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CATECHJSMUS - MJLCH / Oder Der Erklaͤrung des Chriſt - lichen Catechiſmi
Neunter Theil /
begreiffend Das Fůnffte Hauptſtuck / von dem Sacrament des Heiligen Abendmahls / Zu Straßburg im Muͤnſter geprediget
Straßburg /BeyJohann Friederich Spoor. M DC LXXII.
DEDICATIO

Dem Hoch - und Wolgebohrnen Grafen und Herꝛn / HERRN Caꝛl Luͤdwig Des Heil. Roͤm. Reichs Erb-Schatzmei - ſtern / Grafen und Herꝛn von Sintzendorff / Freyherꝛn auff Ernßbrunn / Herꝛn der Herꝛſchaff - ten Fridau / Nennerſtorff / Gattmanſtorff und Rabenſtein an der Piellach / Erbſchencken in Oeſterreich ob der Enß ꝛc. Meinem Gnaͤdigen Grafen und Herꝛn!

): (ijHoch -DEDICATIO

Hoch - und Wolgebohrner Graf / Gnaͤdiger Graf und Herꝛ.

KOmmet / zehret von meinem Brod / und trincket des Weins / den ich ſchencke: Alſo ſchrieb vor Zeiten / und noch / die unerſchaffene Weißheit GOt - tes / durch die Hand und Feder Salomo - nis / an alle und jede Albere / ſie zur geiſt - lichen und him̃liſchen Mahlzeit einzuladen. Prov. IX, 5. die jenige Weißheit / welche bey GOtt ihrem Vater gewe - ſen / da Er die Himmel bereitet / und die Tieffe mit ſeinem Ziel gefaſſet; da Er die Wolcken droben feſtet / da Er feſtiget die Brunnen der Tieffen / da Er dem Meer das Ziel ſetzet / und den Waſſern / daß ſie nicht uͤbergehen ſeinen Befehl: da Er den Grund der Erden leget; da war Sie der Werck - meiſter bey Jhm: wie ſie ſelbſten ſich dazu bekennet c. VIII, 27. die Weißheit / durch welche dem erſchaffenen Menſchen gegeben wurde allerley Kraut / das ſich beſaamet auff der gantzen Erden / und allerley fruchtbare Baͤume / und Baͤume die ſich beſaa - men zu ſeiner Speiſe / Geneſ. I, 29. Nicht allein aber Kraut und Obs / ſondern auch Fleiſch; in dem ſie ihme alles / was ſich reget und lebet unter Thieren auff Erden / Voͤglen unter dem Himmel / Fiſchen imMeer /DEDICATIO. Meer / zu ſeiner Speiſe gegeben / gleichwie das gruͤne Kraut / Gen. IX, 2. 3. Die jenige Weißheit / wel - che das Volck Jſrael in der hungerigen und durſtigen Wuͤſten mit wunderſamer Speiß und Tranck / als einem reichen Zehr-Pfenning / ſtattlich verſehen. Sie baten / ſchreibt David Pſalm. CV, 40. 41. ſo ließ er Wachteln kommen / und er ſaͤttiget ſie mit Himmel-Brod / er oͤffnet den Felſen / da floſſe Waſſer auß / daß Baͤche lieffen in der duͤrren Wuͤſten. Die Weiß - heit / welche als eine liebreiche Mutter auch uns / ihre Kin - der / noch heutiges Tages mildiglich mit Speiß und Tranck verſiehet; und hertzlich erfreuet: Actor. XIV, 17. Aller Augen warten auff Sie / als die Augen der Knechte auff den Herꝛn: dann ſie iſt ein Herꝛ: und ſe - hen ihr in die Haͤnde / damit ſie ihnen ihre Speiſe gibt zu rechter Zeit / und ſaͤttiget alles / was da lebt mit Wolge - fallen; Pſalm. CXLV, 15. 16.

Dieſe Weißheit nun iſts / welche die geiſtliche hunge - rige und durſtige Seele des Menſchen auch mit geiſtli - cher und himmliſcher Speiſe und Tranck erfuͤllet. Wir Menſchen ſind von unſerer verderbten Natur fern von GOtt / als welchen wir durch die Suͤnde von uns ge - ſchieden / Jeſ. LIX, 2. und wallen in dieſem Jammerthal / als die Banditen in einer Wuͤſten / da es fuͤr Hunger und Durſt heulet: Deut. XXXII, 10. Es bemuͤhet ſich zwar die unwidergebohrne Vernunfft Lebens-Mittel an die Hand zu ſchaffen / wil auß Steinen Brod machen / und in Ciſternen Waſſer ſuchen / Jer. II, 13. Die hungerigen und durſtigen Seelen zu ſaͤttigen / und zu erquicken / aber es mundet dem Gewiſſen nicht / bekommet ihm auch nicht / wie es von noͤthen iſt: dann es ſchmaͤcket und ſtincket nach der unfruchtbarn Erden: Phil. III, 19. Darum ziehet ſich der Liebhaber des Lebens / Sap. XI, 27. GOttes lieber): (iijSohn /DEDICATIO. Sohn / ſolchen Jam̃er zu Hertzen: Schlachtet ſein Viehe / traͤgt Wein auff / bereitet den Tiſch / 1. c. ſeine Gnaden - Mittel / Wort und Sacramenten / ſendet Lehrer und Prediger / als Diener / Luc. XIV, 17. und Hochzeit-Bitter Matth. XXII, 2. auß / welche hie und da außgehen / wo Men - ſchen wohnen / und im Nahmen ihres Herꝛn / des groſſen Koͤnigs und Menſchen-Freunds / freund-ernſtlich einla - den / und ſprechen: Kommet / zehret von meinem Brod / und trincket des Weins / den ich ſchencke! O unverhoffte und unverdiente Freundlichkeit / und Leutſeligkeit GOt - tes gegen uns! Wir ſolten ihm / in hertzlicher Reu geklei - det / entgegen gehen / und mit gebogenen Knien Gnade ſuchen / ſo gehet Er mit unverdroſſenem Fleiß uns nach: Wir haben mit unſern Suͤnden verdienet das ewige Diſce - dite: Weichet von mir ihr Vbelthaͤter! Matth. XXV, 41. ſo heiſſet es: Kommet: Kommet / nicht zu ei - nem erzoͤrnten Richter / ſondern verſoͤhnten Vater; nicht zum ſchroͤcklichen Tode / ſondern zum erfreulichen Leben; nicht zur leeren Hunger-Grub / ſondern zur niedlichen Mahlzeit; Einen / auß gutem Hertzen / zur Koͤniglichen Mahlzeit beruffen laſſen / iſt ein bewaͤhrtes Zeichen der Verſoͤhnung und ſonderlichen Gnade: Jener oberſte Schencke wurde des beſchwerlichen Kerckers entledigt / erhielt ſein Leben / als er zur Koͤniglichen Tafel geladen wurde / nur einzuſchencken / Geneſ. XL, 21. Wieviel mehr werden die Gnade erlangt haben / welche zur geiſtlichen Gnaden-Mahlzeit GOttes von ihme ſelbſten eingeladen und zugelaſſen werden / daß ſie daran ſelbſt mit zu Tiſche ſitzen / eſſen / trincken / truncken werden von den reichen Guͤtern ſeines Hauſes / Pſal. XXXVI, 9. und fuͤr froͤlichem Muth jauchtzen / Jeſ. LXV, 14. Bey groſſen Herren iſt es zwar nicht immerdar gut und ſicher bey der Tafel zu erſcheinen / und zu eſſen des Brods / und zu trincken desWeins /DEDICATIO. Weins / welcher auffgeſetzet wird: Wenn du ſitzeſt / und iſſeſt mit einem Herꝛn / ſo mercke / wen du fuͤr dir haſt: und ſetze ein Meſſer an deine Kehle: wiltu das Leben behalten / wuͤnſche dir nicht ſeiner Speiſe / denn es iſt falſch Brod! vermahnet und warnet Salomo der weiſſeſte Koͤnig unter den menſchli - chen / Prov. XXIII, 1. 2. 3. Es waͤre Haman beſſer geweſen / Eſther die Koͤnigin haͤtte durch ihren Kaͤmmerer ihne zu ihrer Mahlzeit nicht einladen / noch ſagen laſſen: Kom - me / zehre von meinem Brod / und trincke des Weins / den ich ſchencke; dann unter ſolchem Brod war ein ſpitziger Angel / der Anklag / darin er behangen blieben / und ein toͤdtliches Gifft / des Koͤnigs-Zorn / welches ihm ſein Le - ben abgekuͤrtzet / Eſth. c. VII, 3. & ſeqq. verborgen / ſelig aber iſt der / welcher das Brod iſſet in GOttes Gnaden - und Himmel-Reich! Luc. XIV, 15. Dann er begehret nicht den Tod des Suͤnders und Gottloſen; ſondern wil / daß er ſich bekehre und lebe! Ezech. XXXIII, 9. Darum ſo kommet alle / die ihr hungerig und durſtig ſeyd / zehret von meinem Brod / und trincket des Weins / den ich euch ſchencke / ſo werdet ihr leben!

Jſt die jenige freundliche Einiadung / welche ſich der HErꝛ JEſus / unſer Heyland / auch bey der Abend - Mahlzeit ſeines Leibes und Blutes allergnaͤdigſt gefallen laſſen. Es war ſeiner unerſchoͤpfflichen Guͤte nicht gnug / daß er uns mit leiblicher Speiß und Tranck verpfleget; Auch nicht / daß er ſein Leib und Blut dem Glauben zu genieſſen vorgeſetzet / mit angehengter Verheiſſung: Wer mein Fleiſch iſſet / und trincket mein Blut / der hat das ewige Leben / und ich werde ihn am Juͤngſten Tag aufferwecken. Joh. VI, 54. ſondern ſie wolte uns auch ſeyn / des unſchuldigen Laͤmmleins GOttes / Leib und Blut gar muͤndlich / doch Sacramentlich / zu eſſenundDEDICATIO. und zu trincken vorſetzen. Dann als es nun an dem war / daß es ſolte auffgeopffert und geſchlachtet werden / hat er ſelbſten / als der ewige Hoheprieſter eine Gnadenreiche Opffer-Mahlzeit zubereiten wollen / dabey die Speiſe und der Tranck ſolte ſeyn die alleredelſte Creatur / welche im Himmel und Erden anzutreffen / ſein Leib und ſein Blut / welche er in die Selbſtaͤndigkeit ſeines Goͤttlichen We - ſens auffgenommen / in welchem die allerheiligſte Gott - heit mit aller ihrer Fuͤlle leibhafftig wohnete; der Leib / welchen er geben wolte fuͤr das Leben der Welt / das Blut / welches er vergieſſen wolte zur Vergebung aller ihrer Suͤnden / auß dem Leib ſolte werden eine Hertzſtaͤr - ckung / welche uns hungerige Pilgrim ewig ſaͤttigte / und auß dem Blut ein Lab-Tranck / welcher unſere troſtloſe Gewiſſen hertzlich erfreuete / beydes zum geiſtlichen und ewigen Leben.

Die andaͤchtigen und Gottſeligen alten Kirchenleh - rer habenihre heilige Gedancken uͤber dieſer Geheimnuß - reichen Mahlzeit vielfaͤltig gehabt: der heroiſche Maͤrty - rer Ignatius, nennet in ſeinem Brieff an die Epheſier ge - ſchrieben / das H. Abendmahl ϕάρμακον ἀϑανασίας, ἀν〈…〉〈…〉 ίδοτον το〈…〉〈…〉 μὴ〈…〉〈…〉 ποθαν〈…〉〈…〉 ν, ἀλλὰ ζῆν〈…〉〈…〉 ν τῷ Θεῷ〈…〉〈…〉 ιὰ Ἰησ〈…〉〈…〉 Χρις〈…〉〈…〉, καϑαρτήριον ἀλεξίκα〈…〉〈…〉 ν! ein Mittel der Vnſterblichkeit / ein bewehrte Artzeney wider den Tod / daß man nicht ſterbe / ſondern lebe in GOtt / durch JEſum Chriſtum / eine Reinigung wider alles boͤſe. O wie hertzlich hat ihn darnach in ſeiner Seelen gehungert und geduͤrſtet! Als er nun ſolte in den Tod gehen / und den heiß-hungeri - gen Loͤwen vorgeworffen werden / ſchrieb er an die Roͤmer! Mich geluſtet nach GOttes Brod / welches iſt das Fleiſch Chriſti / des Sohns GOttes / welcher in der letſten Zeit auß dem Saamen Abrahams und Davids iſt Menſch worden; mich duͤrſtetnachDEDICATIO. nach ſeinem Blut / der da iſt die unverweßliche Liebe / und das ewige Leben! Irenæus auch ein heili - ger Maͤrtyrer / und weyland Biſchoff zu Lyon in Franck - reich / gruͤndet ſeine Aufferſtehung auff dieſe Sacrament - liche Speiß und Tranck: Vnſere Leiber / ſchreibet er Lib. IV, c. 34. wenn ſie das H. Abendmahl empfan - gen / ſind nun nicht mehr verweßlich / in dem ſie ei - ne Hoffnung der Aufferſtehung haben. Erklaͤret es mit einem anmuthigen Gleichnuß / genom̃en von einer Rebe und Weitzenkoͤrnlein / gleichwie / ſagt er / ein Reb - ſchoß in die Erde eingelegt / zu ſeiner Zeit wieder herfuͤr wachſt / und Trauben traͤgt / und wie ein Weitzen-Koͤrnlein / ſo in die Erde fallet / und ver - faulet / ſich mehret / und durch die Krafft GOttes wieder lebendig wird: Alſo werden auch unſere Leiber mit Chriſti Leib und Blut geſpeiſet und getraͤncket / zwar in die Erde geleget / und auffge - loͤſet werden; aber zu ſeiner Zeit durch GOttes Gnade wider aufferſtehen / dem zu Ehren / wel - cher unſern ſterblichen Leib in die Vnſterblichkeit kleidet. lib. V. c. 4. Zu dieſer Speiſe der Unſterblichkeit / zu dieſem Tranck des Lebens ladet der Heyland aller Menſchen noch taͤglich alle die ein / welche nach der Verge - bung der Suͤnden / nach der Vereinigung mit GOtt / nach der Seelen Seligkeit hungert und durſtet / ſprechend: Kommet / zehret von meinem Brod / welches iſt eine Ge - meinſchafft meines Leibes / und trincket des Weins / den ich euch ſchencke / welcher iſt eine Gemeinſchafft meines Bluts 1. Cor. X, 16. Und dieſes verrichtet er bey uns durch Lehrer und Prediger / als ſeine außgeſandte Knechte / ſo muͤndlich / ſo ſchrifftlich.

Dergleichen getreuer Hochzeit-Bitter und Einlader iſt auch ohnlaͤngſten geweſen / der weyland Hoch-Ehr -): (): (wuͤrdige /DEDICATIO. wuͤrdige Großachtbare und Hochgelehrte Herꝛ Johann Conrad Dannhauer / der H. Schrifft Doctor, und weit - beruͤhmte Profeſſor bey Unſerer loͤblichen Straßburgi - ſchen Univerſitaͤt / Prediger im Muͤnſter / Kirchen-Con - vents Præſes, und Dechant zu St. Thoman / weyland mein Hochverdienter Lehrer / groſſer Befoͤrderer / getreuer Col - lega, Hertzgeliebter Vater in Chriſto / und hoch-geehrter Herꝛ Gevatter / nunmehr in Gott ſelig ruhende! Dieſer theure Mann Gottes / iſt auch / und zwar nicht der wenig - ſten / einer geweſen von den jenigen Knechten / welche der Hochzeit-machende Koͤnig außgeſendet / die Gaͤſte zum Hochzeit-Mahl ſeines Sohns zu beruffen. Dann er bald auff der Schul-Catheder, bald auff der Kirchen-Cantzel im Namen GOttes ſeines HErꝛn geprediget / geſchrie - ben / geruffen: Kommet / ſagt der HErꝛ / zehret von meinem Brod / und trincket des Weins / den ich ſchencke! Eſſet / aber nicht allein / wie die ungetreue Haußhalter im Pabſt - thum lehren / in dem ſie dem gemeinen Mann den Sacra - mentlichen Kelch unbarmhertzig verſagen; ſondern eſſet und trincket / nicht aber von gemeiner Speiß und Tranck / wie auff Calvini Tiſch auffgeſetzet wird / ſondern von dem Brod / welches die himmliſche Weißheit Jhr Brod / und den Wein / welchen ſie Jhren Wein / i. c. durch Paulum ihren Diener / 1. Cor. X, 18. eine Gemeinſchafft mit ihrem Leib und ihrem Blut nennet. Eine ſolche Speiſe und Tranck hat Er angekuͤndet / gelehret / verfochten / und mannlich erſtritten. Seine Stimme zwar iſt in der Lufft verſchwunden / aber der Buchſtaben ſeiner hinterlaſſenen Schrifften redet / bittet / ladet / beruffet uns noch taͤglich zur Mahlzeit.

Wir wollen dieſes gegenwaͤrtige Werck davon reden und zeugen laſſen / als in welchem der ſel. Mann von der geiſtlichen und Sacramentlichen Nieſſung des Leibs undBlutsDEDICATIO. Bluts ſeines und unſers Erloͤſers JEſu Chriſti fuͤrtreff - lich ſchreibet und handelt. Es ſeind bey des lieben Man - nes Leb-Zeiten allbereit die vier erſten Haupt-Stuͤcke des Chriſtlichen Catechiſmi / als vier Stroͤme der lautern Milch 1. Cor. III, 2. auß ſeinem Mund und Feder reichlich gefloſſen / welche viel tauſenden GOtt ergebenen Hertzen ihren Seelen Hunger und Durſt geſtillet / und noch taͤg - lich ſtillen; Derowegen ſie nicht ohne Urſachen ein ſehnli - ches Verlangen getragen / daß auch die uͤbrige Theile / nemlich vom H. Abendmahl / und Gewalt der Schluͤſſel moͤchten hinzu gethan werden; Solchem ihrem Chriſtli - chem Verlangen nun um etwas eine Genuͤge zu thun / habe ich / der ich ſeine Handſchrifften davon unterhanden habe / mich endlich bewegen laſſen / durch fleiſſige Abſchrifft eines dapffern jungen Predigers / und darauff erfolgten Druck / auch dieſe Bruͤnnlein / und zwar fuͤr dieſes mal / des fuͤnff - ten Hauptſtuͤckes vom H. Abendmahl / zu eroͤffnen / und offentlich flieſſen zu laſſen. Darinnen dann eine geiſtlich - hungerige und durſtige Seele verhoffentlich finden wird / nicht nur allein die Behauptung der reinen Lehr / unſerer der Augſpurgiſchen Confeſſion mit Hertz und Mund zuge - thanen Kirchen / ihren Seelen-Hunger und Durſt damit zu ſtillen; ſondern auch die Widerlegung der Widrigen / welche uns dieſe heilſame Speiſe und Tranck / ſo viel an ihnen iſt / zu verfaͤlſchen / zu vergifften / ja wol gar hinweg zu nem̃en / ſich freventlich unterſtehen; Damit aber die Suͤſ - ſigkeit dieſes Geheimnuſſes deſto beſſer gekoſtet / und de - ſto begieriger genoſſen wuͤrde / habe ich noch etwas von des ſel. Lehrers reliquiis hinzu thun wollen. Nemlich / und zwar anfangs / ſeinen hertzlichen Schwanen-Geſang / das iſt / die geiſtreichen Predigten / welche er uͤber den XXXIII. Pſalm Davids / wiewol nicht voͤllig / gehalten / dann als in Erklaͤrung dieſes Davidiſchen Hirten-Liedes er faſt in): (): (ijdieDEDICATIO. die mitten / an das finſtere Thal des Todes / gekommen / iſt ihme Seele / Leben / Athem / Klang und Geſang durch einen ſeligen Tod nach Gottes Willen entgangen. So nun frommer und heiliger Leute letſte Reden bedencklich ſind / und auch von GOtt dem H. Geiſt der H. Schrifft einverleibet worden; Sintemal wir noch leſen koͤnnen die letſten Worte Jſaacs / Jacobs / Moſis / Davids / ꝛc. Al - ſo wird uns niemand verdencken / daß wir auch die letſte Wort Unſers ſeligen Dañhauers denen noch Lebenden zur Lehr und Troſt haben abtrucken laſſen! Den Beſchluß aber haben wir gemacht mit ſeinen Predigten uͤber das holdſelige Geſpraͤch / welches der groſſe Menſchen-Freund JEſus Chriſtus mit Maria und Martha / Lazari Schwe - ſtern / zu Bethanien gehalten; Dann darin findet ſich der beſte Theil / welchen Maria erwehlt / und dieſer theure Mann bey ſeinen Lebzeiten / und hernach in ſeinem ſeligen Tod / aller Wolluſt / Ehr und Reichthum vorgezogen.

Seind die heiligen Reliquien / welche uns der getreue Knecht Gottes von der Tafel ſeines HErꝛn JEſu hin - terlaſſen; Von welchen wir in geſundem Verſtand ſagen koͤnnen / was dorten Jud. XIV, 14. Simſon von dem Ho - nig auß des Loͤwen Rachen gefloſſen: Speiſe gieng von dem Freſſer / und Suͤſſigkeit von dem Star - cken! Dann mir nicht zweiffelt / wer durch fleiſſige Leſung und andaͤchtige Betrachtung die Wort dieſes unuͤber - windlichen Loͤwengenieſſen wird / er werde in ſeiner See - len ſchmecken die Suͤſſigkeit / welche lieblicher als Honig und Honigſeim!

Daß aber / Euer Gnaden / Hochgeborner Graf / gegenwaͤrtiges Buch / als einen Einladungs-Brieff zur Geheimnuß-reichen Mahlzeit Chriſti / ich dediciren und unterthaͤnigſt uͤberreichen wollen / iſt nicht eine / ſondern unterſchiedliche und viel Urſachen / die mich bewogen ha -ben.DEDICATIO. ben. Dann nachdem Sie einer loͤblichen Univerſitaͤt all - hie / die ſonderbare Gnad und Ehre gethan / bey Jhrer Gluͤcklichen Ankunfft in hieſige Stadt / dero hohen Na - men in die Matricul einzuverleiben / habe ich / dieſer Zeit Univerſitatis Rector, die Gnade gehabt / in meiner Behau - ſung / dahin Sie ſich freywillig verfuͤget / Sie mit gebuͤh - render Reverentz zu empfangen / und Dero hoch-vernuͤnff - tige Geſpraͤche mit zugenieſſen / da ich dann das Hoch - Graͤffliche Gemuͤth / und angebohrne fuͤrtreffliche Tugen - den / alſobald verſpuͤrt / mich inniglich daruͤber erfreuet / und meinem GOtt fuͤr eine ſo hohe Perſon / und Zierde unſerer Univerſitaͤt / ja gantzen Evangeliſchen Kirchen hertzlich gedancket. Habe nachgehender Zeit die groſſe Gnade unterſchiedlich gehabt / mit Jhro in Geſpraͤch zu kommen: darinnen Sie dann von keinen Welt-Eitelkei - ten / wie bey vielen heutiges Tages geſchicht; ſondern meiſtens von wichtigen und die Religion betreffenden Sachen ſich zu beſprachen gnaͤdig belieben laſſen.

Dieſe und andere herfuͤrleuchtende und hoͤchſt-ruͤhm - liche Tugenden / wie auch die ſonderbare Gnade gegen mich Unwuͤrdigen haben mich bewogen mit Euer Gnaden hohen Ehren-Nahmen dieſes Wercclein zu zieren / und mit unterthaͤniger Reverentz Jhr ſolches zu uͤberreichen. Sie hat mir die Gnade gethan / und mich zur leiblichen Tafel gnaͤdig eingeladen und abholen laſſen / ich hingegen er - ſcheine fuͤr Jhr / und lade Sie zu einer Sacramentlichen und geiſtlichen Mahlzeit Jhres und meines Heylandes JEſu Chriſti. Reiſende Perſonen haben eines Zehr - Pfennings vonnoͤthen: Weil nun Jhr Gn. jetzt auch auff der Reiſe begriffen / wird ſich die heylſame Lehr vom H. Abendmahl / als ein heiliger Zehr-Pfenning dazu nicht uͤbel ſchicken. Eu. Gn. ſeyen demnach unterthaͤnig gebet - ten / Solches geringe Denckmahl meiner ſchuldigſtenObſer -DEDICATIO. Obſervantz gegen dieſelbe / nach Jhrer angebohrnen Tu - gend / mit gnaͤdigen Augen anzuſehen / und / ſo viel andere Geſchaͤffte zulaſſen / jeweilen zu leſen! Befehle Sie ſampt Dero Hoch-Graͤffl. lieben Eltern und gantzen Hochan - ſehnlichen Familia in GOttes Allmaͤchtigen Gnaden - Schutz / wuͤnſche von Grund meiner Seelen Heroiſche Beſtaͤndigkeit / heylſames Wachsthum in der einmal er - kanten / und allein ſeligmachenden Evangeliſchen Reli - gion / erwuͤnſchten Fortgang in dero fuͤrhabenden Studiis und Exercitiis, beſtaͤndige Geſundheit / Engliſche Beglei - tung auff vorhabenden Reyßen / biß Sie dermalen eins nach gluͤcklich vollendtem Jhrem Lauff in dieſem Jammer - thal / Krafft Jhres heylſamen Zehr-Pfennings des Leibs und Bluts JEſu Chriſti in das ewige Vaterland hoͤchſt - ſelig verſetzet werde! Das gebe GOtt um JEſu Chriſti / unſers Seligmachers willen / Amen.

Straßburg den 25. Auguſti Anno 1671. hertzlich gewuͤnſchet von Eu. Hoch-Graͤffl. Gn. unterthaͤnigen Diener und Fuͤrbitter bey Gott Baltaſar Bebeln / der H. Schrifft Doctorn, und Profeſſorn auff der Loͤbli - chen Univerſitaͤt Straßburg / Predigern im Muͤnſter / und jetztmaligen Rectorn gedachter Univerſitaͤt.

Eingangs -
1

Eingangs-Predigten / Uber Das Fuͤnffte Hauptſtuck deß Chriſtlichen Catechiſmi /

TEXTVS.

Pſalm XXIII. Ein Pſalm Davids.

DEr HErꝛ iſt mein Hirte / Mir wird nichts manglen. Er weydet mich auff einer gruͤnen Auen / und fuͤhret mich zum friſchen Waſſer. Er er - quicket meine Seele / er fuͤhret mich auff rechter Straſſen / umb ſeines Namens willen. Und ob ich ſchon wandert im finſtern Thal / foͤrcht ich kein Un - gluͤck / Denn du biſt bey mir / dein Stecken und Stab troͤſten mich. Du bereiteſt fuͤr mir einen Tiſch gegen meine Feinde / Du ſalbeſt mein Haubt mit Oel / und ſchenckeſt mir voll ein. Gutes und Barmher - tzigkeit werden mir folgen mein Leben-lang / und werde bleiben im Hauſe deß HErꝛn immerdar.

Neundter Theil ADie2Die Erſte

Die Erſte Predigt / Von des Pſalms Urheber / Materi und Jnnhalt / Form und Geſtalt / Zweck und Ziel.

ES iſt je und allezeit die edle Muſica und das lieb - liche Geſang fuͤr ein Stuck eines guten und nuͤtzlichen / lehrhafften Methodi, ein ſtattliche Beyhuͤlff deß Gedaͤcht - nuͤs angeſehen und gehalten worden / dadurch wie andere / alſo auch inſonderheit das Fuͤrbild der heilſamen Lehr / leichter und liechter dem Auditorio fuͤrgetragen / eingebildet / und in die Schatzkam̃er deß Gedaͤchtnuͤs beygelegt / und auff die Poſteritaͤt erhalten werden koͤnnen.

Maſſen nicht allein der Heil. Geiſt dieſen Methodum ſelbs canoniſirt und geweyhet / in der bekanten Vermahnung S. Pauli an die gantze wer - the Chriſtenheit. Col. 3, 16. Laſſet das Wort CHriſti unter euch reichlich wohnen in aller Weißheit / Lehret / Vermahnet euch ſelbs mit Pſalmen und Lobgeſaͤngen / und geiſtlichen lieblichen Liedern / Singet und Spielet dem HErꝛn in eurem Hertzen. Laſſet / ſagt er / das Wort Chriſti / und deſſen Evangeliſten / Prophe - ten und Apoſtel / als einen edlen Gaſt / wohnen / werben / gewinnen / Reichlich / als πολυπόικιλον σοφίαν die mannigfaltige Weißheit / in al - ler Weißheit / nicht in Sinnen / und geiſtloſen / bloſen / figurirten Stim - men / Lehret / Vermahnet euch ſelds mit Pſalmen uñ Lobgeſaͤn - gen. Uberzuckert und durchſuͤſſet gleichſam die Chriſtliche Lehr mit den - ſelben / Singet im Hertzen / nicht nur in Stimmen / ſondern auch in Siñen. Sondern es hat auch die geſunde Vernunfft Auguſtino gleich - ſam die Feder gefuͤhrt / damit er geſchrieben l. 10. confeſſ. c. 33. Religi - oſius & ardentius ſentio moveri animos noſtros in flammam pietatis, cum ita cantantur ſancta dicta, quam ſi non ita cantarentur, & omnes Affectus ſpiritus noſtri pro ſuavi diverſitate habent modos in voce at - que cantu, quorum neſcio, quâ occulta familiaritate excitentur. Jch fuͤhle und empfinde es / daß unſere Hertzen durch die Muſic gleichſam ent - zuͤndet / und unſere Geiſter bruͤnſtig werden / und weiß nicht wie ermuntert / wann man bald dieſen Thon / bald einen andern anſtimmet. Auß wel -chem3Predigt. chem Liecht der Vernunfft auch die blinde Heyden / die ſonſt Barbariſche / wilde / alte Teutſchen geſehen / daß ihre heroica und memorabilia, ruͤhmli - che und denckwuͤrdige Heldenthaten nicht beſſer / als durch Geſang koͤn - ten im Gedaͤchtnuͤs bleiben / und auff die Proſperitaͤt promoviret wer - den. Unicum apud illos memoriæ & annalium genus eſt, carminibus celebrare gentis ſuæ Conditores. ſchreibet Tacitus. Trithemius ſtim -v. Bern - egg. in Tac. q. 6. A. met mit zu / von den Alten Francken / de veterum heroum geſtis. Dietrich von Bern.

Jnmaſſen auch ſolches unterſchiedliche Hymni der heiligen Maͤnner GOttes / nicht nur im A. Teſt. außweiſen. Sonderlich daß ἐπινίκιον Mo - ſis und Miriam / da ſie die herrliche Thaten Gottes Reimens-weiß / Ge - ſangs-weiß / mit Paucken und Trom̃enſchlagen figuͤrlich und zierlich mit einander geſungen und geſagt: Laſſet uns dem HErꝛn ſingen / dann er hat eine herꝛliche That gethan / Mañ und Roß hat er in das Meer geſtuͤrtzt / im 2. B. Moſ. 15 / 21. Sondern auch im N. Teſt. bey der Reinigung Mariæ und darſtellung deß jungen Jeſus-Kind / da Si - meon ſeinen Schwanen-Geſang intonirt / Haña geantwortet uñ nach - geſungen / ἀνθωμολογ〈…〉〈…〉 ιτο, in einem Nach-hall und Wechſel-ſchall / Echos -Luc. 2, 38. weiß / iſt folgends continuirt worden in den erſten Pfingſten / da die Ma - gnalia Dei nicht nur in allerhand Sprachen außgeſprochen / ſondern auchv. denck - mahl. p. 64. außgeſungen / ἀιν〈…〉〈…〉 ντες Act. 2, 47. iſt folgends ein ritus und Sitt darauß worden / da die erſte Mutter-Kirch die Predigten des Worts mit Hy - mnis geziert und begleitet / wie Plinius bezeuget / deren Reliquiæ uñ Heilig - thumb noch uͤbrig in Ambroſio, Lactantio, Auguſtino, Prudentio (deſſen Geſaͤng Lutherus gewuͤnſcht / daß ſie [verteutſcht] in den Schulen moͤch - ten geleſen und geſungen werden) [Tiſchreden. p. 375.]

Aber nachdem der Antichriſt in den Tempel GOttes geſeſſen / iſt es auff dem Feld maußſtill worden / in Privat-Haͤuſern ſeind alle Pſal - men erſtummet / und wie man den armen Layen die Bibel genommen / ſo hat man ihnen auch die Pſalmen entzogen / und dieſelbe allein in Cloͤſter verwieſen / da das unvernuͤnfftige Bruͤllen und Heulen angegangen / biß der Allmaͤchtige GOtt ſich wieder uͤber Teutſchland erbarmet / und durch den theuren Werckzeug Lutherum ſein Evangelium herfuͤr gebracht / der allerhand ſchoͤne Lehr und Troſt-Pſalmen in anmuthige Reimen verſetzt / und mit lieblichen Tonis und Melodeyen gezieret / dadurch viel 1000. lech - zende Seelen erfriſcht und erquicket worden. Jn deſſen Fußſtapffen ge - tretten / Paulus Eberus, Juſtus Jonas, Eraſmus Albertus, Lazarus Speng -A ijlerus,4Die Erſtelerus, der Gottes-gelehrte Syndicus zu Nuͤrnberg / und ſonderlich der theure und werthe Mann und Maͤrtyrer / Paulus Speratus, dem wir das geiſtreiche und recht Evangeliſche Lied / Es iſt das Heyl uns kommen her / zu dancken haben.

Alles nach dem Exempel des Fuͤrtreflichen / in aller Welt beruͤhm - ten / Sinnreichen Poeten / und Geiſtreichen Muſicauten Davids / der ſol - che Kunſt in ſeinen Koͤniglichen Titul einzutragen / kein ſcheu noch ſcham getragen / daß er ſey lieblich in Pſalmen Jſrael. Derſelbe hat nicht nur Buß-Pſalmen / Paſſional-Pſalmen / Prophetiſche Gebet-Troſt - und Danck-Pſalmen / ſondern auch Catechetiſche Lehr-Pſalmen gedichtet / ge - ſungen und geſpielet / und in denſelben alle Geheimnuͤſſe der Chriſtlichen Lehr / das Unum neceſſarium, das einige Noͤthige / ſo zierlich und lieblich gefaßt / und gleichſam als in einem Butterfladen liecht und leicht einge - ſtrichen. Dem zufolge wir neulich das erſte Stuck Chriſtlicher Lehr das Sinaiſche Geſetz / deſſen Tugend und Krafft im 29. Pſalm erklaͤrt / und gehoͤrt / wie der HErr der Ehren donnert / wie ſeine Stim̃e herꝛlich und mit Macht gehe / die Cedern zerbreche / haue wie Feuerflam̃en / errege die Wuͤſten / und entbloͤſe die Waͤlde. Jm 14. Pſ. als in einer idea inverſi Decalogi beſchauet malitiam humanam legi obſtreperam, das durch Suͤnd verderbte menſchliche Hertz / ſo dieſem heiligen Geſetz allezeit ſich entgegen ſetzt / an dem Schaum eines gottloſen Mannes / eines groſſen Suͤndenknechts / und Antinomi und widergeſetzers / gelernet / wie ſchwer - lich ſich laſſe Fleiſch und Blut zwingen zu dem ewigen Gut.

Jetzt haben wir fuͤrgenom̃en in dem andern Stuck Chriſtlicher Lehr / des Evangelij vom Glauben / wie daſſelbe hell und klar auß dem 23. Pſal - men / tanquam Pſalmo gemello cum Pſ. 14. da auch dieſer Pſalm jung worden / herfuͤr leuchtet / zubetrachten und zu Hertzen zunem̃en / und in ge - nere, deſſen Adel / Krafft und Tugend mit Gott / und geliebt es Gott / ins kuͤnfftig zu tractiren / und den letſten Verſicul deß 14. Pſal. exemplifici - ren / und vernem̃en / wie Jacob und Jſrael ſich freuen uͤber die Erloͤſung / und Huͤlffleiſtung / dißmal bleiben wir allein ſtehen bey folgenden fragen. A quo? von wem dieſer Pſalm componirt / getichtet / geſpielet und ge - ſungen worden. De quo? von wem er eigentlich rede und handele. Quâ Formâ? in was fuͤr Geſtalt. Quo Fine? zu was Zweck uñ End er aufge - ſetzet worden. Hievon nutzlich und aufferbaulich zu reden und zu handlen / wolle uns der Vater des Liechts mit dem Gnadenliecht ſeines H. Geiſtes mildiglich erſcheinen / um Jeſu Chriſti ſeines lieben Sohns willen. Am.

I. A quo? 5Predigt.

I. A quo? Wer iſt ihr Vater / moͤgen wir auch allhie fragen / mit je - nem ungenanten / unbekanten / δε῀ινα oder ungenanten Frager. 1. Sam. 10. da ein gantzer Cuneus, Collegium, oder Hauffen der Propheten uñ Pro - pheten-Kinder / Meiſter und Schuler / von dem Cananæiſchen Helicone dem Huͤgel GOttes in der Proceſſion herab gegangen / und mit Stim̃en und ſingen / Pſalter und Paucken / Pfeiffen und Harpffen geweiſſaget / das iſt / Magnalia, Myſteria, Conſilia, allerhand Geheimnuͤſſe / und Tha - ten Gottes mit lieblichen / zierlichen Stimmen und Muſicaliſchen Inſtru - menten / gelobet / Saul der Baurenknecht / und Eſelstreiber ploͤtzlich un - ter denſelben angefangen zu weiſſagen / daruͤber ſich maͤñiglich verwun - dert / und geſagt: iſt Saul auch unter den Propheten? ſo tritt einer her - fuͤr und ſagt / wer iſt ihr Vater? ihr Lehrmeiſter? ihr Wecker und Antrei - ber? der Primus motor? alſo moͤgen wir auch gleich im erſten Antritt dieſes 23. Pſal. fragen / forſchen und außſpaͤen / Quis author Principalis? Wer iſt hier Vater / Urheber und Meiſter? zwar im Titul ſtehet vornen an / ein Pſalm Davids / welcher ratione vocationis, ſeinem Beruff nach ein Schaafhirt / der ſeines Vaters Schaaff gehuͤtet zu Bethlehem / und alſo ein Hirten-knecht / ein Schaafhirt geweſen / aber nicht ein grober igno - rant und ungeſchickter Baurenbengel / aſinus ad lyram, der auff der Baͤrenhaut gelegen / unter einem Baum gefaulentzet / Himmel und Er - den angeſehen / wie eine Kuh ein neu Thor; ſondern ein Philoſophiſcher Schaͤffer / Patriſſans, der nach dem Exempel ſeines Urahns Jacob die Naturen wol erkundigt / das Buch der Natur erforſcht / wie Jacob ein Kunſt-Stuck ſeiner Phiſiologiæ gethan / an den geſchehlten Staͤben / die er in die Trenckrinnen gelegt / und die Schaaffmuͤter druͤber empfangen laſſen / alſo hat auch David die Natur / Art und Eigenſchafft / derſelben Wartung und Verpflegung gar wol außſtudirt / maſſen dann auch dieſer Pſalm nicht liechter kan verſtanden werden / als auß der Natur. (Man kan ſchreibt Lutherus Tom. 6. Jen. p. 361. f. 2.) diß troͤſtlich und lieblich Bilde nicht beſſer verſtehen / man gehe dann in die Creatur / (darauß die Propheten diß und dergleichen Bilder genommen) und lerne fleißig darauß / was die Art und Eigen - ſchafft eines natuͤrlichen Schaafs / und das Ampt / Arbeit und Fleiß eines from̃en Hirten ſey. Wer darauff wol achtung hat / der kan darnach nicht allein leichtlich diß und andere Gleichnuſſen in der Schrifft von Hirten und Schaaffen verſtehen / ſondern ſie werden ihm auch uͤber alle maſſen ſuͤß und troͤſtlich)

Opilio Poëta, ein Poetiſcher Schaͤffer / der im fernern Nachſinnen den Schoͤpffer ſolcher Creaturen gelobet / mit ſchoͤnen Sinnreichen In - ventionen uñ Fuͤnden / Sinnen und Sitten / Liechtern uñ Farben / Wor -A iijten6Die Erſteten und Wort-blumen / eigentlich und viel natuͤrlicher / als der Mahler mit ſeinem Penſcl abmahlt / ein Panegyricus einen Lobſpruch verfertiget.

Opilio Muſicus, dann ſo mußt es ſeyn / und zeugen die Naturkuͤndi - ger / und erfahrne Oeconomi, daß wann die Schaaffhirten auff Floͤten / Pfeiffen / Sackpfeiffen ſpielen / die Schaaff davon munter und luſtig wer - den / wol gedeyen / fett werden / und frucht tragen: Alſo hat auch David ſein Pſalterſpiel laſſen erklingen ſeine Schaaf zu beluſtigen. Wer iſt aber der Vater / der ihn / den lieben David / ſo ſinnreich / ſo geiſtreich lehren ſin - gen und pfeiffen? Wer hat ihm die invention ςόμα καὶ σοφίαν, Mund nñ Weißheit / ἰδίαν καὶ ἐξάιρετον χάριν, ſonderbare gratiam, und Lieblichkeit eingegeben / und damit berathen? Eben der / der den ungeſchickten Bau - renbengel Saul zu einen Propheten gemacht / den David ſelbs geruͤhmet in ſeinem Titul. 2. Sam. 23. der Geiſt deß HErꝛn hat durch mich geredt / und ſeine Rede iſt durch meine Zunge geſchehen. q. d. was ich dichte / ſinge und ſpiele / iſt nicht mein Werck / Fidelkunſt / der bloſ - ſe Mund kan nicht reden / er werde dann animirt von einem lebendigen Geiſt / Jch bin gleichſam der Mund / der Geiſt deß HErꝛn iſt der Redner / mein Pſalter-ſpiel kan von ſich ſelbs nicht erklingen / wo es nicht von einer hoͤheren Hand beruͤhret wird / Spiritus S. hieropſaltes, Ego Pſalterium, der Geiſt deß HErꝛn iſt der Harpffenſchlaͤger / ich bin mehr nicht / als die Harpffe / die Feder auff dem Tiſch kan nicht ſchreiben / wann ſie nicht von der Hand eines Schreibers gefuͤhret wird. Meine Zung iſt ein Grif - fel eines guten Schreibers. Pſ. 45. der Heil. Geiſt iſt der Schreiber. Jch bin der Biſemsknopff / der Athem des HErꝛn gibt den Geruch. Soli Deo gloria. Jch hab meine Pſalmen nicht auß mir ſelbs / wie die Spinn ihr unnuͤtz Spinnen-gewepp erſunnen und erſpunnen. Jch bin der Werckzeug und mehr nicht. Die Natuͤrliche Gaben und Zuneigungen / die er an mir gefunden / die hat er herfuͤrgezogen / mit hoͤhern chariſmaſi und Gnaden-Gaben gezieret / und zu ſeinem Dienſt geweyhet / der iſt auch der Autor deß 23. Pſ. Jhm allein die Ehr. Das iſt die Antwort auff die erſte Frag / A quo, von wem dieſer Pſalm concipirt / gedichtet und geſpielet worden.

An dieſer erſten Frag / à quo, hanget die andere Quando, quod〈…〉〈…〉 θος καὶ πάθος, wañ und in welchem humor, Sitt uñ affect David geſtanden / als er dieſen Pſalmen gedichtet? die umbſtaͤnd und der gantze Pſalm zei - gen ſo viel an / daß David dieſen Pſalmen gedichtet / da er in der Wuͤſten / als ein verirrtes uñ verlohrnes Schaff κα〈…〉〈…〉 ὄψιν dem aͤuſſerlichen Augen -ſchein7Predigt. ſchein nach herum terminirt / gantz Herꝛloß / ohne Schutz / Vogelfrey / und als ein Bandit, der in die Acht erklaͤrt / den Na bal mit rauhen Worten an - geſchnauft / es gibt jetzt viel verloffene Burſt / die ſich von ihren Herren reiſ - ſen / Herꝛloß machen. Solch Anfehen hatte es mit David in der Wuͤſten Maon / in dem finſtern Thal deß Todes. 1. Sam. 20, 3. da ſein Leben kaum einer Handbreit / und er als ein Schlachtſchaaf herumb gewallet / dann ſich Davids niemand mehr wolte annehmen / niemand wolt ihn ſchuͤ - tzen / jederman mußte beſorgen / es moͤchte ihm gerathen / wie den Prieſtern zu Nobe / zu der Zeit / da ihm / als einem hungerigen / lechzenden und haͤlli - gen Schaaf / Erquickung / Speiß und Tranck vonnoͤthen geweßt / da er als ein Bettler umb ein ſtuck Brod und Ritterzehrung bey Nabal mo - deſtè und beſcheidenlich angehalten / da ihm die repuls worden / eine trotzi - ge / abſchlaͤgige Antwort bekom̃en / und fuͤr Brod Stein angebotten wor - den / wer iſt David / und wer iſt der Sohn Jſai / der arme Hungerleider und Halunck / ſolt ich mein Brod und Fleiſch nehmen / und den Leuten geben / die ich nicht kenne / wo ſie her ſind / das werd ich wol laſſen. So fangt hierauff David an Trutz gegen Trutz zu remuneriren: Der HErꝛ iſt mein Hirt / mir wird nichts mageln / q. d. was bin ich eben an den Kar - gen Filtz / den Ertznarꝛen / ſtoltzen Hirt uñ Wirth zu Carmel gebunden / ich weiß mir einen andern / getreuern und freygebigern Wirth / mein Sohn / der Meſſias / der iſt mein Hirt / der mich ſein Schaaf weidet auff der gruͤ - nen Auen ſeines Worts. Mein Wirth / der mir einen koͤſtlichen Tiſch be - reitet / davon ich leb / und ſeiner Verheiſſung geleb / welche alſo lautet: Der Menſch lebet nicht vom Brod allein / ſondern von allem / das auß dem Mund deß HErꝛn gehet / das iſt mein Tiſch / meine Speiſe und Nahrung / Trotz dir Nabal.

Zu derſelbigen Zeit / da ihm ein Tiſch bereitet vor ſeinen Feinden / ſaß dort in der Hoͤhe Nabal mit ſeinen Schaͤfern / denen er ein Koͤniglich Mahl zugerichtet / frißt und ſaufft ſich toll und voll / ja gar den Tod an den Halß / ſein Koͤniglich Mahl wird ihm ein Henckermahl / hie deckt Abigail den Tiſch / theilt ihm ein reichen Segen mit / regalirt ihn mit 200. Brod / und 2. Loͤgel Weins / 5. gekochten Schaaffen / und 5. Scheffel Meel / und 100. ſtuck Roſin / uñ 200. ſtuck Feigen / dabey hat David mit ſeinen Maͤn - nern auch koͤnnen froͤlich ſeyn / da mangelt ihm nichts zu ſeiner Genuͤge. Wer war froͤlicher als David und feine Maͤnner / denen das geringe beſ - ſer gedeyt / geſegnet und bekommen / als dem Gottloſen ſein Uberfluß / darumb dann auch τὸ πάθος und affect voller Freuden geweſen / meinHErꝛ8Die ErſteHErꝛ iſt der edle Hirt / der freygebige Wirth. Es redet David (ita Luth. Tom. 6. Jen. p. 361.) diß Wort auß einem froͤlichen ſi - chern Hertzen / das voll Glaubens iſt / und fuͤr groſſer Freu - de und Troſt uͤbergehet / und ſpricht nicht / der HERR iſt meine Staͤrcke / Burg / ꝛc. Welches auch ſehr troſtlich gere - det iſt / ſondern mein Hirte / als wolt er ſagen / iſt der HErꝛ mein Hirt / und ich ſein Schaaff / ſo bin ich ſehr wol verſor - get / beyde an Leib und Seel. & Tom. 2. Isleb. p. 86. das iſt ein Wort eines uͤberauß reichen und vollen Glaubens / wer auch das glaubet / der wird ſich umb zeitliche Nahrung die - ſer Welt nichts bekuͤmmern.

Zu ſolchen Freuden und Springen haͤlt nun David ſeine Mahlzeit.

Περί τινὸς, De quo? Von wem redet der Prophet / moͤgen wir fer - ner fragen mit dem Kaͤmmerer der[Koͤnigin] Candaces. Act. 8. Re - det er von ſich ſelbs / oder von einem andern? Suchen wir die Antwort in der Pupilla, und Augapffel deß Calviniſmi, dem Marotiſchen / Fran - tzoͤſiſchen Lobwaſſer / ſo finden wir nichts / als Davids zeitliche Wol - fahrt / und Gluͤckſeligkeit / von Chriſto dem Kern und Stern iſt alles maußſtill / iſt ſich nicht zu verwundern / Marotus kunte nicht anders Pfeiffen / als ihn ſein Meiſter Calvinus gelehret / der gibt fuͤr / David hab dieſen Pſalmen getichtet eo tempore, quo proſpere & ex voto a - gebat, in ſummo dignitatis gradu, in ſplendore opum & honorum. Zu der Zeit / da es ihm alles gluͤcklich und nach Wunſch ergangen / da er ein ruhig und friedlich Koͤnigreich beſeſſen / in den hoͤchſten Ehren ge - ſchwebet / Reichthumb und volle Genuͤge gehabt / und reitet ſo grob her - ein / daß er nicht nur den Kern und Stern den Meſſiam außlaßt / ſon - dern auch zu ſchreiben ſich nicht geſcheuet / vias Juſtitiæ abſurdum eſſe de directione Sp. Sancti accipere, es ſey ungereimt / das leyten auff der Rechten Straſſen / von der Regierung des H. Geiſtes zu verſtehen. Ein ander Lobwaſſer / wir loben den Wein / damit Lutherus dieſen Pſalmen beſprengt / und die anagogiam troͤſtlich gefunden / inmaſſen ſein Teutſcher lieblich gereimter Pſalm alles auff Chriſtum[und] ſeinen Geiſt und Wort richt. Er gibt mir Weyd ohn unterlaß / darauff waͤchßt das wolſchmeckend Graß / ſeines heilſamen Wortes: Zum reinen Waſſer er mich weißt / das mich erquicken thute / das iſt ſein fron heiliger Geiſt / der mich macht wolgemuthe / er fuͤhret mich auff rechter Straaß / ſeiner Gebot ohn[unterlaß] / vonwegen9Predigt. wegen ſeines Namens. Maſſen auch in hoͤherm Verſtand hie geſtan - den Auguſtinus, Theodoretus, und das hat Lutherus nicht auß ſich ſelbs erſonnen und geſponnen / ſondern der groſſe uñ unfehlbare Prophet Chri - ſtus ſelbs hats alſo erklaͤrt / auff ſich ſelbs klar und außtrucklich applicirt / ſonderlich Joh. 10, 14. ἐγὼ εἰμὶ ποιμὴν καλὸς. Jch bin eben derſelbe gute Hirt / von dem mein Großvater geſungen uñ geſpielet. Er iſt das Vorbild / ich das Gegenbild / er der Schatten / ich der Coͤrper. Er der Schaafhirt / ich der ἀρχιποιμὴν Ertzhirt / der die Schaaff mit ſeinem eigenen Blut erloͤſet hat. Er der Philoſophus, ich die Weißheit / er der Poet / ich die Brunn - quell und Urſprung der Poëſi, er der Muſicus, Jch das Lied / Meine Ev - angelia ſind lauter nova Cantica, und neue Lieder.

Jch thue und erfuͤlle alle Werck / Qualitaͤten und Eigenſchafften ei - nes guten Hirten. Ein Hirt fuͤhret ſeine Schaaff auff gute Weyd / mein Wort iſt die recht guͤldene Au / darauff ich meine Schaaff außfuͤhre / ein Hirt traͤncket ſeine Schaaff und erquicket ſie / ich ruffe meine Schaaffen zu mir als der Quell des lebendigen Waſſers / Matth. 11. Kommet her zu mir alle / die ihr muͤhſelig und beladen ſeyd / ich wil euch er - quicken. Ein Hirt fuͤhret ſeine Schaaffe auff rechter Straſſen / Jch bin der Weg / die Warheit uñ das Leben / niemand kom̃t zum Va - ter / denn durch mich. Ein Hirt huͤtet der Schaaff / und verlaͤßt ſie nicht auch im finſtern Thal. Jch bin der Huͤter Jſrael / der nicht ſchlaͤf - fet noch ſchlum̃ert / niemand wird mir ein Schaaff auß meiner Hand reiſſen. Jch ſpeiſe auch meine Schaaffe / und decke ihnen den Tiſch / den leiblichen Tiſch in der Wuͤſten / mit Manna und Himmelbrod / den Gnaden-tiſch / in dem Wort des H. Evangelij / den Sacramentlichen Tiſch / in dem H. Abendmahl / den Glori-Tiſch in dem ewigen Leben / da ſie mit Abraham / Jſaac und Jacob ſollen zu Tiſche ſitzen / und mit Wolluſt getraͤncket werden als mit einem Strom / Jch traͤncke auß meinem Kelch mit Freuden-Oel Pſ. 45. davon ſie truncken werden / wie die Bruͤder Jo - ſephs / nach dem ſie a ſeinem Kelch getruncken / Jch halte ſie wie jener Arme. 2. Sam. 12. von welchem gemeldet wird / er nehret es / daß es groß war / bey ihm und ſeinen Kindern zugleich / es von ſeinem Biſſen / und tranck von ſeinem Becher / und ſchlieff in ſeinem Schoß / und er hielts wie eine Tochter. Alſo auch hie. Summa / nichts manglen / Col tobh, volle Genuͤge / Schalom, Sonn und Schild.

Qua formâ? darauf deutet die Uberſchrift / Mizmor, heiſſet eigentlich ſo viel / wie zu andern Zeiten außfuͤhrlich erwieſen worden / als ein zierli -Neundter Theil. Bcher10Die Erſtecher und lieblicher Vogelgeſang / beſtehet auß unterſchiedlichen διαςολαῖς, Thonen / Melodeyen / Cæſuren / Figuren / Abſchnitten / Pauſen / Minuri - tionen / und zwitzern der Lerchen / das ſchlagen der Nachtigal / das Modu - liren der Graßmucken / der Carnari Voͤgel. Alſo iſt auch David die He - breiſche Nachtigal / der hie nicht in tono triſti, wie dort in den Buß-Pſal - men / als ein Rohrdommel in der Wuͤſten / als ein Kaͤutzlein in den ver - ſtoͤrten Staͤtten Pſ. 102. ſondern luſtig und froͤlich dieſen Pſalm geſun - gen und geſpielet / und daſſelbe ſingulari charite, mit ſonderbahrem An - muth und Lieblichkeit / wie Athanaſius redet.

2. Forma Poëticâ, in Poetiſchen Fuͤnden / Figuren / außpolierten / geſchmuͤckten / liechten Wort-blumen. Luth. Tom. 6. Witt. p. 160. Solche Blumen-Wort lehret man den Knaben in den Schulen / und heiſſen auff Griechiſch Schemata, auff Lateiniſch figuræ, darumb, daß man die Rede damit verkleidet und ſchmuͤcket / gleich wie man einen Leib mit einem Kleinod zieret / derſelben Blumen iſt die Schrifft voll. Nach Mathematiſcher Proportion, Maaß / Ziel / und Gewicht / die dieſem Pſalmen auß beyden Augen herauß gucket / und heutiges Tages gantz verborgen / unſere teutſche Reimen / und wann es gleich Opitii Teutſche Vers ſind / ſind viel zu kahl und ſchal / und moͤgen die Majeſtaͤt / Liecht und Krafft / der Davidiſchen Poeſi nicht erſchoͤpf - fen / es iſt Tag und Nacht gegen einander / der Mann lebt nicht ſoll auch noch gebohren werden / der das metrum koͤnne erfinden und ergruͤnden. Gomarus haͤtte mit ſeiner Lyra Davidica, wol koͤnnen daheim bleiben / deliravit.

vid. Corn. ad Amos. p. 257. B. Hieron. ad Amos. O - mnis arti - fex artis ſuæ Ioqui - tur exem - plis, navita de ventis &c.

3. Forma Bucolicâ & ænigmatica, wie Virgilius in ſeiner erſten Ec - logâ (ſind Matheſii Gedancken uͤber Syrach c. 39. p. 143.) Alſo David unter der Figur und Decke deß Hirten-Ampts den Schaaff ſtall der Chriſtlichen Kirchen / und der Geiſtlichen Seelenweyd / und ſetzt dieſes Nota benè hinzu / derohalben wer ſich nicht in den Poeten wol umgeſe - hen und geuͤbt / der wird ſolche figuͤrliche / verdeckte / verbluͤmte / gemahlte Schrifften der Propheten langſam verſtehen.

Quo Fine? das lehret Syrach. c. 47, 9. Fuͤr ein jeglich Werck dan - cket er dem Heiligen / dem Hoͤchſten mit einem ſchoͤnen Lied. Nun hat GOtt der HErꝛdißmal / ſeine wunderliche Guͤte erwieſen an David / und eben ein ſolch groſſe und ſuͤſſe Wunderthat an ihme erwieſen / als an Elia, durch die Raben / die waren Diebs - und Raub-Voͤgel / haͤtten das Fleiſch ſelbs gern geſſen / daß ſie im Schnabel (vermuthlich von der Jeſabels Tiſch) davon getragen / aber ſie muͤſſens ohn ihren Danck Eliæ an dem Bach zutragen. Alſo auch Nabal / der Diebs-Vogel von Carmel derWuche -11Predigt. Wucherer und Schindfeſſel / der wolte nichts weniger als den hungerigen David ſpeiſen. Was ſagt er / 1. Sam. 25, 11. Solt ich mein Brod / Fleiſch uñ Waſſer nem̃en das ich fuͤr meine Scherer geſchlach - tet habe / uñ den Leuten geben / die ich nicht kenne / wo ſie her ſind? Der Herr / der Thearcha ſagt: Ja dein Brod und Speiß ſol David zu gut kommen / gibts Abigail in Sinn / daß ſie ſich auffgemacht / zweyhun - dert Brod / zwey Laͤgel Weins / fuͤnff gekochte Schaaff / und fuͤnff Schef - fel Meel / und hundert ſtuck Roſin / und zweyhundert ſtuck Feigen David entgegen gebracht / und ihn damit verehret / darum ἐυεργεσία, GOttes wunderbare Gnad und Guͤte / als die Mutter / hat eine ſchoͤne und edle Tochter gebohren / ſo da heißt ἐυχαριςία, Danckbarkeit / GOtt einen ſchoͤnen Panegyricum geſungen. Pſ. 108. GOtt es iſt mein rechter Ernſt / ich wil ſingen und tichten / meine Ehre auff / wolauff Pſalter und Harpffen / ich wil fruͤhe auff ſeyn / Jch wil dir dancken unter den Voͤlckern / ich wil dir lobſingen unter den Leuten / denn deine Gnade reichet ſo weit der Himmel iſt / und deine Warheit / ſo weit die Wolcken gehen / darinn David erken - net / admirirt / æſtimirt / und in die gantze Welt / biß ans Ende der Welt / GOttes Wunderguͤte außbreitet. Gleichwie aber bey den Hebreern Sitt und Gewonheit war / daß ſie ihre Convivia mit Muſicen und Lobgeſaͤng gezieret / wovon Syrach ſchreibt / c, 32, 7. 8. Wie ein Rubin in fei - nem Golde leuchtet / alſo zieret ein Geſang das Mahl. Wie ein Smaragd in ſchoͤnem Golde ſtehet / alſo zieren die Lieder beym guten Wein. Alſo auch David / nach dem er geſaͤttiget worden / hat er nach ſeiner Harpffen gegriffen / wolauff Pſalter und Harpffen. Dieſes Lied gedichtet / und alſo den Lobgeſang geſprochen / und damit als der rechte Hebreiſche Orpheus nicht nur Felder und Waͤlder erfuͤllet / nicht nur ſeine Maͤnner und Gefaͤrten zu gleichem Lobopffer angezuͤndet / und angefriſchet / nicht nur denſelben lamnazeach dem Vorſaͤnger und Capellmeiſter uͤbergeben / denſelben bey aller Gelegenheit zu ſingen und zu ſpielen / ſondern auch ad illicium ſequelæ der gantzen Chriſtenheit / auff daß alle Welt der Ehre GOttes voll werde.

Sintemahl auch dieſer Pſalm bonum Eccleſiæ commune, ein all - gemein Gut der Chriſtlichen Kirchen. Etſi nemo noſtrum ſit David (ſchreibt Lutherus Tom. 4. Lat. p. 268. f. 2.) tamen quia habemus com - munia bona, idem verbum, ſpiritum, fidem, beatitudinem, eadem pe - ricula & afflictiones propter verbum ſuſtinemus, ideò & meritò Da -B ijvidis12Die Erſtevidis voces & ſermones imitamur. Das iſt / ob ſchon Niemand un - ter uns David iſt / dannoch dieweil wir einerley geiſtliche Guͤ - ter theil und gemein haben / ein Wort / ein Geiſt / ein Glauben / ein ewiges Leben und Seligkeit / einerley Gefahr und Anfech - tung um des Worts willen außſtehen / derowegen moͤgen wir auch billich Davids Wort und Pſalmen nachſprechen / und uns derſelben bedienen. David iſt gleichſam die Hebreiſche Nachti - gal / wie nun die Nachtigal ihren Jungen vorſingt / dieſelbe ſeine Kunſt lehret ſeine Melodey und Weiſe / und wo ſie irgends fehlen / dieſelbe cor - rigiret. Juniores meditantur, verſusque, quos imitentur, accipiunt, reddunt - que, audit diſcipula magna attentione, vicibusque ſubticet, ut intelligeretur e - mendata correctio, & in docente reprehenſio, Plin. l. 10. nat. hiſt. cap. 29. Das kan auch mit Warheit von der Hebreiſchen Nachtigal geruͤhmet werden / daß er nicht allein ein Meiſter ſey geweſen / lieblich mit Pſalmen Jſrael / das iſt / lieblich und zierlich geſungen / lieblich und zierlich auff ſeinem Pſalterzeug geſpielet / ſondern auch andern vorgeſungen / und ihm laſſen angelegen ſeyn / auß inniglicher hertzlicher Lieb / ſeinen Geiſt und deſſen heilige Brunſt / ſeine Kunſt / Affecten, Freud und Melodeyen / ja das gantze Hertz mitzutheilen. Uns gebuͤhret nun das Æmuliren / Imitiren und Nachſingen / und nach der Vermahnung St. Pauli 1. Cor. 14. das Streben nach den geiſtlichen Gaben. Wollen wir aber imitiren / ſo muͤſ - ſen wir zuvorderſt agnoſciren / und erkennen / ſollen wir erkennen / ſo muͤſ - ſen wir auch forſchen / ſollen wir forſchen / ſo muͤſſen wirs auch applici - ren / und uns zueignen / ſollen wirs uns zueignen / ſo muͤſſen wir auch vermehren.

Zu allervorderſt / ſag ich / wird erfordert / Agnitio intellectus, das Verſtaͤndnuß / ἀναγινώσκων, νοείτω, wer das liſet / der mercke drauff / es iſt nicht genug an dem bloſen Wort und general-Verſtand hangen blei - ben / ſondern forſchen je laͤngeꝛ je mehr / je laͤnger je tieffer graben / die ver -, borgene Quell / die intimiora ſenſa, ἤθη καὶ πάθη, die Emphaſ[i]s verborum den Nachtruck eines jeden Worts außſpaͤen / und alſo den Sinn deß H. Geiſtes erkennen lernen / den Kern außſchehlen / Safft und Krafft her - auß ſaugen / und fuͤr dißmal einen guten concept von dieſem Pſalmen faſſen / daß er kein inventum humanum, von Menſchen als Menſchen ſeinen Urſprung habe / daß er nicht handle von ungelegten Eyern. Lu - therus ruͤhmet deßwegen die Juͤdiſche Synagog, uns zur Schande.

Tom. 2. Isleb, in Joh. 2. p. 481. uͤber die Wort deß 69. Pſalmen / der Eyffer umb dein Hauß hat mich gefreſſen. Hie ſihet man dennoch / daß in dem Volck die H. Schrifft13Predigt. Schrifft wol wird ſein bekand geweſen / und daß ſie mit Fleiß in den Synagogen und Schulen getrieben worden ſey. Sonderlich aber hat man dem Volck den Pſalter fuͤrgelegt und bekant gemacht / daß ſie haben die Pſalmen geleſen / gepre - diget / und gehandlet / daß man wol ſihet / daß in allen Staͤtten und Flecken ſind Prieſter und Leviten geweſen / die haben ihre Pfarren / Kirchen und Schulen / wel - che man Synagogen nennet / gehabt / dahin ſich das Volck / GOttes Wort zu hoͤren und zu lernen / verſamlet hat / und ſie alſo ſind verſorgt geweſen / daß die Schrifft der Propheten und der Pſalmen fleiſſig ſind außgeleget; der Tempel zu Jeruſa - lem blieb gleichwol in ſeinen Wuͤrden / und die Oberſte oder Haupt-Pfarr-Kir - che / dahin ſie des Jahrs dreymal kamen / zum Zeugnuß daß ſie ſich an GOtt hiel - ten / der daſelbſt zu wohnen zugeſagt hatte / und Rechenſchafft ihres Glaubens und Lehre thaͤten. Alſo fein waren die Kirchen beſtellet / und geordnet in dieſem Volck und die Schrifft taͤglich gehandlet / daß auch die Einfaͤltigen davon einen zimblichen Verſtand haͤtten / was in den Pſalmen und Propheten geſchrieben ſtuͤnde / und koͤntens behalten. Wie dann auch jetzund / GOtt Lob und Danck unſere Kirchen alſo beſtellt ſind / daß man dennoch da zuſammen kom̃t / GOtt an - zuruffen / zu loben und zu dancken; das Wort GOttes reichlich darinn getrieben wird / daß auch ein einfaͤltiger grober Mann die Schrifft etlicher maſſen verſte - hen kan / wie dann bey den Juden auch ſolches geweſen iſt. Wir wiſſen je / was des HErꝛn Chriſti Juͤnger fuͤr Leute geweſen ſind / nicht kluge Hoheprieſter / Pha - riſeer und Schrifftgelehrte / ſondern waren arme Bettler und Fiſcher / geringe Leut / Petrus / Andreas und Bartholomaͤus / dennoch kennen ſie den Pſalter / hoͤ - ren ihn leſen / ſingen und predigen / haben alſo die H. Schrifft gelernet / haben ſchlecht von Zuhoͤren lernen muͤſſen / daß ſie es behalten / und daran gedacht ha - ben. Alſo ſihet man dennoch / was die Zucht und Vermahnung zum Goͤttlichen Wort thut / wenn man die Leute treulich unterrichtet / und die Leuthe auch mit fleiß zu hoͤren / und muß ſonderlich in dieſem Volck eine feine Zucht / Fleiß und Gehor - ſam geweſen ſeyn / daß ſie fleiſſig zugehoͤret haben / wann man geſungen / und gele - ſen hat in ihren Schulen / oder Kirchen / wenn ſie am Sabbath zuſammen kom - men ſind zu predigen / zu beten und zu ſingen / wie wir in unſern Kirchen thun / diß Exempel der Juͤnger ſol uns auch reitzen / daß wir GOttes Wort gerne hoͤren / glauben und annem̃en / die Abſolution empfahen / Sacrament gebrauchen. Weil nun dem alſo war bey den Juden / ſo iſts nicht Wunder / daß die lieben Juͤuger in Galilæa, in ihren Schulen den Spruch auß dem Pſalm behalten haben. Aber das iſt ſich zu verwundern / daß ſie ihn eben auff die That Chriſti deuten koͤnnen / als ſey es eben von dem außtreiben der Kaͤuffer und Verkaͤuffer geredet / und ſonſt von nichts anders. Es iſt aber ſeltzam geredet / der Eiffer hat mich gefreſſen / aber ſie haben es nach der Ebreiſchen Sprach-Art verſtanden / und iſt ihnen die - ſe Rede nicht unkaͤntlich geweſen. Denn ſie haben die Propheten fleiſſig ge - leſen.

2. Roratio, ſol ſolche Erſchoͤpffung geſchehen / ſo muß man den Text nicht uͤberhujen / uͤberſudlen / und uͤberlauffen / eine / zwo / drey oder mehr Predigten thun kein Satisfaction, der Schatz iſt zu reich / Moſes hat nicht vergebens in ſeinem Valet-Lied Deut. 32, 2. gewuͤnſcht / daß ſeine Reden trieffen / wie der Regen / daher die Propheten Traͤuffler genennet worden /B iijgleich -14Die Erſtegleich wie zu der Zeit der Duͤrre im Sommer ein ſtarcker Platzregen / der auff einmal gantz herunter ſtoßt / die Erde zwar benetzet / aber ohne Frucht / ergeußt ſich aber ein langſamer / ſachter und ſanffter ſtiller Regen etlich Tag nacheinander / ſo penetrirt er / dringt durch / macht alle ſemina und Garten-gewaͤchſe fruchtbar / daß ſie wol gedeyen. Gutta cavat lapidem, non vi, ſed ſæpè cadendo, ein Troͤpfflein Waſſers kan auch wol ein har - ten Stein weich machen / aber nicht durch Gewalt / ſondern durch offt - mahligen Fall. Jtem / gleich wie die Majim Mephakim, die Spiritus, und Olea, ſo auß dem diſtillir-Helm durchs Feuer außgepreßt werden / fallen Tropffen-weiß herab / muͤſſen auch Tropffen-weiß diſpenſirt wer - den / man ſchuͤttet keinem Patienten das koͤſtliche Perlenwaſſer Schop - pen-weiß in die Gurgel hinein / ſondern einen Tropffen nach dem andern / ſo iſt die Wuͤrckung deſto ſtaͤrcker / und kraͤfftiger. Alſo verhaͤlt ſichs auch hie / wie bey dem Wort GOttes ins gemein / alſo auch in dieſem Pſalm. Wird erinnert wegen der maßleidigen Ohren / denen die lang - ſame Erklaͤrung deß Pſalters zuwider iſt / haͤtten lieber daß man derglei - chen in ein oder der andern Predigt abſolvirte. Aber

Non ſunt longa, quibus nihil eſt, quod demere poßis.
Nicht ſind zu lang ſolche Sachen /
Die man nicht kan kuͤrtzer machen.

Darauff laͤßt ſich 3. appliciren / eliquiren / Safft und Krafft herauß ſaugen / in Safft und Krafft verwandlen / und zugleich Davids Geiſt / ἤθος καὶ πάθος, Davids Brunſt im Geiſt / Hertz und Muth mit einſau - gen / ein Hertz mit ihm werden / wie Jonathan / und alſo gluͤcklich imiti - ren / unſere Convivia auch zieren / nicht mit Sinnen und Geiſtloſen Ge - bratens-Geigern / ſondern mit Pſalmen Davids / wie zwar die Grandes zu Zion auch gethan / aber abuſivè, zu ſpott / und alſo ſchlimme Applica - tion gemacht. Amos 6, 5. und gehoͤrt zu ſolcher Imitation auch die acu - tion, David als Vater hat uns ein reiches Patrimonium geſamlet / Lu - therus hats geteutſcht / gereimet / und in rechten Verſtand gebracht. A - ber ſol das Wort GOttes reichlich unter uns wohnen in aller Weißheit / ſo gehoͤret auch das Auctuarium dazu / Geiſtliche Singſchulen / ein rechteLuth. Tom. 7. Witt. p. 397. f. 2. C. fruchtbringende Geſellſchafft / Aſſaph, Core, Heman, Poetæ & Muſici (ita Luth. Tom. 2. Lat. p. 560.) nobis deſunt, aut nondum cogniti ſunt, qui pias & ſpirituales cantilenas (ut Paulus vocat) nobis concinant, quæ digna ſunt in Eccleſia DEI frequ entari, nam non multas invenias, quæ aliquid gravis Spiri - tus ſunt. Hæc dico, ut qui ſunt Poëtæ Germanici, extimulentur, & nobis poëma -ta15Predigt. ta pietatis componant. Es haben zwar viel unterſtanden / und gar nach Opitij Art zu reimen / aber es ſind mehr nicht / als Wort / aber ohne Geiſt / dadurch der innere Sinn nicht beruͤhret wird / Opitij Reimen ſchi - cken ſich zu Davids Pſalmen / wie Sauls Waffen. Res eſt voti, non ſpei, Wir wuͤnſchen es zwar / aber zu hoffen iſt es nicht / wolte GOtt / daß wir verſtuͤnden / was uns manglet! Wolte GOtt / daß Groſſe Herren was ſie auff unnuͤtze Krieg / Pracht und Wolluſt / Raſſeln und Spielen wenden und verſchwenden / zu dieſem Gottesdienſt ad majorem DEI gloriam, anwendeten. Aber wir laſſen und befehlen es dem Juͤngſten Gericht. Summa es bleibt beym Wunſch / wolte GOtt / daß alles Volck deß HErꝛn weiſſagete! Amen.

Die Andere Predigt. Von dem HErꝛn / als Davids Hirten.

ES iſt erſchienen die Leutſeligkeit GOttes unſers Hey - lands / ſchreibt St. Paulus Tit, 3, 4. Die ϕιλανθρωπία, ſagt er / und nicht ϕιλαγγελίἁ, nicht die Engel-Lieb / zu denen kein GOtt ſo freundlich ſich genaͤhert / wie den Menſchen geſchehen / die jenige Lieb nun / Affection, Neige / Gnad / Gunſt / die er zu dem verdam̃ten gefallenen menſchlichen Geſchlecht von Ewigkeit getragen / die iſt in der Zeit erſchie - nen / von Ewigkeit verſchwiegen / dunckel und finſter geweßt / waͤre auch ans Tagliecht nicht kommen / wann der Fall nicht geſchehen / und die mi - ſeria miſericordiam, unſer Elend GOttes Barmhertzigkeit erwecket haͤt - te / da iſt ſie heiter / hell und klar worden. Erſchienen / ſag ich / 1. In Incar - nationis radice, da das Wort Fleiſch worden / und in einem Kindlichen groſſen Geheimnuß GOtt ſich geoffenbahret im Fleiſch / hat nicht nur Fleiſch und Blut an ſich genommen / ſondern iſt gar eingefleiſcht / Fleiſch worden / und ſich mit uns Menſchen verbruͤdert und befreundet. Was die blinden Heyden zu Lyſtra ihnen faͤlſchlich eingebildet / da Paulus einen gebohrnen lahmen Menſchen wiederum geſund gemacht / auffgerichtet / und grad dargeſtellet / ſo meynen ſie Paulus ſey Mercurius, Barnabas ſey Jupiter, ſprechen und ſagen mit Verwunderung / die Goͤtter ſind den Menſchen gleich worden / und zu uns hernider kom̃en. Act. 14, 8. ſeqq. Was ſag ich / die blinden Heyden zu Lyſtra in Lycaonia ihnen ein -gebil -16Die Anderegebildet / das iſt eine Fabel / aber hîc veritas, die pur lautere Warheit / freylich iſt GOtt den Menſchen gleich worden. Ein Jm̃anuel und Gott mit uns / in welchem die gantze Fuͤlle der Gottheit Leibhafftig wohnet / Col. 2, 9. 2. In ſympolitia, in der leiblichen Beywohnung / ἐσ κήνωσεν ἐν ἡμῖν, er wohnet unter uns in eadem ſcenâ, als ein Tiſchgenoß und Tiſchgeſell in einem Hauß und Loſament / als ein Spießgeſell und Camerath unter einer Zelt / als ein Hirtengeſell unter einer Hut und Hurt / wie dieſelbe mit einander eſſen / ſchlaffen / wachen / converſiren / ſprachen / ſpatzieren / pfeif - fen und ſpielen gantz gemaͤh / ohne Scheu und Scham: Alſo iſt auch der Sohn GOttes uns in allem gleich gefunden worden / in Affecten und Geberden / Sitten und Wercken ſich als einen Menſchen geſtellet / außge - nommen die Suͤnd. Wir haben ihn (ſagt Johannes 1. Epiſt. c. 1, 1.) geſehen mit unſern Augen / und unſere Haͤnde haben betaſtet vom Wort des Lebens / und das Leben iſt erſchienen / und wir haben geſehen / und zeugen und verkuͤndigen euch das Leben / das ewig iſt / welches war bey dem Vater / und iſt uns erſchie - nen. 3. In nominatione Symbolica, in Nahmen und Bildern. Viel herꝛliche / Majeſtaͤtiſche und erſchroͤckliche Namen fuͤhret der Allmaͤchti -v. Saubert. ad Dan. 9. p. 118. ge GOtt in H. Schrifft / Er heißt El hanorah, ein erſchroͤcklicher GOtt / Exod. 15. Dan. 9. HErr iſt ſein Nahm. Pſ. 3. Heilig und HErꝛ iſt ſein Nahm. Er vergleicht ſich einem verzehrenden Feur / einem bruͤllenden Loͤ - wen / Amos 3, 8. einem grimmigen / brummenden Beeren / Oſe. 13, 8. Aber auch holdſelige liebliche Nahmen / eines Vaters / eines Braͤuti - gams / eines Hirten / dieſer Nahm ſchreibet Luth. Tom. 6. Jen. p. begreifft in ſich einen Hauffen alles guts / was von Gott troͤſt - lich kan geruͤhmet werden. Jſt eben der Nahme / den ihm ſein Uhr - an David auch gegeben / ihn einen Hirten genennet / nicht nur hie Pſ. 23. ſondern auch Pſ. 77, 21. Pſ. 78, 53. Nicht er allein / ſondern ins geſam̃t / und gleichſam ex uno ore, andere Propheten / Eſa. 40, 11. Ezech. 34, 11. c. 37, 24. Mich. 5. Zach. 11, 13. St. Petrus nennet ihn einen Seelenhirten / 1. Petr. 2. und c. 5. einen Ertzhirten. Sondern Chriſtus ſelbs / Matth. 15, 24. c. 26, 31. Luc.. 15. Joh. 10. ſagt er zweymal / ich bin ein guter Hirt / ich bin ein guter Hirt. Wollen wir aber dieſes ſo guten Hirten ϕιλανθρωπίαν, Tugend / Guͤ - te / Treu / Lieb / Affection, Gunſt uñ Gnad recht verſtehen / lernen / uñ frucht - barlich genieſſen / ſo muͤſſen wir zuvor zum Fundament legen / uñ verſtehen lernen dieſes Hirten Wuͤrde / Adel / Hoheit / Herrlichkeit / Ehren-veſte und Ehren-gruͤnde / wie dieſelbe auch in der Idea eines herꝛlichen Hirten adum -brirt /17Predigt. brirt / und im Nahmen Jehova intimirt / ein Nahm klein von Buchſta - ben und Sylben / aber voller Augen / Liechts / voll reichen Verſtands und Nachdruck. Denſelben nun nicht zu erſchoͤpffen / ſondern nur etlicher maſ - ſen anzudeuten / wolle uns der Vater deß Liechts ſeines H. Geiſtes Krafft und Gnad reichlich mittheilen / um JEſu Chriſti willen / Amen.

