Jch will diejenigen, die mein Buch des Durchſehens wuͤr - digen wollen, einige Augen - blikke an der Schwelle deßel - ben aufhalten, und Jhnen die Gelegenheit erzehlen, die mich angetrie - ben hat, dieſes Buch zu entwerfen, die Ab - ſicht des Buchs, und alsdenn die Art des Vortrages beſchreiben.
Das Verlangen die allgemeine Erkennt - niß den Menſchen nutzbar zu machen, und die durch die Erziehung mir eingepfropfte Begierde die Natur zu unterſuchen, und den Grund ihrer Wuͤrkungen alſo zu erfor - ſchen, wie es billig geſchehen muß, wenn die Kunſt als eine Nachahmerin der Na - tur ſoll gebildet werden; dieſe haben es ver -X 2ur -Vorrede. urſachet, daß ich ſolche Umſtaͤnde geſuchet, bey welchen die allgemeine Erkenntniß auf die Werke der Natur und der Kunſt nicht nur in Gedanken, ſondern in der That, nicht nur mit abgeriſſenen, ſondern mit zuſam - menhangenden Verſuchen von mir koͤnnte angewendet werden. Jch habe dieſe Um - ſtaͤnde gefunden. Jch habe ſeit vielen Jah - ren meine muͤßige Stunden dieſer Beſchaͤf - tigung mit Vergnuͤgen gewidmet. Jch ha - be keinen Aufwand, ſo viel es mir moͤglich geweſen iſt, geſchonet. Und ich habe meine Abſicht, welche ich dieſer Beſchaͤftigung ge - ſetzet, ob zwar noch nicht vollkommen, doch zum Theil nach Wunſch erreichet.
Dieß hat mir verſchiedene Mittel gege - ben, in meinen Fuͤrleſungen, in welchen ich die Sitten-Lehre und Politik erklaͤre, da wo es die Sache erlaubet, einige Anwen - dungen ſowohl auf die Land - als auch auf die Stadt-Wirthſchaft zu machen. Meine Zuhoͤrer haben den Nutzen dieſer Anwen - dungen gemerket, und die Begierde ſolche immer mehr und mehr zu hoͤren, iſt bey Jhnen dadurch merklich verſtaͤrket worden, da ich Jhnen Gelegenheit verſchaffet, die oͤkonomiſchen Tage-Buͤcher nuͤzlich zu leſen.
Endlich erweckte dieß in Jhnen ein Verlangen, die Grund-Geſetze der Stadt - und Land-Wirthſchaft in einem Zuſammen -hangeVorrede. hange zu hoͤren, und die Anwendungen die - ſer Geſetze in der Erfahrung zu betrachten. Dieß Verlangen wurde mir eroͤfnet, und ich ließ mich bewegen, Jhnen in einer beſon - dern Stunde die Stadt - und Land-Wirth - ſchaft ſo viel es mir moͤglich war, in einem Zuſammenhange zu erklaͤren, und die Jh - nen erklaͤrten Lehren mit der Erfahrung zu unterſtuͤtzen.
Zuerſt erwehlte ich dieſe Abſicht auszu - fuͤhren, des Herrn Dithmars Einleitung in die oͤkonomiſche Policey - und Came - ral-Wiſſenſchaften. Das Buch iſt ſchoͤn, aber von meiner Abſicht zu weit entfernet. Es beſchreibet die Sachen, welche bey allen Stuͤkken dieſer Beſchaͤftigungen vorkommen, es erklaͤret aber nicht die Art, wie ſie aus - zufuͤhren, und zu verbeſſern ſind.
Dieſem folgte die fuͤrtrefliche Schrift, welche die Aufſchrift fuͤhret: Klugheit zu leben und zu herrſchen. Mehr als einmal habe ich uͤber dieſes Werk mit Nutzen gele - ſen, und ich zweifle, ob es einer mit Aufmerk - ſamkeit leſen kann, ohne brauchbarer zu wer - den. Es fehlet nichts, als eine naͤhere Er - klaͤrung der Gruͤnde, aus welchen die Be - ſchaͤftigungen der Stadt - und Land-Wirth - ſchaft zu beurtheilen.
X 3DesVorrede.Des Freyherrn von Schroͤders Fuͤrſtl. Schatz - und Rent-Cammer, wie auch des Herrn von Seckendorfs Fuͤrſten-Staat ſind auch zu verſchiedenen malen von mir zum Grunde meiner academiſchen Fuͤrle - ſungen mit Nutzen geleget worden, bis ich endlich auf verſchiedenes und oft wieder - hohltes Zureden meiner Zuhoͤrer und meines Verlegers den Schluß gefaſſet, meine ei - gene Gedanken von der Stadt - und Land - Wirthſchaft, wie auch von dem Policey - und Cammer-Weſen in einem natuͤrlichen Zuſammenhange, ſo viel als es mir moͤglich geweſen iſt, zu entwerfen.
Dieß iſt die Gelegenheit, die mich an - getrieben hat, dieſes Buch zu verfertigen. Sie iſt zugleich eine Anleitung deſſen Abſicht einzuſehen. Die Anzahl der wirthſchaftli - chen Beſchaͤftigungen ſowohl in der Land - als auch in der Stadt-Wirthſchaft iſt bey nahe unendlich groß. Daher koͤnnte ich mich mit der Menge dieſer Dinge entſchul - digen, daß ich nicht alle beſchrieben, und ſie aus ihren Gruͤnden erklaͤret. Allein ich habe andere Urſachen, weswegen ich nur einige und die Gruͤnde von dieſen in ihren natuͤrlichen Zuſammenhange abgebildet. Zuerſt ſtehen ſehr viele Wirthſchafts-Be - ſchaͤftigungen unter einen gemeinſchaftlichen Begrif, der doch nicht zu weit von derAus -Vorrede. Ausuͤbung entfernet iſt. Wenn dieſer deutlich und vollſtaͤndig iſt erklaͤret, und wenn die Mittel aus ihren natuͤrlichen Gruͤnden ſind gefolgert worden, durch welche die Dinge von dieſer Art ihr Daſeyn erhalten koͤnnen, ſo hat man Gruͤnde genug alles zu uͤberſehen, was bey den Dingen von dieſer Art zu merken iſt. Fuͤrs andere, ſehr viele Wuͤrkungen der Wirthſchaft ſind nur darum von andern unterſchieden, weil man einerley Regeln auf verſchiedene Gegenſtaͤnde angewendet. Will man nun einen andern geſchickt ma - chen, ſolche Wuͤrkungen der Wirthſchaft zu beurtheilen, ſo iſt nur noͤthig, daß man ihm jene Regeln erklaͤret, allgemeine Lehren bil - det, aus welchen er die Beſchaffenheit der Gegenſtaͤnde erkennen kann, die Art der Anwendung beſchreibet, und alsdenn das, was in jedem Falle erfolgen muß, genau be - ſtimmet. Fuͤrs dritte. Die Wiſſenſchaft von der Wirthſchaft muß von der wuͤrkli - chen Wirthſchaft unterſchieden werden. Die, welche die wuͤrkliche Wirthſchaft trei - ben ſind vielmal ungeſchickt eine Wiſſenſchaft von der Wirthſchaft zu faſſen, ſie machen das, was ihnen iſt gewieſen worden, und der Grund ihrer Unternehmung iſt dieſer: es iſt mir ſo gewieſen worden. Die, wel - che Wirthſchaften regieren ſollen, muͤſſen nothwendig eine Wiſſenſchaft von derX 4Wirth -Vorrede. Wirthſchaft haben. Das iſt, ſie muͤſſen Einmal die wirthſchaftlichen Beſchaͤftigun - gen, und die Dinge, welche zur Wirhſchaft gebraucht werden, aus ihren Begriffen und aus ihren wahren Quellen in einem beſtaͤn - digen Zuſammenhange uͤberſehen koͤnnen. Sie muͤſſen fuͤrs andere aus der wahren Beſchaffenheit der Sache diejenigen Hand - Griffe entdekken koͤnnen, welche die wirth - ſchaftlichen Beſchaͤftigungen erleichtern und vollkommener machen.
Dieß vorausgeſetzet, ſo iſt es leicht zu begreiffen, daß ich wider meine Abſicht wer - de gehandelt, und etwas uͤberfluͤßiges wuͤr - de unternommen haben, wenn ich alle beſon - dere wirthſchaftliche Beſchaͤftigungen haͤtte beſchreiben wollen. Jch habe nur eine phi - loſophiſche Anleitung zur Wirthſchaft ver - ſprochen, und die Auswikkelung des Be - griffes von dieſem zwinget mich in dem Zu - ſammenhange der Wahrheiten zu verweilen, der uns geſchickt genug macht alle wirth - ſchaftliche Beſchaͤftigungen im vorkommen - den Falle aus ihren wahren Gruͤnden zu beurtheilen, und von dem, was in der Wirthſchaft vorkommt, deutliche und ſo viel es uns moͤglich iſt, vollſtaͤndige Be - griffe zu machen. Vielleicht iſt mein Buch alſo ausgearbeitet worden, wie es dieſe Ab - ſicht erfodert. Die Wiſſenſchaft von derWirth -Vorrede. Wirthſchaft ſoll uns geſchickt machen eine regelmaͤßige Wirthſchaft da moͤglich zu ma - chen, wo ſie bisher unmoͤglich geweſen iſt, und die wirthſchaftlichen Beſchaͤftigungen zum Nutzen der menſchlichen Geſellſchaft zu len - ken. Wenn wir mit dieſem verbinden ein - mal, daß die Weisheit ihre Abſicht in der Befoͤrderung der Wohlfarth der Menſchen ſetzet. Fuͤrs andere, daß ein großer Theil von der Wohlfarth des Staats in einer re - gelmaͤßigen Wirthſchaft gegruͤndet ſey; ſo giebt uns dieß Bewegungs-Gruͤnde, die Wiſſenſchaft von der Wirthſchaft auf den Staat anzuwenden, und zwar fuͤrs erſte, aus der Beſchaffenheit des Staats diejeni - gen Mittel zu folgern, wodurch die Gruͤn - dung einer regelmaͤßigen Wirthſchaft in ihr moͤglich wird. Fuͤrs andere, diejenigen Mittel zu beſchreiben, wodurch eine regel - maͤßige Wirthſchaft vermoͤgend wird den Flor des Staats zu befoͤrdern. Dieß iſt eine kurze Abbildung von der Abſicht mei - nes Buchs. Das erſte Stuͤck dieſer Ab - ſicht ſoll der erſte und andere Theil, das andere Stuͤck ſoll der dritte Theil, und das dritte Stuͤck ſoll der vierte Theil wuͤrken.
Die Art des Vortrages iſt, wenn ich meiner Arbeit nicht zu viel traue, alſo ab - gefaſſet worden, wie es die Erreichung die - ſer Abſicht erfodert. Die Quelle, aus wel -X 5cherVorrede. cher ich die beſondern Begriffe geſchoͤpfet, iſt die Erfahrung. Daher kann ich es auch mit Recht fodern, daß man dieſe nicht nach den Begriffen, welche andere gebildet, ſon - dern nach der Erfahrung beurtheilen ſoll. Dieß, was uns die Erfahrung lehret, habe ich mit allgemeinen Wahrheiten verbunden, theils einen Zuſammenhang zu bilden, theils Regeln feſt zu ſetzen, deren Beobachtung uns zur Erreichung der Abſicht, die wir uns geſetzet haben, gewiß fuͤhret. Dennoch habe ich alle mir moͤgliche Behutſamkeit angewendet die Sache alſo vorzutragen, daß ſie auch von denen koͤnne verſtanden werden, die zwar Faͤhigkeit genug beſitzen die Wahrheiten in dem natuͤrlichen Zuſam - menhange aus ihren Begriffen durchzu - denken, doch aber keine Gelegenheit gehabt haben, dieß in der That zu bewerkſtelligen.
Dieß iſt zur Vorrede genug. Was fehlt, das wird der Vorbericht erſetzen. Jena, den 7. May 1756.
Es giebt Leute, die es nicht dul -Drey Vor - urtheile. den koͤnnen, daß die Came - ralwiſſenſchaften oder die Haushaltungskunſt, wenn die - ſe in dem allgemeinen Ver - ſtande genommen wird, in ei - ne ſo richtige Verfaſſung gebracht werden, in welcher die Weiſen ihre Gedanken vortragen, und mit einan - der verknuͤpfen. Sie meinen entweder, es habe ei - ne ſolche Verfaſſung keinen wuͤrklichen Nutzen, man muͤſſe dieſe Dinge durch die Uebung oder von denen lernen, die hierinnen von ihren Voreltern handwerks - maͤßig ſind unterwieſen worden: oder es ſey eine ſol - che Abhandlung der Haushaltungskunſt und der Ca - meralwiſſenſchaften unmoͤglich, weil ſich in dieſen Din - gen unendlich viele Umſtaͤnde einmiſchen, die wir nichtA 2vor -4Vorbereitungvorher ſehen, und aus den Begriffen beurtheilen koͤn - nen: oder es entgehe den Gelehrten etwas an ihrer Wuͤrde, wenn ſie ſich um ſolche Dinge bekuͤmmern ſollten, mit welchen ſich Buͤrger und Bauer beſchaͤf - tigen.
Dieſe Leute wuͤrden vielleicht beſcheidener urtheilen, wenn ſie mehr auf die Beſchaffenheit der Sache ſaͤhen, und ihre Gedanken weniger in den Vorurtheilen gruͤn - deten, die ſie einmal gefaßt, aber noch niemahl be - wieſen haben. Wir wollen es verſuchen, ob wir ihre Gedanken veraͤndern, und dieſe mit den unſrigen gleich - ſtimmig machen koͤnnen. Wir wollen jedes Vorur - theil beſonders entkraͤften. Alle Werke, welche die Menſchen zum Nutzen der menſchlichen Geſell - ſchaft wuͤrken, werden alsdenn wo nicht voll - kommen, doch gewiß weniger unvollkommen, wenn ſie von denen angeordnet und regieret wer - den, die von dieſen Werken eine Wiſſenſchaft und philoſophiſche Erkenntniß haben. Es wird uns nicht ſchwer fallen, dieſe Lehre ſo wohl aus der Vernunft als auch aus der Erfahrung zu beweiſen. Die Vernunft bildet dieſen Schluß: eine Sache iſt alsdenn vollkommen, wenn ſie ihrer Natur und ihrem Begriffe gemaͤß iſt eingerichtet worden. Soll dem - nach ein Werk nicht durch ein blindes Ohngefehr voll - kommen werden, ſo muß deſſen Verfertigung von dem regieret werden, der geſchickt genug iſt, die Natur und den Begriff dieſes Werkes genau zu unterſuchen, und aus dieſer Erkenntniß dasjenige deutlich zu ſchluͤſ - ſen, was die Vollkommenheit und Unvollkommenheit des Werkes beſtimmet. Dieß iſt der Begriff von einer Wiſſenſchaft und einer philoſophiſchen Erkenntniß. Jſt dieß nicht genug mit einer Ueberzeugung dieſen Satz zu bilden: Eine Wiſſenſchaft und philoſophi -ſche5zu den Cameralwiſſenſchaften. ſche Erkenntniß der Cameralwiſſenſchaft, oder der Haus - haltungskunſt, wenn dieſe in dem allgemeinen Ver - ſtande genommen wird, iſt nicht nur noͤthig, ſondern auch nuͤtzlich?
Die Erfahrung iſt dieſer Lehre nicht zuwider, ſieund aus der Erfahrung zernichtet. wird vielmehr von der Erfahrung unterſtuͤtzet und be - veſtiget. Man antworte uns nur auf dieſe Frage: Haben nicht alle Theile der Gelahrheit hievon einen merklichen Nutzen, wenn man die Natur der Dinge, die ſie abhandeln, genau unterſuchet, aus dieſer ihre Eigenſchaften deutlich ſchluͤſſet, das beſondere, was bey einem jeden Stuͤcke die Erfahrung lehret, ſamm - let, dieß mit jenem verbindet, und aus dieſem die be - ſondern Lehren ſchluͤſſet, die unſere Erkenntniß und Handlungen, wenn wir uns mit einem ſolchen Theile der Gelahrheit beſchaͤftigen wollen, regieren koͤnnen? Was haben nicht die Gebaͤude und die Kuͤnſte denen zu danken, die uns die Baukunſt, und die Lehre von den Maſchinen in einer wiſſenſchaftlichen und philoſo - phiſchen Verfaſſung dargeſtellet haben? Haben dieje - nigen den Gewerken geſchadet, die ſich bemuͤhet haben, die Kunſt, die Werke der Natur zu zerlegen, wiſſen - ſchaftlich und philoſophiſch abzuhandeln? Dieß ſind Dinge, die einem jeden, der die Begebenheiten in der Welt nicht obenhin betrachtet, vor Augen liegen. Wer kann nun einen Grund erſinnen, der uns noͤthi - get, daß wir bey den Cameralwiſſenſchaften von die - ſer allgemeinen Regel eine Ausnahme machen.
Anmerk. Diejenigen, welche mehr geneigt ſind, ſich durch das Anſehen beruͤmter Maͤnner als durch Gruͤnde bewegen zu laſſen, will ich jezo nur verwei - ſen auf die vortrefliche Streitſchrift, die der Herr von Rohr im Jahr 1712. de excolendo ſtudio oeco -A 3nomico6Vorbereitungnomico tam principum quam priuatorum, verfertiget hat, wie auch auf das Project der Oecono - mie in Form einer Wiſſenſchaft, nebſt einem unmaßgeblichen Bedenken, wie dieſe Wiſſen - ſchaft beydes in Theorie und Praxi mit meh - rerm Fleiß und Nutzen getrieben werden koͤn - ne, entworfen von Anaſtaſio Sincero, Frankfurth und Leipzig 1616.
Andere, die uns dieß verwilligen, daß eine wiſſen - ſchaftliche und philoſophiſche Abhandlung der Haus - haltungskunſt oder der Cameralwiſſenſchaften noͤthig und nuͤtzlich ſey, fallen auf dieſes Vorurtheil, es ſey eine ſolche Abhandlung unmoͤglich. Sie unterſtuͤtzen ihre Gedanken mit dieſem Grunde, weil ſich in dieſen Dingen unendlich viel Umſtaͤnde einmiſchen, die wir nicht vorher ſehen und aus den Begriffen beurtheilen koͤnnen. Vielleicht wollen ſie dieß noch hiedurch glaubwuͤrdiger machen, weil von vielen, die einen Verſuch gemacht haben, eine ſolche Wiſſenſchaft zu entwerffen, dergleichen Dinge ſind vorgetragen worden, die theils mit der Erfahrung nicht zuſammen ſtimmen, theils auch in der Anwendung nicht brauchbar ſind. Wir wollen antworten: Wir muͤſſen in dieſem Vortrage die Gruͤnde von dem daraus gezogenen Schluſſe unter - ſcheiden. Die angegebenen Gruͤnde ſind nicht voͤllig zu verwerfen. Einmahl iſt es wahr, und ich kann es aus meiner eigenen Erfahrung beweiſen, daß ſich in der Anwendung der oͤconomiſchen Wiſſenſchaft un - endlich viele Umſtaͤnde zeigen, die wir nicht vorher ha - ben einſehen koͤnnen, und die es erfodern, daß wir das einmahl gemachte Project wo nicht voͤllig, doch in ge - wiſſen Beſtimmungen veraͤndern muͤſſen. Jch zaͤhle unter dieſe Umſtaͤnde, die verſchiedenen Gemuͤthsver - faſſungen und Faͤhigkeiten der Menſchen, durch welchewir7zu den Cameralwiſſenſchaften. wir unſer Project ausfuͤhren muͤſſen: Die verſchiede - nen Arten der Erde, die theils durch ihre innere Be - ſchaffenheit, theils durch ihre Lage beſtimmt werden: die verſchiedenen Zufaͤlle, welche durch die Veraͤnde - rung des Wetters gewuͤrket werden, und ſo weiter. *Fuͤrs andere iſt auch dieß gegruͤndet, daß in verſchie - denen Schriften, in welchen ihre Verfaſſer die Haus - haltungskunſt wiſſenſchaftlich haben vortragen wollen, ſolche Dinge enthalten ſind, die theils der Erfah - rung widerſprechen, theils aber, ob ſie zwar moͤg - lich, doch nicht brauchbar ſind, weil ſie mehr eine Be - luſtigung als einen Vortheil wuͤrken, oder auch zu vie - le zufaͤllige Begebenheiten erfordern, von welchen ein gluͤcklicher Erfolg des Verſuchs abhaͤnget. **Ob wir nun zwar dieſe angenommenen Gruͤnde nicht voͤllig ver - werffen koͤnnen, ſo ſind ſie doch zu ſchwach, mich von dem zu uͤberzeigen, was hieraus iſt geſchloſſen worden, daß nemlich eine wiſſenſchaftliche Abhandlung der Haus - haltungskunſt und der Cameralwiſſenſchaften unmoͤg - lich ſey.
Folgende Urſachen noͤthigen mich, die Richtigkeitund die Un - richtigkeit der Folge bewieſen. der gemachten Folge zu laͤugnen. Einmahl wer pfle - get, wenn er verſtaͤndig handeln will, die Moͤglichkeit und Unmoͤglichkeit einer Sache nach den Fehlern zu beurtheilen, die in dem Vortrage der Sache mit ein - geſchlichen ſind. Fuͤrs andere, Fehler, die Verſtaͤn - dige begehen, verdienen jederzeit eine beſondere Auf -A 4merk -8Vorbereitungmerkſamkeit. Sie koͤnnen uns einen Weg zeigen, das Verborgene zu erkennen, und das, was allen bekannt iſt, nuͤtzlicher und brauchbarer zu machen. Wer iſt es aber, der aus den Fehlern der Verſtaͤndigen einen ſo vorzuͤglichen Nutzen ſchoͤpfen kann, der nicht von einer ſolchen Sache, bey der ſie geirret haben, eine Wiſſenſchaft beſitzet. Hieraus iſt es klar, daß dieſe Fehler die Unmoͤglichkeit derjenigen Wiſſenſchaft, von der wir hier reden, nicht beweiſen. Sie koͤnnen viel - mehr dieſe Wiſſenſchaft erweitern und vollkommener ma - chen. Fuͤrs dritte, wer in der Haushaltungskunſt keine Wiſſenſchaft beſitzet, der muß es bey dem alten Herkommen bewenden laſſen, und es wird ihm ſchwer bey unvermutheten und veraͤnderten Umſtaͤnden einen ihm zutraͤglichen Rath zufaſſen. Gehet es gut, ſo hat er es dem Gluͤkke zu danken, gehet es nicht gut, ſo muß dieß von dem Ungluͤkke abhaͤngen, da er vielmehr den Grund von dieſem ſehr oft in ſeiner Dummheit ſuchen ſolte. Wer in dieſer Sache eine philoſophiſche Erkenntniß hat, der weiß es, wie dieſe unvermutheten Umſtaͤnde zu uͤberlegen ſind, wie man ſie mit der Na - tur der Sache vergleichen, und hierdurch die allge - meinen Lehren genauer beſtimmen, und alſo nuͤtzlicher machen koͤnne. Was beweiſet nun dieſer Zufluß der beſondern Umſtaͤnde? Daß eine philoſophiſche Wiſſen - ſchaft der Haushaltungskunſt unmoͤglich ſey? Er be - veſtiget vielmehr das Gegentheil, und die Nothwen - digkeit einer ſolchen Wiſſenſchaft. Dieß kann daher geſchloſſen werden, daß eine philoſophiſche Wiſſenſchaft der Haushaltungskunſt ohne Erfahrung nicht genug - ſam koͤnne beſtimmet und brauchbar gemacht werden. Dieſe Folge verwillige ich. Und ich werde dieſe in der Abhandlung mit der Erfahrung beſtaͤtigen.
Endlich muß ich noch mit denen reden, welche dieDas dritte Vorurtheil wird geho - ben, Wuͤrde der Gelehrten zu retten, die wiſſenſchaftlichen Abhandlungen der Haushaltungskunſt verwerffen. Es ſcheint, als wenn in dem Koͤrper dieſer Maͤnner zwar eine ſehr groſe Seele, aber ein ſehr kleiner Geiſt wohnet. Sie nennen ſich Gelehrte, und wiſſen nicht was die Gelehrſamkeit iſt. Sie haben es vielleicht vergeſſen, daß das die wahre Gelehrſamkeit ſey, die ſich bey den Menſchen und in der menſchlichen Geſellſchaft nuͤzlich beweiſet, und daß die Hoͤhe der Gelehrſamkeit von der Groͤße dieſes Nutzens abhaͤnget. Jch will meine Gedanken uͤber dieſen Punkt kurz faſſen. Ein Philo - ſoph bildet ſich allgemeine Begriffe, er ſchluͤſſet aus dieſen die Eigenſchafften der Dinge, und er bildet daher eine ſolche Verknuͤpffung der Wahrheiten, die das Weſentliche von allen Stuͤkken darſtellen, die in den be - ſondern Theilen der Gelahrheit abgehandelt werden. Ein Philoſoph wird alsdenn brauchbar, wenn er ſeine allgemeine Erkenntniß durch die Geſchichte und Erfah - rung genauer beſtimmt, und dieß iſt der natuͤrliche Weg die beſondern Wiſſenſchaften zu bilden. Er beſtimmet ſeine Begriffe von dem, was recht und unrecht iſt, durch die Sitten der Voͤlker und durch die Entſchlieſſungen der Regenten, und er wird ein Juriſte. Der Philoſoph beſtimmt ſeine Erkenntniß von den Kraͤften der Dinge durch dieß, woraus der menſchliche Leib zuſammen geſetzet iſt, und was ihm die Erfahrung von dieſem lehret, und er wird ein Artzt. Der Philoſoph beſtimmet ſeine Erkenntniß von der Natur und den Wuͤrkungen der Dinge durch dieß, was ihm die Erfahrung bey denen Beſchaͤftigungen lehret, die ſowohl auf die Staats - als auch auf die Privathaushaltung gehen, und er wird ein Wirth. Warum ſoll nun durch dieß der Wuͤrde des Gelehrten mehr entgehen als durch jenes. Oder iſt vie - leicht derjenige dem Staat weniger nuͤzlich, der eineA 5Wiſ -10VorbereitungWiſſenſchaft baut, den Reichthum des Staats und der Jnwohner zu erhalten und zu erweitern, als derjenige, der ſich geſchickt macht, die Geſundheit der Menſchen zu erhalten, und dasjenige zu beſtimmen, was in den Strei - tigkeiten der Menſchen recht und unrecht iſt. Die aͤu - ſerliche Wohlfart der Menſchen beziehet ſich auf drey Stuͤkke, auf den Reichthum, auf den Genuß der Rechte, und auf die Geſundheit. Ein jeder der bemuͤhet iſt, ſeine Philoſophie alſo zu beſtimmen, daß ſie in der Be - foͤrderung einer von dieſen Abſichten nuͤtzlich werde, der bemuͤhet ſich die Wohlfart der menſchlichen Geſellſchafft zu befoͤrdern. Jſt es nicht ein klarer Beweiß von un - deutlichen und in Vorurtheilen gegruͤndeten Begriffen, wenn man eins von dieſen Stuͤkken als ſo etwas anſiehet, das der Wuͤrde eines Gelehrten zuwider iſt. Dieß iſt der Wuͤrde eines Gelehrten zuwider, wenn man aus undeutlichen Begriffen redet, und aus Vorurtheilen ſchluͤſſet.
Doch vielleicht habe ich die Gedanken dieſer Maͤn - ner wider ihren Sinn erklaͤret. Vielleicht wollen ſie uns nur dieß zu verſtehen geben, die wirthſchaftlichen Beſchaͤftigungen, Pfluͤgen, Miſtfahren, Brauen, Bakken und dergleichen ſchickten ſich vor keinen Gelehrten. Jſt dieß ihre Meinung, ſo habe ich eine unrichtige Er - klaͤrung gemacht, wozu ſie mir die Gelegenheit gegeben haben. Wer verſtehet aber dieſe wirthſchaftlichen Handthierungen, wenn man von einer philoſophiſchen Wiſſenſchaft der Haushaltungskunſt redet?
So weit von einigen, und zwar von den wichtigſten Vorurtheilen, welche ſehr oft die Gelehrten zuruͤck halten, ſich um diejenige Wiſſenſchaft zu bekuͤmmen, die wirjetzo11zu den Cameralwiſſenſchaften. jetzo, ſo weit als es uns moͤglich, und unſerer Abſicht ge - maͤß iſt, abhandeln wollen. Wir wollen zu dieſem Ende einmahl eine deutliche Beſchreibung von der Cameralwiſſenſchaft bilden. Und weil in einem Sy - ſtem alle Sachen und Saͤtze unter ſich eine Verbindung und eine Ordnung, die aus der Natur der Dinge ſelbſten folget, haben muͤſſen, weil ſie alle zu ei - nen gemeinſchaftlichen Zweck fuͤhren, ſo wollen wir fuͤrs andere aus dem von der Cameralwiſſenſchaft gebilde - ten Begriffe alle Haupttheile dieſer Wiſſenſchaft und die Gruͤnde folgern, welche die Ordnung beſtimmen, in welcher die Warheiten eines jeden Theils abzuhan - deln, und mit einander zu verbinden ſind.
Wir wollen uns von der Cameralwiſſenſchaft einenEs muß eine Quelle der jaͤrlichen Einkuͤnfte geſuchet wer - den. richtigen Begriff bilden. Es ſcheint uns, als wenn wir dieß alsdenn vollkommen werden bewerkſtelligen koͤnnen, wenn wir zuvor einige Redensarten werden deutlich er - klaͤret, und einige allgemeine Lehren werden bewieſen haben. Wir wollen dieſe Stuͤkke, als Gruͤnde einer richtigen Erklaͤrung von der Cameralwiſſenſchaft zuvor veſtſetzen. Der Hauptſatz iſt dieſer: Wer ſich auf jaͤrliche Einkuͤnfte gewiſſe Rechnung machen will, der muß ſich um die Quelle bekuͤmmern, aus welcher jene flieſſen koͤnnen. Jch unterſtuͤtze dieſen Satz mit folgendem Schluſſe. Unſere jaͤrlichen Ein - kuͤnfte flieſſen entweder aus einer einmahl veſtgeſetzten Quelle, oder ſie hangen von dem Erfolg des Gluͤkkes ab, deſſen Regierung nicht allemahl in unſerer Gewalt ſtehet. Da es nun fuͤr ſich klar iſt, daß wir uns in dem letzten Falle auf die jaͤrlichen Einkuͤnfte keine gewiſſe Rech - nung machen koͤnnen; ſo erfodert es die Klugheit, daß wir uns um eine Quelle bekuͤmmern, die unſere jaͤrlichen Einkuͤnfte zu wuͤrken, ſtark genug iſt.
An -12VorbereitungAnmerk. Wir reden hier von der Gewißheit in einem ſo allgemeinen Verſtande, in welchem die - ſes Wort in der Sitten - und Klugheitslehre ge - braucht wird. Wo es nicht allemahl eine voͤllige Ge - wißheit, ſondern oft einen ſehr hohen Grad der War - ſcheinlichkeit anzeiget.
Dieſe Quelle der jaͤrlichen Einkuͤnfte iſt entweder die Geſchicklichkeit mit der Anwendung unſerer Kraͤfte et - was zu verdienen: oder ſie iſt ein bereits erworbenes Gut, welches vermoͤgend iſt, uns jaͤrlich einen Nutzen zu wuͤrken. Dieſe wird insbeſondere die Quelle der jaͤrlichen Einkuͤnfte, der Fond, das Capital genen - net.
Jch weiß es nicht, ob ich die erſte Quelle der andern, oder ob ich die andere Quelle der erſten vorziehen ſoll. Oder ob beyde in Anſehung der jaͤrlichen Einkuͤnfte gleichguͤltig ſind. Cajus hat ein Capital von 10000. Thalern, und dieß bringet ihm jaͤrlich einen Nutzen von 500. Thalern. Titius kann mit ſeiner Geſchicklichkeit jaͤrlich 500. Thaler verdienen. Es hat demnach der eine ein ſo groſes Einkommen als der andere. Dieß giebt verſchiedenen Gruͤnde zu glauben, es waͤren beyde Quellen in Anſehung der jaͤrlichen Einkuͤnfte gleichguͤl - tig. Andere erheben den Vorzug der erſten Quelle, und die Gruͤnde mit welchen ſie dieſen Gedanken bekraͤfti - gen, verdienen einige Aufmerkſamkeit. Sie bilden dieſen Schluß: Ein Capital iſt verſchiedenen widrigen Schickſaalen ausgeſetzet. Bald werden wir darum be - trogen. Bald wird es durch das Feuer, Waſſer und an - dere Ungluͤcksfaͤlle zernichtet. Da im Gegentheile un - ſere Geſchicklichkeiten wider dieſe Anfaͤlle ſicher ſtehen. Wiederum andere geben in dieſem Stuͤkke dem Capitaleinen13zu den Cameralwiſſenſchafteneinen Vorzug. Sie ſchluͤſſen: Durch unſere Ge - ſchlicklichkeiten koͤnnen wir nichts verdienen, wenn wir krank ſind, und daß ſich unſere Geſchicklichkeiten in dem Erwerb des zeitlichen Vermoͤgens wuͤrkſam beweiſen, dieſes gruͤndet ſich mehrentheils in den Meinungen der Menſchen. Dieſe zu erwecken ſtehet nicht allemahl in unſerer Gewalt. Ein Capital im Gegentheil kann ſich wuͤrkſam beweiſen, wir moͤgen krank oder geſund ſeyn. Die Menſchen moͤgen dieſe oder jene Meinung faſſen.
Viele, die dieſe Gruͤnde in Erwegung ziehen, werdenBeweiß, daß das Capital vorzuziehen ſey. dieſen Ausſpruch geben: es ſey am ſicherſten, wenn wir uns um beyde Quellen bekuͤmmern. Jch finde kein Bedenken zu glauben, daß dieſe einen allgemeinen Bey - fall erhalten werden. Es bleibet aber dennoch dieſe Frage uͤbrig: wenn beyde Quellen gegen einander ge - halten werden, welche iſt von dieſen die ſicherſte? Jch werde genoͤthiget in Anſehung der jaͤrlichen Einkuͤnfte das Capital der erſten Quelle vorzuziehen. Jch gruͤnde dieſes Urtheil in folgendem Schluſſe: Je mehrere Zu - faͤlle moͤglich ſind, welche die Quelle unſerer jaͤrlichen Einkuͤnfte verſtopffen und zernichten koͤnnen, je leichter dieſe Zufaͤlle koͤnnen wuͤrklich werden, und je weniger es in unſerer Gewalt ſtehet, die Wuͤrklichwer - dung ſolcher Zufaͤlle zu verhindern; deſto weni - ger koͤnnen wir auf unſere jaͤrlichen Einkuͤnfte Rech - nung machen. Wenn wir unſere jaͤrlichen Einkuͤnfte durch unſere Geſchicklichkeit erwerben wollen, ſo ſind mehrere Zufaͤlle moͤglich, die dieſe Quelle verſtopffen und zernichten koͤnnen, dieſe Zufaͤlle koͤnnen leichter wuͤrklich werden, und es ſtehet weniger in unſerer Gewalt die Wuͤrklichwerdung ſolcher Zufaͤlle zu verhindern, als wenn wir ein Capital beſitzen, das unſere jaͤrlichen Ein - kuͤnfte wuͤrken ſoll. Wir koͤnnen demnach bey einemCa -14VorbereitungCapital auf unſere jaͤrlichen Einkuͤnfte ſichere Rechnung machen, als wenn wir dieſe mit unſerer Geſchicklichkeit erwerben ſollen.
Es ſcheinet noͤthig zu ſeyn, daß wir den Unterſatz in dem von uns gebildetem Schluſſe beveſtigen. Man wird uns dieſen ſehr leicht verwilligen, wenn man diejenigen Zufaͤlle, welche die erſte Quelle verſtopffen und zernichten koͤnnen, mit denen Zufaͤllen vergleichet, die der andern Quelle gefaͤhrlich ſind. Die erſten Zufaͤlle ſind der Mangel der Geſundheit, der durch unendlich viele Begebenheiten kann gewuͤrket werden, die verſchie - denen Leidenſchaften der Menſchen, die durch unend - lich viele Veraͤnderungen uns bald in dieſer bald in jener Beſchaͤftigung hinderlich ſind. Die faſt unzaͤhl - baren Veraͤnderungen ſowohl in dem innerlichen als auch in dem aͤuſerlichen Zuſtande des Orts, in dem wir wohnen. Die andern Zufaͤlle ſind die Betruͤgereien, und Schickſaale, welche von dem Lauffe der Natur abhangen. Die Betruͤgereien koͤnnen wir durch eine genugſame Behutſamkeit wo nicht voͤllig verhindern doch ſchwaͤchen. Die widrigen Zufaͤlle, welche von dem Lauffe der Natur abhangen, ſind nicht beſtaͤndig. Und die Erfahrung lehret es, daß wir uns wider dieſe ſehr oft ſchuͤtzen koͤnnen, und daß uns dieſe, wenn ſie uns von der einen Seiten ſchaͤdlich ſind, ſehr oft von der andern Seite nuͤtzlich werden. Koͤnnen wir uns auch bey den Zufaͤllen der erſten Art dieſes Vortheils ruͤhmen? Dieß ſcheint genug zu ſeyn, den von mir angegebenen Satz zu beveſtigen.
Anmerk. Wir nehmen das Wort Capital nicht in dem engern Verſtande, in welchem es das bereits erworbene Geld bedeutet, was wir andern borgen, um einen Nutzen davon zu gewinnen. Sondernwir15zu den Cameralwiſſenſchaften. wir nehmen es in dem allgemeinem Verſtande, da es uͤberhaupt dasjenige erworbenes Vermoͤgen anzeigt, was wir als fortdaurend annehmen, daß es ſich jaͤrlich zu unſern Nutzen wuͤrkſam beweiſen ſoll. Dieſer Gebrauch des Worts iſt bey allen gewoͤhnlich, die von der Haushaltungskunſt geſchrieben, und die ich geleſen habe. Hat man bey dieſem Gebrauch des Wortes einiges Bedenken, ſo nenne man es den Fond. Jch werde einem jeden in dieſem Stuͤkke die Freyheit laſſen.
Wir wollen dieß, was wir bis hieher uͤberhaupt ab -Die Einkuͤnf - te des Fuͤr - ſten ſind ent - weder eigen - thuͤmliche oder fuͤrſtli - che. gehandelt haben, auf die jaͤrlichen Einkuͤnfte eines Fuͤrſten anwenden. Es iſt aus dem Rechte der Natur bekannt, daß man den Fuͤrſten, in wie ferne er ein Mitglied der buͤrgerlichen Geſellſchaft iſt, von dem Fuͤrſten unterſchei - den muͤſſen, in wie weit er ein Fuͤrſt iſt. Jn der letzten Betrachtung beziehet ſich der Fuͤrſt allemahl auf den Staat, und auf ſeine Unterthanen. Dieß giebt uns einen Grund die jaͤrlichen Einkuͤnfte des Fuͤrſten in die eigenthuͤmlichen und fuͤrſtlichen Einkuͤnfte einzu - theilen. Jene hat er als ein Mitglied der Geſellſchaft. Dieſe aber als ein Fuͤrſt. Jene koͤnnen den Begriff von einem reichen Manne: Dieſe aber den Begriff von einem reichen Fuͤrſten bilden.
Das Capital oder der Fond von den fuͤrſtlichenDer Fond von dieſen wird beſtim - met. Einkuͤnften iſt der Reichthum des Staats und der Unterthanen. (§. 10. 14.)
Wer bemuͤhet iſt die jaͤrlichen Einkuͤnfte zu vermeh -Wenn die Vermehꝛung der Einkuͤnf - te unver - nuͤnftig. ren, der greift entweder das Capital an, oder er iſt be -muͤhet16Vorbereitungmuͤhet das Capital zu vergroͤſſern, und fruchtbarer zu machen. Ein Mittel, das entweder der Erlangung des Endzwecks zuwider laͤuft, oder doch wenigſtens dieß verurſachet, daß die Wuͤrklichkeit des Endzwecks von keiner Dauer iſt, das iſt unvernuͤnftig. Dieß beweiſet der Begrif von der Vernunft. Dieß iſt genug dieſen Satz zu bilden, daß die Vermehrung der jaͤrlichen Ein - kuͤnfte alsdenn unvernuͤnftig ſey, wenn dieſe dadurch ſoll bewerkſtelliget werden, daß man das Capital an - greift.
Es iſt demnach noͤthig, daß wir uns bemuͤhen das Capital zu vergroͤſſern, oder das bereits erworbene Capi - tal ſruchtbarer zu machen; wenn unſer Vorſchlag von der Vermehrung der jaͤrlichen Einkuͤnfte vernuͤnftig ſeyn ſoll. (§. 16.)
Wer den Reichthum der Unterthanen ſchaͤtzet, der beſtimmet entweder die Groͤße des bereits erworbenen Capitals, oder die Staͤrke von den jaͤrlichen Einkuͤnf - ten der Unterthanen. Soll demnach das Capital von den fuͤrſtlichen Einkuͤnften der Reichthum der Unter - thanen ſeyn, ſo nimmt man dieſe entweder von dem Ca - pital, das ſich die Unterthanen bereits erworben haben, oder von den jaͤrlichen Einkuͤnften der Unterthanen. Erwehlet man den erſten Weg, ſo muß man bey einer jeden Einnahme der fuͤrſtlichen Einkuͤnfte das Capital der Unterthanen angreiffen. Dieß iſt unvernuͤnftig (§. 16.). Will man demnach der Vernunft folgen, ſo muß man in dieſem Fall annehmen, daß das Capital oder der Fond von den fuͤrſtlichen Einkuͤnften das jaͤrliche Einkommen der Unterthanen ſey.
Man kann es uns, wenn man dieſe Gruͤnde genaueinmal in Anſehung der fuͤrſtli - chen Ein - kuͤnſte. uͤberleget, unmoͤglich verargen, daß wir dieſe allgemei - ne Regel bilden: Wer die Vermehrung der fuͤrſtlichen Einkuͤnfte beſorgen ſoll, deſſen erſte Sorge muß ſich mit dieſem beſchaͤftigen, wie die jaͤrlichen Einkuͤnfte der Unterthanen koͤn - nen vermehret werden.
Anm. Cajus hat ein Capital von 3000 Thlr. Dieß traͤgt ihm jaͤrlich 150 Thlr. Dieſer Nu - zen iſt zu ſchwach, ſeine Wirthſchaft zu beſorgen. Er muß ſein Einkommen auf 100 Thlr. vermeh - ren. Er greift ſein Capital an. Dieſes wird jaͤrlich ſchwaͤcher. Man ziehe die Rechnung. Es wird der Schluß: Er iſt in wenigen Jahren voͤl - lig fertig. Man ſetze in die Stelle des Cajus den Fuͤrſten, und in die Stelle des Capitals das Ca - pital der Unterthanen, ſo iſt dieſes Beyſpiel ge - ſchickt, unſere Lehre auch ſinnlich zu beveſtigen.
Die Vermehrung der jaͤrlichen Einkuͤnfte der Un -Dieß giebt einen Be - grif von ei - nem reichen Fuͤrſten. terthanen iſt theils dadurch moͤglich, wenn ihr Ca - pital vermehret und fruchtbarer gemacht wird, theils dadurch, wenn ihre Kraͤfte geſchickter gemacht wer - den, zeitliches Vermoͤgen zu erwerben (§. 10.); Dieß iſt genug zu beweiſen, daß ein Fuͤrſt alsdenn ein reicher Fuͤrſt ſey, wenn er reiche und geſchickte Unterthanen hat. (§. 19. 14.) Auch dieß iſt ver - moͤgend, den uns richtig ſcheinenden Satz zu beſtaͤ - tigen, den wir bereits §. 14. angemerket haben, daß man den Begrif von einem reichen Manne und den Begrif von einem reichen Fuͤrſten nicht verwirren muͤſſe.
BAnm. 18VorbereitungAnm. Das Recht der Natur lehret uns, die haͤußliche Geſellſchaft von der buͤrgerlichen Geſell - ſchaft genau zu unterſcheiden. Wer dem nachden - ket, was wir daſelbſt von dieſem Unterſchiede ab - gehandelt haben, dem wird es nicht ſchwer fallen, dieſe Lehre, die wir jetzo vorgetragen haben, noch mehr zu beveſtigen, und in dieſer Verknuͤpfung nuͤtzliche auch wichtige Folgen zu machen. Es er - hellet hieraus zugleich, daß der Ausſpruch des Koͤniges Alphonſus klug und vernuͤnftig geweſen ſey, daß die groͤſte Sorge und das vornehmſte Amt eines Regenten darinnen beſtehen muͤſſe, die Unterthanen reich zu machen, zumal wenn ſolche reicher gemacht werden, ihre Regenten unmoͤglich arm ſeyn koͤnnen. Siehe der Regimentsper - ſonen Luſtbuch von Reden und Thaten Al - phonſi Regis.
Das Wort Camera hat in den mittlern Zeiten denjenigen Ort angezeiget, wo man die fuͤrſtlichen Einkuͤnſte verwahret hat. Daher iſt es geſchehen, daß man durch das Cameralweſen diejenigen Anord - nungen verſtanden hat, welche die Wirthſchaft ei - nes Fuͤrſten beſtimmen. Eine regelmaͤßige Wirth - ſchaft gehet auf drey Hauptpunkte. Auf die Erhal - tung, auf die Vermehrung, und auf die Verwal - tung der jaͤrlichen Einkuͤnfte. Dieß iſt genug, ein - zuſehen, warum man durch die Cameralwiſſen - ſchaft diejenige Wiſſenſchaft verſtehet, welche uns den vernuͤnftigen Weg zeiget, wie die jaͤrlichen Ein - kuͤnfte eines Fuͤrſten zu erhalten, zu vermehren und zu verwalten. Vielleicht giebt es einige, die es nicht vertragen koͤnnen, daß wir in der Erklaͤrung der Ca - meralwiſſenſchaft die beſondern Abſichten getrennet, und dieſe nicht in einem allgemeinen Ausdrukke zu -ſammen19zu den Cameralwiſſenſchaftenſammen gefaſſet haben. Wir wollen auch dieſen Genuͤge leiſten, und aus dieſer Urſache die Erklaͤrung von der Cameralwiſſenſchaft kuͤrzer faſſen, daß ſie nemlich eine Wiſſenſchaft von der vernuͤnftigen Wirthſchaft eines Fuͤrſten.
Ein Cameraliſt iſt derjenige, der die Cameralwiſ -und der Ca - meraliſt wird erklaͤ - ret. ſenſchaft verſtehet. Dieß iſt genug, zu beweiſen, daß nur derjenige mit Recht ein Cameraliſt koͤnne genennet werden, der eine Fertigkeit hat, folgende Aufgaben aufzuloͤſen.
Wir wollen einen jeden Punkt genauer zergliedern,Dieſer muß die Quelle von den jaͤr - lichen Ein - kuͤnften des Fuͤrſten er - finden, damit wir uns einen deutlichen Begrif von den ver - ſchiedenen Abhandlungen der Cameralwiſſenſchaft bil - den koͤnnen. Ein Cameraliſt ſoll es verſtehen, wie eine gegruͤndete Quelle von den jaͤrlichen Einkuͤnften eines Fuͤrſten zu erhalten ſey. Wir haben es bereits §. 15. bewieſen, daß die gegruͤndete Quelle von den jaͤrlichen Einkuͤnften eines Fuͤrſten der Reichthum des Staats und der Unterthanen ſey. Hieraus fol - get es, daß ein Cameraliſt in Anſehung des erſten Punkts einmal Mittel entdecken muͤſſe, die vermoͤ - gend ſind, den Reichthum des Staats und der Un -B 2tertha -20Vorbereitungterthanen zu wuͤrken, und fuͤrs andere verſtehen muͤſſe, die jaͤrlichen Einkuͤnfte der Unterthanen in gewiſſe Claſſen zu bringen, und deren Groͤſſe, ſo weit es moͤglich iſt, genau zu beſtimmen.
Die andere Aufgabe, die von einem Cameraliſten ſoll aufgeloͤſet werden, iſt dieſe: Wie koͤnnen die jaͤr - lichen Einkuͤnfte eines Fuͤrſten vernuͤnftig vermehret werden. Wir fordern demnach von einem wahrhaf - tigen Cameraliſten, daß er uns vernuͤnftige Mittel entdecke, welche die jaͤrlichen Einkuͤnfte der Untertha - nen vermehren, (§. 19.) folglich die Unterthanen rei - cher und geſchickter machen koͤnnen. (§. 20.)
Unſere jaͤrlichen Einkuͤnfte ſind entweder unmit - telbare Wuͤrkungen der Natur, oder der Erfolg von dieſen gruͤndet ſich in unſern Beſchaͤftigungen, die ei - ne gewiſſe Geſchicklichkeit zum Grunde ſetzen, die wir uns durch unſere Bemuͤhungen erworben haben. Dieſe Beſchaͤftigungen ſetzen entweder die Natur in den Stand, daß ſie dasjenige wuͤrken kan, was durch ihr moͤglich iſt; oder ſie verfertigen aus dem, was die Natur hervor gebracht hat, andere Dinge, die dem menſchlichen Geſchlechte nuͤtzlich ſind. Dieß voraus geſetzt, ſo iſt es klar, daß ein wahrer Came - raliſt in Anſehung des andern Punkts verſtehen muͤſſe
Anm. Man wird es, ohne daß wir es insbe - ſondere anmerken, begreifen, daß wir hier von dem Nutzen der Menſchen nicht in einem moraliſchen, ſondern in einem politiſchen Verſtande reden, nach welchem alles dem menſchlichen Geſchlechte nuͤtzlich iſt, was deſſen Erhaltung, das Vergnuͤgen und die Befoͤrderung des Wohlſtandes wuͤrken kann. Die Wiſſenſchaft, mit der wir uns jetzo beſchaͤfti - gen, erfordert es, daß wir eine ſolche Bedeutung mit dieſem Worte verbinden.
Dieß, was wir bis hieher von den EigenſchaftenWas ein Landverder - ber. eines wahren Cameraliſten abgehandelt haben, giebt uns zugleich diejenigen Zeichen zu erkennen, die einen Cameraliſten von einem Landverderber unterſchei - den. Es giebt Leute, die zwar bemuͤhet ſind, die jaͤrlichen Einkuͤnfte eines Fuͤrſten zu vermehren, die aber entweder durch Bosheit oder durch Einfalt zu - ruͤck gehalten werden, denjenigen Weg zu gehen, den die Weisheit in dieſem Stuͤkke vorſchreibet. Sie ſind bemuͤhet, die jaͤrlichen Einkuͤnfte des Fuͤrſten zu vermehren, ohne gewiſſe Mittel veſt zu ſetzen, welche die jaͤrlichen Einkuͤnfte der Unterthanen erwei - tern koͤnnen. Sie glauben, ihrem Amte vollkom - men Genuͤge zu thun, wenn ſie nur Titel erfinden, die jaͤrlichen Abgaben der Unterthanen zu erhoͤhen. u. ſ. f. Laſt uns ſehen, was daraus fuͤr ſchaͤdliche und dem Wohl des Staats nachtheili - ge Folgen erwachſen. Dieſe Leute vermehren die jaͤrlichen Einkuͤnfte des Fuͤrſten dadurch, daß ſie das Capital ſchwaͤchen (§. 18.). Dieſe VermehrungB 3iſt22Vorbereitungiſt von keiner Dauer. Die Unterthanen und der Staat muͤſſen endlich verarmen. Wie ſtehet es nun mit den fuͤrſtlichen Einkuͤnften? (§. 20.) Dieß iſt genug zu beweiſen, daß dieſe Leute den Namen ei - nes Cameraliſten nicht verdienen, (§. 24.) Sie ſind die Peſt im Staat, und aus dieſer Urfache werden ſie Landverderber genennet.
Doch wir wollen uns mit dieſer Mißgeburth der menſchlichen Geſellſchaft nicht weiter beſchaͤftigen. Wir wollen den Cameraliſten von derjenigen Seite betrachten, da er uns von der Vernunft geſchildert wird. Aus dieſer Urſache muͤſſen wir uns bey dem andern Punkte noch etwas verweilen. Er ſoll es verſtehen, wie die jaͤrlichen Einkuͤnfte eines Fuͤrſten vernuͤnftig koͤnnen vermehret werden, (§. 22.) das iſt, wie die Vermehrung der jaͤrlichen Einkuͤnfte der Unterthanen moͤglich ſey. (§. 24). Dieſe Erkenntniß erfordert zwey Stuͤkke. Einmahl eine allgemeine Erkenntniß von der Moͤglichkeit in der Vermehrung der jaͤrlichen Einkuͤnfte uͤberhaupt. Fuͤrs andere eine Geſchicklichkeit, dieſe allgemeine Erkenntniß auf den beſondern Fall anzuwenden, da die Unterthanen eines Staats ihre jaͤrlichen Einkuͤnfte erweitern ſol - len. Die Eigenſchaften eines wahren Cameraliſten in Anſehung des erſten Punkts ſind bereits in dem §. 25. abgebildet worden. Es iſt demnach nur noch der andere Punkt uͤbrig. Und wir muͤſſen diejenigen Eigenſchaften beſtimmen, die aus dieſem folgen.
Jch nehme es als eine bekannte Sache an, daß wir dieſes nicht nur muͤſſen wuͤrken koͤnnen, ſondern auch wuͤrken wollen, was von uns ſoll gewuͤrket wer - den. Die Unterthanen eines Staats ſellen ihre jaͤr -lichen23zu den Cameralwiſſenſchaften. lichen Einkuͤnfte vermehren. Sie muͤſſen demnach in den Stand geſezt werden, daß dieß durch ſie nicht nur moͤglich iſt; ſondern daß auch ihr Wille gegen dieſe Beſchaͤftigung gelenket werde. Dieß erfordert eine Erwekkung der Begierde zur Arbeit. Jenes erfordert einmahl eine Erkenntniß von der moͤgli - chen Vermehrung der Einkuͤnfte: Fuͤrs andere ei - nen Beſitz derjenigen Mittel, durch welche man ſeine Erkenntniß geſchickt anwenden kann: Fuͤrs dritte eine Zerſtoͤrung derjenigen Umſtaͤnde, die uns bey der Ausfuͤhrung dieſer Abſicht Hinderniße ſezen koͤn - nen. Hieraus folget es, daß ein Cameraliſt in An - ſehung der andern Aufgabe ferner verſtehen muͤſſe, wie der Staat einzurichten ſey, wenn er
Die Urſache, warum ſich ein Cameraliſt um die -und wenn aus dieſen die Einkuͤnf - te des Fuͤr - ſten zu he - ben und zu vermehren. ſe Punkte bekuͤmmert, iſt, die jaͤrlichen Einkuͤnfte ei - nes Fuͤrſten zu vermehren. (§. 21.) Dieß iſt die vorzuͤgliche Beſchaͤftigung, durch welche er ſich ins - beſondere von einem andern wiſſenſchaftlichem Wirthe unterſcheidet. Aber auch dieſe beſondere Beſchaͤfti -B 4gung24Vorbereitunggung erfodert mehr als eine Regel, die er beobach - ten muß. Es folget unmittelbar, daß er verſtehen muͤſſe
So weit von der andern Aufgabe. Die dritte Aufgabe, um deren Aufloͤſung ein Cameraliſt ſich zu bekuͤmmern hat, iſt dieſe: Wie iſt eine vernuͤnf - tige Anwendung der jaͤrlichen Einkuͤnfte eines Fuͤr - ſten moͤglich? (§. 22.) Wer eine vernuͤnftige Wirth - ſchaft fuͤhret, der bringet ſeine Einnahmen und ſeine Ausgaben in verſchiedene Claſſen. Er unterſcheidet die nothwendigen Ausgaben von denen, die nicht ſo ſehr nothwendig ſind. Er vergleichet die Ausgabe mit der Einnahme, und beſtimmet einer jeden Claſſe der Ausgaben eine beſondere Claſſe der Einnahmen. (§. 464. der Sittenlehre). Dieß iſt genug, zu be - weiſen, daß ein Cameraliſt in Anſehung der dritten Aufgabe verſtehen muͤſſe:
Dieß voraus geſezet, wird es uns nicht ſchwer fal -Die verſchie - dene Theile der Cameral - wiſſenſchaft. Der Erſte Theil. len, diejenigen Theile zu beſtimmen, die wir alsdenn erklaͤren und abhandeln muͤſſen, wenn wir eine voll - ſtaͤndige Einleitung in die Cameralwiſſenſchaft liefern wollen. Wir muͤſſen einmahl die Wuͤrkungen der Natur unterſuchen, und wie dieſe koͤnne geſchickt ge - macht werden, dasjenige in einer Vollkommenheit hervorzubringen, was durch ihr moͤglich iſt. Dieß iſt der erſte Theil der Cameralwiſſenſchaft, welchen man die Landwirthſchaft (Oeconomia ruſtica) nennet.
Anm. Viele, die von der Oeconomie handeln, betrachten dieſe in einem ſittlichem Verſtande, in - dem ſie uns in einem Zuſammenhange dieje - nigen Regeln darſtellen, nach welchen eine ver - nuͤnftige Wirthſchaft muß eingerichtet werden, und wir haben von dieſer einen kurzen Entwurf in der philoſophiſchen Sittenlehre gebildet. Der Cameraliſt ſetzet dieſe Abhandlung voraus, und er gehet weiter. Er unterſuchet, wie dieſe allge - meine Regeln auf die Werke der Natur koͤnnen angewendet werden. Aus dieſer Urſache beſchaͤfti - get er ſich mit der Oeconomie in dem phyſikali - ſchem Verſtande, doch nicht wie der Bauer, ſon - dern wie ein Philoſoph. Er macht ſich einen Be - grif von den Wuͤrkungen der Natur: von den na - tuͤrlichen Urſachen dieſer Wuͤrkungen: von der Vollkommenheit in den Werken der Natur, undB 5von26Vorbereitungvon den Mitteln, dieſe Urſachen geſchickt zu ma - chen, die Wuͤrkungen vollkommen zu liefern. Aus dieſen Begriffen ſchluͤſſet er allgemeine Lehr - ſaͤtze, die in dem vorkommendem Falle ihm zur Regel dienen, und hierdurch wird er ein philoſo - phiſcher Land-Wirth, der vermoͤgend iſt, die Land - wirthſchaft in einem Lande zu regieren, und dieſe zum Nutzen des Staats vollkommener zu machen.
Die Natur, wenn wir dieſe von derjenigen Seite betrachten, mit welcher wir uns jetzo beſchaͤftigen muͤſ - ſen, zeiget ihre Wuͤrkungen theils bey der Viehzucht, theils bey dem Ackerbau. Wir nehmen dieſen in der allgemeinen Bedeutung, nach welcher er ſich auf alles beziehet, was in und auf dem Erdboden waͤchſt. Es iſt dieſe Bedeutung beynahe in allen Schriften an - genommen worden, die von der Landwirthſchaft han - deln. Aus dieſem iſt es klar, daß wir den erſten Theil der Cameralwiſſenſchaft, das iſt, die Land - wirthſchaft in drey beſondere Theile zerlegen muͤſſen.
Der Cameraliſt muß ſich fuͤrs andere bemuͤhen, diejenigen Dinge zu beſchreiben, welche die Kunſt aus den Werken der Natur verfertigen kan. Er bildet aus dieſem, ſo viel es ihm moͤglich iſt, eine Wiſſen -ſchaft27zu den Cameralwiſſenſchaften. ſchaft, und dieſe iſt der andere Theil der Cameral - wiſſenſchaft, welchen man die Stadtwirthſchaft (Oe - conomia vrbana) nennet.
Anm. Das Alterthum giebt uns Gruͤnde ge - nug, dieſe Bedeutungen der Worte zu rechtferti - gen, wenn wir diejenigen Beſchaͤftigungen unter - ſuchen, durch welche es die Doͤrfer von den Staͤd - ten, den Bauer von dem Buͤrger unterſchieden hat, und wenn wir die Begriffe zerlegen, welche die Rechtsgelarheit von den ſeruitutibus ruſticis und vrbanis bildet.
Die Kunſt verfertiget aus den Werken der Na -Deſſen Ab - theilung. tur verſchiedene Dinge zum Nutzen der menſchlichen Geſellſchaft. Bald ſcheidet ſie die inneren Theile, aus welchen die Natur ihre Werke zuſammen geſezet hat Z. B. bey dem Bier brauen, Brandwein brennen, Staͤrke machen, und ſo ferner. Bald macht ſie die Werke der Natur geſchickt, dieſe regelmaͤßig zu ver - binden, und alsdenn bringet ſie Werke hervor, wel - che die ſich ſelbſt gelaſſene Natur unmoͤglich wuͤrken kann. Jenes giebt uns einen Begrif von den Ge - werken, und dieſes einen Begrif von den Manu - facturen und Fabriquen. Dieß iſt die Urſache, war - um wir dieſen andern Theil der Cameralwiſſenſchaft wiederum in zwey beſondere Theile zerlegen:
Der Cameraliſt muß fuͤrs dritte aus deutlichenDer dritte Theil. Begriffen lehren, wie der Staat einzurichten ſey,wenn28Vorbereitungwenn deſſen Unterthanen in dem Stande ſeyn ſollen, ihre jaͤrlichen Einkuͤnfte zu erhalten und vernuͤnftig zu vermehren. Dieß giebt uns den dritten Theil der Cameralwiſſenſchaft, welcher die Policeiwiſſen - ſchaft genennet wird.
Anm. Die Griechen verſtehen durch das Wort πολιτέια diejenigen Geſetze eines Staats, worauf deſſen Schoͤnheit und Wohlſeyn beruhet. Der Staat iſt alsdenn ſchoͤn, und deſſen Wohlſeyn iſt beveſtiget, wenn deſſen Unterthanen in einer bluͤ - henden Nahrung ſtehen. Dieß iſt genug, die Urſache zu entdekken, warum man den dritten Theil der Cameralwiſſenſchaft dieſen vorzuͤglichen Namen gegeben hat.
Wenn wir dieſe Beſchreibung der Policeiwiſſen - ſchaft mit dem vergleichen, was wir in dem §. 28. abgehandelt haben, ſo koͤnnen wir leicht einſehen, daß ſich die Policeiwiſſenſchaft vornemlich beſchaͤf - tiget
Der Cameraliſt muß endlich fuͤrs vierte dieDer vierte Theil. bis hieher beſchriebene Wiſſenſchaften auf die Wirth - ſchaft eines Fuͤrſten, als Fuͤrſten, anwenden. Und dieſe Anwendung macht den vierten Theil der Came - ralwiſſenſchaft, die ſich dieſen Namen, die Cameral - wiſſenſchaft, insbeſondere zugeeignet hat.
Anm. Die Urſache dieſer Benennung erhellet aus dem, was in dem Anfange des §. 21. von uns iſt angemerket worden.
Dieſer Begrif von der Cameralwiſſenſchaft in demDeſſen Ab - theilung. engern Verſtande giebt uns einen Grund, dieſe in drey beſondere Theile zu zerlegen.
Dieß iſt die kurze, aber doch, wie ich es glaube, vollſtaͤndige Abbildung derjenigen Wiſſenſchaft, die wir jetzo erklaͤren und abhandeln wollen. Jch habe dieſe Abbildung vorausgeſezet, theils weil es die Lehr - art der Vernunft erfodert, daß wir uns zuerſt einen deutlichen Begrif von dem machen, womit wir uns beſchaͤftigen wollen: theils in uns einen Begrif von der Wichtigkeit und von dem Nutzen der abzuhan - delnden Lehre zu erwekken: theils meine Leſer zu be - wegen, diejenigen Fehler zu entſchuldigen, die ſich in der Abhandlung mit einſchleichen werden. Von den Schriften, welche hieher gehoͤren, will ich in der Abhandlung diejenigen anmerken, die mir nuͤtzlich ge - weſen ſind. Wer ein Verlangen hat, noch andere zu kennen, dem wird der Herr von Rohr in der Haushaltungs-Bibliothek, und der beruͤhmte Herr Zink in der Cameral-Bibliothek Genuͤge thun.
