PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Philoſophiſche Oratorie,
Das iſt: Vernuͤnftige anleitung zur gelehrten und galanten Beredſamkeit, wie ſich ſelbige ſo wohl in oͤffentlichen reden, als auch im taͤglichen umgang, bey allerhand ma - terien, auf mancherley art, durch eine gluͤckliche er - findung, nette expreßion und ordnung zeigen muͤſſe, mit auserleſenen exempeln erlaͤutert, und mit einem regiſter verſehen.
Leipzig,1724. Bey denenCoͤrneriſchen Erben,in der Grimmiſchen Gaſſe.

Dem Magnifico, Hoch-Edelgebohrnen Herrn, Herrn Gottfried Langen / vornehmen JCto, Sr. Koͤnigl. Maj. in Pohlen und Churfuͤrſtl. Durchl. zu Sachſen hochbeſtalten Hof - und Juſtitien - Rath, des Ober-Hof-Gerichts, des Conſiſtorii und Schoͤppen-ſtuhls in Leipzig hochverordneten Aſſeſſori, der Stadt Leipzig hochanſehnlichen Buͤrgermeiſter, und des groſſen Fuͤrſten-Collegii Colle - giato, &c. Meinem Hochzuehrenden Herrn, Wie auch Dem Hoch-Edelgebohrnen Herrn, Herrn Jacob Born, vornehmen JCto, Sr. Koͤnigl. Maj. in Pohlen und Churfuͤrſtl. Durchl. zu Sachſen hochbe - ſtalten Appellations-Rath, des Ober - Hof-Gerichts Aſſeſſori, der Stadt Leipzig hochverdienten Stadt-Richter, ꝛc. Jngleichen Dem Hoch-Edlen, Veſten und Hochweiſen Herrn, Herrn Joh. Ernſt Kregeln, hochverdienten Baumeiſter und Fuͤrnehmen des Raths zu Leipzig, auch fuͤrnehmen Kauf - und Handels - Herrn daſelbſt, Meinen Hochzuehrenden Herren.

Magnifice, Hoch-Edelgebohrne, Hoch-Edler, Hochweiſer, Hochzu Ehrende Herren,

EW. Magnificence, Hoch - Edelgebohrnen und Hoch-Edlen Herrlig - keiten, gegenwaͤrtiges werckchen zuzueignen, habe kein bedencken ge - tragen, da mir theils eine allgemeine ſchuldigkeit ſchon fuͤrlaͤngſt auferleget, Erlauchte und Hochverdiente Haͤupter zu verehren, theils gantz beſondere pflich - ten, welche, wann ich ſie erzehlen wolte, uͤber die graͤntzen einer zuſchrift giengen, mich zu dieſem unternehmen ins beſon - dere verbinden. Es iſt zwar dieſe art der verehrung allezeit mit einiger kuͤhn - heit, und zuweilen gaꝛ zu groſſen freyheit vergeſellſchaftet: Doch haben leute von) (3ho -hohem range und veꝛdienſten, ſolche kuͤhn - heit leichter vergeben und genehm gehal - ten, als diejenigen, welche mit ihren weni - gen faͤhigkeiten, ſo zu reden, noch vor den hafen der gehoften ruhe laviret, ſelbige begangen. Jch ſchmeichle mir mit die - ſen eines gleichen gluͤcks, und da ich die eh - re habe, Ew. Magnificence, Hoch-Edelge - bohrnen, Hoch-Edlen Herrligkeiten / alle arten vom wohleꝛgehen zum aufnehmen des gemeinen beſten und zu dem hohen vergnuͤgen Dero hoch-anſehnlichen Fa - milien anzuwuͤnſchen: So erſuche Die - ſelben unteꝛthaͤnig, dieſe blaͤtter als gerin - ge fruͤhlings-bluͤthen nicht zu verſchmaͤ - hen, ſondern hochgeneigt anzunehmen, und mich ſo lange Dero hohen wohlge - wogenheit zu wuͤrdigen, biß ich durch vollkommene fruͤchte zeigen koͤnne, mit was fuͤr beſonderer tieffen ergebenheit ich ſey

Ew. Magnificence, Hoch-Edelgebohrnen, Hoch-Edlen Herrligkeiten gehorſamſt-ergebenſter diener
Der auctor.

Vorrede.

Geehrter Leſer.

EJne vorrede iſt einem buche ſo noͤthig, als einem prieſter der kragen, einem profeſſor der mantel und einem ſtu - denten der degen, denn ſie ſoll dem buche das anſehen und die rechte kraft geben, auch wider die vermuth - lichen anfaͤlle es zum voraus verthaͤidigen. Dieſes hat der herr auctor reiflich in erwegung gezogen; nachdem er aber ſeine zeit lieber auf andere dinge als auf vorreden wendet: ſo hat er mich erſuchet, ihn der muͤhe zu uͤberheben, und ich habe auch ohne be - dencken ihm gewillfahret, und ſtatt ſeiner die muͤhe eines vorredners uͤber mir genommen. Wann du aber von mir erwarteſt, daß ich dir dieſe arbeit an - preiſe, und mit geſchminckten und geſchwaͤntzten no - ten erheben ſolle, ſo wirſt du dich betrogen finden. Jch ſchicke mich zu nichts weniger, als zu einem pa - negyriſten, und es wird auch weder dir noch dem auctori / welcher den fehler an ſich hat / daß er von ſeinen ſachen immer zu wenig haͤlt, damit gedienet ſeyn. Alſo will ich dir nur eins und andeꝛs, was du wider dieſes buch einwenden koͤnteſt, unter den fuß geben, du magſt heꝛnach ſehen, ob ich recht habe, und die boltzen vollends verſchieſſen. Da der herr au - ctor eine Oratorie ſchreibet, ſo ſcheint er die menge derſelben zu vermehren, und wir haben bereits der Metaphyſicken, Logicken und Rhetoricken ſo viel, daß wir iemand bitten moͤchten, einen vorſchlag zu thun, wie man die anzahl derſelben verringerte. ) (4NunVorrede. Nun wird er zwar wohl einwenden, daß er ſich hier der allgemeinen freyheit bedienet / welche einem ie - den erlaubet, ſo gut er kan, ſein weniges vermoͤgen zum dienſt des gemeinen beſten anzuwenden: Al - lein er haͤtte dich doch billich, mein leſer, erſt um er - laubniß bitten ſollen / mit ſeinen ſchlechten ſachen herfuͤrzutreten. Weiter habe ich anfangs mich verwundert, warum er es eine Philoſophiſche Oratorie genennet? Denn ich ſehe ja, daß es auf alle arten von reden gerichtet iſt, was er hier fuͤrbringet. Vielleicht meinet er, die Philoſophie ſey die univerſelle gelehrſamkeit, und weil er ſein werck auf Philoſophiſche, das iſt, nach ſeiner mei - nung, auf gelehrte gruͤnde bauet, ſo ſey es auch eine Philoſophiſche Oratorie. Wann du nun mein - teſt, auch auf dieſe weiſe Theologiſche, Juridiſche und Mediciniſche Oratorien zu ſchreiben, ſo koͤnteſt du es verſuchen, aber du wuͤrdeſt es vielleicht nach ſeinem concept nicht treffen, dann er wuͤrde ſpre - chen, daß auch dieſe philoſophiſch / das iſt, gelehrt, muͤſten geſchrieben weꝛden, und in dieſen ſtreit will ich mich weiter nicht mengen, dann es kaͤme da wohl auf kein raiſonniren ſondern auf die probe ſelber an. Bey dem werck ſelbſt hat der herr auctor ſeine lehr - ſaͤtze ziemlich frey fuͤrgetragen, aber mit noch frey - ern noten erlaͤutert. Erſtlich handelt er von ein - richtung der gedancken, nachgehends von dem aus - druck derſelben, und endlich von der diſpoſition derſelben. Da gehet er von andern ab, welche die elocution zuletzt ſparen, er handelt nirgends von denen generibus dicendi, demonſtratiuo, deliberatiuo, Judiciali, ohngeachtet M. Uhlmann zum troſt aller rhetorum das didaſcalicum noch erfunden. Hin - gegen dringet er uͤberall darauf, daß man der natur des obiecti nachgehen, und wie ein mahler dabey ſich auffuͤhren muͤſſe / welcher eine ſache nach der natur fuͤrſtellet, allenthalben die regeln der pro - portion / der Perſpectiv, des wohlſtandes beobach -tet,Vorrede. tet, ſein obiectum zuweilen ausputzet, ſtarcke lichter, ſtarcke ſchatten, und die doch mit einander in einer guten harmonie ſtehen, und in einander zu flieſſen ſcheinen, anbringet. Deßwegen hat er auch den Apellem auf das kupferblat ſetzen laſſen, wie der - ſelbe bemuͤhet iſt, dem Alexandro die urſachen ſeiner Mahlerey zu entdecken. Nun laß ich alles dieſes dahin geſtellet ſeyn, wo man ſonſt ſo viel hinzuſtel - len pfleget, und muß erwarten, ob ich dem herrn auctori recht prophezeiet, da ich ihm zuvoraus ge - ſagt, daß er einige mit ſeiner ſchreibart beleidigen, und vielleicht denen gelehrten regiſtratoribus, wel - che mit anderer leute fehlern geld verdienen, in die haͤnde fallen werde: Oder ob er recht gehabt, da er mir geantwortet, daß er nicht vermuthe, die feindſchaft vernuͤnftiger leute auf ſich zu laden; wolten hingegen die unvernuͤnftigen boͤſe werden, ſo ſey ihm ſolches gar lieb, denn es wuͤrde albern ſeyn / wenn er ſich etwas leid ſeyn lieſſe, das er doch nicht aͤndern koͤnne. Jch moͤchte nur in ſeinem nah - men den geneigten leſer bitten, daß er, ehe er boͤſe werden wolte, zuvor die umſtaͤnde uͤberlegte, die antecedentia und conſeqventia der ſtelle wohl be - trachtete, womit er ſich etwa beleidiget zu ſeyn glaubte, und lieber einer gelinden auslegung derſel - ben, als einer uͤbereilten gehoͤr gaͤbe. Er ſetzte hin - zu, daß er ſich auch fuͤr denen urtheilen derienigen nicht fuͤrchtete, welche ſelbige oͤffentlich an den tag legten, wohl aber fuͤr dieienigen, welche gleich de - nen ſchmeißfliegen, gantz in der ſtille, auch auff die reinſten ſtellen ihre excrementa ingenii ſetzten, und ohngeachtet ſie ziemlich ſtranguriam empfaͤnden, in ihrer ſatyriſchen vena, dennoch aus verborgenen winckeln auf andere ihren gifftigen unflath gar zu gerne ſpritzten. Denn, ſagte er, wer ſeine gedan - cken uͤber meine arbeit publiciret, der unterwirfft ſich dem urtheil der gantzen welt, die etwas davon zu ſehen bekommt: iſt er nun vernuͤnftig in ſeinem) (5ur -Vorrede. urtheil, ſo lerne ich ia etwas von ihm / und bekuͤm - mere mich wenig oder nichts darum, ob ihm die liebe zur wahrheit und tugend oder der neid, darzu anlaß gegeben, iene ſchuͤtzet man mehrentheils fuͤr, und dieſer iſt das rechte principium movens. Jſt er unvernuͤnftig, ſo wirds ihm gehen wie dem Alex - andro, da er von des Apellis gemaͤhlde unrecht rai - ſonnirte, und die mahleriungen ihn auslachten; denn es werden auch die anfaͤnger der beredſamkeit ihn fuͤr einen ungeſchickten raiſonneur halten. Jſt er endlich gar grob / ſo fehlt mirs nicht an hertz, auch nicht an der faͤhigkeit, ihm gehoͤriger weiſe zu begegnen. Meines orts laſſe ich, wenn du es an - ders auch zufrieden biſt, geneigter leſer, dem herrn auctori darinne ſeine freyheit, und kan ers halten nach ſeinem gefallen. Nur muß ich dich erinnern, daß du nicht, wenn du ihn etwan wenig oder gebro - chen reden hoͤreſt, daraus ſchluͤſſe macheſt: denn er redet nur wenig oder gebrochene worte gegen ein - zele perſonen, denen er nicht trauet, und die er nicht kennet. Sonſt halte ich ihn fuͤr ſo complaiſant, daß er niemand ſeine meinung aufdringet, abeꝛ ſich nicht gerne eines andern meinung ebenfalls aufdringen laͤſt, ohngeachtet er keine ſchwierigkeit macht, allen leuten ſuo modo recht zu geben, aber nicht von dir praͤtendiret, daß du ihm in allem beyfallen ſolteſt, da du vielleicht mit deinem geſchmack ſelbſt noch nicht einig biſt. Zwey dinge muß ich doch noch beruͤh - ren, einmahl die allegirten auctores und heꝛnach die beygebrachten exempel. Bey ienem ſcheints, als wann der herr auctor wenig ſtaat darauf machte, denn er fuͤhrt ſie ſo quaſi aliud agendo an. Jch habe ihm treuhertzig gerathen, er ſolle etwan ſehen, wie er einen gelehrten fuhrmann wo auftriebe, der ihm vorſpann gebe, und die auctores brav zuſammen peitſchete, ich habe ihm auch etliche fuͤrgeſchlagen, welche, ohngeachtet ſie ſo wenig Frantzoͤiſch als Rabbiniſch verſtehen, doch gantze buͤcher mit Fran -tzoͤi -Vorrede. tzoͤiſchen und Rabbiniſchen noten heraus geben. Allein er meinte, was es denn noͤthig waͤre, anderer leute zeugniſſe anzufuͤhren, da die ſache ſelbſt redete, er habe noch gantze millionen auctores, die er alle anfuͤhren wolle, wo man ihn der allegatorum we - gen boͤſe machte. Bey den exempeln die er ſelbſt gemacht / [denn mit anderer leute arbeit habe ich ie - tzo nichts zu thun] habe ich ihn gefraget, ob er nicht in ſorgen ſtuͤnde, wann etwa Herr Luͤnig ſolte auf die gedancken kommen, die reden kleiner herren heraus zu geben, daß man auch da ſeine arbeit fin - den moͤchte: allein er ſchien deßwegen gantz ge - ruhig zu ſeyn, und meinte, wenn ihn etwa die natur ſo kuͤnſtlich zubereitet haͤtte, daß der kopff auf die huͤften relegiret waͤre, das geſichte bey dem kinne eben ſo hoch in die hoͤhe ſtuͤnde, als bey der ſtirn, die naſe gleich dem hoͤltzernen pferde auf einem gepfla - ſterten marckte herfuͤr ragete, und der mund die zaͤhne nicht mehr bedeckte, oder damit er deſto ferti - ger alle leute taxiren koͤnte, immeꝛ offen ſtuͤnde, auch ſonſt die gantze laͤnge ſeines coͤrpers nur etliche ſpannen betruͤge, da moͤchte er freylich die ehre ha - ben, daß man ihn unter die kleinen herrn einſchalte - te; Aber da ihn der guͤtige himmel groͤſſer gemacht, als ihm lieb ſey, ſo wuͤrde man ſeinetwegen ſich wohl nicht bemuͤhen duͤrffen. Ubrigens hat er mir befoh - len, denenienigen hohen Patronis, wertheſten Goͤn - nern und freunden gehorſamſten ſchuldigſten erge - benſten danck abzuſtatten, welche ihm theils durch ihre lehren, theils durch ihren wohlgemeinten auf - richtigen u. freyen rath, theils durch com̃unicirung vieler buͤcher, theils durch ihre gemachte gelehrte einwuͤrffe, bey verfertigung dieſes werckes, beyge - ſtanden. Wann auch du, geneigter leſer, etwas fin - deſt, das verdiente beygebracht zu werden, ſo bittet er dich, daß du ihm ſolches nicht mißgoͤnnen wolleſt, er wird dir gleichen groſſen danck abſtatten; wuͤn - ſchet dir darneben alles wohlergehen, wie ich danngleich -Vorrede. gleichfalls dir will angewuͤnſchet haben. Sonſt nimm dir unbeſchwert die muͤhe und corrigire fol - gende druckfehler pag. 2. l. 11. ließ: eintheilung. p. 8. l. 11. ließ: program. IIII. §. 7. 14. p. 9. l. 20. ließ: den anhang, und l. 29. ließ: unten den anhang. p. 17. l. 29. ließ: Qvinctilianus. p. 23. l. 9. ließ: Part. III. cap. 3. p. 35. l. 24. ließ: naturale. p. 47. l. 19. communium. p. 62. l. 26. ließ: wollen. p. 72. l. 16. ließ: Hiſtoriſche. p. 76. l. 4. ließ: im dritten capitel. p. 82. l. 27. ließ: Apophthegmata. p. 84. l. 4. ließ: moͤglichkeit nicht unterſcheiden. p. 86. l. 27. ließ: daraus. p. 99. l. 4. ließ: zur. p. 105. l. 2. deutlichkeit. p. 190. l. 16. de Germaniſmis falſo ſuſpectis, de amplificatione verborum & totius locutionis, p. 177. l. 33. ließ: Micraelii. und an - dere, welche der herr auctor viellsicht bey dem aca - demiſchen gebrauch, dem dieſe arbeit gewiedmet, bemercken wird. Lebe wohl. Jch bin dein ergebenſter

M. L. v. S.

Jnhalt des gantzen wercks.

  • Vorbereitung: von der Oratorie uͤber - haupt.
  • Der erſte theil: von der erfindung der ge - dancken.
    • Cap. 1. von der erfindung der thema - tum.
    • 2. von der erfindung der argu - mentorum uͤberhaupt.
    • 3. von beweiß-gruͤnden.
    • 4. von erlaͤuterungs-gruͤnden.
    • 5. von bewegungs gruͤnden.
  • Der andere theil: von dem ausdruck der gedancken.
    • Cap. 1. von dem ausdruck uͤberhaupt.
    • 2. von dem ſtilo und deſſelben ei - genſchaften.
    • 3. von den unterſchiedenen arten des ſtili.
    • 4. von den mitteln zum guten ſtilo.
    • 5. Moraliſche betrachtung des ausdrucks.
  • Der dritte Theil: von der ordnung im fuͤrtrage.
    • Cap. 1. von der diſpoſition uͤbeꝛhaupt.
    • 2. von reden im gemeinen leben und briefen.
    • 3. von oͤffentlichen ſchul - und po - litiſchen reden.
    • 4. von Juridiſchen reden. 5. von geiſtlichen reden.
  • Anhang: von den aͤuſſeꝛlichen umſtaͤnden im fuͤrtrage.
Viel
VJel Redner reden viel, und wann ſie gluͤck - lich ſind,
(wind.
So faͤhrt der ſchall ins ohr, der nachdruck in den
Warum? die weißheit fehlt. Viel worte, wenig ſachen,
(machen.
Sind blaſen, die den mund des Redners eitel
Wer dieß, Gelehrter Freund, von deinen re - den ſpricht,
Der redet ohne grund, und kennt die feder nicht,
Die kurtz und triftig ſchreibt, betrug und farben haſſet,
Und das, was klug erdacht, in enge ſchrancken faſſet.
Was hier der leſer ſieht, das hab ich laͤngſt ge - ſehn,
Mir iſt bereits mein wunſch, und Dir Dein recht geſchehn.
Jhr, die ihr in der welt nach gleichem vortheil ringet,
Schafft daß ihr euren fleiß auf gleiche hoͤhen ſchwinget.
Nehmt weißheit in den mund, verdammt der worte ſchein,
Hier kan FABRICIVS ſtatt eines muſters ſeyn.
Und wenn Dich, Edler Freund, verdienſt und kunſt erhoben,
So zeige vor der welt noch ferner kluge proben.

Hiemit wolte des Herrn Autoris, ſeines ehemali - gen wehrten Auditoris, Philoſophiſche Ora - torie der Studiren den Jugend beſtens recommendiren,

D. IOHANNES Schmid, Prof. Publ. und der Leipzigſchen Univerſitaͤt Senior.
[1]

Vernuͤnftige anleitung zur Beredſamkeit. Vorbereitung von der Oratorie uͤberhaupt.

Jnhalt.

WAs die Oratorie ſey? §. 1. Worinn das weſen der wahren beredſamkeit beſtehe? § 2. Wel - ches der rechte endzweck der beredſamkeit? §. 3. Daß ſich die beredſamkeit auch in der con - verſation zeigen muͤſſe, §. 4. Von dem nutzen der Oratorie, §. 5. Daß die Oratorie deßwe - gen nicht zu verwerffen, weil ſie weltlich, weil man ſie von natur beſitze oder mißbrauchen koͤnne, §. 6. Wor - inn die Oratorie von der Logick unterſchieden? §. 7. Was zu einem redner erfodert werde und ob er ein polyhiſtor ſeyn muͤſſe? §. 8. Was zu einem redner gehoͤre in anſehung des leibes? §. 9. Jn anſehung des verſtandes? §. 10. Jn anſehung des willens? §. 11. Was er fuͤr wiſſenſchaften hauptſaͤchlich verſtehen muͤſſe? §. 12. Von der klugheit des redners uͤderhaupt, §. 13. Von der klugheit des redners, in anſehungAder2vernuͤnftige anleitungder ſache davon er redet, §. 14. Jn anſehung ſeiner eignen perſon, §. 15. Jn anſehung ſeines zuhoͤrers, §. 16. Jn anſehung der aͤuſſerlichen umſtaͤnde, §. 17. Von der hiſtorie der Oratorie uͤberhaupt §. 18. Von der Oratorie vor der ſuͤndfluth und nach derſelben bey den Barbarn, §. 19. Bey den Phoͤniciern, Hebraͤern und Griechen, §. 20. Bey den Roͤmern, §. 21. Bey den Teutſchen, §. 22. Bey den Frantzoſen, §. 23. Bey den Engellaͤndern, §. 24. Bey den Jtaliaͤnern, §. 25. Bey den Spaniern, §. 26. Bey denen uͤbrigen Natio - nen, §. 27. Von[der eintheilung] der Oratorie, §. 28.

§. 1.

DJe Oratoriea) iſt eine vernuͤnftige anweiſung! zur beredſamkeit, das iſt, zu der geſchicklichkeit, ſolche woͤr - ter zugebrauchen, welche mit un - ſern gedancken genau uͤberein kommen,b) und in ſolcher ordnung mit ſolcher art: ſeine gedancken fuͤrzuſtellen, daß in denen die unſere worte hoͤren oder leſen, eben die gedancken und regungen entſtehen, die wir ihnen beybringen wollen, damit die gluͤckſeeligkeit des menſchli - chen geſchlechts befoͤrdert und der umgang un - ter ihnen angenehm gemacht werde.

a)Griechiſch heiſt ſie: Rhetorica Teutſch: Die Re - de-kunſt. Einige ſagen die Rhetorick gebe re - geln, die Oratorie bringe ſie in die uͤbung; und machen alſo einen unterſchied unter beyden, das will ich ihnen nicht wehren, ich thue es inzwi - ſchen nicht.
a)
b)Cicero de orat. III. 10. Quinam eſſet dicendi modus melior, quam vt latine, vt dilucide, vt orna - te, & adid quodcunque agetur, apte congruenterque dicamus. Quincti l. Lib. III. V. Tria ſunt quæpræ -3zur beredſamkeit. praeſtare debet orator, vt doceat, moueat, delectet Und Morhoff lobt den Virgilium alſo: Non plus dicit, quam debet. quae maxima omnis elo. quentiae virtus eſt. Polyh. I. 3. 10. 30. Joh. Clerici Penſeés de la vraie et fauſſe eloquence Parrhaſian. I. p. 73. ſind fuͤrtreflich einen rechten begrif von der beredſamkeit zu machen. Man hat ſie mit noten ins Teutſche uͤberſetzt edirt Alten - burg. 1722. 8. Conf. Ridig, Senſum Veri & Falſi. IIII. 4. de propoſitione medit. D. Auguſt Frid. Mülleri Diſſ. de Arte[e]loquendi Lipſiæ 1708. M. Gottfr. Polycarp. Mülleri. diſſert. de emendatione eloquentiae moderna praemiſſam ideae eloquentiae Nov-antiquae, Joh. Georgii Walchii Epiſt. de cor - rupta ſcholarum eloquentia, Facciolati orationi ad humanitatem praemiſſam. Lipſ. 1716. Eiusdem dia - triben de litteris humanioribus, hiſtoriae criticaelati - linguæ adiectam.
b)

§. 2. Alſo beſtehet das weſen der beredſamkeit in dem accuraten ausdruck der gedancken, und es irren dieienigen, welche ſolches in der men - ge leerer worte,a) in pedantiſchen formuln, in figuren, in argutien,b) in der gleichheit mit andern beruͤhmten rednern, in dem klange der rede,c) in der kunſt den leuten was weiß zu machen,d) in der fertigkeit von ſachen pro - und contra zu ſchwatzen,e) und in andern der - gleichen kleinigkeiten ſuchen.

a)Quinctilianus lib. X. c. 1. Nobis autem copia cum iudicio paranda eſt. &c. Es iſt alſo uͤbel ge - than wann man die leute nur auf die ausdeh - nung der rede fuͤhret, und doch finde ich daß die - ſes der meiſten rhetorum ihr hauptwerck ſey - Viel worte ſind nicht allemahl ein zeichen einesA 2guten4vernuͤnfftige anleitungten iudicii. Und es muß doch wohl ein unterſchied ſeyn unter ſchwatzhaftigkeit und beredfamkeit.
a)
b)Die bons mots macher werden vielleicht anderer meynung ſeyn, allein ob man ihnen wohl den naͤchſten platz nach denen groͤſten ſchertzern bey hofe gerne einraͤumet, ſo wird doch der gar zu groſſe zufluß vom ingenio ſie wohl zu keine red - ner machen.
b)
c)vid Luciani ρητορων διδασκαλον Oper. Tom. II. da er die Sophiſten abſchildert.
c)
d)oder ſie an ſich zu ziehn und ihnen zu gefallen Vid. A. Gellium in noct. V. I.
d)
e)Siehe Thomaſii Cautelen Cap. 9. §. 66. not. n. und die von ihm allegirten auctores. Ridig. l. c. §. 36. M. Gottfr. Polycarp. Mülleri diſſert. de emendatione eloquentiae moderna. p. 22. §. XX.
e)

§. 3. Die beredſamkeit hat einen doppelten endzweck, einen allgemeinen und einen gantz beſondern. Den allgemeinen hat ſie mit der gantzen gelehrſamkeit, auch ſo gar mit der ſpra - che gemein, nemlich die gluͤckſeeligkeit und das vergnuͤgen der menſchlichen geſellſchaft zu be - foͤrdern. Der beſondere endzweck aber iſt, durch geſchickten ausdruck ſeiner gedancken in andern eben die gedancken und regungen erwe - cken, die man ſelbſt bey ſich hat und empfindet und in andern rege zu machen ſuchet. a)

a)Jch mag mich in den ſtreit von dem endzweck der beredſamkeit nicht miſchen, denn ich bin noch zweiffelhaft, ob nicht etwa ein wortſtreit daraus gemacht werden koͤnne. conſ. Ridig. S. V. & F. Lib. IIII. Cap. IIII, §. 30. und M. Polyc. Mülleri Diſſ. de emendatione eloquentiae moderna.
a)

§. 4. Aus dieſem flieſſet von ſelbſten, daßdie5zur beredſamkeit. die beredſamkeit ſich auch im umgange zeigen muͤſſe, weil eben daſelbſt die meiſte gelegenheit ſich zeiget, die gluͤckſeeligkeit und das vergnuͤ - gen der menſchlichen geſellſchaft zu befoͤrdern, und ſeine gedancken auszudrucken. Zumahl da man im umgange mit andern bey dem fuͤr - trag ſeiner gedancken leicht wiederſpruch findet, dafuͤr man bey oͤffentlichen declamationibus ſicher iſt.

§. 5. Da uns nun die Oratorie zu einer ſol - chen beredſamkeit vernuͤnftige anweiſung giebt, ſo iſt ſie gewiß eine der noͤthigſten und nuͤtzlichſten wiſſenſchaften. Alles unſer den - cken und wiſſen wuͤrde vergraben liegen, und die menſchliche geſellſchaft wuͤrde kaum beſte - hen, noch von den thieren koͤnnen unterſchieden werden, wann wir nicht die faͤhigkeit haͤtten unſere gedancken durch worte an den tag zu le - gen und zu reden. Allein alle unſere conver - ſation und wiſſenſchaft, wuͤrde ein rechtes Ba - bel ſeyn, wann wir nicht durch die Oratorie, zum vernuͤnftigen ausdruck unſerer gedancken angefuͤhret wuͤrden und alſo durch vernuͤnfti - ges reden uns von unvernuͤnftigen menſchen und albernen waͤſchern unterſcheiden koͤnten.

  • Conf. Hermanni von der Hardt De ſermone humano epiſtolam. Helmſtædt. 1705. 8. Lipſius Cent. I. miſcell. Epiſtol. 77. Juxta Sapientiaeſtudium ſti - lum cole & exerce, qui diuae illius fidus & neceſſa - rius adminiſter. Quid enim recondita illa aliis proderit, niſiſpargereeam & emittere poteris felici quadam penna (vel ſermone.) Alle menſchen re -A 3den6vernuͤnftige anleitungden (natuͤrlicher ordentlicher weiſe) aber nicht alle menſchen reden wohl und ſind beredt. Die - ſes koͤnnen nur diejenigen welche die grund re - geln der beredſamkeit inne haben und beobach - ten.

§. 6. Jch weiß alſo nicht ob es eine heilige oder naͤrriſche einfalt ſey, wenn man die Ora - torie fuͤr eine ſache haͤlt, welche weil ſie welt - lich, das iſt, nicht aus der offenbahrung ent - ſprungen, einen nothwendigen zuſammenhang mit der ſuͤndlichen welt habe. a)Dieienigen welche ſonſt der Oratorie gram, erklaͤren ſich auch fuͤr feinde der wahren beredſamkeit, und unterſcheiden nicht eine vernuͤnftige Oratorie, von einem Scholaſtiſchen woͤrterbuch,b) oder wollen lieber uͤbelreden, als auf einen vernuͤnf - tigen ausdruck ihrer gedancken bedacht ſeyn, oder halten ihre fertigkeit im plaudern fuͤr be - redſamkeit, wie dieienigen thun, welche ſich ein - bilden von natur beredt zu ſeyn,c) oder ſte - hen ſonſt in albernen vorurtheilen. d)

a)Warum ſagt doch Dippel im Jlluminirten grundriß der aeademiſchen Gottes-gelahr - heit: Logic Rhetorick &c. waͤren erfindun - gen und gaben des teuffels: Mir duͤnckt weil er ſie weder als treuhertzige ſchweſtern, noch als goldtincturen gebrauchen konte. Uberhaupt wo die gelehrſamkeit reden darf, da ſpricht ſie der unwiſſenheit dem aberglauben und der athei - ſterey ein ſcharffes urtheil, was wunder dann daß dieſer Cerberus ſeinen geiffer wieder die beredſamkeit ausſchuͤttet.
a)
b)Dergleichen ſind die meiſten Rhetoriken.
b)c) Es7zur beredſamkeit.
c)Es wird keine ſprache und keine fertigkeit zu re - den mit uns gebohren, vielweniger eine fertig - keit wohl zu reden. Dieſe fertigkeit kan man oh - ne regeln und uͤbung nicht erhalten. Wer ſoll uns alſo die regeln geben, welche durch ſo vieler iahre abwechſelndeu geſchmack, dennoch regeln blieben, und durch vieler und groſſer redner voll - kommene proben bewehret worden? Gewiß, weder unſere ammen noch unſere muͤtter koͤn - nen ſie uns mit der milch einfloͤffen, vielweniger werden wir ſie auf dem tantz - oder fecht-boden lernen. Wie man aber hier die fuͤſſe und den degen gebrauchen lernet, ſo ſolte man ſich auch nach gelegenheit umthun, wo man die fertig - keit bekaͤme, wohl und geſchickt zu reden. Doch ich befinne mich, bey dem tantzen braucht man die fuͤſſe, bey dem fechten die haͤnde, hingegen bey der wohlredenheit braucht man den kopf, und da haben die meiſten veraͤchter der bered - ſamkeit bey ihren falſchen abſichten weniger verſtand und geſchick als in haͤnden und fuͤſſen.
c)
d)Z. e. ein Theologus meint er muͤſſe nicht anders als bibliſch reden, und die concordantzen und poſtillen ſtehn ihm beſſer an, ein Juriſte denckt weil die Oratorie ſeiner unwiſſenheit im jure nicht zu ſtatten komme, ſey ſie wohl nichts nuͤtze, der Medicus glaubet eben das, weil er in ſei - nen recepten keine oratoriſche figuren braucht, andere haltẽ es fuͤr eine ſchulfuͤchſiſche ſache, weil ſie aus der Hiſtorie noch nicht unterrichtet, daß ein groſſer ſtaats-mann und ein treflicher redner ſeyn, mehrentheils beyſammen ſtehe. Kurtz: ars non habet oſorem niſi ignorantem.
d)

§. 7. Wie die Oratorie zur beredſamkeit anfuͤhret, alſo muß hingegen die Logick zum vernuͤnftigen dencken anweiſung geben. UndA 4zwar8vernuͤnftige anleitungzwar muß dieſe billich vorangeſetzet werden,a) denn die Oratorie giebt keine anweiſung, von ſachen, die man nicht verſtehet, und davon man keine oder unordentliche gedancken hat, viel worte zu machen. Hierinn iſt aber zugleich der rechte unterſchied der Oratorie und Logick zu ſuchen, und nicht in prolixitate expreſſio - nis. b)

a)Die kinder lernen ia nicht eher tantzen als ſie gehen koͤnnen, ſiehe Thomaſii kle[i]ne ſchrifften program. II.
a)
b)Ridiger l c. §. XXII.
b)

§. 8. Wer alſo ein vernuͤnftiger redner und kein locutulejus oder affectiꝛender unnuͤtzer waͤ - ſcher ſeyn will, muß von der natur gute gaben und faͤhigkeiten erhalten, und dieſe faͤhigkeiten, durch die kunſt und cultur, zu fertigen guten ge - ſchicklichkeiten gemacht haben. von nichts reden als was er verſteht, und auch von dem was er verſteht, nicht eher reden als es noͤthig iſt. Wor - aus erhellet, daß er eben kein polyhiſtor ſeyn muͤſſe. a)

a)Conf. Quinctilianum Lib. I. cap. X. Jnzwiſchen erhellet aus dieſen und den folgenden daß es eben nicht ſo leicht ſey einen guten redner abzugeben. Denn man muß von der natur dazu gemacht, und uͤber dieſes mit treflichen qualitaͤten ausge - ruͤſtet ſeyn, wiſſenſchafften, ſprachen in ſeiner ge - walt haben, dem zuhoͤrer ins hertz ſehen ꝛc. doch eben deswegen iſt es ein deſto groͤſſerer ruhm.
a)

§. 9. Es werden aber zu einem redner fol - gende dinge erfordert, und zwar in anſehung des leibes, daß er nichts wiederwaͤrtiges undver -9zur beredſamkeit. verdrießliches in ſeiner perſon, geſichte und aͤuſſerlichen weſen habe, uͤber ſeine minen air und geſtus ohne affectation diſponiren koͤnne, auch ſeine ſprache zu moderiren wiſſe und im uͤbrigen mit geſunden organis zum reden aus - geruͤſtet ſey. a)

a)Dieſes hieſſen die alten: eloquentiam corporis, darinn die Pantomimi bey ihnen uͤberaus gluͤck - lich waren. vid. Reimmann Hiſt. Litt. Germ. Vol. III. p. 394. Thomaſii Caut. Cap. 9. p. 182. §. 50. Conrart de l’action de l’orateur, ſo zu Helmſtaͤdt 1690. 4. lateiniſch, unter dem titul: de pronun - ciatione & geſtu oratoris, und 1709 zu Jena in 12 Teutſch heraus kom̃en, mit dem titul: Conrarts gruͤndlicher unterricht, wie ein geiſtlicher und weltlicher redner in der ausſprache und geſtibus ſich manierlich und klug auf - fuͤhren ſolle. Hieher gehoͤren viele regeln des wohlſtandes, ſiehe unten des dritten theils un - ſerer Oratorie achtes capitel.
a)

§. 10. Jn anſehung des verſtandes, muß er ordentlich, gruͤndlich, deutlich, artig gedencken, alles muß von einem geſauberten iudicio dirigi - ret werdena) das ingenium und memorie muͤſſe nicht zu hefftig wuͤrcken, aber auch nicht gar zu ſchwach ſeyn. b)

a)Siehe hierbey Ridiger S. V. & F. lib. I. Cap. II. §. XXVI.
a)
b)Siehe unten das achte capitel.
b)

§. 11. Jn anſehung des willens, muß er eine durch kunſt und klugheit zu wege gebrachte gleichguͤltigkeit beſitzen,a) aufrichtige und red - liche abſichten haben,b) und uͤber ſeine nei -A 5gun -10vernuͤnftige anleitunggungen einiger maſſen diſponiren koͤnnen, nicht furchtſamc), aber auch nicht verwegen ſeyn.

a)[Ein] natuͤrlich ſang froid, oder laͤppiſche ſchlaf - muͤtze iſt hier nichts nuͤtze.
a)
b)Siehe Thomaſ. l. c. §. 43. und die angefuͤhr - ten auctores. Der alte Cato ſagte: Orator eſt vir bonus, dicendi peritus, conf. Cic. de offic. L. II. C. XIIII. Jch weiß leider wohl, daß die wenig - ſten menſchen redliche abſichten haben, ſie ſetzen bey allen ihren verrichtungen, alſo auch bey ih - ren reden, geld-geitz, ehr-geitz, wolluſt zu ihrem endzweck, und intendiren allezeit dabey, den andern zu betruͤgen. Allein ſie betreten dabey einen weg, auf welchen viele tauſend, auch die gluͤcklichſten und groͤſten leute, den hals gebro - chen. Denn man betruͤgt einen nur einmahl, und hat ihn hernach mit allen ſeinem anhang zum feinde, und wer einmahl gewohnt iſt mal - honnetten abſichten nachzugehen, der kommt bey denen, die mit ihm umgehen, bald herum, hernach iſt er ſo zu reden, fertig, und alle ſind uͤbel gegen ihn geſinnet, warten auch nur auf beqveme gelegenheit, ihm wieder eins anzu - haͤngen. Hingegen iſt auch die welt niemahls ſo unvernuͤnftig, daß ſie iemand, der auf eine vernuͤnftige art, allezeit honnetten abſichten nachgehet, ſollte gaͤntzlich fallen laſſen. Zu geſchweigen der goͤttlichen, natuͤrlichen und buͤrgerlichen rechte, welche uns verbinden, al - lezeit redliche abſichten zu haben.
b)
c)Gracians Maxime 91. 182. ein furchtſamer redner bringt alle, die ihn hoͤren, faſt in kindes - noͤthen, ein verwegener, allarmiret ein gantzes auditorium, macht es aufmerckſam und ſcharf - ſichtig auf die fehler, ſo er begeht, beydes iſt unangenehm und albern.
c)§. 12.11zur beredſamkeit.