Τὶ καὶ τὶς, Wer iſt nun diejenige Perſon / ſagt David / die mein Hirt iſt / deren zu Ehren und Lob dieſes mein Bucolicum und Schaͤffer-Lied - lein gedichtet / geſungen und geſpielet? Jſt kein gemeiner Hirt / ſondern ein edler / fuͤrtrefflicher und herꝛlicher Hirt. Er mein Hirt iſt der HErꝛ / Hirt und HERR. Ein Hirt war vor Zeiten / und ſonderlich zu den Zeiten Davids kein geringe / nachguͤltige Perſon / nicht fex populi, ein armer Tagloͤhner und Miedling / Hirtenſtand war / wie der einfaͤltigſte und aͤlteſte / alſo auch der Edleſte Stand und Ampt. Abel der erſte Heil. Maͤrtyrer / ein Sohn Adams deß geehrteſten uͤber alles. Syr. 49, 20. war ein Schaͤffer. Jabal der edle Cainit und Urheber der Viehzucht / Abra - ham / Jſaac / Jacob waren Schaaffhirten / die 12. Patriarchen und dero Kinder tretten fuͤr Pharao und ruͤhmen ſich dieſes Stands / deine Knechte ſind Vieh-Hirten / wir und unſere Vaͤter. Gen. 37, 3. c. 49, 23. Moſes der angewuͤnſchte Sohn und Stuhl-Erb Pharaonis ſchaͤmet ſich des Hirtenſtabs gar nicht / Nabal auß dem Heldenſtammen / ein edler Calebit / ſonderlich Abſalon der ſchoͤnſte Sohn Davids hielt ſei - ne Schaͤfferey und Melckerey zu Baal Hazor. Jnmaſſen zu der Zeit die Koͤnigliche Printzen / Fuͤrſtliche und edle Kinder als abgetheilte Herꝛen nicht zum Muͤſſiggang / ſondern zur Arbeit aufferzogen / nicht adigirt wor - den entweder den Prieſter-Rock anzuziehen / oder das Schwerdt anzuguͤr - ten / ſondern es haben dieſelbe ihr Fuͤrſtliche Unterhalt auff andere Weiſe ſuchen koͤnnen / David zog etliche ſeiner Soͤhn in Rath und Cantzley / ſie mußten Prieſter / Sacerdotes juſtitiæ werden / das iſt / Amptleut / Land - voͤgt. 2. Sam. 8. die dem Koͤnig zur Hand ſind gangen. 1. Chron. 19. auß etlichen machte er ſatellites regios, Koͤnigliche Leibquardi. Joſeph. l. 7. c. 6. (Bidembach. in libb. Samuel. p. 680. hæc habet.)

Daß aber ferner allhier ſtehet die Soͤhne Davids ſeyen Prieſter geweßt / das kan nicht verſtanden werden von dem Levitiſchen Prieſterthum / dann das koͤnnen ſie nicht tragen / die weil ſie nicht von dem Stammen Levi / ſondern von dem Stammen Juda ſeyen. Es waͤre denn Sach / daß ſie haͤtten muͤſſen auff die Prieſter warten / und ihnen dienen / wie im Papſtthum etwan Vorzeiten ein Lay hat zu Altar gedienet. Aber ich halte das auch nicht fuͤr glaͤublich / derent - wegen muß entweder diß Wort (Prieſter) dahin verſtanden werden / (wie etli - che der H. Sprach verſtaͤndige halten) daß ſie der Prieſter Juͤnger oder SchuͤlerNeundter Theil. Cgewe -18Die Anderegeweſen / oder es kan im ſchreiben ſeyn uͤberſehen worden. Man wolle denn ſagen / daß durch die Prieſter die Raͤthe des Koͤnigs verſtanden werden allhie / wie man bey uns die Juriſten Sacerdotes juſtitiæ, Prieſter der Gerechtigkeit nennet / denn diß ſtimmet mit demjenigen uͤberein / was von deß Koͤniges aͤlte - ſten Soͤhnen im 1. Buch der Chronick am 19. Cap. ſtehet / ſie waren dem Koͤni - ge zur Hand / das iſt / die vornemſte Diener / die um den Koͤnig geweſen / und die er zu allerley Sachen und Verrichtungen gebraucht / als Raͤthe und Offici - rer. David hat die allezeit zur Hand gehabt. Denn er ſchicket ſie nicht hin - auß unter die Frembden / die nicht ſeines Glaubens ſeind / und da ſie mehr boͤ - ſes als gutes moͤchten lernen / ſondern er ſihet auff ſie mit Fleiß. Joſephus mel - det / daß ſie inter Satellites Regis. das iſt / unter deß Koͤnigs Leibdienern / oder den vornembſten Hoffdienern geweſen. Dabey man wol abnem̃en kan / daß David ſeine Soͤhne nicht habe laſſen muͤßig gehen / ſondern hab ſie gebraucht / und nicht als Herren / ſondern als Diener / zu allen fuͤrfallenden Geſchaͤfften / zu Friedens und Kriegs-Zeiten. Sie muͤſſen die Sach angreiffen / und ſind dem Koͤnig zur Hand / er iſt ſelbſt ihr Hoffmeiſter.)

Alſo hat er Abſolon zum Schaͤfferherꝛn gemacht. Hie mehr / als dieſe alle / hie ein Schaͤfer oder Hirt / der da heißt Jehovah ſelbs HErr / ſelbsweſende / im̃erwehrende / glorwuͤrdigſte HErr nach der Goͤttlichen Natur ein eingebohrner Herr von Ewigkeit / und alſo ἐυγενέςατος der alleredelſte / ein gemachter HErꝛ nach der menſchlichen Natur / den Gott ſein himmliſcher Vater / nach dem er Knechts-geſtalt an ſich genommen / als ein Knecht ſeinen Juͤngern die Fuͤſſe gewaſchen / ein Knechtiſches und ſchmaͤhliches ſupplicium am Creutz außgeſtanden / erhoͤhet und zu einem groſſen Herꝛn gemacht worden. Zu gleicher weiß wie Joſeph nach dem er eine Weil Profos, Diener und Steckenknecht geweßt / her - nach ein Herꝛ uͤber gantz Egyptenland worden / und uͤber alle Raͤth und Diener deß Koͤnigs Pharao erhoben. Gleich wie David auß einem Hir - ten-Buben ein groſſer gewaltiger / maͤchtiger und anſehnlicher Koͤnig - ber das gantze Volck Jſrael. Alſo iſt auch Chriſtus / nach dem er ſeinen Knechtsſtand abgelegt / und zur Rechten GOttes erhoben worden / ein HErꝛ aller Herren worden / ein Hirt uͤber alle Hirten / den armen Hirten wird vermeld / der Hirt und Schoͤpffer aller Welt. Er fuͤhret an ſeinem Rock den Titul geſchrieben: Ein Koͤnig aller Koͤnige / und HErꝛ aller Herren. Apoc. 19, 16. Ein Koͤnig uͤber Teuffel und Menſchen / aͤuſſerlich am Kleid / zum Augenfall / das jederman ſehen und leſen kan.

II. Dominus Proprietarius, ein Eigenthums-Herꝛ / deſſen die Schaaff eigen ſind / ſein peculium, ſegulah, theur erworbener / erkauff - ter / gewonnener Schatz / die recht eigen gemacht. Joh. 10, 27. Eigentlich iſt derjenige ein Herꝛ des andern / der denſelben entweder von freyerHand /19Predigt. Hand / oder durch erlangte Rantzion erkaufft zu ſeinem Eigenthum / wie in der Tuͤrckey die armen Chriſten-Sclaven zuſammen gekuppelt / auff dem Marckt feil gebotten werden. Kom̃t nun ein reicher Kauffherꝛ / oder Ambaſſador, oder Legat an die Ottomanniſche Pfort / der ſich erbarmet / und mit Gold oder Silber außloͤſet / ſo wird er alsdann ſein eigen / von Rechtswegen / ſein Sclav: Alſo bekennen wir im Chriſtlichen Glauben. Jch glaub / daß JEſus Chriſtus / ſey mein HErꝛ / der mich verlohrnen und verdam̃ten Menſchen erloͤſet hat / erworben und gewonnen von allen Suͤnden / vom Tod und von der Gewalt des boͤſen Geiſtes / nicht mit Gold oder Silber / ſondern mit ſeinem heiligen theuern Blut / unſchuldi - gen Leiden und Sterben / auff daß ich ſein eigen ſey. Und damit wir in unſerer allegoria bleiben / ſo iſts an dem / als einsmals dem edlen Schaͤ - fer David ein Loͤw und ein Baͤr ein Schaaff weggetragen / und es allbe - reit in ſeinem Rachen gehabt / ſo laufft er der treue Hirt nach / wagt Leib und Leben / und zeucht daſſelbe auß ihrem Rachen wieder herauß / daſſelbe Schaͤflein war Davids eigen von Rechtswegen / ſein peculium, hat auch daſſelbe ohne Zweiffel mehr geliebet / als andere Schaaff / weil gemeinig -v. Denck - mahl. p. 373. lich / was einem blutſauer wird zu gewinnen / das liebt er zarter / als was ihm geſchenckt / oder anderwerts vom Gluͤck zugeflogen: Alſo hat auch Chriſtus der HErꝛ Leib und Leben nicht nur gewagt / ſondern auch ge - laſſen / er hat Blut ſchwitzen muͤſſen / eine Heerde zu erkauffen / περιποίη - σιν, mit ſeinem eigenen / herꝛlichen und goͤttlichen Blut. Act. 20. zu ei - nem ſegulah, peculio und Eigenthum / und daher ſolche auff das ſaur - lichſte erworbene Heerd lieb gewonnen / und alſo lieb gewonnen / daß ſie ihm mehr ans Hertz gewachſen als Himmel und Erden / ja Himmel und Erden ſind ihm ſo lieb nicht als ſeine Schaͤflein.

III. Dominus fortis & victor, ein Siegs-Herꝛ / Hirten muͤſſen ſtarck ſeyn / anſche chayl, Geneſ. 47, 6. Die den wilden Thieren und an - dern Hirten-feinden gewachſen. Es iſt außgemacht / nach aller Voͤlcker Rechten / iſt der Siegs-Herꝛ der das Feld behalten / deſſen Herꝛn ſeind die Uberwundene ſeine Sclaven. David hat nicht nur das Schaaff als die Beut dem Loͤwen abgejagt / ſondern auch denſelben als ein ſtarcker Held mit groſſer Verwunderung uͤberwunden / geſchlagen / erwuͤrgt. 1. Sam. 17, 34. 35. die Haut abgezogen / und darauff ſeinen Glauben gegruͤndet / hab ich einen grim̃igen Loͤwen und wilden Baͤren koͤñen ermeiſtern / war - um auch nicht den Goliath. Gleich wie jener dapffere Teutſche Held Nahmens Wiker / welcher mit Gottfried von Bullion dem H. Grab zu -C ijgezo -20Die Anderegezogen / daſſelbe auß der Saracener Hand zu reiſſen / als er einsmals ſein Pferd bey Joppe in die Weyde gehen laſſen / und im Graß gelegen / daſſelbe zu huͤten / da kam ein grauſamer Loͤw vom nechſten Berg herab / der viel Vieh und Menſchen in derſelben Gegend zerriſſen hatte / und lieff dem Pferd in der Weyde zu / der gute Wicker hatte ſeines Roſſes Sorg / ergrieff den Schild und Schwerdt / und tratt bey das Pferd. Der Loͤw ließ das Roß gehen und begehrt mit offenem Rachen deß Mannes / in die - ſem Streit faſſet der Loͤw des Wickers Schild / aber Wicker ſpaltet ihm im erſten Streich den Kopff und Hirn entzwey daß diß ungeheure Thier todt fuͤr ihm liegen blieb / mit groſſer Freud der gantzen Landſchafft. Alſo hat auch Chriſtus der ſtarcke Held uñ Hertzog des Lebens / den hoͤlliſchen / bruͤllenden Loͤwen uͤberwunden / den ſtarcken Gewapneten außgetrieben / Luc. 11, 21. ſeinen Kopff zertretten / ſchau getragen offentlich / einen Tri - umph auß ihme gemacht / diſarmirt / und außgezogen / und zu anzeig ſolcher Victori die Schluͤſſel der Hoͤllen und des Todes occupirt. Als der rech - te Clavarcha und Schluͤſſel-Herꝛ. Apoc. 1, 8. Tod / Suͤnd / Teuffel und Gnad / alles in Haͤnden er hat / er kan erretten / alle die zu ihm tretten. Wie aber auch nach aller Voͤlcker Recht der Siegs-Herꝛ deß Uberwundenen Herꝛ / dann von welchem einer uͤberwunden / deſſen Knecht iſt er. 2. Pet. 2. Alſo iſt auch Chriſtus unſer HErꝛ deß Teuffels Herꝛ und Meiſter. Jm - maſſen er ſolches ſelbſten bekant. Luc. 4, 36.

IV. Dominus opulentus, ein reicher und reichmachender Herꝛ / πο - λύμαςος, Schaͤfer waren reiche Leut / wo meynen wir hab Abraham ſein groſſes Gut / Schatz und Reichthum / davon Eleazar ruͤhmet / Gen. 24, 35. Der HErꝛ hat meinen Herꝛn reichlich geſegnet / und iſt groß worden / und hat ihm Schaaf und Ochſen / Silber und Gold / Knecht uñ Maͤgd / Camel und Eſel gegeben / als von der Schaafe Milch und Woll? damit er gehandlet / und viel Schaͤtze geſamlet? JacobPontanus p. 573. dunckte ſich gar Reich ſeyn / er hat alles gnug. Gen. 33, 11. Die Kinder Jſrael in Egypten nahmen treflich zu / im Lande Goſen / durch GOttes Segen wurden ſie reich / welches den Egyptern dermaſſen wehe in den Augen gethan / daß ſie ſich fuͤr ihnen fuͤrchteten und beſorgten / ſie werden endlich Meiſter im Land werden / darum ſie Pharao geſchwaͤcht und auß - geſogen / und woher hat das Land Canaan den Nahmen eines Milchflieſ - ſenden Lands bekommen / als von der reichen Viehezucht / daß ſie ſo viel Milch gemolcken / und das Land davon uͤberſchwemmet / wol dem Volck dem es alſo gehet / deren Schaaffe tragen tauſend / und hundert tauſendauff21Predigt. auff ihren Doͤrffern / Pſ. 144. Aber Davids Hirt iſt wol viel ein reicherer Hirt / alles hat GOtt unter ſeine Fuͤſſe gethan / Schaaffe und Ochſen allzumal / Pſ. 8. Alle Thier im Walde ſind ſein / und Viehe auff den Bergen / da ſie bey tauſenden gehen / Pſ. 50, 10. Nicht nur aber ſelbs reich / ſondern auch ein reichmachender HErr / zu gleicher weiß wie Joſeph nicht nur fuͤr ſich reich geweßt / voller Schaͤtz und Guͤter / ſondern auch ein reichmachender / ſattgebender / freygebiger / groß - thaͤtiger und vollfuͤllender Herꝛ geweßt / der erfuͤllet hat das Hauß Poti - phar / daß alles von Segen gefloſſen / was er angeruͤhrt / Alles was er that / da gab GOtt Gluͤck zu durch ihn. Gen. 39, 3. Erfuͤllet und reich gemacht das gantze Koͤnigreich Egypten / ſonderlich aber hat Joſeph ſeinen alten Vater Jacob / und duͤrfftige Bruͤder wol berathen / denen er Baͤuch und Saͤcke gefuͤllet / Gen. 42, 25. Alſo auch Chriſtus unſer edle Hirt und Wirth. Er iſt nicht nur fuͤr ſich ſelbſt der Reichſte / in welchem alle Fuͤlle der Gottheit / das iſt / auch aller goͤttlicher Reichthum gewohnet / ſondern er iſt auch ein reichmachender / milder GOtt / und großthaͤtiger / freygebiger HErꝛ / der darum kommen / daß ſeine Schaaffe leben und volle Genuͤge haben ſollen. Joh. 10, 10. Er iſt gen Himmel ge - fahren / und Gaben empfangen fuͤr die Menſchen / er gibt Safft und Krafft / huͤll und gefuͤll / er ſaͤttiget alles und laͤßt nichts manglen / lauter volle Genuͤge / nicht nur in regno potentiæ, in dem Macht-Reich / die Hungerigen fuͤllet er mit Guͤtern / ſingt die holdſelige Jungfrau von Nazareth / Maria in ihrem Magnificat, Luc. 1, 53. hat uns viel guts gethan / und vom Himmel Regen und fruchtbare Zeitung gegeben / unſere Hertzen erfuͤllet mit Speiſe und Freuden. Act. 14, 17. Er decket auß dieſer ſeiner Fuͤlle alle Jahr den Tiſch / die groſſe Welt-Taffel / die Lufft mit Gefluͤgel / die Waſſer mit Fiſchen / die Aecker mit Brod und Wein / das Feld und Gaͤrten mit fruchtbaren Baͤumen / Laub und Graß / die Eutern und Dutten der Kuͤhe mit Milch reichlich und mildiglich. Sonderlich aber im Reich der Gnaden fuͤllet er ſeine Schaaffe mit allerhand Gnaden-Schaͤtzen / von ſeiner Fuͤlle nem̃en ſie alle Gnad um Gnad. Joh. 1, 16. mit der Gab uͤber alle Gaben dem H. Geiſt ſelbs / die gantze Welt mit dem Evangelio von Rantzion und Vergebung der Suͤnden / von dem groſſen Gluͤck und hohen Adel der Kindſchafft GOttes / von dem ſchoͤnen Kleid der Erneuerung / von dem Schmuck der χαρισμάτων und Ampts-Gaben / davon die Kirch leuchtet / ſonderlich aber erfuͤllet er das H. Tauffwaſſer mit ſeinen theur -C iijerwor -22Die Andereerworbenen Gnaden-Schaͤtzen / und ſchwaͤngert daſſelbe / daß Kinder ge - zeuget werden / wie der Thau auß der Morgenroͤthe. Wein und Brod im Sacrament deß H. Abendmahls erfuͤllet er mit der lebendigmachenden Krafft und ſeligmachenden Tugend ſeines heilwaͤrtigen Rantzionbluts. In regno gloriæ ſeinem him̃liſchen Gnaden-Reich der triumphirenden Kirchen erfuͤllet er die him̃liſchen Reichs-genoſſen mit Glori, Freud und Seligkeit / mit Fuͤlle der Freude. Da iſt er alles in allem / er ohne Mittel / iſt (wuͤrcket nicht allein) alles in allem / als das hoͤchſte Gut / das allen ap - petit ſaͤttiget und fuͤllet / GOtt und genug und alle Fuͤlle.

V. Dominus Potentiſſimus, der Allmaͤchtigſte HErꝛ. Hirten wa - ren vorzeiten maͤchtige Leute / Nabal Gadol meod war ein maͤchtiger Po - tentat / hat ein groſſe Gewalt unter ſich / der Bezirck ſeiner Bottmaͤſſigkeit erſtreckte ſich ſehr weit. Aber ſo hoch / ſo weit hats keiner gebracht / als Da - vids Hirt / der ſagen darff Matth. 28. Mir iſt gegeben aller Gewalt im Him̃el und auff Erden / aller Gewalt / Vollmacht / Majeſtaͤt / ſam̃t allen goͤttlichen Regalien / ein ungemeſſener ewiger Gewalt. Dan. 7, 14. Hertzbe - wegender / durchdringender / Teuffelsbañender Gewalt / Luc 4, 30. Was iſt das fuͤr ein Ding / er gebeut mit Macht und Gewalt den un - ſaubern Geiſtern / und ſie gehorchen ihm. Seinen Juͤngern hat er auch die Macht gegeben uͤber die unſaubern Geiſter Luc. 10, 17. doch kei -vid. Ab - ſcheidbr. p. 299. nen ſolchen herrlichen / Majeſtaͤtiſchen / gebietenden / allezeit durchdringen - den / ſondern mehr nicht als einen Werckzeuglichen / dienſtbaren / erbette - nen Gewalt. Wie ſprichſtu / Gewalt uͤber den Teuffel / wie reimet ſich das mit der Experienz, iſt nicht der Satan allenthalben Meiſter? Jſt er nicht der κοσμοκράτωρ, der Herꝛ und Fuͤrſt dieſer Welt / ſolte man die Welt in der Mappa außcirculn uñ abmeſſen / die groͤßte Welt-portion wuͤrde dem Satan zufallen / Chriſto wuͤrde das wenigſte uͤberbleiben. Aber ô deß ar - men Herꝛn / er ſagt zwar Luc. 4. ſie iſt mir uͤbergeben (die Macht und Gewalt uͤber die gantze Welt /) und ich gebe ſie wem ich wil. Aber er leugt pro more. Der armen elenden Macht / eines zwar ſelbſt angemaß - ten groſſen Welt-Herꝛn / aber in der Warheit armen / ohnmaͤchtigen / ge - fangenen und mit Ketten der Finſternuͤß angebundenen Sclaven / der weiter nicht gehen kan / oder thun / als der / ſo ihm verhaͤngt / Maaß / Ziel und Gewicht ſetzet / es gehet zwar offt uͤberzwerch daher / und ſcheinet / der Teuffel ſey Meiſter worden; aber in fine videtur cujus toni, tandem eſt rector in orbe Deus. Jm außkehren findet ſichs. GOtt bleibet doch Richter und Herꝛ auff Erden. Daß der groͤßte Hauff der Menſchen demSa -23Predigt. Satan dienet / daß er ſo viel Land und Leut mit ſeiner Finſternuͤß erfuͤllet / das iſt kein Zeichen der Ohnmacht Chriſti / ſondern gerechten Gerichts uñ Verhaͤngnuͤß / der dem Satan verhaͤngt mit ſolchen kraͤfftigen Jrꝛthum̃en zu ſtraffen / weil man die reine Warheit ſo verachtet / gleich wie der Wuͤrg - Engel in Egypten durch Gottes Verhaͤngnuͤß groſſen Schaden gethan / und alle Erſtgeburth geſchlagen / aber Fried und Sicherheit / Liecht und Wohnung / war in den Wohnungen der Kinder Jſrael. Dort war der Platz / darauff der Satan tyrañiſiret / viel groͤſſer und weiter / als derjeni - ge Raum / da die Kinder Jſrael gehauſet: alſo hat der hoͤlliſche Seelen - Moͤrder durch goͤttliche Verhaͤngnuͤß uͤber die jenige / ſo Chriſtum nicht wollen zu einem Koͤnig habẽ / groͤſſer Gewalt / die ſind gemeiniglich die Erſt - gebohrne / das iſt / die edelſten in der Welt / ſein Gnadenreich iſt zwar nicht in der gantzẽ Welt / aber ſein Machtreich iſt ein allgemeines / gehet uͤber den gantzen Erdboden / iſt auch mitten unter ſeinen Feinden. Conſequenter

VI. Paſtor unicus. Ein eintziger Hirt. Ezech. 34. Eccleſ. 12. und das nicht nur Exochicè, dieweil er der Ertzhirt. 1. Petr. 5. ſondern Exclu - ſivè. Sintemal ſolche jetzt erzehlte Prædicata und Eigenſchafften kein an - dere Perſon weder im Himmel noch auff Erden ſuſtiniren und tragen kan / von keiner Creatur / Engel oder Menſchen kan geſagt werden / daß ſie ſeye Jehova, ſelbsweſentliche Herꝛ / ein Eigenthums-Herꝛ / ein Siegs-herꝛ der reichſte und reichmachende HErꝛ / der allgewaltigſte HErꝛ / ſo gar / daß auch kein andere goͤttliche Perſon mit ihrem eigenen Blut eine Heerde er - kaufft und gewonnen. Darum bleibt er wol monadicus Paſtor, ein Phœ - nix unter den Hirten / der ſeines gleichen weder im Him̃el noch auff Er - den ſehen kan. Es hat aber derſelbe als der Ertzhirt ſeine unter-Hirten / alle getreue Lehrer und Seelſorger / iſt deßwegen gen Himmel gefahren / daß er etliche ſetze zu Apoſteln / etliche zu Propheten / etliche zu Evangeliſten / etliche zu Hirten und Lehrern. Eph. 4, 11. Aber de - ren keiner heißt Jehova, Hirt und HErꝛ / ſondern Hirten und Knecht / Hirten-Knecht / non Hierarchæ, ſed Hierurgi, Diaconi der Kirchen / Haußhalter / ὑπηρέται, ſie haben mehr nicht als werckzeuglichen / dienſtba - ren und erbettenen Gewalt / Analogicè, ἀφ᾽ ἑνὸς π〈…〉〈…〉 ς ἕν, Gleichnuͤß-weiſe /vid. Artic. Schmal - cald. p. 346. in welchem Verſtand auch die Obrigkeit Elohim, das iſt / Goͤtter genen - net werden. Sie haben ihren geiſtlichen Kirchen-Gewalt uͤber das Wort uñ H. Sacramenten / aber wie geſagt / einen erbettenen Gewalt / ἐὰν συμ - φωνήσωσι. Matth. 18. Sie haben die Gewalt der Schluͤſſel zum Himmel - reich / aber nicht anders als Joſeph / dem befahl der Am̃tman uͤberdas24Die Anderedas Gefaͤngnuͤß alle Gefangene / und alles was geſchach / muß - te durch ihn geſchehen / Gen. 39, 21. 22. doch alſo / daß er ein Mitgefan - gener war. Er hat ſeinen zween Thurn-geſellen / gutes und boͤſes / Leben uñ Tod verkuͤndiget / uñ ohn zweiffel den einen loßgelaſſen / den andern feſt ge - bunden / biß auff den Tag ſeines ſupplicii, Urtheils / und Straffe. Sum̃a in actu officii, und Am̃thandlung iſt David dem Nathan unterworffen / Theodoſius dem Ambroſio. Neben dieſen Unterhirten haben uñ tragen auch dieſen Nahmẽ in H. Schrifft die weltliche / Oberkeitliche Regenten / ſie heiſſen Hirten. Num. 27, 17. Eſa. 44, 28. ποιμένες λαῶν, ihnen ſtehet zu das Axioma, uñ fuͤrtrefliche Regale, das Jus Epiſcopale, das oberſte Hir - ten-Recht in der Kirchen / welches ihnen Gott der Herꝛ ſelbs eingehaͤndi - get / Exod. 4, 16. als ein groſſes Heiligthum̃ in Gold eingefaßt / du ſolt Aarons Gott ſeyn / nicht Jehovah, ſelbs Herꝛ / gemachter / erhoͤheter / ge - meſſener Am̃ts-Gott / gebietender Herꝛ / darum als Aaron hoͤchlich ver - griffen / uñ eine groſſe Suͤnd auff das Volck gebracht / durch Aufrichtung deß guͤldenen Kalbs / ſtellet er an ihn als ſeinen gebietenden Herꝛn eine Supplication mit dieſen Worten: Mein HErꝛ laß ſeinẽ Zorn nicht ergrim̃en. Exod. 32, 22. alles nach der Regul meines Worts / und mei - nem Exempel / wie ich ſelbſt thue / als ein Gott der Ordnung / bey dem ἐυ - ταξία uñ ἐξουσία, Gewalt uñ gute Ordnung zwo Schweſtern / die ſich nicht voneinander trennen laſſen. Und du Aaron ſolt ſein Mund ſeyn / ſein Ehrwuͤrdiger Mund / Lehr und Rath-mund / Bet-mund / Segen-mund / Straff-mund. Conſtantinus M. hat dieſe Gewalt gar artig ſequeſtrirt /Euſeb. l. 4. de vita Conſtant. c. 29. wañ er an ſeiner Kaͤyſerl. Taffel den anweſenden Biſchoͤffen und Seelen - Hirten geſagt: ϒμεῖς μὲν τῶν ἐσω τῆς Εκκλησίας, ἐγὼ δὲ τῶν ἐκτὸς ὑπὸ Θε〈…〉〈…〉 κα - ϑεςάμενος ἐπίσκοπος ἄνει῎ην. Jhr meine liebe Biſchoͤffe / Pfarrer uñ Seelen-Hirten ſeid zwar Biſchoͤffe iñer halb der Kirchen. Jch aber bin von GOtt beſtellet zu einem Biſchoff auſſer der Kir - chen. Jſt folgends von Chriſtlichen Kaͤyſern alſo geuͤbet worden / und ſind in deſſen loͤbl. Fußſtapffen getretten Juſtinianus, Theodoſius, Gra - tianus, Honorius, Dagobertus, der Amandum eingeſetzt / und andere mehr / biß daß Fuͤrſten uñ Herꝛen durch Mißhaͤlligkeit untereinander den Papſt das divide ſicher laſſen practiciren / und ihm nicht widerſprechen wollen / und dadurch gar das Hefft auß Haͤnden gegeben / und endlich gar um daſſelbige geſprungen / weil ſie es ſo haben wolten / uͤber dieſen Paſtorat hat ſich ein anderer Hirt eingedrungen / ſervus ſervorum, Paſtorlarvatus, der oberſte Hirt zu Rom / als welchem Chriſtus mit dem Wort / weide mei - ne Schaaſt / zu Petro / als ſeinem erſten vermeinten Papſt uñ Statthaltergeſpro -25Predigt. geſprochen den hoͤchſten Gewalt eingeraumet. Bellarm. l. 1. P. R. c. 14. Das iſt / den Gewalt uͤber (a) Menſchen / (b) Engel / (c) Kirchen - Guͤter / (d) Bind - und Loͤß-Schluͤſſel.

  • (a) Summus Pontifex [ita clarè Bellarm. l. 2. de Concil. c. 17.] ſimpliciter & ab - ſolutè eſt ſuprà Eccleſiam & ſuprà concilium generale, ita ut nullum in terris ſuprà ſe judicem agnoſcat. & adverſ. Barclai. c. 3. p. 64. Quicunque infideles poſſunt privari à S. Pontifice, à dominio quod habent ſuper fideles. Ibidem repetit bullam excommunicatoriam Eliſabethæ Reginæ, ubi inter alia: Re - gnans in excelſis unum Pontificem ſuper omnes gentes & omnia regna Prin - cipem conſtituit.
  • (b) Inauditi ac enormis faſtus ſpecimen in cœlites juxtà ac inferos imperii ex - hibuit Clemens VI. Anno 1350. in bulla, quam his verbis deſcripſit Joh. Ba - læus Cent. 4. ſcript. Britann. p. 375. Quicunque peregrinandi cauſa ad ſan - ctam civitatem accederc propoſuerit, illa die, qua de hoſpitio ſuo viam arripe - re voluerit, eligere poſſit confeſſorem, ſeu confeſſores & in via & in locis aliis quibuscunque. Quibus quidem confeſſoribus autoritate noſtra concedimus plenam poteſtatem abſolvendi omnes caſus papales, ac ſi perſona noſtra ibi eſ - ſet. Item concedimus, quod ſi verè confeſſus in via moriatur, quod ab omni - bus peccatis ſuis penitus immunis ſit & abſolutus. Et nihilominus prorſus mandamus Angelis Paradiſi, quatenus animam à purgatorio penitùs abſolu - tam in Paradiſi gloriam introducant.
  • (c) Laymann. in juſta defenſ. p. 173. Idem Pontifex habet plenam poteſtatem dandi & auferendi bona Eccleſiaſtica etiam ſine cauſa. p. 266. & ibid, p. 22 fa - cultas ultimas voluntates aut fundationes mutandi ſeu diſpenſandi Pontifici reſervata eſt.
  • (d) Bellarm. contrà Barclai. c. 31. p. 253. In bono ſenſu dedit Chriſtus Petro poteſtatem faciendi de peccato non peccatum, & de non peccato peccatum. Peccatum eſt inire in matrimonium in gradu prohibito, non je junare in qua - drageſima, die feſto laborare ſerviliter: Et tamen hæc omnia & alia id genus plurima, diſpenſante Petro, auctoritate clavium ſibi datarum peccata eſſe deſi - nunt: contrà verò poteſt Petrus addere novum gradum conſanguinitatis & af - finitatis, addere novum diem jejunii, addere novum diem feſtum, & hinc fient peccata, ſi quis in gradu illo addito conjugium contrahat, aut diebus additis non jejunet, aut ab opere ſervili non abſtineat, quæ tamen anteà peccata non fuiſſent. Sic igitur peccatum fuiſſet Regi tali, vel tali non obedire, & tamen ſi per claves Petri ille talis Rex hæreticus declaretur, excommunicetur & depo - natur, jam non erit peccatum illi non obedire. Imò ſi Papa (ſententia eſt e jus - dem Bellarm. l. 4. R. P. c. 5.) erraret in præc ipiendo vitia, vel prohibendo vir - tutes, teneretur Eccleſia credere, vitia eſſe bona & virtutes malas, niſi vellet contrà conſcientiam peccare.

Aber ô Paſtor! ô Idolum! O Goͤtzenhirt. Auß waſer Macht thuſt du das / und wer hat dir die Macht gegeben? fuͤrwahr nicht von Chriſto / dann die drey metaphoræ, Felß / Schluͤſſel und Weiden / als des Pabſt - thum̃s Grund-Seulen moͤgen ſolchen ungeheuren Laſt nicht ertragen /Neundter Theil. Dund26Die Andereund koͤnnen den Stich nicht halten / O reiſſender Wolff! davon ſo viel Zeugen / als Blutbaͤder du angerichtet haſt. O grimmiger Tyrann! als der du alle Characteres und Eigenſchafften deſſen erfuͤlleſt / und in dir zuſammen flieſſen. Solche Tyranney iſt nie erdacht / nie auffkommen. Pharaonis Tyranney / Simſons Gefaͤngnuͤs / die Viehiſche Dienſtbar -v. vale Tri - umph. p. 362. keit der Tuͤrcken iſt gulden gegen dieſer / Urſach / iene betrifft nur den Leib / hie leidet die Seele Noth / die Vernunfft muß ſich gefangen geben unter den blinden gehorſam / und muß gleichſam obbruteſciren / die Zung wird gehemmet und gelaͤhmet / und darff nicht freymuͤndig wozu ſie Recht hat / reden. Straßburg hat dergleichen an Guilhelmo II. erfahren / welcher / als er wegen ſeiner unertraͤglichen Schinderey und unnoͤthigen ſchaͤdli - chen Krieg / den er wider die Stadt erreget / in hafft gezogen / und in der Sacriſtey deß Muͤnſters bewahret worden / hat er beym Concilio zu Coſt - nitz von dem Roͤmiſchen Kayſer Sigismundo erhalten / daß die Stadt Straßburg in Kirch - und Reichsbann gethan worden. Wolte die ver - bannte Stadt wiederum außgeſohnet und loß werden / mußte ſie der Apo -vid. Wim - pheling. Catal, E - piſc. Ar - gent. pag. 104. ſtoliſchen Cam̃er zahlen und buͤſſen 6000. Gulden. Deßgleichen an Gual - tero von Geroltzeck / der ſchieſſet wider ſeinen Schaaffſtall einen ſolchen ſtarcken Bañſtrahl auß / daß er nicht allein alle Sacramenta verbotten / ſon - dern auch der gantzen Cleriſey ſam̃t den Knaben / ſo die Lateiniſche Sprach gelernt / auß der Stadt außgebotten / bloquirte hierauff die Stadt / und belaͤgert dieſelbe / brennet ab / pluͤndert in der Stadt Gebieth alles rein auß.

Wie koͤnnen / wie ſollen und wollen wir doch dem Ertz-hirten Chriſto gnug dancken / daß er durch Lutherum Chriſtlichen Obrigkeiten die Au - gen geoͤffnet / die unerſchwingliche Tyranney und das nefas entdeckt / das Biſchoffliche Recht wieder in flor und Schwang gebracht / und vermit - telſt deß Paſſauiſchen Vertrags / und nechſten Muͤnſteriſchen Frieden - Schluſſes wiederum erſtattet und gefirmet. Wann alle unſere Gedan - cken koͤnten in lauter feurige und flammende Andachten / unſere Glied - maſſen in lauter Zungen verwandlet werden / koͤnten wir nim̃er erſchoͤpf - fen und außſprechen die uͤberſchwengliche Goͤttliche Gnad / die uns durch ſolche Libertaͤt gegoͤnnet worden. Jſt eine Gutthat die danckens werth / zuforderſt im Hertzen zu æſtimiren / quantus noſter Paſtor, wie groß und hoch unſer Hirt / und ihn nicht ſo leichtlich wie Judas um 30. Silberling zu verkauffen. Geſchicht ſo offt man die Goͤttliche Warheit verraͤth / dar - uͤber er klagen muß / ey eine trefliche Summa / deren ich bin werth geachtet worden. Zach. 11. Sondern auff dieſen Jehovam und herꝛlichen Hirtendas27Predigt. das Fundament und Veſte unſers Glaubens und Vertrauens gruͤnden / wie das Schaaf auf ſeinen Hirten / recht guͤltige conſequentias machen / wie David. Mein Hirt heißt Jehova, Herꝛ. E. wird mir nichts manglen / weil er ein reicher und reichmachender Herꝛ / ſo werde ich auch volle Genuͤ - ge haben / ſo viel ich bedarff / und mir nutz iſt. Jſt mein Hirt ein Siegs -vid. D. Schmid. p. 1057. Herꝛ / E. ſo fuͤrchte ich kein Ungluͤck / E. Trutz dir / du hoͤlliſcher Geiſt / du bruͤllender Loͤw / hie der Loͤw vom Stammen Juda / der Uberwinder der Hoͤllen und deß Todes / ein einiges Woͤrtlein / ſo auß dieſes HErꝛn Mun - de gangen / ſol dich matt machen / ja faͤllen / trutz dir Welt / und aller deiner Macht / wo ſie am hoͤchſten iſt / ſie iſt gleich einer krafftloſen Schweinblaas / ſie kan / wil nicht ſagen / dem Wind und Meer / ſondern einer einigen Peſt - Druͤſen nicht wehren. Trutz dir Pabſt und Tuͤrck und deinen Gebotten / ſo fern ſie Chriſtum nach ihrer blinden Vernunfft wollen lehren ſein Regi - ment fuͤhren. Welche edle und recht guͤldene Kunſt unſer theure und ſel. Lutherus wol und herꝛlich practicirt / dann als ihm der Stern auff den Reichs-Taͤgen nicht leuchten wolte / wie er gewuͤnſchet / ſo appellirt er an ſeine feſte Burg: und gibt ſich darauff zu Ruh. Jſt mein Hirt ein maͤch - tiger ja der allermaͤchtigſte Herꝛ / E. ſol mich niemand auß ſeiner ſtarcken Hand reiſſen / kein Gewalt / kein Schwerd / kein Strang / kein Feuer / auch keine Kranckheit / Bloͤdhaͤuptigkeit / Aberwitz / weder hohes noch tieffes / ja gar keine Creatur / wie grim̃ig / wie maͤchtig ſie auch ſeye / außgenom̃en die Suͤnde / wann das Schaaf in einen garſtigen Suͤnden-bock degenerirt / und durch freywillige Suͤnde ſich loßwuͤrcket / die ſcheidet Schaf uñ Hir - ten voneinander. Liegt nur daran / daß ich Jhnanflehe / und anlauffe / kein repuls, vielweniger lanien hab ich bey Jhm zu befahren / wie Lurherus vom Papſt Leone X. welcher / ohnangeſehen Lutherus als das Schaaf ſich fuͤr ihm / als dem Loͤwen gedemuͤthiget / Unterweiſung und Ablaß be - gehrt / daſſelbe mit Bannſtrahlen von ſich geſtoſſen / (Tom, I. Jen. p. 56.) Endlich dancken debito officii per ſervitutem, daß wir uns ihm gantz zu eigen / und ſchnldigem Dienſt dargeben / dahin uns anweiſet unſer Cate - chiſmus uñ ander Artickel des Apoſtoliſchen Glaubens / er iſt mein Herꝛ / der mich verlohrnen und verdam̃ten Menſchen erloͤſet hat / erworben / ge - wonnen von allen Suͤnden / vom Tod und von der Gewalt des boͤſen Gei - ſtes / auf daß ich ſein eigen ſey / nicht mein / nicht des Teuffels / und in ſeinem Reich unter Jhm lebe / und ihm dienein ewiger Gerechtigkeit / ꝛc. Si totum me debeo, ſchreibt Bernhardus Tract. de diligendo Deo, pro me facto, quid addam jam pro refecto, & refecto hoc modo? Nec enim tàm fa -D ijcilè28Die Drittecilè refectus? Nam qui me ſemel tantùm dicendo fecit, in reficiendo profectò & dixit multa, & pertulit dura, nec tantùm dura, ſed & indi - gna. In primo opere me mihi dedit, in ſecundo ſe, & ubi ſe dedit, me mihi reddidit. Datus ergò & redditus me pro me debeo. Quid Deo retribuam pro ſe? Nam etiamſi me millies rependere poſſem, quid ſum ego ad Deum? So ich mich gantz ſchuldig erfinde fuͤr meine Schoͤpf - fung / was ſol ich dann hinzu thun und zugeben fuͤr meine Wiederſchoͤpf - fung und Erloͤſung / und zwar / fuͤr ſolche Wiederſchoͤpffung / wie obgemel - det? Sintemahl ich nicht ſo leicht erloͤſet und aufs neue gleichſam erſchaf - fen und gemacht worden / ſonſt haͤtte der / welcher mich durch ein eintziges Wort geſchaffen / in meiner Wiederſchoͤpffung nicht ſo viel Wort beduͤrft / er haͤtte nicht ſo viel hartes Creutz / Marter und Angſt (wiewol unſchul - dig) erdulden und außſtehen duͤrffen. Jn der erſten Schoͤpffung zwar hat er mich mir ſelbſt geſchenckt und gelaſſen / in der andern aber hat er ſich mir geſchenckt / und wo er ſich geſchencket / hat er mich mir wieder gegeben und frey gemacht. Auff welche Weiß ich nun frey und mir gelaſſen bin / befinde ich auch fuͤr mich GOtt zweyfaͤltig ſchuldig / bin ich Gott fuͤr mich ſchuldig / was bin ich ihm dann ſchuldig fuͤr ſich / fuͤr ſeine Muͤhe / fuͤr ſein Leiden und Sterben? Jn Betrachtung / wañ ich gleich tauſendfaͤltig mich bezahlen koͤnte / bin ich doch nichts gegen einem ſo groſſen Gott. Das iſt ge - wißlich wahr. Ey ſo werde es auch an uns gewißlich wahr. Fiat. Amen.

Die Dritte Predigt. Vom Hirten.

GEliebte in Chriſto. Wuͤrden / Buͤrde / Honos, onus. wo groſſe Wuͤrde iſt / da iſt auch ſchwere Buͤrde / wo Ehr / da Muͤh / wo Hoheit / da Arbeit / wo Herꝛlichkeit und Ergoͤtzlichkeit / da Be - ſchwerlichkeit / ſind zwey correlata, die ſich moraliter und tugendlicher Weiß nicht trennen laſſen. Was GOtt zuſam̃en gefuͤget / das ſol der Menſch nicht ſcheiden. Die Eltern / Vater und Mutter hat GOtt der HErꝛ hochgeehret / ſie in ſein Sinaiſch Geſetz einverleibt / den Kindern ernſtlich gebotten / ſie ſollen Vater und Mutter ehren / das iſt / wie es eigent - lich nach dem Grunde Text lautet / gleichſam als Gold waͤgen / ihre merita und beneficia auff die Goldwag legen / und dañenhero das precium ſchaͤ - tzen / ſie theur uñ werth halten / was aber an dieſer Wuͤrde fuͤr ein Laſt undBuͤrde29Predigt. Buͤrde hanget / wie ſauer den Eltern der Kinder Geburth / Zucht Pfleg / Sorg ankomme / zumahlen wann ſie mißrathen / Creutz und Hertzenleid machen / davon klagen und ſagen fromme Eltern / die es erfahren. Der Oberkeitliche Stand iſt von GOtt dem HErꝛn ſo geadelt und geſegnet / daß er denſelben / als ein ſonderbar Heiligthum / in die guldene monſtranz ſeines Worts eingeſetzt / und ſie mit dem hohen Namen GOttes regalirt. Jch hab geſagt / ihr ſeid Goͤtter / Pſ. 82. Was kan einem ſterblichen / ſuͤndlichen Menſchen fuͤr groͤſſere Ehr wiederfahren / als Gottes Namen und Stammen tragen. Aber welch ein ſchwere / unertraͤgliche Buͤrde den - ſelben auff dem Hals liege / daruͤber hat Moſes auß eigener Erfahrung lamentirt und geſagt: Wie kan ich allein ſolche Muͤhe und Laſt / und Hadder von euch ertragen? Deut. 1, 12. Samuel hat nicht vergebens ominirt / wann er dem Saul / den er zum Koͤnig erwehlet hat / uͤber der Taffel und Mahlzeit die Schulder vom Opfferfleiſch fuͤrgelegt / und ihne dabey erinnert / er werde nicht des Volcks Bauch ſeyn / eſſen / trin - cken / was ihm wolgeſchmackt / ſondern Schulder / und alle Laſt auff die Achſel nehmen muͤſſen. Jene Bauren im Bauren-Krieg (ſchreibt Lu - therus, Tom. I. Isleb. p. 379. 486. ) ſagten: Wir wollen auch Mardern Schauben und guldene Ketten tragen / und Rebhuͤner freſſen / aber nicht gedacht / was fuͤr Beſchwerlichkeit an ſolchen Ketten geſchrieben ſtehe / wann Gott einen zu einem Martyrer machen wil / ſo ſetzt er ihn in den Re - genten-Stand. Sitzt er da nicht wie ein Scherg / ſondern fuͤhret ſein Am̃t ſorgfaͤltig / treulich / gewiſſenhafft / mit Ernſt / dem darff man den Teuffel nicht uͤber die Hauß-Thuͤr mahlen / und zu Gevattern beten / der Poͤbel kan ihn ſchon gelenck machen. Fuͤhrt er aber den Stand nicht / wie es ſeyn ſol / wil Wuͤrde ohne Buͤrde tragen / nur wol leben / uñ das Regiment an einẽ Nagel haͤngen / ſo ſitzt er wie ein Scherg. Viel groͤſſers Ding iſts um die Seelen-ſorg / und geiſtlich Hirten-Am̃t / dem hat der H. Geiſt den Titul der Ehrwuͤrde ſelbs gegeben / 1. Tim. 5, 17. Die Elteſten / die wol fuͤrſte - hen / die halte man zweyfacher Ehren werth / ſonderlich die da arbeiten im Wort / und in der Lehre. Aber wie ſiehet Bernhardus daſſelbige an? er ſagt / es ſey onus angelicis humeris tremendum. Andere / es ſey negotium negotiorum, wann nichts waͤre / als die ſchwere Verantwor - tung einiger Seelen-Verſaumnuͤs / die erſchreckliche Draͤuungen / ana - themata, fulmina und Donnerſtrahlen / ſo in GOttes Wort ergangen / ſam̃t den Exemplen / da GOtt dergleichen Draͤuungen exequirt / ſo waͤre es ja Laſt genug. Das wußt auch David wohl / hat deßwegen auff dieſeD iijCon -30Die DritteConjunctur gedeutet / mit derſelben intonirt / die da heißt / Wuͤrde / Buͤr - de. Hat ſeinen Hirten / den er ſo hoch recommendirt / nicht nur den glor - wuͤrdigſten Jehovam geneñet / denſelben beſchriebẽ / als einen Selbsherꝛn / gebohrnen Herꝛn / Eigenthums-Herꝛn / ein hochgebiet enden Herꝛn und Helden / den reichſten Herꝛn / bey dem kein Mangel zu befahrẽ / den Herꝛn aller Herꝛen / ſondern er ſtellet uns auch dar ſeine Buͤrde / in dem Namen eines getreuen Hirten / die er uͤbernom̃en / vom Himmel herab kom̃en / ein Hirtenfell angezogen / den Hirten-ſtab ergriffen / mit groſſer Muͤhe und Sorgfalt das Hirten-Am̃t eines Seelen-Hirten gefuͤhrt / Leib und Leben druͤber eingebuͤßt / und daſſelbe mit ſeinem theuren Blut uñ Tod verſieglet. Die Wuͤrde im Namen des Herꝛn angezeigt / haben wir vor 8. Tagen be - ſchaut / uñ erwogen / folget nun daß wir die Buͤrde / in dem Namen eines Hirten angedeutet. E. L. vortragen. Da wir dann zu betrachten τὶ καὶ τὶς, wer eigentlich der Hirt / den David gemeynt / ſey / und worin ſein Hirten - Am̃t beſtehe. Davon nun auferbaulich zu reden und zu handlen / wolle uns der Vater des Liechts ſeines H. Geiſtes Gnad reichlich mittheilen / Amen.

Belangend τὶ καὶ τὶς, die Definition und Nomenclatur eines Hirten / was David allhie durch den Hirten wolle verſtanden haben / ſo iſt es zwar an dem / ſuchen wir die Nomenclatur und Antwort in Curia Romana, am Roͤmiſchen Hof und Cantzley des Roͤmiſchen Pabſts / ſo werden wir einen hoch-auffgeblaſenen Hirten finden / der ſtylus Curiæ wird uns den - ſelben als einen weltlichen Regenten / einen regierenden / gebietenden / her - ſchenden Herꝛn beſchreiben / dann ſo hat die Latina vulgata das Hebrei - ſche Wort Roi oder Roah gedolmetſchet / Dominus regit me, dero zu folg ſo wol die neue außgelaſſene Chur-Maintziſche / als alte deutſche Verſion Dietenbergers es alſo gegeben: Der Herꝛ regieret mich: nach Bellarmi - ni Meynung / l. 1. R. P. c. 15. p. 878. bedeut das Wort paſce Joh. 21. Weyde meine Schaafe / ſo viel / als den hoͤchſten Gewalt haben. Und wie Gretſerus es außlegt Tom. 2. defenſ. p. 460. iſt der oberſte Hirt und Pfarrherꝛ zu Rom.

1. Ein Koͤniglicher Monarch / der alle Jura Majeſtatis, alle Regalia, Oberkeitliche Hoheiten / Macht / Herꝛlichkeit uñ Gerechtigkeit beſitzt / die Ju - ra Majeſtatis das Koͤnigliche Recht 1. Sam. 8. zu uͤben vermag / Sohn uñ Tochter zu ſeinem Goͤtzendienſt durch den Gewiſſens-Strick des blinden Gehorſams an ſich ziehen: er hat Jurisdiction nicht allein auff Erden inv. Hodom. Pap. p. 390. foro conſcientiæ, im Gewiſſens-gericht ſeine Beichtkinder als Partheyẽ abzuhoͤren / zum Beichtſtuhl zu verurtheilen / Gewiſſens-ſtraffen aufzule -gen /31Predigt. gen / judicialiter uñ gerichtlicher-weiß zu inquiriren uñ zu erkennen; ſon - dern auch externè allerhand Gerichtliche Proceſs nach dem Lauff des Rechten / richten uñ ſchlichten. Ein Roͤmiſcher Hirt iſt (2) ein Blutrich - ter / wiewol er nicht ſelbs / ſondern durch ſeine Scharffrichter / die weltliche Obrigkeit / vermittelſt der Inquiſition, in ſenatu ſanguinis, im Blutge - richt / dieſelbe Gewalt zu uͤben / zu gleicher weiß / wie ein Hirt (ita Bellarm.vid. Joh. Læt. p. 598. l. 5. R. P. c. 7. p. 1421.) die Woͤlff auff allerhand Weiß und Weg / wie er nur im̃er kan / abhaltet / damit ſie nicht in Schafſtall einbrechen / die Stoß - boͤck ſepariren / die Schaaſ mit ſeinem Hirtenſtab zwingen / daß ſie gehen und thun muͤſſen / was er gebeut: alſo kan auch der groſſe Hirt zu Rom / Regenten uñ Herꝛen wañ ſie abfallen uñ Ketzer werden / die Koͤnigliche A - der ſchlagen / die Cathol. Fuͤrſten / wañ ſie nicht recht dem Pabſt wollen zu Chor reiten / abſondern / Waſſer und Weyd verbieten / mit Bannſtrahlen vom Thron herab ſchlagen / ja gar mit Ruthen caſtigiren / dergleichen di - ſciplin Henrico II. Koͤnig in Engelland wiederfahren. Davon pralet Corn. à Lap. ad Matth. p. 112. die Ketzer / ob ſie zwar ihrer Jrꝛthum̃ nicht -Corn. à Lap. ad Matth. berwieſen (als welches ſie bißher an den Lutheranern nicht gekoͤnt) zum Schwerd und Feuer verdam̃en / anders nicht / als Dieb und Moͤrder.

Docent omnes Catholici, hæreticos incorrigibiles, ac præſertim relapſos poſſe ac debere ab Eccleſia re jici, & à ſecularibus poteſtatibus (quibus à Cleto tradun - tur, ut Chriſtus à Sacerdotibus Pilato,) temporalibus pœnis, atque ipſa etiam morte mulctari, ita Bellarm. l. 3. de Laic. c. 21. vid. ib. arg. c. 22. Maldonatus ad Luc. 9. pag. 96. Comburendi ſunt, tanquam proditores & transfugæ hæretici, nec ulla belli cauſa juſtior eſſe poteſt, qu am ut religionis poſſeſſio defendatur. Bellarm. l. 5. de Pontif. Rom. Pontifex poteſt mutare regna, & uni auferre, alte - ri conferre, tanquam ſummus Princeps ſpiritualis, & c. 7. Non licet Chriſtianis tolerare Regem infidelem aut hæreticum, ſi ille conatur pertrahere ſubditos ad ſuam hæreſin vel infidelitatem. ()

Ein Roͤmiſcher Hirt iſt (3) Bellator, ein Kriegsmañ / der ohne ſcheu Krieg fuͤhret / die Schafe mit dem Kriegs-Schwerd verfolget / maſſen die Exempla vorhanden / und die taͤgliche Praxis davon gnugſam zeuget und jener Biſchoff in Franckreich. Ein Roͤmiſcher Hirt iſt (4) ein gewaltſa -vid. Gott - fried p. 128 part. 3. mer Melcker und Scherer / oder vielmehr Schinder / der das Schaf nicht nur melckt und ſcheert / ſondern gar ſchindet / uñ die Haut uͤber die Ohren abziehet / davon zeuget das Roͤmiſche Corban / die uͤberfluͤſſige / unnuͤtze re - ditus uñ Einkommen der Stiffter uñ Cloͤſter / da die Eltern ihre Kinder ſpolirt, ad remedium animarum, ihren Seelen damit Huͤlff und Rath zu ſchaffen / daß nun Acker - und Bauersleuth / ja auch Edle und hohe Stands-perſonen / ihrer Guͤter uñ Herꝛlichkeiten reſpectivè entſetzt / derCle -32Die DritteCleriſey Coloni / Zinß uñ Guͤlt-Leut ſeyn muͤſſen / die ihrẽ ſauren Schweiß denſelben zutragen / daß ſie davon praſſen und prangen / und darff man noch wol von des Papſts Schmarotzern ſo verwegen in die Welt hinaußv. Anti - chriſtos. p, 751. ſchreiben / Papam ne milleſimam partem excipere à Chriſtianis, quod ipſi debetur. Bzo v. l. 10. de ſign. Eccleſ. c. 10. confer. l. 11. c. 11. p. m. 464. Straßburg hat vorzeiten dieſes Scheermeſſer mit Schmertzen erfahren /Bernhard. Hertzog. l 4 Chron. Alſat. p. 114. es war ein gute reiche / aber wol außgeſogene Melckkuh / Biſchoff Albrecht hat den Butterpfennig erdacht / und um gewiſſen Taxt in der Faſten / auß ſolcher gepreßten Contribution die Butterbuͤchſen gefuͤllt. Ja gar der Todten wurde nicht geſchonet / ſondern unter dem Schein der portionum Canonicarum, das ultimum vale, den Leibfall von den auch armen Leu - ten erpreſſet / und ehe die armen Leute unbegraben gelaſſen / als daß ſie ei - nes ſelbs angemaßten lytri oder Ranzion Gelt wolten ermanglen. Ein Roͤmiſcher Hirt iſt (5) ein Selbs-Weider / der mehr auff ſich / ſein, Ge -Luther. Tom. 4. Witt. p. 457. f. 2. mach / Kirchen-Gewalt und Freyheiten / Præbenden / Einkom̃en ſihet / uñ angelegen ſeyn laͤßt / als auf die Herd / der Roͤmiſche Staat muß erhalten ſeyn / und ſolt kein Chriſt mehr in der Welt bleiben. Der beſte und helle - ſte Commentarius iſt bellum ſacrum, da es um die geiſtlichen Guͤter zu thun / da der fromme Kaͤyſer Ferdinandus III. das Inſtrumentum pacis eingangẽ / wie bruͤllt / wie heult der Lycanthropus zu Rom / In nocentius X. und ſein Schmarotzer der vermumte Euſebius macht alles zunicht.

Innocentius X. in Bulla Pacis Germanicæ abrogatrice, An. M. DC LXI. promul - gata, hæc inter alia: ſanè cum infimo doloris ſenſu accepimus, quod per plu - res annos Oſnaburgis die 6. Auguſti 1648. inter Clariſſimum in Chriſto Filium noſtrum Ferdinandum Romanorum Regem & Imperatorem electum, cum ſuis fœderatis & adhærentibus, ex una, & Suecos cum eorum itidem fœderatis, & adhærentibus ex altera, nec non alterius pacis Monaſterii Weſtphal. 28. Octob. ejusdem 48. inter eundem Ferdinandum Romanorum Regem & Imperatorem electum cum ſuis pariter fœderatis & adhærentibus ex una, atque chariſſimum etiam in Chriſto Filium noſtrum Ludovicum, Francorum Regem Chriſtianiſſi - mum, cum ſuis ſimiliter fœderatis, ex altera parte reſpectivè initarum, & mox p. 43. Ipſo jure nulla, irrita, invalida, iniqua, injuſta, damnata, reprobata, inania viribusque & effectu vano omnia fuiſſe, eſſe, & fore in perpetuo, neminemque ad illorum, & cujuslibet illorum, etiamſi juramento vallata ſint, obſervantiam teneri, neque ex illis cuiquam aliquod jus vel actionem aut titulum coloratum, vel cauſam reſcribendi, etiamſi longiſſimè & immemorabilis temporis poſſeſ - ſio, ſeu quaſi poſſeſſio, etiam citrà ullam interpellationem, ſeu interruptionem ſubſequatur, acquiſitum fuiſſe nec eſſe, minusve ullo tempore acquiri & com - petere poſſe, neque illa ullum ſtatum facere, nec feciſſe, atque perinde, ac ſi nun - quam emanaſſent, pro non exſtantibus & non factis perpetuò haberi debere, tenore earundem præſentium decern imus ac declaramus, atque uti ſequitur, articulos pacis præfatos, & poteſtatis plenitudine penitus damnamus, reproba -mus,33Predigt. mus, nullamus, caſſamus, annullamus, viribusque & eſſectu vacuamus

Das heißt nach dem ſtylo curiæ Romanæ ein Hirt / das heißt paſ - ce oves, weyde meine Schafe. Hat nun David in dieſem Pſalmen ei - nen ſolchen Hirten verſtanden? iſt der Meſſias ein ſolcher Tyrann und Miedling / wie der ſtylus Curlæ lautet / wie Paſtor larvatus, und ver - mumte Hirt der Roͤmiſche Papſt denſelben in ſeiner Comœdi repræ - ſentirt / wie des Papſts Unter-hirten / Prieſter und Pfaffen in die Ubung gebracht / ſo mag David dieſen Herꝛn fuͤr ſich behalten / wir wollen nicht / daß dieſer uͤber uns herſche / wir ſetzen ihn in die Litaney / GOtt wolle ſei - ne Gemeine von Woͤlffen und Miedlingen erloͤſen und ledig machen / kehren ihm den Ruͤcken und ſagen / ade, vale, apage. Vale, ô Paſtor, ô Idolum! O Goͤtzen-Hirt! aͤuſſerlich huͤbſch gemahlet mit vermeinter Geiſtlichkeit / er wil ein geiſtlicher Herꝛ ſeyn. Das iſt / ein weiſer Raab /Luther. Tom. 4. Witt. pag. 455. f. 2. & p. 458. ein Butz mit einem Engel-Kleid angezogen / welches doch nicht ſeyn kan / dann was geiſtlich iſt / das iſt unſichtbar / er wil ein gnaͤdiger Herꝛ ſeyn unter des Biſchoffs-Stab / und iſt der ungnaͤdigſte / ſtrengeſte / un - gerechteſte Tyrann titulo & exercitio. Vale ô ἀλλοτριοεπίσκοπε, du faulwitziger Allefentzer der Wuͤrde und Buͤrde ſeparirt / das Predig - Am̃t von dem Herꝛen - und Prælaten-ſtand / der groſſe Ertz-hirt wil keinen ſolchen larvatum und vermumten Hirten unter ihm in ſeiner Heerd lei - den / hat ihn außgemuſtert / als er jung worden. Luc. 22, 25. Vos autem non ſic. Jhr aber nicht alſo. Jſt ein Spruch / der ihm ſo bald nicht laͤßt die Zaͤhn außbrechen / die Außflucht mit dem κατακυριεύιν mag denv Scherer. p. 287. Stich nicht halten / q. d. nicht ſo praͤchtig / ſtreng / wie die Heidniſche weltliche Herꝛen. Nein. Das Wort wird von dem frommen heiligen Adam geleſen. Gen. 1, 28. GOtt dem HErꝛn und Chriſto ſelbſt zugelegt. Jer. 3, 14. Pſ. 71, 8. Pſ. 110, 3. und werden hie die weltliche Herꝛen ἐυεργέται gnaͤdige Herꝛen genant / E. vale, ò Lupe! O Ertz-Wolff! dem der Wolff auß den beeden Augen herauß ſihet / man ziehe ihm die larv ab und den Schafsbeltz auß / ſo wird da ſtehen ein greulicher Lycanthr o - pus, der der Heerde nicht verſchonet / von anbegin ein lanien uͤber die an - der angerichtet / und viel 1000. Seelen der Hoͤllen in ihren Rachen ge - luͤffert.

Salve im Gegentheil / biß willkomm / O du Edler / du guter / du ge - treuer Hirt / HErr JEſu Chriſt / dich meynet / dich characteriſirt Da - vid / dir zu Ehren hat er dieſes Bucolicum gedichtet / geſungen und ge - ſpielet; in curia cœleſti, nach dem ſtylo, Art und Meynung des H. Geiſtes / iſt ein Hirt / gar viel ein anderer Mann / als er im PapſtthumNeundter Theil. Efigu -34Die Drittefigurirt und gebildet wird. Ein Hirt der ein Hirt iſt / Hirten-Treu / Hir - ten-Lieb / Hirten-Tugenden uͤbet / der weydet / leitet / ſcheidet und heilet / tractirt alſo dieſelbe als zarte Schaͤflein / nicht als wilde Loͤwen / Woͤlff / Roß und Maͤuler / kein weltlicher Regent. Dann ob zwar auch Koͤ - nige / Fuͤrſten und Herꝛen Hirten genennet werden / ſo geſchicht doch ſolches nicht ſo fern als ſie Koͤnige ſeyn / herſchen und regieren / ſon - dern wegen der Liebe / Milde und Art mit den Schafen umzugehen.

Homerus Agamemnonem paſtorem populorum dixit, ratione (non κυριότητος ſed〈…〉〈…〉 εργεσίας amicæ〈…〉〈…〉 ν τροφῇ καὶ παιδεία. Competit amicitia Regi ſanè er - ga ſubditos in beneficii ſupereminentia, benefacit enim iis, qui ſub regno ſuo ſunt, ſiquidem bonus cùm ſit, ipſorum curam habet, ut bene agant. Non ſe - cus atquc ovium paſtor. Unde Hometus Agamemnonem paſtorem populo - rum dixit. Talis autem paterna etiam eſt; tametſi magnitudine beueficio - rum præſtat. Hæc Ariſtot. l. 8. Eth. c. 13.

David hat den Nahmen eines Hirten / und zwar paſtoris paterni, zu dem ſich ſeine untergebene Schaf ſo viel als zu ihrem Bruder verſe - hen: 2. Sam. 5, 1. Kamen alle Staͤmme Jſrael zu David gen He - bron und ſprachen: Siehe / wir ſind deines Gebeins / und deines Fleiſches. Dazu auch vorhin / da Saul unſer Koͤnig war / fuͤhreſtu Jſrael auß und ein. Weil er ſeine Unterthanen ſanfft / ſaͤuberlich / zaͤrtlich / mit Gelindigkeit / und vielem Verſchonen / mehr mit Worten als mit Streichen tractiret. Ein Exempel ſeiner Liebe und Treu gegen dieſelbe hat er erwieſen 2. Sam. 24, 17. Dann als der Wuͤrg-Engel einen Einbruch unter ſie gethan / und mit der Peſtilentz dermaſſen unter ihnen hauſiret / daß in dreyen Tagen ſiebentzig tauſend Mann von ihm erwuͤr - get worden / und nun biß zur Tenne Arafna des Jebuſiters in Jeruſa - lem kommen / und David denſelben geſehen / ſo wirfft er ſich ihm zu ſei - nen Fuͤſſen / und wil gern ſein Leben mit dem Leben ſeiner Unterthanen vertauſchen / und ſpricht zum HErrn: Siehe ich habe geſuͤndi - get / ich habe die Miſſethat gethan / was haben dieſe Schaaf gethan? und Pſ. 78. . ult. ſtehet: Er weydet ſie mit aller Treu / und regieret ſie mit allem Fleiß. Anders als Rehabeam / der mit Peitſchen und Scorpionen drein ſchlagen wollen. Ein ſolcher Hirt / ſagt David / iſt mein Hirt / der nicht weltlich regiert / ſein Reich iſt nicht von dieſer Welt. Sondern der ſeine Schaf fein ſaͤuberlich / zaͤrtlich und ſanfft tractirt / mit Suaſionen / mit Menſchen-Seilen / nicht Zwangs - weiß / ſondern Bitts-weiß / er hat ein Regiment angefangen nichtmit35Predigt. mit Harniſch / Schwerter / Buͤchſen / Bogen / er wird ein ſon - derliche Weiſe anfahen die Leute fromm zu machen / nicht mit dem Rad oder Galgen / ſondern mit oder durch das Evange - lium / er wird die Leute faſſen / dabey ſie am beſten zu faſſen ſind / nemlich bey dem Hertzen und nicht bey dem Halſe / auf daß ſie ſich willig unterthun und ihm gerne folgen. Sind Wort Lutheri Tom. 5. Witt. p. 303. f. 2.

In ſpecie und inſonderheit ſo iſt ein Hirt (1) ein Beymann / der im̃erVirtutes Paſtoris vid. Corn. ad Proph. p. 706. um und bey den Schafen bleibt / nicht muͤſſig / ſondern immer geſchaͤfftig / mit ſcharffen wachtſamen Augen / wie Jacob / er laͤßt ihm kein Schlaff in ſeine Augen kommen / zehlet ſeine Schaf / und wo er eines verlohren / ſucht er es. Alſo auch Chriſtus unſer HErꝛ und Heyland: Ob ich ſchon wanderte im finſtern Thal / fuͤrchte ich kein Ungluͤck / dann du biſt bey mir. Er kennet ſeine Schafe / er nennet ſie mit Na - men / dann der feſte Grund GOttes beſtehet und hat dieſen Siegel / der HErꝛ kennet die ſeinen. 2. Tim. 2, 19. entgeht ihm eins / ſo ſuchet ers wieder / darum iſt er vom Himmel kommen zu ſuchen das verlohren iſt / hat kein Schlaff ihm laſſen zu lieb werden / dieſelbe zu bewachen / oft und viel Naͤcht mit beten zugebracht. Dann der Huͤ - ter Jſrael ſchlaͤffet noch ſchlummert nicht. Pſ. 121, 4. und ſein Auffſehen bewahret unſern Athem. Job. 10, 12. (2) Ein Hirt iſt ein Weydmann / der ſeine Schafe außfuͤhret auff eine ſolche gute / ſaffti - ge / thauende Weyde / da es Leben und volle Genuͤge finden kan. Ein ſol - cher Hirt iſt Chriſtus / er weydet ſeine Schafe mit Lehr und Weißheit / ſein liebes und ſuͤſſes Evangelium / das lauter Milch und Honig / iſt die rechte Seelen-Weyd und guͤldene Aue / voller Seel-Hertz - und Geiſt-erquickenden Troſt-Blumen. Ja nicht nur das / ſondern er hat auch gar ſein Fleiſch und Blut zu einer Speiß und Tranck gegeben und gelaſſen. Joh. 10, 11. 15. Quis paſtor oves paſcit proprio cruore? fragt Chryſoſtomus hom. 60. ad popul. Antioch. Welcher Hirt hat jemals ſein Schaf mit ſeinem eigenen Blut getraͤncket? (3) Ein Hirt iſt ein Leit - und Beleitmann / geht vor der Heerd her / fuͤhret ſie auff rech - ter Straſſen / und zur Quellen. Alſo iſt auch Chriſtus unſer Hodoge - ta, Wegweiſer / Prodromus und Vorlaͤuffer, Hebr. 6, 20. der Weg / die Warheit und das Leben / hat ſich ihnen ſelbſt zu einer lebendigen Quell und Brunnen dargeſtellt. Joh. 7, 37. Wen da duͤrſtet / der komme zu mir und trincke. Er iſt den Schafen vorgegangen / mit heiligemE ijExem -36Die DritteExempel des Lebens und Wandels / und damit ein Vorſchrifft hinter - laſſen zu tretten in ſeine Fußſtapffen / die da heiſſen Lieben und Leiden. (4) Ein Hirt iſt ein Scheidmañ / er ſcheidet ſeine Heerd von den Woͤlf - fen / die Schafe von den Boͤcken / die Schabige von den Geſunden. Eben das hat auch Chriſtus gethan / dann das bezeugen die vielfaͤltige Diſputationes, Concertationes mit den Phariſeern und Schrifftgelehr - ten gehalten / die Fulmina und Bannſtrahlen wider ſie außgeſchoſſen / der Elenchus verbalis, und Wort-Straff / ſo er an alle hartnaͤckige und boßhafftige / frevele Suͤnden-Knecht gethan / dann auch der Stab wehe wol thut / wann ſchon nicht dem Leib / doch der Seel / oder wie Paulus redet 1. Cor. 5, 5. Auff daß der Geiſtſelig werde an dem Tag des HErꝛn JEſu. Ein Hirt iſt (5) ein Heilmann. Ein Hirt heilet / des Schwachen wartet er / das Krancke verbindet er / das Verirrete ſu - chet er. Ezech. 34, 3. Alſo iſt auch Chriſtus / der HErꝛ unſer Artzt. Exod. 15, 26. durch deſſen Wunden wir ſeind heil worden. Eſa. 53, 5. Ein Hirt iſt (6) ein Melckmann / er ſcheert und melckt ſeine Schaf / iſt billich / welcher weydet eine Heerd / und iſſet nicht von der Milch der Heerde? ſagt Paulus 1. Cor. 9, 7. Alſo hat auch Chriſtus ſeiner Auditoren Milch und Woll genoſſen / Maria Magdalena / Mar - tha / Suſanna / Johanna haben ihm gedienet / und treulich verpfleget. Es haben ihm auch wol die Raben beytragen muͤſſen / die geitzige / raͤuberiſche Phariſeer / als mit welchen er oͤffters gegeſſen und getruncken. Aber das war ſein fuͤrnehmſte Speiß nicht / er ſuchte eine andere. Epictetus ſchrei - bet vom Schaf / Non affert opilioni fœnum, ut oſtendat, quantum co - mederit, ſed lac & lanam, Das Schaf bringet ſeinem Hirten das Heu / damit er es gefuͤttert hat / nicht wieder / damit es ihm zeige / wie viel es gegeſſen habe / ſondern bringet dagegen Milch und Woll. Alſo hat auch Chriſtus bey ſeinen Schafen geſucht / Fruͤchte der Gerechtigkeit / Fruͤch - te des Geiſtes. Gal. 5. Milch / ſo die Durſtigen getraͤncket / Woll / ſo die Nackenden bekleidet / Matth. 25. Ein Hirt iſt (7) ein Schaf-Freund / προβατόϕιλος, Joh. 21. Ein recht getreuer Schaͤfer iſt ein liebreicher Mann / der zufoͤrderſt getreu iſt ſeinem Herꝛn / wie Jacob dem Laban ſeinem / wiewol untreuen Schwaͤher getreu geweßt. Gen. 31, 6. Jhr wiſſet / (ſagt er zu ſeinen beeden Weibern /) daß ich auß allen mei - nen Kraͤfften euerm Vater gedienet habe. Wo ſein Fuß hinge - gangen / hat ihn der Segen begleitet. Ein Hirt iſt vertraͤglich mit an - dern neben-Hirten / darum heißt das Hebreiſche Wort auch ſo viel alseinen37Predigt. einen Geſellen / einen Freund / Gen. 38. 12. Alſo hat Loth Abraham ce - dirt / als er ihm zugeſprochen: Lieber laß nicht Zanck ſeyn zwiſchen mir und dir / zwiſchen meinen Hirten und deinen Hirten. Son - derlich aber einet und meynet ein Hirt ſeine Schafe / bevorab ſein pecu - lium, ihm zu lieb verſchmacht er bey Tag vor Hitz / und des Nachts vor Froſt / und laßt kein Schlaff in ſeine Augen kommen / wie Jacob / oder wagt Leib und Leben fuͤr daſſelbe / wie David / legt daſſelbe in ſeinen Schooß / wie jener armer Mann 2. Sam. 12, 3. legt es auff die Achſel / wie jener Hirt in der Parabel. Luc. 15. Alſo und gleicher geſtalt iſt auch Chriſtus ſeinem Himmliſchen Vater getreu / er ſagt: Jch hab noch an - dere Schafe / die nicht ſind auß dieſem Stall / dieſelbe muß ich auch her - fuͤhren / und wird ein Hirt und ein Heerd werden. Joh. 10. Er vertraͤgt ſich mit ſeinem Freund Johanni dem Taͤuffer / dieſer weicht ihm und ſagt: Er muß wachſen / ich aber muß abnehmen. Joh. 3, 30. ſon - derlich liebt er ſein peculium tenerrimè und zartiglich / als welches er mit ſeinem eigenen Blut erkaufft / errennt / erworben / und auff das ſauerlich - ſte gewonnen. Das iſt nun die σκιαγραϕία, der Abriß / die Tugenden deßjenigen Hirten / den David in ſeinem Pſalm gemeinet / dem er ſein Bucolicum und Hirten-Lied geſungen.

Selig ſind nun die Augen / die Dich / (ô Edelſter Hirte!) ſehen / Sehen / nicht zwar oculo corporeo, mit leiblichen / ſinnlichen und Coͤrperlichen Augen / dann das iſt unſern ſuͤndlichen / ſterblichen Augen nicht mehr muͤglich / und mag uns in dieſer Welt nicht gedeyen / ſondern mit erleuchteten Glaubens-Augen / Sehen im Geiſt / wie Da - vid / im Spiegel deines Worts / dem heiligen Evangelio / Dich und keinen Frembden / auch Moſen nicht / und zwar in der Figur / wie Du Dich ſelbſt abconterfehet / als einen guten / getreuen / mild - und liebreichen Hirten / nicht in einer erſchroͤcklichen Figur eines zornigen Richters / wie man ihn im Papſtthum abgemahlt / ſondern in dieſem holdſeligen ſchoͤ -Tom. 6. Jen. p. 363. nen Bild / und in demſelbigen ihn immer fuͤr Augen haben. Tertullia - nus ſchreibt von der erſten Kirchen / ſie hab am Sacramentlichen Kelch das Bild eines Hirten / der ein Schaͤflein auf der Achſel getragen / ſchnei - den und praͤgen laſſen / auff daß der Prediger ihm und ſeinen Zuhoͤrern dieſes Bild wol ins Hertz eintrucke / und ſich / ſo offt ſie dieſen Kelch brauchten / ihres Ertzhirten uñ deſſen Exempel ſich erinnerten. Selig ſind die Augen die Dich O getreuer Hirt ſehen cum affectu fiduciæ, mit ver - traulichen Hertzens-Augen / als die Grundfeſt unſers Vertrauens / derE iijnichts38Die Drittenichts werde manglen laſſen / der uns kein Ungluͤck wird treffen laſſen / ob ſchon das Hertz Nein dazu ſagt: und etwa gedenckt / dieſer Hirt iſt mir viel zu edel und zu koͤſtlich / ich bin nicht David / David iſt ein heiliger Pro - phet und GOtt ein werther Mann geweßt / darum hat er von der Sach wol reden / und wie ers geredet / fein glauben koͤnnen. Jch werde es ihm nicht nachthun / dann ich bin ein armer Suͤnder. Antwort: (ſind Wort Lutheri, Tom. 6. Jen. p. 364.) Jch habe droben ange - zeigt / daß ein Schaͤflein ſonderlich dieſe gute Art und Tu - gend an ſich hat / daß es die Stimme ſeines Hirten wohl ken - net / und ſich mehr nach den Ohren richtet / dann nach den Augen. Eben dieſelbe Tugend preiſet CHriſtus an ſeinen Schaͤflein / da er ſpricht: Meine Schafe kennen meine Stim - me. Seine Stim̃e aber lautet alſo: Jch bin ein guter Hirt / und laſſe mein Leben fuͤr die Schafe / und ich gebe ihnen das ewige Leben / und ſie werden nimmermehr umkommen / und niemand wird ſie mir auß meiner Hand reiſſen / ꝛc. Auff die - ſe Stimme habe fleiſſig Achtung / und richte dich darnach / thuſt du ſolches / ſo halte gewiß dafuͤr / du ſeyeſt Chriſti Schaͤf - lein / er dein Hirte / der dich nun wol kenne / und wiſſe dich auch mit Nahmen zu nennen / haſtu ihn aber zum Hirten / ſo wird dir fuͤrwahr nichts manglen / ja du haſt ſchon / was du haben ſolt / das ewige Leben. Jtem / du ſolt nim̃ermehr umkom̃en. Es ſol auch keine Gewalt ſo groß und maͤchtig ſeyn / die da ver - moͤg dich auß ſeiner Hand zu reiſſen. Deß ſoltu mir gewiß ſeyn / dann dieſes Hirten Stimme wird dir gewiß nicht feh - len / was wilt du mehr. Laͤſſeſt du aber dieſe Stimme fahren / und richteſt dich nach dem die Augen ſehen / und der alte A - dam fuͤhlet / ſo verleureſt du den Glauben und Zuverſicht / die du als ein Schaͤflein zu ihm / als deinem Hirten haben ſolt / fallt dir jetzt dieſer / jetzt jener Gedancken ein / daß du nicht zufrieden ſeyn kanſt / ſondern diſputireſt bey dir ſelbſt / und ſprichſt: Jſt der HERR mein Hirte / warum verhaͤnget er dann uͤber mich / daß mich die Welt ohn alle meine Schuld ſo jaͤmmerlich zuplaget / und verfolget? Jch ſitze mitten un - ter den Woͤlffen / bin meines Lebens kein Augenblick ſicher / ich ſehe aber keinen Hirten der mich ſchuͤtzen wolle. Jtem / warum geſtattet er dem Teuffel / daß er mir ſo viel Leids thutmit39Predigt. mit Schrecken und Zagen? Dazu ſo finde ich mich gantz un - geſchickt / ungedultig / und noch mit vielen Suͤnden beladen / fuͤhle keine Sicherheit / nur Zweiffel / keinen Troſt / nur Furcht und Zitteꝛn fuͤr GOttes Zorn. Wann hebet er dañ an zu beweiſen an mir / daß er mein Hirte ſey? Solche und andere noch viel wunderlichere Einfaͤll wirſt du haben / wann du ſeine Stimme und Wort laͤſſeſt fahren. Bleibeſt du a - ber feſt daran hangen / ſo laͤſſeſt du weder des Teuffels Liſt / noch der Welt Ungnad und Toben / noch deine eigene Schwachheit und Unwuͤrdigkeit dich anfechten / ſondern ge - heſt frey hindurch / und ſprichſt: Es ſetze ſich der Teuffel / die Welt oder mein eigen Gewiſſen wider mich / ſo hefftig ſie immer koͤnnen / ich wil mich darum nicht zu todt graͤmen / es muß doch und ſol auch gehen / daß wer des HErꝛn Schaͤf - lein iſt / wird von den Woͤlffen unangefochten nicht bleiben / es gehe mir / wie es der liebe GOTT uͤber mich verhaͤnget / man ſiede oder brate mich / ſo iſt das mein Troſt / daß mein Hirte ſein Leben fuͤr mich gelaſſen hat. Dazu hat er auch eine ſuͤſſe / liebliche Stimme / damit er mich troͤſtet / und ſpricht: Jch ſol nimmermehr umkommen / mich ſol auch niemand auß ſeiner Hand reiſſen / ich ſol das ewige Leben habẽ / das wird er mir treulich halten / es gehe mir / wie es wolle / und laufft meiner Schwachheit halben etwa noch Suͤnde / oder andere Fehle mit unter / er wird mich darum nicht weg - werffen / dann er iſt ein freundlicher Hirte / der der ſchwachen Schaͤflein wartet / ſie verbindet und heilet / und daß ich deſto gewiſſer ſey / und ja daran nicht zweifele / hat er mir die Heil. Sacramenta zum Wahrzeichen hinderlaſſen. Welches Ver - trauen dann dieſe und dergleichen Seufftzer auß dem Hertzen in den Mund leget / Du Hirte Jſrael hoͤre / erſcheine / erwecke deine Gnade / komme mir zu Huͤlff / GOtt troͤſte mich / laß dein Antlitz leuchten / ſo geneſe ich. Pſ. 80, 1. & ſeq. Selig ſind die Augen / die auff dich ſehen / auff deine Fußſtapffen / die heiſſen Lieben und Leiden. Wir ſind und ſollen ſeyn alle Hirten. Ein Regent ſeinen Un - terthanen / ein Vater ſeinen Kindern und Geſind / ein jeder ſeinem Nech - ſten / ja ſein ſelbſt. Die rechte Hirten-Sitten und Tugenden ſind abge - mahlt in Chriſto / darum auch ein jeglicher ſol gefinnet ſeyn / wie Chri -ſtus40Die Dritteſtus auch war. Phil. 2. Sonderlich aber iſt allhie das Ziel geſetzt den al - ſo eigentlich genanten Seelen-Hirten / offentlichen Seelen-Hirten / Leh - rern und Predigern. Der Nahm iſt general, und allen gemein. St. Paulus meynet alle / wann er ſagt Act. 20, 28. Habt acht auff euch ſelbſt / und auff die gantze Heerde / unter welche euch der Heil. Geiſt geſetzt hat zu Biſchoͤffen / zu weyden die Gemeine Got - tes / welche er durch ſein eigen Blut erworben hat. Deßglei - chen St. Petrus Epiſt. 1. c. 5, 2. Weydet die Heerde Chriſti / ſo euch befohlen iſt. Wiewol die Obligation ſtaͤrcker bindet / die par - ticular. Seelſorger ſeind / und den Lehrern entgegen geſetzt werden. Eph. 4. Hirten ſollen ſie ſeyn / und nicht Seelen-Herꝛen / nicht uͤbers Volck herſchen / Herſchen und Weyden ſeind ἀσύςατα, ſondern Fuͤrbilde der Heerde werden. 1. Pet. 5. Was die Fuͤrſtliche Biſtthum in Teutſchland anlangt / laßt unſer Augſpurgiſche Confeſſion ihne ſolche Ehr / aber als weltlichen Herꝛen / ſo ſie auß reichen und milden Stifftungen und Geſchencken gutthaͤtiger Koͤnige und Kaͤyſer erlangt.