Man kann die Dinge, welche in den Wer -Abſicht die - ſer Abhand - lung. ken der Natur unterſchieden ſind, auf eine zwiefache Art betrachten. Zuerſt, in ſo ferne ſie nicht mehr mit unſern Sinnen koͤnnen gefaſſet, ſondern allein in unſerm Verſtande koͤnnen gebildet werden. Vors andere, in ſo ferne wir ihre Eigenſchaften aus denjenigen Wuͤrkungen ſchluͤſſen koͤnnen, die wir empfinden. Die erſte Be - trachtung iſt nuͤtzlich, und denen angenehm, welcheCdie34Der Cameralwiſſenſch. 1. Cap. von derdie Wuͤrkungen der Natur aus den erſten Begriffen erklaͤren und beurtheilen wollen. Sie iſt aber von unſerer gegenwaͤrtigen Abſicht zu weit entfernet. De - nen, welche nur die naͤchſten Urſachen von den Wuͤrkungen der Natur kennen und begreifen wollen, wuͤrde dieſe Betrachtung zu weitlaͤuftig und wohl gar verdruͤßlich werden. Und bey denen, welche mit ihrem Verſtande in die inneren Beſchaffenheiten der erſten Dinge der Koͤrper hinein dringen wollen, kann ich eine ſolche Betrachtung voraus ſetzen. Denn die - beſchaͤftigen ſich mit der Metaphyſik, welche die in - nere Beſchaffenheit der erſten Dinge der Koͤrper ſo weit unterſuchet, als es unſerm Verſtande moͤglich iſt. Wir wollen uns demnach jetzo nur mit der an - dern Betrachtung beſchaͤftigen, und die Beſchaffen - heit derjenigen Dinge unterſuchen, in welche wir mit unſern Sinnen die Werke der Natur zerlegen koͤn - nen.
Wir wollen die verſchiedenen Arten von den erſten Dingen in den Werken der Natur beſchreiben und erklaͤren, in welche wir dieſe ſinnlich zerlegen koͤnnen. Wir muͤſſen dieſe Arten aus der Betrachtung derje - nigen Wuͤrkungen bilden, die wir empfinden. Aber auch hiebey die den Weiſen gewoͤhnliche Behutſam - keit beobachten, daß wir die Arten der erſten Dinge nicht ohne Noth vermehren. Nicht alle Wuͤrkun - gen, die verſchieden ſind, geben verſchiedene Arten der Dinge, von welchen ſie gewuͤrket werden. Der Un - terſchied der Wuͤrkungen iſt ehr oft eine Folge aus dem Unterſchiede der Dinge, die mit einander ſind verknuͤpft worden, und ſehr oft beweiſet es uns die Vernunft, daß ſie von einigen Nebenumſtaͤnden ab - haͤngen, und von einer Urſache, die zu dieſer Wuͤr -kung35Beſchaffenheit derjenigen Dinge, in welche ꝛc. kung nur Gelegenheit gegeben. Eine Saite, die ſcharf geſpannet iſt, giebt einen feinern Ton, als wenn ſie nicht ſo ſtark iſt ausgedehnet worden. Wer wird hieraus ſchluͤßen, daß wir ein fein klingendes Ding von einem grobklingendem Dinge weſentlich un - terſcheiden muͤſſen. Wir empfinden bald eine Kaͤlte, bald eine Waͤrme. Sollte wohl dieß eine hinrei - chende Urſache ſeyn, kalt und warm machende Din - ge, als verſchiedene Arten der Dinge, zu bilden. Wollen wir demnach aus verſchiedenen Wuͤrkungen verſchiedene Arten der Dinge, die weſentlich unter - ſchieden ſind, ſchluͤßen, ſo muͤſſen wir uns einmahl von dieſen Wuͤrkungen deutliche Begriffe machen. Fuͤrs andere die innere Beſchaffenheit dieſer Wuͤr - kungen von dem unterſcheiden, was bey ihnen durch die Beziehung auf andere Dinge wahrzunehmen iſt. Fuͤrs dritte bey der Betrachtung der innern Be - ſchaffenheit der Wuͤrkungen dieß, was eine Folge der beſtimmten Bewegung iſt, von dem abſondern, was wir als das erſte in der Wuͤrkung wahrnehmen und gedenken koͤnnen. Dieß iſt das Weſen der Wuͤrkung, und dieß giebt uns einen Begrif von der weſentlichen Beſtimmung der Kraft, wodurch ſie eine Kraft von einer beſondern Art iſt. Und dieß ſcheinet uns der einzige Weg zu ſeyn, der untruͤglich iſt, die verſchie - denen Arten von den erſten Dingen in den Werken der Natur zu bilden.
Wenn wir die Werke der Natur nur obenhin be -Es ſind uͤber - haupt zwey Arten dieſer Dinge anzu - nehmen. trachten, ſo werden wir ſo gleich genoͤthiget, zwey Stuͤkke zu unterſcheiden. Einmahl, den Saamen, aus welchem ſie gezeuget werden, und fuͤrs andere, diejenigen Dinge, welche die Natur als Mittel an - wendet, aus dieſem Saamen ein beſtimmtes WerkC 2hervor -36Der Cameralwiſſenſch. 1. Cap. von derhervorzubringen. Wir wollen jedes Stuͤck beſonders unterſuchen.
Jch habe viel Muͤhe angewendet, mir einen deut - lichen Begriff von dem Saamen zu machen, und mich von dieſem zu uͤberzeugen, ob der Saame nur eine beſtimmte proportionirliche Verbindung von den uͤbri - gen Dingen ſey, welche die Natur als Mittel an - wendet, aus dem Saamen ein beſtimmtes Werk her - vorzubringen, oder ob in einer jeden Art des Saa - mens etwas weſentliches ſey, in welchem der Grund enthalten, daß aus ihm kein anderes Ding als ein Ding von einer beſtimmten Art koͤnne gezeuget wer - den. Wir wollen dieſes weſentliche, um unſere Gedanken, ſo weit es uns moͤglich iſt, deutlich aus - zudruͤcken, den Kern nennen.
Die, welche die erſte Meinung ergreifen, koͤnnen verſchiedene Gruͤnde beybringen dieſe zu unterſtuͤtzen. Zumahl die Scheide Kunſt den Saamen der Dinge in diejenigen Arten der Dinge zerleget, welche die Natur als Mittel anwendet, aus dem Saamen ein Werk von einer beſtimmten Art hervorzubringen. Doch wenn wir dieſe Folge genau unterſuchen, ſo ſcheinet es, daß ſie weiter gehet, als ſie von ihrem Grunde geſchuͤtzet wird. Nur dieß kann aus dieſer Erfahrung geſchloſſen werden, daß in einem Saamen die verſchiedenen Arten der Dinge vereiniget worden. Und daher bleibt noch dieſe Frage unentſchieden, ob nicht in dem Saamen, außer der Vereinigung zuvor erwehnter Dinge, noch ein beſonderer Kern ſtekke. Jch werde genoͤthiget dieſe Meinung anzunehmen. Die Gruͤnde ſind folgende.
Jch ſpalte einen Saamen. Jch betrachte dieſen ſoDieß wird bewieſen. genau, als es mir moͤglich iſt, und ich muß zwey wuͤrk - lich von einander unterſchiedene Materien in ihm un - terſcheiden. Jn der Mitte iſt eine glaͤnzende, und dieſe iſt mit einer ſchwammigten umgeben, die in mei - nem Munde, wenn ich ſie mit den Zaͤhnen zermalme einen Leim macht, den ich nur mit groſer Muͤhe durch den Speichel ganz duͤnne machen und aufloͤſen kann. Jch will es annehmen, daß jene der Kern in dem Saamen ſey. Jch ſtekke den Saamen in die Erde. Er treibt unter ſich eine Wurzel, und uͤber ſich ein Blatt. Jch nehme dieſen Saamen ſogleich aus der Erde, zerlege ihn, und ich finde in der ſchwammigten Materie eine Veraͤnderung, aber den Kern noch unveraͤndert. Jch laſſe einen andern Saamen ſo lange in der Erde liegen, bis er einen Stengel treibet. Jch nehme ihn heraus, ſo bald ich dieſes warnehme, und ich finde auch den Kern veraͤndert. Er iſt aufgeſchwollen, und hat eine andere Geſtallt wie vorher. Wer will es tadeln, wenn ich hieraus ſchluͤſſe, daß dieſe Materie das we - ſentliche des Saamens ſey, in welchem der Grund ent - halten, daß er ein Ding von einer beſtimmten Art hervorbringen koͤnne. Ein Gaͤrſten Korn traͤgt keine andere Frucht als Gaͤrſte. Man mag die Erde in welche es geſaͤet wird, bald auf dieſe bald auf eine an - dere Art veraͤndern. Jch nehme Gaͤrſten Koͤrner, die in ihrem Wachsthum nicht vollkommen geworden ſind, oder, wie man ſagt, die einen Brand habe. Jch ſpalte ein ſolches Korn, und ich finde den Kern, aber nicht ſo viel von der ſchwammigten Materie, wie in einem vollkommenem Kern. Jch ſtekke ein ſolches Korn, und es bringet entweder Gaͤrſtenkoͤrner hervor, oder doch wenigſtens eine Frucht die der Gaͤrſte ſehr aͤhnlich iſt. Sollte dieß nicht genug ſeyn, wo nicht mit Gewiß -C 3heit38Der Cameralwiſſenſch. 1. Cap. von derheit, doch mit der groͤſten Warſcheinlichkeit zu behaupten, daß in einem jeden Saamen ein Kern ſey, dem der Begrif zukommt, welchen wir §. 5. von einem Kern gebildet haben. Die verſchiedene Verſuche, die man in dem Thieriſchen Reiche gemacht, koͤnnen dieſen Satz noch mehr beveſtigen.
Jch will es jetzo nicht unterſuchen, ob dieſe Kerne unter die erſten Dinge der Natur zu zaͤhlen, oder ob ſie aus andern zuſammengeſezet ſind, und wenn dieß, ob ein ſolcher Kern aus Dingen von verſchiedener oder von einerlei Art zuſammengeſezet. Wir koͤnnen dieſe Kerne jetzo als eine ſolche Art von den Dingen anneh - men, bey welchen wir in der Zergliederung der Werke der Natur ſtehen bleiben. (§. 1.). Es iſt eine be - kannte Sache, daß wir in einer gewiſſen Beziehung etwas als das erſte annehmen koͤnnen, was in einer andern Beziehung noch nicht das erſte iſt. Will man den Kern als eine zuſammengeronnene ſchleimigte uud unſchmackhaftige Fluͤßigkeit anſehen, ſo werde ich die - ſem nicht widerſprechen. Die verſchiedenen Verſuche geben uns einen Grund dieſe Gedanken wo nicht gewiß, doch wahrſcheinlich zu nennen. Es wird uns aber hier gleich viel ſeyn, ob wir den Kern oder dieſe Fluͤßigkeit als das erſte annehmen. Zumahl wir weder von jenem noch von dieſer einen andern Begrif bilden koͤnnen, als daß es das weſentliche in dem Saamen ſey, in wel - chem der Grund ſtekket, daß durch dieſen nur eine Sache von einer beſtimmten Art koͤnne gewuͤrket wer - den.
So viel von dem Saamen. Diejenigen Dinge, welche die Natur als Mittel anwendet aus dem Saa -men39Beſchaffenheit derjenigen Dinge, in welche ꝛc. men ein beſtimmtes Werk hervorzubringen, ſind von verſchiedener Art. Wir wollen dieſe, ſo weit es uns moͤglich iſt, beſchreiben. Wir muͤſſen die Natur dieſer Dinge aus ihren Wuͤrkungen erklaͤren (§. 2.). Alle Dinge koͤnnen in Bewegung geſetzet werden, und in dem ſie ſich bewegen, ſo beweiſen ſie in ihren Wuͤrkungen die innere Beſchaffenheit ihrer Kraft. Dieß giebt uns einen Grund, eine gewiſſe Art von Dingen anzuneh - men, deren Kraft nichts wuͤrken kann, als was ſich aus dem wiederſtehen erklaͤren laͤſt. Jch glaube nicht zu irren, wenn ich ſage, daß dieſe Dinge dieß machen, was wir die Erde nennen.
Anmerkung. Jn der Scheidekunſt nennt man dieß die Erde, was von einem Koͤrper uͤbrig bleibet, wenn er der Wuͤrkung des ſtaͤrkſten Feuers unter - worfen iſt, folglich dieß, was der groͤſten Gewalt des Feuers widerſtehet*). Man ſtelle mit dieſem zuruͤckgebliebenem alle moͤgliche Verſuche an, man wird von dieſem keine anderen Wuͤrkungen warnehmen, als die ſich aus dem Widerſtehen erklaͤ - ren laſſen. Jch weiß es, daß man die Erde in ſchmelzbare und unſchmelzbare Erde eintheilet, das iſt, in Erde, welche das Feuer fluͤßig und zu Glaß machen kann, und in Erde, welche beſtaͤndig dicht bleibet, und nicht ſchmelzet. Es giebt mir aber dieß keinen Grund, den von der Erde gebildeten Begrif zu aͤndern. Die ſchmelzbare Erde iſt ſchon mit an - dern Dingen vermiſcht, und wir nennen ſie eine Erde, weil wir von ihr die Erd-Eigenſchafft zuerſt und vornemlich empfinden. Es iſt dieß in der Scheidekunſt eine Gewonheit, daß wir eine Sache von dem benennen, was uns von ihr zuerſt und vor - nemlich in die Sinne faͤllt.
Andere Dinge, wenn ſie in Bewegung ſind geſetzet worden, beweiſen ihre Kraft durch ſolche Wuͤrkungen, die von dem Widerſtehen unterſchieden ſind, und die ſich aus dem Widerſtehen nicht erklaͤren laſſen. Es muß demnach das Weſen dieſer Kraft zu einer gewiſ - ſen Art von Wuͤrkungen beſtimmt ſeyn. Dieß giebt uns einen Grund zu lehren, daß dieſe Wuͤrkungen we - ſentliche Folgen von den Kraͤften dieſer Dinge ſind, und daß die Bewegung nur eine Gelegenheit ſey, daß ſich dieſe Dinge mit ihren weſentlichen Wuͤrkungen in andern Dingen thaͤtig beweiſen koͤnnen. Wir wollen dieſe Dinge uͤberhaupt weſentlich wuͤrkende Dinge nennen.
Die weſentliche Beſtimmung in der Kraft dieſer Dinge iſt entweder nur eine Bemuͤhung zur Bewe - gung, oder wir muͤſſen in ihr noch mehr als die bloſe Bemuͤhung zur Bewegung unterſcheiden. Jſt das erſte, ſo machen dieſe Dinge dieß, was wir Waſſer nennen.
Anmerkung. Wir wollen die Richtigkeit dieſes Begrifs beweiſen. Wir muͤſſen aus dieſer Urſache einmahl zeigen, daß in den Waſſer-Theilen eine weſentliche Bemuͤhung zur Bewegung ſey, und fuͤrs andere, daß wir auſſer dieſer Bemuͤhung keine andere weſentliche Beſtimmung in den Kraͤften dieſer Dinge annehmen koͤnnen. Das erſte ſchluͤſſe ich einmahl aus dem, weil das Waſſer nach allen Gegenden druͤkket. Nun aber iſt der Druk nichts anders als eine Wuͤrkung von der Bemuͤhung zur Bewegung. Fuͤrs andere aus dem, weil das Waſſer, wenn es an das Feuer geſetzet wird, verraucht und gaͤnzlich verfliegt. Das andere ſchluͤſſe ich aus dem, weil wiralle41Beſchaffenheit derjenigen Dinge, in welche ꝛc. alle Wuͤrkungen des Waſſers, als Waſſers, aus dieſer Bemuͤhung zur Bewegung erklaͤren koͤnnen. Es iſt unſchmackhaft, ſeine Theile hangen nicht veſt zuſam - men, es erweichet die Dinge. Alle dieſe Begeben - heiten koͤnnen aus der weſentlichen Bemuͤhung zur Bewegung erklaͤret werden. Und ſo ferner.
Wenn wir in der weſentlichen Beſtimmung derdas Acidum. Kraͤfte dieſer Dinge noch mehr als die bloſſe Bemuͤhung zur Bewegung unterſcheiden, ſo iſt dieß entweder eine Bemuͤhung zum Anziehen, oder zum Ausdehnen, oder zum Zuſammenrinnen (Coagulatio). Die erſte Gat - tung der Dinge iſt diejenige, welche man Sauer (acidum) nennet, wegen der Empfindung, die wir von ihnen durch den Geſchmack bekommen.
Anmerkung. Wir wollen auch dieſe Erklaͤrung von den Acidis beweiſen. Man nehme ein Acidum, welches nicht mehr Waſſer enthaͤlt, als was noͤthig iſt, wenn es unter der veſten Geſtallt erſcheinen ſoll, und lege es an Waſſer, ſo wird es das Waſſer, ſo bald es dieſes beruͤhrt, aufs ſchnellſte an ſich ziehen. Die Luft iſt beſtaͤndig voll feuchter und waͤßrichter Duͤnſte. So bald demnach das Acidum die Luft be - ruͤhret, ziehet es die Feuchtigkeit der Luft an ſich, und wird fluͤßig. Man vermiſche ein Acidum, welches ſo wenig Waſſer enthaͤllt, als moͤglich iſt, mit einer Erde, die zu keinem Glaße wird, z. E. mit der Kreide, ſo ziehet es die Kreide mit einer ſolchen Heftigkeit an ſich, daß ein ſtarkes Kochen entſtehet, welches von einer Art eines ziemlichen Ziſchens von der Hitze und den Duͤnſten, welche ſo gleich in die Hoͤhe ſtei - gen, begleitet wird. Da nun dieſes iſt, ſolte ich denn wohl irren, wenn ich die weſentliche Wuͤr -C 5kung42Der Cameralwiſſenſch. 1. Cap. von derkung der ſauern Saͤfte in dem Anziehen ſetze? Sollte wohl nicht dieſes heftige Anziehen die Urſa - che von dem ſtarken Reiben ſeyn, wodurch die Waͤrme gewuͤrket wird?
Die andere Gattung der Dinge, von welchen wir §. 11. geredet haben, iſt diejenige, welche man alka - liſch nennet.
Anmerk. Wenn man eine ſehr ſchnelle Bewe - gung in den inneren Theilen der Dinge verlan - get, ſo wird dieſe durch den Zuſatz eines Alkali gewuͤrket. Wenn man ein reines Alkali zu einem reinen Acido bringet, ſo vereinigen ſie ſich mit ei - ner Heftigkeit. Wenn man ein feines Alkali zu einer Zufammenſetzung von Acido und reiner Er - de bringet, ſo wird dieſe Erde ſo gleich von dem Acido loßgeriſſen. U. ſ. f. Dieſe Begebenheiten koͤnnen aus der heftigen Ausdehnung erklaͤret wer - den, die von dem Alkali gewuͤrket wird. Dieß ſcheint genug zu ſeyn, den von dem Alkali gege - benen Begriff zu rechtfertigen.
Die dritte Gattung der Dinge, von welchen wir §. 11 geredet haben, iſt diejenige, welche man fett nennet. Will man dieß das Oel nennen, ſo werde ich dieſem nicht widerſprechen. Es iſt zwar nicht zu laͤugnen, daß in dem Oele, was unſern Sinnen dar - geſtellet wird, wenigſtens eine Vermiſchung von Aci - do, Waſſer und Fett ſey, es iſt aber auch dieß be - kannt, daß wir insgemein die Benennung der Din -ge43Beſchaffenheit derjenigen Dinge, in welche ꝛc. ge von dem nehmen, was uns von ihnen zuerſt in die Sinne faͤllt.
Anmerk. Soll ich die Wahrheit dieſes Be - griffes, den ich von dem Fette gebildet habe, be - weiſen, ſo bezieh ich mich, einmahl, auf dieß, daß ſich das Fett als Fett in keinem Waſſer aufloͤ - ſen laͤſt. Fuͤrs andere auf dieß, daß wir als - denn Fett gebrauchen, wenn wir eine Verbindung der Koͤrper verlangen. Fuͤrs dritte, auf dieß, daß das Fett das Sproͤdeſeyn der Koͤrper ver - hindert, u. ſ. f.
Dieß ſind, ſo weit ich bis hieher aus den Ver -Dieſer Ein - theilung koͤn - nen vier Ein - wuͤrfe ge - macht wer - den. ſuchen, und aus den Begriffen, welche die Ver - nunft bildet, habe ſchluͤſſen koͤnnen, die erſten Din - ge, in welche ſich die Werke der Natur zerlegen laſſen, und aus deren Verknuͤpfungen wir die natuͤr - lichen Begebenheiten erklaͤren koͤnnen. Wir wollen dieſe Lehre zuerſt wider einige Angriffe in Sicherheit ſetzen, und alsdenn die innere Beſchaffenheit dieſer Dinge und den Erfolg aus der Verbindung dieſer Dinge genauer unterſuchen. Wir haben zwo Gat - tungen von den erſten Dingen in den Werken der Natur angenommen. Den Kern des Saamens, und diejenigen Dinge, welche die Natur als Mittel an - wendet, aus dem Kern ein Ding von einer beſtimm - ten Art zu wuͤrken. Dieſe habe ich wiederum in zwo Arten vertheilet. Die erſte Art faſſet die Erde, und die andere die weſentlich wuͤrkenden Dinge in ſich. Dieſe ſind das Waſſer, das Acidum das Al - kali und das Fett oder Oel. Es giebt einige, wel - che die Anzahl von dieſen erſten Dingen verkleinern. Es giebt wiederum andere, welche dieſe Anzahl ver -groͤſſern.44Der Cameralwiſſenſch. 1. Cap. von dergroͤſſern. Wiederum andere ſind mit uns in Anſe - hung der Benennungen nicht einig. Und einigen wollen die von uns gegebenen Erklaͤrungen nicht ge - fallen. Wir wollen es verſuchen, ob wir dieſe Ge - gner gewinnen koͤnnen.
Die, welche die Anzahl dieſer Dinge verkleinern wollen, ſetzen einige von dieſen als veraͤnderte Zu - ſtaͤnde der uͤbrigen an. Bald ſollen alle Dinge aus der Vereinigung des Alkali mit der Erde, bald aus der Zuſammenrinnung des Waſſers entſtehen, u. ſ. f. Dieſen antworte ich einmahl, daß ich kein Beden - ken tragen werde, dieſer Meynung Beyfall zu geben, ſo bald ſie nur dieſe deutlich werden erklaͤret, und vollſtaͤndig werden bewieſen haben. Fuͤrs andere, daß, wenn ſie dieſes ſollten bewerkſtelligen koͤnnen, beyde Lehren dennoch mit einander beſtehen werden. Jch rede hier von den erſten Dingen, in welche wir die Werke der Natur ſinnlich zerlegen koͤnnen. Wir wollen es annehmen, daß dieß nicht wuͤrklich die er - ſten Dinge der Natur ſind, ſo ſind ſie doch diejeni - gen Beſtimmungen der erſten Dinge, von welchen die verſchiedenen Veraͤnderungen in den Wuͤrkungen der Natur, als von der naͤchſten Urſache abhaͤngen. Jſt nun dieſes, ſo muͤſſen die Schluͤſſe, die man aus der Natur der erſten Dinge und deren Verbindung folgert, mit dieſen zuſammen ſtimmen, die man aus der Natur dieſer Dinge und ihrer Verbindung ziehet. Dieß iſt genug zu beweiſen, daß uns dieß in keine Gefahr zu irren ſetzen kann, wenn wir es hier an - nehmen, daß dieſe ſechs Gattungen diejenigen ſind, in welche wir die erſten Dinge von den Werken der Natur vertheilen koͤnnen.
Es giebt andere, welchen die von uns beſtimmtendes andern. Gattungen der erſten Dinge in den Werken der Na - tur zu wenig ſcheinen. Sie wollen die Anzahl dieſer Gattungen vergroͤſſern. Sie unterſtuͤtzen ihre Gedan - ken mit dieſem Grunde, daß wir ſo viele Arten von den erſten Dingen der Natur annehmen muͤſſen, als wir noͤthig haben, die Begebenheiten in der Natur deutlich und verſtaͤndlich zu erklaͤren. Dieſen Grund muß ich ihnen verwilligen. Doch glaube ich berech - tiget zu ſeyn, die daraus gezogene Folge zu laͤugnen. Sie berufen ſich auf die Waͤrme, auf die Kaͤlte, auf das Licht, auf den Schall, u. ſ. f. Allein dieſe Be - gebenheiten machen mich nicht irre. Sie ſind Wuͤr - kungen der Bewegung, die von beſtimmten Ver - knuͤpfungen der von uns beſchriebenen Dinge verur - ſachet wird. Wir werden in der Folge Gelegenheit haben, uns uͤber dieſen Punkt deutlicher zu erklaͤ - ren.
Wiederum andere widerſprechen uns, aber dochdes dritten. ſo, daß ſich dieſer Widerſpruch nicht auf die Sache, ſondern auf die Benennung beziehet. Sie verlan - gen es von uns, daß wir dieſen Dingen andere Na - men geben ſollen. Einige von dieſen Dingen ſol - len wir Salze, eine andere Gattung ſollen wir den Schwefel nennen, u. ſ. f. Dieſen gebe ich uͤber - haupt zur Antwort, daß es mir gleichguͤltig ſeyn ſoll, wie man dieſe Dinge nennen will. Jch habe dieje - nigen Benennungen erwaͤhler, die, wie es mir ſchei - net, gewoͤhnlich ſind, und durch welche man dieje - nigen Wuͤrkungen ausdruͤkket, die wir dieſen Dingen, als weſentliche Wuͤrkungen, beygelegt haben. Jm uͤbrigen ſuche ich die Wahrheit nicht in der Benen -nung46Der Cameralwiſſenſch. 1. Cap. von dernung, ſondern in der Sache. Will man einige von dieſen erſten Dingen Salze nennen, ſo denke man dem nach, was von den Salzen gelehret wird, viel - leicht wird man es uns alsdenn nicht verdenken, daß wir dieſen Namen hier nicht gebraucht haben. Was iſt das Salz? wenn ich diejenigen Eigenſchaften, die man von dem Salze behauptet, mit einander vergleiche, ſo werde ich genoͤthiget, die urſpruͤngliche Bedeutung dieſes Worts von derjenigen zu unterſchei - den, die es dadurch bekommen hat, daß man gewohnt iſt, die Dinge von dem zu benennen, wie ſie in unſere Sinne fallen. Jch glaube nicht zu irren, wenn ich ſage, daß man zuerſt die weſentlich wuͤrken - de Dinge der Natur Salze genennet hat. Nach dieſer Bedeutung werden das Acidum, Alkali und ſo ferner Salze ſeyn. Dieſe weſentlich wuͤrkende Din - ge vereinigen ſich vielmahls entweder unter einander, oder mit andern Dingen, dergeſtalt, daß ſie uns in der veſten Geſtalt erſcheinen, in der ſie uns noch ſchmackhaft ſind, und ſich wiederum im Waſſer aufloͤ - ſen laſſen. Alsdenn werden ſie uns mehr empfindlich, und wir geben dieſen Dingen, da wir noch ihre weſentlichen Wuͤrkungen wahrnehmen, insbeſondere den Namen des Salzes. Dieß iſt genug, zu ver - ſtehen, warum ich bey der allgemeinen Benennung dieſer Dinge den Namen des Salzes weggelaſſen habe. Die Verſuche, die man mit dem Schwefel angeſtellet, beweiſen es, daß er wenigſten aus eini - gen Aciden und Alkali zuſammengeſetzet. Daher koͤn - nen wir den Schwefel nicht unter die erſten Dinge der Natur ſetzen, wofern wir nicht mit dieſem Wor - te eine andere Bedeutung verbinden wollen. u. ſ. f.
Denen, welche die von uns gemachten Erklaͤrun -und des vier - ten Einwur - fes. gen nicht billigen wollen, weil ſie nach ihrer Meinung die Geſetze der Vernunftlehre nicht genau genug be - obachten, gebe ich zur Antwort, daß ich die Sache ſo deutlich erklaͤret und beſchrieben habe, als es mir moͤglich geweſen iſt. Sind ſie im Stande, beſſe - re Erklaͤrungen von dieſen Dingen zu bilden, ſo wer - de ich dieſe mit Vergnuͤgen annehmen. Jch wuͤn - ſche auch in dieſem Stuͤkke meine Erkenntniß taͤglich zu beſſern und vollkommener zu machen. Jndeſſen werde ich mich ſo lange bey den von mir gemachten Erklaͤrungen beruhigen, und aus dieſen dasjenige ſchluͤſſen, was ich zu meiner gegenwaͤrtigen Abſicht noͤthig habe.
Wir haben die verſchiedenen Gattungen von den -Ob eine jede Gattung die - ſer Dinge in verſchiedene Arten zu zertheilen. jenigen Dingen, in welche die Werke der Natur koͤnnen zerleget werden, erklaͤret, und dieſe von uns gemachte Eintheilung wider die wichtigſten Einwuͤrfe in Sicherheit geſetzet. Wir muͤſſen nunmehro unter - ſuchen, ob wir einige Urſachen entdekken koͤnnen, ei - ne jede Gattung wiederum in verſchiedene Arten zu vertheilen, und ob wir nicht einige allgemeine Regeln veſt ſetzen koͤnnen, die uns das beſtimmen, was durch die Verbindung dieſer Dinge moͤglich iſt. Wenn wir die Werke der Natur, ſo weit es uns moͤglich iſt, in ihre erſten Anfaͤnge, das iſt, in diejenigen Dinge zerlegen, die wir mit Grunde als die erſten Dinge annehmen, und wenn wir alsdenn diejenigen Dinge, die von einer Art ſind, mit einander vergleichen, ſo koͤnnen wir bey dem Waſſer, bey dem Fett und bey der Erde nichts finden, was uns einen Grund giebt,dieſe48Der Cameralwiſſenſch. 1. Cap. von derdieſe Gattungen der Dinge in verſchiedene Arten zu vertheilen. Bey den Saͤften, aus welchen der Kern des Saamens gebildet wird, finden wir einen merk - lichen Unterſchied, ſo, daß wir genoͤthiget werden zu glauben, daß dieſe Saͤfte bey den Dingen von verſchiede - ner Art weſentlich unterſchieden ſind. Bey den aci - den und alkaliſchen Dingen bemerken wir dieſen Un - terſchied, daß ſie ihre weſentlichen Wuͤrkungen nicht alle mit gleicher Geſchwindigkeit beweiſen. Die groͤ - ſte Geſchwindigkeit finden wir bey denen, die aus dem animaliſchen, die mittlere bey denen, die aus dem vegetabiliſchen, und die kleinſte bey denen, die aus dem mineraliſchen Reiche genommen werden. Ob nun dieſes von ihrer weſentlichen Beſtimmung, oder von einer zufaͤlligen Veraͤnderung abhanget, die ſich in der Verbindung mit andern Dingen gruͤndet, daß ſie nemlich ihre weſentlichen Wuͤrkungen deſto ge - ſchwinder beweiſen, je reiner ſie ſind, das iſt eine Frage, die wir bis hieher weder mit Gewißheit be - jahen noch verneinen koͤnnen. So viel iſt gewiß, daß die Gehrung ein Mittel iſt, zu machen, daß ſie ihre weſentliche Wuͤrkungen mit einer groͤßern Geſchwindig - keit beweiſen koͤnnen. Jch glaube nicht, daß es je - tzo noͤthig ſeyn wird, dieſe Sache hier genauer zu un - terſuchen. Es ſcheinet uns genug zu ſeyn, wenn wir hier den allgemeinen Unterſchied annehmen, den wir bemerket haben, ohne uns um die innere Urſache die - ſes Unterſchiedes zu bekuͤmmern.
Nunmehro muͤſſen wir noch einige Regeln veſt ſe - tzen, die uns dasjenige beſtimmen, was durch die er - ſten Dinge der Natur und durch die Verbindung dieſer Dinge moͤglich iſt. Jn Anſehung des erſten Punkts bilde ich folgende Regeln.
Die49Beſchaffenheit derjenigen Dinge, in welche ꝛc.Die erſte iſt dieſe: Die Natur kan keinDie erſte Regel. Ding von einer beſtimmten Art vollkommen wuͤrken, wenn nicht der elementariſche Saft von der Art dieſes Dinges gehoͤrig coaguliret iſt. Der Beweiß iſt dieſer: Die Natur wuͤrket keine Dinge von einer beſtimmten Art, als durch deren Saamen (§. 3). Das weſentliche Stuͤk in dieſem iſt der Kern (§. 4), der nichts anders iſt als ein coa - gulirter Saft (§. 6.), der dieß in ſich faſt, wodurch ein Ding von einer beſtimmten Art moͤglich iſt (§. 5. 18). Die Zergliederer der Natur nennen dieſen Saft den elementariſchen. Es iſt demnach klar, daß die Natur kein Ding von einer beſtimmten Art wuͤrket, wenn nicht der elementariſche Saft von der Art dieſes Dinges zuſammen geronnen iſt. Da nun nicht eine jede Zuſammenrinnung dieſes Saftes vermoͤgend iſt ein vollkommenes Werk der Natur von der beſtimmten Art zu liefern (§. 5); ſo folget es, daß dieſe Zuſam - menrinnung muͤſſe gehoͤrig ſeyn.
Man wird uns fragen einmahl, was wird hierzuDer Jnnhalt dieſer wird genauer er - klaͤret. erfodert, wenn die Zuſammenrinnung dieſes Saftes gehoͤrig ſeyn ſoll? Fuͤrs andere woraus erkennen wir es, wenn dieſe Zuſammenrinnung gehoͤrig iſt? Es wuͤrde mir angenehm ſeyn, wenn ich, die erſte Frage zu beantworten, vermoͤgend waͤre. Allein ich muß in dieſem Stuͤkke meine Unwiſſenheit geſtehen, und ich habe noch keinen geleſen, der mich ſo weit un - terrichtet hat, daß ich mir von dieſem Dinge habe einen Begrif machen koͤnnen. Bis hieher hat noch keiner durch die Kunſt einen Saamen verfertiget, man iſt vielmehr genoͤthiget worden, dieß Werk allein der Natur zu uͤberlaſſen.
Die andere Frage koͤnnen wir beantworten. Wir ſagen, daß der Saame reif ſey, wenn er vermoͤgend iſt ein Ding von ſeiner Art zu wuͤrken; und daß er voll - kommen ſey, wenn er vermoͤgend iſt, dieß, was durch ihm ſoll gewuͤrket werden, in dem groͤſtem Grad ſeiner Vollkommenheit hervorzubringen. Folglich iſt der elementariſche Saft von der beſtimmtem Art eines Dinges gehoͤrig coaguliret, wenn der Saame dieſer Dinge reif und vollkommen iſt. Das erſte erkennen wir aus einigen aͤuſſerlichen Merkmahlen, die ſich zwar zeigen, aber nicht beſchreiben laſſen. Wir koͤnnen uns bey dieſem ſehr leicht beruhigen, weil dieſe aͤuſſerlichen Merkmahle von einem jeden koͤnnen gezeiget werden, der ſich mit der Wirthſchaft beſchaftiget. Das ande - re ſchluͤßen wir aus dem, wenn der Saame den Grad der beſondern Schwere hat, der bey einem Saamen von dieſer Art moͤglich iſt.
Anmerkung. Viele verwirren die Reife des Saamens, mit der Vollkommenheit deſſelben. Sie werden aber auch um dieſer Unwiſſenheit willen beſtrafet, indem ſie bey ihren Werken denjenigen Vortheil verlieren, den ſie haͤtten gewinnen koͤnnen. Es kan dieß mit dem Brandweinbrennen und Bierbrauen erlaͤutert werden. Jn den Vorleſun - gen kan es gezeiget werden, wie der Grad von der beſondern Schwere des Saamens zu beſtimmen ſey.
Die andere Regel: So wohl der Mangel der Erde als auch dieß, daß die Erde zu veſt iſt, kann eine Urſache von dem ſeyn, daß ſich die we - ſentlich wuͤrkende Dinge der Natur in einembe -51Beſchaffenheit derjenigen Dinge, in welche ꝛc. beſtimmtem Orte nicht wuͤrkſam genug beweiſen koͤnnen. Jch beveſtige dieſen Satz mit folgendem Schluſſe: Die Eigenſchaft der Erde, wenn ſie nach ihrer Natur betrachtet wird, beſtehet in dem, daß ſie den Wuͤrkungen der Dinge widerſtehet (§. 8.) Wenn demnach an einem Orte nicht eine erforderliche Menge von Erde iſt, ſo folget aus dieſem, daß die weſentlich wuͤrkenden Dinge an dem beſtimmten Orte nicht den - jenigen Grad des Widerſtandes haben, der erfodert wird, wenn ſie an dieſem Orte eine beſtimmte Wuͤrkung hervorbringen ſollen. Dieß iſt genug, das erſte Glied in dem angenommenem Satze zu bewei - ſen. Jſt ferner die Erde an einem beſtimmten Orte zu veſt, ſo kann dieß theils den Einfluß der weſentlich wuͤrkenden Dinge in die Erde verhindern, theils kann dieß eine Urſache ſeyn, daß der Grad des Widerſtan - des, der den weſentlich wuͤrkenden Dingen geſetzt wird, zu groß iſt. Dieß beweiſet das andere Glied in dem angenommenem Satze.
Die dritte Regel: Das Waßer kann ein Mittel ſeyn,Die dritte Regel. die Cohaͤſion der Dinge aufzuheben. Das Weſen der Waſſer-Theile iſt die Bemuͤhung zur Be - wegung (§. 10). Folglich koͤnnen die Waſſer-Theile dieß Aufheben, was die Bewegung verhindert. Die Co - haͤſion der Dinge verhindert Jhre Bewegung (§. 96. Monadol). Folglich kann das Waſſer ein Mittel werden die Cohaͤſion der Dinge aufzuheben.
Wenn wir demnach auf einen Koͤrper Waſſer gießen,Beſondere Folgen aus dieſer. und die Cohaͤſion der Theile dieſes Koͤrpers wird nicht aufgehoben, ſo iſt die Urſache hiervon dieſe, weil die Be - muͤhung zur Bewegung der Waſſer-Theile nicht groͤßer iſt, als die Cohaͤſion der Dinge die jenen Koͤrper aus -D 2machen;52Der Cameralwiſſenſch. 1. Cap. von dermachen; oder weil die Waſſer-Theile nicht in die Luft - Loͤcher dieſes Koͤrpers dringen koͤnnen.
Die vierte Regel: Das acidum kann die Bewe - gung in den innern Theilen der Dinge verhin - dern. Die weſentliche Kraft der aciden Dinge be - weiſet Jhre Wuͤrkung durch das Anziehen (§. 11.) Es iſt demnach die Folge dieſer Wuͤrkung die Ruhe. Hier - aus folget es, daß das acidum, welches in einen Koͤr - per dringet, die Bewegung in den innern Theilen die - ſes Koͤrpers verhindern koͤnne.
Solte demnach in einem Koͤrper durch den Zuſatz des acidi eine Bewegung entſtehen, ſo kan dieß nur eine Folge von dem ſeyn, weil die Theile des Koͤrpers von dem acido angezogen werden.
Die fuͤnfte Regel: Das Alkali kann eine Urſache von der innerlichen Bewegung zwiſchen den un - merklichen Theilen eines Koͤrpers werden. Der Beweiß von der Moͤglichkeit in der Verbindung dieſer Gedanken iſt dieſer: Die weſentliche Kraft des Alkali beweiſet ſich durch das Ausdehnen wuͤrkſam (§. 12). Wann demnach das Alkali in einen Koͤrper dringet, ſo kann die - ſes weſentliche Ausdehnen nicht nur eine Urſache werden von der Zertrennung der Cohaͤſion der unmerklichen Theile, ſondern auch von dem, daß zwiſchen dieſen Thei - len die innerliche Bewegung fortgeſetzet wird. (§. 35. Mon.) Dieß iſt der Satz, den wir angenommen haben.
Wir haben demnach Grund zu ſagen, die Urſache wa - rum die innerliche Bewegung zwiſchen den unmerklichenTheilen53Beſchaffenheit derjenigen Dinge, in welche ꝛc. Theilen eines Koͤrpers durch den Zuſatz des Alkali nicht erfolget, ſey entweder dieſe, weil die weſentliche Ausdeh - nung des Alkali nicht groͤßer als die Cohaͤſion der un - merklichen Theile dieſes Koͤrpers, oder weil das Alkali verhindert wird, in die Luft-Loͤcher dieſes Koͤrpers zu dringen.
Die innerliche Bewegung zwiſchen den unmerklichenWas die Gaͤhrung. Theilen eines Koͤrpers, welche die natuͤrlichen wuͤrkungen der Dinge verurſachen, wird die Gaͤhrung genennet.
Anmerkung. Jch folge in der Beſchreibung der Gaͤhrung dem Maquer*) und dem Teichmeyer**). Die verſchiedenen Arten der Gaͤhrung, und die Wuͤrkungen, welche dieſe hervor bringen, will ich un - ten beſchreiben.
Aus dieſem iſt es klar, daß der Zuſatz des Alkali einWodurch dieſe zu wuͤr - ken. Mittel zur Gaͤhrung werden koͤnne. (§. 28. 30).
Die ſechſte Regel: Das Oel, in wie weit es un -Die ſechſte Regel. ter die erſten Dinge der Natur gezehlet wird, (§. 13.) (wir koͤnnen dieß, um es von dem gemeinem Oe - le zu unterſcheiden, das weſentliche Oel nennen) kann ein Mittel werden, die Geſchwindigkeit in der Bewegung der Dinge, mit welchen es iſt vereini - get worden, zu vermindern, und verſchiedene Dinge mit einander zu verbinden. Die weſent - liche Wuͤrkung dieſes Oels iſt das Zuſammenrinnen (§. 13). Da es nun aus dem Begriffe, den uns die Sinne von dieſer Wuͤrkung bilden, klar iſt, daß dieß die Bewe -D 3gung54Der Cameralwiſſenſch. 1. Cap. von der ꝛc. gung verhindert; ſo wird man es uns auch ohne fer - nern Beweiß verwilligen, daß dieſes Oel ein Mittel werden koͤnne, die Geſchwindigkeit in der Bewegung der Dinge zu vermindern, und verſchiedene Dinge mit einander zu verbinden.
So viel von den einfachen Wuͤrkungen der erſten Dinge der Natur. Will man dasjenige uͤberhaupt er - kennen, was durch die Verbindung dieſer Dinge moͤglich iſt, ſo darf man nur dieſe einfachen Wuͤrkungen mit einander vergleichen, und ſeine Aufmerkſamkeit auf die - ſe Regeln richten, welche uns die Erfahrung beſtaͤtiget:
Wir wuͤrden nach unſerer gegenwaͤrtigen Abſicht zu weitlaͤuftig werden, wenn wir aus der Verbindung dieſer Lehren beſondere Folgenziehen wollten. Es wird daher nur noͤthig ſeyn, daß wir die wichtigſten bey einer jeden Gelegenheit anmerken.
Die Lehrer der Natur theilen die Wuͤrkungen derAbſicht die - ſer Abhand - lung. Natur in drey Claßen oder Reiche, in das vegeta - biliſche, animaliſche und mineraliſche: Es iſt unſere Abſicht nicht, hier eine Naturlehre zu verfertigen. Wir wollen nur dasjenige erklaͤren, was uns die Beſchaͤfti - gungen in der Landwirthſchaft begreiflich machen kan, und darum wird es genug ſeyn, wenn wir dieſe Werke der Natur uͤberhaupt und kurz beſchreiben.
Wollen wir dieſe Werke der Natur nach unſererAllgemeine Erinnerung. gegenwaͤrtigen Abſicht beſchreiben, ſo muͤſſen wir uns zu - vor einen Begriff von der Luft, und von dem Einfluße der Luft in das Wachsthum der Dinge machen. Jch will dieſe Sache ſo gut beſchreiben, als es mir moͤglich iſt. Jch habe mir viele Muͤhe gegeben, dieſe zu ergruͤnden, ich habe aber auch niemals die Endlichkeit meines Ver - ſtandes mehr als bey dieſem Stuͤkke warnehmen koͤnnen. Man wird es alſo entſchuldigen, wenn dieſe Beſchrei - bung nicht vollſtaͤndig genug werden ſolte. Und man wird mir beſondere Bewegungsgruͤnde zur Dankbarkeit geben, wenn man es ſich wird gefallen laſſen, mir in die - ſem Stuͤkke mehreren Unterricht zu verſchaffen, als es bishieher geſchehen iſt.
Was iſt die Luft. Will man ſagen, ſie ſey das un -Was die Luft ſichtbare fluͤßige was unſern Erdboden umgiebt, ſo iſt dieß eine Anzeige von der Bedeutung des Worts, und keine Erklaͤrung der Sache. Jch frage nicht, was be -D 4deutet56Der Cameralwiſſenſch. 2. Cap. von dendeutet das Wort Luft, ſondern worin beſtehet die Sache, die wir Luft nennen? Es iſt wahr, ſie iſt ein fluͤßiger Koͤrper. Wir muͤſſen aber auch die weſent - lichen Eigenſchaften derjenigen Dinge beſtimmen die die - ſen fluͤßigen Koͤrper ausmachen. Jch habe Grund zu glauben, daß dieſe Dinge nicht von einer, ſondern von verſchiedener Art ſind. Die reine Luft, von dieſer iſt hier die Rede, iſt nichts als der elementariſche und durch die coagulation zu einer gewiſſen Art der Dinge noch nicht beſtimmter Saft, der mit dem natuͤrlichen Alkali und dem weſentlichen Oele zwar vermiſcht, aber nicht vereini - get iſt. Jch habe dieſen Begrif aus verſchiedenen Ver - ſuchen geſchloſſen, die ich bey muͤßigen Stunden ange - ſtellet habe. Hier wird es genug ſeyn, daß ich, die Wahrheit dieſes Begriffs zu beweiſen, meine Leſer auf diejenigen Folgen verweiſe, die ich aus dieſem Begriffe ziehen werde. Stimmen dieſe mit der Erfahrung uͤberein, ſo wird dieß genug ſeyn, zu beweiſen, daß der von mir gebildete Begriff wo nicht als eine Erklaͤrung, doch als ein wahrer Begrif koͤnne angenommen werden.
Der Zufluß der Luft hat einen merklichen Ein - fluß in das wachſen der Dinge. Die Erfahrung beſtaͤtiget dieſe Lehre. Fuͤllet ein Gefaͤß, durch welches keine Luft dringet, und ein anderes, durch welches die Luft dringet mit Erde von einerley Art und einerley Guͤte. Stekket in beyden einen leichtkeimenden und ſchnell wachſenden Saamen; bedekket jenes Gefaͤße mit einem andern, durch welches keine Luft dringet. Die - ſes Gefaͤße ſetzet bey jenem, ohne es zu bedekken. Bey - de pfleget auf einerley Art, und ihr werdet dasjenige erfahren, was dieſen Lehrſatz beveſtiget.
Jſt unſer Begriff, den wir §. 36. von der Luft gebildetDieſe Noth - wendigkeit wird erklaͤ - ret. haben, gegruͤndet, ſo wird es uns nicht ſchwer fallen die Urſache von dieſem Einfluße der Luft in das wachſen der Dinge von der Seiten verſtaͤndlich zu erklaͤren, von welcher wir dieſe betrachten muͤſſen, wenn wir uns von dem Akkerbau und den Verrichtungen, die hieher gehoͤren, einen deutlichen Begriff bilden wollen. Die Erklaͤrung iſt, wenn ich dieſe Sache kurz faſſen will, dieſe: Das Acidum, was mit der Erde vermiſcht iſt, ziehet die Feuchtigkeiten der Luft an ſich (§. 11. Anm.), und mit dieſer den elementariſchen Saft, das Alkali und das weſentliche Oel (§. 36). Das Waſſer erweichet den Saamen, den wir in die Erde geſtreuet haben, daß ſich die weſentlichen Kraͤfte in dieſem wuͤrkſam beweiſen koͤn - nen. (§. 24.). Das hierdurch aufgeſchloßene Acidum des Saamens ziehet die von der Erden verſchlukte Luft in die Gefaͤße des Saamens. Das Alkali unterhaͤlt die Bewegung zwiſchen den unmerklichen Theilen des Saa - mens, bis ſich in dieſem der elementariſche Saft durch Huͤlfe des Oels alſo coagulirt (§. 28.), wie es nach der Beſchaffenheit des Kerns hat geſchehen koͤnnen. (§. 4. 20.)
Vielleicht iſt es nicht unnoͤthig, diejenigen, die ſich er -Jn den Pflanzen muͤſſen wir unterſchei - den die Ge - faͤße. Die er - ſte Art. kundigen werden, ob dieſe Erklaͤrung von dem wachſen der Dinge mit dem, was hiervon die Erfahrung lehret, uͤbereinſtimme, auf die Zergliederung der vegetabilien oder Erdgewaͤchſe, und auf den Nutzen zuverweiſen, den die verſchiedenen Gefaͤße bey dem wachſen der Pflanzen beweiſen. Wir wollen in dieſer Beſchreibung dem Boerhaav folgen. Er hat dieſe Sache kurz, deutlich und der Erfahrung gemaͤß abgebildet*)Jn der Einleitung zur Chymie.: Es ſind alle Vegetabilien oder Erdgewaͤchſe aus veſten und fluͤßigenD 5Theilen58Der Cameralwiſſenſch. 2. Cap. von denTheilen zuſammen geſetzet. Die veſten Theile der Pflanzen ſind entweder die Gefaͤße, oder die groͤbern und unbeweglichen Theile, welche aus der Vereinigung der zuſammengewachſenen Gefaͤße entſtehen. Die ver - ſchlukkenden Gefaͤße der Pflanzen ſaugen durch Jhre kleinſten Eroͤfnungen die fluͤßigen Feuchtigkeiten in ſich, die ſie beruͤhren: dieſe Oefnungen befinden ſich allent - halben, und zwar in der Oberflaͤche der ganzen Pflanze und aller Jhrer Theile, vornemlich aber in der Wurzel, welche in der Erde ſtehet. Bey feuchter und war - mer Luft, ingleichen in maͤßiger und erwaͤrmter Erde dehnen ſie ſich aus; in Kaͤlte und Trukuiß ziehen ſie ſich zuſammen, daher ſelbige auch in der Erde, wo ſie mehr verborgen ſind, weiter offen ſtehen als in freier Luft; deswegen ziehen ſie auch im Fruͤhlinge und Sommer mehr an ſich, als im Herbſt und Winter zu geſchehen pfleget. Ja es ziehen auch einige Oefnun - gen gleichſam als Luftroͤhren die Luft an ſich, und fuͤhren ſelbige in das innerſte der Pflanzen, wie an dem bluͤhen - den Stengel des Pfaffenroͤhrleins offenbar zu ſehen iſt.
Eine andere Art der Gefaͤße in den Pflanzen ſind die bewegenden. Dieſe, weil ſie hohl ſind, halten die Saͤfte, welche die verſchlukkenden kleinen Gefaͤßlein eingeſogen, in ſich, und leiten ſolche zugleich von den kleinen Oefnungen an, biß in die aͤußerſten Ende, ja durch den ganzen Koͤr - per und durch alle Theile der Pflanzen. Der Trieb dieſer Bewegung ſcheint am meiſten von der erweitern - den Waͤrme und von der zuſammenziehenden Kaͤlte her - zuruͤhren, und alſo werden die Faͤßerchen der Gefaͤße, welche die Kraft, ſich auszudehnen, beſitzen, vermittelſt der beſtaͤndigen Abwechſelung, und faſt niemals lange nachlaßenden Widerholung in eine immerwahrende Bewegung gebracht.
Die dritte Art der Gefaͤße, die in den Pflanzen ange -Die dritte. troffen werden, ſind diejenigen, welche die erhaltenen Saͤfte auf eine bewundernswuͤrdige Art in ganz andere Geſtalt verwandeln. Denn es ſind die eingeſognen Saͤfte, welche ſich noch vorn bey dem Anfange der Roͤhren be - finden, von denen, welche bereits durch alle Gefaͤße der Pflanzen beweget und fortgefuͤhret worden, weit unter - ſchieden. Und dieſe Saͤfte geben allmaͤhlig einer jeden Pflanze um deſto mehr eine ſonderbare Art und Eigen - ſchaft, je mehr ſie nemlich die Wuͤrkung derer vielen Gefaͤße empfunden haben, welches die Verſuche bewei - ſen. Ja es ſcheinet eine ganze Reihe und Ordnung der Roͤhrchen, deren eines aus dem andern entſpringet, da zu ſeyn, in welchen bey jeder Pflanze eine andere Art des Safts beſtaͤndig verfertiget wird.
Viertens befinden ſich wiederum einige unter dieſenDie vierte. Gefaͤßen, die zur Seite der groͤßern verwandelnden Ge - faͤße entſpringen, und auslauffen, und welche aus den - ſelbigen einen ſonderbaren Saft in ſich ziehen, den ſie von neuen verwandeln, und nach und nach auf Jhre Art mehr veraͤndern. Alſo trift man bey der Aloe eine ſon - derliche Art Roͤhrgen an, die den bittern Saft allein bey ſich fuͤhren, welcher von allen andern Saͤften, die in den andern Gefaͤßen eben dieſer Aloe ſich befinden und verfertiget werden, gaͤnzlich unterſchieden iſt. Auf gleiche Weiſe treffen wir bey dem großen Schoͤlkraut eben ſolche ſonderbare Geſaͤßgen an, durch welche man augenſcheinlich zeigen kan, daß in ihnen ein Gold - gelber Saft, ſo wie bey dem Titymalo ein weißer Saft in Geſtalt einer Milch, abgeſondert werde.
Fuͤnftens wird man erlauben, ſonderliche behaͤltniße bey den Pflanzen anzunehmen, welche die ſonderbaren Saͤfte, die von der vierten Art der Gefaͤße abgeſondert worden, aufnehmen, lange bey ſich behalten, verwan - deln, und zu ihrer Vollkommenheit bringen; wir wer - den klaͤrlich ſehen, daß in einigen Gefaͤßen ein fettiges Weſen geſamlet, und in gewiſſen Hoͤlchen aufbehalten, zur Zeitigung gebracht, und auf unterſchiedene und mancherley Art veraͤndert wird, welches aus denen von Natur hervorgebrachten Oelen, Balſam, und Harzen offenbar erhellet.
Zum ſechſten finden ſich endlich abfuͤhrende Roͤhrchen, welche die duͤnnen Saͤfte aus der erwachſenen Pflanze auswerffen, oder wenn die Gefaͤße von der Menge des Safts ausgedehnet und zerriſſen werden, ſolchen von ſich laſſen. Wem ſolte wohl unbekant ſeyn, daß die Saͤfte in einer unſichtbaren Geſtallt von den Pflanzen ausgeworffen werden? und wer ſollte nicht wiſſen, daß aus den zerſprengten Behaͤltnißen Gummi und Harz heraus komme?
Es befinden ſich auch in einer jeden Art dieſer Gefaͤße verſchiedene beſondere Feuchtigkeiten, welche in allen ih - ren Eigenſchaften, ſowohl in der Duͤnne und Dikke, in der Fluͤßigkeit und zaͤhen Klaͤbrigkeit, in der Schaͤrfe und Gelindigkeit, als auch an Farbe, Geruch, Geſchmak, und an Kraft ſo wohl zu heilen, als auch zu ernaͤhren, oder den Leibern der Thiere damit Schaden zu thun, gaͤnzlich von einander unterſchieden ſind. Endlich trifft man auch dergleichen Verſchiedenheiten nur in gewiſ - ſen Theilen, ja wohl nur in den aͤußerſten Enden der Pflanzen an. Alſo findet man in der Bluͤthe der Aloeeine61verſchiedenen Werken der Natur uͤberhaupt. eine honigſuͤße Feuchtigkeit, ohngeachtet die Saͤfte der uͤbrigen Theile bitter ſind. Und eben alſo trifft man in der Wurzel, in der Blume, in der Frucht, in dem Saa - men, in den Blaͤttern, in der Rinde und in dem Holze der Erdgewaͤchſe, bald dieſe, bald jene Art eines Saftes an. Ja auch ſelbſt die Saͤfte, welche in den Pflanzen gezeu - get werden, beſtehen aus verſchiedenen Arten der Ur - ſpruͤnglichen Theile, als welche aufs genaueſte mit einan - der vermiſcht, dergleichen Saft ausmachen; und da - von kommt es auch, daß nach dem Unterſchied der Ver - haltung, welche bey Erzeugung der Saͤfte in den ur - ſpruͤnglichen Theilen vorkommt, die Saͤfte ſelbſt nicht mit einander uͤberein kommen, ſondern ſehr unterſchie - den ſind. Denn alſo ſiehet man waͤßrigte, fluͤchtige, ſalzigte, ſeiffigte, gummigte, oͤhligte, balſamiſche, harzigte, aus Gummi und Harz zuſammen gefloßene, und endlich in Geſtallt der Thraͤnen ausſchwitzende Feuchtigkeiten; oder wenn man die Rinde eingeſchnitten, und die zarten Reiſerchen verwundet hat, ſo ſiehet man ſolche, wie ein klares und ſaͤuerliges Waſſer im ſelbigen herab triefen, wie man dieſes an den Weinreben, Birken, Welſchen - Nußbaum, und vielen andern Baͤumen klaͤrlich war - nimmt. Und ſo ferner.
Dieſe Zergliederung der Pflanzen giebt uns einenDieſe Zer - gliederung beſtaͤtiget die Erklaͤrung von dem Ein - fluß der Luft in das wach - ſen der Dinge Grund zu glauben, daß unſere Erklaͤrung von dem Einfluße der Luft in das wachſen der Dinge gegruͤndet ſey. Sie lehret uns deutlich, daß die Pflanzen die Luft an ſich ziehen, ſolche in ihren Gefaͤßen reinigen, coagu - liren, und uns hiedurch Dinge von einer beſtimmten Art liefern. Und ſo ferner.
Man iſt gewohnt Dinge, die aus verſchiedenenVerſchiede - ne Arten der Erdgewaͤchſe Arten ſind zuſammengeſetzet worden, von dem zubenen -62Der Cameralwiſſenſch. 2. Cap. von denbenennen, was ſich in Jhnen vorzuͤglich wuͤrkſam bewei - ſet. Jn allen Erdgewaͤchſen iſt der elementariſche Saft mit den weſentlich wuͤrkſamen Dingen der Natur ver - miſcht. Doch aber finden wir in dieſer Vermiſchung einen merklichen Unterſchied, indem bey einigen das Acidum, bey andern das Alkali wiederum bey andern das Oel und ſo ferner einen Vorzug hat. Wir folgen demnach der Gewohnheit, wenn wir von dieſer Beſchaffen - heit Gelegenheit nehmen, die Erdgewaͤchſe in verſchiede - ne Arten zu vertheilen, nemlich in acideuſe, alkaliſche, oͤhligte, waͤßerige und ſo ferner. Z. E. Bey nahe alle Huͤlſenfruͤchte ſind oͤhligt und alkaliſch. Das Graß iſt bald waͤßerigt, bald acideus, bald oͤhligt. Unter dem gewoͤhnlichen Getraͤide iſt das Korn und der Weitzen mehr acideus als die Gaͤrſte, und dieſe mehr oͤhligt als der Haffer. Die Wurzeln ſind mehrentheils waͤßerigt, oder oͤhligt, oder alkaliſch. Das Kraut iſt insgemein oͤhligt und alkaliſch. Und ſ. f.
Anmerkung. Dieſe Eigenſchaft der Erdgewaͤchſe kan theils aus der Scheidung, theils aus dem, was ſie wuͤrken, geſchloſſen werden.
Alle Erdgewaͤchſe werden aus einem Saamen gezeu - get. Dieſer iſt aus verſchiedenen Gefaͤßen Zuſammen - geſetzet, welche die weſentlich wuͤrkenden Dinge, und den elementariſchen Saft an ſich ziehen, und in einer gewiſſen Ordnung reinigen und coaguliren (§. 38. folg.). Wir haben demnach einen Grund zu ſchluͤßen, daß die weſent - liche Beſchaffenheit der Erdgewaͤchſe von der weſentlichen Beſchaffenheit des Saamens abhanget. Das iſt, wir koͤnnen die Saamen in acideuſe, oͤhligte, alkaliſche und waͤßerige eintheilen.
Anmerkung. Es kan uns ein Einwurf von dem Graße gemacht werden. Dieß iſt, wenn es im Waſſer ſte - het, ſauer, da es im Gegentheil, wenn es in einemtrocke -63verſchiedenen Werken der Natur uͤberhaupt. trockenen Boden ſtehet, ſuͤß wird. Allein dieſer Ein - wurf bewegt mich noch nicht meine Gedanken zu veraͤn - dern. Der Uberfluß von dem Waſſer, das in die Ge - faͤße dringet, macht ihre innere Hohlung zu groß, es zerreiſſet einige, und diß verhindert theils die regel - maͤßige Reinigung und Coagulation, theils iſt es eine Urſache von dem, daß ſich in dieſen Gefaͤßen zu viel aci - dum mit der Erde verbindet, und dadurch wird es ein ſaures oder unvollkommenes Graß.
So weit von den Erdgewaͤchſen. Die Thiere werdenDie Zeugung der Thiere. wie die Erdgewaͤchſe aus einem Saamen gezeuget. Jſt dieſer in das Ey getragen worden, und wird die Feuch - tigkeit, die in dem Ey mit den andern weſentlich wuͤrken - den Dingen der Natur und mit dem elementariſchen Safte vereiniget iſt, durch eine gehoͤrige Waͤrme in Be - wegung geſetzet, ſo werden die Gefaͤße, die in dem Saa - men verbunden ſind, von dieſer Feuchtigkeit aufgeſchloſ - ſen, daß ſie nicht nur dieſe ſondern auch die andern Dinge an ſich ziehen, reinigen und in gehoͤriger Ordnung coagu - liren koͤnnen, um dasjenige Ding darzuſtellen, was durch den Saamen moͤglich iſt. Der Abgang wird durch den Zufluß der durch den Leib der Mutter zubereiteten Luft ſo lange erſetzet, bis die Frucht die erforderliche Vollkommenheit hat.
Der erſte Theil dieſer Beſchreibung iſt ſchon langeDer andere Theil dieſer Erklaͤrung muß bewieſen werden. durch die Erfahrung veſtgeſetzet worden, und ich wuͤrde mich zu weit von meinem Endzwekke entfernen, wenn ich dieſen Punct weitlaͤufftiger unterſuchen wolte. Der andere Theil erfordert noch einige Aufmerkſamkeit. Er hat einen ſehr wichtigen Einfluß in die Landwirthſchaft, wie es die Folge beweiſen wird. Jch habe angemerket, daß der Abgang in dem Ey durch den Zufluß derdurch64Der Cameralwiſſenſch. 2. Cap. von dendurch den Leib der Mutter zubereiteten Luft ſo lange erſetzet werde, bis die Frucht die erforder - liche Vollkommenheit hat. Jch will einen jeden Theil dieſes Satzes beweiſen.
Und zwar fuͤrs erſte, daß die Frucht in dem Ey ohne Zufluß der aͤußerlichen Luft nicht vollkommen wird, und fuͤrs andere, daß dieſe Luft durch den Leib der Mutter muͤſſe zubereitet werden, wenn die verlangte Wuͤrkung erfolgen ſoll. Das erſte zu beweiſen bilde ich folgenden Schluß: Wo die Frucht alsdenn nicht vollkommen wird, wenn man den Zufluß der aͤußerlichen Luft voͤllig ver - hindert; ſo iſt es klar, daß die vollkommenwerdung der Frucht im Ey den Zufluß der aͤußerlichen Luft erfordert. Die Erfahrung giebt uns einen Grund, das erſte anzu - nehmen. Und dieß iſt genug, die Folge zu rechtfertigen. Jch berufe mich auf die Erfahrung, ich will nur eine anfuͤhren. Jch laße in dem nach der Gewonheit gemachten Neſte Eyer legen, und dieſe mit Pelzwerk und Federn bedekken, um den Zufluß der Luft, ſo weit es moͤglich iſt, zu verhindern. Jch laße auf dieſer Dekke wiederum zwey Eyer legen, und als - denn das bruͤtende Huhn anſetzen. Die letztern Eyer werden ausgebruͤtet, und die, welche unter der Dekke liegen, ſind theils faul, und theils mit todten Huͤnern angefuͤllet. Was iſt von dieſer Begebenheit die Ur - ſache? Die Erfahrung erlaubt es nicht, daß ich dieſe in dem Grad der Waͤrme ſuche. Jch werde genoͤ - thiget zu glauben, ſie ſey der verhinderte Zufluß der aͤußerlichen Luft.
