PRIMS Full-text transcription (HTML)
[figure]
Des Frantzdiſchen Helicons auserleſene Winter-Fruͤchte /
Oder Getreue Uberſetzungen und Aus - zuͤge unterſchiedener Frantzoͤiſcher Buͤcher voriger und ietziger Zeiten / Welche allerhand curicuſe / hiſtoriſche / moraliſche / politiſche und andere anſtaͤndige Materien mehr in ſich halten / ſo wohl denen Gelehrten / als auch andern / wes Standes und Profeſſion ſie bey der honetten Welt ſind / Zu ihrer Vergnuͤgung im Winter-Quartal 1703. uͤberreichet von Talandern.
[figure]
Leipzig /bey Joh. Ludwig Gleditſchen /Anno 1703.
[figure]

Vorrede.

ES zeiget der Titul dieſer gedruckten Bo - gen dem geneigten Le - ſer bereits meiſtens an / was derſelbe dar - innen zu gewarten hat. Denn / nachdem ich geſpuͤret / daß die von mir im Jahr 1696. heraus gegebe -) (2nenVorrede.nen Monat-Fruͤchte des Frantzoͤ - iſchen Helicons, oder Extracte al - lerhand curieuſen Frantzoͤiſchen Buͤcher von Staats-Welt-und Liebes-Haͤndeln / nebſt andern moraliſchen / geographiſchen / und dergleichen Materien nicht ohne Liebhaber geweſen / ſo gar / daß vie - le ſo wol muͤndlich als ſchrifftlich beydes bey mir als dem Herꝛn Ver - leger zu unterſchiedenẽ mahlen An - ſuchung gethan / ich moͤchte doch in ſolcher Arbeit continuiren: So habe endlich wegen des mannigfal - tigen Nutzens / den ein ieder / wel - cher von der Lecture ein Freund iſt / davon zu gewarten hat / mich nicht laͤnger einem ſo billigen Begehren entziehen wollen. Maſſen keiner / welcher nicht zu paſſioniret iſt / laͤu - gnen kan / daß die FrantzoͤiſchenScri -Vorrede.Scribenten / ob ſchon nicht alle / doch ſehr viele unter ihnen / ihre Sachen / die ſie heraus geben / mit gutem Fleiße ausarbeiten / und da - hero ihre Buͤcher / von was vor Materie ſie auch ſind / wohl und nuͤtzlich zu leſen: Nun aber ein ied - weder unter denen Teutſchen ihrer Sprache nicht ſo kundig iſt / daß er deren Tractate voͤllig verſtehen koͤnte / dahero dieſelben nicht vor ſich nimmt: Oder auch / da er ſchon ein Frantzoͤiſch Buch zu leſen ge - nugſam faͤhig / es doch ſeine Gele - genheit nicht leidet / ſich alle ſolche Tractate anzuſchaffen. Hierzu dann kommt / daß viele vor andern Affairen die Zeit nicht haben / ſo mannichfaltige Schrifften von Blat zu Blat durch zuleſen / um zu unterſuchen / was darunter ihnen) (3an -Vorrede.anſtaͤndig oder nicht: Als wird al - len dieſen nicht unangenehme ſeyn / daß ich alle Qvartal / und alſo des Jahres viermahl in denen drey Leipziger und der Naumburger Peterpaul-Meſſe iedesmahl fuͤnf / ſechs / auch wol mehr der Frantzoͤi - ſchen Buͤcher ſo ausfuͤhrlich / als es nur der Raum der dazu deputirten ſechzehn teutſchen Bogen leiden wil / extrahire, und was dieſelben vor Merckwuͤrdiges in ſich halten / aufrichtig mittheile / damit ein ied - weder vor einen ſchlechten Preiß / ſo etwan vier Groſchen betragen wird / ſo viel Wiſſenſchafft und Nachricht von allerhand politi - ſchen / hiſtoriſchen / moraliſchen / Staats-und Welt-Haͤndeln / auch was ſonſt in dieſes oder jenes ſeine Special-Profeſſion laͤufft / kauffenkoͤnne /Vorrede.koͤnne / als er ſonſt / wenn er die Fꝛantzoͤiſchen Buͤcher / daꝛaus alles recenſiret wird / anſchaffen ſolte / vor etliche Thaler bezahlen muͤßte. Und kaͤhme es auch einem auf ſol - ches Geld nicht an / ſo menagiret er doch durch Leſung dieſer Bogen die Zeit / die er ſonſt zehnfach aufwen - den muͤſſen / wenn er die gantzen Frantzoͤiſchen Tractate wollen duꝛchleſen. Findet eꝛ auch ja etwas / davon er mehrere Nachricht begeh - ret / ſo weiſet ihn dieſer Extract deut - lich auf den Ort / wo er ſeine Satis - faction vollends holen kan. Wie - wol man mit Willen nie etwas auslaſſen wird / ſo vor andern zu remarquiren waͤre. Jn Extrahi - rung Frantzoͤiſchen Buͤcher habe ich anitzo ſolche Wahl gehalten / und wird auch kuͤnfftige Qvartale ge -) (4ſche -Vorrede.ſchehen / daß ein ieder honêtter Menſch / es mag ein Hofmañ ſeyn / oder ein Kriegesmann / oder ein Ge - lehrter / oder einer von der Kauff - mannſchafft; ja auch Frauenzim̃er / und wer nur von Leſung curieuſer Schrifften ein Liebhaber iſt / der die - ſe ſo genannte Qvartal-Fruͤchte kauffet / daꝛinnen etwas vor ſich in - ſonderheit anſtaͤndiges findẽ wird. Daß nicht / wie vormals An. 1696. geſchehen iſt / alle Monat ſolche heraus geben will / ſondern itzo und kuͤnfftig alle Qvartale; dazu habe unterſchiedene Uꝛſachen / ſondeꝛlich / daß in einem Qvartale mit beſſerer Zeit extrahiren kan / als wenn ſo accurat alle Monat etwas neuesher -Vorrede.heraus geben ſoll / da es zuweilen in der Eil / und da man immer ſol - licitiret wird / Exemplar zur Dru - ckerey zu liefern / nicht gnugſam kan poliret werden. Hiernechſt hat ein Leſer in einem ſolchen Qvartal - Extracte auf einmahlſo viel Mate - rien / und zwar vor geringere Un - koſten / beyſammen / als er ſonſt in drey einzelen Monaten erwarten kunte. Ebenfalls gehet bey ſol - chen einfachen Monaten dem Herrn Verleger der eine mehr / der andre weniger ab / ſo allhier bey den Qvartalen nicht ſo leicht zu be - ſorgen. Anderer Motiven zu ge - ſchweigen. Wie denn auch den Leſer ſonſt nicht weiter aufzuhal -) (5tenVorrede.ten ihn in die hier folgends com - municirten curieuſen Tractate itzi - gen Winter-Qvartals weiſe / und allezeit verharre

DeſſelbenJena den 1. Januarii 1703.Dienſibegteriger Talander.

Ver -
[figure]

Verzeichniß derjenigen Buͤ - cher / ſo in dieſem Winter-Qvartal 1703. extrahiret worden.

I.

MEmoires contenant ce, quis eſt paſſé de plus memo - rable en France depuis l établiſſement de la Mo - narchie jusqu a preſent. tome I. & II. à Haye. 1701. 12.

oder

Verzeichniß ſo die denckwuͤrdigſten Sa - chen in ſich haͤlt / welche vom Anfan - ge des Frantzoͤſiſchen Reiches bis auf unſere Zeiten in Franckreich vorge - gangen ſind. Erſter und ander Theil im Haag. 1701.

II.

Recueil des voyages, qui ont ſervi à l éta -bliſſe -bliſſement & aux progres de la Com - pagnie des Indes orientales formée dans les provinces unies des Pais-bas à Amſterdam. 1702. 12.

oder

Kurtze Beſchreibung derjenigen Reiſen / welche zu Aufrichtung und Progreſſen der Oſt-Jndianiſchen Compagnie gedie - net / ſo in den vereinigten Niederlan - den formiret worden; herausgegeben zu Amſterdam im Jahr 1702. 12.

III.

Nouvelle allegorique ou hiſtoire des der - niers troubles arrivés auRoyaume d’Elo - quence. à Amſterdam. 1702. 12.

oder

Allegoriſcheꝛ Bericht von den letzten Trou - blen, ſo in dem Koͤnigreich der Eloquenz vorgegangen / heraus gekommen zu Amſterdam. 1702. 12.

IV.

Lettres du Comte d’Arlington au Chevalier Temple contenant une relation exacte des traités de l Evêque de Munſter, deBredaBreda d’Aix la Chapelle & de la Triple al - liance avec lés inſtructions donneés au - dit Chevalier Temple, au Comte de Car - lingford & à Mr. van. Beuningen & d au - tres papiers par rapport aux dits traités. L’ony ajoute une relation particuliere de la mort de Madame, é crite en cinq let - tres par une perſonne de qualité préſen - te à ſa mort, le tout tiré des originaux, qui n avoient jamais été publices à Utrecht 1702. 12.

oder

Briefe deß Grafen von Arlington an den Ritter Temple, eine genaue Relation deꝛ Tractate mit dem Biſchoff von Munſter / wie auch der Bredaiſchen / Aachiſchen / und der Triple-Allianz in ſich haltend / ſamt denen Inſtructionen, welche be - ſagten Ritter Temple, Grafen von Car - lingford und Herrn von Beuningen ge - geben worden / nebſt noch andern Schrifften / die ſich zu bemeldten Tra - ctaten beziehen. Man fuͤget ihnen hier - zu einen abſonderlichen Bericht von Madame ihrem Tode / ſo in fuͤnf Brie -fenfen enthalten / von einer vornehmen Perſon aufgeſetzet / welche bey ihrem Abſterben zugegen geweſen. Alles aus denen Originalien gezogen / welche nie - mals ſonſt publiciret worden. Zu Utrecht gedruckt im Jahr 1702. 12.

V.

Naudæana & Patiniana ou Singularites re - marquables priſes des converſations de Meſſieur Naudé & Patin, ſeconde Edi - tion, reoue, corrigée, & augmentée d Additions au Naudæana, qui neſont po - int dans l edition de Paris à Amſterdam. 1703. 12.

oder

Sonderbahre Denckwuͤrdigkeiten aus der Herren Naudæi und Patini Conver - ſation gezogen / andere Edition, uͤberſe - hen / corrigiret / und mit Additionen zu den Naudæanis vermehret / welche in dem Pariſiſchen Exemplar nicht zu finden ſind. Amſterdam. 1702. 12.

Memo -[1]
[figure]

Memoires contenant ce, qui s’eſt paꝛéde plus memorable en France depuis l Etabliſſement de la Monarchie jusqu à preſent. Tome Premier. à la Haye 1701.Verzeichniß / ſo die denckwuͤr - digſten Sachen in ſich haͤlt / welche vom Anfange des Frantzoͤiſchen Reichs bis auf unſere Zeiten in Franck - reich vorgegangen ſind. Erſter Theil. Jm Haag. 1701.

DEr Autor dieſes Buchs nennet ſich in der Dedication, die er an ſeinen Koͤnig abgehen laſſen / de Saint Re - my; in der Vorrede aber an den Leſer machet er cinen kurtzen Ent - wurff / wie er zu Abfaſſung dieſes Wercks gelanget; und eroͤfnet zugleich die Urſache / warum er daranAſich2Denckwuͤrdigkeitenſich nicht die gewaltige Menge der Frantzoͤiſchen Geſchicht-Schreiber laſſen abhalten / die bereits ſo viele von dieſem Reiche heraus gegeben / daß es ſchie - ne / als waͤre nichts mehr annoch zu verlangen uͤbrig.

Das erſte betreffend / ſagt er / daß ihm niemals ſey in Sinn gekommen / die gantze Hiſtorie der Fran - tzoͤiſchen Monarchie aus einander zu ſuchen und ein gantzes Werck davon an das Licht zu geben: Son - dern er habe nur vor ſich ſelbſt in der Abſicht gear - beitet / ſich deſto beſſer in der Geſchichte ſeines Va - terlandes zu informiren: Dahero er mit ſonderba - rem Fleiß Anmerckungen gemacht / ſelbige in Ord - nung gebracht / und die Begierde ie mehr und mehr darinnen zu wiſſen / habe ihn unvermerckt immer weiter gefuͤhret / bis daß er endlich in ſeiner Arbeit dermaſſen fortgeruͤcket / als er ſich zuvor nicht koͤn - nen einbilden. Dieſes iſt ſeine Entſchuldigung / ſein Unterfangen zu rechtfertigen.

Die groſſe Anzahl der Frantzoͤiſchen Hiſtorien - Schreiber belangend / ſo haͤlt er davor / daß ſie nicht die rechte Mittel-Bahne beobachtet / die ſie leichtlich in dem Vortrag ihrer Wercke finden koͤnnen. Ent - weder ſie waͤren allzu kurtz / oder allzu weitlaͤuftig gegangen; alſo daß die erſten dem Leſer alle Muͤhe haͤtten ſparen; die andern aber alle deſſen Curioſitét vergnuͤgen wollen: Demnach man entweder faſt gar nichts in dem einen faͤnde / was man ſuchete; in dem andeꝛn aber man eine unendliche Menge von Sachen antraͤf / die man nicht ſuchete / und dadurch der Le - ſer bey unterbrochener Haupt-Geſchichte nur er -muͤ -3des Koͤnigreichs Franckreich. muͤdet wuͤrde. Zwiſchen dieſen beyden Ausſchweif - fungen nun vermeynet der Autor das Mittel ge - funden zu haben / daß er weder unnuͤtzlich wegen Kuͤrtze / noch verdruͤßlich wegen Weitlaͤuftigkeit ſeyn wolle. Jm uͤbrigen aber ſolle man ihm nicht vorwerffen / daß er die Wahrheit geſparet: Sondern er habe der ſchlimmen Fuͤrſten ihre boͤſe Thaten ge - ſcholten; die guten aber gelobet / ohne darauf zu ſehen / von was vor Nation daß ſie waͤren / indem die Tugend in iedwedem Lande koͤnne zu finden ſeyn / und das Lob ein Tribut / welchen man ihr uͤberall ſchuldig waͤre.

Jndem er ſich der Wahrheit und Aufrichtigkeit ruͤhmet / nimmt er Anlaß / ein Buch zu ſchelten wel - ches Monſieur le Vaſſor unter dem Titul Hiſtoire de Louis XIII. laſſen herausgehen / der ſich auch rechtfertigen wolte / als ſchriebe er aufrichtig / da er doch nur grobe Beſchimpfungen und Injurien / da - mit er groſſe Herren unverantwortlich darinnen angriffe / durch dieſe Beſchoͤnung zu excuſiren ver - meynete.

Hierauf bekennet er / daß die Geſchichte des er - ſten Stammes / von welchem er anhebet / mit vielen ungewiſſen Thaten angefuͤllet / die von den Frantzoͤ - iſchen Sitten dieſer Zeit gaͤntzlich unterſchieden waͤ - ren. Doch habe er ſich dasjenige darinnen zu Nutze gemacht / was er von ſeinen Vorgaͤngern in ſolchen Beſchreibungen am richtigſten befunden. Er wolle auch nicht viel in der Vorrede wegen der Sitten und Gewohnheiten derer Zeiten beruͤhren / deren Geſchichte er ſchriebe: Man wuͤrde ſolche inA 2dem4Denckwuͤrdigkeitendem Wercke ſelbſt zur Gnuͤge finden. Doch dieſes eintzige muͤſſe er beruͤhren / um ſo fort den Eingang der Geſchichte leichter zu machen / daß einem ied - weden bekannt / was maſſen die Gallier (Gaulois) und die Frantzoſen (François) zweene in Geſetzen und Auffuͤhrung gantz von einander unterſchiede - ne Voͤlcker geweſen. Die Gaulen oder Gallier waͤren unter die Roͤmiſche Herrſchafft gebracht wor - den / und haͤtten der Roͤmer ihre Geſetze / Gebraͤu - che und Sprache an ſich genommen / in deren Dienſt - barkeit ihnen aller Muth benommen / dadurch ſie Rom in ſeinem erſten Auffwachſen zittrend ge - macht und faſt unterdruckt haͤtten. Alſo nun waͤ - ren ſie dazumahl nicht mehr als ein Schatten des - jenigen geweſen / davor man ſie in gantz alten Zeiten gefuͤrchtet / als die Francken / oder Frantzo - ſen in Gallien eingefallen / und denen Roͤmern die Tapferkeit der erſten Gallier haͤtten empfinden laſſen.

Nachdem beſchreibet er das alte Gallien, und auch die Francken / wo ſelbige ihren Sitz gehabt. Gallien, ſagt er / wurde noch / ehe es unter der Roͤ - mer Herrſchafft kahm / von ſeiner eigenen Obrigkeit regieret / der man zu Zeiten den Koͤniges-Titul gab; aber nicht die abſolute Gewalt dabey; vielweniger war dieſe Wuͤrde erblich: Allein die Meriten und die Tugend / welche denen Mitbuͤrgern bekañt / erhube einen dazu; und behilte ſie auch keiner uͤber ein Jahr / ſo ſehr war man in Furchten / es moͤchte ſonſt dieſelbe ſich in eine Tyranney ver - kehren.

Gleich -5des Koͤnigreichs Franckreich.

Gleichwol / faͤhret er fort / da die Gallier nicht mehr als eine eintzige Nation waren / ſo wurden ſie doch in viele Voͤlcker oder Staͤdte getheilet / welche faſt eben ſo viel abſonderliche Staate macheten. Eine iede Stadt hatte ihre eigene Obrigkeit / und dependirete keine von der andern. Kahm es aber auff Affairen an / unter vielen benachbarten Voͤl - ckern / ſo wurde die Sache auff einem General-As - ſemblée der gantzen Nation tractiret und ent - ſchieden.

Hierauff erzehlet er / wie die Ritter unter denen Galliern die Vornehmſten geweſen / und man aus deren Mittel Obrigkeit und Koͤnige erwehlet. Wie ſolche Ritter von allen Auflagen frey geblie - ben / und allein in Bereitſchafft geſtanden / dem Staat in den vorfallenden Kriegen zu dienen. Ferner / wie die Ambactes nach dieſem oberen Stande gleichfalls ihren eigenen Stand formiret; auch dem Kriege gefolget / und unter denen Rit - tern gefochten. Das uͤbrige vom Volcke habe den Tribut gezahlet / und dem Ackerbau nebſt andern Handthierungen obgelegen.

Die Druiden oder Prieſter der Gallier haͤtten dasjenige / was zur Religion gehoͤret / beobachtet / und die Jugend in guten Sitten und freyen Kuͤn - ſten unterrichtet. Jhr Anſehen ſey dermaſſen groß geweſen / daß man ohne ſie weder einen Koͤ - nig erwehlen / noch eine Reichs-Verſammlung halten koͤnnen. Sie haͤtten die Metempſychoſin ſtatuiret und ſonderlich den Apollinem, die Miner - vam, den Martem und den Mercurium zu verehrenA 3die6Denckwuͤrdigkeitendie Leute angewieſen. Jhre Opffer waͤren lebendi - ge Menſchen geweſen / die ſie vor die gemeine Wohl - fahrt / oder vor das Gluͤcke ſolcher Perſonen / die unter ihnen in groſſer Achtbarkeit geſtanden / abge - than haͤtten

Er beſchreibet darauff die Gallier von Nei - gung und von Perſonen. Wie ſie alle zum Waf - fen groſſes Belieben getragen / und dazu von Ju - gend auff angefuͤhret worden. Wie ſie faſt alle von zimlicher Laͤnge / und nach Ammiani Marcelli - ni Zeugniß / meiſtens weiß von Haaren und Ge - ſicht / auch von blauen Augen: Nichts deſto we - niger / als Polybius gleichfalls meldet / dabey von ſo behertzten und drohenden Gebehrden / daß man ſie ohne Verwunderung und Schrecken nicht wohl koͤnnen anſehen. Alle Hiſtorien / verſichert er weiter / redeten von ihren Eroberungen / und wie durch den Ruhm ihrer Waffen gantz Europa angefuͤllet wor - den. Und Saluſtius ſagt: Daß / wie die Roͤmer wider die Gallier gefochten / ſie weniger daran ge - dacht / Ruhm zu erwerben / als ihr Vaterland zu erretten. Endlich giebt er ihnen das Lob: Daß niemahls einige Liſt noch Betrug an ihren guten Succeſſen Theil gehabt / ſondern ſie es eintzig und allein / was ſie ausgerichtet / ihrer Tapferkeit zu zu - ſchriben.

Jm zehnden §. ſpricht der Autor: Es haͤtten die Gallier uͤber ihre Weiber und Kinder das Recht des Lebens und Todes gehabt: Welches ſie doch nie gemißbrauchet: Vielmehr haͤtten ihre Wei - ber bey ihnen ſo viel gegolten / daß ſie offt gantzeArmeen7des Koͤnigreichs Franckreich. Armeen / die eben im Begriff geweſen / ein Treffen zu halten / beruhiget / und die vorhabende Schlacht abgewendet; ja man haͤtte keine Sache von Wich - tigkeit vorgenommen / da ſie nicht die Weiber zu rathe gezogen. Dieſe waͤren tapfer und hertz - hafft geweſen / auch mit denen Maͤnnern in Krieg gezogen / und ihnen ſolche Treue erwieſen / der - gleichen man heutiges Tages nicht finden wuͤrde.

Hierauff erzehlete der Autor, wie endlich Rom nach vielen blutigen Schlachten ſich von Gallia, Cis - alpina und hernach Tranſalpina Meiſter gemacht / und wie Cæſar alle Tapferkeit und Klugheit an - wenden muͤſſen / ehe er dieſe Voͤlcker uͤberwaͤltiget. Sie waͤren lange Zeit unter der Roͤmiſchen Herr - ſchafft treu geblieben / bis daß die Francken in ihr Land eingeruͤcket und die Roͤmer herausge - jaget.

Damit beſchreibet er nun die Francken / daß es ein Volck aus Deutſchland geweſen / welches zwi - ſchen dem Rheine und der Elbe gewohnet / in der Nachbarſchafft von den Schwaben und Aleman - nen / welche die Oerter zwiſchen dem Rhein / dem Mayn und der Donau innen gehabt. Man haͤtte ſie mit unterſchiedenen Namen bemercket / als die Bructerer, Chamaſſer, Salier, Catten, Actua - rier, Friſen, Caucer, Amſivarier, die ſich alle unter dem Namen Francken zuſammen verbunden / den ſie angenommen / dadurch zu bezeigen / daß ſie von dem Joch der Roͤmer wolten frey bleiben. Und weil ſie Galliens Fruchtbarkeit gewuſt / ſo haͤtte ſolche auch / da es in ihrer Nachbarſchafft gelegen /A 4ihnen8Denckwuͤrdigkeitenihnen Anlaß gegeben / die Abſicht zu faſſen / ſich dieſes Landes zu bemaͤchtigen. Es waͤre ihnen aber eine lange Zeit nicht gelungen / ſondern ſie durch unterſchiedene Keyſer genoͤthiget worden / uͤber dem Rheine zu verbleiben.

Dieſe Francken nun waͤren durch ihre Feld-Her - ren regieret worden; und ſey Pharamundus der erſte geweſen / deme man den Koͤniges Titul bey - gelegt. Dieſe Vereinigung von allen Fraͤnckiſchen Voͤlckern unter einem eintzigen Oberhaupte und unter einerley Geſetze / dem ſie den Titul: Lex Sa - lica gegeben / habe nicht wenig zu ihren hernach - mahligen Siegen und zu Befeſtigung ihres Reichs in Gallien beygetragen.

Es beſchreibet ſie der Autor weiter / wie ſie in der Finſterniß des Heydenthums gelebet / bis daß ſie ohngefehr ums Jahr CHriſti 497. unter der Regierung Koͤniges Clodovæi die Chriſtliche Re - ligion angenommen: Wie ſie brav / geſchickt / und ſtarck geweſen / auch den Krieg / und alle zu demſel - ben gehoͤrige Exercitia ſehr geliebet.

Wie ihr Reich unter der Regierung Childeberts, des Clodovæi ſeines Sohnes / dermaſſen in die Hoͤhe geſtiegen / daß auch Gregorius Magnus, wel - cher zu derſelbigen Zeit gelebet / in einem Briefe an ſelbigen Koͤnig geſaget: Der Francken Reich gien - ge denen andern Reichen ſo weit vor / als die Koͤni - gliche Wuͤrde den Privat-Stand uͤbertraͤffe.

Es meldet nachdem der Autor, wie der Fran - cken ihre Waffen geweſen / nemlich ein Schild / ein Degen / eine Streit-Axt / ſo zweyſchneidig / die ſieFran -9des Koͤnigreichs Franckreich. Francisque genennet / und ein Wurff-Spieß. Jhre gantze Armee habe in eitel Fuß-Volck beſtan - den / und nicht mehr Reuterey dabey geweſen / als ſo viel etwan zu Umgebung des Feld-Herrns / und deſſen Ordren auszutragen / von noͤthen geweſen. Die Beute habe man erſt nach geendeten Kriege getheilet / und waͤre damit uͤber die maſſen ehrlich und treu zugegangen. Der Feld-Herr habe daruͤber nichts diſponiret / auch nicht mehr davon gehabt / als was ſein Lohs ihm zugebracht. So gar / daß auch Koͤnig Clodovæus, ſo ein groſſer Koͤnig er geweſen / ſich nicht getrauet / wegen eines guͤldenen Gefaͤßes den Ausſpruch zu thun / welches die Sol - daten aus der Kirche zu Reims geraubet / und Sanct Remigius wiedergefordet / ſondern er habe es ihm erſtlich zuruͤck gegeben / nachdem die gantze Armee darein gewilliget.

Die koͤniglichen Einkuͤnffte haͤtten in einigen Steuren beſtanden / welche denen Galliern alleine / und nicht denen Francken / waͤren auffgeleget wor - den. Solche Auflagen nun haͤtte man entweder an baarem Gelde / oder an Waaren / nachdem es der Koͤnig beliebet / gehoben. Wenn ſie die Aecker und Laͤndereyen getheilet / haͤtten ſie denen Koͤni - gen allezeit die beſten gegeben / davon ſie ihr koͤni - gliches Haus meiſtens erhalten. Bey iedweder ſolcher Laͤnderey waͤre eine groſſe Menge Sclaven geweſen / von Ackerleuten / Weinarbeitern und al - lerhand Handwerckern / ſo alle vor den Koͤnig muͤſſen arbeiten. Die Haͤuſer / die dazu gewied - met / habe man Fiſcal-Haͤuſer genennet / die alle zurA 5Haus -10DenckwuͤrdigkeitenHaushaltung beſtimmet / ſolche aber die Koͤnige nie bewohnet; ſondern ihre eigene Pallaͤſte ge - habt / darinnen ſie Hof gehalten / und die Parla - mente und Concilia laſſen zuſammen kommen.

Die wichtigſte Aſſemblée ſey alle Jahr den er - ſten Martii gehalten worden / wobey der Koͤnig ſich mit denen Hertzogen und Grafen eingefunden / wel - che ſo wol die Verwaltung der Juſtiz-als militari - ſchen Aemter auf ſich gehabt. Und weil das wich - tigſte den Krieg betroffen / ſo ſey man dabey allemahl gewaffnet erſchienen / den Schluß der gantzen Ver - ſammlung ſo dann alſofort auszufuͤhren.

Denen Francken habe man die vornehmſten Aemter gegeben / als die Regierungen der Provin - tzen / das Commando der Arméen, und die Richter - Stellen. Die Gallier haͤtten ein abſonderlich Corpus des Staats gemacht. Sie haͤtten den Tribut bezahlet / und das Land gebauet. Doch haͤt - ten ſich die Francken auch allgemach der Gallier Sprache angewoͤhnet / ſo ein Miſchmaſch aus den Latein und den Gauliſchen geweſen: Denn das La - tein haͤtten die Gallier gebrauchen muͤſſen / als die Roͤmer ſie ihnen unterwuͤrffig gemacht: Alſo / daß wenn ſie mit denen Guoverneuren uud Indendan - ten der Provintzen etwas zu thun gehabt / oder vor Gericht eine Sache vorzutragen und abzuhan - deln geweſen / oder man ein Document ausgeferti - get / ſolches alles in Lateiniſcher Sprache geſche - hen / welche| die eintzige / deren man ſich bedienen duͤrffen. Alſo haͤtten nun die Gallier ſolche durch - gehends gelernet; aber das Volck dieſelbe mitihrer11des Koͤnigreichs Franckreich. ihrer vorigen Mutter-Sprache verſtuͤmmelt / daß alſo ein gemengetes heraus gekommen / bis daß von Zeiten zu Zeiten dieſelbe ſo auspoliret worden / daß ſie nun heut zu Tage eine von den am meiſten hochgeſchaͤtzten Sprachen in der Welt waͤre.

Der Autor faͤhret fort und meldet / wie unter der Regierung Caroli Magni die Frantzoſen in ſol - chem Anſehen geweſen / als vor dieſen die Roͤmer waren. Aber unter ihren nachfolgenden Prin - tzen / welche weder ſo tapffer noch ſo magnific als dieſer Kaͤyſer ſich erwieſen / haͤtte das Volck geſchie - nen / ob wolte es gantz wieder umſchlagen / weil die Koͤnige ſelbſt ſich ſo unartig bezeiget / bis daß Phi - lippus Auguſtus und Franciſcus Primus eine groſſe Liebe zum Kriege und Befoͤrderung der freyen Kuͤnſte wiederum erwieſen. Der erſte ſey gluͤcklich im Kriege geweſen: Doch habe er es mit denen frey - en Kuͤnſten nicht weit gebracht. Der andere / nemlich Franciſcus, haͤtte das Gluͤck der Waffen gar widrig erfahren; allein deſto gluͤcklicher waͤre er geweſen / daß er die Wiſſenſchaften in Franck - reich in beſondern Flor gebracht. Endlich aber ſey es zu unſern Zeiten ſo wol in Waffen als Kuͤn - ſten ſo hoch geſtiegen / als Rom unter der Regie - rung des gluͤcklichen Kaͤyſers Auguſti ehmahls ge - weſen waͤre. Hierauf koͤmmt der Autor auf einige ſtreitige Puncten und eroͤffnet ſeine Meynung da - von; als: Ob die Koͤnigin Brunehaud von dem Koͤ - nig Clotario und der gantzen Frantzoͤſiſchen Nation mit Recht zu einem ſo ſchmaͤhlichen Tode waͤre ver - dammet worden: Zum andern / ob der Titul / derAller -12DenckwuͤrdigkeitenAllerchriſtlichſte / Clodovæo auf eine ſolche Art ge - geben worden / als man ihn heut zu Tage denen Koͤ - nigen in Franckreich giebt? Da er denn ſaget: Daß einiger Unterſchied ſey: Denn / wie Clodovæus die Chriſtliche Religion angenommen / ſo habe er als der eintzige damahls regierende Herr keinen ketze - riſchen Jrrthum dabey geheget. Keyſer Anaſta - ſius waͤre mit der Eutychianiſchen Hæreſie; Theodoricus Koͤnig der Oſtrogothen in Jtalien / Alaricus der Wiſigothen Koͤnig / und viele andere die er anfuͤhret / mit der Arianiſchen behafftet ge - weſen / und alſo Clodovæus der eintzige recht Chriſt - liche Koͤnig geblieben. Demnach die Biſchoͤffe in Gallien und Jtalien dieſen Ehren-Namen: Des Chriſtlichen / mehr ſeiner Perſon / als der Frantzoͤiſchen Krone beygelegt / bis man ihn nach der Zeit allen Koͤnigen in Franckreich gelaſſen / als ob er mit der Krone verknuͤpfet waͤre.

Ferner eroͤrtet er: Ob Paſquier recht habe / daß die Einſetzung des Parlaments ſolte ſo alt ſeyn / als die Auffrichtung des Koͤnigreichs ſelbſten? Und will ſolches nicht zulaſſen.

Endlich beruͤhret er die Muͤntzen in Franckreich / und ſagt / daß unter denen Koͤnigen vom erſten Stamme man wenig gemuͤntzet Geld gehabt; ſon - dern es waͤre das Silber rein geſchmoltzen und in die koͤnigliche Schatzkammer in Klumpen oder Kuchen gebracht worden: Auch haͤtten die Privat - Leute es eben auch in einer Maſſa auffgehoben / al - ſo / wenn man handeln wollen / die Zahlung in Pfunden oder Marcken Goldes und Silbers ein -ander13des Koͤnigreichs Franckreich. ander waͤre zugewogen worden: Nur einige kleine Muͤntzen haͤtte man gepraͤget geſehen / dadurch in Handlung deſto beſſer aus einander zu kom̃en. Wel - che Gewohnheit bis zur Regierung Philippi Pulchri im Schwange geblieben. Als die Francken ſich von Gallien Meiſter gemacht / haͤtten ſie getrachtet in Praͤgung der Muͤntze ſich mit denen Roͤmern zu conformiren / und ſchiene / daß / nachdem ſie die Laͤnder erobert / ſo zuvor unter der Roͤmer Herr - ſchafft geweſen / ſie auch zugleich ſich der Machinen bemaͤchtiget / deren ſich dieſelben bedienet / ihre Muͤntzen zu ſchlagen; wie ſie dann auch eben ſelbige Muͤntzmeiſter gebrauchet / die hernach in ihren Muͤntzen zu Trier / Lion / Arles / und andern Or - ten gepraͤget haͤtten.

Auff der meiſten guͤldenen Muͤntze / die man etwan noch von denen Koͤnigen erſten Stammes itzo zeigete / ſaͤhe man auff der einen Seite einen Kopff des Koͤniges mit der Krone / und ſeinen Na - men um ſelbige herum; auff der andern Seite aber ein Creutz und den Namen des Orts / wo die Muͤntze geſchlagen worden. Die meiſten ſolcher Oerter waͤren uns heutiges Tages unbekannt / weil die Koͤnige in ihren koͤniglichen Haͤuſern die Muͤn - tze machen laſſen / um welche Haͤuſer groſſe Flecken geweſen / die aber nicht mehr vorhanden.

Als Childebert und Clotarius die Provenz in Poſſes genommen / welche Vitiges, Koͤnig der Oſtro - gothen in Jtalien / denen Francken abgetreten und Keyſer Juſtinian ihnen auch gelaſſen / um dieſer Na - tion ihren Beyſtand zu gewinnen / haͤtten die Koͤnigein14Denckwuͤrdigkeitenin dem Amphitheatro zu Arles Schauſpiele gegeben / und guͤldene Muͤntze mit ihrem Bilde gezeichnet unter das Volck auswerffen laſſen. Wer mehr von den alten Muͤntzen der Francken zu wiſſen verlanget / den weiſet der Autor in die herausge - gebenen Tractate des Monſieur le Blave, Monſieur Bonteroue, und des Pater Mabillon, als welche da - von ſehr weitlaͤufftig gehandelt.

Was die uͤbrigen ſtreitigen Puncte betrifft / ſo beziehet er ſich auff die zwey Diſſertationen, wel - che Pater Daniel, ein Jeſuit / mit ſeiner Hiſtorie von Franckreich herausgegeben. Und dieſes zuſam - men haͤlt die Vorrede in ſich.

Der Tractat ſelbſt hat in dem erſten Tomo fuͤnff Buͤcher. Das erſte Buch haͤlt die Geſchichte von den Galliern und denen Francken vor Auffeichtung ihrer Monarchie, in ſich / und nachdem hat es die Hiſtorie von Pharamund, Clodion, Merovæus und Childeric.

Der Anfang hat den Urſprung des Frantzoͤi - ſchen Reichs / wie ſolches aus denen Ruinen des Roͤmiſche Keyſerthums erwachſen. Dieſes Roͤmiſche Kaͤyſerthum hebet an von ſeiner erſten Hoheit unter denen Kaͤyſern herunter zu fallen / welche Marco Aurelio im Regiment folgen. De - ren dann eine gantze Reihe laſterhaffter Fuͤrſten hererzehlet wird / als Commodus, Julianus, Cara - calla, Macrinus, Heliogabalus, Maximinus, Philip - pus, Gallus, und Voluſianus: Die zur Schande und Verderben des Reichs auff die Welt gekommen /und15des Koͤnigreichs Franckreich. und ſich allein durch ihr unartiges Leben und Grauſamkeit bekannt gemacht. Die auslaͤndiſchen Nationen empoͤhren ſich wider alle dieſe Tyran - nen. Die Viſigothen / die Vandaln, die Hunnen, die Alanen, die Gepiden, die Oſtrogothen, die Schwa - ben / die Eruler, die Allemannen, die Longobarten und viele andere Voͤlcker ſtehen an allen Enden auff / und werffen das Roͤmiſche Joch vom Halſe / welchen harten Stoß das Roͤmiſche Reich ohnge - fehr ums Jahr CHriſti 260. bekoͤmmt. p. 2.

Kaͤyſer Valerianus, welcher nach Voluſiano, der nebſt ſeinem Vater Gallo mitten unter ſeiner Armee erſchlagen worden / auff den Reichs-Thron ſteiget / wird von der Perſen Koͤnig Sapores auffs Haupt geſchlagen / gefangen / und in eine recht ſchimpfliche Sclaverey gefuͤhret / in welcher er ei - nes grauſamen Todes zuletzt ſterben muͤſſen. p. 3.

Sein Sohn Gallienus, welcher von ſeinem Va - ter mit Einwilligung des Raths zum Reichs-Ge - huͤlffen angenommen worden / laͤßt ſich dieſes des Vaters Ungluͤck wenig anfechten; lebt in allen Laſtern und ſonderlich in der Schwelgerey. Da denn die Francken ſich der Gelegenheit bedienen / und aus Teutſchland in Gallien einbrechen. Der erſte Streich gelinget ihnen; nach dieſem aber wer - den ſie uͤberwunden und genoͤthiget / ſich uͤber den Rhein wieder zuruͤck zu machen / bis um das Jahr CHriſti 450. Da ſie ſo gluͤcklich ſeyn / eine der rei - cheſten und ſchoͤnſten Provinzen des Roͤmiſchen Reichs hinweg zu nehmen / allwo ſie hernach die Frantzoͤiſche Monarchie (wie ſie der Autor nen - net) auffrichten. p. 4.

Hier16Denckwuͤrdigkeiten

Hierauf nun wird Gallien beſchrieben / wie es damahls geweſen / als die Francken die Roͤmer her - ausgejaget; und wie es auch zu Zeiten Julii Cæſa - ris abgetheilet worden. Ja / wie noch viele Secula zuvor die Gaulen oder alten Gallier ſolches Land bewohnet / und nach Polybii, auch anderer Geſchicht - Schreiber / Zeugniß die vortreflichſten Krieges - Leute geweſen. Wie ſie uͤber diemaſſen auff ihre Freyheit gehalten; ihre Koͤnige und Obrigkeit ſelbſt erwehlet / und alle Jahre ſelbige abgewechſelt. Unter ihnen / faͤhret der Autor fort / werden die Bri - turiger am maͤchtigſten / und ihr Koͤnig Ambigat erſtrecket ſeine Herrſchafft uͤber alle Celten. Weil aber das Land zu volckreich iſt / ſo ſchicket er Colonien aus Gallien aus / und ſolche zu fuͤhren erwaͤhlet er ſeiner Schweſter Soͤhne Belloveſum und Sigoveſum, ums Jahr vor Chriſti Geburth 590. als noch der alte Tarquinius Koͤnig zu Rom war. Sigoveſus gehet mit ſeinem Volck uͤber den Schwartzwald / und ſetzet ſich die Donau hinab in Pannonien; ſeine Nachkommen breiten ſich in Teutſchland aus; und einige machen ſich gar in Ungarn und Sclavonien; andere davon kommen noch weiter / und gelangen unter der Anfuͤhrung des Belgius in Thracien und Macedonien. Ptolomæus, damahliger Koͤnig in Macedonien, der Blitz bena - met / iſt der eintzige / ſo ſich erkuͤhnet / ihnen mit ge - waffneter Fauſt zu begegnen; allein er koͤmmt dar - uͤber elendiglich um. Die Gaulen durchſtreichen darauf unter der Anfuͤhrung des Brennus gantz Griechenland / endlich belagern ſie den Tempel zuDelphos17des Koͤnigreichs Franckreich. Delphos; allwo ein erſtaunender Schatz zu finden: Werden aber durch ein erſchreckliches Ungewitter vom Donner / Blitz / Wind und Platz-Regen davon abgetrieben / und von denen abfallenden groſſen Fel - ſen viele tauſend erſchlagen; daruͤber ſich ihr Heerfuͤhrer Brennus aus Verzweifelung ſelbſt er - ſticht. Sie bemaͤchtigen ſich dennoch nach dieſem eines Theiles von Aſien, und die Provintz / allwo ſie ſich niederlaſſen / wird von ihnen Græca Gallia, oder Galatien genennet. p. 16.

Belloveſus, ſo auch neue Colonien aus Gal - lien ausfuͤhret / koͤmmt mit ihnen an den Fuß des Alpen-Gebuͤrges: Da aber viele vor dieſen unge - heuren Klippen / woruͤber noch niemand einen Weg gefunden / ſich entſetzend / von dieſem ihren Heerfuͤh - rer ſich fort begeben / und nach Spanien wenden / allwo ſie der am Pirenæiſchen Gebuͤrge nahliegenden Provintzen ſich bemaͤchtigen / ſo man lange Zeit her - nach Celtiberien genennet; heut zu Tage aber das Land iſt / ſo man das Koͤnigreich Arragonien heiſ - ſet. p. 17.

Die andern Voͤlcker / die noch bey Belloveſo geblieben / werden endlich durch die Phocier, ſo aus Jonien an den Kuͤſten von Provence angelaͤndet / und daſelbſt hernach die Stadt Marſeille gebauet / angefriſchet / daß ſie den Zug uͤber die Alpen-Gebuͤr - ge verſuchen; es gelinget ihnen / und ſie kommen in Jtalien. Die Toſcaner, welche darinnen woh - nen / erſchrecken / daß zwiſchen ſo ungeheuren Klip - pen eine Armée heraus koͤmmt / waffnen ſich / werden aber geſchlagen / und begeben ſich nebſt ihrem FuͤhrerBRhetus18DenckwuͤrdigkeitenRhetus in die benachbarten Gebuͤrge von Teutſch - land / welcher ſeinen Namen ſelbigem gantzen Diſtri - cte giebet / und es Rhetiam nennet / ſo zu unſern Zei - ten die Graubuͤnden bewohnen. p. 18.

Die Gallier ruͤcken in Jtalien weiter fort / neh - men das Land um den Po-Fluß ein / und nennen es Inſubrien, bauen auch die Stadt Meiland: Be - maͤchtigen ſich der Oerter / wo itzo Verona und Breſſe ſtehen / laſſen ſich auch bey Genua und dem Apenniniſchen Gebuͤrge nieder. p. 19.

Jn folgenden Zeiten kommen immer neue Colo - nien aus Gallien in Welſchland: Die Roͤmer ziehen ihnen in voller Schlacht-Ordnung entgegen / wer - den aber von denen Gaulen geſchlagen / und Rom 391. Jahr vor Chriſti Geburth von ihnen ausge - pluͤndert: Auch gewinnet durch Beyſtand dieſer Nation Hannibal die ſo beruͤhmte Schlachten bey Trebia, Traſymenum, und Cannas. p. 20.

Endlich nimmt man auch die Gallier, ſo diſſeit der Alpen in Gallia Cisalpina oder Togata wohnen / mit in den Roͤmiſchen Rath und ziehet ſie zu allen Ehren-Aemtern p. 21. Die aber jenſeit der Alpen oder in Gallia Transalpina, ſo auch Comata genen - net worden / ſich annoch befinden / bringet Julius Cæſar unter die Roͤmiſche Herrſchaft / und haͤlt ſie in groſſem Werthe. p. 21.

Sie werden aber durch das Umgehen mit denen Roͤmern ie laͤnger ie mehr politer / ſo gar / daß man auch aus ihrer Nation, welche zu Rom als Buͤr - gemeiſter erwaͤhlet / ja ſelbſt auf den Kaͤyſerlichen Th[r]on ſetzet. p. 22.

So19des Koͤnigreichs Franckreich.

So weit beruͤhret der Autor die Natur und das Gluͤck der Gallier, welche unter Valeriani Regie - rung eines ſuͤſſen Friedens genieſſen / als unter - ſchiedliche Voͤlcker / welche zwiſchen dem Rheine / der Elbe / dem Mayn / und dem Oceano wohnen / unter dem Namen der Francken ſich hervor - thun. Den Namen fuͤhret er daher / daß ſie wollen bezeugen / wie ſie franck und freye von der Herrſchaft der Roͤmer zu bleiben geſonnen; Eini - ge aber wollen / ihr Urſprung kaͤhme von Franco, oder Francion, einem Sohn des Hectors und der Andromacha, ſo aber der Autor vor ungewiſſer haͤlt. p. 23. 24.

Dieſe Francken gehen im Jahr Chriſti 259. mit einer ſtarcken Armée aus ihrem Lande / da e - ben Kaͤyſer Valerianus vom Perſiſchen Koͤnige Sapores gefangen / und Gallienus, ſein Sohn / zu Rom in aller Uppigkeit und Wolluͤſten zubringet; Allein bey die dreyßig Tyrannen haben ſich in unter - ſchiedenen Provintzen des Roͤm. Reichs|aufgeworf - fen / und ſolches an allen Seiten beunruhiget.

Dieſen Vortheil nehmen die Francken in acht / dringen durch Gallien; gehen uͤber das Pyrenaͤiſche Gebuͤrge; breiten ſich in Spanien aus / nehmen Tar - ragona hinweg und pluͤndern ſolches. Endlich werden ſie vom Kaͤyſer Probo hart geſchlagen / wel - cher zu Bemerckung ſeines Sieges den Zunamen Francicus annimmt. p. 26.

Gleichwol ſtehen ſie in den folgenden Zeiten immer wieder auf / bis Conſtantinus ſie aber -[m]als dem Roͤmiſchen Reiche unterwirfft / undB 2zweene20Denckwuͤrdigkeitenzweene von ihren Koͤnigen Aſcaricum und Ragai - ſum auf den Amphitheatro zu Trier mit wilden Thieren kaͤmpfen laͤſſet. p. 29.

Die Kaͤyſer Valentinianus, Julianus Apoſta - ta, und Theodoſius Magnus liegen denen Francken noch haͤrter auf den Nacken / und noͤthigen ſie / daß ſie ſich immer uͤber dem Rheine halten muͤſſen; bis ſie endlich uͤberdruͤßig / ſo vielerley Herren zu ha - ben / im Jahr Chriſti 418 den Entſchluß faſſen ein neues Reich unter einem Haupte aufzurichten. p. 31.

Dieſes geſchihet zu Zeiten des Kaͤyſers Honorii, eines Sohnes des Theodoſii Magni; als eben das Roͤmiſche Reich auff Anſtifften des treuloſen Stiliconis von allen Enden her durch die Barbarn angefallen wird. Da erwaͤhlen ſie Pharamun - dum, einen Sohn des Marcomirs, zu ihrem Koͤni - ge; unter deſſen Regierung man ſagen will / daß das beruͤhmte Saliſche Geſetze ſolle gemacht ſeyn / p. 33. Welches ſeinen Namen von dem Saal-Strohme haben ſoll / weil die Verſammlung / welche zu deſ - ſen Abfaſſung gehalten worden / nahe bey ſelbigem Fluſſe angeſtellet geweſen.

Als Pharamond neun Jahr regieret / und dar - auff mit Tode abgehet / folget ihm im Reiche ſein Sohn Clodion, welchen man Comatum, den Langhaͤrigen genennet / weil er ein langes Haar getragen / um zu zeigen / daß er kein Sclave von den Roͤmern waͤre. Dieſer Herr gehet im Jahr 426. mit einer ſtarcken Armée aus Thuͤringen / wo er ſich eines feſten Schloſſes Diſparg genannt / be - maͤchtiget: Paſſiret mit allem ſeinem Volcke denRhein21des Koͤnigreichs Franckreich. Rhein / und nimmt ein Theil von dem Gallia Belgica ein; wird aber von Ætio wieder herausgejaget. Gehet im Jahr 437. abermahls uͤber den Rhein. Nimmt gantz Brabant weg; hemaͤchtiget ſich Cam - bray und Tournay, gehet fort in Artois, gewinnet Arras, nimmt endlich ſeine Reſidentz zu Amiens p. 36. Wird abermahls von Ætio uͤberwunden / da er eben eines vornehmen Herrn von ſeiner Armée Toch - ter Beylager ausrichtet / und ſich am wenigſten der ſo nahen Roͤmiſchen Krieges-Macht verſiehet. p. 37. 38. und paſſiret alſo uͤber den Rhein wiederum zuruͤck. Als er zwantzig Jahr regieret / fodert ihn der Tod ab / und koͤmmt Meroveus auf den Thron / welcher Koͤnig Clodions naher Verwander iſt / und ſich des Reichs mit Ausſchlieſſung des Clodions Kinder bemaͤchtiget. Von ihm bekoͤmmt das erſte koͤnigliche Geſchlecht den Namen / und wird das Meroveiſche genennet. Clodions hinterlaſſener Printz diſputiret Meroveo die Krohne / und da er ihm nichts abhaben kan / ſo rufet er die Hunnen um Beyſtand an: Meroveus, ſo gewaltigen Fein den beſſer zu widerſtehen / ſendet ſeinen Sohn Childericum nach Rom / und ſuchet des Kaͤyſers Allianz, erhaͤlt dieſelbe: Attilla der Hunnen Koͤnig koͤmmt mit einer Armée von fuͤnfmahlhundert tau - ſend Mann angezogen. Meroveus weichet zuruͤck. Attilla nimmt Coͤlln weg. Meroveus conjungiret ſich mit der Roͤmiſchen Armée, ſo von Ætio comman - diret wird p. 45. Theodoricus, Koͤnig der Vi - ſigothen, wie auch Gondiochus, und Chilperi - cus, Koͤnige in Burgundien / treten auch zu denB 3Roͤ22DenckwuͤrdigkeitenRoͤmern / und wird alſo ihre Armée ſo ſtarck als des Attila ſeine. Attila pluͤndert Coͤlln / Trier / Metz / Rheims / und andre Staͤdte gantz aus / veruͤbt groſſe Grauſamkeiten / und laͤßt die Geiſt - liche vor den Altaͤren erwuͤrgen / p. 46.

Paris fuͤrchtet ſich ſehr vor der Pluͤnderung. Die heilige Genoveva bethet heftig nebſt vielen got - tesfuͤrchtigen Frauen / daß GOtt den Feind von ſolcher Stadt abhalten moͤchte: Spricht auch dar - auf dem Volcke einen Troſt zu / daß ſie erhoͤret ſey: Allermaſſen denn Attila nicht in Paris koͤmmt; ſondern Orleans belagert. p. 47.

Der Biſchoff Saint Agnan hat es laſſen wohl befeſtigen / wehret ſich auch tapfer darinnen / bis daß Ætius ankoͤmmt / des Attila Trouppen, ſo - ber der Loire ſtehen / ſchlaͤget / und ihn noͤthiget / die Belagerung aufzuheben. p. 48.

Endlich kommen beyde groſſe Arméen in der Ebene bey Chalons in Champagne zuſammen / hal - ten ein blutig Treffen / und Attila wird geſchlagen; geraͤth auch in ſolche Verzweifelung uͤber ſeinen Verluſt / daß er ſich ſelbſt toͤdten will. Ætius, der ſich ſeiner Perſon wol bemaͤchtigen koͤnnen / laͤſſet ihn aus einer Politic entwiſchen / und will dieſen allgemeinen Feind nicht gantz und gar ausrotten / damit die andern Voͤlcker deſtomehr genoͤthiget ſind / der Roͤmer Alliance zu ſuchen; Allein ſeine gute Abſicht wird ihm ſchlecht belohnet / denn / als er nach erhaltenen ſo ſchoͤnem Siege wiederum zum Kaͤyſer Valentiniano koͤmmt / toͤdtet ihn dieſer mit eigener Fauſt. p. 59.

Meroveus23des Koͤnigreichs Franckreich.

Meroveus brauchet ſich dieſes Todesfalls ei - nes ſo tapfern Generals zu ſeinem Vortheil / ma - chet ſich von unterſchiedenen Provintzen in Galli - en Meiſter / und iſt alſo der erſte / welcher die Fran - tzoͤiſche Monarchie recht fundiret. p. 60. Regie - ret zehn Jahr / und folgt ihm ſein Sohn Childeric im Reiche / da er etwan zwey und zwantzig Jahr alt iſt. p. 61.

Dieſer junge Herr machet ſich bey denen Unterthanen durch die Wolluͤſte verhaſſet / indem er viele Toͤchter derſelbigen mit Gewalt ſchaͤn - det. Daher wird ein allgemeiner Aufſtand wi - der ihn / und muß er aus dem Reiche fliehen. Ein eintziger bleibet ihm noch getreu / Viomades genannt / dieſer ſtellet ihm die Gefahr vor / worin - nen er ſich befaͤnde / und daß es das rathſamſte waͤ - re / ſich auf eine Zeitlang zu entfernen. Er wol - te ſchon die Francken nach und nach dahin diſpo - niren / ihn wieder zuruͤck zu ruffen; Damit nun ihr Verſtaͤndniß geheim bleibet / ſo brechen ſie eine guͤldene Muͤntze von einander / und behaͤlt iedwe - der ein Stuͤcke davon / und verſpricht Vioma - des dem Koͤnige / daß wenn alles zu ſeiner Wieder - Einſetzung bereit und richtig gemacht / ſo wolte er ihme zu deſſen Bemerckung das halbe Gold - ſtuͤcke ſchicken / ſo er itzo bey ſich behielt.

Alſo retiriret ſich Childeric nach Thuͤringen zum Koͤnig Baſino, welcher ein vertrauter Freund und Bundesgenoſſe ſeines Vaters / Meroveus, geweſen /B 4der24Denckwuͤrdigkeitender ihn auch gantz gerne aufnimmt / und alle Liebe und Hoͤfligkeit erweiſet.

Nach ſeiner Abreiſe aus Franckreich ſchreiten die Francken zur Wahl eines andern Koͤniges / und nehmen auf Einrathen des Viomades, der bey ihnen in groſſem Anſehen iſt / den Roͤmiſchen Feld-Herrn / Graf Gilles, dazu. Dieſer / gegen Viomades ſich erkenntlich zu bezeigen / machet ihn zu ſeinem geheimeſten Rathe: Viomades, welcher wohl weiß / wie geitzig daß Gilles iſt / giebt ihm Einſchlaͤge / er ſolte nur recht ſchwere Schatzun - gen auf das Volck legen; damit er dieſe ſonſt hochmuͤthige und zu freche Nation deſto beſſer zu paaren braͤchte. Gilles thut ſolches / bringet groſ - ſes Reichthum dadurch zuſammen; Allein er la - det ſich auch zugleich aller Unterthanen Haß auf.

Da nun ſelbige in die acht Jahr unter ei - nem ſo harten Joche geſchmachtet / traͤgt Vioma - des dem Koͤnig Gilles vor / als ob einige der vor - nehmſten Herren wegen ſeiner Abſetzung vom Throne gefaͤhrliche Anſchlaͤge macheten / nennet ihm auch einige / und zwar die / welche er weiß / daß ſie dem Koͤnig Childeric am meiſten zu wi - der ſind. Dieſe nun laͤßt Gilles aus dem Mit - tel raͤumen / dadurch er vollends der groͤßten Fa - milien ihre Feindſchaft auf ſich ziehet / und man oͤf - fentlich uͤber ſeine Tyranney klaget. Viomades nimmt die Zeit in acht / dem verjagten Koͤnige Chil - deric das Wort zu reden / daß man denſelben wie - der zuruͤck ruffen moͤchte. p. 69. Er gewinnet derVor -25des Koͤnigreichs Franckreich. Vornehmſten ihren Beyfall / ſchicket Childerico das halbe Goldſtuͤcke nach Thuͤringen zu / welcher daruͤber ſehr froh / ſo viel Volck zuſammen bringet / als ihm moͤglich / und damit ſich wiederum nach Franckreich begiebt: Viomades koͤmmt ihm nebſt vielen vornehmen Frantzoͤiſchen Herren zu Bar ent - gegen; empfangen ihn mit groſſen Freuden / und ih - re Armée ſtaͤrcket ſich von Tage zu Tage.

Der Graf Gilles von Childerics Anzuge und dem Aufſtande der Francken benachrichti - get / ziehet ſo wol Roͤmiſch als ander Krieges - Volck zuſammen / und gehet auf Childericum los; wird aber geſchlagen und fliehet nach Coͤlln; ſolches belagert Childeric, nimmt es ſtuͤrmend ein / und metzelt viel Roͤmer darinnen nieder. Gilles entfliehet nach Soiſſons, und ſtirbet allda kurtz darauf. Childeric nimmt Trier weg / wie auch gantz Lothringen / durchſtreiffet Champa - gne; macht ſich Meiſter von Beauvais und vie - len andern Staͤdten / die an der Oiſe und Seine liegen; belagert Paris, und zwinget es durch Hunger zur Ubergabe. p. 71.

Als Childeric ſeinen Thron wieder befeſtiget / koͤmmt Baſine, des Koͤniges in Thuͤringen Ge - mahlin / woſelbſt er in waͤhrenden ſeinem Exilio ſich aufgehalten / zu ihm. Sie haben ein Lie - bes-Verſtaͤndniß die Zeit ſeines Daſeyns in Thuͤ - ringen mit einander gemacht / und ziemlich ver - traut zuſammen gelebet. Als Childeric aber fort / kan ſie ſeine Entfernung nicht vertragen /B 5ſondern26Denckwuͤrdigkeitenſondern machet ſich heimlich von ihrem Manne weg / und ziehet ihm nach. Er / ſich verwundernd / ſie in Franckreich zu ſehen / fraget ſie: Was ſie da - zu bewogen / den Koͤnig ihren Gemahl zu verlaſſen? Sie antwortet: Jhr / mein Printz / eure Tugend hat mich ſo entzuͤndet / daß ich vermeynet / ich muͤſſe alles verlaſſen / um euch zu folgen; und wenn ich ge - glaͤubet / daß es ſonſten wo einen vollkom̃enern Fuͤr - ſten gaͤbe / als ihr ſeyd / ſo wolte ich ihn bis an das En - de der Welt ſuchen. Childeric, der ohne diß von einm gar verliebten Temperament iſt / laͤßt ſich durch die Schoͤnheit / und dieſes was Baſine ſeinet wegen ge - than / einnehmen / und begehet die Undanckbarkeit gegen ſeinem Wohlthaͤter / der ihm ſo lange in ſei - ſeiner Flucht an ſeinem Hofe alle Guͤte erwie - ſen / daß er dieſe ſeine Gemahlin ehliget. pag. 74.

