Dem Hoch-Edelgebohrnen / Geſtrengen und Hochbenahmten Herren / H. Hanß Sigmund von Feſtenberg / Pakiſch genant / auf Wieſenthal / Pomſen / Lud - wigsdorff und Friedersdorff ꝛc. Seinem Hochgeehrten Lehns-Herren. So wohl Der Hoch-Edelgebohrnen / VielerEhrenReichen und Hoch-Tugend-begabten Frauen Fr. Annæ Helenæ von Feſtenbergin / Pakiſchin genant / gebohrner von Schweinitzin / Frauen auf Wieſenthal / Pomſen / Ludwigsdorff und Friedersdorff ꝛc. Seiner Hochgeehrten Lehns-Frauen. Wie auch Denen WohlEdelgebohrnen / Viel-Ehr - und Tugendreichen Frauen Annæ Mariæ von Wentzkin / gebohrner von Axlebin / Magnußin genant / Frauen auf Blaw-Muͤhle / Und Jungf: Perpetuæ gebohrner von Axlebin Magnußin genant / Jungfrauen auf Groß-Reichaw. Seinen Hochgeehrten geneigten Freundinnen uͤberreichetdieſe Sermon mit hertzlichem Wuntſche / daß Gott Ihr HochAdel. Geſtr. und HochAdel Tu - genden in gewuͤnſchtem Fuiede und Ruhe / bey gu - ter Geſundheit / und zuLeib undSeel gedeylichem Wohlſtande erhalten und bewahren wolle! Und uͤbergiebet ſich mit ſeinem armen Gebethe zu ſteter Dienſtfertigkeit〈…〉〈…〉
Das walt die fruͤhgejagte Hindin JeſusChri - ſtus / welcher ſich fuͤr uns hat jagen und ſchlagen laſſen / und uns ein heilſames wohlſchmeckendes Wilpert worden iſt / dadurch unſere Seelen im Glauben ge - ſaͤttiget / und zum ewigen Leben geſtaͤrcket werden / gelobet und geliebet mit Gott ſeinem him̄liſchenVater / und dem H. Gei - ſte itzt und in Ewigkeit / Amen.
GEliebte / und zumTheilBetruͤbteChriſt -Vide Bar - tbolom. An - glic. de re - rum cæleſt. & terreſtr. Adeliche Hertzen? Von dem Koͤnige Alexandro Magno lieſet man in den Hi - ſtorien / daß / nach dem Er die Kuͤrtzedes menſchlichen Lebens bejammert und vernommen / daß in dieſem Fall die Hirſchen vorProprieta - tibus lib. 18 c. 25. pag. 3046. ex Plin. lib 8. c. 33. dem Menſchen einen groſſen Vorzug haͤtten / Er / deroſelben LebensLaͤnge der Nach-Welt kund zu - machen / etliche habe fangen laſſen / denen Er guͤl - dene Hals-baͤnder mit drauf gegrabener Jahr - Zahl nebenſt dieſen Worten: Noli me tangere qv[i]a Cæsaris ſum, umbmachen / und Sie wieder leben -Itē Reinh. Bæk. Evgl. Dem. p. 4. p. m. 40. Dem. 16. Trim. dig lauffen laſſen / welche nach hundert Jahren erſt wieder ſtarck und friſch ſeyn gefangen wor - den: Daraus zu ſchlieſſen / daß die Hirſchen uͤber hundert Jahr leben koͤnnen / weil man nicht ge -A ijwuſt /Stand-Predigt. wuſt / wie alt dieſe zuvor / ehe Sie mit den Hals - Baͤndern gezieret worden / geweſen / und wie lan - ge Sie noch haͤtten leben koͤnnen / wenn Sie nicht wehren wieder gefangen worden Solches lan - gen Lebens aber ſind die guͤldenen Hals-baͤnder zwar nicht Urſach geweſen / doch haben Sie davon Zeugnuͤs gegeben.
Warumb ich dieſes erzehle / wird / meinesEr - achtens / niemand unter uns ſeyn / der ſich ver - wundere / ſintemahl wir alle mit einander mit dem groſſen Alexandro uͤber die Vergaͤngligkeit des Menſchen zeitlichenLebens zu klagen haben / in dem wir durch die taͤgliche Erfahrung gelehretHiob 14, 1. war zu ſeyn befinden / was Hiob ſaget c. 14. Der Menſch / vom Weibe gebohren / lebet kurtze Zeit / unſer Leben iſt ein Dampff / der eine kleine Zeit waͤ -Jac. 4, 14. ret / hernach aber verſchwindet / ſaget Jacobus im 4. Cap. Denn wie lange waͤrets? SiebentzigPſal 90, 10 Jahr / wenns hochkoͤm̄t / Achtzig Jahr / nach dem 90. Pſalm / und erreichen doch ſolchen Termin nur die Wenigſten.
Solche unſers LebensKuͤrtze iſt nun auch dem groſſen Alexandro / und HelffeMann / dem Koͤnige aller Koͤnige / und Herren aller Herren 1. Tim. 6. unverborgen / welcher uns mit ſeinem him̄liſchen Vater das Leben ſelber giebet / und durch ſeinAuf - ſehen unſern Oden / ſo lange Er wil / bewahret /Hiob. 10, 12 nach dem 10. Cap. Hiobs / auch das zeitliche Leben nach ſeinem Rath wiedernimmet / und die Men -Pſal. 90, 3. ſchen ſterben laͤſſet / nach dem 90. Pſalm.
Demnach ſo hat Er / weil der Tod uͤber alleRom. 5, 12. Menſchen kommen war Rom. 5. aus mitleiden -demStand-Predigt. dem Erbarmen dahin gedacht / wie der Menſch / wenn Er ja zeitlich ſterben muß / dennoch / nicht nur zu einem langen Hirſchen-Alter / ſondern zum Ewigen Leben moͤchte befoͤdert werden / da die Jahre waͤren fuͤr und fuͤr nach dem 102. Pſalm.
