol Ariſtoteles / Plato / vnd ande - re ſummi Philoſophi jhre Ethica vnd Moralia mit vielen Wortẽ gefaſſet / ſo ſinds doch nur umbræ vitæ vere Chri - ſtianæ, ſchatten eines rechten Chriſtlichen lebens / vom ſeli - gen ſterben wiſſen ſie gar nichts. Daher es koͤmpt / das wenn ſie vom todt vnd abſterben des Menſchen reden / machen ſies ſo gar abſchewlich / das eim die haar druͤber zu berge ſtehen moͤchten vnd viel mehr ſchrecken als troſt wircket. Wer aber in der H. Schrifft nachforſchet / dorin findet er dieſe guͤldene Kunſt / wie er allhie wol lebe vnd ſeliglich ſcheide / das er das en -1. Pet. 1. de des Glaubens davon bringe / nemlich der Seelen ſeligkeit /Joh. 5. wie Chriſtus dauon redet: Suchet in der ſchrifft / denn jr mei - net jhr habt das ewige leben drinnen.
Die H. Schrifft iſt das ewige Compaß / darnach wir hie die ſegel auffſpannen muͤſſen / wo wir anders gluͤcklich ſchif - fen / dem gefehrlichen Syrten entfliehen / vnd an gewuͤndſch -Deut. 5. ten vfer fridlich anzulenden gedencken. Hæc eſt via, ambu -Eſa. 30. laté[a]n ea, diß iſt der weg / denſelbigen gehet / ſonſt weder zur rechten noch zur lincken.
Vnter andern aber / ſo vns hierin die Mittelſtraß zei - gen / iſt auch vnſer Spruͤchlein ſehr koͤſtlich vnnd annemlich / welcher angehet / nicht denen / ſo da ſind vnd leben extra Ec - cleſiam, ſondern die da ſind rechte gliedmaſſen der wahren Kirchen Gottes hie auff Erden. So lautet der Text:
Vnſer keiner lebet jhm ſelber?
Lieber wer ſind die Vnſer keiner / von denen oder mit welchen hie S. Paulus redet? Reſp. Nicht die VngleubigenEpheſ. 2. Heyden / welche waren ohn Gott in der Welt / frembde vnd auſſer der Buͤrgerſchafft Jſrael / vnd frembde von dem Teſta - ment der verheiſſung: Sondern es ſind die / welche ſind rechte vnd echte gliedmaſſen der Kirchen / durch Chriſti verdienſt der - ſelben einverleibet / die im wahren glauben Chriſto anhangen / das Wort vnd die heiligen Sacramenten haben / wie zu Pau - li zeiten die bekerten der Gemeine zu Rom waren. Denn de - nen gibt er macht Gottes Kinder zu werden die an ſeinen Namen gleuben: Denen iſt er der Weg die Warheit vnnd das Leben / denen iſt er von Gott gemacht zur Weißheit / dasIoha. 1. 14. iſt / dieſelben lernen von jhm die rechte himliſche Weißheit1 Cor: 1. Chriſtlich zu leben vñ ſeliglich zuſterben. Vnd an dieſem kunſt - ſtuͤck iſt vns ſo viel gelegen / das / wer hie wol lebet / vnnd ſeelig - lich ſtirbt / wird dort wilkomen ſein. Wenn der Bawm fellet / er falle gegen Mittag / oder Mitternacht / auff welehen ort er fellet / da wird er ligen.
Was vnſer Leben betreffen thut / redet der Apoſtel dauon Negativè & affirmativè. Eccleſ: 11.
Negativè: Vnſer keiner lebet jm ſelber.
Affirmativè: Leben wir ſo leben wir dem HErrn.
Vnſer Leben Recht zu betrachten / ſo gehoͤren darzu drey Glied. 1. Ingreſſus. 2. Progreſſus. 3. Egreſſus, das wir Deutſch ſagen / 1. der Anfang. 2. Mittel. 3. vnd Ende. Wo - her haben wir diß alles? Nicht von vns ſelbſt / ſondern vomCHErrn /[18]HERRn / wie es auch ſummariter alſo beſchleuſt die Heilige Schrifft. Das Buch der Weisheit am 16. Cap.[ſchlieſſt] alſo; Du haſt gewalt vber leben vnnd Todt. Daher wit ſingen: Todt / Suͤnd / Teuffel / leben vnd gnad / alles in Henden er hat. David im 31. Pſalm: Dixi, Dominus meus es cu, in manibus tuis ſortes meæ. Jch ſprach / Du biſt mein Gott / meine zeit ſtehet in deinen Henden. Jm 27 Pſalm: Der HERR iſt meines lebens krafft. Daraus klar / wie die H. Schrifft in allewege dahin weiſet / das vnſer keiner jhm ſelber lebe / Sondern wir haben vnſer leben vom HErren / vnd wir leben auch nicht vns ſelber / ſondern dem HErrn.
Welches ſind die Menſchen / ſo nicht dem HErrn / ſondern jhnen ſelbſt leben? R.
Hoc opus, hic labor eſt. Hie gilts auffſehens vnd ler - nens. Alle Menſchen haben zwar jhr leben von Gott / ratio - ne creationis, was die erſchaffung belangen thut / die Vn - chriſten eben ſo wol als die Chriſten. Habent, inquam, o - mnes, ſed non agnoſcunt omnes. Sie habens zwar alle von Gott / aber ſie erkennens nicht alle / Vnd die / ſo es nicht recht erkennen / von denen ſagt hie der Apoſtel / die leben jhnen ſelber / Derer wollen wir eins theils erwehnen.
Viel Leute ſind / die mit der Epicuriſchen Rotte ſagen: Ohn gefer ſind wir geboren / das iſt / wir werden geboren ohnSap. 2. Gottes Verſehung vnnd Rahr. Pythagoras mit ſeiner Schul haben gelert / das die Menſchen jhr leben alſo bekom - men / do die Seelen aus einem Leib in den andern fahren. Welche meinung Epiphanius widerlegt / vnd ſie impiam & nefandam nennet. Andere meinen / Gott achte jetzt vnſer le - ben nicht mehr / ſitze vñ ſpiele im Himmel mit den H. Engeln / laſſe es die Menſchen auff Erden machen wie ſie wollen vnd koͤnnen / es ſtehe jhr leben vnd thun in jhren eigen Henden. Dieſe erkennen Gott nicht fuͤr den Schoͤpffer vnd Erhal - ter des lebens. Drumb ſo leben ſie auch nicht dem HERRn / ſondern jnen ſelber. Dieſe koͤnnen auch das vngluͤck vnd elenddieſes[19]dieſes lebens nit getroſt vberwinden / denn wenn ſie das leiden antritt / ſo gehets an ein klagen vnd zagen. Sie ſind geſetztPſal. 78. auff das ſchlipfferige / wie werden ſie ſo ploͤtzlich zu nichte / ſie gehen vnter / vnd nemen ein ende mit ſchrecken. Dieſe leben jm ſelbſt.
Viel Leute leben ohn ware erkentnis des rechten / wa - ren / lebendigen Gottes: Meinen wol es ſey kein Gott / wie der 14 vnd 53 Pſalm davon ſaget: Dixit inupiens in corde, non eſt Deus. Die Thoren ſprechen in jhren hertzen / es ſey kein Gott. Dieſe leben auch nicht dem HErrn / denn es ſind alle Menſchen natuͤrlich eitel / ſo von Gott nichts wiſſen. O -Sap. 13. der wie Hieronymus lehret / der Menſch iſt ein Belua ein wil - des Bieſt / der Gott ſeinen HErren nicht kennet. Dieſe leben auch jhm ſelbſt.
Andere leben ohn erkentnis des Goͤttlichen willens / denn von dem gneoigen willen Gottes / ſo im Evangelio ge - offenbahret / wie GOtt der Vater vmb ſeines lieben Sohns willen vns gnedig ſey vnſer Suͤnde vergebe / vns zu ſeine liebe Kinder vnd Himmelserben auff vnd anneme / wiſſen ſie gar nicht. Es iſt ſolche Predigt den Juͤden ein Ergernis / vnd den1. Cor. 1. Griechen eine Thorheit. Von Gottes willen / was er im Chriſtenthumb von vns wolle gethan vnd gelaſſen haben / wiſ - ſen ſie auch nichts. Denn ob wol des Geſetzes Werck beſchrie -Rom. 2. ben in jrem hertzen / ſo leben ſie doch nach iren eigenen Fleiſch - lichen luͤſten / ſie wollen vngeſtrafft ſein vnd leben nach jhremPſal. 2. ſinne / Vnd werffen von ſich deinen Raht / vnd was du lehreſt drinnen / Sie gehn nach jhres hertzen wahn / ein jederman auff ſeiner bahn / vnd laſſen jn nicht wehren. Sie ſprechen: WirPſal. 14. haben recht vnd macht allein / was wir ſetzen das gilt gemein / Wer iſt der vns ſol meiſtern? Was ſie reden / mus vom Him -Pſal. 73. mel herab geredt ſein / wann ſie ſagen / mas gelten auff Erden. Dieſe halten das fuͤr jhr beſtes leben / wan ſie nur thun moͤ - gen / was jhnen geluͤſtet. Daher ſie jhr Sprichwort haben / wenn ſie jhren willen nur haben / Hey das iſt vnſer leben. C ijWie[20]Wie dis an den beyden Reichen im Luca zu erſehen / weil esCap. 12. 16. jnen nur geht nach jren luͤſten / ſo halten ſie das fuͤr jr beſtes le - ben. Solche Leut leben auch nicht dem HErrn / ſondern jnen ſelber: Denn ſie lieben die Welt / vnd was in der Welt iſt. So jemand die Welt lieb hat / in dem iſt nicht die liebe des Vaters /1. Iohan. 2. Denn alles was in der Welt iſt / (nemlich des Fleiſches luſt / Augenluſt vnd hoffertiges leben) iſt nicht vom Vater / ſondern von der Welt vnd die Welt vergehet mit jrer luſt. Sie nemenRom. 8. aber auch ein boͤſe final nach dem Außſpruch des Apoſtels: Wo jhr nach dem Fleiſch lebet / ſo werdet jr ſterben muͤſſen. Galat. 5. Vnd die ſolchs thun / werden das Reich Gottes nicht ererben.
Andere leben auch ohne Liebe des Neheſten / dienen Niemand denn nur ſich ſelbſt / ſagen:
Proximus ſum ego - met mihi. Jch bin mir ſelbſt der Neheſte. Dilige ſic alios, ut ſis tibi charus amicus.Sich das du alſo andre libſt /Das du dir ſelbſt der Neheſte bleibſt.
Von denen ſagt man auch: Er iſt nur ein Menſch fuͤr ſich ſelbſt / Er lebt nur fuͤr ſich. Hos tu Germane caveto, Denn die alſo leben / ſind erger denn ein vnuernuͤnfftig Thier / welches ſich ſeines gleichens annimpt wenn es leidet.
Andere leben in Freſſen / ſauffen / vnnd wolluſt dieſerPhilip. 3. Welt / darin weiden ſie ſich wie die Laus imGrinde. Quorum Deus venter eſt, denen der Bauch jhr Gott iſt. Sagen mit jenem Cyelopiſchem gehirne:
Victimas uni Deorum maximo, Ventri offero, Deos ignoro cæteros.Kein groͤſſer Gott zu finden iſt /Den ich hoͤher zu lieben wuͤſt /Als meinen Bauch / dem thu ich ehr /Mit opffern / vnd ſonſt keinem mehr.
Vnd halten mit der Sardanapaliſchen Saw dis fuͤr jhrbeſtes,[21]beſtes leben. Dieſe alle gehoͤren zu der Rotte / die nicht Gotte / ſondern dem Teuffel vnd jhnen ſelbſt leben / fuͤr Gott aber le - bendig todt ſein. Denn eben wie S. Paulus von der Wit -1. Tim. 5. wen ſagt: Welche in wolluͤſten lebt / die iſt lebendig todt: Alſo mag man billich ſagen von denen / ſo in wolluͤſten leben / das ſie fuͤr Gott lebendig todt ſein.
Vos autem non ſic: Jhr Gotteskinder nicht alſo. Sondern: Leben wir / ſo leben wir dem HERREN.
Dis iſt nu ſententia affirmativa, Weil wir ja nicht vns ſelber leben / ſo fragt ſichs nicht vnbillich: Wem denn? Antwort: Dem HERREN. Ja welchem Herren? R. Nicht dem Tuͤrckiſchen Keyſer / auch nit dem Herrn in Prie - ſter Johans Land: Sondern dem HERREN / der do heiſſet / Dominus Dominantium, qui ſolus habet im -1. Tim. 6. mortalitatem; der HERR aller Herren / der allein hatRom. 9. vnſterbligkeit / der do iſt Gott vber alles / gelobet in ewigkeit / der in ſeinem Wort ſelbſt ſpricht: Ego Dominus, & nonEſa. 45. 44. 41. 66. eſt amplius, extra me non eſt Deus, Jch bin der HERr / vnd ſonſt keiner mehr / kein Gott iſt ohn mich. Jch bin der Er - ſte vnd der Letzte. Jch bin der HERR der alles thut. Der Himmel iſt mein Stuel / vnd die Erde mein Fußbanck. Von welchem David ſpricht: Domini eſt terra, & omnis ple -Pſal. 24. nitudo ejus. Die Erde iſt des HERRN / vnd was drin - nen iſt. Der dieſe Ehre auch keinem andern wil geben. EbenEſa. 42. 48 dieſem HERREN leben wir Chriſten alleine.
Lieber wie leben wir denn dieſem HErrn? R:
Die Kinder Gottes leben dieſem jhrem HERRn alſo:
Deum. vitæ noſtræ autorem Dominum & con - ſervatorem agnoſcendo. Das wir Gott als einen An - fenger / HERREN / vnd Erhaltern vnſers lebens erkennen / Laut des erſten Artickels vnſers Chriſtlichen Glaubens / Jch gleube das mich Gott erſchaffen hat / ſampt allen Creaturen / mir Leib vnd Seel / Augen vnd Ohren etc. Vernunfft vndC iijalle[22]alle Sinne gegeben hat / vnd noch erhelt. Denn wer dem HERren wil leben der mus hie wiſſen / 1. Das er vrſpruͤng - lich ſein leben von Gott hat / den hat Adam erſtmals aus eim[G]en. 2. Erdenkloß erſch[la]fen / vnd ein lebendigen Odem in ſeine Na - ſen geblaſen /[Et]factus eſt homo in animam viventem, Vnd alſo ward der Menſch ein lebendige Seele. Der iſt nochEſa. 44. formator noſter ex utero, der vns von Mutterleibe hat zubereitet / Welchem wir ruͤhmlich nachſagen muͤſſen: Auff dich bin ich geworffen aus Mutterleibe / Du biſt mein GOtt /Pſal. 22. von meiner Mutterleibe an / Denn du haſt mich aus meiner Mutterleibe gezogen / Du wareſt meine zuverſicht / da ich noch an meiner Mutter Bruͤſten war.