Einige Scribenten ſagen / es habe Baſine die erſte Nacht ihres Beylagers den Koͤnig Childeric gebethen / er moͤchte zu dreyen unter - ſchiedenen mahlen doch dasjenige anmercken / was vor | dem Thore ſeines Pallaſts vorginge. Da er denn ſo gefaͤllig geweſen / von ihr auff - geſtanden / und ſich dahin gemacht. Das erſte mahl haͤtte er eitel Loͤwen / Einhoͤrner und Leo - parden; das andere mahl Baͤren und Woͤlffe; und das dritte mahl Hunde und lauter kleine Thiere geſehen / die ſich untereinander zerriſ - ſen. Childeric begierig zu wiſſen / was ſol - ches Geſicht bedeute / fraget die neue Gemah - lin / die es ihm ausleget / daß es die Sitten der -jeni -27des Koͤnigreichs Franckreich. jenigen Kinder und Nachkommen bemer - ckete / ſo von ihnen wuͤrden herſtammen. p. 75.

Childeric erweitert ſein Reich durch viele Er - oberungen / und ſtirbet im ſieben und viertzigſten Jahre: Er laͤßt vier Kinder nach ſich / Clodove - um, der ihm im Reiche folget / und drey Printzeſ - ſinnen / Audefleden, Albofleden und Lantilden; und wird zu Tornick, allwo er ſein Leben geendet / begraben.

Man hat vor nicht allzulanger Zeit (bey andern Autoribus finde ich / daß es im Jahr 1653. den 27. Maji. geſchehen /) ſein Grab daſelbſt / als man bey der Kirche S. Brixii ein altes Pfarr-Haus eingeriſſen / nebſt einem ziemlichen Schatze gefun - den: Nemlich bey die zweyhundert guͤldene und ſil - berne Muͤntzen mit dem Bildniſſen der Roͤm. Kaͤy - ſer / eine ſehr groſſe Anzahl guͤldene Bienen: Einen gantz guͤldenen Ochſen-Kopf / ſo man vor des Chil - derics ſeinen Abgott gehalten; einen Globum von Eryſtall / auch alles / was dieſer Herr ſtets gebrauchet / als ſeinen Degen / Wehrgehencke / Sreit-Axt / Lantze / koͤniglichen Mantel / und Schreib-Tafel mit guͤldenen Blaͤttern: Auch das Pferde-Gerip - pe von ſeinem Gaule / den er zu reiten pflegen / und mit ihm war begraben worden / ja ſeinen Stall - meiſter ſelbſt / der auch zugleich mit in die Erde gemuſt. Daß es aber Childerici Grab / hat man aus ſeinem mit Lateiniſchen Buchſtaben in ei - nem guͤldenen Kreis eingegrabenen Namen er - kannt / damit deſſen Bildniß eingefaſſet geweſen /und28Denckwuͤrdigkeitenund wird er mit ſehr langen Haaren und in der rechten Hand einen Wurff-Spieß haltend auff ſelbigem præſentiret.

Ende des erſten Buchs.

Das andere Buch dieſes erſten Theils des Verzeichniſſes der denckwuͤrdig - ſten Sachen des Frantzoͤiſchen Reichs haͤlt die Regierung des Koͤniges Clo - doveus in ſich.

CLodoveus iſt nur funfzehn Jahr alt / als er ſeinem Vater im Jahr CHriſti 481. im Rei - che folget. Jſt ein Herr von vortreflichen Gemuͤths - und Leibes-Gaben. Wie er zwantzig Jahr alt / ſo bekrieget er Siagrium, des Graf Gilles ſeinen Sohn / und Nachfolger in der Roͤmiſchen Stadt - halterſchafft zu Soiſſons; ſchlaͤgt ihn aus dem Fel - de / Siagrius fliehet zu Alarico, Koͤnig der Wiſigo - then; Clodoveus laͤſt ihn abfodern mit Bedrohung / wo ihn Alaricus nicht lieferte / ſelbigen zu bekriegen. Alſo haͤndiget ihn Alacrius aus / und Clodoveus laͤſt dem ungluͤckl. Siagrio den Kopf herunterſchla - gen. p. 85. nimmt darauff die Staͤdte Soiſſons, Rheims, Provins, Auxerre, Sens und andere weg / wo Siagrius zu befehlen gehabt / und macht alſo der Roͤmiſchen Herrſchafft in Gallien ein Ende.

Bey dieſem Kriege waren viele Kirchen aus - gepluͤndert worden / zumahl da die Frantzoſen an - noch im Heydenthume lebten / und alſo aus derChri -29des Koͤnigreichs Franckreich. Chriſten GOttes-Haͤuſern kein groſſes Werck ma - cheten. Unter andern hatte es auch die Kirche zu Rheims betroffen / daraus man viele Koſtbar - keiten geraubet: Sonderlich aber wurde ein groſ - ſes und rares guͤldenes Gefaͤß betauret: Deßwegen ſchicket der Biſchoff zu Rheims, S. Remigius, an den Koͤnig Clodoveum, u. laͤſt ihn erſuchen / ſolches zuꝛuͤck zu geben. Der Koͤnig iſt ſo gut und verſpricht / ſo bald er zu Soiſſons wuͤrde angelanget ſeyn / allwo man die Beuthe theilen wuͤrde / ſolte es der Biſchoff wieder haben. Denn dazumahl die Gewohn - heit bey denen Frantzoſen / daß man alle im Kriege gemachte Veuthe zuſammen ſammlete / und nach ge - endetem Kriege unter die ſaͤmtliche Armee austhei - lete. Wie man nun zu ſolcher Theilung ſchreiten will / ſo bittet ſich der Koͤnig dieſes guͤldene Gefaͤſſe aus der Kirchen zu Rheims aus / damit er es dem Biſchoff / der ihn ſo gar inſtaͤndig darum erſuchen laſſen / koͤnte wieder zuſenden. Sie antworten ingeſamt: Daß der Koͤnig nach ſeinem Willen da - mit ſchalten koͤnte: Nur ein eintziger Soldat iſt ſo verwegen / daß er mit ſeiner Streit-Axt einen ſtarcken Streich in ſelbiges Gefaͤſſe thut / und dazu ſpricht: Du ſolſt es haben / wenn dir es das Lohs giebt. Der Koͤnig verbeiſt ſelbiges mahl dieſe Be - ſchimpfung / und laͤßt ſich daran begnuͤgen / daß er das Gefaͤſſe nimmt / und es denen Abgeordneten von Rheims wieder zuſtellet. Das Jahr aber her - nach / als er eine Muſterung ſeiner Armee haͤlt / und an dieſen Soldaten koͤmmt / reiſt er ihm ſeine Streit - Axt aus der Fauſt / und wirfft ſiezur30Denckwuͤrdigkeitenzur Erden / ſagend warum er ſo ſchlecht bewaffnet waͤre. Wie nun der Soldat ſich buͤcket / ſelbige wieder auffzuheben / giebt ihm der Koͤnig einen ſo ſtarcken Hieb uͤber den Kopf / daß er ſo fort todt zu ſeinen Fuͤſſen niederfaͤllt. Und zu bemer - cken / daß er ſeine vormahls begangene Verwegen - heit damit ſtrafete / ſo ſagte er: Einen ſolchen Streich gabſt du dem Rheimiſchen Gefaͤſſe zu Soiſſons. Dieſe kuͤhne Ahndung ſetzet Clo - doveum in groſſe Autoritaͤt / und machet viele Fre - veler furchtſam p. 87.

Die Thuͤringer fallen unter Hermenfried in denen Laͤndern ein / welche die Francken am Rhei - ne beſitzen. Clodoveus bricht gegentheils in ihr Land; verheeret alles mit Feuer und Schwert. Leget ihnen hernach einen Tribut auff / nachdem ſich Theodoricus, Koͤnig der Oſtrogothen ins Mit - tel ſchlaͤget / und wird Friede gemacht.

Clodoveus dencket nach dieſen darauf / eine Printzeßin von Burgundien, Koͤnig Gondebalds ſeines Brudern Tochter / zu heyrathen / Clotilde Namens. Dieſe hat Gondebald an ſeinem Ho - fe / laͤßt ſie aber wenig auskommen: Allein Clo - doveus Geſandten / ſo an ſelbigen Koͤnig geſchicket worden / ſehen ſie allda / bewundern ihre ausbuͤn - dige Schoͤnheit und Tugend / und wiſſen ſie bey der Wiederkunfft nicht gnungſam herauszu - ſtreichen.

Clodoveus wird durch Anhoͤrung ihres Ruhms verliebt gemacht. Jndem er aber weiß / daß Gondebald Clotildens Vater / der ſein leibli -cher31des Koͤnigreichs Franckreich. cher Bruder war / den Kopf laſſen herunter ſchla - gen / weil derſelbe ſich mit ihm ums Reich gezan - cket / ſo beſorget er / Gondebald moͤchte ſie ihm verſagen / aus Furcht / daß er wuͤrde ih - res Vaters Hinrichtung |raͤchen: Zudem iſt Clotilde dem Chriſtlichen Glauben zugethan / Clodoveus aber noch im Heydenthum. Gleich - wol verſuchet ers heimlich / und erkundiget ſich erſtlich / ob Clotilde ſich wol zu ſeiner Heyrath entſchlieſſen wolte; ſchicket dahero einen vertrau - ten Roͤmer ab / Aurelianum Namens: Die - ſer verkleidet ſich als ein Bettler / ſetzet ſich unter die andern Armen an die Kirchthuͤre / woſelbſt Clotilde taͤglich pfleget ihr Gebeth zu verrichten / und Almoſen auszutheilen. Als ſie koͤmmt / und ihm gleichfalls etwas reichet / nimmt er ihre Hand und kuͤſſet ſelbige.

Clotilde mercket daran / daß hinter dieſem Vettler etwas mehr verborgen / und laͤßt ihn ho - len. Er thut ſeinen Vortrag / daß ſie in dem Pallaſt ihres Vetters ſo verborgen nicht bleiben koͤnnen / daß nicht Koͤnig Clodoveus ihre Vor - trefflichkeiten haͤtte ruͤhmen hoͤren: Er liebete ſie demnach / und wuͤnſchete ſich mit ihr zu vermaͤh - len / wenn er nur ihre Einwilligung vernaͤhme.

Clotilde findet ſich geneigt dazu; nur ſtehet ihr der Unterſchied der Religion im Wege. Au - relianus verſichert ſie / daß Clodoveus wuͤr - de zum Chriſtenthum treten / und ſie die Ehre haben / eines ſo groſſen Koͤniges Bekehrung zu befoͤrdern / wenn ſie ihn wolte zum Ge -mahl32Denckwuͤrdigkeitenmahl annehmen. Clotilde laͤßt es ſich gefallen / und nimmt einen Ring von Aurelian, den er ihr im Namen ſeines Koͤniges uͤberreichet. Aure - lianus bringet darauf gute Poſt an Clodoveum zuruͤck / wird in Geſandſchaft an Gondebald ab - geſchickt / um ſie oͤffentlich zu werben. Gonde - bald fuͤrchtet ſich / Clodoveum zu beleydi - gen / bewilliget die Heyrath / und wird Clotilde ihm zu Soiſſons vermaͤhlet. Kurtz darauf redet ihm ſelbige von dem Chriſtenthume vor / dazu ſich gleichwol Clodoveus noch nicht verſtehen will. Da ſie aber ſchwanger von ihm wird / wendet ſie allen Fleiß an / ihn dahin zu bringen / daß ihr Kind / ſo ein Printz / die heilige Taufe empfaͤngt / und darinnen den Namen Ingomor bekoͤmmt. Doch dieſes Herrlein wird kurtz darauf kranck und ſtirbet. p. 96. Den Koͤnig kraͤncket dieſer Todes - Fall / und will ſolchen der Taufe ſchuld geben. Das folgende Jahr geneſet ſie abermahls eines Printzen / den ſie Clodomir nennet. Dieſer wird gleichfalls auf ihr anſtaͤndiges Bitten getauft; Faͤllt aber auch in eine toͤdtliche Kranckheit: Clo - doveus wirft ihr abermals vor / daß der Chriſten Taufe an dem Tode ſeiner Printzen Schuld waͤre: Allein Clotilde erhaͤlt ſo viel durch ihr Gebeth / daß dieſer Printz wieder geſund wird. p. 97.

Clodoveus nimmt darauf laͤngſt der Seine un - terſchiedene Staͤdte ein: Reformiret das Saliſche Geſetze p. 99. Die Allemannen und Schwaben fallen in ſein Land; Er ziehet ihnen entgegen / lie - fert denenſelben eine Schlacht bey Tobiac: DieSeini -33des Koͤnigreichs Franckreich. Seinigen fliehen: Er ſuchet vergeblich / ſie zu be - wegen / Stand zu halten: Ruffet alle ſeine heydni - ſchen Goͤtter umſonſt an / endlich erinnert ihn Au - relianus an ſeiner Gemahlin GOtt / da faſſet er Hoffnung / und ſchreyet: JEſu / GOtt der Chriſten / wo du itzo mir den Sieg giebſt / ſo bekenne ich / daß du ein allmaͤchtiger GOtt biſt / und thue das Geluͤbde / allen andern Goͤttern zu entſagen / um ſonſt keinen / als dich alleine anzubethen. Alſofort wendet ſich das Gluͤck des Treffens: Die Seinigen erholen ſich / und er ſchlaͤget die Feinde aufs Haupt / ſo daß die Koͤnige der Allemannen und Schwaben auf der Wahlſtadt getoͤdtet werden. p. 104.

Clodoveus bedienet ſich ſeines Sieges / gehet - ber den Rhein / durchſtreichet die Laͤnder der Alle - mannen und Schwaben / bringet ſie unter ſich / und leget beyden Nationen einen Tribut auf. Begiebt ſich nach Rheims / und laͤßt ſich allda von Sanct Re - migio nebſt einer groſſen Anzahl vornehmer Her - ren und anderer von ſeiner Armée unter herrlichen Solennien taufen. p. 107. Solches geſchiehet am Weyhnachts-Feſte / und werden zugleich auch Koͤ - nig Clodovei beyde Schweſtern / Alboflede und Lantilde, mit ihm getauft. Jndem nun vom Vol - cke bey ſolcher ſolennen Handlung ein groſſer Zu - lauff / ſo koͤmmt / wie Hincmarus, hernachmahliger Ertz-Biſchoff zu Rheims / behaupten will / ein En - gel in Geſtalt einer Taube mitten in die Verſamm - lung geflogen / und bringet eine Phiole, oder Glas mit einem engen Halſe / voll wohlriechendes Oel / ſoCman34Denckwuͤrdigkeitenman die heilige Lampe nennet; damit wird Clodo - veus geſalbet / und bis auf den heutigen Tag alle Koͤnige in Franckreich / indem annoch zu Rheims ſolche Oel-ampel verwahrlich aufgehoben zu fin - den. Doch will der Autor dieſes Tractats ſolches Miracul mit der Taube nicht eben vor eine unfehl - bare Gewißheit ausgeben p. 108.

Clodoveus bauet in ſeinem Lande viel Chriſtli - che Kirchen. Jſt der eintzige ꝛecht Chriſtliche Koͤ - nig / indem die andern alle entweder Heyden oder Ketzer und Verfolger der Rechtglaͤubigen ſind: Dahero bekoͤmmt er von den Biſchoͤffen den Titul des aͤlteſten Sohnes der Kirchen und Aller - Chriſtlichſten Koͤniges: Er reformiret an eini - gen Orten das Saliſche Geſetze. p. 110. Geraͤth in Krieg mit Koͤnig Gondebald, indem dieſer Ty - rann ſeinen Bruder / Koͤnig Gondegiſilum, der ein Theil des Burgundiſchen Reichs regieret / wil / wie er bereits den andern beyden Bruͤdern gethan / aus dem Wege raͤumen: Dieſer aber Clodoveum um Huͤlfe anruffet. Gondebald wird geſchlagen / flie - het nach Avignon. p. 112.

Clodoveus verfolget ihn dahin / belagert Avi - gnon; Gondebald wird durch die Klugheit eines ſeiner Favoriten / Aredius, errettet / daß Clodoveus mit ihm Frieden machet / unter der Condition, er ſolle ſein Vaſalle ſeyn / und ihm Tribut zahlen p. 115.

Als Clodoveus wieder in Franckreich koͤmmt / haͤlt der treuloſe Gondebald keine Tractaten; willnichts35des Koͤnigreichs Franckreich. nichts vom Tribute hoͤren / gehet mit ſeinem Vol - cke vor Vienne, allwo ſein Bruder Gondegiſilus ſich aufhaͤlt. Dieſer jaget alle unnuͤtzen Leute aus der Stadt / deſto laͤnger die Belagerung aus - zuhalten: Unter denen Herausgejagten iſt auch ein Vornmeiſter / welcher Koͤnig Gondebalden eine alte Waſſerleitung verraͤth / dadurch man kan in die Stadt kommen. p. 114.

Gondebald laͤßt des Nachts von auſſen hun - dert Mann in ſolch unterirrdiſch Gewoͤlbe / wo - durch vor dieſem das Waſſer gelauffen / ſich in aller Stille hinein begeben; Jndeß machet man einen falſchen Sturm an einer andern Seiten: Weil nun nach ſelbiger die meiſten der Belager - ten ſich hinziehen / kommen dieſe durch die alte Waſſerleitung in die Stadt / hauen die erſte Wa - che nieder; oͤffnen ein Thor / und laſſen durch ſel - biges die andern Voͤlcker hinein.

Gondegiſilus uͤber ſo ploͤtzliche Gefahr / dar - innen er ſich ſiehet / erſchrocken / fliehet in eine Kirche: Allein ſein tyranniſcher Bruder Gon - debald laͤßt ihn allda vor dem Altare maſſacri - ren. Und iſt alſo Vienne der Ort / wo er alle ſeine drey Bruͤder elendiglich ums Leben ge - bracht. Dieſes geſchiehet ums Jahr Chriſti 501. Alſo nun ſiehet ſich Gondebald alleine vom Bur - gundiſchen Reiche Herr / welches ſeine Bruͤder mit ihm theilen wollen.

C 2Clodo -36Denckwuͤrdigkeiten

Clodoveus iſt damahls anderwerts beſchaͤffti - get / und hat Gondegiſilo ſo geſchwind nicht koͤnnen beyſtehen: Jhm geht aber deſſen Ermordung ſehr nahe / und dencket er auff Rache; die er gleichwol anderer Expeditionen halber muß ausſetzen. Denn es empoͤhren ſich die Voͤlcker in Verdun, die er erſt wiederum zu paaren bringet. p. 116. Er unterwirfft ſich darauff ein Theil des Lionneſiſchen; belagert vergeblich Nantes; gewinnet doch dieſes Volck durch Guͤtigkeit / tractiret mit ihnen / daß ſie hinfort keine Koͤnige / ſondern nur Hertzoge und Grafen haben ſolten / die von der Krohn Franck - reich die Lehn empfingen; laͤßt ihnen im uͤbrigen ih - re alten Geſetze und Gewohnheiten / und bringt damit einen groſſen Strich Landes unter ſeine Herrſchafft p. 118.

Hierauff nimmt er den Krieg wieder Gonde - balden, Koͤnig in Burgundien, vor. Theodoricus, Koͤnig der Oſtrogothen, ein Staats-kluger und verſchmitzter Herr / welcher ſonſt bey denen Roͤ - mern auffgezogen worden / biethet Clodoveo an / mit ihn im Allianz zu treten; die Krieges-Unkoſten gemein zu tragen / und dann das eroberte Burgun - dien unter ſich zu theilen p. 119. Clodoveus laͤßt es geſchehen. Theodoric hat einen liſtigen An - ſchlag / Clodovei Macht zu ſchwaͤchen / ſo ihm aber nicht geluͤcket. p. 121. Sie nehmen Burgundien ein / und theilen es unter ſich. Gondebald be - koͤmmt endlich von Theodorico ſein Theil des Reichs wieder / und ſoͤhnet ihn zuletzt bey Clo - doveo gleichfalls aus / der ihn pardonniret /und37des Koͤnigreichs Franckreich. und muß er von neuen ſich verpflichten / ein Va - ſall von der Krohn Franckreich zu verbleiben / wel - ches er auch / durch ſo vieles Ungluͤck gewitziget / redlich haͤlt / und ſo gar bey Koͤniges Clodovei Hof-Stadt eine anſehnliche Charge annim - met / um deſto mehr in Sicherheit und Ruhe zu ſtehen.

Nach geendetem Burgundiſchen Kriege rottet Clodoveus den Arianismum moͤglichſt in Franck - reich aus: Alaricus, Koͤnig der Wiſigoten, verfol - get hart die Catholiſchen. Die Tapferkeit dieſes Koͤ - nigs; deſſen Eroberungen in Jtalien; wie dann auch ſein Vorfahrer dieſes Namens die Stadt Rom ſelbſt zweymal eingenommen und ausge - pluͤndert. Die Nachkommen aber des erſten A - larics, Ataulphus, Sigericus, Vallia, Theodoricus, Torismundus, Theodoricus Secundus, Evaricus, erobern ein Theil von Gallien und Hiſpanien, und richten ihr eigen Reich auf. Der andre Alaric, von dem der Autor allhier p. 125. redet / iſt ein Arianer / ſonſt aber ein kluger und tapferer Herr. Siehet Clodovei Wachsthum mit neidiſchen Augen an. p. 126. ſuchet durch verſtellte Freundſchaft ihn einzuſchlaͤfern. Koͤmmt mit ihm zuſammen / und ſchwoͤren einander ewige Freundſchaft. Alaric a - ber bricht gar bald ſeinen Eyd. Verjaget den Bi - ſchoff Quintianum ins Elend / aus Vorwand / er haͤtte ein Verſtaͤndniß mit den Galliern; Nimmt alle des Clodovei rebelliſche Unterthanen in ſeinem Lande auf / und giebt ihnen Schutz. Verfolget recht blutig die Catholiſchen. Dieſe nehmen ihreC 3Zu -38DenckwuͤrdigkeitenZuflucht zu Clodoveo. Dieſer ſchicket Geſand - ten an ihn wegen nochmahliger Conferenz. A - laric williget darein / doch / daß Clodoveus mit ei - nem kleinen Geleite und ohne Waffen an den be - nannten Ort kommen moͤchte / allwo er gleichfalls alſo erſcheinem wolte. Der Tag koͤmmt heran: Alaric iſt der erſte auf ſolchem Platze. Clodoveus will erſtlich ſolchen durch einen ſeiner Leute laſſen recht erkundigen: Schicket dahero Paternum, als ſeinen Geſandten / voraus: Dieſer mercket / daß Koͤ - nig Alaric und alle ſeine Leute Gewehr unter ih - ren Kleidern verborgen / und nichts Gutes gegen ſeinen Herrn im Sinne haben. Sie ſchimpfen aber den Geſandten wider das Voͤlcker-Recht und ſchicken ihn zuruͤcke. p. 128.

Clodoveus greift darauf zum Waffen. Theo - doricus, Koͤnig der Oſtrogothen, ſuchet beyde wieder zu vertragen: es iſt aber vergeblich. p. 130.

Clodoveus haͤlt ſcharff Commando bey ſeiner Armée, und laͤßt keinem eintzigen Landmann noch Einwohner in Staͤdten das geringſte Leyd zufuͤ - gen. Thut eine Geluͤbd / wenn er ſieghaft zuruͤck kaͤhme / eine Kirche in Paris Sanct Petri und Pauli zu erbauen; welche Kirche anitzo zu S. Genoveven heißt. p. 132. Toͤdtet einen Soldaten mit ei - gener Fauſt / welcher einem Bauer nur ein Buͤnd - lein Heu mit Gewalt genommen. Alle unter ſei - ner Armée Fechtende ſchwoͤren / ſich nicht ehe den Bart abſcheeren zu laſſen / bis ſie mit Siege zu - ruͤck nach Hauſe kommen. p. 132.

Clodoveus39des Koͤnigreichs Franckreich.

Clodoveus ruͤcket mit ſeiner Armée in Aqui - tanien ein / koͤmmt an Vienne, trifft den Strohm vom ſtarcken Regen dermaſſen angelauffen an / daß er nicht uͤberzuſetzen vermag. Wie er nun deßwegen ſehr unruhig / koͤmmt ein Reh aus dem nechſten Walde / und watet im Geſichte der gan - tzen Armée durch den Fluß hindurch: Die Fran - cken nehmen dieſes vor ein gutes Zeichen auf / und folget das gantze Herr dem Fuhrte nach / ſo ihnen das Reh gezeiget hat. p. 134.

Darauf gehen ſie in Poitou, Clodoveus laͤßt a - bermal bey Leib und Lebens-Strafe verbiethen / niemand der Einwohner das geringſte Leid zu thun. Naͤhert ſich Poictiers, wohin ſich Alaric be - geben. Dieſer machet ſich aus der Stadt / und retiriret ſich. Des Nachts ſteigt aus der Kirche Sanct Hilarii eine Flamme hervor / erhebet ſich in die Luft / koͤmmt uͤber das Frantzoͤiſche Lager und laͤßt ſich auf Clodoveus ſein Gezelt nieder: Wel - ches die Armée als ein gewiſſes Zeichen des Sie - ges annimmt. p. 135.

Clodoveus verfolget den Feind / trifft ihn bey Voclade an / fuͤnf Meilen von Poictiers, ſo heuti - ges Tages Civeaux genennet wird; Clodoveus, um das Blut ſeiner Unterthanen zu ſparen / laͤßt Alaricum auf einen Zwey-Kampf heraus fodern / d[a]ß ſie beyde ihren Streit im Angeſicht beyder Ar - meen wolten ausmachen / und wer dann als Sie - g[e]r uͤbrig blieb / moͤchte die Herrſchaft uͤber g[a]ntz Gallien behalten. Alaric, ſo hertzhaftC 4er40Denckwuͤrdigkeitener auch ſonſten iſt / will die Ausforderung nicht annehmen / ſondern giebt zur Antwort: Er wolte als ein Koͤnig mit der gantzen Armée treffen. Dar - auf ſchicken ſich beyde zur Schlacht: Dieſelbe iſt ſehr blutig und eine geraume Zeit der Sieg ziem - lich zweifelhaft: Beyde Koͤnige ſeynd von groſſer Erfahrung und Tapferkeit; beyde in ihren beſten Alter: Beyde haben die tapferſten Nationen ſelbi - ger Zeit zu commandiren. Endlich beginnen doch die Wiſigothen in Unordnung zu gerathen / und ſich auf die Flucht zu begeben: Alarico haͤlt ſie noch auf / ſo viel moͤglich.

Clodoveus, ſo dieſen Koͤnig an Waffen erken - net / ruffet ihn mit Gebehrden und Worten noch - mals zum Zwey-Kampf auf. Alaric, der kein an - der Mittel ſiehet / laͤßt ſich ein: Sie halten einander ziemlich warm: Endlich trifft doch Clodoveus ſo nachdruͤcklich ſeinen Feind mit dem Speere / daß er vom Pferde ſtuͤrtzet / ſteigt darauff ſelbſt herab / und ſtoͤſt unter den Cuͤraß den Degen Alarico ſo tieff in den Leib / daß er tod[t]auff dem Platze liegen bleibet. Zwey Wiſigothen, voll von Verzweiffelung / daß ſie ihren Koͤnig ſo - len ſterben ſehen / hauen auff Koͤnig Clodoveun zu / welchen aber der Koͤnig von Coͤlln zu Huͤlfe koͤmmt / und ſie alſo dieſe beyden Unholden in d[i]e Flucht jagen p. 139.

Clodoveus bedienet ſich ſeines Sieges / theilet ſi - ne Armée, giebt ein Corpo davon ſeinem natuͤri - chen Sohne Thierry, welcher damit gantz Auvr - gne, Rovergue, Quercy und Albigeois einnim[m]t. Clod -41des Koͤnigreichs Franckreich. Clodoveus nimmt mit ſeinem Corpo Poictou weg / und gehet bis nach Bourdeaux, wo er den Winter - ber verbleibet / und ſich von allen Voͤlckern / ſo zwiſchen der Garonne und den Pyrenaͤiſchen Ge - buͤrgen liegen / huldigen laͤßt. p. 141. Bey angehen - den Fruͤhling belagert er die Reſidentz-Stadt der Wiſigothiſchen Koͤnige / Toulouſe, nimmt ſolche ein / und bekoͤmmt zugleich darinnen Alarics gantzen Schatz. Erobert auch Angoulême, indem bey ſeiner Ankunft davor ein groſſes Stuͤcke Mauer von ſich ſelbſt einfaͤllt / und die Trouppen uͤber dieſe Steine / dadurch der Graben gefuͤllet worden / gantz bequemlich anlauffen. Alſo nimmt das Reich der Wiſigothen in Gallien ein Ende.

Kaͤyſer Anaſtaſius ſchicket Geſandten an Koͤnig Clodoveum, und / um eines ſo groſſen Potentaten Freundſchafft zu gewinnen / ſendet er ihm zugleich einen Buͤrgemeiſter-Rock ſamt einen Kaͤyſerli - chen Diadem, und dem Titul eines Roͤmiſchen Pa - tricii. Clodoveus leget dieſes Kleid an / ſetzet den Kaͤyſerlichen Haupt-Schmuck auff / und begiebt ſich alſo zu Pferde unter einem gewaltigen Zu - lauff des Volcks in die Kirche / an allen Enden Gold und Silber-Muͤntze auswerffend: Das Volck aber gruͤſſet ihn mit lauter Stimme: Con - ſul und Auguſte. p. 144.

Clodoveus koͤmmt nach dieſem in Paris, er - wehlet dieſen Ort zu ſeiner Reſidentz; und nimmt ſeine Wohnung in einem Pallaſt / welchen die Roͤmer erbauet / woſelbſt Julianus Apoſtata ſich Zeit ſeines Anweſens in Gallien auffgehalten. C 5Von42Denckwuͤrdigkeitenvon welchem Pallaſt aber heut zu Tage nichts mehr zu ſehen. Er bauet nah dabey die Kirche Petri und Pauli, ſeiner Geluͤbde ein Genuͤgen zu thun. Dieſe Kirche ſtehet noch anitzo unter dem Titul S. Genoveva p. 145.

Clodoveus verſammlet darauf ein Concilium zu Orleans im Jahr CHriſti 508. Wobey ſich drey und drey ßig Biſchoͤffe einfinden: Der Kirchen-Staat und die Policey wird verbeſſert / und alles wohl eingerichtet. Bis hierher iſt Clodoveus klug / gerecht / gottesfuͤrchtig / tapfer und gluͤckſelig: Allein wie groſſes Gluͤck auch die beſten Fuͤrſten zu groſſen Laſtern verleitet / ſo gehet es dieſem Herrn auch. Er nimmt ſich vor / alle kleinen ſuoverainen Herren / die noch in Gallien ſeynd / auszurotten / alſo kehret er ſich weder an Allianzen, die er mit den meiſten gemacht / noch an Verwandſchafft / noch |an Religion; ſu - chet allerhand Vorwand / laͤßt alſo Koͤnig Cara - ricum und deſſen Printz / die ſich doch ihm bey deſ - ſen ankommender Krieges-Macht ergeben / erſt - lich in Ordens-Kleider ſtecken / darauff aber toͤdten. p. 149.

Ragnacairus, Koͤnig zu Cambray, hat kein beſſer Gluͤck. Clodoveus beſticht deſſen Bedienten / daß ſie ihren Herrn / nebſt ſeinem Bruder / Printz Re - gnier verraͤtheriſch in ſeine Haͤnde liefern / welche Clodoveus, als ſie gefeſſelt zu ihm gebracht wer - den / mit eigener Hand erwuͤrget. pag. 151. Die Verraͤther aber ſtat des verſpro chenen Gol - des nur mit verguͤldetem Kupfer bezahlen laͤßt. p. 151.

Fer -43des Koͤnigreichs Franckreich.

Ferner laͤßt Clodoveus ſeine Grauſamkeit und Regier-Sucht heraus / da er Clodericum, den Erb - Printz des Koͤnigs Sigiberti zu Coͤlln / heimlich an - treibet / daß er dieſen ſeinen leibl. alten Vater auf der Jagt durch dazu beſtellte Meuchel-Moͤrder toͤdten laͤßt p. 152. Als nun Cloderic dieſe veruͤbte That Koͤnig Clodoveo laͤßet kund machen / ſchicket die - ſer Geſandten an ihn / unter dem Vorgeben / mit ihm eine genaue Allianz zu ſchlieſſen.

Da aber dieſer neue Koͤnig und Vater-Moͤr - der Cloderic eben einen Kaſten oͤffnet / worin - nen ein Theil von ſeines Vaters nachgelaſſenen Schaͤtzen verwahret / und ſich buͤcket / etwas her - aus zu langen / ſo giebt ihm einer von denen Fran - tzoͤiſchen Geſandten einen ſo ſtarcken Hieb von hinten zu mit ſeiner Streit-Axt / daß er davon todt niederſincket. p. 153.

Damit laͤßt Clodoveus denen Coͤllnern ſeine Protection antragen / und ſtellet ſich / als haͤtte er an Ermordung des Koͤniges Sigiberti den groͤßten Mißfallen. Die Coͤllner ſubmittiren ſich alſo ihm / und erwaͤhlen Clodoveum zu ihrem Koͤnig. p. 154.

Nach Hinrichtung ſo vieler kleinen ſouverai - nen Herren / ſo iſt Clodoveus beſorget / ob nicht et - wan noch einer moͤchte vorhanden ſeyn / welcher der andern ihren Tod zu raͤchen intentioniret: Um nun ſelbigen zu erfahren / ſagt er mit groſſer Ver - ſtellung in einer Verſammlung der Frantzoͤiſchen Herren: Er waͤre recht ungluͤcklich / daß er alle ſeine Anverwandten verlohren /und44Denckwuͤrdigkeitenund wuͤrde hinfuͤhro als ein Fremder in ſei - nem eigenem Lande ſeyn muͤſſen / nicht wiſſend / wem er trauen / oder zu wem er ſeine Zuflucht nehmen ſolte.

Allein dieſe Worte wuͤrcken nichts / es ſey nun / daß man mercket / worauf ſie gehen; oder / daß wuͤrcklich niemand von ſeinen Verwandten mehr am Leben iſt. p. 154.

Alſo regieret er nach Stuͤrtzung aller kleinen Koͤnige gantz alleine in Franckreich ſo wol diß-als jenſeits des Rheins. Aber kurtze Zeit: Er ſtirbet zu Paris im Jahr Chriſti 511. als im fuͤnff und vier - tzigſten ſeines Alters und im dreyßigſten ſeiner Re - gierung: Wird in die von ihm aufgebauete Petri und Pauli Kirche begraben. Hinterlaͤßt ſechs Kinder: Zwey Toͤchter / deren eine von einer Concu - bine, Teudichilde Namens / an Koͤnig der Varnen, Radigern in Alt-Teutſchland vermaͤhlet: Die ande - re / Clotildens Tochter / und die auch ihren Namen fuͤhrte / wurde an Amalaric, der Wiſigothen Koͤnig in Spanien / gegeben. Die vier Printzen aber theilen das Reich unter ſich / indem die Toͤchter durch das Saliſche Geſetze von der Regierung ausgeſchloſ - ſen ſind.

Thierry, ſo der aͤlteſte iſt / und von einer Concu - bine gebohren / wie auch Clodomir, Childebert, und Clotarius, ſo alle dreye Clotildens Soͤhne / bekom - men ein ieder ſein eigen Reich zu regieren. Von welchen allen in folgenden Buͤchern weiter gehan - delt wird.

Ende des andern Buchs.

Das45des Koͤnigreichs Franckreich.

Das dritte Buch dieſes erſten Theils des Verzeichniſſes der denckwuͤrdigſten Sachen des Frantzoͤiſchen Reichs haͤlt ein Theil der Regierung Childeberts, des erſten / in ſich / vom Jahr CHri - ſti 511. bis ins Jahr CHriſti 542.

FRanckreich wird unter Clodovei vier Soͤh - ne getheilet / und die Helffte Orientalis oder Auſtraſien; die andere Helffte Occidentalis oder Neuſtrien genennet. Auſtraſien begreifft alles das - jenige / was zwiſchen der Maas und dem Rheine lieget / ja noch einige Staͤdte uͤber der Maaſe / in Flandern und Champagne, auch jenſeits des Rheins gantz Alt-Franckreich und die durch Clodoveum all - da eroberten Laͤnder. Neuſtrien erſtrecket ſich von der Maaſe / wo Auſtraſien ſich endet / bis an den Fluß Loire oder die Ligeris.

Aquitanien iſt in dieſer Theilung nicht mit be - griffen. Burgundien hat auch ſeine abſonderlichen Koͤnige; gantz Languedoc und viele Staͤdte nach dem Pyrenæiſchen Gebuͤrge und dem mari mediter - raneo ſeynd noch unter denen Wiſigothen. The - odoricus, Koͤnig in Jtalien / hat die Provence in - nen. Alſo bekoͤmmt Thierry (oder Theodoricus) als der aͤlteſte Sohn Clodovei, auff ſein Antheil gantz Auſtraſien. Die drey andern Printzen theilen Neuſtrien unter ſich. Clodomir, Clotildens aͤlte - ſter Sohn / nimmt ſeine Reſidentz zu Orleans, und wird in Beſitz der Laͤnder geſetzet / welche diß und jenſeits der Loire ſind. Childebert, Clotildensandere46Denckwuͤrdigkeitenanderer Printz / hat ſeine Reſidentz zu Paris; ſein Koͤnigreich beſtehet aus der Normandie, wie auch einem Theil von klein Bretagne und einige andere Laͤnder um die Seine herum; Clotarius endlich bleibt zu Soiſſons und bekoͤmmt die Picardie nebſt einem Theile von Champagne und Flandern. Die Provinzen, welche Clodoveus von den Wiſigothen erobert / ſollen keinem von dieſen vier Soͤhnen in - ſonderheit verbleiben / ſondern in der Gemeinſchafft ſeyn. Doch behaͤlt Theodorico (oder Thierry) wider ſeiner Bruͤder Willen Auvergne nebſt ei - nigen Staͤdten davon vor ſich alleine / welche er nach der Schlacht bey Poitiers eingenommen hat. p. 160. Cochiliac Koͤnig in Daͤnnemarck thut mit einer ſtarcken Flotte eine Landung in das Land der Actuarier. Thierry giebt Volck ſeinem Sohn Theodebert, welcher eben den Daͤniſchen Koͤnig Cochiliac antrifft / da er mit groſſer Beute fort fahren will: Es iſt ſchon alles eingeſchiffet / bis auff den Koͤnig: Theodebert koͤmmt ihm mit ſei - nen Schiffen uͤber den Hals / ſchlaͤgt den Koͤnig todt / gewinnet einen vollen Sieg uͤber ſeine Flotte / nimmt alle Beute ab / befreyet die Gefangenen / und kehret als Sieger zuruͤck. p. 162.

Fuͤnf Jahr hernach entſtehet ein Krieg in Thuͤ - ringen / dadurch Thierry Gelegenheit bekoͤmmt / ſich ſelbiges gantzen Reichs zu bemaͤchtigen - Koͤnig Baſin, bey dem ehmahls / wie oben gemel - det / Childeric in ſeinem Exilio ſich auffgehalten / hat drey Soͤhne hinterlaſſen: Hermenfried, Baderic, und Bertharium.

Her -47des Koͤnigreichs Franckreich.

Hermenfried hat Amalabergen, des Wendiſchen Koͤnigs Traſimondi Wittwen / geheyrathet / eine Frau von groſſem Ehr-Geitz und Grauſamkeit. Auff ihr Einrathen hat er ſchon Bertharium laſ - ſen hinrichten / und hat deſſen Tochter Radegon - den nebſt ihrem Geſchwiſter zu ſich in ſeine Reſidentz genommen. Amalaberga ſiehet mit Verdruß / daß der ander Bruder Baderie ein Theil von Thuͤrin - gen beſitzet; Demnach redet ſie immer ihrem Ge - mahl ein / darauff bedacht zu ſeyn / wie er ſeinen Bruder moͤchte in die andere Welt ſchicken. Als nichts verfangen will / laͤſt ſie einsmahls ihm nur die halbe Tafel decken / wo er ſpeiſen ſoll. Der Koͤnig / dem dieſe Neuerung wunderlich vorkoͤmmt / fragt nach der Urſache: Sie antwortet: Es geſchaͤhe darum / daß ein Fuͤrſt / der nur ein halbes Reich haͤtte / auch nur halb muͤßte ſeine Tafel gedecket haben. p. 163.

Dieſer ſpitzige Schertz treibet Hermenfrieden mehr als alles andere an / ſeinen Bruder Baderic zu bekriegen: Nun aber ſelbigen deſto gewiſſer zu uͤberwinden / macht er Allianz mit Koͤnig Thierry, und verſpricht ihm die Helffte von Baderics Lande vor den Beyſtand. p. 163.

Thierry reiſet von Metz mit einer ſtarcken Ar - mée, und conjungiret ſich mit Hermenfrieden: Doch haben beyde unerachtet ihres mit ei - nem Eyde beſtaͤtigten Buͤndniſſes im Sinne / ein - ander zu betruͤgen. Baderic iſt beſtuͤrtzt / ei - nen Koͤnig aus Franckreich / den er nie beley - diget hat / mit einem ſo ſtarcken Kriegs-Heere /als48Denckwuͤrdigkeitenals ſeines Bruders Bundesgenoſſen zu ſehen. Doch wehret er ſich tapfer mit ſeinem wenigen Volcke / und bleibt auf der Wahlſtadt todt / die Seinigen aber werden alle in Stuͤcken zerhauen.

Hermenfried nimmt die Staͤdte ein / welche ſei - nem erſchlagenen Bruder zugehoͤret. Thierry keh - ret nach Franckreich / weil er allda von ſeinen Bruͤ - dern einigen Anfall befuͤrchtet / im uͤbrigen verlaͤßt er ſich auf Hermenfrieds Verſprechen.

Das folgende Jahr / als Anno Chriſti 523. ge - het das Krieges-Feuer zwiſchen den drey Frantzoͤi - ſchen Koͤnigen Clodomirn, Childeberten und Clo - tario einerſeits; und Koͤnig Sigismundo in Bur - gundien anderer Seiten / an. Dieſer Sigismund iſt Koͤnig Gondebalds, welcher Clotildens Vater den Kopf herunter ſchlagen laſſen / ſein hinterblie - bener Sohn. Clotilde wil noch den Tod an ſeinen Nachkommen raͤchen / wiegelt alſo ihre drey itzt ge - nannte Soͤhne wider ihn auf. Sigismund hat das erſte mahl ſich mit Theodorici des Koͤniges in Jta - lien Tochter vermaͤhlet / von welcher er einen Printz / Namens Siegerich, gezeuget. Nach die - ſer Koͤnigin Tode vermaͤhlet er ſich abermahls mit einer Dame von ausbuͤndiger Schoͤnheit / aber ſehr geringer Ankunft. Dieſe neue Gemahlin faſſet wider ihren Stief-Sohn / den Printz Siegerich, einen toͤdtlichen Haß / indem ſie vermeynet; er ver - achte ſie: Bringet es alſo durch falſches Angeben / als ob er ſeinem Vater nach dem Reiche ſtehe / dahin / daß dieſer den unſchuldigen Printz im Schlafe er - wuͤrgen laͤßt. p. 166. Es gereuet ihn ſolches zuſpat49des Koͤnigreichs Franckreich. ſpat / indem er ſpuͤret / daß man ihn hintergangen. p. 167. Die drey Koͤniglichen Bruͤder Clodo - mir, Childebert, und Clotarius, bekriegen ihn / ſchlagen ſeine Armée; und ob er ſchon fliehet / ſo le - gen ihm doch ſeine eigene Bediente Feſſeln an / und liefern ihn Koͤnig Clodomirn, welcher denſelben ſamt ſeiner Gemahlin und Kindern auf ein Schloß nahe bey Orleans laͤßt gefangen ſetzen. p. 169.

Godomar, Koͤniges Sigismundi Bruder / ziehet den Reſt von Sigismunds Armée zuſammen / ver - ſtaͤrcket ſelbige / und nimmt viel Staͤdte in Bur - gundien weg. Clodomir wil nicht einem andern den Nutzen von ſeinem Siege goͤnnen / ziehet alſo mit ſeinem Heere fort / Godomarn aufzuſuchen. Vorhero aber laͤßt er / ohnerachtet der von dem Abt von S. Mesmin geſchehenen Warnung / Koͤ - nig Sigismundo, wie auch ſeiner Gemahlin / die an Printz Siegerichs Tode ſchuld geweſen / und ih - ren Kindern die Koͤpfe herunter ſchlagen: Da denn Sigismund gantz beſtaͤndig und geduldig ſich bey Empfang des Urthels bezeiget und bekennet / daß er ſolche Zuͤchtigung GOttes wegen ſeines unſchul - dig ermordeten Printzen verdienet. p. 170.

Clodomir ruͤcket nebſt Thierry, dem Koͤnige in Auſtraſien auf Godomarn los. Thierry handelt an ihm argliſtig / laͤßt ihn den fluͤchtigen Burgundi - ern alleine nachſetzen. Dieſe wenden ſich / umrin - gen Clodomirn, ſchlagen ihm das Haupt ab / ſtecken es auf eine Lantzen / damit es von der Frantzoͤiſchen Armée koͤnne geſehen werden. Dieſe mehr dadurchDerbit -50Denckwuͤrdigkeitenerbittert als verzagt gemacht / ſetzen hitzig in die Burgundier hinein / metzeln viele Regimenter nie - der / und zerſtreuen den Reſt von Gondemars ſei - nem Heere. p. 172.

Ein Theil von Burgund koͤmmt darauf in der Frantzoſen ihre Gewalt. Theodorico, Koͤnig in J - talien / koͤmmt von der andern Seiten / und nimmt auch einige ſeinem Lande am naͤheſten gelegene Staͤdte davon weg.

Gundiocha, Koͤnig Clodomirs hinterlaſſene Wit - we / ſuchet Schutz bey ihres verſtorbenen Gemahls Bruder / Clotario: Dieſer verliebt ſich in ſie / und ohnerachtet er bereits viele Gemahlinnen hat / ſo laͤßt er ſich dieſe auch noch beylegen. p. 173.

Clotilde nimmt Clodomirs hinterlaſſene Prin - tzen zu ſich. Thierry Koͤnig von Auſtraſien bekrie - get mit Beyſtand ſeines Halb-Bruders / Koͤnigs Clotarii den Thuͤringiſchen Koͤnig Hermenfried, ſchlaͤget ihn. p. 174. Hermenfried ſchwimmet durch die Unſtrut / damit er nicht den Siegern in die Haͤn - de falle. Die Frantzoſen ſetzen denen Thuͤrin - gern heftig nach. Clotarius koͤmmt in Hermen - frieds Pallaſt: Findet allda die Printzeßin Rade - gonde, Bertharii Tochter. Verliebt ſich in ſie. Nimmt ſelbige ſtat aller andern Beuthe / und laͤßt Thierry das gantze Koͤnigreich Thuͤringen / dieſes geſchiehet ums Jahr Chriſti 530. Thierry, in der Meynung / Clotarius moͤchte doch dereinſt ſeinen Antheil an Thuͤringen fodern / weil er ihme ſolches helffen einnehmen / trachtet dahin / dieſen ſeinen Bruder ermorden zu laſſen. Er laͤßt ihn alſofreund -51des Koͤnigreichs Franckreich. freundlich zu ſich laden / als haͤtte er ihm etwas von groſſer Wichtigkeit zu vertrauen: Hat aber ge - waffnete Leute hinter die Tapeten ins Zimmer ge - ſteckt / die auf ein gewiſſes Zeichen ſollen hervor bre - chen / und Clotarium ermorden.

Wie Clotarius hinein in den Saal tritt / ſiehet er / weil die Tapeten etwas zu kurtz / der darhinter verborgenen Moͤrder ihre Fuͤſſe hervor kucken: Darum tritt er wieder zuruͤck / ruffet ſeine Bedien - ten / und gehet alſo unter deren ſtarcken Begleitung in den Saal. Thierri merckend / daß ſein Anſchlag verrathen / begegnet ihm gantz freundlich / beſchen - cket ihn auch mit einem groſſen ſilbernen Gieß-Be - cken / ſo er unter den Mobilien Koͤnig Hermenfrieds erbeutet / und laͤßt ihn von ſich / ſchicket doch her - nach ſeinen Printz Theodebert zu ihm / welcher ſolches Præſent ihm wieder abſchwatzen muß. Lo - cket darauf den von ſeinem Land und Leuten ver - jagten Thuͤringiſchen Koͤnig Hermenfried an ſei - nen Hof / als wolte er ſich mit ihm vertragen; empfaͤngt ihn freundlich / als ſie aber einmals auf denen Mauren zu Tolbiac zuſammen ſpatzieren gehen / ſo laͤßt er ihn in den Graben hinab ſtuͤr - tzen / daß er ſtirbet. p. 178.

Childebert nimmt Clermont in Auvergne hinweg. Amalaric, Koͤnig der Wiſigothen, wel - cher die junge Printzeßin Clotilde, Childeberts Schweſter / geheyrathet / tractiret ſelbige ſehr uͤbel / um ſie zu noͤthigen / die Catholiſche Religion zu ver - laſſen / weil er ein Arianer iſt. p. 179. 180. Laͤßt ſieD 2den52Denckwuͤrdigkeitenden Poͤbel mit Kothe werffen / wann ſie in die Kirche gehet. Schlaͤgt ſie ſelbſt / daß ſie hefftig blutet / und drohet ihr den Tod. Clotilde ſchreibt an ihren Bruder / Koͤnig Childebert, einen beweglichen Vrief / und leget ein Schnuptuch / ſo gantz von ihrem Vlute angefaͤrbet iſt / zum Zeug - niß bey / wie ſie von ihrem Gemahle tractiret wer - de. Childebert ruͤcket mit ſeinen Voͤlckern auff Amalaric loß / den er bey Narbonne mit ſeiner Ar - mée antrifft: Amalaric wird geſchlagen; will nach Barcellona fliehen; doch / als er auff dem We - ge iſt / erinnert er ſich / daß ſein gantzer Schatz annoch in Narbonne, und kehret zuruͤck / ihn erſt - lich mitzunehmen. Allein dieſer unzeitige Geitz koſtet ihm ſein Leben / und wird er bey einer Kirche / in die er ſich ſalviren will / erſchlagen p. 182.

Childebert koͤmmt in Narbonne, holet allda ſeine Schweſter Clotilden ab / die ihn mit Freuden empfaͤnget / aber das Vergnuͤgen ihrer Befrey - ung nicht lange genieſſet / indem ſie auff dem Wege ſtirbet; wird hernach in der Kirche Petri und Pauli zu Paris neben ihrem Vater dem Koͤnig Clodoveo beygeſetzet.

Hierauff bekrieget Childebert und ſein Vru - der Koͤnig Clotarius Godomarn, Koͤnig in Burgundien; nehmen das Land ein / und theilen es unter ſich / Koͤnig Godomar aber / welcher ihnen geliefert wird / muß im Gefaͤngniß ſein Leben traurig endigen p. 185. Thierry faͤllt immittelſt in Auvergne ein / und erobert ſelbiges Land: Seine Soldaten veruͤben darinnen groſſeGrau -53des Koͤnigreichs Franckreich. Grauſamkeiten p. 186. 187. Munderic wirfft ſich wider Thierry zum Koͤnige auff / vorgebend / daß er vom Koͤnige Clodion abſtamme p. 189. Thierry belagert ihn in Vitri. Die Stadt weh - ret ſich tapfer. Aregiſilus ein Bedienter von Koͤnig Thierry locket Munderic liſtig aus der Stadt; als er aber ſiehet / daß er verrathen / erſticht er Aregiſilum, und ſtirbt hernach / mit dem Degen in der Fauſt noch viele von den Fein - den mit ſich in den Tod nehmend. p. 194.

Clotilde, welche ihres Sohnes / Koͤnig Clodo - mirs, Kinder / bey ſich erziehet / hat die Hoffnung / die - ſelben bald auf ihres Vaters Throne zu ſehen. Chil - debert aber trachtet ſolches zu verhindern / verſchrei - bet auch deßwegen ſeinen andern Bruder / Koͤnig Clotarium, nach Paris. Sie fodern ihre beyden jungen Vettern von Clotilden, als wolten ſie ſel - bige kroͤhnen laſſen. p. 197.

Clotilde laͤßt ſie vergnuͤgt abfolgen; als ſie in beyder Koͤnige ihrer Gewalt ſind / ſchicken ſie an Clotilden Arcadium als einen Geſandten ab / laſ - ſen ihr eine Scheere und einen bloſſen Degen præ - ſentiren / und ſie fragen: Ob ſie Clodomirs Kin - der lieber geſchoren und ins Kloſter geſtoſ - ſen / oder todt ſehen wolte? Clotilde uͤber ſo barbariſchen Antrag erbittert antwortet aus Ver - druß: Lieber todt / als geſchoren. Als der Geſandte mit ſolcher Erklaͤhrung zuruͤcke koͤmmt / ermordet Clotarius mit eigener Hand beyde Prin - tzen / den aͤltern / Theodaldum, von zehen Jahren / und den juͤngern / Gunthern, von ſieben Jahren /uner -54Denckwuͤrdigkeitenunerachtet Childebert vor den juͤngern ſelbſt bit - tet / ihm das Leben zu ſchencken. Dieſe grauſame That geſchihet im Jahr CHriſti 533. Hierauff laͤſt auch Clotarius beyder ermordeten Printze ih - re Hofmeiſter und ſaͤmtliche Bedienten erwuͤrgen p. 201. Beyde Koͤnige Childebert und Clotarius ſcheuen ſich darauff / vor ihrer Frau Mutter Clo - tilden Angeſicht zu kommen. Noch iſt uͤbrig der dritte Printz Clodomirs, Clodoaldus Namens / dieſer wird eine geraume Zeit in einer Einoͤde ver - borgen gehalten; begiebt ſich endlich in ein unweit Paris gelegenes Dorff / Nogent genannt / woſelbſt er ein Kloſter bauet / ſo noch heutiges Tages Saint Clou genennet wird. p. 203. Childebert und Clotarius theilen Clodomirs Koͤnigreich unter ſich Heben einen neuen Krieg wider die Wi - ſigothen an. Theodebert, Koͤnigs Thierry ſein Printz / commandiret die eine Armee, nimmt viele Staͤdte hinweg. Findet in der Veſtung Cabrie - res eine Dame / Namens Deuterie, deren Mann ſich nach Beſiers retiriret / in die er ſich verliebet. Ob er nun ſchon Wisgarden, des Longobardiſchen Koͤniges Vacons Tochter / zur Gemahlin hat / er - giebt er ſich doch Deuterien gantz und gar / und wie ſein Vater Thierry kurtz darauff ſtirbet / ſetzet er die Krohne von Auſtraſien auff / und heyrathet dieſe Dame p. 207. Childebert ſetzet Theode - berten zu ſeinem Nachfolger im Reiche ein / weil er keine Printzen hat. Theodebert regieret uͤber - aus loͤblich. Deuterie, ſeine neue Gemahlin / hat aus ihrer erſten Ehe eine Tochter / ſo heran waͤch -ſet /55des Koͤnigreichs Franckreich. ſet / und uͤber die maſſen ſchoͤne ſiehet. Weil ſie nun beſorget / ihr Gemahl moͤchte ſich in dieſe neu her - vorſteigende Schoͤnheit ſelbſt verlieben / laͤßt ſie vor ſolcher ihrer Tochter ihren Wagen gantz unbaͤndige wilde Stiere vorſpannen / welche ſie von der Bruͤcke zu Verdun in die Meuſe hinein ſtuͤr - tzen. Dieſe grauſame That macht ſie bey den Frantzoſen ſo verhaſt / daß ſie den Koͤnig inſtaͤn - dig bitten eine ſo tyranniſche Gemahlin wieder von ſich zu ſchaffen. Theodebert willfahret / verſtoͤßt Deuterien, und nimmt ſeine erſte Gemah - lin Wisgarden wieder zu ſich. p. 210.

Theodebert tritt darauff mit Koͤnig Childe - berten in eine Allianz, Clotarium zu uͤberziehen: als Clotilde, die ſich dazumahl zu Tours befindet / und annoch Clodomirs ermordeten beyden Prin - tzen beweinet / vernimmt / wie abermahl ihre Kin - der einander den Untergang zubereiten / begiebt ſie ſich zu des heyligen Martini Grabe / faſtet / weinet / bethet daſelbſt Tag und Nacht / daß doch GOtt endlich ſo vieles Ungluͤck ihres Hauſes wolle laſſen auffhoͤren. Sie wird erhoͤret / und als die beyden Koͤnige Clotari Lager eben ſtuͤr - men wollen / koͤmmt ein ſo gewaltiges Ungewit - ter mit Donner / Blitz / Hagel / Wind und Schlo - ſen / daß viele Soldaten und Pferde davon getoͤd - tet oder doch beſchaͤdiget werden. Jn Clotarii Lager aber ſpuͤret man nicht das geringſte von ſolchem Wetter. Alſo fuͤrch - ten ſie ſich vor einer hoͤhern Macht / und da Clotarius nichts als ſeinen Unter -D 4gang56Denckwuͤrdigkeitengang erwartet / biethen ſie ihm Frieden an / welcher auch zu dieſer dreyen Koͤnige einmuͤthigem Vergnuͤ - gen geſchloſſen wird.

Ende des dritten Buchs.

Das vierdte Buch der Frantzoͤiſchen Denck - wuͤrdigkeiten begreift in ſich das En - de der Regierung Clotarii Primi vom Jahr Chriſti 542. bis an das Jahr 561.