§. 12. Von wiſſenſchaften ſind ihm ei - nige ſchlechterdings noͤthig, einige koͤnnen ihm nur zuweilen nuͤtzen. Die noͤthigen ſind: Logicka), Moralb), insbeſondere die kunſt der menſchen gemuͤther zu erkennen,c) die hiſtorie derer dinge, die nahe um ihn ſind,d) und die principia der ſache, davon er reden wille), ingleichen eine erkaͤnntniß der ſprache, darinn er redet. f)Alle uͤbrige gelehrte wiſ - ſenſchaften, insbeſondere die alte und neue Hiſtorie, koͤnnen ihm nach ſeinen unterſchie - denen abſichten bald mehr, bald weniger nuͤtzen.

a)Hiezu koͤnnen ihm dienen Thomaſii Einlei - tung und Ausuͤbung der Vernunfft-Lehre, Halle. 1719. 8. Ridiger. Senſus V. & F. Lipſiae 1722. 4. Ejuſdem Inſtitutiones eruditionis Lipſiae 1717. 8. und Philoſophia pragmatica, Lipſiae. 1723. 8. Da in beyden letztern die Logick gleich aufangs wohl ausgefuͤhret. D. Aug. Frid. Muͤllers Teutſche Philoſophie, daran derſelbe ietzo noch arbeitet, und wovon die Logick meh - rentheils fertig. Wer in der Philoſophie und ſonſt an recepten doctrinen glaubt, und dazu Logick und Moral gebrauchen will, dem will ich folgende fuͤrtrefliche Triumuiros recommen - diren: Jacobi Thomaſii Philoſophiam. Jo. An - dreae Schmidii Compendium Philoſophiae, Helmſt. 1710. 8. Jo. Franciſci Buddei elementa Philoſophiae inſtrumentalis, theoreticae & pra - cticae. Man kan dieſen beyfuͤgen Samuel Werenfelſens Diſſertation de Logomachiis E - ruditorum. Amſterd. 1702. 8. und die beygefuͤg - te Diatribe de Meteoris orationis. Jch koͤnte mehr Logicken anfuͤhren, wann es auf die men -ge12vernuͤnftige anleitungge oder ſeltenheit oder auf einen Frantzoͤiſchen be l’eſprit oder ſchulfuͤchſiſchen woͤrter-kram, bey gutem raiſonniren ankaͤme.
a)
b)Dieſe begreifft das recht der natur, die regeln der klugheit, und des wohlſtandes unter ſich. Alſo gehoͤren hieher alle, welche ietzt-benannte drey wiſſenſchaften, in ihre vollkommenheit zu ſetzen ſich bemuͤhet haben. Duͤrfte ich ohne ie - mand zu praͤiudiciren, aus einer ſo groſſen men - ge, etliche wenige einem zukuͤnfftigen redner an - preiſen, ſo wollte ich Thomaſii Einleitung und Ausuͤbnng der Sitten-Lehre, Ridigeri Philo - ſophiam pragmaticam, die klugheit zu leben und zu berrſchen, welche 1722. 8. Leipzig her - aus kommen, Buddei Philoſophiam practicam, Gracians Homme de Cour mit D. Auguſt fried - rich Muͤllers noten, les caracteres ou les moeurs de ce ſiecle par Mr. de la Bruyere, des Hrn. von Rohrs moraliſche ſchriften, Bellegarde ſa - chen, und Hrn. Hofrath Menckens Diſputa - tion: De eo, quod decorum eſt, anfuͤhren. Wer mehrere wiſſen, und auch von denen, die ich an - gefuͤhret, zum theil nachricht haben will, der leſe Hrn. Stollens Hiſtorie der Gelahtheit den dritten theil.
b)
c)Angefuͤhrte auctores geben mehrentheils hier - zu ebenfalls anleitung. Jch erinnere mich ins beſondere des Bellegarde l’art de connoitre les hommes. Amſterd. 1709. 12. und Rohrs unter - richt von der kunſt der menſchen gemuͤther zu erforſchen, Leipzig. 1714. Jch werde viel - leicht von dieſer und der vorigen gattung, im folgenden, mehrere auctores anzufuͤhren gele - genheit haben.
c)
d)Jch wolte faſt ſagen, daß dieſes nicht nur fuͤr einem redner, ſondern uͤberhaupt fuͤr einem klugen menſchen, die noͤthigſte wiſſenſchaft ſey,welche13zur beredſamkeit. welche er aber nicht aus buͤchern, ſondern aus der vernuͤnftigen erfahrung haben muß.
d)
e)Alles vorhergehende gehoͤret zur univerſellen gelehrſamkett, dieſes aber ins beſondere zu de - nen Facultaͤten und Diſciplinen. Und da die Oratorie ein ſtuͤck der univerſellen gelehrſam - keit, ſo mag ſich um die principia der Facultaͤ - ten und Diſciplinen inſonderheit derjenige be - kuͤmmern, welcher die Oratorie in denenſelben zu appliciren gedencket, z. e. ein Theologus um die heil. Schrift, derſelben grund-ſprache, die Libros ſymbolicos, die Kirchen hiſtorie und or - thodoxie, ein Juriſte um die leges, derſelben hiſtorie, rationem und applicationem, wer von Mediciniſchen dingen reden will, muß Phyſick, Chymie, Anatomie, Botanick, ꝛc. verſtehen, ꝛc. - Sagt man: ia, wann ich die Diſciplin verſte - he, ſo brauche ich keine Oratorie, ſo antworte ich: es folgt nicht gleich, daß, wer eine ſache verſteht, auch ſofort geſchickt ſich ausdrucken koͤnne.
e)
f)Hier muß ich Hederichs Anleitung zu den fuͤrnehmſten Philologiſchen Wiſſenſchaften ruͤhmen, die zu Wittenberg 1713. 8. heraus kommen, worinn man auch mehrere auctores, die hieher gehoͤren, allegiret findet. Jngleichen Jo. Gottl. Heineccii ſtili cultioris fundamenta, Halae. 1720. 8. Jener handelt von der Grie - chiſchen, Lateiniſchen und Teutſchen ſprache, dieſer inſonderheit von der Lateiniſchen. Meh - rere muß man in Morhoffs Polyhiſtore und Stollens Hiſtorie der gelahrheit T. I. Cap. II. und III. ſuchen.
f)

§. 13. Jn den regeln der klugheit muß ein vernuͤnfftiger redner wohl erfahren ſeyn, dann hiedurch erlangt er eine geſchicklichkeit, nachden14vernuͤnftige anleitungden unterſchiedenen beſchaffenheiten der per - ſonen und ſachen, damit er umgehet, ſeine ge - dancken einzurichten und fuͤrzutragen, wel - ches die hoͤchſtnoͤthige prudentia oratoria iſt.

§. 14. Bey der ſache, davon er redet, hat er zu ſehen, ob es eine theoretiſche, alte, un - ſtreitige, beliebte, traurige, geiſtliche, ꝛc. oder practiſche, neue, wahrſcheinliche, bittere, luſti - ge, weltliche, ꝛc. ſache ſey, da eine iede von ietzt - erzehlten, andere einrichtung, ausfuͤhrung und ſtellungen erfordert.

§. 15. Unter denen perſonen, muß er ei - nes theils ſich ſelbſt pruͤfen, andern theils ſei - ne zuhoͤrer, oder wahrſcheinliche leſer. Bey ſeiner eigenen perſon hat er entweder ſeine in - nerlichen beſchaffenheiten, oder ſeine aͤuſſerli - chen umſtaͤnde zu beobachten. Jene betrach - tung fuͤhret ihn auf die kraͤfte ſeines verſtan - des, und auf die neigungen ſeines willens, dieſe aber auf das eigentliche decorum ora - torium.

§. 16. Bey denenienigen, welchen er etwas fuͤrtraͤget, muß er ihren verſtand, willen, al - ter, geſchlecht, ſtand, vermoͤgen, und andere umſtaͤnde in erwegung ziehen, ob ſie wahr - heiten annehmen, vertragen oder mißbrau - chen koͤnnen und dergleichen.

§. 17. Letzlich muͤſſen alle andere umſtaͤn - de, der zeit, des orts, der gelegenheit, des wohlſtandes uͤberhaupt, fuͤrnemlich die regeln der gerechtigkeit und honnettete, ſorgfaͤltig inbe -15zur beredſamkeit. betrachtung gezogen werden, widrigenfalls wird man vergebens reden, ihm ſelbſt und andern ſchaden, und ſtatt eines geſcheuten redners ein unnuͤtzer waͤſcher werden, ja wohl gar ein thoͤrichter und ſchaͤdlicher menſch heiſſen.

§. 18. Die hiſtorie der Oratorie giebt ei - ne nachricht von denenienigen, welche anwei - ſungen zur beredſamkeit geſchrieben, oder ih - re proben der beredſamkeit der gelehrten welt mitgetheilet. Ferner, was die Oratorie und beredſamkeit fuͤr zufaͤlle gehabt, was fuͤr veraͤnderungen ſie unterworffen geweſen, und ſo fort an.

  • Um die Hiſtorie der Oratorie und beredſamkeit, haben ſich bekuͤmmert, Morhof im Polyhiſtore Tom. I. Lib. VI. und in dem Unterricht zur Teutſchen ſprache und Poeſie. Stolle in der Hiſtorie der Gelahrheit Tom. I. Cap. II. Reimmann in der Einl. zur Hiſt. Litt. Tom. I. p. 56. 293. Clericus in arte Critica P. II. S. I. Cap. 16. Gibert Jugemens des Scauans ſur les Au - teurs, qui ont traité de la Rhetorique auec un precis de la doctrine de ces auteurs. Paris 1713, Dieſes Buch wird in den Actis Eruditorum 1721. im Jun. p. 257. Polyhiſtor Rhetoricus genennet. He - derich hat in ſeinen Philologiſchen Wiſſen - ſchaften, bey der Rhetorick, vor iedem ſtuͤcke eine ziemliche nachricht von auctoribus gege - ben, die davon geſchrieben. Hieher koͤnnen auch gezogen werden, Rapins vergleichung des Demoſthenis und Ciceronis, und der di - ſcours von der beſchaffenheit der gemuͤther bey denen Athenienſern und Roͤmern. Jn -glei -16vernuͤnftige anleitunggleichen haben ietzt-benannte auctores noch andere angefuͤhret, die man bey ihnen finden und zu rathe ziehen kan. Es werden auch in folgenden noch mehr angefuͤhret werden.

§. 19. Jn den zeiten vor der ſuͤndfluth,a) und gleich nach derſelben bey den Barbarn,b) Scythen,c) Chaldaͤern, Jndianern und andern voͤlckern, findet man von der Orato - rie nichts. Jnzwiſchen moͤgen doch wohl beredte leute unter ihnen geweſen ſeyn, die theils auf einen accuraten ausdruck geſehen, theils ihn durch gute regeln feſte zu ſtellen ſich bemuͤhet haben, damit ein vernuͤnftiger ge - brauch der rede unter denen menſchen einge - fuhret wuͤrde.

a)Siehe Reimmanns Hiſtor. Litt. Antediluvia - nam p. 47. und 124. Doch bin ich, was die elogia, welche er der rede-kunſt beyleget, be - trifft, mit ihm nicht einig. Zumahl, da der Herr Auctor den ruhm ſelbſten hat, daß er ein guter redner ſey.
a)
b)Quinctilian. Lib. III. Cap. 2. vielleicht findet ſich etwas hievon in denen hiſtorien der Philoſo - phie und Moral dieſer voͤlcker. vid. Stollen Tom. II. Cap. I. §. 14. ſeqq. Tom. III. Cap. I. §. 8. 10. ſeqq.
b)
c)Die Oratorie des Scythiſchen Abgeſandten beym Curtio Libr. VII. Cap. VIII. §. o. ſeqq. iſt wohl des Curtii eigene arbeit und mit denen reden, welche von den alten bey andern geſchicht - ſchreibern e. g. Liuio &c. aufgezeichnet ſind, hat es vielleicht gleiche bewandniß.
c)

§. 20. Bey den Phoͤniciern, Hebraͤern, und andern Orientaliſchen voͤlckern, hat ſichieder -17zur beredſamkeit. iederzeit eine ſehr heftige und lebhafte imagi - nation, wegen ihres hitzigen climatis, in einer ſehr fruchtbaren erfindung und reichem aus - druck gewieſen, wie man ſolches an denen ſchriften altes Teſtaments zum theil wahr - nimmt. Doch iſt uns ſonſt nicht viel uͤbrig blieben, von dem, was ſie etwan in der Ora - torie und beredſamkeit herfuͤrgebracht. Die Griechen aber haͤlt man fuͤr die erſten, ſo durch die wohlredenheit beruͤhmt worden, da - zu ihnen die form ihrer republicken anlaß gege - ben. Jns beſondere haben Ariſtotelesa) mit ſeiner Rhetorick, Jſocratesb) und Demo - ſthenesc) mit ihren reden, ihren guten cre - dit, biß auf unſere zeiten, fuͤr allen andern behauptet.

a)Vid. Stollen Tom. I. Cap. III. §. 10 und Mor - hoff Tom. I L. VI. C. I. 2. Frantzoͤiſch iſt ſie edirt par Mr. Caſſandre. la Haye. 1718. 8.
a)
b)ibid. §. 4. not. c. von mehrern ſ. Morhoff Tom. I. Lib. VI. Cap II.
b)
c)ibid. §. 4. not. d. vid. D. Rechenberg de ſtudiis Academicis Sect. V, C III.
c)

§. 21. Die beredſamkeit der Roͤmer fieng in ihrer republick gar ſpaͤte an ſich zu zeigen, ſtiege bald zu dem allerhoͤchſten gipfel, und fiel nach und nach wieder, nachdem ſie ſich in al - len arten fuͤrtreflich gewieſen. Jn der theo - rie dienen uns noch Cicero und Quincilianus, und in der praxi haben wir vollkommene mu - ſter an Cicerone, Quinctiliano. Seneca, Pli - nio, und vielen andern.

BSiehe18vernuͤnftige anleitung
  • Siehe Stollen l. c. §. 5. 6. 7. 10. ſqq. Morhoff l. IIII. XI. ſqq. Quinctiliani dialogum de cauſſis corruptae eloquentiae hat Hr. Chriſt. Aug. Heu - mann heraus gegeben. Göttingae. 1719.8. Hier iſt Hꝛn. Jo. Georg. Walchii Hiſtoria critica linguae Latinae, Lipſiae 1716. mit anzufuͤhren.

§. 22. Die alten Teutſchena) bemuͤheten ſich mehr durch tapfere thaten, als trefliche reden beruͤhmt zu werden, biß endlich Ru - dolph von Habſpurgb) durch einfuͤhrung der Teutſchen ſprache bey ein und andern ge - richtlichen handlungen, und die fruchtbrin - gende Geſellſchafft,c) dieſe Nation erinner - ten, an die cultur der Teutſchen ſprache und beredſamkeit zu gedencken, darin ſie ietzo, wo nicht alle Nationen uͤbertrifft, doch von kei - ner uͤbertroffen wird. Wolte man die hiſtorie der Teutſchen beredſamkeit ausfuͤhrlich be - ſchreiben, wuͤrde man auf die Schleſiſched) Meißniſche,e) Niederſaͤchſiſchef) und fraͤnckiſcheg) wohlredenheit, ins beſondere zu ſehen haben. Uberhaupt ſind in der theorie zu ruͤhmen: Huͤbner. h)Lange,i) Menan - tes,k) Muͤller,λ) Talander,l) Uhſe,m) Weiſe,n) und andere. Jn der praxi aber kan man ſich Abſchatz*) Beſſers,o) Boͤhmers,p) Canitzens,q) Franciſci,r) Geyers,ſ) Gry - phii. t)Hoffmannswaldaus,u) Roͤnigs - dorffs,w) Lohenſteins,†) Maͤyers,x) Muͤllers,y) Neukirchsz) Neumanns,a) Pritii,b) Riembergs,c) Seckendorffs,d) Treuers,*) Thomaſii,e) Weiſens,f) Zieg -lers,19zur beredſamkeit. lersg) der reden groſſer Herren und fuͤr - nehmer Miniſter,h) ꝛc. mit nutzen bedienen. Zugeſchweigen, daß Buchner,i) Cellarius,k) Schurtzfleiſch,l) Schuppius,m) Jacob Thomaſius,n) und andere in der Lateiniſchen ſprache, mit ihrer beredſamkeit groſſe ehre eingelegt.

a)S. Reimmanns Einleit. II. pag. 32. 145.
a)
b)S. Reimmanns Einleit. III. p. 397 vorher hat er die uͤbrigen verdienſte der Teutſchen um die Oratorie der neuern zeit beruͤhret p. 379. Ein - leitung zur Roͤmiſch-Teutſchen Hiſtorie p 871.
b)
c)S. Stollen Tom. I. Cap. IIII. §. 18. Reimmann Tom. I. p. 109, 112. 113. II. 138. Thomaſii Cau - telen C. 9. §. 27. 28. 29.
c)
d)Solche ſie het man in Lohenſteins Arminio und in Schleſiens fliegender bihliotheck ꝛc. Stolle T. I. Cap. IIII. §. 20. Cap. V. § 67.
d)
e)Davon haben Weiſe, Talander, Pritius, ꝛc. vie - le proben abgeleget.
e)
f)Dieſe findet man in der Octavia, Aramena, Boͤh - mers und anderer reden. Stolle T. I. C. V. §. 67.
f)
g)Deren Beſchaffenheit kan man aus Harsdoͤrf - fers, Franeiſci, ꝛc. ſchrifften lernen. Es waͤre zwar bey dieſer eintheilung vieles zu erinnern, ich habe ſie zuerſt beym Huͤbner gefunden in ſei - nen oratoriſchen fragen, und was er Saͤchſiſch nennet habe ich Meißniſch, hingegen was er Brandenburgiſch heiſſet, Niederſaͤchſiſch genen - net. Jedoch hoffe ich, es werde niemand unter die ketzer gerechnet werden, wann er an dieſe ein theilung nicht glaubet oder auch wann er ſie fuͤr gut und nuͤtzlich paſſiren laͤſſet.
g)
h)S. Stollen Tom. I. Cap. IIII. §. 17.
h)
i)Deſſen Einleitung zur uͤblichen und nuͤtzlichen Oratorie durch regeln und exempel, zum an -B 2dern -20vernuͤnftige anleitungdernmahl edirt, Leipzig 1713. 8. Herr Stolle hat ſie nicht angefuͤhret, und alſo wann ich die wahr - heit ſagen darff, das beſte in dieſem genere ver - geſſen. Der erſte theil hat folgende capitel 1. von der haupt-diſpoſition aller reden durch die chrie. 2. Von der propoſition einer rede. 3. Von den aͤtiologien, 4. von den amplificationi - bus, inſonderheit a contrario. 5. a ſimili. 6. ab exemplo und teſtimonio. 7. a loco communi und meditatione. 8. ab interpretatione, 9. ab argutlis. 10. a conſectariis. 11. Von den aus - putz der chrie durch die periodos. Der andere theil beſteht aus folgenden: 1. Von den reden welche die aͤtiologie zuerſt ſetzen. 2. Von den briefen. 3. Von denen reden in welchen die am - plificationes zuerſt geſetzet werden. 4. Von ab - danckungen. Uberall ſind denen gruͤndlichſten regeln, die ſchoͤnſten exempel beygefuͤget. Das programma des Herrn Auctoris iſt ſo ſchoͤn, wel - ches Er 1708. geſchrieben, das ich es unten P. III. Cap. 4. meinem wercke eine merite zu machen mit einruͤcken will. Wie ich hoffe der Herr Auctor werde dieſes nicht unguͤtig nehmen, ſo bitte der geneigte leſer wolle mich nicht deswegen fuͤr ei - ne eule halten, welche ſich mit fremden federn ſchmuͤcket.
i)
k)Menantes Einleitung zur Teutſchen Orato - rie und briefverfaſſung, andere auflage, Hal - le und Leipzig 1715. 8. Handelt im 1. theil von ſtilo, im 2. von der invention, im 3. von der diſpo - ſition. Von ſeinen auserleſenen briefen ſiehe Stollen T. I. IIII. 38. Was er mehr geſchrie - ben ſoll unten angefuͤhret werden. Jſt wie be - kannt D. Hunold.
k)
λ)Herrn Gottfried Polycarp Muͤllers abriß ei - ner gruͤndlichen Oratorie zum academiſchen gebrauch entworffen und mit anmerckungenver -21zur beredſamkeit. verſeben, Leipzig 1722. 8. hat zwey theile, der erſte giebt zur theorie, der andere zur praxi an - weiſung. Er iſt zu loben, daß er Logick und Ora - torie miteinander zu verbinden geſucht, und doch gewieſen daß man ſelbige nicht vermiſchen ſolle. Seine Idea eloquentiæ nov-antiquæ iſt mit ſeiner academiſchen klugheit zugleich heraus kommen Leipzig 1720. 4. Wie dieſe zur galanten gelehr - ſamkeit fuͤrtrefliche dienſte thut, alſo ſteckt iene voller artigen ſachen und nuͤtzlichen wahrheiten. z. e. p. 18. ſagt der Herr Auctor: In eo infelix eſt orbis eruditus, quod tot habeat hinc & inde ora - toriae emendatores cum tamen perpaucos inveniat, a quibus quidquam viderit, quod in hoc ſcribendi genere excellat feratque aetatem. Und p. 23. ſetzt Er: Eruditi ſtulti, ſunt maximi ſtulti & am - pliſſimi ſæpe viri plurimis praeiudiciis opinioni - bus & affectuum ſtimulis ita abundant, vt non niſi iuxta ſuas perſuaſiones ſint ducendi. Jch habe dieſe ſchrifft mit vielen vergnuͤgen geleſen. Sie enthaͤlt in ſich 1. Diſſertationem de emendatione eloquentiae moderna, 2. Programma auſpicale ora - eioni praemiſſum als der Herr Auctor 1716. Prof. Eloqu. und Poeſeos zu Leipzig wurde III. Orationẽ de genere dicendi nov antiquo. IIII. Ideam elo - quentiae nouantiquae, P. I. C. I. de themate, 2. de argum. probantibus. 3. de argum. mouentibus. 4. conciliantibus 5. de illuſtratione & amplificatione. 6 de inuentione & diſpoſitione, 7. de ſtilo. 8. de actione. P. II. Practica. C. I. de conuerſatione & progymnaſmatibus. 2. de litteris conſcribendis. 3. de orationibus ſolemnibus. 4. de orationibus va - riorum vitae generum. Was man uͤbrigens von des Herrn Auctoris Oratorie ihm vor einen con - cept machen ſolle, giebt er ſelbſt an die hand. Diſſ. de emend. p. 44. ſentio quoad principia totius Ora - toriae artis cum Ariſtotele ac familia eiusdem, ſedB 3nollena22vernuͤnftige anleitungnollem cum Paulo Rabo in Rhetorica ciuili ab ipſo edita (Regiomonti & Lipſiae 8. 1704. ) libro mul - tae diligentiae & vtilitatis variae ariſtotelizare.
λ)
l)Talanders anweiſung zur Teutſchen Orato - rie, allezeit fertiger briefſteller ꝛc. ſind bekannt vid. Stollen I. IIII. 38 Er heiſt ſonſt Boſe und hat ſich durch viele nette Teutſche ſchriften be - ruͤhmt gemacht.
l)
m)M. Erdmann Uhſens Rect. Gymn. Martisb. wohl informirter redner, worinn die orato - riſchen kunſt-griffe vom kleineſten biß zum groͤſten durch kurtze fragen und ausfuͤbrliche antwort fuͤrgetragen werden. Die fuͤnffte auflage, Leipzig 1712. 12. Jſt in 4. Buͤcher ge - theilet, da das 1. von worten, das 2. von perio - dis. Das dritte von der connexione periodorum, das 4 von der gantzen Oration handelt. Hin - ten iſt des Herrn von Koͤnigsdorff rede auf Leopoldum und des Herrn von Planitz auf Joſe - phum beygefuͤgt. Bey der achten auflage wel - che nunmehro 1723. heraus kommen, hat man ein paar miſerable piecen da kein r drinnen iſt angehengt.
m)
n)Von Weiſen S. Stollen l. c. §. 18. 38. Cap. V. §. 12. 51 56. 69. Morhoff, Polyhiſtor. Tom. I. Lib. VI. Cap. I. §. 32. Cap. III. §. 12. S. das ge - lehrten Lexicon. Reimmanns Einl. III. 382. 388. 443. IIII. 653. M. G. Polyc. Müllerum de emenda - tione eloquentiae moderna p. 5. ſqq.
n)
*Deſſen Hof - und Buͤrgerliche reden Halle. 1696. 8. edirt.
*
o)S. Stollen Cap. V. §. 57.
o)
p)Deſſen reden ſind denen reden groſſen Herren und fuͤrnehmer Miniſter beygefuͤget und fuͤr andern wohl zu leſen. Er war ehedeſſen Prof - Eloquentiaͤ in Helmſtaͤdt und zugleich D. und Prof. Theolog ietzo aber iſt er des Kaͤyſerlichen freyen ſtiffts Lockum Abt. Jch habe die ehre ge -habt23zur beredſamkeit. habt, auf der Julius-univerſitaͤt Jhn als mei - nen lehrer zu veneriren, und nach deſſen gelehrter anfuͤhrung mich in der beredſamkeit zu uͤben. Wenn man ſeine Lateiniſchen orationes und pro - grammata lieſet, wird man zweifelhaftig ſeyn, wie es moͤglich, daß man in zweyen ſprachen zu - gleich excelliren koͤnne. Von ſeiner commenta - tione academica de orationibus parentalibus iſt un - ten P. III. cap. 5. zu gedencken.
p)
q)Wenn der Herr von Canitz nur die eintzige rede, welche uͤber das zeitige abſterben der Bran - denburgiſchen Chur-Princeſſin Eliſabeth Henriette gehalten, und ſeinen gedichten beyge - fuͤgt iſt, aufgeſetzet haͤtte, ſo wuͤrde ihm wegen derſelben artigkeit hier ein platz gebuͤhren.
q)
r)Sein leben ſtehet in Henr. Pippingii mem. Theo - log. in der mantiſſa. Von ſeinen ſchrifften hat er ſelbſt ein verzeichniß heraus gegeben nebſt der wiederlegung des M. Jo. Matthaei 1691. 8. Nuͤrnberg, und da zehlet er derſelben ſchon 66. Man ruͤhmt ihn als einen meiſter in geſpraͤchen. Stolle. I. IIII. §. 28. Das gelehrten Lexicon.
r)
ſ)Martin Geyers Theologiſche Teutſche ſchriften ſind zum ſtilo ſimplici und denen Theologis nu - tze. S. das gelehrten Lexicon.
ſ)
t)Von Chriſtian Gryphio ſiehe Stollen I. II. 43. Von Andrea Gryphio ebenfalls Stollen l. V. 35. Von beyden wie auch von andern deren ich erwehnung gethan und welche nicht mehr in le - ben, kan das gelehrten Lexicon nachgeſchlagen werden. Vom Andrea gehoͤren hieher ſonderlich ſeine lob - und trauer-reden.
t)
u)Von Hofmannswaldau gehoͤret hieher ſonderlich die rede, welche ſeinen gedichten angehaͤngt, die man auch in den reden groſſer Herrn ꝛc. fin - det. Von ihm und ſeinen uͤbrigen ſchriften und verdienſten ſiehe vorhin angefuͤhrten StollenB 4I. V. 24vernuͤnftige anleitungI V. 37. und anderwerts, ingleichen das ge - lehrten Lexicon.
u)
w)S. Stollen l. IIII. 19. und kurtz vorhergehende notem)
w)
†)S. Stollen l. c. §. 19. 23. Maͤnnling hat einen Arminium enucleatum und Schroͤter eine an - weiſung zur Oratorie nach Lohenſieins art in 8. heraus gegeben.
†)
x)D. Jo. Frid. Maͤyer iſt ohnſtreitig einer der fuͤr - treflichſten redner unter denen Lutheriſchen The - ologis geweſen. Seine fruͤheſtunden, betruͤb - tes und getroͤſtetes kind GOttes, geiſtliche re - den und andere ſchriften, ſind ſo voller geiſt und leben, daß er unſterblichen ruhm behalten wir[d].
x)
y)D. Henr. Muͤller Prof. und Superint. zu Ro ſtock hat Erquickſtunden, den himmliſchen lie - beskuß ꝛc. in reinen Teutſchen ſtilo geſchrieben. Morhoff. Pol〈…〉〈…〉 h. I. VI. IIII. 23.
y)
z)Beniamin Neukirch hat ſich viel ruhm erwor - ben mit ſeiner beredſamkeit. S. Stollen I. IIII. 20. 38. 40.
z)
a)Von Caſpar Neumann S. Stollen l. IIII. 19.
a)
b)Jo. Georg Pritii proben der beredſamkeit ſind zu Leipzig. 8. heraus kommen. Sie beſtehen theils in ungebundenẽ theils gebundenen ſachen und man hat damit vielleicht das werck abgehen moͤchte Hoffmannswaldaus reduͤbungen fuͤrge - ſetzt. Doch recommandiren ſie ſich ſelbſt wohl.
b)
c)S. Stollen l. c. und die reden groſſer Herrn.
c)
d)Deſſen Teutſche reden, uͤberſetzung des Lucani und andere ſchriften ihn auch in der beredſamkeit unſterblich gemacht.
d)
*)Herr Gottlieb Samuel Treuer, Profeſſor Mo - ralium auf der Julius-univerſitaͤt, iſt ein fuͤr - treflicher redner. Als eine probe ſeiner bered - ſamkeit, kan man die rede anſehen, welche er bey der abreiſe der ietzigen Kaͤyſerin, damahligen Koͤ - nigin in Spanien in Wolffenbuͤttel gehalten, undin25zur beredſamkeit. in den reden groſſer Herrn und fuͤrnehmen Mi - niſtren ſtehet. Jch habe Jhm in dieſem ſtudio vieles zu dancken.
*)
e)Der Herr geheimbde Rath Thomaſtus hat in ſeinen ſchrifften gewieſen, daß man eine gute Phi - loſophie auch in der Teutſchen ſprache, gruͤndlich nett und angenehm fuͤrtragen koͤnne.
e)
f)Von dieſem um[ d] ie Teutſche beredſamkeit wohl - verdienten Mann ſiehe Stollen l. IIII. 18. 38. Thomaſii Cautelen C. 9. §. 30. und oben die not. n.
f)
g)Heinrich Anshelm von Ziegler und Kliphauſen, verdienet wegen ſeines Schauplatzes und La - byrinths der zei, hier mit recht einen platz. Von ſeinen uͤbrigen zur Teutſchen beredſamkeit dienli - chen ſchriften, wird anderswo meldung geſche - hen, inzwiſchen S. das gelehrten Lexicon.
g)
h)Mit dieſer collection hat ſich der fleißige Herr Luͤnig, auch um die Teutſche beredſamkeit beſon - ders verdient gemacht. Wo ich nicht irre, ſo ha - ben wir nunmehro 12. tomos. Jch koͤnte hier noch mehr anfuͤhren z. e. D. Leyſers parerga Ora - toria. D. Huldrich Sigismund Rothmahlers Oratoriſche baumſchule, Rudolph Sadelers Teutſche Rhetorick, Schottelium, Boͤdickern, Morhoff, Scriveꝛn, Luͤtkemann, Gerhardt, Arndt, D. Gottfried Ludwig, Chriſtian Juncker, Rie - mern, Schuppen, Happelium, Opitzen, Oleari - um, Spenern, Laſſenium, Neumeiſtern, Daniel Richtern im vorſchlag wie man zu der redner - kunſt nach dem ingenio dieſes ſaeeuli gelangen koͤnne 1662. 8. und unzehliche andere. Doch es iſt mein vorhaben nicht, einen voͤlligen abriß der Teutſchen beredſamkeit zu geben. Am allerwe - nigſten iſt meine abſicht alles gute und boͤſe was in dieſer art zum vorſchein kommen zuſammen zu - raffen, und mein weniges ur theil daruͤber zu faͤl -B 5len.26vernuͤnftige anleitung. len. Dann eine ſolche ſchatz-kammer meinen le - ſern zu ſchencken bin ich zu arm und mit den Hof - meiſtern will ich mich nicht verwirren. Hat ie - mand luſt ein oder den andern auſſer den ange - fuͤhrten noch zu ſehen, ſo ſchreibe er deſſen nahmen hierbey, oder kan er auch von oberwehnten et - wan einen nicht in dieſer claſſe leiden, ſo ſtreiche er deſſen nahmen weg. Es werden ſich in folgen - den, am gehoͤrigen ort noch einige zeigen.
h)
i)Siehe Morhoffen Polyh. l. VI. l. 16. l. VI. III. 3. l. 1. XXIIII. 99. Stolle l. IV. 12.
i)
k)S. ſeine diſſertationes und orationes die Herr Prof. Walch herausgegeben, ingleichen ſeine andere ſchriften.
k)
l)Von Schurtzfleiſchens leben und ſchriften, han - delt Clarmundus in ſeiner lebens-beſchreibung die 1710. 8. Dreßden und Leipzig heraus kom - men. Seine Epiſtolae Orationes, Diſſertationes, Poëmata &c. ſind hier ſonderlich zu ruͤhmen.
l)
m)Von Schuppio ſiehe Stollen l. IIII. 16. Mor - hoff iſt nicht wol auf ihm zu ſprechen Polyh. l. VI. III. 3. Reimmann Einl. IIII. p. 102. Mehrere Lateiniſche redner unter den Teutſchen, nennet angefuͤhrter Morhoff l. VI. III.
m)
n)Jac. Thomaſii orationes Lipſ. 1683. 8.
n)

§. 23. Die Frantzoſen machen ihre bered - ſamkeit groͤſſer, als ſie in der that iſt, doch ſind als theoretici zu loben: Rapina) Lámi,b) Conrart,c) &c. Als practici aber ſind Boſ - ſvet,d) Flechier,e) Bourdaloue,f) Balzac,g) Boileau,h) Voiture,i) Pays,k) Buſſi Rabutinl) Fenelonm) Scuderi,n) &c. in groſſen ruhm. Uberhaupt iſt in der Frantzoͤi - ſchen beredſamkeit mehr bel-eſprit und artig -keit,27zur beredſamkeit. keit, als gruͤndliche ſcharfſinnigkeit anzutref - fen. o)

a)S. Stollen l. IIII. 22. 7. Renatus Rapin S. J. dans les reflexions ſur l’eloquence du Barreau & de la chaire Paris 1684. 4. in ſeinen operibus.
a)
b)Oder wer ſonſt auctor iſt von der l’art de parler & de perſuader die 1676. 12. Paris heraus kommen. S. Morhoff l. VI. l. 31. Stolle l. II. 13.
b)
c)Siehe oben §. 9. not. a.
c)
d)Siehe Stollen l. IIII. 22. III. V. 47. 48. und das gelehrten Lexicon.
d)
e)Stolle l, IIII. 22.
e)
f)ibid.
f)
g)Siehe Stollen l. IIII. 36. Thomaſii mona - the Tom. I. p. 659. Morhoff Polyh. l. I. XXIIII. 24. Die diſſertation de la grandc elo - quence iſt die ſechſte in ſeinen operibus.
g)
h)Hat Reflexions ſur Longin, nebſt einer verſion des Longini de ſublimitate herausgegeben, war ein treflicher ſatyricus, und wichtiger partiſan der alten in dem bekannten vorzugs-ſtreit zwi - ſchen den alten und neuen. Siehe Stollens Hiſt. l. V. 44. l. Vorber. 21. 23. Thomaſii Monathe Tom. I. p. 185. Jn den lettres ga - lantes par Madame de C. Tom. V. p. 160. ſteht ein artiges epitaphium auf ihn.
h)
i)Stolle l. IIII. 36. Thomaſii Monathe Tom. I. p. 659. ſqq.
i)
k)Siehe Thomaſium l. c. ſeine Amitiez Amours und Amourettes ſind ungemein wohl zu leſen. Grenoble & Paris. 1664. 12.
k)
l)Siehe Stollen l. IIII. 36.
l)
m)Siehe Stollen III. V. 47.
m)
n)George de Scudery und Mademoiſelle de Scudc - ry, von ienen ſiehe Stollen l. V. 27. von dieſer eben denſelben l. IIII. 29. l. V. 67. III. III. 8.
n)
o)Man uͤberſetze nur eine Frantzoͤiſche piece, diealle28vernuͤnftige anleitungalle leute charmiret, ins Teutſche, ſo wird die ſchmincke bald abfallen. Denn wer Teutſch philoſophiret, der muß gewiß gut reden und was geſcheutes fuͤrbringen, wann er gefallen will. Doch will ich denen reden, welche in dem Receuil des harangues, prononceés par Meſſieurs de l’academie Francoiſe, darunter viele fuͤrtreff - lich ſind, ihr gebuͤhrendes lob nicht abſprechen. Der P. Bouhours hat unſere Nation ſo laͤppiſch und veraͤchtlich tractiret, daß ich ſeiner ſchriften nicht erwehnen mag.
o)

§. 24. Von der Engellaͤnder beredſam - keit iſt mir nur etwas weniges bekannt, nem - lich dieſes, daß ſie ihre reden mit groſſem fleiß und nachſinnen ausarbeiten, und fuͤrtrefliche proben ihrer wohlredenheit herfuͤrbringen, daß endlich ihre ſachen, wann ſie in das Teutſche uͤberſetzet, wegen ihrer ſchoͤnen realien und ſcharfſinnigen gedancken, ungemein wohl ge - leſen und gebraucht werden.

  • Was Morhoff Polyh. I. VI. IIII. 18. 19. 20. 21. anfuͤhret, betrift nur geiſtliche redner, doch iſt auch in ihren geiſtlichen reden eine ſchoͤne moral und trefliche beredſamkeit. Man ſagt, das Scriver ſich der Engellaͤnder ſehr wohl be - dienet. Jch habe von Joſeph Hallen verſchie - denes, Baxters nun oder niemahls, Sonthoms guͤldenes kleinod, Roberti Boylens himmli - ſchenliebes-triumph, einige reden vom Richard Willis, Engliſche hiſtorien, und die ſint 12. und mehr iahren publicirte ſo genannte Addreſ - ſen, geleſen.

§. 25. Der Spanier beredſamkeit, iſt nach dem genie dieſer nation, praͤchtig, ſpruchreich,tief -29zur beredſamkeit. tiefſinnig, wie man ſolches an des Gracians lobredea) auf Ferdinandum Catholicum, die Lohenſtein uͤberſetzet, wahrnimmt. Es iſt auch ſonſt dieſe Nation, bey den kennern der Spaniſchen ſprache und Hiſtorie, in groſſen credit.

a)Stolle l. IIII. 23.
a)

§. 26. Denen Jtaliaͤnern, fehlt es nicht an guten rednern in ihrer ſprache. a)Es zeigt ſich aber ihre beredſamkeit mehr in der Poeſieb) und lateiniſchen reden. c)Jn der letztern art haben ſie ſolche proben die Ciceronianiſch ſind gegeben.

a)Stolle l. IIII. 37. Unter die rhetores ſind hier: Giuſto Fontanini della eloquenza Italiana Rom. 1706. 4. und des Gioſeffo Maria Platina Arte Oratoria. Bologna 1716. 4. zu zehlen
a)
b)idem l. V. II. 26. 27. &c.
b)
c)Morhoff Polyh. Tom. I. Lib. VI. Cap. I. & IIII.
c)

§. 27. Es wuͤrde muͤhſam und weitlaͤuftig, doch nicht gar zu nuͤtzlich ſeyn, aller voͤlcker be - redſamkeit hiſtoriſch zu unterſuchen. Die Eu - ropaͤiſchen, deren noch nicht erwehnung geſche - hen,a) haben ſich nicht ſonderlich ſignaliſiret in ihren mutterſprachen und nur eintzeln, in La - teiniſcher ſprache, ihre beredſamkeit gewieſen, wie dann Europa in den neuern zeiten, an La - teiniſchen rednern fruchtb arer geweſen, als an rednern die ihre eigne mundart cultiviret haͤttẽ. b)Und aus den andern theilen der welt, kom - men zuweilen proben der beredſamkeit zum vorſchein, darinn ſchoͤne und lebhaffte ſtricheeiner30vernuͤnftige anleitungeiner natuͤrlichen faͤhigkeit und grotesque al - berne ideen, aus mangel ſattſamer cultur im - mer miteinander abwechſeln. c)

a)Doch faͤngt man in Portugall an, mit denen humanioribus, auch die beredſamkeit, in ſelbi - gen reich, in ihre vollkommenheit zu ſetzen.
a)
b)Eins theils iſt es gar billich, da die lateiniſche ſprache, die ſprache der gelehrten iſt, und wohl gar den platz einer univerſal-ſprache behaupten kan. Andern theils ruͤhrt es aus einempedan - tiſchen vorurtheil her, da man lateiniſch koͤn - nen, fuͤr die rechte gelehrſamkeit haͤlt.
b)
c)Z. e. in denen reden der Tuͤrckiſchen, Perſiani - ſchen und Maroccaniſchen abgeſandten, inglei - chen denen briefen ſolcher Nationen, ferner bey ihren Philoſophen Schichſaadi, Lockmann ꝛc.
c)

§. 28. Wofern unſere Oratorie hinlaͤng - lich ſeyn ſoll, eine gruͤndliche und artige bered - ſamkeit herfuͤrzubringen, werden wir allezeit erſtlich auf die erfindung der gedancken, zwey - tens auf den ausdruck derſelben durch worte, und drittens auf den fuͤrtrag ſelbſt, die dabey noͤthige ordnung und andere umſtaͤnde zu ſehen haben. Auf welche theile auch folgende anweiſung beruhet.

