BASILIVS Hexamer. Homil. 10. edit. Baſil. pag. 55.
QVid eſt Chriſtianiſmus? Similitudo DEI, quan - tum poßibile eſt humanæ naturæ. Si ſuſcepiſti eße Chriſtianus, feſtina fieri ſimilis Deo, indue Chriſtum. Quomodo verò indues? qui baptiſma non accepit qui indumentum incorruptibilitatis non ſuſcepit, repudiat ſimilitudinem ad Deum. Si dixißem tibi, Ades huc, fias ſimilis regi, nonne benefactorem me judicaßes? Poſtquam verò te ſimi - lem DEO facere volo, fugis ſermonem deificantem te, obturatis auribus, ut neq audias ſalutares ſermones.
DemCHriſtlicher Lieber Leſer / was das gemeine Sprichwort gibt / Wer an den Weg bawet / hat viel meiſterns / Das wird nicht allein im gemeinen Leben wahr er - funden bey denen wercken / die fuͤr jedermans augen geſchehen / da ge - meiniglich viel Richter vnd wenig Tichter vber kom - men pflegen: Sondern es wird auch ſonderlich denen Ambts Perſonen / die im oͤffentlichen Predigampt reden / Lehren vnd ermahnen / weidlich vnd rechtſchaf - fen vnter jhrer ſchwerē Amptsbuͤrde in die Experientz vnd erfahrung geſetzet / wie ſolches aller Heiligen Pro - pheten vnd Apoſtel / ja Chriſti des Ertzhirten Exempel gnugſam darthun vnd ausweiſen.
Den wer weiß nicht / was es fuͤr einen Zuſtand zun zeiten Eſaiæ vnter dem Volck Iſrael gehabt / da viel Gottloſe zuhoͤrer in der gemeine ſich ins Predigampt mit eingemenget / vnd den Predigern vnnd Lehrern haben fuͤrſchreiben vnd ein Model geben duͤrffen / wie ſie jhre Predigten anſtellen vnd nach jhren Affecten formiren ſolten / davon Eſaiæ 30. v. 10. geſchricben ſtehet / das ſie / wo nicht oͤffentlich / doch im Hertzen geſagt haben: Ihr ſole vns nicht ſchawen dieA ijRechte[8]Rechte Lehre / Prediget vns aber ſanfft / ſcha - wet vns Taͤuſcherey. Eben daſſelbe klaget auch der Heilige Prophet Jeremias / das es mit ſeinen Pre - digten bey dem ruchloſen hauffen einen ſolchen aus - gang gewonnen / wie ers beſchreibet Jerem. 20. v. 7. mit dieſen worten: Herr du haſt mich vberredet / vnd ich hab mich vberreden laſſen / du biſt mir zu ſtarck geweſt / vnd haſt gewonnen. Aber ich bin druͤber zu Spott worden taͤglich vnd jeder - man verlachet mich. So klaget auch der H. Pro - phet Hoſeas cap. 4. v. 4. Das das Volck ſeine Predigten alſo angehoͤret vnd auffgenom - men / als wenn es jhm Frey ſtuͤnde nach wol - gefallen die Prieſter zu ſchelten.
Solches verkehrtes richten vnd vrtheilen vber das Heilige Lehrampt iſt auch im Newen Teſtament bey den Kindern des vnglaubens vorgelauffen / daruͤtz ber der Sohn Gottes klaget Matth. 11. v. 16. da er alſo ſpricht: Weme ſol ich diß geſchlecht verglei - chen / es iſt den Kindlein gleich / die an dem Mar - ckte ſitzen / vnd ruffen gegen jhre Geſellen vnd ſprechen / wir haben euch gepfiffen / vnnd jhr woltet nicht tantzen / wir haben euch geklaget vñ jhr woltet nicht weinen. Johannes iſt kommen / Aß nicht / vnd Tranck nicht / ſo ſagen ſie / Er hat den Teuffel. Des Menſchen Sohn iſt kom̃en Iſſt vnd Trincket / ſo ſagen ſie / ſihe / wie iſt der Menſch ein freſſer vnd ein Weinſaͤuffer / derZoͤllner[9]Zoͤllner vnd Suͤnder geſell / vns die Weißheit muß ſich rechtfertigẽ laſſen von jhren Kindern.
Wie nu dieſes der Welt Proceß / vnd eigene art zu allen zeiten geweſen iſt / das ſie es mit den groſſen Legaten Gottes vnnd mit Chriſto dem Heilande der Welt in jhrem Ampte alſo geſpielet / mit vorwinigem kluͤgeln vn̄ gruͤbeln / als haben alle getrewe Lehrer gentz - lich vnd gewiß zuſchlieſſen / das ſie dem Ebenbilde des Sohns Gottes hier jnne muͤſſen gleich werden / vnnd nichts beſſers in jhren Ampte zuerwarten haben nach dem Spruch des Sohn Gottes Matth. 10. v. 24. Es iſt dem Juͤnger gnug / dz er ſey wie ſein Mei - ſter / vnd der Knecht wie ſein Herr. Haben ſie den Haußvater Beelzebub geheiſſen / wie viel mehr werden ſie ſeine Haußgenoſſẽ alſo heiſſen.
Darhin Gott ſey Lob vnd danck / iſts mit mir dem geringſten in dem Heiligen Predigampte / deme ich nu - mehr drey vnd zwantzig Jahr trewlich nach dem ver - moͤgen / das Gott dargereichet / in dieſer guten Stadt Dantzigk meinen geliebten Vater Lande fuͤrgeſtanden / auch kom̃en / dz da ich Gottes wort rein vnd klar / nach dem es in der Vhralten Augßburgiſchen Confeſſion erklchret iſt / gelehret. (Wie mir deſſen mein gewiſſen / vnd meine liebe Pfarkinder an jehnem Tage fuͤr dem Geſtrengen Richtſtuel Gottes zeugnis geben werden) dennoch ich viel vnnuͤtze vnd vnhoͤffliche vrtheile ha - be muͤſſen vber mich ergehen laſſen. Den nach dem ich etliche zeit nach einander die ſtreitigen glau - bens Articul vnd Punct Chriſtlicher Religion nachA iijNotturfft[10]Nothturfft vnd den gaben / die Gott ſelber verliehen / / meiner gemeine vnd zuhoͤrern deutlich vorgetragen vnd aber vermercket habe / das bey dem mehrerntheil ein ziemlich ſicheres Leben vorgefallen / vnd bey dem vie len wiſſen wenig gewiſſens zufindē geweſt: hab ich mit etwas mehrerm Eyfer vnd fleiß zur lieben Gottſeligkeit vnd heiligem Leben dieſelben angemahnet / vnd das es ſich vbel zuſammen reume / als ein Chriſt wollen gleu - ben / vnd wie ein Heide oder Gottloſer wollen leben. Habe auch verſchienene Advents zeit in dreyen mei - ner Wochen Predigten vom wahren Chriſtenthumb gehandelt / vnd darinnen ein wenig die Lehre des Glau - bens geſcherffet / das der Seeligmachende Glaube nicht bloß auff der Lippen liegen / ſondern im Gottſee - ligen heiligen wandel ſich herfuͤr thuen vnd leuchtē ſol - te. Item / wie der jnnerliche Newe Menſch von tage zu tage zunehmen vnd dem Fleiſche wieder ſtreē muͤ - ſte / auff das er von dem nicht vberweltiget wuͤrde / welches ob es wol der kern dergantzē Heiligen Schrifft vnd aller Evangeliſchen ihre einheilige Lehre iſt / ſo ſind doch Leute gefunden / die ſtudio partium getrieben / daſſelbige was Gottes Wort vnd Warheit iſt geleſtert / vnd mich mit meinem Ampte / wie den auch an dere meine Mitbruͤder haben ſtinckende machen wollen.
Sonderlich aber hat man gelegenheit vnd vrſach daher genommen / weil ich in einer Predigt des Ehr - wuͤrdigen vnd hoch gelarten Herrn Johann Arnds / Superindenten des Loͤblichen Fuͤrſtenthumbs Luͤne - burgs Vralter Augßbuͤrgiſcher Confeſſion getrewen bekenners / vnd vmb die Kirche Gottes wol verdtentenMannes[11]Mannes Betbuͤchlein Paradieß Gaͤrtlein genand / in einer Predigt mit dieſen Worten angezogen: Das nemblich darinne das Vater vnſer were ſchon vnd Geiſtreich erklehret / dahin ich die jehnigen welche eine Erklerung hieruͤber begehrten / wol - te gewieſen haben.
Beneben dieſem habe ich in einer andern Predigt ſeiner Buͤcher vom wahren Chriſtenthumb auch mit dieſen Worten gedacht; Wen mich einer fragte / was er fuͤr Buͤcher leſen ſolte / dadurch er moͤch - te in ſeiner Chriſtlichen Religion vnd Glauben erbawet vnnd geſtercket werden / wolte ich jhn weiſen zum groſſen vnd kleinen Catechiſmo Lu - theri / zu der Augßbuͤrgiſchen Confeſſion, vnd andern guten Buͤchern / die von Chriſtlicher Religion handeln: Begehrte er aber zuwiſſẽ / waſſerley Bucher er mehr leſen ſolte ſein Chri - ſtenthumb in guten wercken zubeweiſen / wol - te ich jhn zu denn Buͤchern Thomæ de Kempis von der Nachfolge Chriſti / vnd den Buͤchern Herrn Johann Arnds vom wahren Chriſten - thumb (keinen andern reinen Lehrer darbey verachtet. ) ablegiret vnd gewieſen haben.
Dieſe meine offentliche Rede / die ich in der Pre - digt gefuͤhret / iſt vbel von etlichen / welchen es nicht geziehmete / ausgeleget vnd auffgenommen worden / als hette ich hiemit allerley Ketzerey vnd Schwerme - rey Commendiret, alldieweil / jhren duͤncken nach / in des Herrn Johann Arnds Buͤchern ſchaͤdlicheA iiijIrthumb[12]Irthumb vergraben weren / als der Oſiandriſmus, Papiſmus, Schvvenckfeldianiſmus, Roſæcrucia - niſmus, Weigelianiſmus, ja alle ketzereyen weren darinnen verborgen / das man lieber moͤchte den Eulen Spiegel als dieſe Buͤcher leſen / daher dann / das ande - re uͤbel gefolget / das etliche meine Mitbruͤder / die et - wan des guten Herrn Johann Arnds vnd ſeine Schrif - ten / als die in betrachtung der Gottſeligkeit gut weren / privatim gefraget / im beſten gedacht / nicht minder wie meine Perſon / von den vnbaͤndigen Zungen haben grewliche Stiche leiden muͤſſen.
Es iſt aber / Gott Lob vnd danck / bißhero keiner ge - funden / d er einige verfuͤhriſche Gottloſe Lehr e darauß habe erweiſen vnd darthun koͤnnen / wiewol (nach dem der Stab vber den guten Herrn Arnd gebrochen) hin vnd wieder etwas außzuklauben vnd in einem an - dern verſtande wieder des Authoris offentliche prote - ſtation, die den Vier Buͤchern vorgeſetzet / man ſich gnugſam bemuͤhet vnd bearbeitet hat / ohne allein das dies jhr vornembſtes argument, das ſie dawider auff bringen / ſcheinet / weil faſt aus allen Confeſſions Leu - ten etliche die dieſe Buͤcher geleſen / jhnen das Lob ge - ben / das ſie Chriſtlich geſchrieben ſein / davon vnter de - nen / die der Roͤmiſchen Bāpſtlichen Kirchen / vnd die des Calvini, Item / die der Wiedertaͤuffer meinung ſind zeugnuͤſſen weren / Als ſey ſchließlich / das darumb von den Buͤchern nichts zuhalten ſey. Vors Ander / weil keine glaubens Articul pro & contra außfuͤhr - lich darinnen diſputirt abgehandelt vnd erkleret wuͤr - den / als koͤnten es nicht Buͤcher genandt werden / dar -auff die[13]auff die Lehre vom wahren Chriſtenthumb zu referi - ren vnd zuziehen were. Was das Erſte belanget / iſt zwar nicht ohne / das allerley Religions Leute gefun - den / die dieſe Buͤcher loben / den wie ich berichtet bin / ſol ein Roͤmiſcher Kirchen Prælat von dieſen Buͤchern geſaget haben: Ihn thete es groß wunder / das ein ketzer ſo Geiſtreich habe ſchrei ben koͤnnen. Vnd Andere die es mit den Heidelbergiſchen Theologen vnd mit Calvino halten / haben auch dieſe Buͤcher dieſes Orts ſehr lieb. So folget doch darumb nicht / das Herr Johann Arnds alle Ketzerey in ſich habe / ſo wenig es folget; Thomæ von Kempen Buch von der nachfol - ge Chriſti liebet die Roͤmiſche Kirche / vnd die zu Ba - ſel / welche es mit dem Zvving lio halten / haben es auch deutſch drucken laſſen / Ergo iſt Thomas von Kempen Baͤpfliſch vnd Zwingliſch: Item: Wie es nicht folget / das die Tugend zulieben ſey / ſa - gen die Tuͤrcken / Juden vnd Chriſten. Ergo wer von der Tugendt ſchreibet / der iſt Tuͤrckiſch / Juͤdiſch vnnd Chriſtiſch. Alſo folget es auch nicht: Der Herr Iohann Arnds / weil er in vielē Punc - ten generalia allgemeine Lehre des Chriſtenthumbs tractiret, vnnd abhandelt / wird von vnterſchiedenen Perſonen gelobet / die nicht in ſpecialibus vnd gewiſſẽ Religions ſachẽ einig ſind. Ergo iſt Herr Iohan Arnds Buch ein Mantel aller Ketzer. &c.
Was das ander betrifft / ſo iſt ja an deme / das der Herr Iohann Arnds nicht die zwiſtige Glaubens arti - cul pro & contra darin abhandele / wie folches auch ſein vornehmen nicht geweſen / vnd er ſelber am EndeA vdes[14]des Vierdten Buchs bekennet. Das wolle aber der Chriſtliche Leſer fleiſſig mercken / wie nemlich dz gantze Chriſtenthumb auff zwey Stuͤcke beruhet. Derer 1. iſt recht glaͤuben. 2. recht vnd Chriſtlich leben. Das erſte dienet eigentlich zum handel der Seeligkeit vnnd Ge - rechtigkeit / da man glaͤubet vnd bekennet / das / da den Menſchen Gottes Geſetze zuerfuͤllen / vnd alſo durch eigen verdienſt Gerecht vnd Seelig zu werden vnmuͤg - lich geweſen / als die Zeit erfuͤllet war / habe Gott ſeinen Sohn geſandt gebohren von einem Weibe / vnd vnter das Geſetze gethan / auff das er die / ſo vnter dem Ge - ſetze waren / erloͤſete / vnd wir die Kindſchafft empfingē.
Wer nun durch andere wege die Seeligkeit ſuchen wolte / was Er auch thete / das wuͤrde Gott nicht gefal - len: Da zu den die Glaubens artickel nach Gottes wort / als von der Perſon Chriſti / Abendmahl / Tauffe / Præ - deſtination oder ewigen Gnadenwahl muͤſten erkand vnd bekand werden. Nebens dem iſt das andere ſtuͤcke des Chriſtenthumbs / welches zum gehorſam gehoͤret / den wir Gott zuerzeigen / vnd hiemit auch zugleich vn - ſern glauben zuerweiſen ſchuͤldig ſind / da durch zwar nicht die Seeligkeit erlanget oder verdienet / dennoch GOtt wolgefellig / vnd von denen Perſonen / ſo durch den glauben ſchon verſoͤhnet ſind / als eine nothwen - dige Frucht des Glaubens erfordert wird. Denn all - hie ſoll der Glaube durch die Liebe thaͤtig / in guten wer - cken lebendig / vnd zu allem guten fruchtbar ſein / dz wir nemlich vnſer liecht laſſen leuchten fuͤr den Leutẽ / dz ſie vnſere gute wercke ſehē / vn̄ vnſern Vater im Him̃el prei - ſen / welches Andere vns ſo wol zur noͤtigen warnung /als[15]als das Erſte zum ſeeligen Troſt dienen ſol / den D. Luther klagende recht ſaget in ſeiner Kirchen Poſtil Dom. 5. Ephiphan. die Jenigen / die nicht gleubẽ / kan man nicht von den Wercken bringen / die aber gleubẽ kan man nirgents zu den Werckē bringẽ. Diß andere Stuͤck Chriſtlicher Religion hat jhme der Author zuhandeln ſonderlich vorgenommẽ / vñ deſſẽ hochwichtige vrſach vnd bedenckẽ / diederChriſt - licher Leſer in der Vorrede ſeiner Buͤcher ſelber auff - ſchlagen vnd leſen mag / angezogen. Doch hat er dieſen Punct alſo tractiret, das er die zur Seeligkeit noth - wendige Glaubens artickel richtig ohne weitleuff - tiges diſputiren in ſeinen Vier Buͤchern / die er nach der Vhralten Augßburgiſchen Confeſſion wil ver - ſtanden haben mit eingefuͤhret / vnd ſich deutlich vnd ſatis orthodoxè erklehret / als vom Heiligen Abend - mahl beſihe lib. 3. cap. 2. pag. 10. vom Gnedigen wil - len Gottes gegen alle Menſchen lieſe lib. 1 cap. 8. pag. 76. vom allgemeinen Verdienſt des Herrn lib. 2. cap. 1. & 2. wieder die bloſſe verwerffung Eſaus lib. 2. cap. pag. 379. von den Mittel dingen als Bildern lib. 2. cap. 22. pag. 254. von der Muſiea oder Orgel geklang vnd andern Ceremonien lib. 2. cap. 41. pag. 483. Deſ - gleichen von der gerechtigkeit des Glaubens ſeind vn - zehlig viel oͤrter / welche ich nicht anziehen wil damit dir / lieber Leſer / vrſach vnd anlaß gegeben werde / die Buͤcher ſelber fuͤr die Hand zunehmen vnd mit allem fleiß zuleſen.
Aus welchem leicht zu concludiren vnd ab[zun]e - men / dz ob wol Herr Johann Arnds nicht weitleu[fig]pro[16]pro & contra in ſeinen Vier Buͤchern vom wahren Chriſtenthumb / diſcurriret, ſo habe er doch das fun - dament des Glaubens gewiß vnd vnbeweglich behal - ten / vnd nothwendig nach ſeinem vornehmen darin abgehandelt vnd begriffen. Das aber der Gottsfuͤrch - tige Chriſtliche Leſer / welcher einē abſchew dafuͤr tregt / das vnſchuͤldige Maͤnner vnnd bekenner Chriſti ſo er - barmlich von den Splitterrichtern zerzauſet worden / vnd ich auch fuͤr meine Perſon / ſo wol meiner Herrn Mittbruͤder / die es in dieſem Fall mit mir halten / das nemblich dem Herrn Johann Arnds vnguͤtlich vnd zu viel geſchehen / meine oͤffentliche Commendation, die in gewiſſen reſpectu geſchehen iſt ſalviren moͤge: Als wil ich denſelben alhie gewiſſe vrſachen an eigen / warumb ich den Chrwuͤrdigen vnd Hochgelarten Herrn Iohan Arnd mit ſeinen Schrifften nicht anders als fuͤr eine der Vraltē Augſpurgiſchē Confeſſion ge - trewen Lehrer habe halten wollen / koͤnnen vnd ſollen.
Vnd iſt die Erſte vrſach dieſe / weil der Chr - wirdige / Achtbare / Hochgelarte Herr Iohann Gerhar - di der Heiligen Schrifft Doctor, vnd der Loͤblichen Univerſitet zu Jehna Profeſſor zu dieſen Schrif - ten in ſeinen Locis Communibus die Studirende Ju - gend ablegtret vnd gewieſen / da er in Loco de imagi - ne DEi Tomo 2. pag. 418. alſo redet: Declarat hoc quadam ſimilitudine Dn. Iohannes Arnds / amicꝰ noſter〈…〉〈…〉 rentis loco habendus. lib. 1. de vero Chriſt〈…〉〈…〉 mo cap. 2. pag. 13. &c. Das iſt / dieſes von dem E[b]enbilde Gottes hat vnſer Freund Herr Iohann. A〈…〉〈…〉 s / den wir billich als vnſern Vater ehren / ineinem[17]einem gleichnis erklehret / im 1. Buch vom Chriſten - thumb cap. 2. pag. 13.
Vors Ander / hat dieſer Theologus des Herrn Iohann Arnds deutſche Theologv commen - diret To. 1. in loco de Naturâ Dei pag. 348. da er alſo redet: Theologia germanica per Dn. Johan - nem Arnd virum doctiſſimum amicum noſtrum ſingularem edita, ſubtiliſſimè reſpondet cap. 30. die deutſche Theologia welche durch den Hochgelarten Mann Hern Iohann Arnds außgegangen antwortet hierauff gahr tieff ſinnig.
Vors Dritte / hat der wolgenandte Herr D. Iohannes Gerhardi in ſeinem Exercitio pietatis Anno 1612. vnd hernach Anno 1618. zu Jehna Ge - druckt in der Præfation abermahls des Herrn Arnds honorificè meldung gethan / in dem er auß dem an - dern Buch vom Chriſtenthumb ſchoͤne Lob ſpruͤche des lieben Gebets allegiret, vnd dem Herrn Johann Arnds ultrò vnd freywillig das gezeugniß gibt / das er ſey inſignis Theologus ein Fuͤrtrefflicher Theo - gus das iſt: Gottes gelehrter Mann.
Vors Vierde / ſo geben auch die Vorreden vñ der beſchluß der Vier Buͤcher vom wahren Chri - ſtenthumb / das wolgedachter Author außdruͤcklich bezeuget / Er wolle in allen Articuln nach dem ver - ſtande Librorum Svmbolicorum Auguſtanæ Con - feſſionis, als da ſein die Erſte vnverenderte Augßbur - giſche Confeſſion, Apologia, Schmalcaldiſche Ar - tickel, beyde Catechiſmi Lutheri, vnnd Formula Concordiæ dieſe ſeine Buͤcher verſtanden haben.
Fuͤrß[18]Fuͤrß Fuͤnffte / bezeugen ſolches ſein Be - kentniß die Dedicationes der Kirchen Poſtill vnd des H. Pſalters / welche der Vnparteyſche Leſer zu meh - rer nachrichtung vmb Rettung dieſes getrewen Leh - rers Ampt vnnd Perſon / daheime durch ſuchen kan.
Fuͤrs Sechſte / hat der offt wolgenan - te Hochgelarte Herr D. Johann Gerhardi An - no 1616. fuͤr ſeine Aphoriſmos ſacros zu Jehna Gedruckt des Herrn Johann Arnds diſſertationem Druͤcken laſſen / welches er nimmermehr geſtattet oder begehret / wann er der Herr Johann Arnds wegen der Lehre vnd Religion in einigen Verdacht billiger weiſe gezogen worden.
Fuͤrs Siebende / hat der Ehrwuͤrdige vnnd Wolgelarte Theologus Martinus Hylle - rus diener am Wort GOttes zu Striegaw in ſei - nen 59. Andachten zu Jehna Anno 1613. Gedruckt in der 34. Andacht lit. Oo. ij den Leſer in die Buͤcher des Herrn Johann Arnds gewieſen.
Fuͤrs Achte / So iſt der Ehrwuͤrdige Herr Johann Arnds in dem Loͤblichen Fuͤrſten - thumb Luͤneburg ein Wolgeehrter / vnnd bey der Ge - meine Gottes / welche der Augßburgiſchen Confeſſi - on vnterſchrieben / anſehnlicher Lehrer vnd Superin - rendens, welchem eines gantzen Fuͤrſtenthumbs Kirchen inſpection vnd auffſicht vertrawet iſt / da auch keiner gelitten oder geduldet wird in offentlichen Lehrampt / welcher nicht nach der Richt ſchnur Goͤtt - liches Wort ſein Ampt treiben vnd fuͤhren wuͤrde.
Fuͤrs[19]Fuͤrs Neundte / ſo iſt von Anno 1605. biß auff jtzt lauffende 1620. Jahr keiner gefunden / meines erachtens / der einigen Punct in gedachten Buͤchern angeſtochen / oder offentlich angeklaget het - te / da doch zu vielen vnterſchiedlichen mahlen viel Tauſent Exemplaria in Europâ diſtrahiret vnnd verkaufft worden ſind.
Dieſe vnnd dergleichen Vrſachen / Chriſtli - cher lieber Leſer / ſind bey mir vnd meinen Mittbruͤ - dern der wichtigkeit geweſen / das ich dieſen Mann fuͤr ein Salutare organum vnd Heilſames Wergkzeug der Chriſtlichen Kirchen gehalten vnd æſtimiret ha - be / vnd auß dieſem grunde ſeines Paradiß gaͤrtleins an offentlicher Cantzel erwehnet / wie auch wol ſon - ſten anderer gelehrten Lehrer ſcripta vnd Buͤcher bißweilen zur erbawung angezogen vnnd citiret werden: Habe auch mir nicht die gedancken ma - chen koͤnnen / das einiger Menſch vnſer Confeſſi - on demſelben ſich oͤffentlich zu wiederſetzen / mich vnnd den guten Herrn Johann Arnds zu mole - ſtiren, anlaß vnnd gelegenheit dadurch nehmen wuͤrde.
Weil es aber / leider Gottes / numehr ge - ſchehen / vnnd gantz Dantzig neben andern vmbher litgenden oͤrtern / wie auch die Academia Regiomon - tana hievon voll iſt / ſo muͤſſen wirs dem lieben Gott befehlen / welcher / wie ich auß gutem Hertzen die Schrifften des Herrn Johann Arnds benamet / vnnd der Fromme Lehrer der zugemeſſenen vnnd mit Vnrecht beygefuͤgten Irthumen nichtſchuͤldig[20]ſchuͤldig iſt / alſo auch nach ſeiner guͤte vnſer Perſon vnd Ampt wieder alle boͤſe Zungen vnd Faͤlſchliche Freventliche verkehrer wird gewaltiglich zuſchuͤtzē wiſſen.
In deſſen wil ich dir hiemit / Chriſtlicher Lie - ber Leſer / eine geringe Erklerung der vornembſten oͤr - ter welche von etlichen dieſes Orts in mißverſtand vbel gedeutet vnd gedrehet worden / benebens dem ge - wiſſē grunde heilſamer Lehre / die in den Vier Buͤchern vom wahren Chriſtenthumb verfaſſet / vberreichet vnd zugeſchrieben haben / mit freundlicher bitte du wolleſt dieſe Arbeit nicht anders den im beſten ver - ſtehen / als die nicht ſo eben zu dieſes getrewen Lehres vnd ſeiner Schrifften (die weder meiner Commen - dation noch defenſion beduͤrffen) als meiner ſelbſten Ehren / guttes Nahmens vnd Ampts Rettung vnd vertheidigung gerichtet iſt.
Das uͤbrige / da Jemand wieder genandte Buͤ - cher ſich Schrifftlich aufflegen wolte / dem Herrn Authori, der jhme als ein alter wolgeuͤbter vnd be - ruͤmbter Theologus durch Gottes Geiſt gnugſam ge - wachſen iſt / heimſtellende. Damit ich dich in den Schutz des Allmechtigen wil befohlen haben.
M. Daniel Dilger Pfarrer der Kirchen zu S. Catharinen in Dantzig.
Was iſt des Herren Jo - hannis Arndes in ſeinen Vier Buͤchern vom wahren Chriſtenthumb eigentliche Meinung vom beſchriebenen vnd durch Heiliger Schrifft geoffenbare - tem Wort Gottes?
DAs haſtu Chriſt - licher Leſer deutlich zu - vernehmen lib. 1. cap. 36. p. 363. &c. Da die - ſer getrewer Lehrer ſo viel ſagt / das das geof - fenbarete vnd beſchrie - bene Wort zweyerley in ſich habe 1. Denn eußerlichen Buchſtaben welchen auch die Gottloſen hoͤren. 2. Die jnnerliche Krafft vnter dem Buchſtaben verborgen / welche nicht die jrdiſche ſondern Geiſtliche gute gleubige Hertzen empfinden vnnd anneh - men.
Seine wort von der jnnerlichenBKrafft[22]Krafft H. Schrifft / wie vnnd von wel - chen dieſelbige empfunden werde / lau -Gal. 5. 6. ten alſo P. 363. Welche jhr Fleiſch durch taͤgliche Rew vnd Buße creutzi - gen / ſambt den luͤſten vnd begierden / die der Welt vnd ihnen ſelbſten taͤglich abſterben / denen jhr gantzes Leben ein bitter Creutz iſt / die werden von o - ben herab von Gott jnnerlich geſpei - ſet / mit der ſuͤſſigkeit des Himliſchen Manna / vnd getrenckt mit dem Frew - denwein des Paradieſes: Die andern aber / ſo jhren Troſt in der Welt ha - ben / koͤnnen nicht ſchmecken das ver -Wiederwer tige dinge nemen ein - ander nicht an. borgene Manna: Vrſach ein jeglich ding vereiniget ſich mit ſeines glei - chen / Wiederwertige ding nehmen einander nicht an. Gottes Wort iſt „ Geiſtlich / darumb vereiniget ſichs „ nicht mit einem Weltlichen Hertzen. „ Gleich wie von der ſpeiſe / die der Ma - gen nicht annimbt / der Leib keine krafft empfehet: Alſo ſchmecket die Seele nicht die krafft des Goͤttlichen worts oder Himmelbrots / wenn ſie nicht daſſelbe gantz vnd gar in ſich ver - wandelt / das iſt / ins Leben.
Vnd[23]Vnnd wie dem Menſchen alles bitter ſchmecket / wen er das Fieber hat:Schoͤn gleichniß. Alſo denen / die am Fieber dieſer Welt kranck liegen / an der Weltſucht / an Geitz / Hoffart vnd Wolluſt / denen ſchmecket Gottes Wort bitter / ja jh - nen eckelt dafuͤr / wie den febricitan - ten. Welche aber den Geiſt Gottes haben / die finden darinnen das verbor - gene Himmelbrot / welche den Geiſt dieſer Welt haben / die ſchmeckens nicht / den keines nimbt das ander an.
Daher kompts / das viel Men - ſchen wenig Luſt / Frewde vnd GeiſtlichWoher es kompt das vielen leu - ten das E - vangelium nicht ſchme - cke. begierde empfinden aus dem Heiligen Evangelio / ob ſie es gleich taͤglich hoͤren. Denn ſie haben den Geiſt Gottes nicht / ſie haben nicht Himli - ſche gemuͤter / ſondern jrrdiſche Her - tzen. Wer aber das wort GOttes recht verſtehen wil / vnd deſſen Krafft empfinden / vnd von dem Himmels Brot eſſen / der muß ſich befleiſſi - gen mit ſeinem Leben gleichformich zu werden dem Wort Gottes / vnnd dem Leben Chriſti. So ſpeiſet er die demuͤtigẽ mit ſeiner Gnade / die ſanfftB ijmuͤti -[24]muͤtigen mit ſeiner Gnadẽ / die Sanfft muͤtigẽ mit ſeiner Liebe / die Gedultigẽ mit ſeinem Troſt / vñ machet jhnẽ ſein Joch ſuͤſſe / vnd ſeine Laſt leicht. Die ſuͤſſigkeit des Him̃el Brots wird ge - ſchmecket vnter dem Joch Chriſti / vndLuc. 1. da heiſt es: Die Hungrichẽ fuͤllet er mit Guͤtern / vnd leſt die Reichen leer.
Meine Wort ſind Geiſt vnd Le - ben / ſo koͤnnen ſie von keinem vn - geiſtlichen / fleiſchlichen / vppigen Her - tzen vnd Sinnen empfunden werden / „ ſondern im Geiſt / in der ſtille / in ver - „ ſchwiegenheit mit tieffer Demut vnd „ Heiliger Groſſer begierde muß mans „ annehmen / vnnd ins Leben verwan - „ deln / ſonſt hat man vom Wort Got - tes nichts mehr / denn den euſſerlichen ſchall vnnd Buchſtaben. Gleich wie man den Thon einer Harffen hoͤret / verſtehet aber nicht was es iſt / ſo hat man keine frewde davon: Alſo empfin - det man nichts vonderKrafft deß Goͤt - lichen Worts / wens nicht ins Leben verwandelt wird.
Vnd bald hernacher redet der Author im ſelbigen Capittel von der Krafft des H. Worts /[25]Worts / bey welchem nemblich dieſelbe ſich ſpuͤren laſſe / alſo p 369.
In allen Staͤnden wird die Welt mehr geſuchet vnd geliebet denn Gott. Mancher gelehrter Doctor Studie - ret Tag vnd Nacht / das er in der Welt zu groſſen Ehren kommen moͤge: A - ber vmb der Ewigen Ehre vnd Herr - ligkeit willen nimbt er offt nicht der weile ein Vater vnſer zubeten. Man - cher befleiſſiget ſich im Kriege Adel vnd Ritterſchafft / zuerlangen: Aber mit einer einigen Vntugend ſeines Fleiſches wil er nicht Kriegen / dadurch man den ewigen Himliſchen Adel er - langet: Mancher iſt ein vberwinder vieler Laͤnder vnd Voͤlcker / vnd weiß ſich ſelbſt nicht zuuͤberwinden. Wie viel ſind jhr / die das zeitliche ſuchen / vnd daruͤber ſich ſelbſten vñ jhre Seele vnd Seeligkeit verlieren. Vnnd alle die das thun / haben nicht gekoſtet das verborgene Manna des Goͤttlichen worts. Denn die vberwinden nicht / ſondern laſſen ſich von der Welt vber - winden. Denn wer das Manna ſchmecken wil / der muß vmb GottesB iijLiebe[26]Wer Got - tes troſt ſchmecken wil / muß den jrrdi - ſchen troſt fahren laſ - ſen.Liebe willen die Welt verſchmehen vnd vberwinden. Wer das thun kan / der wird den aller ſuͤſſeſten troſt des Heiligen Geiſtes empfinden / welchen niemand kennet den der jhn empfehet.
So redet er auch in folgenden Wor - ten / wann er ſpricht / das viele gelehrte ſind / die euſſerlich von Chriſto viel wiſſen zu ſagen aber den jnnerlichen Glauben vnd die Krafft der Lehre haben ſie nicht erfahren p. 373. 374. 375.
Viel ſagen auß lauterer Welt liebe / es iſt jtzo eine gelehrte Welt / ei - ne geſchickte vnnd Kunſtreiche zeit / Doctum & eruditum ſeculum: vnd wiſſen nicht / das die rechte Kunſt / Chriſtum lieb haben / welches beſſer iſt den alles wiſſen / gar erloſchen ſampt dem Glauben Epheſ. 3. Luc. 18. Vnd das wenig ſein der rechten Gottes Ge - lerten Eſa. 54. Vnnd derer die von Chriſto das rechte demuͤtige vñ ſanfft - muͤtige leben lernen ſollen / Matth. 11. Ja die aller kluͤgſtẽ ſind offt entfremb - det von dem leben das auß Gott iſt: Vnd haben noch nie gelernet / das in Chriſto ein rechtſchaffen leben ſey / Epheſ. 4. Sie meinen es ſey allesan den[27]an den wort Kuͤnſtlein gelegen / da doch die rechte Erudition vnd geſchicklig - keit nicht ſtehet in worten / ſondern in rebus vnd in der rechtſchaffenen ewi - gen weißheit / davon in dem Tractat de antiqua Philoſophia weiter / wan man aber ſagte / es were jtzo ein impi - um ſeculum, were der Warheit vnd Gottes Wort ehnlicher.
Man ſaget / dieſer man hat ei - nen ſtattlichen Tiſch vnd Kuche: Ach wem Gottes Wort wol ſchmecket / der das verborgene Manna koſtet / das e - wigwerende lebendige Himmelbrott / Johan. 6. Der hat einen herrlichen Tiſch / den Gott bereitet hat / Pſ. 23.
Wem Gott vnd ſein Wort wol ſchmecket / dem mag nichts uͤbel ſchmecken / vnd wem Gott vnd ſein Wort nicht wol ſchmecket / wz mag der fuͤr frewde haben? Gott ſelbſten iſt die Frewde / der alle erſchaffene Frewde vbertrifft / Er iſt das ewige Liecht / das alle erſchaffene Liechter vbertrifft: der wolle mit ſeinem ver - borgenen Frewdenſchein vnſere Her - tzen durch dringen / vnſeren Geiſt vndB iiijalle[28]alle Kraͤffte reinigen / erleuchten / er - frewen / verkleren / vnd lebendig ma - chen. Wenn wird dieſelbige ſtunde kommen / das vns Gott mit ſeiner Gegenwart vnd mit allem was er iſt / erſaͤtigen wird?
So lang nun ſolches nicht ge - ſchicht wird in vns keine vollkommeneEſai. 55. Frewde. Muͤſſen derowegen mit dem Broſamlein ſeines troſtes vor lieb ne - men / die von vnſers Herren Tiſche fallen / biß die rechte Frewde des e - wigen Lebens angehet.
Des gleichen von der jnnerlichen Krafft des Goͤttlichen Worts redet er p. 376. auff dieſe weiſe.
Der Herr ſpricht: Hoͤre meine ſtimme / vnd thue mir auff. Aber wie in einem Hauſe / da ein Welt getuͤmmel iſt / keine liebliche Muſica kan gehoͤret werdẽ: Alſo kan Gott in einem Welt - lichen Hertzen nicht gehoͤret werden. In einem ſtillen Her - tzẽ kan man mit Gott reden.Deñ es wird Gott nicht auff gethan / leſt jhn auch nicht ein / darumb kan ein ſolch jrrdiſch Hertz das Himliſche Manna nicht ſchmecken. Wen das Getummel der Welt im MenſchenHertz[29]Hertz ſtill wird / ſo kompt Gott vnnd klopffet an / vnnd leſt ſich hoͤren: So kanſtu ſagen mit dem Propheten Sa -1. Sam. 3. muel: Rede Herr den dein Knecht hoͤ - ret.
Die Epiſtel an die Hebreer am 6. Redet auch von dieſem inwendigen Geiſtlichen vnd Himliſchen Abend - mahl / vnd ſpricht: Das die ſo erleuch - tet ſein / vnd theilhafftig worden des Heiligen Geiſtes / die haben geſchme - cket die Himliſchen Gaben / das Guͤ - tige Wort Gottes / vnd die Kraͤffte der zukuͤnfftigen Welt. Da hoͤren wir / wo der Heilige Geiſt im Menſchen iſt vnd nicht verhindert wird / ſo ſpeiſet er die Seele taͤglich mit dem verborge - nen Manna des Guͤttigen Lebendigen Worts Gottes / ſo auß Gottes Mun - de gehet / vom welchem wir Leben.
II. Hiervon hoͤre auch auß dem I. Buch c. 6. eine ſchoͤne Lehre / das nembllch fromme Chriſten nicht ſollen die Heilige Schrifft auffm Papier als einē todtē Buch - ſtaben ſtehen laſſen / ſondern wz die Schrifft euſſerlich lehret / das ſolle auch in vns kreff - tig vnd lebendig werdē zur Seeligkeit. Seine Wort lauten alſo:
B vP. 52.[30]Pſ. 52. Denn dieweil Gottes Wort der Saame Gottes in vns iſt / ſo muß er ja wachſen in eine Geiſtli - che frucht / vnd muß das darauß wer - den durch denn Glauben / was die Schrifft euſſerlich Zeuget vñ Leh - ret / oder es iſt ein todter Saame vnd todte Geburth. Ich muß im Geiſt vnd Glauben troͤſtlich empfinden / das dem alſo iſt / wie die Schrifft ſaget.