Alſo lebt dem HERREN der geduͤldige Job / doIob. 10. er dis auch erkennet vnd bekennet / ſprechende: Du HERr / haſt mir Haut vnd Fleiſch angezogen / mit Beinen vñ Adern haſtu mich zuſammen gefuͤgt / Leben vnd Wolthat haſtu anact. 17. mir gethan. 2. Das der auch vnſer leben noch erhelt / wie S. Paul bekennet: In ipſo enim vivimus, movemur &Pſal. 34. ſumus. Jn jhm leben / weben vnnd ſein wir. Er bewahretIob. 10. alle anſere Gebeine das der nicht eins zerbrochen wird. Hie muͤſſen wir auch mit Job ſagen: Dein auffſehen bewahret meinen Odem.
In Deum credendo: Das wir an GOTT / die - ſen vnſern Schoͤpffer / HERRN vnnd erhaltern vnſersPſal 51. lebens / auch gleuben nach ſeinem Wort. Dis geſchicht:Eph. 2. Wenn wir wiſſen / das wir zwar alle in Suͤnden empfangenRom. 8. vnd geboren / vnd von Natur ſein Kinder des zorns / vnter dieIoh. 3. Suͤnde verkaufft / Fleiſch vom Fleiſch gebohren. Aber wirEph. 2. gleuben / das GOTT der Vater reich von Barmhertzigkeit / durch ſeine groſſe liebe / damit er vns geliebet hat / da wir TodtIoh. 14. 1 10. waren in ſuͤnden hat er vns ſampt Chriſto lebendig gemacht. Alſo / das nunmehr Chriſtus iſt vnſer Leben / in welchem iſt das leben / der darzu kom̃en iſt / das wir leben vnd volle gnuͤge haben ſollen. Er gibt ſeinen Schaffen das leben. Vnd disleben[23]leben hat er vns durch ſeinen Todt erworben. Alſo lebt S. Paulus auch dem HERREN / do er ſich troͤſtlich erma -Philip. 1. net: Chriſtus iſt mein leben. Jch lebe aber / doch nu nicht ich /Galat. 2. ſondern Chriſtus lebet in mir.
Wer alſo lebet / der lebet auch dem HERRN. DennSapien. 15. dich O HERR kennen / iſt die conſummata juſticia, eine vollkommene Gerechtigkeit / vnd deine Macht wiſſen / iſt eine Wurtzel des Ewigen lebens. Wer Chriſtum recht er - kennet / der hat auch das rechte leben / denn er hat Wort des le - bens Vnd er ſelbſt ſagt zu ſeinem Himliſchen Vater Gebets -Ioh. 6. 17. weiſe. Das iſt aber das Ewige leben / das ſie dich / das du al - lein warer Gott biſt vnd den du geſand haſt / Jeſum Chriſtum erkennen. Domine ſic vivitur, & in talibus vita ſpiritusEſa. 38. mei. HERR / davon lebt man / vnd das leben meines Geiſtes ſtehet gar in denſelbigen.
Hunc Dominum devotè colendo: Das der menſch dieſen Gott auch jnniglich ehre / das iſt / das er jhm auch nach ſeinem willen / gebott / vnd gefallen zu ehren lebe. Wie er ſelbſt befohlen hat: In præceptis meis ambulate, Nach mei -Ezech. 20. nen Geboten ſolt jhr leben / wie vns dis der ander Artickel vn - ſers Chriſtlichen Glaubens lehret: Dz Chriſtus vns darumb erloͤſet / auff das wir ſein eigen ſein / vnd in ſeinem Reich vnter jhm leben / jhm dienen / in Heiligkeit vnd Gerechtigkeit. DennTit. 2. darumb hat ſich Chriſtus ſelbſt fuͤr vns geben / auff das er vns erloͤſete von aller Vngerechtigkeit / vnd reiniget jhm ſelbſt ein Volck zum eigenthumb / das fleiſſig were zu guten Wercken /Eph. 2. wir ſind ſein Werck / erſchaffen in Chriſto Jeſu zu guten Wercken.
Wir ſind Zweige ſeiner pflantzung / vnd Werck ſeinerEſa. 60. Hende zum preiß / das iſt / das wir jn preiſen / auch mit vnſern wandeln nach ſeinen Gebotten / do wir vnſer liecht laſſenMatth. 5. leuchten fuͤr den Leuten / das ſie vnſer gute Werck ſehen / vnd vnſern Vater im Himmel preiſen.
Wollen[24]Wollen wir nun dem HERRN leben / ſo muͤſſenDent. 6. wir jhm auch dienen / in Heiligkeit vnd Gerechtigkeit / die jhmLuc. 1. gefellig iſt. Nim hievon eine Gleichnis aus deiner Haußpoſtill: Wenn du Haußvater annimmeſt einen Knecht / gibſt jm lohn vnd Eſſen / ſo wiltu traun / das er dir lebe / das iſt / das er thue / was du von jhm gethan / vnd laſſen / was du von jhm gelaſſen wilt haben. Solteſtu nicht vielmehr vmbden - cken / das du auch alſo ſchuͤldig vnd pflichtig wereſt / dieſemPſal. 128. 1. HErrn nach ſeinem willen zu leben? Vnd wer alſo wandelt / der wandelt auff des HERREN weg / der tritt nicht auff den weg der Gottloſen / ſondern hat luſt am Geſetz des HEr - ren. Das iſt dem HErrn ein gefelliges leben.
Proximo deſerviendo, deinen Nechſten ſoltu lieben / das e[r]deiner genieſſen kan / Denn das haben auch die Heyden geſagt: Non ſolum nobis nati ſumus, ſed ortus noſtri partem patria vendicat, partem parentes, partem a - mici, Wir ſind nicht vns ſelbſt allein gebohren / ſondern wir gehen auch an zum theil vnſern Vaterlande / zum theil vnſern Eltern / zum theil vnſern Freunden. Wollen wir nun demLev. 19. HERREN leben / ſo muͤſſen wir auch vnſerm NeheſtenMatth. 22. dienen / aus wahrer Chriſtlicher liebe / wie es GOtt im Alten Teſtament gar ernſtlich befolen / vnd der Sohn Gottes es im Newen Teſtament widerholet: Du ſolt deinen Nechſten lie - ben als dich ſelbſt. Lieben heiſt vnſerm Nechſten dienen / mitCap. 5. huͤlff vnd raht / wie S. Paulus zun Galatern ſpricht: Durch die liebe diene einer dem andern. Nun iſts fein von dem al - ten Vater Auguſtino geſagt: Vnſer leben ſol eitel liebe ſein / Daraus folget / das / wer ſeinen Nechſten nicht liebet / der lebet nicht dem HERREN / wie auch 1. Joh. 3. geſagt wird: Wer ſeinen Bruder nicht liebet / der bleibet im Tode. Das kan ein jeder aus ſeinem Haußregiment mercken / wo ein Hauß - Vater hat einẽ getrewẽ Diener / der dem andern Geſind vnd Kindern gern hilfft / da gefelt jm ſolch leben wol / er ſihets ger - ne. Alſo wil es Gott auch haben / das wir jhm alſo leben / daseiner[25]einer helffe des andern laſt tragen / ſo werden wir das GeſetzGal. [8] Chriſti erfuͤllen.
Crucem patienter ferendo. Das wir auch das Creutz geduͤltig tragen das iſt / das wir vnſern willen in Got - tes willen ergeben / jhm in gedult aushalten / wie ers mit vns vnd vnſerm leben mache / wie Chriſtus ſelbſt vermanet: FaſſetLuc. 21. ewre Seele mit gedult. Jm Johanne ſagt er: Wer mir die -cap. 12. nen wil / der folge mir nach. Nu geht aber vnſer HERR Chriſtus vns fuͤr auch im Creutz vnd leiden / hierin muͤſſen wir jm auch folgen. Vnd dis heiſt dann dem HErrn leben / ſich Gottes weiſe vnd Regiment gefallen laſſen / jm gerne folgen. Wer jm aber folget / zu dem ſpricht er: Wer mir folgen wil /Matth. 16. der verleugne ſich ſelbſt / vnd neme ſein Creutz auff ſich / vñ fol -Marc. 8. ge mir. Denn wer ſein leben erhalten wil / der wirds verlieren / wer aber ſein leben verleuret vmb meinet willen / der wirds finden. Wer alſo dem HErrn folgt / der iſt wol zu frieden / wie es Gott mit jm mache / er ſpricht: Tu es Domine, qui ha -Sap. 16. bes vitæ & mortis poteſtatem: Du HErr haſt gewalt / beyde vber leben vnd vber Todt / vnd du fuͤhreſt hinunter zur Hellen Pforten / vnd fuͤhreſt wider heraus. Wolan / der HErrPſal. 118. zuͤchtiget mich wol / aber er gibt mich dem Tode nicht.
Dis vnd dergleichen heiſt dem HErrn leben / vnd wieviel nach dieſer Regel einher gehen / vber die ſey friede vnd barm -Galat. 6. hertzigkeit / vnd vber den Jſrael Gottes. Wer alſo dem HEr - ren lebt / der ſchwebt vnter ſeines hertzen ſchutz / der kan durch beyſtand vnd huͤlff des HErrn alle widerwertigkeit vnd elend dieſer Welt getroſt vberwinden.
Ob nun jemand wolt fragen / worumb er dis ſo eben wiſſen muͤſſe / dem ſey hiemit geantwortet / das es vns zu viel ſachen dienſtlich.
DDenn[26]〈…〉〈…〉Doctrina. Lehr.Denn einmal vnd vors erſte / dienets vns ad doctri - nam noſtram, vns zur lehr / das wir Menſchen ſollen Gott danckbar ſein / pro donatione & conſervatione vitæ, das iſt / das Gott vns vnſer leben gibt vnd erhelt. Wer bey ei - ner ſachẽ dz beſte thut / dem ſol mans je billich hoͤchlich danckẽ /Tob. 12. wie Tobias dem Engel thet / ſo ſein leben auch aus Todes ge - fahr auff der Reiſe errettet. Nun hat Gott / wie vorgeſagt / bey vnſerm leben auch je das beſte gethan / vnd thuts noch teg - lich / alſo / das / wie er von ſeinem wolgepflantztem WeinbergeEſa. 5. ſagt: Quid ultra debui facere vineæ: Er auch zu vns ſagen moͤcht: Was ſol ich euch vnd ewrem leben mehr thun /Gen. 2. als ich gethan hab? Er hat je vns anfenglich erſchaffen zuEph. 2. ſeinem Ebenbild: Nach dem fall / do wir Tod waren in Suͤn - den / hat er vns ſampt Chriſto lebendig gemacht. Durch jhm iſt vns gegeben die Seel / geſchenckt das leben. Summa / ſei -Pſalm. 139 ner Wolthaten ſein ſo viel. Wie iſt jhr ſo eine groſſe Sum - ma? Solt ich ſie zehlen / ſo wuͤrde jhr mehr ſein / denn des Sandes.
Drumb lieber Menſch lerne hie dem HERRen dei - nem Schoͤpffer hiefuͤr dancken / ſo lebeſtu dem HErrn / vnd huͤt dich fuͤr dem vndanckbaren hauffen / die es alſo machen /Deut. 32. das Moſes mit ſeufftzen vber ſie klagen mus / Danckeſtu alſo dem HErren deinem Gott / du toll vnd toͤricht Volck? Von welchen der alte Pater S. Auguſtinus auch ſagt: luſte di - cet Dominus peccatori: Qui ultra debui facere tibi, & non feci? Non eras, & creavite: peccaſti & Dia - boli ſervum te feceras, & redemi te: in mundo circui - ſti, cum impijs currebas, & elegi te: Dedi tibi gratiam in conſpectu meo, & volui apud te facere manſionem, & deſpexiſti me. Billich wird der HERR dem Suͤn - der vnd vndanckbarn zu reden. Lieber ſage / was ſolt ich dir wol mehr thun / als ich gethan hab? Du wareſt noch nicht / vnd ich habe dich erſchaffen: Du haſt geſuͤndiget / vnd dichzum[27]zum leibeigen Knecht des Teuffels gemacht / vnd ich habe dich erloͤſet: Du haſt in der Welt herumb gewallet / du lieffeſt mit dem Gottloſen / vnd ich habe dich erwehlet: Jch hab dir gnad gegeben fuͤr meinen angen / vnd bey dir wonung machen wol - len / vnd du haſt mich verſchmehet.
Wiltu nun gern / das ſolche klage vber dich nicht erge - he / ſo huͤt dich fuͤr vndanck / dancke Gott fuͤr das leben / das du von jm haſt.
Darnach vnd fuͤrs ande: dienets vns ad adhorta -2. Adhortatis Verma - nung. tionem zur vermanung: Das / weil wir nicht vns ſelber / ſondern dem HERREN leben / ſollen wir vermanet ſein / das wir vns in dieſes vnſers HERREN willigen vnd bil - lichen gehorſam ergeben: Vnd ſtehet nicht in vnſerm wilkuͤr vnſers gefallens zulebẽ / wie man vnter den Magnatẽ vñ hohẽ Heupter der Welt etliche findet / die do meinen: Quod libet licet, Was jhnen nur geluͤſte / das ſtehe jhnen auch frey zu thunde: Wer wolle es inen wehren? Wie Aehab mit ſeiner1. Reg. 21. Jeſabel ſich lieſſen beduͤncken / wenn ſie es nicht theten / ſo wuͤrde das Land ohn Koͤnig ſein / vnd doͤrffte jhnen niemand jres lebens halben einreden / vnd wenn er ſchon ſeinem Vnter - than Naboth ſein Erbgut mit gewalt neme / brecht jn auch vmbs leben / ſo hette ers gut fug. Vnd Keyſer Nero ſagt: Sic volo, ſic jubeo, ſit pro ratione voluntas, So wil ichs haben / ſo thue ichs heiſſen / Fragſtu vrſach / warumb? ſo antworte ich Es gefelt mir alſo. Dis iſt Vnchriſtlich: Gott iſt vnſers lebens HERR / wir ſeine Knechte / darumb muͤſſen wir auch ſeinem willen folgen zu leben. Hie heiſt es billich: Des Brod ich eſſe / des Lied ich ſinge. Ein Sohn ſol ſeinen Vater ehren / vnd ein Knecht ſeinen Herren / Bin ich nu Va - ter wo iſt meine Ehre? Bin ich HERR / wo fuͤrcht man mich? ſpricht Gott Malach. 1.