Der31

Der erſte theil der Oratorie, von der erfindung der gedancken.

Das erſte capitel, von der erfindung uͤberhaupt und inſonderheit deſſen was man fuͤr - bringen will.

Jnhalt.

WAs erfinden eigentlich ſey? §. 1. Was die erfin - dung in der Oratorie ſey? §. 2. Wie vielerley dieſe erfindung in der Oratorie? §. 3. Von der erfin - dung der materie zumreden, §. 4. Von der erfindung eines thematis, oder von dem, was man will im re - den ausfuͤhren, §. 5. Von denen thematibus natu - ralibus und was dabey zu mercken, §. 6. Von denen thematibus artificialibus, §. 7. Wie die themata artificialia zu erfinden? §. 8. Was bey denen thema - tibus artificialibus in acht zunehmen? §. 9 Von denen lahmen erfindungs-mitteln, als der Lulliſterey, dem pathetiſchen weſen, dem Oratoriſchen enthuſiaſmo der cahbala, der topic, dem buchſtaben-ſpielen, in - uentione analogica ꝛc. §. 10. Vondenen ſo von der erfindung geſchrieben. §. 11.

§. 1.

DJe erfindung aller dinge, ſo weit ſelbige in die graͤntzen menſchlicher erkaͤnntniß eingeſchloſſen, beruhet auf eine fertig - keit desingenii, ſachen nach der moͤglichkeit zu - ſammen zu verbinden oder aus einander zu ſe - tzen. a)Die ſchoͤnheit des ingenii, kommt auf dietref -32von der erfindungtreflichkeit des dabey herfuͤrleuchtenden iudicii an, und die rechte beſchaffenheit des iudicii, auf eine gute erfahrung und vernunft-lehre. Wer alſo dieſes bey einander beſitzet, kan gut erfin - den.

a)Siehe D. Auguſt Friedr. Muͤllers Logick cap. 3. §. 11. 12. Weil aber nicht alle Leute dieſe fer - tigkeit beſitzen, ſo ſind nicht alle leute geſchickt gut zu erfinden. Jngenium und iudicium muß man einiger maſſen von natur haben, erfahrung und vernunft-lehre muͤſſen nothwendig hin - zu kommen.
a)

§. 2. Jn der Oratorie heiſt erfinden ſoviel, als bey denen gelegenheiten, welche uns gebieten zu reden, gedancken faſſen, wie man die ge - ſammlete wiſſenſchaft und erfahrung in reden anbringen moͤge, damit man ſeinen endzweck erhalten koͤnne.

§. 3. Man gedencket alſo, ehe man redet, an das wovon man reden oder was man in reden ausfuͤhren will, und hernach an die art und weiſe, wie man davon reden wolle, ienes heiſt inuentio thematis, dieſes inuentio argumen - torum.

§. 4. Die materie zum reden, geben uns al le dinge, davon wir gedancken haben oder faſ - ſen koͤnnen. Die gelegenheit aber der zeit des orts, und anderer umſtaͤnde oder begebniſſe, giebt uns freyheit und erfodert auch wohl von uns, unſere gedancken auszudrucken, und alles was wir davon wiſſen und gedencken anzu - bringen.

§. 5.33der gedancken.

§. 5. Dieſe gelegenheit wird genennet ca - ſus, und der kurtze inhalt meiner gedancken, darauf die rede gebauet wird, heiſt die propoſi - tio, das thema. a)Zuweilen kan man nur einen eintzigen concept zum grunde legen,b) mehrentheils aber verbindet man zwey conce - pte in dem dritten,c) und formiret alſo einen ordentlichen ſatz, ia zum oͤftern muß man viele ſaͤtze mit einander verbinden und davon re - den. d)

a)Z. e. einer iſt Doctor worden, ſo iſt mein thema wann ich ihn anrede oder an ihn ſchreibe: Jch gratulire ihm zur erhaltenen Doctor-wuͤrde. Oder man redet von duellen, und ich ſoll ſagen: Die duelie ſind verboten.
a)
b)Z. e. ich will von der ſonne reden. Oder von der reſignation Philippi des V. in Spanien.
b)
c)Das iſt man macht eine ordentliche propoſitio - nem logicam: z. e. Doctor werden iſt gewiß nichts geringes. Oder: Die duelle ſind mit recht in Sachſen verboten. Oder: Die ſonne iſt das centrum der welt.
c)
d)Z. e. in einer parentation he[i]ſt es: Der verſtor - bene iſt zu loben, zu beklagen, die hinterbliebe - ne angehoͤrige ſind zu troͤſten, denen leichen - begleitern muß man dancken. Bey einer in - veſtitur: Die vacante ſtelle muß wieder beſe - ßet werden, der Souverain will dieſen dazu verordnen, alſo werden die ſo davon depen - diren ihn dafuͤr zu reſpectiren wiſſen. Oder ich ſpreche: Philipp der V. hat die crone nie - dergeleget, dieſes ſetzt viele in ver wunderung, viele in ſorgen, vielen macht es einen vorneh - men concept von der großmuth dieſes Mo - narchen, ich glaube, daß er bey ſeinem tempe -Crament34von der erfindungrament mehr verlaͤugnung gewieſen haͤtte, Wann er ſich noch laͤnger der regierungs-laſt unterzogen, als da er ſie nun abgeworffen.
d)

§. 6. Bleibt man ſchlechterdings bey dem ca - ſu, und zieht das thema gleich heraus, ſo be - kommt man ein thema datum oder naturale. a)Dabey muß man zufoͤderſt auf die regeln der vernunft-lehreb) hernach auf die regeln der klugheit,c) und nach anleitung derſelben auf alle umſtaͤnde genau acht haben. Wenn man nun durch artige, nicht gar zu bekannte, einfaͤl - le, muthmaſſungen, vergleichungen, anmer - ckungen, ausſchweiffungen ein thema natura - le wohl ausfuͤhret, ſo wird man mit einem the - ma naturali eben ſo weit kommen als irgend ein anderer mit ſeinem themate artificiali.

a)Der unterſchied unter thema und propoſitio, den einige machen, iſt nicht weit her. Jnglei - chen die diſtinctiones unter thema ſimplex und coniunctum, finitum und infinitum, liberum und adſtrictum, ſcholaſticum, politicum, eccle - ſiaſticum, mixtum, demonſtratiuum, deliberati - vum, iudiciale, didaſcalicum. Hingegen hat die eintheilung der thematum, welche von de - nen diſciplinen hergenommen wird, groͤſſern nu - tzen, indem mich dieſe betrachtung zugleich in die diſciplin ſelbſt fuͤhret, daraus ich alles was von einer ſache geſcheutes kan geſaget werden, her - holen muß.
a)
b)Dieſe fuͤhren mich bey einem einzelnen con - cept auf die definitiones deſſelben, ſiehe Ridigeri S. V. & F. Lib. I. von V. biß X. Cap. oder auf die hypotheſes welche man dabey machen kan, vid. ibid. Cap. XII. bey einem ordentlichen ſatze aber, muß ich auſſer ietztangefuͤhrten momentis, aufdie35der gedancken. die regulas enunciationis zugleich reflectiren ſiehe ibid. Lib. II. Cap. I. Da dann alle dieſe momenta mir auch neue erfindung zu ſaͤtzen an die hand geben.
b)
c)Von dieſen waͤre es leicht etliche blaͤtter anzu - fuͤllen, allein ſie gehoͤren zur univerſellen gelehr - ſamkeit. Doch moͤgen zur probe folgende die - nen: 1.) Einen ſatz den ich verſchweigen kan oh - ne ridicul zu werden, 2.) wovon ich keinen deut - lichen und klaren begrif habe, 3.) wobey ich kei - nen vernuͤnftigen endzweck angeben kan, 4.) wo - durch ich der ſache zu nahe trete, den zuhoͤrer be - leidige, mir ſelbſt keinen vortheil ſtiffte, doch nicht dazu verbunden bin, ꝛc. verſchweige ich billich. 5.) Hingegen wozn mich einige ſchul - digkeit treibet und keines von obbenannten ſtuͤ - cken abhaͤlt, auch die in der vorbereitung §. 13. 14. 15. 16. 17. angefuͤhrten unterſuchungen an - geſtellet, davon kan ich billich reden. Wo man angefuͤhrte cautelen nicht brauchen und anwen - den kan, hat man ſeine freyheit Ein mehrers wird hievon im folgenden ſich zeigen.
c)

§. 7. Zuweilen iſt man nicht geſchickt ein thema nalurale recht zu tractiren, oder man will damit nicht zu frieden ſeyn, ſo ſuchet man durch eine meditation, und alſo durch die kunſt etwas bey dem caſu zu erſinnen, damit man das thema naturale verknuͤpfen koͤnne, das vielleicht bey dem erſten anblick nicht iedermann in die ſinne faͤllt und dieſes heiſt hernach ein thema artifi - ciale.

  • Z. e. ich ſoll einem kinde parentiren, das immer kraͤncklich und gebrechlich geweſen, da alle ſpre - chen: Gottlob daß es todt iſt, da werde ich von loben und bedauren nicht viel ſagen koͤnnen undC 2bey36von der erfindungbey denen anverwandten wird auch der troſt nicht noͤthig ſeyn. ꝛc. Oder ich gratulire iemand zu ſeinem erlebten geburts-tage, und wolte doch gerne etwas mehr ſagen als andere ꝛc. Bey dieſen faͤllen ſinne ich auf ein thema artificiale.

§. 8. Solches nun zu finden, reſolvirt man den caſum in ſeine umſtaͤnde, bey iedem um - ſtande ſuchet man allerhand moͤgliche einfaͤlle, muthmaſſungen, urſachen, und andere gedan - cken zu faſſen, dieſe ſchlieſſet man in kurtze pro - poſitiones ein, ſo hat man viel themata artifi - cialia. a)Die umſtaͤnde ſind entweder ge - nerales, oder ſpeciales oder ſpecialiſſimae,b) bey deren auſſuchung und ausfuͤhrung wie bey allen thematibus artificialibus das thema na - turale zum grunde muß geleget werden.

a)Z. e. bey oben angefuͤhrten exempel eines kin - des habe ich folgende umſtaͤnde: Es war immer kranck, es war gebrechlich, es hat Wenig gu - te tage gehabt, der todt hat ein ende gemacht ſeiner kranckbeiten ꝛc. Dabey koͤnte ich folgen - de gedancken haben: 1.) Die menſchen ſind, von ihrer geburt an, ſo lange ſie in der welt ſind, vielen und vielerley kranckheiten unterworf - fen 2.) Jch erinnere mich dabey des blindge - bohrnen, da die Juͤnger beym Joh. am 8. ſa - gen: Meiſter wer hat geſuͤndiget? Dieſer oder ſeine eltern, ſo antwortet Chriſtus: We - der er noch ſeine eltern, ſondern daß die wercke Gottes an ihm offenbahr wuͤrden: 3.) Wir haben wohl wenig gute tage, ſo lange wir in der welt leben: 4.) Wenn man ſich fuͤr den todt fuͤrchtet, muß man wohl nicht bedencken, daß der todt die beſte artzney, der eingang zum leben, der weg zur vollkommenheit undein37der gedancken. ein ende alles uͤbels ſey. Schloͤſſe ich dieſe me - ditationes in propoſitiones ein, ſo kriegte ich fol - gende themata artificialia: 1.) Die welt ein lazareth, die beſtaͤndige empfindung des to - des im leben, das lebendige grab, die beſeelte aſche. 2. Die wege Gottes, das unumſchraͤnck - te recht des Schoͤpfers, der krancke prediger. 3.) Die guten tage der menſchen / der verdor - bene geſchmack bey der begierde zu leben, die eitle lebens-luſt. 4.) Die vergebliche furcht fuͤr dem tode, die beſte artzney, der eingang zum leben, der weg zur vollkommenheit, das ende alles uͤbels ꝛc. Man ſiehet aber leicht, daß das beſte auszuſuchen, und daß es auf eine gute ausfuͤhrung fuͤrnemlich ankomme.
a)
b)Der unterſchied dieſer umſtaͤnde beruhet auf dem begriff welchen ich mir vom obiecto mache z. e. aus der definition, denn dasgenus in der definition giebt lauter circumſtantias generales, die differentia giebt lauter ſpeciales, und die membra dividentia oder ſpecies oder indiuidua geben circumſtantias ſpecialißimas. Z. e. es ſtirbt eine braut an ihren hochzeittage eines ſchnellen todes, wann ich dieſer parentiren oder ein leichengedicht verfertigen ſolte, und ſtellete fuͤr: die nothwendigkeit zu ſterben, die unbe - ſtaͤndigkeit des menſchlichen lebens. ſo bekaͤme ich themata, welche auf alle menſchen koͤnten appliciret werden, redete ich: von dem ver - welckten braut-krantz, von dem mit dem ehe - bette vertauſchten grabe, denen in trauerfa - ckeln verwandelten hochzeitlichtern, dem ſchrecklichen braut-fuͤhrer, der geſtoͤhrten - hochzeitluſt: ſo haͤtte ich lauter themata ſpecia - lia, fuͤhrete ich aus: den ſchnellen wechſel der irdiſchen mit der himliſchen hochzeit, die ver - ſchwundene braut, oder es waͤre den morgenC 3vor38von der erfindung. vor der trauung der trauring zerſprungen, und ich ſtellete dieſes fuͤr, ſo wuͤrden dieſes ihemata werden die aus denen circumſtantiis ſpecialißi - mis floͤſſen. Es iſt leicht zu urtheilen, daß die von der erſten art nicht viel ſagen wollen, wo nicht eine gantz auſſerordentliche ungemeine ausfuͤhrung ſie erhoͤhet. Die aus denen cir - cumſtantiis ſpecialibus genommen werden, ſind am gebraͤuchlichſten und leichteſten. Endlich die letzten ſind zwar angenehm, erfodern aber viel behutſamkeit.
b)

§. 9. Sonſt muß ich bey einem themate ar - tificiali allezeit erwegen, ob ich nicht beſſer thaͤ - te, wann ich beym naturali bliebe? wie ich es kurtz, doch nicht dunckel und zweydeutig ab - faſſen muͤſſeb) wie es mit dem themate natu - rali auf eine ungezwungene und angenehme art zu verknuͤpfen,c) ob etwan ein affect da - bey anzudeuten und wie?d) und endlich daß weder in der abfaſſung und putz noch in der ausfuͤhrung deſſelben etwas paradoxes mit unterlauffe. e)

a)Z. e. in brieffen, familiair-diſcourſen, und wo man ſonſt nicht viel zierrathen braucht, ſolte es billich allezeit naturel bleiben.
a)
b)Daß man es kurtz faſſe, dazu iſt noͤthig, daß man die propoſitiones incidentes weglaſſe, in - gleichen unnuͤtze epitheta, dunckel iſt es, wann man gar nichts dabey dencken kan, und zwey - deutig, wann man zu viel dabey dencken muß, auch wohl gar das gegentheil, und alſo zweiffel - haft bleibet, welches der erfinder des thematis gemeinet habe. Dieſemnach ſind z. e. folgende themata albern: Die von dem himmel abſtam - mende, dem menſchen zwar geſchenckte, aberdurch39der gedancken. den fall wiederverlohrne und durch Gottes gnade eintzig und allein wieder herzuſtel - lende er kaͤnntniß der menſchen in geiſtlichen dingen: oder die bettel hochfuͤrſtlich ange - ſehen ſeyn wollende welt, an ſtatt: Die er - kaͤnntniß der menſchen im geiſtlichen, oder die prahlende welt. Dunckel wuͤrde es ſeyn, wann ich ſpraͤche: die kroͤnende Eupheme, der ſcheideweg der tugend, oder ich wolte handeln von dem woͤrtgen: und. Zweydeutig wuͤrde es klingen, wann ich fuͤrſtellen wolte: Den wind der gelehrten, den Theologiſchen Krebs (Epheſ. 6. v. 14.) 2. Tim. 2. v. 17.)
b)
c)Eins muß aus dem andern zuflieſſen ſcheinen. Alſo kan ich nicht errathen, was iener fuͤr ein thema naturale muͤſſe gehabt haben, der da fuͤr - geſtellet: Das geiſtliche Großbrittannien, und zwar erſtlich, das irdiſche Jrrland, zum andern, das hoͤlliſche Schottland, zum drit - ten das himliſche Engelland. Ein ander ſtel - lete bey einer hochzeit, da der Braͤutigam 60. die braut 52 iahr alt war, das paradies der lie - be, fuͤr, ein ander: den Caffe der liebe, und was machen Venus und Cupido bey hochzeiten die muſen bey gluͤckwuͤnſchen, der todt bey leichen, die jahrgaͤnge bey predigten, die eigenliebe bey buͤchern und diſputationibus ꝛc. nicht zuweilen fuͤr weithergeholte themata, da alles bey den haaren zuſammen gezogen und gezwungen wird. conf. Menckens charlatanerie der ge - lehrten von buͤchertituln. p. 33.
c)
d)Z. e. Die verhaſte eigenliebe, zeuget von ei - nen gantz andern affect als: Die rechtmaͤßige, oder lobenswuͤrdige eigenliebe. Ferner: die zwar nicht verdiente aber doch erlangte huͤl - fe, oder: die erbetene huͤlffe, klingt weit ange - nehmer, als: die von GOtt erbettelte huͤlffe. C 4Und40von der erfindung. Und aus dieſen beyden: der betruͤbte unter - gang der landes-ſonne und: der leider ins graß beiſſende fuͤrſt, wird ein ieder die erſte wehlen.
d)
e)Z. e. das geiſtliche ſtoß die magd: Das groſſe gelaͤute bey dem grabe Chriſti uñ zwar erſtlich die himliſche ſchloßglocke 2.) die groſſe ſtadtglo - cke 3.) die kleine dorf glocke: Die Oeſierreichi - ſche lerche: Die butter[des]verſtandes: Der wohlerlaubte ſelbſt[mord:]Des h. Roͤm. Reichs ſchweinkofen Bayern: Des h Roͤm Reichs ſand-buͤchſe die Marck Brandenburg: Aus - putzer aller geelſchnaͤbel: Die eichene keule der ſtandhaftigkeit: Die cedern der demuth: Die in alle winckel ſchimmernde ceder: Die nach dem adler reiſende ſonne: Der laſter - weg und tugend-ſteg: Das mit dem himmel verwechſelte welt-getuͤmmel: Das himmel - ſuͤß erquickende Jeſus-bertz: Ariadneiſcher faden der goͤttlichen fuͤhrung: der pruͤgel des gebets ꝛc.
e)

§. 10. Jch koͤnte mehr anfuͤhren von erfin - dung der thematum, wann meine abſicht waͤ - re aus der Oratorie einen pontem aſinorum zu machen, daraus auch dieienigen, denen es an den hauptſtuͤcken ſo zur wohlredenheit gehoͤren, fehlet, von ſachen die ſie nicht verſtehen, viel erfindungen und worte machen lernten. Viel - leicht iſt aber dieſes die abſicht derer, welche mit der arte Lulliana,a) der topica,b) der inuentione analogica,c) der cabbala,d) dem buchſtaben ſpielene) und dergleichen, wie iener Kaͤyſer mit denen an den Brittanniſchen kuͤſten aufgeraften und in triumph gefuͤhrtenmu -41der gedancken. muſchelſchaalen ein groſſes geraͤuſch machen, oderdie lehr-begierigen auf ein pathetiſches we - ſen Oratoriſchen enthuſiaſmum und andere ſtaffeln zur waͤſcherey und narrheit verweiſen.

a)Von dieſer ſiehe Morhoffs Polyh. Lib. II. Cap. V. Tom. I. und Hederichs Philologiſche Wiſ - ſenſchafften p. 382. Die gantze kunſt beſtehet in fuͤnf circuln, iedweder iſt in neun theile, deren ieder einen gewiſſen terminum hat, eingetheilet und dieſe werden dann bey einem themate mit demſelben und untereinander combiniret nach der regula combinatoria. Nach dem Hederich iſt der erſte, circulus ſubiectorum und hat folgen - de terminos: Deus, ſpiritus, corpus, homo, ſen - ſitiuum, vegetatiuum, inſtrumentale, poſſeſſiones, actiones. Der andere: circulus praedicatorum abſolutorum mit folgenden terminis: Bonitas duratio, capacitas, forma, localitas, motus, poten - tia, principium, quantitas: Der dritte: circulus praedicatorum reſpectiuorum, zeiget nachgeſetz - te terminos: Differentia, concordantia, contra - rietas, ordo, aequalitas, inaequalitas, figura, ſignum, relatio. Der vierdte giebt als der circulus ne - gatiuorum dieſe: Annihilatio, diuerſitas, impo - potentia, contradictoria, malitas, nihil, priuatio, remotio, falſitas. Der fuͤnffte: circulus quae - ſtionum fuͤhrt dieſe: An? quid? cur? ex quo? quantum? quale? quando? vbi? quonam?
a)
b)Dieſe iſt unter ietzterzehleten doch noch das beſte deswegen auch alle rhetores darauf fallen, ſie giebt doch noch gelegenheit an die hand an das weſen der ſache ſelbſt zu gedencken. Aber die - ſes iſt es auch alles was von ihr kan erwartet werden. Wer alſo die ſache nicht verſteht, fuͤr dem ſind alle loci topici leere faͤcher, ſiehe l’art de parler in einem beſondern cap. reflexions ſurC 5les42von der erfindungles lieux communs. Obſeruat. Hallenſes Tom. I. Obſ. 17. Auctorem artis cogitandi. Zugeſchwei - gen daß ſie auch anlaß giebt, die ſachen zu con - fundiren, moͤglichkeiten fuͤr wahrheiten anzu - nehmen, wahrſcheinlichkeiten fuͤr unſtreitig, und ſich gar leicht ridicul zu macheu. S. von den locis topicis Hederich l. c. p. 342. Ridigeri S. V. & F. Lib. IIII. Cap. IIII. §. 6. ſqq. Die loci topici ſind folgende: A notatione, ab etymologia, a ſynonymia, & homonymia, a coniugatis, a defi - nitione, a genere, a ſpecie, a toto, a partibus, a cauſ - ſa efficiente, a materia, a forma, a fine, ab effectu, a ſubiecto, ab adiuncto, a circumſtantiis, a repu - gnantibus, a comparatis, ab exemplo, a teſtimonio.
b)
c)Siehe davon Hederich l. c. p. 391. und Mor - hoffs iudicium im Polyhiſtore l. IV. l. 18. Man nimmt nach dieſer kunſt, von einer ſo gleich in die ſinne fallende ſache, anlaß, bey dem obiecto davon man redet, etwas zu gedencken. Wenn man ſie zu erfindung allerhand gleichniſſe ge - brauchet, iſt ſie nicht gaͤntzlich zu verwerffen.
c)
d)Jch verſtehe hierunter die kunſt da man iedwe - den buchſtaben im alphabet eine gewiſſe zahl be - deuten laͤſſet, hernach einen nahmen, oder ſatz nach ſeinen buchſtaben zuſammenrechnet, und endlich eines andern ſatzes oder nahmens ſum - me ebenfalls zuſammen nimmt, beyde aber ſo lange zerret und zerſtuͤmmelt, biß von beyden ſaͤ - tzen die ſummen einander gleich werden. Als man iuͤngſt auf die bevorſtehende niederkunft der Kaͤyſerin cabbalirte und um die wette ei - nen Printzen prophezeyte, machte iemand fol - gendes:
Qua Cabala quiuis ex quouis fingere quoduis, Et ſibi pro lubitu dicere fata queat, Haccine pro certo promitti maſcula proles Imperio poſſit Caeſareoque throno? Oma -43der gedancken. Omagnas nugas magnis conatibus actas! Quas puerum & ſuperent vtilitate nuces! Optetis ſtulti! ſperetis, Cetra tacete. Nam cabala haec fieri fabula forte poteſt.
d)
e)

Dieſes iſt mancherley, z. e. durch verſetzung in anagrammatibus als z. e. Calepinus, verſetzt Pe - licanus, Leopoldus: Pello duos, ſiehe Morhoff Polyh. l. VII. III. 6. der Herr von Beſſer in ſei - nen unvergleichen gedichten hat unter andern folgendes auf einen anagrammatiſten: Was hat doch auf den Helicon, Ein anagrammatiſt davon, Daß er der woͤrter ordnung ſtoͤhret? Nichts dann daß er den kopf ſich ſtoͤhrt, Und wie die woͤrter er verkehrt, So ſein gehirn ſich mit verkehret.

Es gehoͤren hieher alle luſus verborum; der poeten technopaegnia; wenn man aus ieden buchſtaben eines wortes ein beſonders wort macht, z. e. iener ſagte, er wolte ein friſch weib nehmen, das iſt: fromm, reich, iung, ſchoͤn, chriſtlich und haͤußlich; wenn man aus der gleichheit zweyer woͤrter gelegenheit zu reden nimmt, u. ſ. f.

e)

§. 11. Von der erfindung haben geſchrie - ben Ariſtoteles,a) Cicero,b Boëthius,c) Quinctilianus,d) Rud. Agricola,e) Petrus Ramus,f) Beccherus,g) Cardanus,h) Raymundus Lullus. i)Alſtedius,k) Kir - cherus,l) Caſp. Knittel,n) Eman. The - ſaurus,o) Janus Gerhardus Bucholdianus,p) Caecil. Frey,q) Jord. Brunus,r) Owe - nus Gunther,ſ) Val. Thilo,t) Nic. Cauſſi - nus,u) Creſollius,w) Voſſius,x) Maſe - nius,y) Keckermannus,z) Weiſius,a)Fran -44von der erfindungFranciſcus Pomey,b) Eraſmus,c) Balbinus,d) Radau,e) Vincentius Placcius,f) M. Dauid Vlmann,g) Ludov. Granatenſis,h) Leibniz,i) Morhoffius,k) Hede ich,l) Wentzelm) &c. Alle die gantze Rhetori - cken heraus gegeben haben, ſind gleichfalls be - muͤhet geweſen, die lehre von der erfindung zum gebrauch zu aptiren, wiewohl nicht alle mit gleichen gluͤck. Man kan dieſe leſen, wenn man ſonſt will und muſſe hat, aber ich glaube ſo lange, daß man wenig nutzen davon haben werde, als es wahr iſt, daß ein mit guten na - tuͤrlichen faͤhigkeiten begabter, durch eine rech - te Logick gebeſſerter, durch wiſſenſchaften und erfahrung bereicherter verſtand, die beſte quelle guter erfindungen ſey.

a)Deſſen VIII. libri topicorum und III. artis rhe - toricae ſind bekannt S. Stollen II. II. 7. 8. und l. IIII. 10. not. q. Morhoff l. VI. l. 2.
a)
b)Von dieſem gehoͤren hieher de inuentione Rhe - torica libri II. Topica ad C. Trebatium. S. Stol - len l IIII. 10. Morhoff l. VI. l. 9. l. IIII. XI. 7. Ci - ceronis Topica ſind beſonders cum notis variorum zu Paris 1542. 1547. 1557. u. 1567. in 4. mit Achillis Statii zu Loͤwen 1552. 8. und mit Ant. Goueani zu Paris 1545. 8. heraus kommen.
b)
c)Dieſer hat IIII. buͤcher de differentiis topicis ge - ſchrieben, des Ariſtotelis ins Lateiniſche uͤber - ſetzt, und uͤber des Ciceronis in VI. buͤchern com - mentiret ſiehe Morhoff Polyh. II. l. XI. 1. He - derichs Philologiſche wiſſenſchaften, p. 340.
c)
d)Jch meine ſeine Inſtitutiones oratorias welche mit des andern Quinctiliani declamationibus heraus kommen Lugduni 8. 1549. S. Stollen l. IIII. 10. Morhoff l. IIII. XIII. 3.
d)c)45der gedancken.
e)Hat de inuentione dialectica geſchrieben, davon ſ. Morhoff Polyh. II. I. XII. 1. II. V. I. 4. iſt zu Coͤlln 1579. 8. edirt. ſ. auch Stollen I. IIII. 13. und von ihm allegirten Reimmann. III. p. 380.
e)
f)S. Stollen Einl. zur hiſt dergel. II. II. 20. der in fuͤrhergehenden und folgenden §. mehrere ſa - chen vom Ramo angemerckt. Morhoff Polyh II. I. XII. 1. Ramus beſchreibt die dialectic als eine artem diſſerendi und theilet ſie in inuentio - nem & iudicium, hat auch die 4 genera cauſſarum recht im ſchwang gebracht.
f)
g)Von Beccheri nouo organo pro verborum copia in quauis materia ex pedite acquirenda, S. Mor - hoff Polyh. l. II. IIII. 32. der es auch zur inuenti - one rerum dienlich haͤlt. Sein leben ſteht, nebſt dem catalogo ſeiner ſchrifften, vor ſeiner naͤrri - ſchen weißbeit - und weiſen narrheit, welche hl. Reimmann wieder herausgegeben. Jnglei - chen in eben hl. Reimmans Einl. zur hiſtor. litt. der Teutſchen III. p. 536.
g)
h)Warum ich dieſen hier anfuͤhre S. in Morhoffs Polyh. l. II. V. 2. Es ſcheinet als ob er[ d] bie fuͤr - treflichkeit der Logick in der erfindung, wohl ein - geſehen. Jm 10ten tomo ſeiner wercke ſteht ein tractat: de inuentione.
h)
i)Raymundi Lulli ars magna & parua inuentiua nebſt andern ſeinen we[r]cken, iſt zu Straßburg m[i]t Jordani Bruni, Agrippae, und Valerii de Va - leriis anmerckungen heraus kommen 1617. 8. Siehe oben §. 10. not. a.
i)
k)Von Alſtedii claue artis Lullianae ſo 1610. 8. zu Straßburg edirt ſ. Morhoff Polyh. I. II. V. 40. 55.
k)
l)Kircheri ars magna ſciendi ſ. combinatoria 1669. fol. Amſterdam Morhoff l. c. 41.
l)
n)Knittelii via regia ad omnesſcientias Prage 1682. 8. Morhoff. l. c. 43.
n)o) Von46von der erfindung
o)Von deſſen indice categorico und canocchiale Ari - ſtotelico S. Morhoff l. c. 3. 46. l. VI. III. 10.
o)
p)Libros III. de amplificationibus & inuentionibus Gerh. Bucholdiani, Lugd. Gall. 4. 1533. allegiret Morhoff. II. V. I. 4.
p)
q)In via ad ſcientias, linguas, ſermones extempora - neos noua & expeditiſſima, Paris. Jenae & Arnſta - diae recuſa 1674. 12. Morhoff. I. II. V. 51. I. VI. I. 18.
q)
r)Liber de progreſſu & lampade venatoria Logico - rum. 1587. editus. Morhoff. l. c. 29. Hernach artificium perorandi a Jordano Bruno. Nolano Italo, traditum ſiehe ibid. 54.
r)
ſ)Hat heraus gegeben Methodorum tractatus duos continentes totius artis Logicae medullam, faculta - tem omnium ſcientiarum ac demonſtrationum principia inueniendi diiudicandique rationem Helmſtadii. 1586. 8. Idem 1. II. VII. 4.
ſ)
t)Deſſen Topologiam Oratoriam fuͤhrt Morhoff an l. VI. I. 16. von ſeinen panegyricis und an - dern ſachen trifft man eben daſelbſt und Cap. III. 6. einige nachricht an.
t)
u)Nic. Cauſſini XVI. buͤcher de eloquentia ſacra & profana ſind zu Coͤlln 1681. 4. herauskommen, auch zu Pariß. 1643 4. Morhoff l. VI. 117.
u)
w)Vom Lud. Creſſollio gehoͤrt hieher ſein Theatrum Rhetorum 1620. zu Pariß in 8 gedruckt. ibid. 7.
w)
x)Gerh. Jo. Voſſium erhebt Morhoff ſehr, ibid. 22. hier ſind ſeine Inſtitutiones oratoriae zu ruͤhmen ſo zu Leyden 1643. 4. am beſten, 1608. 8. am er - ſten, ediret.
x)
y)Jacobi Maſenii Palaeſtra oratoriae Colon. 1659. 1707. 8. Morhoff. l. c. 17.
y)
z)Keckermanni Syſtema Rhetoricae Hanau 1608.
z)
a)Weiſens inſtitutiones oratoriae Leipzig. 1702. 8. ſiehe von ihm oben die vorber. §. 22. Seine gantze Logick zeigt faſt nichts als die applicationder47der gedancken. der Topic in der Oratorie, und alle ſeine nach - folger loben die Topic.
a)
b)Fr. Pomey Candidatus Rhetorices iſt edirt Lyon 1706. in 12. Morhoff l c. 18. Er hat ſonderlich inuentionem analogicam abgehandelt.
b)
c)Eraſmus de copia verborum & rerum iſt bekannt. Morhoff. l. c. 21.
c)
d)Balbini breuis tractatio de amplificatione oratoria. Wuͤrtzburg 1688. 12.
d)
e)Radau Orator extemporaneus 12. S. Reimmanns Einl. III. p. 386. Morhoff. l. c. 18.
e)
f)Vincentii Placci acceſſiones Rhetoricas artis Ari - ſtotelicae vna cum promtuario tripliei inuentionis Enthymematicae Affectuoſae & Moratae 1695. Hamburg vid. Reimmanns-Einl. III p. 381.
f)
g)M. David Vhlmanni Rhetorica ſacra & profana 1675. Franckfurt am Mayn 12. Idem III. p. 383.
g)
h)Morhoff l. VI. IIII. 25. erwehnt ſeiner ſiluae lo - corum communum in concionibus. Lugd. 1582. 8.
h)
i)Deſſen artem combinatoriam 1666. Lipſiae 4. edi - tam lobt Morhoff. l. II. V. 61.
i)
k)Dieſer hat nicht nur von ietztbekannten einige nachricht ſondern auch ſelbſt in ſeinem Polyhiſtore vielfaͤltig zur inuentione anweiſung gegeben. Jnſonderheit im Tom. I. Cap. VI. VII. und al - len folgenden.
k)
l)Jn ſeinen Philologiſchen wiſſenſchaften parte II. Cap. I. und II. Jch dencke wer dieſen und Morhoffs Polyhiſtorem hat, kan der uͤbrigen al - le wohlentbehren.
l)
m)Deſſen Hiſtoriſchen redner, welcher 1711. 8. Leipzig ediret, habe ich nicht vergeſſen wollen, weil er ſich bemuͤhet zu zeigen wie man die Hiſto - rie als einen quell der erfindung nutzen koͤnne. Ubrigens wird man mehr auctores beym Mor - hoff antreffen koͤnnen, meine abſicht iſt nicht ge - weſen, ſie alle, und in einer vollkommenen ſtel - lung anzufuͤhren.
m)
Das48von der erfindung

Das andere capitel, von der erfindung der argumentorum uͤberhaupt.

Jnhalt.

WAs in der Oratorie ein argumentum ſey? §. 1. Ob ein argumentum in der Oratorie unterſchie - den von einem argumento logico, und worinn? §. 2. Wie vielerley die argumenta? §. 3. Aus was fuͤr quellen dieſelbe zu nehmen? §. 4. Was die klugheit bey erfindung der argumentorum erfordere? §. 5. Wie und in was fuͤr ordnung ſie anzubringen uͤber - haupt? §. 6. Was realia ſeyn? §. 7. Wie man ſich einen vorrath von allerhand fontibus zu argu - mentis anſchaffen koͤnne und von excerptis? §. 8. Von der fertigkeit allezeit argumenta zu haben, und nichts ohne raiſon zu ſagen. §. 9.

§. 1.

WEnn der redner feſtgeſetzet, wovon er reden wolle, ſo muß er auch darauf bedacht ſeyn, wie er von der ſache re - den wolle, dabey muß er auf alles gedencken, was ſeinen endzweck befoͤrdern kan, hingegen ſich bemuͤhen dasienige aus dem wege zu raͤu - men, was ihm daran hinderlich iſt, und alles was er zu dem ende beybringt, heiſſet man in der Oratorie ein argumentum.