Si quam (ita Auguſt. Confeſſ. p. 39.) habent Epiſcopi poteſtatem gladii, hanc non habent Epiſcopi ex mandato Evangelii, ſed jure humano, donatam à Regi - bus & Imperatoribus ad adminiſtrationem civilem ſuorum bonorum. Hæc interim alia functio eſt, quàm miniſterium Evangelii. Poteſtatem (ait My - lius in Aug. Confeſſ. art. 7. de poteſt. Eccleſ. p. 177) temporalem jure huma - no ab eis poſſideri concedimus, ſed deſiiſſe illos eſſe, quod fuerant, ſtatuimus. Suſcepta enim poteſtate & dominio temporali, Eccleſiaſtico ordine ipſos exci - diſſe credimus, ita, ut Epiſcopale præter nudum & inane nomen nihil habeant. Heutige Biſchoͤffe ſind weltliche Fuͤrſten) inquit Lutherus Domin. 24. Trin. p. 153. f. 2.

So laßt man auch die Lutheriſche Canonicat, und dero Adminiſtra - tion paſſiren / darinnen auch bißweilen Kirchendiener / nicht als geiſtliche Seelenhirten / ſondern als organa und Werckzeug des Biſchoͤflichenv. Theol. conſc. p. 886. Rechts / tractiren ſolche Sachen / als πάρεργα, als Schul - und nicht als Kirchen-Lehrer / man muß auß der Noth eine Tugend machen. Das iſt aber das ἔργον, Seelen-hirten ſollen Acht haben auf die gantze Heerd / Act. 20. ſollẽ weyden / leiten / ſcheiden / heilen / moͤgen auch der Woll uñ der Milch genieſſen als Arbeiter / die des Lohns werth. Luc. 10. Sind deßwegen keine Miedling; gleich wie reich werden nicht verbottẽ / aber reich wollen werdẽ / iſt ſuͤndlich / die fallen in des Satans Netz uñ Stricke / in Ehren-ſitz erhabẽ werden / iſt nicht unrecht / aber geehrt wollen werden / Ehrſucht und Ehr - geitz iſt ein Laſter: Alſo Lohn empfangen / macht keinen Miedling / wannman41Predigt. man aber den Lohn ὡς ἓνεκα, zum letſten Ziel und Zweck hat / daß macht einen Miedling / wie bißweilen leichtſinnige Pfarrenwerber und Curren - ten thun / die mit aller Macht wollen auffgeſtellt werden / fragſtu war - um / es bedarff da keiner Hertzens-Schau / der Tag und der Mund re - dets. S. Denarius, die guͤldene Ernd / fette Martini / Neu-Jahr ꝛc. da iſt manchem wehe. Weit muͤſſen dieſe lauffen / die der accuſation eines Miedlings wollen entlauffen.

Alles ex motivo charitatis, auß Trieb der Liebe / Lieben und Leiden ſind die zween Fußſtapfen / darein ſie dem Ertz-Hirten muͤſſen nachtretten / Lieben / das iſt / das Leben laſſen / das iſt / vitæ commoda und Ergoͤtzlich - keit / wie Moſes / otium und faule Menſchen-Tag / dann ſolches laͤßt recht - ſchaffene Hirten-Treu und Wacht fuͤr den Schaffſtall der Kirchen nicht geſchehen / dabey dann Leiden nicht außbleibt / je eiferiger / je verhaßter / je getreuer / je unangenchmer. Treue Hirten kan der Satan nicht leiden / die Welt ſiehet ſolche lieber unter als auff der Erden. Chriſtus hat ſeine Phariſeer und Judam / Johannes der Taͤuffer ſeinen Herodem / Pau - lus ſeine zween Schmid / die ihm das Leben ſaur gnug gemacht / und um ſeinen guten Leumund gebracht / Demetrium den Goldſchmid. Act. 19. und Alexandrum den Schmid / der ihm viel Leids gethan / 2. Tim. 4. Lutherus das gantze Roͤmiſche Reich / den Teuffel mit ſeiner Mutter / aber da wird nichts anders auß / es muß gelitten ſeyn / und ſich deſſen er - wegen / wann man ſich an dem Teuffel verſuͤndiget / ſo ſchencket ers kei - nem / darum man in Gegentheil das Leiden mit der Liebe Chriſti muß uͤberzuckern / und mit Paulo ſprechen 2. Cor. 12, 15. Jch wil faſt gerne darlegen / und dargeleget werden fuͤr eure Seele / wiewol ich euch faſt ſehr liebe / nnd doch wenig geliebet werde. Selig aber endlich / die um ſich ſehen und fuͤr ſich ſehen / nicht nur den Hirten / ſon - dern auch ſeine Æmulanten und Affen recht lernen erkennen und unter - ſcheiden / nach dem Wort Chriſti: Sehet euch fuͤr / fuͤr den fal - ſchen Propheten / die in Schaffs-Kleidern zu euch kommen. Matth. 7. Προσέχετε, ſehet fuͤr euch / huͤtet euch / haltet gute Wacht / ſchauet den Wolff an / mit eigenen / puren / ungefaͤrbten / uneingenom - menen / erleuchteten Augen / ſo genau und ſcharff / als genau und ſcharff der Satan auff den frommen Job und ſeines gleichen ſchlechte und rech - te Gottsfoͤrchtige Hertzen Achtung gibt. Job. 1, 8. (LXX. προσέχες τῇ διανοίᾳ σου. ) eben mit ſo genauen und ſcharffen Augen gebt ihr auch Achtung auff der Woͤlffe Gaͤng. Wir haben Urſach / wann wir zuruckNeunter Theil. Fſehen42Die Dritteſehen auff die Zeiten unſerer Vorfahren / wie greulich die Woͤlff hie ein - geriſſen / und was fuͤr Hirten und Biſchoͤffe dieſelbe gehabt / als deren keiner hatte vor 1478. geprediget oder predigen laſſen / allererſt in bemel - tem Jahr hat Biſchoff Robertus einen Prediger im Muͤnſter beſtellt / wie Guilman bezeuget / p. 425. ſie waren non paſtores, ſed deglubito - res, nicht Hirten / ſondern Schinder / Biſchoͤffe / aber nicht der Seelen / ſondern der Seckel / die allerhand Fuͤnd erdachten den Leuten das Geld auß dem Seckel herauß zu ſchwaͤtzen. Durch was groſſe Gnad und panicos terrores, ſie von dem Oberſten Ertz-Hirten außgejaget worden Anno 1559. Sie koͤnnen aber wieder kommen / wann Gott wil zor - nig ſeyn: Es iſt Jhm nur um ein Ziſchen und Wincken zu thun. Wann wir bedencken / was der Satan im Sinn gehalt / gleich Anfangs bey dem erſten Anblick des wiederum erſcheinenden Liechts deß Evangelii / was fuͤr Lehrer in ſuggeſtu & cathedra auff der Cantzel und Schul - Stul eingeniſtet / Calvinus ſelbſt / der zaͤnckiſche Zanchius, Piſcator ab - ſoluti decreti Apoſtolus Apoſtaticus und unartige / abtruͤnnige Straß - burger? Wie nahe es dran geweſen / daß dieſe Stadt mit dem Calvi - niſmo waͤre inficirt worden / wann wir hinauß ſehen / wie an andern Orten es hergehe / wie Anglia ein Diabolica worden / was fuͤr greuli - che Jrꝛwiſch da vagiren / die Puritaner, die Independenten, die Expe - ctanten, die Bruniſten, die neuſte Brut der Quacker / und andere der - gleichen. Wann wir in præſens bedencken / wie das Thier Hyæna Thomas Heinrici, Duræus ſchon lang des Hirten Stimm imitirt, in Hoffnung den Hirten herauß zu locken / wuͤrde es geſchehen / ſo waͤre es um die Schaaf geſchehen. Wie die Woͤlff unſern Schaafſtall umge - ben / und heulen / wie ſchwach die Gegenwehr / was ins kuͤnfftig zu hof - fen / es iſt dem Allmaͤchtigen Gott nur um ein Wincken zu thun / ſovid. Voſſ. p. 1116. reiſſen ſie ein / und iſt alsdann die Vorſorg und Wacht zu ſpat. Plinius ſchreibt / wann der Wolff den Menſchen ehe ſehe / als dieſer ihn / ſo ver - ſtumme der Menſch. Daß ſey wahr oder nicht / ſo iſt es doch bey geiſt - lichen Woͤlffen wahr / wann derſelb mit ſeiner wachſamen Fuͤrſichtig - keit uns vorkommt / ſo verſtummet man / man darff nicht mehr reden / nicht mehr ſchreiben / die Federn ſind nieder gelegt. Sapienti ſat di - ctum: Jch ſchlieſſe mit Paulo in den Worten / damit er ſeine Epiſtel an die Hebreer beſchloſſen: Der GOTT des Friedens / der von den Todten außgefuͤhret hat den groſſen Hirten der Schaafe / durch das Blut des ewigen Teſtaments / unſern HErꝛnJEſum /43Predigt. JEſum / der mache euch fertig in allem guten Werck zu thun ſeinen Willen / und ſchaffe in euch / was fuͤr ihm gefaͤllig iſt / durch JEſum Chriſt / welchem ſey Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit / Amen.

Die Vierte Predigt / Von David / als dem Schaaf.

GEliebte in Chriſto. Jn der uralten / ſehr ſchoͤnen Legend und Hiſtori des H. Patriarchen Jacob und ſeiner Schaͤferey leſen wir von einem ſonderbaren / Sinn - und Geheimnuͤßreichen Artificio, Kunſt-Stuͤck / Weyd-Kunſt / und Weyd-Fund / welche er der H. Jacob gebraucht / ge - uͤbet / und einen reichen Nehr-Schatz damit gewonnen und erworben / dann als er der kluge und getreue Knecht mit ſeinem vortheil - ſichtigen / geitzigen / Gott - und treuloſen Schweher Laban / dem umge - kehrten Nabal einen ſolchen Contract getroffen / daß alle die bundten / flecken und vielfaͤrbige Laͤmmer und Ziegen / ſo von einfaͤrbigen / weiſſen Schaaf-Muͤttern fallen wuͤrden / Jacob zum Lohn und Gewinn / zum peculio und Eigenthum gedeyen / die uͤbrigen aber Labans ſeyn / heiſſen und bleiben ſollen / ſo hat er in die Traͤnck-Rinnen geſtreiffte geſchelte und faͤrbige Staͤb von Pappelbaum / Haſeln und Caſtaneen gelegt / worauff erfolget / daß wann ſie im Fruͤhlings-Lauff uͤber den Staͤben empfangen / ſie in und auß Anblick gleicher Geſtalt / gleichfoͤrmige Geburt geworf - fen / eine groſſe Menge und Anzahl von flecketen und bundten Laͤmmern / davon Jacob uͤber alle maß reich und geſegnet worden / und zur anſehn - lichen Nahrung kommen. Es hat zwar die Natur das ihrige bey die - ſer Wunder-Kunſt gethan / ihr influenz und Wuͤrckung durch die Phan - taſey beygetragen / als dero Tugend / Krafft und Art bey den Empfaͤng - nuͤſſen / Geburten und Bildnuͤſſen der Thier wundergroß. Und man der Exempeln in Hiſtorien und Experienz beſchienen / unterſchiedlich je und allezeit gehabt / wie bey ſchwangern Weibern durch Anſchaw einesF ijund44Die Vierteund andern / ſo ſchroͤcklichen / ſo lieblichen objecti die Geſtalt der Ge - burt ſich geaͤndert und nachgeahnet: Sonderlich iſt beruͤhmt die Hiſtoria jener Moͤrin oder Moren-Koͤnigin / die wider die Natur der Moren ei - ne nicht ſchwartze Geburt / ſondern ſchneeweiſſes Kind gezeuget und ge - bohren / Urſach / ſie hatte in ihrer Kammer das ſchoͤne weiße Bild der Andromeda, auff einer Mappa hangen / daran vergaffte ſie ſich / daß die Phantaſie hernach das Kind demſelben nachgebildet. Alſo mag auch die Natur bey dieſer Aenderung der Natur der Schaaf das ihrige ge - than haben. Aber allein und ſeorſim die bloſe Natur nicht / wann ſie nicht von einem hoͤhern principio waͤre elevirt worden / wuͤrde Jacob wol laͤr Stroh gedroſchen haben / und ſeinen Zweck nicht erreichet. Es probiere es heutiges Tages ein Schaͤfer und mache es nach / was gilts / ob es ihm gelingen wird. Darum muͤſſen wir auff ein hoͤheres princi - pium ſehen / von dem dieſe Aenderung der Natur und reicher Segen er - folgt / nemlich der unerſchaffene Engel / Gott ſelbſt / der ihm zu Bethel erſchienen / der hat ihm im Traum dieſe Kunſt geoffenbahret / und dieſel - be geſegnet / wie er ſelber nicht unlauter bejachzet und bekennet. Gen. XXXI, 10. Der Engel iſt ihm erſchienen / und gewieſen / daß dieſe Kunſt natuͤrlich und gut ſey / ſagt Lutherus, derſelbe Gott hat euerm Vater ſein Gut entwendet / und mir gegeben / als ein gerechter Richter. Weß - wegen auch dieſes Kunſt-Stuͤck fuͤr kein Exempel eines Betrugs und Diebſtals anzuſehen / noch unfuͤglich und unvernuͤnfftig in dem Catechiſ - mus-Buͤchlein dieſe Hiſtori als ein Exempel des Diebſtals dem achten Gebot zuzufuͤgen und beyzumahlen. Sintemal quod DEUS jubet, id ſine omni dubitatione ſanctum eſt & licitum. Luth. Was Gott heiſſet / das iſt ohne allen Zweiffel heilig und erlaubt. Gleichwie der Herr den Kindern Jſrael in Egypten wuͤrcklich recht geſprochen / und ihre Frondienſt compenſirt, mit der Egypter guͤldenem und ſilbe - rem Geraͤth / gleich einem rechten Richter den Heimgang gethan / und den rechten / wolverdienten / bißher gehaltenen Liedlohn erſtattet. Alſo hat die Gerechtigkeit fur Jacob gezeuget. Gen. XXX, 33. Es iſt aber auch dieſes Artificium ein Vorbild auff den Ertz-Biſchoff und Hirten unſerer Seelen / und ſeine heilige Nachfolg / den wir als den Kern und Stern der gantzen heiligen Schrifft ſuchen und forſchen ſollen / wie billig in der gantzen heiligen Schrifft / wo wir ihn finden koͤnnen / alſo auch in Jacobs Schaͤferey und Traͤnck-Rinnen. Er iſt der getreue Hirt / Ja - cobs Sohn und Antitypus, wir ſind ſeine außerwehlte Schaaf undLaͤmmer /45Predigt. Laͤmmer / derſelbig hat freylich auch in die Traͤnck-Rinnen und Quellen Jſraelis / das Wort ſeines H. Evangelii ſich ſelbſt gelegt / als den gruͤ - nenden Stab Aarons auß Jacobs Stamm / die Ruth und Zweig Jeſſe / ſamt aller ſeiner Farb / Geſtalt / Qualitaͤten / Tugenden und Fußſtapf - fen / auff daß wann ſeine geiſtliche Schaafe / glaubige / außerwehlte See - len / geiſtlicher weiß im Glauben empfangen / er ſich mit auffgedecktem Angeſicht ſo lang ſpiegele / biß er eine Geſtalt in uns gewinne / und ſie in daſſelbige Bild verklaͤret werden / wie S. Paulus redet. Gal. IV, 19. 2. Cor. III. omnia εἰς ὑπογραμμὸν, daß wer ſein Schaaf ſeyn wil und ſoll / auch ſich ihm gleichfoͤrmig nachahne / und alſo mit Warheit ſagen koͤnne; Der HERR iſt mein Hirt / und ich bin ſein Schaaf / ohne Falſch und Trug / auff Art und Weiß / wie wir anjetzo mit mehrerem ver - nehmen wollen. Dann nachdem wir betrachtet den Herrn und Hirten / und auch den Hirten und Herrn / einen getreuen / liebreichen Schaaf-Hirten / als einen Weydmann / Leitmann / Scheidmann / Heil - mann und Melckmann / wie ihn David abmahlt / lernen erkennen / ſo folgt Davidica ἰδιοϖοίησις, die Eignung deſſelbigen mit Davids Hertzen / weſſen Hirt Er ſey / und was eigentlich ſein gewiſſes Schaaf ſey; Ex - primirt in dem kraͤfftigen Wort MEJN. Hievon nun fruchtbarlich zu reden und zu handeln / wolle uns der Allerhoͤchſte Gott Liecht / Gnad und Beyſtand des H. Geiſtes reichlich verleihen / Amen.

GEliebte in Chriſto. Ob nun in unſerm XXIII. Pſalm das Wort oder der Nahme Schaaf mit keinem Buchſtaben hell und klar außgedruckt / und nirgends der Nahme eines Schaafes benamſet wird / ſo bringts doch der Verſtand auff dem Ruͤcken mit ſich ex correlatione, wer ſagt: Dieſer Mann iſt mein Herus und Haußherꝛ / der ſagt zugleich mit / ich bin ſein Knecht / Magd / ꝛc. Dieſer mein Koͤnig. E. ich bin ſein Unterthan / dieſer iſt mein Patron. E. bin ich ſein Client, dieſer iſt mein Præceptor. E. bin ich ſein Diſcipul, dieſer iſt mein Medicus. E. bin ich ſein Patient. Alſo ſeind auch dieſe beyde Conjugata, Schaaf-Hirt und Schaaf / die Gott zuſammen gefuͤget hat / unzertrennlich. 2. Ex prædicatorum confluxu. Er weydet mich auff einer gruͤnen Aue / E. bin ich ſein Weyd-Schaaf. Er traͤncket mich. E. ſo bin ich ſein laͤchzendes und durſtiges Schaaf. Er fuͤhret mich auff rechter Straß. E. bin ich ſein Geleit-Schaaf. Ob ich ſchon wandelt im finſtern Thal / fuͤrchte ich kein Ungluͤck. E. bin ich ſeinF iijSchutz -46Die VierteSchutz-Schaaf. 3. Ex Chriſti explicatione &〈…〉〈…〉 πιλύσει, der es alſo erklaͤrt Joh. X. da Er ſich einen guten Hirten nennet / aber darneben der Schaaf nicht vergißt; ſondern deren mit Ehren gedenckt / deren Elogia und Tugenden er herauß ſtreicht / paſcit manifeſtis, exercet obſcuris, Aug. tract. 45. in Joh. IV. Sonderlich ex Davidis ipſius agnitione, David hats ſelbſten erkennet / der ſein lang Alphabeth den 119. Pſalm mit dieſem bedencklichen Wort beſchloſſen: Jch bin wie ein verir - ret und verlohren Schaaf / HErꝛ ſuche deinen Knecht. Ani, Ani, ach ich armſeliger / exulirender Reichs-Bandit. Jch werde dort durchaͤchtet leiblich von dem wuͤtenden Wolff / dem Koͤnig Saul / ich werde in allerhand Jrꝛſahl getrieben / gejaget uͤber Berg und Thal / von einer Wildnuͤß / Einoͤde / Klufft und Hoͤle in die andere / und ſuchet wie er mich moͤge zerreiſſen / hie der wuͤtige / grimmige Loͤw / gehet um mich her zu verſchlingen. O wehe mir. O Edler Hirt / verlaß mich nicht / ſuche mich / ſonſt verdirb ich / ruffe mir durch deine liebliche Hirten-Pfeiff. Votum Catholicum, Davids flehender Mund alle Manns Mund. Davids Wunſch / aller und jeder Menſchen Wunſch. Wir gehen alle in der Jrre wie Schaafe / wir wiſſen weder Weg noch Steg / wohin und wodurch wir gehen ſollen / wir bloͤcken und ſchreyen alle auß dem Propheten Eſai. LIII, 6. Wir giengen alle in der Jrre / alle / alle / deren Suͤnde auff den Hirten geleget worden / wir ſind alle verirꝛte Schaafe / ein Jrꝛwiſch fladert daher / der ander dorther / einer rufft da - her / der ander dorthin / und muͤſten wir uns gelaſſen alle in die hoͤlliſche Wolffsgrube fallen. Ach ſo ſuche deinen Knecht / bring ihn wieder zu recht / durch dein ſuͤſſes Evangelium und theures Miniſterium. Jſt demnach Chriſtus Paſtor Catholicus, ein allgemeiner Hirt / und iſt von dieſer Hirten-Genoßſchafft und Gemeinſchafft niemand abſolutè und bloß außgeſchloſſen / juxta voluntatem & intentionem antecedentem, nach dem vorgehenden Willen und Meynung GOttes. Chriſtus der allgemeine Hirt / der ſein Leben fuͤr alle gegeben / auff welchen alle unſere Suͤnde geworffen worden / iſt kommen zu ſuchen das Verlohrne / nun ſind wir alle verlohren / aller unſer Suͤnd iſt auff Jhn geworffen. Nicht ſind bloß außgeſchloſſen die ſtinckende Boͤck / dann der verlohrne Sohn war derſelben einer / aber ſeines Vaters Huld und Gunſt wieder gewuͤr - diget / nicht die fremde Hunde / dann das Cananeiſche Weiblin war der - ſelben eine / und doch begnadet. Er hab noch andere Schaaf drauſſen / ſagt Er ſelbſt / Joh. X. Nicht die wutende Woͤlffe / dennPaulus47Predigt. Paulus war ein ſolcher / quam multæ oves foris, Auguſt. tract. 45. in Joh.

Notandum hoc contrà Calvinum & Spanhem. de gratia univerſali. p. 835. Maſſon. p. 200. juxta Calvinum omnes ſumus hirci, hinc argumentum: Nullus hircus eſt, pro quo Chriſtus vitam ponit. Omnis homo eſt hircus. Juxta Calv. ad Joh. X. E. Calvine, quo ruis? ()

Nicht ſind außgeſchloſſen die Reprobi und Verworffene / die nicht Schaa - fe ſeyn wollen / als die blinde / ſtoltze und ſelbſtgerechte Phariſeer / deren der Herr 99. in der Wuͤſten gelaſſen / denn Er hatte ſie beruffen zu ſei - ner Heerde / und das verlohrne Schaaf ihnen wieder zugeſellet. Nichtvid. Denck mahl. pag. 534. ſind bloß außgeſchloſſen die Verdam̃te ſelbſt / in ſenſu compoſito ſo fern ſie noch ſalvabiles, und in ſolchem Stande / daß ihnen noch kan geholf - ſen werden / Judas war auſſer Streit ein Reprobus,〈…〉〈…〉 ὸς ἀϖωλείας, ein Kind des Verderbens / dennoch hat ihn Chriſtus in ſeinen Schaafſtall gezogen / ſo viel an ihm / denſelben zugewinnen / fuͤr den Er auch geſtor - ben und gelitten / und ſein Leben dahin gegeben. Woher die ἀϖοτυχία, der Mißrath? nicht ex abſoluto decreto, auß einem zum Verderben be - zielenden und eingerichteten / fuͤrtringenden / fuͤrzielenden Schluß und Noth-Kett / wie Calvinus, Beza, Piſcator ſchwermen / Judas dicitur Fi - lius perditionis, non modò quia periit, ſed etiam quia huic exitio erat deſtinatus ac devotus. Beza in notis ad Joh. 17. p. 433. Judas wird ein Kind des Verderbens genennet / nicht nur weil er verdorben und untergangen / ſondern auch / weil er zu dieſem Verderben und Un - tergang beſtim̃t war. Wie aber das zu verſtehen / hat er in der Lateini - ſchen Gloß angezeigt / in dem 702. Blat. Er iſt zum ewigen Verderben beſtim̃t (idque æterno conſilio & decreto) und daß auß Goͤttlichem Rath und Beſchluß. Calvinus in ſeiner Evangeliſchen harmoni p. m. 333. ſchreibet. Semper nobis occurrat divina pro videntia, cui Judam ipſum & omnes impios, (licet invitos & aliud agentes) parere neceſſe fuit. Wir ſollen uns allezeit GOttes Schickung vor Augen ſtellen / welcher der Judas und alle Gottloſe mit ihm / (wiewol ſie es ungern und wider ihren Willen thun) gehorchen muͤſſen. Noch groͤber reitet herein D. Zvvinger, in der Diſputation, ſo Anno 1641. zu Baſel wider uns allhie gehalten worden / fuͤrgebend / es ſey in und mit dem Biſſen / den Chriſtus Juda gereicht / der Teuffel in ihn gefahren / jhn alſo vol - lends beſeſſen. Pfuy dich der Gottloſen Rede! hat Chriſtus wiſſent - lich dem Judas mit dem Biſſen den Teuffel eingegeben / ſo kommt er in die Gemeinſchafft der ſchroͤcklichen Suͤnde / welche Judas begangen. Ein48Die VierteEin anders berichtet uns der Evangeliſt Johannes / und ſchreibet klar / es ſey der Satan erſt nach dem Biſſen in ihn gefahren / und was noch mehr. Es erkuͤhnet ſich Maſſonius zu ſchreiben part. 1. anatom. 39. cap. V. 1456. Das Judas wegen ſeiner Suͤnde verdam̃t wor - den / iſt richtig. Allein haͤtte Chriſtus fuͤr Judam auch ge - beten / wie fuͤr Petrum / haͤtte Chriſtus Judam auch mit Gnadenblick angeſehen wie Petrum / ꝛc. Daß Chriſtus fuͤr Judam nicht gebeten / bezeuget der Außgang / ſonſt waͤre er glaubig worden. Solcher maſſen waͤre Judas nicht ſchuldig / ſon - dern GOttes unumgaͤnglicher Wille. Alſo reden die Reformirten. Woran hats dann gemangelt? Was hat ihn verdam̃t? Antwort / die - weil er muthwillig ein Kind des Verderbens hat ſeyn wollen / merito & ſtudio, das iſt / nach Hebreiſcher Art zu reden / auß ſeiner eigenen Schuld und Verdienſt.

Regula Hebræorum eſt, ſi ad nomen Filii additur præmium vel pœna, ſtu - dium, meritum, reatum denotat. 〈…〉〈…〉filius mortis, h. e. reus, mortis. 1. Sam. XX, 31. 〈…〉〈…〉ὸς εἰρήνης filius pacis, h. e. ſtudioſus pacis. Luc. X, 6. ()

Wie er gerungen / ſo iſt ihm auch gelungen. Er wolte den Fluch haben / der iſt ihm auch kommen / er wolte des Segens nicht / ſo blieb er auch fern von ihm. Er zog an den Fluch / wie ſein Hembd / und iſt in ſein inwendiges gegangen wie Waſſer / und wie Oele in ſeine Gebeine.

Ob nun wol Paſtor Catholicus, beſagter maſſen dieſer Edle Hirt / von ſolcher edeln Natur / daß Er kein verlohrnes Adams-Kind / von der Gemeinſchafft ſeines Hirten-Ampts / Treu und Genuͤß deren daher flieſſenden Gutthaten / ſondern nichts anders ſucht / als daß alle und jede Menſchen Jhn mit dieſem Nahmen anſprechen und begruͤſſen moͤchten: Ach Herr unſer aller Hirt / wir alle ſind die Schaafe deiner Weyde. Jedoch ſo ſind eigentlich / wuͤrcklich / thaͤtlich / genießlich ſeine rechte und aͤchte Schaafe / die ihnen denſelben appropriiren / und mit Warheit ſa - gen koͤnnen / MEJN Hirt. Allein die τεταγμένοι, Act. 13. Ductiles, die ſich ohn widerſetzen ſuchen und finden laſſen / und namentlich

I. Soli Transformati, die eine ſtarcke / gewaltige und ſelige μετα - μόρϕωσιν und Veraͤnderung uͤber ſich gehen laſſen / ein Natur-Wechſel und Tauſch gethan / die wilde Natur abgelegt / und zahm worden. Esſey49Predigt. ſey dann daß der Menſch wiedergebohren werde / kan er das Reich GOttes nicht ſehen. Joh. III. Es ſey dann / daß der Bock ein Schaaf werde / bleibt er ohne Aenderung ein ſtinckender Bock / ſo wird er zur Lincken geſtellet werden. Es ſey dann / das der verlohrne Sohn / als ein ſtinckender Bock / der ſein Patrimonium im Gaſt - und Huren-Hauß durch gejagt / durchs liebe Creutz / Hunger und Armut / in ſeinem Hertzen / ſeinen Affecten, ſeinem Leben und Wandel anders wer - de / wie er dann worden: Es ſey dann / daß die Cananiten auß dem Heidniſchen Hund-Stall in den Schaaf-Stall Chriſti ſich laſſen ver - ſetzen: Es ſey dann / daß der Bluthund / der raſende Wolff Paulus in ein andere Haut ſchlieffe / und auß dem reiſſenden Wolff ein zartes und zahmes Schaaf / ja Schaaf-Hirt ſelbſt werd / aus einem Blindling ein Taͤuffling / auß einem Verſtoͤhrer ein Vermehrer des Reichs Chriſti / ſo kan dere[r]keiner in Chriſti Schaaf-Stall und Weyd-Fall auffgenom - men werden. Darum auch David eine ſolche μεταμόρφωσιν gar herꝛlich von ſich ſcheinen laſſen; Von Natur war er ſo wol als ich und andere Menſchen ein ſtinckender Bock / biſſiger Hund / grimmiger Wolff / er heulet daruͤber / Pſ. LI. Siehe / ich bin auß ſuͤndlichem Samen gezeuget / und meine Mutter hat mich in Suͤnden empfangen. Jn ſeiner Jugend hat er nicht allezeit Seiden geſponnen / er verrath ſich ſelbſt. Pſal. XXV. Gedencke nicht der Suͤnde meiner Jugend / und meiner Ubertrettung. Der angebohrne Bock hat ſich mercken laſſen in ſeinem Ehebruch; der zornige / wuͤtende Hund hat ſich herfuͤr gethan in ſeinem Wiederbellen wider Nabal / der Wolff in Ermoͤrdung Uriaͤ des Hethiters. Aber durch Goͤttliche Krafft hat er ſolche boͤſe Natur mortificirt / die Affecten gezaͤhmet / er hat ſich durch GOttes Ge - ſetz / darin er ſich Tag und Nacht geuͤbt / aͤndern laſſen / iſt ſo geſchlacht wor - den / als ein Schaaf / und durchs Creutz wol muͤrb gemacht worden / und in ſolchem Stand ſagt er: Mein Hirt.

II. Soli fideles appropriantes, allein die Glaubige / die ihnen ih - ren Hirten zueignen / und gantz eigen machen. Chriſtus ſagt: Jhr glaubet nicht / denn ihr ſeyd nicht von meinen Schaafen. Joh. X, 26.

Τὸ quia non αἰτιατικῶς, ſed συλλογιςικῶς accipiendo: ſicut Matth. XXV. 29. Pſ. LI, 6. Joh. XII, 39. Rom. XI, 32. non creditis, E. non eſtis ex ovibus meis. Mitum non eſt (ita παραφράζει ad h. l. Ægid. Hunnius, de præ - deſt. p. 247.) vos non credere, quia reipſa declaratis, vos non eſſe ex meisNeunter Theil. Govibus50Die Vierteovibus, ſiquidem vobis notæ illæ deſunt, quos ego Paſtor in ovibus meis requiro. Conf. eundem in Joh. X, p. 267. & Tarnov. in Joh. q. 10. pag. 784.

E. Wer glaubt / der iſt mein Schaaf; Es iſt zwar das Schaaf ein al - beres / einfaͤltiges / irꝛſames verfuͤhriſches Thier / iſt bey weitem nicht ſovid. Eraſm. Chiliad. p. 647. 648. Rivet. ad Eſa. p. 454. argliſtig / als die Schlang / wann es ohne Hirten iſt / ſo verirꝛt es / kan ihm ſelbſt nicht wieder zu recht helffen; Jſt aber nicht allerdings thum̃ und ſtum̃ in reflexion ſeines Hirten / es hat ſcharffe Augen / und noch ſchaͤrffere Ohren / fuͤr allen Stimmen kennet es ſeines Hirten Stim̃ / ein fremde Stimm achtet es nicht / es fleucht davon / verliert es ſeinenLuther. Tom. 6. Jen. p. 362. Hirten / ſo blecket es / ſo bald es ſeiner gewar und anſichtig wird / lauffet es ihm ſtracks wegs zu / gehet dem Hirten nach / wohin ers fuͤhret / tritt gleichſam in ſeine Fußſtapffen. Sind lauter ſolche Elogia, deren pa - rallela David von ſich ſpuͤren laſſen / der Welt-Kluͤgeſten war er zwar keiner / Schlecht und Recht hat ihn behuͤtet / vor der Welt mußte er ein Narꝛ und Thier ſeyn / Pſalm. LXXIII, 22. Aber in reflexion auff ſei - nen getreuen Hirten / da war ſein Hertz voll Liecht / voll Geiſt / voll Glau - ben / voll Erkanntnuͤß / voll Freude. Hat je einiger Patriarch / Koͤnig und Prophet im Alten Teſtament den Meſſiam und Hirten der Seelen recht erkannt / und verſtanden / was er von Jhm zu hoffen / ſo war es Da -vid. Ho - doſ. p. 1313. vid. Er hat Jhn zwar im Geiſt / in typis und Vor-Bildern geſehen / und was haͤtte er darum gegeben / daß er Jhn im Fleiſch mit leiblichen Augen haͤtte koͤnnen ſehen. Luc. X. Aber unterdeß iſt das Gehoͤr deſto ſchaͤrffer geweßt / er hat gehoͤrt dialogos divinos, Goͤttliche Geſpraͤch / von unerhoͤrten und uͤbernatuͤrlichen Geheimnuͤſſen / als von dem Sions - Koͤnig / welchen der Himmliſche Vater auff den Berg Zion eingeſetzt / und von einer ſolche Weiſe hoͤren predigen / daß der Herr zu Jhm geſagt hat / Du biſt mein Sohn / heut hab ich dich gezeuget / Pſal. II, 8. und Pſ. CX, 1. Der HErꝛ ſprach zu meinem HErꝛn / ſetze dich zu meiner Rechten / biß daß ich lege deine Feinde zum Sche - mel deiner Fuͤſſe. Hat jemand ſeines Hirten Stimm gekennet / und im Gegentheil das Wolff-Geheul geflohen / ſo war es David. Er hat fremde Hirten und Flader-Geiſter gehaßt / und auff das Wort und Zu - ſag GOttes ſich verlaſſen Pſ. XXVII. Mein Hertz halt dir fuͤr dein Wort / ihr ſolt mein Antlitz ſuchen / darum ſuche ich auchvid. part. 8. Lact. Cat. p. 863. HErꝛ dein Antlitz. Er hat ihm die Verheiſſungen wol appropriirt / und wie das Eiſen der Magnet an ſich gezogen. Bevorab in ſchwerenAnfech -51Predigt. Anfechtungen iſt er nicht auff ſein fuͤhlen gangen / dann er kunte nicht allezeit dieſen Pſalmen ſingen. Jſt je ein Heiliger geweßt / der in Noͤ -Tom. 6. Jen. p. 365. then / in Jrꝛſahl ſeinen Hirten angebloͤckt / angeflehet / ſo iſts abermal Da - vid geweſen. Pſ. LXXX. 1. Du Hirte Jſrael erſcheine / erwecke / und komme zu Huͤlff / troͤſte uns / und komme uns zu Huͤlff / laß dein Antlitz leuchten uͤber uns / ſo geneſen wir. So hat er freylich auch die Fußſtapffen ſeines Hirten wol beobachtet / und aller - hand ſchoͤne Schaaf-Tugenden von ſich leuchten laſſen / als ϕιλανθρωπίαν die holdſelige Leutſeligkeit / darum ihn das kluge Weib von Thekoa unter andern auch mit dieſem Elogio und Lob-Spruch angeſprochen: Mein Herꝛ der Koͤnig iſt wie ein Engel GOttes. 2. Sam. IV. ſeqq. Der Sanfftmut / er ſtoßt nicht wie ein Bock / der Demut / er ſpiegelt ſich nicht in ſeiner Woll / wie ein Pfau / der Gedult / er erſtum̃t fuͤr ſeinem Scherer / nicht nur dem Saul der ſich ſelbſt daruͤber verwundert. 1. Sam. XXIV, 10. Wie ſolt jemand ſeinen Feind finden / und ihn laſſen einen guten Weg gehen? Sondern auch vor Simei / deſſen ſteinerne Pillulen er einneh - men muͤſſen. Seine heroiſche Demut im hoͤchſten Gluͤck und Ehren - ſtand / Seine Treu und Freygebigkeit. Das Schaaf iſt animal libera - liſſimum, ein freygebiges Thier / es hat einen guͤldenen Fuß / wo es hin - gehet / iſt lauter Segen / es erfuͤllet / was Johannes der Taͤuffer von ſei - nem Taͤuffling fordert. Luc. III, 11. Was Chriſtus am Juͤngſten Ge - richt an den Schaafen zur Rechten loben wird. Es hat das Schaaf zween Roͤck / Haut und Woll / eines behalts fuͤr ſich / das ander gibts dem Menſchen zur Decke / die Hungerige ſpeißts mit ſeinem Fleiſch / die Durſtigen traͤnckets mit ſeiner Milch / die Nackenden bekleidets mit ſei - ner Woll. Und das alles hat auch David gethan / groſſe Barmhertzig - keit hat er an Mephiboſeth erzeigt / ja ſich ſelbſt / ſein Leib und Leben pro lege & grege dargegeben und auffgeopffert / und ſein Haut daran ge - wagt / darum hat er wol ſagen koͤnnen / der Herr iſt mein Hirt / und ich ſein Schaaf. Conſequenter

Ovis feliciſſima, ein gluͤckhafftiges Schaaf / dann er ſagt / mir wird nichts mangeln. Es iſt zwar das Schaaf auſſer und ohne ſei - nen Hirten ein ſchwach / wehrloß / ſchutzloß / ſchuͤchter und fluͤchtig / irꝛſam Thierlein / zu dem mit allerhand Gebrechen und Wehetagen behafftet / mit Grind / Reyd / Rotz / Blatern / Huſten / Aegeln / Darmgichten / Lungen - wuͤrm / Unziffer: Aber dafuͤr iſt ihm gut ſein Hirt und Artzt. Ezech. XXXIV. Der das verwundete verbindet / und das krancke heylet. Der nimts in ſeinen Boſen / laßt es eſſen auß ſeinem Schoß. 2. Sam, XII, 3. G ijEſa. 52Die VierteEſai. XL, 11. ſparet es ehe an ſeinem Mund / bricht ſeinen Schlaff ab / wie Jacob / damit ihm nichts mangele / er ſpeißt / traͤnckt / fuͤhret / ſchuͤtzet es / und daß iſt auch Davids Troſt / er hat nicht immer ſingen koͤnnen / Der HErꝛ iſt mein Hirt / mir wird nichts mangeln / es hat ihm offt nur zu viel gemangelt / er hat ein ſtuͤck Brod von Nabal betteln muͤſſen / und alſo nach Brod gehen / Troſt und Freud iſt ihm offt zerronnen / Furcht und Schrecken / Zittern und Zagen uͤberfallen. Der Hoͤllen Band haben ihn umfangen. Aber alle dieſe Maͤngel hat ihm ſein Hirt reichlich erſetzt / ſo er auch im Glauben erkannt / darum ſpricht er / Der HErꝛ iſt mein Hirt: q. d. Jſt er mein Hirt / bin ich ſein Schaaf / ſo wird Er mich wol verpflegen und verſorgen. Jch bin jung gewe - ſen und alt worden / und hab noch nie geſehen den Gerechten verlaſſen / noch ſeinen Samen nach Brod gehen. Pſ. XXXVII. ſc. vergebens gehen und ſuchen / ohne Fund / ohne Erlangen / ohne Ge - waͤhrung. Es muͤßten ehe alle Raben herzu fliegen / ehe mußte Nabal an ſeinem Tiſch und Maul ermangeln / ehe mußten die Heyden ihm ein Taffel decken / wie geſchehen. 2. Sam. XVII. 27.

Bidembach. in libb. Sam. p. 887. hæc habet: Dieweil (wie obgemelt) GOtt der Herr ſolches dem David beſchehret / und verſchaffet / und vielmehr dann Sobi und Barſillai daran ſchuldig / dieweil Er ihre Hertzen hierzu neiget / ſo ſollen wir lernen GOtt dem Herrn vertrauen. Dann wann wir ins Elend kommen / wir habens jetzt verſchuldet / oder es geſchehe an - derer Vrſach halb / jedoch / wann wir uns darinn verhalten wie David / ſo werden wir nicht allein an den unſern einen Zadock / Huſai und Abiathar haben / ſondern auch an den Fremden. Ja die Heyden werden uns muͤſſen proviantiren / und wann es je die Heyden nicht thaͤten / ſo muͤſſen es ehe die Raben thun / wie dem Elias geſchehen. Den Abraham und Jacob ſpeiſſen die Egypter / den Daniel in der Loͤwengruben der Habacuc. Den Eliam haben die Wittib zu Zarpath / die Raben / und die Engel geſpeiſet / den Da - vid muß der Hoheprieſter ſpeißen mit Schau-Broden. Die Abigail / der Siba / ja die Heyden mußten ihme zu fuͤhren. Des alten Kirchenlehrers Baſilii Eltern haben ſich zur Zeit der Verfolgung des Kayſers Maximiani in die Hoͤlen verſteckt / und da ſie ſolten Hungers ſterben ſind die Hirſch un - gejagt fuͤr ſich ſelbſt zu ihnen kommen / die ſie gefangen und geſſen haben.

Jndem Sobi der Ammoniter / ihm Weitzen / Gerſt / Meel / Sangen / Bonen / Linſen / Gruͤtz / Honig / Butter / Schaafe / Rinder und Kaͤſe ih - me entgegen gebracht. Was aber am Zeitlichen abgegangen / das iſt ihm an den beſten Guͤtern erſetzt worden / keinen Mangel hatte er an geiſtlichen Guͤtern / er hatte GOttes Geiſt und ſeine χαρίσματα, Ver -gebung53Predigt. gebung der Suͤnden / Leben und Seligkeit. Jene ſind ἀλλότρια & ἐλά - χςα die fremden und geringſten / dieſe aber ἀληθινὰ die warhafftigen Guͤter.

Die Reichen dieſer Welt (ſind Auguſtini Gedancken uͤber den 66. Pſalmen) denen GOtt ihren Bauch gefuͤllet mit den verborgenen Schaͤtzen der Er - den / wie alles nach ihrem Wunſch und Willen daher fleußt / laſſen ſich bald von dieſem Betrug / in dieſen Schlauraffiſchen Himmel fuͤhren mit ihren Gedancken / als ob ſie nothwendig muͤßten die allerliebſten Kinder GOt - tes ſeyn / weil ihnen GOtt fuͤr andern / ihrem Beduͤncken nach / die beſten Bißlein allein darreicht. Aber wie kom̃ts / daß der Himmel / der rechte Ort der ewigen Freud und Seligkeit / ſo gar leer von ſolchen Guͤtern iſt / da ſind keine Gold-Grubeu / da findet man keine Silber-Adern / gleichwol iſt und wird in Ewigkeit kein Mangel da ſeyn / an der allervollkommenſten Seel - und Herꝛligkeit / der Ort da dieſe vermeinte Gluͤckſeligkeit gefunden wird / iſt der Hoͤllen naͤher als dem Himmel / darum geſchichts auch / daß ihrer viel durch den anklebenden Hoͤlliſchen Dampff der irdiſchen zeitlichen Guͤter erſticken / und dem Geld und Gut ſo tieff nachgraben / biß ſie gar durchbrechen / und mit ihrem Koth-Gut ſamt Leib und Seel in die Hoͤll hinunter ſtuͤrtzen. Der getreue GOtt behuͤte uns gnaͤdiglich fuͤr ſolcher er - baͤrmlichen Gluͤckſeligkeit / ja wie Reichthum der weiſen Krone iſt / alſo iſt es den Gottloſen ein Narrenkapp / dadurch ihre Thorheit nur deſto mehr fuͤr aller Welt entdeckt und offenbahret wird. Ein gute Feder iſt zwar ein Mittel wol zu ſchreiben / aber wann ſie ſchon noch ſo gut waͤre / ſo machet ſie doch keinen guten Schreiber. Soll etwas ſchoͤn und ſauber geſchrie - ben werden / daß muß von des Schreibers Kunſt erſt herauß quellen / und in die Feder kommen. Wann einer ſchon ein gantzes Zimmer voll Geigen / Lauten / und andern Jnſtrumenten haͤttel ſo wird er doch dadurch kein Mu - ſicant / wenn man nicht weiß / wie man eines und das andere brauchen / und durch rechtmaͤſſige Vbung zur Kunſt gelangen ſolle.

Und endlich das περιοσὸν die volle Genuͤge und Uberfluß / die rechte Fuͤlle der ewigen / himmliſchen Guͤter / ſo droben deponirt / und verwahrlich beygelegt ſeynd / allen rechtſchaffenen Juͤngern / Bruͤdern und Miterben Chriſti.

O ein ſeliges Schaaf! ſeliger als der aries aurei velleris, πρό〈…〉〈…〉 ατονv. Eraſm. Chiliad. p. 648. χρυσόμαλον, wer koͤnte daſſelbe verdencken / wann es vor Freuden ſolte huͤpffen und ſpringen / wie jene Schaaf und Laͤmmer Pſ. CXIV. Wer wolte nicht auch gleiche Gluͤckſeligkeit wuͤnſchen? Daß es allezeit / in al - lem Zuſtand Menſchlichen Lebens / in Gluͤck nnd Ungluͤck / wohl und weh / mit Warheit ſagen koͤnne / der Herr iſt mein Hirt / an den ich glaub / der mir kein Mangel wird laſſen / an irgend einem Gut. Aber hie ſtehet uns zum Nutz und Muſter-Bild fuͤr Augen der Koͤnig David / der lehrt uns den Pſalmen und Wort verſtehen / tauſend und aber tauſendG iijmal54Die Viertemal wird er geleſen / gebetet / geſungen / aber ohne Verſtand und innern Geiſt / und alſo wie ein Papagey einem nachſchwetzt. Wer demnach dieſen Pſalmen recht beten wil / von dem wird zu allerforderſt erfordert μεταμόρφωσις, wie Nebucadnezar auß einem vernuͤnfftigen Menſchen in ein unvernuͤnfftiges Thier iſt verwandelt worden / ſo muß ein unver - nuͤnfftig Thier in einen Menſchen / ja der Bock der Wolff in ein Schaaf verwandelt werden / und daſſelbe durchs Wort und Creutz. Darum ſchickt Gott die Truͤbſal her / Damit das Fleiſch gezuͤchtigt werd / Zur ewigen Freud erhalten. Chriſtus iſt kein Bock - und Wolffs-Hirt / ſon - dern die ſtinckende Boͤck ſtellet Er zur Lincken: und ſagt: Diſcedite: Weichet von mir ihr Ubelthaͤter / Er iſt kein Saͤu-Hirt / das iſt / der jeni - gen Unflaͤter / die das Heiligthum mit Fuͤſſen tretten / und ſich im Suͤn - den-Koth taͤglich herum weltzen. Er iſt kein Hunds-Hirt / deren die das Heiligthum anbeiſſen / anbellen / und das geſpeyte wieder freſſen / und bey ihrer alten Gewonheit bleiben.

Spalatinus hatte einsmals an Churfuͤrſt Friderichs zu Sachſen Hoffe geſagt: Das Cornelius Tacitus ſchreibe; daß bey den alten Teutſchen keine Schand geweſen / Tag und Nacht zu ſauffen. Solch es hoͤrete nun ein Edelmann / und fragt ihn / wie alt ſolches ſeye / da diß geſchrieben worden waͤre? Als er nun geantwortet / es waͤre bey 1500. Jahren: Da ſpricht der Edelmann: O lieber Herꝛ: weil ſauffen ſo ein alt ehrlich Herkommen iſt / ſo laßts uns jetzunder nicht abbringen. Luth. Colloq. menſ. p. 437.

Auch kein Eſels-Hirt / wie der Pabſt-Eſel zu Rom / der jederman mit ſei - nem implicitâ fide, durch den blinden Gehorſam zu Eſeln machen wil / die Haberſtroh fuͤr Ablaß freſſen / ovis non judicat de paſtore. Bel - larm. l. 3. de V. D. c. 8. und was gebe er darum / daß alle Reichen in der Welt adremedium animarum ihr Haab und Nahrung ins Cloſter / in die Collegia der Patrum auß Lieb zu ihrem hoͤchſten Hirten / in Patrimo -vid. Corn. ad Luc. p. 171. nium Petri außflieſſen laſſen / wie Graf Hermann gethan / und Carolo - mannus, daß iſt des H. Teuffels Affenſpiel. Einfaͤltig ſollen wir zwar ſeyn wie die Tauben und Schaafe / in weltlichen Sachen / aber in Glau - bens-Sachen kein thumme nnd ſtumme Eſel / ſondern hoͤren / unterſchei - den / lernen / ſehen / bloͤcken und folgen. Chriſtum koͤnnen wir zwar nicht ſehen; aber hoͤren / da muͤſſen wir die Ohren ſpitzen / die rechte Hirten-Stimm von des Wolffs und der Hyenæ Stimm wol unter - ſcheiden / dann es iſt zart Werck / es laßt ſich da nicht ſchertzen / iſt kein Sach von verwirꝛtem Garn / oder Nußſchalen / ſondern es gilt der See - len Seligkeit / und demnach judiciren und urtheilen / nicht κα〈…〉〈…〉 ὄψιν, denAugen55Predigt. Augen nach / nach dem aͤuſſerlichen ſplendor, apparenz, und Anſehen / dann da iſt das Schaaf bald betrogen / wann der Wolff im Schaafs - Beltz auffzeucht / ſondern κα〈…〉〈…〉 ἀκο〈…〉〈…〉, nach dem Gehoͤr / wodurch ſich dann der Wolff bald verraͤth / und leicht erkannt werden kan / wann er gleich in einer Maſcarada auffzeucht / zum Exempel / wann der rechte Hirt ſagt: Du ſolt kein andere Goͤtter neben mir haben; ſo heulet der Wolff alſo: Du ſolt neben dem wahren einigen Gott auch die H. Engel / abgeſtorbe - ne Heiligen ꝛc. anruffen / anbeten / mit Goͤttlicher Ehr verehren und alſo vergoͤttern / der Hirt ſagt: Niemand kom̃t zum Vater / dann durch mich (Chriſtum.) Es iſt in keinem andern Heyl / iſt auch kein anderer Nah - me den Menſchen gegeben / darinnen wir ſollen ſelig werden / ohn der Nahme Jeſus / der Wolff heult: So viel Weg und Thor zum Vater und in den Himmel / ſo viel Heyland und Mittler / als Heiligen / als de - roſelben meriten und Buſſen / ja eigene gute Werck. Der Hirt ſagt: Wann ihr betet ſolt ihr alſo ſprechen / Unſer Vater / der du biſt im Him - mel / der Wolff heult alſo: Wann ihr betet / ſolt ihr alſo ſagen / Ave Ma - ria, Unſer Mutter bitt fuͤr uns. Der Hirt ſagt: Die Sacramenta ſeind Siegel und Zeichen / in welchen uns die Erloͤſung und Gemein - ſchafft unſers HErꝛn JEſu Chriſti dargegeben und mitgetheilet wird zum ewigen Leben / der Wolff heulet alſo: Comparatio illa, quâ ver - bum diplomati, ſacramentum ſigillo confertur, tàm inepta eſt, ut nihil ineptius fingi queat. Es iſt ein ungereimte thoͤrichte Vergleich - ung / wann man das Wort GOttes einem Oberkeitlichen Siegel oder Koͤniglichem Diplomati, und die Sacramenta dem daran gehengten Siegel vergleichen wolle / es koͤnne nichts ungereimters erdacht werden. Bellarm. in præfat. Tom. 3. l. 1. de Sacram. c. 14. Conf. Hodom. noſtr. Pap. phant. 10. p. 410. 432. Der Hirt ſagt: Eſſet / das iſt mein Leib / der Wolff: Opffert meinen Leib / der Hirt ſagt: Trincket das iſt mein Blut / der Wolff / eſſet mein Blut per concomitantiam, in und mit dem Leib / der Hirt ſagt / Nehmet eſſet das iſt mein Leib / der Wolff: Nehmet / eſſet / das iſt Brod in meinen Leib verwandelt. Alſo auch auff der an - dern Seiten: Der Hirt ſagt: Du ſolt kein Goͤtzen-Bild anbeten / und neben dem einigen wahren GOtt Vater in Chriſto JEſu nichts haben / dabey du Goͤttliche Huͤlff oder Troſt ſucheſt und erwarteſt / der Wolff heult: Du ſolt neben dem einigen wahren Gott auff das Vernunffts - Bild des bloſen Rathſchluſſes von der ewigen Gnadenwahl / dein Ver - trauen ſetzen: Dann was iſt dein einiger Troſt / (fragt der Heydelber -giſche56Die Viertegiſche Catecheta) im Leben und im Sterben? Antwort / daß ich mit Leib und Seel im Leben und im Sterben nicht mein / ſondern meines getreuen Heylands Jeſu Chriſti eigen bin / der mit ſeinem theuren Blut Matth. 26. fuͤr alle meine Suͤnde vollkommlich bezahlet / und mich auß allem Ge - walt des Teuffels erloͤſet hat / und alſo bewaͤhret / daß ohne den Willen meines Vaters im Himmel kein Haar von meinem Haupt kan fallen / ja alles zu meiner Seligkeit mir dienen muß / darum Er mich auch durch ſeinen H. Geiſt deß ewigen Lebens verſichert / und Jhm forthin zu leben von Hertzen willig und bereit macht / das iſt / mein einiger Troſt iſt die bloſe und unbedingte Gnadenwahl / Krafft welcher ich zum ewigen Le - ben erwehlt / Chriſto unentfaͤlliglich eigen worden bin / und meiner Se - ligkeit bloß und unfehlbar gewiß. Der Hirt ſagt: Jch glaub daß Got - tes eingebohrner Sohn von der Jungfrauen Maria gebohren / gelitten / gecreutziget / geſtorben / und begraben ꝛc. Der Wolff heult: Jch glaub an den eingebohrnen Sohn Gottes der nicht eigentlich und ohne Wort - Blum / ſondern per ἀλλαίωσιν und als ein bloſer Menſch gebohren von der Jungfrauen Maria / gelitten / geſtorben / begraben / ꝛc. Der Hirt ſagt: Unſer Vater / der du biſt im Himmel / der Wolff ſagt nicht / Unſer Va - ter / ſondern Vater aller Anßerwehlten / der Hirt ſagt: So viel euer ge - taufft ſind / die haben JEſum Chriſtum angezogen: Der Wolff: Nicht ſo viel euer getaufft ſind / ſondern die bloß Außerwehlten. Der Hirt ſagt: Nehmet eſſet / das iſt mein Leib / der Wolff: Nehmet / eſſet / das iſt Brod und nicht der Leib. Nicht nur aber das / ſondern weil Satan ein neu monſtrum eingefuͤhrt / ein Art des Wolffs / der da heißt Hyena, Syr. 13, 22. ſo iſt nit gnug die Stimm auß dem bloſen reſonanz und Thon zu urtheilen / ſondern auch noch uͤber das / die Stimm nach der Qualitaͤt zu examiniren / und ob ſie natuͤrlich oder gekuͤnſtelt und angenommen / zu unterſcheiden. Es iſt ein Thier / das heißt Hyena, von Wolffs-Art / hat die Weiß und Kunſt / daß es deß Menſchen / ſonderlich deß Hirten Stim̃ kan imitiren / und wie der Papagey nachſprechen / gibt acht wie ein jeder Hund der den Schaaf-Stall verwahret / heiſſet / ruffet ihm mit Nah - men / und locket ihn alſo von ſeinem Schaafſtall und Hut / wann er nicht wol Achtung gibt / ſo meynet er der Hirt rufft / begibt er ſich dann davon / und laͤßt ſich betriegen / ſo zerreißt es ihn. Solche Hyenas gibts auff den heutigen Tag / die auf der Cantzel nicht merckſam ein Wolffsgeheul ma - chen / ſondern von lauter Lieb und Freundſchafft reden / ſtellen ſich als ob ſie der Augſpurgiſchen Confeſſion mit Mund und Hertzen zugethan / fuͤhrenwol57Predigt. wol einerley Wort mit derſelben / und ahnen dem Hirten in ſeiner Stimm nach / nennen etliche Stall-Waͤchter mit Nahmen / locken ſie herauß auff ihre Seit / die uͤbrige zwey oder drey Hund die noch bellen / machen ſie verhaßt / koͤnten ſie die abtreiben / ſo waͤren die Schaaf preiß / und waͤre um ſie geſchehen. Solcher geſtalt ſind Baſel / Colmar / ja die gantze Chur-Pfaltz verfuͤhret worden. Und hat ſich neulich als eine ſolche hyenam præſentirt Thomas Henrici Profeſſor zu Freyburg in Irenico Catholico, die Zeit leidets nicht weiter außzufuͤhren / alle Syn - cretiſten μίαν γνώμ〈…〉〈…〉 ἔχουσι. Da gehoͤren leiſe und ſcharffe Ohren zu / die natuͤrliche Stimm von der verkuͤnſtelten zu unterſcheiden. Darum wir billig Urſach haben zu beten: O Herr behuͤt vor fremder Lehr / daß wir nicht Meiſter ſuchen mehr / dann JEſum Chriſt mit rechtem Glauben / und durch denſelben Jhn zuforderſt recht lernen erkennen / daß wir wiſſen / was wir an ihm haben / weſſen wir uns zu Jhm zuver - ſehen / erkennen ſeine ſuͤſſe Wunderthaten / und wiſſen wie wir Jhn brau - chen ſollen / nemlich appropriiren / an ſeinem Wort und Zuſag feſt hal - ten / in aller Anfechtung und Truͤbſal von Jhm nicht laſſen abtreiben / und alſo die recht guͤldene Kunſt des Glaubens practiciren / Gott bey ſeinen Verheiſſungen ergreiffen und ſagen: Hat mir Gott ſeinenLuther. Tom. 6. Jen. p. 365. Sohn geſchenckt / wie wolt Er mir mit Jhm nicht alles geben? und auß motivo fidei, Beten / Folgen / und Frolocken. Beten und blaͤcken wie das Schaaf ſeinen Hirten anſchreyt / Folgen in ſeinen Fußſtapffen / welche Folg dann auch geſchicht durch Wachen und Ar - beiten / pro lege & grege, und daß umſonſt / ohne Danck. Und dann auch Frolocken / laut des C. Pſalmen. Und endlich genieſſen hie ἐλάχιςα, dort ἀληθινὰ, das περιοσὸν und volle Genuͤge / Gott und alles gnug / darum: Jauchzet dem HERRN alle Welt / dienet dem HERRN mit Freuden / kommt fuͤr ſein Angeſicht mit Frolocken. Jhm ſey Ehr und Danck. Amen.

Neundter Theil. HDie58Die Fuͤnffte

Die Fuͤnffte Predigt / Vom Schaaf-Stall.

GEliebte in Chriſto. Gleichwie alle Geſchicht und Geſchick / alle Handlungen und dero Umſtaͤnd / die ſich mit Chriſto dem Herrn in den Tagen ſeines Fleiſches begeben / und von den H. Evangeliſten auffgezeichnet hin - terlaſſen worden / ihre gewiſſe Urſachen / omina und Be - deutungen gehabt / alſo iſt es auch freylich plumbsweiß / ohne gefaͤhr / ohne Goͤttlichen / ſonderbahren Rath und Bedacht nicht geſchehen / daß das H. Kind JEſus / ſo bald es gebohren / in eine Krip - pen / und conſequenter in einen Viehe-Stall geleget und gehalten wor - den / ob es ein Roß - oder Eſel - oder Schaaf-Stall geweßt / laſſen wir un - eroͤrtert / dulten die alte nænian und tradition vom Oechslein und Eſe - lein / als tolerabilem errorem wie ihn Lutherus nennet Tom. 3. Lat. p. 287. ſo auß Mißverſtand etlicher Wort Eſaiaͤ erwachſen / wollen aber ehe und lieber glauben / es ſey ein Schaaf-Stall geweſen / dieweil Beth - lehem ein reiche Schaaf-Stadt geweßt / die Buͤrger ihre beſte Nahrung und Werbung mit der Schaͤfferey getrieben / und eben damal der Stall laͤr geweſen / weil die Heerd auff dem Feld pernoctirt, und von den Hir - ten bewachet worden / woran uns aber nicht viel ligt / mehr aber an der Bedeutung ſolches Stall-Laͤgers. Es iſt ohne Zweiffel dieſes Stall - Laͤger des H. Kinds JEſu geweſen omen officii paſtoralis, wohin dieſe neue Geburt gezwecket und gezielet / was ſein Beruff und Ampt ſeyn werde / nemlich Er werde ein Hirt ſeyn / der geiſtliche Schaafe zu huͤten uͤberkommen werde / darum auch der Engel ſolche Zeitung ſeinen Stall - Bruͤdern und Hirten alſobald hinterbracht / die hernach Evangelia na - talitia in der Gegend außgebreitet / und vermeldet / es ſey gebohren der Hirt und Schoͤpffer aller Welt.

2. Veſtigium ein Merckmal des Stamm-Hauſes / auß welchem dieſer Edle Hirt entſprungen. Der H. Evangeliſt ſagt / es ſey geweſen / kein Koͤniglicher Saal / ſondern ein Hirten-Stall und Jammerthal /nicht59Predigt. nicht irgend ein koͤſtlich porphyret, ein Purpur-Gemach / in welchem vor Zeiten zu Conſtantinopel die Kayſerliche junge Printzen / und Muͤnd - ling gebohren worden / ſondern ein elende Hurt und Pferch / ohne Welt - Pracht und Anſehen. Der Sammet und die Seiden dein / War grobes Haͤu und Windelein / Darauff du Koͤnig ſo groß und Reich Herge - prangt / als waͤrs dein Himmelreich. Gleichwie Romulus der Urheber und Anfaͤnger der letſten Roͤmiſchen Welt-Monarchi / des Roͤmiſchen Reichs / auß einer Caſa und ſchlechten Hirten-Hauß entſprungen / dar - in er von einem Vieh-Hirten und ſeinem Weib der Laurentia erzogen worden: Alſo iſt auch der erſte Urheber des alleredelſten Reichs / das ewig waͤhren ſoll und wird / entſproſſen è caſa auß einer Bauren-Hurt und Huͤtte / und damit den Abgrund ſeiner tieffſten Erniedrigung erwie - ſen / fuͤr uns arm worden / ein armer Stall-Knecht / an einem unflaͤtigen Ort gebohren worden / auff daß wir durch ſeine Armut reich wuͤrden / anſehnliche Himmels-Fuͤrſten / und uns das Himmliſche Paradiß er - werbe / und wieder braͤcht zu GOttes Reich.

3. Indicium domicilii, Eccleſiæ militantis, ein Anzeig ſeiner Wohnung / der ſtreitenden Kirchen. Da / ſpricht der Engel / werdet ihr ihn finden / in der Krippen / in Windeln gewickelt / der Stall iſt ſeine Wohnung / da Er wil wohnen / werben und wuͤrcken / ἐσκ〈…〉〈…〉 ωσεν〈…〉〈…〉 ν ἡμῖν, mit uns Menſchen in einer Stall-Zelten und Huͤtten wohnen / das iſt / die Chriſtliche / wallende und ſtreitende Kirch ſoll ſein Schaaf-Stall / und ſein Schaaf-Stall ſoll die Chriſtliche Kirch ſeyn: Hoc tenete, ovile Chriſtieſſe Catholicam Eccleſiam, ſchreibt rund / kurtz und gut Auguſt. tract. 45. in Joh. Allermaſſen wie wir anjetzo mit mehrerm hoͤren wer - den. Dann nachdem wir den herꝛlichen Hirten producirt / ſeine geiſt - liche Schaaf und dero Qualitaͤt und Beſchaffenheit beſchrieben / ſo folget in richtiger Ordnung ovile, der Schaaf-Stall. Von demſelbigen nun aufferbaulichen zu reden[und] zu handeln / wolle uns der Vater des Liechts / mit dem Gnaden-Liecht ſeines H. Geiſtes mildiglich erſcheinen / Amen.

D Anfangs und zuforderſt der Koͤnigliche Prophet im Pſalm. XXIII. nicht nur auff den Hirten und Schaaf / ſondern auch auff den Schaaf-Stall in ſeinem Hirten-Lied / dem Sinn und Verſtand nach gedeutet / und deſſelben nicht vergeſſen / daſſelbe erhellet nicht nur auß der Correlation, und nothwendiger Zuſammen -vid. Tom. 2. Isleb. p. 112. fuͤgung / wo ein Schaaf-Hirt iſt / da muͤſſen auch Schaaf ſeyn / woH ijSchaaf /60Die FuͤnffteSchaaf / da der Stall / Hurt und Pferch / darein die Schaaf gethan wer - den / nicht allein ex Chriſti Exegeſi, und Außlegung deß Herꝛn Chriſti ſelber / der in der allegori Joh. X. als der Gloß und Erklaͤrung des XXIII. Pſalmen außtrucklich auch des Schaaf-Stalls Meldung thut. Warlich / warlich / ich ſage euch / wer nicht zur Thuͤr hinein gehet in den Schaaf-Stall / ſondern ſteiget anders wo hinein / der iſt ein Dieb und Moͤrder. Joh. X, 1. Sondern es gibts der klare / außgedruckte / Hebraͤiſche Buchſtaben in dem Grund-Text / da die Wort alſo lauten: Bineoth deſche jarbizeni, in tugurio graminis accubare me facies. Du wirſt mich lagern in der / Hurt des Graßes / in einer Graß-Huͤtten / welche Wort / weil ſie dem teutſchen Mann ſchwer / undeutlich und unteutſch / dunckel und unverſtaͤndlich fuͤrkommen / hat Lutherus wie mehrmalen / mehr auff den Sinn / als Buchſtaben ſehen wollen / und es alſo gedolmetſchet: Er weydet mich auff einer gruͤnen Auen / verſteht dadurch per ſynecdochen, die Au / das gantze Feld / ſamt allen deſſen Begriff. Das Hirten-Hauß und Hirten-Stall zugleich mit / welche auff derſelben Au gepflantzet und gebauet worden. Jnmaſ - ſen er ſich ſelbſt alſo erklaͤret in ſeinem ſehr ſchoͤnen und LehrreichenLuther. Tom. 5. Jen. p. 366. Commentario uͤber dieſen Pſalmen Tom. V. Jen. p. 366. Daß aber auch durch ſolchen Schaaf-Stall des edeln Hirten des Meſſiaͤ ſein Kirchſpiel / ſeine Kirch / nicht der Coͤrperliche /[ſichtbare] / in die Augen leuchtende Steinhauffen / Gebaͤu / Tempel und Baſilic, ſondern ein hei - lig / Chriſtlich Volck (Tom. VII. Witt. p. 543.) die Menge der Glaubi - gen / Act. IV, 32. Nicht aber auch dieſe / als die triumphirende Kirch der Außerwehlten im Himmel / als welche eigentlich kein geringfuͤgiger Schaaf-Stall nicht mehr / ſondern das Jeruſalem / das droben iſt / die uͤber alle maſſen herꝛlich gezierte und außpolierte Stadt GOttes / ſon - dern die wallende und ſtreitende Kirch verſtanden werde / das zeigt St. Paulus an / Act. XX, 28. da er die Heerde Chriſti Eccleſiam die Gemei - ne genennet: So habt nun acht auff euch ſelbſt / und auff die gantze Heerd / unter welche euch der H. Geiſt geſetzet hat zu Biſchoͤffen / zu weyden die Gemeine GOttes / welche Er durch ſein eigen Blut erworben hat. Jtem 1. Tim. III, 15. Da er das Hauß des lebendigen / eingefleiſchten / und im Fleiſch geoffenbahr - ten GOttes nennet Eccleſiam, die Gemeine deß lebendigen GOttes / ein Pfeiler und Grundveſte der Warheit. Nun iſt der geiſtliche Schaaf - Stall das Hauß Chriſti darinnen Er wohnen wil. Auguſtinus, tan -quam61Predigt. quam os totius Antiquitatis ſchreibt hell und klar: Hoc tenete, ovile Chriſti eſſe Catholicam Eccleſiam, daß haltet feſt und gewiß wahr / der Schaaf-Stall Chriſti ſeye die Allgemeine Chriſtliche Kirch. Luth. Tom. V. Jen. p. 366. Die Chriſtliche Kirch iſt die ſchoͤne Au / und GOttes Luſt-Garten. Am helleſten aber erſcheinet dieſer Verſtand in dem Paralleliſmo und Vergleich der Chriſtlichen / wallenden und ſtrei - tenden Kirchen mit einem Schaaf-Stall. Dann was iſt 1. ein Schaaf - Stall / und zwar Davids Stall eigentlich? Ein elend Gebaͤu und Ge - maͤcht / ein gering-guͤltige / unanſehnliche / unflaͤtige Pferch. Es habenvid. Sanct. ad Reg. p. 1472. zwar zu den Zeiten Davids groſſe Herren / Koͤnigliche Printzen / und nahrhaffte Grandes praͤchtige Hirten-Haͤuſer / koͤſtliche Vorwerck / und Meyer-Hoͤff gehabt / darinnen ſie ihre Panqueten gehalten / wie Abſolon dergleichen einen gehabt zu Baal-Hazor / da er ſein-Schaaf-Schur ge - halten und gaſtirt. 2. Sam. XIII. und mag der groſſe Pracht-Hans zu Carmel auch dergleichen Palatium und Luſt-Hauß gehabt haben / da er ſeinen Schaͤffern ein Koͤniglich Mahl zugerichtet. Aber Davids Hurt und Stall / darin er in unſerm Pſalm alludirt, was war dieſelbe? Der Herr ſagts ihm 2. Sam. VII, 8. Jch hab dich genommen von den Schaaf-Hirten / daß du ſeyn ſolleſt ein Fuͤrſt uͤber mein Volck Jſrael. Das iſt / ex imo ad ſummum, ich hab dich auß dem geringſten Stand erhoben / und in den hoͤchſten Ehren-Stand geſetzet. Solcher Art iſt nun auch die Chriſtliche Kirch. Kein Pracht-ſondern Stall - Hauß / wie ein Stall ſeiner Subſtanz nach auß ſchlechter materi beſteht / keinem Gold / Edel - oder Marmelſtein / ſondern von Stroh / Leymen und Gerten zuſammen gepackt und geflickt / hat dannenhero ein ſchlecht Anſehen / iſt der Quantitaͤt nach ein enge Pferch / je enger / je waͤrmer / je beſſer / da die Schaaf ſich tuͤcken und ſchmuͤcken muͤſſen / der Qualitaͤt nach ohnmaͤchtig / wehrloß / nicht feſt / mit keinen Waͤhlen / Graͤben und Schantzen verſehen / ſondern allein der vigilanz und Treu ſeiner Hirten / und guter ſtarcken / wachſamen Hunden ergeben. Der Relation nach begreifft er in ſich geſunde und ſchaͤbichte Schaaf und Stoß-Boͤck paſ - ſione wird ſie von oben her mit Platz-Regen und Sturm-Winden / auſ - ſen von der antipathia luporum verfolgt / dem ubi nach iſt er endlich / hat keine bleibende Stadt / bald hie / bald dort / bald zu Sichem / bald zu Do - than. Gen. XXXVII, 17. bald im Land Canaan / bald in Goſen Egypti / der Zeit nach bleibt er nicht in einem Stand / bald hell / bald dunckel / bald gantz verloͤſcht / wird wie ein Zelt bald auff und abgeſchlagen / die ſitua - tion iſt unter den Woͤlffen / wo ein Aaß / da ſamlen ſich die Adler / wo einH iijSchaaf -62Die FuͤnffteSchaaf-Stall iſt / da ſind auch Woͤlff / ein jedes Thier gehet ſeiner Nah - rung nach. Alſo iſt auch die wallende Kirch JEſu Chriſti auff Erden / der Subſtanz nach / ſchlecht und unanſehnlich: Nicht viel Weiſe nach dem Fleiſch / nicht viel Gewaltige / nicht viel Edle ſind beruf - fen. Sondern was thoͤricht iſt fuͤr der Welt / das hat GOtt erwehlet. 1. Cor. I, 26. Nicht gefuͤrſtete Prælaten, Cardinaͤl / Biſchoͤf - fe ꝛc. ſondern verachtete Fiſcher / Teppichmacher / Zoͤllner ꝛc. ſie heiſſen grex puſillus, eine kleine Heerd / Luc. X. 32. Sie iſt ohnmaͤchtig / hengt gleichſam allein am Himmel / die Fuͤrſten und Gewaltigen / deren Schutz ſie ſolten genieſſen / haben ſo viel mit Pancketten und Baletten / mit Frauen-Zimmer und Pracht / mit den libris Regum (Kartenſpiel) Hetzen / Kriegen ꝛc. zu ſchaffen / daß ſie an der Kirchen Wolfart nicht dencken koͤnnen: Waͤr Gott nicht mit uns dieſe Zeit / So ſolt Jſrael ſagen / Waͤr Gott nicht mit uns dieſe Zeit / Wir haͤtten muͤſſen verza - gen / Die ſo ein kleines Haͤufflein ſind / Verlaſſen von ſo viel Menſchen - Kind ꝛc. Es begreifft die Kirch Schaaf und Boͤcke / Glaubige und Unglaubige / die ſind in Eccleſia, in der Kirch / aber nicht de Eccleſia, von der Kirch / ſondern am Juͤngſten Tag wird eine ſeparation geſche - hen / und die Schaafe von den Boͤcken / die Fromme von den Boͤſen ge - ſchieden werden. Die Kirch iſt die Troſtloſe / uͤber die alle Wetter auß - gehen / von auſſen her durch die Woͤlff und Unthier verfolgt / ſie bleibet nicht an einem Ort / der Leuchter wird weg geſtoſſen / Anfangs war ſie im Morgenland / nachmals hat ſie ſich gewendet gegen Mittag / nun - mehr gegen Abend und Mitternacht / ſie aͤndert ſich auch wie der Mond / bald hell / bald dunckel. Sonderlich aber iſt ſie ſituirt in Lycaonia, und Wolffshoͤl / deren gedacht wird Act. XIV. war ein Landſchafft in dem kleinern Aſia, voller wilden / frechen / Barbariſchen / Raͤuberiſchen und Moͤrderiſchen Voͤlckern / ſo auch in novellis, den Kayſerlichen Rechten verruffen / da Paulus zwar ſeinen Schaaf-Stall auffgericht / aber zur Stadt hinauß gegeiſſelt worden. Was iſt die gantze Welt anders / als eine groſſe / allgemeine / ungeheure Lycaonia, Mord - und unerſaͤttliche Wolffs-Grub / darin homo homini lupus, ein Menſch iſt des andern Wolff. Was iſt die Roͤmiſche Kirch anders / als Lycaonia, eine Wolffs-Grub / darinnen die Chriſtliche Kirch gleichſam als wie Daniel in der Loͤwen-Grub ſitzet und ſchwitzet / und durch ihres Haupts ChriſtiCamerat. l. 1. c. 28. Macht erhalten wird. Camerarius erzehlt / l. 1. horar. c. 28. daß in Engelland keine Woͤlffe gebe: Jſts wahr / ſo iſts ein unvergleichlich großπεριοσὸν63Predigt. περιοσὸν, privilegium, und vor auß vor allen andern Laͤndern und Koͤ - nigreichen. Aber der Chriſtlichen Kirchen mags ſo gut nicht werden. Es muͤſſen Rotten unter euch ſeyn. 1. Cor. XI, 19.