D ijHie[28]Hier ſollen ſich ſpiegeln / alle / die jhres willens in Suͤn -Pſal. 94. den leben / vnd meinen / es ſehe es niemand. Aber hoͤre / der HERR / dem wir leben / der ſihets. Der das Ohr gepflan - tzet hat / ſolt der nicht hoͤren? Der das Auge gemacht hat / ſolt der nicht ſehen? Denn auch finſternis nicht finſternis iſt bey dir / vnd die Nacht leuchtet wie der tag / finſternis iſt wie dasPſal. 139. liecht ſagt David. Die Augen des HERRN ſind viel hel -Syr. 23. ler denn die Sonne / vnd ſehen alles was die Menſchen thun /Symbol. A[th]anaſij. vnd ſchawen auch in die heimlichen winckel. Dieſem HEr - ren / der alles ſihet / muͤſſen wir rechenſchafft geben de factis proprijs, von allem das wir gethan haben. Drumb lebe alſo dem HERREN / als der dein wandel ſihet / vnd wie du hoffeſt / Wenn du auch dieſe Stunde fuͤr Gericht gefoddert wuͤrdeſt / dieſem HERREN rechenſchafft zu geben. Es heiſt hic:
Noli peccare, DEUS videt, Angeli aſtant, Diabolus accuſat, Mors minatur, Infernus cruciat.Leb nicht in Suͤnd / Gott ſihts gewiſs /Dein Engel bey vnd vmb dir iſt /Der Teuffel klagt dich an fuͤr Gott /Es drawet dich der ſchrecklich Todt /Die Hell quelt dich mit angſt vnd noht.
Ferner vnd fuͤrs Dritte / ſo dienets auch ad conſola -3. Cõſolatio. Troſt. tionem, zum Troſt. Leben wir dem HERREN / So ſtehets nicht in eines Menſchen gewalt / oder in des Teuffels macht / vnſer leben vns auffzukuͤndigen. Denn wenn es in ei - nes Menſchen gewalt ſtuͤnde / O wie bald wuͤrde er vns deſ - ſen berauben oder auffſagen: Aber es ſtehet in Gottes gewalt / ohn ſein vorwiſſen kan vns niemand etwas anhaben / wie derMatth. 10. Sohn Gottes ſpricht: Keuffet man nicht zwene Sperlinge vmb ein Pfennig? Doch felt derſelben keiner auff die Erden / on ewren Vater. Nu aber ſind auch ewre haar auff dem Heupt alle gezelet / darumb furchtet euch nicht / Jhr ſeyd beſſer denn viel Sperlinge.
Eſau[29]Eſau wolt ſeinem leiblichen Bruder auch das Leben auff -Geneſ: 27. kuͤndigen / vnd ſprach in ſeinem Hertzen: Es wird die zeit bald kommen / das mein Vater leide tragen mus / denn ich wil mei - nen Bruder Jacob erwuͤrgen. Aber Gott errettet jhn aus ſeiner hand / lies jhn ziehen zu ſeiner Mutter Bruder Laban in Haran / da war er ſicher fuͤr jhme. Deßgleichen hatte auch Laban im ſinne / da Jacob von jhm flohe: Aber Gott kam zuGeneſ. 31. Laban dem Syrer im Trawm des nachts / vnd ſprach zu jhm: Huͤte dich / das du mit Jacob nicht anders redeſt denn freund - lich. Jacobs des Ertzvaters Soͤne wolten jren Bruder Jo - ſeph auch das Leben nehmen / Aber Gott werets / vnd halff jhn aus jhren Henden. O wenns in Koͤnig Sauls Henden ge -Geneſ. 37. ſtanden / ſo hette traun Dauid nicht lange lauffen wuͤrden / er thet jm wol offt die loßkuͤndigung / wie 1. Samu. 19. 20. 21. 22. 23. 24. etc. zuſehen / Aber Gott errettet jhn aus ſeinen henden / dafuͤr er hernach Gotte ſo hoͤchlich dancket / das er ſein Leben vom verderben errettet. Pſal. 103.
Alſo auch / wenn es ins Teuffels gewalt ſtuͤnde / wuͤrde mancher nicht ein Augenblick ſeines lebens geſichert ſein / wie das Exempel Jobs ausweiſet / den wolt er auch toͤdten / AberIob: 2. er muſt nicht weiter / als jhm Gott verhenget vnd erleubete.
Darumb ergib dich in Gottes ſchutz / dem befihle dein Leben / Haſtu der Feinde viel / ſo kan dir doch niemand das Le - ben nehmen ohn Gottes erleubnis. Geſchichts aber / das ſie deines lebens mechtig werden / verzage dennoch nicht / ſprich: Nemen ſie vns den Leib / Gut / Ehr / Kind vnd Weib / las fah - ren dahin / ſie habens kein gewin / das Reich mus vns doch bleiben.
Hieneben vnd fuͤrs Vierdte / ſo dienets vns auch ad ad -4. Admonitio Erinne - rung. monitionem ſive commonefactionem zurErinnerung. Das ein Menſch im Creutz vnd Widerwertigkeit ſolle geduͤl - dig ſein. Denn weil wir dem HERRN leben / ſo hat ers auch macht mit vns zu machen nach ſeinem willen. Hie ſoltu ſpre -D iijchen:[30]chen: Jch hab mein ſach zu GOtt geſtelt / der wirds wol ma - chen wies jhm gefelt / Jhm thu ich mich ergeben.
Hie ſol ſich ein jder fein lernen in Gottes weiſe ſchicken / das er im Creutz nicht vngeduͤltig / ſondern geduͤltig ſey.
Faſſet ewer Seelen mit gedult / ſpricht der HErr Lucæ am 21. cap. denn der HErr fuͤhret ſeine Heiligen wunderlich /Pſalm. 5. Er hat ein ſolche weiſe / Ein jeglichen Sohn den er lieb hat /Prove. 3. zuͤchtiget er. Wirſtu aber gezuͤchtiget / ſo ſprich: Iram Do -Ebre. 12. mini portabo, quia peccavi ei. Jch wil des HErrn zornApoc. 3. tragen / denn ich habe wider jn geſuͤndiget. Er zuͤchtiget michMich. 7. wol / aber er gibt mich dem Tode nicht. Tentat nos affectuPſal. 118. medentis, non præmentis, ſagt Chryſoſtomus. Er ver - ſucht nicht der meinung / das er vns wolle gar vnterdrucken /1. Pet. 4. ſondern das er vns wolle helffen Darumb welche da leiden nach Gottes willen / die ſollen jhm jre Seel befehlen / als dem trewen Schoͤpffer in guten wercken. Wenn wir alſo geduͤltig im Creutz ſein / ſo gebrauchen wir dieſer Lehr auch recht. Koͤ - nig Dauid hatte auch viel leiden / Aber er liß jm Gottes weiſe gefallen / ſagte noch: Es iſt mir lieb / das du mich gedemuͤtigetPſal. 119. haſt / das ich deine Rechte lerne. Job hatte ſein Creutz auch wol / noch war er geduͤltig / ſagte: Etiamſi occiderit meIob. 13. Dominus, in ipſo ſperabo. Lazarus war auch geduͤltigLuc. 16. im Creutz / hielt Gott aus / wie ers mit jm machte.
Diß were alſo eins / wie vnſer keiner lebt jhm ſelber / ſon - dern / leben wir / ſo leben wir dem HErrn. Vnd wie wir ſolcher Lehr recht gebrauchen vnd anwenden ſollen / Darauff folget vnſer Sterben / wie wir das anſehen ſollen.
Vnſer ſterben / wo wir desTodes furcht vberwinden wol - len / muͤſſen wirs auch auff zweyerley weiſe anſehen / 1. Nega - tive, 2. Affirmativè.
Nega -[31]Negativè: Vnſer keiner ſtirbt jhm ſelber.
Affirmativè Sterben wir / ſo ſterben wir dem HErrn.
Hie mit dem Sterben gehets zwar alſo zu: Moritur do -Eccleſ. 〈…〉〈…〉. ctus ſimiliter & indoctus: Wie der Weiſe ſtirbt / alſo auch der Narr Es muͤſſer die Chriſten vnd KinderGottes hie zeit - lich ſterben / als der vngleubige Juͤde / Tuͤrcke vnd vngleubige Heyde / Aber etliche ſterben jhm ſelber / etliche dem Herrn.
Was heiſt Jhm ſelber ſterben? Oder wel - che Leute Sterben jhm ſelber? Ant.
1. Alle die jenigen ſo in Epicuriſcher ſicherheit dahin ſter - ben / als geſchehe es ohn gefehr / vnd Gott wuͤſte nichts druͤmb. Wie dort im Buch der Weißheit die Spoͤtter ſagen: Wir fa - ren wider dahin als weren wir nie geweſt / als wolten ſie ſpre -Cap. 2. chen: Ja Gott ſol viel von vnſerm Sterben wiſſen. 2. Oder die da meinen / Es ſterbe der Menſch ſo gar dahin / das es mit vns gar aus ſey / vnd wuͤrden nach dieſem Leben nichts mehr ſein. Wie es zun zeiten des Propheten Eſaiæ ſolche Spoͤtter ſehr viel gab / die da ſagten: Come damus & bibamus, crasEſa. 22. enim moriemur. Laſt vns eſſen vnd trincken / wir ſterben doch morgen. Alſo ſpotteten ſie der Propheten / die jhnen das ſterben verkuͤndigten / denn ſie meinten / ſie wolten hie froͤlich ſein / es wuͤrde doch nichts mehr draus / wenn ſie Todt weren. Vnd S. Paulus ſich deſſen auch beklagt / das es bey den Co -1. Cor. 15. rinthern ſolcher Epicurer viel gegeben. Cornelius Gallus hielts dafuͤr / Es gehe Leib vnd Seele zugleich mit auff / vnd bleibe nichts vbrig. Hieher gehoͤrt die Weltrotte / ſo da ſaget:
Ede, bibe, lude, poſt mortem nulla voluptas.Friſs / Sauff / Spiel nur friſch ins gelach /Es wird dir kein freud mehr hernach.
Vnter den Roͤmiſchen Baͤpſtẽ hat man ſolcher geſellen etliche gefundẽ / die es dafuͤr gehaltẽ / das die Seele desMenſchen auch mit ſterbe. Bapſt Johan. 23. gab fuͤr / die Seelẽ ſtuͤrbẽ mit demLeichnam[32]Leichnam bis am Juͤngſten Tag. Bapſt Leo X. liß auff ei - ne zeit zween gelerte Philoſophos fuͤr ſeiner Taffeln dauon diſputiren / ob die Seele ſterblich oder vnſterblich ſey. Da er nun zu end das vrtheil ſolt fellen / mit welchem theil ers hielte / ſagte er: Der hette zwar die bewerteſten gruͤnde gehabt / ſo pro immortalitate animæ geſtritten: Aber des andern mei - nung / das die Seele ſterblich ſey / machte friſch Gebluͤte vnd froͤliche Hertzen / welche ſich nicht befahren duͤrfften / das ſie nach dieſem Leben Rechenſchafft muͤſten geben / von allem / was ſie hie gethan haben.
Matth. 22. 3. Oder die da fuͤrgeben / es ſey keine Aufferſtehung desActor. 23. Fleiſches nach dieſem Leben zugewarten / wie zu Chriſti vnd Pauli zeiten die Saduceer nicht gleubten / das ein aufferſte - hung / noch Engel / noch Geiſt ſey.
Bapſt Iohannes der XXIV. des Nahmens / ſagte oͤf - fentlich in gegenwart vieler Prælaten vnd anderer ehrlichen leuten / er gleubte / das nach dieſem leben kein ander Leben nochTom. 1. VVi - tebe. parte ſecunda fol. 38. aufferſtehung zuhoffen ſey. Hey Babſtet ſich das nicht wol. Der Herr Lutherus in der Außlegung des 15. Capitels der er - ſten Epiſtel an die Corinther gedencket einer Hiſtorien von ei - nem Schultheis / ſo in ſeinen letzten Zuͤgen gelegen / vnd ſein Pfarherr lang vnnd viel mit jhm von der Aufferſiehung di - ſputirt / der meinung / er wolts jhm endlich bereden / das ers gleubete / der hat geſagt / Lieber Herr / ich wils euch zuge - fallen zwar glauben aber jhr werdet ſehen / das nichts draus wird. Dieſe vnd jres gleichen gehoͤren zu der Erſten Rotte / die jhnen ſelber ſterben.
Alle die in Vnglauben vnd verzweiffelung dahin ſter -11. ben / ohne Erkendnis Chriſti / ohne Gottes Wort / ohne die hochwirdigen Sacrament / ohn Gebet / oder wie man ſagt / ſine lux, ſine crux, &c. dieſe ſterben auch jhnen ſelbſt / vnndPſal. 49. fahren dahin wie ein Viehe. Sie fragen nichts darnach / ob ſie in die Hell oder in Himel komen / ſie finden vberall geſelſchafftvolauff /[33]vollauff / ſpotten derer / ſo jhnen vom Himmel vnd Helle pre - digen: Wie jene zweene boͤſe Buben / ſo jhrer Vbelthat hal - ben erſeufft werden ſolten / deme der ſie vor der Helle warnete / antworteten: Ey / wenn nur der Wirth in der Helle wol ein - heitzete / denn er wird auffn abend naſſe Geſte bekommen. Solche ſterbẽ jnen ſelbſt hie zeitlich / dort ewig / die werdẽ demApoc. 2. andern Todt nicht entfliehen / jhr Wurm wird nicht ſterben /Eſa. 66. vnd jr Fewer wird nicht verleſchen / vnd werden allem FleiſchMarc. 9. ein grewel ſein.
Alle die durch andere Mittel ſterben / als Gott geord - net hat. Do mancher ſich ſelbſt mutwillig vmbs leben bringt mit eim kalten Eiſen / Stranck / oder ſtarck Getrencke: Man - cher bringt ſich vmbs leben durch Vnzucht / andere mit vbri - gem Freſſen vnd ſauffen / viel geitzen ſich zu tode / vñ ſo fortan. Dieſe vnd jres gleichen ſterben auch jhnen ſelbſt / vnd die ligen in der Helle / wie Schafe / denẽ auch S. Paulus gut rund ſagt:Pſal. 49. Die ſolches thun / werden das Reich Gottes nicht ererben. Gal. 5.
Was heiſt dem HErrn ſterben? Oder:
Welche Leute ſterben dem HErrn? Antwort:
Dem HERRN ſterben iſt: das wir erkennen vnd bekennen / wie wir vmb der Suͤnde willen ſein dem zeitlichen Todt vnterworffen / vnd es ſey nunmehr Gottes wille alſo / das wir einmal ſterben / vnd dieſe Welt geſegnen muͤſſen. Denn hie ſind wir nur Bilgram / hie haben wir nit manentem ci -Pſal. 39. vitatem, eine bleibende ſtadt / hie muͤſſen wir gehen den WegEbr. 13. aller Welt. Wo iſt ein Menſch / der da lebe / vnd den Tod nicht1. Reg. 2. ſehe? Vnd ſolches vmb der Suͤnde willen. Pſal. 89.