§. 2. Weil nun durch daſienige was man ſeinen endzweck zu erhalten beybringt, das the - ma zugleich erweitert wird, ſo nennt man auch die argumenta oratoria, amplificationes. Und da dem redner freyſtehet, im nothfall,a) nachden49der argumentorum. den regeln der klugheit, allerhand beyzubrin - gen, was zur erhaltung ſeines endzwecks dien - lich, ſo duͤrffen auch ſeine argumenta nicht eben allezeit nach der Logicaliſchen ſchaͤrffe einge - richtet ſeyn. Denn in der Logick heiſt man das ein argument, womit man etwas entweder auf eine unſtreitige oder wahrſcheinliche art be - weiſet, und hierinn unterſcheiden ſich die argu - menta Logica von denen Oratoriis.

a)Siehe hievon Ridigeri S. V. & F. Lib. IIII. Cap. IIII. §. 23 ſqq. Dieſen muß man fuͤr allen an - dern bey dieſen und dem folgenden capitel nach - leſen.
a)

§ 3. Dieſer argumentorum zehlet man ſonſt eine groſſe menge, man hat argumenta realia und perſonalia, die realia theilet man in do - centia und perſuadentia, die perſonalia in con - ciliantia und commouentia. Zu den docen - tibus rechnet man explicantia, probantia, il - luſtrantia, applicantia und ſo fort an. a)Al - lein mir duͤnckt man koͤnne ſie am fuͤglichſten zu dieſen dreyen arten zehlen, wenn man die argu - menta eintheilet in probantia, illuſtrantia und pathetica.

a)So werden ſie vom Herrn Huͤbner angefuͤhret in ſeinen Oratoriſchen fragen. Hier muß ich Herrn Joh. Daniels Longolii Phil. und Med. Doctoris gedencken, und ſeiner einleitung zu gruͤndlicher erkaͤnntniß einer ieden inſonder - heit der Teutſchen ſprache, der man ſich zu accurater unterſuchung ieder ſprache, und beſitzung eine[r]untadelhaften beredſamkeit in gebundenen uñ ungebundenen reden, wie auchDbeſon -50von der erfindungbeſonders in Teutſchen fuͤr allerley condition alter und geſchlechte zu einem deutlichen und nuͤtzlichen begrif der mutter ſprache bedienen kan, Budiſſin 1715. 8. Dieſer verwirft p. 25 3. alle dieſe eintheilungen und p. 260. die ſyllogiſmos. Dagegen giebt er p. 175. folgende locos topicos an, welche ich im vorigen capitel anzufuͤhren vergeſſen: 1.) locum notationis, 2.) exiſtentiae, 3.) eſſentiae, 4.) compoſitionis, 5.) familiae, 6.) qualitatis, 7.) conditionis, S.) reſpectus, 9.) fati, 10.) teſtimonii, 11.) comparationis, 12.) definitio - nis, 13.) diuiſionis, 14.) vſus, 15.) incommodi. Und pag. 231. ſetzet er als fontes zu unſtreitigen beweiß-gruͤnden 1.) Locum notationis 2.) exi - ſtentiae, 3.) eſſentiae, 4.) diuiſionis, 5.) compo - ſitionis, 6.) rationis, 7.) conuenientiae, 8.) diſcon - uenientiae. Es kommen nicht unebene einfaͤlle in dieſem buche fuͤr, doch wird man leicht ſehen, daß ich ihm, mit recht, nicht gefolget.
a)
b)Der grund dieſer eintheilung iſt dieſer: Alle ge - dancken, damit der redner ſeinen endzweck zu erhalten ſucht, (nemlich in andern eben die ge - dancken und regungen zu erwecken, die er ihnen beybringen will, ſ. die vorber. §. 1. 2. 3. ) ſind entweder auf den unterricht und beſſerung des verſtandes oder einrichtung des willens gerich - tet, ienes ſind argumenta theoretica, dieſes practica oder pathetica, der erſten koͤnnen nicht mehr als zweyerley arten ſeyn, die eine welche die ſache beweiſet, das ſind argumenta proban - tia, die andere welche ſie erlaͤutert, das ſind il - luſtrantia. Jm uͤbrigen laſſe ich ieden die frey - heit mehr und weniger zu glauben als ich, hoffe aber auch man werde mir gleiches gluͤck ange - deihen laſſen, und deßwegen nicht eben ſcheel ſehen.
b)

§. 4. An argumentis kan es dem rednernie -51der argumentorum. niemahls fehlen, wann er eine gute Logick inne hat, die ſache davon er reden ſoll verſteht oder die diſciplin dahin dieſelbe gehoͤret,a) durch lectur und erfahrung einen guten ſchatz geſam̃ - let, und endlich die regeln einer vernuͤnftigen Moral anzubringen weiß. Und dieſe an - gefuͤhrte dinge ſind die allgemeinen fontes woraus alle argumenta flieſſen.

a)Die Logick iſt das noͤthigſte inſtrument eines redners benebſt der Moral, aus denen diſcipli - nen holt man hauptſaͤchlich argumenta pro - bantia, aus der lectur und erfahrung illuſtran - tia, die Moral giebt fuͤrnemlich pathetica an die hand.
a)

§. 5. Wenn man nun aus dieſen fontibus argumenta nehmen will, ſo muß man zuvor die ſache davon man redet und die beſchaffen - heit ſeines auditoris in betrachtung ziehen. a)Bey abſtracten ſachen muß ich mehr die diſci - plinen, bey ſinnlichen wahrheiten mehr die er - fahrung conſuliren. b)Bey einem zuhoͤrer der in anſehung der ſache, die ich ihm fuͤrtrage in - different iſt, kan ich der naturder ſache nach - gehen, wo nicht, muß ich ſehn ob er vermoͤgend, ſich durch gruͤndliche raiſons uͤberzeugen zu laſ - ſen, oder ob er durch ſeinen eignen affect, ſchwaͤche des verſtandes, oder des willens ein - zunehmen. c)Uberhaupt muß man die fon - tes und argumenta nicht miteinander vermi - ſchen, und ſonſt gedencken, daß es mehr auf die wichtigkeit und nachdruck der argumento - rum, als auf die menge derſelben ankomme. d)

B 2a)52von der erfindung
a)Z. e. Wann die ſache davon ich rede den willen angeht, da iſt es alles in wind geredt, wannich mich nur bey trockenen demonſtrationibus auf halte. Und hingegen, wann ſie bloß auf ſpecu - lationibus beruhet, da komme ich mit argumen - tis patheticis blind. Alſo wann ich ein kind das zum ſpielen neigung truͤge, davon abziehen wolte, wuͤrde es laͤcherlich ſeyn, wann ich mich bloß bey theoretiſchen fuͤrſtellungen aufhielte, und wann der bauer den decem abtragen ſoll, da ſuche ich vergeblich die argumenta aus der concordantz. Denn in ienem fall, iſt ein pruͤgel und gut exempel, und in dieſem der ſchuld thurm das treflichſte argument. Hin - gegen wenn iemand wolte das tauſendiaͤhrige reich beweiſen, oder mir ſagen, was eine ſonnen - finſterniß waͤre, und kaͤme mit argumentis pa - theticis mit predigen und exclamationibus auf - gezogen, da wuͤrde er ſich treflich proſtituiren. Eben ſo, wenn iemand von der aufferſtehung der todten reden wolte, und ſuchte ſeine argu - menta aus dem Terentio, oder wolte aus dem Euclide demonſtriren daß 1. mahl 1. nicht mehr als 1. waͤre. Oder es wolte einer einen armen bauer zur freygebigkeit, einen unvernuͤnfftigen menſchen zu beobachtung einer wahren freund - ſchafft, ꝛc. vermahnen, oder einem ſchneider von der quadratura circuli, einem ſtaats-manne von der vierdten figur in der ſyllogiſtic, einem poeten von dem nutzen der Algebra in der reim - kunſt ꝛc. viel fuͤrſchwatzen. Kurtz ich muß wiſſen, ob es mehr auf probantia oder illuſtran - tia oder pathetica bey der ſache ankomme, ehe ich mich nach argumentis umthue.
a)
b)Z. e. ich wolte einem darthun, daß die erde ſich um die ſonne bewegte, ſo muͤſte ich die Aſtrono - mie herfuͤr kriegen. Wolte ich beweiſen ein ver - liebter ſtudente habe keine courage, und keineluſt53der argumentorum. luſt zum ſtudiren, ſo duͤrffte ich nur die taͤgliche erfahrung zu rathe ziehen.
b)
c)Wann der ſo mich hoͤret aus einer heimlichen urſach uͤbel gegen mir diſponiret iſt, kommt ihm alles was ich ſage, ungereimt fuͤr, da darf ich gewiß nicht reden wie ich will. Wenn ich ihm nun aus guter meinung wozu rathen wolte, ſo ſage ich ihm auch wohl er ſolle das contrarium thun, alſo koͤm̃t ihm mein rath ungereimt fuͤr und er reſolviret ſich das zu thun, was ich juſt inten - direte. Einem vernuͤnfftigem honnetten men - ſchen, mag ich frey ſagen, was ich gedencke, ei - nen unvernuͤnfftigen muß ich ſehr menagiren, zumahl wann er verſchlagen iſt, einen dummen und boßhafften muß ich ebenfalls nach ſeinem genie tractiren.
c)
d)Der Dauphin paßirte einſtens Diion in Bour - gogne, und da ers uͤbel nahm daß man nicht die ſtuͤcke geloͤſet, auch deßwegen dem Commendan - ten ein uͤbel geſichte machte, ſo ſagte dieſer, wie er wohl zwantzig urſachen haͤtte warum ſolches nicht geſchehen. Die erſte waͤre, weil ſie der - mahlen keine ſtuͤcken haͤtten. O ſagte hierauf der Dauphin, die uͤbrigen 19 raiſons will ich euch ſchencken, bey ſo beſtallten ſachen. So kommt es mir mit denenjenigen fuͤr, welche da ſie nicht vermoͤgend die rechten gruͤnde zu tref - fen, dafuͤr halten es komme auf die menge der argumentorum an.
d)

§. 5. Nach beſchaffenheit der ſache und des zuhoͤrers, muß auch die ordnung derer argu - mentorum eingerichtet werden, dahero es nicht eben allemahl rathſam die ſtaͤrckſten oder die ſchwaͤchſten voranzuſetzen. Soll die ſache be - wieſen werden, faͤngt man von probantibus an, ſoll ſie deutlich gemacht werden, muͤſſenD 3illu -54von der erfindungilluſtrantia die fuͤrnehmſten ſeyn, ſoll ſie in die uͤbung gebracht werden, muß man zufoͤrderſt pathetica gebrauchen. Doch muͤſſen alle dieſe nach der capacitaͤt des zuhoͤrers ordentlich und deutlich angebracht werden, und es iſt zuweilen noͤthig, ehe man ſie beybringt, das gemuͤth des zuhoͤrers zu tingiren, damit ſie nicht fruchtloß abgehena)

a)Z. e. ſo machte es Nathan bey David Eleaſar beym Laban, Cicero pro Deiotaro, pro M. Mar - cello und anderwerts.
a)

§. 7. Man iſt ſonſt bemuͤhet geweſen, ſo ge - nannte realia in ſeinen reden anzubringen, man hat aber nicht allezeit den rechten begrif von ſolchen realibus. Vor dieſen hielte man exempla und teſtimonia auch wohl emblemata, ſimilia, medaillen, ꝛc. fuͤr realia. Heut zu tage hat ſich der geſchmack geaͤndert, und man glaubt, daß das reelle einer rede, in einem gruͤndlichen und nach der klugheit angebrach - ten raiſonnement beſtehe.

§. 8. Wer gute natuͤrliche faͤhigkeiten durch unterricht, nachſinnen, lectur, erfahrung und uͤbung gebeſſert und vollkommen gemacht, der wird alle univerſelle ſontes argumenta zu fin - den bey ſich haben. Da aber das gedaͤchtniß bey allen dieſem ein guter promus condus ſeyn muß, ſo ſucht man dieſem durch gute excerptaa) zu ſtatten zu kommen. Dieſemnach haben excerpta allerdings groſſen nutzen, allein man muß nicht meinen, daß es bloß und lediglich darauf ankomme.

a) Mor -55der argumentorum.
a)Morhoff hat in ſeinem Polyhiſtore vieles von excerptis, ingleichen von der einrichtung der - ſelben und von auctoribus ſo davon geſchrieben angefuͤhret. Hl. Hoͤbner hat in ſeinen Orato - riſchen fragen auch zum excerpiren einen fuͤr - ſchlag gethan. Mir gefaͤllt dieſe methode: man laͤſt ein buch oder etliche papier einbinden, ſo daß man immer mehr und mehr daran heften kan, voran ſetzt man ein vollſtaͤndiges regiſter, ſo auf bequeme art eingerichtet, und da man immer mehr zuſchreiben kan nach gelegenheit, hernach paginiret man ſein buch, laͤſt auf beyden ſeiten einen maͤßigen rand, ſchreibt auf der einen ſeite kurtz die contenta auf der andern, die zeit wenn man das excerptum eingetragen und den ort wo es geſchehen. Lieſet man nun etwas in einem auctore, ſo ſchreibt man kurtz den nahmen des auctoris, des buchs, wo und wenn es heraus kommen anch wohl kurtz die contenta des buchs, und groſſer leute iudicia davon. Darunter kommen die excerpta ſelbſt. Hat man fuͤr ſich gute einfaͤlle, die man gerne behalten will, ſo ſchreibt man ſolche ebenfalls ein, ingleichen was man hie und da beſonderes hoͤret. Die no - mina propria traͤgt man a part in das regiſter, und ſo bekomt man mit der zeit ein excerpten buch, das man gewiß in allen wiſſenſchafften nutzen kan, dabey man auch zugleich den fort - gang und eine hiſtorie ſeines fleiſſes ſiehet. Ubrigens muß man allezeit gedencken, man ex - cerpire, damit man ſeine excerpta nuͤtzen moͤge, man lebe aber nicht deswegen, daß man immer nur excerpiren muͤſſe. Findet man eine beque - mere methode zum excerpiren, ſo bediene man ſich derſelben, und dencke daß eine methode ſich nicht fuͤr alle leute ſchicke, ſondern ieder nach ſei - nem eignen begriff ihm die ſache am leichteſten machen koͤnne.
a)D 4§. 9.56von den beweiß-gruͤnden

§. 9. Damit man aber allezeit argumenta in bereitſchaft und auch die fontes und die ex - cerpta, welche man ſich angeſchaft gluͤcklich treffe und parat habe, ſo muß man ſeinen ver - ſtand bey allen was man ſiehet, erfaͤhret, hoͤ - ret, lieſet, excerpiret und empfindet, alſo gewoͤh - nen, daß er allezeit nachdencke, wie man es nutzen und wieder an den mann bringen koͤnne. Jm uͤbrigen muß man nichts thun und nichts reden, wovon man nicht wenigſtens allezeit zweyerley raiſons anzugeben wiſſe, eine wahr - haftige und eine ſchein-raiſon. a)Jch glau - be nicht, daß es einem auf die weiſe, an ar - gumentis fehlen koͤnne.

a)Aus dieſer haben die rhetores gar eine figur ge - macht, die heiſt: Color, und nennen ſie eine wahrſcheinliche urſache, welches gewiß zu viel ehre fuͤr ſolchen Oratoriſchen wind iſt.
a)

Das dritte capitel, von den beweiß-gruͤnden, und derſel - ben erfindung.

Jnhalt.

Was eigentlich beweißgruͤnde ſeyn? §. 1. Wie vie - lerley dieſelben? §. 2. Von den unſtreitigen beweiß gruͤnden? §. 3. Wie vielerley dieſelben? § 4. Beweißgruͤnde fuͤr die moͤglichkeit, §. 5. Fuͤr die ſinnlichen unſtreitigen wahrheiten, §. 6. Fuͤr die abſtracten unſtreitigen wahrheiten, § 7. Wo die - ſelben herzunchmen? §. 8. Wie dieſelben einzurich - ten und anzubringen? § 9. Von denen beweißgruͤn - den fuͤr die wahrſcheinlichkeit, §. 10. Wie vielerleydie -57und derſelben erfindung. dieſelben? §. 11. Beweißgruͤnde fuͤr die Hiſtoriſche wahrſcheinlichkeit, §. 12. Fuͤr die Phyſicaliſche wahrſcheinlichkeit, §. 13. Fuͤr die Moraliſche wahrſcheinlichkeit, §. 14. Fuͤr die wahrſcheinlich - keit der zukuͤnfftigen dinge, § 15. Fuͤr die wahr - ſcheinlichkeit im auslegen, §. 16. Wie ſolche argu - menta zu erfinden und anzubringen? §. 17. Von den beweißgruͤnden in der Philoſophie, §. 18. The, ologie, §. 19. Juriſprudentz, § 20. Medicin, §. 21. Mathematick, §. 22. Jm gemeinen leben, §. 23. Von der krafft dieſer beweißgruͤnde, §. 24. Von de - nen eigentlich ſo genannten Oratoriſchen beweiß - gruͤnden oder vom fuco oratorio, §. 25. Von teſti - moniis. § 26. Von apophthegmatibus, prouerbiis, ſententiis, §. 27. Von exemplis, fictionibus, §. 28. Von ſimilibus, emblematibus, comparatis ꝛc. §. 29. Von medaillen, wapen, inſcriptionibus, epitaphiis, ꝛc. §. 30. Von der benennung, ety mologie, antiphraſi, tropo, allegorie. ꝛc. §. 31. Von den argumentis ab inſinuatione, meditatione, conſectar[u]s, loco communi, argutiis ꝛc. §. 32. Wie man ſolche geſchickt gebrau - chen koͤnne? §. 33. Wenn noͤthig ſey zu beweiſen daß die gegenſeitige meinung irrig? oder vom argu - men to a contrario, §. 34. Was man dazu fuͤr be - weißgruͤnde habe, § 35. Wie man ſich in anwen - dung derſelben aufzufuͤhren. §. 36. Was dem iuſto, honeſto, §. 37. Und den regeln der klugheit gemaͤß bey den beweißgruͤnden, §. 38. Die beweißgrunde ſind nicht mit einander ohne noth zu verwechſeln. §. 39.

§. 1.

EJn argumentum probans oder beweiß - grund iſt ein richtiger ſchluß, wodurch ich die wahrheit eines ſatzes, aus ſeinen gehoͤrigen gruͤnden darthue, um den menſchli - chen verſtand gruͤndlich davon zu uͤberzeugen. a)

D 5a) Bey58von den beweiß-gruͤnden
a)Bey dieſem und den folgenden capitel recom - mendire ich zum nachleſen Hederichs Anleit. zu den Philologiſchen wiſſenſchafften P. II. nach der Rbetorick: Hln. Langens Oratorie P. I. Cap. 1. biß 10. welche die ſache nicht nach den ge - meinen ſchlendrian obenhin abhandeln.
a)

§. 2. Da alle wahrheit entweder unſtrei - tig oder wahrſcheinlich iſt, ſo muͤſſen auch die ſchluͤſſe, wodurch ich die wahrheit meines obie - cti beweiſen will, anders beſchaffen ſeyn, bey denen unſtreitigen, und anders bey denen wahrſcheinlichen wahrheiten. Alſo hat man zweyerley argumenta probantia uͤberhaupt, demonſtratiua und probabilia.

§. 3. Unſtreitige beweiß-gruͤnde ſind ſolche argumenta, welche den ſich ſelbſt gelaſſenen verſtand, alſo von der wahrheit einer ſache uͤberzeugen, daß er ihm ſolche nicht anders fuͤr - ſtellen, und auch keinen zweiffel ferner dabey haben kan.

§. 4. Und da die ſinne der urſprung und kennzeichen aller wahrheiten ſind, und ins be - ſondere die unſtreitigen wahrheiten, alſo aus denſelben entſpringen, daß ſie entweder unmit - telbar oder mittelbarer weiſe mit denſelben zuſammen verknuͤpft ſind, ſo hat man auch zweyerley arten von argumentis demonſtra - tiuis, nemlich ſenſualia und abſtracta.

§. 5. Ehe eine ſache als wahr behauptet wird, iſt ſie bloß moͤglich. Weil aber alles in der welt moͤglich, oder wenigſtens von uns nicht fuͤr unmoͤglich kan ausgegeben werden,a)ſo59und derſelben erfindung. ſo hat man auch noch nichts bewieſen, wenn man nur die moͤglichkeit der ſache dargethan hat. b)Folglich hat man ſich um beweiß - gruͤnde fuͤr die moͤglichkeit nicht ſonderlich zu bekuͤmmern. Wenn man aber doch die moͤg - lichkeit einer ſache darthun wolte, ſo haͤtte man nur zu ſehen, ob ſchon davon ein exempel fuͤr - handen, welches ſo dann die moͤglichkeit der ſache ſattſam beweiſen wuͤrde. c)Waͤre kein exempel davon fuͤrhanden, ſo koͤnte man durch allerhand gleichniſſe ſuchen die moͤglichkeit be - greiflich zu machen. d)Und endlich wird al - les moͤglich wann man zeiget, daß GOtt alles koͤnne wann er wolle, und daß kein menſchli - cher verſtand ſeine allmacht abmeſſen, noch ſeinen willen ergruͤnden koͤnne. e)

a)Doch iſt hier ein unterſchied zu machen inter impoſſibilitatem hypotheticam & abſolutam in - gleichen inter poſſibilitatem hypotheticam & ab - ſolutam ferner inter poſſibilitatem definitam & indefinitam. S. Ridig. S. V. & F. Lib. III. Cap. I. §. 36. Z. e. wann man ſagt: Es koͤnne wohl einmahl ducaten regnen, ſo kan dieſes niemand fuͤr abſolut unmoͤglich ausgeben, aber wohl hy - pothetice, wann Gott nemlich nicht wolte, oder weil ſich die ducaten muͤntzer nicht wohl in me - diam aëris regionem tranſportiren koͤnten, oder weil die lufft das gold nicht wie waſſer in die hoͤhe bringen und wie die ſchneeflocken praͤgen koͤnte.
a)
b)Wenn iemand ſchon bewieſen haͤtte, daß er ei - nen ſchatz finden koͤnne, ſo wuͤrde ihm wohl niemand etwas darauf borgen. Wann ein an - der ſchon moͤglich gemacht, wie der donnerkeilgezeu -60von den beweiß-gruͤnden,gezeuget werde, ſo folget deßwegen noch nicht daß es donnerkeile gaͤbe, und daß ſie wahrhaf - tig ſo gezeuget wuͤrden. Alſo wann ich ſchon fuͤr moͤglich hielte, daß es hexen geben koͤnne, ſo glaubte ich deswegen nichtgleich, daß es wel - che gaͤbe, und daß dieſe oder iene frau eine hexe ſey. Ob ich ſchon von iemand ſage, daß er falſch ſeyn koͤnne, ſo folget daraus nicht daß ers wuͤrcklich ſey und daß ich ihn wahrhaftig dafuͤr halte.
b)
c)Jſt es moͤglich daß das eiſen ſchwimmen kan? daß man gold machen koͤnne? Allerdings: von ienem iſt ein exempel 2 B. der Koͤnige am 6. von dieſem hat man ſehr viele, davon die proben in der Kaͤyſerl. Wiener. Florentiniſchen und an - dern kunſt-kammern zeugen conf. Martin. Del. Rio Diſq. Magic. lib. I. Cap. 4. Quaeſt. 14. Cardan. de ſubtilit. l. 6. Jo. Fr. Pic. Mirand. de auro lib. III. c. 2. Morhoff II. II. XXXVI.
c)
d)Z. e. wenn ich beweiſen wolte, daß es moͤglich, daß die menſchen koͤnten fliegen lernen, ſo ſagte ich, wie es in denen Tyroliſchen gebuͤrgen voͤgel gaͤbe, die ein ſchaf in der luft wegfuͤhren koͤnten, S. Bechers naͤrriſche weißheit und weiſe narr - heit, oder wie iener ſchuͤler der elſtern ausneh - men wollen, vom thurme herab geflogen, ſo ſey es auch moͤglich, daß ein menſch fliegen koͤnte.
d)
e)Z. e. ob nicht Gott den geſtrigen tag zum heu - tigen, factum infectum, ꝛc. machen koͤnne, kan ich nicht fuͤr abſolut unmoͤglich ausgeben, weil ich der goͤttlichen allmacht keine graͤntzen ſetzen, auch nicht wiſſen kan, ob es GOtt nicht einmahl wol - len koͤnne.
e)

§. 6. Mit ſinnlichen unſtreitigen beweiß - gruͤnden, beweiſt man alle dieienigen dinge, welche unmittelbarer weiſe in die ſinne fallen,und61und derſelben erfindung. und dabey man weiter nichts gebraucht, als nur dieſe unmittelbarer weiſe von den ſinnen entſtandene begriffe, mit geſchickten worten auszudrucken. Hieraus koͤnte man zu einer rechten topic〈…〉〈…〉, den erſten locum uniuerſalem machen, nemlich experientiam. a)Und weil entweder wir, oder andere, die wahrheit der dinge unmittelbar aus den ſinnen empfunden, ſo bekommt man zweyerley ſinnliche unſtreiti - ge arten zu beweiſen, nemlich experientiam pro - priam und experientiam alienam. b)

a)Z. e. Es ſey dieſer ſatz: Leipzig iſt ein recht ſehr angenehmer o[rt]. So iſt der beweiß: Man ſehe nur die ſchoͤnen gebaͤude und gaͤr - ten, die angenehme lage, man hoͤre nur die fuͤr - treflichen Muſicken man hat von allen orten der welt correſpondence, immer was ne[u]e[s], man komme nor in die[G]eſellſchaften, man laſ - ſe ſich nur von denen ſchonen anſtalten und ordnungen einige nachricht geben.
a)
b)Z e Jch haͤtte den ſatz: Wenn die menſchen iemand lieben, ſo ſeben ſie alle ſeine fehler als tugenden an, und wenn ſie iemand baſſen, ſo halten ſie alles gute an ihm fuͤr ſchlimm: So koͤnte ihn leicht iedermann aus ſeiner eigenen erfah[r]ung beweiſen. Spraͤche ich aber: Die tadelſucht iſt ein ſchaͤdliches ding, ſo haͤtte ichs unſtreitig bewieſen, wann ich hinzuſetzte: Man frage nur Naſutum Mephiſtopholem, der kriegte ſeiner mocquer[i]e wegen in Dreßden brave ma[n]ſchellen. Oder es ſagte iemand: Beym fechten komes nicht eben auf die groͤſſe an, ſo duͤrffte er nur an ſtatt des beweiſes, das experiment anfuͤhren, welches Goliath mit dem David in dieſem ſtuͤck gemacht.
b)§. 7.62von den beweiß-gruͤnden,

§. 7. Dieienigen ſaͤtze welche mittelbar aus denen finnen herkommen und unſtreitig ſind werden durch gelehrte begriffe bewieſen, nem - lich durch die definitionesa) und diuiſiones,b) und durch den zuſammenhang des ſubiecti und praedicati. c)Bey denen definitionibus hat man auf das genusd) und differentiam,e) bey dem ſubiecto und dem praedicato, auf die propriaf) conceptus inferioresg) und ſupe - rioresh) und oppoſita,i) in der Moralins - beſondere auf den endzweck und die verhaͤltniß der mittel zu denſelben,k) in der Phyſic auf die urſachen deroſelben verhaͤltniß zu den wuͤrckungen, fleiſſig zu ſehen. l)Die rechte kraft aber der hierausgezogenen ſchluͤſſe, wird man ſich am allerbeſten aus der Logick ſelbſt bekannt machen muͤſſen.

a)Z. e. Theſis: die Logick iſt eine nuͤtzliche wiſ - ſenſchafft: Probatio a definitione: Denn ſie iſt eine practiſche diſciplin, welche regeln giebt die wahrheit uͤberhaupt zu erkennen und den menſchlichen verſtand zuverbeſſern, damit man ſich fuͤrirthuͤmer und vorurtheilen huͤ - ten moͤge.
a)
b)a Diuiſione: Denn ich mag wahrheiten erfin - den oder beurtheilen vollen, ſo muß ich dazu die Logick brauchen.
b)
c)a Connexione ſubiecti & prædicati: Denn alles was ich in der Logick finde, kan ich wieder nutzen und ſolte das nicht eine nuͤtzliche wiſſenſchafft ſeyn davon man ſo handgreif - lichen und groſſen nutzen hat.
c)
d)a Genere: Denn alle practiſche diſciplinen ſind ohnſtreitig nuͤtzlich.
d)c) a63und derſelben erfindung.
e)a Differentia Denn was mir regeln giebt, die wahrbeit uͤberhaupt zu erkennen / und die kraͤffte des menſchlichen verſtandes zu ver - beſſern, iſt ja wahrhafftig von ungemeinen nutzen.
e)
f)a Proprio ſubiecti: Denn ſie iſt ia der ſchluͤſſel zu allen andern wiſſenſchafften. A proprio praedicati: und es kan ihr niemand ohne den groͤſten ſchaden entbehren.
f)
g)a Conceptibus inferioribus oder a ſpecie; Denn ſie lehret mir unſtreitige und wahrſcheinliche wah[r]heiten recht zu tractiren, wahrheiten zu erfinden und zu beurtheilen, gute definitio - nes und buͤndige ſchluͤſſe zu machen, eine ſache recht zu erkennen und die wahrheit der ſelben recht fuͤrzutragen darzuthun und zu verthei - digen ꝛc. oder: ich kan ſie in der Theologie, Juriſprudentz, Medicin ꝛc. unvergleichlich wohl gebrauchen.
g)
h)a Conceptibus ſuperioribus oder a genere: Sie - he not. d: Denn ſie iſt eine diſciplin, Das iſt: eine gelehrte wiſſenſchafft eine indicioͤſe ſcharfſinnige erkaͤnntniß.
h)
i)ab oppoſito: Denn ſie ſteuret der unwiſſen - heit, und wer wolte ſagen daß ſie eine unnuͤtze wiſſenſchafft oder erfindung des teuffels waͤre.
i)
k)a Fine: Denn ſie hat den endzweck unſern verſtand von irthuͤmern und vorurtheilen zu befreyen, und hieru iſt auſſer der Logick kein bequemeres mittel.
k)
l)

a Cauſſa: Denn ſie iſt eine frucht der gebeſſer - ten vernunfft, eine gabe Gottes; & effectu: Denn ſie iſt urſach, daß man ſeinen verſtand recht gebrauchen lernet, das haben die ſtiffter der ſchulen und univerſi[t][t]en wohl einge - ſehen, derwegen haben ſie lehrer und Profeſ - ſores der Logick beſtellet, und man ſehe dochei -64von den beweiß-gruͤnden,einen menſchen der gar keine Logick verſteht, was macht ein ſolcher nicht fuͤr alberne ſchluͤſ - ſe und laͤppiſche gloſſen und wie martert er ſich nicht eine ſache und wiſſenſchafft recht zu begreiffen.

Es mag dieſes ſtatt eines exempels gut genung ſeyn, ſo man aus dem ſtegreiff gegeben. Es iſt dabey nicht die meinung daß man alle ſolche be - weiß-gruͤnde bey einem ſatze nacheinander her - beten ſolle, ſondern man ſiehet leicht, daß das argumentum probans a definitione der grund und mittelpunckt der uͤbrigen ſey.

l)

§. 8. Die unſtreitigen beweiß-gruͤnde bey den ſinnlichen wahrheiten aus eigener erfah - rung, giebt uns unſre empfindung und erkaͤnnt - niß. Aus anderer leute erfahrung kan man beweiß-gruͤnde haben, wann man entweder ihre muͤndliche oder ſchriftliche erzehlungen ſich bekannt macht, und ſonſt verſichert iſt, daß ſie nicht aus einfalt ſich ſelbſt, aus boßheit andere zu betruͤgen bemuͤhet ſind. Es muͤſſen aber alle beweiß-gruͤnde aus der erfahrung, ſo ein - gerichtet ſeyn, daß entweder niemand da - ran zweiflen darf, oder daß iedermann die wahrheit derſelben ohne weitlaͤuftigkeit ſelbſt empfinden koͤnne. a)Die beweiß-gruͤnde zu den unſtreitigen abſtracten gelehrten wahr - heiten, geben uns quoad materiam die diſci - plinen, quoad formam die Logick und eignes nachſinnen .b).

a)Hieraus ſiehet man, was man fuͤr ſachen auf eine ſinnliche unſtreitige art beweiſen koͤnne, und daß man ſehr wenig ſachen auf dieſe art unſtreitig zu machen vermoͤgend ſey. Al - les was〈…〉〈…〉 wan eines beweiſes bedarff, iſt ent -we -65und derſelben erfindung. weder hiſtorie oder raiſonnement. Hiſtorie iſt eine bemerckung desienigen, was unmittelbarer weiſe in die ſinne faͤllt: Raiſonnement iſt eine gegeneinanderhaltung der gedancken, die man bey der hiſtorie hat. Daß ich hier von der hi - ſtorie gedencke, ſo iſt ſolche allezeit einerley, (ich nehme ſie aber in den allerweitlaͤuftigſten ver - ſtande) und wann ſie mir unmittelbar in die die ſinne faͤllt, ſo iſt ſie mir unſtreitig, wofern ich nur meine ſinne recht dabey gebraucht ha - be. Hat ein ander dieſe ſinnliche unmittel - bare erfahrung gemacht, ſo iſt ſie ihm un - ſtreitig, nunmehro aber wie ſoll ich ihm meine hiſtorie und erfahrung, oder er mir die ſeinige unſtreitig machen? Seine bloſſe erzehlung will es nicht ausmachen, alſo muß ich dabey verſi - chert ſeyn, daß keine boßheit und einfalt ihn zu dieſer erzehlung verleitet. Weil aber dieſes ſchwer iſt, ſo gleich zu beurtheilen, und wir es beyde einander nicht veruͤbeln koͤnnen, wann wir darinn zweiffelhafftig ſeyn, da die boßheit der leute groß iſt, ſo ſage ich letztlich, es muͤſſe die ſache auch ſo beſchaffen ſeyn, daß iedermann die wah[r]heit derſelben, ohne weitlaͤufftigkeit ſelbſt empfinden und davon die hiſtorie vermittelſt ſeiner eigenen ſinne haben koͤnne. Kan dieſes nicht geſchehen, ſo wird auch die ſache nimmer - mehr auf eine ſinnliche art unſtreitig werden, ſondern da muß ich auf wahrſcheinliche gruͤnde dencken, und wenn ſich auch dieſe nachgehends nicht finden, ſo iſt die gantze ſache falſch. Dieſe anmerckung iſt von groſſen nutzen, und wird dawieder uͤberall vielfaͤltig verſtoſſen, alſo will ich ſie mit einigen exempeln erlaͤutern z. e. Jch ſehe daß iemand ein ſehr propres kleid traͤgt und vieles geld verthut, daß ein anderer im ſpielen filoutiret, daß ein andrer einen kuffer mit einem nachſchluͤſſel auſſprenget die ſachenEher -66von den beweiß-gruͤnden. heraus nimt und heimlich weg traͤget, daß ein andrer in ein gewiſſes hauß ziehet, daß ein frauenzimmer im hembde des nachts zu ie - mand ſchleichet, ſich zu ihm leget, wieder um aufſtehet da der tag angebrochen und ſich in ihr bette verfuͤget, auch im geſichte defiguree ausſiehet, ich hoͤre, daß iemand ienen heßlich durchziehet, ꝛc. Alles dieſes iſt mir unſtreitig, und wann ich es iemand erzehle, der uͤberzeuget iſt daß ich weder aus einfalt noch boßheit ihm dergleichen fuͤrſage, dem wird es ebenfalls un - ſtreitig, und wir halten es beyde fuͤr bewieſen, wann ich ſage: ich habe dieſe facta geſehen und dieſe worte gehoͤret, auch meine ſinne wie ſichs gehoͤret dabey gebrauchet. Allein wenn iemand an meiner aufrichtigkeit besfalls zweiffelte e. g. der iudex, ſo muß ich ihn desfalls durch einen ieiblichen eyd auf erfodern verſichern, oder es zweifelte iemand ob nicht einfalt und boßheit zu - gleich zu einer ſolchen erzeblung etwas beygetra - gen, ſo muß ich ihn dahin bringen, daß er ſelbſt die hiſtorie unmittelbar begreiffen und alſo ſelbſt die erfahrung machen koͤnne. Z. e. ich fuͤhre ihn in die geſellſchafft des hln. mit den propren klei - de und laſſe ihn ſelbſt deſſen auffuͤhrung betrach - ten, ich ſchaffe ihm gelegenheit daß er incognito den kuͤnſtlichen ſpieler ſpielen ſiehet, ich laſſe ihn ſelbſten obſerviren ob dieſer nicht in das gewiſſe haus gezogen. Geſetzt, daß er den arbeiter bey dem kuffer, und den naͤchtlichen irrſtern ſehen oder den ſchelmiſchen kuckuck hoͤren koͤnne, ſey alles ſo beſchaffen daß ihm nicht angehen wolte, eigne erfahrung davon zu haben, ich moͤchte ihn fuͤhren wie ich wolte ſo folgte daraus nur ſo viel, daß die ſache nicht unſtreitig, inzwiſchen gehoͤret alles dieſes zur hiſtorie und bleibt immer eins. Kommet man aber nun auf das raiſon -nement67und derſelben erfindung. nement, da zeiget ſich eine ſchreckliche veraͤnde - rung. Dann dieſes iſt vielerley, nachdem ich die ſache betrachte, im nachdencken angreiffe, dagegen geſinnet bin und ſo fort an, und hier iſt es gar zu leichte, daß man fehle z. e. Daß dieſer ſich proper haͤlt, viel geld verthut, da denckt einer: Der kerl iſt ein narre, der andre: Er iſt ein raiſonabler wackrer Herte er bezahlet brav. Der dritte: Es ſteckt was darhinter er hat vielleicht geheime raiſons ꝛc. daß die - ſer falſch ſpielet, dabey denckt iemand: Es iſt eine wuͤrckung der klugheit des ſpielers, der andre: Er thuts aus malhonnetete, der dritte: Er thuts aus ſpaß ꝛc. bey dem an dem kuffer arbeitenden kan ich dencken: Es ſey ein dieb, oder: Es ſey iemand der ſeinen kuf - ferſchluͤſſel verlohren, und alſo durch einen nachſchluͤſſel ſich helffen muͤſſe, oder: Es ſey iemand der befehl habe ſo zu verfahren ꝛc. Wie viel urſachen kan der nicht anfuͤhren der ein gewiſſes hauß bezogen, und wie viel dichten ihm nicht andere leute an? ꝛc. Kan nicht das frauenzimmer etwa ein mittel wieder die colic geſucht haben, kan ſie nicht vielleicht ſich verir - ret haben, kan ſie nicht vielleicht ſtellatim gewe - ſen ſeyn, auf iemand gelauſchet haben, einmahl extra gegangen ſeyn ꝛc. Wolte ich nun mein raiſonnement als einen grundſatz anſehen, und die hiſtorie als einen unſtreitigen beweiß anfuͤh - ren, ſo haͤtte ich doch nichts unſtreitig gemacht z. e. Jch kan nicht unſtreitig ſagen: Der kerl iſt ein narre, weil er ſich propre auffuͤhrt und geld verthut, ꝛc. Nun ſehe man einmahl wie es in dieſem ſtuͤck verkehrt im gemeinen lebet hergeht, wie die leute hiſtorie und raiſonnement vermiſchen, das raiſonnement ohne unterſchied, mit der hiſtorie, die hiſtorie mit dem raiſonne -E 2ment68von den beweiß-gruͤnden. ment blindlings beweiſen wollen ꝛc. Mancher Theologus machte einen gern zum ketzer der nur zwey elementa glaubt, mancher Juriſte machte einen wohl zum ehebrecher der einem maͤdgen auf die achſel klopfft, ein andrer ſchreibt es ſeinen verdienſten zu daß man ihn zeitig be - foͤdert, ein anderer klagt, man ſehe auf keine merite, weil man ihn nicht zeitig genung wie er will, befoͤrdere, und alle irren gewaltig, wenn ſie etwas unſtreitiges geſagt zu haben, ſich ein - bilden. Dannenhero ſiehet iedermann, wie viel dazu gehoͤre etwas unſtreitig zu machen und wie noͤthig es ſey, die hier angefuͤhrten cautelen zu beobachten, und wie ſorgfaͤltig man auf eine gute einrichtung des raiſonnement zu ſehen. Die - ſes letztere lehret uns die Logick, und wer dieſe nicht verſteht, wird ſein lebtage nicht verſichert ſeyn koͤnnen, daß er ein richtiges raiſonnement das zum beweißfuͤhren tuͤchtig angebracht habe. Spricht iemand, warum ſtreiten aber die Logici ſelbſt, wegen ihrer beweißgruͤnde und warum ſind die gelehrten nicht gleich einerley meinung? ſo antworte ich: Eben deswegen, weil ſie die regeln einer vernuͤnftigen Logick nicht recht ge - brauchen, zuweilen wohl gar nicht einmahl ver - ſtehen, und weil etliche ſachen ſchlechterdings ſo beſchaffen ſind, daß kein menſchliches raiſonne - ment, es ſey auch ſo ſolide es wolle, nicht hin - laͤnglich, alles dabey fuͤrfallendr recht ausein - ander zu leſen und auf die gehoͤrigen gruͤnde zu bauen. Es wird dieſe digreßion niemand zu - wieder ſeyn, da ich hier von erfindung der be - weißgruͤnde in dem gantzen inbegriff des menſch - lichen lebens rede, ich habe auch nur kurtz an - fuͤhren wollen, was dabey zu beobachten, ſonſt wuͤrde von dieſer materie allein ein buch voll - gefuͤllet.
a)b) Z. e.69und derſelben erfindung.
b)Z. e. ich wolte beweiſen Wer den glauben nicht haͤtte an Chriſtum, wuͤrde verdammt: oder vactio commiſſoria ſey verhoten, ſo wuͤrde ich bey ienem die materialia in der Theologie, bey dieſem im Jure ſuchen muͤſſen, zu beyden aber waͤre mir die Logick, wann ich die argu - menta daraus ſuchen wolte, als ein werckzeug hoͤchſtnoͤthig.
b)

§. 9. Alle dieſe unſtreitige beweiß-gruͤnde. werden als unſtreitige ſchluͤſſe nach den regeln der Logick eingerichtet. Bey denen ſinnlichen argumentis, darf ich nicht viel kuͤnſteln, ſondern nur behutſamkeit und klugheit gebrauchen. Bey denen abſtractis aber iſt nur dieſes zu mercken, daß ich ſie weder in der genauen Lo - gicaliſchen ordnung, noch mit denen Logicali - ſchen kunſt-woͤrterna) anbringe, es muͤſte dann ſeyn, daß es beſonders von mir erfodert wuͤrde. b)

a)Jedwede wiſſenſchaft, iedwede kunſt, ia iedwe - de lebens-art, hat ihre beſondere kunſt-woͤrter, alſo ſehe ich nicht warum man ſich uͤber die Lo - gicaliſchen terminos moquiret, und ſich recht was darauf zu gute thut, wann man ſie hoͤniſch durchziehet. S. Thomaſium in der Einleitung zur vernunſtlebre Cap. 4. Wer im gegentheil uͤberall mit quidquid, atqui, ergo, aufgezogen kommt, verdienet billich die cenſur angefuͤhrten Herrn Thomaſii in der ausuͤbung der ver - nunft-lehre Cap. 2. §. 142. Z. e. ich habe fol - genden Satz: Ein guter freund dient mir von freyen ſtuͤcken und aus eignem trieb. Dieſen werde ich am beſten unſtreitig beweiſen, aus der beſchreibung eines guten freundes, und alſo ſpreche ich: Denn ein guter freund iſt ia einE 3ſol -70von den beweiß-gruͤnden,ſolcher menſch, welcher mit mir in der gemuͤths - vereinigung ſtehet, und mir alles zu erweiſen bemuͤhet iſt, was mir angenehm und nach denen geſetzen erlaubt iſt. Daraus wuͤrde nach der Syllogiſtick folgendes argumentum:
  • Maior: Wer mein guter freund iſt ſiehet mit mir in der vereinigung des gemuͤths, und ſuchet mir alles zu er weiſen, was mir angenehm und nach dem geſetzen erlaubt iſt:
  • Minor. Atqui daß mir iemand aus eignem trieb diene ſolches iſt mir ſehr angenehm und er - laubt:
  • Concluſio: Ergo dienet mir ein guter freund von freyen ſtuͤcken und aus eignem trieb.
  • Wann ich nun dieſen ſchluß in ſolcher ſtellung uͤber - all anfuͤhren wolte, ſo wuͤrde ich vielleicht ridicul werden, alſo laſſe ich die Logicaliſchen kunſt-woͤr - ter weg, und binde mich eben nicht an die ſyllogi - ſtiſche ordnung, das iſt, ich ſetze bald maiorem, bald minorem bald concluſionem voran, oder in die mitte, oder zu ende, z. e. Mir iſt nichts angenehmers, als wann mir iemand aus eig - nem trieb nuͤtzliche dienſte oder gefahigkeiten erzeiget, und ich finde auch nicht, daß dieſes mit denen goͤttlichen und menſchlichen rech - tem ſtreite. Allein ich darf ſolches wohl von niemand anders als von einem guten freunde erwarten. Denn dieſer iſt ia ein hertz und ſeele in zweyen leibern, und iſt alle augenblick bereit mir wahrhaftig angenehme, nuͤtzliche und erlaubte dienſte zuerweiſen.
a)
b)Z. e. in oͤffentlichen diſputiren iſt es eingefuͤh - ret.
b)

§. 10. Wahrſcheinlich eine ſache beweiſen, heiſt die wahrheit derſelben, aus der uͤberein - ſtimmung der dabey fuͤrhandenen ſinnlichkei -ten71und derſelben erfindung. ten und umſtaͤnde, unter ſich und mit der hy - potheſi welche man erwehlet, darthun. Alle dieienigen wahrheiten, welche durch definitio - nes und unmittelbare begriffe nicht koͤnnen ausgemacht werden, muß man demnach uͤber - haupt alſo beweiſen, daß man die davon fuͤr - handenen phaenomena und umſtaͤnde oder ſinnlichkeiten, mit der hypothefi, welche man angenommen, zuſammen haͤlt, und derſelben genaue verbindung fuͤr augen leget.