Es hat auch Gott die H. Schrifft „ nicht darumb offenbaret / das ſie aus - „ wendig auff dem Papier als ein Tod - „ ter Buchſtabe ſol ſtehen bleiben / ſon - „ dern ſie ſol in vns Lebendig werden „ im Geiſt vnd Glauben / vnd ſol ein „ gantzer vnd jnnerlicher Menſch dar - „ auß werden / oder die Schrifft iſt vns „ nicht nutze. Es muß alles im Men - „ ſchen geſchehen durch Chriſtum im Geiſt vnd Glauben / was die Schrift euſſerlich lehret / als zum Exempel: beſiehe die Hiſtoriẽ Cains vnd Abels / ſo wirſtu in jhren arten vnnd eigen - ſchafften finden / das jenige / wz in mir iſt / Nemblich / den Alten vnd Newen Menſchen mit allen jhren Wercken. Dieſe[31]Dieſe beyde ſind in dir wieder einan - der. Denn Cain wil jmmer den Abel vnterdruͤcken vnd erwuͤrgen. Was iſt das anders den der ſtreit zwiſchen dem Fleiſch vnd Geiſt / vnd die Feindſchafft des Schlangenſamen vnnd Weibes Saamen. Die Suͤndflut muß in dir geſchehen / vnd die boͤſe vnart des Flei - ſches erſeuffen / der Gleubige Noa muß in dir erhalten werden / Gott muß einen Newen Bund mit dir machen / vnd du mit jhm / das verworrene Ba - bel muß in dir nicht auffgebawet wer - den in ſeiner pracht. Du muſt mit A - braham außgehen von aller deiner freundſchafft / alles laſſen / auch dein Leib vnd Leben / vnd allein in dem wil - len Gottes wandeln / auff das du den ſegen erlangeſt / ins gelobte Land vnd ins Reich Gottes kompſt. Was iſt das anders / dan das der Herr ſaget: Wer nit verleſt Vater / Mutter / Kinder Schweſter / Hauß / Acker / Guͤtter / ja ſein Leben / der kan nicht mein Junger ſein / das iſt / ehe er Chriſtum wolte ver - leugnen? Du muſt mit Abraham ſtrei - tẽ wieder die 5. Koͤnige / die in dir ſind /nemblich /[32]nemblich / Fleiſch / Welt / Todt / Teu - fel / vnd Suͤnde. Du muſt mit Loth auß Sodoma / vnd Gomorrha aus gehen / das iſt / dz vngoͤttliche leben der Welt verleugnen / vnd mit Loths Wei - be nicht zuruͤcke ſehen / wie der Herr im Luca am 12. ſpricht: Summa GOtt hat die gantze Heilige Schrifft in den Geiſt vnd Glauben gelegt / vnd muß alles in dir Geiſtlich geſchehen: Da - her gehoͤren alle Kriege der Iſraeliten wieder die Heidniſchen Voͤlcker. Wz iſt das anders den der Strett zwiſchen dem Fleiſch vnd Geiſt? Daher gehoͤ - ret das gantze Moſaiſche euſſerliche Prieſtertumb mit dem Tabernackel / mit der Lade des Bundes / mit dem Gnadenſtull. Das alles muß in dir Geiſtlich ſein durch den Glauben mit den opffern / reuchern / beten. Dein Herr Chriſtus muß dieſes alles in dir ſein / er hats alles zuſammen gefaſt in dem Newen Menſchen vnnd in dem Geiſt / vnd wird alles in dem Glauben vollbracht / ja offt in einem ſeufftzen: Den die gantze Biebel fleuſt zuſam̃en in ein Centrum in dem Mẽſchẽ / gleich wie auch die gantze Natur.
Alſo[33]Alſo was iſt das Newe Teſta - ment dem Buchſtaben nach anders / den ein euſſerlich zeugnuß / das es alles im Menſchen alſo muß im Glauben geſchehen? Deñ dz gantze Newe Teſta - ment muß gantz vnnd gar in vns ſein / vnnd dringet auch mit gewalt dahin / weil das Reich Gottes in vns. DennChriſti Lebẽ in vns wie Chriſtus iſt durch denn Heiligen Geiſt im Glauben von Maria leiblich empfangen vnd gebohren / alſo muß er in mir Geiſtlich empfangen vnd gebo - ren werden / er muß in mir Geiſtlich wachſen vnd zunehmen. Vnd weil ich auß Chriſto bin eine Newe Creatur geſchaffen / ſo muß ich auch in jhm le - ben vnd wandeln / ich muß mit jhm vñ in jhm im Exilio vnd Elende ſeyn / ich muß mit jhm in Demuth vñ verſchme - hung der Welt / in Gedult vnd Sanft muth / in der Liebe wandeln / ich muß mit jhm meinen Feinden vergeben / Barmhertzig ſein / die Feinde lieben / den willen des Vatets thun / ich muß mit jhm vom Satan verſuchet wer - den / vnd auch vberwinden / ich muß mit jhm vmb der Warheit willen / diein mir[34]in mir iſt / verſpottet / verachtet / verhoͤ - net / angefeindet werden / vnd ſo es ſein ſol / auch den Todt vmb ſeinet willen leiden / wie alle ſeine Heiligẽ zum zeug - nuß fuͤr jhm vnd allen außerwehleten / das er in mir / vnd ich in jhme geweſen vnd geliebet habe durch den Glauben.
Das heiſt recht dem Bilde Chri - ſti ehnlich werden / nemblich mit jhm vnd in jhm gebohren werden / Chri - ſtum recht anziehen / mit jhm vnnd in jhm wachſen vnd zunehmen / mit jhm im Elende wallen / mit ſeiner Tauffe getauffet werden / mit jhm ver - ſpottet werden / mit jhm gecreutzi - get werdẽ / mit jhm ſterben vnd auff - erſtehen / mit jhm auch herſchen vnnd Regieren / vnnd daſſelbige nicht allein durchs Heilige Creutz / ſondern auch durch taͤgliche Buſſe / vnd jnnerliche rew vnd leyd vber die Suͤnde.
Da muſtu / taͤglich mit[Chriſto] ſterben / vnnd dein Fleiſch Creutzigen / oder du kanſt mit Chriſto als deinem Heupt nicht vereiniget bleibẽ. Du haſt jhn auch ſonſt nicht in dir / ſondern auſſer dir / auſſer deinem Glauben /Hertz[35]Hertz vnd Geiſt: Vnd da wird es dir nicht helffen / ſondern in dir wil er lebẽ / ſeyn / troͤſten vnd Seelig machẽ.
Siehe das thut der Glaube al - lesdermachet dz heilige Wort Gottes in dir lebendig / vñ iſt in dir ein lebendiges zeugnuß alles deſſen / davon die ſchrift zeuget. Vnd das heiſtder Glaube in ſeiner Subſtantz vnd weſen / Ebr. 11.
Alſo iſt hierauß gnugſam offen - bar / wie alle Predigten vnnd Reden / ſo auß Chriſti / der Propheten vnd A - poſteln Munde gangen / vnd die gantze Heilige Schrifft ſtracks gerichtet ſein auff den Menſchen / vnd auff einen jeden vnter vns. Alle Parabolen Chriſti gehen auff mich vnd auff ei - nen jeden inſonderheit / ſampt allen Wunderwercken.
Vnd darumb iſts auch geſchrie - ben / das es in vns geiſtlich geſchehe. Denn Chriſtus hat andern geholffen / er mus mir auch helffen. Dann er iſt in mir / er lebet in mir / er hat Blinde ſehendt gemacht / ich bin auch geiſtlich Blind / darumb muß er mich auch ſe - hend machen / vnd alſo mit allen Wun - derwercken.
Da[36]Da erkenne dich fuͤr einen Blin - den / Lahmen / Kruͤppel / Tauben / Auſ - ſetzigen / ſo wird er dir helffen / er hat Todte lebendig gemacht / ich bin auch Todt in ſuͤnden / er muß mich in jhm lebendig machen / auff das ich theil habe an der Erſten aufferſtehung.
Summa der Glaube thut dies alles im Menſchen was die Schrifft von auſſen zeuget. Sie beſchreibet dz Bilde Gottes von auſſen / das muß in mir ſein durch denn Glauben / ſie be - ſchreibet das Reich Gottes euſſerlich im Buchſtaben / das muß in mir ſein durch denn Glauben. Sie beſchreibet Chriſtū von auſſen / er muß in mir ſein durch den Glauben. Die Schrifft be - ſchreibet den Adam / ſein Fall vñ wieder bringūg / es mus alles in mirſeyn. Die Schrifft beſchreibet das Newe Jeru - ſalem / das muß in mir ſein / vnd ich muß es ſelbſt ſein. Die Schrifft zeu - get von auſſen von der newẽ Geburth / von der newen Creatur / das muß alles in mir ſein / vnd ich muß es ſelbſt ſein durch den Glauben oder die Schrifft iſt mir nichts nuͤtze. Das iſt alles derGlaube[37]Glaube / vnd des Glaubens Werck in vns / ja Gottes Werck vnd das Reich Gottes in vnſerm Hertzen.
Das heiſt rechtſchaffen lehren / wie die Schrifft zu leſen vnd die Krafft der Schrifft zu bewahren das man den Buchſtaben nicht auffm Papier oder an der Wand ſtehen laſſe.
Ich hoͤre dz die Schrifft wo fern ſie ſol nutz ſchaffen muͤſ - ſe Krefftig in der Gleubigen Hertzen bewahret werden: Lieber beweiſe mir ob auch H. Johann Arndes den Buchſtaben vnnd das muͤndliche Predig - ambt verwerffe?
ICh kan mich vaſt nicht darin rich - ten wie du auff dieſe Frage kombſt / Ob Johan Arnd den Buchſtaben vnnd das muͤndliche Predigambt verwerffe.
Denn I. ſo iſt ja der Ehrwuͤrdige H. Johann Arndes ſeinem Ambte nach ein Su - perintendens vnd Inſpector des Loͤblichen Fuͤr - ſtenthumb Luͤneburgs / wie ſolte er den ver - werffen / was er ſelbſt taͤglich vbet / vnd trei -Cbet /[38]bet / nemlich das muͤndliche Predigambt.
II. So beweiſet auch dieſer getrewer Lehrer alles mit den gezeugnuſſen der H. Schrifft / welche zeugnuſſen nach dem Buch ſtaben verſtanden werden / wie ſolte er dan den Buchſtaben auffheben.
III. Fuͤrs dritte / damit du deutlich vnnd verſtendtlich vernehmeſt / das wolge - nandter H. Johann Arnd das muͤndtliche Predigambt nicht verwerffe / ſo hoͤre was er ſchreibet lib. 2. p. 390. 391. 392.
Das wir etwas vom Ort wie - derholen / wie Selig iſt der Menſch / der im Reich Gottes iſt / dan er hat den Schatz in jhm / er ſey an welchem Ort der Welt er wolle. Wer aber wegen vnglaubens nicht im Reich Gottes iſt / der bleibet außgeſchloſſen / ob er ſchon mit andern Chriſten Predigt hoͤrete / Sacrament brauchete. Dann der Ort ſeeliget noch verdammet keinen / ſondern Glaube oder Vnglaube / welches im Hertzen der Menſchen im Geiſt vollbracht wird. Ein Chriſt ſey wo er wolle / ſo hat er die genade / abſo - lution vnd vergebung der Suͤnden bey ſich / dan Chriſtus iſt in jhm. Aber dieß iſt nicht zuverſtehen / das mandas[39]das muͤndliche Predigampt verach-〃 te / ſondern zum troſt allen frommen〃 Hertzen / das ſie in noth / Kranckheit / 〃 frembden Orten in Chriſto ſind / vnd〃 nicht drauſſen. 〃
Item es wird geſagt zum ſchre - cken der Gottloſen vnd Vnbußferti - gen / ob ſie ſchon mitten in der verſam - lung der Chriſten ſind / dennoch ſind ſie auß geſchloſſen fuͤr den augen Got - tes. Dan ein jeder vngleubiger ſchleuſt ſich ſelbſt auß / vnd beraubet ſich des Schatzes in jhm. Alſo hilfft einem Gottloſen vngleubigen Krancken gar nicht dz Sacrament / Prieſter / Bapſt / wan er gleich mitten in der Kirchen iſt / ſo er nicht gleubet.
Sage mir Chriſtlicher Leſer / iſt dan das Muͤndliche Predigambt verachten?
Lieſe auch lib. 2. p. 116. Da eben ſolche lehre beſtetiget wird mit dieſen worten.
Weil wir aber von Natur ſo blind ſein / vnnd vnſer Elend von vns ſelbſt nit erkennen / ſo hat Gott Mittel darzu verordnet: Sein Heilig Wort vnd Sacrament / dabey alle zeit ſeint Gnade vnd Geiſt iſt / dadurch zeuchtC ijlocket[40]locket vnd ruffet vns Gott als die ver - lohrne Schaffe.
So ſagt auch dieſer frommer lehrer lib. 2. p. 578. Das der rechte troſt auß dem hoͤren / leſen / vnnd betrachten des Goͤttli - chen worts geſcherpffet werde / wan er alſo ſpricht:
Endlich iſt auch das warhaffte mittel Troſt zuerlangen / wan man fleiſſig Gottes Wort lieſet / hoͤret / vnd betrachtet / vnnd auff den Mund des Herren achtung gibt. Dan zu dem ende iſt vns Gottes Wort geoffen baret / das wir durch gedult vnd troſt der Schrifft hoffnung habẽ. Rom. 15.
Vnd alle vorbenante Stuͤcke / nemblich waren beſtendigen Troſt in allerley truͤbſal / vñ wie wir durch den - ſelbigen ware Buſſe rechten Glau - ben / hertzlich gebet vnd lob Gottes ſollen ſuchen / vnnd zu vns nehmen / muͤſſen wir allein aus Gottes Wort als den rechten troſtbrunnen ſchepf - fen vnd nemen.
Hieher gehoͤret auch was lib. 2. p. 571. ge - ſchrieben ſtehet.
Dann in Chriſto iſt mehr Ge - rechtigkeit zufinden / dan in vns Suͤn -de. Sum -[41]de. Summa / Gottes wort / iſt ſo reich von troſt / das vnſere Hertzen nicht genug ſein denſelben alle zu faſſen / wie das Oelkruͤglein der armen Wit - wen von Gott ſo reichlich geſegnet ward durch den Propheten Eliſæum / das er mehr Oels gab deñ gefeſſe ver - handen waren / 2. Reg. 4.
Ja es iſt offt ein woͤrtlein in der Schrifft / das mehr troͤſten kan dann der Teuffel vnd die gantze Welt betruͤ - ben koͤnnen. Pſ. 65. Gottes Bruͤn - lein hat Waſſers die fuͤlle / das wirſtu nicht außſchoͤpffen koͤnnen. Darumb ſich Gott nennet Jerem: 2. Die le - bendige Quelle / vnd Pſ. 36. Herr bey dir iſt die lebendige Quelle / vnd in deinem liecht ſehen wir das liecht. Solte nun die ſuͤndliche Todtesquel - le mehr truͤbſal geben / dann die le - bendige quelle troſtes.
Lib. 2. p. 474. Nennet er Gottes Wort eine Regul vnd Richtſchnur des Glau - bens da er redet alſo:
Dieſer Spruch iſt eine ſchoͤne Regul vnſers lebens / wie wir vns im Creutz vnd trawrigkeit verhalten ſol -C iijlen.[42]len. Dann gleich wie Gottes Wort eine Regel vnd Richtſchnur ſein ſol vnſers Lebens / wans vns wolgehet / wie der 32. Pſalm ſpricht: Ich wil dir den Weg zeigen den du Wandeln ſolt / Ich wil dich mit meinen augen leiten Pſ. 73. Du leiteſt mich mit dei - nem rath / vnd nimmeſt mich endlich mit ehren an. Ja wie Gottes Wort eine Regel vnd Richtſchnur ſein ſol vnſers Glaubens / Pſ. 119. Dein wort iſt meiner Fuͤſſe leuchte / vnd ein licht auff meinen Fußſteigen / Item: Erhalte meinen gang auff deinen Fußſteigen / das meine tritt nicht glei - ten.
Alſo ſol auch Gottes Wort ſein eine Regel vnſers Creutzes vnd Truͤb - ſal laut dieſes Spruchs. Wann ich be - truͤbt bin / ſo dencke ich an Gott / das iſt / ich forſche die vrſach meines Creu - tzes / vnd wo es mir her kompt / nemb - lich von dem lieben Gott / bey dem ich auch rath ſuchẽ ſol in meiner Noth.
P. 520. Ruͤhmet er das Wort Gottes das es ſey ein Ancker vnſer Seelen.
So ſol auch Gottes verheiſſungvnd[43]vnd ewige warheit vnſere gedult ſter - cken / vnnd vnſer Hertz befeſtigen / das es nicht wancke / wie S. Jacobus am 5. ſpricht. Dann wie man ein kleines Beumlein an einen ſtecken bindet das es der Wind nicht zerbreche / oder in vngeſtuͤm des Meeres Ancker auß wirfft / daran ſich das Schiff halte: Alſo muͤſſen wir vnſer wanckendes Hertz an den ſtab Goͤttliches Worts vnd Warheit binden / vnd das ſinckẽ - de Schifflein des Hertzens / mit dem Ancker der Hoffnung befeſtigen / das es nicht verſincke.
p. 348. lib. 1. Lehret er wie die Armen Juden durchs wort bekehret worden.
Das iſt die vrſache warumbder Herr Chriſtus den Apoſteln befohlen hat zu aller erſt Buſſe zu Predigen / vnd darumb hat der Herr die Suͤnder zur Buſſe beruffen / dan kein vnbuß - fertig Hertz iſt fehig des verdienſtes Chriſti.
Wan wir nun diß wort hoͤren / das da muͤſſe von ſuͤnden abgelaſſen ſein / oder ewig verdampt vnd verloh - ren ſeyn: Itzo fehlet es nicht / es geden -C iiijcket[44]cket ein Menſch zuruͤck / vnd Gottes warhafftiges wort vnnd ſein eigen gewiſſen vberzeuget jhn / das es alſo ſey. Denn es hat wol Gott vergebung der ſuͤnde zugeſaget allen auß gnaden vmbſonſten / allein dieß ſtehet darbey / wenn wir vns zu Gott bekehren / wie der Prophet ſpricht Ezech: 33. Wenn ſich der Gottloſe bekehret / ſo ſol er le - ben vnd nicht ſterben / vnd aller ſeiner ſuͤnde ſol nicht mehr gedacht werden. Da ſtehet vergebung der ſuͤnde vnnd die buſſe bey einander.
Es ſpricht wol der ewige Sohn Gottes / wer an mich gleubet / ſol das ewige leben haben / aber der glaube wie - derſtrebet dem altẽ Menſchen taͤglich / zwinget das fleiſch / machets dem Geiſt vnterthan vnd gehorſam / dz iſt bekeh - ret den Menſchen / tilget vnd dempffet die ſuͤnde / reiniget das Hertz / den dz iſt der glaube / der ſich von der Welt / von Suͤnden / vom Teuffel zu Chriſto wendet vnd kehret / vnnd wieder die groͤſte vnzalbahre ſchuld der ſuͤnden / ruhe vnd erquickung der ſeelen ſuchet / allein in dem Blute / Todte vnd ver -dienſt[45]dienſt Chriſti / ohne aller Menſchen wercke: Wer aber anders gleubet / dz jhm Gott ſeine ſuͤnde vergeben wolle / wen er gleich nicht von ſuͤndẽ ableſſet / der hat einen betrogenen falſchẽ glau - ben / vnd kan nimmermehr ſeelig wer - den / ſo lang er nicht von ſeinen ſuͤnden abſtehet.
Wie aber die Lobgeſaͤnge des H. Pſal - ters Davids groſſe krafft haben / wird geleh - ret lib. 2. p. 477. mit dieſen worten?
Auß dieſen gruͤn den iſt offenbar / das Gottes Lob vnd die lobgeſaͤnge muͤſſe ſondere groſſe nutz vnnd krafft haben. Welches aber niemand alſo verſtehen ſol / das den bloſſen worten an jhm ſelbſt ohn allen Glauben vnd andacht ſolche krafft zugeſchrieben werde vmb des bloſſen lautes willen / ſondern das die lobgeſaͤnge mit gleubi - gen Hertzen geſungen vnd geſprochen ſolche ſondere krafft haben.
Beſiehe auch lib. 2. p. 635. da er alſo redet:
Dieſe wort ſoltu offt in deinem Hertzen wiederholen / vnd iſt nicht dar - an gelegen / das du viel ſpruͤche lerneſt / ſondern daran iſt gelegen / das du einenC vſpruch[46]ſpruch wol faſſeſt / vnd zu hertzen neh - meſt. Dan wan du erſtlich einen gleu - beſt / ſo gleubeſtu ſie darnach alle / vnd wan du erſtlich auß einem kanſt troſt faſſen / ſo haſtu darnach auß allẽ troſt.
Daraus haſtu ja Chriſtlicher Leſer reich - lich abzunehmen / das dieſer getrewer lehrer das muͤndliche wort nicht verwerffe.
Ich hoͤre gleichwol / das er Gen. 3. den verbotenen baum / wie auch den baum des lebens der im Paradyß geſtanden geiſtlich auslege?
WAhr iſts das er vom verbottenen Baum / wie auch vom Baum des lebens bißweilen geiſtlich rede; Welches allen Patribus vnd Kir - chen lehrern gemein iſt / vnd gleiche geiſtli - che auslegung bey allen Theolo giſchen ſcriben - ten zu finden ſind. Aber das redet er alſo / das gleichwol der Buchſtaͤbige verſtand nicht auffgehaben werde. Denn lib. 1. p. 307. be - ſchreibet er die Hiſtorj nach dem Buchſtabẽ wie dieſelbige ſich begeben vnd zugetragen / alſo:
Gleich[47]Gleich wie der Baum des lebens mitten im Paradiß ſtund / vnd ſolche fruͤchte trug / das wer davon aß / der lebet ewiglich / wie GOtt der Herr / Gen. 3. ſpricht: Nun aber / das der Menſch nicht ausſtrecke ſeine Hand / vñ breche von dem Baum des Lebens / vnd Eſſe / vnd lebe ewiglich / da ließ jhn Gott / auß den Garten / das er das feld bawet: Alſo hat Gott in das Pa - radieß Gaͤrtlein der Chriſtlichen Kir - chen CHriſtum JEſum in das mittel geſetzet / auff das alle gleubigen von jhm jhr leben vnd krafft empfingen.
Dem ſtimmet zu was lib. 1. p. 457. ge - ſchrieben ſtehet da der Author alſo redet:
Da nun dieſe begierde / vnd aller groͤſeſte Hoffart dem Menſchen ein - gebildet / da folget der fall / der vnge - horſam vnnd vbertretung des gebots Gottes an dem verbotenen Baum: Da iſt das bilde Gottes erloſchen / der H. Geiſt von Menſchen gewichen / vnd das bilde des Sathans eingeruͤ - cket.
So redet er auch lib. 2. p. 362.
Die Schrifft ſagt / Adam ſeygeſetzet[48]geſetzet in das Paradyß / vnd Gott hat jhm gezeiget den Baum des Lebens vnd Todtes / vnd fuͤr dem Baum des Todtes gewarnet / da iſt er geſetzet zwiſchen zeit vñ ewigkeit / dz er moͤchte nach dem ewigen vber ſich trachten in dem engen wege. Alſo war jhm fuͤr - gelegt Leben vnd Todt / Liecht vnd Fin - ſterniß. Wie es nun mit Adam zugien - ge / alſo iſt es noch Dan nach dem Fall kompt Chriſtus / weiſet vns von Adam aus dem bretten Weg zu ſich ſelber in den engen Weg vhn allen nothzwang.
Lieber ſage mir nun Chriſtlicher Leſer ob H. Johann Arndes die Hiſtoria vom fall Adæ dem Buchſtabe nach verleugnet habe.
Es iſt war das er den Buchſtaben in ſeinem wuͤrden laſſe / aber wz iſt das einſprechen Got - tes oder Gottes Antwort / das er den ſeinen gibt.
DAs einſprechen GOttes in eine gleubige ſeele geſchicht Durch be -trachtung[49]trachtung des H. Worts Gottes vnnd wenn der Menſch in anfechtung iſt / durch das liebe gebet / welches wan es ernſtlich iſt vnd von Hertzen gehet / ohne Goͤttli - chen jnnerlichen troſt nicht ſol noch wird geendiget werden. Davon hoͤre was lib. 2. p. 403. geſchrieben ſtehet:
Solches bezeuget auch des H. Geiſtes ampt: Er ſol vnſer Lehrer vnd troͤſter ſein. Sol er ein lehrer vnd troͤ - ter ſein / ſo mus er reden: Sol er reden / ſo muß er eine Kirche vnd Tempel ha - ben / darin er redet. Seine Kirche iſt des Menſchen Hertz: Seine Rede iſt das ſeufftzen des Hertzens / ſo er wir - cket. Er hat eine verborgene vñ Him-〃 liſche Stim̃ / vnſer Hertz empfindets. 〃 Dan er gibt zeugnuß vnſerm Geiſt / dz〃 wir Gottes Kinder ſein / durch welchen wir ruffen: Abba lieber Vater. Sol er troͤſten / ſo muß er ein Hertz haben / das ſeines troſtes vehig iſt / ein zerbro - chen vnd zerſchlagen Hertz.
Eine ſolche Goͤttliche antwort Gottes lieſe p. 463. 464.
Derowegen iſt gar gewiß vnnd vngezweiffelt / ſo offt ein gleubig Hertz Gott anruffet / ſo offt antwortet jhmGott[50]Gott der Herr durch waren troſt. Ne - met euch deſſen ein Exempel auß dem 85. Pſ. Da redet David Gott den Herren alſo an: Herr / der du biſt vormals gnedig geweſt deinem Volck / der du die Miſſethat vormals vorge - ben / vnd alle deinen zorn auffgehaben haſt / troͤſte vns. Wiltu vns dan nicht wieder erquicken? Ach / das ich hoͤren ſolte / das der Herr redet. Darauff hat er eine antwort in ſeinem hertzen be - kommen. Darumb ſpricht er: Doch iſt ja ſeine huͤlffe nit ferne: Hie ſpricht er: Ach das ich hoͤren ſolte / das der Herr redet: Vnd im 50 Pſ. antwor - tet Gott. Hoͤre mein Volck / laß mich reden. Im 6. Pſ. Herr / ſtraffe mich nicht in deinẽ Zorn. Darauff antwor - tet der 103. Pſ. Barmhertzig vnd gne - dig iſt der Herr / gnedig vnd von groſ - ſer guͤtte. Im 139. Pſ. Herr / wo ſol ich hinfliehen fuͤr deinen Angeſicht. darauff antwortet der Herr Math. 11. Kampt her zu mir / alle die jhr muͤh - ſelig vnd beladen ſeid / ich wil euch er - quicken. Jer. 10. Ich weiß / das des Menſchen thun nicht ſteht in ſeinergewalt /[51]gewalt / vñ ſteht in niemãdes macht / wie er wandele vnd ſeinẽ gang richte. Dar - auff antwortet der Herr pſ. 32. Ich wil dich vnterweiſen vñ dir den Weg zeigẽ den du wandeln ſolt / Ich wil dich mit meinẽ augen leitẽ. Im 68. pſ. ſpricht die gleubige ſeele: Weiſe mir HErr deinẽ Weg / dz ich wandele in deiner warheit. Darauf antwortetderHerr Joh. 4. Ich bin der Weg / die Warheit / vñ dz Leben. Wiltu nicht jrre gehẽ / Ich binderWeg / wiltu nicht verfuͤhret werdẽ / Ich bin die Warheit / wiltu nicht im ewigen Todt bleibẽ / Ich bin dz Lebẽ. Im 38. Pſ. klaget die gleubige Seele: Es iſt nichts geſun - des an meinẽ Leibe fuͤr meinem drewẽ / vñ iſt kein friede in meinẽ Gebeinen fuͤr meiner Suͤnde. Meine Wunden ſtinckẽ vñ eitern fuͤr meiner thorheit. Darauff antwortet GOtt Eſ. 53. die ſtraffe liegt auff jhm / auff dz wir friede hetten / vnd durch ſeine wunden ſeind wir geheilet. Jer. 17. ſpricht die gleubige Seele: Hei - le du mich HErr / ſo werde ich heil / hilff mir / ſo iſt mir geholffẽ. Darauf anwor - tet der 103. Pſ. der dir alle deine Suͤnde vergibt vnd heilet alle deine gebrechen. Im[52]Im Manaſſe klagt die gleubige ſeele: Meine ſuͤnde ſind groß vñ viel wie ſãd am Meer. Darauff antwortet Gott Eſ. 43. Ich tilge deine ſuͤnde / wie eine Wolcken / vñ deine miſſethat wie den Nebel / vnd gedencke deiner ſuͤnde nim - mermehr. Ach ich bin ein groſſer ſuͤn - der / ſpricht die ſeele. Darauff antwor - tet Chriſtus Matth. 9. Ich bin kom - men die ſuͤnder zur buſſe zu ruffen / vnd nicht die gerechten. Pſ. 25. ſpricht die gleubige ſeele: Gedencke nicht der ſuͤn - de meiner Jugent / noch meiner vber - tretung. Darauff antwortet Gott Ezech. 18. Wan ſich der Gottloſe be - kehret ſo ſol er leben / vnd nicht ſterben / aller ſeiner Suͤnde ſol nicht gedacht werden. Pſ. 51. Waſche mich wol von meiner miſſethat vnnd reinige mich von meiner ſuͤnde: Antwort Eſ. 1. Ob ewer ſuͤnde gleich blutroth iſt wie Ro - ſinfarbe / ſol ſie doch wie wolle werdẽ. Pſ: 143. Herr / gehe nicht ins ge - richte mit deinem Knechte / dan fuͤr dir iſt kein lebendiger gerecht. Antwort Joh. 3. Gott hat ſeinen Sohn nicht geſandt in die Welt / das er die Weltrichten[53]richten ſol / ſondern dz die Welt durch jhn ſeelig werde. Wer an jhm gleu - bet der wird nicht gerichtet / vnd kompt nicht ins gericht. Pſ. 51. Schaffe in mir Gott ein rein hertz / vnnd gib mir einen newen gewiſſen Geiſt / Antwort. Ezech. 36. Ich wil jhnen ein new hertz vnd einen newen Geiſt geben / das ſie in meinem geboten wandeln ſollen. Pſ. 38. Ich bin Elend den gantzen tag gehe ich trawrig. Antwort Eſ. 61. Der Herr hat mich geſand zutroͤ - ſten alle trawrigen Pſ. 25 Siehe an mein Jammer vnd Elend. Antwordt Eſ. 65. Ich ſehe an den Elenden / vnd die zerbrochenes geiſtes ſind. Pſ. 56. Zehle meine flucht. Antwort. Matth. 10. Alle ewre haar auff ewrem Heupt ſind gezehlet Pſ. 42. Wan werde ich dahin kommen / das ich Gottes An - geſicht ſchawe. Antwort. Joh. 12. Wo ich bin da ſol mein Diener auch ſein Pſ. 13. Ach Herr / verbirgeſtu dein Antlitz fuͤr mir: Wie lang ſol ich ſor - gen in meiner ſeele / vnd mich engſten in meinem Hertzen taͤglich? Wie lang ſol ſich mein Feind vber mich erheben? DAntwort[54]Antwort Eſa. 54. Ich habe dich ei - nen kleinen augenblick verlaſſen / aber mit ewiger gnade wil ich mich dein er - barmen. Halt gegen einander dein Lei - den / vnd die Ewige gnade / vnd ob die verheiſſung verzeucht / ſo harre jhr / ſie wird gewißlich kommen vñ nicht ver - ziehen Pſ. 22. Sey nicht ferne von mir / dann Angſt iſt nahe / vnd iſt hie kein helffer / antwort: Pſ. 91. Ich bin bey jhm in der noth / ich wil jhn herauß reiſſen vnd zu Ehren machen Pſ. 13. Erleuchte meine augen das ich nicht im Todt entſchlaffe / antwort / Hoſ. 13. Ich wil ſie auß der Hellen erloͤſen / vnd vom Todte erretten. Philip. 1. Ich begehre auff geloͤſet / zu werden / vnnd bey Chriſto ſein / antwort. Luc. 13. Heut wirſtu mit mir im Paradyß ſeyn.
Summa die gantze Schrifft iſt „ nichts anders den ein Geſprech der „ gleubigen Seele mit Gott / vnnd ſo „ offt ein gleubiges Hertz Gott ſeine „ Noth klagt / oder zu Gott ſeuffzet / ſo „ offt antwortet jhm GOtt darauff „durch[55]durch jnnerlichen troſt / oder durch den〃 troſt ſeines Goͤttlichen Worts. 〃
Zur beſtetigung dieſes magſtu auch zum troſt erwegen was cap. 40. lib. 2. gantz geiſtreich geſchrieben ſtehet / da der author alſo redet p. 469.
Gottes guͤtte begenet vns durch jnnerlich geſprech vnſers glaubens. Dann die guͤte des Herrn vmbfehet vns / Pſ. 32. vnd ſpricht auß dem Pro - pheten Jerem am 3. Kehre wieder zu mir / ſo wil ich nicht ewig mit dir zuͤr - nen. Dann ich bin barmhertzig / allein erkenne deine Miſſethat / das du wie - der den Herren deinen GOtt geſuͤndiget haſt. Der Glaube ant - wortet auß dem 51. Pſ. Gott ſey mir gnedig nach deiner guͤtte / vnnd tilge meine Suͤnde nach deiner groſſen Barmhertzigkeit. Die Barmhertzig - keit GOttes begegnet vns. Joh. 6. Wer zu mir kombt / den werde ich nicht hinauß ſtoſſen. Der Glaube ſpricht Cant. 1. Ach Herr hilff mir / das ich zu dir komme / zeug vns nach dir / ſo lauffen wir. Die Barmhertzig - keit Gottes begegnet vns vnd ſpricht. D ijEſ. 61.[56]Eſ. 61. Der Herr hat mich geſand den Elenden zu Predigen / die zerbro - chene hertzen zuverbinden / zu troͤſten alle trawrichen. Der Glaube ſpricht Pſ. 51. Troͤſte mich wieder mit deiner huͤlffe / vnd der frewdige geiſt enthalte mich. Die Barmhertzigkeit Gottes ſpricht. Eſ. 43. vnd 41. Ich tilge deine ſuͤnde wie die Wolcken / vnnd deine Miſſethat wie den Nebel. Der glaube ſpricht Pſ. 25. Siehe an mein jam - mer vnd Elend / vnd vergib mir alle meine ſuͤnde. Die Barmhertzigkeit Gottes troͤſtet vns vnd ſpricht Pſ. 103. Wie ſich ein Vater vber Kinder er - barmet / ſo erbarmet ſich der Herr vber die / ſo jhn fuͤrchten. Der glaub ſpricht Eſ. 64. Du biſt vnſer Vater / von Alters her iſt das dein Nahme. Die Barmhertzigkeit ſpricht Matth. 11. Kompt her zu mir. Der Glaube ſpricht Pſ 25 Nach dir Herr ver - langet mich. Die Barmhertzigkeit ſpricht Jerem. 2. Du biſt von mir ab - gewichen / biſt von mir gelauffen / vnd haſt mit vielen Bulern gebulet / doch kom̃e wieder zu mir / ſpricht der Herr. Der[57]Der Glaube ſpricht Luc. 15. Ich wil wiederumb kehren / vnnd zu meinen Vater gehen vnd ſprechen: Vater / ich habe geſuͤndiget im Himmel vnd fuͤr dir / vnd bin forthin nicht werth / das ich dein Sohn heiſſe / mache mich zum tagloͤhner in deinem Hauſſe. Die Barmhertzigkeit GOttes begegnet vns / vnd ſpricht: Dieſer mein Sohn war verlohren vnd iſt wieder funden / Er war Todt / vnd iſt wieder Lebendig worden. Der Glaube ſpricht Pſ. 13. Ich hoffe aber darauff / das du ſo gne - dig biſt / mein hertz frewet ſich das du ſo gerne hilffſt. Die Barmhertzigkeit Gottes begegnet vns vnd ſpricht Eſ. 55. wollan alle die jhr duͤrſtig ſeid / kompt her zum Waſſer vnd trincket. Der Glaube ſpricht Pſ. 42. Wie der Hirſch ſchreyet nach Friſchen waſſer / ſo ſchreyet Gott meine ſeele zu dir. Meine ſeele duͤrſtet nach Gott / nach dem Lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen / das ich Gottes Angeſicht ſchawe. Die Barmhertzig - keit ſpricht Pſ. 103. Der dir alle dei - ne ſuͤnde vergibt / vnd heilet alle deineD iijgebrechen.[58]gebrechen. Der Glaube ſpricht Pſ. 130. Herr / gehe nicht ins gericht mit deinem Knechte. Die Barmher - tzigkeit ſpricht Joh. 14. Ich bin der Weg / die Warheit vnd das Leben. Der Glaube ſpricht Pſ. 25. Herr zeige mir deine wege / vnd Lehre mich deine ſteige / leite mich in deiner War - heit vnd lehre mich. Die Barmhertzig - keit Gottes ſpricht Ho. 13. Ich wil mein Volck auß der Hellen erloͤſen / vnnd vom Todte erretten; Todt / ich wil dir ein Gifft ſein: Hell / ich wil dir ein Peſtilentz ſein. Der Glaube ſpricht Pſ. 68. wir haben einen Gott der da hilfft / vnd einen Herrn Herrn / der vom Todte errettet. Die Barm - hertzigkeit ſpricht / Ich bin die auffer - ſtehung vnd das Leben / wer an mich gleubet / der wird Leben / ob er gleich ſtuͤrbe. Der Glaube ſpricht Job 19. Ich weiß das mein Erloͤſer lebt / vnd er wird mich hernacher auß der Erden aufferwecken. Die Barmhertzigkeit GOttes begegnet vns / vnd ſpricht Eſ 41. 49. Fuͤrchte dich nicht / in mei - ne Haͤnde hab ich dich gezeignet. Dubiſt[59]biſt mein / niemand ſol dich auß mei - ner Hand reiſſen Joh. 16. Der Glau - be antwortet vnd ſpricht Pſ. 31. In deine Hende befehl ich dir meinem Geiſt. Du haſt mich erloͤſet Herr du getrewer Gott.
Das iſt das einſprechen Gottes. Welches ſol es in vns erfuͤllet werden / ſo mus die ſeele jhren Sabbat halten / dem Herren ruhen vnd ſtille ſein / vñ in meinung in ſolcher betrachtung die zeitlichen Guͤtter zuruͤcke ſetzen / davon redet dieſer Geiſtreiche Mann alſo: lib. 3. cap. 8. p. 59.
Wie er den Eliam rieff / vnnd fuͤr jhm vberging im Fewr vnd ſtar - ckem Winde / der die felſen zu rieß / aber in ſanfften ſauſen war / vnd kam der Herr / alſo ſencket er ſich in ein ſtil - les / ſanfftmuͤtiges / demuͤtiges Hertz.
Hieher gehoͤret auch was lib. 2. c. 42. p. 487. geſchrieben ſtehet da der Author alſo redet:
Es ſpricht der H. David. im 119. Pſ. Ich lobe dich des Tages ſie - benmahl / vmb der rechte willen deiner gerechtigkeit / das iſt / ich ſinge des tages offt zu ehren deinem Nahmen. Lehret vns damit / das kein MenſchD iiijſein[60]ſein leben beſſer anlegen koͤnne / dan wan er des tages etwa einmahl ſich in ſein Kommerlein verſchleuſt / vnd daſelbſt Gott in der ſtille lobet / wie David ſpricht Pſ. 65. Gott man lo - bet dich in der ſtille zu Sion: oder wan der Menſch in ſeiner arbeit iſt / oder ja in der ſtilligkeit ſeines her - tzens / er ſey an welchem ort er wolle /Ein Menſch kan Gott allezeit lo - ben in der ſtille ſeines Hertzens im Geiſt. col. 3. Gott lobet. Dann ein wahrer Chriſt iſt mit ſeinem Gebet ſonſt an keine zeit vnd ort gebunden / ſondern es ſtehet im Geiſt / vnd in der Warheit. Der Geiſt aber iſt an keine zeit vnd ort ge - bunden. Darumb S. Paulus ſpricht: ſinget vnnd ſpielet dem Herrn in ewren hertzen. Da iſt der rechte orth des Lebens Gottes.
Vnnd lib. 2. cap. 7. p. 374. ſtehen die - ſe wort:
Der Glaube aber helt das hertz ſtille / macht es vehig Goͤttlicher Gna - den. Gott fordert nichts mehr vom Menſchen dann den Sabbath / ruhe von allen ſeinem werckẽ von jhm ſelbſtHertzen Sabbat fuͤrnemblich. Vnſer Geiſt vnnd Ge - muͤth iſt wie ein Waſſer / daruͤber derGeiſt[61]Geiſt Gottes ohn vnterlaß ſchwebet. So balt er ſtille wird / vnd von kei - nem winde der zeitlichen gedancken hin vnd her bewogen / bleibet GOtt darin / ſpricht ſein krefftiges Wort in ſolch ſtil Waſſer. Dieſer blick iſt beſſer vnd Edler dan die gantze Welt. Beſiehe das 8. Cap. Theologiæ Germaniæ vnnd D. Taulerum an vielen ortern. Stille Waſſer werden leichtlich erwermet / von der Sonnen / die ſchnellen rauſchenden fluͤſſe ſelten / oder gar nicht. Der Vnglaube raubet Gott ſeine Chre vnd Nahmen / der trew vnd warheit. Dadurch wird ein Chriſt gar zum Heiden vnd verleugnet Gottes. Wo er darin bleibet / iſt er gewiß ewiglich verdampt.
Siehe lieber Chriſtlicher Leſer das ſind ja Geiſtliche Goͤttliche Himliſche re - den / die dich fuͤhren / von der Welt zu Gott / das du zu offtern in dein eigens Hertze ge - heſt / das zeitliche ein wenig zu ruͤcke ſetzeſt / vnnd alſo in jnnerlichen Sabbath deinen Gott vnd Heiland Jeſu Chriſto dieneſt / mit beten loben vnd preiſen / welches ja warhaff - tig nicht geſchehen kan / woferne du nicht ruheſt von den euſſerlichen Wercken / vnndD vim[62]im hertzen deinem Gotte ſtille halteſt Eſ. 30. In ſtilſchweigen vnd Hoffnung.
Es iſt war das ſolches nicht wieder GOTtes Wort / berichte mich aber ferner / Ob auch Johannes Arndes die Augßburgiſche Con - feſſion vund den Kinder Catechiſm Lutheri richtig behalte?
TRawn ja / davon hoͤre was er hie in der præfation der 4. Buͤcher vom waren Chriſtenthumb alſo ſchrei - bet Pſ. 3.