Rom. 5. 6. Per unum hominem peccatum intravit in mun - dum, & per peccatum Mors. Durch einen Menſchen iſt die Suͤnde kommen in die Welt / vnd der Todt durch die Suͤnde / vnd iſt alſo der Todt zu allen Menſchen durchge - drungen / dieweil ſie alle Suͤnder ſind. Jtem: Der Todt iſt der Suͤnden Sold.
Praxis. Dis Sterben dienet darzu / das wir der Suͤnden ſollen feind werden / vnd dieſelbe fliehen als das ergſte Gifft / daran wir alle den Todt gefreſſen haben. Fuͤrwar wer dis ſterben recht bedenckt / der hat zur Suͤnd kein luſt / wie Auguſtinus fein geſagt: Nihil ſic revocat à peccatis, atq́; frequens cogitatio mortis. Es mag vns nichts ſo leichtlich von Suͤn - den abemanen / als wenn wir alle augenblick bedencken / wie wir ſterben muͤſſen.
Dem HErrn ſterben / iſt: Wenn wir vns bey lebens vnd froͤlicher zeit offt des Todes erinnern / vnd vns zur hinne - fart zeitig ruͤſten vnd ſchicken. Du ſiheſts je wol bey einem Kauffman / der eine ferne Reiſe fuͤr hat wie ſich der ſchickt vnd ruͤſtet / mit notduͤrfftiger Kleidung / Zehrung / Gewehren etc. Alſo ſollen wir in dieſem fall auch anſchlagen / denn wir ha - ben auch eine ſehr ferne vnd gefehrliche Reiſe fuͤr / aus dieſem leben in das ewige Vaterland / do wir ewig gedencken zu blei - ben. Zu ſolcher Reiſe muͤſſen wir vns alſo ruͤſten 1. Das wir[syr]. 7. vns ſolche reiſe vnd hinnefart offt fuͤrhalten / wie Syrach leh -〈…〉〈…〉. 38. ret: Memento noviſsima, Bedencke das ende. Memor eſto, quoniam mors non tardat, Gedenck das der Todt nicht ſeumet. Mihi heri, trbi hodie, Geſtern wars an mir / heut iſts an dir. Moyſes erinnert ſich alſo ſeines ſterbens:Pſal. 90. HErr / lehre vns bedencken das wir ſterben muͤſſen. Darid er -Pſal. 39. innert ſich ſeines ſterbens mit dieſen worten: HErr / lehre doch mich / das ein ende mit mir haben mus / vnd mein leben ein ziel hat / vnd ich davon mus. Sihe / meine Tage ſind einer hand breit bey dir / vnnd mein leben iſt wie nichts fuͤr dir / wie gar nichts ſind alle Menſchen / die doch ſo ſicher leben. S. Pe -[35]S. Petrus erinnert ſich auch alſo ſeines Todes: Jch weiß /2. Pet. 1. ſpricht er / dz ich meine Huͤtten bald ablegen mus / wie mir dañ auch vnſer HErr Jeſus Chriſtus eroͤffnet hat. S. Hierony - mus hat ſich auch teglich ſeines Todes alſo erinnert:Sive comedam, ſive bibam, ſive aliud aliquid faciam, ſem - per ſonat mihi hæc vox in auribus meis, Surgite mortui, Venite ad judicium. Jch eſſe / trinck / oder was ich thue / So ſchallt mir ſtetz dieſe ſtimme zu / Jhr Todten ſollet aufferſtehn / Vnd alle fuͤr Gerichte gehn.
Vom Philippo Macedone ſchreibt man / das jm alle mor -Ælian. lib. 3. de Phi - lip. Mace. gen ein Edelknabe hat zuruffen muͤſſen: Philippe, memen - to te eſſe hominẽ, Philippe / gedenck / dz du ein Menſch biſt / dz iſt / Gedenck weil du ein Menſch biſt / dz du auch ſterbẽ muſt.
Saladinus / welcher dreyer Koͤnigreiehe / als Syriẽ / Aſiẽ / Egyptẽ / Herr war / lies jm allwege auff der reiſe an einer Lan - tzẽ ein ſterbkittel fuͤrtragẽ / dobey er ſich des ſterbens erinnerte. 2. Das wir vns auch auff guten vorraht vnd zehrung zur Reiſe noͤtig ſchicken / die mus man aus der rechten Speiß vnd Schatzkammer Goͤttliches Worts nemen.
Dis ſterben dienet vns darzu / das / wenn wir vns des To -Praxis. des ſtetz erinnern / das wir auch gerne dieſes zeitlichen vergeſ - ſen / vnd nach dem ewigen trachten. Hieron. Facilè conte - mnit omnia, qui ſemper cogitat, ſe moriturum eſſe. Der kan leichtlich alles verachten vnd auſſm ſinne ſchlagen / der allwege gedenckt / das er ſterben mus. Hieneben bereitet vnd ſchicket er ſich auff die ſachen / ſo jm zu dieſer Reiſe noͤtig / wie auch Hieronymus vermanet: Diſcamus hîc in terris, quorum ſcientia perſeverat in cœlis. Laſſet vns hie ler - nen ſolche ding / derer wir im Himel auch in friſchen gedecht - nis behalten moͤgen. Hie ſchickt man ſich alſo / dz man nimpt Spruͤche aus der H. Schrifft zum troſt / do iſt allein GOT - tes Wort der Stecken vnd Stab / vnd vnſerer fuͤſſe Leuchte. Pſ. 23. 119. E ijVerſe -[36]Ioh. 6. Verſehen vns mit der beſten zehrung des wahren Leibes vnd Bluts Chriſti / welches iſt die rechte Speiſe vnd der rechteCyprianus. Tranck / ja es iſt Cibus immortalitatis, eine Speiſe der vn - ſterbligkeit / Arrabo futuræ vitæ & ſalutis, cibus plenusDamaſc. vitæ vivificantis, Ein Pfand zeichen des kuͤnfftigen lebens vnd ſeligkeit / eine Speiſe ſo voll lebendigmachendes leben iſt. Rom. 13. Hie ziehen wir an den HErren Jeſum Chriſt / als das rechte Ehrenkleid der vnſchuld vnd gerechtigkeit / nemen mit vnsEph. 6. armaturam Dei, den Harniſch GOttes / den Schild des Glaubens / damit wir ausleſchen koͤnnen alle Fewrige Pfeile des Boͤſewichts. So kan man im HErren ſterben.
Dem HErren ſterben iſt: Wenn vns Gott von die - ſer Welt abfoddert / das wir willig vnd gerne mitfahren / wie der fromme Senior Simeon ſein Nunc dimittis mit freu -Luc. 2. den leſt hoͤren: HERR / nu leſſeſtu deinen Diener im frie -Philip. 1. de fahren / wie du geſaget haſt. Vnd Paulus: Cupio diſſol - vi, & eſſe cum Chriſto, Jch hab luſt abzuſcheiden / vnd bey Chriſto zu ſein.
Dis ſterben dem HErren ſol vns ein verlan - gen machen / nach dem ewigen Vaterland. Nim des ein Gleichnis: Wenn eine Adeliche Perſon iſt an frembde oͤhrter verſchickt / ſich ehrlicher loͤblicher Thaten zuverſuchen / dieſelbe bekoͤmmet Brieffe vnd fuhre / das ſie eilend ſol auff ſein / vnd die jhrigen beſuchen: O da iſt hertz vnd wille bereit. Alſo ſoltu hie auch thun / denn durch das zeitliche ſterben foddert dich Gott aus dieſer Bilgramſchafft heim zu deinen Vorfahren / do koͤmmeſtu zu deinen lieben Eltern / Freunden / Ehegatten / Bekandten / Bruͤdern vnd Schweſtern / denn die ſind præ - miſsi, non amiſsi, vorhin geſand / vnd dicht verloren. DurchGen 25. den Todt werden wir verſamlet zu vnſern Vaͤtern.
Dieſe lehr iſt heur hoch von noͤten / denn der Todt iſt bit -Syr. 41. ter / wenn an in gedenckt ein Menſch / der gute tage vnd gnug hat / vnd on ſorgt lebet / vnd dem es wolgehet in allen dingen / vnd noch wol eſſen mag. Wenn die leute nur haben hie Mehl /lieſſen[37]lieſſen ſie Gott wol den Himmel. Solche ſind gleich einem Korb vol junger Hahnẽ / die ſehen / wie einer nach dem andern wird heraus genommen / vnd abgekehlet / noch ſind ſie luſtig / eſſen / kratzen / krehen / dencken nicht eins / das die Reye auch werde an ſie komen. Aber Gottes Kinder / ſo diß im HErrn ſterben wol lernen / die ſind willig vnd ſagen:
Dem HErrn ſterben iſt: Wo wir wegen des Be - kendnis vnſers glaubens an Chriſtum / vñ des heiligen Evan - gelij leiden vnd ſterben muͤſſen / ſollen wir bereit vnd willig ſein / denn mit ſolchem Todt preiſen wir Gott / vnd Chriſtus ſpricht:Iohan. 20. Selig ſeid jhr / wenn euch die Menſchen vmb meinet willenMatth. 5: ſchmehen vnd verfolgen / vnd reden allerley vbels wider euch / ſo ſie daran liegen / Seid froͤlich vnd getroſt / Es wird euch im Himmel wol belohnet werden.
Drumb ſol ſich einer ſolchs Todes nicht ſche - men / weil es auch heiſt dem HERRN ſterben. Jn der anfa - henden Kirchen des Newen Teſtaments freweten ſich dieActor: 5. Juͤnger / das ſie vmb Chriſti willen leiden muͤſten. S. Ste -Act. 7. phanus war getroſt / vmb Chriſti willen zu ſterben. S. Lau - rentius ließ ſich auff dem Roſt braten / vñwar dennoch froͤlich. Denn es heiſt: Der Todt ſeiner Heiligen iſt werth gehaltenPſalm. 116. fuͤr dem HErren. Fuͤr den vnuerſtendigen werden ſie ange -Sapien 1. 3. ſehen als ſtuͤrben ſie / vnd jr abſcheid wird fuͤr ein Pein gerech - net / vnd jhr Hinfart fuͤr ein verderben. Aber ſie ſind im frie - de. Ob ſie wol fuͤr den Menſchen viel Leidens haben / ſo ſind ſie doch gewiſſer hoffnung / das ſie nimmermehr ſterben.
Dem HErrn ſterben / iſt: in wahrer anruffung vnndE iijGlauben[38]Glauben auff Chriſti Blut / tod vnd Berdienſt ſterben / das geſchicht.
1. Das wir offt bitten vnd beten bey geſunden tagen / das vns Gott wolle ein ſeeliges Stuͤndlein beſcheren / vnd von die - ſem Jammerthal zu ſich nemen:
2. Das wir vnſern Glauben feſt ſetzen vff Chriſtum vn - ſern Heyland vnd Erloͤſer / denn dadurch werden wir getroͤſtet vnnd geſtercket wider die Suͤnd / denn das Blut Jeſu Chriſti macht vns rein von Suͤnden: wider den zorn Gottes / denn〈…〉〈…〉. Iohan. 1. er hat vns verſoͤnet / das vns Gott ſein Huld goͤnnet: Wider das ſchrecken des Todes / der Hellen vnd ewiger verdamnis / denn wer an jhn gleubet / koͤmet nicht in das Gerichte / ſondernIohan. 5. 11. iſt vom Tode zum Leben hindurch gedrungen. Vnd wie vns Chriſtus ferner troͤſtet: Jch bin die Aufferſtehung vnnd das Leben / wer an mich gleubet / der wird leben / ob er gleich ſtuͤr - be. Vnnd wer da lebet vnd gleubet an mich / der wird nimmer - mehr ſterben. Deñ Chriſtus hat durch den Tod die macht ge -Ebre. 2. nomen / dem / der desTodes gewalt hatte / das iſt / dem Teuffel / vnd erloͤſet die / ſo durch F[u]rcht des Todes / im gantzen LebenKnechte[39]Knechte ſein muͤſten / laut ſeiner zuſag: Jch wil ſie erloͤſen aus der Helle / vñ vom Tod erretten / Tod / ich wil dir eine Gifft ſein /Hoſ. 13. Helle / ich wil dir eine Peſtilentz ſein / Ey nun Gott ſey danck / der1. Cor. 1[5]. vns den ſieg gibt / durch vnſern HErrn Jeſum Chriſtum. Da - her ſagt Bernhard. ſehr fein: Mors Chriſti, eſt mors mortis meæ. Quia ille mortuus eſt, ut ego viverem. Quo pacto enim jam non - juvat, pro quo moritur Vita. Chriſti Todt iſt ein Todt meines Todes / denn er iſt geſtorben / auff das ich leben moͤchte. Denn wie ſolte der nicht leben / fuͤr welchem das Leben ſtirbet. Wer alſo auff Chriſtum im Glauben entſchlefft / der ſtirbet freilich dem HErrn.
Dem HErrn ſterben heiſt: Am letzten End ſich in Gottes Hand befehlen / vnnd der froͤlichen Aufferſtehung des Fleiſches zum ewigen Leben gewißlich erwarten. Wenn wir auff vorerwenter weiſe dem HErrn ſterben / ſo fallen wir dem HErrn Chriſto gantz vnd gar heim: Wie denn S. Paulus endlich ſchleuſt / ſagende:
Darumb wir leben oder ſterben / ſo ſind wir des HErrn.
Vivimus aut morimur, Domini ſumus, in nominativo & ge - nitivo caſu, in ſingulari & plurali numero ſagt Lutherus.
In nominativo caſu, ſind wir HERRN des todes nicht aus vns ſelbſt / ſondern daher / das wir in genitivo caſu ſein des HErrn / dem wir ſterbende heimfallen / dem wir vns in ſei - ne hende befehlen / Jn welches hand wir Ruhen / durch welchs krafft wir der aufferſtehung theilhafftig werden.
I Dis ſterben dienet vns dazu / dz wir vns am letztenPſalm. 31. End / auch ſollen lernen in Gottes hand befehlen / wie ChriſtusLuc. 23. ſelbſt am Stam̃ des H. Creutzes mit David auch gethan: Jn deine hende befehl ich meinen Geiſt / du haſt mich erloͤſt HErr du trewer Gott. Wie dis gebet auch vnſers ſeligen Junckern ſein letztes war. S. Stephanus thet jm auch alſo / deñ da er ver -Acter. 7. ſcheiden ſolt / rieff er an vnd ſprach: HErr Jeſu / nim meinen Geiſt auff. Jn Gottes hand ſind wir wol verwaret. Kein qualSap. 23. ruͤret ſie da an. Sie ſind im Friede Aus der Hand des HErrnIohan. 10. kan vns Niemand reiſſen. Sondern do werden wir bey dem1. Theſſa. 〈…〉〈…〉 HErrn ſein alle zeit.