THeudis, welcher Amalaric im Reiche gefolget / iſt Koͤnig der Wiſigothen. Childebert und Clotarius uͤberziehen ihn mit Krieg / und belagern Saragoſſa, eine von den wichtigſten Staͤdten in Spanien. Die Einwohner / welche ſo groſſer Macht zu widerſtehen viel zu unvermoͤgend / bethen und faßten / ſtreuen Aſche auf ihre Haͤupter / gehen in haͤrnen Kleidern in Proceſſion um die Stadt - Mauer herum / und tragen des heiligen Vincentii, als ihres Patrons, Rock mit umher / und ſchreyen mit gewoͤhnlichen Kirch-Geſaͤngen zu GOtt um Beyſtand. Dadurch werden die beyden Frantzoͤi - ſchen Koͤnige bewogen / der Stadt zu ſchonen und ihr den Frieden zu geben: Nachdem Childebert nicht mehr von ihr fodert / als ein Stuͤck von des heiligen Vincentii ſeinem Rocke / ſo ihm auch gantz willig von dem Biſchoffe gereichet wird: Der Koͤ - nig laͤßt darauf zu Paris eine Kirche bauen / wied - met ſie dem heiligen Vincentio, ſo aber nach die - ſem Saint Germain genennet worden. p. 217.

Theudis57des Koͤnigreichs Franckreich.

Theudis, der Wiſigothen Koͤnig / wird von ſei - nen Unterthanen ermordet; Theudiscles, ſo ihm in der Regierung folget / hat eben ſo har - tes Schickſal; und wird Agila Koͤnig. Gre - gorius de Tours ſagt / daß die Gothen dieſe Gewohnheit an ſich gehabt / wenn ein Koͤnig nicht regieret / wie es ihnen recht geweſen / daß ſie ſolche alle aus dem Wege geraͤumet p. 218. Hierauff wird der Krieg in Jtalien beſchrieben / zu dem die Frantzoſen theils durch den Kaͤyſer Juſtinianum im Jahr CHriſti 543. theils durch die Koͤnige in Jtalien geruffen werden. Denn nachdem Theo - dat, der Oſtrogothiſchen Koͤnigin Amalaſonte Ge - mahl / dieſe ſeine Gemahlin / die ihm doch die Kroh - ne zu wege gebracht / nicht nur von ſich in eine Jnſul der Bolſeniſchen See in Toſcana gewieſen / ſondern auch ſie daſelbſt in Bade erſticken laſſen: Nahme Kaͤyſer Juſtinianus, unter deſſen Schutz ſich doch dieſe Koͤnigin begeben hatte / dieſes hoch auff / und ware froh Gelegenheit zu bekommen / denen Gothen ein Reich wieder wegzunehmen / ſo vorhero zum Roͤmiſchen Kaͤyſerthume gehoͤret hat - te. Alſo macht er Allianz mit denen Frantzoͤi - ſchen Koͤnigen / ſchicket ſeinen beruͤhmten Feld - Herrn / Beliſarium, welcher in Africa die Wen - den uͤberwunden / und ihren Koͤnig Gilimer im Triumph nach Conſtantinopel gefuͤhret / in Jta - lien. Beliſarius nimmt Sicilien hinweg / gewin - net eine groſſe Schlacht / ziehet triumphirend in Syracus ein / erobert Neapolis mit Sturm / und fieget / wo er nur hinkoͤmmt. Theodat iſt furcht -D 5ſam58Denckwuͤrdigkeitenſam / und will ſich nirgend ſehen laſſen. Giebt ſeine Armee ſeinem Eydame Ebrimuth zu commandi - ren: Dieſer gehet zu Beliſario uͤber. Theodat laͤßt das Reich ſtehen / und ſuchet den Privat - Stand. Die Gothen erwaͤhlen einen andern Koͤ - nig an ſeine Statt / Vitiges Namens: Dieſer / ſo bald er zum Thron gekommen / laͤßt Theodaten hinrichten: Darauf leget er deſſen Sohn Theo - diſilum ins Gefaͤngniß: Beſetzet Rom / gehet nach Ravenna, vermaͤhlet ſich allda mit Metheſonten, der Koͤnigin Amalaſonte hinterlaſſene Printzeßin: Sammlet die zerſtreueten Gothen, giebt ihnen Waffen / und redet ihnen einen Muth zu / ſchicket darauf an die Koͤnige von Franckreich / und biethet ihnen die Staͤdte an / welche die Oſtrogothen in den Narbonnenſiſchen beſitzen / wofern ſie ihm wolten beyſtehen: Die Frantzoͤiſchen Koͤnige nehmen ver - gnuͤgt ſolches Erbiethen an / verſprechen / dem Koͤ - nig Vitiges als ihrem Freunde und Bundes-Ge - noſſen beyzuſtehen; wofern man ſie nur nicht noͤ - thigte / ſich oͤffentlich wider Kaͤyſer Juſtinianum zu erklaͤhren / denn ſie mit demſelbigen ſich auch ſchon in Alliance eingelaſſen. Doch wolten ſie ihnen / denen Gothen, ſchon Voͤlcker von ihren Untertha - nen / die keine Frantzoſen waͤren / zuſchicken / mit denen ſie zu frieden ſeyn koͤnten.

Solche Erklaͤhrung ſtehet dem Koͤnig Vitiges gantz wohl an; aber ſie iſt denen Frantzoſen wenig ruͤhmlich / qui ſelon la coûtume de ce tems la ſchreibet fein der Autor ſelbſt von ſeiner Nation, p. 225. abandonnoient aisément la foi des Traites,pour59des Koͤnigreichs Franckreich. pour ſuivre leurs interêts. Das iſt: Welche nach Gewohnheit ſelbiger Zeit gar leichtlich von der in Tractaten gegebnen Treue und Ver - ſprechungen abſtunden / und alleine ihrem Intereſſe folgeten.

Es nehmen hierauf die Koͤnige in Franckreich der Oſtrogothen ihre Staͤdte in Gallia Narbonnenſi, und theilen ſie unter ſich. p. 226. Beliſarius belagert Rom / nimmt es ein; Benevento und alle Staͤdte der Samniten ergeben ſich. Vitiges, der neue Go - thiſche Koͤnig / gehet mit einer Armée von hundert und funfftzig tauſend Mann vor Rom / und be - lagert Beliſarium darinnen. Dieſe Belagerung waͤhret uͤder Jahr und Tag. Endlich muß ſie doch Vitiges wegen des ankommenden Entſatzes auff - heben. Er nimmt darauff Meyland weg. Die Stadt wird gantz ausgepluͤndert: dabey ſeynd zehn tauſend Burgundier / welche die Koͤnige in Franck - reich denen Gothen zu Huͤlffe geſchickt / damit ſie hernach gegen den Keyſer Juſtinian ſich entſchuldi - gen koͤnnen / daß ſolche Huͤlffs-Voͤlcker keine Fran - tzoſen geweſen. p. 228. 229.

Die Frantzoſen ruͤcken darauf mit einer Armée von hundert tauſend Mann unter Koͤnig Theode - berto in Jtalien ein. Und ob ſie ſchon ſo wol mit denen Gothen, als Roͤmern in Alliance ſtehen / ſo ſchlagen ſie doch erſtlich die Gothen, die ſich von ihnen / als Freunden / nichts Boͤſes verſehen / ge - waltig / p. 229. 230. 231. Hernach machen ſie ſich auch an eine der Roͤmiſchen Arméen, undrui -60Denckwuͤrdigkeitenruiniren dieſelbe gleichfalls. p. 233. Handeln alſo an beyden verraͤtheriſch. Beliſarius ſchreibet an ihren Koͤnig und verweiſet ihm ſolche Untreue. p. 234. Theodebert kehret uͤber die Alpen in Au - ſtraſien zuruͤck: Nach deſſen Abzuge belagert Beli - ſarius Ravenna. Vitiges, ſo darinnen ſich befin - det / wehret ſich tapfer. Die Frantzoſen laſſen ihm durch einen Ambaſſadeur wiſſen / da ſie mit fuͤnf hundert tauſend Mann in Anzuge waͤren / ihn zu entſetzen. Beliſarius aber laͤßt ihm auch vorſtel - len / wie gefaͤhrlich die Frantzoͤiſche Alliance waͤre / und wie viel ehe er es treffen wuͤꝛde / wenn er mit dem Kaͤyſer tractirete. p. 236. Vitiges will Beliſarii Er - biethen annehmen: Doch auch dieſer ziehet zuruͤck / da er hoͤret / daß Ravenna ſich ohnediß aus Hungers - Noth eheſte Tage ergeben muͤſſe. Die Gothen ſetzen den tapfern aber ungluͤcklichen Vitiges ab / und tragen Beliſario die Krohne an. Er ſtellet ſich / als ob er ſolche acceptirete / ziehet in Ravenna ein / verſichert ſich Vitiges Perſon / reiſet aber auf Beruffung des Kaͤyſers Juſtiniani wieder nach Con - ſtantinopel, und bringt den Koͤnig Vitiges nebſt unterſchiedenen Koͤniglichen Printzen und Prin - tzeßinnen als Gefangene mit ſich. p. 237.

Beliſarius, welchen Juſtinianus wider die Perſen geſendet / wird zuruͤck beruffen / abermahls nach Jtalien wider den neuerwehlten Koͤnig Totilam zu gehen / welcher groſſe Progreſſen machet; den aber Beliſarius ziemlich wieder zu paaren bringet.

Koͤnig Theodebert nimmt ſich vor / Kaͤyſer Juſtinianum zu bekriegen / weil er in ſeinen Edictenden61des Koͤnigreichs Franckreich. den Namen Francicus brauchet / ob haͤtte er die - ſe Nation gleichfalls uͤberwunden: Schicket dem - nach an andere Voͤlcker in Mœſien, Pannonien, und zu den Longobarden, ſie moͤchten ſich mit ihm conjungiren / Conſtantinopel, als damahligen Kaͤy - ſer-Sitz zu belagern. Dieſe ſeynd nicht ungeneigt dazu: Allein Theodeberts Tod verhindert die Ausfuͤhrung dieſes Vorhabens p. 241.

Die alte Koͤnigin Clotilde ſtirbet zu Tours im ſiebentzigſten Jahre; wird wegen ihrer Gott - ſeligkeit und andern Tugenden unter die Heiligen gezehlet. Childebert und Clodarius, als ihre bey - den Soͤhne / laſſen ſie bey ihrem Gemahl / Koͤnig Clodoveo, beyſetzen. p. 246. Dieſes geſchihet im Jahr CHriſti 549.

Der Gothiſche Koͤnig Totila macht ſich aber - mahls in Jtalien ſehr maͤchtig / bis daß er endlich mit ſeiner gantzen Armee durch des Kaͤyſers Juſtini - ani Feld Herrn Narſetem auffs Haupt geſchlagen wird / auch ſelbſt durch einen Pfeil in dem Treffen ſo hart verwundet / daß er ſtirbt. Dieſes begiebt ſich im Jahr CHriſti 552. Tejas wird an ſeine Statt Koͤnig / gehet Narſeti entgegen / ficht mit wun - derſamer Tapferkeit / giebt immer einen Schild nach dem andern in der Schlacht von ſich / ſo mit Pfeilen beſpicket iſt: Wird aber doch endlich / da er den Schild wechſeln will / von einem Pfeile verwundet / davon er den Geiſt auffgiebt. Die Gothen fechten noch drey gantzer Tage an einander nach dieſer ih - res Koͤniges Einbuͤſſung / zuletzt muͤſſen ſie doch ſich denen Roͤmern unterwerffen / und wird al -ſo62Denckwuͤrdigkeitenſo der Oſtrogothen Reich wiederum zerſtoͤhret / nach - dem es vom Koͤnig Theodorico vor acht und funff - zig Jahren war aufgerichtet worden. p. 251. im Jahr Chriſti 552.

Leutarius und Bucelin, zweene Bruͤder und Teut - ſche von Geburth / aber Theodebalds Unterthanen / ſammlen den Reſt der Gothen in Jtalien / ziehen auch viele Frantzoſen und Teutſche an ſich / und machen Narſeti viel zu ſchaffen / pluͤndern viele Provintzen aus p. 253. Endlich wird Leutarius, da er ſich von ſei - nem Bruder Bucelin auf eine Zeitlang getrennet / von den Hunnen und Roͤmern angegriffen Die Ge - fangenen / ſo er bey ſich fuͤhret / nehmen den Vortheil in acht / ſacken ſo viel Beuthe auf / als ſie nur koͤnnen fortbringen / und fliehen davon: Endlich ſtirbt Leu - tarius an einer hitzigen Kranckheit p. 258.

Bucelin mit ſeiner Armee wird gleichfals von Narſete ſo hart geſchlagen / daß nicht mehr als fuͤn - fe davon kommen / und er ſelbſt mit auf der Wahl - ſtatt bleibet. p. 263.

Die Sachſen und Thuͤringer lehnen ſich wider Koͤnig Clotarium auf. Clotarius ſchlaͤget ſie an der Weſer / pluͤndert Sachſen und Thuͤringen aus / und kehret mit groſſer Beuthe zuruͤck im Jahr Chriſti 555. Die Sachſen revoltiren abermahls / Clotarius koͤmmt wieder mit ſeiner Armee, ſie zu demuͤthigen. Sie ſenden ihm aber Abgeordnete entgegen / welche um Frieden bitten / mit Erklaͤ - rung / ſie wolte ihm gantz gerne den Tribut zahlen. Clotarius wil es annehmen: Allein die Armée, die ſich auf groſſe Beuthe ſpitzet / wil durchausnicht /63des Koͤnigreichs Franckreich. nicht / ſondern widerſetzet ſich: Die Sachſen ſchi - cken zum andernmahle an Clotarium, und biethen ihm die Helffte ihrer Guͤther an / er ſol ihnen nur den Frieden geben. Clotarius wil auch gerne / a - ber ſeine Armée widerſetzet ſich abermal. Sie biethen ferner dem Koͤnige alles ihr Vieh / ihren Hausrath / und die Helffte ihres Landes an / er ſol nur ihnen / und ihren Weibern und Kindern / das Leben laſſen. Clotarius iſt darzu gantz willig / bit - tet auch ſelbſt bey ſeiner Armee vor ſie / allein die Frantzoſen ſind auf keine Art zu bewegen / ja ſie reiſſen ihrem Koͤnige das Gezelt ein / und drohen ihn gar zu toͤdten / wenn er ſie nicht wuͤrde zum Tref - fen fuͤhren. Dieſen Frevel ſtrafet GOTT durch die Sachſen / welche / da ſie ſehen / daß keine Hoff - nung des Friedens da iſt / tapffer fechten / und eine erſchreckliche Niedermetzelung unter denen Frantzo - ſen halten / ſo / daß Clotarius mit vieler Submiſſion von ihnen den Frieden erbitten muß / und mit dem kleinen Reſte / ſo noch von ſeinem Volcke dem Schwerdte der ſiegenden Sachſen entrunnen zuruͤ - cke kehret. p. 268.

Childebert wiegelt die Sachſen zum dritten - mahle wider ſeinen Bruder Clotarium auf / wie auch Clotarii eigenen Sohn / Chramne genannt / wider dieſen ſeinen Vater. Clotarius ſchlaͤgt die Sachſen. Childebert ſtirbt im Jahr Chriſti 558. nachdem er ſieben und vierzig Jahr regieret hat. Chramne bittet bey ſeinem Vater um Gnade; Clotarius pardonniret ihn auch. Allein / er revoltiret von neuen / begiebt ſich nach Bretagne; Ziehet alda vieles Volck zuſammen.

Clo -64Denckwuͤrdigkeiten

Clotarius ruͤſtet ſich wider dieſen rebelliſchen Sohn / ſchlaͤget ihn in die Flucht: Chramne wird gefangen / und mit Weib und Kindern in einem Bauer-Hauſe verbrannt im Jahr Chriſti 560. Doch gereuet Clotario hernach aus vaͤterlicher Lie - be / daß er ſeinen Sohn ſo elendiglich laſſen aus dem Mittel raͤumen / begiebt ſich demnach zu des heiligen Martini Grabe / faͤllt allda nieder / weinet / ſeufftzet / und will ſich nicht zu frieden geben. Stirbt ein Jahr hernach / als er ſeinen Sohn verbrennen laſ - ſen / an eben demſelbigen Tage / ja faſt in eben derſel - ben Stunde / und wird zu Soiſſons in die Kirche S. Medardi begraben. Hat viel Weiber und Kinder / und unter dieſen auch zweene leibliche Schweſtern / Aregonden und Ingonden, zu Gemahlinnen. p. 279. Was aber ſonſt das Koͤnigreich Yvetot be - langet / welches Clotarius in der Normandie ſoll aufgerichtet haben / dieſes haͤlt der Autor dieſes Tractats vor eine Fabel.

Ende des vierdten Buchs.

Das fuͤnfte Buch der Frantzoͤiſchen Denck - wuͤrdigkeiten begreifft in ſich Cari - berts Regierung / wie auch den An - fang der Regierung Chilperics vom Jahr Chriſti 561. bis an das Jahr 575.

FRanckreich wird nach Clotarii Tode unter ſei - ne Printzen getheilet / und vier Koͤnigreiche dar - aus gemacht. Caribert bekoͤmmt das PariſiſcheReich /65des Koͤnigreichs Franckreich. Reich / welches ſonſt Childebert gehabt. Gontran nimmt Clodomirs ſein Koͤnigreich. Chilperic Clo - tarii ſeines / und reſidiret zu Soiſſons. Sigibert a - ber bekoͤmmt das Koͤnigreich Auſtraſien. p. 283. 284. Unordentliche Liebe dieſer Herren / deßwegen auch gar der Biſchoff zu Paris Cariberten mit ſamt ſeiner Gemahlin in Bann thut. Caribert ſtirbt / nachdem er neun Jahr regieret / aber nichts denck - wuͤrdiges verrichtet hat. Gontran, Sigibert und Chilperic theilen ſich in ſein Reich.

Gontran zeuget von einer Concubine Veneran - de genannt / einen Sohn / Gondebald Namens. Heyrathet hernach Mercatrauden, Hertzog Magna - carii Tochter. Dieſe / ſo bald ſie eines Printzen ge - neſen / laͤßt Gondebalden, Venerandens Sohn / durch beygebrachtes Gift toͤdten. GOtt ſtrafet ſie / und nimmt ihr davor ihren eigenen Printz weg; auch verſtoͤßt ſie der Koͤnig / und vermaͤhlet ſich mit Auſtrigilden, ſo aber eine von den gottloſeſten Frau - en ihrer Zeit iſt. p. 289.

Chilperic hat ſich noch bey Lebzeiten ſeines Vaters Clotarii mit Audueren vermaͤhlet / mit wel - cher er vier Kinder / Theodebertum, Meroveum und Clodoveum gezeuget / und eine Tochter Baſine ge - nannt. Laͤßt ſich aber danebſt von einem ſeiner Ge - mahlin ihren Kammer-Maͤgdchen / Fredegonde Namens / mit welcher er buhlet / gantz und gar re - gieren. Dieſe iſt von ſchlechter Ankunft / aber un - gemein ſchoͤn / liſtig / und grauſam; ſchonet weder Stahl noch Gift / diejenigen auszurotten / ſo ſie be - leydigen. Jſt unbarmhertzig gegen die Untertha -Enen /66Denckwuͤrdigkeitennen / und beredet den Koͤnig / mit den groͤßten Auf - lagen das Land elend zu machen. p. 290. Die Hun - nen fallen in Auſtraſien ein. Koͤnig Sigibert ſchlaͤ - get ſie / und noͤthiget dieſelben / uͤber die Donau zu - ruͤck zu kehren. Chilperic faͤllt immittelſt Sigiber - ten in ſein Land; Der aber / als er von den Hunnen ſiegend zuruͤcke koͤmmt / ihn gleichfalls bis aufs Haupt ruiniret / und ſeinen Sohn Theodebertum gefangen bekoͤmmt. p. 293 Giebt ihn aber doch wie - der los / nachdem ihm dieſer Printz geſchworen / nie - mals ins kuͤnftige wider ihn mehr die Waffen zu ergreiffen. Fredegonde bringet bey Chilperic aus / daß er ſeine Koͤnigliche Gemahlin Auduere in ein Kloſter ſtoͤßt. Koͤnig Sigibert vermaͤhlet ſich mit Brunehaud des Wiſigothiſchen Koͤniges Atha - nagildes Tochter / ſo eine uͤberaus ſchoͤne aber dabey ſehr laſterhafte Printzeßin. Chilperic nimmt die aͤlteſte Printzeßin eben ſelbigen Koͤniges Athana - gildes, Galsvvinte Namens / zur Gemahlin. Frede - gonde kan ſie nicht neben ſich leiden / und thut ihr allen Verdruß an: Galsvvinte beſchweret ſich deßwe - gen bey Chilperic, allein ſie richtet nichts aus; ſie will wieder nach Toledo zuruͤck; Doch Chilperic will ſie auch nicht ziehen laſſen. Fredegonde liegt dem Koͤnig endlich ſo viel in Ohren / daß er dieſe ſei - ne gute Gemahlin im Bette erdroßlen laͤßt / und Fredegonden an deren ſtatt heyrathet. Brune - haud, Galsvvintens Schweſter / die an Koͤnig Sigi - bert vermaͤhlet / wird durch dieſe ſchaͤndliche That zur Rache angefeuert / und ermuntert ihren Ge - mahl / die Waffen wider Chilperic zu ergreiffen. Chilpe -67des Koͤnigreichs Franckreich. Chilperic tritt Sigiberten, aus Furcht ſein Reich zu verliehren / etliche Staͤdte ab. Die Hunnen fallen abermals Sigiberten ins Land; indeß er ihnen ent - gegen ziehet / laͤßt ihn Chilperic durch ſeinen Sohn Clodoveum Tours und Poitiers wegnehmen Allein er verliehret beyde wieder. p. 304. Die Longobarden machen ſich Meiſter von einem Theile Jtaliens. Jhr Koͤnig Alboin toͤdtet den Koͤnig der Gepiden, Cuni - mod, in einem Treffen / vermaͤhlet ſich mit Chlodos - vinden, Clotarii Tochter; nach deren Tode aber mit Roſemunden, des von ihm erſchlagenen Koͤniges Cunimods, ſeiner Printzeßin. Nun hat ſich die - ſer Koͤnig Alboin aus Cunimods Hirnſchale ein Trinckgeſchirr machen laſſen. Da er nun eins - mahl ein groſſe Panquet haͤlt / will er Roſemun - den zwingen / aus ihres Vaters Hirn-Schale be - ſcheid zu thun. Dieſer Fuͤrſtin ſchmertzet ſolcher Hohn / und / um ſich zu raͤchen / ergiebt ſie ſich in Buhl - ſchafft an des Koͤnigs Oberſtallmeiſter Helmichis, mit dem Erſuchen / er ſolle| den Koͤnig ums Leben bringen. Helmichis gehet ſolches ein / und wird Alboin in ſeinem Zimmer ermordet. Roſemun - de und Helmichis fliehen darauff nach Ravenna zu Longino, der ſie auffnimmet / und nach einiger Zeit Roſemunden uͤberredet / wenn ſie Helmichis durch Gifft wuͤrde hinrichten / daß er ſie heyrathen wolte. Roſemunde giebt alſo Helmichis einen Gifft-Ve - cher. Dieſer / als er die Helffte davon getruncken / mercket ihre Bosheit / und zwinget ſie mit bloſſem Gewehr / daß ſie den Reſt des Gifft-Trancks muß ausſauffen. Alſo ſterben beyde / und ſtraft einesE 2das68Denckwuͤrdigkeitendas andere / wegen ihres an dem Koͤnig begange - nen Mords. Dieſer geſchihet im Jahr CHriſti 573.

Franckreich wird durch die Longobarden ſehr be - unruhiget. Mommol, Graf von Auxerre, ein erfahrner Feld-Herr Koͤnig Gontrans thut ihnen tapfern Widerſtand / p. 309. 310. 311. 312.

Chilperic faͤllt abermahl auff ſeiner gottloſen Gemahlin Fredegonde Anreitzen ſeinem Bruder Koͤnig Sigiberten, ins Land / und fuͤhret ſein aͤlteſter Printz Theodebert, unerachtet des Eydes / den er zuvor Sigiberten gethan / wider ihn niemahls wie - der die Waffen zu gebrauchen / ſeines Vaters Ar - mée an / ſchlaͤgt auch einen von Sigiberts Generalen aus dem Felde / und nimmt unterſchiedliche Staͤdte weg: Koͤnig Sigibert ziehet ihm ſelbſt entgegen. Allein / da Cilperic von deſſen groſſen Macht hoͤret / ſuchet er den Frieden / welcher auch unter beyden Bruͤdern geſchloſſen wird.

Ende des fuͤnften Buchs und er - ſten Theils.

Ver -69des Koͤnigreichs Franckreich.

Verzeichniß der vornehmſten Denckwuͤrdigkeiten welche ſich vom Anfange des Frantzoͤiſchen Reichs bis zu unſern Zeiten zu - getragen / Anderer Theil. Jm Hag. 1701.

Sechſtes Buch in ſich begreiffend das Ende der Regierung Sigiberti, Koͤni - ges in Auſtraſien, und die Fortſetzung der Regierung Chilperics Koͤniges in Neuſtrien vom Jahr CHriſti 575. bis ins Jahr 584.

CHilperic bekrieget auffs neue durch Anſtif - ten der rachgierigen Fredegonden Sigiber - ten, tritt in Alliance mit ſeinem Bruder Gontran. Sendet ſeinen Sohn Theodebert mit einer Armée in Aquitanien, er aber bricht mit ei - ner andern in Auſtraſien ein. Sigibert nimmt die Voͤlcker uͤber dem Rheine zu Huͤlffe / und richtet ſeinen March gerade auff Paris zu. Schicket The - odeberten zwey von ſeinen General-Lietenanten entgegen / die ihn ſchlagen / und bleibt Theodebert ſelbſten mit im Treffen: Sein Coͤrper wird gebluͤn - dert und gantz nackend auff der Wahl-Statt gelaſ - ſen. Aunulphus, der ſeines Herrn Leichnam al - ſo entbloͤſet liegen ſiehet / hebet ihn auff / bekleidetE 3ihn70Denckwuͤrdigkeitenihn wieder / und laͤßt ihn nach Angouleme fuͤhren / allwo er begraben wird. p. 4.

Chilperic erſchrickt ſehr uͤber ſeines Sohnes Tod und die Zerſtreuung und Erlegung der ihm an - vertrauten Armée. Gontran macht mit Sigibert einen particular Frieden. Sigibert verfolgt Chil - pericum von einer Stadt in die andere / bis er ihn endlich in Tournay ſamt ſeiner Gemahlin und Kin - dern einſperret Brunehaud (oder Brunehildis, wie ſie von andern genennet wird) Gemahlin von Sigibert, reiſet mit ihren Kindern aus Metz nach Paris, und ſiehet mit Freu - den allda ſo viel Abgeordnete der Staͤdte und Laͤnder / die ſonſt Chilperico gehoͤret / bey Koͤnig Sigiberten, um ihn zu erſuchen / ihr Herr zu ſeyn / und ihre Staͤdte in Beſitz zu nehmen. Er begiebt ſich auch dahin / und wird an ſtatt Chilperics in deſſen Reiche zum Koͤnig ausgeruffen: Sigibert iſt ent - ſchloſſen / ſeinem Bruder kein Quartier zu geben / ſon - dern gaͤntzlich auszurotten. Der Biſchoff von Paris Saint Germain ſchreibet beweglich an Brune - hildis (oder Brunehaud) ſolches bey ihrem Gemahl abzuwenden / und demſelben Gedancken des Frie - dens einzureden. p. 7. Dieſe aber kehret ſich we - nig daran / ſondern hat Chilperics und Fredegon - dens Untergang beſchloſſen / ihrer Schweſter Gals - vvinte Tod zu raͤchen. p. 8.

Der Biſchoff ſetzet darauf an den Koͤnig ſelbſt / und warnet ihn / ſeines Bruders Leben zu ſchonen. Sigibert verlachet ihn auch. Gehet mit einem Thei - le der Armée vor Tournay, belaͤgert allda Chilpe -ricum. 71des Koͤnigreichs Franckreich. ricum. Fredegonde erkaufft zweene Meuchel - Moͤrder / die begeben ſich zu Koͤnig Sigiberten in das Lager / ieder mit einem vergifteten Dolche gewaffnet / und ermorden ihn in ſeinem Gezelt. p. 10. Sigibert wird geruͤhmet / daß er einer der weiſeſten und tapf - ferſten Koͤnige geweſen. Chilperic gehet darauf aus Tournay, ſiehet den Leichnam ſeines Bruders Sigiberts nicht ohne Erſchuͤttern. Brunehildis, Si - giberts hinterlaſſene Wittwe / wird Chilperics Ge - fangene. Sie laͤßt aber in Geheim ihren jungen Printz / Childebert genannt / ſo nur fuͤnf Jahr alt iſt / durch den Hertzog Gondebald nach Metz brin - gen / allwo er zum Koͤnig von Auſtraſien ausgeruf - fen wird. p. 13.

Meroveus, Chilperics Sohn / verliebt ſich in die gefangene Koͤnigin Brunehildis, folgt ihr nach Rouen, und laͤßt ſich durch den daſigen Biſchoff Prætextatum dieſe Fuͤrſtin copuliren. p. 15. Chil - peric ſucht vergebens / dieſe Heyrath zu trennen. Laͤßt endlich doch Meroveum in Verhaft nehmen / eine Moͤnchs-Kappe anlegen und in ein Kloſter ſte - cken. p. 19.

Die Auſtraſier fordern ihre Koͤnigin Brunehild von Chilperico wieder ab. Er laͤß ſie ihnen auch / weil er neue Kriege auf den Hals bekoͤmmt / folgen. Sie wird zu Metz mit groſſen Freuden-Bezeigun - gen aufgenommen. Meroveus entwiſcht aus dem Kloſter / und wirfft die Muͤnchs-Kappe hinweg. p. 23. wird von dem Hertzog Erpon arreſtiret. p. 27. entkoͤmmt doch wieder. Macht ſich nach Auſtraſien, zu der mit ihr vermaͤhlden Brunehild, die ihn aberE 4gantz72Denckwuͤrdigkeitengantz froſtig abweiſet / und keine Zuflucht verſtat - tet; Alſo verbirgt er ſich in Champagne; wird ent - decket / und auf Fredegondens Anſtifften ermor - det; So geſchiehet im Jahr Chriſti 578. Gontran nimmt den jungen Koͤnig Childebert von Auſtra - ſien zum Sohne an. p. 36. Ein ſtarcker Regen / ſo zwoͤlff Tage an einander anhaͤlt / uͤberſchwemmet die ſchoͤnſten Provintzen von Franckreich / und kommen viele Menſchen und Vieh um pag. 40. Darauf folgt ein hefftig Erdbeben. Viele Felſen ſtuͤrtzen herab / und erſchlagen gantze Heerden und viele Leute. Nachdem wird das Land mit ſtarcken Feuersbruͤnſten geſtraft / und unter andern vielen Staͤdten brennet Orleans und Bourdeaux gantz ab. Es nimmt auch die hernach einfallende Contagion viele tauſend Menſchen hinweg. Der Koͤnig Chil - peric ſelbſt wird inficiret; koͤmmt aber wieder auf. Dagobert und Clodobert, die beyden Printzen / ſo er von Fredegonden erzeuget / ſterben. Fredegon - de gehet in ſich / erkennet GOttes Hand: Ermah - net ihren Gemahl zur Bekehrung; welcher ſeinen Unterthanen viele Aufflagen erlaͤßt.

Koͤnig Gontran laͤſt auf Anſuchen ſeiner ſter - benden Gemahlin Auſtrigiden, die im 32. Jahr ihres Alters die Welt verlaſſen muß / alle Aertzte / die ſie haben curiren koͤnnen / nicht toͤdten. p. 45.

Der Biſchoff Gregorius von Tours wird von Leudaſtes, Gouverneur von Tours, beſchul - diget / daß er von der Koͤnigin Fredegonde uͤbel geſprochen / als hielte ſie mit dem Biſchoff von Bourdeaux zu. p. 46. er aber ſchwoͤret ſich vor drey -en73des Koͤnigreichs Franckreich. en Altaͤren in Gegenwart des Koͤnigs und aller Biſchoͤffe loß. p. 51.

Es wird eine Conſpiration wider Chilperic und Fredegonden entdecket. p. 52. Und Clodoveus, Chilperics Printz von voriger Gemahlin / auf Fre - degondens Anſtifften ermordet / pag. 56. wie auch deſſen Mutter / die Koͤnigin Audouere, in dem Kloſter zu Mans erdroſſelt / und Baſine, ihre Tochter in dem Kloſter Sanct Radegonda eingeklei - det / alle aber der Koͤnigin / des Printzen / und der Printzeßin Guͤther werden Fredegonden zugeſtel - let. p 57.

Chilperic wil die Arianer und Catholicken mit einander conciliiren; Laͤßt dahero ein Manifeſt herausgehen. Die Biſchoͤffe aber uͤberfuͤh - ren ihn ſeines Jrrthums. p. 58. Er wil auch die Grammatic reformiren. Hat aber gleichfalls ſchlech - ten Beſtand. p. 59.

Ingonde, Koͤnig Sigiberts und Brunhildis Toch - ter / bekehret durch Huͤlffe des Biſchoffs von Sevi - lien Sanct Leandri, ihren Gemahl Hermenigilden von der Arianiſchen Ketzerey zum Cathol. Glau - ben. Sein Vater / der Wiſigothiſche Koͤnig Levi - gildes laͤßt ihn ins Gefaͤngniß werffen / und drohet ihn zu toͤdten / wo er nicht wieder ein Arianer wuͤrde. Allein er bleibt beſtaͤndig / und wird ihm dahero auf ſeines Vaters Befehl der Kopff abge - ſchlagen. p. 63.

Chilperic macht eine neue Allianz mit dem jun - gen Koͤnig Childebert, ſo aber ſeiner Frau Mutter / der Brunehildi, ſehr mißfaͤllig. p. 66. Mommol,E 5wel -74Denckwuͤrdigkeitenwelcher ſonſt Koͤnig Gontran treulich beygeſtan - den / tritt von ihm ab. Doch ruͤſtet ſich Gontran zum Kriege. Chilperic nimmt etliche Staͤdte hinweg / und wird darauf wieder Friede. pag. 73. Gondebald, der ſich vor Koͤnigs Clotarii natuͤr - lichen Sohn ausgiebt / wil ſich zum Koͤnig in Franck - reich aufwerffen. Viel Herren aus Auſtraſien und Burgund fallen ihm bey. Chilperic trifft eine neue Alliance mit Childebert; Schlaͤgt mit Gon - tran, und wird abermahls durch die Biſchoͤffe zwi - ſchen beyden Koͤnigen Friede gemacht. Leuda - ſtes, ehemahliger Gouverneur zu Tours, ſuchet ſich bey Fredegonden wieder auszuſoͤhnen; Allein ver - gebens / und wird er im Gefaͤngniß jaͤmmerlich von denen Henckern erwuͤrget. p. 88.

Theodoricus, noch uͤbriger einziger Sohn von Fredegonden, ſtirbet. Fredegonde laͤßt daruͤber viele Weiber hinrichten / die ſie in Verdacht hat / als waͤre der junge Printz von ihnen bezaubert wor - den. Mommol, ein Miniſter bey Hofe / wird auch daruͤber ſo hart gemartert / daß er auf der Folter ſtirbt. p. 91.

Childebert machet ein neues Buͤndniß mit Gon - tran, wider Chilperic, deſſen Treuloſigkeit er ie laͤn - ger ie mehr kennen lernen. Chilperic verſchlieſſet ſich mit ſeinen beſten Schaͤtzen in Cambray; laͤßt ſtarck Volck werben; und iſt ihm nicht wohl dabey. Mitten aber in dieſen Troublen hat er die Freude / daß ihm wieder ein Sohn / den er Clotarium nennen laͤßt / im Jahr Chriſti 584. gebohren wird.

Chil -75des Koͤnigreichs Franckreich.

Childebert ziehet auf Erſuchen Kaͤyſers Mauri - tii wider die Longobarden in Jtalien; Die ſich vor ihn demuͤthigen / verſprechen Tribut zu zahlen / und giebt er ihnen den Frieden.

Der Wiſigothen Koͤnig Levigildes in Spanien laͤßt abermals bey Chilperic um die Printzeßin Ri - gonte vor ſeinen andern Printz Recaredo Wer - bung thun; Chilperic williget / und werden ſehr viel Frantzoſen ausgeleſen / die Printzeßin nach Toledo zu begleiten. Allein / es wil niemand dieſe Reiſe mit antreten / und die man darzu zwinget / machen ihr Teſtament / und nehmen von den Jh - rigen Abſchied / als ob ſie dieſelben niemals wuͤr - den wiederſehen. Endlich bricht Rigonte auf / und hat bey die vier tauſend Mann bey ſich / aus Bey - ſorge / ſie moͤchten ſonſt von Gontran oder Childe - bert aufgehoben werden. Die erſte Nacht / da ſie unterwegens / gehen funffzig von der Svite der koͤ - niglichen Braut durch / nehmen hundert der ſchoͤn - ſten Pferde und viele bepackte Wagen mit ſich / und fliehen in Childeberts Land. Dieſem Exempel folgen alle Nacht mehr von denen Bedienten; Ein jeder bedencket ſich ſo gut er kan / von der Equi - page, und werden endlich die Begleitere ſo wenig / daß / wenn Rigonte bis nach Toledo gereiſet / ſie gewiß gantz alleine dahin wuͤrden gekommen ſeyn. Allein / ein anderer Zufall noͤthiget ſie / ſich zu ſalvi - ren. Dieſes iſt Chilperics Tod / welcher ſich fol - gender maſſen zutraͤgt.

Fredegonde hat eine lange Zeit mit einem ihrer Hof-Cavaliere, Landri Namens / geheime Buhl -ſchafft76Denckwuͤrdigkeitenſchafft getrieben / ohne daß es der Koͤnig innen worden. Wie aber Chilperic bey fruͤhen Mor - gen auf die Jagd ſich begeben wil / und / weil er et - was vergeſſen / zuruͤckkehret / und in der Koͤnigin Zimmer gehet / trifft er ſie eben an / daß ſie ihm den Ruͤcken zukehret / indem ſie das Geſichte waͤſcht. Er kuͤtzelt ſie mit einer Spiß-Ruten in den Nacken / ſie aber / in Meynung / es ſey Landri, ſagt: Lie - ber Landri, warum kuͤtzelſt du mich ſo? (An - dere Autores ſetzen: Landri, biſt du ein recht - ſchaffener Cavalier, ſo komme mir von vor - ne.) Der Koͤnig erfaͤhret dadurch / was ihm ſo lange verborgen geweſen / und gehet ſtillſchwei - gends und voll Erbitterung wieder fort. Frede - gonde, im Nachſehen gewahr werdend / daß es der Koͤnig ſey / erſchrickt; Laͤßt nach deſſen Abſeyn Landri ruffen / erzehlet ihm kurtz / was ſich bege - ben / und nehmen beyde die Reſolution, dem Koͤni - ge vorzukommen / und ihn ermorden zu laſſen: Solches bewerckſtelligen ſie / als der Koͤnig des A - bends von der Jagd zuruͤcke kehret / durch zweene darzu erkauffte Meuchel-Moͤrder / und geſchiehet ſolches im Jahr Chriſti 584.

Chilperic hat den uͤbeln Nachklang / daß er ein ehrgeitziger / treuloſer / allen rechtſchaffenen Leuten feindſeliger / und ſeinen eigenen Bruͤdern und Kindern moͤrderiſcher Fuͤrſt geweſen ſey. p. 100.

Fredegonde laͤßt ausſprengen / als ob Childe - bert und Brunehuldis dieſen Mord haͤtten ange - ſtellet: Doch wil es das Volck nicht glauben / und verfaͤllt ſie alſo ſtarck in deſſelben Haß.

Des77des Koͤnigreichs Franckreich.

Des Koͤnig Chilperics Leichnam wird zu Paris in Sanct Vincentii Kirche beygeſetzet / und iſt noch ſein Grab in der Kirche Saint Germain Des-Prez an Fredegondens ihrem im Jahr CHriſti tauſend ſechshundert und drey und viertzig gefunden worden.

Ende des ſechſten Buchs.

Das ſiebende Buch der Frantzoͤiſchen Denckwuͤrdigkeiten / welches in ſich be - greifft den Anfang von Clotarii Regie - rung und das Ende von Gontrans Re - giment von Anno CHriſti 584. bis 592.

FRedegonde retiriret ſich in die Haupt Kirche zu Paris. Nimmt hernach Zuflucht zu Koͤnig Gon - tran, ihres ermordeten Gemahls Bruder; der als ein ſanfftmuͤthiger Herr ſie nebſt ihrem kleinen Printz Clotario in Schutz nimmt / und mit einer Armée nach Paris koͤmmt. Childebert; Koͤnig von Auſtraſien, will ſie uͤberziehen / muß aber wegen Gontrans Macht zuruͤck gehen. p. 103. Dieſer giebt denenjenigen ihre Guͤther wieder / welche unter Chilperics Regiment unterdruͤcket worden. Jſt ſonſten ungemein furchtſam / erſuchet dahero das Volck bey oͤffentlichen GOttesdienſt / ſie ſolten ihn nicht laſſen ermorden / wie ſeine Bruͤder / ſondern nur noch drey Jahr zu Aufferziehung ſeiner jungen Vettern das Leben friſten p. 106.

Childebert ſchicket Geſandten an Gontran, wel - che aber dieſer hart anlaͤßt. Allein einer von ih -nen /78Denckwuͤrdigkeitennen / da Gontran die von Chidebert verlangten Staͤdte nicht wieder abtreten | will / iſt ſo unver - ſchaͤmt / daß er ſaget: Wiſſet nur / Herr / daß die Axt / womit euere beyden Bruͤder erſchla - gen / noch nicht verlohren ſey / und daß uns nicht unbekannt / wo ſelbige annoch anzu - treffen. Der Koͤnig heiſt ſie entruͤſtet aus dem Zimmer gehen: Das Volck aber folget ihnen haͤu - fig nach / ſpottet ſie aus / und wirft ſie mit Kothe p. 110.

Fredegonde wird nach Reuil in das Rouaniſche verwieſen. Sie aus Verdruß und Argwohn haͤlt Childeberten und Brunehilden in Verdacht / daß ſelbige ſie bey Gontran ſo verkleinert: Beſticht da - hero einen Pfaffen / daß ſolcher Brunehilden durch Gifft ſoll ums Leben bringen. Dieſer begiebt ſich an Childeberts Hof. Allein man bekoͤmmt Muth - maſſung wider ihn / er wird gefoltert / und geſte - het ſeine durch Fredegonden ihm auffgetragene That. Brunehildis, Fredegonden zu ſpotten / ſchi - cket ihr den Moͤrder zuruͤck: Fredegonde aber laͤßt ihm Haͤnde und Fuͤſſe abhauen / daß er ſein Vor - haben nicht beſſer hinausgefuͤhret. p. 113.

Fredegonde giebt aus verfluchtem Haß Eberul - fum, der bey ihrem ermordeten Gemahl Kaͤmmerer geweſen / an / als ob ſelbiger der Urheber dieſes Meu - chel-Mords geweſen. Gontran glaͤubet ihr / laͤßt ihn ſuchen. Eberulfus fliehet in einen Tempel. Fredegonde laͤßt ihn durch einen Meuchel-Moͤrder / Claudius Namens / an ſolchem heiligen Orte erſte -chen:79des Koͤnigreichs Franckreich. chen: Allein der Moͤrder wird wieder von Eberulfi Bedienten umgebracht. p. 114.

Gondebald, ſo ſich zum Koͤnige aufgeworffen / nimmt in unterſchiedenen Staͤdten die Huldigung ein. Gontran bringt eine ſtarcke Armée wider ihn auf: Gondebald wird in Comminges belagert / durch ſeine eigene Freunde verrathen / und von einem Huͤgel herab geſtuͤrtzet / hernach mit einemgroſſen Steine vollends todt geworffen. p. 127. Mom - mol, welcher mit zu ſeinem Untergange geholffen / wird wieder erſtochen. p. 129. Und ein Biſchoff / Sa - gittarius Namens / der gleichfalls in demſelbigen Complot geweſen / muß durch einen Saͤbel-Streich den Kopf zuruͤcke laſſen. Fredegonde ſchicket in Geheim nach Gondebalden und laͤßt ihn nach Paris einladen / mit Verſprechung / ſich daſelbſt an ihm zu vermaͤhlen. Allein / wie ihr Abgeſchickter nach Toulouſe koͤmmt / ſo erfaͤhret er / daß Gondebald nicht mehr am Leben ſey.

Gontran beſeufftzet in Fredegondens Gegenwart ſeiner beyden jungen Vettern Clodovei und Mero - vei Tod; welche dieſe tyranniſche Koͤnigin laſſen umbringen. Er wil gerne wiſſen / wo ihre Coͤrper hingekommen / damit er ſie ehrlich zur Erden koͤnte beſtatten laſſen. Es giebt ſich ein Fiſcher an / wel - cher ſaget / daß / nachdem auf Fredegondens Be - fehl Clodovei Coͤrper in die Marne geſchmiſ - ſen / er ihn wenig Tage daꝛauf in ſeinem Fiſch - Netze haͤtte gefunden / und weil er ihn an ſei - nen langen Haaren gekannt / haͤtte er ihn auf die Schultern genommen / und an denStrand80DenckwuͤrdigkeitenStrand begraben. Koͤnig Gontran ſtellet ſich / als ritte er auf die Jagd / und muß ihn der Fiſcher an denſelben Ort fuͤhren. Man oͤffnet das Grab / nimmt des Printzen Leichnam heraus / und laͤßt ſol - chen Koͤnig Gontran zu Paris in die Kirche St. Vin - centii mit groſſen Solennitaͤten beyſetzen. Merovei Coͤrper wird nach dieſem auch aufgeſuchet / und ihm ebenfalls Koͤnigliche Exequien gehalten. Dieſes geſchiehet im Jahr Chriſti 585.

Fredegonden verdruͤßt dieſes als ein Vorwurff ihrer Ubelthaten: Beſticht einen von Gontrans Trabanten / welcher den Koͤnig ermorden ſoll. Allein er wird verrathen und heftig gefoltert. Sie will a - bermals durch ein paar Pfaffen Koͤnig Childeber - ten laſſen hinrichten; und / wo ſie es mit unterneh - men koͤnnen / zugleich ſeine Mutter Brunehilden; Allein auch dieſe geiſtliche Meuchel-Moͤrder wer - den zu Soiſſons angehalten und ins Gefaͤngniß ge - leget. Fredegonde, die nicht weiß / wo ſie geblie - ben / ſchicket ihnen den dritten nach / ſich nach ihnen zu erkundigen. Er koͤmmt nach Soiſſons, fragt nach ihnen / koͤmmt auch vor ihr Gefaͤngniß; allein man ſteckt ihn auch mit hinein / ſchicket endlich dieſe drey ſaubre Cameraden Koͤnig Childeberten zu / welche alles bekennen / und darauf ihre verdiente Strafe empfangen. p. 141.

Fredegonde laͤßt den Biſchoff Prætextatum, als ſelbiger die Meſſe lieſet / durch einen Meuchel-Moͤr - der mit einem Dolch-Stich vor dem Altar toͤdtlich verwunden. Der Biſchoff beſpritzet den Altar mit ſeinen Blute / wird nach Hauſe getragen Fredegon -de81des Koͤnigreichs Franckreich. de iſt ſo verwegen / und beſuchet ihn / ſtellet ſich / als ob ihr ſein Unfall leyd / und fraget: Wer es wol muͤſſe gethan haben? Der Biſchoff aber ant - wortet: Warum fragt man / woher dieſer Stich komme? Kommt er denn nicht von der Hand / welche unſere Koͤnige ermorden laſſen / und ſo viel unſchuldig Blut vergoſ - ſen; ja durch die in dem Reiche tauſendfa - ches Ungluͤck verurſachet worden. Frede - gonde ſtellet ſich als verſtuͤnde ſie es noch nicht / und biethet ihm ihre Leib-Medicos an; Allein der Bi - ſchoff ſagt: Laſſet mich ſterben / und liebkoſet euch nur mit euren Verbrechen. Jch ſetze alle meine Hoffnung auf GOtt / dem ich ge - dienet / und vor welchem ich bald erſcheinen werde. Jch habe das Vertrauen / daß die - ſer gerechte Richter mich werde raͤchen / und ihr einſten wegen meines Todes werdet muͤſſen Rede und Antwort geben. Damit gehet Fredegonde fort / der Biſchoff ſtirbet; wird von allem Volcke ſehr bekloget / und ſagt einer der Koͤnigin unter Augen: Daß das eine ihrer groͤßten Ubelthaten ſey / ſo ſie durch dieſen Mord begangen. Fredegonde laͤßt ſich den daruͤber geſchoͤpften Ver - druß nicht mercken; ſondern bittet dieſen noch dar - zu zur Tafel. Als er aber zu bleiben verſaget: Hebt ſie an So werdet ihr mir doch nicht abſchlagen / ein Glas Vitter-Wein beſcheid zu thun. Dazu laͤßt er ſich bereden: Allein kaum hat er es getruncken / ſo wird er innen / daß er Gift bekommen; Gehet auch nur wenig Schritte / ſo faͤllt er todt zur Erden nie - der. p. 146.

FEs82Denckwuͤrdigkeiten

Es wird ein neuer Meuchel-Moͤrder ertappt / der auf Fredegondens Ordre Koͤnig Gontran ſol - len ermorden / als er nach der Kirche faͤhret.

Levigildes, Koͤnig der Wiſigothen, ſtiꝛbt. Frede - gonde conſpiriret mit etlichen Herren aus Auſtra - ſien wider Koͤnig Childebert und Brunehilden. Childebert erfaͤhret es / laͤßt Rauchin, welcher einer von denſelben iſt / im Vorgemach erſtechen / her - nach den Coͤrper zum Fenſter herunter werffen. p 151. Nach dieſem laͤßt er auch Urſion und Bertefreden, welche beyde auch mit in ſelbigem Complot gewe - ſen / toͤdten. pag. 152. & 153. Boſon, ebenfals ein Verraͤther und Aufruͤhrer / wird mit Pfeilen todt geſchoſſen. p. 155.

Kaͤyſer Mauritius haͤlt bey Koͤnig Childeberten im Jahr CHriſti 590. an / daß er eine Armée in Jtalien wider die Longobarden ſenden ſol. Chil - debert willfahret: Allein / Autharis, damahliger Koͤnig der Longobarden, ſchlaͤgt die Frantzoſen dermaſſen / daß ihrer gar wenig von dem gantzen Heer die Poſt nach Auſtraſien von der verlohrnen Schlacht zuruͤcke bringen. p. 159.

Childebert wil die Ehre ſeiner Nation raͤchen / bringet wieder ein ſtarckes Heer auf die Beine / und fuͤhret ſolches in eigener Perſon nach Jtalien. Au - tharis, ob er ſchon zuvor Uberwuͤnder geweſen / wil doch nicht noch eines wagen: Schicket Childeber - ten Geſandten mit Geſchencken und Antragung ei - nes jaͤhrlichen Tributs entgegen / und erhaͤlt von ihm den Frieden.

Fredegonde zerfaͤllt mit ihrer Tochter Rigonte;ſuchet83des Koͤnigreichs Franckreich. ſuchet ſie mit Liſt zu toͤdten / indem ſie ihr einen Ka - ſten mit allerhand Kleinodien aufſchlieſſet / und ihr herauszunehmen freyſtellet / was ſie wil. Als ſich nun dieſe in den Kaſten hineinbuͤcket / laͤßt ihr Fre - degonde die Thuͤre auf den Halß fallen / und druͤ - cket mit aller Gewalt darauf / ſie zu erſticken. Al - lein eine Kammer-Frau / ſo noch darzu koͤmmt / er - rettet Rigonten, ruffet andere mehr zu Huͤlffe / und tragen ſie ſelbige halb todt hinweg.

Fredegonde ſuchet abermals Koͤnig Childeber - ten und deſſen Sohn Theodeberten durch Meu - chel-Moͤrder / deren ſie zwoͤlffe darzu erkaufft / aus dem Wege zu raͤumen: Allein ſie werden alle er - tappt / und zu gebuͤhrender Strafe gezogen. pag. 168.

Childebert entdeckt neue Conjurationen wider ſein koͤniglich Haus / darunter der Biſchoff von Rheims iſt / welcher abgeſetzet wird.

Gontran, nachdem er Fredegondens Printzen Clotarium zu Paris aus der Tauffe gehoben / und wieder nach Chalons, als ſeine Reſidenz, zuruͤck ge - kehret / ſtirbt im acht und ſechzigſten Jahre ſeines Alters Anno Chriſti 594. und wird in die Kirche des heiligen Marcellus begraben / welche er er - bauen laſſen. Er wird wegen ſeiner Tugenden und ſonderbaren Froͤmmigkeit unter die Heiligen gezehlet. p. 178.

Ende des ſiebenden Buͤchs.

F 2Das84Denckwuͤrdigkeiten

Das achte Buch der Frantzoͤiſchen Denck - wuͤrdigkeiten / welches ein Theil Clotarii des Andern / bis an den Tod der Koͤnigin Brunehildis, in ſich begreifft / vom Jahre CHriſti 593. bis ins Jahr 613.

CHildebert nimmt das Koͤnigreich Burgund in Beſitz / wirbet eine ſtarcke Armée, Clotarii, ſo noch ein Kind / und deſſen Geburth wegen Fre - degondens Leichtfertigkeit und Buhlſchaft verdaͤch - tig iſt / ſein Reich wegzunehmen. Fredegonde verſammlet die Reichs-Staͤnde zu Brenne, traͤget ihnen in einer geſchickten Rede die Gefahr vor / ſo ihrem Sohne vorſtuͤnde / bittet / ſelbigen / als ein zartes Kind / und zugleich ihren rechtmaͤßigen Koͤ - nig / wider ſeine Feinde zu ſchuͤtzen / und gewinnet die gantze Ritterſchafft durch Careſſen und Geſchen - cke. Es wird Volck geworben; Und man ziehet Childeberts Armée entgegen; Welche / ob ſie ſchon viel ſtaͤrcker iſt / dennoch durch Fredegondens ſon - derbare Liſt ruiniret wird / indem ſie vor ihrem Heere viele Baͤume und ſtarcke Zweige laͤſſet her - tragen / und die gantze Nacht das Volck marchi - ren / bis ſie an Childeberts Armée ziemlich nahe ſind / die ſich wundert / einen Wald fuͤr ſich zu ſe - hen; da ſie ſolchen den Tag vorher nicht hat wahr - genommen. Aber bald werffen Fredegondens Soldaten dieſe Baͤume hinweg / die dahinter ver - borgenen hauen in die feindliche Armée hinein / und veruͤben eine gewaltige Niederlage. Landri, der Gros-Hof-Meiſter / ſetzet nebſt ihr denen Fluͤchti -gen85des Koͤnigreichs Franckreich. gen nach / erobern viele Beuthe / und kehren zu - ruͤck. Fredegonde erweckt Childeberten einen neuen Feind / Waroc, Grafen von Varnes, der ihm gleichfalls eine blutige Schlacht liefert. p. 183. aber das folgende Jahr / nemlich Anno 596. laͤßt ſich Childebert abermals mit ihm in ein Treffen ein / und ſchlaͤgt die Varneſer aufs Haupt / alſo daß ſie ſich nach der Zeit gar nicht wieder erholen koͤnnen. p. 184.

Hierauf ſtirbet Childebert vom empfangenen Giffte in der ſchoͤnſten Bluͤthe ſeiner Jahre / maſ - ſen er erſtlich das fuͤnff und zwanzigſte zuruͤckgele - get / nachdem er zwanzig Jahre regieret hat / und entweder von Fredegonden, oder auch von Bru - nehild dieſes toͤdtliche Suͤplein bekommen / als wel - che keine Hand mehr bey der Regierung hatte / und doch als eine regierſuͤchtige Frau davon annoch gerne Theil nehmen wolte. Childeberts Gemah - lin / Faileube, ſtirbt gleichfalls etliche Tage nach dem Koͤnige. Alſo bekoͤmmt Brunehildis, als Re - gentin / unter dem Namen der beyden zuruͤckgelaſſe - nen kleinen Printzen Childeberti, Theodeberts und Thierry, wiederum die Herrſchafft. Der eine wird Koͤnig in Auſtraſien, und nimmt ſeine Reſidenz zu Metz; Der andere Koͤnig in Burgund, und bekoͤm̃t ſeinen Sitz zu Orleans. p. 186.

Auf dieſe Weiſe werden Fredegonde und Brune - hildis die Regentinnen von Franckreich. Frede - gonde nimmt Paris, wie auch viele andere Staͤdte. ein. Brunehild richtet auch eine ſtarcke Ar - mée auf die Veine; Beyde Heere kommen beyF 3Lo -86DenckwuͤrdigkeitenLotofao zuſammen. Beyde Koͤniginnen ſeynd zugegen: Wie auch die jungen Koͤnige / Clotarius, Fredegondens Sohn / und Theodebert nebſt Thier - ry, Brunehildis Enckel. Brunehilds Armée wird in die Flucht geſchlagen. Sie fliehet nebſt Theo - debert nach Metz: Thierry aber wird nach Orle - ans zuruͤck gebracht. p. 187.

Nach dieſem Siege ſtirbet Fredegonde im funf - zigſten Jahre ihres Alters / und wird in die Kirche St. Vincentii begraben / neben ihrem Gemahl Chilpe - ric. Es betauret ſie niemand / weil ſie ſich durch ihre Grauſamkeit und tauſend andre Laſter bey al - ler Welt verhaßt gemacht.

Brunehild, nach dem ſie einer ſo gewaltigen und liſtigen Feindin los worden / hebet an ihre Tyran - ney in dem Reiche ſehen zu laſſen / und laͤßt unter - ſchiedene vornehme Herren hinrichten: Die Reichs - Staͤnde nebſt allen Unterthanen werden ihrer Grauſamkeit muͤde / entfuͤhren ſie / bringen ſelbige auf die Grentzen des Reichs / ziehen ihr die koͤſtlichen Kleider aus / und legen ihr alte Lumpen an / in wel - chen ſie ſelbige hernach verlaſſen Ein Bauer / der ſie antrifft / und dem ſie ſich zu erkennen giebt / laͤßt ſich endlich durch ihr Bitten bewegen / nach Bur - gund an ihres Sohnes Thierry Hof ſelbige zu beglei - ten / der ſie gantz liebreich aufnimmt. p. 196.

