PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Des Chriſtlich: Teu͗tſchen Königes Heꝛkules und der Teuͤtſchen Königin Valiska Wuͤndeꝛ-Geſchicht.
Andeꝛ Teil.
Unteꝛ Römiſcheꝛ Kayſeꝛlicheꝛ Maytt. ſondeꝛbahrem ſchutz freyheit uͤnd Begnadigung.
Brauͤnſchweig. Getru͗ckt duͤꝛchChriſtoff Friedeꝛich Zilligeꝛ. Anno M.DC.LX.
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An die Allergroßmåchtigſte / Unuͤberwindlichſte und Preißwirdigſte Roͤmiſche Käyſerliche Najeſtaͤt Alleruntertaͤhnigſte Dankbezeigung Vor die Dem Teutſchen Herkules und ſeiner Boͤhmiſchen Valiſken allergnaͤdigſt erteilete Freyheit / Schutz und Begnadigung.

DIe hoͤchſte Majeſtaͤt der ganzen Chriſten-Welt
Hat Herkuleſſen Wunſch und der Valiſken Sinnen /
Mehr als ihr Hoffen wahr / in Fried und Ruh geſtelt /
Sie fuͤrchten ſich nicht mehr voꝛ feindlichem begiñen /
Noch vor Verleumders Gifft. Des bittern Haſſers Schuß
Geht ſchadloß neben hin; weil ſie des Adlers Fluͤgel
In freyen Raum geſezt. Des Neiders draͤuen muß
Ihm ſelbſt nur ſchaͤdlich ſeyn. Sie ſitzen auff dem Huͤgel
Der feſten Sicherheit. Der Dieb und Raͤuber Schaar
Zeucht ihre Klauen ein. Wer hier wil Frevel uͤben /
Hat ſeine Straffe ſchon ohn unſere Gefahr;
Der Adler haͤltuns Schuz / drumb kan uns nichts betruͤben
Im ſichern Loberkranz. O hoͤchſte Majeſtaͤt!
Was ſol Eur Herkules / was ſol Valiſka ſtellen
An guͤltign Dankes ſtat? Die Woltaht uͤbergeht
Ihr Unvermoͤgen weit. Gleich wie die hohen Wellen
a ijHerfal -[4]
Herfallen uͤber Grund und Tieffen. Wie der Schein
Der Sonnen / unſer Lichtlaͤſt keinen Schatten bringen;
So faͤlt Valiſken ihr Vermoͤgen gaͤnzlich ein /
Und laͤſt ihr Herkules nichts als nur Wort erklingen /
Doch Worte / die hervor aus tieffſtem Herzen gehn /
Und ſeufftzen / daß ſie nicht ſo lautbar koͤnnen ſchallen /
Als wol ihr wuͤnſchen iſt. Nun wol! vor Gott beſtehn
Am beſten / die vor ihm demuͤhtig niderfallen /
Und ſagen willig an / daß ihr Vermoͤgen bloß
Ein reiner Wille ſey. Die pflegt Gott zuerheben /
Und ſchaͤtzet ſie vor gnug. Bleht man ſich ſelber groß
Nach Pfau - und Kroͤten Art / das iſt ein wiederſtreben
Und ſchaͤndlicher Betrug. Ein ſolcher ſchlimmer Wuhl
Muß / wann er gleich vermeint / er ſteh auff hoher Zinnen /
Eh als ers ſelber weiß / hinunter in den Pfuel /
Dann wird er ſeines Nichts mit Schand und Schaden innen.
Valiſk und Herkules erkennen / daß ſie ſchwach
Und allerunwerd ſind. Durch Kaͤyſerliche Guͤte
Stehn ſie / und ſonſten nicht. Es rinnet ihre Bach
Aus Kaͤyſers Gnaden-Meer. Sie ſtehen in der Bluͤte /
Dann deſſen Woltaht-Schein beut Krafft und Waͤrme dar.
Deß bringen ſie den Dank demuͤhtigſt / und ergeben
Sich deffen Majeſtaͤt zu eigen ganz und gar /
Von welcher ſie ihr Ehr erlanget und ihr Leben.
Drumb ſtimmen ſie mit Mund und Herzen uͤberein /
Des Kaͤyſers wollen wir Gehorſamſt-eigne ſeyn.
Des
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Des Chriſtlichen Teutſchen Herkules Ander Theil.

Das Fuͤnfte Buch.

HErkules und Ladiſla ſetzeten nach erhaltenem Siege ihre Reiſe auff Perſepolis ſchleunig fort / ſo viel der Verwundeten Gelegen - heit zulaſſen wolte; und als ſie die Stad von ferne liegen ſahen / ſagte Her - kules zu ſeinem Freunde: Unſere Valiſka wird mit Verlangen nach uns auß fehen / weil wir unſern durch Gott bekraͤftigten Sieg ihnen nicht zu wiſ - ſen gemacht haben. Gleich in dem ſahen ſie eine zimliche Geſchwade Reuter von der rechten Seiten auff ſie zurennen / von denen ſie bey ihren Fahnen bald er - kennet wurden; dann es wahr Groß Fuͤrſt Artaxerxes / welcher nach angeſtelleter guter Ordnung bey ſeinem Haͤupt Heer wiederumb zuruͤcke kahm / und ritte ein Mediſcher Abge - ſanter hinter ihm her. Sie empfingen einander uͤberaus freundlich / und wahr wegen der treflichen Uberwindung ſehr hohe Freude; daher Artaxerxes zu unſern Helden ſagete: Nun ihr meine ſehr werte Herren / und vertrauete Bruͤderliche Freunde; freilich wird eu - er Ruhm und Ehre in dieſen Morgenlaͤndern tauren / als lange die Erden Kugel von dem Meer unuͤberſchwemmet bleibet / und iſt die Fuͤrſtl. Verbuͤndniß ſchuldig / eure hochan - ſehnliche Dienſte nach allem Vermoͤgen zuerkennen. Hernach begab er ſich hin zu den Saͤnfften / in welchen Pharnabazus / Arbianes / Bubazes / Tyriotes und Gallus getragen wurden / zeigete ſein Mitleiden wegen ihrer Verwundung an / und verſprach es mit Ver - geltung / Gnade / und Freundſchaft zuerſetzen. Endlich ruͤhmete er das ganze Heer wegen ihres wolverhaltens / und verhieß ihnen ſamtlich drey Monat Sold zur Verehrung; woꝛ - auff er von unſern Helden in die Mitte genommen / und aller Umſtaͤnde ihres Sieges be - richtet ward / da er ſich nicht gnug verwundern kunte / wie ſie den hocherfahrnen und vor - ſichtigen Feld Herrn Vologeſes haͤtten moͤgen beruͤcken und aus dem Felde ſchlagen. Er hingegen meldete ihnen des Haͤupt Heers Menge und Zuſtand an / und wie ſie der Stad Perſepolis naheten / ſagte er: Mich wundert nicht ein geringes / wo Fuͤrſt Gobares Voͤl - ker mogen blieben ſeyn / weil ich keinen davon auff meinem Ruͤkwege angetroffen / da ſie doch dieſen Streich her auf meine Anordnung eingelegt wahren; und hat er ja keine Vol - macht / ſeines gefallens ſie an andere oͤrter zufuͤhren; biß daher habe ich gewaͤhnet / meine Herren wuͤrden ſie zum Entſaz abgefodert haben. Ladiſla erſchrak der Rede hoͤchlich / und ſagte; laſſet uns der Stad zueilen / dann dieſes gehet nimmermehr recht zu / und wen - de Gott gnaͤdig ab / daß Gobares nicht gar zum Schelm und Verraͤhter worden ſey / wie ſeine Voͤlker / die wir mit uns gefuͤhret / in dem ſie teils nicht fechten wollen / teils auff unsa iijzuge -6Fuͤnftes Buch. zugeſchlagen / und umb ein Haar uns den Sieg auß den Haͤnden geriſſen haͤtten. Herku - les ſahe ihn an / entſetzete ſich vor ſeinen Scheltworten / und redete ihm alſo ein: Wie mein Bruder? warumb ſchilteſtu dieſen Fuͤrſten / ehe er der Untaht uͤberzeuget iſt? vielleicht iſt er unſchuldig an dem verraͤhteriſchen Vornehmen ſeiner Leute. O Bruder / antworte - te er / des vergangenen bin ich gewiß genug / helffe nur Gott / daß nicht wol ein ſchlimmers in unſerm abweſen von ihm begangen ſey deſſen ich ſehr ſtarke Muhtmaſſungen habe. Ich verſtehe nicht / ſagte Artaxerxes / worauff mein H. Bruder zihlet; ſolte aber Gobares zum Schelme worden ſeyn / wollen wir uns daruͤber wenig bekum̃ern / worauff aber ſehr ſchwe - re Rache erfolgen wird. Gott verhuͤte es / antwortete Ladiſla / daß meine Furcht nicht eintreffe / ſo ſol das ergangene mich nicht großirren. Als ſie zur Stad einritten / fragten ſie / wo Gobares Voͤlker waͤhren. Der Haͤuptman gab zur Antwort; ſie koͤnten nichts ei - gentliches davon wiſſen / ohn daß er geſtern Abend alle ſeine Voͤlker vor dem Weſtentohr in moͤglicher Stille verſamlet / und umb Mitternacht davon gezogen / auch etliche Saͤnf - ten / wie man ſagte bey ſich gehabt / und darinnen ſeine liebſten Schaͤtze hinweg tragen laſ - ſen. Seine Schaͤtze? ſagte Artaxerxes / hat der Verraͤhter Schaͤtze auff meinem Schloſ - ſe? vielleicht hat er meine Schaz Kammer beraubet? Ladiſla zweifelte nicht mehr an der Warheit / und ſagte zu Herkules: Mein Bruder / erſchrik nicht; ich fuͤrchte er habe nicht ſeinen / aber wol deinen Schaz entfuͤhret / welchen wir mit Gottes Huͤlffe bald wiederhoh - len wollen / weil er erſt dieſe Nacht davon gezogen iſt. O mein Bruder / antwortete er; ſo hoch wird mich mein Gott verhoffentlich nicht ſtraffen. Ihm ward aber ſo unſachte auf dem Pferde / daß er ſich nicht mehr halten kunte / welches Artaxerxes erſehend / ihn in das naͤheſte Haus geleitete / da ihm ſein Herz dergeſtalt belieff / daß ihm alle Sinne entgingen. Ladiſla rante in Geſelſchafft etlicher Reuter nach dem Schloſſe / ſprang vom Pferde / und ohn wortſprechen lieff er nach der Fraͤulein Gemache / welches er offen fand / und Herku - les Leib Knaben ſamt Timokles in voller Ohmacht auff der Erde liegen; der Fraͤulein / und drey andere Weibliche Kleider aber mitten im Gemache auff einem Tiſche / und eine außgeloͤſchete Kerze auff der Tuͤhr Schwelle. O mein Gott / ſagte er / wie werde ich doch meinem lieben Herkules diß berichten koͤnnen? Er ruͤttelte Timokles ſo lange / daß er zu ſich ſelber kam / und ſagte zu ihm: Hoͤre mein Getraͤuer; wie iſt dieſes zugangen? Ach Gn. Fuͤrſt / antwortete er; mir iſt hievon nicht das allergeringſte bewuſt / nur wie ich komme / auffzuwarten / finde ich leider wie es ſtehet. Ladiſla wolte alhier nicht viel Zeit verlieren / ging nach der Schloß Haͤuptwache / und fragete; wo Fuͤrſt Gobares waͤhre; aber da wahr niemand / der hievon einige Nachricht zu geben wuſte; nur daß etliche davor hielten / er wuͤrde auff ſeinem Gemache / und wol noch in der Ruhe ſeyn. Wie / ſagte Ladiſla / habt ihr dann hinte alle nur des Schlaffs gewartet? Er wird ja nicht mit allen den ſeinen uͤber die Maur geflogen ſeyn. Der Haͤuptman antwortete: Durchl. Fuͤrſt / es iſt ja dieſe Nacht ein wunderliches weſen auf dem Schloſſe geweſen; aber unſer keiner hat bey Leib uñ Lebens - ſtraffe ſich duͤrffen ſehen laſſen; reiten / fahren / lauffen und beſtellen hat man eine gute wei - le gehoͤret; wer es aber geweſen / und was es bedeutet hat / iſt uns allerdinge verborgen. Es ſtund ein Kriegsknecht auf der Schildwache / der berichtete: Er haͤtte ein klaͤgliches geheu - le etlicher Weib es bilder gehoͤret / welches ſich doch bald geſtillet / und darauff waͤhre der Ab -zug7Fuͤnftes Buch. zug geſchehen. Deſſen muß ich ſichere Gewißheit haben / ſagte Ladiſla; ließ Timokles nach Gobares Gemache lauffen / um zuvernehmẽ / was vor Zeichen ſich daſelbſt wuͤrden findẽ laſſen. Aber da war eine gleichmaͤſſige Einſamkeit / ohn dz er etliche rohte Seidene Stricke liegen ſahe / die er auffhub / und mit ſich nahm. Alſo wolte Ladiſla hieſelbſt nicht laͤnger ver - weilen / ritte ſtraks nach Herkules und traf ihn in jaͤmmerlicher Klage an. Artaxerxes troͤ - ſtete ihn auffs beſte: es waͤhre ja noch ungewiß; und ob gleich die Entfuͤhrung geſchehen / wolte er ſein Haͤupt nicht ſanffte legen / biß es grauſam geſtraffet waͤhre. Ach ach / ſagte Herkules / hiedurch bekomt mein Fraͤulein ihre Ehre nicht wieder / wann ihr ſolte Schande zugeſtoſſen ſeyn. Ja wer weiß / ob ſie nicht bereit Todes verblichen; dann lebendig hat ſie ſich in ſeinen boßhafften Willen nicht ergeben / deſſen ich wol verſichert bin. Ladiſla kam gleich darzu / und ſagte: Herzlieber Bruder / ſtaͤrke dein Gemuͤht / und laß dich Unfal nicht erdruͤcken; klagen hilfft nicht / und ſcumen nutzet nicht; laß uns den Almaͤchtigen Gott zu huͤlffe nehmen / und unverzoͤglich folgen / ſo koͤnnen wir ihn noch voꝛ Abends ereilen / weil er mit Fußvolk und Reutern zugleich fortgehet. Auf dem Schloſſe iſt nichts ungebuͤhrliches vorgangen / ſondern man hat nur zum Abzuge geeilet / und das Fraͤulein neben dem Frau - enzimmer aus den Betten geraubet / und in den Saͤnfften davon gefuͤhret. Herkules be - dachte ſich nicht lange / ſprang auf ſein Pferd / und in Geſelſchafft Artaxerxes und Ladiſla ſetzete er dem Huefſchlage nach / da alle anweſende Perſiſche und Mediſche Reuterey fol - geten / und was in Perſepolis kunte beritten gemacht werden.

Fabius hatte den gefangenen Gobares vor ſich bringen laſſen / ſahe ihn mit grim̃igen Augen an / und ſagte zu ihm: Du ſchaͤndlicher Verraͤhter und meinaͤidiger Raͤuber der Koͤniglichen Fraͤulein; kenneſtu auch Kleon noch / welchen du umb falſches verdachts willen haſt wollen ſchelmiſcher weiſe ermorden laſſen? Dieſer ſahe ihn an / und erſchrak daß er als ein Laub zitterte / auch kein Wort reden kunte. Wie biſtu nun ſo verzagt? fuhr Fabius fort; iſt diß der tapfere Gobares / der nicht gnug hat / ſeiner Untertahnen Weiber zu ſchaͤnden / er mus auch Koͤnigen und Fuͤrſten ihre Fraͤulein durch gewaltſame Diebe - rey entfuͤhren? doch werden die Goͤtter mit dir lange gnug durch die Finger geſehen ha - ben / wann du nur mit einem Halſe alle deine Bubenſtük bezahlen koͤnteſt. Er wolte in ſei - nem Zorn fortfahren / aber Leches rieff uͤberlaut: Bald zu Pferde / bald zu Pferde! dort vor uns erhebet ſich ein dicker Staub / welcher uns eines neuen Heeres ankunfft verſtaͤn - diget. Die Gefangenen / inſonderheit Gobares und die man auff der Gutſche bekommen / wurden fleiſſig verwahret; Fabius aber ſtellete die Voͤlker in ſchoͤne Ordnung / des Vor - ſatzes / einen redlichen Stand zu halten / was ſich auch begeben wuͤrde. Das Fraͤulein fo - derte alsbald Pferd und Gewehr / und ſagte mit ſonderlicher Anmuht: Ich wil meine al - lerliebſte Teutſchen ſelbſt fuͤhren / ob ich vielleicht noch dereins ihre Groß Fürſtin wuͤrde; woruͤber dieſe Voͤlker ſich ſo inniglich freueten / daß ſie einmuͤhtig rieffen; Unſere Groß - Fuͤrſtin lebe / unſere Groß Fuͤrſtin lebe! wolte auch ein jeder der naͤheſte zu ihrem Schutze ſeyn / und halff nichts / daß Libuſſa und Euphroſyne nebeſt dem andern Frauenzimmer ſie mit Traͤhen bahten / ſich des gefaͤhrlichen Wagſtuͤckes zubegeben. Leches und die Boͤhmen ingeſamt ſetzeten ſich zu ihrer Rechten; Fabius und die Roͤmer zur Linken / und tahten einen Wich in etwas hinter ſich / damit ſie auff allen Fal Plaz und Raum zum Gefechtehaben8Fuͤnftes Buch. haben koͤnten; dann die nidergehauene Suſianer wuͤrden ihnen ſehr hinderlich daran ge - weſen ſeyn. Herkules mit den ſeinen eilete dermaſſen fort / daß die Pferde kaum mehr fort - ſchreiten kunten / biß ſie endlich an die leeren Saͤnften kahmen / und mit ſchmerzen ſahen / daß die Eyer ausgenommen / und die ledigen Neſter blieben wahren; woruͤber Herkules einen tieffen Seuffzer ließ / und zu Ladiſla ſagte: Ach GOtt / wer weis nun / wohin mein Fraͤulein des ſchaͤndlichen Boͤſewichts mutwillen zuerfaͤttigen / gefuͤhret iſt? ritten gleich - wolfort / und ſahen von ferne eine groſſe menge erſchlagener Kriegsleute liegen / auch in der naͤhe einen Verwundeten aus dem Puſche hervor kriechen / welcher auff ihre Nach - frage zur Antwort gab: Es waͤhren eine groſſe menge wilder erſchrecklicher Leute uͤber ſie kommen / deren Sprache kein Menſch verſtehen koͤnnen / und haͤtten ihre Voͤlker nicht an - ders als Schaffe abgeſchlachtet / auch die ſchoͤnen Weibsbilder (mit ihrem guten Willen / wie ſichs anſehen laſſen) aus den Saͤnfften hinweg gefuͤhret; koͤnten noch nicht gar weit ſeyn / weil dieſer Jammer vor wenig Stunden ſich zugetragen / und ſie noch vor gar kur - zem ſich mit einem ſonderlichen Freudengeſchrey haͤtten vernehmen laſſen. Ey ſo moͤgen ſie ſo wilde ſeyn als die ehmahligen Himmelſtuͤrmer / laſſe ich ihnen doch dieſe Beute nicht / ſagte Herkules / es ſey dann / daß ſie mich auch niderhauen; ſahe zugleich eine Schaar von 300 Reutern gegen ſie daher traben / welche die groſſen ſchimmernden Schlachtſchwerter umb ihre Haͤupter kommen lieſſen. Leches wahr ihr Fuͤhrer / ſetzete auff Herkules freudig an / und da er nahe zu ihm kam / redete er mit auffgeſchlagenem Helme alſo: Ihr Ritter; das Durchl. Koͤnigl. Fraͤulein aus Boͤhmen / Fraͤulein Valiſka / und ihre Kriegs Ober - ſten / begehren von euch zu wiſſen / weſſen ſie ſich zu euch zuverſehen / und ob ihr geſinnet ſeid / dem ſchelmiſchen Gobares beyſtand zu leiſten / alsdann ſaget man euch ab auff Leib und Leben. Herkules wahr hieruͤber ſo voller freuden / daß er ſein ſelbſt vergaß / ſetzte ſeinen Helm ab / dann er kennete Leches / und ſagete: Wie nun mein geliebter Freund / hat unſer GOtt euch zu ſo gluͤkſeliger Stunde hergeſand / mir meiner Seelen Luſt zu retten? trauen ich werde ſatſame Urſach haben / eure Traͤue zuerkennen. Leches ſprang alsbald vom Pfer - de / warff Helm und Schwert hinweg / kuͤſſete ihm die Hand / und weinete vor freuden / ſen - dete auch alsbald einen Reuter zuruͤk / dieſer Freunde gegenwart anzumelden; deſſen Fa - bius hoch erfreuet ward / ſchikte ſeiner geworbenen Reuter einen an Ladiſla / und ließ ihm ſagen. Es hielte dort bey dem ſieghaften Heer ein Ritter / der naͤhſt demühtiger begruͤſſung bey ihrer Durchl. umb verzeihung bitten lieſſe / daß er ehmahls ungetraͤue Geſelſchaft gelei - ſtet / und ſie verlaſſen haͤtte. Ladiſla kunte ſolcher geſchichte ſich nicht erinnern / und antwor - tete: Ritter / mit meinem wiſſen habe ich nie dergleichen untraͤuen Geſellen gehabt; da ich aber ſeinen Nahmẽ wiſſen ſolte / moͤchte ich mich deſſen beſiñen. Dieſeꝛ ſagte / wie wolte eure Durchl. den Nahmen eines ſo bekanten Freundes nicht wiſſen / welcher dort herreñet / eure Durchl. ſelbſt zu ſprechen. Ladiſla erwartete ſein / wuſte nicht wovor er ihn halten ſolte / weil er mit verſchloſſenem Helme daher kam / uñ mit verenderter Stim̃e ihn auff Perſiſch alſo anredete: Durchl. Fuͤrſt / ein ehmahls abgeſtrichener Landsknecht / hat ſeinen fehler erkeñet / uñ ſich wieder finden wollẽ / nachdem er ſich keiner Gefahr mehr zubeſorgẽ hat / uñ forthin in ſicherheit reiten kan; zweifelt nit / es werde der veꝛlohrne Fabius wiederum koͤñen angenom - men werden. O mein herzgeliebter Bruder / antwortete Ladiſla / lebet ihr noch? ey GottlobGott9Fuͤnftes Buch. Gott Lob! nun bin ich mit allem wol zufrieden / und werde mit froͤlichem Angeſicht dereins wieder vor euren und meinen H. Vater treten koͤnnen; Aber wie hat mein Bruder ſich ſo lange koͤnnen verborgen halten? Fabius antwortete / ich bin nicht allerdinge verborgen ge - weſen / ſondern habe meinen Wandel gefuͤhret in Ketten und Banden / unter Schlaͤgen uñ Streichen / in Muͤhe und unflaͤtiger Arbeit / bald Leibeigen bald frey / und zum andernmahl mit meinem eigenen Gelde von mir ſelbſt verkauft / womit wir uns vordißmahl nicht wei - ter betruͤben wollen; nur freue ich mich / daß mein abgeſagter Feind Gobares / der mich un - terſchiedlichemahl zuermorden geſucht / unter meine Haͤnde gerahten iſt. So hat der Schelm unſer aller Feind und Moͤrder ſeyn wollen / ſagte Ladiſla; O wann er nur mit ei - nem Halſe bezahlen koͤnte! Das Fraͤulein wolte ihren lieben Herkules auch erfreuen / ſetze - te ſich mit Euphroſynen und Libuſſen in eine Gutſche / und fuhr geſchwinde hin zu ihm. Er gedachte bald / was vor ein Schaz auff dem verdekten Wagen ſeyn wuͤrde / und rante ihr auff ſeinem Blaͤnken friſch entgegen / welches ſie erſehend / vom Wagen ſprang / und ſeine Naͤherung mit liebſcheinenden Auglein erwartete / da er auch vom Pferde ſtieg / und ihr mit offenen Armen entgegen trat / ſie einander auch nicht anders empfingen / ob waͤhrẽ ſie etliche Jahr lang geſchieden geweſen / und ſagte ſie mit trauriger Stim̃e zu ihm: Herz - geliebter Schaz / darff auch die geraubete Valiſka ſich kuͤhnlich wie der zu ihrem Fuͤrſten hinbegeben? Ach mein Herz / ſagete er / warumb fraget ſie ſolches? iſt euch etwa wieder eu - ren Willẽ Schmach angeleget / ſo ſchlaget es / bitte ich / aus dem Siñe / nachdem der grund - guͤtige Gott uns wieder zuſammen gefuͤget hat. Ja freilich iſt mir Schmach angetahn / ſagte ſie / aber Gott Lob / ohn alle verletzung meiner Ehren / welches ich bloß nur der barm - herzigkeit Gottes zu danken habe / welcher des Frevelers Muht und Macht gebrochen / uñ ihm alle Gelegenheit gehindert hat; wiewol er dannoch die Straffe außſtehen ſol / weil ich ihn in meiner Gewalt habe. Als Herkules dieſe angenehme Zeitung hoͤrete / kuͤſſete er ſie herzlich / und ſagete: Ey ſo bin mit meines lieben Gottes vaͤterlicher Zuͤchtigung ich wol zu friedẽ / nachdem Ehre uñ Keuſcheit erhalten iſt. Aber was treten dort vor ſchoͤne Frauẽ her? die gewißlich dieſer Landes Art nicht ſind. Das Fraͤulein lachete / wolte ſie doch nicht nennen / ſondern winkete ihnen / fortzugehen. Fr. Euphroſyne und Libuſſa traten voran / Brela und Agatha folgeten / kehreten ſich an das Fraͤulein nicht / ſondern ſtelleten ſich mit tieffer Neigung vor Herkules / da die erſte ihm die Hand kuͤſſen wolte / welches er doch nicht zugab / ſondern im umbfahen ſie freundlich kuͤſſete / und mit groſſer Verwunderung zu ihr ſagete: O ihr meine getraͤue und werte Freundin / was bewaͤget ſie immermehr / dieſe fer - ne Reiſe zutuhn? Durchl. Groß Fuͤrſt / antwortete ſie / die haͤupt Urſach unſer aller ankunft iſt das Verlangen / das aller volkommenſte Menſchen-Par dieſer Welt zu ſehen / und uns ihnen zu Dienſte zuergeben. Meine neben Urſach iſt / daß ich das mir in verwarung gege - bene Ringelein / wieder einliefern moͤge / ehe ichs verliere / welches ich hiemit untertaͤhnig einreiche. Frl. Valiſka keñete ſolches alsbald / nam es ungeheiſſen zu ſich / und ſagete: Ge - liebte Freundin / dieſes ſtehet eigentlich mir zu / drumb habe ich beydes vor gute Verwah - rung und vor eure uͤberkunft zu danken. Meine geliebte Waſe Agatha / fuhr jene fort / nach dem ſie berichtet iſt / daß ein ſo teurer Fürſt ſie von dem kalten liebes Feur des alten Man - nes / und gar zu heiſſen Flammen der unverdientẽ Straffen erloͤſet / hat ſie ihre Schuldig -bkeit10Fuͤnftes Buch. keit nach vermoͤgen abzulegen / mit mir reiſen wollen. Meine Schweſter Libuſſa kan durch beredſamkeit ihre Notturft ſelber wol vortragen / würde ſie ſich deſſen etwa ſchaͤmen / erken ne ich mich ſchuldig / ihr Wort zu reden; kurz zu melden; ſie koͤmt / untertaͤhnigſt zu dan - ken / daß ihre Gn. den bewehrten Arzt ihrer Krankheit hat ſenden wollen / der das geaͤngſtete Herz gar ſanft und gluͤklich geheilet hat; waͤhre er aber fünff Stunden laͤnger auſſen blie - ben / hatte man ſich ſchon erklaͤret / ihn aus der vermeinten Gefaͤngnis loß zu machen. Fr. Brela / halte ich / ſey meiner Gn. Fraͤulein halben mit uͤberkommen / umb zufragen / was vor einen Ruͤkweg deren Durchl. zuhalten willens / weil ſie zu Tyrus durch freihiſche Ge - danken verhindert worden / ſolches zuerforſchen; und nachdem ſie etwas furchtſam iſt / uñ nicht gerne allein ſchlaͤfft / hat ſie ihren liebſten / ihres liebſten Schweſter wolt ich ſagen / mit auff geſprochen. Das Frl. hatte groſſes gefallen an dieſer beredſamen Frauen Kurzweil / da Libuſſa ſich ſchon fertig hielt / ihr eins wieder anzubringen / durffte aber Herkules nicht in die Rede fallen / welcher Euphroſynen zur Antwort gab: Geliebte Freundin; ihr freund - williges Herz gegen mich / hat ſie mir ſchon gnugſam zuerkennen gegeben / da ich als ein U - beltaͤhter vor ihren Augen ſtund / wovor ich ihr Zeit meines Lebens werde ſchuldig bleiben; und nun folget ſie meinem hochgeliebten Fraͤulein und mir / einen ſo beſchwerlichen fernen Weg uͤber Meer und Land; duͤrfte auch ſchier errahten / daß die uͤbrigen meine ſaͤmptlich geliebte Freundinnen durch ihr Auffmahnen hierzu beredet ſind / und alſo auch deren ge - wuͤnſchte Gegenwart wir ihrer guten befoderung zu danken haben; empfing hierauff die andern ebenmaͤſſig / und bedankete ſich ihrer Ankunft. Noch haͤtte Libuſſa ſich gerne an Eu - phroſynen gerochen / ward aber durch Klodius dran verhindert / welcher ſich vor Herku - les in die Knie ſetzete / und bey dieſer Rede ihm die Hand kuͤſſete; Durchleuchtigſter Fuͤrſt / Gn. Herr; euer Durchl. ich unwirdiger Knecht habe nicht umbhin gekunt / dieſes gute Gluͤk zuergreiffen / und deroſelben untertaͤhnigſt zu folgen / nachdem euer Durchl. ich alle meine Wolfahrt naͤhſt Gott zu danken habe; bitte demnach untertaͤhnigſt / dieſelbe wollen mich in den ehmahls bedieneten Plaz gnaͤdigſt wieder auffnehmen / welches mir ungleich angenehmer als meine Paduaniſche Oberhaͤuptmanſchaft ſeyn ſol. Herkules richtete ihn auff und antwortete: Mein getraͤuer und lieber Freund Klodius / eure ankunft iſt mir ſehr lieb / werde mich auch bemuͤhen ſolche Traͤue zuerkennen; daß ihr aber euch verringern / uñ in einen nidrigern Stand treten ſoltet / wuͤrde ohn meine Undankbarkeit nicht geſchehen koͤnnen; muß alſo dahin trachten / daß ihr mit groͤſſern Ehren und Nahmen aus dieſen Laͤndern ſcheidet / als ihr hinein kom̃en ſeid; und nicht allein ihr / ſondern alle / die aus gleich - maͤſſiger zuneigung uns gefolget ſind. Nach dieſem ſtelleten ſich Markus / Neda uñ Prinſ - la bey Herkules ein / und wurden ſehr freundlich empfangen. Zu allerlezt trat auch Neklam herzu / der eine Feldwebelſchaft unter den Boͤhmen bedienete / hatte ſich aber von dem Fraͤu - lein noch nicht ſehen laſſen / kniete dißmahl vor Herkules und ihr nider / und ſagte: O gnaͤ - digſtes Fraͤulein / daß ich nun von den Goͤttern Flügel erbitten koͤnte / umb nach Prage zu fliegen / und meiner allergnaͤdigſten Koͤnigin ihrer Durchl. Wolergehen anzumeldẽ. Si - he da Neklam / ſagte ſie / haſtu in dem ungluͤkſeligen Flecken nicht Wunden gnug empfan - gen / du muſt ſie auch hier ſuchen gehen? Ja / antwortete er; ich bin heut durch dieſen Arm / den linken zeigend / geſchoſſen / aber ſanftere Wunde iſt mir nie geſchlagen. Gib dich zufrie -den /11Fuͤnftes Buch. den / ſagte ſie / ich wil ſie dir verbinden / daß du dichs erfreuen ſolt. Er meldete darauff des alten Wenzeſla untertaͤhnigſten Gruß an / und daß derſelbe gerne dieſen Zug mit getahn haͤtte / wann ſeine Koͤnigin es nur haͤtte erlauben wollen. Das Fraͤulein nam den Gruß mit guter freundligkeit an / und uͤbergab Neklam ihrem Herkules zum geheimen Diener an Gallus ſtat / weil ohndaß derſelbe wegen der Kriegsgeſchaͤffte ihm nicht auffwarten kun - te. Die andern wahren unterdeſſen nach Ladiſla gangen und hatten die Gebuͤhr abgelegt / der ſich uͤber ihrer Ankunft nit wenig freuete. Damahls ritte Artaxerxes hin zu dem Fraͤu - lein / ſtieg vom Pferde / und redete ſie alſo an: Durchl. Fraͤulein; ich erfreue mich von Heꝛ - zen / wegen euer Liebe geſchehenen wunderbahren Rettung / neben angehaͤngter Bitte / keine ungleiche Gedanken von den Morgenlaͤndiſchen Fuͤrſten in gemein zufaſſen / ob gleich ein Schand-Bube ſich unter ihnen hat wollen finden laſſen. Durchl. Fuͤrſt und Herr / antwoꝛ - tete ſie; Ihrer Liebe Auffrichtigkeit werde weder ich noch jemand in zweifel zihen / nachdem dieſelbe viel zu aͤdel iſt / Untugend zu ſchuͤtzen / vielweniger zubegehren; baht ihn nachge - hends / er moͤchte neben Herkules / Ladiſla und Fabius einen geringen Abtrit mit ihr neh - men / weil ſie etwas vorzutragen haͤtte; und als ihr dieſes gerne verwilliget ward / neigete ſie ſich tieff / und ſagte mit ernſthaften Geberden: Großmaͤchtiger Groß Fuͤrſt und Herr; wann die Hoch Fuͤrſtliche Verbuͤndnis einen ihres mittels gewuſt haͤtten / der ein ſo loͤbli - ches hochwichtiges Werk zu handhaben duͤchtiger waͤhre / wuͤrden ſie ohnzweifel denſelben darzu haben erkohren; aber freilich iſt das einhellige Loß billich auff eure Durchl. gefallen / weil Gott ſelbſt deren Seele mit klugem / tapferen und gerechten Muht weit vor andere begabet / damit durch ihre Verſehung und Weißheit / dem boͤſen geſteuret / gewaltſamkeit auffgehoben / Schande getilget / uñ Gerechtigkeit erhalten werden moͤge. Dieſes gibt mir ungezweifelte Verſicherung / eure Durchl. werde mir gnaͤdig goͤnnen / mit dem boßhaften Raͤuber nach Recht zuverfahren / auff daß andere ein Beyſpiel nehmen / ſich ſolches Bu - benſtuͤks zuenthalten / welches in keines Menſchen Herzen auffſteigen kan / er habe dañ alle Ehr und Redligkeit verſchworen uñ aus ſeiner Seele verbannet. Artaxerxes neigete ſich hinwie der gegen ſie / und antwortete: Durleuchtigſtes unvergleichliches Fraͤulein; das hohe Lob / von euer Liebe mir geſprochen / reichet noch lange an mein unvermoͤgen nicht / wiewol die Begierde Fuͤrſtlich zuhandeln / ich bey mir gerne wolte ſpuͤren laſſen; wann ich nun dieſes unredlichen Raͤubers mich einiger Weiſe zum Schuz annehmen wolte / was taͤhte ich anders / als daß ich mich in gleichmaͤſſige Schuld und Boßheit ſtuͤrzete / in wel - cher dieſer Unflaht oͤffentlich ergriffen iſt? So hat nun eure Liebe voͤlligen Gewalt dieſen verwaͤgenen Buben an Leib und Leben zuſtraffen / welches Herr Fabius ſchon vor meineꝛ Ankunft erſtritten / und zu leiſten gute Macht gehabt hat. Das Fraͤulein bedankete ſich des erbietens / und hielt weiter an / daß der Raͤuber moͤchte vorgefodert werden / damit er nicht allein ihrer durch Gottes Gnade erhaltenen Ehre Zeugnis gaͤbe / ſondern auch Urſach ſei - nes frevelhaften Vornehmens anzeigen / und davor antworten moͤchte. Solches ward ungeſeumet ins Werk gerichtet / uñ er gebunden herzu gefuͤhret / da er mit erſchrockenem Gewiſſen daher trat / und von Artaxerxes mit dieſen Worten zu Rede geſtellet ward: Du boßhafter Dieb und Raͤuber / ſagte er / was vor teufliſcher Getrieb hat dein verhuhrtes Herz gereitzet und kuͤhn gemacht / eine ſo ſchaͤndliche Taht zubegehen / welche nie von kei -b ijnem12Fuͤnftes Buch. nem Fuͤrſten erhoͤret iſt? hatte dieſer trefliche Fuͤrſt (auff Herkules zeigend) ſein geliebtes Fraͤulein zu dem Ende von des einen Raͤubers Hand frey gemacht / daß ſie in die deine wie - der gerahten ſolte? ja hatten dieſe Helden umb unſere Hoch Fuͤrſtl. Verbuͤndnis verdie - net / daß man ihnen die ihrigen ſo diebiſcher Weiſe von der Seite hinreiſſe / da ſie inzwi - ſchen ihr Fuͤrſtl. Blut vor unſere Wolfahrt vergoſſen / und den Feind niderlegten / und du nicht düchtig wahreſt / mit einem einzigen Schwert Schlage dem gemeinen Weſen huͤlffe zuleiſten? und findeſt dich nun ſo geherzt / deine Verſchlagenheit in Schelmſtuͤcken auß - zuuͤben? Gobares merkete / das ſeines Lebens nicht viel mehr ſeyn wuͤrde / wolte aber noch zulezt ſeiner Zungen freyheit gebrauchen / und antwortete ganz verwaͤgen: Artaxerxes / ich bin ſo wol ein Fuͤrſt als du / und weiß mein Fuͤrſtliches Geblüt ungleich weiter herzuhohlẽ als du; ſo habe ich meines tuhns und laſſens dir durchaus keine Rechenſchaft zugeben / warumb ſetzeſtu dich dann ſelbſt vor einen Richter ein / und darfſt einem herſchenden freien Fuͤrſten deine Urtel anbieten? Artaxerxes wolte ſich hieruͤber eifern; welches Herkules merkend / dem Raͤuber dieſe Antwort gab: Ihr ganz unvernuͤnftiger / und aller Fuͤrſtlichẽ benennung unwirdiger; wie ſeid ihr dann ſo gar verblendet / daß ihr nicht erkeñen moͤget / das ihr als durchs Schwert uͤberwundener beſſer taͤhtet / wann ihr umb Gnade anhalten würdet / als daß ihr laͤſtert und trotzet? Er aber wolte hierauff nichts antworten / ſondern fuhr alſo fort: Hoͤre Artaxerxes was bildeſtu dir ein? verdreuſt dichs etwa / daß durch ent - fuͤhrung dieſer unvergleichlich-ſchoͤnen Fraͤulein (welche zurauben ein recht Fuͤrſtlich liebes Werk iſt) ich dich in deiner Nieſſung ſtoͤren wuͤrde? oder ſchaͤtzeſtu dich allein vor ei - nen Erkenner der wahren Schoͤnheit? O Artaxerxes du betreugeſt dich ſelber; ich habe beſſere Augen als du / und mag ich ja ſo gerne genieſſen als du. Artaxerxes kunte ſich weiteꝛ nicht enthalten / und brach alſo loß: Was laͤſterſtu Schand Schelm? legeſtu dieſem zuͤch - tigen Fraͤulein Unzucht zu / welche ſie mit mir pflegen ſolte? Ich halte es vor keine Unzucht / ſagte dieſer / wans aus inniglicher Liebe geſchihet. Artaxerxes wieder antwortete: So wil - tu mich gleichwol bey dieſen Helden in Verdacht bringen / als ſtuͤnde ich nach unzimlichen Sachen?[und] rechneſt es vor keine Unzucht / da man einer verlobeten Braut nach ihrer Ehre ſtehet? du oder ich muͤſſen hierüber zuſchanden werden / und muſt deiner Verleum - dung Urſachen anzeigen. Hiemit rieff er / man ſolte etliche Stecken Knechte und Henkers - Buben herzu fodern / welche alsbald kahmen / und Befehl empfingen / daß ſie ſtuͤndlich ein Werkzeug zurichten / und dieſen Verleumder foltern ſolten / biß er bekennen wuͤrde / von wem / oder durch weſſen anzeige er ſolches haͤtte. Der Bube erſchrak dieſer Urtel hoͤchlich / und fing an ſich zubedingen / man ſolte mit ihm als mit einem Fuͤrſten verfahren / der keinẽ Menſchen wirklich beleidiget haͤtte. Aber die Schergen kehreten ſich an nichts / ſchlugen zween ſtarke Pfaͤle in die Erde / legten ihn auff ein gemachtes Stel / und fuͤhreten die naͤhe - ſte Gutſche herzu / befeſtigten ihm die Haͤnde uͤber Haͤuptwerz an den Pfaͤlen / und den an - dern Strik umb die Fuͤſſe geſchlagen / krecketen ſie mit dem Gutſch Rade umb / und zogen ihm alle Glieder aus den Gelenken / dz er vor unſaͤglichen Schmerzen ein elendes Geſchrey trieb / und Herkules ſelbſt zu Mitleiden bewaͤgt ward / auch anhielt / man moͤchte ihn ohn fernere Peinigung abtuhn. Aber Artaxerxes antwortete: Mein hochwerter Herr uñ Bru - der; es muß der boßhafte Verleumder mir die auffgebuͤrdete Unbilligkeit beweiſen / oderſeine13Fuͤnftes Buch. ſeine ſchaͤndliche Luͤgen bekennen; wo nicht / ſol er dieſe Schmerzen biß an ſein Ende leiden; dann wie dürfte eure Liebe ich kuͤhnlich anſchauen / wann in deren Herzen ein ſolcher Sta - chel bleiben ſolte? Gobares wahr durch die Pein ſchon ganz muͤrbe gemacht / baht umb Gnade / wolte gerne alles aus beichten / da man nur mit der Peinigung inne hielte. Alſo richtete man ihm die Glieder wieder ein / und hieß ihn niederſitzen / weil er Schmerzen hal - ben nicht ſtehen kunte; worauff er alſo anfing: Ich kan nicht glaͤuben / daß einiges Man - nes-bilde ſich ſolcher uͤbertreflichen Schoͤnheit enthalten koͤnne / mit welcher dieſes Fraͤu - lein / ob allen Menſchen dieſer Welt begabet iſt / wann ihm nur einige Gelegenheit darzu offen ſtehet; weil du nun / Artaxerxes / ſo gute Freundſchaft mit dieſen beyden Fremdlingẽ haͤlteſt / bildete ich mir ein / ſie wuͤrden dir ihre Schweſter und Waſe nicht verſagen / und du der niedlichen Koſt ſchon genoſſen haben / deren ich auch ſchon allernaͤheſt wahr / und bloß nur dieſer falſche Kleon mich daran verhindert hat / der mir ſchon anderwaͤrz im Graſe gehuͤtet / deſſen ihn die helliſchen Goͤtter lohnen wollen. Biſtu nun hieran unſchul - dig / ſchreibe ich ſolches nicht deinem Ungluͤk / ſondern unverſtande und Bloͤdigkeit zu. O du unkeuſcher Bube / antwortete er; alſo urteileſtu von andern nach deinem viehiſchen Sinne; zwar mich wird vor erſt mein Gewiſſen / hernach dieſes Durchl. keuſche Fraͤulein / von deinem falſchen Argwohn leicht loßſprechen; dir aber ſol nach deiner Beichte die Straffe geſprochen werden. Als jener dieſe Urtel hoͤrete / baht er um einen ſchleunigẽ Tod / und bekennete / ſein Bagoas und der Fraͤulein Magd haͤtten den Anſchlag gemacht uñ ins Werk gerichtet / ohn deren zuſchuͤrung er das Herz nimmermehr gehabt haͤtte / ſolches vor - zunehmen. So bedenket nun mein Fraͤulein / ſagte er weiter / das alles mein beginnen aus uͤbermaͤſſiger Liebe / und nicht aus Feindſeligkeit entſtanden; ja bedenket / daß euch meinet - wegen nicht die geringſte Ehrenkraͤnkung begegnet iſt / und helffet bitten / daß mir der Tod ohn ſonderliche Pein angetahn werde / nach dem ich deſſen ſchon gnug / uñ mehr als einem Fuͤrſten je begegnet / außgeſtanden habe. O du zernichteter Boͤſewicht / antwortete ſie / nen - neſtu deine vihiſche Unkeuſcheit eine Liebe? wahre Liebe hat mit der Untugend durchaus keine Gemeinſchaft / und haͤtteſtu mich geliebet / würdeſtu ſolches zu meinem beſten / nicht zu meinem Verderben getahn haben. Daß mir aber meine Ehr und Keuſcheit unverſehret blieben iſt / danke ich bloß und allein Gottes Barmherzigkeit / welche deinen Vorſaz verhin - dert / dein Vermoͤgen gebrochen / und die Gelegenheit dir benommen hat; jedoch / daß du oder deine Verwanten mich keiner Grauſamkeit beſchuldigen moͤgen / kan ich wol leiden / daß dir das Leben geſchenket / und du mit einem Stabe und Zehrpfennige abgewieſen wer - deſt. Ladiſla redete ihn hierauff an / und ſagete: Gobares / bekenne mir doch / warumb du ei - ne ſolche Verraͤhterey angerichtet / daß du mich und meinen Bruder haſt wollen durch dei - ne Leute in der Schlacht hinrichten laſſen / wodurch du ja dem algemeinen Feind den Sieg wuͤrdeſt in die Hand geſpielet haben? und leugne mir nicht; dann dein verraͤhteriſcher Mithrazenes / welchen ich in Ketten und Banden habe / hat ſchon voͤllige Bekaͤntnis abge - legt. Dieſer antwortete; die Liebe waͤhre Augen - und Sinnen blind / welche ihm ſolches al - les an die Hand gegeben / weil er wol gewuſt / daß ſo ſie leben wuͤrden / er das Fraͤulein nicht lange haͤtte behalten moͤgen / und waͤhre ihm bey jezt geſtalten Sachen herzlich lieb / dz der Anſchlag nicht gerahtẽ waͤhre. Artaxerxes fing hierauff zu dem Fraͤulein an: So kan ihreb iijLiebe14Fuͤnftes Buch. Liebe noch ihꝛe Simme geben / daß ein ſolcher ſchaͤndlicher Verraͤhter / welcher auff ein - mahl ihrer eigenen Ehre / ihres Herrn Braͤutigams und Herrn Bruders Leben / und der Fuͤrſtl. Verbuͤndnis Wolfahrt nachgeſtellet hat / das Leben behalten ſolle? Doch wolan / damit eure Liebe ſehe / wie hoch ihr Wort bey mir gelte / ſol der Diebiſche Menſchen Raub ihm in der Urtel nicht zugerechnet werden / aber daß er dem algemeinen Feinde hat wollen den Sieg in die Hand ſpielen / und unſere hochverdiente Feld Herren ermorden / da durch hat er verdienet / das er lebendig geſpieſſet / oder ans Kreuz geheftet werde. Herkules aber redete ihm ein / er moͤchte ihm zugefallen ſich ſeiner Gnade erinnern / und dem verbrecher das Schwert wiederfahren laſſen; welches er auch erhielt / weil Gobares ſelbſt deßwegen einen Fußfal taht / und auff erlangung ſagete: Nun wil ich mit meinem Blute gerne be - zahlen / was ich verſchuldet habe / wuͤnſche auch / dz alle Fuͤrſten und Gewaltigen ſich an mir ſpiegeln / ſich vor Schmeichler und Fuchsſchwaͤnzer huͤten / uñ ihren Begierden den Zaum nicht weiter / als Erbarkeit goͤnnet / ſchieſſen laſſen moͤgen; in der Jugend hatte ich mir vorgenommen eine ſolche Lebens Art zu waͤhlen / welche bey ehrliebenden Ruhm und Lob verdienet / aber durch gegebene aͤrgernis meines Vaters / und reizung deren / die aus mei - ner Freyheit ihren Vortel ſucheten / bin ich von ſolchem Vorſaz abgeleitet worden; alſo geſchihet miꝛ nun endlich / wie ichs verdienet habe / bitte auch alle und jede ſo ich beleidiget / umb vergebung / allein den falſchen Kleon nicht. Ey ſo habe ich umb ſo vielmehr Urſach / ſagte Fabius / deine boßhaffte Schelmſtuͤcken auszutragen. Artaxerxes kunte ihn laͤnger nicht vor ſich ſehen / deßwegen ihm der Kopff herunter geſchlagen ward. Es wahren noch 9000 zu Fuß und 10000 Reuter von Gobares Kriegs Heer uͤbrig und gefangen verwah - ret / dieſelben wurden auffs neue in Pflicht und aͤide genommen / wozu ſie ſehr willig wah - ren / verfluchten auch ihren geweſenen Fuͤrſten / der ſie bey ſolchen Schelmſtuͤcken haͤtte gebrauchen wollen. Drey ihrer vornehmſten Obriſten / und acht andere Ritter wurden an Ketten gelegt / auff welche die Magd bekennete / daß ſie dieſe Taht ins Werk gerichtet haͤt - ten. Nun hatten unſere Helden biß daher nicht muß gehabt / nachzufragen / woher ihnen dieſes wolgeruͤſtete Volk kaͤhme / wiewol ſie die Teutſchen an ihrer Farbe und kraͤftigen Gliedern leicht kenneten / ruffeten Leches zu ſich / der ſein Vorhaben ſchon angeordnet hat - te / daß alle Faͤhndriche / ſo wol Roͤmiſche / als Teutſche und Boͤhmen herzutreten / und dem Fraͤulein ihre Fahnen zun Fuͤſſen niderlegen ſolten / mit bitte / dieſelben vor die ihren zuer - kennen und anzunehmen / weil ſie ihrer Durchl. zu Dienſte und ehren von der Großmaͤch - tigen Koͤnigin in Boͤhmen / Fr. Sophien gerichtet waͤhren. Das Fraͤulein bedankete ſich der Ehren / welche ſie billich erkennen muͤſte / ſchaͤtzete ſich aber derſelben ganz unwirdig / inſonderheit / weil ihr Herr Bruder Koͤnig Ladiſla / und ihr verſprochener Braͤutigamb Groß Fuͤrſt Herkules gegenwaͤrtig waͤhren; muſten alſo Herkuleſſen die Teutſchen / Ladiſ - la die Boͤhmen / und Fabius die Roͤmer zugewieſen werden / ohn Klodius und Markus brachten ihre eigene ſelbſt herzu / und redete jener in ihrer beyder Nahmen alſo: Durch - leuchtigſte gnaͤdigſte Fuͤrſten und Herren; nachdem dieſe beide Faͤhnlein uͤber tauſend Reuter wir vor uns ſelbſt / zu untertaͤhnigſtem Dienſt und Gehorſam / euren Durchleuch - tigkeiten gerichtet / als iſt unſere demuͤhtigſte Bitte / dieſelben als ein geringes iedoch be - gieriges Zeichen unſerer dankwilligen Herzen / gnaͤdigſt anzunehmen; dann mit dieſer un -ſer15Fuͤnftes Buch. ſer Mannſchaft ſind wir außdruͤklich außgezogen / vor unſere gnaͤdigſte Herren entweder froͤlich zu ſterben / oder mit und bey ihnen gluͤklich zu leben. Unſere Helden verwunderten ſich der groſſen Traͤue dieſer beyder / angeſehen ſie ihnen weder untertahn / oder ſonſt ver - pflichtet wahren; uñ gab ihnen Ladiſla zur Antwort: Eure redliche Gemuͤhter haben wir ſchon vor dieſem gnugſam erkennet / aber anjezt laſſet ihr ſie Sonnen klar leuchten; doch ſeid verſichert / es ſol / da wir leben / zu eurem Glük und Ehren außſchlagen; wir nehmen die angebohtene Voͤlker gerne an / wollen ihnen auch redlichen Sold verſchaffen / und ſie auff Plaͤtze fuͤhren / da Ehr und Gut kan erſtritten werden. Nach dieſem taht Leches ſeine Rede an Herkules mit dieſem Vorbringen; Durchleuchtigſter Groß Fuͤrſt / gnaͤdigſter Herr / der Großmaͤchtigſte unuͤberwindlichſte Groß Fuͤrſt und Beherſcher der Teutſchen / Groß - Fuͤrſt Henrich / euer Durchl. Herr Vater / hat mir 6000 Mann von ihrer Hocheit Leib - Reuterey zugeſtellet / und zu mir geſprochen; zeug hin Leches / und ſage meinem Sohn Heꝛ - kules / daß er den Zweg aller ſeiner handelungen laſſe die Tugend ſeyn; alsdann wird er Teutſch handeln; Hier ſchicke ich ihm eine geringe Schaar Reuter / ja ſo willig zum Tode als zum Leben; ſolte ihm aber ein maͤchtiger Feind zuwachſen / deſſen Land und Leute zuge - winnen er vorhabens waͤhre / ſol er mir ſolches ſchleunig zuwiſſen machen / alsdañ wil ich ihn mit 150000 ſtreitbahren Teutſchen verehren / und biß zur Stelle mit zehrungs Koſten ſie frey halten. Herkules fragete ihn / ob er dann in Teutſchland bey ſeinem H. Vater ge - weſen; Nein / antwortete er / ſondern ihre Hocheit neben dero Gemahl und Frl. Tochter kahmen in einer Stunde mit mir zu Prage an / nicht ohn ſonderbahre ſchickung Gottes. Neda hatte unterdeſſen die 300 Boͤmiſche aͤdelknaben ſich mit ihren zu Padua empfange - nen Kleidern außputzen laſſen / traten mit ihrem Fuͤhrer Prinſla daher / und wendeten alleꝛ anweſenden Augen auff ſich hin. Sie neigeten ſich gegen die Fuͤrſtliche Geſelſchaft / und hielt Prinſla dieſe Rede zu Ladiſla: Großmaͤchtigſter Koͤnig / gnaͤdigſter Herr; dieſe 300 Boͤhmiſche aͤdelknaben / ſtellen ſich auff meiner gnaͤdigſten Fr. Koͤnigin / und ihrer ſelbſt eigenen Eltern Befehl hieſelbſt ein / auff ihrer Durchl. Leib zu warten / und aus dero Tuhn und Weſen zu lernen / was geſtalt ſie dereins ihrem Koͤnige und dem Vaterlande koͤnnen erſprißlich ſeyn. Wer hat ſie dann ſo ſchleunig außgeputzet? fragete er. Ihrer Durchl. Ge - mahl zu Padua / gab er zur Antwort / deren Durchl. mir dann gnaͤdigſt befohlen / bey ihrem Herzaller liebſten Gemahl dieſes zu werben / daß ſo offt ihre Durchl. dieſe ihre aͤdelknaben anſehen würde / dieſelbe ihres herzlichen Verlangens ſich dabey erinnern / und die Ruͤkrei - ſe beſchleunigen moͤchte. Artaxerxes ſahe nunmehr / was vor Gaͤſte / er bey ſich hatte / und gab ſeine freude durch mannicherley bezeugung an den Tag; welches Herkules merkend zu ihm ſagte; Durchl. Fuͤrſt / ich meine / wir haben noch ſo viel Tageszeit uͤbrig / daß wir unſere wenige Leute muſtern koͤnnen / welche alle in ihrer Liebe Dienſten leben und ſterben ſollen. Er bedankete ſich des Erbietens / und verſprach ihnen hohen Sold. Anfangs beſa - hen ſie die Roͤmiſchen Voͤlker / an denen ſie ſarſames Genuͤgen hatten; nachgehends zo - gen Klodius und Markus mit den ihren auff / unter denen man keinen unduͤchtigen Mañ fand. Darauff folgeten die Boͤhmen / und endlich die Teutſchen / welche Artaxerxes nicht gnug beſchauen kunte; dann er hatte auff der Wahlſtat mit verwunderung angeſehen / wie etliche Suſianer in der mitte des Leibes als eine Stekruͤbe abgehauen wahren; nahmihm16Fuͤnftes Buch,ihm deßwegen vor / da ers bey Herkules erhalten koͤnte / ſie nimmermehr zuverlaſſen. Nach gehaltener Heeres Beſchauung redete Artaxerxes unſere Helden alſo an: Hochwerte Herren und Freunde / ich erinnere mich / daß unſer keiner heut dieſen Tag weder Speiſe noch Trank genoſſen hat; iſt demnach noͤhtig daß wir uns nach dem naͤheſten Flecken ma - chen / auff daß dem Leibe auch die Notturft gereichet werde / nachdem die Gemühter befrie - diget ſind. Leches zeigete an / ihre Feldkoͤche und Schenken haͤtten zur Notturft bey ſich / womit alle anweſende Voͤlker koͤnten geſpeiſet werden; uñ da die Hoch Fürſtl. Geſelſchaft mit einem Zeltlager vor gut nehmen wolten / koͤnte man darzu auch gelangen. Der Vor - ſchlag wahr ihnen allen angenehm / daher ein groſſes Feldlager von drey unterſchiedlichen Plaͤtzen abgeſtochen ward; einer vor die Perſen / der ander vor die Suſianer / der dritte vor die Fremden / welche wegen gemachter Beute von dem ganzen Suſianiſchen Heer er - obert / guter Dinge wahren. Herkules und das Fraͤulein gingen vor der Mahlzeit auſſer dem Lager umbher / tahten ihr Gebeht zu Gott / wegen geſchehener gnaͤdigen Rettung / und beredeten ſich nachgehends / wie ſie inkuͤnftig ihre Sachen anzuſtellen haͤtten; ihre Stim - me ging dahin / man moͤcht die Ruͤkreiſe nach Padua erſtes Tages fortſetzen / auff daß ihre hochbekuͤmmerte Fr. Mutter getroͤſtet / und Ladiſla Gemahl erfreuet wuͤrde. Aber Herku - les fuͤhrete ihr zu Gemuͤht / es wuͤrde ein Zeichen groſſer Undankbarkeit ſeyn / duͤrfte ihnen auch zur verzagter Kleinmuͤhtigkeit gerechnet werden / wann ſie nicht zuvor der Haͤupt - Schlacht beywohneten; welches ſie ihr gefallen ließ / wiewol mit dem außdruͤklichen vor - behalt / daß ſie nicht von ihm bleiben / ſondern mit fortgehen wolte. Welches er ihr dañ be - willigte / jedoch nach verſprechung / ſich in kein Gefechte mit einzulaſſen. Die fuͤnff junge Frauen / inſonderheit Euphroſyne und Libuſſa / wahren ſehr bemuͤhet / die Mahlzeit anzu - richten / ſchaffeten auch ſo viel / an herlichem Zuckergebak / daß Herkules fragte / ob ſolches von ihrer Hochzeit übrig waͤhre; welches Fr. Agatha / bejahete. Artaxerxes vernam aus Fr. Euphroſynen Rede / daß ſie eine Griechin wahr / fragete ſie demnach / ob ſie der beyden Herren / Parmenions und Perdickas keine Kundſchaft haͤtte / deren langwiriges auſſen - bleiben ihn wundernaͤhme / maſſen er dem erſten zimliche Wechſel als ſeinem beſtalten O - briſten uͤbergemacht haͤtte / eine Anzahl Voͤlker davor zu werben; der andere waͤhre vor dieſem ſein Spießgeſelle geweſen / dem er ſeine Anverwantin gefreiet. Euphroſyne ward dieſer Rede etwas beſtürzt / erhohlete ſich aber bald / uñ antwortete: Großmaͤchtiger Groß - Fuͤrſt / eure Durchl. ſuchen die Todten bey den lebendigen / wie ich wol berichten kan / und deſſen gute Wiſſenſchaft habe; maſſen Parmenions Bruder mein erſter Ehegemahl ge - weſen / und Perdickas meiner Waſen Fr. Agathen naͤheſter Anverwanter; ob nun etwa dieſe beyde euer Durchl. lieb moͤgen geweſen ſeyn / zweifele ich doch nicht / dieſe beyde Für - ſten gegenwaͤrtig / werden bey deroſelben etwas mehr gelten / welches ich nicht ohn Urſach rede. Vielleicht / ſagte Artaxerxes / haben ſie ihren bekanten Hochmuht an meinen hoch - werten Herrn Brüdern wollen ſehen laſſen / und haben drüber den verdienten Lohn bekom - men? Es verhaͤlt ſich alſo / antwortete Herkules / und kan eure Liebe ich wol verſichern / dz mein Bruder Ladiſla und ich dieſer beyder wegen in die groͤſte Noht / uñ gar unter Heu - kers Haͤnde gerahten / aber durch Gottes ſonderliche Gnade / und dieſer beyden Tugend - liebenden Frauen Vorſchub dem ſchaͤndlichẽ Tode entriſſen; erzaͤhlete hierauff umſtaͤnd -lich /17Fuͤnftes Buch. lich / was ſich zwiſchen ihnen zugetragen hatte. Worauff Artaxerxes dieſe beyde Frauen hochruͤhmete / und ihnen ein ſonderliches Gnadengeſchenk verſprach / welches er ihnen auff Herkules Hochzeit Feſt lieferte / als etliche Kleinot / die ingeſamt auff eine Tonne Gol - des geſchaͤtzet wurden; inſonderheit wahr ihm liebe / daß ſeine Waſe ſich gegen Ladiſla ſo freundlich bezeiget hatte. Frl. Valiſken wahr ihres Herkules Gefahr nie ſo außfuͤhrlich erzaͤhlet / ſchlug Euphroſynen auff die Schulder / und ſagte: Meine geliebte Freundin / ihr habt eigentlich mir zum beſten dieſen Fürſten beim Leben erhalten / dz wil ich euch Zeit mei - nes Lebens genieſſen laſſen / ſo viel ich leiſten / uñ euer Stand annehmen kan. Sie aber ant - wortete in untertaͤhnigkeit / es moͤchte ihre Durchl. ſie nicht zu bloͤde machen mit gar zu hohem erbieten / nachdem ihre geringe Gewogenheit (dann auſſer dem Willen haͤtte ſie nichts vermocht) ſchon tauſendfach erſetzet waͤhre. Der Abend wahr uͤber der lanwierigen Erzaͤhlung hingelauffen / ſo hatten unſere Helden in etlichen Nachten wenig geruhet / da - her wurden ihnen die Schlaffſtaͤte bereitet / da Artaxerxes ein ſonderliches Gezelt hatte; Fabius / Leches und Klodius beyeinander blieben; und Markus / wie untertaͤhnig er ſich entſchuldigte / unſerer Helden Schlaffgeſelle ſeyn muſte / welches ihn eine groͤſſere Ehre ſeyn dauchte / als haͤtte man ihn auff des Roͤmiſchen Kaͤyſers Stuel geſetzet. Das Fraͤu - lein waͤhlete Euphroſynen und Libuſſen zu Beyſchlaͤfferiñen / wie ſie wuͤnſcheten / nahmen ſie zwiſchen ſich / und entkleideten ſie miteinander / hatten auch ihr Geſpraͤch auff dem Lageꝛ etliche Stunden / und befahl das Fraͤulein / es ſolte Libuſſa ja ſo vertraulich mit ihr reden / als wan ſie allein waͤhren. Weil auch derſelben unmoͤglich wahr / ihrer Libuſſen etwas zu - verbergen / offenbahrete ſie ihnen beyden ihre Heimligkeit / daß ſie ihres Herkules Gemahl ſchon von 20 Wochen waͤhre / und von der Zeit her ſich von Gott merkete geſegnet ſeyn; welches Euphroſyne alſo beantwortete: O mein Gn. Fraͤulein / wie habe ich dieſes ſchon ſo bald gemutmaſſet / als ich ihr empfangen ſahe; dann Eheliche Liebe laͤſſet ſich nicht ber - gen / man wickele es gleich ſo kraus und bund als man wil; bald verrahten uns die Augen / bald die Haͤnde / und iſt leicht geſchehen / daß in Gedanken uns ein Wort entfaͤhret / welches der Warheit wieder unſern Willen Zeugnis geben muß; ich wil aber eure Durchl. von der noͤhtigen Ruhe nicht auffhalten; wuͤnſchete ihr hiemit eine geruhige Nacht / uñ ſchlief - fen biß an den lichten Morgen / da Brela zu ihnen kam / und dem Fraͤulein ihre beſten Klei - der anzulegen brachte / weil ihr Euphroſynen Roͤcke zu weit wahren. Der Unter Rok wahr Violen-Braun / mit einer Silbern Grund und koͤſtlichem Perlen Gebreme; das Ober - Kleid / hoher Pomeranzen Farbe / mit Gold und Indianiſchen Perlen reichlich geſticket / wobey ſie allerhand noͤhtiges leinen Geraͤhte gelegt hatte. Euphroſyne nam es alles zu ſich / legte es dem Fraͤulein an / und betrachtete inzwiſchen ihre uͤbermaͤſſige Schoͤnheit / da ſie ſagte: Es waͤhre nicht moͤglich einem Menſchen zu glaͤuben / dz die Welt ein ſo volkom - menes Meiſterſtuͤk hervorbringen koͤnte / wann mans mit Augen nicht beſaͤhe; doch muſte billich / ſagte ſie / euer Durchl. unvergleichliche Seele in ſolcher treflich außgeziereten Her - berge wohnen / da ihr nicht unguͤtlich geſchehen ſolte. Das Fraͤulein ſahe wol / daß die Lie - be ſie zu ſolcher Rede antrieb / und antwortete ihr: Geliebte Freundin; ich halte / ihr wollet mich gegen mich ſelbſt verliebt machen; oder ſehen eure Augen ſchaͤrffer als die meinen? Zwar dz ſie mir nicht ungewogen ſind / gibt eure Zunge gnug zuverſtehen / da ich doch wolcweiß /18Fuͤnftes Buch. weiß / daß meines gleichen viel in der Welt ſind; und wer wolte mir in dieſem Stuͤk rah - ten / euren Worten zu glaͤuben / weil ſie ausgewogenheit herflieſſen / welche das Urtel der Warheit leicht uͤberſchreiten kan. Wie? ſagte Euphroſyne / redet dann der trefliche Fuͤrſt Herkules anders als ich? Mein Herkules / antwortete ſie / ſpielet mit mir als mit einem Kinde / und ſaget mirs vor / wie er meinet ichs gerne hoͤre / deßwegen habe ich ihm in dieſer Sache gleich ſo wenig zutrauen. Ey mein Fraͤulein / ſagte ſie / ſo trauet doch euren ſelbſtei - genen Auͤgelein / die mit ihren durchbrechenden Strahlen aller ehrliebenden Herzen zu ih - rem Dienſte zwingen; und wolte Gott / daß ihrer Gn. meine geringfuͤgige Auffwartung gefallen koͤnte / und ich ſo bitſelig waͤhre / daß dieſelbe mich nimmermehr von der Zahl ih - rer Leibdieneriñen außſchlieſſen wolte / dann wuͤrde ihre Durchl. mich in meine hoͤchſtge - wuͤnſchte Glükſeligkeit verſetzen. Meine werte Freundin / antwortete ſie / ich merke wol / daß ihr in erkaͤntnis meineꝛ Gedanken und Begierden / als meines Leibes / viel ein ſchaͤffer Geſicht habet / weil ich gleich mit dem Vorſatze umbgehe / wie ich euch in meineꝛ ſtets weh - renden Geſelſchaft haben und behalten koͤnne; welches aber euch anzumuhten mich nur abgeſchrecket hat / daß euch und euren Liebſten die Liebe zum Vaterlande zu ſehr moͤchte eingenommen haben; weil ich nun euren guten Willen vernehme / wo ſonſt euer Markus einwilligen wird / ſollet ihr meine Oberkammer Frau / und Libuſſa meine Ober Hoffmeiſte - rin ſeyn / welches ich ihr ſchon vor drey Jahren verheiſſen habe. Euphroſyne ward deſſen uͤberaus froh / und antwortete: O meine Durchleuchtigſte Fuͤrſtin; wie kan dieſe hohe Gnade ich immermehr erkennen / die weder mein Verſtand begreiffen / noch mein Wille vergnuͤgen kan / nachdem meiner Unwirdigkeit ich mich ſehr wol zuerinnern weiß; doch gelebe ich der Hoffnung / eure Durchl. werden meine innigſte Begierden gelten laſſen / da mein Vermoͤgen an gebührliche Verrichtung dieſes hohen Amts nicht reichen kan. Mei - nen Liebſten betreffend / werde ich ihm die allerangenehmſte Zeitung bringen / weil ohndaß ſein einziger Wunſch iſt / die Gelegenheit zu finden / welche ihn in ſtetswehrenden Dienſtẽ ſeiner Gun. Fuͤrſten erhalten moͤchte. Libuſſa wahr hingangẽ etliche trefliche Haͤupt-Bruſt und Armkleinot herzuhohlen / womit ſie das Fraͤulein außſchmücken wolte / uñ als ſie wie - derkam / ſagte Euphroſyne zu ihr: Herzliebe Schweſter / euer und mein Wunſch iſt nun er - fuͤllet. Was? ſagte ſie / bleibẽ wir miteinander bey unſer Gn. Fuͤrſtin? ich vor mein Haͤupt / antwortete ſie / habe mir einen guten Dienſt außgebehten. Libuſſa ſtund und ſahe die Fuͤr - ſtin an / etwas zweifelnd / ob ſie der ehemahligen Zuſage wuͤrde eingedenke ſeyn / welche zu ihr ſagete: Seid ihr beyde dann eins worden bey mir zu bleiben / muß mir ſolches ſehr lieb ſeyn / und iſt unnoͤhtig / daß ich dich deiner Hoffmeiſterſchaft eriñere / worzu ich dich ſchon vorlaͤngſt beſtellet habe. O Gn. Fuͤrſtin / antwortete ſie / Iſt eure Gn. der ehemahligen Ver - heiſſung noch eingedenke / die ich fuͤrchtete laͤngſt vergeſſen ſeyn? Nun; ſagte ſie / ſo haſtu an mir wol zweifeln koͤnnen / da du wol weiſt / daß dir allein ich mein ganzes Herz vertrauet habe? Durchl. Fuͤrſtin / antwortete ſie; Zu jenerzeit hatten ihre Gn. noch nicht was ſie an - ſezt haben / und kunte mein Troſt in etwas angenehm ſeyn / der nunmehr unnoͤhtig iſt; ſo pfleget auch kindliche und erwachſene Gnade ſelten uͤberein zuſtimmen. Gut Libuſſa / gut / ſagte ſie / jezt gibſtu an den Tag / wovor du mich haͤlteſt / ungeachtet du ſo manniche Beweh - rung von mir eingenommen haſt; erinnere dich / wie oft haſtu mein ſchwermuͤhtiges Herzund19Fuͤnftes Buch. und hoͤchſtbetrübte Sinnen durch deine Troſt Reden ergetzet / da ich ſonſt wegen verluſtes meines Herkules ohn zweifel untergangen waͤhre / deſſen du bey uns beyden genieſſen ſolt / weil die Seele in uns iſt; dann du naͤhſt Gott / haſt mich ihm erhalten / uñ mich mir ſelbſt. Als Libuſſa dieſes hoͤrete / fiel ſie ihrer vorigen Gewohnheit nach ihr umb den Hals / kuͤſſete und herzete ſie / neben erinnerung der verlauffenen Dinge; zohe ſie nachgehends auff ihre Schoß / und legte ihr die Kleinot an ſprechend: Ey wie ſol meine außerwaͤhlte Fuͤrſtin ih - rem Fuͤrſten noch heut ſo wol gefallen / dem treflichen Fuͤrſten / deßgleichen in der Welt nit lebet / und ihm deßwegen dieſe billich vorbehalten iſt / vor deren Schoͤnheit alle andere er - bleichen / und ſich verkriechen muß. Die Fuͤrſtin lachete ihrer / uñ ſagte: Da hoͤre ich recht meiner Libuſſen alte Geige / auff welcher ſie mir in der Jugend (iſt noch nicht gar lange) pflag vorzuſpielen; aber du betreugſt mich forthin nicht mehr alſo / ſondern zeug hin nach Padua und ſinge der vortreflichſten Fraͤulen von Rom / Frl. Sibyllen dieſes Liedlein vor. Fraͤul. Sibyllen? ſagte Libuſſa / ja wol Frl. Sibyllen; ich verachte den Mond nicht / aber weit gefehlet / daß er der Sonnen angewinnen ſolte / deſſen er ſich auch nicht unterfaͤhet / ſondern es verlanget ihn vielmehr / daß dieſer ihre unvergleichliche Strahlen ihn anſchei - nen moͤgen. Du redeſt etwa aus Irtuhm / ſagte das Fraͤulein / in dem du meine Strahlen nenneſt / und Fuͤrſt Herkules ſeine verſteheſt / welche dieſen Monde / wie ich erfahꝛen / recht - ſchaffen ſollen beſchienen haben. Wie verſtehe ich daß? fragete Libuſſa. Wie anders / ſagte das Fraͤulein / als daß Phæbus mit der wunderſchoͤnẽ Sibyllen (Dianen wolte ich ſagen) friſch gebuhlet? Ey ey / Gn. Fuͤrſtin / antwortete ſie / dieſer Eifer hat keinen Grund / und ſo bald ſie nur dieſes Blut fromme Fraͤulein ſehen wird / ſol ſie dieſen Verdacht bald aus den Ermeln auff die Erde ſchuͤtten. Ich weiß nicht / antwortete ſie / was geſchehen wird / aber daß weiß ich wol / daß ſie nicht viel geringer als Braut und Braͤutigam geſpielet haben / welches ich meinem Herkules verzeihen muß / als durch uͤbermaͤſſige Schonheit darzu genoͤhtiget. Verzeihe es euch Gott / ſagte ſie / daß ihr unſchuldigen Leuten ſolches auffbuͤr - det / obs gleich euer Gn. Scherz iſt; und redet mir nur weiters nicht ein / dann Frl. Sibyl - len Schoͤnheit gleichet der euren noch lange nicht / welche ſich uͤberdaß in dieſer Zeit uͤber die helfte gemehret hat. Nun gewißlich / ſagte die Fuͤrſtin / du weiſt deines Hoffmeiſterin - Amts dich redlich zugebrauchẽ / maſſẽ mein liebſter Schaz Fuͤrſt Heꝛkules ſelbſt / mich kein - mahl hat ſchweigen heiſſen. Da lieget nichts an / antwortete Libuſſa / ich wil euer Gn. es nit anhoͤren / noch zu gute halten / wann ſie ihre eigene Schoͤnheit beſchimpfet / in welche ich mich dergeſtalt verliebt habe / daß wann ſo viel bewehrter Voͤlker nicht umb uns hielten / wuͤrde ich bald der andere Gobares werden. Die Fuͤrſtin und Euphroſyne lacheten der re - de uͤberlaut / und fragete dieſe: Schweſter Libuſſa / was wolte ſie dann mit unſer gnaͤdig - ſten Fuͤrſtin anfangen / wann ſie dieſen koͤſtlichen Raub erhalten haͤtte. Ey ja / antwortete jene; ſo faͤhet man die jungen Fuͤchſe; daß wuͤrde ich ſo uͤberlaut herſagen; raunete hier - auff der Fuͤrſtin etliche Wort ins Ohr / und ſagte hernach; Gnug von dieſem; aber wil eure Gn. mir auch verſprechen / daß ſie hernaͤhſt ihrer außbuͤndigen Schoͤnheit keine ver - achtung mehr zulegen wolle / die ich rühmen uñ vertaͤhtigẽ wil ſo lange ein warmer Bluts - tropffe in mir iſt / dann ich gebe mich vor ihrer Durchl. Ritter an. Einen ſolchen Ritter muͤſte ich nicht außſchlagen / antwortete die Fuͤrſtin; ihr muͤſt mich aber / Herr Ritter /c ijnicht20Fuͤnftes Buch. nicht zu viel ruͤhmen / noch mit unwarheit mich vertaͤhtigen. Mit unwarheit? ſagte Libuſ - ſa; ja wans die Noht erfoderte taͤhte ichs auſſer zweiffel / und redete auff einandermahl die Warheit gedoppelt. Gleich trat Herkules zum Zolte hinein / und ſchaͤmete ſich Libuſſa / dz in ſeiner Gegenwart ſie die Fürſtin auff der Schoß hielt; welche aber deßwegen nicht auf - ſtund / ſondern ehe ſie ihn zu Worten kommen ließ / ſagte ſie zu ihm: Mein trauten Schaz / jezt ſitze ich auff meiner Troͤſterinnen Schoſſe / die mir auff ſolche Weiſe manniche Traͤh - nen abgewiſchet / auch wol ein innigliches Lachen heraus getrieben hat. O der unnuͤtzen Troͤſterin / ſagte Libuſſa; Gott Lob und Dank / daß der Troͤſter ſelbſt zu gegen iſt. Herkules umbfing ſein liebſtes Gemahl / fragte wie ſie unter den Zelten zwiſchen ſo lieben und an - muhtigen Freundinnen geruhet haͤtte / und ſagte zu den beyden Frauen; Ihr habt mein liebſtes Engelchen treflich außgeputzet / gedenke / ihr ſeid geſonnen / ſie mir noch kuͤnftige Nacht zuzufuͤhren / es waͤhre dañ / daß meine Freundin Libuſſa zum Gobares wuͤrde. Hier - aus vernahmen ſie / daß er ihre Reden drauſſen angehoͤret hatte / woruͤber dieſe ſich ſchaͤme - te / daß ſie unter dem ganzen Angeſicht roht ward / wolte auch davon lauffen / wann nicht Euphroſyne ihr den Außgang verwaͤhret haͤtte; deſſen aber die Fuͤrſtin von Herzen lache - te / und zu ihr ſagte: Sihe da du Plaudermaz / da biſtu einmahl redlich angelauffen; doch / ungeachtet Gott Lob meine Ehr unverlezt blieben iſt / wolte ich dannoch ein dutzet Tonnen Goldes drumb geben / daß ein ſolcher Gobares / wie du biſt / mein Rauber geweſt waͤhre. Ein ſo angenehmer Gobares zu ſeyn / habe ich auch nur gewuͤnſchet / ſagte Libuſſa / hoffe demnach mein Gn. Fuͤrſt werde mir meine Unvernunft gnaͤdig verzeihen; ich erbiete mich aber / daß neben meiner Schweſter Euphroſynen / euer Gn. wir das allerſchoͤnſte Fraͤulein der Welt dieſen Abend zuführen wollen. Daß ſoltu wol laſſen / ſagte die Fuͤrſtin / oder ich wuͤrde mich an demſelben Fraͤulein heßlich vergreiffen. Gut gut antwortete ſie / iſts dann kein Fraͤulein / ſo ſols doch die allerſchoͤnſte Fuͤrſtin der ganzen Welt ſeyn; und hat ſchon dieſe Nacht mich nichts ſo ſehr geirret / als daß mein Gn. Fuͤrſt nicht hat ſollen meine ſtelle bekleiden. Daß ſageſtu ſonſt nirgends umb / antwortete die Fürſtin / als daß ich dich wiedeꝛ deinen Willen dieſe Nacht / von deinem Leches abgehaltẽ habe. Hat eure Gn. dieſen Weiſ - ſager-Geiſt zu Ekbatana / oder zu Charas empfangen? ſagte Libuſſa; weil ich aber mit mei - ner Schweſter Euphroſynen / wegen des Auffbruchs allerhand zubeſtellen habe / wollen ih - re Durchll. beyderſeits unſern Abtrit nicht verargen; womit ſie davon gingen. Herkules erkennete ihre Hoͤfligkeit / naͤherte ſich zu ſeinem Schaz / und baht inniglich / das ergange - ne aus dem Sinne zu ſchlagen / nachdem der boßhafte Menſch ſeine Straffe empfang en haͤtte. Sie verſprach ein ſolches zu tuhn / klagete doch mit Traͤhnẽ / wie der gottloſe Menſch ſeine ehebrecheriſche Augen an ihr geweidet / da er ſtets neben ihr hergeritten / und mit vie - len bewaͤglichen Worten ſie zu ſeiner Liebe bereden wollen / biß er endlich den Puſch / da die Saͤnfte ſtehen blieben / erreichet / und ſchon etlichen befohlen hatte / ſie loß zumachen / uñ ge - bunden hinter die Hecke zu tragen; aber Gottes Barmherzigkeit / ſagte ſie / kam mir dazu - mahl augenſcheinlich zu huͤlffe; dann es erhub ſich ein Geſchrey / es lieſſe ſich ein Krigs - Volk ſehen / von denen man nicht wuͤſte / ob ſie Freund oder Feind waͤhren. Ich ſahe dem Buben es eigen an / daß ihm das Gewiſſen geruͤhret ward / weil vor ſchrecken alle lebendige Farbe ihm unter dem Geſichte verging; Er ließ auch meine Saͤnfte alsbald rings umb -her21Fuͤnftes Buch. her zumachen / und eine ſtarke Schaar mich verwachen / da ich Zeit wehrender Schlacht mit tauſend aͤngſten beladen wahr / biß Herr Fabius bey mir anlangete / und meine bloͤſſe vernehmend / mich mit ſeinem Reit Rocke bedeckete / da ich von dem Frauenzimmer beklei - det ward. Herkules hoͤrete es mit naſſen Augẽ an / weil bey der Erzaͤhlung es ihr an Traͤh - nen auch nicht mangelte; troͤſtete ſie hernach mit den allerfreundlichſten Worten / uñ dan - keten ſie Gott ingeſamt herzlich vor dieſe milde und vaͤterliche Barmhertzigkeit / verſpra - chen auch einander / dieſes Ungluͤks nicht mehr zu gedenken / ſondern ergetzeten ſich ein Stuͤndichẽ durch ihr gewoͤhnliches Liebe-geſprãch / biß Euphroſyne wieder kam / uñ deꝛ an - deren Fuͤrſten Ankunft vermeldete; denen ſie entgegen traten / und Artaxerxes nach em - pfahung das Fraͤulein alſo anredete: Wann ein Fuͤrſt / ja auch ein geringer Betler einer Untaht beſchuldiget wird / iſt ihm erlaͤubet ſeine Zeugen zufuͤhren / welche / da es moͤglich iſt / ſeine Unſchuld darſtellen / und der Beklagte dadurch in ſeiner guten Sache nicht allein der Schuld / ſondern auch dem Verdacht entzogen werde; wo nicht; muß der Klaͤger ſeine Zeugen / oder andern Beweißtuhm beybringen / und den Beklageten der Untaht uͤberfüh - ren. Nun hat aber / Durchleuchtigſtes Fraͤulein / mein ſchaͤndlicher Verleumder in meineꝛ Anklage nur ſeine luͤgenhafte Zunge / und ungegruͤndeten Argwohn wieder mich darge - ſtellet / welche er nachgehends nicht allein ſelbſt zu Lügenern gemacht / ſondern auch uͤberdz noch verzeihung ſeines verbrechens gebehten / daher ich hoffe / nicht allein vor ihrem / ſondern auch vor meiner Herren Bruͤder Gerichte / von ſolcher Boßheit loßgeſprochen zu ſeyn. Sol ich aber uͤberdaß noch meiner Unſchuld Zeugen heran ruffen; ſo ſtelle ich vor erſt mein rein-lauteres Gewiſſen / welches / wann es von ihren Liebten ingeſamt ſo wol als von meinen inwendigen Augen koͤnte geſehen werden / wuͤrde ich allerdinge frey und loß ſeyn. Ich ruffe uͤberdaß eure Liebe ſelbſt zum Zeugen / durchleuchtigſtes Fraͤulein / uñ zwei - fele nicht / ſie werde in einer ſo heiligen Sache ſich nicht wegern / der goͤttlichen Warheit und himliſchen Gerechtigkeit zu fleur / daſſelbe anzuzeigen / was ihre Wiſſenſchaft erkeñet / und ihr Herz gedenket. Schließlich werden auch meine Herren Bruͤder ſich gutwillig vernehmen laſſen / ob ich ihnen einige Urſach gegeben habe / daſſelbe von mir zu muhtmaſ - ſen / deſſen der Buͤbiſche Verleumder mich bezichtiget hat. Die Fuͤrſtin wolte ſeiner ent - ſchuldigung laͤnger nicht zuhoͤren / die er mit ſehr ernſthaften Geberden vorbrachte / uñ gab ihm zur Antwort: Großmaͤchtiger Groß Fürſt; der Gott / dem nichts verborgen ſeyn kan / ſtehet an meiner Seite als ein unfehlbahrer Zeuge / daß wie eure Durchl. mir nicht die geringſte Urſach gegeben / dieſelbe in Verdacht zuzihen / alſo iſt mir auch ein ſolcher gedan - ke nicht ins Herz kommen / daß bey euer Durchl. ich mich deſſen zubefahren haͤtte; ſo ſtehe ich in gleicher Hoffnung mein Herr Bruder / und mein Herr Oheim Herkules / als mein verſprochener Braͤutigam / werden ihnen daſſelbe / meiner Zucht und ehrliebenden Wil - lens laſſen Beweißtuhms gnug ſeyn / daß der groſſe Koͤnig Artabanus weder durch Ge - ſchenk noch liebkoſen daſſelbe von mir hat koͤnnen erhalten / daß ich auch meine Hand von ihm haͤtte beruͤhren laſſen / nachdem ich einmahl von ihm abgeſondert wahr; zweifele dem - nach eure Durchl. gar nicht / dz dieſelbe nicht eben ſo unſchuldig von meinem Herrn Bru - der und Oheim ſolte gehalten werden / als von mir ſelbſt. Ladiſla ſagte mit wenigen: Wañ er wiſſen ſolte / daß ſeine Liebe der Groß Fuͤrſt ihn des Verdachts nicht erlaſſen koͤnte / obc iijſolte22Fuͤnftes Buch,ſolte er dem verraͤhteriſchen Buben mehr glaͤuben / als ſeinem bloſſen Nein / wuͤrde er in ſeiner Geſelſchaft ſich nimmermehr froͤlich koͤnnen finden laſſen. Herkules ſtellete ſich da - bey amtraurigſten / und zeigete an; er hielte bey dieſer ungluͤklichen Begebnis dieſes vor das ungluͤklichſte / daß er ſolte in Verdacht gezogen werden / als zweifelte er an ihrer beydeꝛ Zucht und ehrliebenden Gemuͤhtern; und beſchloßhiemit: Es waͤhre alle Gedaͤchnis die - ſes Erzboͤſewichts ganz uͤberfluͤſſig / welcher nirgend beſſer / als in dz Buch der Vergeſſen - heit eingeſchrieben wuͤrde; mahnete ſie ingeſamt zum Auffbruche auff / und zogen in ſchoͤ - ner Ordnung fort / da das Fraͤulein ſich mit ihrem Frauenzimmer in eine groſſe Gutſche ſetzete / und allerhand unterredung pflogen. Der elende Orſillos ſahe jezt / was vor einen groſſen Herrn er an Kleon ehmahls zum Leibeigenen gehabt / und wahr ihm ſein Verbre - chen gegen denſelben ſehr leid / welches zuerweiſen / er zu ihm ging / und untertaͤhnigſt an - meldete / daß er die vier Raͤuber / ſo ihn anfangs verkauft / unter den Suſianiſchen Voͤl - kern geſehen / denen er ihre Straffe wol goͤnnen moͤchte / weil ſie leider ſeine Gnaden in ihr ehmahliges / und ihn ſelbſt in diß gegenwaͤrtige Elend geſtuͤrtzet haͤtten. Fabius zeigete es Ladiſla an / uñ wie unbarmherzig ſie mit ihm verfahren / deßwegen ſie alsbald vorgefodert / uͤberzeuget / und nach erſchreklicher pruͤgelung / welche Orſillos verrichten muſte / an Baͤu - me auffgeknuͤpft wurden.

