Sey ſtill / mein Seel / es macht dein GOTT All’s gutt im Leben und im Todt.
Dem Edlen / EhrenVeſten GroßAchtbahren und Hochgelahrten Herren Johan Lauterbachen / Erb Herrn auff Beichaw und Schlon / Vornehmen JCto Practico, und ſeinem Hertzlieben zarten Toͤchterlin Jungfraͤwlein Dorotheæ / Wie auch Dem Edlen / EhrenVeſten / HochWeiſen und Wolbenambten Herrn Ernſt Nitner / Regierendem Herrn Buͤrgermeiſter in Groſſen-Glogaw / und ſeiner vielgeliebten Ehe-Frawen Der WolErbaren / VielEhren - und Tugend-reichen Frawen Urſulæ / Gebohrner Heintzin / Und Frawen Annæ / Geborner Wincklerin / Herrn Caſpar Wißmets geliebten Ehe-Wirthin / als der S. Frawen hinterbliebenen hochbetruͤbten Ehe-Herren / Einigem Toͤchterlin / Herrn Pflege-Vater / Leiblichen Frawen Mutter / und Frawen Stieff-Schweſter /
Seinen allerſeits Hoch-Geehrten lieben Hertz-Freunden und Freundinnen Ubergiebet / mit widerholtem Wuntſch kraͤfftigen Troſtes / begehrte Leich-Sermon AUTOR.
Jesu, animæ noſtræ re - quie, Luce & Duce!
Das walt der Herr / welcher unſerer SeelenWuntſch. auch im Tode Guttes thut / daß ſie Jhn fuͤr ſeinem Throne loben und preiſen kan; und uns am Juͤngſten Tage nach unſer Aufferſtehung dahin bringen wird / daß wir mit Leib und Seele vereiniget / fuͤr Jh - me im Lande der Lebendigen wandeln werden: Auch unſere verſtorbene Fraw Mit-Schweſter allbereit durch einen / wie - wol ploͤtzlichen / doch Seeligen Abſchied auß dieſer Welt dahin gefoͤdert / daß Jh - re Seele auß dem Tode geriſſen / Jhr Au - ge von den Thraͤnen / Jhr Fuß vom glei - ten / fuͤr Jhm ewig leben wird: Der wol - le ſolchen Troſt in die Hertzen der Leidtra - genden Hochbetruͤbten einſchreiben; und auch unſeren Seelen Guttes thun / daß wir vor Jhm ewig leben moͤgen: JEſus CHriſtus / hochgelobet ſampt Gott dem Vater und Heiligen Geiſte in Ewigkeit / AMEN.
Außerwaͤhlete und Andaͤchtige im HErren / auch nach dem untadelhaff - ten Willen GOTtes zum theil im Hertzen hochbetruͤb - te und mitbetruͤbte Chriſten,c. XXVI, 23. Weñ der weiſe Mann Sy - rach ein tugendtſam Weib beſchreiben wil / ruͤhmet Er Sie unter andern von Beſtaͤndigkeit des Gemuͤttes / und vergleicht Sie den guͤldenen Saͤulen auff den ſilbern Stuͤlen. Er redet aber nicht von einem leicht - finnigen / unbeſtaͤndigen / ſondern fromen tugendhaff - ten Weibe / die ein beſtaͤndiges Gemuͤtte / beſonders gegen Jhrem EheManne traͤget / in Lieb und Leid / Er ſey jung oder alt / reich oder arm / geehrt oder veracht. Die - ſe vergleichet Er den guͤlden Saͤulen auff den ſilbernCornelius à Lap. in h. l. Stuͤlen; Welches zwar nach der Griechiſchen Sprach und Lateiniſchen gemeinen Dolmetſchung von Jhren Schenckeln und Fuͤſſen etliche wollen verſtanden haben / daß naͤmlich Jhr aͤuſerlicher Gang / Leben / Wandel / Thun und Vorhaben mit der jnnerlichen Gemuͤts-Be - ſtaͤndigkeit uͤberein treffe: Aber es ſiehet der Heilige Geiſt hiemit etwas weiter / naͤmlich auff die Saͤulen / welche die Stiffts-Huͤtte hielten; und ſonderlich die viere auß Foͤrn-Holtze gemacht / mit Gold uͤberzogen / de -rer KoͤpffeAll’s gutt / im Leben und im Todt.rer Koͤpffe waren von Gold / und darunter vier ſilber - ne Fuͤſſe / Welche nur nicht ſchoͤn anzuſehen / ſondern2. B. Moſ. xxxvi, 35, 36 es waren auch daran gehefftet / der Fuͤrhang / kuͤnſtlich mit geler Seiden / Scharlacken / Roſinroth / und ge - zwirnter weiſſer Seiden gewircket.
Mahlet alſo ein tugendſam Ehren-Weib / daß Sie nicht alleine eine Zierde / ſondern auch eine StuͤtzeSpꝛuͤch. Sa lom. xxxi. und Saͤule Jhres Mannes ſey / darauff ſich ſein Hertz ſteiff lehnen / und ſicher verlaſſen kan. Wie auch eben dieſer weiſe Mann anderswo faſt auff dieſen ſchlag redet: Wer eine Haußfraw hat / der bringet ſeinSyr. xxxvii. v. 26. Gutt in Rath / und hat einen trewen Gehuͤlffen / und eine Saͤule / des Er ſich troͤſten kan. Deß - gleichen daß Sie / wie die Saͤulen an der Stiffts Huͤt - ten / daran der Fuͤrhang hieng / viel mit dem Mantel der Liebe im Eheſtande und in der Haußhaltung durch be - ſcheidene Vorſichtigkeit bedecke / daß weder fuͤr andere Leute / noch fuͤr den Ehe Herren / ſich daruͤber zu entruͤ - ſten / alles kommen darff.
Unter ſolche tugendhaffte Weibesbilder moͤgen wir mit billigkeit rechnen die weiland WolErbare / Viel Ehrenreiche und Hochtugendſame Fraw Dorothea / Des Edlen / Ehrenveſten / GroßAchtbarn und Hoch - gelahrten Herrn Joann Lauterbaches / Erb Her - rens auff Beichaw und Schlon / vornehmen JCti pra - ctici / und geweſenen Syndici zu GroßGlogaw / an - weſenden hertzſchmertzlich betruͤbten Herrn Wittibers / vielgeliebte Hauß-Ehre / nunmehr Seelige. Sie warA iijrechtSey ſtill / mein Seel / es macht dein GOttrecht eines beſtaͤndigen Gemuͤttes Jhren Ehe-Herren zu lieben / in gutten unnd boͤſen Tagen / in Creutz unnd Verfolgung: Und nicht allein eine Zierde und Stuͤ - tze ſeines Hauſes / Sondern auch eine Saͤule / derer ErSyr. xxvi, 2. und Jhr liebes Toͤchterlin ſich troͤſten kondte / und die Jhrem Herren das Hertz erfriſchete: Beſonders / ne - ben dem Herren Pflege-Vater unnd gantzer Freund - ſchafft / auch der geehrten und nun faſt betagten Frawen Mutter / die jtzt Jhr Jam̃er-Liedlein anſtimmen mußB. der Rich. c. x i, 35. mit Jephthah: Ach meine Tochter / wie beugeſt du mich / und betruͤbeſt mich? Und wie die Hanna vonTob. x, 4. Jhrem Sohne ſchreyet: Ach meine Tochter / ach meine Tochter / unſere einige Frewde / unſer eini - ger Troſt in unſerm Alter / unſer Hertz / und un - ſer Erbe: Die auch mit Jhrer Vorſichtigkeit viel wiſſen zu verhuͤllen und zuzudecken. Aber unſer lieber weiſer Gott hat dieſe Saͤule vergangenen Freytag zu Nacht umb 12. Uhr geſchwinde und unvorſehens durch einen ploͤtzlichen Schlagfluß und den zeitlichen Todt um̃ - geriſſen und niedergeworffen.
Wie nun / wenn die Saͤulen wancken und fallen / das gantze Hauß einen Rieß bekommet / oder groſſen Fall thut / wie in Simſons Hiſtorien zuſehen; Alſo weil dieſe guͤldene Saͤule gefallen / zittern die Grundfeſte desRicht. xvi, 29, 30. gantzen Hertz-Leibes und Nahrungs-Hauſes unſers Herren Wittibers / Herren Lauterbaches / der Frawen Mutter / und der gantzen Leidtragenden Freundſchafft / und Jhre Augen flieſſen mit Thraͤnen haͤuffig.
DamitAll’s gutt / im Leben und im Todt.Damit nun unſer HErr GOtt ſelber ſtuͤtze / und durch ſein Wort und Heiligen Geiſt Troſt-Saͤulen un - terziehe / ſo laſſet uns miteinander beten:
‘Vater Unſer / der du biſt / etc. ’ ()ANdaͤchtige ꝛc. Marci am XIII. Cap. xiii, v. 35. 36.Cap. ſetzet der Sohn GOttes eine trew - hertzige Vermahnung und Warnung: So wachetnun /Sey ſtill / mein Seel / es macht dein GOttnun: Denn Jhr wiſſet nicht / wenn der Herr des Hauſes komme / ob Er kombt am Abend / oder zu Mitternacht / oder umb den Hahnenſchrey / oder des Morgens: Auff daß Er nicht ſchnelle komme / und finde Euch ſchlaffend. Vnd ſolche Warnung richtet Er nicht allein auff ſeine Juͤnger / das anweſende Volck / oder die Prediger / als der Apo - ſtel Nachfolger im Lehr-Ampt / ſondern alle Chriſten /1. Ep. an Ti - moth. III, 16 uñ Hebr. III, 6. wie er außdruͤcklich darzu ſetzet: Was Jch aber euch ſage / das ſage Jch allen / Wachet. Durch den HErren des Hauſes verſtehet der[HErrE] Hriſtus ſonder zweiffel ſich ſelbſt / weil Er iſt der HErr ſeines geiſtlichen Hauſes / nemlich der Gemeine des lebendigen Gottes / die Er bereitet hat.
Durch die Zukunfft des Hauß Herrens wird zwar vornemlich angedeutet die Widerkunfft Chriſti zum Ge - richte; Doch zugleich die Stunde des Todes / dadurch Er uns auß dieſer Welt abefodert / und zu ſich nimbt; Durch die finſtere Abend - oder Nacht-zeit / das gantze menſchliche muͤhſeelige Leben / welches gegen dem hellen Liecht des Ewigen Lebens wol eine Nacht mag genen - net werden. Durch die vier zeiten aber der Nacht / (wie ſie die Alten abgetheilet) werden entweder die vier Alter des Menſchen / oder die unterſchiedliche abtheilun - gen des Alters / ja alle Tage / Stunden und Augenblick unſers Lebens verflanden / und daß niemand wiſſe / in was fuͤr einem Alter / zu welcher Zeit des Jahres / an welchem Tage / zu welcher Stunde / und in welchemAugen -All’s gutt / im Leben und im Todt.Augenblick der HErr kommen werde / entweder zum Juͤngſten Gericht / oder / daß Er uns durch den Tod abfodere.
Unnd traun bezeuget es gnungſam die taͤgliche Erfahrung / daß ſo gewiß der Tod / ſo ungewiß iſt die Stunde des Todes.
Drumb O wol unnd aber wol / O ſeelig unnd aber ſeelig iſt der Menſch / der da geiſtlich wachet / und bereit iſt / daß Er den ankommenden HErren / es ſey wenn es wolle / mit Frewden empfahe!
Einen ſolchen Advent, Einbruch und Zukunfft durch einen unverſehnen ploͤtzlichen Tod / hat dieſer Himliſche Hauß-Herr zu unſerer Seeligen Frawen Dorothea auch gehalten / und zwar am Abend / ſo auff den nechſtvergangenen Freytag / den 29. Januar. gefol - get / da Er Sie in der beſten Bluͤthe Jhres Alters durch einen ſchnellen Schlagfluß hingerafft / Und gleichſam das Geſchrey rechtumb Mitternacht erſchallet / wie bey den klugen Jungfrawen: Sihe / der Braͤutigamb„ Matth. xxv. 6 kompt / gehet auß Jhm entgegen.
Aber / O der gewuͤntſchten Ankunfft / Weil Sie wachende / das iſt geſchickt und bereit mit den klu - gen Jungfrawen erfunden worden: Welche Jhre Her - tzens Vorbereitung der HErr JEſus wol gewuſt und geſehen / und wir à poſteriori, als von hinten nach / auß etlichen merckmalen und umbſtaͤnden abnehmen koͤnnen: Sintemal die Seelige Fraw nicht allein Jhr Sterbe geraͤthe und Kittel alles verfertiget: Den verleſe -BnenSey ſtill / mein Seel / es macht dein GOttnen Leich-Spruch als ein guͤldenes Pacem mit eigener Hand darein genaͤhet; Sondern auch die Woche zu - vor eyfrig drauff beſtanden / ſich den Sontag vor Jhrem Seeligen Ende des Hochwuͤrdigen Abendmahls ſampt Jhrem lieben Ehe-Herren zugebrauchen. Und als Sie ſolches hohe Werck verrichtet / mit geſundem Leibe unnd guttem Mutte dahin reſolviret: Nun bin Jch fer - tig / Gott mag kommen wenn er wil. Nicht an - ders / als wenn ſie ſchon den Todt vor Augen ſehe.
Weil demnach abgeleſener Pſalm-Spruch Jhr Kern-Troſt geweſen / darein ſie ſich im Tode / alß den beſten Sterbe-Kittel / huͤllen wollen; Und nicht zu zwei - feln / es werde Jhr ſolcher Troſt durch fewrige Buchſta - ben des Fingers GOttes / wie dem Heiligen Maͤrterer Ignatio der Nahme JEſus / ins Hertz eingeſchrieben ge - weſen ſeyn / und drauff ſeelig eingeſchlaffen: Als be - trachten wir denſelben billig bey Jhrer Chriſtanſehlichen Leich-Beſtattung / und zieren Sie damit / womit ſie Sich ſelber bey Leibes-Leben gezieret hat.
Nu iſt zwar das erſte Theil des Pſalms eine Klage uͤber die groſſe Noth und Angſt / darein David gerathen; Aber zugleich lobet Er Gott umb ſeiner groſſen Woltha - ten willen / daß Er Jhn herauß geriſſen.
Sonderlich ſind die verleſene Worte gleichſam ein Soliloquium und Geiſtlich Geſpraͤch Davids mit ſich ſelbſt / darin Er ſeine Seele anredet / und zur Ruhe ſtel - len wil / in Betrachtung / daß Jhm doch Gott auch imTodeAll’s gutt / im Leben und im Todt.Tode gutts thun / und Er fuͤr dem HErren im Lande der Lebendigen Ewig wandeln werde.
Wollen derowegen ſolchen Spruch auch betrachten / Ut Soliloquium, Als ein einſames oder Geiſtliches Seelen - Geſpraͤche / das da helt
Homo I. Moriens. Der Menſch mit ſich ſelbſt / oder ſeine Seele / wenn Er jtzt ſterben und dieſe Welt geſegnen ſol.
II. Mortuus & coram Throno DEI ap - parens. Mit GOtt / wenn ſeine vom Leibe ab - geſchiedene Seele fuͤr den Thron Gottes trit.
III. Reſurgens, Abermal mit ſich ſelbſt / wenn Er wird am Juͤngſten Tage aufferſtehen / und Leib und Seel wider vereiniget werden.
Vnd darauff hinzu ſetzen das Ehrengedaͤchtnuͤß der Seeligen Frawen.
Unſer HErr und Heyland JEſus ſtehe unsWuntſch. bey mit ſeinem Heiligen Geiſte: Er reiſſe uns auß Noth und Todt / und laſſe uns fuͤr Jhm Ewig leben und wandeln / AMEN.
ANreichend nun den erſten Theil unſers ſchoͤnen Leich-Textes / ſo iſt daſſelbe gleichſam ein Geſpraͤch / das der Menſch mit ſich ſelbſt und ſeiner Seelen helt / wenn Er jetzt ſterben und dieſe Welt geſegnen ſol / da Er unter andern alſo ſich anredet: Sey nun wider zu friede / meine Seele / denn der HErr thut dir Gutts.
Laſſet uns hierbey bedencken /
I. Wer da rede? Das iſt der ſterbende Menſch / der bey ſich fuͤhlet und empfindet / daß ſein Sterb-Stuͤn - delein vorhanden / und nur der gnaͤdigen Auffloͤſung er - wartet; Der redet ſeine Seele an und troͤſtet Sie. Nu iſt es zwar alſo / daß offte bey einem ſterbenden Menſchen weder hoͤren noch reden zu verſpuͤren / und gehet / wie ein fromer Chriſt auß des Herren Eberi Sterbe-Liedlin GOtt anruffet / Jhme zu huͤlff zu kommen / und ſpricht:
Manchem aber erhelt GOtt ſein Gehoͤr und Sprache biß an ſein Ende. Es geſchehe nun nach GOttes Wil - len / was da wolle / ſo iſt kein zweiffel / daß die gottſelig -Sterben -All’s gutt im Leben und im Todt.Sterbenden bey ſich ſelbſt ein jnnerlich Hertz - und See - len-Geſpraͤche halten. Die Gottloſen moͤgen zwar murren wider GOtt / daß ſie ſo zeitlich Jhre gutte Tage beſchlieſſen ſollen / wie Nabal / unnd der Schlemmer /1. Buch Sa - muel. xxv. Luc. am 16. und der reiche Forwercks-Mann / der zu -Luc. xvi. vor ſeine Seele anredete: Liebe Seele / habe Ruhe /Luc. xii. 19. iß / trinck / und habe guten Mutth. Die fromen„ Glaͤubigen aber / derer Vorbild David allhier / unnd ſonſten vielfaͤltig traͤget / ob Sie gleich nicht viel Wor - te machen koͤnnen / ſo halten Sie doch Jhr jnnerlich geiſtlich Seelen-Geſpraͤche / richten ſich auff / unnd ſprechen: Sey nu wider zu frieden / meine Seele /„ denn der HErr thut dir Guttes / Und troͤſten ſich„ alſo ſelbſt.
Sintemahl es gar gemein geſchicht / das den Men - ſchen in Waſſers oder Fewers-Noͤthen / durch Schlag - fluͤſſe / auff der Straſſe / wenn Er allein iſt / der Todt uͤ - berfaͤlt / und Er niemand haben kan / der Jhm Troſt zu - ſpreche. Oder es finden ſich zu Verfolgungs - und an - dern boͤſen Zeiten leydige Jobs-Troͤſter / die entweder vonJob. xvi. 2. nichts als Weltſachen / oder von eigenen gutten Wer - cken und Verdienſt zuſagen wiſſen / oder aber die da troͤ - ſten ſolten / winſeln / weinen und Wehklagen / und be - doͤrffen ſelber viel mehr Troſts / als der ſo mit dem Tode ringet: Alßdenn muß der Menſch nur ſelber ſein Troͤſter und Prediger ſeyn / und ſich auß Gottes Wort1. B. Moſ. xlix. auffrichten / wie die Heiligen Kinder Gottes: Der Pa -B iijtriarchSey ſtill / mein Seel / es macht dein GottI. B. Koͤn. II Pſal. xxxi Joſua. xxiii. triarch Jacob / Koͤnig David / Joſua / Stephanus / Paulus / ja der Sohn Gottes ſelbſt in Jhrer letzten To -Apoſtel Ge - ſch. v i. Phi - lip. 2. i Timo - th. iv. des-Noth gethan haben.
Drumb denn ein jeglicher Chriſt deſto mehr Got - tes Wort / darauß Er gewiſſen Troſt im Leben und ſter - ben haben kan / ſol lieb haben / hoͤren / bewahren / ins Her -Luc. xxiii. tze einſchlieſſen / und ſich in zeiten mit ſolchem Seelen -1. B. Moſ. xli. Amos. viii. ii. Proviant verſehen / wie Joſeph das Land Egypten / da - mit Er nicht in einfallender Thewrung darben doͤrffe.
2. Jſt hierbey zubedencken / wehn der Sterbende Menſch anrede? Es wendet ſich ein Gottſeeliges Hertz nicht zu ſeinem Goldklumpen / ſich damit zubeluͤſtigen / wie etliche Geldratzen zu thun pflegen; Nicht zu andern koͤſtlichen Reichthuͤmern: Auch nicht zu ſeinen liebſten Freunden / Sie zugeſegnen / ob gleich diß darneben ge - ſchehen kan; Sondern zu ſeiner ſelbſt eigenen Seele / Sie zu troͤſten. Sey nu wider zu frieden meine Seele. Nun kan zwar der Menſch ſeine Seele nicht anreden ohne die Seele. Es iſt aber ſolche Art zu reden in der Heiligen Schrifft gebraͤuchlich / und wil der Heilige Geiſt damit anzeigen eine ſonderliche hefftige Bewe -Pſalm. xlii. XLIII. CIII. gung des Gemuͤts und ſtarcken Nachdruck: Wie auß dem 42. 43. und 103. Pſalm / Jtem auß dem Evange - liſten Luca. c. 12. zuſehen. Darumb die alten Kirchen -Luc. xii. 19. 20. Auguſt. t 9. oper. in Append. Lehrer Auguſtinus, Bernhardus, auch etliche auß den newen Geiſtreichen Leuten / ſolche Andachten und Geſpraͤche / damit Sie ſich ſelbſt und Jhre Seele anredenkoͤnnenAll’s gutt / im Leben und im Todt.koͤnnen / Jhnen belieben laſſen / und gantze Buͤcher alſo geſchrieben.
Unnd hat die Seele / ſonderlich in Todes-Angſt Troſtes von noͤthen. Der Leib hat zwar bißweilen groſ - ſe Unruhe und Schmertzen / wirfft ſich / oder leſſet ſich heben und tragen jetzt dort / jetzt dahin / wie an ſterben - den zuſehen / die manchmal mit Hißkia ſaͤufftzen muͤſſen: HErr Jch leyde Noth / lindere mirs: Aber vielEſai. xxxviii 14. groͤſſer iſt die Seelen-Angſt / wegen vielerley Anfechtun - gen / damit Jhr der Sathan umb der Suͤnde willen zu - ſetzet / und nicht allein das finſtere Grab / das beſlimbte Hauß aller lebendigen / ſondern auch den zornigen Gott und offenen Hoͤllen-Rachen zeiget / und Sie damit ver -Hiob. xxx, 23. unruhiget. Wenn aber nur dieſe (die Seele) Troſt hat / ſo kan Sie alle Leibes-Schmertzen / alle Angſt und Anfechtung / und endlich den Todt ſelber mit Gedult u - berwinden.
Darumb denn vornehmlich die Seele in acht zu - nehmen / damit Sie zu frieden geſprochen werde / unnd ſich zur Ruhe gebe.