  • Z. e. ich wolte beweiſen: Daß das frauenzimmer, davon oben gedacht, wohl nicht ſtellgtim ge - gangen, oder: Daß iener wahrhaftig mediſi - ret habe, oder: Daß einmabl ein kind im mut - terleibe concipiret, oder: Daß der ſpieler aus malhonnettere filoutiret habe, oder: Daß iener der ſo liederlich depenſiret, wohl nicht der kluͤgſte muͤſſe geweſen ſeyn ꝛc. Da muͤſte ich alle umſtaͤnde zuſammen in erwegung ziehen und zeigen wie ſchoͤn ſie alle mit meinem ſatze zu - ſammen hiengen. Doch iſt zu mercken, daß bey allen wahrſcheinlichkeiten, eine kleine ungewiß - heit bleibe, ob nicht etwan die ſache anders ſeyn koͤnne. Jnzwiſchen iſt man ia nicht zu ſchelten wenn man ſeinen verſtand ſo gut und ſo weit brauchet als man kan, und der wird nicht viel im l'ombre gewinnen, der nur ſpielet wann er 5. matadors hat. Das menſchliche leben aber iſt ein ſpiel, da das wenigſte unſtreitig iſt.

§. 11. Wahrſcheinliche argumenta theilen ſich uͤberhaupt alſo ein, daß man entweder vergangene oder gegenwaͤrtige oder zukuͤnftige dinge beweiſet. Und weil das gegenwaͤrtige nur in einem augenblick beſtehet, bey dem vergan -E 4genen72von den beweiß-gruͤnden,genem unſere klugheit nichts mehr vermag, ſo begreift man beydes unter den nahmen der theoretiſchen wahrſcheinlichkeit zuſammen, hin - gegen die wahrſcheinlichkeit wegen des zukuͤnf - tigen, wobey die klugheit am meiſten geſchaͤf - tig, heiſſet man die practiſche. Jene iſt ent - weder Hiſtoriſch oder Phyſicaliſch oder Mo - raliſch wann ſie auf ſachen gehet, oder Herme - nevtiſch wann ſie mit worten und auslegen zu thun hat.

  • Jch will hier einmahl fuͤr allemahl Herrn D. Ridi - gers Logicaliſche ſchriften angefuͤhret und re - commendiret haben, weil er die lehre von der wahrſcheinlichkeit am vollkommenſten und deutlichſten fuͤrgetragen.

§. 12. Hiſtoriche ſachen werden wahrſchein - lich aus der uͤbereinſtimmung und guͤltigkeit der davon fuͤrhandenen zeugniſſe und zeugen. Hieher gehoͤren alſo alle geſchehene dinge, und alle nachrichten, die wir andern von ſinnlichen dingen geben, oder von ihnen bekommen. Die guͤltigſten zeugen ſind, verſtaͤndige leute, wel - che bey einer ſache ihre ſinne, augen, gegenwaͤr - tig gebrauchet: Hierauf folgen leute, welche zwar gegenwaͤrtig geweſen aber keine ſonder - liche penetration haben: Ferner, welche es von denen die gegenwaͤrtig geweſen gehoͤret: Weiter, welche es von hoͤren ſagen haben, aber zu der zeit zugleich gelebt haben: Die ſchlech - teſten ſind die es nachher bloß von hoͤren ſagen erfahren. Jhre zeugniſſe ſind entweder ge - ſchriebene oder muͤndliche und bekommen vonihnen73und derſelben erfindung. ihnen den werth. Wenn man hier nun die un - terſchiedenen gradus wohl erweget, die beſchaf - fenheit der perſonen und ſachen zu huͤlffe nim̃t, ſo kan man gnugſame argumenta einen hiſto - riſchen ſatz zu beweiſen anfuͤhren.

  • Z. e. Jch ſolte beweiſen: Daß Friedrich Barbaroſſa vom Pabſt mit fuͤſſen getreten: Oder daß die Johanna Papiſſa wuͤrcklich geweſen; Oder: Daß beydes eine fable ſey: Oder: Daß es in Aſien leute gegeben, die nur ein bein gehabt, und damit doch ſo geſchwinde lauffen koͤnnen, als andere mit zwey beinen: Oder: Daß ie - mand ein uͤbles leben fuͤhre: Oder: Daß der ſchwan ſich ſelbſt zu grabe ſinge.

§. 13. Bey Phyſicaliſchen dingen, ſuche ich aus denen phaenomenis oder natuͤrlichen wuͤrckungen und zufaͤllen, welche unmittelba - rer weiſe in die ſinne fallen, die verborgenen urſachen und ſubſtantzen, wahrſcheinlich zu machen. Und da muß unter der hypotheſi und denen phaenomenis eine ſolche uͤberein - ſtimmung gewieſen werden, daß dieſe aus ie - ner ungezwungen zu flieſſen ſcheinen.

  • Z. e. Jch ſoll beweiſen: Daß donner und blitz etwas natuͤrliches ſey: Was eine ſonnenfin - ſterniß ſey: Warum das getreyde ohne wind taube koͤrner kriege: Ob ſich ein menſch koͤn - ne unſichtbar machen?

§. 14. Bey der Moraliſchen oder ins beſon - dere der Politiſchen wahrſcheinlichkeit, ſuche ich die abſichten eines menſchen, die beſchaffen - heit ſeines gemuͤths und verſtandes zu bewei - ſen. Daher iſt es hier noͤthig, eine gruͤndlicheE 5er -74von den beweiß-gruͤnden,erkaͤnntniß des menſchlichen verſtandes und willens zu haben, und nachgehends aus denen umſtaͤnden nnd verrichtungen eines menſchen einen ſatz zu formiren, deſſen wahrſcheinlich - keit durch die genaue uͤbereinſtimmung mit des menſchen verrichtungen und umſtaͤnden darge - than wird, und mich von ſeinen abſichten be - ſchaffenheit des willens und verſtandes unter - richtet.

  • Z. e. Jch wolte beweiſen, ob David ein voluptuo - ſus geweſen oder nicht: Ob Alexander und Julius Ceſar groſſe Helden geweſen: Ob die Roͤmer ſo tapfere leute geweſen: Warum Sa - lomon fuͤr weiſe zu halten: Was die Poly - hiſtores fuͤr leute:

§. 15. Um zukuͤnftige dinge bekuͤmmern ſich die menſchen am meiſten und begierigſten, dannenhero iſt es kein wunder, wann man ih - nen dabey die meiſtẽ unwahrheiten aufhenget, da die wenigſten ſo ſcharfſichtig ſind, das zu - kuͤnftige einzuſehen. Kluge leute halten das fuͤr zukuͤnftig wahrſcheinlich, wovon ſie gegen - waͤrtig eine uͤbereinſtimmung Phyſicaliſcher und Moraliſcher urſachen, mit dem von der zu - kuͤnftigen zeit und ſache gefaͤlletem urtheile ſe - hen, und eben auf die weiſe kan man zukuͤnf - tige dinge beweiſen.

  • Z. e. Jch will beweiſen: Daß iemand dem es an der conduite fehlt nicht leichtlich fortkom - men werde: Oder: daß ein anderer der kein geld, fuͤrnebme familie und geſchicklichkeit wind zu machen habe, nicht ſo bald befoͤrdert werde: Oder: Daß iemand bald ſterben muͤſſe.
§. 16.75und derſelben erfindung.

§. 16. Die wahrſcheinliche meinung eines redenden oder ſcribenten, beweiſet man aus ſeinen vorhergehenden und nachfolgenden ſaͤ - tzen und worten, dabey man die ſprache, die umſtaͤnde der zeit und des orts, die kraͤfte des verſtandes und willens, desienigen der da re - det oder ſchreibet, unterſuchet, und aus deren uͤbereinſtimmung untereinander die wahr - ſcheinliche meinung darthut.

  • Z. e. Jch wolte beweiſen, daß Hiob 19. v. 25. 26. 27. von der auffer ſtehung der todten rede: daß Virgilius in ſeiner vierdten ecloga nicht die menſchwerdung Chriſti und in der achten nicht die h. Dreyfaltigkeit beſingen wollen.

§. 17. Will man nun wahrſcheinliche argu - menta zum beweiß einer ſache finden, ſo muß man ſich die ſache nach allen ihren umſtaͤnden fuͤrſtellen, alle dabey befindliche ſinnlichkeiten und zufaͤlle in erwegung ziehen, hernach moͤg - liche hypotheſes formiren, aus dieſen moͤglichen hypotheſibus dieienige ausſuchen, welche mit allen umſtaͤnden genau uͤberein kommt. Bey der ausfuͤhrung ſetzt man zufoͤderſt die hypothe - ſin deutlich fuͤr augen, hernach fuͤhret man alle umſtaͤnde nacheinander an, zeiget wie ſie in der hypotheſi zuſammenhaͤngen, und nachdem der auditor beſchaffen, traͤgt man dieienigen phaenomena zuerſt oder zuletzt fuͤr, welche am genaueſten mit der hypotheſi connectiren, da - bey man ſorgfaͤltig moͤglichkeiten, unſtreitige und wahrſcheinliche wahrheiten auseinander ſetzen muß.

Die76von den beweiß-gruͤnden,
  • Die meiſte theorie hievon iſt in der Logick zu ſuchen, und die praxis wird am beſten anfaͤnglich in gegenwart eines lehrers angeſtellet. Unten im dritten theil im vierdten cap. habe ich ein ex - empel einer wahrſcheinlichen ausarbeitung, zu einer diſputation, diſponiret.

§. 18. Alle ietztan gefuͤhrte gruͤnde gehoͤren zur gelehrſamkeit uͤberhaupt und ſind alſo Philo - ſophiſch. Nachgehends bekommen ſie bey der anwendung unterſchiedene benennungen, von den obiectis und diſciplinen bey welchen ſie ge - brauchet werden. Sie behalten aber den nah - men der Philoſophiſchen gruͤnde in den theilen der Philoſophie, und da beweiſt man in der Lo - gick und Metaphyſick aus denen conceptibus Logicis alles auf unſtreitige art: Jn der Phy - ſick aus den phaenomenis wahrſcheinlich, die phaenomena ſelbſt auf ſinnliche unſtreitige art: Jm Jure naturae aus dem principio Juris na - turae auf gelehrte unſtreitige art: Jn den re - geln der klugheit bald aus dem endzweck und mitteln auf unſtreitige, bald aus der natur des obiecti auf wahrſcheinliche art.

§. 19. Jn denen Facultaͤten und uͤbrigen wiſſenſchaften, werden angefuͤhrten beweiß - gruͤnden, die nahmen derer Facultaͤten und wiſſenſchaften beygeleget. Alſo hat man in der Theologie entweder die klaren worte der h. ſchrift, dieſe beweiſen Theologiſche ſaͤtze auf eine unſtreitige art: Oder man muß aus denen umſtaͤnden bibliſcher ſpruͤche wahrſcheinlich den rechten ſenſum ſchlieſſen, dabey man alle -zeit77und derſelben erfindung. zeit wann man gruͤndlich beweiſen will, die hi - ſtorie der bibliſchen ſpruͤche, den rechten ſedem materiae, die loca parallela, den grund-text, die analogiam fidei, die von denen orthodoxen Theologis recipirten meinungen,a) ins beſon - dere die libros ſymbolicos und confeſſiones pu - blicas, zu rathe ziehen und die prudentiam Theologicam beobachten muß. Und dieſe Theologiſchen gruͤnde gelten uͤberall, wo man als ein Chriſt oder als ein Theologus etwas zu beweiſen hat.

a)Jch wolte daß wir hiezu ein durch landes herr - liche hoheit eingefuͤhrtes ſyſtema Theologicum haͤtten, das die Theologiſchen ſaͤtze deutlich und ordentlich ſetzte und die fontes probandi gruͤnd - lich anwieſe.
a)

§. 20. Jm Jure publico ſuchen wir bey uns beweiß-gruͤnde, aus denen Reichs-Abſchieden, der guͤldnen Bulle, dem Landfrieden, dem Re - ligions frieden, dem Weſtphaͤliſchen frieden, de - nen kaͤyſerlichen Capitulationibus, denen pa - ctis und dem Reichsherkommen. Jm Jure ciuili beweiſet man aus den legibus ciuilibus und ſtatutis publicis, aus denen conſuetudini - bus, contractibus, und mit teſtibus. Bey de - nen legibus ſiehet man auf intentionem ratio - nem und applicationem legis, dazu gebrauche ich interpretationem hiſtoriam und prudenti - am. Die conſuetudines wann ſie beweiſen ſollen, muͤſſen notoriſch ſeyn, und durch viele actus, die den geſetzen nicht zuwieder, und in dem caſu unverruͤckt geſchehen ſind, guͤltig ge -macht78von den beweiß-gruͤndenmacht werden. Aus denen contractibus be - weiſet man trifftig wann ſie wohl ausgedruckt, in ihrer natur richtig, und dazu durch obrigkeit - lichen conſens bekraͤftiget worden. Von de - nen teſtibus ſiehe §. 8. not. a und §. 12. oben.

  • Dieſer §. iſt mir aus Hornii Jure publico, unſers Herrn Ordinarii ſchoͤnen uſu Theoretico-practico Inſtitutionum und Pandectarum, Herrn Gribneri Principiis proceſſus Judiciarii, Zieglers edition der Proceß-ordnung, Herrn Barthii Hodegeta Forenſi und Herrn Riuini Enunciatis bekannt worden. Es ſcheint als wann Oldendorp und Everhard von Middelburg fuͤr die ci[v]i - liſten eine brauchbare topie haͤtten ausfinden wollen, da ſie ohne viel muͤhe ihre argumenta hernehmen koͤnten. Des letzteren buch fuͤhrt dieſen titel: Loci argumentorum legales, auctore D. Nicolao Everhardo a Middelburgo IC. CL. magnique ſenatus Belgici apud Mechliniam olim praeſide cum praefatione Dionyſii Gothofredi. Darmſtadii 1613. 8. und hat 131. titulos oder locos probandi.

§. 21. Was ich in der Medicin beweiſen ſoll, iſt entweder eine ſinnliche wahrheit, oder ei - ne Phyſicaliſche hypotheſis, oder eine propor - tionirung der urſachen zu den wuͤrckungen. Von allen dieſen habe ich §. 7. 8. und 13. ſoviel hier noͤthig iſt angefuͤhret, wo man ſich deßfalls raths erholen kan.

§. 22. Jn der Mathematick beweiſt’man alles auf unſtreitige art, aus den eigenſchafften der groͤſſen, ſetzt definitiones, axiomata, poſtulata, theoremata, problemata und conſectaria nebſt denen ſcholiis.

S. Wol -79und derſelben erfindung
  • S. Wolffens Elementa Matheſ. und die zu an - fangs befindliche Commentationem de metho - do Mathematica. Ridigeri Phyſicam diuinam p. 13.

§. 23. Jm gemeinem leben will es nicht allezeit mit ietzt erzehlten gruͤnden gluͤcken, daß ſie den andern von der wahrheit einer ſache con uinciren ſolten. Da wird man alſo nach be - ſchaffenheit deſſen, mit dem wir zu thun haben, ſeine argumenta einrichten muͤſſen. Ubri - gens ſind hier die argumenta a poſteriori, κατ ἄνϑρωπον und alle ſinnliche demonſtrationes mehrentheils beſſer zu gebrauchen, als a priori, κατ ἀλήϑειαν und die ſehr abſtract ſind.

  • Z. e. Wenn ich in converſation beweiſen will, daß man nicht den eheſtand verſachen ſolle, wann man noch unverbeyrathet, ſo wird kein argument beſſer durchdringen als dieſes: Dann es wird geſtrafft. Und wann ich iemand, der nicht gar zu viel nachdencken kan, uͤberzeugen ſolte, er muͤſſe fleißig in die kirche gehen, ſo wird ihm wohl keine raiſon beſſer ſchmecken als dieſe: Denn der wohlſtand erfodert es.

§. 24. Es ſiehet iedermann, daß alle dieſe beweißgruͤnde unterſchiedene gradus haben, und daß ſie leute fodern, welche faͤhig ſind rai - ſon anzunehmen; Wo der verſtand des audi - toris oder leſers alſo rein iſt, und von keinen neigungen verdorben und die ſache iſt bloß the - oretiſch, da wird man ihn kraͤfftig uͤberzeugen mit dieſen gruͤnden. Wo aber nicht, da muß man es auf dieſe argumenta nicht ankommenlaſ -80von den beweiß-gruͤnden,laſſen, ſondern pathetica zu huͤlffe nehmen und illuſtrantia.

a)deßwegen wird die rede laͤnger bey ſolchen leu - ten, da hingegen bey vernuͤnftigen ein wort ge - nung iſt. Quinctil. de orat. Dial. Quomodo mi - nimum vſus minimumque profectus ars medendi habet in his gentibus, quae firmiſſima valetudine ac ſaluberrimis corporibus vtuntur: ſic minor ora - torum obſcuriorque gloria eſt, inter bonos mores et in obſequium regentis paratos. &c.
a)

§ 25. Denn wenn alle leute weiſe waͤren, oder auch nur nicht feinde der weißheit, duͤrffte man an keine andere beweißgruͤnde gedencken, als welche die wahrhaffte beſchaffenheit der ſache an die hand giebt und daran die Logick gearbeitet. Da dieſes aber nicht iſt, muß man vielfaͤltig wind machen, und der wahrheit zum beſten denen vorurtheilen und affecten nachzugeben ſuchen, ſie zu uͤberwinden, und ſolches iſt der rechte fucus oratorius.

  • S. Ridigeri. S. V. & F. Lib. III. Cap. l. p. 451. Lib. IIII. Cap. IIII. p. 581. Hier ſind die aus dem Seneca, Quintiliano L. V. C. XIII. Gellio noct. Attic. L. I. C. VI. angefuͤhrten ſtellen merckwuͤr - dig. Demnach kan man es nicht ſchlechter - dings iemand verdencken, wann er ſolche be - weißgruͤnde anfuͤhret, (die nicht eben buͤndig ſchlieſſen) wo es noͤthig iſt. Denn die meiſten leute machen ſich falſche kennzeichen der wahr - heit, alſo thue ich ia nichts unrechts, wann ich ih - nen ihre auch irrige zeichen fuͤrhalte und ſie da - durch auf die ſpur bringe die wahrheit zu erken - nen.
§. 26.81und derſelben erfindung.

§. 26. Die andern dinge alſo, welche man in denen Oratoriſchen buͤchern als aetiologien und beweiß-gruͤnde recommandiret, muͤſſen theils zu angefuͤhrten gruͤnden, theils unter den fucum oratorium gerechnet werden. Z. e. Te - ſtimonia haben ihre kraft eigentlich in der Hi - ſtoriſchen wahrſcheinlichkeit, ſiehe oben §. 12. Jn den uͤbri gen gehoͤren ſie zum fuco oratorio. a)Und hier dienen ſie, wann man leute fuͤr ſich hat, die in dem vorurtheil menſchlichen an - ſehens ſtehen, und ſich von iemand den man an - fuͤhret, lauter wahrheiten verſprechen, oder die ein groß gedaͤchtniß, wenig iudicium haben. Ferner wann es ſcheinet, als ob man neuerun - gen fuͤrbraͤchte, ſo kan man ſich hinter die te - ſtimonia, angeſehener leute verſtecken und ſeine meinung mit ihren worten fuͤrtragen. Geld - geitzigen und aberglaubiſchen leuten, gefallen teſtimonia auch ſehr wohl. Doch iſt es auch nicht verboten teſtimonia zum putz und ausdeh - nung einer rede anzufuͤhren. Weil die mei - ſten allegata, teſtimonia ſeyn ſollen, ſo hat es mit denſelben faſt gleiche bewandniß. b)

a)Z. e. Wann ich ſage: Ein Theologus muß La - teiniſch Griechiſch und Hebraͤiſch koͤnnen: ſo waͤre dieſes mein rechter beweiß-grund: Denn Lateiniſch iſt die ſprache der Gelehrten, Grie - chiſch und Hebraͤiſch aber, die grundſprache der Bibel, welche ein Theologus nothwen - dig verſtehen ſoll. Erfoderten es aber die re - geln der klugheit ſo ſetzte ich noch hinzu: Siehe Flacium in claue S. Scripturae, Franzium de inter - pretatione Scripturae ſacrae, Glaſſium in Gramma -Ftica82von den beweiß-gruͤndentica & Rhetorica ſacra oder auch wohl gar den h. Auguſtinum de doctrina Chriſt. L. II. C. 10. da er ſagt: Latinae homines & duabus aliis ad ſcri - pturarum diuinarum cognitionem habent opus, Hebraea ſcilicet & Graeca, vt ad exemplaria proce - dentia recurratur, ſi quam dubitationem attulerit Latinorum interpretum infinita varietas. S. He - derich l. c. p. 360. und Hln. Langens Oratorie p. 91. Sonſt findet man gantze collectiones von teſtimoniis. Am beſten iſt es, man ſucht ſie ſelbſt aus probaten auctoribus zuſammen, da man ſich denn der auctorum claßicorum fuͤr an - dern bedienen kan. Denn man darf nicht den - cken daß dieſe letztern deßwegen hierzu nichts taugen weil man gemeiniglich nur Lateiniſch und Griechiſch daraus lernet und ſie den ſchul - knaben in die haͤnde giebt. Wann ich hier au - ctores allegiren wolte, wuͤrde ich vielleicht ein exempel einer unendlichen zahl geben muͤſſen.
a)
b)Siehe hievon Lilienthalii Machiauelliſmum Lit - terarium p. 85. Da er ſehr artig von denen al - legatis raiſonniret, und noch andere, die eben davon gehandelt, anfuͤhret. Herrn Hoffrath Mencken von der charlatanerie der gelebrten in dem angefuͤgten ſendſchreiben p. 261. edi - tionis Germ. 1716.
b)

§. 27. Apohthegmata oder ausſpruͤ - che angeſehener leute, ſymbola, ſenten - tzen, und ſpruͤchwoͤrter (adagia, prouer - bia) oder ſaͤtze welche durch viele erfahrung beſtaͤrcket und bey dem gemeinen volck fuͤr wahrheiten gehalten werden, ohngeachtet ſie halb wahr und halb falſch ſind, koͤnnen eben - falls wie teſtimonia angebracht werden, und werden zur noth fuͤr beweiß-gruͤnde paſſiren. bey83und derſelben erfindung. bey leuten die im praeiudicio auctoritatis ſte - hen, geldgeitzig argwoͤhniſch furchtſam ſind, uͤberhaupt keinen rechten begrif von wahrheit haben, oder wann die ſache in dem ſchlechteſten grad der wahrſcheinlichkeit beruhet und dabey groſſe behutſamkeit muß gebrauchet werden.

  • Z. e. Jch riethe iemand: Er ſolte die geiſtlichen unangetaſtet laſſen, und ich getrauete mir nicht mit der raiſon fortzukommen: Denn es iſt nicht recht: So koͤnte ich ſagen: Churfuͤrſt Joh. Georg. l. pflegte zu ſprechen: Wer ungluͤck haben will der fange nor mit den Prieſtern an. Oder ich wolte beweiſen: man ſolte auch den geringſten nicht beleidigen und ſpraͤche: kleine maͤuſe haben auch ſchwaͤntze.
  • S. Hederich 1. c. p. 436. 429. Sim. Goulartii Apophthegmata ſacra. Lycoſthenis Apophthegm. Zincgraeffii Apophth. Langii, Magiri Florile - gium, Lockmanns Arabicae fabulae & adagia, Nouarini, Eraſmi, Junii, Braſſieani, Agricolae, Gaertneri, Erpenii, Waltheri, Druſii adagia. Stollen I. II. 29. 35. 42. 47. Morhoffs Polyh. l. I. XXI. Man kan auch aus aller beruͤhmten leute ſchrifften, ſonderlich den auctoribus claßi - cis, ſelbſt dergleichen ſuchen.

§. 28. Exempel beweiſen an und vor ſich nichts als nur die moͤglichkeit eines dinges, da - von oben §. 5. gehandelt, und in Hiſtoriſchen ſachen, ſind ſie denen teſtimoniis gleich zu ſchaͤ - tzen, ſiehe oben §. 12. Man koͤnte hieher auch die erdichteten exempel rechnen und alſo fabeln pa - rabolas, apologos, ꝛc. Man wird aus den vorhergehenden leichtlich abnehmen, daß der - gleichen ob ſie ſchon nicht buͤndig beweiſen, dochF 2denen84von den beweiß-gruͤnden,denen beweiß-gruͤnden dienlich ſind, und end - lich ſo werden exempel und fabeln, eins wie das ander, bey leuten die wahrheit und moͤg - lichkeit unterſcheiden, keine abſtracta begreif - fen koͤnnen, ſinnlich gewoͤhnet ſind, ſich vom ſtudio imitandi und aemulatione fuͤhren laſſen, und ſonſt in vorurtheilen ſtecken oder affecten haben, fuͤr tuͤchtige beweiß-gruͤnde paſſiren. Zugeſchweigen, daß man ſie auch zum zierrath einer rede und dieſelbe auszudehnen und ange - nehm zu machen, nicht unbillich anfuͤhret. Wie ſie als illuſtrantia zugebꝛauchen ſiehe im folgen - den capitel.

  • Z. e. Jch ſetze: Aus einer anſehnlichen familie entſproſſen ſeyn, iſt nicht allemahl ein zeichen eines groſſen verſtandes. Exempl. Jener Bi - ſchoff in Franckreich war eines ſchweinhir - ten ſohn, da ihm nun ein andrer ſeines glei - chen, aber der aus einem vornebmen hau - ſe entſproſſen, ſeine niedrige geburt fuͤrwarff, antwortete iener: Wann ihr meines vaters ſohn waͤret, ſo wuͤrdet ihr ietzo die ſchweine huͤten. Eine andere Theſis: Unzeitiger ſchertz bringt in das groͤſte ungluͤck. Exemplum: zu Tiberii zeiten ſagte iemand zu einer leiche, ſie ſolte dem vergoͤtterten Auguſto die nach - richt bringen, daß dem volcke was er im te - ſtament verordnet noch nicht zu gute kom - men waͤre. Wie dieſes Tiberius erfuhr ließ er ihn fuͤr ſich fodern, und nachdem er ihm angedeutet daß er dieſe nachricht ſelbſt bringen ſolte, alſofort hinrichten. Alſo konte iener gar wohl bey dem poͤbel mit ſeinem beweiß fortkom - men, da er ihm zeigen wolte: Unterthanen ſol - ten ſich nicht wieder ihre obrigkeit anflehnen;und85und derſelben erfindung. und ihnen die fabel von den gliedern fuͤrbrach - te, welche wieder den magen revoltiret haͤt - ten. S. Hederich 1. c. p. 359. 423. Ridig. S. V. & F. 401. 459. Hln. Langens Orat. p. 91. Zwin - geri Theatrum, Camerarii horas ſubciſiuas, Simon Goulartii Schatz-kammer, Wunder-ge - ſchicht, Ernſts Blumen leſe, Bilder-hauß; Confeckt-tafel, ſ. Gottſr. Hartungs Hi - ſtor. Schanbuͤhne der welt, Joh. Chriſt - Nehrings H[i]ſtor. Politiſch Lexicon, Grund - manns Geſchichtſchule, Eraſmi Franciſci Trauer-ſaal ꝛc. Zieglers Schau-platz, Laby - rinth / ꝛc. Troilo Oriental. reiſebeſchreibung, Matthiae, Teatrum Hiſtoriarum, Schiebels hi - ſtoriſches Luſt-hauß, Minſichts, Harsdoͤrf - fers Hiſtoriſche ſachen. Alle reiſebefchrei - bungen, Hiſtorien-ſchreiber und auctores claſſici geben exempel im uͤberfluß, da mag man ſich ſo - viele und gute ausſuchen als es einem gut deucht. S. Morhoffs Polyhiſt. Stollens hiſt. der gel. die acta litter. Hamburgenſia, &c.

[§. ]29. Bey denen ſimilibus, comparatis, em - blematibus, ſymbolis und aller gegeneinander - haltung meines obiecti mit andern dingen, wird wohl niemand auf die gedancken gera - then, daß ſie zum beweiß-gruͤnden zu rechnen, ſondern daß ſie vielmehr als illuſtrantia anzu - ſehen, (ſiehe folgendes cap.) und als dinge wel - che dienlich eine rede auszudehnen und auszu - putzen. Doch deucht mir, daß leute die viel ingenium haben, gerne bildern und phantaſi - ren, dergleichen als beweiß-gruͤnde anneh - men, wenn man zumahl den willen durch aller - hand dabey gebrauchte argumenta pathetica zugleich rege zu machen ſuchet.

F 3Z. e.86von den beweiß-gruͤnden
  • Z. e. Theſis. Der muͤßiggang iſt ein ſchaͤdliches Ding. Simile: Denn gleichwie das opium wann es in gar zu ſtarcker doſi genommen wird, den todt wuͤrcket: alſo verſetzt das vie - le ruhen, der muͤßiggang, den menſchen in ei - ne ſolche traͤgheit, ungeſchicklichkeit und un - empfindlichkeit, daß er als ein todter menſch in der menſchlichen geſellſchafft anzuſehen. Emblema. Jener mahlete eine ſtockende uhr und ſetzte dazu: Ipſa quies vitium eſt. &c. S. Langens Orat. p. 76. Hederich l. c. p. 358. 414. Man findet zu ſolchen gelegenheit, in gantzen collectionibus als: Lycoſthenis, Zehneri, La - gnerii, Zwingeri, Langii, Lauretti, Molleri, Franciſci, &c. in ſcriptoribus der natuͤrlichen Hiſtorie, der Phyſick, der Gaͤrtnerey, des land - lebens, der pflantzen, der thiere, der baͤume, der ſteine, metalle, in Hiſtorien, Geographien, reiſe - beſchreibungen ꝛc.

§. 30. Medaillen und uͤberhaupt muͤntzen, wapen, antiquitaͤten, inſcriptiones, marmora, epitaphia, beyſchrifften, ꝛc. koͤnnen mit denen daraus genommen umſtaͤnden und merckmah - len, in der Hiſtoriſchen wahrſcheinlichkeit eini - gen nutzen haben, muͤſſen aber an und fuͤr ſich erſtlich ſelbſt wahrſcheinlich ſeyn, ehe und be - vor ich daras etwas zum beweiß tuͤchtiges an - fuͤhren will.

  • Z. e. Wenn ich Ludewigs XII. Koͤnigs in Franckreich muͤntze anſehe, die er bey einem bevorſtehenden kriege wieder den Pabſt ſchla - gen laſſen, anno. 1511. ſo ſiehet darauf: Per - dam Babylonis nomen. Hieraus koͤnte ich wohl nicht beweiſen, daß Rom eben das Babylon ſey, davon Apoc. 18. geredet wird, ſondern nur ſo viel, daß es vom Ludewig XII. dem allerchriſt -lichſten87und derſelben erfindung. lichſten koͤnige ſo genennet worden. Und eben dieſes muͤſte ich aus der Hiſtoriſchen wahrſchein - lichkeit richtig machen. Aber wann ich mit ge - meinen leuten unter den Proteſtanten zu thun haͤtte, ſo daͤchten dieſe alſofort, es muͤſſe noth - wendig Rom das rechte Babylon ſeyn, weil es auf der muͤntze ſo benennet worden. vid. M. Liebii diſſert. Romam Babylon ex numis. Span - hemium de vſu& praeſtantia numiſmatum antiquo - rum, und von dieſen Stollens Hiſtorie der Ge - lahrheit p. 160. wo er von muͤntzen handelt. Fer - ner Biragii Imperatorum Romanorum numiſma - ta, Friſium de re numaria, du Frêne de infer. aeui Numiſmat. Goldaſtum de re numaria veterum, Labbaei Biblioth. numariam, Lampadium de na - tura numi, Maiorem de numis, Maibomium de vſu numorum vet. Patini numiſm. Imperat. Sa - gittarium de numiſmat. Sneliium de re numaria, Tirinum de antiq. monetis & modernis, Tenzelii Saxonia Numiſm. Monatliche unterredungen Bibliothecam curioſam, Morhoffs Polyhiſt. I. V. II. L. &c. Von wapen S. Gribelii inſignia no - bilium, Polidorum de origine inſignium regum & principum, Höppinum de iure armorum & inſigni - um. Tenzelii Biblioth. curioſ. repoſ. II. p. 554, Büſſings, Hermannii, Fuͤrſts, Speners, Triers, He - raldica, &c. Stolle l. c. p. 376. Von antiqui - taͤten, ſ. Roſinum, Kippingium, Kirchmannum, Manutium, Graeuium, Hottingerum, Quenſtaedt, Geier, Bergen, Wedel, Dietericum, Strauch, Nico - lai, Daſſouium; Buxtorff. Pfeiffer, Hildebrand, Lundium, Caluoer, Schmidium, Fabricium, Meliſ - ſantes, Stollen I. III. 8. 9. 10. 11. Morhoffs. Polyh. I. V. II. Von inſcriptionibus ſ. Vrſi - num, Textorem, Maſenium, Weiſium, Senertum, Stepnerum, Fabrettum, Flectwod, Reineſium, Gruterum, Apianum, Amantium, Fendt, Boehme -F 4rum,88von den beweiß-gruͤnden,rum, Theſaurum, Smetium, Panuinium, Mazo chium, Golzium, Vrſinum, Boiſſardum, Pignori - um, Waltherum, Falconerium, Chytraeum, Lab - beum, ab Ines, Rubeum, Vrſatum, &c. S[t]ollen. l. c. 16. Morhoffs Polyh. I. IIII. XIIII. &c. Von beyſchriften ſ. Lazarellum, Gryphios, Hoff - mannswaldau, Golau, Lohenſtein, Neu - kirch, Meiſter, Mencke, Martialem, Owenum, Sarbieuium, Sautelium, Proſp. Aquitanicum, Pau - lum Silentiarium, Palladem, Stollen. I. V. 58. 61. Morhoffs Pol. I. VII. Cap. I. II. III.

§. 31. Hier muß ich auch derienigen beweiß - gruͤnde gedencken, welche man von der benen - nung eines dinges, und denen dabey fuͤrkom - menden nahmen, a notatione alſo, ab etymo - logia, homonymia, ſynonymia, genio lin - guae, tropo, vſu vocis, definitione nomina - li, aequiuocatione, coniugatis, allegoria, an - tiphraſi, interpretatione und dergleichen no - minal-concepten hernimmt: Wann man nemlich ſaͤtze beweiſen ſoll, die bloß die benen - nung des dinges angehen, kan man aus dieſen fontibus allerdings gruͤndliche beweiſe fuͤhren, weiter aber erſtreckt ſich ihre kraft nicht. Doch ſind ſie in gewiſſen faͤllen, die in vorhergehenden §. §. beſtimmt worden, nicht ohne nutzen.

  • S. Hederich p. 343. l. c. Z. e. Es beiſt iemand ein gelehrter, deswegen iſt ers nicht gleich. Und wenn ſchon Jus eine ſuppe und auch das recht heiſſet, ſo folgt deswegen nicht, daß man beydes mit loͤffeln eſſen koͤnne. Aber dieſes iſt recht bewieſen: Grotius iſt ein ge - lehrter mann deßwegen muß er auch ſo ge - nennet werden. Oder: Es iſt laͤcherlichwann89und derſelben erfindung. Wann ſich die leute uͤber die ſyllogiſmos mo - quiren; Denn es iſt eben als wenn ſich ie - mand uͤber einem vernuͤnfftigen ſchluß mo - quirete: Jndem ich einen Syllogiſmum aller - dings einen vernuͤnfftigen ſchluß nennen muß. Oder: Ein Philoſophe muß den affecten nicht ergeben ſeyn: Denn er heiſt ein liebha - ber der weißheit, wie reimt ſich aber dieſes mit einen liebhaber der affecten.