Kaum hat ſie ſich wieder erholet / als ſie dieſen ih - ren jungen Sohn Thierry anreitzet / den jungen Koͤ - nig Clotarium abermahls zu bekriegen. Beyde Ar - méen kommen zum Treffen / und bleiben von Clota - rii Volck bey die dreyßig tauſend Mann auf derWahl -87des Koͤnigreichs Franckreich. Wahlſtatt. Clotarius muß darauf alles Land / was zwiſchen der Loire und Seine bis an den Ocea - num lieget / an Thierry abtreten / und mit Wenigem / was man ihm laͤßt / vorlieb nehmen. Brunehild verleitet Thierry, daß er ſich muß an ſtatt einer Ge - mahlin Concubinen zulegen / damit ſie deſto ehe die Hand beym Regiment behaͤlt. Protades, Brune - hilds Buhler / wird durch ſie zum Gros-Hofmeiſter bey dem Koͤnig Thierry gemacht. p 198.

Thierry wird durch dieſe ſeine gottloſe Mutter Brunehild gereitzet / ſeinen leiblichen Bruder The - odebert zu bekriegen. Protades wird in ſeinem Gezelt von denen Soldaten in Stuͤcken zerhauen.

Thierry nimmt Koͤnig Betteries in Spanien Tochter / Ermenbergam, zur Gemahlin / muß ſie aber auf Anſtifften ſeiner Mutter Brunehildis wieder von ſich jagen. Jhr Vater will ihn deß - wegen bekriegen: Macht eine Allianz mit Clotario. ſtirbet aber daruͤber p. 202. Der Abt Colombanus warnet ſo wol den Koͤnig als Brunehilden, von ihren unordentlichen Buhlſchafften abzuſtehen / und ermahnet daß ſich der Koͤnig eine rechte Ge - mahlin moͤchte zulegen. Brunehild verfolget ihn hart deßwegen / alſo daß er endlich zu Koͤnig Clo - tario fliehet / der ihn gantz gnaͤdig aufnimmt. p. 204. Theodebert und Thierry gerathen in einen neuen Krieg. Clotarius wird von beyden zur Al - lianz eingeladen. Schlaͤget ſich aber zu keiner Partie. Beyde Bruͤder treffen mit ihren Arméen Theodebert wird geſchlagen. Fliehet bis nach Coͤlln. Verſammlet ein neues Heer von Thuͤrin -F 4gern88Denckwuͤrdigkeitengern / Sachſen / und andern Voͤlckern. Es koͤmmt bey Tolbiac zu einer neuen Schlacht / die weit blutiger als die erſte / ſo gar / daß Fregarius davon ſchreibet / es waͤren ſo viel Menſchen auff der Wahlſtat damahls erſchlagen worden / daß die Coͤrper keinen Raum mehr gehabt zu fallen / ſondern ſie waͤren aufgerichtet ge - blieben / als ob ſie noch lebendig waͤren. Die - ſes Treffen geſchiehet im Jahr Chriſti 612.

Theodebert wird von einem Verraͤther erſchla - gen / und ſein Kopf auf die Mauer zu Coͤlln heraus geſtecket. Thierry ziehet in Coͤlln ein / nimmt ſeines erſchlagenen Bruders gantzen Schatz zu ſich / wird zum Koͤnig ausgeruffen / und koͤmmt mit Theode - berts hinterlaſſenen Kindern nach Metz zuruͤck. p. 209.

Brunehildis, als ſie ihres Sohnes / des ermorde - ten Theodeberts, Kinder ſiehet / laͤßt ſie ſolche vor ihren Augen erwuͤrgen / ja ſie iſt ſelbſt von einer ſo teufeliſchen Grauſamkeit / daß ſie das kleineſte da - von / Printz Meroveum, bey den Veinen nimmt / und ſolchen mit dem Kopfe wider die Steine ſchmeiſ - ſet / daß das Gehirne heraus ſpringet. p. 210.

Eine eintzige junge Printzeßin iſt noch uͤberley / welche wegen ihrer Schoͤnheit ſich Thierry zur Ge - mahlin beſtimmet. Brunehild will ſolches nicht zugeben. Thierry koͤmmt daruͤber mit ihr ſo hart zuſammen / daß er uͤber ſie den Degen ziehet. Die Bedienten aber reiſſen Brunehilden hinweg; Die aber den Koͤnig Thierry bald darauf mit Gifte aus der Welt ſchaffet / und hernach als ſeiner Kinderhinter -89des Koͤnigreichs Franckreich. hinterbliebene Regentin die Herrſchaft des Koͤnig - reichs Burgund fortfuͤhret.

Clotarius ſuchet die von Theodebert und Thier - ry ihm abgenommene Staͤdte wieder einzunehmen. Brunehild will den Gros-Hofmeiſter in Burgund Varnaquier laſſen aus dem Wege ſchaffen. Dieſes wird ihm wunderlich kund gethan. Er macht ein geheim Verſtaͤndniß mit denen Generalen der Bur - gundiſchen Armée und mit Clotario ſelbſt. Alſo werden alle des Koͤniges Thierry junge Printzen in der Schlacht gefangen / und bis auf Meroveum ge - toͤdtet / weil dieſen Clotarius aus der Taufe geho - ben; Er wird aber in ein Kloſter geſperret. Bru - nehild retiriret ſich / wird aber von Varnaquier aus - gekundſchaffet / und zu Clotario durch die Verſpre - chung gelocket / als wolte er ſie heyrathen. Allein / da ſie ſich einfindet / wirft ihr Clotarius die an ſo vielen Koͤnigen begangene Mordthaten vor / laͤßt ſie foltern / hernach auf ein Kameel ſetzen / und um ſeine gantze Armée herum zum Schau-Spiele fuͤh - ren. Nach dieſem bindet man ſie an eines unbaͤn - digen Pferdes Schwantz / laͤßt ſie durch Dornen und uͤber Stock und Steine ſchleppen: Endlich wird ihr Coͤrper in Stuͤcken zerriſſen / die zerſtreue - ten Glieder geſammlet / zu Aſche verbrannt / und die Aſche in die Luft geſtreuet. Clotarius wird dar - auf Herr uͤber gantz Franckreich / und Varnaquier von ihm aufs neue zum Gros-Hofmeiſter in Bur - gundien auf Zeit ſeines Lebens beſtaͤtiget. p. 218.

Ende des achten Buchs.

F 5Das90Denckwuͤrdigkeiten

Das neundte Buch der Frantzoͤiſchen Denckwuͤrdigkeiten; welches das En - de von Clotarii Secundi Regierung / wie auch Dagoberti des erſten / Clo - dovei des andern / Clotarii des dritten / Childeric des II. und Thierry oder The - oderici Regiment von Anno. 614. bis 690. in ſich haͤlt.

CLotarius dencket nun an nichts mehr / als wie er nach ſo vielen Drangſalen ſeine Untertha - nen mit dem Frieden und der Ruhe erquicken will. Einige Rebellen erwecken in Burgund neues Ler - men: Ermorden den von Clotario geſetzten Gou - vernēur, Hertzog Erpon. Allein Clotarius zuͤchti - get ſie / und laͤßt dem Vornehmſten / Aletheus Namens / den Kopf herunterſchlagen. Der Bi - ſchoff von Sion aber Leudemondus, ſo auch mit impliciret iſt / bekoͤmmt auff Vorbitte Gnade. p. 222. Clotarius macht ſeinen Sohn Dagobertum zum Koͤnig in Auſtraſien, giebt ihm Pipinum zum Groshofmeiſter mit / welcher ſeiner Klugheit hal - ben in groſſem Anſehen iſt. Die Sachſen brechen in Auſtraſien unter der Anfuͤhrung ihres Her - tzogs Bertoaldi ein. Dagobert liefert ihnen eine Schlacht / wird aber geſchlagen. Dieſes geſchicht im Jahr CHriſti 624. Clotarius ziehet ihm nach dieſem Verluſt mit einer Armée zu Huͤlffe / uͤberfaͤllt die Sachſen / toͤdtet ihren Hertzog mit eigener Fauſt und kehret ſiegend in Neuſtrien zuruͤck. p. 225.

Die Koͤnigin Bertrud, Clotari Gemahlin / ſtir - bet / und wird wegen ihrer Tugenden ſehr betauert /auch91des Koͤnigreichs Franckreich. auch zu Paris in die Kirche Saint Germain Des-Prez begraben.

Gondeberga Koͤnig in der Longobarden, welche ihr Gemahl Ariobaldus in das Schloß Comello laſſen einſperren / ſchicket an Clotarium, ſich doch ihrer anzunehmen / daß ſie wieder ihre Freyheit be - kaͤhm. Die Urſach ihrer Gefaͤngniß iſt dieſe: Ada - lulphus, des Koͤnigs Favorit, verliebt ſich in ſie. Seine Verwegenheit gehet ſo weit / daß er der Koͤ - nigin ihre Gegengunſt mit ziemlich geilen Worten ſuchet. Gondeberga, daruͤber entruͤſtet / ſpeyet ihm ins Angeſicht. Adalulphus, beſorgend / es ſey um ihn geſchehen / wo er der Koͤnigin nicht zu - vor kaͤhme / giebt ſie bey dem Koͤnige an / als wol - te ſie ihn mit Giffte hinrichten / um ſich hernach an Taſon zu vermaͤhlen. Ariobaldus iſt leichtglaͤubig / und laͤßt alſo die unſchuldige Koͤnigin nach Co - mello ins Gefaͤngniß bringen. Clotarius haͤlt durch ſeine Geſandten um ihre Befreyung an. Als ſie nichts aus zurichten vermoͤgen / ſchlagen ſie einen Zwey-Kampf vor / den Ariobaldus verſtatten ſoll zwiſchen Arnulphum, der die Koͤnigin anklaget / und einen andern / der ihre Unſchuld zu vertheidi - gen will auff ſich nehmen. Ariobaldus laͤßt ſich ſolches gefallen. Ein Longobardiſcher Ritter Pitton Namens / nimmt der Koͤnigin Verthei - digung auff ſich. Er kaͤmpfet mit Arnulpho in Beyſeyn des gantzen Hofes / toͤdtet ihn in Ange - ſicht des Koͤniges / darauff wird die Koͤnigin Gondeberga wieder losgelaſſen / und als un - ſchuldig von dem Hofe mit groͤßten Freuden -Bezei -92DenckwuͤrdigkeitenBezeigungen empfangen: Dieſes geſchiehet im Jahr Chriſti 627.

Varnaquier, Gros-Hofmeiſter in Burgund, ſtir - bet. Sein Sohn / Godin, heyrathet doſſen hinter - laſſene Wittwe / Bertam. Dieſe Blut-Schande / daß ein Sohn ſeine Stief-Mutter nimmt / will Clotarius nicht leiden / ſondern ſchicket Arnebertum mit Ordre, ihn hinrichten zu laſſen. Godin wird ge - warnet fliehet daher zu Dagoberten nach Auſtraſi - en; Dieſer bittet vor bey Clotario, und erhaͤlt Par - don vor ihn / doch daß er nie wieder zu Berten kom - men ſoll. Er haͤlt genau ſein Verſprechen / dieſes Weib aber / ſich von ihm verlaſſen ſehend / begiebt ſich an Clotarii Hof / und beſchuldiget Godin, als ſtehe er Clotario nach dem Leben. Clotarius will ihn deßwegen laſſen hinrichten / doch / um ihn ſicher zu machen / ſo laͤßt er ihm nur antragen / er ſolle auf den Leichnam des heiligen Medardi zu Soiſſons, und auf des heiligen Donyſii ſeinen / einen Eyd ablegen / nie - mals etwas wider des Koͤniges Perſon vorzuneh - men / ſondern ihm allzeit treu zu bleiben. Go - din, der ſich unſchuldig weiß / machet daruͤber kei - ne Schwuͤrigkeit; Doch / um nicht uͤberfallen zu werden / begiebt er ſich mit einem ſtarcken Geleite Gewaffneter nach dem beſtimmten Orte / und leget den Eyd ab.

Clotarii Abgeordnete / die ihm nicht koͤnnen ankommen / bereden ihn / auch nach Orleans und Tours ſich zu begeben / eben dieſen Eyd auf des heiligen Agnan und St. Martins Graͤbern abzu - legen. Godin iſt abermahls dazu willig / wirdaber93des Koͤnigreichs Franckreich. aber zu Chartres von Clotarii Leuten ermordet / wiewol er ſein Leben theuer verkaufft und viele mit in Tod nimmt / auch Arnebert, welcher des Koͤ - niges Ordre bey dieſer Ermordung exequiret / noch ſelbiges Jahr auf Clotarii Befehl den Kopf laſſen muß / weil er in Verdacht gefallen / mit der Koͤnigin ein heimlich Verſtaͤndniß zu haben p. 231.

Clotarius ſtirbet im Jahr Chriſti 628. nach - dem er drey und viertzig Jahr loͤblich regieret hat: Hinterlaͤßt zweene Soͤhne / Dagobertum von der Koͤnigin Bertrud, und Aribertum, deſſen Mutter unbekannt. Dagobert bemeiſtert ſich gantz Franck - reichs. Tritt Ariberten Aquitanien ab. Jſt ein ſehr gerechter Herr; und hoͤret aller Armen / Witt - wen und Waͤyſen ihre Klagen bis in die Nacht. p. 235. Henget aber der Liebe ſehr nach; Verſtoͤßt ſei - ne Gemahlin / nimmt eine von ihren Kammer - Fraͤulein Nantilde; Laͤßt ſolche das folgende Jahr wieder fahren / und nim̃t ein junges ſchoͤnes Maͤgd - lein / Ragnatrudis genannt / davon er noch ſelbiges Jahr einen Sohn zeuget / Sigibert Namens. Er regieret loͤblich / ſo lange er Pipini und Cuniberti Bi - ſchoffs von Coͤlln guten Rathſchlaͤgen folget. Nach - dem aber laͤßt er ſich den Geitz verfuͤhren / dencket nur auf Vermehrung ſeiner Schaͤtze / preſſet die Un - terthanen / beraubet die Kirchen / hat drey Gemah - linnen / denen er den Titul der Koͤniginnen giebet / und viele Kebs-Weiber. p. 237.

Die Unterthanen ſeufftzen unter denen Preſſuren und Uppigkeiten des Hofes. Pipin wird nicht mehr vom Koͤnige gehoͤret; Sondern die Fuchs -ſchwaͤn -94Denckwuͤrdigkeitenſchwaͤntzer / welche des Koͤniges Debauchen gut heiſſen. Aribert ſtirbet / nachdem er zwey Jahr hoͤchſt-loͤblich regieret. Dagobert, welcher beſchul - diget wird / ihn heimlich von der Welt geſchafft zu haben / nimmt ſein Land und ſeinen Schatz hinweg. Fuͤhret Krieg wider die Sclaven, ein Volck in Teutſchland / wird aber hart geſchlagen. p. 242. Si - gibert, ſein Sohn / wird zum Koͤnig in Auſtraſien gekroͤhnet; Wiewol er nur vier Jahr alt iſt. Da - goberto wird noch ein Sohn im Jahr Chriſti 633. von der Koͤnigin Nantilde, die er wieder zu ſich ge - nommen / gebohren / den er Clodoveus nennet. Er verſammlet die Staͤnde / ohne deren Aſſemblée da - mahls nichts geſchiehet / und confirmiret in Gegen - wart der Herren von Auſtraſien, Neuſtrien, und Burgund die Donation des Koͤnigreichs Auſtraſien, mit welcher er ſeinen Sohn Sigibert bedacht: Bringt aber darauf die Staͤnde dahin / daß ſie ihm ſchwoͤren / Neuſtrien und Burgund unter dem Gehor - ſam ſeines andern Printzen Clodovei zu erhalten / wenn er / Dagobert, mit Tode abgehen wuͤrde. p. 247. Die Gasconier revoltiren; werden aber ge - demuͤthiget. p. 249. Judiciail, Koͤnig der Bretten, thut Dagoberto alle Satisfaction wegen begange - ner Streiffereyen ſeiner Unterthanen. p. 251. Da - gobert ſtirbt im dem Kloſter Saint Denis, ſo er er - bauet / im fuͤnf und dreyßigſten Jahre ſeines Alters.

Koͤnig Sigibert in Auſtraſien iſt damahls kaum acht Jahr alt: Alſo hat die gantze Regierung der Gros-Hofmeiſter Pipinus. Ebenfalls da Koͤnig Clodoveus nur fuͤnff Jahr iſt / fuͤhret ſein Gros -Hofmei -95des Koͤnigreichs Franckreich. Hofmeiſter Ega gleichfalls das Regiment. Pipi - nus begehret im Namen ſeines Koͤniges / daß man Dagoberti hinterlaſſene Schaͤtze theilen ſoll. Ega findet ſolches vor billig / und bekoͤmmt ein Theil da - von Sigibert, den andern Clodoveus, den dritten aber die verwittwet hinterlaſſene Koͤnigin Nantilde, wie damahls die Sitten ſelbiger Voͤlcker ſind / wel - che den dritten Theil des von dem Manne waͤh - render Ehe erworbenen Guths der Wittwe laſſen.

Pipinus ſtirbt kurtz darauff im Jahr CHriſti 639. Wird ſehr betauert wegen ſeiner treff - lichen Qualitaͤten: Er iſt der erſte / welcher die Gros-Hofmeiſter Stelle in ſolches Anſehen ge - bracht / bey der ſich auch ſeine Nachkommen ſo lan - ge erhalten haben / bis daß ſie gar auff den Thron ge - ſtiegen.

Carlomannus ſein Vater iſt ein Sohn Caroli, Grafens von Hesbay in dem Luͤttiger Lande / eines von den vornehmſten Herren in Auſtraſien. Pipi - num heiſſet man ſonſt mit dem Zunamen: Pipin de Landen, weil er in Landen gebohren worden.

Die Thuͤringer revoltiren: Koͤnig Sigibert erhaͤlt ein Treffen gegen ſie / und werden derſelbigen eine groſſe Anzahl unter ihrē Anfuͤhrer Fara, Chrodoaldi Sohne / welchen Dagobert hinrichten laſſen / ge - ſchlagen. Die Auſtraſier ruͤcken darauff als Sie - ger weiter fort / und koͤmmt annoch zwiſchen ihnen und dem Thuͤringiſchen Hertzoge Radulpho zu ei - ner Haupt-Schlacht; allein ſie buͤſſen allda ſehr ein / alſo daß Koͤnig Sigibert, da er eine ſolche Nie -derla -96Denckwuͤrdigkeitenderlage der ſeinigen ſiehet / ſich der Thraͤnen nicht enthalten kan; ziehet ſich aber nach ſolchem Ver - luſte wieder uͤber den Rhein zuruͤck. Dieſes ge - ſchihet im Jahr CHriſti 640. Ega, ſo als Gros - Hofmeiſter Neuſtrien uud Burgund regieret / ſtir - bet. p. 261. Nantilde, die verwittwete Koͤnigin / machet mit Bewilligung der Staͤnde zweene neue / Erchinoaldum in Neuſtrien und Flaochat in Burgund.

Die Koͤnigin Nantilde ſtirbet und wird zu Saint Denis bey Dagoberten begraben. Flaochat und Erchinoaldus, beyde Gros-Hofmeiſter ruiniren ei - nen der vornehmſten Herren in Burgund, Wilibad Namens / ſo daß er das Leben daruͤber einbuͤſſet.

Flaochat ſtirbt zehn Tage darauff. Erchino - ald behaͤlt darauf beyde Gros-Hofmeiſterſchaff - ten beyſammen. Grimoald ziehet endlich die von Auſtraſien an ſich. p. 268. Erchilnoaldus hat eine junge Sclavin in ſeinem Dienſte / Batilde Na - mens / die vollkommen ſchoͤn iſt. Zu dieſer uͤberre - det er den Koͤnig Clodoveum, daß er ſie heyrathen muß. Der Koͤnig / ſo in allen nach Erchinoaldi Willen lebet / folget auch hierinnen / und Erchino - ald thut es aus der Abſicht / daß er ſich vollends dadurch des Koͤniges ſein Gemuͤth will dienſtbar machen / dazumahl die Koͤnigin ihm wegē ihrer Erhe - bung allezeit verbunde waͤre. Es gehet ihm auch an: Der Koͤnig Clodoveus und ſeine Gemahlin Batil - de bringen ihre Zeit mit Devotion zu / und zeugen darnebſt drey Printzen mit einander / Clotarium, Childericum, und Theodoricum, welche alle dreyeeiner97des Koͤnigreichs Franckreich. einer nach dem andern Koͤnig wird: Erchinoaldus aber fuͤhret die Regierung / und theilet alle Chargen nach Gefallen aus. Grimoaldus, Gros-Hofmei - ſter in Auſtraſien, regieret ſeinen Koͤnig Sigibert e - ben auch nach ſeinem eigenen Gefallen. Beredet Sigiberten, daß / weil er mit ſeiner Gemahlin Imne - childen keine Kinder hat / eꝛ in Geheim ſeinen Sohn / Childebert Namens / an Kindes ſtatt annimmt / auch ein Teſtament machet / darinnen er ihn zu ſei - nem Nachfolger des Koͤnigreichs Auſtraſien erklaͤh - ret.

Nach dieſem Handel befindet ſich die Koͤnigin Imnechildis ſchwanger / und gebiehret einen Printz / den ſie Dagobert nennet. Sigibert will alſo das Teſtament widerruffen. Grimoalden ſteckt ein - mahl die Regierung im Kopfe / wie demnach Sigibert im Jahr Chriſti 654. ſtirbet / ſo laͤßt er den jungen Printz Dagobert in Hibernien fuͤhren / daß er allda die Kloſter-Luft ſchoͤpfen ſoll. Imnechildis vermag ſolches mit aller ihrer Widerſetzung nicht zu ver - hindern. Grimoaldus bringt aus / als ob dieſes des Koͤniges letzter Wille geweſen / daß ſein Printz ein Geiſtlicher werden ſolte: Schaffet auch das Herrlem ſo gehling fort / ehe die Staͤnde ſich darwi - der ſetzen koͤnnen. Die Koͤnigin Imnechildis, welche wegen ihrer eigenen Perſon beſorget / nimmt die Flucht zu Koͤnig Clodoveo in Neuſtrien, und bittet um deſſen Huͤlffe. Grimoald ſetzet ſeinen Sohn Childebert auf den Thron. Die Staͤnde in Auſtra - ſien empoͤhren ſich / ſtoſſen ihn wieder herunter / be - maͤchtigen ſich Grimoalds, fuͤhren ſelbigen zu KoͤnigGClodoveo98DenckwuͤrdigkeitenClodoveo gefangen / allwo er wegen ſeiner vielen Verbrechen ſterben muß. Imnechildis will darauff wieder von Auſtraſien Poſſeſſ nehmen / und ihren Sohn Dagobert zuruͤck beruffen. Allein Erchi - noaldus koͤmmt ihr zuvor / und laͤßt Clodoveum als Koͤnig von gantz Franckreich proclamiren; der denn alles geſchehen laͤßt / was dieſer mit ihm vornimmt.

Franckreich wird im Jahr 654. mit Peſt und Hunger heimgeſuchet. Clodoveus laͤßt den Schatz zu Saint Denys oͤffnen / und nimmt Geld zum Un - terhalt der Armen heraus / deßwegen er viel ſchim - pfliche Nachrede von den Moͤnchen leiden muß. Er ſtirbt das Jahr darauff / und laͤßt ſeinem aͤlte - ſten Printze Clotario ſeine drey Koͤnigreiche.

Jm Jahr 659. ſtirbt auch der Gros-Hofmeiſter Erchinoaldus. Ebroin wird an deſſen Stelle er - wehlet. Die verwittwete Koͤnigin Batilde begiebt ſich in das Kloſter de Chelles, und verdienet durch ihre Gottesfurcht unter die Zahl der Heiligen ge - ſetzt zu werden p. 275. Ebroin laͤßt ſeine Ehr - ſucht / Geitz / und Grauſamkeit uͤberall blicken. Clotarius ſtirbet im Jahr CHriſti 669. Erboin wird von der Ritter-Schafft wegen ſeines Hoch - muths und vielen Ausſchweifungen ſeines Amts entſetzt / und in ein Kloſter geſperret p. 277. Theo - doric, der durch ſeine Huͤlfe Koͤnig in Burgund und Neuſtrien geworden / koͤmmt wieder vom Trohne / indem ihm einige vornehme Herren eine Blatte ſcheeren / und alſo zu ſeinem aͤltern Bruder Childe - ric Koͤnige in Auſtraſien bringen. Er wird dar - auff nach Saint Denys geſchaft.

Childeric99des Koͤnigreichs Franckreich.

Childeric wird ermordet / nach dem er etwan vier - und zwantzig Jahr alt / und eilf Jahr regieret. Jſt mit ſeiner Gemahlin und Printz zu Saint Germain Des-Prez begraben worden / da man noch ſein Grab im Jahr 1656. gefunden hat. Es iſt nach deſſen Tode nichts als rauben / morden / und pluͤndern in Franckreich. Theodoric wird zum Koͤnige declariret. Ebroin koͤmmt wieder aus dem Kloſter herfuͤr; macht ſich groſſen Anhang / bemaͤchtiget ſich des Pallaſts / und des Koͤniges Perſon; veruͤbet grauſame Rache an denen / die vormahls an ſeinem Falle Schuld geweſen. p. 288. 289. Dagobert, Koͤnig in Auſtraſien wird von einigen Herren des Reichs mit ſamt ſeiner Mut - ter Imnechilde und dem Gros-Hofmeiſter Wifo - aldes ermordet; weil dieſe beyden letztern unter des Koͤniges Namen groſſe Grauſamkeiten wider den Auſtraſiſchen Adel veruͤbet. Die Auſtraſier wollen keinen Koͤnig mehr haben / ſondern machen Pipinum zum Fuͤrſten uͤber ſich; wie auch noch ei - nen andern Herrn / Martin Namens. Dieſe beyde Herren fallen in Neuſtrien ein. Ebroin ziehet ihnen entgegen; gewinnet die Schlacht: Die zwey Fuͤrſten nehmen die Flucht. Ebroin locket Martin aus der feſtẽ Stadt Laon heraus / und laͤſſet ihn mit allen ſeinen bey ſich habenden wider eydlich gegebene Verſiche - rung erſchlagẽ p. 293. Aber Ebroin wird wieder von einem Neuſtriſchen Herrn / Hermenfried genannt / welchem er alle Guͤther genommen / ermordet. Unru - he wegen der Gros-Hofmeiſter Stelle / welche im - mer einer vor dem andern zu erhalten trachtet. G 2Grau -100DenckwuͤrdigkeitenGrauſamkeit des Gros-Hofmeiſters Bertier. Tod des Koͤniges Theodorici im Jahr CHri - ſti 690.

Ende des neundten Buchs.

Das zehnde Buch der Frantzoͤiſchen Denckwuͤrdigkeiten / welches die Ge - ſchichte der letztern Koͤnige in Franck - reich von dem erſten (ſo genannten Pharamund oder Meroveiſchen) Ge - ſchlechte vom Jahr CHriſti 690. bis ins Jahr 752. in ſich haͤlt.

THeodoricus hat zween Soͤhne von der Koͤni - gin Clotilde hinterlaſſen / Clodoveum und Childebertum: Clodoveus wird Koͤnig / da er nur zehn Jahr alt iſt / regieret nur vier Jahr. Chil - debert, ſein Bruder / koͤmmt darauff im Jahr Chri - ſti 694. auff den Thron / da er etwan zwoͤlff Jahr alt; muß aber / nach Gewohnheit ſelbiger Zeit / ſei - nes Gros-Hofmeiſters Gnade leben. Dieſer / Pipinus genannt / ſuchet ſein Geſchlecht beym Re - giment zu erhalten / machet dahero ſeinen aͤlteſten Sohn / Drogon genannt / zum Hertzog von Champa - gne; und Grimoaldum, ſeinen andern Sohn / zum Gros-Hofmeiſter in Neuſtrien. Bekrieget dar - auff den Frieſiſchen Hertzog Ratbod, den er uͤber - windet und groſſe Beuthe machet. Drogon, wel - chem Pipinus Auſtraſien zugedacht / ſtirbt am hitzi - gen Fieber.

Childebert ſtirbt auch im Jahr CHriſti 711. nach -101des Koͤnigreichs Franckreich. nachdem er den Koͤnigstitul ſiebenzehen Jahr gefuͤh - ret. Sein Sohn Dagobertus, welcher damals zwoͤlff Jahr alt iſt / ſuccediret ihm im Reiche. Nach - dem ihn die Staͤnde geſehen / ſtecket ihn Pipinus e - benfalls / wie ſeinen Vater und Gros-Vater / auf ein Luſt-Haus; Er aber ſetzet die Regierung mit groͤßter Autoritaͤt fort. Vermaͤhlet ſeinen Sohn Grimoaldum mit des Friſiſchen Hertzogs Ratbods Tochter / Theudelinden; wird darauf kranck. Gri - moald will ihn beſuchen / wird aber in der Kirche St. Lamberti zu Luͤttich von einem Frieſen ermordet. Pipinus veruͤbt an dem Moͤrder grauſame Rache; Und weil Grimoaldus von Theudelinden keine Kinder hinterlaſſen / ſo laͤßt er einen Sohn / welchen Grimoald mit einer Concubine erzeuget / und der nicht viel uͤber ſechs Jahr iſt / Theodaldus Na - mens / zum Gros-Hofmeiſter beſtaͤtigen. Stirbet darauf / nachdem er Franckreich in die ſieben und zwantzig Jahr regieret: Und hat man ihn nur mit dem Zunamen Heriſtal genennet / wegen eines Schloſſes Heriſtal, wo er insgemein reſidirete.

Plectrude, ſeine erſte Gemahlin / will ſich des Re - giments unter dem Namen ihrer Sohns Kinder anmaſſen. Allein Pipinus Sohn / Carl, von ſei - ner andern Gemahlin Alpaide, widerſetzet ſich: Plectrude laͤßt ihn in Coͤlln gefangen ſetzen. p. 307. Er aber entwiſchet aus dem Gefaͤngniß. Dago - bert, Koͤnig in Neuſtrien, ſtirbet. Chilperic der II. ſuccediret ihm; indem ihn die Staͤnde aus dem Kloſter hervor ziehen: Jſt ein einfaͤltiger Herr / und ein Sohn Childerici des andern / welcher durch Bo -G 3dillon102Denckwuͤrdigkeitendillon ermordet worden. p. 308. Carl ſchlaͤget Chil - perics Armée aufs Haupt. Sieget noch einmahl uͤber die Neuſtrier / und verfolget ſie bis nach Paris. Plectrude eꝛgiebt ſich ihm mit Pipini gantzem Scha - tze: Er bemaͤchtiget ſich gantz Auſtraſiens, und den - cket nun auch darauf / unter dem Titul Gros-Hof - meiſter / Neuſtrien vollends hinweg zu nehmen. p. 312. Chilperic nimmt ſeine Zuflucht zu Eudes, Her - zog von Aquitanien. Carl ſchlaͤget Eudes und Chil - perics Armée in die Flucht; Nimmt Paris ein; laͤßt Clotarium zum Koͤnig von Neuſtrien und Burgund ausruffen. Clotarius ſtirbet / nachdem er ſiebenzehn Monat den Koͤnigs-Titul gefuͤhret. Darauf laͤßt Carl Chilpericum als Koͤnig proclamiren. Dieſer fuͤhret den Koͤniglichen Titul nicht laͤnger als fuͤnf und ein halbes Jahr / und ſtirbet zu Noyon. Hier - auf wird Dagoberti des andern junger Printz Theodoricus von Chelles weil er allda auferzogen / alſo benamet) als er nur das ſechſte Jahr erreichet / auf den Koͤniglichen Trohn im Jahr Chriſti 721. ge - ſetzet.

Die Sachſen ſtehen abermahls auf. Carl Martel thut ihnen in vielen Schlachten groſſen Abbruch / und kehret in Auſtraſien mit reicher Beuthe zuruͤck. Das folgende 723. Jahr ziehet er wider die Alle - mannen, und wider die Schwaben / demuͤthiget ſie; Faͤllt die Baͤyern an / bekoͤmmt allda ungemeine Beuthe und viele Gefangene / darunter zwey Prin - tzeßinnen von recht ſonderbahrer Schoͤnheit / von denen er die juͤngere / Sonichilde Namens / nach ſei - ner Gemahlin Rotrude Abſterben zur Ehe. nimmt

Eudes103des Koͤnigreichs Franckreich.

Eudes, Hertzog von Aquitanien ergreift die Waffen wider Carl Martel, ziehet die Voͤlcker in Bretagne und Gasconien an ſich: Machet Allian - ce mit Munuza, einem Saraceniſchen General in Hiſpanien / und ob ſelbiger gleich eines gantz andern Glaubens iſt / ſo giebt er ihm dennoch / das Buͤnd - niß deſto feſter zu ſchlieſſen / ſeine Tochter zur Ehe. p. 317.

Hier wirfft der Autor den Urſprung und die Geſchichte der Saracenen oder Araber mit in ſeinen Tractat ein / weil ſelbige mit der Hiſtorie von Carl Martels ſeinen Begebenheiten ſehr verknuͤpfet iſt. Er erzaͤhlet / wie ſolche von Ismael, Abrahams natuͤrlichem Sohne / herſtammen: Durch Maho - met unterwuͤrffig gemacht / der ihnen Geſetze und Religion aufgeleget: Sich an allen Enden un - ter der Autoritaͤt der Califen, Mahomets Nachfol - ger / an allen Enden ausgebreitet: Und wie ſie end - lich durch Graf Julian aus Africa in Hiſpanien gekommen / allwo Rodrigo die Gothiſche Monarchie als Koͤnig damahls regieret / und weil er ein ſehr wolluͤſtiger Herr / dieſes Julians ſeine eintzige Tochter / deren Schoͤnheit ihn entzuͤndet / mit Gewalt zu ſeinem Willen gebracht; daruͤber der Graf aus Rache die Saracenen in Hiſpani - en im Jahr Chriſti. 713. uͤberfuͤhret. Rodri - go wird aufs Haupt geſchlagen; und er ſelbſt entziehet ſich ſo geſchwind durch die Flucht / daß man nachdem niemahls hat erfahren koͤnnen / wo dieſer Koͤnig hingekom̃en. Die Saracenen machen ſich nach dieſer erhaltenen Schlacht von gantz Spa -G 4nien104Denckwuͤrdigkeitennien Meiſter. Allein Graf Julianus juͤnſter Sohn / den er dem Califa Murza zum Geiſel gegeben / den An - ſchlag auff Spanien auszuuͤben / wird zu erſt von den Saracenen ermordet; Julian ſelbſt in ein Ge - faͤngniß geworffen / darinnen er ſich erſticht: Seine geſchaͤndete Tochter aber / wie ſie ſiehet / daß ſie den Ruin ihres Vaterlandes verurſachet / indem ſie ih - ren Vater zu einer ſo ſtarcken Rache angefeuert / ſtuͤrtzet ſich von einem Thurme herunter. p. 321. Alſo wird das Reich der Wiſigothen, welches ohn - gefehr dreyhundert Jahr gedauert / abgebrochen; der Name abgeſchaffet / und die noch unter dem Jo - che der Unglaͤubigen darinnen bleiben / Muzarabes, von dem erſten Koͤnige der Araber in Hiſpanien / Muza Namens / genennet.

Die Saracenen, oder ſo genannten Muzarabes, dencken nun darauf / ihre Herrſchaft weiter in Gal - lien zu erſtrecken. Zaman nimmt Narbonne hin - weg. Gehet nachdem auff Toulouſe los. Allein Hertzog Eudes gehet ihm mit einer Armée entgegen / und ſchlaͤget im Jahr 721. die Saracenen ſehr hart / alſo daß Zaman ſelbſt mit einem groſſen Theile ſeines Heeres im Treffen bleibet. p. 323.

Einige Jahre darauffaͤllt Ambiza, Gouverneur von Spanien in Septimanien ein / nimmt Carcaſſo - ne, Nimes und das uͤbrige der Provintz bis an den Rhodanum hinweg. Eudes iſt eyferſuͤchtig we - gen Carl Martels ſeiner Macht / und laͤßt eini - ge Zeit die Saracenen nach Gefallen hauſen. Endlich reſolviret er ſich / das Joch dieſer Unglaͤubi - gen von ſeinem Lande abzuwerffen. Doch durchein105des Koͤnigreichs Franckreich. ein unanſtaͤndig Mittel. Denn er macht mit Munuza, ſo ſelbſt ein Saraceniſcher Gouverneur in Spanien iſt / eine Alliance, giebt dieſem Unglaͤubi - gen ſeine Tochter wider ihren Willen zur Gemah - lin. Carl Martel, als er ſiehet / daß Eudes ſeiner Freundſchaft abſaget / verſammlet ſeine Armée; Ja - get den Hertzog Eudes aus einer Stadt in die andre; Auf der andern Seiten hat Abderame, welchen Iscan Califa zum Couverneur von Spanien ge - macht / Nachricht / daß Munuza ſich ſouverain ma - chen will / belagert ihn alſo in Pui-Cerda, draͤnget ihn auch ſo hart / daß er heimlich mit ſeiner ſchoͤnen Gemahlin die Flucht nimmt. Allein Abderam[e]ſetzet ihm nach; Damit nun Munuza nicht lebendig in ſeiner Feinde Haͤnde fallen will / ſo ſtuͤrtzet er ſich von einem Felſen herab. Seine Gemahlin aber / welche von einer vollkommenen Schoͤnheit iſt / wird nach Africa geſchicket / um dem Mauritani ſchen Cali - fa præſentiret zu werden. So uͤbel laͤuft dieſe ge - zwungene Heyrath mit Hertzog Eudes ſeiner ſchoͤ - nen Tochter.

Abderame faͤllt darauf in Franckreich ein / ver - wuͤſtet Hertzog Eudes ſein Land. Dieſer erkennet ſeinen Jrrthum: Haͤlt bey Carl Martel um Huͤlfe an. Carl, welcher ſiehet / von was Wichtigkeit die - ſer Krieg iſt / verſpricht ſolche; Bringet eine ſtarcke Armée zuſammen. Jndeß wird Hertzog Eudes mit ſeinem Volcke geſchlagen / wie tapfer er ſich auch haͤlt. Wendet ſich alſo nach ſolchem Verluſte mit ſeinen noch uͤbrigen Trouppen nach der Loire zu. Abderame ruͤcket immer weiter / nimmt eine ProvinzG 5nach106Denckwuͤrdigkeitennach der andern hinweg / pluͤndert und beraubet die Kirchen und veruͤbt groſſe Grauſamkeiten. Carl Martel und Eudes kommen ihm bey Tours entgegen. Die Saraceniſche Armée iſt vier hun - dert tauſend Mann ſtarck. Die Frantzoͤiſche un - gleich kleiner; Aber ihre Heerfuͤhrer ſo wol als die Soldaten ſeynd von groſſer Tapferkeit / und weil der gantzen Chriſtenheit ihre Wohlfahrt an dem Ausgange dieſer Schlacht henget / ruffen ſie zu Gott und ermuntern einander behertzt zu fechten. Das Treffen wird an einem Sonnabende im October - Monat im Jahr Chriſti 732. gehalten; Abderame ſelbſt wird ſamt den tapferſten Saracenen erſchla - gen: Die Armée, als ihr Haupt verlohren / begiebt ſich bey anbrechender Nacht in die Flucht; und laͤßt das gantze Lager ſamt groſſen Schaͤtzen im Stiche. Carl Martel meynet / es werde den andern Tag an ein neu Treffen gehen: Allein weil die Feinde bey die dreymahl hundert tauſend Mann verlohren / und ihr Feld-Herr ſelbſt geblieben / hat ſich alles vol - lends retiriret: Demnach Carl als ein Sieger in ihr verlaſſenes Lager koͤmmt / und mit Freuden die Beuthe austheilet. p. 328. Hertzog Eudes hat zu dieſem Siege durch ſeine Tapferkeit gleichfalls ein Groſſes beygetragen / darum er auch mit vieler Eh - re und Reichthum in ſein Land zuruͤcke kehret. p. 328.

Popon, ein Frieſiſcher Hertzog / welcher revoltiret / wird hierauf von Carl Martel uͤberwunden und er - ſchlagen; ſein Land von der Abgoͤtterey gerei - niget / und durch Carln allda die Chriſtliche Re - ligion einfuͤhret. Hertzog Eudes ſtirbet. Sein107des Koͤnigreichs Franckreich. Sein Sohn Hunald, der ihm ſuccediret / will inde - pendent ſeyn. Carl Martel bringet ihn und ſeinen Bruder Hatto zu paaren / daß ſie ihm und ſeinen beyden Soͤhnen / Pipino und Carlomanno huldigen muͤſſen. Jn Burgund giebt es einen neuen Auf - ſtand / welchen Carl Martel ebenfalls geſchwind ſtil - let. Hierauf ziehet er wider die Sachſen / welche revoltiret / die er aber in unterſchiedenen Schlach - ten bezwinget. p. 333. Die Saracenen bekommen durch Verraͤtherey Avignon weg. Dieſes aber nimmt ihnen Carl Mattel mit ſtuͤrmender Hand wieder / und laͤßt alle Beſatzung der Saracenen nie - derhauen. p. 334.

Hierauf ruͤcket er vor Narbonne, welches zu der - ſelben Zeit vor eine Haupt-Veſtung geachtet wird. Die Saracenen ſuchen dieſe Stadt zu entſetzen. Carl laͤßt ſeinen Bruder Childebrand nebſt einem Theile der Armée die Belagerung continuiren. Er aber gehet mit den andern Voͤlckern den Sara - cenen entgegen; ſchlaͤget ſie: Stellet von neuen die Belagerung fort: Kan aber doch den Ort nicht ein - bekommen. Wendet ſich wieder in Thuͤringen / die revoltirenden Sachſen abermahls zu baͤndigen / welches ihm auch geluͤcket. Jm Jahr Chriſti 738. ſtirbt Theodorie von Chelles; Nachdem er den Koͤnigs-Titul 17. Jahr gefuͤhret / aber nicht das Ge - ringſte gethan / als daß er jaͤhrlich einmahl am erſten Maji ſich vor dem Volcke ſehen laſſen; ſonſten aber ſeine gantze Zeit auf einem Luſt-Hauſe / wo hinein man ihn relegiret / zugebracht. Sein Tod bringet al - ſo im Staate keine Aenderung. Deñ Carl Martel veꝛ -wal108Denckwuͤrdigkeidenwaltet nach wie vor die Regierung / nim̃t aber doch den Koͤnigs-Titul nicht an / weil er lieber Koͤnig in der That ſeyn will / als den bloſſen Ehren-Na - men fuͤhren / und dadurch ſich mehr Neid erwecken. p. 338.

Alſo bleibet Franckreich eine Zeit ohne Koͤnig / und wird von Carl Martel mit einer abſoluten Auto - ritaͤt waͤhrendes dieſes Interregni regieret. Er nimmt Avignon hinweg / und bemaͤchtiget ſich Marſeille. Pabſt Gregorius der dritte ruffet ihn um Huͤlffe an wider die Longobarden. Er iſt bey Empfang der Paͤbſtlichen Bothſchafft ſehr unpaß: Schickt aber doch wieder Geſanden nach Rom / welche dem Pabſt und Roͤmiſchen Volcke die Fran - tzoͤiſche Protection verſprechen muͤſſen. Luitprand, Koͤnig der Longobarden, will ſich mit Carl Martel nicht gerne einlaſſen / giebt alſo die abgenomme - nen Oerter wieder. Carl, da er ſein Ende ſich ie mehr und mehr zu naͤhern ſpuͤret / verſammlet die Reichsſtaͤnde / und theilet mit ihrer Bewilli - gung unter ſeine Soͤhne die Staate / welche er bis - her mit ſo viel Ruhme regieret hat. Dem aͤltern Sohne Carlomanno giebt er Auſtraſien, Schwaben und Thuͤringen; Pipino aber giebt er Neuſtrien, Burgund, und Provence. Griffon, Sonnichildens Sohn / bekoͤmmt ein klein Stuͤcke Landes / ſo man von ſeinen beyden abſondert.

Hierauf ſtirbet Carl Martel im Jahr Chriſti 741. den 12. Octobris, und wird von gantz Franck - reich als ein gottfuͤrchtiger / kluger und tapferer Regent geruͤhmet und ſein Abgang betauert.

Er109des Koͤnigreichs Franckreich.

Er hinterlaͤßt von ſeiner erſten Gemahlin Ro - trude die beyden Soͤhne Carlomannum und Pipi - num nebſt einer Printzeßin / Hiltrude Namens. Von ſeiner andern Gemahlin Sonnichilde verlaͤßt er auch einen Sohn / Griffon genannt.

Hunald, Hertzog von Aquitanien will unerach - tet der Carolo Martel geleiſteten Huldigung wie - der independent ſeyn. Carlomannus und Pipi - nus ruͤſten ſich wider ihn / und nehmen Hunalden die gantze Provintz weg / ſo ſie unter ſich theilen. Griffon empoͤhret ſich nachdem wider ſeine beyden Bruͤder auf Anſtifften ſeiner Mutter Sonnichilde; Sie aber belagern Sonnichilden in Laon, nehmen den Ort ein; und ſtecken ſie in ein Kloſter: Griffon wird gleichfalls gefangen bey Ardennes in Neu - chaſtel eingeſperret.

Carlomannus beziehet hierauf die Teutſchen / die ſich von neuen aufgelehnet / und ſchlaͤget ſie unter ih - rem Hertzog Theobaldo. Beruffet hierauf ein Concilium im Jahr Chriſti 742. um die in der Kir - che eingeſchlichenen Mißbraͤuche abzuſchaffen / und præſidiret auf ſolchem Concilio der Biſchoff Boni - facius. Jn eben ſelbigem Jahre wird Pipino ſein aͤlteſter Sohn von ſeiner Gemahlin Bertrude, Cari - berti, Grafens von Laon Tochter / gebohren / welchen er Carl tauffen laͤßt / und der hernach wegen ſeiner groſſen Verdienſte den Beynamen bekommen / daß man ihn Carolum Magnum genennet.

Die Sachſen und Schwaben nebſt denen Baͤy - ern empoͤhren ſich abermahl / unter dem Vorwand / weil Franckreich keinen Koͤnig haͤtte / ſo waͤre es ih -nen110Denckwuͤrdigkeitennen ruͤhmlicher / ihren bey ihnen gebohrnen als auslaͤndiſchen Fuͤrſten zu gehorſamen. Carlomann und Pipin erwehlen einen neuen Koͤnig / ſo noch von des Clodovei Stamm uͤbrig / Childeric der dritte genannt; der ein einfaͤltiger Herr; und nachdem man ihn als Koͤnig gegruͤſſet / ſperret man ſelbi - gen / wie ſeine Vorfahren / auff ein Luſt-Schloß; Carlomannus aber und Pipinus fuͤhren die Regie - rung weiter fort. p. 347. Schlagen Odillon, Hertzog in Bayern. Das folgende Jahr als Anno Chriſti 744. beruffet Pipinus ein Concilium zu Soiſſons, wo der Paͤbſtliche Legate Bonifacius præ - ſidiret / und darinnen die beyden Ertzbiſchoffthuͤ - mer zu Rheims und Sens auffgerichtet worden. Was darauff abgehandelt / wurde nach denen Bi - ſchoͤffen und Abten von Pipino und einigen groſ - ſen Herren unterſchrieben: Was aber Childerics Namen anbelangete / dieſer wurde nicht weiter ge - brauchet / als zum Dato; nemlich: Geſchehen im andern Jahre Childerici des dritten ſeines Reichs.

Hunald Hertzog von Aquitanien, will aber - mahls die Souveraineté ſuchen / muß aber mit groſ - ſer Submiſſion um Frieden bitten. Einige Zeit darauff hat er ein Mißtrauen gegen ſeinen leib - lichen Bruder Hatto; Locket ihn an ſeinen Hof / nachdem er geſchworen / ihm kein Leyd zuzufuͤ - gen: Allein / als der gute Hatto ſich ſtel - let / laͤßt er ihm die Augen ausſtechen / und in ein enge Gefaͤngniß einſchlieſſen. Dieſe barbari - ſche That macht Hunalden bey aller Welt ver -haßt;111des Koͤnigreichs Franckreich. haßt; ihm ſelbſt gereuet ſolche Grauſamkeit / dan - cket demnach die Regierung ab / und begiebt ſich in ein Kloſter / ſeine Gemahlin gleich - falls; ſein Sohn aber Gaifre ſuccediret ihm.

Hierauff gehet der Krieg zwiſchen Pipino, Car - lomanno, und denen Sachſen wieder an. Die Frantzoͤiſchen Fuͤrſten haben viel mit ihnen zu thun / ehe ſie ſolche koͤnnen baͤndigen: Carlomannus brin - get viele dazu / daß ſie ſich tauffen laſſen / und Chri - ſten werden. Dieſes geſchihet im Jahr CHriſti 745. Er ſelbſt gedencket hernach der Welt ab - zuſagen / und ſich in ein Kloſter zu begeben. Of - fenbahret ſolches ſein Vorhaben ſeinem Bruder Pipino, wie er nach Rom zu gehen Willens / da - ſelbſt von des Pabſts Zacharias Haͤnden die Moͤnchs-Kappe zu nehmen / welche Ab - ſicht Pipinus lobet / und eine praͤchtige Equipage zuruͤſten laͤßt / ihn dahin zu beglei - ten.

Carlomann nimmt Abſchied von ſeinem Bruder / uͤbergiebt ihm ſein Land / und recommandiret ihm ſeinen jungen Printz Drogon; Bittet ihn auch / daß er moͤchte ihren Bruder Griffon wieder los laſ - ſen / welcher zu Neuchaſtel gefangen ſitzet; und da - mit reiſet er durch die Lombardie, woſelbſt Ratchi - ſes Koͤnig iſt. Dieſer wird durch Carlomanni Exempel dermaſſen geruͤhret / daß er kurtz darauf ihm folget / und auch in ſein Kloſter gehet / nachdem er ſeinem Bruder Aſtolpho die Krohne uͤber - laßen.

Carlo -112Denckwuͤrdigkeiten

Carlomann wird vom Pabſt Zacharia ſehr lieb - reich zu Rom empfangen: Beſchencket das Grab des heil Peters ſehr reichlich / nimmt den Moͤnchs - Habit / und begiebt ſich nach Sanct Sylveſter. Weil aber dieſes Rom zu nahe / und er daher gar oft Viſi - ten hat / begiebt er ſich weiter nach Mont-Caſſin.

Pipinus nimmt Poſſeſſ von Auſtraſien; laͤßt Griſſon los / dieſer aber gehet heimlich zun Sachſen / die er bald wiederum zum Aufſtande gegen Pipinum anfeuret. Pipinus ziehet ihnen mit einer ſtarcken Armée entgegen / und noͤthiget ſie / den Frieden zu ſu - chen: Zerſtoͤhret hernach ihre Veſtungen / und mar - chiret auf Griffon los / der ſich nebſt Hertzog Land - frieden nach Odillons Tode des Baͤyerlandes be - maͤchtiget. Pipinus durchziehet alles ohne Wider - ſtand / was zwiſchen dem Lech und Jnnſtrohme lie - get. Griffon bittet bey ſeinem Bruder um Gna - de. Pabſt Zacharias ſchicket auf Carlomanni An - halten einen Bothſchafter an Pipinum, ihn zu erſu - chen / Griffon zu vergeben / daß er abermahls einen Aufſtand erreget. Pipinus fuͤhret Griffon nebſt Hertzog Landfrieden mit allen Herren / ſo ihrer Par - tie gefolget / mit ſich nach Franckreich: Daſelbſt par - donniret er ihnen oͤffentlich ihre Rebellion, und er - wirbt ſich dadurch groſſes Anſehen. Hierauf denckt Pipinus dahin / wie er dasjenige / womit er lange um - gangen / moͤchte ins Werck ſtellen / nemlich ſich zum Koͤnige erklaͤhren zu laſſen.

Er weiß / was bisher Franckreich unter ſeinen weichlichen Koͤnigen und ſtrengen Gros-Hofmei - ſtern hat ausgeſtanden / und wie beyderſeits dieFran -113des Koͤnigreichs Franckreich. Frantzoͤiſche Nation uͤberdruͤßig / darum ſuchet er erſtlich die Einwilligung Pabſt Zachariæ, der ſolche giebt / darum die Staͤnde Childericum abſetzen und ihn in ein Kloſter ſtecken. Pipinus aber wird vom Ertz-Biſchoff Bonifacio zum Koͤnige geſalbet / und mit ſeiner Gemahlin Bertrud auf den Thron geſe - tzet. Alſo endet ſich das erſte Geſchlecht der Fran - tzoͤiſchen Koͤnige / einem andern / welches weit vor - trefflicher und maͤchtiger iſt / Platz zu machen.

Ende des zehnden Buchs und des an - dern Theils der Frantzoͤiſchen Denckwuͤrdigkeiten.

Recueil des voyages, qui ont ſervi à P Etabliſſement & aux progres de la Compagnie des Indes Ori - entales formée dans les provinces unies des Päis-bas. à Amſterdam 1702.Kurtze Beſchreibung derjeni - gen Reiſen / welche zu Aufrichtung und Progreſſen der Oſt-Jndianiſchen Com - pagnie gedienet / ſo in den vereinigten Nie - derlanden formiret worden. Herausgegeben zu Amſterdam / im Jahr 1702.

HDer114Hollaͤndiſche Reiſen

DEr Verfaſſer dieſes Buchs / welches er dem Koͤniglichen Frantzoͤiſchen Ober-Aufſeher uͤber die Reichs-Intraden, Herrn von Cha - millart, dediciret / nennet ſich de Conſtantin, u. ſagt / er habe ſolche Reiſen meiſt zu dem Ende zuſam - men getragen / ſeine (die Frantzoͤiſche) Nation da - durch anzufriſchen / ſich auch ſolcher Wege zu bedie - nen / auf rechtmaͤßig e Art groſſes Reichthum zu er - werben; deren die Niederlaͤnder ſich gebrauchet / und dadurch ſie ihr ſo gar kleines Land vermoͤgender und maͤchtiger gemacht / als viele Koͤnigreiche kaum zuſammen waͤren.

Jn dem Vorbericht erzehlet er die Haupturſa - che / wie die Hollaͤnder dazukommen / die Oſt-Jndiani - ſche Compagnie auffzurichten / und die Schif - farth in ſo entfernte Lande mit ſo herrlichem Suc - ceſſ anzuſtellen. Nemlich / nachdem Spanien ſie ſo ſehr gedruͤcket / mit Feuer und Schwerdt verfol - get / aus allen ſeinen Haͤfen ihre Schiffe verwieſen / und keines eingelaſſen; ja die Schiffe weggenom - men / und die darauff befindlichen Leute unter die ſtrenge Inquiſition gegeben / haͤtten dieſe betraͤngten vereinigten Provinzen ſich genoͤthiget befunden / ihre Einwohner in die allerentlegenſten Laͤnder zu ſchicken / um daraus die Mittel zu ihrer Erhal - tung zu holen / welche ihnen der Koͤnig von Spa - nien abgeſchnitten.

Hierzu / faͤhret er fort / habe ein groſſes die kluge und tapfere Conduite des Guverneurs der verei - nigten Provintzen / Printz Moritzens von Naſſau,bey115nach Oſt-Jndien. bey getragen / welcher ſeine Nation animiret / bey Bar - barn und unter einem gantz abgelegenen Himmel die Huͤlffe zu ſuchen / welche ihr die eigenen Nach - barn abgeſchlagen.

Das meiſte zu ihrer Auffkunfft und groſſem Reichthum habe Oſt-und Weſt-Jndien contribui - ret. Allein dahin zu fahren / haͤtte man erſtlich dieſes zu verhuͤten trachten muͤſſen / daß man we - der denen Spaniern noch Portugieſen in die Haͤnde fiele; welche Schwuͤrigkeit anfangs faſt unmoͤg - lich abzuthun geſchienen.

Es haͤtten aber doch Jacob Valk und Chriſtoph Rœltius, der eine / Schatzmeiſter; der andere / Pen - ſionarius der Staaten von Seeland / nebſt un - terſchiedlichen Kauffleuten / als Balthaſar Mou - cheron, Jan Janſen Charles, Dirk van Os, und vielen andern / den Entſchluß gefaſſet / ſich den Weg nach Jndien zu oͤffnen / welcher ihnen unrechtmaͤßi - ger Weiſe von Carl dem V. und Philippo dem II. Koͤ - nig in Spanien war verſchloſſen worden.

Es werden darzu drey Schiffe ausgeruͤſtet / eines in Amſterdam; das andere in Seeland; das drit - te in Enkhuiſen. pag. 3. Sie wollen den Weg durch Norden nehmen / und reiſen den 5. Junii 1594. aus dem Texel ab / Norwegen / Moſcau / und die Tartarey zu umſchiffen / und wofern es ihnen moͤg - lich iſt / bis nach China dadurch zu kommen. Wie pag. 3. 4. & ſeqq. in Beſchreibung der erſten Rei - ſe zu ſehen. Allein dieſer Weg will nicht ange - hen / darum ſie / als ſie bey Nova Zembla vor Eiſe und andern Hindernißen nicht koͤnnen weiter fort -H 2fah -116Hollaͤndiſche Reiſenfahren / wiederum den erſten Auguſti ſelbiges Jah - res den Ruͤckweg nehmen / und den 16. Septem - ber in Amſterdam wieder anlangen / nichts anders mit ſich bringend als Haͤute von weiſſen Baͤren / deren ſie unterſchiedliche auff dem Eiſe erſchoſſen / und eine Meer Kuh von erſtaunender Groͤſſe / wel - che ſie gleichfalls auff einer Eis-Banck getoͤdtet haben. p. 13.

Die Hollaͤnder thun einen neuen Verſuch / durch Norden / laͤngſt Norwegen / Moſcau und Tarta - rey nach Cathai und China zu ſeegeln / dahero im Jahr 1595. auff Befehl der General Staaten und des Printzen von Uranien ſieben Schiffe ausgeruͤ - ſtet / und ſechſe davon mit allerhand Kauffmanns - Wahren und Gelde beladen werden; das ſiebende aber ſo eine Jacht / hat Ordre / wenn die ſechs andern Capo de Tabin voruͤber paſſiret / ſo man vor die aͤuſſerſte Spitze von der Tartarey haͤlt; oder wenn ſie wenigſtens ſo weit gekommen / daß ſie nun ihren Lauff koͤnten Sudwerts nehmen / und nichts mehr von dem heftigen Eiſe zu befahren haͤtten / ſelbige ſo dann die Nachricht davon ſolte zuruͤckbringen.

Wilhelm Barents, ſo das vorige mahl von dem Amſterdamer Schiffe Pilote geweſen / iſt es anitzo wiederum / und Jacob von Heemskerk als Factor.