3. Worzu vermahnet denn der Menſch ſeine See - le? Je daß Sie wider zu frieden ſeyn ſolle. Sey nu wider zu frieden meine Seele. Nu beſtehet der See - len-Friede nicht in Weltlicher Ehre und zeitlichem Gutt / Wolluft und Ubermutt / ſondern daß Sie bey GOtt in Gnaden iſt / Weiß / daß Sie mit Jhm durch und umb Chriſti willen verſoͤhnet und Vergebung der Suͤnden habe / wie ſolches weitlaͤufftiger konte außgefuͤhret werden.
DieſeSey ſtill / mein Seel / es macht dein GOttDieſe Seelen Ruhe und Friede aber wird offters / ſonderlich in Todes-Noth / geſtoͤret; Wenn allerley An - faͤchtungen zuſchlagen oder Gott ſelbſten den Menſchen unter der Probe hat / Jhme groſſe Schmertzen zuſchicket / und die Huͤlffe lange auffzeucht / daruͤber wird Sie unru -Pſalm xlii. xliii. hig / daß der Menſch anfaͤhet zu winſeln: Was betruͤbſt du dich meine Seele und biſt ſo unruhig in mir?
Da / da / iſt von noͤthen / daß der Sterbende ſeine Seele wider zu friede ſpreche / und der Gnade GOttesEpheſ. I, 4. verſichere; Daß Er nehmlich durch Chriſtum erwehlet2. Timoth. I, 9. zum ewigen Leben / ehe der Welt Grund geleget worden: Mit einem Heiligen Ruff beruffen: Und darauff durchEpheſ. V, 26. die Heilige Tauffe / in den Gnaden-Bund mit GOtt1. Epiſt. Joh. I, 7. Offenb. Johan. I, 5. getretten und Krafft des Bluttes JEſu CHriſtt von al - len Suͤnden gewaſchen und gereiniget; Und zu Ver - ſicherung ſolcher Gnade GOttes und Vergebung aller Suͤnden mit ſeinem Leib und Blutt geſpeiſet und getraͤn -Luc. II, 10. 11. cket ſey: Und dannenher durch den Glauben an Jhn /1. Timoth. II, 6. und iv. 10. der gantzen Welt Heyland / ſein Gliedmaß worden / ge - recht und zukuͤnfftig werde herrlich gemacht werden: WieJohan. iii. v. 16. Rom. viii, 30. v. 38. 39. uns S. Paulus lehret ſchlieſſen: Welche Er verord - net hat / die hat Er auch herrlich gemacht: Da iſt von noͤthen / daß Er gewiß ſey / daß weder Todt noch Le - ben / weder Engel noch Fuͤrſtenthumb / noch Gewalt; Weder gegenwertiges noch zukuͤnfftiges / weder hohes noch tieffes / noch kein andere Creatur Jhn mag ſchei - den von der Liebe / die in CHriſto JEſu iſt.
Wenn nun dieſer grundfeſte Troſt der SeelenwirdAll’s gutt im Leben und im Todt.wird fuͤrgehalten. O ſo iſt geſchaͤfftig der kindlichev. 16. 17. Geiſt / der giebet alßdeñ Zeugnuͤß unſerm Geiſte / daß wir Kinder GOttes ſind. Sind wir denn Kinder / ſo ſind wir auch Erben / nehmlich GOttes Erben / uñ Mit Erben Chriſti / So wir anders mit leyden / auff daß wir auch mit zur Herligkeit erha - ben werden. Alſo kan ſich die Seele unter den aller - groͤſten Anfechtungen und Leibes-Schmertzen / ja in der letzten Todesnoth / widerumb zu frieden geben / und dem Willen Gottes gehorſamlich unterwerffen / ſagende:
‘Was mein GOtt wil das geſcheh allzeit / Sein Will der iſt der beſte / etc. ’ ()4. Es haͤlt aber David / und mit Jhm der ſter - bende Menſch / ſeiner Seelen etwas bewegliches ein / womit Er ſie wil ſonderlich zu friede ſprechen / nemlich / daß Jhr der HErr Gutts thue. Denn der HErr thut dir Gutts. Wem etwas Boͤſes geſchiehet / der hat Urſache zu klagen und zu zagen; Nicht alſo / dehme Gut - tes widerfaͤhret in ſeinem Tode / wie geſchiehet denen / welche GOtt Seelig / unnd da Sie im Hertzen ſeiner Gnaden verſichert / abfodert.
Die Welt glaͤubet es zwar nicht / daß durch den Todt dem Menſchen Guttes widerfahre / Er ſey denn kranck / arm und elende. Den andern aber / geſunden und Reichen / geſchehe ſehr uͤbel / wie Syrach nach jh -Syr. il, i. rem Urtheil redet: O Todt / wie bitter biſt du / wenn an dich gedencket ein Menſch / der gutte Tage uñ gnug hat / und ohne Sorge lebet / und dehm esCwolSey ſtill / mein Seel / es macht dein Gottwol gehet in allen dingen / unnd noch wol eſſen mag / O Todt / wie wol thuſt du dem Duͤrfftigen / der da ſchwach und alt iſt / der in allen Sorgen ſteckt / und nichts beſſers zu hoffen noch zugewar - ten hat! Der Reiche troͤſtet ſich dieſes gutten Lebens /Pſalm. IL, 19. und preiſets / wenn einer nach gutten Tagen trachtet / Vnd einen gutten Mutth hat in dem elenden Leben.
Es koͤnnen auch ſolches Wort nicht faſſen die Leydtragenden Ehegatten / Eltern / Kinder und Freun - de / die ſehen nur auff ſich / daß Jhnen ſehr weh unnd uͤbel geſchicht.
Aber die fromen Glaͤubigen unnd Sterbenden die erkennen es wol / und reden derenthalben Jhre See - le an: Der HErr thut dir Gutts. O wie viel Boͤ - ſes und Ubels muß doch der Menſch in dieſem Leben an ſeinem Leib und Seel außſtehen / wie die Erfahrung auß - weiſet: Aber von dem allen wird ein Chriſt durch ein Seeliges Abſcheiden erloͤſet und befreyet; Wie wir fol - gends hoͤren werden.
Derowegen / mein Chriſt / wenn es zum Abſchie - de kompt / ob gleich niemand gegenwertig were / unnd dich troͤſtete / und du weder reden noch hoͤren / noch ſehen koͤnteſt / O ſo faſſe doch einen gutten Muth / rede dei - ne Seele auch mit David ſelber an: Sey nu wider zu frieden / meine Seele / denn der HErr thut dir Gutts. Was betruͤbſt du dich / meine Seele / undPſalm. xlii. xliii. biſt ſo unruhig in mir? Harre auff GOTT / du wirſt Jhme noch dancken fuͤr ſeinem Throne / undſagen:All’s gutt / im Leben und im Todt.ſagen: Ey mein lieber GOtt hat ja alles wol undMarci. vii, 37. gutt gemacht!
MAſſen auch hier von dem Koͤnige und Propheten David fer - ner beſchrieben wird / ein Soliloquium, und Seelen-Geſpraͤche / welches die vom Leibe abgeſchiedene Seele mit Gott / weñ Sie nunmehr fuͤr ſeinem allerheiligſten Himliſchen Throne wird ge - langet ſeyn / halten / und Jhn ſelbeſt anreden und anſpre - chen wird.
Denn wir wiſſen auß Gottes Wort / daß / ſo bald der Menſch ſtirbt / und Leib und Seel getrennet iſt / ein jedwedes ſeine gewiſſe Stelle unnd Ort hat / da es biß auff den lieben Juͤngſten Tag bleiben ſol / wie Salomon in ſeinem Prediger zeuget: Der Staub muß widerPredig. Sa lom: xii, 7. zur Erden kommen / wie Er geweſen iſt / und der Geiſt wider zu Gott / der Jhn gegeben hat.
Doch nachdem die Menſchen ſind / Glaͤubige und Frome / oder Unalaͤubige unnd Gottloſe / ſo bekom - men Sie auch Jhr Qvartir / ein jeglicher wie Er ge -2. Corinth. v, 10. handelt hat bey leibes leben / es ſey gutt oder boͤ - ſe. Denn der HErr wird einem jeglichen gebenRoͤm. II, 6. nach ſeinen Wercken. Der reiche Schlem̃er muß in Abgrund der Hoͤllen / Lazarus wird getragenLuc. xvi, 22. 23. von den Engeln in Abrahams Schoß.
C ijundSey ſtill / mein Seel / es macht dein GOttUnd da wird auch eines jeden Seele an ſeinem Ort gleichſam jhre Rede und Geſpraͤche (wie ſich der HErr JEſus ſelber in der Geſchicht von dem reichen ManneIbid. nach unſerm Menſchlichen Verſtande richtet / und den abgeſchiedenen Seelen Geſpraͤche zuſchreibet) haben.
Der Gottloſen Verdampten Seelen zwar wer - den in der Hoͤlle ein ſchreckliches Heulen / Jammer - und Zeter-Geſchrey halten / vornehmlich uͤber jhren Un -offenb. Joh. am xxi. 8. uñ xxii, 15. glauben / Abgoͤtterey / Zaͤuberey / Todtſchlaͤgerey / Hu - rerey / Luͤgen und andere Suͤnden / die Sie freventlich begangen / oder dazu Sie ſich durch andere ſchaͤndlich haben verleiten und verfuͤhren laſſen: Uber die groſſe Qval unnd Pein / die Sie dort werden leiden muͤſſen. Berge und Felſen werden Sie / doch vergebens / anſchrey -C. VI, 16. 17. en: Fallet auff uns / und verberget uns fur dem Angeſichte deß / der auff dem Stuel ſitzet / und fuͤr dem Zorn des Lambs / Denn es iſt kommen der groſſe Tag ſeines Zorns / und wer kan beſtehen? Weißh. V. 3.Wie auch das Buch der Weißheit meldet / Daß die Gottloſen werden untereinander reden mit Rewe / und fuͤr Angſt des Geiſtes ſeufftzen: Wir Narren haben des rechten Weges gefehlet / unnd das Liecht der Gerechtigkeit hat uns nicht geſchienen / unnd die Sonne iſt uns nicht auffgegangen. Wir haben eytel unrechte und ſchaͤdliche Wege gegangen / uñ haben gewandelt wuͤſte Unwege: Aber des HEr - ren Wege haben wir nicht gewuſt: Was hilfft uns nun der Pracht? etc.
DerAll’s gutt / im Leben und im TodtDer fromen Glaͤubigen Seelen aber werden durch die Heiligen Engel / die Himliſchen BrautDie - ner / zu Jhrem Braͤutigamb / dem HErren JEſu / in ſeine Himmels-Huͤtte unnd Braut-Kammer gefuͤhret1. B. Moſ. xxiv. v. 67. und gebracht werden / wie die Rebecca zu Iſaac / unnd Sara zu dem jungen Tobia.
Hie iſt die Frage: Was doch die glaͤubigen See - len / wenn Sie alſo fuͤr dem Thron Gottes werden dar - geſtellet / und zu Jhrem Braͤutigam JEſu gebracht wor - den ſeyn / am allererſten thun und reden werden? Jch halte gaͤntzlich dafuͤr / es habe uns der Heilige Geiſt in unſerm Pſalm-Spruche gleichſam ein Schuckfenſterlin in den Himmel auffgethan / unnd ſolches geoffenbahret: Nehmlich / daß Sie fuͤr Gott und dem Lamb wie die El -offenb. iv. 10. und V. 8. &. ſeqq. teſten in der Offenbahrung S. Johannis am 4. und 5. Cap. werden niederfallen / unnd Jhn fuͤr die im Leben / und nun auch durch einen Seeligen Todt / Jhnen erzei - gete Wolthaten ruͤhmen / preyſen / und ſagen: O HErr mein GOtt und Heyland / du haſt meine Seele auß dem Tode geriſſen / meine Augen von den Thraͤnen / meinen Fuß vom gleiten:
Und Jhn hiemit loben umb dreyer vortrefflicher Wolthaten willen / nehmlich propter
1. Animæ de Morte ereptionem. Daß Er Jhre Seele auß dem Tode geriſſen / Nehmlich dem geiſtlichen zeitlichen / und ewigen Tode.
Denn ob gleich der Menſch noch bey Leben iſt / ſo iſt Er doch Geiſtlich Todt in Suͤnden. So offte einC iijMenſchSey ſtill / mein Seel / es macht dein GOttMenſch ſuͤndiget / ſo offte ſtirbet Er Geiſtlich / und iſtEpheſ II, 1. durch Suͤnde und Ubertretung lebendig Todt / wie Pau -1. Timoth. V. 6. lus zeuget.
Wenn Er aber ſtirbet / ſo ſtirbet Er doch nicht gantz / denn die Seele / als das beſte und edelſte Theil des Men - ſchen / iſt und bleibet unſterblich und unverweßlich / wel - ches wir hier auß grunde Goͤttliches Worts glaͤuben / und nach dem Tode innen werden.
So werden auch alsdann im Himmel und fuͤr dem Throne Gottes die Glaͤubigen Außerwehlten erken - nen / daß die gottloſen Verdampten verworffen und zum ewigen Tode verſtoſſen ſind; Daß Sie in der HoͤllePſal. xlix, 15. liegen / und der Todt ſie naget.
Sie aber auß allem ſolchem Tode geriſſen / und der Sathan / oder ander Todt / der auch gerne Theil an Jh - nen haben wollen / zu ſchanden worden / und dem HEr -Johan. x, 28 ren JEſu ſeine Schaͤfflin nicht koͤnnen auß ſeiner Hand reiſſen.
Alsdenn wird es an ein Loben und Dancken ge - hen / Jhr Mund wird voll lachens / und Jhre ZungePſal. cxxvi, 2. 3. voll Ruͤhmens ſeyn / und werden ſagen: Der HErr hat groſſes an uns gethan / des ſind wir froͤlich.
Sie werden auch Jhren GOtt loben / propter
2. Oculi à lachryma prohibitionem. Daß un - ſer HErr Gott Jhre Augen von den Thraͤnen ge - riſſen / Daß Sie nicht mehr doͤrffen weinen und zaͤhren / wie in der Welt / vergieſſen.
Ach wie muͤſſen doch die fromen Kinder GOttesin die -All’s gutt im Leben und im Todt.in dieſem Leben ſo viel Thraͤnen auß Jhren Augen uͤber die Backen flieſſen laſſen!
a Es rinnen Jhnen die Augen von Gebets-Thraͤ - nen / wenn Sie Jhre Gebeth und flehen dem HErren mit Thraͤnen opffern / wie der Meiſter der Epiſtel anHebre. V. 7. die Hebreer von Chriſto redet / und mit David ſeufftzen:Pſal. xxxix. v. 13. Hoͤre mein Gebeth / HErr / und verniem mein ſchreyen / und ſchweige nicht uͤber meinen Thraͤ -Judith. xiii, 6. nen. Wie auch thaͤt die Judith / der alte Tobias / die Wittibe Sara / Raguel / und Hißkias / dehme GOttTobi. iii, 1. 11. durch den Propheten Eſaiam ließ ſagen: Jch habe dein Gebeth gehoͤret / und deine Thraͤnen geſehen:Eſai. xxxviii v. 5. Und viel andere Heiligen mehr: Maſſen auch Herr Philippus Melanchthon zu dem Herren Camerario ſol geſaget haben: Si non plorarem, non orarem. Wenn Jch nicht weinete / ſo wehre es als wenn Jch nicht betete.
b Sie laſſen auß Jhren Augen flieſſen Creutz-Thraͤ - nen / wenn Sie unter der Creutz - und Angſt-Preſſe ſich muͤſſen druͤcken und qvetſchen laſſen / daß die Thraͤnen nachgehen. Wie David in ſolcher Noth-Preſſe ſtackte /Pſal. XLII, 4. da Er muſte klagen: Meine Thraͤnẽ ſind meine Spei - ſe Tag und Nacht / weil man taͤglich zu mir ſagt / wo iſt nun dein Gott? Und anderswo betete: Zeh -und L VI, 9. le meine Flucht / faſſe meine Thraͤnen in deinen Sack: Ohne Zweifel / du zehleſt Sie: Deßglei - chen Aſſaph von den Gottſeeligen: HErr GOtt Ze -und lxxx, 6.baoth /Sey ſtill / mein Seel / es macht dein GOttbaoth / du ſpeiſeſt Sie mit Thraͤnen-Brodt / und traͤnckeſt Sie mit groſſem Maß voll Thraͤnen.
Solche Creutz-Thraͤnen werden auch außgepreſ - ſet / wenn die Elenden und Geringen von den Maͤchti -Pred. Sal. iv. v. 1. gen Gewalt und Unrecht leyden / davon Salomo ſaget: Jch wandte mich / und ſahe an alle die Unrecht ley - den unter der Sonnen / und ſiehe / da waren Thraͤ - nen derer ſo Unrecht lidden / unnd hatten keinen Troͤſter.
Hieher gehoͤren auch die Thraͤnen der Wittiben / welche wol die Backen herabflieſſen / aber uͤber ſich ſchrey - en / wider den / der Sie herauß dringet.
Sie vergieſſen ſolche Thraͤnen / wenn Sie anſe - hen muͤſſen groß Ungluͤcke / das uͤber Sie kompt / beſon - ders Verwuͤſtung Jhres Vaterlandes / und daß keinKlaglied. Je - rem. c. l, 16. Rath und Troſtverhanden: Wie das Volck Gottes / uͤber der Zerſtoͤrung Jeruſalem: Jch weine / und mei - ne beyde Augen flieſſen mit Waſſer / daß der Troͤ - ſter / der meine Seele ſolt erquicken / ferne von mir iſt. Und den Mawren zu Jeruſalem / nehmlich dererund Cap. 11, 18. Jnwohnern zuſchreyet: O du Mawr der Tochter Zion, laß Tag und Nacht Thraͤnen herab flieſſen / wie ein Bach / hoͤre auch nicht auff / und dein Aug - apffel laſſe nicht abe.
c Sie laſſen auch uͤber die Wangen rinnen demuͤt - tige Buß-Thraͤnen / wenn Sie beweinen Jhre Suͤnde /Pſal. VI, 7. wie David im ſechſten Pſalm: Jch bin ſo muͤde von Seufftzen / Jch ſchwemme mein Bette die gan -tze NachtAll’s gutt / im Leben und im Todt.tze Nacht / unnd netze mit meinen Thraͤnen mein Lager. Wie Petrus der Apoſtel / nach ſeinem Fall / derMatt. xxvi’ 75. ſo viel bitterer Thraͤnen ſoll auß ſeinen Augen vergoſſen haben / daß ſie Jhm gleich eine Straſſe oder Rinne auff den Wangen gebiſſen / wie etliche wollen. Deßgleichen die groſſe Suͤnderin / Luc. 7. und andere.
d Sie vergieſſen auß Jhren Augen Leyde-Thraͤ - nen / wenn Sie Jhre Todten begraben unnd beklagen. Wenn beweinet Abraham ſeine Ehrerbietige Sara; Jacob ſeine ſchoͤne tugendhaffte Rahel; David ſeinen1. B. Moſ. xxiii. 2. Hertzensfreund Jonathan unnd Herren Saul; Ma -unnd xxxv. v. 19. 20. ria und Martha Jhren lieben Bruder Lazarum; Die Die verlaſſene Wittwe Jhren lieben Ehe-Herren unnd2. B. Sam. I, 11. 17. Kinder.
e Endlich laſſen Sie auch auß Jhren Augen flieſ -Johan. xi, 33. ſen Mittleidungs-Thraͤnen / darzu S. Paulus vermah -Luc. vii, 13. net: Weinet mit den Weinenden. Wie dem HEr -Roͤm. xii, 5. ren JEſu ſelber die Augen uͤbergiengen bey ſeines Freun -Johan. xi, 35. des Lazari Grabe.
Aber auß dieſen und andern Thraͤnen reiſſet Gott der ſeinen Augen im Tode; Ja wiſchet Sie jhnen gleich - ſam abe / unnd wird Sie Jhnen mit ſeinem Troſt - unnd Frewden-Tuͤchlin abtrocknen im Himmel und zukuͤnff - tigen Herrligkeit / wie der Prophet Eſaias zeuget: DerEſai. xxv, 8. HErr wird den Todt verſchlingen ewiglich / und der HErr HErr wird die Thraͤnen von allen An - geſichten abwiſchen. Alßdenn wird GOtt mit unsunnd lxvi. v. 13. handeln / wie eine freundliche Mutter mit Jhrem wei -DnendenSey ſtill / mein Seel / es macht dein GOttnenden Kinde / dehme Sie nach troͤſtlichem Zuſprechen die Thraͤnen von ſeinen Augen und Waͤnglein mit wei - chen Tuͤchlin abwiſchet / wie in der Offenbahrung Jo -Cap. vii, 17. hannis ſtehet: Gott wird abwiſchen alle Thraͤnen von derer Augen / die auß groſſem Truͤbſall kom -Dionyſ. men ſind. Felix lachryma quam tam clemens ma - nus abſterget / ſaget Dionyſius. O der ſeligen Thraͤ - nen / die eine ſo gnaͤdige Mutter-Hand wird abwiſchen!
Umb ſolcher hohen groſſen Wolthaten willen wird die Seele Jhren GOtt vor ſeinem Throne ruͤhmen / und ſagen: O HErr mein GOtt / du haſt mein Auge von Thraͤnen geriſſen / die Jch in der Welt ſo vielfaͤltig habe vergieſſen muͤſſen! Denn wird jhr Mund voll Lachens / und jhre Zunge voll Ruͤhmens ſeyn / und ſpre - chen: Er hat groſſe Dinge an mir gethan / der da maͤch - tig iſt / und des Nahmen heilig iſt. Magnificat anima[L]uc. I, 46. 49 mea Dominum, O meine Seele erhebe den HErren!