Und da macht es nun der Herr Jeſus mit denMenſchen / wie Alexander Magnus mit denHir - ſchen:
1. Faͤnget Er Sie / in dem Er Sie durch die H. Tauffe in ſein Gnaden-Reich aufnim̄t / daß ſieTit. 2, 14. ſollen ſeyn ſein Volck und Eigenthumb Tit. 2. Da -Pſal. 100, 3. von David ſaget im 100. Pſalm. Er hat uns ge - macht / und nicht wir ſelbſt / zu ſeinem Volck / ſpan - net auch hernach ferner ſein Wort-Netz aus Matth. 13. Die / ſo Ihm folgen / zu ſeinem Eigen -Matth. 13. v. 47. thum anzunehmen. Dis iſt der Anfang / dadurch Sie zum ewigen Leben befoͤrdert werden, Dabey
2. Zieret Er Sie mit guͤldenen Halsketten Cant 4. Welche ſind ſeine Heyligkeit und blutigesCant. 4, 9. Verdienſt / ſo da Gold und Silber weit uͤbertrifft nach S. Petri Zeugnuͤs 1. Epiſt. 1. in deme die / ſo ge -1 Pet. 1, 18. taufft ſind / den Herren Chriſtum anziehen Gal. Gal. 3, 27. 3. und aller ſeiner / durch ſein Blut erworbenen Guͤ - ter theilhaftig werden / daß. Sie / als ſeine Freun - din und Braut in geſtickten guͤldenen Kleidern ge - hen nach dem 45. Pſalm.
Dadurch Sie
3. Lebhafftig gemacht werden / / daß ſie nicht nur hundert Jahr mit den Hirſchen / ſondern ewigSap 5, 16. leben / Sap 5. Das ewige Leben haben Joh. 3. DennJoh. 3, 16. wer glaͤubet und getaufft wird / das iſt / Wer in derA iijTauffeStand-Predigt. Tauffe Chriſti Schmuck angezogen / und durch den Glauben bis ansEnde anbehaͤlt / der wird ſe -Mart. 16. v. 16. lig werden / Marc. 16.
Welches alles die Glaͤubigen dem him̄liſchen Koͤnige und Helffer / Jeſu Chriſto / zu zuſchreiben haben / daß / ob ſie gleich von dem zeitlichen Tode / als ein Wild / niedergefaͤllet / Sie doch dadurch zum ewigen Leben befoͤdert werden.
Nun ſolche Wolthat hat unſer Herr Jeſus auch erwieſen der gegenwaͤrtig dem Leibe nach eingeſargten weyland Hoch-WohlEdelge - bohrnen / VielEhr-undTugendreichen Jungfrau - en BARBARÆ, gebohrner Axlebin Magnußin genant / und GroßReichaw / mit welcher Er / Sie nach vollbrachtem kurtzen zeitlichen Leben zum Ewigen zu befodern / als mit ſeinem Hirſchlein uͤmbgegangen.
Denn da hat Er Sie anfangs auch gefan - gen / und durch die heilige Tauffe in ſein Gnaden -Eſa. 61, 10. Reich aufgenommen / darinnen Er ihr den Rock des Heils Esa. 61. angeleget / daß Sie nun / ob Sie gleich dem zeitlichen Tode nicht entlauffen koͤnnen (welches Sie nicht gewuͤntſchet / ſondern vielmehr aufgeloͤſet zu ſeyn / begehret hat /) dennoch mit ih -Pſal. 18. v. 34. ren glaͤubigen HirſchFuͤſſen Pſalm 18. ins ewige Leben geſprungen.
Wenn denn die ſelige J. von AxlebinMagnuſ - ſin genant / in Ihrem Leben ſich ſelbſt mit einem Hirſchen verglichen / in demeSie oͤfters und ſehn - lich aus dem 42. Pſalm geſeuftzet:
WieStand-Predigt.So wollen wir es auch nach Ihrem ſeligen Tode dabey bleiben laſſen / und iſt demnach fuͤr gut angeſehen worden / die erſten Worte des 42. Pſalms:
‘WIe der Hirſch ſchreyet nach fri - ſchem Waſſer / ſo ſchreyet meine Seele Gott zu dir. Meine Seele duͤr - ſtet nach Gott / nach dem lebendigen Gott: Wenn werde ich dahin kom̃en / daß ich GOttes Angeſicht ſchaue? ’ ()Bey Ihrer Stand-Predigt zu handeln / daraus wir beſehen wollen
Triplicem Piorum adumbrationem, Eine dreyfacheAbbildung der glaͤubigen Chriſten unter dem Gleichnuͤs von Hir - ſchen / da wir denn die ſeelige J. Axlebin auch als ein geiſtl. Hirſchlein finden wer - den.
Votum. Stand-Predigt.Votum. Gott verleihe dazu Gnade und See - gen umb Chriſti willen / Amen.
Tractatio. ES hat dem H. Gotte gefallen in ſeinem H. Worte mit den Hirſchen allerley an -Pſal. 22, 1. muthige Dinge zu vergleichen: Im 22. Pſalm vergleicher Er Chriſtum in ſeinem Leiden mit einer fruͤhgejagten Hindin / weil Er von den Feinden / als Hunden / iſt grimmig angefallenProv. 5. 19. und gejaget worden. Prov. 5. VergleichetEr ein from̃es Eheweib einer Hindin / wegen ihrer Holdſe - ligkeit; In unſerm vorhabendẽ Spruͤchlein verglei - chetEr einen from̃en Chriſten mit einem Hirſchen / denn ſo ſaget Er durch den Mund Davids / welcher ſich ſelber vor allen andern hiermit beſchreibet: Wie der Hirſch ſchreyet nach friſchem Waſſer / ſo ſchreyet meine Seele Gott zu dir. Meine Seele duͤrſtet nach Gott / nach dem lebendigen Gott / wenn werde ich dahin kommen / daß ich Gottes Angeſicht ſchaue. Beſchauen wir nun an Da - vids Exempel eines from̃en Chriſten Abbildung / ſo befinden wir Ihn
1. Als einen ſchreyenden Hirſchen. Denn ſo ſaget David: Wie der Hirſch ſchreyet nach fri - ſchem Waſſer / ſo ſchreyet meine Seele Gott zu dir. Dabey wohl zu erwegen
1. ϖροταοις der Vorſatz oder die Gleichnuͤs / Wie der Hirſch ſchreyet nach friſchem Waſſer. Die Naturkuͤndiger ſchreiben von den Hirſchen / daß ſie eine natuͤrliche und eingepflantzete FeindſchafftgegenStand-Predigt. gegen den Schlangen haben / darumb ſie dieſelben in ihren Hoͤlen ſuchen / und mit ihrem ſtarcken Odem heraus ziehen / nachmals in Stuͤcken zer - treten und verſchlingen / wenn das geſchehen / ſo werden ſie durch die Gifft erhitzt und durſtig / weil ihnen aber von Natur bewuſt / daß / wenn ſie zuvor trincken / ehe die Schlangen verdauet / Sie es das Leben koſte / ſo leiden ſie Durſt / und fangen in der Hitze an heftig zu ſchreyen.
Derogleichen Sie auch thun ſollen / wenn ſie von Jaͤgern und Hunden verfolget werden / das meinet David / wenn Er ſaget: Wie der Hirſch ſchreyet nach friſchem Waſſer.