So bald die Fuͤrſtliche Geſelſchaft zu Perſepolis anlangete / gingen ſie hin / Arbianes und Pharnabazus in ihrer Schwacheit zubeſuchen / uñ erfreueten ſich dieſe wegen Fabius Ankunft. Nun wolte Artaxerxes ſeine Dankbarkeit unſern Helden gerne in der Taht ſehen laſſen / und erklaͤrete Frl. Valiſken zu einer Fuͤrſtin des ganzen Landes Suſiana / welches ſie erblich beſitzen / und ihrem kuͤnftigen Gemahl als ein Heiraht Gut zubringen ſolte. Und zwar hiedurch ſuchte er Heꝛkules in dieſen Landſchaften zubehalten / nicht zweifelnd / er wuͤꝛ - de durch ſeine gluͤklichen Anſchlaͤge des Parthen Macht und Hochmuht bald brechen / uñ die Perſiſche Freiheit befeſtigen. Valiſka bedankete ſich ſehr der gar zu groſſen Koͤnigli - chen Schenkung / welche von ihr ja nicht verdienet / ſie auch weder zuerſetzen noch zubeant - worten wuͤſte / und deßwegen einen kurzen Abtrit mit ihrem Braͤutigam uñ Bruder nam / denen ſie dieſen Vorſchlag taht; weil ihr wol bewuſt / daß ihr Liebſter nicht willens waͤh - re / in dieſen Laͤndern ſeinen Siz auffzurichten / und aber nach ihrem Abzuge des Fuͤrſten - tuhms Suſiana Einkünfte ſie ſchwerlich heben wuͤrden / als waͤhre ihre Meynung / es H. Pharnabazus auff dieſe Weiſe zuzuwenden / daß ers mit Frl. Barſenen als eine Heimſteuꝛ empfinge; alſo koͤnte ſie nicht allein dieſes Herrn Traͤue / ſondern auch dieſer Fraͤulein Liebe / welche ſie ihr als ehmahligem Herkuliſkus angebohten / auff einmahl vergelten. Dieſer Vorſchlag gefiel ihnen ſehr wol / gingen wieder ins Gemach / und gab ſie dem Groß Fuͤrſtẽ dieſe Antwort: Durchl. Groß Fürſt / die mehr als Koͤnigliche Schenkung / aus welcher ihrer Liebe hohe Zuneigung gegen mich und die meinen Sonnenklar erhellet / nehme ich mit gebuͤhrlicher Dankbarkeit an; befinde mich auch neben meinen Herrn Bruder und Oheim / ihrer Liebe davor hoch verbunden; demnach wir aber nicht willens ſind / in dieſen Laͤndern zuwohnen / ſondern groſſes Verlangen tragen / nach unſern Eltern und Vater - lande; als bitte ich demuͤhtig / ihre Durchl. wolle ihr meinen Vorſchlag gn. gefallen laſſen / daß ich dem wolgebohrnen und mit allen Tugenden außgezierten Fraͤulein Barſenen die -ſes23Fuͤnftes Buch. ſes Fürſtentuhm erblich aufftrage / mit dem bedinge daß ſie es Herrn Pharnabazus als ein Heiraht Gut und wirdige Außſteurzubringen moͤge / da ſonſt derſelbe zu dieſem Fraͤu - lein liebe tragen kan / welches ich gerne ſehen moͤchte. Artaxerxes haͤtte nim̃ermehr gemei - net / daß Herkules und Valiſka ſich der Beſitzung dieſes treflichen Fuͤrſtentuhms entſchla - gen wuͤrden; und gab zur Antwort: Trefliches Fraͤulein / ich merke wol / daß mein weiteres noͤhtigen vergeblich ſeyn / auch dadurch meines geliebten Oheims gedoppeltes Gluͤk ver - hindert wuͤrde; laſſe mir deßwegen ſolches gefallen / und zweifele nicht / mein Oheim wer - de ſolches wirklich zuerkeñen gefliſſen ſeyn / auch dieſes wirdige Fraͤulein mit ſolcher Fuͤrſt - lichen Außſteur nicht außſchlagen. Pharnabazus wuſte nicht / was er vor freuden antwor - ten ſolte / richtete ſich im Bette auff / und mit gebogenem Haͤupte bedankete er ſich unter - taͤhnig / nahm auch den Vorſchlag an / doch mit dem bedinge / dafern Frl. Valiſka zur an - zeige eines dankbahren Gemuͤhtes dreiſſig Tonnen Schaz / und jaͤhrlich / ſo lange ſie und Groß Fuͤrſt Herkules lebeten / drey Tonnen Goldes von ihm annehmen / auch beyderſeits den Nahmen eines Fuͤrſten und Fuͤrſtin zu Suſa fuͤhren wolten. Hieran handelt mein O - heim Fuͤrſtlich / ſagte Artaxerxes / hoffe auch / das Durchl. Fraͤulein werde auff meine vor - bitte ſich nicht wegern / dieſes einzuwilligen. Sie wolte ſolches nicht beantwoꝛten / ſondeꝛn baht Herkules / ihre Stelle zuvertreten; welcher alſo anfing: Durchl. Groß Fuͤrſt; es iſt das angebohtene gar zu viel; maſſen auff ſolche Weiſe dieſes Fuͤrſtentuhm nicht verſchen - ket / ſonder teur verkauft iſt; weil ich aber Herꝛn Pharnabazus Willen fehe / welchem zu wie - derſprechen ich nur vergebliche Mühe anwenden wuͤrde / inſonderheit / da eure Liebe es ſelbſt rühmet / nehme ich ſolches im Nahmen meiner verſprochenen Fraͤulein an / wuͤnſche euch / Durchleuchtiger Fuͤrſt / Herr Pharnabazus / zu dieſer Fuͤrſtlichen Hocheit / und zu deꝛ wolwuͤrdigen Fraͤulein Braut / Glük und Gottes Segen / wie eure Tugend und Mañheit es wol verdienet / und wird nichts mehr uͤbrig ſeyn / als daß die ſchnelleſte Botſchaft an H. Mazeus und bevorab an Groß Fürſt Phraortes abgefertiget werde / damit ungemeldet unſers vorhabens ſie eiligſt heruͤber kommen / und dieſes Beylager Feſt / mit meinem zu - gleich moͤge gehalten werden / wie ich dann nicht zweifele / es werden die Verwundeten al - lerſeits gegen die Zeit geneſen. Stuͤndlich ward dieſes ins Werk gerichtet / und auff dem - ſelben Gemache Mahlzeit gehalten / da die Fuͤrſtin erzaͤhlete wie es mit ihrer entführung eigentlich ergangen waͤhre; nehmlich / es haͤtte Gobares des dritten Tages nach unſer Helden abzug gegen den Feind / ein mit lauter liebes Waaren angefuͤlletes Schreiben / an ſie abgeſchicket / welches nach verleſung ſie ihm zu ruͤcke geſand / und durch ihre Jungfer A - meſtris anmelden laſſen / dafern er dergleichen anſuchen ſich nicht enthalten wuͤrde / wolte ſie ſeiner Unkeuſcheit mit blutiger Rache zubegegnen wiſſen; ob er ſchon vergeſſen haͤtte was geſtalt ſie ihn bey dem Tanze abgewieſen? er / noch kein ander Menſch ſolte ſie bereden / ihre teur verſprochene Traͤue zu faͤlſchen; ſaͤhe auch ihn Gobares / viel zu unwirdig ihrer Liebe an. Hierauff haͤtte er ſich außdrüklich vernehmen laſſen / er wolte deſſen hinfort aller - dinge müſſig gehen / ſie moͤchte nur ſein Anſuchen / Ungluͤk zuvermeiden / niemand offen - bahren. Des Abends vor ihrer naͤchtlichen entfuͤhrung waͤhre ſein Schmarotzer Bagoas zu ihr kommen / und angehalten ihm ihre Leibdienerin Apame ehelich abfolgen zulaſſen / weil vor vier Monaten ſchon er ſich mit ihr verſprochen; welches ſie ihm nicht abſchlagenwol -24Fuͤnftes Buch. wollen / ſondern biß auff Groß Fuͤrſt Artaxerxes Wiederkunft außgeſetzet; womit ſie auch beyderſeits friedlich geweſen. Ich ließ aber / fuhr ſie fort / mein Gemach des Nachtes in - wendig feſt verriegeln / und muſte dieſe loſe Haut es ja dißmahl in aller ſtille geoͤffnet haben; dann umb Mitternacht traten ſechs gewapnete mit brennenden Fackeln hinein / deren ge - raͤuſche mich bald erweckete / und mag wol ſagen / daß zeit meines Lebens ich niemahls hoͤ - her erſchrecket bin. Dann ſie hielten die Schwerter in den Faͤuſten / und draͤueten uns al - len den Tod / da wir einiges Geſchrey machen wuͤrden; wiewol meine Kleofis / wie auch Ameſtris und Andia ſich wenig dran kehreten / und ſich ihrer Kehle weidlich gebraucheten / biß ihnen die Zunge mit einem Knebel gehemmet ward / welches mir gleichmaͤſſig geſcha - he / und wurden wir an Haͤnden und Fuͤſſen zuſammen gebunden / und in die verordente Saͤnften getragen; doch ließ Gobares ſich nicht bey mir finden / biß wir ſchon einen zim - lichen Weg fortgetragen wahren / und die lichte Sonne auffging / da kam er herzugeritten an meine Saͤnfte / und baht hoͤchlich umb verzeihung wegen angelegter Gewaltaͤhtigkeit / wozu ihn nichts als die uͤbermaͤſſige Liebe gezwungen; hoffete / ich würde ſein ergebenes Herz erkennen / und ihn zum Liebeſten willig auff und annehmen / weil es ja durchaus nicht anders ſeyn koͤnte. Es iſt ein dumkuͤhnes Stük von einem verzageten Menſchen / ſagete Artaxerxes / und hat der Unflat vor unkeuſchen Begierden[nicht] abſehen koͤnnen / wie es ab - lauffen wuͤrde.

Leches und Libuſſa lieſſen ſich anmelden / ſie haͤtten etliche Schreiben einzureichen / wurden auch alsbald vorgelaſſen / und uͤbergab Leches vorerſt H. Ladiſla ſeiner Fr. Mut - ter / Schwaͤhers / und Gemahls Briefe; hernach H. Herkules von ſeiner Fr. Mutter / auch von der Koͤnigin in Boͤhmen / von H. Fabius dem Stathalter zu Padua / und von Fr. Sophien. Endlich Herrn Fabius von ſeiner Fr. Urſulen; welche alle miteinander begierig gebrochen und froͤlich geleſen wurden / da Ladiſla und Fabius wegen ihrer jungen Herrlein; Herkules und Valiſka wegen der Eltern freude uͤber ihrer Heyraht bericht em - pfingen / uñ ſich daran herzlich ergetzeten. Libuſſa wolte ihre empfangene Brieffe von Frl. Klaren an Herkules und Frl. Valiſken auch einliefern / und zugleich das uͤberſchikte Haa - ren Armband / welches Herkules alsbald umb den linken Arm legte / demnach er das von ſeinem Fraͤulein zu Padua empfangene am rechten trug. Nach dieſem taht Herkules we - gen der erhaltenen Schlacht wieder Vologeſes volligen bericht / und ließ Artaxerxes die 15 Tonnen Goldes eroberter Beute einreichen / welche er aber durchaus nicht annehmen wolte / ſondern unſern Helden wieder zuſtellete / einwendend / er wuͤrde gar zum undankbah - ren / wann er ihnen daß mit ihrem Blute erſtrittene abnehmen ſolte. Der gefangene Su - fianer Mithrazenes ward neben Bagoas und der Verraͤhterin Apame vor Gericht ge - ſtellet / und nachdem ſie ihre Boßheit geſtunden / anfangs erſchreklich gegeiſſelt / uñ hernach an Kreuze geheftet. Sonſten ward Herkules Hochzeit Feſt ganz Koͤniglich / und alles nach Artaxerxes Willen angeordnet / da inzwiſchen der betruͤbte und verliebte Artabanus we - gen des entflogenen Taͤubeleins ſich zu hermen nicht auffhoͤren kunte / uñ vermehrete ihm der außgeriſſene Vologeſes ſeinen Kummer umb ein groſſes / als derſelbe des Tages vor ſeiner ankunft ihm ſeine Niederlage durch einen Reuter zu wiſſen taht / gleich als Bago - phanes bey ihm ſaß / und die trefliche Schoͤnheit der Fraͤulein ihm oft wiederhohlen muſte. Er25Fuͤnftes Buch. Er fuͤhrete ſonſt gar ein einſames Leben / und durfte faſt niemand als dieſer Fuchsſchwaͤn - zer vor ihn kommen / weil er durch Schmeichelreden ihm noch allemahl Hoffnung zur wie - dererlangung machete. Nun ging ihm gleichwol dieſe Niederlage ſehr zu Herzen / inſon - derheit / da Vologeſes des folgenden Tages ſelbſt vor ihn trat / allen Verlauff umbſtaͤndlich erzaͤhlete / und Herkules Tapfferkeit / nebeſt auffweiſung ſeiner ſchriftlichen hoͤflichen Auß - foderung dermaſſen ruͤhmete / daß er ungeſcheuhet bekennete / er allein waͤhre des Perſen Schuz; und wo einiger Menſch der Parthiſchen Macht eintrag oder abbruch tuhn koͤn - te / waͤhre es niemand als dieſer unvergleichliche Held / welchen er mehr als 200000 Per - ſen fürchtete. An meinen dreyen Dienern ſagte er: Ließ er mir auff dieſem Schloſſe ſehen wie er fechten koͤnte; In dieſer Schlacht hat er ſolch Wunder getrieben mit ſeiner Fauſt / ob wolte er mein ganzes Heer allein nidermachen. O wie übel haben wir gehandelt / dz wir ihn und ſeinen ihm faſt gleichen Geſellen mit ſo hoher beſchimpfung der angedraͤuetẽ Ruh - ten zur Rache gereitzet / welche von den Feinden an unſere Seite zuzihen ich weder Mühe noch Koſten ſparen wolte; dann ihre Huͤlffe ſolte unſer Gluͤk und des Perſen gewiſſer Fal ſeyn. Ich halte ſie faſt nicht vor bloſſe Menſchen / und ſind ſie es / ſo ſind ſie die allervolkom - menſten. Ihre Schwerter erſchrecken ihre Feinde / und machen ihre unerfahrne Kriegs - leute muhtig. Ihre Anſchlaͤge dringen durch / deren man ſich verwundern muß / und ihre Freundligkeit ſtihlet Freunden und Feinden das Herz ab. Ihr Parthiſchen Schuzgoͤt - ter / befeſtiget unſers Koͤniges Artabanus Stuel / und vereiniget ſeine Hocheit mit dieſen beyden fremden; oder da ſolches nicht geſchehen kan / ſo erwecket ihnen in ihren Laͤndern ſo viel Feinde / daß ſie unſer vergeſſen / und Perſen verlaſſen moͤgen; ſolte aber auch dieſes den Goͤttern nicht gefallen / muͤſſen wir trauen hernaͤhſt mit keinem fliegenden Heer mehr angeſtochen kommen / ſondern die aller groͤſſeſte Macht zuſammen zihen / und in guter Vor - ſichtigkeit ohn unzeitigen Eifer oder Feindes-verachtung / die Haͤuptſchlacht wagen / da dañ ihre Hocheit ſelbſt durch ihre Gegenwart dem Heer einen Muht einblaſen / und ſich der an - genommenen Schwermühtigkeit entſchlagen werden / auff daß des Reichs algemeine wol - fahrt hiedurch nicht verabſeumet / oder wol gar in unwiederbringliches Verderben geſtuͤr - zet werde; dann die Feinde muͤſſen ſo ſchlecht nicht beſponnen ſeyn / maſſen mir heut ein ſchnelreitender Bohte bericht getahn / dz der ungetraͤue Mede Phraortes allein mit 50000 Mann in vollem anzuge nach Perſen begriffen ſey / deſſen einiger Sohn Arbianes ſich bey neulicher Schlacht finden laſſen / und die beſten Voͤlker gefuͤhret. Eile aber wil uns noͤh - tig ſeyn / ſonſt moͤchten die Roͤmer wol gar ſich mit hinein flechten / die vielleicht mit den fremden Herren in verbuͤndnis ſtehen. Dieſes allergnaͤdigſter Koͤnig / iſt mein Raht in un - terſchiedlichen Vorſchlaͤgen / welche allerſeits koͤnnen verſucht / und inzwiſchen die ganze Macht zuſammen gefuͤhret werden; ich verpflichte mich / mein Leib und Leben geringe zu - achten / nur dz ihreꝛ Hocheit ich angenehme Dienſte erzeigẽ / uñ den empfangenẽ Schimpf / welchen weder aus unvorſichtigkeit noch Frevel ich einnehmen muͤſſen / raͤchen moͤge. Ar - tabanus wuſte wol / daß er dieſes Mannes gleichen in ſeinem Koͤnigreiche nicht hatte; ſeine Traͤue und feſtes Herz wahr ihm bekant / und wie mannichen herlichen Sieg er ohn ſonder - lichen Verluſt von den Reichsfeinden erhalten; wunderte ſich demnach ſehr / daß er diß - mahl eine ſo ſchaͤndliche Niederlage erlitten hatte / uñ ſetzete ihm vor / alle Macht anzuwen -dden /26Fuͤnftes Buch. den / daß in kurzer Zeit ganz Perſenland mit ſeinem Kriegs Heer uͤberſchwemmet wuͤrde. Es kam ihm zu gutem Gluͤk / daß die Skythen ſich ſelbſt anerbohten hatten gegen erlegung acht Tonnen Goldes / ihm mit 80000 Mann zuzuzihen / welches er willig annam / und die Gelder alsbald uͤbermachte; jedoch wolte er den gegebenen Raht nicht aus der Acht laſ - ſen / ob er / wo moͤglich / nicht allein unſere Helden auff ſeine Seite bringen / ſondern zugleich auch ſein eingebildetes hoͤchſtes Gut durch eben diß mittel uͤberkommen koͤnte, ſchikte dem - nach einen anſehnlichen Parthiſchen Herrn / nahmens Syſimithres mit 500 Reutern ab / dem er drey unterſchiedliche Schreiben zuſtellete / eines an Herkules und Ladiſla zugleich / das andere an das Fraͤulein; das dritte an Herkules abſonderlich / im falle das erſte wol angenommen würde. Hiebey wurden dem Fraͤulein alle ihre hinterlaſſene Kleider und Kleinot / und dabey noch ein neues / ſo auff zwo Tonnen Schaz außtrug / zugeſchicket. Nicht deſtoweniger fuͤhrete man die Voͤlker fleiſſig zuſammen und uͤbete ſie taͤglich in den Waf - fen / wobey Vologeſes und Madates ſich weidlich gebraucheten; dann dieſer inſonderheit hoffete ſeinen Schimpf wieder einzubringen.

Des neunden Tages nach Frl. Valiſken Erloͤſung uͤberfielen Euphroſynen die Ge - burts wehe / und bald hernach Fr. Agathen; da jene einer Tochter; dieſe zween Zwillings - Soͤhne genaß / wurdẽ auch nach kurzer Zeit durch die H. Tauffe der Kirchẽ Gottes einver - leibet / da die Tochter Valiſka / die Soͤhne / Herkules und Ladiſla genennet wurden. Nach Euphroſynen entbindung zween Tage / kam Phraortes mit einem ſchoͤnen Kriegs Heer zu Perſepolis an. Mazeus fuͤhrete die Reuterey 30000 ſtark; das Fußvolk 20000 Phraor - tes Bruder-Sohn / Herr Artobarzanes / der ſein Gemahl / die ſchoͤne Atoſſa bey ſich hatte; und weil Arbianes der Fraͤulein ankunft von Charas ſchon hinuͤber entbohten / kam Groß - Fuͤrſtin Saptina mit Fr. Roxanen und Frl. Barſenen mit heruͤber / daß ſie ihr eine Zeit - lang Geſelſchaft leiſten moͤchten. Sie wurden von den unſern wol empfangen / und ſchaͤ - meten ſich faſt / daß ſie der Fraͤulein Verſtellung nicht haͤtten merken moͤgen; inſonderheit uͤberging Frl. Barſenen eine heftige Schamroͤhte / da ſie von der Fuͤrſtin empfangen ward / und ihr die Liebes-anmuhtungen / welche ſie vor dieſem merken laſſen / ins Gedaͤchtnis kah - men. Sie beſucheten den verwundeten Pharnabazus und Arbianes / die ſich ſchon zimlich erhohlet hatten / und in ihren Schlaf Roͤcken ſitzen kunten / und wolte die Fuͤrſtin mit ihrer Heyrahtſache nicht lange zuruͤk halten / daher ſie zu Frau Roxanen alſo anfing: Geliebte Freundin / ich habe mich fleiſſig bemühet / wie ich die groſſe Freundſchaft / mir von euch uñ euer Frl. Schweſter / meiner auch geliebten Freundin erzeiget / in etwas erſetzen moͤge / da dann dieſes gute Gluͤk / wie ich gaͤnzlich meine / mir zugeſtoſſen / daß ich Gelegenheit bekom - men / jezt wolgedachte Fraͤulein dem Durchleuchtigen Fuͤrſten zu Suſa ehelich zuverſpre - chen / nachdem ſolches dem Großmaͤchtigen Groß Fuͤrſten H. Artaxerxes wolgefallen / uñ mein geliebter H. Bruder und H. Oheim es vor ſehr gut befunden; zweifele demnach nit / ſie ihres Orts werden gerne darein gehelen / und ihnen ſolche gewuͤnſchte Heyraht laſſen angenehm ſeyn. Fr. Roxane uñ ihre Frl. Schweſter erroͤhteten wegen dieſes unvermuht - lichen vorbringens / als davor ſie heftig erſchraken / wie nicht weniger Groß Fuͤrſtin Sap - tina ſelbſt / als welche die Heyraht ihres Bruders ſchon mit ihr abgeredet und geſchloſſen hatte; begehreten daher einen kurzen Abtrit / welcher ihnen gerne gegoͤnnet wahr / und Zeitihres27Fuͤnftes Buch. ihres abweſens die Fuͤrſtin zu den Anweſenden ſagete: Ich werde dieſen meinen geliebten Freundinnen wunderliche Gedanken gemacht haben / weil ich ihnen den jetzigen Fuͤrſten von Suſa nicht genennet; wie dann in Warheit geſchahe / maſſen dieſe drey ſich keines Schluſſes zuerklaͤren wuſten. Zwar das Fuͤrſtentuhm Suſiana wahr ihnen angenehm / aber Gobares / welchen ſie vor einen Witwer hielten / gar zuverhaſſet / und wahr das Fraͤu - lein nicht bedacht denſelben vor Pharnabazus zuwaͤhlen; beſchloſſen demnach / bey der Fuͤr - ſtin anzuhalten / daß ſie von ſolchem Vorhaben abſtehen moͤchte; gingen zu ihr hinein / und fing Fr. Roxane alſo an: Durchleuchtigſtes Fraͤulein / daß eure Durchl. ihr gnaͤdigſt wol - len gefallen laſſen / vor meiner Frl. Schweſter Wolfahrt zu ſorgen / unter dem gn. Vorſaz / ſie gar in den Fuͤrſtenſtand zuerheben / davor bedanken wir uns untertaͤhnigſt; weil aber meine Frl. Schweſter ſich nicht kan bereden laſſen / eine ſo ungleiche Heyraht einzugehen / da ſie ohnzweifel von demſelben Fuͤrſten ſchier heut oder Morgen zu unwert ſeines Ehebet - tes moͤchte geſchaͤtzet / und nach kurzer Zeit wol gar verſtoſſen werden / inſonderheit / wañ eu - re Durchl. dieſe Laͤnder bald verlaſſen ſolte; ſo iſt unſere untertaͤhnigſte Bitte / uns dieſer Heyraht gnaͤdigſt zuerlaſſen / uñ dieſen Fuͤrſten einer Standesmaͤſſigen wirdigeren Braut zuzuführẽ; zumahl daß meine gnaͤdigſte Groß Fuͤrſtin meiner Frl. Schweſter wol ſchon einen andern Gemahl moͤchte auserſehen haben. Herzgeliebete Freundinnen / antwortete die Fuͤrſtin / ich haͤtte nimmermehr gedacht / daß ſie mir dieſes mein ſo wolgemeintes An - ſuchen würden ſo kurz vor der Fauſt abgeſchlagen haben / welches doch meines ermaͤſſens nicht zu endern ſtehet / ich mich auch deſſen verpflichten wil / daß meine hoͤchſtwerte Eltern / Groß Fuͤrſt Phraortes und deſſen Gemahl in dieſen meinen Vortrag noch wol gehehlen werden; hoffe alſo / von ihnen eine genehmere Erklaͤrung zu hoͤren / uñ wollen ſie beyde ſich kuͤrzlich bereden / und ihre endliche Meynung mich wiſſen laſſen / wornach ich mich alsdañ gerne richten und ſchicken wil / muß euch doch eine Geheimnis offenbahren / was geſtalt der Fuͤrſt zu Suſa und mein Freund Pharnabazus nunmehr in ſolchem Bunde ſtehen / das dieſes ſein Gemahl jenem / uñ jenes ſeine / hinwiederumb dieſem gemein ſeyn ſolle. Die bey - de Schweſtern aͤngſteten ſich dergeſtalt / daß ihnen der Schweiß außbrach / traten ab / und wahr ihnen die lezte Zeitung ſo unangenehm / daß ſie ſo wol Pharnabazus als den Suſia - ner anfeindeten; endlich machten ſie den Schluß / daß das Fraͤulein durch einen Fußfal / umb die Ehe auffzuruffen / anhalten ſolte; welche darzu fertig wahr und mit traͤnenden Au - gen ſich vor der Fuͤrſtin in die Knie niderſetzete / willens nicht auffzuſtehen / biß ſie gnaͤdige Antwort erlanget haͤtte. Aber die Fuͤrſtin ſprang geſchwinde auff / richtete ſie kuͤſſend in die hoͤhe / und ſagte: Herzen Freundin als Schweſter / beſchimpfet mich nicht mit dieſem Voꝛ - nehmen / und bringet mir euren endlichen Willen ſtehend vor. Ja / nach meiner gnaͤdigſten Fraͤulein Befehl / antwortete ſie / und fuhr alſo fort: Nach dem ich das feſte Vertrauen zu euer Durchl. gefaſſet habe / dieſelbe werde mir keine andere Gnade wiederfahren laſſen / als welche meinem Herzen angenehm / und ich aber meine Seele deſſen durchaus nicht zubere - den weiß / daß ich dem Fuͤrſten zu Suſa mich ehelich ergeben ſolte / vielweniger mich miß - brauchen zulaſſen willens bin / als bitte ihre Durchl. ich untertaͤhnigſt / dieſelbe wolle mich dieſer Unangenehmen gnaͤdigſt erlaſſen. Ey meine allerliebſte Freundin / ſagte die Fuͤrſtin / ich kan in dieſe eure Bitte durchaus nicht willigen / ſondern mein Wille und Vorſchlagd ijmuß28Fuͤnftes Buch. muß richtig erfuͤllet werden / inſonderheit weil der Durchl. Fuͤrſt von Suſa ſich hierin gaͤnzlich ergeben / ja durch euch ein Fürſt zu Suſa werden ſol. Aber kennet ihr auch / herzen Freundin / kennet ihr auch denſelben Fuͤrſten recht / welchen ich durch euch zum Fürſten in Suſa zu machen bedacht bin? oder gedenket ihr / ich werde euch den gottloſen ehrvergeſſe - nen Schelm / Boͤſewicht und Verraͤhter Gobares zufreien / welcher vor weniger Zeit an mir zum Raͤuber worden / und durch rechtmaͤſſige Urtel des Großmaͤchtigen Groß Fuͤr - ſten enthaͤuptet iſt? Ey habt doch nit ſolche ungenehme Gedanken von mir; ſehet jezt hoch - gedachter Groß Fuͤrſt hat mir das ganze Fuͤrſtentuhm Suſiana erblich geſchenket / uñ daſ - ſelbe ſol euch / Durchleuchtiges Fraͤulein / anjetzo von mir hinwiederumb geſchenket / auch ihr kraft dieſes zu einer herſchenden Fuͤrſtin zu Suſa erklaͤret ſeyn / doch mit dieſem bedinge / daß ihr ſolches dem Braͤutigamb / welchen ich euer Liebe zugedacht / als eine wirdige Heim - ſteur zubringet / uñ ihn dadurch zum Fuͤrſten uͤber Suſiana machet; dieſer aber iſt der ſchon darzu erwaͤhlte und erklaͤrete Durchleuchtige Fuͤrſt / Herr Pharnabazus / alhie gegenwaͤr - tig. So erklaͤre ſich nun euꝛe Liebe / ob ſie ſich eines andern bedenken koͤnne / und nehme mit ihrer Fr. Schweſter zur beredung einen kurzen Abtrit; ich halte gaͤnzlich davor / meine herz - geliebete Eltern / Groß Fürſt Phraortes und die Groß Fuͤrſtin Fr. Saptina / werden ihnen ſolches wol koͤñen gefallen laſſen. Da wahr nun lauter verwunderung und freude bey den Unwiſſenden. Phraortes fragete / ob ſichs dann mit Gobares alſo verhielte / und was vor ein ſchaͤndlich Bubenſtuͤk er begangen haͤtte. Welches die Fuͤrſtin mit wenigen beantwor - tete: Es verhielte ſich alſo / und wuͤrde alles zu ſeiner Zeit weitlaͤuftiger erzaͤhlet werden / nur moͤchte die Groß Fuͤrſtin ſich mit Fr. Roxanen und dem Fraͤulein gnaͤdigſt bereden / ob dieſe Heyraht / wie ſie gar nicht zweifelte / koͤnte gefaͤllig ſeyn. Aber Fr. Roxane fing alſo an: Durchleuchtigſtes Fraͤulein / es bedarfs meines eꝛachtens nicht / meine gnaͤdigſte Groß - Fuͤrſtin zu fragen / ob ſie ihren allerliebſten Herr Bruder gerne zu Fuͤrſtlicher H[o]cheit be - fodert ſehe; aber wie ſollen ich und mein Frl. Schweſter doch in ewigkeit dieſe übermaͤſſi - ge Gnade erſetzen / welche unſere Erkaͤntnis uͤberwieget? geſtaltſam eure Durchl. uns viel ein groͤſſeres leiſtet / als wir von allen Goͤttern nim̃ermehr haͤtten duͤrffen bitten. Wir un - tergeben uns allerdinge euer Durchl. und unſer gnaͤdigſten Groß Fuͤrſtin gehorſam / alles nach gnaͤdigſtem gefallen zuordnen und zu ſchlieſſen / deren untertaͤhnigſte Dieneriñen wir Zeit unſers Lebens verbleiben wollen. Es darff ſolcher nidertraͤchtigen erbietungen nicht bey vertraueten freunden / ſagte die Fuͤrſtin; Nur erklaͤret euch mein Fraͤulein Barſene / ob mit eurer Fr. Schweſter einwilligen / ihr auch friedlich ſeid. Gnaͤdigſtes Fraͤulein / ant - wortete ſie / mir iſt unmoͤglich / euer Durchl. vor Scham ein anders zu antworten / als daß ihrer Durchl. gehorſamſte Dienerin ich zu leben und ſterben begehre; uñ ob mir zwar die - ſe Heyraht billich angenehm iſt und ſeyn muß / worden mir doch die Goͤtter Zeugnis geben / daß wañ ich meines künftigẽ Leben-Standes freie Wahl haͤtte / ich lieber bey ihrer Durchl. ſtaͤte Kammerdienerin / als ohn deren Geſelſchaft eine maͤchtige Fürſtin zu ſeyn begehre. Und weil bey ſolcher Rede ihr die Traͤhnen hervordrungen / erkennete daher die Fuͤrſtin ihre heftige Liebe gegen ſie; umbſing ſie deßwegen mit beyden Armen / kuͤſſete ſie auff die Stirn / Mund und Wangen / und ſagte: Verſichert euch mein trauten Schweſterchen / daß ich euch unter meine allerliebſten und beſten Freundiñen geſezt habe / achte daher dieſesihr29Fuͤnftes Buch. ihr auffgetragenes Fürſten tuhm viel geringer / als daß ich eure Gewogenheit ſolte mey - nen dadurch erſetzet zu habẽ. Ob wir dañ gleich nit moͤchten ſtets beyeinandeꝛ leben koͤñen / ſollen unſere Herzen doch untrenlich beyſammen bleiben. Darauff fuͤhrete ſie dieſelbe vor Pharnabazus Bette / und mit gegebenen Ringen beſtaͤtigte ſie dieſe Ehe / da Phraortes und andere gegenwaͤrtige der Fuͤrſtin vor ſolches geſchenkte Fuͤrſtentuhm ſehr danketen / und den Verlobeten Gluͤk und Heyl wuͤnſcheten. Ladiſla ſetzete das gedoppelte Hochzeitfeſt auff den ſiebenden nach dieſem Tage an / weil die Aerzte den Verwundeten auff ſolche Zeit voͤllige Geſundheit verſprachen; und ob gleich Fr. Roxane ihre Entſchuldigung einwen - dete / ſie wuͤrde mit gebuͤhrlicher Kleidung ſo bald nicht fertig werden / mochte es doch nit helffen / weil Frl. Valiſka mit zuſtimmete / ſie wolte dem Parthiſchen Wuͤterich nicht laͤn - ger zugefallen warten / damit ſeine annoch übrige Hoffnung er moͤchte ſinken laſſen / und ſich ihrer Liebe begeben; ſo koͤnten die noͤhtigſten Kleider nochwol verfertiget werden; und wer weiß / ſagte ſie / woher uns noch Kleider von Gott beſcheret werden / welcher uns un - ſere Braͤutigam zugefuͤhret hat. Bey der Mahlzeit ward Gobares Boßheit erzaͤhlet / nach - gehends fragte die Fuͤrſtin Herrn Mazeus / ob ſein alter Kriegsknecht Boges / und ſein Schuͤtze Batis noch im leben waͤhren / moͤchte ſie dieſelben gerne ſprechen. Fr. Roxane gab zur Antwort; der Schuͤtze haͤtte gar untertaͤhnig bey ihr umb eine Vorbitte bey ihreꝛ Durchl. angehalten / das ihm ſein Verbrechen gnaͤdigſt moͤchte vergeben werden / wie dann Groß Fuͤrſt Herkules deſſen gnaͤdigſte Verheiſſung getahn haͤtte. Warumb aber der alte Boges ſo inſtaͤndig umb die mitreiſe nach Perſepolis angeſuchet / koͤnte ſie nicht wiſſen weil ſie nicht gedacht / daß ihre Durchl. des unachtſamen Menſchen einige Kund - ſchaft gehabt haͤtte / und koͤnten dieſelben wol ſtuͤndlich vorgefodert werden. Der Fuͤrſtin wahr hiezu ſonderlich liebe / hieß den Alten zu erſt herhohlen / welcher ſich von ſeinem ver - dienten Solde zimlich gekleidet hatte. Als nun derſelbe in den Saal trat / kennete ſie ihn alsbald / und ſagte zu ihm: Guter Freund Boges / eriñert ihr euch noch des mir ehemahls erteilten troſtes / da ich den Adler fellete? Ja Durchl. Fraͤulein antwortete er / wann nur eure Durchl. ihrer damahligen Zuſage ſich annoch eriñern moͤchte. Warumb nicht? ſag - te ſie / ich wil / wo ich kan / euch deſſen ergetzen / dann ihr habt dazumahl meine tꝛaurige See - le auffgerichtet; darumb bittet nur von mir kühnlich / wie ihrs gerne haben woltet. Dieſer fiel auff die Knie / und hielt an / ihre Gn. moͤchten bey ſeinem Herrn Mazeus ihm dz Tohr - hüter Ampt auff ſeinem Schloſſe loßbitten / welches ein ruhiger Dienſt waͤhre / der ihm als einem alten abgelebeten Knechte wol anſtuͤnde. Ach du fromme Einfalt / ſagte ſie mit ver - wunderung; gab ihm aber zur Antwort: Sie wuͤrde ihm hier in ſchwerlich dienen koͤñen / weil ſie den jetzigen Tohrhuͤter nicht außſtoſſen / noch deſſen Seufzen wieder ſich ſelbſt rei - zen moͤchte; demnach wuͤrde er andeuten / ob nicht etwas beſſers vor ihm waͤhre; als wañ etwa ein ſtatlicher Meierhoff / oder wolgelegene Bauren Schenke unter H. Mazeus loß - fiele / wolte ſie ihm darzu gerne behuͤlflich ſeyn. Boges gab vor / er duͤrfte ſich ſo weit nicht erkuͤhnen; ſo gehoͤrete auch eine Anlage darzu / die er nicht haͤtte / doch ſtellete ihrer Durchl. er alles heimb. Die Anweſende zulacheten ſich ſeiner wol / aber Fr. Roxane / die ſeine Art wol wuſte / ſchlug ihm vor / ſie wolte ihn zum Oberſten Auffſeher uͤber ihren Luſtgarten ſet - zeu / und daß er den Arbeitern darinnẽ ſolte zubefehlen haben; wolte er dann einen jungend iijLoͤuen30Fuͤnftes Buch. Loͤun daneben zaͤhmen (womit er wol umbzugehen wuſte) ſolte zu ſeinem belieben ſtehen. Das ihr aber wegen gar zu groſſer Muͤhe euch nicht zubefuͤrchtẽ habt / ſagte ſie / ſo ſol mein Gaͤrtner alles vor euch verrichten / daß ihr nur des Abends zuſehet / was im Garten gear - beitet ſey; vielleicht vermacht euch dann dieſes Koͤnigliche Fraͤulein noch wol einen Hand - pfennig über euren Jahrslohn den ich euch geben werde / uñ hiemit euch jaͤhrlich 100 Kro - nen verſpreche nebeſt freier Speiſe und Trank vor euch und alle die euren / ſo gut es mei - nes Gemahls aͤdle Leibdiener bekommen / denen ihr auch in Kleidern ſollet gleich gehalten werden. Dieſer fiel vor ihr nider / bedankete ſich untertaͤhnig / und gab vor / er bedürfte da - bey weder Jahrgeld noch einen Handpfennig / weil ſein Weib und ſechs Kinder die Gar - ten Arbeit koͤnten helffen verrichten. Frl. Valiſka hieß ihn auffſtehen und befahl ihrem Timokles / er ſolte ihm eine Gutſche mit vier ſtarken Pferden anſpannen / und in zwo La - den 8000 Kronẽ darauff ſetzen laſſen / nebeſt noͤhtigen zehrungs Koſten / vor ihn / ſeine Fuhꝛ - leute und ſechs Reuter zur begleitung; darnach ſagte ſie zu Boges; zihet nun hin und tre - tet euer Ampt an / die jeztgenanten Kronen aber bringet euer Frauen und Kindern zur ver - ehrung mit / und da ihr ſchier heut oder Morgen zu deren ehrlichen aufferzihung und auß - ſteur ein mehres werdet benoͤhtiget ſeyn / wil ich das Fuͤrſtl. Fraͤulein Barſenen bitten / dz ſie euch mit einem Ehrenpfennige zu huͤlffe komme. Ja mein Boges / ſagte dieſelbe / ich wil einem jeden von euren Kindern hiemit 1000 Kronen zu Heyrahtgeldern vermacht haben. Gar zu viel / gar zu viel / gnaͤdiges Fꝛaͤulein / antwortete eꝛ / ich habe ſchon mehr als mir nuͤt - ze iſt / uñ muß man aus einen Betler nicht einen Freiherrn machẽ / er moͤchte ſonſt hernach kein gut tuhn / welches mir und meinen Kindern leicht wiederfahren koͤnte. Aber wie wer - de ich meinem Weibe ſo angenehm ſeyn; ſie hat mir ſonſt allemahl vorgeworffen / daß ſie mich ernaͤhren muͤſte; bedankete ſich nachgehends untertaͤhnig und fuhr froͤlich davon. Der Schuͤtze Batis ging mit groſſer furcht hinein / aber Frl. Valiſka hieß ihn gutes muhts ſeyn; ſie wolte ihm hernaͤhſt kein Geld mehr abgewinnen / und waͤhre ihr lieb / daß ihr O - heim ihm alles wieder zu geſtellet haͤtte; nur daß er zuſaͤhe / und ers nicht zum andernmahl verwettete; ſchenkete ihm auch 5000 Kronen / worzu ihm Pharnabazus ein Landgut ver - ſprach / dz er hernaͤhſt ruhige Tage haben ſolte. Es hatte aber Mazeus ſeinen zahmen Loͤuẽ ihr mitgebracht / aber ihn noch nicht ſehen laſſen / den muſte Batis herzufuͤhren; welcher alsbald ſich zu ihr hinbegab / und wie ein Hund ſich an ihren Kleidern ſtreichelte / deſſen ſie ſich alle verwunderten. Sie kante ihn auch alſobald / und ſagte zu Mazeus: Mein geliebteꝛ Herr und Freund; ich werde die Kuͤhnheit nehmen / und euch um dieſen Loͤuen begruͤſſen / wann ichs nur zuerſetzen wuͤſte. Er aber antwortete: Gn. Fraͤulein / ich habe ihn zu dem ende mit gebracht / wann ihrer Durchl. ich ihn bieten duͤrfte / meine ſonſt ja / es ſey vielhun - dert tauſendfach ſchon vergolten. Phraortes erinnerte Herrn Herkules ſeiner ehmaligẽ Zuſage / und baht / die Aſſyriſchen Voͤlker / die ſich auff 30000 zu Roß und 35000 zu Fuß erſtrecketen / nebeſt ſeinem Mediſchen Heer 30000 Reuter und 20000 Fußknechte unter ſeine ungemaͤſſigte Feld Herſchaft zunehmen. Artaxerxes trug imgleichen Herrn Ladiſla die geſamten Hirkaniſchen Baktrianiſchen / Margianiſchen / Ariſchen und Drangiani - ſchen Voͤlker auff / 58000 zu Pferde und 40000 zu Fuſſe; welches Ampt ſie dergeſtalt auf ſich nahmen / deß Herkules ſich vor Groß Fuͤrſt Phraortes; Ladiſla vor Fuͤrſt Menapis inHir -31Fuͤnftes Buch. Hirkanien Feldmarſchalk halten wolten. Artaxerxes hatte ſonſt noch 18000 hin und wie - der geworbene Reuter / welche er Fabius untergab; ſeine Perſen aber 14000 zu Roß / uñ 46000 zu Fuß wolte er ſelbſt fuͤhren. Pharnabazus ergaͤnzete das Suſianiſche Heer / das es 40000 Mann / halb Reuter / und halb Fußknechte / ſtark wahr. Arbianes fliegende Heeꝛ wahr auff 14000 Mann wieder erſetzet / und Leches zum Feldmarſchalk druͤber verordnet. Hierzu die Teutſchen Boͤhmen / Roͤmer und Fabius ſelbſt geworbene gerechnet / erſtreckete dieſes geſamte Volk ſich auff 204000 Reuter / uñ 161000 Fußknechte / von welchen 6000 Schuͤtzen auff die 300 wol abgerichtete Elefanten geſetzet wurdẽ / deren Gebrauch in kuͤnf - tiger groſſen Feldſchlacht Herkules gerne abgewendet haͤtte / und doch damit nicht loß - brach / weil er ſahe daß die Morgenlaͤndiſche Fuͤrſten ſo viel darauff hielten. Nun hatte Artaxerxes bey einem reitenden Bohten nach Suſa allen Verlauff wegen Gobares ge - ſchrieben / und daß Pharnabazus ihnen wiederumb zum Fuͤrſten angewieſen waͤhre / wo - durch die Landſtaͤnde hoch erfreuet wurden; dann ſie wahren mit Gobares uͤbel zufrieden / daß er ſo gar nicht auff des Landes Wolfahrt achtete / ſondern nur den Leibesluͤſten uñ dem ſchaͤndlichẽ Geize nachhing; ſanten vor dißmahl zwanzig ihres mittels / anſehnliche Herꝛn nach Perſepolis / ihrem neuen Fuͤrſten Gluͤk zu wuͤnſchẽ / welche auch einen groſſen Schaz / aus eigenwilliger freigebigkeit zuſammen gelegt / mit uͤbernahmen. Fuͤrſtin Rhodogune Gobares Gemahl / die ihm wegen ſeiner Unkeuſcheit nicht ſonderlich gewogen wahr / ſage - te oͤffentlich; die Goͤtter haͤtten ſeinem Unweſen laͤnger nicht zuſehen koͤnnen; ließ durch getreue Leute die Fuͤrſtliche Schazkammer beſichtigen / zog nach Perſepolis / lieferte Phaꝛ - nabazus die Schluͤſſel und Rechnung des Kammer Schatzes 170 Tonnen Goldes hoch / und baht umb ein Fuͤrſtliches Leibgedinge / weil ſie an ihres Gemahls Verbrechen unſchul - dig waͤhre. Fuͤrſtin Valiſka legete ihr wegen ihrer froͤmmigkeit groſſe Gewogenheit zu / nam ſich ihrer ſehr an / und erhielt leicht / daß ſie biß auff Pharnabazus Einzug zu Suſa auff dem Fuͤrſtlichen Schloſſe daſelbſt bleiben / nachgehends jaͤhrlich 25000 Kronen Un - terhalt haben / uñ entweder nach belieben zu Suſa verbleiben / oder ihr einen Ort zum Leib - gedinge waͤhlen ſolte. Frl. Barſene trug auff ihres Liebſten Begehren Frl. Valiſken ob - gedachten Suſianiſchen Kam̃er Schaz auff; bekam aber zur Antwort; es haͤtte die Mey - nung nicht / daß ſie die Vogel außnehmen / und das ledige Neſt ihr laſſen wolte / es waͤhre ſchon mehr als zuviel / daß ſie Herrn Pharnabazus Erbieten wieder ihren Willen haͤtte muͤſſen gelten laſſen.

Artabanus Geſanter / H. Syſimithres eilete mit ſeiner Geſelſchaft auff abgewechfel - ten Pferden zimlich fort / da er des Tages vor dem Hochzeit Feſt zu Perſepolis anlangete. Auff den Grenzen geriet er einer Perſiſchen Schaar von 1000 Reutern in die Haͤnde / die ihn ſicher durchbrachten / da er alsbald bey unſern Helden und dem Fraͤulein ohn der Moꝛ - genlaͤndiſchen Fuͤrſten Gegenwahrt gehoͤr begehrete. Ladiſla Meynung wahr / man ſolte ihn unverrichteter Sache abzihen laſſen / aber Artaxerxes und Phraortes bahten / die Weꝛ - bung anzunehmen / und den Geſanten bey dem Hochzeit Feſte zubehalten / daß er davon be - richt tuhn / und des verliebeten Koͤnigs Gedanken abwenden koͤnte / wann er ſehen wuͤrde / daß er durch den Korb gefallen / und ein ander ſchon in voller nieſſung ſaͤſſe. Die unſern lieſſen ihnen ſolches gefallen und machten ſich ſamt dem Fraͤulein nach dem groſſen Saal /da32Fuͤnftes Buch. da die 300 Boͤmiſche aͤdelknaben auffwarten / und 500 Teutſche mit Schlachtſchwertern hauſſen die Wache halten muſten. Kleofis und das Boͤmiſche Frauenzimmer ſtunden in praͤchtiger Kleidung hinter dem Fraͤulein; Leches mit ſeinen vier Gefaͤrten / auch Tyriotes und Gallus / hatten ihre glaͤnzende Ruͤſtung angelegt / die Helme auffgeſchlagen / und die bloſſen Schwerter in Haͤnden. Ladiſla ſaß zur Rechten; Herkules zur Linken / uñ das Frl. in treflicher Zierde und groſſer freundligkeit in der mitte. Als Syſimithres auff erfodern hinein trat / entſetzete er ſich vor ſolchem Pracht / ließ der Fraͤulein Kleider / an der Zahl 43 mit allem zubehoͤr / von Indianiſcher reiner Linnewad / geſticketen Schuhen und derglei - chen ſachen / in groſſen mit Silber beſchlagenen Laden nachtragen / und die Kleinot in einer weiſſen Helffenbeinen / mit Golde umblegeten groſſen Schachtel / auff welcher eine kleinere ſtund / darinnen das neue Kleinot verſiegelt wahr. Nach gebuͤhrlicher Begrüſſung aller dreyen / wendete er ſich zu dem Fraͤulein / neigete ſich tieff vor ihr / und redete ſie alſo an: Durchleuchtigſtes / Großmaͤchtigſtes Koͤnigliches Fraͤulein; der groſſe Koͤnig Artabanus / Beherſcher aller Morgenlaͤnder von dem Meer biß an den Ganges / entbeut euer Durchl. Koͤniglichen Gruß und ergebene Liebe / ſendet deroſelben dieſes eigenhaͤndige Schreiben / nebeſt ihren hinterlaſſenẽ Kleidern / Kleinotẽ / uñ einem neuen Kleinot; bittet / ihre Durchl. ſolches alles mit guter Gewogenheit annehmen / und ſeiner Koͤnigl. Hocheit ſchrifftliche genehme Antwort wiederfahren laſſen wolle. Das Fraͤulein bedankete ſich ſehr / fragete nach ſeiner Hocheit wolergehen / und zeigete daruͤber ihre Genuͤgenheit an; wendete ſich hernach gegen Ladiſla und Herkules / umb zuvernehmen / ob ihr erlaͤubet waͤhre / dz Schrei - ben mit beygefuͤgten Sachen anzunehmen; und auff bewilligung brach ſie es / und laſe vor ſich allein folgende Worte.

Der groſſe Koͤnig Artabanus erbeut dem Durchleuchtigſten Fraͤulein / Frl. Herkuliſka / ſei - ner Koͤniglichen verlobeten Braut herzlichen Gruß und alle Gewogenheit / und verwundert ſich hoͤch - lich / warumb dieſelbe ihr groſſes Verlangen nach ihrem Herr Bruder und Oheim / ihm nicht ange - deutet / daß er ſie mit einer ſicheren Begleitung von 200000 Mann hingeſendet /[und] ihr dieſe gebuͤhr - liche Ehre bezeiget haͤtte; jedoch weil ihrer Liebe gefaͤllig geweſen / in ſchlechter ſtiller Geſelſchaft nur mit ihrem getraͤuen Diener Valikules (dem wir / wie er weis / mit Koͤniglichen Gnaden gewogen ſind) dieſe Reiſe auff ſich zunehmen / haben wir ſolches keines weges tadeln wollen; nur tuht uns wehe / dz ſie in gar zu unwirdiger Kleidung / wie geſagt wird / ſol hingereiſet ſeyn; welches / da wirs in erfah - rung gebracht / haben wir nicht unterlaſſen ſollen / ihr durch unſern Hoffmeiſter Bagophanes nachzu - fragen / welcher uns aber zur betruͤbten Zeitung gebracht / daß er eure Liebe nicht habe antreffen koͤn - nen / ſondern von Feinden verraͤhterlich uͤberfallen und geſchlagen ſey. Daher wir Zeigern dieſes / un - ſern lieben getraͤuen Syſimithres abfertigen / ihre Kleider und Kleinot / auch daneben noch ein abſon - derliches / alles zur bezeugung ungefaͤrbeter Liebe / nachſenden / und dabey ſie freundlich erſuchen wol - len / auff das ehiſte mit ihrem freundlichen lieben H. Bruder und Oheim / ſich bey uns unwaͤgerlich ein - zuſtellen / damit unſer beſchloſſenes / und ſo muͤnd als ſchriftlich beſtaͤtigtes Beylager (auff deſſen Feyr Koͤniglich zubereitet wird) koͤnne gehalten / und euer Liebe die Groß Koͤnigliche Kron auffgeſetzet werden; und wie wir uns hierzu gaͤnzlich verlaſſen / alſo verbleiben wir derſelben zu ehelicher Liebe uñ Traͤue ſtets ergebener. Artabanus.

So bald der Geſante die ganze Verleſung des Schreibens merkete / ließ er alle Sa - chen zu ihren Fuͤſſen niederſetzen / nur das einzelne Kleinot reichte er verſchloſſen uͤber. Sie hingegen baht ihn / einen geringen Abtrit zunehmen / damit ſie ſich einer beſtaͤndigenAnt -33Fuͤnftes Buch. Antwort erklaͤren koͤnte; ließ die ihrigen den Brief leſen / und kunten ſich des kindiſchen Vornehmens nicht gnug verwundern. Sie lieſſen den Geſanten balt wieder fodern / wel - chen ſie fragete / ob er etwan auch an ihren Herrn Bruder und Oheim einige Werbung haͤtte / koͤnte er ſolche ablegen / und auff einmahl fuͤgliche Antwort bekommen. Worauff er zu ihnen alſo anfing: Durchleuchtigſte Fuͤrſten / Hochberuͤmte Helden; der unuͤberwind - lichſte Koͤnig Artabanus entbeut euren Durchll. ſeinen Grus und Liebe / überſendet denen zugleich dieſes Schreiben / und zweifelt nicht / ſie als ſeine hochgeliebte Freunde / welche zu beleidigen er nie willens geweſen / auch nicht ſeyn wird / werden ſolches als ein unfehlba - res Zeichen ſeiner guten Gewogenheit vermerken und auffnehmen. Seiner guten Ge - wogenheit? ſagte Ladiſla; gewißlich / Herr Geſanter / werdet ihr euch an uns irren; maſ - ſen Artabanus euer Koͤnig uns bißher nicht vor Freunde / ſondern vor Leibeigene uñ Bet - telbuben gehalten / die er als Hundejungen ſtreichen zu laſſen ſich unterfahen duͤrfen dahin es aber wils Gott nimmermehr kommen ſol. Dieſer Rede nun wuſte Syſimithres ſich ſo verwundernd fremde zuſtellen / daß unſere Helden ſchier nicht wuſten / wie ſie mit ihm dran wahren. Ey ihr Durchil. Fuͤrſten / ſagte er / wie ſolte mein Allergnaͤdigſter Koͤnig ei - ne ſolche Untaht in den Sinn nehmen koͤnnen / angeſehen ſeiner hohen Vernunfft / und dz er mit euer Durchll. ſich ſo nahe zuverſchwaͤgern gedenket? Meine gnaͤdigſte Herren wol - len doch ſo ungleichen Argwohn von ſeiner Koͤnigl. Hocheit nicht ſchoͤpffen / ob gleich deſſen Wiederwertige etwa falſche Brieffe oder ertichtete verleumdungen außſprengen würden / umb / eure Durchll. meinem groſſen Koͤnige abgeneigt zumachen / welcher trauen von euer vortrefligkeit viel zu hoch haͤlt / wie ohn zweifel dieſes Gnadenſchreiben außfuͤhrẽ wird. Herkules antwortete; Es muͤſte uns ſehr lieb ſeyn / wañ euer Koͤnig ſolcher Schuld ſich entbrechen / oder einiges Zeichen der Gewogenheit uns darlegen koͤnte / da wir des wiedrigen ſeiner Leute Blut darſtellen wollen / als unfehlbahre Zeichen. Zwar unter dem nahmen Valikules / nach welchem ich euch / Herꝛ Syſimithres nicht werde unbekant ſeyn / habe ich mich uͤber euren Koͤnig nicht in allem zubeklagen; aber Herkules weis ſeiner gu - ten zuneigung nichts ruͤhmliches nachzuſagen. Hier wuſte nun dieſer Fuchs abermahl ſeine Verwunderung darzuſtellen / ob Herkules und Valikules unter ſo ungleicher Geſtalt ein einiger Menſch ſeyn ſolte; er aber wolte ſich daruͤber mit ihm nicht zanken / ſondern fra - gete / was Madates und andere Feldfluͤchtige ihm nachſageten. Welches er beantworte - te; ihm waͤre zwar vorkommen / daß etliche Parthiſche und Perſiſche geringe Schaaren ſich etwas gezauſet / und beyderſeits zimliche Schlappen davon getragen / daß aber ihre Durchll. ſolten mit eingemenget ſeyn / obs gleich von etlichen geſagt wuͤrde / koͤnte mans doch nicht glaͤuben; und wuͤſte er gewiß / daß wann ſeinem Koͤnige vorkommen würde / dz etliche ſeiner Voͤlker ſich gegen ſie feindlich bezeiget / muͤſten ſie ohn alle Gnade es mit dem Halſe bezahlen / weil des groſſen Koͤniges Gewogenheit gegen ihre Durchll. viel zu groß / und allen bekant waͤhre. Gut Herꝛ / ſagte Ladiſla / euch zugefallen wil ich etwas davon glaͤu - ben / aber gleichwol ſonſt nicht; nachdem meine Leute aus Charas mich weit ein anders berichten. Hieß ihn darauff ein wenig abtreten / ſo wolten ſie das Schreiben verleſen / und ſich auff eine Antwort bedenken. Sie funden aber dieſen Inhalt.

Der groſſe Koͤnig Artabanus / entbeut dem gewaltigen Koͤnige der Boͤhmen / Herrn Ladiſla /eund34Fuͤnftes Buch. und dem maͤchtigen Groß Fuͤrſten der Teutſchen / Herrn Herkules / ſeinen geliebten Freunden / Soͤhne und Schwaͤgern Gluͤk und Heyl. O der elenden Schwaͤgerſchaft / ſagte Herkules mit einem Gelaͤchter / welche nur im einbilden beſtehet / und nimmermehr zuwerke kan gerichtet wer - den. Sie laſen aber weiter: Wir koͤnnen uns nicht gnug verwundern / aus was Urſachen meine Freunde ihre Fraͤulein Schweſter und Waſe / unſere verſprochene Groß Koͤnigl. Braut / lieber durch hohe Gefahr zu ſich fodern laſſen / als ſie auff ihrem Koͤniglichem Schloſſe beſuchen wollen / angeſehẽ der hohen Begierde / die wir gegen euch tragen / nicht allein in eure Kundſchaft zukommen / ſondern eu - er wirdigkeit nach euch zu ehren. Laſſet ja unſere Wiederwertigen euch von uns nicht einbilden / was in unſern Sinn niemahls geſtiegen iſt; ſtellet euch nur ungeſeumet ein / auffdaß wir unſere Begierden an euch erſaͤttigen moͤgen (daß moͤchte uns wol zu ſcharff fallen / ſagte Herkules /) ſintemahl un - ſer feſter unbewaͤglicher Schluß iſt / daß unſer geliebten Fraͤulein Herrn Bruder der Nahme eines großmaͤchtigen Koͤniges in Perſen / Aſſyrien und Suſiana; ihrem Herrn Oheim aber der Nahme ei - nes Koͤniges in Meden / Hirkanien und Baktriana erblich ſol erteilet und beſtaͤtiget werden / da ſie nicht als unſere Schwaͤger oder Soͤhne / ſondern wie Bruͤder in gleichmaͤſſiger Gewalt / Macht und Ehre / mit uns herſchen ſollen; wollen auch nicht ruhen / biß ihnen ſolche Koͤnigreiche durch unſer Schwert gewonnen und eingeraͤumet / die Wiederſpenſtigen und unrechtmaͤſſigen Beſitzer aber er - ſchlagen und abgeſtraffet ſind. Deſſen verſichert ſie ihr ganz geneigter und ſteter Freund Artabanus.

Nach verleſung reichten ſie es dem Fraͤulein hin / welche es durchſehend / mit einem hoͤflichen Gelaͤchter ſagte: die Worte ſind gut / ſagte der Wolff / aber ich komme den Bau - ren nicht ins Dorff; merke gleichwol / wann mein Herkules mich / uñ ich ihn abtreten koͤn - te / duͤrften wir des ergangenen endlich noch verzeihung erhalten. Aber mein Herr Bru - der Ladiſla hat ſich wegen dieſer unmoͤgligkeit am meiſten zubeſchwerẽ / weil ihm hiedurch der Nahme (freilich der Nahme und nichts mehr) eines maͤchtigen Koͤniges in Perſen entruͤcket wird; den er aber / wie ich weiß / lieber entrahten / als mit ſeiner lieben Freunde / Groß Fuͤrſt Artaxerxes und anderer Schaden annehmen wil. Sie traten enge zuſam̃en / und verglichen ſich einer Antwort; und als Syſimithres wieder eingefodert wahr / gab ihm das Fraͤulein dieſen Beſcheid: Daß der groſſe Koͤnig Artabanus nicht allein freund - lich an mich geſchrieben / ſondern mir auch meine Kleider und angehoͤrige Sachen / nebeſt einem neuen Geſchenk zugeſand / daraus verſpuͤre ich ſeine hohe Gewogenheit / werde es auch Zeit meines Lebens hochzuruͤhmen wiſſen / und mich bemuͤhen / daß ſeiner Koͤnigl. Hocheit Ungluͤk und Gefahr ich abwenden helffe / und ihm alle Freundſchaft / die ohn ab - bruch meiner Ehren kan geleiſtet werden erzeige; ein mehres wird mein gnaͤdigſter Koͤ - nig / ſo lange er redlich iſt / von mir nicht begehren / vielweniger fodern koͤnnen. Weil aber Morgen alhie zwo Fuͤrſtliche Heyrahten ſollen volzogen werden / dafern Gott wil / und mei - ne Herrn Bruͤder dabey ſeyn muͤſſen / wird der Herr Geſanter eines Tages auffſchub zur gebuͤhrlichen Antwort uns nicht verdenken / ſondern als ein lieber und werter Gaſt ſich mit dabey finden laſſen / da ihm dann alle gebuͤhrliche Ehre geleiſtet werden ſol. Syſimithres ließ ſich dazu willig bereden / hoffend es wuͤrde alles nach ſeines Koͤniges Willen gehen; baht aber ſehr / es moͤchte dem Perſiſchen und Mediſchen Groß Fuͤrſten der gelieferten Schreiben Inhalt vor ſeinem Abzuge nicht zu wiſſen getahn werden; welches ihm ver - heiſſen ward / und muſten Tyriotes und Gallus ihm in ſeiner Herberge Geſelſchaft leiſten / welche ihm allen Verlauff der geſchehenen Entfuͤhrung erzaͤhleten. Sie aber gingen hinnach35Fuͤnftes Buch. nach der Fuͤrſtlichen Geſelſchaft / gaben den beyden Groß Fuͤrſten die Schreiben zu verle - ſen / welche ſich deren gnug zulacheten; doch / ſagte Artaxerxes / iſt mirs lieb / daß er durch Schadenklug wird / und Tugend beſſer achten lernet; hoffe daher / er werde forthin ſeine Kinder Ruhten ins Feur werffen / und nach einem Saͤbel ſich umbtuhn. Nach gehaltener Mahlzeit baht Frl. Valiſka die Groß Fürſtin Saptina / ſamt Fr. Roxanen und Frl. Baꝛ - ſenen / mit ihr zugehen / und ihre Kleider helffen außzulegen / da ſie zu Fr. Roxanen ſagte: Geliebte Freundin / ihr beſchweretet euch neulich wegẽ mangel der Kleidung zur Hochzeit / die uns Gott in gutem uͤberfluſſe beſcheret hat; und haͤtte mein Braͤutigamb Artabanus mir dieſelben zu mehr gelegener Zeit nicht ſchicken koͤnnen; bekomme alſo mittel / meiner Freundin vor den Rok / welchen ſie mir nach Charas vertraulich mit gab / einen andern zuzuſtellen. Des folgenden Tages putzeten die Hochzeiterinnen ſich treflich aus; Frl. Va - liſka legte ihr ſchneweiſſes Kleid an / neben darzugehoͤrigen Kleinoten / welches Artabanus ihr auff ihren Geburtstag verehret hatte; das neue uͤberſchikte Kleinot wahr ein Bruſt - ſtuͤk in geſtalt einer Sonnen / die groſſe Strahlen von ſich warff / wann die rechte Sonne darauff ſchien; nnd dieſes ſagte ſie / wolte ſie an ihrem hoͤchſten Ehrentage dem Koͤnige Artabanus zugefallen tragen. Herkules bekleidete ſich auch ganz weiß / und wolte Ladiſla ſeiner Gewohnheit nach / ihm nicht ungleich ſeyn. Frl. Barſene muſte von den Parthiſchẽ Kleidern ein gruͤn Guͤldenſtuͤk / mit den ſchoͤnſten Rubinen ſtark beſetzet / anlegen / weil ihr Braͤutigamb ſich in ſolche Farbe gekleidet hatte. Als ſie miteinander nach dem groſſen Saal gingen / lieſſen ſie den Parthiſchen Geſanten / aller Urſach ungemeldet / fodern / wel - cher / da er alle Anweſende ſo treflich gekleidet / und Frl. Valiſken neben Herkules in ſol - cher Pracht ſahe / ſich deſſen nicht wenig verwunderte; hatte doch niemand den er fragen durfte / ſondern ſahe / daß unſere Helden / und alle / ſo des Chriſtlichen Glaubens wahren / in ein Nebengemach traten / biß Pharnabazus mit ſeinem Fraͤulein nach Heidniſchem Ge - brauch getrauet wahr; hernach ſich in voriger Ordnung einſtelleten / und Herkules die An - weſenden alſo anredete: Großmaͤchtige / Durchleuchtige / Wolgebohrne / auch aͤdle / hoch - werte Herren / Freunde und Freundinnen; nachdem der groſſe Gott Himmels und Er - den mir unwirdigen mit ſo groſſer Gnade erſchienen / daß ich das Durchleuchtigſte Fraͤu - lein / Frl. Valiſken / gebohrnes Koͤnigliches Fraͤulein aus Boͤhmen / aus dem feſt verwah - reten Schloſſe ihrer Gefaͤngnis zu Charas erloͤſet / und aber ſchon uͤber drey Jahr mit der - ſelben ehelich verſprochen bin / als iſt mein jetziger Vorſaz und Wille / auff teils eingehoh - lete / teils gegenwaͤrtige Bewilligung ihrer Fr. Mutter / der Großmaͤchtigſten Koͤnigin in Boͤhmen / und ihres Herrn Bruders / des auch Großmaͤchtigſten Koͤniges daſelbſt / heut dieſen Tag mein hochzeitliches Ehren Feſt anzuſtellen / und ſolche unſere Ehe nach Gebrauch unſers Glaubens durch einen Lehrer oder geiſtlichen Vater einſegnen zu laſſen / damit ich dem Parther Koͤnige Artabanus in der Taht zeigen moͤge / daß er unbilliger wei - ſe daſſelbe beſitzen wolle / welches keinem Menſchen in dieſer Welt / als allein mir / mit rech - te zuſtehet; und er alſo dereins ablaſſen moͤge einem Gemahl nachzutrachten / die einem an - dern ſchon vermaͤhlet iſt. Wann ich aber dieſes alte Recht zu meiner laͤngſt verſprochenẽ Frl. Braut nicht haͤtte / und Koͤnig Artabanus nicht als ein Gewaltaͤhtiger / ſondern als ein hoͤflicher Koͤnig ſie vor erſt wuͤrde in freien Stand eingeſetzet / und nachgehends ihrere ijFrau36Fuͤnftes Buch. Frau Mutter und anderer Blutverwanten Bewilligung gebührlich geſucht haben / ſolte er von mir unverdrungen blieben ſeyn. Weil er aber mit Gewalt verfuhr / das Fraͤulein in eine Gefaͤngnis verſperrete / und uns durch Schreiben gebieten wolte / ſeine Heyraht gutzuheiſſen / ja ihn noch wol mit einem Fußfalle zu bitten / daß er ſie ehelichen moͤchte / auch überdaß / wie geſagt / mein Anſpruch zu dieſem Schatze viel zu groß wahr / hat man ſich an dieſer Seite billich bemuͤhet / eine unſchuldig Gefangene loßzuwirken / damit ſie nicht in Laſter und Ehebruch gerahten / ſondern ihrem verlobeten Braͤutigamb ungekraͤnket zuge - fuͤhret werden moͤchte. Dieſes / Herr Geſanter / werdet ihr eurem Koͤnige zur Antwort uͤberbringen / und ihm die lautere Unmoͤgligkeit ſeines anſuchens darlegen / deſſen er nach dieſem muͤſſig zugehen / ſich wol beſinnen wird / wo er ſonſt nicht ſeinen Wiz und Verſtand gefreſſen hat. Was ſeine entſchuldigung betrift / daß er meinem Bruder / Koͤnige Ladiſla und mir / ſtets wil gewogen geweſt ſeyn / und nie keinen Schimpf zugelegt haben / moͤchten wir vielleicht vor ein Zeichen ſeiner bereuung außlegen / wans ihm ernſtlich waͤhre / aber aus dem Sinne wird er uns nicht ſchwetzen / was durch ſo vieler außſage mitten in der Geiſſelung beſtaͤndig bejahet iſt / ja mit ſo viel vergoſſenem Blute verſiegelt. Wir wollen aber / wann wir eures Koͤniges beſtaͤndige Freundſchaft weiter erfahren / alles Schimpfs und Hohns vergeſſen / und zwiſchen ihm und feinen Fuͤrſten uns als Mitler gebrauchen laſſen / daß er derſelben Freundſchaft weiter genieſſen koͤnne / und nicht Urſach habe / neue Perſiſche und Mediſche Koͤnige zuwaͤhlen / worauff er vielleicht ſchon moͤchte bedacht ſeyn. Als er zu reden auffgehoͤret / fing Frl. Valiſka an: Ja Durchleuchtigſter Groß Fuͤrſt Herkules; ich geſtehe vor dieſer Hoch Fuͤrſtlichen / auch ſonſt anſehnlichen Geſelſchafft / daß euer Liebe ich von ſolcher zeither verbunden bin / auch nie kein mahl anders geſinnet ge - weſen / als euer Liebe meine ſchuldigkeit zu liefern / oder einer andern gezwungenen Heyraht (die nicht anders als ein Ehebruch ſeyn koͤnnen) durch einen ehrlichen Tod vorzukom̃en. Zwar Koͤnig Artabanus hat mich genoͤhtiget / ihm die Ehe zuverſprechen / aber weil es wieder Recht und billigkeit / auch wieder meinen Willen und aus Zwang geſchehen / wird ein jeder redlicher Menſch mich davon loß und frey ſprechen; ja Koͤnig Artabanus ſelbſt kan mir nichts anhaben / in betrachtung / daß er wieder Hand und Siegel gehandelt / und vor außgang der beſtimmeten Wochen bey mir angeſuchet hat. So danke ich nun billich dem allerhoͤchſten Gott / daß er meinem verſprochenen Braͤutigam das Gluͤk verlihen hat / mich loß zu machen / welches nicht weniger Koͤnige Artabanus als mir ſelbſt lieb ſein ſol; geſtaltſam mein ganzes vornehmen / im fall ich ihm haͤtte zugefuͤhret werden ſollen / auf ſei - nem / oder ja unſer beyder Tode beſtund / ſo das mit einem Meſſer / welches ich in meinem Luftweher verborgen trug / ich ihm das Herz im Leibe wolte geſucht haben / wann er mich haͤtte beruͤhren wollen / was mir gleich druͤber begegnet waͤhre. So ſaget nun / Herr Sy - ſimithres / dieſes alles eurem Koͤnige / und daß ich einen Abſcheuh und Greuel an ihm ha - be / als lange er mich zu ſeinem unkeuſchen Willen ſuchet; ſaget ihm / er moͤge ſich an ſei - nes Sohns Gotarzes Unfal ſpiegeln / dem ich mich / waͤhre ich unverſaget geweſen / viel lieber als dem Vater gegoͤnnet haͤtte; aber er muſte durch dieſe Hand am Leben geſtraffe werden / als er mir ungebuͤhrliche Sachen anmuhtete / wie Koͤnig Artabanus wol weiß / ob ers gleich keinen Menſchen wiſſen laͤſſet. Kurz davon zu reden / ihr ſehet / Herr Geſanteꝛ /daß37Fuͤnftes Buch. daß eures Koͤniges Heyraht mit Valiſken oder Herkuliſken nur in bloſſer Einbildung be - ſtehe / weil ich ihrer zween nicht auff einmahl freien kan. Dieſer hatte bißher als ein Ver - wirreter zugehoͤret / ſahe daß er recht genarret wahr / da man ihn / andere zunarren außge - ſchikt hatte; auch daß ſeines Koͤniges Hoffnung gar im Brunnen lag / und wuſte nicht / wie ers beſt angreiffen ſolte. Er hatte den an Fürſt Herkules abſonderlichen Brieff noch bey ſich / ſahe aber wol / daß er ihn wieder muſte zuruͤk tragen; endlich faſſete er ein Herz / und ſtellete eine Frage an: Ob nicht zuerhalten ſtünde / daß die Vermaͤhlung biß dahin auf - geſchoben wuͤrde / und er mit ſchnellen Pferden feinem Koͤnigeſolches hinterbraͤchte; deſ - ſen Herkules lachete / und zur Antwort gab: Guter Freund; hiemit wuͤrde ſo wenig eurem Koͤnige als mir gedienet ſeyn; dann vor erſt hoͤret ihr ja / daß das Fraͤulein lieber ſterben als ihn ehelichen wolle; hernach verſichere ich euch / wañ euer Koͤnig mir gleich ſeine Her - ſchaft abtreten / und Indien darzu ſchaffen koͤnte / gaͤbe ich ihm doch dieſen Schaz nicht drumb. Ladiſla kunte ſich nicht wol maͤſſigen / und fing an: Hoͤret Syſimithres; wañ ich wiſſen ſolte / oder einige furcht haͤtte / dz Artabanus (der durch ſein falſches auf Schrauben geſetzetes Schreiben mich ja ſo hoch / als durch den Ruhten-Schimpff beleidiget) mei - ner Frl. Schweſter teilhaftig werden ſolte / wolte ich gleich dieſe Stunde mein Schwert durch ihr Herz ſtoſſen / umb daß ſie nicht ſelbſt Moͤrderin an ihrem Leibe werden duͤrffte; dieſem meinem Bruder / dem Groß Fuͤrſten aus Teutſchland wolte ich ſie lieber zur Leib - eigenen / als eurem Wuͤterich zum herſchenden Gemahl geben; dann wir unſers Orts ſe - hen im Heyrahten nicht auff aͤuſſerliche Macht / ſondern auff Tugend / deren euer Koͤnig ſo nottuͤrfftig iſt / daß andere Fuͤrſten ſich ſchaͤmẽ / von ihm einigen Befehl mehr anzuneh - men. Iſt er dann mit dieſer Heyraht nicht zufrieden / ungeachtet er ja nicht die allergering - ſte befugete Urſach der Einſprache hat / ſo laſſe er uns nur wiſſen / was er dagegen vorzuneh - men willens ſey / als dann ſol er uns ohn Antwort nicht finden / er begehre ſie gleich Muͤnd - oder Schrift - oder Ritterlich. Foderte hiemit den Chriſtlichen Lehrer herzu / welcher die Vermaͤhlung in Syſimithres beyweſen verrichtete. Bey dem Hochzeitmahl ward der - ſelbe als ein Koͤniglicher Geſanter gar oben angeſetzet / und beyde Fuͤrſtliche Braͤute ihm zur Seiten; da unſere Helden und Pharnabazus ſich gnug freundlich gegen ihn ſtelleten / aber Artaxerxes und Phraortes tahten / als ob ſie ihn nicht ſaͤhen; lieſſen ſich doch keines unwillens merken / und hatten allerhand unterredungen von außlaͤndiſchen Sachen. Den Tanz fing Ladiſla mit ſeiner Frl. Schweſter an / fuͤhrete ſie hernach ſeinem Herkules zu / der ſie dem Geſanten brachte / zu welchem ſie ſagete: Jezt wil ich mir einbilden / als tanzete ich mit meinem allergnaͤdigſten Koͤnige / als deſſen Hocheit ich / auſſerhalb ehelicher Liebe / von Herzen gewogen bin / weil er dannoch auff mein heftiges anſuchen ſich zur Zucht und maͤſſigkeit hat anweiſen laſſen / daß ich Gott Lob / meine juͤngfraͤuliche Ehre vor ihm erhal - ten; moͤchte wuͤnſchen / daß er ſich meiner begeben koͤnte / wie er dann nunmehr wol tuhn wird. Ihr ſeid des verſtandes / mein Herr / daß ihr ihm ſein blindes Vornehmen wol auß - reden werdet / damit er durch dieſe Unbedachtſamkeit ſich nicht gar ins Verderben ſtuͤrze / welches ich ihm nicht goͤnnen wolte. Syſimithres wuͤnſchete dieſes ſelbſt / ſagete / er wolte hoffen / ſein Koͤnig wuͤrde ſich finden / wann ihn nur der Spot nicht zu ſehr hoͤhnete / daß ſeine vermeinete Braut bey ſeinen aͤrgſten Feinden dem Perſen und Meden auffgehaltene iijund38Fuͤnftes Buch,und verehelichet wuͤrde / die hernaͤhſt ohn zweifel deſſen ſchwere Straffe zugewarten haͤttẽ; ſein Koͤnig Artabanus waͤhre von ſolcher Macht / daß der Roͤmiſche Kaͤyſer ſich vor ihm fürchten muͤſte / daher er ſeinen Lehntraͤgern ſolche beſpottung nicht zu gute halten wuͤrde. Das Fraͤulein antwortete ihm: Sie haͤtte der Fuͤrſten Sache wieder den Koͤnig nicht zu verfechten / nur dieſes moͤchte er wol wiſſen / daß die Parthen finden wuͤrden was ſie wol nicht ſucheten; und wañ dieſen Fuͤrſten wegen ihrer Heiraht ſolte zugeſetzet werden / dürf - ten wol ihr Braͤutigam und Bruder ſo bald noch nicht raͤumen / die ſonſt ehiſten Abſcheid zunehmen geſinnet waͤhren. Der Geſante wolte ſich weiter nicht einlaſſen / ſondern hielt an umb Morgenden Abſchied uñ ſchriftliche Antwort / welches ſie ihm zu werben verhieß. Am ſpaͤten Abend wurden beyde Fuͤrſtliche Braͤute ihren Gemahlen zugefuͤhret / ungeach - tet die Boͤhmiſche wol der kuͤhnheit geweſen waͤhre / ohn begleitung zu ihrem Herkules zu - gehen; wie dann ihr Bruder ſie damit auffzohe / und ſie es mit dem wunſche beantwortete / daß ſie nur bald zu Padua anlangen moͤchten. Libuſſa hatte Frl. Klaren aus Teutſchland Bruſtbildichen / eines guten Tahlers breit / ſehr wol gemahlet / und mit dero untergezeich - netem Nahmen / von ihr zum Gedaͤchtnis empfangen / welches ſie dieſen Abend ohn gefehꝛ fallen ließ / und von Arbianes gefunden ward / der aus dem Nahmen ſahe / weſſen Bilde es wahr / und verliebete ſich dergeſtalt daran / daß man ihn nachdem eine zeitlang nicht froͤ - lich ſahe. Des folgenden Morgens gab man Syſimithres abſcheid / und keine fernere Ant - wort / als einen ſchriftlichen Beweiß / daß er zwey Schreiben an gehoͤrigen Ort wol ein - geliefert / und darauff muͤndliche Antwort empfangen haͤtte / welche er ſeinem Koͤnige / ver - moͤge ſeiner Pflicht wol anzeigen wuͤrde. Fuͤrſtin Valiſka aber ſchikte dem Geſanten bey Kleofis eine trefliche guͤldene Kette zur verehrung / die er mit dank añam / uñ ihreꝛ Durchl. dabey zugedenken ſich erboht. Tyriotes hatte ſich in Fr. Valiſken Kammerjungfer Ame - ſtris verliebet / welches er Leches zuverſtehen gab / der ihm ſo wol zu huͤlffe kam / daß ſie ihm des dritten Tages hernach beygelegt ward; und weil er ſich ſchon etlichemahl im gefechte wieder die Feinde ruͤhmlich verhalten hatte / ſchenkete ihm Pharnabazus eine freie Herr - ſchaft in Suſiana / und gab ihm 6000 Reuter zufuͤhren / die er ſo wol abrichtete / daß unter allen Sufianern ihres gleichen nicht wahr. Alſo lebeten ſie alle miteinander / Herr und Knecht / in taͤglicher froͤligkeit / ohn der elende Orſillos muſte ſich immerfort mit ſchweren Ketten ſchleppen / und die unflaͤtigſte Arbeit bey ſehr geringer Speiſe verrichtẽ / wobey ihm taͤglich die Peitſche gegeben ward / und ihm noch das unertraͤglichſte wahr / daß er nicht eins um erleichterung anhalten durfte / biß endlich des dritten Tages in dem Hochzeitfeſte / als er den Koͤchen Holz ſpaltete / Libuſſa ihn erſahe / und durch Timokles forſchete / was vor ein Menſch er waͤhre; welchem er ſein Ungluͤk zuerkennen gab / und ſehr klaͤglich baht / ihm ein untertaͤhnigſtes Bitte-Schreiben an die junge Groß Fuͤrſtin Valiſka auffzuſetzen / daß ſie vor ihn bey ſeinem Herrn Fabius umb linderung der Straffe / oder da es moͤglich / umb vorige Freyheit gnaͤdigſte Vorbitte tuhn moͤchte. Libuſſa wahr ohndaß mitleidig / uͤber - gab ſolches Schreiben ihrer Gn. Frauen bey der Mahlzeit / welche es oͤffnete / und folgen - den Inhalt laſe:

Ich der ehmahls verwaͤgene / nun eine Zeit her hart buͤſſende / und mit Ketten ſchwer beladene Orſillos / falle vor der hoͤchſtberuͤhmeten Barmherzigkeit der Durchleuchtigſten Groß Fuͤrſtin FrauVa -39Fuͤnftes Buch. Valiſka in tieffeſter reue meiner groben Suͤnden nider / und bitte alleruntertaͤhnigſt / dieſelbe wolle lau - ter umb Gottes willen mein Elend allergnaͤdigſt anſehen / und bey meinem ungnaͤdigen hocher zuͤrne - ten Herrn / Herrn Fabius / durch ihre kraͤftige Vorbitte mir allerelendeſten Menſchen zu huͤlffe kom - men / damit deſſen harter Zorn moͤge gelindert / und ich der ſchweren Ketten erlaſſen werden / weil ſei - ner Gnaden ja mit meinen unnuͤtzen Dienſten nicht gedienet iſt / und ich meine begangene Boßheit nicht / als durch anzeigung eines herzlichen wehleidens buͤſſen oder erſetzen kan. Dieſes wird der Him - mel ſelbſt eurer Durchl. vergelten / und ich wil ſolche Hochfuͤrſtliche Woltaht Zeit meines Lebens zu ruͤhmen unvergeſſen ſeyn.

