Das Reich der Metalle.
Alles wird Metall genennet,
Welches hart, dicht, ſchwer und feſt,
Schmilzt, und nicht im Feur verbrennet,
Was ſich ſtreckt, und dehnen laͤßt
Durch des ſchweren Hammers Schlaͤge;
Was geſchmeidig zum Gepraͤge,
Und was aus dem finſtern Schacht
Wird, mit Muͤh, ans Licht gebracht.
Von Gewaͤchſen und von Thieren
Unterſcheidet ſich Metall;
Denn, da jene ſich formiren
Bilderfoͤrmig uͤberall,
Sehn wir, daß ſie in der Erden
Ohne Form gebildet werden,
Folglich, was man ſonſt auch ſpricht,
Zeuget ſichs aus Samen nicht.
Der Metallen Nutz und Menge
Wollen wir hernach beſehn.
Laßt uns erſtlich in die Gaͤnge
Eines tiefen Bergwerks gehn,
Und beſchaun, wie in der Erde
Ein Metall gezeuget werde!
Salz und Schwefel ſcheint allein
Jhres Urſprungs Stoff zu ſeyn.
A 3Wie6Wie die neuern Weiſen ſagen,
Scheint die Zeugung wunderſchoͤn,
Etwan ſo ſich zuzutragen,
Und wie folget, zu geſchehn.
Duͤffte, die gezeuget werden
Jn dem Mittelpunkt der Erden,
Und von dannen aufwerts gehn,
Machen, daß Metall’ entſtehn.
Solch ein Dufft trifft in den Kluͤften
Allerley Partikeln an
Von verſchloßnen groben Luͤften,
Womit er ſich miſchen kann.
Dieſe werden dadurch beſſer,
Ein metalliſches Gewaͤſſer,
Welches, in verſchiednem Grad,
Kleinre Theil’, als Waſſer, hat.
Jn der lockern Erden Gruͤnden,
Wenn ſie ſich mit Thon und Sand,
Auch mit Salz und Schwefel binden
Und, nachdem ihr Gegenſtand,
Sich durch krumme Wege lenken,
Jn ſo manche Form ſich ſenken,
Werden ſie gepreßt, gedruͤckt,
Feſt vereinigt und verſtrickt.
Durch die Menge krummer Ecken,
Die ſich auf ſo manche Art
Jn und durch einander ſtrecken,
Werden ſie ſo feſt gepaart;
Denn, da ſie ſich ſo vermiſchen,
Bleibt kein leerer Platz dazwiſchen.
Hievon koͤmmt es, daß ein Stein
Und Metall ſo daurhaft ſeyn.
Dieſe7Dieſe feſte Koͤrper alle
Theilt man in fuͤnf Arten ein;
Jn Metall, in halb Metalle,
Und in Erde, Salz, und Stein.
Die wir all’ in tiefen Gruͤnden,
Als in ihren Muͤttern, finden.
Laſſet uns denn weiter gehn,
Und ſie, nach der Reih, beſehn.
Die Metallen anzuweiſen,
Sind dieſelben ſechſerley:
Gold und Silber, Kupfer, Eiſen,
Und, nebſt dieſen, Zinn und Bley.
Die vorzeiten lauter Namen
Von den Goͤttern uͤberkamen;
Daher noch die heutge Welt
Manchen Jrrthum unterhaͤlt.
Das Gold. ☉
Gold hieß Sol. Will man ergruͤnden,
Was davon die Urſach ſey;
Wird man anders keine finden,
Als nur: Gelb ſcheint beyderley.
Silber mußte Luna heißen,
Bloß, weil beyde weißlicht gleißen.
Daß all andre Gleichheit Tand;
Jſt nunmehro gnug erkannt.
Man ſagt, weil das Gold auf Erden (So, wie durch der Sonnen Glut
Viele tauſend Wunder werden)
Auch viel tauſend Wunder thut,
Ließ es ſich auch wohl vergleichen;
Doch man irrt, die Wunderzeichen,
Die durch Gold gewirket ſeyn,
Zeugt ein Zufall, ſind ein Schein.
A 4Da8Da der Sonnen Stral hingegen
Wahre Wunder wirkt und zeugt,
Und, mit Waͤrme, Licht und Segen,
Alle Kreaturen ſaͤugt.
Nichts koͤnnt ohne ſie geſchehen:
Alles ſonder Gold beſtehen.
Gold iſt in der Arzeney
Meiſtens auch Betriegerey.
Stralende, verborgne Kraͤfte
Sollen in dem Golde ſeyn:
Aber Stralen, Balſam, Saͤfte
Sind nur Grillen, Tand und Schein.
Weil das Gold in irdſchen Dingen
Allen Mangel kann bezwingen;
Daher koͤmmt es, daß die Welt
Gold faſt fuͤr allmaͤchtig haͤlt.
Gold iſt ein Metall, das dichte,
Gelb, gezuͤge, wohl vereint,
Von ausnehmendem Gewichte,
Das ſehr helle glaͤnzt und ſcheint,
Welches in der Erd entſprießet,
Durch die Hitze ſchmilzt und fließet,
Und wenn mans ins Feuer legt,
So Capell als Teſt ertraͤgt.
Welches Erzt nun nicht, in allen,
Dieſe Eigenſchaften hat,
Jſt, im Reiche der Metallen,
Jmmer im geringern Grad.
Sonderlich wird nichts gefunden,
Deſſen Theile ſo verbunden;
Denn die Daur im Gold allein
Schaͤtzt man hoͤher, als den Schein.
Eh9Eh wir bey dem Nutzen bleiben,
Laſſet uns, ſo wie das Gold,
Auch das Silber erſt beſchreiben,
Dem die Welt nicht minder hold.
Dieſe zwey ſind ihre Goͤtter,
Jhre Zuflucht und Erretter.
Gold und Silber wird geacht’t,
Und auf Gott wird kaum gedacht.
Das Sil - ber. ☽
Silber, wenn es auserleſen
Und von allem Zuſatz rein,
Jſt ein weiß metalliſch Weſen,
Helle, wie des Mondes Schein.
Das geziehg’ iſt, und doch klinget,
Hart, doch wenn’s die Glut durchdringet,
Schmilzt es: doch iſt es ſo feſt,
Und ertraͤgt, wie Gold, den Teſt.
Ob nun gleich in Arzeneyen
Gold und Silber wenig nuͤtzt,
Und es meiſtens Pralereyen,
Was die Meynung unterſtuͤtzt;
Dennoch iſt es kaum zu glaͤuben,
Und nicht moͤglich, zu beſchreiben,
Was fuͤr Gutes auf der Welt
Wird gewirkt durch Gold und Geld.
Koͤnnte wohl auf dieſer Erden
Der nie gnug geruͤhmte Fleiß
Beſſer angeſpornet werden,
Als durchs Geldes Werth und Preis?
Nichtes koͤnnte man erdenken,
Das, Verdienſte zu beſchenken
Und zu reizen mehr und mehr,
Beſſer und geſchickter waͤr.
A 5Aller10Aller Menſchen Werk und Wandel
Waͤr in mindrer Sicherheit;
Schiffahrt, Kaufmannſchaft und Handel
Faͤnden groͤßre Schwierigkeit;
Schweiß und Witz wird keiner wollen
Dem gemeinen Beſten zollen:
Waͤre nicht das liebe Gold
Aller Muͤh erwuͤnſchter Sold.
Die Begierde reich zu werden
Zeugt zwar manches Bubenſtuͤck:
Geiz verurſacht auf der Erden
Ungezaͤhltes Ungeluͤck:
Aber koͤnnt in unſerm Leben
Den Gebrauch ein Misbrauch heben;
Muͤßt auch Feuer, Stahl und Wein
Aus der Welt verbannet ſeyn.
Eine Prob’ hievon zu geben,
Wie das Geld ſo noͤthig ſey,
Laſſet uns nur einſt das Leben
Und die rauhe Barbarey
Aller Voͤlker recht betrachten,
Die kein Gold, kein Silber achten!
Welch ein Leben fuͤhren ſie?
Gleichen ſie nicht faſt dem Vieh?
Nur fuͤr Speis und Trank zu ſorgen,
Brauchen ſie allein Verſtand:
Kuͤnſte ſind daſelbſt verborgen,
Weisheit iſt dort unbekannt.
Es beſteht all ihr Verlangen
Etwan in ein Wild zu fangen,
Keiner kennt dort Sicherheit,
Wohlſtand und Bequemlichkeit.
Spraͤche11Spraͤche man: ja, wer hienieden
Wenig noͤthig hat, iſt reich:
Sie ſind arm zwar, doch zufrieden,
Und, beym Golde, fehlt dieß euch.
Sag ich: ſolche Ruh zu waͤhlen,
Die ein Grab der Kraft der Seelen,
Und ihr beſtes Theil ihr raubt;
Jſt uns Menſchen nicht erlaubt.
Wer auf ſolche Weiſe lebet,
Jſt den Thieren voͤllig gleich.
An dem, der ſich nicht erhebet,
Und erwaͤgt, wie gnadenreich
Gott in allen ſeinen Werken,
Jſt nichts Menſchliches zu merken,
Und zu ſolcher Froͤmmigkeit
Fehlts dort an Gelegenheit.
Jeder, ders erwaͤget, findet,
Daß, auf Erden, bloß das Geld
Menſchliche Geſellſchaft bindet,
Daß ſie ſich zuſammenhaͤlt;
Geld macht, daß ſich Menſchen nuͤtzen,
Helfen, beſſern, dienen, ſchuͤtzen,
Daß man ſchreibet, druckt, und lehrt,
Wie man ſeinen Schoͤpfer ehrt.
Wer will uͤbers Gold denn klagen?
Und wer kann mit Recht und Fug
Noch nach mehrerm Nutzen fragen?
Dieſer Nutz iſt groß genug.
Wie durchs Feur die Luft ſich reget,
Wird, durch Geld, die Welt beweget;
Gold und Geld treibt jedermann,
Wie ein Sporn, zu wirken an.
Und12Und dieß glaub ich, daß es liege
An des Goldes Seltenheit:
Haͤtt’ es jeder zur Genuͤge;
Schwaͤnde ſeine Nutzbarkeit.
Wenn ich dieſes recht betrachte,
Und auf die Veraͤndrung achte;
Pflicht’ ich auch der Meynung bey,
Daß kein Gold zu machen ſey.
Großer Geber aller Gaben,
Herr, dem alles zugehoͤrt,
Gieb, wenn wir die Nothdurft haben,
Die dein’ Hand, durchs Gold, beſchert,
Daß wir es mit Dank empfangen,
Und mit Unrecht nichts verlangen,
Da du jedem. den du liebſt,
Sein beſcheiden Theil ja giebſt.
Das Ku - pfer. ♀
Da wir alſo, Gott zu Ehren,
Gold und Silber angeſehn;
Muͤſſen wir, mit unſern Lehren,
Nunmehr auch zum Kupfer gehn:
Welches jenen zwar nicht gleichet,
Und an ihren Werth nicht reichet,
Doch, wiewohl in minderm Grad,
Auch viel Herrlichs in ſich hat.
Es iſt ein Metall, das dichte,
Das ſich unterm Hammer beugt,
Deſſen Koͤrper uns im Lichte
Eine falbe Roͤthe zeigt,
Das, durchs Feur geſchmolzen, fließet,
Da man es wie Waſſer gießet:
Das ſehr helle toͤnt und klingt;
Aber das die Glut doch zwingt.
Denn,13Denn, im Kupfer, ſind die Theile
Nicht ſo rein, ſo reif, ſo feſt,
Darum es ſich auch in Eile
Von einander ſcheiden laͤßt.
Ja ſelbſt kalte Feuchtigkeiten
Nehmen die Beſchaffenheiten
Seines Weſens ſchleunig an,
Daß man es gleich ſchmecken kann.
Der Geſchmack iſt ſehr verdrießlich,
Welchen ſolch ein Waſſer hegt,
Und dem Koͤrper nicht erſprießlich,
Weil es Brechen ſtets erregt.
Doch, da, Oeffnung zu erwecken,
Große Kraͤft’ im Kupfer ſtecken;
Weis man, daß zur Arzeney
Es nicht ohne Nutzen ſey.
Kupfer hat, wie ſchwer es ſcheinet,
Dennoch lange ſolch Gewicht,
Weil es nicht ſo feſt vereinet,
Wie das Gold und Silber, nicht.
Merklich iſts, daß, wie in allen
Unvollkommenen Metallen,
Auch der Roſt das Kupfer frißt,
Wie es klar zu ſehen iſt.
Roſt, wodurchs Metall vergehet,
Wenn es nicht recht feſt und rein;
Wird erzeuget und entſtehet
Aus der Feuchtigkeit allein,
Wenns bald trocken und bald feuchte,
Denn kein Roſt verzehret leichte
Etwas, ſo ohn Unterlaß
Trocken, oder allzeit naß.
Daß14Daß vom Roſt nun, wie wir ſehen,
Alle nicht verſehret ſeyn,
Scheint, wie folget, zu geſchehen:
Der Metallen, welche rein,
Theil’ und Oeffnungen ſind kleiner,
Als derſelben, die gemeiner,
Wannenhero, wie man meynt,
Sich kein Naß damit vereint.
Doch mit Kupfer, Erzt und Eiſen
Miſcht ſich leicht die Feuchtigkeit,
Wie es ihre Koͤrper weiſen,
Weil die Oeffnungen ſo weit;
Da ſich denn, durch Luft und Hitze,
Hie und dort manch kleine Spitze
Jn der Feuchtigkeit mit hebt
Und an ihren Flaͤchen klebt.
Hiedurch loͤſet ſich allmaͤhlig
Jhr ſonſt feſtes Weſen auf,
Da die Theilchen faſt unzaͤhlig
Sich von innen oben drauf
Durch die Luft beſtaͤndig regen,
Die ſie trennt, zu legen pflegen,
Da denn, was ſonſt lange waͤhrt,
Muͤrbe wird und ſich verzehrt.
Kupfer kann doch, wie wir ſehen,
Des verzehrnden Roſtes Wut
Gar viel laͤnger widerſtehen,
Als ein lockers Eiſen thut.
Kupfer muß zum Dach uns nuͤtzen
Und vor Wind und Regen ſchuͤtzen.
So zum Nutzen, als zur Pracht,
Wird aus Kupfer viel gemacht.
Daß15Daß das Kupfer und das Eiſen
Doch mehr, als man glaubt, verwandt,
Kann, mit ſeiner Fluht, erweiſen
Das bergreiche Ungerland,
Als woſelbſt ein Bach zu finden,
Der nicht nur die aͤußern Rinden,
Sondern, wie ichs ſelbſt betracht,
Eiſen ganz zu Kupfer macht.
Doch wird Eiſen nicht verwandelt,
Jn der That und eigentlich.
Sondern, ſo wird es gehandelt:
Jn dem Waſſer finden ſich
Vitriol und Kupfertheile,
Das verzehrt den Stahl in Eile,
Der nicht widerſtehen kann,
Und das Kupfer legt ſich an.
Was fuͤr viel und praͤchtge Sachen,
Die ſo noͤthig, als bequem,
Kann man nicht aus Kupfer machen?
Es nuͤtzt und iſt angenehm.
Seht, durch Muͤnzen und durch Saͤulen
Kann es ſpaͤten Ruhm ertheilen:
Kurz, damit es nuͤtzen kann,
Nimmt es alle Formen an.
Wenn wir nun den Nutzen ſpuͤren
Und des Kupfers Schoͤnheit ſehn,
Will uns Menſchen ja gebuͤhren,
Seinen Schoͤpfer zu erhoͤhn.
Jhn, durch den in unſrer Erden
Solche Schaͤtz erzeuget werden.
Betet den, der alles kann,
Voller Furcht und Ehrfurcht an!
Da16Da das Kupfer nun beſehen,Das Zinn. ♃
Trifft nunmehr das Zinn die Reih. Dieſes, wie vordem geſchehen,
Heißet man noch weißes Bley.
Zinn iſt, wie wir oͤfter leſen,
Jupitern geweiht geweſen;
Wie es denn noch itzo meiſt
Bey den Alchymiſten heißt.
Dieß, ein weiß metalliſch Weſen,
Deſſen Weiß doch blaͤulich bleich,
Klingt, zumal wenns auserleſen,
Hat viel Jrdiſches, iſt weich,
Laͤßt ſich ſchmelzen, und zergehet,
Wenns auf kleiner Glut nur ſtehet.
Wie ſichs auch leicht hammern laͤßt,
Doch ertraͤgt es keinen Teſt.
Zinn, wie leichtlich zu erweiſen,
Jſt ein nuͤtzliches Metall.
Zu Behaͤltern unſrer Speiſen
Brauchet man es uͤberall:
Seine Feſtigkeit verhindert,
Daß ſich kein Geſchmack vermindert;
Nichts veraͤndert Kraft und Art,
Wenn man es in Zinn verwahrt.
Schließt denn, daß, zu ſeinem Weſen,
Erſten Urſtoff und Natur,
Wenig Salz nur ſey erleſen,
Sondern Schwefel und Merkur:
Welche nicht durch Feuchtigkeiten,
So wie jener, zu beſtreiten,
Sondern deren Feſtigkeit
Keine Naͤß und Waſſer ſcheut.
Ferner17Ferner iſt mit Recht zu ſchließen,
Daß es in der Arzeney,
Das Gebluͤte zu verſuͤßen,
Auch von großer Wirkung ſey.
Es vertreibet Roͤth und Hitze,
Und iſt alſo denen nuͤtze,
Welchen aus dem Angeſicht
Manch Geſchwaͤr und Blatter bricht.
Weiter ſoll es Mutterſchmerzen,
Und verſchiedner Krankheit Pein,
Auch das Fieber von dem Herzen
Zu vertreiben kraͤftig ſeyn.
Nebſt dem Schweiße, treibts gelinde
Unſre Blaͤhungen und Winde.
Dankt dem Gott, durch deſſen Macht
Auch das Zinn hervorgebracht.
Das Bley. ♄
Da wir nun mit Luſt beſehen,
Daß das Zinn ſo nuͤtzlich ſey;
Wollen wir nun weiter gehen,
Und, das ſogenannte Bley
Jn Betrachtung auch zu ziehen,
Uns mit allem Ernſt bemuͤhen;
Denn auch dieſes Eigenſchaft
Von recht wunderbarer Kraft.
Bley kann ſehr viel Aendrung leiden,
Und ſein Nutz iſt mancherley.
Es vom Zinn zu unterſcheiden,
Heißt man dieſes ſchwarzes Bley.
Vormals iſt es, wie wir leſen,
Dem Saturn geweiht geweſen;
Denn es mußt ein Jrrſternſchein
Aller Dinge Urſprung ſeyn.
BDoch18Doch der Jrrthum iſt verſchwunden,
Und, durch der Erfahrung Licht,
Hat es ſich nunmehr befunden,
Daß, was hier bey uns geſchicht,
Durch die Sonn’ und durch die Erde
Bloß allein gewirket werde:
Denn ein Jrrſtern hat den Schein,
So wie wir, von ihr allein.
Wenn man alſo uͤberleget,
Was das Bley, und was fuͤr Kraft
Sein metalliſch Weſen heget,
Findet man die Eigenſchaft:
Es hat keinen Klang, iſt dichte,
Von beſonderem Gewichte,
Grau, geziehg’, ein Feind vom Teſt,
Ob ſichs gleich leicht ſchmelzen laͤßt.
Daß ſein Urſtand, Stoff und Weſen
Meiſt Merkurius allein;
Kann man gnug in Buͤchern leſen,
Scheinet auch faſt wahr zu ſeyn:
Denn man findet, daß, von allen,
Auch der ſchwereſten, Metallen,
Keines ihm an Schwere gleicht;
Gold allein iſt minder leicht.
Eben wie das Gold nicht klinget,
Alſo klingt auch dieſes nicht,
Da kein Ton aus beyden dringet;
Doch, am Klang und am Gewicht
Gleichen ſich nur dieſe beyden,
Sonſt kann Gold das Bley nicht leiden,
Denn es wird, koͤmmt Bley darinn,
Sproͤd’, als Silber durch das Zinn.
Ferner19Ferner ſpuͤrt man, daß viel Erde,
Nebſt Merkurius, im Bley
Auch zugleich gefunden werde,
Und damit vermenget ſey.
Wenn man recht damit verfaͤhret;
Wird es bald in Glas verkehret.
Dieſe Wirkung zeiget euch
Erd’ und Alkali zugleich.
Was beſonders wird verſpuͤret,
Da das Bley ſich in den Teſt
Senkt und alles mit ſich fuͤhret,
Was ſich von ihm zwingen laͤßt.
Die unedelen Metallen
Sieht man mit ihm niederfallen,
Da denn Gold und Silber rein,
Und, vom Zuſatz, ſauber, fein.
Jedermann wird gern geſtehen,
Daß das Bley ſonſt in der That,
Wie wir naͤmlich taͤglich ſehen,
Tauſendfachen Nutzen hat:
Bilderſaͤulen und Gefaͤße,
Von ſo mancher Art und Groͤße,
Werden durch die Kunſt gemacht
Und aus Bley hervorgebracht.
Da ſichs unterm Hammer ſtrecket,
Wirds auf tauſend Art formirt:
Daͤcher ſind damit bedecket,
Waſſer wird durch Bley gefuͤhrt;
Zum Verbinden und zum Loͤten
Hat man Bley gar ſehr vonnoͤthen;
Eiſen bindet es mit Stein,
Daß die Klammern daurhaft ſeyn.
B 2Vieles20Vieles muͤßte man entbehren,
Wenn die Welt das Bley nicht haͤtt’,
Die uns Nutz und Luſt gewaͤhren:
Bleyerzt, Bleyweiß, Silberglaͤtt,
Mennig, Glas, Glaſur und Spiegel,
Bleyaſch, Formen, Model, Siegel,
Honig, Balſam, Oel aus Bley,
Deren Nutz ſo mancherley.
Da das Bley von ſolchen Kraͤften,
Und da das Metall uns auch
Nuͤtzt in mancherley Geſchaͤfften;
Dankt dem Schoͤpfer im Gebrauch!
Der uns Menſchen hier im Leben
Die Bequemlichkeit gegeben,
Daß uns auch des Bleyes Kraft
Nutzen und Ergetzen ſchafft.
Danket Gott, der, zu den Gaben,
Die, aus ſeiner Allmachtshand,
Wir fuͤr uns empfangen haben;
Uns, den denkenden Verſtand,
Den ſo edlen Geiſt, geſchenket,
Der die Kreaturen lenket,
Daß ſich ihrer jedermann,
Wie er will, bedienen kann.
Das Eiſen. ♂
Auf mein Herz, auch nun das Eiſen,
Nach mit Luſt erwognem Bley,
Zu betrachten und zu weiſen,
Wie ſo groß ſein Nutzen ſey!
Dieß, da es ſo hart und feſte,
Jſt zugleich das allerbeſte
Und das ſchaͤdlichſte Metall:
Dieß verſpuͤrt man uͤberall.
Wer21Wer kann ſonder Eiſen bauen?
Eiſen reißet alles ein;
Ganze Waͤlder auszuhauen
Braucht man Eiſen, Fels und Stein
Zwingts, es machet tauſend Leichen,
Nuͤtzt und ſchadet ganzen Reichen,
Die es theils bekriegt, theils ſchuͤtzt,
Theils verheeret, theils ſie ſtuͤtzt.
Aber alle Grauſamkeiten,
Blutvergießen, Tyranney,
Dieſer und vergangner Zeiten
Marter, Mord, und Barbarey,
Doͤrfer, Staͤdt’ und Land verheeren,
Und das Unterſt oben kehren,
Jſt ja nicht des Stahls Natur;
Unſre Bosheit macht es nur.
Ach! warum wird dieſer Segen
So erbaͤrmlich misgebraucht,
Und, anſtatt das Feld zu egen,
Nur in Menſchenblut getaucht!
Ach, daß wir durch Stahl zerriſſe[n]
Und zerfleiſchet werden muͤſſen!
Dieſe Kunſt und ihre Macht
Hat ein Hoͤllengeiſt erdacht.
Sonder Eiſen wird auf Erden
Wenig auszurichten ſeyn.
Alles wuͤrde wuͤſte werden,
Alle Kuͤnſte giengen ein.
Dornen, Dieſteln, wilde Hecken
Wuͤrden alle Welt bedecken,
Und man wuͤrde nirgends maͤhn,
Egen, oder pfluͤgen ſehn.
B 3Folg -22Folglich wuͤrd’ uns allen fehlen
Alle Feldfrucht, Korn und Brodt,
Und vermuthlich wuͤrd’ uns quaͤlen
Eine ſtete Hungersnoth.
Ja es wuͤrden alle Saͤfte
Und der Erden Nahrungskraͤfte,
Durch das Gras, dem Vieh allein,
Aber uns nichts nůtze ſeyn.
Steine brechen, Holz zu hauen,
Das, mit Eiſen, jeder kann;
Garten pflanzen, Haͤuſer bauen,
Gieng nicht, ſonder Eiſen, an.
Ja faſt alle Dinge weiſen,
Was ein wohlregiertes Eiſen,
Oder Stahl, ſo einerley,
Fuͤr ein nuͤtzlich Werkzeug ſey.
Koͤnnt ein Handwerk auch beſtehen,
Wo kein Eiſen auf der Welt?
Eiſen, wie wirs klaͤrlich ſehen,
Jſt weit noͤthiger, als Geld.
Und der Erden dunkle Gaͤnge
Zeugens auch in groͤßrer Menge,
Welches, wenn mans recht ermißt,
Abermal ein Wunder iſt.
Sollte Gott nicht taͤglich preiſen
Jeder Land - und Handwerksmann,
Da er durch ein hartes Eiſen
Seine Koſt verdienen kann?
Wenn ſie fruͤh ihr Werkzeug faſſen,
Sollt’ es keiner unterlaſſen;
Da ers, aus ſo tiefem Schacht,
Jhm zum Nutz, hervorgebracht.
Denkt,23Denkt, wie viel ein Jndianer
Fuͤr das noͤth’ge Eiſen zollt.
Zahlen die Americaner
Nicht das allerfeinſte Gold
Fuͤr das Eiſen, welches ihnen
Zu viel tauſend Sachen dienen,
Ja zur Noth und Ueberfluß
Vielerley verſchaffen muß?
Alle Vortheil’ nun entſtehen
Aus deſſelben Feſtigkeit.
Laßt uns denn nun ferner ſehen,
Wie es die Natur bereit!
Dieſe hat, zu ſeinem Weſen,
Solche Theilchen auserleſen,
Welche lang, und nach dem Schein
Feſt in ſich verwickelt ſeyn.
Dieſe harte Theilchen machen,
Daß ihr Ganz ſo dicht, ſo feſt:
Wobey es zu vielen Sachen
Doch durchs Feu’r ſich zwingen laͤßt.
Daß man es, ſo bald es gluͤhet,
Zwingt, erweichet, beugt und ziehet,
Jſt ein Wunder, ſo man wohl
Merken und betrachten ſoll.
Es iſt ein metalliſch Weſen,
Welches leicht im Feuer gluͤht;
Hart, wenn man es aufzuloͤſen,
Ohne Zuſatz, ſich bemuͤht:
Es kann keinen Teſt ertragen;
Aber, durch des Hammers Schlagen,
Wird deſſelben Feſtigkeit
Mannichfaltig zubereit’t.
B 4Eiſen24Eiſen ſticht, durchdringet, ſcheidet,
Glaͤttet, feilet, heftet, hau’t,
Saͤget, hobelt, oͤffnet, ſchneidet,
Stuͤrzt, erhoͤhet, bricht und bau’t,
Schließt, veraͤndert, trennt, verbindet,
Ja, von allem, was man findet,
Trifft man wenig Sachen an,
Dran nicht Eiſen was gethan.
Ueberdem iſt zu erweiſen,
Wie, auch in der Medicin,
Unſer obbemeldtes Eiſen
Uns auf manche Weiſe dien’.
Es eroͤffnet, ſtopft, verſuͤßet,
Wenn das Blut nicht richtig fließet:
Hiervon findet man die Spur
Bey der edlen Stahltinctur.
Sollt’ uns dieß denn nicht verbinden,
Zu erhoͤh’n des Hoͤchſten Kraft,
Da Er, in der Erden Gruͤnden,
Uns zum Nutz, das Eiſen ſchafft?
Ja, daß er, in unſerm Leben,
Uns ſo viel Vernunft gegeben,
Daß man es zu brauchen weis.
Jhm allein ſey Lob und Preis!
Die Halb - metal - len.
Laßt uns nun die Halbmetallen,
Wie die ganzen, auch beſehn,
Und mit Luſt von ihnen allen,
Daß auch ſie ſehr ſchoͤn, geſtehn!
Dieſe ſind, wie folgt, genennet:
Lebend Silber, ſo ſtets rennet,
Bismuth, Antimonium,
Schwefel und Arſenicum.
Die25Die denn darinn unterſchieden,
Daß ſie, gar durch kein Bemuͤhn,
Sich, wie jene, biegen, ſchmieden,
Noch in Stangen laſſen ziehn:
Sondern, allzu ſproͤd und fluͤchtig;
Keine Glut zu dulden tuͤchtig,
Aber doch von großem Werth,
Wie man’s uͤberall erfaͤhrt.
Queck - ſilber. ☿
Jſt auf Erden was zu finden,
Das, wie ſehr mans auch ermißt,
Doch beſchwerlich zu ergruͤnden,
Zu verſtehn, zu faſſen iſt,
Deſſen Kraft, trotz Fleiß und Sorgen,
Erztverſtaͤndigen verborgen;
So iſt es Merkurius,
Den man wohl bewundern muß.
Seine wunderbaren Kraͤfte,
Fluͤchtig - und Beweglichkeit,
Seiner fluͤßig-trocknen Såfte
Seltſame Beſchaffenheit,
Die uns in Verwundrung ſetzet,
Da er fließet und nicht netzet,
Da er faſt zu leben ſcheint,
Leicht ſich theilt, und leicht vereint.
Recht wie feines Silber ſchimmert
Dieſes regen Silbers Schein,
Stark gedruͤckt, wird es zertruͤmmert:
Doch wie klein die Theilchen ſeyn,
Werden ſie ſich immer ruͤnden,
Und ſich wieder ſchnell verbinden;
Es iſt fließend wie die Flut,
Es iſt ſchwer, es fleucht die Glut.
B 5Seine26Seine Wirkung iſt unglaͤublich,
Die er oft bey Kranken thut:
Seine Kraͤfte nicht beſchreiblich,
Wie er, das ſchon faule Blut,
Von der Faͤulniß, durch das Speyen,
Wunderbar weis zu befreyen.
Von der ſauren Feuchtigkeit
Wird der Menſch durch ihn befreyt.
Ja wie herrlich und wie noͤthig
Jſt es nicht, wenn Fleifch und Haut
Grindig, kraͤtzig, unterkoͤtig,
Was man nicht ohn Grauen ſchaut,
Machet es ſehr ſchnell geneſen,
Und der Krankheit giftig Weſen
Wird, durch ſeine rege Kraft,
Bald getilgt und weggeſchafft.
Ja auf recht beſondre Weiſe,
Die man ſieht, doch nicht begreift,
Tilgt es Floͤhe, Wanzen, Laͤuſe:
Wenn ihr wuͤſter Schwarm ſich haͤuft,
Daß ſie ſchwerlich zu ertragen,
Wird ſein Dunſt ſie gleich verjagen;
Denn, ſo viel wir noch verſtehn,
Muß es, durch den Dunſt, geſchehn.
Alle Koͤrper ſcheinen immer
Zu der Still und Ruh geneigt,
Da ſich dieſes Silbers Schimmer
Allezeit in Unruh zeigt.