2. ἀϖόδοσις der Nachſatz / oder was durch das Gleichnuͤß bedeutet und abgebildet werde: Nem - lich ein geaͤngſteter Chriſt / in deme David ſaget: So ſchreyet meine Seele Gott zu dir: Als wolt Er ſagen: Es hat mit mir und andern frommen Chriſten in dieſer Welt eben eine ſolche Beſchaf - fenheit / wie mit den Hirſchen / daß ſie oftmals in groſſe Noth und Truͤbſal gerathen / darinnen ſie keinen andern Rath und Mittel erfinden koͤnnen / als daß ſie zu Gott ſchreyen.
Sind demnach zwey Stuͤcke in dieſer Abbil - dung enthalten / welche an einem glaͤubigen Chri - ſten zu finden:
1. Crucis Calor, die Hitze und Noth / Wie ein Hirſch groſſe Hitze fuͤhlet vom Schlangen Gifft und ſchnellen Lauffe: alſo empfindet auch ein frommer Chriſt in der Welt manche Noth / Angſt und Creutz-Hitze / wie unſer Heyland propheceyet hat Joh. 16. In der Welt habt ihr Angſt / wenn esJoh. 16, 38BgehetStand-Predigt. 1. Pet. 4, 12. gehet nach S. Petri Erinnerung 1. Ep. 4. Ihr Lie - ben / laſſet Euch die Hitze / ſo Euch begegnet / nicht befrembden / (die Euch wiederfaͤhret / daß ihr ver - ſucht werdet /) als wiederfuͤhre Euch etwas ſeltza -Jer. 25, 29. mes / daß ſie an ſich erfahren / was die Goͤttliche Majeſtaͤt ſaget Jer 25. In der Stadt / die nach meinem Nahmen genennet iſt / fahe ich an zu pla - gen / Wie denn das Gerichte immer am Hauſe1. Pet. 4, 17 Gottes anfaͤhet / nach dem 4. Capitel der erſten Epiſtel Petri.
Und da ſind der TruͤbſalsArten ſo viel / daß ſie nicht alle koͤnnen erzehlet werden.
Es gerathen manche fromme Kinder in die Waͤyſen-Noth / wenn ihnen in der Jugend ihre liebe Eltern durch den Tod entzogen werden / da - von ihnen manchmal ſo heiß wird / daß derSchweiß aufdem Ruͤcken / und die Thraͤnen auf den BackenThren. 5, 3. herab flieſſen / daß ſie klagen aus dem 5. Cap. derPſal. 27, 10 KlagLieder: Wir ſind Wayſen / und haben keinen Vater / oder aus dem 27. Pſalm: Vater und Mut - ter verlaſſen mich.
Wie manchem frommen Chriſten wird durch die KriegesNoth heiß gemacht / wenn Er / wie ein Hirſch von Hunden gejaget wird / dergleichen den Iſraeliten begegnet / welche die Midianiter ſo ſehr beaͤngſtiget / daß ſie Kluͤffte in den Bergen gebau -Jud. 6, 2. et / und Hoͤlen / ſich darin zuverſtecken / wie imBuch der Richter am 6. zu leſen / welches im verlauffe - nen Kriege viel from̃e Hertzen erfahren / der treue Gott verhuͤte gnaͤdiglich / daß wir nicht wieder in ſolche Noth gerathen.
SoStand-Predigt.So wird auch mancher frommer Chriſt von hitziger Kranckheit Duͤrre ausgeſogen / wie Hiſkiæ wiederfahren Eſ. 38. und was dergleichen mehr /
An dieſem Reigen der Truͤbſal iſt auch die ſe - lige J. Barbara Axlebin Magnußin genant / an - zutreffen geweſen / welche als ein geiſtliches Hirſch - lein die Hitze des Creutzes / nach dem heiligen Wil - len Gottes / gnugſam gefuͤhlet: Denn es hat Sie der liebeGott in der Jugend in denWaͤyſenStand geſetzet / in dem Er anfangs Ihre liebe FrauMut - ter / hernach auch den Herren Vater hat ſterben laſſen / dabey Sie ungezweifelt manchen Kummer und Hertzleid wird gehabt haben.
So hat Sie nebenſt dieſem auch die groſſe KriegesNoth muͤſſen mitte ausſtehen / welcheIhr manchmal wird den Schweiß ausgetrieben ha - ben.
Sonderlich aber hat Sie der liebe Gott mit ſtetem Siechthum des Leibes heimgeſucht / am mei - ſten / da Sie auf ihrem Sterbe-Bette von der hiz - zigen Kranckheit gantz abgezehret worden.
Daß Sie wol eine rechte Achslebin nachIh - rem GeſchlechtsNahmen geweſen / welche Gott oft mit Wermuth geſpeiſet / und Ihr manches Ach im Leben ausgepreſſet / daß es mit Ihr geheiſſen / wie Tob. 12. der Engel Raphael ſaget: Weil duToh. 12, 13. Gott lieb wareſt / ſo muſt es ſo ſeyn / ohn Anfech - tung muſteſtu nicht bleiben / auf daß du bewaͤhretB ijwuͤr -Stand-Predigt. Prov. 3, 12. wuͤrdeſt / und nach dem 3. Capitel der Sprichwoͤr - ter: Welchen der Herr lieb hat / den ſtraffet Er / und hat Wolgefallen an ihm / wie ein Vater am Sohn.
Wie aber der Hirſch bey ſeiner Hitze nicht ſtil - le ſchweiget / ſondern ein Geſchrey erhebet / alſo wird uns an demſelben abgebildet
2. Vocis Clamor, das Geſchrey zu Gott / denn ſo ſaget David: So ſchreyet meine Seele Gott zu dir. David ſchreyet. In der Noth muß es geſchrien ſeyn.
Denn da taug es nicht Daß man gar ſtille ſitzen und zuſehen wol - te / obs beſſer wolle werden / oder nicht / wie DavidPſal. 34, 4. von den Gottloſen ſaget Pſalm 14. den Herren ruffen ſie nicht an.
Auch richtet man im Creutz nichts aus Mit Ungedult und Murren / ſondern Gott wirdThren. 3, 39 dadurch vielmehr erzuͤrnet / daß Er den Un[g]e[d]uldi - gen ſagen laͤſſet: Wie murren die Leuthe alſo? Ein ieglicher murre wieder ſeine Suͤnde.