Proteſtire hiemit / das ich dieß Buͤchlein / gleich wie in allen andern Artickeln vnd Puncten / alſo auch in articulo de libero arbitrio & juſti - ficatione peccatoris coram Deo, nicht anders als nach dem verſtande / Librorum Symbolicorum Eccle - ſiarum Auguſtanæ Confeſſionis: Alß da ſeind / die erſte vnverenderte Augſpurgiſche Confeſſion, Apolo - gia, Schmalealdiſche Artickel / beydeCatechi -[63]Catechiſmi Lutheri, vnd Formula concordiæ, wil verſtanden haben. GOtt erleuchte vns allen mit ſeinen H. Geiſte / das wir lauter vnd vnan - ſtoͤſſig ſein im Glauben vnd leben / biß auff den Tag vnſers Herren. JEſu CHriſti) welcher nahe fuͤr derPhilip. 1. Thuͤr iſt) erfuͤllet mit fruchten der Gerechtigkeit / zu Lobe vnnd Preiſe Gottes / Amen
So redet auch dieſer Chriſtlicher Lehrer zum beſchluß / des andern Buchs da dieſe wort ſtehen /
Zum beſchluß muß ich den Chriſtlieben - den Leſer noch etlicher puncten erinnern; Das ich keinen andern finem, Ziel oder Zweck habe vnnd ſuche in dieſen meinen Buͤchern / Dan das neben vnd mit vnſer reinen Religion vnd Glau - ben bekentniß / ſo in denn Kirchen der Augsbur - giſchen Confeſſion ſchallet / vnd in Formula Con - cordiæ wiederholet iſt (zu welcher ich mich auch mit Hertzen vnd Munde bekenne / wil auch dz die - ſe meine Schrifften nicht anders dan nach denſel - ben ſollen verſtanden werden) Auch das heilige Chriſtliche leben moͤge fortgepflantzet werden.
Summa das er die H. Lehre des Ca - techiſmi auffrichtig vnd trewlich behalte / be - jahe vnd annehme / davon hoͤre nachfolgende wort / welche aufgeſchrieben lib 2. p. 54. c. 4.
Sieht / wie dir nun der SohnGottes[64]Gottes ein Exempel gegeben hat dei - ne euſſerliche Werck auß deinem Her - tzen zu vrtheilen / ſo vrtheile nun deinDas Chri - ſtenthumb muß man in Hertzen haben gantzes Chriſtenthumb auß deinem Hertzen. Du ſprichſt: Ich bin ein Chriſt getaufft / habe Gottes Wort rein / hoͤre daſſelbe / brauch das H. Sacrament / Ich gleub vnd bekenne auch alle Artickel des Chriſtlichen glaubens. Darumb kan mirs nicht mangeln / mein thun muß Gott gefal - len / vnd ich muß ſeelig werden. So ſchleuſſet jtzo alle Welt / vnnd helts auch dafuͤr / darin beſtehe die gerech - tigkeit. Das iſt wol ein rechter guter ſchluß / wan des Hertzen grund da - bey iſt / wo nicht / ſo iſts alles vergeb - lich. Pruͤffe dich nur auß deinen eigen Hertzen. Die Proba liegt im Hertzen. Erſtlich ſprichſtu: Du biſt ein Chriſt / iſt recht / Beſiehe des Hertzen grund / wie iſts da? Biſtu dan auch in deinen Hertzen ein Chriſt mit der that alſo /1. Ioh. 2. wie mit dem Nahmen? Iſt die Sal - bung auch des Geiſtes in dir / vnd des H Geiſtes fruchte / die einem waren Chriſten beweiſen? Wo nicht ſo biſtuein[65]ein falſcher Chriſt. Die proba ligt im Hertzen. Du ſpricht auch: Ich bin getaufft / iſt recht. Beſiehe deines Her -Fruͤchte der Tauffe. tzen grund. Lebeſtu auch in der newen Geburt / in ſtetter Buſſe / vnd toͤdtung des alten Adams. Du haſt die Tauffe empfangen / wo ſind die fruͤchte deiner Tauffe? Du haſt wol die newe Ge - burt empfangen / aber du lebeſt nicht darinnen. Du ſpricht: Ich habe Got - tes Wort rein / vnnd hoͤre daſſelb / iſt alles recht. Beſiehe deines Hertzen grund. Iſt auch Gottes wort in deinWie GOt - tes wort zu hoͤren. leben verwandelt worden / wie eine ſpeiſe im Fleiſch vnd Blut: dann alſo muß die Edle Speiß Goͤttliches worts in dein leben verwandelt werden / oder es iſt vergeblich gehoͤret / wie der Herr andeutet / Matth. 13. vnd Luc. 13. vom Sawerteig / dadurch der gantze Teig durchſawert wird. Biſtu auch from - mer dadurch worden? Spricht nicht der Herr. Es werden nicht alle / die zu mir ſagen: Herr Herr /Matth. 〈…〉〈…〉. ins Himmelreich kommen Du ſtrei - teſt / vnd eyfferſt vber vnd fuͤr die rei - ne Lehre / iſt recht. Sihe dein Hertzan.[66]an. Haſtu auch aus der reinen Lehr / ein rein hertz bekomen? Iſts nicht war dz mancher bey dem eyfer d’reinẽ lehr / der vnreineſt menſch iſt / voll Hoffart / Feindſeeligkeit / vñ Wucher? Ach Gott der tewre Name dein. Du ſprichſt: Ich brauch dz H. Abendmal / iſt recht. Sie -fruͤchte des Abend - mahls. he dienes hertzen grund an. Du haſt Chriſti Fleiſch vñ Blut im Abendmahl offt empfangen / warumb leſſeſtu dann Adams Fleiſch vnd Blut in dir herſchẽ vnd Leben / vnd nicht viel mehr dz Edle Leben Chriſti / das iſt / Liebe / Sanfft - muth vnnd Demuth? Du empfeheſt CHriſtũ im Sacrament vñ verleug - neſt jhn in deinem Leben? Biſtu auch in jhm verwandelt durchs H. Abend - mahl / wie S. Auguſtinus ſagt: Du ſolt mich nicht in dich / ſondern ich wil dich in mich verwandeln? Du ſprichſt: Ich Gleube vnd bekenne alle Artickel des Chriſtlichẽ Glaubens / iſt recht. Beſie - he deines hertzen grund / dz iſt der ware Glaube / der dich mit Gott / vnnd Gott mit dir vereiniget / gleubeſtu an GOtt / ſo muß GOtt in dir ſein / in dir lieben vnnd wircken / oder deinGlaube[67]Glaube iſt falſch / vnnd hat dich mit GOtt nicht vereiniget / du biſt von Gott geſcheiden. Ich rede allhie nit von dem ſchwachen glauben / derWas ſey an Gott vñ Chriſtum gleuben. Epheſ. 3. Rom. 6. offt nicht empfunden wird / vnnd als ein glimmendes toͤchtlein iſt / vñ gleich - wol Gott anhanget wie ſchwach er auch iſt vnd ſeine fruͤchte auch bringet in ſeiner ſchwacheit / ſonder ich rede von der allgemeinen Prob vnd frucht des glaubens. Gleubeſtu an Chri - ſtum / ſo muß Chriſtus in dir ſein / vnd in dir Lebẽ / oder dein Glaube iſt Falſch. Gleubeſtu dz Chriſtus fuͤr deine ſuͤnde geſtorbẽ iſt / ſo muſtu mit jhm d’Suͤndẽ vnd der Welt abſterben / ſonderlich der Hoffart vñ Geitz / wo nit / ſo gleubeſtu nicht an Chriſtum. Gleubeſtu / dz Chri - ſtus geereutziget iſt fuͤr die ſuͤnde der Welt / ſo muſtu mit jhm der Welt ge - creutziget werdẽ / oder du biſt mit dei - nem Herren Chriſto nicht vereiniget durch den glauben alß ein wares glied. Gleubeſtu das Chriſtus auff - erſtanden iſt / ſo muſtu mit jhm als mit deinem heupt vereinigt bleiben. Sum̃a Chriſti Geburt / Creutz / Todt /Leyden /[68]Leiden / Aufferſtehung / Himmelfart / muß alles in dir ſein / oder es iſt nichts mit deinem Glauben. Gleubeſtu an den H. Geiſt / ſo muß der H. Geiſt in dir ſein / dich regieren / erleuchten vnd heiligen. Dan die der Geiſt Got -Rom. 8. tes treibet / die ſind Gottes Kinder.
Siehe nun / mein lieber Chriſt / laß dein Chriſtenthumb inwendig ſein / nicht außwendig / aus den jnnerſten grund deines Hertzens gehen / auß dem waren lebendigen / thaͤtigen glauben / aus warer jnnerlicher hertz - licher ſtettiger buſſe / oder dein gan - tzes Chriſtenthumb iſt falſch / vnd kanſt mit allem deinem thun fuͤr Gott nicht beſtehen / wird dich auch nicht helffen an jenem tage.
Dann Gott wird alle ding / wz du gethan haſt / nach deinem Hertzen richten. Beſindeſtu aber hie mangel vnnd vnreinigkeit deines Hertzens / ſo lauffe zu den Heilbrunnẽ der gna - de Gottes / Trincke / Schoͤpffe / Bitte / Suche / Schreye Miſerere Itzo wird dein Hertz geheilet / deine Suͤnde be - decket / vñ deine Miſſethat zu geſiegelt.
Hiervon[69]Hiervon hoͤre auch was lib. 3. c. 2. p. 7. geſchrieben wird mit dieſen worten.
Damit wir aber nicht in genere bleiben / ſondern in ſpecie den Ein - feltigen zu jhrem Grund helffen / biß ſie es beſſer begreiffen koͤnnen / ſo ſol - len ſie acht haben auf die fuͤnff Heupt - ſtuͤck jhres Catechißmi / wie dieſelbige nicht auſſer jhnen / ſondern in jhnen ſein muͤſſen. Vñ erſtlich: Du gleubeſt /1. Gott habe ſein Geſetz droben auf demDas euſſer - liche vnnd jnnerliche muß vber einkom̃en. Berge Sinai in zwo Steinern Taf - feln geſchrieben / vnd das geſetz ſey der H. wille GOttes nach dem du leben ſolt / du gleubeſt recht. Es iſt dir aber nicht nuͤtze / wan Gott mit dem Finger ſeines Geiſtes das Geſetz nicht in dein Hertz ſchreibet / vnd ſeinen Goͤttlichen willen in dir ſelbſt vollbringet. Sol aber GOtt ſolches thun vnnd zu die - ſem ſeinem Edelem werck in dir gelan - gen / ſo muſtu jhm / weil du nun ein Chriſt worden biſt / dein gantz Hertz geben / vnnd jhm deinen willen auff - opffern / jtzo geſchicht ſein wille in dir. Vnd weil dieß ein hohes vnnd EdlesGOtt das gantze Hertz zu geben. werck GOttes in vns iſt / ſo bittet derEKoͤnig -[70]Koͤnigliche Prophet David ſo embſig darumb / ſonderlich im 119. Pſ. (denn dahin gehet dieſer Pſalm) das jhm GOtt nach ſeinem Geſen vnd zeug - niß / leiten / fuͤhren / lehren wolte / da - mit diß hohe heilige Werck GOttes in jhm nicht moͤge verhindert werden. 2. 1. Cor. 3.Ferner / du glaubeſt Chriſtus ſey dei - ne Gerechtigkeit leben vnd Seligkeit / du glaubeſt recht / den es kan kein ander grund gelegt werden / deñ welcher ge -Act. 14. legt iſt JEſus Chriſtus: Vnnd iſt in keinen andern heil / iſt auch kein ander nahme den Menſchen gegeben / darin ſie ſollen ſeelig werden: Aber du muſt CHriſtum in dir haben / das iſt / in - wendig mit dem Glauben faſſen / das er dein eigen werde / mit ſeiner Per - ſon / vnd mit ſeinem Ampt. Siehe wan nun Chriſtus dein iſt / ſo iſt al - les dein was Gottes iſt / vnnd wenn er tauſent Himmelreich hette / vñ aber tauſent Him̃el voll Gerechtigkeit vnd Seeligkeit / ſo iſt alles dein. Dan Chri - ſtus mit ſeiner Gerechtigkeit iſt mehr vnd groͤſſer / dan tauſent Himmel voll Gerechtigkeit vnd Seeligkeit. Vndſo ſcha -[71]ſo ſchadet dir auch deine Suͤnde nicht / 〃 vnd wenn tauſend Welt voller Suͤn-〃 de auff deinem Halſe lege / alſo muſtu〃 den Schatz in dir haben / nicht auſſerLuc. 17. Rom. 14. Chriſtus muß in vns redẽ / Leuch - ten vnd Le - ben. dir: Sehet das Reich Gottes iſt in - wendig in euch: das iſt Gerechtigkeit / friede vnd frewde im H. Geiſt. Du gleubeſt das Chriſtus das ewige wort des Vaters / das wahre Liecht vnd Leben der Menſchen / du gleubeſt recht / ſiehe aber zu das das Wort in dir rede / das dieß Licht in dir Leuchte / das dieß Leben in dir Lebe: Oder es iſt dir nichts nutze / du muſt dieſen ſchatz in dir haben: Du muſt mitPſ. [9]2. Der H. Geiſt muß in vns ſeuf - tzen. Chriſto durch den Glauben vereini - get ſeyn. Du gleubeſt vnd weiſſeſt / das ein koͤſtlich ding ſey beten / dem Her - ren dancken / vnd deinen Nahmen loben du allerhoͤheſter / du gleubeſt3. Rom.[8]. Zach. 12. recht: Wan aber Chriſtusnicht in dir betet / vnd der H. Geiſt in dir ſeufftzet / welcher iſt ein Geiſt der gnaden vndJoh. 4. gebets / vnnd du im rechten Tempel des Geiſtes vnd Warheit in grund deines Hertzens nicht beteſt / wird dirs nicht viel nutzen. Du gleubeſt das dirE ijin der[72]4. Die wahre Buſſein der Tauffe vergebung der Suͤn - den gegebẽ werde / die newe Geburth / die Kindſchafft Gottes: Du gleu - beſt recht / aber wenn du die frucht der Tauffe / die newe Geburth / die Salbung des Geiſtes / die ware er - leuchtigung / nicht in dir haſt / wz wird dirs helffen.
Du gleubeſt das du im Euſſer -5. Matth. 26. lichen Sacrament des Abendmahls / den wahren weſentlichen Leib vnnd Blut Chriſti empfaͤheſt: Du gleubeſt recht / Lautes der wort des HErren: Aber iſt die jnnerliche Geiſtliche Nieſ - ſung nicht dabey / ſo wirſtu nicht al -Geiſtliche Nieſung Chriſti muß beym H. Abend - mahl ſein. 1. Cor. 11. lein keinen nutz vnd frucht davon brin - gen / ſondern vber das noch / das Ge - richte eſſen vnnd trincken. Du gleu - beſt Chriſtus ſey das geſchlachte vnd auffgeopfferte Laͤmblein Gottes am Creutz / du gleubeſt recht; Iſt er aber nicht deine Taͤgliche jnnerliche ſpeiſe / was wird er dir nutzen. Alſo ſieheſtu / wie dein ſchatz in dir zuſuchen / in dir ſein muß / nicht auſſer dir.
Vnnd das dieſer Chriſtlicher Lehrer vmb des vngoͤttlichen lebens willen / wel -ches in[73]ches in einer gemein getrieben wird / auch nicht die Lehre verdamme wie die Wie - derteuffer vnnd Papiſten vnſere lehre vr - theilen / davon hoͤre was lib. 1. Cap. 29. p. 4. 25. dieſe Wort.
Wiewol nun jemand auß dem boͤſen leben vrtheilen ſol von der Leh - re / gleich als muſte die Lehre auch falſch vnnd boͤſe ſein / weil das Leben boͤſe iſt / vnd die Wiedertaͤuffer vnd Papiſten von vnſer Lehre vrtheilen / welches vnrecht? Dan es folget kei - nes weges / das die Lehre muß vnrecht ſein / ob gleich die Leute dawieder han - deln mit jhrem Gottloſen Leben / ſonſt muſte Chriſtus vnd die Apoſtel auch vnrecht gelehret haben / weil auch viel boͤſer leute zu jhrer zeit waren.
Iſt derowegen das boͤſe leben keine Probe der lehre / ſondern der Perſon / ob der ein falſcher oder wah -Matth. 7. rer Chriſt ſey / der anders lehret vñ an - ders Lebet / der da recht gleubet vnndGalat. 5. Epheſ. 4. wieder den Glauben handelt. Da ſaget der Herr CHriſtus nein zu / Es ſind falſche Chriſten / es ſind boͤſe vnfruchtbare Baͤume / darumb ſie ins Fewer gehoͤren.
E iijHierauß[74]Hierauß haſtu nun Chriſtlicher Leſer zur genuͤge klerlich abzunehmen / das der H. Johan Arndes in ſeinen Vier Buͤchern vom wahren Chriſtenthum / die Lehre von beſchriebenen vnnd geoffenbareten Wort Gottes / recht verſtehe / lehre vnd auslege / da - her die jenigen welche an dieſem vmb die Kirche Gottes wolverdienten Manne Rit - ter werden wollen / zuſehen muͤgen / wie ſie ſolches fuͤr GOtt vnd ſeiner werthen Chri - ſtenheit nach dem Achten Gebott; Du ſolt kein falſch Zeugnuß reden wieder dei - nen Neheſten / Verantworten wollen.
Was iſt des H. Johan Arndes ſeine meinung von der verdorbenen Natur des Menſchen der auſſer Gottes Gnade in der Suͤn - de Lebet?
DAvon redet dieſer Chriſtlicher Leh - rer lib. 1. c. 2. p. 12. außfuͤhrlich vnd nach Gottes Wort richtig / wan er den Fall Adæ alſo beſchreibet / mit dieſen Worten:
Der Fall Adams iſt der vnge - horſam wieder Gott / dadurch ſich der Menſch von Gott abgewendet hat zu jhm ſelbſt / vnd Gott die Ehre gerau - bet / in dem er ſelbſt Gott ſein wollen: Dadurch er des H. Bildes Gottes be - raubet / nemblich der vollkommenen Erb Gerechtigkeit vnnd Heiligkeit: Im verſtande / verblendet: Im wil - len vngehorſam vnnd Gott wieder - ſpenſtig / in allen krefften des Hertzens verkehret / vnd Gottes Feind worden / welcher Grewel auff alle Menſchen durch fleiſchliche geburth fort gepflan - tzet vnnd geerbet wird / dadurch der Menſch Geiſtlich todt vnd geſtorben / ein Kind des Zors vnd verdamniß iſt / wo er nicht durch Chriſtum erloͤſet wird. Darumb ſoltu einfeltiger Chriſt den Fall Adams fuͤr keine vnd ſchlech - te ſuͤnde achten / als were nur derſelbi - ge ein bloſſer Apffelbieß / ſondern dz iſt ſein Fall geweſen / das er Gott ſelbſtE iiijhat ſeyn[76]Adams Fall die ſchreck - lichſte ſuͤn - de.hat ſeyn wollen / vnd das war auch des Sathans Fall / das iſt aber die ſchreck - lichſte vnd abſchewlichſte ſuͤnde.
Dieſer Fall iſt Erſtlich in ſeinem Hertzen geſchehen / darnach durch den Apffelbieß herauß gebrochen / vnd of - fenbahr worden / diß kan man ettli - cher maſſen abnehmen in dem Fall vnd1. Sam. 15. ſuͤnde Abſolons. Denn Erſtlich war derſelbige eines Koͤniges Sohn 2. Der ſchoͤneſte Menſch / an welchen vom Haͤupt biß auff die Fuͤſſolen kein feil war 3. War er ſeinem Vater ein ſehr lieber Sohn / wie man an den Thraͤnen Davids ſiehet. An dieſer Herrligkeit wolte ſich Abſolon nicht genuͤgen laſſen / ſondern wolte ſelbſt Koͤnig ſein / vnd raubet jhm die Koͤ - nigliche Ehre.
Da er nun das in ſein HertzLuc. 3. nam / da ward er ſeines Vatern ab - geſagter Feind / vnd trachtet jhm nach dem Leben. Alſo war Adam. 1. Got - tes Sohn / 2. Der ſchoͤneſte vnter allen Creaturen / alſo das kein feil an jhm war an Leib vnd Seel / vnd war auch fuͤrs dritte Gott ein liebes Kind /als er[77]als er ſich nun an dieſer Herrligkeit nicht wolte benuͤgen laſſen / ſondern Gott ſelbſt ſein / da ward er ein Feind Gottes / vnd wens muͤglich geweſt / hette er Gott vertilget.
Wie koͤnte nun eine grewlichereGleiche ſuͤn de Adams vnd des So thans. vnd abſchewlichere ſuͤnde ſein? Dar - auß dieſer grewel erfolget: Erſtlich das der Menſch den Sathan gleich wor - den in ſeinem Hertzen / dan ſie haben beyde gleiche ſuͤnde begangen. Vnnd iſt demnach der Menſch auß Gottes bilde des Sathans bilde / vnnd ſein Werckzeug worden / fehig aller boß - heit des Sathans / darnach iſt der Menſch auß einem Goͤttlichen / Geiſt - lichen / Himliſchen bilde gar jrdiſch / Fleiſchlich / Viehiſch / vnd Thieriſch worden. Denn Erſtlich / damit derBilde des Sathaus Sathan ſein Teuffliſch Bildniß im Menſchen pflantzete / ſo hat er durch ſeine liſtige / gifftige / verfuͤhriſche Wort vnd betrug / ſeinen ſchlangen ſaamen in den Menſchen geſeet / wel - cher heiſt eigene Ehre / eigene Liebe / eigener wille / vnd Gott ſelbſt ſeyn.
Daher die Schrifft alle die / ſoE vin ei -[78]in eigener liebe erſoffen ſein / nennet Ottern gezichte Matth. 3. Vñ ſchlan - gen ſaamen / die des Teuffels art an ſich haben / Gen. 3. Ich wil feindſchaft ſetzen / zwiſchen der Schlangen Saa - men / vnd des Weibes Saamen.
Auß dieſem Schlangen ſamen kan nun nichts andern wachſen / den eine ſolche grewliche frucht / die da heiſt des Sathãs bilde / Kinder Beelial / des Teuffels Kinder / Joh 8. Denn gleichGleichnuß wie ein Natuͤrlicher ſame verborgener weiſe in ſich begreifft des gantzen ge - waͤchſes Art vnd Eigenſchafft / ſeine Groͤſſe / Dicke / Lenge vnd Breite / ſei - ſeine Zweyge / Bletter / Bluͤte / vnd Fruͤchte / dz man ſich billig verwundern muß / das in einem kleinen Saͤmlein ſo ein groſſer Baum verborgen liegt / vnd ſo viel vnzehliche fruchte: Alſo iſtGifftiger Baum. in dem Gifftigen boͤſen ſchlangen ſa - men / in dem vngehorſam vnd eigener liebe des Adams / ſo auff alle nachkom - men durch fleiſchliche geburt geerbet / ſo ein Gifftiger Baum verborgen / vñ ſo vnzehliche boͤſe fruͤchte / dz in jhnẽ dz gantze bilde des Satans mit aller boͤſẽ vnart vñ boßheit erſcheinet.
Halt mir ein wenig ſtil - le / dan wie andere zarte Ohren haben / die jhnen Qucllen / wan ſie hoͤ - ren durch die Erbſuͤnde ſey der Menſch des Schlangenſaamen faͤhig / vnd Fleiſchlicher / Viehiſcher / Thieriſcher art worden / alſo kompt mir auch ſolche rede hart fuͤr: Worzu dienet es / das man den Suͤndlichen Menſchen ſo ſchwartz abmahlet.
DAs iſt nicht gut dz du ſo zarte Ohrẽ haſt / die dein angebornes Geiſtli - ches Elend vnd Blindheit nicht hoͤren wollen / vnd erſcheinet hier - aus dz du dich ſelbſt deiner verderbnuß nach bißhero noch nicht recht durch geſucht vnd erkand haſt. Damit du aber verſtehen moͤ - geſt H. Johann Arnd habe nicht zu viel gered / ſo mercke doch.
I. Das die ſchrifft ſelbſt alſo redet / das nemblich der Menſch habe des Teuffels art / oder der alten Schlangenſaamen in ſich wie der Author beweiſet in den ange - zognen worten.
II. Fuͤrs ander ſo lehren es auch die Alten Kirchen lehrer / vnter welchen Tertul. lib. de[80]lib de car. Chriſti cap. 17. alſo redet. Nam ex - inde ut abjecta pareret, & in doloribus pareret: Verbum Diaboli Semen illi fuit. Enixa eſt deniꝙ́ Diabolum fratricidam.
III. Fuͤrs dritte / ſage mir wer doch die boßheit in dem Erſten Adam gewircket habe? Gewiſſe hats GOtt nicht gewircket / dan der iſt allein die Brunquel alles gut - ten.
Ergò hat ſie der Teuffel gewircket / deſ - ſen vnart vnnd boßheit / wie ein ſame in des Menſchen Hertze ergoſſen worden / das der Menſch an ſtatt des Goͤttlichen bildes / das bild des Teuffels angenommen / vnd in ſeine Natur eingelaſſen hat. Solches erlerne auß folgenden worten des 1. Buchs. c. 2. p. 16.
Dan ſehet ein kleines Kind an / wie ſich von Mutter leibe an die boͤſe vnart in jhm erreget / ſonderlich aber der eigene wille vnd vngehorſam / vnd wenn es ein wenig erwechſet / bricht herfuͤr die angeborne eygene liebe / ei - gene Ehre / eigen Lob / eigene Rache / luͤgen vnd dergleichen / bald bricht her - fuͤr Hoffart / Stoltz / Hochmuth Gottesleſterung / Fluchen / Schwe - ren / boͤſes wuͤnſchen / Liegen vnd Trie - gen / verachtung Gottes vnd ſeines worts / verachtung der Eltern / Obrig -keit /[81]keit / es bricht herfuͤr Zorn / Zangk / Haß / Neid Feindſchafft / Rachgierig - keit / Blut vergieſſen / vnd alle Gre - wel / ſonderlich / wan die euſſerlichen Ergernuſſen darzu kommen / welche die Adamiſche Fleiſchliche vnart imErgernuß erweck et die vnart im Menſchen. Menſchen erwecken. Denn dadurch gehet herfuͤr die vnzucht / vnreinigkeit / Huriſche vantaſeyen / vnd Ehebre - cheriſche gedancken / vnzuͤchtige reden / ſchendliche geberde / wort vnd werck / die luſt zu vollerey / vberfluß in ſpeiſe vnd tranck / in Kleidung / Leichtfer - tigkeit / Vppigkeit / freſſen vnd ſauf - fen / es gehet herfuͤr geitz / wucher / be - trug / vortheil / Rencke / liſt / ſpitzfin - digkeit / vnd in Summa alle ſchande vnd Laſter / alle Buͤberey vnd ſchalck - heit auff ſo vielfaͤltige vnerhoͤrte man - cherley weiſe / das es nicht muͤglich zu - zehlen / wie im Jeremia am 17. ſtehet. Wer kan des Menſchen Hertz ergruͤn - den / ja das noch mehr iſt / ſo die Ketze - riſchen verfuͤhretẽ Geiſter darzu kom -Ergernuß in der Lehr men / ſo gehet herauß verleugnung Gottes / Abgoͤtterey / verfolgung / der warheit / die ſuͤnde in den H. Geiſtdie[82]die verfelſchung des glaubens / verkeh - rung der Schrifft / vnd aller verfuͤh - rung auffs aller ſchreckligſte / dz ſind alle die fruchte des Schlangenſamens im Menſchen / vñ dz bilde des Satans.
Wer hette nun anfenglich gemei - net / das in ſo einem kleinen ſchwachen bloͤden Kinde ein ſolcher wuſt aller laſter / ein ſo verzweiffelt boͤſes hertz / ein ſolcher grewlicher wurm vnd Ba -Verborge - ne boßheit im Men - ſchen. ſiliſcus verborgen gelegen were / wenn es der Menſch nicht ſelbſt her - fuͤr druckte mit ſeinem leben vnnd wandel / mit ſeinen boͤſen Tichten vnd trachten von Jugend auff / Gen. 6.
Laß mir das nun eine boͤſe wur - tzel ſein / darauß ſo ein Gifftiger Baum wachſet / einen boͤſen ſchlan - genſaamen / vnnd Otter gezichte / darauß ſo ein ſcheußlich bild herfuͤr kompt. Denn das wechſet ja al -Warumb ergernus ſo hart verbot tẽ Matth. 18 les von jhnen herauß / vnd wird meh - rertheils durch die euſſerliche er - gerniß erwecket. Darumb der Herr CHRIſtus die ergerniß der Ju - gent halben ſo hart verbotten / die -weil[83]weil der Schlangenſamen in den Kin - dern verborgen iſt / in welchem ſo viel ſchand vnd laſter heimblich verſtecket liegen / vnd ruhen als ein Gifft im Wurm.
Darumb O Menſch lerne den Fall Adæ / vnd die Erbſuͤnde rechtErbſuͤnde nicht auß zu reden. verſtehen / denn die verderbung iſt nicht auß zureden / vnd auß zugruͤn - den: Lerne dich ſelbſt erkennen / was du durch denn Fall Adæ worden biſt: Auß Gottes bilde des Sathans bild / im welchem alle vnarten / Eygenſchaf - ten / vnd boßheiten / des Satans be - griffen ſeyn / Gleich wie in Gottes bil - de alle Arten / Eigenſchafften vnd tu - genden Gottes begriffen waren.
Hieher gehoͤret auch was lib. 1. c. 11. p. 93. geſchrieben in dieſen worten.
Darauß iſt nun offenbahr / das vnſer Fleiſch vnd Blut von Na - tur mit des Teuffels vnart / vnd vnſer fleiſchlicher wille / mit des Sathans Boßheit / vergifftet iſt / als mit Luͤgen /Teuffels vnart in den vnb[e -]kerten. Hoffart / boͤſer Luſt vndaller vntugentſo wieder[84]ſo wieder Gott ſein. Vmb welcher boͤ - ſen vnart willen der Heer Chriſtus die Phariſeer Teuffels Kinder nen - net / Joh. 8. Ja etliche ſeiner Apoſtel fuͤr Teuffel ſchildt / gleich als were geitz / Luͤgen / Hoffart / vnd alle boͤſe luſt der Teuffel ſelbſt / damit der Natuͤr - liche fleiſchliche Menſch behaffet iſt.
Darauß dan folget das alle die / ſo in vnbußfertigkeit leben / in Hof -Im Satan leben fart / Geitz / wolluſt vnd Neid / die le - ben im Teuffel / vnd ſind mit des Teuf - fels vnart behafftet / ſie ſchmuͤcken ſich auch ſo ſchoͤn von auſſen als ſie jm - mer wollen / ſo bleiben ſie doch im her - tzen Teuffel / wie der Herr zu den Ju - den ſpricht: Welches obs wol ſchreck[-]lich iſt / ſo iſts doch die warheit.
Weil nun vnſere Elende hoch - verderbete Menſchliche Natur mit ſo vnaußſprechlichem / ſchrecklichem Jammer behafftet iſt / ſo hat ſie nun muͤſſen gebeſſert vnd genewret werdẽ. Wie aber? Alſo / weil ſie mit dem grew - lichen vbel iſt verderbet worden / ſo hat ſie mit dem hoͤchſten Gutt muͤſſen verbeſſert vnd ernewert werden / nem -lich mit[85]lich mit Gott ſelbſt / darumb hat Gott muͤſſen Menſch werden.
Wie aber des Teuffels ſaame in vns ſey / ſolches haben wir zu erlernen lib. 1. c. 41. p. 464.
Auß dieſer Blindheit quillet herTeuffels ſame im Menſchen verachtung Gottes / vnd Sicherheit / dan wie der Teuffel ſich fuͤr Gott nicht demuͤtiget / ſondern wieder jhn hof - fertig bleibet / Alſo hat er mit dieſem laſter der verachtung Gottes / ſiecher - heit vnd Hoffart die Seele auch ver - gifftet / das ſie ſich fuͤr Gott nicht de - muͤtiget / ſondern in jhrer Hoffart blei - bet / vnd inwendig alles thut nach jh - rem muthwillen ohn allen ſchew fuͤrTeuffeliſche Gifft im Menſchen. Gott. Wie der Teuffel ſich auff ſei - ne weißheit vñ macht verleſt / vnd ſich ſelbſt regieret. Alſo hat er des Men - ſchen Seel auch vergifftet / das ſie ſich auff jhre weißheit vnd macht ver - leſſet / vnd ſich ſelbſt regieren wil. Wie der Teuffel ſeine eigene Ehre ſuchet: Alſo auch der Menſch / vnd fraget nicht nach Gottes Ehre. Wie der Teuffel wieder Gottt wuͤtet: Alſo hat er die Seele mit vngedult wieder GottFbeſamet.[86]beſamet. Wie der Teuffel Gottes Nahmen leſtert / vndanckbar iſt gegen ſeinen Schoͤpffer. Wie er vnbarm - hertzig / zoͤrnig / rachgierig: So hat er die Seele des Menſchen mit ſolchem Gifft auch verderbet. Wie der Teuf - fel gern vber die Menſchen herſchet / vnd ſich ſelbſt Ehret: Alſo hat er auch die Menſchliche ſeele verderbet / das ein Hoffertiger ſeinen Neheſten / fuͤr einen Narren in ſeinem Hertzen ach - tet / fuͤr einen heilloſen nichtigen Men - ſchen / mit groſſen ſuͤnden beſudelt / vnd begehret jhm fuͤr einen Fußſche - mel zu haben.
Wie der Teuffel ein Moͤrder iſt: Alſo hat er auch die Seele zur Moͤrderin gemacht.
Es iſt war des Teuffels art / Eygenſchafft vnd ſame hat der Menſch durch den ſuͤnden fall an - genommen / weil er das ebenbilde Gottes verlohren / Aber iſt das nicht zu hart geredt das H. Johan Arend ſchreibet der Menſch ſey Beſtialiſch Viehiſch vnd Thie - riſch worden?
ES iſt nicht zu hart geredt / ſondern zu erklerung der Erbſuͤnde was die mit gebracht iſts noch zu wenig ge - red. Hoͤre du den beweiß der lib. 1 p. 19. eingefuͤhret wird vnd alſo lautet:
Denn ſiehe iſt dein Zorn vnndThieriſche Menſchen Grimmigkeit nicht Loͤwen art? Iſt dein Neid vñ vnerſetzlicher Geitz nicht Hundes vnd Wolffes art? Iſt dein vnreinigkeit / vnmeſſigkeit nicht Saͤwi - ſche art? Ja du wirſt in dir ſelbſt fin - den / eine gantze Welt voller boͤſer Thier / auch in dem kleinen Glied dei - ner Zungen allein / wie S. JacobusIacob. 3. ſagt / einen gantzen Pfuel voller boͤſen wuͤrm / eine behauſung voller vnreinen Geiſter / vnd voller vnreinen Voͤgel / wie Eſaias vnd Apocalypſis zeugen /Eſa. 3. Apoc. 18. das auch offt kein Wild thier ſo grim - mig iſt als ein Menſch / kein Hund ſo neidiſch / kein Wolff ſo reiſſendt vnd geitzig / kein Fuchs ſo liſtig / kein Ba - ſiliſck ſo gifftig / keine Saw ſo vnfletig. Vmb welcher Thieriſchen vnd Viehi -Matth. 3. Marc. 7. ſchen vnart willen der Herr Chri - ſtus Herodem einen Fuchs nennet: die vnreinen / Hunde vnd Saͤwe / welchenF ijman[88]man dz heiligthumb nicht geben noch die Perlen fuͤrwerffen ſol.
Dieſes beweiſet auch dz 17. Cap. lib. 1. p. 164. mit dieſen worten:
Darumb auch die jenige die dieſe Welt lieben / vnd jhre Paradiß darin - ne ſuchen / die kommen vber den viehi - ſchẽ verſtandt nicht / fahren davon wie ein viehe / Pſ. 49. Sind blind am in - nern Menſchen / haben keine Himli - ſche gedancken / koͤnnen ſich in Gott nicht erfrewen / frewen ſich nur in dem Dreck dieſer welt / darin iſt jhre Ruhe / wenn ſie das haben / ſo iſt jhnen wol / das ſind rechte Viehmenſchen. Ach die Elenden blinden leute / ſie ſitzen im Finſterniß vnd ſchattten des Todes / vnd fahren in die Ewige Finſterniß.
Hieher gehoͤret auch was p. 178. ge - ſchrieben:
Da der Koͤnig Nebucadnezar die Welt alzuſehr liebete / verlohr er das bilde des Menſchen / vnd wart in ein Beſtien verwandelt: Den der Text ſaget ausdruͤcklich: Er ſey wieder zu ſeiner vorigen geſtalt gekommen / Er - gò ſo muß er ſie verlohren haben / odereine[89]eine vnmenſchliche geſtalt an ſich ge - habt haben: Alſo verlieren alle die das bilde GOttes auß jhren hertzẽ / die die Welt alzu ſehr lieben / vnd werden in - wendig Hunde / Loͤwen vnd Behren / werden gar ein Viehe.
Summa was ein Menſch in ſei -dort wird das Hertz offenbaret werden. nem hertzen hat / das wird dort offen - bahr werden / vnd das wird er auch be - halten / entweder Gott / oder die Welt / behelt er die Welt / ſo wird darauß ei - tel fewer werden / wie dieſer Typus fuͤrbildet.
Desgleichen redet er auch c. 20. p. 203.
Apoc. 10. ſtehet: Die das Thier angebetet haben / die haben keine Ru - he: Alſo die das groſſe ſchoͤne Thierwoher groſ ſe vnruhe des weltlichẽ Reichthumbs / vnd jhren beſtialiſchen Viehiſchen Geitz anbe - ten / koͤnnen keine ruhe haben / ſondern viel plagen. Vnd was darffs vieler wort / vnd beweiſens / das der Natuͤr - liche Menſch alle Thier mit boßheit uͤbertreffe? ließ nur zum uͤberfluß lib. 2. p. 68. Vnd ſolcher lehr nutzbarkeit p. 89. 90. 91.
Hieraus haſtu abzunehmen vnd zuF iijſchlieſ -[90]ſchlieſſen / das H. Johann Arnd nicht vnrecht geſchrieben der Menſch habe nach dem fall Viehiſche art vnd eygen - ſchafften an ſich genommen. Das er aber nicht ſtatuire vnd ſetze dz die Menſchli - che Natur durch die ſuͤnde ſey auffge - haben / ſondern der Menſch ſey in ſei - ner Natur ein warhafftiger Menſch geblieben / davon hoͤre was p. 492. c. 41. lib. 1. dieſe wort die alſo lauten:
Es iſt zwar in Menſchlichen ver - ſtande ein kleines fuͤncklein des Na - tuͤrlichen lichtes blieben / alſo das ein Menſch auß dem Licht der Natur ſchleuſſet / das ein Gott ſey / weiß auch das er ein gerechter Gott ſey / wie alle Heidniſche Philoſophi bezeugen / aber das Geiſtliche leben nach Gott vnd ſeiner Gerechtigkeit iſt im Men - ſchen gantz geſtorben. Den dz gewiſſẽ /Rom. 2. welches iſt das Geſetz Gottes / ſo allen Menſchen / ins Hertz geſchrieben in der Schoͤpffung / ſagt einem jeden wz recht iſt. Als ein vnzuͤchtiger Menſch gedencket bißweilen: Es iſt ein Gott / vnd derſelbe iſt keuſch / alſo ſolteſtu auch ſein / vnzucht iſt ein Grewel fuͤrGott[91]Gott. Aber dieſer gedancke / der recht vnd gut iſt / vnd ein kleines Lichtlein iſt / wird bald verdunckelt / wie ein klei - nes fuͤncklein vom Waſſer außgele - ſchet vnd gedempffet. Die boͤſe luſt vnd Brunſt des Fleiſches behelt vber - handt. Ein verleumbder vnnd Moͤr - der dencket zuweilen desgleichen: Es iſt ein Gott / der warhafftig iſt /Geiſtlich Goͤttlich leben gantz todt im Na - tuͤrlichen Menſchen - vnnd den Menſchen nicht wil getoͤd - tet / ſondern erhalten haben / aber dieß fuͤncklein weret nicht lange / ſon - dern wird durch den Teufeliſchen Zorn vnd Rachgier vberwunden / vnd iſt das Geiſtliche Leben in der Liebe vnd warheit gantz todt vnd geſtorben in einem fleiſchlichen Menſchen
Hat alſo dieſer Chriſtlicher Lehrer in dieſem Paß auff das Fundament der H. Goͤtt - lichen Schrifft die Lehre von der Erbſuͤnde gewiſſe gebawet.
Weil wir allhie reden von der Erbſuͤnde / lieber ſo ſage mir doch wie die wort des H. Johan - nes Arndes zu verſtehen ſind lib. 1. c. 41. p. 465. die alſo lauten:
F iiijVnnd[92]Vnnd hiermit wil ich dirs tau - ſentmahl geſagt haben / das Gott alle zeit die Seele anſpricht vnd anklagt / vnd nicht die euſſerlichen Glieder. Dz Hertz / die Seele / iſt der Moͤrder / Luͤ - gener vnd nicht die Hende oder das Maul. Wen Gott ſpricht / Ruff mich an in der noth / ſo gebeut er der Seele vnd nicht dem Maul: Wer das nicht mercket / der bleibet ein Naar in der H. Schrifft / vnd verſtehet nimmer - mehr die Erbſuͤnde / die Buſſe / newe geburth / ja keinen artickel recht.