Noch mehr werden die Glaͤubigen Seelen Jh - ren Gott fuͤr ſeinem Throne ruͤhmen und loben propter
3. Pedis à lapſu præſervationem, Daß Er jhren Fuß võ gleiten errettet uñ befreyet hat. O wie leicht kan in der Walfart dieſes Lebens unſer Fuß gleiten / und wir einen groſſen Suͤndenfall in der Lehre oder Leben thun / dadurch der Menſch endlich in Gottes Zorn / zeit - lich und ewig Verderben faͤlt. Wir wandeln in der Welt / als Auff dem gefrornen Spiegelglaten Eyß. Denn wie das Eyß beſtehet auß vielem Waſſer / welches durch jetzi - ge grimmige Winters-Kaͤlte ſich gleichſam zuſammen lie -fert:All’s gutt / im Leben und im Todt.fert: Alſo ſind in der Welt allhier viel Suͤnden-Waſ - ſer / der Menſch iſt ein grewel und ſchnoͤde / und ſeufft in ſich das Unrecht / wie Waſſer / wie Eliphas Jobs Freund redet. Darauff kompt groſſer Froſt derJob. xv, 16. erkalteten Liebe / wie Chriſtus zeuget / daß vor dem Ende der Welt alſo gehen wuͤrde. Dieweil die UngerechtigkeitMatth. xxiv, 12. wird uͤberhand nehmen / wird die Liebe in vielen erkal - ten. Wie es nu leicht geſchehen iſt / daß einer ſo auff dem Eyß gehen muß / mit den Fuͤſſen gleitet / unnd einen gefaͤrlichen Fall thut / maſſen wir zu andern zeiten hew - er und jetzt / viel ſolche betruͤbte Faͤlle hier und anderswo hoͤren / daß etliche dermaſſen gefallen / das Sie nicht nur Haͤnde und Fuͤſſe zerquetſchet und zerbrochen / ſondern auch wol gar die Hirnſchalen zerſchellet / daß Sie auff der Stelle todt blieben: Alſo gehets mit den Menſchen / daß Sie in dem Wandel dieſes Lebens auß Menſchli - cher Schwachheit und durch des Sathans Liſt und Ver - fuͤhrung der Welt Kinder ſtraucheln / gleiten / und in Jrr - thumb der Lehre oder Laſter des Lebens fallen / wie denn die Heilige Schrifft uns viel Exempel fuͤrhelt / auch Hei - liger / hoher Leute / die ſchreckliche faͤlle gethan / als Mo -4. B. Moſ. xx, 11. ſes / Aaron / David / Petrus / und andere.
Oder / wir wandeln allhier / als in einem dicken finſtern Walde; oder andern finſtern Ortern / da man2. B. Sam. xi, 13. uͤber Stock und Stein lauffet / und bald hie / bald dort anſtoͤſſet / an Baͤumen oder Waͤnden etc. auch wol garMatt. xxvi. gleitet und faͤllet.
D ijAberSey ſtill / mein Seel / es macht dein GOttAber von ſolchem Gleiten und fallen errettet und befreyet uns unſer lieber frommer Gott durch ein SeeligPſal. xviii, 37. und xxvi. 12. Stuͤndlein: Und machet alßdenn unſer Schenckel und knoͤchel feſte / daß ſie nicht mehr gleiten / ſondern unſer FußEſai. xxxv. 6. richtig gehet: Ja / die wir zuvor als gelaͤmete Leute gewe -Pſal. xviii, 34. ſen / lecken wie ein Hirſch / wandeln und ſpringen koͤnnen / unnd daruͤber Gott loben / mie jener von Mutter-LeibeHabac. II I. 18. 19. lahme unnd geſund-gemachte Mann / in der Apoſtel Geſchicht am 3. cap.
Er bringet uns alßdann auß dem Finſternuͤß an das rechte Licht / do wir alles werden koͤnnen ſcharff ſe -Mich. vii, 9. hen / und nicht mehr die Menſchen Anſehen / als ſehenMarc. viii, 24. 25. wir Baͤume / da man ſich befohren muß / man moͤchte bald an die Aeſte und Zweige / bald an die Wurtzeln an - ſtoſſen / und einen Fall thun / oder ſich ſonſt an Haupt und Glieder verletzen.
Da wird das kalte Eyß gantz weg / und hingegen lauter Liebe ſeyn / derer Glutt fewrig iſt / und eine Flamme des HErren / daß auch viel Waſſer Sie nicht moͤgen1. Corinth. xiii, 13. außleſchen / noch die Stroͤme ſie erſeuffen: Ja nim - mermehr wird auffhoͤren: Sintemal die Außerwaͤhle - ten alsdenn in jhrer Heiligkeit alſo werden befeſtiget ſeyn / daß Sie nicht mehr werden ſtraucheln / gleiten / fal -Matth. xx, 30. len und ſuͤndigen koͤnnen / ſondern ſeyn gleich wie die En -Unnd Cap. xviii, 10. gel Gottes im Himmel / die allzeit ſehen das Angeſicht des Himliſchen Vaters / und ſeinen Willen thun.
Wie ſolte denn eine glaͤubige Seele umb ſolcher ho - hen Wolthat willen nicht Jhren GOtt und HeylandlobenAll’s gutt im Leben und im Todt.loben / fuͤr ſeinem Throne niederfallen / und ſagen: Lobe den HErren meine Seele / unnd was in mir iſt /Pſal. c III, 1 2. ſeinen heiligen Nahmen. Lobe den HErren meine Seele / und vergiß nicht / was Er dir Guts gethanMarc. vii, 37. hat. O HErr JEſu / du haſt ja alles wolgemacht / Dir ſey Lob und Danck dafuͤr geſagt in Ewigkeit.
LAſſet uns aber zum dritten auch vernehmen / wie in dieſem See - len-Geſpraͤche beſchrieben werde die froͤli - che Rede / oder vielmehr Frewden-Geſchrey des Menſchen / wenn Er am Juͤngſten Tage auß dem Staube der Erden wird auffſtehen / unnd Leib und Seel widerumb werden vereiniget ſeyn. Und da halte Jch abermal in Einfalt und Chriſtlicher Andacht dafuͤr / daß alßdenn ein glaͤubiges außerwaͤhltes Gliedmaß JEſu Chriſti / dieſe oder gleichmaͤſſige Worte ſprechen werde: Jch wil wandeln fuͤr dem HErrn im Lande der Lebendi - gen / und hierinnen ſeine wirckliche und in der That an - gehende Herrligkeit und Seeligkeit beſchreiben:
1. à Felicitate. Von ſeinem Heiligen und Gluͤck - ſeeligen Thun und Vorhaben. Daß Er numehr fuͤr dem HErren wandeln wolle. Jch wil wandeln fuͤr dem HErren. Diß wandeln aber fuͤr dem HErren wird nicht den glaͤubigen Außerwaͤhlten eine beſchwer - liche Reiſefahrt ſeyn / daruͤber Sie nicht nur matt und krafftloß werden / ſondern auch viel Ubel muͤſſen außſte -D iijhen /Sey ſtill / mein Seel / es macht dein GOtthen / wie die Heiligen Kinder GOttes Jhr Leben auff Erden / und fuͤr der Welt Augen beſchreiben. Jacob1. B. Moſ. xlvii. v. 9. ſpricht: Die Zeit meiner Wallfart iſt hundert und dreyßig Jahr. Wenig und Boͤſe iſt die Zeit mei -Pſal. xxxix, 13. nes Lebens. David ſaget: Jch bin (O HErr) beide dein Pilgrim uñ dein Buͤrger / wie alle meine Vaͤ -Hebr. xi, 13. ter. Welchen alle Glaͤubige von anbegin der Welt zu - geſtimmet und bekandt / Daß ſie Gaͤſte und Frembd - linge auff Erden ſind; Dañ gleich wie ein Reiſe-Mañ vielem Ungewitter / Hitze / Froſt / Schnee und Regen / auch vieler Faͤhrligkeit von Reubern / unvernuͤnfftigen Thieren muß unterworffen ſeyn / zu Waſſer und zu Lan -2 Corinth. xi v. 25. de / offters Hunger und Durſtleiden / wie S. Paulus ſeine Reiſe beſchreibet: Alſo ein frommer Chriſt in ſeinem Leben auff Erden und fuͤr der welt viel Ungemach und Truͤbſal erdulden muß / wie zu ander Gelegenheit wird außgefuͤhret: Sondern es wird mit ſolchem wandeln fuͤr dem HErren angezeiget:
a Dei cohabitatio, Daß die Außerwaͤhlten ewig bey Gott im Himmel / Und Er auch in Jhnen woh -2. Corint. vi. 16. nen und wandeln; Und Sie alſo bey dem HErren wer -1 Theſſalon. iv 18. den ſeyn[ allezeit;] Eben wie hier Braut unnd Braͤuti - gamb nach gehaltener Hochzeit biß in Todt beyſammen wohnen / und die Braut fur Jhrem Braͤutigamb wan - delt / ſtets bey und umb Jhn iſt: Alſo die Außerwaͤhlten werden alsdenn ohn auffhoͤren bey Jhrem GOtt und1. Corinth. vi. 17. Himliſchen Braͤutigamb / unnd ein Geiſt mit Jhm ſeyn: Wie S. Paulus mit allen Glaͤubigen ſich dar -auffAll’s gutt im Leben und im Todt.auff frewet: Wir ſind getroſt und haben viel mehr2. Corinth. v. 8 / Luft außer dem Leibe zu wallen / und daheim zu ſeyn bey dem HErren.
b Nachmals wird mit ſolchem Wandeln fuͤr dem HErren angedeutet Dei viſio, das Anſchawen GOt - tes: daß die Außerwaͤhlten GOtt ewig und ohn auff - hoͤren ſchawen werden / und zwar nicht wie in dieſer Welt / durch einen Spiegel in einem tunckeln1. Corinth XIII, 12. Wort / ſondern von Angeſicht zu Angeſicht / und wie Er iſt Solch Anſchawen GOttes wird uner -1. Epiſt. Jo - han. III. 2. gruͤndliche Herrligkeit ſein / und unaußſprechliche Frew - de erwecken. Denn wie der Heiligen Engel hoͤchſteMatt. xviii, 10. Gluͤckſeeligkeit und Frewde darinnen beſtehet / daß Sie allezeit das Angeſichte des Himliſchen Vaters ſe -1. Buch der Koͤnige c. x. 8. hen; und die Koͤnigin auß reich Arabia die Leute und Knechte ſeelig preyſete / die allezeit fuͤr dem Koͤnige Sa - lomo ſtunden / und ſeine Weißheit hoͤreten: Alſo wird vielmehr das der Außerwaͤhlten groͤſte Ehre / Herrligkeit und Frewde ſeyn / daß Sie fuͤr dem HErren Jhrem GOtt / Jhrem Koͤnige / Jhrem Heylande / allezeit und ohn auffhoͤren ſtehen / gehen / unnd wandeln werden: Und beſſer als Gideon mit Frewde unnd Verwunde -[B.]der Rich - ter. c. vi, 22. rung ohne Furcht ſagen moͤgen: O HErr / HErr / kan Jch alſo (nicht einen Engel / ſondern) den HErren von Angeſichte ſehen! Oder mit Jacob: Vidi Domi -1. B Moſ. c xxxii. v. 30. nũ facie ad faciem & ſalvafacta eſt animamea. Jch habe GOtt von Angeſicht zu Angeſicht geſehen / und meine Seele iſt geneſen: Darauff ſich der lie -be JobSey ſtill / mein Seel / es macht dein GOttbe Job auch frewete: Jch weiß daß mein ErloͤſerHiob. xix. 25. lebet / und Er wird mich hernach auß der Erden aufferwecken / Unnd werde darnach mit dieſer meiner Haut umbgeben werden / unnd werde in meinem Fleiſch GOtt ſehen: Denſelben werde Jch mir ſehen / unnd meine Augen werden Jhn ſchawen / und kein Frembder.
C. Uber diß wird hiemit angezeiget: Dei cele - bratio, Daß die Außerwaͤhlten werden GOtt dem HErren ewig dienen / wie die Knechte und Maͤgde fuͤr Jhren Herren und Frawen wandeln / jhnen zu dienen. Denn daß fuͤr dem HErren wandeln eigentlich heiſſe1. B. Moſ. xvii. v. i. c. vi, 9. Jhme dienen / ſehen wir auß unſers GOttes eigenen Worten / da Er zu Abram ſaget: Jch bin der all - maͤchtige GOtt / wandele fuͤr mir unnd ſey from. Unnd dem Zeugnuß / das der Heilige Geiſt dem from - men Noah giebet: Noah war ein from Mann / und ohne Wandel / und fuͤhrete ein Goͤttlich Le - ben zu ſeinen zeiten. Da dann auß der Grundſpra - che in dem Lateiniſchen ſtehet: Ambulavit cum Deo, Er wandelte mit oder fuͤr GOtt. Wie auch von demc. v, 22. 24. Patriarchen Henoch und ſeinem Heiligen Gott wolge - faͤlligen Wandel / eben dieſes ſtehet im 5. Capitel: undVid. Clav. Flac. in verb. Ambulare. ſonſten die Heilige Schrifft dieſe art zu reden unterſchied - lich und offters brauchet.
Alſo werden die Außerwaͤhleten nun fuͤr demLuc. I, 74. 75. HErren wandeln / unnd Jhm dienen in Heiligkeit und Gerechtigkeit / die Jhm gefaͤllig iſt Jhr leben -lang.All’s gutt / im Leben und im Todt.lang / das iſt / ewiglich / weil Jhr Leben alßdenn ewig ſeyn wird. Solcher Dienſt aber wird alßdenn am al - lermeiſten beſtehen im Lobe und Preyſe Gottes / unnd Jhres Erloͤſers JEſu Chriſti / wie die Offenbahrung S. Johannis ſolchen Dienſt in vielen Orten beſchrei -Cap. iv. v. vii. xi. xii. xiv. xv. xix. bet / und die Kinder Korah im 84. Pſalm: Wol denen / die in deinem Hauſe wohnen / die loben dich im - merdar.
‘Beatorum in cœlo aſſidua Occupatio erit DEI laudatio. ’ ()Uber ſolchem gluͤckſeeligen unnd nun vollkoͤmlich angehenden und ewig-waͤhrenden / Seeligen Zuſtande / wie ſolte ein fromes Hertz nicht mit Frewden auffſprin - gen / und ſprechen: Jch / der Jch zuvor in der Welt meinen Wandel und Lauff mit groſſer Muͤhſeeligkeit und Fahr gefuͤhret habe / wil wandeln fuͤr dem HErren; Bey Jhm werde ich nun wohnen; Jhn werde ich ſchaw - en; Jhm wil ich dienen unnd Jhn loben in alle Ewig - keit. O wol mir in Ewigkeit!
2. Ferner werden die glaͤubigen Außerwaͤhlten nach Jhrer Aufferweckung am Juͤngſten Tage froͤlich ſeyn unnd mit Jhrem Munde Jhre angehende Herrligkeit und Seeligkeit beſchreiben:
á Loci Dignitate, und ſich ſeelig ſchaͤtzen von wegen des Ortes / an welchem Sie fuͤr dem HErren wandeln / oder ewig ſeyn unnd bleiben ſollen / nehmlich daß SieEſeynSey ſtill / mein Seel / es macht dein GOttſeyn werden im Lande der Lebendigen / das iſt / im Himmel und im ewigen Leben.
Es ſolte zwar ja ſeyn / daß das Grab were TerraEſa. xxvi. 19. oblivionis und locus mortuorum, Das Land der Todten / und da man nichts gedencket: HingegenPſal. lxxx viii. v. 13. die Welt und das Leben terra viventium, ein Land der Lebendigen / wie der Prophet Eſaias von ChriſtiEſa. liii, 8. c. xxxviii, 11. Tode redet: Er iſt auß dem Lande der Lebendigen weggeriſſen: Und der Koͤnig Hißkias in ſeiner Klage - Schrifft ſpricht / wie Er ſich des Todes verſehen / und geſaget: Nun muß Jch nicht mehr ſehen den HEr - ren / ja den HErren im Lande der Lebendigen.
Aber in Warheit / wenn wir es recht bedencken / ſo iſt dieſe ſichtbare Welt / und das zeitliche Leben viel - mehr ein Land der Todten alß Lebendigen zu achten: Sintemal nicht allein die Menſchen allhier zeitlich ſter - ben / und das Land und Kirchhoͤfe mit Todten angefuͤl - let werden: Sondern es herrſchen auch darinnen die Todten / nemlich / die in den todten Suͤnden-WerckenEſa. xxvi, 19. Luc. xxi, 33. geiſtlich todt ſind; Unnd wird zu ſeiner zeit / als das Land der Todten / geſtuͤrtzet werden / wenn Himmel und Erden werden vergehen.
Hingegen wird der Himmel / und das zukuͤnfftigePſal. xlii, 3. Ewige Leben recht ſeyn ein Land der Lebendigen. DennDan. vi, 20. da iſt und wird ſein GOtt der HErr / der lebendigeMatt. xvi, 16 GOtt / der ſeine Hand in den Himmel hebet / und5. B. Moſ. xxxii, 40. ſaget: Jch lebe ewiglich. Da ſind die Heiligen En - gel / welche geiſtliches Weſens / und in Jhm / dem un -ſterblichenAll’s gutt im Leben und im Todt.ſterblichen GOtt / jmmerdar und ewig leben: Da ſindColoß. I, 17. die Seelen der Gerechten / welche am Juͤngſten TageBuch der Weißh. 111. mit Jhren Leibern vereiniget / bey CHRiſto werden E - wig ſeyn. Der Todt wird hinfort uͤber ChriſtumJohan. xvii, 24. und ſeine Gliedmaſſen nicht herrſchen / auch garRoͤm: vi, 9. nicht mehr ſeyn / Sondern die Außerwaͤhlten werdenOffenb. xxi, 4. alß denn jhre Hand außſtrecken / brechen von dem Baum und Holtz des Lebens / das im Paradiß GOttes iſt / eſ -1. B. Moſ. iii, 22. unnd Offenb. Joh. xxii. 2, cap. ii, 7. ſen / und leben ewiglich.
Und wie der Verfluchten und Verdampten Todt wird ewig ſeyn / weil Jhr Wurm nicht ſterben / ja der Todt von jhnen fliehen wird: Alſo hingegen wird dasEſa. lxvi, 24 Leben der Außerwaͤhlten ewig ſeyn / und Sie im LandeOffenb. Joh. ix, 6. &. 9. der Lebendigen ewig wohnen.
So werden derowegen die glaͤubigen Außerwaͤl - ten billich nach jhrer Aufferſtehung mit frolocken jauch - tzen und ſagen: Ey / GOtt Lob / alles iſt uͤberwunden / das muͤhſeelige Leben / der grawſame Todt / das finſtere Grab / die ſchmaͤhliche Vermoderung: Nu wil Jch wandeln fuͤr dem HErren / im Lande der Lebendi - gen. Maſſen Sie auch noch in dieſem Leben durch den Glauben ſich darauff frewen unnd mit David ſagen:Pſal. xxvii. v. 13. Jch glaͤube aber doch / daß Jch ſehen werde das Gutt des HErren / im Lande der Lebendigen.
Weil demnach den Sterbenden ſo viel Gutts von dem HErren widerfaͤhret: Mit ſo groſſem Frolocken die im Glauben auff den HErren JEſum abgeſchiede - ne Seele fuͤr GOttes Throne tritt / und ſo gluͤckſeeligE ijſeynSey ſtill / mein Seel / es macht dein GOttſeyn wird / daß Sie fuͤr dem HErren im Lande der Le - bendigen ewig wandeln und wohnen ſoll / Ey wem wol -Offenbar. Joh. xxii, 20 te denn fuͤr Sterben grawen? und nicht vielmehr ſeuff - tzen: Veni Domine JEſu. Ja kom HErr JEſu.
Wer wolte uͤber den Seelig entſchlaffenen allzu ſehr trawren / die ſchon mit ſolchem unauffhoͤhrlichem Lob unnd Danckſagung fuͤr GOttes Throne ſtehen / in dis Todten Land nicht mehr begehren / ſondern von nun an fuͤr dem HErren leben und bey Jhm ſeyn allezeit? Mit welchen Worten der Heilige Apoſtel ſeine Leydtragende1. Theſſalon. iv, 17. 18. Theſſalonicher troͤſtet.
Laſſet uns vielmehr alleſampt hiernach wuͤntſchen und hertzlich Verlangen tragen / Evolemus: Eja we - ren wir bald da!
Und alſo hat auch unſere Seelige Fraw Doro - thea / weil wegen ploͤtzlich gefallenen Schlagfluſſes keineRoͤm. viii, 26. jrrdiſche Troͤſter etwas nuͤtze geweſen / ohne allen Zwei - fel / durch gewaltige Vertretung der unaußſprechlichenJohan. xiv. 26. Seufftzen des Heiligen Geiſtes / der uns alsdeñ alles des was wir zuvor auß Chriſti uñ ſeiner diener Munde gehoͤ - ret / erinnert / in Jhrem Abſchiede Jhrer Seelen troͤſtlich zugeſprochen: O meine liebe Seele / was biſt du ſo Un - ruhig in mir / ſey doch wider zu frieden / denn der HErr thut dir ja durch das zeitliche unverſehene Sterben nichts Boͤſes / ſondern viel unnd lauter Guttes. So bald aber die trawte mit den Bluts-troͤpfflin JEſu CHriſti in der Heiligen Tauffe / fleißiger Anhoͤrung goͤtt - liches Worts / und wenig Tage vor Jhrem Tode em -pfangenenAll’s gutt im Leben und im Todt.pfangenen Hochwuͤrdigen Abendmals beſprengete und von dem Kercker dieſes Leibes auffgeloͤſete Seele / fuͤr den Thron Gottes durch die Heilige Engel bracht worden / wird Sie als von Jhrem Coͤrper angezogenem Sterbe - Kleide ab geleſen / und zu Gott geſchryen haben / auch noch jetzt ruffen und dz Danckliedlein anſtimmen: O HErr JEſu / du Fuͤrſt des Lebens / du haſt ja meine Seele auß dem Tode geriſſen / meine Augen von den Thraͤnen / meinen Fuß vom gleiten!
Es iſt noch ein Kleines und ein Augenblick / daß Jhr Leib / wenn er im Grabe außgeruhet / am Juͤng - ſten Tage wider erwachen / alle vermoderte Staͤublin und Beinlin herfuͤr gehen / der HErr vom Himmel jh - re Adern / Fleiſch und Haut / auch Athem und Seele / ſo1. B. Sam xxv, 29. Er im Buͤndlin der Lebendigen und ſeiner Hand hat / wider geben wird / wie das Geſichte Ezechielis außwei -Weißheit iii. 1. ſet / und alßdann mit allen Außerwaͤhleten einfuͤhren inCap. xxxvii. v. 3. die Herrligkeit / welche Jhr durch dieſen Jhren Heyland erworben: Und Sie auch ſagen koͤnnen: Jch habe dir GOtt gelobet / daß Jch dir dancken wil. DeñPſal. lvi, 13. 14. du haſt meine Seele vom Tode errettet / meine Fuͤſſe vom gleiten / daß Jch wandeln mag fuͤr dir im Lande und Liechte der Lebendigen.