Sondern es gebuͤhret ſich Daß man mit den Hirſchen ſchreye / und zwar zu Gott. Durch welches Geſchrey nichts anders ge - meinet iſt / als ein aͤngſtliches und ernſtes Gebet /Eſa. 26, 16 davon Eſaias am 26 ſaget: Herr / wenn Truͤbſal da iſt / ſo ſucht man dich / und wenn du ſie zuͤchtigeſt / ſo ruffen ſie aͤngſtiglich.
In welchem Geſchrey / nach Davids Worten man in acht nehmen muß
(a) Clamoris Objectum, zu wem man ſchreyen ſolle.
Die Baaliten ſchrien zu ihrem Baal / ſagen -de:Stand-Predigt. de: Baal erhoͤre uns. Aber da war keine Stim̃e1. Reg. 18. v. 21. noch Aufmercken. Andere Heyden haben dieGoͤ - tzen angeruffen / aber vergebens / denn ein Goͤtze iſt nichts in der Welt / ſaget S[.]Paulus 1. Cor. 8.
Die Baͤbſtler ruffen die verſtorbenen Heili - gen an / aber zum Theil vergeblich / denn Abraham weiß von uns nichts / und Iſrael kennet uns nicht Es. 64. Zum Theil unbillich / in dem ſie die Ehre / ſoEſa. 64, 36. Gott allein gebuͤhret Matth. 4. anders wohin ver -Matt. 4, 10. wenden / wieder das Verboth Gottes Es. 42.
Andere ſchreyen nur Menſchen an / derer Huͤlffe / ſo ſieGott verleihet / zwar nicht zuverwerf - fen iſt / aber darauf hat man nicht zu bauen / denn Menſchen koͤnnen nicht helffen / nach dem 146. Pſ. Pſal. 146, 3. v. 5. Derowegen / wie daſelbſt bald folget / Wohl dem / des Huͤlffe der Gott Jacob iſt / des Hoffnung auf den Herren ſeinen Gott ſtehet.
Wie auch alhier David mit Hindanſetzung aller anderer zuGott ſchreyet / dennEr iſt derTroſt Iſrael und Ihr Nothhelffer Jer. 14.
So hat auch David an andern Orten in ſeiner Noth zu niemanden geſchrien / als zu Gott. Man ſchlage die Pſalmen auf / ſo wird ſichs zur Gnuͤge ausweiſen. Im 3. Pſalm ſpricht er: Ich ruffe anPſal. 3, 5. mit meiner Stimme den Herren. Im 18. Pſalm:Pſal. 18, 7. Wenn mir Angſt iſt / ſo ruff ich den Herren an / und ſchrey zu meinem Gott. Im 28. Pſalm: WennPſal. 28, 1. ich ruffe zu dir / Herr mein Hort. Im 130. Pſalm:130. v. 1. Aus der Tieffe ruff ich Herr zu dir. Deme der from - me Hiſkias nachgefolget Es. 38. und ſo wir andererFſa. 38, 2. Heiligen Truͤbſal inſonderheit beſehen wolten / wuͤrden wir finden / daß ſie darinnen zu nieman -B iijden /Stand-Predigt. den / als zu Gott geſchrien. Welches Sie gethanPſal. 50, 1〈…〉〈…〉 nach dem Befehl Gottes Pſal 50 Ruffe mich an / in der Noth / und ſich dabey ſeiner Zuſage zu getroͤ -Pſal. 91, 15. ſten gehabt im 91. Pſalm: Er ruffet mich an / ſo wilMatth. 7, 7 Ich ihn erhoͤren, und Matth. 7. Bittet / ſo wird euch gegeben / ſuchet / ſo werdet ihr finden / klopfet an / ſo wird euch aufgethan / welches Chriſtus mitJoh. 16, 23. einem duppelten Eide beſtaͤtiget Joh. 16. Warlich / Warlich Ich ſage euch / ſo ihr den Vater etwas bit - ten werdet in meinem Namen / ſo wird Ers euch geben. Nebenſt dem muß man im BethGeſchrey nach Davids Worten wohl mercken
(b) Clamoris modum, Wie das Gebet zuver - richten. Die Seele ſol ſchreyen. Meine Seele ſchreyet / ſaget David. Dadurch Er andeutet Das Gebeth ſolle andaͤchtig ſeyn / und aus der Seelen kommen / daß man ſich nicht nur zu Gott nahe mit dem Munde / mit dem Hertzen aber von Ihm abgewand ſey / welches Ihm heftig miß -Eſa. 29, 13. faͤllet Es. 29. und Matth. 15.
Daß nicht bet allein der Mund / ſondern Daß es auch geh von HertzenGrund.
Und man mit David ſage aus dem 27. Pſalm: Mein Hertz haͤlt dir fuͤr dein Wort / Ihr ſollt mein Antlitz ſuchen. Ja
Daß es nicht allewege noͤthig ſey mit dem Munde euſerlich zu ſchreyen / (wiewohl / wenn es ſeyn kan / auch der Mund deſſen uͤbergehet / weſſenMatth. 12. v. 34. das Hertz voll iſt Matth. 12.) ſondern es ſey gnug / wenn das Hertz und Seele innerlich ſchreye /undStand-Predigt. und daß man bete mit den Gedancken und Seuf - tzen / wie von den Kindern Iſrael geſchrieben ſte - hee Exod. 2. daß ſie geſeuftzet haben uͤber ihre Ar -Exod. 2, 23 beit / und geſchrien / und ihr Geſchrey ſey zu Gott kommen / wie auch Gott zu Moſe ſagte Exod. 14. Exo. 14, 15. Was ſchreyeſtu zu mir? DaEr doch nicht einWort geredet hatte / und von den Iſraeliten wird ferner geſaget Thren 2. daß ihr Hertz zum Herren geſchri -Thren. 2, 18 en habe. So ſaget auch Sirach im 35. von denSir. 35, 18. Thraͤnen der Witwen / daß ſie / wenn ſie nemlich aus einem andaͤchtigen Hertzen qvellen / durch die Wolcken dringen / und zu Gott ſchreyen.
Ein ſolches ſchreyendes Hirſchlein haben wir auch an der fuͤr unſern Augen eingeſargten ſeligen Jungfr. Axlebin gehabt / welche in ihrer vielfaͤlti - gen Creutz-Hitze nicht wieder Gott gemurret / ſon - dern ein Geſchrey nach dem andern erhoben / aber nicht aus Ungedult / (denn Sie in Warheit ein rechtes Muſter der lieben Gedult geweſen /) ſon - dern in Chriſtlicher Gedult und glaͤubiger Zuver - ſicht / und / wie Sie ſich von Jugend auf gewehnet hatte / ihren lieben Gott umb Rettung angeruf - fen. Wie Sie denn ſonderlich in Ihrer letzten Niederlage Ihr andaͤchtiges Hirſchen-Geſchrey fleißig getrieben. Wie verlangete Sie desMor - gens und Abends nach dem lieben Gebeth / wie gab Sie mit ſo andaͤchtigen Gebaͤrden zu verfte - hen / daß Ihr Hertz mit dem Munde uͤbereinſtim - mete / Ja wie kunte Sie / wenn Sie Schwachheit halben mit dem Munde nicht ſchreyen kunte / mit tief-geholten Seuftzen und gen Himmel gewende - ten Augen und Haͤnden weiſen / daß Ihre Seele zu Gott ſchrie.