Dieſer Heemskerk iſt derjenige / welcher ſo groſſe Ehre bey dem beruͤhmten See-Treffen eingele - get / welches zwoͤlff Jahr darnach / nemlich Anno 1607. unter denen Canonen der Veſtung Gibral - tar gehalten worden. Allein auch dieſe Reiſe /welche117nach Oſt-Jndien. welche von pag. 14. bis pag. 28. aus Gerhard van Veer, der ebenfalls mit auf dem Amſterdamer - Schiffe iſt / ſeinem Journal beſchrieben worden / oͤf - net keine Farth durch die mitternaͤchtlichen Ge - waͤßre nach Jndien / ſondern die Schiffe kommen / den 18. Novembris, nachdem ſie vier Monat und ſechzehn Tage auſſen geweſen / wiederum auff der Maaſe an.

Als dieſer Anſchlag abermahls nicht von ſtat - ten gegangen / verſuchen die Hollaͤnder die dritte Reiſe / ob ſie moͤchten Nordwerts bey Norwegen / Moſcau und Tartarey vorbey in die Koͤnigrei - che Cathai und China einen Weg finden / welche Reiſe im Jahr 1596. angetreten wird / und zwar unter der Direction Jacob von Heemeskerk, Wil - helm Barents und Jan Corelis Riip; da ſie den 18. Maii aus dem Vlie abſeegeln. p. 20. und am 2. Junii vormittages zwiſchen zehn und elff Uhren drey Sonnen am Himmel ſehen / durch welche alle dreye ein Regenbogen gehet. Nechſt dieſem ſeynd noch zweene andre Regenbogen / der eine / ſo die drey Son - ne umſchließet / und der andere / ſo durch die mit - lere rechte Sonne hindurch gehet. p. 20.

Sie kommen den 9. Junii an eine Jnſul / woſelbſt ſie ausſteigen / da den 12. Junii ein groſſer weiſſer Baͤr auf ſie zukoͤmmt / mit dem ſie zwey gantzer Stunden zu thun haben / ehe ſie ihn koͤnnen toͤdten. Die Haut von dieſem Thiere iſt gantzer zwoͤlff Schuhe lang / und nennen ſie dieſe Jnſul ſolcher Begebniß halber Baͤren-Eiland.

Den folgenden Tag / als den 13. Junii, werden ſieH 3gegen118Hollaͤndiſche Reiſengegen Abend gewahr / daß etwas Großes auf ſie zu - wallet. Sie vermeynen erſt nicht anders / es ſey ein Schiff / als es aber naͤher koͤmmt / iſt es ein todter Wallfiſch / auf welchem eine ſehr groſſe Anzahl See - Meven (eine gewiſſe Art Voͤgel) ſitzen.

Den 21. Junii kommen ſie abermahls an eine Jn - ſul / da ſie viele wilde Gaͤnſe / und ſonderlich darunter eine groſſe Anzahl auf ihren Eyern antreffen. Sol - ches ſeynd eben dergleichen wilde Gaͤnſe / als man ſie alle Jahr auf dem Zuider-See / zwiſchen Nord - Holland und Friesland haͤuffig ſiehet / ohne daß man bis dahin gewuſt / wo ſie ihre Eyer hinlegen: So gar / daß einige dahero geſchrieben / dieſe Eyer waͤren eine gewiſſe Baum-Frucht in Schottland / ſo an dem See-Geſtade ſtuͤnden; die nun davon herab auf die Erde fielen / zerbraͤchen; die aber in das Meer hinein fielen / ſchloͤſſen ſich alſo fort auf / und ſchwoͤmmen die jungen Gaͤnſe / ſo bald ſie aus ſolchen Eyern heraus / davon. p. 35.

Dieſe Jnſul / faͤhret der Autor fort / welche die See-Fahrenden vor Grœnland anfangs hielten / ob ſie ſchon uͤber dem achtzigſten Grad lieget / hat gleichwol Gras und Kraͤuter / und giebt darinnen ſo wol Rennthiere als von anderer Art. Da hinge - gen in Nova Zembla gar kein Gras noch Kraut waͤchſet / und es darinnen nichts als Baͤren und Fuͤchſe giebet. p. 36. Jſt alſo ſelbige Jnſul zwi - ſchen Grœnland, ſo zu Norwegen gehoͤret / und Nova Zembla, ſo von Moſcovien dependiret / gelegen / und hat in die Laͤnge bey die ſechtzig teutſche Meilen.

Nach der Zeit ſeynd alle Sommer die Englaͤn -der119nach Oſt-Jndien. der dahin gefahren / um Zaͤhne von Meer-Kuͤhen / und was man von Wallfiſchen brauchen kan / zu ho - len. Wie denn die Rußiſche Geſellſchaft / ſo zu Londen iſt / ſolche Fiſcherey treibet. Allein nach - dem ſeynd auch die Hollaͤnder / Frantzoſen / und aus Biſcaia dahin gefahren. Die Englaͤnder nennen es Grœnland, die Hollaͤnder aber heiſſen es Spitz - berg; und iſt die Charte davon bey dem Aurore p. 37. zu ſehen.

Von dieſem Lande wird ferner gemeldet / daß da - ſelbſt gantzer ſechs Monat an einander Tag ſey. Aber in den uͤbrigen ſechs Monaten giebt es auch dermaſ - ſen lange Naͤchte / daß man zwey gantzer Monate nichts anders / als nur aller vier und zwantzig Stun - den / die Morgenroͤthe ſtatt des Tages hervor bli - cken ſiehet.

Wie lange aber auch die Sonne an einander darinnen ſcheinet / iſt es dennoch nicht warm / ſon - dern auch im Sommer kalt: Die Urſache deſſen iſt / daß die Sonne niemahls an dem Horizont allda hoͤ - her als bis auf den drey und dreyßigſten Grad ſtei - get / weniger viertzig Minuten: Alſo thre Strahlen nie anders als ſeitswaͤrts ſolches Land beruͤhren. p. 39. Ubrigens iſt auch ſelbiges hin und wieder mit ho - hen Bergen bedecket / auf welchen unaufhoͤrlich Schnee lieget.

Die weiſſen Baͤren / ſo man auf ſelbiger Jnſul antrifft / ſeynd viel groͤſſer / als die Ochſen: Die Rennthiere aber kommen viel denen Hirſchen bey / nur daß ſie etwas kleiner ſeynd / und ihre Geweyhe nicht ſo wohl zuſammen gefuͤget. Es giebt auch all -H 4da120Hollaͤndiſche Reiſenda weiſſe / graue / und gantz ſchwartze Fuͤchſe. Und um die Hafen herum viele Wall-Fiſche / deren einige bey die achtzig Schuch lang und gewaltig fett ſeynd / wie ſie denn der Autor p. 40. 41. und 42. ſamt ihren unterſchiedenen Gattungen beſchreibet.

Wenig Meilen davon trifft man Meer-Kuͤhe an / von denen der Autor ſaget / daß man ſie wol koͤn - te See-Elephanten nennen / ſo wol wegen ihrer groſſen und denen Elephanten gleichkommenden Coͤrper / als wegen ihrer Zaͤhne / die man ebenfalls als das Elfenbein brauchete. Noch fuͤnf Meilen weiter vor / wo es Canale mit ſuͤſſen Waſſer giebt / ſiehet man viele See-Hunde / ſo denen gantz aͤhnlich / die man in Niederlaͤndiſchen Provintzen findet.

Die mit ihren Schiffen dahin angelangten Hol - laͤnder halten ſich allda nicht lange auf / ſondern ſee - geln weiter. Kommen bey der Baͤren-Jnſul vor - bey: Koͤnnen nicht einig werden / welche Fahrt ſie halten ſollen / und wird beliebt / daß ieder nach ſeinem beſten Gutduͤncken den Lauff nehmen moͤge. Alſo faͤhret Jan Cornelis mit ſeinem Schiffe mehr nach Norden / und Wilhelm Barenz mit dem ſeinen mehr nach Suden. Dieſer koͤmmt auf Nova Zembla zu / her nach auf die Creutz-Jnſul / woſelbſt ſie Ancker werffen / weil das Eis ſie hindert fortzukommen. Sie haben wiederum Anfall von weiſſen Baͤren. p. 45. 46. Deren ſie unterſchiedene todt ſchieſſen. p. 48. 49. Stehen viel wegen des Eiſes aus. p. 50. 51. 52. Koͤnnen endlich gar nicht weiter fortkommen / muͤſſen alſo / weil ſchon der 9. Septembr. da iſt / ſich entſchlieſſen / den Winter uͤber auf dem Eilande zuzubrin -121nach Oſt-Jndien. zubringen / ſo zwar gantz wuͤſte / und unbewohnet / iedoch / weil das Meer unterſchiedene gantze Baͤu - me mit ſamt denen Wurtzeln allda angetrieben / ſo bedienen ſie ſich derſelbigen / bauen eine Huͤtte auff das Land / ſo wol wegen der gewaltigen Kaͤlte / als wilden Baͤren / ſich darinnen zu verwahren: Schaffen aus dem Schiffe / ſo in dem Eiſe feſt ein - gefrohren / den Proviant heraus / und laſſen alles GOttes Direction anheim geſtellet.

Es beſuchen ſie immer Baͤren / theils an der Huͤtten / theils auff dem Schiffe / davon ſie dann unterſchiedene nieder ſchieſſen. Man zuͤndet eine Lampe an / und henget ſie mit hineingethanen Baͤ - ren-Schmaltze in die Huͤtten / daß ſie allemahl des Nachts hindurch brennen ſoll.

Den vierten November ſiehet man gar keine Sonne mehr; allein der Mond ſcheinet an deren ſtat Tag und Nacht Den 8. November machet man die Eintheilung vom Brote genauer / alſo / was einer ſonſt auff fuͤnf Tage gehabt / damit muß er ſich nun acht Tage behelffen. Das Vier wird auch alle / und Waſſer haben ſie nicht anders / als wenn ſie den Schnee zerſchmeltzen. Sie fangen unter - ſchiedene Fuͤchſe / deren Fleiſch zum Eſſen gantz ſchmackhafft iſt; aus denen Baͤlgen aber machen ſie ſich Muͤtzen. Sie ſtehen erſtaunende Kaͤlte aus. Den 24. Januarii des folgenden 1597. Jah - res erblicken ſie das erſtemahl wiederum etwas von der Sonnen / und den ſieben und zwantzigſten Ja - nuarii ſehen ſie dieſelbige wiederum voͤllig. Wel - ches zwar / wie der Autor meldet / einigen moͤchteH 5un -122Hollaͤndiſche Reiſenunglaublich vorkommen / und dieſelben ſagen / die Hollaͤnder muͤßten in ihrer Huͤtten die Tage nicht alle richtig gezehlet haben / er erweiſet aber durch die Ephemerides des Joſephi Scalæ, ſo zu Venedig gedruckt / und von 1589. bis 1600. gehen / daß ſie allerdings recht calculiret haͤtten. p. 79. 80. 81.

Die Thuͤre der Huͤtten verſchneyet offt den gu - ten Hollaͤndern dermaſſen / daß / wenn einer heraus will / ſeine Nothdurfft zu thun / ſo muß er zur Feuer - Maͤure heraus ſteigen. Weil ſich die Sonne wie - der ſehen laͤßt / bleiben die Fuͤchſe auſſen / und finden ſich die Baͤre wieder ein. Sie ſchieſſen einen da - von / und bekommen mehr als hundert Pfund Schmaltz alleine von demſelben / damit ſie wieder des Nachts ihre Lampe brennend halten.

Nach tauſendfaͤltig ausgeſtandenem Ungemach machen die Zimmerleute die Schuͤte und die Calou - pe zu rechte / weil ſie das Schiff aus dem Eiſe nicht koͤnnen heraus bringen / und ſchleppen alles / was von Proviant, wie auch Waaren und zweene Coffer voll Geld / noch auf dem Schiffe / aus demſelbigen her - aus auf dieſe beyden kleinẽ Fahrzeuge Barenz ſchrei - bet darauff ein gantz Verzeichniß ſo wol / wie ſie von Holland abgereiſet / als wie ſie in Nova Zembla angekommen; was ſie allda gelitten / wie lange ſie daſelbſt verzogen / und wie ſie wieder abgefahren / la - det ſolches in eine Muſquete / welche er in die Feuer - Maͤure der von ihnen bisher bewohnten Huͤtte auf - henget / damit / wenn andere etw an nach ihnen moͤch - ten dahin kommen / ſie dieſes zu ihrer Nachricht faͤnden. Wie ſie denn auch dergleichen Verzeich -niſſe /123nach Oſt-Jndien. niſſe / ſo von der gantzen Compagnie unterſchrieben ſeynd / in iedwedes von beyden kleinen Schifflein ei - nes mit nehmen / darinnen ihre gantze Reiſe und was ihnen begegnet angemercket / damit / wenn ja eines von ihnen durch Sturm oder das gewaltige Eis zu Druͤmmern gienge / man doch dem andern deſto ehe koͤnte Glauben geben / wie ſich alles zuge - tragen.

Endlich ſo heben ſie den 14. Junii 1597. die An - cker morgens um 6. Uhr auf / und fahren mit ihren beyden kleinen Schifflein von Nova Zembla ab / nachdem ſie das rechte Schiff daſelbſt zwiſchen dem Eiſe muͤſſen ſtecken laſſen.

Den 16. kommen ſie an die Oranien-Jnſul / ſteigẽ aus / machen Feuer von dem Holtze an / ſo ſie daſelbſt finden / ſchmeltzen Schnee / und fuͤllen damit kleine Tonnen / daß ſie zu trincken haben. p. 99. Stehen groſſe Gefahr wegen des Eiſes aus / und ſehen ihren Untergang vor Augen. Ziehen endlich beyde Schifflein aufs Eis / beſſern allda ſelbige aus / wo ſie Schaden gelitten / und fahren hernach weiter.

Sie gelangen darauf den 28. Julii vor den Meer - Buſen Sanct Laurentii, allwo ſie zwey Rußiſche Schiffe antreffen. Die Ruſſen wundern ſich / wo ſie dieſen Weg herkommen / erweiſen ſich gantz freundlich gegen die Hollaͤnder: Beyde Theile a - ber / weil eines des andern Sprache nicht kundig / koͤnnen einander wenig verſtehen. Die Ruſſen ſeegeln fort. Die Hollaͤnder kommen an eine Jn - ſul / wo ſie zwar keine Leute / aber viel Loͤffel-Kraut antreffen / welches ſie wider den Scharbock brau -chen /124Hollaͤndiſche Reiſenchen / und deſſen gantze Haͤnde voll eſſen. p. 121. Den 12. Auguſti treffen ſie wieder ein Rußiſch Schiff an / welchen ſie von Fiſchen ein Theil abkauffen; weil ihr Proviant gantz aufgezehret. Die Cha - loupe koͤmmt von der Schuͤte ab. Sie kommen endlich an das Vorgebuͤrge von Candnoes: Trei - ben ans Land / wo kleine Fiſcher-Haͤuſer ſtehen / in welchen dreyzehen Ruſſen und zwey Lapplaͤnder mit drey Weibern und einem Kinde ſind: Man nimmt ſie allda freundlich auf / fuͤhret ſie in eine Stube / und trocknet daſelbſt ihre Kleider / giebt ihnen auch Fiſche zu eſſen. p. 132. Sie treffen allda zweene Leute von ihrer Chaloupe an / welche wollen Pro - viant einkauffen. Die Chaloupe folget ſelbſt / alſo kommen ſie wiederum zuſammen; und fahren miteinander weiter. Sie ſchicken einen Lapplaͤnder mit einem ihrer Matroſen nach Cola voraus; Der Lappe koͤmmt zuruͤck / und bringt einen Brief von Jan Cornelis mit / den ſie laͤngſt mit ſeinem Schif - fe vor untergegangen gehalten. Jan Cornelis hat eben dieſes von Heemskerken und Barentſen gedacht / da ſie nun den 2. Septembris auff dem Strohme unweit Cola zuſammen kommen / als wo Jan Cornelis ſein Schiff vor Ancker lieget / iſt die Freude ungemein groß bey beyden Partien. Gegen Abend begeben ſie ſich in die Rußiſche Stadt Cola: erholen ſich wieder durch mancherley Erfriſchun - gen / laſſen ihre beyden kleinen Fahrzeuge / die Schuͤ - te und Chaloupe, zum ewigen Andencken ihrer ſo gefaͤhrlichen Reiſe / indem ſie damit uͤber vierhun - dert Meilen geſeegelt / daſelbſt / und begeben ſich den18.125nach Oſt-Jndien. 18. Septembris wiederum auff Jan Cornelis ſein Schiff / nach Holland zuruͤck zu fahren / allwo ſie den 1. Novembris in denen Kleidern und Fuchs - Muͤtzen / als ſie in Nova Zembla getragen / wieder anlangen / nachdem ihnen abermahls dieſer Ver - ſuch mißlungen iſt / einen Weg durch Norden nach Jndien zu finden.

Ohnerachtet nun die Hollaͤnder ſo vielmahls dieſen Weg durch die mitternaͤchtlichen Gewaͤſſer nach China zu kommen vergebens geſuchet; ſo ſchicken ſie dennoch abermahls aus dieſer Abſicht / den letzten Martii im Jahr 1609. einen erfahrnen Engliſchen Piloten, namens Heinrich Hutſon mit einer Fluyte / welche zwantzig Mann auf hat / und mit allerhand Munition wohl verſehen iſt / aus / um noch eines zu wagen / ob ſie koͤnnen durchkommen: Allein es gehet ihnen ſo wenig an / als denen vori - gen / darum / nachdem ſie in einigen Jnſuln aller - hand Peltz-Werck gehandelt / und ſich beſorgen / ſie moͤchten nicht Proviant genug haben / zu uͤberwin - tern / kehren ſie zuruͤck / und langen den 7. Novemb. zu Darmouth in Engeland wiederum an. p. 146. 147. 148.

Nachdem alſo dieſe Reiſen der Autor erzehlet / fuͤget er eine gantze Beſchreibung von Siberien, Samojeden, und Tingoeſe an / ſo er aus denen Schrifften der Moſcoviter gezogen / welche mit ſelbigen Voͤlckern viel handeln; auch ſetzet er ei - ne Relation hinzu / was die Wege / Fluͤſſe und Staͤdte betrifft bis an die groſſe Tarta -rey.126Hollaͤndiſche Reiſenrey. Dieſe Beſchreibung gehet von pag. 151. bis 188. und wird derſelbigen die Diſſertation Johann Iſac Pontani beygefuͤget / in welcher er auf die Ein - wuͤrffe antwortet / die es vor faſt unmoͤglich halten wollen / einen Weg durch Norden nach China zu finden / dabey er zugleich Vorſchlaͤge thut / wie man es angeben muͤßte / wenn man darinnen wolte gluͤck - licher ſeyn / als die bisherigen geweſen. p. 188. 189. bis 196.

Nach dieſen allen folgen die Relationes der er - ſten und andern Reiſe / ſo die Hollaͤnder in Oſt-Jn - dien gethan / da ſie wuͤrcklich hinein gekommen / und heißt der Titul pag. 199.

Relation du premier Voia - ge des Hollandois aux Indes Orien - tales, oul on voit tout ce, qui leur eſt arrivé ſur la route, quel eſt l Etat, la Religion, les moeurs, & la maniere de vivre des Peuples, la qualité des Pais, leur fertilité, les fruits, qui produiſent, les animaux, qu on y trouve, & generalement tout ce, qui merite, d être remarqué. Das iſt: Beſchreibung der erſten Reiſe / ſo die Hollaͤnder nach Oſt-Jndien gethan / worinnen man alles findet / was ihnen auf dem Wege begegnet iſt; auch wasbey127nach Oſt-Jndien. bey dieſen entlegenen Voͤlckern vor ein Staat / vor Religion, Sitten und Lebens - Art: Wie der Laͤnder ihre Beſchaffenheit / ihre Fruchtbarkeit / und was ſie vor Fruͤch - te hervorbringen: Was man vor Thiere darinnen antrifft / und in Summa / alles / was werth iſt / angemer - cket zu werden.

DEr Autor hebet ſeine Erzehlung von der Veranlaſſung an / ſo die Hollaͤnder dazu vermocht / eine Reiſe nach Oſt-Jndien vorzunehmen. Als man nemlich ihre Schiffe und Effecten in Spanien angehalten / confiſciret / die Handels-Leute und Schiff-Patronen ins Gefaͤng - niß unter dem Vorwand geworffen / als kaͤhmen ſie aus Feindes Landen; ſie unter die Inquiſition gezogen und auffs haͤrteſte tractiret; und man we - nig Aenderung ſo ungerechter Bezeigungen zu hoffen gehabt: So machen einige Kauff-Leute in Holland eine Compagnie zuſammen / und ruͤſten einige Schiffe aus / dieſelben nach Oſt-Jndien zu ſenden; indem ihnen bekannt / was groſſen Reich - thum die Portugieſen daher ziehen; wollen alſo verſuchen / ob ſie nicht auch mit denen Jndianern und andern in Jnſuln wohnenden Voͤlckern / uͤber welche die Portugieſen noch keine Herrſchafft haͤt - ten einen Handel koͤnten auffrichten. Jn dieſer Abſicht equipiren ſie zu Amſterdam im Jahr 1594. vier Schiffe / das eine / MAURITIUS genannt / vonzwan -128Hollaͤndiſche Reiſenzwantzig Canonen und zwoͤlff Schiff-Stuͤcken / wie auch vier und achtzig Mann beſetzt. Das andre Schiff / genant HOLLAND, war eben mit ſo viel Stuͤcken und Volck verſehen / als das erſte. Das dritte / AMSTERDAM genannt / mit neun und funftzig Mann auch ſechzehn Canonen und zehen kleinen Stuͤcken montiret. Das vierte iſt ein Pinnas / genannt das TAEUBCHEN / monti - ret mit zwantzig Mann / zwey groſſen / und ſechs kleinen Canonen, und zwey Schiff-Stuͤcken. Die - ſe vier Schiffe lauffen den 2. April 1595. aus dem Texel / und paſſiren durch den Spaniſchen Canal. Den 19. Aprilis bekommen ſie die Jnſul Palma| zu Geſichte. Eben ſelbigen Tag ſehen ſie auch noch Teneriffa, Gomera, und Fierro, welches einige von denen Canarien-Jnſuln ſeynd.

Hier wirfft der Autor die Beſchreibung der Canarien-Jnſuln p. 201. mit ein / ſagend / daß die Alten ſie nur wegen ihrer ungemeinen Fruchtbar - keit und geſunden Lufft die Gluͤcks-Jnſuln ge - nennet / und als ſie im Jahr 1402 von denen Spa - niern entdecket worden / haͤtte man ihnen den Na - men Canarien-Jnſuln (a canibus) gegeben / weil man ſo gewaltig viel Hunde darinnen angetrof - fen. Jhrer ſeynd ſieben an der Zahl: Lancerotta, Feuerta, (oder forte-ventura) groß Canaria, Teneriffa, Gomera, Fierro oder Ferrera, und Palma

Groß Canaria hat bey die neun tauſend Ein - wohner; es iſt allda der Sitz des Biſchoffs / der In - quiſitoren / und des Koͤniglichen Raths / welcher alle ſieben Jnſuln regieret. p. 202.

Jn129nach Oſt-Jndien.

Jn Teneriffa iſt ein Berg / Pic genannt / welchen man vor den hoͤheſten in der Welt haͤlt. Man kan nur im Julio und Auguſto hinauf ſteigen / denn die uͤbrigen Monate des Jahres iſt er gantz mit Schnee bedeckt: Wiewol man ſonſt zu keiner Zeit in dieſer gantzen Jnſul / auch in denen uͤbrigen Canarien keinen Schnee ſiehet. Man muß drey Tage haben / ehe einer auf den Gipfel hinauf koͤmmt / von dar herab man gantz eigentlich alle ſie - ben Canarien-Jnſuln ſehen kan / obſchon einige da - von bey die ſechtzig Meilen entfernet ſind.

Die Jnſul Fierro oder Ferrera iſt auch eine von den groͤßten / aber ſehr unfruchtbar und ſo trocken / daß es keinen Tropfen ſuͤſſes Waſſer darinnen gie - bet / ausgenommen nach dem See-Geſtade zu / da es aber weit zu holen iſt. Dieſen Mangel nun zu er - ſetzen laͤſſet die goͤttliche Providenz faſt uͤberall in der Jnſul (andre Autores ſetzen alſo irrig / daß ſolches nur an einem eintzigen Orte ſey /) einen gewiſſen Baum wachſen; welcher ſeines gleichen ſonſt nirgends hat / deſſen Blaͤtter lang und alle - zeit gruͤn und friſch bleiben. Dieſer Baum iſt mit einer kleinen Wolcke bedeckt / welche deſſen Blaͤtter mit ſo reichem Thau anfeuchtet / daß ſie unaufhoͤrlich ein helles und liebliches Waſſer herab traͤuffeln / welches in Behaͤltniſſe faͤllt / ſo die Einwohner um ſolchen Baum herum gemacht haben / und daraus ſie nicht nur zu ihrem Gebrauch Waſſer genug ſchoͤpfen / ſondern auch ihr Vieh traͤncken koͤnnen. p. 203.

Zur rechten Hand der Canarien, ohngefaͤhr hun -Jdert130Hollaͤndiſche Reiſendert Meilen davon entdecket man offt eine Jnſul / Sanct Borondon genannt. Man beſchreibet ſie als uͤberaus luſtig von Baͤumen und Wieſen / und welche viel Fruͤchte hervor bringet; und waͤren ih - re Einwohner Chriſten: Doch wiſſe man nicht / von was vor Nation, und was ſie vor eine Sprache redeten. Die Spanier / welche die Canatien-Jn - ſuln bewohnen / haben ſich oft auf den Weg gemacht dahin zu fahren / allein dieſelbe niemahls finden koͤn - nen: Dahero viel geglaubet / es ſey mit derſelbi - gen Jnſul nur ein Blend-Werck. Andere aber geben es darauff / die Jnſul waͤre klein / und faſt ſtets mit Wolcken bedecket: Wieder andere ſpre - chen / es ſtroͤhmten ſolche ſtarcke Fluͤſſe heraus ins Meer / welche die Schiffe an ſelbige nicht anlieſ - ſen / ſondern immer davon abhielten. Jhm mag ſeyn / wie ihm wolle / ſagt der Autor, ſo iſt es doch gewiß / daß es eine ſolche Jnſul wuͤrcklich giebt / und ſelbige in gemeldter Diſtanz von denen Cana - rien entlegen ſey.

Den 25. Aprilis kommen die Hollaͤnder mit ih - ren vier Schiffen bey der Jnſul Bona viſta einer von denen / ſo die Portugieſen las Ilhas verdes (die gruͤnen Jnſuln) nennen / vorbey. Den 26. naͤhern ſie ſich der Jnſul S. Jago, ſo von Portugieſen bewoh - net wird / und Nachmittages werffen ſie Ancker an der Jnſul Maio, ſteigen ans Land / finden alda ei - ne kleine Kirche mit einer auffgehenckten Lampe voller Oel / unten aber einige Haͤuſer / doch nie - mand darinne / weil die Einwohner bey Gewahr werden dieſer ankommenden Schiffe ſich moͤgenver -131nach Oſt-Jndien. verkrochen haben. Die Hollaͤnder machen ſich auff die Jagd in dieſer Jnſul / ſchießen viel wilde Boͤcke und Ziegen.

Hier wirfft wiederum der Autor die Beſchrei - bung von den gruͤnen Jnſuln (des Isles vertes) mit ein / welche die Hollaͤnder wegen des darinnen befindlichen vielen Saltzes die Saltz-Jnſuln nen - nen: Er ſagt / daß ſelbige im Jahr 1572. durch die Portugieſen entdecket worden / und deren zehen an der Zahl / nemlich San-Jago, Santa Lucia, San-Vin - cente, S. Antonio, S. Nicolas, Ilha blanca, Ilha do Sal, Ilha de Mayo, Ilha do Fogo; und Ilha de bona viſta. Jhren Namen (die gruͤnen Jnſuln) ha - ben ſie bekommen / weil die See um ſelbige Jnſuln herum mit einem gruͤnen Kraute bewachſen / ſo die Portugieſen Sargalſo (Kreſſe) nennen; und zwar iſt ſolches Kraut auf der See ſelbiger Gegend dermaſ - ſen dichte / daß man das Meer vor eine gruͤne und lu - ſtige Wieſe anſiehet; und weiß niemand / wie es doch auf ſolchem Gewaͤßre ſo ſtarck wachſen mag / indem die See daſelbſt ungemein tief / alſo es nicht aus dem Grunde herauf kommen kan: Vom Lande koͤm̃t es auch nicht / denn nah an den Jnſuln iſt das Waſſer wiederum von ſelbigem unbedecket.

Als die Portugieſen im Jahr 1572. ſolche gefun - den / ſeynd ſie wuͤſte u. unbewohnet geweſen. Anietzo aber findet man darinnen einen Uberfluß vom Reis / Hierſen / tuͤrckiſch Korn / Pomerantzen / Limonien / Ci - tronen / Melonen / Feigen und Weinſtoͤcke / welche des Jahres zweymal Trauben tragen: Auch iſt viel groß und kleines Vieh darinnen zu finden / undJ 2treiben132Hollaͤndiſche Reiſentreiben die ietzigen Einwohner einen ſtarcken Saltz - Handel nach Braſilien. Gleichfalls ſiehet man daſelbſt Truthuͤner / Rebhuͤner / Wachteln / Ler - chen / und eine Art Voͤgel / ſo die Portugieſen Fra - meneos nennen / gantz mit weißen Federn bedeckt und ſo gros als ein Storch. So findet man auch darinnen gemeine Huͤner / Pfauen / Reiger / Turtel - Tauben und Kaninichen; und das Meer um ſol - che Jnſuln herum iſt uͤberaus fiſchreich. p. 208. den 28. Aprilis haben die Hollaͤnder die Sonne gerade uͤber dem Haupte / alſo daß ſie unter dem Ze - nith (oder hoͤheſten Himmels-Puncte) fahren / und die Sonne nicht den geringſten Schatten machet. Sie treffen zwey Portugieſiſche Schiffe an; gruͤſ - ſen und beſchencken einander: Die Portugieſen ſagen / daß ſie vor 20. Tagen von Liſſabon ausge - reiſet / und waͤren ihrer fuͤnff Schiffe / ſo nach Goa wolten / deren eines den Ertzbiſchoff von Goa uͤber - fuͤhrete / haͤtte vierhundert Soldaten / hundert und funfftzig Matroſen und achzehn Canonen auff.

Den 9. Maii haben ſie einen hefftigen Sturm: den 10. treffen ſie fuͤnff Hollaͤndiſche und zwey Por - tugieſiſche Schiffe an / die von Sanct Thomas kom - men. Die Hollaͤnder beſchencken einander mit Con - fituren / Zucker / Bier und Eß-Waaren.

Den 11. Maii ſchlaͤgt der Donner den groſſen Maſt vom Haupt-Schiffe hinweg: Sie werden darauff bey die fuͤnf Tage zuruͤck getrieben. Den 14. Junii ſeynd ſie uͤber die Linie hinuͤber / unter welcher ſie gewaltige Hitze ausgeſtanden.

Am 27. Julii ſtirbt ihnen der erſte auff derFlotte133nach Oſt-Jndien. Flotte / und werden ſie ingeſamt vom Scorbut (oder Scharbock) ſehr geplaget; ſo daß auff dem einen Schiffe bey die funfftzig Krancken ſeynd. Den 27. vermeynen ſie bey dem cap de bonne Eſperance (caput bonæ ſpei) zu ſeyn; doch ſehen ſie noch kein Land: Aber am 31. Julii werden ſie der hin und wie - der ſchwimmenden Vintzen oder Rohres gewahr / ſo ein Zeichen iſt / daß ſie von dieſem Capo nicht weit mehr ſeyn muͤſſen.

Hier miſcht der Autor wieder die Beſchreibung dieſes Vorgebirges (ſo man capo de buona ſperan - za heiſt) mit ein / wie nemlich ſolches die aͤuſerſte meridionaliſche Spitze von Africa ſey / welche zu erſt Bartholomæus Dias im Jahr 1493. entdecket. Als er nun nach ſeiner Zuruͤckkehr in Portugal Koͤ - nig Johanni dem II. erzehlen muͤſſen / was ihm auff ſeiner Reiſe begegnet / habe er unter andern von dieſem Vorgebuͤrge geſaget / daß ehe man ſolches zu - ruͤck legete / ſelbiges wegen ſeiner davon herſteichen - den heiſſen Sud-Winde recht marterte / wenn man aber erſt da vorbey waͤre / habe es nichts zu bedeuten; moͤchte man es alſo wol das Marter-Vorgebuͤrge heiſſen. Allein der Koͤnig haͤtte ihm geantwortet: Man ſolle es lieber Capo de buona ſperanza heiſ - ſen / weil man immer gute Hoffnung haͤtte / wenn man erſt ſelbiges zuruͤck geleget / alsdenn keine Ge - fahr mehr vorhanden ſey. Und iſt es alſo ſeind ſelbiger Zeit mit dieſem Namen allemahl genennet worden.

Den 2. Auguſti erblicken ſie das feſte Land von Africa, woruͤber ſie ſehr erfreuet werden. DenJ 3vierten134Hollaͤndiſche Reiſenvierten kommen ſie an einen kleinen Meerb uſen ſo die Portugieſen Aguada de San Bras nennen. Den 5. laſſen ſie gegen Abend acht Mann mit der Chaloupe ans Land ſetzen; Zu dieſen kommen ſieben Negros oder Schwartze / denen præſentiren die Hollaͤnder Meſſer / Schellen / kleine Spiegel / und Leinwand: Allein / ſie laſſen mercken / daß ſie ſolches nicht achten / denn ſie werffen es auf die Erde. Man ſchencket ihnen darauf Wein und giebt Zwy - back dazu / damit ſcheinen ſie vergnuͤgter zu ſeyn. Die Voots-Knechte geben ihnen hierauf durch Zei - chen zu verſtehen / daß ſie gerne Ochſen und Schaafe von ihnen handeln wolten; und die Schwartzen be - deuten ſie wiederum nach ihrer Art / daß ſie den fol - genden Tag ſolche bekommen koͤnten.

Alſo handeln den Morgen darauf und auch eini - ge Tage hernach die Wilden mit den Hollaͤndern / bringen ihnen Schafe und Ochſen / und geben vor ſiebentzig Pfund Eiſen / ſo in fuͤnf Stuͤcken beſtehet / zwey ſchoͤne Ochſen und drey Schaafe. Ja vor ein Beil oder Axt / vor eine Schauffel / vor ein Meſ - ſer / und ſolche Kleinigkeiten / geben ſie gantz gerne Ochſen und Schaafe hin / und bedanckẽ ſich noch da - zu: Es beſchreibet aber der Autor die Ochſen un - gemeiner Groͤſſe / wie auch die Schaafe / und fagt / daß man ſie nirgends ſchoͤner / noch das Fleiſch ſchmack haffter finden wuͤrde / und waͤre alleine der Schwantz von einem in dem Umfange bey einer halben Elen. pag. 218. Die Einwohner an ſich gehen nackend / und haben allein ein Stuͤcke Och - ſen-Fell / welches ſie uͤber ſich hengen / und mit ei -nem135nach Oſt-Jndien. nem ledernen Guͤrtel um den Leib feſte machen; Jm uͤbrigen ſcheinen ſie ziemlich wilde / und wie man einen Ochſen ſchlachtet / ſo bitten ſie ſich die Ge - daͤrme aus / welche ſie alſofort roh hinein freſſen. p. 219.

Die Hollaͤnder begeben ſich darauf nach der Jn - ſul S. Laurentii, ſonſt Madagaſcar genannt; Die Wilden / ſo ſich am Strande befinden / fliehen vor ihnen: Gehen gantz nackend / auſſer daß ſie nur eine Vinde um den Leib tragen / diejenigen Glieder da - mit zu bedeckẽ / welche ſonſt die Schamhaftigkeit wil verborgen gehalten haben. Jn uͤbrigen ſcheinen ſie beſchnitten zu ſeyn; Und um ſolches ſehen zu laſſen ziehen ſie ein wenig die Binde in die Hoͤhe.

Fuͤnf Hollaͤnder / ſo das Land erkundigen wollen / werden von funftzig Wilden umringet / ſo mit Pfei - len auf ſie los ſchieſſen. Die Hollaͤnder geben mit dreyen Schuͤſſen Feuer auf ſie / und da einer dieſer Wilden todt geſchoſſen wird / gehen die andern alle durch.

Es fahren darauf die Niederlaͤnder nach den Seebuſen Sanct Auguſtin, woſelbſt die Schwartzen etwas leutſeliger ſind / und mit ſich handeln laſſen: Sie verkauffen Schaafe und Ochſen; Geben vor ei - nen zinnernen Loͤffel einen ſchoͤnen fetten Ochſen. Das Land iſt daſelbſt uͤberaus luſtig / es giebt auch viele Palmen-Baͤume daſelbſt / und die Datteln kommen denen Hollaͤndern trefflich vor den Scor - but zu ſtatten / mit welchen die meiſten auf den Schiffen ſehr geplaget ſind. Die zinnernen Loͤffel haben die Schwartzen ſo gerne / daß ſie nichtJ 4nur136Hollaͤndiſche Reiſennur vor einen vier fette Schaafe oder einen Ochſen geben; ſondern einer giebt gar einem Hollaͤnder / Frantz van der Doës genannt / vor einen ſolchen Loͤffel / ein Maͤgdlein von 10. Jahren / die er aber / weil ſie bitterlich an zu weinen hebet / wieder los laͤßt.

Weil viele Krancken auf dem Schiffe ſind / ſo werden ſie ans Land gebracht: Alleine die Schwar - tzen ſeynd Schaͤlcke / kommen einmahl uͤber ſie / und werffen viele davon vollends mit Steinen zu Tode. Die Hollaͤnder raͤchen ſich / und toͤdten wiederum ei - nige Schwartze mit ihren Muſqueten / darauf aber dieſe Wilden fliehen / und keinen ferneren Vieh - Handel mit denen Hollaͤndern treiben wollen. Dar - um fahren ſie weiter fort / kommen an ein Holtz / in welchem ſie viel Honig antreffen. Auch waͤchſer all - da viel Baumwolle auf dem Felde auf kleinen Baͤumlein. I. 242. Die Schaafe ſeynd daſelbſt der - maſſen gros und fett / daß ein Schwantz alleine bey die 11. Pfund wieget / und ſich neun Menſchen darane koͤnnen ſatt eſſen. p. 243. Die Maͤnner ha - ben ieder nur eine Frau. Sie heyrathen im zwoͤlf - ten und die Maͤgdlein im zehnden Jahre. Ehe - bruch und Diebſtahl wird bey ihnen mit dem Tode geſtraft. Sie halten das Geſetze des Mahomets, und werden in ihrer Jugend beſchnitten / da denn diejenigen / ſo die Kinder beſchneiden / das abgeſchnit - tene Stuͤcklein Vorhaut / ohne ſolches zu kauen / muͤſſen hinterſchlucken. Sie halten davor / daß ein Schoͤpffer ſey / der alle Dinge erſchaffen / allein ſie bethen ihn nicht an / haben ihm auch keinen abſon - derlichen Tag gewiedmet: Wie denn bey ihnen keinTag137nach Oſt-Jndien. Tag ſeinen gewiſſen Namen hat / ſondern ſie ih - nen alle gleich ſind; und zaͤhlen ſie weder auf Jahre noch Monate noch Wochen. Sie fuͤrchten ſich ſehr vor dem Teufel / den ſie Taivvaddei nennen / weil er ſie oft / und ſonderlich das Manns-Volck in Madagaſcar ſehr plaget. p. 244.

Hier auf beſchreibet der Autor die Jnſul Mada - gaſcar, ſo die Portugieſen Sanct Laurentii heiſſen / weil ſie dieſelbe am Laurentius-Tage im Jahr 1506. entdecket / nach der Laͤnge / und ſaget ſonder - lich / daß ſie eine von den groͤßten Jnſuln der Welt ſey / indem ſie im Umfange bey die drey tauſend Jta - liaͤniſche Meilen / ſo vierhundert Teutſche ausma - chen / funffzehen auf den Grad; Alſo daß ſie groͤſſer als Portugal, auch wegen ihrer temperirten Luft ſtarck bewohnet wird.

Die See wirfft allda viel Ambra aus. So giebt es auch in ſelbiger Jnſul viel Reis / Citronen / Jng - ber / Honig / Zucker-Rohr / Saffran / Elfenbein / in - dem man da gleichfalls viel Elephanten hat / und Cocos-Nuͤſſe in groſſer Menge.

Die Hollaͤnder reiſen fort nach Java den 14. De - cembris 1595. muͤſſen aber wegen ihrer vielen Kran - cken nach Madagaſcar zuruͤck. Kommen den 11. Januarii 1596. an die Jnſul Sanct Mariæ. Die Schwartzer. handeln daſelbſt mit ihnen / bringen Reis / Zucker-Rohr und Limonien; Die Hollaͤnder geben ihnen Schnupftuͤcher / Loͤffel / Meſſer / und trincken ihnen Wein zu / auch reichen ſie ihnen zu eſ - ſen / damit ſie dieſe Wilden deſto mehr an ſich locken. Es begeben ſich auch einige Hollaͤnder mit denenJ 5Schwar -138Hollaͤndiſche ReiſenSchwartzen in ein Dorff / wo etwan zwantzig Haͤuſer ſind; treffen den Herrn an / der uͤber ſie gebiethet / dieſer ſitzet unter einem Baume / haͤlt eine lange Rede gegen die Hollaͤnder / davon ſie aber nichts verſtehen. Sie beſchencken ihn den folgen - den Tag mit einem ſchoͤnen Spiegel / und hengen ihm eine Schnure groſſe blaue Corallen um den Hals. p. 249.

Die beyden Schiffe / Mauritius und das Pinnas / continuiren ihre Reiſe nach Madagaſcar; treiben wieder allda Handel: Der Koͤnig ſelbſt / den ſie Phu - lo nennen / koͤmmt auff einer Gondol, welche auff ieder Seiten acht Ruder hat / mit fuͤnf und zwantzig ſeiner Edel-Leute gefahren; begiebt ſich in das Hol - laͤndiſche Pinnas / ſetzet ſich daſelbſt auff einen Teppich / haͤlt eine lange Rede / und beſchencket die Hollaͤnder mit Reis und Fruͤchten. Sie fuͤhren ihn in einer kleinen Chaloupe um das Schiff herum / nachdem er ſolches inwendig genug beſehen; er verwundert ſich uͤber dieſes Gebaͤude / und nach - dem ſie ihn mit kleinen Spiegeln auch einigen Glaͤſern und bundten Corallen regaliret, ſchicken ſie ihn wieder fort. Seine Leute geben ihn ſonſt groſſen Reſpect, und erkuͤhnet ſich keiner in deſſen Gegenwart zu reden. Deſſen Habit iſt ein ſau - ber baumwollen Zeug von dem Guͤrtel an bis an die Erde hinunter; auff den Kopfe aber traͤget er eine Art von Muͤtzen / ſo einer Biſchoͤflichen gleich koͤmmt / und hat ſelbige auff iederer Seiten ein Horn. Das Fꝛauen-Volck in Madagaſcar pfleget das Geſicht mit einer Art weiſſen Gummi zu reiben / daß ſie ſchoͤner wollen ausſehen / p. 253.

Den139nach Oſt-Jndien.

Den 18 Januarii 1596. begraͤbt man in der Jn - ſul S. Maria den Unterſteuermann von dem Schiffe Mauritius; die Wilden geben durch Zeichen zu verſtehen / daß die Seele dieſes Verſtorbenen im Himmel waͤre: Daraus folget / daß ſie von GOtt gute Kaͤntniß haben muͤſſen: Alleine ſie begehren / man ſolle dem Todten die Beine bis an die Knie abhacken / ſo aber die Hollaͤnder nicht thun wollen / ſondern begraben ihn gantz / wie es ſich gehoͤret. Sie fahren darauff weiter bis an den Seebuſen / ſo die Portugieſen Anton Gils Baye nennen / han - deln daſelbſt mit denen Wilden abermahls / und bekommen Jngber / Reis / Honig / Pomerantzen / vor glaͤſerne Corallen von blauer / weiſſer / und ande - rer Farbe. Der Phulo, oder Koͤnig der Wilden / deren insgemein in iederem Dorffe einer iſt / bege - gnet denen Hollaͤndern gantz hoͤflich; hat aber auch von den Seinigen groſſe Ehrerbiethung / indem ihn Mann-u. Weibs-Volckdie Fuͤſſe kuͤſſen. p. 266. Er ſo wol als ſeine Unterthanen / mag uͤber diemaſſen ger - ne Spaniſchen Wein trincken / wenn ihn die Hol - laͤnder ſolchen reichen p. 268. Dieſe fahren weiter nach Anton Gils Baye zu / kommen in ein Dorff / Spakenburg genannt / etwan von hundert und ach - tzig Haͤuſern groß; die Jnwohner lieben daſelbſt ſehr den Trunck; haben ein gewiſſes Getraͤncke von Honig und Reis zugerichtet / in welchem ſie ſich als die Schweine vollſauffen. Jhr Koͤnig oder Phulo hat kupfferne Armbaͤnder um die Aerme / und viele kleine Kugelnan140Hollaͤndiſche Reiſenan einem Faden gereihet um den Hals / und eine Art mit einem langen Stiele ſtat des Seepters. Seine Unterthanen brauchen die groͤßte Ehrerbie - thung gegen ihn. Sie gehen nackent; nur haben ſie eine Binde von Baum-Rinde gemacht / damit ſie ſich guͤrten und die Scham bedecken. Der Weiber ihre Roͤcke / ſo gleichfalls von Baum-Rin - de / gehen bis an die Knie. Die Maͤnner jagen / fiſchen / und warten das Vieh: Die Weiber ſaͤen und erndten Reis und Bohnen.

Hierauff werden von dem Autore p. 274. Die Maldivariſchen Jnſuln / deren an der Zahl bey tauſend gezehlet werden / beſchrieben. Daß aber ihrer ſo viel / macht die Menge der Canale, ſo ſie von einander ſondern / deren doch einige ſo ſchmal ſind / daß die Baͤume dieſer und jener Jnſul mit de - nen Zweigen oft zuſammen ſtoſſen. Das Volck in dieſen Maldivariſchen oder Malabariſchen Jnſuln traͤget lange leinene auch ſeidene Roͤcke / und haͤlt ſich ſauberer / iſt auch honetter als die andern Jn - dianer.

Es giebt vielerley Voͤgel allda / welche ihre Nah - rung in dem Saltz-Waſſer ſuchen. Jn dieſen Waſ - ſern giebt es auch eine Art Fiſche / ſo gros als Heringe / welche von denen groſſen Fiſchen / Doraden Boniten, und Albocoren genannt / ſehr verfolget werden; iedoch / weil ſie zwey / auch manche gar vier lange Floß-Federn haben / ſo wiſchen ſie aus den Waſ - ſern heraus / gebrauchen der Flos-Federn ſtat der Fluͤgel / und ſtreichen in die Lufft / ihren Feinden zu entfliehen: Aber dieſe Freude waͤhret nicht lan -ge -141nach Oſt-Jndien. ge. Denn / ſo bald die Flos-Federn trocken / ſo haben ſie auch keine Macht mehr zu fliegen / fallen alſo wieder ins Waſſer herab / und werden ein Raub ihrer Feinde. Bleiben ſie ja eine Zeitlang in der Lufft / ſo erhaſchen ſie die Voͤgel / und haben alſo nirgends Sicherheit: Denn / retiriren ſie ſich ja auff die Schiffe / ſo werden ſie eine Koſt der Boots - Leute / inmaſſen ihr Fleiſch ſehr ſchmackhafft iſt. p. 276.

Es beſchreibet der Autor p. 277. & ſeqq. aller - hand Fiſche / deren einige / von den Portugieſen Do - raden genannt / goldgelbe im Waſſer ausſehen / und wie Gold glaͤntzen. Die Boniten ſehen wie unſre Karpfen / von etlichen Pfunden einer / und folgen Trouppen weiſe denen Schiffen nach / auch freſſen ſie die fliegenden Fiſche dermaſſen / daß man oft zehn bis zwoͤlfe derſelben in eines Boniten ſeinem Bau - che findet.

Die Albocores haben keine Schuppen / ſehen ſehr weiß am Bauch / und ſeynd bey die fuͤnf Schue lang / auch oft ſo dicke als ein Menſch / alſo daß ſechtzig Boots-Knechte ofters an einem eintzigen auf eine Mahlzeit genug haben. Auch giebt es eine Gat - tung / ſo die Portugieſen Peſce porco nennen / welche wie ein Schwein gruntzen. p. 279. Gleichfalls findet man in ſolchem Gewaͤſſer viele Schild-Kroͤten / wel - che ſchlafend fortſchwimmen / indem ſie ſehr zum Schlafe geneigt / und wenn die Sonne ſcheinet / wenden ſie ſich um / und ſchwimmen auff den Ruͤ - cken / da denn die Boots-Leute mit denen Hacken zwiſchen ihre beyden Schilder fahren / und ſie alſo indie142Hollaͤndiſche Reiſendie Chaloupe ſchmeiſſen / weil ihr Fleiſch ſehr wohl - ſchmeckend und dem Kalb-Fleiſche gleich koͤmmt.

Die Hollaͤnder gehen mit einigen Jndianern nach Sumatra, kommen in eine Jnſul / da ſie zum er - ſten mahle ſehen / wie der Pfeffer waͤchſt / und ſteigen die Pfeffer-Baͤume dem Hopffen gleich in die Hoͤhe / und ſchlingen ſich um das Schilff herum. Sie kauffen allda Pfeffer ein / ſo viel ſie bekom̃en koͤnnen.

Es giebt in Sumatra uͤberaus viel Palmen-Baͤu - me: Solche ſteigen gewaltig hoch in die Hoͤhe / haben ihre Cocos oder Jndianiſche Nuͤſſe oben am Stam - me / wo ſich die Zweige anheben / wo immer zehne bis zwoͤlfe beyſammen ſtehen. Unten ſiehet man ſo wenig Wurtzel / daß man ſich wundert / wo dieſer Baum ſo feſte ſtehen kan. Er giebt ſo vielfaͤlti - gen Nutzen von ſich / daß kein Baum in der Welt zu finden / der ihm an Nutzbarkeit gleich kaͤhme. Man bauet davon gantze Schiffe / machet Sei - ler aus ſeinen Cocos Nuͤſſen; Aus den Blaͤttern aber Seegel / und decket auch die Haͤuſer damit. So gebrauchet man ſie auch zu Gezelten; verfertiget ſaubere Huͤthe daraus / welche / weil ſie ſehr leicht / im Sommer trefflich bequehme zu tragen ſeynd. Uber dieſes machet man auch daraus herrlichen Palmen-Wein / und aus den Nuͤſſen ſpinnet man allerhand Seiler und Tuͤcher als aus Hanffe und Flachß. Wenn die Cocos. Nuͤſſe beginnen reiff zu werden / die denn ſo groß als ein Strauſſen - Ey ſeynd / ſo fuͤllen ſie ſich mit einem ſuͤſſen Waſ - ſer an / welches kuͤhlet und ſehr angenehm zu trincken iſt / auch findet man in iederer Nuß beyeiner143nach Oſt-Jndien. einer halben Bouteille voll. Aus den Schalen machet man hernach Becher / Loͤffel / und andern Hausrath. Die Schmiede bedienen ſich auch dieſer Rinden ſtatt der Kohlen / indem ſie eine ſtar - cke Hitze von ſich geben und lange gluͤhen. Aus den inwendigen weiſſen Koͤrnlein der Cocos-Nuͤſſe preſſen die Jndianer eine weiſſe Milch / womit ſie ih - ren Reis und ander Gemuͤſe kochen. Wann ſol - che Koͤrnlein getrocknet werden / preſſet man ein Oel heraus / ſo man in den Lampen brennet / auch daſſel - be ſonſt eine koͤſtliche Medicin abgiebet.

Ebenfalls giebt es in Sumatra viele Feigen - Vaͤume; Sie treiben Himmel-blaue Blumen ſo groß als Strauß-Eyer. Dieſe Blume wirfft mit der Zeit einen langen Zweig von ſich / ſo kein Holtz / ſondern nur als ein Kohl-Stengel / an die - ſem brechen die Feigen hervor / und wachſen Span - nen lang / ſeynd vier Daumen breit / und ſo dicke als eine Gurcke.

Die Oerter da der Pfeffer waͤchſt / ſeynd Mala - bar, Onor, Barſelor, Mangalor, Calecut, Cranga - nor, Cochin, Culan, Queda, ſo nicht weit von Ma - lacca, Pedir, Camper, Anchagir, Dampin, und an - dre Oerter in Sumatra; es waͤchſet auch deſſen in Bantam, und in Java nach Abend zu.

Der Pfeffer / ſo man Canarins oder Bauer - Pfeffer nennet / weil ihn nur die aꝛmen Leute gebꝛau - chen / waͤchſet in Goa und Malabar, und gleichet dem Heidekorne / auſſer / daß er Aſcher-farben iſt.

Die144Hollaͤndiſche Reiſen

Die Jndianer brauchen mehr Pfeffer an allen ihren Speiſen / als andere Nationen; ſo / daß ſie gantze Haͤnde voll Pfeffer-Koͤrner an ihre Eſſen werffen. p. 295.

So findet man auch in Sumatra eine Art Saff - ran / ſo wie die Lilien waͤchſet / auch dergleichen weiſ - ſe Blumen hervor treibet; inwendig aber iſt er gel - be: Schmecket anfangs wohl; bald aber darauf er - hitzet er den gantzen Mund als Feuer. Jn der Jnſul Madagascar trifft man dergleichen an. Eini - ge wollen behaupten / die Jnſul Sumatra ſey dasje - nige Ophir, wo Salomo ſein Gold hergeholet. p. 296. Sie wird im Umfange bey die ſiebenhundert Meilen gehalten / und in der Breite zweyhundert. Jſt ſehr goldreich; Auch giebt es darinnen viel Silber / Zien / Eiſen / Schwefel / und andere Minera - lien. Gleichfalls hat ſie viel Kupffer / und einen brennenden Schwefel-Berg / als wie Ætna in Sici - lien iſt. Hiernechſt ſo findet man daſelbſt eine Balſam-Quelle / und das koͤſtlichſte Gewuͤrtze und Seide.

Die Lufft darinnen iſt denen Auslaͤndern nicht allzu geſund. Reis und Hirſen bringet ſie in groſ - ſem Uberfluſſe hervor: Allein ander Getreyde / als wie in Europa, findet man allda nicht. Sonſten hat ſie an Honig / Wachs / Jngber / Pfeffer / Fandal und Baum-Wolle ebenfalls einen groſſen Reich - thum. p. 297. Die Hollaͤnder handeln allda / und ge - ben Meſſer vor die Waaren. Reiſen nach Bantam, erhalten von dem Sabandar, eines der vornehmſten Bedienten des Koͤniges in deſſen Namen die Er -laub -145nach Oſt-Jndien. laubniß / zu handeln. Die Portugieſen warnen die Hollaͤnder / ſich vorzuſehen / und denen Leuten in Java nicht zu trauen. Hingegen koͤmmt wieder der Sabandar auf die Hollaͤndiſchen Schiffe / und ſagt: Die Portugieſen waͤren falſch / und haͤtten ſchon hier und dar die Hollaͤnder in der Stadt ver - leumdet. Der Gouverneur in Java erſuchet die Hollaͤnder / vor Palimban, einer Stadt in Sumatra, zu gehen / und die Stadt mit ihren Stuͤcken zu atta - quiren / indeß man durch Volck zu Lande ſelbige an - greiffen wolte. Allein die Hollaͤnder entſchuldigen ſich / daß ſie Handels wegen und nicht Krieg zu fuͤh - ren / waͤren angekommen.

Der Koͤnig ſchicket denen Hollaͤndern Geſchen - cke. Sie fertigen wiederum viere aus ihrem Mit - tel ab / mit ſchoͤnen Criſtallinen Glaͤſern / einem Spie - gel in verguldetem Rahmen und einem Stuͤcke Scharlach.

Dieſe machen dem Gouverneur die Compliment, uͤbergeben ihre Geſchencke / proponiren eine Allianz; Gehen von dar zu dem Sabandar, welcher ihnen al - lerhand Confect vorſetzet / und der Koͤnig laͤſ - ſet ihnen allerhand Erfriſchungen reichen.

Der Gouverneur giebt ihnen die Gegen-Viſite auf ihren Schiffen; wird beſchencket / und die Stuͤ - cken los gebrannt. Er verſichert die Hollaͤnder / daß niemand ehe etwas von Spezereyen bekommen ſolte / bis ihre Schiffe die voͤllige Ladung haͤtten. Cornelius Hutman, als vornehmſter Capitain der Hollaͤndiſchen Schiffe / beſuchet darauf den Gou - verneur, und hat neun Perſonen zur Begleitung:KZeiget146Hollaͤndiſche ReiſenZeiget die Patente von ſeiner Hoheit dem Printz von Uranien, eine Allianz zu ſchlieſſen: Dieſe werden ins Portugieſiſche und Arabiſche uͤberſetzet: Der Hof verſpricht / ſo bald die Hollaͤnder wiederkaͤh - men / ihnen alle Verſicherung des Handels ſchrift - lich zu geben p. 310.

Eben ſelbigen Tag koͤmmt zu Bantam ein groſ - ſer Herr an / welchem die Portugieſen den Kaͤyſer - Titul geben / weil deſſen Vater uͤber die meiſten Koͤ - nige von Java eine abſolute Herrſchafft gefuͤhret. Aber dieſen will man nicht wohl davor eꝛkennen / weil er allzuviel Affection vor die Portugieſen hat / vor denen man zu ſehr in Sorgen iſt / daß ſie moͤch - ten das Land ſich mit der Zeit unterthan machen. Jndeß wird er doch uͤberall wohl empfangen / und die Koͤnige ſelbſt / wann ſie mit ihm reden / falten die Haͤnde zuſammen; als es ſonſt die Sclaven ge - wohnet / wann ſie mit ihren Herren reden. p. 311.