Mit welchem hertzerquickendem Troſte und glaͤu - biger Hoffnung / auch die hochbetruͤbten Leydtragenden Hertzen / der Hochbekuͤmmerte Herr Wittwer / das be - truͤbte Toͤchterlin / die weinende Fraw Mutter und Herr Pflege-Vater / ſambt Frawen Schweſter und gantzenE iijleydtra -Sey ſtill / mein Seel / es macht dein Gott etc.leydtragenden Freundſchafft / ſich auffhalten / Jhrer See - ligen ſolchen herrlichen Wechſel und Zuſtand gerne goͤn - nen / und ſich ſelbſt anreden ſollen: Sey auch wider zu - frieden meine Seele / laß ab vom Weinen: Denn der HErr hat deinem Hertzliebſten Eheſchatz / Frawen Mutter / Tochter / Schweſter und Freundin nichts Boͤ - ſes / ſondern viel und eytel Guts / im Leben unnd Ster - ben / gethan: Sie iſt ja allbereit fuͤr Gottes Stule / lo - bet Jhn / und wird ſolcher Seeligkeit in alle Ewigkeit geniſſen.
Ein jeder glaͤubiger Chriſt ſaͤuff - tze auch darnach mit mir / und ſpreche: O HErr JE - ſu / ſprich auch durch dein Wort und Geiſt meine Seele zu frieden im Leben und Sterben; Thue mir Guts nach deiner Barmhertzigkeit / reiſſe meine Seele auß dem Tode / meine Augen von den Thraͤnen / meinen Fuß vom gleiten: Laß mich fuͤr dir wandeln im Lande der Lebendigen / daß Jch dich ſchawe und lobe ewiglich. AMEN. AMEN. AMEN.
WAs nun anlanget unſere in Chriſto Seelig-Verſtorbene Mit - Schweſter / derer wir jetzo das Geleit zu Jhrem Schlaff-Kaͤmmerlein gege - ben haben / ſo iſt dieſelbte geweſt die Wol-Erbare / Viel Ehrenreiche / und HochTugendſame Fraw Dorothea / Des Edlen / Ehrenveſten / GroßAcht - baren / unnd Hochgelarten Herren Johan Lau - terbaches / Erb-Herrens auff Beichaw unnd Schlon / Vornehmen Jurisconſulti Practici, und geweſenen Syndici zu Groſſen-Glogaw / anwe - ſendes Hochbetruͤbten Herren Wittbers / Hertz - vielgeliebte Hauß-Ehr / und trewer Ehe-Schatz.
Deren Seeliger Herr Vater geweſen iſt / der Weyland / auch Ehrenveſte / Hoch unnd Wolbe - nambte Herr Paul Winckler / damaliger Buͤr - ger und Vornehmer Handelsmann zu Groſſen - Glogaw.
Jhre geliebte / allhier anweſende / hochbekuͤm - merte Fraw Mutter / iſt die auch Wol-Erbare / Viel-Ehren - und Tugendreiche Fraw UrsulagebohrneLeben und Abſchied der Seel. Verſtorb.gebohrne Heintzin von der Frawſtadt / jetzo des Wol-Ehrenveſten /[Wol = Weiſen] / und Hochbe - nambten Herren Erneſti Nitners / Wol-Verord - neten Buͤrgermeiſters zu Groſſen-Glogaw / Chriſtliche Hauß-Ehre.
Von dieſen beyden vornehmen Chriſtli - chen Eltern iſt Sie zu dieſer Welt gebohren / im Jahr Chriſti / 1617. den 11. Decembris Abends gegen 10. Uhr / da Sie dann bald folgenden Tages zum Hochwuͤrdigen Sacrament der Heiligen Tauff befoͤrdert / unnd in den Gnaden-Bund Gottes einverleibet worden.
Alldieweil aber der Gerechte Gott obgedach - ten Jhren geliebten Herren Vatern nicht lang hat wollen in dieſem Leben Jhr vorſtehen laſſen / ſondern mit Jhme in das ewige Frewden-Leben geeylet / als iſt Sie mit dieſem Waͤyßlein Doro - thea und einem Sohn David Wincklern durch ſolchen ſeinen Todesfall in den hoch bekuͤmmerten Witben-Und Waͤyſen-Stand geſetzet worden.
Ob Sie zwar ſolchen Jhren Witwen-Stand / den Sie mit Ehr unnd Tugend loͤblich gefuͤhret / nicht zu endern bedacht geweſt / hats doch Jhre ſchwere Handlung nicht dulden wollen / dahero Sie ſich nach wahrer Anruffung und ſonderba - rer Schickung Gottes mit wolgedachtem Her - ren Buͤrgermeiſter Nitnern Anno 1621. den 21. November ehrlich verheuratet / und mit deſſentrew -Leben und Abſchied der Seel. Verſtorb.trewer Vorſorg die lieben zwey Kinder zu Gottes Furcht und Chriſtlichen Tugenden erzogen / da - von aber der Sohn allbereit vorhin gegangen / unnd nunmehr die Fraw Schweſter ſeeliglich gefolget.
Welche als Sie durch die Gnade GOttes das ſiebenzehende Jahr Jhres Alters mit Chri - licher Gottes-furcht / ſchoͤnen loͤblichen Tugen - den herbey gebracht / haben jetzige Jhre liebe El - tern Sie mit Jhrem freywilligen Conſens / auff vorgehabten reiffen Rath / zu obwolgemeltem Herren Lauterbachen Anno 1635. im Monat Majo durch Prieſterliche Copulation vermaͤhlet / mit welchem Sie in Hertzens-Liebe und auffrech - ter ehelicher Trew Chriſtlich und friedlich mit ein - ander gelebet unnd zu gebracht haben vierzehen Jahr weniger vier Monat. Jn ſolchem Jhrem Eheſtand hat Sie Gott geſegnet mit zweyen Lei - besfruͤchten / einem Sohn Johan Georg Lauter - bachen / ſo aber nur zehen Stunden nach ſeiner erlangten Heiligen Tauffe gelebet / unnd einer Tochter Dorothea Lauterbachin / welche noch am Leben vor unſern Augen ſitzet / ſo lang GOtt wil: Dieſes ſechsjaͤhrige Jungfraͤwlein ſol nun der Stecken und Staab / Troſt und Frewde des lieben ehrlichen / alten / zwey uñ ſiebentzig-jaͤhrigen Herren Vaters ſeyn / welches der trewe Gott viel lange Jahr geben und verleihen wolle.
FWasLeben und Abſchied der Seel. Verſtorb.Was nun der neben ſeeligen Frawen Jhr Leben anlanget / iſt maͤnniglichen bekand / daß Sie eine Chriſtliche / Gottsfuͤrchtige / demuͤttige und friedliebende Matrona geweſt / welche mit Wiſſen und Gewiſſen niemand gern entgegen geſtanden / noch die gantzen dreyzehen Jahr lang / als Sie ſich allhier in Exilio auffgehalten / beleidiget / ſon - dern mit maͤnniglichen nach gebuͤhr gutte nach - barliche Freundſchafft gepflogen; Wie man dann ein ſolches allenthalben Jhr wol mit grund und beſtand nachruͤbmen kan.
Ratione Jhres Chriſtenthumbs / redet die offentliche Notorietet Jhr ſelber das Wort / in dehme Sie eine trewe Liebhaberin und eyfferige Bekennerin GOttes unnd ſeines Wortes / auch des heiligen hochwuͤrdigen Sacraments und A - bendmals geweſt / unnd wo Sie nur Leibes-Ge - ſundheit halber fort gekont / keine Predigt und Gottes dienſt verſaͤumet / beynebenſt auch das liebe Armuth mit Allmoſen Jhr hat trewlich laſ - ſen befohlen ſein.
Mit Jhrem lieben Eheherren hat Sie ſo trew - lich und freundlich gelebet / daß Sie faſt nicht ge - wuſt / wie Sie Jhn bey ſeinem hohen Alter gnug - ſam hette pflegen uñ warten koͤnnen / Er auch Jhr widerumb dargegen mit ſolcher Hertzens-Lieb und Freundligkeit begegnet / daß man wol ſagen kan / Sie beyde eine Seele uñ ein Hertz / uñ alſo einrechterLeben und Abſchied der Seel. Verſtorb.rechter Spiegel einer recht Chriſtlichen / lieblichen und GOtt wolgefaͤlligen Ehe geweſen ſeyn.
Jhr Creutz / Kranckheit / und toͤdtlichen Ab - ſchied betreffende / iſt Sie vor dieſer Zeit / unnd zwar nach dieſes Jhres nochlebenden Toͤchter - leins Dorotheæ Geburth / mit ziemlicher harten Leibes-Schwachheit behafftet geweſt / Es hat Jhr aber der allerhoͤchſte Gott zu Jhrer Geſundheit gnaͤdig widerumb auffgeholffen / alſo / daß Sie ſeit dieſer zeit bey ziemlichen gutten Leibeskraͤff - ten ſich befunden / zwar bißweilen Hauptſchmer - tzen geklaget / welche ſich aber bald wider verlorẽ.
Newlicher zeit aber / biß zu Jhrem Seeli - gen Hintritt hat Sie ſich offters mit Todes-Ge - dancken getragen / und gegen Jhrem lieben Ehe - Herren erwehnet / daß Sie noch vor Jhme aus dieſem Leben hinſcheiden wuͤrde / ſo Er aber vor einen freundlichen Schertz und faſt unmuͤgliches Werck geachtet. Sie hat aber nichts deſto weni - ger Jhr Sterbegeraͤthlein in geheim fertig gehal - ten / und mit Jhrer eignen Hand dieſen jetzt abge - handelten Leich-Text auff Jhren Sterb-Kittel genaͤet.
Alß Jhr nun ſonder Zweiffel GOtt und die Natur zu verſtehen gegeben / daß Jhr letztes Stuͤndlein allgemaͤchlich herbey nahen thaͤte / hat Sie bey Jhrem lieben Herren zeitliche Anre - gung gethan / Er ſolte ſich ja nichts abhalten laſ -F ijſen /Leben und Abſchied der Seel. Verſtorb.ſen / daß Sie auff den Sontag (da der HErr CHRiſtus vom Berge were herab geſtiegen / uñ hette den Außſaͤtzigen ſo williglich geſund ge - macht /) moͤchten den HErren Chriſtum (weil Er auch vom hohen Berge des Himmels uns durch ſein heiliges Leiden und Todt geſund zu machen herabgeſtiegen were) beym Heiligen Abendmal auch umb Huͤlff zur Geſundheit unſers geiſt - lichen Außſatzes der Suͤnden anfliehen: Wel - ches dann auch alſo erfolget / daß ſie ſich am nechſt verſchienen Sontag acht Tage zur Confeſſion, Abſolution und Communion mit hertzlicher De - votion eingeſtellet haben. Folgende Tage darauff iſt ſie wol auff uñ erfrewlich geweſen / hat aber ſich hertzlich nach Glogaw zu den lieben Eltern / dem anweſenden betruͤbten Herren Vatern und hoch - bekuͤmmerten Fraw Mutter (welche ſie trefflich gern allhier in Frawſtadt gewuͤnſchet hette) ge - ſehnet / dahero Sie ſich mit einander vereiniget / nebenſt den lieben Kindern auff die nechſtfolgen - de Mitwoch / als nehmlich vor geſtern / nacher Glogaw zu reiſen / und die lieben Eltern noch ein - ſten heim zuſuchen. Als aber der Freytag / nemlich heut acht Tage herbey kommen / ſtehet Sie auff fruͤhe zur Predigt zu gehen / Jhr geliebter Herr aber / weil Er ſich den vorigen Tag auff der Reiß etwas erkaͤltet gehabt / nicht mit fort kan / umbfaͤn - get ſie Jhn freundlich mit Jhren Armẽ / hertzet uñkuͤſſetLeben und Abſchied der Seel. Verſtorb.kuͤſſet Jhn / ſagende mit dieſen Worten: Hertzlieb - ſter Schatz / nun wil Jch gehen zu Gott vor Euch / mich uñ uns alle hertzlich zu beten / gleich / als ob ſie Jhn geſegnen thaͤte. Nach vollendung des Got - tesdienſtes iſt Sie froͤlich nach Hauſe kommen / und hat Jhrem lieben Herren den gantzen Jnhalt der Predigt erzehlet: Nachmalß auch ſelbten gantzen Tag gar freymuͤttig ohne alle Sorgen / Kuͤmmernuͤß oder Beſtellung des Haußweſens (in welchem Sie ſonſten gantz eyfferig und emb - ſig geweſt) ſich erwieſen; Abends noch wol ge - geſſen und getruncken / auch nach neun Uhr das liebe Kind voran durch die Koͤchin ſchlaffen fuͤhren laſſen. Und als Sie zugleich auch mit die Stiegen hinauff gehet / faͤnget Sie an zu klagen / ſagende: Mein GOTT / nur iſt gleich / als wann mir ſiedend Waſſer unter das Geſicht gegoſſen wuͤrde. Als Sie aber uͤber die Stiegen hinauff iſt / ruffet Sie uͤber - laut: Ach mein GOTT / wie geſchicht mir / ach GOtt ſey mir gnaͤdig: Worauff Sie beginnet zu taumeln und zu ſincken / alſo / daß Sie die Koͤchin kaum ergreiffen kan; Da ruffet Sie weiter / Ach GOtt hilff / Ach GOtt ſey mir gnaͤdig / unnd ſincket nieder / darbey mit ſchwacher lallender Zungen ſagende: Ach Schlagwaſſer auff dem Fenſter. Als nun die Koͤchin umb Huͤlffe ruffet / und der Herr bald zulaufft / koͤnnen Sie Sie mit genawer Noth auffs Bette bringen / reiben mit Pulß - Schlag - unnd Krafftwaſſer nach beſtemF iijvermoͤ -Leben und Abſchied der Seel. Verſtorb.vermoͤgen / der Medicus (tit.) Herr Doctor Curæus unnd verſtaͤndige Frawen kommen zur Stelle / auß den Apotecken wird geholet unnd zugetra - gen / was von noͤthen geachtet worden / alſo / daß an Fleiß / Muͤhe unnd Vorſorge mit ſtrei - chen / reiben und kuͤhlen nicht das geringſte er - ſparet worden / aber weil der Schlagfluß ſo gar ſtarck das Hertz angefallen und uͤberwaͤltiget / die meatus auch zum Gehirn ſo gantz verſtopffet ge - weſt / alſo / daß weder fuͤhlen / ſehen / hoͤren noch Verſtand (wie offt und hertzbrechende Jhr gelieb - ter Herr / wie auch der Herr Medicus / Jhr zuge - ruffen) zu ſpuͤren / ſondern nur eine lautere ſchwe - re lucta des Hertzens geweſt / unnd zwar ſo lang / biß Sie endlich nach zwoͤlff Uhr durch ein ſanfftes Giffzerlein ohne eintziges Zucken oder Ungebaͤrde eingeſchlaffen / und alſo Jhren Lebens-Lauff ge - bracht hat auff ein und dreiſſig Jahr /[ſechſtehalbe] Wochen. Und weil Sie Jhr liebes Toͤchterlein neben Jhrer angenommenen lieben Pflege Toch - ter allbereit zu wahrer Gottesfurcht / und ſchoͤnen Jungfraͤwlichen Tugenden angewehnet hat / und dahero bey Jhnen die ſchoͤnen Stralen der muͤt - terlichen und großmuͤtterlichen Qualiteten her - fuͤr leuchten / ſo hat der hochbetruͤbte Herr Va - ter / und die lieben Eltern und Groß-Eltern / noch ein levamen Jhres groſſen Hertzen-Kummers / wann Sie der liebe GOtt / wie wir wuͤnſchen undbittenLeben und Abſchied der Seel. Verſtorb.bitten / allerſeits noch viel lange Jahr in Gnaden erhalten moͤchte / zugewarten.
Alſo hat die Seelige liebe Fraw Dorothea Jhr Exilium unnd Pilgramſchafft ſeeliglich be - ſchloſſen / und einen herrlichen Wechſel gethan; Vor Jhre Muͤhe / hat Sie nunmehr die Ruhe; Vor Schwachheit / ewige Geſundheit; Fuͤr der Welt Verfolgung / Himliſche Belohnung; Fuͤr jrrdiſche Schmach unnd Hohn / ewigwaͤhrende Herrligkeit fuͤr dem Angeſicht JEſu CHRiſti un - ter viel tauſend mahl tauſend Heiligen / die allzu - mahl Jhrem GOtt lobſingen / mit welchen Sie zugleich / als eine Himliſche Dorothea / Jhren Hey - land preiſet / und wartet der froͤlichen Aufferſte - hung Jhres Leibes / die bald hernach folgen ſol / auff daß alſo Sie gantz mit Leib und Seel bey dem HErren ſey / und bleibe ewiglich.
Der GOtt alles Troſtes / troͤſte den betruͤbten Herren Wittber / mit ſeinem lieben Mutter-Waͤyßlein / und die lieben Eltern / und re - ſpectivè Groß-Eltern kraͤfftiglich; Laſſe der Se - lig-Verſtorbenen Leib in der Erden wol ruhen und außſchlaffen / Erwecke Sie herrlich / und helf - fe uns allen / wann es ſein gnaͤdiger Wille iſt / nach Seeliglich: Welches zuerlangen / betet mit mir hertzlich:
MeinLeben und Abſchied der Seel. Verſtorb.Condolentiæ conteſtandæ ergò Casparus Bauman. Sen. Eccl. Dribizianæ & Gula - næ Paſtor.
Es haben vorzeiten die alten Roͤmer umb gegen -die 30. Janu - arij. Pacalia Ro - manorum. wertige Zeit ein Feſt / welches Sie Pacalia genennet / pflegen zubegehen: An welchem ſie mit vielem Raͤuch -GwerckChriſtliche Abdanckung.Rodolphus Hoſpinianus de Origine feſtorum fol. 60. b. werck von Weyrauch uñ Schlachtung weiſſes Viehes / umb beſtaͤndige Ruhe und Friede jhre ertichtete Goͤttin Pacem gebeten. Denn wenn Sie die Herrligkeit des Friedens bey ſich erwegeten / ſchloſſen Sie / daß es un - moͤglich wehre / daß das Jenige von ſterblichen Men - ſchen herruͤhrete / was unſterbliche Guͤtter zu wege braͤchte. Daher iſt es kommen / daß Sie auß dem Frieden eineJoh. Roſinus in Synt. An. tiquit. Ro - manorumlib 2. p. 94. Goͤttin gemacht / derſelben zu Ehren zu Rom eine Kir - che Templum Pacis / zu Athen aber einen Altar Aram Pacis genandt / erbawet / und dieſer vermeineten Goͤt - tin nachmalß allezeit Goͤttliche Ehre angethan.
Was nun damalß die Roͤmer gethan / eben der -Pacalia Si - meonis. gleichen / jedoch auff beſſere arth unnd weiſe / hat auch vor viel hundert Jahren gethan der alte Simeon / wel - cher / wie wir vergangenen Dienſtag gehoͤret / auch ſeineFeſto purific. Mariæ luc. 2. v. 25. ſeqq. Pacalia gehalten / in dehm Er nicht in dem Roͤmiſchen Goͤtzen-Tempel / ſondern in dem Heiligen Tempel Got - tes zu Jeruſalem / welcher das Hauß des HErren / diePſalm 122. v. 1. 9. Heilige Wohnung des Hoͤchſten geweſen; Nicht bey der ertichteten Goͤttin Paci, ſondern bey dem HErren / derPſal. 43. v. 3. & 46. 5. Friede giebet / bey dem rechten Friedefuͤrſten / dem all -Eſa. 45. v. 7. maͤchtigen GOtte / nicht umb zeitlichen und vergaͤng - lichen leiblichen / ſondern umb den ewigen vnd unver -1. Cor. 6. v. 7. gaͤnglichen Seelen-Frieden; Nicht durch jrdiſche raͤuch - werck und Opffer; ſondern durch das rechte Verſoͤhn -1. Petr. 2. v. 24. Opffer CHRiſtum JEſum angehalten und gebethen: Alß Er den Heyland der Welt / das Kind JEſum auff ſeine Armen genommen / unnd ſuppliciret:
‘HErr’ ()nuChriſtliche Abdanckung.nu leſſeſt du deinen Diener im friede fahren / wie du geſaget haſt / etc.
Was nun vorzeiten die Roͤmer / was vor vielhun - dert Jahren der fromme Simeon gethan und gebethen /Pacalia piè Defunctæ. das hat auch gebethen unnd gluͤcklich von GOtt erhal - ten die jetzo von uns begleitete weilandt Edele / Wol-Er - bahre / VielEhrenreiche und Hochtugendſame Fraw Dorothea Geb. Wincklerin / des gegenwertigen Edlen / Wol-Ehrenveſten / Großachtbaren / und Hochgelahr - ten Herren Johan Lauterbaches / Erbſaſſens auff Bei - chaw und Schlon / vornehmen J. Conſulti und beruͤhm - ten Practici, hertzgeliebte numehr Seelige Hauß-Ehre; Dieſelbe / weil Sie auß Hiob wol gewuſt / und ohne dißJob. 7. v. 1. c. 14. v. 2. auß taͤglicher Erfahrung wol gelernet / daß unſer Leben ſey perpetua militia, ein jmmerwaͤhrender Krieg und Streit / oder wie es Plutarchus nennet / lucta, ein rechterPlutarch. 2. Cor. 7. v. 5. Kampff / oder wie es der Apoſtel Paulus abbildet / Auß - wendig Streit / und jnwendig Furcht: Weil Sie auch wol geſehen / daß es in dieſer Welt ſchwerlich zu einem beſtaͤndigen Frieden mit einer glaͤubigen Seelen kom - men wuͤrde; Als hat Sie des kriegens / balgens und ſchlagens auff dem bluttigen Tummel-Platze der WeltRom. 8. v. 36. gar zeitlich ſatt bekommen / und nach dem Sie Jhre geiſt - liche und leibliche Feinde uͤberwunden hat / durch den / der Sie geliebet / hat Sie Jhren Colonel und Ertz - Hertzog Chriſtum JEſum umb gnaͤdige dimiſſion und erlaſſung ſehnlich angeflehet; Welcher Sie auch Jhrer Bitte gewehret / und nicht alleine Jhr domuitionemG ijverſtatet;Chriſtliche Abdanckung.verſtattet; Sondern auch durch den allgemeinen Geleits - man und ſtarcke Convoy (domiducam Mortem) den Todt / in das himliſche Vaterland / in das Hauß desEſa. 32. v. 18. Friedens / in die ſichere Wohnungen und ſtoltze Ruhe / fuͤhren und begleiten laſſen; Hat alſo vor etlichen Ta - gen der Seelen nach / heute aber dem Leibe nach / Jhre Pacalia und Frieden-feſt gehalten. Moͤgen alſo von Jhr auß Simeons inſtrumento Pacis wol ſagen: HErr nũ haſt du deine Dienerin laſſen in Friede fahren.