DAs haſtu leicht zuerlernen aus die - ſen worten / die von der Erbſuͤnde / welche innerlich im Hertzen oder in der ſeelen jhre reſidentz vnnd ſitz hat / reden vnd handeln.
Wann nun Gott der Herr den Men - ſchen anklaget / oder anredet / ſo redet oder klaget anfenglich vornemblich vnd ey - gentlich er nicht an die euſſerliche zunge / euſſerliche ohren / Naſe / den Ruͤcken / den Bauch / die Fuͤſſe vnd euſſerlichen Glieder. Den dieſe euſſerliche Glieder haben weder verſtand noch willen / vnd koͤnnen nicht hoͤ - ren was Gott wolle.
Darumb[93]Darumb wann ich betrachte denn Menſchen der eine vernunfftige ſeele vnd einen jrdiſchen Leib hat / was in jhm vnter dieſen beiden theilen die Heuptquelle ſey das der Menſch boͤſes thut vnd ſuͤndiget / oder auch GOtte dienen vnd jhn anruffen ſol / ſo iſts die ſeele vnd nicht der Leib / der Got - tes anklage oder gebott hoͤren / verſtehen / an - nehmen vnd ins werck richten kan. Iſt dem - nach gewiſſe / in betrachtung der ſeelen vnd des jrdiſchen lebens mit ſeinen gliedern / welche beyde theil im Menſchen ſind / man der Menſch Gottes anklage oder gebott ver - nehmen ſol / das die ſeele eygentlich ange - klaget vñ angeſprochen werde / weil der jrdi - ſche leib Gottes anklage nicht hoͤren kan. Welches ſo warhafftig / dz kein vernũfftiger Menſch ſolches verneinen kan / wo er nicht freventlicher muthwilliger weiſe Sophiſticiren vnd gruͤbeln wil.
2. Hierauß haſtu nun Chriſtlicher Leſer fuͤrs ander zu ſchlieſſen / dz es nicht vn - recht ſondern warhaͤfftig geredt ſey in be - trachtung der Erbſuͤnde: Das Her -Beſihe das ander Buch C. 4. Pag. 48. 49. 50. 51. 52. tze die Seele iſt der Moͤrder / Luͤgener / vnd nicht die Hende oder das Maul.
Denn die ſeele / in welcher der wille der verſtand vnd die luſt iſt / hat ermordet das gantze Menſchliche geſchlechte / in dem die Erbſuͤnde hinnein gelaſſen. Dan die ſeeleF vhat erſt -[94]hat erſtlich ſich Geiſtlich / hernacher auch den leib Geiſtlich getoͤdtet. Die ſeele iſt erſt - lich an jhr ſelbſt hernacher an dem leibe ein Luͤgnerinne betriegnerinne vnd Moͤrderinne worden / vnd iſt warhafftig nicht das Maul ſondern die ſeele der Moͤrder vnd Luͤgener.
Das dem alſo ſey / vnd das der Au - thor nur dieſes erinnere: Das allezeit vornemblich / aber nicht alleine die ſeele an - geklaget werde / haſtu / lieber leſer / gar leicht - lich abzunehmen auß dem ſcopo des gantzen Capittels. Denn darinnen handelt er vom bilde Gottes in dem Menſchen fuͤr dem fall vnd vom bild Satans nach dem Fall. Weil in auffrichtung des Bildes Gottes / vnd aus - tilgung des Bildes des Sathans das gantze Chriſtenthumb ſtehet.
Demnach zeiget er an wie das Bild Gottes im Menſchen geweſen ſey / vnd ge - leuchtet habe erſtlich in der Seelen p. 448. vnd dan auch im Leibe 451. den ſagt er / der leib muß auch heilig vnnd Gott gleich ſein / ſol der Menſch Gottes ebenbild ſein / 1. Theſ. 1. 3. in allen kraͤfften. 452.
Schleuſt hierauß: Wen nu Gott dz Hertz fordert / ſo fordert er den gantzen Men - ſchen mit Leib vnd Seele vnd allen kraͤfften. NB. Wenn auch Gott die Seele fordert / fordert er den gantzen Menſchen mit ſeinem gantzen weſen vnd leben. 453.
Gleiche[95]Gleiche ordnūg helt er auch in abhandelung des Bildes Sathans / oder der Erbſuͤnde / die er gar richtig privativè vñ poſitivè beſchreibet 459. vñ meldet dz dadurch bey des die ſeele vnd Leib behafftet ſey. 460. welches er ſtuͤck - weiß auß fuͤhret. Erſtlich von d’Seelen / darin d’Teuffel wie ein Riſe uͤber ein aͤrmes Kindlein gewuͤtet / jhren verſtand geblendet / jhren willen von Gott abgewand / alle kraͤffte des Hertzẽs vergifftet. 458 / 461. alſo dz nur ein kleines fuͤncklein des Natuͤrlichen lichts darinne vber geblieben. 462. Aber vom Geiſtlichen leben wiſſe ſie nichts. 464. Auß welcher Blindheit alle ſuͤnde quillet wieder das Geſetz GOTtes. 464. 465. Vn̄ darauff ſetzet er die worte: Vn̄ hiemit wil ich dirs 1000. mal geſaget habẽ ꝛc.
Was iſt das anders / als was der Herr Jeſus ſagt in erklerung des Geſetzes Mat - thæi am 5. Das wer da zuͤrnet der toͤdte: Wer ſeines nechſten Weib anſiehet jhr zube - gehren / der breche die ehe? ꝛc. Vnd Math. 15. v. 18. Auß dem Hertzen kommen boͤſe gedancken ꝛc. Hoͤreſtu / fieheſtu / greiffeſtu nicht / das weil das geſetz Geiſtlich iſt / ſo wil es auch geiſtlich gerichtet ſein / vñ wird dem - nach die luſt des Hertzens vnd die Seele fuͤr - nemblich angeklaget / gleich wie die heilig - keit / fuͤrnemblich im Hertzen gefordert wird. Das vnd nicht anders wil Johan Arnd:das[96]Das er aber auch den Leib mit ſuͤnden be - hafftet zu ſein / vnd alſo zu ſuͤndigen gleube ſiehe / dz beweiſet er ja ſtracks p. 467 468. 469. in misbrauch des ehſtandes / mit rauben / ſtelen / leſtern / verleumbden. ibid. welches ja die ſeele durch den Leib verrichtet / vnd voll - bringet. Die wort lauten ſo.
Wir ſehen taͤglich dieſe treffli - che boßheit / ſchreckliche Hoffart / HaßGroſſe boßheit des Hertzens. vnd Neid wie der den neheſten / das die Menſchen lieber ſterben wollen / ehe ſie dem nechſten ſein leben goͤnnen vnd laſſẽ / er ſol vnter vns ſein / oder nichts ſein / nach vnſer Boßhafftigen zoͤrni - gen ſeelen.
Mit ſolchem grawſamen Neid hat der Teuffel die Menſchliche ſeeleSchrecklich bilde des Sathans. beſamet / vñ vmb ſolches groſſen grim - mes / zorns / haſſes / Neides / feind - ſchafft willen iſt der Menſch des Sa - thans bilde. So hat er ſich in des Menſchen Seelen abgebildet vnnd abcontrafeyt.
Gott hat den Menſchen eingepflan - tzet eine reine / kenſche / zuͤchtige Ehe - liebe / nach dem Geiſt Kinder zu zeu - gen / nach dem Ebenbilde Gottes. Vnd iſt[97]Vnd iſt keine heiligere luſt noch liebe geweſt / denn das Ebenbilde GOttes fortzupflantzen / vnd das MenſchlicheHeilig ehe in der vn - ſchult. Geſchlecht zu vermehren zu GOttes Ehren / vnd des Menſchen ewiger ſee - ligkeit / ja wann ein Menſch in der vn - ſchult hundert tauſent Kinder zeugen / vñ dz Ebenbilde Gottes vnd ſeine Eh - re fortpflantzen hette koͤnnen / das we - re ſeine heiligſte / hoͤchſte Luſt vñ frew - de geweſt / dan das were alles auß liebe gegen Gott vnd des Menſchlichen ge - ſchlechts / als dz Ebenbilde Gottes / ge - ſchehen. Denn wie Gott den Men - ſchen in heiliger vnd hertzlicher wolluſt vnd wolgefallen geſchaffen / vnd ſeine frewde vnd wonne an jhm gehabt / als an ſeinem bilde: Alſo hette auch der Menſch in heiliger wolluſt ſeines glei - chen / gezeuget / frewde vnd wonne an jhm gehabet / als an Gottes Ebenbilde. Wie aber der Sathan dieſe reine / keu - ſche / Eheliche liebeflamme vervnrei - niget mit ſeiner vnſauberkeit / darf kei -Mißbrauch der H. Ehe ner langen Predigt. Der Menſch zeuget nur ſeines gleichen / wie ein vn -vernunfftig[98]vernunfftig viehe in ſeiner Blindheit vnd Brunſt. Wie iſt doch von dem vn - ſauberen Geiſt die heilige Ehe mit ſo vnordentlichen luͤſten verwuͤſtet.
Wie der Sathan vnrecht / ein Dieb vnd Raͤuber iſt: So hat er die Menſchliche ſeele mit ſeiner Die bi - ſchen art beſamet. Wie der Teuffel ein verleumbder Sophiſt / Leſterer / Schẽ - der / Gottes vnd des Menſchen iſt / ver - kehret GOtt vnd den Menſchen / ſein Wort vnd Wercke / wie er thet / da er vnſere erſte Eltern betrog: Al - ſo hat er auch die Seele des Men - ſchen mit ſeiner Gifftigen / ver - kerten / Luͤgenhafften vnart beſa -Luͤgener Teuffels Kinder Ioh. 8. met / vnnd Diaboliſche art fort ge - pflantzet / wie er iſt / das iſt / Luͤ - gener / Leſterer / verleumbder. Die - ſer Gifft iſt in des Menſchen Seelen ſo vnaußſprechlich / auff ſo viel Tauſenterley / art / das man nicht wort finden mag / dieſelbe auszureden / wie der 14. Pſalm vnd die Epiſtel an die Rom. am 3. vnd S. Jacobus am 3 die boͤſe Gifftige vnart des Luͤgenmauls / vndfalſcher[99]falſcher zungen beſchriebet / da du nicht anders verſtehen ſolt / den dieſe Teuffeliſche Diaboliſche gifft in der Seelen.
Dieweil nu / wie gehoͤret / die Erb - ſuͤnde auß der Selen in den gantzen leib ſich ergoſſen / ſo wird freylich der gantze Menſch / als ſuͤndlich paßivè vnd activè geachtet / vnd von Gott angeklaget. Dannenhero ſchleuſt auch der Author recht / vnd ſpricht P. 469.
Den Gott klaget in ſeinem Ge -Diaboliſch gifft in der Seelen ſetz / nicht allein das Maul / Zunge / Hende vnd Fuͤſſe an / ſondern den gan - tzen Menſchen / ſein Hertz / vnnd dieWas Gott. im Menſchẽ anklage. ſeele / den Brunnen alles boͤſen / wie er ſolches in den beyden letzten geboten von den boͤſen luͤſten genugſam zuver - ſtehen gibt: das lerne nur wol.
Vnnd ſind demnach dieſe beide reden nicht wieder ein ander.
1. Gott klaget vnd ſpricht an die ſeele vnd nicht die euſſerliche Glieder.
2. Gott klaget den gantzen Men - ſchen an / mit Leib vnd ſeele da die ſeele der Brun iſt alles boͤſen.
1. Denn die erſte rede weiſet auff den theil des Menſchen welcher theil die anklag hoͤren vnd vernemen kan / vnd iſt allein dieSeele[100]Seele vnd nicht der Leib / wz die Brunquelle das boͤſe wircket in den Gliedern / vnd durch dieſelbige / vñ das iſt allein die ſeele vnd nicht der Leib.
2. Die andere Rede zeiget an was paßive durch die Erbſuͤnde verdorben vnd fuͤr Gott ſuͤndlich geachtet wird / iſt Leib vnd Seele der gantze Menſch mit allen krefften / ſie ſind in der Seelen oder im jrdiſchen Leibe des Menſchen.
Worauß dan du Chriſtlicher Leſer zu erſehen haſt / das es nicht verantwortlich / ei - nes Chriſtlichen Lehrers Buͤcher vñ Schrif - ten auff eine ſolche weiſe handeln / welches etlichen Gott der HErr in gnaden vergeben wolle.
Ich hoͤre das Johann Arndes die Buſſe nicht recht be - ſchreibe / gib mir deñach hier von gewiſ - ſen vnd gruͤndlichen bericht aus ſeiner eygen Rede?
DAs hierinne dem getrewen Lehrer gewalt vnd Vnrecht geſchehe / ſohoͤre[101]hoͤre was er fuͤr eine volkommene ſchoͤne beſchreibung der heilſamſten buſſe gebe lib. 1. cap. 4 p. 33. da dieſe wort geſetzet werden.
Die Buſſe oder wahre bekeh - rung iſt ein Werck Gottes / des H. Geiſtes / dadurch der Menſche auß dem Geſetz ſeine Suͤnde erkennet / vnd den Zorn Gottes wieder die ſuͤn - de / dadurch Rew vnd Leid im Hertzen erwecket wird: Aus dem Evangelio aber Gottes Gnade erkennet / vnnd durch den Glauben vergebung der ſuͤnde in Chriſto erlanget. Durch dieſe Buſſe aber geſchicht die toͤdtung vnd Creutzigung des fleiſches vnd al - ler fleiſchlicher luͤſte / vnd boͤſen vnarth des Hertzens / vnd die lebendigma - chung des Geiſtes: Dadurch Adam vnd alles was ſeiner vnart iſt in vns ſtirbt durch wahre rew vnd Chriſtus in vns lebt durch den Glauben.
Die beſchreibung iſt gut / aber es iſt eine harte rede die im ſelbigen Cap. p. 36 gefuͤhret wird die alſo lautet.
GDarauß[102]DArauß folget / das der Menſch ſich ſelbſt muß verleugnen / Luc. 9. das iſt / ſeinen eygenen willen brechẽ / ſich Gottes willen gantzWare buſſe bringet mit ſich dz jhm ein Menſch ſelbſt vnnd der Welt abſtirbt. ergeben / ſich nicht ſelbſt lieben / vnnd ſich fuͤr den vnwirdigſten / elendeſten Menſchen halten / abſagen alle dem / das er hat / Luc. 14. das iſt die Welt verſchmehen / mit jhrer ehre vnd her - ligkeit / ſeine eigene weißheit vnd ver - muͤgen fuͤr nichts achten / ſich auff nichts / vnd auff keine Creatur verlaſ - ſen / ſonder bloß vnd allein auff Gott: Sein eigen leben haſſen / das iſt die fleiſchlichen luͤſte vnnd begierde / alsSein eigen leben haſſẽ. Hoffart / Geitz / Wolluſt / Zorn / Neid / toͤdten / vnd keinen Wolgefallen an jhm ſelbſt haben / vnnd alle ſein thun fuͤr nichts achten / ſich keines dinges ruͤhmen / ſeinen krefftẽ nichts zuſchrei -Der Welt abſterben ben / jhme ſelbſt nichts tribuiren, ſondern jhm ſelber mißfallen / der welt abſterben / das iſt / der Augen luſt / des Fleiſches luſt / dem Hoffertigen Leben / der Welt gecreutziget werden / Gal. 6. das iſt die wahre Buſſe / vnd Toͤdtung des Fleiſches / ohne welche niemand kan Chriſti Juͤnger ſein.
Die -[103]Dieſes ſcheinet das es zu hart geredt: ſolte niemand koͤnnen Chriſti Juͤnger ſein der ſich nicht wil fuͤr den vnwirdigſten Men - ſchen erkennen. 2. Der nicht wil der Welt ehre verſchmehen. 3. Der nicht wil ſeine ei - gene weißheit vnd vermoͤgen fuͤr nichts ach - ten. 4. Sich auff keine Creatur verlaſſen. 5. Bloß allein an Gott halten. 6. Sein ey - gen leben haſſen. 7. Der Welt gecreutziget werden? Das iſt zuviel geredt: Wan ich nur ſage GOtt ſey mir Suͤnder gnedig ſo bin ich Chriſti Juͤnger. Antwort: Das iſt ein feines ſanfftes Chriſtenthumb damit man den Leuten Pulſter vnter die Arme machet / vnd das Chriſtenthumb in reden vnd plappern ſetzen / ohne alle jnnerliche v - bung / fuͤr welchẽ Pulſter machen die Chriſt - liche Gemeine ſich Creutzigen vnd Segenen ſolte.
Das aber die wahre Buſſe / die 2. ſtuͤcke / eygentlich zureden / in ſich begreifft / nemblich contritionem, einen zerknirſchten Geiſt: 2. Fidem den Glauben / der ohne Nova obadientia, oder ohne newen gehorſam ohne toͤdtung des Fleiſches nicht ſein koͤnne / iſt ſo gewiß / als Gott ein warhafftiger Gott iſt.
Denn wie wiltu doch beweiſen das demſelbigen der nicht gedencket ſeinen eyge - nen willen zubrechen vnd alſo ſich ſelbſt ver -G ijleugnen[104]leugnen von Gott vergebung zu geſagt ſey.
Wie wiltu darthun das der jenige derſeine vnwirdigkeit nicht wil erkennẽ / ſolte in Gnaden ſein?
Wie wiltu doch einen ſpruch auff brin - gen / das der jenige welcher ſeine eigene weiß - heit in der bekehrung fuͤr nichts achten / ſon - dern darentgegen ſich auff eine Creatur ver - laſſen wil / ſolte von Gott fuͤr ſeinen Juͤnger vnd Schuͤler erkand werden?
Wie wiltu doch auß der Schrifft erhal - ten das der ſeyn eygen Leben nicht wil haſ - ſen / vnd Hoffart / Geitz / Wolluſt / Zorn / toͤd - tet / ſolte ware Buſſe haben vnd in Chriſt[i]Schule gehoͤren / da vns doch Gott wil ver - geben / wie wir vnſern Schuͤldigern / vnnd Gott ſiehet an den Elenden Eſ. 66. (nicht den Hoffertigen).
Wie wiltu auß Gottes Wort er ſtrei - ten / das der ſeinen krefften etwas zuſchrei - bet vnd tribuiret, ſolte Gottes Barmhertzig - keit erlangen?
Woher wiltu wahr machen das ohne toͤdtung des fleiſches jemand Chriſti ſchuͤ - ler ſey vnnd fruchtſame buſſe haben koͤnne? Stehet doch geſchrieben Gal. 5. v. 24. Welche Chriſtum angehoͤren / die Creutzigen jhr Fleiſch ſambt den luͤſten vnd begierden.
Darumb[105]Darumb bleibts war vnd iſt war / das ohne wahre Buſſe vnd toͤdtung des Fleiſches niemand kan Chriſti Juͤuger ſein. Wie der H. Johan Arnds redet p. 37.
Es ſcheinet als wann Johan Arndes lehre / das die wahre Buſſe vnd Toͤdtung des Flei - ſches ohne Glauben geſchehen koͤnne / wel - ches der H. Lutherus von den Himliſchen Pro - pheten ſchreibt / im erſtentheil dieſes ſeines tractatus, tomo 3. Jenenſi?
DAs iſt eine falſche aufflage vnd vn - ziemliche bezuͤchtigung.
1. Denn weil Johan Arndes lehret / das die wahre vnd heilſame Buſſe den Glauben in ſich habe / wie kan dan die wahre Buſſe ohne Glauben geſchehen?
2. Fuͤrs ander das Johan Arndes nicht lehre das die Toͤdtung oder Creutzi - gung des Feiſches / ſol ſie Gott gefellig ſeyn / koͤnne ohne glauben geſchehen / ſo hoͤre was lib. 3 c. 2. p. 14. geſchrieben ſtehet alſo.
In dieſem einigen iſt alles be -G iijgrif -[106]griffen was zum wahren Chriſten - thumb gehoͤret / darauß flieſſet die lie - be vnd alle tugent. Den wer Gleubet der liebet / wer liebet der Hoffet / wer Hoffet der iſt gedultig / wer gedultig iſt / iſt Sanfftmuͤtig / wer Sanfftmuͤ - tig iſt / iſt Demuͤtig / wer Demuͤtig iſt der fruͤchtet Gott / wer Gott fruͤchtet der betet / der Creutziget ſeyn Fleiſch verleugnet ſich ſelbſt / haſſet ſein eigen leben / verſchmehet die Welt.
Sage mir Chriſtlicher Lieber Leſer / ob das heiſſe ware toͤdtung vnnd Creutzigung des Fleiſches ohne denn Glauben lehren? Heiſt dz nicht leſtern? Vmb angezoge - nen orth Lutheri verhelt es ſich alſo. Der Herr Lutherus klagt von den Himliſchen Propheten / das ſie die toͤdtung des Flei - ſches forn an zu erſt ſetzen / fuͤr den Glauben / ja fuͤr das Wort: Dem zuwieder ſetzet der H. Lutherus die ordnung alſo: Zu erſt / vor al - len wercken vnd dingen hoͤret man das wort Gottes / darinnen der Heilige Geiſt die welt vmb die Suͤnde ſtrafft / Joh. 16. Wen die ſuͤnde erkennet iſt / hoͤret man von der gna - de Chriſti. Im ſelben wort kompt der Geiſt / vnd gibt den Glauben / wo vnd welchen er wil. darnach gehet an die toͤdtung vnnd das Creutz / vnd die Wercke der liebe. Werdir eine[107]dir eine andere ordnung fuͤr ſchlegt / da zweiffel nicht es ſey der Teuffel. Bißhero Lutherus. Nu frage ich dich auff dein gewiſſen / vnd bitte dich wieder ſtrebe nicht deinem eigenen wiſſen / helt der H. Johan Arnd nicht eben die ordnung / ja bey nahe dieſelbigen Worte Luthert / in der obgeſetzten beſchreibung der Buſſe? Er ſchreibet ja aus - druͤcklich / die Buß ſey ein werck des H. Gei - ſtes / die er im Menſchen durchs Wort wir - cke / nemblich durchs Geſetz / erkentnis vnd rew der Suͤnden / Auß dem Evangelio die gnade durch den Glauben. Da durch ge - ſchehe die Creutzigung des Fleiſches.
Wie mag es doch deutlicher fuͤrgebracht werden?
Wolteſtu aber einwenden / er beſchrei - be die Buſſe / an andern orten auff ander weiſe; So hoͤre was Johan Arnd ſelbſt ant - wortet / im beſchluß des Erſten Buchs p. 478. Zum beſchluß / ſagt er / muß ich dich et - licher puncten erinnern. 1. Das ich die Buſſe mit jhren fruchten auß ſonderlichen vrſachen weitleufftig / vnd auff mancherley art beſchrieben. Den die meiſten Capitel dieſes erſten Buchs find nicht anders den Fruchte der Buſſe / nemblich die ernewe - rung in Chriſto / die taͤgliche Creutzigung vnd Toͤdtung des Fleiſches / die verleugnungG iiijſein[108]ſein ſelbſt / verſchmehung der Welt / vnd uͤ - bung der liebe / vnd ſo fort an. etc.
Ergò muß ja ein billicher Leſer be - ſehen wo der author eine plenam definitionem, vñ wo er nur aliqualem deſcriptionem gebe / vñ nicht eines in das ander miſchen. 2. Zum Andern / kaͤme dir eine beſchreibung der Buß fuͤr / darinnen des Glaubens nicht gedacht wird / ſo wil er doch den Glauben darinnen vnd zwar vor Erſt verſtanden haben. Dar - umb ſetzet er im beſchluß aller ſeiner Buͤ - cher / lib. 4. p. 337. Ich habe nicht geſchri - ben den vngleubigen / ſondern den Gleubi - gen / nicht den juſtificandis ſondern juſtifica - tis. Darumb das gantze Werck / von taͤg - licher Buſſe / vnnd Chriſtlicher Liebe / nicht anders verſtanden werden ſoll / den prælu - cente fide in Chriſtum & præſuppoſita fide, das iſt / das der Glaube fuͤrleuchte / vnd das Fun - dament ſey / damit niemand gedencke das anhero vnſern fleiſchlichen freyen willen / oder gutten wercken / etwas zugeſchrieben werde / mit nichten: Sondern weil du ein Chriſt biſt / vnd mit dem Geiſt Gottes ge - ſalbet / ſo ſoltu Chriſtum laſſen in dir le - ben / in dir Herſchen / vnd den H. Geiſt dich regieren / damit dein Chriſtenthumb nicht Heucheley ſey.
Vber das weil du vernim̃eſt / das H. Johan Amd nicht in gemein von der Bußrede /[109]rede / ſendern von der Buſſe der Chriſten / den Wiedergebornen / der Gerechtſertigten / vnd von der taͤglichen Buſſe / [davon Lu - therus im groſſen Catechiſmo von der be - deutung der Tauſſe ſpricht. Was heiſt die Buſſe anders / denn den alten Menſchen mit ernſt angreiffen / vnd in ein newes Leben treten] ſo wil ich hie des H. Gerhardi mei - nung zubedencken anheim ſ[t]ellen. Seine worte lauten alſo in Tomo 3. Locorum C. pag. 764.
Quin & addimus, fidem ſalvifi - cam & juſtificantem interdum præcede - re pœnitentiam, nimirum ſi per pœni - tentiam accipiatur quotidiana illa carnis mortificatio in renatis, quâ peccati in earne adhuc hærentis ſordes & quoti - dianas infirmitates agnoſcunt & deplo - rant, easdem fide in Chriſtum ſibi con - donari petunt, & ſpiritu actiones carnis mortificant, quam vocare quis poſſit pœnitentiam renatorum ac ſtantium, quæ eſt fructus fidei: qui enim Chriſti ſunt car - nem crucifigunt cum concupiſcentijs. Gala. 5. Secus vero ſe res habet in pœni - tentia nondum renatorum ac in pecea - ta mortalia prolapſorum, qui ſalvifi - cam illam fidem in Chriſtum nunquam habuerunt, vel per peccata contra con - ſcientiam eandem amiſerunt.
G vDarauß[110]Darauß zuvorgleichen ſind die vn - gleiche fragen. Die dan vnnd wan ſind er - reget worden / ob die Buſſe dem Glauben: Oder aber der Glaube der Buſſe vorgehe.
Es ſagt gleichwol Jo - han Arend lib. 1. c. 4. p. 37. das die wahre bekehrung ſey von der welt / von jhm ſelbſt ja vom Teuffel / zu GOTT ohne welche niemand kan vergebung der ſuͤn - den erlangen noch ſeelig werden / dz ſcheinet auch hart geredt.
DIe guten leute die dieſes tadlen wiſſen nicht was ſie reden / denn die wort ſind auß der rede des Sohns GOttes genommen da act. 26. v. 18. Alſo geſchrieben ſtehet; Das der HERR den Apoſtel Paulum geſendet habe vnter die Heiden / auffzuthun jhre au - gen / das ſie ſich bekehren von der Finſter - niß zu dem Licht / vnd von der gewalt des Sathans zu Gott zu empfahen vergebung der Suͤnden / vnd das erbe / ſampt denen die geheiliget werden durch den Glauben an mich.
Lieber[111]Lieber was wil man doch hie viel gru - beln? Der hochberuͤmbte vnd vmb die Kir - che Gottes wolverdiente H. Johan Gerhar - di ſetzet der Buſſe beſchreibung auß dem 26. act. v. 18. mit gleichen worten vnnd ſagt The ſchubhah pœnitentia ſey ἐϖιςϖοφὴ ſive converſio à peccatis ad juſticiam à Diabolo ad Deum à morte ad vitam à tenebris ad lucem, ab eo quod eſt φαινο - μένως bonum ad illud quod ὄν〈…〉〈…〉 ως tale.
Das du aber wiſſen moͤgeſt warumb der H. Johann Arndes die Lehre von der Buſſe alſo / nach Gottes Wort ſeherpffe / ſo hoͤre was er lib. 1. c. 8. ſchreibet / da er vn - ter andern pag. 77. mit dieſen Worten ſich erklaͤret:
Viel Leute ſind / welche die zeit jhres Lebens nicht ware Buſſe gethan / vnd wollen doch vergebung der Suͤn - de haben / die da nie haben abgelaſſen von jhrem Geitz / Hoffart / Zorn / Haß / Neid / Falſcheit / Vngerech - tigkeit / ja haben noch wol darin zugenommen / vnnd wollen jhnen Chriſti verdienſt zu rechnen. Haben ſich ſelbſt vberredet / ſie ſind gutte Chriſten / weil ſie wiſſen vnd gleuben / Chriſtus ſey fuͤr jhre Suͤnde geſtor -ben / vnd[112]ben / vnd gedencken alſo ſeelig zu wer -Betrogene Chriſten vnfalſcher Glaube wen / Ach du betrogener Falſcher Chriſt das hat dich nie Gottes Wort gelehret / das du alſo ſolt ſeelig wer - den / ſo hat nie kein Prophet vnnd A - poſtel geprediget / ſondern alſo pre - digen ſie. Wenn du wilt vergebung der Suͤnde haben / ſo muſtu Buſſe thun vñ von Suͤnden ablaſſen vñ dir deine Suͤnde laſſen Leid ſein / vnd an Chriſtum Gleuben.
Wie ſolten einem aber die Suͤn -Was da ſey der Welt abſterben. de Leid ſeyn / die er nicht zu laſſen ge - gencket / vnd wie ſolte einer die Suͤn - de laſſen / die jhm nicht Leid geweſen? Darumb lehret dich Chriſtus / ſeine Propheten / vnnd Apoſteln / Du ſolt der Suͤnde vnd Welt abſterben / das iſt deiner eigenen Hoffart / Geitz / Wolluſt / Zorn / Feindſchafft / vnd dich zum HERRN bekehren / vnd vmb gnade bitten. Itzo haſtu vor - gebung der Suͤnden / jtzo kompt derArt des wa - ren Glau - bens. Artz / der die zerbrochẽ Hertzen verbin - det / vñ heilet jhre Schmertzen. Sonſt iſt dir Chriſtus nicht nutze / vnd hilfft dir nichts / das du viel vom Glaubenſageſt.[113]ſageſt. Den der rechte glaube ver - newert den Menſchen / vnd toͤdtet die Suͤnde im Menſchen / machet denn Menſchen in Chriſto Lebendig / das iſt / das er in Chriſto lebet / im Glauben / in ſeiner Liebe / Demuth / Sanfftmut / Gedult. Siehe alſo iſt dir Chriſtus der weg / zum Leben / alſo biſtu in jhm eine newe Creatur. Wenn du aber in deinen Suͤnden verharreſt / wiltGalat. 5. denſelben nicht abſterben / ſondern leſ - ſeſt dir alles gefallen / was dein alter Adam thut / wie kanſtu eine newe Cre - atur ſein? Wie kanſtu Chriſtum an - gehoͤren / weil du dein Fleiſch nicht wilt Creutzigen ſampt denn boͤſen luͤſten vnd begierden.
Wenn du nun gleich zehen pre -vergebli - cher Gottes dienſt digten des Tages hoͤreteſt Beichteſt al le Monat / gingeſt zum Tiſche des Herren / ſo hilffts dich doch nicht / hetteſt doch nicht vergebung der Suͤn - de / vrſach es iſt kein Bußfertig / zer - brochen / gleubig Hertz da / welches da fehig iſt der heilſamen Artzeney Got - tes Wort vnd Sacramenta ſind wol heil ame Artzeneyen / ſie helffen aberkeinen[114]keinen vnbußfertigen / der kein ſte - tes rewendes gleubiges Hertz hat. Geuß den koͤſtlichen Balſam auff ei - nen Stein / was wird jhm das helffen? Es dienet fuͤr jhm nicht. See den beſten Weitzen vnter einen hauffen Dornen / es wird nicht frucht bringen / du reuteſt dan zuvor die Dornen auß. Schließlich der in ſeinen ſuͤnden ver - harren wil / dem iſt Chriſtus nichts nutze. Der mit Chriſto nicht wil new geboren werden / dem iſt ſeine geburth nichts nutze. Der mit Chriſto nicht wilIſt Chriſti verdienſt nichts nutze der Suͤndẽ abſterben / dem iſt ſein Tod nichts nutze. Der nicht wil mit Chriſto von Suͤndẽ auff ſtehẽ / dem iſt ſeine auf erſtehung nichts nutze. Der nicht im Himliſchẽ weſen vñ Lebẽ wil wãdeln / dem iſt Chriſti Him̃elfahrt nichts nutze.
Wen aber ein Menſch mit dem ver lohrnen Sohne / vmbkehret ſeine ſuͤn - de berewet vnd beweinet / dieſelbige meidet vnd haſſet / Gott vmb Gnade bittet / vnd ſiehet im Glauben an den gecreutzigten Jeſum vnd ſeine blutige Wunden / wie die Iſraeliten die rotheKuͤpfferne[115]Kuͤpfferne Schlange / vñ ſpricht. GottLuc. 15. Num. 21. Allein die Bußferti - gen vnd Gleubigen fehig der vergebung. ſen mir armer Suͤnder gnedig. Itzo iſt alles vergebẽ vnd vergeſſen / vñ wen gleich ein Menſch der gantzen Welt ſuͤnde gethan hette. So viel gilt dz H Blut Chriſti / vñ ſein H. Todt.
Tanta eſt perfectio in Redemptione, parta ſanguine Chriſti, & tanta eſt per - fectio applicationis gratiæ & imputa - tionis totius meriti Chriſti per fidem.
Solche vollkom̃enheit iſt in der Er -Vollkom̃en heit in der erloͤſung Chriſti. loͤſung ſo durchs Blut Chriſti geſchehẽ iſt / vñ wird einem bußfertigem Hertzẽ dz gantze verdienſt Chriſti vollkomlich zugerechnet / durch den Glauben. Den Gott wil buſſe annehmen / fuͤr die ſuͤn - de / Sap. 12. Das iſt / Gott vergibt den Bußfertigen volkoͤmblich auß lauter Gnade vmb Chriſti willen. Ja es iſt Goltes luſt vnd frewde Barmhertzig ſein / vñ die ſuͤnde auß gnadẽ vergebẽ. Es bricht mir mein hertz / ich muß michJerem. 3[1.]Hoi. 11. Luc. 15. dein erbarmẽ ſpricht er: Jer. 31. vrſach / es gehet als den der Todt Chriſti in ſei - ne frucht vñ Krafft / vñ den iſt frewde im Him̃el fuͤr den Engeln Gottes / dz an den armẽ ſuͤndern dz thewre Blut Chri ſti nit verlohrẽ iſt / vmb welcher willẽ es vergoſſen iſt.
Beſie -[116]Beſiehe auch wz p 349. l. 1. geſchriebẽ ſtehet:
Es ſpricht wol der ewig Sohn Gottes / wer an mich gleubet / ſol das ewige Leben haben / aber der Glaube wie der ſtrebet den alten Menſchẽ taͤg - lich / zwinget das Fleiſch / machets dem Geiſt vnterthan vnd gehorſam / das iſt / bekehret den Menſchen / tilgetWas der ware Glau - be. vnd dempffet die ſuͤnde / reiniget das Hertz / denn das iſt der Glaube / der ſich von der Welt / von Suͤnden / vom Teuffel zu Chriſto wendet vnd kehret / vñ wieder die groſſe vnzahlbare ſchuld der Suͤnden / Ruhe / vnd erquickung der Seelen ſuchet / allein in dem Blut - te / Tode vnd verdienſt Chriſti / ohne aller Menſchen wercke. Wer aber anders Gl[a]ubet / das ihm Gott ſeine Suͤnde vergeben wolle / wen er gleich nicht von Suͤnden ableſſet / der hat einen betrogenen falſchen Glauben / vnd kan[ni]mmermehr ſeelig werden / ſo lang er nicht von ſeinen Suͤnden abſtehet.
Siehe das heiſt rechtſchaffen / wie ei - nen getrewen Hirten gebuͤret / vnnd nicht nach art der Pulſtermacher die Buſſe ſeh -ret / auff[117]ret / auff das die Menſchen von Hertzen zu dem liebẽ Gott ſich bekehren vñ ſeelig werdẽ.
Hiervon hat auch wolgenandter leh - rer lib. 2. c. 8. p. 97. Da er vom verlohrnen Sohn redet gar geiſtreich geſchrieben mit dieſen worten:
Der Glaube als das ander ſtuͤckBilde des Glaubens vnnd De - muth. der Buſſe / iſt darinne abgemahlet / das er ſich auffmacht / vnd zum Vater gehet / vnd hat die zuverſicht / wan jhn ja der Vater nicht wolte fuͤr einen ſohn annehmen / ſo werde er jhn gewiß fuͤr einen Knecht vñ Tagloͤner halten. Dann er ſpricht: Ich bin nicht werth / das ich dein Sohn heiſſe / mache mich zu deinem Tagloͤhner. Vnd hoffet ge - wiß der Vater werde jhm ſolches nicht verſagen / ſondern auß gnaden ſich vber jhn erbarmen.
Das Vaters Hertz iſt alſo ab -Vater Hertz gemahlet 1. Da er noch fern von dan - nen wahr / ſahe jhn der Vater. Ach die gnedigen augen des Vaters / wie ſchen ſie nach den verlohnen Kindern? Iſt / præveniens Miſericordia, das iſt / die vorkommende vnd vorlauffende gnade / 2. Jammert jhm. Iſt exſpe - ctans miſericordia die erwartendePſalm. 7[6].Hgnade[118]Eſ. 30.Gnade. 3. Leufft vnd felt jhm vmbPſ. 32. den Halß. Iſt ſuscipiens miſericor -Eſ. 65. dia, die auffnemende gnade. 4. Kuͤſ - ſet jhn. Iſt conſolans miſericordiaPſ. 103. die troͤſtende gnade 5. Bringet das beſte Kleid her / das iſt Chriſtus vnd ſeine Gerechtigkeit. Iſt juſtificans Miſericordia die rechtfertigende gna - de. Ein Fingerreiff an ſeine Hand / iſtRom. 8. Gal. 4. Epheſ. 1. 〈…〉〈…〉. Pet. 1. Pſ. 84. 63. Eſ. 65. 66. der Heilige Geiſt / Trawring / annu - lus filialitatis〈…〉〈…〉 οθεσίας, deſpondens miſericordia die vermehlende Gna - de. 6. Schuh an ſeine Fuͤſſe / iſt ein newer Heiliger Wandel in Chriſto durch den H. Geiſt vnd Gottes krafft vnd macht / das iſt confirmans miſe - ricordia, die erhaltende gnade. 7. Bringet ein gemeſtes Kalb her / Con - vivium & gaudium Angelorum. Das iſt vivificans, lætificans & co - ronans miſericordia, die erfrewen - de lebendigmachende vnd Kroͤnende gnade.
Wie koͤnte vns doch Gott freund - licher zur Buſſe locken? Wollen dem - nach die vornembften vrſachen die vns zur buſſe bewegen ſollen / betrachten. Derer[119]Derer ſind aber vornemblich ſieben 1. Die groſſe Barmhertzigkeit Gottes 2. Chriſti freundligkeit / vnd thewrer verdienſt / 3. Die ſchreckliche ſtraffe vnd drewung. 4. Der Todt. 5. Das Juͤngſte Gericht. 6. Die Helle. 7. Sieben be - wegende vrſachen der Buſſe.Die ewige frewde.
Wo du wilt kanſtu das ſelbige Ca - pittel gantz durch leſen vnd in der furcht GOttes betrachten / zweiffele nicht es wird deiner Seelen erſprießlich ſein. Das aber das Wort vnd Sacrament bußfertigen her - tzen als mittel dienen zu ſtercken jhre ſeelen da von lieſe lib. 2. p. 116. Vnd haſt alſo in dieſem Punct die Lehre von der buſſe nach Gottes Wort deutlich vnd verſtendlich in den Buͤchern des H. Johan Arndes ohne allen jrꝛtumb erkleret.
Vnd damit ja aller zweiffel auffgehoben werde / vnd nicht jemand alſo ſchlieſſen moͤ - ge: Ohne toͤdtung des Fleiſches kan ich nicht ſeelig werden. E. ſind die Wercke noͤtig zur ſeligkett. Wil ich hieher ſetzen / was der feine - vnnd gelahrte Theologus H. Balthaſar Meisner 9 in ſeiner Diſputation zu Witten - berg / in vergangenen 1619. Jahr gehalten / de primario fine & effectu veræ fidei, theſi. 46. Hievon vnterrichtet: Quivi[s]ſalvandus debet omnino ambulare ſe -H 2cundum[120]cundum ſpiritum & mandata Dei obſer - vare, quia ſalvifica fides viva non eſt, niſi ſtatim ponantur bona opera: Inte - rim iſtud pietatis ſtudium non forma, ſed fructus fidei; nec cauſa ſalutis, ſed tantum affectio Subjecti ſalvandi eſt. Præ - terea notetur quod, licet juſtificatio & ſalvatio ex jisdem cauſis oriantur, non tamen penitus confundi debeant, id quod ſemper faciunt adverſarij.