Die Groß Fürſtin wuſte nicht / was dieſer arme Suͤnder verbrochen hatte / wolte auch gegen Fabius deſſen ehe nicht gedenken / biß ſie von Timokles voͤlligen bericht einnam; worauff ſie zu Fabius ſagete: Hochwerter Herr Bruder / wann ichs wagen duͤrfte / etwas an ſeine Liebe zubegehren / daß vielleicht ein ander nicht erhalten wuͤrde / wolte ich derſelben meine Kuͤhnheit / deren in ſolchen faͤllen ich mich zugebrauchen weiß / wol ſehen laſſen. Er gab ihr zur Antwort: Durchl. Groß Fuͤrſtin; ihre Gn. wollẽ / bitte ich ſehr / ihrem Knechte befehlen / alles was in ſeinem geringen Vermoͤgen ſeyn wird. Hier iſt kein befehlen / ſagte ſie / nur allein verſuche ich bey meinem H. Bruder / einige Vorbitte vor einen bußfertigen armen Suͤnder einzulegen / dem ſein Verbrechen herzlich leid iſt / und ſich zur beſſerung anerbeut. O Bube Bube! ſagte Fabius / ſo biſtu mir gleichwol noch zu ſchlauh / und wer hat dir dieſen Raht gegeben? Zwar Durchl. Groß Fuͤrſtin / wann ich der Schelmen eine Welt vol haͤtte / muͤſten ſie ihrer Durchl. alle geſchenket ſeyn / ungeachtet ich von ihm daſ - ſelbe erlitten / was zuerzaͤhlen ich mich ſchaͤmen mus / und vor dieſem mir wol nie einbilden koͤnnen / daß mir ſolches zuerdulden moͤglich waͤhre; jedoch bitte ich dienſtlich / ihre Durchl. wolle ihn in ſeiner jetzigen Geſtalt herruffen laſſen. Timokles hohlete ihn / mit vertroͤſtung / er ſolte gutes Muhts ſeyn / ſeine Sache koͤnte noch wol gut werden / und beſſer als er je ge - meinet. Als er in den herlichen Saal mit ſeinen Ketten trat / taht er einen demuͤhtigen Fußfall / daß ihm die Augen uͤbergingen / und er vor herzleid kein Wort ſprechen kunte; dann es wahr ihm der begangene frevel von Herzen leid. Fr. Valiſka mochte ſein Elend kaum anſehen / und Fabius ſelbſt hielt davor / er haͤtte vor die ihm fuͤnff Wochen lang an - gelegte Unbarmherzigkeit / nunmehr faſt außgebüſſet; rieff ihm zu / vor den Tiſch zutreten / und ſagete: Orſillos / gedenkeſtu einige Gnade zuerhalten / ſo erzaͤhle alles groß und klein / was vor Arbeit / Schmach und Streiche du mir auffgelegt haſt. Dieſer baht umb gnaͤdig - ſte Erlaſſung; es waͤhre ihm unmoͤglich / ohn Traͤhnen an ſeine Suͤnde zugedenken / und würde ihm das Herz zerſpringen / wann ers noch erzaͤhlen / und ſeinen Gn. Herrn ſo hoch beſchimpfen ſolte. Groß Fürſtin Valiſka ließ ihm ein zimliches Glaß mit Wein reichen / wodurch er etwas kuͤhner ward / und er alles von Anfang biß zum Ende erzaͤhlete / je doch von Kleon als von einem dritten und abweſenden redete. Als nun Fabius darauff den An - weſenden zuvernehmen gab / daß er ſelbſt der Kleon waͤhre; ſagte Artaxerxes; ſo viel deine Beichte meldet / Orfillos / haͤtteſtu vorlaͤngſt am Kreuze buͤſſen ſollen / und hat dein ehmah - liger Fuͤrſt nie keine loͤblichere Taht verrichtet / als daß er dich zum Leibeigenen gemacht hat. Ja / ſagte Groß Fuͤrſtin Valiſka / er hats grob genug gehechelt; jedoch wann er mir ei - nen gnugſamen Buͤrgen ſchaffen kan / daß er hernaͤhſt from werden / und ſolcher Boßheit feind ſeyn und bleiben wolle / hoffe ich ihm noch wol Gnade zuerwerben. Der arme Tropfbegun -40Fuͤnftes Buch. begunte ein Herz zufaſſen / ſahe wol daß der Buͤrge aus ſcherz begehret ward / und gab zur Antwort: Allervortreflichſte Groß Fuͤrſtin; ich bin viel zu unwirdig / daß ihre Durchl. vor mich unwirdigen Suͤnder ein Woͤrtlein verlieren / oder anwenden ſol; wuͤrde mich deſſen auch nim̃ermehr unterſtanden haben / dieſelbe darumb zuerſuchen / wañ nicht die aͤuſſerſte Noht mich gedraͤnget haͤtte; nachdem ich aber mich nicht erkuͤhnen darff / ſolche Herren der Welt / alhie verſamlet / umb Buͤrgſchaft zubegruͤſſen / und geringere Leute / inbetrach - tung ihrer Hocheit / es ſchwerlich verrichten koͤnnen; als wil vor erſt dieſe Ketten euer Durchl. ich verbuͤrgen / mit dem freien erbieten / dafern mich hernaͤhſt einiger Menſch neuer uͤbeltaht wird uͤberzeugen koͤnnen / ich nicht allein aller Menſchen / ſondern auch deꝛ Goͤtter Gunſt und Gnade mich auff ewig verzeihen wil; und wann mein Gn. Herr Fabi - us / des gehorſamſter und ergebenſter Knecht ich die uͤbrige Zeit meines Lebens ſeyn und verbleiben wil / dieſe Buͤrgſchaft uͤber ſich nehmen wolte / haͤtte deſſen Gn. ſich ja keiner Gefahr zubeſorgen / inbetrachtung / dz mir der Kitzel dergeſtalt / wiewol recht nach meinem Verdienſt vertrieben iſt / daß ich mich davor nach dieſem wol huͤten werde; worauff er bitterlich anfing zu Weinen / daß die Traͤhnen von ihm auff die Erde fielen / und Fabius dadurch dergeſtalt geruͤhret ward / daß er zu ihm ſagete: Stehe auff Orſillos / ich wil aller Schmach vergeſſen / und den Zorn wegwerffen / kan demnach wol leiden / daß die Durchl. Groß Fuͤrſtin dich deiner Ketten benehme / und dich in vorige Freyheit ſetze. Der Groß - Fuͤrſtin ſtunden vor mitleiden die Traͤhnen in den Augen / uñſagte zu dieſem elenden Men - ſchen; guter Mann / euer Ungluͤk iſt euch ſehr heilſam geweſen / und eine kraͤftige Arzney / die Boßheit von euch außzutreiben / derẽ ihr vor dieſem ſeid ergeben geweſt; ſo denket nun ſtets an dieſe Gnade / welche euer Gn. Herr / H. Fabius euch jetzo erzeiget / in dem er alle eu - re grobe Beleidigung euch vergeben / und in vorige Freyheit euch wieder hingeſtellet hat. Alſo hatte dieſer Ungluͤkſelige hiemit ſein Elend uͤberſtanden / uñ erteilete ihm Fuͤrſt Phaꝛ - nabazus einen Freybrieff / wurden ihm auch von den Anweſenden Fuͤrſten und Kriegs O - berſten in die 800 Kronen geſchenket / da ihm Fabius uͤberdaß ein Pferd und gutes Kleid gab / und ihn nach ſeinem Geburts Flecken auff ſein voriges Erbgut hinzihen ließ. Als er daſelbſt wolgeputzet ankam / hatte er ſich doch in dieſer kurzen Zeit ſo verendert / daß ihn we - der die Nachbarn noch ſein eigen Weib kennete; und wie er ſich kund gab / wahren als - bald etliche / die ſich nach Frau Statiren macheten / ihr ſeine Ankunft anzumelden / wie ſie kurz nach ſeiner Flucht hatte beſtellet; da ſie alsbald neun Reuter nach ihm ſchickete ihn zu fahen / aber er trat vor die Obrigkeit des Flecken / zeigete ſeinen Freybrieff / und begehre - te Schuz wieder Gewalt / welcher ihm auch geleiſtet ward / da er ſich gegen die Abgeſchick - ten erboht / freywillig mit ihnen zureiten. So bald er auff Nabarzanes Schloß kam / und die Frau ihn ins Geſicht faſſete / befahl ſie ihrem Geſinde / ihn vom Pferde zureiſſen und am Pranger zu tode zuſtreichen. Er aber gab ihr dieſe beherzte Antwort: Gn. Frau / hal - tet ein / ich geſtehe euch durchaus keiner Oberbotmaͤſſigkeit / nachdem ich nie euer Gn. Leib - eigener geweſen / und nun mehr von meinem Gn. Herrn Kleon allerdinge frey geſprochen bin. Was? rieff ſie mit froͤlicher Stimme / lebet dann mein Kleon noch? Er aber blieb in ſeiner Erzaͤhlung / und ſagte: Ja von dem Durchleuchtigen Roͤmiſchen Herrn / welcher den unkeuſchen verfluchten Verraͤhter und Fraͤulein-Raͤuber / den unſeligen Fürſten Go -bares41Fuͤnftes Buch. bares mit ſeiner Hand gefangen genommen / und nebeſt anderen groſſen Herren zum To - de verdammet hat / wie ich ſolches mit meinen Augen angeſehen / und in meinen damahli - gen Ketten nicht zehn Schritte davon geſtanden bin / da ihm der Diebshenker anfangs ſeinen ſchnoͤden Leib auff der Folter zerrete / uñ ihm hernach den Schedel herunter ſchlug / welches ihm noch zur ſonderlichen Gnade wiederfuhr / weil er das Kreuz billicher haͤtte bekleiden ſollen. So begeben ſich demnach eure Gn. dieſes vorhabens / und ehren dieſen Freybrieff / welchen euer und mein jetziger gnaͤdigſter Lands Fuͤrſt / Herr Pharnabazus mir erteilet / als welcher meines gnaͤdigen Herrn Kleons vertraueter bruͤderlicher Freund iſt. Statira laſe den Brieff / und gab ihm zur Antwort: Nachdem euer Herr Kleon euch das Verbrechen verzihen / habe ich mit euch im unguten nicht zu tuhn / ſondern wuͤnſche euch Glük zu eurem Wolſtande. Nabarzanes ſtund dabey als ein traͤumender / und ſagte zu ſeinem Gemahl: Wie / lebet dann Kleon gleichwol noch / und ihr habt mir ihn ſo gewiß Tod geſagt? ſo wird ja niemand als er ſelbſt mich im Bette ſo elendig zugerichtet haben? Was weis ichs ſo eigen? antwortete ſie; und wie haͤtte er bey ſchlaffender Nacht auff un - ſere verſperrete Kammer kommen koͤnnen? es wird etwa ſein Engel geweſen ſeyn / welcher den Frevel an euch nicht hat wollen ungerochen laſſen. Iſt er aber ein ſo gewaltiger Herr / und unſers neuen Fuͤrſten gleimaͤſſiger Freund / ſo ſeid ja bald darauff bedacht / wie ihr Gnade und verzeihung eures verbrechens bey ihm erlanget; Ich vor mich habe ein gutes Gewiſſen / daß ich ihn nicht beleidiget / ſondern mehr als keinen Menſchen in dieſer Welt geliebet habe / wie dann ſeine Tugend ein ſolches wolverdienet. Ihr aber Orſillos / komt / ihr ſolt zur anzeige meiner guten Gewogenheit mit uns zu Tiſche gehen; gedenket des ge - ſchehenen nicht weiter und verſichert euch / daß eure damahlige Geiſſelung von eurem H. Kleon ſelbſt beſtellet /[und] durch jenes Fenſter angeſehen ward. Alles Geſinde verwunder - te ſich dieſer Verenderung / und daß Orſillos mit ihrer Frauen Mahlzeit hielt / welcher nach auffgehobenen Speiſen den ganzen Verlauff mit Gobares erzaͤhlen muſte / und kunte ſie nicht unterlaſſen den Unfall zubeweinen / wovon ſie doch bald abbrach / und nach Kleons Weſen fragete; Welches er alles meldete / und daß er mit ſeinem rechten Nahmen nicht Kleon / ſondern Fabius hieſſe / waͤhre ein Hochaͤdler Herr aus Rom / und des Roͤmiſchen Stathalters zu Padua einiger Sohn / ein Roͤmiſcher Rahts Herr / und Obriſter uͤber ei - ne Legion Roͤmiſches Kriegs Volk / dem ſein H. Vater neulich 6000 Roͤmiſche Reuter zugeſchikt / die ihm auffwarten muͤſten; haͤtte auch Gobares Heer geſchlagen / ihn ſelbſt ge - fangen / und das geraubete Koͤnigl. Fraͤulein / deren an Schoͤnheit / Waffenserfahrenheit / freudlichkeit / Tugend und froͤmmigkeit in der ganzen Welt kein Menſch gleichete / erloͤſet; und eben dieſe Groß Fuͤrſtin / ſagte er / hat durch ihre kraͤfftige Vorbitte mir Gnade und freyheit erworben / da ich ſonſt Zeit meines Lebens in ſchweren Ketten haͤtte muͤſſen zubrin - gen. Iſt dann dieſes Fraͤulein etwa ſeine Liebſte? fragte Statira. O nein / antwortete er: Sie ehret ihn zwar hoch / aber er wartet ihr auff als ein Diener. Es iſt aber ein ander Hꝛ. Groß Fuͤrſt Herkules / deßgleichen durchaus nicht zufinden iſt; alle Fuͤrſten ehren ihn; un - ſer Fuͤrſt Pharnabazus ſtehet ihm zudienſte / uñ iſt faſt gleicheꝛ Schoͤnheit mit dem hoͤchſt - gedachten Fraͤulein / ein Herr / dem die erſten Haar des Barts kaum anzumerken ſind / uñ hat doch den Preiß / das ſein Schwert unüberwindlich ſey; dieſer hat vor wenig TagenfBeyla -42Fuͤnftes Buch. Beylager mit dieſem Koͤnigl. Fraͤulein gehalten; deren Herr Bruder iſt auch daſelbſt / ein herſchender Koͤnig in Boͤhmen / dem 300 aͤdelknaben auffwarten; derſelbe ſol Herrn Fabius meines Gn. Herrn einige Schweſter zum Koͤniglichen Gemahl haben / woraus leicht abzunehmen / was vor ein vornehmer Herr der ertichtete Kleon ſeyn muͤſſe. Pfui ihꝛ blinder unverſtaͤndiger Menſch / ſagte Statira hierauff zu Nabarzanes; kuntet ihr euch daß von mir nicht einbilden laſſen / daß Kleon mehr als ihr und eures gleichen waͤhre? alle ſeine Geberden gabens an den Tag; und was haͤtte ich ſonſt vor Urſach gehabt / ihn zu eh - ren und zulieben? Dieſer wuſte nicht / wo er vor Furcht und Angſt bleiben ſolte / dann er meynete / Kleon waͤhre ſchon vor dem Tohr / ihn zuerwürgen / und ſein Gemahl zu Heirah - ten; baht ſie demnach inſtaͤndig / ihm Gnade bey Kleon zuerwerben / dem er herzlich gerne abtrag machen / und ihm alles abtreten wolte / wañ er nur das bloſſe Leben davon braͤchte. Aber zu ſeinem ſonderlichen Troſte hoͤrete er / daß Fabius ſchon geheyrahtet / und neulich von ſeinem Gemahl Schreiben gehabt haͤtte. Statira ſtellete ſich gleichwol / als wuͤſte ſie wenig Raht / und taht den Vorſchlag / er ſolte 12 Reit Roſſe / die Kleon ſelbſt abgerichtet / mit dem allerbeſten Zeuge belegen / ihm dabey vor etliche tauſend Kronen Kleinot ſchickẽ / und ſelbſt mitzihen / ob er verzeihung erhalten / und in ruhiger beſitzung ſeiner Herſchaft uñ geſchenketen Guͤter bleiben koͤnte; welches alles er gerne einwilligte / ohn daß er baht / ſie moͤchte an ſeine ſtat die Reiſe auff ſich nehmen / weil ſie alles viel leichter erhalten wuͤrde; wozu ſie ſich dann nicht lange haͤtte bitten laſſen / wann nicht ihr Gewiſſen der begangenen Leichtfertigkeit ſie bezichtiget / daß ſie durch die aͤuſſerſte bedraͤuung ihn zu ihrer Liebe ge - zwungen haͤtte. Hierzu kam / daß er weder muͤnd-noch ſchrifftlich ſie grūſſen ließ / welches aber Fabius gereuete / und ihm erſt des andern tages nach Orſillos Abzuge einfiel; Sie hielt demnach vors beſte / es dißmahl mit einem Schreiben zuverrichten; ſchenkete Orſillos 80 Kronen / und baht ihn / ihretwegen nach Perſepolis zureiſen / uñ ihren Dienern Geſelſchaft zuleiſten; als er ſich nun darzu willig finden ließ / ſetzete ſie folgenden Brieff auff.

Dem Durchleuchtigen Roͤmiſchen Herrn / Herrn Fabius / entbeut Statira herzlichen Gruß / und bereitwilligſten Gehorſam; Durchleuchtiger Herr; es beklaget mein Gemahl mir mir / die gro - be Blindheit unſer Vernunft an / daß ihrer Gn. Vortrefligkeit wir unter dem ertichteten Nahmen / oder vielmehr unter dem durch Ungluͤk auffgelegten Deckel der Knechtſchaft / nicht haben erkennen koͤnnen / da dieſelbe doch ſo klar hervor leuchtete / daß die unverſtaͤndigſten ſie mit Haͤnden haͤtte greif - fen moͤgen. Ader ungleich tieffer gehet uns zu Herzen / die groſſe Unbilligkeit / euer Durchl. von uns / wiewol aus unterſchiedlichen bewaͤgungen angelegt / welche zu buͤſſen wir ſo willig als ſchuldig ſind / wann nur einiges Vermoͤgen da waͤhre. Mein Herr / bitte ich demuͤhtig / wolle meinem Gemahl ſeinẽ Unverſtand / und mir die hefftigkeit aus ergebener Seele entſproſſen / gnaͤdig uͤberſehen / und dieſe gro - ben Fehler mit dem Mantel ſeiner hohen Vernunft und Guͤte zudecken / da ſonſt ihre Durchl. einige Begierde / die Errettung ihres Lebens betreffend / an mir geſpuͤret. Wir ſtellen unſere Wolfahrt zu euer Durchl. gnaͤdiger anordnung / und bitten untertaͤhnig / dieſelbe wolle bey unſerm Gn. Fuͤrſten uñ Herrn / Herrn Pharnabazus uns in Gnade und Gewogenheit bringen / daß wir in Beſitz - und Nieſ - ſung unſer Guͤter ohn verunruhet moͤgen geſchuͤtzet werden; uͤberſenden euer Gn die von ihr ſelbſt abgerichteten Pferde / und etliche geringe Sachen dabey / mit bitte / ſolches von uns anzunehmen; er - kennen uns zwar ſchuldig / unſer Verbrechen ſelbſt muͤndlich abzubitten; weil aber wir nicht wiſſen / ob ihre Gn. unſere Gegenwart erleiden koͤnne / ſind wir biß dahin alle Stunden bereit und willig der - ſelben untertaͤhnig auffzuwarten / und deſſen gnaͤdige verzeihung zuſuchen / weſſen Mund und Federzuge -43Fuͤnftes Buch. zugedenken ſich ſcheuet; befehle eure Durchl. dem Schuz aller Goͤtter / verbleibend / als lange ich lebe / deroſelben zu dienſt ergebene / und gehorſame Statira.

Die Botſchaft ward auffs ſchleunigſte fortgeſand / und erwartete Statira mit hoͤch - ſtem verlangen / was vor Antwort ſie von ihrem lieben Kleon bekommen wuͤrde. Es trug ſich aber des folgenden Tages ein klaͤglicher Fall zu / dz der gute Nabarzanes auff der Hirſch - jagt von einem grimmigen Loͤuen unvermuhtlich uͤberfallen / und in ſtuͤcken zuriſſen ward / woruͤber ſein Gemahl ſich anfangs zwar entſetzete / aber weil ſie ſchlechte Liebe zu ihm trug / ſich bald zufrieden gab / und ihm eine ehrliche Leichbegaͤngnis mit zimlichen Koſten auß - richtete.

Zu Perſepolis hatte man acht Tage in freuden gelebet / nach deren Endung man ſich des Krieges nach aͤuſſerſtem Vermoͤgen annam / und wurden die Voͤlker ihren Feld Her - ren / wie oben gemeldet / angewieſen / denen ſie gleich ſo wol / als der Fuͤrſtlichen Verbünd - nis ſchwoͤren muſten. Herkules ſahe vor gut an / daß man mit dem Feldzuge eilete / damit der Feind nicht auff Perſiſchem Boden feſten Fuß ſetzete / welches ohn gaͤnzliche verder - bung des Landes nicht geſchehen wuͤrde / und waͤhre nicht beſſer Kriegen / als wann man die Pferde an Feindes Krippen buͤnde; dann ob ſie gleich daſelbſt ungeladen kaͤhmen / hülf - fe ihnen doch dz Futter ungleich beſſer / als da mans ihnen kaͤrglich muͤſte zumaͤſſen. Her - nach hielten ſie Kriegsraht / ob ſie gar abſonderliche Heere fuͤhren / oder alle Voͤlker zuſam - men floſſen wolten / und bekahmen von Charas durch ihre heimliche Kundſchaffer Zei - tung / daß Artabanus auff Syſimithres Wiederkunft loßbrechen / und ſelbſt mit zufelde gehen wuͤrde; Woraus Artaxerxes muhtmaſſete / daß er ſeine ganze Macht in ein Heer zu - faſſen geſinnet waͤhre / weil er ſolcher Art ſich ſtets gebrauchete / und ſie daher zurahte wur - den / ſich auff eben die Weiſe zuſetzen; wurden alſo alle Fuß Voͤlker zuſammen gefuͤhret / welchen Artaxerxes ſelbſt vorſtehen wolte / nebeſt dem Mediſchen Groß Fürſten. Herku - les und Pharnabazus nahmen die Mediſchen / Aſſyriſchen und Suſtaniſchen Reuter ſamt den Teutſchen und 6000 geworbenen / das ihr Heer in 92000 Mann beſtund. Ladiſla hat - te die Perſiſchen / Hirkaniſchen / Baktrianiſchen / Margianiſchen / Ariſchen und Drangia - niſchen nebeſt ſeinen Boͤhmen und 2000 Geworbenen / die ingeſamt 80000 Mann auß - trugen. Fabius hatte den Vorzug mit allen Roͤmiſchen / deren 7000 / nebeſt ſeinen eigenẽ Geworbenen 1000 / und noch 10000 anderen Geworbenen / ingeſamt 18000 Reuter. Ar - bianes mit ſeinem fliegenden Heer / 14000 ſtark / begleitete das Frauenzimmer / und wur - den die Elefanten zwiſchen das Fuß Volk gefaſſet / welches mit den Elefanten-Schuͤtzen 161000 außtrug. Artabanus feirete auch nicht an ſeinem Orte / weil ihm ſeiner Feinde Macht von unterſchiedlichen Laͤndern und Staͤdten zugeſchrieben ward / daher er ſich um Mannſchafft ſehr bewarb / auff daß er den unſern mit der Menge moͤchte uͤberlegen ſeyn / bekam deren auch eine groſſe Anzahl / weil die wenigſten der Fürſtlichen Verbuͤndnis ſich des Abfals durfften merken laſſen / ſondern ihm freie Werbung geſtatten muſten. Seinen Auffbruch hinderte nichts als des Skytiſchen Heeres anzug / und ſeines Geſanten Syſi - mithres Wiederkunft / deren er zuvor erwarten uñ die Antwort wiſſen wolte / weil er durch Bagophanes Einbildungen ſich einer gewuͤnſcheten Verrichtung vermuhten wahr / daß er ſich ſchon gegen denſelben vernehmen ließ / wie mit harten Straffreden er das Fraͤuleinf ijanfah -44Fuͤnftes Buch. anfahren / und ihren Bruder und Oheim die eine Stunde vor Koͤnige in Perſen und Me - den erklaͤren / und die andere Stunde ſie lebendig ſchinden laſſen wolte. Aber O wie ging ihm dieſer Anſchlag ſo gar zu nichte / als der Geſante ſich wieder einſtellete / welcher ſich der lauteren Warheit gebrauchen wolte / und mit duͤrren Worten andeutete / mit was ſchlech - ter ehrerbietung die Koͤniglichen Brieffe waͤhren angenommen / und hoͤniſch verlachet worden; und ob gleich das Fraͤulein zimliche Hoͤfligkeit gebrauchet / waͤhre es doch nur bloß zum ſcheine geſchehen; maſſen ſie in Gegenwart nicht allein der Fuͤrſten / ſondern al - ler vornehmen Herren und Kriegs Obriſten ſich oͤffentlich verlauten laſſen; ſie haͤtte den Koͤnig zuentleiben den fleifen Vorſaz gehabt / dafern die Rettung dem falſchen Valikules ſolte gefe[hle]t haben; ihr Bruder aber hinzugetahn / daß er ſeine Schweſter lieber erwuͤrgẽ / als ſie Artabanus / (ſo ſchlecht hin haͤtte er ſeine Koͤnigl. Hocheit genennet) zum Gemahl goͤnnen wolte; und waͤhre endlich das ganze Weſen dahinaus geſchlagen / daß er ſelbſt haͤt - te muͤſſen anſehen / wie Herkules ſich mit ihr ehelich vertrauet / und des Abends ſie mit ſich nach Bette gefuͤhret / da ſie bey dem Hochzeit Feſte in den übergeſchikten Kleidern uñ Klei - noten nicht anders gepranget / als ob ſie dieſelben dem Koͤnige als eine Beute abgenom̃en haͤtte. Nach welcher erzaͤhlung er mit einer bewaͤglichen Rede anfing den Koͤnig von die - ſer Liebe / die nunmehr unmoͤglich waͤhre / abzurahten. Es hoͤrete aber Artabanus dieſe Zeitung mit groſſer Ungeduld und eiferiger Bewaͤgung an / daß er meynete vor unmuht zuberſten / ſchwuhr auch bey ſeinem Haͤupte und Reichsſtabe / dieſe Schmach und belei - digung dergeſtalt zuraͤchen / daß alle Welt ein Beyſpiel daran nehmen ſolte; und kunte dañoch die Liebe nicht daͤmpffen / ſondern wie unmoͤglicher man ihm die eingebildete nieſ - ſung machete / je heftiger er darnach ſich ſehnete / daß er nicht umbhin kunte / ſeinem Bago - phanes zuvertrauen / er wolte nicht deſtoweniger Herkuliſken zum Gemahl haben / ſo bald er den Erzverraͤhter Valikules hingerichtet haͤtte. Daß nun ſolches zeitig gnug ins Werk gerichtet wuͤrde / befahl er alle Voͤlker vor Charas zuverſamlen / deren algemeiner Heer - ſchauung er ſelbſt beywohnen wolte. Der gebohrnen Parther wahren 120000 zu Roß / uñ 60000 zu Fuſſe. Das Skytiſche Heer beſtund in 70000 Reutern und 20000 Lands - knechten / unter welchen 10000 freywillige wahren. Die Geworbenen auß allen Landſchaf - ten erſtrecketen ſich auff 80000 zu Pferde / und 100000 zu Fuſſe; und hatten ſich noch viel Indianer / als 26000 Reuter und 14000 Fußgaͤnger von ihm beſtellen laſſen / daß alſo ſei - ne Reuterey 296000; dz Fuß Volk aber 194000 Mañ ſtark wahr; ein Heer von 490000 Koͤpffen. Sie wahren ſchon alle mit Gewehr wol verſehen / und durch taͤgliche Ubung zum Schimpff und Ernſt abgerichtet / beydes in Feldſchlachten uñ beſtuͤrmung der Staͤd - te und feindlichen Lagers ſich gebuͤhrlich zubezeigen / dann Artabanus wahr nicht willens lange zuſpielẽ / ſondern in einem Ruk alles zuuͤberwaͤltigẽ / damit ja die fremdẽ aus Teutſch - land mit der ſchoͤnen jungen Frauen ihm nicht über Meer entgehen moͤchten. 500 Elefan - ten hatten 12000 Schuͤtzen auffgeladen / bey denen Artabanus ſich ſelbſt wolte finden laſ - ſen / und wurden zwiſchen das Fuß Volk eingeſchloſſen / uͤber welches ein gewaltiger Par - thiſcher Fuͤrſt / Herr Pakorus geſetzet wahr / ein Held / ſonderlich zu Fuſſe zuſtreiten / deß - gleichen in allen Morgenlaͤndern nicht zu finden wahr / weil er nicht allein guter Faͤuſte / und treflicher Kraͤfte und erfahrenheit / ſondern dabey vorſichtig / verſtaͤndig und Tugend -haft /45Fuͤnftes Buch. haft / auch eine Schlacht zu ordnen geſchikt wahr. Die Partiſche Reuterey ward in drey Teile geſetzet; den erſten fuͤhrete Dorylaus zum vortrabe / ein verwaͤgener Menſch / und be - ſtund in 40000 Reutern / als 26000 geworbenen / 10000 Parthen / und 4000 Skythen. Den linken Fluͤgel befehlichte Fuͤrſt Oſazes / ein Ritter von groſſer Leibeskraft / der in rit - terlichen uͤbungen nie unten gelegen wahr. Sein Heer begrief in ſich 55000 Parthen / 66000 Skythen / und 7000 geworbenen / ingeſamt 128000 Koͤpffe. Den rechten Fluͤgel hatte Fuͤrſt Vonones des Koͤniges naher anverwanter / uñ ein außbund eines guten Feld - Obriſten; er fuͤhrete 55000 Parthen / 26000 Indier / und 47000 geworbene / wahr alſo gleich ſo ſtark als Oſazes. Ein Sogdianiſcher Herr / nahmens Arimazes / wahr uͤber die 1200 Eiſerne Streitwagen geordnet. Der geſtrichene Madates uͤber die 12000 Elefan - ten-Schuͤtzen; und Fuͤrſt Vologeſes wahr algemeiner Feldmarſchalk uͤber das ganze Koͤ - nigliche Heer. Als dieſe erſchrekliche Macht gemuſtert ward / ſaß Artabanus auff einem hohen Turm / von dannen er alles eigentlich wahrnehmen / und das ganze Heer uͤberſehen kunte; ſein Fuchsſtreicher Bagophanes ſtund neben ihm / und fuͤllete ihn mit Hoffnung von oben an biß unten aus / wie es moͤglich waͤhre / daß die abtruͤñigen Auffruͤhrer ſo groſ - ſer Macht wiederſtehen ſolten / unter welchen kein unduͤchtiger Mann waͤhre. O wie hef - tige Reue wird dem Koͤniglichen Fraͤulein in wenig Tagen kommen / ſagte er / daß ſie eure Hocheit verlaſſen / uñ an den unbaͤrtigen Laffen ſich gehenket hat / welcher die erſten Fruͤch - te ihres ſchoͤnen Leibes gebrochen / zu deren nieſſung niemand / als ihre Hocheit berechtiget iſt; jedoch kan eine ſchoͤne junge Witwe auch noch wol ihren Mann erfreuen / die ich dann in kurzen gedenke eurer Hocheit zuzuführen. Artabanus ward hiedurch ſo enttzuͤndet / daß er vor ungeduld nicht zu bleiben wuſte; die Seufzer brachen ihm loß / uñ fing an zu ruffen; O du außbund der ungefaͤrbeten Schoͤnheit / du allerholdſeligſte Herkuliſka; wie haſtu doch aus getrieb einer toͤhrichten Liebe die hoͤchſte Ehr dieſer Welt verlaſſen / und mit Leib und Lebensgefahr dich von hinnen machen koͤnnen / da dir doch alles / was dein Herz wuͤn - ſchete / gegoͤnnet / und willig eingereichet ward; dir ſtund frey / mein Blut in meinen Anveꝛ - wanten und liebſtem Sohne zuvergieſſen; mehr Verehrungen haſtu meinetwegen em - pfangen / als niemahls einige Koͤnigin vor dir; und mochte doch dieſes alles deine Dank - barkeit nicht heraus locken. O du nichtiger boßhafter Valikules / haͤtteſtu dir nicht irgend - wo ein Weib uñ Beyſchlaͤfferin ſuchen koͤnnen / du muſteſt uns dañ den treflichſten Schaz unſer Seelen diebiſcher Weiſe entführen? Nun nun! wir muͤſſen / wiewol ungern / dir die erſten Blumen und Liebesnieſſung goͤnnen / aber wuͤſteſtu / wie teur ſie dir ſtehen wird / du ſolteſt dich nicht ſo bald daran vergriffen haben; dañ wir wollen dich an allen deinẽ Glied - maſſen / ſonderlich / die uns am meiſten beleidiget / dergeſtalt peinigen und quaͤlen / daß du ein Beyſpiel ſeyn ſolt der ganzen Welt; damit hinfuͤro niemand ſich geluͤſten laſſe / derglei - chen frevel und muhtwillen an Koͤniglichen verlobeten Fraͤulein zubegehen. Aber ruffe mir Syſimithres her / ſagte er zu Bagophanes / daß er uns außfuͤhrlich erzaͤhle / in was Schoͤnheit er ſie leztmahl geſehen. Dieſer merkete / daß den Koͤnig ſolches zuhoͤren / die un - nuͤtzen Begierden antrieben / gedachte deßwegen / alle ſeine Reden dahin zurichten / daß ihm die vergebliche Liebe moͤchte benommen werden / und ſagte: Allergnaͤdigſter Koͤnig; die Schoͤnheit / ſo ich leztmahl an der Groß Fürſtin Valiſka geſehen / kam alle von ihrer Groß -f iijKoͤnig -46Fuͤnftes Buch. Koͤnigl. Hocheit her; ſie hatte nicht ein Faͤdemchen an ihrem Leibe / den ſie nicht aus den mit uͤberbrachten Laden entlihen haͤtte / und ob gleich dieſe Außreiſſerin ſich damit ein groſ - ſes duͤnken laͤſſet / ſo iſt es ihrer Koͤnigl. Hocheit doch ein geringer Verluſt / als welche noch wol ihr ganzes Frauenzimmer auff ſolche Weiſe außputzen koͤnte / ohn einigen Abbruch ih - res unermaͤßlichen Schatzes. Ey du einfaͤltiger / ſagte Artabanus; beſtehet dir die Schoͤn - heit dañ in den Kleidern / ſo laß dir ein wolgepuztes Leibes-heßliche Baurenſtuͤk oder Dir - ne herzufuͤhren / alsdañ wird ſie dir ſchoͤn genug ſeyn. Wir fragen nicht / was vor Kleider unſer Fraͤulein am Leibe getragen / ſondern wie ihr dieſelben angeſtanden; ja vielmehr was vor Schoͤnheit an dem entbloͤſſeten teile ihres unvergleichlichen Leibes ſich ſehen laſſen. Eure Koͤnigl. Hocheit / antwortete er / fodern von mir etwas / deſſen ich entweder keinen Verſtand habe / oder doch mit euer Hocheit ungleicher Meynung bin. Doch vor erſt hat ſie einen menſchlichen Leib / wie andere Weibesbilder / nur daß die zarte Haut und weiſſe Farbe / ſie bey uns Morgenlaͤndern ſelzam machet / welches aber den Mitternaͤchtigẽ nichts neues iſt / als die von der Sonnen nicht gefaͤrbet werden / wie wir dieſes Orts. Solte ich nun meines Herzen Meynung von mir ſagen / ſo halte ich dieſe Farbe an ihr vielmehr vor eine Unvolkommenheit / als vor eine Zierde / dann ſie ruͤhret anders nirgendher / als von der Ungluͤkſeligkeit ihres Vaterlandes / da die Sonne / als gar zu weit entfernet / den Menſchen die gebuͤhrliche Farbe nicht anſtreichen kan / ſondern ſie erbleichẽ laͤſſet. Man betrachte nur einen Kirſch - oder Pflaumen-Baum / deſſen eine Seite durch ſtaͤter beſchattung des zu nahe ſtehenden Gebaͤues / von der Sonnen abgekehret iſt; ob nit daſelbſt die Fruͤchte bleich und ungefaͤrbet blieben / ſo daß man ſie nicht eins genieſſen kan. Ich halte davor / es ſey mit den Menſchen unterſchiedlicher Landes Arten gleich alſo; aber die der Sonnen und ihrer Wirkung genieſſen / ſind ohnzweifel die volkom̃enſten; uñ wird demnach mir kein Menſch nicht einbilden / daß mein Gemahl / die fein braͤunlich / und an allen Gliedern geſetzt / nicht ſolte ungleich ſchoͤner / als dieſe junge Groß Fuͤrſtin ſeyn. Ich werde aber auch ihre Sitten und Geberden etwas beruͤhren muͤſſen; dieſe nun ſtraff ich nicht / nach dem aͤuſſerlichen An - ſehen / und kan wol ſein / daß ſie von ihrem wol unterwieſenen Frauenzimmer hieſelbſt / ſol - che Hoͤfligkeit gefaſſet; aber andere weibliche Tugenden finde ich in zimlicher ſparſamkeit bey ihr. Dann vor erſt iſt ſie blutgierig; durfte nicht allein in ihrer Koͤnigl. Hocheit anwe - ſenheit / den beruͤmten Fuͤrſten / Herꝛn Vologeſes den jüngeꝛn erſchieſſen / ſondern ſie beruͤm - te ſich offentlich / in aller andern Gegenwart / daß ſie den treflichen Koͤniglichen jungen H. Herrn Gotarzes mit ihrem Brodmeſſer entleibet; ja wie ſie ihre Koͤnigl. Hocheit ſelbſt im Braut Bette haͤtte auffopffern wollen / wie ſolches ehmahls einem Aſſyriſchen Feld - Herrn Holofernes von einem Judiſchen Weibe / nahmens Judith ſolte begegnet ſeyn. Nun ſind ja die erſten beyden Mordtahten ihr gegluͤcket / und grauet mir nicht wenig / wañ ich an das dritte gedenke / daß vielleicht haͤtte koͤnnen ins Werk gerichtet werden; daher wir den Parthiſchen Schuz Goͤttern billich danken / daß ſie dieſes unaußſprechliche Ubel gnaͤ - dig abgewendet / und ein ſolches moͤrderiſches Fraͤulein aus unſerm Lande verbannet ha - ben. Mag demnach der weißmaͤulichte Herkules ſich eine Zeitlang mit ihr ſchleppen / biß ſie ſeiner muͤde wird / wie ſie mir dañ ſehr unbeſtaͤndig vorkomt; hernach wird ſie ihn ſchon abſchlachten / und einen friſchen Reuter ſuchen. Bagophanes ſahe / daß dieſes lauter toͤdli -che47Fuͤnftes Buch. che Dornen / ja Schwerter-Stiche in Artabanus Herzen wahren; gedachte deßwegen ſich durch eine verantwortung beliebet zu machen / und fing alſo an: Ich weiß nicht / Herr Syſimithres / ob ihr nicht allein der Vernunfft abgedanket / ſondern gar bloͤder Augen und unſinlicher Sinnen worden ſeid / in dem ihr laͤſtern und ſtraffen duͤrffet / was alle Menſchẽ ruͤhmen / und Groß Koͤnigl. Hocheit ſelbſt vor ihren unvergleichlichen Schaz haͤlt. Drey - erley habt ihr an dem vortreflichſten Fraͤulein der Welt (ja ich halte ſie noch vor ein unbe - ruͤhrtes Fraͤulein; maſſen die Parthiſchen Goͤtter dem Diebiſchen Raͤuber Herkules das Vermoͤgen nicht goͤnnen werden / ihr den genies abzurauben / welcher ihrer Groß Koͤnigl. Hocheit einig und allein zuſtehet / ſondern ſie werden ihn laͤhmen und ſchaͤnden / als der des guten unwirdig iſt) ſo ſage ich nun; dreyerley habt ihr an dieſem unvergleichlichen Fraͤu - lein getadelt und beſchimpffet / wo nicht gar geſchaͤndet; vor erſt / ihres Leibes allerzarteſte Schoͤnheit; hernach ihrer Sitten und Geberden hoͤchſtwolgeſtalte bildung; und endlich ihre Liebesneigungen gegen unſern groſſen und hoͤchſtherſchenden Koͤnig. Das lezte muß ich im aufange wiederlegen / dañ es deucht mich das wichtigſte ſeyn. Hier ſprechet ihꝛ nun; das Fraͤulein habe ſich eines vorgehabten Mordes gegen unſern hoͤchſtgedachten Koͤnig vernehmen laſſen. Ja wer hats gehoͤret? Herr Syſimithres. Hat ſie es ihm dann in ver - trauen gebeichtet / und da ſie mit ihm allein wahr / daß ſie nach ihrem Willen reden durfte? Nein; in gegenware ihres Bruders und Oheims / der beyden Wuͤteriche / welche ſie hier - zu gezwungen. Ey daß waͤhre wol ein ſtatlicher Beweißtuhm / daher man der Fraͤulein ei - gentlichen Willen urteilen ſolte? Sie hat Bagophanes ihres Herzen Meynung wol auf andere Weiſe entdecket / mein Herr Syſimithres; da ſie mit mir einen Abtrit in ein Ne - bengemach nam / und ſich beklagete / was geſtalt der Zaͤuberer Valikules / der ja ſein Antliz verendern kan / wie oft / und auff was Art er wil / ſie durch ſeine Schwarzkunſt Wizloß ge - macht / uñ als im tieffen Schlaffe entfuͤhret / daß ſie noch nicht wiſſen koͤnne / wie ihr geſche - hen ſey; welches ich dann umb ſo viel gewiſſer ſeyn halte / weil auch ihr Angeſicht allerdin - ge iſt verendert geweſen / und ihr Wirt / da ſie geherberget / ſolches bezeugen kan / wie er auch ſchon aͤidlich daruͤber iſt befraget worden. O wie beklagete ſie gegen mich / daß ſie dem Al - lergroßmaͤchtigſten Koͤnige entfuͤhret / ſich ohnzweifel rechtſchaffen würde muͤſſen ſtreichen und ſtaͤupen laſſen / weil ſie nicht unterlaſſen koͤnte / nach ihm zu ſeufzen; und waͤhre ihr noch dieſe Hoffnung uͤbrig / ihr allergnaͤdigſter Koͤnig / der einige Schaz ihrer Seelen / wuͤrde ſich ihrer erbarmen / und mit dem Schwerte ſie loßmachen. Sehet Herr Syſimithres / diß iſt ihr vorgenommener Mord; diß iſt ihr verborgenes Meſſer im Luftweher; ja freilich im Luftweher / das iſt / in der tichtung / die in der Luft verwehet wird. Aber ſie ſol ja den trefli - chen Fuͤrſten Gotarzes entleibet haben. O ein neues Gedichte! zu welcher Zeit? an was Orte? etwan auff ihrem Schloſſe? ey fraget ihr Frauenzimmer / ob ſie deſſen einige Wiſ - ſenſchaft habe; oder anderswo? warumb weiß dann Koͤnigl. Hocheit nichts drumb? Es iſt wahr / daß der junge Fuͤrſt verlohren worden / aber weit von hinnen; nicht auff dem We - ge Perſenwerz / ſondern nach Indien zu / woher er ein Kriegs Heer ſeinem Herr Vater uñ Koͤnige zufuͤhren wollen. Vologeſes niederſchuß haben weder ihr noch ich zu rechtfertigẽ / welchen Groß Koͤnigl. Hocheit ſelbſt gebillichet / dabey es ſeyn verbleiben hat. Alſo werdet ihr nun lernen / Herr Syſimithres / daß ihr nur durch ein blindes ſchrecken auffgezogenſeid /48Fuͤnftes Buch. ſeid / und das Fraͤulein nicht anders hat reden oder ſich anſtellen duͤrffen. Nun muͤſte ich mich bemühen / der Fraͤulein Sitten und Geberden zubeartigen; ja wann einiger Gebrech der Volkom̃enheit daran erſchiene; wer hat jemahls etwas volſtaͤndigers an einem Fraͤu - lein geſehen / als wann dieſe unvergleichliche gehet / ſtehet / ſitzet / tantzet / und nach Standes unterſcheid ſo mañiche Art im empfahen / anreden / handbieten abzuwechſeln weis / dz mans nur mit entzücketer verwunderung anſehen muß. Aber Herr Syſimithres wil Groß Koͤ - nigl. Hocheit bereden / ihr Frauenzimmer zu Charas habe ſie ſolches gelehret. Ey gehet hin mein Herr / und fraget / die meiſten ſind annoch verhanden / welche unter ihnen Meiſte - rin geweſen; und wann ihr in dieſem Stuͤk die Warheit an euer Seiten habet / wil ich al - les gelogen haben / ſonſten richte ich euch uñ euer übriges nach dieſem. Ich muß mich aber faſt zum Schiefer lachen uͤber der Vergleichung zwiſchen dem allerſchoͤnſten Fraͤulein uñ eurem Gemahl / deren Ehre ich durchaus nicht ſchaͤnde / weil nie keiner gehoͤret / daß derſel - ben einiger ſolte nachgeſtellet haben; Aber mein Herꝛ / die reizungen / verzeihet mir / ſind auch nicht darnach / from iſt ſie / auch einfaͤltig und bloͤde gnug / aber ſchoͤnheit halben habt ihr ſie nicht geheyrahtet / und gedenke ich noch wol / daß ihre Fr. Mutter zu ſagen pflag; Wie ha - ben doch zween gnug ſchoͤne Ehegatten eine ſo ungeſchaffene Tochter zeugen koͤnnen? und wie werde ich dereins meiner Odatis loß werden? ich muß ihr verſtelletes Angeſicht mit Kleinoten bedecken / und ihren ſchwarzgelben Leib mit dickem Silberſchaum und Perlen vermahlen; gehet ſie dann gleich etwas krum / wil ich ſie mit guͤldenen Stuͤtzen gerade ſtel - len / und ihre Ungeſtalt mit klingenden Pfeñigen noch wol beliebet machen. Ich ruͤcke euch dieſes nicht auff / Herr Syſimithres / nur allein beweiſe ich / das eure Urtel / die Schoͤnheit betreffend / ja ſo vernuͤnfftig ſey / als dieſer Stab. Dann lieber ſaget mir; hat auch wol ei - niger Menſch ein Fraͤulein von ſo uͤberaus wolgeſtalten Gliedmaſſen geſehen / als dieſe iſt; betrachtet / bitte ich / ihr Haͤupt uñ Angeſicht; das guͤldene Haar / die glatte erhabene Stirn / die gleichgezogenen Augenbrahnen / die lachenden Auͤgelein / wahrlich zwo reitzende Son - nen an dieſem Liebes-Himmel. Was ſol ich von den weder geſchwollenen noch eingeſenke - ten Waͤngelein ſagen? deren rohtes dem weiſſen einen unbeſchreiblichen Glanz erteilet / und dannoch ſich anders nit anſehen laͤſſet / als ob dieſe Farben einẽ ſtetswehrenden Streit untereinander fuͤhren / welche unter ihnen dem Fraͤulein die anmuhtigſte behaͤgligkeit er - teile. Die Naſe iſt nach allem Wunſch gerade / und durchaus nicht brackig; die Lippen trotzen den Rubinen / die Zaͤhne dem Helffenbein / der Odem den allerwolrichenſten Kraͤu - tern. Aber O des Honigſuͤſſen Zuͤngeleins / daß kraͤftig gnug iſt / die todten zum Leben zu er - wecken. Und wer hat jemahls ein anmuhtiger Kin geſehen? verzeihet mir / ihr pflaumen - weiche Alabaſter Haͤndichen / daß ich weder euch noch eure Fingerlein / die zehn ſchmeidi - ge Liebes-pfeilichen / ſo das Herz durchboren / zubeſchreiben weis / ſondern nur erſtumme / wann ich die lebendigen Demant Naͤgel an ihnen betrachte. Gewißlich / ihr Haͤndichen / da ich / euch zuküſſen und zuberuͤhren gewirdiget wahr / dauchte mich / es waͤhre ein goͤttlich Fleiſch. Das voͤllig geſezte / uñ laͤnglicht geſtreckete Haͤlſelein wird weder Praxiteles durch alle ſeine Kunſt aus einem Marmel nachbilden / noch Apelles mit ſo hoher Farbe anſtrei - chen koͤnnen. O der gleichmaͤſſigen wolgefügten Schuldern! weiter gehenicht Bagopha - nes / mit deiner kuͤhnheit / ob du gleich die Apfel-rund-erhobenen Bruͤſtlein mit einer zartenLinne49Fuͤnftes Buch. Linnewad eingehuͤllet / aber nie etwas wolſtaͤndigers oder anmuhtigers geſehen haſt / und deine Augen nicht den allergeringſten Unterſcheid der Zierligkeit und groͤſſe an dieſen ein - traͤchtigen Zwilling-Rehen merken kunten. Wer nun mir nicht glaͤuben wil / der frage ihr hieſelbſt anweſendes Frauenzimmer / ob ſie ſich unterſtehen duͤrffen / ihres Buſems vol - kommenheit außzureden. Das uͤbrige ihres Leibes bleibet noch zur Zeit allen Mannesbil - dern verborgen / biß ihre Groß Koͤnigl. Hocheit ſie wieder bekommen wird; dañ ich weiß / daß ſie dem Laffen Herkules ſolches nimmermehr ſehen laͤſſet. Dieſes alles nun darf Herꝛ Syſimithres nicht allein geringe ſchaͤtzen / ſondern es gar als eine Gebrechligkeit verwerf - fen. Aber er ſage mir / bitte ich / aus was Urſachen er die zarte Haut und ſchneweiſſe Farbe ein Haͤupſtük der Schoͤnheit ſeyn / leugnet? kan er etwa die ſchaͤrffe der Haut / und ſchwaͤrze der Farbe ohn anhang der heßligkeit ihm wol einbilden? ja / ſpricht er; die ſchwarzen Kir - ſchen und Pflaumen ſind beſſer dann die weiſſen. Ey der ungereimten Vergleichung! H. Syſimithres / wiſſet ihr nicht / daß dieſer gewaͤchſe Schoͤnheit in der ſchwaͤrze beſtehet? iſts aber mit den Weibsbildern auch alſo beſchaffen / ey ſo iſt trauen eure Odatis noch lange nit ſchoͤn genug / ſondern ihr muͤſſet ſie in die Schwarzfaͤrbe ſchicken; oder fürchtet ihr was ungenehmes von den Faͤrberknechten / ſo fahret mit der Schwarzbuͤrſte uͤber ihren Leib / wie euer Junge uͤber die Stieffeln / ſtellet ſie an die Heerſtraſſe / und fraget / ob ſie dann nun nicht ſchier hübſch und ſchoͤne gnug ſey. Ja ja Herr Syſimithres / wir müſſen nunmehr die Weiber nach euer Urtel aus Morenland hohlen / da es ihnen an der Sonne nicht ge - bricht / ſondern ſie ſchwarz genug gefaͤrbet werden. Deucht euch aber dieſes ungereimet / ſo beſchuldiget hinfuͤro die liebe Sonne nicht / umb das ſie dieſes allerſchoͤnſte Fraͤulein nicht ſchwarz faͤrben wollen / und lernet die Unguͤltigkeit euer gleichnis von den Pflaumen Baͤu - men / aus meiner vielbeſſern erkennen. Wann ihr grobe und zarte Linnewad an die Sonne außleget / welche machet ſie doch am weiſſeſten? die grobe / oder die zarte? Es iſt hie keiner Nachfrage von noͤhten / die Bauren Maͤgdlein wiſſens wol. Nur dieſes einige hat etwas Schein / daß ihr ſaget / die weiſſe Farbe ſey bey den mitternaͤchtigen Voͤlkern gemein. Ge - ſetzet; ſind aber die Weibsbilder alle bey ihnen ſo zart / ſo wolgeſtalt / ſo artig gegliedert? und laſt es ſeyn / daß die Farbe von ihrer Landesart / und gemein ſey; ſo iſt ſie uns aber ſelzam uñ fremde. Das ſelzame aber wird immer am hoͤchſten geſchaͤtzet / wo es deſſen ſonſten wert iſt. Was machet den Tyriſchen Purpur in andern Laͤndern teur? je weil man ihn daſelbſt nicht zurichten kan. Nun Herr Syſimithres / ſo laſſet doch die Schoͤnheit dieſer unver - gleichlichen Fꝛaͤulein unangefochten uñ ungeſchaͤndet / wovon euch abzuhalten dieſes gnug ſeyn ſolte / daß ſie unſerm allergnaͤdigſten Koͤnige gefaͤllet / deſſen Urtel und Wille ja den eu - ren billich zum gehorſamen Untertahnẽ haben ſol; wiewol bey deſſen Groß Koͤnigl. Hoch - heit euch zuverunglimpfen ich durchaus nicht geſonnen bin / ſondern vielmehr darlege uñ erweiſe / daß euer I[r]tuhm nicht aus Vorſaz oder wiederſpenſt[i]gkeit / ſondern bloß aus un - bedachtſamen unverſtande / in dieſer Sache zu urteilen / herruͤhret / und ihre Groß Koͤnigl. Hocheit euch deßwegen allergnaͤdigſt verzeihen wird. Artabanus wahr durch dieſe Be - ſchreibung der Schoͤnheit und Wiederlegung der Syſimithriſchen gruͤnde in allen ſeinen bewaͤgungen zugleich auffgemuntert; er kunte weder den Liebesreizungen / noch dem über Syſimithres gefaſſeten Eifer ſteuren / daher er mit raſender Stim̃e alſo loßbrach: Dem -gnach50Fuͤnftes Buch. nach du ungehorſamer wiederſpenſtiger Bube dich unterſtehen darfft / daſſelbe ſchimpflich zuverachten / welches wir uns ſonderlich außerſehen / und es zuerlangen / Leib und Gut wa - gen wollen / haſtu dich forthin keiner Koͤniglichen Gnade mehr zugetroͤſten; uñ ob du zwaꝛ dein Leben verwirket haſt / wollen wir doch nach der ſchaͤrffe nicht verfahren / ſondern du ſolt in das Untergemach dieſes Turms gehen / biß wir uns einer gewiſſen Straffe erklaͤret haben. Der erſchrockene Menſch fiel vor ihm nider / und baht ſehr klaͤglich / ihm ſeine un - bedachtſame Reden allergnaͤdigſt zuverzeihen / weil er ſie boͤſer Meynung nit vorgebracht / ſondern in den Gedanken geſtanden / ihre Hocheit haͤtten einen ungnaͤdigen Willen auff das Durchl. Fraͤulein geworffen / wolte ſich hinfuͤro wiſſen zuhuͤten / auch ſonſt in allen be - gebenheiten ſein Blut und Leben vor ihrer Hocheit Wolfahrt willigſt anwenden. Weil dann Bagophanes auch ſehr vor ihn baht / uͤberkam er endlich verzeihung / jedoch mit dem bedinge / daß da eꝛ dieſes Geſpraͤch einigem Menſchen offenbahꝛen wuͤrde / er eines ſchaͤnd - lichen todes ſterben ſolte. Hiedurch ward Syſimithres gewitziget / ſeiner Zungen Frey - heit zu maͤſſigen / und in dem er ſeines Koͤniges beſtes ſuchete / zugleich auch ſeiner eigenen Wolfahrt wahr zunehmen; dann groſſe Herrn koͤnnen von ihren Untertahnen die Un - terweiſung zum guten nicht wol annehmen / inſonderheit wann ſie einer wuͤteriſchen Art ſind / und ihren Willen zur Richtſchnur der Erbarkeit ſetzen; aber den Ohrenblaͤſern und laſterhaften / und die alle Tugend / ſo wieder des Koͤnigs Willen ſtrebet / unterdrücken / de - nen ſtehet gemeinlich der Fuͤrſtliche Saal offen / welche man doch billich mit verfluchung und inſtendigem Gebeht der unmuͤndigen Kinder toͤdten ſolte / weil von ihnen alle Landes verderbung herruͤhret / und umb ihretwillen die frommen ſolche Straffe uͤber ſich nehmen muͤſſen / welche ſie nicht verſchuldet haben. O des gluͤkſeligen Landes / deſſen Fuͤrſt oder Koͤnig nicht gedenket / er koͤnne allein rahten / ſondern hoͤret auch die / ſo bey redlichen Leutẽ wol geachtet ſind / inſonderheit / wann ſie nicht ſo ſehr auff die bereicheꝛung ihrer ſelbſt oder der Fuͤrſtlichen Schazkammer / ſondern auff des Fürſtlichen Hauſes und des Landes wol - fahrt ſehen. Wie leicht iſt es geſchehen / daß ein boßhafter Menſch unter dem Schatten einer ſonderlichen Froͤmmigkeit und untertaͤhnigen gehorſams ſich bey dem Fuͤrſten be - liebt machet / und wann er erſt freien Zutrit hat / gibt er genaue achtung / wohin deſſen Ge - muͤht am meiſten ſich lenket; findet er ihn dem Trunk zugetahn / ſo iſt er mit Bechern und Glaͤſern bereit und fertig; iſt er liebſuͤchtig / ſo ruͤhmet er ihm fleiſches Wolluſt / und weiß das Laſter der Unzucht ſo artig zuentſchuldigen / als waͤhre es eine halbe Tugend / durch un - ſere Eltern ſelbſt uns eingepflanzet / deſſen laͤſſet ſich dann ein ohndaß freier Herr leicht be - reden / und da er vorhin den Begierden kaum das Schwankruͤtlein erteilete / haͤuet er ſie mit beyden Sporen an / daß er alle ſo ihm im Wege ſtehen / uͤbern hauffen rennet / und von allem guten reine Bahn machet / biß ihm niemand einreden darff. O ihr Fuͤrſten / O leidet ja dieſe Schmeichler an euren Hoͤfen nicht / die euch nur nach dem Maule reden; ihr ſeid ja in euer Jugend zum guten und loͤblichen angefuͤhret / und wiſſet / was an ſich ſelbſt ſtraff - bar und lobwirdig iſt; drumb leihet denen eure Ohren nicht / welche vorgeben dürffen / ei - nem Fuͤrſten ſtehe dieſes oft wol an / was andere mit dem Kopfe bezahlen muͤſſen. Haͤtte Artabanus auffrichtige Raͤhte hoͤren wollen / die ſein und ſeines Reichs beſtes ſucheten / und dagegen den Fuchsſchwaͤnzern / Bagophanes und andern ſeines gleichen nicht insMaul51Fuͤnftes Buch. Maul geſehen / vielleicht herſcheten die Arſazier noch uͤber die groſſen Morgenlaͤnder; weil er aber den leidigen falſchen einbildungen folgete / muſte er Leben und Reich mit einander verlieren / wie wol unſere Geſchichte bißdahin ſich nicht erſtrecken wird. Als Syſimithres von ihm gangen wahr / trat Bagophanes Gemahl wieder hinein; ſie hatte ſich uͤberaus praͤchtig / aber ſehr leichtfertig gekleidet / und hielt bey dem Koͤnige an / ihr allergnaͤdigſt zu - erlauben / daß ſie mit dem Koͤnigl. Frauenzimmer reiſen moͤchte / damit ſie ſeiner Feinde und Auffruͤhrer Niderlage anſehen / und dem Koͤnigl. Fraͤulein / ſo bald ſie erloͤſet waͤhre / untertaͤhnigſt auffwarten moͤchte; welches ihr gerne gewilliget ward / weil durch ihre ſuͤſ - ſe Reden und blinzende Augen / die ihr ſonderlich wol anſtunden / ſie den Koͤnig ſchon in Liebesſtricken gefangen hielt / und ſeiner mehr als einige andere genoß; worzu Bagopha - nes nicht allein durch die Finger ſahe / ſondern ſich groß dauchte / daß er in ſolchen Gnadẽ lebete. Inzwiſchen erhoben die unſern ſich von Perſepolis / und fuͤhreten ihre muhtigen Voͤlker / denen Herkules und Ladiſla nichts als von groſſer Beute vorſchwatzeten / nach den Parthiſchen Grenzen in obgemeldeter Ordnung hin / ſo daß das ganze Heer ſich in die bꝛei - te faſt einer Viertelmeile außdehnete. Des vierden Tages nach ihrem Auffbruche / kam Orſillos mit Fr. Statiren Dienern an / lieferte alles / ſamt dem Schreiben / Herrn Fabius ein / und zeigete an / wie ſehr ſie umb ſchriftliche Antwort bitten lieſſe. Dieſer erinnerte ſich zwar ſeiner Suͤnde / wozu ſie ihn faſt genoͤhtiget / betrachtete doch daneben die empfangene Woltaht / deßwegen er alles annam / und im naͤheſten Flecken dieſes Antwortſchreiben auffſetzete.

Wolgebohrne Frau / hochwerte Freundin; billich muͤſte ich der Undankbarkeit beſchuldiget werden / wann meines Lebens erhaltung derſelben ich nicht zulegete / und die vielfaͤltigen Woltahten nicht erkennete; und ob zwar unſere gar zu frey gebrauchete Kundſchaft mir nicht gebuͤhren wollen / weil ich zu Padua mein liebes Gemahl habe / ſo ſind doch geſchehene Dinge nicht zuendern / daher wir des verlauffenen vergeſſen / und hinfuͤro einer anderen zulaͤſſigen Freundſchaft uns befleiſſigen wol - len. Gegen ihren Gemahl / Herrn Nabarzanes / den ich freundlich gruͤſſe / haͤtte ſich meine Seele viel - mehr zuentſchuldigen / werde mich auch bemuͤhen / ſolchen ungebuͤhrlichen Frevel in andere Wege zu - erſetzen. Bedanke mich ſonſt wegen der uͤbermachten Geſchenke dienſtlich / und bitte ſehr / nach gehal - tener Schlacht / dafern ich lebe / mich neben Herrn Nabarzanes zu Perſepolis zubeſuchen / weil ich zweiffeln muß / ob meine Ruͤkreiſe / ſie zuſprechen / erleiden werde. Im uͤbrigen hat meine Freundin ſich zuverſichern / daß bey meinem Herr Bruder Fuͤrſt Pharnabazus ich nicht allein ihr guten Schuz und verſicherung aller ihrer jetzigen Guͤter / ſondern derſelben vermehrung leicht erhalten werde. Vor diß - mahl fodert mich der Trometenſchal zu Pferde / daher ich abbrechen muß. Empfele meine Freundin ſamt ihrem Gemahl der Goͤtter obacht / verbleibend / weil ich lebe / derſelben bereitwilliger Diener Kajus Fabius / ehmahls Kleon.

Bey dieſem Schreiben verſiegelte er ein Paͤklein Kleinot / viel hoͤheres werts / als ihm zugeſchikt wahren / ſtellete Orſillos alles zu / uñ daß ers auffs ſchleunigſte uͤberbraͤchte / ſchenkete ihm dabey 200 Kronen / und hieß ihn mit nach Perſepolis kommen / dann wolte er ihn der empfangenen Streiche ergetzen. Nach ſeinem Abſcheide brach Fabius auff / dañ er hatte den Vorzug mit ſeinen Voͤlkern / die ſchon vorhin wahren / und nichts als des Feindes ſchleunige Ankunft wuͤnſcheten; ſo nam auch Artaxerxes ein unfehlbares Zeichen des kuͤnftigen Sieges daher / daß alle Kriegs Oberſten mutig und des Streits begierig wahren; ohn der einige Arbianes kunte durch nichts zur Froͤligkeit bewaͤget werden / wog ijer52Fuͤnftes Buch. er reiſete oder ruhete / wahr er ſtets ſchwermuͤhtig und mit tieffen Gedanken beladen / daß ihm nicht allein die lebhafte Farbe / ſondern auch das Fleiſch entging / deſſen niemand fleiſ - ſiger als ſein Feldmarſchalk Leches / und Groß Fuͤrſtin Valiſka wahrnahmen; und dieſe zwar merkete aus allen umbſtaͤnden / daß er mit heimlicher Liebe angefochten ward; daher ſie ſich / inbetrachtung ſeiner ehmahligen Neigungen einer ungebuͤhrlichen Luſt bey ihm ihretwegen befahrete / welche ihm zubenehmen / ſie ſchon auff allerhand Mittel bedacht wahr; dann ſie zweifelte nicht / ſein Gemuͤht koͤnte durch angezeigete wichtige Urſachen / von dem Irwege zur Tugend wiedergebracht werden; weil er ſich aber durchaus nichts gegen ſie vernehmen ließ / argwohnete ſie daneben / ob er irgend an Libuſſen ſich vergaffet haͤtte / dann er ſuchete oft Gelegenheit / mit ihr allein zureden / dabey er viel und mancherley Verenderung ſehen ließ. In dieſen ungewiſſen Gedanken verblieb ſie biß an den dritten Tag nach ihrem Auffbruch / da Leches ihr zuverſtehen gab / er haͤtte ihn des vorigen tages in ſeinem Zelte auff den Knien ſitzen / und ein kleines Bruſtbildichen in beyden Haͤnden als einen Spiegel halten ſehen / welches er bald gekuͤſſet / bald mit Traͤnen befeuchtet / bald als eine Goͤttin angebehtet; und da er nit irrete / waͤhre es des Durchl. Fraͤulein aus Teuſch - land / Frl. Klaren Bildnis / welches ſeine Libuſſa verlohren / und er etwa muͤſte gefunden haben. Die Groß Fuͤrſtin ſchlug vor freuden in die Haͤnde / und antwortete ihm: O wie tuht ihr ſo wol / daß ihr mir ſolches offenbahret; dann ich habe mir in Warheit ſehr ge - faͤhrliche Gedanken wegen dieſes Fuͤrſten Traurigkeit gemacht / daß ich ſelber ſchwermuͤh - tig druͤber worden bin; ich bitte aber / ihr wollet dieſes alles in hoͤchſter geheim halten / und keinem einigen Menſchen offenbahren / auch gegen Arbianes ſelbſt euch nichts merken laſ - ſen. Ließ ihn von ſich / foderte ein Pferd / uñ ritte hin nach ihrem Herkules / dem ſie mit freu - den entdeckete / ſie haͤtte Arbianes anliegen erfahren; erzaͤhlete ihm alles / und fragete / ob er nicht meinete / daß ihm in dieſer Liebe koͤnte geholffen werden; zum wenigſten muͤſte man ihm voͤllige Hoffnung machen / daß der unluſt Brunnen bey ihm gedaͤmpfet wuͤrde / und er ſich nicht ſelbſt durch graͤmnis verzehrete. Herkules gab ſeine Antwort; wann es in ſeiner Macht ſtuͤnde / wolte er ihm ſeine Frl. Schweſter nicht verſagen; weil er aber weder ſeineꝛ Eltern noch Schweſter Meynung wuͤſte / ob ſie in ſo weit abgelegene Heyraht einwilligen würden / koͤnte er nichts beſtaͤndiges rahten. Zwar ihm gute Hoffnung zu machen hielte er vor noͤhtig / doch daß man gleichwol nichts mehr verſpraͤche / als man halten koͤnte / und der junge Fuͤrſt ſamt ſeinen Eltern nicht Urſach haͤtte / ſich deſſen hernaͤhſt zubeſchweren. Mein Schaz / ſagte ſie / ich wil ſchon wiſſen die Mittelbahn zutreffen / gelebe auch der Hof - nung / die Heyraht mit Gottes huͤlffe zu ſchlieſſen / da er ſonſt mit uns nach Teutſchland zu - zihen Herzens gnug hat / welches ich ihm doch nicht anbieten werde / ſondern ſeiner frey - willigen Erklaͤrung erwarten; kehrete wiederumb nach ihrer Gutſche / und foderte Libuſ - ſen zu ſich / fragete nach der Fraͤulein Art und Sinnen / und befand aus allen umbſtaͤnden / daß ſie ſitſam / ohn falſch / und wol zubereden waͤhre / offenbahrete ihr hernach ihr Vorha - ben / und ließ ſie wieder von ſich. Und als Arbianes bald darauff vor ihrer Gutſche her rit - te / baht ſie ihn / ſich zu ihr zuſetzen / da ſie ihn alſo anredete: Fuͤrſt Arbianes / in ehren hochge - liebter Herr Bruder; wie ich anfangs in euer Liebe Kundſchaft gerahten bin / habe ich viel eine froͤlichere Weiſe bey ihm gemerket / als er jetzund ſpuͤren laͤſſet; ja wañ dazumahl meinHerz53Fuͤnftes Buch. Herz mit tauſenderley Angſt und Sorge umbſpannet wahr / machte ſeine anmuhtigkeit mich derſelben zum oftern vergeſſen. Wohin iſt doch nun das freie Gemuͤhte gereiſet? wo - her komt dieſer unliebliche Wechſel / der das allergeringſte Zeichen einer Froͤligkeit an ihm nicht mehr wil ſcheinen laſſen? Iſt euer Liebe etwa einige Unbilligkeit begegnet / ſo gebe ſie mirs zuverſtehen; oder findet ſich einiger Menſch in dieſer Geſelſchaft / deſſen Gegenwart er nicht ertragen kan / ſo mache er mir denſelben nahmhaftig; oder empfindet er Leibes Schwacheit / welche der Arzney beduͤrffte / wird er ſich ja ſelber nicht verſeumen; oder wel - ches ich am erſten glaͤube; liebet mein Herr Bruder an einem Orte / da er ohn Ehren - ab - bruch zugelaſſen werden kan (dann ich halte ihn viel zu Fuͤrſtlich / daß er ungebuͤhrlich lie - ben ſolte) ſo laſſe er michs kuͤhnlich wiſſen; ich weiß wie verliebten umbs Herz iſt / uñ weiß daher auch / wie man in dieſem falle Raht ſchaffen kan. Arbianes / der ohndz bey Frauen - zimmer bloͤde wahr / und die Groß Fuͤrſtin hochehrete / ward wegen dieſes Anſpruchs mit einer groſſen Schamroͤhte uͤbergoſſen / und weil ihm unmoͤglich wahr zu antworten / auch nicht wuſte / was er antworten ſolte / ließ er an ſtat der Rede einen ſchweren Seufzen / dañ die Zunge wegerte ſich ihres Amtes / und die Vernunft in der Begierde zu kraus verwirꝛet / hatte nicht Zeit zubedenken / womit dieſe tief forſchende Frage ſolte erſetzet werdẽ; welches die Groß Fürſtin merkend / alſo fort fuhr: In ehren hochgeliebter Herr Bruder; ob eure Liebe gleich auff meine Frage ſchweiget / gibt doch der einige Seufzer vollige Nachricht / und verſtaͤndiget mich / daß ihr liebet; ja ihr liebet mein werter Fuͤrſt / welches ihr ſo wenig zuverbergẽ wiſſet / als ich zu jener Zeit / da Fürſt Pharnabazus mir meines Schatzes Bruſt - bilde zeigete / wie euch unvergeſſen iſt; rechnet ihr mich dann unter die Zahl eurer guten Freunde / ſo gebet mir euer Anligen zuverſtehen / und pruͤfet mich in dieſem Stuͤcke / wie ich gegen euch geſinnet ſey. Arbianes empfing hiedurch ein Herz / kuͤſſete ihr die Hand mit groſſer Hoͤfligkeit und ehrerbietung und ſagte nachgehends: Durchleuchtigſte Groß Fuͤr - ſtin; ihrer Durchl. ich unwirdiger Knecht bin viel zugeringe / ſo hohes erbieten anzuhoͤrẽ; dann es übertrift nicht allein mein Vermoͤgen / ſondern alle erkaͤntnis / daß ich daher mich keiner Antwort zuerſinnen weiß; wann aber vor dieſe erzeigete hohe Gnade mein unguͤl - tiges Blut gnug waͤhre / daß in ihrem Dienſte es vergoſſen wuͤrde / wolte ohn einiges we - gern ich mich zum Opfer darſtellen; faſſete ihre zarte Haͤnde zum andernmahle / und kuͤſſe - te ſie ganz inniglich / daß ſie von neuen fuͤrchtete / er wuͤrde gegen ſie entzuͤndet ſeyn; welches unbillige Feur zu daͤmpffen / ſie zu ihm ſagete: Mein Herr Bruder erzeiget mir in War - heit gar zu groſſe Ehr / die mir allerdinge unangenehm iſt / nachdem wir nunmehr in ſolche Kundſchaft gerahten ſind / daß viel beſſer waͤhre / wir ſetzeten dieſe Hoͤfligkeit bey ſeite / als die nur den Fremden zuſtehet; ich erkenne ohndaß ſein gewogenes Herz / welches ich auff allen Wegen / die Zucht und Geſetze nicht verſchlieſſen / nach aͤuſſerſtem Vermoͤgen zuer - ſetzen mich willig erbiete / und mein Herr Bruder hieran nicht zuzweiffeln hat; aber er ant - worte mir / bitte ich / auff meine Frage; iſt dann dieſelbe / ſo er liebet (dann ich weiß gewiß daß er liebet) ein unverſagtes Fraͤulein / ſo verlaſſe er ſich nur kuͤhnlich auff meinen Bey - ſtand; ſolten aber uͤber alles verhoffen / ſeine Siñen durch einer verheirahteten Zierligkeit beruͤcket ſeyn / wie dann ein Menſch wol verleitet werden kan / ey ſo wolle mein Herr Bru - der ſich ja beyzeiten begreiffen / und mit ſolcher Unbilligkeit ſeine Seele nicht beladen; wieg iijich54Fuͤnftes Buch. ich dann wol weiß / daß er ſolches tuhn / und ſich einem ſo unverantwortlichen Laſter nicht ergeben wird. Ich bin kuͤhn mein Herr Bruder / daß ich ſolches reden darff; aber ſein veꝛ - daͤchtiges zuruͤk halten erwecket dieſe Sorge in meinem Herzen / die ich vergeblich ſeyn hof - fe / und dannoch an ſeiner willigen verzeihung nicht zweifele. Arbianes erſchrak deſſen nit wenig / dann er merkete / daß wegen ſeines verhaltens ſie dieſen Verdacht faſſete; deßwegẽ er / ſolchen gaͤnzlich außzureuten vor noͤhtig hielt / und ihr alſo begegnete: Durchl. Groß - Fürſtin; wañ ihrer Durchl. ergebener Knecht Arbianes mit unzimlichen Gedanken um - ginge / muͤſte er billicher in Schmach und Schande / als bey ihrer Liebe auff der Gutſche ſitzen; wolle demnach dieſelbe mir hoͤchſt verzeihen / wañ etwa meine ſtumme unverſtaͤnd - liche Reden / ſich nicht gnug haben erklaͤren koͤnnen / denen die Zunge jezt zu huͤlffe koͤmt / uñ ihre Liebe verſichert / dz dergleichen ungebuͤhrligkeiten mir bißher ja ſo ferne / als deren ſtraf - fen ſelbſt geblieben ſind. Daß aber ihre Liebe ſich uͤber meine gebührliche Ehrerbietung be - beſchweret / und ſelbe mir verbeut / dadurch leget ſie mir eine ſchlechterdinge unertraͤgliche Laſt auff / welche uͤber mich zunehmen / ich mich ungeſcheuhet wegere; dann ich wil lieber tauſendmahl ſterbẽ / als euer Liebe unvergleichliche Wirdigkeit zu ehren unterlaſſen. Son - ſten daß eure Liebe auff die Frage zu antworten mir ernſtlich gebeut / mus ich meinen Vor - ſaz brechen / und ihr unverhalten ſeyn laſſen / daß ich bißher nur eine Sonne am Himmel erkennet; aber jezt deucht mich / breche eine Neben. Sonne hervor / wiewol unter dicken Wolken verhüllet / welche anzubehten ich dermaſſen gezwungen werde / daß ich aller jrdi - ſchen ſachen druͤber vergeſſe; ihre blicke / die nicht mich / aber ich ſie durch die Wolken ſehe / ſpeiſen mich / traͤnken mich / leiten mich; ſie ſind mein ſchlaffen / mein wachen; mein denken und ſinnen / ſo daß inbetrachtung dieſer Volkommenheit mich zu uͤben / mir ſo lange wer - de laſſen angelegen ſeyn / biß die Seele ſich wegert dem Leibe ſolche mitleiſtung laͤnger zu - goͤnnen; alsdann wil ich (ſpricht meine Seele) bey der Haͤupt Sonnen mich unvermer - ket halten / ob vielleicht in dero Geſelſchaft angenom̃en / ich dahin gelangen koͤnte / woſelbſt mir vergoͤnnet ſeyn wird / auſſer dem Leibe zubeſichtigen / was ich mit den Augen meines Haͤuptes anzuſchauen unwirdig bin / auch vielleicht dieſes garzuſchwache Geſicht nicht ertragen wuͤrde. Die Groß Fuͤrſtin antwortete ihm mit einem freundlichen Lachen: Hoch - werter Herr Bruder; meines unbeſonnenen Argwohns halben erkenne ich mich in euer Liebe Straffe verfallen ſeyn / deſſen ich mich auch nicht entbrechen wil / da ichs ſonſt mit beſſeren dienſten nicht erſetzen / und mich loßarbeiten kan; betreffend euer Liebe verdeckete Reden / wolte ich ſie zum teil errahten / aber alle ſind ſie mir nicht behaͤglich / wil doch an - fangs mich in kein unnoͤhtiges Gezaͤnke einlaſſen / ſo viel mich ſelbſt betrift / weil ich ſchon anhoͤren muͤſſen / daß ihr mir in dieſem ſtuͤcke allen Gehorſam abſchlaget. Wie aber / mein Herr Bruder / darff ich dann dieſer Neben-Sonne (wie ihr ſie nennet) nicht beſſere Kund - ſchaft haben? vielleicht moͤchte die vermeinete andere Sonne / (aber O der elende Soñe!) bey dieſer Neben-Sonne wirken koͤnnen / daß ihr zu liebe ſie euch ihre Strahlen nicht allein mitteilete / ſondern niemand anders als nur euch / damit beſchiene. Ich rede ernſtlich mit euch / mein Herr Bruder / uñ wollet ihr euren Zweg erreichen / muͤſſet ihr trauen euch ſelbſt nicht feſſeln; deßwegen laſſet mich eure Heimligkeit wiſſen / und gedenket nur ſicher / daß ihr mit derſelben redet / die eure Liebe als viel und ſorgfaͤltig ſie kan / zubefodern willens iſt. Aber55Fuͤnftes Buch. Aber ich ſehe / das euer Herz mein Anſuchen nicht faſſen / vielweniger der Zungen gebieten wil / daß ſie den Nahmen außſpreche / den die Seele ſo wirdig haͤlt. Wann ichs aber von mir ſelbſt errahten würde / wovor wollet ihr ſolches rechnen? Gewißlich / antwortete er / vor ein Zeichen eines gluͤklichen außſchlages. Der Hoffnung gelebe ich auch / ſagte ſie / uñ wil nicht laͤnger warten / euch meine Zunge zuleihen; hoͤret nur zu. Ihr liebet / Fuͤrſt Arbi - anes / ein Groß Fürſtliches eurem Stande gemaͤſſes Fraͤulein / und zwar / die ihr Zeit eures Lebens nicht geſehen / nehmlich meine Frl. Waſe / und meines lieben Herkules Schweſter Frl. Klaren; gewißlich ein Fraͤulein / die liebens wert iſt / und wol eine Sonne moͤchte ge - nennet werden / dafern mir ſolcher Nahme zuſtuͤnde / dem ich aber wiederſpreche. Mein Herr Bruder Arbianes; er erblaſſe nicht ſo uͤber meiner Rede; ich ſage noch mehr: Die - ſe Sonne / wie ihr ſprechet / iſt mit dicken Wolken bedecket; ja mit ſo viel Wolken / als zwi - ſchen hier und Teutſchland ſchweben; und dannoch ſehet ihr deren blicke; iſts nicht alſo? aus dem gefundenen Bruſtbildichen / welches ungeachtet aller fleiſſigen Nachfrage / ihr ſo heimlich haltet / und als einen Diebſtahl bey euch verwahret / da es euch doch ſehr wol gegoͤnnet iſt. Verberget euch forthin mehr vor euer Schweſter Valiſken / deren Geiſt al - le eure Heimligkeiten außforſchen kan; ja auch ſihet / wann ihr auff den Knien / oder wol im Bette dieſes liebſte Bildichen bald beſehet / bald kuͤſſet / bald mit Traͤhnen befeuchtet / bald ſaͤuberlich abwiſchet / bald gar anbehtet. Da habt ihr nun Fuͤrſt Arbianes / was ihr ſchon ſelber wiſſet / und dannoch zu wiſſen begehret. Durchleuchtigſte Groß Fuͤrſtin / antwortete er; von Herzen wuͤnſche ich zu wiſſen / wer doch immer und ewig mein Verraͤhter / ja wer meiner heimlichſten Gedanken und handelungen anmerker und außſchreier ſeyn mag; in - betrachtung ich keinem Menſchen dieſer ganzen Welt das allergeringſte von meiner Liebe geoffenbahret / auch niemand das gefundene Bildichen ſehen laſſen; demnach ich aber al - les / was eure Liebe mir vorgehalten / geſtehen mus / wil ich nichts in abrede ſeyn; nur bitte ich in demuͤhtiger zuverſicht / eure Liebe wolle niemand hievon ichtwas melden / maſſen ich mich viel zu unwirdig weiß / an ſolche Sonne hinzureichen / die ich mehr anbehte als liebe. Ich aber gebiete euch / ſagte ſie / daß ihr einen Muht ergreiffet / und eures Groß Fuͤrſtlichen Standes euch erinnert / der billich nicht unter ſich gedenket; nur leget die bißher gefuͤhre - te Traurigkeit abe / und erzeiget euch als ein wirdiger Liebhaber; inſonderheit bedenket / was vor ein Schreiben ihr an das Fraͤulein abgehen laſſen wollet / welches neben dem mei - nen ich ſtraks Morgen fortſchicken wil / euch den Weg zu dieſer Sonne zu bahnen. Aber ihr muͤſſet mir goͤnnen / daß ichs mit euer Fr. Mutter rede / und ſie es eurem H. Vater voꝛ - trage / damit ich ſchier heut oder Morgen nicht vor eine heimliche Kuplerin gehalten wer - de. Arbianes wuſte nicht / was er vor freuden antworten ſolte / ſtellete ihr alles heim / und ließ ihr auff begehren das Bruſt Bilde; foderte ſeine Fr. Mutter hin / und daß Groß Fuͤr - ſtin Valiſka ſie ingeheim gerne ſprechen wolte; baht daneben ſehr / da etwa ſeiner gedacht wuͤrde / ihm Mütterliche Liebe und Traͤue zuerzeigen / welches er Zeit ſeines Lebens Kind - lich erkennen wolte. So bald Groß Fuͤrſtin Saptina zu ihr kam / fing dieſe an: Geliebete Fr. Mutter; des lieben Fuͤrſten Arbianes Anliegen / welches ihn dermaſſen von ihm ſelbeꝛ bringet / habe ich nunmehr gluͤklich erfahren / bin auch ſchon in verfaſſung / wie man ihm Raht ſchaffen koͤnne. Was ich nun ſtets gemuhtmaſſet / finde ich mehr als alzu wahr / undmag56Fuͤnftes Buch. mag euer Liebe nicht bergen / daß ſeine bleiche Farbe und fleiſches Verſchwindung nichts als ein Liebesleiden iſt; doch liebet er an ſolchem Orte / deſſen er / meiner Meynung nach / nicht kan ſchande haben. Ob ich nun gleich mich ſeiner gerne und billich annehme / werde ich doch durchaus nichts anfahen / es geſchehe dann mit euer Liebe und ihres Gemahls wiſſen und einwilligung / ungeachtet der Fuͤrſt anfangs ſehr angehalten hat / ſeinen Eltern davon nichts zumelden. Die Groß Fuͤrſtin bedankete ſich des geneigten willens / koͤnte a - ber nicht erſinnen / ſagte ſie / wie ihr Sohn in Liebe eines wirdigen Fraͤuleins gerahten moͤ - gen / weil er biß daher bey ſeinem H. Vater ſtets daheim geweſen / und dieſer oͤrter derglei - chen Frauenzimmer ſich nicht haͤtte ſehen laſſen / inbetrachtung / daß Artaxerxes ſein Ge - mahl und Kinder von ſich hinweg in der Roͤmer gebiet geſchicket haͤtte / welches ihm et - liche Weiſſager und Sternſeher als ein hochnoͤhtiges Ding gerahten. Es iſt alles wahr / antwortete ſie / aber er liebet / was er noch nicht lebendig / ſondern nur bildnisweiſe geſehen hat; reichete ihr hiemit Frl. Klaren Gemaͤhlde und ſagete: Sehet / geliebte Fr. Mutter / dieſer Abriß iſt aller ſeiner Traurigkeit Urſach / welches meine Hoffmeiſterin Libuſſa ver - lehren / und von ihm iſt gefunden worden. Groß Fuͤrſtin Saptina ſahe es mit verwunde - rung an / uñ befand es Fuͤrſtin Valiſken ſehr aͤhnlich ſeyn / daher ſie ſagte: O lieber Sohn / du haſt nicht allein gar zu hohe / ſondern auch unbilliche Gedanken gefaſſet / nachdem ich nicht anders gedenkẽ kan / als dieſes ſey euer Liebe Bildnis. Ja / antwortete ſie / dieſes Fraͤu - lein iſt mir nicht ungleich / weder an Geſtalt / noch Stande / und heiſſet Frl. Klara / meines Herkules leibliche und einige Schweſter; dafern nun ſeinen Eltern dieſe ihres Sohns Liebe nicht zuwieder iſt / welches ich vor allen dingen wiſſen muß; und hernach dieſes Frl. inwendig Vierteljahrs friſt nicht verlobet / wil ich mich gerne bemuͤhẽ / ihm in dieſer Hey - raht bedienet zu ſeyn; wiewol andere als vertrauete Freunde aus meinem erbieten muht - maſſen koͤnten / ob boͤhte ich meine Frl. Schweſter feile; deſſen in dieſem falle ich mich nicht fuͤrchte. Fr. Saptina fiel ihr umb den Hals / herzete und kuͤſſete ſie / und gab zur Antwort: Ach daß mein Groß Fuͤrſt dieſes erbieten anhoͤren ſolte / welcher in dieſer Welt hoͤhers nit wuͤnſchet / als daß ſein Sohn wirdig waͤhre / mit dem Hoch Fuͤrſtl. Teutſchem Gebluͤte ſich zuvermengen; deßwegen wird eure Liebe uns allerſeits zu ihren Dienſten verbinden / wann ſie dieſem Vorhaben beſtaͤndig nachſetzen wird. Woldann / ſagte Fr. Valiſka / iſt eu - re Liebe deſſen gewiß / ſo wollen wir dem Vater es noch ſo bald nicht offenbahren / ſondern eine eilige Botſchaft nach Teutſchland abfertigen / und dieſem Fraͤulein in des jungen Fuͤr - ſten Nahmen etliche Kleinot ſchicken / nicht zweifelnd / ich werde auff mein Schreiben ſchleunige Antwort bekommen. Saptina machte ſich geſchwinde nach ihrer Kleinot Lade / nahm achte der beſten uñ koſtbahreſten hervor / auff 80000 Kronen geſchaͤtzet / wozu Va - liſka eben ſo viel / gleiches preiſes legete / redete alles mit Herkules ab / der ihr Schreiben verfertigen halff / und empfing ſie von Arbianes einen koͤſtlichen Ring / daneben ein Latei - niſch Schreiben / in welches ſie den Ring hinein legete / und einen Umbſchlag darumb an das Fraͤulein. Inzwiſchen hatte ſie nach Ladiſla geſchicket / daß er Neklam in den Boͤmi - ſchen Adelſtand auffnehmen / und ihm Urlaub geben moͤchte / weil ſie ihn nach Teutſchland zuverſchicken haͤtte. Azores ein Dolmetſcher ward von Herkules mit gleicher Ehre ange - ſehen / wie auch ein Teutſcher / nahmens Ruprecht / welcher aus denen wahr / die Herkuleszu57Fuͤnftes Buch. zu Padua loßgegeben hatte. Dieſe drey empfingen die Brieffe ſamt den Kleinoten und Geleits Brieffen / daß man ſie allenthalben frey zihen laſſen / uñ allen moͤglichen Vorſchub zu ihrer Reiſe tuhn ſolte. Fr. Valiſka unterrichtete ſie alles deſſen / was ſie wolte beſtelles haben / mit ernſtlichem Befehl / Tag und Nacht / ſo viel moͤglich / zu eilen / daß ſie bald wie - derkommen / und in der Ruͤkreiſe auff Jeruſalem und Damaſkus zuzihen ſolten / wann ſie verhoffentlich ſchon wuͤrden abgezogen ſeyn; gab ihnen auch 30 Reuter / welche ſie biß an den Eufrat begleiten ſolten; und muſte von der Stunde an Arbianes auff Fr. Valiſken Vermahnung ſich alle Tage von Leches in der teutſchen Sprache unterrichten laſſen / welche ihm zimlich ſchwer ankam.

