PRIMS Full-text transcription (HTML)
Sieben-Geſtirne Koͤniglicher Buſſe / das iſt / Die Sieben Buß-Pſalmen / Des Koͤniges und Propheten Davids.
Nach eigentlicher meinung der Haubt-Sprache durch weiland
Zum Brieg /druckts Chriſtoph Tſchorn.Anno 1671.

Und Der Hoch-Wohlgebornen Frauen / Frauen Hedewich / Freyen von Dyherrn / gebornen von Saliſch / Des Hoch-Wohlgebornen Herren / Herren George Abrahams Freyherrn von Dyherrn / Herrn auf Dyherꝛnfurth Ober-Hertzogs - waldau / Ganiſcher und Wahren / ꝛc. Der Roͤm. Kayſerl. auch zu Hungarn und Boͤhaimh Koͤnigl. Maytt. Raht / Caͤmmerer / und Vollmaͤchtigen Landes-Haubtman des Fuͤrſten - thums Groſſenglogan / ꝛc. Hertzgeliebten Frauen Ehe-Gemahlin zu ſchuldigſter Beehrung zu geeignet und uͤbergeben von Chriſtian Deodat von Czepkon.

An Buſsfertigen Leſer.

WAnn wir unter das Creu - tze treten / und unſern Heyland anſehen / was ſehen wir anders / als den brennenden Zorn Got - tes wider die Suͤnde. Weil aber nichts gegenwaͤrtigers iſt ſolchem zu begegnen / als die Buſſe; Warum ſind wir ſo nachlaͤtzig / dem obzuliegen / durch das wir dem Zorne GOttes entfliehen / und des Ewi - gen Heiles theilhafftig werden koͤnnen? Es iſt mit bluttigen Thraͤnen zubeweinen / daß wir / keinen Augenblikk in uns gehen / ſondern in den Tag hin - ein leben / und weder ſtraaffen noch ſuͤnden etwas ach - ten. Dem ab zu ſeyn habe ich eben zu der Zeit / in welcher das Heilige Blutt unſers Erloͤ - ſers / durch eifrige Andacht frommer Leuthe / in der gantzen Chriſtenheit gleichſam ſtedend und pru -A ijdelndedelnde iſt / dieſen Abriß der Buſſe / die ich taͤg - lich kraͤfftig in mir befinde / meinem Naͤchſten vorſtellen / und Ihn zu dieſer Seeligen Speiſe uͤber Engel / auf unlaͤngſt folgende Marter - Woche / einladen wollen. Sieben Tage ha - ben wir / in welchen GOtt Himmel und Erden geſchaffen / und darauf geruhet: Sieben Wor - te / die unſer Herr am Stamm des Creutzes geſprochen / und darauf geſtorben: Sieben Gaa - ben / ſo der Heilige Geiſt uͤber die Glaͤubigen außgegoſſen / und darauf alles erhaͤlt; Zu dieſer vollkommenen Zahl / wil ich das Sieben-Ge - ſtirne der Koͤniglichen Buſſe / das iſt / die Sieben Buß-Pſalmen ſetzen. Gewiß / wie mehrentheils / wann die Plejades, im geſtirn - ten Himmel auf ſteigen / naſſes Wetter folget: alſo kan es nicht fehlen / es wird bey andaͤchtigem Auffgang / dieſes Sieben-Geſtirns / auch Buß - fertige Thraͤnen geben. Welche / wann Sie mit den flieſſenden Blutts-tropffen unſers Erloͤſers vermiſchet werden / was kan maͤchtigers im Him - mel und auf Erden erdacht werden / den Todt und die Welt / und darinnen alle Feinde zu uͤberwaͤl - tigen.

Die

Die Sieben Buſs-Pſalmen.

Der Sechſte / als Der Erſte Buß-Pſalm.

1.
LIcber Herr / ich bin es wehrt /
Wolteſt du mich gleich verdammen /
Heilig / ob ſie mich verzehrt /
heiß ich deines Eifers flammen.
Billich ſchlaͤgſt du mich von dir;
aber / wende Gnade fuͤr.
2.
Mein GOtt / denk an deine Treu /
Meine Suͤnde / mein verbrechen /
und des uͤbels tieffe reu /
wil mir Hertz und Nieren brechen.
B iijHErr /
Herr / wo find ich ewig ruh /
kom̃t dein ſtrenger Zorn dazu.
3.
Halt / ô treuer Vater / an;
laß den Geiſt den du zubrochen /
wo ſie gantz nicht abgethan /
in dir dein erbaͤrmdeſuchen:
Ach! Dein Grimm / und meine Pein
werden ja nicht ewig ſeyn!
4.
Strenger Richter / meine Noth
dringet mir durch Mark und Leben /
Ich bin Krank biß auf den Tod /
Schrekken haben mich umbgeben /
keine Krafft iſt mehr in mir /
alß die / welche ſchreyt zu dir.
5.
Laßmein Hertze / drauf du ſichſt /
dir das deine doch bewegen.
Dann was in mir ſchreyt und iſt /
Kom̃t ja / Herr / von deinem Seegen:
Von dir kommet die beſchwer /
Von dir auch die Rettung her.
6. Eil
6.
Eil / ach! Eil: eh’ich vergeh /
unter meinem ſchweren klagen:
Dein Erbarmen und mein Weh /
muͤſſe ſich grund-auß vertragen:
Deine Huͤlff und meine Pein /
laß / Herr / Bundgenoſſen ſeyn.
7.
Suͤſſer Troſt / gib mir verhoͤr /
Ach! wie lange kanſt du ſchweigen /
Sieh es kan kein Seuffzer mehr /
auß dem Kranken Hertzen ſteigen:
Biſt du denn ſo ſchwach als ich /
dieſes mal zu retten mich.
8.
Rett / ô rette / lieber GOtt /
Meine Seel auß feſten ſtrikken:
Laß mich / Herr / in meiner noth /
einen ſtrahl der Guͤtt erblikken:
Zornig biſt du / doch auf reu /
auch auß vollem Hertzen treu.
9.
Und im fall / mein Hertze ſol /
In der Quaal und Angſt zuſpringen /
A jvTreu
Treuſter Hort / wer wird dir wohl
ſolche reu vor deines bringen:
Wer / wilt du mir nicht verzeyhn /
wird ſo ſehnlich zu dir ſchreyn?
10.
Menſchen / die gleich wie ein Vieh /
Ihren Geiſt dahin gegeben /
koͤnnen nicht mehr ſpatt und fruͤh /
Deinen Ruhm / ô GOtt erheben:
Und wer haͤlt dich hoch und wehrt /
wenn er zu der Hoͤllen fehrt?
11.
Herr / der Seuffzer muͤde ſchaar /
bleibet vor dem groſſen ſchrekken /
aͤngſt ich mich gleich immerdar /
unten in dem Hertzen ſtekken:
Zeuch / und bringe ſie herfuͤr /
Keiner macht ſich ſonſt zu Dir.
12.
Meine Bett’ohn unterlaß /
weil mich dein Zorn vorgeladen /
ſind vor Schweiß und Thraͤnen naß /
drinnen Du mich laͤſſeſt baden.
Meit
Meine Seel in der beſchwer.
ſchwimmt vor deinen Augen her.
13.
Vor der Angſt in der ich bin /
wil mir alle Krafft zufliſſen /
Ich zieh unterm Kummer hin /
außgedorrt und aufgeriſſen;
von der Quaal wird die geſtalt
wie ein Kleid von Motten alt.
14.
Allenthalben ſchlaͤgt die Flutt /
uͤber meiner Bruſt zuſammen:
und / was mir am baͤngſten thut /
frommer GOtt / ſind deine Flammen:
Zuͤnde doch / mein Heil / dafuͤr /
Dein Erbarmung an in Dir.
15.
Aber geht / ihr Suͤnder / geht /
die ihr GOtt nicht koͤnnt vertrauen:
Ob es umb mich muͤßlich ſteht /
dennoch wil ich auf Ihn bauen:
Er / der Herr / kan mich verſehrn:
aber auch voll Gnad erhoͤrn.
A v16. Die -
16.
Dieſer grund / auß deſſen Klufft /
meine treue Seuffzer ſteigen /
kan / darauf ich ſtets gehofft /
Ich den Herren zu mir neigen;
Dieſer Thraͤnen heiſſe Bach /
fleuſſt Ihm biß in Himmel nach.
17.
Ich empfind in meine Bruſt /
Neue Gnadenſtroͤhme ſinken:
Er / der Herr ſucht voller luſt /
ſuͤſſen Troſt mir zu zutrinken:
Mein gebaͤte bindet Ihn /
daß Er ſich laͤſſt zu mir ziehn.
18.
Die / ſo mir gehaͤſſig ſeyn /
muͤſſen Ihm ihr Leid nicht klagen /
muͤſſen in des Todes Pein /
voller Furcht und Angſt verzagen.
Darumb / daß Sie nicht bedacht
Seiner groſſen Guͤtte macht.
19.
Nun / ich ſehe ſie ſchon gehn /
Sie ſchon in die Grube fahren.
Aber
Aber GOtt wird mich erhoͤhn /
wird mir Seel und Leib bewahren.
Ihre Huͤlff iſt Schand und Spott;
Meine nichts als Guͤtt und GOtt.