Es nennet aber den Todt nicht alleine Simeon ei - ne Friedefarht oder Weg; Sondern es hat allbereit GottGen. 15. v. 15. der HErr ſelbſten im alten Teſtament Jhn alſo tituliret / da Er zu dem Patriarchen Abraham geſprochen: Du ſolt fahren zu deinen Vaͤtern mit Frieden / und im gutten Alter begraben werden. Deßgleichen nennet1. Reg. 2. v. 2. auch der Koͤnig uñ Prophet David den Todt eine Farth unnd Weg / wenn Er Jhn nennet / den Weg aller2. Sam. 12. v. 23. Welt; Und von ſeinem Soͤhnlein auch ſaget: Jch werde wol zu Jhm fahren. Joſua der JſraelitiſcheJoſ. 23. v. 14. Herrfuͤhrer nennet Jhn einen Gang / und ſpricht: Sie -Baſilius de Barlaã mart. Chryſoſt. he Jch gehe dahin wie alle Welt. Baſilius ſpricht: Mors ad meliorem vitam migratio eſt. Chryſo - ſtomus: Mors eſt migratio á terra ad cœlum, ab Hominibus ad Angelos & ad ipſum Angelorum Dominum. Und nicht unbillich wird frommer glaͤubi -Mors eſt[I]ter 1. Certiſſimum. ger Chriſten Todt eine Farth / Reiſe uñ Weg genennet / denn derſelbe iſt: Einmahl Iter Certissimum, die allergewiſſeſte Reiſe / die wir unfaͤhlbaralle fahren muͤſ -ſenChriſtliche Abdanckung.ſen / dann Er iſt Via univerſæ carnis, der Weg aller Welt / welchen alle Menſchen gehen muͤſſen / Denn dem Menſchen iſt geſetzt ein mal zu ſterben. Uñ wo iſt jemandHeb. 9. v. 27. der da lebe / und den Todt nicht ſehen muͤſſe? DaherPſal. 89. v. 49. Bernhard. ſpricht: Quid in rebus humanis certi -De conv. ad Cler. c. 14. us morte: Was iſt in allen Menſchlichen dingen ge - wiſſer als der Todt? Dieſe gewiſſe und unfaͤhlbare Tod - ten-Reyſe haben nun ziehen und wandern muͤſſen unſere erſte Eltern Adam und Eva / die Heiligen Ertz-Vaͤter / Patriarchen / Propheten / Koͤnige und Apoſtel:
Dic ubi Salomon olim tam nobilis,Jacop.Vel ubi Samſon Dux invincibilis,Vel pulcer Abſolon vultu mirabilis,Vel dulcis Jonathan multum amabilis?
Ja wir moͤgen fragen im alten Teſtament / nachGen. 5. v. 5. 11. 13. 17. 20. 27. 31. wem wir wollen / ſo heiſt es und giebt Antwort das fuͤnff - te Capitel des Buches der Schoͤpffung: Mortuus eſt: Er iſt geſtorben. Welches auch der Poet ſaget: MorsPropert. Sveton. in Auguſto. ſua quemq́; manet. Auguſtus Cæſar, als Er in Thu - ſcia die Stadt Peruſiam einbekommen / hat Er ſehr vie - len den Proceß machen / und das Leben nehmen laſſen; Alß aber Jhrer viel dem Kaͤyſer zu fuſſe gefallen / unnd umb ſchenckung des Lebens demuͤttigſt angehalten / hat der Kaͤyſer keine andere Antwort von ſich gegeben / als Moriendum eſt, du muſt ſterben / und hat alſo auf einen Tag 300 bey dem Grabmahl oder Altar Julij Cæſaris ſchlachten und auffopffern laſſen.
Ein ſolches ſcharffes Blutt-Urthel hat nun auch GottG iijderChriſtliche Abdanckung.Gen. 2. v. 17. c. 3. v. 3.der HErr / als der groͤſſeſte Monarch Himmels und Er - den / nach dem erbaͤrmlichen Suͤndenfall geſtellet und gefaͤllet uͤber das gantze menſchliche Geſchlecht / und in genere und ſpecie zu einem jeglichen Menſchen geſa - get: Morte morieris, Du ſolt des Todes ſterben.
Und geſetzt / daß einer mit Mathuſalem nahe auff 1000. Jahr kaͤme / wuͤrde doch es endlich heiſſen / Mori - endum eſt, Du muſt ſterben. Die H. Schrifft ſchrey - et uns in unzehlich viel Orthen an / und ſpricht: Morien - dum eſt, Du muſt ſterben: Die taͤgliche Erfahrung wei - ſet gleichſam mit Fingern auff den groſſen und unermeß - lichen Hauffen aller Todten / und ſpricht: Moriendum eſt, du muſt ſterben. Derhalben vermahnet SenecaNat. qq. lib. 6. in f. gar recht: Hoc affigamus animo, hoc nobis ſubinde dicamus: Moriendum eſt, Das laſt uns feſt einbilden / und uns offte ſelbſt anreden / und ſprechen: Du muſt ſter - ben. Darzu auch die Heilige Schrifft vermahnet / weñSyr. 7. v. 40. Sie ſpricht: Was du thuſt / ſo bedencke das Ende, Ptolomæus Philadelphus ließ allezeit auff ſeine Taffel einen Todtenkopff nebenſt andern Trachten auffſetzen. Bapſt Clemens der VIII. hatte gleichsfalls allezeit ne -Mich. Sax. in Chron. Imperat. in vita ejus. benſt ſeinem Baͤpſtlichen Stuele einen Todtenkopff ſte - hen. Kaͤyſer Maximilian, der I. fuͤhrete drey Jahr fuͤr ſeinem Tode uͤberall mit ſich einen Sarg herumb / deß - gleichen that Keyſer Carl der V. welcher gantzer 5. JahrLeont. Cypr. Epiſc. c. 18. in vita Joannis. ſeinen Sarg mit ſich fuͤhrte. Iohannes Patriarcha zu Alexandrien ließ Jhm bey ſeinen Lebenszeiten ſein monumentũ und Grab zurichten / aber nicht gantz vol -lenden /Chriſtliche Abdanckung.lenden / auff daß alle Feſt Tage / wenn Er das Sacrum verrichten wolte / auff ſeine Verordnung einer von ſei - nen Clericis Jhn mit dieſen Wortten anredete: Do - mine ſepulchrum tuum imperfectum eſt: Jube igitur inchoatum abſolvi, neſcis enim qua hora fur veniat. Herr Ewer Grab iſt noch nicht fertig / derhalben ſchaffet / daß es vollendet werde / denn Jhr wiſſet nicht / zu welcher Stunde der Dieb / nehmlich der Todt / kommen moͤchte. Was haben dieſe alle hiemit anders gemeynet / alß: Moriendum eſſe, Daß man ſterben muͤſſe.
Unſere Seelige Fraw Lauterbachin hat dieſen jetzoPiè defuncta vixit memor lethi. erzehlten Exempeln gar loͤblich gefolget / in dehm Sie Jhres Sterbſtuͤndleins ſich bey geſunden tagen ſtets er - jnnert / daher Sie auch Jhr Leichen - oder Wander-Ge - raͤthe verfertiget / unnd daſſelbe in Bereitſchafft gehabt / dann Sie wol gewuſt / es moͤchte unverſehens die Stim - me Gottes auß dem Propheten Ezechiel zu Jhr kommen /Ezech. 12 v. 3. und ſprechen: Fili hominis collige vaſa transmigra - tionis tuæ, & abi: Du Menſchen-Kind / nim dein Wander-Geraͤthe / und zeuch davon. Es iſt auch from - mer Chriſten Todt eine Farth / Reiſe oder Weg / uñ zwar.
Zum andern / Iter Tutissimum, Die aller - ſicherſte Reiſe. Hier in dieſer Welt haben die Leuthe wenig ſichere Reiſen: Denn bald wird man von wilden1 Sam. 17. v. 34 Thieren angefallen / wie David von Loͤwen und Beeren / oder man faͤllet unter die Raͤuber und Moͤrder / welche einen berauben / ſchlagen / und wo nicht gantz / doch halbtodtChriſtliche Abdanckung.Luc. 10. v. 30.todt liegen laſſen / wie jenen armen Menſchen / welcher von Jeruſalem nach Jericho reiſen wolte / oder man kom -Gen. 21. v. 14. c. 37. v. 15. met in Jrrwege / darauß man uͤbel kommen kan / wie Ha -Pſal. 107. v. 4. gar jrre gieng in der Wuͤſten / Joſeph auff dem Felde / die Kinder Jſrael gleichfalß in der Wuͤſten / da Sie gantzer viertzig Jahr in der jrre herumb terminirten / deßglei - chen Ulysſes / welcher gantzer 10. Jahr in der jrre her -Iter mortis tutum. umb zog. Aber ſolcher Gefahr / ſolches Ungluͤckes / und ſolcher I Jrrung darff man ſich auff dieſer Todesreiſe nicht befuͤrchten / denn es iſt eine gantz ſicher Reyſe /
1. Wegen des Fuͤhrers und Wegweiſers / der uns den richtigſten und ſicherſten Weg weiſet. Was an ei - nem gutten Wegweiſer gelegen / lehret die taͤgliche Er - fahrung alle die jenigen / welche durch unbekandte OrtheThuan. lib. 4 reiſen muͤſſen / und hat Thuanus in ſeinem vierden Buche ein Exempel / Daß ein ſolcher Wegweiſer Kaͤy -Exod. 13. v. 21. ſer Carln dem V. ſehr genuͤtzet. Die Kinder Jſrael hat -Pſal. 78. v. 14 ten zum Wegweiſer des Tages eine Wolcken-Saͤule / des Nachts eine Fewer-Saͤule. Der junge Tobiastob. 5. v. 5. 6. Solinus. hatte einen Engel. Jm Hartzwalde ſollen Vogel ge - funden werden / derer Federn im finſtern glaͤntzen und helle leuchten / auch bey tunckler Nacht / daher die Leute / welche bey finſterer Nacht reiſen / ſolche Federn an ſtatt der Leuchten und Kertzen gebrauchen / damit Sie denPlin. lib. 9. nat. hiſt. c. 27 Weg finden moͤgen. Plinius gedencket eines Fiſches Lucerna genand / welcher allezeit oben im Meer ſchwim - met / derſelbe ſoll eine ſolche fewrige und leuchtende Zun - ge haben / daß die Schiffe bey tunckeler Nacht ſich wolvonChriſtliche Abdanckung.von derſelben Glantze und Liechte beſehen koͤnnen. A - ber was ſind dieſe Jrrliechter? Wir haben auff dieſer finſteren Todes-Reyſe / ja auch durch den finſtern Welt - Thal ein heller und weit klaͤrer Liecht / als etwa die Vo - gel und der Fiſch Lucerna von ſich giebet / das iſt unſer HErr und Heyland JEſus Chriſtus / (welcher auch von der klugen Sybilla in jhrem Carmine piſcis genennet wird / ἰχθὺς Ι᾽ησοῦς Χριςὸς Θεοῦ γιὸς σωτὴρ) Dieſer iſt Lux mundi, Das warhafftige Liecht / welches in die WeltJoh. 1. v. 9. c. 8 v. 12. 6. 9. v. 5. &. kommen / Welchen Simeon in ſeine Armen nimmet / und Jhn ein Liecht der Heyden nennet / Jhm damit leuchtet / und welchem Er nachfolget. Das iſt der rech -Luc. 2. v. 32. te Wegweiſer / durch deſſen Huͤlffe auch unſere SeeligeLux & viæ moderator piè defunctæ Fraw Lauterbachin gantz ſicher durch den ungehewren uñ ſtockfinſtern Welt - und Todtenthal gewandert und gezo - gen. Denn Er fuͤhret ſein Volck einen richtigen Weg;Pſal. 107. v. 7. Er thut uns kund den Weg zum Leben; Er verſprichtPſal. 16. v. 11. uns uͤberall zu begleiten / bey dem Propheten Eſaia am 43. Fuͤrchte dich nicht / Jch Habe dich erloͤſet / etc. Eſa. 43. v. 1. 2. 3.Auff dieſen Wegweiſer verließ ſich auch der offt uͤbel ge - wanderte Koͤnig unnd Proyhet David / darumb ſpricht Er im 23. Pſalm: Ob Jch ſchon wandere im finſternPſal. 23. v. 4. Thal / fuͤrchte Jch kein Ungluͤcke / denn du biſt bey mir. Es iſt auch unſere Todes-Reyſe eine gantz ſi - chere Reyſe:
2. Wegen der Geferten / das ſind die Heiligen2. Propter Comites. Engel. Sonſten pfleget man im Sprichwort zu ſagen: Facundus comes pro vehiculo eſt, Ein luſtiger Ge -Hferte /Chriſtliche Abdanckung.ferte / der wol reden kan / beſtehet vor einen Wagen. Von den Heiligen Engeln mag man diß gar wol ſagen / und ſprechen: Sancti Angeli pro vehiculo ſunt. DiePſal. 91. v. 11. Heiligen Engel ſind unſere Wagen / denn der HErr hat ſeinen Engeln befohlen uͤber uns / daß Sie uns behuͤtten / auff allen unſern Wegen / daß SieComites piè defunctæ. uns auff den Haͤnden tragen etc. Dieſe Geferten und Geleitsleuthe hat nun auch auff Jhrer Todes-Rey -Luc. 16. v. 22. ſe gehabet unſere Seelige Fraw Lauterbachin / welche Jhre Seele wie dort Lazari getragen in die Schoß Abra - hæ. Wir duͤrffen uns auch auff dieſer Todten-Reyſe nicht fuͤrchten / denn es iſt eine gutte und ſichere Reyſe:
3. Weil der Weg wolgebaͤhnet und getreten iſt. Jn dieſer Welt giebets viel boͤſe / rauhe / unebene / doͤrnerichte unnd holſtrige Wege / und heiſt recht: per aſpera ad aſtra, aber unſer Todten-Weg iſt ein gleicher ebener und wolgebaͤhnter Weg / denn derſelbe iſt von ſo viel tauſen - den ſchon gegangen und wolgetreten / und ſo ja noch et - was unebenes auff demſelben ehmals zu finden gewe -Eſa. 63. v. 3. ſen / hat doch unſer HErr und Heyland CHriſtus JE - ſus der rechte Kaͤlter-Treter / welcher dieſen Weg auch gegangen / mit ſeinen Heiligen Fuͤſſen daſſelbe vollends gantz gleich und eben gemacht / das kein holſtrichen mehrJoh. 14. v. 2. 3. zu finden iſt / maſſen Er ſelbſten ſpricht: Jch gehe hin / euch die Staͤte zubereiten. Dieſem heiligen Vorgaͤn - ger iſt unſere Seelige Fraw Lauterbachin nun auch nachCant. 1. v. 4. gegangen / Sie hat offt mit der Sulamith geſeuffzet zu Jhrem himliſchen Braͤutigamb: Zeuch mich dir nach /ſoChriſtliche Abdanckung.ſo lauffen wir / Er hat Sie gefuͤhret in ſeine Kammer / inJoh. 14. v. 2. das Hauß des himliſchen Vaters / da viel Wohnungen ſeyn. Dieſe Straſſe werden wir auch dermaleines zie - hen und wandern muſſen / nam & nobis calcanda ſe - mel via lethî, ſaget der Poet. Es iſt auch from̃er glaͤu -Hor. lib. 1. od 28. biger CHriſten Todt eine Farth / Reyſe oder Weg / und zwar:
Zum dritten Iter Brevissimum. Dieiii. Iter breviſſi - mum. aller Kuͤrtzeſte Reiſe. Es muͤſſen etliche viel Jahre reiſen / ehe Sie Jhre vorgenommene Reiſe zu ende brin - gen koͤnnen. Die Kinder Jſrael terminirten gan - tzer viertzig Jahr in der Wuͤſten herumb / ehe Sie in das Land Canaan kamen. Sie hatten zwar auß dem Lan - de Goſen / darinnen Sie wohneten / biß auff Jeruſalem / wenn man es grade zu durch der Philiſter Land reiſete / nur 47. Meilweges / aber Gott der HErr fuͤhrete Sie ſo wunderſeltzame Querwege durch die Wuͤſten / daß Sie es auff 200. Meilen gereiſet / daruͤber Sie ſo viel Jahr zugebracht / das war eine lange Reiſe. Ulyſſes war gantzer zwantzig Jahr von Hauſe auß / zehen Jahr lang zog Er in der Jrre herumb / die andern 10. Jahr lag Er vor Troja. Die jenigen / welche heutiges Tages in Weſt-Jndien Schiffen / bringen uͤber einer Reiſe offte 3. Jahr zu. Aber unſere Todten-Reiſe iſt eine kurtze und geſchwinde Reiſe / und wird offt in einem Augenblick verrichtet. Tarquinius war geſund und froͤ -Plin. lib. 7 nat: hiſt. c. 7. lich / als Er an einer Fiſchgraͤte erſtickete.
Fabius war geſund / alß Er an einem Haar / welchesH ijErChriſtliche Abdanckung.c. 53.Er in der Milchſpeiſe bekommen / erwuͤrgete. J. Cæſa - ris Dictatoris Vater ſtund friſch unnd geſund auß dem Bette auff / und in dem Er die Schuh anzog / ſtarb Er. Q. Æmilius Lepidus und C. Aufidius ſtieſſen unver - ſehens mit dem Fuſſe an die Thuͤrſchwellen / und ſtorbenPlin. d. l. c. 7. gaͤhlig davon. Der Rhodier Geſandte / als Er ſeineVal. Max. l. x. c. xii. ſachen bey dem Rathe mit groſſer Verwunderung und tapfferem Lobe proponiret / und jtzo herauß gehen wol - te / blieb in der Thuͤren todt. Der Poet Anacreon er - ſtickte an einer Weinbeerhuͤlſen / oder wie ander wollen /Idem ibidem an einem Koͤrnlein von einer Roſin. Lucia des M.Plin. lib. 7. c. 32. Aurelii Tochter ſtach ſich unverſehens mit einer Nadel / uñ ſtarb daran bald. Jene beyde Muͤtter ſterben vor Frew - den / eine Jhrem Sohne am Halſe / die ander / als Siegellius lib. 3. c. 15. Jhren Sohn nur erblicket. Deßgleichen die zwey Vaͤ - ter Chilon und Diagoras ſterben auch an Jhrer Soͤhne Haͤlſen / als Sie dieſelbe / als Uberwinder / in den Olym - piſchen Schawſpielen vmbfingen. Cleobis und BitonCicero in 1. Tuſcul. der Prieſterin Argiæ Soͤhne / hielten mit Jhrer Mutter Abendmalzeit / legten ſich darauff friſch und geſund ſchlaf - fen / des Morgens wurden Sie todt gefunden. Eben dieſes begegnete auch den beyden BawLeuten Tropho -Piè defunctæ mortis iter breviſs. nio und Agamede. Unſere Selige Fraw Lauterbachin war in einer Stunde friſch und geſund / die ander kranck / die dritte todt. O Subitos rerum turbines! ô præ - cipites vel firmiſſimorum lapſus! Hier heiſt es recht /Seneca. Ep. 101. wie Seneca ſaget: Dum reſpicimus, verſamùſq́, nos mortalitas adeſt. Ehe wir uns einmahl umbſe -henChriſtliche Abdanckung.hen oder umbwenden / iſt der Todt dar. Und: Quot po - ri corporis tot oſtiola ſunt mortis. Non ubiq́; ſe mors propriè oſtendit, ubiq́; autem propè eſt. QuidIdem ibidem autem ſtultius quã mirari id ullo die factum quod omni poteſt fieri? Stat quidem terminus nobis, ubi illum inexorabilis fatorum neceſſitas fixit: Sed nemo ſcit noſtrum, quam propè verſetur. Sic itaq; formemus animum, tanquam ad extremum ventum ſit.
Es iſt aber ein geſchwinder und ploͤtzlicher Todt beySubita mors non eſt im - proviſa. frommen Chriſten nicht etwa ein unverſehener Todt / Denn improviſa mors non eſt, cujus vita fuit pro - vida, Dem kompt der Todt nicht unvorſehens / der ein vorſichtig Leben gefuͤhret / und weiß / à DEO & accipi -Val. Max. lib. 5. c. 10. endi ſpiritus & reddendi eodem momento tempo - ris ſibi legem dictam: atq́; ut mori nemo ſoleat, qui non vixerit, ita nec vivere aliquem quidem poſſe, qui non ſit moriturus, Wie der Hiſtoricus gar ſchoͤne redet / das iſt: GOtt habe in einer Stunde dem Menſchen den Todt und Leben beſtimmet / und gleich wie niemand ſterben koͤnne / der nicht zuvor gelebet; Alſo koͤnne auch niemands leben / der nicht dermaleines ſter - ben muͤſſe. Und ſolche Leuthe wiſſen das Leben recht zugebrauchen: Is demum profectò vitam æquâ lance penſitabit, qui ſemper fragilitatis humanæLib. 7. nat. hiſt. c. 7. S. memor fuerit / ſagt Plinius. Es iſt auch ein geſchwin - der und ploͤtzlicher Todt bey fromen Chriſten nicht einm. non mals. Auguſtinus. boͤſer Todt. Vix enim poßibile eſt ut malè moriaturH iijquiChriſtliche Abdanckung.qui ſemper benè vixit, Es kan nicht ſeyn / daß einerIdem. ſolte uͤbel ſterben / der wol gelebet; Und Mala mors dicenda non eſt, cujus vita bona præceſſit, deſſelbi - gen Todt iſt nicht boͤſe geweſen / deſſen Leben gut gewe - ſen / ſaget Auguſtinus. Kompt fromen Hertzen derPſal. 102. v 3. & 143. v. 7. Todt bald / ſo moͤgen Sie mit Koͤnig David bethen: HErr / erhoͤre mich bald. Kompt unſer StuͤndleinPſalm 147. v. 15. ſchnelle / ſo kan uns auch GOttes Wort ſchnelle troͤ - ſten / denn ſein Wort laͤuffet ſchnell. Jſts doch viel beſſer ſchnelle Seelig ſterben / als lange gemartert / ge - quaͤlet und geplaget werden. Darumb als einmals Juli - us Cæſar bey ſeiner Kaͤyſerlichen Taffel von dergleichenSvet. in Vita ejus. Materie diſcurirete, und gefraget ward: Welchen Todt Er vor den beſten hielte? Gab er zur Antwort: re - pentinam inopinatamq́;, einen geſch winden und un - verhofften. Victorinus Strigelius hat auch jmmer pflegen umb einen reuteriſchen Todt zu bethen / gleich wieSvet. in Vita Aug. Kaͤyſer Auguſtus ἐυθανασίαν, umb einen ſchmertzloſen Todt / welches jhm auch widerfahren / wie Svetonius meldet.