Dieſen Abend empfing Artaxerxes aus Charas Brife; der Koͤnig waͤhre mit einer unglaͤublichen Menge Volks / ſchon vor etlichen Tagen auffgebrochen / und ginge der ge - meine Ruff / er wolte ganz Perfen zur Wüſteney / und alle In wohner zu Leibeigene ma - chen. Artaxerxes hielt hierauff Kriegsraht / und begehrete anfangs Herkules Mey - nung zuvernehmen / welcher alſo anfing: Es erfreuet mich ſehr / daß Artabanus es auff die Spitze wagen wil / und den ganzen Kern ſeiner Mannſchafft uns darſtellen. Wir haben GOtt Lob / eine ſolche Menge wolgeübeter Voͤlker / daß ich mit der helffte ihm das Haͤupt bieten / und ſeinen uͤberfluß durch GOttes Hülffe dergeſtalt verwickeln wol - te / daß ſie mit ihren eigenen Schwertern ſich niderſchlagen / und den Weg zur Flucht durch ihre Herzen oͤffnen ſolten. Damit wir aber deſto behutſamer und in mehrer ſi - cherheit gehen / waͤhre mein unvorgreiflicher Raht / wir ſetzeten in guter Vorſichtigkeit gerade auff des Feindes Land / lieſſen die Inwohner frey ruhig bey dem ihrigen / daß ſie nur nach vermoͤgen Futter und Mahl ſchaffeten / und legeten uns an einen vortelhaften Ort mit einer angenommenen aͤuſſerlichen Furcht / wodurch der Feind in unvorſichti - ge Verwaͤgenheit geſtuͤrzet / und alsdann mit geringem Verluſt der unſern gedaͤmpfet werden kan. Ob wir uns dann gleich nicht gar weit in Feindes Land zihen / ſchadet nicht / weil wir aus allen umbliegenden Freundes oͤrtern alle Notturft uͤberfluͤſſig haben / und dem Feinde ſeinen Troz und Grim gar wol außharren koͤnnen / wie ich mich dann keiner zeitigen Schlacht vermuhten bin / wo ſonſt Fuͤrſt Vologeſes das Haͤuptwerk fuͤhret. Dieſer Vorſchlag ward von allen gut geheiſſen und angenommen / und der Weg mit zimlichen Tagereiſen fortgeſetzet / weil alle engen Durchzüge erweitert wurden / und legten ſich auff Feindes Grund und Bodem / an einen Ort / da ſie Waſſer und Raum vor Men - ſchen und Pferde hatten / auch keines Hinterhalts ſich befūrchten durfften. Fabius ging hieſelbſt mit ſeinen Voͤlkern vor dem Haͤupt Heer / beſſer in Feindes Land / nachdem man ihm 5000 Roͤmer abgenommen / und an deren ſtat 2000 Teutſchen / 2000 Boͤhmen und 7000 von Arbianes fliegendem Heer zugegeben hatte / daß ſeine Voͤlker auff 24000 Mañ beſtunden. Herkules und Ladiſla erinnerten ihn Bruͤderlich der guten Vorſichtigkeit / das er ja richtige Kundſchaft halten / und ſich in kein Treffen einlaſſen moͤchte / es waͤhre dañ / daß er ſicher wuͤſte / dz nur ein fliegendes Heer auff ihn ſtieſſe / welches von dem Haͤupt Heer nicht koͤnte entſetzet werden. Artaxerxes gab ihm einen wolverſuchten aber etwas furcht - ſamen Perſiſchen Herrn / nahmens Phrataphernes zum Groß Oberwachtmeiſter zu / und wünſchete ihnen gluͤk zum guten anfange. Artabanus wahr nicht weniger bemühet / ſeinerhSchan -58Fuͤnftes Buch. Schanze acht zu haben / ließ nach gehaltener algemeiner Heersbeſchauung ſeinen Voͤlkern durch die Bank einen Monat-Sold erlegen / welches uͤber 40 Tonnen Goldes außtrug / mit der Verheiſſung / dafern ſie friſch fechten und das Feld erſtreiten würden / ſolte ihnen abermahl ſo viel außgezaͤhlet / und doch am gebuͤhrlichen Solde nichts abgekuͤrzet werdẽ; wodurch ſie ſehr willig und muhtig gemacht wurden; brachen auch bald auff / und hielten ihren Zug eine halbe Meile breit. Vologeſes verſahe alles durch gewiſſe vor ſichtige Leu - te / und wolte nichts unbedachtſames vornehmen / weil er der unſern wachſame Vorſich - tigkeit gar zu wol erfahren hatte; taht auch ſo viel bey dieſem Feldzuge / daß wann ſeine Gegenwart nicht geweſen waͤhre / alle Voͤlker wuͤrden auf die Schlachtbank geliefert ſeyn; dann Artabanus verließ ſich auff die groſſe Menge / meynete es koͤnte ihm nicht fehlen / ſondern muͤſte eilen / damit das Fraͤulein nicht vor ſeiner ankunft entfuͤhret wuͤrde; ja er ſtund feſt auff der meynung / die Reuterey ſolte voraus zihen / und das Fußvolk algemach folgen; aber Vologeſes zeigete die Gefahr / und brachte alle Feld Obriſten auff ſeine Sei - te / daß der Koͤnig ſeinen Vorſaz endern muſte. Er bekam aber auch Zeitung / daß der Perſe mit allermacht fortruͤckete / und nicht weit von den Parthiſchen Grenzen waͤhre / ginge gar behutſam / und wuͤrde die Reuterey in die 200000 ſtark von den beyden fremden Fuͤrſten; das Fußvolk / etwa des vierdenteils geringer / von Artaxerxes und Phraortes geführet. Artabanus ließ ſich darauff vernehmen / es waͤhre unmoͤglich / daß die Auffruͤhrer ſo ſtark ſeyn koͤnten / doch es ſey wie ihm wolle / ſagte er / ſo iſt doch der Sieg unſer / wañ wir ihn nur hohlen duͤrffen; unſere Macht iſt uͤber den vierdenteil groͤſſer / die Voͤlker alle geuͤbet und mit waffen wol verſehen; geſchwinde laſſet uns auff ſie angehen / daß die Fremdlinge uns nicht entlauffen / wann ſie unſers anzuges gewahr werden; dann wir muͤſten uns immer und ewig ſchaͤmen / daß die frechen Buben lebendig davon kommen / und des uns zugefuͤg - ten Schimpfs ſich anderweit beruͤmen ſolten. Vologeſes ſahe vor Augen / daß auff ſolche Weiſe die Niederlage gewißlich erfolgen wuͤrde / welches nach moͤgligkeit zuverhuͤten / er in aller Feld Obriſten Gegenwart den Koͤnig alſo anredete: Ich bin zu wenig / ihrer Koͤnigl. Hocheit und gegenwaͤrtigen hochverſtaͤndigen Fuͤrſten / einigen Raht vorzutragen / und zwinget mich dannoch mein Gewiſſen / und der ſchwer geleiſtete Aid / das ich mein gutdün - ken unangezeiget nicht laſſen kan. Vor erſt bleibe ich noch bey meinem feſtgelegeten Grun - de / daß wir vorſichtig ſpielen muͤſſen / wann wir nicht verſpielen wollen; und wann wir die Taͤg - und ſtuͤndliche Kundſchaft nicht fortſetzen / werden wir dieſe tapffere Voͤlker ins ver - derben ſtuͤrzen / ehe ſie es ſelbſt inne werden. Es iſt nicht der Perſe Artaxerxes / noch der Mede Phraortes / noch der Hirkaner Menapis / die an jener Seite alles verſehen; dann dieſe / wie frech und verwaͤgen ihrer etliche ſeye moͤgen / achte ich ſie doch nicht eines Pfiffer - linges wert; ſondern es ſind Herkules und Ladiſla / zween Strahlen und Donnerkeile / die ihre Staͤrke mit Wiz anwenden / und ihren Wiz durch Voꝛſichtigkeit ſtaͤrken. O laſſet uns ihre Jugend nicht verachten / wie vor zeiten der großmaͤchtige Darius den Mazedoniſchẽ jungen Alexander verachtete / und daruͤber Reich uñ Leben verlohr. Fraget Spitamenes / Madates / Bagophanes und mich / wie ſie fechten und zugleich befehlen. Haben ſie ſo viel Voͤlker / als geſagt wird / und ich ſchwerlich glaͤuben kan / ja haben ſie gleich den drittenteil weniger / ſo wil ihrer Koͤnigl. Hocheit ich mein Leben zu pfande geben / daß ſie es nicht aufslauf -59Fuͤnftes Buch. lauffen / ſondern ſtreiten ſetzen werden / und wir daher nicht Urſach haben / das Heer durch groſſe Tagereiſen abzumatten. Habe ich nit allemahl erinnert / man muͤſte den Auffbruch nicht verweilen / damit die Feinde uns nicht in unſer Feldmark begegneten? Aber wer hat mich hoͤren wollen? ja wer hat mich nicht verlachet? verſichere ſich ihre Koͤnigl. Hocheit / daß Herkules und Ladiſla ihre Leute in Charas haben / und von ihnen taͤgliche Zeitung ein - nehmen / was zu Hofe und bey dem Heer vorgehet; meynet eure Hocheit / dz ſie unſern Auf - bruch nicht gewuſt haben / ehe wir zu Pferde blaſen laſſen / und einen Schrit fortgeſetzet? wer hatte ihnen Madates und ſeine Ritter verrahten? ſie wuſtens ja / und wuſten ihre Ab - zeichen nach den alleꝛgeringſten umbſtaͤnden. Oſo laſſet uns doch auch Vorſichtigkeit ge - brauchen / welche / ob ſie uns gleich nicht noͤhtig waͤhre / ſie uns doch nicht ſchaͤdlich ſeyn kan. Nicht rede ich ſolches / ob wolte ich am kuͤnfftigen Siege zweifel tragen; welchen wir gleichwol noch nicht in den Haͤnden haben / nur wuͤnſche ich / die Auffſicht im Spiel / deren hindanſetzung uns duͤrfte ſchaͤdlicher ſeyn / als der Feinde Schwerter; dann wir hoͤren ja / das ein wolgeſeztes Heer es mit uns aufnehmen wil / und wir nicht ſo gar ohn Blut die Wahlſtat behaͤupten werden. Ihre Koͤnigl. Hocheit gedenke meiner / wo nicht der Feind ihm ſchon einen bequemen Ort außerſehen hat / da er mit Vortel ſtreiten / uñ unſerer Men - ge die freie Außdehnung benehmen kan; was hilfts uns dann / ob wir mehr oder weniger haben? Als vor acht Jahren ich 60000 Indier mit 20000 Parther erlegete / halff mir der Ort / ſonſt waͤhre ich gefreſſen worden; dieſem nach müſſen wir nicht allein des Fein - des Voͤlker zaͤhlen / ſondern ihrer Fuͤhrer Wiz und des Octs Gelegenheit beherzigen / als dann wollen wir mit ihnen das Spiel friſch angehen / und umb den Stich mit ihnen die Haar zauſen. Der Koͤnig hoͤrete faſt unwillig zu / meynete / es ſtuͤnde ſeiner Macht ſchimpflich an / durch dergleichen Vorſichtigkeit einiges Zeichen der Furchtſamkeit ſehen zulaſſen; Weil aber alle Feld Herren Vologeſes beypflichteten / und nicht allein durch ein - fuͤhrung unterſchiedlicher begebenheiten erhaͤrteten / daß durch geringe Verwarloſung oft die groͤſſeſten Kriegs Heere in aͤuſſerſtes verderben gefuͤhret waͤhren / und daß die kluge Vorſichtigkeit keinem zur furcht außgelegt werden moͤchte; ließ er ſich bereden / nur daß er mit einem Hohnlachen fragete / ob dann die beyden jungen Laffen eiſern oder ſtaͤhlern waͤhren / daß man ſie dergeſtalt fuͤrchtete; ja ob nicht eine kleine Schaar nach der andern an ſie ſetzen koͤnte / biß ſie entweder lebendig gegriffen / oder nidergeſaͤbelt waͤhren. Worauf Vologeſes mit wenigem antwortete: Es waͤhre ihrer Koͤnigl. Hocheit ohn ſein erinnern / wol bewuſt / daß im Felde eine jede Schaar ihre beſtreiter fuͤnde / daß wann ſie meyneten ein abgemattetes Haͤuflein anzugreiffen / wuͤrden ſolche alsbald von andern entſetzet; wie - wol er ſelbſt hoffen wolte / man wuͤrde dieſen beyden unverzagten und tapferen Helden auf ſolche oder dergleichen Art beykommen koͤnnen. Ein ſehr verwaͤgener Parthiſcher Herr / nahmens Dorylaus / dem der Vortrab anbefohlen wahr / ließ ſich vernehmen / er vor ſein Haͤupt koͤnte nicht abſehen / was vor ſonderliche Gefahr bey dieſem Zuge zubefuͤrchten waͤhre; je naͤher ihnen der Feind ſtuͤnde / je zeitiger koͤnte man mit ihnen fertig werden. Welches dem Koͤnige ſo wol gefiel / daß er zu ihm ſagete: Du erzeigeſt dich auff gut Par - thiſch / mein Dorylaus / deßwegen brich auff mit deinem Heer / und hohle die erſte Ehre von den Perſiſchen weichlingen. Dieſer nicht faul / hieß ſeinen Voͤlkern das Zeichen gebẽ /h ijund60Fuͤnftes Buch. und erklaͤrete ſich / nicht zu ruhen / biß er ſo manniches Perſen Zunge dem Koͤnige liefern koͤnte / als er Reuter unter ſeinem befehl haͤtte. Vologeſes wolte ihm nicht bald anfangs einreden / aber da er im Auffbruch begriffen wahr / trat er mit Pakorus und Vonones hin zu ihm / und band ihm hart ein / ſich ja in keine Feldſchacht einzulaſſen / er ſaͤhe dann / daß er beydes an Macht uñ Orts Gelegenheit den Feinden uͤberlegen waͤhre. Dieſer aber rech - nete ſolches vor eine Beſchimpfung / und gab zur Antwort: Sein Koͤnig haͤtte ihm Frey - heit anzugreiffen erteilet / und koͤnte man allemahl weder den Ort maͤſſen / noch der Fein - de Koͤpffe zaͤhlen; wuͤnſchete demnach / daß inwendig 24 Stunden ihm etwa 60 oder 70 tauſend Perſen auffſtoſſen moͤchten / umb Gelegenheit zu haben / ſein Verſprechen bald zu leiſten / und truͤge er groſſes verlangen / zuerfahren / ob die luſtergebene Weichlinge die Perſen in ſo kurzer Zeit ein Mannes Herz und Eiſern Fleiſch bekommen haͤtten. Wor - auff Vologeſes die Anweſendẽ zu Zeugen rieff / und ſagete: Hoͤret Dorylaus / ich verſtehe eure ſchimpfliche Spotreden ſehr wol / deren zu gelegener Zeit ihr mir rechenſchaft geben ſollet; aber umb euer guten Voͤlker willen warne ich euch noch einmahl als ein Freund; werdet ihr bey dieſem Vorſatze verharren / ſo iſt dieſes redliche Heer ſchon ein Opffer der Feinde; es ſey dann / daß ihr etwa einen ruchloſen Perſen antreffet; ich bin auch ehmahls verwaͤgen geweſen / aber es wil ſich nicht allemahl ſo tuhn laſſen; fahret nur wol / geſund ſprechen wir uns wieder. Dorylaus entſchuldigte ſich mit wenigem / er haͤtte niemand be - ſchimpfet / aber er baͤhte die Goͤtter nochmahls / daß ſein Wunſch bald erfuͤllet wuͤrde / ob gleich zehn Herkules und zwanzig Ladiſla unter den Feinden waͤhren; wuͤſte auch ſchon / daß getraͤue Diener eines Koͤniges / einer dem andern ſein beſſer Gluͤk nicht goͤñeten. Pa - korus kunte ſolche Freyheit nicht laͤnger dulden / und gab ihm zur Antwort: Mein Kerl / du ſolt gleichwol wiſſen / daß du mit dem algemeinen Feldmarſchalk redeſt / welcher dich zu vermahnen / ja dir zubefehlen hat / und dafern du lebendig wiederkommen wirſt / werde ich dich auch zubeſprechen haben. Dieſer wuſte daß Pakorus ſeines gleichen an Kraft und Kampfs-erfahrenheit unter allen Parthen nicht hatte / deßwegen wolte er ſeinen Zorn nit reizen / ſondern ſagte: Gn. Fuͤrſt / ich verbleibe euer Durchl. gehorſamer Diener / und ge - he fort auff unſers Koͤniges Befehl. Nun ſchikte ſichs gar bald / daß dieſem frechen Men - ſchen ſein Wunſch in die Hand fiel / wiewol zu ſeinem ſchweren Ungluͤk; dañ Fabius hat - te deſſelben morgens ſehr fruͤh Kundſchaft eingezogen / daß des Feindes Heer nicht ſo gar weit waͤhre / wehrete auch nicht lange / daß ein reitender Bohte in dem Flecken / darin ſich Fabius gelegt hatte / von dieſes Dorylaus Anzug Zeittung brachte; dann Fabius gab ſich mit ſeinen Voͤlkern vor Parthiſch an / die im Koͤnigreiche Armuzia geworben waͤhren / uñ nach dem Haͤuptlager eileten / welches ihm ſicher geglaͤubet ward. Er fand hieſelbſt Futter und Mahl vor Pferde und Menſchen / daß ſie ſich wol labeten und drey Stunden ruheten; gab inzwiſchen Phrataphernes zuverſtehen / daß er geſonnen waͤhre / dieſem Feinde auff gute begebenheit Fuß zuhalten / ob ſie ihnen gleich an der Zahl in etwas moͤchten uͤberlegen ſeyn; dann ſie zoͤgen in aller ſicher heit daher / und wuͤrden kaum Zeit gewinnen / ſich in Ordnung zuſtellen. Dieſer wiederriet ſolches heftig / weil ihnen ohn Vortel zuſchlagen verbohten / und der Feind an Mannſchaft viel zu ſtark waͤhre; ſo wuͤrde auch viel darauff geſehen / wie das erſte Treffen ablieffe; waͤhre demnach ſeine Meynung / daß man ſich zu -ruͤk61Fuͤnftes Buch. ruͤk zoͤge / und mehr Huͤlffe foderte. Aber Fabius wuſte ihm dieſes beſtaͤndig zu wiederle - gen; den Vortel muͤſte man ſuchen / und fleiſſig darnach aus ſeyn / alsdann fünde er ſich wol ſelbſt; er achtete den geringen uͤberſchuß an feindes Seite nicht; wann der groͤſte teil geſchlagen waͤhre / ſolten die übrigen nicht viel weſens machen; hoffete auch die Schlacht alſo zufuͤhren / daß ihm der Sieg nicht entſtehen ſolte. Weil nun Phrataphernes noch im - mer das Wiederſpiel hielt / rieff er H. Herman und H. Marobod / welche die Teutſchen und Boͤhmen fuͤhreten / mit in den Raht / welche nach ihrer Herzhaftigkeit ſageten / es wuͤr - de ihnen eine ewige Schande ſeyn / wann ſie mit ſo ſtatlichen Voͤlkern ſich ſcheuhen ſolten / den Feind zuverſuchen; wer nicht wagete / der gewuͤnne nicht; koͤnte man das Feld nicht erſtreiten / muͤſte man doch den Muht ſehen laſſen / und da man uͤbermannet waͤhre / ſtuͤnde ihnen der Abzug offen / da ihnen die Feinde aus furcht eines Hinterhalts nicht eilig folgen würden; waͤhre demnach ihre bitte / dieſe Gelegenheit / Ehre und Beute zuerlangen / nicht unter den Haͤnden zerrinnen zulaſſen / und wuͤrde man ihren Teutſchen und Boͤhmiſchen Voͤlkern / wie wenig ihr auch waͤhren / die Freyheit goͤnnen / ſich an den Feind zureiben / wann auff den unverhoffeten Fall die uͤbrigen ſich nicht wagen wolten. Hiemit wahr der Perſe uͤberſtimmet daß er einwilligte / brachen in allerſtille auff / und lieſſen unterſchiedliche einzelne Reuter hin und wieder außgehen / welche drey Bauren auf fingen / uñ dieſe Kund - ſchaft einzogen / Dorylaus Vortrab haͤtte ſich eine gute Meile von dannen ins offene Feld nider gelaſſen / und laͤge in aller ſicherheit. Fabius ordente ſeine Voͤlker / und gab Phrata - phernes 10000 Mann / die Teutſchen / Boͤhmen / Roͤmer / ſamt ſeinen 1000 geworbenen / und die 7000 Meden behielt er bey ſich / und gingen in zween Fluͤgeln eilig fort. Auff hal - ben Wege fingen ſie noch drey einzelne Reuter und ſechs Bauren / gegen welche ſie ſich Parthiſch erklaͤreten / und von ihnen Bericht empfingen / ihr Heer waͤhre 40000 ſtark / die helffte ſtuͤnde in guter bereitſchaft / die andern haͤtten ihre Pferde in die Graßweide gejagt. Wolan / ſagte Fabius / unſere Zeit iſt kommen; hieß Phrataphernes nach der Linken zihen / umb zuverhuͤten / daß die Abgeſattelten nicht zu Pferde kaͤhmen / die er leicht uͤberfallen / oder doch nur aufhalten koͤnte; den ſeinen aber redete er friſch zu; jezt waͤhre Zeit / ein man - lich Herz ſehen zulaſſen; ruhm wuͤrde nicht durch Furcht und Faulheit / ſondern durch un - erſchrockenen Muht erworben; es waͤhre der erſte Angriff / welchen das Gluͤk ihnen in die Hand geſpielet haͤtte / der muͤſte friſch gewaget ſeyn / alsdann wuͤrden die Goͤtter ſich mit einmiſchen / und den Sieg zu wege bringen. Dieſes trug er ihnen Perſiſch und Lateiniſch vor / welches ein Teutſcher / der Latein kunte / ſeinen Landsleuten und Boͤhmen verdolmet - ſchete / die ſich alle freudig erzeigeten / und auff den Feind loßgingen. Fabius hatte an ſeiner Seiten drey hauffen geſezt; der erſte wahren 4000 Meden / der andere die Teutſchen (un - ter denen 250 Schlachtſchwerter) und Boͤhmen / ingeſamt auch 4000 / den dritten / als 2000 Roͤmer / ſeine 1000 geworbene / und 3000 Meden behielt er vor ſich ſelbſt. Als ſie des Feindes Schildwache erſahen / gingen ſie eiferig auff dieſelben loß / und zerhieben ſie in Stuͤcken / wiewol deren zween hart verwundet davon kahmen / und doch / weil ihnen der gerade Weg abgeſchnitten wahr / bey den ihren nicht ſo bald anlangen kunten / daß ſie die Gefahr haͤtten andeuten moͤgen; dann Fabius ſetzete friſch fort; ward gleichwol von Do - rylaus ſo zeittig erſehen / daß er ihm 6000 geworbene entgegen ſchickete / die ihn weichendh iijfech -62Fuͤnftes Buch. fechtend auffhalten ſolten / biß er ſeine Ordnung etwas beſſer gerichtet haͤtte. Fabius wolte dieſen / ſeinen Mediſchen hauffen entgegen ſchicken / aber die 2000 Teutſchen hielten an umb den erſten Angriff / und ſtuͤrmeten mit ſolcher Wuht auff dieſe Feinde / daß deren in einer viertelſtunde uͤber 4000 nidergehauen wahren / deſſen Freunde und Feinde ſich ent - ſetzeten. Dorylaus wuſte nicht was er gedenken ſolte / daß die ſeinen wie Muͤcken zur erde ſtuͤrzeten / und ſchickete ihnen 3000 Parther und 1000 Skythen zum entſaz; aber die Boͤh - men gingen dieſen unerſchrocken entgegen / und hielten ſie ritterlich auff / biß die Teutſchen mit den ihren fertig wahren / da wolten ſie den Boͤhmen die huͤlfliche Hand bieten; welches Dorylaus erſehend / ihnen 3000 geworbene entgegen gehen ließ / denen ſich 1500 Teutſchen wiederſetzeten / die uͤbrigen gingen den Boͤhmen zuhuͤlffe / und tahten ihnen ſolchen Bey - ſtand / daß ſie den Feind auff die Weichſeite brachten / nachdem an dieſem Orte 600 Sky - then und 1000 Parther geſtrekt lagen. Ihr Feld Herr ſahe daß dieſes endlich kein gut tuhn wuͤrde / ſchickete deßwegen nach den Ruhenden / die eine Viertelmeile von ihm in den Wie - ſen lagen / und ließ ſie auffs ſchnelleſte zu ſich fodern / mit anzeige / daß die Noht groſſe Eile beduͤrffte. Er aber brach mit ſeinen uͤbrigen 7000 loß / in Meynung / die 1500 Teuſchen einzuſchliſſen; aber Fabius griff ſie von einer Seite mit den 4000 Meden / von der andern mit ſeinem eigenen hauffen an / da die Roͤmer ſich ſehr wol hielten / und mit ihren Speeren 800 Feinde zu Bodem wurffen / aber doch dieſelben auff die Weichſeite nicht bringen kun - teu; den Meden ging es ſehr hart / dann 3000 wolgeuͤbete Skythen und Parther traffen auff ſie / denen ſie bey weitem nicht gewachſen wahren / ſondern zeitig zuruͤk wichen / nach - dem ihrer 800 erſchlagen / und 1500 hart verwundet wahren. Fabius befuͤrchtete ſich aus dieſer ſchlechten bezeigung ſeiner Meden / es moͤchte Phrataphernes an ſeinem Orte nicht wolgehen / wolte deßwegen alhie nicht lange ſeumen / und die obgedachten nohtleidenden Meden vor erſt entſetzen / welches ihm ſo wol gluͤckete / daß er ſie wieder in Ordnung und zum Stande brachte. Doch wolte ihm Dorylaus nicht lange Zeit goͤnnen / ſondern ſetzete ſo grimmig auff ihn hinein / daß wo die Roͤmer ihre Glieder nicht ſo feſt gehalten dieſe ohn - zweiffel durch gebrochen / und ein groſſes Blutbad angerichtet haͤtten. Die 1500 Teutſchẽ richteten in kurzer Zeit 1800 von den 3000 geworbenen zu grunde / weil ſie nicht ſonderlich erfahren wahren / daher die uͤbrigen ſich auff Dorylaus hauffen zogen / und hingegen die Teutſchen ſich mit Fabius zuſam̃en ſetzeten. Da gab es nun einen uͤberaus harten Streit / und bemuͤheten die Meden ſich aͤuſſerſt / den genommenen Schimpff zuerſetzen. Die beydẽ Feld Obriſten gerieten in abſonderlichen Streit aneinander / und weil ſie beyderſeits guter Faͤuſte und unverzagtes Herzens wahren / wolte keiner dem andern nachgeben / biß endlich dieſer Kampff durch etliche Parther und Roͤmer getrennet ward. Die Boͤhmen mit ih - rein Teutſchen Entſaz / hatten ihren Feind auch ſo weit ſchon gebracht / daß ſie ſich nach Do - rylaus hauffen hinzogen / der noch einen ſtarken hauffen machte / in Hoffnung / die unſern ſo lange auffzuhalten / biß ihr Entſaz ankaͤhme. Aber ſo bald Fabius die ſeinen auch zuſam - men geſezt hatte / hieß er die Teutſchen und Boͤhmen ruhen; mit den uͤbrigen traff er auff den Feind mit ſolchem Ernſt / daß er nicht ſtand halten kunte / wiewol er als ein raſichter Hund umb ſich hieb. In dem ſahe H. Herman einen friſchen hauffen / 8000 ſtark / mit ver - hengetem Zaume daher rennen / und fuͤrchteten ſich die unſern ſehr / Phrataphernes wuͤrdeden63Fuͤnftes Buch. den kuͤrzern gezogen haben; an deſſen Seite es alſo erging. Als er muhtig gnug mit ſeinen 10000 Reutern anſetzete / traff er zu ſeinem Ungluͤk auff einen Graben / welcher zwa[r]nicht breit / aber zimlich tieff wahr / das die Pferde uͤberzuſpringen ſcheuh trugen; daher der Feind ſo viel Zeit gewan / daß 1000 Skythen und 2000 Parthen ſich zu fuſſe in Ordnung ſetzeten / und die unſern / ſo etwas furchtſam angingen / auffhielten biß etliche tauſend zu ihren Pfer - den kahmen; und weil es ohndaß ein zimlich enger Plaz wahr / kunten ſie die unſern zur Noht beſtehen; haͤtten auch / da ſie alle zu Pferde ſaſſen (dann ehe ſie zun beinen kahmen / wurden ihrer kaum 2500 erſchlagen) die Perſen leicht abtreiben und gar auffreiben koͤñen / nachdem ſie ihnen beydes an Mañheit uñ Menge uͤberlegen wahren; aber es geriet Phra - taphernes zum guten Glük / daß eine Botſchaft uͤber die andere von Dorylaus ankam uñ beyſtand foderte / daher ſie 4000 Parther und gleich ſo viel geworbene ihm zuſchicketen; die uͤbrigen hielten ſo feſt Wiederſtand / daß die Perſen ihnen nicht allein nichts angewin - nen kunten / ſondern etlichemahl zu weichen gedrungen wurden. H. Herman empfing die geruheten mit ſolchem einbruche / daß ihrer bald anfangs 3000 ſtuͤrzeten / dañ ſie hatten ih - re Glieder nicht feſt geſchloſſen / und wurden von den Schlachtſchwertern immer niderge - matzet / denen ſie nicht zubegegnen wuſten; wiewol 2000 Parther von dieſem hauffen eine beſondere Schaar macheten / und damit den Teutſchen zur Seite eingehen wolten / worauf ſich dieſe wenden und eine andere Ordnung machen muſten. Das Gluͤk fügete die beyden Feld Herren abermahl aneinander / da Fabius ſeinem Feinde im dritten Hiebe den rech - ten Arm laͤhmete / daß er das Schwert fallen lies / und als er außreiſſen wolte / ſtieß er ihm das Schwert in die Gurgel / daß er zu bodem ſtuͤrzete; die Roͤmer umb ihn her trieben die Feinde ab / und machten ihm Raum / daß er abſteigen und dem erſtochenen das Haͤupt ab - ſchlagen kunte / welches ein Ritter auff ſein Speer ſtecken / in die hoͤhe richten / und dabey auff Perſiſch Gewonnen Gewonnen ruffen muſte; Worauff den Feinden dieſes Orts das Herz entfiel / daß ſie wie das Vieh nidergeſaͤbelt wurden / wobey die Meden ſich vor andern wol gebraucheten / ſo daß von dieſer Schaar etwa 290 verwundete davon flohen. So bald dieſer Sieg behaͤuptet wahr / ging Fabius mit 800 Teutſchen / 1500 Boͤhmen und ſo viel Roͤmern nach Phrataphernes / welcher von den Parthen dergeſtalt geaͤngſtet ward / daß er die ſeinen kaum von der Flucht abhalten kunte. Er vor ſein Haͤupt hatte ritterliche Ge - genwehr getahn / und einen beruͤmten Parthiſchen Obriſten / nahmens Pampazius erle - get; aber die ſeinen wuſten ſich in die ſchweren Streiche nicht zuſchicken / alſo daß ihrer ſchon 3000 erſchlagen und 2000 verwundet wahren / da Fabius bey ihnen ankam / und mit ſeinem hauffen dergeſtalt einbrach / daß die Perſen Lufft bekahmen / und ſich des entſatzes hoͤchlich freueten. Hier ging es nun dergeſtalt uͤber die Feinde / daß ſie zuruͤk getrieben wur - den / wobey die Roͤmer ſich ſehr wol hielten. Das andere Heer / welches Fabius zuruͤk ge - laſſen hatte / umbringete die uͤbrigen Feinde / mit welchen die Teutſchen und Boͤhmen ihr Handgemenge hatten / und lieſſen nicht abe / biß ſie alle miteinander erſchlagen wahren. Nur hatte ſich gegen Fabius ein Haͤuflein von 500 Skythen und 2500 Parthen geſetzet / die ſich uͤber die maſſe wol hielten / uñ ungerochen nicht ſterben wolten / daher er ihnen Frey - heit und Leben verſprach / welches ſie annahmen und das Gewehr von ſich wurffen. Hie - mit wahr der herliche Sieg erſtritten / wiewol nicht ſo gar ohn Verluſt; dann 6500 Me -den64Fuͤnftes Buch. den und geworbene wahren erſchlagen und 5400 hart verwundet. Von den Roͤmern la - gen 28 Mann; von den Boͤhmen 12 / und von den Teutſchen / daß zu verwundern / nur 14 / von Fabius geworbenen aber 150 auff der Wahlſtat; wiewol 200 Roͤmer / 120 Boͤhmen / und 90 Teutſche / auch 160 geworbene Fabiſche dergeſtalt verwundet wahren / daß ihrer faſt die helffte im folgenden Haͤupttreffen nicht kunten gebraucht werden. Funden ſich al - ſo alles in allen an unſer Seite 6704 erſchlagene / und 5970 verwundete. Hingegen lagen 36700 Feinde auff der Wahlſtat geſtrecket. Zeit des treffens hatten ſich zehen geworbene Hirkanier und Aſſyriſche von dem Feind an unſere Seite begeben / weil ſie zu dienen von den Feinden gezwungen wahren; hielten ſich auch ſo tapffer in der Schlacht / daß ſie 23 von den Feinden erlegeten / und ihrer fünffe dagegen das Leben einbuͤſſeten; die uͤbrigen wurden biß auff einen / zimlich verwundet / und zeigeten nach erhaltenem Siege Fabius an / was ge - ſtalt Dorylaus ſeinem Koͤnige 40000 Zungen von Perſiſchen Kriegsleuten verſprochen haͤtte; woruͤber das Heer ſich dergeſtalt eiferte / daß ſie allen erſchlagenen Feinden die Zun - gen außſchnitten / und ſie den gefangenen zutragen auffbuͤrdeten; Fabius aber des Dory - laus Zunge ſelbſt zu ſich nam / und das Haͤupt einem Roͤmer zu tragen gab. Die Plunde - rung der Erſchlagenen ward den Voͤlkern gegoͤnnet / da ſie uͤberaus groſſe Beute mache - ten / maſſen keiner an Feindes Seiten gefunden ward / der nicht 20 und mehr Kronen bey ſich gehabt haͤtte. Phrataphernes erinnerte die Perſiſchen Reuter / ſie moͤchten bedenken / daß die Fremden das meiſte bey dem Treffen verrichtet / und allenthalben kraͤfftigen Ent - ſaz geleiſtet haͤtten; waͤhre demnach billich / dz man ihnen von der Beute etwas vorab goͤn - nete; wodurch er erhielt daß alle geraubeten Gelder und Geſchmeide herbey gebracht wur - den / da ſich 889000 Kronen an Baarſchafft / 3000 Ringe / durch die Bank auff 120000 Kronen / 230 par Armbaͤnder auff 112000 Kronen am wert befunden / welches ingeſamt 1121000 Kronen außtrug / und in zween gleiche Teile gelegt ward / ſo daß die Perſiſchen Voͤlcker (deren noch 11350 lebendig wahren) die eine helffte; die Teutſchen / Boͤhmen und Roͤmer aber (deren Zahl in 5964 beſtund) die andere helffte bekahmen / da einem jeden ge - meinen Reuter 48 Kronen; jedem unterbefehlichs haber (deren 120) 235 Kronen; jedem Faͤhndrich und Unterritmeiſter (deren 60) 1800 Kronen; jedem Rittmeiſter (deren 30) 3000 Kronen; und jedem Obriſten (deren 3) 18000 Kronen außgeteilet wurden; den - berſchuß gab man den Troßbuben. Die Pferde der erſchlagenen wūrden auffgefangen / deren ſie 44000 bekahmen / und nach obiger gleicheit außteileten / ſo viel ſichs leiden wolte. Was aber auſſer den Reitpferden im Lager gefunden ward / als 120 Wagen mit Speiſe / Trank / Kleidern / Gezelten und Gelde (welche Baarſchaft auff acht Tonnen Goldes ſich erſtreckete) ſolches alles nam Fabius zu ſich in verwahrung / ſpeiſete die Voͤlker eilig / und kehrete noch denſelben Abend umb nach dem Haͤuptlager / woſelbſt er des folgenden Tages bey ſpaͤtem Abend anlangete / und von ferne mit groſſem Freudengeſchrey empfangẽ ward. Die geſamte Fuͤrſten ritten ihm froͤlich entgegen / und ſahen bey den vielen geſattelten ledi - gen Pferden / daß eine ſehr groſſe Menge der Feinde muſte erſchlagen ſeyn / woruͤber unſere Helden inſonderheit ſich hoͤchlich erfreueten / daß ihrem lieben Freunde es ſo wol gelungen wahr / welcher den Helm abtaht und mit dieſen Worten Artaxerxes anredete: Durch - leuchtigſter Groß Fuͤrſt / gnaͤdiger Herr; hier liefere ich euer Durchl. des verwaͤgenenPar -65Fuͤnftes Buch. Parthiſchen Feld Herrn Dorylaus ſein Haͤupt / welches mir das Gluͤk gegoͤnnet / und da - bey 3000 gefangene Skythen und Parthen / (denen ich / weil ſie ihrer Haut ſich redlich ge - wehret / Leben und Freyheit verſprochen) nebeſt 36000 Zungen der erſchlagenen Feinde / welche ihnen zur Rache billich abgeſchnitten ſind / weil Dorylaus ſeinem Koͤnige 40000 Perſiſche Zungen verſprochen hatte. Ich habe dieſen Sieg von dem Himmel umb 6704 Koͤpffe meines Heers erhalten; die uͤbrigen haben die Beute auff der Wahlſtat bruͤderlich geteilet / und was ich im Lager angetroffen / uͤberlieffere ich hiemit euer Durchl. als dem al - gemeinen Ober Feld Herrn untertaͤhnig ein; das Gluͤk goͤnne uns / daß die kuͤnftige Haupt - Schlacht mit gleichmaͤſſigen / oder wie ich hoffe / beſſeꝛem verfolg ablauffen moͤge. Artaxeꝛ - xes umbfing ihn mit beyden Armen / ruͤhmete ſeine Tugend und Mannheit vor dem gan - zen Heer / und nachdem er ihm die mitgebrachte Beute eigentuhmlich zugeſprochen hatte / warff er ihm eine Demant Kette / am wert uͤber 80000 Kronẽ an den Hals / womit er ihm Dorylaus Haͤupt erſetzete. Es entſtund aber eine ſolche Freude bey dem Haͤupt Heer / als ob des Feindes ganze Macht ſchon gebrochen waͤhre; nur die Teutſchen / ſo zuruͤk blieben wahren / lieſſen ſich traurig merken / dz ſie haͤtten feiren müſſen / als ſie ihrer Landsleute wol - beſpikte Beutel und trefliche Pferde ſahen. Doch verſicherte ſie Herkules / daß ſie inwen - dig fuͤnff oder ſechs Tagen ſich deſſen nicht mehr betruͤben ſolten. Auch Artaxerxes wie er von den Perſen berichtet wahr / was vor Tahten die Teutſchen begangen / wunderte ſich deſſen ſo gar / daß er ſie vor ſich foderte / ihr Wolverhalten ruͤhmete / und jedem durch die Bank 12 Kronen außteilen ließ; hernach ward allen Teutſchen / Boͤhmen und Roͤmern des ganzen Heers gleich ſo viel gegeben / umb daß ſie zur bevorſtehenden Schlacht ſolten auffgemuntert werden. Sie hatten alle erſchlagenen unſers Heers mit ſich auff Pferden und Wagen uͤbergebracht / welche ehrlich begraben / den Teutſchen / Boͤhmen und Roͤmern aber groſſe Mahlſteine auffgerichtet wurden. Die obgedachte von den Feinden uͤberge - lauffene wurden wegen des feindlichen Lagers befraget / wovon ſie aber wenig Nachricht zugeben wuſten / weil ſie erſt neulich auffgefangen / und zu dienen gezwungen wahren. Aus den Gefangenen aber kunte man nichts kriegen / ſondern gaben zur Antwort: Sie waͤhren entſchloſſen geweſen auff der Wahlſtat ritterlich zu ſterben / da ihnen der Feld Herr Leben und Freyheit angebohten haͤtte / welches ſie auch angenommen / und auff ſolche maſſe ſich ergeben; nun waͤhren ſie nicht gemeinet / ſich als Verraͤhter gebrauchen zulaſſen / ſondern viel lieber zu ſterben / da dañ ihr Blut ũber Fabius Rache ſchreihen ſolte. Artaxerxes wie - derantwortete: Hiedurch wuͤrde das verſprochene durchaus nicht gebrochen / ſondern Kriegsgebrauch waͤhre / das gefangene auff die Befragung richtigen beſcheid geben muͤ - ſten; drang doch weiter nicht in ſie / ſondern ſonderte die Skythen ab von den Parthen / uñ ſagte zu ihnen: Euer Feld Herr Karthaſis iſt mein ehmaliger Spießgeſelle / und haͤtte mich zu ihm nicht verſehen / das er ſein beruͤmtes Schwert wieder mich auffheben wuͤrde; jedoch ſtehet einem Ritter frey / zu dienen wo er wil / wans nicht wieder ſein Vaterland gilt. Ich wil aber umb unſer alten Kundſchaft willen euch wieder zu ihm hinſchicken / und ſolt ihr naͤhſt anmeldung meines Gruſſes ihm hinterbringen; ich haͤtte ſo wol friſche Gelder als der Parthiſche Wuͤterich / die ich ihm lieber als einem andern goͤnnen moͤchte / aber weil ihm die Parthiſchen beſſer gefallen / wolle ich ehiſt mit ihm ſpielen / wer ſie miteinander ha -iben66Fuͤnftes Buch. ben ſolle. Hernach deutet Vologeſes und Pakorus an / ſie ſollen ſich auff geruhete Arme ſchicken / ich wolle ihnen zu dreſchen gnug ſchaffen; doch daß ſie als redliche Fuͤrſten ihrem unredlichen Wuͤterich zureden / der Perſen Zungen hinfüro zu ſchonen / wie ich dann nim - mermehr glaͤuben kan / daß ſie ihrer ſelbſt ſo gar vergeſſen / und des Dorylaus Vornehmen / welches Artabanus eingewilliget / ihnen haben gefallen laſſen; Im wiedrigen wil ich alle Parthiſche Inwohner und Kriegsleute / hoch und niedrig / die mir unterhanden kommen / ohn Zungen / Ohren und Naſen lauffen laſſen. Hierauff ſchenkete er einem jeden ein geſat - teltes Pferd und drey Kronen / und daß er ſie des folgenden Morgens unter ſicherer Be - gleitung wolte nach ihrem Lager bringen laſſen; deſſen ſie ſich hoͤchlich bedanketen / uñ doch nicht das geringſte von ihrer Voͤlker zuſtande melden wolten. Nachgehends wurden die Parther von einander gefuͤhret / und mit bedraͤuung befraget / da ſich ihrer fuͤnffe ſchrecken lieſſen / und was ſie wuſten anzeigeten / mit bitte / es ihren Spießgeſellen nicht kund zutuhn / ſie muͤſten ſonſt ohn alle Gnade ſterben. Die Fuͤrſten gingen zuraht / wie ſie es mit den übri - gen Parthen halten wolten / von denen Groß Fürſtin Valiſka ihr etliche zu ſchenken baht / welche ſie Artabanus zur Verehrung uͤberſenden wolte; worauff ihr Artaxerxes den gan - zen hauffen / nach belieben damit zu ſchalten / uͤbergab; welche des folgenden Morgens zu Fuß mit den berittenen Skythen unter der Begleitung 600 Reuter fortgeſchikt wurden / ſo daß jedem ein mit Parthiſchen Zungen gefülleter Beutel auff den Ruͤcken gebunden ward; einer aber des Dorylaus Kopff und Zunge abſonderlich tragen muſte; deſſen ſie ſich zwar anfangs wegerten / aber / auff geſprochene Urtel / daß ihnen allẽ die Zunge ſolte aus dem Halſe geſchnitten werden / ſolche ungenehme Buͤrde gerne uͤber ſich nahmen / nebeſt geleiſtetem Aeidſchwur / ſie ihrem Koͤnige bloß zu lieffern; da dann ein Geſanter voraus nach dem Lager ritte / umb zu fragen / ob der Perſiſchen begleitung freyheit koͤnte gegeben werden / ihnen etliche gefangene zuzufuͤhren.

Die außgeriſſene Parthiſche Reuter durfften nicht alsbald nach dem Haͤupt Heer kehren / weil ſie uͤber daß alle verwundet wahren / und deßwegen die naͤheſten Flecken und Doͤrffer ſuchten / ihren Wunden Raht zuſchaffen. Etliche Kundſchaffer / die von Vologe - ſes außgeſchikt wahren / und etwa eine Stunde nach Fabius abzug an die Wahlſtat gerie - ten / ritten ſchleunig wieder zuruͤk / jageten die ganze Nacht / biß ſie umb den Morgen im La - ger anlangeten / und in allerſtille nach Vologeſes Zelt gingen / mit bericht / Dorylaus gan - zes Heer laͤge auff der Wahlſtat erſchlagen / ſchiene faſt / als haͤtten ſie ſich ſelbſt untereinan - der ermordet / und waͤhren in ihrem eigenen Blute erſoffen / weil man nichts als lauter Parthiſche Voͤlker liegen ſaͤhe. O des Jammers! ſagte Vologeſes; O wie bin ich leider ſein gar zu wahrhafter Wahrſager geweſen! foderte Pakorus und Vonones zu ſich / und klagete ihnen den ſchweren Unfall. Der verwaͤgene Menſch / ſagte er / hat zwar den Lohn ſeines frevels eingenommen / aber mich dauret der guten Voͤlker; ohn zweifel wird ihm Herkules oder Ladiſla das Fel alſo gegerbet haben / ehe ers recht inne worden / welches mir zwar leid iſt / aber doch wegen unſers Koͤniges mich in etwas erfreuet; dann es kan ihm zur Warnung Dienen / daß man den Feind unverachtet laſſe / welchen er viel zugeringe ſchaͤt - zet. Der Bube iſt meinem Schwerte entgangen / ſagte Pakorus / deſſen er vielleicht un - wirdig geweſen; halte aber vor beſt / daß wir dem Koͤnige es noch zur Zeit verſchweigen /und67Fuͤnftes Buch. und auff eigentlichern Bericht warten / welcher uns ohndaß mehr als zu fruͤh kom̃en wiꝛd; wie ſolches auch geſchahe; maſſen nach verlauff fuͤnff Stunden die Verſchlagene ankah - men / welche Vologeſes auſſer dem Lager aufffangen uñ vor ſich allein fodern ließ / die ihm dann den Verlauff / ohn was mit denen in den Wieſen ſich begeben hatte / erzaͤhleten. Er machete ſich darauff mit obgedachten beyden Feld Herrn nach dem Koͤnige / ließ auch Oſa - zes und Karthaſis herzu ruffen / und fing alſo an: Allergnaͤdigſter Koͤnig; hier ſtehen die teuren Fuͤrſten / Herr Pakorus und Herr Vonones / die mit Ohren angehoͤret / wie getraͤu - und bruͤderlich Dorylaus von mir gewarnet worden / er ſolte ſich ja nicht erkuͤhnen / noch den Feind verachten / damit er das ihm anvertrauete Heer wieder liefern koͤnte; aber an ſtat ſeines mir ſchuldigen gehorſams / hat er mich mit ſolchen ſchimpflichẽ Spotreden auf - gezogen / daß Fürſt Pakorus verurſachet worden / ihn deßwegen zu rede zuſtellen / wozu ich mich zu gut hielt; worauff aber dieſes erfolget / daß er als ein Unbeſonnener fortgezogen / ſich ins offene Feld unbeſchanzet nidergeſchlagen / und die halbſcheid ſeiner Pferde ins Graß gejaget / als ob gute Sicherheit waͤhre; worauff ihn der Feind mit geringer Mann - ſchafft angegriffen / und nach kurzem Gefechte / neben allen den ſeinen / wie man nit anders weiß / nidergehauen hat; iſt es aber nicht eine uͤberaus groſſe Schande / in ſolcher Unvor - ſichtigkeit zu gehen / da man einen ſolchen muhtigen Feind in der naͤhe hat? und von ihm nichts zuwiſſen / che man das Schwert im Eingeweide empfindet? zwar ich bin gnug ent - ſchuldiget / dann an meiner Warnung hats nicht gemangelt / und moͤchte wünſchen / daß durch euer Koͤnigl. Hocheit anmahnung er nicht waͤhre ſicher gemacht / die ſolchen Frevel ihm eingegoſſen hatte / daß er wuͤnſchete / nicht unter 60 oder 70 tauſend Feinde auff ein - mahl anzutreffen. Eines ſetze ich nur hinzu; haͤtte Dorylaus mich hoͤren wollen / ſo lebete er noch mit den ſeinen; und geben die Goͤtter / daß nicht ſeines gleichen hochmuͤhtige Fre - veler uns die Sache noch viel ſchlimmer machen. Artabanus erſchrak der Zeitung / und fragete nach / wie ſtark die Feinde geweſen; und als er deren geringe Mannſchaft vernam / waͤhre er vor Eifer ſchier aus der Haut gefahren. Aber Vologeſes troͤſtete ihn; es koͤnte ihnen ſaͤmptlich dieſer Unfall zur warnung dienen / daß man deſto vorſichtiger ſpielen ler - nete / damit nicht durch frecheit verlohren wuͤrde / was die Vorfahrẽ durch herzhafte Vor - ſichtigkeit des Arſazes vor vierhundert und etliche ſiebenzig Jahren ritterlich erſtritten / und ſeine Nachkommen bißdaher kraͤftig erhalten haͤtten; vielleicht wuͤrden die Feinde hiedurch ſicher und verwaͤgen / dz in der Haͤupt Schlacht alles zehnfach koͤnte eingebracht werden.

Des folgenden Tages gar fruͤh gab ſich der Perſiſche Heer Hold an / und auff ſein be - gehren erlangete er vor die Begleitung freien Abzug; jedoch daß ihnen 1000 Reuter un - ter Vologeſes und Pakorus anfuͤhrung ſolten entgegen zihen / und die Gefangenen anneh - men; welches alsbald geſchahe / da der Perſiſche Fuͤhrer dieſe Rede vortrug: Hochan - ſehnliche Herren; nach dem von der Durchleuchtigſten Groß Fuͤrſtin uñ Frauen / Frauen Valiſka / ich gnaͤdigſt befehlichet bin / niemand anders als dem groſſen Koͤnige Artabanus meine Werbung vorzut: agen / als erſuche ich die Herren / daß ſie mich bißdahin geleiten. Vologeſes und Pakorus beredeten ſich deſſen / lieſſen die Perſiſche begleitungs Reuter zuruͤk zihen / und mit den gefangenen Parthen kehreten ſie umb nach ihrem Lager / da diei ijfrey -68Fuͤnftes Buch. freygegebene Skythen in einem abſonderlichẽ hauffen ritten. Vologeſes fragete die Par - then / was ſie in ihren Beuteln truͤgen / und bekam zur Antwort; es waͤhre des Dorylaus ſtraffe; wobey ers auch vordiſmahl bewenden ließ. Der Geſante ward bald vorgefodert / maſſen der Koͤnig ſehr begierig wahr / ihre Werbung zuvernehmen; und brachte dieſer voꝛ: Er waͤhre von der Durchl. Groß Fuͤrſtin Valiſka / ehmahls Herkuliſka genennet / an ihre Koͤnigl. Hocheit abgefertiget / umb dieſes vorzutragẽ: Es haͤtte hoͤchſtgedachte Groß - Fuͤrſtin in erfahrung gebracht / daß gegenwaͤrtige 2500 Gefangene ihrer Hocheit ange - hoͤreten / uñ ſie deßwegen alsbald von deꝛ Dorylaiſchen ſtraffe loßgebehten / um ihreꝛ Hoch - heit dieſelben ungeſtuͤmmelt wieder zu geben / nach dem ſie wol erkennete / derſelben ſehr veꝛ - ſchuldet ſeyn / wegen vielfaͤltiger empfangenen Woltahten; taͤhte ihr demnach leid / daß wegen laͤngſt zuvor geſchloſſener Heyraht mit Gꝛoß Fuͤrſt Herkules / ſie in dieſem Stuͤk ihrer Koͤnigl. Hocheit nicht wilfahren koͤnnen / deren ſie in allem uͤbrigen / Zeit ihres Le - bens gehorſam und bereitwilligſte Dienſte erzeigen / ſich auch derſelben zu aller vaͤterlichẽ Gewogenheit wolte anbefohlen haben. Artabanus hatte ihm viel eine andere Urſach der Geſandſchafft eingebildet; nachdem er aber alle abdankung der ehelichen Liebe hoͤrete / ſa - he er den Redener mit grimmigen Augen an / und fragete; wer ihn ſo verwaͤgen gemacht haͤtte / mit ſolcher Werbung vor ſeinem Stuel zuerſcheinen; meynet der abtruͤnnige Bube Artaxerxes / ſagte er / daß es uns umb ein Haͤndichen vol nichtwerter gefangenen zu tuhn ſey / welche wir ihres unverhaltens ſelbſt am Leben ſtraffen werden. Der Geſante antwor - tete unerſchrocken: Dieſe Kuͤhnheit vor eure Koͤnigl. Hocheit zutreten / hat die Verſiche - rung meiner Gn. Groß Fuͤrſtin mir gemacht / nebeſt dem gemeinen Voͤlker Recht / welches allen Geſanten freyheit verſpricht. Vologeſes hieß den Geſanten einen Abtrit nehmen / und die gefangenen Parthen vorfodern / die mit klaͤglichen Gebaͤrden und flieſſenden Au - gen alle mitgebrachte Zungen nebeſt Dorylaus Haͤupt vor des Koͤniges Fuͤſſen außſchuͤt - teten / und der vornehmſte unter ihnen alſo anfing: Allergroßmaͤchtigſter Koͤnig; die Goͤt - ter müſſe es erbarmen / daß ihrer Groß Koͤnigl. Hocheit wir dieſes elende Schauſpiel an - zurichten / durch einen ſchweren aͤidſchwuꝛ gezwungen ſind / wo wir ſonſt nicht alle mitein - ander auch unſerer Zungen haͤtten wollen verluſtig ſeyn. Sehet / allergnaͤdigſter Koͤnig / ſehet alhier mehr als 36000 Zungẽ / von unſerm Feld Herrn Dorylaus uñ ſeinem Kriegs - Heer / welche die Feinde ihnen nach ihrem tode außgeſchnitten / weil ſie in erfahrung ge - bracht / daß Dorylaus euer Hocheit eine anzahl Perſiſcher Zungen ſol verſprochen haben; ich ſcheuhe mich zuerzaͤhlen / was vor hoͤniſche reden von dem Perſiſchen und Mediſchen Fuͤrſten uͤber dieſe Zungen ſind außgeſchuͤttet worden; ob die Parther Luſt bekom̃en haͤt - ten / Zungen zufreſſen. Allergnaͤdigſter Koͤnig; haben wir armen gefangenen daran geſuͤn - diget / daß wir aus furcht unſere Zungen zuverlieren / uns zu dieſer Verrichtung aͤidlich ha - ben verbinden laſſen ſo ſtehen wir hie / es mit unſern Koͤpffen zubuͤſſen / als welche wir tau - ſendmahl lieber / dañ nur die Zunge / verlieren wollen. Artabanus ſtellete ſich nicht anders / als ob er raſend waͤhre; befahl die Zungen hinweg zutragen / und die Gefangenen allein zufuͤhren; und weil er vor Zorn nicht reden kunte / ließ er alle hohe Befehlichshaber zuſam - men kommen / und hierüber Raht halten; welche einen Abtrit begehreten / uñ auff gemach - ten Schlus durch Vologeſes dieſes vortrugen: Allergroßmaͤchtigſter Koͤnig / wir inge -ſamt69Fuͤnftes Buch. ſamt euer Koͤnigl. Hocheit allergehorſamſte Untertahnen und Diener / zweiffeln gar nicht / uns werde unſer wolgemeineter Vortrag nicht ungleich außgelegt werden. Eure Koͤnigl. Hocheit werden ſich allergnaͤdigſt erinnern / wie der freche Dorylaus ſich vernehmen ließ / ſo viel Zungen der Perſen einzulieffern / als er Reuter unter ſeinem befehl haͤtte. Dieſes wird zweifels ohn den Feinden verrahten ſeyn / daher ſie an unſern Leuten ſolches volſtrec - ken / und uns verweißlich vorhalten wollen / man ſolle dergleichen unerbarkeiten muͤſſig ge - hen / und nicht zu hoch trotzen / weil das Gluͤk Kugelrund iſt / und bey niemand ſich beſtaͤn - dig erzeiget. Wolte Gott / daß wir durch uns ſelbſt uns deſſen erinnerten / und der Feinde unterweiſung es nicht beduͤrffte / ſo duͤrfften wir dieſes elende Schauſpiel nicht vor unſeꝛn Augen dulden. Unſer aller Meynung iſt / Dorylaus habe durch ſein frevelmuhtiges Vor - nehmen und erbieten / der Goͤtter Zorn auff ſich geladen / uñ durch deren wunderſchickung den Spot einnehmen muͤſſen / welchen er andern zugedacht hatte. Nicht ſage ich dieſes / den Todten anzuklagen / welcher ſeine Straffe ſchon außgeſtanden hat / ſondern die Leben - digen zu warnen / daß ſie ſich an dieſem Unfalle ſpiegeln; wiewol ich dieſe Taht der Feinde nicht gut heiſſe / ſondern vielmehr der Rache wirdig ſchaͤtze; jedoch nicht durch gleichmaͤſ - ſiege Zungen-abſchneidung / fondern durch niderſchlagung der Taͤhter / und aller deren / welche ein gefallen daran tragen. Herrn Karthaſis haben ſeine wiedergeſchikte Skythen des abtruͤnnigen Artaxerxes draͤuung angemeldet / dafern uns die Begierde nach der Per - ſen Zungen nicht vergehen werde / wolle er ohn unterſcheid allen Parthen / deren er maͤch - tig wird / Naſen und Ohren darzu abſchneiden; und wer kans ihm als einem Feinde ver - denken? Nun begeben ſich die Faͤlle wunderlich / und kan ein tapfferer Mann leicht in Fein - des gewalt gerahten; aber wuͤrde derſelbe nicht tauſendmahl lieber ſterben / als ſolcher dreyfachen noͤhtigen und wolſtaͤndigen Haͤupt-Glieder beraubet ſeyn? Laſſet uns deßwegẽ Freunden und Feinden kund machen / daß des Dorylaus Zungen-hunger (ſo muß ichs mit dem Feinde nennen) unſer keinem je gefallen habe; und doch der Durſt der Rache in uns ſo groß ſey / daß er weder mit Waſſer noch Wein / ſondern bloß nur mit der Feinde Blut koͤnne geloͤſchet werden. Vor dißmahl folge eure Koͤnigl. Hocheit unſerm getraͤuen Raht / und ſtelle ſich / als wuͤſte ſie nichts umb dieſen Zungenſchnit / daß wird den Feind mehr kraͤnken / als wañ man ſich darüber ungeberdigſtellen / oder groß eifern wolte. Artabanus erhohlete ſich hierauff / und ſtellete ſeinen Fuͤrſten anheim / mit dem Ge[ſant]en nach gut ach - ten zu handeln / dem er ſonſt die Straffe zugedacht haͤtte / daß man ihm die Zunge / ſamt Ohren und Naſe abſchneiden / und ſie dem abtruͤnnigen Buben zuſchicken ſolte. Welche Rede aber mit ſtilſchweigen beantwortet ward / und foderte bald hernach Vologeſes den Geſanten vor ſich / da er zu ihm ſagete: Hat Artaxerxes ſonſt nicht gewuſt Kundſchaffer außzuſenden / als unter dem nahmen eines Weibsbildes / und einlieferung etlicher wenig gefangenen / die man nicht begehret hat? Zwar man koͤnte dir nach Recht verraͤhters Lohn außfolgen laſſen; aber weil dem großmaͤchtigſten Beherſcher der Morgenlaͤnder mit ſo ſchlimmen Blute nicht gedienet iſt / wird man dir deine Tohrheit zu gute halten / und ſchon wiſſen / wie man die unredliche abſcheuligkeit / durch abſchneidung der Zungen denen an - gelegt / die keiner verleumdung noch verraͤhterey koͤnnen beſchuldiget weꝛden / ernſtlich raͤ - chen ſol / nachdem man dieſes Orts verſichert iſt / daß man zu ſolcher Untaht / an ehrlich ge -i iijſtor -70Fuͤnftes Buch. ſtorbenen begangen / keine Urſach gegeben hat / ſondern dergleichen vornehmen verfluchet / daher man verſichert iſt / die Goͤtter werden ſolche grauſamkeit ſtraffen / worzu alle redliche Parther und Parthers-verwanten ſich wollen gebrauchen laſſen. Hierauff muſte er als - bald fort / und ſeinen Leuten folgen / welche er auch zeitig erreichete. Die Parthiſchen Feld - Herrn aber verfuͤgeten ſich hin nach den freygelaſſenen Skythen / nnd nahmen voͤlligen bericht ein von allem verlauff / und daß weder Herkules noch Ladiſla dem Treffen beyge - wohnet / ſondern ein Roͤmſcher junger Herr / nahmens Fabius / der bey Artaxerxes in groſ - ſem anſehen waͤhre / und mit den beyden fremden als ein Bruder umbginge; die Perſiſchẽ und Mediſchen Voͤlker haͤtten ſich in der Schlacht zimlich ſchlecht gehalten / denen man mit leichter muͤhe wuͤrde abgeholffen haben / aber es waͤhren dreyerley fremde Voͤlker da - bey / als Teutſchen / Boͤhmen und Roͤmer / deren geringe Mañſchaft allen ſchaden getahn; wuͤſten auch nicht / daß ſie Zeit ihres Lebens ſolche Kriegsleute geſehen; maſſen ſie weder Speer noch Schwert ſcheuheten / und alles was ſie traͤffen / zu grunde gehen muͤſte. Die Teutſchen / welche den groͤſten Schaden getahn / fuͤhreten zierliche Faͤhnlein / uñ die nahmẽ HERCVLES und VALISCA daran geſchrieben. Artaxerxes Heerlager haͤtten ſie geſehen / aber nie kein wolgeſtalters; waͤhre einer gewaltigen Stad aͤhnlicher als einem Feldlager; mit Graben und Waͤllen umbfaſſet / hinter welchen ſie vor allem anfall ganz ſicher laͤgen; der Voͤlker waͤhre eine ſehr groſſe Menge / man ſagte von 400000 Mann / alle wol beweh - ret; Speiſe und Trank fuͤhrete man ihnen haͤuffig zu / und mangelte nichts an allem was zu einem wolbeſtalten Feldzuge erfodert wuͤrde; inſonderheit aber haͤtten ſie ſich verwun - dern muͤſſen uͤber der groſſen freudigkeit / welche alle Voͤlker erzeigeten / da ſie nichts als die Haͤupt Schlacht wünſcheten / welche zu gewinnen / oder willig zu ſterben ſich hoch und ni - drig verbunden haͤtten. Sie wiederhohleten auch / was ſie mit Karthaſis / Vologeſes und Pakorus zu reden / von Artaxerxes abſonderlich befehlichet wahren. Welches alles nie - mand beſſer als Vologeſes anmerkete / und daraus erkennete / wie ſchwer es ihm fallen wuͤrde / den Sieg dergeſtalt zubehaͤuptẽ; verwunderte ſich auch uͤber Artaxerxes freymuͤh - tigkeit / daß er den Koͤnig offentlich ſchmaͤhen / und deſſen Feld Herren gruͤſſen und warnen laſſen duͤrffte. O / ſagte er / wie eine ſchlechte Morgenſuppe ſolten uns die Perſen und Me - den ſeyn / wann die fremden von ihm abgeſondert waͤhren; dieſe / dieſe ſind ſeine Seele uñ ſein Muht / ſonſt haͤtte er das Land ſchon verlauffen müſſen. Und O ihr Fuͤrſten uñ Herꝛn / helffet / bitte ich / ſinnen und tichten / wie wir dieſe zween Helden von ihm abreiſſen / oder ſie fellen moͤgen / daß wird uns eben ſo viel / als die voͤllige uͤberwindung ſeyn. Sie gingẽ hier - auff wieder nach dem Koͤnige / und fuͤhrete Vologeſes daſelbſt eine bewaͤgliche Rede / wie groſſe vorſichtigkeit man in einer Sache anzuwenden haͤtte / auff deren Gewin und Ver - luſt unſer Heyl und Verderben beruhete; auch wie ein gefaͤhrliches Ding es waͤhre / einen ſtarken / ſieghafften und muhtigen Feind in ſeinem Vortel anzugreiffen / der an allen noͤh - tigen ſachen uͤberfluß haͤtte; und ſchloß endlich dahin; er hielte vor das beſte und ſicherſte / man ſpielete den Krieg anfangs etwas in die Harre / des Feindes gefaſſeten Muht zu bre - chen; zum wenigſten / biß man durch eine abſonderliche kleine Schlacht den genommenen Schimpff (der nicht ſo gar ohn Schaden waͤhre) wieder einbraͤchte / oder / wo moͤglich / die Teutſchen von ihm zuruͤk nach ihrer Heimat zoͤgen / welche ohn zweiffel nicht lange inder71Fuͤnftes Buch. der Fremde bleiben wuͤrden / nachdem ſie ihren Vorſaz erhalten / und das Fraͤulein / wel - ches ſchiene dem Parthiſchen Stuele zum ſchaden gebohren ſeyn / wieder bekommen haͤt - ten / welches wieder zugewinnen / der Koͤnig nicht begehren würde / nachdem ſie ſich verhei - rahtet haͤtte / und wol ein kleines Meer Parthiſches Blutes koſten wuͤrde / da man ſichs un - terfahen wolte. Zwar er zweifelte nicht / ein und ander duͤrffte ihm dieſen Vorſchlag zur kleinmuͤhtigkeit außlegen / aber ſolches wolte er gerne uͤber ſich gehen laſſen / weil ihm ſein Gewiſſen Zeugnis gaͤbe / daß er auff nichts / als auff des Parthiſchen Reichs erhaltung / ſeines Koͤniges wolfahrt / und des Heeres moͤgliche verſchonung ſein ganzes abſehen haͤt - te. Dem Koͤnige dauchten dieſe Reden lauter ſtachlichte / Dornen / ja Schwerter und Spieſ - ſe in ſeinem Herzen ſeyn / deßwegen er im Zorn alſo loß brach: Iſt euch das Herz ſchon ent - fallen / Vologeſes / und habt den Feind noch nicht geſehen? oder ſind wir zu dem Ende mit dieſem faſt unzaͤhlbahren / unuͤberwindlichen Heer außgezogen / daß wir in unſern Zelten ſtille ſitzen / und etwa Eyer außbruͤten wollen? Auff dieſe Weiſe haben unſere Vorfahren das Reich weder erſtritten noch geſchuͤtzet / ſondern wann Feinde entſtunden / griffen ſie friſch an / und legten ſie zu bodem; und wir ſolten den Auffruͤhrern / unſern Untertahnen zuſehen / wie ſie unſer Land und Leute verderben / unſern Kriegsleuten die Zungen außreiſ - ſen / ja auff unſerm Parthiſchen Grund und Bodem liegen / und ihres willens ſpielen? Nein Vologeſes / hier zu bringet ihr uns noch nicht / noch einiger Menſch. Und was haͤt - ten wir deſſen doch vor Urſach? ein tapfferer Mann / wann ihm ſchimpff und ſchaden an - gefüget wird / ſuchet er ſchleunige Rache; und wir ſollen nach deſſen einnehmung geduldig ruhen / damit wir nicht etwa ein ſchlimmers empfinden? Ey ey / welch eine Tapfferkeit iſt daß! Sollen wir aber auff zweer / ja bloß nur auff zweer verlauffener Buben abzug lau - ren / damit ſie nicht unſer ganzes Heer (dann die uͤbrigen werden ja nichts geachtet) auff - reiben? Ey mein Vologeſes / wir moͤchten wuͤnſchen / daß einem andern als euch / dieſe re - de entfahren waͤhre. Doch daß ihr euren Irtuhm erkennet / ſo wiſſet / daß eine groſſe Urſach unſers Zuges eben dieſes ſey / daß wir dieſe beyden veraͤchter unſer Hocheit haͤrtiglich zu beſtraffen / und unſere verlobete Braut wieder zugewinnen / uns gaͤnzlich vorgenommen haben. Waͤhre es aber nicht ein ſchoͤnes freſſen vor unſere Abtruͤnnigen / wann ſie durch bedraͤuung / uns Zungen / Ohren und Naſen abzuſchneiden / uns dz Herz gar hinweg rau - ben / und nach unſer Haͤuptſtab zuruͤke treiben koͤnten? Dieſen Spot zu meiden / entſchlage ſich nur ein jeder der Gedanken / daß wir bedacht ſeyn ſolten / unſere und des Reichs abge - ſagte Feinde ohn angefochten zu laſſen. Nein nein! wir wollen ſie / ehe die Soñe dreymahl auff und untergehen wird / getroſt angreiffen / uñ wo ſonſt kein ander verhanden iſt / unſern Leib an die Teutſchẽ Laffen ſetzen; oder da ſie uns Streits verſagen / ganz Perſen mit Feuꝛ und Schwert durchaͤchten. Wer nun dieſer unſer meynung zuwieder iſt / der melde ſich bey zeiten / auff daß wir uns vor demſelben zu huͤhten wiſſen. Allergnaͤdigſter Koͤnig / ant - wortete Vologeſes / euer Koͤnigl. Hocheit Wille iſt mir befehls gnug / dem ich und ein je - der billich folgen ſol und wil; jedoch habe ich meine meynung weder aus furcht meiner Na - ſen und Ohren / noch aus verraͤhteriſchem Herzen vorgetragen / nachdem mir mein Ge - wiſſen Zeugnis gibt / das mein Gut / Blut / Ehr / und Leben meinem Konige ohn alle bedin - gung ganz eigen iſt; und gebe der Himmel daß euer Hocheit niemahls gereue meinen Rahtver -72Fuͤnftes Buch. verachtet zuhaben; ja daß klein und groß Urſach haben moͤge / nach dieſem zuſprechen: Vologeſes Raht hat nichts getaucht. Weil dann der unwiederrufliche Schluß gemacht iſt / dz die Schlacht ehiſtes ſol gewaget ſeyn / wil ich alles mein vorige in die Erde verſchar - ren; aber auff dieſem meinem Haͤuptgrunde ſtehe ich feſte / wir muͤſſen behutſam verfahrẽ / wann wir nicht fallen wollen; dann wir haben Maͤnnervor uns; wir haben mit vorſich - tigen / herzhaften und gluͤkſeligen zu fechten; aber den Goͤttern ſey dank / nicht mit unuͤber - windlichen; ſo ſtehet die Gerechtigkeit auff unſer Seite / deren der Himmel allezeit wol wil / da jene nur auff den Frevel bauen; wir ſtreiten vor unſern Koͤnig / von dem jene abge - fallen; ſuchen Friede zuſtiften / welchen jene gebrochen; und gedenken die Boßheit zuſtraf - fen / deren jene ergeben ſind; wil nicht ſagen / daß wir an geuͤbeter und verſuchter Mann - ſchafft dem Feinde es zuvor tuhn. Deßwegen beſtimme eure Koͤnigl. Hocheit den Tag uñ die Stunde / ich bin fertig und bereit / mit gleichem Herzen zum tode und zum Siege. Nun hoͤre ich den ehmahligen Vologeſes / ſagte der Koͤnig / welcher nicht waͤhnen darff / als ob wir ihn einiger traͤuloſigkeit zeiheten. Aber mein Karthaſis / was gebt ihr vor einen Raht? ihr pfleget ja nicht gerne lange zu feiren. Allergroßmaͤchtigſter Koͤnig / antwortete dieſer: Ich habe nie mit ſtille ſitzen etwas gewinnen koͤnnen / ohn beim Würffel - und Kartenſpiel; wiewol ich nit zweifeln wil / Herrn Vologeſes Vorſchlag ſey der ſicherſte Weg / den Feind zu ſchwaͤchen; jedoch halte ichs mit euer Koͤnigl. Hocheit / unter der Hoffnung / je friſcher man an den Feind gehen wird / je geherzter werden unſere Voͤlker gemacht / und die Wie - derwaͤrtigen erſchrecket; achte ſonſt vor dienlich / daß man in unſerm Lager durch die uͤber - geſchikten gefangenen außſprenge / Dorylaus ſey der ganzen Feindesmacht in die Haͤnde gerahten / und mit den ſeinen wieder gegebene Traͤu und Glauben ermordet; welches nit allein die unſern aller furcht entheben / ſondern auch einen Eifer und Rachgier bey ihnen erwecken wird / wodurch man den Sieg gewaltig befodern kan. Ich vor mein Haͤupt wil nichts lieber wuͤnſchen / als eben an dem Orte zufechten / woſelbſt der hochberuͤmte junge Fuͤrſt Herkules ſich wird findẽ laſſen / nachdem ich ſondeꝛliche gute Luſt habe / ſein Schweꝛt zupruͤffen. Dieſer Vortag gefiel Artabanus / ermahnete ihn zur beſtaͤndigkeit / und ver - ſprach ihm / dafern er ihm Herkules lebendig oder Tod liefern wuͤrde / ſolte es ihm mit ei - nem Fuͤrſtentuhm und ſechs Tonnen Schaz vergolten werden; welches das rechte Waſ - ſer auff Karthaſis Muͤhle wahr / als der umb genieſſes willen keine moͤgligkeit unterließ. Vologeſes ließ die an Dorylaus ertichtete Verraͤhterey offentlich außruffen / und zugleich andeuten daß ein jeder ſich gegen Morgen fcuͤh zum Auffbruch fertig halten ſolte / da man ſie zur Rache und Beute anfuͤhren wolte.

Der Perſiſche Geſanter eilete ſehr / die empfangene Antwort ſeinem Groß Fuͤrſten zu hinterbringen / deren ſie wenig achteten / und wol ſahen / daß Vologeſes des Dory - laus vornehmens ſich ſchaͤmete / erfreueten ſich aber hoͤchlich da in folgender Nacht ſie Zeitung bekahmen / daß die Feinde auffgebrochen waͤhren / und gerade auff ſie angingen; woruͤber Herkules vor freuden auffſprang; dann weil er vexnam / daß alles von Vologe - ſes geordnet würde / deſſen Art ihm wol bekant wahr / befahrete er ſich einer lang wierigen Verzoͤgerung / wodurch ſie von ihrer hochgewuͤnſchten Ruͤkreiſe duͤrfften abgehaltẽ wer - den; welchem vorzubauen / er ſeine Stimme im Kriegsraht allemahl dahin richtete / manſolte73Fuͤnftes Buch,ſolte des Feindes nicht erwarten / ſondern / umb ihn zur Schlacht zubringen / etliche Mei - len ins Land ruͤcken / welche er durch Gottes huͤlffe gedaͤchte zuerhalten. Dieſem ſetzeten ſie umb ſo viel eiferiger nach / da ihnen des Feindes Auffbruch kund getahn ward; und er - hielt Valiſka bey ihrem Herkules / daß ſie mit zu Felde ging / weil Artaxerxes ihr einen treflichen Elefanten mit einem niedrigen feſten Turm zurichten ließ / der von 2000 Schuͤt - zen begleitet ward; wiewol ſie / umb Argwohn zuverhuͤten / ſich ſtets bey den andern Elefan - ten hielt. Als nun ein jeder Feld Herr ſich nach ſeinen Voͤlkern hin begeben wolte / redete Artaxerxes unſere Helden an / bedankete ſich der ſchon geleiſteten Dienſte / und baht / die be - vorſtehende Schlacht ihnen befohlen ſeyn zu laſſen / welches die geſamte Hoch Fürſtl. ver - buͤndnis / und jedes Glied derſelben vor ſich erkennen wuͤrde. Sie hingegen verſprachen alle moͤgligkeit / ſich zubemuͤhen / daß ſie in Artabanus Gegenwart moͤchten ſehen laſſen / wie ſie ſich ſo wenig vor ſeinem Saͤbel als vor ſeinen Ruhten fuͤrchteten; verfügeten ſich zu ihren anvertraueten Voͤlkern / und gingen in gevierter Schlachtordnung freudig fort / da Leches und Arbianes (welcher jezt ſchon alle traurigkeit abgelegt hatte) mit 14000 Pfer - den den Vortrab hielten / und außdruͤklich befehlichet wahren / nicht zu ſchlagen / ſondern nur / wo moͤglich / etliche gefangene einzubringen / und auff erblickung eines ſtarken Heers / hinter ſich zugehen. Artabanus zohe in gleicher behutſamkeit etwas langſam fort / wegen etlicher engen Wege / und bekam gegen Abend Kundſchafft der Perſe waͤhre aus ſeinem feſten Lager loßgebrochen / und ginge gerade auff ihn zu mit aller ſeiner Macht. Daher Vo - logeſes vor rahtſam hielt / man ſolte nicht weiter zihen / weil hieſelbſt ein weites ebenes Feld zur Schlacht ſehr bequemlich waͤhre; verſicherte auch den Koͤnig und die andern Haͤup - ter / daß Herkules nicht weichen / ſondern alle Gelegenheit zur ſchleunigen Schlacht ſuchẽ wuͤrde. Die unſern traffen nichts denkwirdiges an / ohn dz die außgeſchikten Kundſchaf - fer einbrachten / an was Ort Artabanus ſich nider gelaſſen haͤtte; deßwegen ſie dieſe Tage - reiſe endigten / und nur eine halbe Meile ſich von dem Feinde lagerten / da ihre Voͤlker zur gnũge geſpeiſet / und zur ruhe gelaſſen wurden. Umb Mitternacht bekahmen ſie eigentliche Kundſchaft / wie nahe ihnen der Feind waͤhre / woruͤber ſich Herkules erfreuete / und zu Ar - taxerxes / der mit ihm in einem Reuterzelte lag / ſagte: Nun hat gewißlich der verſtaͤndige Vologeſes mit ſeinem nuͤzlichen Raht nicht moͤgen gehoͤret werden; dann ich weis / wañ es bey ihm ſtuͤnde / wuͤrde er ſo eilig nicht fortgangen ſeyn / und duͤrfte ich ſchier wetten / der Wuͤterich fuͤrchte ſich / ich werde ihm mit meiner Valiſken entlauffen. Beiderſeits ſtelle - ten ſie ihre Schildwachen gar weit und bey ganzen Schaaren aus / und weil der Angriff an beiden ſeiten verbohten wahr / hielten ſie gegen einander mit bloſſem Gewehr / und fingẽ nichts taͤhtliches an / ohn daß ſie einander mit Worten und Geſchrey umbtrieben / da die unſern von jenen vor Zungendiebe; jene aber von den unſern vor Zungenfreſſer geſchol - ten wurden. Vor Tage muſten beyde Heere ſich mit Speiſe und Trank laben / und ward an Perſiſcher ſeite ernſtlich befohlen / daß ein jeder ein ſtuͤk Brod und etwas Gewuͤrz bey ſich ſtecken ſolte / damit wann die Schlacht etwas lange anhalten wuͤrde / ſie ſich laben und erfriſchen koͤnten. Herkules mit ſeinen Chriſten hielt ein andaͤchtiges Gebeht zu Gott / uñ ließ das 14 Kapittel des erſten Buchs Moſe von einem Chriſtlichen Lehrer außlegen; nach deſſen endigung zum Auffbruch geblaſen ward. Nun hatte Artabanus dieſe Nacht wedertSchlaff74Fuͤnftes Buch. Schlaff noch ruhe haben koͤnnen / ohn gegen Morgen kam ihm vor / als haͤtte Artaxerxes der Perſe einen dreypfuͤndigen Stein auff ſein Schloßdach zu Charas geworffen / wovon es gar zerſchmettert worden. Er erſchrak deſſen nicht wenig / zeigete es anfangs Bagopha - nes / und auf deſſen Raht Vologeſes an / welche beyderſeits ſich munter bezeigeten / als waͤh - re ſolches nicht zu achten; wiewol ſie viel ein anders im Herzen befürchteten / uñ dieſer dem Koͤnige riet / es wuͤrde ſeiner Koͤnigl. Hocheit nicht ungleich koͤnnen außgedeutet werden / wañ dieſelbe die beyden abtruͤnnigẽ Fürſten vor der Schlacht durch ein gnaͤdiges Schrei - ben ihres ſchuldigen Gehorſams erinnerte / und auff deſſen bezeigung ihnen Gnade und ih - res verbrechens vergebung anboͤhte. Die Furcht machete / daß er ſich hierzu leicht bereden ließ / ſetzete es mit eigener Hand auff / zeigete aber niemand den Inhalt / ſondern verſiegelte es / und ſchikte es durch einen Heerhold uͤber; welcher gleich im anfange des Auffbruchs ſich bey Artaxerxes melden ließ / und ihm den Brieff dieſes Inhalts einlieferte:

Der groſſe Koͤnig Artabanus wil nicht unterlaſſen / ſein liebreiches Vaterherz / auch den Ab - truͤnnigen Soͤhnen Artaxerxes und Phraortes / und allen denen / die ihnen mit verbunden ſind / darzu - legen; erbeut ſich allergnaͤdigſt / das Verbrechen zu uͤberſehen / die Straffe abzuſtellen / und ſie nach wie vor als getraͤut Fuͤrſten und Reichs Seulen zu halten / dafern ſie nur ihre Miſſetaht erkennen / umb Gnade anhalten / auffs neue ſich dem Reich und ihrem Koͤnige verbinden / und ihm die beyden Fremdlinge aus Teutſchland und Boͤhmen / nebeſt dem entfuͤhrten Fraͤulein alsbald lebendig uͤber - geben und einlieffern. Solten ſie aber wieder vermuhten ſich deſſen wegern / und dieſe vaͤterliche Gna - de verachten / wil er an dem erſchreklichen Blutbade / und der gaͤnzlichen verhehrung der Perſen - und Meden laͤnder allerdinge entſchuldiget ſeyn / und an den Uhrhebern es hernaͤhſt ernſtlich zu ſtraffen wiſſen.

Artaxerxes trug bedenken / es einigem Menſchen ſehen zu laſſen / deſſen er ſich gegen unſere Helden alſo entſchuldigte: Hochwerte Herren Brüder; ſie wollen mir vergeben / daß vor gehaltener Schlacht ich ihnen dieſen Narren-Brieff nicht zeige / weil er abſonder - lich mich betrift / uñ ich ihn mit wenigen beantwortẽ wil; ſetzete auch alsbald folgendes auf: Artaxerxes und Phraortes / auch andere loͤbliche Fuͤrſten dieſer Morgenlaͤnder / haben Artabanus den Parther nie zum Vater / aber wol zum Wuͤterich und Henker gehabt / deſſen uͤbermuhtigen frevels ſie lebendig oder Tod abſeyn wollen / und daher ſeiner Gnade durchaus nicht begehren / erkennen ſich auch vor keine Verbrecher / ſondern beſchuͤtzer ihrer Freyheit / inſonderheit vor getraͤue Freunde Koͤ - niges Ladiſla und Groß Fuͤrſt Herkules / die ihnen ja ſo lieb ſind als ihr eigen Leben; und wer die Durchl Groß Fuͤrſtin Valiſka ihnen entzihen wil / muß zuvor aller unſer Mannſchafft die Haͤlſe ge - brochen haben. Der uͤbrigen draͤuungen wil man gewaͤrtig ſeyn / aber mit dieſem bedinge / daß man umb die Meiſterſchaft ſpielen wird.

Dieſe Antwort reichete er in unſerer Helden und anderer Fürſten und Herren Ge - genwart dem Heerhold mit dieſen Worten ein: Sihe da / mein Kerl / einmahl Antwort vor allemahl; und wer mir dergleichen anmuhtung nach dieſem / ſchrift - oder muͤndlich bringen wird / ſol an ſtat Trinkgeldes den Galgen beſcheiſſen. Die Anweſende merketen aus ſeiner verenderung / daß es ein wichtiges betraf; aber niemand / ohn allein Herkules kunte es aus finnen / wiewol er ſichs gar nicht annam. Sie ordenten ihre Voͤlker alsbald zur Schlacht / ſo daß Artaxerxes / Phraortes / Fabius und Artobarzanes das Fuß Volk uñ die Elefanten fuͤhreten; Herkules aber mit Pharnabazus / Arbianes / Leches / Klodius und Markus den rechten Fluͤgel der Reuterey / welcher alſo abgeteilet wahr. Pharnabazusging75Fuͤnftes Buch. ging voran mit ſeinen 20000 Suſianern / uñ hatte 500 Teutſchen um ſich zum Leibſchutze. Arbianes zohe hinter ihm her mit 20000 Meden / und hatte gleichergeſtalt 500 Teutſchen bey ſich. Den dritten Hauffen fuͤhrete Leches / 20000 Aſſyrer und 500 Teutſchen / deren hundert die groſſen Schlacht Schwerter fuͤhreten. Den vierden und lezten behielt Her - kules vor ſich ſelbſt / 10000 Aſſyrer / 10417 geworbene / 4441 Teutſchen / 5872 Roͤmer / und 770 Fabius geworbene; und ſahe Herkules vor gut an / daß Markus ſeine und Klodius 1000 Roͤmer Arbianes zufuͤhrete / daß alſo dieſer Flügel 94000 Reuter ſtark wahr. Her - kules ritte ſtets neben Pha[r]nabazus vor dem erſten hauffen her / uñ ließ Klodius zum Stat - verweſer bey ſeinem eigenen / da er dann auff ſeinem wolverwahrten Blaͤnken ſich ſo freu - dig erzeigete / auch den Voͤlkern ſo geherzt und freundlich zu redete / daß ſie alle entſchloſſen wahren / mit ihm zu ſiegen oder zu ſterben. Den linken Fluͤgel befehlichte Ladiſla / welcher eine gleichmaͤſſige abteilung mit Herkules abgeredet hatte. Unter ihm ging Prinſla vor an mit 12000 geworbenen / 8000 Hirkanen und 500 Boͤhmen. Dieſen folgete Neda mit 10000 Baktrianern / 10000 Ariſchen / und 500 Boͤhmen. Den dritten hatte Mazeus 14100 Meden / 6900 Drangianer / und 500 Boͤhmen. Den vierden behielt er vor ſich / als 4428 Boͤhmen / 14000 Perſen uñ 13072 Margianer / wobey er ſeinen Tyriotes zum Stat - verweſer beſtellete / weil er ſich vor dem ganzen Fluͤgel ſehen ließ / welcher in gleicher anzahl mit dem linken wahr. Das Fuß Volk ward in vier hauffen geſetzet; den erſten fuͤhrete Ar - tobarzanes (Phraortes Bruder-Sohn) und Gallus / 20000 Suſianer / 8000 Drangia - ner / und 6000 Aſſyrer. Den andern Fabius / 12000 Hirkaner / 15000 Ariſche / und 7000 Margianer; Den dritten Phraortes / 20000 Meden 13000 Baktrianer / und die Elefan - ten / auff welchen ſich 7000 Schuͤtzen hielten. Den vierden und lezten Artaxerxes ſelbſt / 48000 Perſen; und blieben 6000 Fuß Knechte zur beſatzung des Lagers; daß alſo die gan - ze Reuterey in 188000; und das Fuß Volk / welches ſich in der Schlachtordnung befand / in 156000 Mann beſtund / ein Kriegs Heer von 344000 bewehrten Kerlen.

Artabanus lies durch Vologeſes ſeine Voͤlker auch in Ordnung ſtellen / welcher von den geworbenen Fußknechten den abgang der Reuterey unter Dorylaus / erſetzet hatte / wie imgleichen auch dz Skytiſche Heer von ihren Fußgaͤngern; anderen ſtat 37000 Par - ther dem Fuß Volk wieder zugegeben / und deren anzahl auff 196000 ergaͤnzet ward / uͤber welches Fuͤrſt Pakorus Obriſter Feld Herr wahr / der ſich in vier ſtarke hauffen ſetzete. Den erſten gab er einem kuͤhnen und verſtaͤndigen Parthiſchen Herrn / nahmens Surinas / 42000 geworbene Knechte. Den andern / Fuͤrſten Orodes / 16500 Skyten / 14000 Indier / und 11500 geworbene. Den dritten / Herrn Archelaus / 20500 geworbene und 21500 Par - ther. Den vierden behielt er bey ſich / 50000 Parther. Naͤhſt ihm hielt Madates mit den Elefanten / auff welchen 12000 Schützen wahren / wobey Artabanus ſich ſelbſt befand; uñ wahren 6000 Parther im Lager zur beſatzung blieben. Den linken Fluͤgel der Reuterey fuͤhrete Fuͤrſt Oſazes / 146500 Mann ſtark / welchen er gleichmaͤſſig in vier groſſe Geſchwa - de verteilete. Bey dem erſten wahr Fuͤrſt Mithridates 25500 allerhand zuſammen geleſene Voͤlker / und 5000 verſuchte Parther. Bey dem andern / Herr Argunthis Groß Ober - wachtmeiſter von Karthaſis / 31000 Skythen. Bey dem dritten Karthaſis ſelbſt / 35000 Skythen. Bey dem vierden der Feld Herr Oſazes / 50000 Parther. Der rechte Fluͤgelk ijunter76Fuͤnftes Buch. unter Fuͤrſt Vonones wahr gleich ſo ſtark an Mannſchaft / auch in gleich ſo viel Heere ab - geteilet; das erſte bekam Herr Oxatres 32000 geworbene / zum angriff. Das andere Par - dion / ein Handfeſter Indianiſcher Herr / von 26000 ſeiner Landsleute und 5000 allerhand geſamleten. Das dritte Herr Dataphernes / 15000 geworbene / 13500 auß dem Fuß Volk geſamlete / und 5000 verſuchte Parther zum Leibſchutze. Das vierde hatte Vonones ſelbſt zum Stichblade dieſes rechten Fluͤgels; 50000 Parther / den Kern der Ritterſchaft.