Den andern Theil dieſes Satzes anzunehmen, werde ich durch folgendes genoͤthiget. Jch habe ſehr oft den Welſchenhuͤnern Eyer von Huͤnern oder Endten zumAusbruͤ -65verſchiedenen Werken der Natur uͤberhaupt. ausbruͤten unterlegen laſſen. Sie ſind wohl ausge - bruͤtet worden. Jch habe es aber noch nicht dahin bringen koͤnnen, daß dieſe junge mir zu fernerer Zucht ſind nuͤtzlich geworden. Jch habe ihnen geſun - de und ſolche Eyer unterlegen laſſen, die von Thie - ren ſind gelegt worden, die ihre Art ausgebruͤtet hat. Sie haben wohl geſeſſen, aber nichts ausgebracht. Es muß dieß eine Urſache haben. Was iſt dieſe? Jch habe mit dieſem die Zucht der Mauleſel und die Zucht derjenigen Thiere verglichen, die man in den Vogelhekken Baſtarten nennet, und ich kan keine andere Urſache von dieſer Begebenheit gedenken, als, weil zum Ausbruͤten ein Zufluß der aͤußerlichen Luft erfodert wird, die durch den Leib der Mutter gehoͤrig iſt zubereitet worden.
Vielleicht giebt es einige, die dieſen unſern Gedan -Ein Zweifel wider dieſe Lehre, ken entgegen ſetzen, einmahl: daß man Eyer durch Huͤlfe eines Ofens wuͤrklich ausbruͤten koͤnne, wenn nur der gehoͤrige Grad der Waͤrme dabey ſey beobachtet worden. Fuͤrs andere: daß es in dem funfzigſten Stuͤkke der beliebten und vortreflichen oͤconomiſchen Nachrichten, deutlich ſey bewieſen worden, daß das Federvieh, ſo nicht von ſeines gleichen iſt, ausgebruͤtet worden, nicht vor untuͤchtig zur Brut zu halten ſey. Wir wollen antworten. An der Wahrheit des erſten Punkts werde ich ſo lange zweifeln, bis ich von die - ſem durch die Erfahrung bin uͤberzeuget worden. Jch habe noch keinen geleſen, der dieſe Sache aus eigener Erfahrung beſchrieben, der ihre Moͤglichkeit unum - ſtoͤßlich bewieſen hat. Es iſt wahr, wir koͤnnen durch Huͤlfe des Ofens denjenigen Grad der Waͤrme hervorbringen, den wir bey dem Bruͤten des Feder - viehes empfinden. Es iſt aber auch dieß eine Wahr -Eheit,66Der Cameralwiſſenſch. 2. Cap. von denheit, daß nicht allemahl der Grad der Waͤrme die Urſache von einer beſtimmten Wuͤrkung iſt, ſondern daß wir ſehr oft auf die Beſchaffenheit der Duͤnſte ſehen muͤſſen, die ſich durch die Waͤrme wuͤrk - ſam beweiſen. Man frage denjenigen, der wuͤrklich durch Huͤlfe eines Ofens Eyer ausgebruͤtet hat, nach allen Umſtaͤnden. Jſt ſeine Antwort gegruͤndet und vollſtaͤndig, ſo wird man bald merken, daß er durch die Kunſt denjenigen Dunſt habe hervorbringen koͤn - nen, der durch das bruͤtende Huhn gewuͤrket wird.
Jn Anſehung des andern Zweifels antworte ich, daß ich dieſe Anmerkung mit vielem Vergnuͤgen ge - leſen habe. Sie beſchreibet verſtaͤndlich, und, wie ich glaube, gruͤndlich die Urſache, warum die Enten ſehr oft zum Bruͤten untuͤchtig ſind. Aber dieß beweiſet ſie nicht, was ſie hat beweiſen ſollen, daß nemlich das Federvieh, ſo nicht von ſeines gleichen ausgebruͤ - tet worden, nicht vor untuͤchtig zur Brut zu halten ſey. Jſt der geſchickte Herr Verfaſſer von dieſem Satze durch die Erfahrung uͤberzeuget worden, ſo bitte ich, alle Umſtaͤnde dieſer Erfahrung zu beſchrei - ben. Jch werde dieß als ein Zeichen ſeiner Wohlge - wogenheit gegen mich annehmen. Jch habe bey die - ſem Stuͤkke alle nur moͤgliche Behutſamkeit angewen - det, ich habe es aber doch nicht dahin bringen koͤn - nen, daß dergleichen Vieh junge ſollte ausgebruͤtet haben.
Sind die Thiere durch die Zeugung in ihrer Art gebildet worden, ſo werden ſie von dem Waſſer, aus dem thieriſchem Reiche, und von den Erdgewaͤch - ſen ernaͤhret. Dieſe Nahrungsmittel werden in demMagen67Beſchaffenheit derjenigen Dinge, in welche ꝛc. Magen der Thiere zum Theil aufgeloͤßt. Die we - ſentlich wuͤrkenden Dinge der Natur werden fluͤchti - ger, und der elementariſche Saft coaguliret ſich mit dieſem in dem Thiere zu Fleiſch und Fett. Die Er - fahrung beveſtiget dieſe Wahrheit. Und ich habe nur ſo viel aus der Erfahrung anmerken wollen, als ich in dem folgenden werde noͤthig haben, die wirth - ſchaftlichen Beſchaͤftigungen, ſo weit es mir moͤglich iſt, verſtaͤndlich und begreiflich zu machen.
Dieſe Abſicht noͤthiget uns, daß wir uns umWoher der Unterſchied des Fleiſches und des Fet - tes entſte - het? diejenigen Merkmahle bekuͤmmern, die das Fleiſch von dem Fette unterſcheiden. Jch habe es noch nicht ſo weit bringen koͤnnen, daß ich mich unterſtehe, von dieſen Dingen eine Beſchreibung zu machen, die ei - ner Erklaͤrung aͤhnlich ſiehet. Jch habe mit beyden Verſuche gemacht, ich kann aber von ihrem Unter - ſchiede noch nichts mehr ſagen, als daß in dem Flei - ſche, wenn es dem Fett entgegen geſezt wird, mehr Acidum und Erde, als Oehl und Alkali, und daß in dem Fette mehr Oehl und Alkali, als Acidum und Er - de zu finden ſey.
Dieß giebt uns einen Grund, folgende RegelnAus dieſem werden eini - ge allgemei - ne Regeln geſchloſſen. zu bilden. Einmahl: ſollen die Thiere fleiſchicht, aber nicht fett werden, ſo muß ihre Speiſe mehr aci - deus, als oͤhlicht und alkaliſch ſeyn. Fuͤrs andere: ſollen die Thiere fett werden, ſo muß man dieſe mit ſolchen Dingen fuͤttern, die mehr oͤhlicht und alkaliſch als acideus ſind.
Aus der von uns §. 55. angenommenen Er -Fortſetzung des vorher - gehenden. fahrung koͤnnen wir ferner begreifen, warum nichtE 2allen68Der Cameralwiſſenſch. 2. Cap. von denallen Thieren einerley Futter zutraͤglich, und warum man in der Art des Futters nach den Jahren der Thiere eine Veraͤnderung machen muͤſſe. Siehe §. 47.
Bishieher haben wir uns einen klaren Begriff von den Dingen gebildet, welche die Natur aus ei - nem Saamen hervor bringet. Wir finden noch an - dere Werke der Natur, die aus verſchiedenen Din - gen zuſammen gefezt ſind, und weder die Vernunft noch die Erfahrung giebt uns einen Grund, zu glau - ben, daß auch dieſe aus einem Saamen gezeuget werden. Wenn dieſe Werke der Natur in einer fe - ſten Geſtalt erſcheinen, ſo werden ſie bald Steine, bald metalliſche Subſtanzen, und dieſe bald Metalle, bald halbe Metalle genennet. Wir wollen es ver - ſuchen, ob wir uns von dieſen Dingen einen deutli - chen Begriff machen koͤnnen. So wohl in den Stei - nen, als auch in den metalliſchen Subſtanzen finden wir einige oder alle Arten von den erſten Dingen der Natur, die ſich unter einander zu einem veſten Koͤr - per coaguliret haben. Dieß koͤnnen wir als einen Begriff annehmen, den alle dieſe Dinge mit einan - der gemein haben. Sind nun die Arten von den er - ſten Dingen der Natur von uns vollſtaͤndig gebildet worden, und wollen wir hierbey dieß annehmen, was wir bereits §. 19. angemerket haben, daß nemlich ei - nige von den weſentlich wuͤrkenden Dingen der Na - tur durch die Gaͤhrung und andere Wege aus der na - tuͤrlichen Traͤgheit erwekket, und hierdurch in einen ſolchen Stand verſetzet werden, in welchem ſie mit ei - ner groͤſern Geſchwindigkeit wuͤrken koͤnnen; ſo wird es uns nicht ſchwer fallen, durch die Beſtimmung und Verbindung Begriffe zu entdekken, welche die verſchiedenen Arten dieſer Dinge, wo nicht vollſtaͤn - dig erklaͤren, doch alſo beſchreiben, daß dieſe Be -ſchreibun -69verſchiedenen Werken der Natur uͤberhaupt. ſchreibungen den vollſtaͤndigen Erklaͤrungen ſehr nahe kommen. Jch wuͤrde mich von meinem gegenwaͤrtigem Endzwekke zuweit entfernen, wenn ich mich jezo mit der Bildung dieſer Begriffe beſchaͤftigen wollte. Jch will nur diejenigen heraus nehmen, die ich zu mei - nem gegenwaͤrtigem Endzwekke werde noͤthig haben.
Wenn ſich einige von den erſten Dingen derDie Natur der Steine. Natur, die von dem elementariſchen Safte unterſchie - den werden, ohne Zeugung aus einem Saamen alſo mit einander verbinden, daß ſie uns einen veſten Koͤr - per darſtellen, ſo nennen wir dieſen Koͤrper einen Stein. Jſt dieß keine vollſtaͤndige Erklaͤrung von einem Stein, ſo iſt es doch eine ſolche Beſchreibung, die uns Gelegenheit giebt, die innere Beſchaffenheit der Steine genauer zu erkennen. Mit einer ſolchen Beſchreibung muͤſſen wir uns ſo lange behelfen, bis wir eine vollſtaͤndige Erklaͤrung bilden koͤnnen.
Jſt dieſe Beſchreibung von den Steinen ge -Gruͤnde, den Unterſchied der Steine zu erklaͤren. gruͤndet, ſo iſt es auch gewiß, daß der Unterſchied der Steine abhaͤnget, theils von den erſten Dingen der Natur, die mit einander ſind verbunden worden, theils von der Verhaͤltniß in der Menge dieſer Din - ge, theils von der Art der Verbindung.
Anmerk. Die Erfahrung iſt dieſen Gedanken nicht zuwider. Wir finden Steine, in welchen wir durch die Scheidung ſinnlich nichts erkennen koͤnnen, als Erde und Waſſer. Jn andern fin - den wir Erde, Waſſer und Acidum, in einigen Er - de, Alkali und Acidum, wiederum in andern Oehl, Acidum und Alkali, u ſ. f. Wir koͤnnen hiedurch dieſe Eintheilung erklaͤren, vermoͤge welcher die SteineE 3entwe -70Der Cameralwiſſenſch. 2. Cap. von denentweder ſchmelzbare oder unſchmelzbare Steine ſind, von welchen jene zu Glas, dieſe aber nicht zu Glas koͤnnen gemacht werden.
Wenn ſich der elementariſche Saft mit den we - ſentlich wuͤrkenden Dingen der Natur, wenn von dieſen das Waſſer ausgeſchloſſen wird, ohne Zeu - gung aus einem Saamen, zu einem veſten Koͤrper coaguliret, ſo entſtehet eine metalliſche Subſtanz. Es kann auch hier dieß angemerket werden, was wir §. 60. erinnert haben.
Jſt die metalliſche Subſtanz ſchmiedbar, das iſt, alſo beſchaffen, daß ſie ſich unter dem Hammer ſtrekket, und durch dieſes Mittel unterſchiedene For - men, ohne zu brechen, annimmt, ſo wird ſie ein Me - tall genennet. Jſt ſie aber unſchmiedbar, ſo heiſt ſie ein halb-Metall.
Wird man uns dieſe Beſchreibung von der me - talliſchen Subſtanz verwilligen, ſo wird man auch zu - gleich in dieſem mit uns einig ſeyn, daß der Unter - ſchied der metalliſchen Subſtanzen abhaͤnget, theils von der Verhaͤltniß der weſentlich wuͤrkenden Dinge der Natur, die ſich mit dem elementariſchem Safte coaguliret haben, theils von der Staͤrke der Coa - gulation, u. ſ. f.
Wenn in dem Metalle der elementariſche Saft mit den weſentlichwuͤrkenden Dingen der Natur derge - ſtalt coaguliret iſt, daß es ſich durch die allerheftigſte und allerlaͤngſte Wuͤrkung des Feuers nicht veraͤndernlaͤſt,71Beſchaffenheit derjenigen Dinge, in welche ꝛc. laͤſt, ſo wird das Metall ein vollkommenes, und im Gegentheil ein unvollkommenes genennt. Ei - nige nennen jenes das reife und dieſes das unreife Metall.
Es iſt ſo gar ſchwer nicht, die verſchiedenen Punk -Abſicht die - ſes Abſchnit - tes. te zu erkennen, die wir bey dem Akkerbau un - terſcheiden und betrachten muͤſſen, wenn unſe - re Abhandlung denen eine allgemeine Anleitung ſeyn ſoll, die ſich mit dem Akkerbau beſchaͤftigen. Man kennet die Abſicht des Akkerbaues. Man weiß es, daß ein Weiſer ſeine Unternehmungen nach der Ab - ſicht beurtheilet. Und alſo wird man es uns leicht verwilligen, daß wir, indem wir uns einen Begriff von dem Akkerbau machen wollen, auf folgende Punkte ſehen muͤſſen:
Wir wollen uns mit jedem Punkt beſonders beſchaͤf - tigen, und die Sache, ſo weit es uns moͤglich iſt, auf einige Regeln bringen.
Wollen wir uns von der Guͤte einer Sache ei - nen vollkommenen Begriff machen, ſo muͤſſen wir dieſe nicht nur fuͤr ſich, ſondern auch unter denenjenigen Umſtaͤnden betrachten, auf welche ſie ſich beziehet. Wir wollen uns jetzo einen Begriff von der Guͤte des Saamens machen. Und darinn muͤſſen wir die Guͤte, die er, fuͤr ſich betrachtet, haben ſoll, von derjenigen unterſcheiden, die er in Anſehung des Akkers haben muß, den wir mit dieſem Saamen beſaͤen wollen.
Jn Anſehung des erſten Punkts bilde ich fol - genden Hauptſatz: der Saame, mit welchem wir einen Akker gluͤklich beſaͤen wollen, muß nicht nur reif, ſondern auch in ſeiner Art vollkom - men ſeyn. Denn fehlet ihm die Reife, wo kann durch ihm ein Ding von ſeiner Art gewuͤrket werden? (§. 22.) Jſt er in ſeiner Art noch unvollkommen, ſo fehlet ihm die beſondere Schwere, die er haben ſollte (§. 22). Fehlet ihm dieſe, wie kan er Dinge von ſeiner Art in der groͤſten Vollkommenheit hervorbringen?
Die Betrachtung dieſes Satzes wuͤrket in uns eine Begierde, zu wiſſen, wie wir den Saamen zur Reife und zur Vollkommenheit bringen koͤnnen. Das erſte wird wohl ein Werk der Natur bleiben. Die Kunſt hat bey dieſem Stuͤkke bis hieher nichtsnuͤtzliches73verſchiedenen Werken der Natur uͤberhaupt. nuͤtzliches thun koͤnnen, als daß ſie den Saamen zur rechten Zeit geſaͤet, und in ſeinem Wachſen gehoͤrig gepfleget hat. Von dieſen Beſchaͤfftigungen werden wir an dem gehoͤrigen Orte vielleicht nicht ohne Nu - zen handeln.
Bey dem andern Stuͤkke kan ſich die Kunſtund voll - kommen wird. wuͤrkſamer beweiſen. Jch bilde zu dieſer Abſicht fol - genden Satz: Soll der Saame ſeine gehoͤrige Vollkommenheit bekommen, ſo muß er auf dem wachſenden Stengel zwar reif aber nicht voͤllig hart werden. Die Erfahrung beveſtiget dieſe Lehre. Denn wird der Saame auf dem wach - ſenden Stengel nicht reif, ſo bekoͤmmt man Huͤlſen ohne Kern, dieß ſind taube Koͤrner. Jch habe zu verſchiedenen mahlen mit Koͤrnern von verſchiedener Art einen Verſuch angeſtellet, und die, welche auf dem wachſenden Stengel voͤllig duͤrre geworden, mit denen verglichen, die nach ihrer Reife ſind abgeſchnit - ten, und alsdenn gedoͤrret worden. Jch habe alle - mahl gefunden, daß, wenn im uͤbrigen die Koͤrner von einerley Guͤte, die beſondere Schwere von dieſen groͤßer geweſen iſt, als die beſondere Schwere von jenen. Dieß iſt genug, zu behaupten, daß jene in ihrer Art vollkommener ſeyn muͤſſen als dieſe (§. 22.)
Anmerk. 1. Vielleicht iſt es kein Jrrthum, wenn man lehret, daß dieß die Urſache von dieſer Bege - benheit ſey, weil aus dem reifen Saamen, wenn er auf dem wachſenden Stengel gedoͤrret wird, vie - le Saͤfte in dem Stengel zuruͤk treten. Bey ei - nigen Gewaͤchſen lehret uns dieß der Augenſchein, z. E. bey den Citronen, u. ſ. f.
Anmerk. 2. Es kann dieſer Lehrſatz auch aus einem andern Grunde geſchloſſen werden, den wirE 5bey74Der Cameralwiſſenſch. 2. Cap. von denbey der Wirthſchaft betrachten muͤſſen. Wird der Saame auf dem wachſenden Stengel geduͤrret, ſo faͤllt er ſehr leicht ab. Daher bekommt man zur Be - lohnung viel Stroh und wenige Koͤrner.
Die beſondere Schwere eines Korns, das in ſei - ner Art vollkommen, iſt groͤßer, als die beſondere Schwere eines Korns, das in ſeiner Art nicht ſo voll - kommen iſt, wie jenes (§. 22). Wenn Dinge von ei - nerley Art, die aber von ungleicher Schweere ſind, mit einerley Kraft beweget werden, ſo muͤſſen die leichteren weiter fallen, als die ſchweren, und wenn ſich dieſe Dinge mit ihrer Schwere gegen die Erde bewe - gen, ſo muͤſſen die ſchweren eher nieder fallen, als die leichten. Dieß giebt uns Gelegenheit, auf Mittel zu denken, wie aus einem Haufen der vollkomme - ne Saamen von dem koͤnne abgeſondert werden, der nicht ſo vollkommen iſt.
Anmerk. Die Handgriffe und die Machinen, die man zu dieſer Abſicht anwendet, koͤnnen in den Fuͤrleſungen beſchrieben und erklaͤret werden, wie auch die verſchiedenen Stuͤkke, auf welche man zu ſehen hat, wenn man den abgeſchnittenen Saa - men troknen will.
Es giebt verſchiedene Erdgewaͤchſe, die in dem er - ſten Jahre entweder keinen Saamen, oder wenig - ſtens keinen vollkommenen Saamen hervorbringen, z. E. Kohl, verſchiedene Arten von Ruͤben, u. ſ. f. Verlangt man von dieſen Gewaͤchſen vollkommenen Saamen, ſo lehret uns die Erfahrung folgende Re - geln, auf welche wir bey dieſem Geſchaͤfte unſere Auf - merkſamkeit richten muͤſſen.
Ein -75Beſchaffenheit derjenigen Dinge, in welche ꝛc.Man unterlaſſe es, dieſe Regeln genau zu beobach - ten, man wird in keinem Falle einen Saamen be - kommen, der ſeine erforderliche Schwere hat. Ver - laͤſt man die erſte Regel, ſo wird man finden, daß die Staude nicht Kraft genug hat, den Saamen zu treiben. Wird die andere Regel nicht beobachtet, ſo bekommt man entweder keinen Saamen, oder doch nur einen ſolchen, der in ſeiner Art zu leicht iſt. Verabſaͤumet man die Beobachtung der dritten Re - gel, ſo wird man finden, daß ſich die Staude uͤber - waͤchſt, und alſo nur einen Saamen, der faſt keinen Kern hat, hervorbringet.
Anmerk. Es giebt einige Gewaͤchſe von der angenommenen Art, die ſchon in dem erſten Jah - re einen vollkommenen Saamen hervorbringen. Es lehret aber hiebey die Erfahrung, daß der Saa - me weit vollkommener wird, wenn man das Ge - waͤchſe zum Saamentragen verpflanzet hat. Man wird von dieſer Sache viel nuͤtzliches abgehandelt finden in dem erſten Theile von dem Land - und Gartenſchatze des Herrn Reicharts.
So weit von der Vollkommenheit des Saamens fuͤr ſich betrachtet. Wir muͤſſen nun auch ſeine Vollkom - menheit in der Beziehung auf den Akker betrachten, in welcher er ſoll geſaͤet werden. Dieſe muß die Abſicht des Saͤens beſtimmen. Worinn beſtehet die - ſe? Wir wollen, daß die Natur durch den Saamen ein beſtimmtes Ding in der gehoͤrigen Vollkommen - heit wuͤrken ſoll. Soll dieß geſchehen, ſo muß der Saame in der Erden kaͤumen, durch die aufgeſchloſ - ſenen Wurzeln den elementariſchen Saft und die wuͤrkenden Dinge der Natur an ſich ziehen, und dieſe nach ſeiner Natur coaguliren (§. 38. folg.) Dieß iſt genug zu begreifen, daß wir in dieſer Bezie - hung bey der Vollkommenheit des Saamens auf fol - gende Stuͤkke zu ſehen haben, ob der Saame leicht oder nicht leicht kaͤumet. Ob ſeine Gefaͤße, durch welche er den elementariſchen Saft und die wuͤrken - den Dinge der Natur anziehet, weit oder enge ſeyn muͤſſen, wenn eine vollkommene Coagulation erfol - gen ſoll. Ob das Gewaͤchſe acideus, alkaliſch, oͤhligt oder waͤßerigt. Ein nicht leicht kaͤumender Saame iſt in Anſehung eines feuchten Bodens vollkommener, als in Anſehung eines trokkenen. Ein Saame, deſſen Ge - faͤſſe zum erforderlichen Anziehen ſehr ausgedehnet worden, iſt in Anſehung eines feuchten und warmen Bodens vollkommener, als in Anſehung eines kalten und truckenen Bodens (§. 39). Ein Saame, der eine acideuſe Frucht hervorbringet, iſt in Anſehung eines acideuſen Akkers vollkommener, als in Anſehung eines alkaliſchen u. ſ. f.
Hat man vollkommenen Saamen, ſo erfordert es die Klugheit, dieſen bis zur Ausſaat wohl zu verwah -ren,77verſchiedenen Werken der Natur uͤberhaupt. ren, daß er in ſeiner Vollkommenheit nicht geſchwaͤcht werde. Wird er zu feuchte uͤbereinder gelegt, ſo wird er in ſeinem innern erwaͤrmet. Es ſind keine Nah - rungsmittel vorhanden. Folglich muß der Saame verderben. Wird der Saame den Wuͤrkungen der Sonne zu ſehr ausgeſezt, ſo ziehet dieſe die oͤhlichten Theile und andere weſentliche Stuͤkke des Saamens an ſich. Dieß ſchwaͤchet den Saamen in ſeiner Voll - kommenheit. Liegt der Saame an einem feuchten Orte, ſo muͤſſen wir nothwendig diejenigen Wuͤrkun - gen vermuthen, die wir bey dem erſten Falle angemer - kel haben. Hieraus folget es, daß wir, wenn wir den vollkommenen Saamen wohl verwahren wollen, folgende Regeln beobachten muͤſſen.
Die Beſchaffenheit des Akkers iſt eins der wichtig -Die innerli - che Beſtim - mungen ſind von den aͤu - ſerlichen zu unter ſchei - den. ſten Stuͤkke, die ein Landwirth unterſuchen muß. Dieſe beſtimmet den Werth des Akkers, und den jaͤhr -lich78Der Cameralwiſſenſch. 2. Cap. von denlich zu hoffenden Nutzen. Wir wollen alle Punkte, die hiebey zu unterſcheiden ſind, ſo weit es uns moͤg - lich iſt, beſchreiben. Wenn wir uns von dem Zu - ſtande einer Sache einen deutlichen Begriff machen wollen, ſo muͤſſen wir ihre innerlichen Beſtimmungen von den aͤuſerlichen unterſcheiden. Beyde koͤnnen den Werth eines Akkers erhoͤhen, aber auch vermin - dern. Wir wollen dieß zuerſt bey den aͤuſerlichen, und alsdenn bey den innerlichen Beſtimmungen des Akkers unterſuchen.
Die aͤuſerlichen Beſtimmungen des Akkers ſind aus der Lage zu erkennen. Dieſe giebt dem Akker gewiſſe Beſtimmungen, theils durch die Natur, theils durch einige Umſtaͤnde, die nicht allein von der Na - tur abhaͤngen, ſondern mit in dem Willen der Men - ſchen gegruͤndet ſind.
Die Umſtaͤnde, durch welche die Natur den aͤuſer - lichen Zuſtand des Akkers beſtimmet, ſind theils be - ſtaͤndige, theils ſolche, die von gewiſſen Zufaͤllen ab - haͤngen. Jn Anſehung des erſten Punkts haben wir auf folgende Stuͤkke zu ſehen:
Ein jeder von dieſen Umſtaͤnden kan dem Akker ſo wohl nuͤtzlich als ſchaͤdlich ſeyn. Wir wollen jeden Punkt beſonders unterſuchen.
Sind bey einem Akker fließende Waſſer, ſoEinige gruͤnden, ſich in dem flieſ - ſenden Waſ - ſer, wie dieß dem Akker ſchaͤdlich. koͤnnen dieſe dem Akker theils dadurch ſchaͤd - lich ſeyn, daß ſie dieſen zu einer ſolchen Zeit uͤberſchwaͤmmen da er beſtellt iſt, theils dadurch, daß ſie die lukkergemachte Erde wegfuͤhren, theils dadurch, daß ſie die Grenzen des Akkers einreiſſen. Denn in dem erſten Fall, wird entwe - der der eingeſtreuete Saame zu ſehr erweichet, und dadurch zur Faͤulniß beſtimmet, oder das Gewaͤchſe wird niedergedrukt, und in ſeinem Wachsthum ver - hindert. Jn dem andern Fall wird der Boden un - geſchickt gemacht, Fruͤchte hervor zu bringen. Jn dem dritten Fall iſt der Schade offenbar, indem hier - durch die Groͤße der Guͤter vermindert wird.
Wir muͤſſen uns um Mittel bekuͤmmern, dieſenMittel, die - ſen Schaden zu verhin - dern. Schaden, ſo viel es moͤglich iſt, zu verhindern. Man wird es uns leicht verwilligen, daß die Ueberſchwem - mung durch nichts, als durch Daͤmme und Graͤben, und daß das Wegreiſſen der Aekker durch nichts, als durch eine Beveſtigung des Ufers koͤnne verhindert werden.
Anmerk. Jn den Fuͤrleſungen koͤnnen folgende Aufgaben aufgeloͤſet werden.
Aus dem, was wir bisher abgehandelt haben, flieſ -Eine allge - meine Wirth - ſchaftsregel. ſet unmittelbar dieſe Wirthſchaftsregel:
Ein80Der Cameralwiſſenſch. 1. Cap. von derEin Akker, der an dem Waſſer lieget, muß nicht eher umgeriſſen werden, als bis man keine Ueberſchwemmung zu vermuthen hat. (§. 78).
Dieſe zu vermuthende Schaͤden geben keinem Wir - the Bewegungsgruͤnde, einen ſolchen Akker zu verab - ſcheuen. Er weiß es, wie dieſes Waſſer den Werth des Akkers merklich erhoͤhen koͤnne. Wie denn, wer - den diejenigen fragen, die ihren an dem Waſſer graͤnzenden Akker darum verkaufen, weil er, wie ſie ſagen, ſchadhaft lieget. Wir wollen es verſuchen, ob wir ihre Gedanken mit den unſrigen einſtimmig ma - chen koͤnnen. Das vorbey flieſende Waſſer iſt entwe - der ein Strom, oder es ſind Quellen. Jſt es ein Strom, ſo fuͤhret er mehrentheils einen fetten Schleim, der mit alkaliſchem Sande vermiſcht iſt, bey ſich. Darum bepflanze den Ufer des Akkers mit Saalwei - den. Binde dieſe jaͤhrlich durch einander, daß ſie einen niedrigen Zaun bilden, ſo wird ſich der Schlamm und der Sand an deinen Akker legen, und du wirſt nach und nach einen merklichen Anwachs zur Beloh - nung deiner Muͤhe bekommen.
Jſt das vorbeyfließende Waſſer ein Strom, oder ſind es Quellen, ſo koͤnnen beyde einen gemeinſchaft - lichen Nutzen wuͤrken. Man unterſuche die Beſchaf - fenheit des Schnees, man wird es uns verwilligen, daß dieß die ſchoͤnſte Dingung ſey. So wohl der Strom als die Quellen ſind im Winter mit dem auf - geloͤßten Schnee vermiſcht. Sollte es ohne vor - zuͤglichem Nutzen ſeyn, wenn wir dieß uns ſo ſchaͤd - lich ſcheinende Waſſer alſo lenken wollten, daß unſre Aecker im Winter koͤnnen gewaͤſſert werden?
Anmerk. 81Beſchaffenheit derjenigen Dinge, in welche ꝛc.Anmerk. Jn den Fuͤrleſungen kan gezeiget werden,
So weit von dem erſten Umſtande. Jn AnſehungAndere gruͤnden ſich in der Lage gegen die Weltgegen - den. des andern Umſtandes hat man hierauf zu ſehen, ob der Akker gegen Abend, Mittag, Mitternacht, oder Morgen abhaͤnget. Die Aecker werden in dieſer Be - trachtung in Abend-Mittaͤgige-Mitternaͤchtige und Morgen-Aekker eingetheilet. Die Sonne erwaͤrmet den Akker. Hieraus iſt es klar, daß die Mittaͤgigen Aekker waͤrmer als die Morgen-Aekker. Dieſe waͤr - mer, als die Abend-Aekker, und dieſe waͤrmer als die Mitternaͤchtigen. Aus dieſem iſt es klar, daß man nicht ſchlechterdings ſagen koͤnne, die Mittags-Aek - ker ſind beſſer, als die Morgen-Aekker, u. ſ. f. Es iſt dieß eine Eintheilung, die ſich auf das Gewaͤchſe beziehet, das auf dem Akker ſoll gebauet werden. Es giebt verſchiedene Gewaͤchſe, welche die Strenge der Sonnenhitze wohl vertragen koͤnnen. Es giebt aber auch wiederum verſchiedene, die nur im Kuͤhlen wachſen. Da aber doch dieß klar iſt, daß die kalten Nordwinde dem Wachsthum der Erdgewaͤchſe ſehr nachtheilig ſind; ſo wird man es uns ſehr leicht ver - willigen, daß wir dieſen Satz bilden: die mitter - naͤchtigen Aekker ſind die ſchlechteſten.
Aus dieſer Betrachtung fließet eine beſondereWie dieß nuͤtzlich und ſchaͤdlich ſeyn koͤnne. Wirthſchafts-Beſchaͤftigung, die zwar von vielen ver - abſaͤumet wird, doch aber, wie ich es glaube, in An - ſehung des Nutzen von Wichtigkeit iſt. Sie iſt dieſe:Fwenn82Der Cameralwiſſenſch. 2. Cap. von denwenn ein Akker der Sonnen-Hitze voͤllig ausge - ſetzet iſt, und das Erdgewaͤchſe kann dieſe nicht vertragen, ſo muß man auf Mittel denken, den Akker abzukuͤhlen. Unter dieſe Mittel kan ge - zehlet werden, einmahl die Anpflanzung der Baͤume und Hekken, um den Akker zu beſchatten; Fuͤrs an - dere, die Sommerwaͤſſerung, wenn nemlich das Ge - waͤchs dieſe vertragen kann.
Das dritte, nemlich angraͤnzende Berge (§. 77.) koͤnnen dem Akker wiederum ſo wohl nuͤtzlich als nach - theilig ſeyn. Dieß genau zu beſtimmen, wird es noͤ - thig ſeyn, daß wir die Lage der Berge von ihrer Beſchaffenheit unterſcheiden. Jn Anſehung des erſten Punkts bilde ich folgende Gedanken. Wird der Akker von dem Berge gegen Mittag bedekket, ſo iſt er in der That ein mitternaͤchtiger Akker, dieß iſt ihm nachthei - lig. (§. 83.) Wird der Akker von dem Berge gegen Mitternacht bedekket, ſo beſchuͤtzet der Berg den Akker wider die Nordwinde. Dieß iſt ihm nuͤtzlich (§. 43). u. ſ. f.
Richten wir unſere Aufmerkſamkeit auf die Be - ſchaffenheit der Berge, ſo ſind ſie entweder ange - bauet, oder nicht. Jſt jenes, ſo kann das herunter fließende Regenwaſſer den Miſt-Saft von dem Berge auf unſern Akker tragen. Dieß kann uns nuͤtzlich ſeyn. Jn beyden Faͤllen kann uns dieß zum Scha - den gereichen, daß das herabflieſende Regenwaſſer unſern Akker einreißet, und die Fruͤchte theils nieder druͤkket, theils zu ſehr zur Faͤulung beſtimmt. Aus dieſem fließen folgende Wirthſchaftsregeln.
1) Der83Beſchaffenheit derjenigen Dinge, in welche ꝛc.Diejenigen Umſtaͤnde, die von gewiſſen ZufaͤllenWiederum andere gruͤn - den ſich in der Ueber - ſchwem - mung abhaͤngen, und durch welche die Natur den aͤußerli - chen Zuſtand des Akkers beſtimmet, (ſ. §. 77.) koͤnnen gleichfalls den Werth des Akkers merklich erhoͤhen, aber auch vermindern. Die wichtigſten von dieſen Umſtaͤnden ſind die Ueberſchwemmung und das angraͤnzende Gebuͤſche. Die Ueberſchwemmung kann dem Akker ſchaͤdlich werden, wenn der Strom das Feld mit Schutt und Steinen bedekket, die lukker gemachte Erde wegnimmt u. ſ. f. Sie erhoͤht den Werth des Akkers, wenn ſie die Erde mit einem fet - ten und mit Sand vermiſchten Schleim vermiſchet. (§. 81.)
Das angraͤnzende Gebuͤſche kann das Feld widerund einige in dem angraͤn - zendem Ge - buͤſche. allerhand widrige Zufaͤlle des Wetters beſchuͤtzen. Dieß iſt ein Vortheil. Jſt das Gebuͤſche ein Be - haͤltniß von Ungeziefer, von Voͤgeln und andern wil - den Thieren, ſo iſt dieß ein Umſtand, der der Frucht gefaͤhrlich und dem Akker nachtheilig iſt. Man denkt auf Mittel, dieſen zu befuͤrchtenden Schaden zu ver - hindern. Es werden allerhand Witterungen vorge - ſchlagen, die das Ungeziefer, die Voͤgel und das Wild von der Frucht zuruͤck halten ſollen, Jch willF 2dieſe84Der Cameralwiſſenſch. 2. Cap. von dendieſe nicht voͤllig verwerfen, doch ſcheint es, und die Erfahrung beſtaͤtiget dieſe Gedanken, daß bey dieſem Stuͤkke die Beobachtung folgender Regeln die beſte Huͤlfe leiſtet:
So weit von den Umſtaͤnden, durch welche die Na - tur den aͤußerlichen Zuſtand des Akkers beſtimmet, wir wollen uns nun auch mit denjenigen beſchaͤftigen, die mit in dem Willen der Menſchen gegruͤndet ſind. Siehe §. 76. Auch dieſe Umſtaͤnde koͤnnen wir in beſtaͤndige, und in ſolche eintheilen, die ſich nur nach und nach ereignen. Wir betrachten jene, und wir er - kennen, daß wir unter dieſen die Wege, an welchen die Aekker liegen, genau beobachten muͤſſen. Liegt der Akker an einer Landſtraſſe, ſo kann es leicht geſche - hen, daß man uͤber den Akker gehet, reitet und faͤhret. Dieß macht die Flaͤche des Akkers zu veſte, und iſt er beſtellet, ſo wird hiedurch entweder das Aufgehen des Saamens verhindert, oder die bereits aufgegangenen Fruͤchte werden niedergedruͤkket und in dem Wachs -thum85Beſchaffenheit derjenigen Dinge, in welche ꝛc. thum verhindert. Dieß iſt der Schade. Was dem - nach den Weg uͤber den Akker verſperret, dieß iſt ein Mittel, dieſen Schaden zu verhuͤthen. Folglich koͤn - nen unter dieſe Mittel die Graben, Zaͤune, aufgewor - fene Raͤnder, Verpfaͤlungen, u. ſ. f. gezehlet werden.
Anmerk. Jn den Fuͤrleſungen kann gezeiget werden, wie dergleichen Mittel mit Nutzen wuͤrk - lich zu machen.
Dieſer dem Akker gefaͤhrlich ſcheinender Umſtandund nuͤtzlich. kann ein Mittel werden, denſelben zu verbeſſern. Durch das beſtaͤndige Gehen, Fahren und Reiten wird die Erde auf der Landſtraſſe mit Duͤngung und Sand vermiſchet. Aus dieſer Urſache wird bey an - haltendem Regen die obere Flaͤche der Straße ein fetter Schlamm. Dieſen ſchlaget auf einem Haufen, laſt ihn in die Faͤulniß gehen, und alsdenn fahret den Schlamm auf den Akker. Dieſe Muͤhe wird ge - wiß belohnet werden.
Anmerk. Wer Toback bauet, dem wird dieſer Schlamm, auch ehe er auf dem Haufen verfaulet iſt, groͤßeren Nutzen bringen, als eine andere Duͤngung.
Unter diejenigen Umſtaͤnde, die ſich nach und nachTheils ereig - nen ſie ſich nach und nach. Wie dieſe ſchaͤd - lich. ereignen, (ſiehe §. 89.) muͤſſen vornemlich die Trif - ten und die Arten der Felder beobachtet werden. Die Trift kan einem Akker nachtheilig ſeyn, einmahl, weil das vorbeygehende Vieh der Frucht ſehr leicht einen Schaden zufuͤget. Fuͤrs andere, wenn man in gewiſ - ſen Jahrszeiten die Felder zur Weide muß liegen laſ - ſen. Dieß verurſachet oft, daß wir unſere FelderF 3nicht66[86]Der Cameralwiſſenſch. 2. Cap. von dennicht ſo viel nuͤtzen koͤnnen, als es moͤglich iſt, und daß wir unſere Felder nicht alsdenn bearbeiten koͤnnen, wenn es uns wuͤrde nuͤtzlich und bequem ſeyn.
Anmerk. Jch werde es an ſeinem Orte bewei - ſen, daß ein regelmaͤßiger Viehſtand, wenn er in dem Stalle gehalten wird, der Wirthſchaft nuͤtzli - cher werden koͤnne, als wenn man das Vieh in der Weide gehen laͤſt.
Auch dieſes kann dem Akker in einer gewiſſen Ord - nung nuͤtzlich werden. Eine gewiſſe Art der Thiere durchwuͤhlet den Akker, z. E. Schweine, verzehret die Wurzeln des Unkrauts, oder bringet wenigſtens dieſe in die Hoͤhe, daß ſie verderben muͤſſen. Wird das Vieh auf einem Akker bey einander gehalten, ſo kann es dieſen nach und nachduͤngen. Und ſo ferner.
Anmerk. Jch werde es an ſeinem Orte zeigen, warum die gewoͤhnliche Art zu duͤngen, dieſen vor - zuziehen ſey.
Endlich koͤnnen wir dieſer Betrachtung auch noch dasjenige beyfuͤgen, was von den verſchiedenen Arten der Felder geſaget wird. Die Felder werden in Lee - den und gangbare Felder eingetheilet. Eine Leede heiſt ein Feld, das zum Fruchttragen nicht iſt bereitet worden. Gangbare Felder ſind diejenigen, die jaͤhrlich bearbeitet werden.
Ein Wirth leidet in ſeinem Gute keine Lee - den. Ein Wirth iſt bemuͤhet, das ſeinige ſo hoch zunutzen87verſchiedenen Werken der Natur uͤberhaupt. nutzen, als moͤglich. Koͤnnen wir es nun beweiſen, daß die Felder allemahl hoͤher genutzer werden, wenn ſie keine Leeden ſind, als wenn ſie Leeden ſind; ſo muß man uns auch dieſe Folge verwilligen, daß ein Wirth in ſeinem Guthe keine Leede leidet. Es wird uns nicht ſchwer fallen, das erſte zu beweiſen. Denn ſollte es nuͤtzlicher ſeyn, ein Feld leede liegen zu laſſen, als es gangbar machen, ſo muͤſte die Urſache ſeyn, ein - mahl, weil man nicht Zeit und Menſchen oder Vieh genug hat, alles Feld zu bearbeiten, fuͤrs andere, weil die Weide die Leede erfordert, fuͤrs dritte, weil das Feld zu unfruchtbar iſt, und nur mit Koſten, die den Ertrag uͤberſteigen, kann fruchtbar gemacht wer - den. Keine von dieſen Urſachen iſt hinreichend. Die erſte wird ſogleich vernichtet, wenn der Wirth einen ordentlichen Endwurf ſeiner ganzen Wirthſchaft ma - chet, und dabey erweget, daß man nach und nach das bewerkſtelligen koͤnne, was ſich auf einmahl nicht zwingen laͤſt, und daß es moͤglich ſey, ein Feld in einem Jahr alſo zu beſtellen, daß es durch viele Jah - re, ohne es ferner zu bearbeiten, koͤnne genutzet wer - den. Z. E. mit Graͤſerey, Holz u. ſ. f. Die ande - re Urſache wird theils vernichtet, wenn man ſeine Wirthſchaft alſo einrichtet, daß man das Vieh mit Nutzen im Stalle ſtellen kann. Ja, ſollte dieß un - moͤglich ſeyn, ſo wird dennoch die erforderliche Weide die Bebauung des Feldes nicht verhindern. Man pflanze Baͤume, welche in die Hoͤhe gehen, dieß kann zum Nutzen der Weide gereichen, wenn es regel - maͤßig eingerichtet wird. Die dritte Urſache ſcheinet vielen gegruͤndet zu ſeyn, und ich habe ehedeſſen auch dieſe Meynung angenommen, allein die Vernunft und die Erfahrung zwinget mich, dieſe zu veraͤndern. Wir haben Gewaͤchſe, ſo wohl bey der Graͤſerey, z. E. Steinklee, Diſteln, als auch bey dem Getraide, z. E. Duͤnkel, und bey den Huͤlſenfruͤchten z. E. Kuͤ -F 4cherlin88Der Cameralwiſſenſch. 2. Cap. von dencherlin, die der Viehzucht ſehr nuͤtzlich ſind, und die auf einem geringen Boden wohl wachſen. Wir koͤnnen auch im Fall der Noth die Felder ohne viele Koſten duͤngen und in einer gewiſſen Art fruchtbar machen. Wir werden dieß in dem Kapitel von der Duͤngung beſchreiben und beweiſen. Dieß iſt genug, unſern Satz zu beveſtigen, daß kein Wirth in ſeinem Guthe eine Leede leidet.
Gangbare Felder werden in brach - und tragbare Felder eingetheilet. Brachfelder ſind diejenigen, die im Sommer nicht ſind beſaͤet worden, um ſolche zur Winterſaat zuzubereiten. Tragbare Felder aber ſind diejenigen, die friſch bearbeitet, und im Sommer mit Fruͤchten bewachſen ſind.
Dieſe werden einmahl in Sommer - und Winter - Felder. Fuͤrs andere in Felder von der erſten, an - dern und dritten Art eingetheilet. Winter-Feld iſt dasjenige, was wir mit Winter-Fruͤchten, und Som - mer-Feld, was wir mit Sommer-Fruͤchten beſtellen.
Felder von der erſten Art, nennen wir diejenigen, die wir in dem gegenwaͤrtigem Jahre geduͤnget. Von der andern Art, die wir in dem vorhergehendem Jah - re geduͤnget, von der dritten Art, die vor zwey Jah - ren ſind geduͤnget worden, u. ſ. f.
Wir wollen hiebey eine Frage unterſuchen, bey de - ren Beantwortung die Meynungen der Wirthe gethei -let89verſchiedenen Werken der Natur uͤberhaupt. let ſind. Ob Brachfelder noͤthig ſind? Die, wel - che dieſe Frage bejahen, gruͤnden ihre Meynung theils in dem, weil die Ruhe der Felder noͤthig ſey; Theils in dem, weil man mit der Arbeit nicht wuͤrde herum kommen koͤnnen; Theils in dem, weil die Brachfelder zur Weide erfordert werden. Dieß ſind gewoͤhnliche Meynungen, die uns unſere Vaͤter bey - gebracht haben. Will man dieſen wiederſprechen, ſo muß man dieſen Vorwurf befuͤrchten: die gelehrte Wirthſchaft laſſe ſich nicht allemahl im Felde anwen - den. Doch es wird auch wohl in dieſem Falle gelten, was in allen Faͤllen guͤltig iſt, daß vernuͤnftige Gruͤn - de hinreichen, die Meynungen, welche die Gewohn - heit eingefuͤhret hat, zu entkraͤften. Jch habe Gruͤn - de, zu glauben, daß alle Gruͤnde, mit welchen man die angefuͤhret Meynung unterſtuͤtzen will, zu ſchwach ſind, uns zu einem Beyfall zu zwingen, und die Er - fahrung bekraͤftiget dieſes. Der andere und dritte Grund wird durch dieß entkraͤftet, was wir bereits in dem Beweiſe des §. 94. angemerket haben. Wir wollen uns demnach nur noch mit dem erſten Grunde beſchaͤftigen.
Was heiſt die ſo noͤthige Ruhe der Felder? ManOb dieß die Ruhe der Felder er - fordert? bilde ſich von dieſem einen deutlichen Begriff, und alsdenn vergleiche man dieß, was dieſer Begriff er - fordert, mit der Erfahrung, ſo wird man ſich bald von dem Ungrunde dieſes Gedankens uͤberzeugen. Die Felder ſollen ruhen, das iſt, ſie ſollen in einem Sommer keine Fruͤchte tragen, damit ſich die Kraͤfte der Luft in demſelben wiederum ſammlen koͤnnen. Dieſes iſt noͤthig (§. 37). Sollte es aber wohl durch die Ruhe der Felder koͤnnen gewuͤrket werden? Man laſſe das Feld in einem Sommer ruhen, ſo hat man es entweder umgeriſſen, oder man hat es liegenF 5laſſen.90Der Cameralwiſſenſch. 2. Cap. von denlaſſen. Jſt dieſes, ſo waͤchſt Unkraut. Dieß ent - ziehet dem Felde die Nahrung, die man haͤtte nuͤtzen koͤnnen. Jſt jenes, ſo kann die Sonnenhitze den Akker durchdringen. Dieß entziehet dem Akker das Alkali, das Oehl, die Feuchtigkeit. Wo iſt nun der Nutzen von der Ruhe? Jn den oͤkonomiſchen Nach - richten ſind verſchiedene wohlausgearbeitete Abhand - lungen, die dieſe Gedanken beveſtigen.
Hat man einen Mangel am Duͤnger, ſo beſaͤe man die zur Brache beſtimmten Felder mit Huͤlſen - fruͤchten. Z. E. Erbſen, Wicken u. ſ. f. Dieſe be - dekken den Akker wider die Strenge der Sonnenhitze. Die Kraͤfte der Luft koͤnnen ſich alsdenn beſſer in dem Akker ſammlen. Die Nahrung, die das Un - kraut wuͤrde verſchwendet haben, gereichet zu unſerm Vortheil. Man laſſe bey dem Abſchneiden dieſer Fruͤchte lange Stoppeln ſtehen. Wenn dieſe zu ſei - ner Zeit regelmaͤßig eingeakkert werden, ſo wird man es gewiß erfahren, daß der von dieſem Akker genom - mene Nutzen keine Verſchlimmerung, ſondern viel - mehr eine Verbeſſerung des Akkers wuͤrket. Die Lehre von der Duͤngung, die wir in dem folgenden abhandeln werden, wird dieſes aus den Gruͤnden der Natur beveſtigen.
Wenn wir die Felder in die §. 97. angenommenen Arten vertheilen, und hiebey dem nachdenken, wie der Duͤnger in dem Akker wuͤrket, und daß ſich eini - ge Arten von dem Duͤnger laͤnger wirkſam beweiſen, als andere; ſo wird es uns nicht ſchwer fallen, zu begreifen, einmahl, daß die Felder von der andern Art fruchtbarer ſind, als die von der erſten Art. Fuͤrs91verſchiedenen Werken der Natur uͤberhaupt. Fuͤrs andere, daß wir, wenn wir von der Frucht - barkeit der Felder, von der dritten Art urtheilen wol - len, auf die Beſchaffenheit des Miſtes ſehen muͤſſen, mit dem wir dieſe Felder in dem erſten Jahre geduͤn - get haben. Wir koͤnnen von dieſem alsdenn erſt mit Ueberzeugung und umſtaͤndlich reden, wenn wir zu - vor die Lehre von der Duͤngung abgehandelt haben. Hiervon in dem folgendeu.
So weit von den aͤuſſerlichen Beſtimmungen derGewoͤhnli - che Cinthei - lung der Felder, nach ihren inner - lichen Be - ſtimmungen. Aekker. Wir muͤſſen uns nun auch um die innerli - chen bekuͤmmern, (S. §. 75.) die uns einen Be - griff von ihrer innerlichen Guͤte machen ſollen. Die Wirthe ſind in dieſem Stuͤkke nicht einig, wie ſie nach dieſer Abſicht die Felder vertheilen ſollen. Wir wollen einige Meynungen anfuͤhren, und alsdenn einen Ver - ſuch machen, ob wir dieſe Sache in einer zuſammen - hangenden Ordnung, aber doch der Natur gemaͤß werden abhandeln koͤnnen. Herr von Rohr redet von dieſer Sache, wie folget:
Die Felder ſind unterſchiedlich, etliche harte, etliche weich und geſchlacht, etliche ſtark, etliche ſchwach, etli - che ſeich, moraſtig und ſumpfigt, etliche trokken, etliche ſandigt, etliche kalkicht, andere ſteinigt, oder kalt und trokken, warm und feucht; einige weißen ihren Unter - ſchied der Farbe nach, ſind ſchwarz, roth, graulicht. u. ſ. f. Nachdem dieſer Unterſchied iſt bemerket worden, ſo werden folgende Regeln, die Guͤte des Akkers zu er - kennen, vorgeſchlagen:
Die harten Felder ſind traͤchtiger als die weichen.
Die ſtarken beſſer als die ſchwachen,
Die lukkern beſſer als die dichten und veſten.
Die ſandigten Felder, wenn ſie wohl geduͤnget wer -den,92Der Cameralwiſſenſch. 1. Cap. von derden, und der Sand etwas grob iſt, tragen ein ziem - lich gutes Getraide, ſonderlich Rocken und Hafer. Gerſte tragen ſie nicht. Jſt der Sand aber gar klein, und faſt wie Mehl, ſo tragen ſie nicht gern, und bringen oft kaum den Saamen wieder.
Die lettichten Aekker ſind fuͤr beſſer als die ſan - digten zu halten.
Die ſteinigten ſind mehrentheils kalt und trokken, und nicht einmahl ſo gut als die ſandigten.
Die gebuͤrgichten ſind kalt und trokken
Kalt und feucht ſind die leim - und lettichten. Kalte Thaͤler, kalte Suͤmpfe, wo das Waſſer ſtehen bleibt.
Warm und trokken ſind diejenigen, ſo einer verbrand - ten Aſche gleich ſind.
Warm und feucht dieſe, welche viel Sonne haben, fett, wenn ſie an den Waſſern, und diejenigen Thal - Felder, ſo von dem Gebuͤrge nicht uͤberſchattet werden.
Die ſchwarzen klebrichte Aekker ſind wegen ihrer bey ſich fuͤhrenden Feuchtigkeiten fuͤr ſehr gut gehalten, da hingegen die weißen und aſchgrauen wegen ihrer geſalzenen Art nichts geachtet worden.
Diejenigen Felder, die man immerdar bauet, tra - gen mehr als andere, weil wegen Feſtigkeit des Bo - dens und verſtopften pororum der Erde die innerli - che Kraft der Fruchtbarkeit und fermentation nicht ausdaͤmpfen kann, daher die lang ausgeruheten ver - legenen Felder und Neu-Bruͤche nicht ſo hoch zu ſchaͤ - tzen, als diejenigen, welche ſtets gebauet worden.
Die Anzeigen einer guten Erde ſind, wenn ſie fein ſchwarz und lukker ausſieht. Den Regen leicht einſchlukket, und die Feuchtigkeit zum Wachsthum der Fruͤchte am laͤngſten behaͤlt. Ferner, wenn viele hohe und aͤſtreiche Feld-Wald - und Garten-Baͤume da - ſelbſt wachſen, wenn ſie viele geſunde gute Kraͤuter und Gewaͤchſe traͤget, z. E. guten Klee, Attich,Huͤh -93verſchiedenen Werken der Natur uͤberhaupt. Huͤhnerfuß, Brombeerſtauden, u. ſ. f. wenn ſchoͤne dikke großaͤhrigte Saaten, Graß - und Kleenreiche Wieſen vorhanden, und inſonderheit, wenn Schlehen - ſtauden vor ſich hervorwachſen. Es wollen einige auch die Eigenſchaften der Erde durch den Geſchmack und Geruch ausforſchen, allein ich glaube, daß dieſe Unterſuchung gar ungewiß ſey.
Andere reden von dieſem, wie folget: Es giebtEine andere Eintheilung. dreyerley Erde, einmahl lautere, die taugt nicht viel, fuͤrs andere lauter Sand, taugt auch nicht viel, fuͤrs dritte Sand und Erde, dieſe iſt am beſten. Fer - ner: es giebt
Wiederum andere, welche die angebene aͤußerlichen Merkmahle, die Guͤte eines Akkers zu erkennen, als unzureichende anſehen, erwaͤhlen mit unſern Vaͤtern folgende Eintheilungen, daß einige Felder warm und trokken, andere warm und feuchte; wiederum andere kalt und trokken, und einige kalt und feuchte.
Jch will die §. 102. und 103. angefuͤhrten Ein - theilungen nicht verwerfen. Doch aber auch dieſer Lehre keinen voͤlligen Beyfall geben. Die §. 104. angegebene Eintheilung ſcheint unvollſtaͤndig zu ſeyn. Wir wollen es verſuchen, ob wir dieſe Sache der Natur gemaͤß begreiflich machen koͤnnen, aber doch auch dabey einem jeden die Freyheit laſſen, un - ſere Gedanken zu verbeſſern. Dieſes wird unſerer Ab - ſicht, das iſt, der Bildung eines oͤkonomiſchen Zu - ſammenhanges gemaͤß ſeyn. Die Guͤte einer Sache muß aus ihrer Abſicht entſchieden und beurtheilet werden. Die wirthſchaftliche Abſicht der Felder iſt, daß der eingeſtreuete Saame Erdgewaͤchſe von ſeiner Art in einer gehoͤrigen Vollkommenheit wuͤrken ſoll. Wenn wir mit dieſem dasjenige vergleichen, was wir bereits §. 35. und folgenden abgehandelt haben, ſo wird es uns nicht ſchwer fallen, zu beweiſen, daß wir bey der Beurtheilung, ob ein Feld nach ſeiner innern Beſchaffenheit gut oder ſchlecht ſey, ſehen muͤſſen; einmahl auf die Feſtigkeit der Erde, und fuͤrs andere auf die weſentlich wuͤrkenden Dinge der Natur, die ſich mit der Erde vermiſcht haben. Wir wollen jeden Punkt beſonders unterſuchen.
Jn Anſehung der Feſtigkeit koͤnnen wir vier ArtenEintheilung der Felder, in Anſehung der Feſtig - keit. der Felder bilden. Jn dererſten Art hangen die Erd - theile ſo ſtark an einander, daß man die Figur der Erd - flaͤche ohne Gewalt nicht aͤndern kan. Wir wollen dieſe harte Felder nennen. Jn der andern Art hangen die Erdtheile alſo aneinander, daß ſie leicht koͤnnon getrennet werden, doch aber laͤſt ſich die Figur eines ſolchen Erdklumpens, ohne dieſen zu zermalmen, nicht veraͤndern. Dieſe wollen wir ſproͤde Felder nennen. Jn der dritten Art hangen die Erdtheile alſo aneinander, daß ſie zwar leicht koͤnnen getren - net werden, doch aber laͤſt ſich die Figur eines ſolchen Erdklumpens veraͤndern, ohne dieſen zu zermalmen. Dieſe koͤnnen ſchmierichte Felder genennet werden. Jn der vierten Art koͤnnen wir keine merkliche Zuſam - menhaͤngung der Erdtheile wahrnehmen, und dieſe werden lukkere Felder genennet.
Die lukkern Felder koͤnnen wiederum in zwey Ar -Fernere Ab - theilung die - ſer Einthei - lung. ten vertheilet werden Einige haben eine ſolche Er - de, die ſich in der Hand zu einem Klumpen druͤkken laͤſt. Andere haben eine ſolche Erde, die, wenn ſie mit der Hand zuſammen gedruͤcket wird, keinen Klum - pen bildet. Jene wollen wir lukkere Felder von der erſten, und dieſe lukkere Felder von der andern Art nennen. Will man jene insbeſondere lukkere Er - de und dieſe Sand nennen. So wird man bey mir keinen Widerſpruch finden. Doch ſcheinet es, als wenn der Sand nur eine Art von dieſer Art der Er - de ſey.
Wir wollen dieſe Arten der Felder mit einander vergleichen, und aus dieſem einen Schluß auf die - jenigen Merkmahle machen, die in Anſehung der Fe - ſtigkeit den ſchlechten Akker von dem guten unterſchei - den. Dieß zu bewerkſtelligen, wollen wir folgenden Satz zum Grunde ſetzen.
Ein gutes Feld muß den Regen geſchwind annehmen, dieſen einige Tage behalten, und alsdann das uͤberfluͤßige Waſſer wiederum ausduͤnſten.
Jch beweiſe dieſen Satz mit folgendem Schluſſe: Jn einem guten Felde ſoll der eingeſtreuete Saame Erdge - waͤchſe von ſeiner Art in einer gehoͤrigen Vollkommen - heit wuͤrken (§. 105). Soll dieß geſchehen, ſo muͤſ - ſen die weſentlich wuͤrkenden Dinge der Natur, wel - che die Luft in ſich faſſet, in den Erdboden dringen, und ſich in dieſem wirkſam beweiſen. Das Waſſer muß den in die Erde geſtreueten Saamen und deſ - ſen Gefaͤße erweichen, daß die weſentlich wuͤrkenden Dinge der Natur durch dieſe laufen, und alsdenn gehoͤrig coaguliren koͤnnen (§. 37. 38). Was dem - nach dieſer Wuͤrkung zuwider iſt, das macht einen ſchlechten Boden. Die Erfahrung beſtaͤtiget es, daß der Regen kein bloßes Waſſer ſey. Er fuͤhret die weſentlich wuͤrkenden Dinge der Natur mit ſich in den Bauch der Erden. Dieß giebt uns einen Grund zu ſchluͤſſen, daß die Kraͤfte in der Luft leicht in den Ak - ker dringen koͤnnen, der den Regen geſchwind annimt. Folglich iſt dieß ein Zeichen eines guten Akkers Kann das Feld den Regen nicht einige Tage behalten, ſo kann das Waſſer die Gefaͤße des Saamens nicht er - weichen. Dieß widerſpricht der Fruchtbarkeit, und folglich der Guͤte des Feldes. Wenn das uͤberfluͤßigeWaſſer97von dem Akkerbau,Waſſer nicht nach einigen Tagen aus dem Erdboden duͤnſtet, ſo bleibt es entweder ſtehen, oder es lauft ab, oder es dringet in die Tiefe. Bleibt es ſtehen, ſo befoͤrdert es eine Faͤulniß. Dieß verhindert das Wachſen, und darum widerſpricht es der Vollkommen - heit des Akkers. Lauft es ab, oder dringt es in die Tiefe, ſo entziehet es dem Saamen die den Wachs - thum befoͤrdernden Kraͤfte. Auch dieß widerſpricht der Vollkommenheit des Akkers. Dieß iſt genug zu beweiſen, daß die angegebenen Eigenſchaften Merk - mahle eines guten Feldes ſind.
Nunmehro wird es uns nicht ſchwehr fallen, fol -Dieß wird angewendet auf harte und lukkere. gende Regeln zu beweiſen. Die erſte Regel:
Lukkere Felder von der erſten Art, oder die, welche lukkere Erde haben; und harte Fel - der ſind zwar gut, doch aber ſind jene beſſer als dieſe.
Denn beyde Arten der Felder koͤnnen den Regen an - nehmen, dieſen einige Tage behalten, und alsdenn das uͤberfluͤßige Waſſer wiederum ausduͤnſten, dar - um ſind ſie gute Frlder. Da aber doch jene den Re - gen geſchwinder annehmen, als dieſe, ſo ſind ſie beſſer. (§. 106-108).
Die andere Regel:auf ſchmieri - ge Felder.
Schmierige Felder ſind gut, und in gewiſſer Art beſſer, als die harten Felder, doch aber allemahl ſchlechter als die lukkern Felder von der erſten Art.
Das erſte folget wie zuvor. Das andere erhellet aus dieſem, weil ſie den Regen geſchwinder anneh -Gmen,98Der Land-Wirthſchaft 2 Abſchnittmen, als die harten Felder, und alſo auch bey we - nigem Regen fruchtbar ſeyn koͤnnen. Das dritte iſt aus dem klar, weil ſie das uͤberfluͤßige Waſſer nicht ſo leicht ausduͤnſten, als die lukkern Felder von der erſten Art, daher auf dieſen Feldern bey uͤberfluͤßi - gem Regen die Frucht leichter verfaulet, als auf den lukkern Feldern.
Aus dieſem folget die dritte Regel:
Bey uͤberfluͤßigem Regen ſind die harten Fel - der beſſer, als die ſchmierigen, und in den Jah - ren, wo der Regen nicht uͤberfluͤßig iſt, ſind die ſchmierigen Felder beſſer, als die harten.
Sproͤde und lukkere Felder von der andern Art, oder lauter Sand, ſind ſchlechte Felder. Sproͤde Felder nehmen den Regen nicht leicht an, und wenn ſie endlich von der Menge des Regens ſind uͤberwunden worden, ſo behalten ſie dieſen nicht ſo lange, als es noͤthig iſt, und der Erfolg iſt eine ſo große Feſtigkeit in der Verbindung der Theile, daß ſich die wuͤrkenden Dinge der Natur in ihnen nicht leicht wuͤrkſam beweiſen koͤnnen. Felder, die in ihrer Flaͤche lauter Sand haben, nehmen zwar auch den Regen leicht an, ſie koͤnnen aber auch dieſen, und die den Wachsthum befoͤrdernden Dinge der Na - tur nicht ſo lange, als es noͤthig iſt, behalten. Sie werden ſehr leicht von der Sonnen-Hitze ausgeſogen, (§. 106). Dieß iſt genug, zu beweiſen, daß beyde Arten von Felder, ſchlechte Felder ſind, (§. 108.)
Aus dieſem, was wir bisher abgehandelt haben,Allgemeine Folgen. folget unmittelbar:
Anmerk. Wir werden in der Folge einige Gruͤnde veſt ſetzen, die es uns lehren, wie dieſes koͤnne bewerkſtelliget werden.
So weit von der Eintheilung der Felder, in An -Einige Saͤtze die Guͤte der Felder, aus ihrer innern Beſchaffen - heit zu be - ſtimmen. ſehung der Veſtigkeit. Wir wollen nun auch dieſen Unterſchied der Felder unterſuchen, der von der Be - ſchaffenheit der weſentlich wuͤrkenden Dinge der Na - tur abhanget, mit welchen die Erde vermiſchet iſt. Dieß zu bewerkſtelligen, muͤſſen wir einige Lehr Saͤ - tze voraus ſetzen, und dieſe beweiſen. Der erſte Satz iſt dieſer:
Wenn in einem Akker kein Acidum iſt, ſo kannDer Erſte. auch auf demſelben nichts wachſen. Jſt in einem Akker zu viel Acidum, ſo iſt es wieder - um unmoͤglich, daß er uns die Fruͤchte in der - jenigen Vollkommenheit liefern koͤnne, die wir wuͤnſchen.