Was lehret Johan Arn - des von der Rechtfertigung eines armen Suͤnders fuͤr Gott:
DAs haſtu zu erlernen aus dem 1. Buch. c. 34. p. 342. da er lehret: Das der Menſch aus eigenen kref - ten vnd willen / nicht koͤnne Gleu - ben / recht vnd ſeelig werden / vnd den ſpruch1. Cor. 1. [121]1. Cor. 1. Chriſtus iſt vns von Gott gemacht / zur gerechtigkeit / zur heiligung vnd Erloͤ - ſung / alſo erkleret:
Mit dieſem gewaltigen ſpruch lehret vns der H. Apoſtel / das Jeſus Chriſtus vnſer Herr alles verdienet habe / was zu vnſer ſeeligkeit gehoͤret. Da wir nichts wuſten von dem wege des Lebens / iſt er vnſere Weißheit1. Cor. 1. worden / dawir Suͤnder waren / iſt er vnſere Gerechtigkeit worden / da wir fuͤr Gott ein Grewel waren / iſt er vn - ſer Heiligung worden / da wir ver - dampt waren / iſt er vnſere Erloͤſung worden.
Hiezu kan aller Menſchen ver - dienſt / vermuͤgen vnnd freyer wille nicht eines Steubleins wert bringen / nicht ſo viel hinzu thun / als ein ſtaͤub - lein wert iſt dz in der Sonnen fleucht weder im anfang / Mittel noch En - de. Suͤndigen hat der Menſch wol koͤnnen / aber ſich ſelbſt wiederumb nicht gerecht machen / verlieren hat er ſich wol koͤnnen aber nicht ſelbſt wie - der finden / toͤdten hat er ſich wol ſelbſt koͤnnen / aber nicht ſelbſt wieder Le - bendig machen / dem Teuffel hat er ſichH iijkoͤnnen[122]koͤnnen vnterwuͤrffig machen / aberEpheſ. 2. vom Teuffel erretten hat er ſich ſelbſt nicht gekoͤnt. Denn wie ein Todter leib ſich nicht ſelbſt kan lebendig ma - chen: Alſo alle Menſchen die Tode in Suͤnden ſein / wie S. Paul. ſagt: koͤnnen jhn ſelbſt nicht helffen.
Gleich wie wir nichts haben thun koͤnnen / zu vnſerer Schoͤpffung den wir haben vns ſelbſt nicht ſchaffẽ koͤn - nen: Alſo koͤnnen wir auch nichts thun zu vnſer Erloͤſung / Heiligung vnd Newen geburth. Den die Erloͤ - ſung iſt mehr den die Schoͤpffung. Koͤnten wir vns ſelbſt gerecht machẽ / wir theten mehr als wan wir vns recht ſchaffeten.
Darumb iſt nun Gottes Sohn Menſch worden / das er alles wieder - brechte / was in Adam verlohren war / vnd alles wieder Lebendig machte / was in Adam geſtorben war.
Wird demnach den Natuͤrlichen Menſchlichen krefften fuͤr der bekehrung nichts zugeſchrieben.
II. Fuͤrs ander das der Menſche ohne die wercke gerecht werde fuͤr Gott / ſie moͤgen fuͤr die Rechtfertigung fuͤr her gehen oderfolgen /[123]folgen / das haſtu auch auß dieſes Mannes ſchrifften zu erlernen da er lib 1. c. 30. p. 307. alſo redet.
Den ob wol der Glaube allein gerecht machet / weil er allein Chriſti verdienſt ergreiffet vnd in der Recht - fertigung nicht anſiehet einige vor - hergehende gegenwertige oder nach folgende werck / ſondern allein Chri - ſtum: doch wo die liebe nicht folget / ſo iſt der Glaub gewißlich nicht recht ſondern heucheley / vnd wen er gleich wunder thete.
Vnd bald hernacher ſchreibet er alſo: p. 308.
In der rechtfertigung gehet der Glaube durchaus mit keinen Wer - cken vmb Rom 7. Aber wann er mit Menſchẽ handelt in foro charitatis, muß er mit wercken vmbgehen / vnnd dem nechſten dienen durch die liebe dz iſt ſeine Proba.
Imſelbigen Buch c. 26. p. 267. zei - get dieſer Chriſtlicher Lehrer vrſachen an / warumb Paulus die liebe ſo hoch ruͤhme /Liß auch lib 4. p. 246. 261. 264. vnd den be - ſchluß alle[r]Buͤcher. darauß abzunehmen das der Author die Chriſtliche tugenden nicht mit in den Arti - ckel der Rechtfertigung ein miſche / ſeine wort lauten alſo: p. 266.
H iiijZu ſol -[124]Zu ſolcher liebe wil vns der A - poſtel vermahnen / vnd gebrauchet ein feines liebliches Argument, wel - ches denen anmutig iſt / ſo die Chriſtli che Tugendt lieb haben / vnd ſpricht: Die liebe ſey eine ſo herliche Tugend / in welcher alle Tugendt begriffen ſein / vnd ſey des geſetzes erfuͤllung.
Welches Argument der Apo - ſtel nicht darumb gebrauchet. Das wir mit vnſer liebe das Geſetz voll - koͤmmlich erfuͤllen koͤnten / vnnd da - durch die ſeeligkeit vnd ewiges Leben verdienen / welches zwar geſchehe / wen vnſere liebe vollkommen were: Sondern das er vns die fuͤrtrefflig - keit vnd wirdigkeit dieſer Tugend ein - bilde / vns auch derſelbigen zubefleiſ - ſigen. Vnſere gerechtigkeit vnd See - ligkeit iſt auff Jeſum Chriſtum ge - gruͤndet / vnd auff ſeinen verdienſt / welchen wir vns eignen durch den Glauben.
Alſo redet er auch p. 47. lib. 1. c. 5.
Darauß ſie heſtu nun / das dich die Wercke nicht koͤnnen gerecht ma - chen. Den du muſt zu vor in Chriſtumverſetzet[125]verſetzet ſein durch den Glauben / vnd in jhm gerecht ſein / ehe du ein einiges guttes Werck thun kanſt / vnd ſieheſt ja das deine Gerechtigkeit Gottes Gnade vnd gabe iſt / die allem deinem verdienſt zuvor kompt. Wie kan ein todter Menſch gehen / ſtehen / vnd was guttes thun / wen man jhn nicht zuvor Lebendig machet? Alſo weil du in Suͤnden Todt / Gott ab - geſtorben biſt / kan ja kein Gutt wol - gefellig werck von dir geſchehen / wen du zu vor in Chriſto nicht wirſt leben - dig gemacht.
Alſo kompt deine Gerechtigkeit allein auß Chriſto durch den Glau - ben / den der Glaube iſt im MenſchenNB. Vnſer Ge - rechtigkeit alleiu auß Chriſto als ein new gebornes / kleines / nacken - des vnd bloſſes Kind das ſtehet da bloß vor ſeinem Erloͤſer vnd Seligmacher vnbekleidet / vnd empfehet alles von〃 dem der es gebohren hat / nemlich / die〃 Gerechtigkeit / die froͤmmigkeit / die〃 heiligung / die gnade vnd den H. Geiſt. 〃
Alſo wird dieß nackende bloſſeTroͤſtlich gleichnuß Kindlein mit Gottes Barmhertzigkeit bekleidet / vnd hebet beide Hende auff /H vvnd[126]vnd empfehet alles von GOtt / die Gnade ſampt aller ſeeligkeit vnnd froͤmmigkeit. dieſes empfahen machetwoher vn - ſer from - migkeit from heilig vnd ſeelig.
Darumb kompt die Gerechtig - keit allein auß dem Glauben / vnd nicht aus den wercken / Ja der Glau - be empfehet Chriſtum gar / vnd ma -Dein Glau - ben muß Suͤnde / Todt vnnd Helle wei - chen dieſelb ſind alle vn - ter einem Chriſten vnd vnter dem Glau - ben. chet denſelben jhm gar zu eigen / mit alle dem / wz er iſt vnd hat. Da muß weichen Suͤnde / Teuffel vnd Helle / vnnd wen du auch gleich aller Welt ſuͤnde allein auff dir hetteſt / kan ſie dir nicht ſchaden / ſo ſtarck mechtig / vnd Lebendig iſt Chriſtus in dir mit ſei - nem verdienſt durch den Glauben.
Desgleichen ſchlegt er auch die ho - hen gaben nieder vnd will das man durch auß fuͤr Gott darauff nicht trawen ſol / wie lib. 1. Cap. 32. p. 332. zu erſehen iſt da ſeine wort alſo lauten.
Vnnd wen der aller begabteſte Menſch nicht in taͤglicher buſſe lebet /Hohe gabẽ helffen nit zur Seelig - keit vnd in Chriſto ernewret wird / der welt abſagt / vnd alle dem / das er hat an gaben / ſich ſelbſt verleugnet / ſich ſelbſt haſſet / vnd lauter vnd bloß an GottesGnade[127]Gnade hanget / wie ein Kind an der Mutter Bruſt / ſo kan er nicht ſeelig werden / ſondern wird mit aller ſeiner Kunſt verdampt.
Darumb nicht die gaben gege -Worumb gaben gege - ben werden ben werden / das einer dadurch fuͤr Gott groß oder Seelig werde / ſon - dern von wegen der erbawung der Kirchen. Den als Luc. 10. die ſieben - tzig Juͤnger wiederkamen vnd ſprachẽ: Herr / es ſind vns auch die Teuffel vnterthenig geweſt in deinem Nah - men / ſprach der Herr: frewet euch dieſes nicht / die groſſen Wunder vnd gaben werden euch nicht Seelig ma - chen / frewet euch aber / das ewre Nah - men im Himmel geſchrieben ſind / das iſt / das jhr Gleubet vnd mich kennet.
Die wunder / die Moſes gethan / haben jhn nicht ſeelig gemacht / ſon - dern ſein Glaube. Aarons beredſam -Num. 1[2]. keit machet jhn nicht deſto angeneh - mer bey Gott. Miriam Moſis ſchwe - ſter war eine Prophetin durch welche der Geiſt Gottes redet / GOtt aber ſchlug ſie mit auſſatz.
Die wunder vnnd mancherleyſprachen[128]ſprachen haben die Apoſtel nicht ſeelig gemacht / ſondern der Glaube.
III. Viel weniger machen fuͤr Gott gerecht vnd from Muͤnchswerck vnd eige - ner erfundener Gottesdienſt davon redet dieſer Chriſtlicher Lehrer alſo lib. 1. c. 35. p. 358
Wie die Phariſeer viel Opffer ſtifften / andere bereden jhre Guͤter zum Tempel vnd zum Opffer zu ge - ben / darvon ſie ruhm vnd ehre hatten / vnd vergaſſen der Barmhertzigkeit an den Armen denen ſie aus lauterer freyMatth. 23. er liebe Barmhertzigkeit erzeigen ſol - ten: Welches der Herr den Phari - ſeern auffruͤcket vnd ſpricht: ſie freßen der Witwen Haͤuſer / vnnd wenden lange gebet fuͤr / wollen dafuͤr betten. „ Wie dan auch zu vnſern zeiten viel „ leute alle jhre Guͤter zu Stifften vnd „ Kloͤſtern gegeben haben / das die Pfaf -Falſche Liebe „ fen vnd Muͤnche ſolten fuͤr jhre Suͤn - „ de Opffern vnd beten / welches alles „ eine falſche betrogene liebe iſt / die ſich „ ſelbſt ſuchet vnd meinet. Denn wen „ man zu ſiehet / ſo iſt hiermit der Men - „ ſchen Ehre geſuchet / vnd nicht Gottes.
Der Gerechte wird ſeines Glau -bens Le -[129]bens Leben / du muſt ware buſſe thun / vnd ſelbſt ein Opffer Gottes werden durch toͤdtung vnd Creutzigung des Fleiſches / vnd alle Werck der liebeRom. 2. frey lauter vmb ſonſt thun / vnd nicht vmb dein ſelbſt willen auß eigener lie - be / nutz vnd Ehre / ſondern auß freyer reiner lauter Liebe zu Gott / oder es iſt dir alles nicht nutze.
Vnd bald hernach p. 360. redet er alſo:
Schet an wohin der Teuffel die Heiden gebracht hat / vnter welchen er etliche ſo verblendet / dz ſie ſich wil - liglich haben ſchlachten laſſen / Toͤd - ten vnd Opffern / jhre falſche Heid - niſche Religion / vnd Teuffels dienſt darmit zubeſtetigen. Was iſts wun - der / das es noch geſchicht / ſonderlich〃Falſche vnſterb - ligkeit. nur vnter dem ſchein des Chriſtlichen〃 Glaubens? Die Heiden haben viel〃 gethan mit verluſt jhres Lebens jhnen einen vnſterblichen Nahmen zu ma - chen. Hat auch nicht zu vnſern zeiten die falſche eigene Liebe vnd eigene Eh - re / Muͤnche vnd andere leute bethoͤ-〃 ret / Koͤnige vñ Weltliche Potentaten〃 zu erſtechen / die Catholiſche Reli-〃gion[130]gion / wie ſie ſie nennen / damit fort zu pflantzen / die auch jhr leben haben muͤſſen laſſen / vnd daran ſtrecken / wel - ches nicht vmb Chriſti willen geſche - hen iſt / ſondern vmb des Bapſts wil -Falſch licht / fal - ſche Liebe len / vnd vmb eigenes Lobes / Ruhms vnd vnſterblichen Nahmens willen. Dies iſt die falſche betrogene Liebe von einem falſchen licht beerogen.
IV. Fuͤrs vierdte / was der Glaube vnd vnſere gerechtigkeit ſey / das haſtu zuerlernen lib. 1. c. 5. p. 42. Da der Author alſo redet:
„ Der Glaube iſt eine Hertzliche „ zuverſicht / vnd vngezweifeltes vertra - „ wen auff Gottes Gnade in Chriſto „ verheiſſen / von vergebung der Suͤnde / „ vnd ewigem Leben / durch das Wort Gottes / vnd den H. Geiſt angezuͤn - det. Durch dieſen Glauben erlan - gen wir vergebung der Suͤndẽ / lauter vmb ſonſt / ohn allẽ vnſern verdienſt / auß lauter Gnade / vmb des verdien - ſ[te]s Chriſti willen / auff das vnſer Glaube einen gewiſſen grund habe / vnd nicht wancke. Vnd dieſe verge - bung der Suͤnden iſt vnſere gerechtig - keit / die warhafftig / beſtendig vnndewig iſt[131]ewig iſt fuͤr Gott. Den es iſt nicht eines Engels Gerechtigkeit / ſondern des gehorſams / verdienſtes vnd Blu - tes Chriſti / vñ wird vnſer eygen durch den Glaubẽ. Ob dies nun wol in groſ - ſer ſchwacheit zu gehet / vnd wir noch〃 mit vielen vbrigen Suͤnden behafftet〃 ſeyn / dennoch werden die ſelben zuge-〃 deckt auß gnaden vmb Chriſti willen / 〃 Pſalm 32. 〃
Desgleichen das der Chriſten Gerech - tigkeit die fuͤr Gott gilt / gleich ſey bey allen / lehret er troͤſtlich lib. 2. p. 92. da er alſo redet.
Gleich wie wir in Adam von Natur alle gleiche boͤſe ſein / vñ iſt kein vnterſcheid / was die verderbte Natur anlanget: Alſo ſind wir auch in Chri - ſto gleiche gut vñ from gemacht. Dan es hatfuͤr Gott keiner eine andere / o - der beſſere gerechtigkeit dan der ander. Chriſtus iſt vnſer aller frommigkeit gerechtigkeit / Heiligung vñ erloͤſung / vnd iſt in Chriſto keiner beſſer dan der ander / gleich wie auch in Adam Dan gleich wie wir in Adam von Natur alle ein Menſch vnd ein Leib ſein / auffs hoͤbeſte vergifftet vnnd verdorben:Alſo[132]Alſo ſind alle gleubigen in Chriſto ein Menſch / ein Leib auffs hoͤheſte gehei - liget vnd gereiniget / durch den Glau ben vnd Blut Chriſti.
Dies iſt eine Artzeney wieder die Geiſtliche Hoffart / das ſich kei - ner fuͤr Gott hoͤher vnd beſſer halte dan der ander / ob er gleich mehr ga - ben hat.
Weil aber H. Johan Arend ein geiſt - reiches Capitt: von vnſer gerechtigkeit die fuͤr Gott gilt geſchrieben hat lib. 2. c. 3. p. 32. ſo wil ich dasſelbige Capitt. von Wort zu Wort allhie herſetzen / das lautet alſo:
Gleich wie ein gutter Bawmei - ſter / wan er ein hohes gebew auffrich - ten wil / zuvor einen tieffen beſtendi - gen Grund legen muß? Alſo der gne -Grund vn - ſer gerech - tigkeit vnd Seeligkeit iſt Gottes Barmher - tzigkeit in Chriſto. dige vnd Barmhertzige Gott / als er wolte das hohe vnd ewige Gebew / vnſerer Seeligkeit vnd Gerechtigkeit außfuͤhren / legt er den grund in die Tieffe ſeiner Barmhertzigkeit / vnd auff den ewigen vnd beſtendigẽ grund der Perſon vnd Ampts / ſeines lieben Sohns vnſers Herren Jeſu EHriſti / als auff den rechten felſendes[133]des heils der nicht wancket / wie er ſol - ches durch den Propheten Eſaiam am 28. verheiſſet hat: Siehe / ich lege einen Grundſtein in Sion / einen be - wehrten Stein / einen koͤſtlichen Eck - ſtein / der wol gegruͤndet iſt / wer gleu - bet / der fleuget nicht.
Welchen grundt vnd fels der Herr S. Petro zeiget / vnd andeu - tet / darauff er ſeine gemeine bawen wolle ſo feſt vnd gwiß / das ſie auch die Pforten der Hellẽ nicht vberweltigen ſollen. Welchen grund auch S. Pau - lus vnd Petrus predigen / 2. Tim. 1. 1. Pet. 2. vnd 118. Pſ: gruͤndet ſich auchMatth. 16. auff dieſen Wunderlichen Eckſtein. Auff dieſen grund hat Gott vnſere Gerechtigkeit / Seeligkeit / vnd den Glauben erbawet. Gleich wie aber vnſer gnediger lieber Himliſcher Va - ter / den grund vnſer Seeligkeit vnd Gerechtigkeit in den tieffen abgrundt ſeiner Barmhertzigkeit gelegt hat / in ſeine ewige liebe / in ſeinem liebẽ Sohn / in ſein aller freundliches Vater Hertz: Alſo hat er auch gelegt dieſelbe in die[ti]effe vnſers Hertzens / in dem jnner -Jſten[134]Vrſach war umb GOtt die Seelig - keit dem Glauben zu ſchreibetſten grund vnſerer Seelen / auff das durch das newe Goͤttliche Liecht vnd Krafft des Glaubens / den er in vns durch den H. Geiſt wircket / allein Chriſti Gerechtigkeit ergriffen / vnd vns auß gnaden allein durch den ſelben glauben zugerechnet / vnd geſchenckt werde / ohne alle vnſere vorgehende vnd nachfolgende wercke / darumb / 1. Auff das er den Menſchen von jn - nẽ herauß rechtfertige auß dem grun - de der Seelen / gleich wie der Menſch in den jnnerſten krefften der Seelen abgruͤndlich tieff vergifftet iſt durch den Sathan. 2. Muß vnſere gerech -Matth. 5. tigkeit / allein auß dem Glauben kom - men / weil denſelben GOtt wircket / auff dz er beſtehe allein in Gottes wer - cke / vnd nicht in euſſerlichen Menſchẽ wercken / oder heucheley / wie die Pha - riſeiſche gerechtigkeit / die nur außwen - dig war / vnd nicht im hertzen grund. 3. Auff das vnſer hertz / Geiſt vnd Seele ſich wieder abwendete von allen eige - nen Menſchlichen krefften / vnd ver - muͤgen / zu welchen ſie ſich durchs Teuffels verfuͤhrung geneiget hettedurch[135]durch eigene Ehre / Liebe vnd Hoffart / vnd dargegen ſich bloß lauter wendete zu Chriſto / zu ſeinem thewrẽ verdienſt vnd gnugthuung. Auß welchen allein vergebung aller vnſer Suͤnde auß gna - den herfleuſſet / darumb / das ChriſtusGlaube wendet den Menſchen von jhm ſelbſt ab zu Chriſto Jeſus allein fuͤr der Welt ſuͤnde gnug gethan / vnd den Vater verſoͤhnet 4. Auff das Chriſti Gerechtigkeit vnſer eigen wuͤrde durch den Glauben / dar - umb er auch durch ſein Wort vnndRom. 8. Geiſt in vnſerm Hertzen / den Glau - ben wircken vnnd anzuͤnden leſſer / auff dz wir durch denſelben dieſes vn - außſprechlichen ſchadens theilhafftigWarumb Gott den Glauben in vns wirckes werden koͤnnen. Dan dies iſt der hoͤ - heſte vnaußdenckliche / vñ vnaußſprech liche troſt / das vnſer gerechtigkeit nicht eines Menſchen / nicht eines groſſen H. nicht eines Engels gerechtigkeit iſt /Rom. 8. ſondern Chriſti Gerechtigkeit / Got - tes gerechtigkeit / Gott iſt hie / der Ge - recht macht. Darumb wan eines〃 Menſchen Suͤnde die gantze Welt er-〃 fuͤllete / ſo iſt doch Chriſti verdienſt groͤ-〃 ſer / dan er iſt Jehova juſtitia noſtra,Jerem. 33. der Gott der vnſer Gerechtigkeit iſt. 〃
J ijSolt[136]Solt dan die Suͤnde mechtiger ſein dan Gott? iſt gleich als wan man einen guͤlden ſchuͤldig were / vnd man bezahlte den Schuldherren / mit tau - ſent mahl tauſent. Cent. Goldes / ſo iſt Chriſti Blut / welches S. PaulusAct. 20. Gottes Blut nennet / zu rechnen ge -Hoͤchſte be - zahlung in Chriſti Blutt. gen vnſere Suͤnde / ſo groß iſt Chriſti Gerechtigkeit / die er vns ſchencket durch den Glauben / alſo / das wir nicht allein durch jhn Gerecht werden / ſon - dern das wir in jhm werden die Ge - rechtigkeit ſelbſt / 2. Cor. 5. dan gleich wie es nicht gnug iſt / das man ein Ar - mes kleines Kind weſchet vnd reiniget von ſeiner vnſauberkeit / vnd leſſets darnach nackend liegen / ſondern man muß es auch wieder anziehen / mit wei - ßen reinen Hembdlein / vnd reinen Tuͤ - chern bekleiden / Ezech. 16. Alſo hat vns Chriſtus vnſer Herr nicht allein rein gewaſchen / mit ſeinem Blut / ſon - dern auch mit dem Kleid des Heils /Eſa. 61. 40. vnd mit dem Rock der Gerechtigkeit bekleidet. Dan wir haben zweyfaltiges empfangen von der Hand des Her - ren. Welches Kleid der ProphetEſ. am[137]Eſ. am 61. nennet ein PrieſterlichChriſtus vergibt vns nit al - lein vnſere Suͤnde / ſon dern beklei - det vns auch mit ſeiner Ge - rechtigkeit. Kleid / das iſt / ein heiliges Kleid / vnd im 29. Pſ. einen H. Schmuck / vnd Apoc. 19. Weiſe ſeide / welches iſt die Gerechtigkeit der H. Der Prophet A - mos am 6. nennets ſtroͤme der Ge - rechtigkeit / S. Paulus Roͤm. 5. eine mechtige vberfluͤſſige gnade / Eph. 2. den vberſchwenglichen Reichthumb der gnade. Das iſt ſo eine groſſe Ge -Der Chri - ſten gerech - tigkeit eine hohe gerech tigkeit. rechtigkeit / das ſie kein Menſch auß - dencken kan / ſo groß als Gott ſelbſt. Dan ob wol vnſere Erſte Eltern in jh - rer vnſchuld eine vollkommene Ge - rechtigkeit gehabt / ſo haben ſie doch nicht eine ſuperabundantem, eine ſo hohe vberflieſſende Gerechtigkeit gehabt / als wir jtzo in Chriſto haben. Dan Chriſti Gerechtigkeit vnd heilig - keit / die er vns ſchencket durch denn Glauben / iſt viel groͤſſer dan die vns Adam hette koͤnnen anerben / wan er ſchon nicht gefallen / ſondern in der vnſchult blieben were / ſo iſt auch Chri - ſtus mit einer hoͤhern Demuth vnd ge - horſam Gott gefelliger geweſt / dan Adam in ſeiner Vnſchuld. Dan er iſtJ iijmehr[138]mehr dan Tauſent Adam in ſeiner vn - ſchuld.
Vnd ob vns gleich Adam die Erb - gerechtigkeit hette in der vnſchuld an geerbet / vnd vns mit derſelbigen verei - niget: So iſt doch die vereinigung / ſo wir mit Gott haben in Chriſto viel groͤſſer / in dem Chriſtus Menſch wor - den / vnſere Menſchliche Natur an ſich genommen / vnd dieſelbige ſo hoch ge -[re]iniget in jhm ſelbſt / ja viel hoͤher als ſie jmmer in Adam geweſt iſt. Bleibet auch mit derſelben einmahl angenom - menen Menſchlichen Natur ewig ver - einiget / vnd in demſelben alle gleubige / dan Chriſtus iſt gantz vnſer / vnd wirChriſtus machet vns in jhm ſo rein als er ſelbſt iſt. ſind gantz ſein. Vnd ſo rein als er nun ſeine Menſchliche Natur gemacht in ſeiner Perſon / ſo rein hat er vnſere Natur auch fuͤr Gott gemacht / wel - ches wir inderverklerung an jenem tage erfahren werden / wan vnſere ſterbli - che leiber ehnlich worden ſein / ſeinem verklerten leibe. Hie heißets im glaubẽ: Tota pulchra es amica mea, ſiehe meine freundin / du biſt ſchoͤn / ſchoͤn biſtu: vnd Eph. 5. Herrlich ohn Run -tzel vnd[139]tzel vnd Mackel / vnd im 45. Pſ. In - wendig ſchon mit Guͤldenen ſtuͤcken geſchmuͤcket. Summa vnſer gerech - tigkeit iſt in Chriſto als Gott ſelbſt. Daruͤber alle Creaturẽ er ſtarren muͤſ - ſen / vnd koͤnnen wieder den MenſchenRom. 8. nichts auffbringen / ſondern muͤſſen ſa - gen: Wer wil den Menſchẽ verdam̃en / iſt doch Gottes Sohn ſelbſt ſeine gerech tigkeit? Siehe das iſt des Glaubens ge - rechtigkeit / darauff wir ſo feſt bawen / als auff einen ewigẽ feſtẽ grund / derer wir vns frewen vñ ruͤhmẽ in zeitvnd e - wigkeit / dadurch wir ſiegen vñ trium - phirẽ / vber Welt / Suͤnde / Todt / Teuf -Pſ. 91. fel vñ Helle / dardurch wir auff Lewen vnd Ottern gehen / vnd treten auff denLuc. 10. jungen Lewen vnd Drachen.
5. Vnſere Gerechtigkeit kan auffVnſer ge - rechtigkeit iſt auff kei - ne Creatur gegruͤndet / ſondern auff Gott. keinen Engel gebawet werden. Dan es iſt kein Engel fuͤr vns geſtorben / viel weniger auff einen Menſchen. Dann wie baldt wancket ein Menſch mit ſeiner Gerechtigkeit / wie bald fellet er dahin? ſo lieget dã dante der im Koth alle ſeine gerechtigkeit / vnd ſo er fellet wird ſeiner gerechtigkeit nit mehr gedacht. J iiijDarumb[140]Eſ. 18. 15.Darumb muß vnſere Gerechtigkeit / einen andern feſten / beſtendigen / vnd ewigen grund haben der nicht hinfel - let / wan gleich Berge vnd Huͤgel hin - fallen / der da bleibet wan alles verge -Durch die hoͤchſte be - zahlung muß auch das hoͤchſte gut erkauft werden. het Eſ. 54. Es wird eine ewige gerech - tigkeit gebracht werden. Dan 9 Mein heil bleibet ewiglich / vnd meine gerech - tigkeit wird nicht verzagen Eſ. 51. Es muß fuͤrwar das aller hoͤchſte / ewige / vnendliche gut ſein / das vns duͤrch ei - ne ewige Perſon / durch die hoͤchſte Perſon / durch die vnendliche hoͤchſte bezahlung erworben iſt.
6. Hat Gott vnſere Gerechtig - keit durch den Glauben zuergreiffen verordnet / weil derſelb auff Gottes warheit / vnd verheiſſung gebawet / vñ daran gebunden / durch welche Gott die Gerechtigkeit dem Abraham / vnd allen ſeinen Gleubigen ſaamen verheiſſen vnnd zugeſagt. Darumb ſchleuſt S. Paulus zun Roͤm am 4. muß die Gerechtigkeit auß dem glauben kommen / auff das ſie ſey auß gnaden / vnd die verheiſſung feſt bleibe. Auff dieſe verheiſſung der gnadẽ / ſo inChriſto[141]Chriſto erfuͤllet iſt / hat Gott vnſere Gerechtigkeit vñ Seeligkeit erbawet / wie der Apoſtel ferner zun Galatern am 3 bezeuget: Gleich wie Abraham Gott gegleubet / vnd es iſt jhm zuge - rechnet zur gerechtigkeit / ſo erkennet jhr nu / das die des glaubens ſind / die ſind Abrahams Kinder: Die ſchrifftAlle Gleu - bigen erben den ſegen Abrahe. aber hat es zuvor erſehen / das Gott die Heyden durch den Glauben ge - recht mache / darumb verkuͤndiget ſie dem Abraham: In dir ſollen alle Hey - den geſegnet werden. Alſo werden nu die des Glaubens ſind / geſegnet mit dem Gleubigen Abraham. Dieſe gna - de vnd warheit iſt vns durch Jeſum Chriſtum worden / Joh. 1.
Vnd endlich zum 7. ſo hat auch Gott der Herr vnſere Gerechtigkeit auff ſeine gnade / vnnd Chriſti ver - dienſt gegruͤndet / auff das Chriſtus vnſer Herr allein die Ehre behalte. Dan auß jhm allein kompt vnſer heil. Oſ. 13. Er iſt vnſerer gerechtigkeitEſa. 45. 53. vnd ſeeligkeit / Anfang / Mittel vnd Ende / auff das aller Mund verſtopf - fet werde / ſpricht S. Paulus Roͤm. 3. J vChriſto[142]vnd Epheſ. 2. Gottes gnade iſt es / nicht auß den wercken auff das ſich keinNB. fleiſch ruͤhme. Wann aber vnſer ge - rechtigkeit auff vns ſelbſt / auff vnſere wercke / vnd verdienſt gegruͤndet were / ſo were die gnade nichts / duͤrfften auch keiner gnade vnnd Barmhertzigkeit / duͤrfften auch keiner vergebung der ſuͤnden / darumb doch alle Heiligen Gott bitten / Pſ. 32. Were auch alle demuth vnd furcht Gottes / der glau - be vnd gebet auffgehoben / duͤrfften auch keines Mittlers / Erloͤſers / Hey - landes / Seeligmachers / vnd Chriſtus were vmb ſonſt geſtorben weren auch ſchuͤldig das gantze geſetz mit volkom - menen jnnerlichen vñ euſſerlichen ge - horſamb zu erfuͤllen / weren auch vnter dem Fluch / weren auch auß der gnadẽ gefallen / vnd hetten Chriſtum verloh - ren / wie S. Paulus Gal. 3. 4. 5. ge - waltig bezeuget. So gar iſt die lehreNB. von der gerechtigkeit der Wercke / fuͤr GOtt dem Fundament der gantzen Schrifft Altes vñ Newes Teſtamẽts / vnd dem H. Chriſtlichen Glauben zu wieder.
Das aber[143]Das aber vnſere Gerechtigkeit vnd ſeeligkeit auff Gottes ewige gnade / auff Chriſti einige Perſon vnd Ampt erbawet vnd gegruͤndet iſt / vnd wir in Chriſto ewig gerecht / from / heilig / le - bendig / ſeelig / Gottes Kinder vnd Er - ben ſein / ja das Chriſti gerechtigkeitVnſer hoͤch ſter troſt vnd Ruhen[.] vnſere gerechtigkeit / Chriſti frommig - keit vnſere frommigkeit / Chriſti heilig - keit vnſere heiligkeit / Chriſti leben vn - ſer Leben / Chriſti ſeeligkeit vnſere ſee - ligkeit / Chriſti Kindſchafft vnd Erbe / vnſer Erbe iſt / ja das Chriſtus gantz vnſer iſt / nach ſeiner Gottheit vnnd Menſcheit.
(Dan Gott vns den gantzen Chri - ſtum geſchencket zu einem Erloͤſer vnd Seeligmacher / das er gantz vnſer eigen ſey mit ſeiner Perſon / Ampt / Gnade / Herrligkeit vnd Seeligkeit). Das iſt vnſer hoͤchſter troſt / ehre / rhum / preiß / liebe / frewde / friede / fuͤr Gott / Engel vñ außerwehleten / vnſere hoͤch - ſte weißheit vnd kunſt / ſtercke / krafft / ſieg / trotz wie der die ſuͤnde / todt / teuffel / helle / verdamnuß / welt vñ alle feinde. Dafuͤr ſey Gott gelobet in Ewigkeit Amen.
Wie[144]Wie aber die Imputatio juſtitiæ in vns volzogen werde das wird herlich gelehret lib. 3. c. 3. p. 27. alſo:
So vereiniget der Glaube vnſere Seeligkeit mit Chriſto / als eine Braut mit jhrem Breutigam. Oſe. 2. Ich wil mich mit dir verloben in Ewigkeit. Ja im Glauben wil ich mich mit dir vertrawen. Als dan haben dieſe beyde jhre guͤtter mit einander gemein: Auch jhr Creutz vnd Leyd. Den was Chri - ſtus hat / wird der gleubigen Seelen eigen / vnd was die Seele hat / wird Chriſti eygen.
Nun hat aber Chriſtus alle Him - liſche vnd Ewige guͤtter / Weißheit / Gerechtigkeit / Heiligung / Erloͤſung / vnd alle Seeligkeit / vnd ewiges Leben / ſelbſt / das wird alles der Seelen eygen gutt / vnſer Seele hat dagegen Suͤn - de / Vnreinigkeit / Jammer / Elend / Fluch vnd Todt / das wird Chriſti ey - gen / ille noſtram miſeriam facit ſuam. Vnſer Elend helt er fuͤr ſein Elend. Seine guͤter ſchencket er vns / vnſer Armuth vnd Elend nimbt er an ſich. Dieweil aber Chriſti guͤter ewigſein /[145]ſein / vnvberwindlich / ja Allmechtig / ſo vberwinden / verſchlingen vnd ver - tilgen ſie alle vnſere Suͤnde vnnd den Todt. Denn Chriſti ewige vnvber - windliche Gerechtigkeit iſt der Suͤn - den zu ſtarck / das ſie muß weichen / verſchlungen vnd vertilget werden / al - ſo wird vnſere Seele frey von Suͤn - den / vnd dagegen mit CHRiſti Ge - rechtigkeit bekleidet / das iſt ein ſchoͤner vnd wunderlicher wechſel / fuͤr Suͤnde / Todt / Fluch / Verdamnuß bekom̃en Gerechtigkeit / Leben / Segen vnnd Seeligkeit. Demnach iſts vnmuͤglich das die Suͤnde einen Gleubigen ver - dammen kan / denn die Suͤnde ſind in Chriſto verſchlungen / erwuͤrget vnd getoͤdtet. Der Todt iſt verſchlungen in dem Sieg / iſt der Todt verſchlun -1. Cor. 1[3.] gen / ſo iſt auch die Suͤnde verſchlun - gen vnd getoͤdtet.
Darauß folget fuͤrs 3. das der Glaube vnſere Seelen vnnd gewiſſen verſichert vnd gewiß machet der ewigẽ Seeligkeit. Ich bin gewiß ſagt S.Rom 8. Paulus / das vns nichts ſcheiden kan von der liebe Gottes. Siehe ich lege inEſa. 1[8.]Zion[146]Zion einen koͤſtlichen Eckſtein. Wer gleubet fleuget nicht. Ich wil mit euch einen ewigen Bund machen. Meine gnade ſol nicht von dir weichẽ /Eſa. 55. vnd der Bund des Friedens ſol nicht hinfallen / ſpricht der Herr dem Erbarmer.
4. Darauß folget nun der ſieg des Glaubens / vber Suͤnde / Todt / Teuffel / Helle vnd Welt. 1. Joh. 5. Alles wz von Gott gebohren iſt / vber - windet die Welt: Wer iſt aber der die Welt vberwindet / ohn der da gleubet das Jeſus Gottes Sohn iſt? Dazu gleich des Glaubens Vrſprung ange - deutet wird. Das er nicht aus eige - nen Natuͤrlichen Menſchlichen Kref - ten gewircket werde / ſondern der glaub iſt Gottes werck in vns / vnnd die Newe geburth iſt ein Goͤttlich vber Natuͤrlich Werck. Deine Kinder wer - den dir gebohren / wie der thaw auß der Morgen roͤte. Weil nun die New Geburth vber die Natur iſt / ſo kan jhr auch die gantze Welt nicht ſchaden / deñ ob gleich ein Chriſt der Welt fluchſein muß[147]ſein muß / ſo iſt er doch in Chriſto einRom. 8. Siegesfuͤrſt / gantz vnvberwindlich. In dem vberwinden wir alles / vmb des willen der vns geliebet hat.
Hierauß iſt ja gnugſamb abzunehmen das es eine freche / trotzige / muthwillige ver - kehrung / da jemand wieder ſo helle klare wort dieſen frommen Mann in ſeinem Be - tentnuſſe beſchmitzen wolte.
Ich muß bekennen das dieſer Mann den Artickel von der Rechtfertigung richtig behelt / lie - ber ſage mir was lehret er von der vollkommenheit.
I.
ALle Chriſten ſind in jhrem Heiland vollkommen / wie dieſer Lehrer be - weiſet / lib. 1. p. 435.
Gott fordert nicht mehr von dir denn ſo viel ſeine Gnade in dir wir - cket / vnd du kanſt jhm nicht mehr ge - ben / alß er dir gegeben hat. Bitte a -ber dei -[148]ber deinen Herren Chriſtum Jeſum / das er alle deine Opffer vnnd gaben vollkommen machen. Denn in jhm iſt vnſer vollkommenheit / in vns iſt ſtuͤckwerck / vnd ſprich: Lieber GOtt vñ Vater nimb meine andacht / Glau - ben / Gebet / Danckſagung an / in dei - nem liebẽ Sohne / vnd ſiehe dieſelbe nit an / wie ſie an jhm ſelbſt ſein / ſondern in Chriſto / ſo werden ſie dir wollge - fallen als vollkommene wercke. Mein Herr Chriſtus wird vollkoͤmlich er - ſtatten / was mir mangelt. Vnd bald hernach: Gleich wie ein bloſſes elen - des Kind / wens nackend vnd vnſauber iſt / ſo iſts vnlieblich / aber wen mans ſchmuͤcket / vñ weiß anzeucht / ſo gefelts einem jeden gar wol: Alſo iſt alle dein thun an ſich ſelbſt nichts / aber wens mit Chriſti vollkom̃enheit geſchmuͤckt wird / ſo gefallen alle deine wercke GOtt wol.
Vnd lib. 2. pag. 152. Sie ſind in Chriſto vollkommen / dieweil ſie in jhm haben die erfuͤllung des Geſetzes durch den Glauben.
Sonſten auſſer Chriſto iſt alles in vnsſtuͤck -[149]ſtuͤckwerck / davon redet der author lib. 3. in der præfation B alſo.
Den die vollkommenheit iſt nicht wie etliche meinen / eine hohe Geiſtli - che Himliſche frewde vnd andacht: Sondern ſie iſt die verleugnūg deines eignen willens / liebe / ehre / vnd erkent - nuß deiner eignen nichtigkeit / eine ſie - te vollbringung des willens Gottes in bruͤ[n]ſtiger liebe des nechſten / ein hertzliches mitleiden / vnd in Summa ein ſolche lieb die nichts begert / geden - cket / ſuchet denn Gott allein / ſo viel in dieſer ſchwacheit dieſes lebens muͤg - lich iſt.
Desgleichen lieſe lib. 1. pag. 475. dieſe Wort:
Siehe nun / lieber Menſch / was biſtu / wo dich Chriſtus durch ſeinen Geiſt nit new gebieret / zu einer newẽ Creatur macht / zu Gottes Ebenbilde wieder ernewert. Welches alles aberEin Mẽſch auſſer Chri - ſto nichts doch in dieſer Welt nur angefangen wird / in groſſer ſchwacheit. Den ſie - he dich ſelbſten an / der du des H. Gei - ſtes newe Creatur biſt. Wie ſchwach vnd geringe iſt das Bilde Gottes in dir / wie ſchwach iſt in dir die furcht vndKdie[150]die liebe Gottes / der alaube vnd hoff -Groſſe ſchwacheit auch in den Kindern Gottes nung? Wie gering iſt die demuth? Wie groß dagegen das Mißtrawen / Hoffart vnd vngedult? Wie kalt vnd ſchwach iſt dein gebet? Wie ſchwach iſt deine liebe gegen deinem Nechſtẽ? Wie ein geringes fuͤncklein der reinen geiſt - lichen Keuſcheit iſt in deinem Hertzen / wie groſſer flammen Fleiſchlicher vn - zucht? Wie groß iſt deine eigene liebe / eigen nutz / eigene ehre / vnd die brunſt der boͤſen luſt? Da haſtu nun durchGeiſtlicher jnnerlicher kampff vnd ſtreit. den Geiſt Gottes zu kempffen vnd zu ſtreiten mit deinem Alten Adam / mit dem bilde des Sathans in dir / biß in deine gruben. Da bete / flehe / ſeufftze / ſuche / klopff an / ſo wird dir der H. Geiſt gegeben / darin dir taͤglich das bilde Gottes ernewret / vnd dz bilde des Sathans gedempffet.