Als dieſe beyde Heere gegen einander hielten 845000 Mann zuſammen gerechnet / (ſo hatten ſich die Voͤlker beiderſeits auff dem Zuge und im Lager geſtaͤrket) wahr niemand der nicht uͤberlegete / was vor eine erſchrekliche Blutſtuͤrzung in wenig Stunden ſich zu - tragen wuͤrde; nur der einige Artabanus wahr blind vor Eifer und Liebe / daß er weder fei - nes Heils noch ſchadens wahr nam. Arimazes wahr befehlichet / mit den 1200 Streitwa - gen den erſten Angriff zu tuhn; und weil die unſern davon gute wiſſenſchaft hatten / folge - ten ſie Herkules Raht / in dem ſie 4000 zu Fuſſe mit langen Spiſſen / und zwiſchen ihnen 4000 der allerbeſten Schuͤtzen deſſelben Weges in die laͤnge herſtelleten / da ſich 50 Wage - haͤlſe mit 5000 Kronen willig erkaͤuffen lieſſen / daß ſie mit angezündeten Fackeln / Stroh und Flachs / welches ſie auff Knaͤbelſpieſſe ſtecketen / den Wagen entgegen treten / und die Pferde damit verſchuͤchtern wolten; welches auch ſehr gluͤklich von ſtatten ging / und ihrer nur zehn druͤber ums Leben kahmen; dann als dieſer Wagen anfangs 50 loßbrachen / wur - den ſie durchs Feur erſchrecket / daß ſie umbkehreten und ſich in einander wickelten / da die beſtelleten Schuͤtzen nicht feireten / ſondern die Pferde niderſchoſſen. Nach dieſem gingen 300 andere loß / deren Roſſe gleichergeſtalt das Feur ſcheuheten / und zur ſeite außlieffen / daß ſie von unſerm Heer mit Pfeilen alsbald unduͤchtig gemacht wurden. Artabanus ſa - he / daß dieſer Anſchlag / auff welchen er faſt getrotzet hatte / von Freunden und Feinden als ein Kinderſpiel verlachet ward / deßwegen er befahl / daß die uͤbrigen auff gelegenere Zeit verſparet wuͤrden / und der linke Reuter Fluͤgel den Angriff taͤhte. Alſo ging Mithridates friſch loß mit den ſeinen / die alle Schwerter und Bogen fuͤhreten. Den erſten angriff tah - ten ſie mit ſchieſſen / aber Pharnabazus / welcher ihm begegnete ſchonete ſein auch nicht; uñ weil die unſern den Wind zum vortel hatten / wirketen ihre Pfeile weit beſſer als der Fein - de / und erlegeten deren 3000 / da von den unſern etwa 50 erſchoſſen wurden. Hierauf wol - te Pharnabazus mit dem Schwert anſetzen / aber der Feind weich ſeiner Art nach zuruͤk / und ſchoß die Pfeile hinterwerz / daß wo die unſern nicht ſo behutſam gangen waͤhren / wuͤr - den ſie groſſen Schaden genommen haben; weil ſie aber ſich bey zeiten zuruͤk zogen / ging es noch gnaͤdig ab / wiewol ſie 165 dabey einbuͤſſetẽ / uñ 300 zum gefecht undüchtig gemacht wurden. Oſazes brach darauff mit ſeinem hauffen ſelber loß / die eine ſolche Menge Pfeile von ſich ſchicketen / daß ſie als Hagel niderfielen; aber Herkules / der ſich mit Arbianes zu - ſammen geſezt hatte / wichen zuruͤk / daß die Pfeile zu kurz fielen / und etwa 100 Mann ver - wundeten und 36 erſchoſſen / die von Arbianes Heer wahren. Die unſern zuͤcketen hieſelbſt noch keine Bogen / ſtelleten ſich gleichwol als wolten ſie eiferig anſetzen / wodurch Oſazes muhtig ward / und gedachte ſie nahe gnug kommen zulaſſen / und alsdann im weichen ihnẽ groſſen Schaden zu tuhn; aber Herkules wiche zugleich mit / daß jener abermahl ſeine Pfei - le umbſonſt verſchoß. Bald darauff wendete ſich Herkules / hieß die ſeinen fꝛeudig loßdruͤc -ken /77Fuͤnftes Buch. ken / und traffen ſo wol / daß 5000 Parther ſitzen blieben / und 3000 hart verwundet wurdẽ / da hingegen der unſern etwa 200 von Arbianes Heer verletzet und 80 zu bodem geſtuͤrzet wurden; daher dieſem Feindes hauffen nicht mehr geluͤſtete / ſich unter die Pfeile zuwagẽ. Herkules ſendete unter dieſem Schieſſen ſeinen Klodius an Ladiſla / und ließ ihm anſagen / daß er aus der erfahrung gelernet / wie man ſich bey dieſem Pfeil-Treffen zuverhalten haͤt - te / welche unterrichtung ihm wol zu ſtatten kam. Artabanus ſahe / daß der Bogen Streit / welcher der Parther beſtes wahr / und er darauff ſeine groͤſte Hoffnung geſezt hatte / ihm den Sieg nicht bringen wuͤrde / wie ihm ſolches auch Vologeſes ſchon hatte zuvor geſagt / daß Herkules viel zu behuhtſam waͤhre / und die fliehenden ſo blindlings nicht wuͤrde ver - folgen laſſen / welches er zwar dazumahl verlachete / aber es in der Taht mit groſſem unluſt und verluſt erfuhr; befahl demnach / es mit dem Schwerte auffs tapferſte zu wagen / und den erſten Feinden nur getroſt entgegen zugehen / alsdann wuͤrde das Feld leicht zuerhal - ten ſeyn. Es wahren hierzu ſeine Leute willig / und die unſern ſehr froh / daher ſie / als haͤtten ſie ſich deſſen verglichen / zu ihren Schwertern griffen. Mithridates ſetzete abermahl vor - aus / welches Pharnabazus erſehend / den ſeinen geherzt zuredete: Sie ſolten gedenken / dz ſie Maͤnner waͤhren / und die veruͤbte traͤuloſigkeit ihrer Landsleute unter Gobares / mit einer ruhmwirdigen Taht abwiſcheten / damit die Suſianer / ſo vor dieſem die aͤdleſten ge - ach (et / ihren Ruhm und Preiß nicht verlieren moͤchten. Fuͤhrete ſie damit an den Feind / und griff mit ganzer Wuht an / da ſeine Leute / die ſich alle zum Tode bereitet hatten / nichts mehr begehreten / als ihr ſterben noch lebendig zuraͤchen; und wann einer ſeinen Feind er - legt hatte / meinete er daß ſeine getahn haben / wiewol ihrer viel den dritten / vierden und mehr hinrichteten / und gleichwol ohn ſonderliche Wunden blieben; und tahten die 500 Teutſchen hieſelbſt ein groſſes durch ihr tapfferes vorgehen / denẽ die Suſianer rechtſchaf - fen folgeten. Mithridates wahꝛ dieſes verzweiffelten fechtens an den Peꝛſen nicht gewoh - net / bemuͤhete ſich ſehr / ihren dolkuͤhnen Einbruch auffzuhalten / aber vergebens; dañ da wahr kein weichen / biß Mann oder Pferd ſtuͤrzete; und gab ein luſtiges anſehen / daß des Feindes hauffe / welcher drey gegen zween hatte / in kurzer Zeit geringer ward als dieſe. Niemand freuete ſich deſſen mehr / als ihr Fuͤhrer / welcher nur ſuchete Mithridates anzu - packẽ / der ſonſt ſein vertraueter bruͤderlicher Freund wahr; ſamlete deßwegẽ eine Schaaꝛ von 150 Teutſchen umb ſich / brach mit ihnen durch / und traff ſeinen Mann zeitig an / wel - chen er mit aller Macht uͤberfiel / aber gute gegenwehre fand; doch halff ihm das Glük / dz ſeines Feindes Pferd uͤber eines ertoͤdteten Harniſch ſtrauchelte / und mit ſamt ſeinem Reuter zu bodem fiel. Da haͤtte man moͤgen ein verwirretes ſchlagen ſehen; jene wolten ihren Feld Herrn retten / und dieſe den ſo gut als gefangenen nit verlaſſen. Aber der Teut - ſchen Schwert drang durch / daß Pharnabazus gelegenheit bekam abzuſteigen und ihm auffzuhelffen / da er zu ihm ſagte: Bruder gib dich / daß du leben bleibeſt / du weiſt daß ich allemahl dein Freund geweſen bin. Ich muß mit des Gluͤckes Unfal zu frieden ſeyn / ant - wortete dieſer / gab das Schwert von ſich / und ward von 20 Suſtanern nach Arbianes ge - fuͤhret / der ihn Artaxerxes zuſendete. Vologeſes ſahe dieſem Treffen mit groſſem Unluſt zu / hielt neben Oſazes / und ſagte: Jedes Ding hat ſeine Zeit und verenderung; wie haben doch die Perſen in ſo kurzer Zeit ſolchen beſtaͤndigen Muht gefaſſet / dz da ihrer drey vorhink iijkaum78Fuͤnftes Buch. kaum einen Parther beſtreiten durfften / jetzo einer dreien ſcheinet gewachſen ſeyn. Machte ſich nach Argunthis / und redete ihn alſo an: Geehrter Spieſgeſelle / auff! und laſſet jezt ſe - hen / daß Skytiſche Funken heiſſer als Perſiſche Flammen brennen; mich deucht Mithri - dates werde eures entſatzes ſchier benoͤhtiget ſeyn. Dieſer brach bald loß / in meynung / Pharnabazus abgematteten hauffen / wie eine Fluht zu uͤberfallen; Aber Herkules ſeinen Auffbruch erſehend / munterte Leches alſo auff: Sehet / dort iſt Ehre zubekraͤfftigen; haltet euch friſch / daß Pharnabazus guter anfang beſſer fortgeſetzet / und er mit ſeinem hauffen vor des ein brechenden friſchen Feindes Wuht erhalten werde; taht ihm zuſage guter veꝛ - geltung / und ließ ihn damit fortgehen / da er zu gewuͤnſchter Zeit ankam; maſſen Argun - this ſich mit ſolchen kraͤfften an die Suſianiſchen Voͤlker henkete / daß ſie als ermuͤdete bald wuͤrden hingerichtet ſeyn; aber Leches einbruch zog ihn ab / und ließ Herkules Phar - nabazus anſagen; dafern die Mithridatifchen nicht ſtark auff ihn druͤngen / moͤchte er ſet - ne Voͤlker abfuͤhren / aber jene wichen ohndaß / daher leiſtete er folge / weil er 5000 einge - buͤſſet / und 4000 verwundete hatte / da an Feindes ſeiten 13000 ins Graß gebiſſen / und 9000 verwundet wahren. Leches ging anfangs mit den Skythen gar behutſam / und er - mahnete die ſeinen / ſich vor des Feindes draͤuen nicht zu entſetzen / ſondern von ihm uñ den Teutſchen ein Beyſpiel zunehmen. Von den Teutſchen behielt er 100 Schlachtſchwerteꝛ bey ſich / die andern hatte er unter ſeine Aſſyrer verteilet / daß jede zwot auſichte Schaar / 40 Teutſchen bey ſich hatte / welche die erſten Glieder macheten. Dieſer fund wahr ihnen ſehꝛ nützlich / dann die Teutſchen brachten dieſen Wahn in die Skythen / ihre folger waͤhren eben ihrer Art / wie ſie dann in warheit alle moͤgligkeit anwendeten / und ihren Vorgaͤngern kek nachſetzeten / kunten aber den Feind durchaus nicht auff die Weichſeite bringen. Die Blutſtuͤrzung wahr anfangs an beyden ſeiten faſt gleich / aber in die harre wuͤrden die Aſſy - rer es nicht geſpielet haben; deßwegen ließ Herkules 2000 Roͤmer und 4000 friſche ge - worbene unter Klodius anfuͤhrung ihnen zu huͤlffe gehen / welche dann rechtſchaffen er - wieſen / daß ſie wol ehmals es mit ihren Feinden haͤtten zu tuhn gehabt; wiewol die 100 Schlachtſchwerter die allerbeſte Wirkung verrichteten / vor denen Vologeſes auch von ferne ſich entſetzete / und meynete anfangs / dieſe wenige nur wuͤrden bey dem ganzen Heere ſeyn / ließ demnach Argunthis erinnern / dieſelben abſonderlich anzugreiffen; aber es wol - te niemand gerne hinan / biß Argunthis 600 beherzete Ritter umb ſich ſamlete / und mit blinder Wuht auff ſie hinein ging; wodurch aber Leches ſich nicht ſchrecken ließ / ſondern dreyfachete ſie auch mit friſchen Roͤmern / und ging dieſe kleine Schlacht mit ihnen ein; Haͤrterer Saz wahr bißdaher nicht geſchehen; die beyden Fuͤhrer traffen aneinander / uñ zuwetzeten ſich rechtſchaffen / biß etliche Skythen ihrem Feld Herrn beyſtand leiſteten; wor - uͤber ein teutſcher Ritmeiſter / nahmens Schwerting / ergrimmete / und Argunthis Pferd mit ſeinem Schlachtſchwerte niderhieb / daß er drunter zu liegen kam. Leches haͤtte ihn gerne gerettet / aber das Gedraͤnge umb ihn von ſeinen eigenen Leuten / wahr zu groß / die mit ihren Pferden ihn zutraten / da er einezeitlang unter den Pferdefuͤſſen einjaͤmmerli - ches Geſchrey trieb / welches ſeine Skythen zu toͤdlichem grimme auffmachte / daß ſie wie blinde anfielen / und mit ihrem Fuͤhrer zuſterben ſich erklaͤreten. Die Aſſyriſchen kunten ſolcher Macht nicht wiederſtehen / und begunten hinterſich zu weichen / uñ waͤhre KlodiusBey -79Fuͤnftes Buch. Beyſtand nicht geweſen / haͤtten die Teutſchen / als die zu flihen ungewohnt wahren alle Haar laſſen muͤſſen. Herkules kunte bey ſeinen Voͤlkern nicht lange ſtille halten / umbrit - te ſelb ſechs hin und her / uñ machte die ſeinen durch herzhafte Worte ſehr freudig. Sein Pferd ging als ein Pfeil in der Luft / welches Vologeſes von ferne ſehend / ſich nach Kar - thaſis wendete / und zu ihm ſagte: Sehet dort mein Freund; jenes aͤdle Pferd / daß ſeines gleichen nicht haben ſol / gibt ſeinen Reuter den muhtigen Herkules zuerkeñen / da ich doch gemeinet / er haͤtte vor laͤngſt ſchon gefochten. Iſt der Reuter wie das Pferd / antwortete dieſer / ſo duͤrfte er den Parthiſchen Stuel zubehaͤupten kek gnug ſeyn. Inzwiſchen ſahe Herkules der Aſſyrer außweichen / und ſchikte ihnen 2000 geworbene zum entſaz / welche nicht allein alles wieder gut macheten / ſondern mit der Teutſchen und Roͤmer huͤlffe der Skythen Vorſaz brachen; dann ihre Zahl hatte ſehr abgenommen / uñ wahren von 31000 kaum 15000 uͤbrig / welche aber 9000 Aſſyrer / und 40 Teutſchen mit ſich in den Tod ge - nommen hatten. Karthaſis ſahe der Skythen geringen uͤberſchuß / und begehrete von O - ſazes / daß er ſie mit etlichen Parthen entſetzen moͤchte / wozu er ſich ungerne verſtund; dañ er wolte ſeine Mannſchaft nicht ſchwaͤchen / mit denen er bedacht wahr / den Sieg zuge - winnen; weil aber Vologeſes ſelbſt es vor rahtſam hielt / muſte er 8000 unter Phraates fortgehen laſſen / die aber wegen der Verzoͤgerung zu ſpaͤte kahmen; dañ als die Teutſchẽ und Roͤmer ein Loch in die Skythen gebrochen hatten / gingen die andern mit zu / und hie - ben ſie wie Muͤcken nider / daß bey der Parther ankunfft etwa noch 6000 übrig wahren. Herkules ſahe Phraates daher traben / und ſendete ihm Arbianes und Markus mit 10500 Meden und 500 Roͤmern entgegen / denen er alsbald noch 500 Teutſchen uñ gleich ſo viel von Fabius geworbenen nachſchickete; Klodius aber und Leches foderte er zurük; dann er merkete / daß ſie ſchon zu weit gangen / und dem Parthiſchen Fuß Volk unter die Pfeile gerahten wahren / weil die uͤbrigen Skythen dahin ihre Zuflucht nahmen / auch endlich bey Karthaſis ſchnaubend ankahmen / und Argunthis elenden Tod mit ſeuffzen beklageten; welcher ihnen zur Antwort gab: Seine Zeit iſt kommen / und ſein Wunſch erfuͤllet / daß er das Schwert in der Fauſt haltend ſterben moͤchte; ihm iſt nirgend beſſer mit geholffen / als dz wir ſeinen Tod zu raͤchen / uns laſſen angelegen ſeyn. Vologeſes hatte ſeinen Oheim Phraates vermahnet / des Parthiſchen nahmens eingedenk zu ſeyn / mit der Verheiſſung / da ihm der Feind zu ſchwehr wuͤrde / wolte er ihn zeitig gnug entſetzẽ; ging deßwegẽ wolbe - dacht hinan / in willens Leches anzugreiffen; aber Arbianes begegnete ihm tapffer / deſſen Menge er doch nicht ſcheuhete / ſondern mit einem heftigen Angriff ſie auffhielt. Markus ſahe / daß die Meden im vorzuge ſich trennen lieſſen / ſetzete ſich deßwegen mit 500 Roͤmern vorne an / und brachte damit den ganzen hauffen zum ſtande / daß die Parther als die we - nigſten wieder weichen muſten / welches ihm aber 25 Roͤmer koſtete. Nun wahr Phraates ſehr verſchmizt / daher er ſich einer Furcht añ am / und ſich zuruͤcke zog / daß er die unſern un - vermerket unter des Fußvolks Pfeile lockete / ließ hernach ſeine Voͤlker vonander gehen / daß die unſern kunten getroffen werden / da dann jene eine ſolche menge Pfeile unter ſie ſchicketen / daß jederman meynete / ihres Gebeins wuͤrde nicht davon kommen. Arbianes ermahnete ſeine Leute zur Flucht / wodurch der mehrerteil gerettet ward / verlohr doch in dieſem unfalle 3000 Meden und 25 Roͤmer / und wahren im Gefechte ſchon 1400 Me -den80Fuͤnftes Buch. den nidergehauen / aber dagegen auch 2300 Parther ſitzen blieben. Arbianes ſelbſt ward von zween Pfeilen an der linken Hand und rechten Beine beſchaͤdiget; Markus Pferd ward erſchoſſen / und kam mit Noht auff ein anders. Auch wurden 900 Meden / 40 Roͤmer / und 15 Teutſche hart getroffen / daß ſie der Schlacht ferner nicht beywohnen kun - ten. Herkules betruͤbete ſich des unfals; weil aber Arbianes ohn toͤdliche Wunde blieb / ward er froh / und ſetzete ſich mit ſeiner ritterlichen Schaar dem Feinde naͤher; befahl doch zuvor Leches und Klodius / die uͤbrigen Voͤlker / ſo noch nicht getroffen hatten / nicht anzu - fuͤhren / biß ers geboͤhte / oder ſie ſehen wuͤrden ein friſches feindliches Heer loßbrechẽ / dem ſie alsdann begegnen ſolten. Pharnabazus und Markus gab er die annoch vermoͤgenden Voͤlker / die ſchon getroffen hatten / welche 37760 ſtark wahren / ſie auff allen fall fertig zu - halten. Er aber nam 22500 / ſo von ſeinem hauffen noch bey ihm hielten / als 10000 Aſſy - rer / 4417 geworbene / 270 Fabius eigene / 3872 Roͤmer / 3941 Teutſchen / und redete ſie auf Teutſch / Roͤmiſch und Perſiſch an; Sie ſolten ſich nach ihm richten / und ihrer Ehr und Mannheit eingedenke ſeyn; Gott teilete den Menſchen nichts mit ohn mühe; ſo waͤhre dz Feld an ihrer ſeiten ſchon faſt erſtritten; ein kleiner Schweißwaͤhre umb ſo groſſe Beute / die ihnen bevorſtuͤnde / noch wol anzuwenden; ſie ſolten nur behutſam fahren / keinen moͤg - lichen Schlag verſeumen / und ihrer eigenen beſchuͤtzung unvergeſſen ſeyn / auch fleiß an - wenden / daß ſie ungetrennet blieben / und ſich nicht im erſten anfall aus dem Athem arbei - teten. Hernach ſagte er zu ſeinen Teutſchen abſonderlich: Ihr meine lieben Teutſchen / die ich ſo herzlich als Soͤhne und Brüder liebe; laſſet uns einer dem andern biß in den Tod traͤulich beyſtehen / und zweiffelt nicht / Gott werde uns gnaͤdig hindurch helffen. Hiermit munterte er ſeinen aͤdlen Blaͤnken auff / ließ ſein nohtfeſtes Schwert dreymahl umb den Kopff gehen / und ſetzete fort in feſt geſchloſſener Ordnung / erwartend / was vor ein Feind ihm begegnen wuͤrde. Vologeſes ſahe ihn daher prangen / und ſagte zu Karthaſis; Mein Freund erinnere ſich ſeines geſtrigen Wunſches / welchen Koͤnigl. Hocheit als ein Ver - ſprechen auffnahm / und mit groſſer mildigkeit zuerſetzen ſich erboht; dort koͤmt Herkules her / die ſtarke Seele der ohmaͤchtigen Perſen / der gleichwol ein Menſch / ja noch ein lauter Juͤngling iſt / und demnach durch maͤnliche Kraft wol kan gezaͤhmet und gelaͤhmet werdẽ. Ich erfreue mich ſeiner ankunft / antwortete er / habe mich auch eigentlich auff dieſen mei - nen Mann geſparet / ſonſt wuͤrde ich meinen Argunthis unentſetzet nicht gelaſſen haben. Redete nachgehends ſeine Voͤlker an; Jezt waͤhre Zeit / die Skythiſche unuͤberwindliche Mannheit ſehen zulaſſen / und der Brüder Tod / die dort geſtrecket laͤgen / eiferig zuraͤchen / nicht durch bloſſen Zorn / ſonder mit der Taht. Der Sieg waͤhre ihr / wann ſie ihn nur be - haͤupten duͤrfſten; brach damit loß / und fuͤhrete alle übrige Mannſchaft in vorſichtiger Ordnung an. Herkules hatte ſeine 1000 Schlachtſchwerter in die mitte geſetzet / die Roͤ - mer aber vorne an / weil ſie Speere fuͤhreten / damit ſie auch den Angriff tuhn muſten / und geriet ihnen derſelbe ſo wol / daß uͤber 2000 nider gerennet / und von ihrer Geſellen Pferdẽ mehrenteils zutreten / auch ſonſt noch 1000 zum gefechte unduͤchtig gemacht wurdẽ. Kar - thaſis hatte auch Speer Reuter / aber ſie wahren dieſes Streits ungeübet / und fuͤhreten zu kurze Spieſſe / welche zwar / wañ ſie traffen / den Gegener maͤchtig außhoben; aber kaum 80 Roͤmer wurden geſellet / deren 56 durch huͤlffe der ihren wieder zu Pferde kahmen / dieuͤbri -81Fuͤnftes Buch. uͤbrigen aber das Leben zuſetzeten. Als dieſes Treffen gluͤklich geendiget wahr / griffen die Roͤmer zu den Schwertern / hatten ſich doch wegen des Speer rennens zimlich getrennet / welches ihnen uͤbel wuͤrde bekommen ſeyn / wann nicht auch die Feinde ihre Glieder zu - fuͤllen / etwas Zeit haͤtten anwenden muͤſſen. Als ſie auffs neue traffen / gingen die Skythen ihrer Art nach / ſehr feurig loß / aber der Teutſche Wedekind und der Roͤmer K. Autronius / nahmen ihres Feld Herrn warnung in acht / brauchten ſamt den ihren das Schwert mit vortel / und den Schild zur fleiſſigen beſchirmung daher der heftige Sturm der Skythen / mehr getoͤß als Wunden gab / und hingegen der Feind mannichen abgeſattelten miſſen mu - ſte. Herkules rühmete der ſeinen wolverhalten / und ſagte zu den Schlachtſchwertern / ge - het nun hin / und arbeitet ſo lange es die Arme erleiden moͤgen / auff daß ihr ſehen laſſet / wie erſchreklich ihr den Roͤmern ſelbſten ſeid; aber vertieffet euch nicht zu weit in den Feind hinein. Sie ritten hierauff fuß vor fuß / dehneten ſich in die breite aus / und fielen mit ſol - chen hieben zur rechten Seite in den Feind / daß ohn verluſt einiges Mannes ſie 3000 Sky - then im erſten angriff zu grunde richteten. Herkules entſetzete die Roͤmer und erſten Teut - ſchen mit 6000 Aſſyrern; da haͤtte man ein Gemaͤtſche ſehen ſollen; dann als dieſe Aſſy - rer der Teutſchen und Roͤmer tahten ſahen / uñ Herkules ſie zu gleicher tapferkeit vermah - nete / hielten ſie ſich ſo ritterlich / daß keiner unter ihnen zu tadeln wahr. Karthaſis muſte nohtwendig ſeine Voͤlker teilen / und den Schlachtſchwertern 6000 Skythen entgegen ordnen / mit den uͤbrigen ging er unerſchrocken auff Herkules macht / deſſen Pfeed nie kein mahl ſeine Tugend hatte ſehen laſſen wie anjezt. Er hatte dieſem aͤdlen Blaͤnken eine leich - te Ruͤſtung angelegt / welche nur von Linnewad / und mit ſtaͤhlenem Draht durchzogen / a - ber ſo hart durchnaͤhet wahr / daß weder Pfeil noch Schwert drauff hafften kunte / es zu beſchaͤdigen; dieſe ſeine ſicherheit merkete es gleichſam / ſchlug und biß von ſich / daß ihm niemand nahen durffte; ſo ſchlieff trauen ſein Reuter auch nicht / ſondern was er traf mu - ſte zu grunde gehen. Karthaſis ſahe ihn ſolch wunder treiben / machte ſich an ihn / uñ ſag - te: Fuͤrſt Herkules / es beut euch Karthaſis der Skythe ſeinen Gruß an; ſchlug auch mit dem Worte ihn uͤber die Schulder / daß ihm die linke Hand davon ſchmerzete / und er den Schild kaum halten kunte / welches ſich doch bald wieder verzog; und antwortete er nur dieſes wenige: Des muß Karthaſis dank haben; aber das Schwert ließ er ihm dergeſtalt umb die Ohren ſauſen / daß er muͤhe hatte ſich zu ſchuͤtzen.

Wir muͤſſen aber des andern Fluͤgels nicht gar vergeſſen / woſelbſt die unſern zum Treffen nicht gelangen kunten / biß an der andern ſeite der Bogenſtreit geendet wahr / wel - ches Artabanus alſo ordente / damit er an dieſem Orte deſto eigentlicher ſehen moͤchte / wie die Perſen von den ſeinen (alſo hatte er ſichs eingebildet) hauffenweiſe nidergeſchoſſen wuͤrden. Weil es abeꝛ hieſelbſt ſich nicht nach Wunſch fuͤgete / muſte Vonones mit ſeinem Fluͤgel ſich eben zu ſolchem Treffen fertig machen / ritte auch auff Ladiſla weidlich loß / in meynung / er ſolte deßgleichen tuhn. Aber er wahr von Herkules gewarnet / deßwegen er auff ſtillem Fuſſe jenen die Pfeile entgegen ſchickete / ſo bald er den Feind damit ablangen kunte / welches dem guten Vonones den Seiger gar verrückete / daß nach hinterlaſſung 3000 todten er unverrichteter ſache abzog / uñ kaum 200 von den unſern beſchaͤdiget hat - te. Dataphernes / welcher biß daher geruhet / wolte es beſſer machen / taht auch unter Ma -lzeus82Fuͤnftes Buch. zeus Voͤlkern zimlichen ſchaden / deren er 1200 erſchoß; aber er geriet dagegen dem Per - ſiſchen Fuß Volk unter die Pfeile / die ihm ſeine Voͤlker / worzu Neda ſeine Baktrianer weidlich hulffen / dergeſtalt zurichteten / daß ihrer 13000 geſtrekt lagen / und 10500 hart verwundet wurden / daß wañ die uͤbrigen nicht die ſchleunige Flucht ergriffen haͤtten / waͤh - re ihrer keiner davon kommen. Alſo lieſſen die uͤbrigen unter Oxatres und Pandion ſich witzigen / daß ſie ihre Pfeile zwar verſchoſſen / aber wegen der andern behutſamkeit nichts ſonderliches verrichten kunten; doch felleten ſie von Prinſla 600; von Neda Voͤlkern 450 und verlohren dagegen der Parther 1700; der Indier 1450 Reuter. Vonones wahr ſehꝛ ungehalten / daß Dataphernes die herlichen Voͤlker auff die Fleiſchbank gefuͤhret / und dagegen dem Feind keinen abbruch getahn hatte; rieff Herrn Oxatres zu ſich / und befahl ihm / auff Prinſla Geſchwade anzugehen; der ihm dann freudig mit den ſeinẽ begegnete / und ob er gleich im anfange harten Wiederſtand ſpürete / brach er doch endlich durch / ver - wundete den Fuͤhrer ſelbſt ſchwerlich / und reiß ihn mit gewalt vom Pferde / daß ihm wedeꝛ ſeine eigene / noch der ſeinen gegenwehr helffen mochte / ſondern ward von 30 Hirkanern nach Artaxerxes gefuͤhret / bald nach Mithridates ankunfft / da ſie einer dem andern geſel - ſchaft leiſteten / und einander erzaͤhleten / wie ſie in voriger Nacht einerley Traum gehabt / und ſie gedaucht haͤtte / als gingen ſie vor dem Parthiſchen Kriegsvolk her durch ein groſ - ſes Waſſer / da die anderen ihnen nach folgeten; woraus ſie der ihrigen gaͤnzliche Nieder - lage muhtmaſſeten. Nach Oxatres gefaͤngnis ging das Blutvergieſſen erſt recht an; ge - ſtaltſam die unſern den erſtrittenen Vortel nicht aus den Haͤnden laſſen / und jene ihres Fuͤhrers Gefaͤngnis raͤchen wolten / daher an Feindes ſeiten 15000 ins Graß ſitzen gingen / 6000 hart verwundet wurden / und die uͤbrigen ſich nach Entſaz umbſahen / da von Prinſ - la ſeinen geworbenen nur 1800 von den Hirkanern 400 / und von den Boͤhmen 4 umkah - men / nebeſt welchen ſich 300 verwundet befunden. Pandion der Indier ſchickete Oxatres hauffen ſeine 5000 geſamleten und 1000 Indier zum Entſaz / die ſich zwar an Prinſla ma - cheten / aber dergeſtalt empfangen wurden / daß ihnen arbeit genug geſchaffet ward. Da - taphernes ſahe dieſen Entſaz noht leiden / und ſchickte ihnen von ſeinen annoch uͤbrigen 10000 geſunden / 6000 zu huͤlffe; aber Mazeus ging ihnen entgegen mit ſeiner ganzen Macht / daß Prinſla freien Abzug bekam / nach dem er noch 2500 von den Feinden nider gelegt / und die uͤbrigen zuruͤk gingen / wobey er gleichwol auch noch 600 eingebuͤſſet hatte / und 200 verwundet wahren / und ward er wegen ſeines wolverhaltens von Ladiſla ſehr ge - ruͤhmet. Obgedachte / ſo gegen Mazeus angingen / gebrauchtẽ ſich ihrer Faͤuſte rechtſchaf - fen / aber ſie wahren mehr als dreyfach uͤbermannet / daher ſie mehr Beyſtand von ihrem Feld Herrn begehreten / welcher ſeine annoch uͤbrige 4000 / und 5000 Indier von Pandi - on zu ſich nam / damit er hoffete die verlohrne Ehre wieder einzuhohlen. Sein erſtes haͤuf - lein zog ſich enge zuſammen / und drungen mit gewalt hinein / da ihnen Mazeus gerne freiẽ eintrit gab / in meynung / ſie einzuſchlieſſen / und in der enge nider zu machen; aber der An - ſchlag mißriet ihm; maſſen er mit den ſeinen ſelbſt umbzingelt ward / als Dataphernes ihn angriff / gegen welchen ſein halbes Heer ſich wenden muſte / uñ die eingeſchloſſene Fein - de daher Luft bekahmen / die ſich ihrer Haut redlich wehreten. Ladiſla ſahe / daß dieſes kein gut tuhn wuͤrde / und gab Tyriotes von Neda hauffen 6000 Baktrianer / damit er auffData -83Fuͤnftes Buch. Dataphernes traff. So bald Mazeus hieſelbſt loßgelauffen wahr / taht er den erſten ein - gewickelten ſo gedrange / daß ſie alle den Tod kieſen muſten. Worauff er ſich mit Tyriotes zuſammen ſetzete; wiewol er in dieſem ſehr herben Treffen 6500 Mann eingebuͤſſet hatte / und 3400 hart verwundet wahren; da ſie dann dem Feind ſo hart zuſetzeten / daß er ſich auf Pandion zuruͤke zihen muſte. Derſelbe wolte nun ſeinen guten Freund nicht im ſtiche laſ - ſen / ſondern ging loß mit ſeinen annoch uͤbrigen 20000 Indiern / vorhabens / mit Mazeus und Tyriotes (welcher 800 Baktrianer zugeſezt hatte) das garaus zuſpielen; aber Ladiſla / dem die Zeit ohn daß ſchon zu lange wehrete / ging auff ihn mit 14000 Perſen und 7000 Margianern / und muſte Neda ſeine 6072 übrige Margianer / ſamt allen Boͤhmen (deren er nur 150 zu ſich foderte) zu ſeinem Heer nehmen; er aber / in dem er loßbrach / befahl Ma - zeus und Tyriotes / alle annoch geſunde Mannſchaft / die ſchon getroffen hatten / in einen hauffen zuſetzen / und ſeiner verordnung gewaͤrtig zu ſeyn; und ſtuͤrmete darauff dergeſtalt zu Pandion ein / als haͤtte er ihn gleich anfangs mit ſeinem ganzen Heer uͤbern hauffen ren - nen wollen. Weil dann dieſer auch bisher gewohnet wahr zu ſiegen / wolte er ſo bald ſich nicht treiben laſſen / daß alſo dieſes der allerheftigſten Treffen eines wahr / davon je mag gehoͤret ſeyn. Beyde Heerfuͤhrer gaben durch ihrer Schwerter wirkung den ihren ein Beyſpiel / weſſen ſie ſich verhalten ſolten; Verluſt und Gewin blieb in gleicher Wage / ſo lange Pandion Freyheit hatte ſich hin und her zuwenden / aber weil ihn Ladiſla mit ſeinen wenigen / doch außerleſenen ſuchete / traff er ihn endlich an / ſchlug ihn umb den Kopff daß ihm beyde Ohren gelleten / und ſagte: Mein / du muſt nicht gedenken / ob ſey dir das Feld allein eingeraͤumet. Dieſer fuͤhlete die ſchweren ſtreiche / und bezahlete baaꝛ / ſo viel er kun - te / daß Ladiſla am linken Beine etwas verwundet ward / welches zuvergelten er ſeine Hie - be verdoppelte / dz dem Indier der Helm auffſprang / und zugleich einen geringen Schram - hieb uͤber die Backe bekam. Ladiſla meynete / er waͤhre ſehr verwundet / und ermahnete ihn / ſich zu ergeben; aber dieſer bekam hiedurch nur Zeit / ſeinen Helm gleich zuruͤcken; worauf er alsbald die Rache vornam / und Ladiſlaen mit aller Krafft zuſetzete / deſſen Pferd er in den Hals verwundete / das es ſtrauchelte / und er ſich deßwegen auff die Fuͤſſe begeben mu - ſte / nam doch ſeiner Schanze wol wahr / und hieb ſeines Feindes Pferde die Vorderfuͤſſe entzwey das es auff den Kopff ſtuͤrzete / und Pandion herunter fiel / auff welchen Ladiſla ſich ſetzete / und ſeinen Leuten zurieff / ſie ſolten niemand herzu dringen laſſen; reiß ihm her - nach den Helm ab / und ſtellete ſich / als wolte er ihm das Haͤupt abſchlagen; dieſer aber fragete; wer ſein Obſieger waͤhre. Der heiſſet Ladiſla / gab er zur Antwort; und koͤnnet ihr euch gefangen geben wil ich euer Mannheit wegen euch nicht weiter beſchaͤdigen. Ja / ſag - te dieſer / einem ſolchen preißwirdigen Koͤnige ergebe ich mich willig / dem zu dienen ich ohn daß geneigt bin. Alſo nam er das Schwert von ihm / und ließ ihn aus dem gedraͤnge nach Artaxerxes fuͤhren / der ſeiner Gefaͤngnis froh wahr. Die uͤbrigen Indieꝛ / als ſie ihr Haͤupt derlohren hatten / wurden wie das Vieh abgeſchlachtet / daß ihrer kaum 6000 uͤbrig wah - ren / als Vonones ihnen 12000 Parther zum Entſaz ſchickete / welche den Perſen eine har - te Nuß zu beiſſen wahren / weil deren ſchon 3500 geſtrekt lagen / und 1500 ſich hefftig ver - wundet befunden / auch durch dieſer ankunft noch 2000 fielen / daß wo Ladiſla mit 2000 herzhaften Rittern nicht gegenſtand gehalten / waͤhren ſie alle nidergefaͤbelt worden; Nedal ijbrach84Fuͤnftes Buch. brach aber mit ſeiner Mannſchafft (ohn daß er die Boͤhmen auſſer 300 / alle zuruͤk ließ) zu rechter Zeit auff und entſetzete ſeinen Koͤnig / erſchlug auch einen vornehmen Parthiſchen Obriſten bey ſeiner ankunft / und druͤcketen ſeine Leute ihm dergeſtalt nach / daß Ladiſla Zeit hatte / die abgemattenen Perſen und Margianer abzufuͤhren / und alle feine annoch geſun - den Voͤlker auff den lezten Saz zuordnen. Und ob wol Neda gefechte nicht lange waͤhrete / erſchlug er doch der Parther 4500 / und verwundete ihrer 2300 / dagegen er 1500 zuſetzete / und 600 verwundet wurden.

Im rechten Fluͤgel haben wir bißdaher Herkules und Karthaſis ſich zauſen laſſen / die ein langwieriges Gefechte trieben; dann Herkules eilete nicht mit ihm / weil er ſahe / daß die ſeinen hiedurch Lufft bekahmen / die Skythen niderzuhauen / denen ſie uͤbrig gewachſen wahren / weil Leches und Klodius mit ihren 9500 friſchen Meden und 500 Roͤmern / ſo von Arbianes Heer noch nicht gefochten hatten / ſie ſtaͤrkete; und merkete Karthaſis wol / daß ſein abſonderlicher Streit den ſeinen ſehr ſchaͤdlich wahr / deßwegen er alle kraͤffte ſamlete / und entweder gewinnen oder verſpielen wolte / auch Herkules ſelbſt geſtund / er machte ihm gnug zuſchaffen; aber mit dieſer lezten abmattung wahr es geſchehen; dann Herkules / der ſich gewaltig geſparet hatte / verwundete ihn an etlichen orten / daß er kraftloß ward / uñ ſich kaum auff dem Pferde halten kunte / daher er ihn ferner nicht beleidigen wolte / ſondern ſag - te zu ihm; Herr Karthaſis / ich meyne / wir haben beyderſeits unſern Ehren gnug getahn; ſeid demnach mein Freund biß auff eure gute Erloͤſung / die euch nicht ſol gehindert werdẽ. Woldañ / Durchleuchtigſter Groß Fürſt / antwortete er; ob mir gleich der Tod ertraͤglicher als die ergebung waͤhre / wil ich doch eurem befehl gehorchẽ; reichte ihm auch dz Schwerꝛ / welches er doch nicht annehmen wolte / und ward von 30 Meden hingefuͤhret / denen Her - kules befahl / daß er redlich und alsbald verbunden wuͤrde. Es iſt nicht zubeſchreiben / was vor Jammer bey den Skythen uͤber ſeiner Gefaͤngnis entſtund / die als verzweiffelte un - ſinnige Leute ihren Feinden in die Schwerter fielen / und doch ungerochen nicht ſturben / welches meiſt über die Meden ging / die ſolchen Anfall abzuhalten nicht beſtand wahren. Nun wolte gleichwol Herkules ſeiner Teutſchen kraͤfte biß auff Oſazes ſparen / deßwegen er Pharnabazus mit 8000 ſo ſchon gefochten / herzu foderte / die Teutſchen und Roͤmer ab - zuloͤſen; dann ungeachtet von dieſen Skythen nicht uͤber 12000 mehr uͤbrig wahren / wol - ten ſie doch nicht weichen / ſondern ihres Feld Herrn Gefaͤngnis raͤchen / daher von den Me - den und Aſſyrern 8500 erſchlagen wurden. Der Roͤmer lagen an dieſem orte 300 / der Teutſchen 85 / und 70 von Fabius geworbenen / im Sande und Blute. Fuͤrſt Oſazes mach - te ſich fertig zum lezten angrif / uñ Vologeſes hielt es ſchon ſo gut als verſpielet; wahr auch bedacht / ſeinen Koͤnig zum abzuge zubereden / und dem zornigen Glük zuweichen. Leches uñ Klodius tahten vor ihr Haͤupt alle moͤgligkeit / die Skythen abzutreiben; aber ihre Leute mehrenteils / wahren ſo harter puͤffe nicht gewohnet / daher ſie ſich trennen / und dieſe ihre beyden Fuͤhrer nebeſt etlichen wenig Teutſchen und Roͤmern im ſtiche lieſſen / daß ſie bey - de nicht allein verwundet ſondern auch gefangen wurden; waͤhre auch umb die übrigen getahn geweſen / wann nicht Herkules mit ſeinen Teutſchen und Roͤmern / die ſchon abge - fuͤhret wahren / ſie entſetzet haͤtte / da es von neuen anging / daß noch 3000 Skythen nider - gehacket wurden. Oſazes brach hieſelbſt loß / und wahr entſchloſſen zu ſiegen oder zu ſterbẽ /dem85Fuͤnftes Buch. dem Herkules mit aller unverwundeten Reuterey großmuhtig begegnete / und ſich ſtark genug befand dieſen lezten Saz zuerhalten; aber es entſtund ploͤzlich ein ſo heftiges Unge - witter mit Donner Bliz und Schlagregen / daß weder Menſchen noch Vieh ſich behelf - fen kunten / und wahr erſchreklich zu ſehen / daß das Regenwaſſer mit dem Blute vermi - ſchet daher lieff / woruͤber die Haar allen zuberge ſtunden / weil ſie bedachten / daß noch wol etwas graͤulichers erfolgen moͤchte. Vologeſes hielt es vor ein ſonderliches Gluͤk / weil er keine Hoffnung zum Siege hatte; befahl auch / daß nach geſchehenem abzuge ein jeder Feld - Herr ihm die Zahl ſeiner erſchlagenen und hart verwundeten einreichen ſolte; da ſichs fand / daß der linke Fluͤgel / welcher vor der Schlacht 146500 Reuter hatte / dergeſtalt ge - ſchwaͤchet wahr / daß nur noch 53200 geſunde davon übrig wahren; dann 80300 wahren gefellet / und 13000 hart verwundet; und welches am meiſten betrauret ward / lebeten von 66000 Skythen nur noch 9000 / deren 1000 zum gefechte nicht kunten gebrauchet wer - den. Im andern wahr es nicht viel gnaͤdiger zugangẽ; maſſen von demſelben 64700 tod / und 18800 hart wund / alſo noch 63000 vermoͤgende uͤbrig wahren / daß Vologeſes ſich hoͤchlich verwunderte / wie in ſo kurzer Zeit eine ſo groſſe Mannſchaft / als 145000 haͤtte koͤnnen erſchlagen / und uͤberdaß noch 31800 verwundet werden. Gleichwol hatte es an Perſiſcher Seiteu auch Seelen gekoſtet; dann Herkules miſſete 27800 Mann; und fun - den ſich 5555 beſchaͤdigte / daß ſein geſunder uͤberſchus noch in 60645 Koͤpffen beſtund. Un - ter den erſchlagenen wahren 125 Teutſchen und 374 Roͤmer; unter den verwundeten aber 40 Roͤmer und nur 15 Teutſche. Ladiſla hatte noch weniger eingebuͤſſet; maſſen er nur 19354 todten und 6200 verwundete hatte; da unter den Todten 25 Boͤhmen / und deren 160 unter den beſchaͤdigten wahren / ſeine geſunde Mannſchaft aber noch in 68446 Koͤpffen beſtund; kunten demnach noch 129091 Reuter an den Feind fuͤhren / welcher ſich nur noch 116200 Reuter ſtark befand. Vologeſes machte ſich mit der auffgeſetzten anzahl ſeiner ver - lohrnen nach dem Koͤnige / welcher weder mit ſich ſelber / noch mit dem Heer / noch mit den Goͤttern zufrieden wahr. Mit ſich nicht / dann es reuete ihn / daß er Artaxerxes ſo viel Ehr und Gnade angetragen; mit dem Heer nicht / weil es ſeiner meynung nach viel zu verzagt gefochten; mit den Goͤttern nicht; weil ſie zu gut Perſiſch wahren / und das ungeſtuͤme Wetter / wie er vorgab / zur unzeit daheꝛ ſtürmen laſſen / daß er die Fremden ſamt dem Fꝛaͤu - lein nicht in ſeine Gewalt bekommen moͤgen. Als ſein Feldmarſchalk zu ihm trat / und die menge der erſchlagenen hoch betraurete; gab er zur Antwort: Feige Memmen liegen beſ - ſer im Sande / als dz man ſie mit ſchwerem Solde unterhaͤlt; wir haben gemeynet / Kriegs - leute gehabt zuhaben / und ſind kaum Schatten von Kerlen geweſen. Iſts nicht eine ſchan - de / daß man den weibiſchen Perſen ſo viel Blut gegeben / und dannoch der beyden jungen Laffen noch keinen / weder erſchlagen noch gefangen haben mag? Vologeſes befand ſich hiedurch ſehr beleidiget / und ſagte darauff: Dafern ihre Koͤnigl. Hocheit dem Kriegsvolk einige furchtſamkeit beymiſſet / tuht ſie ihnen ſehr unguͤtlich / und kan ich dieſelbe wol verſi - chern daß nicht die ungeuͤbeten / ſondern die allerbeſten Voͤlker uns leider abgeſchlagẽ ſind; drum laſſe eure Hocheit ja bey Leib und Leben ſich dieſer beſchuldigung gegen keinen Men - ſchen merken / wo ſie ſonſt der Voͤlker Herz nicht gar von ſich abwenden wil. Ich bin vor dieſem auch in Schlachten mit geweſen / aber haͤrter Stand iſt mir Zeit meines Lebensl iijnicht86Fuͤnftes Buch. nicht vorkommen / und traue eure Hocheit nur ungezweifelt / daß die beyden Fremden / den Jahren wol / aber nicht dem verſtande / noch der Fauſt nach / vor Juͤnglinge zuſchelten ſind / wo wir nicht unſere vornehmſte Obriſten gar zu Kinder machen uñ außſchreihen wollen; jedoch / haͤtten ſie die Schlacht ſchwerter / welche uns den groͤſten ſchaden getahn / nicht bey ſich gehabt / ſolten die Feinde ſich unſers Bluts nicht groß ruͤhmen. Artabanus begehrete zuwiſſen / was dieſe dann vor ungeheure waͤhren; deßwegen Vologeſes drey gefangene Suſianer herein fuͤhren ließ / welche darauff antworteten: Es waͤhren vor wenig Wochẽ 7000 Roͤmer / 6000 Boͤhmen / und 6000 Teutſchen den beyden Helden und H. Fabius auffzuwarten kom̃en / unter denen 2000 Teutſchen die Schlachtſchwerter (daher ſie ſelbſt auch Schlacht ſchwerter genennet wuͤrden) wie leichte Spizruhten führeten / und ſich nit ſcheuheten / daß ihrer hundert auff tauſend und mehr angingen; Artaxerxes gaͤbe ihnen dreyfachen Sold und groſſe verehrungen / und haͤtte der Koͤnig aus Teutſchland ſeinem Sohn Herkules 150000 Mann zuſenden angebohten / aber allem anſehen nach / begehrete Artaxerxes deren in ſo groſſer menge nicht / ob ſie ihnen etwa dieſe Laͤnder moͤchten beſſer als ihr Vaterland gefallen laſſen / und ſich unterſtehen / die Freunde mit ſamt den Feinden auffzureiben. Vologeſes hoͤrete dieſes mit leidigen Ohren an / und trug ihm der Sinn wenig gutes zu / inſonderheit / wann er dem grauſamen Wetter nachdachte / welches von Perſen entſtanden wahr / und ſich nach Charas hinzog / woſelbſt es auch groſſen ſchaden an den vornehmſten Gebaͤuen getahn / uñ den herlichſten Saal auff dem Koͤniglichen Schloſ - ſe ſehr heßlich zugerichtet hatte / wie man hernach erfuhr. Nach abtrit der befrageten Ge - fangenen / ließ Vologeſes den Koͤnig wiſſen / man haͤtte zween vornehme Herrn von den Feinden gefangen / als einen Boͤmiſchen / und einen Roͤmiſchen / die man wegen ihrer tap - ferkeit hoch ruͤhmete. Wol wol / antwortete Artabanus / man gebe ihnen den Lohn / und laſſe ſie durch des Schwerts Spitze lauffen / damit die Auffruͤhrer daher unſern Zorn und Eifer erkennen / uñ zu gleicher ſtraffe ſich gefaſſet machen. Einen ſolchen Lohn? ſagte Vo - logeſes; Sie ſind ja weder Verraͤhter noch meinaͤidige / ſondern in der Schlacht gefangẽ; und was man mit dieſen vornehmẽ wird / muͤſſen unſere Feld Herꝛn / Karthaſis / Pandion / Mithridates und Oxatres auch erwarten. Der Koͤnig entſetzete ſich uͤber deren Gefaͤng - nis / und fragete / welches ſo maͤchtige Schwert dieſe Helden haͤtte demuͤhtigen koͤnnen; der teutſche Bliz Herkules / antwortete Vologeſes / hat den Skythen; und der Bomiſche Donner Ladiſla den Indier nidergelegt / und mit einzelner Fauſt gefangen / welche wir voꝛ junge Laffen ſchelten. Hat dann das Ungluͤk dieſe Unholden uns zur beleidigung außge - hecket? ſagte Artabanus; befahl die beyden gefangenen / Leches und Klodius ihm vorzu - ſtellen / welche dann mit guter freidigkeit und zimlicher ehrerbietung zu ihm in ſein Gezelt traten / und von ihm alſo angefahren wurden; Wer hat euch Landſtreicher ſo verwaͤgen gemaͤcht / daß ihr an unſern Voͤlkern euch vergreiffen / und wieder uns fechten dürffet? wie wann wir ſolchen frevel an euch nach verdienſt abſtraffeten / wer wuͤrde uns ſolches weh - ren? Leches gab unerſchrocken zur Antwort: Koͤnig der Parther; mein Geſelle und ich ſind keine Landſtreicher / ſondern ehrliche Ritter / und dienen unſern allerliebſten Herren / den beyden großmaͤchtigſten / Koͤnige Ladiſla uñ Groß Fuͤrſten Herkules. Ob nun dero Koͤnigl. Hocheit und Groß Fuͤrſtl. Durchl. Urſach haben / euer Heer anzugreiffen / haben wir nichtzu87Fuͤnftes Buch. zuverantworten; ſo viel aber wiſſen wir wol / daß wo man wieder Kriegsgebuͤhr mit uns umbgehen wird / unſere Herren maͤchtig genug ſeyn / unſer Blut zuraͤchen. Weil er dieſes vorbrachte / ward Vologeſes angemeldet / es waͤhre ein Trometer von Fuͤrſt Herkules mit einem Schreiben ankommen / welches an den Feldmarſchalk hielte. Er befahl das mans ihm alsbald braͤchte / hieß die Gefangenen abtreten / und laſe in Artabanus gegenwart fol - genden Inhalt:

Dem Durchleuchtigen Fuͤrſten / und Hochberuͤmten Parthiſchen Feldmarſchalk / Herrn Vo - logeſes / entbeut Herkules / beſtalter Perſiſcher Feldmarſchalk / gebohrner Groß Fuͤrſt der unuͤberwind - lichen Teutſchen / ſeinen Gruß und Dienſt / und erſuchet deſſen Liebe hiemit freundlich / daß den beyden Gefangenen ſeinen lieben getraͤuen Leches und Klodius / ihre Wunden redlich verbunden / ſie auch ſonſt als freie wolgebohrne Herrn in ihrem Gefaͤngnis gehalten werden / welches mit gebuͤhr erſtat - tet werden ſol / und ich das Vertrauen zu euer Liebe auffrichtigkeit trage; ſolte ihnen aber ichtwas un - gebuͤhrliches begegnen / welches abzuwenden eure Liebe nicht vermoͤchte / ſol es an meinen vier anſehn - lichen Gefangenen grauſamlich gerochen werden / denen ich biß auff dieſen unverhoffeten Fall allen bruͤderlichen Willen zuerzeigen / nicht unterlaſſen werde / und hiemit Fürſt - und ritterlich verſpreche; gelebe auch der Hoffnung / es werde der zornige Himmel uns Morgen guͤtiger ſeyn / und mir fernere Kundſchafft mit Fuͤrſt Vonones / oder Oſazes / oder auch wol Pakorus goͤnnen / denen ich meine bereit - willige Dienſte als redlichen Fuͤrſten und auffrichtigen ehrliebenden Rittersleuten und tapfferen Helden entbiete / verbleibe auch euer Liebe in abſonderlicher Freundſchafft willigſter Diener Herkules.

Vologeſes wolte nach verleſung kein Wort hinzu tuhn / ſondeꝛn erwaꝛtete des Koͤnigs Erklaͤrung; welcher in ſich ſelbſt grießgramete / dz ſeiner ſo gar mit keinem Worte gedacht ward / als ob er nicht eins dazu gehoͤrete. Zu gutem Gluͤk kam Pakorus in das Zelt getre - ten / zu dem Vologeſes ſagte: Bruder / ich habe einen Gruß an dich von dem Perſiſchen Feldmarſchalk / Groß Fuͤrſt Herkules. Ich bedanke mich des ritterlichen Helden / antwor - tete er / welcher mich heut von ferne ein ſolches Gefecht hat ſehen laſſen / deßgleichen Zeit meines Lebens mir nicht vorkommen iſt; aber vielleicht iſt es ein Schwert Gruß. Man kan es deuten wie man wil / ſagte Vologeſes / und gab ihm den Brieff zu leſen; welcher dar - auff anfing: Sihet dann Groß Fuͤrſt Herkules uns Parther vor ſolche Leute an / die kein Kriegsrecht gelernet haben? man hat mir nicht geſagt / dz die beyden Gefangene verwun - det ſind / ſonſt wolte ich ſie ſchon haben verbinden laſſen. Aber ihre Koͤnigl. Hocheit taͤhte ſehr wol / ſagte er / wañ ſie dieſelben entweder gar nicht vor ſich lieſſe / oder ihnen mit freund - ligkeit freien abſchied gaͤbe. Das erſte iſt ſchon zuſpaͤt / ſagte Vologeſes / maſſen unſer Koͤnig ihnen ſchon bedraͤulich zugeredet hat. Das iſt mir leid / antwortete er / inbetrachtung des groſſen verluſtes / welchen wir heut eingenommen; und ich ihn doch mit nichten unſern Voͤlkern / welche ſich in warheit tapffer gnug bezeiget / zulegen kan / ſondern dem Unglük / welches uns dieſer beyder fremden Fuͤrſten feindſchaft auffgebuͤrdet hat. Und O wolte der Himmel / daß wir mit denen moͤchten verglichen ſeyn / der Perſe und Mede ſolten ihren Hochmuht bald ſinken laſſen. Kan aber ſolches nicht geſchehen / moͤchte ich wünſchen / wir haͤtten dieſe Stunde einen ehrlichen Vergleich mit den Auffruͤhrern; dann wo unſer ver - folg nicht glüklicher ablauffen wird als der Anfang / wird die Erhaltung des Parthiſchen Stuels nicht Menſchen / ſondern den Goͤttern zuzuſchreiben ſeyn. Doch wird man hievon zur andern Zeit zu rahtſchlagen haben / da Koͤnigl. Hocheit Wille und Befehl die einigeRicht -88Fuͤnftes Buch. Richtſchnur meines verhaltens (ſo viel in meiner Kraft iſt) ſeyn ſol; vor dißmahl werden wir des Gebohts erwarten / wie es mit dieſen Gefangenen ſolle gehalten werden. Es ver - droß zwar Artabanus dieſe Rede nicht wenig / als welche zur wiedererlangung der Fraͤu - lein gar nicht vortraͤglich wahr / durfte ſich doch deſſen nicht merken laſſen / weil Pakorus im ganzen Reich ein ſehr groſſes anſehen hatte; gab auch vor dißmahl ihnen beyden die Freyheit / mit dieſen beyden Gefangenen (denen ſonſt billich die Zunge ſolte außgeſchnitten werden) nach willen zuhandeln. Da ſetzete ſich nun Vologeſes nider in ſeinem Zelt / ſchrieb eine Antwort an Herkules / und ſchenkete dem Trometer 100 Kronen; ſendete doch den Brieff bey ſeinem Leib Trometer in dieſes Geſelſchaft fort / welche / fehlete nicht viel / auff dieſem kurzen Wege von den Scheltworten zun Schlaͤgen geſchritten waͤhren. Pakorus ließ inzwiſchen Leches und Klodius Wunden beſichtigen / welche wenig zubedeuten hatten. Artaxerxes /[e]npfing nach gehaltener Schlacht unſere Helden uͤberaus freundlich / dañ er ha[tte]〈…〉〈…〉em hohen Elefanten ihr wolverhalten gutenteils geſehen / wuſte auch daß die bey〈…〉〈…〉 ſte Feld Herrn Karthaſis und Pandion durch ihre Hand erleget und ge - fangen wahren. Sie wolten als Obſieger von der Wahlſtat nicht weichen / ſondern ſchlu - gen daſelbſt ihr Lager / lieſſen die Zelten auffrichten / und alsbald mit einem Graben umbge - ben / welches in zwo Stunden faſt geſchehen wahr / uñ die Gefangene mit hoͤchſter verwun - derung anſahen / denen aller guter wille als Freunden / ſo wol von Artaxerxes und Phra - ortes / als von unſern Helden erwieſen ward. Ihre Wunden wahren bald anfangs auffs fleiſſigſte verſehen; inſonderheit ſtellete Artaxerxes ſich hoͤflich gegen den Skythen / uñ In - dier / dann ſie wahren vor dem in der Jugend mit ihm unter einem Oberſten / Ritmeiſter geweſen. Karthaſis aber ſteckete es ihm nicht unter die Bank / ſondern ſagte duͤrre heraus; Verſichere dich Herr Bruder / daß deine Menge den endlichen Untergang von dir nicht wuͤrde abgekehret haben / wann der kleine teutſche Hauffe mit ihrem Groß Fuͤrſten nur ein halbviertelmeilichen von dir ſolte geweſen ſeyn. Gut Herr Bruder / antwortete er / ſtinken dieſelben deinen Skythen ſo gewaltig zu / muß ich mit meinem H. Bruder Groß Fuͤrſt Herkules handeln / daß er ſie dir nicht laſſe nachhauen / wann du nun Morgen nach Charas wol gar zu fuſſe wirſt neben dem Wüterich hertraben muͤſſen / dem du nit ohn beleidigung unſer Freundſchaft deine Dienſte wieder mich angebohten haſt. Pandion / der etwas fre - cher wahr / erſetzete dieſes alſo: Ja Herr Bruder / wann nun dieſes geſchehen ſolte / wem wuͤrde dann die Ehre des Sieges ſeyn? wuͤrde man alsdañ nicht ſagen; Groß Fuͤrſt Ar - taxerxes aus Perſen iſt kek durch andere Leute? wie er dann freilich iſt. Aber wie wirds fal - len / wann dieſe Schuz Goͤtter abzihen werden? Ich ruͤhme mich des beyſtandes meiner ge - traͤuen Freunde / antwortete er / und ihre Ehre zubefodern / ſol mein Gut und Blut mir nit zu lieb ſeyn; wir wollen aber dieſe Schuz Goͤtter bey uns behalten / und dem einen den Par - thiſchen; dem andern den Indiſchen Reichsſtuel erſtreiten helffen; dann der Hoch Fuͤrſtl. verbundnis Vorſaz gehet nicht weiter / als den Parthiſchen Hochmuht zu daͤmpffen / und an deſſen ſtat einen Koͤnig zuſetzen / der ſeine Fuͤrſten nicht als Leibeigene / ſondern als freun - de haͤlt. Herkules trug unwillen an dieſem Geſpraͤch / und gab er Karthaſis zur Antwort: Meine Herrn; ſie nach ihrer alten bruͤderlichen Kundſchaft haben dieſer Scherzreden gu - te Freyheit / ſonſten wann es zur ernſtlichen verantwortung kommen ſolte / muͤſte ich trauenzeu -89Fuͤnftes Buch. zeugen / daß nit allein meine wenige Leute / ſondern auch andere ſich redlich gehalten; zwei - fele auch nicht / es haͤtte Groß Fuͤrſt Artaxerxes durch ſeine Voͤlker eben daſſelbe verrich - tet / was durch anderer zuzihung geſchehen. Es wahr von Artaxerxes befohlen / daß alle die bey Leches ſo ſchaͤndlich gehalten / ſolten Wehrloß gemacht / und hingeführet werden / daß ſie in der Gefangenen gegenwart der zehndeteil gehenket / die andern aber alle zur ewigen Knechtſchafft verſtoſſen wuͤrden. Aber Groß Fuͤrſtin Valiſka brachte es mit ihrer Vor - bitte dahin / daß aus dem verurteileten zehndenteil der zehnde ſolten zur ſtraffe gezogen / uñ die andern ihr geſchenket werden; welche ſie alſo anredete: Freylich habt ihr alle mit ein - ander den Tod wol verdienet / weil ihr eure Fuͤhrer verlaſſen / und aus furcht davon geruͤc - ket ſeid; aber ich wil euch vor meine Fuß Schuͤtzen beſtellen / und da in kuͤnfftiger Schlacht ihr euch redlich halten / und den heutigen Schandflek abwiſchen werdet / ſol alles gebuͤſſet ſeyn. Vor welche Gnade ſie einen demuͤhtigen Fußfall tahten / und nach dem ſie auffs neue in aͤid genommen wahren / ſich verbunden / entweder ehrlich zuſterben / oder das Verbre - chen einzuhohlen; da endlich Valiſka auch die andern verzehndeten biß auff drey Koͤpffe verbaht. Vologeſes und Pakorus tahten Leches und Klodius guͤtlich / ſtelleten ihnen ihr Gewehr / Waffen und Pferde zu / und lieſſen ſie in begleitung 50 Parthiſcher Reuter nach Artaxerxes Lager zihen; machten ſich hernach wieder nach Artabanus / und frageten / wie ihre Koͤnigl. Hocheit es nach dieſem wolte gehalten haben; Weil er aber ihre meynung zuvor hoͤren wolte / ließ Vologeſes alle Feld Herrn hinzu fodern / da er alſo anfing: Es iſt das Gluͤk uns heut ſehr zuwieder geweſen / da des feindes Schwert uͤber den halben teil unſer Reuterey nidergehauen und hart verwundet / inſonderheit / welches zubeklagen / faſt das ganze Skythiſche Heer / und das Indiſche zugrunde gerichtet hat / da wir doch meine - ten / ſie allein waͤhren gnugſam / des feindes Macht zubrechen. Ich weiß nicht / wie ſo gar alle dinge der veraͤnderung unterworffen ſind / und ein jeder ſeinen Meiſter findet; dañ wo vor hat Karthaſis mit ſeinen verſuchten Reutern ſich bißher gedemuͤhtiget? oder wo iſt er nit durchgebrochen / wo er ernſtlich angeſetzet? Und vor dißmahl hat eine geringe hand - vol Volks ihm faſt den Garaus gemacht. Ich ſchreibe den Perſen nichts haͤuptſachliches zu / ob ſie gleich umb ein groſſes ſich gebeſſert haben; ihres Gebeins ſolte nicht uͤbrig ſeyn / wann Herkules und Ladiſla mit ihren wenigen Teutſchen und Roͤmern (dann die Boͤh - men haben nicht eins getroffen) ihre Vormaur und Schuz nicht geweſen waͤhren. Nun iſt gleichwol die Parthiſche Macht hiedurch noch nicht gebrochen / aber doch zimlich ge - ſchwaͤchet / welches ich freylich der himliſchen Verordnung zuſchreibe / die uns ſehen laͤſ - ſet / das alles Irdiſche der Verwandlung unterworffen ſey. Vor dißmahl werden wir al - len unſern Wiz / Krafft uñ vermoͤgen anzuwenden habẽ / wie die empfangene groſſe Wun - de zuverbin den und zuheilen ſey / da wir unter zweien Wegen gewißlich einen zuwaͤhlen ha - ben; nehmlich den Streit Morgendes Tages fortzuſetzen / oder einen kurzen anſtand der Waffen zu machen; dann ein voͤlliger Vertrag ſcheinet noch zur Zeit allerdinge unmoͤg - lich. Sol ich nun mein Herz außſchuͤtten / und vor meinem großgebietendem Koͤnige und dieſen verſtaͤndigen Feld Herren / als unſers Reichs Seulen / meine unverfaͤngliche Mey - nung ſagen; ſo iſt gewiß / daß der Sieg an unſer ſeiten nicht allein mißlich / ſondern faſt un - moͤglich ſeyn wird / inbetrachtung daß unſere Feinde uns nunmehr ohn zweiffel an Reute -mrey90Fuͤnftes Buch. rey uͤberlegen ſind / und wir bloß allein auff unſere uͤbrige Parther uns zuverlaſſen haben. Wolte aber jemand einwenden / wir koͤnten von unſerm Fußvolke ein halbhundert tauſend Mann beritten machen; gebe ich ſolches zwar nach / halte aber davor / es ſey vor dißmahl dem Parthiſchen Stuel nichts heilſamers / als daß wir uns zuruͤcke zihen / und uns an eine Enge legen / das Heer gewaltig ſtaͤrken / und den muhtigen Feind etliche Wochen auffhal - ten; alsdann werden wir des ſicherſten ſpielen / und nicht durch unzeitigen Eifer verwar - loſen / was Kindes Kinder wuͤrden beklagen muͤſſen. Jedoch / ſolte Koͤnigl. Hocheit ein an - ders geſinnet ſeyn / und die anweſende Fuͤrſten meinen Vorſchlag aus einigem grunde zu tadeln haben / wil ich folgen wohin man mich haben wil / nur allein / daß meine Reden wol erwogen / und als redlich und traͤuherzig auffgenommen werden moͤgen. Artabanus mer - kete / daß die uͤbrigen ihnen dieſen Vorſchlag nicht uͤbel gefallen lieſſen / wuſte auch aus Pa - korus vorigen Reden / daß derſelbe einer gleichen Meynug wahr / daher er niemand mehr wolte laſſen zun Worten kommen / ſondern fuhr alſo fort: Wann die Auffrührer umb an - ſtand anhalten wolten / wuͤrden wir ihnen denſelben nicht umb hundert Tonnen Goldes verkaͤuffen; aber Vologeſes duͤrffte ihnen denſelben faſt anbieten. Sind wir dann irgend ſchon aus dem Felde geſchlagen? oder ſind wir ſo gar bloß von Kriegsleuten / daß wir aus Noht dem Feinde weichen muͤſten? wir haben ja noch mehr als 300000 bewehrter Mañ umb uns / und wiſſen / daß wir den Feind an der menge uͤbertreffen / welcher uns ja ſeines Bluts auch wird gegeben haben. So ſind unſere Parther / der Kern und außbund unſers Heers noch zum Treffen nicht kommen / und wolten am Siege verzagen? Ey mein Vo - logeſes / laſts ſeyn / daß wir eine Handvol Knechte mehr verlohren haben / als der Feind / ſol - te daß unſern Muht brechen? ja laſts ſeyn / daß die ganze Reuterey geſchlagen waͤhre; muͤ - ſten wir deßwegen uns vor den abtruͤnnigen Buben in einen Winkel verſtecken? der Re - gen beuget die Kraͤuter nach der Erden / und drücket ihnen den Kopff nider / aber er teilet ihnen zugleich die Krafft mit / ſich wieder auffzurichten. Ein unverzagtes Herz muß auch wol einen Schimpff uͤber ſich nehmẽ / aber es ſuchet ſein Schart außzuwetzen. So iſt dem - nach unſer Vorſaz und Schluß / mit dem Lager eine gute halbe Meile hinter uns zuruͤcken / umb ſo viel beſſern Raum zur morgenden Schlacht zugewinnen / und daran zuſetzen / was in unſerm vermoͤgen iſt / was gilts / es werden Morgen die himliſchen Zeichen anders ſtehẽ als heut. Daß wir aber von anordnung der kuͤnftigen Schlacht unſere Meynung ſagen / ſo halten wir von dergleichen Treffen nicht / da man mit zerteileten Voͤlkern fechtet. Mañ laſſe Morgen den hellen Hauffen treffen / dann ſo dringet die Macht beſſer durch / inſonder - heit beim Bogenſtreit / in welchem die teutſchen Woͤlffe ja ſo bald und leicht als die andern koͤnnen gefellet werden. Aber auch das geſamte Schwert dringet beſſer durch / und ob dañ gleich an Feindes Seiten ein Faͤhnlein oder etliche guter Knechte ſind / koͤnnen doch dieſel - ben nicht allenthalben zugegen ſeyn / und muͤſſen endlich mit daran / wann die uͤbrigen ge - trennet ſind. Iſt alſo noͤhtig / unſere Voͤlker auffzumuntern und zu ſtaͤrken. Zwar es hat ein teil der Reuterey abgeſattelt / aber die Pferde haben ſich mehrenteils wieder nach un - ſerm Lager gewendet (wer wolte daß nicht vor ein gluͤckes Zeichen rechnen) welche man mit friſchen Reutern von unſerm Fußvolk freilich beſetzen kan / ob wir gleich nicht abſehen koͤnnen / warumb unſer Feldmarſchalk ſolches vor ungereimt haͤlt. Die Schlachtordnungzu91Fuͤnftes Buch. zu Roß ſol vor den Elefanten hergezogen werden / daß wann der Feind ſich nahet / man von oben her mit Pfeilen in ſie ſchieſſen koͤnne. Unſere Parther ſtelle man die halbſcheid vorne an / die werden vor andern ihrer Mannheit und Pflicht eingedenke ſeyn / und den Ohmaͤch - tigen Weichlingen den Sold ihrer Auffruhr geben. Nun wird hiemit unſerm lieben ge - traͤuen Vologeſes befohlen / anzuſagen / wie ihm dieſer Vorſchlag gefalle. Dieſer wegerte ſich zu antworten / ehe Pakorus nebeſt Vonones und Oſazes ihre Meynung angezeigt haͤt - ten. Artabanus muſte damit zufrieden ſeyn / und erlaͤubete Pakorus zu reden / welcher un - geſcheuhet ſagete: Er merkete wol / daß wer ſichere uñ heilſame Rahtſchlaͤge vortrüge / duͤrf - te faſt daruͤber in verdacht der kleinmuͤhtigkeit fallen; koͤnte aber dannoch nicht umbhin / zubekennen / daß Fuͤrſt Vologeſes daſſelbe eingefuͤhret / worauff ſonder zweiffel des Par - thiſchen Reichs Wolſtand beruhete. Ihre Koͤnigl. Hocheit moͤchte ſich allergnaͤdigſt er - innern / was neben Fuͤrſt Vologeſes er bey erſter zubereitung zu dieſem Kriege als noht - wendigkeiten eingefuͤhret haͤtte; man muͤſte ſich nicht nur auff eine Schlacht / ſondern auff einen Krieg ſchicken; man muͤſte ein Heer ins Feld fuͤhren / und das andere zum Nohtfall fertig haben; man muͤſte einen gelegenen ſichern Ort kieſen / dahin man / wans die aͤrgeſte Hand gewinnen ſolte / ſich zihen und von neuen ſtaͤrken koͤnte; daß alles waͤhre verworffen und verachtet. Nun ſtuͤnde zwar der Parthiſche Stuel bißher feſte / aber er ſtuͤnde gleich - wol nicht im Himmel / ſondern auff der Erden / da er durch Ungluͤk (welches die Goͤtter ja verhuͤten wolten) koͤnte umgeſtoſſen werden; moͤchte demnach gerne wiſſen / daß wann die morgende Schlacht unmahl fallen ſolte / welches in der Goͤtter Haͤnden ſtuͤnde / wie mans doch alsdann weiter anſchlagen wolte; ja wie man des Koͤniges einzigen Leib in ſicherheit bringen / und aus der Feinde Klauen erretten wolte. Hierauff wuͤrde man noch wol koͤn - nen bedacht ſeyn / wann man etwas Zeit haͤtte / weil mans bißher nicht haͤtte achten wollen / aber die beſtimte und ſchon geſchloſſene morgende Schlacht verhinderte ſolches alles / daß man auff nichts koͤnte gedenken / als wie die Voͤlker in hoͤchſter Eile ohn Nachtruhe moͤch - ten verſtaͤrket werden; ſolte demnach / zur gewinnung der teuren Zeit ſein Schluß dieſer ſeyn / daß wann ſein Koͤnig bey voriger Meynung verbliebe / wolte er ſich redlich erklaͤret haben / bey demſelben zu leben und zu ſterben. Die andern erbohten ſich eben deſſen / welches auch Vologeſes wieder hohlete / und mit dieſem Wunſche beſchloß / daß die Goͤtter es ſchic - ken moͤchten / daß nach verlauff 24 Stunden er mit fuge und warheit vor den ſchlim̃eſten Rahtgeber und unverſtaͤndigſten Kriegsmann koͤnte geſcholten werden. Artabanus wahr ſehr froh / daß der Schluß alſo fiel / und ſeinen blinden Begierden ein genügen geſchahe / dann er wahr ſchier Sinnloß vor Liebe / und hatte ihm ſteiff eingebildet / es muͤſte ihm ſeine Herkuliſka wieder werden / und der Feind untenliegen. Er wolte alsbald anordnung tuhn / woher das Fußvolk ſolte verſtaͤrket werden; aber es erhub ſich im Vorlager ein groſſes freuden Geſchrey / und als man nach der Urſach fragete / kam Karthaſis daher geritten / dem ſeine uͤberbliebene Leuthe dieſe Ehre antahten. Der Koͤnig ließ ihn alsbald zu ſich fodern / erfreuete ſich ſeiner ankunfft / und fragete / wie es ihm vorſtuͤnde / und ob er auch von den Abtruͤnnigen und Fremden waͤhre beſchimpffet worden. Worauff er dieſe Antwort gab: Großmaͤchtigſter Koͤnig; ich ſcheuhe und ſchaͤme mich nicht zubekennen / daß ich des aller - vortreflichſten und unvergleichlichen Helden / des teutſchen Herkules Gefangener gewe -m ijſen /92Fuͤnftes Buch. ſen / und von ihm in einem auffrichtigen abſonderlichen Kampffe ritterlich überwunden und Krafftloß gemacht bin / dann ich habe an ihm meinen Meiſter funden / den allerbeſten Kaͤmpffer / verſtaͤndigſten Feld Herrn und leutſeligſten Fuͤrſten / deſſen Tugend und Froͤm - migkeit der Welt beherſchung gnug faͤhig iſt. Er hat mich nicht als einen Gefangenen / ſondern als einen Freund und Bruder gehalten. Das erſte Geboht an ſeine Leute / da er mich gefangen fortſchikte / wahr / daß man mich ehrlich halten und redlich verbinden ſolte. Nach geendigter Schlacht / hat er mir die Perſiſche Kriegsmacht gezeiget / die trauen nit zuverachten / ja ſchwerlich zuverbeſſern / aber viel anders als auff Perſiſch angeſtellet iſt; und hat eure Koͤnigl. Hocheit ſich zuverſichern / daß ob ſie gleich auch gute Voͤlker einge - buͤſſet / dannoch ihr Kriegs Heer ſich auff die 300000 Koͤpffe wehrhafter guter Mann - ſchaft erſtrecket. Sonſten ſchwoͤre ich / das kein veraͤchtliches Wort aus dieſes Helden Munde gangen / dadurch eure Koͤnigl. Hocheit / oder deren Leute moͤchten beſchimpffet ſeyn; Ruhmretigkeit hoͤrete ich ja ſo wenig von ihm / ſondern er ſtellete ſich / ob wuͤſte er von dem Treffen nicht daß allergeringſte. Alles ſihet auff ihn / alles hoͤret ihn / alles fraget ihn / als waͤhre er alles. Koͤnig Ladiſla hanget ihm an als eine Klette / und wahr uͤberal vergnuͤ - get / da er ſeinen Herkules friſch und geſund ans der Schlacht kommen ſahe / welcher ſich gleichwol etwas unwilliger uͤber eure Koͤnigl. Hocheit vernehmẽn ließ / weiß nicht / wegen weß empfangenen Schimpffes / wiewol mit wenigen und unſchimpflichen Worten. Darf ich meine Meynung ſagen / ſo geduͤnket mich / es ſtreiten dieſe beyde Helden wieder uns ohn feindſeligkeit / und wir reizen ſie ohn gnug wichtige Urſachen zu unſerm verderbẽ / welches uns wenig Vortel bringen duͤrffte. Ich rede dieſes nicht / als waͤhre ich Perſiſch / das iſt / traͤuloß worden / dann an Parthiſcher ſeiten habe ich mich verbunden zu leben und zu ſter - ben. Daß ich aber die Tugend auch an den Feinden ruͤhme / wird mir niemand verargen; aber ich weiß nicht / ob ich dieſe beyden Helden vor unſere Feinde halten ſol. Sie geſtehen / ich habe ihnen den groͤſten Schaden getahn / noch bin ich von ihnen als ein Freund geeh - ret / ungeachtet eureꝛ Koͤnigl. Hocheit ſache ich ungeſcheuhet behaͤuptet / und des Perſen ab - fall geſcholten / wobey ſie ſich geſtellet ob ginge ſie das Haͤuptweſen gar nicht an. Der Per - ſe hat ſchon viel Hoͤfligkeit von ihnen gelernet / welches er ſehen ließ / in dem er mein Vor - bringen teils großmuͤhtig / teils ſcherzhafft beantwortete / auch teils mit ſtille ſchweigen voꝛ - bey gehen ließ; nur dieſes meldete er außdruͤklich / er moͤchte Groß Fürſt Herkules den Par - thiſchen / und Koͤnige Ladiſla den Indiſchen Reichs Stuel wol goͤñen und gewinnen helf - fen / welches ſie doch / dem aͤuſſerlichen anſehen nach / beyde nicht achteten. Als wir in Ge - ſelſchafft redeten / trat die Goͤttliche Valiſka / Groß Fuͤrſt Herkules Gemahl in das Zelt / eine Fuͤrſtin / deren gleichen der Erdbodem ſchwerlich gezeuget hat; ihr gang wahr zuͤchtig / ihr anſehen uͤber menſchlich / ihre ſchoͤne himliſch / ihre Rede mit der allerlieblichſten De - muht vermiſchet / doch ſo kraͤftig / daß kein Pfeil ſo ſcharff durchs Fleiſch dringet / als ihre Honigſuͤſſe Worte durch die Seele der Anweſenden. Artaxerxes ehrete ſie als ſeine ge - bietende Koͤnigin; Phraortes / den ſie ihren Vater nennete / hielt ſich vor ihren Diener; der junge Arbianes in dem ein guter Landsknecht ſtecket / wartete ihr auff; der Roͤmer Fa - bius / der ſeinen Feind wol ſehen mag / ſetzete ihr den Stuel; ſie aber ſagte zu ihm: Mein Herr Bruder / ich habe viel einen ſanfteren Siz auff meines teuren Herkules Schoſſe;taht93Fuͤnftes Buch. taht ſich auch zu ihm nicht anders / als ein Kind zu ſeiner Mutter; So ließ hingegen er nicht weniger ſpuͤren / wie hoch er dieſes Kleinot der Welt hielte / in dem er beyde Haͤnde in ihre Schoß legete / und mit ihren allerzarteſten Fingern lieblich ſpielete; deſſen er von ihr einen anmuhtigen Kuß zur vergeltung bekam. Sie hatte bey ihrer ankunft uns Ge - fangene ſchon mit dargebohtener Hand ſehr freundlich empfangen / und jezt fragete ſie mit gebehtener verzeihung nach unſern Nahmen / welcher von Artaxerxes genennet / und ihr zugleich freie anordnung uͤber unſere erlaſſung gegeben ward; da ſie mir ſagete; Beruͤhm - ter Herr Karthaſis / euer Unfall iſt mir leid / ſo wol der Verwundung als Gefaͤngnis hal - ben / und wann es in meinem Vermoͤgen waͤhre / wolte ich allen Parthiſchen Voͤlkern auff der Wahlſtat das Leben wieder einblaſen / ſo geneigt bin ich eurem und meinem Koͤnige / vor die vielfaͤltige mir erzeigete Woltahten / und muͤſte mir leid ſeyn / wann ihm an ſeiner Geſundheit etwas wiedriges zuſtoſſen ſolte. So ſeid nun gebehten / Herr Karthaſis / und nehmet von mir eure vorige Freyheit an; ich begehre zur wiederkehr dieſes gutẽ Willens von euch nur diß / daß ihr den Koͤnig meinetwegen Freund - und Kindlich gruͤſſet / und dz ſeine Hocheit ich ſehr bitten laſſe / dieſelbe wolle forthin ſich weiters nicht bemuͤhen / mei - nen allerteureſten Schaz Herkules und mich / in unſer ehelichen Liebe zuſtoͤren / dann alles ſein tichtẽ / welches eꝛ hierauf wendet / iſt vergebens uñ umſonſt. Und ſo wahr dieſes Fleiſch uñ Blut iſt (die Haͤnde zuſam̃en druͤckend) ſol kein einiges Mañesbilde mich zu ſeiner Lie - be bringen / als dieſer mein Gemahl / Groß Fürſt Herkules; derſelbe iſt der erſte / dem ich mein Herz ergeben / und ſol auch der einige und der lezte ſeyn / daß mag Koͤnig Artabanus mir wol trauen. Mich tauret von Herzen / fuhr ſie fort / dz euer Koͤnig mit ſeinen Fuͤrſten ſo hart uͤber den Fuß geſpannet iſt / und ich kein Mittel weiß / dieſe Feindſchafft beyzulegen / ruht mir auch leid / daß er noch nicht ablaſſen kan / meinen H. Bruder und meinen Gemahl zubeleidigen / die er noch dieſen Morgen (welches ſie ſelber noch nicht wiſſen) durch einen Brieff von Groß Fuͤrſt Artaxerxes hat duͤrffen zur ſtraffe abfodern laſſen. Jedoch wuͤrden ſie ihm auch dieſe und andere unbilligkeiten verzeihen / wann er ſich im Haͤuptwerk koͤnte finden laſſen / und meinen guten Raht 'annehmen / daß er ſich mit ſeinen Fuͤrſten verglie - che / und uns andern unſern freien Willen goͤnnete; welches ich doch nur vor mich rede / dann ich menge mich in ſo hohe ſachen nicht ein. Als ſie dieſes geſagt; warff ſie mir dieſe guͤldene Kette umb den Hals / ſteckete mir dieſen Ring an den Finger / und nachdem ein - wolgeſatteltes Pferd herzugefuͤhret wahr / ſetzete ſie dieſes hinzu; ihr werdet / Herr Kar - thaſis dieſes geringe / als ein Pfand meines guten willens zum gedaͤchtnis behalten / und ſtehet euch frey / bey uns euer Geſundheit zupflegen / als bey wahren Freunden / oder nach eurem Lager zureiten / da ihr dem Koͤnige meinen Ehrengruß veꝛmenden wollet / und daß in gebuͤhrlicher Zucht ihrer Koͤnigl. Hocheit Dienerin ich allemahl verbleibe. Aus dieſer Erzaͤhlung / ſagte Karthaſis / ſihet eure Koͤnigl. Hocheit / wie mirs in meiner Gefaͤngnis ergangen / und weſſen die Fremde gegen ſie geſinnet ſind. Artabanus / der durch dieſes vor - bringen die Eitelkeit ſeiner Begierden billich haͤtte ſollen erkennen / ward durch das Lob der Groß Fuͤrſtin nur in ſeiner naͤrriſchen Liebe geſtaͤrket / bildete ihm auch eine lautere un - moͤgligkeit ein / zu leben koͤnnen / wo er ihrer Schoͤnheit nicht genieſſen ſolte; daher er in ſeinem Vorhaben die Schlacht fortzuſetzen / nur ſteiffer verblieb / unter der Hoffnung / ſiem iijin94Fuͤnftes Buch. in ſeine Gewalt zubringen; meynete auch / es waͤhre eine ſonderliche ſchickung der Goͤtter / daß ſie bey dem Zuge ſich finden ließ. Dieſem nach befahl er Vologeſes / die Voͤlker fertig zuhalten / dann er wolte ohn Haͤuptſtreit nicht weichen. Aber auff Karthaſis Vorbringen gab er zur Antwort: Es nehme ihn groß wunder / daß er an derer feindſeligen willen zwei - feln koͤnte / die nicht allein bey den Auffrührern ſich auffhielten / ſondern mit Raht und taht ihnen behuͤlfflich / und in allen Schlachten die foͤderſten waͤhren / denen er doch die allerge - ringſte Urſach zum Wiederwillen nicht gegeben / ſondern das Fraͤulein zum Koͤniglichen Gemahl begehret / ihnen aber die groͤſten Fuͤrſtentuͤhmer auffgetragen / und ſchrifftlich ver - ſprochen; welches alles von ihnen hoͤniſch veꝛſpottet uñ außgeſchlagen waͤhre. Das Fraͤu - lein / welche er des diebiſchen Raͤubers Gemahl nennen duͤrffte / haͤtte ihm eheliche Traͤue gelobet / und ſich nie keinmahl verlauten laſſen / daß ſie ſich mit einem andern verbunden / aber wol / daß ſie der Goͤttin Veſta verlobet waͤhre; wolte deßwegen ſolchen Raub und ehe - bruch an dem Boͤſewicht raͤchen / obs ihm gleich ſein halbes Koͤnigreich koſten ſolte. Hier - auff fing er an ſich nicht anders zugeberden / als ob er beſeſſen waͤhre; dann die Begierde nach der ſo hochgeruͤhmten Schoͤnheit machte ihn ſchier zum Narrẽ; bald erfolgete drauf eine hefftige Wuht / daß er allen ſeinen Goͤttern es verweißlich vorhielt / daß ſie eine ſolche diebiſche Taht an dem Raͤuber koͤnten ungeſtrafft laſſen. Endlich brach er auch loß wiedeꝛ Artaxerxes / darumb / daß er dem Raͤuber Unterſchleiff gaͤbe / und ermahnete die Anweſen - den / ſie moͤchten doch nicht goͤnnen / daß Parthiſche Ehr und Hocheit ſo liederlich geſchaͤn - det wuͤrde / und zwar von denen / die ihnen weder an Macht noch Adel / noch verſtande im geringſten gleicheten; er vor ſein Haͤupt wolte lieber tauſend Leben dran ſetzen / wann er ſie haͤtte / als eine Stunde Perſiſchẽ uͤbermuht dulden. Ob ſie nicht ſo wol Faͤuſte uñ Gewehr haͤtten / als die Feinde; warumb ſie doch dañ den Muht ſo leicht ſinken lieſſen? Als ſeine Kriegs Fuͤrſten dieſe Erklaͤrung hoͤreten / und ſahen / daß ihm die Traͤhnen nicht ferne wah - ren / verbunden ſie ſich untereinander zu Siegen oder zu ſterben. Inſonderheit erbohten ſich zehn trefliche Ritter hohes Standes / vor der Schlacht ſich in abſonderlichen Kampff einzulaſſen / ob an Feindes Seiten ſich etliche hierzu finden wuͤrden; welches der Koͤnig mit ſonderlicher Freude vernam / und auff Herkules und Ladiſla zehn tonnen Goldes und ein Fuͤrſtentuhm ſetzete; wiewol Vologeſes nicht unterlaſſen kunte / den Koͤnig zu bitten / es dieſe Nacht reiflich zuerwaͤgen / ob er ſolches einzelne Gefechte zulaſſen wolte / er vor ſein Haͤupt zweiffelte nicht / man wuͤrde damit nur Schimpff und Spot einlegen; welches aber dem Koͤnige ſo übel gefiel / daß er ihn mit hoͤhniſchen Worten angriff: Ob er dañ mei - nete / daß allen ſeinen Helden das Herz in die Fuͤſſe geſchoſſen waͤhre. Worauff er kuͤrzlich antwortete: Des Koͤniges Wille geſchehe / und die Goͤtter geben daß er gut und heilſam ſey / ich aber zum toͤrichten Luͤgener werde. Pakoꝛus baht zugleich mit / es moͤchte der Koͤnig nichts aus unzeitigen oder erhitzeten bewaͤgungen vornehmen / als welche ſelten wol aus - ſchluͤgen; aber da wahr alles den Tauben geprediget.