Jſt in einem Akker kein Acidum, ſo fehlet dieß, was die Feuchtigkeiten der Luft, und mit dieſen den elemen - tariſchen Saft das Alkali und das weſentliche Oel anG 2ſich100Der Land-Wirthſchaft 2 Abſchnittſich ziehet (§. 11. Anm. und §. 36). Koͤnnen ſich dieſe Dinge in dem Akker nicht, wie es noͤthig iſt, wuͤrkſam beweiſen, ſo kann auch der Akker keine Fruͤch - te bringen (§. 38). Folglich iſt es klar, daß ein Ak - ker alsdenn unfruchtbar ſey, wenn er kein Acidum hat. Jſt in dem Akker zu viel Acidum, ſo verhindert es die Bewegung in den innern Theilen der Dinge (§. 26). Wird dieſe verhindert, ſo wird der Wachsthum verhin - dert, (§. 38). Folglich kann auch dieſer Akker, der zu viel Acidum hat, die Frucht nicht in derjenigen Voll - kommenheit hervorbringen, in welcher wir dieſe wuͤn - ſchen.
Der andere Satz:
Fehlet einem Akker das Alkali, ſo iſt er un - fruchtbar, und hat der Akker zu viel Alkali, ſo iſt auch dieß eine Urſache, daß die Fruͤchte nicht in der von uns gewuͤnſchten Vollkom - menheit koͤnnen hervor gebracht werden.
Fehlet einem Akker das Alkali, ſo fehlet die Urſache von der innerlichen Bewegung zwiſchen den unmerkli - chen Theilen des Koͤrpers (§. 28). Fehlet dieſe Ur - ſache, ſo iſt kein Wachsthum moͤglich, (§. 38.) Folg - lich iſt ein ſolcher Akker unfruchtbar. Hat der Akker zu viel Alkali, ſo wird die Bewegung zwiſchen den un - merklichen Theilen der Dinge zu gros, (§. 28). Dieß verhindert die zur Vollkommenheit der Fruͤchte erfor - derliche Coagulation. Daher kan auch dieſer Akker die Fruͤchte nicht in derjenigen Vollkommenheit her - vorbringen, in welcher wir dieſe wuͤnſchen. (§. 38).
Der dritte Satz:
Fehlet dem Akker das weſentliche Oel, ſo iſter101von dem Akkerbauer unfruchtbar, und hat der Akker von dem weſentlichem Oele zu viel, ſo iſt auch dieß eine Urſache, daß die Fruͤchte auf dem Akker nicht vollkommen wachſen koͤnnen.
Fehlet dem Akker das weſentliche Oel, ſo fehlet ihm das Mittel, den elementariſchen Saft und die andern wuͤr - kenden Dinge der Natur zu coaguliren, (§. 13). Folg - lich iſt er unfruchtbar, (§. 38). Hat der Akker zu viel von dem weſentlichem Oele, ſo wird das Alkali verhin - dert, diejenige Bewegung zu wuͤrken, die der Wachs - thum erfordert. (§. 13. 38). Und dieß iſt eine Ur - ſache, daß die Fruͤchte auf dieſem Akker nicht in derjeni - gen Vollkommenheit wachſen koͤnnen, die wir verlan - gen.
Der vierte Satz:Der vierte.
Wenn in der Flaͤche des Akkers ein Mangel an Erde, ſo kan dieß eine Urſache von dem ſeyn, daß der Akker die Fruͤchte nicht nach unſerm Wunſch wuͤrket.
Die Wahrheit dieſes Satzes erhellet unmittelbar aus dem, was wir bereits in dem Beweiſe des §. 23. ange - merket haben.
Der fuͤnfte Satz:Der fuͤnfte.
Auch das Waſſer, wenn es zu lange fehlet, oder zu lange auf der Erden ſtehet, kann eine Urſache von der Unfruchtbarkeit der Felder ſeyn.
Fehlet das Waſſer zu lange, ſo fehlet das Mittel der Erweichung, (§. 24). Dieß iſt eine Urſache der Un - fruchtbarkeit, (§. 38). Stehet das Waſſer zu lange, ſo wird dieß eine Urſach der Faͤulniß. Dieſe verderbt den Saamen, und daher iſt auch dieß eine Urſache der Unfruchtbarkeit.
Wir finden verſchiedene Felder, auf deren Flaͤche einige eingedruckte Theile ſind. Jn dieſen ziehet ſich das Waſſer zuſammen, und daher bleibt es laͤnger ſte - hen, als es billig geſchehen ſollte. Dieß iſt die Urſache, daß die Saat in dieſen Theilen im Winter verfrieret, und im Sommer verfaulet, oder wie man redet, er - ſaͤuft. Dieſe Theile in der Flaͤche des Akkers werden Waſſer-Gallen genennet. Hieraus folget es, daß Waſſer-Gallen eine Unvollkommenheit des Akkers (§. 118.), und daß derjenige ſeinen Akker verbeſſert, der dieſe Waſſer-Gallen mit einer guten Erde fuͤllet.
Anmerk. Hiebey iſt dieſe Frage zu unterſuchen: Welche Erde iſt zu dieſer Abſicht die beſte?
Dieß voraus geſetzet, wird es uns nicht ſchwer fal - len, ein gegruͤndetes Urtheil von der Guͤte eines Feldes zu faͤllen, wenn wir dieſe nach der Beſchaffenheit der weſentlich wuͤrkenden Dinge der Natur, die mit der Erde vermiſcht ſind, beſtimmen wollen. Nur iſt es noͤthig, daß wir uns um einige Zeichen bekuͤmmern, aus welchen wir die wahre Urſache, von der Unfrucht - barkeit des Feldes ſchluͤſſen koͤnnen. Viele erwehlen zu dieſer Abſicht die Farbe der Felder, allein die Erfah - rung lehret es, daß dieß ein ſehr betruͤgliches Zeichen ſey. Schwarze Felder ſollen fruchtbarer ſeyn, und ich kenne ſchwarze Felder, die unfruchtbar ſind. Wir wollen es verſuchen, ob wir dieſe Sache mit einer Ge - wißheit, oder wenigſtens mit einer großen Wahrſchein - lichkeit der Natur gemaͤß werden erklaͤren koͤnnen. Ob es dem Felde am Waſſer fehlet, oder ob es zu naß iſt, dieß iſt eine Sache, die uns ſogleich in die Sinne faͤllt, und darum ift es nicht noͤthig, daß wir dieß zuerkennen,103von dem Akkerbau. erkennen, beſondere Zeichen ſuchen Was ſind vor Mittel, dieſe Urſachen der Unfruchtbarkeit zu entkraͤften? Der Mangel des Waſſers, oder der Feuchtigkeit kann durch die Waͤſſerung, durch das Begießen, und auch hiedurch vermindert werden, wenn man die Flaͤche des Feldes mit einer ſolchen Erde vermiſcht, die vermoͤgend iſt, die Feuchtigkeiten leich - ter an ſich zu ziehen, und laͤnger zu behalten. Der Ueberfluß des Waſſers kann durch Graben und tiefe Waſſer-Furchen abgefuͤhret, durch Fuͤllung der Waſ - ſer-Gallen verhindert, und auch hierdurch verhuͤthet werden, wenn man die Flaͤche des Feldes mit einer ſol - chen Erde vermiſcht, welche die kalte Natur des Akkers daͤmpfet.
Anmerk. Die beſondern Mittel, durch wel - che man dieſe allgemeinen Regeln in die Ausuͤbung bringet, koͤnnen in den Fuͤrleſungen beſchrieben werden.
Auch dieß faͤllt uns ſogleich in die Sinne, wennAuf die Er - de. die Urſache der Unfruchtbarkeit der Mangel der Erde iſt. Dieß zu verhindern, bleibt uns nichts uͤbrig, als daß wir uns bemuͤhen, das Feld tiefer zu akkern, oder durch eine Zufuhr neuer Erde die Flaͤche des Feldes zu erhoͤhen.
Anmerk. Auch zu dieſer Abſicht koͤnnen in den Fuͤrleſungen einige wirthſchaftliche Vortheile ange - geben werden.
Den Mangel des Oels koͤnnen wir aus dem ſchluͤſſen,Auf das Oel. wenn die Erde zu ſproͤde iſt, und den Uberfluß des Oels, wenn die Erde auch bey trokkenem Wetter zu ſchmierig iſt, (§. 32. 106). Jſt jenes, ſo muß die Flaͤche desG 4Akkers104Der Land-Wirthſchaft 2 AbſchnittAkkers mit fettem Miſte vermiſchet werden. Jſt die - ſes, ſo iſt der Mangel der innern Bewegung die Urſa - che der Unfruchtbarkeit. (§. 116). Dieß iſt genug, zu beweiſen, daß wir eine ſolche Erde mit Alkali ver - miſchen muͤſſen. (§. 28).
Das Alkali veraͤndet die blaue und violetten Farben der Erdgewaͤchſe in gruͤn, und das Acidum veraͤndert dieſe Farben in roth. Das Alkali ſchmekt ſcharf und brennend, und das Acidum ſchmeckt ſauer*). Das Alkali befoͤrdert die innerliche Bewegung, und das Acidum verhindert dieſe. (§. 26. 28). Dieß giebt uns hinreichende Zeichen, zu erkennen, ob in einem Akker ein Mangel oder Uberfluß vom Alkali, und ob in einem Akker ein Mangel oder Uberfluß vom Acido ſey. Die Wuͤrkung des Acidi wird durch den Zu - ſatz von Alkali, und die Wuͤrkung des Alkali wird durch den Zuſatz von Acido gedaͤmpfet. Es wird uns demnach nicht ſchwer fallen, Mittel zu beſtim - men, welche dieſe Fehler des Akkers heben koͤnnen, wenn wir nur zuvor die Natur der Duͤngung unter - ſucht haben. Dieß ſoll in dem folgenden geſchehen.
Dieß iſt eines von den wichtigſten Stuͤkken, dasAbſicht die - ſes Kapitels. ein Wirth wohl erwegen muß, wenn er ſich nicht ſelbſt als die Urſache einer ungluͤcklichen Erndte anſehen will. Wir muͤſſen bey dieſem zwey Punkte unterſcheiden, die Duͤngung und die Bearbeitung der Felder. Wir wollen jeden Punkt beſonders betrach - ten, und es verſuchen, ob wir auch von dieſen Be - ſchaͤftigungen allgemeine Regeln veſtſetzen koͤnnen, die der Natur und der Erfahrung gemaͤß ſind.
Zuerſt von der Duͤngung. Warum duͤnget man dieWas Duͤn - gen ſey? Felder? und was heiſt es, ein Feld duͤngen? Die Beantwortung der letzten Frage wird von der Beant - wortung der erſten abhaͤngen. Wir haben es bereits in dem vorhergehenden Kapitel angemerket, daß dieß eine Urſache von der Unfruchtbarkeit der Felder ſey, wenn in der Flaͤche der Felder ein Mangel von den weſentlich wuͤrkenden Dingen der Natur iſt, die zum Wachsthum der Erdgewaͤchſe erfordert werden. Wir finden ſelten Urſache, uͤber den Mangel des Acidi zu klagen. Allein das Alkali und das Oel fehlet ſehr oft. Ja ich glaube nicht, daß ich irre, wenn ich mit dieſem den Mangel des elementariſchen Safts ver - knuͤpfe, (§. 38). Die Kunſt iſt allemahl bemuͤhet, den Mangel der Natur zu erſetzen. Und darum vermiſcht ſie die Erde in der Flaͤche der Felder mit alkaliſchen und oͤhlichten Dingen, ja, wo es moͤglich iſt, mit ſolchen, die zugleich eine Menge von dem elementariſchen Saf - te in ſich faſſen. Dieß nennt man den Akker duͤngen.
Hieraus folget unmittelbar, daß wir, wenn wir ein gegruͤndetes Urtheil von der Guͤte des Duͤngers machen wollen, einmahl auf das Alkali, fuͤrs andere auf das weſentliche Oel, und fuͤrs dritte auf den elemen - tariſchen Saft ſehen muͤſſen, den die duͤngende Mate - rie in ſich faſſet.
Es ſind bey dieſer wirthſchaftlichen Beſchaͤftigung folgende Punkte zu unterſuchen.
Die erſte Frage beantwortet foigender in der Schei - de-Kunſt veſtgeſetzter Satz: Jn allen Dingen, wel - che faulen und in die Gaͤhrung gehen, iſt ein vorzuͤgliches Alkali und weſentliches Oel. Jch glaube nicht, daß ich irre, wenn ich dieſem noch dieß hinzufuͤge, daß in allen dieſen Dingen auch etwas von dem elementariſchen Safte enthalten ſey. Dieß giebt uns dieſen Satz: alles, was fault, das duͤnget auch. Daher geben todte Thiere, alle verfaulte Erd-Gewaͤchſe, Urin, Koth, Haare, Horn, Kno - chen, Schuſter - und Schneider-Lappen, ſtinkende Waſſer, verfaulte Erde, Schnekken-Haͤuſer, Mu - ſchel-Schaalen, verfaultes Blut u. ſ. f. einen guten Duͤnger.
Anmerk.107von dem Akkerbau.Anmerk. Es koͤnnen hiebey die oͤkonomiſchen Nachrichten mit vielem Nutzen geleſen werden, und zwar insbeſondere in dem 15 den Stuͤkke die 175 und folgende, wie auch die 183 und folgende Seite. Ferner die erſte Abhandlung des dritten Stuͤkkes.
Jſt dasjenige gegruͤndet, was wir bereits §. 49. an -Einige Arten verdienen ei - nen Vorzug gemerket haben, und wollen wir mit dieſem den §. 126. verbinden, ſo wird es uns nicht ſchwer fallen, zn be - greifen, daß die verfaulten Thiere, das Blut, die Knochen, die Schnekken-Haͤuſer, Muſchel-Schaalen und andere Dinge von dieſer Art nothwendig einen Duͤnger von der groͤſten Vollkommenheit geben muͤſſen.
Dieß, was wir bis hieher von dem Duͤnger erklaͤretVerſchiede - ne Arten vom Miſte. haben, giebt uns Gruͤnde genug, zu beurtheilen, wie hoch die Duͤngung mit der Aſche, mit dem Ruß, mit dem geloͤſchten Kalche und dergleichen, zu ſchaͤtzen ſey. Wir wollen nun noch vom Miſte, als von der gewoͤhnli - chen Art des Duͤngers handeln, und dasjenige be - ſchreiben, was bey dieſem insbeſondere zu merken iſt. Aller Miſt duͤnget, aber doch nicht mit einerley Guͤte. Dieſer Unterſchied iſt in der Beſchaffenheit der we - ſentlich wuͤrkenden Dinge zu ſuchen, die in dem Miſte enthalten ſind, (§. 125). Einige Arten haben ein merkliches Acidum. Dieß verurſachet, daß ſie nicht leicht faulen (§. 26), und daß ſie ſehr hitzig ſind. Z. E. Gaͤnſe-Miſt, Pferde-Miſt. Andere Ar - ten haben nach Proportion ſehr viel Alkali. Dieß iſt die Urſache, warum ſie ſchnell in die Gaͤhrung ge - hen. Jhre Kraͤfte geſchwinde wuͤrkſam beweiſen, aber auch nicht lange anhalten (§. 28). Z. E. Huͤner -Miſt108Der Land-Wirthſchaft 2 Abſchnittund Tauben-Miſt, Schaaf-Miſte. Wiederum an - dere Arten haben ein vorzuͤgliches Fett, mit welchem ein Alkali alſo verbunden iſt, daß es ſich zwar wuͤrk - ſam beweiſen koͤnne, aber doch nicht zu heftig. Z. E. Menſchen-Miſt, Schweins-Miſt, Rindvieh-Miſt und Eſets-Miſt.
Dieß giebt uns einen Grund folgende Wirth - ſchafts-Regeln zu bilden.
So weit von dem erſten Punkt. Der andere iſt dieſer: wie ſoll man den Duͤnger zubereiten? Auch die - ſe Frage muß die Abſicht des Duͤngens entſcheiden. Man duͤnget nicht nur zu dieſem Ende, daß die we - ſentlich wuͤrkenden Dinge der Natur, die der Wachs - thum erfodert, in die Erde gebracht werden, ſondern daß ſie ſich in dieſer wuͤrkſam beweiſen ſollen. (§. 126.) Es iſt demnach nicht genug, daß man den Duͤnger auf den Akker faͤhrt, er muß zuvor alſo zubereitet werden, daß er vermoͤgend iſt, die Haupt-Abſicht zu wuͤrken. Dieß iſt unmoͤglich, wenn nicht dieſe wuͤrkenden Dinge der Natur zuvor aufgeloͤſet ſind. Dieſe Auf - loͤſung wird bey dem Miſte von der Faͤulung ge - wuͤrket. Dieß iſt genug, dieſe Regel zu beweiſen:
Man109von dem Akkerbau.Man muß den Miſt nicht eher auf den Akker fahren, als bis er verfaulet iſt.
Will man dieſe Regel allgemeiner bilden, ſo iſt ſie dieſe:
Man muß keinen Duͤnger eher auf den Akker bringen, als bis er alſo iſt zubereitet wor - den, daß die Aufloͤſung der weſentlich wuͤr - kenden Dinge der Natur, die er in ſich faſſet, leicht moͤglich iſt.
Anmerk. Dieß kann in den Fuͤrleſungen auf die Duͤngung mit Kalche mit den fetten Erden, u. ſ. f. angewendet werden.
Wird der in die Faͤulniß gehende Miſt zu ſehr derWie eine Miſt-Staͤtte zu bauen. Sonnen-Hitze ausgeſetzet, ſo wird von dieſer das Al - kali und das Oel aus dem Miſte gezogen. Dieß macht den Miſt unvollkommen. Liegt der faulende Miſt im Waſſer, ſo wird er zu ſehr erweichet, und das Waſ - ſer verſchlukket die Saͤfte des Miſtes. Auch dieß wi - derſpricht ſeiner Vollkommenheit. Wird der auf ein - ander gelegte Miſt nicht angefeuchtet, ſo muß er ver - brennen. Dieß iſt der Abſicht zuwider. Jn dem Urin ſteckt ein vortrefliches Alkali. Wird dieſer mit dem Miſte vermiſchet, ſo befoͤrdert dieß nicht nur die Auf - loͤſung, ſondern es iſt auch ein Mittel, den Miſt merklich zu verbeſſern. Dieß giebt uns Gruͤnde Re - geln zu bilden, nach welchen eine Miſt-Staͤtte anzu - legen.
Der Wirth vermiſcht mit dem Miſte duͤrre Ueber - bleibſel von den Erdgewaͤchſen, dieß nennet er ein - ſtreuen. Er giebt Befehl, fleißig einzuſtreuen, und er ſeufzet, wenn es ihm an Mitteln einzuſtreuen, fehlet. Jſt dieſe Beſchaͤftigung noͤthig, und hat ſie einen nuͤtzlichen Einfluß in die Wirthſchaft? Alle Erd-Gewaͤchſe gebaͤhren durch die Faͤulniß ein vor - krefliches Alkali. Wenn man den Miſt mit Uberbleib - ſeln von Erd-Gewaͤchſen vermiſchet, ſo befoͤrdert je - ner die Faͤulniß von dieſen, und dieſe befoͤrdern die Faͤulniß von jenen. Der Miſt wird lukker, und daher kann er auf dem Akker beſſer ausgebreitet wer - den. Dieß iſt genug zu begreifen, es ſey die wirth -ſchaft -111von dem Akkerbau. ſchaftliche Abſtcht vom Einſtreuen, den Miſt zu ver - mehren, zu verbeſſern und brauchbarer zu machen. (§. 125. 126.)
Die Mittel muͤſſen nach der Abſicht abgemeſſen wer -Eine allge - meine Regel, die bey die - ſem zu beob - achten. den. Dieß giebt uns einen Grund, folgende Regel zu bilden:
Diejenigen Uberbleibſel der Erdgewaͤchſe ſind zum Einſtreuen die beſten, welche leicht fau - len, durch die Faͤulniß viel Alkali gebaͤhren, und dasjenige, womit ſie vermiſcht werden, lukker machen. Z. E. Stroh, Laub, Saͤge - Spaͤne, u. ſ. f.
So weit von dem andern Punkt. Der dritte faſtMittel, den Miſt auf den Akker zu bringen. zwey Stuͤkke in ſich, wie und wenn ſoll man den Miſt auf den Akker bringen. Man wird es uns bald ver - willigen, daß die Entſcheidung des lezten Punkts von der Entſcheidung des erſten abhanget. Auch bey die - ſem muͤſſen wir zwey Dinge unterſcheiden. Die Mit - tel, den Miſt auf den Akker zu bringen, und die wirthſchaftlichen Beſchaͤftigungen mit dem Miſte, wenn er bereits auf den Akker iſt gebracht worden. Wir wollen einen jeden Punkt beſonders betrachten. Zu erſt von den Mitteln. Ein Wirth muß nicht mehr ausgeben, als er einnimmt. Folglich hat man auch dahin zu ſehen, daß die Koſten, mit welchen der Miſt auf das Feld gebracht wird, den Ertrag des Feldes nicht uͤberſteigen. Sind die Felder von dem Guthe weit entlegen, oder liegt das Guth im Grunde und die Felder auf dem Berge, ſo ſind die gewoͤhnlichen Fuhren mit Pferden und Ochſen ſehr koſtbar. Dießmacht112Der Land-Wirthſchaft 2 Abſchnittmacht einem Wirthe viele Sorgen, und daher verfaͤllt er bald auf dieſe, bald auf jene Dinge, ſeinen Endzweck mit geringern Koſten zu erreichen.
Einige treiben das Vieh auf das Feld, laſſen es in den Horden bey einander liegen, daß es mit ſeinem Miſte und Urin einen Theil des Akkers nach dem andern duͤngen koͤnne. Dieß iſt zwar ein bequemes Mittel, aber auch, wie ich es glaube, ein ſolches, das vielen Un - vollkommenheiten unterworfen. Einmahl, macht dieß Vieh den Boden ſehr veſte. Fuͤrs ander, wird ein ſolcher Miſt in die Erde gebracht, ehe er verfaulet iſt, dieß iſt die Urſache, daß das Getraide, was auf ei - nem ſolchen Akker gewachſen iſt, weder in der Braue - rey, noch bey dem Brandwein-Brennen und derglei - chen mit Vortheil kann gebraucht werden. Fuͤrs dritte muß ein ſolcher Miſt auf dem Akker zu lange aus - gebreitet liegen, ehe er kann untergebracht werden, und daher entziehet ihm die Sonne zu viele Kraft. Fuͤrs vierte ſo erfordert es dieſe Art zu duͤngen, daß das Vieh ſehr oft am Mittage oder in der Nacht im freien Felde liegen muß. Jm erſtem Falle iſt es nicht genug wider die Sonnen-Hitze bedekket, und dieß iſt dem Viehe ſchaͤdlich. Jn dem andern Falle iſt es den widrigen Anfaͤllen der Duͤnſte ausgeſetzet, und dieß kann ſehr leicht einen ſo großen Schaden wuͤrken, der mit dem durch dieſes duͤngen zu hoffendem Vortheile nicht zu vergleichen iſt.
Andere erwehlen die Eſel, dieſe muͤſſen den Miſt mit Koͤrben, die man von der Seiten oͤffnen kann, auf die ent - fernten und auf die bergigten Felder tragen. Die Eſel ſind nicht koſtbar zu erhalten, und ſie koͤnnen ſich auchim113von dem Akkerbau. im Sommer bey dem Graß - und Futter-Tragen nutzbar beweiſen. Dieß iſt die Urſache, warum ich dieſen Vorſchlag nicht mißbillige, wenn es nur die Umſtaͤn - de erlauben, daß man nach der Verhaͤltniß der Fel - der eine zureichende Menge von Eſeln halten kann. Sie koͤnnen die Berge beſteigen, die wir nicht befah - ren koͤnnen, und ſie koͤnnen uͤber die Fuß-Steige ge - hen, wenn es, ohne das Vieh in Gefahr zu ſetzen, unmoͤglich iſt, in der ordentlichen Straſſe zu fahren.
Wiederum andere laſſen bey den entlegenen Fel -Der Dritte. dern Gruben machen, damit ſie, wenn es andere Geſchaͤfte vergoͤnnen, den Miſt nach und nach weg - fahren, und dieſen zu ſeiner Zeit mit groͤßrer Ve - quemlichkeit und geſchwinde auf den Akker bringen koͤnnen. Jch kann auch dieſen Vorſchlag nicht voͤl - lig mißbilligen. Er hat ſeine Vortheile, doch aber auch gewiſſe Unvollkommenheiten. Einmahl hat man gedoppelte Muͤhe, den Miſt auf - und abzuladen. Fuͤrs andere ſammlet ſich in ſolchen Gruben das Re - gen-Waſſer. Dieß entziehet dem Miſte einen großen Theil ſeiner Kraft. Doch kann hiebey zum Theil das beobachtet werden, was wir bereits §. 133. ange - merket haben.
Einige verfallen auf die Vorwerke. Sie ſtoſſen eineDer Vierte Menge von entlegenen oder bergigten Feldern zuſam - men, und laſſen an einem dieſen Feldern gelegenem Orte ein Gebaͤude zur Viehzucht auffuͤhren, um hie - durch die Miſt-Fuhren zu erleichtern. Jſt die An - zahl der Felder groß genug, einen ſolchen Aufwand zu bezahlen, und fehlet es in dieſer Gegend nicht an Waſſer, ſo verdienet billig dieſer Vorſchlag einen merklichenHVor -114Der Land-Wirthſchaft 2 AbſchnittVorzug. Doch iſt hiebey zu merken, daß man bey der Berechnung eines ſolchen Aufwandes nicht allein auf das Gebaͤude, ſondern auch auf dieß ſehen muß, daß die Anlage eines ſolchen Vorwerkes eine neue Haushaltung verurſachet, welche den Aufwand am Holze und andern Dingen merklich vermehret.
Endlich giebt dieß einigen Bewegungs-Gruͤnde, eine kuͤnſtliche Duͤngung zur Erlangung der wirthſchaftli - chen Abſicht anzuwenden. Auch bey dieſem Stuͤkke ſind die Meynungen der Wirthe vertheilet. Einige billigen, andere tadeln dieß. Wir wollen dieſe Sa - chen der Natur gemaͤß beſchreiben. Die kuͤnſtliche Duͤngung iſt eine Schwaͤngerung des Saamens ehe er auf den Akker gebracht wird. Wie iſt dieſe moͤg - lich, und wie kann ſie nuͤtzlich ſeyn? Wenn wir das betrachten, was wir bereits von dem Wachs - thum der Erd-Gewaͤchſe angemerket haben, ſo wird es uns nicht ſchwer zu begreifen, daß dieß dem Erd - Gewaͤchſe bey ſeinem gantzen Wachsthum zu ſtatten kommt, wenn im Anfange die Gefaͤſſe des Saamens wohl erweichet, die weſentlich wuͤrkenden Dinge der Natur in dem Saamen wohl aufgeloͤſet werden, und es alsdenn nicht an Alkali, Oel und an dem elemen - tariſchen Safte fehlet, die den Saamen ernehren, und dieſen ſtark genug zum fernern Wachsthum ma - chen. Was demnach ein Mittel iſt, dieſe Stuͤkke zu befoͤrdern, das iſt auch ein Mittel den Wachsthum des Saamens zur Vollkommenheit zu bringen. Dieß iſt genug zu beweiſen, daß ein Wirth keinen zureichen - den Grund hat, die Schwaͤngerung des Saamens zu verwerfen, wenn dieſe alſo eingerichtet wird, wie es die zuvor beſchriebene Abſicht erfordert. Dieſe wird uns auch ſehr leicht auf diejenigen Mittel fuͤhren,die115von dem Akkerbau. die zu einer ſolchen Schwaͤngerung moͤglich ſind. Jch will nur einige beſchreiben, die ich verſucht und nuͤtzlich befunden habe. Einmahl, man beſtreue den Saa - men mit Kalch, der an der Luft zerfallen iſt, alsdenn netze man den Saamen ein, wie man es gewohnt iſt, wenn man das Malz ſchroten will, ſo wird der Saame mit einer weißen Haut von Kalch uͤberzogen. Jſt dieß geſchehen, ſo muß man den Saamen ſogleich ausſaͤen. Fuͤrs andere: ſammlet die Miſt-Sutte in ein Gefaͤße. Wenn dieſes halb voll iſt, ſo fuͤllet das Gefaͤſſe mit Menſchen-Urin. Laſt beydes in die Faͤulniß gehen. Alsdenn laſt es auf einem Feuer abdampffen, bis es eine fette Haut bekommt, ſo wird es wie ein Oel. Setzet es zur Abkuͤhlung. Jn die - ſem wird der Saame drey bis vier Tage eingeweicher, und alsdenn ſogleich in eine friſch gepfluͤgte Erde ge - ſaͤet.
Man hat noch mehrere Mittel zur SchwaͤngerungWie weit der letzte nuͤtzlich. des Saamens, die aber mehrentheils darum gefaͤhrlich ſind, weil wir gewiß die ganze Erndte verliehren, wenn es nicht ſogleich nach der Ausſaat regnet. Dieß aber iſt bey den zuvor beſchriebenen Schwaͤngerungen nicht ſo leicht zu befuͤrchten. Wir muͤſſen hierbey noch einen Punkt in Erwegung ziehen. Viele glauben ei - ne ſolche Schwaͤngerung des Saamens mache es, daß es nicht noͤthig ſey, den Akker zu duͤngen. Jch kann aber dieſen alsdenn keinen Beyfall geben, wenn man den Akker jaͤhrlich nuͤtzen will. Dieſe Schwaͤn - gerung befoͤrdert zwar den Anfang des Wachsthums, und ſie giebt dem Saamen Kraͤfte zum wachſen, er verlanget aber auch alsdenn einen aͤußerlichen Zufluß von Nahrung (§. 142). und der Akker verlanget Miſt, der ihn lukker macht. (134). Sie iſt demnach nur einH 2Mit -116Der Land-Wirthſchaft 2 AbſchnittMittel, mit wenigerem Miſte denjenigen Endzweck zu erreichen, der ohne ihr eine groͤßere Menge von Miſte erfordert. Dieß iſt ein Vortheil.
Anmerk. Sollte wohl nicht dieſe Schwaͤnge - rung ein Mittel ſeyn, den Brand zu verhindern, und zu verurſachen, daß die Loh dem Getraide nicht ſchaden koͤnne. Ein Menſch, der Kraͤfte ge - nug hat, kann eine Krankheit eher uͤberwinden, als ein ſchwacher.
Das Verhalten mit dem Miſte, wenn er auf den Akker gebracht wird, beſtimmet die Abſicht des Duͤn - gens. Die weſentlich wuͤrkenden Dinge der Natur, die in dem verfaulten Miſte ſind aufgeloͤſet worden, muͤſſen mit der Erden in der Flaͤche des Akkers wohl ver - miſcht werden (§. 125). Dieß giebt uns einen Grund, folgende Regeln zu bilden.
Denn laͤſt man den Miſt auf dem Felde in kleinen Haufen liegen, ſo wird ihm ſeine Kraft im Winter von dem Froſte und im Sommer von der Hitze end - zogen. Das iſt, den Miſt verderben.
Man wird es uns leicht verwilligen, daß im Gegen - theile keine vollkommene Vermiſchung der Erde mit dem Miſte moͤglich ſey. Dieß widerſpricht der Abſicht.
Anmerk. Vou den Mitteln, dieſe Ausbreitung zu beſorgen, kann in den Fuͤrleſungen geredet werden.
Die dritte Regel: weder die Zeit, da es frieret,Die dritte. noch die Zeit, da die Sonnen-Hitze ſtark wuͤrket, iſt bequem, den Miſt auf dem Akker auszubreiten.
Jſt der Miſt auf dem Akker ausgebreitet worden, ſo liegt er duͤnne. Folglich kann ſo wohl der Froſt, als auch die Sonnen-Hitze dieſen ſogleich durchdringen. Dieß iſt genug, zu begreifen, daß er alsdenn ſo wohl von dem Froſte, als auch von der Sonnen - Hitze in einigen Stunden koͤnne endkraͤftet werden.
Die vierte Regel: man muß den Miſt nur ſoDie vierte. tief einakkern, daß er von der Flaͤche der Erden bedekket wird.
Die Dinge wuͤrken mit ihrer Schwere gegen den Mit - tel. Punkt der Erden. Jſt nun der Miſt zu tief ein - geakkert worden, ſo koͤnnen ſich die wuͤrkſamen Din - ge des Miſtes mit dem Theile der Erd-Flaͤche, wo der Saame liegt, nicht ſo leicht vermiſchen. Dieß widerſpricht der Abſicht.
Anmerk. Aus dieſem iſt leicht zu beurtheilen, was von dem zu halten ſey, wenn man den Akker duͤnget, nach dem er iſt beſtellet worden.
Nunmehro wird es uns nicht ſchwer fallen, allge - meine Regeln zu bilden, welche uns die Zeit, wenn man den Miſt auf den Akker bringen ſoll, beſtimmen.
Die erſte Regel: man muß diejenige Zeit zum Miſtfahren erwehlen, da das Ge - ſchirr von andern wirthſchaftlichen Be - Beſchaͤftigungen befreyet iſt. (§. 136).
Die andere Regel: es iſt dem Akker ſchaͤd - lich, wenn er alsdenn, da er ſchmierigt oder lukker iſt, mit Miſte befahren wird.
Denn iſt der Akker ſchmierigt oder lukker, wenn er mit Miſte befahren wird, ſo ſchneidet das Geſchirt zu tief ein. Dieß macht die Flaͤche des Akkers zu veſte, und dieß iſt ihm ſchaͤdlich. (§. 113.).
Aus dieſem folget unmittelbar die dritte Regel: daß es einem Akker nuͤtzlich ſey, wenn er zu der Zeit mit Miſte befahren wird, da es gefroren hat.
Wir wollen dieſem nach die vierte Regel hinzufuͤ - gen, die ſich gewiß in ihrer Beobachtung nutzbar be - weiſet.
Der Miſt muß zu einer ſolchen Zeit auf den Akker gefahren werden, daß man die - ſen alsdenn ſtreuen kann, wenn es feuch - tes Wetter iſt.
Jſt119von dem Akkerbau.Jſt der Miſt alsdenn auf dem Akker ausgebreitet, wenn es feuchtes Wetter iſt, ſo verſchluckt die Feuch - tigkeit die weſentlichwuͤrkenden Dinge des Miſtes. Die Feuchtigkeit dringt in die Erde, und daher werden die weſentlichwuͤrkenden Dinge des Miſtes mit der Erde voͤllig vermiſchet. Dieß iſt ein merklicher Vor - theil (§. 144).
Anmerk. Den Nutzen dieſer Vermiſchung lehret der Augenſchein. Man darf nur, wenn das Feld bewachſen iſt, diejenigen Plaͤtze betrachten, wo die Miſt-Haufen gelegen haben.
Wenn wir bey dieſem die innere Beſchaffenheit desBeſondere Vortheile. Schnees in Erwegung ziehen, und bedenken, daß der Schnee nothwendig im Fruͤhjahr zerſchmelzen und in die Erde dringen muß; ſo wird es uns nicht ſchwer fal - len, zu begreifen, daß dieß ein merklicher Vortheil ſey, wenn man die Felder kurz vor dem Winter duͤnget: oder, wenn man die Felder im Winter mit Miſt befaͤh - ret, (§. 149.) dieſen auf große Haufen bringet (§. 145.) und den Miſt alsdenn ſtreuet, wenn es anfaͤngt zu dauen, und nicht ſo bald ein ſtarker Froſt, wohl aber Schnee zu vermuthen iſt, (§. 150.).
So weit von dem Duͤngen. Bey dem andernBey der Be - arbeitung der Felder ſind verſchie - dene Stuͤkke zu unter - ſcheiden. Punkte, mit welchem ſich dieſes Kapitel beſchaͤftiget, nemlich bey der Bearbeitung der Felder, muͤſſen wir wiederum einige Stuͤkke unterſcheiden. Einmahl, wenn ſoll man den Akker bearbeiten? Fuͤrs andere, wie tief ſoll man akkern? Fuͤrs dritte, wie kann man das Feld durch die Bearbeitung recht lukker machen? Fuͤrs vierte, womit ſoll man den Akker bearbeiten? H 4Wir120Der Land-Wirthſchaft 2 AbſchnittWir wollen jeden Punkt beſonders, und ſo weit genau unterſuchen, wie weit es unſere gegenwaͤrtige Abſicht erfordert.
Die erſte Frage: Wenn ſoll man den Akker be - arbeiten? muß die Abſicht dieſer Beſchaͤftigung endſcheiden. Man bearbeitet die Felder nicht nur aus dieſer Urſache, daß die Erde den Saamen und den Miſt dekken koͤnne, ſondern auch zu dieſem Endzwek - ke, daß die Erde recht lukker werden ſoll, damit die Feuchtigkeit der Luft in die Erde dringen, und die zum Wachsthum erforderliche Bewegung der wuͤrkſamen Dinge der Natur in der Erden koͤnne befoͤrdert und unterhalten werden. Dieß erfordert die Fruchtbarkeit des Bodens (§. 37. 38). Dieſe Abſichten geben uns einen Grund, folgende Regeln zu bilden.
Die erſte Regel:
Es iſt nuͤtzlich, wenn man die Stoppeln, ſo bald es moͤglich iſt, unterakkert.
Denn dieß befoͤrdert die Faͤulung der Stoppeln, und dieß giebt dem Akker einen gwiſſen Theil der Duͤngung, und es macht den Boden lukker (§. 134. 135). Der Wirth nennt dieſe Bearbeitung des Akkers das Stop - peln, oder das Felgen des Akkers.
Die andere Regel:
Es iſt nuͤtzlich, wenn man den Akker entwe - der vor Winter, oder ſo bald als es aufhoͤrt zu frieren, ſo lukker macht, als es immer moͤg - lich iſt.
Der Nutzen, welchen die Winter-Feuchtigkeit dem Erdboden leiſtet, wenn ſie ſich mit dieſem gehoͤrig vermiſcht, iſt aus dem zu erkennen, was wir §. 82. und121von dem Akkerbau. und §. 38. angemerket haben. Je beſſer demnach dieſe Feuchtigkeit den Erdboden durchdringen, und ſich mit der Erden vermiſchen kann, deſto nuͤtzlicher wird ſie dem Akker. Jſt der Erdboden, wenn es auf - hoͤret zu frieren, nicht recht lukker, ſo ſetzet die Ve - ſtigkeit des Bodens dieſer nutzbaren Wuͤrkung Hin - derniſſe. Daher iſt es klar, daß wir den Akker ent - weder vor Winter, oder ſo bald, als es aufhoͤret zu frieren, recht lukker machen muͤſſen, wenn wir allen Vortheil, der von der Bearbeitung moͤglich iſt, ge - nießen wollen.
Aus dieſen koͤnnen wir die Wahrheit folgender Saͤ -Beſondere Folgen. tze beurrheilen:
Die dritte Regel:Die dritte Regel.
Es iſt nuͤtzlich, wenn man das Feld auch als - denn umarbeitet, wenn es ſoll beſaͤet werden. Dieß nennet man zur Saat akkern.
H 5Unter -122Der Land-Wirthſchaft 2 AbſchnittUnterlaͤſt man dieſe Bearbeitung, ſo wird es ſchwer fallen, den Saamen tief genug einzubringen, und dieſen ſo weit mit der Erde zu bedekken, als es zum Wachsthum erfodert wird.
Jn Anſehung der andern Frage: wie tief ſoll man das Feld akkern? ſiehe §. 152. bilde ich folgende Regeln.
Die erſte Regel:
Jſt das Feld nicht tief genug geakkert worden, ſo iſt auch kein vollkommener Wachsthum der Fruͤchte auf dieſem Felde moͤglich.
Wird das Feld nicht tief genug geakkert, ſo bleiben die Wurzeln des Unkrauts in dem Akker ſtekken: der Saame des Unkrauts, der auf den Akker gefallen iſt, wird nicht unterdruͤkket; und die Wurzeln der Fruͤch - te, die man bauen wollen, koͤnnen nicht tief genung in die Erde dringen, voͤllige Nahrung an ſich zu zie - hen. Bleiben die Wurzeln des Unkrauts in dem Akker ſtekken, ſo entziehen ſie unſern Fruͤchten die Nah - rung. Wird der Saame des Unkrauts nicht unter - druͤkket, ſo gehet er auf, und alſo entziehet auch die - ſes unſern Fruͤchten die Nahrung. Sind die Wur - zeln zu ſchwach, voͤllige Nahrung an ſich zu ziehen, ſo iſt es auch unmoͤglich, daß die Fruͤchte den Grad der Vollkommenheit erreichen koͤnnen, den wir wuͤn - ſchen. Dieß iſt genug, die von uns angenomme Regel zu beweiſen.
Die andere Regel:
Das Feld muß nicht tiefer geakkert werden, als die den Wachsthum befoͤrdernde Erde gehet.
Will123von dem Akkerbau.Will man eine ſolche Erde herauf bringen, die voͤl - lig unfruchtbar iſt, ſo kann der Saame im Anfange keine Nahrung bekommen. Jſt dieß, wie will er wachſen.
Man muß nicht zu tief akkern, damit man keineErfahrung. todte Erde herauf bringet. Dieß iſt eine Meynung, die in der Wirthſchaft beynahe durch die Verjaͤhrung das Buͤrger-Recht erhalten hat. Und ich weiß es nicht, ob ich ihr einen Beyfall geben, oder ob ich ſie verlaſſen ſoll. Herr Kretſchmar, Tull, und ver - ſchiedene Stuͤkke in den oͤkonomiſchen Nachrichten geben uns Gruͤnde, dieſe Meynung zu verwerfen. Sie ſind, wie ich es glaube, vernuͤnftig. Sie ſtim - men mit der Erfahrung uͤberein, wenn ſie nur in ei - nigen Stuͤkken eingeſchraͤnket werden. Jch will eini - ge Erfahrungen zum Grunde ſetzen, und es alsdenn verſuchen, ob ich dieſe Sache auf beſtimmte Regeln bringen kann. Man nehme einen Akker, auf dem in verſchiedenen Gegenden Baͤume ſtehen. Man laſſe dieſen nach der gewoͤhnlichen Art akkern. Man rot - te die Baͤume aus, und aisdenn laſſe man den Akker beſaͤen. Die Frucht wird ſich auf den Stellen, wo die Baͤume geſtanden haben, merklich von den uͤbri - gen unterſcheiden. Der Saame hat ſich beſſer be - ſtokket, die Helmen ſind groͤßer, und ſie ſind reicher an Koͤrnern, wie die uͤbrigen.
Laſſet ein Stuͤck Feld durchaus einen SchuhEine andere. tief akkern, und ein anderes, was mit dieſem von ei - nerley Guͤte iſt, nach der gewoͤhnlichen Art. Beſaͤet beyde Felder mit einerley Saamen, z. E. mit Gaͤrſte zu einerley Zeit. Jenes, wenn ihr es zur Saat ak -kern124Der Land-Wirthſchaft 2 Abſchnittkern wollet, theilet in vier Theile Einen Theil laſt wiederum ſo tief akkern, wie zuvor, den andern Theil acht Zoll, und den dritten ſechs Zoll und den vierten drey Zoll tief. Der Erfolg wird dieſer ſeyn, daß die Frucht auf dem tief geakkertem Felde beſſer ſtehet, als auf dem Felde, das nach der ge - woͤhnlichen Art iſt geakkert worden, doch aber wird ſich die Frucht, welche auf dem Theile des tiefgeak - kerten Feldes ſtehet, der zur Saat nur drey Zoll tief iſt geakkert worden, beſonders hervor thun.
Laſſet einen Akker zwey Furchen tief akkern. Den einen Theil dieſes Akkers uͤberziehet mit einer ſchweren Egge, um die heraufgebrachte Erde mit der unterge - akkerten, ſo gut, als es moͤglich iſt, zu vermiſchen. Den andern Theil uͤberziehet mit einer leichten Egge. Bey - de Theile laſt nach der gewoͤhnlichen Art zur Saat ak - kern, und beſtellet dieſe mit einerley Saamen zu einer - ley Zeit. Der erſte Theil dieſes Akkers wird ſich in der Fruchtbarkeit von dem andern merklich unter - ſcheiden.
Dieſe Erfahrungen geben uns einen Grund, die dritte Regel zu bilden, welche uns in den Stand ſetzet, dieſe Frage: wie tief ſoll geakkert werden? zu beantworten.
Wenn die untere Erde nicht voͤllig untragbar iſt, ſo kann der Akker nicht zu tief bearbeitet werden, doch muß man die untere Erde, ſo gut als es moͤglich iſt, mit der obern ver - miſchen, und zur Saat muß nicht tiefer ge - akkert werden, als es noͤthig iſt, den Saamen zu bedekken.
Der125von dem Akkerbau.Der letzte Theil dieſer Regel kan auch aus dieſem erklaͤ - ret werden. Wird das Feld zur Saat zu tief geak - kert, ſo wird die geſchwaͤngerte Erde, aus welcher der Saame die Nahrung ziehen ſoll, in die Hoͤhe gebracht, und daher iſt ſie wider die Gewalt der Sonnen nicht ge - nug bedekket.
Das Haupl-Stuͤck bey dem akkern iſt den AkkerWie das Feld lukker zu machen. recht lukker zu machen (§. 113). Wie kann dieß be - werkſtelliget werden? Jſt der Akker recht lukker, ſo hat er in ſeiner Flaͤche viele Erde, keine Klumpen, und die Erde iſt wohl durch einander gemiſchet. Will man demnach ſein Feld recht lukker machen, ſo muß man es
Aus dieſem wird man auch ſehr leicht die WerkzeugeVon den Ak - ker-Werk - Zeugen. beurtheilen koͤnnen, die man zur Bearbeitung der Felder noͤthig hat. Der Pflug muß alſo gebauet werden, daß er tief genug eingreifen, und ſo wohl die Erde, als auch die Wurzeln des Unkrauts durch -ſchneiden,126Der Land-Wirthſchaft 2 Abſchnittſchneiden und die aufgeriſſene Erde uͤber ſich werfen koͤnne (§. 163). Die Egge muß nach ihrer Abſicht gebauet werden. Soll ſte die Erde vermiſchen und die Klumpen zermalmen, ſo muß ſie ſchwerer ſeyn, und laͤngere Zakken haben, als wenn ſie nur zum einzie - hen des Saamens ſoll gebraucht werden.
Anmerk. Es wuͤrde nach meiner gegenwaͤrtigen Abſicht zu weitlaͤuftig werden, wenn ich dieſe Dinge hier genauer unterſuchen wollte. Wer dasjenige verſtehet, was ich bis hieher abgehandelt habe, und wer ſich in den erſten Gruͤnden der Mechanik um - geſehen hat, dem wird es nicht ſchwer fallen, auch in dieſem Stuͤkke viel nuͤtzliches zu entdekken. Wobey insbeſondere mit Nutzen kann geleſen wer - den: die Abhandlung von dem Akkerbau, nach den Grundſaͤtzen des Herrn Tull, heraus - gegeben von Herrn du Hamel du Monceav.
Wir wollen hiebey noch eine Aufgabe aufloͤſen: ob es nuͤtzlicher ſey das Feld mit Ochſen oder mit Pferden zu bearbeiten? Wenn das Feld nicht zu ſchwer iſt, ſo gebe ich den Ochſen einen Vorzug. Die Gruͤnde ſind dieſe: Einmahl, in einerley Zeit koͤnnen drey Ochſen ſo viel arbeiten als zwey Pferde. Man ziehe die Rechnung von dem, was drey Ochſen und was zwey Pferde zu unterhalten koſten, man erwe - ge hiebey, daß man die Ochſen, wenn ſie ausgear - beitet haben, maͤſten koͤnne, ſo wird man es uns ver - willigen, daß wir bey den Ochſen einigen Vortheil haben. Fuͤrs andere, ein Ochs gehet langſam, und fuͤhret durchaus eine ebene Furche; da im Gegentheil das Pferd ſehr oft den Pflug uͤber einige Theile der Furche wegfuͤhret. Wer kann ſich allemahl auf dasGeſinde127von dem Akkerbau. Geſinde verlaſſen. Folglich gehet man bey dem Ge - brauche der Ochſen ſicherer. Fuͤrs dritte, den Ochſen kann man am Mittage im Felde fuͤttern. Und da - her gewinnet man bey dieſem einige Zeit. Fuͤrs vier - te, der Ochſe drukket die Erde nicht ſo veſt ein, wie ein Pferd. Aus dieſer Urſache iſt er auch in der Egge nuͤtzlicher, als das Pferd.
Bey dieſer Abhandlung muͤſſen wir vier StuͤkkeAbſicht die - ſes Kapitels. unterſcheiden. Die Art des Saamens, den man ausſaͤen ſoll. Die Menge dieſes Saamens. Die Zeit, wenn man ſaͤen ſoll; und wie tief der Saa - me in die Erde muͤſſe gebracht werden. Wir wollen jeden Punkt kurz, aber doch nach unſerer Abſicht voll - ſtaͤndig unterſuchen.
Der erſte Punkt muß aus verſchiedenen AbſichtenDie Wahl des Saa - mens muß gemacht werden. beurtheilet werden. Wir muͤſſen bey der Endſchei - dung dieſes Punkts theils auf den Nutzen, theils auf die Verhaͤltniß des Saamens gegen den Voden ſehen, auf welchen er ſoll geſaͤet werden.
Ein Wirth muß bey der Beſtimmung des NutzensEinmahl nach dem Nutzen, wie dieſer zu be - ſtimmen. den ganzen Zuſammenhang ſeiner Wirthſchaft in Er - wegung ziehen. Wir koͤnnen die Fruͤchte des Feldes unmittelbar, wir koͤnnen dieſe auch mittelbar zu Gelde machen. Dieß iſt moͤglich einmahl durch dieMaſtung128Der Land-Wirthſchaft 2 AbſchnittMaſtung. Fuͤrs andere, wenn wir unſere Fruͤchte verarbeiten, dieſe Werke unſers Fleißes verkaufen, und die Abgaͤnge zur Fuͤtterung des Viehes beſtimmen. Wer demnach ein gegruͤndetes Urtheil von dem Nutzen der Fruͤchte faͤllen will, der muß es unterſuchen:
Wenn wir eine ſolche Wirthſchafts-Pruͤfung genau anſtellen, ſo werden wir es bald merken, daß uns auch in dieſem Stuͤkke unſere Unwiſſenheit und das alte Herkommen mehr als einen Schaden zufuͤget. Cajus hat ein geringes Feld, es will keine Gerſte tra - gen, er beſaͤet es mit Hafer, und der Gewinn be - zahlet kaum die aufgewandte Muͤhe. Titius hat ein Feld, das jenem gleichguͤltig iſt. Er beſaͤet dieß zur rechter Zeit mit Duͤnkel oder Speltze. Er bekommt mehrere Fruͤchte wie jener. Er kann ſeine Fruͤchtezu129von dem Akkerbau. zu mehreren Abſichten anwenden. Er ziehet die Rech - nung, und der Schluß wird, er habe mehr gewonnen, wie Cajus. So gehet es uns auch in andern Faͤllen. Wir verlangen Oel, wir bauen zu dieſem Ende Ruͤb - ſen: warum verwerfen wir unſere Sonnen-Roſen. Sollten ſich dieſe nicht beſſer bezahlen. Cajus bauet auf ſeinem Felde eine Frucht, die er ſo hoch, wie die Gerſte, zu Gelde machen kann. Er verkauft die - ſe Frucht und kauft Gerſte. Er verbraut dieſe, und er hat nach Abzug aller Koſten ſeine reich - liche Bezahlung, und freyes Futter fuͤr das Vieh. Dieſer Handel macht ihm eine Bekandſchaft, die ein Mittel wird, ſein Bier zu vertreiben. Tirius hat Gelegenheit, dieſer Wirthſchaft nachzuahmen. Allein er bauet Gerſte, er verbrauet dieſe, und er klaget, daß es ihm an Mitteln fehle, ſein Bier zu vertrei - ben. Wer iſt der kluͤgſte Wirth? Dieß iſt genug, zu beweiſen, daß ein Wirth, die von uns §. 168. angefuͤhrten Stuͤkke in Erwegung ziehen muͤſſe, wenn er dieſe Frage: Was ſoll ich ausſaͤen? mit Klug - heit beantworten will.
Soll die Natur durch den Saamen ein beſtimmtesFuͤrs andere nach deſſen Verhaͤltniß gegen den Boden. Ding in der gehoͤrigen Vollkommenheit wuͤrken, ſo muß der Akker Kraͤfte genug haben, dieſe Abſicht zu befoͤrdern. Wenn wir mit dieſer Regel dasjenige verbinden, was wir §. 45. von den verſchiedenen Arten der Erdgewaͤchſe, §. 73. von der Vollkom - menheit des Saamens in Beziehung auf den Akker, §. 101. von den Arten der Felder, und §. 106. bis §. 123. wie auch §. 83. und folgenden von der Guͤ - te der Felder abgehandelt haben, ſo wird es uns nicht ſchwer fallen, die Art des Saamens nach deſſen Verhaͤlt - niß gegen den Voden, auf welchen er ſoll geſaͤet werden, zu beſtimmen.
Wir wollen zu dieſem noch eine beſondere Anmer - kung fuͤgen, die vielleicht nicht nur angenehm ſondern auch nuͤtzlich iſt. Es iſt vielmahl noͤthig, vielmahl aber auch nur nuͤtzlich, daß man den auszuſtreuenden Saamen mit einem oder mit einigen Saamen von andern Arten vermiſchet. Dieſe Vermiſchung iſt noͤ - thig, wenn der Haupt-Saamel bey dem Anfange ſeines Wachsthums eine Bedekkung entweder wider die Hitze und Kaͤlte, oder auch wider die Anfaͤlle des Ungeziefers erfordert. Z. E. wenn man Wei - tzen mit Korn vermiſchet, ſo bedekket das Korn den Weitzen wider die Kaͤlte, und wenn Kohl-Saamen mit Salat vermiſchet wird, ſo ſchuͤtzet der Salat die Pflanzen wider die Anfaͤlle der Erd-Floͤhe. Die erſte von dieſen Abſichten der Vermiſchung bildet folgende Regel:
Der Haupt-Saame muß mit einem Saamen vermiſcht werden, der ſchneller waͤchſt, und der Blaͤtter treibet, die das Gewaͤchſe von jenem, wenn es aufgehet, bedekken koͤnnen.
Anmerk. Ruͤben, wenn ſie aufgehen, koͤnnen die Strenge der Sonnen-Hitze nicht vertragen. Man vermiſche dieſen Saamen mit Erbſen, ſo werden die Erbſen dieſes Gewaͤchſe wider die Strenge der Sonnen-Hitze bedekken. Dieſe Erb - ſen koͤnnen alsdenn, wenn die Ruͤben-Blaͤtter Staͤrke genug haben, ein vortrefliches Vieh-Futter geben.
Die andere von dieſen Abſichten der Vermiſchung giebt folgende Regel:
Der131von dem Akkerbau.Der Haupt-Saame muß mit einem ſolchen Saamen vermiſcht werden, der nicht ſpaͤter aufgehet, als jener, und deſſen Gewaͤchſe dem zu befuͤrchtendem Ungeziefer eine ange - nehmere Nahrung iſt, als das Gewaͤchſe von jenem.
Anmerk. Vermiſchet den Kohl-Saamen mit Salat, ſo wird es die Erfahrung lehren, daß die Erd Floͤhe und Schnekken ihre Nahrung an dem Salat ſuchen, und die Kohl-Pflanzen verſchonen. Sind ſie mit jenem fertig, ſo ſind ihnen dieſe zu ſtark.
Es giebt verſchiedene Arten von Saamen, dieBeſondere Vortheile dieſer Ver - miſchung. ſehr langſam wachſen, und die im Anfange ihres Wachsthums nicht viel Nahrung aber doch eine Be - dekkung noͤthig haben: wenn man dieſe mit andern Arten von Saamen vermiſchet, die ſchneller wachſen, und die jenem in der Erde keine Hinderniß, aber doch uͤber der Erde eine Bedekkung ſind; ſo muß dieſe Vermiſchung nicht nur dem Wachsthume des Haupt - Saamens befoͤrderlich, ſondern auch dem Wirthe nuͤtz - lich ſeyn. Wir wollen dieſen Saamen, den wir mit dem Haupt-Saamen zu der angenommenen Abſicht vermiſcht haben, den Neben-Saamen nennen. Das Gewaͤchſe von dieſem Neben-Saamen wird voll - kommen, ehe das Gewaͤchſe von dem Haupt-Saamen voͤllige Nahrung noͤthig hat. Folglich giebt es dem Wirthe eine Neben-Erndte, die ihm den Aufwand bey der Beſtellung des Feldes bezahlen kann. Dieß iſt dem Wirthe ein Nutzen. Wird das Gewaͤchſe von dem Neben-Saamen, wenn es die ihm geſetzte Abſicht erreichet hat, aus der Erden gezogen, ſo macht dieß zu der Zeit, da das Gewaͤchſe des Haupt-Saa -J 2mens132Der Land-Wirthſchaft 2 Abſchnittmens voͤllige Nahrung noͤthig hat, den Boden luk - ker. Dieß iſt ſeinem Wachsthum befoͤrderlich. u. ſ. f.
Anmerk. Man vermiſche z. E. den Saamen von Moͤhren mit Annis, Senf und dergleichen. Dieſes Geſaͤme ſetzet den Moͤhren keine Hinder - niſſe. Es dienet dieſen im Anfange zur Bedek - kung. Es wird reif ehe die Moͤhren vollkommen wachſen, und es kann zu der Zeit mit Nutzen aus - gezogen werden, da die hierdurch lukker gemachte Erde ein Mittel wird, den Zufluß der Nahrung bey den Moͤhren zu befoͤrdern. Dieß Geſaͤme bezahlt die aufgewandten Koſten. Dieß iſt eine Erfahrung.
Bey der Beantwortung der andern Frage: wie viel ſoll auf einem Akker geſaͤet werden, ſ. §. 166. muͤſſen wir wiederum auf verſchiedene Stuͤkke ſehen. Theils auf die Guͤte des Feldes, theils auf die Art des Saamens und der Frucht, die durch dieſen Saa - men ſoll gezeuget werden. Jn Anſehung des erſten Punkts bilde ich dieſe Haupt-Regel:
Einem guten Akker kann man mehrern Saa - men von einer beſtimmten Art geben, als ei - nem ſchlechten.
Die Wahrheit dieſer Regel folget unmittelbar aus dem, was wir §. 38. von dem Wachſen und §. 114. und folg. von der innern Guͤte der Felder abgehan - delt haben.
Jn Anſehung des andern Punkts bilde ich dieſe Regel:
Alles Getraide, das ſich im Wachſen beſtok - ket, Erd-Gewaͤchſe, die, wenn ſie vollkommen ſind, in dikken Wurzeln beſtehen, und Erd -Gewaͤchſe,133von dem Akkerbau. Gewaͤchſe, die ſich uͤber der Erden ausbrei - ten, muͤſſen nicht ſo dikke geſaͤet und gepflan - zet werden, als dasjenige Getraide, und diejenigen Erd-Gewaͤchſe, bey welchen die entgegengeſetzten Eigenſchaften ſtatt finden.
Die Wahrheit dieſer Regel iſt aus dem klar, weil jene einen groͤßern Raum und mehrere Nahrung noͤ - thig haben, als dieſe.
Anmerk. Aus dieſem laͤſt es ſich begreifen, war - um das Stekken des Saamens, wenn es nur moͤg - lich iſt, nuͤtzlicher ſey, als das Saͤen.
Dieß, was wir bis hieher abgehandelt haben, giebtEine allge - meine Regel dieß zn be - ſtimmen. uns einen Grund, dieſem nachzudenken, ob man nicht eine allgemeine Regel bilden koͤnne, die uns die Ver - haͤltniß der Geſaͤme in Beziehung auf dieſe Frage: wie dick ſie ſollen geſaͤet werden? entweder mit einer Gewißheit oder doch mit einer Vermuthung beſtim - met. Jch habe in dieſer Abſicht mehr als einen Ver - ſuch angeſtellet, und es ſcheinet, daß man bey denen Gewaͤchſen, die nicht verpflanzet werden, und die von einem Geſchlechte ſind, auf die beſondere Schwere des Saamens ſehen muͤſſe; ſo daß ſich die Men - ge des auf einen beſtimmten Akker auszuſtreu - enden Saamens von einer Art zur Menge des auf einen ſolchen Akker auszuſtreuenden Saa - mens von einer andern Art verhalte, wie ſich die beſondere Schwere von dieſem Saamen zur beſondern Schwere von jenem Saamen ver - haͤlt. Das iſt, wenn ſich die beſondere Schwere des beſtimmten Saamens a zur beſondern Schwere des beſtimmten Saamens b verhalt, wie 4 zu 3, ſo muß man auf einen ſolchen Akker, auf welchen manJ 3drey134Der Land-Wirthſchaft 2 Abſchnittdrey Scheffel von a ſaͤet, vier Scheffel von b ſaͤen.
Anmerk. Es iſt wahr, ich kann dieſe Regel noch nicht mit Gewißheit beweiſen. Sie kann aber doch als eine Regel angenommen werden, die unſere Beſchaͤftigungen in zweifelhaften Faͤllen be - ſtimmet. Jch habe ſie mehr als einmahl ange - wendet, und in dieſen Faͤllen hat ſie allemahl die Probe gehalten.
So weit von dem andern Punkte. Der dritte ge - het auf die Zeit, wenn man ſaͤen muß. Siehe §. 166. Wir werden einige allgemeine Regeln bilden koͤnnen, dieſe Frage zu beantworten, wenn wir dieſe Erfahrungen zum Grunde legen:
Aus dieſem bilde ich folgende Regeln.
Die erſte Regel:Aus dieſen folget die erſte Regel.
Zu einer ſolchen Zeit, da es zu vermuthen iſt, daß ein die Flaͤche der Erden durchdringen - der Froſt entſtehe, wenn der Saame in der Milch iſt, muß nicht geſaͤet werden. (§. 177. erſte Erf.)
Die andere Regel:Die andere.
Der Saame, deſſen Gewaͤchſe, wenn es in Blaͤttern ſtehet, auch den ſtaͤrkſten Froſt ver - tragen kann, muß vor dem Winter geſaͤet werden, doch aber zu einer ſolchen Zeit, daß er, ehe der Froſt kommt, Blaͤtter treiben, aber doch nicht ſchoſſen kann.
J 4Denn136Der Land-Wirthſchaft 2 AbſchnittDenn da unter dieſen Umſtaͤnden der Froſt dem Saamen nicht ſchaͤdlich iſt, (§. 177. die 3te und 5te Erf.); So hat man dieſen Vortheil, daß der Saame die Winter-Feuchtigkeit genieſſet. Dieſe giebt ihm ei - ne vorzuͤgliche Nahrung und Staͤrke zum wachſen (§. 82. 125. ) darum iſt es nuͤtzlich.
Die dritte Regel:
Der Saame, deſſen Gewaͤchſe, wenn es in Blaͤttern ſtehet, nur einen ſolchen Froſt ver - tragen kann, der nicht hart iſt, muß im Fruͤh - jahre ſo zeitig geſaͤet werden, als es moͤglich iſt, und wenn man keine harte, die Flaͤche der Erden durchdringende Froͤſte vermuthen kann.
Denn je zeitiger man einen ſolchen Saamen ſaͤet, deſto mehr kann er im Anfange des Wachſens von der Win - ter-Feuchtigkeit genieſſen. Dieß iſt ihm nuͤtzlich (§. 82. 125). Und ſollte bey herannahendem Sommer eine Duͤrre einfallen, ſo kann ihm dieſe ſo ſchaͤdlich nicht ſeyn, als wenn er ſpaͤt iſt geſaͤet worden, denn er hat mehrere Staͤrke zu fernerem Wachſen, als dieſer. Siehe die Anmerkung zu dem §. 142.
Die vierte Regel:
Der Saame, deſſen Gewaͤchſe keinen Froſt und keinen Reif vertraͤgt muß woferne man dieſen nicht wider den Froſt und wider die Kaͤl - te bedekken kann a), nicht eher geſaͤet werden, als wenn keine Nacht-Froͤſte und keine Reiffe mehr zu vermuthen ſind.