Alſo lerneſtu nicht auff dich ſelbſt / ſondern auff Gottes gnade trawen vñ bawen / vnd das Gottes gnade alles in dir thun muͤſſe.
Item lib. 1. p. 481. ſtehen dieſe Wort.
1. Soltu auch gewarnet ſein fuͤr geiſtlicher Hoffart / wan vnſer lieberGott[151]Gott durch ſeine gnade in dir anfehet zu wircken geiſtliche gaben / newe tu - genden vnd erkentnuß / das du dieſelbi - ge dir vnd deinen krefften ja nicht zu -Dreyerley vnart der Geiſtlichen Hoffart ſchreibeſt / ſondern der gnadẽ Gottes
2. Viel weniger deine angefangene Tugenden fuͤr dein gerechtigkeit fuͤr Gott halteſt. Dan es iſt ſtuͤckwerck.
3. Dieſelbe auch ja nicht zu deinem eigen lob vñ ruhm gebraucheſt / ſondern in der demuͤtigen furcht Gottes / Gott allein die Ehre gebeſt / vnd nicht dir ſelbſt / auch nicht in deinem hertzen ge - denckeſt: Ich habe nun einen gewalti - gen Glauben / ich hab viel erkentnuß vnd dergleichenthuͤte dich / das iſt des Teuffels vnkraut / welches er zwiſchen den guten Weitzen ſeet. Dan 1. ſo ſind alle Gaben nicht dein / ſondern Got - tes / vnd ohne Gottes erleuchtigung / bleibeſt du ein todter ſtincken der Erden kluͤmpen. Vnd wan Gott ſeine ga - ben / nicht in dich legte / ſo bliebeſtu ein leeres gefaͤß. Gleich wie die Kleinodien die man in ein keſtlein legt / nicht des Elenden bloſſenK ijKeſtleins[152]Keſtleins ſein / ſondern deſſen / der ſie hinein gelegt hat: Alſo ſind die gaben nicht dein / du biſt nur ein bloſſes Keſt - lein dazu. Solt das elende gefeß ſtol - tziren wegen des frembden guts? wie du ferner im andern Buch ſehen wirſt. 2. Wie ein Herr hat alle ſtunden macht ſein gut auß ſeinem Keſtlein zu nehmen / vnd daſſelb in ein anders zu legen / oder gar bey ſich zubehalten. Siehe ſo kan Gott alle ſtunden dir ſei -Rom. 11. ne gaben wieder nehmen / Darumb ſey nicht ſtoltz / ſondern fuͤrchte dich. 3. Muſtu von ſolchen guͤttern ſchwere rechnung geben deinem Herren. 4. Gedencke auch nicht wen du noch ſo ſchoͤne gaben haſt / du habeſt alles hinweg. Ach lieber Chriſt / es iſt kaum der Anfang es mangelt dir noch viel.
Hoͤre noch einen locum der ja hell gnug iſt. lib. 2. p. 46, 47. cap. 4.
Vnd wo du Chriſtum nicht alſo durch den Glauben in dir leſſeſt leben / auch die fruͤchte des Geiſtes nicht alſo empfindeſt / ſoltu darumb bitten / ſeuf - tzen / trawren. Das ſoltu aber nicht alſo verſtehen / das ein Chriſt in die ſemLeben[153]leben muͤſte oder koͤndie vollkommen heilig ſein. Den es befinden auch die heiligſtẽ jhre ſchwacheit / wie der gan - tze Pſalter / vnd das Vater Vnſer be - weiſ t. etc. Vnnd kurtz hernach Ich re - de hie von keiner vollkommenheit ſondern das nur vnſer newes leben vnd gute wercke keine Heucheley ſey. Die fruͤchte der Gerechtigkeit vnd des Geiſtes / wie ſie Gal. 5. beſchrieben ſind / muͤſſen ſich ja in denen ereugen / die den H. Geiſt haben / vnd muß ja der gutte Baum an ſeinen fruͤchten er - kand werden / ob ſie gleich nicht voll - kommen vnd Engeliſch ſind / ſondern mit vielen gebrechen vnd ſchwacheiten befleckt vnd verdunckelt. Vnter deſ - ſen muͤſſens ja keine heuchel oder luͤgẽ fruͤchte ſein.
Das Chriſtenthumb iſt zwar ein Hauß vnd Spital vieler ſchwacher vñ krancker leute / ja beyde voller ſuͤnder vnd heiligen. Vnd gehet gleich zu wie mit den Kindern / die erſt an den Ben - cken gehen lernen etc. Lieber ließ ferner es wird dir warlich nuͤtzen.
Ja da er lib. 1. c. 40. ſchoͤne Re -K iijgeln[154]geln gibt eines Chriſtlichen lebens / iſt vnter denen die erſte: Ob du gleich alſo vollkoͤmblich leben kanſt / wie es Gottes wort fordert / vnd wie du gern wolteſt; So ſoltu es doch wuͤnſchen. Dan ſolche heilige begierde gefallen Gott wol / vnd Gott nimbt ſie an fuͤr die that. Dan er ſiehet das Hertz an / vnd nicht die wercke. Doch ſoltu all - zeit dein fleiſch Creutzigen vnd nicht herſchen laſſen. Vnd Regula 13. Ob du gleich wol weiſt / das alle Menſchen ſuͤnder ſein / vnnd ſehr gebrechlich / ſo ſoltu dich doch fuͤr den aller gebrech - ligſten Menſchen / vnd fuͤr den groͤſſe - ſten ſuͤnder halten. Omnes homines fragiles puta, te autem fragilio - rem neminem.
Summa das gantze Buch ſtrei - tet wieder die vollkommenheit / wie ers ſaget in der præfation: Wer ſolte ſich dan nicht entferben einen redli - chen Lehrer die meinung anzumaſſen / welcher er mit Hertz / Mund / vnd feder zu wie der ſpricht?
Hierauß haſtu ja Chriſtlicher Leſer zu ſchlieſſen das Johan Arndes keine vollkom -menheit[155]menheit lehre / als wenn der Menſch allhie ohne Suͤnden ſein vnd leben koͤnte.
Weil wir allhie reden von der Gerechtfertigung / ſo ſa - ge mir was die Wort in ſich begreif - fen ſo lib. 1. c 13. p. 12. geſchrieben ſtehen vnd alſo lauten.
SVmma / wers dahin gebracht hat das in ſeinem Hertzen alle1. Ioh. 2. hoffart / geitz / wolluſt / zorn / rachgier geſtorben iſt / der iſtderWelt ge -Wz da ſey der Welt geſtorben ſein ſtorbẽ / vñ erderwelt / vñ er fehet erſt an in Chriſto zu leben / vñ Chriſtus in jhm. Die erkeñei Chriſtus fuͤr die ſeinen / zu den and’n ſpricht er: Ich keñe euch nit / vrſach / dan jhr keñet mich nit / jhr habt euch in ewrẽ Leben meiner geſchemet dz iſt / meiner demuth / ſanfftmuth / gedult darumb ſcheme ich mich ewer wie der. Wz da heiße ſich Chriſti ſchemen.Sum̃a Wer mit Chriſto hie nit lebet inderzeit / der wird mit jhm dort nit lebẽ in der ewigkeit. In welchem Chriſtus hie nicht lebet / in dem wird er dort auch nicht leben. Deſſen leben ChriſtusK iiijhie[156]hie nicht iſt / deſſen ſeeligkeit wird er dort auch nicht ſein.
Dieſe wort greiffen etliche an vnd ſa - gen der Menſch ſey mit Chriſto vereinbart ob er gleich nicht aller Hoffart / Geitz / wolluſt / zorn / Rachgier / abgeſtorben / ſondern dieſelbe in jhm herſchen laſſe.
Antwort: Das ſind ſanffte treume ein Chriſt der mit ſeinem Heilande vereinbaret iſt / der haſſet allen Hoffart / allen verbotenen zorn / allen verbottenen Rachgier.
Thut ers nicht ſo iſt er mit Chriſto nicht vereinbaret / vrſach: Der glaube kan nicht zugleich ſein mit einiger herſchenden todtſuͤnde: nun ſind hoffart / geitz / wolluſt / zorn / Rachgier / wan ſie herſchen im Menſch - lichen leibe todtſuͤnde.
Ergò ſo koͤnnen ſie nicht ſein bey vnd negſt dem Glauben. Darumb iſt der Menſch in hoffart / geitz / wolluſt / zorn / rachgier / alſo das dieſe Suͤnde in jhm leben vnd herſchen / ſo iſt er mit Chriſto nicht vereinbaret.
Toͤdtet er aber ſolche grobe Suͤnde / das iſt / hat die Welt nicht lieb noch alles wz in der Welt iſt wie H. Johan Arend in folgenden worten p. 22. redet / vnd dempffet dieſe Suͤnden wie eine flammen gedempf - fet wird / durch vbung des Glaubens / ſo iſt er warhafftig mit Chriſto vereinbaret ob ſichgleich[157]gleich noch bey jhm groſſe ſchwacheit mer - cken leſſet / lieſe zun Col. c. 3.
Das aber bey denen die mit Chriſto vereinbaret ſind groſſe ſchwacheit bleibe ſol - ches lehret der H. Johann Arndes lib. 〈…〉〈…〉. c. 5. p. 43. mit dieſen worten.
Ob nun dieß wol in groſſer ſchwa - cheit zugehet / vnd wir noch mit vielen vbrigẽ ſuͤnden behafftet ſein / dennoch werden dieſelbige zugedecket auß gnaden vmb Chriſti willen / Pſ. 32.
Wie aber der Glaube im Menſchen toͤdte die Welt / das iſt / das er augen luſt vnd ein hoffertiges leben nicht liebe / davon hoͤre was Johann Arend lib. 3. c. 3. p. 29. lehrer mit dieſen Worten.
Darauß folget nun der ſieg des Glaubens / vber ſuͤnde / todt / teuffel / hell vnd Welt / 1. Joh. 5. Alles wz von Gott gebohrẽ iſt vberwindet die Welt: Wer iſt aber d’die Welt vberwindet / ohnderda gleubet dz Jeſꝰ Gottes Sohn iſt? da zu gleich des Glaubẽs vrſprung angedeutet wird / dz er nicht auß eigenẽ natuͤrlichen Menſchlichen krefften ge - wircket werde / ſondern der Glaub iſt GOttes werck in vns / vnd die newe Geburth iſt ein Goͤttlich vbernatuͤrlichK vWerck[158]Werck. Deine Kinder werden dir ge - bohren / wie der thaw auß der Morgẽ - roͤte: weil nu die new geburth vber die Natur iſt / ſo kan jhr die gantze Welt nicht ſchaden / dan ob gleich ein Chriſt der Welt fluch ſein muß / ſo iſt er doch in Chriſto ein Siegesfuͤrſt / gantz vn - vberwindlich. Ja dan vberwinden wir alles / vmb des willen der vns geliebet hat.
Sonderlich das du dich in dieſem herrlichen glaubens Artickel / wie die Seele mit Gott vereinbaret werde / fein ſchicken vnd richten / nach demſelbigen taͤglich vben / vnd in der furcht Gottes treiben moͤgeſt / wie ich dir allhte herſetze das 6. Capitt. des 2. Buchs da der H. Johan Arndes Geiſtreich alſo redet. p. 76.
Gleich wie der Menſch durch den abfall von Gott / das iſt / durch ei - gene liebe vnd eigene ehre von Gott geriſſen / vnd ſeine angeſchaffene voll - kommenheit verlohren: Alſo muß er durch die vereinigung mit GOtt wie - der zu ſeiner vollkommenen Ruhe / vnd Seeligkeit kommen. Dan des Menſchen vollkommenheit ſtehet in der vereinigung mit Gott. Darumbmuſte[159]muſte Gottes Sohn Menſch werden / auff das die Menſchliche Natur wie - der mit Gott vereiniget wuͤrde / vnnd alſo wieder zu jhrer vollkommenheit gebracht wuͤrde. Dan gleich wie GoͤttVrſach der Menſch - werdung Chriſti. liche vnd Menſchliche Natur in Chri ſto perſoͤnlich vereiniget iſt: Alſo muͤſ - ſen wir alle mit CHriſto durch den Glauben / auß gnaden vereiniget wer - den / auff das die tieffe verderbung vn - ſer ſuͤndlichen Natur verbeſſert werde / als mit dem hoͤgſten ewigen gut.
Darumb ſpricht der Sohn Got - tes / Hoſ. 2. Ich wil mich mit dir verlo - ben in ewigkeit / in Gnade vnd Barm. hertzigkeit. Dan es koͤnte vnſere Na - tur / weil ſie mit dem vnendlichen vbel der ſuͤnde vergifftet vnd verdorben ward / nicht inſtaurirt vnd verbeſſertInſtauratio Vnd wie - derbringũg der verderb ten Natur werden / dan mit dem hoͤchſten gutte / welches Gott ſelbſt iſt.
Vnnd wie nun die vereinigung Goͤttlicher vnd Menſchlicher Na - tur in Chriſto ewig iſt / vnzertren - lich / vnauffhoͤrlich / das auch der Todt dieß band der vereinigung derNaturen[160]Vereinigũg Chriſti mit ſeiner Gleu bigen glie - dern Rom. 8.Naturen in Chriſto nicht trennen vnd zerreiſſen koͤnnen. Alſo muß Chriſtus vnſer Haͤupt mit vns ſeinen gleubigen Gliedern alſo verreiniget werden / das vns weder leben noch todt von Chriſto ſcheiden kan. Darumb ſpricht derHoſ. c. 2. Prophet Hoſeas in der Perſon Chri - ſti: Ich wil mich mit dir verloben in ewigkeit.
Solche vereinigung muß noth -Eſa. 59. Chriſtus muß in vns ſein vnd le - ben wendig geſchehen / durch den glauben / wen die ſuͤnde vns vnd vnſern GOtt von einander geſchieden / ſonſt bleiben wir auſſer Gott / ohne Gott / ohne le - ben / ohne ſeeligkeit / wo Chriſtus nicht in vns lebet / wohnet vnd iſt / durch den glauben / wir koͤnten auch ſonſt nichts guts thun / wo es Chriſtus nicht in vns wircket / wie S. Paulus ſpricht: Nicht1. Cor. 15. Alles was wir guts thun iſt Gottes. ich / ſondern Gottes gnade vnd Joh. 15. ohne mich koͤnnet jhr nichts thun. Welches er durch ein ſchoͤn gleichnuß erkleret vom Reben vnd Weinſtock. So bleibets alles was wir guts ſein / vnd guts thun Gottes alles allein / Eſ. 26. alles was wir außrichten das haſtu vns gegeben / Oſ. 14. Ich wil ſein wieeine[161]eine gruͤne Tanne / an mir ſol man dein fruchte finden.
Siehe nu / lieber Menſch / was du biſt vnd was du vermagſt? Was haſtu zu deiner wiederbringung vnnd zur ernewerung deiner verderbten Na - tur thun koͤñen? Lauter nichts. Gleich wie du zu deiner leiblichẽ geburth nicht haſt thun koͤnnen / vnd dich nicht ſelbſt ſchaffen: Alſo kanſtu auch zu deiner newen geburth nichts thun. Ver - derben haſtu dich wol koͤnnen / verlie - ren vnd toͤdten: aber ernewren / wie - derbringen / heilen / gerecht / vnd leben - dig machen / haſtu nicht koͤnnen. Wz haſtu darzu thun koͤnnen / das Gott iſt Menſch worden? Lauter nichts. Al - ſo haſtu dir vber alles nichts zuzurech - nen / oder deinen krefften etwas zuzu - ſchreiben.
Ja jemehr ein Menſch ſeinemDer Mẽſch hindert ſich vielmehr durch ſeine eigene kreffte an ſeiner ſeelig keit eigenen willen krefften / vnd vermoͤgen zuſchreibet / jemehr hindert er ſich ſelbſt an der gnade Gottes vnd an der erne - werung ſeiner verderbtẽ Natur. Dar - umb muſtu allen deinen eigenen kref - ten vnnd vermoͤgen / gantz abſterben /deiner[162]deiner eigenen Weißheit / deines eige - nen willen / deiner eigenen liebe / vnd muſt GOtt allein alles laſſen in dir wircken / ja es muß nichts in dir ſein / das Gottes willen vnd wercke verhin - dere / oder denſelben wieder ſtrebe.
Vnd ſo lange du dies nicht thunDu muſt Gott gantz laſſen ſte - hen vnd ge - laſſenheit lernen wilt / vnd nicht bey dir iſt ein bloß lau - ter leiden / alſo das Gott alles allein in dir thue vnd wircke / du aber leideſt jhn vnd ſein werck / vnd ſeinen willen in dir / ſo lange hinderſtu Gott / dz er ſich mit deiner Seelen nicht vereinigen / ſein bilde in dir ernewren / vnd deine verderbte Natur in dir beſſern kan.
Dann eigen wille / eigen eh - re / eigene weißheit / vnnd alles was du dir ſelbſt zuſchreibeſt / das hin - dert Gott / das er nicht alles allein in dir ohn hindernuß wircken kan. Dan des Menſchen wille verderbet den Menſchen jmmer weiter vnnd wei - ter: GOTtes wille aber beſſert jm - mer mehr vnd mehr.
Davon ſagt Bonaventura: Tota religionis perfectio, in vo -luntatis[163]luntatis propriæ abdicatione con - ſiſtit. Die vollkommen heit der Chriſt - lichen religion, ſtehet in abſagung des eigen willens Vnd Auguſtinus: Si totum hominis bonum eſt a - mare Deum, totum hominis ma - lum ſit neceſſe eſt, am are ſeipſum. Wan Gott liebẽ des Menſchen hoͤch - ſtes gut iſt ſo muß des Menſchẽ hoͤch - ſtes verderben ſein / ſich ſelbſt lieben. Jdem. Si ea eſt conditio boni, ut ſeſe effundat & propaget: Non poteſt non eſſe magnum ma - lum amor proprius, qui bona ſua & aliorum ad ſe totum tra - hit, nec quicqaam de eis commu - nicat. Wan das die eigenſchafft des guten iſt / das es ſich ausbreitet vnd andern mittheilet / ſo muß die ei - gen liebe ein groſſes vbel ſein / die jhre vnd ander leut Guͤtter vnd gaben zu ſich allein reißet / vnd niemand mit - theilet. Welches auch Seneca ein wei - ſer Mann verſtanden / da er ſpricht: Hoc ſolum virtuti adjeceris, quod propriæ voluntati ſubtraxeris:So[164]So viel wirſtu an deinen Tugenden zunehmen / ſo viel du an deinem eigenẽ willen wirſt abnehmen. Niſi à teipſo defeceris, ad Deum qui ſupra te eſt, non appropinquabis. Wirſtu von dir ſelbſt nicht außgehen ſo wirſtu zu Gott nicht eingehen.
Der eigen wille iſt nichts anders dan der abfall von Gott. Vnd derſel - be fall iſt zwar leicht vnd luſtig: Die wiederbringung aber ſawer bitter vnd ſchwer ja allen Creaturen vnmuͤglich / Dan der Menſch kan nicht von jhm ſelber wieder auffſtehen / vnd vermag jhm ſelbſt nicht zu helffen / weder mit willen noch mit wercken.
Der wille iſt gefangen / die wer - cke die ſind todt. Es muß Chriſtus al - lein helffen im anfang / mittel vnd en - de. Er zeiget dir / ja er gibt dir zwey mittel / Geſetz vnd Evangelium / Buſ - ſe vñ Vergebung der Suͤnde. Durchs geſetz muſtu erſt mit Chriſto ſterben / durch ware rew vnd leid deinen willen auffopffern / in dir ſelbſt zu nichte werden vnnd dich Chriſto allein laſ - ſen ſo kompt dan die gnade Gottes /vnd[165]vnd vergebung der Suͤnde durchs Eu - angelium / vnd machet dieſen todten lebendig durch den glauben. Alſo kan durch eigene kraft vñ vermuͤgẽ nie mãd bekert werdẽ /oderaufſtehen. Dañ man muß ſich ja ſelbſt haſſẽ / verleugnẽ / ver - lieren / an jm ſelber zu nichte werden vñ ſterben / auff GOtt allein hoffen vnd warten / ſeiner Gnade leben.
Aber ſolch haſſen / verleugnen ſeinRom. 9. Gott macht vns allein zur Gnade geſchickt. ſelbſt / Geiſtlich ſterben / ſtehet auch nit in vnſerm willen vnd vermuͤgen / ſonſt were es Currentis & volentis, & nō Miſerentis Dei. Das iſt / es lege an jemands wollen vnd lauffen vnd nicht an GOttes erbarmen. Darumb muß GOtt ſelbſt ſolches alles in vns wircken durch ſeine Goͤttliche GnadeVnſer recht fertigung ein Werck Gottes. vnd Krafft ſeines Geiſtes. Vnd alſo bleibt vnſere Rechtfertigung allein in Gottes Hand / als ein werck vnd ga - be Gottes / vnd nicht in der gewalt der Creaturen. Dann vnſert halben ſind wir ſelbſt vnſere ergeſte vnnd groͤſeſte Feinde vnd muͤgen wol bitten / dz vns Gott von vns ſelbſt erloͤſe / vns gantz vnd gar nehme was vnſer iſt / vnd gebe vns was ſein iſt.
LDann[166]Dann auß eigenen krefften koͤn - nen wir nichts guts thuu / wo es Gott ſelbſt durch ſeine Gnad auch nach der bekehrung nicht in vns wircket / Er iſt die liebe / vnd muß ſie in vns wircken / er iſt die Barmhertzigkeit vnd muß ſie in vns wircken / vnnd alſo von allem guten ſo wir thun ſollen. So hilfft nun Chriſtus hier allein / Menſchen huͤlffe iſt hie kein nuͤtze. So tieff aber der Menſch in Adam gefallen vnnd verdorben / ſo hoch vnd viel hoͤher iſt er in Chriſto wieder erhoͤher vnd wieder gut gemacht / wie im 11. Cap. her - nach folget.
Dieſer Geiſtlichen ver - einbahrung vnſerer Seelen mit GOtt auff das ich ſie deſto beſſer ver - ſtehen moͤge ſo ſage mir ob auch ein Schwacher glaube mit Chriſto koͤnne vereinbart werden?
DAran iſt keines weges zu zweiffeln welches weil es der Herr Johan Arendt mit ſehr troͤßlichen worten darthut vnd beweiſet lib. 2. c. 51. p. 605. So wil ich daſſelbige Capittel allhie her ſetzen laß es dir trewlich zum Troſt in Geiſt - licher anfechtung befohlen ſeyn / vnnd lau - tet alſo.
Dieß iſt ein vberauß ſchoͤner troſtSchoͤne gleichnus des Prophe tẽ Eſaiæ 57 wieder die ſchwacheit des Glaubens / welchen der Prophet faſſet in zwey Gleichnuͤß. Das erſte nimpt er von ei - nem zerbrochenen Rohr / welches man muß gelinde vñ ſeuberlich angreiffen / dz mans nicht vollend zerbreche: So thut Got auch mit vnſerer ſchwacheit / vñ ſchwachen glaubẽ. Vnd gleich wie ein glim̃end Tocht / wars ein fuͤncklein fewer gefangen hat / nicht mit ſtarcken Wind muß angeblaſen werden oder man bleſets gar hin weg. Alſo auch Chriſtus vnſer HERr bleſet dz kleine fuͤncklein vnſers Glaubens mit der ge - lin digkeit ſeines Geiſtes / vñ mit ſanff - tem Othem ſeines Mundes an / vnnd leſſet einen ſanfftmuͤtigen Geiſt von ſeinem Angeſicht wehen / damit er vns in vnſer ſchwacheit nit erſchrecke / ſon - dern erquicke / Eſ. 57.
L ijWeil[168]Weil dieſe kleinmuͤtigkeit vnnd ſchwacheit des Glaubens eine ſchwere anfechtung iſt / damit alle Chriſten gnug zu thun haben / wiewol es mit ei - nem ſchwerer hergehet als mit dem an dern. So hat der H. Geiſt vns in Got - tes Wort gewaltigen reichen troſt da - wieder auffzeichnen laſſen / denn wir fleiſſig mercken ſollen / damit wir den - ſelben zur zeit des trawrigen Kampff - ſtuͤndleins ſeliglich gebrauchen moͤgen.
1. Sollen wir mit allem fleiß mer - cken dz der Glaube nicht iſt vnſer thun vnd werck / ſondern GOttes Werck. Glaube Gottes ga - be vñ ſtehet bey jm wie ſtarck oder ſchwach er vz im glau - ben haben wil.Joh. 6. das iſt Gottes Werck dz jhr an den gleubt denn er geſand hat. Es kan niemand zu mit kom̃en / es ſey dan / das jhn ziehe der Vater / der mich ge - ſandt hat. Eph. 1. Die wir gleuben nach der wirckung ſeiner mechtigen ſtercke. Eph. 2. Auß gnaden ſeit jhr Seelig worden durch den Glauben. Ebr. 12. Laſſet vns lauffen in dem Kampf der vns verordnet iſt durch ge - dult / vnd auffſehen an JEſum den an - faͤnger vnnd vollender des Glaubens. Roͤm. 5. Die liebe iſt außgegoſſen invnſere[169]vnſere Hertzen durch den H. Geiſt / der vns gegeben iſt Roͤm. 8. Die wir haben des Geiſtes erſtling / welcher auch hilfft vnſer ſchwacheit. Weil nū der Glaube GOttes werck vnd nicht vnſer werck iſt in vns / ſo ſtehets ja nit bey vns / oder in vnſerm vermuͤgen wie ſtarck oder ſchwach vnſer Glaube ſein ſolle. Wie vns nun GOtt hat zuge - ſagt / dz er vns durch den Glauben wol - le ſeelig machen / ſo weiß er auch wie ſtarck vnſer Glaube ſein muͤſſe dar - durch wir die Seeligkeit ergreiffen /2. Cor. 12. vnd ſo viel wil vns GOtt geben. Dar - umb heiſets: wie GOTT zu Paulo ſagt: Laß dir an meiner Gnade ge - nuͤgen / dann niemand kan ihm etwas nehmen es were jhm dan von obẽ her - ab gegeben / Joh. 3.
So koͤnnen wir in dieſem Leben die vollkom̃enheit nicht erlangen / es bleibet mit vns ſtuͤckwerck. Das iſt Gottes wille wegen vnſer tieffen ver - derbung vnd blindheit / damit auch der ſicherheit vnd leidigen hoffart in vns geſtewret werde. Spricht doch S. Paulus / Philip. 3. Nicht dz ichs ſchonL iijergriffen[170]ergriffen habe oder ſchon vollkommen ſey. Ich jage jhm aber nach ob ichs er - greiffen moͤchte nach dem ich von Chriſto JEſu ergriffen bin. Ob ich gleich nicht ſo einen vollkom̃enen glau ben habe / das ich jhn ſo ſtarck vnndVnſer glau be vnvoll - kommen Chriſti Lie - be aber ge - gen vz voll - kommen. mechtig ergreiffe als ich wol ſolte: So bin ich doch von jm ergriffen / dz iſt / ich bin in Chriſto JEſu durch den glau - ben. Ergreiffe ich jhn nit ſo ſtarck als ich ſolte / ſo hat er mich ergriffen. Dar - umb ſollen wir mit vnſerer ſchwacheit zu frieden ſein / biß wir zur vollkom - menheit gelangen.
3. So wil Gott vnſern ſchwachẽ Glauben nit verwerffen / ſondern gne - diglich anſehen / ſtercken / vermehren / vnd zum ſeligen Ende fuͤhren. Davon mercke die herrlichen guͤldenẽ ſpruͤche. Eſ. 45. Das zerſtoſſene Rohr wird er nicht zerbrechen / vnd den glim̃enden Tocht wird er nicht außleſchen. Eſ. 25. Du biſt der geringen ſtercke /derarmen ſtercke in truͤbſal / ein zuflucht fuͤr dem Vngewitter / ein ſchatte fuͤr der hitze. Eſ. 35. Stercket die muͤden Haͤnde / erquicket die ſtrauchlenden Knie / ſagtden[171]den verzagten hertzẽ: Seid getroſt fuͤr - chtet euch nit / ſehet ewer Gott kompt / vnd wird euch helffen. Eſ. 40. Er gibt den muͤden kraft vnd ſtercke gnug den vnvermuͤgenden / die auff den Herren hoffen kriegen newe krafft Eſ. 50. Der HErr hat mir eine gelerte Zun - ge gegeben / dz ich wiſſe mit den muͤden zu rechter zeit zu reden. Eſ. 57. Ich er - quicke den Geiſt der demuͤtigen vnd dz Hertz der zerſchlagenen. Von mei - nem Angeſicht ſol ein Geiſt weben / vnd ich wil Othem machen. Eſ. 61 Er hat mich geſand den elendẽ zu pre - digen die zerbrochene Hertzen zuver - binden / zu troͤſten alle trawrige. Ex. 34 ſtehet. Du ſolt dz Bocklein in ſeiner Milch nicht kochen / das iſt / den zarten anfahenden Milchglauben ſoltu nicht ergern noch betruͤben. Der ſtarcke Glaube kan wol allerley vertragen / dz man jhn ſiede vnd brate / beſtehet im Fewer vnd Waſſer: Aber den ſchwa - chen Milchglaubẽ muß man ſeuberlich angreiffen wie ein zerbrochenes Rohr / damit man es nicht vollend zerbreche. L iiijJerem.[172]Jerm. 31. Ich will die muͤden Seelen erquicken vñ die bekuͤmmerten Seelen ſaͤtigen / die ſich fuͤr ſchwachgleubige erkeñen / die ſind Geiſt armen. Matth. 5. Seelig ſind die Geiſtlich arm ſein. Die ſchwachgleubigen ſind die Geiſt - lich kranck ſein / die troͤſtet der HERR Matth. 9. Die ſtarcken beduͤrffen des Artzes nicht / ſondern die Krancken Roͤm. 14. Die ſchwachen im Glaubẽ nehmet auff / vnd verwirret die gewiſ - ſen nicht. 1. Cor. 8. Den ſchwachen bin ich worden als ein ſchwacher / auff das ich auch die ſchwachen gewinne Ezeh. 34. Ich wil das verwundete verbinden / vnd des ſchwachen warten. Joh. 6. Wer zu mir kompt / den wil ich nicht von mir hinauß ſtoſſen. In dieſe troͤſtliche verheiſſung ſollen ſich alle ſchwachgleubige einſchlieſſen / vñ wiſſen / dz der getrew iſt ders verheiſſen hat / der wirds auch thun. Dann ſein Wort iſt warhafftig / vnd ſeine zuſage iſt gewiß. Sehet die Exempel der ſchwachgleubigẽ an: des armen Man - nes Marc. 9. zu dem der HERR ſprach: Wann du gleuben koͤnteſt / eraber[173]aber ſprach mit weinen: Ich gleube HERR / hilff meinem Vnglauben. Des Koͤnigſchen Joh. 4. Die Juͤn - ger im Schiff. Matth. 8. Der HErr reicht die Hand dem ſincken den Petro auff dem Meer Luc. 14 Darumb er - mahnet S. Paulus. 1. Theſ. 5. troͤſtet die kleinmuͤtigen / traget die ſchwachẽ / ſeit geduͤltig gegen jederman.
4. Ja der ſchwachgleubigen wilFuͤr die ſwachgleu - bige ſorget GOtt am weiſten. ſich Gott am meiſten annehmen / dañ die ſtarcken duͤrffen des Artztes nicht / ſondern die Krancken Matth. 9. Er leſt die neun vnd neuntzig in der Wuͤ - ſten / vnd gehet nach dem verlohrnen biß ers finde. Luc. 15. wie ein from̃e Mutter der krancken Kinder am mei - ſten pfleget / vnd auff ſie wartet. Alſo GOtt der ſchwachgleubigen.
5. Ja ſprichſtu ich fuͤhle faſt kei -Gerne gleu ben wollen iſt auch ein Glaube. nen Glauben in mir. So frage ich dich / ob du auch gerne wolteſt gleuben. Wann du das fuͤhleſt / das iſt auch ein Glaube. Dann GOtt muß auch das wollen in vns wircken. Wann du der - wegẽ gerne wolteſt gleuben / ſo fuͤhleſtu HOttes wirckung in dir / vnd haſt diePhil. 2.L vtroͤſtliche[174]troͤſtliche hoffnung dz / der dz wolletz in dir wircket / der werde auch das voll - bringen wircken.
6. Gott ſiehet der gleubigen begirde alſo gnediglich an / das kernes elenden Hertzens verlangen ſol verlohren ſein ewiglich / dz verlangẽ der Elenden hoͤ -Pſalm. 9. Keines E - lenden hof - nung iſt verlohren. Pſalm. 7. reſtu Herr. Ihr Hertz iſt gewiß / das dein Ohr darauff mercket. Pſ. 10. Dar umb ſo groß du gerne wolteſt / das dein glaube fuͤr Gott ſein ſolte / ſo groß iſt er fuͤr Gott / dan Gott ſiehet das hertz an / er wieget die Geiſter / pruͤfet Hertz vnd Nieren. Pſ. 9. Er begehret mein dar - umb wil ich jhn außhelffen.
7. So iſts viel beſſer / dz wir vns vn -Beſſer ſich der ſchwa - cheit ruͤhmẽ den der ſter - cke. ſers ſchwachen glaubens ruͤhmen dan des ſtarcken. Dan alſo hats Gott ver - ordnet / damit wir nicht in geiſtliche Hoffart gerahten 1. Cor. 12. Meine krafft iſt in den ſchwachen mechtig. Darum̃ ſpricht S. Paulꝰ: wil ich mich am liebſten meiner ſchwacheit ruͤhmẽ / auf dz die kraft Chriſti bey mir wohne. Des troͤſte dich nun ſchwachgleubiger
8. So iſt der ſchwache Glaube je auch ein glaube dann es ſtehet vnſereSeelig -[175]Seeligkeit nicht auff der wirdigkeit vnſers glaubens wie ſtarckoderſchwach dieſelbe ſey / ſondern auff Chriſto / wel - chen der Glaube faſſet vnd ergreiffet. Gleich wie nun ein kleines ſchwaches Kindlein / ein Kleinot vnd Perle mit ſeiner ſchwachen Hand eben ſo woll faſſet vnd helt als ein ſtarcker Mann: Alſo helt vnd faſſetderſchwache glaubeSchwacher glaube er. greift Chri - ſtum ja ſo wol als der ſtarcke glau be. Chriſtum den Edten ſchatz mit alle ſei - nem verdienſt eben ſo wol als der ſtar - cke Glaube: Vnnd hat der ſchwach gleubige in jhm vnd durch jhn eben die Gerechtigkeit vnd Seeligkeit wie der ſtarckgleubige hat. Vnnd gleich wie der Augapffel ein klein verachtetes dinglein iſt / deñoch der Sonnen liecht vnd ſchein / wan ſie gleich zum hoͤchſtẽ am Him̃el ſtehet / ja auch die Sonne ſelbſt / welche doch vmb etliche vielmal groͤſſer dan die Erde iſt / erreichen kan: Alſo kan auch dz auge des glaubẽs ob es ſchõ klein vñ ſchwach iſt / deñoch die Sõne der Gerechtigkeit JEſum Chri - ſtum mit jrem voͤlligen ſchein vnd an - dern vnaußſprechlichen Guͤtern vnnd gaben faſſen vnd ergreiffen.
9. So[176]9. So iſt das auch des Glaubens art / das er nicht allezeit gleich ſtarck / ſondern zu weilen gantz ſchwach iſt / dz es ſich anſehen leſt / als ſey dz liecht des glaubens in vns gar erloſchen / inmaſ - ſen die Exempel aller heiligen / ſonder - lich Davids bezeugen. Item Abra - hams / der doch ein Vater aller gleubi - gen genennet wird / als wir Gen. 12. leſen / da er beſorget / die Egypter moͤch - ten jhn erwuͤrgen / vmb Sara willen /Die groͤſten heiligen vñ ſtarck gleu - bigſten ha - beu ſchwach heit des Glaubens befunden. Pſ. 31. da er doch allbereit die verheiſſung vom gebenedeyeten Saamen empfan - gen. Item Moſis da er zweiffelt am hader Waſſer. David iſt mit ſeinem Glauben ſo ſtarck / dz er bait im Him - mel iſt / balt ſo ſchwach das er in der Helle iſt / das er auch klagt / er ſey von GOttes Angeſichte verſtoſſen. Dar - umb iſt aus dem ſchwachenglaubẽ nit zuſchlieſſen / als wan gantz kein Glau - be da were / vnd ſolche leute gantz von GOtt verlaſſen weren. Dañ gleich wie wir nicht vrtheilen vnd ſchlieſſen / dz in der aſchen kein Fewr / weil es kein ſchein oder hitze von ſich gibt / oder in den beumen kein leben / weil ſie imWinter[177]Winter nackent vnd bloß da ſtehen / Alſo ſollen wir auch nicht ſchlieſſen / das darumb kein glaube iſt / weil er ſich nicht allezeit ſehen leſt. Dan der GeiſtIoh. 3. Gottes bleſet wie ein Wind / weñ vnd wohin er wil
10. Wann man vber den ſchwa -Klage vber dẽ ſchwachẽ glauben iſt ein zeugniß des glau - bens. chen glauben klagt / ſo merckeet man / das ein Kempffender glaube iſt / vnnd das iſt eben der rechte Glaube. Dan es iſt ein ſtetiger Kampff des glaubens vnd vnglaubens im Menſchen. Der Glaube muß hie ſtehen vnter vielen Schwertern der anfechtung. Dañ es iſt ein ſchwer ding / vnd hat viel zu - thun / das dz jrdiſche Hertz mit Chriſto vnnd der boͤſe Acker mit dem Himli - ſchen Saamen durch den Glauben koͤnne vereiniget werden / vnd die fin - ſterniß des Liechtes vehig werde. Da wil jmmer dz fleiſch den holtzweg / vnd vber den Geiſt herꝛſchen / vnnd die fin - ſterniß wil jm̃er vberhand habẽ. Vber dieſen Kampff haben die H. GOttes geklagt. Vnd das iſt ein gewiß anzei - gen / das der rechte Glaube da iſt.
Dann die gantz keinen glaubenhaben[178]haben / fuͤhlen dieſen Kampf nit. Vnd dabey iſtdertroſt / dz vns Gott in ſolchen Kampf nicht verlaſſen wolle / auch nit vber vermuͤgen laſſen verſucht werdẽ / ſondern jhr einen ſolchen außgang ge - ben / dz wirs koͤnnen ertragen. Eſ. 40. Der HERR gibt den muͤden krafft / vnd den vnvermuͤgenden ſtercke gnug.
II. Wann wir in vnſer ſchwacheit nur noch an Chriſtū gedencken / ſo iſt er warhafftig bey vns / ja wohnet in vnsEro. 20. durch den Glauben. Dan er ſpricht: Wo man meines Namens gedencken wird / da wil ich zu dir kom̃en vnd dichJoh. 15. ſegnẽ / ja wir koͤñen ohn Gott an Gott nit gedencken. So ſind wir auch in jm als den lebendigen Weinſtock einge -Col. 3. pflantzet / alſo / dz wir leben vnd Safft auß jm empfangen / ja wir lebẽ in Chri -Chriſtꝰ bey vns wen wir an jhm gedencken. Rom. 8. ſto. Vnd dz leben vñ kraft vnſers glau - bens iſt in Chriſto verborgen. Der H. Geiſt zeuget von jhn in vnſerm Hertzẽ durch friede / frewde vñ troſt / gleich wie kein Prophet im altẽ Teſtament gewe - ſen / der nicht Gott in jm hat hoͤren re - dẽ: Alſo iſt kein Chriſt im Newẽ Teſta - ment /dernit Chriſtum in ſeinem hertzenhette[179]hette hoͤren reden / vnd die ſalbung des Geiſtes nicht in jhm geſchmecket het - te. Vnd dieß iſt ſolch eine ſtarcke verei - nigung mit Chriſto vnd vnſerm glau - ben / dz ſie vom Tode vnd Teuffel nicht kan auf geloͤſet werdẽ / dieweil Chriſtꝰ /Cant. 8. deſſen leben er in ihm hat / vnſterblich iſt. Ob du das gleich allezeit in deinem Hertzen nicht empfindeſt: So iſt doch1. Iohan. 4.derin dir iſt / groͤſſer danderinderWelt iſt.