O laſtStand-Predigt.O laſt uns Ihr nachfolgen! Laſt uns auch das geiſtliche Hirſchen-Geſchrey in unſern Noͤthen zur Hand nehmen! Weil doch ein geplagterChriſt im Creutz nichts beſſers und heilſamers / als dieſes ergreiffen kan:
Wenn wir in hoͤchſten Noͤthen ſeyn /Und wiſſen nicht wo aus noch ein /Und finden weder Huͤlff noch Rath /Ob wir gleich ſorgen fruͤh und ſpat:So iſt das unſer Troſt allein /Daß wir zuſammen in gemeinDich anruffen / O treuer GottUmb Rettung aus der Angſt und Noth.
Denn mit unſerm andaͤchtigen Beth-Geſchrey koͤnnen wir den lieben Gott zur Huͤlffe bewegen.
Von Mithridate dem Koͤnige in Ponto ſchrei - bet Ælianus, daß / wenn Er geſchlaffen / Er nicht nur ſeine Drabanten / ſondern auch einen Ochſen / Pferd und Hirſchen / ſo dazu gewehnet geweſen / Wache halten laſſen / von denen der Ochſe mit ſei - nem Bruͤllen / das Pferd mit ſeinem Wiehern / und der Hirſch mit ſeinem Geſchrey / Ihn bald aufge - wecket / wenn ſich iemand zu Ihm genahet.
In Warheit / wenn ein glaͤubiger Chriſt ein andaͤchtig Beth-und geiſtliches Hirſchen-Geſchrey anhebet / ſo kan Er ſeinen Gott / (welcher ſich biß - weilen ſtellet / als ſchlieffe Er / in dem Er mit der Huͤlffe verzeucht /) aufwecken / denn die Augen des Herren ſehen auf die Gerechten / und ſeine OhrenPſal. 34, 16. auf ihr Schreyen / nach dem 34. Pſalm. Er thut was die Gottfuͤrchtigen begehren / und hoͤret ihrSchreyenStand-Predigt. Schreyen / und hilft ihnen / nach dem 145. Pſalm:Pſal. 145. v. 10. GEht unſer Geſchrey nur von Hertzen / ſo dringet es auch wohl Gotte zum Hertzen / und bricht Ihm gegen uns / daßEr ſich unſer erbarmen muß / wieErJer. 31, 20. ſelber ſpricht Jer. 31. Des Gerechten Gebet vermagJac. 5, 16. viel / ſaget Jacobus im 5. Cap.
Koͤm̃ts dahin / daß wir nicht allemahl ſchrey - en koͤnnen mit dem MUNDE / ſo laſt uns nur ſchreyen mit dem Hertzen und ſeuftzen / ſo wird es Gott nicht unerhoͤret laſſen / denn der Herr hoͤret auch das Verlangen der Elenden / und Ihr Hertz iſt gewis / daß ſein Ohr drauf mercket / nach dem 10. Pſal. 10, 17. Pſalm. Solte es auf dem TodBette dahin ge - reichen / daß die Zunge kein Wort mehr ſpraͤche / wenn nur die Seele ſeuftzete und ſchrie / ſo wuͤrde es Gott nicht verſchmehen.
Und da ſoll es nun ein ieder Chriſt fein bey Zeiten mit dem lieben Gott abreden / und taͤglich ſeuftzen:
Und mit Dionyſio ihm ausſetzen / daß dieſes der letzte Seuftzer ſeyn moͤge / ſprechende: Da Do mine, ut ultimum verbum tuum in cruce, ſit etiam ultimum Verbum meum in hâc Luce, & qvando ampliûs fari non posſum, exaudi cordis mei deſi derium. Das iſt: Hilff Herr Jeſu / daß dein letz - tes Wort am Creutz ſey auch mein letztes Wort in meinem Leben / und wenn ich nicht mehr reden kan / ſo nim den letzten Seuftzer an: Nehmlich: In deine Haͤnde / Herr Jeſu / befehl ich meinenCGeiſt /Stand-Predigt. Geiſt / du haſt mich erloͤſet / Herr / du treuer Gott.
II. Haben wir einen from̃en Chriſten am Hir - ſchen abgebildet / als einen〈…〉〈…〉. Denn ſo ſaget David: Meine Seele duͤrſtet nach Gott / nach dem lebendigen Gott.
Die Hirſchen / wenn Sie durch die verſchlun - gene SchlangenGifft oder von den Hunden geja - get / erhitzt worden / empfinden groſſen Durſt nach friſchem Waſſer / welcher / ie laͤnger ſie des Waſſers entpehren / ie heftiger wird: Alſo ereignet ſich auch bey einem frommen Chriſten / als einem geiſtli - chen Hirſchen / oftmals Durſt nach Seelen-Labſal. Denn David redet allhier nicht von einem leibli - chen Durſte / den man mit Waſſer leſchen kan / ſon - dern von einem geiſtlichen Durſte / welches zu er - kennen iſt / ſo wohl ex Subjecto, oder wen da duͤr - ſte / nehmlich die SEELE / und nicht den Leib / als ex Objecto, oder wornach ſie duͤrſte / nehmlich nach Gott / nach dem lebendigen Gott.
Iſt demnach hier fleißig zu erwegen 1. Subjectum, oder die durſtige Seele. Meine Seele duͤrſtet / ſaget David.
Was mag wohl dieſes fuͤr ein Durſt ſeyn? und wo mag er herkommen?
Der Hirſchen Durſt entſtehet von dem ein - geſchluckten Schlangen-Gift. Ach! dieSchlan - genGift iſt am geiſtlichen SeelenDurſte auch Ur - ſach / das iſt / die Suͤnde / welche als eine toͤdtende Gift die helliſche Schlange durch ihre Verfuͤh - rung dem Menſchen beybracht / die da auch alleMen -Stand-Predigt. Menſchen an ſich fuͤhlen / daß niemand ſagen kan: Ich bin rein in meinem Hertzen / und lauter von Suͤnden / nach dem 20. Cap. der SpruͤcheSalomo -Prov. 20.9. nis / denn da ſtecket in uns allen
(a) Peccatum Originale, die Erbgift / welche auf alle Menſchen fortgepflantzet wird / daß ein ieder fuͤr ſich ſagen muß aus dem 51. Pſalm: Sie -Pſal. 51, 7. he ich bin aus ſuͤndlichem Saamen gezeuget / und von Natur ein Kind des Zorns / iſt nach dem 2. Eph. 2,[3.]Cap. an die Epheſer.