2. Das[40]2. Das wir auch hiebey vnſer Aufferſtehung deſto ge - wiſſer ſein / wie wir im dritten Artickel des Glaubens auch be - kennen: Jch gleube eine Aufferſtehung des Fleiſches. Denn ſind wir dem HErrn heimgefallen / der allein hat im - mortalitatem, wie zuuor iſt angezogen / ſo koͤnnen wir je ge - wiß ſein / das wir nach dem ſterben wider lebendig werden / weil er zugeſaget: Ego vivo & vos vivetis. Jch lebe vnndIohan. 14. jhr ſolt auch leben. Vnd zwar ſollen wir auffer ſtehen mit vn -Symbolum Athanaſij. Cap. 19. ſerm eigenem Leibe. Reſurgere habent cum corporibus ſuis, Alle Menſchen muͤſſen aufferſtehen Mit jrem eigen Leibe. Wie es Job gar klar gibt in ſeinem herrlichen Troſt - ſpruch von der Aufferſtehung / do er in eim ſonderlichem Em - phaſi allezeit ſetzt die Pronomina poſſeſsiva: Jch weis das Mein Erloͤſer lebet / vnnd er wird Mich hernach aus der Erden Aufferwecken / vnd werde darnach mit dieſer meiner Haut vmbgeben werden / vnd werde in meinem FleiſcheGott ſehen. Denſelben werde Jch mir ſehen / vnd Meine Augen werden jhn ſchawen / vnd kein frembder. Dieſer Artickel iſt in der Erſten Kirchen ſo feſt gegleubet worden / das auch Cypri - anus meldet / Es ſey allwege ausgeſprochen worden δεικτικῶς, HVIVS Carnis &c. das iſt: Wenn die erſten Chriſten dieſen Artickel hergeſagt / ſo haben ſie gleich mit dem zeiger Finger auff jhren eigenen Coͤrper gewieſen vnd geſagt: Jch gleub ein Aufferſtehung Dieſes Fleiſches. Das iſt / Jch gleub gewis / dz dieſer mein Leib / den ich jetzo trage / wird gewis widerIn 15. Cap. 1. ad Corin - thios. To - mo 1. VVit - te. par. 2. fol. 57. aufferſtehen. Wie denn auch der Herr Lutherus meldet / das die Kirche zu Aquileja gewohnet vnd gelehret dieſen Artickel Alſo außzuſprechen: Jch gleube die Aufferſtehung Dieſes Fleiſches. Lieber woher kompt vns ſolche gewißheit der Auff er - ſtehung? Ant: Aus Chriſti des HErrn / dem wir heimfallen /1. Cor. 15. ſeiner Aufferſtehung. Deñ Chriſtus iſt aufferſtanden von den Todten / vñ der Erſtling worden vnter denen / die da ſchlaffen. Gleich wie nu Chriſtus der Erſtling iſt / ſo muͤſſen auch her -nach[41]nach folgen / die Chriſtum angehoͤren. Daher wir auch mit froͤlichem munde pflegen zu ſingen:
‘Weil du vom Todt erſtanden biſt / Werd ich im Grab nicht bleiben etc. ’ ()Sihe das heiſt auch nun / dem HErrn ſterben. Vnd die alſo dem HERRn leben vnd ſterben / die ſagen mit hertz vnd mund:
‘Jeſu / dir leb ich / dir ſterb ich / Dein bin ich todt vnd lebendig. ’ ()O beati mortui, qui in Domino moriuntur &c.Apocal. 14. Selig ſind die Todtẽ / die in dem HErrn ſterben von nun an. Ja der Geiſt ſpricht / das ſie ruhen von jhrer arbeit / denn jhre Werck folgen jnen nach.
Nu folget das Ander Stuͤck in vnſer Predigt / wel - ches iſt: Commendatio perſonæ piè defunctæ.
NAch geendigter erklerung vnſers vorgenom - menen Texts / wollen wir auch / wie anfenglich bedin - get / von vnſern ſeligen / jetzo in Gott ruhenden Jun - ckern meldung thun / ſintemal ſolches nicht allein ein alter loͤblicher gebrauch bey vns in vnſern Landẽ vnd Kirchen / ſon - dern es auch in H. Schrifft grund hat / wie 2. Samuel. 1. der Koͤnig David ein Epicedion vnd Grablied gemachet / darin er des Koͤniges Sauls vnd ſeines Sons Jonathans toͤdlichẽ abgang beklaget / auch jrer tapfferer Thaten halben ſie ruͤmet vnd commendiret. Desgleichen ſtehet 2. Cron. 35. Das / do der from̃e Koͤnig Joſia zu Jeruſalem geſtorben / do haben 1. gantz Juda vnd Jeruſalem leide vber jn getragen / 2. Jeremias (als Prediger) klagte jn auch / 3. vnd alle Senger vñ Sengerinnen redeten jre Klaglieder vber Joſias / bis auff dieſen tag / vnnd macheten eine gewonheit dr[a]us in Jſrael.
FVnd[42]Vnd damit wir deſto ordentlicher ſein legendt han - deln moͤgen / ſo wollen wir ſagen:
1. & e2; nativi - tate & or - tu. ERſtlich ſeiner Ankunfft vnd Vrſprung nach / iſt vnſer ſeliger / jetzo in Gott ruhender Juncker gewe - ſen / ein geborner Deutſcher / von vhralten beruͤmpten Adelichem Stamme vnd Geſchlecht / vnd getauffter Chriſt.
Denn Anno Chriſti 1563. auff den Sontag Vocem Jucunditatis iſt er allhie vffm Hauſe zu Schoͤnermarck auff dieſe Welt geboren. Seine ſelige Eltern ſind Chriſtliche / Gottfuͤrchtige / Ehrnhaffte vnd Tugentreiche Leute geweſen / daher eine gute hoffnung von jhm zu ſchoͤpffen geweſen / weil es heiſt / Fortes creantur fortibus. Eventus cauſam ar -Pſal. 51. guit. Denn weil ſie gewuſt / das wir Menſchen alle auff die -Eph. 2. ſer Welt in Suͤndem empfangen vnd geboren / Kinder des zorns ſein von Natur / vnd daher nicht koͤnnen ins Himmel - reich kommen / es ſey denn / das der Menſch von newen gebo -Ioh. 3. ren werde / aus dem Waſſer vnd Geiſt / So haben ſie jhn auffMarc. 10. Chriſti befehl: Sinite parvulos ad me venire: als baldTit. 3. zur H. Tauffe geſchickt / das er doſelbſt durch das Bad derPhil. 4. Widergeburt / vnd ernewerung des H. Geiſtes widergeboren:Apoc. 3. Jm Buch des Lebens verzeichnet / vnd zum Miterben derRom. 8. gnaden Chriſti moͤcht auffgenommen werden / vnd ſich mit allen Gleubigen auch frewen / das nunmehr ſein Name imLuc. 10. Himmel angeſchrieben ſey / do er denn auch ſeinen Chriſtli - chen Namen bekommen / das er HENNING genandt2. â parenti - bus & ge - nere. worden.
Sein S. Vater iſt geweſen / der Edle / Geſtrenge vndEhrn -[43]Ehrnveſte Joachim von Zernickow / auff Schoͤnermarck / Canto vnd Carwe Erbſeſſen / ein Gottfuͤrchtiger / Ehrlteben - der vnd Weiſer Juncker / von dem vhralten vnd loͤblichen Ge - ſchlecht der Zernickowen / welcher zur Mutter gehabt / die Ed - le vnd Vielehrentugentſame Jlſa von der Groben / vom Hauſe Meſſeberg / gar nahe allhie bey Schoͤnermarck / buͤrtig.
Hat nun weiter auff des Vatern ſeiten in der Stam - linien / die loͤblichen Geſchlechter / 1. die von Zieten. 2. Schir - ſteden. 3. Groben. 4. Zieten. 5. Blumenthal. 6. vnd die von Brande.
Seine S. Mutter hat geheiſſen Diliana Hanen / des Edlen / G. vnd Ehrnv. Otto Hanen vff Kuchelmeß vnd Pleetz in Meckelburg Erbſeſſen / Eheliche Tochter / Welcher jr S. Mutter geheiſſen hat Eliſabeth Sperlings / von Schla - gendorff buͤrtig.
Hierauff folgen weiter in der Stamlinien auff der Mutter ſeiten die vhralten Geſchlechter / 1. die von Pleſſen. 2. Pentzen. 3. Oerzen. 4. Quitzowen. 5. Pentzen. 6. vnd die von Luͤtzow.
Daraus erſcheinet vnd klar iſt / das er iſt eines rechten Adelichen Geſchlechts vnd Herkommens nach allen ſeinen Ahnen.
VOn ſeinem leben vnd wandel kuͤrtzlich zu ſa -Commen - datis. gen / ſo iſt er von ſeinen lieben Eltern zum guten erzo - gen worden / ſonderlich weil ſie von Gott befehl gehabt /1. Ab educa - tione. das Eltern jre Kinder ſollen aufferziehen in der zucht vnd ver - manung zum HErrn. So haben ſie jhn neben den andern Kinderlein fleiſſig gewehnet zur furcht des HERRN / alsEph. 6. welche der Weisheit anfang vnd eine Krohne der Weisheit /Syr. 1. ja der anfang zu lernẽ iſt. Worzu jn ſein Vater allwege fleiſ -Prov. 1. ſige privatos præceptores vnd Schulmeiſter gehalten / von welchen er zu guten ſitten zugleich iſt gewehnet worden. F ijDenn[44]Denn weil er ein einiger Sohn war / hatte ſein S. Vater ſonderlich bedencken / das er jn nicht ausgeſchickt / ſondern da - heim fleiſſig ließ inſtituiren / vnd weil ein ſonderlich ingemũ nobile in jm geweſt / hat er ſonderlich luſt gehabt / ſich nicht auff muͤſſiggang zu legen / als welchs Satanæ pulvinar, des Teuffels polſter / Sondern: Quod pleriq́; omnes faciunt adoleſcentuli, ut animum ad aliquod ſtudium adjun - gant: Neben dem / das er ſeinen Catechiſmum fleiſſig geler - net / Davids Pſalmen vnd ſonſt andere herrliche Hertz erqui - ckende Spruͤche beliebet / hat er ſonderliche zuneigung zu der Schreibekunſt getragen / wie er dann eine gar feine Fauſt ge - ſchrieben / vnd einen zimltchen ſtylum fuͤhrete.
Muſicam hat er auch beliebet / das er auff Jnſtrumen - ten vnd Poſitiven auch groſſen fleis gewendet.
2. A vitajuvenili. Do er nun erwachſen / hat er ſich zu allen Chriſtlichen Adelichen Tugenden gewenet / vnd ſich deſſen / was einem loͤb - lichen vom Adel wolſtehet / angenommen. Seinem S. Vater iſt er gar ein gehorſamer Sohn geweſt / dem er auch in der Haushaltung fleiſſig auffſehen helffen / ſonderlich weil Got -Eph. 6. tes gebott jm fuͤr augen geleuchtet: Jr Kinder ſeyd gehorſam ewern Eltern in dem HErrn / denn das iſt billich / Ehre Va -Exod. 20. ter vnd Mutter etc. hat er jhn auch in hohen ehren gehalten. Wie er dann ſich gegen ſeiner lieben Mutter aller gebuͤr auch wiſſen zuerzeigen. Mit ſeinen hertzliebſten Schweſtern hat er ſich gantz einig / lieblich vñ freundlich wiſſen zu begehen / wie die ſo noch am leben / ſolches warhafftig zeugen.
Sein ſelbſt hat er auch in guter acht genommen / das ob er wol vnterweilẽ mit ſeines gleichen zum trunck geraten den - noch nit in ſich gegoſſen / wie viel verſoffene Ritter thun / wel -Eſa. 5. che Helden ſein / Wein zu ſauffen / vnd Krieger in fuͤllerey / die rechte Bierfeſſer / Weinſchleuche vnd Bacchus Bruͤder: Sondern hat maß / zu allen dingen gut / genommen in guter hut / bey zeit abſcheid genommen / auff das er ein andermahl geſund koͤnne widerkommen.
Zucht[45]Zucht vnnd Erbarkeit hat er lieb gehabt: Sich nicht mit vnzuͤchtigen Perſonen behangen / in betrachtung / das der Chriſten Leibe Chriſti Glieder ſind / do hat er gedacht: Sol -1. Cor. 6. te ich nu die glieder Chriſti nemen / vnd Huren glieder daraus machen / das ſey ferne. Jn welchen er auch vielen der heutigen Welt fuͤr zu ziehen / als welche das Sechſte Gebot aus jrem Catechiſmo außreiſſen / mit loſen Velgen / oder wie ſie es nen - nen / mit Kebßweibern ſich ſchleppen / derer theil wird ſein in dem Pful der mit Fewer vñ Schwefel breñet / ſo ſie nicht war -Apoca. 11. hafftig buͤſſen vnd vmbkehren.
Vnd ſo lang ſein S. Vater V ſein S. Mutter gelebet / hat er ſeine junge Jahre in der ſtille bey jhnen zubracht / das ſie augenſcheinlich geſpuͤret / wie ſie ein gehorſamen Sohn an jhme hetten.
Da nun ſeine S. Eltern kurtz nacheinander / als wolte ei -3. A vita conjugali. nes dem andern auff dem Fuß nachfolgen / dieſe Welt geſeg - net / jhre aͤuglein ſanfft geſchloſſen / vnd jre heimfarth aus die - ſem Elende zum Himliſchen ewigen Vaterland gehalten vnd zu jhren Vaͤtern ſind verſamlet worden / vnd dannenhero er ſich der Haußhaltung ſelbſt anzunehmen iſt verurſachet wor - den / hat er bey ſich befunden / das es jhme alleine wolte zu viel vnd zu ſchwer werden: Vnd das es auch heiſt: VæſoliEccleſia. 4. quia cum ceciderit non habet ſublevantem &c. Weh dem der alleine iſt / wenn er fellet / ſo iſt kein ander da / der jhm auffhelffe: Hat er ſich aus Rath ſeiner nechſtverwanten vmb eine gehuͤlffin vmbgeſehen. Vnd weil Hauß vnd Guͤter er -Prove. 19. ben die Eltern / Aber ein vernuͤnfftig Weib koͤmpt vom HEr - ren: Ja den Kindern der heiligen gebuͤrt nit ſolchẽ Stand an -Tob. 8. zufahen / wie die Heiden die Gott verachten / vnd das die keineTob. 7. gluͤcklicheEhe beſchreiten koͤnnẽ / dieGott verachten. So hat er vorher den Oberſten Haußvater / fuͤr welchen alle Jung frau - en ſtehen / auch vmb ein Chriſtliche / Tugendſame / Friedlieben - de Haußehre aus ſeinen Toͤchtern angelanget / Welcher jme auch außerſehen die Edle vnd viel Tugentſame MargarethaF iijvon[46]von Piccatelen / des Edlen Geſtrengen vnnd Ehrenvehſten Magnus von Piccatell zu Giwitzen in Meckelburg Erdfeſ - ſen / ſeligern / viel geliebte hinderlaſſene Tochter / die jetzo vber den alzufruͤhen vnd nuerhofften Abgang jhres ſeligen Jun - ckern hertzlich vnd ſchmertzlich betruͤbet: Gott der Vater aller betruͤbten vnd trawrigen / wolle jhr mit Gnadentroſt zu huͤlff kommen.