12. So ſollen wir in der ſchwach - heit vnſers Glaubens vnſern Erloͤſer vnnd ewigen Hohenprieſter JEſum Chriſtum anſchawen /derſich ſelbſt fuͤrLuc. 22. vns am Creutz hat auffgeopffert / vndLuc. 14. bittet fuͤr vnſern Glauben wie er ſagt zu Petro: Ich habe fuͤr dich gebeten /Chriſtus reicht dem ſinckenden glauben die Hand wie Petro. das dein Glaube nicht aufhoͤre. Vnd reicht jhm ſeine Allmechtige huͤlffrei - che gnaden hand / auff dem Meer da er ſinckẽ wolte. vnd Joh. 17. Bittet er. heiliger Vater erhalte ſie in deiner warheit. Ich bitte nit allein fuͤr ſie die Apoſteln / ſondern fuͤr alle / die durch ſie an meinen Namen gleuben werden. Chriſtus hat fuͤr alle gleubige ge betet.Darumb ſagt auch die Epiſtel an die Hebr. am 2. vnd 5. Wir haben nit einẽſolchen[180]ſolchen Hohenprieſter / der mit vnſer ſchwacheit nit koͤnne mitleiden haben / ſondern der verſucht iſt allenthalben wie wir: Welcher iſt zur rechten Got - tes / vnd vertrit vns. Deiſer fuͤrbitte haben ſich alle ſchwachgleubige zu troͤ - ſten vnd werden derſelbigen auch ge - wiß nieſſen.
13. Wir ſollen vns auch in vnſerer ſchwacheit troͤſten der barmhertzigkeit Gottes. Die iſt vnaußſprechlich groß / ja ſo groß als er ſelber iſt. Daran ſol niemand verzagen: Dann es iſt Miſe - ricordia præveniens, expectans, ſuſcipiens, perdurans in æternum.
GOtt hat niemand jemals ſeine barmhertziakeit verſagt. In die barm - hertzige arme Gottes ſollen ſich auch alle ſchwachgleubige einſchlieſſen.
14. Sollen wir vns des troͤſten / das Gott der den glauben in vns an - gefangen aus gnaden / auch hat zuge - ſagt das ers auch in vns vollfuͤhren wolle biß auff den Tag JEſu Chriſti. Phil. 1. Er wird vns vollbereiten / ſtercken / krefftigen / gruͤnden. Wir werden auß GOttes macht durch denGlauben[181]glauben bewehret zur ſeeligkeit / das wir das ende vnſers glaubens davon bringen welches iſt der Seelen ſeelig -Gott iſt nit allein ein an fenger ſon - dern auch ein vollẽder des Glau - bens des ha ben fich alle Schwach - gleubige zu troͤſtẽ Hebr. 12. keit. Auff das Ende hat Gott geſehen / da er den Glauben in vns angefangen hat. Das iſt nun Gottes krafft / der kans zur vollkom̃enheit fuͤhren. Dar - umb nennet die Epiſtel an die Hebr. JEſum nicht allein den anfenger / ſon - dern auch den vollonder vnſers glau - bens. Vnnd Chriſtus ſagt Joh. 10. Meine Schaffe ſol mir niemand auß meiner Hand reiſſen.
15. Darumb hat er auch ſo viel mittel verordnet / dardurch der glaubeLnc. 17. in vns geſtercket vnd erhalten werde / nemblich ſein Wort / die Sacramen - ta / dz Gebet: HErr / vermehre vns den Glauben / kom zu huͤlffe vnſerm vnglauben. So hat GOtt verheiſſenMar. 9. den H. Geiſt zu geben denen / die jhn darumb bitten / Luc. 11. Roͤm. 5. 8. Der Geiſt hilfft vnſer ſchwacheit. Ja vnſer gantzes Chriſtenthumb iſt dahin gerichtet / dz wir im glauben geſtercket vnd erhalten werden.
16. So iſt auch vnſer Glaube inMder[182]der ewigen wahl GOttes gegruͤndet Roͤm 8. Welche er verſehen hat / die hat er auch gerecht gemacht / wir wer - den aber allein durch den Glauben an Chriſtum gerecht Roͤm. 3. ElegitnosGott iſt den ſchwachen am neheſtẽ. in fide veritatis. Er hat vns erweh - let im Glauben der warheit. Darum̃ laß dich die Schwachiet deines glau - bens nicht allzu hoch brtruͤben. Wan du meineſt / du haſt gar keinen Glau - ben / ſo iſt dir Chriſtꝰ neher den du mei -Luc. 14. neſt. Wie er dan den Juͤngern nahe war / da ſie noth litten auf dem Meer. Alſo auch wan dein Glaube am mei - ſten noth leidet / ſo iſt er bey dir.
Siehe das find wort eines erfahrnen Theologi, GOtt gebe das wir vns derſelbi - gen in allen anfechtungen troͤſten moͤgen. Schließlich haſtu hierauß abzunehmen Chriſtlicher Leſer / das der H. Johan Arendt den Artickel von der Rechtfertigung eines ar - men Suͤnders fuͤr Gott wie dan auch vom Glauben vnd guten wercken richtig erkleret / vnd auff GOttes Wort gegruͤndet habe.
Ich hoͤre das etliche den Abendſegen der im Paradieß gaͤrtlein p. 215. zu finden nicht wollen gut ſein laſſen weil darin dieſe folgende wort geleſen werden.
LAs deine Heilige WaͤchterPſal. 34. mich behuͤten / vnd deine Engel ſich vmb mich her lagern / vnd mir aus helffen: dein heiliger Engel wecke mich zur rechten zeit wider auf / wie den Prophetẽ Eliam / da er ſchlieff1. Cor. 19. vnter dem Wacholderbaum / wie Pe - trum da er ſchlieff im gefengnuß zwi - ſchen den huͤtern / laß mir dein H. En - gel erſcheinen im Schlaff wie Joſeph / vnd den Weiſen auß Morgenlande /Act. 12. auff das ich erkenne / das ich auch ſey in der Geſelſchafft der heiligen Engel / vnd wen mein ſtuͤndlein verhanden iſt / ſo verleihe mir einen ſeeligen ſchlaff / vnd eine ſeelige Ruhe in Jeſu Chriſto meinem HErren Amen.
Lieber was ſol man jhnen hierauff ant - worten die ander Leute ſchrifften ſo genaw wiſſen abzuwegen. Antwort: Ich ſeheM ijnicht[184]nicht was hierinnen boͤſes ſey / wann mans noch ſo genaw vrtheilen vnd richten wolte.
Denn das er lehret bethen / Laß mir die H. Engel erſcheinen im Schlaff wie Joſeph / vñ den Weiſen auß Mor - genlande / ſolches iſt ſchrifftmeſſig.
Denn ein Chriſt ſol beten / das die H. Engel im ſchlaff jhm nach dem willen Got - tes behuͤten wollen / daher beten die lieben Kinder des Abends / wann ſie zu Bette ge - hen alſo: Deine heilige Engel ſein bey mir / das der boͤſe Feind keine macht an mir finde Amen.
Vnd die Kirche GOttes ſinget getroſt in der gemeine dieſe wort:
Dieſe bitte iſt gegruͤndet auff die gne - dige providentz Gottes / die auch durch die heilige Engel mediatè verwaltet wird nach dem 34. Pſ. Der Engel des HErren lagert ſich vmb die ſo jhn fuͤrchten. Item Pſ. 91. Er hat ſeinen Engel befohlen vber dir / das ſie dich behuͤten auff allen deinen wegen.
Es wird aber hie nicht gebeten eine leib -liche[185]liche ſichtbahrliche Erſcheinung / den dar - umb zubitten haben wir keinen befehl vnd hat auch dieſer Chriſtlicher lehrer nirgend in ſeinen buͤchern / dieſelbige mit einem wort beruͤhret; Wie aber? wen ein gantzes Kriegs - heer betete; Ach Herr laß deinen H. Engel fuͤr vns herziehen / wie fuͤr dein Volck Iſrael in der Wuͤſten: Vns beſchuͤtzen wie Maccabe - um 2. Macc. 8. 29. & C. 9. 〈…〉〈…〉. 8. Ein reiſender: Ach Herr dein H. Engel beglette mich wie den lieben Jacob vnd Tobiam: Oder in ande - ren zufaͤllen ſeufftzete: Herr ernehre vns wie dein Volck mit Him̃elbrot / oder den Prophe - ten Eliam. Oder die arme Witwe zu Sarepta: &c. Betete er vnrecht? Nein trauwn / den ein Kind ſihet / das ich rem ipſam bitte nicht mo - dum rei. Alſo werden dieſe Exempel angezo - gen als beweiß der wolthaten die vns Gott auch des Nachts durch die Engel beweiſet die vnſeren Glauben im gebet erwecken vnd ſtercken.
Es ſagt gleich wol Jo - han Arndes: auff das ich er - kenne das ich auch ſey in der geſel ſchafft der H. Engel.
M iijErgò[186]ERgò, ſchlieſſen etliche / muſte der Menſch zweiffeln ob er auch in der geſellſchafft dđ Engel were oder ob er auch in Gnaden were / wan die Engel im ſchlaff nicht zu jhn kemen.
1. Wer hat ſie geheiſſen dieſe wort allein auff das / was vom ſchlaff gere - det wird zu ziehen / da ſie doch auff den gantzen periodum ſich erſtrecken / wie er in der frage geſetzet wird.
2. Es iſt vbrige klugheit / zwar auß dem Artickel von der providentz vnd verſehung Gottes / das nemblich Gott dich wieder den Teuffel vnnd allerley Teuffeliſche treume durch ſeine H. Engel im ſchlaff ſchuͤtzet / laut ſeines Worts / kanſtu abnehmen das du ſeyſt in der H. Engel geſellſchafft. Vn - ter deſſen aber ſind viele andere vnnd nochmehr kennezeichen dabey du kanſt abnehmen das du zur geſellſchafft der Engel verordnet biſt / wie ſolches klar vnd offenbar auß dem Artickel von der Schoͤpffung / das weil die Engel er - ſchaffen / ſo ſind ſie auch vm̃ des Men - ſchen wille erſchaffen / das der Menſch in der geſellſchafft der Engel ſein ſolle.
Deßglei -[187]Deßgleichen aus dem Artickel der Erloͤſung / weil Chriſtus vns erloͤſet vnd jhm die Engel dienen Matth. 4 / 26. Koͤnney wir ſchlieſſen das ſie vns ſo auch dienen ſollen.
So iſt auch zu ſchlieſſen auß dem Artickel der heiligung: Das weil der H. Geiſt vns geheiliget / ſo werdẽ ſich auch die H. Geiſter bey vns gerne fin - den laſſen. Das alſo in dieſen punct das vbrige ſpeculiren vnnd gruͤbeln man billich hette moͤgen einſtellen.
Es iſt wahr / das dieſes viel zu beantworten nicht noͤtig ſey. Was iſt aber darauff zu ſagen / das aus dem Weigelio vnd denen autho - ribus, auff welche ſich Weigelius beruffet nemblich dem Taulero, vnd der Teutſchen Theologia, nicht wenig entlehnet / vnd in die Buͤcher vom wahren Chriſten - thumb verſetzet iſt?
ICH weiß mich zuerinnern / das die Buͤcher vom waren ChriſtenM iiijthums[188]thum̃ dannenhero in ſchwerẽ verdacht gezogen / ja viel Leuthe in den falſchen wahn gerahten ſind / als were H. Jo - hann Arnd vnnd Weigelius ein au - thor / nur mit geenderten Namen.
Aber bedencke wie fein es folget: dieſer author hat etwas das gut vnnd richtig iſt aus den jrrigen vnd verdaͤch - tigen Scribenten die die warheit in vngerechtigkeit auffhalten: Gleich wie eine Biene auß allerley Kreutern den Honig weiß zu ſuchen: Vnd dz verbante Goldt vnd Silber der Hey - den zum Tempel vnd GOttes dienſt angewendt wuͤrde.
Jedoch wiſſe zu beſſeren bericht / das in jrrigen Scribenten etwz zu fin - den iſt / das warhafftig / gutt vnd heil - ſam / vnd der Chriſtlichen religion ge - maͤß iſt / vnd dariñen ſie mit den recht - gleubigen vber einſtimmen Etwas a - ber iſt falſch jrrig / vñ dem waren glau - ben zuwieder / darinnen ſie jhre eigene meinung halten / vnd von den Ortho - doxis diſſentiren, vnd ſolches ſo wol in Glaubens Artickeln / alß in ſachen das Chriſtliche leben betreffend. Zum Exempel.
GOtt[189]GOtt iſt einig im weſen Dreyfel - tig in Perſonen: die H. Schrifft iſt ein richtſchnur vnſers glaubens: der Bapſt iſt nicht der Kirchen Heupt: Wir ſind durch den todt Jeſu Chriſti mit Gott verſoͤhnet etc: Vnnd: Wir muͤſſen den Glauben in Gottſeligen leben beweiſen / Gott vnd vnſern nech - ſten lieben etc. Das lehren einnechtig mit vns die Calvini Lehr in andern jr - rigen puncten beyfallen / vnd habens ſtattlich wieder die Jeſuiten außgefuͤh - ret. Es folget aber nicht: Dieſer vor - nehme Theologus hat in dieſen pun - cten von Wort zu Wort etliche blet - ter aus dem Calviniſchen Scriptore geſchrieben: Ergo iſt er auch Calvi - niſch in andern Puncten: So wenig als dieſer ſchluß richtig iſt: Viel Cal - viniſten ſchreiben auß dem Catalogo teſtium veritatis Flacij, vñ dem Exa - mine Chemnitij etliche ſachen: Er - go ſind ſie Lutheriſch in allen andern ſtuͤcken. Allein wan jemandts in denen ſtuͤcken / darinnen ſie jhre eigenen jr - thumb defendiren, jhnen beyfallen wolte / vnd zu dem Ende jhre worteM vallegire[190]allegiere moͤchte er nicht vnbillig mit der ſuſpicion des Calvinismi gravi - ret werden.
Nu zur ſachen: Lieber was iſts / dz Johan Arnd auß dem Weigelio ge - nom̃en vnd ſeinen Buͤchern einverlei - bet hat? Es ſind 12. Capit. aus ſeinem Bettbuͤchlein Anno 1612. Zu Hall ge. drucket / darinnen angezeiget wird wie der Menſch ſich zum Gebet erwecken vnd auffmuntern ſoll.
Sieheſtu dz vom Gebett gehandelt wird / einem ſolchen ſtuͤck / davon recht auch falſchgleubige geſchriebẽn vñ ge - redet haben. Solte nu deine folgerey kreftig ſein / muſtu vor allen dingen be - weiſen: Dz Weigelius in dieſem ſtuͤcke etwz jrriges vnd falſches vorgebracht hette / dahero auch billich H. Johann Arnd des jrthumbs bezuͤchtiget werdẽ koͤnt / der ſich deſſelbigen theilhaftig ge - macht habe. Dz weiß ich wol / dz Wei - gelius ein Schwenckfeldiſcher jrꝛ - geiſt ſey / vnd habe meine zuhoͤrer ſchon vor 2: Jahren davor gewarnet: Auch iſt mir nit vnbewuſt / dz die altẽ Kaͤtzer nirgend mehr jhr jrthumb eingeflicket /als in[191]als in jren Gebetbuͤchern / wie von den Arianern Athanaſius: von den Va - lentinianern Irenæus, von den Mar - cioniſtẽ Tertullianus: von den Ma - nicheern vnd Donatiſten Auguſti - nus: von allen Kaͤtzern Epiphanius klaget / es auch zu vnſern zeitẽ / von ſehr vielen / auch von Schwenckfeld ſelbſt practiciret wird: Nicht weniger ge - ſtehe ich / das auch Weigelius in ſeinẽ Buͤchlein / wie es zu Hall gedruckt iſt / ſeine tauben mit einmiſchet. Darumb hat H. Johan Arnd nit dz gãtze Buͤch - lein Weigelij gelobet noch in ſeine Buͤcher gebracht / ſondern nur dieſe 12 Capitel / dazu in denſelbigen ſehr viel geendert / vnd wz jrrig / oder verdaͤchtig iſt daraus gemuſtert / ſonderlich ſeine gefehrliche vnd harte reden gar caſſi - ret oder bißweilẽ gemildert / wie ex col latione augenſche inlich kan erſehen werden. Das er aber dz jenige wz dar - innen zur erweckung der Andacht nuͤtzlich vnd erbawlich gefunden wor - den / behalten vnd mit in ſeine Buͤcher es gebracht / kan jm ſo wenig verarget werden / als dem H. M. Oſeæ Scha - dæo derdie Meditationes de vita &paßi -[192]paſſione Chriſti, demptis erroribꝰ Pontificijs, oder dem H. Doctori Cramero der den Hortulum animæ à tribulis wie er ſchreibet & lolio ſo - licitè repurgatum haben laſſen auß - gehen. Vnd ſo wenig ſie dieſer vrſa - chen halben des Papismi, alſo wenig kan auch H. Johan Arnd wegen diſes puncts des Weigelianismi mit guten gewiſſen angeklaget werden.
Ferner wie feind der H. Arend den Schwenckfeldiſchen jrthuͤmen ſey / vnd wie gar nicht er hierinnen mit des Weigelij ſchrifften vber einkom - me / das / meine ich / ſolte ja keines be - weiſes beduͤrffen bey ſo viel Buͤchern vnd ſchrifftlichen bekentniſſen / die H. Johan Arnd nu etliche Jahr an tag gegeben hat / darinnen er auch der Schwenckfelder Lehr mit nahmen gedenckt / vnnd ſie wiederleget. Auch wuͤrdens zweiffels ohn die hochgelar - te Herrn Theologi H. Doctor Bal - duinus, H. Hunnius, H. Gerhardꝰ, in jhren Schrifften / darinnen ſie mit groſſen nutz der Kirchen Weigeli er - rores wiederlegẽ / des H. Johan Arndſchrifften[193]ſchrifften nicht verſchonet haben / ſon - derlich weil der tenebrio, ſo die ſchrif - ten des / vor 30. Jahren / (wie die rede) geſtorbenen Weigelij leſt außgehen / in dem tractat Weigelij / deſſen titul iſt / SOLI DEO GLORIA, zu ende pag. 80. vnter den Buͤchern die zum zeugnis moͤgen geleſen werden mit anzihet / die Biblia / vnd die Buͤcher vom wahren Chriſtenthumb / ſein Pa - radißgaͤrtlein / auch den Pſalter / Paſſi - on / Poſtill / vnd Cathechiſmum / die doch ſonſt gelobet werden.
Nichts deſto weniger damit ſo viel moͤglich dem verlaͤumbder das maul geſtopffet / vnd einem jedern be - kand werde / dz Johan Arnd kein Wei - gelianer ſey / wil ich mir in etlichen Haͤuptpuncten (den in allen were es zu lang) eine Collation des Weige - lij vñ H. Arnds anſtellẽ / hoffe auch nit jemand mit meiner arbeit zu offendirẽ.
1. Weigelij meinung vom Eben - bilde Gottes iſt gantz jrrig / den ſtracks im erſten Capittel ſeines Gebetbuͤch - leins lehret er / das der Menſch ſey durch das Spiraculum vitæ zum vol -kommenen[194]kommenem Bilde Gottes gemacht / das wie ſein Vater GOtt / alſo auch der Menſch nit mehr noch weniger / allein nicht von jhm ſelber. Das aber H. Johan Arnd hierinnen an derer meinung / iſt nicht allein daher abzu - nehmen / das er dieſe jrrige wortte vom erſten Capitel hinweg gethan / ſon dern auch auß der lehre vom Ebẽbilde Got - tes Cap. 1. lib. 1. p. 5. Da er dieſe worte fuͤhret. Darauß ſolte der Menſch GOtt ſeinen Schoͤpffer er - kennen / vnd ſich ſelbſt: den Schoͤpffer alſo / das Gott alles waͤhre / vnd dz E - wige hoͤchſte weſen / von welchen alles ſein weſen hat / auch dz alles weſeritlich were / deſſen Bild der Menſch truͤge: Denn weil der Menſch ein Bild der guͤtigkeit GOttes iſt / ſo muß GOtt weſentlich das gut ſein. pag. 6. Sich ſelbſt aber ſolte ď Menſch auß ſeinem Bildniß alſo erkennen: Das ein vn - terſcheid ſein ſolte zwiſchen dem Men - ſchen vnd GOtt / ꝛc.
2. Weigelius lehret nicht recht von der Erbſuͤnde. Dañ er ſagtparte 1. Poſtillæ pag. 57. Das die Erbſuͤndeim[195]im N. Teſtament auffgehaben ſey. H. Johan Arnd aber ſagt in der præfa - tion / das der jenige ſcopus der Buͤ - cher ſey / den verborgenen / angebor - nen grewel der Erbſuͤnde abzumahlen: Vnd kan auch im gantzen wercke nicht wort genug finden dieſe heiloſe vergif - tung vnſer Natur zubeſchreiben.
3. Von der Newen geburt macht Weigelius viel geplerres / aber im grundt gehet all ſein quarck dahin: Die Wiedergeburt geſchehe noch im Mutterleibe / da GOtt durch ſeinen H Geiſt aller Menſchen auch der vn - gleubigen Heyden Kinder wieder ge - baͤhret. Es ſey ein jrꝛthumb des fal - ſchen Propheten / dz durch die Tauffe GOtt wiedergebehre: Nein / die Tauffe bedeute nur die Wiederge - burt / p 1. poſtill. pag. 57. Gleich wie die beſchneidung 74. beyde werdẽ am Leibe geuͤbet ohne wirckung. 78.
Vnd ſtatuirt auch vber dz rege - nerationem eſſentialem / das wir muͤſſẽ weſentliche Kinder Gottes ſein /vnnd[196]vnd nicht imputatiui daruͤber er eine ſeltzame definition hat pag. 14. Dia logi.
H. Johan Arnd aber lib. 1. c. 3. p. 21 Beſchreibet die Newe geburth gar recht alſo: Das die Newgeburth ſey ein Werck Gottes des H. Geiſtes / dadurch ein Menſch aus einem Kind des Zorns vnd verdamniß / ein Kind der gnaden vnd ſeligkeit wird / aus ei - nem Suͤnder ein Gerechter / durch den glauben / Wort vnd Sacrament / da - durch vnſer Hertz ſinn vnd gemuͤt / ver - ſtand / willen vnd affecten ernewert / erleuchtet vñ geheiliget werdẽ / jn vnd nach Chriſto zu einer newen Creatur. Item p. 23. ſagt er es geſchehe durchs wort Gottes / das ſey der ſame der ne - wen geburt Iac. 1. 1. Pet. 1. Diß wort erweckt / den Glauben / vnd der Glau - be helt ſich in diß Wort / vnd ergreifft im Wort Jeſum Chriſtum / vnd durch des H. Geiſts / krafft vnd wirckung wird der Menſch newgebohren. So geſchicht nu die Newe geburth alſo: Erſtlich durch den H. Geiſt / Joh. 3. Das nennet der Herr auß dem Geiſtgebohren[197]gebohren werden. Zum andern / durch den glaubẽ 1. Joh. 5. Wer da gleubet / das JEſus ſey CHriſtus / der iſt auß GOtt gebohren. Zum 3. durch die H. Tauffe Johan 3. Es ſey den das jemandt wieder gehohren werde auß Waſſer vnd Geiſt. Et pag. 32. Alſo kompt die newe Geburt auß Chriſto in vns / dazu auch das Mittel der H. Tauffe verordnet iſt. pag. 404. Auß dem Wort vnd Sacrament wird ein Newgeborner Menſch, Lib. 2. pag. 24. Die Tauffe ſey die Thuͤre durch wel - che wir in die Chriſtenheit eingehen. Beſche eine ſchoͤne danckſagung im Pa - radißgaͤrtlein p. 24. Lib. 4. p. 59 erklaͤret er den ſpruch Pſal. 110: Alſo werden noch heutiges tages durch den glauben vnd H. Geiſt Gottes Kinder gebohren / ja durchs Waſſer der H. Tauffe vnd den H. Geiſt. Das ge - het vnbegreifflicher weiſe zu / wie der Thaw auß der Morgenroͤte geboren: ja alſo muͤſten wir auß Gott gebohren werden.
4. Weigelius ſchwermet grewlich in der holdſeligen Lehr von der Geiſt -Nlichen[198]lichen vereinigung der Gleubigen mit Chriſto. Das wir alle mit einan - der mit GOtt / nicht allein nach dem Geiſt weſentlich vereiniget werden ſondern auch nach dem Fleiſch vnnd Blut Leibhafftig p. 12. Dial.
H. Johan Arnd aber lehrt an vielen vnterſchiedlichen orten das ſol - che Geiſtliche vereinigung geſchehe durch den Glauben / vmb der Menſch - werdung willen. Lib. 1. p. 95. Nun iſt GOTTes Sohn nicht vmb ſeinet willen Menſch worden / ſondern vmb vnſert willen / auff dz er vns durch ſich ſelbſt mit Gott wieder vereinigte / vnd des hoͤchſten gutts theilhafftig mach - te / vnd vns wider reinigte / vnd heiligte dan was ſoll geheiliget werden. Wie nun GOtt in Chriſto iſt Perſoͤnlich: Alſo muß auch GOtt mit vns durch den Glauben vereiniget werden / vnd muß der Menſch in GOtt leben vnd GOtt in jhm / in Chriſto / vnd Chri - ſtus in jhm. GOttes wille muß im Menſchen ſein / vnnd der Menſch in Gottes willen leben. Vnd muß alſo Chriſtus JEſus vnſer verderbten Na - tur artzney ſein / ꝛc.
Son -[199]Sonderlich aber wil ich gebeten haben das 6. Capittel im 2. Buch fleiſſig zu leſen / da er gar ſchon dieſen Punct vnd wichtigen Artickel tractiret.
Erinnere dich auch der wort des 3. Capiltels auß dem 3. Buch / welche droben angezogen: Das vns der Glau be vereinige mit Chriſto / als eine Braut mit jhrem Braͤutigam. Oſeæ. 2.
Nirgendt / nirgendt aber wirſtu fin - den / dz Chriſtus mit vns Leibhafftig weſentlich vereiniget werde / welches doch der Kern iſt aus welchem alle an - dere traͤume des Weigelij erwachſen. Vnd das mercke nur wol. GOtt gebe das durch ſolche vn Chriſtliche beſchuͤldi - gung dem H. Johann Arnd anlaß gege - ben werde / dieſe herrliche Lehre die er in al - len ſeinen Schrifften treibet / etwas auß - fuͤhrlicher aus GOttes Wort zuerklaͤren / wie vns der H. Gerhardus in der Præfation vber des H. Authoris Poſtill gute hoffnung machet.
5. Weigelius ſagt / das ohne die - ſe Leibweſentliche vereinigung die im - putatiua juſtitia nichts nuͤtze ſey p. 75N ijdes[200]des Dialogi. Die weſentliche inbabi - tationem nennet er nur ſalvificã, 38. Redet auch ſonſtẽ ſehr hoͤniſch davon / dz wir wollẽ durch die zugerechnete ge - rechtigken Chriſti gerecht vñ ſelig wer - den / vnd auf Chriſti kreiden zechẽ / wie er mehr alß an einem ort ſaget / ſonder - lich inpræfatione Dialogi. Dz aber der Herr Johan Arnd in dieſem hoch - wichtigẽ Artickel alſo reden ſolte wird auß ſeinen Buͤchern niemand darthun vñ beweiſen: Wie herlich er redet vom handel der Rechtfertigung eines armẽ Suͤnders fuͤr Gott / iſt droben geſagt.
Dieſes aber treibet der H. Johan Arnd fleiſſig das vns Chriſtus beruf - fen habe zur rechten / jnnerlichen / hertzlichen Buß vnnd bekehrung des Hertzens von der Welt zu Gott vnd alſo habe er vns vergebung der Suͤn - den vnd die imputationem juſtitiæ die zurechnung ſeiner gerechtigkeit vñ ſeines Heil. gehorſams in krafft des glaubens zugeſaget vnnd verſprochen lib. 1. p 39. Item p. 156: Ob du gleich noch viel ſchwacheit des Flei - ſches fuͤhleſt / vnnd nicht alles thunkanſt[201]kanſt wie du gern wolteſt / ſo wird dir als einem bußfertigen Menſchen das tewre verdienſt Chriſti zugerechnet / vnd mit ſeinem vollkommenen gehor - ſam deine Suͤnde zugedecket. Vnd alſo hat in ſolcher taͤglicher Buſſe / wenn man von Suͤnden wieder auff - ſtet / die imputatio meriti die zurech - nũg des verdienſts Chriſti alle zeit raum vnd ſtatt. Denn das jhm ein Gottlo - ſer vnbußfertiger Menſch / der die ſuͤn - de weidlilch in jhm herſchen leſt / vnnd dem Fleiſch ſeine luſt weidlich buͤſſet / das verdtenſt Chriſti wolt zurechnen / iſt vmb ſonſt vnnd vergeblich. Dann was ſolte dem Chriſti Blut nutzen / der daſſelbe mit Fuͤſſen trit. Item p. 353. die imputatio gehet die Vn - bußfertigen veraͤchter GOttes vnnd ſeines Worts nicht an. Aber den buß - fertigen wird der gantze verdienſt vnd gehorſam Chriſti zugerechnet als wen es ein Menſch ſelbſt gethan hette.
Nirgend / nirgend wirſtu hoͤren / das wie Oſiander vnnd Weigelius lehren wir durch eſſentialem inha - bitationem Chriſti ſollen gerecht werdẽ parte 3. poſtill. p. 16.
Ob[202]6. Ob gleich Weigelius offtmals des Glaubens erwehnet / ſo wird doch in allen ſeinen Buͤchern keine warhaf - te beſchreibung des glaubens gefun - den. Den baldt wirfft er alles in ein - ander / vnd ſpricht. Dial. p. 14. & p. 38. Chriſtus / Glaube / Liebe / etc. ſey alles ein ding / vnd weiß ſo hoͤniſch vn - ſere Lehre durch zuziehen / wan wir vn - terſchiedlich hievon tractirẽ. Kompts jhn den an einmahl den glauben zu - beſchreiben / ſo ſagt er: Der Glaube iſt ein gehorſam hertze / das ſich Got - tes Wort vnterwirfft gantz gefangen gibt: Poſtil: p. 316. In der beſchrei - bung aber des glaubens von H. Johan Arnd geſetzet kã nichts getadelt werdẽ.
7. Weigeliꝰ gibt in allen ſeinẽ Buͤ - chern fuͤr es ſey in dem Menſchẽ durch dz ſpiraculum vitæ ein eingepflantz - tes licht / durch / auß / in welchẽ alle din - ge koͤnnen erkant werden / dz waͤhre die unctio die ſalbung in vns / es waͤhre ſchon alles in vns / auch die Biblia ſelbſt. Offentlich bekentniß pag. 32. 34. Es ſey ein naͤrriſch weſen dz dz wiſſen vnd erkentniß von auſſen auß durch dieBibel[203]Bibel oder Predigten ſolte in vns ge - tragen werden. Ja ſagt er Dial p. 53. & 65. Es wuͤrden vielmehr Menſchẽ ſelig vnd erleuchtet wenn nicht Predi - ger waͤhren.
Dar entgegen aber H. Johann Arnd lehret vber all dz contrarium. Hoͤre nur einen oder 2. loca: Lib. 1. pag. 471. ſagt er / das alle kraͤffte in vns blind vnd erſtorbẽ ſind & p. 461. Es iſt zwar in Menſchlichen verſtande ein kleines fuͤncklein des natuͤrlichen Lichts vberblieben / alſo dz der Menſch aus natuͤrlichem licht ſchleuſt / es ſey ein Gott / ein gerechter Gott / wie alle Phi - loſophi ſchlieſſen / aber das Geiſtliche leben nach Gott vñ ſeiner gerechtigkeit iſt in jhm gantz erſtorben.
Et p. 464: Auß dieſer erbblindheit vnd angeborner finſterniß / quillet der Vnglaube vnnd zweiffel / in welchen alle Menſchen von Natur ſtecken vnd derwegen GOTT ein grewel ſein.
N iijDas[204]Das wir aber durchs Predigampt erleuchtet werden / weiſet er ſchoͤn im 3. Buch c. 10. p. 75. vnter andern al - ſo ſagend: Wo das Gnaden Liecht ſol ſcheinen / da muß dz natuͤrliche Liecht vnter gehen / dan die erleuch - tung des gnadenlichts iſt vber alle ſin - ne vnd vernunfft. Ja es wird durch die natuͤrliche ſinne vnnd fleiſchliche vernunfft verhindert. Da ſieheſtu was der natuͤrliche Menſch in Goͤttli - chen dingen vermag / lauter nichts. Wie aber das gnadenlicht / gemeiner ordnung nach / in der Seelen auffge - het / da mercke. Gott hat ein gnaden - wort das laͤſt er verkuͤndigen / vnnd wirckt durch daſſelbe / vnd daſſelbi - ge wort iſt Geiſt vnnd leben. Mit welchen worten er gar zu widerfelt der außlegung Weigelij im Dialogo p. 33. Ingleichen lib. 4. p. 181. Von der Loͤwin ſagt man / das ſie jhre Jun - gen Todt gebehre / vnd mit einem ſtar - cken geſchrey erwecke vnnd lebendig mache: Alſo werden wir alle Geiſt - lich Todt gebohren / nemblich Todt in Suͤnden: Aber der Loͤwe vomStam -[205]Stamme Juda / der vberwunden hat / macht vns durch das ſtarck geſchrey ſeines heiligen Worts Geiſtlich le - bendig.
8. Weigelius verwirft den euſſer - lichen Buchſtaben der Schrifft / ſagt er toͤdte / darunter er allen euſſerlichen gebrauch der Sacrament mit auff - hebt / die ſeiner meinung nach nur ge - geben zum Zeugniß / zum Gedaͤcht - niß / zur erinnerung.
H. Johan Arnd aber ſagt das nirgend nicht / ſondern vberall dringet er darauff / das was die ſchrifft euſſer - lich gebeut / muß jnnerlich im Hertzen empfunden vnd ins leben verwandelt werden.
9. Weigelius Lehret wan vns GOtt erleuchten ſoll / vnd ſich vns offenbahren / ſo duͤrffe man nicht viel ſpeculiren / oder bedencken / ſondern nur in SILENTIO COELESTI ſitzen mit warten harren / vnd nur Be - ten / in Offentlicher bekentniß p. 34. vnd fuͤrnemblich am Sabbat Tage: in Studio univerſali cap. 1. ohn die Bibel: Dan / ſagt er im erſtẽ BuchN vErken -[206]Erkenne dich ſelbſt p. 35. Das du beteſt mit ernſt vnd Gott anruffſt vmb den verſtand / darauff dringe ich / vnnd dz fordert die warheit von allen. Aber dz du dennoch vermeineſt / du wolteſt das vrtheil / oder die erkentniß erſt auß der Biblia nehmen / vnd nicht auß dem H. Geiſt von oben herab / ſo jrreſtu / denn nicht die Schrifft gibt dirs / ſon - dern Gottes Geiſt in dir / welcher die ſchrifft dictiret hat / ꝛc.
In der Gelaſſenheit / darvon er einen gantzen tractat geſchmie det / in dem er cap. 28. ſpricht: Ein gelaſſen Menſch muͤße die Schrifft gantz ge - laſſen / vnd nicht vmb den Buchſta - ben wiſſen / ſondern eingehen in die krafft des HErren: als / wenn einer etwas nicht verſtehet / vnd gern ein vr - theil vornehmẽ wolte / ſo ſolt er in der gelaſſenheit ſtehen / dz iſt / aus jhm ge - hen / vnd mit ſeiner vernunft ſtill haltẽ / vnd von Gott ſtrengiglich ſeiner kunſtNB. begehren / vnd hoͤren was jhm GOtt wird ſagen / ſo werden jhm geſchwin - de gedaͤchtniß einfallen. Dieſelbe ſol er mit zeugnuͤſſen der heiligen Schrifthewehren[207]bewehren vnd rechtfertigen. Dz heiſt ja recht nach der Himliſchen Prophe - ten art auff offenbarung warten.
Wenn nu ſolche woͤrter auch im H. Johann Arnd ſonderlich im 3. Buch dem Leſer begegnen / muß er nit fort in die Haͤnde klopffen als habe er den Weigelium im Arnd gefun - den / denn die ſprache verrahte jhn / ſondern er halte ſtille / vnd beſinne ſich / ob auch die woͤrter vnd phraſes in ci - nerley verſtande vnnd meinung von beyden gebraucht werden. Da wird ſichs finden das ſie weit von einan - der ſein / wie ichs kuͤꝛtzlich beruͤhren will.
Die ſtille des Hertzens / erfordert ja H. Johan Arnd zur annehmung Goͤttliches Worts / vnd verſtehet da - durch nicht das ſitzen in Winckel / ſondern die verſchwigenheit / tieffe Demut vnnd heilige groſſe begier - de des Hertzens Lib. 1. pag. 365. Da man ſeine Gedancken /wort[208]wort vnnd ſinne in dem Hauſe ſeines Hertzens behelt lib. 1. 236. Vnnd wird entgegen geſetzet der Weltlichen vnruh des Hertzens 1. pag 376. Deñ gleich wie die Muſica nicht kan im ge - tuͤm̃el gehoͤret werden / alſo auch nicht das Wort GOttes in einer vnruhi - gen Seelen. Die Seele wird Gott deſto heimlicher / ſo viel ſie von der Welt abgeſcheiden iſt Lib. 1. 240. & in præfatione lib. 3, 9. Er ver - ſiehet dadurch die Ruhe in Chriſto in einer geduͤltigẽ hoffnung lib. 2. p. 601. Solches geſchicht durch den Glau - ben lib. 2.
Iſt dieſes Schwenckfeldiſch / ſo wird in allen Predigten die Ge - meine nicht recht vermahnet / das ſie ein wenig mit jhren gedancken ſolle ſtille halten / jhre Andacht allein hier - auff richten / vnnd was der art zu re - den mehr iſt.
Ja woruͤber beſchweren ſich viel fromme zuhoͤrer mehr vnd offter / als das der vnruhige Geiſt jhre gedan - cken offt zertrennet / vnd wie der Wind ein koͤrnlein alſo auch er das WortGOttes[209]GOttes von jhren ohren vnnd her - tzen hinweg wehet.
Was aber vor einen Sabbath H. Johann Arnd verſtehe vnnd wie vns GOTT darinne lehre / berichtet er ſelbſt lib. 1. p. 422. Daher der alte / heilige / vnd Geiſtreiche lehrer Taule - rus ſagt: Wen ein Menſch ſich GOtt ergibt vnd leſt / ſagt ab ſeinem willen vnnd Fleiſche / ſo fehet der Heilige Geiſt jhn an zuerleuchten / vnnd recht zu lehren / weil er GOtte in ſeinem Hertzen den rechten Sabbath vnnd Ruhtag helt / vnd feyret von boͤſen Luͤſten / willen vnd Wercken. Dieß ſoll verſtanden werden / ſagt er ferner / de ſtatu poſt eonverſionem, vndNB. von der taͤglichen erleuchtung vnnd vermahnung der newen gaben nach der bekehrung. Vnd im 3. Buch am 1. cap. p. 3. ſagt er: der jnnerliche Her - tzens Sabbath ſey eines ſolchen her - tzens / ſo durch den Glauben gereini - get / vnd durch den H. Geiſt erleuch - tet iſt.
Beſiehe auch pag. 16. 17. deſſelb. Buchs
Hierinnen wird ja nichts boͤſesgeredet /[210]geredet / ſondern das rechte Sabba - tum Sanctificationis erheiſcheit / davon auch Hebr. 4. meldung ge - ſchicht / vnd wir allzeit ſingen:
Gelaſſenheit / das wort wird von H. Johan Arnd auch gebraucht / aber nicht auff Muͤntzeriſche vnnd Weigeliſche art / ſondern wie von Taulero auch wol Herren Luthero in ſeiner Kirchen Poſtillen gebraucht wird: Sonderlich in der erklaͤrung der Epiſtel am Feſtage Stephani: Vnd dazu gar ſelten / den er offter die art hat / Gotte ſich laſſen / oder Gotte ergeben vnd gelaſſen ſein / vnnd be - ſchreibt es lib. 1. pag. 7. Daß es ſey ein bloß lauter leiden des Goͤtt - lichen willens / das man GOTT alles in jhm wircken / vnnd ſeinem eigenen willen abſagt.
Item p. 351. GOtt iſt vnſer ſee - ligkeit anfang / mittel vnd ende / wenn wir nur Gott dem H. Geiſt nicht mut - willig wiederſtreben / wie die halßſtar -rigen[211]rigen Juͤden Act. 7 vnd Act. 13. Nu jhr dz wort Gottes von euch ſtoſſet etc: ſondern mit vns handeln laſſen / wie ein Artzt mit ſeinen patienten. Wel - ehes repetirt wird lib. 2. p. 117.
Solches aber iſt auch des Glau - bens werck / wie er lib. 3. c. 2. p. 12. außdruͤcklich bezeuget / es ſey des glau - bens eigenſchafft / Gott von gantzem Hertzen getrewlich anhangen / ſeine gantze zuverſicht auff Gott ſetzen / jme von Hertzen vertrawen / ſich jhm gantz ergeben / ſeiner Barmhertzigkeit ſich laſſen / mit GOtt ſich vereinigen / eins mit GOtt ſein vnnd bleiben / allein in GOtt ruhen vnnd ſeinen jnnerlichen Sabbath halten / GOtt allein laſſen ſeine hoͤchſte begierde / wunſch vnnd verlangen / Luſt vnnd frewde ſein / alle Creaturen außge - ſchloſſen / nichts wuͤnſchen / nichts begehren denn GOTT allein / als das hoͤchſte / ewige / vnendli - che / vollkommene Gutt / das alles gutt iſt / ohn welches kein wahresgutt[212]gut ſein kan in zeit vnd in ewigkeit vnd das alles in vnd durch CHriſtum Je - ſum vnſern HErren / welcher iſt der anfaͤnger vnd vollender des glaubens. Dieſer Glaube iſis der vns zu vnſerm inwendigen ſchatz fuͤhret.