(b) Peccatum actuale, die wuͤrckliche Gift / wenn das angebohrne Ubel rege wird durch ſuͤndliche Gedancken / welche aus dem Hertzen aufſteigen / nach dem 15. Cap. Matth. Daraus folget / daß derMatt. 15, 19 Menſch das Unrecht in ſich ſaͤuft / wie Waſſer / nach dem 15. Cap. Hiobs / und dannenhero des RuhmsHiob 15, 16 mangelt / den Er an Gott haben ſoll / nach dem 3. Rom. 3, 23. Cap. an die Roͤmer / und ſich ſchaͤmen muß mit dem gantzen Volck Dan. 9. Wolte ihm gleich ie -Dan. 9,[8.] mand einbilden / Er haͤtte ſich fuͤr Suͤnden fleißig gehuͤtet / und waͤhre ihm nichts bewuſt / der wuͤrde doch damit nicht fortkommen / ſondern Urſach ha - ben / zu bedencken / was David ſaget im 19. Pſalm:Pſal. 19, 18 Wer kan mercken / wie oft Er fehlet / und daß unſer Gott auch unſere unerkante Suͤnde ins Liecht fuͤrPſal. 90, 8. ſeinem Angeſicht ſtelle / nach dem 90. Pſalm / und demnach ſeine vorige Einbildung fahren laſſen / und in gebuͤhrlicher Demuth mit S. Paolo ſagen1. Cor. 4, 4. aus der 1. Cor. 4. Ich bin mir wohl nichts bewuſt / aber darinne bin ich nicht gerechtfertiget.
Wenn ſolches eine fromme Chriſten-Seele recht erweget / ſo fehlet es nicht / Sie geraͤth daruͤ -C ijberStand-Predigt. ber in Angſt-Hitze / der Saft vertrocknet / wie es imPſal. 32, 4. Sommer duͤrre wird / nach dem 32. Pſalm / Sie faͤl - let in geiſtlichen Durſt / und ſuchet Labſal und Er - qvickung.
Der Hirſchen Durſt entſtehet auch vom Schlangen-Streit / wenn die Hirſchen mit den Schlangen ſtreiten; Wie denn auch ein Krieges - Held / wenn er ſich im Kampf wieder die Feinde ab -Jud. 15, 18. gemattet hat / Durſt empfindet / nach dem Exem - pel Simſons Jud. 15.
Fromme Chriſten haben zu ſtreiten mit der helliſchen Schlange / ſo ſie eben mit der Suͤnden - Gifft angeſtecket hat / die giebet ſich hernach mitEph. 6, 18. ihren feurigen AnfechtungsPfeilen als einen of - fenen Feind an / nach dem 6. Cap. der Epiſtel an die Epheſer / in welchen harten Anlaͤuffen ſie die Suͤnde groß machet / und Gottes Zorn fuͤrhaͤlt / daß Er ſey / wie ein verzehrend Feuer aus dem 4. Devt. 4, 24Cap. Devt. ſoll ein Chriſt hier Wiederſtand thun / ſo wird er freylich ſehr abgemattet / mit Hiſkiæ ſa -Eſa. 38. gen aus dem 38. Cap. Esaiæ: Umb Troſt iſt mir ſehr bange; und mit David: Meine Seele duͤrſtet.
Ja der Durſt nimmet zu bey den Hirſchen durch den WaſſerMangel / wenn Sie des Waſ - ſers lange entbehren muͤſſen / wie denn auch ſon -Exod. 1[7], 3. ſten am Menſchen zu ſehen / nach dem Exempel der Iſraeliten in der Wuͤſten Exod. 17. Ach! bey ei - nem geaͤngſteten Chriſten nim̃t der geiſtlicheSee - len-Durſt auch zu / wenn die erqvickende Troſt - Qvelle entweder nicht bald kan gefunden werden / oder das ſchwachglaͤubige menſchliche Hertz dasLabſalStand-Predigt. Labſal nicht annehmen will / da heiſt es denn: Mei - ne Seele duͤrſtet. Mein Gott / betruͤbt iſt meine Seele in mir.
Solchen geiſtlichen Durſt hat traun die ſeel. Jungfr. Axleoin auch empfunden / in deme Sie wie billich / erkennet / daß Sie leider / mit derSim - den-Gift angeſteckt geweſen / und darumb Urſach gehabt / (wie Sie denn von Hertzen gethan) Gott umb Vergebung zu bitten / dabey ſie wohl auch die liſtigen Anlaͤuffe des boͤſen Feindes wird gefuͤhlet haben / deme Sie aber / als eine Magnusſin und großmuͤthige Ritterin imGlauben wiederſtanden / und durch Gottes Gnade und Beyſtand ritterlich geſieget hat / in deme Sie mit freudigem Hertzen das goͤttliche Troſt-Waſſer zu ſich genom̃en / und ihre durſtige Seele gelabet hat / wie David / der uns beym geiſtlichen Durſte fuͤrhaͤlt
2. Objectum, oder lebendige Qvelle / nach welcher ſich geiſtliche Hirſchen ſehnen. Nach Gott / nach dem lebendigenGott / ad rontem vivum, nach dem lebendigen Brunnen. Gott iſt der le - bendige Brunn / aus welchem eine durſtige Seele mit Freuden-Waſſer ſchoͤpffen kan / nach dem 12. Eſa. 12,[3]. Cap. Eſaiæ, Bey Ihm iſt die lebendige Qvelle /Pſal. 36, 10. nach dem 36. Pſalm / daraus gleich zweene Stro - me flieſſen / die lauter Troſt-und Erqvickungs-Waſ - ſer geben
(a) Seine Barmhertzigkeit. Da der abge - mattete Simſon durſtig war / ließ ihm Gott aus dem Eſels Kiñbacken zu ſeiner Erqvickung Waſſer qvellen / im Buch der Richter am 15. Alſo hat ErJud 15, 10. C iijauchStand-Predigt. auch nach ſeiner Barmhertzigkeit fuͤr in Suͤnden - Troſt-begierige Seelen den Bruñ Iſrael bereitet / nehmlich ſein H. Wort / aus welchem der H. Geiſt durch den Dienſt ſeiner Mund-Bothen das See - len-Erqvickende Waſſer ihnen zufloͤßet / und Sie zum Strome der goͤttlichen Barmhertzigkeit lei - tet / welche groͤſſer und maͤchtiger iſt / als die Suͤn -Rom. 5, 20. de / aus der Epiſtel Pauli an die Roͤmer im 5. Cap. Setzet nun gleich der Feind mit ſeinen Anfechtun - gen noch ſo heftig an eine mit Suͤnden-Gift erhitz - te Seele / wenn Sie nur duͤrſtet nach dem leben - digen Gott / und ſeiner unendlichen Barmhertzig - keit / und ſich haͤlt zu dem Labe-Brunnen des goͤtt -Eſa. 40, 29. lichen Wortes / ſo wird ſie rechte Erqvickung und neue Krafft bekommen / nach dem 40. Cap. Esaiæ,Jud. 15, 19. daß ihr Geiſt wieder komme / wie von Simſon ge - ſchrieben ſtehet Jud. 15.