Selbſt die Flut iſt nicht ſo rege,
Es ſucht ſelber ſeine Wege;
Waͤr ein Theilchen noch ſo klein,
Wird es in Bewegung ſeyn.
Ja27Ja recht, eben dieß Bewegen
Scheint bey uns die groͤßte Kraft:
Dadurch weis es zu erregen
Des Gebluͤtes traͤgen Saft,
Daß das Faule ſich zertheilet;
Mancher wird dadurch geheilet,
Wenn, was ſonſt ſich nicht ergeußt,
Durch den Speichel von ihm fleußt.
Es iſt fluͤßig, reg’ und fluͤchtig,
Da die Theilchen rund und klein.
Nichts iſt es zu zwingen tuͤchtig,
Es durchdringet Fleiſch und Bein,
Es durchbohrt, bey Menſch und Thieren,
Adern, Nerven, Haut und Nieren:
Es durchreißet uͤberall
Holz und Glas, ja ſelbſt Metall.
Faſt unzaͤhlige Geſtalten
Nimmt es, wie ein Proteus, an,
Da es bald den Leib erhalten,
Bald wie Gift uns toͤdten kann.
Wenn es leichtlich faͤllt und ſteiget,
Und dadurch das Wetter zeiget,
Kann man es vorher gar ſchoͤn
Jn den Wetterglaͤſern ſehn.
Helle ſieht man es im Dunkeln,
Recht wie einen Phoſphorus,
Wenns die Luft nicht druͤcket, funkeln,
Daß man ſich verwundern muß.
Die, ſo es zu feſſeln ſuchen,
Hoͤrt man oͤfters auf ihn fluchen,
Da es ſie ſo oft betriegt,
Wenns bald ruht, bald fließt, bald fliegt.
Der28Der geziehgen Ganzmetallen
Schmelz - und biegbarer Natur
Grund und Urſach iſt, vor allen,
Der ſo fluͤßige Merkur.
Sonder ihn koͤnnt auf der Erden
Kein Metall behammert werden:
Wie ſich Zink und Markaſit,
Weil er ihnen fehlt, nicht zieht.
Wir erfahren und verſpuͤren,
Daß, auch in der Wundarzney,
Es, zu heilen, zu curiren,
Ein bewehrtes Mittel ſey.
Vielfach wird es praͤpariret,
Wohl gereinigt, calciniret,
Diſtillirt, coagulirt,
Suͤß gemacht, und ſublimirt.
Welcher Menſch iſt ſo beleſen,
Der, wodurch es ſtetig rennt;
Und dieß Silbers wahres Weſen,
Geiſt, und Kraͤfte faßt und kennt!
Es hat Gott uns werden laſſen,
Zu bewundern, nicht zu faſſen,
Seiner Werke Wunderpracht,
Und in ihnen ſeine Macht.
Drum ich lieber frey geſtehen,
Als betriegriſch prahlen will.
Dieß Geheimniß einzuſehen,
Stehet mein Erkenntniß ſtill.
Daß aus Schwefel, Salz und Erde
Der Merkur gebildet werde
Und gefuͤgt ſey, kommet mir
Nicht der Wahrheit aͤhnlich fuͤr.
Got -29Gottes Wunder will ich lieber,
Wie in allen, ſo auch hier,
Hoͤchſt bewundern, als hieruͤber,
Durch die eitle Ehrbegier
Jn den Labyrinth gefuͤhret,
Sagen, was ſich nicht gebuͤhret.
Gottes Ehre ſoll allein
Meiner Lieder Endzweck ſeyn.
Mag es alſo hierbey bleiben.
Auf denn itzt, mein reger Geiſt!
Auch das Spießglas zu beſchreiben,
So mit Recht ein Wunder heißt.
Sonderlich in Arzeneyen
Hat man ſeiner ſich zu freuen:
Es wird meiſtens, wie bekannt,
Antimonium genannt.
Spießglas wird alſo beſchrieben,Spieß - glas. ♁
Daß es halb Metall, und feſt, Welches doch leicht wird zerrieben,
Und ſich leichtlich ſchmelzen laͤßt:
Blaͤulicht, voller Striche, Truͤmmern,
Und voll Punkte, welche ſchimmern,
Das aus manchem Stoff beſteht,
Und gar leicht im Feu’r vergeht.
Dieſes, ſo viel wir ereilen,
Urſprung, Weſen und Natur
Scheint, nebſt Salz und Schwefeltheilen,
Saturniniſcher Merkur.
Seine mannichfaltgen Kraͤfte
Reinigen der Adern Saͤfte,
Staͤrken ihren regen Kreis,
Fuͤhren ab, und treiben Schweiß.
Man30Man kann keine Wirkung ſpuͤren,
Wenn man es allein gebraucht;
Aber Brechen und Purgieren
Wirket es, in Saur getaucht:
Wannenher es unſre Alten
Stets fuͤr ſchaͤdlich Gift gehalten,
Da, wie die Erfahrung lehrt,
Es, vor ſich, doch nichts verſehrt.
Durch die Saͤur und Waͤrm im Magen
Wird ſein Schwefel aufgeloͤſt,
Und dieß kann kein Mag ertragen,
Drum er ihn bald von ſich ſtoͤßt.
Es beweget ſich in Eile,
Weil des Schwefels innre Theile
Luftig, und daher geſchwind,
Durch die Waͤrm gedehnet ſind.
Denn ſo wird ein zaͤh’ Gebluͤte,
Wenn es ſich mit Schwefel miſcht,
Durch der luftgen Theile Guͤte
Ausgeſpannet und erfriſcht.
Da ſie ſich zu dehnen wiſſen,
Wird der zaͤhſte Schleim zerriſſen,
Und ſodann fließt unſer Blut,
Als wie eine rege Flut.
Wenn man es nur eben ſchmecket,
Auch wenn man es niederſchlingt,
Wird viel Speichel gleich erwecket,
Der vielleicht daher entſpringt,
Weil, wenn Salz und Schwefel gaͤhren,
Sie Bewegungen gebaͤhren
Jn dem aufgebrachten Saft,
Durch der ſpitzen Theilchen Kraft.
Hat31Hat man Spießglas calciniret,
Wird dadurch der Schweiß erweckt.
Wenn man es vitrificiret,
Hat man ſolche Kraft entdeckt.
Wein, in ſolch Gefaͤß gegoſſen,
Und hernach von uns genoſſen,
Hat der Oeffnung Eigenſchaft,
Und purgirt mit großer Kraft.
Wenn mans mit Salpeter menget,
Und bringt eine Kohle dran,
Da es ſich wie Pulver ſprenget
Und entzuͤndet, findet man
Etwas, ſo wie Glas zerfließet,
Dieß, zerrieben, und verſuͤßet
Durch das Kochen mit der Flut;
Jſt fuͤrs Weh’ der Augen gut.
Von den ſcharf - und ſauren Theilen
Saͤubert Spießglas unſer Blut.
Kraͤtz und Raͤude bald zu heilen,
Jſt ſein Bleyweiß trefflich gut.
Die zu viele Feuchtigkeiten
Abzuſondern, abzuleiten,
Und zu oͤffnen auf einmal,
Schmelzt mans mit zerfeiltem Stahl.
Gegen ein verzehrend Fieber
Stecket große Kraft darinn:
Faſt kein Mittel geht daruͤber,
Miſcht man es mit feinem Zinn
Und Salpeter, wohl zuſammen,
Durch die heiße Kraft der Flammen;
Da man es, wenn es verſuͤßt,
Ohne Nutzen nicht genießt.
Alle32Alle Kraͤft’ und Arzeneyen,
Welche man aus Spießglas zieht,
Zu erzaͤhlen in der Reyen,
Jſt man nur umſonſt bemuͤht.
Balſam, Blumen, Schwefel, Eßig,
Butter, welche ſo gefreßig,
Bleyweiß, Kalk, Merkurius,
Glas, Zinnober, Tartarus.
Die, wenn wir ſie recht vermiſchen,
Zu ſo vielen Dingen gut,
Da ſie reinigen, erfriſchen,
Und verſuͤßen Saft und Blut,
Zu verlaͤngern unſer Leben.
Haͤtte Gott nun nicht gegeben
Jhm die Kraft, und uns den Witz,
Waͤr es uns zu nichtes nuͤtz.
Beydes ſollte man ermeſſen,
Und, wenn man es wohl bedacht,
Ja des Dankens nicht vergeſſen.
Gottes Lieb und weiſe Macht,
Gottes Ordnungen und Gaben,
Sollte man vor Augen haben:
Billig ſollt’ er ganz allein
Aller Seelen Endzweck ſeyn.
Bis - muth oder Mar - kaſit.
Wenn auch dieß betrachtet worden,
Sind wir nun mit Recht bemuͤht,
Aus der Halbmetallen Orden,
Bismuth oder Markaſit
Zu betrachten, zu ergruͤnden;
Da wir denn gleich anfangs finden,
Daß derſelbe zweyerley,
Gelblicher und weißer, ſey.
Jenen33Jenen heißt man darum guͤlden,
Weil es nicht nur roth allein;
Sondern, weil in ihm ſich bilden
Striche mit ganz guͤldnem Schein.
Es iſt Zink, von dieſen beyden
Faſt in nichts zu unterſcheiden,
Außer daß er zaͤher bleibt
Und ſo leicht ſich nicht zerreibt.
Wann wir ihren Stoff ergruͤnden,
Koͤnnen wir gar bald die Spur,
Woraus es beſtehet, finden,
Daß es Schwefel und Merkur:
Und aus dieſen kann man ſehen
Und die Urſach leicht verſtehen,
Wie mit Kupfer, Zinn und Bley
Es ſo leicht zu mengen ſey.
Die es haͤrtet, faͤrbt, verbeſſert,
Und dadurch, wenn es ſich paart,
Unſern Nutzen ſehr vergroͤßert,
Da wir auf ſo manche Art
Aus demſelben viele Sachen,
Mancherley Gefaͤße machen,
Die theils roͤthlich, und theils bleich,
Faſt dem Gold und Silber gleich.
Wenn wir ſeine Kraft probiren,
Find’t ſich, daß er in der That,
Unſern Koͤrper zu curiren,
Einen großen Nutzen hat.
Wann Chymiſten ſich bemuͤhen,
Bluhmen aus demſelben ziehen;
So erſtreckt ihr Nutzen ſich
Jnnerlich und aͤußerlich.
CEs34Es wird ſehr bewehrt befunden
Gegen Schwind - und Waſſerſucht,
Augenmaͤngel, alte Wunden,
Und der geilen Venus Frucht,
Grind, Geſchwuͤr und Eiterbeulen
Hat es eine Kraft zu heilen:
Alles, was die Haut verletzt,
Wird verzehrt, und ſie erſetzt.
Wer von dieſen Kraͤften hoͤret,
Und, durch die Betrachtung, nicht
Gott, der Kraͤfte Quell, verehret,
Handelt wider ſeine Pflicht;
Noch vielmehr, der ihr genießet,
Und doch dem, draus alles fließet,
Alles dauret, und entſpringt,
Nicht einmal ein Danklied bringt.
Arſe - nicum. ❍ - ❍
Wenn nun auch betrachtet worden,
Was der Bismuth Wirkung ſey
Jn der Halbmetallen Orden;
Trifft Arſenicum die Reih’.
Dieſes, wenn wirs recht geſtehen,
Und es nur ſo roh beſehen,
Jſt ein ſchaͤd - und toͤdtlich Gift,
Welches manches Unheil ſtift.
Allen Thieren iſt es toͤdtlich;
Nur dem einzgen Wolf allein
Soll Arſenicum nicht ſchaͤdlich,
Noch viel minder toͤdtlich, ſeyn.
Und dennoch, purificiret,
Corrigiret, praͤpariret,
Und erweiſet ein Chymiſt,
Daß es oft ſehr nuͤtzlich iſt.
Wer35Wer es unterſucht, befindet,
Daß es unterſchieden ſey,
So ſich unter ſich verbindet.
Denn man findet dreyerley;
Gelb, iſt eins von dem Geſchlechte,
Weiß, iſt eigentlich das rechte,
Roth iſt, was Auripigment
Man gemeiniglich benennt.
Weil mans findet faſt in allen
Bergwerksadern insgemein,
Meynt man, daß es der Metallen
Wahrer Urſtoff muͤſſe ſeyn;
Weils dem Schwefel gleicht, auch brennet,
Wirds ein maͤnnlicher genennet,
Da er naͤmlich ſchaͤrfer frißt,
Feſter auch, als Schwefel, iſt.
Daß man von deſſelben Weſen
Und wie weit ſein Wirken geht,
Nicht in Schriften mehr geleſen,
Und nicht mehr davon verſteht;
Koͤmmt daher, weil man verſpuͤret,
Daß man ſelben nicht tractiret
Ohne toͤdtliche Gefahr,
Welches leider offenbar.
Dennoch hat man ausgefunden,
Daß es oft in mancherley
Krebsgeſchwuͤren, alten Wunden
Ein bewehrtes Mittel ſey.
Zaͤhen Schleim kann es zertheilen,
Schweiß erwecken, Fieber heilen,
Welche gift - und hitzig ſeyn,
Wenn es nur vom Unrath rein.
C 2Da36Da nun ſo verſchiedne Curen
Durch Arſenicum geſchehn,
Jſt aus den geſehnen Spuren
Dieſes leichtlich zu erſehn,
Daß noch mehr darinn verborgen,
So vielleicht heut oder morgen
Kundbar wird; drum dankt auch hier
Unſerm Schoͤpfer doch dafuͤr.
Endlich wird des Schwefels WeſenSchwe - fel. �
Auch noch zu betrachten ſeyn. Dieſer iſt theils auserleſen,
Theils iſt er nicht voͤllig rein.
Beyde Sorten ſind zu finden
Jn den tiefen Bergwerksgruͤnden:
Beyde werden auch gemacht,
Und, durch Kunſt, hervorgebracht.
Jene bricht man aus der Erden,
Wie man ſonſten Steine bricht.
Dieſe, dahingegen, werden
Durch das Feuer zugericht’t,
Und, wenn man Metallen brennet,
Durch die Hitze abgetrennet,
Da man ihn, wenns ausgegluͤht,
Jn den Gruben liegen ſieht.
Lebendig wird der genennet,
Den man graͤbt, der rein und weich,
Der die Kraft der Glut nicht kennet,
Und, an Farbe, geldlich bleich.
Pferdeſchwefel heißt hingegen,
Wenn ſich grobe Hefen legen
An dem Rande, nach der Glut,
Welches dieſer immer thut.
Was37Was das Weſen nun angehet,
Draus der Schwefel eigentlich
Wie erweislich iſt, beſtehet,
Wenn mans ſucht, ſo findet ſich,
Daß mit einem ſcharfen Oele
Sich ein ſaurer Geiſt vermaͤhle,
Welcher, wenn mans recht ermißt,
Etwas vitrioliſch iſt.
Jedes von den beyden Dingen,
So ich alleweil beruͤhrt,
Kann man leichtlich aus ihm bringen,
Wenn man Schwefel ſeparirt.
Ja noch mehr, was noch das meiſte,
Aus dem vitriolſchen Geiſte,
Und aus Oel von Terpentin,
Zeugt, formirt und macht man ihn.
Weil denn nun des Schwefels Theile
Oelig, folglich fluͤchtig, ſeyn;
Brennt er in geſchwinder Eile
Durch des Feuers Macht und Schein,
Welches bloß ein ſchnelles Regen
Und ein ploͤtzliches Bewegen
Fetter Theilchen, deren Trieb
Unſer Kiel beym Feur beſchrieb.
Wenn zugleich nun ſaure Saͤfte
Mit des Schwefels Oel gemiſcht,
Sind dadurch derſelben Kraͤfte
Mehr zu brennen angefriſcht.
Nichts iſt heftiger im Brennen,
Wie wirs klaͤrlich ſpuͤren koͤnnen,
Als dann, wenn ein ſaurer Geiſt,
Durch die Glut, vom Oel ſich reißt.
C 3Wer38Wer ihn mit Salpeter menget,
Und dazu noch Kohlen thut,
Hat das Pulver, welches ſprenget,
Und mit Blitz geſchwinder Glut
Schmettert, ſtuͤrzet und erſchuͤttert,
Wuͤhlt, zerreißet und zerſplittert.
Felſen ſelber wirft ihr Grimm,
Durch ihr ſchnelles Drengen, uͤm.
Sehn wir nun in Arzeneyen
Unſers Schwefels Eigenſchaft,
Haben wir uns ſehr zu freuen
Seiner wunderbaren Kraft.
Jn gefaͤhrlichen Geſchwuͤren,
Unſre Lungen zu curiren,
Auch die Saͤur in unſerm Blut,
Jſt nichts ſo bewehrt und gut.
Wider Biſſe giftger Schlangen
Kann man von dem Schwefel auch
Linderung und Huͤlf erlangen
Durch vernuͤnftigen Gebrauch.
Ferner iſt er trefflich nuͤtze
Zu des Fiebers wilden Hitze.
Durch ihn wird die Haut geheilt,
Wenn ſie Raͤud und Kraͤtze theilt.
Dieß ſcheint folgends zu geſchehen:
Durch des Schwefeloͤles Kraft
Muß ein ſtarker Trieb entſtehen
Jn des Blutes traͤgem Saft.
Denn des Oeles runde Theile
Drehen ſich in ſchneller Eile;
Weil ihr luftger Geiſt ſie dehnt,
Der ſich zu befreyen ſehnt.
Was39Was nun unſerm Koͤrper ſchadet,
Wird zugleich mit ausgefuͤhrt:
Da dann, wann ſichs Blut entladet,
Es viel beſſer circulirt.
Durch das Spannen und das Dehnen
Werden Adern, ſammt den Sehnen,
Von der zaͤhen Feuchtigkeit,
Die das Oel zertheilt, befreyt.
Wie der Schwefel viele Sachen,
So erhaͤlt er auch den Wein;
Um ihn dauerhaft zu machen,
Thut man ihn ins Faß hinein,
Laͤßt nur ein klein Stuͤckchen brennen,
Da ſich denn die Duͤnſte trennen,
Die er theilt, und theils verzehrt,
Wodurch denn der Wein nicht gaͤhrt.
Bleyerzt ein metalliſch Weſen
Wird aus Holl - und Engelland,
Aus dem letzten auserleſen,
Grob aus Holland, uns geſandt:
Jenes iſt recht ſchoͤn zum Reißen,
Dieß macht altes Eiſen gleißen;
Woraus man denn in der That
Mannichfachen Nutzen hat.
Von der Halbmetallen Saͤften
Sagte man viel mehr mit Fug:
Doch dieß ſey von ihren Kraͤften,
Und zumal vom Schwefel, gnug.
Alles kann man nicht ergruͤnden,
Gnug, daß wir den Schoͤpfer finden,
Der, durch Weisheit, Lieb und Macht,
Sie, fuͤr uns, hervorgebracht.
C 4Ew’ger40Ew’ger Urſprung aller Dinge,
Aller Kraͤfte Wunderquell!
Wenn ich dein Geſchoͤpf beſinge,
Zeigt mir jedes klar und hell,
Daß allein dein goͤttlich Weſen
Uns und ſie dazu erleſen,
Daß wir dich in ihnen ſehn,
Und in ihnen dich erhoͤhn.
Laß mich doch auf dieſer Erden
Dieſes wohl beherzigen!
Laß mich nimmer muͤde werden!
Sondern gieb, daß ich erkenn,
Daß die Dinge, die wir ſehen,
Alle bloß durch dich beſtehen,
Daß von deinem Allmachtsſchein
Alle Dinge Zeugen ſeyn.
Von den Steinen.
Laßt uns itzt dann Gott, zu Ehren,
Weiter ins Naturreich gehn,
Und uns zu den Steinen kehren,
Deren Meng und Nutzen ſehn.
Denn, ſowohl als in Metallen,
Finden wir in ihnen allen,
So man nimmer gnugſam ſchaͤtzt,
Was uns nuͤtzt, und auch ergetzt.
Was wir irgend Steine nennen,
Das ſind Koͤrper, welche feſt,
Wovon keiner gern ſich trennen,
Weniger behaͤmmern laͤßt;
Koͤrper, welche, wie wir ſehen,
Aus verſchiednem Stoff beſtehen,
Sie zergehn nicht in der Flut,
Weichen auch nicht leicht der Glut.
Wie dieſelben in der Erden
Der Naturgeiſt zeugt und macht,
Kann gar wohl erwieſen werden;
Wenn man es genau betracht,
Wird es uns von ſelbſt erklaͤret,
Da uns die Erfahrung lehret,
Daß der Stoff von einem Stein
Anfangs muͤſſe fluͤßig ſeyn.
C 5Naͤm -42Naͤmlich, man wird immer finden,
Daß mit einer Feuchtigkeit
Kleiner Kieß und Sand verbinden.
Koͤmmt es nun zur Trockenheit,
Da das Waͤßrichte vergehet,
Und verduͤnſtet, dann entſtehet
Ein ſo harter Koͤrper draus:
Deutlich zeigts ein Ziegelhaus.
Wo man naͤmlich uͤberzeuglich
Steine durch die Kunſt formirt,
Da der Leim, der anfangs weichlich,
Feuchte Theilchen mit ſich fuͤhrt,
Die faſt kleinen Schlangen gleichen,
Welche dem Gefuͤhle weichen,
Bis ſie, wie vorher geſagt,
Luft und Glut herausgejagt.
Da ſodann die andern Theile,
Als die aͤſtefoͤrmig ſeyn,
Starre werden und in Eile
Zum vollkommnen harten Stein.
Auf dieſelbe Weiſe werden
Jn, ſowohl als auf, der Erden,
Alle Steine zugericht’t,
Die man in dem Bergwerk bricht.
Wie ſo ſehr uns Steine nuͤtzen,
Trifft man, mit Erſtaunen, an,
Da uns nichts ſo ſehr beſchuͤtzen,
Vom Vergehn uns retten kann:
Da wir in der Erde Gruͤnden,
Wenn man ſie erwaͤgt, befinden,
Wie der ganze Bau der Welt
Durch die Felſen ſich erhaͤlt.
Wuͤrde43Wuͤrde dem verzehrnden Brennen
Unſrer unterirdſchen Glut
Erde widerſtehen koͤnnen?
Auch der unterirdſchen Flut
Drengen, Preſſen, Laſt und Drucken
Wuͤrd’ uns ſtuͤrzen und verſchlucken,
Da wir itzt, durch Fels und Stein
Unterſtuͤtzet, ſicher ſeyn.
Eh’ wir aber weiter gehen,
Laſſet uns zuvor einmal
Eine kleine Probe ſehen,
Wie ſo groß der Steine Zahl.
Weil wir aus der Menge ſchließen,
Und erſtaunt bewundern muͤſſen
Jhres Schoͤpfers Wundermacht,
Welcher ſie hervorgebracht.
Iaſpis, Adamas, Achates,
Lydius, Autoglyphus,
Boſtrychites, Aſpilates,
Citrinus, Ammochryſus,
Galarictis, Argyritis,
Alabaſtrum, Anachitis,
Amethyſtus, Androas,
Bezoar, Androdamas.
Gloſſopetra, Cactonſites,
Baſanus, Iſodomus,
Aerizuſa, Hephæſtites,
Crocias, Balaſſius,
Aegyptilla, Belemnites,
Corallina, Narciſſites,
Baptes, Horio, Ornicus,
Eureos, Bufonius.
Exa -44Exacolithos, Chloates,
Borea, Corneolus,
Aſtrobolus, Cerachates,
Brontia, Lyncurius,
Chryſolampis, Echinites,
Cos, Gangitis, Epiſtites,
Daphnia, Camaſeus,
Agapis, Carbunculus*Der Herr Verfaſſer hatte noch 17 Strophen von Steinen auf dieſe Art gemacht, welche wir aber aus Beyſorge, dem Leſer beſchwerlich zu ſeyn, weg - gelaſſen.
*. Viel iſt hier, doch vieles fehlet;
Jch verſichre dich, die Zahl,
Die ich mir und dir erzaͤhlet,
Jſt die Haͤlfte nicht einmal
Von den Steinen, die wir ſehen
Jn den Tiefen, auf den Hoͤhen;
Nehmt denn hier des Schoͤpfers Macht
Jn der Steine Meng in Acht!
Dieſe vorerwaͤhnten Steine
Theilet man, wie billig, ein
Jn gemein’ und ungemeine,
Und die mittler Gattung ſeyn.
Die gemeinen ſind zu finden
Jn den Bergen, Flaͤchen, Gruͤnden;
Allenthalben find’t man ſie,
Und die meiſten ohne Muͤh.
Jhre45Jhre Menge zeigt in ihnen
Gottes Lieb und Weisheit an,
Da man ihrer ſich bedienen,
Und am meiſten nuͤtzen kann,
Giebt ſie Gott in ſolcher Menge.
Jhre Groͤße, Breite, Laͤnge,
Haͤrte, Dicht - und Feſtigkeit
Zeigt den großen Unterſcheid.
Laßt uns denn nun weiter eilen,
Die gemeinen anzuſehn,
Die ſich ſo verſchiedlich theilen,
Und, wie jeder muß geſtehn,
All’ in ihrer Art zu nutzen,
Da ſie Kaͤlt’ und Regen trutzen,
Ja fuͤr Feinde, Feu’r und Wind
Uns ein ſichres Schirmdach ſind.
Wenn es regnet, ſtuͤrmet, blitzet,
Denket man wohl einſt daran,
Daß man unter Daͤchern ſitzet,
Daß man ſich beſchuͤtzen kann?
Der Soldatenſtand, das Reiſen
Koͤnnen uns am beſten weiſen,
Wenn uns Kaͤlt’ und Wetter ſchreckt,
Daß der gluͤcklich, wer ſich deckt.
Was wir aus den Felſen hauen,
Nuͤtzt uns auf ſo manche Art,
Zu dem Grunde, wenn wir bauen.
Waſſer wird nie ſo verwahrt,
Als in Felſen, weil ſie dauren.
Unſre ſtarke Feſtungsmauren,
Gaſſen, Pflaſter, Leichenſtein
Werden meiſt aus Felſen ſeyn.
Muß46Muß ſich nicht der Sandſtein ſchicken
Zu ſo mancherley Gebrauch?
Aus deſſelben Quaderſtuͤcken
Baut man Haͤuſer, ſchmuͤckt ſie auch,
Da er ſich ſo leicht laͤßt theilen.
Wie viel ſchoͤne Bilder, Saͤulen,
Stiegen, Brunnen, Thuͤrgericht,
Macht man aus dem Sandſtein nicht?
Thuͤrme, Thore, Kirchen, Schloͤſſer,
Oeffentliche Haͤuſer auch,
Bauet man aus Sandſtein beſſer,
Als aus andern. Zum Gebrauch,
Zur Bequemlichkeit der Staͤdte,
Wird ſo manches Hausgeraͤthe,
Theils zur Noth, und theils zur Pracht,
Aus dem Sandſtein uns gemacht.
Mit dem Kalk ſich wohl zu binden
Jſt des Sandſteins Eigenſchaft.
Mehr iſt noch an ihm zu finden,
Wann des Muͤhlſteins rege Kraft
Das ernaͤhrende Getreide
Klein zerreibt zum Nutz, zur Freude,
Weil ja auch die Muͤhlenſtein’
Arten von dem Sandſtein ſeyn.
Schiefer, die die Schweizer brechen,
Decken unſre Haͤuſer zu:
Durch die wohlgefuͤgten Flaͤchen
Wuͤnſcheſt und verlangeſt du
Was vergeßlich zu behalten;
Laß ſie nur in Tafeln ſpalten,
Da denn, durch die weiße Schrift,
Sich ein Denkmaal leichtlich ſtift.
Zum47Zum Poliren, Ebnen, Glaͤtten
Wird der Bimmsſtein oft gebraucht,
Welcher aus den Feuerſtaͤten,
Wo ein ſteter Schwefel raucht,
Wo es immer brennt und flammet,
Aus den Brandgebirgen ſtammet,
An dem mittellaͤndſchen Meer,
Der iſt locker, und nicht ſchwer.
Muß, um Waſſer wohl zu faſſen,
Sich der rauhe Toftſtein nicht
Nutzbarlich gebrauchen laſſen?
Wenn er kuͤnſtlich zugericht’t,
Und mit Glas und Gips vermenget,
Wehrt er, daß kein Waſſer drenget
Durch die Tuͤnche, die ſich dann
Von der Wand nicht trennen kann.
Welchen Nutz und Vortheil bringet
Der gemeine Feuerſtein,
Da das Feur, ſo aus ihm ſpringet,
So bequem des Lichtes Schein
Gleich im Augenblicke zeuget,
Wanns durch Stahl aus Kieſel ſteiget,
Den, ob er gleich Feuer hegt,
Man doch ſicher bey ſich traͤgt.
Kieſel koͤnnen uns ſehr dienen,
Glas wird draus hervorgebracht:
Auch hat der Chymiſt aus ihnen
Manchen ſchoͤnen Stein gemacht.
Man hat in den Arzeneyen
Sich der Kieſel auch zu freuen;
Denn er trocknet, wohlbereit,
Die zu viele Feuchtigkeit.
Laſſet48Laſſet uns hier nicht vergeſſen
Des beruͤhmten Bruchſteins Kraft;
Sondern laßt uns doch ermeſſen
Seine große Eigenſchaft:
Dieſer, wenn ein Bein gebrochen,
Macht in Kurzem wieder Knochen,
Ja er lindert bald die Pein;
Laßt mir das ein Wunder ſeyn!
Ja, wie viele von ihm ſchreiben,
Kann der Bruchſtein gar die Peſt
Aus dem kranken Koͤrper treiben,
Wenn man mit ihm ſchwitzen laͤßt.
Beinbruchspulver macht die Zaͤhne
Feſte, glaͤnzend, weiß und ſchoͤne;
Ja ſelbſt in des Fiebers Hitz
Jſt er gleichfalls trefflich nuͤtz.
Wenn wir nun noch weiter gehen,
Treffen wir den Kalkſtein an,
Deſſen Kraft man kaum verſtehen,
Noch den Vortheil zaͤhlen kann;
Und daß wir ihn nuͤtzen koͤnnen,
Muß ſtets gleiches Feur ihn brennen,
Weil, wo Kaͤlte zu ihm dringt,
Jhn hernach kein Feur mehr zwingt.
Seine Wirkung ſcheint zu kommen,
Weil er von der ſteten Glut
Kleine Theilchen eingenommen,
Die, als Feinde von der Flut,
Alsbald, wenn ſie Naß empfinden,
Schnell ſich loͤſen und entzuͤnden,
Daß das Waſſer ſchaͤumt und ſauſt,
Und gewaltig kocht und brauſt.
Wie49Wie uns Kalk im Bauen nuͤtze,
Jſt ja wohl bekannt genug,
Daß er alles Bauwerks Stuͤtze,
Leugnet wohl kein Menſch mit Fug:
Aber, daß in Medicinen
Seines Waſſers Kraͤft’ uns dienen,
Und zumal im Krebs und Brand,
Dieß iſt allen nicht bekannt.
Fiſtelſchaden, Krebs und Beulen,
Wanns mit Wachs und Oel gemiſcht,
Kann es faſt ohn Wundmahl heilen;
Tuch entfleckt es; es erfriſcht
Unſrer Augen Roͤth’ und Hitze;
Ja es iſt zumalen nuͤtze,
Wenn die Haut durchs Feu’r verletzt,
Daß es kleine Blaſen ſetzt.
Weil in ihrem Stoff und Kraͤften
Kalk und Gyps ſehr nahe ſtehn,
Da ſie beyde leicht ſich heften,
Laßt uns auch den Gyps beſehn.
Gyps wird meiſt der Kalk genennet,
Welchen man ſo ſtark nicht brennet.