§. 32. Endlich ſind einige dinge zu beruͤhren, welche gleich denen vorhergehenden ſchein - gruͤnden, in denen ebenfalls beruͤhrten faͤllen, gelegenheit zu beweiß-gruͤnden an die hand bie - ten, oder doch bey denen rhetoribus nicht recht ausgemacht ſind und mit denen rechten Logi - caliſchen theils vermiſcht, theils ihnen unrecht entgegen geſetzt werden, theils auch zu ſehr nach der ſcholaſtiſchen ſtrohſchneiderey ſchmecken. Solches ſind die argumenta, a materia, a for - ma〈…〉〈…〉, a subiecto, ab adiuncto, a partibus, a circumſtantiis, a repugnantibus, oppoſitis, diſparatis, diſſimilibus, inſinuatione, medita - tione, conſectariis, loco communi, argutiis, paralleliſmo, tempore, &c. Wann ſie aber etwas gutes an ſich haben, ſo iſt ſolches im vor - hergehenden ſchon angefuͤhret, wie fern es zum beweiſen nuͤtzlich, oder wird ſich bey denen illu - ſtrantibus und patheticis, die nothwendig ſorgfaͤltig von den probantibus zu unterſchei - den, vollends zeigen. Ubrigens kan man ihrer ſicher entbehren.

§. 33. Uberhaupt muß man ſich der Orato - riſchen ſchmincke mit der groͤſten klugheit bedie -F 5nen,90von den beweiß-gruͤnden,nen, ſie nicht gaͤntzlich verwerffen, doch auch nicht ohne unterſcheid, nicht zu haͤuffig, nicht an den unrechten ort, oder ſonſt auf pedantiſche uñ abgeſchmackte art anbringen. Dabey iſt es noͤthig, ſie nach den geſchmack des zuhoͤrers oder leſers auszuleſen, ſeinen vorurtheilen dabey nachzugeben, ſeinen affect dabey zu intereſſi - ren, und ſich zu huͤten daß man nicht ungegruͤn - dete gedancken zugleich dabey rege mache, oder den leuten die waffen wieder die wahrheit in die haͤnde gebe. Man bekommt bey ihrer anfuͤh - rung zugleich gelegenheit, an die auctores zu gedencken, wo man ſie gefunden, ſie zu erklaͤren zu billigen oder zu verbeſſeꝛn, und allerhand ein - faͤlle mit anzubringen.

  • Es wuͤrde zu weitlaͤufftig fallen alles dieſes genau - er zu determiniren, und mit exempeln zu erlaͤu - tern, doch will ich einige zur probe anfuͤhren: Es ſey z. e. folgender ſatz: Man ſoll nicht hoffaͤr - tig ſeyn: ſo ſchickte ſich auf der cantzel am be - ſten ein bibliſches teſtimonium Jacob. 4. v. 6. denn Gott wiederſtehet den hoffaͤrtigen aber den demuͤtbigen giebt er gnade. Jn der ſchu - le naͤhme ich Zenonis ausſpruch: Nihil faſtu in - decentius tum in ceteris tumpraecipue in iuueni - bus. Jn der ausfuͤhrung redete ich von der weißheit dieſes Philoſophi und warum er ſon - derlich der iungen leute hochmuth ſo uͤbel ange - ſehen. Jn einer politiſchen rede bediente ich mich des ſimilis, ſo Lohenſtein gebrauchet: Denn hochmuͤthige aufblehung iſt nicht min - der ein gewiſſes zeichen einer gemuͤths-kranck - heit, als die geſchwulſt der leibes-gebrechen und eine augenſcheinliche andeutung iſt / daßſol -91und derſelben erfindung. ſolche ebre fuͤr das behaͤltniß einer ſo eng - bruͤſtigen ſeele zu groß ſey. Jn converſation ſagte ich: Die hochmuͤthigen leute pflegten manchmahl albern zeug zu machen, Z. e. Die bauren in Chio geben dem Tuͤrckiſchen Kaͤy - ſer iaͤhrlich 1000. ducaten daß ſie buͤrger heiſ - ſen, und ienes frauenzimmer gewoͤhnte ſich eine brille zu tragen, damit die leute auf ihre ſchoͤnheit ſehen und ſie alſo diſtinguireten. Haͤtte ich dieſen ſatz: Man ſoll nicht Hurerey treiben, ſo fuͤhrte ich entweder einen beſſern ſpruch an als den: Actorum. 15. v. 10. Oder ich erinnerte, daß man nicht hurerey und vom er - ſtickten oder vom blut eſſen fuͤr einerley halten muͤſſe, ſonſt daͤchte ein boͤſer menſch, es habe die hurerey eben ſo viel auf ſich, als wann man blutwuͤrſte oder krammts-voͤgel aͤſſe und ein ein - faͤltiger koͤnte dencken, beydes waͤre ſo ſuͤndlich als die hurerey. Bey den exempeln huͤtete ich mich, daß ich nicht boßhafftige und liſtig ausge - ſonnene gluͤcklich ausgefuͤhrte ob ſchon beſtraffte exempel weitlaͤufftig fuͤrtruͤge, denn ein boßhaff - tes gemuͤth merckt ſich eher die art boͤſes zu thun und ſinnet auf mittel der ſtraffe zu entgehen, als daß es ſolte ſich durch die ſtraffe ſchrecken laſ - ſen. Die emblemata muͤſten recht artig ſeyn, ſonſt haͤlt man ſie nunmehro faſt fuͤr difficiles nugas. Wolte ich beweiſen was die Catho - licken glaubten, ſo fuͤhrte ich keine lehrer unſrer kirchen, ſondern ihre libros Symbolicos an. Redete ich fuͤr Printzen, ſo fuͤhrte ich lieber tu - gendhaffte exempel aus ihrem hauſe als Hercu - lem, Julium Caeſarem und Germanicum an, hingegen naͤhme ich die exempel laſterhaffter Printzen lieber aus dem grauen alterthum, als aus einem hauſe davon vielleicht noch nahe an - verwandten lebten. ꝛc.
§. 34. Man92von den beweiß-gruͤnden

§. 34. Man kan ſich begnuͤgen laſſen, wann man die wahrheit eines ſatzes recht ausgefuͤh - ret, und kan ſicher glauben, daß man durch ſol - che vorſtellung die gehofte wuͤrckung erhalten koͤnne. Doch iſt zuweilen noͤthig die entgegen geſetzten meinungenund gꝛuͤnde zu wiederlegen, wann nemlich wuͤrcklich contraire ſaͤtze von ei - nigen vertheidiget werden, wann dieſelben ei - nen groſſen anhang haben, und dennoch in an - ſehung des verſtandes und des willens groſſen ſchaden thun, und wenn man glauben darf, es werde ihre anfuͤhrung und gezeigte bloͤſſe, den zuhoͤrer auf die rechte meinung fuͤhren, darinn bekraͤftigen und alſo von einigen nutzen ſeyn. Und dieſes heiſſet man argumenta a contra - rio, von deren gebrauch in der erlaͤuterung ſiehe folgendes capitel.

  • Alſo iſt es laͤcherlich iemand wiederlegen, wo nie - mand das gegentheil ſtatuiret: Oder ohne unterſchied remotiue gehen: Oder etwas wie - derlegen, daran niemanden etwas gelegen, man mags glauben oder nicht: Oder da wieder man keine kraͤftige gruͤnde anfuͤhren kan ꝛc. S. Ri - dig. S. V. & F. L. IIII. Cap. IIII. §. 38.

§. 35. Man wiederleget bey ſo beſtallten ſa - chen, anderer leute der unſern entgegen geſetzte meinung, entweder nach der wahrheit, aus de - nen von uns feſtgeſtellten und ausgemachten gruͤnden, es moͤgen nun dieſe gruͤnde von dem gegner angenom̃en werden oder nicht:a) Oder aus denen grund-ſaͤtzen welche wir zu beyden theilen, annehmen und deren zuſam̃enhang mitunſers93und derſelben erfindung. unſers gegners meinung wir dennoch laͤug - nen:b) Oder aus des gegners eignen ſaͤtzen, deren unrichtigkeit wir ebenfalls darthun koͤn - nen:c) Oder aus denen augenſcheinlich fal - ſchen, abgeſchmackten und paradoxen ſchluͤſſen, welche daraus folgen. d)Bey unſtreitigen ſaͤtzen, unterſuchen wir des gegentheils unrich - tige verbindung des ſubiecti und praedicati, ſtellen die unrichtige art zu ſchlieſſen, die uͤbel - geordneten begriffe und definitiones, die natur der idearum oppoſitarum fuͤr. Bey wahr - ſcheinlichen, zeigen wir den ſchlechten zuſam̃en - hang der ſenſionum unter ſich und mit der hypotheſi, durch anfuͤhrung der wiederſpre - chenden ſenſionum, und ſchwierigkeiten, und die uͤbelausgeſuchte hypotheſin. Da dann die wahrheit ſich in einer deutlichen leichten und natuͤrlichen ordnung praeſentiret, wann ſich hingegen die falſchheit mit dunckeln verworre - nen erdichteten uͤberſteigenden begriffen und ſaͤtzen von ſelbſten verraͤth.

a)Dieſes iſt das ordentliche ratiocinium per oppo - ſitionem. S. Ridig. S. V. & F. L. II. Cap. v. p. 306. ſqq. Wann ich bewieſen habe: ein Sounerain ſolle die wohlfarth der unterthanen den zweck ſeiner verrichtungen ſeyn laſſen; ſo folget daß es falſch ſey, wann er ſeine eigne luſt und willkuhr zum vornehmſten end - zweck ſeiner bemuͤhungen macht.
a)
b)Z. e. Es wolte iemand die goͤttliche fuͤrſe - hung laͤugnen, und naͤhme doch die h. ſchrifft an. ſo wiederlegte ich ihn aus derſelben mit gnugſamen grund und recht. Und dieſe beydearten94von den beweiß-gruͤnden,arten zu wiederlegen, heiſſet man argumenta κατ αληϑειαν, nach der wahrheit.
b)
c)Dieſes iſt ein argumentum κατ ἄνϑρωπον, und heiſt mit denen beyden vorhergehenden ein ar - gumentum a priori. Z. e. Es ſagte temand: Die gelehrſamkeit beſtaͤnde in wiſſenſchafft der ſprachen und im buͤcherſchreiben, und wolte doch die Schurmannin und den Cbry - ſippum nicht fuͤr gelehrt halten, da doch iene 14. ſprachen verſtanden und dieſer 311. Logicali - ſche buͤcher geſchrieben.
c)
d)Dieſes heiſt eine wiederlegung a poſteriori, de - ductio ad abſurdum, ad incommodum. S. Ridigeri S. V. & F. l. c. p. 570. 588. ſqq. Thomaſium in Ausuͤbung der Vernunfftlehre cap. 5. Z. e. Es ſagte iemand: Alle fragen ſind ſrey und ich fruͤge ihn: Ob er ein dieb ſey?
d)

§. 36. Bey der wiederlegung ſelbſt, bemuͤhe man ſich ſo viel moͤglich, mit aller gelaſſenheit mehr durch gruͤndliche ſchluͤſſe, als leere worte, ſophiſtereyen, figuren, affecten, ingenioͤſe ein - faͤlle und anderes laͤppiſches zeug, ſein wieder - part zu uͤberzeugen. Man erwege, daß nicht alle leute ihnen von ieder ſache einerley begriffe mit unſern machen, und praͤtendire alſo nicht, auf eine impertinente art, daß ieder die ſache ſo be - greiffe, wie wir ſelbige begriffen haben, zumahl wann auf beyden ſeiten vielleicht gleiche ſtaͤrcke und ſchwaͤche oder dunckele begriffe waͤren. Uberhaupt uͤberlege man erſtlich die oben §. 34. beygebrachten umſtaͤnde, und gedencke, daß ein weiſer mann viele wahrheiten wiſſe, die er nicht einmahl fuͤrtrage, geſchweige andern auf - zudringen ſuche.

§. 37.95und derſelben erfindung.

§. 37. Jedoch was iſt es noͤthig, daß ich die - ſes hier ſo ſor gfaͤltig erinnere, habe ich doch be - reits in der vorbereitung §. 11. uͤberhaupt einem redner und redenden aufrichtige und red - liche abſichten angeprieſen. Jſt es doch bey allen beweiß-gruͤnden inſonderheit noͤthig, daß man nicht falſche ſaͤtze als wahre beweiſe, nicht dem aberglauben, atheiſterey, dem aſotiſchen und ſauertoͤpfiſchen weſen, den irrthuͤmern, vorurtheilen, naſeweißheit und verderbten nei - gungen damit an die hand gehe, nicht laſter und boͤſe menſchen lobe, nicht tugend und rechtſchaf - fene leute verachte, nicht boßhafter weiſe an - derer leute gemuͤths-ruhe ſtoͤhre, nicht die wahrheit zum deckel der boßheit und als einen grif gebrauche andern tort zu thun und ſein muͤthgen zu kuͤhlen und dergleichen. Allein es kan dieſes nicht genug wiederholet werden, da die galante welt die laſter in guͤldnen ſtuͤcken einzuhuͤllen, und der tugend den bettelſtab in die haͤnde zu geben ohnedem gewohnt iſt, hin - gegen der menſchlichen geſellſchaft und der re - publick mehr durch honnette redner als ge - ſchickte redner gedienet wird. Alſo werde auch davon im andern theil noch ausfuͤhrli - cher handeln.

§. 38. Die rechte klugheit eines redners, ſetzet billich den endzweck der beredſamkeit, und die bey denen beweiß-gruͤnden noͤthige re - geln der honnetete, des rechts der natur, und der wahrheit nicht aus den augen, und bemuͤ -het96von den beweiß-gruͤnden, ꝛc. het ſich nur die mittel dazu zu uͤberkommen und wohl anzuwenden. Sie pruͤfet ſolche nach ihren innerlichen und aͤuſſerlichen werth, nach der beſchaffenheit des thematis das zu beweiſen iſt, nach der faͤhigkeit und haupt-nei - gung des zuhoͤrers, nach dem geſchmack des ſaeculi, nach der gelegenheit der umſtaͤnde, und ſuchet lieber ſolche aus, welche ietztbenannten ſtuͤcken gemaͤß ſind, als ſolche dadurch ſie ihren endzweck nicht erhaͤlt und ſich noch wohl dazu feinde macht.

§. 39. Fuͤrnemlich huͤtet ſie ſich eine μετά - βασιν ἔις ἄλλογένος zu begehen, die fontes pro - bandi und die daraus genommene gruͤnde mit einander zu vermiſchen, und quid pro quo an - zufuͤhren, welches ein fehler iſt, den wenig wiſſen, geſchweige zu vermeiden ſuchen. Jed - wede wahrheit hat ihre eigene fontes, daraus ſie entſpringt, und daraus ſie muß hergeleitet und bewieſen werden, es muͤſte dann ſeyn, daß eine reiffe uͤberlegung foderte hievon abzuge - hen.

  • Alles dieſes iſt fuͤr ſich klar, und braucht keines weitlaͤufftigen beweiſes, die exempel aber ſolches zu erlaͤutern, laſſen ſich beſſer muͤndlich als ſchrifftlich gehen.
Das97

Das vierdte capitel, von den erlaͤuterungs-gruͤnden.

Jnhalt.

WAs erlaͤutern oder illuſtriren heiſſe? §. 1. Was der endzweck und nutzen der erlaͤuterungen ſey? §. 2. Wie vielerley dieſelben? §. 3. Von erklaͤ - rungen der woͤrter, §. 4. Von erlaͤuterung der ſachen durch worte, §. 5. Erlaͤuterung der ſache aus ih - rem weſen, §. 6. Durch beſchreibungen und einthei - lungen, §. 7. Durch grundſaͤtze. §. 8. Durch dar - aus gezogene ſchluͤſſe, §. 9. Durch allerhand ein - faͤlle, §. 10. Erlaͤuterung der ſache durch andere dinge ſo auſſer dem weſen derſelben, §. 11. Durch ex - empel, §. 12. Durch teſtimonia, §. 13. Durch gleich - niſſe, §. 14. Durch dißimilia, §. 15. Was bey denen exempeln zu beobachten, § 16. Bey denen teſtimo - niis §. 17. Bey denen gleichniſſen, §. 18. Bey de - nen dißimilibus, §. 19. Was hiebey der honnetete gemaͤß, §. 20. Was hierbey die regeln der klugheit erfodern, §. 21.

§. 1.

ERlaͤutern oder illuſtriren heiſt, die ſache welche man fuͤr ſich hat, auf ihre prin - cipia zuruͤck fuͤhren, nach allen ihren theilen auseinander legen, zuſammen ſetzen und beſchreiben, daß ſie denen zuhoͤrern recht be - greiflich werde, und ſie auch wohl auf der ſeite beleuchten, da wir wollen, daß ſie der zuhoͤrer oder leſer anſehen ſolle, oder mit ſolchen farben fuͤrbilden, welche mit unſern abſichten gemaͤß dieſelbe bemercken.

§. 2. Alſo kan man bey erfindung dieſerGargu -98von den erlaͤuterungs-gruͤnden. argumentorum eine gedoppelte abſicht haben, einmahl die ſache deutlich klar und begreiflich zu machen, und hernach ſie nach den genom - menen abſichten begreiflich zu machen, daß ſie nemlich der zuhoͤrer oder leſer in der geſtalt und auf der ſeite ihm recht deutlich fuͤrſtelle, wel - che wir ihm fuͤrzeigen. a)Mehrentheils ſucht man beydes zugleich zu bewerckſtelligen, zuwei - len aber kommt es mehr auf die eine als ande - re abſicht an. b)

a)Z. e. Jch wolte das punctiren verwerffen, und es wuͤſte keiner, was das fuͤr ein ding waͤ - re, da muͤſte ich nothwendig erſtlich deutlich die geheimniſſe der punctir-kunſt fuͤr augen mahlen, hernach ſuchte ich auch unter der hand die bloͤſ - ſe und das ridicule in dieſer kunſt mit zu entde - cken, damit ich ſie deſto gluͤcklicher herunterma - chen koͤnte.
a)
b)Jn theoretiſchen dingen komt es mehr darauf an, daß ich durch die deutlichkeit den verſtand lebhafft ruͤhre, in practiſchen hingegen iſt es noͤ - thig, daß ich auch den willen mit treffe. Hie - raus erhellet zugleich, wie noͤthig und nuͤtzlich dieſe art von argumentis, und warum ſie oben cap. 2. §. 3. hauptſaͤchlich als argumenta theo - retica angegeben worden.
b)

§. 3. Dannenhero hat man auch zweyer - ley arten von argumentis illuſtrantibus, da die eine art die ſache bloß erlaͤutert, ſie auf ihre principia zuruͤckfuͤhret, nach allen ihren thei - len und umſtaͤnden zerleget, zuſammenſetzet, und beſchreibet, die andere art hingegen zu - gleich die ſache, nach unſern abſichten, erlaͤutert und fuͤrbildet. Ferner iſt eine andere art derer -99von den erlaͤuterungs-gruͤnden. erlaͤuterungen, welche aus dem weſen und na - tur der ſache ſelbſt genommen, und eine andere, welche auſſer der ſache von andern dingen her - geholet wird, iene dienet mehr zu deutlichkeit und iſt ein werck des iudicii, dieſe nutzet ſonder - lich meinen abſichten und kommt fuͤrnemlich auf eine fertigkeit des ingenii an, iene erlaͤu - tert theils worte, theils ſachen, dieſe nur ſa - chen.

§. 4. Wir legen unſere gedancken durch worte an den tag, wenn alſo dieſe einer er - klaͤrung benoͤthiget, ſo finde ich dazu gelegen - heit durch die beſchreibung des worts, des da - rinn liegenden tropi, der haupt und neben idee deſſelben, des urſprungs, hiſtorie, vielerley be - deutung, zweydeutigkeit, gebrauchs deſſelben, durch anfuͤhrung gleichvielbedeutender woͤrter und redens-arten, wovon ſich im folgenden an - dern theil von dem ausdruck der gedancken, mehrere nachricht zeigen wird.

  • Z. e. Jch wolte das Teutſche ſchimpfwort: Du haſe erklaͤhren, ſo haͤtte ich: Definitionem no - minalem: Haſe iſt ein Teutſches ſchimpfwort und bedeutet einen menſchen, der einen luſti - gen narren abgiebt, ohngeachtet er deswegen weder penſion, noch ſtation, noch andere vortheile hat: Tropum: Eigentlich bedeutet haſe ein vierbeinigtes langoͤbrichtes wild - pret, es wird aber auf die narren geleget, vielleicht weil des haſens groͤſte klugheit im lauffen beſteht, und ein narre alles lauffen laͤſt was ihm einfaͤllt, oder weil nach Ariſtotelis bericht / lange ohren ein merckmahl der narr -G 2heit100von den erlaͤuterungs-gruͤnden. heit ſind: Ideam principalem: Haſe ſoll haupt - ſaͤchlich einen narren bedeuten: Ideam acceſ - ſoriam: Aber einen ſolchen narren, der luſtige einfaͤlle ohne ſolides iudicium hat und doch keine penſion dafuͤr kriegt, oder der auch wohl mit kopfwerffen, fuͤſſe ausſchlagen, haͤn - de und manchettes drehen, allerhand luſtige geſticulationes macht, oder viel frech toll und laͤcherlich zeug unter einander redt und gar gefaͤhrliche grimaces dabey zeiget, Deriuatio - nem: Es ſoll herkommen vom Hebraͤiſchen〈…〉〈…〉 oder vom Griechiſchen ουας, auris ein obr, wegen der langen ohren, oder vom Gehaſi des Eliſaͤ diener: ſecundum Hiſto - riam: Reimmannn Einl. zur hiſtor. Litt. Tom. IIII. p. 26. Es hatte der alte Erhar - dus Schnepf bey der hiſtorie vom Eliſa und feinem diener Gehaſi, in einer Gehaſi, in einer predigt zu Jena ſich folgender formalien bedienet: Es befin - den ſich dergleichen Gehaſi noch ietzo gar viel unter denen menſchen, welche ihr zeitliches intereſſe hoͤher balten als Gott, als den glau - ben, als die wahre froͤmmigkeit und das an - ſehen derer, welchen ſie in ihren wandel bil - lich folgen ſolten. Ach freylich befinden ſich derſelben noch viele. Jch bin ein Gehaſi, du biſt ein Gehaſi, er iſt ein Gehaſi, wir alle mit einander ſind eitel Gehaſi. Und da er alſo dieſes wort ſo offt wiederhohlet, da baben es die damahligen ſpoͤtter und Jſmaeliten auf - geſchnappet, und ſich deſſelben in ihren zu - ſammenkuͤnfften dergeſtalt bedienet, daß ſie erſtlich alle dieienigen Gehaſi geheiſſen, wel - che ſich in ihrem thun und laſſen nicht recht aufzufuͤhren gewuſt, und endlich haben ſie das wort gar enthauptet und die alberniner haſen genennet. ꝛc. Homonymiam: Es giebtvien -101von den erlaͤuterungs-gruͤnden. vierbeinigte und zweybeinigte haſen, hier verſtehet man die letztern: Vſum: Man ge - brauchts nicht gerne in oͤffentlichen reden und anſehnlicher geſellſchafft, lieber in gantz vulgairen reden: Synonymiam: Heiſt eben ſo viel als ein ſtocknarre, poſſenreiſſer, luſti - ger iuncker, laͤcherlicher kerl, bouffon, morio ſtultus, lepidus homo, lepidum caput γελωτο - πονος: Exergaſiam: Er iſt ein haſe, heiſt ſo viel als: Er hat ins haſenfett getreten: Hat einen ſparrren zu viel: Jſt geſchoſſen: Hat einen wurm: Piquiret ſich bons mots zu ma - chen und lacht am erſten daruͤber. Jch koͤnte noch hinzuſetzen es ſey ein nomen ſ&fb; bſtantiuum generis communis, ſingularis numeri, vocatiui ca - ſus, cuiuſuis declinationis: ſo waͤre die gantze in - terpretatio und analyſis grammatica richtig.

§. 5. Wenn man aber die gedancken oder ſache ſelbſt, deutlich und nach ſeinen abſichten fuͤrmahlen ſoll, ſo ſuchet man zu ende ſolche worte aus, welche nicht nur in ihrer hauptidee, ſondern auch in ihrer neben-idee, ia in ihrem fall und klange, in ihren buchſtaben, die ſache nach ihren eigenſchaften in dem gemuͤth des zuhoͤrers oder leſers bilden, man erwehlet ſol - che beywoͤrter, welche das haupt-wort, entwe - der mit deutlich machen, oder deſſen inbegrif determiniren, man wiederholet ein wort etliche mahl, man fuͤhret ausdruckungen an, die zwar eben das bedeuten aber etwas von der iedee ſo wir bereits davon gemacht, abnehmen, oder hinzuſetzen, oder dieſelbe corrigiren, oder auf etwas bekanntes kurtz fuͤhren, oder ich ſprecheG 3die102von den erlaͤuterungs-gruͤnden. die ſache artig aus, daß der zuhoͤrer oder leſer ſich genoͤthiget ſiehet, dabey ſtehen zu bleiben und ſelbige recht einzunehmen, von welchen allen in folgenden andern theil ausfuͤhrlich zu handeln.

  • Z. e. Jch ſage: Die leute ſind der eitelkeit ietzo ſehr ergeben: Illuſtratio; Verbis emphaticis: Das tichten und trachten des menſchlichen her - tzens iſt nur auf ein eitles weſen gerichtet: Das menſchliche bertz haͤnget an der eitelkeit: O quantum eſt in rebus inane! Jſt es nicht zube - iammern, daß die heutige welt ſo erſchrecklich denen vanitaͤten nachhaͤnget[?]Epithetis: Die verblendeten ſterblichen, ſind der thoͤrichten eitelkeit von gantzem hertzen zugeihan: Jr - diſchgeſinnte menſchen haben ſich beſtaͤndig der vergaͤnglichen eitelkeit gewiedmet. Repe - titione: Die menſchen ſind hent zu tage der ei - telkeit ſehr ergeben, der eitelkeit, welche ſie von GOtt abfuͤhret, der eitelkeit, welche ſie zu thoren macht: ꝛc. Die menſchen ſind in der eitelkeit gantz erſoffen: Sie ſind der ei - telkeit nicht gram: ſie lieben ſolche vielmehr von gantzem hertzen: der menſchliche ver - ſtand ſinnet nur auf eitle luſt: der wille und die neigungen des menſchen fliehen nur dasienige, was nicht nach der eitelkeit ſchmeckt und begehren eyffrigſt, was in dieſes reich der thorbeit gehoͤret: Alluſione: Der prediger Salomo ſolte ietzt auftreten, da wuͤrde er materie zu reden bekommen und den text recht leſen koͤnnen: Die menſchen lie - ben in allen gern die freyheit, nur von der ei - telkeit laſſen ſie ſich gerne ſclaven feſſel anlegen und dieſe tragen ſie mit luſt: Das menſchli - che hertz iſt ein altar, auf welchem dem un -be -103von den erlaͤuterungs-gruͤnden. bekannten GOtt, oder daß ich recht ſage, der eitelkeit, viele opfer verbrannt werden: Ar - gutiis: Man findet hent zu tage viel Epicu - raͤer, aber ſelten einen Epieurum: Ein menſch ſeyn, und eitelkeiten lieben, wollen bey der heutigen welt faſt einerley ſagen: Die auffuͤhrung der menſchen hat denen woͤr - tern ihre ordentliche bedeutung entzogen, denn thorheit und eitelkeit lieben heiſt ietzo klugheit und ſich der weißheit ergeben, eigen - ſinn und thorheit. ꝛc.
  • Jch will dieſe exempel nicht fuͤr vollkommene lei - ſten angeben, daruͤber alle erklaͤrungen und il - luſtrationes paſſen muͤſten, es wird dem iudicio und der uͤbung des leſers und lernenden uͤber - laſſen, nach anleitung meiner regel, beſſere ex - empel zu machen, und auch in andern ſprachen ſeinen fleiß anzuwenden. Man ſiehet im uͤbri - gen aus angefuͤhrten, was meine meinung, und wie man durch das nach ſinnen alles ſelbſten fin - den und gebrauchen koͤnne, was man ſonſt mit fuͤrchterlichen unzehlichen nahmen ohne ver - ſtand ſeinem gedaͤchtniß einpraͤgen muͤſte.

§. 6. Dieſes was ich von erlaͤuterungen bißher angefuͤhret, gehoͤrt bloß zur erklaͤrung bloſſer worte oder zur erlaͤuterung der worte, damit man eine ſache bemercket, und alſo alles zum ausdruck der gedancken, welche ich im fol - genden theile abgehandelt. Damit ich aber zum haupt-werck nemlich zur erlaͤuterung der ſache ſchreite, ſo findet ſich in ihrem weſen ſelbſt die vollkommenſte gelegenheit zu denen erlaͤuterungs-gruͤnden. Welches niemand unbekannt ſeyn kan, der aus der Philoſophie gelernet, was methodus analytica und ſynthe -G 4tica104von den erlaͤuterungs-gruͤnden. tica ſey, denn nach ienem, fuͤhre ich die ſache auf ihre principia zuruͤck, auf die ſinne, zur rech - ten deulichkeit, nach dieſem aber, fuͤhre ich die ſchluͤſſe aus ihren principiis her, und fange al - ſo von denen principiis an, biß ich alles was daraus flieſſet, dargethan, durch welche beyde wege, man denn gewiß von einer ſache deut - liche begriffe bekommen wird. Und weil eine ſache entweder wahrſcheinlich, oder unſtreitig, oder bloß moͤglich, oder gar falſch iſt, ferner ent - weder ſinnlich, oder abſtract, hiſtorie, oder rai - ſonnement iſt, und enldich nach beſchaffenheit der diſciplinen, dahin ſie gehoͤret, vielerley ſeyn kan, ſo iſt es noͤthig, hiebey was im vorigen capitel ausgefuͤhret, ihm bekannt zu machen und im uͤbrigen Logick und diſciplinen zu rathe zu ziehen.

  • Es iſt kein natuͤrlicherer weg die ſache deutlich zu machen, als wann ich ſie mit ihren principiis und criteriis recht fuͤrſtelle und beleuchte. Ha - be ich wahrheiten fuͤr mir, ſo zeige ich, wie es komme, daß es wahrheiten ſind, und halte ſie gegen den urſprung der ſiune, oder ich weiſe, was aus ihnen fuͤr ſaͤtze und wuͤrckungen flieſ - ſen. Und wofern ich ſie nur ſelbſt recht erkenne, wird es mir hier nicht fehlen, ſelbige auch deut - lich zu machen. S. Thomaſii Einl. zur Vern. cap. 12. 13. Ausuͤbung derſ. cap. 1. 2. Ridigeri S. V. & F. Lib. I. Cap. VI. Lib. IIII. Cap. II. III. IIII.

§. 7. Die wichtigſte art der erlaͤulerung, iſt hier die beſchreibung und die verſchiedenen eintheilungen und einſchraͤnckungen eines din -ges.105von den erlaͤuterungs-gruͤnden. ges. Bey denen unſtreitigen ſachen, bringe ich eine deulichkeit herfuͤr, durch definitiones, deſcriptiones, diuiſiones, diſtributiones, limi - tationes und exceptiones. Bey wahrſchein - lichen dingen, erzehle ich nur alle ſenſiones und obſeruationes, die bey einer ſache gemacht wor - den, und lege die hypotheſes mit deutlichen ſaͤ - tzen fuͤr augen, bediene mich dabey deutlicher worte und der guten natuͤrlichen ordnung, ſo wird alles deutlich werden. Miſche ich nach meinen abſichten, allerhand ſtriche und aus - druckungen meines affects mit unter, erhoͤhe und erleuchte die ſtuͤcke, welche den leſer oder zu - hoͤrer am meiſten ruͤhren ſollen, und verſchwei - ge hingegen, verdunckele, oder ſtreiche dasienige gleichſam anders an, was meinen abſichten zuwieder lauffende ſentiments bey ihm erre - gen koͤnte, ſo kan ich auch dieſe ſtuͤcke brau - chen, die ſache nach meinem endzweck fuͤrzu - bilden.

  • Z. e. Jch wolte dieſen ſatz erlaͤutern Falſche leute ſoll man meiden: ſo koͤnte ichs thun per defini - tionem ſubiecti: Falſche leute ſind ſolche men - ſchen, welche aus mangel vernuͤnfftiger ten - dreſſe gegen ihren naͤchſten, ſelbigen durch allerhand verſtellungen und angenehmen ſchein der freundſchafft zu betruͤgen ſuchen, damit ſie ihren eignen nutzen, es koſte was es wolle, allein befoͤrdern moͤgen: Praedicati: Und ſolcher leute geſellſchafft, ia wo es moͤg - lich, bekanntſchafft, ſoll man ſich ernſtlich entziehen, und ſich mit ihnen auf keinerley weiſe einlaſſen: Deſeriptionem: Es iſt man -G 4cher106von den erlaͤuterungs-gruͤndencher ſcharfſinnig und doch ein ſchalck, und kan die ſachen drehen wie ers haben will, Syr. 19. 22. Diſtributionem: Derſelbige ſchalck kan den kopf haͤngen und ernſt ſehen und iſt doch eitel betrug, er ſchlaͤgt die augen nieder und horchet mit ſchalcks-ohren, und wo du nicht acht auf ihn haſt, ſo wird er dich uͤberei - len, und ob er zu ſchwach iſt, dir ſchaden zu thun, ſo wird er dich doch, wann er ſeine zeit ſiehet, beruͤcken. Man ſiehets einem wohl an, und ein vernuͤnfftiger mercket den mann an ſeinen geberden. Denn ſeine kleidung, lachen und gang zeigen ihn an. Diuiſionem: Leute, die es nicht redlich mit ihrem naͤchſten meinen ſie moͤgen nun vornehm oder gering, dum oder liſt[i]g, reich oder arm, manns - oder weibes-perſonen ſeyn, ſoll man weder in ſeine geſellſchafft ziehen, noch ſich ihnen aufdrin - gen: Limitationem: Es muͤſte dann ſeyn daß man ihrer ſchlechterdings nicht entbehren, oder daß man ſie beſſern koͤnte: Exceptionem: Haͤmiſche leute ſoll ich meiden, ausgenommen wo es der wohlſtand erfodert. cꝛ. Ob nun iemand fuͤr falſch zu halten, ſolches muß durch die wahrſcheinlichkeit, ſo in vorigen cap. §. 14. gewieſen, erhaͤrtet werden, und da koͤnte ich meinen ſatz daraus alſo erlaͤutern: Wer von allen zu profitiren ſuchet, und hingegen nie - mand von ſich profitiren laͤſt, wer anders re - det als ers meint, wer vorwerts einem die haͤnde druͤckt, viel verſprechungen thut, einen freundlich anlacht, ins angeſicht lobet, einem geheimnuͤſſe anvertrauet, hinterwerts aber einen durchzieht, keine verſprechungen haͤlt, und was man nuͤtzliches fuͤrnimt, hintertrei - bet, aus allen dingen geheimniſſe macht, ei - nem gar zu uͤberfluͤßige complimente auf -buͤr -107von den erlaͤuterungs-gruͤnden. buͤrdet und wenig guts in der that erzeiget, der iſt billich mit allem fleiß zu meiden ꝛc. Bey hiſtoriſchen ſachen koͤnte ich die anfuͤhrung aller umſtaͤnde in einer that, der gelegenheit dazu und dergleichen, interpretationem hiſtoricam nennen. Die interpretatio Philoſophica aber begreifft nach ihrem rechten begriff zugleich al - les, was ich von denen erlaͤuterungen der ſache aus ſich ſelbſt, ſie deutlich zu machen herfuͤr - bringe.

§. 8. Jch kan eine ſache erlaͤutern, wann ich die abſtracten und generalen begriffe, die man von einer ſache machen kan, zuſammen nehme, und als grund-ſaͤtze anſehe, daraus mein ſatz oder obiectum flieſſet, und dieſes heiſ - ſet man illuſtrationem a loco communi.

  • Z. e. Bey den obigen ſatz koͤnte ich folgende gedan - cken haben: Einen menſchen, der des andern teuffel iſt, darf ich wohl fuͤr keinen engel h[a]l - ten: was mir ſchadet, dafuͤr huͤte ich mich billich: ꝛc. Am beſten aber laͤſt ſich dieſe art der erlaͤuterung, bey hiſtorien und ſolchen ſachen ap - pliciren, die nicht eben ſehr abſtract ſind.

§. 9. Jngleichen iſt dieſes eine art der erlaͤu - terung, wann ich aus einem ſatze ſchluͤſſe ziehe. und alſo dadurch deutlich die wuͤrckungen und application einer ſache fuͤrſtelle, wodurch ich zugleich dieſelbe nach meinen abſichten beleuch - ten kan, und dieſes bemercket man mit der illu - ſtratione a conſectario.

  • Z. e. Bey obigen themate ſage ich: Denn ein falſcher ſuchet mich entweder zu nutzen, oder mir zu ſchaden, wann er mich genutzt, ſo lacht er mich dazu aus, und wenn er mir ſchadenge -108von den erlaͤuterungs-gruͤnden. gethan, ſo wird er mir wohl gar noch dazu gram: Proprium enim humani ingenii eſt: odiſ - ſe quem laeſeris. Tacit. Agr. 42. 6. Oder: denn auftichtige leute meinen, man ſey eben der haar als die falſchen geſellen: Oder: denn man kan bey ſolchen leuten ſchwerlich einen raiſonnablen en dzweck erhalten: Oder: Dann ihre bekanntſchafft und geſellſchafft, iſt was ſehr unangenehmes, gezwungenes und ſchaͤd - liches ꝛc. Hiebey thut die Logick gute dienſte, wann ſie die arten der ſchluͤſſe zeiget.

§. 10. Endlich kan man auch eine ſache deut - lich machen, oder ihr nach ſeinen abſichten ver - ſchiedene geſtalten geben, wann man allerhand moͤglichkeiten dabey erdencket, betreffend die umſtaͤnde, urſachen, wuͤrckungen, guͤte und an - dere einfaͤlle, welche man bey einer ſache ha - ben kan, und dieſes haben die rhetores bißher mit einem gar zu generalen worte illuſtratio - nem a meditatione genennet.

  • Was meditatio heiſſe bey denen Logicis, iſt bekannt. Es wuͤnſchte mancher unter dem ſpecioͤſen titel der meditation eine verlegne wahre, abge - ſchmackte auch wohl boßhaffte tinctur, anzuwer - den, doch dieſes gefaͤllt nur leuten, die gerne boͤ - ſes gut und gutes boͤſe heiſſen. Ein rechter red - ner bedienet ſich lieber, der wahrhafftig aus ei - ner ſache flieſſenden erlaͤuterungen, als dieſer art der moͤglichen einfaͤlle, dazu ihm nur etwan der geringſte umſtand der ſache, eine kleine ge - legenheit gegeben, und welche ſo leicht wahr als falſch, recht oder unrecht, ſeyn koͤnnen. Jch habe oben dieſe art der meditation uͤberhaupt ein raiſonnement geheiſſen und der hiſtorie ent - gegengeſetzt, §. 8. not. a. Doch kan man dieſelben109von den erlaͤuterungs-gruͤnden. ſelben allerdings auch wohl gebrauchen, wann man eine honette abſicht hat und ſich einer ge - ſchickten manier, ſelbige anzubringen, bedienet, Z. e. Falſche leute ſoll man meiden: Denn man moͤchte ſonſt von ihnen angeſteckt wer - den: Sie ſehen auf einen groſſen beutel und nicht auf verdienſte: Wenn der wolff den ſchaffspeltz angezogen, iſt er am gefaͤhrlich - ſten: Man hat zwar wohl falſche leute zu ſeiner geſellſchafft gehabt, aber man iſt noch von keinem unbetrogen wegkommen: ſie drehen den leuten nicht nur naſen an, ſon - dern ſetzen ihnen dazu brillen darauf: es ſind gleichſam politiſche ketzer und alſo gehoͤren ſie mit zu denen, davon die ſchrifft uͤberhaupt ſagt: einen ketzeriſchen menſchen meide. Sie haben GOtt den dienſt und dem naͤchſten die liebe aufgeſaget: Hic niger eſt, hunc tu Roma - ne caueto.