Der Zwey und Dreiſſigſte als der Zweite Buſs-Pſalm.

1.
Wie wohl iſt dem / dem GOtt die ſchuld vergeben /
und dieſe Laſt ihm wil vom Ruͤcken heben:
dem GOtt die Suͤnd auß lauter Huld bedekkt /
und nicht ſein Hertz in ſtrengem grimm er - ſchrekkt.
2.
Wie wohl iſt dem / dem alles ſein ver - uͤben /
der Herr nicht hat zur Zahlung aufge - ſchrieben
(geht /
dem kein betrug auß Mund und Hertzen
und ſeinen fall grund-auß fuͤr Gott beſteht.
3. Dann
3.
Dann ſieh / ô GOtt / als ich es nicht wollt achten /
fuͤhlt ich in mir der Beine Mark ver - ſchmachten.
Mein Eingeweid erboͤbte fuͤr und fuͤr /
da ich es nicht erkannt / ô GOtt fuͤr dir.
4.
Ich heult ich heult / es wollt in meinem Zagen
Mich deine Hand fuͤr Zorn zu laͤger ſchlagẽ.
Ich war ſo duͤrꝛ umb meiner ſchuld und pein /
als eine ſchirb am Ofen pflegt zu ſeyn.
5.
So kunteſt du / da als ich wolte ſchweigẽ /
was ich verdient mir am Gewiſſen zeigen /
das war die Bahn / auf die mein Hertze rieß:
Die vor die Werk auf deine Gnade wieß.
6.
Drumb dir / mein Gott / bekenn ich meine Suͤnden;
dañ bloß bey Dir iſt Troſt und Heil zufindẽ:
Dir
Dir berg ich nicht die miñſte Miſſethat;
denn auſſer Dir / mein GOtt / weiß ich nicht raht.
7.
Ich ſag es noch: ach! zehle meine ſchmertzen /
(Hertzen:
Ich beichte Dir mein GOtt auß gantzem
Ich zehle Dir die ſchuld in Fingern hin:
laß mich / mein GOtt / ohn Troſt nicht von Dir ziehn.
8.
Und ſiehe Herr / weil ich dich bloß wil wiſſen /
fuͤhl ich dein Heil in meine Seele fluͤſſen;
Du wilt / weil ich ſo zu Dir weiß zu ſchreyn /
auf dieß vertraun mir meine Schuld ver - zeyhn.
9.
Auf dieß vertraun / wird ſie die Schaar ſich gruͤnden /
die Heilge ſchaar / wann ſich Gewitter findẽ:
umb dieſen Troſt / wie ſtark die Winde wehn /
wird iederzeit das Volk der from̃en flehn.
10. Drumb
10.
Drumb ankern Sie / wie weit ſie ihr Gewiſſen /
durch qual und angſt von dieſer Bahn ge - riſſen:
Sie bleiben ſtehn / weil ſie GOtt in ſich ſchleuſſt;
wie ſtark ſich auch der Truͤbſaal Bach er - geuſſt.
11.
Du biſt mein Schirm / ich weiß mir nicht zu rahten /
dekkſt du mich nicht / Herr / unter deinen ſchatten;
ſtreichſt du die Angſt des Todes nicht von mir /
mein thun beſteht nicht einen blikk fuͤr Dir.
12.
Doch / Herr / ich hoͤr es brechen Band und Eiſen /
Du wilt den Troſt mir der vergebung weiſen;
Es breitet ſich durch meines Hertzen Hauß /
ſo groß als Du / Herr / dein erbarmung auß.
13. Du
13.
Du ſprichſt; Wohlan / ich / dein GOtt wil dich hoͤren /
wil dich die Bahn zum neuen Leben lehren:
Mein Auge ſol / weil du ſo kunteſt flehn /
Dich uͤberal verſorgen und verſehn.
14.
Was ſtarrt ihr nu? Nicht ſeyd doch gleich den Roſſen /
die umb den Mund mit Eiſen ſind beſchloſ - ſen:
nicht ſeyd verſtokkt / wie Eſel ſo da ſtehn /
und ohne Stokk nicht von der ſtelle gehn.
15.
Wer Gottloß iſt / der kan doch nicht ſo hoffen /
nicht ſo vertraun / nicht ſo inbruͤnſtig ruffen:
Er hat nicht ruh / wo hin er immer denkt /
ſteht Gottes Zorn / der ſeine Seele kraͤnkt.
16.
Hingegen kan voll Luſt und voll ver - langen /
der from̃e Menſch Barmhertzigkeit er - langen:
Sein
Sein Heil und Theil ſchreibt Er dem Her - ren zu:
drumb hat ſein Hertz auch in der Hellen ruh.
17.
Und darumb auf! ſeyd froͤlich Ihr Er - loͤſten;
(troͤſten:
Ihr from̃en ruͤhmt / der Herr der wil uns
Ein ieder hab ein Dank-Lied außerkißt /
weil unſer GOtt ſo treu und guͤttig iſt.