Dieſer Stein, nur daß er weich,
Jſt dem Alabaſter gleich.
Groß’ und leichte Bilderſaͤulen,
Theils zur Model, theils zur Pracht,
Da es ſich ſo leicht laͤßt theilen,
Werden aus dem Gyps gemacht.
Wenn man ihn mit Steinen menget
Und mit Milch und Bley; ſo drenget
Sich des Gypſes Stoff ſo feſt,
Daß es recht wie Marmor laͤßt.
DFriſch50Friſch getuͤnchte Zimmer ſchmuͤcket
Mahlwerk, ſo des Kuͤnſtlers Geiſt
Jn den Gyps mit Farben druͤcket,
Welches man al freſco heißt.
Zartes Laubwerk wird formiret,
Und ſo nett aus Gyps poßiret,
Daß es oft, als wenn es lebt,
Unterm Boden gleichſam ſchwebt.
Nach betrachteten gemeinen,
So zu Gottes Ruhm geſchehn,
Laßt uns itzo von den Steinen
Auch die Mittelgattung ſehn,
Die ſich fuͤglich in drey Claſſen
Nach der Ordnung theilen laſſen,
Da ſie ſo an Form und Schein,
Als am Nutzen, ſchaͤtzbar ſeyn.
Die man Schoͤnheits halber ſchaͤtzet,
Das ſind: Marmor, Fraueneis,
Spath, und was kein Feur verletzet,
Talk, imgleichen Federweiß.
Marmor iſt ein feſtes Weſen,
Rein, ſubtil und auserleſen
Jſt der Sand, draus er beſteht,
Der daher nicht leicht zergeht.
Weil ſein Stoff, draus er formiret,
Gleich auf allen Seiten druͤckt,
So wird er ſo leicht poliret,
Und mit ſolchem Glanz geſchmuͤckt;
Wenn man ihn zu anfangs graͤbet
Und ihn aus der Erden hebet,
Jſt er anfangs nicht ſo feſt,
Daß er ſich leicht ſpalten laͤßt.
Aber51Aber koͤmmt er erſt am Lichte
Eine Zeitlang aus der Gruft,
Wird er haͤrter, feſt und dichte
Durch die Zeit und durch die Luft.
Wer wird alle Dinge nennen,
Zaͤhlen und beſchreiben koͤnnen,
Die man, ſo zur Daur als Pracht,
Aus dem glatten Marmor macht?
Wie viel Saͤulen, Fluren, Pflaſter,
Bilderſaͤulen, Thuͤrgericht,
Haut man aus dem Alabaſter
Und Porphyr und Marmor nicht?
Ja es machen Menſchenhaͤnde
Aus denſelben ganze Waͤnde:
Ganze Haͤuſ - und Schloͤſſer ſeyn
Aufgefuͤhrt aus Marmorſtein.
Marmorſtaub wird auch zu Pflaſter,
Weil es trocknet, oft gebraucht.
Wann man Graus vom Alabaſter,
Nebſt dem Kalk, in Waſſer taucht,
Wird der Stoff daraus formiret,
Welcher unſre Zimmer zieret,
Da man, zur erlaubten Pracht,
Leiſten, Laub und Bilder macht.
Welcher ſchoͤnen Farben Menge
Trifft man in dem Marmor an?
Wer iſt, der der Adern Gaͤnge
Fremde Bildung zaͤhlen kann?
Welcher iſt, wenn er poliret,
Den ſein ſchoͤner Glanz nicht ruͤhret?
Ruͤhret euch nun ſeine Pracht,
Denkt an Gott, der ihn gemacht!
D 2Jn52Jn Europa hier und dorten
Find’t man ihn im Ueberfluß;
Welſchland zeugt ſo viele Sorten,
Daß man ſich verwundern muß.
Auch in Frankreich, auch in Sachſen
Laͤſſet Gott viel Marmor wachſen.
Laßt uns, wenn wir Marmor ſehn,
Denken: Gott! dein Werk iſt ſchoͤn.
Jn dem Marmor ſieht mein Auge,
Von der aͤmſigen Natur,
Und wie ſie zu ſcherzen tauge,
Eine ſonderbare Spur.
Sollt’ uns nun ihr Spiel nicht lenken,
An den Schoͤpfer zu gedenken,
Welcher ſtets der Erden Geiſt,
Uns zum Nutzen, wirken heißt?
Unter ſchoͤnen glatten Steinen
Wird das Fraueneis geſetzt,
Welches man, wie viele meynen,
Fuͤr den Mondſtein ſonſt geſchaͤtzt,
Den man Selenites nennet,
Aber itzo nicht mehr kennet;
Dieſer Stein iſt uͤberall
Ganz durchſichtig, wie Cryſtall.
Und doch laͤſſet er ſich trennen
Ohne Muͤhe, wie denn wir
Jhn in Blaͤttlein theilen koͤnnen,
Die noch duͤnner, als Papier,
Und dadurch ſind viele Sachen
Aus dem Spiegelſtein zu machen;
Fenſterſcheiben, Leuchten auch
Reicht die Klarheit zum Gebrauch.
Er53Er wird leicht durchs Feu’r vernichtet,
Und wird Pulver draus gebracht,
Das die Haut, ſo runzlicht, ſchlichtet;
Auch wird Gyps daraus gemacht.
Gott hat es in Morcan, Meißen,
Und in Welſchland wachſen heißen,
Auch in Cappadocia,
Cypern, und in Africa.
Da nun dieß, wie ihr geleſen,
Uns erfreun und nuͤtzen kann:
Sehet denn ſein zartes Weſen
Mit vergnuͤgten Augen an!
Uns zum Nutz, und Jhm zu Ehren
Heißet Gott auch das ſich mehren;
Auch das klare Fraueneis
Zeiget ſeines Schoͤpfers Preis.
Ferner iſt auch in den Gruͤnden
Von den Steinen, welche glatt,
Eine Sorte noch zu finden,
Dieſen nennt man meiſtens Spath.
Engelland und Augſpurg reichet
Uns denſelben, und er gleichet
Dem cryſtallnen Gyps, den man
Zu Montmaſtre graben kann.
Weißer iſt jedoch und ſchoͤner
Dieſer itzterwaͤhnte Stein,
Und noch glaͤnzender, als jener,
Sein ſo angenehmer Schein.
Schuppenweiſe waͤchſt er immer,
Und ſein Weſen voller Schimmer
Hat, nebſt mancher andern Kraft,
Eine trocknend’ Eigenſchaft.
D 3Wenn54Wenn man will Metallen gießen,
Braucht man gerne dieſen Stein,
Als wodurch ſie leichtlich fließen
Und zum Guß bequemer ſeyn;
Auch zum Formen wird’s genommen.
Daß wir Spath nun auch bekommen,
Uns zum Nutz, aus finſterm Schacht,
Machet der, der alles macht.
Unter den ſo ſchoͤnen Steinen,
Welche glaͤnzen,, findet man
Auch den Talk, deß weißes Scheinen
Man nicht gnug bewundern kann.
Dieſer pflegt ein Stern der Erden
Jnsgemein genennt zu werden:
Er ward, weil er nicht verbrannt,
Argyrodamas genannt.
Man kann ihn zum Fluß nicht bringen,
Weil er nimmermehr zergeht;
Keine Glut kann ihn bezwingen
Und beſiegen. Er beſteht
Aus den ſilbergleichen Blechen,
Die ſehr duͤnn’, und leichtlich brechen.
Als ein Dacht wird er gebraucht,
Welches nicht im Feu’r verraucht.
Er iſt dienlich, viele Sachen,
Zum Exempel, Thon und Erz,
Weiß, dem Silber gleich, zu machen,
Er verwehrt der Zacken Schmerz;
Er ſoll auch den Blutfluß mindern,
Und noch manche Krankheit lindern.
Brauchen wir nun dieſen Stein,
Laßt uns Gott denn dankbar ſeyn!
Da55Da auch Talk betrachtet worden
Zu des großen Schoͤpfers Preis,
Folgt zuletzt in dieſem Orden
Das noch haͤrtre Federweiß,
So man, weil es nicht verbrennet,
Vormals Amianth genennet;
Es iſt ſein Verband ſo feſt,
Daß es ſich nicht trennen laͤßt.
Recht wie Gold haͤlt es zuſammen,
Und beſiegt des Feuers Brand;
Ja, es reinigen die Flammen
Gar den weißen Amianth;
Zaͤſricht iſt ſein Weſen immer,
Faſt wie Woll’, und ſeine Truͤmmer
Wurden einſt, itzt aber nicht,
Recht wie Faͤden zugericht.
Wenn ein Fuͤrſt ſonſt uͤberlebet,
Ward vordem von Amianth
Jhm ein Todtenhemd gewebet,
Und ſein Leib darinn verbrannt:
Daß ſich ja von ſeinen Beinen
Nicht die Aſche moͤcht vereinen
Mit der Aſche von dem Feur,
Hielt man dieſen Stein ſehr theur.
Doch, weil Koͤrper zu verbrennen
Jtzo nicht mehr der Gebrauch,
Wird man ihn nicht nuͤtzen koͤnnen.
Man kann ihn als einen Strauch
Auf den Pyrenaͤ’ſchen Hoͤhen
Mit Verwundern wachſen ſehen.
Oft wird noch aus ihm ein Dacht,
Welcher lange brennt, gemacht.
D 4Man56Man hat in den Arzeneyen
Auch des Amianthens Kraft
Sich beſonders zu erfreuen,
Da deſſelben Eigenſchaft,
Die zum Trocknen ſehr geneiget,
Sich im Blutfluß kraͤftig zeiget.
Laßt uns auch bey dieſem Stein
Seinem Schoͤpfer dankbar ſeyn!
Ferner kann ich einer Claſſen,
Wegen ihrer Nutzbarkeit,
Hier nicht unerwaͤhnet laſſen,
Deren man ſich oft erfreut.
Es ſind dieſe, die ich meyne,
Schmergel, Blut - und Laſulſteine,
Sammt dem leitenden Magnet,
Der wohl uͤber alle geht.
Aus Gallmey fließt, durch die Flammen,
Mit dem Kupfer, in der Glut,
Meßing wunderlich zuſammen,
Das zu vielen Dingen gut.
Macht man nicht hieraus Gefaͤße,
Von ſo mancher Art und Groͤße,
Zum Gebrauch und auch zur Zier?
Dankt dem Schoͤpfer denn dafuͤr!
Schmergel iſt von allen Steinen
Faſt der allerhaͤrtſte Stein,
Denn durch ihn, wer ſollt es meynen?
Macht man gar den Demant klein.
Kieſel, Marmor, Glas zu zieren,
Stahl und Eiſen zu poliren,
Daß ein heller Glanz ſie ſchmuͤckt,
Jſt der Schmergel nur geſchickt.
Nuͤtzet57Nuͤtzet alſo, wie man ſiehet,
Schmergel manchem Handwerksmann,
Daß, wofern er ſich bemuͤhet,
Er durch ihn ſich naͤhren kann:
Sollte denn nicht ſein Gemuͤthe
Seines Schoͤpfers Macht und Guͤte,
Wenn er Schmergel braucht, erhoͤhn,
Und auf Gott in allem ſehn?
Auch der Blutſtein iſt erfuͤllet
Mit recht wunderbarer Kraft,
Da er das Gebluͤte ſtillet,
Und der Adern rothen Saft
Aeußerlich und innwerts hemmet,
Gleichſam ſeinen Fluß verdaͤmmet,
Und, wenns heftig von uns eilt,
Uns faſt augenblicklich heilt.
Triefenden und bloͤden Augen
Jſt der Blutſtein gleichfalls gut,
Seine trockne Kraͤfte taugen
Zu verzehren ihre Flut.
Welcher nun dadurch curiret,
Und vom Blutſtein Huͤlfe ſpuͤret,
Soll denn der nicht GOtt allein,
Als dem Schoͤpfer, dankbar ſeyn?
Noch bezeugen Laſulſteine,
Daß mit Luſt der Nutzen auch
Jn denſelben ſich vereine,
Durch vernuͤnftigen Gebrauch.
Dieſe Steine ſind es eben,
Die uns viel Vergnuͤgen geben,
Woraus wir Ultramarin,
Die ſo rare Farbe, ziehn.
D 5Ferner58Ferner fuͤhrt er Gold. Sie ſchreiben,
Daß er die Melancholey
Oder Schwermuth zu vertreiben,
Ein unfehlbar Mittel ſey.
Da nun Nutzen und Vergnuͤgen
Jn den Laſulſteinen liegen,
Laßt uns doch, wenn wir ſie ſehn,
Den, der ſie gemacht, erhoͤhn!
Nunmehr koͤmmt auch deine Reihe,
Unbegreiflicher Magnet!
Dem ich meinen Kiel itzt weihe,
Ob mein Geiſt gleich gern geſteht,
Daß man keinen, auch von allen
Steinen, Halb - und Ganzmetallen,
Wie man auch dieſelbe nennt,
Beſſer nuͤtzt, und minder kennt.
Aber alle Schwierigkeiten
Hemmen meine Lieder nicht;
Es iſt, ſeine Seltenheiten
Zu verſtehn, nicht unſre Pflicht:
Sondern, wenn ich Gottes Werke
Jm Magnetſtein nur bemerke,
Und dazu den Geiſt erweck,
So erhalt’ ich meinen Zweck.
Des Magneten aͤußre Schalen
Sind veraͤchtlich, gar nicht ſchoͤn;
Es ſind an ihm weder Stralen,
Noch der mindſte Schmuck zu ſehn.
Haͤßlich, rauh und unanſehnlich,
Einem groben Felſen aͤhnlich,
Ohne Glanz und ſonder Schein,
Jſt der ſo beruͤhmte Stein.
Aber,59Aber, ob er gleich ſo haͤßlich,
So veraͤchtlich von Geſtalt,
Jſt dennoch faſt unermaͤßlich
Sein’ unſichtbare Gewalt,
Die der Menſchen Witz bemeiſtert.
Recht beſeelet, recht begeiſtert
Scheint der Stein. Er zeigt, er lehrt,
Wie man nimmer unrecht faͤhrt.
Wenn, mit Schrecken, Furcht und Grauſen,
Sich ein Schiff, bey ſchwarzer Nacht,
Durch der Stuͤrme graͤßlichs Brauſen,
Und der wilden Wellen Macht,
Ohne Weg und Zweck zu wiſſen,
Wuͤrde ſchlenkern laſſen muͤſſen,
Und man ſchenkt ihm dieſen Stein,
Wuͤrd’ er ihm ein Engel ſeyn.
Mitten auf dem wilden Meere,
Wo kein Weg, kein Strand, kein Grund, (Welches ſonſt unmoͤglich waͤre)
Macht der Stein den Weg uns kund.
Jn den dickſten Finſterniſſen
Kann, durch ihn, ein Schiffmann wiſſen,
Wo er iſt, und wie er wohl
Seine Segel lenken ſoll.
Da die Schiffahrt ſo gefaͤhrlich,
Die doch ſo viel Nutzen ſchafft,
Sieht man ja, wie unentbehrlich
Des Magneten Wunderkraft.
Gegen Abend, gegen Morgen
Waͤr die Welt uns noch verborgen;
Nordwerts waͤr auch manches Land
Sonder ihn uns unbekannt.
Zu60Zu wie vielen Wunderwerken
Jn der bildenden Natur,
Sie bewundernd zu bemerken,
Zeigt uns dieſer Stein die Spur!
Silber, Gold und Edelſteine
Werden dieſem Stein alleine,
Nebſt Gewuͤrz und Arzeneyn,
Meiſtens zuzuſchreiben ſeyn.
Scheint er nicht, beſeelt, zu leben,
Wenn man mit Erſtaunen ſieht,
Wie er Eiſen weis zu heben
Und es ſo gewaltig zieht,
Daß ſichs ploͤtzlich zu ihm fuͤget,
Wenns gleich ferne von ihm lieget?
So daß, wenn man es erblickt,
Jeder faſt darob erſchrickt.
Ja was noch viel mehr, er wirket,
Mit derſelbigen Gewalt,
Nicht nur frey, nein, auch bezirket,
Und verſchloſſen, dergeſtalt,
Daß, wie ich es oft geſehen,
Silber ihm nicht widerſtehen,
Ja kein Glas ihn hemmen kann,
Durch ſie zieht er Eiſen an.
Denket doch, auf welche Weiſe
Alles dieß gewirket ſey!
Wir bewundern, Gott zum Preiſe,
Am Magnete dreyerley:
Daß er uns die Angel zeiget,
Daß er Oſt - und Weſtwerts neiget,
Daß er Eiſen an ſich zieht,
Sind wir zu beſehn bemuͤht.
Wie61Wie hat man ſich nicht geplaget,
Des Magneten Eigenſchaft
Zu erforſchen. Einer ſaget:
Durch der Polgeſtirne Kraft
Werde der Magnet regieret;
Jener: daß ein Geiſt ihn fuͤhret;
Einer ſucht der Wahrheit Schein
Jn der Sympathie allein.
Der ſpricht: Um den Polis liegen
Große Berge von Magnet,
Die ihn mit gewaltgen Zuͤgen
Zwingen, daß er Polwerts geht.
Andre ſuchen zu erweiſen,
Daß aus dem Magnet und Eiſen,
Als aus welchen ſie beſtehn,
Kleine Haͤft - und Haͤklein gehn.
Andre ſchreiben ſein Bewegen
Einem eignen Willen zu;
Wie er in dem Schacht gelegen,
Such’ er wieder ſeine Ruh.
Der giebt dieß von ihm zu leſen:
Es vermag der Koͤrper Weſen
Nimmermehr ſich ſelbſt zu drehn,
Wie wir dieſes klaͤrlich ſehn.
Denn, wie er will, iſt die Erde
Selber nichts, als ein Magnet:
Daß nun ſie gedrehet werde
Um die Angel, dieß entſteht
Aus des Sonnenwirbels Kraͤften,
Die, mit ihren trocknen Saͤften,
Sich durch Luft und Erd ergießt
Und beſtaͤndig um ſie fließt.
Nicht62Nicht nur um die Erd’ alleine,
Spricht er, dreht der Wirbel ſich;
Sondern um Magnetenſteine
Dreht er ſich abſonderlich.
Wie er denn, nach ſeinen Schluͤſſen,
So wie er vermeynt zu wiſſen,
Auch fuͤr eine kleine Welt
Jeglichen Magneten haͤlt.
Welcher auch zween Angel fuͤhret,
Nach dem ausgedachten Schluß.
Durch dieſelbe circuliret
Der geſpitzten Koͤrper Fluß,
Der, wenn der beweglich ſtehet,
Jhn nach Norden dadurch drehet;
Weil der Fluß in ſeiner Flucht
Die gewohnten Loͤchlein ſucht.
Der meynt: daß der Fluß von oben
Gar zu weit geholet waͤr,
Giebt derhalben andre Proben,
Und vermeynet, daß ein Meer
Jn dem Mittelpunkt der Erde
Voll von Luft gefunden werde,
Welches immer aufwerts ſteigt,
Und ſtets den Magneten neigt.
Alle Dinge, die auf Erden
Fließen und nie ſtille ſtehn,
Alle dieſe, ſpricht er, werden
Jmmer ſich im Zirkel drehn.
Wie wir es am Blut von Thieren,
Und an unſerm Blute, ſpuͤren:
Alſo dreht und zirkelt ſich
Dieſe Luftflut ſtetiglich.
Wann63Wann wir deutlich koͤnnen ſpuͤren,
Welches jeder muß geſtehn,
Daß die Koͤrper ſtark gefrieren,
Wenn die Wind’ aus Norden wehn,
Scheinet ja recht klar und eigen
Dieſe Wirkung uns zu zeigen,
Daß von Luft ein ſtarker Fluß
Aus dem Nordpol kommen muß.
Wer begreift, wie es geſchehe,
Daß man oͤfters Kaͤlte ſpuͤrt,
Ob die Sonn gleich in der Naͤhe;
Auch oft, wenn ſie fern, nicht friert?
Durch den Luftfluß aus der Erden
Kann es aufgeloͤſet werden;
Es verurſacht dieß ſo bald,
Daß es mehr und minder kalt.
Dieſer Luftfluß nun regieret
Den Magneten, daß er ſich
Jmmer nach der Stelle fuͤhret,
Wie er anfangs innerlich
Jn der Erden iſt gelegen.
Daß ſein’ Ausfluͤſſ’ ſo ſich regen,
Und aus ihm, und in ihn gehn;
Kann man mit den Augen ſehn.
Wenn wir Loderaſche legen
Auf ein kleines ebnes Brett,
Und man klopft mit ſanften Schlaͤgen,
Bis ſie eben, glatt und nett,
So daß keine Tief - und Hoͤhen
Auf dem Taͤflein mehr zu ſehen,
Und man legt dann unſern Stein
Jn die Aſche ſanft hinein;
Sieht64Sieht man, wie ein ſchnell Bewegen
Jn dem Augenblick entſteht;
Sieht man ſich die Aſche regen,
Recht als wenn ein Wind drinn weht,
Sieht man gleich, wie ſchnell mit Haufen,
Rechts - und linksum, Striche laufen,
Die von unten aufwerts ſtehn,
Und von oben abwerts gehn.
Deutlich iſt hieraus zu ſchließen,
Wie und woher es entſteht,
Daß, wenn er herausgeriſſen,
Er die Polos ganz verdreht.
Wann Magneten aus der Erden
An die Luft gezogen werden,
Aendern, durch des Luftſtroms Strich,
Alſobald die Poli ſich.
Was vom Stein erſt Suͤdwerts lage,
Und worinn der Luftfluß drang,
Jn demſelben, wie er pflage,
Haͤlt er ſtets denſelben Gang;
Weil er in der Erden ſteiget,
Draußen aber gleich ſich neiget,
Muß auch der Magnet ſich drehn,
Und, was Suͤdwerts, Nordwerts gehn.
Wenn man vom Magneten lehret,
Daß er ſich zum kalten Nord
Jm geraden Striche kehret,
Jſt jedennoch mancher Ort,
Wo er etwas abwerts weichet,
Und den Nordſtrich nicht erreichet.
Koͤmmt aus dieſem innern Meer (Fragt ſichs nun) auch dieſes her?
Dieſes65Dieſes Weichen zu den Seiten
Haͤlt nicht ſtets denſelben Strich,
Sondern zu verſchiednen Zeiten
Kehrt er, und veraͤndert ſich:
Wie man es nunmehr erfahren,
Daß daſelbſten, wo vor Jahren
Der Magnet ſich Oſtwerts dreht,
Er anietzo Weſtwerts ſteht.
Dieß veraͤnderliche Weſen
Jſt wohl durch der Luͤfte Meer
Noch am beſten aufzuloͤſen;
Dieſes gehet hin und her:
Kann ſichs alſo leichtlich fuͤgen,
Daß ſich ſeine Striche biegen,
Und dadurch zuweilen ihn,
Den Magneten, mit ſich ziehn.
Oder, wie zween andre wollen,
Daß die Poli ſelbſt nicht ſtehn,
Und daher Magneten ſollen,
So wie ſich die Angel drehn,
Auch zugleich damit ſich drehen;
Welches wohl zuſammenſtehen,
Und mit unſerm Ocean
Sich gar fuͤglich paſſen kann.
Daß der Stein ſich ſtets bemuͤhet,
Und, obgleich es hart und ſchwer,
Nur das Eiſen an ſich ziehet,
Koͤmmt vermuthlich bloß daher;
Weil die Loͤchlein in dem Eiſen
Sich in allem gleich erweiſen
Mit den Loͤchlein, die wir ſehn
Durch Magnet und Eiſen gehn.
EDes66Des gelehrten Halleys Lehre
Jſt nicht ſonder Wahrheitsſchein,
Daß an unſrer Erdenſphaͤre
Nicht nur zween, vier Pole ſeyn,
Die beſtaͤndig an ſich ziehen:
Und dahin geht ſein Bemuͤhen,
Daß er zeigt, wie der Magnet
Oft ſich von dem Nordpol dreht.
Noch iſt vom Magnet zu merken,
Daß er recht verwunderlich
Sich durch Eiſen laſſe ſtaͤrken:
Ferner, daß das Eiſen ſich
Gleichſam von ihm ſchwaͤngern laſſe,
Und von ihm die Kraͤfte faſſe,
Daß es ſelbſt, wie der Magnet,
Sich ſtets nach dem Nordpol dreht.
Wie nun dieſes Ziehn geſchehe,
Davon ſchreibt Carteſius
Ziemlich deutlich. Jch geſtehe,
Daß ich mich verwundern muß,
Wie ſo ſehr vor andern allen
Seine Meynungen gefallen:
Doch glaub ich, die Folge wird
Zeigen, daß auch er geirrt.
Denn wie vieles iſt gelehret
Mit der groͤßten Deutlichkeit,
Das doch gaͤnzlich umgekehret
Durch die Gruͤnde kuͤnftger Zeit!
Moͤchten wir auf dieſer Erden
Doch einſt uͤberfuͤhret werden,
Wie ſo ungewiß und klein
Aller Menſchen Schluͤſſe ſeyn!
Moͤch -67Moͤchten wir in Gottes Werken,
Um ſein’ Allmacht zu erhoͤhn,
Mehr auf Gottes Weisheit merken,
Als auf unſer Wiſſen ſehn!
Beſſer als ein ſtolzes Zanken
Sind bewundernde Gedanken.
Die durch ihn geruͤhrte Bruſt
Wirkt, in unſrer, ſeine Luſt.
Ach, ſo gieb durch deine Guͤte,
Großer Gott, uns doch die Kraft,
Daß mit froͤlichem Gemuͤthe
Des Magneten Eigenſchaft
Dir zum Ruhm betrachtet werde!
Daß ſein Nutz an unſrer Erde,
Der ſo groß, ſo mancherley,
Dir nur zugeeignet ſey.
Nach betrachteten gemeinen,
Auch, ſo mittler Gattung ſeyn,
Laßt uns von den edlen Steinen
Den ſo angenehmen Schein
Beſſer, als wir ſonſten pflegen,
Auch zu Gottes Ruhm, erwaͤgen,
Und, wie farbenreich, wie ſchoͤn
Jhr polirter Schimmer, ſehn.
Was wir an denſelben ſchaͤtzen,
Jſt ſo ſehr nicht Nutz und Preis,
Als daß ſie das Aug’ ergetzen,
Da nunmehr ein jeder weis,
Daß ihr Nutz in Arzeneyen
Meiſtentheils nur Pralereyen,
Ja daß es Betriegerey,
Und nicht ſelten ſchaͤdlich ſey.
E 2Aber,68Aber, wenn man, wie ſie ſtralen,
Wie ſo ſchoͤn ſie funkeln, ſieht;
Wie, in ihren glatten Schalen,
Ein gefaͤrbter Schimmer gluͤht;
Wie ſie glaͤnzen, wie ſie ſpielen:
Kann das Herz durchs Auge fuͤhlen,
Jhre Zierd’ und ihre Pracht
Sey zu unſrer Luſt gemacht.
Denn, obgleich ihr funkelnd Prangen,
Glanz, und Farben anders nichts,
Als ein Gut, ſo ſie empfangen,
Als ein Wiederſchlag des Lichts;
Kann es keiner doch verneinen,
Daß ihr Glanz und Lieblichsſcheinen,
So in ihnen blinkt und flammt,
Nicht aus ihrem Stoff mit ſtammt.
Wenn ein Stein die Haͤrt’ und Glaͤtte,
Und zwar im gewiſſen Grad,
Nicht in ſeinem Weſen haͤtte,
Wie er itzo wirklich hat,
Wuͤrde nie das Wiederprallen
Von dem Licht’ uns ſo gefallen,
Wuͤrd’ es nie ſo hell, ſo rein
Von uns anzuſehen ſeyn.
Laßt uns alſo, Gott zu Ehren,
Wenn ſich Licht und Stein vereint
Und, um unſre Luſt zu mehren,
So vortrefflich wiederſcheint,
Mit vergnuͤgtem Herzen denken,
Daß nur Gott uns koͤnnen ſchenken
Schoͤne Vorwuͤrf, das Geſicht,
Und das helle Sonnenlicht.
Alle69Alle Dinge, die auf Erden,
Jn der klein - und großen Welt,
Von uns angetroffen werden,
Was uns in die Sinne faͤllt,
Alle Schoͤn - und Seltenheiten
Sollen uns zum Schoͤpfer leiten;
Laßt denn jeden Edelſtein
Jetzt dazu ein Fuͤhrer ſeyn.
Diamant, Smaragd, Granaten,
Hyacinth, Sapphir, Rubin,
Jris, Carniol, Agaten,
Giraſol, Aquamarin,
Amethyſt, Beryllus, Onyx,
Jaſpis, Chryſolith, Sardonyx,
Tuͤrkis, Sarder und Opal,
Jſt der ſchoͤnſten Steine Zahl.
Der Dia - mant.
1Aller edlen Steine Zierde
Jſt der helle Diamant:
Mit Bewundrung und Begierde
Sieht man ſeinen reinen Brand.
Jn den nettgeſchliffnen Ecken
Scheinet Glut und Flut zu ſtecken,
Wenn auf tauſend Art das Licht
Sich in ſeinen Tafeln bricht.
Seine Haͤrt’ iſt nicht zu zwingen,
Wodurch er dem Glaſer nuͤtzt,
Durch das ſproͤde Glas zu dringen,
Das er zierlich trennt und ritzt.
Wann wir beym Smaragd ihn legen,
Soll man ihn doch ſchmelzen moͤgen;
Welches, daß er ſo ſich beugt,
Homberg uns zuerſt gezeigt.
E 3Wenn70Wenn wir Diamanten ſehen,
Die ſo hell, ſo weiß, ſo rein,
Laßt uns unſern Gott erhoͤhen,
Weil auch ſie geſchaffen ſeyn
Uns zur Luſt, und ihm zu Ehren,
Welche beyde zu vermehren
Uns aus Liebe Gott gebeut.
O der ſuͤßen Schuldigkeit!
Der Sma - ragd.
1Laſſet uns nun weiter gehen,
Des Smaragden gruͤne Pracht
Mit Vergnuͤgen anzuſehen,
Deſſen Schein uns recht anlacht
Und mit holdem Licht anſtralet;
Wie das Gras der Fruͤhling mahlet,
Eben mit ſo gruͤnem Licht
Fuͤllet er uns das Geſicht.
Es ſind von Smaragd die beſten
Aus Oſtindien gebracht,
Doch bringt man ſie aus dem Weſten
Auch, jedoch von mindrer Pracht.
Man will von Smaragden merken,
Daß ſie unſer Auge ſtaͤrken,
Daß beym Bauchfluß ihre Kraft,
Wie beym Blutfluß, Huͤlfe ſchafft.
Der Gra - nat.
1Ferner koͤmmet zu betrachten
Auch der roͤthliche Granat,
Der, wenn wir darauf recht achten,
Farben, wie ein Feuer, hat.
Seine Roͤth iſt zwar verdunkelt,
Dennoch ſcheinet ſie und funkelt,
Daß die ſanfte Lieblichkeit
Oefters Aug’ und Herz erfreut.
Jhrer71Jhrer ſind verſchiedne Sorten.
Die man uns aus Oſten bringt,
Sind fuͤr die aus andern Orten
Koͤſtlicher, jedoch entſpringt
Aus denſelben in Arzneyen
Gleicher Nutz, denn ſie befreyen
All’, ob ſie gleich nicht ſo theur,
Von des Salzes Schaͤrf’ und Saͤur’.
Hya - cin - then.
1Hyacinthen ſind imgleichen
Schoͤn von Farben, roͤthlich weiß,
Gelblich auch, jedennoch weichen
Unſre hier an Farb und Preis
Denen, die uns Oſten giebet,
Drum ſind ſie auch mehr beliebet,
Sie ſind groͤßer, glaͤnzender,
Haͤrter und weit lieblicher.