So bald der Parthiſche Trometer im Perſiſchen Lager ankam / lieferte er Herkules das uͤberſchikte Schreiben ein / der ſolches in der andern gegenwart erbrach / und es ſeiner Gemahl laut zuleſen reichete / welches dann alſo lautete:

Dem Durchleuchtigſten Groß Fuͤrſten / und hochberuͤmten Perſiſchen Feldmarſchalk / HerrnHer -95Fuͤnftes Buch. Herkules / erwiedert Vologeſes freundlichen Gruß / welcher nicht gemeinet / daß die Unwiſſenheit mit Gefangenen umbzugehen / ihm haͤtte ſollen zugelegt werden. Meine Feindſchafft erſtrecket ſich auſſer dem Fechtplatze nicht / deßwegen befinden ſich die Gefangenen nach ihrem Willen; und wann ihre Wunden und Mattigkeit nicht Pflaſter und Laabſaal erfoderten / ſolten ſie bey euer Liebe ſchon angelanget ſeyn / deſſen ſie ſich zu mir wol verſehen moͤgen. Unſere Leute zuerloͤſen wird man ſich nit wegern / ſo bald man der Anfoderung berichtet iſt / an deren guter Verpflegung mir zuzweifeln nicht gebuͤhren wil. Was der morgende Himmel gibt / wil ich mit annehmen. Ich / nebeſt Fuͤrſt Pakorus / Vonones und Oſazes gruͤſſen eure Liebe dienſtlich hinwiederumb / und werden wir Gelegenheit ſu - chen / Morgen in meinem / oder euer Liebe Zelt das Abendmahl mit einander zuhalten. Inzwiſchen erbieten wir jeztgenante euer Liebe / auſſer dieſer Fehde / uns zu allen bereitwilligen Dienſten / welches auff begehren und vor ſich ſelbſt meldet und ſchreibet / Vologeſes

Valiſka lachete der Hoͤfligkeit und ſagte: Wolte Gott / daß dieſe Fuͤrſten ihren über - flus dem Koͤnige mitteilen koͤnten / ſolte weiterer Feindſeligkeit es nicht beduͤrffen; aber als viel ſie zu verſtehen geben / wollen ſie mit der heutigen Schlappe nicht friedlich ſeyn. Leches und Klodius kahmen auch an / erzaͤhleten des Koͤniges Grobheit und ruͤhmeten Pakorus Leutſeligkeit; auch wie traͤulich er neben Vologeſes ſich ihrer angenommen / und ſie end - lich gar auff freien Fuß geſtellet; welches Artaxerxes ſo wol gefiel / daß er die Groß Fuͤrſtin baht / Herrn Pandion / Oxatres und Mithridates in begleitung 200 Perſen zihen zulaſ - ſen; wie dann geſchahe / und der Trometer 200 Kronen von Herkules bekam. Als dieſe Begleitung ſich wieder einſtellete / zeigeten ſie an / man haͤtte ſie nicht nahe an deß Feindes Lager wollen kommen laſſen / ſondern die Gefangenen etliche Steinwuͤrffe vom Lager ein - gehohlet / und ſie geheiſſen in gutem friede zuruͤk reiten; ſie haͤtten aber einen gewaltigen Aufflauff im Lager gemerket / als waͤhre man zum Auffbruch geſchaͤfftig geweſen. Tyriotes ward deßwegen mit 1200 Reutern außgeſchikt / auff der Parther Vorhaben zu achten / welcher bey ſpaͤtem Abend wieder kam / und berichtete / der Feind haͤtte ſich eine halbe Mei - le zuruͤk gezogen / und einen bequemen Ort zum Lager genommen / ohn zweiffel / daß man auff Morgen Raum zur Schlacht haben koͤnte. Daher man an dieſer Seite die Voͤlker ſpeiſete und zur Ruhe hinließ / auch die das hinterſte Lager beſezt hielten / abfoderte / und die geſchwaͤchete Reuterey von den Fußknechten erſetzete / ſo daß Pharnabazus 8000 ſeines Fußvolks; Phraortes 6000 beritten machte. Hierzu wurden noch 3000 Drangianer / 2000 Aſſyrer / 3850 Hirkaner / 11000 Ariſche / 2000 Margianer / 5000 Baktrianer / 10000 Perſen / Fußvolks / und 240 von den verſuchteſten Wagenknechten beritten gemacht mit welchen die Reuterey erſetzet / 180000 Mann außtrug; dahingegen das Fußvolk mit 11150 Troßbuben vermehret ward / welches in 120000 Koͤpffen beſtund; ein wolgeſeztes Heer von 300000 Mann. An Parthiſcher Seite ſtaͤrkete man die Reuterey ebenmaͤſſig / und wurden vor erſt die Skytiſchen Fußknechte 16500 auff Pferde geſetzt / und mit den annoch uͤbrigen 8000 geſunden vereiniget / die 14000 Indier zu fuſſe nahmen auch Pferde / und gingen zu ihren uͤbrigen 6000 Landsleuten. Von den Parthiſchen und geworbenen Fuß - knechten wurden uͤber daß noch 68300 Mann außgeleſen / die wol ehmahls zu Pferde ge - dienet hattẽ / oder ſich in der Schlacht darauff zubehelffen wuſten / dz die Reuterey 210000 Mann ſtark wahr; und weil aller umbliegenden Doͤrffer Flecken und Staͤdte Inwohneꝛ außgewichen wahren / und ſich bey dem Parthiſchen Heer auffhielten / wurden daraus4480096Fuͤnftes Buch. 44800 Kriegsduͤchtige genommen / und unter das Fußvolk verteilet / das ſolches auff 140000 Mann außtrug / ein Heer von 350000 Kriegsleuten. Artaxerxes hatte viel über - lauffs von ſeiner Reuterey / daß ihnen die Plunderung moͤchte gegoͤnnet werden; aber ſie wurden biß auff folgenden Tag nach geendigter Schlacht hin gewieſen / mit dem Ver - ſprechen / daß weil ſie heut allein ohn das Fußvolk gefochten / ſolte ihnen allein auch dieſe Beute vorbehalten werden; womit ſie ſich gerne befriedigen lieſſen / und die Oberſten da - her ein gutes Zeichen nahmen des kuͤnfftigen Sieges. Des folgenden Morgens machten ſie beyderſeits ihre Ordnung gar fruͤh; die Perſiſche Reuterey ward in zween Hauffen geſezt; den Linken nahmen Ladiſla und Fabius / weil ſeine Roͤmer ihn entweder bey ſich ha - ben / oder mit ihm zu fuſſe ſtreiten wolten / daher man ihnen das erſte gerne einwilligte. Bey ihnen wahren Markus / Neda und Tyriotes / mit 6458 Roͤmern / 5743 Boͤhmen / 29891 allerhand zuſammen geleſenen aus dem Fußvolk / und 47908 von den vorigen ge - ſunden / allerley Landes art. Den rechten Fluͤgel fuͤhrete Herkules / und hatte bey ſich / Rit - ter Wedekind / Bubazes / Leches und Klodius; wiewol dieſe beyde wegen ihrer Wunden nicht fechten kunten. Seine Voͤlker die er anfuͤhrete / wahren alle geſunde Teutſchen 5801 hiebey 21200 aus dem Fußvolk geſamlete / und 63000 von der geſtrigen Reuterey; daß alſo ein jeder Flügel 90000 Koͤpffe ſtarck wahr. Das Fußvolk ward in drey Hauffen ge - ſezt; den erſten hatten Artobarzanes und Gallus / 34000 Mann; den andern Pharnaba - zus und Prinſla / 36000; den dritten Artaxerxes und Arbazes 43000. Phraortes blieb bey den Elefanten mit 5000 Schuͤtzen / und ward Fr. Valiſken ihr abſonderlicher mit 2000 Perſen umbgeben. Das Lager muſten die Verwundeten Reuter verwahren.

Vologeſes wahr nicht minder geſchaͤfftig / das Koͤnigliche Heer ins Feld zuſetzen. Die Reuterey teilete er unter Vonones und Oſazes gleich; dieſer bekam 24500 Skythẽ / 48000 verſuchte Parther / und 32500 vom Fußvolk außgeleſene. Vonones wurden 20000 Indier / 39900 ſeiner geſtrigen Parther / 9300 altgeworbene Reuter und 35800 aus dem Fußvolk geſamlete zugeſtellet. Das Fußvolk ordente Pakorus in drey Hauffen; den erſten fuͤhrete Surinas / 28250 verſuchte / und 11750 ungeuͤbete; den andern Orodes / 18000 verſuche / und 22000 ungeuͤbete; den dritten Pakorus ſelbſt / 40000 geuͤbete und 8000 unverſuchte. Die 12000 Elefanten Schuͤtzen blieben auff den[Elefanten] bey dem Koͤnige / uͤber welche Madates geſetzt wahr. Artabanus ritte vor der Schlacht bey ſeinen Voͤlkern umbher / ruͤhmete ihr geſtriges wolverhalten / und reizete ſie mit groſſen verheiſ - ſungen zur weiteren Tapfferkeit an; inſonderheit hielt er den Parthen vor / ob ſie bey ſo geſtalten Sachen die Faͤuſte ſinken laſſen / und den Perſen goͤnnen wolten / ihren Stuel uͤber ſie zuſetzen? Alles was er in ſeinen Kleidern truͤge / wolte er dran wagen / daß ſolcher Schimpff den aͤdlen Arſaziern nicht begegnete; ließ ſich endlich vernehmen / wie er auff eines jeden verhalten ſelbſt und durch andere acht geben / und die Tapfferen reichlich be - lohnen wolte. Nachgehends rieff er die zehn Ritter vor ſich / die den Kampff anzutreten ſich erbohten hatten / und nach wiederhohltem Verſprechen ermahnete er ſie der Parthi - ſchen Mannheit. Dieſe ſchikten alsbald einen Heerhold an die unſern ab / welche in dieſer Fruͤhe ſchon in vollem anzuge wahren / und weil Fabius den Vortrab hatte / ward ihm fol - gender abſags Brieff unverſiegelt zugeſtellet:

Fürſt97Fuͤnftes Buch.

Fuͤrſt Intaphernes / Obriſter Befehlichshaber uͤber die Beſatzung des Groß Koͤniglichen Par - thiſchen Haͤupt Schloſſes zu Charas. Fuͤrſt Tiribazus / Obriſter uͤber 6000 Parthiſche Reuter. Herꝛ Ariarates / Obriſter zu Roß und Fuß. Herr Maſiſtes Obriſter zu Roß. Herr Oretes / Obriſter zu Roß. Herr Ochus / Obriſter zn Roß. Herr Koſroes / Obriſter zu Roß Herr Xerxes Obriſter zu Roß. Herr Oribazus Obriſter uͤber 50 Elefanten; und Herr Kantibaris / Obriſter uͤber 40 Elefanten; alle und jede gebohrne Parther und geſchlagene Ritter / verſprechen hiemit / auſſerhalb Bogenſchuſſes des Haͤuptheers ohn arge Liſt und gefaͤhrde / auff der wahlſtat mit gebuͤhrlichem Ritter-Gewehr / Speer und Saͤbel zuerſcheinen / und einen abſonderlichen Beweißtuhm ihrer Mannheit abzulegen / dafern an gegenſeiten jn - oder außlaͤndiſche Ritter / Fuͤrſten und Herren Standes ſich werden finden laſſen / einen ritterlichen Kampff mit gleichmaͤſſigem Gewehr einzugehen / unter dieſer Bedingung / daß der uͤberwundene / welcher ſich gefangen gibt / mit gewoͤhnlichem Loͤſegelde ſich frey machen ſol / es waͤhre dann / daß die hohe Obrigkeit auff ihn zu ſprechen haͤtte. Und werden die Kaͤmpffer ſich nicht wegern / ihren Nahmen hin wieder zu melden.

Fabius brachte dieſen Brieff ſelbſt an Herkules uͤber / und baht / ſeinen Nahmen un - ter den Kaͤmpffern mit anzugeben / da der Streit vor ſich gehen wuͤrde; aber Herkules re - dete ihm ein / es waͤhre kein Feld Herr an Parthiſcher Seite geneñet / und er ſchiene gleich - wol / daß ſie Hoffnung haͤtten / er und ſein Ladiſla wuͤrden ſich finden laſſen; wozu er ſich aber / angeſehen ſeines tragenden Amtes / zu hoch hielte; welches Fabius auch bedenken moͤchte. Ritte darauf alsbald nach Artaxerxes uñ Ladiſla / wurden wegen der Gegenkaͤmp - fer / die ſich ſelbſt anbohten / bald einig / und ſetzeten dieſes Antwortſchreiben auff.

Herr Wedekind / Teutſcher Ritter / Groß Fuͤrſtlicher Erb-Kammer Herr / Obriſter uͤber 2000 Teutſche Reuter. Herr Herman / Teutſcher Ritter / und Obriſter uͤber 1500 Schlachtſchwerter; H. Reda / Ritter und Obriſter uͤber 3000 Boͤmiſche Reuter. H. Siegfried Teutſcher Ritter und Obri - ſter uͤber 1000 Teutſche Reuter. H. Prinſla Boͤmiſcher Ritter und Obriſter. H. Marx Roͤmiſcher Ritter / Obriſter uͤber 500 Roͤmiſche aͤdle Freyreuter. H. Kajus Autronius Roͤmiſcher Ritter und Obriſter Statverweſer uͤber 6000 Roͤmiſche Reuter. H. Tyriotes / Ritter / Obriſter uͤber 6000 Su - ſianiſche Reuter. H. Arbazes Ritter / Obriſter Statveꝛweſer und Unterfeldmarſchalk eines Perſiſchẽ Fuß Heers. Und H. Bubazes Ritter / Obriſter zu Roß und Fuß / und Befehlichshaber uͤber die Be - ſatzung des Groß F. Perſiſches Haͤuptſchloſſes zu Perſepolis / fuͤgen den Parthiſchen Außfoderern zu wiſſen / daß der Kampff von uns wieder ſie unter vorgeſchriebenen bedingungen angenom̃en ſey / jedoch / daß das Loͤſegeld eines jedweden nicht unter 4000 Kronen geſetzet werde; auch allemahl nur zween ſich ſchlagen / und dem Uberwinder frey ſtehe / den andern / dritten / und ſo lange ihm gefaͤllig / außzufodern; alles redlich und auff guten Glauben.

Als der Heerhold dieſes uͤberbrachte / uñ weder Herkules noch Ladiſla ſich im Schꝛei - ben meldete / verdroß es die Außfoderer nicht wenig. Aber Ariarates ſagte: Fuͤrſt Volo - geſes und Pakorus haben dieſes unſerm Koͤnige ſchon gnug zuvor geſagt / daß ſo groſſe Feld Herrn ſich gegen niemand als ihres gleichen Beampten ſetzen wuͤrden; ſo duͤrffen wir auch die genenneten Ritter ohn angezeigete Urſach nicht verwerffen; weiß auch nicht ob wir ihren bedingungen uns entbrechen koͤnnen / nach dem ſie unſere angenommen. Es wuſte niemand zu wiederſprechen / nur daß Intaphernes ſagete: Ich gedenke / die Teut - ſchen werden mit den ungeheuren Schlachtſchwertern ankommen / welches man ihnen / als unritterlich und dieſes Orts unſitlich nicht goͤnnen wird; im uͤbrigen bin ich mit allem wol zu frieden / und da mirs mißlingen ſolte / wil ich unter 8000 Kronen meinem Anſieger nicht erlegen / weil ich merke / daß jene nicht allein umb die Ehre ſondern auch umb den Ge -nwin98Fuͤnftes Buch. win ſpielen wollen. Tiribazus hielt vor rahtſam / daß dem Feldmarſchalk Vologeſes der Antworts-Brieff ſchleunigſt zugeſchikt wũrde / ob etwan der Feld Herꝛen einer oder ander / an Herkules oder Ladiſla die Außfoderung legen wolte; dann man ſaͤhe den Feind ſchon heran rũcken. Vologeſes machte ſich mit dem Schreiben nach dem Koͤnige / welcher we - nig freude daraus ſchoͤpffete / und den Vorſchlag taht / daß Pakorus und Oſazes es wieder unſere Helden wageten. Aber Vologeſes legte ihm vor Augen / was vor Gefahr drauff ſtünde; weil vor erſt die Uberwindung ſehr zweiffelhaftig; hernach auffs wenigſte nicht ohn hefftige Verwundung wuͤrde erhalten werden; wann nun dieſe ihre beyde Handfeſteſte Feld Herrn vor der Schlacht zum Gefechte ſolten undüchtig gemacht werden / koͤnte ſol - ches ohn des ganzen Heers merklichen Schaden nicht geſchehen; es waͤhre viel ſicherer / dieſe fremde Fuͤrſten im Treffen zufahen oder niderzulegen / als durch einzelne Ritter. Alſo muſte Artabanus ſich hiemit befriedigẽ laſſen / unter der Hoffnũg / er wolte in der Schlacht ihrer maͤchtig werden. Inzwiſchen zohe das Perſiſche Heer foꝛt / uñ hatten die zehn Kaͤmp - fer ſich mit guten Speeren uñ Schwertern verſehen; Weil dañ ihre Außfoderer die Bahn ſchon eingenommen hatten / ritten ſie auch hinzu / und hielten die drey Teutſchen an / daß ih - nen der Angriff moͤchte gegoͤnnet werden; ſolte es ihnen dann gluͤcken / daß ſie mehren als dreyen anſiegeten / wolten ſie des Loͤſegeldes nicht mehr als auff einen Mann genieſſen; worin man ihnen nicht wiederſprechen wolte. Als nun Kantibaris die erſte Außfoderung taht / welches er mit dem Speerwinken zuverſtehen gab / ritte ihm Wedekind friſch entge - gen / und warff ihn im erſten Treffen herunter / ſprang ihm nach / und ehe er ſich auffrichten kunte / faſſete er ihn bey den Fuͤſſen / ſchleppete ihn von der Bahn / riß ihm den Helm ab / uñ fragete / ob er ſterben oder 4000 Kronen geben wolte; welches ihm Mardus als Dolmet - ſcher vortrug; dieſer aber zur Antwort gab; er lieſſe es bey der ſchrifftlichen Bedingung / und ward von Neda nach dem Heer gefuͤhret. Wedekind ſetzete ſich wieder auff / und be - gegnete Oribazus / der ihm vorgenommen hatte ſich beſſer zuhalten / aber nur in Gedanken / dann der Teutſche wolte ihn nicht vom Pferde ſtoſſen / ſondern im vorbey rennen ergrieff er ihn beim Arme / und ſchleppete ihn bey dem Pferde her / da er ihn alſo huͤbſch davon brachte; ſeumete ſich weiters nicht / ſondern weil Xerxes ſich ſchon geſtellet hatte / rante er ihm entgegen / warff dz Speer hinweg und ließ friſch auff ſich ſtoſſen / faſſete das Schwert / welches nicht laͤnger / aber dicker und breiter als die gewoͤhnlichen wahr / und ſchlug ihn da - mit flaͤchling uͤber den Kopff / daß ihm ſchwinden ward / deßwegen er ihn mit ſampt dem Pferde hinweg fuͤhrete. Artabanus mit ſeinen Leuten ſahe dieſen ſpoͤtlichen Handel an / uñ taht ihm der Schimpff ſo weh / daß ihm die Augen uͤbergingen. Vologeſes aber ſagte: Al - les was aus unzeitigem Eifer vorgenommen wũrde / pflegete ſolchen und keinen beſſern Außgang zugewinnen / und da ihre Koͤnigl. Hocheit wuͤrde fortfahren / des Zorns ſich an ſtat der Vernunfft zugebrauchen / wuͤrde das Spiel ſehr bald zum Ende lauffen. Es wuͤr - de ſich der Koͤnig erinnern / wie traͤulich er dieſen Kampff wiederrahten haͤtte; aber er waͤhre nunmehr faſt abgeſchrecket / weiter zu rahten / weil niemand beſſer und lieber / als ſchaͤdliche Schmeichler und unbeſonnene Großſprecher gehoͤret würden. Mann ſolte ja billich der Teutſchen geſtrige Tahten betrachtet haben; und wolte er ſeines teils gerne eine Tonne Schatz drumb geben / daß das Spiel nicht angefangen waͤhre / welches ihr ganzesHeer99Fuͤnftes Buch. Heer verzagt / und die Feinde muhtig machete. Endlich erklaͤrete er ſich mit duͤrren Wor - ten / dafern ihre Koͤnigl. Hecheit ihrer angenommenen jetzigen Art nach / weiters verfahrẽ wuͤrde / wolte er ſeines Dienſtes erlaſſen ſeyn / oder in Gegenwart des ganzen Heers ſein Ampt ablegen / und ſich ſelbſt darauff entleiben / damit er nicht der Feinde Spot werden moͤchte. Der Koͤnig durffte ihm nicht einreden / und wahr ſo betruͤbt / als ſtuͤnde der ganze Sieg auff dieſem Kampffe. Hingegen lachete Artaxerxes das Herz vor freuden / und ſag - te zu unſern beyden Helden / zwiſchen denen er zu Pferde hielt: Nun habe ich mein lebelang ſolche Krafft und ſtaͤrke an keinem Ritter geſehen / und moͤchte nicht mehr wuͤnſchen / als daß unſer einer unvermerkt bey Artabanus ſtuͤnde / umb ſeine Raſerey anzuhoͤren. Der - ſelbe wuſte nun nicht / wie ers beſtangreiffen ſolte; den annoch uͤbrigen den Kampff zuver - bieten wolte ſich nicht ſchicken / und ſahe doch vor Augen / daß ſie alle an den elenden Tanz muͤſten; dann Koſroes wahr ſchon der vierde von Wedekind uͤberwunden / welcher im er - ſten Stoſſe zwar herunter geſtochen wahr / aber doch auff die Fuͤſſe kam / und den Schwert - ſtreit anfing / wiewol er nach wenig Hieben mit dem Leben bezahlen muſte; dann er ſchlug ihm das rechte Bein oberhalb dem Knie rein hinweg / daß er zur Erden ſtuͤrzete / wolte ihn aber doch nicht liegen laſſen / ſondern bey dem andern Beine ſchleppete er ihn davon / loͤſete ihm den Helm auff / und ſahe daß er ſchon mit dem Tode rang / gleich da auff Vonones Raht Mithridates mit 12000 Parthiſchen Reutern loßbrach / und ein groſſes Feldge - ſchrey machete / daß die Kaͤmpffer beyderſeits ſich etwas zuruͤk zogen; aber Wedekind er - mahnete ſeine beyden Spießgeſellen / ihm zu folgen / ſetzeten unter die ſechs Parthiſchen Außfoderer mit ihren Schwertern tapffer hinein / deſſen ſich dieſe nicht verſehen hatten / und doch nicht außreiſſen durfften / ſtelleten ſich demnach zur gegenwehr als gut ſie kunten / inſonderheit Intaphernes und Tiribazus ſamt Orodes hielten ſich wol / aber Ariarates uñ Maſiſtes wurden im erſten anfal verwundet und von den Pferden geſtuͤrtzet. Ochus waͤh - re gerne außgeriſſen und fuͤrchtete ſich doch des Schimpffs / bedachte ſich eines andern / und fiel als ein Raſender an / daß er auch Hermans Pferd niderhieb; aber es ward ihm nicht uͤberſehen; dann Wedekind ſchlug ihm die rechte Hand reine hinweg / ſo wahr auch Herman ſchon zun Beinen / gab ihm vollends den Lohn / und ſties ihm das Schwert in den Leib daß er vom Pferde fiel / auff welches dieſer ſich gerade ſetzete / und mit ſeinen gehuͤlffen es ſo weit brachte / daß die uͤbrigen fünffe alle hart verwundet ſich ergeben und mit ihnen reiten muſten; hatten alſo acht lebendige und zween todte gefangene / welche ſie doch mit ſich fuͤhreten. Artabanus waͤhre des handels ſchier tolle worden / auch die uͤbrigen wahren des leidigen falles ſehr betruͤbet; aber endlich verwandelte ſich die Traurigkeit in einen wuͤti - gen Eifer / daß ſie alle ſchwuren / den Schimpff zu raͤchen / oder darüber zu ſterben. Ey ſagte Vologeſes / dieſer Vorſaz gefaͤllet mir wol / daß ich am Siege ſo groß nicht zweiffeln wil / wann wir nur die Vorſichtigkeit nicht bey ſeit ſetzen; und iſt mir lieb / daß Mithridates nit uͤber befehl gehandelt ſondern der Pfeile geſchonet hat; wie er auch nur einen blinden Ler - men zu machen außgeſchicket wahr. Nun hatten ſich aber die unſern dadurch nicht ſchrec - ken laſſen / ſondern da er naͤher kommen waͤhre würde er ſchon ſeine Beſtreiter angetroffen haben. Als er aber mit den ſeinen ſo ſchleunig umbkehrete / erkenneten die unſer daher / daß er nur / einen blinden Aufflauff zu machen loßgebrochen wahr / umb den elenden Kampffn ijauff -100Fuͤnftes Buch. auffzuheben. Bald hernach ward Herkules gewahr / daß die Reuterey an Feindes ſeiten ſich zuhinterſt weit von einander taht / deßwegen er zu Artaxerxes ſagte: Gewißlich hat der Feind ein Stuͤkchen mit den uͤbrigen Streitwagen vor. So muͤſſen wir ihm begegnẽ / antwortet er: Ließ die Reuter / welche vor dem Fußvolk her ſich außgebreitet hatten / von einander gehen / und foderte die beſtelleten Wagehaͤlſe mit den langen Spieſſen / und mit dem Feur herzu / welche den Wagen / ſo Gliedsweiſe zwanzig ſtark gingen / muhtig entge - gen traten. Nun hatte aber der Feind einen Rank erdacht / dieſem Unheil vorzubauen / und geblendete Pferde fornen an geſpannet / welche der Fuhrman / ſo fornen auff dem Wagen ſaß / und mit einem breiten Schilde bedecket wahr / gewaltig zerpeitſchete / ſo bald die mit dem Feur ſich naheten / welches an etlichen verfing / daß ſie durchbrachen; deßwegen Ar - taxerxes 500 gute Fußſchuͤtzen ihnen an die Seite ſtellete / und gegen ſie ũber 600 / welche den Wagen ſo viel Pfeile entgegen ſchicketen / daß von den 100 voͤrderſten und aͤuſſerſten Wagen keiner wahr / an welchem nich gelaͤhmete oder erſchoſſene Pferde ſolten geweſt ſeyn / die Vermoͤgen den aber durch ihr ruͤk und auer lauffen eine ſolche Verwickelung ma - cheten / daß es abſcheuhlich zu ſehen wahr; dann weil die hinterſten und mittelſten fort ge - trieben wurden / und doch von den voͤrderen eingeſchloſſen wahren / verwundeten ſie ſich ſelbſt an den ſcharffen Senſen / biß ſie endlich in einem Klumpffen ſtecketen / und weder vor noch hinter ſich kunten; doch wahren im anfange 25 von den Perſiſchen Feurtraͤgern teils beſchaͤdiget / teils gar umbgebracht / und macheten des Feindes Schuͤtzen ſich auch herbey / daß von den 500 der unſrigen / ſo zu den Seiten der Wagen hergeſtellet wahren / nur 200 zurük kahmen / wiewol auch die Feinde 250 im ſtiche lieſſen. Weil dann die Wagen nichts wirken wolten / taht Vologeſes befehl / daß ſo wol Oſazes an der linken / als Vonones an der rechten Seiten den Angriff mit Pfeilen tuhn folten / alſo / daß wann ſich der Feind ih - nen wuͤrde eiferig entgegen ſtellen / ſie ſich nicht zu weit vertuhn; da ſie aber an ihrer ſtelle halten blieben / ſich ihnen naͤhern ſolten / ſo daß ſie ſich dabey nach moͤgligkeit ſchuͤtzeten. Dieſe brachen loß und gingen getroſt hinan / weil wegen der zimlich weiten abweſenheit des Fußheers ſie vor ihrem Geſchoß ſich nicht fuͤrchten durfften; als ſie nun ſich den un - ſern nahe gnug ſeyn merketen / druͤcketen ſie hefftig loß / daß die Pfeile in groſſer menge her - zu flogen. Aber Herkules und Ladiſla hatten die Anzahl der durchnaͤheten Pferdedecken dieſe Zeit her auff 18000 gemehret / welche vor den Voͤlkern mit breiten Schilden hielten / und von den Pfeilen aufffingen was nicht überhin ging. Die aber hinter dieſen hielten / wirketen mit ihrem Geſchoß ungleich beſſer / weil die Feinde mit dergleichen beſchuͤtzung ſich nicht verwahret hatten. Noch hielten ſie in dieſem unauffhoͤrlichen Schieſſen eine halbe Stunde an / biß ſie endlich ſahen / daß der Verluſt gar zu groß wahr / und deßwegen den Abzug nahmen / nachdem an Seiten Oſazes 4600 von ſeinem neuen Zuſaz erſchoſ - fen / und 5400 eben derſelben hart verwundet / auch 12000 Pferde / teils Tod / teils hart be - ſchaͤdigt wahren. Vonones verlohr 3560 ſeiner neuen Voͤlker; 7040 wurden davon zum Gefechte unduͤchtig gemacht / und uͤber 8000 Pferde gefellet; dahingegen Herkules nur 530 verlohr / und 1100 verwundet wurden / mehrenteils Meden und Suſianer. Bey Ladiſla ſtuͤrzeten etwa 1300 / und 980 wurden ſehr ſchadhaft / mehrenteils Hirkaner und Ariſche. Aber die breiten Schilde ſtecketen ſo voller Pfeile / daß die Reuter ſie ſchwere hal -ben101Fuͤnftes Buch. ben kaum halten kunten. Oſazes ließ an ſeiner Seiten 10000 Neugeruͤſtete und 8000 alte Reuter unter Mithridates ungeſtuͤm gnug loßgehen; neben ihnen her ſtuͤrmeten die Sky - then ingeſamt auch auff Herkules an / unter ihrem Groß Obriſtwachtmeiſter Sargapiſes / der an des erſchlagenen Argunthis ſtelle geſetzet wahr / dann Karthaſis kunte wegen ſeineꝛ Wunden keinen Harniſch fuͤhren. Herkules ſchikte Bubazes mit 12000 alten und 4000 neugeſamleten jenem entgegen; den Skythen muſte Wedekind mit 2000 Teutſchen / un - ter welchen 600 Schlachtſchwerter wahren / und 15000 alten Reutern begegnen. Vo - nones ließ ſeinen Archelaus mit 9000 neuen und 10000 alten Reutern auff Ladiſla ange - hen; denen Neda mit 6000 neuen / 10000 alten / und 1500 Boͤhmen ſich wiederſetzete. Ne - ben Archelaus ging Paras Feldwachtmeiſter loß mit 12000 neuen und 8000 alten Voͤl - kern; gegen welchen ſich Markus ſetzete mit 1000 Roͤmern / 9000 neuen / und 6000 alten Reutern. Anfangs gab es an allen Seiten faſt gleichmaͤſſige Blutſtuͤrzung; Mithrida - tes wahr ein verwaͤgener Ritter / der ſeiner Leute wenig ſchonete / wann er den Feinden ſcha - den kunte / deßwegen er auff Bubazes ſehr hefftig anging / welcher dagegẽ behutſam fuhr / und zu erſt ſich begnuͤgen ließ / daß er die ſeinen vom hinterweichen abhielt; hernach mah - nete er ſein Haͤuflein / daß umb ihn hielt / und 800 ſtark wahr / mit wenigen auff / friſch durch zubrechen / welchen die andern blindlings folgeten; dann die geſtrige / den 8000 außgeriſ - ſenen angedraͤuete ſtraffe / warnete ſie / daß vor dem Feinde ſterben ehrlicher waͤhre / als durch Buͤttels Hand auffgeknüpffet werden. Und eben dieſer Vorſaz verzweifachete ihre Kraft / daß ſie mit ganzer Wuht anfielen / und den Feind endlich hinter ſich trieben. Weil ader Bubazes mit ſeiner Leibſchaar gar zu eifrig nachſetzete / ward er nach zimlicher Ver - wundung gefangen / und Vologeſes zugefuͤhret / der ihn alsbald verbinden ließ. Seine - brige Voͤlker erfuhren ſolches etwas ſpaͤte / hoffeten ihn noch wieder loß zu machen / und ſetzeten in den Feind mit ſolcher Krafft / daß ſie nicht mehr beſtehen kunten / und Mithrida - tes von einem tapfferen Mediſchen Obriſten / nahmens Agabazus vom Pferde geſchlagen und hart verwundet nach Herkules gebracht ward / der ihn Artaxerxes zuſendete / und zu - gleich von Ladiſla begehrete / daß er ihm Tyriotes ſchicken moͤchte / nachdem es ihm an Heerfuͤhrern mangelte. So bald derſelbe ankam / muſte er mit 2000 alten Reutern Bu - bazes hauffen zum Entſaz gehen / welche nach Mithridates Gefaͤngnis hefftig gedraͤnget wurden; maſſen die Parthiſchen als verzweiffelte Leute fochten / ihren Fuͤhrer zu raͤchen. Aber Tyriotes ankunfft brach ihr Wuͤten / und ſetzete alles wieder in guten Stand. Zwi - ſchen Wedekind und Sargapiſes ging es ſehr ſcharff zu; dann dieſe wolten ihrer Lands - leute Niderlage raͤchen / und jene ihr Leben nicht wolfeil verkaͤuffen / daher die Blutſtuͤr - zung dieſes Orts am hefftigſten wahr. Die Teutſchen muſten anfangs ſich ſchonen / und mit den andern Voͤlkern die Skythen ſich abarbeiten laſſen / welches den Perſen ſchier zu ſchwer gefallen waͤhre; aber ſie wurden zu rechter Zeit entſetzet / da Skyles ein ſehr ver - waͤgener uͤber aus armſtarker Obriſter unter den Skythen ſich an Wedekind machte / ihm das Pferd unter dem Leibe erſchlug / und ihn ſelbſt zu fahen / alle bemuͤhung anwendete; a - ber. Wedekind kam zun Beinen und weil ſeine Teutſchen ſich der eindringenden Skythen redlich erwehreten / und mit den Schlachtſchwertern ſie abhielten / machte er ſich an ſeinen Feind / der ſich fuͤrchtete / er moͤchte ihm das Pferd gleichmaͤſſig erſchlagen / deßwegen ern iijabſtieg /102Fuͤnftes Buch. abſtieg / und weil er ohndaß lieber zu Fuſſe ſtritte / ging er auff dieſen zu / als haͤtte er ihn gaꝛ freſſen wollen / rieff auch mit erſchreklicher Stimme / dieſes ſolte ſein lezter Tag ſeyn. Aber weil Wedekind die Sprache nicht verſtund / hielt er die Antwort vor unnoͤhtig / und em - pfing ihn dagegen mit ſeinem Schwerte dergeſtalt / daß dieſer ſchon merkete / er haͤtte ſei - nes gleichen antroffen. Gleichwol hatte Skyles den Vortel / daß er ein laͤnger Schwert fuͤhrete / auch des Schildes ſich beſſer zugebrauchen wuſte. Sie zudroͤſcheten ſich dermaſ - ſen / daß weder Schild noch Waffen gegenhalten kunten; aber in dieſem verſahe es der Skythe / daß er bald im anfange ſich zu ſehr abmattete; dann als Wedekind ſeine gelinde - re Streiche fuͤhlete / drang er mit aller Gewalt zu ihm ein / unterlieff ihm den Streich / uñ hieb ihm den Wirbel am rechten Ellebogen hinweg / daß er das Schwert fallen ließ / aber zugleich ſeinen Feind mit dem Schilde wieder die Bruſt warff / daß er ſtrauchelte; weil er auch mit bey den Faͤuſten gleiche gerade wahr / huhb er das Schwert mit der Linken auff / und ſetzete von neuen an / welches aber kurzen beſtand hatte; dann die Wunde ſchmerzete ihn uͤberaus ſehr; ſo wahr ihm Wedekinds Schild an allen Hiebẽ hinderlich / als der ihm zu nahe trat / daß er ſein langes Schwert nicht brauchen kunte; daher er endlich außreiſſen wolte; aber dieſer verſezte ihm eins uͤber den ſchon verwundeten Arm / daß er in Ohmacht niderſtuͤrzete; riß ihm hernach den Helm ab / und legte ihm den Kopff zun Fuͤſſen; ſetzete ſich auff des erſchlagenen Pferd / und miſchete ſich unter die ſtreitende Schaaren. Hier ging es nun ſehr hart uͤber die Skythen; dann ihrer ein guter teil wuſten das Gewehr zu Pferde nicht zugebrauchen / und wahr ihnen ſehr leid / daß ſie nicht zu fuſſe blieben wahren. Herkules ließ noch 400 Teutſche und 3000 alte Reuter auff ſie treffen / folgete mit 100 Schlachtſchwertern ſelbſt nach / und draͤngete Sargapiſes ſo hart / daß er ihm die Glie - der brach / und alles vor ſich niderſchlug. Nun hatte jeztgedachter noch 2000 feſte Sky - then bey ſich / die ſich ungetrennet zuſammen hielten / deßwegen Herkules mit allen anwe - ſenden Teutſchen auff ſie loßging / traff Sargapiſes ſelbſt an und nach ritterlichem Kamp - fe / wozu ihm die Teutſchen Raum gnug macheten / zwang er ihn / ſich auff Gnade zuerge - ben / ließ ihn auch alsbald nach dem Lager bringen / woſelbſt Mithridates verwahret ward. Neda hatte nicht ſo harten wiederſtand / weil Archelaus neue Reuter ſehr ungeuͤbet wah - ren / welche als die Schaffe hingemaͤtſchet wurden; und ob gleich ihr Fuͤhrer allen moͤgli - chen fleiß anwendete / ſeines Feindes einbruch auffzuhalten / wuſten doch die ſeinen nicht / wie ſie die Glieder feſt ſchlieſſen und mit geſamter Hand wieder Schlaͤge außteilen ſolten / daher er endlich gezwungen ward / dem Indier Pandion ſeiner Leute unerfahrenheit kla - gen zu laſſen / und daß er ihm etwa 6000 geuͤbete zum Entſaz ſchickete / damit er die ſeinen wieder zum Stande braͤchte. Aber der Indier wendete ein / daß er ſeine geuͤbete Mann - ſchafft von ſeinen ungeuͤbeten gar nicht entrahten koͤnte / wo er ſich ſonſt nicht ins gewiſſe Verderben ſtuͤrzen wolte; ſo wolten die Indier ſich auch nicht trennen laſſen / und muſte daher Vonones hierzu 6000 verſuchete Parther unter Obriſten Apreteus abſchicken / welche zimlich ſpaͤte ankahmen / und doch dem erfahrnen Archelaus Raum machten / ſein uͤbriges Heer zuſamlen / von denen ſchon 4000 neue uñ 2500 alte Reuter abgeſattelt / auch 5000 ſchwerlich verwundet wahren / da hingegen Neda nur 2000 verlohren und 1800 verwundete hatte; ſcheuhete ſich deßwegen nicht / auff die ankommende Parther anzuge -hen /103Fuͤnftes Buch. hen / und hielt ihren hefftigſten Anfall redlich aus / in welchem er 32 Boͤhmen und 840 Morgenlaͤnder einbuͤſſete; worauff er ihr meiſter ward / und ſie faſt gar umbkreiſſete. Ar - chelaus hatte ſich wieder geſezt und wolte ſeine Helffer nicht im ſtiche laſſen / denen Neda 500 Boͤhmen und 6500 Perfiſche entgegen ſtellete / welche ſie auch gluͤklich auffhielten / biß er mit den Parthen fertig wahr / deren er 4000 erſchlug / und 1500 nebeſt ihren Fuͤhrer / mehrenteils verwundet / gefangen hinweg fuͤhren ließ. Paras der Parther / und Markus lieſſen in ihrem Gefechte erſcheinen / daß ſie beyderſeits willens wahren / an ihrer Seiten getraͤulich zu dienen; da im erſten anſatze jedweder in die 600 Mann einbuͤſſete; aber her - nach ließ ſichs augenſcheinlich merken / daß die unſern uͤberwogen / und hielten ſich Mar - kus neue Voͤlker ſo wol / daß ſie vor allen anderen neuen Schaarẽ den Ruhm davon brach - ten; dann die Roͤmer wuͤrgeten Fuß vor Fuß / denen dieſe ſo eiferig nach ſetzeten / daß ſie den Feind gar auff die Flucht brachten / nachdem derſelbe 2800 alte und 6300 neue Reuter eingebuͤſſet hatte / uñ von den übrigen noch 5000 unverwundet wahren / da hingegen Mar - kus uͤberal 3600 verlohren / und 700 verwundete hatte; nach dem er aber ſeines Gluͤks ſich mißbrauchete / und den weichenden Feinden mit ſeinen Roͤmern zu hefftig nach draͤngete / wendete ſich Paras / und ward Markus von einem Obriſten und zween Ritmeiſtern der - geſtalt uͤber fallen / daß ſie ihn vom Pferde riſſen / und ihn in der Flucht mit ſich davon füh - reten / nachdem ſie 53 Roͤmer erſchlagen / und dagegen noch 250 Reuter eingebuͤſſet hatten. Bubazes Voͤlker fochten unter Tyriotes anführung noch ritterlich wieder des gefange - nen Mithridates hauffen; welche keinen Fuͤhrer mehr hatten / und deßwegen faſt ohn ge - genwehr erſchlagen wurden / biß ihrer 5000 außriſſen / 4000 gefangen wurden und die - brigen auff der Wahlſtat blieben. Doch wahren hieſelbſt auch 3200 von den unſern er - ſchlagen / und 2300 verwundet. Nicht geringern Sieg hatten Wedekind und Herkules; dann ſie hoͤreten nach Sargapiſes Gefaͤngnis nicht auff / die Skythen hinzurichten / biß ihrer 12000 geſtrekt lagen / 6500 ſich gefangen gaben / und 6000 ſich durch die Flucht er - retteten. Da hingegen an unſer Seite 21 Teutſchen und 6000 Morgenlaͤndiſche drauff gangen wahren / uñ befunden ſich 16 Teutſche uñ 2800 Perſiſche hart verwundet. Gleich dazumahl ward Neda mit Archelaus uͤberſchuſſe auch fertig / von denen nur 3000 durch die Flucht erhalten wurden; 1600 nebeſt ihrem Feld Herrn (welchen drey Boͤmiſche Reu - ter anpacketen) gefangen / die uͤbrigen alle in ihrem Blute lagen. Vologeſes ſahe daß es den ſeinen ſchlechter als des vorigen tages ging / und wuſte des guten Rahts nicht viel - mehr. Er hatte zwar annoch faſt alle ſeine Parthiſche Reuter / die noch keinen Schwert - ſchlag getahn / und andere / teils geworbene / teils geſamlete; aber dagegen ſahe er / daß des Feindes Reuterey ihnen nunmehr an Mannſchafft moͤchte überlegen ſeyn (wie ſie dann noch 156675 geſunde; hingegen die Parthiſche nur 138250 ſtark) zugeſchweigen daß ſie viel muhtiger und geherzter zu fechten wahren als die Parthiſchen. Artabanus verfluchte ſein Ungluͤk / und begunte am Siege zu zweiffeln; wahr ihm demnach leid / daß er ſeines Feldmarſchalks Vorſchlag / die Schlacht auffzuſchieben / ſo liederlich geſchaͤtzet hatte / ließ denſelben zu ſich fodern / und trug ihm anfangs vor / wie er bedacht waͤhre / das Fußvolk treffen zu laſſen / damit die uͤbrige Ritterſchaft auff den lezten Satz geſparet wuͤrde; her - nach / daß Bagophanes ihn berichtet / wie der Perſiſche Tropff Bubazes / welcher demFraͤu -104Fuͤnftes Buch. Fraͤulein Raͤuber Schuz gehalten / auff ſeine Hocheit ſchimpflich geredet / und ſeine Zim - mer-Jungfer Kleofis wieder ſeinen Willen geheirahtet / gefangen waͤhre; denſelben ſolte er laſſen in die Eiſen ſchlagen / dann er muͤſte lebendig geſchunden werden. Er aber gab zur Antwort: Er ſaͤhe des Himmels ungewogenheit über Parthenland vor Augen / welches einig nur von dem fremden Fraͤulein herrührete; moͤchte wuͤnſchen / daß Phraortes mit ihr den Hals gebrochen / da er in den Koͤniglichen Saal den erſten Fuß geſetzet; und wolte Gott / ſagte er / wir koͤnten die Schlacht mit halber Ehr auffruffen / und der Fremden / ach ach der Fremden loß werden / ich verſichere ihre Koͤnigl. Hocheit / daß den ſchon erlittenen Verluſt ich vor nichts achten wolte / und ſolten der Perſe und Mede mit ihrem uͤbrigen ganzen anhange uns in kurzen zun Füſſen liegen. Ich begebe mich des Fraͤuleins nicht / fiel ihm Artabanus in die Rede / ſolten wir gleich unſer ganzes all dran ſtrecken. Mein Gott / antwortete er / wie kan doch der Koͤnig in dieſem gefaͤhrlichen Stande noch mit ſol - chen Gedanken umbgehen? ſihet dann ihre Hocheit noch nicht / daß zwiſchen uns und dem Verderben ſo wenig Raum iſt / daß wirs mit einem Pferdelauff abmaͤſſen koͤnnen? gewiß - lich wann ich wiſſen ſolte / daß zu dieſem Ende der Krieg gefuͤhret wuͤrde / muͤſte ich vor truͤbnis in die Erde ſinken / daß man ſo viel tapfferes Menſchen Blut vergoſſen haͤtte. Aber hievon zu reden wil Zeit und Gefahr nicht leiden / nur die beiden Vortraͤge ihrer Koͤnigl. Hocheit muͤſſen von mir beantwortet werden. Bagophanes der faule Fetwanſt hat der - ſelben gerahten / einen unzeitigen Eifer wieder einen Gefengenen (der ohnzweiffel redlicher als er iſt) ſehen zu laſſen. O ihre Koͤnigl. Hocheit bedenke ſich ja bald eines andern! dann wer weiß / was vor Helden gegen dieſen noch heut wol muͤſſen außgetauſchet werden? wil demnach mich dieſes Gefangenen dergeſtalt annehmen / als einem redlichen Feldmarſchalk gebuͤhret; und wil eure Hocheit einen in die Eiſen ſchlagen / ſo ſchlage ſie den Rahtgeber hinein; dieſem Gefangenen wird gewißlich ſolche Unbilligkeit nicht angelegt werden / es ſey dann / daß ich zu gleicher Straffe verdammet werde. Schließlich / daß das Treffen zu fuſſe ſol gehalten werden / waͤhre wol mein Raht / daß wir dieſe Voͤlker zu unſers Landes Schuz erhielten / im Fall der Reuterſtreit / wie ſichs anſehẽ laͤſſet / ſolte verlohren gehen; dañ alſo koͤnten und wolten wir dem Feinde mit dieſer Mannſchaft noch ſolche haͤndel machen / daß ſie ungejagt hinter ſich zihen ſolten; weil ich aber weiß / daß mein Raht vor eine klein - muͤhtigkeit geſcholten werden muß / ſol des Koͤniges Befehl alsbald ins werk gerichtet wer - den; der Himmel gebe / daß es zum Siege diene / welches aber Farbe koſten wird. Ritte hiemit fort / dañ er wolte ſich mit dem Koͤnige weiters nicht zanken / taht auch beyden Feld - Herrn von der Reuterey zu wiſſen / daß ſie ihre geſunden Voͤlker / jeder an ſeinem Ort in ein Heer zuſammen zihen / und etliche kleine Hauffen Schaarsweiſe ins Feld ſetzen ſolten / wann etwa der Feind auff ſie zudringen wuͤrde. Als dieſes ins werk gerichtet ward / wuſtẽ die unſern nicht / was es bedeuten ſolte. Herkules muhtmaſſete / es wuͤrden die Elefanten anſetzen; aber Ladiſla ward gewahr / daß des Feindes Fußvolk herzu nahete / vor welchen 16000 Reuter in die quehre ausgedehnet / vorher zogen; taht ſolches Artaxerxes zu wiſſen / der nichts mehr als dieſes wuͤnſchete / uñ den ſeinen gleicher geſtalt die Loſe zum auffbruche gab. Inzwiſchen ließ des Feindes Reuterey ſich anſehen / ob wolten ſie mit ganzer Macht den Angriff wagen / aber bald zerteileten ſich 6000 Mann / welche hier und dar 60 Schaa -ren /105Fuͤnftes Buch. ren / jede von 100 Koͤpffen / ins Feld ſetzeten / da ihre Fußvoͤlker ſich in eine breite Ordnung begaben / und mit ihren Pfeilen und Bogen Stand faſſeten; worauff ſie groſſe Hoffnung geſetzet hatten. Herkules fürchtete / es wuͤrde Ladiſla deſſen nicht wahr nehmen / und ließ ihn warnen / ſich vorzuſehen; welcher gleich willens wahr / etliche Reuter auff des Feindes kleine Reuterhauffen angehen zulaſſen / wodurch er ſie wuͤrde auff die Fleiſchbank geop - fert haben. Artaxerxes zog mit ſeinen Landsknechten auch fort / denen er geherzt zuredete / und daß ſie alle Krafft ihrer Arme an die Bogen legen ſolten; worauff es dann an ein ſo unerhoͤrtes ſchieſſen ging / daß die Pfeile in der Lufft knacketen / und ſo dicke durch einander flogen / daß ſie ſich ſelbſt verhinderten und laͤhmeten. Sie trieben dieſes abſcheuliche We - ſen uͤber eine halbe Stunde / da inzwiſchen unſere Helden mannichen Verſuch tahten / wie ſie den Parthiſchen Reutern beykommen / und ohn ſonderlichen Verluſt ihnen unter - lauffen moͤchten / damit auch ſie nicht wieder zu den Bogen griffen; aber es wolte ſich nir - gends ſchicken; dann ſo offt ſie etliche tauſend auff ſie anſetzen lieſſen / druͤcketen jene (die ſich auffs neue mit Geſchoß verſehen hatten) eiferig loß / daß dieſe bald weichen / und alle - mahl mit Verluſt abzihen muſten / auch in unterſchiedlichen anfaͤllen 800 Mann einbuͤſ - ſeten / und bey die 2000 verwundet wurden. Herkules wolte dieſem Unweſen abhelffen / hieß 10000 Reuter ihre Pfeile und Bogen wieder ergreiffen / ſtellete die bedecketen Pfer - de und breitgeſchildeten Reuter 3000 ſtark vor ihnen her / welches ihm Ladiſla nachtaht / und gingen unter dieſer beſchuͤtzung freudig auf die Parther loß / doch alſo / dz ihre Pferde einen langſamen Schrit halten muſten. Jene ſahen ſolches / erwarteten ihrer Ankunfft vorſichtig / biß die Perſen zu erſt ihrer Bogen gebraucheten / worauff ſie auch loßſchoſſen / und der Pfeile nicht ſchoneten; wiewol ſie ſtets hinter ſich wichen / und ehe dieſe ſichs verſahen / wieder anſetzeten; daher ihre Pfeile beſſer als der Perſen wirketen / nur daß die breiten / wiewol ſehr durloͤcherten Schilde dannoch eine groſſe menge auffſingen / die ſonſt maͤchtigen ſchaden wuͤrden getahn haben. So lange das Schieſſen bey dem Fußvolk wehrete / gedachte Herkules nicht weiter als an die Reuterey; aber wie er die Parthiſchen Elefanten hervor brechen ſahe / trieb ihn die Furcht / an ſeine Valiſken zugedenken / ob viel - leicht dieſelbe auch mit dem ihren fortgehen / und ſich unter die Feinde miſchen wuͤrde / nam deßwegen 1000 Schlachtſchwerter und 4000 tapffere Morgenlaͤndiſche zu ſich / be - fahl Wedekind und Tyriotes nebeſt Leches und Klodius die Auffſicht / und ging mit ſeiner ritterlichen Geſelſchafft nach dem Fußvolke / gleich da die Parthiſche Elefanten antraten / in das Perſiſche Fuß Heer einzubrechen. Er ſahe / daß Artabanus mit zehn Elefanten zu - ruͤk blieben wahr / deßwegen er ſeinem Gemahl andeuten ließ / daß ſie ſich mit vier wolbe - ſezten Elefanten nach der Seite hinter Ladiſla Reuter Heer begaͤbe / ſchickete ihr auch 40 Teutſche Schlachtſchwerter uñ 1500 tapffere Morgenlaͤnder zur vermehrung ihres Leib - ſchutzes / dann er argwohnete / Artabanus wuͤrde einen blinden Fall auff ſie wagen / ob er ſie ertappen koͤnte; deſſen Elefanten Schützen ſchon ihre Pfeile und Wurffſpießlein un - ter das Perſiſche Volk abgehen lieſſen / die nicht geringen Schaden tahten / in dem ſie bey die 4000 Perſen erſchoſſen. Phraortes feirete mit ſeinen Elefanten eben wenig / ging auff das Parthiſche Heer / und weil er den Wind zum Vortel hatte / drungen ſeine Pfeile beſ - ſer durch / daß ſie eine zimliche Menge erſchoſſen / und viel verwundeten. Herkules hatte zuoPerſe -106Fuͤnftes Buch. Perſepolis etliche mahl einen blinden Elefanten Streit anſtellen laſſen / umb zu erfinnen / wie man dieſen groſſen ungeheuren Tihren am fuͤglichſten beykommen moͤchte. Er wuſte dieſes an ihnen wol / daß wie grimmig ſie waͤhren / ſo leicht lieſſen ſie ſich verſchuͤchtern / in - ſonderheit / wann ſie ſchmerzen empfunden; deßwegen er 2000 verwaͤgene Perſen / wel - che Artaxerxes ſchon vor fuͤnff Wochen mit dreyfachem Solde darzu beſtellet hatte / vor ſich foderte / welche ſtarke Spieſſe mit ſehr ſcharffen krummen Siecheln iu der Hand / und ein kurzes breites Schwert / vornen zugeſpizt an der Seite fuͤhreten; gab ihnen 200 mit Schlacht ſchwertern zu /[u]nd taht ihnen ſeine Meynung zuwiſſen / ſie ſolten ſich nur huͤten / daß ihnen die ſtarken T[ih]re nicht zu nahe kaͤhmen / und ſie mit dem langen Ruͤſſel / welchen ſie an ſtat einer Hand gebraucheten / nicht zu ſich riſſen / ſondern wann ſie denſelben von ſich ſtrecketen / ſolten ihrer drey oder viere ſich zugleich an einen machen / und ſie am Ruͤſſel ver - wunden / auch des Bauchs nicht ſchonen / da man ſie mit ſtarken Stichen und Hieben be - ſchaͤdigen koͤnte. Dieſes wahr ein guter Anſchlag / aber es bedurffte Muͤhe und Vorſich - tigkeit / ihn ins Werk zurichten. Dann Madates wahr ihm deſſen vermuhten / daher er den Elefanten Meiſtern / welche die Tihre (vorne auff dem Halſe ſitzend) leiteten und an - fuͤhreten / befehl erteilet hatte / da etwan ein ſonderlicher hauffe Volkes auff ſie angehen wuͤrde / ſolten ſie ihnen entweichen / und nach der Seiten ſich wenden / damit ſie in das ge - ſamte Heer einbrechen koͤnten; deſſen dieſe wol eingedenke wahren / auch das vorder Heer / welches Artobarzanes und Gallus fuͤhreten / erreicheten / deren ſie in 3000 zntraten und erdruͤcketen / ehe die verordente Schaar bey ihnen anlangete. Gallus geriet in aͤuſſerſte Le - bens gefahr; dann der Tihre eines griff mit dem Ruͤſſel nach ihm / aber Gott taht ihm au - genſcheinliche Huͤlffe / daß er mit dem Schwerte fertig ward / und ihm den Ruͤſſel hart verwundete; wodurch es vor ſchmerzen ſich nicht mehr wolte leiten laſſen / ſondern weich zur Seiten aus / deſſen die / ſo es nidertrat / wol empfunden. Bald hernach kahmen die ob - gedachten Elefanten Beſtreiter an / teileten ſich / und mit verzweifeltem Wuht machten ſie ſich an die Tihre / denen ſie doch wenig angewinnen kunten / nur daß die Teutſchen mit ih - ren Schlachtſchwertern 15 ertoͤdteten / und 25 hart verwundeten; woruͤber ihrer 20 das Leben ritterlich einbuͤſſeten. Unter den Verwundeten Elefanten wahr ein Junger / welcheꝛ wegen der ſchmerzlichen empfindnis nicht allein ein lautes Geblaͤrre machte / ſondern zu - gleich ſeinen Meiſter uͤber den Kopff herunter warff / und nach dem ihm bekanten Lager umbkehrete. Die alte Elefantin / ſeine Mutter / die ihn an der Stimme kennete / und ihn da - von lauffen ſahe / wolte ihn nicht verlaſſen / ſondern gab ihm durch ihr Wiedergeblaͤrre Antwort / und folgete wieder des Meiſters Willen hernach. Andere verwundete nahmen eben den Weg vor ſich / und wegen des hefftigen Geruffes / welches das Fußvolk / ſie zu er - ſchrecken anſtellete / wurden die uͤbrigen alle mit einander irre gemacht / daß ſie den gerade - ſten Weg vor ſich nahmen / und an einem Orte durch ihr eigen Fußvolk ſetzeten / deren ſie uͤber 5000 zu nichte machten; hatten aber doch vor ihrem abwich uͤber die gedachte Teut - ſchen / noch 500 der beſtelleten Perſen auffgerieben / nach dem ihre auffgeladete Schuͤtzen in die 4600 von dem Perſiſchen Heer erſchoſſen / und auff 3800 hart verwundet hatten. Den Perſiſchen Elefanten gieng es nicht viel beſſer / wiewol ſie anfangs groſſen Schaden unter Artabanus Heer anrichteten / und nach dem ihre 5000 Schützen von ferne in die5800107Fuͤnftes Buch. 5800 Parther erſchoſſen und 4700 verwundet / naͤher hinzu gingen / und noch 2500 in den Tod ſchicketen / glückete es ihnen wol / biß Pakorus ihnen 1500 darzu beſtellete Wagehaͤlſe entgegen gehen ließ die ſich teils unter die Tihre macheten / und ihnen den Bauch oͤffneten / daß ſie niderfielen / und ihre Moͤrder mit erdruͤcketen. Die andern wurden mit Geſchrey und Wunden hinter ſich getrieben / daß ſie gleich den Parthiſchen / ihrem Lager zulieffen / aber zwiſchen ihren Reutern und Fußvolke ohn einigen Schaden davon zogen / und der Parther / welche ſie verſchuͤchtert hatten / nicht über 400 das Leben behielten. Nach die - ſem Elefanten Streite begunten die Fußvoͤlker beyderſeits nach ihren Schwertern und Spieſſen zu greiffen. Herkules aber begab ſich mit 780 Teutſcheu wieder zu Pferde / und dankete Gott / daß er dieſe Tihre ſo gnaͤdig abgelenket hatte / vor denen er ſich am meiſten fuͤrchtete. Als er bey ſeiner Reuterey anlangete / fand er Wedekind mit 500 Teutſchen uñ 20000 Perſen in voller Arbeit; dann ſo bald die Elefanten ihre Verrichtung getahn / ließ Vologeſes ſo wol Reutern als Fußknechten andeuten / jezt waͤhre Zeit / das Parthiſche bißher unuͤberwindliche Schwert hervorzulangen / und damit die geſchworne Traͤue zu beweiſen; ſie ſaͤhen ja aller ſeits / daß es muͤſte gewonnen oder geſtorben ſeyn; ein furchtſa - mer / der ſeine Haͤnde ruhen oder zittern lieſſe / haͤtte nichts gewiſſers / als einen unruͤhmli - chen verfluchten Tod; die aber ohn auffhoͤren auff den Feind zuſchluͤgen / haͤtten den Sieg / oder ja unſterblichen Ruhm ihres ritterlichen wolverhaltens; ſolte demnach ein jeder da - hin trachten / daß er des Feindes Machtbrechen moͤchte / alsdann waͤhre an der uͤberwin - dung nicht zuzweiffeln. Doch gab er den beyden Feld Herrn bey der Reuterey heimlichen Befehl / da uͤber verhoffen das Meſſer unmahl fallen ſolte / an jeder Seite 8000 der aller wehrhaffteſten vom Treffen abzuhalten / und in Ruhe zulaſſen / daß ſie auff ſolchen Fall des Koͤniges Schuz und Sicherheit ſeyn koͤnten. Sieder Herkules Abweſenheit wahr durch das Schieſſen nicht ſonderliches verrichtet; dann als die Parther der Perſiſchen Pfeile empfunden / von denen ihrer 2000 erſchoſſen / und dagegen der Perſen hinter den Schil - den nur 520 gefellet wahren / gab man das Schieſſen an / weil die Parther nicht wolten / und die Perſen wegen Herkules Befehl (wornach ſich auch Ladiſla richtete) nicht durften. So bald aber jene von Vologeſes Befehl empfingen / lies Oſazes 18000 gegen Wedekind angehen / denen er / wie oben ſtehet / begegnete. Sie gingen anfangs beiderſeits behutſam / und wolten ſich aus ihrem Vortel nicht begeben. Herkules ſahe ihnen zu / wie er kam / und weil ſie einer dem andern gewachſen wahren / ließ er ſie jmmerhin fechten. An Ladiſla Sei - ten ſtund es faſt im gleichen ſtande. Die Schützen verrichteten nichts ſonderliches / weil die Parther keinen Muht hatten anzubeiſſen; biß Vonones 17000 Parther unter An - dragoras anfuͤhrung mit entbloͤſſeten Schwertern loßbrechen lies / denen Fabius mit 18000 entgegen traff / und ſich weidlich mit ihm umb[t]rieb. Surinas gab ſich an Parthi - ſcher Seite mit ſeinen Fußknechten auch loß / und begegnete ihm Artobarzanes uñ Gallus / deren Voͤlker / weil ſie ſchon zimlichen Abbruch gelitten / mit 3000 Mann von Artaxerxes geſtaͤrket wahren. Die Doppelſoͤldner mit ihren langen Spieſſen gingen voran / aber die mit den Schwertern kunten ihnen nicht lange zuſehen / ſondern traten an beyden Seiten aus / und griffen ſo grimmig an / daß von den erſten Gliedern niemand leben dig blieb; und ob gleich Artobarzanes uñ Gallus alle Macht anwendeten / ſo drang doch Surinas durch /o ijdann108Fuͤnftes Buch. dañ die von Artabanus ihnen getahne Zuſage des dreyfachen Soldes hatte ſie kuͤhn und muhtig gemacht / daß ſie keine Gefahr ſcheuheten / und immer vor ſich hin matzeten. Gallus ſamlete 1000 Mann umb ſich / mit denen er Surinas entgegen trat / weil er den groͤſten Schaden taht / machte ihn auch durch ſeine Ankunfft ſtutzen / daß er weiter nit durch drang; aber als dieſe beyde einander auffſtieſſen / und einen harten Straus hielten / zohe Gallus den kuͤrzern / und ward nach empfangenen fuͤnff Wunden gefangen hinweg geſchleppet. Arte - barzanes gedachte ihn zuentſetzen / fiel auch ſo grim̃ig an / daß Surinas mit ſeiner Schaar hinter ſich weichen muſte / dem aber ſeiner Obriſten einer mit 3000 Mann zu huͤlffe kam / mit dem er auffs neue anfiel / daß die Perſen hinter ſich gingen / und in groſſer Menge ni - dergeſchlagen wurden; auch Artobarzanes ſelbſt ging zu grunde im abſonderlichen Strei - te gegen Surinas / mit dem er ohndas in toͤdlicher Feindſchaft lebete / welches daher ent - ſtund. Ein vornehmer Mediſcher Herr / nahmens Tigranes / hatte gar ein ſchoͤnes Fraͤu - lein / nahmens Atoſſa / mit welcher Surinas ſich ehelich hinter der Eltern Willen verſpro - chen hatte / der Hoffnung / nachgehends deren Einwilligung leicht zuerhalten; als er aber umb ſie werben ließ / bekam er abſchlaͤgige Antwort / unter dieſer Einwendung / ſie waͤhre einem andern ſchon zugeſagt. Wie dann Groß Fũrſt Phraortes umb ſie bey den Eltern angehalten / daß ſeines Bruders Sohn Artobarzanes ſie ehelichen moͤchte / welches alſo bald bewilliget / und dem Groß Fuͤrſten mit groſſem Dank nach ſeinem gnaͤdigen gefallen zuſchaffen / uͤbergeben ward. Ein ander Parthiſcher Herr / nahmens Ariarates hatte kurz vor dieſem nach ihr gefreiet / und einen Korb erhalten / deſſen er von Surinas etlichemahl durch ſchimpfliche reden geſtochen wahr; daher er ihm dieſes Gluͤk mißgoͤnnete; und als er in geheim erfuhr / daß Surinas willens wahr / mit 600 Reutern auffzubrechen / und das Fraͤulein mit ihrer guten bewilligung heimlich zuentfuͤhren / machete er ſolches ihren El - tern durch einen dritten vertraulichen zu wiſſen; ſie haͤtten ſich fleiſſig vorzuſehen / daß ih - nen Frl. Atoſſa nicht in kurzen durch gewaltſamkeit geraubet würde. Nun hatten die El - tern an ihr gemerket / daß ſie verliebet wahr; dann ihre Leibdienerin (deren ſie nicht gut heiſ - ſen wolte / daß ſie mit ihres Herrn Vaters Leibdiener Leichtfertigkeit trieb) machte ihnen aus Rachgier kund / daß ſie offters geheime Brieffe ſchriebe / welche / wo ſie nicht irrete / an Herrn Surinas hielten; deßwegen ſie die gute Tochter alsbald vornahmen / ihr heimli - ches Laͤdichen oͤffneten / und darin von Surinas zwoͤlff Schreiben funden / aus derem lez - ten ſie den gemachten Anſchlag richtig erfuhren / dem ſie ſonſten nicht haͤtten vorkommen moͤgen. Das Fraͤulein meinete nicht anders / dann ihr Vater wolte ſie erwürgen / ſo grim - mig ſtellete er ſich; daher ſie aus furcht des todes ſich erklaͤrete / ſeinem Willen folge zu lei - ſten / der ſie ſtuͤndlich nach Ekbatana bringen ließ / nachdem ſie ihm durch einen aͤid verſich - ert hatte / daß von Surinas ſie annoch unberuͤhret waͤhre. Er hatte aber noch ein ſchoͤnes Fraͤulein bey ſich / nahmens Anutis / ſeiner Stieffſchweſter Tochter / die von ſchlechten mit - reln wahr; dieſelbe ſtellete er nach gemachtem Schluſſe an den Raubeplaz / putzete ſie tref - lich aus / und unterrichtete ſie / weſſen ſie ſich verhalten ſolte. Surinas fand ſich dahin / der Hoffnung / ſeine geliebte Frl. Atoſſen anzutreffen / da Frl. Anutis ihn alſo anredete: Wol - gebohrner Herr / meine herzgeliebte hochvertrauete Waſe Frl. Atoſſa / meldet euer Liebe ihren Gruß / und laͤſſet ihn durch mich ſchmerzlich wiſſen / daß ein boßhaftiger Verraͤhtereuer109Fuͤnftes Buch. euer beyder heimliche Liebe ihren Eltern kund gemacht / darauff ſie unter der Bedraͤuung des todes denen gehorchen / und ſich nach Ekbatana führen laſſen muͤſſen / umb Herrn Ar - tobarzanes / dem ſie vorm halben Jahre ſchon von ihren Eltern verſprochen iſt / beygelegt zu werden / welches dann vor ſechs Tagen ſchon vollnzogen worden. Vor ihrem Ab - ſcheide foderte ſie mich allein vor ſich / und ſagte: Hertzgeliebte Schweſter; unſere nahe Verwandſchafft und innigliche Vertrauligkeit bewaͤget mich / dir meines Hertzen Geheimniß zu offenbahren / was geſtalt ich mit Herrn Surinas mich verſprochen / aber wegen meiner Eltern und unſers Groß Fuͤrſten Gegenſtand es nicht halten kan; damit er aber wiſſe / woran er ſey / ſo melde ihm nur dieſes wenige: Atoſſa bleibt Surinas Schwe - ſter / weil ſie nicht kan ſein Gemahl ſeyn; haͤtte ſie aber eine Schweſter odeꝛ Anverwandtin / wolte ſie ihm dieſelbe gerne zufreyen / nur daß ſie ihm erwieſe / wie hoch ſie auff ihn haͤlt; Warne ihn aber zum fleiſſigſten / daß er Ekbatana meide / wo er leben wolle / und ſich huͤte / an mich zuſchreiben / da er mich ſonſt nicht in den Tod ſtuͤrzen wil; ich wolle ſchon Gelegen - heit ſuchen ihn dereins zuſprechen. Dieſes / ſagte Anutis / hat meine Waſe Frl. Atoſſa mir befohlen / und zwar zum Wahrzeichen alle dieſe zuſammen gebundene Brieffe mir zugeſtel - let / dem Herrn ſolche / zur bekraͤftlgung der Warheit einzulieffern / weil zu ſchreiben ſie kei - ne Gelegenheit haben koͤnnen. Dieſer Zeitung wahr Surinas ſo leidig / daß er meynete / in die Erde zu ſinken / und ſchwur bey allen Goͤttern / nicht zu ruhen / biß er Artobarzanes ent - leibet haͤtte / ob er gleich wieder ſterben ſolte; nam die Brieffe zu ſich / und wolte von Anutis hinweg ſcheiden / welche zu ihm ſagete: Wie mein Herr / zuͤrnet er auff meine Schweſter Frl. Atoſſen / die doch durch aͤuſſerſten Gewalt gezwungen / ihre Verheiſſung nicht halten kan? Davor behüten mich die Goͤtter / antwortete er: Ey ſo wird er mir ja eine Antwort geben / ſagte ſie / welche ich hinterbringen kan; ich ſehe daß mein Herr ſehr betruͤbt iſt; aber hiedurch tuht er ſeiner getraͤuen Freundin keinen gefallen / die mit keinen andern Gedan - ken umbgehet / als ihn durch ein ander Fraͤulein zubefriedigen / nach dem die Goͤtter es mit ihr nicht verſehen haben. Dieſer wuſte vor Herzleid nicht / was er ihr ſolte zuentbieten / nur daß er ihr Knecht und Diener bliebe / als lange er lebete; Nam hiemit kurzen Abſchied / uñ wolte davon reiten; ſie hingegen ſtellete ſich gegen ihn uͤber aus hoͤflich / mit dem erbieten / alles wol zu werben / und baht ihn / weil ſie ihrem Vetter vorgetragen / ob wolte ſie nach ih - rer Fr. Mutter Schweſter zihen / und erſt Morgen wieder kommen / moͤchte er ihr ſeine le - dige Gutſche leihen / daß ſie nach dem naͤheſten Flecken fahren koͤnte / weil ſie ſo zeitig nicht zu Hauſe kommen duͤrffte. Und als er hierzu nicht allein willig wahr / ſondern ſie noͤhtigte / mit ihm zuzihen / weil er ohndas daſelbſt ſein Ablager halten wuͤrde / ließ ſie ſich gerne bere - den / wuſte ihm auch dergeſtalt freundlich und mit Liebaͤugeln zubegegnen / daß er eine ſon - derliche Gunſt ihr zulegte / und ſich erboht / ſie wegen der Vertrauligkeit / welche ſie mit ſei - ner Liebſten haͤtte / Zeit ſeines Lebens zu lieben. Auff dem Wege / da er bey ihr in der Gut - ſche alleine ſaß / beklagte ſie ihrer Waſen Ungluͤk mit wolgeſtalten Traͤhnen / und unterlies deſſen nichts / dadurch ein Mannes Herz zur Liebe kan gezogen werden. Sie kehreten in einem offenen Flecken ein / da ſie gute Herberge hatten / und ſinnete der gute Surinas den Worten fleiſſig nach / wie Atoſſa ihm gerne ihrer Verwanten eine zufreien wolte / daher er gedachte / ſie wuͤrde zu dem Ende ihm dieſe geſchikt haben; daß alſo die gute Gewogenheito iijſich110Fuͤnftes Buch. ſich in eine bruͤnſtige Liebe verwandelte / und er ſie endlich umb die Ehe anredete / weil er hoffete / ſagte er / ſeiner geweſenen Braut Willen dadurch zuerfuͤllen. Sie hingegen ſtellete ſich deſſen ſehr fremde / und weil ſie merkete daß er gefangen wahr / wolte ſie zwar keine ab - ſchlaͤgige Antwort erteilen / aber doch ihres Dinges gewiß ſeyn / ließ ſich auch ganz ſcham - haftig vernehmen / ſie duͤrffte wegen ſolcher angehoͤrten Rede kein Auge vor ihm auffſchla - gen / und ob ſie gleich das Herz ergreiffen wolte / ihm zu antworten / waͤhre ſie doch ihrer ſelbſt nicht maͤchtig / maſſen ihr Herꝛ Vetter ſie an Kindes ſtat angenommen / und verſpro - chen / ſie außzuſteuren / wann ſie nach ſeinem Willen heyrahten wuͤrde; ſolte ſie nun ohn deſſen Vorwiſſen ſich einlaſſen / welcher vielleicht ſchon etwas anders mit ihr Vorhaben moͤchte / wuͤrde ſie ihn erzuͤrnen / und (inbetrachtung / wie er mit ſeiner leiblichen Tochter geberdet) von ihm gar verſtoſſen ſeyn. Je mehr aber ſich dieſe wegerte / je mehr er ſich ver - liebet befand / erboht ſich endlich bey ſeinen ritterlichen Ehren / ſie ohn allen Brautſchatz zu heyrahten; Ließ zween Ritter / im Flecken wohnend / zu ſich bitten / und in derer Gegenwart verſprach er ſich mit ihr. Worauf ſie ſich willig ergab / uñ dieſe Nacht ſein Ehgemahl ward. Des folgenden Morgens machte ſie ſich wieder auff nach ihrem Vetter / unter dem ſchein / ihren Schmuk und Kleider nachzuhohlen / und ſich gegen ihn des ergangenen nichts mer - ken zulaſſen / da ſie ihm doch alles offenbahrete / und auffs ſchnelleſte mit ihm nach Ekbatana fuhr / welches nur anderhalb Meilen davon abgelegen wahr. Sie machte ſich alsbald zu ihrer Waſen / die in groſſer Liebesquahl gegen Surinas lebete / und zu Artobarzanes gar keinen Willen trug; derſelben brachte ſie vor; Herr Surinas haͤtte ſie vom Schloſſe in ſtiller geheim fodern laſſen / und nachdem er ſich uͤber Atoſſen Traͤuloſigkeit mit lachendem Munde beſchweret / ſie mit Gewalt hinweg gefuͤhret / ehelich Beilager mit ihr gehalten / uñ ihr dieſes Haaren Armband (welches ſie ihm heimlich vom Arme geſtohlen hatte) mit dieſen Worten zugeſtellet: Ich habe der Atoſſen Haar getragen / aber forthin nicht laͤnger / wollet ihr demnach dieſes als meiner vergeſſenen wieder zuſtellen / und daß ich ihr zuent - bieten laſſe / wir wollen beyderſeits der gemachtẽ Kundſchafft veꝛgeſſen / als ob ſie niemahls geweſen waͤhre. Atoſſa empfing hieruͤber ſolchen Eifer / daß ſie das Armband ins Feur warff / und den guten Surinas dergeſtalt ſchmaͤhete / als ob er der geringſte Stalbube ge - weſen waͤhre; legte auch alle getragene Hulde ab / und wendete ſie ihrem Artobarzanes zu / inſonderheit / als Anutis hinzu ſetzete / wie hoch er ihre Schoͤnheit uͤber jener erhoben haͤtte. Alſo blieb dieſe durch ſolchen Betrug und Verleumdung in ruhiger und ungeſtoͤreter Ehe mit ihrem Surinas / deren ſie doch wegen des Todes Neid kurze Zeit zugenieſſen hatte; wiewol die Liebe gegen Atoſſen in Surinas Herzen ſich nicht allerdinge wolte daͤmpfen laſſen / und der Eifer gegen Artobarzanes ganz unverſoͤhnlich wahr / welchen er vor diß - mahl mit ſeinem Blute daͤmpfete / auch / da er ihm den lezten Stoß anbꝛachte / zu ihm ſagete: Dieſen ſchenke ich dir wegen meiner Atoſſen / deren Gunſt du unwirdiger mir geſtohlen / und anderthalb Jahr als ein Raͤuber und Ehebrecher genoſſen haſt; wuͤtete auch nach ſei - ner Niderlage immerfort / biß ihm Prinſla mit 6000 friſchen Voͤlkern entgegen ging / uñ den Abgematteten Luft machte / auch zeitig auff Surinas traff / welchen er nach hartem Kampffe uͤberwand und gefangen nam; ſamlete hernach die Voͤlker / und durch ſein un - nachlaͤſſiges Gefechte brachte er den Feind auff die Flucht / nachdem derſelben 9600 ver -wun -111Fuͤnftes Buch. wundet / 8800 erſchlagen wahren; dagegen aber 6400 Perſiſche auff der Wahlſtat lagẽ / und 5800 beſchaͤdigte ſich funden. Orodes entſetzete den verwundeten Parthiſchen uͤbeꝛ - ſchuß mit ſeiner ganzen Macht und fiel als eine Fluht auff Prinſla an / welches Pharna - bazus erſehend / ihm ſchleunig zu huͤlffe trat / aber doch zu ſpaͤte kam; dann als Prinſla die ſeinen von ſo groſſer Menge uͤbermannet ſahe / gedachte er ſein Leben teur gnug zuverkaͤuf - fen / und taht mit ſeinen 6000 Knechten ſolche Gegenwehr / daß Orodes ſich daruͤber ent - ſetzete; dann ungeachtet ſeiner Wunden / deren er neune empfangen hatte / ſchlug uñ ſtach er von ſich / daß ihm niemand nahen durffte / biß ſeine jeztgedachte Leute faſt alle erſchlagen wahren / welche doch 9000 mit ſich in den Tod nahmen / und 4000 hart verwundeten / da er endlich vor Mattigkeit niderfiel / und von Orodes nach Vologeſes geſchicket ward / der ihn ſtuͤndlich verbinden ließ. Pharnabazus nahm ihm gaͤnzlich vor / Prinſla Unfal zuraͤ - chen / aber er empfand ſo heftigen Wiederſtand / daß er nicht einbrechen kunte / daher an beyden Seiten das Schwert faſt eine gleiche Anzahl fraß.