Der Acht und Dreiſſigſte oder Dritte Buſs-Pſalm.

1.
Ach ſtraffe mich doch nicht / mein GOtt /
In deinen Eivers-vollen flammen:
Ergreiff mich nicht; Ach! Hell und Tod /
ſchlaͤgt vor auf meiner Bruſt zuſammen.
2.
Ach! lieber Vater nihm dafuͤr /
die Zuͤchtigung der linden Rutten:
und treibe mich / (ich beichte Dir /)
als deiner Haͤnde Werk zum gutten.
3. Denn /
3.
Denn / Herr / du haſt dich ſehr er grimmt /
Es ſchaͤumen deines Zornes Schaalen:
Ich weiß / die Straaf iſt mir beſtimmt /
Mir gilt dein Plitz und ſeine Strahlen.
4.
Die Pfeile die du drangſt in mich /
durchdringen meines Hertzens Hoͤhlen:
dein Bogen ſchnellt ſie ſtark von ſich /
Sie gehn biß in den grund der Seelen.
5.
Es heilt kein ſchlag noch ſtreich nicht zu /
die dein erzuͤrnte Hand geriſſen:
denn dein Geſetze bringt nicht ruh /
es donnert ſtets in mein gewiſſen.
6.
Die rachgir deiner grimmen Hand
zeucht mir das Hertz auß meinem Hertzen /
Sie druͤkkt in mich des Haſſes brand /
und kuͤhlet ſich mit meinem ſchmertzen.
7.
Ja Herr mein Leib zeigt keine ſtat /
die nicht dein Grimm ſucht außzudchnen:
Ach! es zumalmt die Miſſethat /
das tieffe Mark mit troknen Zaͤhnen.
B8. Kein
8.
Kein anſtand troͤſtet meine Noth;
dann Hellen Angſt ſtoͤhrt ihre flammen:
Ich bin ſchon untern Suͤnden tod /
Sie ſchlagenuͤber mir zuſammen.
9.
Sie preſſen mir das Leben auß /
wie eine Laſt die nicht zu tragen:
wie unterm praſſeln Dach und Hauß /
auf eines Scheittel pflegt zu ſchlagen.
10.
Und ach! das Blutt und Eiter ſtinkt /
das meine Seele durch gefreſſen:
weil ſie die Suͤnd als Waſſer trinkt /
und aller Furcht und Zucht vergeſſen.
11.
Ich bin ein Aaß und Fluch fuͤr GOtt
von meiner ſchuld und thorheit wegen:
die mich ſchleppt biß in andren Tod /
von deinem andern Bund und Seegen.
12.
Nu Herr / ich gehe krum̃ daher /
geſtrekkt lieg ich im Staub auf Erden:
Mich laͤſſt die Noth und die beſchwer /
nicht mehr erkannt von Menſchen werden.
13. Mein
13.
Mein Kleid iſt Buß iſt Reu / und Leid /
drein ſakk ich GOtt / mein gantzes Leben:
die Haut hab ich in meiner Zeit
mit Klag und Kummer umbgegeben.
14.
Ach! Herr die Schande ſtekkt mich an /
Ich fuͤhl in Daͤrmenſcharffe Kohlen:
Geſund iſt hier nichts umb und an /
hin biß zum Schaͤdel von der Sohlen.
15.
Mein Eingeweid iſt duͤrr und leer /
mein jammer hat es aufgewunden;
die Nieren ſind ein gantzer ſchwer /
der ſich von Hitz und Angſt gefunden.
16.
Ach! GOtt / ich weiß nicht / wie mir iſt /
Ich ſink in ohnmacht untern ſchmertzen.
Die letzten ſtoͤſſe / wie du ſihſt /
ziehn mir die Seel auß meinem Hertzen.
17.
Wie eine Schlag-Uhr ſteht mein Geiſt /
der die Gewichte ſind benohmmen:
mein Leben wie der Rauch hinreiſt /
iſt unterm ſeuffzen außgeglommen.
B ij18. Nu
18.
Nu / Herr / dir iſt mein Angſt bekañt /
die groͤſſer iſt als alle Plagen:
Dir Sie die Noth in deine Hand /
weit beſſer als mein Mund kan tragen.
19.
Du kennſt das Seuffzen meiner Bruſt /
Du zehlſt mein Zitterndes verlangen:
kein ſtoß iſt dir nicht unbewuſt /
den ich von deinem Grim̃ empfangen.
20.
Mein gantzes Hertzerſchrikkt und boͤbt;
das Blutt wirdt Sand / und Stein die Sehnen:
das Haubt iſt durch und durch ertoͤbt /
Mein Augen ſind verleſcht durch Thraͤnen.
21.
Ihr Licht entzeucht mir Tag und Schein /
durch ſtetes winſeln und verwachen;
Sie ſelbſt die Augen brechen ein /
ſind traͤge ſich mehr auf-zumachen.
22.
Was mehr; es kan faſt jederman /
von Freunden meine Wunden ſehen:
Sie
Sie ſehn mich gegenuͤber an /
es jammert Sie / wie ich muß flehen.
23.
Die Nachbarn ſeh ich ferne ziehn /
Seh ich mein Hauß und Leid verlaſſen /
da iſt nicht einer / wie vorhin /
der mich wolt in die Pflege faſſen.
24.
Ja ſelbſt der Blutts-Verwandten Schaar /
die ſich von meinem Namen nennen:
den ekkelt ſtark vor der Gefahr /
Ihr Hertze wil nicht meines kennen.
25.
Nichts ſteht bey mir / als meine Pein /
die Feinde dennoch außgenohmmen /
ſo ſaͤm̃tlich kaum zu zehlen ſeyn /
wann Sie mit Schwert und Netzen kommen.
26.
Sie ſprechen ſtets einander an /
mehr plagen auf mein Haubt zu liegen:
und denken mich auf letzter Bahn
mit Liſt und Schmehung zu beſiegen.
B iij27. Ich
27.
Ich aber kan vor dieſer Schmach /
Mund / Ohren und Gemuͤtte ſchliſſen:
mein Hertze fraget nichts darnach /
wie ihres mich weiß anzugiſſen.
28.
Ich bin wie Stum̃ und Taub dabey /
begehr auch nicht ein Wort zuſagen:
wil mit gedult und ohn geſchrey /
Ihr ſcharffes laͤſter-Maul vertragen.
29.
Denn Herr / ich trau und harr auf dich /
Du auch / mein GOtt / wirſt mich erhoͤren:
Ich weiß wie ſehr du druͤkkeſt mich /
Ich leid und klage Dir zu Ehren.
30.
Ich ſelbſt durchmarter meinen Geiſt /
daß ſie die Schenkel ſo geglitten:
die Schaar hab ich mit luſt geſpeiſt /
doch viel hab ich auch drumb gelitten.
31.
Auß deinem Wort und meiner Bruſt /
weiß ich / ô GOtt / dein Heil zu leſen:
Dein
Dein hohes Werk iſt mir bewuſt /
und wie ich ſol und kan geneſen.
32.
Nun ihre Luſt iſt ſchon gebuͤſſt /
als bald mir deine Gnad erſchienen:
hinfuͤr wo du die ſchuld vergiſſt
werd ich zu deinem lobe dienen.
33.
Denn ich erkenne meine ſchuld /
Du thuſt mir recht / mein GOtt durch ſtraafen;
Ich ehr in Demuth und Gedult
die Zuͤchtigung gerechter Waffen.
34.
Mein elend / (Du entdekkſt es mir /)
Iſt mir zum minſten unverborgen /
Ich beichte meine Suͤnde dir /
vor die ich hertzlich weiß zu ſorgen.
35.
Indeſſen gruͤnnt der Feinde ſchaar /
in dem Sie fromme niedertreten:
Ihr Gutt und Muth waͤchſt immerdar /
die jederman ſucht anzubaͤten.
B jv36. Die
36.
Die ich geliebt / die ſind mir gram /
die mich geehrt / ziehn mich vom Leben:
Es fliehn mich / die ich zu mir nahm:
mich binden / die ich loß gegeben.
37.
Die Urſach iſt / daß Guͤtt und GOtt /
darauf ich mich ſo kan verlaſſen /
nicht einer umb der Schuld und Noth /
ſucht unter ihnen mich zu haſſen.
38.
Sie haſſen dich ſelb ſelbſt in mir:
drumb kom̃ / mein GOtt mir bey zuſtehen /
kom̃ eile / denn ich traue Dir /
laß mich nicht ſo in trauren gehen.
39.
Mein Troſt hengt ſich an deine Hand /
die wirſt du mir noch heute reichen.
Ich wil / weil ich dein Heil erkannt /
nicht einen tritt zuruͤkke weichen.
40.
Dru mb eile / GOtt / ô Du mein Heil:
Du kanſt / auß Krafft〈…〉〈…〉 und wilt / auß guͤtte;
Ich ſuch und find in dir mein Theil:
Mich haͤlt dein Wort / Dich mein Gemuͤtte.
Der