Dieſer Herr nun koͤmmt den andern Julii auf das Schiff Mauritius, und beſiehet ſolches mit ſei - nen beyden Soͤhnen: Jſt in ein ſauber Baum - wollen Zeug gekleidet / mit Golde durchwircket. Man erweiſet ihm alle Hoͤfligkeit: Er wird aber durch die Portugieſen verleitet / daß er die Hollaͤn - diſchen Schiffe anfallen will. Die Hollaͤnder werden von dem Gouverneur durch den Sabander gewarnet; ruͤſten ſich / und laßen alle Canonen ſcharff laden; als der Kaͤyſer mercket / daß der Anſchlag verrathen / laͤßt er ſich entſchuldigen / daß man ihn nicht in ſolchem Verdacht haben moͤchte /als147nach Oſt-Jndien. als haͤtte er etwas Feindſeliges im Sinne ge - habt.

Der Capitain Hutman begiebt ſich in die Stadt; nimmt acht Bedienten zu ſich / die nebſt ihm ſelbſt al - le in Sammet oder Satin gekleidet / und die De - gen an der Seite fuͤhren. Einige muͤſſen vor ihm hergehen nebſt einem Trompeter / welcher zu Zeiten in die Trompete ſtoͤßt: Uber ihm (dem Capitain) traͤgt ein Bedienter einen Paraſol, vor die Sonne. Hinter ihm gehen wieder viere von ſeinen Leuten / und nach dieſen zwoͤlff Boots-Leute.

Die Tractaten wegen der freyen Handlung in Bantam werden von dem Gouverneur unterzeich - net und dem Capitain zugeſtellet / welche er gegen A - bend mit ſich an Bord nimmt. Man giebt denen Hollaͤndern ein Waaren-Haus in Bantam ein; woſelbſt ſie viel von denen / was ſie aus Holland mitgebracht / laſſen hinein tragen / und mit denen Jndianern handeln.

Die Portugieſen machen abermahls die Hollaͤn - der durch viele Verlaͤumdungen bey dem Gouver - neur verdaͤchtig: Vehalten Capitain Hutman, da er in die Stadt koͤmmt / nebſt ſeinem Gefolge im Arreſt: Die Hollaͤndiſchen Schiffe ruͤcken an die Stadt / und wollen ihren Capitain befreyet wiſſen / oder die Stadt mit Feuer verbrennen.

Die Bantamer fallen das Hollaͤndiſche Pinnas mit zwantzig langen Piroguen, (Jndianiſchen Schiffen) an / auf deren iedweder funfftzig Mann mit Piquen / Saͤbeln / Wurff-Pfeilen / und einigen Feuer-Roͤhren zu finden. Die Chaloupe ſecundiretK 2das148Hollaͤndiſche Reiſendas Pinnas, und geben ſo ſtarck Feuer / daß bey hun - dert Bantainer verwundet oder getoͤdtet werden.

Endlich wird wiederum Friede gemacht und Ca - pitain Hutman nebſt denen andern Gefangenen wieder los gelaſſen; es muͤſſen aber ſelbige zwey tauſend Stuͤck von Achten zur Ranzion geben. Hierauff handeln ſie wieder und kauffen viel Pfef - fer und Muſkaten-Nuͤſſe ein. Doch die Schaͤl - ſucht und das Mißtrauen hebet bald alle Einigkeit wieder auff. Die Hollaͤnder ſeegeln alſo von Ban - tam hinweg / und begeben ſich auff einen Fluß Tan - junjava genannt / und langen den 13. Novembris unter der Stadt Jaccatra an. Man nimmt ſie daſelbſt ſehr freundlich auff / verkauft ihnen aller - hand Fruͤchte und Lebens-Mittel. Der Koͤnig koͤmmt den 16. November ſelbſt an ihren Bord / vi - ſitiret alle Schiffe der Hollaͤnder / und im Wiederab - fahren dancket er vor alle erwieſene Ehre / und ver - ſpricht ihnen ſeine Protection.

Die Bantamer ſeynd denen Hollaͤndern gefolget / und kommen mit einigen Jndianiſchen Schiffen / ſich ſtellend / als ob ſie mit ihnen handeln wolten: Da ſie auff dem einen Schiffe / ſtoſſen ſie / ehe ſichs die Hollaͤnder verſehen / mit ihren Dolchen auff ſel - bige los; verwunden und toͤdten auch anfangs un - terſchiedliche: Allein es wird darauf Lermen in den Hollaͤndiſchen Chaloupen, und greiffen ſie die Jndianer dermaſſen an / daß derſelbigen bey die hundert und funftzig getoͤdtet werden; von denen Hollaͤndern aber ſeynd zwoͤlffe eingebuͤſſet. p 363.

Hier -149nach Oſt-Jndien.

Hierauff beſchreibet der Autor die Jnſul Java un - weit der Jnſul Sumatra gelegen p. 363. 364. und ſagt / daß man ſie wegen ihres groſſen Uberfluſſes an Fruͤchten / Gewuͤrtze / Metallen / Smaragden / Golde / wohl ein rechtes Cornu Copiæ nennen moͤch - te. Er fuͤget dieſem die Beſchreibung der vor - nehmſten Staͤdte dieſer Jnſul bey / ſonderlich der Stadt Bantam, pag. 371. 372. 373. in derſelben nimmt einer ſo viel Weiber als er will / alſo daß mancher Mann wol zwoͤlffe auff einmahl hat / oh - ne die Kebs-Weiber / ſo zugleich wie der andren Frauen ihre Auffwaͤrterinnen ſeynd. Die vor - nehmen Frauen werden allda ſehr eingezogen ge - halten / und kan keine Manns-Perſon / ſo vornehm auch einer iſt / mit ihnen zu reden kommen / er habe denn erſtlich Permisſion von dem Manne erhalten. Sie halten ſich ſonſt ſehr reinlich / und waſchen ſich des Tages wol ſechs mahl ab / ſo gar / daß wenn ſie auch nur ihre Nothdurfft verrichtet / es ſey nun auff eine oder die andere Weiſe / oder daß der Mann ihnen eine Courtoiſie gemacht / ſie allemahl bis an Hals ſich ins Waſſer ſetzen / ja ſelbſten oͤffentlich ohne alle Scheu baden und ſich wieder reinigen. p. 387. Und wenn die Maͤnner ihr Waſſer ab - ſchlagen / ſo muß allemahl eine von ihren Weibern ihnen dasjenige / wodurch ſolches gehet / abwaſchen und reiben. Welche Handarbeit dann inſonderheit dem Gouverneur ſo wohl gefallen / daß oft die Af - fairen, welche zu tractiren auff dem Tapet geweſen / dadurch aufgeſchoben worden / wie ſolches Leute de - nen Hollaͤndern / die davon wohl gewuſt / referiret haben. p 387.

K 3Uber150Hollaͤndiſche Reiſen

Uber die Staats-Affairen wird des Nachts de - liberiret / bey Mondenſchein / da man ſich unter einem groſſen Baume verſammlet / und ſeynd bey die fuͤnf - hundert Perſonen beyſammen / ehe man wegen ei - ner neuen Anlage oder Steuer ſchluͤßig wird. Sie ſitzen auff der Erde / und der Koͤnig oder Gouver - neur mitten unter ihnen. Er thut den Vortrag / und fraget hernach einen iedweden / was ihm dabey beduͤncket / daß man thun ſoll. p. 390.

Wenn ein groſſer Herr mit ſeinem Gefolge nach Hofe gehet / laͤßt er vor ſich ein Javelin (Schaͤf - lein oder Wurff-Spieß) und einen Degen in einer rothen oder ſchwartzen Sammet-Scheide vorher - tragen. Wenn man dieſes gewahr wird / darff kein Sclave oder Sclavin / ſo ihm begegnet / fort - gehen / ſondern es macht ſich alles auff die Seite / und faͤllt auff die Knie / bis der groſſe Herr voruͤber iſt. p. 390.

Alle Einwohner in Bantam ſeynd ſehr hoffaͤrtig / und gehen mit groͤßter Pracht auff der Gaſſen, in ihren Haͤnden ein Schnupftuch tragend mit Golde durchwircket / und auff dem Haupte einen Turban von Bengaliſcher ſauberer Leinwand. Eini - ge tragen einen kleinen Mantel von Sammet / oder von ſchwartzen oder rothen Tuche.

Wenn Krieges-Sachen zu berathſchlagen ſeynd / ſo verſammlen ſich bey dieſem Rathe alle Commen - danten und Capitains, an der Zahl bey die drey - hundert: Wenn Feuer auskoͤmmt muͤſſen die Wei - ber loͤſchen / ohne Beyhuͤlffe einiges Mannes; denn dieſe ſtehen in Waffen / um zu verhindern / daßnichts151nach Oſt-Jndien. nichts waͤhrender Feuers-Brunſt geſtohlen werde.

Die von Java ſeynd tapfere Krieges-Leute / und wenn ſie mit den Buͤchſen und Geſchuͤtz wuͤſten alſo umzugehen / als die Europæer / ſo gaͤbe es ihres gleichen nicht. Jhre Waffen haben ſie Tag und Nacht bey ſich: Denn des Nachts legen ſie die Dolche unter ihr Haupt / ſo gar / daß auch ein Bruder ſich nicht getrauet mit dem andern zu reden / ohne den Dolch bereit zu haben.

Hinter Bantam an dem Gebuͤrge Gonon Beſar wohnen gute Leute / welche friedlich leben und den Acker bauen. Sie eſſen nichts / was Leben hat / und folgen hierinnen der Meynung des Pythagoras und der Bramanen. Seynd ſehr maͤßig / heyrathen nicht / kleiden ſich in Papier von Baum-Rinden ge - macht / und bringen nach Bantam Pfeffer und andre Fruͤchte zu verkauffen.

Die Perſen / ſo in Java wohnen / ſeynd ſtattliche Kauffleute / verſtaͤndig und hoͤflich / denen Auslaͤn - dern gewogen / und uͤbertreffen in der Converſati - on mit Fremden alle andere / die ſich in Bantam be - finden. p. 401.

Zu Bantam hat man keine Kirchen; aber wol in Panarucan, woſelbſt viele Schwartze den Chriſtli - chen Glauben angenommen. Sie tragen lange Jndianiſche Hoſen / wie man ſonſt in Perſien traͤ - get / gehen aber barfuß / und haben einen Selaven neben ſich / der ihnen das Paraſol uͤber dem Kopffe traͤget. p. 407.

Hirſche und Rehe giebt es in Javaniſchen Ge - hoͤltze in unglaublicher Menge. Man findet deſelbſtK 4viele152Hollaͤndiſche Reiſenviele Wieſeln / Meer-Katzen / Pfauen und Papa - goyen. Jn einigen Stroͤhmen aber hat es Croco - dile / bey denen es dahero gefaͤhrlich zu reiſen iſt / weil ſie die Menſchen anfallen und mit ſich zu Grunde ziehen. Jedoch haben die Sineſer ein ſonderlich Mit - tel / die Crocodile zu fangen / zahm zu machen / und zu maͤſten / weil ihr Fleiſch ſonderlich delicat zu eſſen ſeyn ſoll. p. 412.

Ferner trifft man in Java viel Ziebet-Katzen an / die man allda Caſtori nennet; auch viele Came - leon; So haben die Hollaͤnder gleichfalls einen Salamander auf einem Baume geſehen / deſſen Leib etwan zweene Spannen lang / und die Schnau - tze ſehr ſpitzig / die Augen groß / Schwantz und Ruͤ - cken gleich und ziemlich lang mit vier weit ausge - ſperreten Pfoten.

Sonſt iſt auch in Java ſehr gemein / daß man die Haͤhne mit einander ſtreiten laͤßt / da ſie denn ſo lan - ge zuſammen kaͤmpffen / bis einer auf dem Platze lie - gen bleibet / und geſchehen groſſe Wetten daruͤber / welcher gewinnen wird. Der Herr des Hahnes / ſo den Sieg davon getragen / bekoͤmmt den todten Hahn auch / und laͤßt ſich ſelbigen hernach zurichten. So haben auch die Hollaͤnder in Java Huͤner ange - troffen / deren Fleiſch ſo wol als die Federn kohl - ſchwartz / wie auch alle Gebeine / iedoch ſehr ſchmack - hafft zu eſſen.

Jn Æthiopien und denen Laͤndern des Prieſter Johannis, hinter der Jnſul Moſambica, giebt es viel Elephanten: Auch findet man ſolche hin und wieder in Jndien / ſonderlich in Pegu, da man groſſeJagden153nach Oſt-Jndien. Jagden anſtellet / und oft bey tauſenden in die Schrancken einlauffen laͤßt / hernach ſo viel davon behaͤlt / als man noͤthig hat / die andern aber werden dann wieder frey gelaſſen.

Jhre Waͤrter zwingen ſie mit Drohungen / mit Hunger / mit Durſt / und auf andere Art / bis ſie an - heben / ihres Waͤrters Stimme zu verſtehen und zu folgen. Da ſalbet man ſie denn mit Oele / waͤſcht ſie / und giebt ihnen alles / woran ſie einen Ge - fallen haben / da ſie denn ſo zahm und geſchmeidig werden / daß ihre Waͤrter mit ihnen koͤnnen anhe - ben / was ſie wollen / und man ſie dermaſſen verſtaͤn - dig findet / daß man ſagen ſolte / ihnen mangle nichts mehr als die Rede; ſonderlich die von Ceilon, wel - ches die verſtaͤndigſten in der Welt ſind / und vor denen auch alle andre Elephanten Reſpect tragen. p. 414.

Alle Tonnen / Saͤcke und Packe werden in Jn - dien durch die Elephanten von einem Orte zum an - dern gebracht. Der neue Herr / ſo es gehandelt / ſe - tzet ſich auf des bepackten Elephanten ſeinen Hals / leget ihm ſeine beyden Beine hinter deſſen Ohren / und mit einem Hacken / den er in der Hand haͤlt / ſtoͤßt er ihn zwiſchen die Ohren / allwo die Elephanten am empfindlichſten ſeyn. Jhre Nahrung iſt Reis und Waſſer / wenn ſie ſchlafen wollen / ſo beugen ſie ihre Knie / und legen ſich nieder / eben / wie die andern vierfuͤßigen Thiere; ſtehen auch alſo wieder auf. p. 415.

Die Einwohner in Ceilon und Pegu nehmen die Elephanten mit in Krieg / und ſeynd auf iedes ſei -K 5nem154Hollaͤndiſche Reiſennem Ruͤcken hoͤltzerne Thuͤrmlein geſetzet / in deren iedem fuͤnf bis ſechs Mann ſtehen / welche mit Pfei - len oder auch Feuer-Roͤhren auf die Feinde zu - ſchieſſen.

So groß als die Elephanten ſeynd / ſo ſcheuen ſie ſich vor denen Katzen / Maͤuſen / und denen Jndi - aniſchen Ohmeiſſen. Sie ſeynd wol rachgierig / wenn man ſie beleydiget hat: Hingegen ſind ſie auch ſehr erkentlich / wenn man ihnen was zu gute gethan / ſo gar daß / wenn ſie vor einem Hauſe voruͤ - ber gehen / worinnen ſie wohl tractiret worden / ſie ſich deſſen erinnern / und allezeit als zur Danckſa - gung den Kopf tief vor demſelben niederbuͤcken.

Das Naſenhorn / ſo die Jndianer Abada nen - nen / trifft man auch haͤuffig in Bengala und Pa - tana an. Es iſt von der Groͤſſe eines Pferdes / und hat ein blaulich Horn auf der Naſen: Die Schnautze aber iſt faſt wie ein Schwein-Ruͤſſel: Die gantze Haut iſt runtzlich / welches denn macht / daß es ausſiehet / als waͤre es gantz voller Schu - pen.

Wenn es trincken will / ſo warten alle die andern Thiere / ſo zugegen ſind / bis es getrun - cken; und tauchet es alsdenn ſein gantzes Horn ins Waſſer / wenn es ſaͤufft.

Alles iſt nutzbar an dieſem Thiere: Das Horn / die Zaͤhne / die Klauen / das Fleiſch / das Fell / das Blut / ja ſelbſt ſein Miſt und Harn / daraus die Jndianer koͤſtliche Artzeney machen. Es haͤlt aber der Autor davor / dieſes Naſenhorn koͤnnewol155nach Oſt-Jndien. wol das Einhorn ſeyn / wovon die alten Scriben - ten ſo viel Weſens gemacht / und das man doch bis auff den ietzigen Tag nirgends koͤnnen an - treffen.

Die Jndianer haben ſich ſehr daran gewoͤhnet / Betelle zu eſſen. Dieſes waͤchſet wie der Hopffen oder Pfeffer / und ſteiget an denen Baͤumen hin - an: Deſſen Blaͤtter kommen faſt den Citronen - Blaͤttern gleich / und haben kleine Aederlein / ſo ſie durchgehen. Sie kauen dieſe Frucht / wo ſie ge - hen und ſtehen. Ja / wenn ein Ambaſſadeur bey dem Koͤnige Audienz hat / ſo findet er ihn insge - mein auf einer Tapet auf der Erden ſitzen / und einer von denen Bedienten haͤlt einen Zweig von ſolcher Betelle uͤber ihm / davon er waͤhrender Pro - poſition des Geſandten immer abzupffet / den Saft heraus ſauget; und das andere davon in ein ſilbern Becken wirfft / ſo neben ihm ſtehet / o - der ein ander Bedienter haͤlt: Sie ſagen / daß es den Magen ſtaͤrcke / das Zahnfleiſch feſte mache; das Brechen hindere / dazu ſie ſonſt ſehr geneigt; vor den boͤſen Athem auch Scorbut gut ſey. Wie denn auch wuͤrcklich man keinen Jndianer findet / der mit oberwehnten Maladien behafftet / auch wird man nicht hoͤren / daß ſich einer uͤber Zahnweh beklaget.

Auch bringt die Jnſul Java eine gewiſſe Frucht hervor / Mangas genannt / als ein Ganſe - Ey groß / gruͤnlicht und auch etwas roͤthlich aus - ſehend / und inwendig iſt ſie wie ein groſſer Nuß-Kern: Sie dienet wider die rotheRuhr /156Hollaͤndiſche ReiſenRuhr / und wenn ſie recht reiff iſt / ſo ſchmecket ſie beſſer als die beſten Pferſichen.

Es giebt aber auch wilde Mangas, ſo die Portu - gieſen Mangas bravas nennen; welche einen ſo ſub - tilen Gifft bey ſich haben / daß / ſo man nur das geringſte davon ißet / man den Augenblick ſtirbet / und hat man noch bis itzo wider dieſes heftige Gift kein Mittel gefunden. Dieſe toͤdtliche Frucht ſie - het hellgruͤn / etwas glaͤntzend / und mit einem weiſ - ſen Saffte angefuͤllet: Die Nuß derſelben iſt mit einer harten Schale bedecket / und die gantze Frucht in der Groͤſſe einer Quitte. 425.

Ferner beſchreibet der Autor die Ananas, einer Frucht / welche nahe an der Erde auff einer Pflantze waͤchſet / die ſich ſehr ausbreitet / und deren Blaͤtter dem Sempervivo Hiſpanico ſehr gleich kommen. Erſt iſt die Frucht gruͤne / darauff wird ſie Goldgelbe / und oͤfnet ſich als wie ein Hartz - Apfel oder Tanzapfe / dahero ſie auch die Spanier Pinas nennen; ſie ſiehet auch inwendig gelbe und riechet ſehr angenehm; wenn man ſie mit Weine anfeuchtet / hat ſie den Geſchmack der Pferſichen. Allein / weil man deren zu viel ißet / ſo erkaͤlten ſie zu - ſehr den Magen. Jhr Waſſer iſt ſo ſcharff / daß wenn man eine Frucht von der Staude abgeſchnit - ten / und das Meſſer / damit ſolches geſchehen / eine Nacht liegen laͤßt / daß man es nicht abwiſchet / ſo findet man es den andern Tag gantz roſtig und durchbeizet. Sonſt wuͤrde man von weiten dieſe Furcht vor eine Artiſchock anſehen; aber ſie hat kei - ne ſtachlichte Blaͤtter; und ihr Geſchmack iſt als ein lieblicher Wein.

Tama -157nach Oſt-Jndien.

Tamarinden-Baͤume ſiehet man gleichfalls viel in Java; die Blaͤtter ſeynd der Pimpernelle gleich: Die Bluͤthen roͤthlich / als der Pfirſchen-Baͤume ihre / endlich werden ſie weiß / und formiret ſich dar - aus die Frucht.

Wenn die Sonne untergehet / ſo ſchließen ſich die Blaͤtter rings um die Frucht herum / um ſelbige vor der Kaͤlte zu bedecken: So bald ſie aber des morgens wieder hervor ſtrahlet / oͤffnen ſie ſich wiederum. Dieſe Frucht ſchmaͤcket wie ge - trocknete Pflaumen / und ſiehet aſcherfarben und roͤthlich aus. Die Medici brauchen dieſelbe vor das hitzige Fieber / vor die Verſtopffung des Leibes; auch wider die hitzige Leber und Nieren. Man macht ſie mit Saltz oder Zucker ein / und ſchicket ſie alſo in Europa.

Der Name Tamarinden koͤmmt aus dem Arabi - ſchen / denn in ſelbiger Sprache heiſſen die Datteln Tamar; und weil die Araber befinden / daß die Ta - marinden denen Datteln am aͤhnlichſten kommen / ſo nennen ſie auch dieſelben Tamarindi, das iſt: Jn - dianiſche Datteln.

Die Baͤume / darauf ſie wachſen / kommen denen Kaſtanien-Baͤumen ſehr gleich / und ſind ſehr Blaͤt - ter-reich: An denen Zweigen hengen die Fruͤchte als Meſſer-Scheiden / nur daß ſie unten gekruͤm - met ſind.

Nach dieſen beſchreibet der Autor p. 430. das Rohr / oder vielmehr die Baͤume / welche an denen Kuͤſten von Malabar, ſonderlich aber zu Coroman - del, Bisnagar und Malacca in Menge wachſen / undin158Hollaͤndiſche Reiſenin denen man einen Zucker findet / ſo die Jndianer Sacar Mambu; (Zucker von Mambu) die Araber / Perſen / und Mohren aber ſelbigen Tabaxir nen - nen: Dieſer Zucker wird wegen ſeiner Tugend in der Medicin dem Silber gleich in Arabien und Per - ſien verkaufft / alſo daß man vor ein Pfund ſolchen Zucker ein Pfund Silber bekoͤmmt. p. 431.

Die Cubeben wachſen auch zu Java, und zwar in ſonſt unbebauetem Erdreich. Die Staude ſchlinget ſich als der Pfeffer um andre Baͤume hin - auff / und wachſen Traubenweiſe / denen Roſinen gleich / daß alſo einiedes Koͤrnlein ſeinen eigenen Stiel hat. Die Javaner haltẽ ſie ſo hoch / daß ſie ſelbige nicht anders / als abgeſotten / verkauffen / damit zu verhindern / daß ſie nicht anders wo auch ſollen ge - zeuget werden. p. 434.

Das Kraut Talaſſa hat weder Bluͤte noch Frucht; die Blaͤtter aber brauchen die Jndianer / ihre Speiſen damit zu wuͤrtzen. Sie eſſen ſolche auch gruͤn / und ſagen / es haͤtten ſelbige eben die Krafft / als die Cubeben / daß ſie ſtimulirten.

Es beſchreibet ferner der Autor pag. 437. die Mirabolanen, ſonderlich die zu Cambaja, Balagat - ta, Malabar und Bengala wachſen / und die Baͤume davon wie die Pflaumen-Baͤume ausſehen; die Blaͤtter aber unterſchieden ſind; die Frucht auch faſt denen Pflaumen gleich koͤmmt / und im Ge - ſchmack faſt eben als eine Pflaume iſt / die noch nicht zu ihrer voͤlligen Reiffe gelanget. Man brauchet ſolche allein in der Medicin.

Wei -159nach Oſt-Jndien.

Weiter findet man die Beſchreibung von einer Frucht Carcapuli genannt / ſo als eine Kirſche gros; hernach von einer Pflantze / ſo von denen Medicis Coſtus Indicus genennet wird; auch den Calamum aromaticum, wie er in Sunda und denen benach - barten Jnſuln waͤchſet. p. 439.

Hierauff beſchreibet er das Siegellack / wie es zu Bantam und Pegu ſtarck verhandelt wird / und wo es herkomme; meldend daß in Pegu und andern Orten gewiſſe Baͤume ein ſtarckes Hartz oder Gummi von ſich flieſſen lieſſen: Da kaͤhmen dann groſſe gefluͤgelte Ameiſſen / die ſaugeten ſoches Hartz hinweg; gaͤben es hernach auff denen Zweigen der Baͤume wieder von ſich / und be - decketen dieſelben rund umher / als wie die Bie - nen ihr Wachs und Honig machen. Wenn denn alles zugebauet / ſo lieſſen die Eigenthums-Her - ren der Baͤume ſolche Zweige abnehmen / und ſie doͤrren; da denn das Lack ſich abſonderte und als ein Rohr ſich zeigete: Von Farbe braunroth ausſehend: Allein die Jndianer mache - ten davon ein Pulver / und miſcheten hernach Far - ben darunter / welche ſie ſelbſt beliebten: So dann formirten ſie ſolche Stangen daraus / als wie ſie her - nach bey uns in Europa verkauffet werden; und man es insgemein Spaniſch Lack nennet. p. 442.

Weiter handelt der Autor von dem Benzoin, wel - ches als ein Weyrauch oder Myrrhen iſt / und zum parfumiren gebrauchet wird / auch in der Medicin ſeinen Nutzen hat: Sonſt aber als ein Hartz von ge - wiſſen Baͤumen herab flieſſet. Man ſchneidet auchwol160Hollaͤndiſche Reiſenwol die Schalen dieſer Baͤume auf / daß deſto mehr heraus dringe.

Nach dieſem wird der Camphor beſchrieben / wie er aus denen Baͤumen / ſo denen Nuß-Baͤumen an Groͤſſe gleich / heraus ſchwitze: Item, der rothe / weiſ - ſe / und gelbe Sandel / p. 444. Die Jngber-Stau - den / ſo wie kleiner Schilff wachſen. p. 445. Das Anarcadium, oder die Hertz-Frucht / ſo roth iſt / einer groſſen Bohnen gleich / und die Geſtalt habend als ein Hertz: Die Portugieſen nennen ſie Fava de Ma - lacca: Man ſaltzet ſie ein als die Oliven: Jnwendig iſt ein dicker Safft als ein Honig und an Farbe blutroth.

Zu Sunda waͤchſet auch das Schlangen-Holtz / ſo weiß und gilbich ausſiehet / ſehr hart und bitter iſt / und wenn man es kochet mit Waſſer und Wei - ne / ſo dann vor das hitzige Fieber und vor die giffti - gen Schlangen-Biſſe hilfft / auch vor vieles andre Gifft. Daß es ſolche Tugend habe / dieſes haben die Jndianer von denen Thierlein gelernet / die ſie Quirpele nennen / und welche eine Art Wieſeln oder Jltiſſe ſind. Solcher Thierlein haben ſie viel zur Luſt in ihren Haͤuſern / auch die Ratten und Maͤuſe weg zufangen. Dieſe Wieſeln ſeynd von Natur denen Schlangen ſehr feind und fallen ſie an / ſo bald ſie eine ſehen. Aber in ſolchem Streite ge - ſchiehet es oft / daß ſie von der Schlange einen Stich bekommen / da ſie denn alſofort nach itzt ge - nanntem Holtze lauffen / an ſolchem nagen / und ſcha - det ihnen alſo der ſonſt giftige Stich gar nicht. Welches die Jndianer gewahr worden / und nach -dem161nach Oſt-Jndien. dem ſie es ſelbſt probiret / und richtig vor das Gifft befunden / ſo treibet man nun mit ſolchem Schlangen-Holtze uͤberall in Jndien ſtarcken Han - del. p. 446.

Das Lignum Aloes, in Jndiſcher Sprache Ca - lamba genannt / waͤchſet ſonderlich zu Sumatra, Ma - lacca, Cambaja. Die Baͤume ſeynd gleich denen Oel-Baͤumen / und zuweilen noch groͤſſer: Wenn man ſie abkoͤpfet / ſo riechet das gruͤne Holtz nicht gleich ſo gut; ſondern ie mehr es trocken wird / ie ſtaͤrcker wird alsdenn deſſen Geruch. Man judi - ciret deſſen Guͤte / nachdem es ſchwer wieget: Auch nachdem daß es inwendig viel ſchwartze Adern hat / u. nachdem es einen dicken Saft von ſich giebet / weñ man es in vier Stuͤcken ſchneidet. Es iſt vor einen ſchwachen und verſchleimten Magen ſehr gut / auch wider das Stechen und die rothe Ruhr.

Der Autor beſchreibet weiter unterſchiedene Fruͤchte und Stauden / und nach ſolcher Digreſſi - on koͤmmt er wieder auf die Reiſe der Hollaͤnder / wie dieſelbe nach der geſchehenen Niedermetzelung vermercket / daß nunmehr ihr Handel mit denen Einwohnern in Tubaon, Cidaio, und andern be - nachbarten Staͤdten wuͤrde ausſeyn / demnach ſie mit ihren Schiffen ſich weiter fort nach der Jnſul Madura begeben.

Den 6. Decembris 1596. laſſen ſie allda die Ancker fallen. Es kommen Jndianer mit ihren Fahrzeugen und bieten ihnen Handel an: Sie wiſ - ſen aber ſchon / was ſich vor Cidaio mit denen Hol - laͤndern begeben hat.

LDer162Hollaͤndiſche Reiſen

Der Koͤnig der Jnſul koͤmmt nebſt dem Cherif oder Biſchoff und vielen Leuten auff drey Jndi - aniſchen Pirogen (Schiffen /) die Hollaͤnder zu be - ſuchen; ſchicket ſeinen Dolmetſcher nebſt Geſchen - cken von Reis / Ziegen / und andern Eß-Waaren voran. Verlanget auff das Schiff Amſterdam. Man will ihn aber / weil darauff wenig Leute mehr vorhanden / nicht laſſen / ſondern laͤßt ihm zuruͤck wiſſen / daß er an Bord vom Schiff Mauritius kommen moͤchte. Der Dolmetſcher bringet dieſe Antwort zwar zuruͤck / man faͤhret aber doch auff das Schiff Amſterdam los. Dieſes will die Piroge nicht laſſen an ſich kommen / ſondern brennet drey Canonen los auff des Koͤnigs ſeine Piroge, da die Jndianer einer uͤber den andern todt hinunterpur - tzeln. Auff dieſes Zeichen werffen ſich die Hollaͤn - der in die Chaloupen, und fallen alle drey Jndi - aniſche Pirogen ſo tapfer an / daß davon nicht mehr als ein und zwantzig mann ſich ſalviren: Unter denen Todten aber befindet ſich der Koͤnig und der Cherif, und die Gefangene ſagen aus / daß man die Intention gehabt / das Schiff Amſterdam zu atta - quiren: Viele hingegen laͤugnen ſolches / und ſa - gen / wenn ſie dieſes Willens geweſen / wuͤrden ſie nicht ihre Weiber und Kinder mitgenommen ha - ben. Nach geſchehener Unterſuchung ſchencket man allen Gefangenen das Leben / bis auff den Dolmet - ſcher / der ein Menſch von zwantzig Jahren; dieſer ſoll ſterben. Dieſer iſt hoͤchſt beſtuͤrtzt uͤber alles / was ſich begeben / weinet bitterlich / wie auch des erſchoſ - ſenen Koͤniges junger Sohn / ein Kind von etwanſechs163nach Oſt-Jndien. ſechs bis ſieben Jahren; dieſes Kind / da es mercket / daß Capitain Hutman mehr Autoritaͤt hat / als die andern / wirfft ſich zu ſeinen Fuͤſſen / und bittet mit groͤßter Ehrerbiethung um des Dolmetſchers und der andern Gefangenen ihre Loslaſſung; wor - innen man ihm den auch willfahret; allen zu eſſen giebt / und ſie hernach in die Jnſul auf einer ihrer Pi - rogen laͤßet zuruͤckfahren.

Nach dieſer neuen Streitigkeit muͤſſen ſie ihren Lauff weiter nehmen / und kommen an die Jnſul Luboc oder klein Matura, etwan zwoͤlf bis dreyzehn Meilen von Java, handeln allda etwas von Fruͤchten und Huͤnern / und geben Eiſen und Bley davor.

Den 25. December 1596. ſtirbt der Ober-Ver - weſer auff dem Schif Mauritius gantz gehling / wird ſeciret / und weiſen ſich ſtarcke Zeichen / daß er Gift bekommen. Cornelius Hutman, welcher ſich ſtets mit ihm gezancket / ja gar geſchlagen / faͤllt in Ver - dacht / daß er ihm das Gift beygebracht / und wird in Banden geſchlagen / doch drey Tage darauf wie - der los gelaſſen: Wie wol noch bey vielen der Arg - wohn bleibet / daß er allerdinges an dieſem Tode ſchuldig.

Das Schif Amſterdam iſt an vielen Orten ſchadhaft / und muß man ſtets das hineindringende Waſſer heraus plumpen / demnach laͤßt man alles davon herab auf die andern Schiffe bringen / und verbrennet hernach das ſchadhafte den 11. Januarii 1597. Die Einwohner der Jnſul / da ſie das brennende Schif ſehen / machen ſich mit ihren Fahr - Zeugen hinzu / ziehen es bis auff eine Banck / damitL 2ſie164Hollaͤndiſche Reiſenſie noch das Eiſen-Werck davon nutzen koͤnnen / wo - vor ſie denen Hollaͤndern allerhand Erfriſchungen zufuͤhren. p. 460.

Den 18. Januarii 1597. koͤmmt ihnen der flam̃en - de Berg Panarucan zu Geſichte / welcher einen dicken Rauch mit unterleuchtenden Feuer von ſich wirfft.

Sie kommen an die Jnſul Bali; der Koͤnig kommt an das Geſtade auff einem Wagen von zwey Buͤffeln gezogen / welche ſchoͤnes Geſchirre auf ſich haben: Seine Garde marchiret vor ihm her / und haben alle ihre Javelins, wie auch Pfeile in ihren Koͤchern mit verguͤldeten Spitzen. Er ver - langet / man moͤchte ihm zu Ehren eine Salve von denen Schiffen thun / worauf dann die Hollaͤnder ihr Geſchuͤtz losbrennen laſſen.

Der Koͤnig hat einen praͤchtigen Pallaſt in der Haupt-Stadt der Jnſul Bali, welche eben dieſen Namen fuͤhret: Es giebt ſonſt ſo herrliche Erfri - ſchungen allda / und iſt die Gegend dermaſſen ſchoͤne / daß die Hollaͤnder noch keine angenehmere gefun - den / dahero ſie auch ſolche Jnſul Jung-Holland be - nennen.

Die Einwohner derſelben ſeynd ſehr ſchwartz / und Heyden / welche das erſte anbethen / was ihnen des Morgens begegnet: Sie laſſen ſich / wie auch die Japaner thun / keinen Barth wachſen; ſondern ſo bald ſich nur eine Haare um das Kien blicken laͤßt / ziehen ſie dieſelbe mit einem gewiſſen Inſtrument aus. Die Jnſul iſt ſehr reich an Reis und an Baumwolle; und von dieſer letztern machen ſie ſehr ſaubere Zeuge / deren dann die Chineſerunter165nach Oſt-Jndien. unter andern gegen Saͤbel und Procelain viel ab - nehmen. Man hat an dem Koͤniglichen Hofe viel guͤldene Trinck-Geſchirr. Es giebt auch Gold - Bergwercke daſelbſt / doch will der Koͤnig nicht zu - laſſen / daß man die Gold-Minen oͤffne. Die vornehmſten Herren des Hofes reden mit dem Koͤ - nig nicht anders / als mit gefaltenen Haͤnden. Er hat unter ſich einen Gouverneur, den man Quillor nennet / welcher die gantze Jnſul regieret / ſo wie der Gros-Cantzler in Polen thut / und alles / was er thut / das wird approbiret.

Pulo Roſſa iſt eine Jnſul / unweit Bali gelegen / ſo ebenfalls unter dieſem Koͤnig gehoͤret; auch ſeynd deren Einwohner Heyden / wie die in Bali. Sie haben die uͤble Gewohnheit / daß / wenn die Maͤn - ner ſterben / ſo verbrennet man viele ihrer hinterlaſ - ſenen Weiber auff eben ſelbigem Holtzſtos / darauff der verſtorbene Coͤrper verbrannt wird. Dieſe Gewohnheit ſoll von einem gewiſſen Koͤnige dahero eingefuͤhret worden ſeyn / weil die Weiber vor - mahls ſo leichtſinnig geweſen / daß ſie offt eines Buhlen halben / oder einer andern Urſache wegen / ihre Maͤnner mit Gifft hingerichtet / damit ſie ih - rer los worden. Daß nun ſelbiges nachbleiben moͤchte / haͤtte er ſolches auffgebracht / wenn ein Mann ſtuͤrbe / daß deſſen Weiber mit verbrannt wer - den ſolten: Alſo dieſe / aus Liebe laͤnger zu leben / auch gerne ihres Mannes Leben unangefochten gelaſſen. p. 472.

Den 26. Febrarii 1597. hebt man wieder die Ancker auff / um die Ruͤckreiſe nach Holland anzu -L 3treten166Hollaͤndiſche Reiſentreten mit denen drey Schiffen: Mauritius, Hol - land oder der Hollaͤndiſche Loͤwe und das Pin - nas, das Taͤubchen genannt: Das Volck ſo darauff ſteiget / beſtehet in neun und neuntzig Perſo - nen; ſo viel ſind von den zwey hundert neun und vier - tzig Perſonen annoch uͤbrig geblieben / welche in Holland zu Schiffe gegangen. Uber die 99. Per - ſonen aber bringen ſie noch acht Schwartze mit / darunter ein Knabe / von 8. bis 9. Jahren / aus der Stadt Joartam der Jnſul Java, zweene aus Mada - gaſcar, ein Chineſer, zwey aus Malabar buͤrtig ſind.

Das Schiff Holland koͤmmt von den beyden andern aus Mißverſtand der Officirer ab / alſo daß es uͤber einen Monat von denen beyden andern weg - bleibet; welche zwar den 26. Maii an die Jnſul S. Helenæ kommen. Dieſe Jnſul wird nicht bewoh - net / ob ſie ſchon ſehr fruchtbar iſt: Denn Portugal und Spanien haben verbothen / daß ſich iemand daſelbſt niederlaſſen ſoll / und zwar dieſes darum / damit alle Schiffe / von was vor Nation ſelbige auch ſeynd / deſto ungehinderter allda ihre Erfri - ſchungen holen koͤnnen / indem es darinnen ſchoͤn ſuͤſſes Waſſer / auch allerhand Fruͤchte / wie auch von mancherley Vieh / als Ziegen / Boͤcke / Schweine / und viel Gefliegel giebt / danebſt das Meer daher - um ſehr fiſchreich iſt; und die Jnſul koͤſtliche und zur Geſundheit dienliche Kraͤuter in der Menge her - vorbringet; iſt ſonſt im Umkreiſe bey die ſieben Mei - len; und haben die Portugieſen die erſten Thiere und Fruͤchte dahingebracht / davon ſich alles hernach ſo gemehret / daß die Schiffe genugſame Erfri -ſchun -167nach Oſt-Jndien. ſchungen darinnen antreffen. So giebt es auch an dem Geſtade viel Saltz / damit die daſelbſt Anfahren - den die Ziegen / Schweine / und Fiſche einſaltzen / alſo dieſe Jnſul einem rechten Proviant-Hauſe gleich / ſo der Hoͤchſte vor die jenigen angerichtet / wel - che nach Jndien fahren.

Selbige Jnſul wird weitlaͤufftiger von dem Au - tore p. 478. 479. beſchrieben / und hat den Namen S. Helena daher bekommen / weil ſie die Portugie - ſen am 21. Maii, welchen die Roͤmiſch-Catholiſchen der Kaͤyſerin Helenæ, der Mutter des Conſtantini Magni gewiednet / das erſte mahl entdecket haben.

Wenn die Portugieſen Krancken auf ihren Schif - fen haben / ſo ſetzen ſie ſelbige gemeiniglich in dieſer Jnſul aus / geben ihnen Reis / Oel / Zwiback und Ge - wuͤrtze: Denn / was die Speiſen anbelanget / ſo koͤn - nen ſie ſelbige ſo wol an Weide-Werck / als zah - men Viehe und Fiſchen genungſam allda haben. Dieſe Krancken bleiben daſelbſt bis das folgende Jahr / da andere Schiffe zuruͤck kommen / die ſie wieder mit auffnehmen. Sie ſind nicht lange in der Jnſul / da ſie wieder ſich erholen / und ihre Ge - ſundheit erlangen / weil die Lufft daſelbſt ſehr tem - periret und gut iſt.

Das Schiff Holland oder der Hollaͤndiſche Loͤwe koͤm̃t wieder bey S. Helena zu denen andern beyden; nachdem es einen gantzen Monat von de - nenſelben abgeweſen. Sie gelangen darauf zur Jn - ſul S. Antonii, kommen hernach an Capo verte, oder die von denen Hollaͤndern ſo genannten Saltz-Jn - ſuln / welche ſchon oben ſind beſchrieben worden.

L 4Den168Hollaͤndiſche Reiſen

Den 11. Julii gelangen ſie an die Sperber-Jn - ſuln oder die ſo genannte Vlaamſche Eilande. De - ren ſeynd neune an der Zahl: Tercera, St. Michael, S. Maria, S. George, Gratioſa, Pico, Faial, Corvo, und Flores. Die vornehmſte darunter iſt Tercera, welche 16. Meilen im Umkreiſe hat; und deren Hauptſtadt Angra heißt. Solche nebſt denen uͤbrigen wird vom Autore p. 487. bis p. 495. umſtaͤndlich beſchrieben. Den 9. Auguſti kommen die drey Hollaͤndiſchen Schiffe in dem Gewaͤßre von Calais an / ihnen bege - gnet ein Schiff von der Amſterdamer Convoy, wel - ches ihnen zu ihrer groſſen Beduͤrffniß Bier / Kaͤſe und Zwyback / laͤſſet zukommen.

Den 10. erblicken ſie die Hollaͤndiſchen Kuͤſten / die ſie ſeint 29. Monaten nicht geſehen haben.

Den 11. Auguſti gehet das Schiff Mauritius und die Pinnas nach dem Texel. Das Schiff Holland aber iſt ſo ſchwach von Leuten / daß es nicht wohl die Ancker heben kan. Gegen Abend ſtehet es einen hef - tigen Sturm aus / daß es muß ſeinen groſſen Maſt umhauen / und ſie vielmahls in Gefahr des Schiff - bruchs ſtehen. Endlich / da ſich den 14. Auguſti das Ungewitter geleget / ſo wird auch dieſes annoch gluͤcklich in Hafen gebracht.

Nach dieſer erſten Jndianiſchen Reiſebeſchrei - bung handelt der Autor von Gewichten / Maaßen / und Muͤntz-Sorten / welche man in Oſt-Jndien hat. p. 497. bis p. 506.

Hierauf folget p. 509. die Relation von der Hol - laͤnder ihrer andern Reiſe nach Oſt-Jndien / ſo ſie mit einer Flotte von 8. Schiffen im Jahr 1598. un -ter169nach Oſt-Jndien. ter dem Commando des Admiral Jacob Cornelius van Neck, und des Vice-Admirals Wybrant von Warvvyk dahin gethan / alles nach dem Journal er - zehlet / ſo deßwegen publiciret worden / und nach an - dern Inſtructionen, welche aus den Schrifften eini - ger Autorum gezogen.

Das erſte Schiff / ſo die Directores der Oſt-Jn - dianiſchen Compagnie dazu laſſen ausruͤſten / dar - auf ietzt beſagter Admiral geweſen / hat man genen - net: Mauritius.

Das andre / worauf der Vice-Admiral geweſen: Amſterdam. Das dritte: Holland: Das vierte: Seeland. Das fuͤnfte: Geldern: Das ſechſte: Utrecht: Das ſiebende: Friesland. Das achte: Overiſſel. Welche zuſammen den 1. Maji aus dem Texel abſeegeln. Da denn auch unterſchiedene Be - gegnungen / ſo ſie auf dieſer Farth gehabt / nebſt de - nen Molucciſchen und andern Jnſuln beſchrieben werden: Endlich aber kommen ſie nach vielem aus - geſtandenen Ungemach den letzten Maji 1600. mit herrlicher Ladung wiederum in dem Texel an.

Endlich fuͤget noch der Autor dieſer Oſt-Jndi - aniſchen Reiſe-Beſchreibung die Relation von fuͤnf andern Schiffen an / welche von Rotterdam den 27. Junii 1598. durch die Magallaniſche Straſſe geſee - gelt / und nach fuͤnf und zwantzig Monaten / im Ju - lio 1600. nachdem ſie vieles Ungemach ausgeſtan - den / wiederum in ihrem Vaterlande anlaͤnden.

Ende der Oſt-Jndianiſchen Reiſe - Beſchreibungen.

L 5Nouvelle170Krieg der Eloquenz

Nouvelle allegorique ou Hiſtoire des derniers troubles arri - vés au Royaume d ELO - QVENCE,à Amſterdam, 1702.Allegoriſcher Bericht von den letzten Troublen, ſo in dem Koͤ - nigreich der Eloquenz vorgegan - gen /Herausgekommen zu Amſterdam / 1702.

DJeſes Tractaͤtlein / ſo Monſieur Furetiere ge - ſchrieben / haͤlt eine ſinnreiche Cenſur oder Critique uͤber die unterſchiedenen Anfaͤlle in ſich / ſo die rechte Eloquenz von der Pedanterie hat / und ſtellet er ſelbige unter einem entſtandenen Kriege / auch endlich gemachtem Frieden / und denen Arti - culn, auf welchen man ſolchen geſchloſſen / gar ar - tig vor. Und obwol der Autor nur die allhier ſtringiret / ſo die frantzoͤiſche Eloquenz durch ihren ungereimten Miſchmaſch zu verderben ſu - chen: So kan man doch ſolche Cenſur auch gar wohl auf diejenigen appliciren / welche der lateini - ſchen und dann der teutſchen Oratorie durch ih - re abgeſchmackten Pedanten-Poſſen und prahlendeStuͤm -171und Pedanterie. Stuͤmpeley Gewalt thun / und durch ihre affectirten Concepte den Namen faͤlſchlich zu behaupten trach - ten / als ob ſie rechte Redner / und faͤhig waͤren / in der Oratorie geſchickte Anleitung zu geben. Doch wir wollen ohne langen Eingang den Autorem ſelbſt hoͤren.

Die Durchlauchtigſte Printzeßin Rhetorica regierte von vielen Seculis her gantz ruhig / und zwar mit ſolcher Sanfftmuth / daß man ihr ohne Zwang gehorſamete. Sie that ihren Unterthanen gantz keine Gewalt / als daß ſie ihnen ihren General - Gewaltiger / Perſuaſion genannt / mit einer Com - pagnie de belles Paroles, (lieblicher Worte) ſo ihm als ſeine Knechte zugegeben waren / bisweilen zu - ſchickte / die ſie denn ihr an Ketten zufuͤhreten / ſo von Gold und Seide gemacht / und ihnen an die Ohren geleget waren. Jhr Premier-Miniſter hieſſe Bonſens (geſunder Verſtand) und ob ſie ſchon mehr durch Geſchickligkeit / als Gewalt / ihr Regiment fuͤhrete / ſo hatte ſie doch ziemlich ſtarcke Troupen von Figuren und Argumenten auf den Beinen / die ſie in alle ihre Plaͤtze verleget. Auch fande man bey ihr viel gute Officiers, ſo wol den Krieg / als die Policey zu beobachten / welche das Volck in Ge - horſam erhielten. Jhr hoher Rath reſidirete in der Academie,(a)Dieſes iſt eine Aſſemblée von vierzig der beruͤhm - teſten Seribenten der Zeit / von dem Cardinal Ri - chelieu zu Paris geſtifftet / die Frantzoͤiſche Spra - als ihrer Haupt-Stadt / undbe -172Krieg der Eloquenzbeſtunde aus vierzig Barons, der Koͤnigin ihren Confidanten / die faſt alle Autoritaͤt in Haͤnden hat - ten. Sie hielten woͤchentlich zweymal Rath uͤber die Staats-Affairen / und vornemlich trachteten ſie dahin / ein richtiges Verzeichniß der Einwoh - ner dieſes groſſen Reichs abzufaſſen / welches nach der Landes-Sprache Dictionaire (ein Woͤrter - Buch) genennet wurde: Jn welche Rolle oder Verzeichniß ſie denn niemand als diejenigen ein - ſchrieben / welche das Buͤrger-Recht durch ei - nen daruͤber ihnen ertheilten Brief erlanget hat - ten. Jn Ausuͤbung dieſer Commiſſion kunte man ſie keines weges beſtechen / ſondern ſie unterſuche - ten alles aufs genaueſte / alſo daß ſolches ihnen den Titul PExactitude erworbe. Maßen ſie ohne ei - niges Erbarmen alle Barbarn und Auslaͤnder von dieſem Regiſter ausſchloſſen. Denn ob ſchon bis - weilen einige neu-angekommene ein Patent erlan - geten / daß ſie naturaliſiret / wenn etwan eine Pre - cieuſe vorbath / ſo geſchahe es doch allezeit mit der Bedingung / daß ſie ſich vor dieſem Staats-Rathe legitimiren muſten: Denn wo dieſes nicht war / ſo durfften ſie auch nicht ſich oͤffentlich ſehen laſſen. Die guten Dienſte / welche dieſe Barons bishero der Koͤnigin geleiſtet / geben die Hoffnung / daß ihre Regierung werde unſterblich ſeyn / ſo lange dieſer Rath im Flore bleibet / das iſt / ſo lange ſie in ſelbi - gem die vacanten Stellen zu beſetzen / ihren Premier -Mi -(a)che zu excoliren / und kommen ſie woͤchentlich zweymal bey dem Herꝛn Cantzler zuſammen.173und Pedanterie. Miniſter Bonſens (dem geſunden Verſtande) die Freyheit und Gewalt laͤßt / und dieſes zu thun der la Brigue (der ungebuͤhrlichen Werbung nach einem Amte) als deſſen abgeſagter Feindin / nicht verſtat - tet. Denn dieſes eine Dame iſt / welche alle ſeine Abſichten gerne hindert / weil ſie ein feſtes Schloß beſitzet / ſo an dem vornehmſten Paſſe nach der Academie zu lieget: Dannenhero ſie bey Hofe in groſſem Anſehen iſt / ob ſie ſchon ſonſten ſchielet / und alles uͤberwerts anſiehet / auch gar nicht Leute von Meriten kennet.

Doch wie auch bey dem ſtillſten Wetter ein Sturm entſtehen kan / ſo war auch der Rhetorices ihr Reich nicht gantz von dem Kriege verſchonet; ſondern es ſtieß ihm ein gar gefaͤhrlicher zu / darzu eine gantz geringe Sache Gelegenheit gab.

Bonſens hatte Ordre gegeben / die Miliz zu re - formiren, und wurden die Equivoques (zweydeu - tige Woͤrter; æquivoca) abgedanckt / welche als alte Troupen ehmahls in groſſem Credit waren; allein ſie nahmen ſich auch viel hin - aus. Sie hatten dem Staate viel Unruhe ge - macht / weil ſie ſehr ſpitzig; auch zugleich einen doppelten Sinn hatten; denn ſie ſagten dieſes / und thaten doch ein anders. Nur behielte man deren eine kleine Anzahl / von den luſtigſten / welche die Seine ihrer Schweſter / der Poeſie, zugeſchicket / ihnen eine Emploi bey den Epigrammaten zu geben. Die Abgedanckten nun / die auſſer Dienſten waren / ſucheten wiederum ihre Accommodirung in dem Lande der Pedanterie, welches ein groſſer Staat /deren174Krieg der Eloquenzderen Hauptſtadt heißt Gymnaſium, ſo vor dieſem ſehr floriret / aber / nachdem ſolcher Ort alle Nationen eingenommen / und allerhand Sprachen reden wol - len / ſo iſt es ihm gegangen / wie bey den Thurm zu Babel / ſo daß ſich nun nichts als Confuſion darin - nen findet: Wenn man nur einige kleine Cantons ausnimmt / welche vor dieſer General-Corruption ſich noch erhalten haben. Die Herrſchafft dieſes Reichs hat unbillig und mit Liſt der Capitain Gali - matiasa)Heißt ſonſt ein ungeſchicktes Gemenge oder Miſchmaſch / wie der gemeine Poͤbel redet. an ſich gebracht / ein Menſch von gantz ſchlechter und gemeiner Ankunfft; aber der durch uͤble Conduite und Miß-Verſtaͤndniß der Obrig - keit ſich von dem gantzen Staate Meiſter gemacht. Bey dieſem gaben ſich die Æquivoca an / und ſuche - ten ſeine Protection: Welche ſie dann erhielten / und er noch dazu ihnen alle Freundſchaft antrug / weil ſie ſeinem Humeur ziemlich gleich kahmen.

Die Alluſiones ſucheten ebenfalls dieſe Zuflucht / und fanden ſie gleicher maſſen: Denn ſie bey der Reforme der rhetoriſchen Troupen auch waren fortgejaget worden; weil ſie immer der Koͤnigin mißfallen. So brauchete man ſie auch nie zum Treffen; ſondern in denen Muſterungen ma - cheten ſie noch ihre Exercitia mit ziemlicher Manir. Nechſt dem wurden noch viele aus der Koͤnigin Rhetorica ihren Dienſten abgeſchaffet / welche dann als Malcontenten bey dem Printz Galimatias ihre Accommoáirung ſucheten.

Dieſen175und Pedanterie.

Dieſen nun uͤberredeten ſie gar leicht / daß er der Koͤnigin Rhetoricæ den Krieg ankuͤndigte. Denn / da er ohnediß ſo wol ihr als ihrem Premier-Miniſter ſpinne feind; ſo gaben ſie ihm noch dazu zu er - kennen / daß die Koͤnigin allen Handel zerriſſen / und alle Muͤntzen und Waaren verbothen / welche aus dem Lande Pedanterie in das ihrige gebracht wuͤr - den. Er ſchickete demnach einen Herold an dieſe Printzeßin / und ließ die Wiederauffrichtung des Handels / wie auch die Wiedereinſetzung der caſſirten Troupen in ihre vorige Dignitét, begehren. Allein da er keine vergnuͤgte Antwort bekahm / ſo kuͤndig - te er ohne Auffſchub ihr den Krieg an.

Damit ließ er in ſeinem weiten Lande eine groſ - ſe Armée zuſammen bringen. Schickete auch zu ſeinen Alliirten, ſo uͤber dem Gebuͤrge wohnen / mit welchen der Staat der Pedanterie allzeit in Buͤnd - niß geſtanden: Und da nun in kurtzem ein ſehr Zahl - reiches Heer auf die Beine gebracht / ſo muſterte er ſelbige auf einer groſſen Ebene / Deſpauterea)Dieſes iſt eine Grammatic, wo alle Figuren nach der Ordnung expliciret ſind. ge - nannt.

Die Æquivocationen marchireten vornen an der Spitze: Zu ihrer Rechten die Antitheſes; ſo Trou - pen, welche nur unlaͤngſt aus dem Collegio gekom - men / und immer ſtreiten und zancken / auch treffliche Luſt zum Fechten bey ſich ſpuͤren lieſſen. Sie hatten viel Officirer / welche ſie dermaſſen in geſchloſſenenGlie -176Krieg der EloquenzGliedern hilten / daß wenn ſie ſelbige verdoppelten / man gar kein Tages-Licht zwiſchen ihnen ſehen kunte.

Zur lincken Hand ſahe man die Alluſionen un - ter dem Commando des Montmorta)Einer von den beruͤhmteſten Pedanten / ein groſſer Schwaͤtzer / Schmarotzer und Igno - rante. eines Cava - liers, welcher mit Simſons Waffenb)Eſels Kienbacken. trefliche Thaten gethan / und ſich gar vor einen Ritter von der runden Tafel ausgab / deren ihren Abendtheu - ern er alle andere nachſetzete.

Auff der andern Linie war das Corps de Bataille, und zwar auff der Rechten die Jronien, deren Haupt - Officirer die Sarcaſmic)Spitziger und anzuͤglicher Schertz oder Schrauberey. mit ſtachlichten groſſen Keulen gewaffnet / die ſie aus einem Zeug-Hauſe genommen / la Halle genannt.

Zur Lincken waren die Exaggerationen rangieret / welche in der Provintz Hableried)Schwaͤtzerey. Gewaͤſche. geworben / und ſich alſo geſtellet hatten / daß ſie offt dreymahl mehr zu ſeyn ſchienen / als ſie in der That waren.

Zwiſchen dieſen beyden Corpo waren zwey groſſe Bataillonen: Die zur Rechten ware zuſam - men gebracht von eitel Autoritaͤten / und deren eine erſtaunende Anzahl war / alſo daß darinnen die mei - ſte Macht der Armée beſtunde. Sie wurde von zween General-Lieutenants commandiret. Dereine177und Pedanterie. eine hieß Index,a)Das Verzeichnis der Buͤcher / die Allegata nach - zuſchlagen. welcher wider Gewohnheit der andern hohen Officirer hinten marchirete / damit er ſeine Troupen deſto beſſer kunte zuſammen hal - ten: Der andere General-Lieutenant, hieſſe Po - lyanthea,b)Jſt der Titel eines groſſen Di - ctionarii, wohinein Realia aus allerhand Scri - benten nach dem Alphabete getragen ſeynd. und marchirete vornen an.

Es war ein arbeitſamer Herr: Hatte die Voͤl - cker zuſammen gebracht / und in drey und zwantzig Regimenter eingetheilet: Und um alle Confuſion zu vermeiden / muſten ſie nach Ordnung des Al - phabets ihren March halten. Es waren allerhand Nationes darunter / Araber und Rabinen / vor denen ſich die Leute recht fuͤrchteten / weil ſie ihre Sprache nicht verſtunden. Auch ſahe man dabey Griechen und Roͤmer / welche mit groſſem Ler - men und Equipage marchireten / ob es nur gleich eitel gemein Volck war: Denn was von edlen und politen Roͤmern und Griechen / dieſelben hielten es mit der Koͤnigin Rhetorices ihrer Partie.

Was das merckwuͤrdigſte darbey war / ſo muſte eine jede Autoritaͤt einen Zettulc)Das iſt das Allegatum, wenn man das Buch und das Capitel anfuͤhret / woraus etwas ge - nommen iſt. haben / wo ſie her ware; und wo ſie nicht ſolchen ſelbſt bey ſich behiel - te / ſo muſte ſie ihn dem Muſterſchreiberd)Margo, der Rand / wenn offt in margine der Ort des allegirten Buchs citiret iſt. la Mar -Mge178Krieg der Eloquenzge genannt / geben / ſonſt hielte man davor / daß ſie von einem verdaͤchtigen Orte kaͤme / und lieſſe ſie nicht paſſiren.