Dieſe Freye vnd Heyrath / nach dem ſie nun allerſeits nach Nothdurfft beredet / vnd geſchloſſen / iſt endlieh die Chriſt - liche Vertrawung vnnd das ehliche Beylager allhie vff[e]n Hauſe zu Schoͤnermarck gehalten vnd volnzogen / do vnſer jtzo in GOtt ruhender Juncker ſeeliger ſich ſeine außerkorne Margaretam durch die Hand des Prieſters laſſen zufuͤhren vnd Copuliren / welches iſt geſchehen des Sontags[i]nvoca - vit Anno 1598. Jm funff vnnd dreiſſigſien Janſines al - ters / welches jhm denn ſehr loͤblich nachzuſagen / das er ſeine gebuͤrliche zeit abgewartet vnd nicht in Kindiſchen Jaren ge - freyet / wie man jetzo junge Leute findet / die ſich befreyen / das man ſolt des Breutgams vnd der Braut Alter aneinander ſe - tzen muͤſſen / vnnd doch nehrlich ein 35. Jar zu wege bringen koͤnnen.
Diß aber iſt hie wol zu mercken: Wie vnſer Herr Gott ſein ſonderlich Weißheit an dieſen beyden jungen Ehe -Pſalin. 5. leuten zu erkennen geben / wie er ſeine Heiligen wuͤnderlich fuͤhre: Denn eben in angehender faſten ſind ſie durch Goͤtt - liche ſchickung zuſammen mit dem Eheband verknuͤpffet / vnd feilen nur 6. Tage daran / das nicht die zeit gar genaw hat ein - getroffen / do er durch den Menſchen fraß den natuͤrlichen Tod diß Eheband auffgeloͤſet vnd dieſe beide Liebe / liebe junge Hertzen wider von einander geſchieden. Ach ſcheiden wer hat dich erbacht / du haſt manch junges Hertz in gros trawren ge - bracht / Scheiden macht leiden / vñ kans doch niemand meiden.
Jn ſolchem Eheſtand hat er ſich mit ſeinem von Gott zugefuͤgten Ehegatten gantz Chriſtlich / Friedlich / Freund -lich[47]lich / lieblich / einig vnd wol vertragen / denn weil er aus Gottes Wort gewuſt / das vnter drey ſchoͤnen dingen / die beyde GottSyrac. 25. vnd Menſchen wol gefallen / auch diß gezehlet iſt / wenn ManGeneſ. 2. vnd Weib ſich mit einander wolbegehen / Ja ſolche zwey Ehe -Matth. 19. leut ſein ein Fleiſch: Vnnd aber niemand jemals ſein eigenEpheſ. 5. Fleiſch gehaſſet / ſondern er nehret es / vnd pfleget ſein.
So hat er ſein Ehegemahl geliebet vnd geehret / jhr al - les liebs erzeiget / vnnd kein leides ſein lebelang. Das heiſtColoſſ 3. ja recht: Jhr Maͤnner liebet ewre Weiber / vnd ſeit nicht bit - ter gegen ſie. Ein Mann ſol kein Lew in ſeinem Hauſe ſeinSyrac. [25]. O wo es alſo zugehet / do wohnet Gott / do gehet Gluͤck vnnd Wolfarth von ſtat / das macht eine ſanffte Ehe / vnd ein ge - ruiges Leben. Jch fuͤr mein wenigkeit mus es von jhm mit Warheit zeugen / das / ob ich wol viel vnd offt bey vnd vmb ſie geweſen / ſo hab ich dennoch die zeit meines Lebens nicht geſe - hen / das er ſein Haußthre mit einem Auge ſolt ſawer angeſe - hen haben / ſondern war eitel liebe Tochter / Liebes Kind / liebes hertzigen. Das hauſet vnd wirtet wol.
Ja es werdens andere Leut mehr zeugen / ſonderlich ſei - ne jtzt hoch vnnd viel betruͤbte hinderlaſſene Witwe / welcher dieſer Riß daher ſo tieff zu hertzen gehet / das ſie weiß es wer jhm hertzlich leid geweſen / das er ſie vnſanfft ſolt haben auff - ſtehen laſſen.
Daher jnen auch jre Ehe gar ſanfft geweſen / das ob ſie wol weniger ſechs Tage fuͤnff Jahr lang beyeinander jhren Eheſtand beſeſſen / jhnen doch ſolche zeit kaum fuͤnff Tage lang gedaucht.
Was ſonſten ſein gemeiner Lauff vnd Euſerlicher wan -4. A vita vi - rili, ſeu cõ - verſatione communi cum pre - ximo. del betreffen thut gegen ſeinen Neben Chriſten / ſo iſt mennig - lich bewuſt / ſo mit jhm vmbgangen / das er nicht iſt ge - weſt / ein Sawerkraut / Eiſengrimm / oder Nimmerfried /ſondern[48]ſondern ein homo placidus, manſuetus, pacificus, ein fein Sanffter / Freundlicher / Friedliebender Man / der ſich nicht allein gegen ſeines gleichen / ſondern auch gegen denen / ſo nidriges Standes geweſen / fein Ehrerbietig / ſitſam vnd freundlich erzeiget. Welches auch ein fein Lob / weil Petrus1. Pet. 2. lehret / Thut Ehre jederman. Vnd Paulus / fleiſſet euch derRom. 12. Erbarkeit gegen jederman.
Zu Zanck / Hader / vnnd Zwietracht hat er kein luſt ge - habt / ſondern ſich fein gehalten / nach der Lehre des heiligenPſalm. 34. Geiſtes: Denn wer leben wil vnd gute Tage ſehen / der ſchwei - ge ſeine Zunge / das ſie nicht boͤſes rede / vnd ſeine Lippen das1. Pet. 3. ſie nicht triegen. Er wende ſich vom boͤſen vnd thue gutes /Rom. 12. Er ſuche Friede / vnd jage jhm nach. Jtem: Jſts muͤglich ſo viel an euch iſt / ſo habt mit allen Menſchen Friede.
Wo er auch geſehen / das Leute ſich gezweiet / hat er offe gewuͤndſchet / das / wo man jhm folgen wolt / er wolt gern zum Vertrag helffen. Wie denn nicht allein mir / ſon - dern auch wol andern / etliche Leute kentlich / ſo zu Recht ge - deyen / denen er ſich wol ſelbſt erboten / wenn ſie es nur zu danck annehmen wolten / Er wolt ſich drein ſetzen / vnnd ſie vergleichen vnd vereinigen helffen / welchs an jhm ſehr loͤblich fuͤr Menſchen vnnd fuͤr Gott / Weil vnſer Heyland ſpricht. Matth. 5. Seelig ſind die Friedfertigen / denn ſie werden Gottes Kinder heiſſen.
Wo auch ſeine Vnterthanen in vneinigkeit vnd zanck gerahten / hat er ſie mit beſcheidener Lindigkeit wiſſen zu ver - einigen / die Verbrecher mit leidlicher Straffe zu ſchrecken / vff das ſie Friede ſuchen lerneten.
Wie er denn ſonſten zu ſeinen Vnterthanen ein Vaͤ - terliche zuneigung getragen / das er vngern hat ſehen vnd hoͤ - ren / viel weniger befehlen vnd billichen woͤllen / das ſie zu hart ſollen beſchweret werden / welches ob es wol nicht alle erkand / viel weniger Gott dafuͤr gedancket haben / So ſind doch dermeiſte[49]meiſte theil ſeiner Vnterthanen / welchen jhres loͤblichen lieben Junckern abſchied tieff ku hertzen gehet / vnd jhn mit harten ſeufftzen vnd trieffenden augen beklagen / das ſie nicht einen Oberherren / ſondern vielmehr einen Vater an jhm verloren haben.
Gegen armen Leuten war er mild / barmhertzig vnd wolthetig / nach der Regel Chriſti: Seyd barmhertzig / wieLuc. 6. ewer Vater barmhertzig iſt. Den Hungerigen brach er ſeinEſa. 58. Brod mit milter vnd williger Hand / welches auch loͤblich. Denn ein froͤlichen Geber hat Gott lieb. So hat er auch rei -1. Cor. 9. che verheiſſung: Er ſtrewet aus / vnd gibt den Armen / ſeinePſal. 112. Gerechtigkeit bleibet ewiglich / ſein Horn wird erhoͤhet mit ehren. Vnd Syrach vermanet: Was deine Hand vermag /Syr. 35. das gib mit froͤlichen Augen / Denn der HERR der ein ver - gelter iſt / wird dirs vergelten ſiebenfeltig.
Sein Religion / Gottesdienſt vnd Gottſeligkeit iſt hie5. à religione & pietate. mit nichten zuverſchweigen / ſondern loͤblich zu ruͤhmen / denn wie er in ſeiner Jugend zum Heiligen Catechiſmo vnd des Ehrwirdigen vñ thewren Mannes Gottes Lutheri Buͤchern gewehnet: Alſo hat er auch ſich derſelben allewege fleiſſig an - genommen. Calviniſcher vnd anderer Schwermerey war er hertzlich feind. Fragte offt / was ſolche Schwermer von dieſen vnd jenen Artickel hielten / vnd wie man ſie aus Gottes wort widerlegen koͤndte / daran hat er ſonderliche luſt vnd gefal - len.
GOttes Wort hielt er fuͤr ſeinen beſten ſchatz / den er liebte vber Gold vnd fein Gold / darumb hielt er ſich fleiſſigPſal. 119. zur Predigt / hoͤret dieſelben gerne / Denn wer weiſe iſt / derProverb. 1. hoͤret zu / vnd beſſert ſich. Vnd muͤſte jm eine hohe vrſach ſein im wege gelegen / die jhn von der Predigt hette abhalten ſollen. Wo er jrgend in der Predigt etwas gehoͤret / vnd den rechten verſtand nicht genug erreichet / ſchewet er ſich nicht / mich / alsGſeinen[50]ſeinen Prediger zu fragen / wie man diß vnd jenes verſtehen ſolte / wie dann ſonderlich / wenn er in Meckelborck vnterwei - len war zu ſeinen Freunden vnd Schwegern verreiſet / vnnd doſelbſt etwas in jhren Kirchen gehoͤret / brachte er ſolches mit anheim / vnd begerte / man moͤchte jm ſolches erkleren / wie ers verſtehen ſolte / welches dann auch ein loͤblich Stuͤck eines Kindes Gottes iſt / denn nachforſchen macht weiſe.
Straffpredigten achtet er nicht ſo gar geringſchetzig / wie die Weltkinder pflegen / ſondern hielts dafuͤr / das / wie GOTT den Gottsfuͤrchtigen ſeine gnedige zuſage gewiß wuͤrd haltẽ / alſo wuͤrde auch Gottes ſtraffe den Gottloſen nit auſſen bleiben / ward auch daruͤber nicht entruͤſtet / wie man -Prov. 25. cher rauchet wie Salpeter / wenn er geſtrafft wird / ſondern folget der lehr. Eccles 7. Das ſchelten der Weiſen iſt beſſer /Prov. 112. denn der Geſang des Narrẽ. Wer ſich gern leſt ſtraffen / wird klug werden / wer aber vngeſtrafft wil ſein / bleibt ein Narr. Pſal. 141. Vnd ſaget mit David: Der Gerechte ſchlage mich freund - lich / vnd ſtraffe mich / das wird mir ſo wol thun / als ein Bal -Pſal. 50. ſam auff mein Heupt. Do hingegen die / ſo Zucht haſſen / vom H. Geiſt vnter die Gottloſen geſetzt werden. Vnd SalomonProv. 29. ſagt: Wer wider die ſtraffe halſtarrig iſt / der wird ploͤtzlich ver - derben / ohn alle huͤlff. Er ſagte offt: Wenn vns die Prediger vnterweilen nicht auch ſtrafften / wer wolts denn thun? Sie ſind ja darzu geſetzt vnd geordnet jr Ampt erfordert es / das ſie es thun ſollen. Deſſen felt mir jetzt eben mit ein eine Hiſtori / welche ich vnſerm ſeligen Junckern zu ruhm auch noch mit - gedenckẽ mus. Als vor wenig Jaren mein Anteceſſor M. Jo - achimus Rudloff nach Berlin ward vocirt / do hielt der Ehr Pfarr Conradus Agrieola / vnd ein Erbar Raht zu Gran - ſoy in einer vnterredung bey vnſerm S. Junckern an / ob er auch mit meiner Perſon zu frieden wer / das ich kuͤnfftig zu Schoͤnermarck dz Predigampt beſtellen moͤcht / do hat er gar willig ſein votum darzu geben. Es koͤmpt nicht lang darnach ein rechter Schmorotzer zu jm / den ich wol fuͤr meinen gutenFreund[51]Freund hielt / der fragt / ob er mitgewilliget / das ich ſein Predl - ger ſolt werdẽ? Er antwortet: Ja / Ey ſpricht jener drauff: Ei - nen Teuffel ſeyd jr los wordẽ / jr werdet ſieben wider bekom̃en.
(So ehret der Geſelle das Straffampt / denn er meinte / M. Rudloff were ein ernſter ſtraffprediger geweſt ich wuͤrde es ſiebenmal herter machẽ / vnd meinte hiemit ein danck zuver - dienen) Aber der S. Juncker hat fein drauff geantwortet: Es mus dannoch einer ſein / der vns die warheit ſagt: Jhr vnd ewers gleichen thuts nicht / druͤmb muͤſſen es vnſere Prediger thun. Dieſes hab ich aus meines ſeligen Junckern Munde ſelbſt mehr dann einmal referiren hoͤren / wenn wir vnter vns vom Straffampt ſpracheten.
Jn der Kirchen ſaß er nicht wie ein Ziffra / ſondern halff die Chriſtlichen Geſenge mit ſonder luſt vnnd andacht gern mit ſingẽ / darzu er dann ſeine Geſangbuͤchlein bereitet hatte /Eph. 5. vnd folget hierin S. Pauli Lehr: Singet vnnd ſpielet demColoſſ. 3. HErrn in ewren Hertzen.