Dieſer Stein iſt gelb zuweilen
Wie der Brennſtein, und recht ſchoͤn,
Er ſoll Muth und Freud ertheilen,
Auch dem Gifte widerſtehn.
Aber dieſes ſind Gedichte.
Dennoch hoͤrt, was er verrichte,
Er iſt gegen Saͤure gut,
Stopft den Bauchfluß und das Blut.
Sap - phir.
1Wie wird unſer Aug’ ergetzet
Durch den lieblichen Sapphir,
Den man darum herrlich ſchaͤtzet,
Weil wir ſelbſt des Himmels Zier
Jn dem wunderſchoͤnen Blauen
Mit vergnuͤgtem Herzen ſchauen;
Moͤchtſt du mir, geliebter Stein,
Oft ein Himmelsſpiegel ſeyn!
E 4Man72Man vermeynt von dieſem Steine,
Daß derſelbe zweyerley,
Von verſchiednem Glanz und Scheine,
Daß er maͤnn - und weiblich ſey.
Weißlich, etwas waͤßrich gleißet
Der, den man uns maͤnnlich heißet;
Da der, den man weiblich nennt,
Kraͤftiger, und dunkler brennt.
Der Rubin.
1Mit wie vieler Luſt und Freuden
Kann man nicht an dem Rubin
Die vergnuͤgten Augen weiden!
Recht wie Kohlen, welche gluͤhn,
Voller Licht, zumal im Dunkeln,
Sieht man ihn voll Feuer funkeln:
Schoͤner als das ſchoͤnſte Blut
Jſt die Farbe ſeiner Glut.
Bey der ſchoͤnen Roͤthe ſpielet
Auch in ihm ein blaͤulich Licht,
Das ſich meiſtens dann erzielet,
Wann ſichs in den Winkeln bricht.
Durch den Schimmer, der ihn ſchmuͤcket,
Wird der Geiſt im Blick erquicket.
Der Rubin ſoll, wenn er klein,
Auch ein Feind der Saͤure ſeyn.
Der Car - niol.
1Angenehm, doch nicht ſo theuer,
Als der funkelnde Rubin
Und ſein blitzend heller Feuer,
Jſt der rothe Cornalin.
Dieſer mußte bey den Alten
Meiſt der Siegel Amt verwalten,
Denn die Kunſt praͤgt dieſem Stein
Allerley Geſtalten ein.
Von73Von der Fleiſchfarb wird er zwarten,
Dennoch Sarder auch genannt,
Weil man von verſchiednen Arten
Jn Sardinien ihn fand.
Braucht man dieſen, klein zerrieben,
Wird die Saͤure weggetrieben,
Dient er alſo zum Gebrauch,
Nuͤtzet und vergnuͤgt uns auch.
Da der Carniol beſehen,Der Agat.
1 Trifft die Reihe den Agat, Der von Baͤumen, Tief - und Hoͤhen
Manche Farb’ und Bildung hat,
Blumen, Kraͤuter, ganze Waͤlder,
Berge, Feſtungen und Felder,
Welche nicht zu zaͤhlen ſeyn,
Findet man an dieſem Stein.
Er iſt halbdurchſichtig, feſte,
Glatt, und meiſtens ſchoͤn geſchmuͤckt,
Doch iſt der der allerbeſte,
Welchen Jndien uns ſchickt,
Da wir ſonſt in Boͤheims Gruͤnden
Eine große Menge finden.
Er wird nach der Farben Stand
Auch verſchiedentlich genannt.
Der Gira - ſol.
1Unter andern Edelſteinen
Trifft man noch ein Steinchen an,
Das man um ſein Gelblichſcheinen,
Giroſol wohl nennen kann.
Es empfaͤngt der Sonnen Glaͤnzen,
Und behaͤlts in ſeinen Grenzen;
Wenn wir ihn denn drehen ſehn,
Scheint die Sonne ſich zu drehn.
E 5Dieſe74Dieſe findt man oftermalen
Auch in einem andern Stein,
Wo ſie, nebenſt den Opalen,
Oftermals gefunden ſeyn,
Welche uns, recht ſchoͤn geſchmuͤcket,
Cypern und Aegypten ſchicket,
Ungarn und Arabien;
Doch die beſten, Jndien.
Der Ame - thyſt.
1Ferner ſieht man lieblich ſtralen
Den polirten Amethyſt,
Welcher weiß, auch oftermalen
Purpurroth, auch blaͤulich iſt.
Er iſt glaͤnzend, hart, durchſichtig,
Und uns zu vergnuͤgen tuͤchtig,
Seine ſchimmerreiche Pracht
Wird aus Jndien gebracht.
Wie ſie von den Steinen ſchreiben,
Soll derſelben ſtarke Kraft
Bald den Rauſch vom Wein vertreiben;
Aber dieſe Eigenſchaft
Jſt nicht wahr, ob ſie den Namen
Vom Entrauſchen gleich bekamen;
Doch, als alkaliſch, bekaͤmpft
Er die Saͤure, die er daͤmpft.
Der Beryll.
1Der Beryll, der gruͤnlich ſcheinet,
Wie die gruͤne Meeresflut,
Hat auch oft in ſich vereinet
Eine gruͤnlichgelbe Glut,
Welche man dabey erkennet,
Und ſie Goldberyllen nennet,
Oefters ſind ſie gelblich bleich,
Und dem Oel und Knoblauch gleich.
Dieſer75Dieſer Stein iſt in den Gruͤnden
Jndiens, auf Martaban
Jn Cambaya auch zu finden,
Jn Pegu und auf Zeilan;
Er iſt glaͤnzend und durchſichtig:
Klein geſtoßen, iſt er tuͤchtig,
Zu verſtopfen fließend Blut;
Auch iſt er im Bauchfluß gut.
Der Onyx.
1Auch der Onyx glaͤnzt und ſpielet,
Voller Luſt und ſchimmerreich;
Wie ſein Name darauf zielet,
Jſt die Farbe Naͤgeln gleich.
Moſes ſchreibt von dieſem Steine
Und von ſeinem holden Scheine,
Nebenſt dem Bedellion,
Jn dem Paradieſe ſchon.
Jn Geſchwuͤren unſrer Augen
Soll der Onyx ſonderlich
Als ein gutes Mittel taugen.
Saͤure fuͤhrt er ab mit ſich,
Wenn wir ihn zu unſerm Frommen,
Klein zerrieben, eingenommen.
Jſt er alſo im Gebrauch
Nicht nur lieblich, nuͤtzlich auch.
Der Ja - ſpis.
1Manche Schoͤnheit wird entdecket
Auch im Jaſpis, deſſen Schein
Muß gruͤn und mit Roth geflecket,
Wenn er anders echt iſt, ſeyn;
Ob man ihn gleich oͤfters findet,
Daß er ſich mit mehrerm bindet,
Wie ihn denn, wenn er polirt,
Manche ſchoͤne Farbe ziert.
Von76Von dem Jaſpis ſchicket immer
Uns den beſten, den man kennt,
So an Kraft, als auch am Schimmer,
Der ſo reiche Orient.
Saͤure wird durch ihn vertrieben,
Wenn er auf Porphyr zerrieben,
Wie er denn auch das Gebluͤt
Stopft, da er zuſammenzieht.
Der Topas.
1Noch wird der Topas gefunden,
Den man Chryſolith auch nennt,
Drinn, mit guͤldenem verbunden,
Auch ein gruͤner Schimmer brennt,
Und ein achtſam Aug’ ergetzet.
Er wird mehrentheils geſchaͤtzet,
Daß er, als meiſt einerley,
Vom Smaragd die Mutter ſey.
Er iſt leichtlich zu poliren,
Jſt daher nicht gar zu theu’r.
Wenn wir Bauch - und Blutfluß ſpuͤren,
Stopft er ſie, und daͤmpft die Saͤur.
Der aus Boͤhmen iſt zwar groͤßer,
Der aus Jndien doch beſſer.
Auch vom fernem rothen Meer
Briugt man Chryſolithen her.
Der Sardo - nyx.
1Ferner ſteckt ein lieblichs Glaͤnzen
Jm Sardonyx, deſſen Schein
Fuͤgt in ſich der Farben Grenzen
Von dem blaſſen Onyxſtein
Und vom Cornalin zuſammen;
Daher denn die Namen ſtammen,
Die er aͤhnlich in der That
Jn den meiſten Sprachen hat.
Wenn77Wenn er ſchoͤn, iſt er durchſichtig,
Daß man ihn bewundern muß;
Blut zu ſtillen iſt er tuͤchtig,
Auch des Bauchs zu ſtarken Fluß,
Wenn wir ihn gepuͤlvert nehmen.
Babylon, Aegypten, Boͤhmen,
Jndien und auch Papier
Zeugen dieſes Steines Zier.
Der Türkis.
1Auch erblickt man mit Vergnuͤgen,
Wie in dem Tuͤrkis ſo ſchoͤn
Blau und Gruͤn und Weiß ſich fuͤgen,
Welcher zwar nicht durchzuſehn,
Aber doch ſehr lieblich ſcheinet.
Ob man nun von ihm gleich meynet,
Daß er Huͤlf den Augen ſchafft,
Jſt doch ſolches zweifelhaft.
Aber Saͤure zu verſuͤßen,
Jſt der Tuͤrks, gepuͤlvert, gut,
Er ſtopft Brechen, auch das Fließen,
Das zu ſtark, vom Bauch und Blut.
Man trifft an verſchiednen Orten
Von dem Tuͤrkis an zwo Sorten,
Wovon viele mehr auf Gruͤn,
Andre mehr aufs Blau ſich ziehn.
Der Opal.
1An den glaͤnzenden Opalen
Wird das Auge noch zuletzt,
Und an ihren bunten Stralen
Das Gemuͤthe ſelbſt ergetzt.
Denn in dieſem Steine ſcheinen
Wunderbar ſich zu vereinen
Amethyſt, Sapphir, Rubin,
Wie auch der Smaragden Gruͤn.
Dieſer78Dieſer Farben lieblichs Spielen
Wechſelt ſich verwunderlich,
Was itzt ſcheint auf Roth zu zielen,
Wird itzt gruͤn, itzt aͤnderts ſich,
Und wird wieder blau, die Stelle
Wird aufs neue gelb und helle.
Selbſt des Regenbogens Schein
Zeigt uns dieſer ſchoͤne Stein.
Wenn wir nun Opalen ſehen,
Laßt uns doch in unſrer Luſt
Den bedacht ſeyn zu erhoͤhen,
Der, durchs Auge, Herz und Bruſt
Uns ſo wunderbar ergetzet,
Oft uns in Vergnuͤgen ſetzet,
Und fuͤr das, was er beſchert,
Nur ein froͤlichs Herz begehrt.
Dieſes waͤre von den Steinen
Etwas, doch nicht viel, geſagt.
Wann ſich nun darinn vereinen,
Was uns nuͤtzet und behagt;
Bin ich froh, daß Gott zu Ehren
Jch davon in meinen Lehren
Etwas brachte zu Papier;
Gott allein ſey Dank dafuͤr!
Das Pflanzenreich.
Laſſet uns mit Freuden treten
Jn das ſchoͤne Pflanzenreich,
Um darinn den anzubeten,
Der die Kreatur zugleich
Sammt den Himmeln mit der Erde,
Durch ſein ſchaffend Wort: Es werde!
Aus des Chaos dunkler Nacht
Wunderſchoͤn ans Licht gebracht.
Liebſter Gott! wie bunt, wie niedlich,
Glaͤnzend, praͤchtig, wunderſchoͤn,
Wie ſo zart, ſo unterſchiedlich
Sind die Pflanzen anzuſehn!
Wie ſo nuͤtzlich Menſch - und Thieren!
Wie ſo noͤthig! Wir verſpuͤren,
Es beſteh’ aus ihrer Kraft
Unſer Leib und Lebensſaft.
Alle Baͤume, Gras und Fruͤchte,
Deren ja ſo mancherley,
Zeigen uns im dunklen Lichte,
Wie ſo groß ihr Schoͤpfer ſey.
Jedes Kraut und jede Blume
Gruͤnt und bluͤhet dem zum Ruhme,
Der ſie wunderbar formirt,
Und mit ſolcher Pracht geziert.
Wenn96Wenn wir unſrer Roſen Funkeln,Blu - men über - haupt.
1 Tulpen, Mah’ und Tauſendſchoͤn, Tuberoſen und Ranunkeln,
Sammt der Nelken Purpur ſehn,
Weis kein Menſch, wie in der Erden
Solcher Schmuck gemiſcht kann werden,
Wie ihr Glanz, ſo weiß als Schnee,
Aus ſo ſchwarzem Sand entſteh.
Wie das Blau der krauſen Liljen,
Wie der Anemonen Roth,
Wie das Gelbe der Schonkiljen
Stamm’ aus Leimen, Sand und Koth,
Wie ſich tauſend Farben floͤßen
Aus verworfnen Erdenkloͤßen,
Wie des Fruͤhlings ſchoͤnſter Putz
Nur entſpring’ aus Staub und Schmuz.
Seht, wie ihre Blaͤtter ſcheinen!
Jhre Schoͤnheit, Schmuck und Zier
Gleichen faſt den Edelſteinen,
Ja ſie uͤbergehn ſie ſchier.
Roſen glaͤnzen, wie Rubinen,
Wie Sardonich die Jesminen,
Beyden gleicht der Amaranth,
Lilien dem Diamant.
Koͤnnte man aus Edelſteinen,
Aus Smaragd, Sapphir, Rubin,
Jhr ſo buntgefaͤrbtes Scheinen,
Jhre Farb in Saͤften ziehn
Mit Behaltung ihrer Stralen,
Und man wollte Blumen mahlen,
Wuͤrd es, bey der Blumen Schein,
Doch wie nichts zu rechnen ſeyn.
Wer97Wer mit Andacht eine Blume
Recht mit Menſchenaugen ſieht,
Wie ſie, zu des Schoͤpfers Ruhme,
Jn ſo ſchoͤnen Farben gluͤht,
Wie die Glut der Granadiljen,
Wie das Silber weißer Liljen
So gar unbeſchreiblich ſchoͤn,
Muß in ihnen Gott erhoͤhn.
Wer kann den Geruch ergruͤnden,
Der in ſolchem Unterſcheid
Jn der Blumen Heer zu finden,
Und, mit ſolcher Lieblichkeit,
Unſer Herz und Hirn ergetzet,
Ja faſt in Erſtaunen ſetzet,
Denkt man, wie das, was man ſpuͤrt,
Aus verworfnem Koth herruͤhrt?
Was der Blumen Meng’ aushauchet,
Balſamiret Luft und Wind:
Welch ein Ambra dampft und rauchet
Aus der fruͤhen Hyacinth!
Wie weis doch der Dunſt der Roſen
Unſrer Naſen liebzukoſen!
Hat nicht unſrer Nelken Kraft
Des Gewuͤrzes Eigenſchaft?
Wie durchdringt der Aepfel Bluͤte,
Tuberoſen und Jesmin
Naſ’ und Herz, Sinn und Gemuͤthe,
Deren Duft wir an uns ziehn!
Wie wird durch die Bluͤt der Linden,
Durch Muskat und Zimmetrinden,
Die der Luftkreis zu uns ſchickt,
Unſer Herze nicht erquickt!
GWie98Wie viel tauſend Kraͤuter gruͤnen,
Wie viel tauſend Blumen bluͤhn,
Die nur, bloß um uns zu dienen,
Jhren Saft der Erd’ entziehn?
Ja, wie mancherley Gerichte
Reichen uns der Baͤume Fruͤchte,
Deren ſchoͤner Nahrungsſaft
Bloß der Erde Wunderkraft.
Bäu - me.
1Hier ergetz ich mich vom neuen,
Wenn mein ſattes Herz erwaͤgt,
Wie die Erd, uns zu erfrenen,
So verſchiedne Baͤume traͤgt,
Drinn ſie, um uns zu erfriſchen,
Saur’ und ſuͤß weis ſo zu miſchen;
Daß was ihre Kraft uns ſchenkt,
Uns mit Anmuth naͤhrt und traͤnkt.
Wie viel tauſend Baͤume gruͤnen,
Die, ob ſie gleich unfruchtbar,
Doch mit ihrem Holz uns dienen,
Und vor allerley Gefahr
Durch die Feſtigkeit uns ſchuͤtzen,
Wenn wir frieren, uns erhitzen,
Ja vor Regen, Sturm und Wind
Ein geſichert Schirmdach ſind!
Jhr Nutz iſt nicht zu ergruͤnden,
Jhre Menge zaͤhlt man kaum.
Buchen, Weiden, Eſchen, Linden,
Erlen, ſammt dem Pappelnbaum,
Cedern, fo zum Himmel reichen,
Jpern, Tannen, Birken, Eichen,
Ulm und Ficht, der Felſen Zier,
Buxbaum, Tax, Cypreß Laurier.
Nun99Nun betrachtet und erkennet,
Welch ein unſichtbare Glut
Jn dem Schooß der Erde brennet,
Die ſo große Wunder thut!
Ruͤhmt mit froͤlichem Gemuͤthe
Jhres Schoͤpfers Macht und Guͤte,
Der der Erden, die uns traͤgt,
Solche Wirkung eingepraͤgt.
Ehe wir nun weiter gehen,
Und davon inſonderheit
Stuͤckweis jede Schoͤnheit ſehen,
Laßt uns mit Aufmerkſamkeit
Erſt betrachten, Gott zum Preiſe,
Wie, auf ſolche milde Weiſe,
Alle Pflanzen insgemein,
Ueberhaupt gebildet ſeyn.
Bil - dung der Pflan - zen über - haupt.
1Wie die Thiere Seelen haben,
Die jedoch nur koͤrperlich,
Ob ſie gleich von groͤßern Gaben:
Alſo zeigt in Pflanzen ſich
Eine Seele, die ſie naͤhret,
Zeugt, vergroͤßert und vermehret;
Eine ſehr ſubtile Glut
Jſt die Seele, die dieß thut.
Wie viel weiter, als vor Zeiten,
Unſer Aug’ in Pflanzen geh,
Wie viel Zart - und Kleinigkeiten
Man in ihren Theilen ſeh,
Wußten uns gar ſchoͤn zu zeigen
Zween, von denen man nicht ſchweigen,
Sondern ſie bewundern muß,
Grew und auch Malpighius.
G 2Die100Die an ganz verſchiednen Orten,
Und zugleich zu einer Zeit,
Zeigten, faſt mit ſelben Worten,
Die verborgne Seltſamkeit,
Welche in den kleinſten Dingen
Die Natur hervorzubringen,
Und, zu ihres Schoͤpfers Preis,
Wunderbar zu bilden weis.
Wie wir Thier’ anatomiren,
So anatomiret man,
Durch den Weg, den ſie uns fuͤhren,
Welchen jeder finden kann,
Auch nunmehr der Pflanzen Menge,
Schauet ihrer Adern Gaͤnge,
Ja, ihr Eingeweide gar,
Welches ſonſt verborgen war.
Daß der Pflanzen Wurzeln ihnen,
Welches recht verwunderlich,
Statt des Munds und Magens dienen,
Und ſie naͤhren, zeiget ſich,
Da der Erde zarte Saͤfte,
Durch uns unbekannte Kraͤfte,
Von den zarten Zaͤſerlein,
Erſtlich eingeſogen ſeyn.
Dann gekocht und zubereitet,
Jn den Nahrungsſaft verkehrt,
Und dann oberwerts geleitet,
Da er durch den Stengel faͤhrt
Und gedruckt wird. Wir befinden,
Daß die Wurzeln auch aus Rinden,
Und aus Holz, drinn Mark, beſtehn,
Wie wir es an Staͤmmen ſehn.
Was101Was nun aus den Wurzeln ſteiget,
Find’t man, daß es auch ſo ſey.
Stamm und Halm und Stengel zeiget
Ebenfalls die dreyerley.
Mark, ein holzigt Weſen, Rinde,
Die ich an den Staͤmmen finde,
Zeigen mir und jedermann
Goͤttlichgroße Wunder an.
Alle Rinde, ſo entſprießet
Um die Pflanzen aͤußerlich,
Die ſich um dieſelbe ſchließet
Und ſie decket, theilet ſich
Jn zwo Haͤut’ aufs neue wieder,
Die, wenn man’s erwaͤgt, ein jeder
Nach gemachtem richt’gen Schluß
Ehrfurchtsvoll bewundern muß.
Die von dieſen beyden Haͤuten
Aufwerts ſitzet, findet man,
Daß, wie man die Seltenheiten
Durch die Glaͤſer ſehen kann,
Sie aus Blaͤschen bloß beſtehe,
Die beyſammen in der Naͤhe
Weiſ’ und kuͤnſtlich ſo gefuͤgt,
Daß es Aug’ und Geiſt vergnuͤgt.
Da die andre Haut aus mehren,
Und aus dreyerley beſteht.
Erſt aus feſten holen Roͤhren,
Wo der Saft durch aufwerts geht;
Dann aus kleinen lockern Saͤcken,
Die voll ſolches Saftes ſtecken;
Endlich aus viel Aederlein,
So die Naͤhrgefaͤße ſeyn.
G 3Durch102Durch dieſelben kleine Gaͤnge
Jn der Rinde, merket man,
Daß der Saft in groͤß’rer Menge,
Als durchs Holz ſelbſt, ſteigen kann:
Wie es klaͤrlich zu erſehen
An den Baͤumen, die vergehen,
Die oft durch die Rind allein
Sattſamlich genaͤhret ſeyn.
Hol - zigte Sub - ſtanz.
1Was das inn’re feſte Weſen
Der Gewaͤchſ’ und Baͤum’ angeht;
Sind auch dazu auserleſen,
Viele Theil’, draus es beſteht,
Wie wir, wenn wir es ergruͤnden,
Auch im Holze ſelbſt befinden,
Daß es ſtets in viererley
Richtig eingetheilet ſey.
Erſtlich, kann man deutlich ſehen
Holzigthole Zaͤſerlein,
Die recht buͤſchelweiſe ſtehen,
Und den Netzen aͤhnlich ſeyn,
Die ſich in einander ſchlingen,
Und ſich feſt zuſammen dringen,
Daher denn das Holz ſo feſt,
Wie ſichs leichtlich folgern laͤßt.
Dann beſtehet es aus Saͤcken,
Oder kleinen Blaͤſelein,
Die in jenen Zaͤſern ſtecken,
So von uns beſchrieben ſeyn.
Drittens, aus ſehr kleinen Hoͤlen,
Die, wie jene, nicht zu zaͤhlen;
Hierinn find’t ſich allezeit
Waͤſſerichte Feuchtigkeit.
Viertens,103Viertens, finden wir in ihnen
Kleine Roͤhren, die voll Luft,
Und uns zum Beweisthum dienen,
Daß auch ſonder ſolchen Duft
Aus dem zarten Elemente
Keine Pflanze leben koͤnnte;
So wie wir an Thieren ſehn,
Daß ſie nicht ohn Luft beſtehn.
Mark.
1Endlich, iſt das innre Weſen
An den Pflanzen ſonderlich,
Denn es ſind dazu erleſen
Runde Kugeln, welche ſich
Jn dem Mark gar klaͤrlich zeigen,
Darinn Nahrungsſaͤfte ſteigen.
Kuͤrzlich: in den Pflanzen ſeyn
Adern, Fleiſch, Haut, Mark und Bein.
Hieraus muͤſſen wir verſpuͤren,
Und zwar an ſo mancherley,
Wie von Pflanzen zu den Thieren
Kein ſo großer Abſtand ſey.
Außer, daß ſie ſich nicht regen,
Und auch kein’ Empfindung hegen,
Haben Pflanzen, wie ſie ſeyn,
Mit den Thieren viel gemein.
Solche Gleichheit iſt zu finden,
Theils, in beyder Nahrungsſaft,
Theils, wenn wir genau ergruͤnden,
Wie gleich beyder Zeugungskraft,
Dort in Eychen, hier im Samen;
Drum man ſie, mit andern Namen,
Faſt mit Recht zu Thieren zaͤhlt,
Denen Fuͤhl - und Regung fehlt.
G 4Doch104Doch ſo, wie wir bey den Thieren
Bloß nur auf gewiſſe Jahr
Daß ſie ſich vergroͤßern, ſpuͤren;
Spuͤrt man an der Pflanzen Schaar,
Daß ſie wachſen, weil ſie waͤhren,
Daß ſie ihre Dicke mehren;
Alle Jahr waͤchſt, wie man weis,
An dem Baum ein neuer Kreis.
Man erzaͤhlt, daß dieſe Kreiſe
Jn der Zona torrida
Rund ſeyn, und auf gleiche Weiſe
Sich einander gleiche nah’:
Da wir anderwerts die Ruͤnden,
Gegen Mittag weiter finden,
Wann die, welche Polwerts ſtehn,
Naͤher an einander gehn.
Das dann denen, welche reiſen,
Und vielleicht im Wald verirrt,
Ohn Compaß den Nordpol weiſen
Und ſie richtig fuͤhren wird.
Wird ein Gaͤrtner an den Baͤumen
Dieß zu merken nicht verſaͤumen,
Daß er ſie ſo wieder ſetzt,
Wird er durch mehr Frucht ergetzt.
Was wird in des Holzes Mitten
Nicht fuͤr Bilderwerk geſpuͤrt,
Wenn es in die Queer durchſchnitten,
Findt man’s ſonderlich geziert.
Oeffters gleichet es den Wellen;
Aber in den meiſten Stellen
Gleicht die Bildung insgemein
Mannigfachem Marmelſtein.
Wie105Wie viel Adern, Streife, Maſern,
Zirkelzuͤge, Wirbelſtrich,
Winkel, klein’ und große Faſern
Sieht man, mit Verwundrung, ſich
Jn den Staͤmmen, in den Zweigen,
Sonderlich in Wurzeln, zeigen;
Ein vernuͤnftiges Geſicht
Sieht dieß ohn Vergnuͤgen nicht.
Man erwaͤge doch und merke,
Wie das Holz ſo mancherley,
Und an Haͤrte, Farb und Staͤrke
So gar unterſchieden ſey.
Jn den Wurzeln, Stamm und Rinden
Kann man manche Schoͤnheit finden,
So an Farben, als Figur,
Man betrachte ſolches nur.
Ferner ſehn wir auf den Zweigen,Augen.
1 Mit Vergnuͤgen, Augen ſtehn, Die ſo viele Wunder zeigen,
Wenn wir ſie genau beſehn,
Daß kein Menſch auf Erden lebet,
Der die Weisheit gnug erhebet,
Welche Gott, der alles ſchenkt,
Jn ſo kleinen Raum geſenkt.
Kno - ſpen.
1Dieſe Augen an den Baͤumen
Sind, wie Kinder, anzuſehn
Die aus ihren Muͤttern keimen,
Und im Winter ſtille ſtehn.
Da ſie dann in vielen Decken,
Vor den Froſt beſchuͤtzet, ſtecken;
Ja man ſiehet ſie ſo gar
Eingehuͤllt in zartem Haar.
G 5Dieſe106Dieſe Decken ſind getheilet,
Daß, wenn ihre zarte Frucht
Allgemaͤhlig vorwerts eilet
Und ſich zu vergroͤßern ſucht,
Sie ihr leichtlich weichen koͤnnen,
Um den Durchgang ihr zu goͤnnen.
Ach, es ſehe jedermann
Dieß doch als ein Wunder an!
Seht, wie ſie geordnet ſitzen:
Jede oͤffnet dreyfach ſich,
Und formirt dadurch drey Ritzen,
Welche ſich gemeinſchaftlich
Durch drey andre Blaͤtter ſchließen,
Die bloß desfalls da entſprießen.
Wo nun die geoͤffnet ſtehn,
Sind noch andre drey zu ſehn.
Man trifft oͤffters neun dergleichen
Zarte Haͤut’ an Knoſpen an,
Daß der Froſt durch ſie nicht ſtreichen
Und die Frucht verſehren kann.
Welche Weisheit, vor Gefahren
Sie ſo kuͤnſtlich zu verwahren!
Atheiſte, ſchau hieher!
Koͤmmt auch dieß von ungefaͤhr?
Wenn wir auf ihr Jnnres achten,
Finden wir, wie zart und klein,
Da wir ſie genau betrachten,
Sie auch anzuſehen ſeyn;
Daß es wirklich kleine Sproſſen,
Die daſelbſt noch eingeſchloſſen.
Jede hegt verborgentlich
Blaͤtter, Zweig’ und Fruͤcht’ in ſich.
Wie107Wie wir an den Stielen ſehen,
Daß ſie bloß ein Theil vom Aſt,
Und aus ſelbem Stoff beſtehen:
Alſo wird auch leicht gefaßt,Blät - ter.
1 Daß die Blaͤtter, ihre Kinder, Eben auch wie ſie, nicht minder,
Von demſelben Stoff und Zeug
Seyn gewebt, wie Stamm und Zweig.
Sie beſtehen auch aus Roͤhren,
Welche holzigt, hol und feſt,
Aus Gefaͤßen, die ſie naͤhren,
Als wodurch der Saft ſich preßt,
Noch aus Blaͤslein, die, gleich Netzen,
Sich verſchrenkt zuſammen ſetzen.
Luftgefaͤß, ein aͤußre Haut
Sind auch mit daran gebaut.
Von den Blaͤttern iſt zu wiſſen,
Daß ſie nicht zur Zier allein,
Sondern, daß ſie vielfach muͤſſen
Bluͤt - und Fruͤchten nuͤtzlich ſeyn;
Wenn die noch in Knoſpen ſtecken,
Dient das zarte Laub zur Decken,
Die ſie fuͤr die Luft und Kaͤlt,
Durch die Feſtigkeit, erhaͤlt.
Wenn nun Bluͤt und Frucht ſich zeiget,
Siehet man recht wunderbar,
Daß, nebſt ihnen, vorwerts ſteiget
Der beſchirm’nden Blaͤtter Schaar,
Die ſind fuͤr zu ſtarke Hitze,
Jhnen dienlich, noͤthig, nuͤtze,
Sonſt vertrocknet’ ihren Saft
Der zu ſtarken Sonnen Kraft.
Wie108Wie wir denn im Herbſt erſehen,
Daß, wenn keine Fruͤchte mehr
Auf der Baͤume Wipfeln ſtehen,
Sich dann auch der Blaͤtter Heer,
Weil es nicht mehr nuͤtz, verlieret.
Wenn ihr dieſe Ordnung ſpuͤret,
Ach, ſo dankt mit frohem Muth
Gott, der nichts als Wunder thut!
Dieß noch klaͤrer darzulegen:
Jn der Zona torrida,
Die ſtets in der Sonnen Wegen,
Deren Stral ihr immer nah,
Jſt das Laub, in ſolcher Hitze,
Denen Fruͤchten immer nuͤtze;
Darum, wenn ein Blatt vergeht,
Stets ein anders dort entſteht.
Wie die Weiſen jetzt entdecken,
Soll noch eine andre Kraft
Jn den friſchen Blaͤttern ſtecken,
Da der Fruͤchte Nahrungsſaft
Jn denſelben umgeleitet,
Aufbehalten, zubereitet
Und gekocht wird; welches man
Nimmer gnug bewundern kann.
Wer die Zierlichkeit der Blaͤtter,
Und die Mannichfaltigkeit
Jhrer Farb’, in heiterm Wetter
Wohl betrachtet, wird erfreut.
Der ſubtilen Adern Gaͤnge,
Jhre Ruͤnde, Laͤng’ und Menge,
Ruͤhren billig ein Gemuͤth,
Daß es ſie mit Ernſt beſieht.