Bey der Reuterey ging es nicht weniger ſcharff daher. Dann ungeachtet der groſ - ſen Niderlage / welche das Parthiſche Volk anfangs litte / hielten ſie doch nunmehr hart gegen / als Vologeſes die 11000 uͤbrigen Elefanten Schützen (dann 1000 wahren im Gefechte drauff gangen) zu Pferde brachte / welche alle verſuchte Reuter wahren / und ſie mit dem annoch ubrigen 5500 geſunden Skythen zuſammen ſetzete / welche zur ſtaͤrkung wieder Ladiſla fortgeſchicket / und hingegen Pandion mit ſeinen Indiern von dannen ab gegen Herkules gefodert ward. Der Parthen / welche wieder Wedekind fochten / wurden ja ſo viel als der Perſen erſchlagen / dieſer aber mehr verwundet; daher Herkules noch 300 Schlachtſchwerter und 700 andere Teutſchen den ſeinen zu huͤlffe gehen ließ / deren Ankunft die Parther alsbald ſtutzen machete / weil ſie ſich treflich abgearbeitet hatten / wel - ches Oſazes merkend / den Pandion mit dieſen Worten auffmahnete. Es wird ſchier Zeit ſeyn / unſere Leute zuentſetzen / welche ſich wieder die menge der Feinde ritterlich ge - halten haben / und iſt nicht rahtſam / daß man ſie laͤnger ſchwitzen laſſe; dann nachdem ſie ſich erhohlet / koͤnnen ſie von neuen wie der angehen; wolle demnach er ſich gefallen laſſen / ſeiner Gewohnheit nach friſch anzuſetzen / ich wil / ſo bald es Zeit ſeyn wird / ihn ohn huͤlffe nicht laſſen. Dieſer erklaͤrete ſich ſein beſtes zu tuhn / brach gemehlig loß / und ſtellete ſich in der Parther Plaz / denen er geboht abzuzihen / und ſie deſſen wol zufrieden wahren / dann 5000 wahren von ihnen nidergemacht / und 4000 verwundet. Dagegen hatte Wedekind 4800 Morgenlaͤndiſche und 20 Teutſche verlohren / und wahren 6000 Perſiſche und 60 Teutſche gequetſchet. Als Pandion zum Treffen kam / ſetzete er geherzt an / und gab den unſern ſo viel zuſchaffen / daß Herkules noch 5000 Perſiſche und 500 Teutſche Wedekind zu huͤlffe ſchicken muſte / die durch ihre ankunfft der anderen Herz wieder erfriſcheten. Fa - bius fand an ſeiner Seiten mehr Wiederſtand als er meynete; maſſen Andragoras Vo - nones Unterfeld Herr ſich tapffer hielt / und ſein aͤuſſerſtes Vermoͤgen dran ſetzete / der Roͤ - mer Gewalt zuhintertreiben / die ihm den groͤſten Schaden zufuͤgeten; und als dieſes nach Willen ſich nicht ſchicken wolte / machte er ſich an die Perſiſchen Voͤlker / und ſchlug de - ren 5000 nider / da er kaum 3000 dagegen verlohr / wiewol die Roͤmer über 2000 an ihrem Orte niderhieben / und 2000 hart beſchaͤdigten / aber auch 300 einbüſſeten / und ihrer uͤber250112Fuͤnftes Buch. 250 verwundet wurden. Noch wolte kein Teil gewonnen geben / ſondern trieben ſich auff dem weiten Felde unerſchrocken hin und wieder / biß endlich die beyden Heerfuͤhrer auff - einander traffen / aber mehr von den Beyſtehern ihres Gegeners als von ihren Schwer - tern getroffen wurden / biß der Parther Haͤupt Tod zur Etden ſtuͤrtzete / und Fabius hart verwundet / von den ſeinen aus dem Gedraͤnge gefuͤhret und verbunden ward. Ladiſla lieff hieruͤber vol Zorn / und ſchickete 2000 Boͤhmen nebeſt 8000 Perſiſchen den ſeinen zu huͤlffe / denen die Elefanten Schuͤtzen und Skythen entgegen gingen / und ſich mit ihnen rechtſchaffen zerhacketen. Orodes bemũhete ſich noch immerhin / wie er Pharnabazus ab - treiben moͤchte; weil aber die ſeinen ſich ſchon hefftig abgearbeitet hatten / wurden ſie hart gedraͤnget / daher er mit 6000 zur Seiten einbrach / und daſelbſt nicht geringen Schaden taht / biß ihm Pharnabazus auffſties / von welchem er auff den Tod verwundet ward / daß ihn ſeine Leute mit genauer Noht retteten / und nach Pakorus trugen / der ihn hefftig lie - bete / und ihm verſprach / ſeine Wunden an dem Taͤhter zuraͤchen. Nach Orodes abſcheide ging es hart uͤber ſeine Voͤlker; dann ſeine geuͤbeten wahren ſchon der mehrerteil erſchla - gen und die uͤbrigen verwundet / daß nur ſeine ungeuͤbeten / welche noch etwa in 13000 ge - ſunder Mannſchaft beſtund / Wiederſtand halten muſten; die aber ſo ſchwerer Streiche nicht gewohnet wahren / und ſich daher ſchon nach der Flucht umbſahen. Pakorus ließ ihnen unter Partamaſiris 10000 zu huͤlffe gehen / welche den Abbruch er ſetzeten / und den Perſen mehr als zu viel zuſchaffen gaben. An ſeiner Seite trug Herkules groſſe Vorſor - ge wegen des Fußvolkes / maſſen ihm Pakorus Vorſichtigkeit und erfahrne Kraft nicht allein ſehr geruͤhmet wahr / ſondern er hatte ihn bey Artabanus etliche mahl geſehen / und aus allen ſeinen Geberden und Reden eine ſonderliche Großmuͤhtigkeit geſpuͤret; ſo wu - ſte er uͤber das / daß weder Teutſche / noch Boͤhmen noch Roͤmer bey Artaxerxes hielten / ſie auch dem Feinde an Mannſchaft nicht gleicheten; deßwegen er ihm ſehr angelegen ſeyn ließ / das Treffen an ſeiner Seite ſo weit zubringen / daß er mit einem Entſaz dem Fußvolk zu huͤlffe gehen moͤchte. Er merkete / daß der Indier Gefechte nicht groß auff ſich hatte / ohn da Pandion ſich finden ließ; deßwegen nam er 50 Teutſchen zu ſich / ging damit den ſeinen zu huͤlffe / und fetzete mit an. Der Indier kennete ihn bald / hoffete / es ſolte ihm beſſeꝛ wieder ihn als wieder Ladiſla gelingen / und fiel mit 300 Mann auff ihn zu; aber die Teut - ſchen empfingen ſie dergeſtalt / daß einer nach dem andern ſtürzete / und Herkules Gelegen - heit bekam / ſeinen Wiederſtreiter nach gefallen zu haben / zu welchem er ſagete: Herr Pan - dion / ich haͤtte gemeynet / ihr haͤttet geſtern ſchon euren ſachen gnug getahn. Dieſen ver - droß der Schimpff / und foderte ihn zum freien Kampffe daß niemand daran moͤchte hin - derlich ſeyn; welches ihm nicht gewegert ward / da Herkules mit etwas Eifer auff ihn draͤngete / und ihm eines in die Rippen gab / daß er ſchwankete. Zwar es legte dieſer hin - wiedeꝛumb alle moͤgligkeit an / mochte abeꝛ wenig ſchaffen / welches ihn faſt raſend machte / daß er ſeiner eigenen Beſchuͤtzung wenig acht hatte / und ſich dergeſtalt entbloͤſſete / daß ihn Herkules wol haͤtte koͤnnen durchſtechen / wolte aber ſeines Lebens ſchonen / und zu ham̃er - te ihm den Helm dergeſtat / daß ihm vor den Augen funkeln ward / und wenig fehlete / er waͤhre gar vom Pferde geſtuͤrzet. Herkules ſahe ſeyn unvermoͤgen und[ſagte]: Mein / ihr ſehet / daß euch das Gluͤk wieder mich keinen Beyſtand leiſten wil / deßwegen ergebet euch /dann113Fuͤnftes Buch. dann ich moͤchte euch ungerne hinrichten. Er aber hielt ſolche Reden vor gar zu ſchimpf - lich / und gab zur Antwort: Man muͤſte vor ſtreiten als ſiegen; Pandion koͤnte ſolcher ge - ſtalt nicht alle Tage der Gefaͤngnis gewaͤrtig ſeyn. Welcher Troz Herkules verdroß / daß er zu ihm ſagte: Weil ers dann nicht beſſer haben wolte / muͤſte ers nehmen / wie es fallen wuͤrde; griff ihn mit allem Ernſt an / und ſchlug ihn in kurzer Zeit zu bodem / da ihm ſein Blaͤnke vollends das Genicke abtrat / welches ihm aber ſehr leid wahr / und ihm das Leben gerne erhaltẽ haͤtte. Seine Voͤlker lieſſen auf dieſen Unfall ihre Zagheit alsbald merkẽ / daher Herkules ſeine verwundeten und abgematteten gemehlig abzihen ließ / und oꝛdnete geruhete an ihre ſtelle. Oſazes wolte nicht / dz dieſe aufs Haupt erleget wuͤrden / uñ ſendete ihnẽ 12000 ſtreitbare Parther zu / mit deren zutuhn ſie wieder anfallen / und ihres Fuͤhrers Tod raͤchen foltẽ. Die Elefanten Schuͤtzen hielten ſich gegen Ladiſla Voͤlker ſehr wol / dañ Madates ihr Fuͤhrer wolte die empfangene Ruhten-Streiche raͤchen / ſo daß er ſich gegen Artabanus erklaͤrete / nicht anders als ein Sieger vor ſeine Augen zu treten. Er hatte ſich mit ſehr guteꝛ Mannſchafft / 4000 ſtark verwahret / mit denen traf er auf die Boͤhmen / daß ihrer 150 ſtuͤr - zeten / und 300 hart verwundet wurden. Neda wahr hieſelbſt uͤb[el]auff die ſeinen zuſprechẽ / daß ſie den Parthern nicht beſſern Widerſtand tahten / da ſie es doch an keiner Moͤgligkeit erwinden lieſſen / nur daß Madates und der ſeinen Raſerey gar zu hefftig wahr; ſo tahten die Perſen nicht / wie ſie billich geſolt haͤtten / ſondern wichen bald hie / bald da / und entbloͤſſe - ten der Boͤhmen Seiten zu unterſchiedlichen mahlen / daß er endlich gezwungen ward / bey Ladiſla umb Huͤlffe anzuhalten / gleich da Fabius uͤberbliebene ihre Feinde ganz zuruͤk ge - ſchlagen hatten / deren nur 4000 geſunde und 1000 verwundete davon kahmen; aber auch noch 2800 an unſer ſeite uͤber vorgedachte erlegt / und 1600 verwundet wurden. Als Ladiſla dieſen Sieg vernam / hieß er die ermuͤdeten Roͤmer uñ Perſiſchen ruhen / nam 1000 Boͤh - men und 3000 Perſiſche zu ſich / und ging Neda zuhelffen / der von neun Parthern umrin - get wahr / die weidlich auff ihn zuſchlugen / maſſen Madates befohlen hatte / niemand gefan - gen zunehmen / ſondern alles niderzumachen; nun tahten gleichwol ſeine Leute allen moͤgli - chen fleiß / zu ihm durchzubrechen / aber Madates ſtund ihnen zu hart entgegen / biß Ladiſla hinzu drang / vor deſſen Ankunft die Feinde Raum gaben / und Neda verlieſſen / der ſich ſei - nes Lebens ſchon getroͤſtet hatte / und durch Niderlegung der Feinde einen ruͤhmlichen Tod ſuchete; aber ſo bald er Lufft vernam / legte er die Verzweiffelung hinter ſich / und ließ ſich aus dem Gedraͤnge fuͤhren / weil er hart verwundet wahr. Madates wahr nicht willens voꝛ Ladiſla Einbruch zuweichen / traff auch bald auff ihn / und wie er ſahe / daß er (den er gleich - wol nicht kennete) den ſeinen ſo groſſen Schaden zufuͤgete / ſetzete er ihm hefftig zu / fand abeꝛ gar zu weite Schuch vor ſeine Fuͤſſe; dann nach anderthalb viertelſtuͤndigem Gefechte wahr der groͤſte Teil ſeines Bluts vergoſſen. Die ſeinen rieffen hin und wieder nach Ma - dates / daher Ladiſla erſt vernam / mit wem ers zu tuhn hatte / und ſagte zu ihm; Wie iſt ihm nun / Madates? wollen wir uns abereins vor die Ruten fuͤhren? Dieſer erkennete ſeine Stimme / und wie ſchwach er wahr / ſamlete er doch das uͤbrige ſeines Vermoͤgens / uñ ant - wortete nichts / ohn daß er ihn vor einen Ritterſchaͤnder ausſchalt; welches ihm ſo ſehr zu herzen ging / daß er ihn ſtraks angeſichts niderhieb. Herkules ſahe / daß die ſeinen den Fein - den gnug gewachſen wahren / gab Leches Vollmacht / nach Befindung die Voͤlcker unterpSieg -114Fuͤnftes Buch. Siegfried und Herman loßgehẽ zulaſſen / dafern Oſazes einbrechen / oder den ſeinen Entſa[z]zuſchicken wuͤrde. Er aber nam 150 Schlacht Schwerter nebeſt 300 andern Teutſchen uñ 3500 Perſiſchen zu ſich / damit ging er zum andern mahle hin nach dem Fußvolke. Phar - nabazus tummelte ſich mit ſeinen Feinden rechtſchaffen / bekam auch die 4600 Elefanten - Schützen (dann 400 wahren davon umkommen) zur Erfriſchung / die in kurzer Eile nicht geringen Schaden tahten. Pakorus ſahe die ſeinen weichen / und ging ihnen mit 9000 zu Huͤlffe / deſſen Ankunfft eine gewaltige Verenderung verurſachete; dann weil er den Kern ſeiner Voͤlker umb ſich hatte / brach er der Perſen Ordnung / und hieb vor ſich nider / was er antraff. Artaxerxes merkete bald / daß er und kein ander dieſe Niderlage wirkete / und ſchic - kete Pharnabazus noch 6000 geruhete Voͤlker zu / die mit den Elefanten Schuͤtzen ſich veꝛ - einigten / und dem Feinde zur Seite einbrachen / daher er gezwungen ward / ſich gegen die - ſe zukehren / daß Pharnabazus Lufft bekam / ſeine Voͤlker aufs neue zuordnen / welche er veꝛ - mahnete / ſie ſolten des Feindes Schwert / nicht ſeine Augen in acht nehmen / als dann wür - de ſich das Spiel bald wenden; Aber Pakorus matzete an ſeinem Orte dergeſtalt / daß die unſern begunten den Fuß zurũck zuſetzen / deswegen ihnen Pharnabazus an dieſem noht - leidenden Orte mit 5000 zu Huͤlffe gieng / und ihnen zurief / ob ſie einſchlaffen wolten / daß ſie die Faͤuſte ſo ſinken lieſſen; trat alsbald neben ſie ein / hieb den erſten und andern Parther nieder / und machte hiemit den ſeinigen einen friſchen Muht / daß das Spiel wiederumb in gleicher Wage hing / aber auff die Weichſeite kunte er die Parther nicht bringen / dann Pa - korus ſtund feſt wie eine Maur / und ſagte zu den ſeinen: Sehet ihr nicht / daß der Sieg faſt in unſern Haͤnden iſt / und wollet ihn nicht helffen ergreiffen? ſchlug auch mit ſolchem Ei - fer und kraͤfftigen Streichen umb ſich / daß ihm keiner nahen durffte. Da haͤtte man ſollen ein Elend und Jammer ſehen; wann jemand fiel / ſahe ſich niemand nach ihm umb / ſondeꝛn ward von den nachfolgenden gar ertreten / und ſchien nicht anders / als haͤtten ſie alle einer dem andern den Tod geſchworen. Pharnabazus wolte dieſem Unheil abhelffen / oder ſein Leben dran ſetzen; nam 800 feſte Knechte zu ſich / und brach mit aller Gewalt hindurch / daß er ein ziemliches Loch in des Feindes Ordnung machete / und folgeten ihm 6000 mit allem Eifer nach / wodurch die Parther zuweichen gezwungen wurden. Pakorus wahr nicht an dieſem Orte / ſahe doch bald / wie es den ſeinen ging / und ſamlete 1500 Mann umb ſich / da - mit hielt er dieſen Einbruch auff / daß der Perſen Fuß nicht weiter ging / meynete auch nit anders / als Herkules oder Ladiſla foͤchte an dieſem Orte / des wegen er nach kurzer Ruhe ſich an Pharnabazus machete / und einen abſonderlichen Kampff mit ihm anfing / der ſich auch redlich wehrete / wiewol ihm jener umb ein groſſes an Krafft und Geſchikligkeit uͤberlegen wahr; ſtund demnach nicht lange an / dz an unterſchiedlichen Orten ſeines Leibes das Blut von ihm ran / da er doch ſeinem Beſtreiter noch keine Wunde beygebracht hatte; endlich hohlete er einen ſtarken Hieb aus / ihm eines uͤber die Schulder zuverſetzen / geriet aber auff den Schild / und brach ihm das Schwert vor der Fauſt ab / worauff er eine ſtarke Wunde in die rechte Seite bekam / daß er ohmaͤchtig ward; Pakorus ließ ihn auffheben / und nach Vologeſes bringen / der ihm von der Spile ſeiten her nahe verwand wahr / und ihn fleiſſig verbinden ließ. Er wahr biß daher die Seele ſeiner Voͤlker und der Parther ſchrecken ge - weſen / ſo daß nach ſeiner Gefaͤngnis den Perſen der Muht gar entfiel / daß ſie begunten hin -ter ſich115Fuͤnftes Buch. ter ſich zuweichen / welches Vologeſes mit ſonderlichen Freuden anſahe / und ſchon ſo viel ſpuͤrete / daß da er ja das Feld raͤumen muͤſte / der uͤberwinder das ſeine auch empfinden ſol - te. Es lief einer hin nach Artaxerxes / und berichtete beydes ihres Feld Herrn Gefaͤngniß / und der Voͤlker ſchlechten Zuſtand / deſſen er nicht wenig erſchrak / und ſich fertig machete / ihn wo moͤglich zu raͤchen; Aber Herkules kam gleich darzu / wolte durchaus nicht goͤñen / daß er ſelbſt treffen und fechten ſolten / ſondern nam noch 5000 des beſten Volcks zu ſich / uñ uͤber dieſelben Valiſken 3500 Perſiſche und 40 Teutſche Schlacht Schwerter / welche er mit ſeinen herzugefuͤhreten in eine feſte Ordnung ſetzete / ging mit dieſem auserleſenen Heer 12490 Mann ſtark (die alle geruhet und geſpeiſet hatten) dem herzudringenden Feinde friſch entgegen / nachdem er die Sporn und das Bein Harniſch abgelegt hatte / und ſein Gemahl ihm ihr andaͤchtiges Gebeht nachſchickete. Pakorus ſchlug die Perſen wie Scha - fe nider / daß wo Herkules nicht gleich waͤhre ankommen / ſie einer ſchaͤndlichen Flucht ſich nicht haͤtten entbrechen koͤnnen / dann ihre Ordnung wahr dermaſſen zuriſſen / daß die Er - ſetzung unmoͤglich ſchien / auch Pakorus meynete / dieſen Sieg ſolte ihm kein Fuß Heer aus den Haͤnden reiſſen. Als Herkules bey den Perſen anlangete / fragete er ſie / ob man auf ſol - che weiſe den Feind abtreiben koͤnte; ſie ſolten ſich geſchwinde ſamlen / und hinter ihn ange - hen; faſſete den Schild und das Schwert / und trat vor ſeinen Schlacht Schwertern her / die ihn wider ſeinen Willen zwiſchen ſich nahmen. Pakorus ſahe dieſen daher ſtuͤrmen / uñ erkennete an den groſſen Schlachtſchwertern / daß Herkules verhanden wahr; vermahne - te demnach die ſeinen / nur noch dieſen Stand herzhafftig auszuhalten / alsdann wuͤrde der vollkommene Sieg ihnen unbenommen bleiben. Die Teutſchen fingen ſchon an mit den ungeheuren Schwertern drein zumatzen / und machten in kurzer Zeit ſolchen Raum / daß niemand herzu nahen durffte / deswegen Pakorus noch 14000 geruhete herzu hohlen ließ / umb durch die Menge das ſchier erſtrittene zu erhalten / ſtellete die tapfferſten mit ihren Schilden den Teutſchen entgegen / und unterrichtete ſie / welcher geſtalt man ſich gegen ſie verhalten muͤſte / nehmlich / nur dahin trachten / daß man mit dem Schilde einen Hieb aus - nehme / und zugleich mit einem langen Stoſſe unter die Achſel / einzutreten geſchwinde waͤ - re / dann koͤnten ſie wol gedaͤmpffet werden; Und zwar ward hiedurch ihr Einbruch in et - was auffgehalten; aber die andere Teutſchen traten an ihre ſtelle / und mit der Hirkaner Huͤlffe brachen ſie von neuen ein / daß eine groſſe Menge der Feinde erſchlagen ward. Her - kules gieng als ein erzuͤrneter Loͤue drauff / dann Pharnabazus unfall taht ihm wehe / zwei - felte auch nicht / dafern nur Pakorus erlegt waͤhre / ſolten die uͤbrigen den Ruͤckeweg wol finden; hoͤrete auch nicht auff zuſuchen / biß er ihn antraff / und in ſeiner Gegenwart einen ſtarken Parther / der einen Teutſchen verwundete / mit einem Hiebe zu grunde richtete / deſ - ſen er ſich doch nicht entſetzete / ſondern trat zu ihm mit guter Frendigkeit / und ſagte: Rit - terlicher Held / wo ich nicht irre / ſeyd ihr eben der / welchen ich ſuche. Und ihr / antwortete er / von dem ich mich gerne finden laſſe. Hierauff gebohten ſie ihren Voͤlkern beyderſeits / daß kein Menſch ihren Kampff ſtoͤren ſolte; gingen mit behuhtſamer Vorſichtigkeit und hefftigen Schlaͤgen auff einander / aber nach wenig Streichen bekam Pakorus einen ſtar - ken Hieb uͤber den Kopff / daß es doͤhnete / meynete doch baar zubezahlen / und verhieb ſich wegen Herkules geradem ausweichen / daß er durch den Nachhieb eine Beinwunde be -p ijkam /116Fuͤnftes #Buch. kam / daher er das zierliche Fechten angab / und ſich ſeiner groſſen ſtaͤrke gebrauchete / damit er Herkules uͤberlegen wahr; der ſich aber mit ſeiner Geſchikligkeit entgegen ſtellete / und ein langwieriges Treffen mit ihm hielt / dann er wahr der beſte Kaͤmpffer zu fuß unter allen Parthern. Sie wurden beyderſeits an unterſchiedenen Orten ihres Leibes verwundet / uñ taht Pakorus nichts ſo wehe / als daß er ſehen muſte / wie jaͤmmerlich die ſeinen von den Teutſchen zugerichtet wurden; dann als die Schlachtſchwerter des Feindes Anſchlag in - ne wurden / fuͤhreten ſie keine Ober-ſondern Unter - und Seitenhiebe / denen jene nicht zu begegnen wuſten. Herkules verwunderte ſich über ſeines Feindes Krafft / weil ihm am Nachdruk der Schlaͤge nichts abging / und nichts deſto weniger ſich wol vorfahe; ſo wahr ihm aber doch der Verzug dieſes Streits nicht zuwider / weil es den ſeinen ſo treflich gluͤc - kete; aber Pakorus dauchte die Zeit zu lange / und wagete einen Fall / daß ihm Herkules ausweichen muſte / der gleichwol ſeines Vortels acht hatte / und ihm die rechte Hand mit ſeines Schwerts Spitze zimlich verwundete / daß er das Schwert nach Willen nicht ge - brauchen kunte; gab ihm auch alsbald darauff einen Stoß durch den rechten Arm / und ſchlug ihn uͤber den Kopff / daß ihm die Ohren davon gelleten. Als er nu wegen der Hand - und Armwunde das Schwert nicht mehr gebrauchen kunte / auch die Krafft wegen des hefftigen blutens ihm entgieng wolte Herkules weiter auff ihn nicht ſchlagen / ſondern ſag - te zu ihm: Ritter / ich habe dieſen Kampff nicht aus Feind ſchafft / ſondern aus Pflicht mit euch gehalten / und demnach ich euch durch Gluͤckesfall zimlich verwundet ſehe / wil ich un - ſern Streit auffruffen / nicht zweifelnd / er werde ſich gefallen laſſen / mit mir nach unſerm Lager zu kehren damit unſere Wunden verbunden werden; an meiner ſeiten habt ihr euch nichts als alle Freundſchafft und Auffrichtigkeit zuverſehen. Pakorus kunte ſich dieſer Hoͤfligkeit nicht gnug verwundern / und antwortete: Treflicher Ritter / ich goͤnne euch viel lieber die Volſtreckung eures Sieges / und daß ihr das wenige uͤbrige meines Bluts vol - lends hinweg nehmet / nach dem die Goͤtter euch ſolches goͤnnen. Das muͤſte mich ewig ge - reuen / ſagte Herkules / daß ein ſo teurer Held von meiner Hand ſterben ſolte; faſſete ihn bey dem Arme / und ſagte: Kommet mein Freund / wir wollen unſern Wunden raht ſchaffen / welche wir uns umb anderer Leute Feindſchafft geſchlagen haben. Ja ich folge willig / ant - wortete er / wann ich keines andern als des unuͤberwindlichen Helden Groß Fürſt Herku - les Gefangener bin / ſonſt werde ich lebendig dieſen Ort nicht verlaſſen; wie ich mir dann die Hoffnung mache / eben dieſer ſey mein Uberwinder. Mein Freund mache ihm keine wi - drige Gedanken / ſagte Herkules; dann ſo wenig ich mich vor ſeinen Uberwinder halte / ſo wenig ſol er mein oder einiges andern Menſchen Gefangener ſeyn / nur wolle er ſeine Ver - bindung nicht verſeumen / und nach deren Empfahung zihen wohin er ſelbſt wil. Nun ihr Goͤtter / ſing dieſer darauff an; beſtaͤtiget den Parthiſchen Stuel / und ſetzet dieſes Helden ſeinen zu allernaͤheſt; faſſeten ſich hiemit einander bey den Haͤnden / und gingen aus dem Gedraͤnge hinweg / da alsbald zwey Pferde hergebracht wurden / auff welchen ſie mit ein - ander nach den naͤheſten Zelten ritten / da ihre Wunden auffs fleiſſigſte verbunden wurdẽ; uñ nahm darauf Herkules dieſen Abſcheid võ ihm: Fuͤrſt Pakorus / ich weꝛde noch einẽ Rit gegen Fürſt Oſazes wagen / gluͤcket mir derſelbe / alsdann hoffe ich / ſol unſere Arbeit vor diß - mahl geſchehen ſeyn; machte ſich damit nach ſeinen Leuten / und fand einen ſolchen erſchrek -lichen117Fuͤnftes Buch. lichen Zuſtand / daß ihm die Haar zu berge ſtunden. Dann nach ſeinem Abſcheide hat - ten die 12000 Parther nach aͤuſſerſtem Vermoͤgen Widerſtand geleiſtet / aber endlich den kuͤrzern zihen muͤſſen; daher Oſazes mit ſeiner uͤbrigen Mannſchafft loßgebrochen wahr. Er wolte zwar nach Vologeſes Anordnung / acht tauſend der beſten zuruͤcke laſſen / und dagegen von denen ſo ſchon gefochten hatten / ihre ſtelle erfuͤllen; aber dieſe we - gerten ſich deſſen / einwendend / ſie haͤtten ihren Stand redlich gehalten / warumb ſie dann zweymahl anſetzen / und dieſe nur zuſehen ſolten? haͤtte man ſie gerne Tod / ſolte man ſie unabgefodert gelaſſen haben; wann aber die Noht an den Mann treten wuͤrde / wolten ſie biß zum lezten zn / bereit ſeyn. Alſo muſte er ingeſamt ſeine Voͤlker anfuͤhren / da ihm Leches ſeinen ganzen hauffen entgegen gehen ließ / nur daß er 100 Teutſchen und 500 Perſen bey ſich behielt. Siegfried und Herman trieben das Werk ſehr eiferig / teileten die Voͤlker mit einander / und führeten ſie an in zwo Geſchwader / denen Wedekind mit ſeiner Macht zu huͤlffe ging / und ſie den heftigen Anfall der Parther ritterlich beſtunden. Es wahr dieſer Saz der allerernſtlichſte / deßgleichen bey der ganzen Reuterey nicht vorgangen wahr / ſo daß das Wuͤrgen am eifrigſten anhielt / wie Herkules darzu kam. Bey Ladiſla wolte ſich der Sieg am erſten eraͤugen; dann als Madates hingerichtet wahr / entfiel ſeinen Leuten der Muht / daß ſie in weniger Zeit zu ruͤcke wichen / und ſich auff Vonones zohen / welcher deßwegen ge[z]wungen ward Ladiſla Einbruch zu hindern / und ihm ſeine uͤbrige Mañſchaft entgegen zuſtellen / denen ſich Ladiſla mit ſeiner ganzen Macht erzeigete. Vologeſes wolte nunmehr an ſeiner ſchierkuͤnfftigen gaͤnzlichen Niderlage nicht mehr zweiffeln / dann ſein Fußvolk ſahe er außweichen / machte ihm deßwegen leicht die Rechnung / Pakorus muͤſte Tod oder gefangen ſeyn / und begab ſich hin zu dem Koͤnige / der kaum mit 6000 Fußſchuͤt - zen umbgeben wahr / daß wann Ladiſla ſolches gewuſt / haͤtte er ihn leicht anpacken koͤnnen. Als Artabanus ſeinen Feldmarſchalk kommen ſahe / rieff er ihm mit betruͤbter Stimme zu; wir fuͤrchten ſehr / unſere Voͤlker werden dißmahl dem Feind wenig angewinnẽ. Was angewinnen? ſagte Vologeſes / haͤtte man nur einen ehrlichen und ſicheren Abzug; mit dem Fußvolk iſts geſchehen / wie es auch umb den guten Pakorus ſtehen mag; die Reu - terey ſchwanket auch ſchon; aber was hilffts / daß ich viel klage? da man mit dem Kopffe hindurch wil / kans nicht anders gehen. Mein heilſamer Raht iſt dißmahl verlachet wor - den / und hat wenig gefehlet / etliche freche Buben / die ihren Lohn ſchon bekommen / haͤtten mir gar die Narrenſchellen angehenkt; nun wird mans zu ſpaͤt beklagen / daß man alle ver - nuͤnftige Urſachen / die man zum beſten angefuͤhret / außgeziſchet und beſchimpfet hat. O haͤtte man den Feind etliche wenig Wochen auffgehalten / ihre Muhtigkeit und Kraft ſol - te wie Waſſer zerronnen ſeyn. Ja haͤtte man noch heut nach meinem Raht eine Enge er - griffen / wolten wir in wenig Tagen Meiſter geſpielet haben. Aber geſchehene Dinge ſind nicht zu wiederbringen. Eure Koͤnigl. Hocheit wolle ſich zu Pferde ſetzen; ich wil / da mich das Unglük nicht gar zu ſehr draͤnget / noch heut ſehen laſſen / wie leicht ich mich ihres an - laufs haͤtte wollen entbrechen / wann mirs nur frey geſtanden waͤhre. Eure Hocheit aber nehme an dieſem Tage und heutigem ſchweren Verluſt zur Lehre / wie ſchaͤdlich es ſey / wañ man die vergeblichen Begieꝛden ſich blenden laͤſſet / uñ den unverſtaͤndigẽ Schmeich - lern lieber / als getraͤuen Raͤhten die Ohren leihet. Einem andern wuͤrde dieſe ſcharffe Re -p iijde nicht118Fuͤnftes Buch. de nicht ungeſtraffet außgangen ſeyn / aber Vologeſes anſehen wahr zu groß / daß der Koͤ - nig es verſchmerzen muſte. So vergingen ihm auch zum teil die liebes Gedanken / wegen der inſtehenden Gefahr / legte ſeinen Koͤniglichen Schmuk abe / ſetzete ſich auff ein ſchnel - lauffendes Pferd / und hielt neben Vologeſes / biß er ſahe daß die Fußvoͤlker ſich zuruͤk zo - hen / denen er die 6000 Schuͤtzen zu huͤlffe ſchickete. Dann als Pakorus gefangen wahr / brach Artaxerxes mit ſeinem Heer auff / und volſtreckete den Sieg zu fuſſe; weil er aber zu eiferig ging / und die Parther / deren noch eine gute Anzahl / zu umbringen meinete / erwec - kete er hiedurch bey ihnen eine Verzweiffelung / daß ſie unmenſchlich umb ſich ſchlugen / biß ſie der Gefahr entriſſen / ſich mit zimlichen Vortel zuruͤk zihen kuntẽ / da die jeztgedach - ten Schuͤtzen ihnen guten Vorſchub tahten / und mit ihren Pfeilen die unſern dergeſtalt abwieſen / daß auch Artaxerxes ſelbſt zween Schuͤſſe empfing uñ wegen der Verwundung des rechten Fuſſes / in welchen ihm hinten an die Verſe ein Pfeil fiel / ſich muſte hinweg tragen laſſen. Ladiſla nam ihres Fußvolks Wolergehen zeitiger wahr als Herkules / und weil Vonones dem Koͤnige 4000 ſchicken muſte / gedachte unſer Held bald / Artabanus wuͤrde dem Haſenpanier folgen wollen / befahl dem Roͤmer Autronius das Heer / und ging mit 3000 Boͤhmen und 2000 Roͤmern nach den zehn Elefanten / in Meynung den Koͤ - nig zuerhaſchen / umbgab dieſe Tihre / und rieff ihren Meiſtern zu / dafern ſie nicht umbkeh - ren und nach dem Perſiſchen Lager ſich begeben wuͤrden / ſolten ſie ſtuͤndlich erſchoſſen weꝛ - den. Dieſe wuſten daß der Koͤnig ſchon herunter wahr / ſo hatten ſie keine Kriegsleute bey ſich / deßwegen lieſſen ſie ſich durch Furcht und Draͤuen ſchrecken / und leiſteten Gehorſam. Das Frauenzimmer aber welches auff dreyen Elefanten ſaß / fuͤhrete ſo ein jaͤmmerliches Geſchrey dz Ladiſla ſie ſchier aus erbarmung haͤtte abzihen laſſen; weil er ſich aber fuͤrch - tete / ſie moͤchten in der geilen Perſen Haͤnde gerahten und zu ſchanden gemacht werden / rieff er ihnen zu / ſie ſolten ſich zu frieden geben / und dem Gluͤk danken / daß ſie ihn zu ihrem Ehren-ſchuͤtzer bekommen; worauff ſie ſich etlicher maſſen ſtillen lieſſen. Herkules ſahe nicht / auff was Weiſe er ſeine Voͤlker von der unordentlichen Schlacht abzihen / und ſie ſein wieder ſetzen koͤnte; ſamlete vor erſt 4000 Mann umb ſich / und fing ein abſonderli - ches Treffen wieder den Feind von der Seiten her an; als nun die ſeinen dieſen wolge - ſezten hauffen ſahen / machten ſie ſich in groſſer Menge dahin / biß endlich ſein ganzes Heeꝛ ſein wieder in Ordnung gebracht ward / auch Oſazes an ſeinem Orte ein gleichmaͤſſiges zu tuhn ſuchte / eben da Vologeſes ihm zuentboht / er ſolte dem Koͤnige 6000 handfeſte Parther ſenden / und alsbeſt er moͤchte / die Voͤlker retten / weil das Fußvolk ſchon geſchla - gen / und Vonones auff der Weichſeite waͤhre; deſſen dieſer nicht wenig erſchrak / und die begehrete Mannſchaft hingehen ließ / fuͤhrete auch nach dem die Schlacht ſo behutſam / daß die unſern ihm wenig angewinnen kunten. Es ward ihm aber die Zeitung gebracht / daß die zehn Elefanten / auff deten einem ſeine allerliebſte Panthea wahr / die er kaum vor ſechs Wochen wieder geheirahtet hatte / nach der Feinde Lager gefuͤhret wuͤrden / deßwe - gen er ihm vornam / ſie zu erloͤſen oder zu ſterben; ging alſo mit 5000 guter Mannſchaft hin zu ihrem Entſatze. Ladiſla ſahe ihn kommen / hies 100 Roͤmer mit den Tihren fortzihẽ / er aber ſetzete ſich dieſem entgegen / welcher doch nicht ehe zu ſchlagen meinete / biß die Ele - fanten in ſeiner Gewalt waͤhren; aber Ladiſla ſetzete ihm dergeſtalt zu daß er ſich nohtwen -dig119Fuͤnftes Buch. dig wehren muſte / traff auch ſelbſt auff ihn / und merkete an ſeinem treflichen Getechte / daß er ein ſonderlicher groſſer Herr ſeyn muͤſte / daher er mit guter behutſamkeit auff ihn ging / und ihm doch ſehr wenig abgewinnen kunte; ja ungeachtet dieſes herben Streits / zog er ſich gleichwol ſtets nach den Elefanten hin / weil er ſeinen Leitſtern drauff hatte / daß Ladiſ - la / damit er ihn zum Stande braͤchte / zu ihm ſagte: Ritter ſtellet das Weichen ein / oder ich werde mich an eurem Pferde vergreiffen. Woldann / antwortete Oſazes / weil es an - ders nicht ſeyn kan / muß ich euch zu willen werden; fiel damit ſo wuͤtig auff ihn zu / daß er muͤhe hatte ſich zu beſchuͤtzen; biß ihm noch ein Unterhieb geriet / damit er ihm eine ſtarke Wunde in den linken Arm gab / weil er den Schild von ſich geworffen hatte / da er nach den Elefanten eilete. Alſo kunte Oſazes ſein Pferd nicht mehr mit der Linken leiten / wel - ches Ladiſla eine ſchnelle uͤberwindung gab / da er ihm die rechte Hand darzu beſchaͤdigte / und den Daumen halb hinweg hieb. Noch dannoch wolte dieſer ſich nicht ergeben / ſon - dern ſtellete einen ſeiner Obriſten an ſeine ſtelle / in meynung alſo zu entgehen. Aber Ladiſla wahr ihm zu ſteiff auff der Haube / reiß ihm den Helm ab / und als er ſahe wer es wahr / dann er ihn zu Charas geſehen hatte / ſagte er zu ihm: Furſt Oſazes / koͤnnet ihr Ladiſla Freundſchaft annehmen / ſo trauet ſeiner Verſicherung / und reitet mit / daß man euren Wunden raht ſchaffe. Dieſer antwortete ihm: Ja Großmaͤchtiger Koͤnig / wann mein lebendiger Schaz auff dem Elefanten dieſer Verſicherung mit genieſſen ſol / wil ich die an - gebohtene Koͤnigl. Gnade gerne annehmen / und mich ſolchem ruhmwirdigen Helden er - geben. Worauff er von neuen alle Zuſage bekam. Seine Leute aber / als der Feld Herr verlohren ging / zogen die Feldhoſen an / und kahmen ohn ſonderlichen Verluſt davon. So bald Vologeſes ſeinen Koͤnig (der vor angſt ſich kaum auff dem Pferde halten kunte) in Sicherheit gebracht hatte / ſamlete er die annoch uͤbrigen Reuter und Fußvoͤlker umb ſich / ließ ihnen Pfeile gnug außteilen / ſtellete ſie durch einander / und ging damit gegen Herku - les / ließ die Trometer zum Abzuge blaſen / und daß alle ſich bey ihm finden ſolten; daher er in kurzer Zeit ein ſtarkes anſehnliches Heer umb ſich hatte / mit welchem er den Sieg haͤt - te zweifelhaftig gnug machen koͤnnen / wañ ſie nicht zu heftig waͤhren abgemattet geweſen; nam aber den ſicherſten Weg vor ſich / ging algemach zuruͤcke / und ſchikte ſich in die Zeit; doch ſendete er den unſern die Pfeile in ſolcher Menge zu / daß ſie ihn weiters nicht ver - folgen durften / und er alſo dieſe Voͤlker / welche ſich von den Fluͤchtigen alle Augenblik mehreten / ſicher ins Lager brachte / welches er die vorige Nacht (ungeachtet des Koͤnigs Verſpottung) mit weiten Graben und hohen Bruſtwehren hatte umbzihen laſſen; beſet - zete ſolches auch mit Schuͤtzen / und ſchaffete / daß die Verwundete verbunden / und die Matten gelabet wurden. Muſten alſo die unſern / weil ſie mit Geſchoß auff der Eile nicht verſehen wahren / ihnen den Abzug goͤnnen / und ſich noch vorſehen / daß ſie unbeſchaͤdiget davon kahmen; da ſie ohn einige Plunderung nach ihrem Lager kehreten / auch Herkules / Ladiſla / Artaxerxes und Phraortes auff dem Wege zuſammen ſtieſſen und ſich ihres wol - ergehens hoͤchlich freueten / ob ſie gleich alle viere etwas verwundet wahren. Valiſka ſahe von ihrem Elefanten ſie daher kommen / und empfand deſſen unſaͤgliche Freude in ihrem Herzen / daß ſie nicht unterlaſſen kunte / herunter zuſteigen / und auff ihrem Reitpferde ih - nen entgegen zuzihen. An allen Orten hatte der lezte Saz viel Blut gekoſtet. Artaxerxes /Her -120Fuͤnftes Buch. Herkules und Pharnabazus hatten von Pakorus eigenem Heere 14000 erſchlagen / und 12000 verwundet / deren bald hernach 9000 ſturben weil ſie nicht ſo ſchleunig kunten ver - bunden werden / und etliche Verleumder daher urſach nahmen / die Perſiſchen zu beſchul - digen / als haͤtten ſie mit vergiftetem Gewehr gefochten. Partamaſiris war ſchon mit 5000 gefangen worden / wie auch von Surinas Voͤlkern 4000 / von deſſen Verwundeten 7100 den Tod empfingen. Von Orodes Hauffen wurden 3000 gefangen; der Verwundeten kahmen 4000 um / und blieb der überſchuß gar geringe / nach dem von dem ganzen Fußheer nur 31350 geſunder und 14200 beſchaͤdigter davon kahmen / ingeſamt 45550 Mann. 12000 wahren gefangen / und 82450 erſchlagen. Es hatte aber unſer Fußvolk auch groſſen Ab - bruch gelitten; dann uͤber die zuvorgedachte wurden noch 9000 erſchoſſen / und Pakorus mit ſeinem Hauffen hatte in die 24000 Mann erſchlagen / und 10675 verwundet / daß an Perſiſcher Seite ſich 58225 todte / 20275 verwundete / und 41500 geſunde funden. An ſei - nem Reuterheer miſſete Herkules über vorgedachte noch 11619; wahren ihm alſo 27000 abgeſchlagen; Unter den uͤbrigen wahren 23000 beſchaͤdigte / und 40000 geſunde; und fand man unter den todten 81 Teutſchen / und 76 unter den verwundeten. Ladiſla hatte - berall 26850 beſchaͤdigte / aber 16150 wahren drauff gangen / und der geſunden uͤberſchuß beſtund in 47000 Koͤpffen; da unter den erſchlagenen 182 Boͤhmen / und 353 Roͤmer; un - ter den verwundeten aber 300 Boͤhmen / und 350 Roͤmer wahren. Des Feindes Reuterey hatte ein mehres eingebuͤſſet; Von Oſazes Fluͤgel wahren 59000 erſchlagen / 7000 hart verwundet / und 16500 in Gefaͤngnis gerahten. Unter den Todten wahren 12000 Skythen und gleich ſo viel Indier; Unter den verwundeten 3000 Indier / und unter den gefangenẽ 6500 Skythen / alſo daß von dieſem Fluͤgel / welcher mit zutuhn deꝛ Indier anfangs 125500 Mann hatte / nach der Schlacht nur 43500 geſunde / wiewol allerdinge abgemattete Reu - ter uͤbrig wahren. Vonones / als ihm an ſtat der Indier die Elefanten Schuͤtzen und uͤber - bliebene Skythen zugeſchikt wahren / hatte ein Heer von 102000 Reutern / aber die wahren ihm dergeſtalt geſtenzet / dz nur 30500 geſunde davon bey ihm ſtunden; maſſen deren 5000 gefangen / 8000 hart verletzet / und die uͤbrigen 58500 erſchlagen wurden / dz von aller Sky - tiſchen Manſchafft nur 3000 bey dem Heer übrig wahren / welches uͤberall noch in 105350 geſunden und 29200 verwundeten beſtund. Hingegen wahr das Perſiſche Heer noch 128500 geſunde Koͤpffe ſtark / und unter ihren 70125 beſchaͤdigten funden ſich 30000 / wel - che nach empfangener Verbind - und Labung noch düchtig wahren das Gewehr zu fuͤhrẽ. Von den Parthiſchen Feldherren wahren gefangen / Fürſt Pakorus / Fuͤrſt Oſazes / Suri - nas / Mithridates / Archelaus / Sargapiſes der Skythe / Partamaſiris / und Apreteus. Skyles der Skythe Pandion der Indier und Andragoras der Parther wahren erſchla - gen. Von unſern Kriegs Obriſten wahren gefangen / Fuͤrſt Pharnabazus / Prinſla / Mar - kus / Bubazes und Gallus. Unter den verwundeten Gefangenen wahren Mithridates und Oſazes die ſchwaͤcheſten / aber kein Menſch froͤlicher / als Groß Fuͤrſtin Valiſka; ſie herzete ihren Gemahl und Bruder vor Freuden / als ſie vernam / daß ihre Wunden ſo geringe wa - ren / wolte ihnen auch alsbald die Harniſche helffen abziehen; aber Herkules hatte was an - ders im Sinne / und ſagte zu den anweſenden Fuͤrſten: Vologeſes hat jezt ſehen laſſen / wie geſcheid er iſt / die Voͤlker durch vorſichtige und halb-furchtſame Abfuͤhrung zuretten; aberich121Fuͤnftes Buch. ich hoffe ihm die Karte dergeſtalt zuverſtecken / daß er inwendig 24 Stunden ungejagt da - von lauffen / oder Morgen mit allen den ſeinen ſich belagert finden ſol; befahl auch daß die geſunde Mannſchaft ſich alsbald laben muſte / deren Haͤuptleute er alſo anredete: GOtt Lob ihr redliche Perſen / Meden / und andere Bundgenoſſen; das Parthiſche Joch iſt nun ſchier gebrochen; der groſſe Wuͤterich Artabanus hat euch muͤſſen den Ruͤcken zukehren / und mag vielleicht wol ſchon mit fluͤchtigen Gedanken umbgehen. Lieber goͤnnet ihm die Ehre nicht / daß er ſich beruͤhmen ſolte / wir haͤtten ſein Lageꝛ nicht angeſchriehen. Zeiget eu - ren Kriegsleuten an / daß wer geſund iſt / und ein unverzagtes Herz hat / ſolle ſich geſchwin - de mit Speiſe und Trank laben / und mir folgen; die Pluͤnderung ſol ohndas vor Morgen früh nicht geſchehen. Wer weis was vor Gluͤk der milde Gott uns zuweiſet / daß uns die - ſer Rit nicht gereue? ich verſichere euch / daß der Feind der Kuͤhnheit nicht iſt / uns ein bloſſes Schwert zuzeigen / und ihr deßwegen vor neue Wunden euch nicht zubefuͤrchten habt. Er hatte nunmehr bey hohen und niedrigen ein ſolches Anſehen erlanget / daß ſie ihn nicht anders als einen irdiſchen Gott ſchaͤtzeten / deßwegen die Haͤuptleute willig wahren / und die Voͤlker begierig / ihm zu folgen / in ſolcher Freudigkeit / daß ſie mit jauchzen erſchie - nen / und uͤber die 20000 beſchaͤdigte mit fort ritten / ſo daß nur 6000 geſunde die Gefan - genen / deren 33500 wahren / bewacheten / und 10000 zimlich verwundete das Lager beſet - zeten; dagegen ſtelleten ſich 140500 Mann zum Zuge / und wahren 2000 Reuter außge - ſchikt die verſchüchterten Pferde zuſammen zutreiben. Valiſka betruͤbete ſich dieſes vor - nehmens ſehr / daß ſie willens wahꝛ / ihn davon abzumahnen / einwendend / man ſolte einem fliehenden Feinde eine guͤldene Bruͤcke machen; aber Herkules ſagte mit einem leichten Lachen: Wie mein Schaz / ſeid ihr in ſo kurzer Zeit ſo verzagt worden? geliebt es euch / ſo leget eure Waffen an / uñ reitet mit / weil keine Gefahr zu fuͤrchten iſt. Sie nicht faul / mach - te ſich fertig / und ſetzte ſich auff ihren Blaͤnken / welchen ihr Fuͤrſt Menapis aus Hirkanien vor wenig Tagen geſchikt hatte. 2500 Teutſche und Boͤhmen / nebeſt 5500 Perſen und Meden wurden geordnet / ihr auff allen Fall Schuz zu halten / und wolte Ladiſla durchaus nicht zurücke bleiben / ſondern weil ſeinen geringen Wunden ſchon raht geſchaffet wahr / ging er mit Herkules fort. Der Feind hatte ſeine Schildwachten zimlich weit anßgeſetzet / welche nach empfangenen Befehl geſchwinde außriſſen / und im Lager ein groſſes Schrec - ken verurſacheten / vorgebend / es waͤhre der Feind wol mit 150000 Mann verhanden und im vollen anzuge / das Lager zu ſtuͤrmen; denen Vologeſes anfangs keinen Glauben zuſtel - len wolte / aber nachdem er die unſern ſahe / die in weit außgebreueten Fluͤgeln fort zogen / und 800 Teutſche Schlachtſchwerter voran gingen / beſetzete er die Poſten mit kranken und geſunden durcheinander / dann er verlies ſich auff ſeine tieffe Graben und hohe Bruſt - wehren / hinter denen er vor Reuter anfal gnug geſichert wahr. Herkules wuſte vorhin wol / daß er durch Sturm nichts ſchaffen kunte / wahr auch dieſer Urſachen halber nicht außgezogen / ſendern hatte bey den Gefangenen ſich genaue erkuͤndiget / was vor eine be - ſchaffenheit es mit des Feindes Lager hatte / und daß die Elefanten ſampt den Speiſewagẽ im abſonderlichen Lager gehalten wurden; dahin ließ er Ladiſla mit 20000 Mann gehen / er aber beſetzete das Haͤuptlager rings umbher / daß ſie nicht außfallen kunten / wie ſie dann ohndas darzu keinen Willen hatten; und ob gleich Vologeſes 20000 aufbieten lies / einenqritter -122Fuͤnftes Buch. ritterlichen Verſuch zu tuhn / wolte doch Artabanus es nicht goͤñen / ſondern ſagte: Laſſet die hungerigen Teutſchen Woͤlffe nur machen / wir hoffen / ſie werden ſich endlich durch ihren eigenen Grim noch ſelber freſſen. Valiſka ſendete einen Trometer nach des Fein - des Lager / und ließ Bagophanes anmelden / wo er ſeiner Gemahl Fr. Paraſitis etwas zu entbieten haͤtte (dann ſie wahr mit unter dem gefangenen Frauenzimmer) wolte ſie es ger - ne werben / gaͤbe ihm auch hiemit frey ſicher geleit / zu ihr heraus zukommen. Als Artaba - nus hoͤrete / daß ſie mit unter den Voͤlkern wahr / merkete er leicht / daß Herkules ihm ſol - ches nur zum Schimpff und auffzuge anſtellete / und ward durch Liebe uñ Eifer dergeſtalt eingenommen / daß er begehren durfte / man ſolte ihm ſeine Ruſtung bringen / er wolte hin - aus / und mit dem Raͤuber Herkules einen abſonderlichen Kampff halten / der gewiſſen Hoffnung / ihm obzuſiegen. Aber ſeine Obriſten haͤtten des lieber gelachet; und kunte Vo - logeſes nicht umbhin / ihn zuerinnern / er moͤchte doch in ſich gehen / und bedenken / daß we - der Karthaſis noch Pakorus vor Herkules Schwert haͤtten beſtehen koͤnnen / und daß wol eben zu dem Ende Artaxerxes ihn bewaͤget haͤtte / ſein Gemahl herzufuͤhren / daß ſeine Koͤ - nigl. Hocheit dadurch ins Nez gelocket wuͤrde; zwar er koͤnte wol leiden / daß Bagopha - nes hinaus ritte / aber dem außzuge ſeines Koͤniges wolte er ſich wiederſetzen / und lieber ſterben als einwilligen. Nun nun Bagophanes ſagte Artabanus / ſo reite hinaus / nach - dem unſere Fürſten und Kriegs Obriſten unſer Vorhaben dißmahl nicht vor rahtſam halten; ſagte ihm etwas heimliches ins Ohr / und ließ ihn fort zihen. Herkules ſahe ihn kommen / und ritte von ſeinem Gemahl hinweg / weil dieſer vielleicht ſich ſcheuhen moͤchte / in ſeiner Gegenwart mit ihr zu reden. Die Groß Fuͤrſtin hatte zwar ihren Reitharniſch angelegt / auch einen koͤſtlichen Degen an der Seiten / und den Koͤcher vol Pfeile / aber den Helm hatte ſie abgetahn / und einen ſchwarzen Huet mit einer weiſſen Feder auffgeſetzet / darunter ſie ihr ſchoͤnes Haar bey den Ohren herunter hangen ließ. So bald Bagopha - nes ſich ihr nahete / rieff ſie ihm zu: Wie ſtehets mein Freund? habt ihr auch Wunden mit aus der Schlacht zubeweiſen? Durchleuchtigſtes Fraͤulein / antwortet er / ich erfreue mich ihrer Gn. wolergehens / und habe derſelben meines allergnaͤdigſten Groß Koͤniges Gruß anzumelden / deſſen Hocheit ſie freundlich erſuchen laͤſſet / auff guten Glauben in ſein Lager zureiten. Ach nein / ſagte ſie mit einem Gelaͤchter / vor dißmahl werde ſeiner Hocheit ich nit gehorſamen koͤnnen / weil von meinem allerliebſten Gemahl ich deſſen kein erlaͤubnis ha - be; bedanke mich aber des uͤberbrachten Gruſſes / und werdet mich wol entſchuldigen / auch daneben euren Koͤnig verſichern / daß der gefangenen Herren ich mich traͤulichſt an - nehmen wolle; wie ich dann hoffe / daß man mit den unſern auch alſo verfahren werde; ſol - tet ihr aber Herrn Bubazes wegen ſeiner Kleofis wollen zuſetzen / wuͤrde euer Gemahl uñ andere / deſſen ſchwer zu empfinden haben. Es iſt mir ſonſt lieb daß mein gnaͤdigſter Koͤ - nig aus dieſem harten Ungewitter noch unbeſchaͤdigt entrunnen iſt. Aber verlanget euch nicht mein Freund / euer ſchoͤnes Gemahl bald wieder zuſehen? an welcher ſich wol junge Herrn vergaffen duͤrften / und iſt ſie ohndas meines Herrn Bruders gefangene / welcher vielleicht ohn[empfangenen] Kuß ſie nicht loß geben moͤchte. Dieſer meynete / es waͤhre ihr lauter ernſt / und baht ſehr / ihrer Ehren getraͤue Schuͤtzerin zu ſeyn. Deſſen ſie lachete / und ihm verſprach / er ſolte ſie noch vor Morgen fruͤh wieder haben; wovor er ſich untertaͤhnigbedan -123Fuͤnftes Buch. bedankete / und ihr ungeſcheuhet zuverſtehen gab / wie der Koͤnig an ihrer Liebe ſo ſehr hin - ge / daß er ſich eines aͤrgern befuͤrchtete / wann er ſeinen Vorſaz nicht erlangen wūrde. Welches ſie aber mit einem ernſtlichen Geſichte alſo beantwortete: Bey Leib und Leben ſa - get mir davon nicht / Bagophanes; was wolte oder koͤnte er ſeinen Vorſaz an mir erlan - gen? wiſſet ihr oder er dan nicht / daß ich mich verehlichet habe? ich werde ja nicht von mei - nem allerliebſten Ehegemahl Groß Fuͤrſt Herkules hinweg lauffen / und eurem Koͤnige als eine Ehebrecherin auffwarten; haͤtte euch auch nimmermehr ſo unverſtaͤndig angeſe - hen / daß ihr einem redlichen Weibesbilde ein ſolches anmuhten wuͤrdet; und warumb ſcheltet ihr mich vor ein Fraͤulein? wiſſet ihr doch wol daß der Nahme mir nicht zuſtehet. Saget demnach eurem Koͤnige / daß er die Augen ſeines verſtandes auffthue / und beydes ſein thoraͤchtiges Vornehmen mich zuerſtreiten / und ſein bevorſtehendes Ungluͤk betrach - te. Er ſihet ja wie hefftig ihm heutiges Tages ſein Stuel geruͤcket iſt / und duͤrffte ihm / ehe ers meinet noch wol naͤher getreten werden. Waͤhre demnach mein getraͤuer Raht / er lieſ - ſe ſich etwas gnaͤdiger und gutwilliger gegen die Fuͤrſten heraus / als bißher geſchehen; alsdann wolte ich als eine getraͤue Unterhaͤndlerin ihm in der Taht beweiſen / wie gut ichs mit ſeiner Hocheit meyne. Zwiſchen dieſem Geſpraͤch hatte Artabanus hinter der Bruſt - wehr durch ein klares Durch ſicht ihr Ange ſicht und Gebaͤrden eigentlich beſehen / und dauchte ihn / ſie waͤhre ihm in ſo volkommener Schoͤnheit noch nie vorkommen; kunte da - her durch Liebe gereizet / nicht unterlaſſen / in ſich ſelber zuſagen. O du unverſtaͤndiger bloͤ - der Artabanus / kunteſtu dieſes unvergleichlichẽ gutes nicht genieſſen / da du es in deinem Beſiz hatteſt? und lieſſeſt durch ihr leichtes Draͤuen dich davon abſchrecken! Nun ihr Goͤtter / liefert ſie noch einmahl wieder in meine Gewalt / oder ſchicket es / daß der Erzraͤu - ber dieſe Laͤnder ſo geſchwinde nicht verlaſſe / damit ich Gelegenheit habe / mich ihrer zube - maͤchtigen. Inzwiſchen hielt Valiſka ihr Geſpraͤch mit Bagophanes / und vermahnete ihn gar ernſtlich / ſeinen Koͤnig von den naͤtriſchen gedanken abzuzihen; da gleich Ladiſla ſich mit ſeiner Beute ſehen ließ. Er hatte vor erſt die Elefanten Meiſter gezwungen / ihre Tihre alle miteinander heraus zufuͤhren / die er mit 4000 Reutern nach dem Perſiſchen Lager begleiten ließ; hiebey wahren 10000 Kameltiehre / 20000 Maul Eſel und 16000 Wagen / die alle mit fort muſten / nachdem die Pferde ſchon davor geſpannet wahren / weil Vologeſes wieder Artabanus Willen befohlen hatte / ſie nach dem befeſtigten Lager in ſicherheit zu bringen / und ſie alſo zum vollen und ſchleunigen auffbruche fertig ſtunden. Als die Parther dieſe Beute ſahen hinweg ſuͤhren / waͤhre ihr Koͤnig ſchier unſinnig wor - den; Vologeſes aber geriet in Eifer / und ſagte: Ich halte es vor ein unfehlbahres Zeichen unſers unterganges / daß eure Koͤnigl. Hocheit mir in allen guten anſchlaͤgen ſo gar zuwie - der iſt; haͤtte man nach meinem befehl die Wagen und Tihre alsbald hereingebracht / ſol - ten ſie uns wol blieben ſeyn / und fürchte ich nur / daß zugleich Freunde und Feinde alles meinem unverſtande und unvorſichtigkeit zulegen werden. Artabanus taht als hoͤrete ers nicht / und ſing an zu ruffen: Pfui uns an / wir ſind nicht eines faulen Apffels wert; iſt es ſo weit mit uns kommen / daß wir ſolchen Schimpff und Schaden mit geduldigen Augen anſehen muͤſſen? hinaus / und hauet Kamehl und Pferde nider / ſo bleibet uns ja noch wol / was wir geladen haben. Vologeſes ſeufzete uͤber dieſer Tohrheit / wolte nicht antworten /q ijund124Fuͤnftes Buch. und achtete ſelbſt vor noͤhtig / daß man zum wenigſten nur zum ſcheine ſich ins Gewehr ſtellete / daher befahl er den geſunden Reutern auffzuſitzen; aber es ging alles ſo ſchlaͤfferig zu / daß er leicht merkete ſie wuͤrden wenig verrichten; weil auch Herkules mit auffbrach und ſich hinter die Wagen ſetzete / ließ kein Parther ſich auſſerhalb Lagers finden. Bago - phanes machte ſich wieder hin zu ſeinem Koͤnige / brachte ihm der Groß Fuͤrſtin freundli - chen Gruß an / und daß des Koͤniges Geſundheit ihr ſehr lieb waͤhre; gab vor / ſie haͤtte durch Geberden gnug zuerkennen gegeben daß ſie im Herzen ihm ſehr hold waͤhre / aber wegen der anweſenden Auffmerker ſich nichts duͤrffen vernehmen laſſen / ohn daß ſie ihm (welches er aus furcht tichtete) vertraulich angezeiget / daß eine ſehr groſſe Macht nicht ferne waͤhre / dem Koͤniglichen Lager zuzuſetzen; dann er haͤtte den ſchleunigen Auffbruch / umb der Gefahr zuentgehen / gerne befodert. Phraortes hatte Artaxerxes im beyweſen der gefangenen Parthiſchen Herren angemeldet / daß nicht allein alle Parthiſche Elefanten eingebracht waͤhren / ſondern Groß Fuͤrſt Herkules mit einer unglaͤublichen Menge Ka - mehle / Maul Eſel und Wagen angetrieben kaͤhme. Deſſen er ſich hoch freuete / und zur antwort gab; er koͤnte anders nicht glaͤuben / als daß Herkules von irgend einem Gott muͤ - ſte gezeuget ſeyn; zweiffelte auch nicht / da ers nicht umb ſeines Gemahls willen unterlaſ - ſen wuͤrde er gewißlich einen Verſuch auff des Feindes Lager gethan haben. Nun hatten Pakorus und Oſazes eben dieſes gefuͤrchtet; aber da ſie hoͤreten / daß es ihm umb dieſe Beute wahr zutuhn geweſen / gaben ſie ſich in etwas zu frieden / ungeachtet ſie wol ſahen / daß dem Parthiſchen Kriegs Heer hiedurch alle Mittel benommen wahren ſich im Felde laͤnger auffzuhalten. Die erſten Elefanten ſo Ladiſla im Felde mit dem Frauenzim - mer ertappet / wurden annoch ſteiff bewahret / und hatte ſich deren niemand angenom̃en / daher das betruͤbte Frauenzimmer in ſchweren ſorgen wahr / wie mans endlich mit ihnen anſchlagen würde; aber ſo bald Ladiſla wieder kam / machte er ſich herzu / uñ baht / ſie moͤch - ten die vornehmſten unter ihnen melden; welches ſie willig tahten / und gaben ſich Volo - geſes / Pakorus / Oſazes / Vonones und Archelaus Gemahlen alsbald an. So bald Va - liſka ihre weiblichen Kleider wieder angelegt hatte / ging ſie zu ihnen hin / und ward von ihnen (deren anzahl ſich auff 52 Fuͤrſten - und Herren Standes erſtreckete) ſehr demuͤhtig geehret; ſie fand drey Jungfern ihres geweſenen Zimmers dabey / welche ſie freundlich umbfing und kuͤſſete; und weil es ſich ſchon begunte auff den Abend zu neigen / noͤhtigte ſie alle mit einander in die Zelte / mit verſprechung / daß ihren ehren nicht die allergeringſte be - ſchimpfung ſolte angelegt werden; worauff ſie ein gutes Herz faſſeten / und ſich zu ihrem Dienſt und Gehorſam erbohten. Sie wahr aber bey den gefangenen Fürſten noch nicht geweſen / auch wuſte das gefangene Frauenzimmer nicht / daß ihrer Ehegemahlen etliche ſo nahe waͤhren. Als ſie nun in das Groß Fuͤrſtl. Perſiſche Gezelt trat / und die Gefange - nen daſelbſt antraff / gruͤſſete ſie dieſelben gar freundlich / erzeigete ihr mitleiden wegen der empfangenen Wunden / und ſing hernach an: Durchleuchtige Fuͤrſten / Herr Pakorus und Oſazas / auch H. Archelaus; hie führe ich ihnen ihre allerliebſte Gemahlen zu / die noch von keinem Menſchen als bloß von mir ſind angeſprochen und geſehen worden / zweiffele nicht / ſie werden eure Liebden in ihrer Traurigkeit etwas troſtes mitteilen. Pakorus ant - wortete ihr: Unvergleichliche Groß Fuͤrſtin / der Himmel iſt mein Zeuge / daß ich ſo we -nig125Fuͤnftes Buch. nig wegen meiner Wunden als Gefaͤngnis traurig bin / ſondern mir vielmehr vor ein Glük rechne / daß hiedurch (weil auff andere weiſe es nicht geſchehen koͤnnen) ich die Gelegen - heit funden / des treflichen Helden / ihres geliebten wirdigen Gemahls Kundſchafft zuer - langen. Und eben dieſes beklaget mein Gemahl / ſagte ſie / daß mit euer Liebe er keinen hoͤf - lichern anfang der Freundſchaft hat machen koͤnnen. Die guten Frauen machten ſich zu ihren Gemahlen / und bezeugeten ihr herzleid mit Traͤhnen / deſſen ſie mit Worten ſich nit durfften merken laſſen. Herkules hatte ſich mit Artaxerxes ſchon beredet / wie mans mit den Gefangenen halten wolte; trat hin zu Pakorus / der in einer Saͤnffte lag / und ſagte zu ihm: Eure Liebe werden mir verzeihen / daß ich die Urſach ſeiner Schwachheit ſeyn muͤſ - ſen / und ſich verſichern / daß ſo lange ich lebe / ſeyn und bleiben wil / auſſer dieſer jetzigen Feh - de / Fuͤrſt Pakorus Diener und getraͤuer bruͤderlicher Freund / uñ daß dieſes verſprechens euer Liebe ich ein geringes Denkzeichen hinterlaſſen moͤge / bitte ich dienſtlich / dieſen ſchlechten Ring von mir anzunehmen / und zum Gedaͤchtnis unſer gemachten Freund - ſchafft zu tragen / auch nebeſt ſeinem lieben Gemahl alle Stunde und Augenblik zuzihen / wohin ihm gelieben kan und mag / nach dem ſeine Liebe ſtets frey / und keines Menſchen ge - fangener iſt; ſolte mir aber das Gluͤk ſo guͤnſtig erſcheinen / meinen Herrn und geliebten Freund dereins auff andere Geſtalt in meine Geſelſchafft zubekommen / werde ich denſel - ben ſo ſchleunig nicht von mir hinweg weichen laſſen. Wañ nun eure Liebe bey dem Herꝛn Feldmarſchalk dieſes zubefodern unbeſchweret ſeyn wolte / dz mein geliebter Bruder Fuͤrſt Pharnabazus / und meine uͤbrigen Leute alsbald loßgegeben werden moͤchten / ſollen dage - gen Fuͤrſt Oſazes / und die andere Herren ohn argeliſt abgefolget werden. Pakorus / nach - dem er den Ring mit begierigen Haͤnden angenommen hatte / antwortete ihm: Durchl. Groß Fuͤrſt / unvergleichlicher Held / als Wunderſpiegel aller Tugend; ich bedanke mich der hehen Ehren ganz dienſtlich / daß eure Durchl. mir ein ſo wertes Gedaͤchtnis hinter - laſſen wollen / welches mit noch mehr Wunden / als ich ſchon empfangen / zuerkaͤuffen / mich nicht wegern wolte. Wegen meiner und meines Gemahls Freyheit bin ich eben - maͤſſig dank zuſagẽ ſchuldig / werde nicht unterlaſſen / daß mir anbefohlne fleiſſig ins Werk zu richten / mit angehaͤngter Bitte / eure Durchl. wolle mich hinfuͤro unter die Zahl ihrer Diener ſetzen / wil mich auch bemuͤhen / dereins ein Gemuͤht ſehen zulaſſen / welches gut - taht auffs minſte erkennen kan. Artaxerxes ließ alsbald zwo trefliche Bu[r]ſchen herbringẽ / auff deren eine Vologeſes und Pakorus Gemahlen / auff die andere Vonones und Ba - gophanes ihre geſetzet wurden / und Freyheit bekahmen mit fortzuzihen. In des Koͤniges Lager aber wahr gar ein elender und verwirreter Zuſtand; erſelbſt hermete ſich uͤber alle maſſe / daß ihm dieſer Zug ſo gar mißlungen / und alle Hoffnung der ſo hoch begehrten Hei - raht abgeſchnitten wahr / verboht auch / daß niemand ohn allein Bagophanes zu ihm in ſein Zelt kaͤhme / der ihm von dem Fraͤulein (wie er ſie ſtets nennete) ihren Geberden und Antwort etwas vorſchwaͤtzen ſolte. Aber Vologeſes achtete des Verbots wenig / nahm Vonones und Karthaſis zu ſich / ging hin zu ihm / und ließ ſich anmelden; da er zur Ant - wort bekam; Koͤnigl. Hocheit waͤhre jetzo unmuͤſſig. Unmuͤſſig? ſagte er; trat mit ſeiner Geſelſchaft ungefodert hinein / und fing alſo an: Weß zeihen ſich eure Koͤnigl. Hocheit / oder was gedenken ſie / daß ſie in dieſem gefaͤhrlichen Stande niemand lieber / als einen un -q iijnuͤtzen126Fuͤnftes Buch. nuͤtzen Schmeichler umb ſich leiden moͤgen? meinen ſie etwa / ſie ſitzen auff ihrem unuͤber - windlichem Schloſſe? wir haben ja den durchdringenden Bliz / Herkules / kaum abzihen ſehen /[und] iſt wunder / daß er ohn Sturm gewichen iſt; eure Hocheit werden gewißlich ei - nen andern Sinn ergreiffen / ſonſt gebe ich ſie reine gar auff. So betrachten nun dieſelbe / daß der Feind nicht allein unſere Voͤlker geſchlagen / ſondern unſern Vorraht an Speiſe und anderen nohtwendigen ſachen hinweg genommen hat / daß wo wir noch 24 Stunden harren / uns der Hunger den Weg zeigen wird / wo er uns ſonſt nur offen bleibet; und wir ſtellen uns nicht anders an / als ob wir in aller Sicherheit / oder doch in aller Huͤlle und Fuͤl - le ſaͤſſen? Ob eure Koͤnigl. Hochheit zu eſſen haben / darumb bekuͤmmert ſich der Lands - knecht nicht / wann er nicht mit nieſſen darff. Wolle demnach eure Koͤnigl. Hocheit das algemeine Weſen und ihre eigene Wolfahrt zu Herzen zihen / und durch unnoͤhtige / oder wol gar unmoͤgliche betrachtungen ſich nit ſelber ins Verderben ſtuͤrzen. Iſt alſo anfangs noͤhtig zubedenken / wie wir unſere Feld Herrn aus Feindes Hand loßwirken / und wie wirs mit unſern Gefangenen halten wollen; hernach / obs beſſer ſey / ſtũndlich auffzubrechen / oder liegen zubleiben; wovon eure Koͤnigl. Hocheit ihre Meynung allergnaͤdigſt anzeigen wolle. Bagophanes haͤtte ſich gerne verantwortet / fing auch ſchon an ſein Wort zureden; Aber Vologeſes hies ihn das Maul halten / und ſeines Amts warten / welches im Felde ja ſo unnoͤhtig waͤhre / als wenig er des Kriegs verſtaͤndig. Artabanus taht / als hoͤrete er die - ſen Zank nicht / ſondern ſeuffzete / und gab zur Antwort: Es iſt zubetauren / daß unſere Par - ther / die bißher weder dem Gluͤk noch der Macht nachgeben wollen / ſich ſo ſchaͤndlich ha - ben laſſen aus dem Felde ſchlagen / und zwar von den ohmaͤchtigen Perſen und Meden. Man muß mit dem gluͤckes lauffe zu frieden ſeyn / antwortete Vologeſes; die Fremden die Fremden haben uns allen ſchaden getahn / ſonſt wolten wir die uͤbrigen mit der helffte un - ſers Volks gefreſſen haben. Vonones und Karthaſis ſtimmeten hiemit uͤberein; welches doch Artabanus nicht hoͤren wolte / ſondern ſagte: Es waͤhre eine Schande / daß die elende Handvol Fremde neben ihren beyden unbaͤrtigen Fuͤrſtlein von ſo groſſen Feld Herrn nit koͤnten gezaͤhmet werden / da doch die viel groͤſſere Macht des Roͤmiſchen Kaͤyſers von ei - nem geringern Heer offt abgehalten und geſchwaͤchet waͤhre; fing darauff an / Herkules als einen Raͤuber außzuſchelten / der ihm die Krohn ſeines Herzen geraubet und entfuͤhret haͤtte / ohn welche er nicht leben koͤnte / noch zu leben begehrete. Hier gedachte Vologeſes es waͤhre jezt Zeit / es zubeantworten und fing alſo an: Allergnaͤdigſter Koͤnig; eure Hocheit wolle dieſe Liebe ja aus dem Sinne ſchlagen / und bedenken / dz dieſe Groß Fürſtin niemahls willen gehabt / ſie zu lieben / da ſie noch im ledigen Stande wahr; wie viel weniger / nun ſie einem andern ehelich beygelegt iſt / und zwar einem / ihrer Schoͤnheit gleichmaͤſſigem Fuͤr - ſten / auff welches die jungen Fraͤulein pflegen am meiſten zu ſehen; und wann ich eigent - lich wiſſen ſolte / welcher gottloſe Schelm eure Koͤnigl. Hocheit zu dieſen unbilligen Ge - danken reizet / wolte ich ihm den Kopff in ſtuͤcken zerhauen. Ich verſichere eure Hocheit bey meinem aͤid und Glauben / werden ſie in dieſem Unweſen alſo fortfahren / wird inwendig Monat friſt ſich kein redlicher Parther des Koͤniglichen Stuels annehmen; dann wer wolte ſein Leben darzu hergeben / einem andern ſein Weib zuentfremden? ich meine / unſer Krieg waͤhre / die Abtrünnigẽ zum Gehorſam zu bringen / deſſen doch eure Koͤnigl. Hocheitmit127Fuͤnftes Buch. mit keinem Worte gedenket; und jene unbilligkeit iſt eben die Urſach / wann ichs ja ſagen ſol / daß unſere Schwerter nicht durchdringen / unſere Pfeile nicht treffen / und unſere Faͤuſte nicht ſiegen koͤnnen. Eure Hocheit gibt vor / Herkules habe ihr das Fraͤulein ge - raubet. Er hingegen beteuret nebeſt ihr zugleich / ſie ſeyn vor drey Jahren ſchon ehelich veꝛ - ſprochen. Wer ſol hie Scheidesmann ſeyn? eure Koͤnigl. Hocheit hat keinen Ober Herꝛn; Herkules erwartet auch keinen andern als Gott und das Schwert / welches ihm in dieſer Sache noch nicht abgefallen iſt. Ey ſo begeben ſich doch dann eure Koͤnigl. Hocheit eines dinges / daß kein Menſch moͤglich machen kan / und kein Gott wil / uñ gedenke / daß die Welt auff einen Menſchen nicht ſtehet. Was wolte man tuhn / wann der Tod dieſe Groß Fuͤr - ſtin hinwegriſſe? koͤnte man mit ihm daruͤber ſtreiten? laſſet uns dieſe vor Tod rechnen / weil ihre Neigungen nie keinmahl / ohn zu ihrem verderben gelebet haben; dann ſollen die Abtruͤnnigen ſich nicht lange des heutiges Sieges zuerfreuen haben. Aber was meinet dann nun eure Hocheit / wie mans mit den Gefangenen halten ſolle? Artabanus durffte ihm in dieſer Sache nicht wiederſprechen / und gab vor / er wolte es ein halbviertelſtuͤndi - chen in bedenken nehmen; womit Vologeſes zufrieden wahr. Als Pakorus ſeinen Abzug nahm / und Herkules ihm das Geleite zu Pferde biß auff halben Weg gab / wolte er ſeines Koͤniges Wolfahrt nicht hindan ſetzen / dann er befuͤrchtete ſich dieſe Nacht eines aͤrgern und fing weitlaͤuftig an / wie glükſelig er ſeinen Koͤnig halten wolte / wann derſelbe mit ihm moͤchte vergliechen ſeyn / und da er nur wiſſen koͤnte / was vor abtrag er vor die erwieſene unbilligkeit foderte / wolte er neben Vologeſes und anderen ſich bemuͤhen / daß er vergnuͤ - get wuͤrde. Herkules merkete wol wohin er zielete / und gab zur Antwort: Er fuͤhrete das Schwert wieder Artabanus eben nicht zur Rache / ſondern daß er ihm nur ſehen lieſſe / wie wenig er nach ſeinem draͤuen fragete / und ſich nicht ſcheuhete / wans Gott alſo verſehen haͤtte / ſein Leben dran zuſetzen; der allmaͤchtige Gott waͤhre ſein Zeuge / daß er recht zu ſei - nem Gemahl gehabt / ehe ſie in dieſe Landſchaft durch Menſchen Raͤuber gefuͤhret waͤhre / haͤtte auch dem Koͤnige anfangs dz gebuͤhrliche Loͤſegeld vor ſie gebohten / wovon er durch - aus nicht hoͤren wollen / deßwegen er ſich der Liſt gebrauchen muͤſſen / weil ſein Arm zu Cha - ras nicht wirken koͤnnen. Zwar er bedankete ſich des guten erbietens / aber es wuͤrde bey Artabanus in dieſem falle weder Traͤue noch Glaube ſeyn / angeſehen er jezt dieſe Stunde durch Bagophanes ſeinem Gemahl anzeigen laſſen / wie er ſeinen Zweg der Liebe zuerrei - chen / noch immerhin bemuͤhet waͤhre / welches ja nicht als duꝛch ſeinen Tod geſchehen koͤn - te / und doch nach ſeinem Tode nicht geſchehen würde; haͤtte alſo gnug Urſach / ihm nach vermoͤgen wieder mit dem Schwerte auffzuwarten / als ſeinem abgeſagten Todfeinde; welches alles Pakorus mit groſſer betaurung anhoͤrete. Vologeſes ſtellete ſich auff die be - ſtimmete Zeit wieder ein / des Koͤniges Erklaͤrung zuvernehmen / welcher ſich mit zimli - chem Eiffer hoͤren ließ / er koͤnte einwilligen / daß die fremde Gefangene gegen andere aus - gewechſelt wuͤrden / aber den verwaͤgenen Bubazes und den meinaͤidigen Pharnabazus wolte er durch aus zur abſcheulichen Straffe behalten / daß man ihm nicht mehr vorzu - werffen haͤtte / er gedaͤchte der Abtruͤnnigen nicht / deren dieſer der groͤſte waͤhre / indem er ohn Koͤnigliche verleih - oder belehnung ein vornehmes Fuͤrſtentuhm anſprengen und in beſiz nehmen duͤrffen. Dieſer Antwort wahr ihm Vologeſes nicht vermuhten / und erſet -zete128Fuͤnftes Buch. zete es ſolcher geſtalt: Es fehlet wenig / daß wir gar des Feindes Gnade leben muͤſſen / und wollen ihn durch draͤuung noch ferner reizen? Aber dieſes ungemeldet; ſol Fuͤrſt Pako - rus / ſol Fuͤrſt Oſazes / die beyden Reichs Seulen nicht geloͤſet werden? wolan / man haue Pharnabazus den Schedel herunter / und ſchlage zugleich Pakorus das Haͤupt abe; man toͤdte Bubazes / und ermorde zugleich Oſazes; aber auffs wenigſte / daß mein Kopff dabey gelegt werde / dann ich muß doch endlich eben den Lohn zugewarten haben; und bleibet eu - re Koͤnigl. Hocheit auff dieſer beharlichen Meynung / ſo begehre ich hiemit untertaͤhnigſt meinen Abſcheid und Erlaſſung / auff das nicht hernaͤhſt jemand ſage; Vologeſes habe al - ſo gerahten / und der gefangenen Fuͤrſten Tod befodert / damit er allein moͤchte gewaltig werden. Ehe dann der Koͤnig dieſes beantwortete / ward ihm angemeldet / Pakorus waͤh - re in einer Saͤnfte mit etlichen Frauenzimmer angelanget / daher ihm Vologeſes entge - gen ging / ſeiner Gemahl Wiederkunft ſich von Herzen erfreuete / uͤber Pakorus verwun - dung ſeyn mitleiden erzeigete / nnd ihm hernach klagete / mit was Gedanken der Koͤnig umbginge / Pharnabazus und Bubazes abzuſtraffen; deſſen er nicht wenig erſchrak / und ſich erklaͤrete viel lieber zuſterben / als dieſes einzuwilligen; ließ ſich auch auff einem Stuel ins Koͤnigs Zelt tragen / und fing alſo an; Allergnaͤdigſter Koͤnig / vor euer Hocheit Wol - fahrt habe ich heut den groͤſten teil meines Bluts vergoſſen / welches das unuͤberwindli - che Schwert des auffrichtigen Groß Fuͤrſten der Teutſchen aus meinem Leibe gezapfet / welcher mich hernach mit groͤſſerem ernſte beim Leben erhaltẽ / als vorhin verwundet hat; geſtaltſam er mich ſelbſt auffs Pferd gehoben / nach den Zelten gefuͤhret / und meine Wun - den ehe als ſeine verbinden laſſen / worzu er die Binden ſelbſt von ander riſſe; jezt hat er mich ſamt Fuͤrſt Vologeſes / Fürſt Vonones und Herrn Bagophanes Gemahlen auff freien Fuß geſtellet / mit dem außdruͤklichen bedinge / daß ich Fuͤrſt Pharnabazus uñ Herꝛn Bubazes ihm wieder unbeſchimpfet abfolgen lieſſe / welches bey euer Hocheit ich leicht zu - erhalten gedenke / in betrachtung / daß nicht allein Fuͤꝛſtliche Zuſage gehalten / ſondern auch den ũbrigen gefangenen Feld Herrn gute verpflegung hiedurch muß erhalten werden. So moͤgen die meinaͤidigen Auffrührer dißmahl hinlauffen / antwortete Artabanus / weil wir unſerer Bedienten Wolfahrt mehr als jener Verbrechen beobachten muͤſſen; ſtellete ihnen hierauff Freyheit zu / mit den Gefangenen nach gutduͤnken zuſchalten. Worauff ſie beyde alsbald mit einander ſich nach Vonones Zelt verfuͤgeten / und die Gefangenen da - hin auff Gutſchen hohlen lieſſen / der dreyen (als Prinſla / Markus und Gallus) Stand von Pharnabazus erfragend; welcher ihrer tapfferen redligkeit gute Zeugnis gab / und daß Gallus Groß Fuͤrſt Herkules geheimſter Diener waͤhre. Vologeſes ſtellete ihnen al - len gaͤnzliche Freyheit zu / wegen erlaſſung ſeiner Gemahl neben Vonones ſich bedankend / mit dem Wunſch / Gelegenheit zuhaben / daß ſie Herkules in abſonderlicher Freundſchaft einſolches erwiedern koͤnten. Die drey Fuͤrſtinnen aber lieferten Pharnabazus zwoͤlff trefliche Kleinot und ſo viel Ringe / der Groß Fuͤrſtin zum Geſchenke ein / und bahten ihn / daß das uͤbrige Fauenzimmer vor unehr weiter geſchuͤtzet werden moͤchte. Dieſe erbohten ſich / alles wol zu werben / und macheten ſich in guter Begleitung fort.

Es wahr aber im Mediſchen Frauenzimmer groſſe Traurigkeit wegen Artobarza - nes Tode / uͤber welchen ſeine ſchoͤne Atoſſa ſich nicht wolte troͤſten laſſen / inſonderheit / daſie129Fuͤnftes Buch. ſie hoͤrete / daß Surinas der Taͤhter waͤhre / hielt auch bey der Groß Fuͤrſtin Saptina und Fuͤrſtin Barſene an / ihr bitten zu helffen / daß der Moͤrder (wie ſie ihn nennete) wieder hin - gerichtet würde; die ihr aber hart zuredeten; ſie muͤſte ſich zufrieden geben / das Ungluͤk haͤtte ſich im offenen Treffen zugetragen; ſo waͤhre ihr Gemahl im Kampffe vor das Va - terland ritterlich geſtorben / und Surinas haͤtte ſich ja billich des feindlichen angriffs er - wehren muͤſſen; viel beſſer taͤhte ſie / daß ſie mit ihnen hinginge / das gefangene Frauenzim - mer zubeſuchen / damit ſie nicht vor unhoͤflich gehalten wuͤrde; Madates und Andrago - ras Gemahlen haͤtten eben dieſen Unfal erlebet / und waͤhren überdaß noch in Feindes Haͤn - den; ja ſie alle miteinander haͤtten dieſe Gefahr ſtehen muͤſſen / und waͤhre bloß dem Gluͤk zuzuſchreiben / daß ihre Gemahlen das Leben davon gebracht. Hiedurch ward ſie in etwas getroͤſtet / und ließ ſich auffſprechen mit hinzugehen nach dem Zelte / woſelbſt die Parthi - ſchen Frauen ſich bey den Gefangenen auffhielten. Atoſſa meidete den Ort mit fleiß / wo Surinas ſaß / wolte ihn auch weder grüſſen noch anſehen / da hingegen er die ehmahligen Flammen in ſeinem Herzen viel hefftiger als die Wunden am Leibe empfand / und ſahen ſeine Augen auff nichts / als dieſer ihre Schoͤnheit; dann ſein Gemahl Anutis wahr ihm vor 16 Wochen in der Geburtsweh mit Tode abgangen / weil ſie einen ſehr ſchweren Fall getahn / daß die Frucht bey ihr umbkommen / und ſie des dritten Tages hernach auch fort muſte. Valiſka hatte ihr abſonderliches Geſpraͤch mit der ſchoͤnen Pantheen / und ihrem Gemahl Fürſt Oſazes / erzaͤhlete ihnen ihr Ungluͤk / und was geſtalt ſie von dreien Parthi - ſchen Raͤubern aus Italien hinweg gefuͤhret waͤhre; baht auch / ſie moͤchten an ihrem Or - te dem Koͤnige die unbefugte Liebe aus dem Sinne reden / deren Bagophanes noch heut meldung tuhn / und ſie in das Lager einfodern duͤrffen. Pharabazus ließ ſeine ankunft durch einen Trometer von ferne melden / daher ihm eine zimliche Schaar entgegen ge - ſchikt ward / mit denen er ankam / und von den unſern froͤlich empfangen ward. Er liefer - te der Groß Fuͤrſtin in gegenwart des gefangenen Frauenzim̃ers die uͤbergeſchikten Klei - not und Ringe / und ruͤhmete / daß Vologeſes ihrer Wunden ſich getraͤulich angenom̃en haͤtte. Gallus inſonderheit meldete Herkules den Gruß von Pakorus an / der ihn warnen ließ / ſich nicht allen zuvertrauen / die aus Parthen ſich gegen ihn freundlich ſtelletẽ; Welt - betrieger ſucheten verdienſt / und Boßheit lieſſe ſich durch Geld erkaͤuffen. Woraus er dann ſein ehrliebendes Gemuͤht ſatſam ſpuͤrete. Unſere Helden hatten ſich ſchon vergli - chen / weſſen ſie mit den Gefangenen auff der unſern freiſtellung ſich verhalten wolten / und redete anfangs Valiſka das Frauenzimmer alſo an: Durchleuchtige Fuͤrſtin Panthea / und allerſeits geliebte anweſende Frauen / Jungfrauen und Freundinnen; Es iſt meines hochgeliebten Herrn Bruders Koͤniges Ladiſla meynung nicht geweſen / ſie als Gefange - ne abzulangen / ſondern weil ſeine Liebe merkete / daß es uͤber und uͤbergehen wuͤrde / hat er eures Schutzes ſich annehmen wollen / damit ſie nicht in etlicher frevelmuͤhtigen Haͤnde fallen und einigen Schimpff oder Schande einnehmen moͤchten / welches in der Taht zu - erweiſen / er euch allen und jeden ungemaͤſſene Freiheit zuſtellet / zu reiſen wohin ſie geluͤſtet / worzu ihnen Elefanten / welche wieder eingeſchicket werden muͤſſen / ſollen gegeben werden. Ich erfreue mich / daß ich in ihre Kundſchafft gerahten bin / und bitte ſie alle miteinander / dahin arbeiten zuhelffen / daß euer Koͤnig ſich verheirahte / und auff mich nicht weiter ge -rdenke /130Fuͤnftes Buch. denke / weil alle ſeine Anſchlaͤge / mich zuerlangen / vergebens und umbſonſt ſind; nur dieſes haͤnge ich hinan / daß allen von Artabanus Frauenzimmer ich Freyheit gebe / hinweg zuzi - hen / oder bey mir zuverbleiben / welche ich nach ſtandes gebuͤhr unterhalten / und ſie den ih - ren / wo ſie es begehren / wieder zuſtellen wil. Fuͤrſtin Panthea bedankete ſich in ihrer aller Nahmen / und gab dieſe Antwort: Durchleuchtigſte Groß Fuͤrſtin; wir haben bißher den Ruhm ihrer unvergleichlichen wunder-Schoͤne hin und wieder gehoͤret / davon unſere Augen tauſendfach mehr / als vorhin die Ohren eingenommen; aber ihre hohe Tugend und Freundligkeit iſt uns vor dieſem nicht recht vorgetragen / welche zu preiſen / wir die Zeit unſers Lebens wollen eingedenke ſeyn. Wir bedanken uns der recht Koͤnigl. Vorſor - ge / welche der Großmaͤchtige Koͤnig / ihrer Durchl. Herꝛ Bruder vor uns und unſere Ehr getragen / welches zuerkeñen wir ſchuldig ſind / und wird das anweſende Parthiſche Frau - enzimmer die angebohtene Gnade nit verabſeumen; ich aber vor mein Haͤupt bitte dienſt - lich / mir zuverſtatten / daß meinem Gemahl ich in ſeiner Schwacheit Geſelſchafft und auf - wartung leiſten moͤge. Herkules trat auch auff / und hielt folgende Rede an die gefangene Herren: Durchleuchtiger Fuͤrſt und wolgebohrne Herren und Freunde; demnach der Großmaͤchtige Durchleuchtigſte Groß Fuͤrſt / Herr Artaxerxes / wieder ihrer keinen abſon - derliche Feindſchaft traͤget / auch keinen beleidigungs / ſondern Schuzkrieg fuͤhret / ſich vor unbillicher Gewalt des Parther Koͤniges Artabanus zu handhaben; als iſt ſeine Durchl. nicht geſonnen / ihnen einigen mißfallen zuerzeigen; wie er ſie dann nicht als Gefangene / ſondern als Freunde angenommen hat / wovor er ſie auch Zeit ſeines Lebens / da ſie es nur zulaſſen koͤnnen / halten und ehren wil. Vor dißmahl ſtellet er ihnen frey / zu bleiben oder hin zuzihen / wie es ihnen am liebſten ſein wird; erklaͤret ſich daneben / den Parthiſchen Reichs - Fuͤrſten allen moͤglichen guten willen zuerzeigen / uñ ihre Landſchafften keines weges durch uͤberzuͤge zubeleidigen / da ſie nur einen Schuzbrieff von ihm begehren / welcher ihnen we - der an ihren Rechten noch Freyheiten keines weges ſchaͤdlich ſeyn ſol. Mein Bruder / Koͤ - nig Ladiſla / und ich vor meine wenigkeit / ſtellen uns im gleichen allen auffrichtigen Parthi - ſchen Fuͤrſten und Herren zu Dienſte und Freundſchaft / als welche wir viel zu redlich hal - ten / daß ſie ihres Koͤniges Vorhaben / mir mein herzgeliebtes Gemahl zu rauben / billichen ſolten. Oſazes gab hier auff zur Antwort: Durchleuchtigſter Groß Fuͤrſt / unuͤberwindli - cher Held; wir bedanken uns ſamt und ſonders vor die uns zugeſtellete Freyheit und an - gebohtene gnaͤdige und guͤnſtige Freundſchaft / moͤchten wuͤnſchen / daß mein geliebter bruͤ - derlicher Freund / Groß Fuͤrſt Artaxerxes mit meinem allergnaͤdigſten Koͤnige moͤchte verglichen / und dieſer hoͤchſtſchaͤdliche innerliche Zwieſpalt (welcher den aͤuſſerlichen Fein - den Tuͤhr und Tohr zu unſerm Verderben auffſperren wird) auffgehoben ſeyn / worbey ich dz meine nach moͤgligkeit gerne leiſten wil. Sonſten wird wol unſer keiner rahten noch gutheiſſen / daß eurer Durchl. ihr herzgeliebtes Gemahl ſolte abgeſpenſtiget werden; muͤ - ſte mir auch von grund meiner Seele leid ſeyn / daß zu dem Ende ich und andere redliche Parther ein Schwert ſolten entbloͤſſet haben / vielmehr werde ich nebeſt andern dahin ſe - hen / daß eure Durchl. deßwegen unangefochten bleibe. Herkules bedankete ſich des erbie - tens / baht neben Ladiſla / Fuͤrſt Vologeſes / Pakorus / Vonones und Karthaſis zu gruͤſſen; und nam Valiſka drey koͤſtliche Ringe und Kleinot / ſtellete ſie Fuͤrſtin Panthea zu / mitbitte /131Fuͤnftes Buch. bitte / dieſelben den dreyen weggeſchiedenen Fuͤrſtinnen nebeſt anmeldung ihres Schweſ - terlichen Gruſſes einzuhaͤndigen / und daß ſie dabey ihrer Freundſchaft allemahl eingeden - ke ſeyn wolten; gab ihr hernach ein gleichmaͤſſiges / umbfing ſie mit einem freundlichen Kuſſe / und ließ ſie mit ihrem Gemahl und dem Frauenzimmer hinzihen / deren aber 25 des Koͤniglichen Zimmers bey ihr blieben / ſo annoch mehrenteils unberuͤhret wahren / und nicht wieder nach Artabanus begehreten. Mithridates wahr ſo ſchwach / daß die Aerzte vor gut anſahen / daß er bliebe / damit die gefaͤhrliche Ruͤckenwunde ſich nicht loßgaͤbe / wel - ches ihm den Tod verurſachen wuͤrde / deßwegen blieb ſeine verlobete Braut / Frl. Tari - nea / Surinas Schweſter bey ihm / und nahm Surinas daher Gelegenheit und Urſach bey ihm zuverharren / wie er dann gar ſchwach wahr / wegen vieles vergoſſenen Blutes; er ging aber eigentlich mit den Gedanken umb / ſeine alte Liebe auffs neue fortzuſetzen. Die Gefangene wahren im Parthiſchen Lager ſehr wilkommen / und meldeten an / Herkules und Ladiſla haͤtten befohlen / daß alle Voͤlker ſich fruͤhzeitig zur Ruhe begeben ſolten / wel - ches auſſer zweiffel nicht umbſonſt geſchaͤhe; waͤhre demnach ihr Raht / daß man dieſe Nacht davon ginge / biß man den engen Durchzug hinter ſich gelegt und beſezt haͤtte / da - mit nicht Morgen fruͤh das Lager mit Perſiſchen Bauren und Soldaten belagert / zur al - gemeinen uͤbergabe aus mangel der Speiſe / gezwungen wuͤrde. Vologeſes taht ihnen zu wiſſen / er haͤtte an die naͤhſt gelegenen oͤrter umb Volk und Speiſe geſchicket / fürchtete a - ber / daß wegen erlittener Niderlage ſie nicht ſo gar eilig ſeyn wuͤrden / ſich einzuſtellen. Es kam ihnen zu gute / daß ſechs Parthiſche Reuter ſich von den Perſen heimlich loßgemacht hatten / und im Lager ankahmen / deren einen Vologeſes zu ſich foderte / und ihm einſtecke - te / weſſen er ſich gegen den Koͤnig verhalten ſolte; ging wieder von ihm / und ließ den Reu - ter in des Koͤnigs Zelt gehen / der alſo anfing: Allergnaͤdigſter Koͤnig; nachdem mir das Gluͤk meine Bande zureiſſen helffen / und ich aus meiner Huͤter Geſpraͤch vernommen / daß Artaxerxes alle nahe angrenzende Perſen mit Sturmzeug und Gewehr zuerſcheinen / gleich nach der Schlacht auffgefodert / daneben im ganzen Heer / welches ſich faſt an die 200000 Mann erſtrecket / außruffen laſſen / daß ein jeder eine Stunde vor Tage gefaſſet ſeyn ſolte; als hat meine Schuldigkeit erfodert / ihrer Koͤnigl. Hocheit ſolches untertaͤh - nigſt zuberichten / inſonderheit / wann des Feindes Vorgeben / daß die unſern keine Mahl - zeit Brod mehr haͤtten / wahr ſeyn ſolte. Artabanus entſetzete ſich hierüber ungleich mehr / als wann Vologeſes ihm ſolches angezeigt haͤtte / welchen er alsbald fodern ließ / und mit ihm verabſcheidete / dz man die annoch uͤbrigen Wagen und ledigen Pferde mit den beſten Sachen beladen / und den Auffbruch nach verlauff einer Stunde vornehmen ſolte; wel - ches im Lager mit ſanffter Stimme außgeruffen ward; damit aber die unſern ſolches nit merketen / ließ er außwendig des Lagers viel Feuer machen / und eine zimliche Menge zu Roſſe dabey halten; welches Herkules bald erfuhr / und mit den andern in die Gedanken geriet / es wuͤrde ein Parthiſcher Entſaz verhanden ſeyn / dem ſolches Feur zum Zeichen ihres richtigen Weges dienen ſolte. So bald die gefangene Feld Herrn von Herkules ab - ſcheid genommen hatten / ging er mit den uͤbrigen Chriſten in ein abſonderliches Zelt / wo - ſelbſt ſie eine herzliche Dankſagung zu Gott hieltẽ / uñ aus dem 15 Cap. des andern Buchs Moſe dieſe Wort von dem Chriſtlichen Lehrer / den ſie von Ekbatana gefodert hatten / auß - legen lieſſen.

r ijHErꝛ132Fuͤnftes Buch.