Der Ein und Funffzigſte oder Vierde Buſs-Pſalm.

1.
Erbarme dich / mein GOtt nach dei - ner groſſen Guͤtte:
Ich fuͤhle kein Gemuͤth alhier in dem ge - muͤtte;
die Suͤnden trennen mich und dich auf die - ſer Bahn /
Ach! fuͤhre mich / mein Heil / daß ich dich finden kan.
2.
Tilg alle Miſſethat / umb deiner Wahrheit wegen /
die mir den Weeg vertritt zu deinem Heil und Seegen:
mein Hertze hat kein Hertz / im fall dein Hertz / ô GOtt /
mir nicht ein Hertze macht / bin ich ohn Hertz und Tod.
B v3. Ich
3.
Ich fuͤhle deinen Zorn / vor dem des Him - mels ekken
und er der Hellen grund mich nicht vermag zudekken.
Er theilet Mark und Bein: Er ſcheidet Seel und Geiſt /
Ich bin verlohren / wo GOtt mir nicht gnad erweiſt.
4.
Ach! Herr / ich darff / ich kan / das uͤbel meiner Seelen
vor deinem Angeſicht am minſten nicht ver - hoͤlen:
dein Grim̃ / und meine Schuld ſchreyn mein Gewiſſen an:
es ſaget alle Welt / was ich fuͤr Dir gethan.
5.
Nun GOtt ich liege hier / ach laß! ach laß mich buͤſſen:
die ſchwere Miſſethat durchkraͤnkt mir mein Gewiſſen:
die
die Straaf iſt recht / doch laß nicht groͤſſer meine Pein /
Du Heil der gantzen Welt als dein Erbar - mung ſeyn.
6.
Durch-naͤſſe meinen Geiſt; ſchleuß auf den Strom der gnaden /
damit der Augen-ſtrom durchwaſche mei - nen ſchaden:
Ich kenne deine Treu / ich weiß / wie alt ſie iſt /
und daß ſie ofte Huld vor Schuld hat auß - erkieſt.
7.
An Dir / mein GOtt / an Dir hab ich die ſchuld begangen /
von dem ich nichts als Guͤtt und Gnad und Heil empfangen:
das uͤbel / wie geheim ich es auch halten kan /
klagt mich heut offentlich fuͤr deinem Ant - litz an.
8.
Ach! ô was nu zu thun. Dir beicht ich meine Suͤnden /
deñ auch allein bey Dir kan ich genade findẽ
B vjDir
Dir beicht ich meine Schuld. Herr dein Gericht iſt rein /
und dein Wort das iſt wahr / drumb wirſt du mir verzeihn.
9.
Rein iſt ja dein Gericht: es weiß der nichts vonflekken /
vor dem ſich Cherubin und Seraphin be - dekken:
wahr iſt / Herr / auch dein Wort: es wil der hoͤchſte GOtt /
des wieder kehrers Heil / und nicht des Suͤn - ders Todt.
10.
Nu dieſes Wort / ô Herr / und dieſes dein Gerichte /
macht mich in einem froh / im andern gantz zu nichte.
Ach wer wil zwiſchen Mir und Dir mein Mittler ſeyn:
Kein Menſch nicht / ſondern / GOtt / dein Wort iſt es allein.
11. Ich
11.
Ich dring auf dieſes Wort auß allen mei - nen kraͤfften /
drauf hoff ich / dran wil ich mein gantzes Hertze hefften:
es haͤlt Dir dieſes Wort vor Welt und Himmel fuͤr;
und wil nicht / als Gerecht und Seelig / Herr / von Dir.
12.
Wann Du mich vor Dir ſichſt / wie Staub und Aſche liegen /
hat die Gerechtigkeit / ô GOtt / dran ihr genuͤgen:
Wann Du mich auf dein Wort / ô Herr / ſiehſt ſtark vertraun;
wil die Barmhertzigkeit / auf mich vom Himmel ſchaun.
13.
Denn faͤllt die Suͤnde hin / denn glaͤntz ich auf das beſte /
wie Gold / das ſtebenmal bewehrt iſt / auf der teſte:
dein
dein Wort zeucht mich / dein Wort zieh ich dann wieder an:
da denkeſt du nicht mehr / was ich zuvor gethan.
14.
Mein unrecht macht dich recht: daß du dich wilt der Armen /
das iſt dein hoͤchſter Ruhm / auß gantzem grund erbarmen:
und haͤtt ich keine ſchuld / ſo ſucht ich nicht dein Heil:
drumb kehr ich mich zu Dir / Du ô / mein beſtes theil.
15.
Dein Wort iſt wahr / und ſo auch muſt Du recht behalten /
wann Du gerichtet wirſt: die Suͤnde darff nicht walten.
Wie ſehr Du mich verwirffſt / dien ich doch drunter Dir /
durch mein erkenntnis bricht / ô Herr / dein Lob herfuͤr.
16. Und
16.
Und ach! was ſuchſt Du dich ſo ſcharff an mir zu raͤchen?
Ich bin ein eitler Menſch voll fehler und gebraͤchen:
die mich zur Welt gebracht / die floͤßte dieſe Pein /
und dieſe Schuld mir vor auß ihren Bruͤ - ſten ein.
17.
Eh ich geboren ward / hab ich ſchon ange - fangen:
der boßheit macht zufuͤhln / in der ich ward empfangen:
die Suͤnde machte mir in meiner Mutter heiß:
daher ich von Natur auch nichts als Suͤn - de weiß.
18.
ôGOtt / im fall Du wilt recht deine Guͤtt erwegen /
es iſt an meiner Schuld und Reu Dir viel gelegen.
So
So Du nicht wilt erhoͤrn / wer wuͤrde zu Dir ſchreyn?
Wer nennte gnaͤdig Dich? ſo Du nicht wilt verzeihn?
19.
Nu Herr / Du wirſt vor mich ein treues Urthel faͤllen /
Ich ſehe Huͤlff und Heil auß deinem Her - tzen quaͤllen:
Du kenneſt meine Bruſt / und wie ſie auf dich traut /
Sie eignet ihr mehrzu / als was ſie fuͤhlt und ſchaut.
20.
Denn / Vater / dein Geſetz / als bald ich was begangen /
das ruͤgt die Schuld in mir der ich mich un - terfangen:
dein Geiſt verurtheilt mich / der meine Glie - der ruͤhrt:
doch troͤſtet er mich auch / weil er mich zu Dir fuͤhrt.
21. Ich
21.
Ich ſehe / darumb kan ich Heil und Gnade hoffen /
der Weißheit tieffen grund und ihr geheim - nis offen:
der Glauben ſeuffzt in mir des Weibes Saamen an /
als der der Schlangen Kopf allein zutre - ten kan.
22.