Siehe in ſolchem vnd keinem an - dern verſtande gebrauchet H. Johan Arnd der art zu reden GOtt gelaſſen ſein: nicht auff Enthuſiaſtiſch vnnd Weigeliſch, ſondern auf Tauleriſch davon Herr Johann Arndes weiter zuleſen in ſeiner Poſtill am 3. Son - tag nach Epiphan. Den wen wir vns GOtt alſo ergeben vnd laſſen / ſo ehren wir GOTt: vnd gleich wie ein Knab jhm ſelber gelaſſen ſeine Mutter ſchendet Proverb. 29. 15. Alſo wird GOtt durch vnſer wiederſtreben ver - vnehret.
Summa leufft da hinauß: Wol - len wir von GOtt gelehret ſein / vnd ſein Wort nicht allein mit den Ohren ſondern auch im Hertzẽ hoͤren / ſo muͤſ - ſen wir kein weltgetummel im Hertzen haben / ſondern durch wahren glau - ben mit vnſer Seelen zu GOTT ſtillſein -[213]ſein. Pſalm 62. Denn rechten Sab - bath halten / dz iſt durch wahren Glau - ben / von allen boͤſen luͤſten / willen / vnd wercken feyren / vnd in Chriſto ruhen. Alſo in wahren lebendigen Glauben ſich GOtt laſſen / vnd dem H. Geiſt Act 7. Vnnd ſeinem Worte nicht wiederſtreben Act. 13.
Hie wird ja niemand verneinen koͤn - nen. Das hjerin alles recht vnd gut geleh - ret ſey / vnd ein jeder wuͤnſchen ſolle / das er mit ſolchem Hertzen zum gehoͤr oder leſung Goͤttliches Worts kommen moͤge. Hoͤre nun ferner was er durch dz leſen vnd offen - bahren verſtehe / das ſolchen Chriſten von GOtt wiederfehret. Lib. 2. p. 72. redet er alſo: So ſollen wirs an vnſern fleiß nicht mangeln laſſen / die faulheit vnd ſicherheit vns auß den augen wiſchen / wie David ſpricht. Ich kom fruͤhePſ. 119. vnd ſchrey / auff dein Wort hoffe ich. Ich wache fruͤe auff / dz ich rede von deinem Wort. Davon ſtehet ein ſchoͤ - ner ſpruch Eſa. 50. der wol zu mercken: Der HERR weckt mich auff alle morgen / vnd er weckt mir das ohr / das ich hoͤre wie ein Juͤnger: Vnd im Hohenlied Salamonis am 4. Cap. OIch[214]Ich ſchlaffe aber mein Hertz wachet / vnd hoͤre die Stimme meines freun - des der anklopffet. Mit dieſen wor - ten werden wir auch erriñert der Vaͤ - terlichen vorſorge vnd freundſeligkeit des freundlichen gnaͤdigen GOttes / wie gern er mit den Menſchen vmbge - he / mit jhnen handele vnd wandele / mit jhnen rede / ſie vnterweiſe vnd leh - re / darumb das er vns ſeinen Sohn zum Lehrmeiſter / zum Himliſchẽ Do - ctorẽ vnd Præceptorẽ verordnet hat. Dieſes iſt vns fein fuͤrgebildet in dem ſchoͤnen Exempel vnd bilde da dz Kind JEſus im Tempel zu Jeruſalem leh - ret. Das iſt nicht geſchehen vmb des Juͤdiſchen Tempels willen allein / der nu zerſtoͤret iſt / ſondern es iſt geſche - hen erſtlich vmb des Geiſtlicheu Je - ruſalems willen / welches iſt die H. Chriſtliche Kirche / da will er allein lehrer ſein durch ſein Wort vñ Geiſt: Vnnd dan vmbs Tempels willen vn - ſers Hertzens. Darinnen wil er auch lehren / troͤſten / erleuchten / heiligen / fragen / antworten / reden / durch hei - lige Gedancken vnnd Hertzliche An - dacht.
Vnnd[215]Vnd das iſt ſein Lehrampt in vn - ſern Hertzen. Darumb er auch gantz troͤſtlich ſpricht: Was iſts das jhr mich geſucht habt? Wiſſet jhr nicht das ich ſein muß / in dem das meines Vaters iſt / das iſt / in dem beruff vnd Ampt / welchs mir mein Vater befoh - len hat. Solch Ampt hat er ja noch / vnd verrichtet es noch zur rechtẽ hand GOttes alß vnſer einiger hoher Prie - ſter. Er verrichts aber auff Erden durch ſein Wort / dadurch er auch in - wendig in vnſern Hertzen Predigt durch den H. Geiſt / vnd gnedige er - leuchtung / ohne welche die euſſerliche Predigt kraftloß vnd vnfruchtbar iſt.
Von der offenbahrung / ſagt er Lib. 2. p. 27. Werden wir jhn lieb haben / ſo werden wir durchs Gebet alles von jhm erlangen / wie er ſpricht: Wer mich lieb hat dem wil ich mich offenbarẽ. Oder freundlichẽ / holdſeli - gẽ lieblichen / offenbarung im Hertzen / durch empfindung Himliſcher frewde / troſt / weißheit vnd Erkaͤntniß. Noch deutlicher haſtu es Lib. 3. p. 106. 107. O ijGleich[216]Gleich wie nun die liebe vnd freund - ſchafft zwiſchen frommen Menſchen ein geſpraͤch machet vnd vervrſachet vnter jhnen ſelbſt: Alſo ſo du GOtt hertzlich liebeſt / wirſtu ſeine Stimme in dir hoͤren. Denn wer mich liebet ſpricht der HERR Joh. 14 der wird mein Wort hoͤren nit allein in euſſer - lichen verſamblungen vnnd Kirchen / ſondern in dem rechten Tempel des Hertzens. Denn wens daſelbſt nicht gehoͤret wird / wird das außwendige nicht viel fruͤchte ſchaffen. Darumb iſt jm daran gelegen / dz du Gott liebeſt auff das du jhn hoͤreſt in deinem Her - tzen mit deiner Seelen reden. & p. 107 Wirſtu jhn nu hertzlich lieb haben / ſo wirſtu manch ſuͤß wort in deinẽ hertzen von jhm haben vnd hoͤren. Denn er ſpricht ja Joh. 14. wer mich liebet dem wil ich mich offenbaren. Dieſe offen - barung geſchicht durch eroffnung des verſtandes / durch erleuchtung des her - tzens / durch den Geiſt der weißheit vnd erkentnis / der ſterck / krafft verſtandes vnd furcht GOttes: Sonderlich a - ber durch eroͤffnung der inwendigenaugen[217]augen / damit du Chriſtum ſiheſt vnd verſteheſt. Dieſes aber deſto beſſer zuver - ſtehen / ſo laß dir lieb ſein das 27. 28. 29. & ſeq cap. des 2. Buchs / in welchen der grundt dieſer holdſeligen lehre / gewieſen wird / ohn welcher betrachtung auch unnd verſtand das 3. Buch nicht wol verſtanden wird / nach eigener erinnerung H. Johan Arnds lib. 3. p. 3.
Solche empfindung geſchicht auch nicht im Traum oder langeweile / ſondern durch betrachtung des worts: Lib. 3. p. 49. Es kan aber wol erwe - cket werden durchs wort / das wir im Hertzen ruffen mit der heiligen Monica: Evolemus, evolemus ad æterna gaudia. Daher kommen alle ſeutzen der Heiligen die vnaußſprech - lich ſind.
10. Endlich vnd zum letzten: So gleubet Weigelius es werde noch vorm Juͤnſten Tage der HErr Chri - ſtus das newe Jeruſalem vnnd ſein Reich auff Erden auffrichten / alſo dz wir alle vnter jhm von GOtt gelehret / keines Predigers nicht beduͤrffen / kei - nes Propheten / da werdẽ keine Diebe / Moͤrder / Hurer / Spiler / Sauffer /O iijfalſche[218]falſche Buͤcher ſchreiber / falſche O - brigkeiten in den fewrigen Pfuhl ge - worffen werden: vnd verdreuſt jhm / das die Weltgelehrten ſolche Lehrer Chiliaſten nennen: part: 3. poſtillæ pag. 38. 39. Er nennet es Aureum ſeculum, die guͤldene zeit / die zeit des heiligen Geiſts / p. 46.
Wie gefelt diß H. Johan Arndten? hoͤre Lib. 2. p. 518. Die gantze Offen - barung Johannis bezeuget / dz der An - tichrift biß zu der letzten zukunfft des HErren verfolgen werde / die Kirche Chriſti / da der ſtreit entlich auff geho - ben wird / vnnd der Drach neben den falſchen Apoſteln in den Helliſchen fewrigen Pful verworffen wird. Dar - umb ſoll jhm niemand ſelbſt Guͤldene traͤwme machen / vnd beſſerung hof - fen / ſondern ſich zur gedult ſchicken / vnd bereiten.
Bißhero gnug / vnnd vieleicht zu viel von dem erſten theil der Frage. Darauß handgreifflich zuvernehmen. Das weder einerley Lehre / noch wort verſtand beym Weigelio vnd H. Johan Arnd zufinden:
Sondern viel mehr / koͤñen vnd moͤgẽ auß den Buͤchern H. Johan Arnds / dieſe ob -geſetzte /[219]geſetzte / vnnd alle andere noch hinderſtelli - ge / Phantaſtiſche jrrige meinungen vnd Treume des Weigelij vnd ſeines anhangs / als Nagelij, Ezechiel Meths vnd vnſerer benachbarten vnd andere deßgleichẽ ſchlags welche ſich auch auffs Neuwe Teſtament vnd Kirchen Poſtill Lutheri beruffen / mit ſatten grunde wiederlegt werden. Mit was gewiſſen kan den beſtettigt werden / Wei - gelius vnd Johan Arnd liegen vnter einer Decken / vnd waͤhren Bruͤder eines Ordens? Dieſes wird nur geſucht das durch ſolch bezuͤchtigen nuͤtzliche Buͤcher aus den Haͤn - den gebracht wuͤrden.
Anlangendt Taulerum, gruͤndet ſich Weigelius nicht weiter darauff als jhm in ſeinen Kram̃ dienſtlich / wie er ſelbſt bekennet lib. 2. Gnothi Seauton p. 110:
Taulerus vnd Theologia Ger - manica, beſchreiben einen rechten Chriſten / wiewol viel jrrthumb dane - ben mit ein laͤufft / ſonderlich im Taulero.
Es kan aber Taulerus durch des Weigelij commendation nicht ſo ſehr verkleinert werden / als durch des H. Lutheri glaubwirdige vnnd zu vnterſchiedenen Jahren wiederholtejudicia[220]judicia iſt erhoben worden / halte das vnnoͤtig alle hieher zuſetzen / laß dich an einem begnuͤgen ex tomo 1. Epiſto - larum, Epiſt. 23. ad Spalatinum: Si te delectat, puram, ſolidam, anti - quæ ſimillimam Theologiam lege re, in Germanicâ linguâ effuſam: ſermones Joh. Tauleri prædicato - riæ profeſſionis, tibi comparare potes: cujus totius epitomen ecceTom: 2. Ion: in Pſalm. 5. Hinc Tau - lerus Ho - mo Dei &c, hic tibi mitto. Neq́; n. ego vel in La - tina vel in noſtra Lingua Theologiã vidi ſalubriorẽ & cum Evangelio conſonantiorem. Tom. 2. vber den 5. Pſal heiſt er jhn Hominem Dei.
Welches herlich vnd ſchoͤn zeug - niß darumb nicht kan verworffẽ wer - den / weil es Lutherus in den erſten Jahren / da er noch angefangen zu reformiren / gefellet hat.
Denn 1. auß dem fundament wuͤrde alles verworffen werden oder verdechtig ſein / was er anfaͤnglich be - ſchrieben hat / wen es gleich mit der warheit vbereinkompt.
2. Er hat ſein judicium nirgendtgeen -[221]geendert noch jrgend wo von Taule - ro ſchimpfflich geredet / wie wol von andern Patribus.
3. Ja eben darumb ſolt diß zeugnis viel lieber vnd mehr bey vns gelten / den ſonſten wuͤrde es menniglich dafuͤr halten / er lobe jhn nur deßwegen / weil Taulerus wider alle Schul lehrer met H. Luthero vberein ſtimme / das der Suͤndige Menſch die aller elendeſte Creatur ſey / vnd koͤnne jhr mit ſeinen guten wercken nichts verdienen noch helffen / ſondern wir muͤſten in wah - ren Glauben GOtt dem lieben Va - ter opffern Chriſti vnſchuͤldiges Lei - den fuͤr vnſer verſchuldetes leiden: ſei - ne vnſchuͤldige gedancken / fuͤr vn - ſere ſchuͤldige gedancken: Seine hei - lige wort fuͤr vnſere ſchuͤldige wort / vnd alſo all ſein thun / ſein armuth / ſeine gedult / ſanfftmuth vnd liebe fuͤr alles daß das euch gebricht inwendig vnd außwendig / vnd durch dieſe ſiche - re Pforttn in das ewige erbe gehen / wie er ſchreibet in der Predige von vnſer Frawen Himmelfahrt.
H. Johan Arnd beſchreibet den ſcopũO vTheo -[222]Theologiæ Taulerianæ mit nach fol - genden worten lib. 3 p. 5.
Weil die gantze H. Schrifft auff das Hertz des Menſchen ſiehet vnnd dringet / ſo iſt die gantze Theologia Tauleri auff den inwendigen Men - ſchen gerichtet / vnnd auff den jnnern grund / das man GOtt vnd dz Reich - GOttes in demſelben lauter haben / ſuchen vnnd finden muͤſſe. Daß iſt: Was die H. Schrifft vnd Rechtmeſ - ſige erklaͤrung der Schrifft außwen - dig handelt: Das ſol im Hertzengrun - de / in ď that vnd in warheit alſo befun - den werden. Darzu iſt von noͤthen dz einkehren zu ſeinem eigenen grunde. Vnd je mehr man nu von der Welt außgehet in ſich ſelbſt je mehr gehet man zu Gott ein in ſeinen ewigen vr - ſprung. Vnd je mehr dz ein wahrer Chriſt thut / je mehr ſich dz Reich Got - tes vnd verborgene ſchatz in jm ereu - get. Hactenus Johan Arnd. Das muß aber nur verſtanden werdẽ de ſta tu poſt cõverſionẽ wie ers außdruͤck - lich lib. 1. pag. 395 & 422. bezeugt.
Wer da gruͤndlich wiſſen wil mit wasvnver -[223]vnverſchamter Stirn Welgelius vnd ſein anhang ſich auff Taulerum beruffe: Der kauffe jhm vmb wenig groſchen das Buͤch - lein deſſen Titul iſt:
Tauleri[Chriftliche] lehre von den Fuͤrnembſten Haͤupſtuͤcken der H. Schrifft / vnd ſonderlich wie er ſeine Zu - hoͤrer auff Chriſtum gewieſen / vnd dagegen die Baͤpſtiſche jrrthumb geſtrafft habe. Zu - ſam̃en gezogen vom M. Petro Glaſern Pre - digern zu Dreßden. Vnd daſelbeſt gedruckt Anno 1583. Cum gratia & Privilegio. Was ferner von der Deutſchẽ Theo - logia eingewendet wird / die Weigeli, zum offtern anziehet vñ gleichwol von H. Johan Arnd auch ſo geliebet wird dz er ſie auch zum Druck befordert / iſt ja gewiß keiner antwort werth.
Denn nïcht H. Johan Arnd ſondern der H. Lutherus iſts der die Deutſche Theologiam zu aller erſt zu Wittenberg drucken vnnd mit einer ſchoͤnen Vorrede gezieret: Vnnd wird doch niemand gefunden der des Weigelianiſmi den H. Lu - therum beſchulden duͤrffe. Eins kan ich nicht vmbgang haben hie bey zu ſe - tzen / wie ſehr ich ſonſten zum ende eile /was[224]was der Beruͤhmte vnnd vortreffliche man H. Michael Neander, in der præfation ſuper Erotemata Græcæ linguæ ſetzet pag. 311. ſeq. mit dieſen worten: Theologiam Germani - cam Lutherus edidit Anno 1528. in 80. hoc titulo: Theologia Deutſch / das iſt / ein Edles vnd ſchoͤ - nes Buͤchlein / ꝛc. Darauff ziehet er an etliche worte auß der præfation Lutheri vnnd beſchleuſt. Atq́; hæc Lutherus præclararè & divinè von dem loſen kleinen Dreckbuͤchlein von Fuͤnffbogen / quem de mille Theo - logis non curat, nec ullo numero dignum eſſe judicat: do weder Phi - loſophia, Dialectica, Ariſtoteles oder Hermogenes mit jhren artifi - cijs innen ſind: Kunſt iſt nicht darin - nen zu finden aber Geiſt / warheit / troſt / lehr vnd Leben. Ubi in ſin - gulis vocibus ſunt ſingula ponde - ra ſpiritus, Doctrinæ & conſolatio - nis potenter vivæ ac efficacis. Quis verò Patrum, inquis, & Do - ctorum conſcripſit iſtum libellũ ita à Luthero commendatum? Cuſtos[225]Cuſtos ein Kirchner. Adeo non o - pes, potentia, dignitates, tituli, gradus, doctrina multiplex magna & varia, non ingenium exellens eloquentia aut ſapientia (quæ ſæ - pe pl[ꝰ]obſunt quam proſunt Theo - logis) faciunt Theologum & Chri - ſtianum: ſed Dominus de cœlo, ipſe creat & promovet ſine cere - monijs pompoſis & ſolennibus, per aſſiduam ſcripturę lectionem, tractationem & meditationem, etiam ædituum &c. Nemo Chri - ſtianꝰ legens illum libellum, non poteſt non cum admiratione ob - ſtupeſcere ſuper illa opulentia gratiæ & ſpiritus quam in medijs denſiſſimis tenebris Dominus o - pulenter tamen effudit in pectus comtempti æditui. Wie hat er doch die augen ſo tieff in die ſchrifft geſtecket. Hactenus Neander.
Das lautet viel anders / als ich mir habe ſagen laſſen / vnd wil dir hier - innen gern beyfallen. Allein zu guter letzt moͤchte ich noch eins gerne beantworten ſehen / welches mir jtzo allererſt in den ſinn komp[t.]
Was[226]Was iſts? Sage es mir im Nahmen GOttes frey herauß vnd ſey von mir eines beſcheidenen vnterrichts gewertig.
Weil H. Johan Arend von wahrem Chriſtenthumb ſchreibet / ſo geluͤſtts etliche zuwiſſen: Ob er das alte oder ein newes Chri - ſtenthumb erfordere / vnd ſprechen ferner: Iſts das alte? ſo wiſſen wir es ſchon / hoͤren auch in allen Predigten davon / doͤrffens von jhm nicht lernen: vnnd ſeind alſo ſeine Buͤcher nicht noͤtig: Iſts das Newe ſo be - gehren wirs nicht / vnd ſind alſo ſeine Buͤ - cher ſehr ſchaͤdlich. Lieber ſage nun / wie dieſer ſtrich ſey außzu - nehmen.
DV lieſeſt oder hoͤreſt ja ſelbſt dz H. Johan Arend von wahrem Chriſtenthumb ſchreibe / vnnd weil dieſelbige Leute derer argumen - tum du einfuͤhreſt / ſo viel muͤſſiger zeit nicht haben koͤnnen / oder auß andern vrſachen jhnen nicht nehmen / dieBuͤcher[227]Buͤcher durch zuleſen / vnnd wollen dennoch frey davon vrtheilẽ / ſo moͤch - te ich wol wuͤnſchen das jhnen zu gut ein klein Handtbuͤchlein verfertiget wuͤrde / darin die gantze lehre dieſer Buͤcher Summatim hegriffen were. Damit aber etwz hierinne jhnen moͤ - ge geholffen werden / wil ich nur ein wenig hievon meldung thun dz vbrige andern anheimb ſtellende
EIn Chriſt heißt der auß dem Geiſt Wort vnd Sacrament new geboh - ren iſt / als auß Chriſto / der an Chri - ſtum gleubet / vnnd in Chriſto lebet. Denn wie ein Kind auß ſeinem Va - ter gebohren wird / alſo ein Chriſt auß GOtt vnd Chriſto durch den Glau - ben. lib. 1. p. 404.
Darumb ein gleubiger Chriſt ſein / iſt ein hoher Nahme vber alle Namen in der Welt vnd vber alle Staͤnde vnd Empter / vber alle Zeit / Orth / Geſetz / vnd vber die gantze Welt. Wieder -umb[228]Rom. 10. Chriſien Nahme iſt vber alles was in der Welt iſt / vnd hinwi - der vnter al len dingẽ in der Welt.umb aber ein wahrer Chriſt ſein im le - ben / iſt der aller niedrigſte Nahme vn - ter allen Nahmen in der Welt. So hoch nun der Glaube einen Chriſten vber alles erhoͤhet / ſo tieff erniedriget die liebe einen Chriſten vnter alles / wel - ches du fein verſtehen kanſt / wann du das H. Leben Chriſti betrachteſt. Wel - ches iſt ein heller ſpiegel der liebe vnnd aller Tugend vollkommener Grad. lib. 2. c. 11. p. 152.
Weil aber nicht der Nahme ſon - dern ein Chriſtlich leben beweiſet einen wahren Chriſten lib. 1. p. 226. So muß jhm ein Chriſt vorſetzen ſeinem Namen genug zu thun / als ob er erſt heut were ein Chriſt worden vnd ſol taͤglich darnach ſeutzen / das er nicht ein falſcher Chriſt ſein moͤge. Wie ein jeglicher der beruffen iſt zu einem Ampt ſich befleiſſigen muß ſeinen be - ruff genug zuthun / vnd ſolcher vorſatz guts zuthun kompt auß dem H. Geiſt / vnd iſt die vorlauffende Gnade Got - tes die alle Menſchen locket reitzet vnd treibet / lib. 1. p. 230. Kompt auß den wahren ſeligmachenden glauben derdas[229]das gantze Hertz reiniget vñ ernewret. Bey dieſem vorſatz muß es auch nicht bleiben / ſondern er muß ins werck ge - ſetzet werden / dannen hero ſagt H. Jo - han Arnd: Es beſtehe das Chriſten - thumb in erweiſung des rechten leben - digen thetigen Glaubens / durch recht - ſchaffene fruͤchte der GOttſeligkeit / durch fruͤchte der Gerechtigkeit: Item das wir darumb nach Chriſti Namen genennet ſind / dz wir nicht allein an Chriſtum glauben / ſondern auch leben ſollen / vnd Chriſtus in vns. Item: dz die wahre Buſſe auß dem jnnerſten grund des Hertzens gehen / das Hertz / ſinn / Muth / muͤſſe geendert werden / das wir Chriſto vnd ſeinem H. Evan - gelio gleichfoͤrmich werdẽ præfa. l. 1.
Denn dz ſey kein Chriſt in dem des HErrn Chriſti Leben nicht iſt / Chriſti leben iſt die rechte lehre / vñ vnſer recht Buch des Lebẽs. Dem muß im Glau - ben vñ leben gefolget werden l. 1. c. 11. p. 91. Chriſti leben iſt ja ohn jemands wieder ſprechen das beſte / darumb ſoll es auch dz liebſte ſein.
Ach were das nicht ein Edler MenſchPin wel -[230]in welchem Chriſtus alles wirckte / deſſen wil - le Chriſti wille were / ſeine gedancken Chriſti gedanckẽ / ſein ſinn Chriſti ſinn wie S. Paul. ſagt. 1. Cor. 2. Wir haben Chriſti ſinn / ſeine Rede vnnd Wort CHRIſti Wort p. 96.
Ob wirs nun wol in dieſer ſchwa - heit nicht koͤnnen zur vollkommenheit bringẽ / ſo ſollen wir dennoch darnach ſtreben / darnach ſeufftzen / vnd daſſelbe von Hertzen wuͤnſchen / das Chriſtus vnd nicht der Sathan in vns Leben vñ ſein Reich in vns haben moͤge p. 97.
NIchts anders den eitel reine / laute - re / Gottes vnd Menſchen liebe / freundligkeit / Sanfftmut / Demuth / Gedult / Gehorſam̃ biß zum Todte / Barmhertzigkeit / Gerechtigkeit / war - heit / Reinigkeit / Heiligkeit / verſchme - hung der welt vnd aller Weltlichen eh - re / Reichthumbs / wolluſt / verleugnung ſein ſelbſt / ein ſtetig Creutz / Leidẽ / truͤb - ſal / ein ſtetig Sehnen / ſeufftzen nach dem Reich Gottes / vnd eine embſigeBegierde[231]Begierde zu vollbringen den willen GOttes p. 87. lib. 1.
Es kan aber niemandt in Chriſto leben er muß zuvor jhm ſelbſt vnd der Welt abſterben / dan wer jhm ſelbſt abſtirbt der ſtirbt der Welt / p. 122.
Was nun dieſe art zu reden die dem H. Chriſto vnd den Apoſteln gemein iſt bedeute vñ in ſich begreiffe dz lehret er in vnterſchied - lichen Capitteln / ſonderlich des erſtẽ Buchs da er auch in ſpecie anzeigt / wie ein Chriſt der zeitlichen Ehre / Herrligkeit / Wolluſt / reichthumbs / frewde / geſelſchafft recht vnd Chriſtlich gebrauchen ſolle / Das es ſeinem Chriſtenthumb nicht hinderlich ſey / welches alles hiher zuſetzẽ zu weitleufftig ſein wuͤrde.
Vnter Tauſent Chriſten aber iſt kaum einer zu der vollkommenheit ge - kommen das er der Welt ſo abſterbe / das er jhr nicht mehr begehre zugefal - len lib. 3. p. 162. Dan es iſt zu ſchwer wegen der Erbſuͤnde lib. 3. p. 145. Dannenhero es heiſt Chriſti Joch / vnd vnſers fleiſches Creutzigũg. lib. 1. 480.
Darumb wil dawieder geſtrit - ten ſein / wie denn dz Chriſtenthumb nichts anders iſt als ein ſtetiger Kampf wieder die Erbſuͤnde vnnd außfegungP ijderſelben[232]derſelben durch den H. Geiſt vnd wah - re Buſſe p. 460. Wie davon das 10. Capittel gar ſchoͤn redet. Solches alles aber koͤnnen wir auch nicht thun / ohn huͤlffe vnd beyſtand des H. Gei - ſtes. Davon zu leſen lib. 1. p. 277.
Niemand kan ein Chriſt ſein in welchem Chriſtus nit lebet: Ein ſolch Leben muß von jnnen auß dem Hertzẽ vnd Geiſt gehen / wie ein Apffel auß der jnnerlichen gruͤnenden krafft des Baums. Denn der Geiſt Chriſti muß das leben regieren vnd Chriſto gleich - foͤrmich machen wie Paul. Roͤm 8. ſpricht: Welche der Geiſt GOttes treibt die ſind Kinder GOttes / vnd die den Geiſt GOttes nicht haben die ſind nicht ſein. Was nun fuͤr ein Geiſt den Menſchen inwendig treibet vnd beſitzet / ſo lebet er außwendig / darumb zu einem rechten Chriſtlichen leben der H. Geiſt hoch von noͤthen iſt. Denn ein jeglich leben gehet auß dem Geiſt es ſey gut oder Boͤſe / dar - umb hat vns der H. Chriſtus befohlen vmb den H. Geiſt zu bitten / vnnd er hat vns denſelbigen verheiſchen vnnder iſt[233]er iſt der Geiſt der vns in Chriſto le - bendig machet.
Gleich wie nun das die wahren Chriſten ſind die durch wirckung des H. Geiſtes vnd wahren Glauben in dem HErrn Chriſto leben: Alſo ſind das falſche betrogene Chriſtẽ diemuth - willig ſuͤndigen vnnd im Sathan le - ben. Davon droben in der frage von der Buſſe außm 1. Buch p. 77. lib. 1. p. 88. Es ſind falſche Chriſten / die ſagen: Ja / Ja / HERR / HERR / vnd ſind inwendig die boßhafftig - ſten Menſchen / vnnd thun doch nicht was der Vater befohlen hat. Von denen ſagt S. Paulus. Sie haben einen ſchein / aber ſeine Krafft verleugnen ſie / was iſt aber der krafft der Gottloſen verleugnen anders dan den Glauben vñ Chriſtum verleugnẽ: Ein Heyde ſein vnter dem Chriſtlichen Nahmen / darumb nennet ſie Paulus Kinder des Vnglaubens / die keinen Glauben haben. Darumb wird er die ſo ſich Chriſten genennet haben / vnnd nicht Chriſtliches gethan haben wie - derumb verleugnen vnd ſprechen Ich kenne wer nicht.
P iijVnnd[234]Vnnd dieſer falſchen Chriſten Heuche - liſch leben hat dem H. Johann Arnd vr - ſach gegeben dieſe Buͤcher zu ſchreiben / lib. 1. præfa: Vnd das gantze Chriſten - thumb abzumahlen / ob gleich nicht alles vollkommen / oder alſo das nichts deſide - rirt, werden koͤnne. lib. 3. præfa:
Auß dem allẽ ſteheſtu dz H. Johan Arendt nicht ein new oder falſch Chri - ſtentumb lehrt / vmb welches willen die Buͤcher zu verwerffen weren / ſondern dz erſte vnd vhralte wahre / welches in der erſtẽ Kirchen gewiſen / vnd numehr bey nahe gantz vergangen iſt. Denn ſage mir iſt leider GOttes der mei - ſten Chriſten leben faſt nicht gar wie - der Chriſtum wie er beweiſt / c. 11. l. 1.
Wo iſt die alte lauterkeit des Glaubens? die alte freydige bekaͤnt - nuͤß? Die alte beſtendigkeit in hoͤch - ſter verfolgung? Wor iſt der alte eyffer zur warheit? Wo iſt die alte devotion bey verrichtung des Got - tes dienſts / ſonderlich der H. Tauffe vnd des H. Abendmahls? Wo iſt die alte Kirchen diſciplin? Wo iſt die alte Meſſigkeit in Eſſen vnd trin - cken davon Tertull. in apologetico? Wo iſt[235]Wo iſt die alte liebe vnnd Hertzliches Muleiden gegen die Armut / davonſie jemals Chreſtiani genennet werden? Wo iſt die alte Trew / warheit / auff - richtigkeit? Wo wo? Es ſey fern von mir jemand zu verdam̃en: Aber oͤffentlich muß ich das beklagen / wel - ches fromme Chriſten heimlich be - ſeufftzen vnd beweinen / vnd gern ge - endert ſehen wolten. Vnnd wie daß - ſelbige von allen trewen Predigern in jhren Predigten geſchiehet: Alſo iſts auch recht das es in Schrifften von denen geſchehe / die Gott mit meh - ren Gaben vor andere geziehret hat / nach dem Exempel der lieben alten. Alſo ſchreibt G. Nyſſenus einen tra - ctat: Quid nomẽ Chriſtianorũ ſibi velit tomo. 1. operum. Auguſtinus, de Doctrina, diſciplina & vita Chri - ſtiana, item de nomine Chriſtia - no ſerm. 215. 216. de Sanctis. Hie - ron. de ratione pie vivendi ad Cleantiam. H. Savanorola de ſimplicitate vitæ Chriſtianæ &c.
Dieſer GOttſeligen Maͤnner heilſam Buͤcher ſind gleichwol fuͤr noͤtig vñ nuͤtzlichP iiijgehalten[236]gehaltẽ worden / ob man ſchon damals auch wuͤſte / was das wahre Chriſtenthumb were / welches auch rechtſchaffen geſcherffet ward in allen Predigten / wie mit luſt in der lieben Vaͤter homilien zuleſen. Warumb ſoll denn des H. Joh. Arndes wolgemeinete arbeit ſo vbel außgeleget / vnd mit ſo ſchlech - ten danck angenommen worden? Aber zu letzt frage ich wieder: Der H. Doctor Men - tzerus,, Balduinus, Hunnius, vnd andere ſchreiben jetzt ſchoͤne Buͤcher von der Perſon Chriſti / vom H. Abendmahl / vnd was ſon - ſten mehr. Nach deinem Exempel ſchließ ich auch: Entweder ſie bringen die alte Leh - re oder eine newe: Iſts die alte / ſo wiſſen wir ſie ſchon / auß vnſeren Catechiſmo / vnd an - deren Buͤchern / hoͤren auch davon in allen Predigten / dorffens von jhnen nicht lernen / vnd ſind jhr Buͤcher nicht noͤtig: Iſts eine newe Lehre / ſo begehren wir ſie nicht / vnd ſind jhre Buͤcher nur ſchaͤdlich? Lieber antwor - te hie auff / vnd wiſſe das womit du dieſen nichtigẽ ſchluß vmbſtoͤſſeſt / eben damit dein vorgewendtes argument beantwortet iſt.
SO haben nun der guͤnſtige le - ſer vnd ſonderlich die Chriſtli -che E -[237]che Evangeliſche einwohner dieſer gu - ten Stadt Dantzig vnnd meine ge - liebte Zuhoͤrer / aus denen im gan - tzen Buͤchlein beygebrachten gruͤnden guter maſſen zu erſehen: Ob die Buͤcher Johann Arndts von wah - ren Chriſtenthumb vieler Ketzeri - ſchen jrrung vnnd vornemblich des Weigelianiſmi oder Schvvenck - feldianiſmi mit warheit koͤnnen be - ſchuͤldiget werden. Dieſes iſt vnnd bleibet meine meinung auß angezo - gen vrſachen / das ich vor meine Per - ſon nach meiner einfalt keine Ketze - riſche vnnd verdam̃liche Lehre oder jrrthuͤme / ſondern viel mehr eine Hertzliche Chriſtliche Eyfferiche an - mahnung zur GOttſeligkeit in offt genandten Buͤchern / daher ich de - roſelbigen einmahls in der Predigt erwehnet / gefunden habe.
So aber jemand luſt hat etzli - che Phraſes vnnd woͤrter herauß zu ſuchen vnnd an zuſtechen / mich die - ſes orts / der ich dieſer Buͤcher in meiner Predigt zum beſten gedacht / vnnd den Authorem zu beſchmitzen /P vder[238]der mag ſehen wie ers fuͤr GOTT vnnd Chriſtliebenden billigen Her - tzen koͤnne verantworten.
Es wird doch ſolch wort gezaͤnck ohne das nichts dienen. Non enim in verbis ſed in ſenſu conſiſtit hæreſis, weil ſonſten nicht vnbewuſt wie man mit guter Leute Schriff - ten / die hie vnnd dort etwas durch zu hechlen vorgenom̃en / vmbgangen ſey. Wie ſolches an der lieben Vaͤ - ter ſchrifften vnd des H. Lutheri ſeinen nachgelaſſenen Buͤchern ge - nugſamb in der taͤglichen erfahrung empfunden vnnd inne worden. Wie aber alle gute Chriſtliche Bidermaͤn - ner uͤbel damit zu frieden ſind / das man in dero wolverdienten Maͤn - nern Tomis etwas verkehren vnnd verdrehen wollen: Alſo auch lebe ich der hoffnung das gute fromme Hertzen wieder die oͤffentliche pro - teſtation die den 4. Buͤchern vor - geſetzet / wieder das oͤffentliche Lehr - ampt das der Herr Johann Arends als ein Superintendens fuͤhret / wieder ſo offt wiederholete vnnd inGottes[239]GOttes Wort nach der Augſpurgi - ſchen Confeſſion hin vnnd wieder in ſeinen Buͤchern / dazu die Poſtill vnd der Pſalter billich referirt wer - den / erklaͤrte Glaubens Artickel / nicht werden in einem oder in andern wort / (zu verkleinerung des Au - thoris vnd meiner Perſon / (da je - mand hierinne geluͤſtet zu gruͤbeln /) ſich jrre machen laſſen.
Vnter deſſen Canoniſire ich gedachte Buͤcher keines weges / wil auch niemand gezwungen oder ge - trungen haben dieſelbige zu leſen / das wuͤnſche ich aber 1. Das ſie je - derman in der furcht GOttes ohne vorgeſchoͤpffeten wahn leſen moͤge / ohne allen zweiffel / es werde jhme ſolche angewante arbeit nicht gereu - wen. 2. Fuͤrs ander bitte vnnd fle - he ich Bruͤderlich vnd freundlich vmb der liebe GOttes willen / das doch niemand mit fruͤhzeitigem vnnd vn - reiffen vrtheilen / das laͤſtere da er nichts von weiß / Epiſt. Judæ v. 10. Damit er nicht auff ſich das Wehe lade / welches denen gedraͤwet iſt / dieauß[240]auß Finſternuͤß Liecht / vnd aus liecht Finſternuͤß machen / vnnd bey ſich ſelbſt weiße ſind / vnd halten ſich fuͤr klug. Eſ. 5. v. 20. 3. Mich aber vnd dieſe Schrifft / welche auff kei - ne Perſon / ſondern zu rettung deſſen was offentlich geredt iſt / gerichtet vnd geſtellet / zum beſten commen - diret ſein laſſen / vnd vernehmen / auß lauterer liebe ohn argen. Gott gebe dir Chriſtlicher Leſer was dein Hertz in Chriſto wuͤnſchet Amen.
Zum Beſchluß vnnd gleich - ſam zur vber gabe wil ich dem bedacht - ſamen Leſer / etliche Theſes herſetzen auß des Ehrwuͤrdigen vnd Wolgelar - ten H. Balduini S. S. Theologiæ Do - ctoris vnd Proreſſoris Publici ď loͤb - lichẽ Univerſitet zu Witttenderg Di - ſcurſu Theologico de Anathema - tiſmis: welcher dieß Jahr zu Witten - berg gedruckt. der ſagt The. 27. alſo.
PRoinde nechoc quæritur, an promiſcuè omnibus judicare de adverſariorum erroribus lice - at: Etſi enim officium elenchti - cum commune eſt omnibus Ec -cleſiæ[241]cleſiæ miniſtris, non tamẽ recte ad miniſtrari poteſt, niſi ab ijs qui - bus doctrina adverſariorum eſt perſpecta, neq́; damnare poſſunt nominatim, quorum ſcripta non legerunt & argumenta nondum ponderarunt, alias damnabunt nondum lecta & intellecta: Unde facile injuriam alijs facere & au - ditores relatione minus fundata decipere poſſunt, quo nihil per - nicioſius eſt in Eccleſia. Qui ergo arguere volunt adverſarios, ante omnia viderint, ne erro - rem quem arguunt, ex vanis ru - moribus perceperint, ſed ex ip - ſorum autorum lectione hauſe - rint, ut de eo recte judicare poſ - ſint. Quibus hæc adminicula deſunt, ſatis ijs eſt alijs muneris ſui partibus diligentius perfungi & ἔλεγχον falſæ doctrinæ peritiori - bus committere. The 40. ſaget er: Cum hoc ſexto quod utrobiq́; extra litem eſt cohæret ſeptimum videlicet errores qui redarguntur, non eſſe nimium exaggerandos,nequid[242]nequid vel ſupra fidẽ, vel ex male - dicendi libidine dicere vide amur: quæ exaggeratio, vel ratione mate - riæ vel ratione tẽporis fieri poteſt. Ratione materiæquidẽ, ſi error to - lerabilis, & qui in hominem etiam circumſpectum cadere potuit, pe - riculoſiſſimis hæreſibꝰ confertur, licet in nullum articulũ fidei fun - damentum impingat, cum tamen talia quæ fundamentũ non ever - tunt, Spiritu manſuetudinis ſint toleranda: juxta regulam Pauli, in - firmos in fide ſuſcipite, Rom. 15. v. 1. Talis error erat Cypriani, de Re - baptizandis ijs, qui baptizati erant ab hæreticis, & Auguſtini de cœna Domini infantibus porrigẽda: quæ ſtipulæ ſunt privatarum opinionũ fundamento ſuper impoſitæ, in quibus quilibet dicere poteſt cum Auguſtino Errare poſſum, hęreti - cus non ero.
Theſ. 41.
Ratione temporis fit exaggeratio cum in omnibus concionibus, etiam materiâ textus ocaaſionem non ſuppeditante er - rores adverſariorũ acerbiꝰ perſtringun -[t]ur. &c. FINIS.
[243]Baſilius Epiſtola 73.
APeruerunt aliqui immodicè ora ſua contra conſervos, narratur mendacium intrepidè veritas occultata eſt, & qui quidem accuſantur, condemnantur citra judicium. Qui vero accu - ſant, fidem reperiunt citra examinationem.
Et Epiſtola 33.
EGo ſiquidem nondum fratribus ipſius expe - rimentum meæ de DEO ſectæ ac ſententiæ dedi, neꝙ́ nunc habeo quid, quod reſpondeam. Quos enim non perſuaſit longum tempus, quo - modo brevis Epiſtola perſuadebit? Si vero illa ſufficiunt, nugæ cenſeantur ea, quæ nobis à Ca - lumniatoribus obijciuntur.
SOLI DEO GLORIA.
Zu Alten Stettin bey Johan Dubern / Anno 1620.
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