Es iſt II. der Stall / den Koͤnig David ſo ſchoͤn und herꝛlich ruͤh - met / Tugurium graminoſum, ein Graß-Au / graſſichter Ort und Feld / da das Graß voll und dick ſtehet / Bineoth Deſcha, gruͤn von Farb / die ohne das den Augen wol thut. Die Schaaf wann ſie es von fern er - blicken / ſo ergoͤtzen ſie ſich damit / lauffen ſolcher gruͤnen Weyd mit Luſt zu / ein ſolche Au / die gruͤn von Wachsthum / anmuthig von lieblichen Blumen / kraͤfftig von heylſamen Kraͤutern / ſafftig und nahrhafft von wolgeſchmackten Klee-Blaͤttern / wol benetzte und bethauete Wieſen.

Et ros in tenera pecori gratiſſimus herba.

Fruchtbar von Milch und Honig / ſo darauß geſogen und gezogen wird / davon Luth. in Tiſchreden P. 444. f. 2. Darum auch gute / erfahrne /Luth. coll. menſ. p. 444. f. 2. kluge / getreue Hirten jederzeit ſolche Schaͤtz / Felder und Auen erwehlt / da gut und viel Graß gewachſen. Loth erwehlet Sodom / als einen Garten GOttes / die Kinder Jſrael erwehlten das Land Goſen. Gen. XLVII, 4. Die Rubeniter Gilead. Num. XXI, 23. cap. XXXII, 1. Na - bal den Berg Carmel / ſo hat auch David Bethlehem erwehlt / als ein Graß-Huͤrten und ſchoͤne Graß-Au / darum nimmet er das Gleichnuͤß davon / und ſagt: So kom̃e ihm auch die Chriſtliche Kirch vor: Sie ſey ein Au voll Graß. Er gibt mir Weyd ohn unterlaß / Darauff waͤchſt das wolſchmeckend Graß / Seines heilſamen Wortes / deß theuren werthen Evangelii / in welchem ſich Chriſtus auff das allerliebſte erzeigt / erluſtirt das Hertz mit dem ſchoͤnen Augenluſt aller ſeiner Evangeliſchen Ge - heimnuͤſſen / Menſchwerdung / Empfaͤngnuͤß / Geburt / der Θεοφανεία, am Jordan / ſeiner Lehr / die Er gefuͤhrt im Tempel und Schulen / in Gaſſen und Straſſen / zu Waſſer und Land / in Wuͤſten und Staͤdten / ſein heilwerthe Paſſions-Theatra, ſein Oſtern und Auffarth / darin ſich dann herfuͤr thut / die geiſtliche Seelen-Weyd / deren der Gerechte lebet / Dein ſuͤſſes Evangelium iſt lauter Milch und Honig / die Heil-Kraͤuter wider den Schlangen-Biß / und toͤdtliche Seelen-Wunden / ros gratiæ Spiritus S. der Gnaden-Thau des H. Geiſtes / und daſſelbe ohn unterlaß / immer gruͤn / immer neu / es iſt manchmal ein einiges Kraͤutlein / ein ei - niges Wort / davon mille deliciæ flieſſen.

III. Es iſt auch in dieſem Davidiſchen Lob-Spruch dieſer Schaaf - Stall ein angenehmes Refectorium, ein Ruhſtatt / Jarbizeni, du wirſt mir ein gut Lager verſchaffen / daß ich raſten und ruhen kan / dann das Woͤrt -lein64Die Fuͤnfftelein (ita Luth. in h. Pſ. Tom. V. p. 366.) daß er hie braucht / heißt liegen und ruhen / wie ein Thierlein auff ſeinen Fuͤßen ligt und ruhet. Gleich - wie ein treuer Hirt ſeine Schaafe / wann ſie eine Zeitlang gegraßet / wann ſie des Tages Laſt und Hitze getragen haben / und ſich ermuͤdet / dieſelbe / ſonderlich am Mittag / wann die Sonn am heiſſeſten ſticht / un - ter ſchattichte Baͤum und Waͤlder fuͤhret / zu Nacht aber in den Schaaf - Stall begleitet / da ſie die Speiß ruminiren / raſten / ruhen und ſchlaffenvid. Geſ - ner. p. 242. koͤnnen / laſſen unterdeſſen ihre Hirten wachen und ſorgen. Wie Jacob ein ſolches treues Hertz geweſen / der ſeinen Schlaff gebrochen / nur daß ſeine Schaaf haben ruhen koͤnnen. Alſo ruͤhmet auch David von der Chriſtlichen Kirchen / daß wiewol ſie Hitz und Trangſal / Un - gluͤck und Unruh muß außſtehen / dennoch es nimmer ſo Arg mit ihr be - ſtellet / daß ſie nicht bißweilen reſpiriren / Lufft bekommen und Frieden haben ſolte. Und wahr machen die Weiſſagung Ezech. XXXIV, 14. Jch wil ſie auff die beſte Weyde fuͤhren / und ihre Huͤrten werden auff den hohen Bergen in Jſrael ſtehen / daſelbſt wer - den ſie in ſanfften Huͤrten liegen / und fette Weyde haben auff den Bergen Jſrael. Da der Frieden-Fuͤrſt Chriſtus gebohren / hat Gott der Herr dem gantzen Roͤmiſchen Reich einen guͤldenen / allge - meinen Frieden beſchehrt / nachdem Kayſer Auguſtus Egypten bezwun - gen / Antonium und Cleopatram uͤberwunden / drey unterſchiedene Tri - umph gehalten / ſo hat man ſicher reiſen und wallen koͤnnen / die Magi und Weiſen auß Morgenland ſind inſicherem Geleit nach Bethlehem kom - men / die Apoſtel haben in aller Welt ungehindert paſſiren / und das Ju - bel-Jahr des N. Teſt. außblaſen koͤnnen / und Chriſti Reich außbreiten / erweitern / pflantzen / und alſo wahr machen / was Chriſtus propheceyet. Maldona - tus 384.Johan. X, 16. Daß ein Hirt und ein Heerd werde werden. Act. IX, 31. wird vermeldet / wie nachdem Saul außgeſchnaubet und außgewuͤtet / und er als ein Wuth und Bluthund gedaͤmpffet worden / die Gemeine in Judea / Galilea und Samaria ſich gebauet / und gewan - delt in der Furcht des Herrn / und erfuͤllet mit dem Troſt des Heiligen Geiſtes. Jſt eben auch die hohe Goͤttliche Gnad / die nach 300. Jaͤhri - ger Verfolgung die Chriſtliche Kirch genoſſen / da Conſtantinus M. zum Kayſerlichen Thron erhaben worden / da die Kirch halcyonia, und edele galenen erlangt / da von Heraclio angerechnet / die Heydniſche Verfolgungen ihr End und Ziel erreicht / und der Satan tauſend Jahrgebunden65Predigt. gebunden geweßt / wiewol er in einer andern Maſcarada auffgezogen / und innerliche Krieg erweckt / und endlich den Antichriſt außgebrutet.

Hie M. L. thut ſich herfuͤr. I. Lumen, ein heller Morgenſtern / ein helles Liecht / in welchem uns die Geſtalt der wahren / ſtreitenden und wallenden Kirchen / hell und klar in die Glaubens-Augen einleuchtet / daß wir verſtehen lernen unſern dritten Articul unſers Glaubens. Jch glaub eine heilige Chriſtliche Kirch / und zwar eine Kirch / die fuͤr der Welt unſichtbar / dann fides eſt τῶν μὴ βλεϖομένων, der Glaub iſt eine gewiſſe Zuverſicht deſſen / das man nicht ſiehet. Sie iſt nicht ſplendida Civitas von Silber und Edelgeſtein / praͤchtig und maͤchtig / wie das Koͤnigreich Franckreich / die Republic der Venediger / wie Bellarminus ſie abmahlet.

Eccleſia (ita Bellarm. l. 3. de Eccleſ. c. 2.) eſt cœtus hominum ita palpabilis & viſibilis, ut eſt cœtus populi Romani, vel Regnum Galliæ, aut Reſpublica Venetorum. Et cap. 12. l. 3. ſemper fundamentum Eccleſiæ eſt aliquid ſen - ſibile, ac proinde Eccleſia ipſa eſt ſenſibilis; ſive viſibilis. Nam etſi nunc neque Chriſtum neque Petrum videamus, tamen tunc uterqueſenſibus cor - poreis expoſitus erat ad videndum: & tunc uterque videtur, non in ſe, ſed in vicario, aut ſucceſſore ſuo: ſicut Regnum Neapolitanum non ideò eſt inviſibile, quia Rex abeſt, nam Rex videtur in ſuo prorege. DEUS vult Eccleſiam ſanctiſſimam quandam eſſe civitatem ſuprà montem poſitam, omnibuſque conſpicuam, atque aditu facilem, ne quis relicta peſtiferas hæreticorum ſpeluncas latebra ſque conſectetur. ()

Aber die Lugen hat ſich neulich ſelbſt verrathen in editione Romæ ſub - terraneæ. Philoſophi manſiſſent, ſi tacuiſſent. Sondern ein Schaaf - Stall / fuͤr den Augen der Welt nicht hoch æſtimirt / doch ovile ſacrum non hara profana, ein heiliger Stall und Ort / kein gemeiner und un - flaͤtiger Schwein-Stall / weßwegen auch unſere Kirchen reiner und ſaͤu - berer ſolten gehalten werden / und auffs wenigſt ſo gut haben / als in ir - gend ein Dorff-Kirch / deren keine ſo bloß und nackend da ſtehet / daß ſie nicht mit Mauren und Gattern verwahret waͤre / auff daß fremde Leute / ſonderlich Papiſten nicht Anlaß haͤtten ſich zu aͤrgern / und zu ſagen: Es ſey zu Straßburg faſt kein Unterſcheid inter aram & haram, unter Gottes-Hauß und Schwein-Stall. Wie dann hieruͤber ſchon vor al - ters dieſer Kirchen Præſident Bucerus geklagt.

l. 1. de Regno Chriſti. c. 10. p. 66. Certa, ajens, oportet habere Chriſtianos lo - ca, ſacris cœtibus, & traditis à Chriſto Domino Religionibus deputata, quæ nullis aliis uſibus, niſi ſumma cogat neceſſitas, debent patere. Quod Dominus nos admodum graviter docuit, cum templo ejecit, qui tamen non niſi hoſtiarum mercatum in eo inſtituerant, quo copiam facerent omni -Neundter Theil. Jbus66Die Fuͤnfftebus ſacriſicandi, & menſas numulariorum, quibus peregrini itidem adjuva - bantur, ad faciendum ſacrificia, & offerenda munera, in lege DEI partim mandata, partim commendata. Sed nec vel ullum patiebatur per templum deferri. Quamobrem priſcæ Eceleſiæ templa ſemper clauſa tenue[n]unt, quando nulla in eis publica religionis actio exhibebatur, niſi aliud poſtu - laſſet aliqua populi Chriſtiani neceſſitas. Quibus itaque curæ eſt, ut Chriſti regnum & religio apud ſe ve[r]è reparetur & vigeat, hos certè ne - ceſſe eſt probè perpendere, ædes hujuſmodi religionis cœtibus & ſacris Chri - ſti conſecratas vocari in Scripturis Domus Dei don us orationis, atque hinc cognoſcere, quàm horrendam ii faciant divinæ Majeſtati contumeliam, qui templum Domini habent pro deambulacris, lociſque tàm profanis, ut in illis quævis impura & profana cum ſimilibus ſuis garriant & pertractent, idque nonnunquam etiam, cum ſacra Chriſti in templis adminiſtrantur.

II. Elenchus ſequeſter. Abermal Kirch und Kirch ara und ara von einander zu unterſcheiden. Es ſind drey groſſe Haupt-Kirchen in Deutſchland / die dreyerley Confeſſion und Religion zugethan. Rom / die ſich zur Roͤmiſchen bekennet / Witteberg / ſo der Augſpurgiſchen Confeſſion zugethan / und Genv / welche Calvinus und Beza geſtifftet / da der Puritaniſmus gebohren / der prædeſtinatianiſmus jung worden / und dero Dependenten. Ein jede wil Chriſti Schaaf-Stall ſeyn und heiſſen: Accede ad hunc ignem & lucem, der Tag wirds offenbaren / und wird ſich gar leicht finden / was Schaaf-Stall oder Wolffs-Grub ſeye. Unſer Kirch iſt ovile, ein geringer / ſchwacher / unanſehnlicher Stall / dort Maazim, Stiffter und Cloͤſter wie Schloͤſſer / Collegia, wie Salomons Hauß. Unſer Kirch beſtehet nicht auß viel Edeln / Weiſen nach dem Fleiſch / dort prangt man mit Kayſer / Koͤnigen / Fuͤrſten / Herren / und gefuͤrſteten Prælaten. Unſer Kirch iſt eng / dort prangt man mit der Weite.

Coriol. in ſumm. Concil. p. 85. & 86. Eccleſia Romana ex quinque mundi partibus conſtat, Aſia, Africa, Europa, America & Magellanica, tria mem - bra propria tota complectitur, aliorumque duorum maximam continet par - tem Americæ & Magellanicæ, quicquid cognitum & diſcoopertum eſt. Europa verò ferè tota noſtræ eſt Eccleſiæ; prætereà magna pars Aſiæ verſus Sinarum oram, & in Africa vaſtiſſimæ regiones, quibus Presbyter Johannes (vulgo il Prete Gaini appellatur,) imperat, præterquam quod omnes illæ provinciæ, quas Luſitani ſuo adjecerunt imperio. uti decet, Papæ mandatis parent. ()

Unſer Kirch iſt ohnmaͤchtig / verlaſſen / dort muß jederman ſtuͤtzen / hal - ten / und dem Roͤmiſchen Stul advocatur leiſten. Curia Romana und der Staat der Roͤmiſchen Kirch muß erhalten werden / ſolte die gantze Welt untergehen / hie Schaaf und Boͤck untereinander / aber nicht deEccleſia,67Predigt. Eccleſia, ſie ſind kein Glieder der Kirchen / aber dort auch de Eccleſia, ſo gar / daß auch der allerſchaͤndlichſte und ſtinckende Stoß-Bock auff dem Stul Petri ſitzen kan / und wuͤrcklich geſeſſen / wie Baronius ſelbſt nicht in Abred / Annal. ad ann. 900. hie Pathemata, Creutz / Verfolgung und allerhand Truͤbſal / dort immerwaͤrende Gluͤckſeligkeit. Hie wallende Kirch / Gott weiß / wie lang / wir halten uns darnach / daß vielleicht der Leuchter wird weg geſtoſſen werden. Wir dancken Gott / wann wir ein Huͤttlein behalten. Dort iſt die Kirch an Rom und an den Roͤmi - ſchen Stul gleichſam angebunden. Hie lauter gruͤnes Graß / dort mit falſchen Gloſſen vergifftet. Man leſe Dietenbergers Bibel / man wird es finden. Den Leyen wird Waſſer und Weyd verbotten / und alſo auff ein duͤrres Land außgefuͤhret / da es kein Evangeliſcher Troſt gibt / der groͤſte Troſt iſt das Fegfeur. Hie Fried / dort Krieg. Belangend dievid. Pr. ad 2. Reg. p. 379. drute: als Reformirte Kirch / ſo mag dieſelbe ſeyn wie ſie mag im uͤbri - gen / ſie mag in etlichen Orten ſonderlich in Franckreich gedruckt und ge - preßt ſeyn / ſo mangelts doch an geſunder Weyd / an pur lauterem un - vergiffteten Wort GOttes. Man leſe die Herborniſche / Toſſaniſche / Pfaͤltziſche / Baſeliſche Bibel / ſo viel darin der Glaubens-Regul wiedri - ge Gloſſen anzutreffen / ſo viel Gifft und operiment. Zu geſchweigen wo der Wolff loß wird / da wuͤtet und verfolget er: Der Vers iſt noch nicht vergeſſen: O Caſimire potens ſervos expelle Lutheri, und ſeind die jenige Reimen / die Pareus und ſeine Spieß-Geſellen / in einem Buͤch - lein / ſo zu Heydelberg Anno 1606. außgegangen / am End deſſelben / an unſern Magiſtrat laſſen abgehen / noch in friſcher Gedaͤchtnuͤß.

Schaffet ab die Schreyer und Clamanten /
Die Hadermetzen und Bachan[t]en /
Die nichts koͤnnen / dann calumniren /
Und die Chriſtlich Kirch turbiren.

Welches dann practicirt worden / in der Pfaltz / in Heſſen / in der Marck Brandenburg / da es geheiſſen / fort mit den Ubiquitiſten / nun aber ver - folgt der Wolff / und nicht das Schaaf.

III. Calcar gratitudinis, wann wir dann nunmehr verſichert / daß wir im wahren Schaaf-Stall Chriſti gebohren / auff der gruͤnen Au deß gruͤnen wolſchmeckenden Graßes geweydet werden. Ja gleich - ſam in der Weyd gehen biß an die Weich / ſehen daß im Gegentheil die Auen jaͤm̃erlich ſtehen / und der Berg Carmel oben verdorret. Amos I, 2. Daß die Ohim und Zihim im Roͤmiſchen Babylon wohnen. Eſ. XIII, 20. J ijWir68Die FuͤnffteWir alsdann danckſagen dem Vater / der uns tuͤchtig ge - macht hat zu dem Erbtheil der Heiligen im Liecht / daß Er uns errettet hat von der Obrigkeit der Roͤmiſchen Finſternuͤß / und verſetzet in das Reich ſeines lieben Sohns. Col. I. Uns gezogen in ſeine gruͤne Au zur Gemeinſchafft deß Evangelii / welche Danckſagung darin fuͤrnemlich beſtehet / daß wir wol bedencken und er - wegen quantitatem & precium beneficii, die Groͤſſe / Wichtigkeit und hohen Adel dieſer Gutthat / wie David gethan / (ſchreibt Luth. Tom. V. Jen. p. 365. f. 2.) Ja wann ein Koͤnigreich oder Stadt voll pactolis und Gold-flieſſenden Waſſern waͤre / wann auch ein ſolch cornu copiæ, oder durch Wort und Gebet geweyhete Gluͤck Topff / voll Silber / Gold / Perlen / Edelgeſtein / in einiger Stadt moͤchte erſcheinen / daß allen ap - petit erfuͤllen koͤnte / und daſſelbe mit gutem / unanſtoͤſſigen ſerenen Ge - wiſſen koͤnte außgetheilt und angenommen werden / ohn Abgang deß achten Gebotts / daß nicht zulaͤßt einem das nehmen / was man einem an - dern gibt / haͤtte aber das Evangelium nicht / den bittern Seelen-Hunger zu ſtillen / wie in Franckreich / Welſchland ꝛc. Was waͤre das? Dann die Seel iſt ein unſterblicher Geiſt / die kan nichts ſaͤttigen / als das un - vergaͤngliche Wort GOttes. Da lechzet die Erde / weil es nicht regnet auff Erden / die Ackerleute gehen traurig und verhuͤl - len ihre Haͤupter. Jer. XIV, 4. Alſo gehets auch wo kein ſolidirter und gegruͤndeter Troſt den wachſamen Gewiſſen kan ſatisfaction thun.

IV. Pacis precium, daß man auch den beſchehrten Frieden wol anlege / und das templum pacis auffrichte / abermal nach dem loͤblichen Exempel des lieben Davids / als welcher auß Goͤttlichem Trieb und An - hauchen des H. Geiſtes an alle Koͤnige / Potentaten / Fuͤrſten und Her - ren dieſer Welt nicht nur geſunnen und begehrt / daß ſie die Thore weit / und die Thuͤre in der Welt hoch machen ſollen / daß der Koͤnig der Ehren einziehe. Pſ. XXIV. ſondern ihnen auch mit ſeinem eigenen Exempel vorgeleuchtet / indem er der Lade GOttes (wel - cher Nahme heißt / der Nahme deß Herrn Zebaoth wohnet darauff uͤber den Cherubim) ein Huͤtten bereitet / Raum und Platz gemacht / daß der ewige Sohn GOttes / der Koͤnig der Ehren einziehen koͤnte / welchem loͤblichen Exempel dann nachgeartet und gefolget / Salomon Jedidia / Davids liebſter und weiſſeſter Sohn / deſſen erſte und angele - genſte Solgfalt war / nachdem das gantze Land die Blut-trieffende Kriegmit69Predigt. mit dem Rucken / den lieben guldenen Frieden mit froͤlichen Augen an - geſehen / die Thor zu erweitern und einen wunder-ſchoͤnen Tempel auff - zurichten / daß der Koͤnig der Ehren einziehe / davon zu leſen 1. Reg. V, 3. 4. 5. Gleichmaͤſſigem Exempel nach haben folgends andere groſſe He - roiſche Potentaten gleich-ruͤhmliche Sorgſalt von ſich[erſcheinen] laſſen. Nachdem Gott der Herr erwecket den Geiſt Cores / deß Koͤnigs in Perſien / ließ derſelbe außruffen: Wer unter euch des Volcks Jſrael iſt / mit dem Zug ſey ſein GOtt / und er ziehe hinauff gen Jeruſalem in Juda / und baue das Hauß deß HERRN. Und wer noch uͤbrig iſt an allen Orten / da er ein Fremdling iſt / dem helffen Leute deß Orts mit Silber und Gold / Gut und Vieh / auß freyem Willen zum Hauße GOttes zu Je - ruſalem. Auguſtus der Roͤmiſche Kayſer hat eben dazumal / da er Jani Tempel zugeſchloſſen / und das Roͤmiſche Reich in Ruhe geſetzt / dem Reich Chriſti / wiewol unwiſſend / Thuͤr und Thor geoͤffnet / und dem Lauff des Evangelii ſichern Commeat und Geleit gegeben / dadurch Chriſto dem Herrn Kinder gezeugt worden / ſo viel / ſo wunderlich / als der Thau auß der Morgenroͤth. So bald Conſtantinus M. der erſte Chriſtliche Kayſer Maxentium, den andern Pharaonem mit ſeinem Heer in der Tiber erſaͤufft / und die bißher aͤuſſerſt betrangte Chriſtliche Kirch von der uͤber Egyptiſchen ſervitut entlediget und zur Freyheit be - ruffen / ſind die Jndianiſche / Jberiſche / Saraceniſche / Engel-Saͤchſi - ſche / Hiberniſche / Schottiſche / Marcomanniſche und Boariſche Thor erweitert / und alſo dem Einzug des Koͤnigs der Ehren Platz gemacht worden. Heraclii Sieg wider die Perſianer iſt der Kirchen groſſes Gluͤck geweſen / durch deſſelben ſiegreiche Waffen haben ſich die Halcyo - nia wiederum blicken laſſen / Chriſto ſind in der gantzen Welt Chriſtli - che Gemeinden ohne Zahl geſamlet worden. Welch ein willkommer Gaſt bey faſt allen Kreyſen des H. Roͤmiſchen Reichs iſt der Koͤnig der Ehren mit ſeinem Gnaden-Reich geweſen / da zu unſerer Groß - und Uhrgroß-Vaͤter Zeiten / nach vielfaͤltigen / ſchweren / Kayſer-Paͤbſti - ſchen und Huſſitiſchen Kriegen / daß lang verdunckelte Liecht deß Evan - gelii / durch Luthers und Bucers Dienſt wiederum zu viel tauſend mal tauſend Seelen Erleuchtung / gebutzet / erleuchtet / und auff den gulde - nen Leuchter wieder auffgeſtellet worden / davon redet der helle Mittag der Erfahrung. Alſo / ſag ich / ſollen wir auch dem HERRN bringen Ehre ſeines Nahmens. Pſal. XXIX. durch gute diſciplin,J iijheylſame70Die Fuͤnffteheilſame Ordnung / Kirchen Reformation und Viſitation, durch Er - greiffung der Mittel den Kirchen-Frieden zu erjagen / durch Colloquia, Synodos &c. Aber wo ſind die Cronen / die das thun / wo die Com - munen / die darauff bedencken / und ſolche Goͤttliche Ehren-Werck befoͤrdern. Alle Comitia und Rathſchlaͤge bedachten / vor Zeiten die Ordnung / die in dem Vater Unſer geſtellet / die heißt: Dein Nahm werde geheiliget / und dann unſer taͤglich Brod gib uns heut / welche heut zu Tag gantz umgekehrt wird / da man alſo betet: Unſer Vater der du biſt im Himmel / unſer taͤglich Brod gib uns heut / GOttes Nahm und deſſen Heiligung ſetzet man zu letſt. Darum muß Gott wieder auff - wachen / und ſeinen vier Reutern auffgebieten / darunter der auff dem fahlen Pferd den Vortrab hat / der fallt zu erſt GOttes Hauß an / die zarten / unſchuldigen / außerwehlten Kinder / deren das Himmelreich unwiederſprechlich iſt / die muͤſſen die Suͤnden-Boͤcklein ſeyn / und einer gantzen Gemein Suͤnde und dero Straffen tragen / und auffgeopffert werden. Anderswo greifft er nach den Alten / und kom̃ts je laͤnger je naͤher / und ob man wol præſerviren wolte / welches zwar an und vor ſich ſelbſt nicht unrecht / dann Goͤttliche Providenz, und Menſchliche Prudenz nicht wieder einander lauffen. Chriſten ſeind und ſollen nicht ſein ſtoiſche Fataliſten. Dannoch wann Gott ſtraffen wil / ſo helffen keine Porten ſperren und Palliſaten. Der Tod hat gar lange Bein / er ſteigt uͤber alle Thuͤrn und Waͤll hinein / ja gar durch die Fen - ſter. Jer. IX, 21. Der Tod faͤllt zu unſern Fenſtern hinein / und kom̃t in unſere Pallaͤſt / zu wuͤrgen die Kinder auff den Gaſſen / die Juͤnglinge auff den Straſſen. Die Urſach iſt an - gezeigt / Amos VI, 21. Sie haben nicht gern von Religion / von Re - formation gehoͤrt / die Ehre ſeines Nahmens nicht gebracht: gloriam magnam, majorem, maximam. Unterdeſſen kennet der Herr die Seinen / ob ſie gleich wandeln im finſtern Thal. Pſal. XXIII. Pſalm. XCI. Und ob gleich dieſelbe per contagionem peccatorum (contagio peccati generat contagionem peſtis) auch der Contagion muͤſſen unterworffen ſeyn / ſo wiſſen ſie doch / wo ſie hinfallen / in deß ver - ſoͤhnten GOttes gnaͤdige / mildreiche Hand / und zwar unmittelbar / nicht den Tyranniſchen Kriegs-Gurgeln / den Tyranniſchen Wuche - rern in ihre Haͤnde / zur Zeit deß Kriegs und Theurung / und werden im Gegentheil deſto zeitlicher befoͤrdert in das himmliſche Refectorium, in die rechte Sicherheit und ſtoltze Ruh. Eſai. XXXII, 18. inHaͤuſer71Predigt. Haͤuſer des Friedens / und darin werden ſie ruhen und ſagen auß dem LXXXIV. Pſ. Wie lieblich ſind deine Wohnungen HErꝛ Zebaoth / mein Leib und Seel freuen ſich in dein lebendigen GOTT. Dann der Vogel hat ſein Hauß funden / und die Schwalbe ihr Neſt / wol denen die in deinem Hauſe woh - nen / die dich loben immerdar. Hilff uns dahin lieber HErre GOtt / Durch Chriſti Tod und Wunden roth / Amen.

Die Sechste Predigt / Von Der Thuͤr des Schaaf-Stabls.

GEliebte in Chriſto. Gluͤck zu / ſagte die Ertz - Mutter Lea Gen. XXX. Da ihr auff dem Schoß ihrer Magd Silpa ein Sohn gebohren / den ſie Gad genennet / und geſagt: Bagad, ruͤſtig / wie es Lutherus gedeutſchet / ἐν τύχη, mit Gluͤck / die LXX. feliciter, Hieronymus, in der Lateiniſchen Verſion: Gluͤcklich / Gluͤck zu. Gott geb / daß dieſer mein Sohn ein Gluͤcks-Kind / ein gluͤckhaffter Menſch werden moͤchte. Jſt votum Catholicum, ein Allemanns Wunſch / aller Welt Wunſch / dichten und trachten. Jſt die Braut / darum jederman dantzt: Sie hat mehr Werber / als die Penelope in Griechen - land vor Zeiten gehabt: Sie heißt fortuna allerlland Gluͤck / nach un - terſchiedlichen geniis und Zueignungen der Menſchlichen Affecten und Begierden / Ehr-Gluͤck-Reichthum - und Schatz-Gluͤck / Spiel-Gluͤck / Erb-Gluͤck / Geſchenck-Gluͤck / Freund-Gluͤck / Heurath-Gluͤck / gluͤckli - chen ſucceſs in allem Thun und Handlungen / darum buhlen um ſie Koͤ - nig und Kayſer / Edel und Unedel / Impiger extremos currit Merca - tor ad Indos, Der Soldat ſetzt Leib und Seel in ſtich / nur daß er das Gluͤck bring unter ſich. Kom̃t Gluͤck / ſo laufft man von allen Gaſſen / Straſſen / Officinen und Kuchen herzu. Aber meiſtentheil peccami - nos, befleckt / ſuͤndlich / ungoͤttlich / wann der Wunſch entſpringt außfleiſch -72Die Sechstefleiſchlichem Sinn / Hertz und Affect, zum fleiſchlichen Zweck zielet / Fleiſches Luſt / Augenluſt und hoffaͤrtigen Leben / durch ungoͤttliche Mit - tel / ohne Gott und ſein Wort / wider Gott und ſein Wort / unordent - liche Conjunctur des Gluͤcks mit dem opere illicito, und verbottenen Mittel / und alſo auß Unglauben / der auß allen Actibus und Handlun - gen / ſonſt adiaphoris, und weder gut noch boͤß / Suͤnden macht / wann ein Dieb wuͤnſchen und beten wolt von Gott / Er wolte ſeinen Dietrich mit gutem ſucceſs begleiten / wann ein Soldat oder Fechter wuͤnſchte / Gott wolle ſeine Paſſauiſche Kunſt / daß er Schutz-frey ſeyn moͤchte / wol gelingen laſſen / wann ein Segen-Sprecher uͤber die Kraͤuter / ſo von der Natur die Heil-Krafft nicht empfangen / die drey hoͤchſten Nah - men wolte anruffen / ſo waͤre es lauter Katzen-Gebet / daß nicht gen Himmel gehet. Solcher Art iſt auch der alſo genannte Gluͤck-Hafen / ein abentheurlicher Gauckel-Sack / ohne und wider GOttes Gebott und Wort / wider alle Goͤttliche und vernuͤnfftige Menſchliche Rechten auff - gerichtet / in foro conſcientiæ nimmermehr zu billigen / wie ſolches ſchon vorlaͤngſt gewiſſenhaffte / Gotts-gelehrte Theologi erwieſen / und wider alle inſtanzen vindicirt und erhaͤrtet. Dennoch aber auch ſelten / wie - wol bißweilen votum bonum & laudabile, ein loͤblich und heilſamer Wunſch. Es kan (nicht ſag ich der Gluͤck-Topff ſelbſt / ſondern) der Gluͤck-Wunſch gut und loͤblich ſeyn und heiſſen / wann zum Exempel Joſeph wuͤnſcht / daß Gott ſeine ordentliche Hauß-Arbeit / mit de - ren er ſeinem Herꝛn / dem Potiphar / fleiſſig und treulich auffgewartet / mit froͤlichem ſucceſs moͤchte benedeyen / wie er ohn Zweiffel gethan / und dannenhero ein gluͤckſeliger Mann worden. Geneſ. XXXIX. Wann Salomon gewuͤnſcht / daß der Herr ſein prudenz und obe - dienz wolle ſegnen / wie Er auch gethan / und daher ein gluͤckſeliger Mann in allen ſeinen Beginnen. 1. Chron. XXIII, 13. Wann noch auff den heutigen Tag ein Chriſtliches Hertz / durch ordentliche Mittel / auß Glauben an das Wort von der Arbeit / das Wort des Befehls / Jm Schweiß deines Angeſichts ſolt du dein Brod eſſen / der Verheiſſung Pſalm. CXXIIX, 2. Du wirſt dich nehren dei - ner Haͤnde Arbeit / wol dir / du haſt es gut / als ein mantiſ - ſam, deß zuvor geſuchten Reichs GOttes / und alſo mit der Gluͤck-Zucht / zwiſchen zweyen Extremis, der Stoiſchen Gluͤck-Flucht / und geitzigen Gluͤck-Sucht hindurch ſegelt / ſo iſt der Wunſch loͤblich und gut. Loͤb - licher aber und beſſer / wann der Wunſch zielet auff die Gnaden-Schaͤtz im Reich der Gnaden / nach dem Exempel Davids / da er deß Gnaden -Koͤnigs73Predigt. Koͤnigs Chriſti Einzug zu Jeruſalem im Geiſt lang zuvor geſehen Pſ. CXVIII, 25. da er gewuͤnſcht Jehova hazlichana, O HErꝛ laß wol gelingen. Am allerbeſten aber iſt der Wunſch um den geiſtlichen Se - gen in himmliſchen Guͤtern / daher St. Paulus ruͤhmet ἐκληρώθημεν, wir ſind zum Erbtheil kommen. Eph. I. 11. Gluͤcksweiß / durchs Loß gleichſam / ohn unſer Verdienſt / und Col. I, 12. vermahnet er ſeine Coloſſer: Danckſaget dem Vater / der uns tuͤchtig gemacht hat zum Erbtheil der Heiligen im Liecht. Die κληρονομια, der Loßfall auff das edelſte Erbtheil / deß unvergaͤnglichen und unbefleckten Erbes / das behalten wird droben in dem Himmel. 1. Petr. I, 4. Jſt das jenige Gluͤck / darauff auch David in dieſem Pſalmen reflectirt / und ſein Abſehen hat / da er ſagt: Ob ich wandelt im finſtern Thal / fuͤrchte ich kein Ungluͤck. E. Hoffe und troͤſte ich mich ex oppoſito auff gut Gluͤck / auff Leben und alle Genuͤge / ohne Mangel / deſſen ich gewaͤrtig Vorſchmacks-weiß in der rechten ſeligſten Gluͤck - Stadt und Gluͤcks-Stall der Kirchen GOttes / und daſſelb durch die guldene Gluͤcks-Pfort / durch die Thuͤr des Schaaf-Stalls / durch wel - che ich eingehen / und ſolcher himmliſchen Guͤter und Gaben theilhafftig werden. Wann wir dann E. L. vor acht Tagen gewieſen auff den geiſt - lichen Schaaf-Stall der ſtreitenden und wallenden Kirchen Chriſti / ſo folget anjetzo die Betrachtung deß Schaaf-Thors / der Thuͤr / dadurch die Schaaf in den Schaaf-Stall eingehen / davon wir folgende vier Fragen zu beantworten fuͤrgenommen / 1. εἰ ἐϛὶ, Ob eine dergleichen ſey / und David derſelben Meldung thue? 2. und 3. τίς καὶ τί, Wer und was dieſelbe ſey? 4. διότι, wohin dieſelbe zwecke? Der groſſe Hirt der Schaa - fe / Chriſtus JEſus eroͤffne anjetzo Mund / Ohren und Hertzen / frucht - barlich zu hoͤren und zu lehren / um ſeiner ſelbſt Ehre willen / Amen.

GEliebte in Chriſto. Εἰ ἐϛὶ, An ſit? Hat dann dieſer unſer Schaaf-Stall auch ſeine Thuͤr? und iſt dieſes Thema auch in unſerm Pſalm fundirt? Antwort / wie anders / was waͤre das fuͤr ein Hauß oder Stall / wann er kein Thuͤr und Thor haͤtte? Es ſind ja die Schaaf in ihrem Stall und Hurten nicht arreſtirt / und in hafft / ſie muͤſſen ja zur Weyde auß - und eingehen / auß zur Weyd / ein zur Ruhe / es henget alles Kettenweiß aneinander / wo Hirt / da Herd / wo Herd / da Hurt / wo Hurt / da Fuhrt / wo Fuhrt / da Thuͤr. Da die Juden nach der Babyloniſchen Gefaͤngnuͤß wieder zuruck / und ihren Schaaf-StallNeunter Theil. Kwieder74Die Sechstewieder gebauen / da vergeſſen ſie deß Schaaf-Thors nicht. Nehem. III, 1. David ſelbſt deutet darauff / wann er in unſerm Pſalm gedenckt deß Fuͤhrens auff rechter Straß / zum friſchen Waſſer: Er fuͤhret mich zum friſchen Waſſer. Wo nun ein Fuhrt iſt / da muß auch ein Port ſeyn / wo der Terminus ad quem, daſelbſt auch der Terminus per quem. Am allerhelleſten aber und gewiſſeſten hat Chriſtus ſelbſt / Da - vids Sohn (der ſeines Groß-Vaters Davids Sinn und Geiſt am be - ſten verſtanden) in dem jenigen Commentario den Er uͤber dieſen Pſalm gemacht / Joh. X. darin Er ſolches erklaͤrt / bejachzet / mit einem doppelten Warlich / und beſagtes Capitel damit intonirt und ange - fangen. Warlich / warlich / ich ſage euch / wer nicht zur Thuͤr hinein gehet in den Schaaf-Stall / ſondern ſteiget an - derswo hinein / der iſt ein Dieb und Moͤrder. Wer aber zur Thuͤr hinein gehet / der iſt der Hirt der Schaafe / dem - ſelben thut der Thuͤr-Huͤter auff / und die Schaafe hoͤren ſei - ne Stimme / und er ruffet ſeinen Schaafen mit Nahmen / und fuͤhret ſie auß / und wann er ſeine Schaafe hat außgelaſ - ſen / gehet er fuͤr ihnen hin / und die Schaafe folgen ihm / denn ſie kennen ſeine Stimme. Einem Fremden aber fol - gen ſie nicht nach / ſondern fliehen von ihm / denn ſie kennen der Fremden Stimme nicht. Dieſen Spruch ſaget JEſus zu ihnen / ſie vernamen aber nicht / was es war / daß Er zu ih - nen ſaget. Da ſprach JEſus wieder zu ihnen: Warlich / warlich ich ſage euch / ich bin die Thuͤr zu den Schaafen / alle die vor mir kommen ſind / die ſind Diebe und Moͤrder gewe - ſen / aber die Schaafe haben ihnen nicht gehorchet: Jch bin die Thuͤr / ſo jemand durch mich eingehet / der wird ſelig wer - den / und wird ein - und außgehen und Weyde finden. Es hatte dazumal Chriſtus ein unerhoͤrt Miracul gethan / an einem blind - gebohrnen Menſchen / den Er wieder ſehend gemacht / daß ſchmirtzt ſeine abgeſagte Feind die Phariſeer / und brennt ſie in die Augen / und als der ſehend wordene Menſch Chriſtum bekennet fuͤr einen groſſen Prophe - ten / und aber ſchon die Glock gegoſſen geweßt / und das Urtheil im Synedrio gefaßt / wer Chriſtum bekennet / der ſoll ein ἀϖοσυνάγωγος, und in Bann gethan ſeyn / Joh. IX, 22. ſo ſtoſſen ſie derowegen dieſen armen Menſchen auß der Synagog hinauß / verfolgen ihn mit Bann - Strahlen / ſchlieſſen ihm die Thuͤr des Schaaf-Stalls zu. O blinderEiffer!75Predigt. Eiffer! O uͤbel gethan! wil der Herr ſagen. Von Rechtswegen gehoͤret dieſes Schaaf in Stall / weil es durch die rechte und echte Thuͤr eingegangen / ihr Phariſeer aber die ihr wie die Sodomiten verblendet / und die Thuͤr nicht finden koͤnnet / ſteigt anderswo hinein / durch unge - weyhete Thuͤren und Thor / da ihr ſelbſt einbrecht / ihr gehoͤret hinauß / als Dieb und Moͤrder / als Woͤlff und Unthier. Jſt alſo die Quæſtio an ſit? außgemacht und eroͤrtert.

Τίς? Wer iſt aber dieſelbe Thuͤr zum Schaaf-Stall? Wo finden wir dieſelbe? Da darff es nicht viel divinirens / fragens und rathens / der Mund und Grund aller Warheit tritt ſelbſt auff / ſagt klar und duͤrꝛ herauß / und bekraͤfftigets mit einem zweyfachen Warlich: Jch bin die rechte / himmliſche / guldene Gluͤcks-Port / wer durch mich eingehet / der wird ſelig werden / gleich wie ich zugleich der Prieſter und das Opffer bin / im H. Abendmal zugleich die Speiß und der Gaſtgeb / der Hertzog deß Lebens / der Hodegeta und Wegweiſer / und zugleich der Weg / die Warheit und das Leben: Alſo bin ich zugleich Hirt und Thor. Und damit niemand zu zweiffeln Anlaß bekommen / damit nicht die Phariſeer einwenden moͤchten: Tu es teſtis de domo, propria laus ſordet, dein Zeugnuͤß iſt nicht wahr / dann du zeugeſt von dir ſelbſt. Joh. VIII, 13. ſo weißt Er ſie anders wohin / in die heilige Schrifft / darin werdet ihr meine Weihe / und dero ſatten Beweiß gnug finden / und erkennen / daß ich nicht liege / gleichwie das Thor deß Sanctuarii und Heiligthums mit Opffer und Gebet geweihet worden. Nehem, III, 1. Alſo bin ich auch durch das Wort der Propheten und dero Weiſſagung verſigelt und conſecrirt worden. Sonderlich bey dem Propheten Eſaia c. LIV, 12. Da der Prophet gezeuget von einem Bau / ſo in den Zeiten deß N. Teſta - ments / und Erſcheinung deß Meſſiaͤ ſoll auffgerichtet werden / daß deſ - ſelben Thuͤr mit Edelgeſteinen und Rubin ſolle verſetzet werden / was ſind das anders / als die Gaben des Geiſtes / damit Chriſtus ohne maß iſt ge - ſalbet worden / die ſich unvergleichlich augenſcheinlich erzeigt in Worten und Thaten. Eſa. LX, 11. wird gedacht eines immer offenen Thors. Deine Thor ſollen ſtets offen ſtehen / weder Tag noch Nacht zugeſchloſſen werden / daß der Heyden Macht zu dir gebracht / und ihre Koͤnige herzu gefuͤhret werden. Das alte Kirch-Thor mußte beſchloſſen bleiben / der Fuͤrhang war fuͤr dem Allerheiligſten; aber jetzt alles Angel-weit offen / die Schiedwand iſt abgethan / und al - lenthalben Paß und Platz. Was iſt das anders / als das MyſteriumK ijvon76Die Sechstevon dem Eingang der Heyden. Gen. XXVIII, 12. wird einer Leiter ge - dacht / deren Spitzen an den Himmel geruͤhret / und darauff die Engel GOttes auff - und abgeſtiegen. Was war dieſelbe Leiter? Jacob er - klaͤrets ſelbſt / und ſagt: Es ſey porta cœli, die Pforte des Him - mels. Was war dadurch gemeynet? deß Menſchen Sohn / Joh. I. . ult. Warlich / warlich ich ſage euch / von nun an werdet ihr den Himmel offen ſehen / und die Engel GOttes hinauff und herab fahren auff des Menſchen Sohn. Jſt wuͤrcklich wahr gemacht worden am Jordan / da die Janua Eccleſiæ eingeſetzet und geſtifftet / da die Thuͤr des Himmels ſich geoͤffnet / da der Vater als die erſte Perſon / dieſelbe mit ſeinem Finger geweihet / der H. Geiſt als der Finger GOttes auff Jhn gedeutet / und ohne Zweiffel werden die heili - gen Engel GOttes ſich auch dabey gefunden haben. Exod. XII. fin - den wir die Thuͤr an den Haͤuſern der Kinder Jſrael / ſo mit dem Blut des Oſterlam̃s beſtrichen / dadurch die Jſraeliten vor dem Wuͤrg-Engel ſicher und frey geweſen. Was war dieſelbe Thuͤr anders als Chriſtus mit ſeinem eigenen Blut beſpritzt / dadurch wir die ἀσυλίαν, Sicherheit / und ſalva quardia erlanget. Darum wir mit der Kirch alſo ſingen: Hie iſt das rechte Oſterlamm &c. Deß Blut zeichnet unſer Thuͤr / Das hůlt der Glaub dem Tode fuͤr / Der Wuͤrger kan uns nicht ruͤhren. Lev. XVI. leſen wir von dem Fuͤrhang deß Allerheiligſten / durch welchen niemand als der Hoheprieſter deß Jahrs einmal durffte kommen / und daſſelbe mit Boͤck - und Kaͤlber-Blut / was das bedeutet / hat der H. Apoſtel Paulus herꝛlich erklaͤret / wann er ſagt: Chriſtus iſt nicht durch der Boͤcke und Kaͤlber Blut / ſondern durch ſein eigen Blut einmal in das Heilige eingegangen / und eine ewige Erloͤſung erfunden. Hebr. IX, 12. und cap. X, 10. Jn welchem Willen wir ſind geheiliget / einmal geſchehen durch das Opffer deß Leibs JEſu Chriſti. verſ. 20. Chriſtus hat uns (den Eingang in das Heilige / durch ſein Blut) zubereitet zum neuen und lebendigen Weg durch den Vorhang / das iſt durch ſein Fleiſch: Nemlich durch ſeinen heiligſten Leib / und heilig - ſtes Opffer am Stammen deß Creutzes / und ſein allertheurſtes Ran - zion-Blut / und was ſind die Wunden Chriſti anders geweßt / ſonder - lich die letſte Wund / die er allererſt nach ſeinem Tod von einem Kriegs - knecht mit einem Speer empfangen / als Janua cœli, ein Heil-Port / einLebens -77Predigt. Lebens-Thuͤr. Jnmaſſen ſie Auguſtinus alſo nennet. Tract. 120. in Johann. vigilanti verbo uſus eſt Evangeliſta, non dicit percuſſit, vel vulneravit, ſed aperuit, ut illic quodammodo vitæ oſtium apertum intelligeremus. Das iſt: Der Evangeliſt ſagt nicht / der Kriegsknecht hab Chriſtum geſchlagen / oder verwundet / ſondern eroͤffnet / daß wir daher etlicher maſſen verſtuͤnden / es ſeye die Lebens-Thuͤr eroͤffnet. Als durch welche der Schaͤcher an dem Creutz / der Hauptmann unter dem Creutz / die viel tauſend / die mit Chriſto im Triumph gen Himmel gefahren / ja alle glaubige Him - mels-Buͤrger in das ewige Leben eingegangen. Niemand iſt jemals zum Vater kommen / als durch dieſe Pfort. Darum Er dann auch in ſingulari redet zweymal Emphaticè. Jch Jch bin die Thuͤr. Schließt damit alle Daͤcher und Loͤcher / alle Neben - und Hinder-Thuͤren zu / und ſagt: Wer anderswo hinein ſteigt in den Schaaf-Stall / der ſey ein Dieb und Moͤrder. Solche waren nicht nur die alten Phariſeer / die ihre ſelbſt eigene Gerechtigkeit und ſtrengeſten Orden zum Himmels - Thurn auffgeworffen. Sondern auch die neuen Phariſeer im Pabſt - thum. Bellarm. de ætern. felicit. p. 119. hat vier Nebens-Thuͤren er - dacht / den Glauben / Hoffnung / Liebe und Demuth / und wann dieſe nicht glecken wolten / ſo pfleget der Pabſt alle Jubel-Jahr die groſſe Ablaß-Thuͤr portam ſanctam zum Ablaß-Schatz / der auß den Buſen und Verdienſten der Heiligen zuſammen geſammelt / in der St. Peters Kirch mit gewiſſen Ceremonien eroͤffnen.

Appropinquat (ita Intimator jubilæi inſtituti nuper ab Innocentio X.) dile - ctiſſimi Filii continuis expetitus bonorum omnium votis annus ſanctifica - tionis atque indulgentiæ, annus à partu virginis quinquageſimus ſuprà milleſimum ſexcenteſimumque: & mox: Nos univerſale maximumque jubilæum in hac ſacrâ urbe à primis veſperis vigiliæ Nativitatis Salvatotis noſtri JEſu Chriſti proximè futuræ incipiendum, & per totum ejuſdem prænarrati anni, DEO dante, perſequendum, auctoritate DEI omnipoten - tis, ac beatorum Apoſtolorum Petri & Pauli, ac noſtra, maxima ac inenar - rabili cordis noſtri jubilatione ad ipſius omnipotentis DEI gloriam, ſanctæ Eccleſiæ exaltationem & tranquillitatem, hæreſium extirpationem, Catho - licorum Principum concordiam, Chriſtianorumque populorum omnium ſolatium & ſanctificationem indicimus, promulgamus & ſtatuimus. Au - dite, omnes Chriſti ſanguine redemti. Invitat vos ſanctarum apertione portarum Civitas Sacerdotalis & regia Petri ſedes, ærarium divitiatum ex meritis Chriſti & ſanctorum congeſtum. Pleniſſima omnium peccatorum Indulgentia. Primò (ita Læl. Zecchius de Indulgent. Jubil. c. 4.) inſtitui - tur ſolennis proceſſio, in qua Papa, Cardinales, & omnes Prælati CuriæK 3adſunt,78Die Sechsteadſunt, ubi Papa pluviali indutus, & alii ſuis indumentis, accedunt ad Ca - pellam Palatii Apoſtolici, ubi Papa genu flexus orat ante ſacramentum, & interim accenduntur faces Cardinalibus, & aliis dandæ: tum Papa genu flexus imponens in thuribulo incenſum incenſat ſacramentum, præcinendo hymnum, Veni Creator Spiritus, & Cantores proſequuntur, & omnes rece - dentes à Capella, tendunt ad Eccleſiam ſancti Petri, Papa delato in ſella geſtatoria ad portam ſanctam, adhuc obſtructam, aliis Januis clauſis ma - nentibus, ubi Papa accipiens candelam ſuam aſcendit ad aliam Cathedram ibi paratam cum tribus gradibus prope portam ſanctam adhuc obſtructam, aliis Januis clauſis manentibus, ubi Papa accipiens candelam ſuam aſcen - dit ad aliam cathedram ibi paratam cum tribus gradibus prope portam ſan - ctam, in qua aliquantum quieſcit, tùm deſcendens cum malleo ter percutit murum portæ aperiendæ, ter dicens verſus ſequentes V. Aperite mihi portas juſtitiæ, R. ingreſſus in eas confitebor Domino. V. introibo in domum tuam Domine. R. adorabo ad templum ſanctum tuum in ti - more tuo. V. aperite portas, quoniam nobiſcum DEUS. R. quia fecit virtutem in Iſrael. Tum Papa redit ad ſedem, dicens V. Domine exaudi orationem meam. R. & clamor meus ad te veniat, & ſtatim fabri demo - liuntur murum portæ ſanctæ, lapidibus ac cœmentis amotis, & Papa ſequi - tur Dominus vobiſcum. R. & cum ſpiritu tuo, & dicat orationem. Et ib. p. 70. anno porrò ſancto decurſo, clauditut à Papa porta ſancta ritibus, de quibus Benzon. d. libr. 4. c. 16. & 17. Ita vineulis ſpiritualibus obliga - ti, liberi à vinculis redduntur, & è carcere educuntur, & hoc videtur ſignifi - care ſolennis illa portæ aureæ apertio, quæ fit Romæ: Deſignare quoque poteſt apertionem illam portarum Limbi, quam fecit Dominus, cum ani - ma ejus deſcendit ad liberandos Patres ſanctos incarceratos, de quibus in - telligunt aliqui iliud Pſalmi; Attollite portas principes veſtras &c. Quia & tunc in Limbo fuit jubilæum maximum & Univerſale, quo liberavit omnes ibidem exiſtentes, & ſecundum aliquos omnes etiam in purgatorio detentos. Significat quoque illa portæ apertio, virtute clavium Petri ape - riri theſaurum aureum Eccleſiæ, imò & januam cœli, remotis omnibus impedimentis, culpâ per pœnitentiam, pœnâ per indulgentiam.

Wer ſind dieſe anders als Dieb und Moͤrder / Chriſtus ſagts / mit dem moͤgen ſie es außmachen. Bleibt alſo janua unica, ein einige Thuͤr / wie ein Schaaf-Thuͤr ſeyn ſoll / damit das Schaaf nicht in Jrꝛſal gera - the. Viel Thuͤren / Begebenheiten zu verirren.

Quæ & qualis janua, was iſt dann das fuͤr ein Thuͤr? und mit was fuͤr Qualitaͤten behafft / damit wir ſie recht eigentlich erkennen und von andern unterſcheiden moͤgen. Antwort / ſie hat alle Qualitaͤten / die eine rechte Thuͤr zum Hauß haben ſoll. Nemlich 1. Janua index & illex, ἐυϖρόσιτος, omnibus patens, ein Angelweite offene Thuͤr / die nach Goͤtt - licher intention allen und jeden Menſchen offen ſtehet / und ihnen den Ein - und Durchgang goͤnnet / aber nach der Ordnung den SchaafenChriſti79Predigt. Chriſti nimmer beſchloſſen. Es iſt nicht mehr um die Zeit deß Alten Te - ſtaments / da der Fuͤrhang fuͤr dem Gnadenſtul henget / er iſt zerriſſen durch den Tod Chriſti / vorhin und jetzt nicht mehr wars alles verſchloſ - ſen. Die Columna und Saͤul ſtehet nicht mehr da / daran mit Lateini - ſchen und Griechiſchen Buchſtaben geſchrieben war / daß kein Fremder / kein Griech / kein Heyd in das Heilige doͤrffte eingehen. Daher die Ju - den zetter und mordio uͤber Paulum geſchrien / daß er (wiewol auß fal - ſchem Argwohn) Trophimum den Epheſer in den Tempel gefuͤhret. Act. XXI, 30. Nein die Pforte deß Tempels iſt von ſich ſelbſt auffgan - gen / Drum ſey Gott Lob der Weg iſt gemacht / Und ſteht der Himmel offen. Nachdem wir ſind gerecht worden / durch den Glau - ben / ſo haben wir Friede mit GOtt / durch unſern HErꝛn JEſum Chriſt / durch welchen wir auch einen. Zugang haben haben im Glauben zu dieſer Gnade. Rom. V, 1. 2. Er iſt der Weg / der jederman offen ſtehet / und zu ſich locket. Matth. XI. Kom - met her zu mir alle die ihr muͤhſelig und beladen ſeyd. 2. Por - ta obex: Soll ein Thor feſt halten / ſo muß es feſt geſetzt / mit Riegel und Schloſſen wol verwahret ſeyn. Deut. III, 5. Syr. XLIX, 11. ſonder - lich ein Schaaf-Stall / damit der Wolff nicht einreiſſen / auff - und ein - brechen kan. So iſt auch die Pfort der Chriſtlichen Kirchen geartet / ſie iſt feſt gegruͤndet auff einen Felſen / Thor und Fels zugleich / alſo gar / daß auch die Pforten der Hoͤllen ſie nicht ſollen uͤberwaͤltigen. Matth. XVI. Chriſtus aber hat im Gegentheil vielmehr die Pforten der Hoͤl - len auß dem Angel gehoben. Daß kan wol geſchehen / daß die aͤuſſerli -vid. Fabric. ad judic. p. 1122. che Kirch und Gemein / wann dieſelbe nicht halt / und vom Felſen loß reißt / kan uͤberwaͤltiget werden / wie Breyſach durch Hunger bezwungen worden. Jſt geſchehen der Kirchen zu Epheſo / ob ſie gleich ein Pfeiler und Grundfeſte der Warheit geweſen. 1. Tim. III, 16. als welcher der Apoſtel geweiſſaget: Daß auß ihnen entſtehen werden greuliche Woͤlffe / die der Heerde nicht verſchonen. Act. XX. Rom hat kein Siegel und Brieff dafuͤr / vielmehr beſorgt ſich Paulus das Gegen - theil / Rom. XI, 20. Steheſt du durch den Glauben / ſo ſey nicht ſtoltz / ſondern fuͤrchte dich. Welche Warnung umſonſt waͤre / wann die Kirch abſolutè indeficibilis, ſchlechter Dings unfallbar waͤ - re / dann wann dem alſo / haͤtte Paulus eben ſo thoͤricht gethan / als haͤtte er einen heiligen Engel / der im Guten alſo beſtaͤtiget / daß er auß demſel - ben nicht mehr fallen kan / gewarnet / er ſolle ſich vor dem hoͤlliſchen Wolff vor ſehen / damit er ihn nicht verſchlinge: Aber unterdeſſen bleibtder80Die Sechsteder unſichtbarn Kirch / von deren wir glauben / credo Eccleſiam, derglei - chen geweſen die Kirch zur Zeit Eliaͤ / die Kirch vor Luthero / daß ſie von den Hoͤllen-Pforten nicht kan uͤberwaͤltiget werden. 3. Porta judex, dann ſo pflegte man in der Juͤdifchen Policey / die offentliche Ge - richt / Stadt-Gericht / Blut-Gericht / Ehe-Gericht / Rechts-Haͤndel und. Urtheil offentlich unter den Pforten der Stadt / da jederman auß - und eingehet / und ohne Scheu jederman zuhoͤren koͤnnen / wie die Ur - theil gefaßt / zwiſchen Blut und Blut / Schaden und Schaden / Handel und Handel / Deut. XVII, 8. c. XXV, 7. Ruth. IV, 1. Alſo auch hier porta juſtitiæ, die Thor der Gerechtigkeit / Pſ. CXVIII, 19. 20. hie judex controverſiarum, ſonderlich in foro juſtificationis, deſſen helles und klares Exempel wir gehabt im verwichenen Sonntaͤglichen Evangelio / in der Parabel vom Zoͤllner und Phariſeer / da erſcheint auff dieſer Seit Actor und Klaͤger ein geiſtlicher Ordens-Mann / ein geſchwuͤlſtiger / lebendig heiliger Phariſeer / der in ſeinem Hertzen beredt / er waͤre gantz fromm / rein und gerecht (ἀυτόδικος πεϖοιθὼς ὅτι δίκαιος) der auff ſeine Froͤmmigkeit getrotzet und gepochet / ϛαθεὶς, ſein Fuß ſtund ungebogen auffrecht / er hat ſich im Tempel empor auffgebaͤumet / und das Angeſicht gegen das Allerheiligſte gewendet / ſtarꝛ / auffrecht und trotzig / gleich einem der ein perfect gutes Gewiſſen / vor niemand ſich zu ſchaͤmen und zu ſchenen hat / jactans jejunia, o[i]ans Euchariſtiâ, accuſans zelo, ſein Mund pralet mit Ruhm ſeines Faſtens / klaget den Zoͤllner an mit groſ - ſem Eiffer / er begert Rach und Straff / wie ers verdienet / nach dem rigor deß Geſetzes / ſtoßt ihn in die Hoͤlle hinab / verflucht ſey er dieweil er nicht gehalten alles was im Geſetz geſchrieben ſtehet. Hîc reus publicanus, auff dieſer Seit der Verklagte / verruchte und verruffte Zoͤllner / mit Ach und Weh / mit demuͤtigem / zerſchlagenen und zerbro - chenen Hertzen / das Hertz klopffet ihm vor groſſer Angſt ſeiner Suͤn - den / er ſtehet von ferne / in der Heyden Vorhoff / als ein Dieb mit nie - dergeſchlagenen Augen / wolt ſeine Augen nicht auffheben / als deſſen er nicht wuͤrdig und werth / ſondern von Rechtswegen cœlo excluſiſ - ſimus, als einer der vom Himmel außgeſchloſſen ſey. Bekennet / beichtet und betet /〈…〉〈…〉 άσϑητί μοι: GOtt ſey mir Suͤnder gnaͤdig / er haͤnget ſich / wie Jacob an die Hoͤrner des Altars / an den Gnaden - und Mittlers-Thron zwiſchen ſich und Gott dem gerechten Richter / an aram miſericordiæ, an die Burg-Freyheit und Frieden-Saͤul. Ach Herr nicht mich / ſondern den Gnadenſtul ſiehe an / um deß Meſſiaͤ willen / der durch den Gnadenſtul bedeutet worden / ſeye mir ar -men81Predigt. men Suͤnder gnaͤdig. Darauff der Richterliche Außſpruch[erfolget] / der den Gerichts-Sieg dem Pariſeer ab - und dem Zoͤllner zugeſprochen: Du Phariſeer haſt deine Sach verlohren / du aber Zoͤllner haſt uͤberwun - den und gewonnen: Warlich / ich ſage euch / dieſer gieng hinab gerechtfertiget in ſein Hauß vor jenem.

Διότι: Wozu und wohin zwecket dieſe Thuͤr? Σωτηρία, Heil / Gluͤck / dann ſo lautet die klare Verheiſſung Chriſti Joh. X, 9. 10. Jch bin die Thuͤr / ſo jemand durch mich eingehet / der wird ſelig werden / der wird ein - und außgehen / ich bin kommen / daß meine Schaafe Leben und volle Genuͤge haben ſollen. Σωθή - σεται, begreifft zwey Stuͤck in ſich / freyen Paß / ein - und außzugehen / dann das bringt die Phraſis mit ſich / ein gluͤcklichen / ungehinderten freyen Paß in allerhand Ampts-Geſchaͤfften / Num. XXVII, 17. Deut. XXXI, 2. 1. Sam. VIII, 20. Pſ. CXXI, 8. Alſo wird ein ſolches Chriſt - Schaͤfflein in dem Lauff und Kampff ſeines Chriſtenthums ſicher und wol ein - und außgehen / freyen Paß und Repaßhaben / es wird zwar hart hergehen / die Thuͤr ſey eng / Matth. VII, 14. bißweilen kom̃t man zwiſchen Thuͤr und Angel / da man ſich klemmet und quetſchet / wer gar zu groß / El gibbor, allzuſchwer auffgeladen / der kan ſchwerlich einkom - men / nach dem Wort Chriſti: Es iſt leichter / daß ein Camel durch ein Nadeloͤhr gehe / ſo iſt auch der Weg belegt von Woͤlffen / die lauren im Verborgenen / daß ſie den Elenden erhaſchen und zerreiſſen; Aber ἐκληρώθημεν, Col. I, 12. Wir ſeind errettet / und befreyet / Teuffels-frey / Welt-frey / Suͤnden-frey / der Huͤter Jſrael bewahret Leib und Seel / auch in dem finſtern Todes-Thal / poſitivè, nicht nur Weyd / ſondern Leben und volle Genuͤge / das vollkommene ſchalom und complement alles guten / ἐκληρωθημεν, wir ſind errettet in der μεταθέσει in der Ver - ſetzung in das Reich der ewigen Herꝛligkeit / deß ewigen Lebens / friedli - chen Lebens / Freuden-Lebens / Ehr-Lebens / heiligen Lebens / froͤlichen Lebens / ewig Leben und volle Genuͤge. Was wollen wir mehr: Wer iſt der nicht gern gute Tage und gut Leben haͤtte / ſagt und fragt David. Pſ. XXXIV. Laßt uns wol leben / ſagt die rohe Burſt von ihrem Sau - Leben / damit man ſich zu Tod lebet. O todtes Leben! Laßt uns wol leben / hie in progeuſi, in dem Vorſchmack. Aber da gehoͤrt keine laſſe Hand zu / kein faule Fuͤß: Es iſt zwar das ewige Leben χάρισμα, ein Geſchenck / und ein Gnaden-Gab; Doch hat Gott gewiſſe Ordnung geſtifftet / Er wil das wir gehen und wandeln ſollen / prudenter, fuͤrſich - tig Epheſ. V, 9. 15. nicht als die Unweiſen / ſondern als die Weiſen.

Neundter Theil. LErgò82Die Sechste

Ergò prudentiâ opus: Die koͤnnen wir fuͤr dieſes mal nicht beſſer lernen / als an dem Abentheuer des Gluͤck-Hafens / der noch taͤglich vor den Ohren drommet und pfeiffet / unſchuldige Hertzen zu verfuͤhren. Aber in dieſem tertio, gleichwie Chriſtus den Haußhalter lobet. Luc. XVI. als an dem er nicht gelobt den anklebenden Mißbrauch / ἀταξίαν, und Unordnung / die Schalckheit / ſondern das ingenium, die Scharff - ſinnigkeit / die ſubſtantiam prudentiæ, und ſchließt darauff / die Kinder dieſer Welt ſind kluͤger / als die Kinder des Liechts. Alſo auch allhie: Es iſt einmal das gewinnſichtige Affenſpiel per ſe nichts flaͤtigs / Suͤnd und Unrecht / und kan mit keinem Titul des Rechten cohoneſtirt wer - den. Jſt Abgoͤttiſch / dann ſo machtens die Abgoͤttiſche Juden Eſa. LXV, 11. die decken der Fortun ein Tiſch oder Altar und opffern drauff. Jſt ein Aberglaub / Gott hat ſeinen Segen auff die Arbeit gelegt / und nicht auff das Gluͤck-Spiel: Jſt in foro conſcientiæ ein Diebſtahl / dann was einem die blinde Fortun gibt / das raubt ſie hundert oder tau - ſenden. Je ſubtiler / je aͤrger. Jſt kein proportion, unter der Gab und pretio, maſſen einer um einen Schilling ein Geſchirꝛ von 30. 40. oder mehr Loth Silber außtauſcht: folgt nicht / die Obrigkeit hats verhaͤngt. E. gebilligt. E. gut geheiſſen. Moſes hat διὰ τὴν σκληροκαρδιαν des Hertzens Haͤrtigkeit / den Scheid-Brieff den Juden erlaubt / darum aber nicht gebilliget und gut geheiſſen. Es haben ja die Handwercker ihre ertz-boͤſe Gewonheiten / welche auch der Roͤmiſche Kayſer nicht gern ſie - het / wie vermuthlich / doch de facto im Schwang gehen / und nicht ab - geſchaffet werden / die unmaͤſſige uſur uͤber das was geſetzt iſt / iſt ja gnug - ſam hell und klar am Tag / und gleich wie 1. Reg. XXII. ein boͤſer Geiſt außgangen / der ein falſcher Geiſt geweßt in aller Propheten Munde. Alſo vor 40. Jahren die Kipperey: Chriſtliche Obrigkeit habens dar - um nicht gern geſehen. Alſo iſt auch ein boͤſer Geiſt außgegangen / die Gluͤckſucht zu befoͤrdern / und den Gluͤck-Hafen angerichtet durch Goͤtt - liche Verhaͤngnuͤß / dann dieſer iſt der πάρεδρος der boͤſe Engel / der es dirigirt und alſo fuͤgt. Auguſt. l. 5. C. D. c. 9.

Dennoch weil Gott nichts boͤſes laßt fuͤrgehen / er wiſſe dann et - was guts darauß zu machen: Alſo kan uns auch dieſer berichteter Gluͤck - Hafen zu etwas gut ſeyn. Er erweckt ſanctam avaritiam, ein heiligen Geitz. So bald der Gluͤck-Hafen geoͤffnet / und der Gott dieſer Welt die Leut auff den Berg gefuͤhrt / und die Reich dieſer Welt gezeigt / ſo hat ſich jederman faſt darzu gedraͤngt / ein jeder wolte der erſte ſeyn. MeinGott83Predigt. Gott / wie ſeind doch vieler Hertzen Gedancken offenbar worden. Ubi theſaurus, ibi cor: Wie hat mancher ſein Mammons Begierd und Dienſt verrathen. Solten die Barbariſche wilde Leute in der Neuen Welt dieſes Spiel geſehen haben / wuͤrden ſie nicht geſagt haben: Au - rum eſſe Chriſtianorum Deum, Gold ſey der Chriſten Gott. Wie recht und billig wuͤrden am Juͤngſten Tag unſer Chriſten-Volck verdam - men die Spartaner / von denen Plutarchus ſchreibet in Lycurgo. Ly - curgus habe es durch ſtrenge diſciplin dahin gebracht / daß der Abgott Pluto ἀσυλος, ἄζηλος, ἄϖλουτος gelaſſen worden.

Plutarchus (ita Corn. à Lap. ad Ezech. p. 1033.) in vita Lycurgi eum laudat, quod ſuis legibus effecerit; ut Plutus apud Spartanos eſſet ἄσυλος, id eſt tutus à furibus, & quaſi in aſylo poſitus, ἄζηλος, id eſt neglectus, quem nemo zelaret; atque ἄϖλουτος, id eſt pauper. Docuerat enim Spartanos per frugalitatem contemnere divitias, opeſque parvipendere, quaſi imbe - cilles & inopes. Ideoque ait Plutarch. Plutus ex omnibus civitatibus, quæ ſub ſole ſunt, in una Spartâ ſervabatur τυφλὸς id eſt cœcus, ac repoſi - tus, non aliter quàm tabula, anima carens, aut vile metallum. ()

Aber O ihr unverſtaͤndigen Straßburger / wer hat euch bezaubert! wen - det doch die Chart um und bezeugt / daß ihr Chriſten ſeyd / die da trachten nach dem das droben iſt / die da von ſich laſſen leuchten ein heiliges Ver - langen / nach himmliſchen Guͤttern / nach der Gnade deß Vaters / nach dem Burgerrecht das droben iſt / nach den Gaben deß H. Geiſtes / Fried / Gerechtigkeit / Liecht und Troſt. Wir koͤnnen bey dieſem Spiel lernen ſpem vivam, ein lebendige Hoffnung / der Gluͤck-Topff macht Hoff - nung / aber todte Hoffnung / eitele und blinde Hoffnung / hoffen und harren macht manchen zum Narren / fortuna cui arridet irridet, wen das Gluͤck anlachet / den lachet es auß / bekom̃t er nichts / ſo wird er betro - gen um ſein Geld / bekom̃t er etwas / ſo verwundet er ſein Gewiſſen / Chriſtus zeiget uns viel ein ander oſtium bonæ ſpei: Er ſagt Oſe. II, 15. Jch wil ihr geben das Thal Achor / die Hoffnung auffzu - thun Er wil ſeine Schaaf ins Angſt - und Jammerthal Achor fuͤh - ren / aber da freundlich mit ihnen reden / das iſt durch ſein Honigſuͤſſes Evangelium dermaſſen troͤſten / daß ſie mit lebendiger Hoffnung mitten im Creutz ſollen erfreuet werden / wie Jacobs Himmel-Pfort mitten in der Nacht ihn mehr erfreuet / als Eſau betruͤben koͤnnen / und Stepha - nus / da er den Himmel offen geſehen / ibat ovans animis & ſpe ſua da - mna levabat. Es truckte ihn zwar das groſſe Hertzenleid / doch uͤber -L ijwand84Die Sechstewand ſeine Hoffnung und groſſe Freud. Darum laßt uns eingehen zu dieſer Ruhe / und nicht verſaͤumen / das unſer keiner dahinden bleibe. Hebr. IV. lernen Agoniſmum: Man muß ſich duͤcken und ſchmuͤcken / drengen und pfrengen laſſen. Es wird manchem gar ſaur hinzu zu kommen ſi tanti vitrum, quantimargarita, Ambroſius. Ε. ἀγωνίζεσϑε εἰσελθει̃ν: Ringet darnach daß ihr eingehet / klopfft an bey Zeiten / ehe die Gluͤcks-Thuͤr verſchloſſen wird / damit ihr nicht muͤſſet anfahen drauß zu ſtehen / und an die Thuͤr klopffen und ſagen: HErꝛ / HErꝛ / thu uns auff. Und Er wird antworten und zu euch ſagen: Jch kenne euer nicht / woher ihr ſeyd. Luc. XIII, 25. Le - get Gewalt an: Seyd nicht faule und traͤge Leute / die ſich dahin ſtrecken und ſchlaffen / oder die Haͤnde in den Schooß legen / ſondern eiferige / ar - beitſame / unverdroſſene Leute / die allen ihren Fleiß / Sorg und Muͤhe anwenden / damit ſie das vorgeſetzte Ziel deß ewigen Lebens einnehmen. Quo quis violentior, religioſior, je gewaltthaͤtiger und reiſſender einer iſt / je heiliger iſt er. Das Gluͤck iſts ja wol werth / daß man ihm ein wenig laſſe Wehe geſchehen. Lernen egreſſionem pœnitentem: Die Ungluͤckhafftigen kommen herauß mit traurigen Geberden / der Reu-Kauff folget ihnen auff dem Fuß nach. Sie kratzen am Kopff / ſie verſpeyen und maledeyen ihn. Pfuy dich du ſchand Gluͤck-Hafen. O ich Narꝛ was hab ich gedacht / daß ich das Geld nicht beſſer angelegt. Die Sonntags-Kinder und Gluͤck-Voͤgel gehen mit Freuden herauß / prangen und pralen mit ihren Gaben / waͤren ſie weiſe / wuͤrden ſie es im Nachſinnen vielmehr deteſtiren / Urſach zur Reu und Buß gnug fin - den. Und die Wort des Herrn Joſ. VII, 12. zu Hertzen nehmen: Es iſt ein Bann unter euch / ein anathema. Jch wil forthin nicht mit euch ſeyn. Aber O wehe ihnen / wann ich werde von ih - nen gewichen ſeyn. Oſe. IX, 12. Was wird dann mit uns ſeyn? ihr gnaͤdiger Herꝛ der Teuffel / der Gluͤcks-Geiſt / der wird ſein Teuffels Danck und Geſtanck mit ſich ziehen / mit uns ſeyn / wie der Wuͤrg-Engel bey den Egyptiern / durch GOttes Verhaͤngnuͤß. Lauter Ungluͤck / da - von Jer. I, 13. Jch ſiehe einen heiß-ſiedenden Topf / darin die Stadt Je - ruſalem mit Angſt und Schrecken ſieden und kochen wird / dann es wird das Ungluͤck außbrechen uͤber alle die im Lande wohnen / und daſſelb um ſo viel deſto eher und aͤrger / als ſteiff / ſtoltz und hoͤniſch man die Pre - digten / die hievon gehalten werden / verlacht. Nach dem Wort / das du uns im Namen des HErꝛn ſagſt / wollen wir nichtthun /85Predigt. thun / das ſolt ihr wiſſen. Ey ſo ſolt ihr auch das wiſſen / daß Gott allbereit einen Topff zum Feur geſetzt / er ſiedet ſchon. Jer. I, 13. Dann Jeruſalem ſoll ſieden / ſitzen und ſchwitzen. Auch die Heyden ſte - hen / Thren. IV. Da ſie geſehen / was fuͤr Laſter im Schwang gehen / und werden ſagen / eine ſolche Stadt kan nicht lang bleiben. Gott er - barme ſich uͤber die unſchuldigen noch uͤbrigen Kinder deß Liechts / die druͤber ſeuffzen / gebe die rechte pœnitenz denen die in der Predigt getrof - fen / und finden daß ſie unrecht gethan. Vnterdeſſen haben die recht Heiligen im Liecht den Troſt / und die inſtruction, ſie ſollen auch außge - hen / aber mit Freuden und Dancken / freuen / daß der Herr ihr Gott iſt / daß Er ſie gemacht zu ſeinem Volck / und Schaafen ſeiner Weyde. Dancken dem Vater deß Liechts / der ſie tuͤchtig gemacht hat zum Erb - theil der Heiligen im Liecht / der ſie errettet von der Obrigkeit der Finſter - nuͤß / und verſetzet in das Reich ſeines Sohns / in welchem ſie auch ha - ben die Erloͤſung durch ſein Blut / nemlich die Vergebung der Suͤnden / die iſt der Schluͤſſel deß Himmelreichs / der Schluͤſſel zur Gluͤcks-Pfort / der allerſeligſten Gluͤck-Stadt. Zu dero Gemeinſchafft uns allen helf - fen wolle / der / der ſie uns erworben hat / dem dafuͤr ſey Danck und Preiß / jetzt und zu ewigen Zeiten / Amen.

Die Siebende Predigt / Von Der Thuͤr des Hirten.

GEliebte in Chriſto. Auß waſſer Macht thuſt du das / und wer hat dir die Macht gegeben. Jſt die jenige ſpitzige Frag / welche Matth. XXI, 23. dem edeln und werthen Ertz-Hirten und Biſchoff unſerer Seelen / die Hohenprieſter / Schrifftgelehrten und Elteſten des Volcks vorgetragen / damal als Er der HErꝛ JEſus zu Jeruſalem eingeritten / den Meſſias-Segen / und Meſſias-Gruß / das Hoſianna angenommen / ſeinem Schaaf-Stall dem Tempel zu Jeruſa - lem ſtrack zu geritten / durch das Tempel-Thor hinein gegangen / an -L iijfangen86Die Sechstefangen zu lehren und zu predigen / zu reformiren und rumoren / die Kaͤuffer und Verkaͤuffer außgetrieben / die Wechſel-Tiſch umgeſtuͤrtzt / da tritt beſagter Außſchuß deß Synedrii und groſſen Raths zu Jeruſalem zuſammen / ſtellen Jhn zu Red / fragen und ſagen: Auß waſſer Macht thuſt du das. Matth. XXI, 23.

II. Quæſtio categorica, ein Klag-Frag / ein Anklags-Frag / in welcher ſie Jhn nicht undunckel anklagen und bezuͤchtigen eines Frevels / begehren er ſoll ſein vocationem legitimiren / ſein jus dociren / ſein Credenz-Schreiben auffweiſen / und anzeigen / wer Jhm die Macht ge - geben / ſo gethane Reformation anzuſtellen / werde Ers nicht koͤnnen / ſo werde Er der ſeyn muͤſſen und bleiben / fuͤr den ſie Jhn bißher gehalten / ein falſcher Prophet / Verfuͤhrer deß Volcks / Auffruͤhrer und Meutma - cher / ein ſelbſthergeloffener Wolff. Ja ein Dieb und Moͤrder / als der nicht durch die rechte Thuͤr der Prieſterlichen vocation eingegangen / Macht und Gewalt zu lehren nicht empfangen / ſonden ſelbſt genommen.