Die andere Bataillon zur Lincken ware von Metaphoren / Allegorien / unter dem Commando des General Mervezo, und des Eſcuteaux.a)Seynd zwey ſchlimme Autores, die viel geſchrie - ben haben / ſo aber ſehr affectiret iſt. die Al - legorien waren von groſſer Statur, und trugen lan - ge Piquen: Die Metaphoren aber klein / und hat - ten nichts mehr als ein ſchlechtes Wurff-Spieß - lein.

Die Arrier-Garde beſtund in zweyen Corps. Jn dem zur Rechten waren die Comparaiſons,b)Similia, Gleichniße / ſo Lycoſthenes zuſammen getra - gen. welche Lycoſthenes commandirete: Dieſer bedie - nete ſich zwar dann und wann der Printz / aber mit ſchlechtem Vortheil; maſſen wenig darunter / die nicht hincketen. Und kunte es auch nicht anders ſeyn / denn ſie allzuweit hergekommen / und vom Plinio, Solino, Strabone, und andern ſolchen Kauf - Leuten waren erhandelt worden. So ſahen ſie auch alle gar ungeſtalt; maſſen ſie ſehr kahl / weil ſie allzuſtarck beyn Haaren waren gezogen worden. Jmmittelſt war es faſt unmoͤglich / ſie gantz und gar abzuſchaffen / ſo wenig als die Autoritaͤten: Denn ſie hatten gewiſſe Retiraden / welche man Locos communes nennete: Jn dieſen Staͤdten fanden ſie allemahl ihre Zuflucht und Sicherheit.

Auf179und Pedanterie.

Auf dem lincken Fluͤgel marchireten die Epi - phonemata, ein tumultuirend Volck / das oft ſchrey - et / ob man es gleich nicht anruͤhret.

Hinter allen dieſen Bataillonen marchireten die Proſopopœien /a)Proſopopœia iſt die Figur / welche todten Perſo - nen / wie auch lebloſen und andern Sachen / die an ſich ſelbſt zu reden nicht faͤhig ſind / eine Re - de antichtet. als Corps de reſerve, welche dem Anſehen nach uͤber aus maͤchtig ſind: Denn ſie ruͤh - meten ſich / Staͤdten und Provinzen zu gebiethen / und ihnen eine ſolche Bewegung zu geben / als es nur ihren beliebte. Sie blieben ſtets hinten / weil ſie eine gewaltige Bagage ſo wol von lebendigen als lebloſen Dingen bey ſich fuͤhreten. Der Ober - ſte Fictio hatte dieſes Corpo zuſammen ge - bracht / und war er ein verwegener und recht kuͤh - ner Mann; auch ſo geſchickt / daß er auch aus nichts etwas zu machen wuſte. Von Nation war er ein Chimericaner,b)Welcher von Chimæren oder Einbildungen zuſammengeſetzet iſt. ſehr reich / und hatte viel Spani - ſche Schloͤſſer aufgebauet.

Auf denen Fluͤgeln marchireten zweene groſſe Corpo von Cavalerie. Die Hyperbolenc)Hyper - bole iſt die Figur / die ein Ding vergroͤſſert oder verkleinert / daß es gantz unglaublich ſcheinet. waren zur Lincken: Solche Leute / welche einem eine Furcht einjagten / wenn ſie zornig waren / und auf ihren groſſen Pferden ſaſſen. Denn ſie ſchienen / als ob ihr Haͤupt denen Wolcken drohete / ſo gar hatten ſieM 2eine180Krieg der Eloquenzeine Coloſſen - und Rieſen-Figur. So bald ſie nur etwas anruͤhreten / ſo wurde ſolches aufgeblaſen mit einer ſolchen Blehung / welche deſſen gute Ge - ſtalt verdorbe / und ſie ſtelleten ſelbige niemahls alſo vor / wie ſie an ſich war / ſondern traffen allemal dabey entweder zu viel / oder zu wenig an. Sie hat - ten ehemahls unter dem Printzen Balzaca)Dieſes verſtehet der Autor von Balſacs erſten Lottren, worinnen er allzu oͤfftere und zu ſtar - cke Hyperbolen gebrauchet hat. viel Land verwuͤſtet / als ſelbiger anhub / ſich in die Koͤnigin Rhetorica zu verlieben / und er ſich der Hyperbolen ihrer Waffen bedienen wolte / ſie mit Gewalt zu ſeiner Heyrath zu noͤthigen: Aber / da dieſer Herr nachmals mit ihr Friede machte / und den gelindern Weg ſuchete / ſo verließ er dieſer Voͤl - cker ihre Partie. Nachdem wolten es ihm einige verwegene Ritter nachthun / und ſie gleichfals com - mandiren / die ihnen denn noch mehr Courage ein - blieſſen / und ſie bis an die Graͤntzen der Extravagan - ce fuͤhreten.

Die Cavalerie, ſo den rechten Fluͤgel bedeckete / waren eitel Deſcriptionen. Dieſes Volck ware wohl montiret / und dienete dazu / die Straſſen rei - ne zu halten / die Plaͤtze zu recognoſciren, auch die Erſten in Schlachten| und Belagerungen zu ſeyn. Sie wurden vom Phœbob)Das iſt ſo viel als ein dunckler Diſcurs, der wegen ſeiner allzuvielen Ausſchmuͤckung nicht kan verſtan - den werden. commandi -ret /181und Pedanterie. ret / Printz Galimatias ſeinem aͤlteſten Sohne; ein Herr von gutem Anſehen / und eine rochte Grund-Seule ſeines Staats.

Noch viele andere Voͤlcker waren bey der Armée, die man nicht alle beſchreiben kan. Nur das ein - tzige will ich noch ſagen / daß noch vor dem Treffen von jenſeits Gebuͤrges her viel Auxiliar-Troupen unter dem Commando des General Loredanoa)Es iſt ein Jtaliaͤniſcher Autor, der einen ſo ho - hen Stylum ſchreibet / daß er damit ausgela - chet worden. eines Venetianers ankahmen / der ein abgeſagter Feind von Bonſens ware / und deſſen Untergang geſchwohren hatte: Er hatte bey ſich die Capitaines, Manzinib)Seynd andere Jtaliaͤni - ſche Scribenten / welche allzu affectirt geſchrie - ben. Maluezzi, Aſſarino, und viele andere / die auf ihre eigene Koſten eine groſſe Anzahl Antithe - ſes, Allegorien, und Hilperbolen geworben / und ſich dadurch dermaſſen ruiniret / daß ſie bey der beruͤhm - ten Banc Eſtime, wo ſie ſonſt handelten / allen Cre - dit verlohren.

Was die Artillerie betraf / ſo ware eine groſſe Menge von Canonen aus dem Lande Juris, das auch in ſelbigem Koͤnigreiche lieget / angekommen. Der Printz Galimatias loͤſete folche Canonen ſo offt er wolte / und erſchreckete davon die gantze Chriſtenheit; weil auch dieſe Canonen ſo gefaͤhr - lich / ſo nennete man ſie nur die Blitze;c)Man ſagt das Fulmen aus dem Va - tican, wenn man von denen Bullen des Juris Canonici redet. an ſtatM 3andere182Krieg der Eloquenzandre Printzen nur Falconetten, Feldſchlangen / und dergleichen fuͤhren.

Vor allen dieſen Troupen marchirete der Printz Galimatias, von ſeiner Compagnie Mousquetai - res / ſo in Acroſtichena)Eine Art Verſe / da ſich ieder von einem ſonder - lichen Buchſtaben eines Worts anhebet / ſo man die Seite herunter vom Anfange der Zeilen ausfuͤhren will. beſtunde umgeben; dieſe rangireten ſich allemahl vor ſein Gezelt / und hilten Reihenweiſe Wache. Der Angeber dieſer Miliz, und der ſie vor dieſem ſehr in Gang gebracht / hieſſe Rabanus. b)Ertzbiſchoff zu Mayntz.Sie waren aber ſehr ſchwer in Ord - nung zu bringen / denn ſie offt wider ihren Obriſten revoltireten / und ihm groſſe Muͤhe macheten / zu - mahl / wenn er ihre Reihen wolte verdoppeln und eine Bataillon daraus machen / die man Penta - croſtichec)Wenn man in iedem Verſe fuͤnff mahl den Buchſtaben repetiret / der im An - fange der Zeile iſt. nennete. Auch hatte er eine Compa - gnie Anagrammata. d)Wenn man durch Verſetzung der Buchſtaben eines Namens etwas anders heraus bringet.Jhr Capitain hieß Billon, und der Lieutenant Douet,e)Dieſe beyde haben gantze Buͤcher voll Anagrammata geſchrieben. welche daß gantze Reich der Grammatic durchſtoͤhret / ohne daß ſie was rechts haͤtten angetroffen.

Endlich ſahe man vor dieſem Printzen das Haupt -Panir183und Pedanterie. Panir oder die groſſe Reichs-Fahne hertragen. Der Schild des darinnen befindlichen Wapens ware Purpur / und in ſolchem zwey goldgeſtickte Ruthen / Creutzweis in einander gefuͤget / und wiederum mit andern / als wie die Faſces umgeben / ſo ehemahls die Roͤmiſchen Buͤrgermeiſter vor ſich lieſſen hertragen. Auff beyden Seiten des Wa - pens ſahe man zweene ſich in die Hoͤhe baͤumende Eſel / roͤthlicht und mit ſchwartzem Huf und Zun - gen; dabey einen Hermelin um die Haͤlſe / und Kap - pen auff denen Koͤpfen. Stat des Federbuſches auff dem Helme ſahe man eine alte ſtaͤhlerne offene Pickel-Haube; und die Wahrheit zu bekennen / ſo exprimirete dieſes Wapen ſehr wohl die Natur der Leute deſſelben Landes.

Mit einer ſo ſtarcken Armée that Printz Gali - matias einen ſtarcken Einfall in der Rhetorica ihr Koͤnigreich / und nahme viele Plaͤtze hinwe g / ehe man ſich in genugſame Verfaſſung geſetzet ihm zu widerſtehen. Sonderlich bemaͤchtigte er ſich der Provinz Dicæa, und hilten ſich bey Attaqui - rung ſelbiger Plaͤtze vor andern die Antitheſes und Autoritaͤten wohl. Auch fiel er in die Provinz Homiliaire ein / wo unterſchiedene kleine Berge ſind / welche uͤber die Flecken und Doͤrffer zu gebie - then haben. Es war ein altes Domain der Koͤni - gin / und von ſolcher Wichtigkeit / daß / wer ſich erſt davon Meiſter gemacht / faſt das gantze Koͤnigreich in ſeiner Gewalt hatte. Bey dieſer Expedition hatten die Allegorien, die Epiphonemata, die Antith[e -]ſes und Autoritaͤten viel zu thun; um nun dieſesM 4Land184Krieg der EloquenzLand zu mainteniren / ſo lieſſe man darinnen eine groſſe Garniſon in den Horn-Wercken / welche auff denen meiſten Hoͤhena)Predigt-Stuͤhlen. auffgefuͤhret waren.

Die Provintz Epiſtolaria wurde ebenfalls ſehr verwuͤſtet. Die Nouvellen, die Compliments, und die Bagatellen, machten darinnen groſſes Ler - men. Nur allein die Lettres de Cabinet hielten ſich / denn dieſe lagen auf einer Hoͤhe / Hauts Stiles genannt / wohin wenig Leute kunten hinauf kom - men.

Die Romaineb)Das ſoll das Land der Romanen oder Liebes-Gedichten heiſſen. litte auch gewaltig viel bey dieſem Einfalle: Und es war Schade um dieſes Land / denn es ein recht Coucagne Land war. Man ſahe darinnen nichts als ſchoͤne Tempel / Pallaͤſte / und Gaͤrten: Nichts als Feſtinen, Promenaden, Bale, und Ergoͤtzlichkeiten: Es war von eitel galan - ten und vornehmen Standes-Perſonen bewohnet: Niemahls hatte man darinnen ein haͤßlich Frauen - zimmer oder eine uͤbelgemachte Manns-Perſon ge - ſehen. Dieſes Land ruinireten die Capitains Ner - veze und des Escuteaux; und waren nur wenig regulirte Plaͤtze / die ſich defendireten / und dem Printz Galimatias nicht mußten die Thore oͤffnen.

Doch ſo groß deſſen ſeine Macht war / kunte er gleichwol mit ſelbiger nicht in die Provintz Alcoves hinein brechen: Worinnen kleine ſehr praͤchtigeSchloͤ -185und Pedanterie. Schloͤſſer auf Huͤgeln zu finden / darinnen / eitel Pre - tieuſes verwahret wird.

Man findet allda die Schweitzer-Wache / und wenn man auch durch ſelbige waͤre hinduꝛch gedrun - gen / ſo ſeynd doch hernach annoch ſo viel Treppen / Chambren / Antichambren / und andre Abſchnitte / daß man nichts ausrichten kan. Die Galanterie, eine Dame, die bey der Koͤnigin in gutem Anſehen / hatie uͤber dieſe Veſtungen die Auffſicht / und weil ihr alle brave und polite Hof-Leute den Eyd der Treue geſchworen / ſo ware ſie ſo wachſam / daß ſie kei - nen eintzigen in ihre Plaͤtze einließ / ſo der Pedante - rie ihre Liberey truge. Einige aus der Provintz Hablerie (Schwaͤtzerey) hatten bisweilen die Ge - legenheit / daß ſie ein paar Gefangene mit hinweg fiſcheten.

Was nun anderer Seiten die Koͤnigin Rhetori - ca betrifft / ſo hatte man zwar gleich nach angekuͤn - digtem Kriege Voͤlcker geworben. Allein weil ihr Reich bey weitem nicht ſo groß iſt / als die Pedante - rie, ſo brachte man auch weniger zuſammen / und die / welche Succurs ſchicken ſollen / zauderten auch gar ſehr damit. Endlich brachte ſie doch eine Ar - mée zuſammen / und waren viele Voͤlcker darunter von eben der Natur / als diejenigen / welche in dem feindlichen Lager dieneten / aber beſſer diſcipliniret und zum Fechten gewoͤhnet. Man ſahe auch bey ihr die Antitheſes, aber nicht ſolche wuͤſte und un - ordentliche / als die unter dem Printz Galimatias; ſon - dern die auf Academien ihre Exercitia wohl gelernet /M 5dahero186Krieg der Eloquenzdahero ſich wohl muſtern lieſſen / und ihre Poſten wachſam zu beſetzen wußten.

Man fande gleichfalls bey der Koͤnigin ihrer Ar - mée die Allegorien, welche ſehr æſtimiret waren / weil ſie ehmahls dieſer Fuͤrſtin groſſe Dienſte ge - than; zumahl in dem Grammaticaliſchen Kriege. a)Bellum Grammaticale iſt ein klein Tractætlein / ſo ein Patricius von Cremona abgefaſſet / Andre - as de Salerno genannt / den Krieg zwiſchen dem Nomine und Verbo in ſich haltend.Jhre Satyri ſche Hoheit ſchicketen auch der Koͤnigin eine gute Partie Ironien, welche aber weit artiger und geſchickter waren / als die auf des Fein - des Seite fochten. Der Capitain Sovel,b)Jſt der Autor, ſo in ſeiner Jugend den Francion, ſchwaͤr - menden Schaͤfer / und andere kluge Satyri - ſche Buͤcher herausgegeben. der in ſeiner Jugend ſie commandiret hatte / nahme auch dieſesmahl die Auffſicht uͤber ſie / indem er unter ihnen groſſen Credit erworben; ja ſelbſt bey denen viertzig Baronen, als der Koͤnigin vornehmſten Raͤ - then. Von der Republic der Locorum Communium wurden auch unter dem Commando den General Coſtarc)Ein gelehr - ter Mann aus der Provintz Mayne, welcher die Apologie des Voiture und andere gute Sachen heraus gegeben / die aber ein wenig zu viel mit Locis communibus angefuͤllet ſind. einige Regimenter Autoritaͤten geſchi - cket: Doch behielte man kaum die Helffte davon / und laſe nur diejenigen aus / die nicht viel plauder -ten /187und Pedanterie. ten / ſondern alles mit fuͤnf bis ſechs Worten vor -[b]rachten.

Der Printz Balzac ſchickte auch einige Regi - menter gute Hyberbolen. So wurden gleichfalls von der Koͤnigin etliche Bataillons der richtigen und guten Similitudinum auffgerichtet; und noch mehr andere Voͤlcker zuſammen gebracht / deren die meiſten obig genannte viertzig Baronen wor - ben / / deren Namen und Meriten in des Herrn Peliſſonsa)Der Autor, ſo die Hiſtorie von der Academie Francoiſe geſchrieben. Hiſtorie genugſam beſchrieben ſind. Auſſer denen ſo brachte die Nobleſſe auch viel Volck zur Armée, unter welchen der Frantzoͤiſche und der Daͤniſche Oger,b)Der Frantzoͤiſche Oger iſt einer von den beruͤhmteſten Predigern in Franckreich; und der Daͤniſche / als deſſen Bruder / wird alſo genannt / weil er lange in Den - nemarck geweſen. zweene Bruͤder / und wel - che allemahl der Koͤnigin ſtattliche Dienſte gelei - ſtet. Auch kahme zur Armée ein Ritter / Menagec)Welcher den Urſprung der Frantzoͤiſchen Sprache geſchrieben. genannt / ein Cavalier von allen Sprachen / und der alle Genealogien der Woͤrter kannte / auch in Feindes Lande ſtarcke Correſpondenz hatte. Gleichfalls fande ſich ein beruͤhmter Abt de Maro - lesd)Der Abt de Villeloin, welcher viele lateiniſche Po - eten ins Frantzoͤiſche uͤberſetzet. ein / welcher ſeine Conqueten bis in die Provintzen des Catulli, Tibulli, Propertii, Statii,Plauti,188Krieg der EloquenzPlauti, und Martialis gemacht / deren Voͤlcker er alle dahin gebracht / daß ſie Frantzoͤiſch reden muͤſſen. Auch kahme Scarron und die beruͤhmte Jungfer von Marais,a)Dieſe iſt Madamoilelle de Scudery. welche wegen ihrer Qualitaͤten ſo einen groſſen Namen als das Maͤgdlein von Or - leans erlanget hat.

Valentin Conrart gieng nicht mit zu Felde / ſondern blieb bey der Koͤnigin im Cabinet / allwo er derſelbigen ſtattliche Dienſte leiſtete. Nun hatte auch dieſe Fuͤrſtin an ihre Schweſter / die Poeſie, ge - ſchickt / und um Huͤlffs-Troupen angehalten. Al - lein dieſe kunte ihr ſo bald nicht willfahren / weil ſie ſelbſt mit einem innerlichen Kriege zu ſchaffen hatte / der zwiſchen denen Rithmis und der Ration entſtan - den. Die Rithmi wolten haben / die Ration ſolte ihnen gehorchen. Dieſe aber prætendirete das Vorrecht / und daß man erſt auf ſie Reflexion zu ma - chen / auch die Rithmi ſich nach ihr zu richten verbun - den. Endlich / als die Rithmi ein Treffen verloh - ren / capitulirete man mit ihnen folgender maſſen: Daß wegen ihres verwegenen Auffſtandes ſie hinfort in den Vorſtaͤdten wohnen ſolten. Daß die heimliche Zuſammenrot - tirung zu vermeiden ſie keine Aſſemblée mehr ſolten halten / noch ihrer zwey zuſam - men in einer Lieberey gehen: Auch damit ſie hinfort deſto vertraͤglicher waͤren / ſo ſolten weibliche zwiſchen die maͤnnlichen unterge - miſchet werden / und man nie zwey von ei -nerley189und Pedanterie. nerley Geſchlecht beyſammen ſehen. Auch wuͤrde denen Vocalen verbothen / die ſich auf ihre Seite geſchlagen / den Frieden der Poeſie zu ſtoͤhren / daß ſie nicht mehr ſich verſamm - len ſolten / weil ſie / wann ſie einander antraͤ - fen / nur unnoͤthig Lermen macheten: Da doch die Printzeßin nichts mehr als den Frie - den und die Stille liebete.

Nach dieſem Accord wurde es wieder in dem Lan - de der Poeſie ruhig / und ſchickete ſie ihrer Schwe - ſter / der Koͤnigin Rhetoricæ ſtattliche Troupen zu. Der treffliche Corneille, als Reichs-Feld-Herr / fuͤh - rete viel aus ſeinen vier Dramatiſchen Cantonena)Dieſes ſeynd die ſchoͤnen Tragœdien, Tragicomœ - dien, Comœdien, und Paſtoralen, ſo der ſinnreiche Herr Corneille gemacht hat. hin / welche ihm die Printzeßin mit ſamt der Souve - rainitét gegeben hatte. So wurden auch von de - nen Lyriſchenb)Dieſes ſeynd die Oden, ſo man ſonſt in die Inſtrumenten ſunge Kuͤſten durch den Admiral MAL - HERBE und den Vice-Admiral RACAN Voͤlcker zugefuͤhret / welche ſich des Horatianiſchen Compas - ſesc)Nach des Horatii ſei - nen Oden. bedieneten.

Chappetlain grand Podeſta von den Epiquiſchen Landend)Die Helden-Gedichte. fuͤhrete auch viele Troupen zu / die zwar mit groſſen Koſten geworben / aber auserleſe - ne und ſtattliche Voͤlcker waren.

So190Krieg der Eloquenz

So kahmen auch von den Idylliſchen Jnſulna)Schaͤfer-Gedichte. unter der Anfuͤhrung des Saint Amant einige Ba - taillons an / und zwar ware dieſer ihr Fuͤhrer in de - ren Haupſtadt Buͤrgemeiſter.

Gleichfalls brachte REGNIER, Ober-Cenſor o - der Sittenmeiſter im Koͤnigreiche / aus den Satyri - ſchen Waͤldern wohlgewaffnete Troupen. Nechſt dieſem brachte Gombaud aus der Jnſul Sonnanteb)Sonnete. gar nette Voͤlcker / auch zohe er drey Compagni - en aus den Epigrammatiſchen Gebuͤrgen / ſo in leich - ter Reuterey beſtunden.

Aus der Provintz des vers galantsc)Galante oder verliebte Verſe. brachten die beyden beruͤhmten Obriſten Voiture und Sar - raſin eine gute Anzahl Volck. Gleichfals kahmen viele alte Troupen unter dem General Colletet an / welchen auch auf dem Parnaſſo als Buͤrgern zu le - ben erlaubet / und ſie ihre poëtiſche Revenüen allda verzehren mochten. Er hatte ſeine Liebſte / die ſchoͤ - ne Claudine, bey ſich / die er nie von der Seite ließ. Dieſe fuͤhrete mit ſich eine kleine Brigade von Ma - drigalen / welche ſehr nett und lebhaft waren. Sie ſelbſten aber war ſo eine geſchickte Dame, daß ſie allezeit gerade ins Hertze ſchoß / und toͤdtliche Wun - den machete.

Wie nun alle dieſe Macht beyſammen / ſo befahl die Koͤnigin ihrem Feld-Marſchall Arti, daß er ſie moͤchte nach des Bonſens ſeiner Ordre in Schlacht - Ordnung ſtellen. Nun nahme man allda eineMa -191und Pedanterie. Maxim bey dieſer Rangirung / welche gantz derje - nigen contrair war / ſo die Feinde / nemlich die Pe - danten / hatten. Denn bey dieſen war es eine un - veraͤnderte Gewohnheit / daß immer ein Corpo von einerley Soldaten beyſammen ſtehen muſte. Zum Exempel: Wenn in einer Garniſon Antithe - ſes lagen / ſo durffte darinnen gar keine andere Gattung ſich finden. Allein der Feld-Marſchall Ars wolte dieſes nicht gut befinden / darum miſche - te er die Troupen von allerhand Armatur und Na - tionen unter einander / alſo daß bald eine ſolche / bald von einer andern Gattung eine Compagnie oder Regiment geſtellet war.

Jn der Avant-Garde ſtunden zur Rechten die Harangven, (Orationes) welche Bonſens ſelbſt commandirete / weil er ſonſt keinen General finden koͤnnen / auf deſſen Conduite er ſich genugſam zu verlaſſen gehabt. Die Sermonen und Orationes funebres (Leich-Reden) ſtunden auf dem lincken Fluͤgel unter dem Obriſten Ogier. Jn der mitten fochten die Plaidoyersa)Advocaten. unter dem Commando der zweyen Generalen Palatinen.

Jn den mittleren Troupen des Krieges-Heeres befanden ſich vier ſtarcke Bataillons. Zur Rechten waren die dogmatiſchen und philoſophiſchen Ope - ra unter der Anfuͤhrung des beruͤhmten Obriſten de la Chambreb)Ein Medicus, welcher les Cha - racteres de Paſſions und andere gelehrte Wercke geſchrieben. geſtellet. Zur Lincken ſahe mandie192Krieg der Eloquenzdie Hiſtorien / welche der General Mezeraia)Welcher die Hiſtorie von Franckreich in dreyen Voluminibus geſchrieben. com - mandirete; ein erfahrner Cavalier, und welcher ſich keine Penſionen der groſſen Herren dahin bringen lieſſe / daß er im geringſten das Fraͤulein Veritas, in die er aͤuſſerſt verliebt / desobligiret haͤtte. Jn der Mitten / nach der rechten Hand zu / befanden ſich die moraliſchen und politiſchen Opera, welche der Herr Motte le Vaierb)Der viel morali - ſche Tractate herausgegeben. und Silhonc)Der Autor, ſo den Miniſtre d’Etat herausgegeben. anfuͤhreten. Unter allen aber ſtrahlete der vortreffliche Prieſagd)Ein Staats-Rath / welcher ſchoͤne moraliſche Tra - ctate geſchrieben. der genereuſe Cavalier hervor / welcher das ſchoͤn - ſte Magaſin de belles lettres hat. Zur Lincken ſahe man die Lettrene)Briefe. und die Picces de Galanterie,f)Galante Stuͤcken. welche in der Koͤnigin ihren Erb-Landen waren ge - worben worden. Der Printz Balſac commandi - rete ſelbige / welcher am erſten dieſe zu regulirten Troupen gemacht hat.

Die Arriere-Garde beſtunde unter zwey Batail - lons: Die zur Rechten beſtund aus Romanen,g)Liebes - und Helden-Gedichten. und wurde commandiret durch die Obriſten Gom - bervilleh)Der Ver - faſſer der Polexandre. Calprenedei)Der Verfaſſer der Caſſandra und Cleopatra. und die Amazonin Sap - pho,k)Die / ſo den Cy - rus und die Clelie gemacht. welche faſt das gantze Domaine von derRo -193und Pedanterie. Romaine beſaß. Zur Lincken fochten die Tradu - ctionesa)Uberſetzungen. in vielen Regimentern / deren erſtes unter dem Ablancourtb)Welcher vortrefflich wohl den Cornelium Tacitum, Cæſarem, Lucianum, und andere Wercke uͤberſetzet. ſtunde / einem Obriſten / der ſich praͤchtig hielt / und ſeinen Voͤlckern neue Liberey auf die Mode gegeben / ſo er nach ſeiner eigenen Phantaſie machen laſſen. Einige andere wurden von Gyri,c)So viele Opera des Tertulliani und Auguſtini uͤberſetzet. Vaugelas,d)Der Uberſetzer des Curtii. und Charpentier,e)Der Uberſetzer des Xenophons. die Letzteren marchireten unter dem Commando der beyden Obriſten Vigenere und Baudovin,f)Zwey alte Uberſetzer unterſchie - dener alten Autorum. wel - che / weil ſie ihre Voͤlcker allzugehling wollen zu - ſammen bringen / genoͤthiget geweſen / viel Zerlum - ptes Volck mit anzunehmen.

Die Cavalerie, ſo auf den Fluͤgeln poſtiret / wa - re alle aus dem Lande der Poeſie gekommen: Wel - ches denn nichts neues: Denn uns ſchon etliche Alten gelehret / die Verſe waͤren nichts / als eine Proſa ſo zu Pferde ſaͤß. Der rechte Fluͤgel beſtund aus Dramatiſchen und Lyriſchen Eſcadronen, |wie auch aus Sonneten / Epigrammaten und Madriga - len. Der lincke aber aus Epiquen / Idyllen / Saty - ren / und galanten Verſen. Alle waren uͤber die maſſen wohl exerciret / und ihre Schritte recht ab - gemeſſen / alſo daß ſie alle auf gleiche Art avancire -Nten /194Krieg der Eloquenzten / zumahl ſie ihre Ober-Auditeurs, Mesnardiere und Hedelina)Welche beyde Autores wohl von der Poeſie und der Practica des Theatri geſchrieben. bey ſich hatten / welche ihnen gar ge - naue Reguln vorgeſchrieben / ſo gar / daß ſie auch ſelbſt zuweilen etwas davon nachlaſſen muſten / ſon - ſten ſie keinen Zulauff von Soldaten gehabt.

Mitten unter dieſen Troupen ſahe man die Koͤ - nigin mit aller ihrer Liebligkeit und Majeſtaͤt / und hatte ſie eine kleine Compagnie von leichter Reute - rey bey ſich / die aus Balladen,b)Un - terſchiedene Arten der alten Poeſie. Rondeaux, Eni - gmen, und Triolets beſtunde / welche alle nach der Benennung einer Dame angeſchafft / ſo man la Mo - de heißt.

Die Koͤnigin gab keine andere Ordre aus / ſie hatte dann erſt ihren Premier-Miniſter Bonſens zu Rathe gezogen. Auf deſſen Gutbefinden ſetzet ſich die Armée alſo / daß ſie auf der einen Seiten den Fluß Eloquence; auf der andern aber die Haupt-Veſtung Academie hat. Man ſchickte ei - nige in promptu zu recognoſciren aus / welche zu - ruͤck bringen / daß der Printz Galimatias in vollem Anmarche waͤre / eine Bataille zu liefern.

Dieſer nun koͤmmt auch endlich ins Geſicht der andern Armée; und dichtet der Autor dieſem Printz eine ſeinem Humeur gemaͤße Rede an die Soldaten an / die er zur Tapfferkeit aufmuntert: Nimmt das Exempel von Alexandro Magno, wie dieſer in Gewohnheit gehabt / vor angehendem Treffenſei -195und Pedanterie. ſeine Griechiſchen Phalanges anzureden: Alſo wolte auch er aus einer genug befugten Autoritaͤt durch den Blaſebalg ſeiner Lungen die Schmiede ihrer Hertzen anfeuren / und ihre Courage nach dem Verlangen des Ruhms recht brennend ma - chen; nicht / daß er nicht wiſſen ſolte / wie ihr bli - tzender Enthuſiamus ſchon an ſich genugſam leb - haffte Flammen haͤtte / nur mit einer einzigen Funcke alle Hyperboreiſchen Laͤnder aufzuzehren; ſondern wegen eines ſinnreichen Spruchs / ſo der Lycophrontiſche Commentator in einem Tractat von der Logarchie fuͤhrete:〈…〉〈…〉 Die Rede uͤbertrift alles. Wie er ſie aber nicht koͤnte mit dem Neſtorianiſchen Nectar trun - cken machen; ſo wolte er ihnen nur indeß von ſei - ner eigenen Beredſamkeit einen kleinen Paß zu - trincken. Alſo er nicht geſonnen / ihnen zum Vorbilde das Exempel der Tamerlaniſchen Trou - pen, oder der Oſtro Gothen / oder der Vandalen zu geben / welche das Honig-flieſſende Griechen-Land verwuͤſtet / und das kriegeriſche Rom ausgepluͤn - dert: Sondern er wolte allein die Trompeten und Clarinen ihres Adels / und die Pfeiffen und Drommeln ihres bereits in der Welt erwo[r -] benen Anſehens zu ihrer Aufmunterung brau - chen. Maſſen kein aͤlterer Adel / als der ihrige / indem ſie ſelbſt aus dem Chaos in Linea recta ab - ſtammeten. Ob iemals eine Univerſal-Monar - chie ohne die ihrige geweſen? Und ob ſie nicht von dem ſublunariſchen Globo, welchen die accura - teſten Erdmeſſer in dreyhundert und ſechzig Thei -N 2le196Krieg der Eloquenz le eintheileten / dreyhundert neun und funffzig be - ſaͤſen?

Hierauf beſchreibet er / was das Gymnaſium vor ein maͤchtig Reich waͤre / ſo gar / daß auch nur deſſen Pedellen rechte Hercules waͤren / ſo Keu - len truͤgen. Und wenn ſie auch nichts / als ihre Ruthen und Backel haͤtten / ſo wolten ſie doch ihre Antagoniſten bald aus dem Felde ſchlagen / ob ſie ſchon mit Lantzen und Streit-Kolben gewaffnet waͤren. Was ihre zarten Phraſes machen wolten / wenn ſie von denen ſtarcken Terminis angefallen wuͤrden: Heutontimorumenos, Amphitryonia - des, Syncathegorematicè, und andern ſolchen Po - lyphemis? und wie die Worte ferner lauten.

Bonſens haͤlt dargegen eine gantz kurtze Rede an ſeiner Koͤnigin ihre Troupen, folgendes Jnn - halts:

Dieweil die einzige Begierde nach Ruhme euch heute die Waffen in die Hand giebt / ſo iſt kein langer Discurs noͤthig / euch aufzumuntern / eure Tapfferkeit zu erweiſen. Niemahls hat ſich eine beſſere Erndte von Palmen und Lorber-Zweigen gezeiget. Niemahls eine ſchoͤnere Gelegenheit / die durch die Barbarie unterdruͤckte Raiſon zu be - ſchuͤtzen. Die Zeit hat wider uns revoltiret / es iſt an dem / und unſere Feinde ſeynd eine groſſe Anzahl: Aber laſſet uns bedencken / daß die Grie - chen und Roͤmer / welche uns fechten gelehret / al - lezeit uͤber die Barbarn den Sieg erhalten. Laſ - ſet ihr Reich groß ſeyn; Laſſet es alt ſeyn: Wiſ - ſen wir nicht / daß die groͤſten Machten in Ab -neh -197und Pedanterie. nehmen kommen? Auch daß es kleine Republi - cen gebe / die den groͤſten Monarchen die Stirne biethen? Wir haben nichts zu fuͤrchten / indem wir unter dem Gluͤck unſers hohen Protectorisa)Dieſes iſt der Herr Cantzler / der Protector der Frantzoͤiſchen Academie. marchiren: Denn wir koͤnnen ſagen / daß wir Cæſarn und deſſen Gluͤck bey uns haben: Er hat bereits den Grund dieſes Reichs erſchuͤttert / ſo uns jetzt bekrieget: Lafſet uns ſein groſſes Vorha - ben vollfuͤhren / und keine Zeit mit Reden ferner zubringen / die man zu tapfferen Thaten anwen - den ſol.

Hierauf nun beſchreibet der Autor das vorge - gangene Treffen / und wie unter des Printz Gali - matias ſeiner Armée die Antitheſes unter einander in ſo ſtarcke Uneinigkeit gerathen / daß ſie das gan - tze Heer in Confuſion gebracht. Die Deſcriptio - nen, ſo Phœbus commandiret / haͤtten einige Zeit Fuß gehalten / endlich aber doch auch weichen muͤſ - ſen / und waͤren ſolche durch die Antitheſes und Au - toritaͤten verfolget worden / die ſie ſtarck niederge - hauen. Die Satyriſchen Troupen haͤtten auf die Ironien getroffen / und ſelbige mit Dolchen maſſa - criret / nachdem ſie dieſelben entwaffnet. Die Dra - matiſchen Eſcadronen waͤren mit den Hyperbolen ins Treffen gerathen / da denn alle ihre Prologi drauf gegangen; Die Hyperbolen auch ſelbſt von denen Sentenzen und Moralitaͤten gewaltig in die Pfanne gehauen worden.

N 3Die198Krieg der Eloquenz

Die Sermonen der Koͤnigin haͤtten auf die Allu - ſionen des Printzen getroffen / und ſolche in die Flucht geſchlagen: Doch haͤtte ſie auch einen merck - lichen Verluſt gehabt / indem einer ihrer alten O - briſtena)Das iſt der Biſchoff von Bellay, der zwar ein ziem - licher Redner / aber mit Alluſionen zu ſehr affe - ctiret. von denen Alluſionen eine ſolche ſtarcke Wunde ins Geſichte bekommen / damit er ſich bis an ſeinen Tod geſchleppet.

Die Exaggerationen werden auch in Stuͤcken zerhauen. Und das Corpo der Allegorien verlieh - ret allen Muth zu fechten / und laſſen in ihrer Ge - genwart den Nerveze und Eſcuteaux erwuͤrgen.

Der Printz Galimatias, ob er gleich gantz von Feinden umgeben / wehret ſich noch tapffer mit ſei - nen Piquenirern / den Equivoquen; ſo gar / daß er auch noch die Antitheſes, Allegorien und Autoritaͤ - ten einen neuen Anfall auf die Sermonen, Plaidoy - ers und Hurang uen thun laͤßt / und ſolche in groſſe Confuſion bringet: Die aber durch die dogmati - ſchen / politiſchen und moraliſchen Opera tapffer ſe - cundiret werden / und alſo ihr Ruin abgewendet wird.

Endlich nach voͤllig erhaltenem Siege von der Koͤnigin Rhetorica viſitiret man die Gefangenen. Die Meiſten nehmen Dienſte unter dieſer Fuͤrſtin / und leiſten ihr den Eyd der Treue. Darunter denn auch der Capitain Index ſich befindet / weil man ihnwohl199und Pedanterie. wohl brauchen kan: Aber der Oberſte Polyanthea wird auff groſſe Ranzion los gelaſſen. Der Obriſte Montmort, ſo die Alluſionen commandiret / wird dem Obriſten Manegea)Dieſer hat des Pedanten Montmort ſein Leben mit einer gelehrten Cenſur beſchreiben. uͤbergeben / der ihm einen ſcharffen Proceſs macht.

Nachdem die Koͤnigin die Wahlſtatt behauptet / ſo dencket ſie darauff / wie ſie das abgenommene Land wieder einnehmen will / ſonderlich die Provintz / Dicæa genannt. Demnach ſchicket ſie einige Regi - menter unter den Generalen Antoine le Maitre und Olivier Patru dahin; die ſich dann derſelben wieder auf eine Zeit bemaͤchtigen. Die Koͤnigin reiſet darauf in hoher Perſon dahin / ſindet aber al - les ſehr kaltſinnig und ſchlaͤfrich gegen ſich. Dahero laͤßt ſie die Haupt-Veſtung daſelbſt demoliren / und zwar eben zu rechter Zeit / weil man gleich eine Con - ſpiration wider ihre Majeſtaͤt entdecket; deren Raͤdelsfuͤhrerin die Invectiva, eine Frau von ge - meiner Ankunft / und die ſonſt eine Herings-Hackin geweſen / aber die ſich in groſſes Anſehen geſetzet / nachdem die Calumnia, ihre Alliirte / derſelben un - terſchiedene ſchwartze Huͤlffs-Troupen mit Schlangen-Zungen und vergiffteten Waffen zu - geſchicket.

Dieſe Troupen fechten nur bey der Nacht o - der im Gebuͤſche: Allein wenn ſie mit denen Plai - deurs, ſo ein zornig und rachgierig Volck / ſich ver - einbahret / ſo machen ſie ſich auch Meiſter von demN 4blat -200Krieg der Eloquenzblatten Lande / und bedienen ſich einer Art Cano - nen von falſchen Memoiren und Accuſationen / da - durch ſie Reputation und Ehre ruiniren.

Es wird nach der Koͤnigin Abſeyn aus dieſer Provintz eine neue Conſpiration wider ſie entde - cket / deren Haupt iſt die Chicane, (liſtige Raͤncke der Rabuliſten /) eine ſehr maͤchtige Dame, die ſich mit denen Pedanten verbunden / um allda die groſſe Bande der Autoritaͤten einzufuͤhren. Wie ſie denn auch noch auf denen Kuͤſten der Barbarey und der Hableriea)Schwaͤtzerey. groſſen Gredit und Vertrieb hat. Die Provintz Homiliaire wird auch wieder durch den Obriſten Oger und andre Capitains zu rechte gebracht / die aber dennoch von denen Feinden wieder fortgetrieben werden / daß ſie ſich retiriren muͤſſen.

Das Fraͤulein Sapphob)Jſt die Mademoiſelle Scude - ry. erhaͤlt die Permiſſi - on, daß ſie in die Provinz Romanie ihre Troupen fuͤhren mag / um ſelbige wieder zu rechte zu bringen / indem ſie darinnen viele ſchoͤne Herrſchafften ſelbſt beſitzet / deren General-Pachter Auguſtin Courbéc)Der Buchfuͤhrer / ſo Mademoiſelle Scudery ihre Schrifften verleget. heißt / und welcher ſehr reich wuͤrde davon gewor - den ſeyn / wenn er nicht vorhero von dem Printz Gali - matias in allzu groſſen Verluſt waͤre geſetzet woꝛden.

Jndeß die Koͤnigin Rhetorica bemuͤhet iſt / ihre Laͤnder von den Feinden wieder leer zu machen / ſo ſuchet Printz Galimatias ſeine fluͤchtigen Troupenwieder201und Pedanterie. wieder zu Stande zu bringen / deren ſehr viele ſich in die Locos Communes und Collegia retiriret; alſo daß er eine ſo groſſe Anzahl derſelbigen wie - der ſammlet / welche dem Feinde von neuen koͤnnen die Stirne biethen. Zumahl da er einen neuen Succurs bekoͤmmt / weil er vor ſeiner Abreiſe den Ban und Arriere Ban laſſen auff biethen / die aber / als No - bleſſe, etwas langſam zuſammen gekommen / und nun im Anzuge ſind. Sie beſtehen aus Argumen - tis; die erſten Troupen ſeynd aus der Analytica gekommen; das Corps de Bataille aber beſtehet aus acht Bataillons von Topiquerna)Dieſes ſeynd die acht Buͤcher des Ariſtotelis von denen Argumentis Probabilibus. unter den General Ariſtotele. Man ſiehet bey ihnen auch die Dilemmata, Soriten, Enthymemata, Inductionen und andere mehr. Aber ihre groͤſte Force beſtehet in Syllogiſmis, welche maͤchtige und erfchreckliche Coloſſen ſind / ſo alle nackend / als die Wilden / fechten. Jhr Obriſter Lieutenant heiſt Barbara, und hat neunzehn Capitains unter ſich / welche ſo ſeltzame Namen fuͤhren als die Margajats: Denn ſie heiſſen: Fapesmo, Felapton, Diſamis, Baralipton, Friſesomorum, und dergleichen mehr / ſo daß vor ihnen ſich das gemeine Volck recht fuͤrchtet. Dieſe zu uͤberwinden iſt ſo ſchwer / daß man entweder ihnen den Kopff herabſchlagen / oder ſie mitten durchren - nen muß /b)Das iſt / man muß entweder Majorem oder Minorem Pro - poſitionem refutiren, ſonſt kan man die Conſe - quenz nicht umſtoſſen. ſonſt kan man ſie nicht faͤllen. SoN 5giebt202Krieg der Eloquenzgiebt es auch unter dieſer Armée eine ſchlimme Ba - taillon, Sophiſmes genannt / welche aus der Provinz der Paradoxen kahme. Dieſe ſeynd gut / den Feind zu uͤberfallen / oder einen Hinterhalt zu machen.

Hierauff erzehlete der Autor, wie ein ſo treflicher Mann / als Ariſtoteles, waͤre dazu gekommen / auff des Printz Galimatias Seite zu fechten / und ſagt: Er ſey niemahls dieſem Printz von Hertzen affecti - oniret geweſen; ſondern habe vor dieſem das Amt des Premier-Miniſters bey der Koͤnigin Philoſo - phia verwaltet / welche vier ſchoͤne und galante Toͤch - ter gehabt: Die Logicam, die Metaphyſicam, die Phyſicam und die Moralem. Sie haͤtte die Pro - vinz Gymnaſium durch ehrliche Mittel an ſich |ge - bracht / und ſich dieſelbe unter ihrer Herrſchaft in gutem Flore befunden. Aber es haͤtten einige nichtswuͤrdige Pedanten die ſtrafbareſte Verraͤ - therey an dieſen Printzeßinnen veruͤbet. Denn ſie durch Liſt ſich deren bemaͤchtiget / und gantz um ihre ſchoͤne Geſtalt gebracht / hernach gefangen fortge - fuͤhret / daß ſie recht obſcur leben muͤſſen. Ja ihre Grauſamkeit waͤre dahin gegangen / daß ſie die aͤlteſte dieſer Printzeßinnen denen Univerſalien und Cathegorien auff Diſcretion uͤberlaßen / welche ſie mit nichts anders als Chimeren und Entibus Rationis geſpeiſet; davon ſie dermaſſen mager worden / daß ſie gar nicht mehr kenntlich geweſen. Die Koͤnigin ſelbſt habe ſich ihrer Wuth durch die Flucht entzogen / und in die Wildniß retiriret / wo ſie ihre Zeit in groſſer Traurigkeit zubraͤchte / und ſich nicht getrauete / ſich in Staͤdten ſehen zu laſſen / ausBey -203und Pedantrie. Beyſorge / dem Volcke ein Spott und Gelaͤchter zu ſeyn.

Damahls haͤtten ſie ihren Premier-Miniſter den Ariſtotelem gefangen genommen / dem ſie alles / was er Schoͤnes und Polites an ſich gehabt / hinweg geraubet / und ihn in ein uͤbles Kleid / die Verſion genannt / verborgen / auch ſo tormentiret / daß er offt ſeinen Verſtand dabey verlohren: Ja ſie haͤtten ihn ſo hefftig gemartert / daß ſie ihn dahin gebracht / zu bekennen / als ob er dieſes oder jenes geſaget und gedacht haͤtte / daran er doch gantz unſchuldig waͤre geweſen. Es waͤre endlich gar dahin gekommen / daß man ihn einſten zum Feuer ver - dammt. a)Dieſes iſt Anno 1209. geſchehen / da die Buͤ - cher des Ariſtotelis. ſo man auff der Univerſitaͤt Paris gelehret / zum Feuer verdammt worden. Launoy de var. Ariſtot. in Acad. Pariſ. fort. c. 1.Endlich haͤtte man ihn in ein tieff Ge - faͤngniß unter der Erde der Commentarien geſte - cket / welches ſo dunckel / daß man nicht das gering - ſte Tages-Licht ſehen hinein leuchten. Und da man zu letzt erwogen / daß der Mann zu gebrau - chen waͤre / ſo habe man ihm angebothen / bey der Pedanterie Dienſte zu nehmen. Da denn dieſer gute Miniſter, weil ſeine Koͤnigin ruiniret; er auch kein Mittel geſehen / von ſo viel Verfolgung los zu kommen / die vorgeſchlagene Partie angenommen / auch hernach viel Reſpect und Autoritaͤt bey denen / die ihm ſonſt alles uͤble angethan / erlanget.

Die224[204]Krieg der Eloquenz

Die Troupen nun der Koͤnigin Rhetorices ran - giren ſich von neuen in Schlacht-Ordnung / mit ih - rem im abermahligen Anzuge begriffenen Feinde ei - nes wieder zu wagen: Allein es koͤmmt einige Zwi - ſtigkeit unter etliche ihrer vornehmſten Krieges - Haͤupter / deren unterſchiedene als malcontent ſich retiriren / und weil ſie viele ihrer Freunde mit ſich nehmen / dadurch die Armée weit ſchwaͤcher machen. Was aber der Koͤnigin noch mehr ſchadet / das iſt / daß ein gewiſſer Hagel auf die Penſionen gefallen / (dieſes ſind gewiſſe Weinberge und Meyer-Hoͤfe der vornehmſten Herren ihres Hofes) welches eine ſo groſſe Unfruchtbarkeit in dem Koͤnigreiche ge - machet / daß nachdem viel ungebauet geblieben. Die - ſes groſſe Ungluͤck iſt eine Wuͤrckung einer Finſter - niß eines groſſen Lichtes /a)Dieſes iſt der Cardinal Richelieu; da derſelbe verſtorben; denn da wurden viele Penſionen ein - gezogen / ſo man denen Gelehrten ſonſt gegeben. ſo einige Zeit vorher ſich zugetragen. Denn ſo lange dieſes helle geſchie - nen / hatte es reiche Erndten und Subſiſtenz vor die vornehmſten Officiers gegeben: Allein nach deſſen Verdunckelung haben ſich welche hier und dar von der Armée retiriren muͤſſen / um andern Unterhalt zu ſuchen. Die Gluͤckſeligſten erlangen Secretaria - te: Andere begeben ſich nach Schweden und Daͤn - nemarck: Einige fliehen gar auf Pædagogien; wie - der andere engagiren ſich bey Comœdianten und Buchfuͤhrern; wo ſie ihre Beſoldung ſuchen.

Die Koͤnigin Rhetorica, da ſie alſo wegen ihrerſo205und Pedanterie. ſo ſehr geſchwaͤchten Armée ſich nicht getrauen darf / in offenen Felde ſtehen zu bleiben / leget ihre noch uͤbrige Troupen in die Veſtungen. Printz Galimatias nimmt den Entſchluß / den Hauptplatz / nemlich die Academie, zu belagern: Er laͤſſet die vier Paͤſſe / wodurch man kan hinzu kommen / als Merite, Brigue, Nobleſſe und Scrutin mit ſeiner Cavalerie beſetzen. Ein beruͤhmter Ingenieur, Juſtus Lipſius macht die Circumvallation mit vie - len Forts und Redouten, ſo von Autoritaͤten bewah - ret werden: Die Schantzgraͤber / ſo man braucht / ſind nicht etwan geringe Leute / ſondern die anſehn - lichſten Officirer / als Scioppius, Taubmannus, Gru - terus, Boxhorniusa)Die Autores ſo Commentarios uͤber lateiniſche Poeten geſchrieben. und viel andere / welche bis in die Todten-Gruͤfte hinunter die Erde umwuͤhlen / und allda unterſchiedliche Antiquitaͤten hervor bringen.

Da auch die Approchen gerade gegen Bonſens uͤber fertig / ſo bombardiret man die Veſtung mit eitel Grenaden und Bomben, welche mit Buͤchern von Cenſuren und critiſchen Diſcurſen geladen: Das Pulver aber iſt von Injurien und Obſervatio - nen componiret / das den ſolches Lermen macht / daß alle Einwohner dadurch in Unruhe gebracht wer - den.

Es geſchehen viele Ausfaͤlle von den Belagerten / da denn zuweilen der Koͤnigin ihre Leute die Fein - de aus den Lauff-Graͤben heraus treiben / und vielevon206Krieg der Eloquenzvon ihren Wercken mit Feuer ruiniren; bisweilen aber auch in die Veſtung zuruͤckgetrieben werden. Sonderlich bekoͤmmt einmahl der ſonſt tapfere Printz Balſac harte Stoͤſſe / indem ſich der Pedant Hortenſius, wie auch Javerſac, Pater Goulu, und Andréa)Dieſes ſeynd diejenigen ſo wider Balſac geſchrie - ben haben. uͤber ihn hermachen / und ihn uͤbel zurich - ten; bis ihn endlich der oberſte Oger mit ſeinem Schildeb)Oger hat eine Apologie darauf vor Balſac geſchrieben. bedecket und aus der Gefahr heraus ziehet; dagegen ſich aber Balſac wenig erkenntlich bezeiget / ſondern den Ruhm haben will / als ob er ſich vor ſich alleine herausgeriſſtn haͤtte. Welcher Undanck doch ihm uͤbel bekoͤmmt: Denn / nach - dem er Barbon uͤberwundenc)Dieſen hat Balſac in Schrifften abgewuͤrtzet. ſo koͤmmt er in ei - nen andern Scharmuͤtzel / in welchem Voiture bles - ſiret wird / welches Coſtar,d)Solcher hat den Voiture defendiret / und den Balſac ſehr ſcharff in Schrifften tractiret. da er ſolches erfaͤh - ret / dermſſen raͤchet / daß Balſac daruͤber gar ſtirbet / und dieſem ſeinen Freunde es vorzuhalten nicht ein - mahl Zeit hat / wie verraͤtheriſch daß er an ihm ge - handelt habe.

Endlich / nachdem man der Feſtung ſtarck zugeſe - tzet / laͤſſet die Koͤnigin Rhetorica den Ariſtotelem auf des Feindes Seite gewinnen / alſo / daß derſelbe / weil man ihm ohnediß wegen eines empfangenen Affronts nicht ſo fort Satisfaction geben will / mitden207und Pedanterie. den beſten Troupen zur Koͤnigin uͤber zu gehen ſich entſchlieſſet: Weil nun dieſer Zufall den Printz Galimatias ſehr conſterniret; auch der Præſident von der Romanie, Monſieur Intrigue, ſo von der Koͤnigin an den Printz abgeſchicket / ziemliche Vor - ſchlaͤge zum Frieden thut / ſo wird derſelbige zwiſchen den beyden Krohnen auf folgende Articul geſchloſ - ſen:

I. Daß uͤberall eine Gewiſſens-Freyheit wegen der Sprache ſeyn ſolte; und daß Galimatias ein freyes Exercitium ſeiner Charge ſolte haben / ohne daß man ihn / oder einigen von ſeinen Miniſtern, darinnen turbiren koͤnte.

II. Daß die Landſchafften des Gymnaſii ihm ſol - ten ſtets eigenthuͤmlich bleiben / ohne daß die Rhe - torica iemahls etwas darauff prætendiren koͤnte / allermaſſen ſie dann allen Rechten / die ſie irgends darauf haben moͤgen / auff allezeit renuncirete.

III. Daß die Patronen der Pedanterie alle Ge - walt ſolten haben / alle Officia und Beneficien nach ihrem Willen und eigener Autoritaͤt auszutheilen / welche nur in dero Landen vacant wuͤrden / ohne ein - tzige Wahl oder Unter ſchied der Meriten.

IV. Daß die Provintz Homiliaire und die Provintz Dicœa ihme gleichfalls ſolten zugehoͤren / und er von Antitheſibus und Autoritaͤten eine ſo ſtarcke Beſatzung moͤchte hinein legen / als ihm beliebete. Doch / daß er nichts mehr als die Vicarii perpetui allda berechtiget / welchen alle Revenüen zukaͤhmen / ſo das Volck ſteurete. Die Koͤnigin aber ſich nichts mehr als das Recht der Haupt-Pfarren aus -dinge -208Krieg der Eloquenzdingete / wann Haranguen und Remonſtrancen, Receptionen der Cantzler / oder Leichreden / und dergleichen / ſolten vorgehen.

V. Daß gleichermaſſen dem Galimatias zugelaſ - ſen wuͤrde / uͤber der Loire Conqueten zu machen / wie er ſelbſt wolte.

VI. Gegentheils wuͤrde es ihm und allen Mini - ſtern der Pedanterie verbothen in die Provinz de la Cour und des Alcoves, oder auch in die Veſtung Academie zu kommen; und insgemein in alle galante und vornehme Zuſammenkunfften derſel - bigen; bey Strafe / daß man ſie ſonſt das erſtemahl wipte; das andre mahl / banniſirte; und kaͤhmen ſie das dritte mahl / gar mit Spaniſchen-Roͤhren ihren Weg wieſe.

VII. Doch / um alle Klagen denen der Pedante - rie Ergebenen zu benehmen / welche zuweilen etwas am Hofe zu ſuchen / ſo ſolte ihnen der Eintꝛitt allda er - laubet ſeyn / wenn ſie in gehoͤrigem Habit erſchienen / nemlich mit beſudelten Kleidern / platen Schuen / ſchwartzer Waͤſche / und andern Kennzeichen der Profeſſion, damit man ſie als die Inficirten an ih - ren weiſſen Staͤben erkennte / und ſich vor ihrem Athen und uͤblen Geruch deſto beſſer huͤten koͤnte.

VIII. Daß auch dem Capitain Hableur (Schwaͤ - tzer) ſolte erlaubet ſeyn / am Hofe und bey denen Damen zu bleiben / dieweil er ſich allda zimlichen Credit erworben / und in einer undencklichen Poſſeſs daſelbſt waͤre. Doch daß allen Zuhoͤrern ſolte ihr Urtheil und Mißtrauen unbenommen ſeyn / die ſich vor ihnen huͤten wolten.

IX. 209und Pedanterie.

IX. Ferner damit die Pilgrame aus dem Koͤnig - reiche der Eloquenz, wenn ſie reiſeten / einigen Ort haͤtten zu herbergen / und vor der Contagion des Lan - des moͤchten præſerviret weꝛden / ſo iſt beſchloſſen / daß in allen Staͤdten und Orten des Koͤnigreichs gewiſſe Haͤuſer der Reputation nach den Pariſiſchen einge - raͤumet wuͤrden / allwo dieſe Pilgrame der Bered - ſamkeit koͤnten einkehren / und ihr freyes Exercitium der Sprache haben / ohne daß ſie von Galimatias oder deſſen Miniſtern beunruhiget wuͤrden / denen der Eintritt in ſolche Haͤuſer ſolte verbothen ſeyn.

X. So koͤnten auch alle Puritaner und Leute / wel - che ſolche Haͤuſer hielten / ihre Correſpondenz und Converſation mit denen geſchickteſten Koͤpffen die - ſer Zeit frey haben / ihre Wercke ſehen und unter - ſuchen / und deßwegen alles an den Ober-Amt - mann gelangen laſſen / welcher daruͤber decidiren moͤchte.

XI. Auch waͤre verglichen / daß die Poeſie derer Bedingungen und Vortheile dieſes Tractats geniſ - ſen ſolte / und allen Unterthanen der Pedanterie verbothen / in Galliam Ciſalpinam einen Fuß zu ſetzen: Hingegen moͤchten ſie in Gallia Trans - alpina und Latio pluͤndern wie ſie wolten.

XII. Die beyderſeits geworbenen Troupen ſol - ten abgedancket werden / oder ſich in ihre Garniſo - nen verfuͤgen. Loredano, Mancini, und andere Auslaͤnder ſolten in ihr Land zuruͤckkehren / und alle ihre Waffen / Figuren und voͤllige Bagage ihrer Meditationen mit ſich nehmen. Daß die Auto - ritaͤten und Figuren, welche ſich zu der Koͤnigin Par -Otie210Krieg der Eloquenztie erklaͤhreten / ſolten auffgenommen werden. doch daß ſie ſich einer Reforme untergaͤben: Jn dieſem Fall ſolte ihnen ein Stuͤck Land eingegeben werden / wo ſie mit Reputation ſich auffhalten koͤn - ten / eine iede nach ihrer Condition.