Das iſt es / darauf ich ſo feſte weiß zu gruͤnden /
ſo Kindlich weiß zu traun / im Kerker mei - ner Suͤnden.
Der Seelen gantze Krafft ſchleuſt die ver - heiſchung ein /
wil ſonſt durch keinen Troſt / als den / ge - troͤſtet ſeyn.
23.
Beſprenge mich mein GOtt / mit Iſop deiner Guͤtte /
ſo werd ich rein / ſo glaͤntzt vor unſchuld mein gemuͤtte:
Cwaſch
waſch ab / was mich beflekkt: waſch ab mein ſchwartzes weh /
ſo werd ich weiſſer ſeyn als neu gefallner Schnee.
24.
Laß dieſen ſuͤſſen Troſt in meine Wunden ſinken /
daß Sie des Heiles Oel zum neuen Leben trinken:
Erneure meinen Geiſt / und gieb ihm Troſt und Raht /
als den biß in den Tod die Schuld durch - aͤchtet hat.
25.
Sol ich die Bothſchafft hoͤrn: die Schuld iſt Dir vergeben:
alßbald wird Leib und Seel in Luſt und Wonne leben:
alßbald / nihmſt du von mir / der Suͤnden ſtrenge Laſt /
wird mein Gebein erfreut / das Du zer - malmet haſt.
26. Ach!
26.
Ach! Herr / wo ſol ich ſonſt / auf Erden Rettung finden?
nicht ſiehe doch ſo ſcharff auf dieſen Wuſt der Suͤnden:
mach auf das Hertz / und ſchleuß die ſcharf - fen Augen zu /
denn deine Guͤtte / Henr / iſt ja ſo groß als Du.
27.
Zwar / nicht von mir / mein GOtt wollſt du dein Augen kehren /
nur bloß von meiner Schuld / die dich ſo kan beſchweren:
Du ſiehſt der Stam̃ bleibt ſtehn / viel Rau - ber ſchiſſen fuͤr /
drumb rott / ach! rotte ſie / mein GOtt / grund auß in mir.
28.
ô Vater / ſchaff ein Hertz in mir nach dei - ner Guͤtte /
das rein / das Heilig ſey / zu deiner Gna - den huͤtte:
C ijdas
das alte muß herauß / muß ſeyn in nichts verkehrt /
ſonſt wird in ewigkeit das neue nicht ge - wehrt.
29.
Laß ſich den rechten Geiſt in dem Gemuͤtt erneuren /
und mir mein Eingeweid in deiner Huld beſteuren /
gieb mir das ebne Land der erſten unſchuld ein:
Ich bau und trau auf Dich / ſolt ich ver - worffen ſeyn.
30.
Verwirff mich nicht / mein GOtt / Ich wart auf deinen Seegen /
den Du zum Grunde wilt in meine Seele legen:
nihm deinen Heilgen Geiſt / ô Vater / nicht von mir /
daß ich nicht fall / und geh als wie zuvor von Dir.
Laß
31.
Laß mich dein Antlitz ſehn: die Frucht vom Creutzes ſtamme:
ſo werd ich Heil / ſo wird des Geiſtes ſtar - ke flamme
mich durch und durch bewaͤhrn. Der Troſt brech in mir auß /
und mach in mir / ô GOtt! Dir ein ge - weihtes Hauß.
32.
Ich wil gehorſam ſeyn. Nur laß mich vor Dich treten /
nur laß mich deine Freud auß Hertzen grund erbaͤthen:
Herr dein Dreyfacher Geiſt fuͤhrt mich auf dieſe Bahn /
drumb nihm dein Lob von ihm durch mei - ne Lippen an.
33.
Alßdann / wann Du mich wirſt in meiner noth erhoͤren /
wil ich den rechten Weeg die uͤbelthaͤter lehren!
C iijalßdann
alßdann / wann Du mir wirſt / mein Gott / genaͤdig ſeyn /
ſol auch der Suͤnder Schaar nach deiner Huͤlffe ſchreyn.
34.
Die Schuld / vor welche Du ſiehſt heiſſe Zehren flieſſen
ſiehſt ſchwere Seuftzer gehn / ſichſt Leib und Seele buͤſſen;
die Schuld / ô GOtt / der Du mein Gott und Heiland biſt /
die nihm / ach! nihm ſie hin / du ſiehſt wie Sie mich friſt.
35.
Den Tod hab ich verdient: Du aber biſt mein Leben;
mein Mund der wird dein Recht vor aller Welt erheben.
Durch deine Gnad allein / Herr / bin ich / was ich bin /
drumb ſol / ô GOtt / dein Ruhm auf mei - ner Zunge bluͤhn.
36. Ja
36.
Ja Herr / mein Hertze faͤngt mir ſtaͤrker an zuſchlagen:
es wil zun Lippen rauß / und Dir dein Lob vortragen.
Die ſinnen ſam̃len ſich vor meines Mundes Thuͤr /
und bringen deine Guͤtt auf tauſent wei - ſen fuͤr.
37.
Ich wollt ich wollte zwar nach fetten Opf - fern ſchauen /
und einen Thron von Rauch auf frembde Dienſte bauen:
jedoch durch Rauch und Dienſt erlang ich hier kein Theil /
dann was mich ſeelig macht / mein GOtt / iſt bloß dein Heil.
38.
Die Opffer / die zu GOtt durch alle Him - mel ſteigen /
und ſein Gemuͤtte her-grund auß zu unſern neigen /
C jvſind
ſind ein zermalmter Sinn / ſind ein zerknier - ſter Geiſt /
wohl dem der dieſe bringt / er bleibt unab - geweiſt.
39.
Dieß kan ich nicht auß mir. Dein Geiſt muß mich bewegen /
muß alle boͤſe Luſt auß meinem willen fegen:
muß meinen Geiſt erneurn: muß mir die Krafft verleihn /
daß ich voll Zuverſicht vermag zu Dir zu ſchreyn.
40.
Du wirſt die Angſt / die du im Hertzen heiſſeſt flehen /
und ſonſt zu Hertzen nihmſt / von mir ja nicht verſchmehen /
Herr / das ich fleh iſt dein. Und giebſt Du daß ich kan /
[ſo]ſchau auch deine Guͤtt in meinem fle - hen an.
41. Wohl -
41.
Wohlan / der Hoͤchſte wird auf Sion wie - der ſchauen /
Er wird Jeruſalem zu ſolchen Opffern bauen:
dann wird man Tag und Nacht das Wort des Herren hoͤrn /
und die Gerechtigkeit an ſtatt der Dienſte lehrn.
42.
Ich ſeh umb ſeinen Thron / die gantzen Opffer liegen /
zu welchem ſich mein Hertz ohn Ende ſol verfuͤgen:
der Glauben wird der Herd / die Liebe Flam̃ und Schein /
die Hoffnung Rauch / und Er / der Herr / der Prieſter ſeyn.
C vDer