Wann109Wann die Sommerluft entzuͤndet,
Und man unter einem Baum
Kuͤhlung, Luſt und Schatten findet,
Jm durchs Laub bedeckten Raum,
Spuͤrt man, bey ſo ſchwuͤlem Wetter,
Wie das dichte Dach der Blaͤtter
Und ihr angenehmes Gruͤn
Uns ergetze, ſchuͤtz’ und dien’.
Laßt uns denn den Schoͤpfer preiſen,
Wenn man Laub und Blaͤtter ſieht,
Und uns dankbar dem erweiſen,
Deſſen Weisheit, Macht und Guͤt’
Uns zum Nutzen, Schutz und Freude
Und ſo ſchoͤner Augenweide
Jn der Baͤume Meng’ und Pracht
Das beliebte Laub gemacht.
Blu - men insbe - ſon - dere.
1Da wir nun das Laub betrachtet
Und es uͤberhaupt beſehn;
Werden nunmehr auch beachtet
Bluͤt und Blumen, die ſo ſchoͤn.
Wann wir deren Form erwaͤgen,
Farb und Nutzen uͤberlegen;
Trifft man etwas an, ſo man
Nimmer gnug bewundern kann.
Laßt uns denn zu erſt beſehen
Das, aus welchem insgemein
Blumen eigentlich beſtehen,
Wie ſie eingetheilet ſeyn.
Erſtlich ſieht man mit Vergnuͤgen
Kleine Kelch um ſie ſich fuͤgen,
Dann die Blaͤtter, Petala,
Stylum und die Stamina.
Jhr110Jhr klein Kelchlein, das ſie ſtuͤtzet,
Und, ſo lang die Blume klein,
Sie fuͤr manchen Unfall ſchuͤtzet,
Auch ihr ſonſt muß nuͤtzlich ſeyn,
Jſt ein Fortſatz von der Rinde,
Wie ich es gar deutlich finde,
Daß, wo ſie zu Ende geht,
Eben dieſer Kelch entſteht.
Jn der Blaͤtter Pracht hingegen,
Daran uns die Farb’ ergetzt,
So ſie uns vor Augen legen,
Wird verlaͤngt und fortgeſetzt
Die Subſtanz voll kleiner Roͤhren,
Die, wie uns die Augen lehren,
Voller luft’ge Blaͤſelein,
Drum ſie auch ſo fluͤchtig ſeyn.
Dieſe ſchoͤne Blumentheile,
So man nennet Petala,
Zeugen Spitzen, faſt wie Pfeile,
Dieſe heißt man Stamina:
Und wir koͤnnen deutlich ſehen,
Daß die Spitzen da entſtehen,
Wo der zarten Blaͤtter Reſt
Unten an dem Stengel feſt.
Oben auf denſelben Spitzen,
Welches wunderbarlich laͤßt,
Sieht man gelbe Koͤrner ſitzen,
Welche weder los, noch feſt,
Die, wenn ſich die Luͤfte regen,
Auf - und abwerts ſich bewegen,
Auch ſich in die Ruͤnde drehn,
Und doch feſt auf ihnen ſtehn.
Solch111Solch ein Korn, ſo gelblich gruͤnet,
Jſt mit gelbem Staub bedeckt,
Deſſen Nutz, wozu er dienet,
Jſt bishero noch verſteckt.
Camerarius vermeynet,
Wie es auch nicht unwahr ſcheinet,
Es muͤß fuͤr die Eyerlein
Ein befruchtend Saͤmlein ſeyn.
Andre, die den Blick drauf heften,
Machen davon dieſen Schluß:
Von den Zeug - und Nahrungsſaͤften
Sey er bloß der Ueberfluß,
Wovon, durch ſo kleine Roͤhren,
Sich die Pflanzen ſelbſt entleeren,
Das ſo, wie es ausgefuͤhrt,
Allgemaͤhlig ſich verliert.
Was den Stylum nun belanget,
Welcher, mit erhabner Zier,
Mitten in der Blume pranget,
Koͤmmt er mir nicht anders fuͤr,
Als daß er uns ein Gehaͤuſe
Von dem Samen klaͤrlich weiſe;
Er iſt, wenn man’s unterſucht,
Schon ein Anfang von der Frucht.
Ja, wenn wir die holde Bluͤte,
Die ſo angenehm, als ſchoͤn,
Mit erwaͤgendem Gemuͤthe,
Sammt derſelben Nutzen ſehn;
Zeigt ſich klaͤrlich dem Geſichte,
Daß fuͤr Samen und fuͤr Fruͤchte,
Und zu deren Schutz allein,
Sie darinn gezogen ſeyn.
Durch112Durch der Blumen ſchoͤne Decken
Sind ſie, wie man’s klaͤrlich ſpuͤrt,
Da ſie in denſelben ſtecken,
Mehr geſchuͤtzt noch, als geziert.
Hierinn find’ ich Wunderwerke,
Die ich mit Erſtaunen merke;
Die durch ſie geruͤhrte Bruſt
Spuͤret eine neue Luſt.
Eben, wenn mit ſolcher Fuͤlle
Die Natur das Aug’ ergetzt,
Wirkt ſie etwas in der Stille,
Was man noch viel hoͤher ſchaͤtzt,
Wirket ſie, durch ſuͤße Fruͤchte,
Uns ſo mancherley Gerichte,
Und die Huͤlſen, die ſo ſchoͤn,
Laͤßt ſie uns inzwiſchen ſehn.
Der Sa - me.
1Ja, der Same ſcheint zumalen
Recht ihr Augenmerk zu ſeyn,
Drum huͤllt ſie in ſo viel Schaalen
Dieß, ihr Kleinod, kluͤglich ein.
Weil, wenn Bluͤt und Frucht vergehet,
Doch durch ihn die Art beſtehet,
Jſt ſie alſo, wie man ſieht,
Stets fuͤrs Kuͤnftige bemuͤht.
Wie wir es nunmehr entdecken,
Soll in ihren Blaͤtterlein
Nicht der Nahrungsſaft nur ſtecken,
Sondern auch in ihnen ſeyn
Selbſt der Anfang von dem Samen,
Welchen man, nur nach dem Namen,
Kennt, und deſſen wahrer Stand
Keinem Menſchen recht bekannt.
Ja,113Ja, wie wir es deutlich ſpuͤren,
Wenn man immer weiter ſucht:
Was die Jungen in den Thieren,
Sind, in Pflanzen, Sam und Frucht.
Dieſen dienet ihr Gehaͤuſe,
Auf dieſelbe Art und Weiſe,
Haͤlt und bringt die Frucht herfuͤr,
Wie die Mutter in dem Thier.
Wenn man nun mit Ernſt erwaͤget,
Und der Pflanzen Fruchtbarkeit,
Gott zu Ehren, uͤberleget,
Wird man inniglich erfreut.
Da ſie ſich ſo haͤufig mehren,
Um das Thierreich zu ernaͤhren,
Da fuͤr ein Thier nur allein
So gar viele noͤthig ſeyn.
Eines weiſen Weſens Werke,
Ja gar einen hellen Stral
Seiner Weisheit, Lieb und Staͤrke
Spuͤret man hier abermal.
Weil die Ordnung klar zu ſehen,
Wornach alle Dinge gehen,
Da es ſonſt ganz anders waͤr,
Herrſcht’ ein blindes Ungefaͤhr.
Stellen die Vermehrungskraͤfte
Auch in ſich nicht Wunder dar
Eines Samens fette Saͤfte
Zeugen oͤfters eine Schaar,
So, daß es faſt unbeſchreiblich,
Unbegreiflich und unglaͤublich,
Wie in einem Korn allein
Hunderttauſend Kinder ſeyn.
HJa,114Ja, man kann viel mehr noch ſagen,
Vom Tobak iſt dieſes wahr,
Daß ein Samenkorn getragen
Nur in einem einz’gen Jahr
Dreymal hundert tauſend. Ferner,
Zehen Millionen Koͤrner
Traͤgt die Hirſchzung faſt allein;
Wer ſieht dieſes Wunder ein?
Laßt uns nun von Pflanz - und Baͤumen
Den verborgnen Samen ſehn,
Draus ſie all entſtehn und keimen!
Aber wer wird dieß verſtehn?
Wo iſt Witz genug zu finden,
Dieß Geheimniß zu ergruͤnden?
Saget, was gereicht wohl mehr
Uns zur Demuth, Gott zur Ehr?
Wird was auf der Welt gefunden,
Wo beym Koͤrper ſich der Geiſt
Auf verborgne Art verbunden,
Und ſich gleichſam ſichtlich weiſt:
So iſt es gewiß der Same.
Daß nun der den Urſprung nahme
Von dem Schoͤpfer ſelbſt, iſt klar,
Und recht uͤberzeuglich wahr.
Wenn man dieſes recht bedenket,
Wie doch, in ſo kleinem Platz,
Wunderbarlich eingeſchrenket
Ein faſt unſchaͤtzbarer Schatz,
Wie darinn ein Geiſt, ein Leben,
Wie in zaͤrtlichen Geweben,
Selbſt die Form vom groͤßten Baum
Jn dem Samen findet Raum.
Wenn115Wenn man, ſag’ ich, dieß erwaͤget,
Wird, mit Recht, von jedermann
Auf den Mund die Hand geleget,
Weil kein Witz begreifen kann,
Wie das Große ſo verkleinet,
Wie hier Leib und Geiſt vereinet,
So genau verknuͤpfet ſeyn:
Gott der Herr weis es allein!
Willt du Gottes Groͤße merken,
Und zugleich dein Nichts verſtehn,
Menſch, du darfſt, von allen Werken,
Nur zum Samenkoͤrnlein gehn.
All’ dein Sinnen, alles Denken,
Wird, verſchlungen, ſich verſenken,
Sonder Grund und Wiederkehr,
Wie ein Tropfen in ein Meer.
Nicht nur unſre Augen ſehen
Sich faſt auf die Samen blind,
Der Verſtand muß ſelbſt geſtehen,
Daß ſie ihm unſichtbar ſind.
Solcher großen Koͤrpertheile
Unbegreiflich zarte Seile
Finden in der Kleinheit ſich
Nie verwirrt, ſtets ordentlich.
Wenn ich der erhab’nen Eiche
Dicke, Breite, Groͤß’ und Hoͤh’
Mit der Eichelfrucht vergleiche,
Und ſie bey einander ſeh’:
Stutzt mein Geiſt, weil ich nicht finde,
Wie Stamm, Blaͤtter, Wurzel, Rinde,
Wie ſo viel und mancherley
Drinn formirt geweſen ſey.
H 2Daß116Daß die Menge ſolcher Dinge,
Die ſo ordentlich, als ſchoͤn,
Ohn Verſtand aus ſich entſpringe,
Und von ungefaͤhr entſtehn,
Jſt ja laͤcherlich; Nicht minder,
Daß die Waͤrme ſie als Kinder
Hab’ erzeugt und fortgebracht,
Jſt ohn Witz und ohn Bedacht.
Da doch, wenn wir recht ergruͤnden
Jhrer Kraft Beſchaffenheit,
Jn der Waͤrme nichts zu finden,
Als nur bloß die Schnelligkeit,
Sonder Geiſt, Verſtand und Wiſſen.
Daß wir alſo ſchließen muͤſſen:
Sonder Geiſt ſey keine Hitz,
Etwas zu erſchaffen, nuͤtz.
Billig muß man denn, geruͤhret,
Durch die Weisheit und die Macht
Deß, der alles dieß formiret
Und ſo weislich ausgedacht,
Seine Macht und Herrlichkeiten
Eifrig ſuchen auszubreiten:
Billig, wenn wir dieſes ſehn,
Muß man unſern Gott erhoͤhn!
Der ſo mancherley Geſtalten
Jn Gewaͤchſen ausgedacht,
Sie ſo lange Zeit erhalten,
Jn ſo kleinen Raum gebracht,
Wunderbarlich ſie verbeſſert,
Sie entwickelt, ſie vergroͤßert,
Und, ſo wie die ganze Welt,
Auch derſelben Art erhaͤlt.
Wer117Wer in dem, was hier ſich weiſet,
Den, der ſolche Wunder macht,
Nicht mit froher Ehrfurcht preiſet,
Und dadurch zugleich veracht,
Was wir bloß durch Jhn empfangen:
Wie kann der mit Recht verlangen,
Daß vor einem andern Thier
Jhm ein Vorzugsrecht gebuͤhr.
Wo koͤmmt in der Menſchen Seelen
Solch ein fuͤhllos Weſen her?
Kann was Goͤttlichs ihr nur fehlen,
Da ſonſt nichts von Gottheit leer?
Da von Gott, obgleich verhuͤllet,
Erd’ und Himmel angefuͤllet?
Alles iſt voll Gott und Licht,
Nur ſolch eine Seele nicht.
Faſt erſtaunt von ſuͤſſem Schrecken,
Heiliger Verwundrung voll
Kann ein frommer Geiſt entdecken,
Wie ſo herrlich, wie ſo wohl
Gott ſich hier verbirgt und zeiget.
Da wir, billig tiefgebeuget,
Jhn verſtehn und nicht verſtehn,
Jhn nicht ſehen, und doch ſehn.
Herr! wie groß ſind deine Werke!
Ruft hier mein erſtaunter Mund;
Deine Weisheit, deine Staͤrke
Machet jedes Saͤmlein kund!
Solche Bilder zu erdenken,
Solche Groͤße zu verſchrenken
Jn ſo kleinem Platz und Ort,
Wirkt bloß dein allmaͤchtig Wort.
H 3Ob118Ob, durch Gott, die erſten Samen
Alle Bilder auf einmal
Bey der Schoͤpfung uͤberkamen,
Oder ob derſelben Zahl
Jn den Elementen liege,
Und ſich aus denſelben fuͤge,
Jſt hier zu entſcheiden ſchwer,
Doch dient beydes Gott zur Ehr.
Herr, wer muß in deinen Werken
Nicht ein’ immer neue Spur
Deiner Macht und Weisheit merken!
Oft bemuͤht ſich die Natur
Selbſt den Samen auszuſaͤen,
Oft muß ihn der Wind verwehen,
Wenn ſie, daß er leicht verfliegt,
Kleine Faͤſer an ihn fuͤgt.
Ja, wir finden oftermalen,
Daß ſie mancher Pflanzen Kind,
Jn ſo ſonderbare Schalen,
Die ein rechtes Springwerk ſind,
Leget, draus, wenn ſie zerſpringen,
Schnell die reife Koͤrner dringen,
Wodurch ſie ſie weit und breit
Wunderwuͤrdig von ſich ſtreut.
Jch bin ſelbſt darinn vergnuͤget,
Daß ich dieß nicht faſſen kann.
Alles, was in ſelben lieget,
Seh’ ich als ein Wunder an.
Ja mich deucht, daß in der Naͤhe
Jch ſelbſt Gottes Finger ſehe.
Selbſt das, was mir unbekannt,
Zeiget mir des Schoͤpfers Hand.
Nicht119Nicht allein des Samens Menge
Jſt fuͤr uns erſtaunenswerth,
Welche durch gewohnte Gaͤnge
Uns ein jeder Baum beſchehrt:
Sondern, wo ſein Stamm zerſchnitten,
Steiget aus deſſelben Mitten
Manches neuen Zweigleins Strauß
Faſt an jedem Ort heraus.
Dieß nun kann uns klar entdecken,
Wer es merkt, begreift es wohl,
Wie der Baum an allen Ecken
Solcher kleinen Augen voll.
Da, wo wir ihn auch behauen,
Wir doch ſtets dergleichen ſchauen,
Wir verſpuͤren allezeit,
Eine neue Fruchtbarkeit.
Alle die ſo zarten Sproſſen,
Die kein Auge ſehen kann,
Weil ſie nicht hervorgeſchoſſen,
Trifft man drinn ſo wirklich an,
Als die großgeword’nen Aeſte:
Folglich ſtell’ ich dieſes feſte,
Daß (wer ſieht Gott nicht hiebey)
Alles unerſchoͤpflich ſey.
Waͤr’ ein jedes ausgeſchlagen,
Haͤtt’ ein jedes wiederum
Eben ſo viel noch getragen.
Vor Verwundrung wird man ſtumm,
Wenn man denket: Millionen
Samenkoͤrner ſind und wohnen,
Haben, bloß in einem Baum,
Der vollkommen, Platz und Raum.
H 4Dann,120Dann, daß ſich in allen Bollen,
Draus ein Baum faſt ganz beſteht,
So viel Baͤume finden ſollen,
Dieß beſiegt und uͤbergeht
Aller Menſchen Witz und Wiſſen,
Wer wird hier nicht rufen muͤſſen:
Himmel, Erde, Luft und Meer,
Herr, ſind voll von deiner Ehr!
Will man hier noch weiter gehen,
Und erwaͤgen, daß kein Aſt
Wachſen koͤnnen und entſtehen,
Waͤr’ im Baum nicht eingefaſſ’t
Eine Menge ſolcher Augen,
Die allein zu zeugen taugen.
Zweige, Blaͤtter, Frucht und Bluͤt
Ruͤhren ein geſetzt Gemuͤth.
Denn dieß iſt nicht zuzuſchreiben
Eines Baumes Zaͤſerlein,
Als die bloß zum Dehnen, Treiben,
Und zum Wachſen faͤhig ſeyn,
Aber nie ein Aug’ erzeugen;
Auch iſt dieß dem Saft nicht eigen,
Der allein die Pflanzen naͤhrt,
Aber ſelbe nicht vermehrt.
Denn dieſelbe zu geſtalten,
Jſt ganz eine andre Kraft.
Nimmer kann dieß Amt verwalten
Bloß das Holz, auch nicht der Saft.
Nicht das kleinſte Gras auf Erden,
Kann durch Naß gebildet werden:
Aus dem Dotter ganz allein
Kann kein Huhn erzeuget ſeyn.
Wenn121Wenn wir recht mit Ernſt beſehen
Aller Pflanzen Eigenſchaft,
So kann keine je entſtehen
Sonder eines Samens Kraft.
Denn ein Same, wie es ſcheinet,
Und man lange Zeit gemeynet,
Jſt kein Weſen ohn Figur,
Es betriegt der Schein uns nur.
Nein, im Samen liegt verſchrenket
Der zukuͤnft’gen Pflanze Bild,
Dieſes iſt in ihn geſenket,
Er iſt ganz damit erfuͤllt.
Da die Zaͤſerchen, wie Sehnen,
Dann ſich aus einander dehnen,
Wenn ſie Waͤrm und Feuchtigkeit
Lockt und treibt zur Fruͤhlingszeit.
Denn allein aus bloßer Erden
Kann, wie die Erfahrung lehrt,
Nicht die kleinſte Pflanze werden.
Bloß den Saft, der Pflanzen naͤhrt,
Hebt ſie auf. Sie dient daneben,
Einen Wohnplatz abzugeben,
Da ſie ſie beherbergt, ſtuͤtzt,
Und die Wurzeln deckt und ſchuͤtzt.
Kleine Ran - ken.
1Mehr bewundernswerthe Theile
Trifft man noch in Pflanzen an,
Wovon ich die kleinen Seile
Hier nicht uͤbergehen kann,
Welche wir an vielen finden,
Wodurch ſie ſich binden, winden,
Und wie wir an ihnen ſehn,
Von der Erde ſich erhoͤh’n.
H 5Erbſen,122Erbſen, Bohnen, Hopfen, Reben
Haben kleine Gaͤbelein,
Wodurch ſie ſich zu erheben
Und zu halten faͤhig ſeyn.
Da ſie ſonſten in der Erden
Nicht ſo fruchtbar koͤnnten werden,
Sondern blieben ganz verſtrickt,
Wild, verwickelt und erſtickt.
Zäſer - chen.
1Noch ſind viele voller Spitzen,
Und mit zartem Haar verſehn,
Die denſelben nicht nur nuͤtzen,
Dadurch, daß ſie ſicher ſtehn;
Nein, man ſpuͤret, daß ſie ihnen
Noch zu etwas mehrerm dienen,
Da des Naſſes Ueberfluß
Sich durch ſie zertheilen muß.
Weil von den ſubtilen Theilen
Aus der Pflanzen innerm Saft
Viele ſtets von ihnen eilen
Und verduͤnſten; muß die Kraft
Wieder aus der Luft und Erden
Ungeſaͤumt erſetzet werden,
Wie man es im Thierreich ſieht,
Daß es eben ſo geſchieht.
Wur - zeln.
1Nehmen Thiere Koſt und Speiſe
Durch den Mund und Hals zu ſich;
So nimmt hier, auf andre Weiſe,
Und zwar recht verwunderlich,
Aller Pflanzen große Menge,
Durch der Wurzeln kleine Gaͤnge
Und derſelben Zaͤſerlein,
Jhre feuchte Nahrung ein.
Dieſe123Dieſe Gaͤnge nun beſtehen
Meiſt aus Blaͤslein, welche man
Als Gedaͤrmer anzuſehen,
Ja, fuͤr Magen nehmen kann,
Worinn ſich der Saft bereitet,
Reinigt, kocht und ſich verbreitet,
Da er denn, recht durchgeſeigt,
Bis zum hoͤchſten Gipfel ſteigt.
Wie dieß eigentlich geſchehe,
Daß der Saft ſo wunderbar
Bis zu einer ſolchen Hoͤhe
Aufgefuͤhret werd’; iſt klar:
Wenn man denkt, daß er, wie Duͤnſte,
Durch der Aederchen Geſpinnſte,
Vom Gewicht der Luft gedruͤckt,
Leichtlich aufwerts ſey geſchickt.
Denn die Luft mit ihrer Schwerde,
Treibt und druͤckt den Nahrungsſaft,
Welcher in und um der Erde,
Jn die Loͤchlein, und verſchafft,
Daß er, durch der Adern Gaͤnge,
Leicht ſich in die Hoͤhe draͤnge,
Denn die ſind, recht wie ein Schwamm,
Ueberall in Zweig und Stamm.
Aus - dün - ſtung.
1Werden in die kleine Roͤhren
Mehre Saͤfte eingefuͤhrt,
Als zum Unterhalt gehoͤren
Und als noth, was er verliert
Durch die Duͤnſtung, zu erſetzen;
Spuͤrt man, daß an allen Plaͤtzen
Jeder Theil ſich dehnt und dreht,
Draus ihr Wachsthum dann entſteht.
Daß124Daß an Pflanzen, wie an Thieren,
Und zwar gleichfalls zweyerley,
Duͤft - und Duͤnſtungen zu ſpuͤren,
Ja recht klar zu weiſen ſey,
Dem wird niemand widerſprechen.
Aus verſchiednen Pflanzen brechen
Duͤnſte, welche jedermann
Fuͤhlen, ſehn und ſchmecken kann.
Daß nun ſolche Feuchtigkeiten,
Die auf einigen zu ſehn,
Von dem Thau nicht herzuleiten,
Sondern aus der Pflanz entſtehn,
Merkt man, weil ſie fett und ſuͤße:
Ferner, daß der Saft entſprieße
Fruͤh’ nicht, auch im Schatten nicht,
Nur im warmen Sonnenlicht.
Dieſe Saͤfte, die den Bienen,
Wie es ja ein jeder weis,
Sonderlich zur Nahrung dienen
Bey derſelben munterm Fleiß,
Laſſen uns zugleich im Schmecken
Jhren Urſprung leicht entdecken,
Da der Honig in der That
Den Geſchmack von Blumen hat.
Wie denn die Erfahrung zeiget,
Daß das Manna ſolch ein Saft,
Welcher aus den Blaͤttern ſteiget,
Und daß ſeine Eigenſchaft
Nicht, wie man vorhin gemeynet,
Thau ſey, ob es gleich ſo ſcheinet;
Sondern es wird ausgeſchwitzt,
Wenn die Sonne ſie erhitzt.
Gleich -125Gleichfalls ſind des Zuckers Saͤfte,
Harz und Gummi eben auch,
Jhrer Pflanzen Nahrungskraͤfte,
Die nach ſonderbarem Brauch
Sich von ihren Pflanzen trennen,
Draus, wie wir es ſehen koͤnnen,
Und man es mit Luſt verſpuͤrt,
Sich was ſonderlichs formirt.
Wobey wir jedennoch finden,
Daß, wenn von dergleichen Saft
Gar zu viel aus ihren Rinden
Sich ergießt, ein Baum die Kraft
Ganz verlier’, und gleichſam ſterbe:
Drum ein Gaͤrtner gleich die Kerbe,
Wenn er ihn im Jmpfen theilt,
Mit dem Wachs verbindt und heilt.
Ver - meh - rung.
1Wenn wir ferner Achtung geben
Auf die Pflanzen, findet man,
Daß derſelben ganzes Leben,
So viel man bemerken kann,
Sey ein ſtetiges Gebaͤhren.
Sich vergroͤßern, ſich vermehren,
Scheint, wenn man’s bemerkt, allein
Jhr beſtaͤndig Werk zu ſeyn.
Dieß wird leicht hieraus erkennet:
Wenn man irgend einem Thier’
Ein’s von ſeinen Gliedern trennet,
Waͤchſt kein ander Glied herfuͤr,
Wie ſich doch aus Pflanzen zeigen.
Aus den abgeſchnitt’nen Zweigen
Waͤchſt nicht nur ein neuer Strauß,
Nein, es wachſen viel heraus.
Die,126Die, ſo wie ſichs ſelbſt entdecket,
Wenn man es wohl uͤberlegt,
All’ im Stamm vorhin geſtecket.
Ach betrachtet! Ach erwaͤgt!
Welch ein Meer von Wunderwerken
Kann man doch darinn bemerken,
Stellt nicht dieß aufs neue dir
Sich faſt als unendlich fuͤr?
Da denn die Unendlichkeiten
Uns zur Vollenkommenheit
Von der Gottheit Groͤße leiten
Jn der groͤßten Deutlichkeit.
Wer in mathemat’ſchen Dingen
Sucht ein wenig einzudringen,
Dem koͤmmt dieß Unendlich’ hier
Nicht gar unbegreiflich fuͤr.
Keine Linien, noch Zahlen
Findet man ſo groß, ſo klein,
Daß nicht ungezaͤhlte malen
Die noch zu vermehren ſeyn,
Und die kleinen zu zertheilen.
Dieſe Wahrheit kann uns heilen
Von dem eitlen Unbedacht,
So uns oft ein Zweifel macht.
Denkſt du, wie zum erſtenmale
Eine Eichel ward, ſo ſprich:
Wie ſchloß deren enge Schale
Aller Eichen Meng’ in ſich,
Die bis an das Grab der Erden
Werden fortgepflanzet werden;
Jeder Menſch, hiedurch geruͤhrt,
Wird zum Schoͤpfer ſelbſt gefuͤhrt.
Und127Und dahin den Weg zu nehmen,
Hat ein wahrer Phyſicus
Sich ja nimmermehr zu ſchaͤmen,
Weil er ja begreifen muß,
Daß, zum Schoͤpfer hinzuleiten,
Eins der groͤßten Trefflichkeiten,
So uns ſeine Kunſt entdeckt,
Und in ihr verborgen ſteckt.
Wenn wir nun noch weiter ſinnen,Urſtoff.
1 Um den Urſtoff zu beſeh’n, Und das Weſen recht von innen,
Draus die Pflanzen all beſteh’n,
Wird man, wenn wir ſie ergruͤnden,
Leichtlich dieſe Wahrheit finden:
Daß ihr Urſtoff einerley
Mit dem Mineralreich ſey.
Jſt der Stoff der Mineralen
Salz, Salpeter, Vitriol;
So ſind die Fundamentalen
Von den Pflanzen eben wohl
Auch dieſelben; ſaure Saͤfte
Haben eben ſolche Kraͤfte
Jn den Pflanzen uͤberall,
Als die Saͤure im Metall.
Aus dem fluͤcht’gen Salz erſcheinet,
Daß, von grober Erde frey,
Es ein Salz mit Oel vereinet,
Wie im Mineralreich ſey.
Theile, welche ſich entzuͤnden,
Die wir auch in Pflanzen finden,
Sind, wie dorten ja ſowohl,
Vitriol und Schwefel voll.
Es128Es war in den vor’gen Zeiten
Aller Pflanzen Art und Stand,
Kraͤft’ und Mannichfaltigkeiten
Durch die Menge unbekannt,
Da man ſie itzt durch der Kenner
Und verſchied’ner großer Maͤnner
Kunſt und unverdroſſ’nen Fleiß
Ziemlich einzutheilen weis.
Jn die zwey und zwanzig Arten
Trifft, mit viel Verwundrung, man
Auf dem Feld und in dem Garten
So von Baͤum - als Pflanzen an.
Laßt uns nach der Ordnung gehen,
Und von Blumen erſtlich ſehen,
Die bey einem Blatt allein
Dennoch glockenfoͤrmig ſeyn.
Dieſe, wenn wir ſie ergruͤnden,
Theilen auf das neue ſich,
Da ſich unterſchied’ne finden,
Die den Glocken eigentlich
Und in allen Stuͤcken gleichen;
Jhrer viel’ hingegen reichen
Nicht an ganzer Aehnlichkeit,
Da die Roͤhren nicht ſo weit.
And’re ſind hingegen breiter,
Gleichen dannenhero bald,
Da ſie allenthalben weiter,
Einer Schuͤſſel an Geſtalt;
Noch ſind andere zu finden,
Die ſich in der Mitte ruͤnden,
Wie man dieß an Gloͤckleinkraut,
Eibiſch, Kuͤrbs und Pappeln ſchaut.
Dieſer129Dieſer ſind im Feld und Garten,
Wie ein fleißig Auge findt,
Auf fuͤnfhundert achtzig Arten,
Die bemerkenswuͤrdig ſind;
Weil ſie all’ an Farb und Kraͤften,
An Geſtalt, Figur und Saͤften
Wieder unterſchieden ſeyn:
Ganz ſtimmt keine uͤberein.
Jn der andern Claſſe ſtehen
Blumen, die, in ihrem Flor,
Einem Trichter aͤhnlich ſehen.
Oben ſtellen dieſe vor
Jezuweilen kleine Raͤder,
Jhre Blaͤtter und Geaͤder
Sehen ſpitzig, etwas kraus,
Und wie kleine Sternchen aus.
Gehen wir nun auch zur dritten,
Finden in derſelben ſich
Blumen, welche in der Mitten,
Wie es laͤßt, unordentlich
Jhr auch einfach Blatt formiren,
Da wir an verſchied’nen ſpuͤren,
Daß ſie kleinen Kaͤppelein,
Recht mit Zipfeln, aͤhnlich ſeyn.
Andre, die hieher gehoͤren,
Sehen einer Zungen gleich
Born an ihren langen Roͤhren.
Noch ſind andre rund und weich,
Welche, wie verhuͤllet, ſtehen,
Und nicht anders anzuſehen,
Als wie ein vermummt Geſicht.
Von noch mehrern red’ ich nicht.
JPflan -130Pflanzen in der vierten Claſſen
Haben Blumen, welche recht
Als wie offne Lippen laſſen.
Jn derſelbigen Geſchlecht,
Wie die Blumenweiſen wiſſen,
Zaͤhlt man Rosmarin, Meliſſen,
Muͤnz, Salbey, und viele mehr,
Ja, wer zaͤhlt wohl alle her?
Jn der fuͤnften Claſſe ſtehen
Pflanzen, deren Blumen wir
Voller kleinen Stiftchen ſehen,
Welcher Blaͤtter, deren vier,
Stets ins Kreuz zu ſitzen pflegen;
Dieſer Arten Blumen hegen
Kal, wo man ſie haͤufig ſchaut,
Taͤſchel - und das Loͤffelkraut.
Pflanzen, welche Blumen tragen,
So auch voller Stiftelein,
Die aus ihrer Mitte ragen,
Worinn ſie geordnet ſeyn,
Und um deren zarten Spitzen
Roſengleiche Blaͤtter ſitzen,
Die an Dau’r und Farben zart,
Zaͤhlt man zu der ſechſten Art.