XIII. Daß der General Ariſtoteles auff der Koͤ - nigin ihrer Partie wegen der alten Freundſchaft bleibe / ſo ſie zuſammen gehalten haͤtten. Doch moͤch - te denen Miniſtern der Pedanterie frey ſtehen / ſich der uͤblen Copie von ihm zu bedienen / ſo ſie von ſelbi - gem haͤtten; und wo es ihnen gut duͤnckete / koͤnten ſie ſolche noch einmahl beſchmutzen.

XIV. Was die Argumenta betraͤf / ſo ſolten die Sophiſtiſchen in das Collegium verbannet ſeyn / bey Verboth des oͤffentlichen Auslachens / wenn ſie ſich wuͤrden heraus machen. Alle Syllogismi ſolten der Koͤnigin dienen / doch daß man ſie erſt beſchnitte / und ſie den Namen Enthymemata fuͤhreten: Hinge - gen wolte ſie ſolche laſſen in ihre Lieberey kleiden / und ihnen ſchoͤne mit Gold geſtickte Roͤcke geben / daß man ſie nicht mehr kennen ſolte. Sie verſprach noch dazu von ihnen ihre Garde zu machen / und ſie nicht unbedeckt / ſondern hinter ihren Machinen fech - ten zu laſſen / woher ſie deſto gewiſſer ſchieſe koͤnten.

Mit dieſen Conditionen wurde Friede gemacht / daruͤber ſich beyder Krohnen ihre Voͤlcker ſehr freu - eten: Die Belagerung wurde aufgehoben / und al - les Volck abgefuͤhret: Und nachdem hat alles in dem Reiche Ruhe genoſſen. Bisweilen thun wol des Galimatias Leute kleine Streifereyen ins Land / allein der Koͤnigin Officiers halten gute Wache / und treiben ſie bald fort. Denn ſo bald ſie nur ein bar -bariſch211und Pedanterie. bariſch Wort oder eine ſchlimme Figur gewahr werden / ſo jagen ſie ihn als einen weiſſen Baͤr oder Wolff mit aller Gewalt fort.

Es iſt wahr / daß dann und wann auch welche / ſo der Koͤnigin Lieberey tragen / etwas Waaren von Galimatias nehmen: Allein es ſind auch einige ho - nette Leute im Gymnaſio, die in der Koͤnigin ihren Laͤndern gegentheils einkauffen / und zwar die ſchoͤn - ſten Waaren / die ſie antreffen koͤnnen. Aber die - ſes alles geſchiehet nach der Handels-Freyheit / und verhindert nicht / daß deßwegen der Friede und Ru - heſtand erhalten werde.

Ende des beſchriebenen Krieges zwiſchen der Rhetorica und Pedanterie.

Lettres du Comte d Ar - lington, au Chevalier Temple, contenant une Relation exacte des Traites de l’Evêque de Munſter, de Breda, d Aix la Chapelle & de la Triple Alliance, avec les In - ſtructions données audit Chevalier Temple, au Comte de Carlingford, & à Monſr. van Beuningen, & d’autres papiers par rapport aux dits Traités. L’onyajoute une Rela - tion particuliere de la Mort de MADAME, êcrite en cinq lettres par une perſonne de qualité preſente à ſa mort; Le tout tiré des Originaux, qui n’avoient jamais êté publiés. à Utrecht, 1702,O 2Brie -212Briefe des GrafenBriefe des Grafen von Ar - lington an den Ritter Temple, eine genaue Relation der Tractate mit dem B ſchoff von Muͤnſter / wie auch der Bre - daiſchen / Aachiſchen / und der Triple-Al - liainz in ſich haltend / ſamt denen Inſtructio - nen, welche beſagtem Ritter Temple, Gra - ſen von Carlingford und Herrn von Beu - ningen gegeben worden / nebſt noch andern Schrifften / die ſich zu bemeldten Tracta - ten beziehen. Man fuͤget ihnen hinzu ei - nen abſonderlichen Bericht von Madame ihrem Tode / ſo in fuͤnff Briefen enthal - ten / von einer vornehmen Perſon aufge - ſetzet / welche bey ihrem Abſterben zugegen geweſen / alles aus denen Originalien ge - zogen / welche niemals ſonſt publici - ret worden. Zu Utrecht gedruckt im Jahr 1702.

DJeſes gantzen Buchs Jnhalt iſt meiſt auf ſeinem Titul ausgedruckt. Denn ſeine Schreiben begreiffen die wahrhafftige Ge - ſchichte des Tractats / ſo zwiſchen Koͤnig Carln dem II. von Engelland / und dem Biſchoff von Muͤnſter geſchloſſen: Den Urſprung und Progreſs des zu Breda gemachten Tractats / der Triple-Alliance, des Aachiſchen Tractats / der Schwediſchen Subſi -dien,213von Arlington. dien, oder des Geldes / ſo Spanien an ſelbige Kroh - ne zahlen ſollen / ſie in die Triple-Alliance mitzu - bringen: Derer Streitigkeiten / ſo zwiſchen den Engliſchen und Hollaͤndiſchen Oſt-Jndianiſchen Compagnien entſtanden / und endlich der Reiſe und des Todes von Madame, Gemahlin des Hertzogs von Orleans und des Koͤniges von Engeland / Carl des II. und Hertzogs von York Schweſter / wie ſel - bige nicht ohne Verdacht beygebrachten Gifftes geſtorben / und ſolches durch eine vornehme Perſon beſchrieben worden / welche darbey zugegen geweſen. Und zwar / damit die Hiſtorie deſto richtiger com - municiret / und dieſe gantze Affaire klaͤrer und deut - licher an das Licht geſtellet werde / ſo hat der Ver - faſſer dieſes Buchs / Herr Thomas Bebington, noch viele andere Briefe / als des Mylord Arlingtons an den Ritter Temple, und deſſen wiederum ſeine an denſelbigen / mit eingefuͤget / ſo an ietzt genann - ten Mylord von andern Perſonen ſeynd geſchrie - ben worden. Gleichfals findet man dabey Inſtru - ctionen, Friedens-Projecte, und endlich die Frie - dens-Tractaten ſelbſt / wie ſie geſchloſſen worden ſind. Demnach das gantze Buch von nichts als ſolchen Briefen und Schrifften handelt / ſo die Public-Affairen angehen / wie ſolche zu Zeiten des Koͤnigs von Engeland / Caroli ſecundi, und Chri - ſtoph Bernhards / Biſchoffs zu Muͤnſter / ſeynd ge - fuͤhret worden / und da die geſchickteſten Staats - Leute / als der Graf von Arlington / der Chevalier Temple, auch der verſchmitzte Muͤnſteriſche Bi - ſchoff Bernhard, nebſt deſſen Envoye dem Baron deO 3Wre -214NaudæaniſcheWreden; Item der Herr van Beuningen; der Ritter Southwel, der Ritter Trevor, und viele an - dere kluge Miniſtri und Ambaſſedeurs ſolche Brie - fe concipiret und gewechſelt / ſo hat man nicht zu zweifeln / daß dieſelben wohl und nach der Schreib - Art des Hofes eingerichtet / alſo daß die Liebhaber von dergleichen Staats-Briefen in dieſem Buche ihre Satisfaction finden werden.

Naudæana & Patiniana ou ſingularités remarquables priſes des converſations de Meſſieurs Naudé & Pa - tin. Seconde Edition revüe, corrigée & au - gmentée d’Additions au NAUDÆANA qui ne ſont point dans l’Edition de Paris. à Amſterdam 1703.Sonderbare Denckwuͤrdig - keiten aus der Herren NAUDÆI und PATINI Converſation gezogen / andere Edition, uͤberſehen / corrigiret / und mit Additionen zu den Naudæanis vermehret / welche in dem Pariſiſchen Exemplar nicht zu finden ſind. Amſterdam / 1703.

Wer215Denckwuͤrdigkeiten.

WEr Naudæus und Patinus geweſen / iſt de - nen Gelehrten bekannt. Nemlich jener / Gabriel Naudæus, ware des weltberuͤhm - ten Cardinals Mazarini, und hernach der Koͤnigin Chriſtinæ in Schweden / Bibliothecarius, zu Paris im Jahr 1600. gebohren / und den 29. Julii, 1653. verſtorben: Patinus aber / ſo zu Houdan drey Mei - len von Beauvais im Jahr 1602. zur Welt gekom - men / ware Doctor und Profeſſor Medicinæ zu Pa - ris, und ein ſehr vertrauter Freund des Naudæi, mit welchem er unterſchiedliche Jahr die Medicin ſtudi - ret. Und wie dieſe beyden Maͤnner wegen ihrer herrlichen Erudition und herausgegebenen Wercke einen groſſen Namen erworben; alſo hat der Ver - faſſer dieſer Naudæiſchen und Patinianiſchen Denckwuͤrdigkeiten vor nuͤtzlich gehalten / aus ſelbi - gen / was ſonderlich vitam Eruditorum betrifft / und andere curioſitaͤten / zuſammen zu tragen / und der Welt zu communiciren.

Naudæana.

Dieſe heben ſich von einem gelehrten Griechen an / der ſich zu Rom aufgehalten / und ſetzet der Au - tor von ſelbigem mit des Naudæi Worten folgendes:

* LEO ALLATIUS iſt ein ſehr guter Mann / ein Grieche von Geburth / der ſich zu Rom befindet; Er iſt ein Edelmann bey dem Cardinal Barberin, be - koͤmmt zehen Thaler monatlich / und zugleich Grie - chiſche Schreiber bey der Bibliotheca Vaticana: Er iſt aus Chio buͤrtig / daher er auch den Homerum kommen laſſen: Jſt in Griechiſchen und Humanio - ribus von groſſer Gelehrſamkeit: Er hat ein BuchO 4geſchrie -216Naudæaniſchegeſchrieben de Patria Homeri, in welchem er p. 72. den Julium Scahgerum einen Doctorem nennet / weil dieſer gelehrte Mann die Griechiſchen Autores nicht æſtimirete / und ſonderlich den Homerum, als dem er den Virgilium weit vorzoge. Wenn er ei - nen Verleger haͤtte / wuͤrde er mehr Griechiſche Buͤ - cher druͤcken laſſen / als Meurſius gethan. Er iſt der gelehrteſte Mann / den man zu Rom hat; et - wan ſechs und funfzig Jahr alt.

Gregorius der Dreyzehende hatte ihn in Teutſch - land geſchickt / die Heydelbergiſche Bibliothec nach Rom zu bringen / ſo er auch gethan. Jhm ware von dieſem Pabſte ein Canonicat verſprochen / wenn er wiederkaͤhm. Allein bey ſein er Zuruͤckkunfft fand er dieſen Pabſt todt / alſo daß er nichts bekahm: Ja er wurde noch dazu ins Gefaͤngniß geworffen / in - dem man ihn beſchuldigte / als haͤtte er die beſten Buͤcher ſolcher Bibliothec diſtrahiret. Scioppius war ſein ſtaͤrckſter Anklaͤger / allein er defendirete ſich ſo wohl / daß er ſich herauswickelte. Einige zu Rom haͤtten gerne geſehen / daß man ihn aufgehan - gen haͤtte. Aber es waͤre ſchade um dieſen Mann geweſen. Er verlohr die Hoffnung des Canoni - cats, indem er ſein Leben davon brachte / p. 1. 2.

* Scipio Claramantius, ein Edelmann von Ce - ſenna, von achzig Jahren / ſehr gelehrt / ein groſſer Phi - loſophus und Mathematicus, hat ſo wol in der ei - nen als andern Scienz viele Tractate geſchrieben. Jſt an eine junge und ſehr ſchoͤne Frau verheyrathet / deren er ſich wohl gebrauchet eſt enim libidinoſus & ſalaciſſimus p. 3.

Der217Denckwuͤrdigkeiten.

* Der verſtorbene Cardinal Bagni fragte mich einmahl: Welches das beſte unter allen Buͤchern waͤ - re: Jch antwortete: Daß nach der Bibel meines Beduͤnckens kein beſſeres zu finden / als: la Sageſ - ſe de Charron: Er bezeugete / daß es ihm leid / daß ihm ſolches Buch unbekannt waͤre / und fuͤgete hin - zu / daß ſeines Erachtens kein beſſeres als des Ari - ſtotelis Rhetorica, indem in ſelbiger ſo gar viel gute Sachen zu finden. Der gute Cardinal hatte recht / denn dieſes Buch iſt mit guten Præceptis gantz angefuͤllet. p. 4.

* Campanella machete ein Buch de Monarchiâ Hiſpanica, in welchem er dem Koͤnige in Spanien das Mittel angiebt / Meiſter von Europa zu werden / indem er zu Napoli gefangen ſaß / wo er 28. Jahr pauſirete. Jn Franckreich hat er viel Aſtrologiſche Acten verfertiget. Da ihn der Cardinal Richelieu um Rath fragte: Ob Monſieur wuͤrde den Fran - tzoͤiſchen Thron beſteigen? ſo antwortete er: Imperi - um non guſtabit in æternum. p. 6.

* HIERONYMUS BORRO, Profeſſor Philoſo - phiæ zu Piſa, ware bey dem Groß-Hertzog in ſonder - bahren Gnaden. Er war ein perfecter Atheiſte; und iſt zwar nicht verbrannt worden / aber er verdie - nete es wohl: Einſten hatte er geſagt: Supra octa - vam ſphæram nihil eſt. Der Inquiſitor wolte ihn noͤthigen / ſolches oͤffentlich zu widerruffen: Da er nun den andern Tag aufs Catheder kahm / ſagte er zu ſeinen Auditoribus: Jhr Herren / ich habe euch bewieſen: Quodſupra octavam ſphæram nihil ſit: Nun will man; ich ſoll dieſes widerruffen: So ver -O 5ſichre218Naudæaniſcheſichre ich euch / wenn ja etwas noch uͤber derſelbigen Sphæra iſt / ſo kan es nichts anders ſeyn / als eine Schuͤſſel voll Mackronen vor den Herrn Inquiſitor. Nach welchem Spotte er ſich mit der Flucht ſalviret. Er waͤre vielmahl verbrannt worden / wenn ihm der Groß-Hertzog nicht alſo den Ruͤcken gehalten. Doch iſt er noch im Exilio geſtorben. p. 7. & 8.

* MACHIAVELLUS ware Secretarius bey der Republic zu Florenz. Er war nicht allzu gelehrt; Aber hatte einen vortrefflichen und recht wunder - wuͤrdigen Verſtand. War von einer vornehmen Familie; ſo mit Pabſt Urbano dem VIII. verwand / und iſt auch ein Cardinal dieſes Namens geweſen. Seine Schrifften ſind in Jtalien in gutem Anſehen. Scioppius hat ein Buch zur Defenſion des Machia - velli gemacht / ſo in Rom gedruckt. Grotius ſagt / es ſey das beſte Buch / ſo iemahls dieſer Mann abge - faſſet. Dieſer Caſpar Scioppius iſt ein Feind der Jeſuiten, und hat wider ſie geſchrieben. p. 9.

* CAUSABONUS wird zu Rom vor einen ſehr gelehrten Mann und großen Criticum gehalten / er hat in ſeinen Epiſteln geſagt: Si Atheus eſſem, Ro - eſſem. Und ich halte davor / daß er wahr rede. Wenn der rechtſchaffene Mann waͤre nach Rom ge - gangen / wie man ihn denn dahin invitiret / ſo haͤtte er ſich gantz verderben koͤnnen / wie viele andere in illa negotioſa otioſorum matre gethan. Obiit Londini Kalend. Julii 1614. Filium habuit Auguſtinum, or - dine Capucinum, pietate & doctrina inſignem, qui ante paucos annos Caleſii nefario quorundam ſce -lere219Denckwuͤrdigkeiten. lere venenatus interiit, ut narrat Ogerius in itinere Danico anni 1635. p. 12.

* Auguſtinus Maſcardus, Profeſſor Humanio - rum zu Rom / und Camerarius, der die trefflichſte Feder ſeiner Zeit gefuͤhret / ein rechter Balſac von Jtalien / wenn er in ſeiner Sprache ſchriebe: Aber ſonſt ſehr den Laſtern ergeben und ein Debauchante. pag. 11.

* Janus Nicius Erythræus, ins gemein Victor Ros - ſi, iſt ein ſehr gelehrter Roͤmiſcher von Adel. Er hat Epiſteln und Dialogos gemacht; und iſt im uͤbri - gen nicht verheyrathet; weil zumahl die Romaner wenig von der Ehe halten.

* Antonius de Dominis war ein Jeſuit geweſen / und hatte einen Tractat de fluxu & refluxu maris laſſen herausgehen. War ein gelehrter Mann / und tratt aus Verdruß zur Reformirten Religion; wur - de aber wieder Catholiſch / und bildete ſich ein / er wolte Cardinal werden / zohe dahero mit groſſem Stoltze zu Rom in einer Karoſſe mit ſechs Pferden beſpannet ein. Als ihm aber ſeine Hoffnung fehl ſchlug / fiehl er nochmahls ab / und wurde darauff ins Gefaͤngniß geſetzet / allwo er ſturbe / und hernach auff den Miſt geſchleppet ward. p. 12.

* Hugo Grotiusiſt zu Rom in ſehr groſſer Eſtime, ſo wol wegen ſeiner Wiſſenſchafft als perſoͤnlichen Meriten. Der Cardinal Barbarino macht groſſen Staat von ihm / und wuͤrde ihm in allen / wo er nur koͤnte / dienen. Er macht viel mehr Werck von ihm / als vom Salmaſio, deſſen Reputation in Rom weit geringer als des Grotii iſt. p. 13.

Der220Naudæaniſche

Der Hertzog von Oſſona, Vice-Re zu Neapolis war ein trefflicher Kopff und groſſer Politicus, und hatte ein Abſehen auf Venedig. Er dachte auch darauff / ſich zum Koͤnig von Neapolis zu machen: Und es haͤtte wenig gefehlet / daß er nicht Venedig weg bekommen: Aber die Neapolitaniſche Krohne wolte ihm nicht angehen. Der Hertzog von Luy - nes und der Frantzoͤiſche Staats-Rath fehleten ſei - ner Partie. Man ſiehet ein Buch in Jtalien / deſſen Ti - tul: Conjuratio Oſſoniana Barthol. Tortoleti. p. 14.

* Cardanus wurde gebohren zu Meiland Anno 1501. Er war von recht groſſem Verſtande / welcher alles gewuſt und alles wiſſen wollen: Sed quia mul - ta ſunt hominum generi impervia & incognita, multis in locis nugatus eſt, nec ſolum ibi humanæ imbecillitatis, ſed etiam propriæ inconſtantiæ lu - culenta teſtimonia edidit. Doch kan man nicht laͤugnen / daß er einen recht erſtaunenden Verſtand gehabt. Selbft die Jtaliaͤner ſagen von ihm: Plura ſcripſit, quam legit; plura docuit, quam didi - cit; Senex, naturæ legibus ſatisfecit Romæ 1576. Wohin er im ſechs und ſiebentzigſten Jahre ſeines Alters beruffen worden / Gregorii des andern Leib-Medicus zu werden. Scaliger in libro ſuo de ſubtilitate adverſus Cardanum ejus inæqualitatem ubique diligenter notat, & ait, in quibusdam plus homine eum ſapere; interdum minus pueris in - telligere. Jch weiß nicht / was ich von ſeiner Reli - gion ſagen ſoll / denn er war ein ſo unbeſtaͤndiger Kopff / daß er ſelbſt nicht wuſte / was er glaͤubete. Das Buch ſo Cardanus, und das / welches Charronde221Denckwuͤrdigkeiten. de Sapientia gemacht / ſind ſehr gut. Des Charrons ſeines iſt die Theorie, und des Cardani ſeines die Praxis. Eben dieſes Cardani Tractat de immorta - litate animæ iſt die Theoria, und ſein Proxeneta ſi - ve de prudentia civili die Praxis.

Als ich zu Meiland war / fragte ich nach des Car - dani Nachkommen / da man mir denn ſagte / daß nie - mand mehr davon uͤbrig / als ein gewiſſer Hutſtaffi - rer / welcher ſagte / daß als Cardanus nach Rom ge - reiſet / in der Abſicht / daſelbſt Cardinal zu werden / er allda waͤre durch Gifft hingerichtet worden. p. 17.

* Cœlius Rhodiginus von Rovigo buͤrtig ware zu Padua Profeſſor. Bonifacius, ein Jtaliaͤniſcher Juris-Conſultus hat eine lateiniſche Orationem fu - nebrem gemacht / in welcher er die zu Rovigo dahin zu uͤberreden ſich bemuͤhet / dieſem trefflichen Man - ne eine Ehren-Seule zu ſetzen. p. 18.

* Galilæus Galilæi iſt zu Florenz im 80. Jahre ſeines Alters geſtorben / und niemahls verheyrathet geweſen. Ein treflicher Mathematicus, und wel - cher das Coperniſche Principium hatte: Solem ſta - re & terram noveri (daß die Sonne ſtille ſtuͤnde / und die Erde herumginge) welches zu Rom gantz verworffen worden: Und gleichwol halten es vie - le groſſe Leute vor wahr. p. 20.

* Der Cardinal BARONIUS war eines Bau - ern Sohn; dahero Joſephus Scaliger, indem er von ihm in ſeinen Epiſteln redet / p. 316. ſetzet: De pero - nato natus patre. Er ware lange Zeit ein ar - mer Pfaffe; denn ſeine Ankunfft ihm keinen Vor - theil geben kunte; aber wohl ſeine groſſe Wiſſen -ſchafft.222Naudæaniſcheſchafft. Er hat in ſeinen Annalibus, ſo viel vor den Pabſt geſchrieben / als ihm nur moͤglich geweſen / dahero man von ihm die Paſſage aus dem Terentio ſpricht: Id ſibi negotii credidit ſolum dari, Papæ ut placerent quas feciſſet fabulas. Zur Vergel - tung ſo groſſer Muͤhe machete ihn Pabſt Cle - mens VIII. zum Cardinal. Die Centuriatores Magdeburgenſes haben ihm den Weg gezeiget / ſei - ne Annales zu machen; er hat ſich deren ihrer Cen - turien gluͤcklich bedienet / indem er allzeit vor den Pabſt geſchrieben / da jene das Widerſpiel gehal - ten. Baronius in ſummum Pontificem fuiſſet as - ſumtus Anno 1605. procurante Cartinali Perronio, niſi Hiſpani obicem poſuiſſent ob ea quæ ſcripſit in annalibus de Sicilicæ regno. p. 23.

* Averroës war ein Araber / ein Mahometa - ner und groſſer Philoſophus Peripateticus: Er pflegte zu ſagen: Moriatur anima mea morte Philoſophorum. Gleich ob muͤſte einer / der ein guter Philoſophus ſeyn wolte / nichts glaͤuben / und ein gantzer Atheiſte ſeyn / als er einer war; ſonderlich aber alles das vor eine Fabel halten / was man von Unſterblichkeit der Seelen ſpraͤche. Er hatte gottloſe Theſes: Tamen latent ſub pallio hy - pocrito Philoſophorum, qui, ut ait Tertullianus libr. adverſ. Hermog. fuerunt Patriarchæ hæreti - corum. p. 24.

* Fridericus Bonaventura, ein Edelmann von Urbino, der zwar kein Medicus von Profesſion; aber doch in der Medicin eine groſſe Wiſſenſchafft erlanget hatte: Er hat ein Buch de partu, auchein223Denckwuͤrdigkeiten. ein anders de fluxu & refluxu maris geſchrieben / pag. 25.

* FRACASTOR kam ohne Maul auf die Welt / er hatte nichts mehr als eine kleine Narbe / alſo / daß allda die Lippen gantz zuſammen gewachſen / dahero der Barbier ſie mit dem Scheer-Meſſer oͤffnen muſte / woruͤber Julius Scaliger dieſe Verſe gemacht.

Os Fracaſtorio naſcenti defuit, ergo
Sedulus attenta fingit Apollo manu.
Inde hauri, medicusque ingens, ingensq; poeta
Et magno facies omnia plena Deo.

Als einsmahls ſeine Mutter in einem Garten ſpatzieren gieng / und Fracaſtorn, als ein Kind auf den Armen hatte / ſo wurde ſie vom Donner er - ſchlagen: Das Kind aber bliebe gantz unbeſchaͤdi - get. Nach dieſem / als er zu maͤnnlichen Jahren gekommen / ſo wurde er ein vortrefflicher Medicus, und practicirete umſonſt / alſo daß er nichts von ſei - nen Patienten nahm. Sein Gedichte von den Blattern oder Bocken iſt unvergleichlich. Er hat noch ein anders gemacht / auf die Begebenheiten des Patriarchen Joſephs. Allein damahls war ihm ſchon das Feuer meiſtens ausgegangen / und hat er alſo weniger Ehre dieſem heiligen Manne / als de - nen Blattern erwieſen p. 27.

* Jacobus Mazonius war einer von Adel aus Ceſenna, und lehrete die Philoſophie zu Piſa. Er war einer der gelehrteſten Maͤnner / ſo iemahls ge - weſen: Und wurde er und Franciscus Patricius vor die Gelehrteſten ſelbiger Zeit gehalten. Mazoniuswar224Naudæaniſchewar der einzige / ſo in Jtalien dem Jacobo Critoni, einem Schottlaͤnder / die Stange hielt / der ſich in ſeinem zwanzigſten Jahre ruͤhmen kunte / daß er de omni ſcibili zu antwortē faͤhig waͤre. Er hatherr - liche Buͤcher herausgegeben / als: De triplici homi - num vita, in 4to, 1577. worinnen 5194. Concluſiones ſind / und eines in Folio, im Jahr 1597. zu Venedig ge - druckt: De comparatione Platonis & Ariſtotelis, wie auch eines in quarto: De vita contemplativa. Er hinterließ nur eine Tochter / welche an einen Ceſenniſchen von Adel / Martinelli genannt / verhey - rathet / der ihm ſeine Leich-Rede gehalten / in welcher man viel Particularitaͤten von ſeinem Leben antrifft.

* Andreas Argolus ein Profeſſor Matheſeos zu Padua, ſo viel geſchrieben / ſonderlich die Ephæ - merides; hat ſeine Nahrung meiſt von Nativitaͤt - ſtellen gehabt. p. 29.

* Petrus Pomponatius ein ſehr gelehrter Profeſſor Philoſophiæ zu Padua zu Zeiten Leonis des Zehn - den. Man wolte ihm ſeinen Proceſſ machen / und dieſen Philoſophum verbrennen / weil er gelehret: Animas poſt mortem corporis interituras. Allein der Cardinal Petrus Bembus errettete ihn noch. Er ſtarb zu Bologne von Anhaltung ſeines Urins im drey und ſechtzigſten Jahre ſeines Alters / und wur - de nach Mantua, von dar er buͤrtig / gebracht; wo - ſelbſt er begraben liegt. p. 31. Dieſer Pomponati - us war ein Atheiſt / oder doch ein ſehr gefaͤhrlicher Libertiner / weil er groſſen Verſtand hatte. p. 33.

* Pag. 35. ſaget der Verfaſſer mit den Wor - ten des Naudæi, daß Apollonius Tyaneus unſtrei -tig225Denckwuͤrdigkeiten. tig gelebet / und ein beruͤhmter Mann geweſen; ob ſchon Erasmus, Vives, Scaliger und andere einen puren Roman oder Fabel von ihm und ſeinem Leben machen wollen. Dieſes aber will Naudæus nicht zugeben / daß er alle die Wunder gethan / welche Philoſtratus in deſſen Leben vor wahr ausgiebt.

Machiavellus und Cardanus haben geſagt / daß Gregorius VII. die meiſten guten Buͤcher der Alten laſſen verbrennen. Er war es / der alle des Varro - nis Opera verbrennen lieſſe / qui fuit Romanorum togatorum doctiſſimus, ne ex ejus libris plagii pos - ſit inſimulari Divus Auguſtinus, qui ſuos libros de Civitate Dei totos ex Varrone deſcripſerat. Ali - qui negant factum. Doch iſt es nicht leicht zu glauben: Dieſer Pabſt hat darinnen wohl und ſorgfaͤltig gehandelt.

Joſephi ſcripta Antiquitatum Hebraicarum & belli Judæorum iſt ein gantz verfaͤlſchter Autor. Die heutigen Juͤden haben einen gantz andern / als der unſrige iſt / in welchem viel eingeſchoben. Joſe - phus Scaliger hatte Luſt ſich dran zu machen / wenn er nicht geſtorben waͤre. Jch wolte / er haͤtte es gethan. Samuel Petit, welcher dieſe Arbeit un - ternimmt / wird es bey weiten nicht ſo gut machen. Eſt infelix Criticus.

* Muretus flohe aus Franckreich / weil er allda einen erſtochen. Nachdem er vier Jahr zu Vene - dig geweſen / woſelbſt er einer andern Urſache we - gen auch ſich muſte unſichtbar machen / kahm er nach Rom / allda er wohl auffgenommen wurde / groſſes Gluͤck gemacht / und in vielem Reichthume geſtor -Pben:226Naudæaniſcheben: Er hielte ſich daſelbſt gantz erbar / wurde ein Prediger / und durch die Freygebigkeit Gregorii des Dreyzehenden ſcharrete er groſſes Guth zuſammen. Die Jtaliaͤner geſtehen / daß er alles / was er geſchrie - ben / mit gutem Verſtande abgefaſſet. p. 41.

* Onuphrius ware von Verona, Eremita Au - guſtinianus, vir ad omnes & Romanas & Eccleſia - ſticas Antiquitates e tenebris eruendas natus. Obi - it Panormi, cum duntaxat annum 30. attigiſſet. Es ruͤhmet ihn Scaliger ſehr / und hat man noch viele Manuſcripta zu Rom von dieſem Manne / welche gut waͤren / daß ſie gedruckt wuͤrden.

* Franciſcus Valeſius war ein Spaniſcher Me - dicus, welcher Ludovicum Mercatum abſtache. Wie Koͤnig Philippus der II. in Spanien das Zip - perlein hatte / wuſte endlich Mercatus nicht / was er mit ihm vor eine Cur anfangen ſolte. Valeſius aber riethe ſeiner Majeſtaͤt / ſie moͤchten nur die Fuͤſ - ſe in ein Becken laulicht Waſſer ſetzen. Dieſes that der Koͤnig / und fand groſſe Linderung des Schmertzens; jagte demnach Mercatum vom Hofe / und behielt Valeſium: Einige bedienen ſich auch des warmen Urins zu einer Linderung auff eben ſolche Art / daß ſie die Fuͤße hineinſetzen. Valeſius hat viel geſchrieben / und iſt ſonderlich ſein Buch de Methodo medendi ein gelehrtes und wohl ausge - arbeitetes Werck. p 64.

* Franciſcus Philelphus von Tolentin, einer Stadt in Romania, buͤrtig / ware ſehr begierig / die Griechiſche Sprache zu lernen; heyrathete eine Griechin zu Conſtantinopel und kahm hernachin227Denckwuͤrdigkeiten. in Jtalien zuruͤck / wo er wegen ſeiner Gelehrſamkeit admiriret wurde. Er hat aus dem Griechiſchen ins Lateiniſche den Xenophon, den Plutarchum und den Hippocratem uͤbeꝛſetzet / allein er iſt zu Bologneſo aꝛm geſtorben / daß man alle ſeine Mobilien verkauffen muͤſſen / um ihn zur Erde zu beſtaͤtigẽ. Alle ſeine Opera ſeynd zu Baſel gedruckt. Er war ein Freund von Fran - ciſco, aber ein groſſer Feind von Coſmo de Medi - cis und Pio ſecundo. War gebohren den 24. Julii 1398. und hat 83. Jahr gelebet. p. 66.

* Jn dem Bologneſiſchen in Welſchland ſeynd zwey kleine Staͤdte / unweit von einander / eine Imo - la, die andere Briſiguelle genannt; welche immer mit einander Streitigkeiten haben. Als nun die aus der letztern ſehr erbittert / und in der Meſſe die Worte ſingen hoͤreten: Qui immolatus eſt pro nobis: Dahero meyneten / daß ſie von denen von Imola redeten / welche dazumahl ihre Feinde waren / ſo machten ſie die Verordnung / daß man hinfort nicht mehr in der Meſſe alſo ſingen ſolte; ſondern an ſtat deſſen: Qui briſiguellatus eſt pro nobis. So weit gehet die Pasſion und die Ignoranz.

* Antonius Campanus war ein Baſtard, eben als Cardanus, Erasmus, und andere groſſe und gelehrte Leute mehr geweſen. Erwurde in einem Garten unter den Lorberbaͤumen gebohren / ware eines Geiſtlichen Sohn / und hatte treflich groſſen Verſtand. Man findet alle ſeine Opera in folio in Welſchland gedruckt / woſelbſt auff der er - ſten Seite eine Glocke ſtehet. Er iſt Ertzbiſchoff in Jtalien geweſen. Er wurde von den beyden Paͤb -P 2ſten228Naudæaniſcheſten Pio ſecundo und Paulo ſecundo geliebet; und hat Faernus ſein Leben beſchrieben. p 73.

* Das Buch / ſo den Titul hat: Cyclopædia An - ticlaudiani, ſeu de Officio viri bonilibri IX. Heroi - co carmine conſcripti, und zu Antvverpen im Jahr 1611. gedruckt / iſt durch einen Englaͤnder / Namens Alanus, gemacht / wie denn auch ſelbiger einander Buch verfertiget / ſo man in Bibliothecken findet / und tituliret wird: De planctu naturæ adverſus Sodomitas. p. 76.

* Cyriacus Strozza war ein Patricius von Flo - renz, welcher im Jahr 1504. gebohren wurde. Er war einer von den vornehmſten Gelehrten in Jta - lien / ſonderlich im Griechiſchen. Er hat Supple - menta denen Oeconomicis des Ariſtotelis angefuͤ - get. Er iſt niemahls verheyrathet geweſen; al - lein er hat zwey natuͤrliche Kinder gezeuget. Er docirete die Philoſophie und das Griechiſche zu Bologne und zu Piſa im Jahr 1565.

* Von der Divinatione morientium ſetzet Nau - dæus folgendes: Es ſeynd viel Leute welche glaͤu - ben / daß die Krancken / ſo nun im Abdruͤcken ſeyn / oͤf - ters weiſſagen. Viele Autores haben davon ge - ſchrieben. Aber im Fall / daß ſie weiſſagen / wie man ſpricht / ſo halte ich davor / daß ſolches aus einer natuͤrlichen Krafft geſchehe / und darunter eben kein Wunder enthalten / weil der Geiſt des Menſchen / indem er anhebet / ſich von der Materie los zu wickeln / viel ſubtiler wird. Jedoch iſt dieſe Quæſtion ſehr metaphyſiſch / de qua vid. Jul-Cæſ. Scalig. adverſus Cardanum 307. num. 34. Gregor. Pont. in ſuis Dia -log. 229Denckwuͤrdigkeiten. log. de hac divinatione agit, & Cicero de Divinat. lib. 1. hac de re multas affert rationes: Gregorius vero duas: nimirum, id vel accidere per revelatio - nem; ſive quod animæ ex materia emergere in - choantes prælibare quædam poſſint de iis, quæ vin - culis carnis ſolutis intelligunt. Epit. Baronii per Spondanum ad ann. 590. num. 5.

Nicolaus Flamel arbeitete und ſchrieb zu Paris und anderswo vor die Jnden im Jahr 1393. Er war aus Pontoiſe, und weil er auf einmahl ſehr reich wurde / ſo hielt man ihn in Verdacht / daß er den Lapidem Philoſophorum gefunden. Die heu - tigen Chymici glauben dieſes ſo feſt / daß ſie dieſen Flamel recht vor ihren Patriarchen halten. Man muß aber geſtehen / daß ſie daran eine groſſe Thor - heit begehen. Es iſt alles dieſes ein bloſſer Jrr - thum / und beſtehet die gantze Wahrheit darinnen: Nicolaus Flamel ſchriebe vor die Juden / und wuſte um ihre Affairen. Wie ſie aus Franckreich verja - get wurden / und ihr Guth dem Koͤnige zugeſchla - gen / ſo tractirete Flamel mit denen ſo denen Juden ſchuldig waren / von denen er ein Verzeichniß hatte / und handelte mit ihnen auf den halben Profit, mit Bedingung / daß ſie ſie nicht moͤchten anklagen. Und dadurch kahm er zu groſſen Mitteln in kurtzer Zeit. Er ließ unterſchiedliche Kirchen bauen / und wurde in die zur St. Jacob begraben. Jch habe in der Bibliothec des Cardinal Bagni zu Rom einen Roman von den Roſen-Creutzern gefunden / aber von dieſen Roman ſeynd die Autores Johann von Mehun und Clopinel.

P 3* Pa -230Naudæaniſche

* Paganinus Gaudentius iſt ein Profeſſor Hu - maniorum zu Piſa. Er iſt ein Graubuͤnder. Er war ein groſſer Bedienter in ſeinem Lande. Er kahm nach Rom / und erhielte daſelbſt vom Pabſte Penſion, nachdem kahm er nach Piſa zuruͤcke. Er hat ein Buch geſchrieben / deſſen Titul: Salebræ Tertullianeæ; welches eine Erklaͤhrung iſt von den allerſchwereſten Paſſagen des Tertulliani. Auch wieder eines de moribus Chriſtianorum ante tem - pora Conſtantini. Ferner de Candore Politico in Tacitum in 4to. Piſis 1646. De evulgatis Romani Imperii arcanis in 4to. Florentiæ 1640. De prodi - giorum ſigniſicatione in 4to. Florentiæ, 1638. De Dogmatum Origenis cum Philoſophia Platonis comparatione. De Philoſophiæ apud Romanos origine & progreſſu. Piſis in 4to. 1643. Er iſt mein ſehr guter Freund / ob ich ihn ſchon niemahls geſehen habe. Wir haben unſre Freund ſchafft ge - macht und erhalten per literas animi noſtri inter - pretes. Jch habe ihm mein Buch von dem Tode des Cardinal Bagni dediciret. Er iſt ſehr verſiret in der Lection der alten Patrum, und ſaget daß ihn dieſes dazu gebracht / des Calvi Lehre abzuſagen. Er liebet die Jeſuiten nicht / und hat etwas wider ſie gemacht / ſo ſich wohl leſen laͤßt. p. 91.

* Das Buch de Imitatione Chriſti hat zum Au - tore Thomam a Kempis, Canonicum Regularem in Flandern; Und dieſes iſt gantz gewiß. Die Benedictiner ſaͤhen gerne / daß die Welt glaͤubete der Autor deſſelben waͤre einer aus ihren Orden Namens Joannes Gerſon, ſo ein Benedictiner -Abt231Denckwuͤrdigkeiten. Abt geweſen. Daher kommts / daß man in Franck - reich ſagt / es ſey Joannes Gerſon Doctor von der Sorbone und Cantzler der Univerſitaͤt zu| Paris, welcher vor zwey hundert Jahren lebete. Per re - gulam: De duobus litigantibus gaudet tertius. Man findet eine alte Edition unter dieſem Namen Gerſon; ich habe ſolche auch geſehen unter dem Namen Sanct Bernardi.

Monſieur Labbé ein Advocat, hat uͤber dieſe Ma - terie ſich gemacht / und will erweiſen / daß der wahre Autor dieſes Buchs / Franckreich zur Ehre / dieſer Jean Gerſon ſey / aber er wird es niemahls genug be - haupten koͤnnen.

Als der Cardinal Richelieu dieſes Buch in Louvre wieder drucken ließ / ware er willens den Na - men Thomas à Kempis davor drucken zu laſſen: A - ber die Benedictiner in Franckreich kahmen dazwi - ſchen / und bathen ſehr / es moͤchten ihre Eminenz laſſen den Namen Joann Gerſon davor ſetzen / und ruͤhmeten ſich / daß ſie ſolches zu erweiſen vier Ma - nuſcripta dieſes Buchs zu Rom haͤtten / welche alle dieſen Namen fuͤhreten. Der Cardinal willigte in ihr Begehren / ſo fern das / was ſie vorgaͤben / durch gute Leute und Kenner ſolcher Sachen beja - het und vor wahr beſtaͤtiget wuͤrde: Er ſchrieb auch ſelbſt an den Cardinal Bagni, welcher als ein Mañ von ſtattlichem Verſtande die vier Manuſcri - pta lieſſe zu ſich bringen / daruͤber die Herren Patres des Benedictiner-Ordens ſehr froh waren / denn ſie meyneten / den Cardinal zu betruͤgen / aber ſie ver - mochten es nicht. Denn wir muſten ſie alle in ſei -P 4ner232Naudæaniſchener Gegenwart ſehr genau unterſuchen / und fande man / daß alles falſch ware. Dieſes berichtete alſo der Cardinal Bagni an den Cardinal Richelieu, und ſetzte man dahero gar keinen Namen einiges Auto - ris auf die Edition, ſo in Louvre gedruckt wurde. Wir erwarten / was noch Monſieur Labbé in dem Tractat, welchen er Jean Gerſon zum Ruhme her - aus geben will / wird vorbringen.

Und ſo weit habe von des Herrn Naudæi ſeinen Raiſonneen communiciren wollen / die noch uͤbꝛigen / ſo auch viel gutes in ſich halten / und dadurch er al - lerhand gelehrte Leute und deren Schrifften be - kannt macht / wird der geneigte Leſer ſelbſt belieben in dem hier extrahirten Tractate nachzuſchlagen. Wie denn auch demſelben ein gantzer Catalogus al - ler Buͤcher und Schrifften hinzugefuͤget iſt / welche beſagter kluge Bibliothecarius Naudæus, ſo wol in Frantzoͤiſcher als Lateiniſcher Sprache herausgege - ben / und ſeynd ſolche folgende:

  • Gallica.
  • 1. Le Marfore, ou Diſcours contre les Libelles. à Paris 1620. in 8.
  • 2. Inſtruction à la France ſur la verité de l’Hiſtoire des Freres de la Roſe Croix. à Paris 1624. in 8vo.
  • 3. Apologie pour les grands Perſonnages, fauſſe - ment ſoupçonnés de Magie. à Paris 1625.
  • 4. Avis pour dreſſer une bibliotheque. 1627.
    • (Dieſer Tractat von Einrichtung einer Bi - bliothec iſt ins Lateiniſche uͤberſetzet / und zu Hamburg gedruckt / 1658.
  • 5. Additions à l’Hiſtoire de Louis XI. contenantpluſi -233Denckwuͤrdigkeiten. pluſieurs Recherches curieuſes ſur diverſes ma - tieres. 1630. in 8vo.
  • 6. Diſcours ſur les diverſes Incendies du Mont Ve - ſuve. 1633. in 8vo.
  • 7. Conſiderations politiques ſur les Coups d’Etat. à Rome 1659. (Dieſer Tractat iſt ins Teutſche uͤberſetzet. in 12mo.)
  • 8. Jugement de tout ce, qui a été imprimé contre le Cardinal Mazarin. 1649. in 4to.
  • 9. Remiſe de la Bibliotheque de Monſr. le Cardinal Mazarin par le ſieur Naudé entre les mains du Monſieur Tubeuf. 1651. in 4to.
  • 10. La Bibliographie politique du ſieur Naudé, contenant les livres & la Methode neceſſaire à etudier la politique. à Paris 1642. in 8vo.
  • 11. Relation du Sieur Naudé a Mesſieurs Dupuis de quatre Manuſcrits, qui ſont en Italie, tou - chant le Livre de Imitatione Chriſti, fauſſement attribués à Jean Gerſon Benedictin, Abbé de Verceil. 1641. Dieſe Relation iſt hernach Anno 1649. in des Pater Fronteau lateiniſchem Buche mit eingeſchoben worden / ſo den Titul hat: Thomæ a Kempis de Imitatione Chriſti libi 4. cum evictione fraudis, qua nonnulli hoe opus Joanni Gerſen, Benedictino, attribuêre. Pariſiis, ex officina Cramoſiana, in 8vo. Wider dieſe Relation und Entdeckung des ungegruͤn - deten Vorgebens / als ob Joann Gerſen, das Buch de imitatione Chriſti gemacht / haben die Benedictiner viel geſchrieben / und immer noch vermeynet / ihren Vorwand der Welt glauben zu machen: Aber Naudæus hat ſie alle beant -P 5wor -234Naudæaniſchewortet / und iſt ihnen nichts darauf ſchuldig ge - blieben. Die Specification beyderley gewech - ſelten Schrifften iſt zugleich in hier extrahirten Catalogo zu finden. p. 240.
  • Latina.
  • 1. De antiquitate & dignitate ſcholæ medicæ Pa - riſienſis. Pariſiis 1628. in 8vo.
  • 2. De ſtudio liberali ſyntagma Urbini 1632. Arimi - ni 1633. in 8vo. & Amſtelodami 1645. in 12mo.
  • 3. Quæſtio Jatro-Philologica: An magnum homi - ni à venenis periculum. Romæ 1622. in 8vo. & Genevæ 1650. in 8vo.
  • 4. Bibliographia politica. Venetiis 1633. in 12mo. Lugduni Batavorum 1637. Amſtel. 1645.
  • 5. Quæſtio Jatro-Philologica: An vita hominum hodie, quam olim, brevior? Cæſenæ. 1634. in 8vo. & Genevæ 1650.
  • 6. Quæſtio Jatro-Philologica: An matutina ſtudia veſpertinis ſalubriora? Patavii. 1634. & Gene - 1650. in 8vo.
  • 7. Quæſtio Jatro-Philologica: An liceat Medico fallere ægrotum. Romæ 1635. & Genevæ 1650. in 8vo.
  • 8. Quæſtio Jatro-Philologica de fato & fatali vitæ termino. Lugduni Batavorum. 1639. in 4to.
  • 9. Nicolai ex Comitibus Guidiis, Marchionis Mon - tisbelli Elogium. in 4to.
  • 10. De ſtudio militari ſyntagma. Romæ 1637. in 4to.
  • 11. Epigrammata Gabrielis Naudæi in virorum li - teratorum imagines. Romæ 1641. in 8vo.
12. Le -235Denckwuͤrdigkeiten.
  • 12. Leſſus in funere domeſtico Joannis Franciſci, Cardinalis a Balneo. Romæ 1641. in 4to & Pa - riſiis 1650. in 8vo in fine librorum Epigramma - tum.
  • 13. Gabr. Naudæi Exercitatio: Quod Senæ nomen non Cæſenæ, ſed Seno Galliæ conveniat. Pari - ſiis 1642. in 8vo.
  • 14. Panegyricus dictus Urbano VIII. Pariſiis 1644.
  • 15. Epigrammatum libri duo. Pariſ. 1650.
  • 16. Bibliographia Kempenſis. Pariſ. 1651.
  • 17. Cauſæ Kempenſis conjectio pro Curia Romana. Pariſ. 1651. in 8vo.
  • 18. Diſſertatio de Ratione Bibliothecam erigendi Oricus Mauricii nune primum edidit præfatio - nem Notas & Epiſtolas duas de præcipuis ac in - editis nonnullis Galliæ ac Germaniæ Bibliothe - carum manuſcriptis adjunxit Hamburgi 1658. in 12mo.
  • 19. Epiſtolarum latinarum libri duo MSS. apud A - damum Flamzelle, olim ejus domeſticum.
  • 20. Bibliotheca Memmiana.
  • 21. Analectorum cum antiquorum tum recentio - rum libri duo.
  • 22. Diſcurſus ingens & ex meris politicæ fontibus depromtus de arcanis imperiorum. Dieſes Buch haͤlt deꝛ Collector der Naudæaniſchẽ Denck - wuͤrdigkeiten vor eben dasjenige / ſo oben unter denen Frantzoͤiſchen mit recenſiret worden: Conſiderations politiques ſur les coups d’Etat, ſo auch ins Teutſche uͤberſetzet unter dem Titul: Politiſches Bedencken uͤber die Staats-Strei - che.
Nun236Naudæaniſche

Nun hat auch noch viele einzele Epiſtolas der ge - lehrte Naudæus geſchrieben / ſo meiſt in andern Tra - ctaten mit eingedruckt / oder auch abſonderlich her - ausgekommen: Als da iſt Epiſtola ad Paulum Zac - chiam, Medicum Romanum, ſo vor denen Quæ - ſtionlbus Medico-Legalibus beſagtes Zacchiæ zu finden / welche zu Amfterdam 1636. und zu Avi - gnon 1657. in folio herausgekommen. Epiſtola ad Gaſſendum, ſo unter dieſes Petri Gaſſendi her - ausgegebenen Epiſteln zu leſen. Epiſtola ad Jaco - bum Philippum Thomaſinum, ſo vor denen edirten Operibus Caſſandræ Fidelis zu leſen. Epiſtola de Salluſtio commentariis illuſtrando ad Virum cele - berrimum Fortunium Licetum, welches die achte iſt unter denen Reſponſis Fortunii Liceti de Quæ - ſitis per Epiſtolas à Cl. Viris Tom. I. pag. 44. cum reſponſione Fortunii Liceti. Ferner an eben den - ſelbigen Licetum die Epiſtola de Apologetico ſcri - bendi munere intermittendo & de ſenſu Ariſtote - lis circa legem Hebræorum, ſo ebenfalls in beſag - ten Liceti ſeinen Reſponſis pag. 82. Tom. I. Epiſt. 17. benebſt deſſen Antwort zu leſen iſt. Wie denn auch diejenigen / de Apologetico; de Magnete, num ſit vena ferri præcellens: de Puella, quæ poſt ca - ſum ſine læſione oculorum cuncta ſingularia vide - bat duplicata: de Saxo magno in corpore piſcis; de ſaccharo in tenebris micante, bey oft bemeldtem Liceto Tom. III. reſponſ. de quæſitis per Epiſtolas, anzutreffen ſeynd. Anderer / die er mehr geſchrieben / auch derer Tractate / ſo er zwar ſelbſt nicht gemacht / aber doch deren Edition befoͤrdert / zu geſchweigen /und237Denckwuͤrdigkeiten. und koͤnnen ſolche in den allhier extrahirten Nau - dæaniſchen Singularitaͤten p. 248. 249. 250. ferner nachgeſuchet werden.

Patiniana, ou les bons mots de Monſieur Patin. Des beruͤhmten Medici zu Paris, Herrn Patini, denckwuͤr - dige Worte.

DJeſe Collectanea aus des Pariſiſchen Pro - feſſoris, Doctoris Patini, Reden und Schrif - ten kommen denen vorigen des Herrn Nau - dæi ſehr gleich. Denn es ſeynd auch nichts anders / als allerhand Raiſonnements und kurtze Lebens - Beſchreibungen von gelehrten Leuten und deren Schrifften; davon wir denn noch zum Beſchluß dieſes Wintez-Qvartals einiges / wie des Autoris eigene Worter ſind / extrahiren wollen.

* Bodin war in ſeiner Jugend ein Carmeliter, doch das freye Leben ließ er ſich mehr gefallen / gieng alſo wieder aus dem Kloſter in die Welt / machte ſich an Hof; wurde aber denſelben auch uͤberdruͤſ - ſig / und legte ſich einzig und allein aufs Buͤcher - Schreiben. Nicht lange vor ſeinem Abſterben machte er eines / ſo ſehr ſchaͤdlich; Der Titul war: Colloquium ΕΠΤΑΠΛΟΤΜΕΡΕΣ de abdidis re - rum ſublimium arcanis. Er ſagte zu ſeinen Freun - den / daß er einen ſpiritum familiarem haͤtte. Jch wil uͤber dieſes meine Gedancken deutlicher eroͤfnen.

Jch238Patinianiſche

Jch halte davor / (ſeynd die Worte des Hrn. Patins) daß es weder Hexen-Meiſter noch Zaube - rer gaͤbe / & nugas reputo meraq́; figmenta, quæ - cunq́; de his ſcribuntur. Was die Teufel betrifft / ſo iſt meine Meynung / daß dieſelben uns antreiben / Boͤſes zu thun / und mehr nichts. Die Dæmono - mania des Herrn Bodini iſt mit allem nichts / und nur ein bloſſer Schertz. Dieſer weiſe Mann ſpot - tete nur die Leute / wann er ſolches ſagte / was man von Geſpenſtern vorgiebt / ſeynd Bagatellen, ſo von muͤßigen und aberglaͤubiſchen Leuten herkommen. pag. 4.

* Unſer Freund Gaſſendus (ſagt Patin. pag. 6.) war gar kein Freund von dem Ariſtotele, er pflegte oft gegen mich zu ſagen: Dieſer Philoſophus habe eine waͤchſerne Naſe / die man drehen koͤnte / wohin man wolte.

* Gaſſendus war ein Mann von trefflichen Me - riten, und ſonderlich gelehrt / vornehmlich in der Philoſophia Veterum. Er ſtarb morte Philoſo - phorum, daß er von allen gelehrten und rechtſchaffe - nen Leuten beklaget wurde: Monſr. Spon machte ihm folgendes Epitaphium:

Gaſſendus moritur, Sophiæ lugent, ingemit Orbis, Sponius in luctu eſt; ſolus Olympus ovat.

Das Leben des Tycho-Brahe iſt durch dieſen Gaſſendum beſchrieben worden. Dieſer Tycho - Brahe iſt es / welcher in dem Tractat / ſo er von dem Cometen im Jahr 1574. gemacht / welcher bey Ab - ſterben Koͤnig Carl des IX. verſchwand / nachdemer239Denckwuͤrdigkeiten. er ſeint dem Pariſiſchen Blut-Bade geſtanden / ge - ſaget hat / daß in Krafft dieſes Sterns gegen Nor - den in Finland ein Printz wuͤrde gebohren werden / welcher gantz Teutſchland erſchuͤttern / und endlich im Jahr 1632. wieder verſchwinden wuͤrde: Wel - ches Prognoſticon denn genau an dem Koͤnig Gu - ſtav in Schweden eingetroffen. p. 7.

* Des Pabſt Urbani VIII. Leib-Medicus, Julio Mancini, war ein tugendhaffter und ſehr gelehrter Mann / auch vortrefflicher Aſtrologus, allein er ſtarb in Rom mit dem Verdachte / daß er von gar keiner Religion waͤre. p. 11.

Aonius Palearius, welcher ein lateiniſch Poema de anima rum immortalitate geſchrieben / und von dem wir noch gantz wohl geſchriebene Epiſtolas und Orationes haben / wurde zu Rom im Jahr 1566. verbrannt / weil er ein Lutheraner war. Monſ. d[o]Thou, Tom. 2. ſagt: Es waͤre deßwegen geſchehen / weil er ſich gegen andre verlauten laſſen: Inquiſi - tionem eſſe ſicam diſtrictam in literatos. p. 13. Pa - learius iſt nicht ſein rechter / ſondern nur ein ange - nommener Name. l. c.

* Marcellus Palingenius Stellatus, welcher das Poema gemacht hat / deſſen Titul: Zodiacus vitæ: war von Ferrara, und wurde verbrannt wegen der Sachen / ſo im ſelbigen Poemate wider die Pfaffen und Moͤnche geſetzet. p. 14.

Der Herr Salmaſius hat ein Buch de Primatu Petri drucken laſſen / in welchem er zwey Paradoxa be hauptet / die ihm zu erweiſen ſchwer fallen wuͤrden Das eine iſt: Daß St. Petrus niemahls zu Romgewe -240Patinianiſche Denckwuͤrdigkeiten. geweſen waͤre. Das andre: Daß eine Paͤbſtin geweſen Namens Johanna. Der Herr Salma - ſius iſt ſonſt einer von den gelehrteſten Leuten in Eu - ropa vor ſein Alter / denn er nur im funfftzigſten Jahre iſt. Daß er ſo gelehrt worden / dazu hat viel beygetragen 1.) daß er einen ſehr gelehrten Vater gehabt 2) ſein beſtaͤndiger Fleiß. 3) die fuͤnf Jahre / die er zu Heidelberg mit Grutero und an - dern Gelehrten in der ſchoͤnen Pfaͤlziſchen Biblio - thec ſtudiret hat / die nach der Pragiſcher Schlacht deſtruiret worden. 4) ſeine Memoria, welche recht erſtaunend war. Cauſabonus ſagte einsmahls zu ihm / als er noch ſehr jung: Herr / verachtet nicht die Gaben / ſo euch GOtt gegeben: Sie ſeynd groß und herrlich: Jhr wiſſet in eurem Al - ter ſchon mehr / als Scaliger und ich beyde / zu - ſammen nicht wiſſen. Dazumahl war Salmaſius 16. Jahr. p. 15. Er ſtarb im Jahr 1653. als er das Spawaſſer brauchte. Auf ſeinen Tod wurden fol - gende Verſe gemacht:

Ingens exigua jacet hac ſub mole ſepultus
Aſſertor Regum, Numinis atque pugil.
Finivit Spadæ vitam Salmaſius hoſpes
Trajectum cineres oſſaque triſte tenet.
Quod mortale fuit, periit, pars altera Cœlis
Reddita, fit major, doctior eſſe nequit.

Von dieſes Herrn Salmaſii und anderer Gelehrten ihrē Schrifften continuiret der Collector Patiniani - ſchen Denckwuͤrdigkeiten noch drey Bogen / wohin dann der lehrbegierige Leſer gewieſen wird: Jch aber verſpare die Communicirung mehrerer Fruͤchte des Frantzoͤiſchen Helicons, wenn GOtt das Le - ben giebt / aufs Fruͤhlings-Quartal.

About this transcription

TextDes Frantzöischen Helicons auserlesene Winter-Früchte
Author August Bohse
Extent264 images; 52004 tokens; 10591 types; 366109 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDes Frantzöischen Helicons auserlesene Winter-Früchte Bd. 1 August Bohse. . [8] Bl., 240 S : Frontisp. (Kupferst.) GleditschLeipzig1703. (Diese Ausgabe ist ein Exemplar der Zeitschrift „Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte [...]“. Diese Zeitschrift wurde von 1696 bis 1703 im Verlag Johann Ludwig Gleditsch in Leipzig unter Leitung von August Bohse herausgegeben (siehe auch http://gso.gbv.de/DB=1.28/CMD?ACT=SRCHA&IKT=8002&TRM=%2712:667401Z%27).)

Identification

HAB Wolfenbüttel HAB Wolfenbüttel, Wt 326:1

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Prosa; Belletristik; Prosa; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:29:14Z
Identifiers
Availability

Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.

Holding LibraryHAB Wolfenbüttel
ShelfmarkHAB Wolfenbüttel, Wt 326:1
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.