Wann frome Chriſten ſchnelle dieſe Welt ge - ſegnen / iſt es nicht anders / als wenn Enoch ſchnelle wirdGen. 5. v. 22. 24. zu GOtt genommen / welcher fuͤr ſeinem wegnehmen Zeugnuͤß gehabt hat / daß Er Gott gefallen habe; Oder2 Reg. 2. v. 11, 12. gleich wie wenn Elias ſchnell auff ſeinem Himmel-Wa - gen zur ewigen Frewde wird geholet. Es melden auch die Hiſtorien / daß der Evangeliſt Johannes / welcher unter allen Juͤngern dem HErren JEſu der Liebſte ge -weſen /Chriſtliche Abdanckung.weſen / auch eines geſchwinden unnd gaͤhligen Todes geſtorben Jſt alſo ein geſchwinder unnd ploͤtzlicher Todt bey fromen Chriſten nicht ein boͤſer Todt / weil auch die Allerheiligſten und Liebſten GOttes offt ploͤtzlich ge - ſtorben.
Es iſt auch fromer glaͤubiger Chriſten Todt eine Farth / Reiſe oder Weg / und zwar /
Zum vierdten / Iter Utilissimum, Dieiv. Iter utiliſſi - mum. allernutzlichſte Reyſe. Hier bringet das Reyſen man - chem wenig ein / und iſt Jhm offte mehr ſchaͤdlich / als nuͤtzlich. Janus Gruterus hat pflegen zu ſagen: VonZinggr. in Apopht. vielem und langem Reyſen bringet mancher nichts an - ders wider mit nach Hauſe / als einen leeren Beutel / krancken Leib / und ein boͤſes Gewiſſen. Die Spa - nier / Niederlaͤnder / und die Kauffleute ingemein / ſtel - len Jhre offt ferne Reyſen an / Geld und Gut zu erlangen wie der Poet redet:
Impiger extremos currit mercator ad Indos,Horat. Ep. 1.Per mare pauperiem fugiens per ſaxa per ignes.
Und muͤſſen nicht allein Jhr Haab und Gutt / ſondern auch offt Jhr Leib und Leben daran wagen / und offters beides daruͤber einbuͤſſen. Aber auff unſerer Todten-Reyſe gehet es nicht alſo zu / man erlanget ohn einige Muͤhe umbſonſt und auß Gnaden die ewigen Himliſchen Guͤtter; Man kan kauffen ohne Geld undEſa. 35. v. 1. eſſen / man kan kauffen ohne Geld und umbſonſt beyde Milch und Wein. Auff dieſer Reyſe bekompt manguttenChriſtliche Abdanckung.Matth. 13. v. 45.gutten profit, man erhandelt allhier die koͤſtliche Perle das iſt das Himmelreich / welches der HErr CHriſtus einer Perlen vergleichet / dahin ruffet und locket uns un -matt. 11. v. 28. 29. 30. ſer HErr und Heyland CHRiſtus JEſus ſelbſten / weñ Er ſpricht: Kompt her zu mir alle etc.
Dieſe gewiſſe / ſichere / kurtze und nuͤtzliche Reyſe iſt nun auch gezogen unſere Seelige Fraw Lauterbachin / Sie hat ſonder Muͤh und Beſchwernuͤß / umbſonſt und auß Genaden erlanget die himliſche und ewig wehrende Guͤtter: Nun hat Sie alles Ungluͤck uͤberwun - den / den rechten Fried / und beſten Schatz gefun - den / darnach Sie hat als wie ein Chriſt geſtrebet / weil Sie gelebet. Sie hat ſich auff dem breiten Weg dieſer Welt nicht lange umb geſehen oder viel ſaͤumens ge - macht / ſintemal Sie dieſes Leben nur fuͤr Jhr exilium gehalten / denn Sie wol gewuſt / daß Jhre Seele auß dem Himmel buͤrtig geweſen / welche in dem Leibe und dieſer Welt nur in conducto wohnete / und allhier keineEbr. 13. v. 14. bleibende Staͤte hette / derhalben Sie umb ſo viel deſto mehr in Jhre Heimath und himliſches Vaterland ge -Auguſtin. eylet / tanto enim patria placuit magis, quantò di - ſplicuit exilium, Sie hat wol gewuſt / was Auguſtinus ſaget: Odit valdè patriam qui putat ſibi benè eſſe cum peregrinatur, der meinet es nicht gut mit ſeinem Vaterlande / welcher Jhm leſt auff der Reyſe wol ſeyn.
Wie hat aber unſere Seelige Fraw Lauterbachin dieſe Jhre Todten-Reyſe vollendet? Gar gluͤcklich und wol. Sie hat einen gutten Wegweiſer und VorgaͤngergehabtChriſtliche Abdanckung.gehabt an Jhrem und unſerem HErrn und Heylande CHriſto JEſu / auff welchen Sie unverwandtes Au - ges ſtets geſehen / damit Sie nicht jrrete / Jhre Augen haben auff den HErren Jhren GOtt geſehen / Sie hatPſal. 123. v. 1, 2. gehabet ein guttes und feſtes Wanderſtaͤblein / darauff Sie ſich ſtuͤtzen und lehnen koͤnnen / das iſt geweſen das Eyſenfeſte Creutz CHriſti / mit welchem Sie ſich wie David mit ſeinem Staͤblein geſtuͤtzet und getroͤſtet. AlsPſal. 23. v. 4. Julius Cæſar mit den Schweitzern Krieg gefuͤhret / undCoſmograph Münſteri. p. 505. wegen der hohen Berge und Felſen in das Land nicht kom̃en koͤnnen / hat er einen grauſamen hohen Felß / daruͤ - ber niemand kom̃en koͤnnen / durchhawen / und einen gang dadurch machẽ laſſen / welcher Petra percuſſa, ein durch -Livius Dec. 3. Lib. 1. p. m. 35. hawener Felß genennet worden. Von dem Hanni - bal meldet Livius, daß Er uͤberauß groſſe Muͤhe ge - habet / alß Er uͤber das Alpengebuͤrge gewolt. End - lich hat Er nach vieler Bemuͤhung die Stein-Felſen mit Fewer und Eſſig zerſprenget / und durchbrochen. Unſe -Petra piè de - functæ Chri - ſtus. re Seelige Fraw Lauterbachin iſt durch den durch - hawenen Felſen / durch den lebendigen Stein / durch den außerwaͤhlten koͤſtlichen Eckſtein / nemlich durchLuc. 20. v. 17. die auffgeſpaltene Seite Jhres HErren und Heylandes1. Petr. 2. v. 4. 6. JEſu CHriſti kommen. Sie hat ſich gehalten zu dem rechten Eckſtein und Felſen CHriſto JEſu / durch deſſen thewres ſawer-vergoſſenes Blutt / unnd inbruͤnſtige fewrige Liebe / Sie die hohen und groſſen Ungluͤcks - und Angſt - Berge auff dieſem Welt-Wege zertrieben / und Jhr alſo einen Weg zum Himmel gemacht.
JWieChriſtliche Abdanckung.Wie erzeigen ſich aber bey dieſer Abreiſe unſerer Seeligen Fraw Lauterbachin Jhr zuruͤck-gebliebener hertzgeliebter Ehe-Herr / Fraw Mutter unnd Toͤchter - lein? Sehr trawrig und betruͤbt. Denn ſo es offters / wenn gutte Freunde von einander reyſen / welche doch in kurtzen wider zuſammen kommen / naſſe Augen ſetzet / und klaͤgliche Worte fallen; Was wil geſchehen / wenn zwey Hertzen / ſo gleichſam an einander gebunden / von einander ſcheiden muͤſſen / ſo einander in dieſer Welt gar nicht mehr ſehen? Mir zweiffelt nicht / es werdeMariti. der gegenwertige hochbetruͤbte Herr Wittiber zu ſeiner Seeligen Hertzliebſten auch geſaget haben / wie dort der Poet zu ſeinem trewen Mecanate:
Cur me querelis exanimas tuis?Non (His) amicum eſt nec mihi, te priusObire Conjux, ô mearum (Sc. matriGrande decus columenq́ rerum. filiæq;)
Und nicht unbillich / Nulla in mundo gravior jactu - ra eſt quam eum amittere, quem ex animo diligas, & à quo verè ameris, Es iſt in der Welt kein groͤſſer verluſt / als den Jenigen verlieren / welchen man hertz - lich liebet / und von welchem man hertzlich wider geliebet wird. Wo iſt nun groͤſſer Liebe zufinden als zwiſchenDn. Eberus. Eheleuten? Herr Eberus hat geſaget: Wenn Jhm eines von ſeinen Kindern geſtorben were / ſo were es nicht anders geweſen / als wenn Jhm etwa ein Glied von ſeinem Leibe abgeloͤſet wuͤrde / Als Jhm aber ſein Ehegenoß geſtorben / were es geweſen / alß wann Jhm jemand ſein Hertze in zwey Stuͤcke geſchnitten / und dieeineChriſtliche Abdanckung.eine Helffte Jhm auß dem Leibe herauß geriſſen / die ander aber bluttig darinnen hangen geblieben. Unſe - rem ſchmertz-betruͤbten Herr Wittwer wird wenig an - ders zu Muthe ſeyn / ſintemal Er auch verlohren die Helffte ſeines Hertzens / ſein eigen Fleiſch / ſeine getreweGen. 2. v. 18. 23. Gehuͤlffin / die Crone ſeines Hauptes / den Schatz der edler iſt denn keine koͤſtliche Perle / ſeine Augen-Luſt / dieProv. 12. v. 4. c. 31. Zierde ſeines Hauſes / den Zaun ſeiner Guͤtter; Er be - weinet auch ſeine liebſte Dorotheam hertzlich / wie dort A -Ezech. 24. v. 16. braham ſeine Saram / Jacob ſeine Rahel / der KaͤyſerSyr. 26. v. 21. Antonius Pius ſeine Fauſtinam. Nicht weniger iſt hertzlich betruͤbet die gegenwertige Fraw Mutter / ſinte -Matris. mal Sie Jhr liebſtes Pfand / welches Sie unter Jhrem Hertzen getragen / verlohren; Quid dulcius enim ho - minum generi à natura datum eſt, quam ſui cuiq́; liberi? ſaget Cicero. Die Natur hat einem Men -Cic. in Orat. poſt redit. ad Quirit. ſchen nichts liebers gegeben als die Kinder. Sie hat ver - lohren die Gabe des HErren / Jhre Frewde und Won - ne. Sie hat der jenigen Augen zugedruckt geſehen / vonPſal. 127. v. 3. welcher Sie mit frewden offters angeſehen worden / und welche Sie niemals genung anſchawen koͤnnen / ja von welcher Sie gehoffet / das dermaleines Jhre muͤde Au - gen ſolten zugedrucket werden; Sie hat die Jenige leb - loß ſehen heben und tragen / auff welche Sie gemeynet Jhr grawes Alter zuſtuͤtzen: Sie hat die jenige muͤſſen ſehen in das Grab legen / welche Sie offt in Jhren Ar - men getragen und gehalten: Sie hat die jenigemuͤſſen ſe - hen mit Erde bedecken / welche wuͤrdig geweſen were / daßJ ijSieChriſtliche Abdanckung.Sie als ein heller Tugend-Spiegel dem gantzen weibli - chen Geſchlechte jmmerdar fuͤr Augen ſchweben ſolle: Summa Summarũ: Jhr mehr deñ halbes Leben iſt hin -Valer. Max. lib. 5. c. 4. weg: Sie klaget mit Vetruria der Mutter des Corio - lani, in hoc meionga vita & infelix ſenecta traxit, ut mortuam te viderem; Habe ich Ungluͤckſeelige ſo lange leben muͤſſen / daß ich dich / mein ander Leben / eine Leiche ſehe.
Es laͤſſet auch uͤber dieſer Reyſe unſerer Seeligen Fraw Lauͤterbachin haͤuffig Thraͤnen flieſſen Jhr hin - terbliebenes Toͤchterlein / vel ob id ipſum valdè miſe -Curtius de rebus geſtis Alexandri m. l. 4. de Ocho filiolo Darii. rabilis, quod nondum ſentiat calamitatem, maxi - ma ex parte ad ipſam redundantem; Welche umb ſo viel mehr fuͤr elende zu halten / alldieweil Sie alters halben noch nicht verſtehet das Jammer / welches fuͤr - nehmlich Sie angehet und trifft: Und nicht unbillich / denn Sie hat verlohren Jhre beſte Freundin / Jhre ſorgfeltige Fraw Mutter / und trewe Erzieherin.
Hier wuͤrde es nu Kunſt ſetzen / die Hochbetruͤbten kraͤfftiglich zu troͤſten / quas partes jam mihi non ſu - mo: Sintemal Sie allbereit jetzo in dem Gottes Hau - ſe werden zur genuͤge Bericht bekommen haben / wie Sie ſich hierinnen verhalten ſollen. Denn es wuͤrde ein elen -Solat. pro mœſtisſimo Dn. Aiduo. der Troſt ſeyn / wenn Jch gleich den hochbetruͤbten Her - ren Wittwer / als einen hochgelehrten J. Conſultum, und Rechtserfahrnen / weiſen wolte in ſein Corpus Ju - ris ad LL. debitoribus & commodati redhibitori -busChriſtliche Abdanckung.bus ſcriptas, und vornemhlich ad Tit: xxvi. Lib.Tit: xxvi. lib xliii. Pland. xliii. Pandectarum: Poſſe precarium repeti ad nutum ejus, qui dedit: nec cauſam exigi, ſed ar - bitratum. Daß nehmlich das jenige / was man gelehnt / oder zur bete von jemand hat / koͤnne von dem / der es ge - lehnt / nach gefallen und Belieben wider abgefodert wer - den / und koͤnne derſelbe nicht umb die Urſache dieſes ſei - nes abfoderns befraget oder beſprochen werden. Quid verò aliud vita, quam precarium? Quid aliudSyr. 26. v. 17 mors, qu am precarii repetitio? Was iſt das Leben anders als nur ein Lohn? Was der Todt anders / als eine Zuruͤck-foderung ſolches Lohnes? Imò quid aliud con - jux quam precarium & donum; Was iſt ein Weib anders als eine Gabe / welche GOtt der HErr einem nur auff gewiſſe Zeit vergonnet?
Oder wenn ich gleich dem hochbetruͤbten Herren Wittwer erzehlete / wie es Democritus gemacht / welch erDemocriti conſolat. ad Artaxerxen. als Er den Koͤnig Artaxerxen uͤber dem Tode ſeiner Gemaͤhlin troͤſten wolte / Jhm verſprach / ſeine Gemaͤh - lin wider ins Leben zubringen / wenn Jhm der Koͤnig 30. Perſonen fuͤrſtellen koͤnte / welche in der Welt nur das zwantzigſte Jahr erlebet hetten / unnd gar kein Ungluͤck und Widerwertigkeit erfahren hetten; Als nu keiner zu - finden geweſen / welcher dieſes mit Warheit von ſich ſa - gen koͤnnen / hat Democritus ferner geſaget: Mein Herr Koͤnig / warumb trawreſt du ſo ſehr / daß das Ungluͤ - cke auch einmal auff deinen Koͤniglichen Hoff kommen iſt / du biſt ja eben ſo wol ein Menſch / als der jenige / welcherJ iijauffChriſtliche Abdanckung.auff dem Dorffe in einer geringen Huͤtte wohnet. Weñ es dir nun auch nicht gienge wie andern Menſchen / wuͤr - deſt du ein Wurm und kein Menſch ſeyn. Aber das ſind alles elende Troͤſter. Am beſten / Jch weiſe denſelben ad corpus Scripturæ Sacræ, in die Heilige Schrifft / zu den Exempeln der heiligen Patriarchen / Abrahams / Ja - cobs / etc. Wie ſich dieſelben in dergleichen faͤllen ver - halten. Er weiß auch / daß Er wol werde zu ſeinem lie -1. Reg. 2. v 2. ben Ehegenoß dermahleines fahren / aber Sie kommet nicht wider zu Jhm in dieſes Leben. Er iſt auch beſſer als Artaxerxes vorgewiſſert / daß ſein lieber Ehe-Schatz[J]ob. 19. v. 25. werde widerumb lebendig werden / maſſen Er mit Hiob glaͤubet / und ſpricht: Scio quod Redemptor meusHieronymus vivit. Jch weiß daß mein Erloͤſerlebt / etc.
Jch wil Jhm nur des Heiligen Hieronymi Wor - te fuͤrhalten / derſelbe troͤſtete einen von ſeinen guttes Freunden in ſolchem Falle mit dieſen Worten: Rapta eſt conjux, durum quidem, ſed tamen tolerabile, rapuit enim is, qui dederat. Mein Freund / daß dir dein Ehgenoß genommen / iſt zwar ſchmertzlich / jedoch ertraͤglich / dann der jenige hat Sie genommen / der SieJob. 1. v. 21. dir gegeben. Mag derhalben der hochbetruͤbte Herr Wittwer auch mit Hiob ſagen: Dominus dedit, Do - minus abſtulit. Sed docto ſatis, pio etiam plus ſatis!
Die hochbetruͤbte Fraw Mutter wil Jch auch jetzo nicht troͤſten / wie der Koͤnig Amaſis in Egypten / welcher einen ſeiner gutten Freunde in dergleichen fallemitChriſtliche Abdanckung.mit dieſen Worten troͤſten wolte: Si tunc cum non - dum eſſet, non dolebas, ne nunc quidem doleas cum non amplius eſt. Da du nicht trawrig und be - truͤbet wareſt / damahls ehe dein Kind noch nicht war / ſo trawre auch nun nicht / da es jetzo nicht mehr iſt. Son - dern ich weiſe Sie auff das Exempel des Koͤniges uñ Pro - pheten Davids. Auff dz Exempel der Kaͤyſerin Eudoxiæ,1. Reg. 2. v. 2. Eudoxiæ ſo - lat. welche bey Abſterben Jhres lieben Kindes dieſe Worte ſagte: Filium meum ſi Deo placuerit libenter reſti - tuam, is enim qui dedit, rurſus aufert. Jch wil mein liebes Kind / wo es Gott gefaͤlt / gerne widergeben / denn der es gegeben / nimbts auch wider. Oder auffDomini Lu - theri. das Exempel des Herren Lutheri / welcher bey Abſter - bẽ ſeiner einigen Tochter ſich mit keinem andern Spruche auffrichten kondte / als mit dieſem: Unſer keiner lebtRom. 14. v. 8. Jhm ſelber / unſer keiner ſtirbt Jhm ſelber. Die - ſe Exempel werden Sie gewiß alſo auffrichten / daß Sie auß dem Propheten Baruch ſagen wird: Jch ha -Baruch. 4. v. 23. be dich / liebe Tochter / ziehen laſſen mit Trawren und Weinen / GOtt aber wird dich mir wider ge - ben mit Frewde und Wonne ewiglich.
Dem Schmertzbetruͤbten unnd noch unerzogenenSolat. pro fi - liola. Toͤchterlein gebe Jch zum Troſt-Latein das Spruͤchlein / auß dem 27. Pſalm. Und heiſſe Sie mit Koͤnig David bethen: Laß mich nicht / und thue nicht von mirPſal. 27. v. 9. 10. die Hand ab / GOtt mein Heyl: Denn mein Va - ter und meine Mutter verlaſſen mich / aber der HErr nimmet mich auff.
DasChriſtliche Abdanckung.Daß nun aber Ewre Edele Herrligkeiten / Vor - Achtbahre Wuͤrden / Wol-Ehrenveſte Weißheiten / Gunſten / meine Hochgeehrte Herren / ſambt und ſon - derlich; Wie auch das Edle / und Hochtugendſame geſampte Frawenzimmer / Sich auff dienſtliches unnd freundliches erſuchen / des gegenwertigen Edlen / Wol - Ehrenveſten / Groß-Achtbahren / und Hochgelahrten Herren Johann Lauterbaches / Erbſaſſens auff Bei - chaw und Schlon / vornehmen J. Conſulti, und be - ruͤhmten Practici, jetzo hochbetruͤbten Herrn Witt - wers / ſo guͤnſtig und willig erwieſen / und ſeiner Seeli - gen / hertzgeliebten Hauß-Ehre den letzten Ehren - Dienſt erwieſen / und zu Jhrer Ruheſtelle in ſo an - ſehnlicher frequentz, Jhren Seelig verblichenen Coͤr - per begleitet haben; Erkennet Er nicht allein fuͤr eine ſon - derbare Freundſchafft / und Liebes - Dienſt; Sondern gereichet auch Jhm / wie auch den andern intreſſireten Hoch-leydtragenden / in etwas zu minderung ſeines und Jhres Leydes / und bedancket ſich durch meine Wenig - keit gegen dieſelben dienſtlichen und freundlichen / mit feſtem Verſprechen / in allen begebenheiten / jedoch von GOtt froͤlichere erwuͤntſchende / bemuͤhet zu ſeyn / ſol - ches umb ein jedwedern nach Standes gebuͤhr beſter maſ - ſen zu demeriren.
Der ewige / allmaͤchtige GOtt / der da Leben und Todt in ſeiner Hand hat / der al - le unſere Tage gezehlet / und auff ſein Buch ge -ſchrieben /Chriſtliche Abdanckung.ſchrieben / ehe derſelben noch einer geweſen / der verleyhe dem / was jrrdiſch / und der Erden jetzo ver - trawet / eine ſanffte Ruhe / troͤſte die hochbetruͤb - ten Herrn Wittwer / Fraw Mutter / verſorge das noch unerzogene kleine Jungfraͤwlein und Toͤch - terlein / verwalte ſelbſten Mutter-Stelle / unnd wann dermaleines Zeit und Stunde verhanden ſeyn wird / wolle Er uns allen eine Seelige Nach - farth / nebenſt unſer Seeligẽ Fraw Lauterbachin eine froͤliche Aufferſtehung / und herrliche Einge - hung zu dem ewigen Leben geben und verley - hen / AMEN.
Ehe wir aber auß dieſem Trawr - Hauſe von einander gehen / rede Jch die hochan - ſehnliche Aſſemble an mit den Worten des allerwei - ſeſten Koͤniges Salomons: Neglorieris de die cra -Prov. 27. v. 1. ſtino, quia neſcis quid paritura ſit dies. Ruͤhme dich nicht des morgenden Tages / denn du weiſ - ſeſt nicht / was heute ſich begeben mag!