Jn die ſiebende gehoͤren
Kraͤuter, die ein Bluͤmchen ziert,
Deſſen Stiel an ſeinen Roͤhren
Einen Sonnenſchirm formirt,
Deſſen Blaͤtter gleicherweiſe
Roſenfoͤrmig und im Kreiſe.
Hier gehoͤrt der Kuͤmmel her,
Fenchel, Till und andre mehr.
Jn131Jn der achten ſind zu zaͤhlen
Blumen, die an Blaͤttern reich,
Welchen Schmuck und Reiz nicht fehlen;
Die, den Gartennelken gleich,
Ausgeſchnitt’ne Blaͤtter tragen,
Deren Spitzen auswerts ragen;
Unter denen Naͤgelein
Sonderlich zu rechnen ſeyn.
Jn der neunten Claſſe ſtehen
Alle Pflanzen, dran allein
Solche Blumen ſind zu ſehen,
Die den Liljen aͤhnlich ſeyn.
Dieſe findet man im Garten
Von verſchied’nen Farb - und Arten,
Drunter Tulpe, Hyacinth,
Und die Kaiſerkronen ſind.
Jn die zehnte ſind zu bringen
Kraͤuter, die nicht minder ſchoͤn,
Deren Blumen Schmetterlingen,
Wenn ſie fliegen, aͤhnlich ſeh’n,
Welche viele Stiftchen ſchmuͤcken.
Bohnen, Erbſen und die Wicken
Sind, doch in der Bluͤte nur,
Von derſelbigen Figur.
Jn der eilften Gattung prangen
Pflanzen, deren Blaͤtterlein,
Bey viel kleinen Blumenſtangen,
Nicht in gleicher Ordnung ſeyn,
Sondern deren Blatt und Spitzen
Nicht auf eine Weiſe ſitzen;
Wie man dieß am Balſamkraut,
Auch an den Violen, ſchau’t.
J 2Die132Die auf dieſe folget, heget
Pflanzen, deren jede Bluͤt
Manche kleine Blume traͤget,
Dran man kleine Roͤhrchen ſieht:
Deren ausgeſchnitt’ne Spitzen
Nahe bey einander ſitzen,
Wie man’s an der Dieſtelbluͤt,
Scabios und Kornblum ſieht.
Jn die folgende gehoͤren
Solche Blumen, deren Blatt
Nicht aus ganz -, aus halben Roͤhren
Seine Form und Bildung hat.
Dieſer Blaͤtter hat ſie viele,
Jn der Ruͤnd’, um ihrem Stiele,
Solche ſind, nebſt andern mehr,
Wegwart und die Scorzoner.
Ferner ſtehn in einem Range
Die Gewaͤchs, an deren Bluͤt
Man an ihres Stengels Stange
Recht als kleine Stralen ſieht,
Die rings in der Ruͤnde ſchießen,
Und aus einem Mittel ſprießen;
Wie man dieß am Jacobskraut,
Gemsblum und der Geißwurz ſchaut.
Noch iſt eine eig’ne Sorte,
Deren Blume gar kein Blatt,
Und ſtatt deß, am ſelben Orte,
Kleine Haar’ und Stenglein hat,
Die zuweilen faſt ſo duͤnne,
Als die Faͤden einer Spinne.
Man erblickt dergleichen Flor
Am Korn, Haber, Gras und Rohr.
Jn133Jn noch einer Claſſe ſtehen
Staub - und Pflanzen, woran Saat,
Aber Blumen nicht, zu ſehen,
Deren man verſchied’ne hat.
Da wir viele zaͤhlen koͤnnen,
Wollen wir nur welche nennen,
Als die Hirſchzung, Mauerraut,
Engelſuͤß und Fahrenkraut.
Noch iſt eine Sort, an denen
Man von Fruͤchten und von Bluͤt,
So wie unſer Aug’ an jenen,
Auch nicht das geringſte ſieht,
Und verſchieden ſind von allen.
Dieſer Gattung ſind Korallen,
Meergewaͤchſe, Schwaͤmm’ und Moos,
Derer Anzahl ziemlich groß.
Auch iſt vielen Baͤumen eigen,
Daß ſie bluͤh’n, doch an der Bluͤt
Gar von Blaͤttern nichtes zeigen,
Wie man es am Buxbaum ſieht,
Und am Eſchenbaum. Bemerke,
Lieber Menſch, des Schoͤpfers Werke,
Wie ſo viel und mancherley
Der Geſchoͤpfe Bildung ſey.
Von den Claſſen iſt noch eine,
Die beſond’re Blumen hegt,
Deren Bluͤt von Blaͤttern keine,
Sondern rauhe Kaͤtzlein, traͤgt,
Wie uns ſolche Buch und Eichen,
Sammt dem Nußbaum, haͤufig reichen.
Welche wir auf ihren Hoͤh’n
Ohn’ Bewunderung nicht ſeh’n.
J 3Jn134Jn die zwanzigſte gehoͤren,
Deren Blume nur ein Blatt,
Wie, gleich denen Heidelbeeren,
Ulmbaum und Holunder hat:
Auch die purpurne Cyrene,
Die nicht minder ſchoͤn, als jene,
Deren faſt ſchneeweiße Bluͤt
Man mit Freuden riecht und ſieht.
Noch ſind Baͤum’, auf deren Zweigen
Sich die Blumen Roſen gleich
Jn den zarten Blaͤttern zeigen,
Die ſo form - als farbenreich.
Wie wir dieſe Gattung finden
Auf dem Mandelbaum, und Linden;
Auch ſieht man dieſelbigen
Auf dem Pfirſch - und Kirſchbaum ſtehn.
Nun noch von der letzten Claſſen,
Worinn Baͤum’ und Stauden ſeyn,
Deren zarte Blumen laſſen
Recht wie Sommervoͤgelein:
Derer wir auf Berg’ und Gruͤnden
Hundert zwey und dreyßig finden,
Wovon in dem Blumenreich
Keine ganz der andern gleich.
Alſo haͤtten wir die Arten
Ueberhaupt nur angeſehn,
Die im Felde und im Garten
Jhrem Gott zu Ehren ſtehn.
Jetzo ſollten wir nun zeigen
Das, was einer ieden eigen:
Aber, wer iſt auf der Welt,
Dem dieß nicht unmuͤglich faͤllt?
Welche135Welche große Wunderwerke
Leget nicht der Blumen Schaar
Von des Schoͤpfers Liebe, Staͤrke,
Und von ſeiner Weisheit dar!
Wenn wir dieſes recht erwaͤgen,
Und gebuͤhrend uͤberlegen;
Jſt wohl der kein Menſch, der nicht,
Wunder, uͤber Wunder! ſpricht.
Aber da es nun unmuͤglich,
Daß man ſolche recht beſchreibt,
Glaub ich, daß man desfalls fuͤglich
Bloß bey der Bewund’rung bleibt,
Und was Gott darein geleget,
Mehr nur uͤberhaupt erwaͤget,
Als daß wir uns unterſteh’n,
Jn das Einzelne zu gehn.
Ueberdem hab’ ich vor dieſen
Von den ſchoͤnſten allbereit
Farben und Geſtalt gewieſen,
Und ſie Gott zum Ruhm geweiht.
Tulpen, Kaiſerkronen, Liljen,
Hyacinthen, Gras, Jonquiljen,
Malva, Crocus, Matronal,
Und noch eine große Zahl.
Sammt der Sonnenblumen funkeln
Mayenblumen, Primula,
Nelken, Ritterſporn, Ranunkeln,
Schnee - und Kornblum, Veilchen, Mah,
Rothe - Weiß - und Eßigroſen,
Bluͤte von den Apricoſen,
Nebſt der Hyacinth, Muſkat,
Admirabilis, Granat.
J 4Auch136Auch die Bluͤte von den Kirſchen,
Die Cyren, Vergißmeinnicht,
Africanus, bluͤh’nde Pfirſchen,
Der Narciſſen weißes Licht,
Die Levcojen, das Getraide,
Kuͤrbsblum, eine bluͤh’nde Heide,
Nebſt verſchied’nen andern mehr
Zu des großen Schoͤpfers Ehr.
Wie verſchiedlich ſind die Kraͤfte,
Da uns faſt zu aller Zeit,
Zu ſo mancherley Geſchaͤffte,
Eine Pflanze Huͤlfe beut.
Dienen ſie nicht uns zu naͤhren?
Froſt und Regen abzuwehren?
Selbſt zur Kleidung und zum Trank?
Ja zu heilen, wenn man krank?
Sonder Pflanzen kann hienieden
Nicht gemaͤchlich, nicht bequem,
Nicht geſund, nicht halbzufrieden,
Nicht erquickt, nicht angenehm,
Nicht ohn Elend und Beſchwerden,
Kurz, gar nicht gelebet werden.
Was uns kleidet, traͤnkt und naͤhr’t,
Wird uns bloß durch ſie gewehr’t.
Fodern denn nicht unſre Pflichten,
Daß wir Herzen, Seel’ und Sinn
Wenigſtens auf dieſe richten,
Die ſo mancherley Gewinn,
Luſt und Nutzen uns gewehren,
Die uns traͤnken, die uns naͤhren,
Die uns kleiden, deren Kraft
Uns ſelbſt die Geſundheit ſchafft?
Hoͤchſter137Hoͤchſter Gott, wenn man erwaͤget,
Was fuͤr Kraft dein’ Allmachtshand
Jns Getraid’ allein geleget,
Wird dein’ Ehr’ und Lieb’ erkannt!
Denket auf den Nahrungsſegen,
Welchen Weiz’ und Rocken hegen!
Denket, was derſelben Saft,
Unſerm Blut’ fuͤr Kraͤfte ſchafft!
Laßt uns ſonderlich betrachten
Das, was unſern Koͤrper naͤhrt,
Auch auf das zugleich mit achten,
Wodurch Gott Gewand beſcher’t!
Jhn, als Geber, zu verehren,
Sollen die Geſchoͤpf uns lehren,
Und Korn, Obſt, Gras, Flachs und Wein
Vorwuͤrf’ unſ’rer Lieder ſeyn.
Hoͤrt, wie dorten David ſinget!
Er ſagt unſerm Schoͤpfer Dank,
Daß er aus der Erde bringet
Brodt zur Nahrung, Wein zum Trank.
Recht zu unſ’rer Koͤrper Weſen
Scheinet das Getraid erleſen.
Es gewehr’t uns beyderley,
Nahrung und auch Arzeney.
Liebſte Menſchen, kommt, bedenket,Korn.
1 Haͤtte Gott nicht ſolche Kraft, Jn das liebe Korn geſenket,
Und ſolch einen Nahrungsſaft,
Welcher unſerm Fleiſch und Blute
Wunderbarlich koͤmmt zu Gute,
Wuͤrd’ ein Elend allgemein,
So wie jetzt der Segen, ſeyn.
J 5Wollt138Wollt ihr mir nicht Glauben geben,
Wie wir unerkenntlich blind,
Faſt in unſerm ganzen Leben,
Leider! durch Gewohnheit, ſind:
So verſucht’s, laßt euch bereiten
Tauſendfache Niedlichkeiten,
Sonder Brodt! probirt dabey,
Ob es lang’ ertraͤglich ſey.
Da das Brodt allein hingegen
Nicht nur bloß den Hunger ſtillt,
Sondern auch mit Nahrungsſegen
Unſern ganzen Koͤrper fuͤllt.
Es iſt, uns zu Gut, verdaͤulich,
Dem Geſchmack iſt es erfreulich,
Der denn, da er nicht zu ſcharf,
Auch zu ſehr nicht reizen darf.
Wunderbar ſind vom Getraide
Alle Theilchen zugericht:
Da ihr Weſen, uns zur Freude,
Sich in unſer Weſen flicht:
Da ſie, wenn wir ſie verzehren,
Uns erhalten, ſtaͤrken, naͤhren,
Und ihr Stoff in Fleiſch ſich kehrt;
Jſt das nicht bewundernswerth?
Alles wird man uͤberdruͤßig;
Brodt iſt immer angenehm.
Andre Koſt iſt uͤberfluͤßig;
Brodt allein iſt ſchon bequem,
Unſerm Koͤrper, unſerm Leben,
Daur und Unterhalt zu geben.
Dieß iſt warlich abermal
Von des Schoͤpfers Lieb’ ein Stral.
Steckt139Steckt hierinnen nicht verborgen
Einer weiſen Vorſicht Kraft,
Da, fuͤr Duͤrftige zu ſorgen,
Gott ſolch wolfeil Mittel ſchafft?
Da ſich Korn ſo ſtark vermehret,
Daß, wie die Erfahrung lehret,
Bloß ein Koͤrnchen, das gelingt,
Mehr als tauſend Kinder bringt.
Noch iſt Gottes Werk zu ſchauen,
Da wir, nebſt der Faͤhigkeit,
Feld und Acker zu bebauen,
Auch die Kunſt, zu rechter Zeit
Solches wirtlich anzufangen,
Nebſt der Zubehoͤr, erlangen.
Es koͤmmt bloß von Gott allein,
Daß wir ſo vernuͤnftig ſeyn.
Auch in dem gezieghen Eiſen,
Das dazu ſo noͤthig iſt,
Jſt des Schoͤpfers Huld zu preiſen,
Wenn man es mit Ernſt ermißt,
Hierzu koͤmmts uns ſehr zu Gute.
Drum ich mit vergnuͤgtem Muthe,
Wenn ich nette Furchen ſeh’,
Auch in ihnen Gott erhoͤh’.
Daß das Erdreich ſo formiret
Und von Gott bereitet ward,
Daß es, wie man es verſpuͤret,
Nicht zu weich, und nicht zu hart:
Auch daß, wenn die Welt getraͤnket,
Sich darinn das Waſſer ſenket;
Daß die eingeſtreute Saat
Raum, auch Saft zur Nahrung, hat.
Dieſes140Dieſes iſt mehr, als es ſcheinet,
Dankens - und bewundernswerth,
Weil dadurch, mehr als man meynet,
Uns ein Segensquell beſchert.
Sollte nur ein einzigs fehlen,
Wuͤrd’ uns Hungersnoth entſeelen.
Dankt demnach, und denkt hiebey,
Wie uns Gott ſo gnaͤdig ſey!
Ferner muß man wohl bedenken,
Da, benebſt dem Sonnenſchein,
Regen, um die Frucht zu traͤnken,
Auch die Winde, noͤthig ſeyn,
Daß uns Gott ſo zaͤrtlich liebet,
Und ſie uns ſo reichlich giebet;
Ja, zu fetter Fruchtbarkeit,
Jedes recht zu ſeiner Zeit.
Herr, wie groß ſind deine Werke!
Ruft hier billig jedermann.
Wenn ich dieſes recht bemerke,
Seh’ ich mit Erſtaunen an,
Wie der Himmel, uns zu naͤhren,
Speiſ’ und Trank uns zu beſcheren,
Seine Kraft herabwerts ſenkt,
Und von oben Erdwerts lenkt.
Weiſer Schoͤpfer! Dein Regieren
Wird niemals genug verehrt;
Jn der Witt’rung iſt zu ſpuͤren,
Was fuͤr Gnad uns wiederfaͤhrt.
Herr! Wer wollte dich nicht loben?
Denn nur du ſchenkſt uns von oben
Regen, Wind und Sonnenſchein,
Daß die Aecker fruchtbar ſeyn.
Ferner141Ferner muß man nicht vergeſſen,
Daß es auch ein Segen ſey,
Wuͤrdig, daß wir ihn ermeſſen,
Wann das Brodt nicht einerley;
Sondern, daß Gott, uns zur Speiſe,
Brodt ſchafft auf verſchiedne Weiſe.
Rocken, Weizen, Gerſten, Reiß
Mehren billig Gottes Preis.
Denn, dieß zeigt, nebſt ſeiner Liebe,
Seine Macht und Weisheit an,
Da es nicht bey einem bliebe.
Unſer Schoͤpfer will und kann
Uns auf manche Weiſ’ erfreuen,
Er hat mancherley Gedeyen,
Da, durch mehr, als eine, Kraft
Er uns Luſt und Nahrung ſchafft.
Wenn ich die Gedanken hefte
Auf dieß Wunder nur allein,
Spuͤr’ und ſeh’ ich, wie die Kraͤfte
Der Natur ſo vielfach ſeyn;
Und dieß treibet meine Blicke
Billig auf die Quell zuruͤcke:
Da ich denn, o Herr, in dir
Jhre Meng’ unendlich ſpuͤr.
Jhrer ſind in Gott befindlich
Ein faſt nicht zu zaͤhlend Heer.
Unerſchoͤpflich, unergruͤndlich
Sind dieſelben, wie ein Meer,
Welches ſonder Grund und Schranken;
Worinn ich, ſammt den Gedanken,
Da ich es in Ehrfurcht ſeh,
Faſt halb ſelig untergeh.
Gott142Gott hat nicht allein geſenket
Jn das Korn die edle Kraft,
Daß es naͤhrt, im Bier auch traͤnket;
Sondern auch die Eigenſchaft,
So wohl werth, daß man drauf merket,
Daß es auch in Krankheit ſtaͤrket;
Jn der Arzeney ſo gar
Jſt der Nutzen offenbar.
Wie iſt in des Fiebers Hitze,
Wenn uns Durſt und Ekel druͤckt,
Gerſten, der gekocht, nicht nuͤtze!
Wird man nicht dadurch erquickt,
Wird man nicht dadurch erfriſchet,
Wenn man ihn mit Zucker miſchet,
Und ihm durch Citronenſaft
Eine kleine Saͤure ſchafft?
Naget uns durch Wuͤhlen, Quaͤlen,
Und Vergiften unſer Blut,
Mit Empfindung ſelbſt der Seelen,
Schwindſucht, Podagra, Scorbut,
Wird uns nichts ſo kraͤftig heilen
Und mehr Linderung ertheilen,
Wenn man an dergleichen krank,
Als der ſanfte Habertrank.
Bruͤhe von der Habergruͤtze
Rechnet man zu vielerley
Koͤrperlichen Plagen nuͤtze.
Man erweiſt, wie gut ſie ſey
Jn Franzoſen, Maſern, Pocken.
Wird uns nicht der Brey von Rocken
Jn der Schwindſucht duͤrrem Weh’
Ein bewehrtes Recipe?
Wie143Wie wird ein verdorbner Magen
Nicht durch Brodt im Wein geſtaͤrkt!
Es iſt nicht genug zu ſagen,
Welche Wirkung man vermerkt,
Wenn des Brodtes Nahrungsſaͤfte,
Auch der Spezereyen Kraͤfte,
Jn dem unverfaͤlſchten Wein
Uns zum Nutz vereinet ſeyn.
Ja, es bleibt wohl ungezaͤhlet,
Wie ſo oft uns Brodt curirt,
Wenn uns innerlich was fehlet,
Wofuͤr Gott ja Dank gebuͤhrt.
Jn der Roſe, in Geſchwuͤren,
Jſt auch aͤußerlich zu ſpuͤren,
Wie man es ſehr oft entdeckt,
Welche Kraft im Mehle ſteckt.
Der Wei - zen.
1Weizen iſt von dem Getraide
Faſt das alleredelſte,
Drinn ich nicht nur unſre Weide
Und die Nahrungskraͤfte ſeh;
Sondern, worinn, wie mans findet,
Luſt und Nutzen ſich verbindet.
Wie ſo lieblich, weiß und ſchoͤn
Jſt ein weiß Brodt anzuſehn?
Auf wie viel und manche Weiſe
Wird der Weizen zugericht!
Wie ſo manche ſchoͤne Speiſe
Macht man aus demſelben nicht?
Hundert Arten Kuchen, Torten
Und Paſteten! Wie viel Sorten
Zuckerwerks ſind ſo zur Pracht
Als zum Wohlſchmack draus gemacht!
Endlich144Endlich iſt nicht nur durchs Brauen
Jn ſo manchem Bier allein
Dieſes Weizens Kraft zu ſchauen,
Sondern auch am Brandtewein,
Den man haͤufig aus ihm brennet.
Ferner wird der Nutz erkennet,
Der durch ihn uns wiederfaͤhrt,
Da ſein Stroh das Vieh ernaͤhrt.
Der Ro - cken.
1Weiter muͤſſen wir mit Freude
Auf des Rockens Nutzen ſehn,
Und in deſſen Unterſcheide
Auch des Schoͤpfers Lieb erhoͤhn,
Der die Frucht am meiſten mehret,
Weil ſie meiſt die Armuth naͤhret,
Daß deswegen jedermann
Rocken wolfeil kaufen kann.
Und dabey ſind ſeine Kraͤfte
Nahr - und huͤlfſam; er vermehrt
Unſers Koͤrpers noͤth’ge Saͤfte,
Der, wie die Erfahrung lehrt,
Aus dem Rocken Kraͤfte ziehet,
So, daß man bewundernd ſiehet,
Daß beym Rockenbrodt allein
Menſchen ſtark und daurhaft ſeyn.
Auch wird man nicht leugnen koͤnnen,
Daß, wie noch zu mehrerley,
Auch den Brandtewein zu brennen,
Uns der Rocken nuͤtzlich ſey.
Jſt, das Hornvieh zu ernaͤhren,
Rockenſtroh wohl zu entbehren?
Nein. Jſt dieſes denn nicht werth,
Daß man Gott deswegen ehrt?
Laßt145Laßt uns gleichfalls nicht vergeſſen,
Gottes weiſe Lieb und MachtGer - ſten.
1 Auch im Gerſten zu ermeſſen! Schmeckt und ſehet mit Bedacht,
Wie ſo huͤlfſam doch die Kraͤfte
Der aus ihm gezognen Saͤfte:
Wie er auch dem Hunger wehrt,
Und auf manche Weiſ’ uns naͤhrt.
Welch ein Nutz iſt durch ihn ferner
Jn der Wirthſchaft uns beſtimmt,
Da man alte Gerſtenkoͤrner
Zu der Pferde Futter nimmt.
Rindern, Schweinen, und ſammt ihnen,
Muß er auch zur Nahrung dienen
Huͤnern, Endten; ebenfalls
Fuͤllt er Gaͤnſen Kropf und Hals.
Es iſt gleichfalls nicht zu glaͤuben,
Wie das Gerſtenſtroh uns nuͤtzt;
Und wir koͤnnen kaum beſchreiben,
Wie es gegen Kaͤlte ſchuͤtzt.
Wie es naͤhret, fuͤllt, verbindet.
Wer es wohl bedenkt, befindet,
Daß uns ſtets zu vielerley
Gerſtenſtroh ſehr nuͤtzlich ſey.
Welch Vermoͤgen uns zu traͤnken
Steckt nicht in dem Gerſtenſaft?
Laßt uns, Gott zum Ruhm, bedenken
Die Beſchaffenheit, die Kraft,
Die, den Durſt mit Luſt zu ſtillen,
Alle Gerſtenkoͤrner fuͤllen.
Und es trinke niemand Bier,
Ohn er danke Gott dafuͤr.
KAch,146Ach, wie wird das Blut erquicket,
Lippe, Zung und Gaum gekuͤhlt,
Wenn uns Hitz und Durſt gedruͤcket,
Und man denn zum Labſal fuͤhlt,
Wie wir gleichſam recht geneſen,
Durch des Bieres loͤſchend Weſen!
Dir ſey denn fuͤr ſolchen Trank,
Großer Geber! Lob und Dank.
Noch iſt ferner zu erwaͤgen,
Und dafuͤr zu danken werth,
Wie der Herr noch einen SegenDer Ha - ber.
1 Jn dem Haber uns beſchert! Wenn wir dieß Gewaͤchs beſehen,
Muß ein jeder ja geſtehen,
Daß ſein Nutzen mancherley,
Und er uns ſehr noͤthig ſey.
Drum wir billig ruͤhmen ſollen
Gott, der auch in dieſe Saat
Solchen Segen legen wollen,
Und ihn ſo erſchaffen hat,
Daß er Huͤnern, Gaͤnſen, Pferden
Muß ein nuͤtzlich Futter werden,
Ohne, da er in der Gruͤtz,
Auch zum Trank uns ſelber nuͤtz.
Ja, ſein Nutz iſt noch gemehret,
Da man auch in Hungersnoth,
Wie uns die Erfahrung lehret,
Selber aus dem Haber, Brodt
Backen kann und zubereiten.
Noch viel andre Nutzbarkeiten,
Und zwar mehr als man gedenkt,
Sind in dieſe Frucht geſenkt.
Wie147Wie nun manches Korn uns naͤhret,
So wird, zu des Schoͤpfers Preis,
Andern Voͤlkern auch beſcheretReiß.
1 Die ſo edle Koſt, der Reiß: Der ſie ſaͤttigt und erquicket;
Ja er wird zu uns geſchicket,
Da man ſeiner Suͤßigkeit
Sich auf manche Weiſ’ erfreut.
Billig ſollt’ ihn keiner eſſen,
Ohn den Schoͤpfer zu erhoͤhn;
Billig ſollte man ermeſſen
Und in froher Luſt geſtehn:
Daß, bey ſo viel andern Gaben,
Woran ſich die Menſchen laben,
Auch der Reiß inſonderheit
Zeige Gottes Guͤtigkeit.
Eh’ wir vom Getraide ſchweigen,
Laſſet uns des Schoͤpfers Macht
Auch in Huͤlſenfruͤchten zeigen,
Die er auch hervorgebracht
Uns zur Luſt, und uns zu naͤhren,
Auch Veraͤndrung zu gewehren,
Da wir ſo durch ihn formirt,
Daß man Luſt in Aendrung ſpuͤrt.
Dieß iſt, mehr als man vermeynet,
Lobes, Ruhms und Dankens werth,
Da weit mehr noch, als es ſcheinet,
Luſt dadurch uns wiederfaͤhrt.
Da wir mancherley verlangen,
Und auch mancherley empfangen,
Wird ja ſichtbarlich erkennt,
Daß uns Gott viel Gutes goͤnnt.
K 2Wie148Wie ſo mancherley Gerichte
Geben uns, o Herr, durch dich
Die ſo vielen Huͤlſenfruͤchte! Hülſen - früch - te.
1Wie ſo ſehr verſchiedentlich Sind ſie von Geſtalt und Arten
Auf dem Feld und in dem Garten!
Jedes iſt beſonders werth,
Daß man dich, den Geber, ehrt.
Wie ſo manche Luſt im Schmecken
Koͤnnen uns die Bohnen nicht,Boh - nen.
1 Wenn man es erwaͤgt, erwecken, Wenn ſie niedlich zugericht!
Billig, wie fuͤr andre Speiſen,
Sollte man den Schoͤpfer preiſen,
Wenn er, da er ſie uns ſchenkt,
Den Geſchmack darinn geſenkt.
Wenn wir dieſe Frucht nun eſſen,
Laſſet uns des Dankens nicht
Fuͤr die Lieblichkeit vergeſſen,
Wann zumal mit dem Gericht
Man den Haͤring noch verbindet,
Und man dopple Luſt empfindet;
Denn ſo denke man dabey,
Daß es Gottes Gabe ſey.
Dieſe Frucht wird nicht zur Speiſe
Angewendet nur allein,
Sondern kann auf manche Weiſe
Jn der Wirthſchaft brauchbar ſeyn.
Sie giebt Mehl, das, wenn man’s miſchet,
Auch zum Brodt, wird aufgetiſchet,
Auch wird Hornvieh, Schwein und Pferd,
Nebſt der Gans, dadurch ernaͤhrt.
Son -149Sonderlich giebt es den Pferden
Ein recht huͤlfſam Futter ab,
Wenn ſie wohlgeſchrotet werden
Und bereitet. Nimmer gab
Man den Stuten, wenn ſie traͤchtig,
Etwas beſſers, das ſo maͤchtig
Gegen den Verwurf. Das Stroh
Dient und nuͤtzet eben ſo.
Erbfen ſind auf gleiche WeiſeErb - ſen.
1 Werth, daß man mit Dank und Luſt Jm Genuß den Schoͤpfer preiſe,
Und daß wir mit froher Bruſt
Jhr Gewaͤchſe wohl ermeſſen.
Welch ein angenehmes Eſſen
Jſt, da ſie vergnuͤgt und naͤhrt,
Uns in dieſer Frucht beſchert!
Nicht nur roh’ ſind ſie zu eſſen,
Brauchbar, angenehm und gut,
So mit Recht nicht zu vergeſſen,
Denn ſie kuͤhlen unſer Blut:
Sondern, durch des Feuers Hitze
Sind ſie uns vornehmlich nuͤtze.
Ja ſie dienen gar im Froſt
Aufgetreugt zu guter Koſt.
Erbſen kommen auch zuweilen
Gar im Brodt uns zum Genuß,
Wenn wir ſie mit Rocken theilen.
Hat man ſie im Ueberfluß,
Kann man durch ſie, uns zum Beſten,
Auch die Schweine trefflich maͤſten;
Eben ſo gebraucht man ſie
Nuͤtzlich fuͤr viel anders Vieh.
K 3Gleich -150Gleichfalls iſt kaum auszudruͤcken,Linſen, Wi - cken.
1 Was fuͤr Nutz uns wiederfaͤhrt Von den Linſen und von Wicken,
Die der Schoͤpfer auch beſchert,
Wofuͤr ihm nur Dank gebuͤhret;
Denn der Haus - und Landmann ſpuͤret
Oefters, wie ihm beyderley
Jn der Wirthſchaft nuͤtzlich ſey.
Außer, was wir ſelbſt genießen
Von den Linſen, kommen ſie,
Nebſt den Wicken, zum Erſprießen,
Sonderlich auch fuͤr das Vieh;
Da Lamm, Kalb, zuſammt den Pferden,
Durch ſie wohl gefuͤttert werden.
Wann man ſie mit Haber mengt,
Wird das Futter ſehr verlaͤngt.
Achtet dieß denn nicht geringe,
Sondern auch des Dankens werth!
Denn der Schoͤpfer aller Dinge
Hat auch dieſe Frucht beſchert.
Daß ſie wachſe, bluͤhe, gruͤne,
Und uns, und dem Thierreich diene,
Schenkt er ihr beſond’re Kraft,
Bildungen und Eigenſchaft.
Ferner muß man noch ermeſſen,Hirſe.
1 Und die ſuͤße Hirſe nicht Uebergehen, noch vergeſſen.
Es erfordert unſre Pflicht,
Dieſe gleichfalls zu betrachten,
Und auf eine Kraft zu achten,
Die in ihr verborgen ſteckt,
Welche der Gebrauch entdeckt.
Es151Es bezeugt es die Erfahrung,
Wie ſo viel und mancherley
Nutzen, Suͤßigkeit und Nahrung
Jn die Frucht geſenket ſey.
Sie wird auf verſchiedne Weiſe
Zubereitet uns zur Speiſe;
Sonderlich iſt ihre Gruͤtz
Jn der Wirthſchaft trefflich nuͤtz.
Fuͤr das Vieh ſind ihre Spreuer,
Auch das Stroh nicht minder, gut,
Wenn das letzt’re in der Scheuer,
Bis zur Weihnachtszeit, geruht.
Ach, erwaͤgt es doch, und denket,
Daß dem, der ſie euch geſchenket
Und fuͤr euch geſorgt, dafuͤr
Doch Erkenntlichkeit gebuͤhr.
Buch - weizen.
1Heidkorn oder Buchenweizen
Muß uns billig, Gott zum Ruhm,
Gleichfalls zur Betrachtung reizen.
Wie ſo ſchoͤn iſt ſeine Blum!
Wie wird er, zu unſrer Speiſe,
Auf ſo manche Art und Weiſe,
Jn der Kuͤche zugericht!
Man erkennt es leider! nicht.
Sein Geſtraͤuch und Stroh, nicht minder
Spreuer, nebſt der Ueberkehr
Naͤhren Schweine, Roß und Rinder.