Der hundert und Zweite als der Fuͤnffte Buſs-Pſalm.

1.
ERhoͤre mein Gebaͤt / ô GOtt /
das vor Dich ſchuͤttet meine Noth:
nihm mein geſchrey ſo gutt zu Dir /
als ſtark es ſtoͤſt / mein Angſt herfuͤr.
2.
Nicht kehre von der Quaal und Pein /
der milden Augen reichen ſchein:
Herr / richte deiner Ohren treu
nach deiner Guͤtt und meiner reu.
3.
Mein-Andacht und dein Heil vor Dir
gehn beyd auß treuem Hertzen fuͤr.
Ach! eil / ich trau und harr auf dich /
mein GOtt / ach eil! und rette mich.
4.
Ich ſehe meine Tage hin
wie leichten Rauch im Winde ziehn:
und
und mein Gebein als wie ein Brand
iſt außgedorrt vor deiner Hand.
5.
Mein Leben faͤllt wie duͤrres Heu /
durch deinen Grim̃ und meine Reu:
mein Eingeweide ſpiñt ſich ein /
wie Seiden Wuͤrm in naͤſtern ſeyn.
6.
Die Zunge bringt mit Zittern Dir
kaum die gebrochne Klage fuͤr:
Ich habe keine Krafft / ô GOtt /
in Mund zu bringen troknes Brott.
7.
Die Seele / daß ich heiſer bin /
hab ich vor heulen außgeſchrien:
vor ſeufftzen bleibt mein Hertze ſtehn /
wie ſchnell es ſonſten pflegt zugehn.
8.
Ich heul auß tieffem ſchlam̃e vor
als wie die Reiger durch ihr Rohr:
Ich ſeuffz? als wie die Eule thut /
und bin ein Ort voll grauß und ſchutt.
9. Vor
9.
Vor aͤngſten hab ich Tag und Nacht /
mich in der einoͤd außgewacht.
Ich muß als wie die Spatzen ſeyn /
die ohne Neſſt auf Daͤchern ſchreyn.
10.
Es feyert keine ſtunde nicht /
der ſtoltzen Feinde grimme Pflicht:
der argen Spoͤtter falſche ſchmach /
ſtellt mir mit ſtillen Netzen nach.
11.
Ich aͤſchre mich voll ſchmertzen ein /
die mir an ſtat des Brodtes ſeyn /
an ſtat des Trankes preß ich mir
viel Thraͤnen unterm Hertzen fuͤr.
12.
Das macht dein Zorn und meine Schuld /
wie wohl mir auch dein Heil gewollt:
dein Heil / das mir entgegen kam
dafuͤr ich Suͤnd und Straafenahm.
13.
Die Straaf iſt recht / die Suͤnd iſt groß:
Ach! waͤr ich beyder quit und loß.
Ich
Ich baͤte deinen eifer an /
und hoffe / was die Guͤtte kan.
14.
Gleich wie der Nachbar ſeiner Nacht /
der Schatten / ſich von hinnen macht:
gleich wie ein Kraut ohn Safft vertirbt:
verlaͤſt ohn Dich mein Geiſt und ſtirbt.
15.
Du ſitzeſt und verſorgſt dein Reich /
auß eigner Krafft und bleibſt Dir gleich;
es ſingen deines Namens Zier
uns aller Himmel Feſten fuͤr.
16.
Steh auf / ô GOtt; hier liegt Sion /
und haͤbt die Haͤnd auf deinen Thron:
Erbarme dich / Herr es iſt Zeit:
Ach! hoͤre / wie es zu Dir ſchreyt.
17.
Zeit iſt es / groß iſt ſeine Glutt.
Zeit iſt es / weil es Buſſe thut.
Zeit iſt es / weil die ſtunde koͤm̃t /
auf die Du ihm dein Heil beſtim̃t.
18. Schau
18.
Schau Herr / wie deiner Knechte Pflicht /
viel Ziegel brennt / viel Steine bricht:
Sie aͤngſten ſich auf dieß vertraun /
den neuen Tempel aufzubaun.
19.
Es wird mit Furcht und Zittern hin /
das Heer der Heiden vor dich knihn:
Es ſollen Koͤnig ihre macht
nicht mehr vor deiner ziehn in acht.
20.
Wann Du ô Herr / als wie wir traun /
dein Sion wieder auf wirſt baun;
und durch dein gegenwaͤrtig ſeyn
es zum verheiſchnen Stuhle weyhn.
21.
Ja Du wirſt hoͤren auf der Bahn /
das winſeln des geplagten an:
Du wirſt nach den Verwaͤißten ſehn /
und ihre Seuffzen nicht verſchmaͤhn.
22.
Die Nachwelt / die es wird verſtehn /
ſeh ich ſchon Haubt und Geiſt erhoͤhn:
das
das Volk des andern Bundes koͤm̃t /
und hat ſein Preiß-Lied angeſtim̃t.
23.
Denn Er / der Herr ſchaut von der hoͤh /
auf ſeine Guͤtt und unſer Weh:
Es faͤhrt vom Himmel auf die Welt /
der uns ſein Heil entgegen ſtellt.
24.
Daß Er die Ketten ſchlag entzwey /
und mache die gefangnen frey:
und auß des Todes bruche hin
koͤnn all erloͤſte Kinder zihn.
25.
Auf daß erſchalle Tag und Nacht
auf Sion deiner Werke Pracht:
und daß da ſey voll Ehr und Ruhm
Jeruſalem dein Eigenthum.
26.
Vorauß wann Laͤnder vor erfreun /
umb ſeinen Thron ſich werden ſtreun.
Und Koͤnigreiche nieder knihn /
wird ſeine Guͤtt und Allmacht bluͤhn.
27. Doch
27.
Doch GOtt / die Tage die vergehn /
weil ich ſo muß in Hoffnung ſtehn:
die Krafft entſinkt mir auf der Bahn /
weil deine Furcht iſt abgethan.
28.
Ich bitte Herr / wilt du verzihn /
nihm ja den Troſt nicht von mir hin:
Erſetze den Verzug ô GOtt /
durch treue rettung meiner Noth.
29.
Mein Troſt iſt recht / dein Wort iſt wahr /
drauf trau und bau ich immerdar.
Du wuͤrdeſt / ſollt ich ſo vergehn /
ſo wenig als ein Menſch beſtehn.
30.
Du aber bleibſt von Zeit auf Zeit /
daher auch deine Guͤttigkeit:
die Werke deiner Haͤnde fliehn /
Du aber wirſt dein Wort vollzihn.
31.
Herr / daß Du dieſer Erden Laſt
umbwelbet mit dem Himmel haſt /
Daß
Daß Du haſt jedes außgebaut /
wird fuͤr ein Wunder augeſchaut.
32.
Wie praͤchtig man die Werk erkannt /
doch ſchleiſſen ſie als ein Gewand:
Sie eilen der Verwandlung zu.
Zwey Sachen ſtehn: Dein Wort und Du.
33.
Dein Weſen und dein Willen ſteht /
ob Erd und Himmel untergeht:
GOtt iſt der / wer Er immer iſt /
kein Ziel hat ſeines außerkieſt.
34.
Drumb werden auch umb ſeinen ſchein /
die Kinder ſeiner Knechte ſeyn.
Ihr Saamen bleibt / Er iſt beſtim̃t /
weil Er vom Wort und Geiſte koͤm̃t.
DDer