Anmerk. a) Wie unter gewiſſen Umſtaͤnden dieſe Bedekkungen moͤglich ſind, dieß kann in den Fuͤrleſungen gezeiget werden.
Die fuͤnfte Regel:
Erbſen und andere Huͤlſen-Fruͤchte von dieſerDie fuͤnfte. Art muͤſſen ſo zeitig geſaͤet werden, daß ſie zu der Zeit, da man ſtarke Blitze zu vermuthen hat, ausgebluͤhet haben. (§. 177. Erf. 4.)
Anmerk. Jch habe dieſe Fruͤchte mehr als ein - mahl in dem letzten Viertel vor dem Oſter-Voll - mond ſaͤen laſſen, und die Beobachtung dieſer Re - gel hat ſich allemahl fruchtbar bewieſen.
Wir kommen zu dem letzten Punkt, wie tief ſollGruͤnde, zu beurtheilen, wie tief man ſaͤen ſoll. man ſaͤen? Man hat zwey Arten, den Saamen in die Erde zu bringen, durch unterakkern und durch ein - eggen. Jene bringt den Saamen tiefer in die Erde, als dieſe, und ich weiß es nicht, ob ich jener oder dieſer Art den Vorzug geben ſoll. Der untergeakker - te Saame muß nothwendig, wenn duͤrres Wetter ein - fallen ſollte, mehrere Feuchtigkeit genieſſen, als der ein - geeggete. Er iſt auch wider die Anfaͤlle der Voͤgel, und wenn es Winter-Saat, wider die Kaͤlte mehr be - dekket, als dieſer. Doch aber lehret auch dieß die Er - fahrung, daß jener ſpaͤter aufgehet als dieſer, und daß von jenem, wenn zu gleicher Zeit einerley Saamen auf einerley Akker iſt geſaͤet worden, allemahl meh - rere Koͤrner zuruͤck bleiben, als von dieſem, woferne nicht von einer eingefallenen Duͤrre, oder von einem eingefallenem Froſte das Gegentheil ſollte gewuͤrket werden. Der untergeakkerte Saame waͤchſt mehren - theils friſcher, als der eingeeggete: und jener beſtockt ſich beſſer, wie dieſer.
Wenn wir dieſe Umſtaͤnde gegen einander halten, undHierzu wird die erſte mit einander vergleichen, ſo giebt uns dieß einen Grund, folgende Regeln zu bilden.
J 5Die138Der Land-Wirthſchaft 2 AbſchnittDie erſte Regel:
Es iſt ſchaͤdlich, wenn man den Saamen zu tief unterakkert. Denn hiedurch werden viele Koͤrner erſtikket, daß ſie nicht hervorwachſen koͤnnen. (§. 183.)
Die andere Regel:
Es iſt nachtheilig, wenn man den Saamen nur einegget. Denn in dieſem Falle iſt nicht nur eine gleich nach der Ausſaat einfallende Duͤrre oder Kaͤlte dem Wachsthum gefaͤhrlich, ſon - dern es iſt auch der Saame nicht genug wider die Anfaͤlle der Voͤgel bedekket (§. 183).
Die dritte Regel:
Man gehet am ſicherſten, wenn man den Saa - men, wenn der Akker zuvor wohl iſt durchge - arbeitet worden, flach unterakkert. (§. 184. 185).
Die Wahrheit dieſer Regel erhellet nicht nur aus dem §. 184. 185. ſondern es giebt noch andere Gruͤnde, welche dieſe unterſtuͤtzen. Es ſey die Rede von der Sommer-Saat. Will man dieſe tief unterakkern, ſo muß man die zuvor von der Winter-Feuchtig - keit geſchwaͤngerte Erde wiederum der freyen Luft darſtellen. Dieß iſt nachtheilig (§. 82). Will man dieſe Saat nur eineggen, ſo wird es ſchwer halten, alle Koͤrner unter die Erde zu bringen, daß ſie Feuch - tigkeit genug zum Keimen bekommen koͤnnen. Da - her bleibt bey der Sommer-Saat dieß, den Saamen flach unterzuakkern, der ſicherſte Weg. Es ſey die Rede von der Winter-Saat. Will man dieſe tiefunter -139von dem Akkerbauunterakkern, ſo bringt man die von der Duͤngung ge - ſchwaͤngerte Erde in die Hoͤhe, daß ſie von den duͤr - ren Herbſt-Winden kann durchſtrichen werden. Dieß iſt nachtheilig. Will man dieſe Saat nur eineggen, ſo iſt auch diejenige nachtheilige Wuͤrkung hier moͤglich, die wir in dieſem Fall bey der Sommer-Saat ange - merket haben. Folglich iſt auch bey der Winter - Saat dieß der ſicherſte Weg, wenn man den Saa - men flach unterakkert.
Anmerk. Es iſt nicht ohne Ueberlegung geſchehen, daß ich dieſe Regel nur auf den Fall angenommen, wenn der Akker vorher wohl iſt durchgearbeitet wor - den. Jſt dieß nicht geſchehen, und man will doch den Saamen flach unterakkern, ſo wird der Akker nicht genug lukker gemacht. Dieß aber iſt ein we - ſentlicher Fehler bey der Beſtellung der Felder. Siehe §. 109.
Man hat guten Saamen auf einem wohl zubereite -Es iſt nicht genug, daß wir den Ak - ker wohl be - ſtellet haben ten Akker geſaͤet, und dieß zu rechter Zeit, und in der Art, die uns von der mit der Erfah - rung verbundenen Vernunft vorgeſchrieben wird. Jſt nun dieß genug? Wirthe, die ihre Gedanken nur in dem Herkommen gruͤnden, werden dieſe Frage be - jahen. Jch muß dieſem Urtheile widerſprechen. Jch werde hiezu ſo wohl durch die Erfahrung, als auchdurch140Der Land-Wirthſchaft 2 Abſchnittdurch die Vernunft genoͤthiget. Die Vernunft bil - det dieſen Schluß. Ein Wirth ſoll geſchickte Mit - tel anwenden, eine gute Abſicht auszufuͤhren. Dieß iſt eine Anwendung der Weisheit. Dieſe iſt ohne Klugheit unfruchtbar. Und darum iſt es, eine Ab - ſicht auszufuͤhren, nicht genug, daß man geſchickte Mittel anwendet, man muß auch die Hinderniſſe entkraͤften, welche ſtark genug ſind, die angewende - ten Mittel wider die Abſicht zu lenken. Wir wollen dieß auf den Akkerbau anwenden. Sollen die Erd - Gewaͤchſe vollkommen wachſen, ſo muß die Erde mit den weſentlichen Dingen der Natur wohl vermiſcht, und ſie muß lukker gemacht werden, daß die Luft hin - eindringen, die Bewegung in der Erde unterhalten, und die wachſenden Kraͤfte vermehren koͤnne. (§. 38). Jn dieſen Stand iſt der Akker von uns alsdenn ge - ſetzt worden, wenn wir ihn wohl bearbeitet haben. Sind nun hier keine Hinderniße moͤglich, die dieſe an - gewendeten Mittel wider unſere Abſicht lenken koͤn - nen? Kann nicht das aufgehende Unkraut unſern Erd-Gewaͤchſen die Nahrung entziehen? und koͤnnen nicht allerhand Umſtaͤnde die Flaͤche des wohlbearbei - teten Feldes wiederum veſte machen, daß der Zufluß der Luft alsdenn verhindert wird, wenn das Erd - Gewaͤchſe dieſen zum Wachsthum noͤthig hat.
Aus dieſem ſchluͤße ich: Die Fuͤrſorge eines ver - nuͤnftigen Wirthes wird alsdenn nicht aufhoͤren, wenn er den Akker beſtellet hat. Er muß auf Mittel den - ken:
Wie ſind dieſe Mittel moͤglich? Soll das UnkrautDas erſte Mittel. auf dem beſtelltem Akker getilget werden, ſo iſt dieß nicht genug, daß man es abreißt. Die Wurzeln ent - ziehen den Fruͤchten die Nahrung, und darum muß es mit den Wurzeln aus der Erde gezogen werden. Das gewoͤhnliche Mittel, was uns zu dieſem Endzweck fuͤhrer, iſt das Gaͤten. Und wenn die Anwendung dieſes Mittels moͤglich iſt, ſo kann uns dieß auf mehr als auf einerley Art nuͤtzlich ſeyn. Denn wird das Unkraut mit den Wurzeln ausgeriſſen, ſo wird hiedurch zugleich der Akker lukker gemacht, und das ausgeriſſene Unkraut kann zur Fuͤtterung gebraucht werden.
Anmerk. Es iſt hiebey zu unterſuchen, ob es nuͤtzlicher ſey, dieſes Unkraut friſch zu verfuͤttern, oder nachdem es zuvor iſt gedoͤrret worden, im Winter einzubruͤhen.
Den andern Endzweck zu erreichen, hat man mehrDas andere Mittel. als ein Mittel erſonnen, und ein Wirth muß auch in dieſem Stuͤkke Klugheit anwenden, die es uns leh - ret, die Mittel nach der Beſchaffenheit der Umſtaͤnde zu erwehlen, und zu veraͤndern. Jch zehle unter die - ſe Mittel:
Einmahl, die Vermiſchung des Haupt-Saamens mit einem Neben-Saamen. S. §. 171). Man vermiſchet zu dieſem Ende mit dem Haupt - Saamen einen andern, der ſchneller aufgehet, und deſſen Gewaͤchſe, wenn es nicht zur Reife kommen ſoll, eine gute Fuͤtterung iſt. Jſt die - ſes ſtark genug gewachſen, und iſt es Zeit, dem Haupt-Gewaͤchſe einen Zufluß an Nahrung zu verſchaffen, ſo ziehet man es mit den Wurzelnaus,142Der Land-Wirthſchaft 2 Abſchnittaus: dieß macht den Boden lukker, und die Fuͤtterung, die hiedurch erhalten wird, bezah - let die Koſten. Aus dieſer Abſicht vermiſcht man z. E. Weitzen mit Korn, Ruͤben mit Erb - ſen, u. ſ. f. Soll aber das Gewaͤchſe dieſes Neben - Saamens zur Reife kommen, ſo muß es eine ſolche Frucht ſeyn, die alsdenn kann ab - genommen werden, wenn bey dem Haupt Ge - waͤchſe ein vorzuͤglicher Zufluß von Nahrung noͤthig iſt. Denn alsdenn ziehet man dieß Ne - ben-Gewaͤchſe mit den Wurzeln aus, dieß macht den Boden lukker, und die Frucht bezahlet die aufgewendeten Koſten. Dieß kann mit der Vermiſchung des Senfs mit den gelben Ruͤben erleutert werden.
Fuͤrs andere, das Eggen. Dieß kann bey dem beſtelltem Akker mehr als auf einerley Art nuͤtz - lich ſeyn. Einmahl, iſt der Akker beſtellt, und es faͤllt, ehe das Getraide aufgehet, ein Schlag - Regen, ſo iſt es leicht moͤglich, daß dieſer die Flaͤ - che des Akkers ſo veſte macht, daß das Getrai - de nicht heraus kann. Ein Wirth laͤſt alsdenn den Akker mit einer Egge uͤberziehen. Dieß macht die Flaͤche wieder lukker, und dieß befoͤr - dert den Wachsthum. Fuͤrs andere, wenn der Saame zu dick aufgehet, ſo benimmt eine Pflanze der andern die Nahrung. Dieß iſt die Urſache, daß ſie nicht vollkommen werden. Man muß demnach einige ausziehen. Sollte nun das Gaͤ - ten zu viele Koſten machen, ſo muß man auch in dieſem Falle ſeine Zuflucht zur Egge neh - men.
Anmerk. 143von dem Akkerbau.Anmerk. Es kann bey dieſem Punkte mit Nu - tzen geleſen, was der Herr Rathsmeiſter Reichart in dem Land - und Garten-Schatze in dem er - ſten Theil, im ſechzehenten Capitel, und in dem dem dritten Theile im dritten Capitel vortref - lich abgehandelt hat.
Fuͤrs dritte, das Hakken. Auch dieß kann demDas vierte Mittel. Gewaͤchſe aus verſchiedenen Urſachen nuͤtzlich ſeyn. Einmahl macht es den Boden lukker. Dieß erleichtert den Einfluß der Luft in die Er - de, und darum iſt es ein Mittel zur Befoͤrderung des Wachsthums. (§. 37. und folg.) Fuͤrs an - dere, werden durch das Hakken Gruben gemacht, in welchen ſich die Feuchtigkeiten ſammlen koͤnnen, die das Gewaͤchſe zur Nahrung noͤthig hat. Fuͤrs dritte, werden die Gewaͤchſe mit Ver - ſtand und mit Behutſamkeit behakket, ſo iſt dieß ein Mittel, die Spitzen von den Neben-Wurzeln abzuhauen. Nun beſtaͤtiget es die Erfahrung, daß aus einer ſolchen an ihrer Spitze verletzten Wurzel nach und nach verſchiedene Roͤhren her - vor wachſen, durch welche das Gewaͤchſe mehrere Nahrung, als zuvor, anziehen kann. Folglich iſt auch dieß eine Urſache, warum das Behak - ken nuͤtzlich.
Das Behakken iſt nuͤtzlich. Bey verſchiedenen Ge -Das fuͤnfte Mittel. waͤchſen, z. E. bey dem Kohl, Erd-Aepfeln, u. ſ. f. noͤ - thig. Aber auch koſtbar. Das Behakken iſt darum nuͤtzlich, weil es den Boden lukker macht, weil hie - durch der Akker zwiſchen den Pflanzen Gruben be - kommt, und weil hiedurch die Spitzen von den Sei -ten -144Der Land-Wirthſchaft 2 Abſchnittten-Wurzeln abgehauen werden (§. 192). Dieſe Be - ſtimmungen koͤnnen auch durch das Pfluͤgen gewuͤrket werden, wenn nur der Pflug nach dieſer Abſicht ein - gerichtet, und das Pfluͤgen mit Verſtand unternom - men wird, und darum giebt uns das Pfluͤgen zu der von uns angenommenen Abſicht das fuͤnfte Mittel. Nemlich, man pflanze das Gewaͤchſe, was man behak - ken will, nach einer geraden Linie in einer ſolchen Endfernung, daß man zwiſchen die Pflanzen mit ei - nem bequemen Pfluge pfluͤgen und die Seiten-Wur - zeln mit dem Pfluge abſtoſſen kann, ohne die Pflan - zen auszureiſſen.
Anmerk. von dem Bau eines ſolchen Pfluges, der zu dieſer Abſicht nuͤtzlich iſt, koͤnnen wir mit Nutzen leſen, die zuvor angefuͤhrte Abhandlung von dem Akkerbau nach den Grund-Saͤtzen des Herrn Tull.
So weit von dem erſten Punkte. Der andere be - ſchaͤftiget ſich mit der Erndte. Bey dieſer muͤſſen wir die Zeit von der Art und Weiſe unterſcheiden. Die Zeit zu beſtimmen muͤſſen wir diejenigen Erd-Gewaͤch - ſe, von welchen wir die Koͤrner verlangen, von de - nen unterſcheiden, von welchen wir keine Koͤrner ver - langen. Jn Anſehung der erſten Art bilde ich fol - gende Regel:
Das Getraide muß alsdenn abgehauen wer - den, wenn es voͤllig reif, aber noch nicht trocken iſt.
Der Grund dieſer Regel liegt in dem §. 70.
Jn Anſehung der andern Art bilde ich dieſe Regel:
Die145von dem Akkerbau.Die Gewaͤchſe, von welchen wir keine Koͤr -Andere Re - gel. ner verlangen, z. E. Kohl, Ruͤben, muͤſſen als - denn eingeſammlet werden, wenn ſie nicht mehr wachſen.
Will man dieſe eher einſammlen, ſo ſind ſie nicht vollkommen. Will man dieſe laͤnger ſtehen laſſen, ſo muͤſſen wir befuͤrchten, daß ſie verderben. Siehe §. 70.
Anmerk. Jch betrachte dieſe Sache nur nach den Geſetzen der Land-Wirthſchaft. Die Wolluſt macht es uns oft nuͤtzlich, wenn wir dieſe Gewaͤch - ſe eher einſammlen, als bis ſie das angenommene Ziel erreicht haben. Z. E. der Verkauf junger Ruͤben kann uns oͤfters das Jntereſſe von dem Ak - ker bezahlen. Jſt dieß moͤglich, welches die Um - ſtaͤnde des Orts lehren, ſo koͤnnen wir auf unſern Akker mehreren Saamen ſtreuen, als ohne dieſem erforderlich, nach und nach junge Ruͤben auszie - hen, hiedurch den Akker lukker machen, und den Wachsthum der uͤbrigen befoͤrdern.
Die Art und Weiſe zu beurtheilen, ſ. §. 194. koͤn -Die Art und Weiſe bey der Erndte feſt zu ſetzen. Erſte Regel. nen, wie ich glaube, folgende Regeln nuͤtzlich ſeyn.
Einmahl: kein Erd-Gewaͤchſe muß naß in ſein Behaͤltniß gebracht werden. Denn ge - ſchiehet dieß, ſo muß es ſich erhitzen. Dieß verurſachet entweder, daß es verbrennet, oder daß es verfaulet, beydes iſt ſchaͤdlich.
Anmerk. Dieß giebt uns einen Grund, eine Haupt-Regel zu bilden, die bey dem Bau der Scheuer muß beobachtet werden: daß nemlich ei - ne Scheure alſo muͤſſe angeleget werden, daß, wenn es noͤthig iſt, die Luft durch ſtreichen koͤnne.
Fuͤrs andere. Ein Wirth muß bey der Ernd - te darauf ſehen, daß er allen nur moͤglichen Nutzen gewinnen koͤnne.
Die Wahrheit dieſer Regel fließet aus dem Begriff der Wirthſchaft. Es bleibt demnach nur die Frage uͤbrig: wie die Anwendung dieſer Regel moͤglich ſey. Wenn wir dem nachdenken, was wir in dem §. 452. folg. der Sitten-Lehre abgehandelt haben, ſo giebt uns dieß einen Grund, folgende Regeln zu bilden:
Jn Anſehung des dritten Punkts, der ſich mit der Abſonderung des Saamens beſchaͤftiget, muͤſſen wirwie -147von dem Akkerbau. wiederum die Zeit von der Art und Weiſe unterſchei - den. Jn Anſehung der Zeit koͤnnen wir folgende Er - fahrung zum Grunde legen: Alles Getreyde, oder uͤberhaupt alle Erdgewaͤchſe, von welchen wir die Koͤr - ner verlangen, ſchwitzen im Anfange, wenn ſie auf einander geleget werden, und ſo lange ſie im Schweiße ſind, ſitzen die Koͤrner ſo feſte, daß ſie nicht alle durch die gewoͤhnlichen Mittel koͤnnen abgeſondert werden. Aus dieſer Erfahrung folget dieſe Regel:
Man muß nicht eher dreſchen, als bis das Erd-Gewaͤchſe, oder das Getraide ausge - ſchwitzet hat.
Jn Anſehung der Art und Weiſe bilde ich folgendeDie Art und Weiſe dieſer Abſonde - rung zu beur - theilen. Erſte Regel Regeln:
Die erſte Regel:
Die Koͤrner muͤſſen von allen Neben-Dingen gereiniget werden.
Die andere Regel:
Man muß unterſuchen, ob und wo dieſe Ne -Andere Re - gel. ben-Dinge nuͤtzlich ſind, und ſie zu dieſem Nutzen verwahren. Denn ohne dieſen kann man nicht allen moͤglichen Vortheil gewin - nen, welches doch die Wirthſchaft erfordert.
Die dritte Regel:
Die Koͤrner muͤſſen nach ihrer beſondernDritte Re - gel. Schweere in verſchiedene Hanfen vertheilet werden.
Den Nutzen von dieſer Regel, und wie ihre Anwen - dung moͤglich ſey, dieß lehret der §. 71.
K 2Anmerk. 148Der Land-Wirthſchaft 2 AbſchnittAnmerk. Dieß iſt der Grund, warum man die Koͤrner in gute oder Saamen-Koͤrner, in mit - telmaͤßige, und in geringe Koͤrner vertheilet.
Die letzte Frage: wie ſoll man die abgeſon - derten Fruͤchte verwahren? iſt theils aus dem, was wir §. 72. theils aus dem, was wir §. 74. abge - handelt haben, zu beantworten.
Anmerk. 1. Wuͤrde es die Abſicht dieſer Schrift erlauben, alle Wirthſchafts-Punkte genau und be - ſonders zu unterſuchen, ſo wuͤrde ich auch jetzo von den Wieſen und von der Graͤſerey handeln muͤſſen. Es verbiethet aber die Abſicht dieſer Schrift, daß daß ich mich in dieß beſondere einlaſſe. Das All - gemeine, was uns geſchickt macht, auch dieſe be - ſonderen Dinge zu beurtheilen, iſt mit dem, was wir bis hieher abgehandelt haben, einerley. Jm uͤbri - gen wird man auch von dieſen beſondern Punkten in den beliebten oͤconomiſchen Nachrichten vieles abgehandelt finden, was nuͤtzlich und gruͤnd - lich iſt. Und wo ich meinem Lehr-Gebaͤude nicht zu viel traue, ſo wird es uns in den Stand ſetzen, jenes nicht nur aus Gruͤnden, die der Natur gemaͤß ſind, verſtaͤndlich zu erklaͤren, ſondern auch zum Gebrauch der Wirthſchaft zu erweitern.
Anmerk. 2. Es hat einerley Urſache, warum ich nicht insbeſondere von der ſo noͤthigen Baum-Zucht rede. Wer ſich mit dieſer insbeſondere beſchaͤftigen will, dem will ich in Anſehung der Obſt-Baͤume den ſchon oft angefuͤhrten Land-und Garten-Schatz des Herrn Rathsmeiſters Reicharts, und in An - ſehung der wilden Baͤume, die zuvor angefuͤhrten oͤconom. Nachrichten, Herrn von Hosberg Georgicum curioſum, Herrn von Joͤchhauſen Nachricht vom Forſt-Weſen, und Herrn von Flemmings Abhandlung vom Forſt-Weſen, beſtens empfehlen.
Ein Wirth muß ſeine Ausgaben mit der EinnahmeAbſicht die - ſes Kapitels. jaͤhrlich vergleichen, das iſt, eine richtige Rech - nung fuͤhren. Er muß die Quellen ſeiner jaͤhrlichen Einkuͤnfte genau kennen, theils Mittel zu erfinden, dieſe zu erhalten, und wo es moͤglich iſt, ergiebiger zu machen, theils die Hinderniſſe zu entdecken, die dieſe Quellen verſtopfen koͤnnen, und geſchickte Mittel veſtzuſetzen, durch welche man dieſen zu befuͤrchtenden Hinderniſſen vorbeugen koͤnne (§. 464. der Sitten - Lehre). Wie iſt die Anwendung dieſer Regeln bey dem Akkerbau moͤglich, wenn man nicht von dem Akkerbau ſeines Gutes eine richtige Beſchreibung fuͤhret, die uns jaͤhrlich den Zuſtand unſerer Felder, den Aufwand und den Ertrag vor Augen leget.
Wenn wir dem nachdenken, was wir bis bieher vonEs ſind drey Haupt-Regi - ſter zu fuͤh - ren. dem Akkerbau abgehandelt haben, ſo wird es uns nicht ſchwer fallen, zu begreifen, daß wir dieſen Endzweck zu erreichen, drey Regiſter fuͤhren muͤſſen. Das er - ſte beſchreibet die Beſchaffenheit unſerer Felder. Das andere den Aufwand. Das dritte den Ertrag der Felder.
Wir haben in dem zweyten Kapitel dieſes Abſchnit -Einrichtung des erſten Regiſters in Anſehung der Felder. tes auf der 77 und folgenden Seiten alles erklaͤret, was wir wiſſen muͤſſen, wenn wir die Beſchaffenheit der Felder beurtheilen wollen. Dieß giebt uns einen Grund zu glauben, daß das erſte Regiſter, was die Be - ſchaffenheit der Felder beſchreibet, alſo einzurichten ſey.
K 3Re -150Der Land-Wirthſchaft 2 AbſchnittEin ſolches Regiſter muß auch von den Wieſen,und der Wie - ſen. die zu dem Guthe gehoͤren, gefuͤhret werden, welches folgender Geſtalt einzurichten:
Das andere Regiſter beſchreibet den Aufwand (§. 204). Dieſer iſt in verſchiedene Claſſen zu verthei - len. Er wird erfordert, theils zur Beſtellung der Felder, theils zur Verbeſſerung der innern Guͤthe, theils die Umſtaͤnde, die dem Felde ſchaͤdlich ſind, zu entkraͤften, theils die Umſtaͤnde, die dem Felde nuͤtzlich ſind, zur Verbeſſerung des Feldes zu lenken. Dieß iſt genug zu begreifen, daß dieſes Regiſter folgender Ge - ſtalt einzurichten ſey.
Regi -153von dem Akkerbau.Das dritte Regiſter beſchreibt den Ertrag der Felder. Dieß kann in das Erndte - und Dreſch-Regiſter gethei - let worden. Das Erndte-Regiſter iſt alſo einzurichten.
Anmerk. Damit man einen richtigen Ueberſchlag wegen der Vieh-Fuͤtterung machen koͤnne, ſo wird es nuͤtzlich ſeyn, ſo wohl die Ruͤben, als auch das Heu, und dergleichen, nicht allein nach Fudern, ſon - dern auch nach dem Gewichte in Rechnung zu bringen.
Das Dreſch-Regiſter iſt von einer jeden Art des Ge -Und in wie weit es das Dreſch-Re - giſter. traides beſonders zu fuͤhren, und alſo einzurichten.
Laͤſt ein Wirth ſeinen Akkerbau alſo beſchreiben, ſo iſt es einmahl moͤglich, daß er ſich allemahl einen richtigen Begrif von dem Zuſtande ſeines Guthes machen koͤnne, fuͤrs andere wird er hiedurch in Stand geſetzt, den Betruͤgereyen, ſo weit es moͤglich, vorzu - beugen. Fuͤrs dritte iſt dieß der ſicherſte Weg, ſein Guth, ſo viel es moͤglich iſt, zu verbeſſern. Fuͤrs vierte iſt dieß das ſicherſte Mittel, den Viehſtand nach der Menge und nach der Beſchaffenheit der Fuͤt - terung regelmaͤßig einzurichten. Von dieſem in dem folgenden.
Julius Caͤſar*), Tacitus**) und andere leh -Abſicht die - ſes Abſchnit - tes. ren es uns, daß unſere Vorfahren die Vieh - zucht hoͤher, als den Akkerbau geſchaͤtzet. Und vielleicht, wie es Herr Stißer***) angemerket hat, aus der Urſache, weil der Akkerbau mehrere Arbeit, als die Viehzucht, erfodert, und weil es uns in die Sinne faͤllt, daß uns das Vieh nicht nur Speiſe und Trank, ſondern auch die Kleidungen giebt. Man bilde ſich ein Land, das von ſolchen Menſchen bewoh - net wird, denen ſowohl die Erkenntniß, die der Ak - kerbau erfodert, als auch die Luſt, den Akker zu bauen, fehlet; ſo wird es nicht ſchwer fallen, die Urſache zu errathen, warum ſie die Viehzucht hoͤher halten, als den Akkerbau. Wenn wir aber den Nutzen, den wir von der Viehzucht alsdenn gewinnen koͤnnen, wenn wir unſere Felder regelmaͤßig bauen, mit dem Nutzen ver - gleichen, den wir von der Viehzucht alsdenn gewin - nen, wenn wir in dieſer die Haupt-Abſicht der Wirth - ſchaft ſetzen, und unſere Felder wuͤſte liegen laſſen, ſo werden wir gewiß dieſen Schluß machen, daß jener groͤßer ſey, als dieſer, wenn nur die Viehzucht regel - maͤßig gehalten wird. Wir wollen uns nun auch um dieſe Regeln bekuͤmmern. Man wird es uns leichtverwilli -158Der Land-Wirthſchaft 3 Abſchnittverwilligen, daß ſich dieſe theils in der allgemeinen Lehre von den Wuͤrkungen der Natur, theils in der Erkenntniß von dem Nutzen der Viehzucht gruͤnden. Jene haben wir bereits oben, ſo weit es unſere Ab - ſicht erfordert, abgehandelt: Dieſe wollen wir jetzo bilden, und es alsdenn verſuchen, ob wir aus der Verbindung dieſer beyden Stuͤkke ein kurtzes Syſtem von der Viehzucht verfertigen koͤnnen, das uns in der Anwendung auf beſondere Faͤlle nuͤtzlich iſt.
Der wirthſchaftliche Nutzen der Viehzucht iſt aus verſchiedenen Gruͤnden zu beurtheilen, theils aus der Beziehung auf den Akkerbau, theils aus dem Gelde, das wir durch Huͤlfe des Viehes gewinnen koͤnnen.
Jn der Beziehung auf den Akkerbau kann uns das Vieh dreyfach nuͤtzlich ſeyn. Wir haben es noͤthig, einmahl zur Bearbeitung der Felder. Fuͤrs andere den Duͤnger zu erlangen. Fuͤrs dritte diejenigen Gewaͤchſe und Abgaͤnge, die wir nicht unmittelbar ins Geld ſetzen koͤnnen, durch die Verfuͤtterung in Geld zu verwandeln.
Jn Anſehung des erſten Vortheils bilde ich folgende Regeln: die erſte Regel
Die Anzahl des Viehes, das zur Bearbeitung der Felder gehalten wird, muß nicht groͤßerund159von der Viehzucht. und auch nicht geringer ſeyn, als es dieſe Ab - ſicht erfordert.
Jſt dieſe Anzahl zu geringe, ſo kann das Feld unmoͤg - lich genug bearbeitet werden, man kann es nicht zur rechten Zeit bearbeiten, dieß aber widerſpricht den Geſetzen der Wirthſchaft. Wenn wir ferner dieſen Satz annehmen, den uns die Erfahrung bekraftiger, daß das Vieh, was zur Bearbeitung der Felder gebraucht wird, in Anſehung des Nutzens am koſtbarſten zu erhalten iſt; ſo koͤnnen wir uns auch leicht von der Wahrheit des andern Gliedes in der angenommenen Regel uͤberzeugen, daß die Anzahl die - ſes Viehes nicht zu groß ſeyn muͤſſe. Denn in dem Gegentheile wird ein Aufwand gemacht, der uns kei - nen Nutzen bringet. Dieß iſt nicht wirthſchaftlich.
Die Gruͤnde, welche die Wahrheit dieſer Regel unter -Was bey der Anwendung dieſer Regel zu beobach - ten, ſtuͤtzen, wuͤrken zugleich dieſe Folge: daß ein Wirth auf Mittel denken muͤſſe, wie er zu der Zeit, da das Feld muß bearbeitet und gebauet werden, die Anzahl dieſes Viehes mit Vortheile vergroͤſ - ſern, und zu der andern Zeit wiederum mit Vor - theile vermindern koͤnne, wenn es ihm nicht moͤg - lich iſt, dieß Vieh in dieſer Zeit zu einer andern Beſchaͤftigung mit Nutzen anzuwenden. Am bequemſten kann dieſe Veraͤnderung mit den Ochſen gemacht werden. Denn dieſe koͤnnen alsdenn, wenn die Beſtell-Zeit geendiget iſt, gemaͤſtet, und hiedurch mit Vortheile in Geld geſetzet werden. Siehe §. 165.
Es folget ferner, daß ein Wirth, der dieſe Regelund was er - fodert wird, dieſe Regel in die An - wendung zu bringen. gluͤcklich anwenden will, auf dieſe Stuͤcke ſehen muͤſſe:
Aus einer genauen Beſchreibung dieſer Punkte koͤnnen wir ſehr leicht die Antwort auf die - ſe Frage ſchlieſſen: Wie will Vieh von einer be - ſtimmten Art zu der angenommenen Abſicht in ei - ner jeden Zeit des Jahres von einem Wirthe muͤſſe gehalten werden.
Die andere Regel:
Das Vieh, was zu dieſer Abſicht gehalten wird, muß ſtark genug ſeyn, das Feld zu bearbeiten, und deſſen Unterhaltung muß ſo wenig, als es moͤglich iſt, koſten.
Denn fehlet das erſte, ſo kann entweder der Akker nicht tief genug bearbeitet werden, oder das Vieh kann es nicht lange aushalten. Dieß verzoͤgert die Arbeit, oder es erfordert eine groͤßere Anzahl des Viehes, als nach der Beſchaffenheit der Wirthſchaft noͤthig iſt. Beydes iſt wider die Geſetze der Wirthſchaft. Das andere folget aus der allgemeinen Wirthſchafts-Regel, welche die Verſchwendung verbiethet. (§. 456. folg. Sitten-Lehre).
Aus dieſem folget ferner dieſe Regel:
Daß man zu der Arbeit, die man mit Och - ſen beſorgen kann, keine Pferde halten muͤſſe. Siehe §. 165.
Jn Anſehung des andern Punkts ſind folgendeJn Anſehung des andern Nutzens d[ie]erſte Regel. Regeln zu merken.
Die erſte Regel:
Die Anzahl des Viehes, das, um den Duͤnger zu bekommen, gehalten wird, muß durch die Menge des Duͤngers, den man jaͤhrlich noͤthig hat, beſtimmet werden.
Dieß folget aus dieſer allgemeinen Wahrheit, daß die Weißheit die Groͤße der Mittel durch die Groͤße der Abſicht beſtimmet.
Das Vieh, was wohl gefuͤttert wird, giebt meh -Beſondere Behutſam - keit bey der Anwendung dieſer Regel. reren und beſſern Duͤnger, als das Vieh, was im ge - ringen Futter ſtehet. Dieß iſt eine Erfahrung, die aus dem Urſprunge des Duͤngers kann erklaͤret wer - den. Wer demnach vielen Duͤnger durch das Vieh gewinnen will, der muß nicht allein auf die Menge des Viehes ſehen. Er muß zugleich ſeine Fuͤtterung betrachten, und aus dieſem beurtheilen, wie vieles Vieh von ihm wohl koͤnne gefuͤttert werden.
Anmerk. Eine geringe Anzahl von Vieh, das wohl kann gefuͤttert werden, iſt allemahl nuͤtzlicher, als eine groͤßere Anzahl von Vieh, das im geringen Futter ſtehet. Denn jenes bleibt allemahl ſtark, darum kann es leichter und beſſer verkauft wer - den. Jenes giebt uns den voͤlligen Nutzen, den wir von dieſem nicht gewinnen koͤnnen. Jenes erfor - dert nicht ſo viel Geſinde zur Wartung als dieſes. Und ſo ferner.
Wer dieſe Regel in die Anwendung bringen will, der muß veſtſetzen:
Anmerk. Den letzten Punkt werden wir an ſei - nem Orte genauer unterſuchen.
Wir haben es bereits oben §. 130. und folgenden an - gemerket, daß der Duͤnger in ſeiner Art merklich unter - ſchieden ſey. Dieß giebt uns einen Grund, die an - dere Regel zu bilden:
Daß wir in der Wahl von der Art des zu hal - tenden Viehes mit auſ die Beſchaffenheit des Duͤngers ſehen muͤſſen, den wir noͤthig haben.
Dieſe Regel kann durch den angezogenen Ort leicht ge - nauer beſtimmet werden.
Das Feld bringt verſchiedene Gewaͤchſe hervor, und faſt alle an und vor ſich nutzbare. Fruͤchte geben eini - ge Abgaͤnge, die wir entweder gar nicht ins Geld ſe -tzen163von der Viehzucht. tzen koͤnnen, oder die doch nur einen ſehr geringen Preiß haben. Dieſe Gewaͤchſe, und dieſe Abgaͤnge, wenn ſie gehoͤrig zubereitet werden, dienen einer ge - wiſſen Art von Vieh zur Fuͤtterung. Wir verfuͤttern dieſe Dinge. Wir gewinnen den Duͤnger. Wir ver - kaufen dieß Vieh, und hiedurch werden uns zugleich jene Dinge bezahlet. Ein Wirth, der dieſe Vorthei - le gewinnen will, muß
Dieß wird genug ſeyn, auch in dieſer Abſicht den Vieh-Stand regelmaͤßig und wirthſchaftlich einzu - richten.
So weit von dem erſten Haupt-Nutzen, den wirGeld kann durch das Vieh auf zweyerley Art erwor - ben werden. in drey beſondere Claſſen zerlegt haben, ſ. §. 212. Der andere Haupt-Nutzen beſtehet in dem Gelde, das wir durch das Vieh gewinnen koͤnnen. Geld koͤnnen wir durch das Vieh auf verſchiedene Art erwerben. Theils durch die Veraͤußerung der Nutzungen, die durch das, ſo lange es lebet, moͤglich ſind. Theils durch den Verkauf des Viehes.
Jn Anſehung des erſten Stuͤkkes muͤſſen wir das Vieh in verſchiedene Claſſen vertheilen. Einige Thiere ſind uns, ſo lange ſie leben, nuͤtzlich mit der Arbeit. Z. E. Pferde, Ochſen und Eſel. Einige ſind uns nuͤtzlich, indem ſie ſich vermehren, und Thie - re von ihrer Art hervor bringen. Z. E. Kuͤhe, Ziegen, Schaafe, Schweine, und uͤberhaupt das Feder-Vieh. Einige ſind uns nuͤtze, weil ſie Milch geben, z. E. Kuͤhe, Ziegen, Schaafe. Einige, weil wir von ihrem Leibe, oder von ihrem Fleiße jaͤhrlich dasjenige nehmen koͤnnen, was wir zur Nahrung und zur Bedekkung noͤthig haben. Zu der erſten Claſſe gehoͤren z. E. die Bienen, die uns durch ihren Fleiß Wachs und Honig ſchenken. Zu der andern Claſſe gehoͤren z. E. Schaafe und Gaͤnſe, von jenen nehmen wir die Wolle, und von dieſen die Federn. Ferner die Seiden-Wuͤr - mer, deren Fleiß uns die nuͤtzliche Seide wuͤrket, und ſo ferner.
Will man durch den Verkauf des Viehes einen Nutzen gewinnen, ſo muß man ſich um diejenigen Be - ziehungen bekuͤmmern, die uns den Werth des Viehes beſtimmen. Man wird es uns leicht verwilligen, daß dieſes von folgenden Umſtaͤnden abhaͤnget. Theils von dem, ob es in der Nachbarſchaft haͤufig gebraucht wird. Theils von dem, ob es in Ueberfluß zu be - kommen ſey. Dieß zu beurtheilen, muͤſſen wir theils auf die Menge, theils auf den Zuſtand der Nach - baren, theils auf die Zeit ſehen. Dieß iſt genug, folgende Wirthſchafts-Regeln zu bilden.
Die erſte:
Will man von dem Viehe durch den Verkauf einen Nutzen gewinnen, ſo muß man eine ſol -che165von der Viehzucht. che Art von Vieh halten, die in der Nachbar - ſchaft haͤufig gebraucht wird.
Die andere:
Dieß Vieh muß zu einer ſolchen Zeit zum Verkauf bereit ſeyn, in welcher der gewoͤhnli. che Mangel der Fuͤtterung deſſen Voruaͤth in der Nachbarſchaft insgemein vermindert,
Dieſer Punkt giebt einem Wirthe Gelegenheit aufBeſonderer Vortheil bey dieſem. Mittel zu gedenken, wie er zu der Zeit, da in der Nachbarſchaft ein voͤlliger Vorrath von Vieh-Futter vorhanden iſt, ſein Futter erhalten, und es alsdenn, wenn in der Nachbarſchaft der Mangel herbey kommt, mit Nutzen verwenden koͤnne.
Anmerk. Jch bin noch nicht im Stande, dieſe Mittel auf allgemeine Regeln zu bringen, daher koͤnnen die beſondern, die hievon bekannt ſind, in den Fuͤrleſungen beſchrieben werden. Z. E. das Einſalzen der Kraut-Blaͤtter. Das Eingraben der Ruͤben und Kohl-Struͤnke. Das Doͤrren des Gete-Krauts. U. ſ. f.
Die wirthſchaftliche Abſicht dieſes Viehes, ausAbſicht die - ſes Kapitels. welcher wir bereits §. 217. die Haupt - Regel, welche bey dieſem Stuͤkke zu beobachten iſt, geſchloſſenL 3haben,166Der Land-Wirthſchaft 3 Abſchnitthaben, lehret es uns, daß ein Wirth in Anſehung die - ſes Viehes auf folgende Stuͤkke zu ſehen habe.
Wer die Art der Thiere, die man zur angenomme - nen Arbeit erwehlen muß, beſtimmen will, der muß das Geſchlecht der Thiere von der innern Guͤthe un - terſcheiden. Die Wahl des Geſchlechts iſt aus der Be - ſchaffenheit der Arbeit zu beurtheilen. Die gewoͤhn - lichen Geſchlechter der Thiere, die zu dieſem Ende erwehlet werden, ſind Pferde, Ochſen, Maul - Eſel und kleine Eſel. Pferde ſind nuͤtzlich zum Fahren, Reiten, Ziehen und Tragen. Die Ochſen ſind nuͤtz - lich zum Fahren und Ziehen. Dieſe, wenn ſie von guter Art ſind, und in gutem Futter ſtehen, ſind je - nen in Anſehung der Staͤrke beynahe gleichguͤltig, doch aber haben die Pferde in Anſehung der Geſchwin - digkeit allemahl einen Vorzug. Die Maul-Eſel ſind nuͤtzlich zum Reiten, Fahren und große Laſten zu tragen. Dieſe koͤnnen bey ſchwerer Arbeit und ſchlechtem Futter laͤnger aushalten, als die Pferdea). Die kleinen Eſel koͤnnen zum Laſt-Tragen, und zum Eggen und Pfluͤ - gen in leichten und ebenem Lande gebraucht werden. Sie ſind langſam, aber doch darum nuͤtzlich, weil ſie mit ſchlechtem Futter koͤnnen erhalten und weil ſie, wenn ſie eine Laſt tragen, uͤber Huͤgel und Berge ſicher koͤnnen getrieben werden.
Anmerk. 167von der Viehzucht.Jn Betrachtung der innern Guͤthe lehret es die Ab -Fuͤrs andere auf die inne - re Guͤte. ſicht, daß man von einem jedem Geſchlechte ſolche Thiere erwehlen muͤſſe, die geſund ſind, und von denen man es hoffen kann, daß ſie ſtark nnd muthig genug bleiben, die Arbeit lange zu treiben.
Anmerk. 1. Wer es z. E. bey dem Einkauf der Pferde auf etliche Thaler ankommen laͤſt, der handelt gewiß zu ſeinem Schaden. Ein ſchlechtes Pferd kann unmoͤglich ſo lange aushalten, als ein gutes. Man ziehe die Rechnung durch eine Reihe von Jahren, und man wird gewiß dieſen Schluß bekommen, daß Pferde, die mit geringem Preiße eingekauft worden, mehr gekoſtet haben, als die, welche mit hohem Preiße ſind bezahlet worden.
Anmerk. 2. Zu dem Haupt-Mangel der Pferde wird insgemein Rotz, Staarblind und Herzſchlaͤchtig gerechnet, und die Maͤngel, welche den Werth der Pferde erniedrigen, ſind uͤberhaupt dieſe: Schwerkoͤpfig, Schweinaͤugig, Fetaͤu - gig, Weit - und Hengoͤhrig, Kuhlaͤtſchig, Kollerich, Speckhaͤlſig Schiefbeinig, Stein - gallig, Floßgallig, Uberbeine, Straub - und Vollhuͤfig, Mauken, Spatig, Stetig, wenn ein Pferd nicht gut frißt, ſich nicht wohl be - ſchlagen, und nicht gut aufſitzen laͤſt. Siehe von dieſem le parfait Mareſchall qui enſeigne à connoitre la bonté, la beauté et les dafauts desL 4Che -168Der Land-Wirthſchaft 3 AbſchnittChevaux par le Sieur Solleyſell. und Winters von Adlersfluͤgel Studerey. Wie auch deſſen wohler - fahrner Roß-Arzt. Herings oͤconomiſchen Wegwei - ſer. von Hohbergs Georg. curioſ. und andere.
Es iſt meine gegenwaͤrtige Abſicht nicht, daß ich mich in das beſondere einlaſſe. Jch will alſo fortfah - ren, das Allgemeine in den Wirthſchafts-Stuͤkken zu unterſuchen, und diejenigen Regeln veſt zu ſetzen, nach welchen man das beſondere in dem vorkommendem Falle wird beurtheilen koͤnnen. Wenn wir dasjenige genau erwegen, was zur Ziehung der Thiere, die man zur Arbeit brauchen will, noͤthig iſt, ſo finden wir einen Grund zu glauben, daß man alles, was bey dieſer Be - ſchaͤftigung vorkommt, aus folgenden Regeln beurthei - len kan.
Die erſte Regel:
Thiere, die andere von ihrer Art zeugen koͤn - nen, und die zur Arbeit ſollen gebraucht wer - den, ſind bey der Arbeit von groͤßerer Dauer, wenn ſie ſind geſchnitten worden, doch ſind die nicht geſchnittene munterer wie jene.
Dieß iſt eine Erfahrung, die wir auch aus Gruͤnden beurtheilen koͤnnen. Denn ſind dieſe Thiere nicht ge - ſchnitten worden, ſo gehen viele Saͤfte, die zur Staͤr - ke und zur Nahrung dienen koͤnnen, zum Saamen, und durch die Geilheit werden dieſe Thiere abgemat - tet. Die Geilheit erwekket die ſinnlichen Luͤſte. Dieß macht die Thiere munter, aber auch bald muͤde.
Wir wollen hierbey eine Frage beantworten, die einen merklichen Einfluß in den Nutzen der Viehzucht hat: Wenn ſoll man dieſe Thiere ſchneiden?a). Einige169von der Viehzucht. Einige laſſen dieſe Thiere ſchneiden, wenn ſie noch an der Mutter ſaugen. Andere, wenn ſie drey viertel Jahr, oder ein Jahr alt ſind. Wiederum andere, wenn ſie bereits einige Jahre zuruͤck geleget haben. Das letzte iſt zu gefaͤhrlich. Es befoͤrdert ſehr oft den Tod der Thiere. Jn dem erſten Falle bekommen ſie ſelten die bey einem ſolchen Thiere erforderliche Staͤrke. Vielleicht iſt hiervon dieß die Urſache, weil ſie durch den Schmerz zuruͤck gehalten werden, genug zu ſaufen, und zu freſſen. Daher werden ſie in der Jugend abgemattet. Dieß verhindert den Wachs - thum, und befoͤrdert die Schwaͤche im Alter. Bey dem mittlerem Falle wird man allemahl den groͤſten Vortheil gewinnen. Dieſe Thiere werden, wenn ſie im uͤbrigen wohl gewartet werden, ſtark, und bekom - men den erforderlichen Wachsthum. Jſt, wie ich es glaube, die zuvor angegebene Urſache gegruͤndet, ſo wird ſie auch zugleich hinreichen, dieß zu erklaͤren.
Die andere Regel:
Alles junge Vieh, was von gutem GewaͤchſeDie andere Regel. werden ſoll, muß in der Jugend wohl und genugſam gefuͤttert werden.
Denn fehlet es in dieſer Zeit an genugſamer und zu - traͤglicher Nahrung, ſo werden die Nerven nicht ge - nugſam ausgedehnet, und die Blut-Roͤhren bekom - men nicht die erforderliche Weite. Und daher kann es niemals ein recht ausgewachſenes und vollkommen ſtarkes Thier werden. Man wird es uns leicht verwil - ligen, daß die Thiere in dieſem Stuͤkke mit den Erd -L 5Ge -170Der Land-Wirthſchaft 3 AbſchnittGewaͤchſen uͤberein kommen, und daß wir alſo auch hier das anwenden koͤnnen, was wir bereits oben erinnert haben.
Die dritte Regel:
Alles Vieh, was geſund und ſtark werden, oder bleiben ſoll, das muß in reinlichen Staͤl - len ſtehen, in welchen beſtaͤndig friſche Luft kann gelaſſen werden.
Sind die Staͤlle nicht reinlich, ſo verſtopft das unrei - ne die Luft-Loͤcher in der Haut der Thiere! Dieß ver - hindert die zur Geſundheit erforderlichen Ausduͤnſtun - gen. Daher kann das Vieh nicht geſund bleiben, und wie wir es wuͤnſchen, zunehmen. Sind die Staͤlle nicht reinlich, und kann nicht beſtaͤndig friſche Luft hinein gelaſſen werden; ſo muß nothwendig die Luft in dem Stalle ſtinkend werden. Wir koͤnnen mit dieſem das verbinden, was wir oben von dem Einfluſſe der Luft in das Wachſen der Erd-Gewaͤchſe abgehan - delt haben. Und alsdenn wird es uns nicht ſchwer fallen, zu begreifen, daß dieſe ſtinkende Luft dem Thiere nothwendig ungeſund und ſchaͤdlich ſeyn muͤſſe.
Anmerk. Aus dieſem koͤnnen Regeln geſchloſ - ſen werden, wie ein Vieh-Stall regelmaͤßig anzu - legen ſey.
Die vierte Regel:
Thiere, die zum Zug anwachſen ſollen, muͤſ - ſen nicht zu viel oͤhlichtes Futter be - kommen.
Denn giebt man dieſen Thieren zu viel oͤhlichtes Futter, ſo werden ſie zu fett (§. 57). Dieß benimmt ihren Nerven die Staͤrke (§. 28 - 32.) und dieß widerſpricht der Abſicht.
Anmerk. 171von der Viehzucht.Anmerk. Aus dieſem kann man es erklaͤren, warum es beſſer iſt, wenn man die Pferde mit Hafer, als wenn man dieſe mit Gerſte fuͤttert, und warum das ſaure Heu den Pferden nuͤtzlicher iſt, als das ſuͤße.
Die fuͤnfte Regel:
Das Vieh, was man zur Arbeit anziehet, mußDie fuͤnfte Regel. nicht zu jung, und auch nicht auf einmahl zur voͤlligen Arbeit gebraucht werden.
Denn da es noch nicht vollkommen ausgewachſen, ſo muß eine allzuſtarke Arbeit die Nerven ſchwaͤchen. Dieß verhindertden vollſtaͤndigen Wachsthum und die zu hoffende Staͤrke.
Aus dieſem, was wir bisher abgehandelt haben,Eine allge - meine Folge aus dieſen Regeln. folget unmittelbar eine Regel, der zwar die Meynung vieler Wirthe widerſpricht, die aber doch gegruͤn - det iſt.
Daß es nehmlich einem Wirthe nuͤtzlich ſey, wenn er ſein Vieh ſelbſt ziehen kann.
Denn wie viele ſind, die, wenn ſie das Vieh zum Ver - kauf anziehen, diejenige Wartung und Pflege bey dem jungen Vieh beobachten, die von einer regelmaͤßigen Wirthſchaft erfodert wird. Sie ziehen Vieh, das zwar dem aͤußerlichen Schein nach gut iſt, dem es aber doch an der innern Staͤrke fehlet, als welches man bald bey der Arbeit merkt. Hat man ſein Vieh ſelbſt gezogen, ſo weiß man es, wie weit man ſich darauf zu verlaſſen hat.
Wir kommen zu dem dritten Punkt, wie man dieWie dieß Vieh zu fuͤt - tern und zu erhalten. Thiere, die man zur Arbeit noͤthig hat, fuͤttern und er -halten172Der Land-Wirthſchaft 3 Abſchnitthalten ſoll. Die §. 233. 234. und 235. veſtgeſetzten Regeln koͤnnen auch hier angewendet werden. Wir wollen nur noch einige, die noͤthig und nuͤtzlich ſind, hinzuſetzen.
Die erſte Regel iſt dieſe:
Man muß dem Zug-Viehe nicht ſogleich nach der Arbeit voͤlliges Futter geben.
Denn bey der Arbeit hat es ſich innerlich erwaͤrmet, alles iſt in Bewegung. Bekommt es nun ſogleich voͤlliges Futter, ſo wird es zu hurtig freſſen. Das Futter kann unmoͤglich gehoͤrig verdauet werden. Es geht unver - dauet ins Gebluͤt. Und dieß iſt eine Haupt-Urſache der Krankheiten.
Anmerk. Dieß kann auch auf das Saufen an - gewendet werden, weil einerley Grund vorhan - den iſt.
Die andere Regel:
Das Futter, was dieſem Viehe zur Mahlzeit beſtimmet iſt, muß nicht auf einmahl vorge - ſchuͤttet werden.
Denn indem es frißt, ſo wuͤhlet es das Freſſen mit dem Maule herum, und vermiſcht es mit dem aus dem Maule gehendem Schaume. Dieß macht dem Viehe das Freſſen zuwider, und darum genießt es nicht ſein voͤlliges Futter, vielmehr geht ein merklicher Theil von dieſem verlohren. Dieß widerſpricht den Regeln der Wirthſchaft.
Die dritte Regel:
Alles Zug-Vieh muß, wenn es im Schweiſſe aus der Arbeit kommt, mit einer Dekke uͤber den Leib bedekket, und ſo oft es moͤglich, von allem Unflat und Staube gereiniget werden.
Das173von dem Akkerbau.Das erſte verhindert die ſchnelle Verkaͤltung, die einem jeden Thiere, das geſchwitzet, darum ſchaͤdlich iſt, weil dieß die durch die Bewegung aufgeloͤſten Salze zu ſchnell erhaͤrtet, daß nothwendig eine Verſtopfung er - folgen muß. Dieſe aber entkraͤftet das Thier. Das letztere verhindert einmahl die Verſtopfung der Luft - Loͤcher. Sind dieſe verſtopft, ſo kann die zur Geſund - heit erforderliche Ausduͤnſtung nicht erfolgen. Dieß wuͤrket Krankheiten: fuͤrs andere das Beiſſen und Jukken auf dem Leibe. Durch dieß wird das Vieh abgemattet, und es benimmt ihm die Luſt zum Freſſen.
Anmerk. Das letztere wird durch ſtriegeln, wa - ſchen u. ſ. f. beſorget. Die Gruͤnde, durch welche dieſe Regel iſt unterſtuͤtzet worden, geben uns zugleich zu erkennen, daß dieſe Beſchaͤftigungen bey allen Thieren, die ſtark, geſund und muthig bleiben ſollen, nuͤtzlich und noͤthig ſind.
Die vierte Regel:
Bey dieſen Thieren muß ſo wohl in der Zeit zurDie vierte Regel. Arbeit, als auch in der Zeit zur Fuͤtterung Ord - nung gehalten werden.
Es iſt eine bekannte und von allen Wirthen angenom - mene Regel: Die Ordnung iſt halbes Futter. Die Erfahrung bekraͤftiget dieſen Satz, und die Ver - nunft erklaͤret es aus der Lehre von der Gewohnheit, als welche die andere Natur iſt.
Die fuͤnfte Regel:
Es iſt nuͤtzlich, daß wir dieſem Viehe, wenn esDie fuͤnfte Regel. ſtark arbeiten muß, mehr ſtaͤrkendes Futter geben, als wenn es Ruhe hat.
Anmerk. 174Der Land-Wirthſchaft 3 AbſchnittAnmerk. Will man dieſem Vieh zur Zeit der Ruhe zu vieles Futter abbrechen, ſo wird man es entkraͤften, und dieß zeiget den Schaden, wenn es wiederum zur Arbeit ſoll gebraucht werden. Daher muß man auch in dieſem Stuͤkke der Sache nicht zu viel und auch nicht zu wenig thun.
Wir wollen bey dieſem Punkte zuerſt die Natur der Milch und ihre Zeugung, ſo weit es uns moͤglich iſt, erklaͤren. Dieß wird, wie ich es glaube, der ſicherſte Weg ſeyn, diejenigen Regeln zu bilden, die es uns lehren, einmahl, wie dieſe Thiere, in wie weit ſie uns durch die Milch nutzbar ſeyn ſollen, zu fuͤttern. Fuͤrs andere, wie ſie muͤſſen gehalten wer - den, wenn ſie den Nutzen, den wir von ihnen wuͤn - ſchen, tragen ſollen. Fuͤrs dritte, wie man durch al - lerhand Veraͤnderungen die Milch mit Vortheile ins Geld ſetzen koͤnne.
Anmerk. Vielleicht koͤnnen wir auch durch die - ſe Unterſuchung ein Vorurtheil, welches die groͤſte Anzahl der Wirthe gefaſſet hat, wo nicht zernich - ten, doch entkraͤften. Sie glauben, daß ſich das Vieh mit der Milch in einem Lande nicht ſo nutz - bar beweiſen koͤnne, wie in einem andern. Wenn wir die Eigenſchaft des Futters, das zur Milch erfodert wird, und die Zeugung der Milchdeutlich175von der Viehzucht. deutlich unterſuchen, ſo werden wir es bald mer - ken, daß ſich dieſer Unterſchied nicht in dem Lan - de, ſondern in der Wartung und in der Fuͤtterung gruͤndet. Man gebe dem Viehe genugſames Fut - ter von der Art, welche die Natur der Milch er - fodert. Man fuͤttere dieß Vieh in der Ordnung, und man warthe es alſo, wie es die Zeugung der Milch vorſchreibet; man wird es bald merken, daß der angegebene Unterſchied der Laͤnder, wo nicht gaͤnzlich verſchwindet, doch in Anſehung des Ein - kommens nicht merklich bleibet.
Die Natur und die Zeugung der Milch, wollenVerſuch, die Haupt-Thei - le der Milch zu beſtim - men. wir aus den Verſuchen folgern, die uns der Boͤr - hav und der Maquer beſchrieben hat. Jch habe ſie mehrentheils nachgemacht. Und es iſt gewiß, daß ſie in der Erfahrung gegruͤndet ſind. Die erſte Urſach: Setzet friſchgemolkene Kuh-Milch in einem gebrannten Aſche an einem Ort, wo eine gemaͤßigte Waͤrme iſt. Jn einer Zeit von zehn bis zwoͤlf Stun - den entſtehet auf der Oberflaͤche der Milch eine dicke Materie, von einer etwas gelblichten Weiße. Die - ſe nennen wir den Rahm oder die Sahne. Son - dert dieſen Rahm von der Milch mit einem Loͤffel ab. Die abgerahmte Milch wird duͤnner, als ſie zuvor war; ihre Weiße wird heller, und blaulicht Nach einer kurtzen Zeit ſammlet ſich in der Oberflaͤche neuer Rahm. Auch dieſer wird abgenommen. Jſt nun die Milch voͤllig abgerahmet, ſo wird ſie nach zween oder dreyen Tagen in eine weiche Maſſe gerinnen. Dieſe nennet man geronnene Milch. Dieſe hat einen ſauern Geſchmack und Geruch. Dieſe geron - nene Milch ſchneidet in etliche Stuͤkken. Und man wird finden, daß ſich alsdenn viele Waͤßrigkeit ab -ſondert.176Der Land-Wirthſchaft 3 Abſchnittſondert. Schuͤttet alles auf ein klares Leinewand. Setzet ein Gefaͤß darunter. Jn dieß wird die Waͤßrigkeit ablaufen. Auf der Leinwand bleibt eine weiße Materie zuruͤck, die veſter iſt, als die geron - nene Milch. Dieſe Materie wird Kaͤſe genannt, und die abgelaſſene Waͤßrigkeit nennt man die Molken.
Aus dieſem ſchließe ich. Die Milch beſtehet aus dreyen Theilen, aus dem Rahm, Kaͤſe und Molken. Dieſe ſondern ſich freywillig von einander, ohne Huͤlfe der Deſtillation, und ohne Zuſetzung einer fremden Materie. Dieß iſt genug, zu beweiſen, daß dieſe drey Materien in der Milch nur mit einander ver - miſcht, aber nicht innerlich vereiniget ſind. Wir wollen jeden Theil beſonders zergliedern.
Der Rahm, den man von der Oberflaͤche der Milch abgenommen hat, iſt noch mit kaͤßigten und waͤßerichten Theilen vermengt. Dieſe werden her - aus gedruͤkket, und alsdenn wird geſagt, man habe den Rahm zur Butter gemacht, und darum heiſt je - ne Beſchaͤftigung das Buttern.
Anmerk. Aus dieſem kann der Bau des Werk - zeuges beurtheilet werden, das zum Buttern noͤ - thig iſt.
Herr Maquera) beſchreibet uns die Zergliede - rung der Butter vollſtaͤndig, und alſo, wie ſie in der Erfahrung gegruͤndet iſt. Es wird nuͤtzlich ſeyn, daß wir dieſe herſetzen. Sie giebt uns Gelegenheit, die wahre Beſchaffenheit der Butter zu erkennen: Thut,heißt177von der Viehzucht. heiſt es, in eine glaͤſerne Retorte ſo viel friſche But - ter, als ihr deſtilliren wollet. Setzet die Retorte in einen Reverberierofen, und gebet ihr anfaͤnglich, nach - dem ihr eine Vorlage daran gepaſſet, ein ſehr gelindes Feuer. Die Butter wird ſchmelzen und aus der Retorte werden etliche Tropfen klares Waſſer abge - hen, welches den eignen Geruch der friſchen Butter und einige Merkmahle der Saͤure haben wird. Wenn man das Feuer ein wenig verſtaͤrkt, ſo wird die But - ter zu kochen ſcheinen: es wird ein Schaum auf ih - rer Ober-Flaͤche entſtehen, und das Phlegma, wel - ches ſie enthaͤlt, uͤbergehen, und nach und nach den Geruch bekommen, welchen man wahrzunehmen pfle - get, wenn man die Butter ſchmelzet, um ſelbige zu verwahren. Seine Saͤure iſt ſehr ſtark, und merkli - cher, als der erſten Tropfen ihre, welche uͤbergegangen ſind. Es wird kurz darauf, wenn man das Feuer noch ein wenig verſtaͤrkt, ein Oel in die Hoͤhe ſteigen, deſſen Fluͤßigkeit ungefehr der fetten Oele ihrer aͤhn - lich iſt, allein dieſes Oel wird ſo, wie man deſtilliret, dikke, und gerinnet endlich in der Vorlage, wenn es kalt wird. Es wird von einigen Tropfen eines Safts begleitet, deſſen Saͤure immer ſtaͤrker und ſtaͤrker wird, deſſen Menge aber um ſo viel mehr abnimmt, je mehr die Deſtillation foͤrdert. Waͤhrend der Zeit, da die - ſes dikke Oel deſtilliret, wird die in der Retorte ent - haltene Butter, welche anfaͤnglich zu kochen ſchien, ruhig, und macht nicht die geringſte kochende Bewe - gung mehr, obgleich die Hitze alsdenn viel ſtaͤrker iſt, als wie ſie war, da ſelbige kochte. Setzet die Deſtil - lation fort, und verſtaͤrkt das Feuer beſtaͤndig ein we - nig, ſo wie es noͤthig ſeyn wird, das dikke Oel in die Hoͤhe zu treiben. Dieſes Oel, oder vielmehr dieſe Art der Butter, wird gegen das Ende eine rothe Farbe haben. Es werden zu gleicher Zeit mit ihr ſehr ſtarkeMund178Der Land-Wirthſchaft 3 Abſchnittund durchdringende weiße Duͤnnſte aufſteigen. Wenn die Retorte recht gluͤend iſt, und ihr ſehet, daß nichts mehr in die Hoͤhe ſteiget, ſo laſt die Gefaͤße kalt wer - den und kleibet ſie auf. Jhr werdet in der Vorlage einen waͤßricht ſauren Saft, ein fluͤßiges Oel, und eine Art von rother veſter Butter finden. Nachdem die Retorte zerſchlagen worden, ſo werdet ihr eine koh - ligte Materie darin finden, deren Flaͤche, welche an dem Glaſe angelegen, glaͤnzend, ſchwarz und ungemein glatt iſt.
Aus dieſer Zergliederung ſchluͤße ich:
Thut neugemachten Kaͤfe, davon alle Molken abge -Zergliede - rung der kaͤ - ſigten Ma - terie. troͤpfelt iſt, und welchem ihr in einem Tuche alle Feuch - tigkeit ausgepreßt habt, in eine glaͤſerne Retorte: Deſtilliret ihn wie die Butter. Anfaͤnglich wird ein ſaͤuerliches Phlegma uͤbergehen, welches einen Kaͤſe - oder Molkengeruch hat. So wie die Deſtillation fort - gehet, wird auch die Saͤure dieſes Phlegma zunehmen. Wenn es anfaͤngt nur ſehr langſam zu deſtilliren, ſo verſtaͤrket das Feuer beſtaͤndig gradweiſe; ſo wie es noͤ - thig ſeyn wird. Das Oel und Phlegma werden wei - ter uͤbergehen, das Phlegma aber wird immer ſaurer, und das Oel gefaͤrbter und brandigter werden. Zu - letzt, wenn die Retorte faſt gluͤend iſt, gehet ein ander ſchwarzes, wie Terbenthin dikkes, ſehr brandigtes Oel uͤber, welches unter das Waſſer gehet. Jn der Re - torte bleibet eine ziemliche Menge kohlichte Materie.