(b) Chriſti Verdienſtes Guͤltigkeit. Er iſtExod. 17, 6 der Felß / aus welchem fuͤr die Kinder Iſrael Waſ -1. Cor. 10, 4. ſer gefloſſen / Exod. 17. 1. Cor. 10. aus deſſen H. Leibe in ſeinem Leiden lebendige Blut-Stroͤme geqvol - len / uns arme Menſchen in unſerm Seelen-Dur - ſte zu erqvicken / der auch alle zu ſich ruffet / undMatth. 1[8]. v. 28 verſpricht: Er wolle erqvicken.
Demnach / gleich wie David einsmahls Luͤ - ſtern ward in ſeinem Durſt zu trincken aus dem2. Sam. 23. v. 15. Brunn unter dem Thor zu Bethlehem / im 2. Sam. 23. Alſo kan eine durſtige Seele zu keinem kraͤfti - gern Labſal eilen / als zu dem erqvickenden Troſt - Brunnen / ſo zu Bethlehem entſprungen / nehmlich zu Chriſto und ſeinem ſeeligmachenden Blute:DennStand-Predigt. Denn da iſt Waſſer zu finden / das ins ewige Leben qvillet / Joh. 4. Daran ſich eine durſtige Seele ſattJoh. 4, 14. und ſelig trincken kan.
Wie denn mit David die ſelige Jungfr. BAR - BARA Axlebin gethan hat / die ſich in ihrem geiſt - lichen Durſte der groſſen Barmhertzigkeit Gottes getroͤſtet / und an ſeinem Gnaden-Strom ſich ge - labet hat / in glaͤubigem Vertrauen / daßGott / deſ - ſen Barmhertzigkeit uͤber die gantze Welt gehet / auch SIE gewis / in ſeiner Gnade bis ans Ende erhalten wuͤrde / und daß Sie Ihres Herren Jeſu und ſeines blutigen Verdienſts gewis zu ihrer Seeligkeit genieſſen wuͤrde / darumb war das ihr beſter Troſt / wenn Sie ſagete:
Sie machte es / wie Eleazar Gen. 24. welcherGen. 24, 14 von dem Bruñ nicht weichen wolte / bis Er von ſeines Herren Braut getraͤncket worden / darumb ſagte Sie unnachlaͤßig / mit Jacob Gen 32. HerrGen. 32, 26. ich laſſe dich nichs / du ſegneſt mich denn.
Meinen Jeſum laß ich nicht.
Laſt uns Ihr fleißig nachfolgen / zur Barm - hertzigkeit Gottes und Chriſti H. Wunden unſere Zuflucht in unſerm Seelen-Durſte nehmen / ſo werden wir freudig ſagen koͤnnen:
III. Haben wir einen frommen Chriſten am Hirſchen abgebildet als einen erqvickten oder vergnuͤgten Hirſchen. Ein ſchreyender und durſtiger Hirſch wird nicht vergnuͤgt in ſeinem Durſt vom Geſchrey nach zulaſſen / es ſey denn / daß er einen friſchen Brunnen funden habe / oder zu Menſchen kommen ſey / zu welchen er / wenn er gejaget wird / ſeine Zuflucht nehmen ſoll.
Aber womit wird denn endlich ein geiſtliches Hirſchlein vergnuͤget? David ſaget: Es geſchehe durch das Anſchauen Gottes: Wenn werde ich dahin kommen / daß ich Gottes Angeſicht ſchaue. Welche Worte Davids zweyerley Auslegung wol annehmen: Anfaͤnglich von Davids Begierde nach dem Gottes-Oienſt / dabey Gottes Ange - ſicht geiſtlicher Weiſe geſehen wird / welches David hier vornemlich meinet / wie aus ſeinen Worten in dieſem Pſalm deutlich zu ſehen / da er ſaget: Ich wolte gerne hingehen mit dem Hauffen / und mit ihnen wallen zum Hauſe Gottes / mit Frolocken und Dancken / unter dem Hauffen die da feyren; Weiln aber der GottesDienſt von den Frommen in dieſer Welt zu dem Ende fleißig getrieben wird / daß ſie moͤgen dadurch zur him̃liſchen Herrligkeit befoͤdert werden / ſo koͤnnen Sie auch von der Begierde nach dem Himmel verſtanden werden.
Daß alſo eines geiſtlichen Hirſchens-Begierde vergnuͤget wird
1. InStand-Predigt.1 In hoc mundo, In dieſer Zeit. Wenn ihn Gott in ſeinemGnaden-Reiche ſeinAngeſicht geiſt - licher Weiſe ſehen laͤſſet / wenn Er ihn laͤſſet bleiben / im Hauſe des Herren ſein Lebenlang / zu ſchauen die ſchoͤnen Gottesdienſt des Herren / nach Da -Pſal. 27, 4. vids Wuntſch im 27. Pſalm.
Da Abſolongen Jeruſalem kommen war / und doch ſeines Vaters Davids Angeſicht nicht ſehen durfte / beklagte er es heftig / da er aber fuͤr den Koͤ -2. Sam. 14. v. 32. nig gelaſſen und von ihm gekuͤſſet wurde / ward er vergnuͤget 2. Sam. 14. Ach! wenn ein Chriſt des geiſtlichen Anſchauens des him̃liſchen Davids in ſeinem Worte entrathen ſoll / ſo hat er lauter Her - tzeleid / wennGottes Wort nicht ſein Troſt waͤre / wuͤrde er vergehen in ſeinem Elende / nach dem 119. Pſal. 119. v. 92. Pſalm, Wennaber Chriſtus in ſeinem Worte ſich ſehen laͤſſet / und ihn kuͤſſet mit dem Kuſſe ſeinesCant. 1, 2. Mundes Cant. 1. ſo iſt er vergnuͤget / und ſaget mit Asſaph: aus dem 73. Pſalm: Herr / wenn ich nurPſal. 73, 25 dich habe / ſo frag ich nichts nach Himmel und Er - den / wenn mir gleich Leib und Seel verſchmacht / ſo biſtu doch / Gott / allezeit meines HertzenTroſt und mein Theil / zumahl / wenn Er im Creutz ſeine all - maͤchtige Huͤlffe darzu thut.