III. Quæſtio reſponſione eliſa, eine Frag welche der Herr be - antwortet / zwar damal und daſſelbe obſcurè dunckel und nicht lauter / wann Er als ein trefflicher Diſputator ſie mit einer anteroteſi und Ge - gen-Frag verſtrickt und abfertiget / und begehrt von ihnen zu wiſſen / von wannen Johannis Tauff und Lehr-Ampt geweſen / vom Himmel oder von den Menſchen / von bloſen Menſchen doͤrffen ſie nicht ſagen auß Furcht deß Volcks / welches Jhn fuͤr ein Propheten gehalten / darum waren ſie in ihrem Gewiſſen uͤberwieſen / λόγῳ ἔσω, daß ſie vom Himmel. Nun hat Johannes von Chriſto gezeuget / daß Er von Gott geſandt / daß Er GOttes Sohn / Joh. I, 34. vom Himmelherab von oben her kom - men / Joh. III, 31. gar heuter aber hell und klar hat Er auff fuͤrgelegte Frag geantwortet / in dem Commentario, den Er uͤber den XXIII. Pſalmen gemacht / und dieſen Pſalm das groſſe Heiligthum / mit dem Evangelio Johannis / als eine monſtranz mit einem guͤldenen Stuͤck gezieret / wann Er das X. Capitel Johannis mit dieſen Worten angefangen und geſagt: Der habe Macht und Recht zum Schaaf-Stall / er ſey der rech - te Hirt / der zur rechten Thuͤr eingehet. Wer nicht zur Thuͤr hinein ge - het / ſondern ſteiget anders wo hinein / der iſt ein Dieb und Moͤrder. Jch bin der rechte und echte Hirt / der zur rechten Thuͤr hinein gegangen / ihr aber ſeyd nicht zur rechten Thuͤr eingegangen. Wann zum Exempel je - ner edle Boͤßwicht Cuntz von Kauffen Anno 1455. zu Altenburg bey eiteler Nacht in Abweſen deß Churfuͤrſten Friderici das Schloß mitLeitern87Predigt. Leitern erſtiegen / durchs Fenſter hinein / und nicht durch die Schloß - Port / in die Kammer kommen / da Erneſtus und Albertus, zween junge Printzen geſchlaffen / ſie erhoben / in den Boͤhmer Wald verfuͤhret / was war der anders als ein plagiarius ein Menſchen-Dieb und Moͤrder / der - gleichen waren auch die Hohenprieſter / Schrifftgelehrten und Elteſten im Juͤdiſchen Volck. Jch aber bin zur rechten Thuͤr hinein gegangen: Wer nun zur rechten Thuͤr hinein geht / der iſt der rechte Hirt der Schaa - fe / der bin ich / und wils erweiſen. Ja nicht nur Hirt / ſondern auch die Thuͤr ſelbſt. Alles auff Art und Weiß / wie wir anjetzo mit mehrerm vernehmen wollen. Dann nachdem wir bißber in gruͤndlicher Tracta - tion der hoch-troͤſtlichen Schaͤfferey Davids gehabt den Hirten / des Hirten Schaaf / des Schaafs Schaaf-Stall / des Schaaf-Stalls ge - meine Thuͤr / dadurch die Schaaf auß - und eingehen / alſo folget / daß wir beſehen oſtium paſtoris, die Thuͤr des Hirten / unum idemque, non ἄλλο ſed ἀλλοῖον, dadurch Er zuvorderſt der groſſe Hirt eingegangen / und nachmalen alle Unter-Hirten ſecundirt. Gott gebe ſeine Gnad / Amen.

SO iſt nun / Geliebte in Chriſto / die groſſe rare und wunderbare Perſon / Chriſtus der Welt-Heyland nicht allein der rechte Hirt / der durch die rechte Thuͤr eingehet / ſondern auch die Thuͤre ſelbſt / wie Er ſolches bejachzet mit einem doppelten War - lich: Warlich / warlich ich ſage euch: Jch bin die Thuͤr zu den Schaafen / alle die vor mir kommen ſind / die ſeind Diebe und Moͤrder geweſen / aber die Schaafe haben ihnen nicht ge - horchet: Jch bin die Thuͤr / ſo jemand durch mich eingehet / der wird ſelig werden / und wird ein - und außgehen und Wey - de finden. Joh. VIII, 7. 8. 9. Jch bin die Thuͤr zu den Schaafen / nicht nur die Thuͤr der Schaafe zum Hirten / durch welche ſie zu ihrem Hirten gelangen moͤgen / ſondern auch die Thuͤr der Hirten zu den Schaafen. Und demnach bin ich perſona quæ janua, aber τὸ quo iſt λόγος προφητι - κὸς, durch welches er zu einem Hirten authentiſirt und authoriſiret wird / und iſt zu wiſſen / daß hie durch die Perſon / die Lehr / Wort und Zeugnuͤß / ſo von Jhm erſchollen / verſtanden werden metonymicè, heißt demnach Chriſtus ſo viel als das Zeugnuͤß von JEſu / das Wort GOttes / das feſte Prophetiſche Wort / das iſt die Thuͤr / durch welche der Herr einge - gangen / und ein jeder rechtſchaffener Hirt eingehen muß / maſſen nichtallein88Die Sechsteallein ſolche metonymia in der H. Schrifft fundirt / Luc. XVI, 29. Act. XV, 21. ſondern es hat es auch alſo die uralte reine und rechtglaubige Kirch gloſſiret und verſtanden / und namentlich der Biſchoffliche Pa - triarch Joh. Chryſoſtomus Hom. 58. in Joh. p. 277. meritò oſtium vo - catur Scriptura Sacra, quæ oves cuſtodit, lupos arcet, qui non per hanc ingreditur, lupus eſt. Theophylactus ſtimmet mit zu ad Joh. X. p. 706. διὰ τῆς ϑύρας του̃τ᾽ ἔϛιν διὰ τῶν γραφῶν, ϑύρα αἱ γραφαὶ. Luthe - rus Tom. IV. Jen. Comm. in Gen. VI. p. 50. Jch nemme dieſe Gloſſ an / als der Schrifft nicht ungemaͤß. Es erfordert aber auch dieſen Ver - ſtand die Analogia mit dem Hirten-Ampt / dann was hat dorten Gen. XLVII. den Bruͤdern Joſeph den Paß in die Schmaltz-Grub deß Lan - des Goſen gegeben? Welches war die Thuͤr dadurch ſie die Gnad be - kommen / daſſelbe zu occupiren? Ein Wort hats gethan / ein Koͤniglich Macht-Wort / Paß-Wort / und Credentz-Brieff. Wann der Koͤnig Pharao zu Joſeph ſagt: Laß ſie wohnen im beſten Land / im Land Goſen / und ſo Leute unter ihnen tuͤchtig / ſo ſetze ſie uͤber mein Vieh / dieſes Paß - Wort hat ihnen Thuͤr und Thor Angelweit auffgethan / durch dieſes Wort ſind ſie eingangen / geſchalten und gewalten. Jſt alſo auch das feſte Prophetiſche Wort / und namentlich das Koͤnigliche Wort Davids Pſ. XXIII. Dieſelbe Thuͤr / dadurch der groſſe Ertz-Hirt / der HErꝛ Meſſias in ſeinen Schaaf-Stall eingegangen. Gott der H. Geiſt / der durch David geredet / mich ein Hirten genennet / zu mir iſt das Wort GOttes geſchehen. Ergò ſo hab ich ἐξουσίαν, das Thuͤr-Recht / ich bin berechtiget hinein zu gehen / trotz dem der mir ſolt wehren. Maſſen der H. Geiſt ſelbſt ſolchen Verſtand auß beſagtem Pſalmen geſponnen / ge - ſogen und gezogen / wer demnach durch dieſe Thuͤr eingehet / der hat Macht zu lehren und reformiren / ich bin durch das Prophetiſche Wort autori - ſirt / legitimirt / befugt und berechtiget.

In ſpecie aber und inſonderheit wird durch das rechte Paß-Wort als die Thuͤr deß Schaaf-Stalls verſtanden. I. Verbum conſecrationis & unctionis, das Salb - und Weih-Wort / durch welches er inveſtirt / einge - weihet und eingeſegnet worden. Solten die Bruͤder Joſeph das Hirten - Ampt verſehen / ſo mußten ſie Teſtimonium donorum haben / daß ſie taugliche Leute waͤren. Gleichwie David / den Gott der Heilige Geiſt von den Schaafen genommen / und zu einem geiſtlichen verbluͤmten Hir - ten ſeines Volcks gemacht. Pſ. LXXVII. 70. 1. Sam. XVI. ſo bald ge - rieth der Heilige Geiſt uͤber ihn. 1. Sam. XVI, 13. er wurde ein andererMann /89Predigt. Mann mit heroiſchen Ampts-Gaben außgeruͤſtet / in groſſer maß / mit Weißheit / heroiſchem Muth und Heldenſtaͤrck. Alſo mußte auch der Ertz-Hirt geſalbet werden / mehr als David / und andere ſeine Geſellen / mit unermaͤßlicher Weißheit / unendlicher Allmacht / unerſchaͤtzlichem Reichthum / mit der Cron der Goͤttlichen Tugenden und Regalien. Von ſolchen zeuget nun das Prophetiſche Wort Pſ. XLV. O Gott / O Jmmanuel / O Jchovah / Herr und Hirt / dein Gott und Vater hat dich geſalbet / verehrt / geſchmuͤckt mit dem Freuden-Oel / das iſt / mit dem Heiligen Geiſt. Eſa. LXI, 1. Der Geiſt des HERRN HERRN iſt uͤber mir / darum hat mich der HERR geſal - bet / er hat mich geſandt / den Elenden zu predigen / die zer - brochene Hertzen zu verbinden / zu predigen den Gefangenen eine Erledigung / den Gebundenen eine Oeffnung. Worauß dieſe unauffloͤßliche Schluß-Rede folget. Welche Perſon von Gott dem Vater ſelbſt zu einem Meſſia / Ertz-Hirten und Biſchoff inveſtirt und eingeweihet / mit unermaͤßlichen Gaben geziert und außſtaffiert worden / dieſelbe geht in den Schaaf-Stall durch die rechte Thuͤr / iſt der rechte Hirt der Schaafe. Nun hat die Sonn / ſo lang ſie am Him - mel laufft / keine ſolche Perſon geſehen / wird auch keine ins kuͤnfftige geſehen werden / die zum Hirten-Ampt ohne Maß geſalbet worden / ohne den JEſum von Nazareth. Ergò iſt JEſus von Nazareth in den Schaaf-Stall durch die rechte Thuͤr eingegangen &c. Der Vorſatz iſt das feſte Prophetiſche Wort / das nicht luͤgen noch truͤgen kan / den Nachſatz hat Chriſtus ſelbſt auff ſich gezogen Luc. IV, 16. Und JEſus kam gen Nazareth da Er erzogen war / und gieng in die Schul nach ſeiner Gewonheit am Sabbath-Tage / und ſtund auff und wolte leſen / da ward Jhm das Buch des Propheten Eſaiaͤ gereicht / und da Er das Buch rum̃ warff / fand Er den Ort da geſchrieben ſteht: Der Geiſt des HERRN HERRN iſt bey mir / darum Er mich geſalbet hat / und geſandt zu verkuͤndigen das Evangelium den Ar - men / zu heilen die zuſtoſſene Hertzen / zu predigen den Ge - fangenen / daß ſie loß ſeyn ſollen / und den Blinden das Ge - ſicht / und den Zuſchlagenen / daß ſie frey und ledig ſeyn ſol - len / und zu predigen das angenehme Jahr des HERRN / und da Er das Buch zuthaͤt / gab Ers dem Diener und ſatzteNeunter Theil. Mſich:90Die Siebendeſich: und aller Augen / die in der Schul waren / ſahen auff Jhn: Und Er fieng an zu ſagen zu ihnen: Heut iſt dieſe Schrifft erfuͤllet fuͤr euren Ohren. Als wolt Er ſagen: Kund und offenbar ſey maͤnniglich / daß ich dieſelbe Perſon bin / von deren der Prophet in dieſen Worten geweiſſaget. Es hat dieſen Nach-Satz fer - ner erhaͤrtet nicht nur Petrus. Act. X, 38. GOtt hat JEſum von Nazareth geſalbet mit dem Heiligen Geiſt und Krafft / der iſt umher gezogen / und hat wol gethan und geſund gemacht / alle die vom Teuffel uͤberwaͤltiget waren / dann GOtt war mit Jhm. Nicht nur ein Engel des Liechts / der in der Warheit be - ſtanden. Luc. II, 11. Euch iſt heute der Heyland gebohren / welcher iſt Chriſtus / der Geſalbte / damal ſchon in Mutterleib / durch die ἐϖέλευσιν und Uberkunfft des Heiligen Geiſtes / ſondern es hats auch der Tag ſelbſt geredet / ſeine Predigten / die Er gethan / haben es erwieſen / wann ſich uͤber dieſelbe jederman entſetzet: Er lehrte gewaltiglich. Matth. VII, 29. Es hatte alles Haͤnd und Fuͤſſe / Er hat den Saddu - ceern das Maul geſtopfft. Matth. XXII, 23. Marc. I, 27. c. VI, 2. 3. Joh. VII, 46. Es hat nie kein Menſch alſo geredet / wie dieſer Menſch. Da behuͤte Gott vor / daß wir an einen ſolchen Menſchen Hand anlegen ſolten / die unerhoͤrte miracula und Wunderwerck haben ja allen Menſchen in die Augen geſchienen / daß ſie faſt alle der Warheit haben muͤſſen weichen und außruffen: Digitus DEI hic: Das iſt GOt - tes Finger. E. Wo ſolche Wunder-Gaben / da iſt der Goͤttliche Be - ruff und das Recht zu lehren.

II. Verbum ordinis & vocationis externæ: Es hatten zwar die Bruͤder Joſeph die gute Gaben / die Koͤnigliche Schaafe zu verwalten / ſie habens von Jugend auff gelernet / ſie haben anſche chayl, dadurch hatten ſie jus ad rem, den Wolff zu ermeiſtern / aber noch nicht jus in re. Solten ſie aber in den Schaff-Stall eingelaſſen werden / ſo muß - te das verbum vocationis ſie bekraͤfftigen. Alſo iſt Chriſtus ſchon in Mutterleib darzu tuͤchtig gemacht worden / in Jhme waren dazumal al - le Schaͤtze der Weißheit und Erkaͤnntnuͤß verborgen gelegen / ſein Leib war der Tempel / in welchem die Fuͤlle der Gottheit leibhafftig gewoh - net / und hatte alſo dazumal ſchon vocationem internam & chariſma - ticam den innerlichen Gaben-Beruff empfangen. Er hat deſſen Stra - len herfuͤr leuchten laſſen in dem zwoͤlfften Jahr ſeines Alters; aber Erprangt91Predigt. prangt nicht damit / Er wartet der Zeit / die von Gott beſtimmt / biß ins dreiſſigſte Jahr ſeines Alters / da kam das Wort deß Herrn zu Johanne / da wird Er inaugurirt / per teſtimonium trium teſtium, ſolenniter und ſonderlich am Jordan beym eroͤffneten Himmel / in groſſer ſolennitaͤt und frequenz des Volcks. Nachmals auff dem heiligen Berg / und drittens Joh. XII, 27. 28. Jetzt iſt meine Seele betruͤbt / und was ſoll ich ſagen? Vater hilff mir auß dieſer Stunde / doch darum bin ich in dieſe Stund kommen / Va - ter verklaͤre deinen Nahmen. Da kam eine Stimme vom Himmel: Jch habe ihn verklaͤret / und wil ihn abermal ver - klaͤren. Darum Er als der groſſe Prophet bezeichnet und verſiegelt / als der Biſchoff ordiniret und eingeweihet / als der Doctor gekroͤnt / das Doctor-Paret auff geſetzt und offentlich proclamirt worden: Dann wie nach altem Gebrauch der Hebreer / dero Rabbini, Doctores und Lehrer haben muͤſſen mit gewiſſen Ceremonien offentlich durch Gebet und Hand-Aufflegung / mit Begleitung gewiſſer Wort inauguriret werden. Dergleichen auch noch in Chriſtlichen / Kirchen und Schulen uͤblich daß offentliche Doctores, Lehrer / Prediger / Pfarꝛherren ordinirt / und durch Wort und Gebet eingeweihet werden. Alſo (ſchreibt Luther. Tom. II. Isleb. p. 421.) Jſt auch Chriſtus der groſſe Prophet eingeweihet / als der Biſchoff und Ertz-Hirt ordinirt / als der groſſe Doctor und Koͤnig von Jſrael geſalbet und gekroͤnet worden: ſein Brabeuta und Promotor der Himmliſche Vater / hat Jhm das Pareth oder Doctor-Huͤtlein und Cron auffge - ſetzt / nemlich den H. Geiſt / und oͤffentlich proclamirt / einmal in tertia perſona, dieſer iſts / und dann in ſecunda, Dieſer iſt mein lieber Sohn. &c.

III. Verbum profeſſionis, ſeu doctrinæ, Prob-Wort / Prob - Predigt / das Werck lobt den Meiſter. Wann Jacob ſeine Schaafe treulich weydet und leitet / des Tags verſchmachtet vor Hitz und des Nachts vor Froſt / und ließ kein Schlaff in ſeine Augen kommen / Da - vid dieſelbe ſchuͤtzet / und das Schaaf dem Loͤwen und Baͤren abjagt / ſo iſt das ein Zeugnuͤß à poſteriori, daß Er die Macht empfangen / daß ſein vocation juſt / niemand kan etwas gutes thun / es werde ihm dann gegeben. Joh, III, 27. Die Fruͤchten zeugen von dem Baum / kan man auch Trauben leſen von den Dornen / oder Feigen von den Diſteln. M ijAlſo92Die SiebendeAlſo ſolche Fruͤchten / qui benè cocti, ſapidi, ſafftige / ſuͤſſe / wolge - ſchmackte Fruͤchten / die riechen nach ihrem Urſprung und Wurtzel / demnach fructus ἐυγενει̃ς, edle Fruͤchten / ſymphonici, σύμφωνα ταῖς γραφαῖς, ſolche Fruͤchten die da fuͤhren zu einem heiligen Leben und Wandel / die auß der Lehre ſelbſt herflieſſen / die da kraͤfftigen und ſaffti - gen Troſt geben koͤnnen in aller Anfechtung / Creutz und Verſuchung / die den Menſchen ſelig machen / dadurch er den Vorſchmack der Selig - keit geneußt / wer eingeht zu dieſem Hirten / der wird Weyde finden / ſi - cher auß - und eingehen / Leben und volle Genuͤge haben / ja ewig ſelig wer - den. Maſſen ſolche Krafft der Lehr Chriſti empfunden nicht nur ſeine Juͤnger / deren einer ſagt. Joh. VI, 68. Du haſt Wort des ewigen Lebens. Luc. XXIV, 32. Brandte nicht unſer Hertz in uns in Goͤttlichem Liecht und Liebes-Feur / ſondern auch die Feinde ſelbſt / Joh. III, 2. Meiſter wir wiſſen (ſpricht Nicodemus) daß du biſt ein Lehrer von GOtt kommen / dann niemand kan die Zeichen thuͤn / die du thuſt / es ſey dann GOtt mit ihm. Matth. XXII, 16. Meiſter / wir wiſſen daß du warhafftig biſt / und leh - reſt den Weg GOttes recht. Bleibet alſo dieſem allem nach GOttes Wort die H. Schrifft / das feſte Prophetiſche Wort / das Weih-Wort / Beruffs-Wort / Lehr-Wort. Diß iſt 1. Janua vera, dadurch ein jeder rechtſchaffener Hirt muß eingehen / ſein liturgiam und Ampts-Geſchaͤfft legitimiren / Chriſtus ſo fern derſelbe im Wort bezeu - get / nemlich durch das Prophetiſche Wort / iſt Er durch die warhaffte Thuͤr eingegangen / in den Schaaf-Stall. Welche monſtranz in die - ſem guͤldenen Stuͤck erſcheint / iſt juſt und gut: Solcher maſſen muͤſſen wir nun unſern Hirten concipiren / anſehen / erkennen lernen / nicht muͤde und uͤberdruͤſſig werden uͤber deſſen Lehr / daran das ewige Leben hafftet / auch das geringſte nicht zu uͤbergehen / darinnen das ewige Leben beſte - het / davon wir immer ohne Verdruß in der Ewigkeit reden und ſprachen werden / wie Moſes und Elias. Wuͤrden wir Chriſtum recht lieben / wir wuͤrden nimmer ſatt werden von Jhm zu hoͤren und zu reden. Dann ja Chriſtum lieb haben / viel beſſer iſt dann alles wiſſen. Eph. III, 19.

Janua optima, ſie ſcheidet Wolff und Hirten von einander / wo die Schrifft unverſehrt bleibt / wo man Achtung hat auff das Prophetiſche Wort / da kan weder Teuffel noch ſeine Schuppen einbrechen / auſſer die - ſer Thuͤr iſt kein Heyl / wie auſſer der Thuͤr Noaͤ am Kaſten in derSuͤnd93Predigt. Suͤndflut / wie auſſer der Thuͤr am Hauſe Loths / der Kinder Jſrael in Egypten lauter Mord und Tod.

Janua unica, nicht nur Exochicè, weil ſie die Thuͤr des groſſen Hir - ten der Schaafe und Archiepiſcopi des Ertz-Biſchoffs unſerer Seelen / von dem alle Hirten dependiren / als der Idea. Gleich wie mich mein Vater geſandt hat / alſo ſende ich euch auch. Joh. XX, 21. Wie Er mich durch ſein Wort inveſtirt / beruffen und bezeugt / alſo wer mein Hirten-Knecht ſeyn wil / der muß durch die rechte Thuͤr eingehen / der Balſam / der auff mein Haupt gegoſſen / ſoll auch auff den Ehrwuͤr - digen Mund flieſſen. Die Tropffen die χαρίσματα, die Furcht Gottes / das Liecht der Weißheit / Glaub und Lieb / behertzter Mund / das kraͤfftige und durchdringende Lehr-Straff - und Troſt-Wort ſollen auff dieſelbe fallen. Aber auch excluſivè. Warlich / warlich ich ſage euch / wer nicht durch dieſe Thuͤr eingehet / der iſt ein Dieb und Moͤrder / er mag ſonſt vor der Welt in foro ſoli ſo hoch geſchoren und gehalten ſeyn / als er wolle / ſo iſt er doch coram Deo, ſeiner Politiſchen Ehr nichts benommen / ein Dieb und Moͤrder. Darum auch alle die vor mir kommen ſind / die ſeind Diebe und Moͤrder geweſen. Joh. X, 8. σκληρὸς λόγος? iſt ſchier ein hartes Wort / das Saltz iſt ſchier zu ſcharff / der Bann-Stral zu grob / aber ein wahres Wort / wie / ſeind dann Moſes und die Prophe - ten / die vor Chriſto geweßt / und ihr Ampt verrichtet / Diebe und Moͤrder geweſen? Das ſey fern: Chriſtus verſtehet nicht das ante temporis, ſondern das ante cauſæ. Alle die vor mir / das iſt / ohn von mir / auſ - ſer mir / als der rechten Thuͤr. Sicut in hymno aſcenſionis. Vorhin wars alles verſchloſſen / id eſt, ohn Jhn. Darum ſagt Er nicht: Alle die vor mir geweſen / die vor mir geſalbet und geſandt worden / ſondern kommen ſc. von ſich ſelbſt / ungeladen / unberuffen / die ſind Dieb und Moͤrder / ihrer weltlichen Ehr nichts benommen / die Phariſeer waren honoratiſſimi, deren Wort viel gegolten. Er meynet eigentlich die Phariſeer / die durch kein Prophetiſche Schrifft autoriſirt / die als Son - derlinge einen ſonderbaren ſtrengen Orden geſtifftet / ſie ſeind allererſt zun Zeiten der Maccabeer jung worden / wer hat ſie es geheiſſen. Die Sad - duceer / die von Sadoco Antigono entſtanden / und kein Credentz-Brieff auffweiſen koͤnnen. Die Hoheprieſter / die laͤngſt von ihrer Ordinantzvid. Crell. Concord. pag. 780. abgeſprungen / von Rechtswegen ſolten ſie perpetui ſeyn / und einer das Ampt verwalten / ſo lang er lebte. Num. XXXV. Aber Ehrgeitz hat den Wechſel erdacht / man hat Narren uͤber die Eyer geſetzt / die præſides ha - ben mit dieſer Weyde geſpielet nach Belieben.

M iijἈρχιερο -94Die Siebende
Ἀρχιεροσήνη confundebatur, imò tanquam pila à præſidibus & Herode jacta - batur. vid. Joſeph. l. 18. 4. l. 20. 18. tandem deventum, ut cùm ſortitò (ſic enim quandoque ludebatur) Pontificatus incidiſſet in Phanniam homi - nem plebejum & ruſticum, neſcium quid eſſet αρχιεροσήνη δι᾽ ἀγροικίαν? à zelotis invitum rure avulſum, & velut hiſtrionem perſonatum in thea - trum adductum & coactum ſuſtinere ſummam dignitatem, cui tanquam in - fanti in horam admoti pædagogi, à quibus moneretur, quid facto opus, & quomodo ſcenæ ſerviendum. Joſeph. l. 4. 5.

Die Schrifft-Gelehrten waren Schrifft-Verkehrer. Lauter Pflantzen / die Gott der Himmliſche Vater nicht gepflantzet / und wie Chriſtus re - det / Menſchen-Dieb und Seelen-Moͤrder.

Wollen wir nun abermal M. L. eine luſtration, ſequeſtration und Muſterung anſtellen / wollen wir durch alle heutige Religionen durchge - hen und fragen / aber mit beſſerer intention, als dorten die Phariſcer / auß waſſer Macht thuſt du das / wer hat dir die Thuͤr zum Schaaf-Stall geoͤffnet / wer hat dich auff die Cantzel geſtellt / an den Altar befoͤrdert / ſo wird ſich bald befinden / wer Hirt oder Wolff / wer Hund oder Leitſch / wer Seelen-Waͤchter oder Seelen-Moͤrder ſeye / zu geſchweigen Carol - ſtadii und ſeiner himmliſchen Propheten / der Quaͤcker und Zitterer / der Schwaͤrmer und Enthuſiaſten, die kein Wort / kein Gaben / kein Ord - nung in acht nehmen. Gott ſey Danck / daß wir von ſolchen Geiſtern nichts wiſſen: So fragen wir demnach im Roͤmiſchen Babylon derſel - ben Ertz-Hirten den Roͤmiſchen Pabſt / die Cardinaͤl / Muͤnchen-Orden / und Meß-Prieſter / auß waſſer Macht thut ihr das / wer hat euch das ge - heiſſen / da iſt kein Schrifft vorhanden / ſie weiß nichts davon. Epheſ. IV. ſolte es exprimirt worden ſeyn. Aber Paulus ſchweigt mauß ſtill da - von. Es mangelt zwar ihnen an ſchmieren / oͤhlen und balſamiren nicht / aber wo ſeind die χαρίσματα? das Liecht iſt ein Jrꝛwiſch / die Wort ſind gifftige Schlangen-Wort / der Muth iſt fleiſchlich / die miracula ſeind luͤgenhafft / lauter Unkraut / das der Himmliſche Vater nicht gepflantzt. Sie prangen zwar mit der Prieſterlichen Succeſſion und Praͤlatiſchen Vocation, aber anders nicht / als wie ein Wolff den andern zu ſeiner Beute einladet / die Fruͤchten ſeind Dorn und Diſteln / Sicherheit und Verzweifflung.

Fragen wir Calvini Diſcipul. Unde vos? Wie ſeyd ihr in den Schaaf-Stall kommen? Antwort durch die Thuͤr der meiſterloſen Ver - nunfft / und dero Sinnbild das abſolutum decretum: Nach welcher ſich die Schrifft muß draͤhen laſſen. Die natuͤrliche Gaben moͤgen offt - mal gut ſeyn / aber es iſt Wolffs-Gifft mit eingemengt / die boͤſe Muckenverderben95Predigt. verderben die gute Salb / die Fruͤchten ſeind Sicherheit und Verzweiffe - lung. Mit dem Beruff iſts mehrertheil ſo beſchaffen / wie Johannes ſagt: Sie ſeind von uns außgegangen / aber ſie waren nicht von uns / dann wo ſie von uns geweſen waͤren / ſo waͤren ſie ja bey uns blieben. 1. Joh. II, 19. Maſſen wir deſſen ein Exempel uͤber alle Exempel haben an Joh. Jacobo Grynæo, an dem klar und wahr worden die Propheceyung Pauli Act. XX, 30. Auß euch ſelbſten werden auffſtehen Maͤnner / die verkehrte Lehre reden / die Juͤnger an ſich zu ziehen. Joh. Jacob. Grynæus war ein Schweitzervid. Melch. Adam. p. 868. von Bern / zu Baſel ein Diſcipul Simonis Sulceri orthodoxi, eines Gotts-gelehrten Theologi, zu Tuͤbingen D. Heerbrands, allwo er auch Doctor worden. Aber hernach iſt er außgegangen in den Calviniſmum, denſelben unter dem Schaaf-Peltz der Pietaͤt / Freundlichkeit / Liebe der Einigkeit / Demut und Sanfftmut meiſterlich wiſſen zu verbergen / biß er Lufft bekommen / von dem Pfaͤltziſchen Adminiſtratore Caſimiro nacher Heidelberg beruffen / die gantze Pfaltz deformirt / in Baſeliſchen Kirchen Calviniſche Lehr eingefuͤhrt / die Ober-Marggraffſchafft Roͤteln ange - ſteckt / Colmar durch ſeine diſcipul faſcinirt. Quod cuiquam accidit, poteſt cuivis: hæc foris, bey denen die drauſſen ſeind. Wolte Gott / daß es auch in Zion beſſer hergieng! Wer aber die Experienz erweget / wer ſich in der Welt umgeſehen / der wird viel ſchlimme Thuͤren antref - fen / durch welche liederliche Leute eingeſchlichen / per januam genitivam, durch Verwandſchafft / Schwiegerſchafft / Vettern und Baͤſeln / durch welche mancher ungeſchickter / unerfahrner / laſterhafftiger Menſch / ein - kommen / und eingebettelt worden / da heißt es bey den promotoribus, das Hembd ligt mir naͤher als der Rock / dann ob ſchon Verwandſchafft nicht ſoll hindern / wann gute Gaben vorhanden / ſoll ſie doch nicht allein befoͤrdern / per januam dativam, das ſchoͤne Fruͤchtlein die Simoniam, per januam accuſativam, die andere durch falſche Anklagen calumni - ren / figmenta, adulation, Fuchsſchwaͤntzen / Verraͤtherey außbeiſſen / und auß dem Sattel heben: Per ablativum violentiæ, per viam frau - dulentiæ, viam intempeſtivam, dieſe alle haben ihren Titul auß dem wahren Mund Chriſti / ſie ſeyen Dieb und Moͤrder.

Wollen ehrliche / redliche Pfarꝛ-Werber und Studioſi dieſen Nah - men als Schandflecken nicht auff ſich haben und tragen / ſo ſeyen ſie bey Zeiten geſinnet / wie JEſus Chriſtus auch war / Philip. II. ob Er wol mitherꝛli -96Die Siebendeherꝛlichen unermaͤßlichen Gaben / Verſtand und Weißheit gezieret / doch wartet Er der Zeit in Demut / es ſeind die Thuͤren zum Schaaf-Stall gemeiniglich nieder und eng / wer hinein wil / der muß ſich tieff buͤcken und ſchmuͤcken / neigen und beugen / nicht in Neid / Haß / Zanck / Zorn / Eiffer ein und andern verſtoſſen / ſondern der Demut / ſonderlich der Furcht Gottes ſich befleiſſen / und durch ein wuͤſt / unordentlich / aͤrgerlich Leben und Wandel die Thuͤr und Paß nicht ſelbſt verſchlagen / muß man gleich lang warten / Chriſtus mußt auch warten biß ins dreiſſigſte Jahr ſeines Alters / es iſt doch noch keiner dahinden blieben. Es ſcheint / es meyne es der Ertz-Biſchoff gar gut mit ſeiner Kirchen / wie die Sonn auff den Abend / ehe ſie nieder geht / hell ſcheint / und in klarem Liecht pran - get / alſo auch noch vor der Welt Ende ein helles Liecht auffgehen wuͤrde / die Schrifft heller zu erklaͤren / die ſtarcken Speiße wol zu kochen / die cruda ſtudia in benè cocta zu verwandeln / die Seelen-Artzney zu præ - pariren / die caſus conſcientiæ, zum Unterſcheid des Boͤſen und Guten auffzuloͤſen / und die adverſarios zu uͤberwinden. Aber da gehoͤret Zeit zu und Auffzug / das verſtehen unſere Currenten letz / eilen durch die Po - ſtillen zur Hauß-Poſtill / legen ſich hernach auff die faule Seit / Gott behuͤt / daß es nicht theur werde wie Anno 35. 36. da die Peſt viel dapf - fere Maͤnner hingeriſſen / und man nicht Leute gnug gehabt / das Semi - narium zu beſtellen / da mancher redlicher junger Menſch / der mit der promotion uͤbereilt iſt worden / die Tag ſeines Lebens daruͤber geklagt. Gott ſey Lob und Danck / der noch ſolche Hirten beſchehrt / die durch die rechte Thuͤr eingehen / und das Zeugnuͤß haben der unction, der innern vocation, die durch die trimeſtria examina probirt / deren vocation in allen Stuͤcken richtig / die gute und loͤbliche Proben gethan / das Gegen - theil ſelbſt bekennet / es ſey zwar gut im Pabſthum leben / aber uͤbel drinn ſterben / wer ſelig ſterben wil / der muß Lutheriſch ſterben.

Wie nun ſchließlich Lehrer und Prediger / die in ihrem Hertzen ver - ſichert / daß ſie durch die rechte Thuͤr eingegangen in allen Stuͤcken ein groſſen Troſt haben in allem Ungluͤck und Unfall / dann wer wil dem helffen / der an ſeinem Ampt verzagt / Syr. X, 32. und ſich Goͤtt - lichen Schutzes zu verſichern: Taſtet meine Geſalbten nicht an / und thut meinen Propheten kein Leyd. Pſalm. CV, 15. Taſtet nicht an / hie ἀσνλία und ſalva guardi, meinen Propheten / meinen Mund-Botten / die ſo fern ſie GOttes Mund außſprechen / λόγια ὡς λόγια Θεου̃, Gottes Wort als Gottes Wort / und ſich verſichert im Hertzenmit97Predigt. mit Chriſto ſagen koͤnnen / habe ich recht geredt / warum ſchlaͤgſtu mich / hab ich aber unrecht / ſo beweiſe es. Alſo haben im gegentheil Zu - hoͤrer als geiſtliche und vernuͤnfftige Schafe zuvorderſt zu zuſehen / daß ſie recht ſequeſtriren / es kan die Zeit kommen / daß das ſcheiden wird von noͤthen ſeyn / da ſollen ſie ſich huͤten fuͤr dem Wolff / Dieben und Moͤr - dern / und wie Chriſtus redet / ihm nicht gehorchen. Lieben im gegen - theil und mit Danck annehmen / die rechte geweyhete / und ihnen gehor - chen. Hebr. XIII, 17. Gehorchet euern Lehrern / in ihren Schrifftmaͤſſi - gen und getreuen Lehren und Vermahnungen / warnen und ſtraffen / und folget ihrem Exempel / dann ſie wachen uͤber euere Seelen / als die da Rechenſchafft dafuͤr geben. Wird eine Seele verlohren / ſo muͤſſen ſie es an ihnen ſelbſt bezahlen / und durch connivenz um frembder Suͤnden willen verdampt werden / auff daß ſie das mit freuden thun / mit aller Freudigkeit und ungebundener παῤῥησίᾳ, und nicht mit ſeuff - zen / dann das iſt euch nicht gut / ἀλυσιτελὲς, es nimmt endlich ein boͤſes End / wann man den Zoll abrichten muß / es laͤſt ſich uͤbel fahren / wann Noah mit ſeuffzen / Loth mit Qual ſein Ampt thun muß / ſo heißts endlich / vor der Thuͤr iſt draus. Gott zeichnet und ſchlaͤgt mit Blind - heit / daß man die rechte Thuͤr nicht finden kan: Der Herr ſchließt die Thuͤr an der Arch zu / daß die erſte Welt / die ſich GOttes Geiſt nicht wil ſtraffen laſſen / mit Leib und Seel verderben und umkommen muß / dafuͤr behuͤt uns lieber Herre Gott / Amen.

Die Achte Predigt / Von Dem Thuͤrhuͤter.

GEliebte in Chriſto. Gleich wie ein wolbeſtellte Thorwacht in einer Polieey / fuͤrnehmen Stadt / Fuͤrſtli - chem Schloß und Hauß / ein kluges / heilſames und Chriſt - liches Werck und Ordnung iſt und heißt / ſonderlich zu ge - faͤhrlichen Zeiten und Laͤufften und graſſirenden Seuchen / da auff Obrigkeitliche proviſion der Thuͤrhuͤter und Thor -Neundter Theil. Nwaͤchter98Die Achtewaͤchter die frembde ankommende Perſonen und Gaͤſte fleiſſig examinirt / zu Red ſtellt / und fragt. Unde? woher / von wannen? ſo von geſunden und unverdaͤchtigen Orten / ſo laͤſt er ſie hinein paſſiren / darinnen zu wer - ben / und ihre Geſchaͤffte zu verrichten / kommt aber der Reuter mit dem fahlen Pferd daher / mit ſeinen moͤrdlichen Pfeilen zu wuͤrgen / die Kin - der auff den Gaſſen / die Juͤnglinge auff den Straſſen / ſo weiſt er mit gu - ter diſcretion und Beſcheidenheit ab und zuruͤck. Jſt eine kluge provi - ſion, dann ein witziger ſiehet das Ungluͤck / und verbirgt ſich / aber ein allberer gehet durch und leidet Schaden. Proverb. XXVII, 12. Jſt eine heilſame Anſtalt: Sintemal mehrmalen geſche - hen / daß durch eine eintzige inficirte Perſon ein gantze Commun, Stadt und Land angeſtecket worden. Welchem Unheil fuͤrzukommen / kluge præſervativ, Wacht und Hut verordnet: Jſt auch Chriſtlich / wir ſind Chriſten / kein Heydniſche Stoiker / Mahometiſten / Fataliſten / unſer fatum iſt hypotheticum non abſolutum, anders als bey den Barba - riſchen thumkuͤhnen Tuͤrcken / die deren ſo an der Peſt geſtorben / Klei - der und Bettuͤcher anzuziehen / kein ſcheu tragen / ihr Angeſicht damit reiben / und ſagen: will Gott daß ich ſterbe / ſo muß es geſchehen / wo aberReinking. l. 3. p. 92. nicht / ſo kan mir auch das nicht ſchaden. Busbequius der weiland Kaͤy - ſerliche Ambaſſador an der Ottomanniſchen Pfort / als einsmals Zeit ſeiner Anweſenheit die Peſt und infection ſtarck daſelbſt eingeriſſen und graſſiret / und er den Ort und Lufft zu aͤndern / eine Nothdurfft ermeſſen / gleichwol ſolches ohn vorwiſſen und conſens des Tuͤrckiſchen Keyſers nicht thun moͤgen / dahero denſelben durch den Viſir Baſen / Ruſtan darum erſuchen und um Erlaubnuͤs anſprechen laſſen / der aber dem Busbequio ſolches verdacht / als wann er ein ſo ſchwachglaͤubiger Chriſt waͤre / und ſeinem Chriſto nicht zu trauete / daß er ihn in ſolcher Peſtilentz - gefahr zu Conſtantinopel nicht weniger als am andern Ort wol retten uñ erhalten koͤnte / die Peſt waͤre nichts anders / als GOttes Pfeile / die des vorgeſetzten Ziels nicht verfehlen / noch ein Menſch an einigem Ort ſich dafuͤr ſchuͤtzen und verbergen koͤnte / umſonſt unterſtuͤnde man ſich das zu vermeiden / was nicht zu vermeiden waͤre. Sein des Groß-Tuͤrcken eigener Pallaſt waͤre nicht rein von der infection, dannoch begehrte er ſein Reſidentz nicht zu verrucken. So waͤren auch die Tuͤrcken in der Mey - nung / daß einem jeden die Zeit ſeines abſterbens / und an was fuͤr einer Schwachheit er ſterben ſolte / von Gott fuͤr der Stirngeſchrieben ſtuͤnde: dahero ſie dero an der Peſt verſtorbenen Kleider und Bettuͤcher gar nichtmeide -99Predigt. meideten / ſondern damit das Geſicht reiben / ſagende: Jſt es Gottes will / daß ich an der Peſt ſterbe / ſo muß es geſchehen / wo nicht / ſo kan es mir nicht ſchaden. Was verſehen iſt / muß geſchehen / ita Luth. Tom. II. Witt. p, 576. Denn alſo glauben und ſagen die Tuͤrcken / es kan niemand ſterben / ſein Stuͤndlein ſeye dann kommen / daher ſeind ſie ſo toll und thumkuͤhne / und meynen ſie thun wol und fahren recht. Ja wahr iſts / was verſehen iſt / das ge - ſchicht: Aber mir iſt nicht befohlen / ſondern vielmehr verbot - ten / zu wiſſen was verſehen iſt: Weil ich nun nicht weiß / was verſehen iſt / ſo heißts GOTT verſuchen / wer auff ſolch ſein unwiſſen hinein faͤhret und verdirbt. Mir iſt gebotten / daß ich wiſſen ſoll / was zu thun ſey / und darum iſt ſein Wort uns gegeben / daß wir wiſſen ſollen / was wir thun ſollen / und nicht thun / was wir nicht wiſſen / ſondern daſſelbe GOTT heimſtellen / und uns unſers Befehls / Beruffs / Ampts hal - ten / GOtt wirds wol und wils allein wiſſen was verſehen iſt / du ſolts nicht wiſſen. GOTT hat dir ſein Wort und Gebot gegeben / du ſolt nicht toͤdten / conſequenter weder dich noch deinen Nechſten / in Gefahr deß Todes begeben und ergeben / im uͤbrigen laß GOTT regie - ren und walten.

Gleich wie / ſag ich / beſagte Thorwacht und Thuͤrhut ein kluge / heil - ſame und Chriſtliche Ordnung und Anſtalt iſt: Alſo hat auch Chriſtus ſeine geiſtliche Thorwacht / weißlich / herꝛlich und loͤblich beſtellt: Jſt nicht weniger ein heilſame und loͤbliche Thorwacht / die jenige geiſtliche / welche Chriſtus ohne in ſeinem Commentario Joh. X. in dem XXIII. Pſ. ge - funden und geſogen / wann er unter andern eines Thuͤrhuͤters gedencket / und ſagt: Wer zur Thuͤren hinein gehet / der iſt der Hirt zu den Scha - fen / und dem thut der Thuͤrhuͤter auff / conſequenter ex oppoſito, wer zur rechten und aͤchten Thuͤren nicht hinein gehet / ſondern als ein Dieb und Moͤrder kommt nur zu ſtehlen und zu wuͤrgen / wer unberuffen da - her trollt / wie ein reiſſender Wolff / fuͤr dem ſchließt er den Schafſtall zu. Wie wir dañ nun in unſerer geiſtlichen Schaͤferey producirt den Hirten / die Schaafe / die Hurte oder Schaafſtall / die Thuͤr zum Schafſtall / ſo muͤſ - ſen wir auch den Thuͤrhuͤter und Portner nicht vergeſſen als welchen per conſequentiam Chriſtus auch im XXIII. Pſalmen gefunden / und derN ijvorzei -100Die Achtevorzeiten bey groſſen weitlaͤufftigen Schaͤfereyen und Vorwercken und Hurten noͤthig geweſen. Und betrachten τίς καὶ τί? wer derſelbe ſey und was ſein Ampt und Verrichtung ſey. GOTT gebe dazu ſeinen Heil. Geiſt und Segen / Amen.

KUrtz / M. L. allen gloß-Streit und diſputat von die - ſem Thuͤrhuͤter τίς ἐϛι, wer derſelbe ſeye / abzuſchneiden / ſo ver - ſtehen wir denſelben mit der reinen / rechtglaubigen Antiquitaͤt von niemand anders als von der dritten Perſon der Gottheit / der Heilige Geiſt iſt allhie der Thorhuͤter / und ſonſt niemand. Dann alſo ſchreibet in der Lateiniſchen Kirchen Auguſtinus tract. 46. in Johann. Siperſo - nam aliquam quæratis oſtiarii. Ecce Spiritus Sanctus occurrat: non enim dedignabitur oſtiarius eſſe, quando ipſum oſtium eſſe dignatus eſt Filius DEI. Oſtium quis eſt? Chriſtus, quid eſt Chriſtus? veritas. Quis aperiet oſtium, niſi qui docet omnem veritatem: Und in der Griechiſchen Kirchen / braucht Theophylactus in Joh. X. dieſe Wort: Quia in Sp. Sancto intelliguntur & aperiuntur Scripturæ, quæ oſten - dunt nobis Chriſtum, metitò oſtiarius dicitur Spiritus S. in quo, ut Spiritu ſapientiæ & ſcientiæ aperiuntur ſcripturæ per quas ingreditur Dominus ad noſtram curam, & per quas oſtenditur paſtor. Chemni - tius auß der Deutſchen Kirch ſtimmet auch mit zu in Harm. c. 114. Oſti - arius eſt Spiritus Sanctus, ſine hujus enim gratia & ope nullus paſtor in ovile ingreditur, & paſcit oves. Siehet mit dieſen Worten auff 1. Cor. XII, 3. da Paulus ſagt: Niemand kan JEſum einen Her - ren nennen / ohne durch den H. Geiſt. Jſt eben das / was Lu - therus in unſerm Catechiſmo uͤber den dritten Artickel geſchriben: Jch glaub daß ich nicht auß eigener Vernunfft noch Krafft an JEſum Chriſtum glauben oder zu ihm kommen kan / ſondern der H. Geiſt hat mich durch das Evangelium beruffen / mit ſeinen Gaben erleuchtet / im rechten Glauben geheiliget und erhalten / gleichwie er die gantze Chriſtenheit auff Erden be - ruffet / ſamlet / erleuchtet / heiliget und bey JEſu Chriſto er - haͤlt im rechten einigen Glauben. Was iſt das anders geſagt: Als / ich glaub daß weder Hirt noch Schaaf / in Chriſti Schaafſtall die Chriſtliche Kirch kommen / Chriſtum als den HErꝛn und Hirten erken - nen / ohne durch den H. Geiſt / der muß die obſtacula aus dem Mittelraͤumen101Predigt. raͤumen / der muß mir die Thuͤr / das iſt die H. Schrifft eroͤffnen / der muß die Hertzens-Thuͤren erbrechen / er muß mich beruffen und locken / Paß und Platz geben / der muß der oſtiarius ſeyn / und der iſts auch / der / wie er den XXIII. Pſalmen David in Mund gelegt / alſo auch denſelben eroͤff - net und ausgeleget / Joh. X. daß aber dieſe gloß juſt und gut / daß ſie der Glaubens-Regul gemaͤß / daſſelbe gibt die augenſcheinliche Analo - gia und vergleich eines beruͤhmten weltlichen Thuͤrhuͤters mit dem Heil. Geiſt / als geiſtlichen Thuͤrhuͤter / und koͤnnen wir kein beſſern finden als Joſeph / dem der Koͤnig Pharao / wie ſein gantzes Land / alſo auch ſeinen Koͤniglichen Schaafſtall zuverſorgen vertraut / und uͤbergeben mit dieſen Worten: So du weiſſeſt / daß Leute unter ihnen ſind anſche chayl, die tuͤchtig ſind / ſo ſetze ſie uͤber mein Vieh / Gen, XLVII, 6. daſſelbe zu weyden und zu leiten / und zu heilen / ſey du der Thorwaͤchter / Thuͤrhuͤter und Chur-Herꝛ. Wie nun Joſeph ſolch ſein Wacht und Hut verſehen. 1. Obices effringendo: Es hat ohne zweiffel hart gehalten bey den Egyptern ein frembd Volck laſſen einniſten in die Schmaltzgrub / der harte Riegel war der Greuel. Gen. XLVI, 34. Denn was Vieh - Hirten ſind / ſeind den Egyptern ein Greuel. Solten nun ſeine Bruͤder ſicher wohnen / ſo muſte er zuvor das Aergernuͤs auffheben / was ſie geirret und im weg geſtanden / wegraumen / und abſondern von den Egyptiern. 2. Sapientiam demonſtrando, in ἐπιλέυσει ſomnii pro - phetici, darauß der Koͤnig und maͤnniglich abnehmen koͤnnen / daß der Geiſt GOttes in ihm ſey / wie koͤnten wir / ſagt Pharao / Gen. XLI, 38. einen ſolchen Mann finden / in dem der Geiſt GOttes ſey? Damit ihm dann Joſeph ein groſſe Authoritaͤt und anſehen gemacht und zu wegen gebracht. 3. Oſtium aperiendo, ohne allen zweiffel durch einen ſtarcken Koͤniglichen Comitat die Huͤrten und Staͤll auffge - macht / und ihnen Wohnung geſchafft / und die Hertzen gewonnen. 4. Advocando, in dem er ſeine Bruͤder gelockt / und ſie geſetzet / wie Pharao befohlen: Setze ſie / ſetze ſie ein / mit ſonderbarer Solennitaͤt / mache ſie zu Fuͤrſten uͤber die Koͤnigliche Schaͤferey. Alſo hat der H. Geiſt alle dieſe Actus laſſen vorgehen / und das iſt auch das τί ἐϛι, wie und in was Handlung er ſein Thuͤrhut und Thuͤrgewalt verricht / und wer alſo zur Thuͤr eingehet / der iſt der Hirt zu den Schaafen / und dem thut der Thuͤrhuͤter auff.

Wie dann / und in welchen Actibus? 1. Obices effringendo, die gantze Welt war damal ein Pallaſt. Luc. XI, 21. Es hatte damal derN iijH. Geiſt102Die AchteH. Geiſt fuͤr ſich ein ſtarcken gewapneten Rieſen / der alle Schaaſſtaͤll occupirt, und ſich aus ſeinem Pallaſt nicht treiben laſſen / es hat derſelbe ſeine ὀχυρώματα ὑψόματα, Hoͤhe und Veſtungen / die gantze Welt war ein Lycaonia, Wolffsneſt und Wolffsgrub / die hat nun ſtarcke Riegel gehabt / bey den Juden derſelben πατροπαράδοτα, Vaͤtter-Geſetz / Secten / Traditiones, die perſuaſion und gaͤntzliche Einbildung und Beredung von einem weltlichen Meſſia / die ſcandala deß gecreutzigten GOttes / bey den Heyden ihre oracula, miracula, das ſcandalum und der Stein des anſtoſſens des gecreutzigten JEſu von Nazareth / die Aufferſtehung der Todten / das eſſen und trincken des Leibs und Bluts Chriſti im H. Abend - mal / das Verbott von der Religion zu diſputiren.

Omnes religione moventur, & Deos patrios, quos à majoribus acceperunt, colendos ſibi diligenter & retinendos arbitrantur, ait Cicer. in Verr. Act. 4. c. 59. 3. Divinum illud Numen omni modo, omni tempore ipſe cole, juxtà leges patrias, & aliis ut colant. effice. Ita Mæcenas ad Auguſtum apud Dion. Caſſium l. 51. & mox. Eos verò, qui in divinis aliquid mno - vant, odio habe & coerce. Non deorum ſolum cauſa (quos tamen qui contemnit, nec aliud ſanè quicquam magni fecerit) ſed quia nova quæ - dam Numina hic tales introducentes multos impelluut ad mutationem rerum. Vnde conjurationes, ſeditiones, conciliabula exiſtunt, res pro - fectò minimè conducibiles principatui. ()

Da war nun Goͤttliche Macht von noͤthen / da mußte der Finger Gottes / der H. Geiſt helffen und das beſte thun / der mußte die Riegel auffheben / per arma ſpiritualia 2. Cor. 6. die Wolffsgruben eroͤffnen / durch das Schwerdt des Geiſtes und ſonderlich die petarden der miracul, die er mußte anſchrauben. Wir haben deſſen ein Exempel Act. 16. zu Phi - lippis / da der Erdbidem mußte helffen.

2. Januam aperiendo, h. e. ſcripturas explicando, durch[Eroͤfnung] der Thuͤr der Wort. Col. IV, 3. Gleich wie nie keine Weiſſagung auß Menſchlichen willen erſonnen und erſponnen / ſondern die heilige Maͤñer Gottes haben geredt / getrieben von dem H. Geiſt 2 Petr. I, v. ult. alſo iſt auch niemand geweßt / der ſie verſtanden / erklaͤrt und ausgelegt / der hat durch die H. Maͤnner Gottes geredt / zuvorderſt durch den allerheiligſten / Luc. XXIV, 27. Er fieng an von Moſe und allen Propheten / und leget ihnen alle Schrifft auß / die von ihm geſagt waren. v. 32. Brandte nicht unſer Hertz in uns / da er mit uns redet auff dem Wege / als er uns die Schrifft oͤffnet. v. 45. Da eroͤffnet er ihnen das Verſtůndnuͤß / daß ſie die Schrifftverſtun -103Predigt. verſtunden. Durch Petrum / der den Propheten Joel außgelegt. Act. 2. und noch heutiges Tages iſt kein beſſerer / gewiſſerer und ſtand - haffterer Interpres als der H. Geiſt / nicht der Pabſt / der ihm clavem ſcripturæ arrogirt / wie vorzeiten die Phariſeer Luc. XI, 52. Sondern derBertram. in Matth. p. 640. H. Geiſt durch die klare Schrifften / wie der dunckele Mond von der Son - nen erleuchtet wird / zum Exempel in den Stifftungs Worten des Heil. Abendmals / iſt der Verſtand der Wort: Eſſet / das iſt mein Leib / der richtigſte Verſtand dieſer: Jn / mit und unter dieſem Brod iſt mein Leib: welches erklaͤret wird auß andern Stellen H. Schrifft. Gleichwie wann der Ertzvater Jacob auff ſein Geleit die Heil. Engel deutend / ſpricht〈…〉〈…〉 das iſt GOttes Heer / niemand anders gedencken kan / als / unter / in und mit dieſem himmliſchen Geſichte ſind die himmliſche Engliſche Heerſcharen warhafftig zugegen. Alſo wann die Tochter Pharao in ihrem Spatziergang auff das Kaͤſtlein gerathet darinnen Mo - ſes das feine Kind gelegen und geſaget:〈…〉〈…〉 das iſt der Hebreiſchen Kinder eines / in keines Menſchen Gemuͤth andere Gedan - cken kommen koͤnnen / als in / mit und unter dieſem Kaͤſtlein iſt das jun - ge Moſes Kind warhafftig gegenwaͤrtig / deßgleichen wann Petrus in ſeiner heroiſchen Pfingſtpredigt auff ſeine und ſeiner Collegen ſchoͤne / feurige Pfingſt-Croͤnlein deutend / ſpricht: Chriſtus JEſus zur rechten GOttes erhaben / hat außgegoſſen das / was ihr ſehet und hoͤret / wem koͤnte ein ander concept beywohnen / als dieſer: Unter / mit und in die - ſen feurigen Zungen iſt der H. Geiſt warhafftig zugegen? St. Johan - nes der mit und darbey geweßt / der ſchreibt / das Blut Chriſti zeuge / wann zeugt es? warhafftig im Sacrament / als einem Goͤttlichen Siegel / wo? auff Erden / nicht ſagt er: Droben im Himmel / ſetzt den Zeugen auff Er - den dem Zeugen im Himmelreich entgegen / zeugt es auff Erden / ſo iſt es auch auff Erden. St. Paulus ſchleußt kraͤfftiglich auß dem Buchſtaͤ - bigen Verſtand der Stifftungs Grundwort eine ſolche Concluſion, der - gleichen die Figur und Wortblum keine von ſich gebaͤhren kan. Das Brod ſeye eine Gemeinſchafft des Leibs Chriſti / der geſegne - te Kelch ſeye eine Gemeinſchafft des Bluts Chriſti: Heißts κοινωνία, ſo iſts nicht ἀπουσία, iſts eine Gemeinſchafft / ſo iſts eine Ver - einigung / und nicht ein Abweiſung: darauff folget

3. Ovilis apertio die apertur und Eroͤffnung der Hertzen / Ohren / Augen und Mund / davon Paulus ruͤhmt 1. Cor. XVI, 9. Mir iſteine104Die Achteeine groſſe Thuͤr auffgethan / die viel Fruͤchte wuͤrcket. 2. Cor. II, 12. Da ich gen Troada kam zu predigen das Evangelium Chriſti / war mir eine Thuͤr auffgethan in dem HErꝛn. Act. XVI, 14, Ein Gottsfuͤrchtig Weib / mit Namen Lydia / eine Purpurkraͤmerin auß der Stadt der Thyatirer / hoͤrete zu / welcher that der HErꝛ das Hertz auff / daß ſie drauff acht hat - te / was von Paulo geredt war. Er ruͤhmet die Eroͤffnung der Ohren des Glaubens Act. XIV, 27. Da ſie aber darkamen / ver - ſamleten ſie die Gemeine / und verkuͤndigten / wie viel GOtt mit ihnen gethan hatte / und wie er den Heyden haͤtte die Thuͤr des Glaubens auffgethan. Der Augen. Apoc. III, 18. Salbe dich mit Augenſalbe / daß du ſehen moͤgeſt. Die Er - oͤffnung des Mundes. Act. IV, 29. HErꝛ ſiehe an ihr draͤuen / und gib deinen Knechten mit aller Freudigkeit zu reden dein Wort. v. 31. Da ſie gebettet hatten / beweget ſich die Staͤt - te / da ſie verſamlet waren / und wurden alle des H. Geiſtes voll / und redeten das Wort mit Freudigkeit. Sie haben ein parreſiam gehabt zu reden und mit Chriſto zu ſagen: Hab ich recht ge - redt / warum ſchlaͤgſtu mich / habe ich aber uͤbel geredt / ſo beweiſe es. Ein helles und ſchoͤnes Exempel haben wir in der Pfingſt-Hiſtori / da der H. Geiſt in einem Augenblick 3000. Hertzensthor / aller der jenigen / die ihnen wollen helffen laſſen / eroͤffnet / daß ihnen der wahn von einem irꝛdi - ſchen Meſſia benommen worden / da ihnen die Thuͤr eroͤffnet worden / da haben die ſpectra diaboli weichen / im gegentheil die ſchoͤne chariſmata geleuchtet und herfuͤr geſchienen / die anathemata in den Hertzen der Men - ſchen auffgehenget worden / da iſt klar und offenbarlich wahr worden / was Paulus 1. Cor. 12. geſchrieben: Es ſind mancherley Gaben / aber es iſt ein Geiſt: Es ſind mancher ley Aemter / aber es iſt ein HErꝛ: Es ſind mancher ley Kraͤfften / aber es iſt ein GOtt / der da wuͤrcket alles in allem &c.

4. Vocatio & illicium, darauff iſt die Setzung oder Einſetzung geſchehen: ὑμει̃ς καθίσατε, Luc. XXIV, 49. Jhr aber ſolt in der Stadt Jeruſalem bleiben (ſitzen) biß ihr angethan werdet mit Krafft auß der Hoͤhe. Act. XX, 28. Habet acht auff euch ſelbſt und auff die gantze Heerde / unter welche euch der H. Geiſtgeſetzt105Predigt. geſetzt hat zu Biſchoͤffen / zu weiden die Gemeine GOttes / welche Er durch ſein eigen Blut erworben hat / geſetzt / daß die 12. ſampt den 70. Juͤngern ausgehen die Schafſtaͤll zu occupiren / und die Schaf / die nicht ſind auß dieſem Stall / ſamlen ſollen. Geſchach dazumal immediatè, in dem der H. Geiſt durch mancherley Erſcheinun - gen / πολυτρόπως καὶ πολυμερῶς Hebr. l, 1. geredt zu den Vaͤtern / zu letzt aber durch den Sohn / der hats beſchloſſen / und haben wir keine unmit - telbare vocation zu hoffen. Hat derowegen naͤrriſch gehandelt jener aberglaͤubiſche Kaͤyſer Zeno, dann als der Biſchoͤffliche Stuhl zu Con -Niceph. l. 16. 18. ſtantinopel / Anno 488. entlediget und vacierend worden / ſo legt er mit eigener Hand auff den hohen Altar daſelbſt ein weiſſes / reines / unbe - ſchriebenes Papier / ſampt einer demuͤthigen Supplication an die hohe Goͤttliche Majeſtaͤt / dieſelbe wolle durch einen Engel auff dieſes Papier ſchreiben laſſen / wen er in ſeinem Goͤttlichen Rath zu einem Succeſſore und Biſchoff erkoſen / und erwehlt / verſigelt das Papier / und laͤſt daſſelbe ver - wahren / ein 40. Taͤgig faſten ausruffen / die Gewaͤhrung ſeiner Bitt deſto ſchleuniger zu gewinnen. Was geſchicht / ein arger Schalck / ehr - geltziger und verſchlagener Pfaff / Namens Flavita, nimmt eine groſſe Summam Gelds auff / bey den Wechslern / beſticht darmit heimlich des Kaͤyſers geheimſten Eunuchum und Kaͤmmerer / und ſchreibt auffs Papier den Namen Flavita, und verſiegelt daſſelbe wieder foͤrmlich und kuͤnſtlich / uͤber 40. Tag macht ſich der Kaͤyſer mit ſonderbarer Andacht an das Papier / findet darauff geſchrieben den Namen Flavita, laͤßt ihn ſuchen und herfuͤr holen / ſetzt ihn mit groſſen Solennitaͤten auff den Bi - ſchoͤfflichen Stuhl / als einen Θεέσδοτον und von Gott unmittelbar erkor - nen Mann: Aber der Pracht waͤhrete nicht lang / Gottes Rath folgete bald darauff / er ſtirbet im vierten Monat eines erſchroͤcklichen und jaͤhen Tods / der betrug wird wunderbarlich offenbar / der Kaͤyſer wurde ſchamroth / mußte bekennen und ſagen / dieſe Wahl ſeye geſchehen nicht per Chriſtum. ſondern per Chryſum, nicht durch Gott / ſondern Gold.

Sondern es geſchicht ſolcher Kirchenſatz und ſoll geſchehen per cla - vem συμφωνίας, Matth. XVIII, 19. 20. Wo zween unter euch eins werden auff Erden / warum es iſt / daß ſie bitten wollen / das ſoll ihnen wiederfahren von meinem Vater im Himmel / dann wo zween ader drey verſamlet ſeind in meinem Namen / da bin ich mitten unter ihnen. Er ſagt bedencklich wo zween oder drey ver -Neundter Theil. Oſamlet106Die Achteſamletſeind. Vorzeiten in der erſten Kirch / da die Kaͤyſer noch Heydni - ſche Verfolger geweſen / waren nur zwo Stimmen / die Biſchoͤffliche und Leyen Stim̃: zur Zeit der ſeligen Reformation auch nur zwo Stim - men / die Oberkeitliche und Leyen Stimm / die dritte Stimm war ein Wolffsgeheul / die Biſchoͤffe ſind Lycanthropi worden: Aber ordina - riè und perfectè ſollen die Stimmen ſeyn / die vocativa Magiſtratus, die nominativa Presbyterii, die Electiva populi, von altem Gebrauch und Rechtswegen her iſt erſchollen. 1. Vox nominativa Presbyterii, dem liegt ob das Examen und Prob / die Bewahrung und das Zeugnuͤs / und dannenhero erfolget die nominatio und Ernennung. Jſt gegruͤndet in dem Apoſtoliſchen Canone. Tit. l, 5. Derhalben ließ ich dich in Creta / daß du ſolteſt vollend anrichten / da ichs gelaſſen habe / und beſetzen die Staͤdte hin und her mit Elteſten / wie ich dir befohlen habe. Ja auch der geſunden Vernunfft gemaͤß / cuilibet artifici in ſua arte credendum: Einem jeden Meiſter ſoll man in ſeiner Kunſt glauben / ne ſutor ultrà crepidam: kein Barbierer / Artzt / Heb - am wird angenommen / ſie werden zuvor examinirt und auff die Prob geſtellt / in allen Handwercken muß zuvor das Meiſterſtuͤck außgearbei - tet / und von denen gepruͤfet werden / die des Handwercks ſeind. Alſo auch allhie: 2. Vox Electiva populi, deſſen fuͤrnemſter Theil die Obrig - keit / als welche angehet die Goͤttliche Warnung: Huͤtet euch fuͤr den falſchen Propheten / denen die Geiſter-Prob hoch anbefohlen / geht nun die nomination vorher / ſo kan die Wahl nicht fehlen / wir haben ein ſchoͤ - nes Exempel an Johanne dem Taͤuffer / bey welchem es ohngefehr nicht geſchehen / daß er fuͤr den Augen und Ohren ſeiner Zuhoͤrer / ſolche gra - tiam gehabt / daß nicht allein Herodes ihn gern gehoͤrt / ſondern auch das gantze Volck turmatim ihm zugeloffen / mit Andacht und Anmuth ge - hoͤrt / ſeiner Mahnung folg geleiſtet und ſich weiſſen laſſen. Luc. III, 2. Das waren motus divini, digitus divinus: GOtt trieb und bewegete alſo die Hertzen. Alſo wann noch auff den heutigen Tag ein Chriſtliches auditorium per majora ein ſonderbare Affection und Anmuth zu einer oder der andern Perſon gewinnet / iſt daſſelbe kein fortuitum, ſondern die gratia, die GOtt gibt fuͤr den Augen der Menſchen / und iſt alsdann / cæteris paribus, wahr das Sprichwort / vox populi vox alma Dei. 3. Vox vocatoria & firmatoria Magiſtratus, als welche ein uͤber Biſchoffliche Stim̃ / gegruͤndet. Exod. IV, 16. Du ſolt Aarons GOTT undgebieten -107Predigt. gebietender Herꝛ ſeyn. Maſſen es Conſtantinus Magnus der erſte Chriſtliche Kaͤyſer alſo außgelegt / mit denen Worten welche Euſebius l. 4. de vitâ Conſtantini c. 29. concipirt und gefaßt: ὑμει̃ς μὲν τῶν εἰσω τῆς ἐκκλησίας, ἐγὼ δὲ τῶν ἐκτὸς ὑϖὸ Θεου̃ καθεϛάμενος Ἐϖίσκοϖος α᾽ν εἴνη: Jhr meine liebe Biſchoͤffe / Pfarꝛherren / und geiſtliche Seelenhirten ſeyd zwar Biſchoffe innerhalb der Kirchen: Jch aber bin von GOTT beſtellet zu einem Biſchoff auſſer der Kirchen: Du ſolt ſein Gott ſeyn / Le lohim pro vel à Deo ein gemachter / geadelter und geordneter Ampts-Gott / pro Deo, Gottes Stadthalter und Cantzler / ad Deum ordinatus Divus & divinus homo: Nicht nur Ampts-Gott ſondern Aarons Kirchen-Gott / in der Gemeine Gottes. Pſ. LXXXII, 1. und dieſer nicht nur Patron / Saͤugamme / Deus tutelaris, Schild und Schutz GOtt / Pſ. XLVII, 15. Sondern auch mitſagender Kirchen-Pfleger / Mit-Biſchoff / in Sachen die ἐυταξίαν, gute Ordnung und Statuten / Curen / Wahlen und Beruff der Kirchendiener / Ornat und Zierath / diſciplin und Zucht belangend: Aaron gibt den Mund und Rath / das Schwerd des Geiſtes dazu. Moſes den Oberkeitlichen Glantz / Scepter und Schwerd der Hand: Nicht nur Mit-Biſchoff / ſondern auch Ober-Biſchoff / als der ſeinem Bruder Aaron zugebieten hatte / den er auch wegen ſeiner Kaͤlbergoͤtzerey auß heiligem Ampts-Eifer geſcholten und geſtrafft. Er iſt von Aaron ſelbſt fuͤr einen Herꝛn erkant / angenommen und genennet worden: Mein Herꝛ / ſagt er laß ſeinen Zorn nicht ergrimmen. Exod. XXXII, 22. Alles harmonicè, ἐυσχημόνως καὶ κατὰ τάξιν ἐξουσία und ἐυταξία ſeind zwo Schweſtern / die laſſen ſich nicht trennen. Dann wo dieſe drey Stimmen harmonicè zuſammen lauten / da gibt es eine ſchoͤne Muſic und ſymphoni, gleichwie die H. Dreyeinigkeit / eſt Trinitas har - monica, und hat ſtattliche Verheiſſungen / Goͤttlichen Beyſtand / Gnad und Segen. Es hat zwar die Obrigkeit / vermoͤg des Biſchofflichen Rechts / Macht und Gewalt einen Pfarrherꝛ allein zuſetzen / aber es ſoll nicht ſein / es gerath uͤbel / wie Conſtantinus Georg. Cappadocem und Macedonium, der ſonſt fromme Kaͤyſer Theodoſius den Neſtorium eingeſetzt / lauter greuliche Woͤlff / die der Heerde nicht verſchonet. Auff dieſe weiß / moͤchte jemand ſagen / ſo iſts mehr nicht / als ein Menſchlicher Beruff / es menſchelt und ſtinckt nach Menſchen: Es ſind ja alle dieſe Stimmen nichts anders als Menſchliche Stimmen / wo bleibt der Goͤtt - liche Beruff? Wie kan ich wiſſen / daß mein Beruff ein Goͤttlicher Be -O ijruff108Die Achteruff ſey? Antwort / Goͤttlicher Beruff der durch Menſchen geſchicht ſind1. Chron. 24. 13. 2. Chron. 29, 11. keine oppoſita. Aarons Soͤhn und Nachkommen haben alleſampt ein Goͤttlichen Beruff gehabt / aber durch die Geburt. David und alle ſeine Nachkommen haben ein Goͤttlichen Beruff gehabt Pſ. 82. und iſt doch perſucceſſionem & electionem geſchehen / Vater und Mutter haben ein Goͤttlichen Beruff / daß ſie ſich ſollen mehren / das Wort Gen. 1. Seyd fruchtbar und mehret euch operirt noch auff den heutigen Tag. Gar heuter und klar iſt das Exempel der Beruffenen Elteſten der Ge - meine zu Epheſo von denen Paulus ſagt: Der Heil. Geiſt habe ſie zu Biſchoͤffen geſetzt zu weyden die Gemeine Gottes. Act. XX, 28. St. Paulus dedicirt ſeine Epiſtel an die Corinther / der Gemeine zu Corintho / nicht nur in ſeinem / ſondern auch Soſthenis und Timothei Namen. 1. Cor. I, 1. 2. Cor. I, 1. als welche durch ordentliche Mittel be - ruffen worden / und ſchreibt in ſeinem und ihrer Namen zugleich. Wir ſind Bottſchafften an Chriſtus Statt / denn GOTT vermahnet durch uns. 2. Cor. V, 20. worauß billich kan und ſoll geſchloſſen werden: wel - che Perſon auff ſolche art und weiß wie die Elteſten und wie die Bi - ſchoffe der Gemeine zu Epheſo / und mitelbar durch Menſchliche Ordnung / Mund und Hand ſind beruffen worden / die ſind vom H. Geiſt zu Bi - ſchoffen geſetzt / die ſind Bottſchafften und rechtmaͤſſige Legaten an Got - tes Statt: &c. Aſſumire nun ein jeder rechtmaͤſſiger Biſchoff / Pfarrherꝛ und Seelſorger und ſage in ſeinem Hertzen / ich bin ſolcher maſſen beruf - fen / und alſo per portam ſcripturæ, das iſt / durch die rechte Thuͤr der H. Schrifft in Chriſti Schaafſtall eingegangen. Ergò iſt mein Beruff ein Goͤttlicher Beruff. Gar notabel iſt die jenig Goͤttliche συγκατάβασις und appropriatio der Stimm Eli: Da Gott der Herr die indo - lem, Art und weiß der Sprach und Rede des Hohenprieſters und Rich - ters Eli imitirt und nachgeahnet: Alſo daß der theure Samuel anders nicht gemeynet / den Eli ruffe ihm / da es doch Gott war. Alſo berufft Gott auch durch ſeine Ordnung durch den Prieſterlichen und Richter - lichen Stand / aͤuſſerlich hat es das anſehen / als waͤren es nur Menſchen - Wort / da es doch Gottes Wort / Befehl und Beruff iſt.

Wann wir nun Runden gehen und ſehen / wie an manchem Ort die Thorwacht beſtellt / ach was Greuel / was Confuſiones, was Monopolia, was παποκαισαρίας, und καισαροπαπίας werden wir finden! Erſtlich in Babylon wird alles geſpielt auff die Kirch zu Rom / die muß die Thuͤrhuͤterin ſeyn / ſc. wie jene in der Paſſion Joh, 18. die fuͤhrtin109Predigt. in Caiphas Palaſt / die Chriſtum verrathen und verlaͤugnet. Petrus wird mit dem Schluͤſſel gemacht / weil er des Himmelreichs Schluͤſſel / iſt aber nicht um Petrum / ſondern um den Pabſt zuthun und ſeine ſucceſ - ſores, der maßt ihm den Schluͤſſel-Gewalt / der als ein Monopola das Biſchoffliche Recht allein auff und an ſich gezogen / den Layen und Ober - keitlichen Stand gantz entſetzet / Dux cæcorum, der ſo verblendet / daß er die Thuͤr ſelbſt nicht finden kan wie die zu Sodom die Thuͤr Loths nicht finden koͤnnen / darvor wir gewarnet worden / als vor dem greulichen Wolff / an dem wahr worden die Propheceyung Pauli Act. XX. 29. Jch weiß / daß nach meinem Abſcheid unter euch kommen werden greuliche Woͤlffe / die der Heerde nicht verſchonen werden. Dafuͤr wir bitten in der Litania / die Gemeine von Woͤlffen und Miedlingen erloͤſen und ledig machen. Jſt das begegnet der Kirch zu Epheſo / wie viel mehr der Kirch zu Rom / als welche Paulus gewar - net: Du ſteheſt aber durch den Glauben / ſey nicht ſtoltz / ſondern fuͤrchte dich / hat GOTT der natuͤrlichen Zweige nicht ver - ſchonet / daß er vielleicht dein auch nicht verſchone / darum ſchaue die Guͤte und den Ernſt GOttes / den Ernſt an denen die gefallen ſind / die Guͤte aber an dir / ſo fern du an der Guͤte bleibeſt / ſonſt wirſt du auch abgehauen werden. Zu Genv / Zuͤrch / Leiden / in Holland gehts auch nicht beſſer zu / da abermal der Kir - chenſatz auff das Presbyterium geſpielt / diſputirt und gelehrt wird. Po - liticum magiſtratum & Statum Eccleſiaſticum eſſe duo brachia ſub uno capite, da keines vom andern dependire, darum auch die Arminia - ner klagen / ſie ſeyen von ihren Cantzelen vertrieben / ausgeſchloſſen / in - conſulto & invito Magiſtratu. Ja nach ihrer Lehr und praxi kan man Koͤnig / Kaͤyſer / Fuͤrſten / wann ſie perfidè extrà regulam Chriſti, han - deln / deponiren / uͤber die praxin hat Jacobus, Koͤnig in Engelland ge -vid. Calvin Comm. in Dan. c. 6. klagt / ſein Sohn Carolus hats erfahren. Wolte GOtt / daß es unter uns in Zion beſſer hergieng! Aber da iſt man an manchem Ort auff die andere Seit gangen / auff die καισαροπαπίαν, da mancher Patron auff ſein Biſchofflich Recht gepocht / ihm ſelbſt ohn Examen, ohn Ordnung ohn Zucht und Zierd / nach dem ihm die Ohren gejuckt / ſelbſt Prediger auffgeſtellt / und widerum abgefertiget / wie Stalljungen / oder ein Buͤt - tel und Thurnhuͤter / und damit nicht allein unſerer gegner der Papiſten ſarcaſmos und Geſpoͤtt gleichſam gefirmt / wann ſie vorgeben / es waͤreO iijder110Die Achteder Lutheriſche prædicanten Beruff nicht koͤſtlicher und heiliger / als der Stadtbuͤttel / Hund ſchlaͤger / und Scharffrichter / die man nach belieben um gewiſſen Lohn pflegt zu dingen / wie Lutheriſche Obrigkeit zu thun pflegt. Ja eben ſo unvernuͤnfftig gehandelt / als der Fuͤrſt / der nach ſei - nem eigenen Sinn und muthigen willen einen Stadt-Phyſicum ohne Zeugnuͤs einiger privilegirten Univerſitaͤt / einen Barbierer / Wund - Artzt / Apothecker oder Hebamme ohne Prob und Examen ſeinen Unter - thanen wolte auffdringen / nicht beſſer und gewiſſenhaffter gehandelt / als Jerobeam der abtruͤnnige Jud / der nach aller ſeiner Hertzens-Luſt von den geringen und ungeſchickteſten des Volcks die Hand gefuͤllt und zu Prie - ſtern der Hoͤhe gemacht. Mancher privat-Buͤrger einen Miedling bey irgend einem Patronen eingebetten / eingebettelt / und eingekaufft / auß Paſſionirten Affecten, desgleichen wann die Frau Salome / die Mutter der Kinder Zebedei auß blinder Lieb ihren Sohn / ſo hochwuͤrdiget / daß ſie erhebt einen zur rechten den andern zur lincken / geſchicht noch wann manche thoͤrichte Eltern ein Geluͤbd thun ihr Sohn muͤſſe ein Pfarrherꝛ werden / wann ſchon die geringſten Gaben nicht fuͤrhanden. Was wol - len wir ſagen von den ἀυτοκλήτοις die ſich ſelbſt fuͤr tuͤchtig halten / durch allerhand Dietrich und Diebsſchluͤſſel eindringen / einkuͤnſtlen / wann ſie einmal oder zwey auff dem heiſſen Hoͤltzlin geſtanden / und als Comoͤdi - anden nicht ihre eigene / ſondern frembde Perſonen agirt, wann ſie durch ihr gut Mundſtuͤck favorem vulgi und des Poͤbels Zeigfinger gewonnen / hic eſt! das iſt das Thier / das ſo wol predigen kan / fragt man? wer hats geſagt / daß du ſo wol predigen kanſt? Meiſter Hans / die Magd im Fruͤhgebett Herꝛ omnis. Die Currentes, die nicht in die Ernd auß - geſtoſſen werden. Matth, IX, 39. die blitzer / die wider die Apoſtoliſche Vermahnung. 1. Cor. VII, 20. Ein jeglicher bleib in der Beruf -Conf. part. 8. L. Cat. p. 170. 171 190. de Thra - ſybulo vid. Sanct. ad Maccab p. 413. fung in deren er beruffen iſt / bald dahin bald dorthin aͤndern / quæ cauſa? accidentia, Freundſchafft / die Kinder / die lange patientia, da iſt ihnen wehe / von der Tuͤchtigkeit iſt alles maußſtill / in tanta urbe, da ein Univerſitaͤt fuͤr gelehrte Leut / da man weiß was recht oder linck / at mihi plaudo! Lauter allotrioepiſcopo-polypragmones, die dem H. Geiſt Eingriff thun / utinam legatur paræneſis D. Pappi, comment. in Aug. Conf. p. m. 228. vid. Theol. Conſc. part. 1. p. 707.