HErr deine rechte Hand tuht groß Wunder. HErr deine rechte Hand hat die Feinde zuſchla - gen / und mit deiner groſſen Herrligkeit haſtu deine Widerwertigen geſtuͤrzet; Dann da du deinen Grim auslieſſeſt / verzehrete er ſie wie Stoppeln.

Sie ſungen auch ihre gewoͤhnliche Danklieder / und unter denen / welches Valiſka nach geſchehener ihrer Erloͤſung des vorigen Abends gemacht hatte / als Bagophanes Voͤlker geſchlagen wurden / und lautet alſo:

1. OGroſſer Gott / du Schuz der kleinẽ Schaar /
Du Troſt in Angſt / du Retter aus Gefahr!
Wie haſtu mich ſo gnaͤdig ausgefuͤhret?
Den Feind gedaͤmpfft / die Wiederwertigkeit
Gebrochen / daß die ganze Lebenszeit
Ich deine Huͤlff und ſuͤſſes Heil geſpuͤret.
2. Kein Menſch kan dein Erbarmen recht verſtehn /
Den Gnaden Strohm ſiht man hoch uͤbergehn /
Kein Ufer mag ihn faſſen noch einſchlieſſen;
Dein Vaterherz blizt in der Liebesbrunſt /
Die helle Flamm iſt gar ohn Rauch und Dunſt /
Viel mehr noch als wir meynen oder wiſſen.
3. Ihr Frommen hoͤrt / ich wil aus tieffſter Bruſt /
Als viel mir in der Schwacheit iſt bewuſt /
Die Gottes-Gunſt / mir angelegt / erzaͤhlen.
Ich war ohn Gott / ohn Troſt / verwaͤgen / blind /
Unglaubens voll / der Hellen Erb und Kind;
So gar wil ich mein ſchlimmes nicht verhehlen.
4. Ich fiel in Noht / in Angſt / in Raͤubers-Hand /
Das Unglük ſelbſt wahr uͤber mich entbrant /
Muſt uͤber Land und Meer mich ſchleppen laſſen;
Der Wuͤter ich ſtund meiner Ehre nach /
Da duldet ich viel Leid und ungemach /
Und fing ſchon an mein Leben felbſt zu haſſen.
5. Aus dieſer Angſt reiß mich ein Augenblik;
Jezt bin ich frey und ſpuͤre lauter Gluͤk /
So gar muß mir in allem Tuhn gelingen;
Gott hat mir ſein Erkaͤntnis beygebracht;
Jezt bin ich Licht / vor wahr ich finſtre Nacht /
Solt ich dann nicht dich / O mein Gott / beſingẽ?
6. Nun hilff mein Hort / und fuͤhre gluͤklich aus
Dein Gnaden Werk / geleite mich nach Haus /
Laß mich nicht mehr in gleiche Noht gerahten;
Laß meinen Mund zu deinem Preiß und Ruhm
Stets offen ſeyn / und daß mein Chriſtentuhm
Sich uͤben moͤg in Zucht und Liebes Tahten.

Vor des Tages Anbruch ward Phraortes und Klodius mit 8000 wolberittenen aus - geſchikt / des Feindes Vorhaben zu erkuͤndigen / und wo moͤglich / etliche Gefangene einzu - bringen. Unterdeſſen machte ſich Herkules mit dem Heer gefaſſet / das Lager zuſtuͤrmen / und wo moͤglich / Artabanus zufahen / deſſen Artaxerxes ſich hoch freuete / und nur dieſes beklagete / daß er wegen ſeiner Fußwunde nicht mit anlauffen koͤnte; Aber ihnen ward die - ſer Anſchlag bald benommen / maſſen Phraortes einen geſchwinden Reuter zuruͤk ſendete / mit Bericht / er haͤtte nur etliche groſſe Zelten vol hart verwundete im Lager funden / wel - che berichteten / Artabanus haͤtte bey ſpaͤtem Abend den algemeinen Auffbruch ankuͤndigẽ laſſen / welcher ſich wegen Verhinderung uͤber die angeſezte Stunde verweilet / biß von et - lichen Schildwachten die Zeitung gebracht worden / der Feind kaͤhme nicht allein von for - nen her / ſondern auch von beyden Seiten mit einer unglaͤublichen Menge Voͤlker und al - lerhand Sturmzeuge. Worauff man alles haͤtte liegen laſſen / die Pferde von den belade - nen Wagen abgeſtrikt / und damit fortgejaget; und fuͤnde man in etlichen Zelten die Spei - ſen und Silbergeſchir auff den Tiſchen / und die Meſſer im Brod ſtecken / woraus ihre Eile und Schrecken zuerkennen. Phraortes erhielte das Lager ungeplündert / und begehrete zu wiſſen / weſſen er ſich weiter zu bezeigen. Herkules ſagte hierauff: Er hoffete / daß ſichs alſo verhalten wuͤrde / angeſehen der groſſen Furcht / welche Gott auff die Feinde fallen laſſen; jedoch / damit nichts verwarloſet wuͤrde / ſolte Phraortes 3000 Reuter uͤberall zuſtreuet ausrennen laſſen / umb zuforſchen / ob etwa der Feind ſich an einem Orte verborgen hielte /aus133Fuͤnftes Buch. aus Hoffnung / die unſern unter der algemeinen Plünderung zu uͤberfallen. Aber nach Verlauff zwo Stunden kam einhellige Zeitung / es waͤhre ganz ſicher / und der Feind in ſol - cher Angſt und Eile davon gelauffen / daß er ſchon über ſechs Meilen wuͤrde fortgangen ſeyn. Als dieſes bey dem Heer ausgeruffen ward / entſtund eine ſolche Freude bey jeder - man / daß ſie alle ihrer Wunden vergaſſen / die Pferde an den Füſſen ſeileten / und uͤberall rieffen / man muͤſte nun die Pluͤnderung laͤnger nicht auffſchieben; welche ihnen dann ger - ne gegoͤnnet ward / doch alſo / daß ſie ſchwoͤren muſten / alle gefundene Baarſchafften und Geſchmeide getraͤulich herbey zubringen / welches unter geſunde und ungeſunde ſolte ge - buͤhrlich verteilet werden. Hierauff gingen die Voͤlker loß / und zwar anfangs die Reuter / welche von der erſten Tages-Schlacht uͤbrig wahren / hinter ſich nach der erſten Wahlſtat / da ſie mit Entwapnung der Erſchlagenen etliche Stunden zubrachten / deren viel ſehr koͤſt - liche Kleider anhatten / die aber durch die groſſe Menge Bluts faſt verderbet wahren / wel - ches an etlichen Orten / ungeachtet des ergangenen Regens / einer guten quehr Hand hoch uͤber der Erden ſtund. Da ward Freund und Feind gleich gehalten; nur daß die erſchla - gene Teutſchen / Boͤhmen und Roͤmer nebeſt anderen vornehmen Befehlichshabern / in ih - rem Harniſche / und ungepluͤndert / aus geſucht und hingelegt wurden. Auf den Elefanten / welche Ladiſla bey dem Frauenzimmer ertappete / funden ſich 30 Toñen Goldes an Baar - ſchafft / welche in Artaxerxes Zelt nidergelegt wurden. Auff den Kamelen wahren lauter Pfeile und Gewehr; auff den Wagen und Maul Eſeln mehrenteils Speiſen und Kleideꝛ / dabey etliche tauſend Fuder Wein. Im Parthiſchen Lager aber war ein unſaͤgliches Gut verhanden / von Zelten / Kleidern / Speiſen / Waffen / Tiſchgeſchir / Pferdeſchmuk und Ele - fanten Zierraht / auch 120 Tonnen Goldes an gemuͤnzetem Golde und Kleinoten / welches alles nach dem Perſiſchen Lager gefuͤhret ward. Die Waffen von der Wahlſtat wurden gleicher weiſe Artaxerxes geliefert. Aus der erſten Tages Schlacht hattẽ ſie 120000 Pfer - de von erſchlagenen Feinden und Freunden; aus der andern aber 156000 Pferde / alle mit guten Satteln und Zeuge wol verſehen / und ob deren gleich 35000 verwundet wahren / wurden ſie doch faſt alle geheilet. Nachdem die Beute von der erſten Wahlſtat zuſammen gelegt wahr / machte das ganze Heer ſich nach der anderen / und trugen alles getraͤulich zu - ſammen / da ſie von Feinden und Freunden an Baarſchafft in die 80. Tonnen Goldes; und an Ringen / Ketten / Armbaͤndern und anderen Kleinoten in die 40 Tonnen Goldes fun - den. Da machte nun Artaxerxes ſolche Teilung / daß die Teutſchen / Roͤmer und Boͤhmen den vierden Teil aller dieſer Beute empfingen / auch aus den gemeinen Reitpferden 69000 vor ſich auszuſuchen die Wahl hatten / deren keines mit ſeinem Zubehoͤr unter 100 Kronẽ geſchaͤtzet ward / und durch die Bank hin 70 Tonnen Goldes und druͤber wert wahren. Wedekind und ſeine beyde Geſellen hatten ihre abſonderliche acht Gefangene (die von den unſern nicht ſonderlich geehret wurden) kurz nach Pakorus Abzug frey gegeben / weil die - ſer 60000 Kronen vor ſie ausſagete / und bekahmen dieſe drey Teutſchen von der gemeinen Beute vorab 36000 Kronen und 36 koͤſtliche Pferde / worzu Artaxerxes ihnen wegen ih - res wolverhaltens noch 60000 Kronen ſchenkete. Leches / Neda / Klodius und Markus wolten nicht teil haben an der gemeinen Beute / ohn daß ein jeder eine Kette / ein par Arm - baͤnder / einen Ring / und eine Hand voll Kronen davon zum Gedaͤchtniß nam / wiewol ſier iijdie134Fuͤnftes Buch. die ihnen angebohtenen 200 Pferde nicht ausſchlugen / ſondern gleich unter ſich teileten. Prinſla aber und Gallus / wie auch der Roͤmer Autronius bekahmen jeder 30 Handpfer - de / 20 Ringe / vier par Armbaͤnder / zwo güldene Ketten / uñ 50000 Kronen an Baarſchaft. Die Beute aus dem Parthiſchen Lager an Geld / Kleinoten / Elefanten / Kamelen / Maul - Eſeln / Wagen und Wagenpferden / Wein / Speiſen / Korn / Kleidern / Zelten und Waffen von der Wahlſtat / und die auff den Kamelen geladen wahren / trug uͤber 400 Tonnen Schatz aus / und machte Artaxerxes die Teilung / daß Herkules und Ladiſla die eine; Er / Phraortes / Fabius und Pharnabazus die andere Halbſcheid haben ſolten / weil aber unſe - re Helden davon nichts hoͤren wolten / nam ers alles mit einem Lachen zu ſich / und ſagte: Ich merke wol / daß Euren Liebden ichs in Verwahrung biß auff ihren gluͤklichen Abzug nehmen ſol. Nach gehaltener Pluͤnderung trat Phraortes unter dem ganzen Heer auff / und hielt eine treffliche Lobrede unſern Helden zu ehren / denen er den Sieg ausdruͤklich zu - legte / und nicht ſcheuhete zu bekennen / die Goͤtter haͤtten ſie zu ihrer Wolfahrt hergeſand / ſonſt waͤhre ihnen unmoͤglich geweſen / die groſſe Gewalt der Feinde zu daͤmpffen. Wede - kinds ruͤhmliche Taht und anderer Wolverhalten ward auch nicht vergeſſen. Endlich rühmete er des ganzen Heers Tapfferkeit / und preiſete dieſelben gluͤkſelig / welche vor das Vaterland ihr Leben willig auffgeopffert hatten. Den erſchlagenen Teutſchen / Boͤhmen und Roͤmern hielt man eine ſonderliche Leichbegaͤngniß / und wurden ſie in ihrem Harniſch auff der Wahlſtat begraben. Den vier Roͤmiſchen / dreyen Boͤhmiſchen und zween Teut - ſchen erſchlagenen Ritmeiſtern aber richteten ſie ſtatliche Gedaͤchtniß-Steine auff. Vor ihrem Abzuge hielten ſie Kriegsraht / wie mans anſchlagen ſolte; aber ungeachtet etliche davor hielten / man muͤſte etliche Tagereiſen in Feindes Land ſtreiffen / und mit Feuer und Schwert Rache uͤben / ſo ward doch Herkules Meynung vor beſt gehaltẽ / der aus wichtigẽ Gruͤnden anzeigete / man wuͤrde in der naͤhe weder Menſchẽ noch Vieh antreffen / uñ waͤre Artaxerxes nichts damit gedienet / daß man das Land verwuͤſtete / uͤber welches er in kurzem ſelbſt gedaͤchte ein Herr zuſeyn / und es faſt ſchon erſtritten haͤtte; macheten ſich deswegen zum Auffbruch fertig / und gingen des vierden Tages nach gehaltener Schlacht wieder nach Perſepolis.

Der verliebete Surinas empfand unter den Zelten wenig troſtes / dann er betrach - tete vor erſt / daß er Fr. Atoſſen Ehegemahl ſelbſt erſchlagen / und ihre Wunde noch ſehr friſch waͤhre; aber das aͤrgeſte / daß ſeyn voriges Gemahl ihn ſo unwerd und verhaſſet bey ihr gemacht hatte / wahr ihm noch verborgen. Frl. Tarinea ſeine Schweſter / ein uͤberaus verſchlagenes Taußes / merkete / daß er mehr leiden im Gemuͤht als an der Leibes-Wunde befand. Er wahr zwar ihres Braͤutigams Mithridates guter Freund / aber ſolche nahe vertrauligkeit hatte er nicht mit ihm / daß er ſeinetwegen unter Feindes Hand gefangen bleiben ſolte / da er ihm ja nichts helffen kunte; ſchloß deßwegen / ihn muͤſte gewißlich eine andere Urſach auffhalten / welches heraus zulocken / ſie ihn alſo anredete: Herzgeliebeter Bruder / warumb biſtu nicht mit der Geſelſchaft nach dem Koͤnige gereiſet / da dirs frey geſtellet ward? Ich ſehe zwar / daß du an deinen Wunden hart darnider liegeſt / aber behuͤ - ten dich die Goͤtter / daß du nicht eine groͤſſere gemuͤhtes Krankheit habeſt / als dieſe iſt. Zwar daß mit deinem Herzen es nicht recht beſchaffen ſey / habe ich dir eigentlich abge -merket /135Fuͤnftes Buch. merket / daß ich daran im geringſten nicht zweiffele / es druͤcke dich ein heftiges Anliegen; dann was wuͤrde die ſtarken Seufzer ſonſt aus deiner Seele hervor zihen? Nur allein ver - birge dich nicht vor mir / und biß verſichert / daß ich alle moͤgligkeit anwenden werde / dir zu dienen / und deinen Wunſch ins Werk zu richten / wann nur deine Augen ſich nicht an dem vergaffet haben was allerdinge unmoͤglich iſt / und der groſſe Artabanus ſelbſt nicht er - ſtreiten kan / wie ich dann ſolcher Tohrheit mich bey dir nicht vermuhten wil. Geliebte Schweſter / antwortete er / ich geſtehe dir gerne / daß mich ein hefftiges Anliegen drücket / und ich ungleich zuſchlagener bin im Gemuͤt als am Leibe; aber deine Gedanken lege nur von dir / daß du meineſt mir koͤnne geholffen werden; wiewol du ſehr irreſt / daß ich gegen eine mich ſolte verliebet befinden / die in der Ehe lebet. Irre ich in dem / ſagte ſie / ſo wil ich dir noch wol huͤlffe zuſagen / wie ſchwer dichs gleich duͤnken mag / wañ du mir nur deines Herzen Laſt ungeſcheuhet offenbahreſt. Ach meine Herzen Schweſter / wiederantwortete er / weiſtu meine alte Liebe noch wol / damit du mich pflegteſt auffzuzihen / ich haͤtte nach der Jungfer gefreiet / und die Auffwaͤrterin bekommen? Fehlet dir ſonſt nichts als dieſes / ſag - te ſie / ſo ſtelle es in meine Hand; iſt ſie dir dann nicht Jungfer beſcheret geweſen / ſol ſie Wittib dir nicht entſtehen. O wann du mich ſo hoch beſeligen koͤnteſt / ſagte er / wuͤſte ichs nimmermehr zuvergelten; aber bedenkeſtu nicht / daß ich Artobarzanes erſchlagen / und der morgende Tag zum Auffbruche beſtimmet iſt? Was dann mehr? ſagte ſie / der ſtaͤrke - ſte iſt der beſte; ſo jaget dich auch kein Menſch von Mithridates hinweg / der ſich in einer Saͤnfte in die naͤheſte Perſiſche Grenzeſtat / oder wol gar biß gen Perſepolis mit tragen laſſen ſol; tuht ers aber nicht / ſo laß ihn zihen / ich wil bey dir bleiben / biß ich dich vergnuͤ - get habe. Sie ging darauff hin nach dem Frauenzimmer / weil ſie mit Fuͤrſtin Barſene gute Kundſchafft gemacht hatte / und ſuchte Gelegenheit / mit Fr. Atoſſen allein zureden / die in ihrer Traurigkeit noch immer fort fuhr. Als ihr nun das Glük alles nach Wunſch fuͤgete / grüſſete ſie dieſelbe von ihrem Braͤutigam Mithridates / der ihr befohlen haͤtte / ſie in ihrem ſchweren Ungluk zutroͤſten; Hernach beklagete ſie ihren Bruder Surinas / daß der - ſelbe weder Speiſe genieſſen / noch ſeine Wunden verbinden laſſen wolte / ſo hefftig graͤme - te er ſich / daß er ihren Liebſten ganz unwiſſend erlegt haͤtte / vor welchen er doch wegen der nahen Schwaͤgerſchafft zuſterben / ſich nicht haͤtte wegern wollen; aber am unertraͤglich - ſten waͤhre es ihm / daß er vernehmen muͤſte / wie ſie uͤber ihres Gemahls Tod ſich ſo gar nit wolte troͤſten laſſen; Dieſes / dieſes / ſagte ſie / wird ihm die Seele verzehren / dz er Euer Liebe Traurigkeit urſach ſeyn ſol / die er von erſter Kundſchaft her noch ſtets uñ ungeendert gelie - bet / und vor ſeines Hertzen Schoͤnſte gehalten hat. Atoſſa hoͤrete ihrẽ Reden zu biß an dieſe Worte / über welche ſie ungeduldig ward / und alſo antwortete: Ich haͤtte es zwar endlich der guten Geduld befohlen / Frl. Tarinca / daß eures Bruders Schwert mich deſſen be - raubet hat / der mich / ſo lange er mich gekennet / von herzen hat geliebet und gemeynet; aber daß euer Bruder mich noch darzu auffzeuhet / als haͤtte er mich ſtets und unverruͤkt geeh - ret / und vor ſeines Herzens Freundin / ja ſchoͤnſte gehalten / ſolches ſchneidet mir das Herz durch / und gibt eures Bruders boßhafftige und ſchnoͤde Falſcheit gnug an den Tag. Ta - rinea erſeuffzete der Reden / welche ſie aus dem innerſten ihrer Seele ſahe hervor brechen / wuſte nicht / worauff ſie gerichtet wahren / und was Surinas ihr moͤchte leides zugefuͤgethaben;136Fuͤnftes Buch. haben; gab doch darauff dieſe Antwort: Die Goͤtter waͤhren ihre Zeugen / daß ſie auf ſol - che Meynung nicht ausgangen / Ihre Liebe auffzuziehen / ſo wenig als ihr Bruder ſelbſt / der vielleicht unſchuldig bey ihr koͤnte angegoſſen ſeyn / darumb er doch nicht das geringſte wuͤſte; wolte auch nicht unterlaſſen / ihm ſolches vorzutragen / nicht zweifelnd / er wuͤrde ſei - ne Unſchuld wol darzulegen haben. Er mag ſie darlegen / wem er wil / ſagte ſie / ich habe ſei - ner Falſcheit Zeugniß gnug; zwar ſo viel geſtehe ich / daß ich mein Verſprechen ihm nicht gehalten / aber auch nicht gekunt habe / ſondern durch aͤuſſerſten Zwang von ihm geriſſen bin; ſolte er aber mir deswegen ſo groſſen Schimpff bewieſen haben? O ihr Goͤtter / ſtraf - fet den leichtfertigen Veraͤchter / und laſſet ſo unbillichen Hochmuht nicht frey durchlauf - fen. Hiemit wolte ſie hinweg gehen / aber Frl. Tarinea baht / ſie nur noch eins unbeſchwe - ret zu hoͤren. Ja / ſagte ſie / ſo lange es euch gefaͤllet / leiſte ich euch gerne Geſelſchafft / wann ihr mir nur von eurem ſtolzen Bruder nicht ſaget. Was Eure Liebe mir gebeut / antwor - tete ſie / wil ich gerne gehorſamen / aber ich bitte nur allein / mir zumelden / wodurch mein Bruder / das neulichſte Ungluͤk ausgeſchloſſen / verdienet / daß er vor einen boßhafften fal - ſchen Veraͤchter geſcholten wird. Geliebte Freundin / ſagte ſie / dieſe Erzaͤhlung wuͤrde mir viel zu ſchmerzlich / und euch vielleicht ſelbſt verdrießlich ſeyn; Er kans Euer Liebe ſelbſt wol ſagen / was er bey meiner ſeel. Waſen mir zuentbohten und wieder eingeſchicket / ja nit goͤn - nen wollen / daß dieſelbe mich ein einziges mahl nach ihrer Heyraht beſuchen duͤrffen. Ach ihr Goͤtter / gab jene zur Antwort / erbarmet euch dieſes Mißverſtandes / und meines armen unſchuldigẽ Bruders! Atoſſa fiel ihr in die Rede: ja laſſet uns nu die aͤuſſerſte Beſchimp - fung / und veraͤchtlichſten Hohn einen Mißverſtand taͤuffen. Nein Frl. Tarinea / ſo einfaͤl - tig bin ich dannoch nicht / daß ich geſchehene Dinge mir zu Waſſer machen laſſe. Aber wir ſtehen gar zu lange hier allein / und wird das beſte ſeyn / dz wir der Geſelſchafft naͤhern. Das Fraͤulein nam von ihr Abſcheid / mit flehlicher Bitte / ihren Bruder des ſtarken Verdachts zuerlaſſen / und ſich zuverſichern / daß er dieſer Auflage ſich wol und redlich würde entbre - chen koͤnnen / dafern ſie nur ſeine Entſchuldigung anzuhoͤren wolte unbeſchweret ſeyn. O ja / ſagte ſie / vielleicht iſt er umb meiner Liebe willen krank. Ja bey dem reineſten Himmel / fiel ihr das Fraͤulein in die Rede / iſt er nirgend kraͤnker umb / als umb euer Liebe. Behuͤte Gott / ſagte Atoſſa / wie koͤnt ihr ſo falſch ſchweren; hat er mir doch alle Kund - und Freund - ſchafft vor der Fauſt ganz verwaͤgen auffgekündiget / und dieſes iſt doch noch nicht der groͤ - ſte Schimpff. Ließ ſie damit hingehen / und machte ſich zur Fuͤrſtin Barſene / welche ſie fra - gete / was jene mit ihr ſo ernſtlich geredet haͤtte. Sie wolte aber nicht rund aus bekennen / ſondern gab vor / Herr Mithridates lieſſe ſie troͤſten / und zugleich den Taͤhter entſchuldigẽ / daß er ihren Liebſten ganz unwiſſend erſchlagen haͤtte. Nun wartete Surinas mit ſchmer - zen auff ſeiner Schweſter Wiederkunft / bekam aber ſchlechten Troſt von ihr / da ſie ihn fra - gete / was er ehemahls Fr. Atoſſen zuwider gehandelt; ſie waͤhre ſehr ungehalten auff ihn / umb einer Sache und Beleidigung / die ihr ungleich weher taͤhte / als ihres Gemahls Er - toͤdtung / gaͤbe auch vor / er haͤtte ihr vorlaͤngſt alle Freundſchafft auffgekuͤndiget / und nicht eins goͤnnen wollen / daß ſein Gemahl Anutis ſie eins beſuchen duͤrffen / bey welcher er ihr / weiß nicht was / zuentbohten / und wieder eingeſchicket haͤtte. Ihr Goͤtter / gab er zur Ant - wort; ihr wiſſet meine Unſchuld / und merke ich wol / meines Lebens werde nicht viel mehruͤbrig137Fuͤnftes Buch. uͤbrig ſeyn. Sie hingegen troͤſtete ihn / er ſolte ein gut Herz faſſen; waͤhre er ihm nichts un - gebuͤhrliches bewuſt / koͤnte noch wol alles gut werden; nach ihrer Meynung aber muͤſte ſein verſtorbenes Gemahl ihn heftig bey ihr angetragen haben / ohn zweiffel / ihn bey ihr verhaſſet zu machen / welches zuerfahren / ſehr noͤhtig ſeyn wuͤrde daß er ſich ſo viel ſtaͤrkete und ihr ein kleines Brieflein ſchriebe / in welchem er baͤhte / ihm die Urſach ihres Zorns an - zumelden / uñ des unverdienten Argwohns ihn guͤnſtig zuerlaſſen / ſie hoffete ihr den Brieff wol bey zubringen. Surinas wahr hierzu willig und fertig / und ſetzete folgendes auff.

Hochgebohrne Frau; die willigkeit ihrem Befehl zugehorſamen / hat bißher meiner Feder nicht goͤnnen wollen / ihrer Liebe einigen Buchſtaben zuzuſchreiben / unter der Hoffnung / ſie wuͤrde ihrer guͤnſtigen Zuſage nach / Gelegenheit machen / ihre Waſe nunmehr Seel. zubeſuchen / weil mei - ne Reiſe zu ihr nach Ekbatana von ihrer Liebe mir ſo hart und ernſtlich verbohten worden; daß ſio aber ſolches bißdaher nicht geleiſtet / habe ich dem mißguͤnſtigen Gluͤk zugeſchrieben / und mich dan - noch allemahl ihrer Schweſterlichen Hulde / welche ſie mir / bey zuruͤkſendung der Schreiben durch ihre Waſe mein geweſenes Gemahl hoͤchſterfreulich zuentbohten / getroͤſtet. Ach der ungluͤkſeligen Stunde / die mein Schwert wieder den gewendet hat / welcher eurer Liebe angenehm wahr / und ich umb der Urſach willen ihn nicht haſſen kunte / ungeachtet er mich meines allerwerdeſten Schatzes be - raubet hat. Dieſer einige Niderſchlag iſt es / wodurch an eure Liebe ich mich verſuͤndiget. Im uͤbri - gen ruͤhmet ſich mein Gewiſſen / das es allemahl und unverruͤcket dahin getrachtet / euer Liebe zuge - horſamen / ſo daß auff ihren Befehl ich mich ſelbſt uͤberwunden / und ihre Waſe Seel. welche ſie mir zugeſchikt / geheirahtet habe. Bitte demnach dienſtlich / mich des Argwohns einiger Traͤuloſigkeit hoch - guͤnſtig zuentnehmen / oder auffs minſte mir anzuzeigen / was die Urſach ſey / welche dieſen ſchlimmen Verdacht in ihrer auffrichtigen Seele zeugen koͤnnen. Bin ich ſchuldig / ſo laſſen die Goͤtter allen ih - ren Zorn uͤber mich aus / und machen mich vor der erbaren Welt zuſchanden; oder auch / da ich nicht von Anfang unſer Kundſchafft biß auff dieſe Stunde ſtets geweſen und blieben bin / auch noch bin und bleibe / und biß an mein leztes vielleicht ſchier kuͤnftiges Ende ſeyn und bleiben werde; meiner hoͤchſt geehrten Freundin Fr. Atoſſen getraͤueſter / auffrichtigſter und bereitwilligſter Knecht Suri - nas.

Frl. Tarinea nam das Schreiben zu ſich / und nach verlauff zwo Stunden ging ſie wieder hin nach dem Frauenzimmer / entſchuldigte ſich ihres vielen uͤberlauffens / und fragete / ob der Auffbruch auff beſtimmete Zeit noch vor ſich gehen wuͤrde; und als ſie deſ - ſen berichtet ward / klagete ſie / daß ihr Liebſter ſo gar ſchwach waͤhre / und alle Aerzte vor un - moͤglich hielten / daß er das bewaͤgen ſolte koͤnnen erdulden; weil dann der Weg nach Par - then ohn zweiffel ſehr unſicher ſeyn duͤrfte / waͤhre ſie willens bey dem Groß Fuͤrſten unter - taͤhnigſt anzuhalten / daß ihrem Liebſten moͤchte vergoͤnnet ſeyn / bey dem Heer zu bleiben / und etwa in einer Perſiſchen Stad ſich heilen zu laſſen; baͤhte ſehr / die Groß Fuͤrſtin Fr. Saptina moͤchte ihr dieſe erlaͤubnis gnaͤdig zuwege bringen helffen. Dieſe ſagte ihr ſol - ches willig zu / wolte auch nicht zweiffeln / ihr Oheim GFuͤrſt Artaxerxes wuͤrde ſich hierin keines weges beſchweret befinden. Nachgehends wendete ſich Frl. Tarinea hin zu Fr. A - toſſen / und fragete / ob ihr nicht belieben koͤnte / ein wenig in die Abend-kuͤhle Lufft zugehen / und die lange Zeit zuverkuͤrzen; welches ſie ihr nicht abſchlagen wolte / weil ſie ihr vorge - nommen hatte / dem Surinas ſeinen begangenen Frevel rechtſchaffen unter die Naſe rei - ben zulaſſen / ehe ſie von hinnen ſchiede. Jene wuſte nicht wol / wie ſie ihrer Werbung den Anfang geben ſolte / klagete ihres Bruders Schwacheit / und daß ſein einiger Wunſchſwaͤhre /138Fuͤnftes Buch. waͤhre / er moͤchte von Artobarzanes erſchlagen ſeyn / weil er leider den Tag erleben muͤſſen / daß man ihn unerhoͤrter ſache vor traͤuloß und hochmuhtig verdammete / uñ zwar in dem Gerichte / da er allen moͤglichen und untertaͤhnigen Gehorſam erzeiget / und Sonnen klar dargeleget haͤtte. Mein Fraͤulein kan ihres frechen Bruders ſache gar artig ſchmuͤcken / antwortete Atoſſa / daß wann ich ſo guten Beweißtuhm und Wahrzeichen nicht haͤtte / duͤrffte ſie ſich unterſtehen / die ſchwarzen Raben in ſchneweiſſe Schwanen zuverwandeln. Hochwerte Fr. Schwaͤgerin / ſagte ſie; wil ſie meinen Worten nicht tranen / welche doch redlich und auffrichtig ſind / ſo laſſe ſie ſich doch gefallen / dieſes meines Bruders Schrei - ben zuleſen / darinnen ſie ohn zweiffel ſeine Unſchuld erſehen wird. Je / antwortete ſie / wie wolte der unbeſcheidene Surinas darzu kommen / an eine zuſchreiben / deren er alle Kund - ſchaft auffgekuͤndiget / und ſie bißher nicht anders als ſeine vergeſſene geheiſſen / gerade als ob ich ihm jemahls Boten geſchicket? oder meinet er etwa / nach ſeines Gemahls abſter - ben / mich zum andernmahle aufs Eiß zu leiten? O nein Frl. Tarinea / O nein! als er daſ - ſelbe zubehalten nicht wirdigte / was er mit vielfaͤltiger Bitte von mir erlanget hatte / wer - de ich viel weniger ſeine Schreiben wirdigen / in die Hand zu nehmen. Und wer wolte mir rahten / deſſen Brieffe zu leſen / der mich noch mit auffruͤckung meiner geringẽ Schoͤn - heit beſchimpffet; ja der mit ſeinem unbarmherzigen Schwerte mich achzehnjaͤhrige in den leidigen Witwenſtand geſetzet hat? O du barmherziger Himmel / fing Tarinea mit auffgehobenen Haͤnden an / wie haſtu in einen ſo ſchoͤnen fraͤulichen Leib / ſo groſſe und heß - liche unbarmherzigkeit eingieſſen koͤnnen? iſt wol einiger Richter ſo grauſam / der eines armen Suͤnders Bitte und Fleheſchrifft mit Fuͤſſen hinweg ſtoſſen ſolte? uñ meine hoch - werte Fr. Schwegerin tuht ſolches bey dem / der nur umb bloſſen unerweißlichen Ver - dachts willen ſich muß vor ſchuldig außſchreihen laſſen? Sie tuhe / bitte ich / dem ganzen weiblichen Geſchlecht ſo groſſen Schimpff nicht an / daß man ſchier heut oder Morgen ſagen ſolte; Frau Atoſſa iſt ein Vorbild und Spiegel der weiblichen Unbarmherzigkeit / welche einen unſchuldigen hat ſterben laſſen / uñ ſeinen wahrhafftẽ entſchuldigungs Brief nicht eins anſehen wollen. Dieſes brachte ſie mit ſolcher bewaͤgligkeit vor / daß Atoſſa ſich endlich bereden ließ / das Schreiben anzunehmen; und als ſie es biß an dieſe Worte / Ach der ungluͤkſeligen Stunde / geleſen hatte / ſagte ſie: wie iſt eurem Bruder / mein Fraͤulein? ich gedenke / das Gehirn werde ihm verruͤcket ſeyn; dann was er hie ſchreibet / iſt alles mit ein - ander ein lauteres geticht. Habe ich ihm verbohten / mir zu ſchreiben? habe ich ihm oder meiner Seel. Fr. Waſe die Reiſe nach Ekbatana unterſaget? habe ich ihm ſchweſterliche Liebe laſſen anmelden? ja / nennet er denn unverſoͤhnlichen Haß alſo / wil ichs mit glaͤuben. Aber was vor Schreiben mag ich ihm doch immermehr durch meine Waſe geſendet ha - ben? dieſelben zeige er mir; die bringe er hervor / ſo wil ich glaͤuben daß ich lebendig Tod / und ſehend blind bin. Jene kehrete ſich hieran gar nicht / ſondern baht / den Brieff biß zum Ende durchzuleſen; welches ſie taht / und das uͤbrige alſo beantwortete: Ich wil ihm vor - dißmahl ſein Blutgieriges Schwert nicht auffruͤcken; nur dieſes moͤchte ich von Herzen gerne wiſſen / wie ein Menſch ſo verwaͤgen ſeyn / und ſich einer oͤffentlichen Lügen ſo gar nit ſchaͤmen kan; habe ich ihm meine Waſe zugeſchicket? habe ich ihm befohlen / ſie zu heirah - ten? da ich doch mein Pferd ſchon hatte ſatteln laſſen / von Ekbatana heimlich außzureiſ -ſen /139Fuͤnftes Buch. ſen / und ihm zu folgen / wann nicht meine Waſe gleich zu mir kommen waͤhre / und mir an - gedeutet / was geſtalt er ſie mit liſtigen Worten von meines Seel. Vaters Schloſſe geloc - ket / mit Gewalt zu ſeinem Willen genoͤhtiget / und mir zu trotze ſie geheirahtet haͤtte. Iſt daß nicht traͤuloſigkeit genug? weis er noch die Urſach nicht meines billichen Zorns? und habe noch wol eine wichtigere als eben dieſes. Und wie ſolte ich ihm hievor nicht alles - bels goͤnnen? wuͤnſchet er ihm doch aller Goͤtter Zorn und uͤbergehung der Schande an den Halß / wozu er vielleicht nicht meynet reiffe gnug zu ſeyn / biß er etwa mich zum andeꝛn - mahle moͤchte betrogen haben. Hier ließ nun Tarinea ihre Traͤhnen haͤuffig ſchieſſen / uñ gab mit Seufzen und Weinen zur Antwort: Nun nun mein herzlieber Bruder / ich be - klage nicht ſo ſehr deinen Tod / der bald folgen wird / als daß du in deiner reinen Unſchuld als ein tauſendſchuldiger ſterben muſt. Aber Fr. Atoſſa / ihr unbarmherzige / ihr grauſame; beluͤſtiget euch nur nicht zu hoch uͤber ſein Verderben; ich hoffe den Tag noch zuerleben / daß ihr eure Grauſamkeit / haͤtte ſchier geſagt / Boßheit noch beweinen werdet; dann wie kan ichs anders nennen / weil ihr ſeine beteurungen vor ertichtete Luͤgen / und ſeine wahre lautere Beichte / damit er vor der Goͤtter Stuel zutreten ſich erbeut / vor eine gehirns Ver - ruͤckung ſchelten und verlachen duͤrffet. Und was vor Urſachen habt ihr doch / ihm ſo viel unwarheiten anzutichten? als habe er eure Waſe vom Schloſſe gelocket / und / weiß nicht / was vor Gewaltſamkeit angelegt. Da ich doch wol weiß / daß mein Bruder eurer Waſen keinen Bohten geſchicket / ſondern als er nach gemachtem Schluſſe euer Liebe Gegenwart vermuhten wahr / hat die verſtorbene Anutis ſich eingeſtellet / und ihm dieſes vorgetragen. Frl. Atoſſa ihre Waſe / waͤhre durch Elterlichen Zwang vor ſechs Tagen ſchon / mit Hn. Artobarzanes beygelegt / wolte hinfuro Surinas Schweſter ſeyn und leben / mit der Be - dingung / daß er weder ihr ſchriebe / noch zu Ekbatana ſich ſehen lieſſe; ſie wolte ſchon Ge - legenheit finden / ihn zubeſuchen; inzwiſchen wuͤnſchete ſie / daß ſie eine Schweſter oder An - verwantin haͤtte / welche ſie ihm zufreien koͤnte. Dieſes alles hat ſie mit dem Wahrzeichen bekraͤfftiget / daß ſie meinem Bruder ein Buͤndlein von zwoͤlff Brieffen / die er ehmahls eu - rer Liebe zugeſchrieben / eingehaͤndiget / mit Bitte ſie zu ſich zunehmen / weil ſie dieſelben nit laͤnger vor andern zuverbergen wuͤſte; und dafern dieſes anders iſt / Fr. Atoſſa / ſo wolle der Himmel mir alles das Ungluͤk von dieſer Stunde an auffbürden / welches mein Bru - der / auff dem Fall ſeines verbrechens ihm ſelbſt in dieſem Schreiben wuͤnſchet. Aber was hilfft mir dieſe beteurung? vielleicht werde ich auch hoͤren muͤſſen / das Gehirn ſey mir veꝛ - ruͤkt / und ich ſchaͤme mich keiner Luͤgen. Atoſſa ſtund als eine Gedankenvoͤllige / und wuſte nicht / was ſie antworten ſolte. Surinas ehemahlige Schreiben hatte ſie nach ihres Va - ters Tode von ihrer Mutter etlichemahl gefodert / aber keine Nachricht davon erlangen moͤgen. Anutis Verſchlagenheit und Liſt wahr ihr nicht unbekand / und je mehr ſie ſinnete / je zweiffelhaftiger ſie ward; endlich ſagete ſie: Geliebtes Fraͤulein; wo ſichs nach eurer er - zaͤhlung verhaͤlt / iſt man mit eurem Bruder und mir ſehr traͤuloß umbgangen; wiewol meine Eltern deſſen zubeſchuldigen mir nit gebühren wil; kan aber euer Bruder mir die jeztgemeldete Schreiben aufflegen / werde ich mich weiter zuerklaͤren / und gegen eure Liebe mich ſehr zuentſchuldigen haben. Dieſe Schreiben? ſagte Tarinea; ich wil mich ihr zur Leibeigenen geben / wann er ſie nicht alle in verwahrung haͤlt / als einen koͤſtlichen Schaz /ſ ijweil140Fuͤnftes Buch. weil ſie ihn ſeiner Liebe ſtets erinnert haben; und hat er ſich faſt taͤglich mit den Zeichen er - luſtiget / welche eure Liebe auff dieſelben mit ihrer ſchoͤnen Hand gemahlet hat; und wolte Gott / eure Liebe koͤnte zu meines Bruders erhaltung nur ſo viel Gunſt ſehen laſſen / ſeine mündliche endſchuldigung anzuhoͤren / damit die Falſcheit zwiſchen ihnen getrieben / recht moͤchte an Tageslicht kommen. Wann mirs keinen Verdacht gaͤbe / antwortete ſie / daß ich den Todſchlaͤger meines Gemahls beſuchete / moͤchte ich mich aus dieſem zweiffel ger - ne geriſſen ſehen. Tarinea wahr liſtig / und gab den Anſchlag / als ob ſie Mithridates / der ihr etwas verwand / in ſeiner Schwacheit troͤſten wolte; und weil die vergrabene alte Lie - besflammen in ihr ſich ſchon gewaltig entzuͤndeten / ließ ſie ſich darzu vermoͤgen. Mithri - dates lag abſonderlich hinter einer Abſcherung / und Surinas erwartete mit verlangen / was ſein Schreiben wirken moͤchte. Als nun die ſo hoch begehrete in das Zelt trat / uͤber - ging ihn eine kleine Roͤhte / ſo viel ſein weniges Blut erwecken kunte / richtete ſich im Bet - te auff / und hieß ſie alſo wilkommen ſeyn: Hoͤchſtwerte Freundin / komt ſie zu mir / mich wegen begangenen unwiſſentlichen Niederſchlages abzuſtraffen / wil ich ihr das Schwert ſelbſt zuſtellen / und als ein williges Opffer euer ſchoͤnheit ſterben; iſt aber die ehmahlige Gunſt in ihrem liebreichen Herzen nicht gar verbliechen / dann wolle ſie ihrem Knechte durch ihre Gewogenheit den Balſam mitteilen / der ihn bald wieder auff die Fuͤſſe ſetzen wird. Tarinea fiel ihm in die Rede: Mein Bruder / du wirſt zuvor deiner herzgeliebten Meiſterin deine Unſchuld darlegen muͤſſen / ehe du einige Gunſt von ihr zu hoffen haſt; wol - leſt demnach bey deinen ritterlichen ehren / und als wahr du gedenkeſt dereins voꝛ den Goͤt - tern angenehm zuerſcheinen / alles umbſtaͤndlich erzaͤhlen / wie es mit deiner vorigen Hey - raht ergangen; ſintemahl ich merke / daß ein groſſer Betrug dahinten ſtecket. Ja / ſagte er / deſſen trage ich keinen ſcheuh; erzaͤhlete alles / kurz und lang / und daß ſeine wilfaͤhrigkeit gegen Atoſſen zuerzeigen / er ſeine Anutis alsbald geheirahtet haͤtte. Atoſſa fragte ihn / ob er dann die von Anutis wiederempfangene Schreiben noch auffzeigen koͤnte. Ja ſagte er / ſie ſind noch in guter verwahrung / und erinnere ſich nur meine Freundin / daß ſie auff das erſte ein par Wuͤrffel gemahlet / mit der lieben Unterſchrift: Der Wurff iſt gewaget. Auff das ander / die Gluͤks-Goͤttin auff ihrem Gluͤksrade / und dieſe Worte dabey. Biß mir ja be - ſtaͤndig O Goͤttin! Auff das dritte / einen Loͤuen / mit dieſem warhaftigen Spruche; Die Liebe erfodert auch einen Muht. Und fortan biß auff den lezten und zwoͤlfften / auff welches ſie ein Schiff auff dem Meer mit fuͤnff Schiffshaken feſt geleget / gemahlet hat. Zwar es hat mein Gemahl / weis nicht warumb / mir offters angelegen / ihr dieſe Schreiben wieder ab - folgen zulaſſen; welches ſie aber bey mir nicht erhalten moͤgen. Was hinterbrachte euch aber euer Gemahl / fragte ſie / da ſie von Ekbatana des andern Tages nach eurem Beyla - ger wieder zu euch kam? Er antwortete: Anutis iſt ja meines wiſſens weder dazumahl noch jemahls hernach zu Ekbatana geweſen / ſonde[r]n wie herzlich ich allemahl bey ihr an - gehalten / mit mir dahin zureiſen / habe ichs doch nie koͤnnen erhalten / weil mir Lebensge - fahr drauff ſtuͤnde / nach dem Artobarzanes unſer ehmahligen Liebe inne worden / und nicht allein mir mit Gifft draͤuete / ſondern auch ſeinem Gemahl es offt verweißlich gnug vor - hielte. O du falſche Anutis / fing Atoſſa an / habe ich umb dich verdienet / daß du ſo verraͤh - teriſch und luͤgenhaftig mit mir umbgehen ſolteſt? erzaͤhlete damit / was geſtalt ſie zu ihrnach141Fuͤnftes Buch. nach Ekbatana kommen / von wegen Surinas ihr alle Freundſchaft auffgekuͤndiget / und was ſonſt dabey vorgefallen wahr; auch das Haaren-Armband ihr wieder eingeliefert haͤt - te / als welches Surinas laͤnger weder ſehen noch tragen moͤchte; daher ich dañ / ſagte ſie / aus groſſem Zorn nicht allein daſſelbe ins Feur geworffen / ſondern auch viel ſchmaͤhe - und ſcheltworte auff euch außgeſtoſſen. Hierob entſetzete er ſich hefftig / inſondeꝛheit / da er hoͤre - te / daß ſie umb Anutis darſtellung an ihre ſtat gar keine wiſſenſchaft trug. Das allerliebſte Armband / ſagte er / iſt wahr / das ichs die erſte Nacht meines Beylagers verlohren / aber wo es blieben / nie habe erfahren koͤnnen / wiewol ich im Wirtshauſe dem Finder 500 Kro - nen außlobete. Doch danke ich den Goͤttern / daß ich dieſe Falſcheit nicht vor meines Ge - mahls abſterben erfahrẽ / ſie haͤtte ſonſt ohn alle barmherzigkeit von meinen Haͤnden ſterbẽ muͤſſen / wie lieb ich ſie auch umb euret willen gehabt habe. Tarinea ließ dieſe beyden allein reden / und ging nach ihres liebſten Bette / welchen ſie in der Ruhe liegen meynete / da er doch ſchon ver ſchieden wahr / deſſen ſie zimlich ſpaͤte gewahr ward / da ſie ihm ſanfte an die Hand grieff / deßwegen ſie mit einem Geſchrey uͤber ihn her in Ohmacht fiel. Atoſſa er - ſchrak deſſen / lieff hinzu / und fand ſie in dem klaͤglichen ſtande; nam das Krafftwaſſer / daß vor dem Bette ſtund / und rieb ſie damit / biß ſie wieder zu ſich ſelbſt kam. Da ging es nun an ein winſeln und klagen; wiewol Atoſſa ſie mit ihrem Beyſpiel wol zu troͤſten wuſte / ver - ſprach ihr auch alle ſchweſterliche Liebe und Traͤue / nebeſt anzeigung / daß die Aerzte ſich außdruͤklich haͤtten vernehmen laſſen / im falle er ja das Leben behalten ſolte / wuͤrde er biß an ſein Ende ein gebrechlicher unduͤchtiger Menſch ſeyn / wodurch ſie ſich in etwas begriff. Ihr Bruder wahr wegen dieſes falles auch betruͤbt / aber Atoſſen gegenwart wolte ihm ei - ne ſonderliche Traurigkeit nicht goͤnnen / welche er noͤhtigte / vor ſein Bette niderzuſitzen / fuͤhrete ihr ſeine beſtaͤndige Liebe zu Gemuͤhte / und baht ſehr fleiſſig / ihn in die vorige ſtelle wieder anzunehmen; worzu ihr Herz allerdinge geneigt und willig wahr / ihm auch dieſe antwort gab: Herr Surinas / ihr und ich ſind beyde durch meines Vaters getrieb / als viel ich merke und meiner Waſen volſtreckung betrogen und von ander geriſſen worden. Nun gibt mir aber der Himmel Zeugnis / daß / wie wichtige Urſachen ich gleich zuhaben ver - meinet / euch zu haſſen / hat doch mein Herz den rechten Ernſt dabey nicht legen koͤnnen. Was wollen wir aber tuhn? das geſchehene iſt vorbey / und kan durch aus nicht geendert werden. Mein Vater und euer Gemahl ſind in der Ruhe / denen wir verzeihen muͤſſen. Mein Gemahl hat ohn zweiffel aus des Himmels Verſehung von euch den Tod anneh - men ſollen / weil er euch eure verſprochene Braut genommen. Vor die abermahlige an - gebohtene Liebe bedanke ich mich von herzen / welches zu gebührlicher Zeit eurem gefallen nach zubeantworten ich mich ſchuldig erkenne / und unſer voriges Band noch vor guͤltig halten muß; hermet euch nur weiters nicht / daß ihr bald geſund werdet / uñ beſuchet mich auff meiner Mutter Schloſſe / dahin ich in wenig Tagen zu reiſen entſchloſſen bin. Ja iſts moͤglich / ſo bildet euch ein / als ob ihr ohn geſchehenẽ eingriff noch mein erſter Braͤutigam waͤhret; ich wil mich gleich alſo vor eure erſte halten; welches ſie mit einem lieblichen La - chen uñ ſchamrohter Farbe beſchloß. Surinas umfing ſie ganz lieblich / beklagete nichts / als daß ſeine Wunden ihm an vielerley gluͤkſeligkeit hinderlich waͤhren / und ſteckete ihr einen koͤſtlichen Ring an den Finger. Sie gab ihm wieder einen zur beſtaͤtigung / beantwoꝛ -ſ iijtete142Fuͤnftes Buch. tete ſeine Klage mit einem ſuͤſſen gelaͤchter / und daß er inwendig Jahrsfriſt nicht zufreie Gedanken faſſen müſte; goͤnnete ihm doch die ehmaligen Kuͤſſe / und weil ſie der Arzney wol erfahren wahr / beſahe ſie ſeine Wunden / und befand / daß ſie fleiſſiger auffſicht wol be - noͤhtiget wahren / nahm hernach abſcheid von ihm / und ging hin dem Frauen zim̃er Mi - thridates Tod und Frl. Tarineen Leid anzumelden / welche hingingen ſie zu troͤſten / dann ſie hatte ſich von ihrem Bruder ab in ein Nebenzelt gemacht. Groß Fuͤrſtin Saptina noͤhtigte ſie mit ihnen zugehen / und die Abend Speiſe einzunehmen / welches ſie gerne be - willigte / in Hoffnung / mit Atoſſen richtigen Abſcheid zu machen / wie auch geſchahe / daß nehmlich Surinas / ſo bald ſeine Wunden heile / ſie beſuchen / und von Artaxerxes einen freien Geleitsbrieff / nach belieben zureiſen / bitten ſolte / weil er ſich des Kriegs abtuhn / uñ ſeine Mediſchen Lehnguͤter bezihen wolte; dañ ſein Vater wahr ein gebohrner Mediſcher Landſaſſe / und hatte ſich in Parthen verheirahtet / auch daſelbſt ſeine durch Erbſchaft ſei - nes Gemahls angefallene herliche Güter beherſchet. Es lies aber Tarinea bey der Mahl - zeit eine flehliche Bitte an das geſamte hohe Frauenzimmer ergehen / ſie moͤchten Fr. A - toſſen helffen bewaͤgen / daß ſie ihren Zorn und Unwillen gegen ihren Bruder allerdinge moͤchte fallen laſſen / nach dem der Unfall ſich ganz unwiſſend zugetragen haͤtte; da dann alle Anweſende / inſonderheit Groß Fuͤrſtin Saptina ihr ſo viel und hefftig zuredeten / daß / wie ungeneigt ſie anfangs ſich zu ſtellen wuſte / ſich doch endlich erklaͤrete / in dieſem Stücke ſehen zulaſſen / wie gehorſam ſie der Groß Fuͤrſtin waͤhre. Welche ihr ſolches wolgefallen ließ / und auff Tarineen weiteres anhalten / daß ſie doch ihren Bruder folgenden Morgens vor dem Auffbruche beſuchen moͤchte / damit er ſeine Abbitte und Entſchuldigung bey ihr ablegen koͤnte / befahl die Groß Fuͤrſtin / zum Zeichen voͤlligen Gehorſams auch dieſes zu - leiſten; worauff ſie zur Antwort gab; ſie wolte dieſe Nacht es in bedenken nehmen / ob ſie ein ſolches über ihr Herz bringen koͤnte. Des Morgens ſtellete Tarinea ſich gar fruͤh bey ihr ein / und ward mit dieſen Worten von ihr gewilkommet; Herzgeliebte Frl. Schweſteꝛ; ihr ſeid eine uͤberal volkommene Taͤuſcher in / der gleichen in der Welt kaum zu finden; dañ anfangs habt ihr mich ganz umbgewendet; und hernach dem ganzen Frauenzimmer ein artiges Naͤſichen angedrehet / welches aber auſſer zweiffel mir ſchier heut oder Morgen zum ſonderlichen Behelff dienen kan / und verſichert euch / daß die ganze Zeit meines Le - bens ihr an mir eine ganz ergebene Schweſter haben ſollet / weil ohn eure hohe Klugheit die ganze uͤbrige Zeit meiner bevorſtehenden Jahre / ich ein ungluͤkſeliges Menſch blieben waͤhre. Meine herzgeliebte Fr. Schweſter / antwortete ſie / die Freude / welche wegen ih - rer Gewogenheit ich in meinem Herzẽ empfinde / machet mich des verluſtes meines Braͤu - tigams (der mir ohndas faſt auffgedrungen iſt) ſchier gar vergeſſen / und iſt mein einiger Wunſch / daß wir die Zeit unſers Lebens moͤgen bey einander wohnen; Aber herzen Frau Schweſter hat ſie dieſe Nacht ihr Herz angeſprochen / der Groß Fuͤrſtin Willen zuerfuͤllẽ. Dieſe lachete des auffzuges / faſſete ſie bey der Hand / und ſagte: Ja kompt meine Freun - din / ich muß der Groß Fuͤrſtin gehorſamen / oder ich verliere ihre Hulde gar. Da wahr ſie nun ihrem Liebſten ſehr wilkommen / mit dem ſichs begunte zimlich zubeſſern / hatten ihr freundliches Geſpraͤch in die zwo Stunden mit einander / und trug Fr. Atoſſa dem Fraͤu - lein ihren nahen Anverwanten Herr Arbazes zur Heyraht auff / der ein reicher vornehmerHerr143Fuͤnftes Buch. Herr wahr / und ward dieſe Heyraht nach verlauff eines halben Jahrs fortgeſtellet. Unſer ſieghaftes Heer / nach dem alle Beute auff Elefanten / Wagen / und andere Laſt Tihre gela - den wahren / gingen froͤlich und wolgemuht fort nach Perſepolis / nachdem die Fuͤrſten H. Surinas beſuchet / und Artaxerxes ihm auff ſein begehren einen ſicheren Schein willig erteilet hatte / daneben ihm 50 Reuter zugegeben die ihn mit ſeiner Schweſter und Mithrt - dates Leiche / wohin es ihm geliebete / geleiten ſolten.

Dieſe zwiſchen eingefallene Liebes Haͤndel / deren kein Menſch wahrnam / hat uns / Ar - tabanus Flucht zubeſchreiben / verhindert. Demſelben wahr neben allen ſeinen Voͤlkern nicht anders zu muhte / als haͤtte er zur Stunde ſollen nidergehauen werden / da die falſche Zeitung kam / der Feind waͤhre ſchon verhanden / das Lager zuſtuͤrmen. Er fiel auff ſeinen Laͤuffer / und hatte kaum 3000 Reuter / die ihn folgeten / weil ihre Pferde ſeinem nicht gleich rennen kunten. Das Frauenzimmer fiel eine uͤber die andere auff Gutſchen / und hatten nicht Raum gnug aus dem Lager zukommen / daß Vologefes daher die Graben an vielen Orten muſte ausfuͤllen laſſen / umb ihnen einen breiten Weg zumachen. Die verwundeten empfingen durch die Furcht und eingenommene Speiſe Krafft genug mit zureiten / und die ſchwaͤcheſten legten ſich auff Wagen. Als der Koͤnig voraus gehauen wahr / ordnete Vologeſes das Fußvolck und die Reuter alles zu Pferde / weil ſie ohn ſeinen Befehlſchon alle Pferde von den Laſtwagen hinweg genommen hatten. Ehe die unſern dieſer Flucht in - ne wurden / wahr Artabanus ſchon acht Meilen / das Heer drey / die fluͤchtigẽ Weiber fuͤnff Meilen fort geſprungen / und als ſie einen engen Durchzug antraffen / ſtellete Vologeſes da - ſelbſt die Schlachtordnung auff allen fall / und ließ ſeinen Voͤlkern aus einer unweit gele - genen Stadt Brod und Waſſer bringen / da unterdeſſen alles unnuͤtze Geſinde vor hin - durch muſte. Aus den Flecken und Doͤrffern geſchahe groſſe Zufuhre / und muſten etliche Bauren mit friſchen Pferden zuruͤk reiten / wegen des Feindes Folge Zeitung einzubrin - gen und als dieſe nichts als gute Sicherheit vernamen / ſchaͤmete ſich Vologeſes und an - dere Kriegs Fürſten dieſer ſchaͤndlichen Flucht uͤber alle maſſe / ſetzeten doch den Weg mit dem Heer fort nach Charas / daherumb die Voͤlker verlegt / und die Kranken in die Stadt gebracht wurden. Karthaſis ward von dem Koͤnige wol gehalten / und mit trefflichen Ge - ſchenken begabet / und ſtellete er ihm vier Tonnen Goldes zu / ſeinem Koͤnige Skolothus zuꝛ Verehrung / und ſechs Tonnen / Voͤlcker davor zuwerben. Nach Indien ward gleich ſo viel zu Aureizgeldern übergemacht / und in der Roͤmer Gebiet acht Tonnen Goldes. Doch kunte Artabanus ſeine wuͤtige Liebt gegen Groß Fuͤrſtin Valiſken nicht ablegen / und hof - fete noch immer zu / ihrer Schoͤnheit zugenieſſen. Sein meiſtes ſinnen aber wahr / wie eꝛ un - ſere Helden aus dem Wege raͤumen moͤchte / dann wolte er ihr bey ihrem Abzuge nach Teutſchland zu Waſſer und Lande auffwarten laſſen / ob er ſie erhafchen uñ in ſeine Gewalt bringen moͤchte. Artaxerxes hatte alsbald nach erhaltenem Siege an alle Bundsverwan - ten geſchrieben / und ihnen den Verlauff durch ſchnelle reitende Bohten zuwiſſen getahn / was geſtalt unſere Helden den Sieg erſtritten / ohn deren Gegenwart die Feinde wuͤrden Oberhand behalten haben / daher man ihnen billich ein dankbahres Gemuͤht erzeigen muͤ - ſte. Er vor ſein Haupt wolte 30 Tonnen Goldes zuſchieſſen; Phraortes und Pharnaba - zus wuͤrden das ihre auch willig tuhn; ſo hoffete man des Feindes Lager zuerobern / welcheBeute144Fuͤnftes Buch. Beute hernach zuſchichten waͤhre nach gebuͤhr; Inzwiſchen ſolte ein jeder Bundsgenoſſe ſeine Grentzfeſtungen mit guter Mannſchafft beſetzen / und ſich oͤffentlich Feind erklaͤren / damit nicht einer nach dem andern verderbet wuͤrde; machte hiebey einen ungefehren U - berſchlag der Erſchlagenen beyderſeits / und verſicherte ſie / daß die Parthiſche Macht der - geſtalt gebrochen waͤhre / daß ſie das Haupt nicht wieder auffrichten ſolte.

Das Gluͤk ließ ſich dannoch merken / als wolte es Artabanus nicht allerdinge verlaſ - ſen / dann ſeine Buͤrger zu Charas und in andern Staͤdten brachten eine freywillige Steur von 120 Tonnen Goldes auff / dabey die Ritterſchafft ein gleiches legte / und erbohten ſich allerſeits / auff des Feindes Einbruch Mann bey Mann zufechten. Das angenehmſte wahr ihm / daß des andern Tages nach ſeiner Ankunfft / ein groſſer Indianiſcher Kaͤmpf - fer / nahmens Gamaxus / von Bauren erzeuget / zu Charas ankam / der faſt Rieſen Geſtalt und von unmenſchlicher Krafft wahr / von Art und Geberden grob / hochmuͤhtig / ruhmraͤh - tig und uͤberaus verwaͤgen / daher er ſich bald bekant machte / daß noch deſſelben erſten Ta - ges Bagophanes von ihm reden hoͤrete / und es dem Koͤnige zuwiſſen taht; welcher ohndz ſchon mit boͤſen Raͤnken umging / unſere Helden entweder durch Gifft oder Schwert aus dem Mittel zuraͤumen. Intaphernes und Tiribazus / weil ſie auff dieſe weidlich ſchmaͤhe - ten / wahren bey ihm wol daran / daß er ſie in ihrer Schwachheit beſuchete / und ihnen ver - traulich entdeckete / er haͤtte vier Hirkaniſche aͤdelknaben mit groſſen Verheiſſungen ſchon darzu vermocht / daß ſie in der Frembden Dienſte ſich begeben / und ihnen einen ſtarken Gift beybringen wolten; dann er waͤhre aͤuſſerſt geſinnet / ihnen den Abzug nicht zugoͤnnen / da - mit ſie nicht bey dem Roͤmiſchen Kaͤyſer ſich dereins beruͤhmeten / wie ſie den groſſen Koͤ - nig getummelt / ſeine verſprochene Braut aus ſeinem wolverwahrten Schloſſe entfuͤhret / ſein maͤchtiges Heer erleget / und ihn ſelbſt aus dem Felde gejaget haͤtten. Dieſes Feuer wuſte Bagophanes weidlich zuſchuͤren / taht des groſſen Indiers abermahl Erwaͤhnung / und mit ziemlichen Scheingründen beſtaͤtigte er / daß man dieſe von den Goͤttern ſelbſt an - gebohtene Gelegenheit nicht verabſeumen oder verachten muͤſte; wodurch er den Koͤnig bewaͤgete / daß er ihn alsbald abfertigte / das Ungeheur auff Intaphernes Gemach zu hoh - len; welches er dann willig verrichtete / ihm des Koͤnigs Gnade anmeldete / und daß ſeine Hocheit willens waͤhre / ihn in Dienſte zunehmen / und vor ſeinen Kaͤmpfer zubeſtellen / auch mit anſehnlichem Solde zuverſehen. Dieſer ließ ſich deſſen keine Sau duͤnken / daß der Koͤ - nig ſeinen anſehnlichen Hoffmeiſter an ihn ſchickete; fing an ſeine eigene Tahten zuruͤh - men / und ſagte: Er dienete umbs Geld / und wer ihm am meiſten gaͤbe / waͤhre ihm der lieb - ſte Herr / vor deſſen Wolfahrt er ſeinen Saͤbel auff Feindes Waffen wetzen / und auff der Widerwertigen Knochen ſtumpff hauen wolte. Als Bagophanes dieſen Toͤlpel vor den Koͤnig brachte / fing er ohn alle Hoͤfligkeit an alſo zureden: Groſſer Koͤnig; gegenwaͤrtiger Herr hat mich berichtet / daß Ihre Hocheit mich begehren zuſprechen / und in Dienſte an - zunehmen; ſo erbiete ich mich nun / Euer Hocheit zum beſten / dieſen wichtigen Saͤbel (wel - chen er uͤber die Helffte bloͤſſete) zugebrauchen / dem noch keiner entgangen iſt / auff welchen ich ihn gezuͤkt habe. In den Indiſchen Landſchafften / diſſeit uñ jenſeit des Ganges Fluſſes / habe ich von dem funffzehnden Jahre meines Alters an / mich nunmehr achtzehn Jahr in kaͤmpffen und ſtreiten gebraucht / und manchen Skythen und andere Feinde erleget / daß ichofft145Fuͤnftes Buch. offt biß an die Enkel in ihrem Blute gangen bin. Ich habe 598 Kaͤmpffer in abſonderlichẽ Streiten ertoͤdtet / und deren bißweilen fuͤnff oder ſechs zugleich auff einen Biſſen genom - men. Der mich kennet / huͤtet ſich wol vor meinen Streichen / die zu grunde richten / was ſie treffen; und wann Eure Hocheit mir den Sold vergnüget / ſollen ihre Feinde wie Aſche von dem Winde verſtaͤuben. Artabanus beſahe ihn von unten an biß oben aus / und ver - wunderte ſich ſeiner Groͤſſe und ſtarcken Gliedmaſſen; dann in ganz Parthen wahr nie - mand / der ihm mit dem Haͤupte die Unter ſchulder beruͤhren moͤgen; ſonſt wahr er dabey nicht ungeſchikt oder toͤlpiſch von Leibe / wuſte ſich auch des Vortels im Streit wol zu ge - brauchen. Er wolte aber dem Koͤnige einen Beweißtuhm ſeiner Staͤrke ſehen laſſen / leg - te ſeine flache Hand auff den Tiſch / und hieß Bagophanes mit beyden Fuͤſſen drauff tretẽ / welchen er mit ſteiffem Arme in die Hoͤhe huhb; foderte hernach zwey neugeſchmiedete Huefeiſen / die er von den anweſenden beſehen ließ / daß ſie ſehr feſt wahren / und beugete ſie zugleich auff einmahl mit freyen Haͤnden gerade / als waͤhren ſie von Horn oder Wachs geweſen. Er kunte einen Ochſen mit einem Hiebe im Leibe mitten von ander hauen; auch mit der Fauſt ihn mit einem Schlage vor den Kopff / zur Erden ſtuͤrzen machen. Der Koͤ - nig hielt eben dieſen vor den rechten Mann / der ſeinen Feinden ſolte gewachſen ſeyn / und verſprach ihm ein ganzes Jahr hindurch / monatlich 10000. Kronen / auch acht Pferde uñ ſechs Leibſchützen zuhalten; dagegen ſolte er zween Juͤnglinge beſtreiten / und ſie ihm ent - weder tod oder lebendig liefern / die ſeine abgeſagte Feinde waͤhren / und ihm mannichen Schimpff erwieſen haͤtten. Ihre Leibeskrafft waͤhre nicht beſonders / aber in uͤbung der Waffen vortrefflich / daß er nach ihrer uͤberwindung ſich wol ruͤhmen duͤrffte / er haͤtte den trefflichſten Helden der Welt angeſieget; ſolte ſie aber ja nicht beyde zugleich / ſondern einẽ nach dem andern vornehmen / und über ſeinen Sold vor jedes geliefertes Haupt 50000. Kronen; da er ſie aber lebendig fahen und uͤberſchicken koͤnte / vierdoppelt ſo viel haben. Ga - maxus gab zur Antwort: Ihm genuͤgete an dem verſprechen und vermachtem Solde / weil auch dem Koͤnige mit den lebendigen Gefangenen mehr als mit den todten gedienet waͤhre / denen er ſonſt ohn einigen Schwertſchlag das Genick brechen wolte / ſolten ſie ihm erſter Zeit eingehaͤndiget werden; nam von Artabanus baͤuriſchen Abſcheid / und begehre - te / daß man ihm alsbald des folgenden Tages an die Grenzen geleitete / damit er das Geld ehiſt verdienen und den Koͤnig befriedigen koͤnte. Als der Koͤnig von den Verwundeten hinweg gangen wahr / beſuchte Vologeſes ſeinen Oheim Tiribazus / der ihm nicht allein den beſtelleten Kaͤmpffer / ſondern auch des Koͤniges Vorhaben wegen der Vergifftung offenbahrete; uͤber welches lezte er ſich hefftig entſetzete / und an ſolcher Boßheit ein abſcheu trug / unterließ auch nicht / ſeinem Oheim Pakorus es zuvermelden / der ihn hoͤchſt ermah - nete / daruͤber zuarbeiten / daß eine ſo unverantwortliche Taht abgewendet wuͤrde; Wie er aber vernam / daß der Koͤnig es mit ihm nicht berahtſchlaget hatte / ſagte er: Der ſchaͤndli - che Fuchsſtreicher Bagophanes ſtaͤrcket ihn in ſolchem Unweſen / und wird der Bube nit auffhoͤren ihn zureizen / biß ihm der Hals gebrochen iſt. Sie beklageten beyde den elenden Zuſtand des Reichs / und daß eine groſſe Enderung ſich merken lieſſe / welche den Perſen erheben / und Artabanus unterdruͤcken dürffte; bezeigeten ſich auch uͤberaus betruͤbt / dann ihr Herz wahr ihnen uͤber dieſer Boßheit faſt erſtorben; endlich nam Vologeſes auff ſichtden146Fuͤnftes Buch. den Koͤnig zubeſuchen / ob er ſich vielleicht deſſen etwas wuͤrde vernehmen laſſen. Aber er gedachte ſeiner Hirkaner mit keinem Worte / nur den groſſen Gamaxus ruͤhmete er / und daß er ein Fuͤrſtentuhm drumb geben wolte / daß ihm dieſer unerſchrockene Held vor der Schlacht zugezogen waͤhre / als welcher nicht allein die Perſiſchen Weichlinge ſolte ge - daͤmpffet / ſondern auch die Teutſchen Wagehaͤlſe als die Muͤcken nidergeſchlagen haben; jedoch wolte er noch zufrieden ſeyn / wann er ihm nur die beyden Buben Herkules und La - diſla lebendig einbraͤchte / an denen er ſich dergeſtalt zu raͤchen vorhabens waͤhre / daß ande - re ſich an ihnen ſpiegeln ſolten. Vologeſes gab zur Antwort: Was durch einen oͤffentlichẽ Kampff geſchaͤhe / wolte er mit ruͤhmen; meynete auch / es waͤhren noch wol Ritter zufin - den / ſo den beyden gewachſen waͤhren; hielte doch davor / ſie würden ſich ſchwerlich leben - dig greiffen laſſen / ſondern viel lieber von Feindes Hand ſterben; Daß aber Ihre Koͤnigl. Hocheit ihnen ſo abſcheuhliche Straffen draͤuete / da ſie doch freye Koͤnige und Groß Fuͤr - ſten waͤhren / die in ihren Laͤndern groſſe Gewalt haͤtten / ſchriebe er ſeinem Zorne zu / nach deſſen Linderung ſeine Hocheit ſich wol eines andern bedenken wuͤrde; welche Erinnerung er aber mit groſſem Unwillen aufnam / uñ ihn fragete / ob er Perſiche oder Teutſche Jahrs - beſtallung haͤtte / daß er ſo fleiſſig vor ſeine Feinde ſtrebete; denen wir / ſagte er / das Herz wol - len aus dem Leibe reiſſen / und den Hunden zufreſſen vorwerffen laſſen / und Troz gebohten / der uns ein ſolches wehren ſol / da er ſonſt nicht in gleiche Straffe fallon wil. Ihre Koͤnigl. Hocheit machen alles nach belieben / ſagte er; jedoch wann ich wiſſen ſolte / daß dieſelbe den allergeringſten Verdacht auff mich geworffen haͤtte / ob ſ[o]lte ich mit den Reichsfeinden ei - nige Verſtaͤndniß haben / und durch das verfluchte Geld / deſſen ich zeit meines Lebens eben ſo wenig als des ſchlimmen Kohts geachtet / mich beſtechen und zur Verraͤhterey bewaͤgen laſſen / muͤſte mir leid ſeyn / daß ich je gebohren waͤhre; bitte demnach / zum untertaͤhnigſten / Ihre Koͤnigl. Hocheit wolle mich alsbald meines Ampts allergnaͤdigſt erlaſſen / und mir den Ort benennen / woſelbſt ich mein uͤbriges Lebẽ in aller Einſamkeit / als in einem Gefaͤng - niß zubringen ſolle / wil ich ſolches vor eine gnugſame Vergeltung aller meiner bißher ge - leiſteten traͤuen Dienſte halten. Wir haben euch in keinem Verdacht / antwortete er / koͤnnet auch eures Ampts durchaus nicht erlaſſen werden; nur vor unſere Erzfeinde allemahl ſo frey zu reden koͤnnen und wollen wir von niemande gewaͤtig ſeyn. Fragete hernach / wie es mit den Werbungen beſchaffen waͤhre / daß man ſolche alsbald fortſetzete / und befahl / daß die Grenze Staͤdte wol verſehen / und der tapffere Gamaxus mit 40000 Reutern dahin begleitet wuͤrde; welches zubefodern Vologeſes verſprach / und doch nicht unangezeiget ließ / wo nicht ein vorſichtiger Feld Herr daruͤber geſetzet würde / duͤrffte das ganze Heer verlohren gehen; dann der Feind wuͤrde keines weges unterlaſſen / ihnẽ mit ganzer Macht auff den Leib zufallen; welches er zu dem Ende anzeigete / daß ihm ſchier heut oder morgen nichts ungleiches zugemaͤſſen würde. Worauff der Koͤnig nur ſagte: Er wüſte ſchon / daß die Ungluͤks Weiſſagungen zum Ende gelauffen waͤhren. Das verleihen uns die guͤtigen Goͤtter / und daß ich doch auch einmahl zum Luͤgener werden moͤge / wornach mich bißher immer verlanget hat / antwortete Vologeſes; ging hin / und zeigete Pakorus alles an / der groſſen Verdruß dran hatte / daß der Koͤnig keinen heilſamen Raht mehr annehmen / und uͤberdas die wichtigſten Reichsgeſchaͤffte mit ſeinen hoͤchſten Bedieneten nicht mehr be -reden147Fuͤnftes Buch. reden wolte; hielt es vor ein Zeichen groſſen Verblendung / und ſo bald er allein wahr / ſetze - te er folgenden Brieff auff:

Ein auffrichtiger Freund / welcher vor dieſem den Durchleuchtigſten Groß Fuͤrſten aus Teutſch - land / Hn. Herkules gewarnet / ſich denen nicht zuvertrauen / die aus Parthen ſich gegen ihn freundlich ſtellen / kan vor dißmahl nicht umhin / vertraulichſt anzudeuten / daß man ſich vor Gifftmiſcher huͤte / die redlichen Helden den Tod in die Handſchuch und Kleider / oder an Meſſer und Degen Gefaͤß an - ſchmieren werden. So laͤſſet fich auch ein wildes Ungeheur finden / die beyden fremden Fuͤrſten zum Kampff auszufodern / unter was Schein / kan man nicht erforſchen. Der Schreiber dieſes Brieffes ſcheuhet ſich ſeinen Nahmen zunennen / und mit gewoͤhnlicher Hand die Buchſtaben zu zihen; ſendet aber dem Durchl. Groß Fuͤrſten zur Wieder geltung einen Ring / welcher am Finger getragen / allen gegenwertigen Gifft durch ſeine waſſerbleiche Verenderung anzeiget / und verbleibet er Zeit ſeines Le - bens deſſen Durchl. ergebener getraͤuer Diener / Der Auffrichtige.

Hiebey wahr ein ander Brief zum uͤmſchlage / von ihm an Pharnabazus geſchriebẽ / nebeſt den 60000 Kronen / welche die drey Teutſchen wegen Intaphernes und ſeiner Ge - ſellen zuheben hatten; vermachete die Gelder in 120 Beutel / und ſtellete ſie ſo viel Reutern zu / welche Tag und Nacht reiten / und ſie biß nach Perſepolis an Fuͤrſt Pharnabazus - berbringen muſten; doch wolte er den Brief an Herkules niemand vertrauen / ſondern verſteckete ihn in einen ſchoͤnen Sattel / welchen er auff ſeiner Handpferde eines legete / und einem Reuter befahl / es Fuͤrſt Pharnabazus zuzuſtellen / mit dem ers verſpielet haͤtte. So bald dieſe in der Perſichen Haupt Stadt anlangeten / ward das Pferd mit dem Neben - Schreiben alſobald Pharnabazus eingehaͤndiget / welcher dieſe Worte drinnen fand:

Meiner Buͤrgſchafft / mein Herr und Freund / waͤhre ich gerne loß / deßwegen die wolgewon - nenen Gelder in 120 Beuteln verſiegelt uͤbergeſchikt werden / und eia Pferd / welches Euer Liebe zuge - ſtellet werden ſol; der Sattel aber iſt vor Groß Fuͤrſt Herkules / denſelben durchzublaͤttern / und das gefundene in hoͤchſter geheim zuhalten. Uns alle in den Schuz des Himmels befehlend / verbleibend ſein williger F. P.

Pharnabazus ſeumete ſich nicht / nahm den Sattel mit ſich nach Herkules / und gab ihn Libuſſen und Brelen auffzuſchneiden / welche den Brieff ſamt eingelegten Ring bald funden / und verwunderten ſich unſere Helden uͤber dieſes Fuͤrſten Redligkeit / maſſen das geſchriebene Merkzeichen den Uhrſchreiber bald kund machete. Zween Tage hernach mel - deten ſich vier Hirkaniſche aͤdelknaben an / ihres alters von 18 Jahren / und erbohten ſich / ſeiner Durchl. Groß Fuͤrſt Herkules als Leibdiener auffzuwarten; ſie waͤhren bißher drey Jahr in Koͤnigl. Parthiſchen dienſten geweſen / und von ihren Eltern ſchrifftlich vermah - net / ingeheim davon zureiten / damit ſie nicht als Feinde des Vaterlandes dermahleins moͤchten geſtraffet werden; denen ſie billich gehorſamet / und ſich hieher begeben haͤtten / ihrer Durchl. vor andern zu dienen; legten auch ihrer Eltern warhafte Schreiben auff zum Zeugnis. Valiſken trug der Sinn nicht viel gutes zu / daher ſagte ſie auff Teutſch zu Herkules: Vielleicht haben die Gifftmiſcher ſich ſchon eingeſtellet / und duͤrfte der Kaͤmp - fer auch nicht lange verweilen. Ey nicht ſo argwoͤhniſch / mein Schaz / antwortete er: Dieſe Juͤnglinge ſind eines adelichen freimuͤhtigen Geſichtes / haben auch ihrer Eltern ſchrifftliches Zeugnis / daß man von ihnen ſolche Untaht nicht muhtmaſſen kan / und wird Artabanus nicht wenig ſchmerzen / wann er hoͤren muß / daß ſeine Auffwarter in unſere Dienſte treten. Wendete ſich hierauff zu ihnen / und ließ ſie durch einen Handſchlag an -t ijgeloben /148Fuͤnftes Buch. geloben / daß ſie from und getraͤu ſeyn wolten. Noch wolte die Groß Fuͤrſtin nicht trauen / ſondern befahl etlichen Boͤmiſchen Knaben / auff dieſer Hirkaner tuhn und laſſen gute acht zu haben; welche ſich aber ſo ſcheinbar verhielten / daß Valiſka ſelbſt allen argwohn fallen ließ / weil ſie nichts ungeheiſſen anruͤhreten. Gamaxus eilete nicht minder / ſein Vorhaben ins werk zurichten / wuſte nicht / wie er vor hochmuht gehen oder reiten wolte / weil ein Paꝛ - thiſcher Feld Herr / nahmens Katenes mit 40000 Reutern ihm zur begleitung zugege - ben wahr. Nun hatte Artabanus gleichwol dieſen Voͤlkern ernſtlich eingebunden / ſich in kein Handgemenge zu wagen / es waͤhre dann / daß Gamaxus nach erhaltenem abſonder - lichen Kampfe von Feinden ſolte uͤber fallen werden. Nach der Hirkaner ankunfft / etwa fünff Stunden / ließ ſich ein Parthiſcher Heerhold anmelden / er haͤtte bey Herkules und Ladiſla eine Werbung abzulegen; und als er vorgelaſſen ward / fing er nach gebehtener verzeihung alſo an: Des groſſen Koͤniges Artabanus beſtalter Kaͤmpfer / Herr Gamaxus / der Sieghafte (dieſen Nahmen hatte er in Indien erworben) uͤberſendet den Durchleuch - tigſten Fuͤrſten Herrn Herkules uñ H. Ladiſla dieſen Abſagsbrieff / welchen ihre Durchll. zu leſen unbeſchweret ſeyn werden. Wer iſt dann der beſtalte ſieghafte Kaͤmpfer / H. Ga - maxus? fragete Herkules / daß ich gleichwol ſeines tuhns und weſens etwas wiſſenſchafft habe / ehe ich mich weiter einlaſſe. Der Heerhold ruͤhmete ihn gewaltig; er waͤhre zwar der ankunfft eines Bauren Sohn aus Indien / aber durch ſeine Tapfferkeit haͤtte er einen unſterblichen Nahmen uͤberkommen / und mit dem Saͤbel den hoͤchſten Adel erſtritten. Ein Baur? ein Indianiſcher Baur? ſagte Herkules; ſol ich mich nun mit Bauren zu - droͤſchen? bald packet euch hinweg / mit eurem Baͤuriſchen Abſags-Brieffe / und ſaget eu - rem Koͤnige / wann er ſelbſt / oder irgend ein ritterlicher Fũrſt meines Bruders Ladiſla oder meiner Haar begehret / ſollen ſie ihnen ungewegert ſeyn; aber einen unflaͤtigen Bauren zu kaͤmmen oder zu lauſſen / halte ich mich viel zu gut. Wiſſet ihr aber nicht / wer den Bauren die Abſags-Brieffe an Koͤnige uñ Fuͤrſten zu ſtellen mag gelehret haben? ich moͤchte wuͤn - ſchen / dz ich einen groben Sachſen Bauren bey mir haͤtte / der ſolte ihm etliche gute Strei - che mit dem Flegel zeigen / daß ihm ſehen und hoͤren verginge. Und ihr / Heerhold ſollet wiſſen / dafern hernaͤhſt ein ander mir von Bauren Abſags-Brieffe anbieten wird / ſol er Streiche zu lohn tragen. Dieſer muſte mit ſolcher Antwort