VOn dem Koͤnige in Mace - donien / der ſo kurtz vom Leben / als groß von Thaten geweſen / Alexan - dro M wird gemeldet / daß er gewuͤnſchet / ſeine Thaten hetten von Homero beſchriben; Er von Apelle abgemahlet / von Lyſippo in Ertzt gegoſſen / und alſo von niemand andern / dann von den groͤſten Kuͤnſt -lernParentatio. lern der Welt abgebildet werden moͤgẽ Wie aber gedach - ter Koͤnig diß als vergebens gewuͤnſcht / und fuͤr den groſ - ſen nachruhm ſeiner Magnalien, mit dem Er ſich noch in agone troͤſtete / ſprechende: Video magnum Epita - phium, nichts dann ein elend unnd erbaͤrmliches Tod - ten-Geſpraͤch der Philoſophorum uͤber ſeiner Leiche / ja kaum ſo viel Ehr und Erde erlangen koͤnnen / daß Er begraben worden / wie dañ ſeine Mutter Olympia beym Aeliano erbaͤrmlich daruͤber klaget / und ſpricht: Ach! Ach lieber Sohn / iſts nicht zu erbarmen / daß / da dir vor dem wol die Erde zu enge geweſen / du jtzo ſelbſt in einem engen Todten-Haͤußlein vor lieb nehmen muſt / und daß du in die zahl der Goͤtter zu kom̃en begehret / auch mit hoͤchſtem Fleiß darnach geſtrebet / dirs anjetzo ſo gutt nicht werden kan / dz du unter die erde kommeſt. Und wie / ſag ich / obgedachter des Alexandri M. Wuntſch vergeb - lich geweſen / alſo hette Er / (ob er gleich ſeines Wuntſches were gewaͤret worden /) dannoch hiervon kein conten - tament haben koͤnnen / es weren auch ſolche ſeine Monu - ment, gleich allem andern / was unter der Sonnen ge - weſen / wie die Miracul und Wunderwerck ſelbſt / ohn hinterlaſſung einiger Veſtigien / vorlangſt zu Staub / ja gar zu nichts worden. Viel artiger / eigentlicher / natuͤr - licher dann einiger obenberuͤhrter Kuͤnſtler dem Alexan - dro M. thun kan / hat der weiſe Syrach das menſchliche Leben / von ſeiner Ankunfft / biß widerumb in den letzten Athem beſchrieben / ja biß ins Grab ſummiret / ſagen -c. 40. de: Es iſt ein elend jaͤmmerlich ding umb allerK ijMen -Parentatio. Menſchen Leben von Mutterleibe an / biß ſie in die erden begraben werden / die unſer aller Mutter iſt. Dann was iſt der Menſch / die Made / und ein Menſchen - Kind / der Wurm / wie Job redet / anders / dañ ein gebrech - liches Gefaͤß / welches umbzuſtoſſen kein Sturm-Wind / ſondern ein bloſſer Athem / kein Anlauff / ſondern ein ſchlechtes Anruͤhren vonnoͤthen iſt.
Nu iſt wol zu verwundern / daß der Menſch / das alleredleſte Geſchoͤpff des Allmaͤchtigen / von dem der Arabiſche Philoſophus Averrhoes ſagt: Plus operæ naturæ opificem in univerſo homine, quam in univerſo condendo poſuiſſe, Gott habe mehr Muͤhe und fleiß vorgewendet in des eintzigen Menſchen / deñ al - ler anderer Dinge / ja der gantzẽ Welt Erſchaffung; Daß der Menſch / ſag Jch / in welchem nicht der Roͤmer groſſe Thaten / wie in Aeneæ Schild; Nicht die neun Muiæ mit dem Apolline, wie in des Koͤnigs Pyrthi Achatſtein / Nicht die Planeten / mit jhren moribus wie in des Ar - chimedis glaͤſernen Himmel / ſondern GOttes Eben - Bild exprimiret iſt; Der Menſch / den Er zum Herren uͤber ſeiner Haͤnde Werck gemacht hat / im achten Pſalm. Den Triſmegiſtus ein Conterfect der unſterblichẽ Goͤt - ter / Die Philoſophi μικρόκοσμον parvum mundum, die kleine Welt / Die Medici ſagax naturæ miraculum, Die Jure Conſulti Digniſſimam Creaturarum, Die Theologi Templum æterni D Ei, ein Tempel des e - wigen Gottes nennen / daß der dennoch in ein ſolch nich - tiges fluͤchtiges Leben verſetzt / daſſelbe mit Thraͤnen an -fangenParentatiofangen / mit Angſt / Muͤhe und Unruhe eine kleine Zeit genieſſen / endlich auch offt ploͤtzlichen und unverhofft mit Schmertzen wider quittiren und ſchlieſſen muͤſſe. Ge - wißlich dieſes hat viel / ob wol von dem waren Gott nicht vielwiſſende / doch gleich wol hoch weiſe tugendhaffte Leute ſo confundiret, perplex und zweyffelhafftig gemacht / daß Sie faſt keine weiſe finden koͤnnen / ſich darein zu ſchicken Herachtus faͤnget druͤber an alles menſchliche Leben zu beweinen, Democritus zu verlachen; Theo - genes Cynicus zuverachten; Trophon in ſeiner Hoͤ - le zu ſchmaͤhen; Timon Athen[i]enſis anzufeinden / und Baͤume zu pfropffen / daran ſich die Menſchen je ehe je beſſer erhiengen; Φείνοη, ob Er wol von den Goͤttern der Unſterbligkeit verſichert geweſen / dennoch den Todt nur umb einer Blattern willen zu wuͤntſchen. Zur ZeitMortis ſua - da. des Koͤnigs Ptolomæi funden ſich / die dem Tode das Wort ſo lieblich unnd ſoͤſſe redeten / daß Jhrer viel da - durch / und auß verdruß des Lebens beweget / daß Sie ſich ſelbſt umbgebracht / ſo haͤuffig / ſo begierig / daß auch Koͤnig Ptolomæus Jhnen das Handwerck legen / und das peroriren gantz abſchaffen muͤſſen. Plinius macht gar eine Stieff-Mutter auß der Natur / und zeyhet ſie / daß ſie den unvernuͤnfftigen Thieren mehr gebe / und geneigter waͤre / dann den Menſchen. Und was ſage Jch von den Heyden? Wer iſt der geweſen / der ſagte: Meine Seele wuͤnſchet erhangen zu ſein. Vñ mit Jeremia einem Verzweiffeiten gleich / da Er ſpricht c 31. Verflucht ſey der Tag / darinnen Jch geboh -K iijren /Parentatio. ren bin. Ach meine Mutter / daß du mich geboh - ren haſt! Ach daß du mich nicht in Mutterleibe getoͤdtet haſt. That nicht Job ſeinen Mund auff / c. 3. verfluchte ſeinen Tag / unnd ſprach: Der Tag muͤſ - ſe verlohren ſeyn / darinnen ich gebohren bin / Ach warumb iſt doch das Liecht gegeben dem muͤhſee - ligen / und das Leben den betruͤbten Hertzen / die des Todes wolten / und koͤmpt nicht / Und gruͤ - ben Jhn wol aus dem verborgen / die ſich faſt fre - wen / und ſind froͤlich / daß Sie das Grab bekom - men. Darumb fraget man nicht unbillich / wan - nenhero deñ dieſer traurige Zuſtand des edlen Menſchen komme. Von denen Urſachen aber ſolches Elendes darff man weder die Stoicos, die es jhrem Fato / noch die Pi - thagoricos oder Platonicos, die es den Numeris / noch die Epicureos requiriren / die es Fortunæ & caſui; auch nicht die Aſtrologos, welche es Siniſtris Plane - tarum Aſpectibus & Conjunctionibus, worauß ſie jh - re Themata und Nativiteten nehmen / oder die Phy - ſicos anlauffen / die es zum then denen nach der Suͤnd - flut verterbten und nicht mehr ſo kraͤfftigen ſimplicibus, Fruͤchten und Erdgewaͤchſen / zum theil dem unordent - lichen Leben / zuſchreiben / Oder die Medicos, ſo die - ſelbte Urſache in Materia peccante ſuchen / oder die Phi - loſphos, ſo mit Cicerone ſagen wuͤrden: Vitam ado - leſcentibus vis aufert, ſenibus maturitas, ſondern nur S. Paulum fragen / der auß dem fuͤnfften cap. ſei - ner Epiſtel an die Roͤmer uns alſo antworten wuͤrde:DurchParentatio. Durch einen Menſchen iſt die Suͤnde kommen in die Welt / und der Todt durch die Suͤnde / und iſt al - ſo der Todt zu allen Menſchen durch gedrungen / dieweil Sie alle geſuͤndiget haben.
Dieſe machts / daß alles diß / durch was der Menſch lebet / und ohn was Er nicht leben kan / daß Er ſo zuge - richtet wird / daß Er außſiehet / als wenn Er niemahlen gelebet haͤtte. Die Suͤnde iſt ein Urſach / daß diß Theil im Menſchen / welches ſeinem Leibe Speiſe / ſeinen Adern Blutt / ſeinem Hertzen Lufft / und allen ſeinen Gliedern Krafft gegeben / endlich Jhrer und ſein eigner Hencker wird. Die Suͤnde machts / daß Er vor dem Jhm von dem eyffrigen Gott / qui ſolus naturæ legibus, quas ipſe dedit, ſolutus eſt, aufferlegtem Tode nicht ſicher iſt / und wie Lipſius redet / wir zum Todt alle reyſt ſind / ſo bald wir / auch wol noch ehe wir gebohren werden. Und wie die jrrdiſche Potentaten Jhr Lehen / wehm Sie es wollen ex favore und gratia verreichen und geben / auch ſolche / wenn ſich etwan jemand an Jhnen vergreiffet / wider wegnehmen / nicht anders auch der Himliſche Monarcha dem Menſchen ſein Leben / doch nur als ein Lehen giebet unnd verleyet / umb der Suͤnde willen auch daſſelbe / wann / wie / und wo Er wil / widerumb abfordert. Und deſſen Beweiß duͤrffen wir nicht weit holen; Zum Exempel dienet uns der betruͤbte uñ gantz trawrige unver - hoffte Todesfall Frawen Dorotheæ Lauterbachin / deren verblaſt-verblichener Coͤrper heut vor unſern Augen ſte et / die den Actum Jhrer Lebens-Tragedien Seeligbeſchloſ -Parentatio. beſchloſſen / unnd nachdem der grimmige Todt ſolch Jhn Leben / nicht wie ſonſten etwan mit ſchweren Sym - ptomatis gleichſamb blocquieret / oder daſſelbe mit ſtetem wehe / langwierigen Schmertzen / mit Vigiliis, mit Schwaͤchung des Leibes / Abmattung der Glieder und Spirituum, enerviret, ſondern unverſehens und uhr - ploͤtzlichen an Jhr Lebẽ mit ſeiner gantzen Macht geſetzet / und alſo das Hertz / welches man fuͤr das primum vi - vens, & ultimum moriens helt / als die jnnerſte Ve - ſtung im erſten Sturm erſtigen / daſſelbe ſo gequaͤlet / ge - aͤngſtiget und gehalten / daß ſichs muſte ergeben / ob wol alle Menſchliche Huͤlff / nechſt GOtt / zum Suc - curs adhibiret worden / iſt doch von dem unverſoͤhn - lichen Menſchen-Wuͤrger ſo contraminiret worden / daß auch alle Aphoriſmi Hipprocratis, alle Fines Avi - cennæ, alle Compoſitiones Raſi; Ja des Theo - phroſti Lapis Philoſophicus ſelbſt nur vergebens ge - weſen waͤren. Und hat nu alſo des Leibes liebſte und allernechſtverwandte Freundin / die unſterbliche Seel / das allerſchmertzlichſte Diuortium machen / ſich zu Jhren Schoͤpffer reterieren / Sie aber dahin ſterben / und den 29. Jan. abgewiechenen Monats / gleich allen andern Menſchen-Kindern / zur Leiche werden muͤſſen. Der beruͤmbte Mahler Timanthes vermeynet Jhm und aller ſeiner Kunſt unmoͤglich zu ſeyn / daß Er des Aga - memnonis Schmertzen uͤber der Auffopfferung ſeiner Tochter Iphigeniæ recht abbilden koͤndte / darumb / wenn Er den Calchantem, der das Opffer verrichtet /ſehrParentatioſehr betruͤbet / die anweſende Freunde aber / als Ulyſſem / uͤber die maſſen trawrig / den Ajacem gleichſam ſchrey - end / den Menelaum erbaͤrmlich winſelnd / die Spectato - res, und alles umb den Altar ſtehende Volck ſehnlich wehklagend / repræſentirte, mahlete er den Vater / den Agamemnonem, mit verdecktem und verhuͤltem Ange - ſicht / andeutende / unmoͤglich zu ſeyn / des Vaters Schmertzen gnugſam zu entwerffen: Jch achte gleich - fals unmoͤglich zu ſeyn / ja wol unmoͤglicher / daß unſerer Seeligen Frawen Dorotheæ Lauterbachin hinterlaſſe - nen hertzliebſten Ehe-Herrn / und gantzen Freundſchafft jnnerliche Trawrtgkeit Jhrer Hertzen zu beſchreiben. Ni - hil enim difficilius, quàm magno dolori paria ver - ba reperire. Da muͤſſen Sie mit Job ſprechen / c. 30. Meine Eingeweyde ſieden / mein Hertz wallet mir in meinem Leibe / und hoͤret nicht auff: Mich hat uͤberfallen die elende zeit / Jch gehe ſchwartz einher / und brennet mich doch keine Sonne nicht. Maſſen denn auch der Verluſt an ſich ſelbſt nicht gerin - ge / ja auff der Welt unwiderbringlich iſt. Denn Jhme dem Herren Wittiber in ſeinem hohen Alter wol recht die HertzAder geſchlagen. Er klaget ſeinen thewreſten / treueſten und wertheſten Ehe-Schatz / die Crone ſeines Hauptes / den Auffenthalt ſeines Lebens / die Saͤule ſeines Hauſes / Er vermiſſet die helffte ſeines Lebens / und ſeufftzet mit Nazianzeno / und ſpricht: Te magis quàm aerem ſpiro, idq́, ſolum vivo, quod Tecum ſum, vel ablens per animi ſimulacrum. Jhr liebes nochLunerzo -Parentatio. unerzogenes Kind klaget und beweinet Jhre hertzliebſte Fraw Mutter / Jhren / nechſt GOtt / allerbeſten Ver - ſorger und Pfleger / und ſpricht: Jch habe nu keine Mut - ter / Jch armes Waͤyßlein. Jhre numehr betagte und erlebte Fraw Mutter beklaget Jhr Kind mit vielen Thraͤ - nen / und folget Jhr wehmuͤttig / mit verhuͤlletem Hau - pte zu Jhrem Ruhbettlin / ach ſchwermuͤttig / Nach / ſeuff - tzet: O mein Kind / mein Kind / ach daß Jch fuͤr dich geſtorben waͤre. Der Herr Pflege-Vater beweinet ſei - ne liebe Pflege-Tochter hertzlich unnd bitterlich; Die gantze Freundſchafft beklaget Sie / die gantze Stadt be - weinet Sie / und ſagen: Jedermann weiß / daß du ein tugendſam Weib geweſen.
Darumb / menſchlich zu reden / zu zeitlich / zu zeitlich vor menſchlichen Augen verlohren der nu Hochbetruͤbte Herr Witwer den Stab ſeines Alters / die Zierde ſeines Hauſes / die Pflegung und Wartung ſeines Leibes: Das liebe Kind ſeinen beſten Verſorger; Die betagte Mutter jhren beſten Troſt; Der Pflegevater ſeine Freu - de; Die gantze Freundſchafft eine trewe Freundin; Die Kirche eine fleiſſige Kirchgaͤngerin / und Gottliebende Zuhoͤrerin; Die Nachbarſchafft eine vertraͤgliche Nach - barin; Die Armen eine miltreiche Geberin; Alle Men - ſchen eine mit Rath und That wilfaͤhrige Chriſtin; Jch an meinem Ort ſelbſt eine liebe vertraute Freundin / und hertzgeliebte Gevatterin / daß es alſo freylich keiner ge - dingten Præficarum oder Klage Weiber / von denen der Poet ſagt: Ut flerent oculos erudiere ſuos. Kei -nerParentatio. ner erkaufften Thraͤnen bedarff / weil ſie ohne diß von maͤnniglich / alß amor & deliciæ hominum, beklaget und betrauret wird. Wie aber uͤber derogleichen Ver - luſt der Seinigen ſich hertzlich betruͤben nit verboten / Jmò nur natuͤrlich iſt / non enim ſentire mala ſua non eſt hominis, auch recht Beſtialiſch und unnatuͤrlich mit de - nen procediret worden / denen man tempore Tiberij die Jhrigen ermordet / Sie aber von denen dazu beſtelten Auffſehern druͤber nicht ſeufftzen / viel weniger weinen duͤrffen / dañ es auch die weiſen und ſtandhaffteſten Hey - den nicht laſſen koͤnnen; ſondern Jhrem betruͤbten Her - tzen / wenn es weinen wollen / die Augen zu Diſtillier - Jnſtrumentẽ ſtattlich hergelehnet / und wann man Jhnen darumb einreden wollen / ſo bald geruffen: O Philoſo - phia! tyrannica ſunt præcepta tua, amare jubes, at, ſi quis amiſerit, quod amabat, dolore & mœro - re affici prohibes. O Philoſophia! Wie tyran - niſch commendireſt du! Du wilt haben / man ſol lieben / wenn man aber verleurt / das man ſo jnniglich geliebet / ſo verbeuteſt du auch druͤber ſich zu betruͤben So iſt nicht zu laͤugnen / das ein unverhofftes Scheiden / auch in vielen ſtarcken Gemuͤthern ein Trawren / in an - dern offt eine Verzagung / ja in etlichen den Todt ſelbſten verurſachet / ſonderlich unter Eheleuten / deren Seelen ſo nahe verbunden / und in einander verſchloſ - ſen ſind / das man nicht untaugendlich davon ſagen koͤndt / es nehme der verſtorbene / des uberbliebenen hal -L ijbesParentatio. bes Leben mit ſich / und behalte das lebendige Fleiſch des weggeſtorbenen halbes todt.
Wie aber die Seinige zu betrawren nicht verboten / alſo iſt gleich wol daſſelbe auch Chriſtlich zu maͤſſigen / und dabey wol zu erwegen / daß das gantze Menſchliche Ge - ſchlecht hierzu condemniret, daß der Stab uͤber daſ - ſelbe gebrochen / daß der Todt der Suͤnden Sold / daß Er der tribut ſey / Denn alles was lebet / der Natur bezahlen muß / und daß einem jeden nur dieſes begegnet / was vor J Jhm ſchon alle mit einander erlietten haben / und nach Jhm alle werden leyden muͤſſen.
Daß alſo fuͤr kein Ungluͤck zu achten / nicht mehr leben; Deñ hie auffhoͤren zu leben / iſt nichts anders / alß allem Ungluͤck entgehen / dem auch unſere Seelige Fraw Lauterbachin gluͤcklichen entgangen / Jhr demnach auch / wie von niemande andern / alſo und noch weni - ger von Jhren hertzliebſten Anverwandten zu mißgoͤn - nen / und ſich hierunter einer Chriſtlichen Maͤſſigung ge - brauchen / und Jhren Willen nur der ewigen und unbe - weglichen Ordnung des Allerhoͤchſten in ſchuldiger De - muth unterwerffen ſollen. Dann obwol gedachter Seeligen Fraw Lauterbachin Abſchied Jhre liebſte Hin - terlaſſene / alß Menſchen / etwa gar zu zeitig achten moͤ - gen / wie dann nicht ohn / daß reſpectu voriger zeiten / Sie ein geringes Alter erreichet / jedoch wollen Sie da - bey erwegen / daß diß alles gnung ſey / was vollkom - men iſt. Vollkommen aber iſt / was nicht zu mehrern tagen / ferner nicht zu hoͤhern Gaben kommen kan. WasParentatio. Was im Fruͤhling reyffet / erwartet des Herbſtes nicht / die Frucht / die der Sonnen am nechſten gelegen / bricht am erſten ab / dannenhero kompts / das manches jun - ge Menſchen-Kind ſporn-ſtreich / zum Tode rennt / als wenn es alt werden fuͤr ein Schand und Laſter hielte. Drumb unſre Seelige Fraw Lauterbachin mit dem Phi - loſopho antworten koͤndte / Non refert, quot annos habuerim, ſed quot acceperim: Si plus vivere non potui, hæc fuit mea ſenectes, quicunq; ad ex - tremum ſui fati venit, ille moritur ſenex. Schmertz - lich / wie leicht zu erachten / mag es Jhrem liebſten Ehe - Herrn fallen / daß Sie Jhn und die liebſte Jhrige nicht geſegnen / außfuͤhrlich mit Jhnen reden / und gegen Jh - me / Jhrem liebſten Ehe-Schatz inſonderheit / ſich aller biß in Jhr Ende erwieſenen hertzlichen Liebe unnd Tre - we bedancken / Jhme auch beym adieu Jhr liebſtes Kind zu fleiſſiger Vorſorg / und tugendlicher Aufferziehung re - commendiren / unnd mit jener von Liebe unnd Todes - Angſt zugleich eingenommen Koͤnigin ſagen kan; Ac - cipe charum donum à charâ manu, allermaſſen es dem Kaͤyſer Auguſto ſo gutt worden / qui in Oculis Li - viæ & in hâc voce defecit: Livia noſtri conjugii memor, vive & vale. Aber wer wil den Willen des Hoͤchſten ſchelten? Ja / vermeint man auch etwa / es ſey mit dieſem Jhrem toͤdtlichen Hintritt etwas ge - ſchwinde zu gangen / wolte man dann lieber / daß Sie durch langwierige Schmertzen excarnificirt, und auß - gemergelt were worden / und ſich alſo zu einem Scele -L iijtonParentatio. don verzehren ſollen? Ut felicior eſt, ref. Eraſ - quem ventus acrior citò in portum pertulit, quàm quem venti ſegnes lentiſſimo tædio delaſsârunt, ſta fortunatior, quem feſtinata mors, ſtatim ex his vitæ malis eximit. Dannenhero Jul. Cæſ. als Er im Xenophonte geleſen / daß Cyrus der Perſiſche Monarch auff ſeinem Todt-Bett allerhand anſtalten wegen ſeines Begraͤbniß gemachet / hat Er auffgefahren und geſagt: Nolo tàm lentum mortis genus, Jch mag nicht ein ſo langwierigen / Jch wuͤnſche mir einen geſchwinden Todt / deſſen Er auch hernach gewaͤret wor - den. Der hocherleuchte Plato ſaget: Wofern man das Leben / welches man nur als ein Darlehen hat / nicht zeitlich widergiebet / ſo iſt die Natur gleich einem graw - ſamen Wucherer / bald hinter uns her / und nimbt an ſtatt des Wuchers von einem das Gehoͤr / vom andern das Geſicht / von etlichen wol beydes / verweilet man ſich hernach noch weiter mit Erlegung des Hauptgutts / ſo nimbt Sie vollend alle kraͤfften hinweg / foltert und peiniget in allen Gliedern / und macht uns entlich gar zu einer Larven eines Menſchen.