Der Hundert und Dreiſſigſte als der Sechſte Buſs-Pſalm.

1.
MEin Angſt und Noth die mich ſo ſchmertzlich druͤkkt /
die mir mein Hertz und alle Krafft ver - ſtrikkt /
heiſt mich / ſonſt iſt kein Weeg zum Him - mel offen /
ô Hoͤchſter auß der tieffen zu Dir ruffen.
2.
Ich ruff / ich ruff auß gantzer macht zu Dir;
Ach! kehre doch dein Ohren / Herr / zu mir:
Nihm mein geſchrey / Du Troſt der Welt / zu Hertzen /
weil ich empfind in meinem Grimme ſchmertzen.
3. Er -
3.
Erhoͤre mich / und laß / da wo ich bin
Dich meine Stim̃ in dieſen Abgrund ziehn:
laß / treuer GOtt / der Stimmen Dich erbarmen /
die zu Dir ſchreyt / und hilff / ach! hilff mir armen.
4.
Ach! aber darff ich zu Dir ſchreyn und flehn /
Ich / dem Du vor ſo viel haſt nachgeſehn:
Ich / den der Schlam̃ ſo klaͤglich Seel und Leben /
der Suͤnden Schlam̃ / mein GOtt / ſucht umbzugeben.
5.
Ich fall und ſink / und ach! kein Grund iſt hier:
drumb ruff und ſchrey ich / lieber Herr / zu Dir:
Ach! weiſe nur den Abgrund deiner Guͤtte;
er fuͤllt und ſtillt mein Hertz und mein ge - muͤtte.
D ijDann
6.
Dann ſo du wilt hin vor den Richtſtuhl gehn /
ſo jeder ſol zu ſeiner antwort ſtehn /
ſo kan kein Menſch auf dieſer gantzen Erden /
vor Dir / ô Herr / gerecht und ſeelig werden.
7.
Jedoch bey Dir / mein GOtt / bey Dir allein /
ſeh ich viel Heil und viel Erloͤſung ſeyn:
Du traͤgeſt Rach und auch Erbarmd im Hertzen;
(tzen.
und unternihmſt der Suͤnder ihre Schmer -
8.
Drumb fuͤrchtet Dich / ô Vater / jederman /
dieweil ihm ſelbſt kein Menſch nicht helffen kan;
denn Herr / wenn es bey Menſchen ſolte ſtehen /
ſo muͤſte ſelbſt dein Ruhm zu Grunde gehen.
9.
Ich harr / ô GOtt / auß zitternder begier /
auf rechten Troſt / den ich bloß ſuch in Dir:
Ich
Ich harr / ô GOtt / ich hoff auß gantzen kraͤfften /
und an Dein Wort wil ich mein Hertze hefften.
10.
Dein Wort iſt wahr. Der Troſt / den GOtt verſpricht /
bleibt unverrukkt; Gott treugt und wan - ket nicht:
mein GOtt / der Bund / den ich ſo weiß zu faſſen /
der zwinget Dich / daß Du mich nicht wirſt laſſen.
11.
Drumb wart ich drauf: Gleich wie ein Waͤchter pflegt /
der immer ſieht / wenn er ſich rauß gelegt /
ob nicht herfuͤr der Fruͤh-Stern ſchier wil wandern;
Ich wart auch ſo von einer Nacht zur an - dern.
12.
ô Iſrael / du außerwehlte Schaar /
trau auf das Wort des Herren immerdar:
D iijhoff
hoff auf ſein Heil: wie groß auch deine Plagen /
der Herr der wird dir Huͤlff entgegen tragen.
13.
Dann bey Ihm iſt das Vater-Hertz allein /
das guͤttig und langmuͤttig weiß zu ſeyn:
bey Ihm / ſag ich / iſt der gerechte willen /
all unſre Noth geſchwind und viel zu ſtillen.
14.
Und Er / der Herr / der wird zu ſeiner Zeit /
die auf Ihn traun / fuͤhrn auß Gefahr und Leid:
Er wird ſein Volk von allen ihren Suͤnden /
und aller angſt / als wahrer GOtt / ent - binden.
Der

Der Hundert und Drey und viertzigſte als der Siebende Buſs-Pſalm.