Dem Allerhoͤchſten ſey Lob und Preiß / daß er noch unter uns mit - ten in der Confuſion eine Ordnung erhalten / die ſymphoni auf uns kom - men laſſen / allhie eine geiſtliche wolbeſtellte Thorwacht erhalten / dannnach111Predigt. nach dem unſere uralte Straßburger der Roͤmiſchen Cleriſey / Tyran - ney und Schinderey / Abgoͤtterey und Aberglauben muͤd worden / und lang genug Haberſtroh fuͤr Ablaß freſſen muͤſſen / an den Todtenbeinen nagen / truͤb / ſtinckend eiſternen Waſſer fuͤr die lebendige Quell Jſraelis trincken / nach dem die Cleriſey gar panico (ſed pudendo) terrore ihren Schaafſtall quittirt und davon geloffen / um getreue Lehrer und Seelfor - ger flehentlich angehalten und erhalten biß auff den heutigen Tag. Wie nun getreue Lehrer und Prediger ſich inniglich zu erfreuen / daß ſie zu ſolchen Ehren von Mutterleib an erwehlt / in der Demuth daſſelbe erken - nen / und ſich wieder alle Wiederwertigkeit troͤſten ſollen / daß ſie des Al - lerhoͤchſten ſein Augapfel / ſein Mund. Jer. XV,, 19. 20, Ja Chriſti Hand ſein ſollen / mit Gaben als Sternen geziert. Syr, X, 31. Alſo redet David auch an alle Welt Pſ. 24. Machet die Thore weit / laßt euch die Schrifft oͤffnen / dencket fuͤr die Himmels-Portner die ihr habt / es kommt nicht allezeit beſſers hernach / ſchleußt nicht zu Ohren und Her - tzen / ſondern gedencket / daß ihr Beruff Goͤttlich / er wird ſich in ſeinen Legaten nicht verſchimpffen laſſen. Jer. 44. die Juden ſagen nolumus, nach dem Wort / das du uns im Namen des HERRN ſagſt / wollen wir nicht thun / trotz dir Pfaff / ſo haben ſie bald darauff mit ach und weh erfahren muͤſſen / was ſie nicht geglaubet / ſie ſchreyen noch in ihren Synagogen Gottes jaͤmmerlich / aber ſie werden nicht erhoͤrt. Warum / dann ſie haben GOTT in ſeinen Propheten und Apoſteln / nicht hoͤren wollen. Wie holdſelig lautet im Gegentheil die Stimm Chriſti Apoc. III, 20. Sihe ich ſtehe fuͤr der Thuͤr und klopfe an / ſo jemand meine Stimme hoͤren wird / und die Thuͤr auffthun / zu dem werd ich eingehen / und das Abendmahl mit ihm halten / und er mit mir. Gleichwie Abraham mit mir im Heyn Mamre / welches ein ſolches Convivium, daß die Sonn kein herꝛlichers je beſchauet hat. Seelig iſt nun der alſo das Brod iſſet im Reich GOttes / hie im Reich der Gnaden / dorten im Reich der ewigen Herꝛlichkeit / AMEN.

Die112Die Neundte

Die Neundte Predigt / Von Der Weyd auff gruͤner Au.

GEliebte in Chriſto. Freylich iſt das Heyl uns kommen her / von Gnad und lauter Guͤte / wie wir anjetzo mit Freuden geſungen in dem ſehr ſchoͤnen / herꝛlichen / troͤſt - lichen / und recht Evangeliſchen Lied: Es iſt das Heyl uns kommen her / welches Lied wir wol nennen moͤ - gen.

I. Einen edeln / koͤſtlichen und kraͤfftigen Artzney-ſafft / ausgepreßt und deſtillirt vom Feur des Creutzes und Anfechtung. Sintemal der Autor und Tichter deſſelben Paulus Speratus unter dem blinden Pab - ſthum / da er nicht nur von den fulminibus Sinaicis Fluch und zwang des Goͤttlichen Geſetzes / das ihm angſt und bang gemacht / ergeiſtert; Son - dern auch fuͤrnemlich an des Pabſts Menſchen-Satzungen / ſelbſt er - wehlten Paͤbſtiſchen Greueln / Abgoͤtterey / Aberglauben / Wallfarthen / Seelmeſſen und dergleichen verdamlich empfunden / daß es wahr ſey / wie wir geſungen: daß im Geſetz weder raſt noch ruh / mit allen ſeinen Wer - cken. Darum er auch dem Pabſthum den Rucken gekehrt / den Traditio - nibus und Abgoͤtterey wiederſorochen / und des wegen ſich ſtecken und ploͤ - cken muͤſſen laſſen / von dem Biſchoff zu Olmitz in Maͤhren. Davon er aber wunderlich errettet / zu Luthero gen Wittenberg kommen / und von demſelben gleichſam gefirmet worden / und folgend in Preuſſen ſo hat er dieſes Lied gedichtet und gereimet: Es iſt das Heyl uns kommen her / von Gnad und lauter Guͤte / die Werck die helffen nimmer - mehr / ſie moͤgen nicht behuͤten / die Suͤnd wird aus dem Geſetz erkandt / und ſchlaͤgt das Gewiſſen nieder / das Evange - lium kommt zur Hand / und ſtaͤrckt den Suͤnder wieder / esſpricht /113Predigt. ſpricht / nur kriech zum Creutz herzu / im Geſetz iſt weder Raſt noch Ruh / mit allen ſeinen Wercken.

II. Inſtrumentum Reformationis, Eins von den Liedern / da - durch das Werck der Reformation gewaltig promovirt / und dem Roͤ - miſchen Thier viel tauſend Seelen auß dem Rachen geriſſen worden / als welchem nicht ſo bald der Flug benommen / und die Fluͤgel beſchrotten werden koͤnnen / als andern Buͤchern Lutheri. Es iſt in frommen Hertzen / ſonderlich bey den Handwercks-Geſellen und andern Reißigen in ihren Sinnen und Gedancken blieben / von Mund zu Mund gebracht / und gelernet worden / und viel geiſt-hungerige Seelen erquickt / wie Ge - gentheil ſelbſt daruͤber geklagt / ſonderlich Adam Contzen. l. 1. politic. c. 18. Darum auch dieſes Lied

III. Spina in oculis, ein Dorn in den Augen der Warheits - Feinden zu allen und jeden Zeiten geweſen / ſie haben daſſelbe cavillirt / außhollhippt / ja gantz verkehrt / dann dieweil es ſo tieff in das Hertz einge - wurtzelt / daß mans auch unſern Apoſtatis und Abtruͤnnigen nicht hat koͤnnen abgewoͤhnen / ſo haben ſie daſſelbe geaͤndert / und alſo melodiſirt und ſtyliſirt / daß man faſt die Wolffs-Stimm von der Hirten-Stimm nicht wol unterſcheiden koͤnnen. Wie ſonderlich hieran ein Meiſterſtuͤck erwieſen D. David Gregorius Cornerus Prior auff Goͤttwig / in ſeinem groſſen Catholiſchen Geſang-Buch / welches Anno 1631. leyder zu Nuͤrn - berg gedruckt worden / der faͤngt an mit dieſen Worten: Das Heyl kom̃t uns gewißlich her / auß Gnad und lauter Guͤte / und bald darauff: Hier - auß ſoll nun ein frommer Chriſt mit Fleiß und Treuen mercken / daß zu dem Heyl von noͤthen iſt der Glaub ſampt guten Wercken.

IV. Ein ſchoͤnes Weyd-Lied von der guldenen Au / wie ſie Luthe - rus gloſſirt ad Oſe. 2. Das Thal Achor / war ein fettes Schaaf-Lager geweßt. Eſa. LXV, 10. davon der Geiſt GOttes propheceyet: Es werde die Chriſtliche Kirch im Thal Achor in der Schaaf-Weyd ſingen / wie zur Zeit ihrer Jugend / da ſie auß Egyptenland gezogen / gleichwie ſie ein Triumph-Lied geſungen / da ſie auß Egypten mit truckenem Fuß gezo - gen / angeſtimmt. Exod. 15. Alſo wann ſie auß dem geiſtlichen Egypten und Babylon in dem letſten Welt-Abend werde liberiret werden / ſo wer - de ſie auch ſingen Evangelium Triumphale, jubiliren / jauchtzen und ſa - gen: Es iſt das Heyl uns kommen her. &c. Jſt eben das Evangelium von der guldenen Au / davon auch David geſungen Pſ. 23. und demnach das erſte beneficium paſtorale, die ſuͤſſe Wunderthat der hoch-troͤſtlichenNeunter Theil. PHirten -114Die NeunteHirten-Weyd. Davon wir dieſes mal mit mehrerem reden und han - deln wollen / da wir dann bey der verſion Lutheri bleiben / ob ſchon die Wort im Hebraͤiſchen Grund-Text etwas anders lauten / davon droben in der fuͤnfften Predigt / ſo bleiben wir dennoch bey der Dolmetſchung Lutheri, und wollen vernehmen was durch die gruͤne Au verſtanden / und wen der Hirt auff derſelben weyde. Gott gebe hierzu ſeines Hei - ligen Geiſtes Gnad und Segen / Amen.

GEliebte in Chriſto. So iſt es nun eine Au / davon der Koͤnigliche Prophet und Poet David dichtet / und ſinget / und ſpielet / und ſagt: Er / der HErꝛ / mein Hirt / wey - det mich auff einer gruͤnen Au / nicht auff einer wilden Wuͤſten Egert / da Unkraut / Neſſeln / Dorn und Diſteln waͤchſt / einer Wuͤſteney und Wildnuͤß / einem ſumpfichten / pfulichten Moraſt / oder ſonſt beſchlaͤm - meten und uͤberſchwem̃eten / ſondern trockener Wiefen und Matt / Anger oder Schaaf-Laͤger: Und zwar eine graſichte Au / eßbar Graß / dick voll heilſame Kraͤuter / liebliche Blumen / Feld-Rofen / Feld-Lilien / Feld-Vio - len / ſafftig / kraͤfftig / wolriechend / und wolſchmaͤckend / voller Kraͤfften und Tugenden / und zwar gruͤn Graß / der Schaaf Augenluſt / davon ſie ergoͤtzt / aber auch gruͤn von Jugend / friſch / zart / immer gruͤn / immer bluͤhend / immer jung / das immer und ohne unterlaß hernach waͤchſt / wann ſie es einen Tag abgeſſen / ſo iſts morgen ſchon wiederfriſch Graß / ein recht Thau-Graß / rorulent: Eſt ros in tenera pecori gratiſſimus herba, wann fruͤh morgen / cœlo ſereno, die Thau-Troͤpfflein am Graͤß - lein ſich anhengen / daſſelbe benetzen / bekuͤhlen / anmuthig machen zu eſſen / und wann es wil welck werden / erquicken und lebendig machen.

Ταῦτα γδ ἀλληγορούμ〈…〉〈…〉 α, dieſe Wort bedeuten etwas / ſie haben einen hohen / geiſtlichen und verbluͤmten Verſtand. Was dann? was be - deut die Au? Lutherus erklaͤrets / Tom. VI. Jen. p. 366. von der gantzen Chriſtenheit / dem Volck GOttes / die iſt GOttes Paradiß und Augen - luſt / an deren er um Chriſti willen eine hertzliche Luſt und Wolgefallen hat / ſie an Leib und Seel ſpeißt / und ſie als Schaͤflein tractirt.

Quid gramen? idem Lutherus: Er gibt mir Weyd ohn unterlaß / darauff waͤchſt das wolſchmeckend Graß / ſeines guͤtigen / gnaͤdigen / heilſamen Friedens und Freude des H. Geiſtes / des Worts des heiligen Evangelij. Das Wort des Geſetzes iſt zwar auch GOttes Wort / iſt aber ein toͤdender Buchſtabe / ein ſchroͤcklich Fluch-Wort; Hie Heil - Wort / davon man lebet / ſagt Hiskias / Wort des Lebens Joh. 6. Selig -115Predigt. Seligmachende Wort. Rom. 1. das Wort das alles heilt / alle Seelen - Wunden und breſten. Sap. 16. Es iſt dick voll geſaͤet von allerhand Evangeliſchen Kern-Macht - und Abſolution-Spruͤchen / deren das Paradiß der heiligen Schrifft voll iſt / in den Prophetiſchen und Apoſto - liſchen Schrifften nicht nur die wenige Spruͤche / die man in der Abſolu - tion ſpricht / nicht ein Hand voll / ſondern unzehlbar / und mannigfalt in allen Propheten und Apoſteln. Sonderlich gehoͤren hieher die ſchoͤnen Blumen der Amaranten und Bluͤmlein der Liebe GOttes / je laͤnger je lieber / die φιλανθρωπία Patris, angezeigt in der Liebe Patris Acolaſti, in der Liebe Davids gegen ſeinem Sohn Abſalon / wann er außrufft: O Abſolon mein Sohn / mein Sohn Abſolon / wolte GOTT ich muͤßte fuͤr dich ſterben!

Dann wann die Eltern (ita Bidembach. in 2. Sam. 18. p. 915.) alſo geſinnet ſeind gegen ihren Kindern / wie David hie gegen Abſalon: wie hertzlich lieb muß dann GOtt ſeine Kinder haben / wiewol ſie auch ungerathen ſeind / dann wie geſchrieben ſtehet ſonſten: Der das Ohr gemacht hat / ſolte der nicht hoͤren? Alſo mag man freylich ſagen / der die Zuneigung der Eltern gegen den Kindern hat geſchaffen / ſolte der ſelbſt anders geſinnet ſeyn? das ſey fer - ne. Ja die Affection und Neigung iſt viel ſtaͤrcker bey GOtt / dann bey den Menſchen. Dann der ſolch Ding ſchaffet / iſt ja ſtaͤrcker und beſſer / als das da geſchaffen iſt. Darum iſt auch die Liebe bey GOtt am aller - ſtaͤrckſten. Jnmaſſen er ſich ſelbſt dahin erklaͤret hat durch den Propheten Eſaiam cap. 49. Kan auch ein Weib ihres Kindleins vergeſſen &c. Jtem / wann ihr / die ihr boͤſe ſeyd koͤnnet euern Kindern gute Gaben geben: wie vielmehr GOtt der Vater im Himmel wird das thun / der doch das hoͤchſte Gut iſt / und hat nicht GOtt auch alſo geſagt: Wolte GOtt ich muͤßte fuͤr euch ſterben / dann ob wol GOtt der Vater nicht Menſch worden noch ge - ſtorben iſt / ſo hat er doch ſeinen Eingebohrnen Sohn gegeben / der eins mit dem Vater iſt / der iſt fuͤr uns geſtorben / daß wir das ewige Leben haben moͤchten / der iſt ins Elendgangen / daß wir ins Himmliſch Koͤnigreich ein - geſetzt wuͤrden: Er hat geweinet / daß wir uns ewig freuen koͤnten. Und wie David nicht begehret / daß Abſolon ſterbe / ſondern vielmehr daß er er - halten wuͤrde / und weinete uͤber ſeinen Tod; Alſo wil auch GOtt nicht den Tod des Suͤnders / ſondern wil / daß er ſich bekehre und lebe.

At hic non eſt res voti, ſed effectus, weil er / der Vater / nicht fuͤr uns ſterben kunte / ſo greifft er ſein eigen Hertz an / die Cron ſeines Hertzens / ſeinen Sohn gibt er fuͤr uns in den Tod / und ſagt zu uns / non morie - ris, du ſolt nicht ſterben / Ezech. 18. das Geſetz ſagt: Du ſolt des Todes ſterben / Gen. 2. aber das Evangelium / du ſolt nicht des Todes ſterben: Hie iſt das rechte Gewaͤchs Davids und Zweig Jſai / die Blum zu Sa - ron / die edle Jungfrauen Blum / der Sohn GOttes / ſampt allen ſeinenP ijVer -116Die NeunteVerdienſten und Buſſen / die Blum der Himmel-Schluͤſſel der Verge - bung der Suͤnden: Dann wer Vergebung der Suͤnden hat / der hat Le - ben und ewige Seligkeit. Und das iſts Evangelium / das Wort / darin - nen alle Schaͤtze begriffen: Es iſt ferner gruͤn Graß / lauter Augenluſt / Hertzens-wonn / lauter Neurath / eine neue Zeitung / alle Tag neu / es kan nicht erſchoͤpfft werden / ein neuer Himmel / und neue Erde / Eſa. LXV, 17. neue Menſchwerdung des Sohns GOttes / Jer. XXXI, 22. ein neugeborner Koͤnig der Juden / Matth. II, 2. neuer Bund des Teſtaments / ein neuer Mittler / Hebr. IX, 15. neue Zungen / Marc. XVI, 17. neuer Geiſt / Ezech. XVIII, 31. neuer Moſt / Matth. IX, 17. neue Geburt / Joh. III, 3. neu Leben / neu Weſen / Rom. VI, 4. neue Namen / Apoc. II, 17. neu Jeruſalem / Apoc. III, 12. Evangelium rorulentum von der Goͤttlichen Gnad und Troſt / wann der Himmel ſeren, hell und lauter / das iſt / wann Gott verſoͤhnt / ſo thaut als dann die Gnad des H. Geiſtes / ſein Heil-Gnad / Lebens-Gnad / Lieb-Gnad / Troſt-Gnad / Kuͤhl-Gnad / dadurch die mat - te Seel erquickt wird / Himmliſche Gnad / davon lebt man / das iſt ein Wort des Lebens. Dann dieweil die Menſchliche Seel ein unſterblicher himmliſcher / unvergaͤnglicher Geiſt iſt / ſo kan ſie nichts erhalten / nichts troͤſten / wider die Verſchmachtung und Verzweifflung / als himmliſch / unvergaͤnglich / der Gnaden-Thau des H. Geiſtes: wann dein Wort nicht waͤre mein Troſt geweſen / ſo waͤre ich vergangen in meinem Elend. Aber dein heilſam Wort es macht / Mit ſeinem ſuͤſſen ſingen / Daß mir das Hertze wieder lacht / Als wanns beginnt zu ſpringen / Dieweil du alle Gnad verheißſt / Denen die mit zerknirſchtem Geiſt Und Hertzen zu dir kommen.

Sehet (ita Arnd in der Pſalm-Poſtill. p. 145. f. 2.) das iſt die rechte gruͤne Aue der Schaͤflein Chriſti / welches verbluͤmter weiß beſchrieben iſt im Hohen Lied Salomonis im 2. Cap. Stehe auff meine Freundin und komm her / ſiehe / der Winter iſt vergangen / (das iſt / das Geſetz mit ſeinem Draͤuen und Schrecken / dann das Geſetz macht traurig und betruͤbt) der Weinſtack hat Augen gewonnen / das iſt das Evangelium / die Tortel-Taube laͤſſet ſich hoͤren / das iſt der H. Geiſt / die Blumen ſind herfuͤr kommen / das ſind die Troſt-Spruͤchlein und Bluͤmlein der Schrifft / mein Freund / erquicket mich mit Blumen / und labet mich mit Aepfeln. Wol nun dem Volck / Land und Stadt / da dieſe gruͤne Au des Goͤtt lichen Worts iſt / da iſt die Stadt GOttes / die fein luſtig bleiben wird mit ihren Bruͤnnlein / da die Wohnung des Hoͤchſten ſind / dann wo GOttes Wort nicht iſt / ja in welches Hertz es nicht iſt / da iſt ein duͤrre Wuͤſten / da iſt eitel Seelen-Hunger / und der bit - tere ewige Tod / und wenns noch ſo ein gewaltig Koͤnigreich waͤre / da eitelguͤldene117Predigt. guͤldene Stroͤme flieſſen / ja wann alles Gut auff Erden / und aller Welt Herꝛligkeit auff einem Hauffen verſam̃let / in einer Stadt waͤre / wie man von Rom in ihrer Flore ſagt / daß die Stadt mit aller Welt Gut erbauet / und mit aller Welt Herꝛligkeit gezieret geweßt: Jſt GOtt mit ſeinem Wort und Gnaden nicht da / ſo iſts eine irdiſche Bauchfuͤlle / und eitel Kleien und Trebern / damit dem Saͤu-Menſchen der Bauch gefuͤllet wird / die Seele aber bleibet leer / ungeweidet und unerleuchtet / wird auch in Ewigkeit nicht geſaͤttiget und getroͤſtet werden. Alsdenn wird man erfahren / wer das rech - te Gut gehabt und den rechten Schatz.

Summa diß iſt die rechte guldene Au / wie Lutherus gloſſirt Oſe. 2. Dann da erbeut ſich der rechte groſſe Evangelus der Meſſias / er wolle ſei - ne Glaubigen ins Thal Achor locken mit ſeiner ſuada und Evangelio / er wolle daſelbſt freundlich mit ihnen reden / nicht ſchroͤcklich / wie zuvor in der Wuͤſten per fulmina, deren Fluch und Krafft im Thal Achor auß - gedonnert / und 36. Mann erſchlagen / und ein rechtes Achor ein Schreck - Thal darauß gemacht / ſondern er wolle freundliche Wort reden / troͤſtli - che Wort des Friedens / und damit das Thor der Hoffnung ins Land Canaan auffthun / darum dieſe Au Lutherus eine guldene Au genennet ab effectu, von dem Gold des Glaubens / ſo daſelbſt wird ſchimmern und leuchten: Es haben vor Zeiten die Heyden gedicht von einem aureo vel - lere. Quod ad fabulam velleris aurei, ut eam à Mela vocari ante vi -Ita Voſſius, de Theolo - gia Gentili. p. 178. dimus, attinet, originem ejus nobis enarrat doctiſſimus Varro, lib. II. de R. R. c. I. De Antiquis, inquit, illuſtriſſimus quiſ[q]paſtor erat, ut oſtendit Græca & Latina lingua; & veteres Poëtæ, qui alios vocant πολυάρνας alios πολυμήλους, alios πολυρούτας: qui ipſas pecudes propter charitatem aureas ha - buiſſe pelles tradiderunt: ut Argis Atreus, quam ſibi Thyeſtem ſub duxiſſe que - ritur: ut in Colchide Æeta, ad cujus arietis pellem profecti regio genere di - cuntur Argonautæ: ut in Lybia ad Heſperides unde aurea mala, id eſt ſecun - dum antiquam conſuetudinem, capras & oves, quas Hercules ex Africa in Græciam exportavit. Ea enim ſuâ voce Græci appellarunt μῆλα. Non ta - men ſolas ob pecudes, ut arbitror, Argonautæ profecti, ſed per eas συνεκδοχικῶς intelligere oportet opes regias univerſas, imprimis verò theſaurum illum, quem Phrixus, Athamantem ac novercam fugiens, in Colchidem deportarat. Hos enim conſanguinei Phrixi, ante omnes autem Jaſon, prognatus Æſone, fratre Phrixi hujus Patruele, non abſurdè repoſcebant. Nam veriſimile eſt, eos fuiſſe partim ex bonis Nepheles matris, partim, quia ejus domos & agros auferre non poterat, ex pecuniis Athamantis Patris & Novercæ Inûs. Eos quoque velleris aurei nomine vocarunt; quia ex pecudibus pecunia compare -tur;118Die Neuntetur; eoque & pecuniæ dicuntur, quaſi res pecuinæ. Imò poſtquam ſignari cœperunt nummi, ſæpè iis pecudis, vel bovis nota imprime - batur.

Darunter aber haben ſie verſtanden alle Schaafs-Felle / daß wie wir reden ein Schaaf einen guldenen Fuß habe / wo es hintritt / da iſt lauter Segen / Gold und Gut / von welchem Segen Abraham reich worden. Hie lauter aurea vellera, welche Schaaf das geiſtliche Graß eſſen / die bringen Milch und Woll / das iſt der Glaub / der iſt viel koͤſtlicher / als das vergaͤngliche Gold. 1. Petr. 1. Das Wort Gottes iſt viel koͤſtlicher als viel tauſend ſtuck Gold. Pſ. 119. deſſen Ende die Seligkeit / das rechte au - reum ſeculum.

Was wird aber II. dieſer Hirt auff der ſo ſchoͤnen Au machen und ſchaffen? Er weydet auff der gruͤnen Auen. Alle rechte und nutzliche Hirten-Dienſt wil er leiſten und verrichten / alles das / was zu einem Weydwerck erfordert wird. Wie weydet nun ein guter liebreicher Hirt? zu allerforderſt ſucht er eine gute / taugliche und heylſame Weyde. Von den Kindern Simeon ſteht 1. Chron. V, 39. Sie zogen hin / biß ſie gen Gedor kaͤmen / biß gegen Morgen des Thals / daß ſie Weyde ſuchten fuͤr ihre Schaafe / und funden fette und gute Weyde. Das findet ſich hie auch: Jch bin die Thuͤr / ſo je - mand durch mich wird eingehen / der wird ſelig werden / und wird ein - und außgehen und Weyde finden / ſagt Chriſtus Joh. X, 9, Er erkundiget und pruͤfft derſelben Natur / Krafft und Tu - genden / und ſtehet ihm wol an die ars botanica, wie vermuthlich die al - ten edeln Hirten gethan / und Jacob ihnen die veſtigia der Phyſic hinter - laſſen / er ſcheidet die erkundigte Heyde und Weyd voneinander / die ent - ſcheidete Weyde zeigt er den Schaafen / fuͤhret ſie an / und legt ſie ihnen vor / ja reint ihnen gleichſam die Weyde in den Mund. Alles ex motivo charitatis, ohn welches das Weyden ſchlecht abgeht / er ſagt nicht ver - gebens zu Petro / haſtu mich lieb / ſo weyde meine Schaafe / weyde auß Lieb / muß demnach auß Lieb weyden / auß Lieb heylen von allen Breſten / Reud / Rotz / Huſten / Darmgicht / mit den heylſamen Kraͤutern / ſo auff der Weyde wachſen. Ezech. 34. auß Lieb gehet er gar zaͤrtlich mit den Laͤmmern um / ſpeißt ſie mit der Mutter-Milch / den alten gibt er ſtarcke Speiße / auß Liebe ſamlet er die Laͤmmer in die Arm / und traͤgt ſie in ſei - nem Buſen / die Schaaf-Muͤtter fuͤhret er. Eſa. XL, 11. Alle dieſe officia und beneficia hat auch der Herꝛ Meſſias / der Herr mein Hirt ver - richtet / wie er ſolches zugeſagt und verſprochen. Dann weil er geſehen /wie119Predigt. wie uͤbel manchmal vor ihm der Heerd gewartet worden / ſo ſagt er / er wolle ſelbſt weyden. Ezech. XXXIV, 23. Jch wil ihnen einen einigen Hirten erwecken / der ſie weyden ſoll / nemlich meinen Knecht David / der wird ſie weyden und ſoll ihr Hirte ſeyn. Das hat er auch redlich erfuͤllt in allen Stucken. 1. Hat er die Weyd gefucht im Hertzen GOttes / deſſen Tieffe er ergruͤndet / geſucht das Mittel / dadurch der gefallene Menſch wiederum bey Leben erhalten / ernehret und geſegnet worden / davon Joh. I, 18. Der Eingeborne Sohn GOttes / der in des Vaters Schoß iſt / der hats erkundiget und verkuͤndiget. Gleichwie Johannes / der an der Bruſt JEſu gelegen / die Fluͤß und Ge - heimnuͤß der himmliſchen Weißheit darauß gefogen / alſo iſt dem Sohn GOttes nichts haͤl und verborgen geweſen: Er hat die Evangelia und Conſilia Evangelica geſucht und gefunden / das Evangelium iſt das Ge - heimnuͤß / das von Ewigkeit her verſchwiegen geweſen / aber von dem Sohn GOttes geoffenbahret und verkuͤndiget worden / daß nemlich noch ein Mittel ſeye / dadurch das unendliche und unuͤberwindliche Ubel der Suͤnden und des Todes koͤnne uͤberwunden werden: Nemlich durch das Blut des Sohns GOttes / der durch ſein Blut eine ewige Erloͤſung erfunden Hebr. IX, 12. (2.) nicht nur erfunden / ſondern auch die ſenſa erklaͤrt / die arcana myſteria, die Natur / Krafft und Tugend / Sinn und Verſtand der Evangeliſchen Geheimnuͤß erforſcht und außgelegt / auß - gelegt Moſen / Prooheten und Pſalmen / und auff ſich applicirt / Luc. XXIV, 27. 45. Luc. 4. erklaͤrt er den Spruch Eſa. 61. den 110. Pſ. Matth. 22. die Jacobs-Leiter Gen. 28. im 1. c. Joh. und 14. Jch bin der Weg die Warheit und das Leben / niemand kom̃t zum Vater dann durch mich. Die ehrne Schlang. Joh. 3. das Manna. Joh. 6. den Heil-Brunnen. c. 7. den Hirten. cap. 10. (3.) Er hat geſchieden von den Gacangeliis Menſchentand und Menſchen-Satzungen der Phari - ſeer und Sadduceer / und kraͤfftiglich erwieſen / daß ſie keine Pflantzen / die der Himmliſche Vater gepflantzt. Matth. XV, 13. ſondern nichts an - ders ſeyen als Unkraut / Wolffskraut / lolium & ſteriles avenæ, Neßlen und Spitzgraß / und davor ſeine Schaaf treulich gewarnet. Matth. VII, 5. (4.) Hat er ſeine Schaafe gefuͤhret: Forſchet in der Schrifft / wie leſet ihr / ad Theoriam Trifolii, des edeln Kleeblats der H. Dreyfal - tigkeit am Jordan / im Thal Achor / der guldenen Au / des dreyfachen / unterſchiedlichen / unerſchaͤtzlichen reichſten Schatzes / nemlich des Erb - Schatzes des Himmliſchen Vaters / Teſtaments-weiß beſchieden / allendenen120Die Neuntedenen / die an ſeinen Sohn / als die Cron ſeines Hertzens / glauben / das ewige Leben ohnfehlbar zu ſchencken / des Eingebohrnen Sohns JEſu Chriſti theuren Rantzion-Schatzes / zu Erloͤſung des Menſchlichen Ge - ſchlechts erlegt / und durch die Tauff verſiegelt / wie auch des H. Geiſtes Ablaß-Schatzes / davon auß einem Mund alle Propheten zeugen / daß im Namen / das iſt / in Krafft / Buͤrgſchafft und Credit JEſu, alle die es glauben / Vergebung der Suͤnden emfangen ſollen / eine erwuͤnſchte σ〈…〉〈…〉 σαχθείαν und Schulden-Ruh / ἀμνηϛείαν, Vergeſſenheit aller offenſen, ἀσυλίαν, Freyheit von Noth und Tod / von Ketten und Banden / von Reat und Straff-Pflicht. Er hat ihnen die Lehr in den Mund gege - ben / das iſt / er hat ſie von Mund zu Mund gelehret / mit ſeinen holdſeligen Lippen klug und weiß gemacht / vermahnet / gewarnet / getroͤſtet. Omnia ex motivo charitatis, die Flamm die er in Petri Hertz wollen erwecken / hat zuvor in ſeinem Hertzen loh hell gebrennt / auß Lieb hat er geheilet per abſolutionem peccati, die Geſunden bedoͤrffen des Artzts nicht / ſondern die Krancken. Matth. IX, 2. Auß Lieb die ἀρνία, die zarten Laͤmmer und jungen Kinder laſſen zu ihm kommen / in die Arm genom - men / gehertzt und gekuͤßt / die Milch-Chriſten informirt / wann er den Catechiſmum Frags - und Geſpraͤchs-weiß tractirt / Matth. XVI, 13. Joh. XI, 25. den Alten ſtarcke Speiß vorgelegt / die Wort und Sinn illuſtrirt / die Menſchwerdung mit der Hochzeit / den Glauben mit dem Eſſen verglichen / auß Lieb die Weyd geaͤndert / nicht immer einerley / ſondern die Evangeliſche Geheimnuͤß in unterſchiedlichen Parabeln vor - getragen. Auß Lieb auch ſie gelagert / ut innutriti, genehrt worden mit GOttes Wort / wie Dimotheus, nicht mit Schwerdt und Keilen / ſon - dern mit Liebes Seilen. Confer part. 8. Lact. Catech. p. 404. das heißt nun weyden auff gruͤner Au.

Omnia ad exemplum, Er hat uns ein Fuͤrbild gelaſſen / daß wir ſollen nachfolgen ſeinen Fußſtapffen: Er hat nicht nur Petrum gemey - net / wann er geſagt: Simon weyde meine Schaafe / ſondern ſeine Juͤnger alle mit denen Worten angeſprochen: Gehet hin in alle Welt und lehret alle Heyden / weydet mit Lehr und Weißheit. Er iſt gen Himmel ge - fahren und hat etliche geſetzt zu Hirten. Eph. 4. Der H. Geiſt hat zu Epheſo geſagt: daß ſie weyden ſollen die Gemeine GOttes / welche er durch ſein eigen Blut erworben. Act. 20. St. Petrus hats ſelbſt nicht anders verſtanden. 1. Petr. V, 2. Weydet die Heerde Chriſti ſo euch befohlen iſt / und ſehet wol zu / nicht gezwun -gen /121Predigt. gen / ſondern williglich / nicht ums ſchåndlichen Gewinns willen / ſondern von Hertzengrund: Nicht als die uͤbers Volck herꝛſchen / ſondern werdet Fuͤrbilde der Heerde. Wollet ihr aber weyden / ſo weydet nach meinem Exempel und Fuͤrbild / trettet in meine Fußſtapffen / legt euern Schafen fuͤr / nicht Zizania, nicht nur Legalia, wiewol man freylich die Zuhoͤrer auch ſoll in das Thal Achor fuͤhren / nicht nur freundliche Troſt / ſondern auch Schreckgeſpraͤch / nicht nur Oſtern / ſondern auch Pfingſtpredigten halten ſoll / wie es zwar zarte Ohren gern anders hoͤrten / daß man nicht ſagen ſolle: Hoͤrſtu es / du wilt ein Chriſt ſeyn / und biſt gleich wol ein Ehebrecher &c. ſondern ſo ſagen / horſtu / biſtu ein Ehebrecher / &c. glaubeſtu nur / ſo biſtu ſelig / darffſt dich fuͤr dem Gericht Gottes nicht fuͤrchten / Chriſtus hats alles erfuͤllet. Luth. Tom. 7. Jen. p. 292. Sondern auch Evangelia / aber nicht bloß und allein die Evangeliſche oder Bibliſche Hiſtorien / von welchen der Poͤbel lieber hoͤrt / als von hohen Geheimnuͤſſen / oder allein die Pericopas und den Außſchuß / ſo auß der Evangeliſchen Hiſtori zuſammen getragen / und am Sontag erklaͤret werden / wie es dann wol Beſſerung bedoͤrfft / und Lutherus ſchon zu ſeiner Zeit daran gewolt / ſondern alle ſalutaria myſteria, auß welchen hernach der Glaub und Gottſeligkeit folget / dann alle Geheimnuͤß / ſeind myſteria nicht nur fidei, ſondern auch ἐυσεβέιας, und daſſelb vollkoͤm̃lich / gruͤndlich / eigentlich / deutlich / verſtaͤndlich. Paſcite, das iſt forſchet in der Schrifft Tag und Nacht / als in einer herꝛlichen Fundgruben / pene - trate ad ſenſa intima, vindicate, illuſtrate, demonſtrate, catechizate, mutate, omnia ex motivo charitatis, non αἰσχροκερδίας.

Aber wo ſeind ſolche Hirten? Solche Hirten ſeind theur / (ſchreibet Luth. Tom. Vll. Witt p. 605.) und nicht gemein / als die zweyfuͤſſige Puͤffel und Pabſteſel zu Rom. Theuer vorzeiten in ſuperioribus ſeculis, in Babylon / da es alles aͤgert worden / voll Unkraut und Zizania, eine rechte Wildnuß und Wuͤſteney / da die Ohim und Zihim / die Feldgeiſter huͤpffen / die ſpectra und Poltergeiſter erſchienen / und jaͤmmerlich ejulirt, die Heuſchrecken auß dem Brunnen des Ab - grunds graſſirt / wiewol ihnen verbotten geweßt / das gruͤne Graß die H. Schrifft auffzufreſſen und abzuetzen / doch gleichwol haben ſie es vergifftet durch gloſſen. deſſen Muſter fuͤrhanden und zuſammen getragen in der deutſchen Bibel D. Dietenbergeri, zwar es wimmelte daſelbſt vollerNeundter Theil. QPfaf -122Die NeundtePfaffen / die ſich Paſtores, Parochos und Curatores nenneten / aber nur den Titul tragen / in veritate dominatores. Da war das Evangelium theur / und an deſſen ſtatt hat man fabulas und traditiones fuͤrgetragen / und den Leuten einen blauen Dunſt fuͤr die Augen gemacht / mit Seel - meſſen / Umgaͤngen / Wallfahrten / unter Comoͤdien / damit Meiſter Faulwitz Augen und Ohren auffgeſperret / und deſſen Predigten / Schrift - forſchen und Kopffbrechen unterlaſſen. Wanns hoch kommen iſt / ſeinds lauter legalia geweſen. Trutz allen Schereris, Drexeliis, Vincentiis, Gra - natenſibus, daß ſie die Evangelica myſteria recht intimè penetrit, und dieTom. 2. Ien. p. 39. Gottſeligkeit auß dem Glauben gezogen. O Paſtores! O Idola!

Theurung iſt auch in Schola Calvini, da man zwar den Text und heilſam Wort behalten / aber wie die Zauberer das Wort mit gloſſen ver - gifftet / wers nicht glauben will / der nehme nur die Herborniſche Bibel und dero gloſſen, die Baſeliſch Bibel und dero Erklaͤrung fuͤr ſich / er wird den Gifft bald finden.

Jn Zion iſts auch an manchem Ort theur geweſen / theuer rechte getreue Hirten / viel im Gegentheil deren / die ſich ſelbſt weyden / mehr mit der Meel-als Seelſorg beladen / lieber von Fruͤchten und Wein diſcurri - ren / als von Gottes Wort / lieber Evangelia mundi diſſeminiren als E - vangelia Chriſti, lieber in libris Regum auff der Carten / als in den Prophetiſchen und Apoſtoliſchen Schrifften ſtudieren / ſollen ſie einen Text tractiren / gehen ſie fuͤruͤber / wie der Prieſter und Levit ſprechen mit jenem Bauchpfaffen zu Laodicea: Jch bin reich und habe gar ſatt. Apoc. III, 17. ſonderlich werden die Laͤmmer verſaumet im Catechiſmo: Es gehet faſt her / wie in der neuen Welt / davon Acoſta, l. 4. de procur. Indor. ſalute. c. 4. Sie erzehlen in einer Wochen zwey oder dreymal das Symbolum und Gebet in Hiſpaniſcher Sprach / davon ſie doch nicht eine Sylbe verſtehen / und klagt ferner / es ſey ihme vorkommen als ein mon - ſtrum, daß unter ſo viel tauſent Jndianern / die ſich Chriſten nennen / gar ſelten einer Chriſtum erkenne / und es ihnen gehe wie weyland den Ephe - ſiern / daß / was ſie vom H. Geiſt geantwortet / dieſe viel beſſer von Chriſto koͤnnen ſagen: Wir haben niemahlen gehoͤret / daß auch ein Chriſtus ſey. Solche Geſellen ſind werth des proceſſus Diocletiani apud Euſeb. l. 8, 22.

GOTT aber im Himmel ſey Lob und Danck / daß er noch unter uns ſolche Hirten gegeben und erhalten nach ſeinem Hertzen / die ſein Volck und Erbe geweydet mit aller Treu / und regieret mit allem Fleiß. GOtt ſey Lob und Danck / der unſere guldene Au noch erhalten. WelcheGluͤck -123Predigt. Gluͤckſeligkeit groͤſſer zu ſchaͤtzen als alle Frantzoͤſiſche und Italianiſche Auen / ja alle Auen der Gottloſen / Pſ. 37. Liegt alles an den Schaafen /vid. Arnd. in Pſalt. p. 145. daß ſie ſich recht accommodiren und ſchicken / mit rechter begier und geiſt - lichem Hunger / den Armen wird das Evangelium geprediget / die Rei - chen laͤſt er laͤhr hingehen / und die ſollen ſein nicht nur hungerige / ſondern auch ſaugende Schaafe / die wol maſticiren und ruminiren / daß wie GraßConfer. part. 8. Lact. Car. p. 380, 384. waͤchſt ohn unterlaß / ſie auch ohn unterlaß ſagen / hie iſt ſagina loͤblich / ſonſten unvernuͤnfftigen Schaafen ſind all zu fette Auen nicht geſund / ſie freſſen ſich uͤberſatt. Es bekommet ihnen nicht wohl / aber hie je laͤn - ger je lieber / unerſaͤttlicher Welt - und Geld-Durſt iſt verbotten / nicht aber Lehr - und Liebdurſt. Oves gratæ, der Hirt trinckt von der Milch /vidi l. cit. p. 467. 472. welcher weydet eine Heerde / und ißt nicht von der Milch der Heerde. 1. Cor. IX, 7. lac & lana, der Lehr und Weydlohn iſt nicht zuvergeſſen. Man gedencke wie die Leute im Pabſthum mit Allmoſen und Bettel - muͤnchen geplagt werden / wie man gautzt und geitzt / wo man reiche Leute weiß / die weiß man zu gaͤrben / daß die Haut uͤber die Ohren herunter haͤngt. Bey uns iſt alles zu viel: Sed ſurdo fabula! Wir laſſens beym geſagten bewenden / und bitten den Vater aller Barmhertzigkeit / Er wolle die poſteritaͤt ſolcher Urdanckbarkeit nicht entgelten laſſen / ſondern die gruͤne / guldene Au erhalten / ſo lang der Mond waͤhret / biß wir endlich alle / Hirten und Schaafe verſamlet werden zur guldenen Au / auff der neuen Erd und Land der Lebendigen / da wir die Engelſuͤſſe Schaͤtz und Gutthaten genieſſen werden mit Freuden / gantz heiliglich / vollkommlich / immer und ewiglich / AMEN.

Q ijDie124Die Zehende

Die Zehende Predigt / Vom Friſchen Waſſer des H. Geiſtes.

GEliebte in Chriſto. Wie der Hirſch ſchreyet nach friſchem Waſſer / ſo ſchreyet meine Seele GOtt zu dir / meine Seele duͤrſtet nach GOtt / nach dem lebendigen GOtt. Tichten / ſingen und ſagen die geiſtliche Propheten und Poeten die Kinder Kore Pſalm. 42. im Nahmen und auß dem Mund aller heiligen / und deroſelben Haupt die fruͤhgejagte Hindin der Meſſias und Welt - Heyland. Wie der Hirſch / der gehetzte / gejagte / angſthaffte / abgemat - tete / und daher duͤrſtende / keuchende / lechzende / hoͤllige Hirſch διὰ τὸ καῦμα καὶ ἀσϑμα, Ariſtot. in der Hatz und Jagt ſchreyet hell und jaͤmmerlich / mit keuchen / athmen und gluxen / er gluxet gleichſam wie ein Gluckhenn / ſo lang und viel / biß er in den Gruͤnden / Gebuͤrgen und Waſſerbaͤchen ein Echo und Wiederſchall erweckt / und wo er ein Waſſerquell vermerckt / denſelben Ort ſpaͤet er auß / folgt / und laufft dahin / ſucht daſelbſt Labſal / loͤſcht den Durſt und erquickt ſich. Alſo alle Heiligen in ihrer Angſt und Betruͤbnuͤß und geiſtlichen Ohnmachten / ſonderlich das Haupt und Exempel Aller heiligen / der Allerheiligſte Chriſtus die fruͤhgejagte Hindin Pſ. 22 Welche die Hunde umgeben / fette Ochſen umringet / und gegen ihm als die bruͤllende und reiſſende Loͤwen / den Rachen auffgeſperꝛt / ſo faͤngt er an zu ſchreyen / zu heulen und zu klagen / opffert ſein Gebet und flehen mit ſtarckem geſchrey und Thraͤnen / zu dem der ihm vom Tod kunte außhelffen, Hebr. V, 7. rufft ſeinen himmliſchen Vater zu dreyen mahlen aͤngſtiglich an / im Garten am Oelberg mit zittern und zagen. Matth. 26. Ach Vater iſts muͤglich / biß ſo lang ein Engel vom Him - mel herab einen Wiederſchall mit ſich gebracht / ihn mit Worten und Wercken geſtaͤrckt. Chaſak, Chaſak. Dan. X, 19. davon er Labſal empfunden. Und alſo auch ſein Gegenvater David / da er von Saulals125Predigt. als ein Rebhun auff den Bergen herum gejagt worden / daß er daruͤber abgemattet / zu den Himmelsbergen ſich gewendet / daher ihm auch Huͤlf - fe kommen. Seines wehmuͤthigen und angſthafften Geſchreys iſt der gantze Pſalm voll / 2. Sam. XXIII, 15. da er in einem Feldzug wieder die Philiſter begriffen / wird er einsmals luͤſtrig und duͤrſtig / ſagt: Wer will mir zu trincken geben des Waſſers auß dem Brunn zu Bethlehem unter dem Thor / als meinem Vaterland und Heimath / das Waſſer / das mir angeboren / und / wie vermuthlich offt mein Schaafe dafelbſt getren - cket: War votum incompletum, war ihm nicht Ernſt / iſt darauß abzuneh - men / daß als 3. Helden durch die Beſatzung der Philiſter daſelbſt ſich durchgeſchlagen / das Waſſer geſchoͤpfft / gewonnen / und ihm David ge - bracht / ſo wolt ers nicht trincken / goß es auß / dem HErꝛn zu einem Danck - und Tranckopffer / daß GOtt ſeine Helden in ſo groſſer Leibs - und Seelen-gefahr behuͤtet. Urſach / es duͤrſtete ihn nach einem andern Brunn / ſo zu Bethlehem in der fuͤlle der Zeit ſolte ausgehauen werden / nach dem rechten Heilbrunnen dem Meſſia / ſeinem Sohn / und nach dem Waſſerſtrom des Geiſtes / den er ausgieſſen werde / darnach ſchreyet er ſo offt und viel / daß ihm ein Wiederſchall wird / der Geiſt / der durch ihn ge - redet / der antwortet ihm und ſagt: Dein Hirt / dein Herꝛ / dein getreuer Hirt / der fuͤhret dich zum friſchen Waſſer. Jſt die andere Evangeliſche Hirten Gutthat und ſuͤſſe Wunderthat / davon David ſo holdſelig ſingt und ſagt / und ſich ſelig preißt. O wohl mir! dann ich ein ſolchen mil - den und guten Hirten habe / der mich leitet und fuͤhret zum friſchen Waſ - ſer / dadurch er allen meinen Durſtloͤſchet / und noch dazu erquicket. Hie - von ferner zu reden / wolle der H. Geiſt Krafft / Gnad und Segen geben / Amen.

D nun ohne weitlaͤufftige Auffenthalt durch diß Da - vidiſche Waſſer nichts anders verſtanden werde / als der gute Heilige Geiſt / das hat unſer lieber Lutherus nicht allein gar hold - ſelig angezeigt in dem ſchoͤnen bekanten / offt wiederholten Lied: Zum ret - nen Waſſer er mich weißt / das mich erquicken thute / das iſt ſein Fron H. Geiſt / der mich macht wol gemuthe / ſondern es beſtehet deſſen gloß und Erklaͤrung auch auf ſtattlichem und feſtem Fundament / des prophetiſchen und Apoſtoliſchen Worts Gottes. Eſa. XLIV, 3. Propheceyet und ver - ſpricht der HErꝛ: Er wolle Waſſer gieſſen auff die durſtige / und Stroͤme auff die duͤrren / das iſt: Jch will meinen Geiſt auß - gieſſen auff deinen Samen / und meinen Segen auff deine Nachkommen. Q iijJoel126Die ZehendeJoel weiſſaget. cap. 3. Jch will meinen Geiſt außgieſſen uͤber alles Fleiſch. Zachar. XII, 10. Jch will auff das Hauß Da - vid / und die Buͤrger zu Jeruſalem außgieſſen den Geiſt der Gnaden. Die Erfuͤllung hat Chriſtus geleiſtet Joh. VII, 37. Wen da duͤrſtet / der komme zu mir und trincke. Wer an mich glaubet / wie die Schrifft ſaget / von des Leibe werden Stroͤme des lebendigen Waſſers flieſſen. Das ſaget er aber von dem Geiſt / welchen empfangen ſolten die an ihn glaubten. Von des Leibe / ſpricht er / ſollen Stroͤme des lebendigen Waſſers flieſſen. Wie auß den Bruͤſten der Erden gantze Fluͤſſe und Stroͤm / Rhein und Do - nau / die ein groß Stuck in Deutſchland uͤberſchwemmen / ja wie auß der Lebens-Ader das Gebluͤt gezeuget wird / das ſich hernach in alle Glied - maſſen außtheilt / ein himmliſch Waſſer / das vom Himmel kom̃t / und wieder quillet in den Himmel hinauff / Joh. 4. und iſt ſolcher Außguß geſchehen und geſchicht taͤglich in der heiligen Tauff. Tit, III, 5. Nach ſeiner Barmhertzigkeit hat uns GOTT ſeliggemacht durch das Bad der Widergeburth und Erneurung des H. Geiſtes / welchen er außgegoſſen uͤber uns reichlich. Gantz herꝛlich aber und ſolenniter iſts geſchehen in der ſichtbaren Außgieſſung des H. Geiſtes Act. 2. darauff Petrus gedeutet / mit denen Worten: Nun er durch die rechte Hand Gottes erhoͤhet / und empfangen hat die Ver - heiſſung des H. Geiſtes vom Vater / hat er außgegoſſen / das was ihr ſehet nnd hoͤret. Act. II, 33. Da ſeind Stroͤme / da ſeind χαρίσματα, die Evangelia, die Magnalia, dazu kommet die Analogia die Vergleichung des Waſſers mit dem H. Geiſt / in unterſchiedlich von David angedeuteten Articulis und Stuͤcken.

Das Waſſer / davon David redet / iſt I. Aqua precioſa. Es moͤch - te jemand gedencken / was iſt das groſſes und herꝛliches / wann der Hirt ſeinen Schaafen Waſſer zutrincken gibt / was iſt gemeiner / geringer / und nachgiltiger / als Waſſer. Wann er ſeinen verbluͤmten Schaafen davor Wein vollauff gebe / das waͤre ein Hirt fuͤr unſer Volck. Aber Lutherus antwortet hierauff gar wol. Tom. IV. Jen. p. 367. David redet nach Lands - Art / das gelobte Land war ein hitzig / duͤrꝛ / ſandicht / ſteinicht Land / da viel Wuͤſten und wenig Waſſer / darum die Heydniſchen Hirten ſich mit den Patriarchiſchen Hirten mehrmalen gezanckt / darum hielte manWaſſer127Predigt. Waſſer fuͤr ein groſſes Kleinod / wann ſie fuͤr ſich und ihr Viehe gnug Waſſer haben kunten: Andere hitzige Getraͤncke hatten ſie wol / aber wann ſie es nicht mit kaltem Waſſer gemiſcht / bekam es ihnen uͤbel / ſolch ein Kleinod war das Waſſer. Wie viel tauſendmal koͤſtlicher der Geiſt / der dadurchhieroglyphicè fuͤrgebildet worden / der Chryſtallklare Strom / der ausgehet vom Stuhl Gottes und des Lambs / Apoc. 22. Maſſen ſich der hoͤſte GOtt ſelbſt gar deutlich im Waſſer abgebildet. Jm Waſſer erzeigen ſich drey Stuck / Quell / Brunn und Strom / alle drey ſind eines Weſens / und doch drey Ding. Alſo iſt der Vater die ewige / unerſchaffe - ne / immer lebendige / immer mildreiche Gottes-Quell / der Sohn / λό - γος, iſt der Mund und Brunn und Quell / der Heilbrunn / auß deſſen eroͤffneten Seiten Waſſer und Blut in die Sacramenta gefloſſen / der H. Geiſt iſt der Strom von uͤberſchwenglicher Gnad ὑπερεκπερισσέυουσα χάρις, maͤchtiger als alle unſere Suͤnde / die ſeind uͤberſchwem̃t und ver - ſenckt. Rom. 5. ein rechter Pactolus voll guldener Gnaden-Schaͤtzen.

Es redet / II. David de aqua quietum, friſchen Waſſer / das zwar ſanfft und ſtill laufft / wie das Waſſer auß dem Brunn Siloah / nicht wie ein Torrens mit groſſem ungeſtuͤm daher rauſchet / davor die Schaͤf - lein erſchrecken / aber darneben friſch / das den Durſt loͤſchen / und den ap - petit contentiren und vergnuͤgen kan / wie das friſche und kuͤhle Waſſer / der Hirt kan ſeine Schaaf nicht immer im Stall behalten / und unter dem umbraculo ruhlos / er muß ſie hinauß auff die Weyde fuͤhren / und wol gar im Mittag weyden / Cant. I, 17. da die Sonn am hefftigſten ſticht / darum iſt ihnen nichts liebers / als ein kuͤhles Waſſer / maſſen uns auch im Sommtr lau und warm Waſſer nicht vergnuͤgt / ſondern friſch Waſ - ſer / kuͤhl Waſſer / Sauerbrunnen Waſſer / ein Trunck Sauerbrunnen Waſſer iſt anmuthiger und geſunder als der beſte Malvaſier / als daran man ſich ſatt trincket / daß man ſo bald nicht wieder duͤrſtet: Alſo ſagt Chriſtus Joh. 4. er wolle der bußfertigen Samariterin Waſſer geben / daß ſie nimmer duͤrſtet: Wann du es wuͤßteſt / wer der iſt / der zu dir ſagt / gib mir zu trincken / du baͤteſt ihn / und er gebe dir lebendiges Waſſer / dann wer des Waſſers trincket / das ich ihm gebe / den wird ewiglich nicht duͤrſten / ſondern das Waſ - ſer / das ich ihm geben werde / das wird ihm ein Brunn des Waſſers werden / der ins ewige Leben quillet. Als wolt er ſa - gen: Mit fuͤnff Maͤnnern haſtu unzuͤchtig zugehalten / mit einem nach dem andern / und haſt deine Luſt und unzuͤchtigen Durſt nicht geloͤſcht /wirſt128Die Zehendewirſt du aber Buß thun / die Fleiſchliche Hurenluſt verſpeyen und ver - maledeyen / mich den keuſchen Jung rauen Sohn da gegen in dem Glau - ben annehmen / und durch mich dich durchreuen und verneuen laſſen / wird dir derſelbe werden eine Quelle / die ins ewige Leben quillen wird. Es iſt leider der Fleiſchliche appetit des Menſchlichen Hertzens unerſaͤtt - lich / nichts irꝛdiſches / liebliches kan den Geiſt contentiren / quo plus ſunt potæ, plus ſitiuntur aquæ. auri ſacra fames begleitet den Geitzhals biß in die Grube hinein / bring her / bring her / je laͤnger je mehr. David hatte Weiber und Kebsweiber in ſeinem Gynæceo bey der ſchwere und in der Menge / das war ihm nicht gnug / ſeine Luſt zu buͤſſen / der ſchoͤnen Bath - ſeba mußte er auch genieſſen. Der hochmuͤthige Koͤnig Pyrrhus kunte der Ehrenglori nicht ſatt werden / hatte einen weiſen Rath / Namens Ci - neas, der fragte einsmals ſeinen geſchwuͤlſtigen und Ehrſuͤchtigen Koͤ - nig / wann wir die Jndien bezwungen haben / was wollen wir hernach thun? ſo wollen wir die Sicilianer uͤberrumpeln / ſagte Pyrrhus, wo als dann hinauß? fragte abermal der Rath Cineas? ſo wollen wir als - dann einen Verſuch thun auff Africam / und die ſtoltze Stadt Carthago belaͤgern. So gar unerſaͤttlich war ſein Ehrgeitz. Wer aber die Suͤſ - ſigkeit des Geiſtes durch ſein Evangelium recht erſchmecket / den duͤrſtet nimmer / hie anfangs weiß / dort vollkommen.

III. Aqua virtuoſa, ein Seelerquickendes Waſſer: Jn der H. Sprach ſtehet das Wort Jeſchobheb, er aͤndert und bekehrt meine Seele / ein ſchwaches / mattes / ohnmaͤchtiges / halbtodtes Schaaf / das da liegt / und kan ſich nicht erholen / ſtreckt alle vier von einander / wird aber mit friſchem Waſſer getraͤncket und begoſſen / ſo wird es munder / es wird wol gemuth / iſt luſtig / und ſpringt davon. Simſon der edele Held / Jud. XV, 19, gerath durch ſeinen Kampff in einen ſolchen Durſt / daß die Seele ihm auff der Zungen ſchwebt / ſie wolte ſich ſcheiden von dem Leib; aber da er getruncken / uñ ſich erquickt / kehret ſie wiederum um. Eben das geſchicht auch glaubigen Chriſten / ſie gerathen manchmal in ſo tieffe geiſtliche Ohnmachten / in gichten / angſt und ſchrecken / daß ihnen die Puls-Ader des geiſtlichen Lebens nicht will ſchlagen / ſie klagen / der Glaubgebe gar kein anzeigen von ſich / und ſagen / ſie ſeyen nicht nur von Menſchen und Creaturen / ſondern auch von GOTT ſelbſten ver - laſſen / die Quell des Lebens ſeye ihnen verſiegen / Chriſtus ſey verlohren. Wann ich dich Herꝛ habe / ſo frage ich nichts nach Himmel und Erden / wie? wann ich dich aber nicht habe / nicht ſpuͤre / nicht mercke / wann ſieſprechen /129Predigt. ſprechen / wo iſt nun dein Gott. Pſ. 42. ſo heißts alsdann / nun hat mei - ne Seele kein Troſt Pſ. 77. Dein Grimm ſauget meinen Geiſt duͤrꝛ auß / wer da helffen kan / der erquickt und machet wolgemuth / das thut der H. Geiſt / der aͤndert die Seele als ein edles Perlen-Waſſer / Er machet auß einer traurigen eine froͤliche / auß einer todten eine lebendige Seele. Er als ein Paracletus / ſpricht ein Hertz zu / vertritt alle Stuck eines Advo - caten, Er machet den Blinden wiederum ſehend / durch Liecht und Rath / den Kleinglaubigen muthig / den Stummen macht Er redend / legt ihm die Wort in den Mund / und vertritt ihn mit unaußſprechlichen Seuff - zen / das iſt das edle Rooß - und Perlen-Waſſer das wieder erquicket / von kraͤfftigen und durchdringenden ſpiritibus und Tugenden.

Was wuͤrcket aber und thut unſer lieber Hirt dazu: Er fuͤhret / Er zwingt nicht gewaltiger weiß wie der Metzger das Schaaf zur Schlacht - banck / ſondern er fuͤhret mit Menſchen-Seilen / ſuaviter ſuͤß und lieblich / und zwar auff unterſchiedliche weiße. 1. Sitim excitando, ducendo in ere - mum, Er fuͤhret das Schaf in die Hitze zur ſchwitze / daß es duͤrſten muß / und hernach das Waſſer deſto beſſer ſchmeckt. Die Hagar fuͤhret er in die Wuͤſten / da kein Waſſer geweßt / da die Flaͤſch außgangen / dann ſchreyei Jſmael Gen. 21. die Kinder Jſrael fuͤhret er in die Wuͤſten / hinc clamor & querela, klagen und zagen. Exod. XVII, 3. Warum haſt du uns laſſen auß Egypten ziehen / daß du uns unſere Kinder / und Viehe Durſt ſterben laͤſſeſt? Alſo pflegt Er auch mit ſeinen Außerwehlten zu procediren / Er jagt ihnen einen Angſt ein durch Moſen und ſein Fluch-Geſetz / das Hertz ſagt ihnen / ſolch Geſell bin ich / ich kans nicht laͤugnen / wie ein Kriegs-Heer tretten mir meine Suͤnden fuͤr Au - gen / der Satan macht die concluſion, Strick zu / blaͤſet die Hoͤllen - Funcken dermaſſen auff / daß das Hertz daruͤber zerſchmeltzen moͤchte / und ob einer ſchon meynet / er ſey untadelich / ſo ſtellet er ihm den Satan zur Rechten / der muß ihn mit Faͤuſten ſchlagen / geißlen / calumniren / er erwecket einen Saul / der muß ihn quaͤlen / verfolgen mit falſchem Arg - wohn / mit Mißgunſt / Mißdeuten / Mißtrauen / der bringet acetum pro potu, ja Gott der ſchlaͤgt ſich ſelbſt auff dieſe Seiten dem Schein nach / laͤßt keinen Gnaden-Blick herfuͤr leuchten / ſondern wird verwandelt in einen Grauſamen: Pſ. XXXI, 23. Jch ſprach in meinem Zagen / ich bin von deinen Augen verſtoſſen. Wo iſt nun dein Gott? Das macht duͤrſten / lechzen / ſeuffzen und ſchreyen / wie der Hirſch / da werden Davids Pſalmen ſuͤß und lieb / Davidica non inteiligit, DavidicaNeunter Theil. Rqui130Die Zehendequi non expertus. Da kom̃t alsdann der treue Hirt / zeucht die Seele zum Waſſer magnetico tractu und ſagt Matth. 11. Kom̃t her zu mir alle / die ihr muͤhſelig und beladen ſeyd / ich wil euch erquicken.

II. Lapidem devolvendo. Solte Jacob die Schaafe ſeiner lieb - ſten Rahel traͤncken und zur Traͤncke fuͤhren / ſo mußte er zuvor den Stein von der Traͤnck-Rinnen weg waͤltzen Gen. 29. dieſer Stein iſt die ſecuritas carnalis conſcientiæ cauteriatæ, die fleiſchliche Sicherheit ei - nes brandmaligen Gewiſſens / conſcientiæ induratæ, eines Stein - und Felſen-harten Nabals-Hertzen / dadurch der Hammer des Geſetzes nicht kan penetriren / es wird veracht / man ſchlaͤgt die Melancholi auß dem Sinn / laͤßt den Pfaffen donnern und ſtrahlen / es wird ſo boͤß nicht wer - den / wann er dreuet: Die ſolches thun / werden das Reich Gottes nicht erben / ſondern fahren abwerts der Hoͤllen zu. So kom̃t die Paradiß - Schlang und ſagt: non morieris, du wirſt mit nichten des Todes ſter - ben. Wird dieſer Stein nicht weg geweltzt / O weh / O ewig weh. Das thut nun Chriſtus durch das bittere Creutz. Solte David mortificirt / zahm und geſchlacht werden / ſo muß das blutige Raach-Schwerd und die Peſt dazu helffen. Solte Manaſſe erkennen / daß der Herr Gott iſt / ſo muß der Kercker das beſte thun / er muß gekruͤmmet werden in eiſern Banden. Solte dem verlohrnen Sohn die ſecuritaͤt benommen wer - den / ſo muſte ihm der Hunger das halsſtarrige Gemuͤth und Felſenharte Hertze brechen.

III. Monſtrando. Er zeigt den Schaafen das Waſſer und Traͤnck-Rinnen / da lauffen ſie ſelbſt zu / quaſi magnetico tractu. Alſo zeigte Er der Hagar den Brunn / und oͤffnet ihr die Augen. So zeigt auch der Hirt digito indice die Canaͤl und Waſſer-Roͤhr / die anthlia und Schoͤpff-Zeug / das ſind nun λόγια Θεου̃, oracula Scripturæ. Der H. Geiſt iſt ein unſichtbarer Geiſt / Er erſcheinet nicht immediatè, wie Er weyland extrà ordinem erſchienen / in der Taubens-Geſtalt / Wind und Feur / alſo nun in den dreyen Zeugen auff Erden / dahin weißt Chriſtus / ſcrutamini ſcripturas, forſchet in der Schrifft. Sie haben Moſen und die Propheten / laß ſie dieſelbigen hoͤren. Nicht allein aber die Roͤhren / ſondern auch die Waſſer-Schoͤpffer / das werthe Miniſterium, das Ampt des Geiſtes / welches Er ſelbſt eingeſetzet / die ſeind gleichſam die Schen - cken / die Traͤncker / ποτίζοντες. 1. Cor. 3. die Waſſer-Meiſter / aquæ ducto - res, die die Schrifft leiten / diſpenſiren auch druͤber kaͤmpffen / wie dort die Knecht Jſaacs / Gen. 26. Exod. 2. die Troſt-Engel / die Credentzerſeind131Predigt. ſeind die beſten / h. e. die es ſelbſt auch verſucht / die nach dem Exempel des Engels / der Chriſtum geſtaͤrckt am Oelberg / den Kelch darbieten / und ſagen auß dem 75. Pſalmen / der Herr habe einen Becher in der Hand / &c. halten fuͤr die συμμορφείαν Chriſti Rom. 8. Gott habe ſeines eigenen Sohns nicht verſchont / die παράϛασιν, Synantilepſin Sp. S. die Huͤlff und Beyſtand Gottes des Heiligen Geiſtes / der hilfft unſerer Schwachheit auff / und vertritt uns mit unaußſprechlichen Seuffzen.

IV. Preces urgendo, wann du wuͤßteſt die Gabe GOttes / und wer der waͤre / der zu dir ſagt / gib mir zu trincken / du baͤteſt ihn. Joh. 14. Er hat diß Waſſer gegeben / erworben / gewonnen / es iſt Jhm ſaur wor - den / aber Er wil darum gebetten ſeyn / des Herrn Gebet gehet dahin / Der Heilige Geiſt uns wohne bey / Mit ſeinen Gaben mancherley / ſo wird alsdann das Waſſer flieſſen / es wird der Zweck erreichet werden / ſo werden wir mit Freuden Waſſer ſchoͤpffen auß dieſem Heyl-Brun - nen. So wird ein glaubiges Schaaf David nachſprechen koͤnnen: Zum friſchen Waſſer Er mich weißt / Das mich erquicken thue.

Wol mir / O wol mir / O ewig wol. Wol dir Jſrael / wer iſt dir gleich. Deut. XXXIII, 29. Weh aber und ewig weh / die einem andern Geiſt nacheilen / und die armen Schaafe verfuͤhren / von denen Paulus propheceyet / 1. Tim. IV, 1. Der Geiſt aber ſagt deutlich / daß in den letſten Zeiten werden etliche von dem Glauben abtretten / und anhangen den verfuͤhriſchen Geiſtern und Lehren der Teuffel: Und St. Johannes 1. Joh. IV, 1. Jhr Lieben / glaubet nicht einem jeglichen Geiſte / ſondern pruͤffet die Geiſter / ob ſie von GOtt ſind / dann es ſeind viel falſche Propheten auß - gegangen in die Welt. Daran ſolt ihr den Geiſt GOttes erkennen. Ein jeglicher Geiſt / der da bekennet / daß JEſus Chriſtus iſt in das Fleiſch kommen / der iſt von GOtt / und ein jeglicher Geiſt / der nicht bekennet / daß JEſus Chriſtus iſt in das Fleiſch kommen / der iſt nicht von GOtt. Jſt leider wahr / es ſchwaͤrmet und fladdert voll Geiſter / allenthalben voll Jrꝛ - und Verfuͤhr-Geiſter / der himmliſchen Propheten / Enthuſiaſten und Phan - taſten zugeſchweigen. Jn Babylon / da iſt lacus, in quo non eſt aqua, die lebendige Quelle haben ſie verlaſſen / das Waſſer geraubt / die Brun - nen verſtopfft / durch Verbietung der Bibel / und alles auff die Mutter GOttes geſpielt / man rufft die Heiligen im Himmel an / anders nichtR 2als132Die Zehendeals der reiche Schlemmer den Vater Abraham / da er um ein Tropffen Waſſer fuͤr ſeine gluͤende Zunge gebetten / hie und da werden Ciſternen / ſtinckende faule Regenwaſſer / Froſchleuchen / Miſtlachen von Legenden und Lugenden / von kraͤfftigen Jrꝛthum̃en gewieſen / Waſſer / aber nicht menuchot, daß das Hertz und Gewiſſen kan beruhigen / ſonderlich in der Judas-Beicht / da ſiehe du zu / ob deine Reue ſo groß / als die began - gene Suͤnde geweſen / ob deine Beicht perfect, ob du nichts verſchwie - gen / ob du ſatisfaction geleiſtet / oder Gnugthuung in der proportion ſo viel guͤltig / als die gebuͤßte Suͤnde: Die Erquickung mangelt. Jm Gegentheil wird das Hertz erſtickt und erſchreckt / die converſio gehet ab - werts dem Fegfeur zu / und welches das aͤrgſte iſt / ſo wird der Satan fuͤr einen Lehrer auffgeworffen und zu einem Apoſtel gemacht mit ſeinen Belials-Baͤchen / wann er gefragt wird per obſeſſos von dem Rofen - krantz / Anruffung der Heiligen / und dergleichen / anders nicht / als ob kein Gott in Jſrael. Der Spiritus und Geiſt der Reformirten iſt recht Wolcken ohne Waſſer / die mit der Schrifft prangen / troͤſten und predigen / ſchreiben Troſt-Buͤcher / wann man es aber beym Liecht beſie - het / ſo iſt kein Nachdruck darhinder / wann man auff den fontem ſelbſt treibt / ſo wird zwar abſoluta gratia pro fonte außgegeben / was aber fuͤr Waſſer darauß folge / iſt anderswo angezeigt. vid. Hodom. Calv. p. 247. e. g. Wendel. exerc. 70. p. 1152. & 1154. Wer keinen Glauben empfindet / und noch dazu ihm gewiß einbildet er ſeye verworffen / ein ſolcher / ſo lang er in ſolchem Stand iſt / kan mit keinem Troſt voͤllig auffgerichtet und geſtillet wer - den / wer keines Glaubens bey ihm innen wird / hat auch nie - mals keinen an ihm geſpuͤrt / der iſt auch weder ſeiner Gnaden - wahl / noch ſeiner Wiederzurechtbringung vergewiſſert. Nun aber ſagt Jonas c. II, 5. Jch war von deinen Augen verſtoſ - ſen. Und David Pſ. XXXI, 23. Jch ſprach in meinem Zagen / ich bin von deinen Augen verſtoſſen. Daß ſie aber auß GOttes Wort keinen ſatten Troſt haben koͤnnen / das ſey ferne! Da meine Seele bey mir verzagte / gedachte ich an den HErꝛn / und mein Gebet kam zu dir in deinen heiligen Tempel. Jon. c. II. 8. Darum hat die Stadt GOttes Waſſers die Fuͤlle / wir wiſſen das Gott niemand wil verlohren haben / ohne die Widerſpenſtigen / die ſich Jhm widerſetzen / darum ob ich ſchon in der Lipothymia und Geiſtlichen Ohn -macht133Predigt. macht keinen Glauben fuͤhle und empfinde / ſo widerſtreb ich doch nicht der Goͤttlichen Gnad / und bin demnach in GOttes Huld. Der ſpiri - tus mundi iſt auch ein arger Gaſt / der fuͤhret eben die principia, dadurch Chriſtus fuͤr einen Auffruͤhrer / und ſeine Apoſtel fuͤr Verwirrer gehal - ten und geſtaͤupet werden: pax ſeculi ſuprema lex eſto! Die ratio ſta - tus muß erhalten werden / da muß GOttes Geiſt weichen: wollen die guten und warhafften Geiſter uͤber dem Brunnen kaͤmpffen / ſo ſind Philiſter fuͤrhanden / die wollen den Geiſt daͤmpffen / dem Fluß der con - ſequentzen catarractas entgegen ſetzen / und Thaͤmme ſchlagen / das thut der ſubtile Welt-Geiſt / von dem ſagt der Herr Joh. XIV, 17. Die Welt kan den Geiſt der Warheit nicht empfangen / dann ſie kennet Jhn nicht. Wer nun den H. Geiſt nicht kennet / wie kan der zu Chriſto kommen / wer aber nicht zu Chriſto kommet / der iſt verlohren / es iſt kein anderer Nahm / darinnen wir koͤnnen ſelig werden / ohne der Nahme JEſus. Der grobe Welt-Geiſt reitet noch groͤber herein / und iſt nicht zu erſaͤttigen mit Geld und Welt / der rufft: Wein her / bevor - ab in dieſem Jahr / da die milde Hand GOttes ſich uͤberfluͤſſig erzeigt / und auß Waſſer Wein gemacht / da heißts / hie gibts viel zu ſauffen. Syr. XXXI, 13. aber es ſitzt einer in der Hoͤlle / der rufft ſeiner Com - pagnie zu und ſagt: Sitio! Sie haben Moſen und die Propheten / den Apoſtel dazu. Eph. V, 18. Sauffet euch nicht voll Weins / dar - auß ein unordig Weſen folget / ſondern werdet voll Geiſtes. Gott gebe wehthuende / ſchmertzliche Creutze / daß die Seelen der Welt - Leute erhalten werden. Dem Vater aller Barmhertzigkeit ſeye Danck / daß / wie Er uns durch Lutherum den Heil-Brunnen wieder auffgegra - ben / alſo noch unter uns ſtehet GOttes Bruͤnnlein! das hat noch Waſſers die Fuͤlle / lieblich und loͤblich iſt die Stadt GOttes mit ihren Bruͤnnlein. Pſ. 16. Da durch und durch in allen Gaſſen per aquæ du - ctus rein und lauter Quell-Waſſer durchfließt. Eine ſolche Stadt iſt un - ſere Stadt / es fließt in die Haͤußer hinein / der Heil-Brunnen iſt offen. Zach. XIII, 1. und nicht beſchloſſen. Chriſtus ſtehet noch und rufft Joh. 7. wen duͤrſtet / der komme / dann wir trincken / ohne Durſt / wir aber duͤr - ſten ohne Hatz und Creutz. Darum wer Creutz hat / der iſt der werthe Gaſt / ſonderlich in den hohen uͤbermenſchlichen Anfechtungen / wann man von allen Creaturen verlaſſen iſt / wann die Baͤche Belial erſchre - cken / wann David von Saul verfolget wird auß Mißgunſt / Mißtrauen / Mißdeuten ſeiner Wort und Actionen, wann gute intentionen mit Eſſig-Tranck werden vergolten / wann Gott ſich ſelbſten verſtellt in ei -R iijnen134Die Zehende Predigt. nen Grauſamen / ſo komm ich zu dir / HErꝛ JEſu Chriſt / du hoͤchſtes Gut / du Brunnquell aller Gnaden / du wirſt mich nicht verſtoſſen / du wirſt mich leiten zu dem lebendigen Waſſer-Brunnen / und abwiſchen alle Thraͤnen von meinen Augen. So laßt uns nun Waſſer ſchoͤpffen mit Freuden auß dieſem Heyl-Brunnen. Eſa. 12. laßt uns durſten / trincken / auff daß wir weder hungern noch duͤrſten / uns kein Hitze noch Sonne ſteche / und uns unſer Erbarmer wird fuͤhren und an die Waſſer - Quellen leiten. Eſa. XLIX, 10. Und endlich Troſt finden in Abrahams Schooß / da alle Creutz-Bruͤder Chriſti ſollen nicht mehr Troſt-durſtig ſondern Troſt-truncken / und Troſt voll werden / nicht Tropffen-ſondern Stroms-weiſe / dort da ſeyn wird

Jmmer Luſt / nimmer Durſt /
Jmmer trincken / nimmer ſincken /
Jmmer ſatt / nimmer matt /
Jmmer Freud / nimmer leid / in Ewigkeit / Amen.

Ende der Eingangs-Predigten.

Catechiſmus135

Catechiſmus-Milch / Oder Der Erklaͤrung des Chriſtlichen Catechiſmi

Neunter Theil / Begreiffend das Fuͤnffte Hauptſtuck Chriſtlicher Lehr / die Wort vom Sacrament des Heiligen Abendmals

TEXTVS

Wie dieſelbe von Matthæo XXVI, 26. Marco XIV, 22. Luca XXII, 19. und St. Paulo 1. Corinth. XI, 23. beſchrieben werden. JN der Nacht / da der HErꝛ JEſus verrathen ward / in dem ſie aſſen / nam Er das Brod / dancket und brach es / und gabe es den Juͤngern / und ſprach: Nehmet eſſet / das iſt mein Leib / der fuͤr euch hin gegeben wird / ſolches thut zu meiner Gedaͤchtnuͤß. Deſſelben gleichen name Er auch den Kelch nach dem Abendmal / dancket und gab ihnen den / und ſprach: Trincket alle darauß / dieſerKelch136Die ErſteKelch iſt das Neue Teſtament in meinem Blut / welches fuͤr euch / und fuͤr viel vergoſſen wird / zu Vergebung der Suͤnden / ſolches thut / ſo offt ihrs trincket / zu meiner Gedaͤchtnuͤß.

Die Erſte Predigt / Von Den Nahmen des H. Abendmals.

GEliebte in Chriſto. Als auff eine Zeit Demoſthe - nes, der beruͤhmte Griechiſche Redner zu Athen / vor Rath / eine arme Perſon / ſo auff Leib und Leben angeklagt ge - weßt / vertretten / deren Unſchuld mit vielen Worten ver - thaͤdigt / und ſich aͤuſſerſt bemuͤhet / dieſelbe zu erretten / und aber den Rathsherren die Zeit wolte zu lang werden / an - fiengen theils zu ſchlummern / theils die Koͤpff zuſammen zu heben / und von andern Sachen Sprach zu halten. Siehe / ſo bricht einsmals er der Demoſthenes den Faden ſeiner Sermon ab / faͤngt an / erzehlt eine Fabel de aſini umbrâ, von einem Juͤngling / der einen Eſel gemiedet / von Athen nacher Megaram, etwan auff den Marck zu fuͤhren / unter - wegs aber als die Hitz zimlich groß worden / und nicht geſehen wie er ſich irgend in einem ſchattichten Ort der Hitze wehren moͤchte / habe er dem Eſel die Laſt abgenommen / und ſich in des Eſels Schatten geſetzt. Die - ſes aber wolte der Eſel-Treiber nicht laſſen / trieb jenen davon / und ſprach: Er habe ihm den Eſel allein geliehen / und nicht des Eſels Schatten: Jener aber beſtunde dabey / er habe ihm ſo wol des Eſels Schatten als den Eſel gemiedet / welcher Streit ſo lang gewaͤhret / biß ſie von Worten zu Streichen kommen / alldieweil dieſer allezeit laͤugnete / daß er ihm des Eſels Schatten gemiedet / jener aber gleicher geſtalt darum zanckete / er habe ihm des Eſels Schatten gemiedet. Endlich ſeyen ſie beyde fuͤr den Richter kommen. vid. Eraſm. Adag. p. 117. Nachdem ers er - zehlt / gehet er von ſeinem Ort weg / die Rathsherren bemuͤhen ſich ihn auffzuhalten / mit Bitt / er wolte doch die ſchoͤne Maͤhr abſolviren / die ſie mit ſonderm Luſt angehoͤret / darauff gibt er ihnen dieſen Verweiß /und137Predigt. und ſpricht: De aſini umbrâ libet audire, viri cauſam de vita periclitan - tis audire gravamini. von des Eſels Schatten geluſtet euch zu hoͤren; aber des auff den Tod beklagten Menſchen Sach beſchweret ihr euch mir Gehoͤr zu geben. Dannenhero iſt bey den Griechen das Sprichwort ent - ſtanden ὑπὲρ ὄνου σκιᾶς. Jſt ein ſolches Sprichwort / welches uns Chri - ſten manchmalen zur ſchand muß nachgeſaget werden! Wir haben vor GOtt zu vertretten unſere arme Seele / ſo auff den ewigen Tod angeklagt / ſtehen in der augenblicklichen Gefahr der Execution und Vollziehung des Urtheils. Nicht Demoſthenes, ſondern der H. Geiſt in ſeinem Wort zeiget uns Mittel und Weg / wie wir moͤchten ſolcher Gefahr ent - gehen / erſcheinet nicht vor Rath / ſondern vor einer jeden armen Seel / und ſagt: σώθητε, laſſet euch helffen. Act. II, 40. καταλλάγητε, laſſet euch verſoͤhnen mit GOtt. 2. Cor. V, 20. Wachet / und bettet. Aber was geſchicht / er bekommt repulſam, man kehret ihm den Ruͤcken / einer laßt ſich vom Schlaff uͤbernehmen / bleibet wohl gar auß / auß Forcht des Schlaffs / andere haben ihre Gedancken anderswo / den dritten verdrießt die laͤnge der Predigt / anders als Conſtantinus Magnus der loͤbliche Kaͤyſer / welcher als er einer Predigt / vom Tod und Begraͤbnuͤs Chriſti in ſeinem Schloß zugehoͤret / und ſich dieſelbe lang verzogen / alſo daß ihn die Prediger niederzuſitzen ermahnet / dieſe Wort von ſich vernehmen laſſen: Nefas eſſe, inſtitutis de Deo diſputationibus, negligentes au - res præbere. Es gezieme ſich nicht / wann man von GOtt und ſeinen Geheimnuͤſſen redet / mit ſchlaͤfferigen Ohren zuzuhoͤren / wie Euſebius von ihm bezeuget. lib. 4. c. 33. de vit. Conſt. Einem andern iſt zu wieder die Deductio, wann man ein Stuck allzulang handelt / haͤtte es gern in zwo / drey / Predigten abſolvirt, dem vierdten iſt verdrießlich / wann man allezeit eines wiederholt / wann man es gleich anders bereit. Grad als muͤßte der Menſch heut kein Brod eſſen / weil er geſtern gegeſſen. Jhrer viel hoͤren nicht gern von Geheimnuͤſſen reden / moralia ſind ihnen lieber. Summa / es heißt / uns eckelt uͤber dieſer loſen Speiß. Num. XXI, 5. Man iſts gewohnt und uͤberſchuͤtt / daß man nicht hoch darnach fragt. Und wo nicht (wie Lutherus redet. Tom. VI. Jen.) ein guter Koch und hun - geriger Magen / ein friſcher Trunck und durſtige Zung / da iſt kein appe - tit. Solte man aber im gegentheil / wie im Pabſthum vor dieſem ge - ſchehen / Fabeln und Maͤhrlein erzehlen / riſus paſchales und Oſtergelaͤch - ter erwecken / ſeltzame Gauckeleyen auff der Cantzel fuͤrbringen / das moͤch - te juckende Ohren machen. Wie dann juckende Ohren machen nichtNeundter Theil. Sheißt138Die Erſteheißt / gute und ſchrifftmaͤſſige realia, auff alle muͤgliche und leichte weiß / als Menſchliche Gemuͤther koͤnnen gewonnen werden / als durch aller - hand ſchoͤne Exempel / anmuthige Gleichnuͤſſen / Figuren / Parabeln / und dergleichen auff die Bahn bringen / ſondern juckende Ohren ſind die jenigen / welchen ab dem Goͤttlichen Wort / als ab einer loſen Speiſe eckelt / gern etwas fremdes / ſo in der Schrifft nicht gegruͤndet / hoͤren / lieber Weltliche Hiſtorien / Jrꝛthum annehmen / als die Geheimnuͤß der Chriſtlichen Religion / geſtalt dann die Erfahrung bezeuget / wann eine gruͤndliche Predigt vom Glauben gethan wird / ſo faſſet man es ſchwerlich / laſſet es fuͤr Ohren ſchnurren / und ſind lauter Boͤhmiſche Doͤrffer / ſo bald man aber Weltliche Hiſtorien und irgend ein Legend anziehet / ſo ſpitzet man die Ohren / das behalt man leichtlich. Und wer iſt / der nicht lieber einer Comoͤdi / einem Welilichen Geſpraͤch ohne Ver - druß zuhoͤrt / als Gottes Wott / da doch jenes alles iſt ὑπὲρ ὄνου σκιᾶς. Unſers alten Eſels des alten Adams Schatten-Werck.