Wenn wir auch auß den Hiſtorien vernehmen / wie Diagoras und Chilon fuͤr Frewden geſtorben; Plau - tus Numidius fuͤr Trawren: Artemiſia fuͤr Harm umb Jhren Herren Mauſolum: Herodes Antipas fuͤr Kummer: Herenus ein Conſpirant fuͤr Furcht der Execution: Eratoſthenes fuͤr Ungedult / daß Er nicht ſehen kondt: Homerus unnd Ariſtoteles fuͤrScham /Parentatio. Scham / jener / daß Er ein Aenigma nicht auffloͤſen kondt / dieſer / daß Er die Urſach des zu und abfluſſes Eu - ripi nicht ergruͤnden konte. Plinius vom Dampff des Berges Æthnæ erſticket / Druſus an einem Apffel / Tarquinius Priſcus an einem Fiſchgrad / Fabius an einem Haar: Sophocles an einer Weinbeerhuͤlße: Euripides iſt von Hunden zerriſſen: Anaſtaſius vom Wetter erſchlagen / Ariſtides von einer Mauß todt ge - biſſen / jener Geſandte von Rhodis unter dem perori - ren vom Schlag getoͤdtet: Midas Koͤnig in Phrygia von einem Traum / andere vom Heulen der Hunde zu tode geſchrecket worden. Dahero Seneca wol geſagt: Mille ad mortem aditus patent. Ja wenn wir uns uͤber diß beſinnen / was ſich unter denen wuͤttenden Bluttrieffenden Kriegen fuͤr ſchreckliche unnd trawrige Faͤlle zugetragen / wie viel lieber ehrlicher Leute in Jhren Behauſungen daheim / oder auff Jhren Wegen unnd Stegen von denen Beſtien / die alle Menſchliche huma - nitaͤt abgelegt / und zu incarnatis Diabolis worden / auffs hoͤchſte deſpectiret, geſchlagen / gepruͤgelt / geraͤdert / ge - ſchraubet / auch wol gar erſtochen / erſchoſſen / oder auff ander weiſe und Marter ohn alle Urſache liederlich / leich - fertig / umb ein geringes oder nichts willen / ermordet und umb gebracht worden / und es ſich anlaͤſſet / ſampt es / wenns moͤglich waͤre / noch aͤrger werden ſolte / wer wolte dann nicht ſchlieſſen / daß mit der lieben Frawen Lauterbachin gar nicht zu geſchwind / ſondern mehr dann wol gefahren ſey. Der Todt kan nicht boͤſe ſein / alßnurParentatio. nur den Boͤſen. Mala mors non eſt, quam bona vita præceſſit, Auff ein guttes frommes Leben kan kein boͤſer Todt folgen: Improviſa mors non eſt, cujus provida vita fuit, der kan auch nicht unverſehens ſterbẽ / der ſich ſeiner Sterbligkeit ſtets erjnnert. Mors nemini nocet, utinã vita non noceat inquit Ambroſ un ̃ſein Diſcipul der Auguſt. Nulla major ac peior mors eſt, quam ubi non moritur mors. Wenn man aber nur mit der Verſicherung vor dem andern Tode / den unſer getrewer Erloͤſer mit ſeinem Todt getoͤdtet hat / ſtir - bet / ſat eſt, ſo hat man wol gelebet / ſo iſt man wol ge - ſtorben / Seelig ſind die / die in dem HErren ſterben von nun an.
Wenn aber dem verbliechenen Coͤrper kein werthere Freundſchafft / kein groͤſſere Liebes-Dienſt auff dieſer Welt mehr erwieſen werden kan / dann daß Er zu ſei - ner Ruhſtell und Statt beygeſetzt werde / alß iſt von Jhrem hochbetruͤbten Hertzliebſten Herrn ſolches ge - buͤhrend ins werck zu ſetzen / kein Muͤhe noch Fleiß ge - ſparet worden. Man lieſet von unterſchiedener Voͤlcker unterſchiedenen Manieren und weiſen / Jhre Verſtor - bene zu beſtatten / unter denen aber der aͤlteſte Brauch / das Sie dieſebe begraben / wie allbereit von des Patri - archen Abrahams zeiten in Heiliger Schrifft zu leſen. Unnd obwol hernach / zumahlen bey den Roͤmern / auffkommen / daß man die Coͤrper verbrennt / zwar wie theils ſchreiben / wegen der grawſamen Krieges-Leufften / darinnen eben / wie bey uns auch geſchehen / die Graͤbergeoͤffnet /Parentatio. geoͤffnet / die Todten ſpoliret / und uͤbel gehandelt wor - den / ſo hat doch derſelbe Brauch nicht uͤbrig lang geweh - ret / ſondern es ſind die Coͤrper widerumb mit beſondern Parentationibus und Lob-Spruͤchen beygeſetzet / wie denn auch heut / Chriſtlichem gebrauch nach / unſer See - lige Fraw Lauterbachin mit groſſer frequentz, Chriſt - licher vornehmen Verſamlung / zu Jhrem Schlaff - Kaͤmmerlein gebracht / und der Erden / davon Sie ge - nom̃en / und dahin wir nach Adams Fall alle deſtiniret[ſ]ein / wider vertrawet worden / die hertzliche adfection / Liebe und Trewe / auch den uͤber Jhrem toͤdtlichen Hin -[tri]t eingenommenẽ ſchmertzlichen Dolor Jhres nachge -[la]ſſenen Herrn und der gantzen Freundſchafft genugſam zuverſpuͤren hat. Sie die Seelig-Verſtorbene ruhet nu[ſ]anfft und ſtille / und ungefrret biß an jenen groſſen Tag /[d]er eine Beſchreibung der gantzen Welt ſein wird / nicht zwar unter dem Kaͤyſer Auguſto / wie zur zeit der Ge - burt des Meſſiæ / ſondern eben unter dem Himmels - Koͤnige CHriſto JEſu / an dem Tage / den jhr die ſtrenge Gerechtigkeit vorbehalten / darin der wahre Noah / nach dem Er in unſer Liebe truncken worden / und laͤnger denn zweytauſend jahr lang im ſchlaff der barmhertzigkeit Got - tes gelegen habẽ wird / nach dem er auffgewacht / die gott - loſen / welche ſein Niedrigkeit / Bloſſe / Demuth / Creutz und Paſſion offters verſpottet / mit dem Fluch und Ver - maledeyung ſchlagen / und darauff ferner alle Elemen -Mten /Parentatio. ten / auch alle Materialiſche Himmel anſtecken wird / unſere Seelig verſtorbene mit der Seelen alßdann wide - rumb conjungirt, dahin gelangen wird / da ſterben ein unerhoͤrte / ſterblich ſein eine unmoͤgliche Sache ſein wird / Jhr hertzliebſter jetzt Hochbetruͤbter Herr ſich auch in ewigkeit keines Scheidens mehr zubefuͤrchten ha - ben wird.
Nun der GOTT alles Troſtes troͤſte den leydtragendẽ Herrn Wittwer in ſeinem Alter mit kraͤfftigem Troſte / præſtet robur vi - duo, erigat mentem ſolamine, doceat ſilere DEO placidè, ſicq́; viduitatis acerbitatem vin - cere optimè. Der GOTT des Troſtes ver - trette Mutter-Stelle bey dem hinterbliebenen Waͤyſelein / unnd verſorge es gnaͤdiglich. Der GOTT des Troſtes troͤſte die gantze Freund - ſchafft / und erfrewe Sie wider nach vielem auß - geſtandenem Betruͤbnuͤß unnd Leyd / Er ver - leyhe dem hin - unnd beygelegten Coͤrper in der Erden eine ſanffte Ruhe / unnd dermaleins an jenem groſſen Tage / eine froͤliche Auffer - ſtehung von den Todten zum ewigen und ſeeligen Leben / uns allen / die wir noch / ſo lang Gott wil / in dieſem Elend-Thal wallẽ / ein fromes ChriſtlichesLeben /Parentatio. Leben / darauff eine Seelige Nachfarth / und am Tage der beſten Poſaunen eine froͤliche Him - melfarth. AMEN.
M. JACOBUS MARCKIUS Paſtor & Inſpector Glog.
WOl-Erbare / Viel - Ehrenreiche / und Hoch - tugendſame / in Ehren hoch - geliebte Fraw Schwaͤgerin / alß ich verwiechene Wochen zur Frawſtadt geweſen / bin ich von dem Herrn Pfarren ſelben Ohrts / mit ſonderer Wehmuth meines Hertzens verſtaͤndiget worden / welcher geſtalt nach dem Wolge - fallen Gottes / dero eintzige hochgeliebte Fraw Tochter die Weyland WolErbare / von Ehren und Tugenden hochberuͤmbte Fraw Dorothea gebohrne Wincklerin / des cum titulo Herrn Johann Lauterbach J. U. L. und Practici celeberrimi, geweſene hertzgeliebte Fraw / Todes verblichen.
Ob nun wol zwar nicht ohne / dero von Gott ein - gepflantzete Muͤtterliche affecten darbey ſich hoch be -klagenTroſt-Briefflein.klagen werden / uͤber des Todes Geſchwindigkeit / wie auch deſſen unpaſſionirte Feindſeeligkeit / in dem Er Jhren eintzigen noch uͤbrigen Funcken / wie das Weib von Thekoa redet / 2. Sam. 14. verſ. 7. Der hie im Glauben helle / und von Tugenden ſchoͤn geleuchtet / Jhr Licht und Troſt in Jhrem Alter ſein ſollen / ſo bald auß - geleſchet.
Wie mir nun dabey unverborgen / die Fraw ohne diß von GOtt reichlich getroͤſtet / auch auß Heiliger Schrifft erfuͤllet mit Erkaͤndtnuͤß ſeines Willens / wil geſchweigen der Chor der Propheten mit dem allertroͤſt - lichſten Tact auß allen Orten / Jhre Trawrigkeit damit zuſchweigen / das ſeinige uͤberfluͤſſig gethan haben wer - de / jedennoch / weil mir von deroſelbten ſampt Jhrem HochgeEhrten Herren zu allerzeit viel Guttes widerfah - ren / habe ich mich allhier ſchuldig befunden / der heiligen Notdurfft anzunehmen / den Schaden Joſephs betraw - ren zu helffen / und wiewol der geringſte unter den Apo - ſteln / dennoch den Gott wolgefaͤlligen Gottesdienſt / die Fromen in Truͤbſal zu beſuchen / in acht zunehmen / und nach den Vermoͤgen / das Gott darreichet / ein Floͤßlein auß den Bruͤnlein Gottes Jhr zu zufloͤſſen / die bekuͤm - merte Seele damit zu ergetzen; Weil offenbar / daß zu - weilen auch eine Magd dem Naeman / 2. Reg. 5. v. 3. ein Knecht dem Abraham / Gen: 24. v. 42. Ja ein Eſelin dem Bileam Num. 22. v. 28. dienlich und troͤſtlich ge - weſen / und der allergeringſte Diener Chriſti ſolch Waſ -M iijſerTroſt-Briefflein.ſer geſchoͤpffet / das hernach als der beſte Wein geſchme - cket. Joh. 2. v. 6. 7.
Præoccupiren aber / und einwenden muß ich zuvor / daß mein Briefflein gar nicht auffs Muͤtterliche Hertz / ſondern auff den kindlichen Geiſt zu Gott gerichtet / den - ſelben in den drey gruͤnden zu beſtaͤttigen / daß weder au[s]GOtt / noch dem Todt / nach der Abgeſtorbenen Er ein - zige Urſach finde zu trawren.
An GOtt / ſintemal der ſich ſeinen außerwaͤlten Glaͤubigen alſo offenbahret / wie daß von Jhnen ſein Rathſchluß gutt unnd weißlich / wannher Paulus ruͤh - met die Gnaden GOttes / 1. Cor. 15. v. 10. Sein Wil - le gegen Jhnen heilig und unſtraͤfflich / weßwegen Da - vid ſpricht: Er mache es mit mir / wie es Jhm wol - gefaͤllet / 2. Sam. 15. v. 16. Alle ſein Thun unnd Ver - richten bey Jhnen heylſam und hochpreyßlich / warum - ben der Außerwaͤhlten Danck-Lied iſt / Er hat alles wol gemacht / Marc. 7. v. 37. Jſt darumb hie billich / daß die Magd Hagar weiche mit ſampt Jhrem Sohn / damit der Sohn der Freyin ſich frewen koͤnne in dem HErren ſeinem Gott; Das iſt Fleiſch uñ Blutt / das nur meynet / was Menſchlich iſt / Matt. 16. v 13. GOtt weiche / da - mit der Geiſt zu GOtt komme / da erforſche / was Goͤtt - lich iſt / und nach dem inwendigen Menſchen habe ſeine Luſt in GOtt / Roͤm. 7. v. 22.
Noch an dem Tode / an dem kan ich nichts finden / das einem außerwaͤhlten glaͤubigen Chriſten ſolle langebetruͤbtTroſt-Briefflein.betruͤbet fuͤrkommen / weil nicht Sterben in Heiliger Schrifft ein Pein der Verdampten Eſa / 66. v. 24. den Todt ſuchen / uñ nicht finden / eine gelegenheit der verzweif felnden. Apoc. 9 v. 6. Hergegen an fuͤnfferley Menſchẽ wir ſehen koͤnnen / was den Fromen der Todt fuͤr ein Gluͤck ſey: An E[n]och / daß Er ſey ein Zeugniß der Gott - ſeeligkeit / Gen 5. v. 24. an Moſe / wie Er ſey eine Beloh - nung der trewen Dienſtbarkeit / Deut. 34 v. 6. an Elia / wie er ſey ein Wagen der Liebe / und Abholung auß aller Trawrigkeit / 2 Reg. 2 v. 1[1]. an Lazaro / wie er ſey ein Er - getzung auß der hoͤchſten Truͤbſeligkeit / Luc. 16. v. 22. An jenem Schecher / wie Er ſey eine ſo hohe Wolthat der Bußfertigkeit / Luc. 23. v. 43. Danher auch unter den allerfroͤmbſten Chriſten / die Jhnen den Todt ge - wuͤnſchet / 1. Reg. 19. v. 4. Begeret / Philip. 1. v. 23 Erzelet / Heb. 11. v. 25. Verlanget / Gen 49. v. 18. mit Frewden angenommen. Act. 7. v. 55. und außdruͤcklich bekand / es ſey beſſer ſterben denn leben / Philip. 1 v 23. Darumb auch einer mit Nahmen Anaxerxes offentlich ruffe und ſchrye: O Jhr Todten / die Jhr in der Schoß ewer Mutter eingeſcharret und gewickelt / wie iſt ewer Gluͤck billich zu neiden / denn Jhr ſanfft ruhet und ſchlaf - fet / ſo muͤſſen wir ins geheiß der Natur / die verlohrne Schildwache an dem Rande des ſtuͤrtzenden Abgrunds halten und verſehen. Und daß Gott fuͤr ſeine Glaͤubi - gen nichts beſſers wiſſe auff Erden / denn den Todt / be - zeuget Abel / wie auch Joſias / der alß Er die AbgoͤtterzerſtoͤretTroſt-Briefflein.zerſtoͤret / auff ein ſo wolgefaͤlliges Werck von GOtt den Todt bekommen. Je geſchwinder darumb der Todt koͤmpt / je lieber es den Fromen ſein ſol. Denn es ja noch beſſer heute im Paradiß zu ſein / Luc. 23. v. 43. Denn gantzer viertzig Jahr Muͤhe haben ins gelobte Land zu - kom̃en / Deut. 29. v. 25 beſſer mit den Heiligen Engeln eylende zu GOtt zukommen / 2. Reg. 2. v 11. als mit langſamen Klagen der Egyptier begraben zu werden / Gen 50. v 11. Wie lange iſt der Fromen Klage / Pſal. 13. v. 2. Das Nu und der Augenblick aber Jhr Seeliger Wunſch / Apoc. 14. v. 13
Sehe ich auch nicht / was der kindliche Geiſt zu Gott / bey der Verſtorbenen zubeklagẽ haben ſolle / es wolte ſich denn jemand wie Ahab ein falſchen Geiſt uͤberreden laſ - ſen / es ſey beſſer wohnen hie im Lande des Todes / denn dort im Lande der Lebendigen; Man koͤnne ſeine liebſte Schaͤtze beſſer verwahren auff Erden / denn im Himmel, Die Luſt ſey hie beſſer unter den verteuffelten Menſch - en in der Welt / denn unter den Engliſchen Heiligen im ewigen Leben; Es ſey mehr Gluͤck zu hoffen / da man taͤg - lich ſuͤndigen kan / als dort / wo man von der Suͤnden frey und Goͤttlich wandelt; Es ſey beſſer hie / ein ander kranck und elendiglich ſehen / als dorte einander geſund und verklaͤret anſchawen; Es ſey beſſer einander hie die unruhige Erbſchafft uͤbergeben / denn das ſchoͤne Erb - theil und liebliche Loß dort ewig beſitzen. Es ſey beſſer ſich hie verfolgen laſſen / denn dorte in der ewigen HuͤttenſtilleTroſt-Briefflein.ſtille ſitzen; Es ſey beſſer unter deñ verkehrten den Glauben lernen / denn unter den vollkommenen denſelben abſolvi - ren und zum Ende bringen; Es ſey beſſer hier einem jrrdi - ſchen Potentaten unter ſeinen Fuͤſſen liegen / deñ fuͤr der Goͤttlichen Majeſtaͤt dort mit groſſer Frewdigkeit ſtehen!
Das meyne ich nicht / daß meine HochgeEhrte Fraw Schwaͤgerin eines ſolchen ſich werde uͤberre - den laſſen / ſondern thut meine Seele Jhr viel einan - ders zutrawen. Derowegen / hat Sie GOtt recht erkand / ſo wird Sie wol wiſſen von Jhm / wie Er ſo trewlich helt / und leſt Jhm nicht nehmen / die Trew ſind in der Liebe / Sap. 3. v 9. Glaͤubet Sie / daß alle Jhre glaͤubige Vorfahren der Todt mehr begnadet / deñ vexi - ret, wie wolte Sie dann nicht hie auch ſterben fuͤr ein Gewin achten / Philip. 1. v. 21. Ja geſtehet Sie / daß Jhre allerliebſte Tochter mit CHriſto hie ewig verlobet geweſen / GOtt den Heiligen Geiſt zum Pfand jhrer Seeligkeit in unverruͤcktem Glauben behalten / ſo iſt Sie auch nun weder durch hohes noch tieffes / von der Liebe GOttes in CHriſto JEſu geſchieden / Rom. 8. v. 39.
Kondte demnach Jacob wol zufrieden ſeyn / und ſich hoch frewen / als Er nur wuſte / daß ſein Sohn noch lebete / wiewol bey einem abgoͤttiſchen Koͤnige / und in dem hungerigen Egyptenland / Gen. 46 v. 30. Wie vielmehr ſol Jhr Geiſt ſich nun beruhigen / weil Sie weiß daß Jhre Fraw Tochter / lebet und des HErren Werck verkuͤndiget / Pſal 118 v 17. Bey dem Allerhoͤchſten Koͤnige in Ehren / der ſo from iſt / und iſt kein UnrechtNan Jhm /Troſt-Briefflein.an Jhm / Pſal. 92. v. 16. Jn dem Lande / das umbfloͤſ - ſet mit ſtroͤmen der wolluͤſte / Pſal. 36. v 9. den Segen herab ſchuͤttet die fuͤlle / Malach. 3. v. 10. Und da die Jn - wohner Jhre Garben tragen mit frewden / Pſal. 126. v. 6. Vermeynte jene Mutter gantz vergnuͤget zu ſein / wann Jhre beyde Soͤhne Chriſto einer zur Rechten der ander zur Lincken ſitzen ſolte / nur in einem jrrdiſchen uñ vergaͤnglichen Reiche / Matt. 20. v. 21. Wie vielmehr ſol Jhr Geiſt ſich vergnuͤgen laſſen / indem Sie ſchon erhalten / das Jhre liebſte Fraw Tochter ſitzet zur Rech - ten Chriſti / Matt. 25. v. 33. Jn dem Reich / das ewig bleibet / deſſen Mawren Heyl / und Thore Lob heiſſen / Eſa 60. v. 18. Schaͤtzte ſich jene Mutter fuͤr gluͤckſeelig / das Sie Jhr liebes Kind von Jhren Bruͤſten / und auß Jhren Armen ſolte geben in ein Koͤnigliches Schloß / da es ſicher fuͤr der Verfolgung / in Koͤniglicher Gnade erzo - gen / unnd zu Ehren erhaben werden ſolte / Exod. 2. v. 9, 10. Wie ſolte denn nun Jhr Geiſt ſich nicht Gluͤck - ſeelig ſchaͤtzen / weil Jhre liebſte Fraw Tochter an Jh - ren Bruͤſten und Armen erzogen / Sie nunmehr uͤber - laſſen in die feſte Burg / die iſt unſer Gott / da Sie ſicher uñ in ſtoltzer Ruhe / Eſai. 32. v. 18. Frey von aller Ver - folgung / und darumb traͤgt Jhre Palmen / Apoc. 7. v. 9. Jſt geehret von allen Engeln und Außerwaͤhlten / als die mit Ehren und Schmuck gekroͤnet / Pſal. 8 v. 6. Und von GOtt / alß eine Dorothea und groſſer Schatz / lieb und werth gehalten wird. Eſai. 62. v. 3.
O ſey zu frieden / liebe Seele / der HErrthutTroſt-Briefflein.thut dir Guttes / Pſal. 116. v. 7. Schlieſſe ich mit den Worten Davids; Und wuͤntſche von Hertzen / daß hiedurch das Fluͤßlein der goͤttlichen Guͤttigkeit alſo bey meiner Hochgeehrten Fraw Schwaͤgerin anlauffe / da - mit Sie getroſt ſagen koͤnne / wie David: Jch hatte viel Bekuͤmmernuͤſſe in meinem Hertzen / aber dei - ne Troͤſtungen ergetzten meine Seele / Pſal. 94. v. 19. Biß die Himltſche Ergetzung ſampt Jhrer Fraw Tochter folget und continuiret werde / in der Luſt die uͤberſchwenglich / in dem Preyß der unaußſprechlich / in der Zeit die Ewig.
Bitte Jhren Herren / meinen groſſen Patron / auffs dienſtlichſte zu gruͤſſen / befehle Sie beyderſeyts der Gnaden GOT - tes / Mich aber ſampt den Meinigen in dero beharliche Freundſchafft gantz trewlichen. Geben Newſtaͤdtlein den 17. Feb. Anno 1649. Sigmund Pirſcher Prediger allda.
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