Aus dieſem ſchlieſſe ich:Aus dieſem wird die Be - ſchaffenheit des Kaͤſes ge - ſchloſſen.
Laſt zwey oder drey Noͤßel Molken auf einem Ma -Zergliede - rung der Molken. rienbade faſt bis zur Trokkenheit verrauchen, und de -M 2ſtilliret180Der Land-Wirthſchaft 3 Abſchnittſtilliret den Extract oder Uberreſt in einer Retorte im Reverberierofen, nach der allgemeinen Regel bey einem gradweiſe verſtaͤrkten Feuer. Es wird erſtlich Phlegma und ein Citronfarbigter Sauer-Geiſt, denn ein ziemlich dikkes Oel uͤbergehen. Jn der Retorte bleibet eine kohligte Materie zuruͤck, welche an der Luft feucht wird. Lauget ſie mit Regen - Waſſer aus, und laſſet die Lauge verrauchen, ſo bekommt ihr dadurch Chry - ſtallen von Meer-Salze. Troknet die kohlichte Mate - rie und brennt ſie in der freyen Luft bey einem ſtar - ken Feuer zu Aſche. Die Lauge von dieſer Aſche giebt ein Anzeichen eines feſten Alkali.
Hieraus folget:
Wenn wir dieß, was wir bis hieher von der Milch abgehandelt haben, und worin wir theils der Erfahrung, theils dem Herrn Maquer gefolget ſind, genau uͤberle - gen, ſo werden wir genoͤthiget zu lehren:
Ein -181von der Viehzucht.Anmerk. Jſt die Erklaͤrung von der Milch nicht vollſtaͤndig, ſo iſt ſie doch wenigſtens eine rich - tige Beſchreibung, die dasjenige in ſich faſſet, was wir zu unſerer gegenwaͤrtigen Abſicht noͤthig haben. Wir wollen noch einige Gruͤnde beybringen, die dieſe unſere Gedanken beveſtigen koͤnnen.
So weit von der Natur der Milch, um diejenigen Regeln veſtzuſetzen, die bey der Fuͤtterung dieſer Thie - re anzuwenden ſind.
Die erſte Regel:
Melkendes Vieh muß kein Futter bekommen, als was geſunde Saͤfte hat. (§. 254. und An - merkung dieſes §.)
Die andere Regel:
Melkendes Vieh muß mit ſolchen Dingen ge - fuͤttert werden, aus welchen ſich das Oel durchs Ausdruͤkken ziehen laͤſt, und wenn dieß nicht ſogleich moͤglich iſt, ſo muß das Futter zuvor zu dieſer Abſicht zubereitet werden.
Anmerk. 183von der Viehzucht.Anmerk. Aus dieſem laͤſt ſich das Einbruͤhen und deſſen Nutzbarkeit erklaͤren.
Die dritte Regel:Dritte Re - gel.
Je mehr Futter von dieſer Art dem Viehe gegeben wird, und je mehr geſundes Oel in dieſem Futter enthalten iſt, deſto mehrere Milch kann man von dem Viehe erwarten, welche Butter - reich iſt. (§. 248).
Anmerk. Aus dieſer Regel kann man einmahl den Werth der Graͤſerey ſchaͤtzen, die zur Fuͤtte - rung des melkenden Viehes beſtimmet wird, und fuͤrs andere dieſe Regel beveſtigen, die wir bereits oben gegeben haben, daß weniges Vieh, das gut ge - fuͤttert wird, nutzbarer ſey, als vieles Vieh, das ſchlecht gefuͤttert wird.
Die vierte Regel:Vierte Re - gel.
Futter, das wenig Oel und vieles Acidum hat, iſt ein geringes Futter fuͤr melkendes Vieh. (§. 248. folg.)
Anmerk. Dieſe Regel beweiſet, daß| recht aus - gebraute Trebern, Grumt, ſaures Heu und derglei - chen, in Anſehung der Milch-Nutzung unter das Futter, was nicht ſonderlich zu ſchaͤtzen iſt, muͤſſen geſetzt werden.
Die fuͤnfte Regel:Fuͤnfte Re - gel.
Melkendes Vieh muß, wenn es gefuͤttert wird, genugſames Saufen bekommen. (§. 254.)
So weit von der Fuͤtterung der milchtragenden Thiere, wir wollen noch einige Verſuche anfuͤhren, aus welchen wir theils Regeln zur Wartung dieſer Thiere, theils Regeln, die Milch nutzbar zu machen, ſchluͤſſen koͤnnen.
Der erſte Verſuch:
Verduͤnnet friſche Kuh-Milch mit Waſſer, damit ſie durch das Kochen nicht zu dick werde, und ko - chet dieſe in einem reinen Geſchirre. Gießet in die - ſe kochende Milch eine ſaure Materie, z. E. Eßig, den Saft des Sauer - Ampfer, der Citronen, der unreifen Weinbeeren, der Johannisbeeren, Laib, das iſt, eine geronnene und halbverdaute Milch, welche in dem Magen der Kaͤlber gefunden wird, u. ſ. f. ſo wird ſich die Milch alsbald ſcheiden, der eine Theil wird kluͤmprig, und der ſogenannte waͤß - rigte Theil wird weit duͤnner, als die Milch zuvor geweſen iſt.
Aus dieſem ſchluͤſſe ich: Das Acidum ſcheidet in der warmen Milch den waͤßerigten Theil von dem dikken, ſo daß dieſer einen zuſammen - hangenden Klumpen ausmacht.
Wenn ich mit dieſem Satze dieſe Erfahrung ver - binde, daß die ausgemolkene Milch nach einigen Ta - gen durch eine innere Bewegung in die Saͤure ge - het und alſo rinnet; ſo habe ich hinreichenden Grund, dieſen Satz zu bilden:
Wenn185von der Viehzucht.Wenn die Milch-Behaͤltniße der Euter voll Milch ſind, und dieſe wird nicht ſogleich und voͤllig ausge - molken, ſo kann ſehr leicht in dieſer in den Milch - Behaͤltnißen der Euter eingeſchloſſener Milch eine Saͤure entſtehen, die den waͤßrigten Theil von dem dikken ſcheidet, daher, wenn wiederum gemolken wird, der waͤßrigte Theil aus den Milch - Warzgen herausgehet, und das dikke in den Gefaͤßen zuruͤck bleibet. Dieß verſtopft die Gefaͤße, und dieß iſt theils dem Wirthe, theils den Thieren ſchaͤdlich. Dem Wirthe, weil er die voͤllige Milch-Nutzung verliehret: dem Viehe, weil dieſe Verſtopfung ſehr leicht Endzuͤndungen, Geſchwuͤlſte und dergleichen verurſachen kann.
Dieß iſt der Grund von folgender Wirthſchafts-Regel:
Das Milch - tragende Vieh muß zu rechter Zeit voͤllig ausgemolken werden.
Der andere Verſuch:Verſuch zum Kaͤſemachen.
Nehmet dieſe durch den Zuſatz des Acidi geronne - ne friſche Milch, und preſſet dieſe in einem dikken leinen Tuche, ſo werdet ihr einen ſehr fetten Kaͤſe bekommen, der mit der Zeit ſcharf und beiſſend, niemahls aber ſauer wird. Da im Gegentheil der Kaͤſe, der aus abgerahmter Milch gepreſſet worden, ſehr trokken und ſo hart wird, wie ein Horn.
Der dritte Verſuch:
Jn eine friſche, mit etwas Waſſer vermiſchte, ſie -Vermi - ſchung der Milch mit dem Alkali. dende Milch, gießet nach und nach ein Alkali z. E. Oleum Tartari per deliquium, ſo wird die Milch gelblich werden, und zwar immer mehr und mehr,M 5jemehr186Der Land-Wirthſchaft 3 Abſchnittjemehr von dem Alkali hineingegoſſen wird, ſo daß ſie zuletzt aus der gelben Farbe in die rothe uͤberge - het. Die Milch gerinnt, doch nicht ſo veſte, als die, in welche ein Aeidum gegoſſen. Endlich, wenn die Milch lange genug gekochet, ſo entſtehet eine geron - nene dikke rothe Milch.
Aus dieſem folget, daß man ſo wohl der Butter, als auch dem Kaͤſe durch den Zuſatz eines Alkali eine gelbe Farbe geben koͤnne, und daß es der Zuſatz des Alkali verhindert, daß die Kaͤſe nicht recht veſte wer - den.
Wir wollen dieſem nach die Aufloͤſungen einiger Aufgaben hinzufuͤgen, die bey dieſem Theile der Wirth - ſchaft aufgeworfen werden.
Die erſte Frage:
Ob es nuͤtzlicher und eintraͤglicher ſey, wenn man das melkende Vieh in dem Stalle fuͤttert, als wenn man es in die Weide gehen laͤſt?
Jch glaube nicht, daß ich irre, wenn ich der Meynung derjenigen, die den erſten Punkt bejahen, beyfalle. Man halte den Vortheil, den man von der Vieh - Fuͤtterung im Stalle gewinnen kann, gegen den, wel - chen uns die Fuͤtterung in der Weide giebt; ſo wird gewiß der Schluß unſere Meynung bekraͤftigen. Wir wollen dieſen Vergleich mit wenigem beſchreiben. Fuͤt - tert man das melkende Vieh im Stalle, ſo hat man folgende Vortheile.
Dieß ſind wichtige Vortheile, die wir alsdenn, wenn das Vieh in die Weide gehet, gewiß verliehren. Vielleicht wird man uns dieſe Vortheile verwilligen. Man wird uns aber die Groͤße des Aufwands endgegen ſetzen. Allein ich will es beweiſen, daß dieß ein bloßer Schein ſey. Will man das Vieh im Stalle fuͤttern, ſo iſt es wahr, daß man eine große Anzahl von Geſinde braucht. Man muß auf 12. Kuͤhe, wenn ſie recht ſollen gewartet werden, eine Magd halten. Dieſe koſt jaͤhrlich mit Koſt und Lohn 30. fl. 6. fl. verdie - net ſie mit andern Arbeiten, z. E. Spinnen, Gaͤten und dergleichen. Folglich muß man auf 12. Kuͤhe 24. fl. und alſo auf eine Kuh 2. fl. rechnen. Gehet das Vieh in die Weide, ſo kann man auf eine Kuh dieſen Anfwand nur ½. fl. rechnen. Und alſo iſt der Aufwand auf einer jeden Kuh 1½. fl. groͤßer. Jch will dieſe Rechnung verwilligen. Jch bleibe aber den - noch bey meiner Meynung. Sollte wohl nicht derUber -188Der Land-Wirthſchaft 3 AbſchnittUberſchuß an dem Duͤnger, den wir hiedurch gewin - nen, den Uberſchuß an der Milch, der Nutzen, den das hiedurch erſparte Feld traͤgt, und die erhaltene Ge - ſundheit des Viehes mehr, als 1½. fl. betragen? Jch habe nur von den Kuͤhen geredet. Man kann es auch, wenn man 10. Schaafe vor eine Kuh rechnet, auf die Schaafe anwenden. Will man dieſes einwen - den, daß ſich das Vieh, wenn es im Stalle gehalten wird, zu wenig beweget; ſo wird dieſer Einwurf ſo - gleich verſchwinden, wenn man nahe an dem Stalle einen gewiſſen Platz dazu beſtimmet, wo das Vieh bey gutem Wetter einige Stunden herum gehen kann.
Die andere Frage:
Ob es nuͤtzlicher ſey, wenn man die jungen ſau - gen laͤſt, als wenn ſie ſogleich von der Mut - ter genommen, und mit der Milch getraͤn - ket werden?
Jn einigen Laͤndern iſt jenes, in andern dieſes eine Gewohnheit. Mir ſcheinet dieſe vernuͤnftiger zu ſeyn, als jene. Laͤſt man die jungen ſaugen, wie leicht kann es geſchehen, daß ſie alsdenn nicht ſaugen, wenn es noͤthig iſt, die Milch-Gefaͤße der Euter auszumel - ken, und wie leicht kann es geſchehen, daß noch einige Milch in dieſen Gefaͤßen zuruͤck bleibet. Beydes iſt ſo wohl dem Viehe, als auch uns, in Anſehung der Milch-Nutzung, nachtheilig. (§. 262.) Laͤſt man die jungen ſaugen, wie leicht kann ein Acidum aus dem Munde des Saͤuglings in die Milch-Gefaͤße der Eu - ter dringen, dieß kann eine Urſache von vielen uͤbeln Folgen werden (§. 260. 261. ), und wie leicht kann es den jungen an hinreichender Nahrung fehlen. Auch dieß widerſpricht der Wirthſchaft (§. 233).
Anmerk. 189von der Viehzucht.Anmerk. Man verſuche es, man wird es er - fahren, daß Kaͤlber, die nicht ſaugen, aber doch wohl gewartet werden, ſtaͤrker und fetter werden, als die, welche ſaugen, und daß eine Kuh, der man das Kalb ſogleich weggenommen hat, mehrere Milch giebt, als die, an welcher man das Kalb hat ſau - gen laſſen.
Die dritte Frage:
Ob es wirthſchaftlich ſey, wenn man die jun -Ob man die jungen ver - kaufen oder abſetzen ſoll? gen, z. E. die Kaͤlber verkauft, und auf das Futter, was dieſe bey dem Auſziehen freſſen, melkendes Vieh haͤlt. Oder ob es nuͤtzlicher ſey, daß man die Kaͤlber abſetzet und anziehet?
Wir reden, indem wir dieſe Frage beantworten wol - len, entweder von der Wirthſchaft in dem ganzen Zu - ſammenhange betrachtet, oder wir ſehen nur auf den - jenigen Nutzen, den wir durch dieſen beſondern Theil der Wirthſchaft gewinnen koͤnnen. Jn Anſehung des erſten Stuͤkkes, kann die Abſetzung der jungen mehr als auf einerley Art nuͤtzlich ſeyn. Den einen Nutzen haben wir bereits §. 237. veſtgeſetzet, der andere zei - get ſich vorzuͤglich bey der Maſtung u. ſ. f. Die aufgeworfene Frage beziehet ſich hauptſaͤchlich auf den andern Punkt. Und es ſcheinet, als wenn man in dieſer Beziehung das Abſetzen der Kaͤlber verwerfen muͤſſe. Denn ein Kalb friſt und bringt weiter keinen Nutzen, als daß es an ſeinem Werthe waͤchſt. Dieß aber iſt dem Nutzen, den wir von einem melkenden Stuͤkke gewinnen koͤnnen, nicht gleich zu ſchaͤtzen. Dieß iſt, wenn die Sache fuͤr ſich betrachtet wird, ge - gruͤndet. Doch aber iſt in den Leipzigern oͤconomi - ſchen Nachrichten durch eine Berechnung veſtgeſetztworden,190Der Land-Wirthſchaft 3 Abſchnittworden, daß eine Verhaͤltniß - maͤßige Abſetzung der Kaͤlber nuͤtzlicher werden koͤnne, als wenn man dieß Futter auf melkendes Vieh verwendet haͤtte. Soll - te man genoͤthiget werden, in dieſer Berechnung eini - ge Stuͤkke zu veraͤndern, ſo wird doch gewiß dieß die Folge werden, daß es nicht weniger nuͤtzlich ſey. Die Gruͤnde zu dieſer Rechnung ſind folgende:
Dieſe Saͤtze bekraͤftiget die Erfahrung. Wenn man nun den Gewinnſt von den ausgehobenen Kuͤhen mit dem dreyjaͤhrigen Nutzen vergleichet, den das melkende Vieh wuͤrde getragen haben, was man mit dem Futter haͤtte erhalten koͤnnen, das die abgeſetzten Stuͤkke gefreſ - ſen haben, und von dieſem den Nutzen der Erſtlinge ab - ziehet, ſo wird die Rechnung dieſe Wahrheit beveſtigen: Es ſey einem Wirthe nuͤtzlich, wenn er auf 12. mel - kende Stuͤkke jaͤhrlich 2. Kaͤlber abſetzet.
Andere Anmerk. Dieſe Rechnung kann auch auf die Schaaf-Zucht angewendet werden, man muß nur dieß veraͤndern, was aus der Beſtimmung des Alters iſt geſchloſſen worden. Denn die Schaa - fe ſind nicht in einem ſo hohen Alter nutzbar als die Kuͤhe.
Es ſcheinet mir unmoͤglich zu ſeyn, daß man den Werth der Milch-Nutzung uͤberhaupt beſtimmen koͤnne. Es laufen in dieſem Stuͤkke ſo viele Neben-Dinge zu - ſammen, die von beſondern Umſtaͤnden abhangen. Man muß theils den Werth der Fuͤtterung, theils auch dieß in Erwegung ziehen, ob man die Milch friſch verkaufen koͤnne, oder ob ſie muͤſſe verbuttert und zu Kaͤſe gemacht werden. Das erſte bringet al - lemahl einen groͤßern Nutzen, als das letzte. Und doch iſt auch in beyden Faͤllen darauf zu ſehen, wie hoch man es in der Nachbarſchaft anbringen koͤnne. Dieß iſt die Urſache, warum wir dieſen Punkt jetzo bey Seite ſetzen, und uns vielmehr um einen End - wurf bekuͤmmern, wie dieſe Nutzung in eine regelmaͤſ - ſige Rechnung koͤnne gebracht werden. Man wird es uns leicht verwilligen, daß derjenige, der uͤber dieſen Punkt eine regelmaͤßige Rechnung fuͤhren will, ſo wohl bemerken muͤſſe, wie viele Milch taͤglich eingekommen, als auch wie und wozu ſie iſt verwendet worden. Fer - ner daß man bey dieſem Punkte die friſche Milch, welche iſt verkauft worden, von der, welche iſt verbut - tert und zu Kaͤſe gemacht worden, abſondern muͤſſe. Hat man die Milch verbuttert, ſo giebt dieß Butter, Butter-Milch, Kaͤſe und Molken. Die Molken kom - men nicht leicht in die Rechnung, ſondern werden zur Fuͤtterung der jungen Schweine verwendet. *)Dieß iſt genug, zu begreifen, daß dieſe Rechnung mit Nutzen folgender Geſtalt koͤnne eingerichtet werden:
Milch -193von der Viehzucht.Wir verlangen es, daß ſich unſer Vieh durch dieAbſicht die - ſes Capitels. Vermehrung nutzbar beweiſen ſoll. Aus die - ſer Urſache halten wir Vieh zur Zucht, und wir ſu - chen unſern Vortheil durch den Verkauf der jungen. Dieß iſt genug, zu begreifen, daß es bey der Gewin - nung dieſes Vortheils auf drey Stuͤkke ankommt. Einmahl auf das Vieh, das wir zue Zucht halten. Fuͤrs andere auf die Wartung dieſer Thiere. Fuͤrs dritte auf die Umſtaͤnde, die uns den Verkauf nutz - bar machen koͤnnen. Wir wollen jeden Punkt ſo, wie es unſere Abſicht erfodert, beſonders betrachten.
Jn Anſehung des erſten Punkts muͤſſen wir wie -Wie die Art der Thiere nach dieſer Abſicht zu beſtimmen. derum die Art der Thiere von ihrer innern Guͤthe un - terſcheiden. Die Wahl der Art iſt aus mehr als aus einem Punkte zu beſtimmen. Wir wollen dieſe Zucht nicht nur durch den Verkauf ins Geld ſetzen, ſon - dern auch durch dieſen Handel einigen Vortheil gewin - nen. Wir muͤſſen demnach bey der Wahl dieſer Thiere nicht nur auf diejenigen Stuͤkke ſehen, die wir bereits §. 226. von dem Verkauf der Thiere, wenn dieſer mit Vor - theil geſchehen ſoll, angemerket haben; ſondern wir muͤſ - ſen auch den Werth des Futters, das wir nach Beſchaf - fenheit unſerer Umſtaͤnde zur Ziehung dieſer Thiere an - wenden koͤnnen, in Erwaͤgung ziehen. Es iſt dieß eineN 3Folge198Der Land-Wirthſchaft 3 AbſchnittFolge der allgemeinen Wirthſchafts-Regel: Ein Wirth muß nicht mehr ausgeben, als er einnimmt.
Wir wollen dieß mit einem Beyſpiele erlaͤutern. Es iſt gewiß, daß die Schweine zu dieſer Abſicht, da man nur durch die Vermehrung den Nutzen ſuchet, wo nicht die nuͤtzlichſten, doch wenigſtens ſolche Thie - re ſind, die wir den nuͤtzlichſten beyzehlen muͤſſen. Ei - ne gute Sau-Mutter wirft wenigſtens in einem Jahr zweymahl, und wir koͤnnen bey einem jeden Wurfe wenigſtens auf 8 Ferkel Rechnung machen. Dieß ſind von einer Mutter in einem Jahr 16 Ferkel. Dieſe ſaugen 4 bis 6 Wochen, alsdenn kann man hier zu Lande das Stuͤck wenigſtens vor 16 Groſchen verkaufen. Dieß macht zuſammen 10 Thlr. 16 gl. Der Vortheil ſcheint anſehnlich zu ſeyn. Nun bilde man ſich eine Wirthſchaft, in welcher man keine Ab - gaͤnge zur Schwein-Fuͤtterung hat, z. E. Trebern, Spuͤlig und dergleichen, und in welcher man die Schweine mit Gerſten - Erbſen-Schrot und dergleichen futtern muß, man ſetze zu dieſem den Aufwand fuͤr das Geſinde, und alsdenn ziehe mau die Rechnung, ſo wird gewiß der Vortheil verſchwinden.
Aus dieſem folget eine Haupt-Regel, die man bey der Wahl der Thiere, die ſich durch die Vermehrung nutz - bar beweiſen ſollen, genau zu beobachten hat:
Man muß ſolche Thiere zu dieſer Abſicht waͤhlen, die man von den Abgaͤngen ſeiner Wirthſchaft wohl fuͤttern kann.
Anmerk. Von den Abgaͤngen, die uns der Ak - kerbau ſchenket, haben wir bereits oben geredet. DieAb -199von der Viehzucht. Abgaͤnge, die wir von den Gewerken nehmen koͤnnen, ſollen an ſeinem Orte beſchrieben werden.
Dieſe Thiere ſollen ſich durch die Vermehrung nuͤtz -Wie die Guͤ - te der Thiere durch dieſe Abſicht zu beſtimmen. lich beweiſen. Sie muͤſſen uns demnach nicht nur ſo viele junge liefern, als durch Thiere von der erwehl - ten Art moͤglich ſind, ſondern dieſe jungen muͤſſen auch in ihrer Art die erforderliche Staͤrke und Mun - terkeit haben. Wie iſt dieſe Folge moͤglich, wenn man nicht bey der Wahl dieſer Thiere auf folgende Regeln ſiehet.
Es giebt z. B. Schweine, die ſehr ungedultig ſind, und die daher viele todte Ferkel werfen. Es giebt Schwei - ne, die nur mit Verdruß die Ferkel zur Warze laſſen. Es giebt Schweine, die ihre Ferkel freſſen. Dieſe ſind zur Vermehrung unbrauchbar. Wir koͤnnen dieſeN 4Regeln200Der Land-Wirthſchaft 3 AbſchnittRegeln auch auf das Feder-Vieh anwenden. Z. B. ſehr viele Gaͤnſe ſind aus dieſer Urſache zur Zucht unbrauchbar, weil ſie die Waͤrme nicht vertragen koͤn - nen, die der Dunſt bey dem Bruͤten verurſachet. Die Truthuͤner verdienen wegen ihrer Gedult bey dem Bruͤten unter dem Feder-Vieh einen merklichen Vor - zug. u. ſ. f.
Anmerk. Jn den Fuͤrleſungen koͤnnen verſchie - dene Anwendungen dieſer Regeln gemacht werden. Man kann es zugleich zeigen, wie dieſe Gedult der Truthuͤner einem Wirthe merklich nntzbar werden koͤnne.
So weit von dem erſten Punkte. Bey dem an - dern Punkte ſ. §. 270. koͤnnen wir uͤberhaupt dasjenige wiederhohlen, was wir bereits §. 233. 234. 239. und 241. veſtgeſetzt haben. Jnsbeſondere muͤſſen wir hier die Warthung der Zucht-Thiere von der Warthung der jungen unterſcheiden. Jn Anſehung des erſten bilde ich folgende Regeln:
Die erſte Regel.
Vieh, das zur Zucht gehalten wird, muß nicht fett werden, doch muß man es alſo futtern, daß es ſtark und bey vollkommnen Kraͤften bleibet.
Die Thiere befoͤrdern die Vermehrung entweder durch das Bruͤten, oder dadurch, daß ſie die jungen tragen. Jn beyden Faͤllen iſt es, wenn ſie zu fett ſind, der Frucht nachtheilig. Zum Bruͤten ſind ſie theils zu ungedultig, theils lehret auch dieß die Erfahrung, daß ſie, wenn ſie gleich im Sitzen beſtaͤndig ſind, den - noch ſelten die untergelegten Eyer ausbruͤten. Sollteman201von der Viehzucht. man wohl nicht beyde Begebenheiten aus den Wuͤr - kungen erklaͤren koͤnnen, welche die durch das Bruͤten gewuͤrkte Waͤrme in dem Falle hervorbringet? Junge, welche von den Thieren, die zu fett ſind, geworfen werden, bekommen ſelten die von uns gewuͤnſchte Staͤrke. Dieß iſt eine Wuͤrkung von dem Mangel der Nahrung. Die Wichtigkeit dieſer Regel kann auch aus dem begriffen werden, weil fette Thiere, ſo wohl, wenn ſie tragen, als auch, wenn ſie werfen, vieler Ge - fahr ausgeſetzt ſind. Der andere Theil des Satzes kann bey dem Feder Vieh aus der zum Bruͤten erfor - derlichen Waͤrme, als welche abmattet, und bey dem tragenden Viehe aus dem §. 274. erklaͤret werden.
Die andere Regel:
Bey dem tragenden Viehe muß man in derDie andere Regel. Zeit, da es traͤget, alle Behutſamkeit anwen - den, zu verhindern, daß es weder durch das Fallen noch durch das Stoßen der Frucht Schaden thun koͤnne. Und bey dem Feder - Viehe hat man zu der Zeit, da es bruͤthet, dahin zu ſehen, daß die Eyer durch keine heftige Bewegung erſchuͤttert, und daß die Mutter von den Eyern nicht vertrieben werde.
Anmerk. Aus dem erſten kann man den Bau der Schwein-Staͤlle, und aus dem andern kann man dieß beurtheilen, warum das Feder-Vieh in ſtillen und dunklen Oertern angeſetzet wird.
Die dritte Regel:
Will man die jungen ſogleich verkaufen, ſoDie dritte Regel.N 5muß202Der Land-Wirthſchaft 3 Abſchnittmuß man dahin ſehen, daß ſie alsdenn da ſind, wenn ſie in der Nachbarſchaft den groͤſten Werth haben. Will man die jungen anzie - hen, ſo muͤſſen ſie zu einer ſolchen Zeit da ſeyn, in welcher ſie ohne viele Koſten koͤn - nen gefuͤttert und ohne Gefahr gewarthet werden.
Anmerk. Die Zeit, in welcher dieſe Thiere den groͤſten Werth haben, iſt theils aus ihrer Selten - heit, theils aus der Nothwendigkeit ihres Ge - brauchs zu beurtheilen, der von den Meynungen der Menſchen beſtimmet wird. Die Beſtimmung der letztern Zeit gruͤndet ſich theils in dem zur Er - ziehung dieſer Thiere erforderlichen Futter, theils in der zu dieſer Erziehung erforderlichen Witterung.
Dieſe Regel gebiethet einem Wirthe, dahin zu ſe - hen, daß er die jungen zu einer bequemen Zeit er - halte. Sollte dieß in der Gewalt eines Wirthes ſte - hen? Es iſt wahr, daß wir die Thiere nicht zwingen koͤnnen, daß ſie ſich nach unſerm Willen vermehren. Dennoch aber ſtehet bey verſchiedenen Thieren die Be - ſtimmung dieſer Zeit in unſerer Gewalt. Die Erfahrung lehret es uns, daß beynahe alle Arten von Thieren, welche die jungen tragen, alle Monathe, woferne ſie nicht zugekommen, bruͤnſtig ſind. Jſt nun die - ſes, ſo darf man nur die Zeit merken, wie lange ſie tragen, ſo kann man nach den angegebenen Abſich - ten den Monath beſtimmen, in welchem ſie muͤſſen zugelaſſen werden. Das bruͤtende Vieh muß man in dieſem Stuͤkke, wenn wir die Truthuͤner ausneh - men, dem Laufe der Natur uͤberlaſſen. Bey dieſen koͤnnen wir das Bruͤten auf einige Wochen verhindern. Sie203von der Viehzucht. Sie wollen ſich anſetzen. Man leget ihnen ein Ey unter, man laͤſſet ſie auf dieſem ſo lange ſitzen, bis die Zeit herbey kommt, da wir ſie nach unſerer Ab - ſicht anſetzen koͤnnen.
Anmerk. Dieß zeiget ſeinen Nutzen auch in dieſem Stuͤkke, daß wir die jungen von den Trut - huͤnern zu gleicher Zeit gewinnen koͤnnen, welches die bey der Warthung aufzuwendende Koſten er - leichtert.
Die Haupt-Regel, die wir bey der Warthung derVon der Warthung der jungen. jungen beobachten muͤſſen, iſt dieſe:
Das Futter muß ihrer Natur und ihrem Al -Haupt - Re - gel. ter gemaͤß ſeyn. Der Ort, wo ſie gehalten werden, muß ſie wider alle widrige Anfaͤlle bedekken koͤnnen.
Man wird uns auch dieſe Regel ohne Beweiß verwil - ligen. Sie iſt eine unmittelbare Folge aus der Ab - ſicht.
Wie erkennet man es, ob das Futter ihrer NaturWie dieß an - zuwenden. und ihrem Alter gemaͤß iſt? Man bekuͤmmere ſich um das Futter, was ſie alsdenn freſſen, wenn ſie in der natuͤrlichen Freyheit leben. Man verbinde mit dieſem dieſe Wahrheit, daß ſich ihre Natur dadurch, daß ſie in der Wirthſchaft gezogen werden, nicht we - ſentlich veraͤndert, ſondern daß ſie hiedurch nur zaͤrt - licher wird; ſo wird man uns bald dieſe Regel verwil - ligen.
Dieß Futter muß dem gemaͤß ſeyn, was das Vieh in der Wildniß frißt, doch muß man es alſo zubereiten, daß es leichter koͤnne ver - dauet werden.
Jch glaube nicht, daß ich irre, wenn ich dieſen Er - findungs-Weg auch denen vorſchlage, welche ſo wohl die innere als auch die aͤußere Beſchaffenheit des Orts beſtimmen wollen, in welchen dergleichen Thiere muͤſſen aufgezogen und vermehret werden. Jn der Wildniß leben ſie ihrer Natur gemaͤß. Durch dieſe lernen ſie, was ihnen ſchaͤdlich iſt. Sie leitet dieſe Thiere zu den Gebrauch derjenigen Mittel, durch welche ſie ſich erhal - ten, und wider ihre Feinde beſchuͤtzen koͤnnen. Man betrachte dieſe Umſtaͤnde, und man wird es bald mer - ken, welche Beſchaffenheir der Luft und der Witte - rung, welche Art der Thiere, und welche Art von Un - geziefer ihnen nachtheilig ſind. Man wird auch leicht diejenigen Mittel entdekken, die ſtark genug ſind, die Thiere, die wir ziehen wollen, wider dieſe Anfaͤlle zu bedekken, und ſie von dem, was ihnen ſchaͤdlich iſt, zu befreyen.
Einem Wirthe, der Geſchicklichkeit genug beſitzet, die Wuͤrkungen der Natur zu betrachten, wird es nicht ſchwer fallen, dieſe allgemeine Lehre auf beſondere Faͤl - le anzuwenden. Jch will nur einen znr Erlaͤuterung anmerken. Jn Anſehung des Feder-Viehes, das der Gewohnheit gemaͤß in den Wirthſchaften gehalten wird, iſt nichts ſo nuͤtzlich und ſo eintraͤglich, als die Zucht der Truthuͤner, die auch Jndianiſche, oder Calcut - ſche Huͤner genennet werden. Dieſe bezahlet den Auf - wand mit einem merklichen Vortheile, wenn ſie gluͤck - lich gehet, und wenn die Anzahl der Huͤner, die zu die - ſer Abſicht gehalten werden, groß genug iſt, dieſer Zucht eine beſondere Waͤrterin zu ſetzen. Wo iſt der Grund von dem, daß es bey dieſer Zucht ſo ſelten gluͤcklich gehet? Es iſt dieß eine gewoͤhnliche Klageder205von der Viehzucht. der Wirthe, und dieſe verurſachet, daß man zu ſeinem Schaden dieſen Theil der Wirthſchaft unter die Ne - ben Dinge ſetzet. Sollte ich irren, wenn ich den Grund dieſes Ungluͤcks nicht in der Beſchaffenheit der Sache, ſondern in dem ſuche, das man bey dieſem Stuͤkke die Beobachtung der zuvor veſtgeſetzten Lehre merklich ver - abſaͤumet. Wie futtert man dieſe jungen? und wie ſiehet es in dem Orte aus, wo ſie verwahret werden? Man futtert dieſe jungen mit geronnener Milch, iſt dieß eine Speiſe, die ihrer Natur gemaͤß, und die ſie gehoͤrig verdauen koͤnnen? Man fuͤttere ſie in den er - ſten Tagen mit Eyern von ihrer Art, man vermiſche die - ſe nach und nach mit Brenn-Eßeln und mit einem Brey von gekochten Erbſen. Man gebe ihnen endlich die - ſen Brey alleine, und man haͤnge gruͤne Kohl-Stau - den an einen Faden, ſo, daß ſie ſolche abbeißen und be - ſchnaufeln koͤnnen. Wird man in den erſten ſechs Wochen mit dieſer Fuͤtterung fortfahren, und dieſe jun - gen Huͤner bey hellem Wetter auf einen gruͤnen Anger ſetzen, daß ſie daſelbſt Wuͤrmer zu ihrer Nahrung ſu - chen koͤnnen; ſo wird man es bald merken, daß dieſe Art der Fuͤtterung der gewoͤhnlichen vorzuziehen ſey. Der Ort, wo dieſe jungen gehalten werden, wird heiß gemacht, und ſie muͤſſen auf einem veſten Boden gehen. Jn beyden Stuͤkken wird gefehlet. Es iſt wahr, ſie koͤnnen keine Kaͤlte vertragen. Folget es nun aus die - ſem, daß ſie heiß ſitzen muͤſſen. Sollte nicht dieſe uͤber - maͤßige Hitze ihre Nerven ſchwaͤchen? Jſt der Boden veſte, wodurch wollen ſie das Ungeziefer von ſich ſchaf - fen, womit ſie haͤufig beladen ſind, und das ſie durch das beſtaͤndige Nagen voͤllig entkraͤftet. Man gebe dieſem Orte eine gelinde Waͤrme, und man ſtreue auf den Boden ſo viel Sand, daß ſie ſich darinnen welzen und baden, und hiedurch von dem Ungeziefer befreyen koͤnnen; man wird gewiß dieſe Huͤner-Zucht loben, und das gewoͤhnliche Klagen verlachen.
Der dritte Punkt beſchaͤftiget ſich mit der Betrach - tung derjenigen Umſtaͤnde, die uns den Verkauf die - ſes gezogenen Viehes nutzbar machen koͤnnen. Wir koͤnnen hier diejenigen Regeln wiederholen, die wir be - reits §. 226. veſtgeſetzet haben. Wir wollen dieſen noch einige beſondere Punkte hinzufuͤgen:
Ein jeder Punkt von dieſen verdienet eine beſonde - re Unterſuchung. Voͤllig ausgewachſenes Vieh ſtehet gewiß in einem hoͤhern Werthe, als das, was noch nicht voͤllig ausgewachſen iſt. Allein, wie viel koſtet es uns, ehe es dieſes Ziel erreichet hat. Dieß iſt genug, zu be - greifen, daß wir dieſe Frage weder allgemein bejahen, noch allgemein verneinen koͤnnen. Dieſe Endſcheidung gruͤndet ſich in der innern Beſchaffenheit der Wirth - ſchaft, ob man die Thiere mit Abgaͤngen, oder nur mit ſolchen Dingen ernaͤhren koͤnne, die man bequem ver - kaufen kann. Jſt das erſte, ſo muß ich die aufge - worfene Frage bejahen. Denn dieß iſt zugleich ein Mittel, die Abgaͤnge ins Geld zu ſetzen. Jſt das an - dere, ſo wird die Endſcheidung dieſer Frage von der Beantworthung folgender Punkte abhangen.
Es iſt unmoͤglich, dieſe Fragen uͤberhaupt zu beant - worten. Dieſe Antworten gruͤnden ſich theils in der Beſchaffenheit der Nachbarſchaft, in welcher wir unſe - re Wirthſchaft treiben. Dieſe beſtimmet den Werth der Dinge. theils in der innern Beſchaffenheit unſerer Wirthſchaft. Hier iſt es genug, daß wir diejenige Punkte veſt ſetzen, die ein Wirth in Erwegung ziehen muß, der einen vernuͤnftigen und gegruͤndeten Anſchlag machen will.
Wir wollen es annehmen, ein Wirth habe nach die -Anmerkung. ſen Regeln den Anſchlag gemacht, und es ſey der Schluß, daß der Gewinn von dem Verkaufe des jungen Viehes dem gleich ſey, was wir von dem Verkaufe des bereits ausgewachſenen Viehes gewinnen; ſo wird ihm dennoch das letztere vortheilhafter ſeyn, als das erſte. Denn er gewinnt den Miſt, der in einer Wirthſchaft unſchaͤtz - bar iſt.
Wir haben dieſe Sache ſo weit, als es uns moͤglichDie andere Aufgabe. iſt, genau unterſuchet, wir haben es gefunden, daß der Verkauf des ausgewachſenen Viehes uns nuͤtzlicher ſey, als der Verkauf des jungen Viehes. Nun entſtehet die andere Frage, ob wir es mager oder alsdenn verkaufen ſollen, nachdem wir es gemaͤſtet haben. ſ. §. 283. Es iſt gewiß, daß das gemaͤſtete Vieh in einem hoͤherem Preiße ſtehet, als das magere. Es kommt aber auchbey208Der Land-Wirthſchaft 3 Abſchnittbey dieſem Stuͤkke auf den Werth desjenigen an, wo - mit wir es maͤſten wollen. Kann die Maſtung mit Abgaͤngen, oder mit Dingen von einem geringen Werth beſorget werden, ſo iſt es gewiß, daß der Verkauf des gemaſteten Viehes nuͤtzlicher ſey, als der Verkauf des magern. Wir ſetzen hiedurch unſere Abgaͤnge ins Geld. Dieß iſt ein Vortheil. Muß aber die Maſtung mit dem Getreide und mit ſolchen Dingen beſorget werden, die einen beſtimmten Preiß haben, und die wir bequem veraͤußern koͤnnen, ſo wird es uns ſchwer fallen, dieſe Frage uͤberhaupt zu bejahen oder zu verneinen. Die - ſe Beantwortung gruͤndet ſich wiederum in der Be - ſtimmung folgender Punkte.
Den Grund dieſer Beſtimmung muͤſſen wir wiederum theils aus der Nachbarſchaft, theils aus der innern Be - ſchaffenheit unſerer Wirthſchaft nehmen.
Anmerk. Was wir §. 285. angemerket haben, das muß auch bey dieſem Stuͤkke um deſto mehr gelten, weil das Vieh, was auf der Maſtung ſtehet, allemahl beſſern und mehrern Miſt giebt, als das andere.
Man wird es ſonder Zweifel nicht ungern ſehen, wenn ich hier einige Fehler, die bey der Maſtung be - gangen werden, und einige Vortheile, die uns die Ma - ſtung nuͤtzlich machen koͤnnen, mit anmerke. Jch willalſo209von der Viehzucht. alſo dieſen Theil der Wirthſchaft auf einige Regeln bringen, die uns ſo wohl jene Fehler, als auch dieſe Vortheile lehren.
Die erſte Regel: Das Vieh, was auf derDie erſte Re - gel. Maſt ſtehet, muß ſchlechterdings reinlich gehalten werden.
Dieſe allgemeine Regel, die wir bereits §. 234. bey der Viehzucht uͤberhaupt feſtgeſetzet haben, wird durch das beſondere, was dieſe Wirthſchafts-Beſchaͤftigung, nemlich die Maſtung, in ſich begreift, unterſtuͤtzet. Wir wollen Vieh maͤſten, das iſt, wir wollen das Vieh alſo fuͤttern, daß es am Fleiſche zunehmen, und daß das Fleiſch mit Fett durchwachſen koͤnne. Jſt dieß, ſo muͤſſen wir alles aus dem Wege raͤumen, was der Geſundheit des Viehes nachtheilig, und das Zu - nehmen am Fleiſche, und die Anlage des Fettes ver - hindern koͤnne. Dieß iſt genug zu begreifen, daß das Vieh ſchlechterdings reinlich muͤſſe gehalten werden. Siehe den Beweiß des §. 234.
Anmerk. Aus dieſem folget, daß es nicht genug ſey, wenn man den Maſtſtall fleißig ausſtreuet. Ein Wirth muß auch das Maſt-Vieh oft ſtriegeln und waſchen laſſen. Und ſo ferner.
Dieſe Auswickelung der Gedanken fuͤhret uns zu -Die andere Regel. gleich auf die andere Regel, die bey der Maſtung, wenn ſie gluͤcklich gehen ſoll, muß beobachtet werden. Nemlich,
Die Staͤlle, in welchen die Maſtung beſorget wird, muͤſſen nicht zu kalt, und auch nicht zu warm ſeyn. Die Luft in dieſen Staͤllen muß, durch den Zufluß friſcher Luft, beſtaͤndig koͤnnen gereiniget werden.
OSind210Der Land-Wirthſchaft 3 AbſchnittSind dieſe Staͤlle zu warm, ſo wird das Vieh durch den Schweiß entkraͤftet, und verliehret die Luſt zum freſſen. Dieß iſt wider die Abſicht der Maſtung. Sind dieſe Staͤlle zu kalt, ſo verliehret das Vieh gleichfalls die Luſt zum freſſen. Jſt in dieſen Staͤllen eine unreine Luft, ſo ſtehet die Geſundheit des Viehes in Gefahr. Siehe den Beweiß des §. 234. Folglich widerſpricht auch dieß der Abſicht, die wir durch die Maſtung erreichen wollen.
Aus dieſen fließet dieſe beſondere Lehre: Die Maſt-Staͤlle muͤſſen bey hitzigem Futter kuͤhler gehalten werden, als bey kuͤhlem Futter.
Die dritte Regel: Das Vieh, was auf der Maſt ſtehet, muß zwar zu keiner Zeit einen Mangel am Futter haben, aber doch alſo gefuͤttert werden, daß es beſtaͤndig zum freſſen Luſt behaͤlt.
Leidet das Maſt-Vieh einen Mangel am Futter, ſo kan es unmoͤglich ſo zunehmen, wie es die Abſicht der Maſtung erfodert, und die zur Maſtung beſtimmte Zeit wird ohne Noth verlaͤngert. Beydes macht, daß wir denjenigen Vortheil nicht gewinnen koͤnnen, der durch die Wirthſchaft moͤglich iſt. Wird das Maſt - Vieh alſo gefuͤttert, daß es die Luſt zum freſſen ver - liehret, ſo kan dieß der Wirthſchaft aus verſchiedenen Urſachen ſchaͤdlich ſeyn.
Man wird es uns leicht verwilligen, daß, dieſe Ab -Mittel zur Beobach - tung dieſer Regel. ſicht zu erreichen, die Beobachtung folgender Stuͤkke noͤthig ſey.
Jch will bey dieſer Gelegenheit einen Vorſchlag machen, wie es ein Wirth beſtimmen koͤnne, wie vieles Vieh von einer gewiſſen Art, von dem vorraͤthigen Futter, koͤnne gemaͤſtet werden. Dieß wird uns zu - gleich eine Vorſchrift geben, nach welcher bey der Maſtung die Rechnung von dem Futter zu fuͤhren.
Die erſte Regel: Die Groͤße des vorraͤthigen und zur Maſtung gewibneten Futters iſt nach dem Gewichte zu beſtimmen.
Anmerk. Der Vorrath dieſes Futters iſt ent - weder auf einmal bey einander, oder es wird nach und nach erhalten, wie z. B. die Abgaͤnge von den Gewerken. Jſt jenes, ſo laſſe man es waͤgen, ehe es in die Vorraths-Kammer geſchuͤttet wird. Jſt dieſes, ſo beſtimme man das Gewicht, von einem gewiſſen Theile dieſes Futters. Man berechne es, wie viele Theile von dieſer Art in einer gewiſſen Zeit erhalten werden. So wird man auch leicht das Gewichte, von dieſem Vorrathe, beſtimmen koͤnnen.
Die andere Regel: Die Zeit, in welcher das Vieh auf der Maſt ſtehet, iſt in drey Theile zu vertheilen. Jn dem erſten Theile wird es zur Maſtung gewoͤhnet. Jn dem an - dern Theile ſtehet es in vollem Futter. Jn dem dritten Theile kan es das voͤllige Futter nicht mehr bezwingen, ſondern es muß nach und nach abgebrochen werden.
Dieß213von der Viehzucht.Dieß vorausgeſetzet, ſo wird man es uns leicht verwil - ligen, daß bey dieſem Wirthſchafts-Geſchaͤfte folgende Lehren zu beobachten ſind.
Wird man dieſe Rechnung genau ziehen, ſo wirdBeſonderer Vortheil. man es bald erkennen, daß man mit dem Futter, was man in dem lezten Theile der Zeit dem Maſt - Viehe abbricht, wiederum einige Stuͤkke zur Maſtung gewoͤhnen koͤnne. Jſt nun der Anwachs von dem Futter taͤglich einerlei, ſo verdienet dieß eine Auf - merkſamkeit, weil dieß die Haupt-Regel der Wirth - ſchaft: Ein Wirth muß ſich bemuͤhen, das Seinige ſo hoch zu nuͤtzen, als es moͤglich iſt.
Der lezte Punkt, auf welchen ein Wirth bey der Maſtung zu ſehen hat, iſt die Beſchaffenheit des Futters. Es iſt bekannt, daß die Beſchaffenheit der Wuͤrkung von der Beſchaffenheit der Urſache abhaͤnget; und daher iſt es klar, daß dieſes Futter auch dem muß gemaͤß ſeyn, was durch die Maſtung ſoll gewuͤrket werden. Die Abſicht der Maſtung iſt, daß das Vieh vollkommenes Fleiſch, und vollkommenes Fett gewinnen ſoll. Die Mtttel, durch welche das Fleiſch, und durch welche das Fett gewuͤrket wird, ſind bereits §. 56. und 57. feſtgeſetzet worden. Folglich giebt uns auch dieß einen ſichern Grund, die Beſchaffenheit des Futters zu beſtimmen, das zur Maſtung muß ge - braucht werden.
Wir wollen dieß genauer beſtimmen. Die Erfah - rung giebt uns einen Grund, ſo wohl das Fleiſch, als auch das Fett in feſtes und waͤſſerigtes zu vertheilen. Das waͤſſerigte Fleiſch und Fett kan nicht ſo dauer - haft ſeyn, als das feſte (§. 24.), und jenes kan nicht ſo ſehr ins Gewichte fallen, als dieſes. Aus dem erſten iſt zu begreifen, warum ſich das Vieh, was durch die Maſtung ein waͤſſeriges Fleiſch und Fett bekom - men, weniger zum raͤuchern und einpoͤkkeln ſchikket, als das, deſſen Fleiſch und Fett feſte iſt. Dieſe Warheiten geben uns einen Grund, folgende Regeln zu bilden:
Soll die Maſtung vollkommen ſeyn, ſo muß das Futtern alſo eingerichtet werden, daß es ein feſtes Fleiſch, und ein feſtes Fett wuͤrken koͤnne.
Waͤſſerigtes Futter, wenn es allein gelaſſen wird,Darum muß es nicht zu waͤſſerigt ſeyn. kann kein feſtes Fleiſch, und auch kein feſtes Fett wuͤr - ken. Folglich muß bey der Maſtung das waͤſſerige Futter mit anderm vermiſcht werden, was weniger waͤßerigt iſt.
Dieß, was wir von der Beſchaffenheit des Maſt -Einige be - ſondere An - merkungen. Futters angemerket haben, giebt uns einen Grund, folgende beſondere Regeln zu bilden.
Die Wolle, Haare, Seide, Federn und ſo ferner,Abſicht die - ſes Capitels. kommen in vielen Stuͤkken mit einander uͤber - ein, und in einigen ſind ſie von einander unterſchieden. O 4Es216Der Land-Wirthſchaft 3 AbſchnittEs wuͤrde mir angenehm ſeyn, wenn ich beyde Stuͤk - ke alſo beſtimmen, und dieſe Beſtimmungen alſo mit einander verbinden koͤnnte, wie es geſchehen muß, wenn wir uns von dieſen Dingen vollſtaͤndige Be - griffe bilden wollen. Allein ich geſtehe es, daß dieß noch nicht in meiner Gewalt ſtehet. Wer uns von dieſen Dingen deutliche und vollſtaͤndige Begriffe bil - den will, der muß vier Stuͤkke beobachten. Er muß einmahl die Arten von den erſten Grund-Materien dieſer Dinge; fuͤrs andere, die innere Beſchaffenheit dieſer Grund-Materien; fuͤrs dritte, ihre Verhaͤlt - niſſe, und fuͤrs vierte die Art ihrer Verknuͤpfung beſtimmen. Mehr als einmahl habe ich, dieſe Fra - gen zu beantworten, Verſuche angeſtellet, dieſe aber ſind noch zu ſchwach, genau beſtimmte Antworten zu wuͤrken. Sie geben nur einige allgemeine, die aber doch, wie ich es glaube, hinreichen, dasjenige veſt zu ſetzen, was nach der Abſicht der gegenwaͤrtigen Ab - handlung erfodert wird, wie nemlich das Vieh, in Abſehen auf die angenommenen Nutzungen, zu war - then und zu futtern.
Wenn wir das aus dieſen zur Aſche gebrannten Dingen gelaugte Salz, ſo genau, als es uns moͤglich iſt, unterſuchen, und dieß mit dem Salze verglei - chen, was aus den zur Aſche gebrannten Kraͤutern, welche das Futter dieſer Thiere ſind, gelauget wird, ſo werden wir keinen merklichen Unterſchied finden. Wenn wir ferner die Dinge klein geſchnitten und ge - ſtampfet, in einem Retorten an ſehr langſames Feuer ſetzen, und alsdenn damit verfahren, wie wir die Verſuche mit der Milch beſchrieben haben, ſo wird uns dieß einen Grund geben, folgende Saͤtze zu bilden:
Der217von der Viehzucht.Anmerk. Will man die Verſuche mit dem Ho - nige und mit dem Wachſe mit dieſen Dingen ver - gleichen, ſo wird man auch unter dieſen eine merk - liche Aehnlichkeit finden. Dieſe kann Gelegenheit geben, verſchiedene Regeln zu bilden, die bey der Bienen-Zucht nuͤtzlich ſind.
Aus dieſen Saͤtzen ſchluͤſſe ich
Anmerk. Saures und ſtarkhalmigtes Gras iſt ein ſchlechtes Futter fuͤr Schaafe und Hammel, in Abſehen auf die Nutzung der Wolle.
Anmerk. Dieß giebt uns einen Grund, dieſe Frage zu entſcheiden, ob die Haͤmmel einem Wir - the nuͤtzlicher ſind, als die Schaafe.
Es erhellet aus dem, was wir in der VorbereitungAbſicht die - ſes Abſchnit - tes. zu den Cameralwiſſenſchaften §. 33 und 34. von der Stadtwirthſchaft angemerket haben, daß ſich dieſe von der Landwirthſchaft nicht in Anſe - hung des Orts, wo ſie getrieben wird, ſondern in An - ſehung der Beſchaͤftigungen unterſcheidet. Die Land - wirthſchaft kann in einer Stadt, und die Stadtwirth - ſchaft kann auf einem Lande, getrieben werden. Die Landwirthſchaft iſt eine Dienerin der Natur, und die Stadtwirthſchaft faͤngt da an, wo die Natur aufhoͤrt, ſie verarbeitet die Werke der Natur zum Nutzen der Menſchen. Vieleicht iſt es nicht ohne Nutzen, wenn wir auch dieſe Verarbeitungen, ſo viel es uns moͤglich iſt, in einer natuͤrlichen Ordnung abbilden, und dieje - nigen Regeln befeſtigen, nach welchen dieſe Verarbei - tungen zu beurtheilen, und wo es moͤglich iſt, zu verbeſ -ſern.222Der Stadt-Wirthſchaft 1. Abſchnittſern. Dieſe Beſchaͤftigungen, die theils die Gewerke, theils die Manufakturen und Fabriquen beſtimmen, ſe - tzen einige allgemeine Stuͤkke voraus, die ein Wirth zuvor wohl uͤberlegen muß, ehe er ſich, ſolche anzulegen, entſchlieſſet. Mit der Unterſuchung dieſer Stuͤkke, wollen wir uns in dieſem Abſchnitte beſchaͤftigen.
Das erſte, was bey der Anlage eines Gewerkes oder Fabrique von einem Wirthe zu unterſuchen, iſt dieß, ob und in wie weit eine ſolche Anlage nuͤzlich ſey. Man wird uns dieſen Satz deſto leichter verwilligen, weil er aus dem Begriffe eines Wirthes unmittelbar folget. Die Beſtimmung dieſes Nutzens verdienet ei - ne genauere Unterſuchung. Er faͤllt nicht allemal ſo gleich in die Augen, ſondern er wird oft alsdenn erſt merklich, wenn eine lange Reihe von verſchiedenen wirthſchaftlichen Beſchaͤftigungen geendiget iſt. Dieß iſt genug zu beweiſen, daß es nicht ohne Nutzen ſey, wenn wir diejenigen Stuͤkke feſtſetzen, die uns den Nutzen dieſer wirthſchaftlichen Beſchaͤftigungen abbil - den koͤnnen.
Wer dieſe Frage, ob ein Gewerke oder eine Fa - brique nuͤzlich ſey, entſcheidet, der ſiehet entweder auf den Staat, oder allein auf den Werth. Der Grund, dieſe Frage in dem erſten Falle zu beantworten, iſt von dem Grunde unterſchieden, aus welchem die Antwort in dem andern Falle flieſſet. Der erſte Grund iſt die - ſer: Alle Beſchaͤftigungen, welche Mittel, meh - rere Unterthanen in einem Lande zu ernaͤhren, ſind einem Staate nuͤzlich. Die Warheit dieſes Satzes erhellet aus dem, was wir §. 14 und folgen - den in der Vorbereitung feſtgeſetzet haben.
Anmerk. 223von der Stadt-Wirthſchaft uͤberhaupt.Anmerk. Es iſt eine Einfalt, wenn man die Gewerke oder die Fabriquen alsdenn als Beſchaͤf - tigungen anſiehet, die dem Staate unnuͤzlich ſind, wenn ſie nicht dem Staate unmittelbar einige Ein - kuͤnfte wuͤrken. Es iſt ſehr leicht durch die Rech - nung zu beweiſen, daß ſie auch dem Staate als - denn merklich nuͤzlich ſeyn koͤnnen, wenn ſie weiter nichts unmittelbar abwerfen, als daß ſie die Arbei - ter ernaͤhren. Wir wollen annehmen, es koͤnten ſich unter der angenommenen Beſtimmung 50 Men - ſchen ernaͤhren, ſo erfordert ihre Unterhaltung, Brod, Bier, Fleiſch, Holz, Licht, Kleidung, Woh - nung, und ſo ferner. Sind dieß nicht Dinge deren Verkauf und Verarbeitung die Nahrung im Lande befoͤrdern, und die Einkuͤnfte des Staats wuͤrken? wir wollen dieſes an ſeinem Orte weitlaͤuftiger un - terſuchen.
Der andere Grund beſtimmet den Nutzen desJn Anſe - hung des Wirths Wirths, der ſich mit den Gewerken und Fabriquen beſchaͤftiget. Dieſer kann in verſchiedene Claſſen ver - theilet werden. Dieſe Beſchaͤftigungen ſind entweder Mittel den Wirth zu ernaͤhren, oder ſie ſind zugleich ein Mittel, wodurch der Wirth dasjenige zu Gelde machen kann, was ihm die Landwirthſchaft hervorge - bracht hat. Wir wollen den lezten Punkt zuerſt ge - nauer beſchreiben.
Laͤſt der Wirth das, was ihm die Landwirth -wenn er hie - durch die Wuͤrkungen ſeiner Land - wirthſchaft verarbeiten laͤſt, weil er ſie nicht ver - kauffen koͤn - nen. ſchaft hervorgebracht hat, verarbeiten, und dieß ſoll ihm nuͤzlich ſeyn, ſo hat er entweder die Werke der Natur nicht verkauffen koͤnnen, oder der Nutzen, den er durch die Verarbeitung dieſer Werke gewinnet, iſt groͤſſer, als der, welchen der unmittelbare Verkaufwuͤr -224Der Stadt-Wirthſchaft 1. Abſchnittwuͤrket. Hat er die Werke der Natur nicht verkauf - fen koͤnnen, ſo iſt die Urſache entweder in dem zu ſu - chen, weil ſie geringſchaͤtzig ſind, oder weil das Land einen Ueberflus von dergleichen Dingen hat. Die Moͤglichkeit von beyden Faͤllen beweiſen unendlich viele Beyſpiele. Wir wollen nur einige anfuͤhren, die genug ſind, ſolche zu begreiffen. Das Feld traͤgt an verſchiedenen, bey nahe unbrauchbaren Oertern, die ſchoͤnſten Brenn-Neſſeln. Wer kann dieſe verkauf - fen? Man laſſe dieſe regelmaͤßig zubereiten. Man wird ſie gewiß alſo verkauffen koͤnnen, daß ſie ihre Stelle und die angewendeten Koſten reichlich bezahlen. Ein Wirth hat ſchlechte Felder. Er bauet Duͤnkel. Keiner will dieſen kauffen. Er brennet Brandewein, und ſein Feld wird ihm ſo nuzbar, wie das beſte. Ein Wirth hat eine Menge von Federn, er verkauft dieſe. Er rechnet den Aufwand, und ſeufzet uͤber die Zucht der Gaͤnſe. Ein anderer behaͤlt ſeine Fe - dern, er bereitet ſie zur Wolle. Sie wird der Baum - wolle aͤhnlich. Er laͤſt dieſe ſpinnen oder verarbeiten. Seine Federn werden ihm reichlich bezahlt, und er denkt auf Mittel, die Zucht der Gaͤnſe zu vergroͤſſern. Der Wirth hat einen Ueberflus an Weitzen. Er kann dieſen nicht mit Nutzen ins Geld ſetzen. Er laͤſt Staͤrke machen, und ſein Weitzen wird ihm reichlich bezahlt; und ſo ferner.
Anmerk. Man wird ſagen: dieſe Vorſchlaͤge ſind gut. Man wird aber auch fragen, wie ſind ſie zu bewerkſtelligen? Wie kann man die Brenn - Neſſel nuzbar machen? Jch habe Neſſel-Tuch ver - fertigen laſſen. Es iſt grob, es kommt nichts her - aus. Jch habe aus dem Duͤnkel Brandwein bren - nen laſſen. Der Brandwein iſt gut. Es giebt aber nicht viel. Den Spuͤlich will kein Vieh freſ - ſen, und daher iſt kein Vortheil dabey. Wie kann man die Federn in eine Wolle verwandeln, die derBaum -225von der Stadt-Wirthſchaft uͤberhaupt. Baum-Wolle aͤhnlich iſt. Ja ſollte es angehen, ſo wuͤrde gewiß der Aufwand den Werth uͤberſteigen. Was gewinnet man, wenn man den Weitzen zur Staͤrke verarbeitet? Wie viel koſtet ein Centner Staͤrke? und wie viel koſten drey Centner Weitzen, als welche zu jenem gehoͤren? Was koſtet die Arbeit? wo iſt der Vortheil? und ſo ferner. Dieß ſind die ge - woͤhnlichen Reden, und man lachet, wenn einer das Gegentheil behauptet. Sie ſind aber auch ein Ken - zeichen ſolcher Wirthe, die es bey dem alten Her - kommen bewenden laſſen, und die weder von den Werken der Natur, noch von den Werken der Kunſt deutliche Begriffe haben. Jch will dieſe Dinge an ſeinem Orte erklaͤren; die gemachten Zwei - fel heben, und den wirthſchaftlichen Nutzen hie - von ſo weit zeigen, als es die Abſicht dieſer Schrift erfodert.
Kann der Wirth die Werke der Natur zwar ver -Weil dieſe Verarbei - tung den Werth der Dinge erhoͤ - het. kaufen; aber dennoch durch die Verarbeitung dieſer Werke einen groͤßern Nutzen, als durch den Ver - kauf gewinnen: ſo ſind hiebey wiederum zwey Stuͤk - ke zu unterſcheiden. Man bekommt durch die Ver - arbeitung der Werke der Natur entweder einige Ab - gaͤnge, die nutzbar ſind, oder man kann hievon kei - ne nutzbare Abgaͤnge gewinnen. Die Abgaͤnge koͤn - nen in verſchiedener Abſicht nutzbar ſeyn, theils in Anſehung der Viehzucht, theils in Anſehung der Ma - ſtung, theils in Anſehung des Akkerbaues, wenn ſie zur Duͤngung zu gebrauchen, u. ſ. f.
Geben die Verarbeitungen der Werke der NaturWenn dieſe Verarbei - tungen eini - ge nutzbare Abgaͤnge ge - ben. einige nutzbare Abgaͤnge: ſo hat man wiederum dar - auf zu ſehen, ob dieſe Werke den Werth der verar -Pbeiteten226Der Stadt-Wirthſchaft 1. Abſchnittbeiteten Dinge und die aufgewendeten Koſten bezah - len koͤnnen, oder ob man dieſe Abgaͤnge und den da - her zu hoffenden Nutzen mit in die Rechnung brin - gen muͤſſe, wenn man die verarbeiteten Dinge und die angewendete Arbeit bezahlen will. Man wird es uns ohne Beweis verwilligen, daß der erſte Fall dem letztern, in Anſehung der Wirthſchaft, vorzuziehen ſey, und daß er den Werth einer Wirthſchaft merk - lich erhoͤhen koͤnne.
Dieß giebt uns zugleich Gelegenheit, eine Auf - gabe aufzuloͤſen, die von den Wirthen bald bejahend, bald verneinend aufgeloͤſet wird. Die Aufgabe iſt dieſe: Kann ſich derjenige, der keinen Akkerbau hat, mit der Viehzucht, oder mit der Ma - ſtung einen wuͤrklichen Vortheil machen? Jch finde kein Bedenken, dieſe Frage zu bejahen, wenn ich mein Abſehen auſ die Gewerke richte. Hat ein Wirth Gelegenheit, ein Gewerke anzulegen, wobey einmahl die Werke die verarbeiteten Dinge, und die aufgewendeten Koſten bezahlen, fuͤrs andere die Abgaͤnge ein gutes Vieh-Futter geben; ſo muß die - ſem Wirthe auch entweder die Maſtung, oder nach Befinden der Umſtaͤnde der Viehzucht nuͤtzlich ſeyn.