Nun M. L. Wir nehmen auch fuͤr dißmal fuͤr uns zu handeln / nicht ὑπὲρ ὄιου σκιᾶς, von des Eſels Schatten / ſondern von einem My - ſterio, von einem Geheimnuͤß / und zwar gleichſam de ſancto ſancto - rum von dem allerheiligſten unter allen heiligen / dem H. Abendmal / wel - ches die alten ſo heimlich gehalten / daß ſie die Catechumenos nicht laſſen zuſehen. Damit nun E. L. in einem und zwar gleich im erſten Anblick wiſſe / was wir in dieſer Schul profitiren werden / ſo wird daſſelbe gar ſchoͤn in der ὀνοματολογίᾳ fuͤr Augen gelegt. Zugleicher weiß nun wie ein Præceptor, ſein Programma oder Lection, ein Guldenſchreiber ſein oculiferium, ein Autor ſeinen Titul vorher ſetzt / tanquam promulſidem diſcendi, damit der diſcipul oder Leſer einen Vorſchmack habe / was er zu lernen oder zu leſen werde antreffen: Alſo wollen wir / nach dem heut acht Tag das αἰτημα geſetzt worden / dieweil das Fleiſch kein nuͤtz / und angezeigt / welches in dieſer Schul der rechte Præceptor und diſcipulus, nun die andere Lection fuͤr uns nehmen / die da heißt τί ἐϛι nominis, von der Benamſung des H. Abendmahls. GOtt der him̃liſche Vater verleihe uns zu unſerm Vorhaben ſeines H. Geiſtes einleuchtende Krafft und Segen von oben herab / um JEſu Chriſti willen / Amen.

GEliebte im HErꝛn. So ſeind demnach die jenige Namen / mit welchen das H. Abendmahl benamſet / I. voces Biblicæ ſolche Namen / mit welchen daſſelbe von dem H. Geiſtſelbſt139Predigt. ſelbſt in H. Schrifft beleget worden / deren der 1. iſt δει̃πνον Κυριακὸν, des Herꝛn Abendmahl. 1. Cor. XI, 20. Wann ihr nun zuſammen kommet / ſo haͤlt man da nicht des HErꝛn Abendmahl. Und v. 23. Jch habe es von dem HErꝛn empfangen / das ich euch gegeben habe. Wird genennet δει̃πνον, ein Abendmahl / dieweil / ob es ſchon fruͤhe morgen gehalten wird / dannoch geſchicht zu Ehren und Gedaͤchtnuͤß dieſes herꝛlichen Abendmahls / wird genennet δει̃πνον κυ - ρια〈…〉〈…〉 ὸν, des HErꝛn Abendmahl / dieweil es von Chriſto dem HErꝛn ein - geſetzt; Chriſti des HErꝛn Leib und Blut daſelbſt gereicht / Chriſto dem HErꝛn zu Ehren verrichtet wird / und zu dem HErꝛn / als dem einigen Zweck zielet und leitet. Jn welchem Verſtand auch der Sontag κυρια - κὴ ἡμέρα des HErꝛn Tag genennet wird. Apoc. I, 10. weil er von ihm geſtifftet / und zu ſeinem Dienſt von ihm außgeſetzt und geordnet wor - den. 2. Menſa Dominica. des HErꝛn Tiſch. 1. Cor. X, 22. Jhr koͤnt nicht zugleich theilhafftig ſeyn des HErꝛn Tiſches / und der Teuffel Tiſche. Wird des HErꝛn Tiſch genannt / weil er ent - gegen geſetzt iſt der Teuffel Tiſche. Dazumal brauchten die Chriſten noch keine Altar / ſondern nur Tiſche / wann ſie des HErꝛn Abendmahl gehal - ten / worauß aber gar nicht folget / daß man die Altaͤr heutiges Tages ſtuͤrmen und umwerffen muͤſſe / dann ſonſt muͤßten die Kirchen gleicher - weiß eingeriſſen und zuhauffen geworffen werden / als welche eben ſo wol als die Altaͤr mißbraucht worden / und ſolte dieſe folge gelten / warum laͤſſet dann GOtt die Sonn am Himmel ſtehen / und machte ſie nicht vielmehr zu nicht / als welche taͤglich zur Abgoͤtterey mißbraucht wird. Die Gefaͤſſe / ſo Koͤnig Belſazer auß dem Tempel zu Jeruſalem mit ſich in ſeines Gottes Hauß genommen / und entweihet / ſeind wiederum / nach dem ſie Cores Koͤnig in Perſien herauß gethan / GOtt zu ſeinem Dienſt geweihet und geheiliget worden Eſter I, 7. ſeqq. 3. Teſtamentum 1. - reditatis eie Erb-Vermaͤchnuͤß. Luc. XXII, 20. Das iſt der Kelch / das neue Teſtament in meinem Blut. Der Stiffter iſt Chriſtus / die Erben ſind die Glaubigen / die Legata ſeind Vergebung der Suͤnden / und das ewige Leben. Die Zeugen die H. Apoſtel / die ſichtbare Zeichen ſind Brod und Wein / die unſichtbare der Leib und das Blut Chriſti. 2. Teſtamentum pacti fœderalis, Ein Bunds-Vermachnuͤß / dieweil es durch den Tod und Blut Chriſti beſtaͤtiget worden.

Jm 2. Buch Moſ. XXIV, 1. leſen wir nachfolgende Geſchicht. Es traten zuſammen auff den Berg Sinai der GOtt Jſrael / und MoſeS ijim140Die Erſteim Namen der gantzen Gemeine / und machten einen Bund / GOtt der verſprach dem Volck Segen / und das Land Canaan / das Volck im ge - gentheil verſpricht gehorſam: Alles was der HErꝛ ſaget / wollen wir thun und gehorchen. Das wird beydes bekraͤfftiget mit dem Blut / der Altar wird beſprengt auff ſeiten Gottes / und die zwoͤlff Seulen an ſtatt des Volcks / darauff ſprach Moſe: Hinne dam haberith. Se - het das iſt das Blut des Bundes / den der HERR mit euch macht. Alſo hat auch Chriſtus mit ſeinem Opffer-Blut ſo wol den ho - hen Frohn-Altar des Creutzes als das Volck beſprenget / Krafft deſſen ver - bindet ſich GOtt mit uns / macht Freundſchafft mit uns / bietet uns an das ewige Leben / mit allen deſſen Schaͤtzen und Guͤtern.

II. Eccleſiaſticæ, Solche Namen die ihm von den alten und erſten Lehrern der Kirchen gegeben worden. Unter welchen iſt I. Ἐυχαριϛία, bona gratia. Panis percipiens vocationem Dei, jam non communis panis eſt, ſed Euchariſtia, ex duabus rebus conſtans, terrena & cœleſti, Iren. l. 4. c. 34. Wann das Brod einen Goͤttlichen Beruff bekommt / ſo iſt es nicht mehr gemein Brod / ſondern eine Danckſagung / ſo auß zweyen Stucken beſtehet / einem himmliſchen und irꝛdiſchen. Wird eine Danckſagung genennet / weil Chriſtus der HErꝛ ſeinem Himmliſchen Vater gedancket hat. Matth. 26. Da ſie aber aſſen / nahm JEſus das Brod / dancket und brachs / 27. und Er nahm den Kelch und dancket / weil S. Paulus die Danckſagung fuͤr den Tod Chriſti ſo hoch einge - bunden. 1. Cor. XI, 26. So offt ihr von dieſem Brod eſſet / und von dieſem Kelch trincket / ſolt ihr des HErꝛn Tod verkuͤndi - gen / biß daß er kommt.

2. Σύναξις, dieweil es in offentlicher Verſamlung gehalten wor - den / tanquam nervus publicorum congreſſuum & unitatis fidelium vinculum. Epiphan. hæreſ. 466. als das Band der offentlichen Zuſam - menkunfften / und Vereinigung der Glaubigen / hergezogen auß den Worten Pauli. 1. Cor. XI, 20. Wann ihr nun zuſammen kom̃t / ſo haͤlt man da nicht des HErꝛn Abendmahl. Dann ſo man das Abendmahl halten ſoll / nimmt ein jeglicher ſein eigenes vorhin.

3. Ἀγάπη, Ein Liebesmahl / dann dieweil dazumahl nach Gewon - heit des Alten Teſtaments die Leute Geſchencke haben mit gebracht / Brod und Wein / wie auch gar freye Mahlzeiten gehalten den Armen zum be -ſten /141Predigt. ſten / derowegen ſie auch daher den Namen uͤberkommen und ἀγάπαι ge - nennet worden / darauff Judas gedeutet. Ep. v. 12. ου῟τοί εἰσιν ἐν ταῖς ἀγάπαις ὑμῶν σπιλάδες, dieſe Unflåter praſſen von euern Allmoſen ohne ſcheu / weiden ſich ſelbſt. Und dahin gehoͤret auch der bekante Ort bey dem Tertulliano adv. gentes. c. 39. ad Marc. Agape fratrum, re - frigerium inopum, convivium in quo editur quantum eſurientes ca - piunt, bibitur quantum pudicis eſt utile, & ita ſaturantur, ut memi - nerint etiam per noctem adorandum DEUM, das iſt: die Liebes - Mahlzeit der Bruͤder / ein Labſal der Armen und duͤrfftigen / ein Mahlzeit / darinnen man ſo vil iſſet / daß man den Hunger ſtillen kan / ſo viel trinckt / als ſchamhafftigen Leuten nutzlich / und ſich alſo ſaͤttiget / daß man ſich zugleich erinnert / daß man auch die Nacht uͤber GOtt mit Gebet erſuchen ſolle. Jſt aber zeitlich der luxus dazukommen / und in ein Mißbrauch gerathen / darum auch Paulus uͤbel mit zu frieden. 1. Cor. IX, 20. und endlich in Concilio Laodiceno can. 28. verbotten.

4. Θυσ〈…〉〈…〉 α Sacrificium, ein Opffer / nicht in dem Verſtand als haͤt - ten ſie ein Opffer darauß gemacht / eigentlich zureden / viel weniger Sacri - ficium propitiatorium ein Verſoͤhn-Opffer / ſondern theils wegen der Darſtellung und Erinnerung des jenigen Allerheiligſten / einmal am Creutz verrichteten blutigen Verſoͤhn-Opffers / da Chriſtus ſeinen Leib auf - geopffert / fuͤr uns zur Gabe und Opffer GOtt zu einem ſuͤſſen Geruch.

Egregius ad hanc rem eſt locus Auguſtini in epiſt. 23. ad Bonifac. Sæpè ita loquimur, ut paſcha propinquante dicamus, craſtinam vel pe - rendinam eſſe Domini pasſionem, cum ille ante tàm multos annos paſſus ſit, nec omninò niſi ſemel illa pasſio facta ſit, Nempe ipſo Dominico die dicimus, hodie Dominus reſur rexit, cum ex quo reſurrexit, tot anni tran - ſierunt, (Sic) nonnè ſemel immolatus eſt Chriſtus in ſeipſo, & tamen in Sacramento non ſolùm per omnes paſchæ ſolennitates, ſed omni die popu - lis immolatur. Ob repræſentationem & commemorationem ſacrificii Chriſti pro nobis iterum in hoc myſterio moritur, ejus quippe ibi corpus ſumitur. Gregor. Magn. Dial. 48. ()

Theils wegen der Gebets Opffer / da man inſonderheit Gott den Vater angeruffen / daß er um des Verdienſts Chriſti willen wolle gnaͤdig ſeyn / und um des Leibs und Bluts (welches beſſer ſchreyet / dann das Blut Abels. Hebr. XII, 24.) ſeines lieben Sohns / in dieſem Sacrament ge -S iijgen -142Die Erſtegenwaͤrtig erhoͤren wolle / und daß Chriſtus in dem Himmel ſich und ſeinen Tod darſtelle / nach dem was Paulus ſagt. Hebr. IX, 24. Chri - ſtus iſt nicht eingangen in das Heilige / ſo mit Haͤnden gemacht iſt / ſondern in den Himmel ſelbſt / nun zu erſcheinen fuͤr dem Angeſicht Gottes fuͤr uns. Und Rom. IIX, 34. Wer will die Außer wehlten Gottes beſchuldigen / Chriſtus iſt hie der ge - ſtorben iſt / &c. Darum ſie dazumal bey Erhebung der Hoſtien gebet - ten / was wir heut zu Tag ſingen. Ach zeig mich deinem Vater an / daß du fuͤr mich haſt genug gethan. Dient wieder die Paͤbſt - ler und ihre vermeinte Antiquitaͤt / welche vermeint und andere Leute deſ - ſen beredet / weil die Patres das H. Abendmahl ein Sacrificium genennet / ſo haben ſie dadurch die Meß verſtanden / viel tauſend ſeind durch dieſer Lehr Unwiſſenheit betrogen und hinder das Liecht gefuͤhret worden.

5. Myſterium ein Geheimnuͤß / welcher Nam ſeinem Urſprung nach auß dem Heydenthum herkommt / dann zugleicher weiß wie Pau - lus der H. Apoſtel von dem Altar zu Athen / dem unbekanten Gott zu ehren auffgerichtet / Gelegenheit genommen / den wahren GOTT zu ver - kuͤndigen: Alſo auch die Vaͤter der erſten Mutter-Kirchen / auff daß ſie bey den Heyden den Wahn von einer neuen Lehr von ſich ablehnten / ha - ben ſie die Geheimnuͤs Chriſtlicher Religion nicht nur mit Heydniſchen Namen pflegen zubenennen / ſondern auch die jenige Gebraͤuch / ſo ſie bey ihrem Heydniſchen Gottesdienſt in uͤbung gehabt / in die Chriſtliche Kirch eingefuͤhrt. Dann gleich wie die Heyden ihre fuͤnffjaͤhrige gewiſ - ſe Zeit obſervirt, darinn ſie ihre initiandos durch gewiſſe intervalla unter - richt / ehe ſie dieſelbe zur voͤlligen Erkaͤntnuͤß ihrer Geheimnuͤſſe gelaſſen. Nach welcher Zeit Verflieſſung ſie allererſt Epoptæ ſeind genennet wor - den. Alſo haben auch die Vaͤter der Kirchen dazumal die Chriſten nicht ohne Unterſcheid zum Sacrament des Abendmahls gelaſſen / wann ſie nicht zuvor ihre Proben / ſo wol was die Erkantnuͤß der Chriſtlichen Lehr / als auch die Erweiſſung des Chriſtenthums in dem Leben / betrifft / außgeſtanden. Es hatten die Heyden ihre Vorbereitungen ſo beſtan - den in Bekantnuͤß der Suͤnden / dann es erzehlet Plutarchus in Apoph - tegm. als einer mit Namen Antalicdas ſolte initiirt werden / ſeye er von dem myſtagogo gefragt worden / welcher ſchweren Suͤnden er ihme be - wußt ſeye / Keuſchheit / Maͤſſigkeit / ſie hatten ihre σκληραγωγίας, humicu - bationes, aͤuſſerliche Reinigungen / die in offentlichen Laſtern erſoffen / und groſſe Aergernuͤß gegeben / haben ſie darvon gar außgeſchloſſen / und gleich -ſam143Predigt. ſam excommunicirt, bekant iſt die alte Bannformul: ἑκὰς, ἑκὰς, ὄς τις ἀλιτρὸς, procul hinc, procul ite profani, daher Nero Auguſtus der Roͤmiſche Kaͤyſer / nach dem er ſeine Mutter erwuͤrget / zu den ſacris Eleu - ſiniis nicht mehr gelaſſen worden / wie Suetonius berichtet c. 34. Glei - cher geſtalt hatten die Chriſten vor empfahung des Abendmahls ihre Buß-Ubungen / inſonderheit die jenige / ſo einen ſchweren und offentlichen Suͤndenfall begangen / mußten ſich gar ſcharffer Kirchen diſciplin unter - werffen / ehe ſie zum H. Sacrament gelaſſen worden.

Dicebamus (ita Caſaub Exerc. 16. ad Annal. Baron. p. m. 487.) in admittendo initiandos quinque hos gradus fuiſſe obſervatos, purgationem communem, purgationem interiorem, σύϛασιν, initiationem & Epoptiam: ſimillimè vetus Eccleſia in admitten - dis lapſis ad ſacram communionem quinque gradus ſervavit, ſi - ve ut loquuntur Scriptores Eccleſiaſtici, τέσσαρας τόπους ἐπιτιμίων ἀνύεσϑαι, quatuor loca pœnæ obiri præcepit, antequam perveni - rent ad ipſam communionem. Primus locus eſt, quem vocarunt πρόκλαυσιν, in ipſo primò aditu Eccleſiæ ſeparati, non ſolùm à fi - delibus, ſed etiam à Catechumenis aliquot annos (tres, ut pluri - mum) manebant, pœnitentes in ſqualore & pædore omnibus fide - libus legationes deprecationis injungentes, ut loquitur Tertullianus in libro de pœnitentia. Proximus gradus ſive locus dicebatur ἀκρόασις, ibi ut plurimùm ἄλλην τριετίαν εἰς ἀκρόασιν μόνον ad alios tres annos admittebantur pœnitentes tantùm ut audirent ver - bum Domini, quando in Eccleſia legebatur. Tertius gradus ſive locus dicebatur ὑπόπτωσις, ea fuit quædam interior admiſſio, ubi tres alios annos ſtabant pœnitentes, precũ Eccleſiæ participes ut & Catechumeni, quibus exeuntibus ipſi quoque exibant, & hic tertius locus ſic appellatur, q. d. humiliatio: ut vel ſola appella - tio ſui officii pœnitentes admoneret. Reſtant duo nomina σύϛα - σις & μέθεξις quarti & quinti gradus ſive loci. σύϛασις igitur è my - ſteriis gentium vox accepta appellabatur ſtatio inter fideles: ibi pœnitentes duos perſæpè annos agebant; quod ad cætera, ejus - dem conditionis cum fidelibus, neque jam cum catechumenis exibant, ſolâ participatione myſteriorum cæteris fratribus infe - riores, μἐθεξις verò dicebatur jus communicandi, & ut loquitur Baſilius aliquoties in deſcriptione harum pœnarum, κοινωνία του̃ ἀγαθου̃. Communicatio ipſius boni, nam bonum eſt ipſa Euchariſtia. ()Und144Die Erſte

Und wie die Heyden ihre myſteria gar geheim gehalten / und nicht jederman dieſelbe communicirt, alſo haben auch die H. Kirchen-Vaͤter die Chriſtliche Lehr abgetheilet in τὰ ἔκφορα, die ſie vor allen und jeden doͤrfften außſagen / und τὰ ἀπόῤῥητα, die ſie in geheim gehalten / davon ſie weder in gemeinen Geſpraͤchen / noch offentlichen Unterricht in bey ſein der Heyden / und anderer / ſo nicht zum Gottesdienſt eingeladen worden / etwas ſich laſſen vernehmen. Und dannenhero haben die Patres die H. Sacramenta genennet / μυήσεις, τελετὰς, τελειώσεις, ἐποπτείας, und dergleichen mehr.

Nun dieſer Catalogus oder ὀνομαϑεσία ſoll uns auffmuntern ad deſiderium. Ein Præceptor der ein Schul anfangen will / derſelbe reitzt ſeine diſcipul mit dem programmate das er anſchlaͤgt / darinnen er namhafft macht / was er dociren will: Alſo hat der H. Geiſt uns nicht um ſonſt mit ſo viel Gleichnuͤſſen und Namen dieſe Lehr wollen inſinui - ren und andeuten / ſondern ad excitandum deſiderium ein Verlangen und Begierd zuerwecken / daher das H. Abendmahl deſiderata genennet worden / dieweil die Catachumeni ein Verlangen hatten nach dem παρα - κύψαι, nach der voͤlligen Erkandtnuͤß und ſchau in dieſes Geheimnuͤß. Catechumenis ſacramenta fidelium non produntur, non ideò quod ea ferre non poſſint, ſed ut ab iis tantò ardentius concupiſcantur, quantò honorabilius occultantur. Auguſt Tract. in Johann. 96. Und waͤre wol zu wuͤnſchen daß die Leute die ſublimitatem myſterii die Hoheit dieſes Geheimnuͤß recht betrachteten und vor recht lerneten / was es ſey / als daß ſie es genieſſeten / die Verachtung wuͤrde nicht ſo groß ſeyn. Es wuͤrde mancher nicht ſo leichtlich auß Gewohnheit / wie ein Schwein zum Trog hinlauffen. Jſt nun das Verlangen recht / ſo iſt auch eine bruͤnſtige Begierde recht zulernen / welches dann hie die jenige Tugend / damit ein jeglicher Sacrament-Schuͤler begabt ſein ſolle / Faulheit iſt das ſchaͤdli - che und ſchaͤndliche extremum, das ſie fliehen ſollen / und denen gilt der Verweiß Pauli / Hebr. V, 11. Davon haͤtten wir zwar viel zu re - den / aber es iſt ſchwer / weil ihr ſo unverſtaͤndig ſeyd / und die ihr ſoltet laͤngſt Meiſter ſeyn / bedoͤrfft ihr wiederum daß man euch die erſten Buchſtaben der Goͤttlichen Wort lehre / und daß man euch Milch gebe und nicht ſtarcke Speiſe. Welcher Faulheit aber auffzuhelffen / im Gegentheil die Lernbegierde zu ſufflami - niren ihnen die arcaniſten und ſimpliciſten muͤglichſt laſſen angelegen ſeyn / und ſchuͤtzen vor. 1. Myſterii elevationem.

In ſa -145Predigt.

In ſacris myſteriis multa ſunt, quæ ſecreta eſſe debent. Bellarm. T. 2. de V. D. c. 15.

Es moͤchte allzugemein werden / dadurch dieſes Geheimnuͤß in ein ſchlech - tes anſehen kaͤme. Dem entgegen gehet der Wunſch des groſſen Manns Gottes Moſe. Num. XI, 29. Wolte GOtt! daß alles Volck des HErꝛn weiſſagte. Und demnach auch / wolte GOtt! daß alles Volck ohne unterſcheid jung und alt / Burger und Bauren / Mann und Weib Gottes Wort und die Geheimnuſſe der Chriſtlichen Religion nicht nur hoͤrten / ſondern auch faßten / eigentlich / ſattſam und gruͤndlich verſtuͤnden / und wieder alle Jrꝛthum / auch mancherley Liſte des Teuffels behaupte - ten / und alſo auff ſattem Fuß des Glaubens ſtuͤnden. Maſſen das Wort weiſſagen auch ſo viel heißt / als die Schrifft außlegen / verſtehen / appliciren / Troſt / Heil / Leben / Warnung darauß ſchoͤpffen.

2. Τὸ Quomodo eſſe ἕλεγχον ἀπιϛίαο, das / Wie? in Glaubens - Sachen zeuget von dem Unglauben des Hertzens. Die Quomodomi - ſten ſeyen Nicodemiſten. Das Quomodo ſeye verdamlich. O nein! Nicht iſt erſtlich alles quomodo verdamlich / ſonſt muͤßte auch die hoch - gebenedeyte unter den Weibern die Jungfrau Maria eine verdamliche Frage dem Engel Gabriel fuͤrgelegt haben / da ſie gefragt: Wie kan das zugehen? das quomodo iſt zweyerley / ein Lehrbegieriges und ein fuͤrwitzi - ges. Gleich wie gruͤblen wollen in Sachen / davon in Gottes Wort keine Offenbarung fuͤrhanden / dabey weder Safft noch Krafft / weder warm noch kalt / weder Troſt noch Erbauung zuerholen / ſuͤndlich und uͤbel ge - than heiſſet; Alſo iſt im gegentheil recht und wol gethan fragen / quomo - do? in Sachen / ſo in der Fundgrube der H. Schrifft zuforſchen uns fuͤrge - legt / darauß Troſt und Erbauung zu erwarten / dardurch der Jrꝛ-Geiſt / dergern im finſtern mauſet und im truͤben fiſchet ans Licht gebracht / Warheit und Lugen / Nacht und Tag unterſcheiden werden mag und ſoll. 3. Die hochgeruͤhmte und gelobte ſimplicitaͤt und Einfaͤltigkeit des Glau - bens / die nicht viel gruͤblen und ſpindiſiren zulaͤſſet. Antwort / wann ſimplicitas iſt die Tauben-Einfalt / die herꝛliche Kron des Glaubens / ſo da funckelt vom hellen ſchein der leuchtenden Erkantnuͤß und kindlichem Beyfall / der erkanten / lautern / ungemiſchten / von kraͤfftigen Lugen und Grund-Jrꝛthummen abgeſonderten Warheit / hertzlichem Vertrauen auff die Verheiſſung / ſo in der beliebten Warheit angenommen worden / ohne tuͤck und boͤſen Vorſatz. Gen. XX, 5. 2. Sam. XV, 11. ohne Neid und Mißgunſt. Act. II, 47. ohne Ehr und Gewinnſucht. Rom. XII, 8. Neundter Theil. T2. Cor. 146Die Erſte2. Cor. VIII, 27. c. IX, 11. Jac. I, 5. ohne falſch und untreu. Col. III, 22. (maſſen die Einfalt von dem H. Geiſt in den Prophetiſchen und Apoſto - liſchen Schrifften alſo abgemahlet worden) ſo iſt ſie freylich hochzuloben / und der Chriſten eigene Tugend / welche Paulis meynet / 2. Cor. XI, 3. Jch foͤrchte / daß nicht / wie die Schlange Heva verfuͤhret mit ihrer Schalckheit / alſo auch euere Sinne verruckt werden von der Einfaͤltig - keit in Chriſto / als welche ein heller Strahl von dem Vater des Liechts / und einfaͤltigem GOtt im Weſen / im Willen / im Geben. Wann aber Einfalt iſt eine Eſels Einfalt / ſo auff bloſſe Unwiſſenheit ſich endet / und nichts anders iſt als fides implicita, ſo iſt dieſelbe hochſchaͤdlich / maſſen ſolche Paulus ſchon laͤngſten auß der Kirchen außgemuſtert. 1. Cor. XIV, 20. und Eph. IV, 14. Werdet nicht Kinder am Verſtaͤnd - nuͤß / ſondern an der Boßheit ſeyd Kinder / an dem Verſtaͤnd - nuͤß aber ſeyd vollkommen. Auff daß wir nicht mehr Kinder ſeyen und uns waͤgen und wiegen laſſen von allerley Wind der Lehre / durch Schalckheit der Menſchen und Teuſcherey / da - mit ſie uns erſchleichen zu verfuͤhren. Wie nun GOtt ſolche muthwillige / kindiſche Unwiſſenheit mit ewiger Finſternuͤß dreuet zu ſtraffen / alſo will er im gegentheil die heilige und ſehnliche Lehr-Begierde auß Gnaden belohnen / hie mit Wachsthum ſeiner Gnade und Erkant - nuͤß / nach ſeiner Verheiſſung. Marc. IV, 25. Wer da hat / dem wird gegeben werden / und wer nicht hat / von dem wird man neh - men auch das er hat. Wann Chriſtus Parablen erklaͤrt / gefiel es ihm wol / wann die Zuhoͤrer die Außlegung gern hoͤrten. Darum redet er auch ſeine fleiſſige und lehrbegierige Schuͤler an mit denen Worten. Matth. XIII, 11. Euch iſt gegeben / daß ihr das Geheimnuͤß des Himmelreichs vernehmet / dieſen aber iſts nicht gegeben / denn wer da hat / dem wird gegeben / daß er die fuͤlle habe / wer aber nicht hat / von dem wird auch genommen / das er hat. Darum rede ich zu ihnen durch Gleichnuͤſſe. Dann mit ſehenden Au - gen ſehen ſie nicht / und mit hoͤrenden Ohren hoͤren ſie nicht / dann ſie verſtehen es nicht / und uͤber ihnen wird die Weiſſag - ung Eſaiæ erfuͤllt / die da ſagt: Mit den Ohren werdet ihrs hoͤren / und werdet es nicht verſtehen / und mit ſehenden Au - gen werdet ihrs ſehen und werdet es nicht vernehmen / denn dieſes Volcks Hertz iſt verſtockt / und ihre Ohren hoͤren uͤbel /und147Predigt. und ihre Augen ſchlummern / auff daß ſie nicht dermaleins mit den Augen ſehen und mit den Ohren hoͤren / und mit dem Hertzen verſtehen / und ſich bekehren / daß ich ihnen huͤlffe. Aber ſelig ſind eure Augen daß ſie ſehen / und eure Ohren daß ſie hoͤren. Mit welchen Worten Chriſti wir wollen beſchlieſſen / und wuͤnſchen daß GOTT wolle ein hellen ſchein in unſer Hertz geben / daß in uns entſtuͤnde die Erleuchtung von der Erkantnuͤß der Klarheit Gottes in dem Angeſichte JEſu Chriſti / hie anfangs weiß in der dunckeln Glaubens-Schau / dort vollkommen mit auffgedecktem Angeſicht immer und ewiglich / AMEN.

Die Andere Predigt / Von Der Beſchreibung der H. Evangeliſten / und dero einhelligem Mund.

GEliebte in Chriſto. Es haben die Alten ihren Gaſtreyen und Mahlzeiten / als welche Θεὸς φιλάνθρωπος uns wol goͤnnen mag / viel und unterſchiedliche Namen nach unterſcheid der abſehen gegeben. Als 1. die Syſſitia, da man die haͤflein zuſammen getragen und gleichſam Ge - ſellſchafften gemacht / wie bey den Lacedæmoniern nach Lycurgi Policey-Ordnung uͤblich geweſen. Und hieher gehoͤren dievid. Plu - tarch. in Lycurg. & Stuk. de Conviv. p. 108, 113. Agapæ bey den erſten Chriſten. Act. II, 46. Sie waren taͤglich und ſtaͤts bey einander einmuͤthig im Tempel / und brachen das Brod hin und her in den Haͤuſern. Nahmen die Speiſen / und lobten GOTT mit Freuden und einfaͤltigem Hertzen. 2. Chariſtia, die Affections-Mahlzeiten / wann gute Bluts - und Muths - Freunde zuſammen kommen / theils Freundſchafft zu erhalten / theils /T ijwann148Die Anderwann unter ihnen differentien gegeben / dieſelbe guͤtlich beyzulegen. Al - lermaſſen wie die Soͤhne Jobs ſolche Mahlzeit gehalten / Job. I, 4. Joſeph auff ſolche weiß ſeine Bruͤder gaſtirt. Gen. 43.

Fuit ſanè convivii quoddam genus, quod Græci vocavere chariſtia, cui illi tantùm accumbebant, quos conjungeret ſanguinis generisque communio, ubi laudabant concordes animos, & malè illis precabantur, qui vinculum à natura conſtrictum ſeditione atque odio, naturâ ipſâ repugnante, diſſol - verent. De quo Chariſtico, & propè dixerim Euchariſtico convivio egit Valerius Max. l. 2. c. 1. Convivium, inquit, ſolemne majores inſtitue - runt, idque chariſtia appellaverunt, cui præter cognatos & affines nemo interponebatur: ut ſi qua inter neceſſarios querela eſſet otta, apud ſacra menſæ & inter hilaritatem animorum fautoribus concordiæ adhibitis tol - leretur, Hæc eadem pluribus Ovidius l. 2 Faſtor. ()
Proxima cognati dixere chariſtia chari
Et venit ad ſocios turba propinqua Deos.
Scilicet a tumulis, & qui periere propinquis,
Protinus ad vivos ora referre juvat:
Poſt[q]tot amiſſos quidquid de ſanguine reſtat
Aſpicere, & generis dinumerare gradus.
Innocui veniaut, procul hinc procul impius eſto
Frater, & in partus mater acerba ſuos.
Tantalidæ fratres abſint, & Jaſonis uxor;
Et qui ruricolis ſemina toſta dedit.
()
Hoc credo conſilio Job filii non invito, imò ut opinor, autore & hortatore parente communia hæc quotidiana iniere convivia, ut amorem, quem inſevit fanguinis communio, conſuetudo aleret, atque perficeret. Hæc Sanct. ad Job. 1. p. 23. ()

Dahin auch gehoͤren die Freuden - und Feſt-Mahlzeiten / Kindſchencken und Hochzeitmahl / wie Abraham ein Mahl zugerichtet / als Jſaac ent - wehnt worden / Gen. XXI, 8. und Ahaſveros als er Hochzeit gemacht / Eſth. 2. 3. Fœderalia, Bunds-Mahlzeiten / wie dergleichen Jſaac dem Abimelech zugerichtet. Gen. XXIV, 28. Es ſoll ein Bund ſein zwiſchen uns und dir / und wollen einen Bund mit dir ma - chen / daß du uns keinen Schaden thuſt / gleichwie wir dich nicht angetaſtet haben / &c. Da macht er ihnen ein Mahl und ſie aſſen und truncken / Confer. 2. Sam. III, 20. 4. Exequialia die Leibfaͤlle / wie dergleichen David dem Abner gehalten. 2. Sam. III, 35. Syrach ſiehet auch auff ſolche Gewonheit. Syr. XXX, 18. Es eſt ebenals149Predigt. als ein gut Gericht fuͤr einem Maul / das nicht eſſen kan / und wie die Speiſe / ſo man bey eines Todten Grabe ſetzt. Arche - laus, nachdem er ſieben Tag mit ſeines Vaters Klag zugebracht / hat er dem Volck eine koͤſtliche Mahlzeit bey der Leich gehalten / wie denn bey den Juden der Brauch iſt / und viel dadurch zu armen Tagen kommen / und wer ſolches unterließ / der wurde fuͤr einen Gottloſen Menſchen ge - halten / wie Joſephus bezeuget. l. 2. bell. Jud. c. 1. 5. Sacra & ſacrifi - cialia, die heilige Opffer-Mahl / ins gemein / wann ihre Opffer verrichtet. Lev. VI, 26. Der Prieſter der das Suͤnd-Opffer thut / ſolls eſſen an heiliger Staͤtt / im Vorhoff der Huͤtten des Stiffts. Und v. 16. und das uͤbrige (des Speiß-Opffers) ſollen Aaron und ſeine Soͤhne verzehren / und ſollens ungeſaͤuert eſſen an heiliger Staͤtte / im Vorhoff der Huͤtten des Stiffts. Jn - ſonderheit auff ihre Feſte / und das Feſt der Wochen. Deut. XVI, 10. 11. Und ſolt halten das Feſt der Wochen dem HERRN deinem GOTT / daß du eine freywillige Gabe deiner Haͤnde gebeſt / nach dem dich der HErꝛ dein Gott geſegnet hat / und ſolt froͤ - lich ſeyn fuͤr Gott deinem HErꝛn / du und dein Sohn / deine Tochter / dein Knecht / dein Magd und der Levit / der in dei - nem Thor iſt / der Fremdling / der Waͤyſe / und die Witwen / die unter dir ſind / an der Staͤtte / die der HErꝛ dein GOtt er - wehlet hat / daß ſein Name da wohne. Das Oſterfeſt. Exod. 12. Das Feſt der Lauberhuͤtten. Lev. XXIII, 34. Deut. XVI, 13. Das Feſt der Lauberhuͤtten ſoltu halten ſieben Tage / wann du haſt eingeſamlet von deiner Tennen und von deiner Kelter / und ſolt froͤlich ſeyn auff dein Feſt / du und dein Sohn / &c. Die Kirchweyhe. 1. Reg. IIX, 65. Das Feſt Purim / das geſchach am dreyzehenden Tage des Monden Adar / und ruheten am vierzehenden Tage deſſelben Monden: (Jſt eben unſer Faß - nacht / dann der Monden Adar iſt bey uns der Februarius) den macht man zum Tage des Wollebens und Freuden. Eſth. IX, 17. Alle dieſe Namen moͤgen wol dem Abendmahl Chriſti gegeben werden / als in welchem alle dieſe ſcopi zuſammen flieſſen. Es iſt daſſelbe das rechte συσσίτιον und κοινόβιον, ſumit unus, ſumunt mille, tantum iſte quantum ille, wir werden alle eines Brods theilhafftig / und trincken alleT iijauß150Die Anderauß einem Kelch / hie iſt keine proſopolepſia unter Reichen und Ar - men / das rechte Chariſticum ja Euchariſticum convivium, da uns unſer Bruder und Jmmanuel als ſeine Bruͤder / conſanguineos und Bluts-Freunde ſpeiſſet und traͤncket zu Vergebung der Suͤnden / das rechte fœderale, durch welches der Gnadenbund des Neuen Teſtaments beſtaͤtiget wird. Die Opffer-Mahlzeit / da der Leib ſo am Stamm des Creutzes auffgeopffert / und das Blut ſo auß ſeinen Wunden roth her - auß gefloſſen / uns gedeyet zur Speiß und Tranck. Das rechte Epulum paſchale und Oſtermahl. Hie iſt das rechte Oſter-Lamm / in heiſſer Lieb gebraten. Die primitiæ pentecoſtales, da wir die Erſtlinge des Gei - ſtes empfangen / und den Vorſchmack des ewigen Lebens. Die Lau - berhuͤtten / daher JEſus am letzten Tage des Feſtes / der am herꝛlichſten war / auffgetretten / geruffen und geſprochen: Wen da duͤrſtet / der komme zu mir und trincke / wer an mich glaubet wie die Schrifft ſaget / von des Leibe werden Strome des lebendigen Waſſers flieſſen. Joh. VII, 38. Die Kirchweyhe und Purim, das Neue Jahr der angenehmen Zeit: Sehet jetzt iſt die angenehme Zeit / jetzt iſt der Tag des Heils. 2. Cor. VI, 2. Wie nun das beſte bey Mahlzei - ten iſt das Geſpraͤch / ohn welches ſie vielmehr viſceratio beſtiarum quàm convivium, die Tiſchreden ſeind das beſte Gewuͤrtz / maſſen die Alten bey ihren Mahlzeiten mit holdſeligen Geſpraͤchen einander auffge - muntert / und Raͤtzeln proponirt. Judic. 15. Aul. Gell. l. 13. c. 11. Welche Geſpraͤch hernach auffgezeichnet worden / durch gewiſſe warhaffte Perſonen. Und eben ſolche Tiſchreden bey dem letzten Valet Chriſti ſeind auch von den H. Evangeliſten und St. Paulo auffgezeichnet und fleiſſig protocollirt worden / ſampt den Vor - und Nachgeſpraͤch / bey wel - chem Umſtand wir zu bedencken. 1. Notariorum deſignationem. 2. Hiſtoriæ harmoniam. 3. Verborum proprietatem & ſenſum. 4. Rerum ordinem. Von den 2. erſten Umſtaͤnden wollen wir fuͤr die - ſes mahl mit einander reden und handlen. GOtt gebe dazu ſeine Gnad und H. Geiſt / Amen.

GEliebte in Chriſto. So iſt nun 1. unter die Notarios und Referenten der Hiſtori von der Einſetzung und weſen des Sacraments zu zehlen nicht Johannes der Schooß-Juͤnger Chriſti / dann ob er zwar dem Actui ſelbſt beygewohnt / ſo hat er doch die Feder nicht angeſetzt / ſondern nur die παραλειπόμενα auffgezeichnet / undeben151Predigt. eben mit ſeinem ſtillſchweigen der uͤbrigen Erzehlung beſtaͤttiget. Wel - ches dann gleich anfangs zumercken / theils wieder die Paͤbſtler / welcher Mund Bellarminus, l. 1. de Euchar. c. 5. ſchreibt: Catholici ferè omnes intelligi volunt hujus capitis verba de Sacramento ipſo Euchariſtiæ, ſive de ſacramentali manducatione corporis Domini in Euchariſtia. Die Paͤbſtiſche Lehrer faſt alle ins gemein wollen die Wort dieſes Capitels verſtanden haben vom Sacrament des Abendmahls ſelbſt / oder von der Sacramentlichen Nieſſung des Lelbs Chriſti im H. Abendmahl. Die Reformirten ob ſie zwar nicht alle dafuͤr halten / daßChamier. pag. 292. von dem Sacrament des H. Abendmahls gehandelt werde / ſo halten ſie doch das 6. Capitel Johannis fuͤr einen ſolchen Ort / da von der geiſt - lichen Nieſſung gehandelt werde / und wann hernach die aͤuſſerliche ſymbola und Zeichen darzu kommen / ſo werde ein Sacrament darauß. Calvinus in ſeinem Commentario uͤber dieſen Ort / nennet das H. Abendmahl ſigillum hujus concionis ein Siegel dieſer Predigt / Oeco - lampadius nennet das 6. Capitel Johannis ferreum atque aheneum murum, eine eiſſerne und ehrine Maur / und haltens fuͤr einen Com - mentarium, wie nemlich das eſſen Matth. 26. muͤſſe verſtanden werden / nemlich nicht Mund-Sacramentlich / ſondern Geiſt-Sacramentlich / und weilen daſſelbe nirgend beſſer beſchrieben werde / auch das Caper - naitiſche / oder jetzige Ubiquiti ſtiſche Eſſen und Trincken nirgend beſſer wiederleget worden ſey / als in dieſem Ort / ſo gruͤnden ſie ſich gewaltig drauff / wann ſie das geiſtliche Eſſen und Trincken des Leibs und Bluts Chriſti verthaͤdigen / oder das muͤndliche wiederlegen wollen. Wird aber leichtlich wiederleget / dann das Eſſen und Trincken beym Matthæo, wie es der HERR allererſt in der letzten Nacht / da er verrathen wor - den / eingeſetzt / alſo hat der HERR auch dazumal allererſt ſolches er - fordert / das Eſſen und Trincken aber bey Johanne ſchon laͤngſt zuvor / das Eſſen und Trincken bey Joh. geſchicht ohne Brod und Wein. Mat - thæus redet von einem ſolchen Eſſen und Trincken / ſo geſchicht vermit - telſt des natuͤrlichen Brods und Weins: dann der geſegnete Kelch / den wir ſegnen / iſt die Gemeinſchafft des Bluts Chriſti / und das Brod das wir brechen / die Gemeinſchafft des Leibs Chriſti. 1. Cor. X, 16. Was nun Chriſtus in der Einſetzung des H. Abendmals Matth. XXVI, 26. 27. uns vereinigt und nicht getrennet zu eſſen und zu trincken ein geſetzt und anbefohlen / das hat er Joh. 6. nicht getrennet. Nun hat er in der Einſetzung des H. Abendmahls ſeinenLeib152Die AnderLeib und Blut nicht zertreñlich und abſonderlich / ſondern mit Brod und Wein zu eſſen und zu trincken uns eingeſetzt und anbefohlen / und alſo nicht ein bloſſes und unmittelbares / ſondern ein mittelbares Eſſen und Trincken ſeines Leibs und Bluts angeordnet / darum hat er es zuvor Jo - han. 6. nicht getrennet. Er haͤtte es aber getrennet / wann er allda geleh - ret haͤtte / daß wir Chriſten ſeinen Leib und Blut nicht mit den geſegne - ten und außgetheilten Elementen / Brod und Wein vereinigt / ſondern nur bloß durch den Glauben eſſen und trincken ſolten. Jn der Sacra - mentlichen Nieſſung Matthæi, wird der Leib Chriſti allein unter dem Brod / und das Blut allein mit dem Wein empfangen hier aber in der geiſtlichen Nieſſung der gantze Chriſtus in ſeiner gantzen Perſon / Fleiſch und Blut / Leib und Seel / mit aller fuͤlle der Goͤttlichen Gnaden / Buſ - ſen / meriten und Verdienſten / und mit allen ſeinen Gutthaten: Wer mich iſſet / ſagt Chriſtus v. 57. derſelbige wird leben um meinet willen. Jene geſchicht mit dem Mund des Leibs durch eigentlich / un - verbluͤmtes eſſen und trincken / alſo daß das Eſſen vom Trincken / und das Trincken vom Eſſen unterſcheiden / der Leib wird uns unter dem Brod hier nicht zu trincken / und das Blut unter dem Wein nicht zu eſſen dargereicht. Dieſe aber geſchicht mit dem Mund des Glaubens / durch verbluͤmtes eſſen und trincken / alſo daß das Eſſen warhafftig und in der That vom Trincken nicht unterſchieden / gleichwie auch hungern und duͤrſten nicht zweyerley / alſo auch eſſen und trincken nicht. Ein Glaub wird unter zwey Bildern des eſſens und trinckens / ſo doch einerley bedeu - ten / abgemahlt. Jene kan geſchehen zum Tod und Verdamnuͤß / dann wer unwuͤrdig iſſet und trincket / der iſſet und trincket ihm das Gericht / damit daß er nicht unterſcheidet den Leib des HErꝛn. 1. Cor. XI 29. Dieſe allezeit zum Leben. Das iſt das Brod / das vom Himmel kommt / auff daß / wer davon iſſet / nicht ſterbe. Jch bin das lebendige Brod vom Himmel kommen / wer von dieſem Brod eſſen wird / der wird leben in Ewigkeit / und das Brod / das ich ihm geben werde iſt mein Fleiſch / welches ich geben werde fuͤr das Leben der Welt. Joh. VI, 50. 51. Wer mein Fleiſch iſſet und mein Blut trincket / der hat das ewige Leben / und ich werde ihn aufferwecken am Juͤngſten Tage. v. 54. Wie mich geſand hat der lebendige Vater / und ich lebe um des Vaters willen / alſo wer mich iſſet / der wird auch le -ben153Predigt. ben um meinet willen / diß iſt das Brod das vom Himmel kommen iſt / nicht wie euere Vaͤtter haben Manna geſſen und ſind geſtorben / wer das Brod iſſet / der wird leben in Ewig - keit. . 57. 58. Jene iſt abſolutè und ſchlechter dings nicht noͤthig / dann da heißts zu weilen: Crede & manducaſti; dieſe aber ſchlechter dings / auch den kleinen Kindern. Warlich warlich / ich ſage euch / werdet ihr nicht eſſen das Fleiſch des Menſchen Sohns und trincken ſein Blut / ſo habt ihr kein Leben in euch. Joh. VI, 53. und hindert gar nicht das Zeugnuͤß der alten Kirchenlehrer / von welchen die ſo genannten Reformirten ſchreiben / daß ſie es dafuͤr gehal - ten haben / es habe Johannes die Einſetzung des heiligen Abendmals in der Beſchreibung der Paſſion darum außgelaſſen / dieweil er im 6. Ca - pitul dieſes Geheimnuͤß allbereit herꝛlich erklaͤret. Aber geſetzt / es haͤt - ten alle Patres das ſechſte Capitul St. Johannis vom Mund-Sacra - mentlichen Eſſen und Trincken verſtanden / ſo folgte doch darauß noch nicht / daß im beſagten Capitul von demſelben warhafftig gehandelt wor - den ſeye / dann Menſchen Zeugnuͤß kan irren und irret offt / es bindet uns auch in Glaubens-Sachen nicht. Wie Dan. Chamier. Tom. 4. Panſtrat. l. 11. c. 4. §. 41. ſelbſt bekennet. Es iſt aber nicht wahr / daß alle und jede Patres das 6. Capitul Johannis vom Mund-Sacrament - lichen Eſſen und Trincken ſolten verſtanden und außgelegt haben / maſ - ſen etliche außtrucklich ſchreiben / daß Chriſti Leib eſſen und ſein Blut trincken heiſſe / Joh. 6. Cap. ſo viel / als an Chriſtum glauben. Sie erkennen auch / das nach der Lehr St. Pauli 1. Cor. 11. etliche Chri - ſten im heiligen Abendmal den Leib und Blut Chriſti zum Gericht em - pfangen. Zu dem die Patres welche diß 6. Capitul Johannis vom hei - ligen Abendmal verſtanden und erklaͤret / haben nicht gelaͤugnet / daß wir im heiligen Abendmal den Leib und das Blut Chriſti / vermittelſt Brods und Weins Mund-Sacramentlich im Goͤttlichen Geheimnuͤß em - pfangen. Was Auguſtinum anlangt / der ſpricht zwar Tom. 4. l. 3. de conſenſu Evang. c. 1. Johannes de corpore & ſanguine Domini hoc loco nihil dixit, ſed planè alibi multò uberius hinc Dominum lo - cutum eſſe teſtatur. Das iſt: Johannes hat von dem Leibe und Blut Chriſti an dieſem Ort nichts geredet / ſondern bezeuget klaͤrlichen / daß der HErꝛ anderswo hievon geredet habe; Aber er lehret nicht / daß Joh 6. Cap. das Eſſen und Trincken des Leibs und Bluts Chriſti eben ſo viel heiſſe / als vermittelſt des geſegnetenNeunter Theil. VBrods154Die AnderBrods und Weins / Chriſti Leib und Blut muͤndlich eſſen und trincken / welches Mund-Sacramentliche Eſſen und Trincken des Leibs und Bluts Chriſti Auguſtinus erkennet / daß es Matth. 26. eingeſetzet ſeye. Sondern ſchreibet vielmehr Tom. 9. Tract. 26. in Joh. Credere in eum, hoc eſt manducare panem vivum. Qui credit in eum, manducat. Das iſt: An ihn glauben / iſt das lebendige Brod eſſen / wer an ihn glaubet / der iſſet. Und Tom. 3. lib. 3. de doctr. Chriſt. c. 16. lehret er / daß der Spruch Chriſti Joh. VI, 53. Werdet ihr nicht eſſen das Fleiſch des Menſchen Sohns und trincken ſein Blut / ſo habt ihr kein Leben in euch / ſey eine figuͤrliche Rede / præcipiens, paſſioni Domini eſſe communicandum, & ſuaviter atque utiliter re - condendum in memoria, quod pro nobis caro ejus crucifixa & vul - nerata ſit. Das iſt: Dadurch uns anbefohlen werde / daß wir des Leidens Chriſti theilhafftig gemacht / (durch den Glauben) und lieblich auch nutzlich im friſchen Andencken behalten ſol - ten / daß ſein Leib fuͤr uns gecreutziget und verwundet wor - den ſeye.

Sie beruffen ſich zwar auch auff das Zeugnuͤß Lutheri, und nah - mentlich auff die Außlegung der Epiſtel am Sonntag Septuageſimæ, und ſchreiben / wiewol D. Luther in der groſſen Bekanntnuͤß diſputire / daß der Spruch Joh. VI, 63. vom Fleiſch Chriſti nicht handele / ſo wi - derſpreche er ihm doch ſelber in gedachter Außlegung. Antwort. D. Lu - therus widerſpricht ihm gantz nicht; in der beruͤhrten Außlegung der Epiſtel ſpricht er alſo: Eſſen und trincken geiſtlich iſt nichts an - ders dann glauben an GOttes Wort und Zeichen / wie auch Chriſtus Joh. 6. ſagt: Wer mein Fleiſch iſſet / und trincket mein Blut / der bleibet in mir und ich in ihm. Jtem / mein Fleiſch iſt eine rechte Speiſe / und mein Blut iſt ein rechter Tranck / das iſt / wer an mich glaubet / der wird leben: Jtem / darum iſts allenthalben einerley Speiſe und Tranck geiſtlich / worin GOtt ſein Wort und Zeichen haͤlt / es ſey wie aͤuſſer - lich und leiblich es wolle / und wann er mich hieſſe einen Stro - halmen auffheben / ſo waͤre alsbald an dem Strohalmen geiſt - liche Speiſe und Tranck / nicht um des Strohalms willen / ſondern um des Worts und Zeichens willen Goͤttlicher War -heit155Predigt. heit und Gegenwaͤrtigkeit. Wiederum / wann GOttes Wort und Zeichen nicht da iſt / oder nicht erkennet wird / ſo hilffts nicht / wann GOtt gleich ſelbſt da waͤre / gleichwie Chriſtus von ſich ſelbſt ſagt / Joh. 6. Das Fleiſch ſey kein nutz / weil ſie nicht auff die Wort achten / die er von ſeinem Fleiſch redet / welche Wort machen ſeinen Leib zu einer rech - ten Speiſe / da er ſpricht: Er ſeye das lebendige Brod vom Himmel. Alſo muß man nicht ſo faſt achten auff die Werck / Zeichen und Wunder GOttes / als auff die Wort GOttes in denſelbigen / wie der Glaube thut. Jn dieſen Worten bejahet D. Luther nicht / daß Chriſtus Joh. 6. von ſeinem ſelbſt eigenen Fleiſch / an und fuͤr ſich ſelbſt betrachtet rede / oder das Sacrament-Muͤndliche Eſſen und Trincken ſeines Leibs und Bluts verwerffe / ſondern lehret / daß er auch mit denſelbigen Worten der irrenden Menſchen Einbil - dungen und Jrꝛhum von ſeinem Fleiſch ſtraffe / und anzeige / daß ſein Fleiſch nicht fleiſchlich und nach des Fleiſches Sinn ergruͤndet und be - hertziget / ſondern Geiſtlich / nach des Heiligen Geiſtes Wort gerechnet und mit Glauben gefaſſet werde. Alſo muß auch der Articul von der Mund-Sacramentlichen Nieſſung des Leibs und Bluts Chriſti / ver - mittels der leiblichen Elementen Brods und Weins nicht fleiſchlich / ſondern geiſtlich / nicht nach des Fleiſches und der Vernunfft Grillen und Gloſſen / ſondern nach dem Wort GOttes verſtanden werden. Summa der Verſtand aller Glaubens-Artickel iſt geiſtlich und nicht fleiſchlich / aber die objecta articulorum fidei, die Ding ſelbſt / davon die Glaubens-Artickel handeln / ſind nicht allezeit geiſtliche / ſondern leibliche Dinge / deren Verſtand doch nicht mit des Glaubens Sinn zubegreiffen / ſondern geiſtlich nach GOttes Wort zu richten / und mit dem glaubigen Hertzen zu faſſen iſt. Was nun Lutherus allhie lehret / dem wider - ſpricht er in ſeiner groſſen Bekantnuͤß nicht / ſondern er lehret eben daſ - ſelbe / ja er widerlegt die ihm vorgeworffene Contradiction und ſpricht Tom. 3. Jen. p. 465. Drey groſſe Untugenden leget mir der Geiſt auff uͤber dieſen Worten (Fleiſch iſt keinnuͤtze) da laſſet uns hoͤren und ſehen / wie der zornige Teuffel ſo gifftige Lugen durch ſeine verblendete / elende Schwermer dichtet / die erſte iſt / daß ich ſoll wider mich ſelbſt ſeyn / weil ich hin und wieder gelehret habe / daß Chriſtus Leib leiblich eſſen kein nutz ſey / und allhie dawider lehre / daß Chriſtus Fleiſch eſſen ſey nutze. V ijMein156Die AnderMein Buͤchlein ſeind am Tage. Dadurch man dieſen Lugen - Geiſt wol kan uͤberzeugen / daß er an mir handelt / wie einem ſolchen Schuͤler wol geziemet / lieber was hilffts / wann ich ewiglich wider dieſen Geiſt ſchreibe / weil er deß ſich fleiſſigt / daß er mit offentlichen unverſchamten Lugen handelt. Laß den Teuffel fahren. Jch habe alſo gelehret und lehre noch alſo / daß Chriſtus Fleiſch nicht allein kein nutz / ſondern auch Gifft und der Tod ſeye / ſo es ohne Glauben und Wort wird gegeſſen. Aber wiederum iſt Chriſtus Fleiſch eſſen / ſelig / noͤ - thig und nutz / wo es ſamt dem Glauben und Wort leiblich geſſen wird. Jedoch ſo bleibt das 6. Capitul Joh. eine Außlegung / nicht aber des Weſens des Sacraments / ſondern deſſen Frucht und Nutzens.

Sondern die rechten Referenten ſind Matthæus c. 26. ἀυτόϖτης καὶ ἀυτήκοος, der es ſelbſt geſehen und gehoͤrt / non minima pars convivii. Nicht die geringſte Perſon bey dieſem Gaſtmahl. Marcus der es von Petro gehoͤrt / Petro narrante & Marco ſcribente Evangelium compo - ſitum eſt. ait Hieron. ep. 150. ad Hedib. q. 11. Rogatus Romæ fratri - bus breve Evangelium ſcripſit, juxtà quod audiverat à Petro, quod Petrus approbavit, & Eccleſiæ legendum ſuâ autoritate edidit. Clem. Alex. l. 6. hypotypos. Maſſen er von Petro ſelbſt canoniſiret worden. 1. Petr. V. 13. Es gruͤſſen euch die ſampt euch außerwehlet ſind zu Babylonia / und mein Sohn Marcus. Was nun dieſe bey - de geſchrieben / das hat Paulus confirmirt / deme es der Herr ſelbſt / ſitzend zur Rechten GOttes dictirt. 1. Cor. 11. Was Paulus vom Herrn empfangen / das hat er Lucæ ſeinem amanuenſi und Geferten dictirt / wie bey Irenæo l. 3. 14. zu leſen / welches nicht nur erhellet ex Identitate phraſium & verborum, auß Gleichheit der Wort und Re - dens-Arten ſondern auch auß ſeinem eigenen ſuffragio, als der in proæ - mio ſeines Evangelij ſchreibt / das was er gehoͤrt ab ἀυτόϖταις καὶ ὑϖηρέταις, von denen die er ſelbſt geſehen und welche Diener des Worts geweſen ſeind / das wolle er ἀκρι〈…〉〈…〉 ῶς mit Fleiß ordentlich ſchreiben. Luc. I, 3. und deſſen Evangelium hat hernach Paulus ſein Evangelium genennet. Rom. II, 16. Auff den Tag / da GOtt das Verborgen der Menſchen durch JEſum Chriſt richten wird / laut meines Evangelij. 2. Tim. II, 8. Halt im Gedaͤchtnuͤß JEſum / der von den Todten aufferſtanden iſt / auß dem Saamen Davidsnach157Predigt. nach meinem Evangelio. Das iſt alſo die herꝛliche quadriga te - ſtium, zween ἁυτήκοοι, und zween Nachſchreiber.

II. Harmonia verborum. Die Gleichheit der Wort / damit aber niemand in die Gedancken gerathe / als waͤre ihrem Zeugnuͤß um ſo viel deſto weniger zu deferiren / dieweil ſie nicht durch und durch mit einander uͤberein ſtimmen / wie derjenige / der die Wort der Einſetzung in der Har - moni lißt / bekennen muß / ſo ſoll E. Lieb wiſſen / daß eben dannenhero um ſo viel mehr ihr Zeugnuͤß gewiſſer. Si ex toto inque omnibus conſona - rent Evangeliſtæ, nemo inimicus credidiſſet unquam, quin illi com - muni ad decipiendum conſilio congregati Evangelium condidiſſent, nunc verò, quæ videtur in rebus exiguis diſſonantia, ab omni illos ſuſpicione tuetur. Chryſoſt. Comment. in Matth. Wann die heili - gen Evangeliſten durchauß und in allen Worten mit einander uͤberein ſtimmeten / ſo haͤtte keiner von den Widerſachern je - maln geglaubt / daß ſie nicht mit zuſammen geſetztem Rath / die Leute hinter das Liecht zu fuͤhren ein Evangelium verferti - get / nun ſie aber in etlichen geringen Stucken einander entge - gen zu ſein ſcheinen / ſeind ſie dadurch von allem boͤſen Arg - wohn befreyet. Sintemal ſie einander in der Sach ſelbſt nicht zu wider / ſondern nur was die Ordnung der Wort anlangt. Als daß Matthæus und Marcus Chriſti proteſtation, Jch werde von nun an von dem Gewaͤchs des Weinſtocks nicht mehr trincken / biß an den Tag / da ichs neu trincken werde mit euch in meines Vaters Reich / nachgeſetzt / welche Lucas vorgeſetzt / anzuzeigen daß Chriſtus dieſe Wort zweymal gebraucht / einmal von dem Kelch beym Oſterlamm / nach der relation Lucæ, andermals wiederum beym Sa - cramentlichen Kelch des heiligen Abendmals / nach Beſchreibung Mat - thæi und Marci. Marcus hat die Wort darzwiſchen geſetzt / und ſie truncken alle darauß. cap. XIV, 23. welche Matthæus außgelaſſen. Matthæus ſetzt voculam ratiocinativam γδ dazu / Trincket alle darauß / dann das iſt mein Blut des Neuen Teſtaments / ſo Marcus nicht dar - zu geſetzt / und hat ſonderlich Matthæus auff den Wein gedentet / ἐκ τουτου του̃ γεννήματος τῆς ἀμπέλου. Von dieſem Gewaͤchs des Weinſtocks / dar - auß zuerweiſen / daß es warhafftig Wein geweſen. Lucas laſſet dieſe Wort auß: Nehmet hin / eſſet / trincket. Paulus und Marcus; Nehmet hin und trincket. Deſſen Mangel / und zwar was das Wort Eſſet anlangt / Matthæus und Marcus mit St. Paulo / des WortsV iijTrincket158Die AnderTrincket aber Matthæus erſetzet. Matthæus und Marcus ſprechen die ſubſtantial-Wort Chriſti alſo auß. Das iſt mein Leib / das iſt mein Blut des Neuen Teſtaments / welches vergoſſen wird fuͤr viel. Lucas aber hat ſie alſo ſtyliſirt: Das iſt mein Leib / der fuͤr euch ge - geben wird. Paulus / das iſt mein Leib / der fuͤr euch gebrochen wird. Wie Lucas das Wort / ſolches thut / dem Brod nachgeſetzt / alſo Paulus dem Kelch / damit ſolcher Befehl nicht auff eine Geſtalt re - ſtringiret wuͤrde / Lucas; Dieſer Kelch iſt das Neue Teſtament in meinem Blut / das fuͤr euch vergoſſen wird / Paulus allein / Die - ſer Kelch iſt das Neue Teſtament in meinem Blut. Marcus laͤßt cauſam finalem gar auß / aber Matthæus ſetzt dazu / zu Verge - bung der Suͤnden. Lucas, ſolches thut zu meiner Gedaͤchtnuͤß / Paulus ſetzt darzu: So offt ihr von dieſem Brod eſſet / und von dieſem Kelch trincket / ſolt ihr des HErꝛn Tod verkuͤndigen / biß daß er kom̃t. Fragt ſich hie nicht unbequem / dieweil gleichwol die Wort unterſchiedlich lauten / welches eigentiich Chriſti Wort geweſen ſeyen? Antwort: ligt nicht viel daran / wann wir nur der Wort Ver - ſtand haben. Aber gleichwol iſt vermuthlich / die Wort Matthæi und Marci ſeyen die eigentliche / dieweil jener ἀυτήκοος, und die Wort ſelbſt gehoͤrt / dieſer αύτηκόου, auditor. Aber Pauli und Lucæ Wort ſeind gleichſam der Commentarius, da Gott ſitzend zur Rechten des Vaters erklaͤrt / wie er ſeine Wort / die er im Saal geſprochen / verſtanden wolt haben. Alle haben die Wort Chriſti erzehlt / jene ſo fern er in dem Saal am Tiſch geſeſſen / dieſe ſo fern Chriſtus ſitzet auff dem Stul und Thron ſeiner Majeſtaͤt.

Wann dann in einer Schul der Diſcipul ihm zuvorderſt laͤßt ange - legen ſeyn die Buͤcher und Autores die er leſen muß. Fragt ſich dann auch / welches die Autores in dieſer Schul? Antwort: Nicht Libri Lom - bardi, der ſeinen Zanck-Apffel in die Kirche geworffen An. 1170. ſo dariñen geblieben biß auff das Concil. Lateranenſe An. 1215. unter Innocent. III. auch nit des Berengarii Vernunffts-Grillen / dieſer war Prieſter zu Tu - ron / ſo florirt ohngefehr An 1035. und hat von den klaren / ein faͤltigen Te - ſtaments-Worten des H. Abendmals einen Abſprung gethan / dieſelbe verkuͤnſtelt / und von ihrem eigentlichen / unverbluͤmten / richtigen Ver - ſtand verdraͤhet / fuͤrgebend es ſey der Leib und Blut Chriſti im Brod und Wein nicht weſentlich / ſondern nur Sacramentlich / figuͤrlich / Zeichens - weiß zugegen / allermaſſen wie auß ſeinem Wider-Ruff den er gethan / ſo in geiſtlichen Rechten auffgezeichnet / gnugſam erhellet / auch nicht

Diſt. 159Predigt. Diſt. 2. de Conſecrar. Can. 42. p. 1177. Ego Berengarius, indignus ſancti Mau - ritii Andegavenſis Eccleſiæ Diaconus cognoſcens veram, Catholicam & Apoſtolicam fidem, anathematizo omnem hæreſin, præcipuè eam de quâ hactenus infamatus ſum: quæ aſtruere conatur panem & vinum quæ in al - tari ponuntur, poſt conſecrationem ſolummodò ſacramentum & non ve - rum corpus & ſanguinem Domini noſtri JEſu Chriſti eſſe, nec poſſe ſenſuali - ter, niſi in ſolo ſacramento, niſi in manibus ſacerdotum tractari vel frangi, aut fidelium dentibus atteri. ()

Auß Carlſtads Schwarm / den er Anno 1521. außgebruͤtet / dann als er die Bilder geſtuͤrmet / und dem wiedertaͤufferiſchen Geiſt auff die Bein geholffen / Lutherus ihm aber widerſprochen und das obſtat gehalten / hat er hernach auß hitzigem / vergaͤlltem Gemuͤth die Lehr vom H. Abend - mal arrodirt und angegriffen / und Luthero widerſprochen / auß wel - chem hernach der Sacraments-Streit erwachſen / ſo auff den heutigen Tag noch waͤhret. Carolſtadius primùm excitavit hunc tumultum tantùm odio Lutheri. Philipp. Melanchton. in præfat. libelli de con - ſenſu veterum de Cœna Domini. Auch nicht der Traum Zvvinglii, darinnen ihme ein Mann vorkommen / der ihme zum Beweiß ſeiner Meynung den Ort Exod. 12. beygebracht / ob aber dieſer Mann weiß oder ſchwartz geweſen / weiß er / laut ſeiner eigenen Außſag / nicht.

Narrat igitur Zwinglius (verba ſunt Riveti in Gen. p. 604) ſe cùm Tiguri age - ret duodecimo Aprilis, ut miſſa prorſus aboleretur, fuiſſe à quodam ſcriba objectum, omnia exempla, quæ attulerat anteà, ut probaret, eſt pro ſignifi - cat accipi, fuiſſe parabolica, nullum autem fuiſſe adductum, in quo ſimplex tantùm ineſſet tropus, qualem in verbis Cœnæ Dominicæ fingebat; re - ſpondiſſe quidem quod res erat, in explicatione parabolæ, cum Chriſtus di - xit: Semen eſt verbum DEI, ineſſe ſimplicem tropum, in quo eſt manifeſtè pro ſignificat, acciperetur, & huic reſponſo omnes ita acquieviſſe, ut ſecu - tum fuerit decretum de abroganda miſſa: addit nihilominùs: reſtabat ad - huc minimus conatus, quo ſc. exempla produceremus, quæ nulla cum para - bola con juncta forent: cœpimus ergò cogitare omnia, omnia revolvere, at - tamen nihil aliud exemplorum occurrebat, quàm quod in Commentario proditum, aut quod occurrebat, erat eorum ſimile. Cum verò tredecima dies appeteret, vera narro, adeoque vera ut celare volentem, conſcientia co - gat effundere, quod Dominus impertiit, non ignorans, quantis me contu - meliis riſibuſque exponam. Cum, inquam, tredecima Aprilis lux adpete - ret, viſus ſum mihi in ſomno, multo cum tædio denuò contendere cum ad - verſario ſcriba, ſicque obmutuiſſe, ut quod verum ſcirem, negante lingua be - neficium ſuum, proloqui non poſſem, qui me angor, ut ſolent nonnunquam ſomnia fallaci ludere nocte, (nihil enim aliud, quàm ſomnium narramus, quod ad nos attinet: tametſi leve non ſit, quod per ſomnium didicimus, gratia DEO, in cujus ſolius gloriam iſta prodimus) vehementer turbare videbatur. Ibi ἀπὸ μηχανῆς viſus eſt monitor adeſſe (ater fuit an albus, nihil memini, ſomninm enim narro) qui diceret, quin ignavè reſpondes ei,quod160Die Anderquod Exod. 12. ſcribitur. Eſt enim Phaſe, h. e. tranſitus Domini? protinus ut hoe phaſma viſum eſt; ſimul expergefio, & è lecto exilio, locum apud LXX, primum undique circumſpicio, ac de eo coram tota concione pro vi - rili diſſero.

Rivetus und Crocius weiſen uns zwar in Ciceronis Schul / bey welchem dieſe phraſis, ater an albus fuerit, wil beſchreiben / einen der einem von Haut und Haar unbekant iſt: deßgleichen es ſeye nur ein Traum / dann es bleibt dabey / daß Zvvinglius auß dieſem Traum die Wort der Ein - ſetzung erklaͤrt / welcher gar ſehr ſuſpect, dieweil er eine ſolche Erklaͤrung an die Hand gibt / die falſch / und entweder von der Vernunfft / oder von ei - nem andern Geiſt entſtanden / falſch iſt die Außlegung / dann wann Mo - ſes ſagt Exod. 12, 11. Es iſt des HErꝛn Paſſah / iſt das ſubjectum dieſer propoſition nicht die Sacramentliche Handlung des Oſterlam̃s / auch nicht das Oſterlamm / nicht das Blut des Lamms / ſondern dieſer Durchgang / hic tranſitus eſt Paſcha, dieſer Durchgang davon ich euch anfangen zu erzehlen / und ferner erzehlen wil / iſt der Durchgang des Herrn / und demnach ein ſchneller und behender Durchgang / darum ſolt ihr eilend eſſen / es hat kein Verzug ſtatt und platz. Falſch die applica - tion auff das Sacrament des H. Abendmals. Nicht endlich auß eini - gem Calviniſchen Buch / inſonderheit Bergii, daß die Wort Chriſti noch feſt ſtehen / auch nicht auß den herum-fliegenden Sirenen-Buͤchlein der heutigen Syncretiſten. Sondern allein auß der Beſchreibung der vier Immatriculirten Notarien, dann in ſo groſſen Streitigkeiten dulcius ex ipſo fonte bibuntur aquæ. Solte einem Notario ſeine Teſtaments - Verſchreibung von jemand verklittert werden / er wuͤrde es uͤbel empfin - den. Nun ſind die Teſtaments-Wort Chriſti ſo wol als andere Bibliſche Schrifften canoniſirt mit dem Spruch Johannis Apoc. XXII, 18. Jch bezeuge aber alle die da hoͤren die Wort der Weiſſagung in die - ſem Buch / ſo jemand darzu ſetzet / ſo wird GOtt zuſetzen die Plagen / die in dieſem Buch geſchrieben ſtehen / und ſo jemand davon thut von den Worten des Buchs dieſer Weiſſagung / ſo wird GOtt abthun ſein Theil vom Buch des Lebens / und von der H. Stadt / und von dem / das in dieſem Buch geſchrie - ben ſteht. Welches Wort ſo wol ein ſchroͤckliches Draͤu-Wort / wider die Vernunfft / Satan / und alle Jrꝛgeiſter / die uns dieſen Schutz begeh - ren zu rauben durch die Philoſophiam, und loſe Verfuͤhrung nach der Menſchen Lehr / und nach der Welt Satzung und nicht nach Chriſto. Col. 2.161Predigt. Col. 2. als ein Troſt-Wort / darauß flieſſet ἀσφάλεια fidei, die Gewißheit unſers Glaubens / ſo fern er auff das Zeugnuͤß der heiligen Evangeli - ſten ſich gruͤndet / deren Zeugnuͤß auch noch feſt ſtehet / damit koͤnnen wir uns getrauen zu beſtehen fuͤr dem Juͤngſten Gericht / und wann wir uns halten an das Buch der heiligen Evangeliſten / ſo ſoll unſer Name im Buch des Lebens auffgezeichnet ſeyn / ſo wir mit der geiſtlichen Braut im Hohenlied wuͤnſchen / daß er uns kuͤſſe mit dem Kuß ſeines Mundes / nicht der Satan mit ſeinen unreinen Lippen falſcher Gloſſen und Auß - legung / tunc nos oſculatur DEI verbum, cum cor meum lumine co - gnitionis illuminat, & amorem bonitatis inflammat. Ambroſ. l. de Iſaac. So wird uns kuͤſſen Gottes Wort / wann es unſern Verſtand erleuchtet / und mit der Liebe ſeiner Guͤte entzuͤndet. Gott gebe / daß wir die Offenbarung dieſes Geheimnuͤſſes in wahrem Glauben moͤgen empfangen / und von der Einfalt des Glaubens endlich moͤgen gelangen zum Schauen und ewigem Genuß / Amen.

Die Dritte Predigt / Von Dem eigentlichen und Buchſtaͤblichen Verſtand der Wort / das iſt mein Leib.

GEliebte in Chriſto. Wann Paulus 2. Cor. XI, 3. ſpricht: Jch foͤrchte / daß nicht wie die Schlang Heva verfuͤhrt mit ihrer Schalckheit / alſo auch euere Sinne verrucket werden von der Einfaͤltig - keit in Chriſto / ſo revocirt er ſeine Corinthier und uns zuruck in den Paradiß-Garten auff die Betrachtung der μεϑοδείας und liſtigen Raͤnck / damit der hoͤlliſche Orator vermuthlich in Verſam̃lung aller hoͤlliſchen Geiſter / an Evam / da ſie allein geweßt / und im Luco herum ſpatziert / ſich gemacht / nach dem Gott morgens fruͤh Adam und Evaͤ ein Predigt gehalten / auff den Sabbath / wie Lutherus dafuͤr haͤlt / Comment. in Gen. p. 41. f. 2. und die Einfaͤltigkeit derNeunter Theil. XGoͤtt -162Die DritteGoͤttlichen Wort (Du ſolt eſſen von allerley Baͤumen im Gar - ten. Aber von dem Baum des Erkaͤntnuͤß Guten und Boͤ - ſen ſoltu nicht eſſen / denn welches Tages du davon iſſeſt / wirſt du des Todes ſterben. Gen. II. 16. 17. ) in Zweiffel gezogen. Siehet demnach Paulus 1. auff ſeine πανουργίαν des Satans Gauckeley / Ver - blendung und Zauberey / damit er das Hertz des Glaubens / die Erkaͤnt - nuͤß Goͤttliches Worts / als mit einem ſchleichenden Gifft angegriffen / negando ſenſum verbi, das Wort konte er nicht umſtoſſen / darum machte er ſich an den Verſtand der Wort: Ja ſolte auch GOtt wol geſagt haben / ihr ſolt nicht eſſen von allerley Baͤumen im Garten? Du haſts nicht recht verſtanden / du biſt gar zu alber und ein - faͤltig meine liebe Eva / es muͤſſen die Wort eine andere Bedeutung ha - ben: Sintemal der Buchſtaͤbige Verſtand laufft 1. wider GOttes Ehr und Gunſt / Gott iſt das hoͤchſte Gut / hat euch in den Garten geſetzt / denſelben zu bauen / wie ſolt er euch den Genuß dieſes Baums denn nicht auch goͤnnen? Gott hat euch zu Herꝛn uͤber alle Thier gemacht / keines außgenommen / wie vielmehr uͤber alle Baͤume? Laufft 2. wider euern Nutzen / Gott meynts ja wieder gut mit euch / hat um euert willen alles erſchaffen / wie ſolt er euch dann dieſen Baum verſagen? 3. contra ratio - nem paritatis. Solt Gott wol geſagt haben: Jhr ſolt nicht eſſen von allerley Baͤumen / hat er euch die Gattung vergoͤnnt / warum nicht auch dieſe? par ratio. 4. Contrà nominis impoſitionem, wider des Baums Benamſung. Es hat ja der Baum den Namen nicht vergebens / daß er der Baum des Erkaͤntnuͤß Guten und Boͤſen genennet wird / ſondern eben darum / daß er klug macht / zur Engliſchen ja Goͤttlichen Erkaͤntnuͤß fuͤhret. Das war nun die ſchoͤne Abend-Predigt / die ihnen der Teuffel gehalten. Damit er dann ihren Sinn verwirꝛt / daß da ſie haͤtten den Knopff gleichſam mit dem Schwerd auffloͤſen und zerhauen ſollen / ſie ſich verſtrickt / und angefangen zu zweiffeln per ne fortè. Eva wider - ſpricht / aber mit zweiffeln / Wir eſſen von den Fruͤchten der Baͤu - me im Garten / aber von den Fruͤchten des Baums mitten im Garten hat GOtt geſagt: Eſſet nicht davon / ruͤhrets auch nicht an / daß ihr (〈…〉〈…〉ne fortè) vielleicht nicht ſterbet. Gen. III, 4. Eva gedachte / Gott werde ja ſo ſtreng nicht ſeyn / daß er ſie um eines einigen Apffel-Biſſes willen toͤdten wuͤrde; Es werde ja Gott an einem Apffel nicht viel liegen / es werde ſo viel nicht zu bedeuten haben / es waͤre keine Sach von ſo groſſer importanz. War alſo der Beyfall und Zu -verſicht163Predigt. verſicht hinweg. Nach dem der Satan das erſte Vorwerck eingenom - men / ſo graſſieret er nach dem Willen und Affecten, macht auß dem for - , ein non, ihr werdet mit nichten des Todes ſterben / nim̃t weg den Zaum der Suͤnden / die Furcht GOttes per concupiſcentiam ἐξέλ - κουσυι, die ablockende / abziehende / abhaltende Luſt / wie ſie St. Jacobus nennet. Jac. I, 14. Jm gegentheil legt er ihnen ein Speckel auff die Fall per concupiſcentiam δελεάζουσυι, die erregende / lockende und verfuͤhriſche Luſt / GOtt weiß / daß welches Tages ihr davon eſſet / ſo wer - den euere Augen auffgethan / und werdet ſeyn wie GOtt / und wiſſen was gut oder boͤſe iſt. Gen. III, 5. alles recht zweiffeliſch und Teuffeliſch / ἀμφι〈…〉〈…〉 ολικῶς. Sub eadem pollicitatione (ſchreibt Rupertus lib. 3. de Imit. c. 8.) aperientur oculi veſtri, Eva ſapientiæ altitudinem; ille cogitat conſcientiæ confuſionem: Eritis ſicut Dii, hæc rapere Dei celſitudinem, ille ſuimet ſimilem cogitat invenire damnationem, ille ſub eadem pollicitatione ſcientiæ boni & mali, hæc plenitudinem ſcientiæ, ille cogitat experimentum miſeriæ. O nequam, nequam, ubi eſt tuum nequa quam? ecce omnes morimur! Das iſt: Unter einem Verſpruch / euere Augen werden auffgethan / hatte Eva verſtanden himmliſche Weißheit / Dieſer die Beſchaͤmung und Verletzung des Gewiſſens; unter dem Wort: Jhr wer - det ſeyn wie GOtt / gedachte Eva an einen Gottes Raub / je - ner ſie in gleiche Verdamnuͤß mit ihm zu ſtuͤrtzen. Jene un - ter dem Verſpruch der Erkantnuͤß Boͤſen und Guten / die voll - kommenſte Wiſſenſchafft / dieſer die Empfindung mancherley Elends. O Schalck / Schalck / wo iſt dein Mit nichten? ſiehe wir muͤſſen alle ſterben! II. Cauſam timoris, die Urſach ſeiner Furcht gleicher Verfaͤhrung und Verfuͤhrung / dann um ſo viel mehr hat Paulus Urſach ſich zubefahren / als uͤbeler nunmehr nach dem Fall das caſtrum cordis humani die Feſtung des Menſchlichen Hertzens ver - wahrt / wegen der jenigen innerlichen Conſpiranten / die mit dem Sa - tan leichen / und mit ihm unter einer Decke liegen / darum er auch ſagt: Jch foͤrchte / ich foͤrchte / daß euere Sinne auch alſo verrucket werden von der Einfaͤltigkeit in Chriſto.