Gebt dann dem dafuͤr die Ehr,
Welchem ſie dafuͤr gebuͤhret,
Welcher die Natur regieret,
Der uns ſo viel Guts erweiſt,
Und ſo mannichfaltig ſpeiſt.
K 4Da152Da wir alſo, voller Freude
Gottes Wunder zu erhoͤh’n,
Das uns naͤhrende Getraide
Mit Verwund’rung angeſehn:
Laßt uns, eh’ wir dieſes ſchließen,
Und ſo oft wir es genießen,
Seiner Wunder uns erfreu’n,
Und dem Schoͤpfer dankbar ſeyn!
Ew’ge Quelle ſel’ger Triebe!
Gottheit, die, was auf der Welt,
Bloß aus Liebe ſchuf, aus Liebe
Gleichfalls es allein erhaͤlt,
Sey, ſo oft man ißt, geprieſen!
Herrlich haſt du dich erwieſen,
Da du uns nicht nur ernaͤhrſt,
Sondern mancherley beſcherſt!
Ewigreicher Speiſemeiſter,
Der du uns ernaͤhrſt und traͤnkſt,
Gieb doch, daß auch unſre Geiſter
Fuͤr das, ſo du reichlich ſchenkſt,
Dich zu ruͤhmen, dich zu lieben,
Jmmer mehr noch angetrieben,
Und fuͤr alles dir allein,
Als dem Geber, dankbar ſeyn!
Wunderbarer Gott, vom neuenObſt.
1 Wird mein Herz in Luſt geſetzt, Wann, durchs Obſt, dein Benedeyen
Uns ernaͤhrt, traͤnkt und ergetzt.
Wenn ich dieſe Huld erwaͤge,
Und die Wunder uͤberlege,
Die du, Herr, ins Obſt geſenkt,
Wird mein Herz zu dir gelenkt.
Herr,153Herr, zu dir, als deſſen Wille,
Vaterlieb und weiſe Macht
Alle Fruͤcht’ in ſolcher Fuͤlle,
Uns zur Luſt, hervorgebracht,
Der die Urquell aller Kraͤfte,
Und der ſaͤurlichſuͤßen Saͤfte,
Ja, durch welchen bloß allein
Sie uns nuͤtz - und lieblich ſeyn.
Unbegreiflich, unbeſchreiblich
Jſt allein der Arten Zahl,
Und der Unterſchied unglaͤublich.
Schmeckt und ſeht denn abermal,
Liebſte Menſchen, wie ſo ferne
Sich die Macht des Herrn der Sterne,
Die man uͤberall entdeckt,
Jn den Fruͤchten auch erſtreckt!
Wenn man nur auf eine Weiſe,
Durch ein Obſt, ergetzet waͤr’,
Dient’ es unſerm Gott zum Preiſe.
Preiſt, da ſo viel, ihn noch mehr!
Laßt, uns dankbar zu erzeigen,
Uns von ſeiner Macht nicht ſchweigen,
Und, um ihn drinn zu erhoͤhn,
Erſt des Obſtes Menge ſehn!
Aepfel, Birnen, Pflaumen, Kirſchen,
Quitten, Feigen, Pampelmuß,
Maulbeer’, Apricoſen, Pfirſchen,
Sammt der Welſch - und Hafelnuß,
Cocos, Mandeln und Granaten,
Pomeranzen und Muskaten,
Miſpeln, Knullen, Datteln, Wein,
Deſſen ſo viel Arten ſeyn.
K 5Ohne154Ohne die, ſo niedrig ſitzen,
Auf der Buͤſch’ und Stauden Heer,
Hagebutten, Barberitzen,
Him -, Brom - und Johannisbeer,
Stachel - und Holunderbeeren,
Und die, ſo die Voͤgel naͤhren,
Nebſt noch vielen, welche man
Hier nicht alle zaͤhlen kann.
Ferner, was mit kurzen Roͤhren
Jn und an der Erde ſteht,
Weiße Ruͤben, gelbe Moͤren,
Zwiebel, Rettig, Gurken, Beet,
Truͤffel, Schwaͤmme, Kohl, Pomponen,
Spargel, Erdbeer und Melonen.
Wer es unterſuchet, findt,
Daß ſie unentbehrlich ſind.
Viele theilen ſich aufs neue
Jn ſo viele Sorten ein,
Daß, woruͤber ich mich freue,
Sie faſt nicht zu zaͤhlen ſeyn.
Ganz verſchiedlich ſind die Saͤfte,
Farben, Form, Geſchmack und Kraͤfte.
Jedermann wird leicht geſtehn,
Daß wir es an Aepfeln ſehn*Hier hatte der Herr Verfaſſer, ſo wie bey den Steinen, die verſchiedenen Arten der Aepfel in Reime gebracht, ſo wir aber weggelaſſen; welches gleichfalls in der Folge bey den Birnen, Kirſchen, Pflaumen ꝛc. geſchehen. Nur an ein paar Orten haben wir eine Probe davon ſtehen laſſen.
*. Großer155Großer Schoͤpfer, ihre Menge
Zeigt aufs neu, wie reich du biſt;
Jhrer Farb und Form Gepraͤnge,
Das ſo unterſchiedlich iſt,
Die Verſchiedenheit der Saͤfte
Zeigt den Reichthum deiner Kraͤfte.
Da ja nichts, ohn dich allein,
Kann aus nichts entſtanden ſeyn.
Ebenmaͤßig wird im Garten,
So an Meng’, als Unterſcheid,
Von faſt ungezaͤhlten Arten,
Form und ſuͤßer Saͤurlichkeit
Bey den Birnen auch gefunden.
Welche Luſt wird nicht empfunden,
Welche Lieblichkeit verſpuͤrt,
Wenn ihr Saft den Gaum beruͤhrt!
Ferner trifft man auch bey Kirſchen
So verſchiedne Gattung an,
Wie imgleichen auch bey Pfirſchen,
Daß man es kaum glauben kann.
Von den erſten haben viele
Kurze theils, theils lange Stiele,
Viele faͤrbt Natur mit Fleiß,
Dunkel -, hellroth, ſchwarz und weiß.
Auch der Kirſchen Menge zeiget
Deutlich das, was alles weiſt,
Und wovon kein Weſen ſchweiget,
Naͤmlich einen weiſen Geiſt,
Der, ohn Abſicht, nichts verrichtet.
Haltet euch denn doch verpflichtet,
Wenn ihr Kirſchen ſchmeckt und ſeht,
Daß ihr ſeinen Ruhm erhoͤht!
Von156Von den Pfirſchen ſind zu finden
Gleichfalls eine gute Zahl,
Die wir im Geſchmack empfinden,
Admirable - Rahm - Mojal
Bel di Cypre - Pflaum - Montander
Roth - Stein - Dattel - Gold - und Sander,
Weiß - und roth Avant - Ceilan -
Glattpfirſchruß und Pelican.
Auch verdients wohl, zu bedenken,
Daß an Trauben und am Wein,
Uns zu ſpeiſen und zu traͤnken,
So verſchiedne Sorten ſeyn.
Nur allein bey uns im Garten
Trifft man Trauben vieler Arten,
Die man nicht gnug ruͤhmen kann,
Mit erſtaunten Freuden an.
Ja, wenn wir mit Ernſt erwaͤgen,
Wie ſo viel und mancherley
An Geſchmack und Kraft von Segen
Jn dem Wein zu finden ſey,
Da faſt alle Laͤnder Reben,
Von verſchiedner Gattung, geben;
Denkt man auch, daß Gott dafuͤr,
Ruhm und froher Dank gebuͤhr?
Herr, der du den Wein uns ſchenkeſt,
Und ſo mannichfalt’ge Kraft
Jn das Naß der Reben ſenkeſt,
Daß nicht nur der reine Saft
Traͤnkt; daß ſeine Geiſtigkeiten
Selbſt den Geiſt zur Freude leiten.
Dir allein ſey Preis und Dank
Fuͤr ſo angenehmen Trank!
Herr,157Herr, was muß in deinen Schaͤtzen
Fuͤr ein Schatz vorhanden ſeyn,
Kreaturen zu ergetzen!
Hiervon zeigt allein der Wein
Jm Geſchmack ſo viele Proben,
Daß man dich dafuͤr zu loben,
Sowohl ohn’, als im Genuß,
Billig nie ermuͤden muß.
Da wir nun von Obſt die Gaben,
Und wie jedes mancherley,
Ueberhaupt erzaͤhlet haben;
Deucht mich, daß es noͤthig ſey,
Jede Art zu uͤberlegen:
Laßt uns denn zuerſt erwaͤgen,
Von der Aepfel Eigenſchaft,
Nutz, Geſtalt, Geſchmack und Kraft!
Werden Fruͤcht’ uns vorgeſetzet,Aepfel.
2 Und uns Aepfel aufgetiſcht, Wie wird der Geſchmack ergetzet,
Und die heiße Zung erfriſcht!
Jhr ſo ſaͤurlichſuͤßes Weſen
Scheinet recht dazu erleſen,
Da er Mund und Magen fuͤllt,
Daß er Durſt und Hunger ſtillt.
Wirklich wird man recht erquicket,
Wenn der Zahn, die Zung’ und Gaum
Aus den Aepfeln preßt und druͤcket
Den gequetſchten ſuͤßen Schaum;
Da die Seele dann entdecket,
Was darinn fuͤr Anmuth ſtecket,
Und von welcher Eigenſchaft
Der ſo wohlgemiſchte Saft.
So158So viel vom Geſchmack zu ſchließen,
Der in Aepfeln ſteckt; ſo ſcheint,
Daß darinn von Saur - und Suͤßen
Mehr und minder ſich vereint:
Welche beyd’ uns zu erfriſchen,
Sich ſo mannichfaltig miſchen;
Da denn gleich ein jeder Grad
Auch beſondern Eindruck hat.
Kann man es nicht deutlich fuͤhlen,
Daß die Aepfel nicht allein
Zum Geſchmack, nein auch zu kuͤhlen,
Uns geſchenkt und dienlich ſeyn.
Zu Verminderung der Hitze
Jſt der Saft der Aepfel nuͤtze,
Und ſie ſtillen in dem Blut
Die zu ſtarke Hitz und Glut.
Auf wie viel und manche Weiſe
Werden ferner Aepfel nicht
Durch das Feuer, uns zur Speiſe,
Nuͤtz und niedlich zugericht.
Jn Gemuͤſen, Kuchen, Tarten
Schmeckt man, auf wie viele Arten,
Mit Anieß, Zimmt, Zucker, Wein,
Aepfel zuzurichten ſeyn.
Aus der Aepfel Feuchtigkeiten
Kann man, ſo zum Nutz als Luſt,
Auch den Cider zubereiten,
Der ein Labſal unſrer Bruſt,
Der viel tauſend Menſchen traͤnket.
Ach, erwaͤgt denn und bedenket,
Was fuͤr ſo viel Guͤtigkeit
Jhr dem Geber ſchuldig ſeyd!
Laßt159Laßt uns, eh’ wir weiter gehen,
Noch die Bildung und das Fleiſch
Eines Apfels recht beſehen,
Welches der gelehrte Ruiſch
Uns anatomirt gezeiget.
Dieſes Wunder uͤberſteiget
Alles, alles welches man
Von Gewaͤchſen denken kann.
Tauſend Adern, wie in Thieren,
Sind in dieſer Frucht zu ſehn,
Die, in vielerley Manieren,
Zirkelnd durch einander gehn.
Alle ſind mit Fleiſch umringet:
Wenn der Saft nun durch ſie dringet,
Wird das Fleiſch, drinn er ſich ſenkt,
Ausgedehnt, genaͤhrt, getraͤnkt.
Ob die Saͤfte durchs Gedraͤnge
Jn die duͤnne Kleinigkeit
Der faſt unſichtbaren Gaͤnge
Des Geſchmacks Beſchaffenheit,
Oder ob ſie aus dem Samen
Solch ein Weſen uͤberkamen,
Oder durch das Sonnenlicht:
Faßt der Menſchen Witz noch nicht.
Wer bewundert das Gehaͤuſe
Mitten in dem Apfel nicht,
Das auf ſonderbare Weiſe,
Und recht kuͤnſtlich, zugericht!
Es ſcheint, dieß ſey angeleget,
Daß der Same drinn geheget
Und genau geſichert ſey.
Welche Vorſorg herrſcht hiebey!
Aus -160Auswerts iſt das Fleiſch bedecket.
Eine Schal als eine Haut,
Die ſich rings um ihn erſtrecket,
Wird mit Luſt daran geſchaut;
Die oft gelb, oft roͤthlich ſcheinet,
Mit dem Stengel ſich vereinet,
Und als Haut an manchem Ort
Mit viel Loͤchern iſt durchbohrt.
Alles dieß iſt an den Zweigen
Durch den duͤnnen Stengel feſt,
Wodurch alle Saͤfte ſteigen.
Da ſich denn nicht faſſen laͤßt,
Auf was Art der Roͤhren Menge,
Jn ſo großer Eng’ und Laͤnge,
Von der fernen Wurzel an
Bis zum Gipfel ſteigen kann.
Wann demnach wir Aepfel eſſen,
Ja, wenn wir ſie auch nur ſehn,
Laßt uns Gottes nicht vergeſſen,
Sondern deſſen Preis erhoͤhn!
Der auf wunderbare Weiſe
Sie zu unſrer Luſt und Speiſe,
Durch uns unbekannte Kraft,
Wachſen laͤßt, erhaͤlt und ſchafft.
Bir - nen.
2Alle dieſe Wundergaben,
Die wir an den Aepfeln hier
Voller Luſt betrachtet haben,
Kommen auch bey Birnen fuͤr.
Aber dennoch iſt unglaͤublich,
Unbegreiflich, unbeſchreiblich,
Was noch fuͤr ein Unterſcheid
An Geſchmack und Lieblichkeit.
Keiner161Keiner lebt, der dieſer Saͤfte
Sonderlich Gemiſch verſteht,
Noch wie im Geſchmack der Kraͤfte
Unſre Kraft ſo feſte geht:
Ja, wie in viel tauſend Baͤumen,
Die aus ſo viel Koͤrnern keimen,
Dennoch ſo gar mancherley
Kraft, Geſchmack und Anmuth ſey.
Ueberhaupt wird ſtets geſpuͤret,
Daß der Birnen ſaurer Saft
Nicht ſo ſcharf die Zungen ruͤhret,
Als des Apfels ſtrengre Kraft.
Jhr Gemiſch vom Saur - und Suͤßen,
Wenn wir Menſchen ſie genießen,
Jſt von einem ſanftern Grad,
Drum es weit mehr Lieblichs hat.
Nicht nur roh kann man im Schmecken
Jn der Birnen friſchem Saft
Anmuth, Nutz und Luſt entdecken;
Wenn man durch des Feuers Kraft,
Nebſt Wein, Zucker, Zimmetrinden,
Sie kocht, braͤt und doͤrr’t; empfinden
Unſre Zungen abermal
Lieblichkeiten ſonder Zahl.
Sonſten ſtimmen, an der Guͤldung,
An Gewaͤchs, an Farb und Schein,
Mit der Aepfel Form und Bildung
Birnen ziemlich uͤberein;
Außer, daß ich nur die Ruͤnde
An den Aepfeln ſtaͤrker finde.
Birnen ſind meiſt ſpitziger,
Unten duͤnn’ und laͤnglichter.
LWenn162Wenn wir nun die Birnen eſſen,
Laßt den Mund ſie nicht allein
Schmecken; laßt den Geiſt ermeſſen,
Daß ſie Gottes Gabe ſeyn!
Wenn man bey der Luſt gedenket,
Daß der Schoͤpfer ſie uns ſchenket,
Wird ſo Geiſt als Leib genaͤhrt,
Und des Schoͤpfers Macht verehrt.
Pflau - men.
2Ferner kann von Gottes Guͤte
Auch die Pflaume Zeuge ſeyn.
Auf, betrachtendes Gemuͤthe!
Da auch die ſo ungemein
Uns erquickt, vergnuͤgt und naͤhret,
Laßt uns dem, der ſie beſcheret,
Doch zur Ehr’ auch ſie beſehn,
Und im Danken ihn erhoͤhn!
Wie ſo ſaͤurlichſuͤß und niedlich
Jſt der reifen Pflaumen Saft!
Wie ſind ſie ſo unterſchiedlich
An Geſtalt, Geſchmack und Kraft,
Groͤß’ und Farben! Wie viel Arten
Zeigt uns oftermals ein Garten!
Jhre Bildung, Farb und Haut
Wird nicht ſonder Luſt geſchaut.
Laßt uns die Figur betrachten!
Jhre Form iſt nicht oval,
Doch auch, wenn wir ſie beachten,
Spitzig oft, oft rund, oft ſchmal.
Merkt, wie in ſo großer Menge,
Jn der Pflaumen Ruͤnd und Laͤnge,
Die Verſchiedenheiten ſeyn!
Groß ſind viele, viele klein.
Wann163Wann ſich die kaum Kirſchen gleichen;
Duͤrfen die, an Groͤße, kaum
Kleinen Straußeneyern weichen.
Wie iſt doch ein Pflaumenbaum
Voller reif - und großen Fruͤchte,
Dem betrachtenden Geſichte,
Wenn wir ihn mit Andacht ſehn,
So bewundernswerth, ſo ſchoͤn!
Wenn bey mancherley Figuren
Auch die Farben mancherley;
Sehn wir abermal die Spuren,
Daß es Gottes Finger ſey,
Der ſowohl ſie farbt, als bildet.
Bald ſind ſie wie uͤberguͤldet,
Da man oft an ihrer Haut
Einen Glanz, wie guͤlden, ſchaut.
Andre gluͤhen recht, und ſtehen
Jn ſo gelb - als rother Glut,
Noch an andern kann man ſehen,
Daß ſie gaͤnzlich roth, wie Blut;
Braun ſind viele; oftermalen
Gruͤn auch, wenn ſie reif, die Schalen;
Und ein Duft, als wie ein Thau,
Faͤrbt die meiſten lieblichblau?
Dieſe Frucht erquickt und ſtaͤrket,
Wenn ſie friſch iſt, nicht allein;
Sondern, wie man’s wohl bemerket,
Auch, wenn ſie getrocknet ſeyn.
Zur Geſundheit iſt ſie nuͤtze,
Denn ſie daͤmpft zu ſtarke Hitze.
Sonderlich hat ſie die Kraft,
Daß ſie Oeffnung uns verſchafft.
L 2Auf164Auf wie viele Weiſ’ und Arten
Dienen ſie den Menſchen nicht?
Zu Gemuͤſen, Suppen, Tarten
Werden Pflaumen zugericht,
Sammt den Zwetſchen und Brunellen.
Hieraus wird nun leicht erhellen,
Daß es recht, wenn fuͤr die Frucht
Man auch Gott zu preiſen ſucht.
Gott! du zeigſt in allen Fruͤchten
Weisheit, Lieb und Allmacht an.
Wer iſt, der ſie einzurichten,
Außer dir, vermag, noch kann?
Wenn wir Pflaumen ſehn und eſſen,
Laßt uns dieſes nicht vergeſſen:
Daß man billig im Genuß
Froh ſeyn, und dir danken muß.
Kir - ſchen.
2Laßt uns ferner, voller Freuden,
Und mit Dank erfuͤllter Bruſt,
Augen und Gedanken weiden
Auch an Kirſchen! und mit Luſt
Jhre Saͤurlichkeit und Menge,
Jhr Rubinen gleich Gepraͤnge,
Das auf manche Weiſe ſchoͤn,
Aus geruͤhrter Seele ſehn!
Wird man nicht, bey heiterm Wetter,
Jn der glatten Kirſchen Pracht,
Wenn ſie durch die gruͤnen Blaͤtter
Funkeln, gleichſam angelacht?
Sonderlich wenn ſie ſich ſchmuͤcken
Mit den kleinen weißen Blicken,
Da man auf der glatten Haut
Kleine Sonnenbilder ſchaut.
Es165Es iſt warlich nicht zu glauben,
Wie ein Kirſchenbaum ſo ſchoͤn,
Wenn wir ſeine Fruͤcht’, als Trauben,
An den Stengeln hangen ſehn;
Jn dem angenehmen Gruͤnen
Gluͤhen ſie recht wie Rubinen,
Von ſo heller Faͤrben Brand
Jſt kein’ andre Frucht bekannt.
Ja, wie ſind in einem Garten
Jhrer doch ſo vielerley,
Von ſo ſehr verſchiednen Arten!
Wie ſo groß die Anzahl ſey,
Jſt vorhin ſchon angezeiget,
Daß ſie uͤber funfzehn ſteiget.
Die nicht roth und ſchwarz allein;
Nein, auch weiß und leibfarb ſeyn.
Wie ſo vielerley Morellen
Werden uns im Munde nicht
Recht zu ſuͤßen Anmuthsquellen,
Draus ein Saft ſo lieblich bricht,
Daß er, wenn der Mund ſich netzet,
Lippen, Zung und Gaum ergetzet,
Der, wenn man ihn niederſchlingt,
Nebſt der Luſt Erfriſchung bringt.
Wunderlieblich iſt gemiſchet
Der beliebten Kirſchen Saft,
Welcher Gaum und Blut erfriſchet.
Man vermag die Eigenſchaft
Durch die Zunge zwar zu ſchmecken,
Aber nimmer zu entdecken,
Wie ſich in ſo hohem Grad
Saur und Suͤß gemiſchet hat.
L 3Wie166Wie die Kirſchen unterſchiedlich
An der Farb und an Geſtalt,
Sind ſie am Geſchmack auch niedlich,
Und zwar ja ſo mannichfalt,
Wenn wir ſaͤurlich’ſuͤße Kirſchen
Mit beſpruͤtztem Gaum zerknirſchen,
Laßt, den Geber zu erhoͤhn,
Es nie ſonder Dank geſchehn.
Das, was wir aus Kirſchen druͤcken,
Taugt fuͤr ſich nicht nur allein,
Uns zu ruͤhren, zu erquicken;
Wenn man zu den Kirſchen Wein
Und ein wenig Zucker fuͤget,
Wird das Herz dadurch vergnuͤget,
Der uns denn vernuͤnftig traͤnkt,
Wenn man an den Geber denkt.
So gedoͤrrt, als eingeleget,
Sind auch Kirſchen trefflich gut.
Was die Kirſch an Saͤften heget,
Kuͤhlet und erfriſcht das Blut.
Mus und Suppen, Kuchen, Tarten,
Brandtwein, Waſſer, mancher Arten,
Was uns traͤnket, heilt und naͤhrt,
Jſt in Kirſchen uns beſchert.
Wollen wir denn den nicht ehren,
Der uns ſolche Fruͤchte ſchenkt?
Wenn wir ſie mit Luſt verzehren,
Und man bey der Luſt nur denkt:
Großer Geber ſey geprieſen!
Hat man ſchon den Dank erwieſen,
Den der Gott, der ſie beſchert,
Auf der Welt von uns begehrt.
Großer167Großer Schoͤpfer! ach verzeihe,
Wenn wir etwan, wie das Vieh,
Sie bisher genutzt. Verleihe,
Daß dir kuͤnftig, wenn wir ſie
Mit vergnuͤgtem Geiſt genießen,
Moͤg’ ein Dank daraus entſprießen,
Der, o Vater aller Welt,
Dir, aus Lieb’ allein, gefaͤllt!
Quit - ten.
2Auch die rauhen Quitten hegen,
Zum Vergnuͤgen unſ’rer Bruſt,
Wenn wir ihr Gewaͤchs erwaͤgen,
Nahrung, Kuͤhlung, Nutz und Luſt.
Jhre Kraͤfte ſind verſchiedlich,
Jhre Saͤfte ſaͤurlich, niedlich,
Zur Erfriſchung ſehr bequem,
Heilſam und auch angenehm.
Dieſe Frucht laͤßt abermalen
Uns was ſonderbares ſehn,
Da wir ſie an Form und Schalen
Jn zwey Sorten, beyde ſchoͤn,
Nutzbar eingetheilet finden,
Davon einige ſich ruͤnden,
Andre laͤnglich ſind und ſpitz[.]
Beyde Sorten ſind uns nuͤtz.
Bey der Frucht iſt zu ermeſſen
Etwas ſonderlichs, da man
Solche roh durchaus nicht eſſen,
Und gekocht nur brauchen kann.
Dieß, ſo ihr beſonders eigen,
Taugt, uns abermal zu zeigen,
Wie ſo viel und mancherley
Des Naturgeiſts Wirkung ſey.
L 4Die168Die Natur giebt ihren Schalen,
Welche, wenn die Quitte reift,
Recht wie Gold ſich gelblich mahlen,
Etwas, das man nicht begreift,
Ob es wolligt, haarig, ſeiden,
Worinn ſie ſich gleichſam kleiden.
Solchen Stoff hat ſonderlich
Dieſe Frucht allein fuͤr ſich.
Ach, was ſtecket in den Saͤften
Dieſer Frucht fuͤr Lieblichkeit!
Mit wie viel und manchen Kraͤften
Wird der Menſch durch ſie erfreut!
Wenn man ſie mit Zucker ſchmecket,
Wird ein lieblich Sau’r entdecket;
Dieſes labt nicht nur den Mund,
Es iſt heilſam und geſund.
Daß, da ſie zuſammenziehet,
Sie den ſchwachen Magen ſtaͤrkt,
Hat man, da man ſich bemuͤhet,
Jn der Arzeney bemerkt.
Jhre Kern’ hingegen kuͤhlen,
Wie wir es mit Nutzen fuͤhlen,
Wenn, erhitzt durch einen Fluß,
Man die Kehle gurgeln muß.
Wenn ſo Durchfall, als Erbrechen,
Mit gefaͤhrlicher Gewalt
Unſers Koͤrpers Kraͤfte ſchwaͤchen,
Stillt die Quitte beydes bald.
Jſſ’t man ſie vor andern Speiſen,
Soll ſie Kraft im Stopfen weiſen.
Aber nach der Speiſe Brauch
Oeffnet ſie hingegen auch.
Hoͤrt,169Hoͤrt, wie ſie zu vielen Sachen
Ferner noch zu brauchen ſeyn:
Aufzutrocknen, einzumachen.
Man verfertigt Quittenwein,
Auch ein Quittenbrodt aus ihnen.
Jhrer Kerne Saͤfte dienen
Gegen Augenweh’. Jm Brand
Jſt auch ihre Kraft erkannt.
Da man nun ſo manch Gerichte
Aus den reifen Quitten macht,
Will man den[,]der dieſe Fruͤchte,
Uns zu Gut[,]hervorgebracht,
Nicht mit frohem Herzen preiſen!
Laßt uns wenigſtens erweiſen,
Jm Vergnuͤgen unſrer Bruſt,
Daß ihr Urſprung uns bewußt!
Laßt uns in dem Eſſen ſchmecken
Den ſo wohlgemiſchten Saft!
Laßt uns auch zugleich entdecken
Unſrer Zungen ſcharfe Kraft!
Laßt uns dem, der beydes giebet,
Beydes macht, und alles liebet,
Auch fuͤr Quitten dankbar ſeyn,
Und uns ſeiner Guͤte freun!
Da nun ferner auch die FeigenFeigen.
2 Unſers Schoͤpfers holde Macht Auf beſondre Weiſe zeigen;
Nehmen wir auch die in Acht:
Und erwaͤgen voll Vergnuͤgen,
Wie in dieſer Frucht ſich fuͤgen,
Und darinn verbunden ſeyn
Nahrung, Luſt und Arzeney’n.
L 5Dieſe170Dieſe Frucht iſt zaͤrt - und niedlich,
Und von Fleiſch gelind und weich.
Jhre Farb iſt unterſchiedlich,
Die Figur den Birnen gleich.
Klein und kurz ſind ihre Stiele,
Weißlichgruͤn ſind ihrer viele,
Wenn wir andre roͤthlich, braun,
Blau und purpurfaͤrbig ſchaun.
Wie die Erdbeer’ auswerts zeigen
Kleine gelbe Koͤrnerlein:
Alſo ſieht man, daß in Feigen
Kleine guͤldne Koͤrner ſeyn,
Welche beyd’ im Rothen gluͤhen,
Und die Augen auf ſich ziehen;
Dieß dient dem Geſicht zur Luſt,
So wie der Geſchmack der Bruſt.
Aus verſchiednen fremden Reichen
Kommen ſie im Ueberfluß.
Welſchland, Spanien, imgleichen
Frankreich ſchickt ſie zum Genuß.
Von ſo ſehr verſchiednen Orten
Kommen vieler Feigen Sorten.
Doch, zum lieblichen Gebrauch,
Wachſen ſie in Deutſchland auch.
Man ſieht aus den bloßen Zweigen
Ohne Laub, ja ohne Bluͤt
Dieſe ſchoͤne Fruͤchte ſteigen,
Das man ſonſt an keinen ſieht;
Aus des Holzes harten Rinden
Drengen ſie ſich, wie wir finden.
Von dem Reichthum der Natur
Zeigt dieß eine neue Spur.
Auch171Auch iſt ſonderlich an ihnen,
Daß dieſelben nach und nach,
Und, uns laͤnger noch zu dienen,
Nicht auf einmal, allgemach
Reifen, ſuͤß und eßbar werden.
Ach! wie wird nicht auf der Erden
Unſre Luſt in mancher Frucht
Auf ſo manche Art geſucht!
Nicht nur Luſt uns zu ertheilen,
Nebſt der Nahrung, ſondern auch
Unſern kranken Leib zu heilen,
Dienen Feigen zum Gebrauch.
Jn Geſchwuͤren, Beulen, Druͤſen
Hat ſich oft die Kraft gewieſen;
Wie auch in der groͤßten Pein
Feigen huͤlf - und heilſam ſeyn.
Wenn wir alſo Feigen eſſen,
Ja, wenn wir ſie auch nur ſehn,
Sollten wir mit Recht ermeſſen,
Wie es bloß durch Gott geſchehn,
Daß ſich in den ſuͤßen Feigen
Schoͤnheit, Luſt und Nutzen zeigen,
Und daß ſie durch Gott allein,
Wie ſie ſind, geſchaffen ſeyn.
Ferner muͤſſen wir erwaͤgen,
Was der Schoͤpfer, uns zur Luſt,
Fuͤr bewundrungswerthen Segen,
Zum Vergnuͤgen unſrer Bruſt,Maul - beer.
2 Jn die Maulbeer wollen ſenken. Warlich, wenn wir es bedenken,
Sollten wir uns ſeiner freun,
Und auch dafuͤr dankbar ſeyn.
Es172Es iſt dieſe Frucht an Kraͤften,
An Geſchmack, Geſtalt, Natur,
An ſo wohlgemiſchten Saͤften,
Farb und Bildungen nicht nur
Von den andern unterſchieden,
Sondern nuͤtzt auch einem jeden,
Ja es iſt ihr Laub ſo gar
Nuͤtzlich, dienlich, wunderbar.
Dieſe Blaͤtter ſind die Speiſe
Der Geſchoͤpfe, welche dir
Auf ſo wunderbare Weiſe,
So zum Nutzen, als zur Zier,
Die beliebte Seide weben.
Aller Seidenwuͤrmer Leben,
Das ſtets vielen Vortheil gab,
Haͤngt von Maulbeerblaͤttern ab.
Wenn man allen Nutz entdecket,
Der in dieſer Blaͤtter Saft
Wunderbar verborgen ſtecket;
Wenn man, wie durch Kaufmannſchaft
So verſchiedne Nationen
Ungezaͤhlte Millionen
Durch die Seid’ erworben, denkt:
O, ſo dankt dem, der ſie ſchenkt!
Laßt uns nun auch ſelbſt die Fruͤchte
Dieſes Wunderbaums beſehn!