Wenn er Leibes ſchwachheit halben dieKirche nicht be - ſuchen kundt / ſo hat er vnter andern daheime D. Simonis Pauli Extract / den laſe er fleiſſig / ſagte auch / dz were ein feine Poſtill fuͤr jhm / denn es were fein deutlich vnd kurtz der Tert darin erkleret / wie noch den nechſt verfloſſenen Newen Jars - tag / weil er ſchon domals mit ſeiner ſchwachheit beladen / do hatte er die Erklerung des Evangelij aus erwehnten Authore vnter der Predigt geleſen / vnd do ich nach der Predigt zu jhm kam / vnd jn beſuchte / zeigte er mir / was er doſelbſt von der H. Tauffe geleſen hette / ſagte auch / wie es jm hette wolgefallen / er wolts ſonderlich zeichnen.
Wenn er ſich zum Tiſch des HErrn wolt machen / ſo hatte er wol acht auff ſein ſachen / Er bereitet ſich fein zuvor / vnnd hielt dieſe Ordn[u]ng / das nicht einer heute / der an - der morgen / ſondern mit ſeiner lieben Ehewirtinne zu - gleich bereitet er ſich / vnnd befahl das ſein Hoffgeſinde / ſo viel anheimiſch waren / auch zu der zeit ſich ſchickten. G ijWelches[52]Welches eine feine Haußdiſciplin anzeigte. Qualis Domi - nus, talis ſervus, Wo der Herr Gottfuͤrchtig iſt / do folgen die Diener nach. Regis ad exemplum totus componi - tur orbis. Es zeiget auch eine feine einigkeit vnd correſpon - dentz im Hauſe an / wie einigkeit im Hauſe bluͤhet / alſo bricht ſie auch heraus / ſonderlich im Gottesdienſt / vnd allen euſſer - lichen wandel.
Seine Beicht that er mit hertzlicher berewung ſeinerPſal. 119. Suͤnden / vnd do er je in ſeiner Jugend aus Menſchlicher ſchwacheit nicht allwege gehalten die Regel des Heiligen Geiſtes: Wie wird ein Juͤngling ſeinen weg vnſtrefflich ge - hen / wenn er ſich helt nach deinem Wort: So erkandte er ſolches auch vnd bat Gott hertzlich vmb verzeihung der Suͤn -Pſal. 25. de ſeiner Jugend mit David: Gedencke nicht HErr der ſuͤn - de meiner Jugend.
Er troͤſtet ſich auch / das jhm GOtt wuͤrde gnedig ſein /Ioh 3. vmb Chriſti willen / nach dem Spruch: Alſo hat GOtt die Welt geliebet etc. Er gleubte auch feſte / das der Diener des Worts macht hette / Suͤnde zu vergeben / laut Chriſti verſpre -Ioh. 20. chen / Welchen jr die Suͤnde erlaſſet / denen ſind ſie erlaſſen. Empfieng zu ſtercken ſolches ſeines Glaubens das Heilige Hochwirdige Sacrament des wahren Leibes vnd Bluts Je - ſu Chriſti mit hertzlichen verlangen / Gebet vnd danckſagung.
1. Reg. 10. Den Dienern des Goͤttlichen Worts war er ein rech -Ierem. 38. ter Obadias vnd getrewer Ebedmelech / der allweg jhr beſtes zu ſuchen / vnd in vorſtehender noht / wo ſie huͤlff bey jhm ſuch - ten / ſie nicht zuverlaſſen / wie das neben mir auch andere / ſo mit jm vmbgangen / wol wiſſen.
Er gehorchet vnd folget auch gerne ſeinen ordentlichenEbr. 13. Seelſorgern / nach der vermanung des H Geiſtes: Gehor - chet ewren Lehrern vnd folget jnen / denn ſie wachẽ vber ewre Seel / als die da rechenſchafft dafuͤr geben ſollen / auff dz ſie es mit freuden thun / vnd nicht mit ſeuffzen / denn das iſt euch nit gut.
Was[53]Was zu vnſer Kirchen auffnehmen / zierd vnd bawen gehoͤrig / des nam er ſich gar ernſtlichen an / wie es zum theil fuͤr augen / war auch willens / wo jhn Gott vns noch eine zeit - lang gelaſſen / das er ein ſchoͤn new Altar zur ehre GOttes wolt ſetzen laſſen. Vnd wtil vnſer Gotteshauß ſehr arm vnd wenig einkomens hat / ſorgte er emſiglich dafuͤr / wie man auff Mittel vnd wege dencken moͤchte / das es auch ein wenig auff - komen / vnd vorrath haben moͤchte Jſt vns aber leider / hie all - zu fruͤhe abgeſtanden.
Summa in ſeinem Chriſtenthumb erzeigete er ſich fein ſanfft Chriſtlich vnd Gottſelig / das wir jhm billich mit Ruhm muͤſſen nachſagen.
Ob aber hie jemand wolt meinen / wir wolten gar ein Engel aus jhm machen / der ſol wiſſen / das er auch iſt geweſen ein Menſch / das iſt / Er hat in ſeinem Boſem getragen FleiſchPſalm. 51. vnd Blut / der auff dieſer Welt auch in Suͤnden empfangen / vnd gebohren / vnter die Suͤnde verkaufft / der mit Paulo offtRom. 7. muͤſſen ſagen vnd ſchreien / wollen hab ich wol / aber vollbrin - gen / das gute finde ich nicht / denn das gute das ich wil / thue ich nicht / ſondern das boͤſe das ich nicht wil / das thu ich. Weil jhm aber ſolche ſchwereSuͤnde gerewet von Hertzen / Als ſind jhm dann durch Chriſtum die Suͤnde vergeben vnd die Vber -Pſam. 32. tretung bedecket. Vnnd wir als rechte vnd echte Gottes Kin - der ſollen ſolche ſchwachheit vielmehr bedecken / als auffdecken1. Cor. 13. helffen / aus Chriſtlicher Liebe / als welche iſt Langmuͤtig vndProver. 10. Freundlich / vnd als welche auch decket der Suͤnden menge. 1. Pet. 4.
NV wollen wir auch zu letzte bedencken ſein letztes Ab - dancken / vnd ſeligen Abſchied / aus dieſem Trawer - thal / zum Himliſchen Jubel vnd Frewden Saal.
G iijFreylich[54]Freilich mag dis Leben wol heiſſen ein Trawerthal / denn weil wir hie in dieſer Huͤtten ſein / iſt nur Elend / Truͤbſall vnd Pein / vnd das gehet vber die Frommen ſo bald / als vber〈…〉〈…〉. Pet. 4. die Boͤſen / denn da fenget das Gericht an am Hauſe Gottes. Iohan. 6. Do muͤſſen die Kinder Gottes das ſawr: In mundo preſſu - ram habobitis: practiciren lernen / ſintemal Gott der ſei -Prov. 3. ne Heiligen wuͤnderlich fuͤhret / eine ſolche weiſe helt / das wel -Ebreo. 12. chen er liebet / den ſtrafft vnd zuͤchtiget er / zwar nicht zum boͤ -Apoc. 3. ſen / ſondern viel mehr zum guten: A Domino corripimur, ne cum hoc mundo damnemur. Wir werden von dem1. Cor. 11. HErrn gezuͤchtiget / das wir nicht ſampt der Welt verdam - met werden / denen die Gott lieben / mus alle ding zum beſtenRom. 8. dienen / die nach dem Vorſatz beruffen ſind.
Vnd das wir vnſers ſeeligen Junckern Abſchied auch von dieſem Stuͤck anfangen / ſo iſts nicht ohn / das in Gott als ſein liebes Kind / auch wol vnter der Ruthen vnd Zucht gehalten /Iob. 7. das er mit Job hat muͤſſen im ſtreit ſein auff Erden. Anders zugeſehweigen / ſo hat er zeit ſeines Eheſtandes euſſerlich viel Widerwertigkeit gelitten: Denn auch die jenigen / zu welchen er ſich alles gutes vermutet hette / jhm zu verdries gethan / was ſie nur erdencken koͤnnen / Jhme ſein Leben gar herb vnd ſawer gemacht / Manche vergebliche Reiſe verurſachet / vnnd[syr]. 38. 30. manche bittere Malzeit vnd ſchlaffloſe Nacht er reget / daher er auch an Leibeskrefften nicht wenig verletzt vnd geſchwechet worden. Alldieweil ſolche Hertzen trawrigkeit ſchwechet die Kreffte / vnd Sorge macht alt vor der zeit.
Cura facit canos, quamvis homo non habet annos.
Welches alles er doch Gott heimgeſtellet vnd mit gedultDent. 37. ertragen / Jn betrachtung das ſie auch Gott zu ſeiner zeit wol finden werde / weil er geſaget: Die Rache iſt mein / Jch wil vorgelten.
Mit Leibes Schwachheit hat jhn Gott auch offt heim - geſuchet / Sonderlich wenn es Jaͤhrlich gegen den Fruͤhlinggangen /[55]gangen / ſind ſeine paroxiſmi auch heraus gebluͤhet vnnd her - aus gebrochen / do er neben dem Gebet zu Gott gebrauchet die Artzney / ſo da koͤmpt von dem Hoͤchſten: Der HErr leſt dieSyr. 38. Artzney aus der Erden wachſen / unnd ein vernuͤnfftiger ver - achtet ſie nicht. Dannen er noch allezeit wider geneſen / vnd jhm Gott / wie Hißkia noch ein Jahr nach dem andern ſeinenEſai. 38. Tagen zugeleget / bis auff diß jtzige gegenwertige / nach Chri - ſti Geburt 1603. Jar / do er ſein gewoͤnliche plagen amSchen - ckeln / zeitiger weder ſonſt bekommen: Dazu auch diß wehe ge - ſchlagen / das er fuͤr der Bruſt ſich nicht gar wol befunden. Welchs er in den heiligen Weinachten ſchon fuͤhlete: Alſo / das er auch wegen LeibesSchwachheit ſieder nicht viel mehr zur Kirchen kommen koͤnnen.
Do er aber ſeines Leibes Schwachheit ziml[i] ch fuͤhlete / that er / wie die vorſichtigen Kauffleute pflegen / die bey zeit ein - keuffen / das ſie in der Noth einen Vorrath haben. Denn die vornembſte Sorge lies er jhm angelegen ſein / das er mit Gott ſich moͤchte vertragen / den 1. Epiphan. iſt er mit ſeiner hertz - liebſten Margaretha ſampt dem gantzen Hoffgeſinde zur Kir - chen kommen / ſeme Beichte gethan / Abſolution empfangen / vnd das Hochwirdige Sacrament des Leibs vnd Bluts Chri - ſti / zu ſterckung ſeines Glaubens genoſſen. Nach dieſem iſt er noch / vnd zwar das letzte mahl in der Kirchen geweſen / vnd vnſere Gemeine geſehen / welches er hernach nicht mehr be - ſtellen koͤnnen / ſondern ſich an ſeine Haußkirch halten muͤſſen.
Weil aber die Schwachheit von Tag zu Tag zugenom - men / hat er abermals den Artzt laſſen zu ſich fodern / Auch do derſelbe ankommen / ſein Diener Albrecht Klitzing alsbald zu mir geſchickt / mit bitt / weil er ſich jetzo in des Artztes Cur ergeben muͤſt das ſeiner im gemeinen Chriſtlichen Gebet auff der Cantzel auffs fleiſsigſte moͤchte gedacht werden / welches auch geſchehen.
Weil[56]Weil aber der Allmechtige nach ſeinem allweiſen Rath ein anders mit jhm fuͤr hatte / war des Artzs kunſt vmbſonſt / vnd er jmmer ſchwecher ward / dennoch hielt er ſich fein geduͤltig vnd ſtarck / hoffet noch der beſſerung nach dem Reim:
Dum ſpiro, ſpero. Do auch ſein vielgeliebter Schwager / Henning von Pentze / ſampt ſeiner liebenSchweſter zu jm ko - men / jn in ſeiner Schwaheit zubeſuchen / welches war Mon - tags nach Sexageſimæ / ſchicket er alß bald folgendes Mor - gens fruͤe ſeinen Diener zu mir in die Stadt / vnd liß mich zu ſich heraus foddern / do befand er ſich noch ſo wol / das wir al - le gute hoffnung der beſſerung ſchoͤpfften / hatten vns ſeines ploͤtzlichen Abdanckens wol nicht vermutet / denn er den gantzen Tag auff vnd abgieng / bis vmb acht Vhr auffn A - bend / do ich kurtz zuuor von jhm gangen / bekompt er ſo hefftig wehtag fuͤr der Bruſt / das er offt gewuͤndſchet / das ich doch wer bey jhm blieben / jhm mit troſt aus Gottes Wort bey zu - wohnen / denn er wol den folgenden Tag ſchwerlich errei - chen moͤcht. Doch gab Gott damals gnedige linderung.
Wegen meines Ampts in der Kirchen des Sontags E - ſto mihi fruͤe / weil ich viel confidenten zu hoͤren hatte / das ich ſelbſt zu jm zu gehen nicht zeit vermochte: Ließ ich dennoch vmb ſein zuſtand fragen: Als ward mir dieſe Relation / das er zwar ein wenig Ruhete / liß ſich aber mit der Schwach - heit ſehr gefehrlich an / das fuͤrwar betens wolt hoch von noͤ - ten ſein / welches auch in aller Andacht ward verrichtet.
Denſelben Sontag vber hat er ſich noch zimlich befun - den. Aber gegen die Nacht iſt jhm die Bruſt vnd das Hertz ſo hart beklemmet worden / das er ſich fuͤr groſſer Angſt nir - gents wiſſen zu laſſen / vnnd jmmer nach dem anbrechenden Tag ein groß verlangen getragen.
Vmb[57]Vmb 5 vhr fruͤe am Montag bekam ich wider Botſchafft / das ich mich eilend ſolt zum Juncker verfuͤgen / denn er ſich ſehr ſehwach befuͤn - de / da ich auch faſt eilete / vnd gegen 6 vhr zu ihm kame / fand ich jn mehr / als ich wol verhoffet hette / in groſſer ohnmacht / welches mich auch ſo hart betruͤbete / das ich fuͤr wehemut erſt nicht viel wort machen kondt. Bot ihm die Hand / vnd wuͤnſchete im einen froͤlichen morgen / deſſen er ſich auch freundlich bedanckte.