Wolte nun Gott es haͤtten ſich an dieſem geſpiegelt und an frem - dem Schaden lernen witzig werden die Sacrament-Stuͤrmer Berenga - rius, Carolſtadius, von dem Phil. Melanchton. in præfat. de ſentent. veterum: ſchreibt:

X ijBeren -164Die DritteBerengarius Presbyter Turonenſis, perſpectis abſurditatibus, quæ tranſmuta - tionem panis in corpus Chriſti, à nonnullis aſſertam ſequi videbantur, in myſtica Chriſti cœna, non corpus ejus, ſed figuram eſſe corporis docebat, unde & adverſus eum, & pro eo multum à variis tàm ſcriptum eſt, quam diſputatum, donec eum Pontifices abjurare dogma, contrariumque ei er - rorem ſtabilire cogerunt. ita Cluvetus Epit. hiſtor. p. 498. ()

Carolſtad. primus excitavit hunc tumultum. Hic eſt hujus fabulæ πρωταγωνίςης. ita Zvvingl. in colloq. Marp. der einfaͤltige Lntherus hatte fuͤr ſich Gottes Wort / den klaren Buchſtaben / das iſt mein Leib / deme Zvvinglius und Oecolampadius, nechſt dem 6. Cap. Johannis / de quo proximè, opponirt die natuͤrliche Eigenſchafft des Leibs Chriſti. Huic argumento admodum firmiter inſiſtebant, & multa ad rem non facientia allegabant, utpote quod Chriſtus verum corpus habeat, quod nobis ſimilis ſit Chriſtus, corpus in loco eſſe oportere. Philipp. Melanch. ad Joh. Saxon. Elector. die uͤbrigen Vernunffts Einwuͤrff wollen wir auf andere Gelegenheit verſparen / und nunmehr der Paradiß - Schlang zuforderſt begegnen mit den jenigen Argumenten / damit wir das ῥητὸν erhalten. Dann wann wir naͤhermalen die Notarios betrach - tet / ſo muͤſſen wir auch Achtung geben auff den Stylum den ſie fuͤhren / oder vielmehr auff die Wort der Einſetzung Chriſti / ob ſie nach dem Buch - ſtaben oder figuͤrlicher weiß zu verſtehen / dazu wolle uns Chriſtus ſelbſt als der maͤchtigſte Teſtamentarius ſeinen H. Geiſt mildiglich verleihen / daß er unſern Verſtand erleuchten / und uns in alle Warheit leiten wol - le / Amen.

GEliebte in Chriſto. Erſtlich laͤugnen wir nicht / ſon - dern geſtehen gar gern / daß in H. Schrifft viel varaboliſche / al - legoriſche und figuͤrliche / Chriſto ſehr gemeine Reden / damit er mit uns Menſchen-Kindern ſpielet / fuͤrfallen / als inſonderheit die Wort Joh. 6. von der geiſtlichen Nieſſung. Folgt derowegen nicht / was das Baſeliſche Buͤchlein fuͤrgibt / p. 48. Wann man die Schrifft al - leweg wie die Wort lauten / verſtehen und deuten wolte / ſo muͤſte Chriſtus zugleich ein Weg / ein Thuͤr / ein Lamm / ein Loͤw / ein Fels / und ein Weinſtock ſeyn. Wir geſtehen auch gern und ſeinds nicht in Abrede / daß Chriſtus in ſeinem letſten Colloquio Joh. 15. & ſeqq. Jch bin ein rechter Weinſtock / und mein Va - ter ein Weingaͤrtner / einen jeglichen Reben an mir / der nicht Frucht bringet / wird er wegnehmen ꝛc. deßgleichen in ſeinem let - ſten Blut-Kampff im Garten am Oelberg. Mein Vater iſts muͤg -lich165Predigt. lich ſo gehe dieſer Kelch von mir. Matth. XXVI, 39. viel figuͤrliche Reden gefuͤhrt. Wir laͤugnen auch nicht / daß in den Worten der Ein - ſatzung / ſonderlich in Circumſtantialibus, viel figuͤrliche und verbluͤmte Reden fuͤrfallen / das iſt mein Leib der fuͤr euch gebrochen wird / welches dem Buchſtaben nach nicht kan verſtanden werden. Dann es widerſpricht ihm Joh. XIX, 36. Jhr ſolt ihm kein Bein zerbrechen. Jtem Luc. XXII, 20. Das iſt der Kelch des Neuen Teſtaments in meinem Blut / das fuͤr euch vergoſſen wird. Und 1. Cor. XI, 26. So offt ihr von dieſem Kelch trincket / ſolt ihr des HErꝛn Tod verkuͤndigen. Welches nicht von dem Kelch / de continente, ſondern de contento, dem Blut Chriſti muß verſtanden werden. Aber das laͤugnen wir / daß in συςατι〈…〉〈…〉 ῖς ſubſtantialibus verbis und weſentli - chen Worten ein tropus ſey / der da nicht klar von andern Evangeliſten waͤre erklaͤret worden / da ſtehen wir pro ῥητῷ tanquam pro aris & focis, und laſſen uns davon kein Sophiſterey im geringſten nicht abtreiben auß folgenden Fundamenten.

I. Stehet fuͤr den Buchſtaͤblichen Verſtand ſenſus proprii præ figurato prærogativa. Der Vorzug des eigentlichen Ver - ſtands vor dem verbluͤmten. Non debent (ita Bellarm. l. 1. de Euch. c. 9.) à nobis quærere, cur ſequamur proprium verborum ſenſum, ſi - mile enim id eſſet, ac ſi quis peteret ab iis, qui ſunt in itinere, cur ſe - quantur viam communem & tritam, nemo ſanus id quærit; vel cur in - grediantur per portam, non per feneſtram. Das iſt: Sie ſollen von uns nicht begehren und fragen / warum wir dem eigentlichen Wort-Verſtand folgen / dann es waͤre eben ſo viel / als wann einer die Wandersleute fragete / warum ſie den gemeinen und gebahnten Weg brauchen / niemand der Verſtand hat / fragt alſo / oder warum ſie zur Thuͤr in das Hauß gehen / und nicht durch das Fenſter. Wir ſeind gleichſam in poſſeſſione, der muß gar wichtige und guͤltige Argumenta auff die Bahn bringen / der uns wil außſtoſſen.

II. Teſtatoris ſilentium & Evangeliſtarum harmonia, unſer Hey - land Chriſtus iſt allwiſſend / er hat wol gewußt / was es fuͤr Spaͤn mit der Zeit geben werde / ſolts glaublich ſeyn / daß er nicht wuͤrde ſo klar und ver - ſtaͤndlich reden / daß ſo viel an ihm iſt / per ſe, kein andere Meynung koͤn - te angedichtet werden. Seine Gewonheit war / daß er ſeine Parabeln ſeinen Juͤngern privatim außlegte / Marc. IV, 34. Ohne Gleichnuͤß redet er nichts zu ihnen / aber inſonderheit leget ers ſeinenX iijJuͤn -166Die DritteJuͤngern alles auß. Nun hat ers nirgend anders außgelegt / auff den Tropiſchen Verſtand hat er mit keinem Wort gedeutet / auch nach - dem er ſich geſetzt zur Rechten GOttes / hat ers Paulo nicht anders offen - bart / Paulus hats auch nicht anders verſtanden / darum er das Brod die Gemeinſchafft des Leibs / und den Kelch die Gemeinſchafft des Bluts genennet hat. Keiner von den H. Evangeliſten hat mit einem einigen Woͤrtlein auff einen verbluͤmten Verſtand gezielet. Sie haben zwar ſonſten offtermalen verbluͤmte Reden gebraucht / als da iſt das Augen außreiſſen. Matth. XVIII, 9. Marc. IX. 47. die Feur-Tauff. Matth. III, 11. Marc. I, 8. Luc. III. 16. Joh. I, 33. das wuͤrtzen mit Saltz. Matth. V, 13. Marc. IX, 50. Luc. XIV, 34. welche ſie doch hernach erklaͤrt / und gleich - ſam einen Commentarium druͤber geſchrieben. Das Augen außreiſſen wird erklaͤrt / Col. III, 5. So toͤdtet nun euere Glieder die auff Er - den ſeind / Hurerey / Unreinigkeit / ſchaͤndliche Brunſt / boͤſe Luſt ꝛc. Die Feur-Tauff / durch die ſichtbare Außgieſſung des H. Gei - ſtes in Feurs geſtalt. Act. II, 3. Die metaphora des Saltzes wird ſo offt erklaͤrt / ſo offt von dem H. Predigampt gehandelt wird. Da doch an ſolchen Sachen nicht ſo viel gelegen / als an dieſem Sacrament / dero - wegen ſie es freylich anderswo auch erklaͤret haͤtten / wann Chriſtus hie figuͤrlicher und verbluͤmter weiß geredet haͤtte. Und gilt alſo hie das Wort des Koͤnigs Darij. 3. Eſdræ VI, 32. ſo jemand etwas von de - me / das vorgeſagt und vorgeſchrieben iſt / uͤbertretten wuͤrde / ſo ſoll ein Balck auß deſſen Hauſe genommen / und er daran erhaͤnget werden / und ſeine Guͤter dem Koͤnig verfallen ſeyn.

III. Teſtamenti & quidem Novinatura. Die Art und Eigenſchafft eines und zwar eines Neuen Teſtaments. Jch ſage bedencklich die Eigen - ſchafft eines Teſtaments. Teſtaments-Wort ſollen uñ muͤſſen gewiß ſeyn.

In ipſo fine vitæ conſtituti cum teſtamentum ordinamus, quantum temporis conſumitur? quamdiu ſecretò agitur? nec quicquam curâ ſanctiore com - ponimus, quàm quod ad nos non pertinet. Senec. l. 4. de benef. c. 11. In dubio tutius eſt non recedere à verbis, ſed illis tenaciter inhærere, ſine ex - tranea probatione. Item: non eſt recedendum à verbis Teſtatoris, quia talis præſumitur fuiſſe intentio, qualem verborum proprietas importat. Regula eſt Juris. ()

Da gehoͤren nicht viel gefrenſelte und auff die Schrauben geſetzte Wort zu / ſo viel menſchlich und muͤglich. Quia finis teſtamentorum eſt judi - cium in controverſiis hæredum. Auff daß kein Silberſuͤchtiger Juriſtdieſel -167Predigt. dieſelbe in diſputat ziehe / daher es das letſte Gericht genennet wird. Juſt. l. 5. 11. welcher Vater iſt / wann er ein Teſtament auffrichtet / der nicht ſich bemuͤhe ſo zu reden / daß keine Spaͤn erwachſen moͤchte? geſchichts nicht allezeit / ſo geſchichts auß menſchlicher Schwachheit und Wort-Mangel. Chriſtus aber hat eine gelehrte Zung / es mangelt ihm an Worten nicht / er hat nicht wollen ein Creutzauffrichten / in qua ſuſpendantur ingenia. So iſt auch der hæres alſo geartet / daß er auff den Buchſtaben allezeit dringt: wird einem ein Hauß vermacht / er verſtehets traun von keinem gemahlten oder verbluͤmten Hauß / ſondern das was Gott und die Na - tur ein Hauß heiſſet. Gegentheil wendet ein das Teſtament des Patri - archen Jacobs / Gen. 49. Verſamlet euch / daß ich euch verkuͤndi - ge / was euch begegnen wird in kuͤnfftigen Zeiten / kom̃t zu Hauff und hoͤret zu ihr Kinder Jacob / und hoͤret euern Va - ter Jſrael / Moſis / Deut. XXXIII, 1. Diß iſt der Segen / damit Moſe der Mann Gottes / die Kinder Jſrael vor ſeinem Tod ſegnet / ꝛc. Joſuaͤ / Joſ. XXIV. Davids / 2. Sam. XXIII, 1. 1. Reg. II. darinnen viel enthalten / ſo dem Buchſtaben nach nicht kan verſtanden werden / das Teſtament GOttes ſelbſt / Jer. XXXI. 31. Siehe / es kom̃t die Zeit / ſpricht der HErꝛ / da wil ich mit dem Hauſe Jſrael und mit dem Hauſe Juda einen neuen Bund machen / nicht wie der Bund geweſen iſt / den ich mit ihren Vaͤtern machte / da ich ſie bey der Hand nahm / daß ich ſie auß Egyptenland fuͤhrete / welchen Bund ſie nicht gehalten haben / und ich ſie zwingen mußte / ſpricht der HERR: Sondern das ſoll der Bund ſeyn / den ich mit dem Hauſe Jſrael machen wil / nach dieſer Zeit / ſpricht der HERR: Jch wil mein Geſetz in ihr Hertz geben / und in ihren Sinnſchreiben / und ſie ſollen mein Volck ſeyn / und ich wil ihr GOtt ſeyn. Wann nun Gott des Hertzens gedenckt: Jch wil mein Geſetz in ihr Hertz ſchrei - ben / ſo erklaͤrts Paulus Heor. VIII, 10. Jch wil mein Geſetz in ih - ren Sinn geben / und wann der Prophet von einer Schrifft in das Hertz redet; kan er nicht von einer leiblichen Schrifft reden / ſo mit der Feder und Dinten geſchicht / auch nicht von dem leiblichen Hertzen des Menſchen. Antwort: Jn dem letſten Willen des Patriarchen Jacobs iſt ein Unterſcheid zu machen unter der Propheceyung / und unter dem Ge - bot und Wunſch / jene iſt ohne Zweiffel mit vielen verbluͤmten Worten ge - ziert und angefuͤllt / dieſe mit klaren und deutlichen Worten gefaßt / klar und deutlich ſeynd die Wort / wann er ſein Glaubens-Bekanntnuͤß abge -legt.168Die Drittelegt. Gen. XLIX, 19. HErꝛ ich warte auff dein Heyl / ſein Begraͤb - nuͤß beſtellt / . 29. Begrabet mich bey meine Vaͤter in der Hoͤle / auff dem Acker Ephron des Hethiters in der zwifachen Hoͤle / die gegen Mamre ligt / im Lande Canaan / die Abraham kauff - te / ſamt dem Acker von Ephron dem Hethiter zum Erb-Be - graͤbnuͤß. Welche diſtinction zu wiederholen bey dem Valet Moſis / confer Deut. XXXII, 46. Davids letſte Wort ſeind eine pur lautere Weiſſagung der Teſtaments-Befehl ſeinem Sohn hinterlaſſen / iſt aber - mal klar und offenbar 1. Reg. 2. wie auch die Wort Joſuæ c. XXIV, 14. 23. 27. Was endlich Jer. 31. ſey in das Hertz ſchreiben / wird alſobald . 34. erklaͤrt mit hellen und deutlichen Worten. Es wird keiner den andern / noch ein Bruder den andern lehren und ſagen: Erkenne den HErꝛn / ſondern ſie ſollen mich alle kennen beyde klein und groß / ſpricht der HErꝛ. Und Joh. VI, 45. Es ſtehet geſchrieben in den Propheten / ſie werden alle von GOtt ge - lehret ſeyn. Und eben das iſts / was wir wollen. Es ſeye in den Sacramentlichen Stifftungs-Worten kein einiger tropus, der nicht anderswo in der Schrifft erklaͤrt / da jene im Gegentheil lauter tropos laſſen / und hernach dieſelbe nach ihrem Sinn und Meynung außlegen.

Jch ſage bedencklich die Natur und Eigenſchafft des N. Teſta - ments. Als welches dem A. Teſtament entgegen geſetzt / und darin von jenem unterſcheiden / weil dort der Schatten / hie der Leib / dort iſts mit Schatten-Bildern abgemahlt / was wir im Werck und in der That em - pfangen / es iſt hie kein verdecktes Schau-Eſſen mehr / wann Chriſtus ſeinen Leib und Blut nur Fuͤrbilds weiß haͤtte wollen im H. Abendmahl handeln / ſo empfiengen wir nicht mehr als jene im Oſterlamm / und haͤt - te Chriſtus viel lieber das Oſterlamm behalten / als abgeſchafft / als wel - ches viel heller den Tod und Leiden Chriſti fuͤrgebildet.

IV. Tropi abſurditas, wie erbaͤrmlich Gegentheil mit den Worten der Einſatzung umgegangen / wie ſie die Wort verkaͤtzert und gemartert / den tropum zu erhalten / iſt bekant:

It[q]redit[q]tropus nec certum novit aſylum.

Lutherus hat in ſeiner Confeſſ. Maj. vom Abendmahl (daß die Wort Chriſti noch feſt ſtehen) ſieben interpretationes colligirt / ſeine Wort ſind dieſe (Tom. 3. Jen. Germ. pag. 343. f. 2.) Wann ſchwermen Kunſt waͤre / ich wolte hie freylich ſo fein ſchwermen als ſie / und auch halten / daß eitel Brod und Wein da waͤre / und demnach wi -der169Predigt. der ſie alle gantz ein neues auffbringen / und mit keinem ein - traͤchtig ſeyn / und meinen Duͤnckel fuͤrbringen. Alſo D. Carlſtad in dieſem heiligen Text / das iſt mein Leib / martert das Woͤrtlein (das) Zwingel martert das Woͤrtlein (iſt) Ecolampard martert das Woͤrtlein (Leib) die andern martern den gantzen Text und kehren das Woͤrtlein (das) um / und ſetzens hinden an / und ſprechen alſo (Nehmet / eſſet / mein Leib / der fuͤr euch gegeben wird / iſt das) Etliche martern den Text halb / und ſetzen das Woͤrtlein (das) ins Mittel und ſprechen: Nehmet / eſſet / was fuͤr euch gegeben wird / das iſt mein Leib. Etliche martern den Text alſo / das iſt mein Leib zu meinem Gedaͤchtnuͤß / das iſt / es ſoll hie mein Leib ſeyn nicht natuͤr - lich / ſondern nur zum Gedaͤchtnuͤß meines Leibs / daß der Text alſo laute / nehmet / eſſet / das iſt meines Leibs Gedaͤcht - nuͤß der fuͤr euch gegeben iſt. Uber dieſe alle ſeind nun die ſie - bende / welche ſagen / es ſey kein Artickel des Glaubens / dar - um man nicht ſolle daruͤber zancken / und moͤge hie wol glau - ben wer da wil / was er wil. Welche Meynungen alle fuͤglich in drey Claſſes koͤnnen gebracht werden / in claſſem Grammaticam, Rhe - toricam und Logicam, die erſte ficht das Woͤrtlein τοῦ〈…〉〈…〉 an / und verſteht dadurch das Brod allein / die andern das Woͤrtlein Jſt / welches ſo viel heiſſen ſoll / als bedeutet / Jtem das Woͤrtlein Leib / und ſoll bedeuten das Zeichen des Leibs / die dritte die gantze propoſition, da zwar alle Wort ei - gentlich verſtanden werden / aber in ipsâ attributione ſoll ein tropus lie - gen. Aber es laßt weder das Woͤrtlein das / noch iſt / noch Leib / ange - fuͤhrte tropos paſſiren / nicht das Woͤrtlein τοῦ〈…〉〈…〉, als welchem wider - ſpricht die conſtruction ἄρτος τοῦ〈…〉〈…〉, wann Paulus ſubjecti loco das Brod ſetzt / ſetzt er loco prædicati nicht den Leib / ſondern die Gemeinſchafft des Leibs; Nicht das Woͤrtlein iſt / quia non eſt pars enunciationis, Ariſtot. περὶ ἑρμ. wie dann auch in den Worten des Abendmahls beym Luca und Paulo die copula außgelaſſen / ſondern ſchlecht geſagt wird / τοῦ〈…〉〈…〉 τὸ ποτήριον καινὴ διαϑήκη. Und mag den Stich gar nicht halten die Gleichheit anderer Redens-Arten in der H. Schrifft / da das Woͤrt - lein / iſt / ſo viel heißt als bedeut / wann ſchon (ait B. Luth. Tom. 3. f. 34.) dieſer Grund / daß Eſt ſoll ſignificat heiſſen / Exempel in der Schrifft haͤtte / dennoch waͤre damit noch nicht erwieſen / daß es auch in den Worten / das iſt mein Leib / ſolte und muͤßte ſoNeunter Theil. Ygenom -170Die Drittegenommen werden / das werden ſie mir nimmermehr beweiſen / das weiß ich fuͤrwar / dann es gar viel ein anders iſt / wann ich ſage / das mag ſo heiſſen / und wann ich ſage / das muß ſo heiſ - ſen / und kan nicht anders. Auff das erſte kan ſich das Gewiſ - ſen nicht verlaſſen / auff das andere kan ſichs verlaſſen. Das prædicat auch nicht / dann ja nicht das Zeichen des Leibs / ſondern der Leib ſelbſt iſt fuͤr uns dargegeben. In totâ attributione viel weniger. Jſt eben (ſchreibt D. Mentzer. in explic. verb. Cœnæ p. 178.) als wann einer ſpraͤche / der Menſch iſt durchauß gantz geſund / aber an ſeinem gantzen Leib hat er nicht eine geſunde Ader / Gliedmaß / oder Blutstropffen.

V. Πληρ〈…〉〈…〉 φορίας neceſſitas, daruͤber unſer ſel. D. Luther nach - denckliche Wort gefuͤhrt / damit er ſich fuͤr dem Richterſtul Chriſti zu verantworten getrauet: Domine JEſu Chriſte, mota fuit controverſia, & ortum certamen, de verbis Teſtamenti tui, quidam contenderunt, verba illa aliter, quàm in propria & nativa ſententia ſonant, intelli - genda eſſe: ſed quia inter ipſos non convenit, quis tropus, & in quâ voce ſit collocandus, non potuerunt unicam & certam interpretatio - nem illorum verborum conſtantes & conſentientes oſtendere, ſed in multas, varias & diſſimiles interpretationes & opiniones diſtraxe - runt verba teſtamenti tui, non potui itaque, nec volui fidem meam in hac tam gravi controverſia committere incertis illis, variis & diſſen - tientibus interpretationum & opinionum fluctibus. E contrà verò vidi, ſi verba accipiantur, ſicut ſonant, in ſimplici, propria & nativa ſententia, tunc conſtanter reddi unicam & certam ſententiam. Ego igitur, quia ſtatui, te voluiſſe, unicam & certam eſſe teſtamenti tui ſententiam, in interpretatione acquievi, quam verba in ſimplici, propria & nativâ ſententia unicam & certam reddunt & oſtendunt. Si enim aliter voluiſſes, quam ſonant, verba illa intelligi, ſine dubio adjeciſſes claram & apertam declarationem. Sicut idem feciſti in illis locis, in quibus hallucinatio non eſt conjuncta cum tanto periculo, ſicut in verbis teſtamenti tui. Das iſt: HErꝛ JEſu Chriſte / es hat ſich ein Zanck erhoben und ein Streit erregt / uͤber den Worten deines Teſtaments / etliche haben wollen behaupten / die Wort deſſelben ſeyen anders als in ihrem eigentlichen und natuͤrlichen Verſtand anzunemmen / dieweil ſie aber unter ſichſelbſt171Predigt. ſelbſt nicht einig / was fuͤr ein tropus, und in welchem Wort er ſeye / haben ſie keine ſatte und gewiſſe Erklaͤrung mit beſtaͤn - digem und einmuͤtigem Mund zeigen koͤnnen / ſondern die Wort deines Teſtaments in viel und unterſchiedliche unglei - che Meynungen gezogen: Hab ich derowegen in einer ſo ſchweren Sach meinen Glauben jenen ungewiſſen / unterſchie - denen und widrigen Meynungen nicht koͤnnen noch wollen vertrauen. Jm gegentheil aber habe ich geſehen / wann die Wort angenommen werden / wie ſie lauten / in ihrem einfaͤl - tigen / eigentlichen und natuͤrlichen Verſtand / ſo habe man eine beſtaͤndige / ſatte / und gruͤndliche Meynung. Weil ich demnach dafuͤr gehalten / daß du eine einige und gewiſſe Meynung deines Teſtaments haben wollen / habe ich in der jenigen Außlegung beruhet / welche die Wort in ihrem ein - faͤltigen / eigentlichen und natuͤrlichen Verſtand zeigen und von ſich geben / dann wann du es anders haͤtteſt wollen ver - ſtanden haben / als die Wort lauten / haͤtteſt du ohne allen Zweiffel eine helle und offentliche Erklaͤrung hinzu gethan / gleichwie du es gethan haſt in andern Orten / da der Zweiffel mit ſolcher Gefahr nicht verbunden / als in den Worten dei - nes Teſtaments.

Philipp. Melancht. in Epiſt. ad Frideric. Myconium. Ego nullam ſatis firmam rationem in venio, propter quam ab hac ſententia diſcedamus. Fieri pot - eſt, ut alia ſententia blandiatur otioſo animo, quæ eſt magis conſentanea humano judicio, præſertim ſic inſtructa & ornata argumentis eruditè exco - gitatis, ſed quid fiet in tentatione, cum diſputabit conſcientia quam habue - rit cauſam diſſentiendi à recepta ſententia in Eccleſia: Tunc iſta verba: Hoc eſt corpus meum, fulmina erunt; quid hic opponet mens perterrefacta, quâ voce Dei ſe muniet, ac ſibi perſuadebit, neceſſariò hic fulſſe interpre - tandam metaphoram. ()

VI. Senſus literalis concinnitas, wann demnach Chriſtus ſeine Juͤnger alſo anredet / Das iſt mein Leib / der fuͤr euch gegeben wird / das iſt der Kelch des N. T. in meinem Blut / das fuͤr euch vergoſſen wird. Verſtehet er durch das Wort τοῦ〈…〉〈…〉, das / nicht ampliativè, das was zuvor Brod geweſen / gleich wie Adam geſagt: Das iſt Bein von meinem Bein / maſſen der Leib Chriſti niemalen BrodY ijgewe -172Die Drittegeweſen / gleich wie Eva ein Rippe Adams / auch nicht den Leib Chriſti allein / dann das gebe propoſitionem identicam, nicht das Brod allein / maſſen dem entgegen die conſtructio τοῦ〈…〉〈…〉 ἀοτος, ſondern das totum porrectum, alles das was Chriſtus ſeinen Juͤngern dar gereicht / den Leib Chriſti in caſu recto, und das Brod in caſu obliquo, q. d. dieſer mein Leib / ſo ich euch in / mit / und unter dieſem Brod gebe / iſt ein Opffer fuͤr euere Suͤnde. Deßgleichen / dieſes Blut / ſo in / mit und unter dieſem Kelch dargereicht wird / iſt das Blut des N. Teſt. welche Erklaͤrung ſich dann gruͤndet 1. Auff den Apoſtoliſchen Com̃entarium und Außlegung / wann der Apoſtel 1. Cor. X, 16. ſagt: Der geſegnete Kelch welchen wir ſegnen / iſt er nicht die Gemeinſchafft des Bluts Chriſti? das Brod das wir brechen / iſt das nicht die Gemeinſchafft des Leibs Chriſti? Fern ſeye es / daß der Apoſtel hier verſtehe Κοινωνίαν merè ſignificativam & metonymicam als ob der Wein nur ein gewiſſes und kraͤfftiges Zeichen der Gemeinſchafft / die wir Glaubige mit einander haben am Blut Chriſti / als an einem gemeinen Gut / das Brod ein Goͤttlich Zeichen der Gemeinſchafft / die wir Glaubige mit einander ha - ben an dem Leib Chriſti / wie es Piſcator, aber faͤlſchlich / erklaͤret / dann ja der Apoſtel nicht ſagt: Der Glaub iſt die Gemeinſchafft / ſondern der Leib iſt eine Gemeinſchafft / deren auch die unwuͤrdige theilhafftig werden / zu dem ſo haben wir ja allbereit der Tropiſterey eine gute Nacht gegeben. Sondern es iſt dieſe Gemeinſchafft Κοινωνία realis, repræſentativa, or - ganica, exhibitiva, der Wein iſt ein Goͤttliches / außerkornes Jnſtru - ment / durch deſſen Genuß wir kommen in die Gemeinſchafft des Bluts Chriſti. Das Brod ein Jnſtrument / dadurch wir kommen in die Ge - meinſchafft des Leibs Chriſti / auß welcher entſpringt Sacramentalis & realis unio & præſentia, ein Sacramentliche und wuͤrckliche Vereini - gung und Gegenwart des Leibs Chriſti mit dem Brod / und des Bluts Chriſti mit dem Wein / gleichwie wann der Apoſtel Heb. 2. ſagt: Wie die Kinder Fleiſch und Blut haben / ſo ſeye es Chriſtus gleicher maſſen theil - hafftig worden / hernach auß ſolcher Gemeinſchafft entſprungen die per - ſoͤnliche Vereinigung der Goͤttlichen und Menſchlichen Natur. Auß wel - cher Sacramentlichen Vereinbarung folget gratioſa operatio & con - tingentia quædam, daß gleich wie 1. Joh. 1. die Juͤnger ſprechen koͤnnen: Wir haben das Wort des Lebens geſehen mit unſern Augen / und unſere Haͤnde haben betaſtet vom Wort des Lebens; Alſo ruͤhren wir im H. Abendmahl auch den Leib des HErꝛn an / maſſen diePatres173Predigt. Patres alſo geredet. Gravius & terribilius eſt animæ in impuritate con - ſtitutæ corpus Chriſti temerè contingere, quàm accedere ad arietes & tauros. Baſilius; Item: O rem miram, qui ad dextram Patris ſedet, in noſtrorum peccatorum manibus verſatur. Doch aber nur Unio momentanea & tranſiens, eine augenblickliche und vergaͤngliche Verei - nigung nach dem Wort: Saccramenta extrà uſum non ſunt Sacramenta i. e. Die Sacramenta auſſer dem Gebrauch ſeind keine Sacramenta. Und das iſt der Unterſcheid unter der perſonlichen und Sacramentlichen Vereinigung / jene iſt unauffloͤßlich / dieſe augenblicklich und auffloͤßlich. Jſt deßwegen noͤthig zu wiſſen / daß die Communicanten die Hoſtien nicht bey ſich behalten / und allererſt eſſen / wann ſie ein geraume Zeit von dem Altar weg gewichen. Und auß dieſer erſt erklaͤrten Sacramentlichen Vereinigung flieſſet als ein effect die Communio myſtica cum capite, die Vereinigung mit Chriſto als dem Haupt / als um welcher willen das gantze Werck angeſehen. Davon die H. Vaͤter ſchoͤne Gedancken fuͤh - ren. Cyrill. Alex. l. 4. in Joh. c. 17. Sicut cera miſcetur ceræ & fermen - tum pani: Ita nos corpori Chriſti. Cyrill. Hieroſol. catech. 4. In S. Communione fimus non tantùm Chriſtiferi, ſed & concorporei & conſanguinei Chriſti, nicht nur aber des Leibs / ſondern wir kommen auch in die Gemeinſchafft Gottes / wir werden theilhafftig der Goͤttlichen Natur / gleich wie die Juden dem Koͤnig Ahaſveros durch die Eſther ver - wandt worden. Jn die Gemeinſchafft aber nicht nur des Sohns / ſon - dern auch des Vaters Joh. XIV, 23 Wer mich liebet / der wird mein Wort halten / und mein Vater wird ihn lieben / und wir wer - den zu ihm kommen und Wohnung bey ihm machen: Des H. Geiſtes / wir ſeind durch einen Geiſt alle zu einem Leibe ge - taufft. 1. Cor. XII, 13. darauß folget die ſelige ἰδιοπόιησις. Act. IX, 4. Matth. XXV, 31. μεταποιία ſanctitatis. 1. Cor. III, 7. So jemand den Tempel GOttes verderbet / den wird GOtt verderben / denn der Tempel GOttes iſt heilig / der ſeyd ihr. Unctionis regalis & ſacerdotalis. Apoc. I, 6. Er hat uns zu Koͤnigen und Prieſtern gemacht fuͤr GOtt und ſeinem Vater. Κοινοποιία, daß daher Paulus ſagen kan / Gal. II, 20. Jch lebe / aber doch nicht ich / ſon - dern Chriſtus lebet in mir. Sein Sieg wird unſer Sieg / wir uͤber - winden durch Chriſtum. GOtt ſey Danck / der uns den Sieg gegeben hat. 1. Cor. XV, 57. So hoͤre ich wol / moͤchte jemand ſagen / ſo werden auch die Unglaubigen theilhafftig dieſer groſſen Gnad? Antwort / aͤuſſerlich zwar / aber nicht innerlich / dann es mangelt ihnen am Mittel /Y iijdem174Die Drittedem Glauben / der da heißt αρχὴ κολλήσεως Syr. XXV, 16. Confer Eph. III, 17. Es folgt darauß ferner Κοινωνία myſtica membrorum inter ſe, die geiſtliche Vereinigung der Glieder unter einander; Ein Brod iſts / ſo ſeind wir viel ein Leib / wie auß vielen Koͤrnlein ein Meel gemahlen / ein Brod und Kuchen gebacken wird / alſo ſeind wir alle Chriſto als in einen Leib eingeleibet. Jn der Welt beſchaͤmet ſich zwar einer / ja auch wol ein Bluts-Freund des andern / ein Edelman hielt ſich zu gut / daß er eines ſtinckenden Bauren Bluts-Freund ſeyn ſolte / laßt ſich beduncken / er ſeye auß einem viel beſſern Leymen formirt / da wir doch von einem Adamiti - ſchen Gebluͤt alle her kommen. Act. 17. und haben uns der natuͤrlichen Geburt wenig zu ruͤhmen / aber durch das Sacramentliche Brod werden wir alle ein Leib und ein Kuch / wie die Jmmen an einem Koͤnig hangen / und zwar inſonderheit κοινωνία Eleemoſynaria, die mittheilende Gemein - ſchafft. Rom. 15, 26. Gal. 6, 6. σ〈…〉〈…〉 αγωνιςικὴ & collaboratoria, die mit - ſtreitende und mit-arbeitende Gemeinſchafft. 2. Cor. 8, 23. Sympathetica, die mit-leidende Gemeinſchafft. Phil. 3, 10. 1. Petr. 4, 13. Es gruͤndet ſich ferner obgedachte Außlegung II. Alluſione ad verba veteris Teſtamen - ti. Exod. 2 4, 8. ſpricht Moſes: Sehet / das iſt das Blut des Bun - des / den der HErꝛ mit euch macht uͤber allen dieſen Worten. Jenes〈…〉〈…〉 Sehet wird klar von Paulo außgelegt durch das Wort τοῦ〈…〉〈…〉 Hebr. IX, 20. τοῦ〈…〉〈…〉 τὸ αἷμα τῆς δια ϑήκης, Diß iſt das Blut des Teſtaments / das GOtt euch gebotten hat / wird derowegen durch das Wort τοῦ〈…〉〈…〉 Das gemeynet / was im Alten Teſtament durch das Wort Sehet / dieſes Sehet aber war Ecce demonſtrativum rei coram præſentis, weiſete auff das Blut ſo gegenwaͤrtig war / ohne Wort - Blum / derowegen auch hie das Wort τοῦ〈…〉〈…〉 auff das gegenwaͤrtige Blut Chriſti weiſet. III. Analogiâ ſimilium locutionum, als Gen. 32, 2. 〈…〉〈…〉Es ſind GOttes Heer. Exod. 26. Es iſt der Hebraͤiſchen Kindlein eins / diß iſt der H. Geiſt. Joh. I, 32. Nie - mand faßt auß dieſen Wortrn / wann er ſie zum erſten mal lißt / oder hoͤrt / einen andern Verſtand / als dieſen / dieſe Engliſche Heer / die in Geſtalt eines Heerlagers erſchienen / ſeind GOttes Heer / dieſer Knab / der in dieſem Kaͤſtlein ligt / iſt der Hebraͤiſchen Knaͤblein eines / dieſe Perſon / die in Taubens-Geſtalt herunter gefahren / iſt der H. Geiſt. Jch greif - fe ein Faß an / (ſagt B. Luther. ) und ſpreche / das iſt Rheiniſch Wein / das iſt Welſch / das iſt rother Wein / da ſicheſtu / wie das Woͤrtlein / Das / zeiget auff das Gefaͤſſe / und doch weildas175Predigt. das Getraͤnck und Gefaͤſſe etlicher maſſen ein Ding iſt / ſo triffts zugleich / ja fuͤrnemlich das Getraͤncke.

Auß welchem allem ſo viel folget / daß es wahr ſeye / was jenes junge vier-jaͤhrige Herꝛlein / Landgraf Moritz in Heſſen ſich vernehmen laſſen / als er einsmals einem diſcurs vom H. Abendmahl zugehoͤrt / zwiſchen ſeinem Herꝛn Vater Wilhelm und Superintendenten D. Jacob. An - dreæ, welches D. Andreæ ſelbſt ſub dato Ziegenheim den 8. Auguſti 1576. ad Elect. Auguſtum alſo beſchreibt / daß er vor dem Tiſch geſtan - den / und ſie beyde ernſtlich angeſehen / darauff Landgraff Wilhelm ihn angeredt / er ſolle ſein Bedencken auch anzeigen / deſſen er ſich zwar zum drittenmal geweigert / als aber der Herꝛ Vater angehalten / hat das junge Herꝛlein geſagt: Jch rathe / wir bleiben bey dem Buchſtaben im Wort. Auch ſolches auff den Abend uͤber Tiſch wiederholt / und als S. F. Gn. ſolches erzehlten / ſeines Herꝛn Vaters Reden corrigirt / weil S. F. Gn. ſolche Wort geaͤndert / nemlich er haͤtte geſagt / man ſolle bleiben bey dem Wort / nein / ſagte das junge Herꝛlein: Jch habe ge - ſagt / im Wort. Die〈…〉〈…〉 πίκρισις D. Jacob. Andreæ lautet alſo: Diß iſt in Warheit nicht ohngefaͤhr geſchehen / und hat ohne Zweiffel Gott zum Nachdencken diß junge Kind / wie Matth. 18. fuͤrgeſtellt / daß man bey dem einfaͤltigen Wort bleibe / und da ſolches geſchehe / die Einigkeit richtig waͤre. vid. D. Hutter. Concord. p. 357. So habe nun acht auff dich ſelbſt / und auff die Lehre / beharre in dieſen Stuͤ - cken. Cum Teſtamentum prolatum fuerit in publicum, tacent omnes, ut tabulæ aperiantur & recitentur. Judex intentus audit, Advocati ſilent, præcones ſilentium faciunt, univerſus populus ſu - ſpenſns eſt, ut legantur verba mortui non ſentientis in monumento. Ille ſine ſenſu jacet in monumento, & valent verba ipſius, Auguſt. in Pſalm. 21. Das iſt: Wann ein Teſtament offentlich fuͤr - gebracht wird / ſo ſchweiget jederman / daß der letſte Will er - oͤffnet und vorgeleſen werde / der Richter hoͤret genau zu / die Fuͤrſprech ſchweigen ſtill / die Herolden machen eine Stille / das gantze Volck wartet mit Verlangen / daß die Wort des Verſtorbenen / ſo in dem Grab weder hoͤren / ſehen noch re - denkan / moͤchten vorgeleſen werden. Jener ligt zwar in dem Grab tod / doch gelten ſeine Wort. Wie vielmehr ſoll das bey dem Teſtament Chriſti gelten / der nicht tod / noch in dem Grab / ohne Rede und Verſtand da lieget / ſondern ſitzt droben im Himmel zur rechtenHand176Die DritteHand GOttes: Demnach es billig ſacroſanctum ſeyn ſoll / auch keinen Buchſtaben darin zu aͤndern. Darum〈…〉〈…〉 πίμενε αὐτοῖς, beharre in den - ſelben / widerſtehet feſt in dem Glauben / ihr / die ihr durch GOttes Macht durch den Glauben bewahret werdet zur Se - ligkeit. 1. Petr. V, 9. c. I. . 5. ςήκετε〈…〉〈…〉 ν τῇ πίςει, Wachet / ſtehet im Glauben / ſeyd Mannlich / / und ſeyd ſtarck. Wil die Paradiß - Schlang auff gezogen kommen mit allerhand Argumenten / mit der Ana - logiâ Sacramentali, mit der Vernunfft / mit den vermeynten Contra - dictionen / ſo laßt euch nicht abwendig machen / es wird auch ins kuͤnff - tig denſelben begegnet werden / und wann ihr gleich nicht alſobald allen Argumenten begegnen koͤnnet / ſo bleibet doch feſt bey dem Buchſtaben. Ein Baur / wann man ihn gleich durch eine κυ〈…〉〈…〉 είαν und Sophiſterey be - reden wolt / er haͤtte nicht zween Fuͤſſe / und ſpreche: Ein Ganß hat zween Fuͤſſe / du biſt kein Ganß / darum haſtu nicht zween Fuͤſſe / er wirds drum nicht glauben / wiewol wir ſo bloß nicht ſtehen. Gedencket an Evam / wie es ihr gangen / an Moſe / da er vom Wort gewichen Num. XX, 8. ſeqq. in der Wuͤſten Sin / an dem Hader-Waſſer / da Moſi und Aaron befohlen worden den Fels anzureden / ſo werde er ſein Waſſer geben. Aber Mo - ſes zweiffelt / werden wir euch auch Waſſer bringen auß dieſem Fels? ſchlug derowegen zweymal an den Felſen / weil es ihm aber nicht befohlen geweßt / dorffte er um ſolches Unglaubens willen die Gemeine nicht ins Land Canaan fuͤhren. Gedencket an jenen Propheten zu Bethel. 1. Reg. 13. dieſer hatte den Befehl von Gott / er ſolte kein Brod da eſſen noch Waſſer trincken / und nicht wieder durch den Weg kommen / den er gegangen. Ein alter Prophet aber zu Bethel zog ihm nach / und da er ihn fand / ſprach er: Jch bin auch ein Prophet wie du / und ein Engel hat mit mir geredt durch des HErꝛn Wort und ge - ſagt: Fuͤhre ihn wieder mit dir heim / daß er Brod eſſe und Waſſer trincke. 1. Reg. XIII, 18. Als er aber mit ihm gezogen / und mit ihme gegeſſen und getruncken / mußte er hernach ſeine Jrten theur ge - nug bezahlen / dann er wurde umbracht von einem Loͤwen auff dem We - ge. Stellet euch im Gegentheil Abraham fuͤr Gen. 22. der hatte viel - mehr Urſach gehabt den Goͤttlichen Befehl (Nim Jſaac deinen einigen Sohn den du lieb haſt / und gehe in das Land Morija / und opffere ihn daſelbſt zu einem Brand-Opffer) figuͤrlicher und verbluͤmter weiß zu ver - ſtehen / aber er war ſtarck im Glauben / und gedachte / Gott kan ihn auch wol von den Todten auſferwecken. So wird auch Gott nicht allein ſein Teſtaments-Wort unter uns erhalten / wir werden freudig ſtehen koͤn -nen177Predigt. nen am Juͤngſten Tage / mit Luthero ſprechende: Jch bin ein Schaͤflein deiner Weyde / und habe deine Stimme angenommen / wie ſie gelautet. Darauff dann der Ertzhirt ſagen wird. Meine Schaafe hoͤren meine Stimme / und ich kenne ſie / und ſie folgen mir / und ich gebe ihnen das ewige Leben / und niemand wird ſie mir auß meiner Hand reiſſen in alle Ewigkeit / Amen.

Die Vierte Predigt / Von Der Nacht / da der HErꝛ JEſus verrathen ward / als der Zeit wann das H. Abendmahl eingeſetzet worden.

GEliebte in Chriſto. Ein zumal grauſame und ſchroͤckliche Nacht iſt geweſen nox Ægyptiaca, die jenige Metz - und Wuͤrg-Nacht / in welcher alle Erſt-Geburt in Egypten geſchlagen worden / von dem erſten Sohn Pha - rao an / der auff ſeinem Stul ſaß / biß auff den Sohn der Gefangenen / und der Magd der hinder der Muͤhlen iſt / daß wer es nur gehoͤrt / ihme die Ohren druͤber gellen moͤchten / beſchrie - ben von Moſe / Exod. XII, 29.

I. Nox terribilis, eine erſchroͤckliche Nacht. Ja freylich eine ſchroͤckliche Nacht / ein ſchroͤckliche Nacht war auch die jenige / da der En - gel des Herꝛn außgefahren / und im Aſſyriſchen Laͤger hundert und fuͤnff und achtzig tauſend Mann geſchlagen / daß da ſie ſich am morgens auff - machten / alles voll todte Leichnam gelegen. Eſa. XXXVII, 36. Erſchroͤck - lich die jenige Nacht / wann Belſazer der Babyloniſche Koͤnig / da er ſei - nen Gewaltigen und Hauptleuten / ein herꝛlich Mahl gemacht / und ſich voll mit ihnen geſoffen / einsmals geſehen herfuͤr gehen fuͤnff Finger / als einer Menſchen-Hand / die geſchrieben gegen dem Leuchter uͤber auffNeunter Theil. Zdie178Die Viertedie getuͤnchte Wand in dem Koͤniglichen Saal / daß ſich der Koͤnig dar - uͤber entfaͤrbet / ſeine Gedancken ihn erſchrecket / daß ihm die Lenden ſchut - terten und die Beine zitterten / in welcher er auch nachmalen getoͤdtet wor - den. Dan. 5. Deß gleichen die veſperæ Siculæ. Anno 1282. wann in ei -Gottfrid. Chron. p. 195. ner Nacht auff den dritten Oſter-Feyrtag oder Oſter-Dienſtag / da man an allen Orten in die veſper geleutet / die Sicilianer in groſſer furi, ex compoſito, die Frantzoſen / die unredlicher weiß der Koͤnigreich Sicilien und Neapolis bemaͤchtiget / groſſe Tyranney darin geuͤbet / uͤberfallen / bey viel tauſend nieder gehauen und ermordet / die Weiber / ſo von den Fran - tzoſen geſchaͤndet worden / mit der Frucht getoͤdt / auß den Winckeln / da - hin ſie ſich verſchloffen / herfuͤr geſucht / es doͤrffte nicht bleiben einer der an die Wand piſſet. Aber viel erſchroͤcklicher war die Egyptiſche Nacht / wann wir alle Umſtaͤnde bedencken / die Zeit / da das wuͤrgen angegan - gen / war die Mitternacht / da die Leute in der Ruhe waren im beſten Schlaff / und im geringſten ſich nichts boͤſes verſehen / die Wuͤrger das waren Malache Raym, boͤſe Engel / Pſ. LXXVIII, 49. Hamaſchchith. vaſtator ille, der Verderber / Exod. XII, 23. den Gott gleichſam loß gelaſſen / als einen boͤſen Ketten-Hund / der als der ἀνθρωποκτόνος unmit - telbar grauſam gewuͤtet / und hat da getroffen alle Erſtegeburt und ſeinen Muth recht gekuͤhlt / an Menſchen und Vieh / und zwar den Kern / das Edelſte die Erſtegeburt . 12. 29. nulla familia ſine luctu, er bewieß auch ſeine Straff an allen Goͤttern der Egypter / welches dann einen un - ſaͤglichen Schrecken gegeben. Da ſtund Pharao auff und alle ſei - ne Knechte in derſelben Nacht und alle Egypter / und war ein groß Geſchrey in Egypten / dann es war kein Hauß / da nicht ein Todter innen waͤre. Exod. XII, 30.

II. Nox judicis mirabilis, ein Wunder-Nacht. Es hatten die Egypter alle den Tod verſchuldet / wegen des Kinder-Mords den ſie an den Hebraͤiſchen Knaͤblein veruͤbt und begangen. Gott aber er - wehlt allein die Erſtgeborne / und ſonderlich des Koͤnigs erſtgebohrner Sohn.

III. Nox læta & amabilis, eine froͤliche und erwuͤnſchte Nacht / auff ſeiten des Juͤdiſchen Volcks / als welchen Gott ein ſalva quardi gegeben / wenn er das Sacrament des Oſter-Lamms geſtifftet kein Hund muckete in ihren Haͤuſern / ſie beſtrichen ihre Hauß-Schweilen mit des Oſter-Lamms Blut / da mußte der Wuͤrg-Engel fuͤruͤber hupf - fen. Jhr ſolt des Oſter-Lamms Blut nemmen / und beydePfoſten179Predigt. Pfoſten an der Thuͤr / und die oͤberſte Schwelle damit beſtrei - chen / an den Haͤuſern da ſie es innen eſſen / und das Blut ſoll euer Zeichen ſeyn an den Haͤuſern darinnen ihr ſeyd / daß / wann ich das Blut ſehe / fuͤr euch uͤbergehe / und euch die Plage nicht wiederfahre / die euch verderbe / wann ich Egyptenland ſchlage. Und nemmet ein Puͤſchel Jſopen / und dunckets in das Blut in dem Becken / und beruͤhret damit die Uber - Schwelle / und die zween Pfoſten / und gehe kein Menſch zu ſeiner Hauß-Thuͤr heraͤuß biß an den Morgen. Denn der HErꝛ wird umher gehen und die Egypter plagen / und wenn er das Blut ſehen wird an der Uber-Schwelle / und an den zween Pfoſten / wird er fuͤr der Thuͤr fuͤruͤber gehen / und den Verderber nicht in euere Haͤuſer kommen laſſen zu plagen. Exod. XII, 7. 13. 22. 23. Und alſo muckete kein Hund / beyde unter Menſch und Vieh / auff daß ihr erfahret / wie der HErꝛ Egypten und Jſrael ſcheide. Exod, XI, 7. Quemadmodum regiæ ſtatuæ, quamvis inanimatæ, confugientes ad ſe, tamen ſervare ſolent, non quia ſtatuæ, ſed quia Regem repræſentant: ſimiliter agni ſan - guis homines ſalvos facere debuit, non quia ſanguis erat, ſed quia ſanguinem Chriſti referebat. ſagt Chryſoſt. Tom. 5. in ſerm. Das iſt: Gleichwie die Koͤnigliche Ehren-Saͤule / wiewol ſie lebloß / doch alle die ſo ihre Zuflucht zu ihnen nemmen / beym Leben zu erhalten pflegen / nicht ſo fern ſie ſteinerne Saͤulen / ſondern ſo fern ſie an ſtatt des Koͤnigs da ſtehen; Gleicher geſtalt mußte das Lamms-Blut das Jſraelitiſche Volck ſchuͤtzen und vom Tod erretten / nicht ſo fern es Lamms-Blut / ſon - dern ſo fern es Chriſti Blut fuͤrbildete.

IV. Nox memorabilis, eine denckwuͤrdige Nacht / dann in derſelbigen Nacht zogen ſie auß der ſchweren Dienſtbarkeit / darinnen ſie 430. Jahr ſich haben muͤſſen ſchleppen / aͤngſten und plagen laſſen / und zwar mit groſſer Beute / der ſilbern und guldenen Geraͤthe / und Kleidern / da der gerechte Richter den Egyptern gleichſam den Heimgang gethan / und den Jſraeliten ihren Lied-Lohn zu erkant / mit Schaafen und Rindern und mit faſt vielem Viehe. Deßwegen auch der Herr das Oſter-Feſt eingeſetzet zum ewigen Gedaͤchtnuͤß. Haltet ob dem ungeſaͤuerten Brod / dann eben an demſelbigen Tag hab ich euer HeerZ ijauß180Die Vierteauß Egyptenlande gefuͤhret / darum ſolt ihr dieſen Tag hal - ten / und alle euere Nachkommen zu ewiger weiſe. Exod. XII, 17.

Jſt alles zum Fuͤrbild auff Chriſtum geſchehen / als zu vernehmen Hebr. XI, 28. Durch den Glauben hielt er (Moſes) die Oſtern und das Blutvergieſſen / auff daß der die Erſten Geburten wuͤrgete / ſie nicht treffe. Es iſt meine Liebſten / die ewige Nacht / dem Teuffel und ſeinen Engeln bereitet / die aͤuſſerſte Finſternuͤß / darin das gantze Menſchliche Geſchlecht haͤtte verderben muͤſſen. (Dann nachdem wir einmal den Glantz des Goͤttlichen Ebenbildes verſchertzet / ſeind wir zur ewigen Finſternuͤß verdamt / maſſen die Finſternuͤß des Verſtands / Finſternuͤß des Willens / das iſt / Begierde zu den Wercken der Finſternuͤß / Finſternuͤß im Hertzen / Furcht / Angſt / Schrecken / Bangigkeit fuͤr GOttes Gericht / der Vorſchmack der ewigen Finſter - nuͤß.) Nox terribilis, dann wer wil außſprechen / die aͤuſſerſte Finſter - nuͤß / da ſeyn wird Heulen und Zaͤhnklappen / die unaußſprechliche Schmertzen / Pein / Marter und Qual der Verdam̃ten / daß wer daran gedenckt / einem billig die Haut ſchauret / und alle Haar gen Berg ſtehen. Nox mirabilis, die wird verwandelt in eine Creutz-Nacht / da unſer Buͤr - ge JEſus Chriſtus die Marter und Pein auff ſich genommen / die wir haͤtten ſollen außſtehen / da der rechte primogenitus das Schooß-Kind des Himmliſchen Vaters / die erſte Krafft und Macht Gottes / der ober - ſte im Opffer und der oberſte im Reich. Confer 2. Reg. 3. in die aͤuſſerſte Schmertzen des ewigen Tods geſetzt / folgenden Tag aber am Stammen des Creutzes erwuͤrget und getoͤdtet worden. Nox amabilis & læta, eine erfreuliche Nacht dem gantzen Menſchlichen Geſchlecht acquiſitivè, darin er Heyl / Leben und ewige Seligkeit erworben. Aber den glaubi - gen und außerwehlten Kindern GOttes / welche dieſes Oſter-Lamm mit Glauben eſſen / erfreulich / wegen des Genuſſes ſelbſten / hie anfangs weiß / dort vollkom̃lich immer und ewiglich. Nox memorabilis, deren wir nimmermehr vergeſſen / Kindern und Kindes-Kindern davon ſagen ſollen / wie dann der Herr darum das H. Abendmahl eingeſetzt ad me - moriam ſui, ſeinen Tod zu verkuͤndigen. Jſt eben die jenige Nacht / in welcher der HErꝛ JEſus verrathen. Zu gleicher weiß wie man aber in Hiſtoriſcher Beſchreibung / ſonderlich in Teſtaments-Verfaſſung / pfle - get die denckwuͤrdigen Umſtaͤnd zu verfaſſen / ad reminiſcentiam juvan - dam, alſo thun auch hie die H. Evangeliſten / nennen die Zeit / und derſel -ben181Predigt. ben anhangenden Umſtand der prodition und Verrathung. Jſt eben das jenige davon wir dieſes mal zu reden und zu handeln / dann nachdem wir naͤchſt den ſtylum der H. Evangeliſten erwogen / alſo wollen wir nun erwegen den erſten Umſtand / die Zeit / wann dieſes H. Teſtament einge - ſetzet worden. Der Herr verleihe zu unſerm Vorhaben Liecht / Krafft und Beyſtand des H. Geiſtes / Amen.

GEliebte in Chriſto. Drey Umſtaͤnd haben wir allhie zu betrachten 1. Tempus, 2. Temporis progreſſionem, 3. Temporis memorabile adjunctum. I. Tempus ipſum, die Zeit an ſich belangend / das war nun eine Nacht / wir muͤſſen aber der Sach fleiſſiger nachdencken / als an deren nicht wenig gelegen / und erwe - gen das Jahr / ſo iſt nun ſolches geſchehen im Jahr der Welt 3983. im Jahr Chriſti 33. unter der Regierung des Kayſers Tiberii, der Land - Pflegerey Pilati, und dem Hohen Prieſterthum Caiphæ, den Monat / das war der Hebraͤiſche Abib, der Chaldaͤiſche Niſan, ohngefaͤhr in un - ſerm Mertzen theils / theils im Aprillen / welcher Monat ſeinen Anfang genommen in æquinoctio verno, da Tag und Nacht zur Fruͤhlings Zeit einander gleich geweßt. Den Tag / das war zu End des 14. Tags zu Abend / darauff der 15. Tag und alſo der erſte Tag der ſuͤſſen Brod nach Juͤdiſchem Gebrauch angebrochen / wie erhellet Lev. XXIII, 5. Am vier zehenden Tag des erſten Monden zwiſchen Abends / iſt des HErꝛn Paſſah / und am fuͤnffzehenden deſſelben Monden iſt das Feſt der ungeſaͤuerten Brod des HErꝛn / da ſolt ihr ſieben Tage ungeſaͤuert Brod eſſen. Zu unſerer Zeit gerechnet am gruͤnen Don - nerſtag / des Tags Zeit war inter duas veſperas, zwiſchen zween Abenden.

Variè quidem à Rabinis & aliis interpretibus circumſtantia illa temporis inter duas veſperas exponitur 1. Rabbi Nathan. R. Si - meon filius Johai. R. Salomon. R. Levi. R. D. Kimchi. R. Moſes Gerundenſis, Lyranus, Abulenſis &c. Primam veſperam dicunt eſſe declinationem ſolis à meridie verſus occaſum, ſecundum ipſum ſolis occaſum. Sed illorum ſententiam refellit Aben-Ezra cum inſo - lens ſit, totum tempus pomeridianum vocari veſperam. 2. Aben - Ezra, Oleaſter, Jacobus Faber Stapulenſis, & alii ſtatuunt, pri mam veſperam eſſe ſolis occaſum, ſecundum eſſe initium noctis ſive tene - brarum. Inter has enim intercedit crepuſculum, puta aliquid temporis, quo lumen aliquod ſolis poſt ejus occaſum in aëre adhuc apparet, per -Z iijinde182Die Vierteinde ut fit manè ante ſolis ortum. Hanc ſententiam amplectuntur Judæi hodierni, & quotquot ab hinc 400. annos ex ipſorum or - dine ſcripſerunt, unde definiunt illud tempus duarum veſpera - rum, inter ſolem horizonti occiduo inſidentem, idque vocant〈…〉〈…〉 & à noſtro hæmiſphærio abſentiam, quod ipſis dici - tur〈…〉〈…〉 una veſpera (inquit Aben-Ezra) eſt ſolis, altera Luminis, Solis veſpera eſt tempus, quo occidit Sol, & abſorbetur ſuper terram, Luminis veſpera eſt Lux, ſplendor, ſive irradiatio illa, quæ poſt occaſum ſolis in nubibus aliquandiu apparet. Sed Scaliger l. 6. de Emend. temp. p. 269. rectè monet, intervallum illud adeò angu - ſtum eſſe, ut ςιγμὴ χρόνου non abſurdè vocari poſſit. Adde, quod tempore illo agnus fuerit manducandus. Nam, ut conſtat ex Levit. 23. . 5. Num. 28. . 16. agnus immolandus erat die decima quarta ad veſperam, ſed comedendus cum azymis die decima quinta, quæ incipiebat à ſolis occaſu, quo finiebatur dies decima quarta, ut patet Exod. 12. . 6. & 8. Quod ſi ergo illud tempus comeſtioni agni Paſchalis fuit deſtinatum, quomodo in illius an - guſtiis agnus jugulari, pelle exui, exenterari, purgari, igne aſſa - ri, manducari poterit. 3. Lipomanus dicit, tempus inter duas ve - ſperas eſſe noctem, quæ inter veſperam diei præcedentis, & inter crepuſcu - lum matutinum, quod dici poteſt veſpera, diei ſequentis injecta eſt. At - qui hac ratione agnus paſchalis non veſpere diei decimæ quar - , ſed nocte pertinente ad diem decimam quintam immolatus fuiſſet, quod Scripturæ repugnat. 4. Sed commodiſſima eſt ſententia Scaligeri, Cajetani, Maſii, Schindleri, Caſauboni, &c. quod tempus inter horam nonam, quæ reſpondet noſtræ tertiæ pomeridianæ, & horam undecimam, quæ reſpondet noſtræ quintæ, interjectum dictum fuerit duarum veſperarum, ſive in - ter duas veſperas. Duplex enim eſt apud Judæos〈…〉〈…〉 à quo die initium juxta legalem computationem facere ſolent. Alterum eſt ab oblatione veſpertina, cum jam ſol declinat ad occaſum; alterum à ſolis occaſu, cum jam infrà noſtrum horizontem de - ſcendit. Intervallum oblationis & occaſus vocatur in lege〈…〉〈…〉 τῷ ἐσπέρῳ duæ veſperæ. Ita Gerhard. in harm. Evang. cap. 179. p. m. 1264.

Von 9. Uhr an biß 11. nach dem Juͤdiſchen comput, unſerer Zeit-Rech - nung nach zwiſchen Abends drey und fuͤnff Uhren / da man das Abend -Opffer183Predigt. Opffer pflegte zu opffern / eben um die Stund / als das Lamm GOttes am Creutz ſeinen Geiſt folgenden Tags auffgegeben / das war nun die Stund / davon der Herr ſo offt geſagt: Die Stund waͤre noch nicht kommen / jetzt war die Stund da / die Macht der Finſternuͤß / die traurige Stund / davor ihm ſo angſt und bang geweßt / Joh. XII, 27. Jetzt iſt meine Seele betruͤbt / und was ſoll ich ſagen? Vater hilff mir auß dieſer Stunde. Und Joh. XIII, 21. Da JEſus ſolches ge - ſagt hatte / war er betruͤbt im Geiſt. Das iſt die innere Seelen - Nacht / da die Wolcken des Goͤttlichen Zorns / und das Ungewitter ſich zuſammen gezogen / da GOttes hoͤll-brennender Zorn nachgehends uͤber ihn außgedonnert / und die Baͤche Belial ſich uͤber ihn ergoſſen. Die Suͤnde alle ins geſamt Heersweiß unter die Augen getretten / das war die Zeit / da er wußte daß er auß dieſer Welt gienge zum Vater. Joh. XIII, 1. Jetzt gehet das Gericht uͤber die Welt / nun wird der Fuͤrſt dieſer Welt außgeſtoſſen werden. Joh. XII, 31. Hie fallet gleich anfangs die Frag fuͤr / darinnen die Gelehrten nicht allerdings eins / ob Chriſtus anticipirt / und die Oſtern ehe gehalten / als die Juden / oder zugleich. Jenes wolten vor Zeiten die Griechen behaupten / vor - gebende / man muͤßte in geſaͤuertem Brod communiciren / weil Chriſtus / ehe die Tage der ſuͤſſen Brod angebrochen / Oſtern gehalten. Paulus Burgenſis haͤlt davor / die Juden haͤtten es auffgeſchoben / und einen Tag weiter hinauß verlegt. Wider die Schrifft / dann Luc. XXII, 7. ſteht klar: Es kam nun der Tag der ſuͤſſen Brod / auff welchen man mußte opffern das Oſter-Lamm. Vermuthlich iſts / es ſeye auff einen Tag geſchehen / dann ſo allererſt den Tag hernach die Juden Oſtern gehalten / oder vielmehr zween Tag hernach / als am Samſtag / ſo wuͤr - den die Juͤnger noch nicht alles bereit gefunden haben / auch Chriſtus eine ſchwere Anklag uͤber ſich ergehen laſſen muͤſſen. Sprichſtu / es ſtehet ja Joh. XVIII, 28. Die Juden giengen nicht in das Richthauß / auff daß ſie nicht unrein wuͤrden / ſondern die Oſtern eſſen moͤchten. Antwort / hie werden verſtanden die Oſter-Opffer / ſo die ſie - ben Tag uͤber nacheinander geſchlachtet worden. Act. XII, 4. bey welchen kein Unreiner erſcheinen durffte. Num. IX, 1. wie? Sprichſtu ferner / der Tag der Creutzigung Chriſti wird ja der Ruͤſt-Tag genennet. Joh. XIX, 14. Antwort / nicht der Ruͤſt-Tag auff das Oſter-Lamm / dann das dorffte man auff den Oſter-Tag ſelbſt ſchlachten und braten. Exod. XII. 16. ſon - dern auff den Oſterlichen Sabbath / ϖ〈…〉〈…〉 σά〈…〉〈…〉 ατον, Marc. XV, 42.

II. Pro -184Die Vierte

II. Progreſſio temporis von Tag zu Tag. Am vorigen Sab - bath / unſerm Sonnabend vor dem Palmtag / kam der Herr gen Be - thanien / 15. Feldwegs von Jeruſalem gelegen / wird bewuͤrthet von La - zaro und Martha / kehret ein in ein Hauß Simonis des Außſaͤtzigen / wird da geſalbet von einem Weib Maria / auß einer Stadt Ephrem ge - nant. Am folgenden Tag darauff / als unſerm Sonn - und Palm-Tag / welches war der zehende Tag / da ſonſt nach Moſaiſchem Geſetz / das Oſter-Lamm mußte erwehlt und außgeſondert werden / ſtellet ſich dieſes Laͤmmlein zu Jeruſalem ein / mit ſonderem ungewohnlichem apparat, dann als er nahe hinzu kommen / reitet er auff einem Eſelin vom Oelberg herab / weinet uͤber die Stadt / haͤlt ſeinen Koͤniglichen Einzug / trieb die Kaͤuffer und Verkaͤuffer auß dem Tempel / am Abend machte er ſich wie - der hinauß / und verbarg ſich gen Bethanien / das geſchach am Palmtag. Am folgenden Montag zog er wieder von Bethanien gen Jeruſalem / verflucht unterwegs den unfruchtbarn Feigenbaum / lehrt offentlich im Tempel / auff den Abend zog er wieder zu der Stadt hinauß. Am Dien - ſtag kom̃t er wieder in die Stadt Jeruſalem / thut allerhand Predigten / haͤlt diſputat mit ſeinen Feinden / davon Matth 21. 22. cap. Marc. 11, 12. Luc. 20, 21. zu leſen / gegen Abend wieder hinauß auff den Oelberg / ſetzt ſich gegen dem Tempel / propheceyt von Untergang der Stadt und vom Juͤngſten Gericht. Matth. 24. 25. Marc. 13. Luc. 21. kom̃t aber wieder in die Stadt / biß auff den gruͤnen Donnerſtag / wie wir dann von dem Mit - woch nichts wiſſen / der Herr ſagt: Jhr wiſſet / daß nach zweyen Tagen Oſtern wird / und des Menſchen Sohn wird uͤber - antwortet werden / daß er geereutziget werde. Matth. 26, 2. trifft alles gar artig ein / mit dem Typo des Alten Teſtaments / dann am ze - henden Tag mußte das Laͤmmlein außgeſondert werden / das geſchach am Palmtag / auff daß es den 14. Tag geſchlachtet wuͤrde.

III. Concomitantia temporis, Jn der Nacht da er verra - then war / παρεδόϑη iſt zu verſtehen de traditione Patris von der Uber - gab des Vaters / Act. 2, 23. Denſelben nachdem er auß bedachtem Rath und Verſehung GOttes ergeben war / habt ihr genom - men durch die Haͤnde der Ungerechten / und ihn angehefftet und erwuͤrget. Und Act. 4, 27. Warlich ja / ſie haben ſich ver - ſamlet uͤber dein heiliges Kind JEſum / welchen du geſalbet haſt / Herodes und Pontius Pilatus / mit den Heyden und dem Volck Jſrael / zuthun was deine Hand und dein Rathzuvor185Predigt. zuvor bedacht hat / das geſchehen ſolt. Die ſchwartze Wetter des Goͤttlichen Zorns zogen allgemach von allen Orten auff ihn zu / Gott warff aller Suͤnde auff ihn / die ihn dermaſſen quaͤlten / daß ſeine Seele betruͤbt wurde biß in den Tod / eine einige Suͤnde wider das Gewiſſen wie angſt macht ſie doch dem Menſchen! wil geſchweigen alle Suͤnden. παρεδόϑη er war uͤbergeben von ſich ſelbſt / dann er gibt ſein Leben ſelbſt in Tod / er gibt ſeinen Leib zu einer Speiß / und ſein Blut zu einem Tranck / παρεδόϑη er war uͤbergeben dem Satan / der als der hoͤlliſche Jaͤger der fruͤh-gejagten Hindin allenthalben nachgeſtellt / der hat ſeinen Spuͤr - Hund eben dazumal um 30. Silberling gedingt / die Jaͤger waren die Hohenprieſter und Schrifftgelehrten / die Hunde die Scharwacht / Pon - tius Pilatus / Herodes / da war er im Hatz und in der Jagt / derowegen da alſo Chriſtus der Eingebohrne Sohn GOttes uͤbergeben und von Juda verrathen war / da ſchon der Geding gemacht / und der Satan dem Juda ins Hertz gegeben / daß er ihn verrieth / biß er vollends durch den Biſſen / von Chriſto dargereicht / geoffenbaret / und daruͤber grimmig boͤß worden / hinauß gegangen / und ſeinen boͤſen Willen vollbracht. Da der hoͤlliſche Wolff ſeine Zaͤhne gewetzt / das Laͤmmlein GOttes zu verſchlin - gen / da der Satan Stricke und Ketten zuſammen geflochten / ihn zu bin - den / die Ruth und Geiſſeln bereitet / ihn zu geiſſeln / die Naͤgel zuſammen geleſen / das Holtz erkohren / Gall und Eſſig uͤbergeſetzt / da hat er das H. Abendmahl eingeſetzt. Nicht hat ers gethan dazumal / als er von himmliſcher Glori geleuchtet Matth. 17. Nicht auff den letſten Tag / da er mit Triumph gen Himmel gezogen / zu bezeugen / daß es eine Traur - und Troſt - und Lieb - und ſonderliche Ehren-Mahlzeit / daß es ihm nicht um ſeine Majeſtaͤt / ſondern um unſere Seligkeit zu thun geweſen / daß es eine Mahlzeit der reiſenden Wall-Bruͤder in dieſer ſtreitenden / und nicht der ſeligen Himmels-Burger in der triumphirenden Kirchen / ein Mahl fuͤr die Krancken und nicht fuͤr die Geſunden. Und das war nun die Nacht / darinnen Chriſtus das H. Abendmahl eingeſetzet hat / die von Gott beſtim̃te / fuͤrgebildete / geiſtliche Traur-Nacht / uns Menſchen aber die hoͤchſte Troſt - und Freuden-Nacht. Das war die Zeit / davon wir pflegen zu ſingen: Er ſprach zu ſeinem lieben Sohn / Die Zeit iſt hier zu erbarmen / Fahr hin meins Hertzens werthe Cron / Und ſey das Heyl dem Armen / Und hilff ihm auß der Suͤnden Noth / Erwuͤrg fuͤr ihn den bittern Tod / Und laß ihn mit dir leben. Darum: Nun freut euch liebe Chriſten ge -Neunter Theil. A amein /186Die Viertemein / Und laßt uns froͤlich ſingen / Von GOttes ſuͤſſer Wunderthat / Die er an uns gewendet hat / Gar theur hat ers erworben.

Auß welchem dann erhellet / wann und zu welcher Zeit das heilige Abendmahl zu empfangen ſeye? Wann man ſoll zu gehen / wie lang man verzeihen ſoll / und wie offt? Wo wollen wir nun den Anfang nemmen zu erzehlen die Fehler / die in dieſem Stuck vorgangen ſind und noch vor - gehen. Maſſen ſich befinden I. Superſtitioſi, die fich auß Zwang auff einen gewiſſen Tag gebunden / als vor Zeiten die Teſſeradecatitæ, Quar - tadecimani, vierzehen Taͤgler / welche den 14. Tag Martij zum Gebrauch des H. Abendmahls beſtim̃t. Paſchalitæ die ſich gebunden auff den Gruͤnen-Donnerſtag Abends. Auguſtinus in epiſt. 118. ad Januar. er - zehlt / daß zu ſeiner Zeit in vielen Africaniſchen Kirchen am Donnerſtag vor dem Oſter-Feſt zu Nacht nach dem Abendeſſen den Chriſten das Abendmahl gegeben worden / zu dem End / auff daß Chriſti Handlung deſto mehr und ſtaͤrcker præſentirt wuͤrde. Es iſt aber dieſe Gewonheit im VI. Synodo Conſtantinopolitanâ auffgehaben worden. Zwar wo der Aberglaub nicht anklebt / mag es wol ſeyn / wie es dann in unſern Evangeliſchen Kirchen auch uͤblich auff den Gruͤnen-Donnerſtag zu communiciren / und geſchicht auch mit groͤſſerer devotion. Aberglaubi - ſcher weiß aber hat Pabſt Innocentius III. ein Gewiſſens-Strick darauß gemacht / und gebotten auff Oſtern zu zugehen / und wer es unterließ der begieng eine Tod-Suͤnde. Di exelius part. 2. Roſ. p. 282. ſchreibt: Veræ in ſacram communionem devotionis eſt, apud animum ſuum decer - nere, octavo quoque die, minimum ſemel ſingulis menſibus hanc menſam accumbere. Ultrà menſem differre, animi ſemet negligen - tis & frigidi ſignum eſt. Es gehoͤrt zur rechten Andacht gegen dem H. Abendmahl / bey ſich zu beſchlie en / alle acht Tag / auffs wenigſte / alle Monat einmal zum Tiſch des Herrn zu gehen. Wer es uͤber einen Monat auffſchiebet / der bezeugt / daß er eines ſaumſeligen / und kalten ſchlaͤfferigen Gemuͤthts ſeye. II. Dilatores, die ihre Kinder (ich rede nicht von gar jungen / die ſich ſelbſt noch nicht pruͤfen koͤnnen) Soͤhne und Toͤchter nicht ehe zum Abendmahl laſſen / als biß ſie Mannba wer - den / und das ſoll ein Character ſeyn der Außfuͤhrung / daß nunmehr die Tochter feyl. III. Superſtitioſi familiarum congregatores. Daß Freundſchafften und ein gantzes Hauß mit einander communiciren iſt nicht unrecht / ſtehet wol / und iſt eine ſchoͤne Ordnung / verſtehe wann ſie alle bereit / kein Aberglaub mit unterlaufft / wann es geſchicht ohne Ver -kuͤrtzung.187Predigt. kuͤrtzung. Aber da gehts / eine Partey iſt geiſt-hungerig / der andern eckelt es / die eine hat noch eine Waſche außzuwaſchen / die andere hat ſich noch nicht verſoͤhnt. IV. Temporis definitores, die ſich an eine gewiſſe Zeit binden / die Calender-Geiſter / die ihre Nothdurfft nach dem Calender abmeſſen / und ihre Viertel-Jahr ſo eben halten / gleichwie das ſchrepffen / da doch hierinnen das Gewiſſen frey ſeyn ſoll. Und endlich die Gottlo - ſen / die ſich wol ein gantzes Jahr nicht koͤnnen dazu ſchicken. Diß ſind lauter Fehler.

Die rechte Zeit aber iſt / wann es 1. Nacht iſt / Nacht heißt hie Truͤb - ſal und Widerwertigkeit / Eſa. 21, 11. wann die auß Seir gen Duma rief - fen: Huͤter iſt die Nacht ſchier hin? Huͤter iſt die Nacht ſchier hin? Der Huͤter aberſprach / wann der Morgenſchon kom̃t / ſo wird es doch Nacht ſeyn. Wann die innere Seelen-Nacht an - gehet / davon Joh. 9, 4. Jch muß wuͤrcken die Wercke des der mich geſandt hat / ſo lang es Tag iſt / es kom̃t die Nacht / da nie - mands wuͤrcken kan / wann ſich das Antlitz GOttes verbirgt / wann die Sonne der Gnaden beginnt zu weichen / wann die Nacht-Traͤume boͤſer Gedancken und Einbildungen und Reitzungen ſich erzeigen / wann die Nacht-Schrecken des boͤſen Gewiſſens ſich mercken laſſen / wann die Nacht-Beſtien auß ihren Hoͤlen herfuͤr kriechen / der Satan mit ſeinen Anfechtungen / Pſ. 104. 20. Summa wann die Zeit der Anfechtung vorhanden / wann wir uns abgemattet in der Schlacht / wie Abraham wider Kedor Laomor Gen. 14. Wann wir in das geiſtliche Schweiß - Bad muͤſſen / wann Creutz und Truͤbſal als eine Fluth einreißt / wann die Suͤnden auff den Schau-Platz des Gewiſſens tretten / und als ein Heer ſich unter Augen ſtellen. Wann der Menſch nicht weiß / wo er auß noch ein ſoll / ſonderlich wann Gott ſein Gaſt-Recht haͤlt Pſ. 102, 10. Aſchen fuͤr Brod / Thraͤnen fuͤr Tranck /