§. 11. Auſſer dem weſen der ſache, finden ſich viel dinge, deren gleichheit oder ungleichheit mit meinem obiecto kan gezeiget werden, ſel - biges dem zuhoͤrer deutlich, oder nach meinen abſichten, fuͤrzuſtellen. Zeige ich die gleichheit, ſo finde ich ſelbige entweder in meinungen, oder exempeln, oder gleichniſſen, rede ich aber von der ungleichheit meines obiecti mit andern ſa - chen, ſo iſt die ungleichheit entweder ab oppoſito, oder a diſpari herzunehmen. Es iſt hievon in dem vorigen cap. bereits etwas angefuͤhret.

§. 12. Exempel ſind ſpecies oder indiuidua, das iſt, mehr ſinnliche als abſtracte begriffe, welche ich mit denen abſtractis, darunter ſie ſtehen, gegen einander halte, damit aus dieſer zuſammenhaltung, die ſache den ſinnen naͤherkom -110von den erlaͤuterungs-gruͤnden. komme, und nach meinen abſichten, deſto leich - ter und deutlicher begriffen werde. Sie wer - den aus der hiſtorie und erfahrung hergenom - men, und wohl erſtlich an und fuͤr ſich nach ih - ren umſtaͤnden erlaͤutert und bewieſen, hernach aber auf das fuͤrhabende obiectum appliciret, oder auch nur kurtz in wenig worten, ohne ap - plication fuͤrgetragen.

  • Z. e. Falſche leute ſoll man meiden: Illuſtrat. ab exemplo: Haͤtte ſich Simſon nicht mit der Delila eingelaſſen, waͤre er nicht um ſeine krauſen haare, um ſeine augen, freyheit und endlich gar um das leben kommen. Haͤtte Siſſera nicht aus der Jael ihrem m[i]lch-topf getruncken, und ſich ſo treuhertzig machen laſſen, in ihrem gezelt zu ſchlaffen, ſo wuͤrde ſein ſchlaf mit dem tode, durch den fatalen nagel nicht ſeyn zuſammengehefftet worden. Fuͤr Joabs gruß, Judas kuß und Granvel - laniſcher ſchreibekunſt, muß man[l]eben ſo wohl als fuͤr dem teuffel ein creutz machen.

§. 13. Jch kan meine meinung durch al - lerhand teſtimonia erlaͤutern, wann ich die gleichheit eines ſatzes mit andrer leute mei - nung, ausſpruͤchen, ſpruͤchwoͤrtern und derglei - chen darthue, und dabey dieienigen umſtaͤnde bemercke, worinn ſie miteinander genau uͤber - einkommen, oder von einander unterſchieden. S. hiebey das vorige capit. §. 26.

  • Z. e. Bey obigen ſatz fuͤhrte ich an Tacitum H. 1. 2. 6. der ſagt: Quibus deeſt inimicus, ſubinde per amicos opprimuntur: und A. 14. 56. 5. odi - um fallacibus blanditiis velatur. Oder ich ſpraͤ - che: Wer einmahl aufm fahlen pferde ertapptiſt,111von den erlaͤuterungs-gruͤndeniſt, dem trauet man nicht mehr: Oder ich ſag - te: Groſſe Herren ſind einem manchmahl oh - ne raiſon gram, und ſetzte hinzu Tacit. A. 6. 48. 2. Multi potentibus inuiſi, non culpa, ſed vt flagitiorum impatientes.

§. 14. Ein ſimile iſt, wann ich eine idee oder ſatz mit dem andern vergleiche, und ohn - geachtet beyde ein ander nichts angehen, den - noch ein oder mehr eigenſchaften und ideen be - mercke, darinn ſie einander gleich kommen, ſolche idee oder eigenſchaft nennet man ſo dann das tertium comparationis. Man kan die gleichheit eines dinges mit dem andern durch ein wort oder bild bemercken, durch etliche ei - genſchaften durchfuͤhren, die gleichheit ſo wohl als ungleichheit inſonderheit andeuten, und beyder verhaͤltniß gegen einander abmeſſen, auch wohl iedwede abſonderlich ausfuͤhren.

  • Z. e. Theſis: Schwelgerey iſt ein ſchaͤdlicher af - fect: Illuſtr. Metaph. Sie iſt ein weg, der uns zum verderben fuͤhret: Simile: Ein wa - gen, darauf man zur hoͤlle faͤhret: Allegor. Bernhardi: Defluit luxuria, quae tamquam currus quadrigis voluitur vitiorum, ingluuie ventris, li - bidine coitus, mollitie veſtium, otii ſoporisque re - ſolutione, trahitur equis duobus. proſperitate vitae et rerum abundantia. Et his qui praeſident, duo ſunt aurigae, torpor & ſecuritas. Comparatio: Sie iſt eine zauberiſche Circe, gleichwie dieſe des Ulyſſes geſellen in mancherley thiere als ſchweine, affen, bunde und dergleichen ver - wandelte, ſo veraͤndert auch die ſchwelgerey die menſchen in allerhand viehiſche geſtalten, und da die Circe doch noch denen metamor - phoſirten ihre vorige geſtalt wiedergeben konte, ſo iſt dieſes die ſchwelgerey nicht ver -moͤ -112von den erlaͤuterungs-gruͤnden,moͤgend. Diſſimil. Pythagoras kraut und ruͤben und lebte maͤßig, fuͤhrte hingegen ſeine nachfolger zur weißheit: Die ſchwelgerey hingegen erlaubt ihren anhaͤngern alles, und macht ſie zu narren: A minori ad maius: Ein vernuͤnftiges thier laͤſſet ſich nicht zwingen unmaͤßig zu freſſen und zu ſauffen, wie viel - mehr wird ſich ein vernuͤnftiger menſch fuͤrzu - ſehen haben, daß er nicht von ſelbſten in das laſter der ſchwelgerey verfalle. Prot. und Apod: Gleichwie das panterthier, da es den wein liebt, auch dadurch um ſeine freyheit kommt: Alſo wird auch der menſch, welcher der ſchwelgerey ergeben; dadurch um ſeine wohl - fahrt gebracht: Die ſchwelgerey iſt ein glat - tes eiß, darauf man gar zu leichte faͤllt, ein Sodoms-apfel, der auswendig ſchoͤn, inwen - dig voll aſche iſt, eine roſe mit dornen, eine guͤldne ſclaven kette, eine thuͤr zum grabe, ein weg zur hoͤllen, ein prophete, der den bettel - ſtab vorher anzeiget, ein zeichen, daran man abnehmen kan, daß der verſtand nicht zu hau - ſe, oder wohl gar die unvernunfft beſitzerin des hauſes. ꝛc. Siehe oben cap. 3. §. 29.

§. 15. Die ungleichheit eines dinges kan ich zeigen, mit denen ihm entgegen geſetzten ideen und ſaͤtzen, welche entweder bloß diſparata ſind, oder contraria und contradictoria. Bey ienen iſt nicht viel zu erinnern, indem alle ſimi - lia auch diſſimilia ſeyn und von ſolchen in vori - gen §. geſagt worden, dieſe aber heiſſen eigent - lich oppoſita und in ſaͤtzen obiectiones, und dienen dazu, daß man durch die regeln einer guten eintheilung und oppoſition finde, was dem vorhabenden obiecto koͤnne entgegen ge -ſetzet113von den erlaͤuterungs-gruͤnden. ſetzet werden, ſelbiges damit zuſammen halte uñ den mercklichen unterſchied zeige, damit man aller confuſion und unrichtigen concepten, bey dem leſer oder zuhoͤrer fuͤrkom̃en, und in fuͤrbil - dung des obiecti ſeine einbildung praͤoccupiren moͤge.

  • Z. e. Jch halte die falſchheit und aufrichtigkeit, die ſchwelgerey und maͤßigkeit, einen narren und klugen gegeneinander. Oder ich zeige den unterſchied der glaͤubigen und unglaͤubigen, derer, die GOtt dienen und die ihm nicht die - nen: Oder ich ſage, worinn falſchheit und landes-verraͤtherey, ſchwelgerey und geitz von einander unterſchieden Hiebey ſehe man, was oben cap. 3. §. 34. etwan beygebracht. Hln. Langens E. 3. O. p. 69. Hederich. l. c. p. 357. 413. Was ſonſten in andern Rhetoricken von figuren und dergleichen hiebey gewieſen wird, findet ſich von ſelbſten, wann man dieſen §. ver ſtehet.

§. 16. Bey denen exempeln iſt noch dieſes zuerinnern, daß ich mich ſonderlich nach ihnen umthun muͤſſe, wann die ſache ſo abſtract, pa - radox, unglaublich, und trocken zu ſeyn ſchei - net, das man ſelbige ſchwerlich begreiffet, und wann es noͤthig ihr eine ſolche tour zu geben, die meinen abſichten gemaͤß bey dem zuhoͤrer oder leſer einen eindruck machen kan. Und nach dieſen beyden abſichten, welche man bey exem - peln haben kan, muß man ſich auch in der wahl und anfuͤhrung der exempel richten.

  • Z. e. Wann ich ſpraͤche: Eo miſerabilior, quo quis putatur illuſtrior: Die groͤſten leute ſind biß - weilen die elendeſten; ſo muͤſte ich wohlHdurch114von den erlaͤuterungs-gruͤnden. durch exempel ſolches erlaͤutern: Oder ich ſagte: Die gelehrten ſollen ſich nicht mit einander zancken; ſo koͤnte ichs alſo erlaͤutern: Wann ſich die ſtudenten unter einander ſchlagen, ſo behalten ſie ihre ſchlaͤge, und das Concilium bekommt die ſtraf / gelder.

§. 17. Teſtimonia, apophthegmata, pro - uerbia, und dergleichen fuͤhre ich an, wann et - wa andere, meine ſaͤtze durch recht nachdruͤckli - che und deutliche worte exprimiret haͤtten. Und wann ich ſie nach der beſchaffenheit des zuhoͤ - rers oder leſers und der ſache ſelbſt artig aus - ſuche, ſo kan ich auch vermittelſt derſelben einen ſolchen concept den leuten von der ſache ma - chen, als ich intendire.

  • Z. e. Bey obigen ſatz koͤnte ich anfuͤhren: Sabi - nus ſagt: Graue onus, paruus honos, eum cum geſtat ὀνος. Bey dem andern: Chryſoſtomi worte: Zelus ſapere neſcit & ira conſilium non habet. Oder Juan Rufo Apophthegm. 431. Entziehe dich dem diſputiren, ehe du erhitzt wirſt, der ſieg iſt allezeit deſſen, der ſich fuͤr zanck huͤtet.

§. 18. Gleichniſſe muß ich beybringen, wann die ſache dunckel iſt und leicht mit andern augen kan angeſehen werden, als ich wuͤnſche, daß man ſie betrachten ſolle. Alſo muͤſſen ſie an ſich ſelbſt deutlich ſeyn und nicht mit meinen ab - ſichten ſtreiten. Sie tragen auch vieles zum putz meines obiecti bey, und daß der zuhoͤrer oder leſer ſeine aufmerckſamkeit ſonderlich auf den umſtand wende, welchen ich mit einem gleichniſſe diſtinguire. Hiebey iſt zu mercken,daß115von den erlaͤuterungs-gruͤnden. daß nicht die beyden comparata als zwey ſubſtantiua leicht zuſammen geſetzt werden, und daß auch in dem gleichniſſe ſelbſt, auf der ſeite des termini improprii nichts wiederſpre - chendes ſey, endlich daß es nicht uͤber das ter - tium extendiret werde.

  • Z. e. Den todt nenne ich: Einen ſchlaf: das grab: Eine ruhekammer, die ſuͤnde: Eine giftige ſchlange. Die neidiſchen gelehrten vergleiche ich mit bettlern, da immer einer ſcheel ſiebet, wann der andre vor der thuͤr ſte - het. Geſchencke heiſſe ich guͤldne hauptſchluͤſ - ſel, ꝛc. Der donner des goͤttlichen worts, geht noch an, ingleichen: Die ſtrahlen des Gluͤcks; die ſonne der gerechtigkeit; aber: Die butter des verſtandes; der puffer des vater unſers; nimm als ein loͤwe deinen don - nerkeil; die diamantnen ſchloͤſſer des himmels; ich kan mit meinem ſchaafe der gedult, dem ſchlaͤchter des ſchickſaals nicht entgehen; ꝛc. klingt laͤppiſch.

§. 19. Diſſimilia, oppoſita, repugnantia und dergleichen, fuͤhre ich an, wo zu beſorgen iſt, es moͤchte der zuhoͤrer oder leſer, etliche din - ge miteinander vermiſchen, oder ſich von ie - nem einbilden, was ich gerne wolte, daß er von dem andern dencken ſolte. Hier kan ich zu - gleich dieienigen erlaͤuterungen bey dem oppo - ſito ſelbſt anwenden, welche aus dem weſen deſſelben flieſſen und darzu oben §. 5. 6. 7. 8. 9. 10. anweiſung gegeben worden. Doch muß ich mich huͤten, daß mich die leute nicht bey der illuſtration ab oppoſito fuͤr einen paß - quillanten anſehen.

H 2Z. e.116von den erlaͤuterungs-gruͤnden.
  • Z. e. Jch ruͤhmte eine aufrichtge froͤimmigkeit, ſo koͤnte ich fuͤglich den heuchler abſchildern, wann ich alle die eigenſchaften fuͤrbildete, da - mit er ſich etwan verriethe: Z. e. ich ſagte: Man ſehe doch, wie der heuchler dort in der kirche an dem fenſter ſeiner capelle ſtehet, die haͤnde aufbehet und die augen verdrehet, wie er bier in ſeiner behauſung die fenſter oͤfnet, auf die knie faͤllt und gantze ſtunden betet, man hoͤre nur, wie er in geſellſchaft von tu - gend, von ehrlichkeit, froͤmmigkeit und der - gleichen unvergleichlich wohl zu reden weiß, man erwege, wie er allenthalben, merckmahle ſeiner ſelbſtverlaͤugnung geben will, er iſſet und trincket ſich nicht ſatt, er traͤgt einen kahlen abgenutzten rock, er ſpielet weder l’om - bre, noch rommelpiquet, noch baſſette, er will kein frauens-menſch anſehen, er gebt zu kei - nem ſchmauſe, iſt der muſick ſpinnefeind, hielt es fuͤr todtſuͤnde, wann er einmahl dem frauenzimmer ein ſtaͤndgen bringen ſolte, ꝛc. Dieß alles iſt nicht ſo ſchlechthin zuverwerf - fen: Aber nun wollen wir ihn auch auf der an - dern ſeite beleuchtẽ, wie ſieht es in ſeinem her - tzen, ia nur in ſeiner kammer und haußhaltung aus? Seine arme frau und kinder muͤſſen covent trincken, wann er ſo lange krnmme griffe macht, als ihn die leute mit bouteillen wein beſchencken, welche er ins geheim nicht ſo wohl ſeines ſchwachen magens als vielmehr des guten geſchmacks wegen, ohne iemandes geſundheit zu trincken ausleeret, ſein geſinde bringt er ums verdiente lohn und brodt, wann der laquais keinen kuppler abgeben und die magd aus furcht fuͤr einer fruͤhzeitigen ver - mehrung des menſchlichen geſchlechts, nicht mehr in ſeiner anweſenheit ſein ſchlafgemach betreten will, insgeheim redet er von allenleu -117von den erlaͤuterungs-gruͤnden. leuten boͤſes, zumahl wann ihm in ſeinen ta - backs-collegiis, die vertraulichkeit und gleich - heit der gegenwaͤrtigen die zunge loͤſet, und der arme ſuͤnder, den er ſchwartz zu machen allerhand farben bey bringet, keine zeit und gelegenheit zur verantwortung finden kan, er ſucht alle durch allerhand raͤncke ums ih - rige zu bringen, weltzt ſich wie Caligula in den alten thalern, ꝛc. Auf die weiſe moͤchte etwan dasbild eines ſolchen heuchlers entworf - fen ſeyn. Wolte ich nun gar kleider und woh - nung zugleich mit beſchreiben und haͤtte wohl gar iemand in gedancken, den ich abſchilderte, ſo koͤnte freylich mein conterfait ſo gerathen, daß es einem paßquill aͤhnlich ſaͤhe, (Z. e jener pa - ſtor ſagte: Jch will ihn nicht nennen, ihr kennt ihn alle wohl, vor acht tagen fiel ihm der backofen ein.) Zumahl wann ich zu einer zeit und an einem ort lebte, vbi difficile eſt ſaty - ram non ſcribere. Juuenal.

§. 20. Die argumenta illuſtrantia haben groſſe gewalt und oͤfters groͤſſere als die pro - bantia ſelbſt, nachdem der zuhoͤrer nemlich mehr duꝛch die phantaſie, als gruͤndliche ſchluͤſſe zu convinciren. Dañenhero hat man ſorgfaͤltig dahin zu ſehen, daß man nicht der wahrheit zum nachtheil ſelbige anbringe, oder der tugend und honnetete damit ſchade, hingegen den la - ſtern und unwahrheiten den weg bahne.

  • Man kan durch die illuſtrantia eine ſache laͤcher - lich, abiect, heßlich, aber auch praͤchtig, ernſt - hafftig, ſchoͤn und angenehm machen, ſie mag an und fuͤr ſich ſeyn, wie ſie will, wie leicht iſt es alſo, daß ein waͤſcher dieſe farben verſetze und dem zuhoͤrer oder leſer ein blendwerck fuͤrmache,H 3den118von den erlaͤuterungs-gruͤnden. den guten geſchmack verderbe und den willen verkehre. Dannenhero einem vernuͤnfti - gen leſer oder zuhoͤrer, die ſache allezeit ſuſpect wird, wo er merckt, daß man es mehr auf illu - ſtrantia, als gruͤndlichkeit ankommen laſſe. conf. Clerici diſſ. de argumento ab inuidia ducto welche in ſeiner Philoſophie, gleich nach der Logick geſetzt, Hl. Lic. Jaͤnichen hat des Clerici Philoſophie, wie bekannt, mit einer netten vorrede, von dem leben dieſes Philoſophen, herausgegeben, Leipzig, 1710. 8.

§. 21. Die klugheit erfodert hiebey, daß ich zufoͤrderſt ſehe, ob die ſache auch wolle illu - ſtriret ſeyn oder nicht, hernach daß ich mich nach einem guten vorratha) von dieſer art ar - gumentis umſehe und aus demſelben nach be - ſchaffenheit derſelben, nach den begriffen und neigungen meines zuhoͤrers oder leſers illu - ſtꝛantia ausſuche, und ob ſie ſich zu meiner diſpo - ſition ſchicken, erwege. Alſo muͤſſen ſie nicht gar zu unbekannt, weithergeholet, gezwungen, verhaſt, obſcoͤn, dunckel, zweydeutig, laͤppiſch gar zu bekannt, und ſonſt meinen abſichten zu - wieder ſeyn, nicht ungegruͤndete, aͤrgerliche, uͤbele, gedancken zugleich mit rege machen, nicht zu weitlaͤuftig, in gar zu groſſer menge, und gar zu ſehr gekuͤnſtelt, oder am unrechten ort, z. e. praͤchtige bey ſchlechten dingen, oder umgekehrt, angebracht werden,b) hingegen unter ſich ſelbſt, mit der ſache, und allen ihren umſtaͤnden in guter harmonie ſtehen, welches alles denn, wegen vieler dabey fuͤrfallenden umſtaͤnde, nicht eigentlich kan determiniretwer -119von den erlaͤuterungs-gruͤnden. werden, ſondern einer geſchickten anfuͤhrung fleißigen uͤbung, und eignem nachſinnen zu uͤberlaſſen.

a)Wo man hier fragen muß: Woher nehmen wir brod in der wuͤſten? Da ſiehet es um einen redner gefaͤhrlich aus. Und wann mich iemand fruͤge, woraus er ſeine illuſtrantia hernehmen muͤſſe, ſo wuͤrde mir ſelbſt bange werden. Zwar bey denenienigen illuſtrantibus, welche aus dem weſen der ſache flieſſen, giebt es keine ſchwierigkeit, hingegen bey denen andern wel - che auſſer dem weſen der ſache ſind, ſetzet es um ſo viel groͤſſere. Auf die Theatra, Gradus ad Parnaſſum, Specula, Polyantheas, Florilegia, Flores, Arcana, Lexica, Nucleos, Seminaria, Bibliothe - cas, Bellaria. Polymathias, Officinas, Horas ſucci - ſiuas, Memorabilia, Collectanea, Amphitheatra, Aurifodinas, Theſauros, Recueils, Memoires, Di - uerſitez curieuſes, Oeures melés, Luſthaͤuſer, Rei - ſe beſchreibungen, Schatz-meiſter, die in Ana und dergleichen Locorum Communium ſcripto - res, moͤchte ich nicht alle leute gerne weiſen, der geſchmack iſt nicht bey allen einerley und der verſtand vielweniger. Daß ich doch etwas ſage, ſo rathe ich: Man nehme teſtimonia aus ſolchen auctoribus, die dem zuhoͤrer gefallen; exempel von guten ſachen, aus der neuen, von boͤſen, aus der alten Hiſtorie, oder mit einem wort, aus der Hiſtorie uͤberhaupt; ſimilia ins - beſondere, aus dem reich der natur und zwar lieber aus der Europaͤiſchen hiſtoria naturali, als aus der Aſiatiſchen Africaniſchen und Ame - ricaniſchen welt; alle mit einander aus ſeinen eigenen, mit iudicio geſamleten excerpten.
a)
b)Riemers luſtiger redner, zeiget in einigen ex - empeln, wie laͤcherlich es ſey, wann man hierwie -H 4der120von bewegungs-gruͤnden. der verſtoſſe. Doch kriegt man auch wohl noch alle tage in predigten, parentationibus, und complimenten der leute, gnug von ſolchen oratoriſchen ſchnitzern zu hoͤren, deswegen ich hier das papier nicht damit verderben will.
b)

Das fuͤnfte capitel, von bewegungs-gruͤnden.

Jnhalt.

WAs argumenta pathetica ſeyn? §. 1. Wie ſel - bige eingetheilet werden? §. 2. Was conci - liantia ſeyn? §. 3. Wie vielerley dieſelben? §. 4. Wodurch ſich der redner beliebt mache? §. 5. Wo - durch er ſich in auctoritaͤt ſetze? §. 6. Wodurch er die attention des zuhoͤrers erhalte? §. 7. Was die regeln der klugheit bey anbringung dieſer argumento - rum erfodern? §. 8. Was eigentlich commoventia ſeyn? §. 9. Wie vielerley dieſelben? §. 10. Wie denen geldgeitzigen beyzukommen? §. 11. Denen ehrgeitzigen? §. 12. Denen wolluͤſtigen? §. 13. Denen gemiſchten temperamenten? §. 14. Wie die affecten rege zu machen? §. 15. Wie ſie fuͤrzuſtel - len? §. 16. Wie ſie zu unterdruͤcken? §. 17. Wie die pathetica probantia und illuſtrantia mit einander zu verbinden? §. 18. Was hierbey den regeln der honetete, §. 19. und den regeln der klugheit gemaͤß? §. 20. Vollkommene Topic oder fuͤrſtellung aller argumentorum §. 21.

§. 1. OBige arten von argumentis, gehen nicht directe auf den willen, ſondern vielmehr auf die einrichtung des ver - ſtandes und deſſen uͤberzeugung. Dieienigen aber, womit man bemuͤhet iſt, ſich der neigun -gen121von bewegungs-gruͤnden. gen des zuhoͤrers oder leſers, bey ſolchen ſachen, die in die uͤbung muͤſſen gebracht werden, zu be - meiſtern, heiſſet man ins beſondere argumen - ta commoventia, oder beſſer: pathetica, be - wegungs-gruͤnde.

  • Judicioͤſe leute bewege ich mit gruͤndlichen ſchluͤſ: ſen, ingenioͤſe mit artigen gleichniſſen und aller - hand beſondern einfaͤllen, memorialiſche leute mit zeugniſſen und exempeln, aber wann ich ſchon auf ſolche weiſe den verſtand gefuͤllet mit vielen wiſſen, ſo fehlet es doch dieſem niemahls an ausfluͤchten, welche ihm, die uͤble einrichtung des willens gegen den verſtand, an die hand giebt. Alſo heiſt es bey ſolchen: video meliora proboque, deteriora ſequor. Dannenhero muß ich auch die neigungen des willens attaquiren, und alſo den gantzen menſchen in bewegung ſetzen, wann ich ein obiectum patheticum habe, da es darauf ankommt, daß es der leſer oder zu - hoͤrer in die uͤbung bringe.

§. 2. Hier zeiget ſich alſo die rechte kunſt zu uͤberreden,a) und dieſe fuͤhret mich auf die - ienigen gruͤnde, wodurch theils die perſon des redners dem zuhoͤrer angenehm gemachet, theils die ſache demſelben nach ſeinen haupt - neigungen, appetitlich fuͤrgelegt wird, theils aber auch allerhand regungen des willens, zum vortheil des redners, aufgebracht und einge - richtet werden.

a)Deßwegen unterſcheidet billich Lami, l’art de parler, oder die kunſt zu reden, von l’art de per - ſuader, oder der kunſt zu uͤberreden.
a)

§. 3. Die gruͤnde, wodurch der redner ſei - ne perſon dem zuhoͤrer angenehm macht, heiſſenH 5ar -122von bewegungs-gruͤnden. argumenta conciliantia. Sie ſind von nicht geringer wichtigkeit, doch darf man nicht den - cken, daß ſie einem lebens-regeln fuͤrſchreiben, wodurch man die gewogenheit der leute in ſei - ner auffuͤhrung an ſich ziehe ſolle, ſondern ſie ge - ben nur mittel an die hand, wie man im reden den leuten gefallen koͤnne, worauf bey der kunſt zu uͤberreden alles ankommt.

  • Sie koͤnten zwar von einem ieden, aus den regeln der klugheit ſelbſt, hergeholet werden, doch wird auch niemand boͤſe ſeyn, wann ich ihn der muͤhe uͤberhebe, zumahl da dieſe maximen, durch die gantze beredſamkeit, ihren nutzen erſtrecken.

§. 4. Wer alſo im reden gefallen will, muß auf die beſchaffenheit derer, die ihn hoͤren, ſon - derlich ſein abſehen richten, da fehlt es denen zuhoͤrern bald an liebe und vertrauen, wenn ſie zumahl geldgeitzig ſind, bald an hochachtung gegen ihm, wann ſie ehrgeitzig, bald aber an aufmerckſamkeit, wañ ſie wolluͤſtig und flatter - haftig, und alſo muß er ſich um ihre gewogen - heit, hochachtung und aufmerckſamkeit, moͤglichſten fleiſſes bewerben.

§. 5. Die gewogenheit des zuhoͤrers ge - winnet man, wenn man auf eine ungezwun - gene und anſtaͤndige art, dem zuhoͤrer ſagt, was er gerne hoͤret; ihn ohne verdaͤchtige complimente lobet; ſich ohne niedertraͤchtig - keit ihm weit nachſetzet: ſich allezeit ſo fuͤr - ſtellet, daß ſich der zuhoͤrer einen begrif von uns mache, wie man eine aufrichtige liebe zu ihm habe; ſehr honnet ſey; ſich der wohlfarth desgemei -123von bewegungs-gruͤnden. gemeinen weſens, dem nutzen des zuhoͤrers, dem intereſſe unſchuldiger mitleidens-wuͤrdi - ger perſonen, ohne eigennutz aufopfere; die falſchheit haſſe; die aufrichtigkeit hochhalte, und ſich derſelben befleißige; wenn man alle ruhmraͤthige, ſatyriſche einfaͤlle und invectiven in den zuhoͤrer meidet; ſich nicht leicht uͤber et - was moquiret, oder wann man etwas tadelt, es in ſehr frembden exempeln thut, oder in prima perſona plurali redet; wenn man die wiedrigen gedancken des auditoris unver - merckt beſtreitet; niemahls der orthodoxie und recepten doctrin zu nahe tritt; dem audi - tori nicht offentlich wiederſpricht; die ſache feinem eignen urtheil uͤberlaͤſt; ſolche illuſtran - tia anfuͤhret und lobet, die dem auditori ge - fallen; ſich ſo viel moͤglich mit demſelben ſym - pathiſiret; alles nach deſſen geſchmack und begrif einrichtet ꝛc.

  • Uberhaupt ſind die leute denenienigen gut, die ih - nen gefallen, und es gefallen tugend, weißheit, vernuͤnftige ſchluͤſſe, an dem redner oͤfters nur wenigen, und dieſen darff man keinen wind vor - machen. Hingegen gefaͤllet uns, was nach unſern geſchmack und neigungen eingerichtet iſt, alſo muß ein redner den zuhoͤrer recht ausſtudie - ren, wenn er deſſelben liebe erhalten will, damit er ſich mit demſelben ſympathiſiren koͤnne und durch eine lebhaft angenommene gleichheit, die der grund aller liebe iſt, ſich bey ihm inſinuire. Zwar iſt die natuͤrliche ſympathie ſtaͤrcker als die gemachte, datur etiam hic felicitas, mancher bekuͤmmert ſich wenig oder nichts um die gewo - genheit der leute und bekommt ſie am erſten,ein124von bewegungs-gruͤnden. ein ander arbeitet ſich daruͤber zu tode, und doch ſagen die leute, er verſtehe die kunſt nicht Deſe faire aimer. Allein kan man doch falſch gold und ſilber machen, das dem wahrhaften aͤhnlich ſieht, und blinde halten es auch fuͤr aͤcht, die ſe - henden dencken es muͤſſe ſo und nicht anders ſeyn. Die ſache braucht keiner groſſen demon - ſtration, und auch keiner weitlaͤuftigen erlaͤu - terung.

§. 6. Sich in auctoritaͤt zu ſetzen, muß der redner gruͤndliche, iudicioͤſe, ſcharfſinnige, nuͤtz - liche dinge fuͤrbringen; zeigen daß Gott und goͤttliche dinge daran theil nehmen; der groͤſten leute meinung mit ſeiner uͤberein komme; daß man ſich dennoch nicht durch aberglauben und vorurtheile hinreiſſen laſſe; ſondern die warheit und tugend liebe, und auch zu ſeinem ſchaden verthaͤidige; da muß man alle gemeine, mit abiecten laͤcherlichen ideen, verbundene reden weglaſſen; keine laͤppiſche exempel, gleichniſſe, ſpielen in worten, eitle zierrathen einbringen; zuweilen von den gemeinen methoden abge - hen; an ſtatt der wege und affecten, die der auditor zu hoͤren meinet, andere erwehlen; von ſich und ſeinen meriten wenig, mit groſſer modeſtie, ohne oſtentation und affectation reden, und allezeit zu verſtehen geben, daß man bey dem zuhoͤrer mehr vermuthe; nicht mer - cken laſſen, daß man auctoritaͤt ſuche; doch aber zu keiner familiaritaͤt anlaß geben; ꝛc.

  • Die verwunderung und ihre mutter die unwiſſen - heit, der damit verwandte aberglaube, das vor - urtheil menſchlichen anſehens, der eigennutz, diealber -125von bewegungs-gruͤnden. alberne phantaſie der leute, haben fuͤr denen elendeſten dingen die groͤſte hochachtung. Das wiſſen geſcheute redner und verſtecken ſich alſo allezeit hinter ſolche vergroͤſſerungs-glaͤſer, aber es iſt nur ſchade, daß die windmacher mehren - theils gluͤcklicher damit umgehen koͤnnen, als die liebhaber der wahren weißheit. Sie rai - ſonniren von nichts als ſtaats imaximen, ſca - uoir-faire, politique, intrigues, denen geheim - ſten abſichten der Monarchen, ihren meſures, denen arcants politicis, ſtaats-fehlern der gantzẽ welt, ſo bewundern wir ſie als oracula pruden - tiae. Sie allegiren gantze dutzend auctores, miſchen Arabiſch und Malabariſch mit ein, reden von den cedern in orient biß an den yſſop in occident, mahlen uns die prieſter der Jſis wie ertzgebuͤrgiſche bergmaͤnner ab, beſchreiben uns die unterſchiedenen farben des ſteins der weiſen, bemuͤhen ſich unverſtaͤndlich zu ſprechen und neue wahrheiten zu erdencken, biß der ver - ſtand uͤberſchnapt, und ſo halten wir ſie fuͤr ge - lehrt. Sie haben nichts, als verlaͤugnung und unterdruͤckung der ſelbſt-liebe, creutzigung des fleiſches, Chriſtum in uns, inbrunſt des her - tzen s gegen das reich der kinder Gottes, eckel ge - gen die ſchaugeruͤchte des luͤſternden fleiſches, liebe zur tugend, auf der zungen, ſo glauben wir, ſie ſind fromm u. ſ. f. Wie wenig haben ſo ein ſcharffes geſicht, durch ſolche polyhedra oder vergroͤſſerungs-glaͤfer, das rechte und in gehoͤriger groͤſſe zu ſehen, wie wenig duͤrffen, wann ſie ia ſcharfſichtig ſind, davon muchſen, aber wie ſchwer haͤlt es, daß ein weiſer mit einer ſolchen gabe der unverſchamheit, maͤchtigen ge - ſchrey, verdrehung der augen und werffen der haͤnde, als denen windmachern naturell iſt, ſich noch dazu hinter einer ſolchen machine und in einen ſolchen raritaͤten-kaſten verſtecke, daß ihnder126von bewegungs-gruͤnden. der vornehme, gelehrte, reiche, und aller poͤbe[l]fuͤr was beſonderes halte.

§. 7. Aufmerckſamkeit erreget man bey dem zuhoͤrer, durch einen ordentlichen, deutli - chen, kurtzen, leichten, angenehmen fuͤrtrag; wann man erinnert, daß man wichtige ſachen zu proponiren habe, die des zuhoͤrers wohlfarth und intereſſe betreffen: daß man rechte ge - heimniſſe, kunſtgriffe, res momentoſas, die man ſonſt nicht ſo gemein mache, fuͤrbringen wolle; wenn man ſeine ſachen in bildern gleichniſſen, exempeln, argutien, ungewoͤhn - lichen figuren, wuͤnſchen, bitten einſchlieſt; wann man gleichſam die gedancken des zuhoͤ - rers aufſuchet, ſelbige zu errathen meinet, zweiffelhaftig machet; die rede auf gantz ſpe - cielle umſtaͤnde fuͤhret, die der zuhoͤrer nicht leicht vermuthet; alſo nicht zu ſubtile, weither - geholte weitlaͤuftige, dunckele, verworrene, mit limitationibus, propoſitionibus incidentibus, digreßionibus diſtrahirte ſachen, fuͤrtraͤgt; noch einen ſchlaͤffrigen ſtilum und fuͤrtrag gebrau - chet ꝛc.

  • Es kommt hier am meiſten darauf an, daß man den zuhoͤrer curioͤs macht. Bey den windma - chern heiſt es hernach zuletzt: coruos deluſit hi - antes, et mundus vult decipi. Schuppius hat die fehler, welche hiebey fuͤrgehen, in etlichen reden artig fuͤrgeſtellet. Hl. Hoffrath Mencke hat ebenfalls die marcktſchreyerey der gelehrten hiebey, und Lilienthal in ſeinem Machiauelli - ſmo litterario recht artig abgeſchildert. Ein vernuͤnftiger redner kan, bey dem verderbtenge127von bewegungs-gruͤnden. geſchmack der welt, dergleichen faſt nicht um - gang haben.

§. 8. Die regeln der klugheit erfodern, daß man angefuͤhrte argumenta mit unterſchied und nicht an dem unrechten ort anbringe. Denen geldgeitzigen fehlt es uͤberhaupt an der menſchenliebe, alſo muß man ſich wohl etwas muͤhe geben ihre gewogenheit zu gewinnen, und eben dieſe muß man zu erhalten ſuchen, bey leuten, welche etwa wieder unſern fuͤrtrag, durch allerhand vorurtheile moͤchten einge - nommen ſeyn, oder wo unſre perſon und ſache vielleicht etwas an ſich haͤtte, daß der phan - taſie und dem affect des zuhoͤrers unangenehm fuͤrkommen koͤnte. Ehrgeitzige, hohe, einge - bildete gemuͤther, entziehen leicht allen ihre hochachtung, weil ſie zu viel fuͤr ſich ſelbſt ha - ben muͤſſen, alſo muß man bey dieſen ſchon mehr fleiß anwenden, bey ihnen eſtimiret zu werden, wenn ſie zumahl ſich nichts ſonderli - ches verſpraͤchen von dem redner, da er ihnen unbekannt, unerfahren, furchtſam, iung und uͤbel beruͤchtiget fuͤrkaͤme, oder wann dieſache, dem erſten anſehen nach, von geringer wichtig - keit ſchiene. Wolluͤſtige leute ſind wie Soſia beym Terentio: amis de tout le monde, und gehen auch mit ihrem eſtim ſehr verſchwende - riſch um, aber flatterhaftig ſind ſie, alſo daͤch - te ich, man haͤtte wohl urſach, ihren mercurium zu figiren, und ſie attent zu machen. Eben dieſes iſt auch noͤthig, wann der zuhoͤrer die ſa -che128von bewegungs-gruͤnden. che fuͤr bekannt, obſcur, unnuͤtze, ihm contrair, anſiehet, oder wann ſie an ſich etwas trocken und ernſthaft iſt. Doch muß man bey allen, ſich nicht mercken laſſen, wie man eben ihre ge - wogenheit oder hochachtung oder aufmerck - ſamkeit, durch ſolche griffe zu gewinnen ſuche.

  • Jch werde vielleicht einigen bey dieſer art von ar - gumentis zu wenig, einigen zu viel geſaget ha - ben, alleine ich habe von anfang, dieſer leute ihre gedancken vorausgeſehen, und alſo geſucht es beyden recht zu machen, daruͤber bin ich auf die mittelſtraſſe gerathen, damit ich nemlich von keinem zu weit abkaͤme. Juzwiſchen iſt nicht meine meinung, als ob ein redner, alles was ich geſetzt, ſchlechthin anbringen muͤſſe, auch nicht, daß er auſſer dem, was ich beyge - bracht, nicht noch etwas anders und vielleicht beſſers ausſinnen koͤnne. Sondern wir verſi - ren hier in den regeln der klugheit, da niemahls keine gantz univerſelle, aber auch keine gar zu ſpecielle regel kan gegeben werden, und doch gute erinnerungen nicht ſchaden koͤnnen. Man ſchlage die auctores, welche von der erfindung geſchrieben, hiebey nach, aber man ſtudire auch dabey die erkaͤnntniß der welt, aus der Moral und erfahrung.

§. 9. Mit dieſen argumentis haben die ei - gentlich ſo genannten com̃oventia, eine genaue verwandſchaft, vermittelſt welcher man den zuhoͤrer zu uͤberreden bemuͤhet iſt, daß die ſache nicht nur an ſich ſelbſt gut und ſo beſchaffen ſey, wie ſie der zuhoͤrer wuͤnſchet, ſondern daß ſie auch ins beſondere, dem zuhoͤrer zutraͤglich ſey. Dabey man alſo die aͤuſſerſte kraft zugebrau -chen,129von bewegungs-gruͤnden. chen, ſich der neigungen des zuhoͤrers zu be - maͤchtigen, und ſeinen willen zu annehmung und ausuͤbung der fuͤrgetragenen wahrheit, ohne ſchwierigkeit zu diſponiren.