Darauff fieng ich an mit jm zu ſprechen: Lieber Juncker vnd Ge - vatter / wie iſt euch doch zu muth: Antwortet er / Ach ich bin ſehr ſchwach. Jch ſprach: Ja das zeigen alle ewre geberden: Er ſagt weiter / Ach wie angſt iſt mir / do fuͤr der Bruſt ligt es / ich kan nicht lufft haben / wenn ich des knoten nur loß wehr / ſo hoffte ich es ſolte beſſer werden. Jch antwortet / Ja lieber Gevatter / hierin wil wol Gottes huͤlff die be - ſte ſein / jhr woliet euch nur froͤlich vnd willig in die hand des HErren geben / vnd mit S. Paulo getroſt ſagen / Leben wir / ſo leben wir demRom. 14. HErrn / ſterben wir / ſo ſterben wir dem Herrn / darumb wir leben oder ſterben / ſo ſind wir des HErren.
Darauff antwortet er mit rechtem ernſt vnd harten worten: Ja / das hab ich lang gethan. Jn der hand des HErren wil ich bleiben. Jch lebe oder ſterbe / ſo bin ich des HErrn. W[o]lan ſprach ich / weil jhr das gethan / ſo gleubet feſt / Gott verleſt die ſeinigen nicht / Er wird euch auch in dieſer noth nicht laſſen / ſondern lant ſeiner zuſag her aus reiſſen. Ge -Pſalm. [91]. dencket an die troͤſtliche Spruͤche / ſo ihr ehemals aus Gottes wort ge - hoͤret / vnd ſie auch ſelbſt gerne geleſen / daran haltet euch / als an einen feſten ſtecken vnd ſtab Gottes der euch troͤſtet. Pſalm. 23.
Ach ſagte er ferner dar auff / wenn ich dieſes knoten fuͤr der Bruſt loß w[e]re / Ja ſagte ich drauff / der HErr vnſer Artzt wird jn wol loͤſen zuExod. 15. rechtet zeit. Der weis wel weis am beſten iſt / er braucht an vns kein arge liſt / des ſolt jhr jhm vertrawen. Ja ſagte er drauff: Mein angſt aber iſt gar zu gros: O nein / antwortet ich / denn Gott iſt getrew / der leſt euch nicht verſuchen vber ewer vermoͤgen / Er wird alſo mit Euch1. Cor. 10. ein ende machen / das ihrs koͤnet ertragen. Denn denen / die Gott lieben /Rom. 8. mus alle ding zum beſten dienen. Hierauff hielt ich jhm abermals den Spruch Pauli fuͤr zun Roͤmern am 14. Ermahnet jhn auch / er wolt ſolch ſein vortges bekentnus / ſo er darauff gethan / im hertzen feſt behal - ten. Wenn es Gottes wille were / ſo koͤnte er jn wol wider feiſten. Wo aber Gott je jhn abforoern wolte / ſo ſolte er ſagen: HErr dem wille ge - ſchehe. Was man Gott wil / geſchehe allzeit / ſein will iſt der beſte.
HJa[58]Ja ſagte er / das wil ich thun. Ploͤtzlich kam jhm die angſt wider / das er bat / man wolt jhn doch auffrichten / welches geſchach / da fieng er an: Ach wie iſt mir ſo angſt vmbs Hertze. Jch ermanete in dar auff / er wolte ſich erinnern / wie dem Koͤnig Dauid auch muſte angſt vmbs Hertze geweſen ſein / ds er dieſe wort im 25 Pſalm geſprochen / Die angſt meines hertzens iſt gros / Ja ſagte der Frawen Mutter darauff: Dieſen Pſalm hat er ſchon vor ſich gehabt vnd wol betrachtet: Jch er - mahnet wetter / Er ſolt aber ferner Dauid im Gebet folgen / vnd zu Gott ruffen / Fuͤhre mich aus meinen noͤthen. Sihe an meinen Jam - mer vnd elend. Do fiel er nur ins wort / vnd betet ſelbſt / mit hertzlichem ſeufftzen folgende wort: Vnd vergib mir alle meine Suͤnde. Jch betet jhm folgends den Pſalm fuͤr bis zum Ende / vnd auff dem letzten Vers troͤſtet ich jhn / Ja Gott wird euch erloͤſen aus aller ewrer noth / Denn er iſt allem der gute Hirt / Der Jſrael erloͤſen wird / aus ſeinen Suͤnden allen. Der hat euch auch erloͤſet durch Chriſti Blut / der wird euch auch von dieſer angſt erloͤſen.
H[i]erauff legte er ſich wider ein wenig nieder / vnd weil die angſt ſich heuffete / ſagte er zu mir / Ach lieber Gefatter / laſt mich ein klein wenig ruhen / das ich mich nur erhole / ſo wil ich euch gerne ferner zuhoͤ / ren. Darauff ich ſeinem willen folgete. Doch vermahnet ich jhn bald wider drauff / Er folt eingedenck ſein ſeiner H. Tauff / wie er darin durch Chriſti Blut von Suͤnden gewaſchen / vnd im Buch des Lebens verzeichnet / wie er auch vor wenig wochen ſich mit Gott ausgeſoͤnet / ſein Confeſsion Beicht vnd Bekentnus in der Kirchen fuͤr mir als ein Diener Chriſti gethan / darauff die troͤſtliche Abſolution empfangen / darauff er auch im H. Abendmal mit Chriſti Leib vnd Blut geſpeiſet vnd getrencket wer / zu ſeines glaubens ſterckung / daran er ſich feſt hal - ten ſolt / vnd Chriſti tewer verdtenſt vnd Blut in dieſer angſt ſein hoͤch - ſte er quickung ſein laſſen. Da ſagte er mit kurtzen worten / Ja / das wil ich / ob Gott wol thun.
Hierauff hatte er gar ein wenig friede / aber nicht lang: Vnter des er bald ſeine liebe Ehewirtin vnd Margaretam / bald ſeine liebe Schwe - ſter / die Pentzin / gar kleglich anſahe / jhnen zuredete / gleich als wolt er ſich mit jhnen letzen / wolte ſie aber nicht hoͤher betruͤben / weil er ſahe / das ſie ohne des ſehr betruͤbt vber jhn waren / Sprach auch ſeufftzende / Ach wie angſt iſt mir / darauff ſie ſich mit hertzlichem mitleiden zwar ſehr vbel hielten / aber doch in troͤſteten / Er ſolt ſich doch zu frieden ſtellen / Gott wuͤrde es wol verbeſſern. Wie man denn dis ſeiner lieben Ehewir -einne[59]einne rhuͤmlich nachſagen mus / des ſie eheliche liebe vnd trew an jhm nicht vergas / war fl[ei]ſſig vmb in / thet was jhr immer muͤglich was / das ſo es in jrem vermoͤgen geſtanden / ſie jhm hertzlich gerne geholffen hette.
Do auch ſein lieber Schwager Henning Pentze fuͤr im ſtunde / den er gar ernſtlich anſahe / fieng er mit ſtarcken worten zu jhm an: Ach lie - ber Schwager / wie wils doch werden? Reichet jhm dar auff die rechte Hand / vnd bat / man wolt in auff den S[tue]l zu ſitzen bringen: Welchs als bald geſchach. Do er ſich kaum niedergeſ[e]tzet / fieng er mit ſeinen vernemlichen beweglichen worten an zu ruffen: Jeſu du Sohn Dauid erbarm dich mein.
Jch thet jm darauff ein vermanung / ſagend / Dis iſt ein probirtes vnd koſtliches Gebet / das one nutz nicht kan abgehen. Denn geſtern im Euangelio rieff der Blinde mit lauter ſtimme Chriſtum auch alſo zu / Daſſelb ſchreien wircket ſo viel / das jhn Chriſtus bald zu ſich bringen htes / gewehret jhm auch ſeiner bitte. Alſo wird Jeſus der Sohn Da - uid Ewer ſchreien auch erhoͤren / Euch bald zu ſich fordern laſſen / das er euch helffe.
Hierzwiſchen kamen denn S. Junckern ſeine Vnterthanen / ſo viel damals einheimiſch waren / welche auff Henning V. Pentzen Rath waren erfordert worden / das ſie zu Gott ein andechtiges Vater vnſer thun ſolten. Dieſe alle / ſampt Adlen vnd Vnadlen / ſo dakegenwertig waren / beteten mit heiſſen trenen / vnd ſtarckem ſeufftzen einmuͤtiglichen zu Gott / das er des Patienten ſchmertzen lindern / vnd jn aus der angſt reiſſen wolle. Darauff ich zu im trat / troͤſtet jn / Er wolt ſich auff Chri - ſti Blut vñ tewres verdienſt ergeben / das wuͤrde im ſein Hertz erfriſchen. Er ſolt auch anſehen / wie hertzlich jhn ſeine Vnterthanen liebeten / wie embſiglich ſie fuͤr jhn beteten / das wurde jhm jtzo ſein gewiſſen ſaͤnfftern / weil er wuſte / das er ſich an ſeine Vnterthanen nicht verſuͤndiget mit ſchweren aufflegen / ſondern ſie vber all vertreten / darumb beteten ſie ſo hertzlich fuͤr in. Vnd das Gebeth des Gerechten / das mit ernſt geſchicht /Jacob. 5. vermoͤge vtel / darumb wuͤrde es Gott auch jtzo gewislich erhoͤren.
Auff ſolch ernſtes Gebet begunt ſiche mit jm zum auffloͤſen zu geben / das im das Hertz wolt brechẽ. Do fing er an / Ach Gott / wie[bleib]ſtu doch ſo lange J[c]h antwortet: Ey laͤſt von ewrem he[ilan]d Chr[i]ſto Jeſu nicht abſondern ſagt mit Deu[te]: Vnd ob es wehrt bis in die nacht / vnd widerPſal 130. an den morgen / Doch ſol mein Hertz an Gottes macht / verzweiffeln nit noch ſorgen. Harret nur ein wenig das / Gott wird gewielich komen: Er[rieff]noch einmal / ach Gott / wie[bleibſtu]ſo lang. Darauff ſagt ich / Nein /[H ij]Gott[60]Habacuc. 2Gott wird nicht zu lange bleiben / Veniens veniet, & non tardabit. Gott wird nach ſeiner zuſage gewis kommen / vnd nicht auſſen bleiben / Betet nur fleiſſig / Von allem vbel vns erloͤß / es ſeind die zeit vnd tage boͤß / Erloͤß vns etc. vnd troͤſt etc. Beſchere vns auch ein ſeeliges end / nim Meine Seel in deine Haͤnd etc.
Weil wir nun ſahen / das Gott vnſer Gebet gewislich erhoͤret hatte / vnd das ſein ſtuͤndlein herzu nahete / Die Frawen aber ſemptlich ſich ſehr rewlich gebaͤhreten / Beſchaffete es Juncker Henning Pentz alſo / das er ſich der hochbetruͤbten Matronen annam / dieſelbe halff zu frieden ſprechen / vnd bat / ich wolt bey dem ſterbenden anhalten mit troͤ - ſten / hilt ich jhm noch ſein juͤngſtes gedachts bekentnus fuͤr / Ob er noch feſt gleubete / das er des HErren were im Tod vnd auch im Leben / Ant - wortet er vernemlich / Ja. Jch fragte weiter / ob er auff Chriſti tewres Blut vnd Tod wolte abſcheiden / Antwortet er ernſtlich / Ja. Vnd nei - get das Heubt hinderwars auffs Bette / Do rieff ich jm zu vnd ſprach / Weil jhr darauff friedlich vnd ſeliglich wolt hinfahren / So befehlet ewer Seele hierauff dem trewen Heiland Jeſu Chriſto / in dem herrli -Pſal. 31. chen Gebet Dauids. HErr Jeſu Chriſte / in deine hende (do kont er die wort nicht alle mehr nachſprechen / ſagt drauff (hende) befehl ich meinen Geiſt / Antwortet er / Geiſt: Du haſt mich erloͤſt / Antwortet er / Erloͤſt. Vnd das war ſein letztes wort / Wandte damit ſeine Augen gegen Himmel / ſahe mich gar embſiglich an / vnd verſchied ſo ſanfft auff meiner Hand / das er ſein Angeſicht oder Mund nit ver wendet / oder ſonſt ein vngeberde von ſich ſehen ließ. Darauff ich ihme ſeine Eugelein / mit einem Schweistuch / ſo er in henden hatte / zugedrucket. Eben des Mon - tags nach Eſto mihi, fruͤe zwiſchen acht vnd neun vhr / ſeines alters im 40 Jahr / eben vmb die zeit / da kurtz zuuor ſein lieber Schwager Ca - ſper Floto Erbſeſſen auff Stur / ſeeliglich fuͤr jhm hingezogen / dem er gleich auff dem Fuß einen gleitsman vnd geferten gegebẽ vff der Reiß / von dieſer muͤheſeligen Welt zum Ewigen leben.
Alſo iſt vnſer Seeliger Juncker bey guter vernunfft vnd wahrer gleubigen andacht bis an ſein Seeliges ende verharret / vnd ſein ende auff Chriſti erloͤſung geſchloſſen / Wir zweiffeln auch nicht / ſondern1. Pet. 1. ſeind gewis / das er hab dauon bracht das Endt des Glaubens / nemlichSapient. 3. der Seelen Seligkeit. Seine Seele ruhet in Gottes hand / do ſie keineIohan. 5. qual anruͤhret / vnd weil er iſt durch den zeitlichen Tod ins Leben hin -durch[61]durch gedrungen / ſo wartet der Leib auff die froͤliche Aufferſtehung zum Ewigen leben / welche jhme die heilige Dreyfaltigkeit gnediglichen mit allen Heiligen vnd Auserwehlten wolle verleihen.
Vnter des wolle der Vater der Witwen / vnd troſt aller betruͤb - ten / die hinderlaſſene hoch vnd ſehr betruͤbte Witwe / vnd die trawrenden Schweſtern / gantze Freundſchafft / ſampt allen / ſo vber dem abſcheid dieſes vnſers verſtorbenen Junckern leide tragen / mit ſeinem Gnaden geiſt troͤſten vnd ſtercken / vnd vns allen auch ein Seeliges Simeons ſtuͤndlein von dieſem Jammerthal / nach dieſem leben aber / durch Chriſtum / die froͤliche Aufferſtehung zum ewigen leben verleihen. Amen. HERR Jeſu Chriſte / in deinem namen / Amen.
Admodùm Reverendi, Clarißimi & doctißimi viri, Dn: Iohannis Bevthelii,, Ec - cleſiæ patriæ olim Eccleſiaſtes & fidelitatis & pietatis zelo præſtantißimi: nunc verò in Dall - hauſen & Horſt, Paſtoris vigilantißimi. Amici & Compatris ſui colendißimi.
Ioachimus Schmidius Granſoenſis libaral. art. Studioſus Vitebergaf.
Cnronodiſtichon. Annum, Menſem & diemMenſis continens.MartIVs Vt qVInos ſoLes InDVXerat orbI.HennIngVs sVbIIt fata ſeVera pIe.
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