Wenn endlich die Verarbeitungen der Werke der Natur keine nutzbare Abgaͤnge geben, ſo ſind wie - derum einige Faͤlle zu unterſcheiden. Der erſte Fall, wenn dieſe Verarbeitungen den Aufwand nicht be - zahlen. Jn dieſem Falle ſind ſie dem Wirthe ſchaͤd - lich; dem Staate aber koͤnnen ſie nach Brfinden der Umſtaͤnde nuͤtzlich werden (§. 307. Anm.) Der an - dere Fall, wenn dieſe Verarbeitungen weiter nichtsabwer -227von der Stadt-Wirthſchaft uͤberhaupt. abwerfen, als die Bezahlung des Aufwandes. Jn dieſem Falle koͤnnen ſie den Arbeitern, und auch dem Staate nuͤtzlich werden. (ſ. die vorhin angefuͤhrte An - merk.) Der dritte Fall, wenn dieſe Verarbeitun - gen nicht nur den Aufwand voͤllig bezahlen, ſondern auch von dieſem die jaͤhrlichen Jntereſſen abwerfen. Hier koͤnnen ſie dem Staate, den Arbeitern und dem Wirthe nuͤtzlich werden. Der vierte Fall, wenn dieſe Verarbeitungen die Jntereſſen von dem Capital abwerfen, welches aus dem voͤlligen Aufwande, mit den jaͤhrlichen Jntereſſen von dieſem, beſtehet. Jn dieſem Falle gehoͤren ſie ſchon unter die wirthſchaftli - chen Vorzuͤge, welche alsdenn erhoͤhet werden, wenn der Ertrag dieſer Werke groͤßer wird, als die vorhin beſtimmte Summe iſt.
So weit von dem letzten Stuͤkke, das wir §. 308.Allgemeine Stuͤkke, auf welche bey der Arbeit in der Stadt - Wirthſchaft zu ſehen. angegeben haben. Wenn wir das erſte Stuͤck mit dieſem vergleichen, und das aͤhnliche herausnehmen, ſo wird es uns leicht zu begreiffen, daß man bey der Anlage eines Gewerkes, oder einer Fabrique uͤberhaupt auf folgende Punkte zu ſehen habe.
Wir wollen das wichtigſte, was bey dieſen Stuͤkken vorkommt, beſchreiben.
Die Materialien werden entweder von dem Stadt - Wirthe angebauet, oder er muß dieſe von andern kaufen. Jch weiß es nicht, ob ich dieſem oder jenem Falle, in Abſehen auf die Stadt-Wirthſchaft, einen Vorzug geben ſoll. Kauft der Stadt-Wirth die Materialien ſeiner Werke von einem andern, ſo kann dieß ein Mittel werden, den Verkauf ſeiner Werke zu befoͤrdern. Kauft der Stadt-Wirth die Materia - lien ſeiner Werke von einem andern, ſo iſt er von aller Gefahr befreiet, welcher die Anbauung dieſer Materialien ſehr oft unterworfen iſt. Verſtehet der Stadt-Wirth die Kunſt, die von andern erkauften Materialien zu verbeſſern, und zu den Werken der Kunſt geſchickter zu machen, ſo wird es ſehr oft ge - ſchehen koͤnnen, daß er dieſe Materialien durch den Ankauf wohlfeiler gewinnet, als durch die Anbauung. Wer demnach dieſe Frage entſcheiden will, ob es nuͤtzlicher ſey, die Materialien zu den Werken der Kunſt von andern anzukaufen, oder anzubauen, der muß alle Umſtaͤnde erwegen, und dieſe mit einander vergleichen. Dieſe werden bald dem Ankaufe, bald der Anbauung das Wort reden.
Anmerk. Der Garn-Handel mit den Hollaͤn - dern. Das Brandweinbrennen und das Bier - brauen aus dem von andern gekauften Getraide, u. ſ. f. ſind genug, es zu beweiſen, daß eine nutz - bare Stadt-Wirthſchaft den unmittelbaren Anbau der Materialien nicht nothwendig erfordere.
Wer die Beſchaffenheit der Werke unterſuchen will,Worauf man bey den Werken der Kunſt zu ſe - hen, in Anſe - hung ihrer innern Be - ſchaffenheit. welche die Kunſt aus den Werken der Natur wuͤrken ſoll, der muß die innere Beſchaffenheit dieſer Werke von ihrer Abſicht unterſcheiden. Der erſte Punkt er - fordert es, daß er
Es iſt unnoͤthig, daß wir dieſe Regeln beweiſen. Sie ſind unmittelbare Anwendungen der allgemeinen Leh - re, die es uns zeiget, wie die Abſichten geſchickt aus - zufuͤhren.
Jn Anſehung des andern Punkts iſt uͤberhaupt die -und in Anſe - hung ihrer Abſicht. ſe Regel zu merken: Alle Werke der Kunſt, die dem Stadt-Wirthe Vortheile bringen ſollen, muͤſſen den Menſchen, wenigſtens nach ihrer Meinung, nuͤtzlich ſeyn. Es iſt unmoͤglich, daß ein Werk dem Stadt-Wirthe Vortheil bringen koͤn - ne, wenn er es nicht verkaufen kann. Wer wird etwas kaufen, das ihm nicht wenigſtens nach ſeinerP 3Mei -230Der Stadt-Wirthſchaft 1 Abſchnitt,Meinung nuͤtzlich iſt. Dieß iſt genug, die angenom - mene Regel zu beweiſen.
Soll uns etwas, wenigſtens nach unſerer Meinung, nuͤtzlich ſeyn, ſo haben wir es entweder zu unſerer Erhaltung, oder zur Ausfuͤhrung desjenigen noͤthig, wohin unſere Begierden gehen. Das Nothwendige zu unſerer Erhaltung iſt theils aus dem, weil wir Menſchen ſind, theils aus unſerm Zuſtande zu beur - theilen. Und unſere Begierden gehen entweder auf den Erwerb des zeitlichen Vermoͤgens, oder auf die Ehre, oder auf das ſinnliche Vergnuͤgen. Aus die - ſem folget es, daß ein Stadt-Wirth, der die Wer - ke der Kunſt mit Vortheile wuͤrken will, zuvor die Werke der Kunſt nach dieſen Abſichten in Claſſen ver - theilen muͤſſe.
Dieſe Vertheilung giebt dem Wirthe einen beſon - dern Vortheil, wenn er die Moͤglichkeit des Verkaufs zu beurtheilen bemuͤhet iſt. Dieſe muß er zuvor be - urtheilen, ehe er ſich entſchließet, ein beſtimmtes Ge - werke, oder eine Fabrique anzulegen. Denn er will dieſe anlegen, um einen Vortheil zu gewinnen. Dieß kann nicht geſchehen, wenn es nicht moͤglich iſt, das Verarbeitete mit Vortheil zu verkaufen. Folg - lich iſt es ſchlechterdings noͤthig, daß der Stadt-Wirth zuerſt die Moͤglichkeit von dem Verkaufe ſeiner Werke genau unterſuche.
Wer dieſe mit einem zuverlaͤßigen Grunde beſtim - men will, der muß auf folgende Stuͤkke, ſehen:
Die erſte Regel lehret die allgemeine Moͤglichkeit des Verkaufs. Die andere, dritte und vierte Regel zei - gen, ob dieſer Verkauf auch nach den Umſtaͤnden moͤglich ſey.
Wir wollen die zuvor angegebenen Regeln anwen -Wie die Ko - ſten der Wer - ke zu beſtim - men? den, und wir merken es, daß dieß ein wichtiges Stuͤck bey der Stadt-Wirthſchaft ſey, wenn man gu - te Waare um einen billigen Preiß geben koͤnne. Der Wirth will den Preiß ſeiner Werke beſtimmen. P 4Er232Der Stadt-Wirthſchaft 1 AbſchnittEr ſoll nicht mehr ausgeben, als er einnimmt. Und darum muß er zuvor die Groͤße der aufgewendeten Koſten beſtimmen. Man wird es uns leicht verwil - ligen, daß der Stadt-Wirth bey dieſer Beſtimmung folgende Stuͤkke im Anſchlage bringen muͤſſe.
Anmerk. Es iſt zu merken, daß dieß der groͤ - ſte Vortheil eines Stadt-Wirths ſey, wenn er ein Capital in einem Jahre, mehr als einmahl zur An - kaufung der Materialien, und zur Bezahlung der Arbeiter, anwenden koͤnne.
Nunmehro wird es dem Wirthe nicht ſchwer fal -Wie der Preiß zu be - ſtimmen. len, den Preiß zu beſtimmen, fuͤr welchem er ſeine Werke ohne Schaden und mit Vortheile verkaufen kann. Jſt der Preiß der Werke dem §. 321. be - ſtimmten Aufwande gleich, ſo iſt bey der Wirthſchaft kein Schade. Der Wirth hat von ſeinem Capital den jaͤhrlichen Zinß gewonnen. Kann der voͤllige zu - vor beſtimmte Aufwand als ein Capital angeſetzet, und der Preiß der Werke alſo beſtimmet werden, daß er dieſem Capital mit ſeinem jaͤhrlichen Zinſe gleich wird, ſo verkauft der Wirth ſeine Werke mit Vor - theile. Der Wirth kann dieſes thun, wenn dieſe Er - hoͤhung des Preißes den Abgang der Werke nicht ver - zoͤgert oder verhindert. Jm Gegentheile bleibt dieß eine nuͤtzliche Wahrheit: gute Waare und ein bil - liger Preiß macht reich.
Dieß ſind, wie ich es glaube, diejenigen Stuͤkke,Gewerke ſind dem Land-Wir - the nuͤtzli - cher, denn Fabriquen. die man zuvor genau unterſuchen muß, ehe man eine beſtimmte Stadt-Wirthſchaft, die von einer Dauer ſeyn und Nutzen bringen ſoll, anlegen koͤnne. Wir wollen zum Schluſſe dieſer allgemeinen Betrachtun - gen noch eine Frage endſcheiden, die von Wichtigkeit iſt: ob es nemlich einem Land-Wirthe nuͤtzlicher ſey,P 5ein234Der Stadt-Wirthſchaft 1 Abſchnitt,ein Gewerke, oder eine Manufaktur und Fabrique an - zulegen, wenn er zu beyden Gelegenheit hat. Wir betrachten dieſe Sache entweder fuͤr ſich, oder unter einige beſondere Umſtaͤnde. Jn dem erſten Falle muß ich den Gewerken einen Vorzug geben. Der Grund iſt dieſer: Eine Beſchaͤftigung des Stadt - Wirths, die verſchiedene Abgaͤnge abwirft, die dem Land-Wirthe in Anſehung der Viehzucht, der Maſtung u. ſ. f. nuͤtzlich ſind, die iſt einem Land-Wirthe nuͤtz - licher, als eine ſolche Stadtwirthſchaftliche Beſchaͤfti - gung, die dergleichen Abgaͤnge nicht hervorbringet. Dieſen Satz wird man uns alsdenn verwilligen, wenn man dasjenige uͤberleget, was wir zuvor von dem Nutzen der Viehzucht, und der Maſtung abgehandelt haben. Die Gewerke wuͤrken ſolche Abgaͤnge. Die Manufakturen und Fabriquen im Gegentheile ſind un - vermoͤgend, dergleichen Wuͤrkungen hervorzubringen. Folglich ſind auch jene einem Land-Wirthe, fuͤr ſich betrachtet, nuͤtzlicher als dieſe.
Wir koͤnnen dieſe Lehre auch noch mit folgendem Grunde unterſtuͤtzen. Es iſt eine bekannte Sache, und die Nothwendigkeit in dem Gebrauche der Din - ge bekraͤftiget dieſe, daß man bey dem Verkauf der Werke von den Gewerken, wenn dieſe gut ſind, we - nigere Hinderniſſe findet, als bey dem Verkauf der Werke von den Manufacturen und Fabriquen. Jſt dieß, ſo iſt es auch gewiß, daß ein Land-Wirth bey jenen nicht ſo vieles waget, als bey dieſen. Und da - her haben auch jene bey ihm einen Vorzug.
Beſondere Umſtaͤnde koͤnnen eine Sache nuͤtzlich machen, die man fuͤr ſich betrachtet, verworfen. Keine Manufaktur oder Fabrique kann ohne demGe -235von der Stadt-Wirthſchaft uͤberhaupt. Gebrauch von den Werken einiger Gewerke beſtehen Folglich koͤnnen jene ein Mittel werden, den Abgang dieſer Werke zu befoͤrdern. Aus dieſem folget, daß man es in dieſer Beziehung dem Land-Wirthe rathen koͤnne, wenn es ihm moͤglich, Manufakturen und Fa - briquen anzulegen (§. 323).
Dieß giebt uns zugleich einen Grund dieſe allge -Eine allge - meine Lehre. meine Lehre zu bilden: Es iſt ein groſſer Vor - theil, wenn ein Wirth die Werke von der einen Art der Beſchaͤftigung als ein Mittel anwen - den kann, die Abſicht einer anderu wirthſchaft - lichen Beſchaͤftigung zu befoͤrdern.
Anmerk. Der Nutzen von der Anwendung die - ſer Lehre, in Anſehung des Staats, iſt, wie ich es an ſeinem Orte zeigen werde, ſehr wichtig.
Wer die Werke der Kunſt wuͤrken und verbeſſernAbſicht die - ſer Betrach - tungen. will, der bemuͤhet ſich zu erforſchen, wie ſie bald an dieſem, bald an einem andern Orte ge - arbeitet werden. Die Klugheit giebt ihm Gelegen - heit, dieß zu erfahren. Er veranſtaltet eine Nach - ahmung. Gluͤckt ihm dieſe, ſo glaubt er auch Mei - ſter von dieſer Kunſt zu ſeyn. Jch verwerfe dieſe Bemuͤhung nicht. Sie entdeckt uns oͤfters verbor - gene Handgriffe, die uns das ganze Werk erleich -tern.236Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitttern. Sie giebt uns Gelegenheit, unſere Begriffe genauer zu beſtimmen, daß wir dieſe zum Nutzen der Menſchen anwenden koͤnnen. Wenn wir es aber bey dieſer Entdekkung bewenden laſſen, ſo wird unſre Beſchaͤftigung ein Handwerk. Wir koͤnnen die ver - ſchiedenen Stuͤkke, die bey der Arbeit vorkommen, nicht beurtheilen, und unſere Werke koͤnnen nur durch ein Schickſaal vollkommen werden. Es iſt vernuͤnftiger und nuͤtzlicher, wenn wir uns zuvor von dem Werke der Kunſt einen deutlichen Begriff ma - chen. Dieſer wird uns diejenigen Hauptſtuͤkke leh - ren, auf welche es bey Verfertigung deſſelben an - koͤmmt. Dieſer wird uns die Gruͤnde von den ver - ſchiedenen Beſchaͤftigungen entdekken. Dieſes wird uns Gruͤnde geben, aus den durch die Erfahrung entdekten Handgriffen die beſten zu erwaͤhlen, und dieſe da, wo es fehlet, zu verbeſſern. Jſt dieſe Be - trachtung gegruͤndet, ſo wird ſie auch unſer Verfah - ren rechtfertigen, da wir dieſe, in dem wir die Wer - ke der Kunſt abhandeln wollen, zur Regel angenom - men haben.
Wir wollen Bier brauen. Was heiſt Bier? Was heiſt brauen? Tacitus nennet das Bier einen Wein, den die Teutſchen aus dem verdorbenen Getraide ver - fertiget. Verſtehet Tacitus durch das verdorbene Getraide dieß, was wir Malz nennen, ſo iſt ſeine von dem Bier gegebene Erklaͤrung vollkommen. Denn durch den Wein verſtehet man in der Schei - dekunſt den Saft, oder das Getraͤnke, das die gei - ſtige Gaͤhrung hervorbringet.
Anmerk. Die Gedanken des Herrn Ma - quer*) bekraͤftigen dieſe Bedeutung des Worts. Ob gleich, ſpricht er, dieſer Name Wein ei - gentlich nur fuͤr denjenigen Saft gehoͤrt, deraus237von der Stadt-Wirthſchaft uͤberhaupt. aus den Trauben gepreßt wird, und man denjenigen, welcher aus andern Subſtanzen, die der Gaͤhrung faͤhig ſind, gezogen wer - den, in der ordentlichen Sprache abſonder - liche Namen giebt, wie man 3. E. denjeni - gen, der von Aepfeln gemacht wird, Lauer, und den vom Getraide gemachten, Bier nen - net, ſo iſt es doch in der Scheidekunſt gut, ein allgemeines Wort zu haben, womit man jeden Saft oder Fluͤßiges anzeige, welches dieſen Grad der Gaͤhrung gelitten hat.
Es heißt demnach Bierbrauen, aus dem MehlWas Bier - brauen. des Getraides einen zur geiſtigen Gaͤhrung ge - ſchickten Saft machen. Sollte dieſe Erklaͤrung nicht vollſtaͤndig ſeyn, ſo zeiget ſie doch gewiß diejenigen Stuͤkke an, aus welchen alles, was bey dem Brauen vorkommt, fließet, und zu beurtheilen. Dieß zu be - weiſen, wird es noͤthig ſeyn, daß man einmahl die Natur der geiſtigen Gaͤhrung unterſuchet, und fuͤrs andere erklaͤret, wie das Mehl eines Getraides koͤnne in einen Saft, der zur geiſtigen Gaͤhrung ge - ſchickt iſt, verwandelt werden.
Jn der Beſchreibung der Gaͤhrung kommen alleWas die gei - ſtige Gaͤh - rung. Zergliederer der Natur uͤberein. Wenigſtens iſt dieß, worin ſie ſich unterſcheiden, mehr ein ſcheinbarer als ein wahrer Unterſchied. Die Erfahrung lehret es, daß ſehr oft zwiſchen den unmerklichen Theilen eines Koͤrpers von ſich ſelbſt eine Bewegung entſtehet, aus welcher eine neue Einrichtung und Verbindung derTheile238Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,Theile des Koͤrpers entſpringet. Dieſe inwendige Bewegung nennen ſie die Gaͤhrung. Allein in der Beantwortung dieſer Frage unterſcheiden ſie ſich, ob die geiſtige, die ſaure und die faulende Gaͤhrung Wuͤrkungen von verſchiedener Art, oder nur von ver - ſchiedenen Graden ſind. Jch will dieſen Streit nicht enſcheiden, ob ich zwar glaube, daß der letztere Ge - danke mehreren Grund habe, als der erſte. Die Er - fahrung beſtaͤtiget es, daß auf die geiſtige Gaͤhrung die ſaure, und auf dieſe die faulende in einem Koͤr - per erfolget. Dieſe Endſcheidung hat keinen merkli - chen Einfluß in unſere gegenwaͤrtige Abſicht. Wir werden dieſe erreichen koͤnnen, wenn wir diejenigen Stuͤkke anzeigen, wodurch wir die eine Gaͤhrung von der andern unterſcheiden. Hier iſt es zuerſt genug, wenn wir die geiſtige Gaͤhrung beſchreiben. Wir wollen dem Herrn Maquer folgen, der uns dieſe alſo abbildet: Der Saft von allen Fruͤchten, aller zukkerhaften Materien aus dem Pflanzen-Reiche, aller Saamen - und mehligten Koͤrner, wenn ſie mit einer zureichenden Menge Waſſer eingeruͤhret werden, ſind die geſchickteſten Materien zur geiſtigen Gaͤhrung. Wenn man dieſe Saͤfte in Gefaͤßen, die nicht allzu - veſt zugemacht ſind, in einen maͤßigen Grad der Waͤr - me ſetzet, ſo fangen ſie nach einiger Zeit an truͤbe zu werden, es entſtehet unvermerkt eine kleine Bewe - gung in ihren Theilen, welche ein kleines Ziſchen ver - anlaſſet; dieſes vermehrt ſich nach und nach dergeſtalt, bis man die groben Theile, welche ſie enthalten, als Obſt-Kerne, Getraide-Koͤrner u. ſ. f. ſich auf aller - hand Art bewegen, und auf die Oberflaͤche geworfen ſiehet. Es ſondern ſich zugleich einige Blaſen ab, und der Saft bekommt einen ſcharfen und durchdrin - genden Geruch, welcher durch die duͤnnen Duͤnſte, welche davon ausdunſten, veranlaſſet wird. Wenn dieſe Erſcheinungen da ſind, ſo ſpricht man: der Koͤr - per ſtehet in einer geiſtigen Gaͤhrung.
Die mehligten Koͤrner erfordern verſchiedene Zu -Zubereitung der mehlig - ten Koͤrner zu dieſer Ab - ſicht. bereitungen, wenn ſie dieſer geiſtigen Gaͤhrung faͤhig ſeyn ſollen. Die Erfahrung lehret es, daß, wenn man die mehligten Koͤrner, ehe ſie zu dieſer Gaͤhrung ſind zubereitet worden, mit den Zaͤhnen zermalmet, dieß Mehl einen Leim machet, den man durch den Speichel kaum duͤnne machen und aufloͤſen kann. Man muß demnach zuvor, ehe dieſe mehligten Koͤr - ner zur geiſtigen Gaͤhrung geſchickt ſind, die ſchlei - migte Materie, woraus das Mehl beſtehet, verduͤn - nen.
Dieſe Abſicht ſoll das Malzen wuͤrken. Wir wol -Hieher gehoͤ - ret 1) die Einbeitzung. len dieſe Beſchaͤftigung nach der angegebenen Abſicht zergliedern. Die erſte Arbeit bey dem Malzen iſt die Einbeitzung (maceratio), das iſt, man gießet uͤber das Getraide reines Waſſer, bis es deſſen genug eingeſogen hat, und davon aufgequollen iſt. Es iſt demnach das Getraide genug eingeweicht, wenn man deſſen Spitzen mit den Fingern zuſammen druͤkken kann.
Es wird nicht ohne Nutzen ſeyn, wenn man beyWie dieſe zu bewerkſtelli - gen. dieſer Einbeitzung des Getraides dieſe Frage unterſu - chen, ob es beſſer ſey, die Einbeitzung dadurch zu befoͤrdern, daß man das Getraide in einen Kufen thut, und Waſſer darauf gießet, oder dadurch, wenn man das Getraide auf einen Haufen ſchuͤttet, mit Waſſer nach und nach beſprenget, bey dieſer Beſpren - gung umſtuͤrzet, und dieſes nach nnd nach ſo oft wiederhohlet, bis es genug eingeſogen hat und aufge - quollen iſt? Beyde Wege ſind zur Einbeitzung ge - ſchickt, es iſt aber auch bey beyden etwas anzumer -ken,240Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,ken, das dem Brauen nachtheilig und nuͤtzlich iſt. Bey dem erſten Wege hat man dieſen Vortheil, daß das Getraide von der anhangenden Erde gereiniget wird. Dieſe wuͤrde dem Biere einen ſehr widrigen Geſchmack geben. Es iſt aber auch nicht ohne Nach - theil. Das Waſſer ziehet viele Saͤfte und Geiſter aus dem Getraide, die zur Nahrung dienen. Dieß beweiſet die Erfahrung, theils wenn man dieſes Waſſer von den Kuͤhen oder von den Maſt-Ochſen ſaufen laͤſt: theils, wenn man es, nachdem es iſt zu - bereitet worden, deſtilliret. Dieß wuͤrket bey dem Biere einen Abgang in der Staͤrke. Bey dem an - dern Wege hat man dieſen Vortheil, daß dieſe Saͤfte und Geiſter beybehalten werden. Es wird aber das Getraide von der anhaͤngenden Erde nicht gereiniget. Sollte es ohne Nutzen ſeyn, wenn man beyde Wege mit einander verbinden wolte. Man koͤnnte aus dem erſten Wege die Abwaſchung und aus dem andern die Art der Einbeitzung behalten.
Dieß, was wir von dem erſten Wege zur Einbei - tzung abgehandelt haben, giebt uns folgende Regeln:
Dieß Aufquellen des Getraides iſt der Anfang zur Zerſtoͤrung der ſchleimigten Materie, woraus dasMehl241von dem Bierbrauen. Mehl beſtehet. Sie iſt mit Waſſer angefuͤllet, und daher kann die innere und natuͤrliche Waͤrme die ver - langte Verduͤnnung vollkommen wuͤrken. Dieß zu bewerkſtelligen nimmt man das aufgequollene Getrai - de aus dem Waſſer, und leget es in großen Haufen, in einem Orte, wo zwar die freye Luft wuͤrket, der aber doch wider die ſtrenge Kaͤlte und wider den Wind bedekket iſt. Wenn dieß geſchehen, ſo entſte - het bald in dieſem Haufen eine Hitze, und es wer - den kleine Anfaͤnge von Wurzeln ſichtbar. Dieß iſt ein Beweiß von der Verduͤnnung der ſchleimigten Materie des Mehls. Und man ſagt: das Malz keimet. Hier kann das Malz ſehr leicht verderben. Laͤſt man es zu lange in dieſem Zuſtande liegen, ſo wachſen Blaͤtter, und es faͤngt an zu verfaulen; dieß beweiſet, daß die mehligte Materie verzehret wird. Dieß aber iſt wider die Abſicht, wir wollen keine Zer - nichtung, ſondern nur eine Verduͤnnung dieſer Ma - terie haben. Will man dieß Keimen zu geſchwinde verhindern, ſo kann keine vollkommene Verduͤnnung der ſchleimigten Materien erfolgen, auch dieß wider - ſpricht unſerer Abſicht. Es iſt demnach das ſicherſte, daß man den Haufen, wenn das Getraide anfaͤnget zu keimen, ſtuͤrzet, damit das obere mit dem untern gleich wachſen koͤnne. Daß man den Haufen nach und nach ausbreitet, und durch das voͤllige Ausbrei - ten, und oͤftere Umſtuͤrzen das weitere Keimen als - denn verhindert, wenn etwa die Laͤnge des Keims, der gedoppelten Laͤnge des Getraides, gleich wird.
Anmerk. Jch habe mit Fleiß das etwa hin - zugeſetzet. Es iſt dieß eine Sache, die ſich beſſer aus der Erfahrung beurtheilen, als beſchreiben laͤſt. Dieß iſt gewiß, wenn ſich bey dieſem Wach - ſen des Getraides Blaͤtter zeigen, ſo iſt das Malz verdorben. Man zermalme alsdenn dieß Korn, ſoQwird242Der Stadt-Wirthſchaft 2. Abſchnittwird man finden, daß ſich die mehligte Materie verlieret. Auch dieß beſtaͤtiget die Erfahrung, daß dieſe Blaͤtter mehrentheils alsdenn gebohren werden, wenn der Keim anfaͤngt laͤnger zu wer - den, als die doppelte Laͤnge des Korns iſt, und daß ſich dieſe Blaͤtter ſelten eher zeigen, als bis der Keim die doppelte Laͤnge des Korns erhalten hat. Auch dieß beſtaͤtiget die Erfahrung, daß ſich der Schleim noch nicht genug verduͤnnet hat, wenn die Laͤnge des Keims noch nicht der Laͤnge des Korns gleich iſt.
Nunmehro iſt es Zeit, die innere Wirkſamkeit des Getraides zu verhindern. Geſchiehet dieſes nicht, ſo muß nothwendig eine Zerſtoͤrung der mehligten Ma - terie und endlich eine Faͤulung erfolgen. Daher muß es austrocknen. Dieß kann ſo wohl an der Luft, alsauch am Feuer geſchehen. Das erſte giebt Luft - und das andere Darr-Malz. Soll es an der Luft trocknen, ſo muß das Getraide nothwendig duͤnne ausgebreitet und fleißig umgeſtuͤrzet werden, und zwar an einem Orte, wo der Wind durchſtreichen kann. Es lehret die Er - fahrung, daß die Nord-Winde zu dieſer Abſicht die beſten find.
Darr-Malz giebt mehr waͤrmeres und ſtaͤrkeres Bier, als Luft-Malz, weil die Doͤrrung nichts als ei - ne Roͤſtung des Getraides; und daher kann das Waſſer den verduͤnnten Schleim des Mehls leichter aufloͤſen. Aber auch bey dieſer Beſchaͤftigung kann es ſehr leicht verſehen werden. Wird das Malz naß auf die Darre gebracht, und man giebt im Anfange gelindes Feuer, ſo muͤſſen nothwendig viele der be - ſten Geiſter aus dem Malze verfliegen. Denn ſieſind243von dem Bierbrauen. ſind noch innerlich wirkſam. Giebt man zu ſtark Feuer, ſo verbrennet das Malz. Dieß iſt eine Zer - ſtoͤrung der Malz-Theile, und das Bier bekommt ei - nen ſchlechten Geſchmack. Daher muͤſſen bey dieſer Beſchaͤftigung folgende Stuͤkke beobachtet werdeu.
Die Mathematik lehret uns die Regeln von demWie die Darre zu bauen. Bau der Oefen, die theils in den Wuͤrkungen des Feuers, theils in der Erſparung des Holzes gegruͤn - det ſind*. Die Darre iſt ein Ofen zur Roͤſtung des Malzes. Es iſt demnach nur noͤthig, daß wir jene Regeln hier anwenden, und durch die beſondere Abſicht genauer beſtimmen, wenn wir die Regeln zum Bau der Darre erfinden, und dieſen Bau be - urtheilen wollen. Wir wollen nur einige von den wichtigſten Stuͤkken anmerken, die aus dieſer beſon - dern Beſtimmung entſpringen.
Das erſte: Das Malz muß nicht unmittel -Die erſte Re - gel. bar auf dem mit Feuer erhizten Ofen liegen. Liegt das Malz unmittelbar auf dem mit Feuer er -Q 2hizten244Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,hizten Ofen, ſo muß es verbrennen. Dieß wider - ſpricht der Abſicht (§. 337.)
Aus dieſem koͤnnen wir den Gebrauch der Hurden und ihre Endfernung von dem Ofen erklaͤren. Die Hurden ſind Flaͤchen, auf welche das Malz uͤber den Darr-Ofen geſchuͤttet wird. Kommen dieſe dem Ofen zu nahe, ſo verdrennet das Malz. Sind ſie zu weit von dem Ofen entfernt, ſo wird die Gewalt des Feuers zu ſchwach, das Malz zu roͤſten. Wie groß ſoll die Endfernung| ſeyn? Das gewoͤhnliche Maaß iſt zwey bis drey Fuß, bis an den Anfang der Hurden. Es iſt aber das ſicherſte, daß man dieſe Endfernung nach dem einrichtet, wie der Ofen ſtark oder ſchwach gluͤet.
Das andere: Die Hurden muͤſſen aus einem zwar duͤnnen, aber doch dichten Koͤrper ge - macht werden. Sind die Hurden ſehr dick, ſo wird viele Zeit und vieles Holz erfodert, (§. 69. Py - rob. ) die Hurden gehoͤrig zu erwaͤrmen. Beydes widerſpricht der Wirthſchaft. Jſt die Materie, aus welcher die Hurden verfertiget, nichte dichte, ſo wird ihre Waͤrme zur Roͤſtung nicht ſtark genug. Sie trocknet nur das Malz. Dieß aber iſt nicht genug, wenn das Darr-Malz von dem Luft-Malze der Wuͤr - kung nach ſoll unterſchieden werden. (§. 36. 37.)
Anmerk. Warum die Hurden aus Eiſen, aus Holz, oder aus Thon verfertiget werden: welche von dieſen die beſten ſind: der Nutzen der Haar - Tuͤcher, welche in einigen Darren uͤber die Hur - den ausgebreitet werden; dieß ſind Stuͤkke, die ſich aus dieſem Satze leicht beurtheilen laſſen.
Das dritte: Es iſt nuͤtzlich, wenn die Hur -Die dritte den, ſo viel, als es ihre Feſtigkeit erlaubt, durch - loͤchert werden. Doch muͤſſen dieſe Loͤcher klein und ſchlechterdings nicht ſo groß ſeyn, als ein Korn vom Malze iſt. Sind die Hurden durchloͤchert, ſo kann der reine Geiſt aus dem Rau - che in das Malz dringen. Dieß iſt dem Viere nuͤtz - lich. Sind die Loͤcher zu groß, ſo kann ſich leicht das Grobe im Rauch mit dem Malze vermiſchen, dieß giebt dem Biere einen ekelen Geſchmack, und das Feuer wird zu ſchwach, das Malz gehoͤrig zu roͤſten, (§. 341). Sind dieſe Loͤcher ſo groß, oder groͤßer, als ein Korn vom Malze iſt, ſo faͤllt das Malz bey dem Umwenden durch die Hurden, dieß widerſpricht der Abſicht.
Endlich wird gefragt, ob es beſſer ſey, die Hur -und vierte Regel. den horizontal zu legen, oder alſo an einander zu ſe - tzen, daß ſie mit ihren Enden einen Winkel machen. Wenn wir dasjenige erwegen, was wir §. 14. und folgenden der Pyrobolique von den Wuͤrkungen des Feuers abgehandelt haben, ſo wiſſen wir es nicht, ob wir jener oder dieſer Lage einen Vorzug geben ſollen. Nur dieß folget mit Gewißheit, daß dieſer Winkel unvollkommen iſt, wenn er zu ſpitz iſt.
Das Malz iſt fertig. Wir wollen brauen. DasZum Brau - en die erſte Regel. iſt, wir wollen aus dem duͤnngemachten Mehle des Malzes ein Getraͤnke bereiten, das zur geiſtigen Gaͤh - rung geſchickt iſt. Wie iſt dieß zu bewerkſtelligen? Wir wollen die wichtigſten Beſchaͤftigungen, welche hiebey vorkommen, aus ihren Gruͤnden erklaͤren.
Q 3Die246Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,Anmerk. Dieſe Keimen koͤnnen von dem Mal - ze ſehr leicht auf die Art abgeſondert werden, wie man in den Scheuren das Getraide von dem Stau - be reiniget.
Das Waſſer ſoll das duͤnngemachte Mehl des Malzes annehmen, das iſt, trinkbar machen. Dieß iſt un - moͤglich, ſo lange es in ſeiner Huͤlſe verſchloſſen bleibt.
Auch bey dem Schroten des Malzes kann man es verſehen. Wird es hier zum Mehl gemacht, ſo ver - miſcht ſich zwar das Waſſer mit dem Mehle, aber es nimmt nicht alles an ſich, und es macht nicht alles trinkbar. Man unterſuche die Beſchaffenheit der Trebern, die wird es beweiſen. Hieraus folget
Die247von dem Bierbrauen.Dieß zu verhindern, ſo wird das Malz zuvor, eheWie dieſe anzuwenden. man es in die Muͤhle bringet, eingenetzet,* und die Muͤhle wird alſo geſtellet, daß der Zwiſchen-Raum der Steine nicht kleiner iſt, als es ſeyn muß, wenn nur die Huͤlſen ſollen aufgeſtoſſen werden.
Dieſe Regel iſt eine unmittelbare Folge aus der Ab -Q 4ſicht248Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,ſicht des Brauens (§. 329.) Und dieſe Beſchaͤfti - gung heiſt das einmeſchen.
Die Zergliederung dieſer Abſicht giebt es ſogleich zu erkennen, daß wir bey dem Einmeſchen auf drey Punkte ſehen muͤſſen.
Das Waſſer ſoll das duͤnngemachte Mehl im Mal - ze annehmen. Sind Salze oder Mineralien in dem Waſſer, ſo verhindern dieſe nicht nur die Annehmung des duͤnngemachten Mehls, ſondern ſie bleiben auch in dem Biere, und daher bekommt es ſeine widrigen Wuͤrkungen. Hieraus folget dieſe Regel:
Je reiner das Waſſer, je leichter nimmt es bie Kraͤfte des Getraides an ſich, nnd deſto beſſer und geſunder wird das Bier.
Anmerk. Wer mit Nutzen brauen will, der muß zuvor die Beſchaffenheit des Waſſers unter - ſuchen, und findet er in dieſem etwas, das der Ab - ſicht des Biers widerſpricht, ſo muß er auf nieder - ſchlagende Mittel denken, und das Waſſer zuvor, ſo viel es ihm moͤglich iſt, zum Brauen geſchickt machen.
Die Abſicht der Einmeſchung iſt, daß das Waſ - ſer das duͤnngemachte Mehl im Malze annehmen ſoll. Wird das heiße Waſſer auf das Malz gegoſſen, undman249von dem Bierbrauen. man laͤſt es ſtehen, ſo lauft das Malz in Klumpen zuſammen. Das Waſſer kann das Malz nicht durch - dringen, dieß widerſpricht der Abſicht. Aus dieſem folget, daß man das Malz, bey dem Einmeſchen, recht durcharbeiten muͤſſe, daß ſich keine Klumpen anſetzen, ſondern eine voͤllige Verduͤnnung erfolge.
Anmerk. Die Brau-Pfanne iſt entweder ſo groß, daß in dieſer auf elnmahl ſo viel Waſſer kann gekocht werden, als zum Einmeſchen erfor - derlich |iſt, oder ſie iſt zu dieſer Abſicht zu klein. Jſt dieß, ſo muß die Einmeſchung nach und nach geſchehen. Daher wird auſ einmahl nur ſo viel Malz in den Buttich geſchuͤttet, als von dem be - reits gekochten Waſſer voͤllig kann verduͤnnet wer - den. Dieß wird durchgearbeitet, wiederum Waſ - ſer gekocht, und alsdenn der zuruͤckgebliebene Theil mit dieſem voͤllig eingemeſchet.
Jſt die Meſch recht durchgearbeitet worden, ſoBehutſam - keit bey die - ſem. muß ſie ruhen, damit das Waſſer das verduͤnnte Mehl annehmen koͤnne. Geſchiehet dieß, ſo gehen durch den Dampf die beſten Geiſter weg. Sie muß dem - nach bedeckt werden. Will man den Meſch-Buttich bedekken, ſo wird ſich die Meſch erhitzen. Daher iſt das beſte, man laſſe den Buttich auf, und bedekke nur die Meſche mit einem leichten Koͤrper, der nicht niederſinket, und durch den die Luft frey dringen kann.
Anmerk. Einige bedekken die Meſch mit Schrott. Dieß iſt nicht wirthſchaftlich. Man bedekke die Meſch mit Hekkerling. Dieß iſt der Abſicht gemaͤß, und man verliehret kein Bier.
Wie lange ſoll die Meſch ſtehen. Einige ſagen eine, einige zwey, andere drey, wiederum andere vier Stunden. So viel iſt gewiß, ſtehet ſie zu lan - ge, ſo nimmt das Waſſer das Saure aus den Huͤlſen mit an ſich. Dieſe Huͤlſen werden die Trebern ge - nennet. Daher ſagt man: das Vier wird Treber - ſauer. Stehet ſie nicht lange genug, ſo nimmt das Waſſer nicht alles verduͤnnte Mehl an ſich. Dieß be - weiſet die Fettigkeit der Trebern, und daher iſt es wider die Haupt-Regel der Wirthſchaft. Jch habe es in der Erfahrung gefunden, daß die Zeit von vier Stunden zu lang, und die von einer Stunde zu kurz. Die Zeit von zwey Stunden iſt die ſicherſte.
Die fuͤnfte Regel: Man muß die Meſch fil - triren, das iſt, man muß das Waſſer, was das duͤnngemachte Mehl in ſich genommen hat, durch ei - nen Koͤrper ſeigen, der nur das klare und helle durchlaͤſt.
Will man die Meſche aus dem Meſch-Buttich fil - triren, ſo wird man einige Hinderniſſe finden. Man kann auf dem Boden des Meſch-Buttichs das Geſtel - le zum Filtriren nicht anbringen. Denn in dieſem ſoll die Meſche durchgearbeitet werden, folglich muß der Boden veſt und eben ſeyn. Daher macht man dieß Geſtelle in einen andern Buttich, der unten ei - nen Zapfen hat, und den man daher den Stell - Buttich nennet. Jn dieſen wird die Meſch aus dem Meſch Buttich getragen. Jn dieſem laͤſt man die Me - ſche ſo lange ruhen, bis ſie ſich geſetzet hat. Man gießet nach und nach heißes Waſſer auf, bis es ge -nug251von dem Bierbrauennug iſt, ſo vieles Bier zu bekommen, als man ver - langet.
Der Zapfen wird geoͤffnet. Dieß, was ablaͤuft,Dieß wird weiter abge - handelt. ſo lange wieder hinauf gegoſſen, bis es vollkommen klar und helle laͤuft. Alsdann ſammlet man dieß Ge - traͤnke, ſo lange es helle laͤuft, in einem beſondern Buttich, und nennet es die Wuͤrze.
Anmerk. Jſt die Wuͤrze vollkommen abgelaſ - ſen worden, ſo kann man es noch nicht ſagen, daß die Treber vollkommen ausgebrauet. Daher wird wiederum Waſſer aufgegoſſen, das uͤbrige voͤllig herunter zu treiben. Hiebey wird gefraget, ob es heißes oder kaltes Waſſer ſeyn ſoll? Einige nehmen kaltes. Jch gebe dem heißen einen Vor - zug. Es nimmt das verduͤnnte Mehl beſſer an ſich. Dieß beweiſet der Geſchmack und die Farbe. Ob man nun dieſen Nachguß, wenn er iſt filtriret worden, und noch keinen Geſchmack von den Tre - bern hat, mit unter die Wuͤrze gießen ſoll, dieſe Frage wird durch dieß beantwortet, ob man Bier von einerley oder von verſchiedener Staͤrke brauen will.
Die ſechſte Regel: Die Wuͤrze muß gekochtDie ſechſte Regel. werden. Geſchiehet dieß nicht, ſo bleibet das ver - duͤnnte Mehl rohe. Uud daher giebt es ein Vier, das ſchwer zu verdauen iſt. Dieß iſt der Grund von die - ſer Regel: Gekochtes Bier iſt geſunder, als rohes.
Anmerk. Es wird gefragt, ob es beſſer ſey, das Malz, oder die Wuͤrze zu kochen.
Dieſe Wuͤrze wird leicht ſauer, ſte ſchmecket zu ſuͤß, und iſt daher widrig. Daher denkt man auf Mittel, die Saͤure zu verhindern, und den Geſchmack zu ver - beſſern. Aus dieſer Urſache kochet man zuvor, ehe die Wuͤrze gekochet wird, Kraͤuter, die einen geſun - den balſamiſchen und bittern Saft geben. Die Er - fahrung giebt hier dem Hopfen einen merklichen Vor - zug. Es wird gefraget
Worinn ſoll der Hopfen gekocht werden? Einige kochen den Hopfen in der Wuͤrze, indem ſie ſo viel von dieſer auf den Hopfen in der Pfanne gießen, als dieſen auszukochen erforderlich iſt. Mir ſcheinet es, als wenn dieß die Haupt-Regel der Wirthſchaft wi - derſpricht. Dieſe Wuͤrze iſt das ſtaͤrkſte Bier, der Hopfen kocht lange, und daher dampft ein großer Theil von dieſem weg. Hiedurch endgehet dem Bie - re ein merklicher Theil ſeiner Staͤrke. Man koche den Hopfen im Waſſer. Wenn man wenigſtens nochmahl ſo viel Waſſer nimmt, als man gewohnt iſt Wuͤrze zu nehmen, ſo wird ſich der Hopfen beſſer im Waſſer, als in der Wuͤrze auskochen, und man ver - meidet jenen Schaden.
Wie lange ſoll der Hopfen kochen? Kocht der Hopfen zu wenig, ſo bekommt das Bier einen herben Geſchmack, man ſagt, es ſchmeckt kralligt. Kocht derHopfen253von dem Bierbrauen. Hopfen zu viel, ſo verliehret er ſeine Staͤrke, und man ſagt, er habe ſich tod gekocht. Man kann hier keine gewiſſe Zeit ſetzen. Der Geſchmack muß es be - ſtimmen, wenn er genug gekocht. Das beſte von den aͤußerlichen Zeichen iſt, | wenn die Tropfen des aus - gekochten Hopfens wie ein Oel ſtehen und fließen.
Anmerk. Jn dem Hopfen kann man noch ver - ſchiedene Dinge kochen. Theils zur Erſparung des Hopfens, theils dem Biere eine Dauer, einen rei - zenden Geſchmack, und eine hohe Farbe zu geben. Dem erſterem gebe ich keinen Beyfall. Dieſe Zu - ſaͤtze ſind ſelten ſo geſund, wie der Hopfen. Man gebe einer jeden Sache dieß, was ihr gehoͤret, ſo hat man keine uͤbele Folgen zu befuͤrchten. Das andere will ich nicht voͤllig verwerfen, wenn nur dieſe Zuſaͤtze, dem menſchlichen Leibe, nicht ungeſund ſind.
Wie vielen Hopfen ſoll man zu einem GebraͤudeWie vielen Hopfen ſoll man neh - men. nehmen. Man kann auch in dieſem Stuͤkke der Sa - che zu viel und zu wenig thun. Thut man der Sa - che zu viel, ſo wird das Bier zu bitter. Thut man der Sache zu wenig, ſo kann die Abſicht dieſes Zu - ſatzes nicht erreichet werden. Die Erfahrung beſtaͤ - tiget es uns, es ſey dieß die Mittelſtraße, wenn ſich das Maaß von dem Hopfen, zu dem Maaße von dem Biere, wie eins zu vier verhaͤlt.
Amerk. Waͤre es in der Abhandlung der Land - Wirthſchaft meine Abſicht geweſen, mich in die be - ſondern Faͤlle einzulaſſen, ſo wuͤrde ich auch gewiß den Bau des Hopfens regelmaͤßig beſchrieben ha - ben. Dieſer kann einem Wirthe merklich nuͤtzlich werden. Die wichtigſten Stuͤkke von dieſem hat der oft gelobte Herr Raths-Meiſter Reichert indem254Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,dem ſechſten Theile ſeines beliebten Land - und Garten-Schatzes erfahrungsgemaͤß beſchrieben.
Jſt der Hopfen genug gekocht, ſo wird zu dem Hopfen die Wuͤrze gegoſſen, und die Pfanne ge - fuͤllet. Alles, was Bier geben ſoll, nach und nach in dem Hopfen gekocht, dieß gekochte Bier wird fil - triret, und wiederum in den Meſch-Buttich zur Ab - kuͤhlung getragen.
Anmerk. Bey dieſer Beſchaͤftigung ſind zwey Stuͤkke zu merken. Einmahl, daß dieſer Meſch - Buttich zuvor wohl muͤſſe gereiniget werden. Es iſt nuͤtzlich, wenn man ſeine inneren Waͤnde, nach - dem er iſt ausgewaſchen worden, mit Hopfen, oder auch, wie es einige thun, mit Wermuth abreibet. Fuͤrs andere, daß dieß Bier auf eine zweyfache Art koͤnne gekocht werden. Einige kochen eine Pfanne nach der andern. Andere kochen nur die erſte Pfanne. Geben alsdenn recht ſtarkes Feuer, und tragen das uͤbrige Bier in der Ordnung nach und nach in die Pfanne; in welcher das gekochte aus der Pfannen in den Meſch-Buttig getragen wird. Dieß nennen ſie durch einen Durchzug brauen. Geſchiehet dieß, und wird langſam uͤber - getragen, ſo wird das Bier beſſer, als wenn es nach der erſten Art iſt gekochet worden.
Nunmehro iſt das zur geiſtigen Gaͤhrung geſchick - te Getraͤnke aus dem Mehle des Getraides, bereitet worden. Es folget die Gaͤhrung, die den Getraide Wein oder das Bier wuͤrken ſoll. Bey dieſer Be - ſchaͤftigung muͤſſen wir unterſuchen, einmahl, wenn ſoll es gaͤhren. Fuͤrs andere, womit kann man dieGaͤhrung255von dem Bierbrauen. Gaͤhrung befoͤrdern. Fuͤrs dritte, wie ſoll es gaͤhren? Fuͤrs vierte, wie lange ſoll es gaͤhren? Fuͤrs fuͤnfte, worauf hat man bey der Gaͤhrung zu ſehen, wenn ſie die verlangte Wuͤrkung hervorbringen ſoll? Wir wollen uns mit jedem Punkte beſonders beſchaͤftigen.
Wenn ſoll das Bier gaͤhren? Die Erfahrung be -1) Die Zeit, wenn es gaͤh - ren ſoll. ſtaͤtiget es, daß eine große Kaͤlte die Gaͤhrung ver - hindert, und daß eine große Hitze mehr eine Aufloͤ - ſung der Koͤrper, als eine Gaͤhrung verurſachet. Will man demnach das Bier alsdenn in die Gaͤhrung ſe - tzen, wenn es zu kalt iſt, ſo kann man unmoͤglich ein Bier bekommen, das vollkommen ausgegohren hat. Dieß nennet man ein kaltgaͤhriges Bier. Will man das Bier alsdenn in die Gaͤhrung ſetzen, wenn es zu heiß iſt, ſo kann ſich das Bier nicht halten. Hieraus fließet, daß das Bier alsdenn in die Gaͤh - rung zu ſetzen ſey, wenn es laulicht iſt.
Anmerk. Aus dieſem laͤſt es ſich erklaͤren, warum gluͤende Kieſelſteine, wenn dieſe in das Bier geworfen werden, was durch die Kaͤlte an der Gaͤhrung gehindert wird, die Gaͤhrung be - foͤrdern.
Die Saͤfte, welche durch die geiſtige GaͤhrungBeſondere Anmerkung. Wein werden ſollen, geben einen beſſern und geiſtrei - chern Wein, wenn ſie, nachdem ſie zur geiſtigen Gaͤhrung ſind zubereitet worden, nicht ſo gleich in die Gaͤhrung gehen. Dieß iſt eine Erfahrung. Man kann dieſe Gaͤhrung durch verſchiedene Mit - tel aufhalten, nur muß man dahin ſehen, daß man nicht durch dieſe Zuſaͤtze den Saft verderbe. Das beſte Mittel von den bekannten iſt dieſes, wenn mandem256Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,dem Safte die Kraft von dem Dampfe des ange - zuͤndeten Schwefels mittheilet. Das Acidum dieſes Dampfs verzoͤgert die Gaͤhrung. Es iſt fluͤchtig, da - her ſondert es ſich nach und nach wiederum ab, daß der Saft endlich in die Gaͤhrung gehen kann. Will man dieſen Handgriff bey dem Bierbrauen anwenden, wie es geſchehen muß, wenn man ein dauerhaftes, und geiſtreiches Lager-Bier haben will; ſo entſtehet dieſe Frage: wie es hiebey zu verhindern ſey, daß das Bier nicht kaltgaͤhrig werde? Wer dasjenige uͤberle - get, was wir §. 364. angemerket haben, dem wird es nicht ſchwer fallen, auch hiezu ein Mittel zu er - finden.
Das Bier gehet ohne Zuſatz ſchwerlich in die gei - ſtige Gaͤhrung. Dieſe muß demnach durch die Ver - miſchung mit einer ſolchen Materie befoͤrdert werden, die zur Gaͤhrung ſehr geneigt, oder auch wuͤrklich gaͤh - rend iſt. Man nennet daher dieſe Materie die Gaͤh - re oder das Ferment.
Es wird nicht ohne Nutzen ſeyn, wenn wir unter - ſuchen, woher ein gutes Ferment zu nehmen ſey. Es ſoll eine Materie ſeyn, die zur Gaͤhrung ſehr ge - neigt, oder auch wuͤrklich gaͤhrend iſt. Sie muß demnach aus den Erd-Gewaͤchſen genommen werden, und zwar von denen. deren Saft von ſelbſten leicht in die Gaͤhrung gehet. Aus dieſem Grunde hat Boerhaav mit Recht folgende Dinge unter die Fer - mente geſetzt:
Wenn wir dieß, was von dem Ferment iſt abge -Worauf bey der Gaͤh - rung zu ſe - hen. handelt worden, genau uͤberlegen, ſo begreifen wir es, wie die Guͤthe und das Verderben des Biers mit von der Beſchaffenheit des Ferments abhaͤngen koͤnne, und wie dieß eine Urſache ſeyn koͤnne, daß man aus einerley Malze, einerley Waſſer, mit einer - ley Art zu brauen, verſchiedene Biere hervorbringet. Es erhellet ferner, daß man dem Biere dadurch ei - nen reizenden und geiſtreichen Geſchmack geben koͤnne, wenn man mit dieſem alsdenn, wenn es in die Gaͤh - rung geſetzet wird, wohlſchmeckende, geſunde und leicht gaͤhrende Gewuͤrze vermiſcht, u. ſ. f.
Wo ſoll das Bier gaͤhren? Die Erfahrung, wel -3) Der Ort, wo es gaͤhren ſoll. che §. 364. iſt angemerket worden, giebt uns dieſe Antwort. Der Ort zur Gaͤhrung muß nicht zu heißRund258Der Stadt-Wirthſchaft 2. Abſchnittund auch nicht zu kalt ſeyn. Allein dieß iſt nicht genung. Wir haben hiebey noch auf zwey wichtige Stuͤkke zu ſehen. Einmahl auf die Luft. Fuͤrs andere, auf die Art in der Bewegung der Duͤnſte. Der Zugang der Luft iſt eine von den nothwendigen Bedingungen bey der Gaͤhrung. Folglich muß die - ſer Ort alſo angeleget werden, daß in ihm ein beſtaͤn - diger Zugang reiner und geſunder Luft moͤglich iſt.
Zu der Zeit, da die Saͤfte und Fluͤßigkeiten in der Gaͤhrung ſtehen, daͤmpfen aus dieſen duͤnne Duͤnſte, die uns nur noch aus ihren ſchaͤdlichen Wuͤrkungen bekannt ſind. Sie ſind ſo ſtark, daß ſie vermoͤgend ſind, einen Menſchen zu toͤdten, wenn er in einen verſchloſſenen Ort gehet, in welchem vie - le gaͤhrende Saͤfte ſtehen. Werden dieſe Duͤnſte durch die Bewegung ins Bier zuruͤck getrieben, ſo bekommt man ein hitziges und herbes Bier, das ſehr leicht ſauer wird. Es muß demnach der Ort zur Gaͤhrung, wofern dieſe vollkommen gluͤkken ſoll, alſo angelegt werden, daß dieſe Duͤnſte in die Hoͤhe ſtei - gen, und durch den Zug der Luft aus dem Orte koͤn - nen weggetrieben werden.
Wie lange ſoll das Bier gaͤhren? Man muß die - ſe Gaͤhrung hemmen, ſo bald man merket, daß das Ausdaͤmpfen der Duͤnſte vermindert wird. Dieß ge - ſchiehet insgemein alsdenn, wenn der Geſcht auf der Flaͤche des Biers anfaͤngt ſich zu brechen. Hemmet man alsdenn dieſe Gaͤhrung nicht, ſo erfolget der an - dere Grad der Gaͤhrung, und das Bier wird ſauer.
Die Kaͤlte widerſtehet der Gaͤhrung. Dahero iſtBeſonderer Vortheil. ſie ein ſicheres Mittel, dieſe Gaͤhrung zu hemmen, wenn man die gaͤhrenden Saͤfte in eine kaͤltere Luft bringet. Da hiedurch die innere Bewegung vermin - dert wird, ſo muͤſſen die Unreinigkeiten, vermoͤge ih - rer Schwere niederſchlagen, und der Wein wird klar und helle.
Wir kommen auf den lezten Punkt. Das Bier5) Worauf bey der Gaͤh - rung zu ſe - hen. ſoll gaͤhren, es ſtehet in der Gaͤhrung. Was haben wir in dieſer Zeit zu thun, wenn der Erfolg gluͤck - lich ſeyn ſoll? Das erſte iſt: der gaͤhrende Saft muß in der Zeit, da er gaͤhren ſoll, in Ruhe ſtehen, denn wird dieſer Saft geruͤttelt, ſo zertheilet ſich der Geſcht auf der Oberflaͤche, und vermiſcht ſich mit dem Safte. Dieß verurſachet einmahl, daß die geiſti - gen Theile, welche die Gaͤhrung gebieret, verrau - chen, fuͤrs andere, daß das Bier truͤbe und mehr Geſcht als Wein wird. Das andere, das Gefaͤße, in welchem der gaͤhrende Saft iſt, muß nicht ganz verſtopft werden. Denn geſchiehet dieß, ſo wird der Zugang der Luft verhindert. Dieſer aber iſt ein nothwendiges Stuͤck.
Jſt das Bier gut gebrauet, ſo wird es ſich auchWie das Bier zu war - ten. halten. Es iſt unnoͤthig und faſt ſchaͤdlich, wenn man zu dieſem Endzwekke Mittel anwenden will. Es iſt nur noͤthig, daß wir das aus dem Wege raͤu - men, was das Bier verderben kann. Wer das ge - nau uͤberleget, was wir bis hieher von dem Bier abge - handelt haben, der wird es uns, ohne daß wir es weitlaͤuftig beweiſen, leicht verwilligen, daß es hier auf folgende Stuͤkke ankomme.
R 2Das260Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,Das erſte: Die Faͤſſer, worin das Bier ge - faſſet wird, muͤſſen zuvor recht rein gemacht, und wo man ſie picht, friſch verpicht wer - den.
Unterlaͤſt man dieß, ſo bekommt nicht nur das Bier einen Geſchmack von dem Gefaͤſſe; ſondern es kann auch leicht aufs neue in die Gaͤhrung gehen, (§. 367.) und daher ſauer werden.
Das andere: Der Keller, in welchem das Bier aufbehalten wird, muß rein und kalt ſeyn.
Fehlet die Reinlichkeit, ſo kann leicht in dem Keller eine Faͤulniß entſtehen. Dieſe Duͤnſte geben dem Biere einen uͤbeln Geſchmack. Sie beſtimmen es zur neuen Gaͤhrung, die eine Aufloͤſung und daher auch eine Faͤulniß in dem Biere wuͤrket. Fehlet die Kaͤl - te, ſo fehlet das Mittel, was der fernern Gaͤhrung widerſtehet, daher wird das Bier ſauer.
Anmerk. Aus dieſem laſſen ſich verſchiedene be - ſondere Beſchaͤftigungen erklaͤren, die man bey der Wartung des Biers anwendet.
Das dritte: Die Faͤſſer muͤſſen beſtaͤndig vollDas dritte. gehalten und der Zugang der Luft muß, ſo weit es moͤglich iſt, verhindert werden.
Wird dieß verabſaͤumet, ſo entſtehet ſehr leicht eine neue Gaͤhrung, und dieſe wuͤrket eine Saͤure, die man doch verhindern will.
Dieß, was wir bis hieher abgehandelt haben, iſt,Der wirth - ſchaftliche Nutzen der Brauerey. wie ich es glaube, genug, uns von denen Beſchaͤfti - gungen, die bey dem Brauen vorkommen, einen deutlichen Begriff zu machen, wie auch diejenigen1) Die Be - ſtimmung der Ausga - ben. Stuͤkke zu erfinden und zu beurtheilen, die in dieſem oder jenem Brau-Hauſe als beſondere Handgriffe zur Gewohnheit geworden ſind. Wir wollen nur noch diejenigen Punkte beſchreiben, auf welche wir ſehen muͤſſen, wenn wir den wirthſchaftlichen Nutzen der Brauung beſtimmen wollen. Die Ausgabe muß mit der Einnahme verglichen werden. Die Ausgaben ſind leicht anzugeben, wenn wir das, was §. 321. iſt angemerket worden, durch das beſondere, was bey der Brauerey vorkommt, genauer beſtimmen.
Die Einnahme von der Brauerey iſt in vier Claſ - ſen zu vertheilen. Die erſte Claſſe faſſet das Bier. Die andere die Trebern. Die dritte die Heffen oder das Ferment. Die vierte das Nachbier oder Cofent.
Das Bier, was gebrauet wird, iſt entweder vonVerſchiede - ne Arten der Biere. einerley Guͤthe, oder man theilet es nach ſeiner Staͤr - ke in verſchiedene Claſſen. Man gießet nicht alle Wuͤrze unter einander. Die, welche zuerſt ablaͤuft, und folglich die ſtaͤrkſte iſt, wird allein gelaſſen, u. ſ. f. Dieß iſt der Grund von der Eintheilung der Biere, in ſtark Bier, in Mittel-Bier, und duͤnn Bier.
Wenn das Bier von dem Stell-Buttich abgelau -Von dem duͤnnen Bie - re oder Co - fent. fen, ſo ſchoͤpfet man friſches Waſſer auf die Trebern Dieſe werden umgeruͤhret, und das Waſſer ziehet die noch uͤbrig gebliebene Kraft aus den Trebern. Man laͤſt dieſes Waſſer ablaufen. Es wird gekocht, und alsdenn nennet man dieß Getraͤnke Cofent oder Nachbier. Soll dieſer recht gut werden, ſo wird er mit dem Hopfen, worinnen das Bier gekocht worden, gekochet.
Anmerk. Ein Wirth kann bey dieſer Sache noch folgende Stuͤkke uͤberlegen:
Wenn man die Saͤfte der Erd-Gewaͤchſe, und das verduͤnnte Mehl des Getreides, ehe dieſe durch die geiſtige Gaͤhrung Wein geworden ſind, de - ſtilliret, ſo kann man in dem, was dieſe Scheidung hervor bringet, ſinnlich nichts unterſcheiden, als ein Oel, Acidum und das Phlegma. Werden ſie aber alsdenn deſtilliret, nachdem die geiſtige Gaͤhrung ſie in Wein verwandelt hat, ſo bekommt man in der Vorlage einen brennenden Geiſt, der mit Waſſer ver - miſcht iſt. Dieſen nennet man Brantewein, oder Brandwein.
Dieß giebt uns einen Grund zu ſchluͤßen, daß der Brandwein der wahre geiſtige Theil des Weins und die Frucht der geiſtigen Gaͤhrung ſey.
Wir wollen die wichtigſten Stuͤkke unterſuchen, auf welche man bey dem Brandweinbrennen, wenn dieß nuͤtzlich ſeyn ſoll, ſehen muß. Dieſe ſind folgende:
Die erſte Frage: woraus kann der Brandwein ge -Die Mate - rien, aus welchen der Brandwein gebrennet wird. brennet werden? iſt leicht zu beantworten. Er iſt der wahre geiſtige Theil des Weins und der Frucht der geiſtigen Gaͤhrung (§. 382.), folglich koͤnnen alle Saͤfte und alles Mehl der Erd-Gewaͤchſe, nachdem dieſe durch die geiſtige Gaͤhrung in Wein ſind ver - wandelt worden, einen Brandwein geben.
Anmerk. Dieß iſt demnach ein Weg, wodurch ein Wirth alle Gewaͤchſe, auch ſo gar das Obſt, wenn es anfaͤngt zu faulen, nutzbar machen kann. er ſtampfet dieß Obſt, er verduͤnnet es mit Waſſer. Er ſetzet dieſen Saft in die geiſtige Gaͤhrung, die Natur wuͤrket den Wein, und der Wirth macht den Brandwein. Man ſpricht, der Brandwein macht Brod und Bier theuer, denn er verzehret viele Gerſte, vielen Weitzen und vieles Korn. Al - lein dieſe Sorge iſt nicht hinreichend, dieſe wirth - ſchaftliche Beſchaͤftigung zu verwerfen. Sie macht den Uberſchuß in dieſen Dingen nutzbar. Und ge - ſetzt, es ſollte ſich ein Mangel an dieſen Nahrungs - Mitteln ereignen. Kann man nicht alsdenn die ſchlechten Felder mit Duͤnkel anbauen? kann man nicht Tartuffeln pflanzen? dieſe Dinge geben auch Brand - wein, wenn ſie gehoͤrig ſind zubereitet worden.
Wie ſoll man die Saͤfte und das Mehl der Erd -Wie dieſe zu dieſer Ab - ſicht zu be - reiten. Gewaͤchſe zum Brandweinbrennen zubereiten? Sie geben keinen Brandwein, wenn ſie nicht zuvor die geiſtige Gaͤhrung erfahren haben. Die Saͤfte derR 5Erd -266Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,Erd-Gewaͤchſe, wenn ſie zuvor durch das Stampfen oder Preſſen ſind herausgetrieben worden, gehen leicht in die geiſtige Gaͤhrung. Einige gaͤhren ohne Zuſatz. Einige verlangen eine Berduͤnnung mit Waſſer und ein Ferment. Siehe §. 367. Wie das Mehl in den Erd-Gewaͤchſen zu der geiſtigen Gaͤh - rung koͤnne geſchickt gemacht werden, dieß iſt §. 331. und folgenden erklaͤret worden. Wir wollen nur noch einige beſondere Anmerkungen von dieſem machen.
Alle mehlige Erd-Gewaͤchſe, wenn ſie gleich nicht zuvor ſind gemalzet worden, geben einen Brandwein, wenn man
Die erſte Anmerk. Giebt man dieſer Meſche zu wenig Waſſer, ſo wird das Mehl nicht genug verduͤnnet. Dieß iſt genug, zu begreifen, warum man alsdenn nicht vielen Brandwein bekommt. Giebt man der Meſche zu viel Waſſer, ſo bekommt man zu viele Blaſen zum Abbrennen, und es giebt doch nicht mehrern Brandwein, als es wuͤrde ge - geben haben, wenn man das rechte Maaß des Waſſers getroffen haͤtte. Dieß iſt eine Zeit - undHolz -267von dem Brandwein. Holz-Verſchwendung. Wie findet man das rechte Maaß des Waſſers? Dieß muͤſſen die Verſuche be - ſtimmen. Man merke es an, wie vieles Waſſer man der Meſche gegeben hat. Man merke es an, wie vielen Brandwein man bekommt. Hat man durch dieſe Verſuche das rechte Maaß getroffen, ſo mache man in dem Meſch-Buttich ein Zeichen, aus dem man es erkennen koͤnne, wie hoch die Meſch ſtehen muͤſſe.