1.
Herr / umb deiner groſſen Guͤtte
hoͤr uͤmb was ich ſeufz und bitte:
Nihm umb deines Bundes an /
was ich klaͤglich flehen kan.
Rette mich durch dein Erbarmen /
uͤmb der Zuflucht aller armen:
Hilff mir umb der ſchweren Pein /
denn Du biſt mein Troſt allein.
2.
Lade / was ich wirk und tichte
nicht ſo eifrig vor Gerichte;
denn Du bleibeſt Herr / ich Knecht:
deine Straaf iſt gutt und recht:
Jedoch ſchenke meinem Hertzen /
Dein Erloͤſung vor die ſchmertzen.
Denn kein Menſch / wie hoch er ſey /
iſt vor Dir gerecht und frey.
D iij3. Sie
3.
Siehe / Herr auß ſeiner hoͤlen /
ziehlt der Feind mir nach der Seelen:
Ach mein leben ſenkt er ein /
wo der Erden todte ſeyn:
der anfechtung ihre Waffen
wollen mich zu tode ſtraafen.
In die Grube wirfft er mich /
wo nichts iſt als Nacht und ich.
4.
Nein / ich liege nicht in Kethen /
die von Menſchen ab zubaͤten:
dieſe Grub auß der ich ſchrey /
iſt von Huͤlff und Rettung frey.
Ich empfind in meinen Plagen /
Eiſen / die verdam̃te tragen:
Mir giebt / GOtt der laͤſt es zu /
die Verzweifftung ſelbſt nicht ruh.
5.
Schmertzen haben mein Gewiſſen /
[gr]auſam durch und durch zuriſſen:
Mein Gemuͤtt iſt außgezehrt /
[an]gedorrt und umbgekehrt:
Angſt
Angſt und ſchrekken umern Flammen /
zwingen meinen Geiſt zuſammen:
und mein Hertz iſt als ein Stein.
kan nicht mehr umb Huͤlffe ſchreyn.
6.
Ich gedenk auf allen ſeiten /
an der alten ihre Zeiten
Ich erzehle Wiegen-an
was GOtt uͤberall gethan:
Seine Werke / ſeine Sorgen /
hat Er vor mir nicht verborgen:
ſeinen Wundern ſinn ich nach
durch die Er mir Heyl verſprach.
7.
Alles haſt du Herr gegeben /
daß Wir Leben / ſind und weben:
Sonder mich ward ich geborn /
da als Du mich haſt erkohrn:
Sonder mich werd ich erhalten /
Sonder mich / Herr / kanſt du walten:
ſolteſt du dann ſonder mich /
meiner nicht erbarmen dich?
D v8. Zu
8.
Zu Dir heb ich Hertz und Armen /
biß daß du dich wirſt erbarmen:
Seel und Augen voll begier /
richt ich lieber GOtt / zu Dir.
Wie die Erde vor der Hitzen
hefftig pfleget auf zu ritzen:
alſo ſpringt durch mein geſchrey
mir Gemuͤtt und Bruſt entzwey:
9.
Eil / ach eile mich zu hoͤren /
gleich den alten / die mich lehren:
Siehe Seel und Leben hin
vor der quaal von hinnen zihn:
Herr / ich kan doch nicht bezahlen /
darumb ſende Gnaden-ſtrahlen:
ſonſten muß ich voller Pein
ewig in dem Sumpffe ſchreyn.
10.
Kehre mir ja nicht denn Ruͤkken:
weil Du meinen ſo wilt druͤkken:
laß mich doch dein Augen ſchn /
druͤber mein inbruͤnſtig flehn:
hilff
hilff mir Herr durch deinen Seegen /
nicht von meiner Suͤnden wegen:
mache / was der Reu gebricht /
Vater / gutt durch deine Pflicht.
11.
Saͤume nicht an mich zu denken /
biß der Abend ſich wird ſaͤnken:
GOtt mein Troſt / errette mich /
Tag und Nacht wart ich auf dich:
Zeige mir / Herr / deinen willen /
meine quaal und angſt zuſtillen:
mein Gemuͤth ach! laß es fuͤr /
ſteiget durch dein Heil zu Dir.
12.
Scharre / zeit iſt es zu eilen /
mich-fuͤr unter dieſen Pfeilen.
Schaue wie der Feind mich ſchrekkt /
und mit Wunden uͤberdekkt.
Laß mich / ich bin gantz verblichen /
unter deine Fluͤgel kriechen:
Herr laß vor Dir / meiner Pein
nicht dein Heil verborgen ſeyn.
13. Leh
13.
Lehre mich / Dich laß ich walten /
treuer Hort / dein Wort behalten;
deines gutten Geiſtes pflicht /
ſey / Herr / meine Zuverſicht:
deine gnad in allen Werken /
laß / ô GOtt mich immer ſtaͤrken.
Daß ich inner Angſt und Weh
ſtets gerade zu Dir geh.
14.
Ach es dient zu deinen Ehren /
wilt du mich auß gnaden hoͤren:
GOtt / umb deines Namens Treu /
ſchaff in mir mein Leben neu /
bade / deines Wortes wegen /
meine Seel in deinem Seegen.
Scharr umb deiner Guͤtte Du
meine Feind im Graabe zu.
15.
Nun / Du Herr / Du wirſt ſie faͤllen /
[d]ie mir nach der Seelen ſtellen
Ja
Ja ſie ſollen unterm flehn /
in mir deine Langmuth ſehn;
Herr / wann mir dein Heil erſchienen /
wil ich Dir zum Lobe dienen:
Nun ich bin dein Knecht / ô GOtt /
drumb iſt mir dein Beyſtand Noth.
[figure]

Typographus ad Lectorem.

DEr liebhabende Leſer gehabe ſich wohl mit dieſer Buſſe / und erwarte ehe - ſtes (wo GOtt wil) andere eben des Autoris gleicher Art Geiſtl: und Welt - liche Getichte.

[figure]

About this transcription

TextSieben-Gestirne Königlicher Busse/ das ist/ Die Sieben Buß-Psalmen/ Des Königes und Propheten Davids
Author Daniel von Czepko
Extent93 images; 6299 tokens; 1860 types; 39108 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationSieben-Gestirne Königlicher Busse/ das ist/ Die Sieben Buß-Psalmen/ Des Königes und Propheten Davids Daniel von Czepko. . [31] Bl. TschornBrieg1671.

Identification

Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Berlin SBB-PK, 5 in: Dm 6850

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Erbauungsliteratur; Gebrauchsliteratur; Andachtsbuch; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:29:52Z
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Holding LibraryStaatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
ShelfmarkBerlin SBB-PK, 5 in: Dm 6850
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