Sie ſind an Groͤß’ und Gewichte
Nicht betraͤchtlich, oder ſchoͤn;
Aber an Erfriſchungskraͤften,
Und an ſaͤu’rlichſuͤßen Saͤften,
Sind dieſelben wunderreich,
Daß faſt keine Frucht ihr gleich.
Jhre173Jhre Haut iſt ſchwaͤrzlichdunkel,
Aber ihr verſchloßner Saft
Gleicht dem gluͤhenden Carfunkel,
Und hat dieſe Eigenſchaft:
Daß, wenn man die Frucht zerdruͤcket,
Man daran ein Roth erblicket,
Welches recht wie Schneckenblut
Unſern Augen ſanfte thut.
Laßt uns auch zur Form uns kehren!
Laͤnglichrund iſt die Figur.
Aus viel kleinen ſaft’gen Beeren
Setzt die ſpielende Natur
Sie recht wunderbar zuſammen,
Die aus einem Stengel ſtammen,
Und ein jedes Beerchen hat
Faſt die Bildung vom Granat.
Es iſt in der Maulbeer’ Saͤften
Suͤß und Sauer ſo gemiſcht,
Daß es mit beſondern Kraͤften
Zunge, Gaum und Blut erfriſcht.
Ja, da ſie gelinde kuͤhlen,
Duͤrfen auch die Kranken fuͤhlen,
Wie darinn die Arzeney
Mit der Luſt verbunden ſey.
Wie ſchmeckt Maulbeerſaft ſo niedlich,
Wenn man ihn zu Zucker ſprengt;
Und ſein Nutz iſt unterſchiedlich,
Wenn man ihn mit Eßig mengt,
Wodurch Mund - und Halsbeſchwerden
Rein und leicht geheilet werden;
Er erfriſcht nicht nur das Blut,
Er iſt auch zur Oeffnung gut.
Die174Die Natur, auch hier zu zeigen,
Wie ſo mild und reich ſie ſey,
Zeuget auf den Maulbeerzweigen
Dieſer Fruͤchte zweyerley.
Sie ſchenkt mehr, als wir begehren,
Es giebt ſchwarz’, auch weiße, Beeren,
Die ſind, theilt man ſie genau,
Roͤthlich theils, theils gelb, theils grau.
Sind nun gleich der weißen Saͤfte
Am Geſchmack ſo lieblich nicht,
Sind doch ihrer Blaͤtter Kraͤfte
Deſto beſſer zugericht,
Daß ſie mit dem zarten Gruͤnen
Dem Gewuͤrm zur Nahrung dienen,
Welches uns die Seide webt,
Wo ſo mancher Menſch von lebt.
Um uns lange Zeit zu dienen,
Reifen ſie nicht auf einmal;
Dieß iſt ſonderlich an ihnen,
Daß ſie in gemeßner Zahl
Mehr als in die ſieben Wochen
Jmmer werden abgebrochen;
Sie vergehen allgemach;
Sie erſcheinen nach und nach.
Gottheit, die du deine Liebe,
Und wie ſehr du uns geneigt,
Nebſt dem Macht - und Weisheitstriebe,
Auch in dieſer Frucht gezeigt,
Gieb, daß, wenn ich Maulbeer’ eſſe,
Jch dein Wunderwerk ermeſſe,
So in ihrem holden Saft,
Als in meiner Zunge Kraft.
Apri -175Apricoſen ſind nicht minderApri - coſen.
2 Dankens - und bewundernswerth. Gott, der uns als ſeine Kinder
Durch dieſelben labt und naͤhrt,
Jſt auch dafuͤr hoch zu preiſen,
Daß, um ſeine Huld zu weiſen,
Er auch durch die ſuͤße Frucht
Menſchen zu ergetzen ſucht.
Sie verdient, daß wir mit Freuden,
Da ſie nicht von ungefaͤhr,
Aug - und Zungen an ihr weiden,
Dem, der ſie uns ſchenkt, zur Ehr’.
So von außen, als von innen,
Hat die Frucht fuͤr unſre Sinnen,
Seh ich ſie betrachtend an,
Alles, was uns reizen kann.
Wenn wir ſie nicht recht betrachten,
Scheint ſie in der Fruͤchte Reich,
Wo wir’s uͤberhin beachten,
Mehrentheils dem Pfirſich gleich;
Aber, wenn wir die Geſtalten
Eigentlich zuſammenhalten,
Jſt ſie, ſo an Form als Saft,
Ganz beſondrer Eigenſchaft.
Gelblichroth, gleich der Auroren,
Ja ſo roth oft, wie Rubin,
Den uns Jndien gebohren,
Stralen ſie durchs dunkle Gruͤn;
Wo ſie oft, wie Trauben, ſitzen.
Ein recht angenehmes Blitzen
Faͤllt, zumal im Sonnenlicht,
Von der Frucht uns ins Geſicht.
Wie176Wie wird Zung und Gaum ergetzet,
Wenn die holde Suͤßigkeit
Dieſer Frucht dieſelbe netzet!
Wenn wir die Beſchaffenheit
Dieſer Lieblichkeit erwaͤgten,
Und im Schmecken uͤberlegten,
Daß, was uns reizt und erfriſcht,
Sich nicht von ſich ſelber miſcht:
Sondern, daß ein guͤtigs Weſen,
Durch des weiſen Willens Macht
Alles das dazu erleſen,
Alles in die Frucht gebracht
Und dem Samen eingepraͤget,
Was uns ſo viel Luſt erreget,
Und zugleich das Blut uns kuͤhlt,
Wie man es ſo ſchmeckt als fuͤhlt.
Nicht nur roh, nein, auch candiret,
Und in Zucker eingelegt,
Wenn ſie Zung und Gaum beruͤhret,
Da ſie Suͤß’s und Saͤuerlich’s hegt,
Das ſich recht harmoniſch fuͤget,
Schmeckt ſie lieblich, und vergnuͤget
Durch die Zung und Gaum den Geiſt,
Daß er Gott mit Anmuth preiſt.
Sollten wir, wenn wir ſie eſſen,
Gottes Macht, der ſie uns ſchenkt,
Und ſein Lieben nicht ermeſſen?
Dieß geſchieht, wenn man gedenkt
Jn der Zeit, wenn man ſie kaͤuet,
Daß das Feu’r, das uns erfreuet,
Jn der Frucht von ſelbſt nicht flammt,
Sondern von dem Schoͤpfer ſtammt.
Anders177Anders will, fuͤr ſo viel Gaben,
Die er uns ſo reichlich ſchenkt,
Unſer Gott nichts von uns haben,
Als daß man nur ſein gedenkt.
Er verlangt kein Wortgepraͤnge,
Keiner Kanzelreden Laͤnge*Der Verfaſſer tadelt hier gar nicht die heiligen Reden an ſich ſelbſt, ſondern nur die unnoͤthige Laͤnge derſelben, welche den Hoͤrer eher zum Schla - fen, als zur Andacht bringet.
*, Keinen ſonderbaren Ton:
Freut euch ſein, ſo dankt ihr ſchon.
Es verdient auf gleiche WeiſePfir - ſich.
3 Auch des Pfirſichs edle Frucht, Daß man, unſerm Gott zum Preiſe,
Auch ihr Weſen unterſucht.
Laßt, wenn wir ſie ſehn und eſſen,
Uns in ihnen auch ermeſſen,
Wie ihr Saft und ihre Pracht
Sey zu unſrer Luſt gemacht.
Pfirſchen ſind, vor andern Fruͤchten,
Dankens - und bewundernswerth,
Es iſt uns zu viel Gerichten
Jhr ſo ſaftig Fleiſch beſchert;
Da ſie ſaͤu’rlichſuͤß, wie Beeren,
So die Reben uns gewehren:
Lieblich iſt ihr Saft gemiſcht,
Daß er Gaum und Herz erfriſcht.
MJhre178Jhre Form iſt ſelten laͤnglicht,
Sondern meiſtens zirkelrund:
Jhre Farb’ iſt oͤfters ſprenglicht,
Oefters allgemein, oft bunt;
Naͤmlich weislich, gelblich, gruͤnlich,
Roth, wozu die Sonn’ ihr dienlich,
Da ſichs an den Stellen mehrt,
Welche ſie zur Sonne kehrt.
Zart’ und ſanfte Rauhigkeiten
Werden an der Pfirſich Haut,
Auch an der geſpalt’nen Seiten,
Mit Verwunderung geſchaut;
Welche, wie es ſcheinet, ihnen
Gegen Ungeziefer dienen,
Daß daſſelbe ſie ſo leicht
Nicht benaget, noch bekreucht.
Dieſe Frucht iſt ſehr verſchiedlich
So an Form, als Farb’ und Saft,
Die iſt mehr, die minder niedlich,
Und von andrer Eigenſchaft.
Unſre Zunge kann im Schmecken
Unterſchiedne Luſt entdecken,
Und man theilet insgemein
Sie in maͤnn - und weiblich ein.
Nicht nur roh ſind dieſe Fruͤchte
Lieblich, ſchmackhaft, angenehm;
Sie ſind, mancherley Gerichte
Draus zu machen, auch bequem.
Wenn ſie nicht zu reif gebrochen,
Laſſen ſie ſich braten, kochen,
Da mit Zucker, Zimmt und Wein
Sie wohl zuzurichten ſeyn.
Tro -179Trocken ſind ſie gleicherweiſe
Zu gebrauchen, und man macht
Sie auf manche Art zur Speiſe.
Wuͤrd’ es doch mit Luſt bedacht!
Welche holde Lieblichkeiten
Kann man nicht daraus bereiten!
Wie beſchaͤfftigen ſie nicht
Den Geſchmack, Geruch, Geſicht!
Ja, die Kerne ſelbſt ſind nuͤtze,
Da ſie den zu kuͤhlen Saft
Waͤrmen durch die innre Hitze.
Deren feuerreichen Kraft
Hat man auch in Arzeneyen
Sich nicht weniger zu freuen.
Wie ergetzt, zu unſrer Luſt,
Perſico ſo Zung als Bruſt!
Jſt die Frucht denn nicht betrachtens -
Und aufs mind’ſte ſo viel werth,
Daß, ſtatt ſchluͤpfrigen Verachtens
Man in ihr den Geber ehrt?
Eſſet ſie, ſchmeckt und erkennet,
Daß der Schoͤpfer ſie euch goͤnnet:
Dankt ihm; ſo genießt ihr ſie,
Wie ein Menſch, nicht wie das Vieh.
Ferner werden wir in NuͤſſenN[]ſſe.
3 Unſers Schoͤpfers Lieb und Macht Ruͤhmen und bewundern muͤſſen,
Der auch ſie hervorgebracht,
Zwar zu unſrer Luſt und Speiſe,
Aber auch zu ſeinem Preiſe;
Denn man findet in der Frucht,
Mehr als man gedenkt und ſucht.
M 2Dieſe180Dieſe Fruͤchte ſind im Garten,
Und auch ſelbſt im Feld und Wald
Von ſehr unterſchiednen Arten,
Und von Weſen mannichfalt.
Bald auf Hoͤhen, bald in Gruͤnden,
Laͤßt ſich, nebſt der Wallnuß, finden
Auch die Haſ - und Stachelnuß,
Die man all’ bewundern muß.
Auf ſehr unterſchiedne Weiſe
Werden Nuͤſſe zugericht;
Wie ſo manche ſchoͤne Speiſe
Wuͤrzet man mit Nuͤſſen nicht!
Werden nicht auf unſerm Tiſche
Davon uͤber Fleiſch und Fiſche
Saucen, Bruͤh’n und Milch gemacht?
Auch wird Oel herausgebracht.
Mit verſchiednen andern Sachen,
Zucker, Zimmt und Naͤgelein,
Weis man Nuͤſſe einzumachen,
Welche dann ſehr dienlich ſeyn,
Unſern Magen wohl zu ſtaͤrken.
Noch iſt an der Nuß zu merken,
Daß ihr Oel zu vielerley
Nuͤtzlich, heil - und dienſam ſey.
Auch ſind in den Cocosnuͤſſen
Wunder, die nicht minder ſchoͤn;
Wie wir ja geſtehen muͤſſen,
Wenn wir ihre Groͤße ſehn,
Wenn ſie ihren Kern uns ſchenken,
Wenn die kuͤhlen Saͤft’ uns traͤnken.
Merket denn, daß auch in ihr
Unſerm Schoͤpfer Dank gebuͤhr.
Dankt181Dankt ihm, wie fuͤr alle Gaben,
Alſo auch fuͤr dieſe Frucht,
Dran ſich viele Voͤlker laben,
Die er zu ernaͤhren ſucht:
Denen Gott, auf dieſe Weiſe,
Sie zum Trank macht, und zur Speiſe.
Jſt nicht der bewundernswerth,
Der zugleich ſie traͤnkt und naͤhrt?
Es verdient ja dieß Geſchenke,
Da es uns vergnuͤgt und naͤhrt,
Wohl, daß man an ihn gedenke,
Da nur er ſie uns beſchert,
Und ſo viele Eigenſchaften
Uns zum Nutz an Nuͤſſen haften.
Laßt uns beym Genuß uns freu’n,
Und dafuͤr erkenntlich ſeyn!
Noch ein neu Geſchenk zu zeigen,Man - deln.
3 Muͤſſen wir von Mandeln auch Nicht an dieſem Orte ſchweigen,
Deren Kern uns im Gebrauch
Unterſchiednen Nutz gewehret,
Und auf manche Weiſ’ uns naͤhret,
Da ſie uns ſowohl allein,
Als vermiſchet, dienlich ſeyn.
Dieſe Frucht, wenn wir’s erwaͤgen,
Mehret ihres Gebers Preis;
Jhre harte Schalen hegen
Einen Kern, der lieblich weiß.
Platt und laͤnglicht iſt derſelbe,
Jhn verſchließt ein glatt Gewoͤlbe,
Und er iſt, ſo wie ſein Sitz,
Oben ruͤnder, unten ſpitz.
M 3Jhre182Jhre harte Schalen decket
Eine fleiſchlichrauhe Haut,
Welche gruͤn, worinn ſie ſtecket,
Wie man Welſchenuͤſſe ſchaut.
Dieſe berſtet meiſt an allen,
Da ſie dann herunterfallen,
Wenn ſie reifen im Auguſt,
Uns zum Nutzen und zur Luſt.
Sie ſind von verſchiednen Sorten,
Da ſie ſuͤß und bitter ſeyn;
Und man theilt ſie nach den Orten,
Wo ſie wachſen, meiſtens ein.
Es ſind Mandeln oftermalen
Sproͤde, duͤnn und hart von Schalen;
Wenn hingegen eine Art
Zaͤhe, feſte, dick und hart.
Jhr Geſchmack iſt unterſchiedlich,
Und beſonders ſchmeckt ihr Kern
Mit Roſin’n und Feigen niedlich,
Faſt ein jeder ißt ſie gern;
So allein, als auch gemiſchet,
Wird man durch die Frucht erfriſcheꝛ.
Wie ſo mancherley Gericht
Machen wir aus Mandeln nicht?
Wenn wir denn auch Mandeln eſſen,
Laßt uns mit geruͤhrter Bruſt,
Daß ſie ein Geſchoͤpf, ermeſſen,
Und mit inniglicher Luſt
An derſelben Schoͤpfer denken,
Der ſie uns hat wollen ſchenken;
Der uns eine Gnad erweiſt,
Wenn er uns mit Mandeln ſpeiſt.
Bey183Bey ſo unterſchiednen FruͤchtenDat - teln.
3 Sind zumal auch Datteln werth, Daß wir unſer Denken richten
Auch auf den, der ſie beſchert.
Wenn wir die Geſtalt betrachten,
Auf Geſchmack und Nutzen achten,
Zeiget ihre Suͤßigkeit
Mancherley Verſchiedenheit.
Wenn wir ihre Form beſehen,
Sind ſie faſt den Eicheln gleich,
Doch weit groͤßer. Sie beſtehen
Aus der Haut; dem Fleiſch, das weich;
Und dem Kern, der in der Mitten
Recht mit einem Riß durchſchnitten,
Der in weißen Haͤutchen ſteckt,
Da das Fleiſch ein Gelbes deckt.
Jhre weiße Bluͤte fuͤllet
Eine Haut, ſo ſie bedeckt,
Die mit ihnen gleichſam quillet
Und ſich zwiſchen Aeſten ſtreckt.
Da man denn in großer Menge,
Und wie Trauben, im Gedraͤnge
Wenn ſie berſtet, erſt die Bluͤt,
Und darauf die Fruͤchte ſieht.
Sie ſind angenehm zu eſſen,
Roh ſowohl, als zugericht;
Doch muß man zugleich ermeſſen,
Was durch ſie uns Guts geſchicht.
Jn verſchiednen Arzeneyen
Hat man ihrer ſich zu freuen;
So in Bruſt - als Halsbeſchwer
Nuͤtzen uns die Datteln ſehr.
M 4Wenn184Wenn wir von der Blaſ - und Nieren,
Durch zu hitzigen Urin,
Schmerzen und Beſchwerden ſpuͤren,
Sagt man, daß die Dattel dien’,
Solche Schmerzen zu verjagen;
Wenn uns Huſt und Schwindſucht plagen,
Soll auch gegen ſolche Pein
Sie ein heilſam Mittel ſeyn.
Sollte man denn Gott nicht loben,
Daß er uns auch Datteln ſchenkt?
Billig wird ſein Ruhm erhoben,
Billig iſt es, daß man denkt:
Herr! der du ſie uns ertheileſt,
Und durch ſie uns naͤhrſt und heileſt,
Dir ſey immer mehr und mehr
Lob und Dank, und Preis und Ehr!
Ferner hat das große Weſen,
Das uns naͤhrt, ergetzt und traͤnkt,
Noch ein ſchoͤn Gewaͤchs erleſen,
Und es uns zur Luſt geſchenkt;Gra - naten.
3 Die Granaten, die uns eben Auch ein neues Merkmaal geben,
Wie ſein Werk ſo vielerley
Und gar nicht zu zaͤhlen ſey.
Bey den angenehmen Fruͤchten
Scheint die bildende Natur
Jn Granaten zuzurichten
Eine zierliche Figur,
Die auf eine neue Weiſe,
Uns zur Luſt, und dem zum Preiſe,
Den kein Menſch genugſam preiſt,
Etwas Unerſchoͤpflichs weiſt.
Jn185Jn der nettgekroͤnten Schalen
Schoͤn - und roͤthlichbraunem Platz
Sieht man, wie Rubinen, ſtralen
Den ſo ſuͤß - als ſchoͤnen Schatz.
Wir ſehn ihren Schimmer ſpielen,
Und es kann die Zunge fuͤhlen
Jhre ſuͤße Saͤurlichkeit;
Wie wird Zung’ und Aug’ erfreut!
Der durchlaͤuchtgen Koͤrner Glaͤnzen
Jſt wohl recht bewundernswerth,
Welches ihrer engen Graͤnzen
Zierlichen Behaͤlter mehrt.
Seht, wie die polirten Ecken
Zierlich in einander ſtecken;
So der Schein, als Rang und Zier
Koͤmmt mir ſehr betraͤchtlich fuͤr.
Lieblich ſeh ich ihre Spitzen,
Die ſo klar, ſo rein, ſo glatt,
Jn und an einander ſitzen.
Jhre Seiten ſchließen platt
Und ſo dicht in einer Reihen,
Daß ſie jedes Aug’ erfreuen,
Wenn ſie recht, wie ein Rubin,
Jn der ſchoͤnſten Ordnung gluͤhn.
Wie iſt ihr Geſchmack ſo niedlich,
Und von aller andern Frucht
Abermal ſo unterſchiedlich!
Wer ſie zu vergleichen ſucht,
Wird, wie ſehr wir es ergruͤnden,
Solchen Unterſchied befinden,
Daß im ganzen Fruͤchtenreich
Keine der Granaten gleich.
M 5Son -186Sonderlich wird man vergnuͤget,
Wenn man Zucker mit dem Wein
Zu den ſaͤft’gen Koͤrnern fuͤget;
Kein Geſchmack kann holder ſeyn.
Wenn wir ſie zuſammen miſchen,
Hat, die Zunge zu erfriſchen,
Faſt auf Erden ſonſt kein Saft
Eine ſolche Kuͤhlungskraft.
Man trifft an verſchiednen Orten
Dreyerley Granaten an,
Deren unterſchiedne Sorten
Man ſehr leicht bemerken kann:
Suͤß’ und ſaure ſind gefunden,
Und in einer ſind verbunden
Suͤß und Sauer; unſerm Blut
Sind ſie alle nuͤtz und gut.
Saure kuͤhlen, und die ſuͤßen
Nuͤtzen der verſchleimten Bruſt,
Der ſuͤßſaͤurlichen Genießen
Fuͤll’t nicht nur den Mund mit Luſt;
Jeder weis, daß ihr Gemiſche
Auch ein hitzigs Blut erfriſche;
Ja, in heißen Fiebern gar
Brauchet man ſie ohn Gefahr.
Auch ſo gar die herben Schalen
Dienen uns mit ihrem Saft;
Jn dem Durchlauf iſt zumalen
Er von ſonderlicher Kraft.
Nebſt verſchiednen andern Sachen
Kann man aus ihm Dinte machen,
Die, wenn man es nur bedenkt,
Uns ſo manchen Nutzen ſchenkt.
Ja,187Ja, wo Farben auf der Erden
Praͤchtig, voll und wirklich ſchoͤn
Jrgend angetroffen werden,
Laͤßt ſie ihre Bluͤte ſehn.
Wer wird ſolch ein funkelnd Brennen
Sonſt bey Blumen zeigen koͤnnen?
Da man die Granatenbluͤt
Gluͤhen mehr, als bluͤhen ſieht.
Wenn die Menge dieſer Fruͤchte
Jmmer mit vereinter Kraft,
So dem Gaum, als dem Geſichte,
Anmuth und Vergnuͤgen ſchafft,
Uns verſchiedne Luſt ertheilet,
Und ſogar in Krankheit heilet;
Gleicht man denn nicht einem Schwein,
Wenn wir Gott nicht dankbar ſeyn?
Wenn wir dieſe Frucht verzehren,
Wenn man ihre Schoͤnheit ſieht,
Wenn uns Saft und Koͤrner naͤhren
Und erfriſchen das Gebluͤt;
Sollte man ſich billig ſchaͤmen,
Sonder Dank, ſie hinzunehmen,
Ohn auf Gottes Huld zu ſehn,
Und ſein Allmacht zu erhoͤhn.
Noch ein herrliches Geſchenke,Apfel - ſina. Citro - nen. Pome - ran - zen.
3 Welches uns der Schoͤpfer goͤnnt, Woran ich mit Luſt gedenke,
Die man Pomeranzen nennt,
Wollen wir anjetzt erwaͤgen,
Und in ihnen uͤberlegen
Deſſen weiſe Lieb und Macht,
Welcher ſie hervorgebracht.
Die188Die Natur hat, ſie zu bilden,
Weder Fleiß noch Kunſt geſpart;
Jhre Farb iſt wirklich guͤlden,
Sie ſind von verſchiedner Art;
Es ſind bittre, ſaur’ und ſuͤße,
Drum man ſie verſchiedlich hieße;
Weil ſie ſo verſchieden ſeyn,
Theilet man ſie billig ein.
Apfel - ſina.
3Apfelſina ſind die ſuͤßen
Eigentlich allein genannt,
Als die in dem Land entſprießen;
An der Saͤure ſind erkannt
Die, ſo wir Citronen heißen,
Und ein wenig blaſſer gleißen:
Pomeranzen, deren Saft
Von geſund - und bittrer Kraft.
Ehe wir nun weiter gehen,
Und von einer jeden Art
Frucht, Geſchmack und Kraft beſehen,
Die in dieſer Frucht gepaart:
Laßt uns auf die Bluͤten achten
Und erſtaunt dabey betrachten,
Daß die Baͤume ſtets zugleich
Bluͤt - und frucht - und blaͤtterreich.
Da ſie unaufhoͤrlich gruͤnen,
Und auch ſelbſt im Winter ſchoͤn,
Sieht man ihre Frucht auf ihnen
Reif zugleich und unreif ſtehn.
Jn den Pomeranzenhaͤuſern
Wird auf ihrer Kronen Reiſern,
Als wenn ſie der Sommer ſchmuͤckt,
Auch im Froſt, ihr Schmuck erblickt.
Die,189Die, ſo ſchoͤne Bluͤt und Fruͤchte,
Welche dieſer Baum uns zollt,
Sind dem Gaum, Geruch, Geſichte
Riechend Silber, eßbar Gold.
Richts kann lieblicher auf Erden
Am Geruch gefunden werden,
Als der Balſam, welchen man
Jn der Bluͤt empfinden kann.
Nett iſt dieſe Bluͤt formiret;
Außer ihrem weißen Schein
Jſt ſie rings umher gezieret
Mit fuͤnf dicken Blaͤtterlein,
Die den Balſamduft verſchließen,
Welchen wir daraus genießen:
Jener giebt den Augen Luſt,
Dieſer ſtaͤrkt Gehirn und Bruſt.
Was uns Hirn und Naſe ruͤhret
Aus der angewuͤrzten Bluͤt,
Wird durchs Feuer diſtilliret.
Allerley Eſſenzen zieht
Und erzwinget man aus ihnen,
Die zu mancher Anmuth dienen,
Und geſund und heilſam ſind;
Wie man es mit Luſt empfindt.
Jhre Schale ſcheint verguͤldet,
Die ein weißes Fleiſch verdeckt,
Worinn, wunderbar gebildet,
Das faſt guͤldne Fleiſch denn ſteckt,
Das ſo ſaftig, und ſo zierlich,
Jn viel Blaͤslein recht natuͤrlich
Als ein Stern und Roſenbild
Schoͤn formiret, eingehuͤllt.
Dem190Dem Geſchmack kann keiner gleichen,
Selbſt der, vom Tokayerwein,
Als der beſte, muß ihm weichen.
Weil in ihm vereinet ſeyn
Suͤß und Saur, in ſolcher Miſchung,
Giebt er Anmuth und Erfriſchung,
Beydes in ſo holdem Grad,
Daß man nicht dergleichen hat.
Viele Sorten ſind entdecket,
Suͤße, ſaure, groß und klein,
Kraus von Blaͤttern, die geflecket,
Zwerg - und Horn - auch Weibelein:
Straus, Orangen, die Pucina
Di Cedrato et di China,
Di Rubert’ et Genua,
Dopple Bluͤt’ et cetera.
Auch in ihren bittern Schalen,
Außer ihrem ſuͤßen Saft,
Steckt, zur Arzeney zumalen,
Eine mannichfache Kraft.
Zu candiren, einzumachen,
Und zu vielen andern Sachen,
Sonderlich zum Brandtewein,
Koͤnnen ſie bereitet ſeyn.
Wie der Apfelſina Gaben,Citro - nen.
3 So ſind auch Citronen werth, Daß wir uns an ihnen laben,
Daß man den in ihnen ehrt,
Welcher uns, in unſerm Leben,
Nutz und Luſt darinn gegeben.
Zum Geſchmack, Geruch, Geſicht
Jſt ſie lieblich zugericht.
Ange -191Angenehm iſt ſie gebildet,
Und an Farbe ſcheint ſie ganz,
Recht als waͤr ſie uͤberguͤldet,
Durch der glatten Schalen Glanz.
Jn dem guͤldenen Gehaͤuſe,
Steckt auf wunderbare Weiſe,
Jn dem wirklich ſtarken Saft,
Eine rechte Balſamkraft.
Kann ein Blick wohl ohn Vergnuͤgen,
Wie ſo ordentlich und ſchoͤn
Jhre Saͤft in Blaͤslein liegen
Und in netten Faͤchern, ſehn?
Wuͤrd’ es doch mit Luſt erkennet!
Wenn man ſie in Scheiben trennet,
Stellen ſie in klarer Zier
Platte gelbe Roſen fuͤr.
Scheint die aͤußre Schale guͤlden,
Jſt die innre weiß, wie Schnee.
Jn Figur ſcheint ſie zu bilden,
Wenn ich eine Seite ſeh,
Eine Bruſt von einer Frauen;
Eine Haͤlfte laͤßt uns ſchauen
Eine ſuͤße Ruͤnd’ erhoͤht,
Worauf eine Warze ſteht.
Ehe wir den Saft betrachten,
Laſſet uns die Eigenſchaft
Des Geruchs in ihr beachten,
Der von ſonderbarer Kraft!
Kein Geruch wird leicht gefunden,
Der ſo Kranken, als Geſunden,
Ein vergnuͤgter Labſal giebt,
Und der allgemein beliebt.
Es192Es wird Herz und Hirn erfriſchet,
Da auf recht beſondre Art
Sich ein ſuͤßes Bitter miſchet
Und in ſanftem Grade paart.
Liebliche Beſchaffenheiten
Zeugen dieſe Geiſtigkeiten,
Voller Anmuth, Staͤrk und Luſt,
Unſerm Haupt und unſrer Bruſt.
Der Citronen ſcharfe Saͤfte
Sind zu vielen Dingen nuͤtz;
Hegen ganz beſondre Kraͤfte,
Daͤmpfen die zu ſtarke Hitz;
Dienen auch, das Herz zu ſtaͤrken;
Nuͤtzlich iſt in Zuckerwerken,
Und zu vielen Speiſen auch
Jn der Kuͤche, der Gebrauch.
Der Geſchmack wird ſehr erfriſchet,
Wenn man dieſen Saft mit Wein,
Waſſer, Ey und Zucker miſchet;
Aber dieſes nicht allein:
Sondern, ſehr viel andre Sachen,
Sind aus dieſer Frucht zu machen;
So zur Luſt und Schleckerey,
Als auch in der Arzeney.
Wenn wir ſo viel Lieblichs ſchmecken
Jn dem angenehmen Saft,
Laßt uns doch vergnuͤgt entdecken
Deſſen Weisheit, Lieb und Kraft,
Der uns ſchon in dieſem Leben
So viel tauſend Guts gegeben.
Welches uns, daß er uns liebt,
Eine klare Probe giebt.
Nebſt193Nebſt den ſauren und den ſuͤßen,Pome - ran - zen.
3 Die der Schoͤpfer uns beſchert Zum Vergnuͤgen und Erſprießen,
Sind die bittern auch noch werth,
Daß wir ſie zugleich beſehen,
Und davon zugleich geſtehen,
Wenn man ihre Kraft bedenkt,
Daß auch die uns Gott geſchenkt.
Kann man doch ſo viele Sachen
Zu ſo mancherley Gebrauch
Aus den Pomeranzen machen,
Und aus ihren Schalen auch.
Sie ſind gut, zu candiſiren,
Sie ſind nuͤtz, zu diſtilliren,
Wie ihr ſtark - und heißer Geiſt
Eine Probe davon weiſt.
Dieſer ſtaͤrket unſern Magen,
Eben wie der Brandtewein.
Wenn die Blaͤhungen uns plagen,
Kann uns nichts ſo dienlich ſeyn.
Wenn man ſtark Erbrechen ſpuͤret,
Das nicht von der Galle ruͤhret,
Stillt dieß Mittel alſobald
Dieſe ſchaͤdliche Gewalt.
Die Erfahrung laͤßt uns lernen,
Daß die Frucht noch weiter dien’:
Denn aus Pomeranzenkernen
Kann man noch ein Waſſer ziehn,
Das ſehr gut, den Stein zu treiben,
Und denſelben zu zerreiben.
Bey verſchiednen Speiſen auch
Dient der Saft uns zum Gebrauch.
NJn194Jn der Blumen Blatt und Hoͤle
Steckt annoch, zu unſrer Luſt,
Nebſt dem Eßig, auch ein Oele:
Beyde ſtaͤrken unſre Bruſt
Jm Geruch und in dem Munde.
Laßt uns denn von Herzensgrunde
Danken; wenn man oft gedenkt
Deß, der ſo viel Guts uns ſchenkt!