Die andere Anmerk. Die geiſtige Gaͤhrung dieſer Meſch wird merklich befoͤrdert, ſie wird noch geiſtiger, wenn man mit dem ungemalztem Schro - te etwa, den achten Theil von einem gemalztem Schrote, einmeſchet. Wer die Beſchaffenheit des Malzes, die wir oben beſchrieben haben, unterſu - chet, der wird ſehr leicht den Grund von dieſer Re - gel finden.
Alles Mehl beſtehet aus einer ſchleimigten Materie. Es iſt nuͤtz - lich, dieſe zu malzen.Jſt dieſe nicht genugſam verduͤnnet worden, ſo kann auch nicht der ganze Koͤrper die geiſtige Gaͤhrung er - fahren. Ob nun gleich alle mehlige Gewaͤchſe Brand - wein geben, wenn ſie noch nicht ſind gemalzet worden, ſo muͤſſen ſie doch alsdenn, wenn ſie zuvor ſind ge - malzet worden, mehrern Brandwein geben. Hier - aus fließet dieſe Regel:
Je mehr die mehlige Materie der Gewaͤchſe ſchleimigt iſt, deſto mehr iſt es noͤthig, dieſe zuvor zu malzen, ehe ſie zum Brandweinbren - nen eingemeſchet werden.
Jn dem neunten Bande der Koͤnigl. SchwediſchenVon den Tartuffeln, Akademie der Wiſſenſchaften Abhandlungen aus derNatur -268Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,Natur-Lehre, Haushaltungs-Kunſt und Mechanik wird ein Verſuch, aus den Tartuffeln Brandwein zu brennen, beſchrieben. Der Herr Verfaſſer hat die Tartuffeln abgekocht, in eben der Bruͤhe zerſtoſſen, und ſo lange durcharbeiten laſſen, bis die ganze Maſſe wie ein zeher Teig geworden. Dieſen hat er mit ei - nem ſiedheißen Waſſer verduͤnnet, daß er wie ein duͤnner Brey geworden. Der Brey iſt in die geiſtige Gaͤhrung gegangen, und er hat alsdenn aus dieſem den ſchoͤnſten aber doch nur den 16den Theil Brand - wein bekommen. Jch habe dieſen Verſuch nachge - macht, er trifft ein. Es wuͤrde aber bey uns dieſer Brandwein kaum das Holz bezahlen. Sind die von uns angegebenen Regeln gegruͤndet, ſo wird man es auch leicht begreifen, wie aus den Tartuffeln mit Nu - tzen koͤnne Brandwein gebrennet werden. Man malze die Tartuffeln. Man zerſtoſſe dieſe. Man meſche ſie ein, wie das Getraide. Man kuͤhle die Meſche mit friſchem Waſſer ab, damit ſie ſich nicht erhitze. Man verfahre im uͤbrigen wie bey dem Getraide, man wird es bald erfahren, daß dieſer Weg jenem vorzuziehen ſey.
Die dritte Frage: Wie bekommt man den Braud - wein? Die wichtigſten Stuͤkke, auf welche man zu ſehen hat, wollen wir kuͤrzlich beſchreiben.
Das erſte: Die Meſche muß ſogleich auf die Blaſe gebracht werden, ſo bald der Geſcht anfaͤngt zu ſinken, und ſie helle zu werden.
Durch die Gaͤhrung iſt der wahre geiſtige Theil des Weins verduͤnnet worden. Faͤngt der Geſcht an zu ſinken, und die Meſche helle zu werden, ſo iſt dieſe geiſtige Gaͤhrung erfolget. Folglich wird der geiſtige Theil des Weins verfliegen, wenn man nicht ſogleichden269von dem Brandwein. den Anfang macht, die Meſche auf die Blaſe zu bringen.
Das andere: Die Blaſe muß nicht zu voll ge -Anderes. macht, und die Meſche muß in der Blaſe ſo lange geruͤhret werden, bis man es merkt, daß die Waͤrme anfaͤngt, den geiſtigen Theil in die Hoͤhe zu treiben.
Die ſchleimigte Materie in der Meſche, die nicht ge - nugſam verduͤnnet iſt, wird alsdenn aufſchwellen, wenn die Waͤrme den geiſtigen Theil des Weins in die Hoͤhe treibet. Jſt nun die Blaſe zu voll, ſo wird alles in die Vorlage uͤberlaufen. Dieß wider - ſpricht der Abſicht. Unterlaͤſt man das Umruͤhren, bis die Waͤrme in der Meſche eine Bewegung verur - ſachet, ſo wird ſich das Dicke von der Meſche zu Bo - den ſetzen. Dieß brennet alsdenn an, und verdirbt die Blaſe und den Brandwein.
Anmerk. Es iſt nuͤtzlich, wenn man die Blaſe, indem man die Meſche in derſelben umruͤhret, mit einer Platte zudekket, die nur eine Oeffnung hat, durch welche man die Stange zum Umruͤhren bewegen kann. Dieß verhindert, daß nicht zu vie - le Geiſter verfliegen.
Das dritte: So bald die Waͤrme anfaͤngt,Drittes. den geiſtigen Theil des Weins in die Hoͤhe zu treiben, ſo muß der Huth auf die Blaſe geſe - tzet, und dieſe in allen Fugen mit Leim wohl verſchmieret werden.
Beydes hat zur Abſicht, das Wegfliegen der geiſtigen Theile zu verhindern.
Das vierte: Je langſamer der Wein bey kleinem Feuer getrieben wird, deſto ſtaͤrker und geiſtreicher wird der Brandwein.
Der brennende Geiſt iſt fluͤchtiger, als die uͤbrigen Theile in der Meſche. Und daher kann er mit einem geringen Grade des Feuers in die Hoͤhe getrieben werden, als der vermoͤgend iſt, die uͤbrige Materie der Meſche in die Hoͤhe zu bringen. Je weniger von dieſer Materie mit dem Brandwein vermiſcht iſt, de - ſto ſtaͤrker und geiſtreicher wird der Brandwein. Dieß iſt genug, zu beweiſen, daß der Brandwein deſto ſtaͤr - ker und geiſtreicher werden muͤſſe, je langſamer der Wein bey kleinem Feuer getrieben wird.
Das fuͤnfte: Weder der Huth noch die Roͤh - ren, durch welche der Brandwein laͤuft, muͤſſen zu heiß werden.
Sind dieſe zu heiß, ſo wird der geiſtige Theil des Weins, indem er dieſe beruͤhret, verbrennen. Und daher bekommt man ſchlechten und wenigen Brand - wein.
Anmerk. Aus dieſer Urſache wird der Huth fleißig mit Lappen, die im friſchen Waſſer genetzet werden, abgekuͤhlet. Und die Roͤhren, durch wel - che der Geiſt laͤuft, gehen durch ein Faß, das mit friſchem Waſſer angefuͤllet, und das daher das Kuͤhlfaß genennet wird. Warmes Waſſer iſt leich - ter als kaltes. Und daher wird es uns leicht ſeyn, durch Huͤlfe der Hydroſtatic Mittel zu erfinden, dieſe Roͤhren beſtaͤndig abzukuͤhlen, und doch das Waſſer in dem Kuͤhl-Buttich zum wirthſchaftli - chen Nutzen zu erwaͤrmen.
Das ſechſte: Die Vorlage muß bedeckt wer -Sechſtes den, und der Brandwein muß durch ein Fil - trum in die Vorlage laufen.
Das erſte verhindert das Verfliegen der Geiſter, und das andre macht den Brandwein helle.
Das ſiebende: Man macht durch Verſucheund ſteben - des Stuͤck. an der Vorlage ein Zeichen, woraus man es vermuthen kann, wenn es Zeit iſt, den Huth wieder abzuſtoſſen, daß nichts mehr heruͤber laͤuft. Der Geſchmack muß in dieſer Sache die Gewißheit geben.
So weit von dem dritten Punkte. Das uͤbrigeWas reiner und abge - zogner Brandwein. laͤſt ſich leichter zeigen, als beſchreiben. Wir kommen zu dem vierten. Wie man nemlich den Brandwein vollkommen machen koͤnne. Es iſt noͤthig, daß wir bey dieſer Unterſuchung den reinen Brandwein, von dem abgezogenen, der Aqua vitae genennet wird, un - terſcheiden. Der Brandwein iſt rein, wenn er mit keinen Saͤften aus einer Materie, aus der er nicht iſt gebrannt worden, vermiſchet. Wenn im Gegen - theile eine ſolche Vermiſchung geſchehen, ſo heißt er ein abgezogner Brandwein, oder Aqua vitae.
Zuerſt von der Vollkommenheit des reinen Brand -Die Merk - mahle eines vollkommen reinen Brand - weins. weins. Der Begriff, den wir §. 381. und 382. von dem Brandwein gebildet haben, giebt es uns zu er - kennen, daß die Vollkommenheit des reinen Brand - weins drey Stuͤkke erfodere. Einmahl, er mußhelle272Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,helle ſeyn. Fuͤrs andere, er muß weder ſauer noch oͤligt ſchmekken. Fuͤrs dritte, das Waſſer muß den geiſtigen Theil des Weins, den die Gaͤhrung gewuͤr - ket hat, in ſeiner Wuͤrkung nicht unterdruͤkken, ſon - dern dieſer muß in der Vermiſchung mit dem Waſſer einen merklichen Vorzug haben. Je groͤßer dieſer Vorzug iſt, deſto ſtaͤrker iſt der Brandwein. Jſt er von dem Waſſer ſo weit gereiniget, daß er wegen ſei - ner Staͤrke nicht mehr trinkbar, ſo verlieret er den Namen Brandwein, und wird der Wein-Geiſt ge - nennet.
Wir wollen die Mittel kuͤrzlich beſchreiben, die die - ſe Eigenſchaften des reinen Brandweins wuͤrken koͤn - nen. Soll er helle werden, ſo muß er durch ein Fil - trum in die Vorlage laufen. Man kann dieſes Fil - trum von einem Filze machen. Will dieß nicht hin - reichen, ſo iſt der beſte Rath, man deſtillire den Brandwein uͤber Salze. Das Meer-Salz beweiſet ſich bey dieſer Abſicht am nuͤtzlichſten. Wird dieſes heiß mit dem Brandwein vermiſchet, ſo ziehet es die Feuchtigkeiten an ſich, die den Brandwein truͤbe machen, und daher kann man dieſen von jenem durch die De - ſtillation befreyen. Weil der Wein-Geiſt das Meer - Salz nicht aufloͤſet, ſo iſt auch nicht zu befuͤrchten, daß durch dieſes Mittel der Brandwein ſollte ver - faͤlſcht werden.
Jn der erſten Deſtillation gehen ſaure und oͤligte Theile mit uͤber. Der Brandwein ſchmeckt nicht nur nach dieſen, ſondern er iſt auch noch mit ſo vielem Waſſer vermiſcht, daß man den geiſtigen Theil des Weins kaum durch den Geſchmack empfinden kann. Daher wird er in den Brennereyen, ſo lange er in dieſem Zuſtande iſt, nicht einmahl Brandwein, ſon -dern273von dem Brandwein. dern die Laͤuter genennet. Die Laͤuter von dieſem ſauren und oͤligten Geſchmakke, wie auch von dem uͤberfluͤßigem Pflegma zu reinigen, iſt kein anderer Weg moͤglich, als daß man die Laͤuter wiederum auf die Blaſe bringet, und abermahl bey gelindem Feuer, das zu ſchwach iſt, das Phlegma in die Hoͤhe zu trei - ben, langſam deſtilliret. Dieſe Beſchaͤftigung nen - net man in den Brennereyen, den Brandwein laͤutern.
Dieſer gelaͤuterte Brandwein iſt, wie es die Er -Wie der rei - ne Brand - wein voll - kommen wird. fahrung lehret, von ſeinem ſauren und oͤligtem Ge - ſchmakke noch nicht voͤllig gereiniget, und er hat noch beynahe ⅔ Pflegma. Will man ihn noch einmahl deſtilliren, ſo wird er zwar von jenem Geſchmakke be - freyet, aber er wird zu ſtark, und kann ſchon mit Recht der Wein-Geiſt genennet werden. Was iſt zu thun, wenn er ein vollkommner reiner Brandwein werden ſoll? Man erwaͤhle die Mittel-Straße. Man bringe ein Faß Laͤuter und ein Faß gelaͤuterten Brand - wein, ſo wie es die Groͤße der Blaſe erlaubt, zugleich in die Blaſe. Man deſtillire dieß langſam und bey gelindem Feuer, und man wird alsdenn einen reinen Brandwein bekommen, der vollkommen iſt. Dieß iſt der cohobatio, und in der Brennerey nennet man dieſe Beſchaͤftigung das Weinmachen.
Wir wollen noch einige Urſachen von der Unvoll -Von dem Brandwein, der durch die Waͤrme truͤ - be. kommenheit des reinen Brandweins anmerken, und die Mittel wider dieſe beſchreiben; vielleicht iſt dieß nicht ohne Nutzen. Der reine Brandwein kann dar - um truͤbe ſeyn, weil er zu warm iſt deſtilliret wor - den. Er kann darum unangenehm ſchmekken, weil die Meſche in der Blaſe iſt angebrannt. Den erſtenSFehler274Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,Fehler abzuhelfen, iſt das gewoͤhnlichſte Mittel, wenn man Salz hinein wirft, dieß ein paar Tage ſtehen laͤſt, und alsdenn den Brandwein ſo lange filtriret, bis er helle wird. Ob nun zwar dieſes Mittel ver - moͤgend iſt, den verlangten Zweck zu wuͤrken (§. 398); ſo wird es doch die Erfahrung lehren, daß dieſer fil - trirte Brandwein ſelten die Probe haͤlt. Und man kann dieß theils aus dem Verfliegen der Geiſter, theils aus dem erklaͤren, weil der Brandwein, der von der Waͤrme truͤbe geworden, niemahls die gehoͤrige Staͤr - ke hat. Das beſte Mittel wider dieſes Schickſaal iſt das cohobiren, von dem wir §. 400. geredet haben.
Schmekket der Brandwein unangenehm, weil die Meſche angebrannt iſt, ſo iſt kein beſſerer Rath, die - ſe Unvollkommenheit zu heben, als das Waſchen des Brandweins. Das iſt: Man fuͤllet die Blaſe halb mit dem angebrannten Brandwein, halb mit Waſſer. Dieß deſtilliret man bey recht gelindem Feuer. So bleibt das verbrannte Oel im Waſſer zuruͤck, und der Geiſt des Weins gehet helle in die Vorlage. Siehe §. 398. und 399.
Anmerk. Wenn man ſaget, die Blaſe fuͤllen, ſo wird nicht die ganze Hoͤhe der Blaſe, ſondern nur derjenige Theil ihrer Hoͤhe angenommen, der voll ſeyn muß, wenn die Waͤrme den Geiſt des Weins uͤber den Helm treiben ſoll.
So weit von der Guͤthe des reinen Brandweins. Die abgezogenen werden in verſchiedene Arten verthei - let. Meine gegenwaͤrtige Abſicht erfordert es nicht, daß ich dieſe verſchiedene Arten beſchreibe. Es iſt ge -nug275von dem Brandwein. nug, wenn ich es uͤberhaupt anzeige, worinn der ab - gezogene Brandwein von dem reinen unterſchieden iſt, und worauf es ankommt, wenn er in ſeiner Art vollkommen ſeyn ſoll. Der abgezogene Brandwein, wenn dieſes Wort in einem allgemeinen Verſtande genommen wird, iſt mit Saͤften aus einer andern Materie vermiſchet, als aus welcher er iſt gebrannt wotden, (§. 396.) und man giebt dieſem Brandwein ſeine Benennung von der Materie, mit deſſen Saͤften er iſt vermiſcht worden. Wir wollen dieſe Saͤfte, um uns kurz auszudrukken, die fremden Saͤfte des Brandweins nennen. Aus dieſem folget dieſe Regel:
Die fremden Saͤfte des Brandweins muͤſſen die geiſtige Gaͤhrung nicht erfahren.
Denn ſollte dieß geſchehen, ſo muͤſte die Materie, aus welcher dieſe Saͤfte ſind genommen worden, mit zu der gehoͤren, aus welcher der Brandwein iſt gebrannt worden. (§. 381. 382.) Folglich wuͤrden dieſe Saͤfte keine fremde Saͤfte, und alſo der Brandwein kein ab - gezogener Brandwein ſeyn.
Soll der abgezogene Brandwein vollkommenDie Merk - mahle[da]es vollkomm - nen abgezo - genen Brand - weins. ſeyn, ſo muß er nicht nur die Merkmahle ei nes vollkommenen reinen Brandweins haben, ſondern die fremden Saͤfte muͤſſen auch den Brandwein geſunder und wohlſchmekkender machen. Das erſte folget aus dem, weil es die Be - weiſe, wodurch wir dieſe Merkmahle befeſtiget haben, zeigen, daß ſie weſentliche Stuͤkke eines vollkomme - nen Brandweins ſind. Das andere folgt aus der all - gemeinen Wirthſchafts-Regel. Wenn ein Wirth den Brandwein mit fremden Saͤften vermiſchet, ſo hat er mehreren Aufwand. Dieſen muß der Verkauf des Brandweins bezahlen. Und alſo wird hiedurch derS 2Werth276Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,Werth des Brandweins groͤßer. Sollte er nun nicht geſunder und wohlſchmekkender ſeyn, als der reine Brandwein; ſo wuͤrde dieſe Vermiſchung den Ver - kauf verhindern. Dieß iſt genug, das zu beweiſen, was wir haben beweiſen wollen.
Wir muͤſſen, dieſe unſere Abſicht zu erreichen, drey Fragen beantworten. Einmahl, woher nehmen wir dieſe fremden Saͤfte? Fuͤrs andere, wie bekommen wir dieſe fremden Saͤfte? Fuͤrs dritte, wie koͤnnen dieſe fremden Saͤfte mit dem Brandwein vermiſchet werden, daß er ein vollkommener abgezogener Brand - wein wird?
Dieſe fremden Saͤfte ſollen den Brandwein geſund und wohlſchmekkend machen, ſie ſollen aber auch mit dem Brandwein vermiſcht werden, ſo daß der Brandwein helle bleibt (§. 404.) Folglich muͤſſen es geſunde und wohlſchmekkende Saͤfte ſeyn, die der Brandwein aufloͤſen kann. Dieß iſt genug, zu be - weiſen, es ſey das ſicherſte, wenn man dieſe Saͤfte aus dem Pflanzen-Reiche nimmt. Nicht nur alle Pflanzen, ſondern auch ihre Fruͤchte und der Saame, den ſie hervorbringen, haben einen Saft bey ſich, der den voͤl - ligen Geruch von der Pflanze hat. Man darf ſie nur in einem Deſtillir-Gefaͤße ins Marienbad bey einer ſehr gelinden Hitze ſetzen, ſo wird dieſer Saft von ihnen geſchieden. Boͤrhaave nennt ihn den regierenden Geiſt der Pflanzen. Dieſer Geiſt laͤſt ſich mit dem Brandweine vermiſchen, ſo, daß er helle bleibt und einen Geſchmack davon bekommt. Dieß iſt genug, die Moͤglichkeit von dem zu beweiſen, das wir angenom - men haben.
Wie bekommt man dieſe fremden Saͤfte? SieWie ſie aus - zuziehen. muͤſſen ſolche ſeyn, die der Brandwein aufloͤſen kann. Folglich iſt nur noͤthig, daß man auf den Koͤrper, aus welchem dieſe fremden Saͤfte ſollen gezogen wer - den, Brandwein gießet. Dieß in eine gelinde dige - ſtion ſetzet, ſo wird der Brandwein dieſe Saͤfte in dem Koͤrper aufloͤſen, und an ſich ziehen.
Einige Stuͤkke ſind noch anzumerken, wenn wirDieß wird weiter abge - handelt. bey der Erlangung dieſer Abſicht gluͤcklich ſeyn wollen. Fuͤrs erſte. Jn einigen Koͤrpern ſind dieſe Saͤfte zu veſt verſchloſſen, daß ſie von dem Brandwein nur alsdenn koͤnnen aufgeloͤſet und ausgezogen werden, wenn ſie zu dieſer Wuͤrkung ſind zubereitet worden. Dieſe Zubereitung kann durch Stoßen, Stampfen, Preſſen, Schneiden, Reiben u. ſ. f. geſchehen, wie es die Veſtigkeit der Koͤrper erfodert. Fuͤrs andere. Die Saͤfte dieſer Koͤrper, die man in dem Brand - wein aufloͤſen will, ſind entweder ſeiffigte Saͤfte, oder ſie ſind weſentliche Oele, Balſame, Harze, und ſo f. Jene laſſen ſich auch im Waſſer aufloͤſen. Daher folget, daß man dieſe mit Brandwein ausziehen koͤnne, der noch viel Phlegma hat. Ferner, daß man mit dem Brandweine, der mit dergleichen Saͤften beladen iſt, Waſſer vermiſchen koͤnne, ohne die Scheidung dieſer Saͤfte von dem Brandweine zu wuͤrken. Die - ſe laſſen ſich nicht im Waſſer aufloͤſen. Daher folget, daß dieſe Saͤfte nur mit dem Wein-Geiſte koͤnnen ausgezogen werden, und daß man dieſen Geiſt, wenn er mit dergleichen Saͤften beladen iſt, nicht mit Waſ - ſer vermiſchen koͤnne, ohne eine Scheidung dieſer Saͤf - te von dem Wein-Geiſte zu veranlaſſen.
Dieß, was wir §. 408. angemerket, und mit der Erfahrung beſtaͤtiget haben, giebt uns eine Haupt - Regel, die bey der Verfertigung eines abgezogenen Brandweins genau zu beobachten iſt. Sie iſt dieſe:
Man gehet bey Verfertigung der abgezoge - nen Brandweine ſicherer, wenn man die frem - den Saͤfte aus den Materien des Pflanzen - Reiches mit Brandwein, als mit Wein-Geiſt ziehet.
Ein beſonderes Mittel die Ausziehung der fremden Saͤfte aus den Materien des Pflanzen-Reiches zu be - foͤrdern, iſt dieſes. Nehmet Weinſtein und Salpeter von jedem gleich viel. Zerſtoßet beyde und vermiſchet ſie hiedurch genau mit einander. Machet einen Schmelz-Tiegel gluͤend, und alsdenn traget einen Loͤffel voll von zuvor genanntem Pulver hinein. Wenn dieſes abgedampfet, ſo traget wiederum einen Loͤffel voll hinein, und fahret mit dieſer Arbeit ſo lan - ge fort, bis alles Pulver in dem Tiegel iſt. Wenn es abgedampft, ſo ſchuͤttet es aus, und zerſtoßet die Maſſe, ſo bald es moͤglich iſt, zu Pulver. Dieß ver - wahret an einem trockenen und kuͤhlen Orte. Soll dieſes zum Ausziehen der fremden Saͤfte angewendet werden, ſo zerſchneidet oder zerſtoßet die Materie, aus welcher dieſe Saͤfte ſollen gezogen werden. Ver - miſcht dieſe alsdenn mit obigem Pulver, doch muß von dieſem nicht zu viel genommen werden. Dieſe Vermiſchung leget in ein Filtrum. Durch dieſes gieſ - ſet den Brandwein, doch langſam. Die Erfahrung wird es alsdenn lehren, daß dieſe Ausziehung der fremden Saͤfte vorzuͤglich ſey.
Die dritte Frage iſt dieſe: Wie koͤnnen dieſe Saͤf -Wie die fremden Saͤfte mit dem Brand - wein zu ver - miſchen. Der erſte Weg. te mit dem Brandwein vermiſcht werden, wenn die - ſer Brandwein in ſeiner Art vollkommen werden ſoll? Die Beantwortung dieſer Frage giebt uns einen Grund, den abgezogenen Brandwein in zwo Claſſen zu vertheilen. Jn der erſten Claſſe ſetze ich diejeni - gen, die mit dieſen fremden Saͤften ſind vermiſcht worden, ohne aus dem Brandwein vorher den Wein - Geiſt zu ziehen. Die beſte Art, dieſe Vermiſchung zu befoͤrdern, iſt dieſe. Wenn man aus der Materie des Pflanzen-Reichs die fremden Saͤfte, ſo weit als es noͤthig iſt, mit Brandwein gezogen hat, ſo ſchuͤtte man dieſe ganze Maſſe alsdenn in die Blaſe, wenn man nach der Vorſchrift des §. 401. den Wein machen will. Der Brandwein hat dieſe Saͤfte aufgeloͤſet, und ſich mit ihnen vermiſchet. Das Waſſer wuͤrket keine Scheidung (§. 408.) Folglich werden dieſe fremden Saͤfte durch eine gelinde Deſtillation gereini - get, mit dem Brandwein uͤbergehen, und daher be - kommt man alsdenn einen wohlſchmekkenden abgezoge - nen Brandwein. (§. 396).
Anmerk. Vielleicht wird man ſagen, dieß iſt kein abgezogener Brandwein. Allein was heiſt den Brandwein abziehen: wird er nicht alsdenn abgezogen, wenn man den gelaͤuterten Brandwein nochmahl deſtilliret. Dieß geſchiehet bey dieſer Ar - beit mit der Helfte des Brandweins, (§. 400. 399. ) und darum wird er mit Rechte ein abgezogener Brandwein von der erſten Art genennet.
Die Verfertigung der abgezogenen Brandweine dieDer andere Weg. zur andern Claſſe gehoͤren, iſt dieſe: Man fuͤlle dieS 4Blaſe280Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,Blaſe mit reinem Brandwein. Alsdenn ſchuͤtte man zu dieſem ſo viel von dem mit Brandwein ausgezo - genen Safte, als noͤthig, wenn er von dieſem die Guͤte und den Geſchmack annehmen ſoll. Deſtilliret den Wein-Geiſt bey gelinder Waͤrme heruͤber. Mit dieſem verſetzet ſo viel Waſſer, in welchem Zukker aufgeloͤſet iſt, als noͤthig iſt, den Wein-Geiſt wie - derum trinkbar zu machen. Endlich filtriret den Brandwein ſo lange, bis er helle und klar wird.
Anmerk. Es iſt eine beſondere Schoͤnheit bey einem abgezogenen Brandwein, wenn er mit ver - ſchiedenen geſunden und wohlſchmekkenden Saͤften alſo iſt verſetzet worden, daß er zwar lieblich ſchmek - ket, man aber doch durch den Geſchmack die Art dieſer fremden Saͤfte nicht erkennen kann. Dieß iſt eine Folge von der Verhaͤltniß, die man leicht durch die Erfahrung beſtimmen kann.
So weit von dem vierten Punkte, den wir §. 383. angegeben haben. Es folget der fuͤnfte, wie man den Brandwein warten ſoll. Je laͤnger der Brand -Die erſte wein lieget, deſto beſſer wird er. Er vergroͤßert ſei - ne Staͤrke und verbeſſert ſeine Farbe. Allein er ver - zehret ſich, und dieß kann dem Wirthe einen merk - lichen Schaden bringen. Er muß nicht nur die Jn - tereſſen ſeines liegenden Capitals, ſondern auch dieß in Erwegung ziehen, daß der Brandwein durch dieß Verzehren vermindert wird. Die Jntereſſen werden durch die Verbeſſerung des Brandweins reichlich be - zahlet. Das Verzehren muß der Wirth, ſo viel es ihm moͤglich iſt, verhindern. Die wichtigſten Stuͤk - ke, die in Anſehung dieſer Abſicht zu beobachten, ſind dieſe:
Das281von dem Brandwein.Das erſte Stuͤck. Der Brandwein muß an ei - nem recht kuͤhlen Orte verwahret werden. Denn da die Waͤrme die Geiſter in die Hoͤhe treibet, ſo wird er alsdenn, wenn er warm lieget, verfliegen.
Aus dieſem Grunde folget auch das andere Stuͤck,Die andere daß die Oeffnungen in dem Gefaͤße, in welchem der Brandwein verwahret wird, ſo genau, als es moͤglich iſt, muͤſſen verſtopfet werden.
Das dritte Stuͤck. Man muß die Gefaͤße, inDie dritte welchen der Brandwein verwahret wird, beſtaͤndig voll halten. Denn dieß verhindert die Bewegung, und alſo auch die Verfliegung des Brandweins.
Das vierte Stuͤck gehet auf die Beſchaffenheitund vierte Regel. der Gefaͤße. Man verſchließe dieſe ſo genau, als es moͤglich iſt, ſo bleiben doch allemahl in der Materie dieſer Gefaͤße die Luft-Loͤcher, durch welche die Geiſter des Brandweins verfliegen koͤnnen. Dieß zu verhin - dern, wird von vielen angerathen, man ſoll zur Ver - wahrung des Brandweins keine ganz neue Gefaͤße, ſondern ſolche nehmen, in welchen ſchon zuvor Wein geweſen iſt. Der Rath iſt vortreflich, wie kann man aber dieſem bey großen Brennereyen Folge leiſten. Der beſte Rath, der in der Abſicht gegruͤndet, iſt die - ſer: Das Holz, woraus dieſe Gefaͤße verfertiget wer - den, muß wenige Luft-Loͤcher haben. Man muß die - ſe einige Tage vorher, ehe ſie mit Brandwein ſollen angefuͤllet werden, mit laulicht warmen Waſſer fuͤllen. Wenn ſie mit Brandwein ſind angefuͤllet, und wohl ver - ſtopfet worden, ſo muß man ſie von auſſen beſtaͤndigS 5mit282Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,mit naſſen Tuͤchern, oder naſſen Schwaͤmmen an - feuchten.
Der ſechſte Punkt, den wir §. 383. angenommen haben, iſt noch uͤbrig. Es wird gefraget: Wie dieſe wirthſchaftliche Beſchaͤftigung einem Wirthe nuͤtzlich werden koͤnne? Wir haben bereits oben den allge - meinen Nutzen beſchrieben, der eine Folge eines re - gelmaͤßig angelegten Gewerkes iſt. Dieſen muß auch die Brennerey wuͤrken. Wir wollen nur noch das Beſondere bey dieſem Gewerke unterſuchen. Es iſt kein Gewerke, das, wenn es einem Wirthe nuͤtzlich ſeyn ſoll, einen ſo großen Fleiß und eine ſo ſtrenge Ordnung erfodert, als das Brandweinbrennen. Wenn man die Materialien, den Lohn und den uͤbri - gen Aufwand in Anſchlag bringet, ſo werden viele die Luſt zum Brennen verliehren. Der wahre Vortheil ſteckt in dem Spuͤlich, wenn dieſer zur Maſtung und zur Vieh-Futterung regelmaͤßig angewendet wird. Aus dieſem folget, daß ein Wirth, dem das Brand - weinbrennen vortheilhaftig ſeyn ſoll, zuvor dieſe Punkte mit der groͤſten Strenge unterſuchen muͤſſe.
Es wird nicht ohne Nutzen ſeyn, wenn wir das -Erſtlich. Wie vieler Brandwein kann woͤ - chentlich ge - brannt wer - den? jenige kurz beſchreiben, worauf man bey einem jeden Punkte zu ſehen hat. Das Maaß, was angewendet wird, die erſte Frage zu beantworten, iſt die Groͤße der Brandweins-Blaſe. Soll keine Zeit verlohren gehen, ſo muß eine jede Meſche vier Blaſen geben, die Laͤuter zu brennen. So oft eine Blaſe von der Laͤuter herunter, ſo oft wird der Spuͤlich ausgeſchoͤpft, und die Blaſe wiederum mit Meſche angefuͤllet. Sind alle vier Blaſen herunter, ſo wird die Blaſe geſcheuert, und die Laͤuter deſtilliret. Dieß voraus geſetzet, wird es nicht ſchwer fallen, zu begreifen, daß man, wenn man den erſten Punkt genau beantwor - ten will, folgende Stuͤkke veſt ſetzen muͤſſe.
Wenn alle dieſe Punkte genau ſind beſtimmet worden, ſo wird es nicht ſchwer fallen, die Rechnung zu zie - hen, wie viele Scheffel in unſerm Brenn-Hauſe woͤ - chentlich koͤnnen gebrannt werden.
Anmerk. Man wird fragen: Wo bleibt die Zeit zum Einmeſchen? Bey einer ordentlichen Ein - richtung erfodert dieß keine beſondere Zeit. Man nimmt zum Einmeſchen entweder das Waſſer, was nach dem ſiebenden Punkte aus der Blaſe ge - ſchoͤpfet wird, oder das warme Waſſer aus dem Kuͤhl-Buttich, welches alsdenn leicht geſchehen kann, wenn dieſer Buttich nach dem §. 393. iſt eingerichtet worden. Jn dem erſten Fall iſt das Ausſchoͤpfen des Waſſers aus der Blaſe das Mit - tel zum Einmeſchen, und in dem andern Fall kann alsdenn eingemeſcht werden, wenn man bey der Blaſe nichts mehr zu thun hat.
Wie ſind in dem Brenn-Hauſe die Beſchaͤftigun - gen mit einander zu verknuͤpfen, wenn woͤchentlich ſo viele Scheffel ſollen gebrannt werden, als es in dem - ſelben moͤglich iſt? Dieß kann durch Beobachtung folgender Regeln bewerkſtelliget werden.
Die erſte Regel:
Die Blaſe muß in dem Brenn-Hauſe zu kei - ner Minute ſtille ſtehen.
Aus dieſer folget die andere Regel:
Jn dem Brenn-Hauſe muͤſſen ſo viel Meſch - Buttiche ſtehen, daß allemahl die andere Me - ſche alsdenn zum Abbrennen bereit iſt, wenn die erſte Meſche von der Blaſe herunter iſt.
und die dritte:
Alle Verrichtungen in der Brennerey, dieDie dritte nicht unmittelbar mit der Blaſe zu thun ha - ben, muͤſſen alsdenn vorgenommen werden, wenn die Blaſe gehet.
Die vierte Regel:
Alles, was in dem Brenn-Hauſe gebrauchtDie vierte wird, muß an einem ſolchen Orte ſtehen, von dem es ſogleich zu ſeinem Gebrauch ohne Hinderniß kann genommen werden, und dieß muß durch mechaniſche Werkzeuge, ſo weit erleichtert werden, als es immer moͤg - lich iſt.
Die fuͤnfte Regel:
So wohl das Waſſer, als auch die abzu -Die fuͤnfte brennende Meſche und der Spuͤlich muß durch Rinnen dahin geleitet werden, wo ſie ſollen gebraucht werden. Das Tragen wuͤrde nicht nur viele Menſchen erfodern, ſondern auch viel Zeit verderben.
Die ſechſte Regel:
Die Blaſe muß ſo groß gebauet werden, daßund die ſech - ſte Regel. man auf der Brennerey zwey Menſchen oh - ne Schaden halten koͤnne.
Ein Menſch iſt nicht im Stande alles in der Brenne - rey zu verrichten. Soll er um Huͤlfe rufen, wenn er ſie noͤthig hat, ſo gehet nicht nur die Zeit verloh -ren,286Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnittren, ſondern es kann auch dieſe Verzoͤgerung eine Urſache werden, daß bald dieß, bald jenes verdirbt. Dieß aber kann der Wirth bey der Brennerey nicht vertragen. Jſt die Blaſe zu klein, ſo kann ſie ei - nen ſolchen Aufwand nicht abwerfen. Daher iſt dieß ein Punkt, den ein Wirth wohl erwegen muß, wenn er nicht mit Schaden brennen will.
Jn Anſehung des dritten Punkts, den wir §. 417. angeſetzet haben, iſt zu merken, ob man allein mit dem Spuͤlich maſten, oder ob man nur den Spuͤlich anwenden will, anderes Maſt-Futter damit einzu - bruͤhen. Beyde Faͤlle ſind moͤglich. Nur bey dem erſten Fall muß man, wenn Rind-Vieh ſoll gema - ſtet werden, außer dem Spuͤlich wenigſtens Stroh zum Vorlegen und zum Hekkerling haben. Ueber - haupt gehet die Maſtung in dem erſten Fall langſa - mer, als in dem lezten, und das Fleiſch wird bey die - ſem zum Raͤuchern geſchickter, als bey jenem. Wer dasjenige wiederholet, was wir bereits oben §. 287. und folgenden von der Maſtung abgehandelt haben, der wird das uͤbrige leicht einſehen, was hier noch koͤnnte angemerket werden.
Die Berechnung von der Brauerey, die wir §. 377. und folgenden veſtgeſetzt haben, iſt auch bey der Brandweins-Brennerey anzuwenden. Es iſt nur noͤ -1) Jn An - ſehung der Ausgaben. thig, daß wir dasjenige veraͤndern, was nach der Beſchaffenheit der Sache muß veraͤndert werden. Die Berechnung des Aufwandes beſtehet in folgen - den Kapiteln:
Die287von dem Brandwein.Es ſind verſchiedene Gruͤnde, aus welchen wir dieß ſchluͤßen koͤnnen, daß das Eßigmachen ein ſehr wichtiges Stuͤck der Wirthſchaft ſey. Ein Wirth kann von dieſem nicht nur diejenigen Vortheile ge - winnen, die das Brauen und Brandweinbrennen wuͤrket; ſondern er kann auch hiedurch den Schaden verhindern, den er empfinden wuͤrde, wenn das Bier umſchlaͤgt, oder ſauer wird. Wenn er den Wein we - gen ſeiner Saͤure nicht verkaufen kann, u. ſ. f. Ja, durch dieſe Beſchaͤftigung kann er viele Abgaͤnge bey dem Brauen und Brandweinbrennen merklich nutzbar machen. Aus dieſen Urſachen wollen wir, ſo weit als es unſere gegenwaͤrtige Abſicht erfodert, diejenigenStuͤkke289von der Bereitung des Eßigs. Stuͤkke beſchreiben, auf welche es bey der Bereitung des Eßigs vornehmlich ankommt.
Zuerſt muͤſſen wir uns einen Begriff vom EßigWas der Eßig. machen. Wir wollen dieſen ſo gut bilden, als es uns moͤglich iſt. Die Saͤure iſt zwar ein Merkmahl vom Eßig. Doch aber giebt ſie keinen vollſtaͤndigen Be - griff vom Eßig. Wir haben verſchiedene ſaͤuerliche Safte, die doch den Nahmen eines Eßigs nicht ver - dienen, weil ſie unvermoͤgend ſind, dasjenige zu wuͤr - ken, was der Eßig wuͤrken ſoll. Den wahren Eßig wuͤrket die Natur durch den andern Grad der Gaͤh - rung, der die ſaure Gaͤhrung genennet wird. Wenn man nehmlich den Wein, den die geiſtige Gaͤhrung gewuͤrket hat, mit einer Gaͤhre, die ein Wein-Stein-Salz in ſich hat, an einem warmen Or - te durch das oͤftere Umruͤhren oder Schuͤtteln aufs neue in die Gaͤhrung ſetzet, ſo heiſt dieſe Gaͤhrung, die mit einer Hitze vergeſellſchaftet iſt, die ſaure Gaͤhrung. Dieſe benimmt dem Weine ſeinen Ge - ruch. Er nimmt eine Saͤure an, die nach und nach ſtaͤrker wird, bis die Gaͤhrung von ſich ſelbſt aufhoͤrt. Dieſer durch die ſaure Gaͤhrung gewuͤrkte Saft wird der Eßig genennet. Wenn man dieſen Saft, der den andern Grad der Gaͤhrung gelitten hat, deſtilli - ret, ſo bekommt man keinen Brandwein, wie aus der Deſtillation des Weins, den die geiſtige Gaͤhrung ge - bohren hat, ſondern eine ſaure Fluͤßigkeit, die nicht brennt, und die der deſtillirte Eßig genennet wird. Dieß iſt genug, zu begreifen, wie der Eßig von dem Brandweine, und die ſaure Gaͤhrung von der geiſti - gen in Anſehung der Wuͤrkung unterſchieden ſey.
Dieſe kurze Abbildung des Eßigs lehret uns, daß ein Wirth, der durch deſſen Bereitung einen Vor - theil gewinnen will, folgende Stuͤkke genau unterſu - chen muͤſſe.
Die erſte Frage: woraus kann man den wahren Eßig bereiten? beantwortet der §. 429. Denn weil aller Wein durch die Kunſt in Eßig kann verwandelt werden, und weil keine Fluͤßigkeit einen wahren Eſ - ſig giebt, wo nicht die geiſtige Gaͤhrung, die den Wein gebohren, vorhergegangen; ſo iſt es klar, daß alle Saͤfte und alles Mehl der Erd-Gewaͤchſe, wenn dieſe vorher durch die geiſtige Gaͤhrung in Wein ſind verwandelt worden, durch die Kunſt zu einem Eßig koͤnnen bereitet werden. (§. 384).
Man giebt daher dem Eßige den Nahmen von dem Weine, oder von den Erd-Gewaͤchſen, aus wel - chen er iſt bereitet worden. Er kann aus dem Biereberei -291von der Bereitung des Eßigs. bereitet werden, und alsdenn heiſt er ein Bier-Eſ - ſig. Dieß iſt der ſchwaͤchſte, und wird mehrentheils nur zur Bewahrung des eingelegten Fleiſches ge - braucht. Wird er aus dem ausgepreßten Safte von den Baum-Fruͤchten bereitet, ſo bekommt er ſeinen Nahmen von den Fruͤchten, als Apfel-Eßig, Birn - Eßig. Uberhaupt nennt man dieſen den Cidre - Eßig. Wird er aus dem ausgekelterten Weine be - reitet, ſo nennet man ihn insbeſondere den Wein - Eßig.
Jch will hiebey noch einen Punkt unterſuchen, derOb noch aus dem Wein, wenn der Brandwein abgeſondert, ein Eßig zu machen? eine beſondere Aufmerkſamkeit von einem Wirthe ver - dienet. Es wird gefragt: ob aus den Fluͤßigkei - ten des durch die geiſtige Gaͤhrung gebohrnen Weins noch ein wahrer und guter Eßig koͤnne bereitet werden, wenn von dieſem zuvor der Brandwein iſt deſtilliret worden. Viele vernei - nen es. Dieſe lehren, der geiſtige Theil des Weins, den der Brandwein in ſich faſſet, ſey ein weſentli - ches Stuͤck von dem wahren Eßig, wenn dieſer ſtark und gut ſeyn ſoll. Wenn die brennenden Geiſter durch die Deſtillation von dem Weine waͤren geſchie - den worden, ſo entſtuͤnde nur ein verdorbnes unnuͤ - tzes Weſen, und kein Eßig. Wer dem Anſehen ei - niger Maͤnner folget, die in der Scheide-Kunſt große Erfahrungen haben, der wird ſich leicht zu dieſer Meynung bekennen, wie ich es auch ehedeſſen gethan habe. Allein die Erfahrung hat es widerleget. So wohl der Nachgang von dem Brandweine, als auch das duͤnne Bier geben noch den ſchoͤnſten Eßig, wenn beyde gehoͤrig bereitet werden. Und ich zweifele, ob man dieſen von dem ſchoͤnſten Wein-Eßig, den man in der Wirthſchaft braucht, wird unterſcheiden koͤnnen. Dieſes Gewerke kann ſo wohl bey der Bren -T 2nerey292Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,nerey, als auch bey der Brauerey verſchiedene Stuͤkke bezahlen, und alſo beyde Gewerke nutzbarer machen.
So weit von dem erſten Punkte. Der andere ſoll die Mittel unterſuchen, wodurch die ſaure Gaͤh - rung befoͤrdert wird. Das erſte iſt das Ferment. Worin beſtehet dieſe Gaͤhre, und woher wird ſie ge - nommen? Die Beantwortung der andern Frage wird von der Beantwortung der erſten abhangen. Wenn man die Natur des Eßigs unterſuchet, und mit dieſer die Erfahrung vergleichet, ſo wird es nicht ſchwer werden, dieſen Satz zu beweiſen. Nichts kann ein Ferment zum Eßig geben, als worin ein Wein Stein-Salz, und alle Saͤfte der Erd-Gewaͤchſe, in welchen ſich das Wein-Stein-Salz vorzuͤglich wuͤrkſam beweiſet, geben ein gutes Ferment zum Eſ - ſig. Aus dieſem iſt es zu begreifen, warum folgende Dinge ein Ferment zum Eßig. 1) Die ſauren He - fen, oder die ſogenannte Wein-Mutter von ſaͤuerli - chem Weine. 2) Die Eßig-Hefen aus den alten Faͤſ - ſern, die mit ſehr ſcharfen Eßig geſaͤttiget ſind. 3) Den zu zarten Pulver geſtoſſenen Wein-Stein, von ſaurem Wein. 4) Der Eßig ſelbſt, der zum hoͤch - ſten Grad der Saͤure gebracht worden. 5) Die al - ten hoͤlzernen Faͤſſer, die lange Zeit mit ſcharfen Eßig angefuͤllet gelegen. 6) Die oͤfterswiederhohlte Vermiſchung der Hefen mit ihrem eigenen Weine. 7) Die Stiele, die Stengel, die Huͤlſen der Kirſchen, der Johannis-Beere und Wein-Trauben, und deren herumgeſchlungene kleine Ranken, damit ſich die Wein - Reben anhangen, wie auch alle dergleichen ſaͤuerliche herbe Theile der Gewaͤchſe. 8) Der Sauerteig aus Rokken-Mehle*). Man kann aus dieſen Dingen verſchiedene Zuſammenſetzungen machen, die ſich aber doch nicht bey allen Fluͤßigkeiten, in gleichem Gradewuͤrkſam293von der Bereitung des Eßigs. wuͤrkſam beweiſen, z. B. wer das bewerkſtelligen will, was wir in dem §. 433. angemerket haben, der ver - miſche einen Theil klar geſtoßenen Wein-Stein, zwey Theil Honig, vier Theil Sauerteig, einen halben Theil Salpeter, und einen halben Theil geſtoſſener Bertrams-Wurzel, und er wird es erfahren, daß die - ſe Vermiſchung unter allen bey dieſen Fluͤßigkeiten die nuͤtzlichſte ſey.
Das andere Stuͤk, was zur Befoͤrderung der ſau -Das andere. ren Gaͤhrung erfodert wird, iſt die Waͤrme. Es iſt wohl wahr, daß auch die Kaͤlte der geiſtigen Gaͤh - rung widerſtehet, doch aber erfolget dieſe, wenn nur die Kaͤlte abweſend iſt. Eine wuͤrkliche Waͤrme ver - urſacht bey dieſer Gaͤhrung mehr Schaden, als Vor - theil. Bey der ſauren Gaͤhrung iſt das Gegentheil. Dieſe erfolget nicht ohne Waͤrme. Soll die Milch ſauren, ſo wird die Sonnen-Waͤrme, oder eine war - me Stube darzu erfodert. Salpeter, Salz und der Schwefel ſind an ſich nicht ſauer, doch kann ſie die Gewalt des Feuers in das allerſaureſte verwandeln. Bis hieher hat noch keiner ohne Waͤrme Eßig ge - macht. Dieß iſt genug, dasjenige zu beweiſen, was wir angenommen haben.
Das dritte Stuͤk, worauf man bey der Berei -Das dritte. tung des Eßigs zu ſehen hat, ſind die Gefaͤße, in welchen die Fluͤßigkeiten zur ſauren Gaͤhrung angeſe - tzet werden. Von dieſen iſt uͤberhaupt zu merken, daß ſich kein Gefaͤß von Metall zum Eßigmachen ſchikket. Denn da der Eßig theils die Metalle an -T 3frißt,294Der Stadt-Wirthſchaft 2. Abſchnittfriſt, theils aufloͤſet, ſo iſt es eine nothwendige Fol - ge, daß in metalliſchen Gefaͤßen kein reiner, und zur wirthſchaftlichen Abſicht brauchbarer Eßig - koͤnne ver - fertiget werden. Dieſe Wuͤrkung des Eßigs bewei - ſet, daß die beſten Gefaͤße zum Eßigmachen, die glaͤ - ſerne, die toͤnerne, wenn dieſe wohl ausgebrannt, und die hoͤlzerne, wenn dieſe nehmlich von hartem Holze ſind gemacht worden.
Das vierte Stuͤk, iſt die wuͤrkliche Bereitung des Eßigs. Jch will die Bereitung des Eßigs, welche Boerhaave beſchrieben, ganz anfuͤhren, weil ſie all - gemein iſt, und alle andere Arten nichts als eine Nach - ahmung von dieſer ſind. Sie iſt dieſe: Man machet zwo große Tonnen oder Kufen von Eichenholze, man machet in dieſe Tonnen einen hoͤlzernen Roſt, oder ge - flochtene Huͤrde, ungefaͤhr eines Fußes hoch, uͤber den unterſten Boden. Wenn die Tonne in einen Bley - rechten Stande iſt, ſo machet man auf dieſe Hurde ein leichtes Bette von gruͤnen und friſchgeſchnittenen Weintrauben, daraus man die Kerne genommen hat, welche man gemeiniglich Kaͤmme nennt, und laͤſt nur an dem oberſten Theile der Tonne einen Fußbreit leeren Raum, welcher von oben gaͤnzlich offen ſeyn muß. Wenn die zwo Kufen alſo zugerichtet ſeyn, ſo thut man den Wein hinein, daraus man den Eßig machen will, doch ſo, daß die eine davon ganz voll, die andere aber nur halb voll, ſeyn muß. Man laͤſt ſie auf dieſe Art vier und zwanzig Stunden ſtehen, nach welcher Zeit man die halb volle Tonne mit dem Safte derjenigen vollmacht, die voll war und ihrer Seits halb voll bleibet. Vier und zwanzig Stunden her - nach machet man eben dieſelbe Veraͤnderung in beyden Gefaͤßen, und faͤhret alſo fort, ſie wechſelsweiſe vier und zwanzig Stunden uͤber das eine voll und das an -dere295von der Bereitung des Eßigs. dere halb voll zu halten, bis der Eßig gemacht iſt. Den andern oder dritten Tag entſtehet in der halb vollen Tonne eine Bewegung der Gaͤhrung, welche mit einer empfindlichen Waͤrme begleitet iſt, die von Tage zu Tage ſtaͤrker wird. Mit der vollen Kufe iſt es anders, die Bewegung der Gaͤhrung iſt darinnen kaum merklich, und weil die beiden Kufen wechſels - weiſe voll, und halb voll ſind, ſo wird die Gaͤhrung da - durch gewißer maßen unterbrochen, und geſchiehet in jeder Tonne, nur uͤber den andern Tag. Wenn man keine Bewegung, auch in der halb vollen Tonne mehr wahrnimt, ſo iſt dieß ein Zeichen, daß die Gaͤhrung geendiget iſt. Hierauf thut man den Eßig in ordent - liche Tonnen, welche man an einem friſchen Orte ver - wahret, und wohl verſpundet.
Dieß, was Boerhaave von der Bereitung desFernere Ab - handlung von dieſem. Wein-Eßigs angegeben hat, iſt auch geſchikt einen gu - ten Eßig aus dem Biere zu machen, der alsdenn dem Wein-Eßige in Anſehung der Guͤte wenig nachgiebt. Nur das Bittere, was das Bier von dem Hopfen an - genommen hat, vermindert dieſe Guͤte. Dieß zu verhindern, ſo wirft man in das Bier, woraus man Eßig machen will, zuvor einige gluͤende Kohlen, dieſe befreien das Bier von dieſem Bittern; und daher machen ſie das Bier zum Eßig geſchikt.
Anmerk. Will man die ſaure Gaͤhrung durch ein anderes Ferment befoͤrdern ſiehe §. 435. ſo iſt zwar eine ſolche Zubereitung des Faßes mit dem Roſte nicht noͤthig, man wird es aber doch erfah - ren, daß auch in dieſem Falle eine ſolche Bereitung nicht ohne Nutzen ſey.
Die dritte Frage, welche §. 430. iſt aufgeworffen worden, gehet auf die Beſtimmung der Guͤte des Eßigs. Wir koͤnnen hier dasjenige wiederholen; was wir §. 397. und folgende von der Guͤte des Brandweins angemerket haben, wenn wir nur dasje - nige veraͤndern, was die Natur der Sache zu veraͤn - dern gebiethet. Nemlich das erſte Stuͤk eines gu - ten Eßigs iſt, daß er helle. Das andere, daß er recht ſauer und nicht oͤhligt ſchmekket. Vors dritte er muß geiſtig und ſtark ſeyn, ſo daß das Waßer die Wuͤrkung des geiſtigen Theils nicht unterdruͤkket.
Dieß giebt uns Gelegenheit, daß wir uns um die Beantwortung der fuͤnften Frage bekuͤmmern, worauf man nemlich bey der Gaͤhrung zu ſehen habe, wenn ſie dieſe Guͤte des Eßigs wuͤrken ſoll. Die Behut - ſamkeit, welche in dieſem Stuͤkke anzuwenden, gruͤn - det ſich auf folgende Regeln.
Die erſte Regel. Je waͤrmer der angeſetzte Eſ - ſig ſtehet, deſto oͤfterer muß die Gaͤhrung durch aus - und einfuͤllen unterbrochen wer - den. Geſchiehet dieß nicht, ſo wird ſich der Saft durch die ſaure Gaͤhrung dergeſtalt erhitzen, daß ſich eine merkliche Menge von den geiſtigen Theilen, die dem Eßig die Staͤrke geben, verlieret. Daher man nach der Gaͤhrung nur eine ſaure Fluͤßigkeit ohne Staͤrke bekommt.
Dieſer Grund, der die erſte Regel unterſtuͤtzet, be - feſtiget zugleich die andere: Die Gefaͤße, in wel - chen der Eßig angeſetzet wird, muͤſſen miteinem297von der Bereitung des Eßigs. einem Dekkel von eichenen Holze bedekt werden (§. 436.) damit aber doch der Man - gel der Luft die Gaͤhrung nicht verhindert, ſo kann die Luft durch Roͤhren in die Ge - faͤße gelaſſen werden.
Die dritte Regel. Die ſaure Gaͤhrung muß ſoDie dritte, bald, als der Eßig gut iſt, voͤllig verhindert werden. Unterlaͤſt man dieß, ſo wird man die - jenigen Wuͤrkungen erfahren, die wir §. 440 be - ſchrieben haben.
Anmerk. Das beſte Zeichen iſt, wenn ſich die Waͤrme verliehrt, und die Bewegung aufhoͤret.
Die vierte Regel. Jn dem Orte, wo der Eſ -Die vierte, ſig angeſetzet wird, muͤſſen keine faulende und ſtinkende Dinge ſtehen. Dieſe werden in dem Safte, der Eßig werden ſoll, eine Faͤulniß verur - ſachen. Folglich kann der Eßig nicht gut werden.
Die fuͤnfte Regel: Die Weine, wir nehmen dießDie fuͤnfte, Wort in dem allgemeinen Verſtande, den wir oben gebildet haben, wenn ſie Eßig werden, legen ſehr viele ſeifigte und ſchmierige Materie ab, die ſich theils an der Seiten des Faßes, theils an das Fer - ment, das die ſaure Gaͤhrung zu befoͤrdern, hinein - gethan worden, anhaͤnget. Dieſe ſeifigte und ſchmierige Materie muß weggenommen wer - den. Bleibt dieſe Materie in dem Faße, ſo ver - miſcht ſie ſich wiederum mit dem Eßige, und dieß verurſachet, daß nicht nur der Eßig dik und truͤbe, ſondern auch unbrauchbar, und eine Fluͤßigkeit wird,T 5die298Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt,die mehr zur Faͤulniß, als zu den Wuͤrkungen des Eßigs beſtimmet iſt.
Anmerk. Wenn man dieſe ſeiffigte und ſchmie - rige Materie durch das Abwaſchen wegbringen kann, ſo muß man dieß, was man abwaſchen will, nicht lan - ge im Waſſer liegen laſſen. Das Waſſer wuͤrde die eingezogene Saͤuer wegnehmen, dieß aber iſt der Be - reitung des Eßigs nachtheilig (§. 434).
Die ſechſte Regel: Die Vermiſchung eines ſchar - fen Gewuͤrzes mit dem Ferment kann ein Mittel werden den Eßig recht ſcharf zu ma - chen. Der Eßig ziehet den Saft aus dieſem Gewuͤrze, und die Gaͤhrung wuͤrket eine genaue Vereinigung.
Viele beurtheilen die Guͤte des Eßigs auch aus der Farbe. Allein dieß betruͤget. Die Farbe kann ihm durch Zuſaͤtze gegeben werden, und darum iſt ſie nicht allemahl ein Zeichen von der Guͤte des Eßigs. Man giebt ihm die Wein-Farbe durch Huͤlfe des ge - branten Zukkers. Er wird roth gefaͤrbt mit Sandel - Holz, oder aus zuvor aufgedorrten Schwarz-Beeren, wenn man dieſe mit Wein-Stein-Salz vermiſchet in dem Eßig haͤnget, und ſo ferner. Sehr oft erfordern es die Umſtaͤnde, daß man den Eßig, der in der That gut iſt, faͤrbet. Und alsdenn iſt dieß die Haupt - Regel. Die Farbe muß alſo beſchaffen ſeyn, daß der Eßig dieſe nicht fallen laͤſt. Denn geſchiehet dieß, ſo wird der Eßig dik und truͤbe. Dieß aber iſt ſeiner Guͤte zuwider.
Anmerk. Man kann den Eßig auch| mit fremden Saͤften vermiſchen, wie den Brandwein. Wenn299von der Bereitung des Eßigs. Wenn man die Gewaͤchſe in ſcharfen Wein-Eßig einweichet, den ausgezogenen Saft durch die De - ſtillation ſcheidet, alsdenn mit Eßig verſetzet, fil - triret und ſo ferner.
Der lezte Punkt gehet auf die Verwahrung undDas fuͤnfte, wie der Eßig aufzubehal - ten. Aufbehaltung des Eßigs. Wenn wir das, was wir von dem Eßig beſchrieben haben, mit dem ver - gleichen, was von dem Brandwein iſt abge - handelt worden, ſo wird man es bald merken, wie weit das, was von der Verwahrung des Brandweins §. 413 bis 416 iſt geſaget worden, auch auf den Eßig anzuwenden ſey. Nur einige Stuͤkke ſind hier noch insbeſondere zu merken.
Man halte die Rechnung von der Brauerey undWie bey die - ſem Gewerke die Rech - nung einzu. richten. von dem Brandwein-Brennen gegen einander. Man vergleiche dieſe mit dem, was wir von der Bereitung des Eßigs abgehandelt haben, ſo wird man es ohne ferneres Erinnern einſehen, wie eine regelmaͤßige Rech - nung von dem Eßigs-Gewerke einzurichten ſey.
Ein Wirth muß ſich um allerhand Gewerke bekuͤm - mern, wodurch er einige Abgaͤnge nuzbar ma - chen kann, oder die ihm einige Abgaͤnge zur Maſtung und Vieh-Fuͤtterung geben. Die Umſtaͤnde erlauben es nicht, die Werke eines jeden Gewerkes an einem jeden Orte bequem und mit Nutzen zu verkaufen, da - her es vernuͤnftig iſt, ſich um allerhand Gewerke zu bekuͤmmern. Denn alsdenn kann der Wirth nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde eine vernuͤnftige Wahl machen. Unter den Gewerken die mit Nutzen, ſowohl des Wirthes, als auch des Landes, Abgaͤnge zur Ma - ſtung und zur Vieh-Fuͤtterung geben, verdienet das Staͤrke machen eine beſondere Aufmerkſamkeit. Aus dieſer Urſache wollen wir das Weſentliche von dieſem Gewerke aus einander legen, und ſo weit es uns moͤg - lich iſt, deutlich beſchreiben. Man wird es uns leicht verwilligen, daß es bey dieſem Gewerke auf folgende Punkte ankomme.
Wenn wir die Beſchaffenheit der weißen Staͤrke,die301von der weißen Staͤrke. die auch Kraft-Mehl genennet wird, unterſuchen, ſo finden wir Grund zu glauben, ſie ſey der mehligte Theil des Getraides, der den Kern machet, wenn die - ſer von allen andern Vermiſchungen iſt gereiniget wor - den. Siehe §. 4.
Jch will etwas anfuͤhren, dieſe Gedanken zu unter -Beweiß die - ſes Begriffes ſtuͤtzen. Man laſſe 100 Pfund Weitzen mahlen, man mache das Mehl ſo fein, als es in der Muͤhle moͤg - lich iſt. Man ſuche, wie ſich die Schwere des Mehls zur Schwere des gegebenen Weitzens verhalte. Man mache ferner aus 100 Pfund Weitzen weiße Staͤrke, die ſo gut iſt, als ſie ſeyn ſoll, wenn ſie vollkommen. Man beſtimme die Verhaͤltniß der Schwere der Staͤrke, zur Schwere des gegebenen Weitzens. Und man wird es finden, daß die Staͤrke leichter, als jenes Mehl ſey. Die Schwere des Weitzens, verhaͤlt ſich zur Schwere der Staͤrke, die aus dem Weitzen iſt ge - macht worden, insgemein wie 3 zu 1. Da im Ge - gentheil die Verhaͤltniß der Schwere des Weitzens zur Schwere des zuvor beſchriebenen Mehls dieſe Verhaͤltniß merklich uͤberſteiget, und der Verhaͤlt - niß von 3 zu 2 ſehr nahe kommt. Dieß beweiſet, daß in der weiſſen Staͤrke nicht alle Mehl-Theile des Ge - traides, woraus ſie iſt gemacht worden.
Die weiße Staͤrke iſt eine mehligte Materie desFortſetzung des Bewei - ſes. Getraides. Dieß iſt offenbar. Sie faſſet nicht alles Mehl des Getraides, wovon ſie iſt gemacht worden, in ſich. Folglich iſt ſie nur ein Theil von dem Mehle des Getraides. Das Mehl des Getraides macht ent - weder den Kern, oder eine Materie die mit dem Kern vermiſcht iſt (§. 4. u. f.). Woher kommt die weiße Staͤrke. Man fuͤlle einen Cubic-Zoll mit der weiſ - ſen Staͤrke, und einen andern mit dem Mehle, wasin302Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnittin der Muͤhle bereitet wird. Und man wird es finden, daß die Staͤrke ſchwerer iſt, als das Mehl. Folglich muß die Staͤrke | der mehligte Theil des Getraides ſeyn, der die groͤſte beſondere Schwere in dem Getrai - de hat. Dieß iſt der Kern. Dieß giebt uns Grund zu lehren: die Staͤrke ſey der mehligte Theil des Ge - traides, der den Kern macht, wenn dieſer, von allen andern mit ihm verbundenen Theilen, iſt gereiniget worden
Dieſe Erklaͤrung giebt uns Gruͤnde, aus welchen die Beantwortung der andern Frage flieſſet: woraus nehm - lich die weiße Staͤrke mit Nutzen koͤnne gemacht werden. Wollen wir dieſe Frage uͤberhaupt beantworten, ſo muͤßen wir, vermoͤge des Begrifs lehren, daß aus allen mehligen Erd-Gewaͤchſen eine weiße Staͤrke koͤn - ne bereitet werden. Sehen wir auf das beſondere, was in dem Begrif enthalten iſt, ſo noͤthiget es uns, dieſe mehligten Erd-Gewaͤchſe genauer zu beſtimmen.
Die weiße Staͤrke iſt noch ein Mehl. Folglich kann ſie nicht durch eine wuͤrkliche Gaͤhrung bereitet werden. Die Staͤrke iſt der mehligte Theil des Getraides, der den Kern macht, wenn die - ſer von allen andern Vermiſchungen iſt gereiniget wor - den (§. 450.) und der die groͤſte beſondere Schwere in dem Getreide hat (§. 452). Folglich ſind dieje - nigen mehligten. Erd-Gewaͤchſe die eigentlichen Quel - len zur weiſſen Staͤrke, in welchen der Kern, ohne ei - ne merkliche Gaͤhrung zu erfahren, von den uͤbrigen Theilen durch Huͤlfe des Waſſers kann loßgeriſſen werden, damit er ſich durch die Bewegung, die aus der beſondern Schwere zu erklaͤren iſt, von dieſen voͤl - lig abſondern koͤnne. Bis hieher hat es die Erfah -rung303von der weißen Staͤrke. rung gelehret, daß der Weitzen und die Tartuffeln zu dieſer Wuͤrkung am geſchikteſten. Darum wollen wir auch