An dieſem geiſtlichen Anſchauen hat ſich auch die ſelige Jungfr. Axlebin vergnuͤget befunden. Ih - re groͤſte Luſt war zum Hauſe Gottes wallen / und das war Ihre Freude / daß Sie ſich zu Gott hielte / wie gerne gieng Sie zum Jeſus Bruñ / (Hoc No - men impoſitum Ædi huic noſtræ in Inauguratione) Labſal fuͤr ihre Seele zu holen / wie getroſt war Sie als Sie zum letzten mahl im H. Abendmahl mit Chriſti Leibe und Blute war geſtaͤrcket worden /DdaßStand-Predigt. Gen. 32, 30. daß Sie mit Jacob ſagte / aus Gen. 32. Ich habe den Herren geſehen / und meine Seele iſt geneſen.
Die Hirſchen ſollen ihre Luſt haben / wenn ſieVid. Bar - tholom. An - glic. de re - rum Pro - priet. pag 1047. pfeiffen und muſiciren hoͤren / welches ihnen doch zumSchaden gereichet / weil ſie / wenn ſie dem pfeif - fen nachgehen / gefangen werden. Solche Hirſchen Art hatte die ſeel. Jungſr. Axlebin auch an ſich / daß Sie ſich an geiſtlichen Liedern ergetzte / und darin - nen ihrer Seelen Vergnuͤgung fand / denn wenn Sie in ihrer Kranckheit geſungen und gebetet hat - te / pflegte Sie zu ſagen: Nu habe ich mich aber - mahl einmahl gelabet:
Wohl dem / der auch mit David und der ſeel, Jungfr. Axlebin begierig iſt ſeinesGottesGnadenPſal. 80, 4. Antlitz in dieſer Welt zu ſehen / und aus dem 80. Pſ. ſeuftzet: Gott Zebaoth / laß leuchten dein Antlitz! Der wird geneſen und erqvicket werden / und end - lich die Seelen-Vergnuͤgung finden.
2. In futuro Seculo. In der Ewigkeit. Denn das geiſtliche Anſchauen in dieſer Welt geſchiehet1. Cor. 23, 12 doch nur in einem Spiegel / nach der 1. Cor. 13. Dar - aus die Frommen zwar haben einen guten Grund1. Tim. 6, 19 aufs Zukuͤnftige / nach der 1. Tim. 6. Aber ſie ſind damit noch nicht gaͤntzlich vergnuͤget / ſondernVer - langen dahin zu kommen / wo Sie Gott ſehen wer -1. Cor. 13, 12. den von Angeſicht zu Angeſicht / 1. Cor. 13. DarumbCol. 3, 2. trachten ſie nach dem / das droben iſt / Col. 3. Und / wenn ſie dieſes muͤhſeligen Lebens ſatt haben / ſa -1. Reg. 19, 1. gen ſie mit Elia aus dem 1. Reg. 19. Es iſt genug / ſoLuc. 2, 29. nim nu Herr meine Seele / Sie ſeuftzen mit Sime - on Luc. 2. Herr nu laͤſſeſtu deinen Diener im Frie - de fahren / ſehnen ſich nach derBehauſung / die vom2. Cor. 5, 2. Himmel iſt / aus der 2. Cor. 5. begehren aufgeloͤſet /undStand-Predigt. und bey Chriſto zu ſeyn Philipp. 1. Wenn ſie dieſesPhilipp. 1. v. 23. erlangen / ſagen ſie freudig mit Jacob aus dem 45. Gen. Als Er die Poſt bekahm / daß ſein Sohn Jo -Gen. 45, 28 ſeph noch lebete: Ich habe genug. Dieſes Anſchau - en erreichen ſie derSeelen nach in einem ſeligenTo - de / dem Leibe nach / werden ſie dazu kommen am Juͤngſten Tage. O des ſeligenAnſchauens! darauf freuete ſich Hiob in ſeinem Creutz / wenn er ſprachHiob. 19, 25 c. 19. Ich weiß / daß mein Erloͤſer lebet / und Er wird mich hernach aus der Erden aufferwecken / und werde darnach mit dieſer meiner Haut uͤmbgeben werden / und in meinem Fleiſche Gott ſehen: Da - mit begehrteDavid ſich zu vergnuͤgen Pſal. 17. IchPſal. 17, 15 wil ſchauen deinAntlitz inGerechtigkeit / ich wil ſatt werden / wenn ich erwache nach deinem Bilde.
Dahin laſt auch uns gedencken / darnach laſt uns ſehnen und ſeuftzen:
Nach dieſer vergnuͤgenden Freude hat auch die ſeel. Jungfr. Axlebin ſehnlich gewuͤntſchet / und zum oͤftern geſeuftzet:
Weil denn nun der treue Gott Ihren hertzli - chen Wuntſch und ſehnliches Seuftzen / in Gnaden erfuͤllet / und SIE als ein durſtiges Hirſchlein mit Saͤttigung ſeines erwuͤntſchten Anſchauens undrechtemStand-Predigt. rechtem Wolluſt-Nectar der Seelen nach vergnuͤget hat / daß Sie numehr auch mit dem Leibe von Ihren HochAdelichen liebſtenBluts-Freunden und Geſchwi - ſter ſcheiden ſoll / ſo nim̃etSie hier mit von Ihnen aller - ſeits / wie auch von allen noch auf der Welt Bleibenden / dieſen freundlichen Abſchied:
Wir aber / die wir verſichert ſind / daß Ihrer durch Chri - ſtum geheiligten Seelen Ausgang aus dem Leibe geſe - gnet / und ein freudiger Eingang ins ewigeLeben gewe - ſen / wuͤntſchen / daß auch IhrAuszug aus dieſem Ade - lichen Hauſe und Hofe / wie auch Ihr Eingang ins SchlaffKaͤmmerlein zu einer gewuͤntſchten Ruhe / bis auf den Juͤngſten Tag / geſegnet ſey / und ſagen:
Daß auch uns allen ſolches wiederfahre:
CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
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