§. 10. Der menſch hat drey bona abſoluta und dabey ſonderlich drey bona reſpectiua, da denn dieſe zwar aus ienen entſtanden, aber doch verſtand und willen mehr occupiren als iene, und alſo drey hauptneigungen zeugen nemlich geldgeitz, ehrgeitz, wolluſt. a)Will der redner nun auch ſeine ſache dem auditori angenehm machen, und ihn zur ausuͤbung der fuͤrgetragenen wahrheit uͤberreden, ſo muß er hauptſaͤchlich ſuchen zu zeigen, daß ſein fuͤr - trag, zu erhaltung derer neben - und ſchein-guͤ - ter diene. Dannenhero ſich hier dreyerley gruͤnde dem redner darbieten, welche mit et - was ſchwanckenden concepten, die argumen - ta ab utili, honeſto, und iucundo, genennet werden. b)

a)S. Thomaſii Ausuͤbung der Sittenlehre. Ridigeri Philoſ. pragm. oder Inſtitutiones erudi - tionis p. 606. ſqq inſonderheit p. 706. ſqq. allwo er zugleich des G[r]acians maximen diſponiret, die man denn ebenfalls hiebey nachleſen mag - Jch weiß wohl, daß mancher ſich eingebildet, er ſey ein Hercules, wann er dieſen dreyleibich - ten Geryoni, einen kampf angeboten, allein dieſer regieret biß dato noch immer die bemuͤ - hungen der menſchen, man mag von ihm glau - ben was man will, und ihn durch einen tubum caͤleſtem oder terreſtrem anſehen. Denen zu - gefallen die ihn fuͤr eine chimaͤre halten, will ichJhier130von bewegungs-gruͤnden. hier, mit groſſem reverentz fuͤr ihre meinung, ſagen, ich wolle verſuchen ob ich auch aus fal - ſchen ſaͤtzen koͤnne nuͤtzliche wahrheiten ſchlieſ - ſen.
a)
b)Hiezu ſetzen einige noch argumenta a facili und neceſſario, aber ſie koͤnnen leicht zu denen ange - fuͤhrten dreyen referiret werden, zugeſchweigen daß man keine gruͤndliche urſach angeben kan, warum man ſie als beſondere membra dividen - tia anſehen wolle.
b)

§. 11. Denen geldgeitzigen ſagt man: es ſey eine rechte profitable ſache; man koͤnne ſich da - bey etwas machen; ſie ſey gewiß zu erhalten; ohne die geringſten koſten; von treflicher dauer; mit Gottes ſeegen verknuͤpft; fodere nichts als arbeit; man koͤñe dabey ſeinen neidern und fein - den trotz bieten; ſich uͤber den wind der ehrgei - tzigen und wolluͤſtigen moquiren; es waͤren viel gute anzeigungeu dabey, daß es gluͤcklich, gehen werde; es ziehe viele vortheile nach ſich; man werde alt, ſtarck, begluͤckt, vermoͤgend dabey, ohne anderer leute danck, indem man ſich auf die weiſe zugleich formidable mache; ꝛc.

  • Thomaſius im Recht Evangeliſcher fuͤrſten ſagt: Es ſind keine aͤrgere tadeler, als die geitzigen, obngeachtet ſie unter den boͤſen leu - ren die aͤrgſten ſind. Deſto mehr hat man ſich muͤhe zu geben ihnen beyzukommen, und noch dazu ſie mit worten wozu zu bringen. Es wird aber leichte werden, wann man ihre ge - muͤths-beſchaffenheit recht ergruͤndet und ſo dann ihrem geld-hunger, argwohn, menage, furcht, neid, aberglauben, mangel des iudicii, gemaͤß redet. Dabey hat man einen unter - ſchied unter denen geldgeitzigen zu machen inanſe131von bewegungs-gruͤnden. anſehung ihres ſtandes, erfahrung, mittel, de - rer ſie ſich bedienen und ſ. f. a.

§. 12. Den ehrgeitzigen ſchwatzt man vom honeſto fuͤr; daß ſie auf ſolche art, falls ſie unſern fuͤrſtellungen gehoͤr geben, andern ei - nen concept ihrer gottesfurcht, honnettete, klugheit, und daher beſondere veneration fuͤr ſie, inſpiriren wuͤrden; daß es allezeit ein zei - chen von etwas groſſem ſey, ſo ſie verewige; bey allen in guten andencken ſetze; nur etwas geld koſte und ſolches doch reichlich wieder einbrin - ge; vieler anderer bemuͤhung uͤbertreffe; ſie formidable und angeſehen mache; bloß ihren verdienſten, hertzhaftigkeit, geſchicklichkeit, con - duite, wiſſenſchaft ꝛc. zugeſchrieben werde; ꝛc.

  • Hiebey muß man, ebenfalls, auf die abſichten eines ehrgeitzigen, und die unterſchiedenen ar - ten der ehrgeitzigen, ſeine gedancken und gruͤn - de richten.

§. 13. Denen wolluͤſtigen redet man von lauter delicaten, charmanten, angenehmen, ſuͤſſen ſachen fuͤr; wie unſer obiectum leib und gemuͤth ergoͤtze; alle ſinnen vergnuͤge; uns beliebt, galant, geſund, immer friſch, ſtarck, ſchoͤn, biß zu einem hohen alter, ohne muͤhe ar - beit und ſorgen, in ruhe und frieden erhalte; uns viel freunde mache; uns in den ſtand ſetze unſern endzweck zu erhalten auf allerhand wei - ſe, ohne die geringſte ſchwierigkeit; uns zu di - vertiren; andern armen leuten zu dienen; danckbar zu ſeyn; in allerhand angenehme converſation zu kommen; ꝛc.

J 2Alles132von bewegungs-gruͤnden.
  • Alles dieſes und noch viel mehrers, giebt mir die betrachtung des wolluͤſtigen an die hand, wenn ich die unterſchiedenen abſichten und arten deſſelben unterſuche, und darnach zu reden mich bemuͤhe.

§. 14. Zuweilen habe ich mit einem men - ſchen zu thun, der ſelbſt nicht weiß, was er will, oder der ein gemiſchtes temperament hat. Zu - weilen aber ſoll ich an eine gantze verſamm - lung reden, da faſt ein ieder anders geſinnet, als der andre. Jn dem erſten fall muß ich die miſchung des temperaments, vor allen dingen, durch die moraliſche wahrſcheinlichkeit heraus - gebracht haben, und denn nach beſchaffenheit derſelben, aus obigen fontibus argumenta her - aus ſuchen. a)Jn dem andern fall, ſehe ich, was fuͤr ein affect unter den auditoribus her - ſche, und welchen die meiſten zugethan, da ich mich dann leichte auch im reden, nach ſolchen richten kan. b)

a)Z. e. Es herſchet bey einem nur eine neigung, bey dem andern zwey, bey dem dritten gar alle drey. Bey dem erſten alſo, rede ich nach dem herſchenden affect, oder wann die ſache demſel - ben zuwieder, ſo ſuche ich die beyden neben-affe - cten wieder den haupt-affect zu reitzen; bey den letzten beyden, ſuche ich die argumenta fuͤr an - dern auf, welche einige verbuͤndniß mit einan - der haben, und alſo der miſchung des affects gleich kommen. Dabey erinnere mich der arti - gen benennung, welche ein ſcharfſinniger kopf, denen temperamenten beylegte, da er einen men - ſchen von ſchwachen affecten oder einen phleg - maticum einen limax, einen geldgeitzigen ei -nen133von bewegungs-gruͤnden. nen harpax einen ehrgeitzigen einen feuerfax, und einen wolluͤſtigen einen flirax nennete einen menſchen aber, wo alle drey haupt-affe - cten in groſſer kraft, raſeten, mit dem nahmen des fuͤnften temperaments, nemlich eines ge - ſchoſſenen bechrete. Und ich geſtehe, daß bey dieſer letzteren art leute, man faſt an der kraft der beredſamkeit deſperiren moͤchte.
a)
b)Das wiſſen unſere diſputier-meiſter und ſonſt die windmacher wohl zu practiciren. Denn wann ſie mit einem hauffen ſtudenten zu thun haben, ſo erwegen ſie leicht, daß die meiſten ſtu - denten wolluͤſtig ſeyn, und alſo reden ſie ihnen auch lauter ſolche artige einfaͤlle und angeneh - me ſachen fuͤr, daß ſie ohnſchwer den andern, mit allen ſeinen neuen wahrheiten zum gelaͤch - ter machen, und das praͤ behalten.
b)

§. 15. Aus den benannten haupt-affecten entſpringen allerhand neben-affecten und re - gungen des willens, deren natur und beſchaf - fenheit aus der Moral und erfahrung man ſich bekannt zu machen. Jm reden iſt es noͤthig ſelbige entweder rege zu machen oder fuͤrzuſt el - len oder zu unterdrucken. Jeden affect re ge zu machen, muß man uͤberlegen, ſeine Morali - ſche und Phyſicaliſche beſchaffenheit, wie er ſich zu unſerer ſache und uͤbrigen umſtaͤnden ſchicke, ins beſondere, wie ſich der zuhoͤrer dazu diſponiret befinde; nachgehends ſucht man nicht eben allemahl grade auf den affect durch - zudringen, und ihn zu erregen, ſondern man macht ſich etwan zufoͤrderſt an die mit ihm ver - bundene neben-affecten; man ſucht den zuhoͤ - rer immer bey der ſache zu erhalten, ſeiner auf -J 3merck -134von bewegungs-gruͤndenmerckſamkeit ſich zu verſichern; den verſtand, von deſſen fuͤrſtellung die regungen des willens zum oͤftern, wo nicht allemahl dependiren, mit bildern nach unſern abſichten zu occupiren; in den willen den affect ſelbſt lebhaft anzuneh - men; hernach durch den ausdruck aller ſeiner eigenſchaften lebhaft und nachdruͤcklich fuͤr - zuſtellen; man miſcht allerhand contraire af - fecten, daß ſie untereinander geſchwaͤcht und wir meiſter werden; dabey laͤſt man den ange - nommenen affect ſelbſt reden, der ſich durch al - lerhand ausdruckungen ohne zwang in der re - de von ſelbſten zeiget, welche manieren man hernachmahls figuren nennet.

  • Conf. Hl. Langens E. z. O. I. p. 50. ſqq. G, I. Voſſii partitiones oratorias lib. II. Vinc. Placcii promptuarium affectuum. Schroͤters Ora - torie p. II. Cap. XII. Weiſens politiſcher red - ner im cap. von den affecten.

§. 16. Weil hierbey das meiſte darauf an - kommt, daß man den affect lebhaft fuͤrſtelle, und alſo durch die einbildung in das gemuͤth des zuhoͤrers wuͤrcke, ſo muß man wohl uͤber - legen, worinn der grund des affects beſtehe, was er fuͤr regungen und kennzeichen habe und in was fuͤr ordnung dieſe kennzeichen zum vor - ſchein kommen. Wenn man nun den affect in ſeiner ſeele angenommen, und den ſtrichen, die der affect fuͤrgezeichnet, auch in ſeinem aus - druck folget, ſich dabey der obenangefuͤhrten il - luſtrationen, aus dem weſen der ſache bedienet, und den affect nach ſeinen manieren reden laͤſt,alles135von bewegungs-gruͤnden. alles aber, was ſich zu dem affect nicht ſchickt, verſchweiget, oder ihm eine andere farbe giebt, ſo kan es nicht anders ſeyn, man muß den af - fect nette und lebhaft fuͤrſtellen koͤnnen.

  • Conf. Morhoffii Polyh. l. III. VIIII. 16. ſqq. 32. ſqq. allw[o]er auctores, die von denen caracteribus der affecten geſchrieben, anfuͤhret. Die Poeten und Mahler ſind in der fuͤrſtellung der affecten meiſter, daher Laurentius le Bruͤn in ſeinen Locis communibus eloquentiae poëticae lib. VII - und Carl le Bruͤn in ſeinem Differens caracteres des paſſions: beyden zu dienen bemuͤhet geweſen. Vielleicht findet man unter denen, die Hl. Stol - le in der hiſt. der gelahrh. III. IIII. p. 135. ſqq. beybringet, auch welche, die hiezu anleitung geben. Das beſte buch iſt hier der lebendige menſch, und die beſten regeln und exempel laſ - ſen ſich eher muͤndlich geben und in der that practiciren, als in todten buchſtaben auf dem papier entwerffen. Was die figuren anbe - trift, deren ich hier erwehnung thue, ſo hat Lami dans l art de parler, am beſten davon worte gemacht, unten werde ich etwas davon gedencken, wo ich von der expreßion des affects in worten handele.

§. 17. Den affect bey einem zuhoͤrer zu un - terdruͤcken, kommt es darauf an, daß man das obiectum, darauf er gerichtet und gegruͤndet, unvermerckt mit andern gruͤnden, in dem ge - muͤthe des zuhoͤrers fuͤrſtelle, anfaͤnglich ihn nur etwan zweiffelhaft und argwoͤhniſch mache, hernach ſeine aufmerckſamkeit immer mehr auf die ſchlimme ſeite des affects fuͤhre und hingegen bey der betrachtung der gutenJ 4ſei -136von bewegungs-gruͤnden. ſeite diſtrahire, zuweilen dem affect nachgebe, unter der hand zeige, wie er den fuͤrnehmſten abſichten des zuhoͤrers zuwieder, auf ſchlechten gruͤnden ruhe, ꝛc. Dabey man, was vorhin angefuͤhret, mit zu huͤlffe nehmen muß.

  • Sonſt hat man noch argumenta a turpi, damnoſo, moleſto, allein man darf nur das gegentheil von dem ſagen was §. 11. 12. 13. beygebracht, ſo hat man materie genung zum reden.

§. 18. Alle menſchen laſſen ſich vermittelſt ihrer affecten fuͤhren, wo man ſie hin haben will, ſie muͤſten dann zu einem groſſen grad der weißheit geſtiegen ſeyn, niemand aber will das anſehen haben, als wann er es ohne raiſon thue. Alſo da zumahl iedermann ſich einbil - det recht zu raiſonniren, muß man niemahls den affect attaquiren, ohne zugleich, inſon - derheit wo einige theorie noͤthig iſt, den ver - ſtand zugleich nach unſern abſichten zu diſpo - niren. Dieſemnach muͤſſen die argumenta probantia allezeit den grund legen, die illu ſtrantia ſonderlich die imagination und das gedaͤchtniß occupiren, und nachgehends die pa - thetica denen probantibus und illuſtrantibus den nachdruck geben. a)

a)Z. e. Auf die ſchoͤnheit ſoll man ſich nicht ver - laſſen: Argum. probans: Denn es iſt eine eitel - keit. Illuſtrans: Sie iſt ein duͤnnes glaß, ſo leicht in den fuͤrſichtigſten haͤnden zerbricht: Patheticum: Sie reitzet das hertze, blendet den verſtand, und wird mit furcht beſeſſen. Coniunctio omnium: Es iſt gewiß keine gerin - ge eitelkeit, wann man ſich auf den putz deraͤuſ -137von bewegungs-gruͤnden. aͤuſſerlichen ſchoͤnheit mit ſichern muthe ver - laſſen will: Denn dieſer iſt einem duͤnnen glaſe, welches auch in den fuͤrſichtigſten haͤn - den leicht zerbricht, billich zu vergleichen, und wird zwar mit einiger vergnuͤgung beſeſſen, hingegen mit vielfaͤltiger ſorgfalt gefahr und unruhe bewahret.
a)

§. 19. Weil man aber hierdurch, ſonderlich durch die pathetica, die kraͤfte des menſchen in bewegung ſetzet, ſo erfodert die gerechtigkeit, daß man niemals malhonnette abſichten habe, und wieder die wahrheit und tugend ſtreite, oder den auditorẽ ohne noth beunruhige. Man muß auch nicht zu weit gehen, ſondern ſich allezeit in denen ſchrancken halten, da man fuͤr uͤbeln fol - gerungen ſicher iſt, und alſo kan man die rege - machung und unterdruckung der affecten, als etwas indifferentes anſehen, welches, wofern wir honnette abſichten haben, allezeit unſerer freyen diſpoſition uͤberlaſſen wird.

§. 20. Die regeln der klugheit erfodern, daß man ſolche mittel, ſich der menſchen gemuͤ - ther zu bemaͤchtigen, ergreiffe, welche nicht ei - ne contraire wuͤrckung herfuͤrbringen, ſich im uͤbrigen aber zu den umſtaͤnden des auditoris, der ſache, und des redners ſchicken, auch in ih - rem aͤuſſerlichen ſchein, die approbation der honnetten welt erhalten koͤnnen.

  • Jch verſtehe unter der honnetten welt, nicht eben die welt, welche gold und ſilber auf den kleidern, federn auf den huͤten, weißheit und tugend in der einbildung traͤgt, in der that aber ſich den eitelkeiten aufopfert; vielweniger dieienigeJ 5welt,138von bewegungs-gruͤnden. welt, welche ſich darum fuͤr erſchaffen haͤlt, daß ſie gut eſſen und trincken und denen luͤſten nach - gehen koͤnne, oder welche anderntheils, den mam - mon im kaſten verehret und eine knickerichte und filtzichte conduite, fuͤr ein merckmahl der gott - ſeeligkeit annimmt, oder an ſtatt einer vernuͤnf - tigen beurtheilung der laſter, von der mediſance profeßion macht; ſondern dieienigen welche verſtehen und ausuͤben, was die Frantzoſen nen - nen: rendre iuſtice a chacun et faire honnetete a tout le monde.

§. 21. Hier wird man alſo verhoffentlich einen ſattſamen vorrath von argumentis zu - ſammen bringen, und wofern man nur ein we - nig iudicium practicum beſitzet, ohne vermi - ſchung und uͤbelſtand ſolchen vorrath anwen - den und nutzen koͤnnen. Da ich oben im 3. cap. §. 6. einer rechten topic erwehnung ge - than, ſo will ich hier zu einer vollkommenen to - pic, einen kurtzen entwurff geben, welcher zu - gleich eine wiederhohlung der abgehandelten materie ſeyn kan.

Und[139]

Und da alle argumenta, entweder probantia oder illuſtrantia oder pathetica ſeyn, ſo ſind ins be - ſondere wiederum nach dem dritten capitel:

Illu -[140]

Illuſtrantia ſind nach dem vierdten capitel entweder nominalia nuda oder (§. 4.) realia und dieſe ſind

Pathetica ſind nach dem fuͤnften capitel:

An -[141]

Anderer theil der Oratorie. Von dem ausdruck der gedancken.

Das erſte capitel, von dem ausdruck der gedancken uͤberhaupt.

Jnhalt.

Was ſich ausdrucken heiſſe? §. 1. Wie vielerley dieſes? §. 2. Vou der vulgairen expreßion, §. 3. Von der gelehrten elocution, §. 4. Von der formirung der rede, §. 5. Von den ſprachen, §. 6. Von den buchſtahen, §. 7. Von denen woͤrtern, § 8. Von denen ſaͤtzen, §. 9. Von denen periodis, §. 10. Von denen urſachen welche den ausdruck veraͤndern, §. 11. Von den allgemeinen ſprachrichter dem ge - brauch, §. 12. Von dem gemeinen gebrauch, §. 13. Von dem gelehrten gbrauch, §. 14. Von dem galan - ten gebrauch, §. 15. Von der verhaͤltniß der gedan - cken zu dem ausdruck, §. 16. Von dem ausdruck durch die tropos, §. 17. Von dem ausdruck der affe - cten durch die figuren, §. 18. Von denen vielerley arten der figuren und derſelben rechten gebrauch, § 19.

§. 1.142von dem ausdruck

ALles was in unſerm gemuͤthe fuͤrge - het, es moͤgen nun gedancken ſeyn, die wir im verſtande von einem ob - iecto faſſen, oder regungen, welche wir in un - ſerm willen dabey empfinden, koͤnnen wir durch ſinnliche zeichen, mit welchen die idee der ſache durch den gebrauch verknuͤpfet, und un - ter welchen ſie bekannt iſt, von uns geben und andern menſchen, mit denen wir umgehen, mittheilen. Wann wir auf dieſe weiſe nun bemuͤhet ſind, die in unſerm gemuͤthe entworf - fene bildungen, in das gemuͤth anderer einzu - praͤgen, ſo heiſt dann dieſes bey denen menſchen der ausdruck der gedancken. a)

a)Bey dieſem cap. ſ. Lami l art de parler & per - ſuader.
a)

§. 2. Da ſich alles unſerm verſtande durch aͤuſſerliche ſinnliche zeichen darſtellet, und durch ſelbige in uns gedancken und neigungen erreget, ſo koͤnnen wir auch alles, ſo bald uns nur ſolche ſinnliche zeichen bekannt werden, ausdrucken. Die gantze natur druckt ſich ſelbſt durch ſinnli - che zeichen aus und die mahlerey folgt ihrer art, durch nachmachung der an ihr befindlichen zei - chena) Die belebten creaturen, haben uͤber dieſes, ein vermoͤgen, durch ihre bewegung und einen beſondern laut, die ſinnliche zeichen der natur auszudrucken und auch die bey denen ſa - chen inihnen entſtandene ꝛegungen fuͤꝛzuſtellen. b)Der menſch hat endlich eine fuͤrtrefliche faͤ - higkeit, durch die ſtimme und rede, alle ſinnlichezei -143der gedancken. zeichen der natur, ſeine in ihm ſelbſt entſtandene wuͤrckungen des veꝛſtandes und willens, oͤffent - lich an den tag zu legen, und dieſe theilet ſich uͤberhaupt in expreßionem vulgarem und elo - cutionem eruditam.

a)Z. e. die natur zeigt durch ihre accidentia, was man von ihr dencken koͤnne, und ſo bald auch die - ſe accidentia unſere ſinne beruͤhren, verſtehen wir, was ſo zu reden die natur damit ſagen wol - le. die Mahlerey will am meiſten ſagen, wann ſie der natur am genaueſten nachgeht, hieher ge - hoͤren die bilderſchrifften, Rebusde Picardie, Ci - fre oder Gieroglifici Grammaticali, hernach die Hieroglyphica Aegyptiaca, Pöetica, ferner die Symbola, deviſen, emblemata, gedaͤchtniß - muͤntzen, ꝛc. welche alle mit einander als redende bilder anzuſehen. Von dieſen kan man nachſe - hen, Magni Daniel Omeiſens gruͤndliche an - leitung zur / Teutſchen accuraten Reim - und Dicht-kunſt p. 194. Harsdoͤrfern in den Ma - thematiſchen erquick-ſtunden Tom. II. P. XIIII. prop. VII. ingleichen in ſeinen geſpraͤch-ſpielen p. 178. die emblemata Alciati, Sambuci, Ca - merarii, Syucreoii, Boyshardi, Sauberti, Maſſenii, Paulini, Areſii, Barbarini, Bur - galii, Borgheſii, Boldoni, Bornitii, Cardu - ctii, Boxhornii, Ferri, Arnhemii, Dexele, Roͤ - ſeri, Scheflers, a Montenar, Weidling, Schiebel, Junii, Taurelli, Saavedraͤ, Bezaͤ, Reuſneri, Paradini, Heſii, Zinckgraͤfens, Picinelli, ꝛc. Menetrier in Philoſophia ima - ginum oder Sylloge Symbolorum, Amſterd. 1695. 8. Jacobi Typotii, Theſauri, Taͤegii, Balbini, Labbei, Oggerii, Jovii, Ruſcelli, Rittershuſii, Lymnaͤi, Seumii, Philothei, Geißlers, Tungers, Kitſchii, Henningii, Cau -ſini,144von dem ausdruckſini, a Ripa, Ebini, Wiedlers, Scrivers, Sanda[r]von Sanden Cordeſit, Urſini, ſym - boliſche buͤcher ſymbola und anweiſangen da - zu. Ferner Kircher de Hieroglyphicis Aegy - ptiorum, Pierium, Pererium, Monas, Harapolli - nem, Orum, Faſoldum, &c. Schaeuii Mythologi - am ex Natali Comite, Torrentino, Rauiſio, & ex Leonico Thomeo, Bocatio, Higyno, Alex. ab Ale - xandro, Polyaeno, Ammiano &c. auctam ſec. vice edidit M. Frider. Redtelius, Stetini. 1712. 12. con - fer. Omeiſens Mythologie die ſeiner oben angefuͤhrten dichtkunſt beygefuͤget, und Mor - hoffs Polyh. I. I. XXI. §. 59. ingleichen eben Morhoffs Polyh. I. IIII. II. und II. II. IIII, auch I. VII. I. 17.
a)
b)Die thiere haben ihre gewiſſe arten des lauts und bewegungen, dadurch ſie ſich exprimiren, die menſchen haben vocem articulatam, und koͤn - nen dieſe ſo wohl als ihre bewegungen, gar un - zehliche mahl veraͤndern, wie dann Joh. Bul - wer ein Engellaͤnder ein gantzes buch geſchrie - ben, von den deutungen der haͤnde allein. S. hiebey Morhoffs Polyhiſt. I. IIII. I. & II.
b)

§. 3. Wer ſich bloß damit begnuͤgen will, daß er ſich ſeiner faͤhigkeit ſeine gedancken und neigungen auszudrucken bedienen koͤnne, es gerathe wie es wolle, und alſo mit der vulgai - ren expreßion zufrieden ſeyn kan, dem rathe ich, daß er die Oratoriſchen regeln, und alſo auch dieſes buch, ungeleſen laſſe. Er wird an mutter, ammen, mademoiſellen, junge maͤg - den, laquaien, handwercksleuten, bauern und dem gantzen poͤbel, was ſeine mutter-ſpra - che betrift, die treflichſten ſprachmeiſter finden,und145der gedancken. und zu den fremden, insbeſondere denen tod - ten ſprachen, kan ihm ein fuͤrchterlicher Gram - maticus oder pedantiſcher ſprach-richter, die ſicherſte anleitung geben. Gedenckt er durch nachahmung guter exempel, gluͤcklich oder un - gluͤcklich, wie es kommt, zu empyriſiren, ohne daß er raiſon von ſeinen reden angeben koͤnne, ſo wird ihm zu ſolcher gluͤckſeeligkeit, ohne eine vernuͤnftige anleitung, der weg offen ſtehen.

  • Die ſich mit denen hier benannten mitteln behel - fen, und dadurch zur beredſamkeit zu gelangen ſuchen, dencken, es beſtehe dieſelbe nur in wor - ten, oder auch wohl darinn, daß man ex tempo - re viel her plappere, deswegen lernen ſie von ih - ren informatoribus oder mademoiſellen ſpra - chen, wie die papagoye, miſchen Teutſch, Latei - niſch, Frantzoͤiſch, das hinderſte mit dem foͤ - derſten, das hunderſte ins tauſende, ſo wunder - barlich in einander, daß ſie von denen ignoran - ten als groſſe redner, von denen verſtaͤndigen als verwegene miſcher ſolcher ſachen, die ſich nicht zuſammenſchicken, mit erſtaunen bewun - dert werden. Jch weiß freylich von denen groͤſten rednern keinen, der ſich darauf etwas eingebildet haͤtte, daß er ex tempore reden koͤnne, und der es dieſen angefuͤhrten ſeltzamen und doch haͤuffigen wortmachern gleich zu thun ge - ſucht. Jnzwiſchen laͤugne ich nicht, daß ſolche windſpieler nicht zuweilen mit ihrer ſo genann - ten gewiſſen gluͤcklichen kuͤhnheit (ſiehe Blondel comparaiſon de Pindare & d Horace p. 77.) einige ſtriche anbringen ſolten, die nach allen regeln der kunſt unverbeſſerlich; aber es geht ihnen, wie den leuten, die von natur voltigiren koͤn - nen; denn dieſe haben allezeit von groſſen gluͤckKzu146von dem ausdruckzu ſagen, daß ſie nicht bey iedem ſprunge auf die naſe gefallen.

§. 4. Hier will ich ietzo einen verſuch thun, ob ich zur gelehrten elocution, einige vernuͤnf - tige regeln ertheilen koͤnne, nachdem ich von der erfindung ſo viel als noͤthig beygebracht. Und dieſe iſt eine geſchicklichkeit, eine ſache, welche wir in unſerm gemuͤth klar, deutlich, gruͤndlich, artig und ordentlich, nach ihren be - ſchaffenheiten entworffen, mit denen daruͤber in uns entſtandenen gedancken und regungen, durch ſolche worte fuͤrzuſtellen, die mit der ſache ſo ſie fuͤrbilden und unter ſich ſelbſt eine genaue proportion und uͤbereinſtimmung haben, ſich zu denen begriffen des zuhoͤrers oder leſers ſchi - cken, und alſo vermoͤgend ſind, bey andern eben die gedancken und regungen zu erwecken, welche wir intendiren.

  • Man ſiehet leicht aus dieſer beſchreibung, daß ich nicht eben eine gelehrte elocution, an die wiſſen - ſchaft einer gewiſſen ſprache binde, noch an ge - wiſſe materien, noch auf gewiſſe plaͤtze oder ſtuͤhle, noch an gewiſſe lebens-arten und der - gleichen aͤuſſerliche zufaͤlle, vielweniger an die menge der allegaten, oder an die tours der ge - dancken alleine, oder alleine an die kuͤnſteley und critique der worte, ohngeachtet ich alles die - ſes in ſeinem werth laſſe; ſondern an die rechte verhaͤltniß aller derienigen dinge, welche bey dem ausdruck unſerer gedancken, durch worte fuͤrkommen moͤgen.

§. 5. Die natur des menſchen hat ſeinen leib mit beſondern organis ausgeruͤſtet, daß ernicht147der gedancken. nicht nur einen laut von ſich geben, ſondern auch vermittelſt der verſchiedenen anwendung der organorum,a) den laut auf vielfaͤltige art veraͤndern, dieſe veraͤnderungen zuſammen ſetzen, ſolche zuſammenſetzung mit unterſchie - denen ſtellungen und zufaͤllen fuͤrſtellen und alſo eine foͤrmliche rede herfuͤrbringen kan, welche als das geſchwindeſte bequemſte und vollkommenſte mittel, ſeine gedancken und re - gungen auszudrucken, von allen menſchen uͤber - haupt beliebet worden. b)

a)Jch koͤnte hier eine an atomiſche betrachtung der organorum zum reden anſtellen. Z. e. der lunge, der lufftroͤhre, des oberſten theils der lufftroͤhre, (des Adams apfels) des zaͤpfleins, gaumens, der zunge, naſe, lippen, zaͤhne, ꝛc. und zeigen, wie aus derſelben unterſchiedenen applikation, der unterſchied der buchſtaben, in vocales und conſonantes und dieſer in mutas, liquidas, labia - les, palatinas, dentales, linguales, gutturales, &c. entſtehe: Jch koͤnte bemercken, wie noͤthig es ſey, von iugend auf, dieſe organa zum[g]uten ge - brauch zuzubereiten, ꝛc. Allein ich will den leſer lieber auf das artige buch des Hln Griſ - thows, ſo den titul fuͤhrt: Introd. in Philog. generalem, vna cum ſuccincta bibliotheca ſcripto - rum Philologiae generalis ac ſpecialis, accedit pro - theoria Jo. Fr. Buddei, welches zu Jena 1715. 8. berauskommen, und zwar ins beſondere auf das 3. cap. verweiſen. Dabey kan man Lami l’art de parler & perſuader chap. I. L. I. Fr. Merc. van Helmont Natur alphapeth. oder Alphabeti vere naturalis Hebraici delineationem nachleſen. S. zugleich Morhoffs Polyhiſt. I. IIII. I. ſqq. Stol - lens hiſt. der gelahr. I. II. Dabey fallen mirK 2die148von dem ausdruckdie mulieres ventriloquae ein, wiewohl, wenn ich daran gedencke, iſt mir, als wann ichs etwan im Robinſon Cruſoe geleſen, ſo unwahrſcheinlich kommt mir alles davon fuͤr.
a)
b)Bey der rede concurriren zugleich allerhand mittel, den ausdruck recht nachdruͤcklich zu ma - chen, daher man die kraft des ſpruͤchworts: viua vox docet, verſtehen kan. Man muß hier - bey billich die weißheit des maͤchtigen Schoͤp - fers bewundern, welcher die menſchen mit einer ſo fuͤrtreflichen gabe, als die rede iſt, ausgeruͤ - ſtet und gleich in der ſchoͤpfung verſehen hat.
b)

§. 6. Der gebrauch hat unter gantzen voͤl - ckern, beſondere arten der veraͤnderung und zuſammenſetzung des lauts eingefuͤhret, daher ſind unterſchiedene ſprachen entſtanden. a)Jn denen ſprachen ſind von gewiſſen laͤndern, ia auch wohl gewiſſen oͤrtern und lebens-arten be - ſondere arten zu ſprechen beliebet worden, da - hero ſo vielerley dialecti entſprungen,b) wor - aus man die menge der ſprachen,c) die unter - ſchiedenen veraͤnderungen,d) den reichthum einer ieglichen,e) den unterſcheid derſelben,f) die harmonie derſelben,g) und die beſondern eigenſchaften einer ieden,h) abnehmen, aber kaum uͤberſehen, determiniren, und gnugſam bewundern kan.

a)Von dem urſprung der ſprachen, und welches die aͤlteſte unter ihnen, haben die critici gar vielerley meinungen S. Griſchow. I. c. cap. IIII. Buddei Hiſtor. Eccl. V. T. Wilhelmi Turkii ſpecimen Hi - ſtoriae ſacrae a mundo condito ad exodum Iſraëli - tarum, vna cum primordiis gentium Aſſyriorum & Babyloniorum, acceſſit praefatio de vita & ſcri -ptis149der gedancken. ptis auctoris Halae. 1722. Lib. I. Sect. IIII. Lib. II. Sect. III. Stolle l. c. §. 7. ſqq. Morhoff. l. c.
a)
b)Dieſe ſind unzehlich und alſo wundere ich mich nicht, daß man ſo wenig davon geſchrieben - Von den dialectis der Griechen ſiehe Morhoffs Polyhiſt. I. IIII. VI. 16. 19. conf. Reimmann biſt. Litt. l. p. 84. ſqq. Stollen l. c. Morhoff hat l c. Schmidii tractat de dialectis Graccorum. uͤbergangen.
b)
c)Dieſe iſt faſt unbegreiflich, wie viel ſprachen ſind nicht ietzo in der welt? wie viel ſind verlohren? wie viel werden noch entſtehen?
c)
d)Dieſe kommen her von denen migrationibus gen - tium, vermiſchungen der ſprachen, von dem ge - ſchmack der leute, von der zeit, von der cultur der ſprachen, von denen temperamenten, von denen neu aufkommenden kuͤnſten und wiſſenſchafften, gebraͤuchen, ꝛc. Siehe §. 11.
d)
e)Jch glaube nicht, daß eine ſprache fuͤr der andern ſich hierinn eines groſſen vorzugs zu ruͤhmen ur - ſach habe. Denn fehlt es ia etwan an einem worte, ſo haben die menſchen allezeit das recht ονοματοποιεῖν, neue woͤrter zu machen, und es fehlt auch nicht an geſchicklichkeit, ſolches zu be - werckſtelligen. Man ſetze nur einmahl, nach der arte combinatoria, die vielerley arten des lauts, der woͤrter, ſylben und buchſtaben zuſammen, wie viel millionen veraͤnderungen koͤnnen da nicht herfuͤrgebracht werden, doch muß hernach der gebrauch ſolche veraͤnderungen legitimiren und einfuͤhren. Hiebey kan man ſich die moͤ - glichkeit einer univerſal-ſprache leicht fuͤrſtellen, aber auch beurtheilen.
e)
f)Eine iede hat ihre beſondere ausſprache der woͤr - ter ſylben und buchſtaben, beſondere redens ar - ten und idiotiſmos, beſonderes genie, u. ſ. f. Hier moͤchte ich mich wohl belehren laſſen, ob ich rechtK 3haͤtte150von dem ausdruckhaͤtte, wann ich ſpraͤche, der genie der Teut - ſchen, Lateiniſchen und Griechiſchen ſprache, di - ſtinguire ſich darinn faſt von allen ſprachen, daß man in dieſen dreyen benannten, allen fuͤrkom - menden obiectis gemaͤß reden und ſich ausdru - cken koͤnne? Z. e. im Frantzoͤſchen ſolte es mei - nes beduͤnckens ſchwerer fallen, einen ſolchen ſti - lum ſublimem herauszubringen, bey einem ho - hen ſubiecto, als man wohl im Teutſchen zu praͤ - ſtiren geſchickt waͤre. Ja wann ich mich nicht etwan aus g[r]oſſer liebe zu meiner mutter-ſprache irre, ſo duͤnckt mir, die Teutſche ſprache uͤbertref - fe auch hierinn die Griechiſche und Lateiniſche - daß ſie ſich eher als dieſe beyden in allerhand, denen obiectis gemaͤſſe formen, gieſſen laſſe, Deßwegen wundere ich mich manchmahl, daß die Teutſchen ihre eigene ſprache ſo veraͤchtlich tractiren, Z. e. warum haben wir Profeſſores der Griechiſchen und Lateiniſchen ſprache und nicht auch der Teutſchen? warum haben wir nur Lateiniſche und Griechiſche, nicht aber auch Teutſche auctores claßicos und ſprachmeiſter? ꝛc. S. Thomaſii Cautelen VII. 23.
f)
g)Ohngeachtet die ſprachen allerdings ſehr von einander differiren, ſo wird man doch in vielen ſtuͤcken eine artige harmonie unter ihnen ſpuͤh - ren, welches nicht wohl anders ſeyn kan, da wir ſie alle einem Schoͤpfer und urheber zu dancken, da die natur allen menſchen einerley arten von organis, den laut zu formiren und zu veraͤndern gegeben. S. G. Leopoldi Ponati anleitung zur harmonie der ſprachen, Braunſchweig - 1712. 8. Morhoffs Polyh. I. IIII. III. 8. 9. Jch daͤchte, wann wir unſere mutterſprache zu aller foͤrderſt recht lernten, und hernach, vermittelſt der harmonie und diſcrepantz derſelben mit an - dern ſprachen, auf die erlernung; anderer ſpra -chen151der gedancken. chen gefuͤhret wuͤrden, es duͤrfte nicht uneben ſeyn.
g)
h)Hierauf kommt bey erlernung einer ſprache das allermeiſte an, und dazu ſollen uns die gram - maticken fuͤhren. S. hievon Morhoffs Poly - hiſtorem Grammaticum. Stollen l. c. bey erler - nung der ſprache iſt allezeit zu unterſuchen, war - um man ſie lerne? ob man ſie zum gebrauch oder zur critic haben wolle? Will man ſie zum gebrauch haben (denn zur critic geben die bey Morhoff, Stollen, Reimmann, Griſchow, ꝛc. angefuͤhrten auctores nachricht) ſo iſt es noͤthig erſtlich nach einer gantz compendioͤſen Gram - matick, von einem gelehrten, getreuen, deutli - chen und freundlichen lehrmeiſter angefuͤhret zu werden, daß man nur einige erkaͤnntniß von den eigenſchaften einer ſprache kriege, z. e. im latei - niſchen nach Cellani erleichterter Lateiniſchen Grammatick, die zu Merſeburg 1709. zum neundten mahl edirt und ſeinem libro memoriali beygefuͤget iſt, im Griechiſchen nach des Herrn v. der Hardt ſtudioſo Graeco oder nach der arti - gen Teutſch edirten Grammatick, welche zu Wolffenbuͤttel 1715. 8. heraus kommen, nebſt dem Griechiſchen Syntaxi, der 1716. mit Herrn v d. Hardt vorredes eben daſelbſt, beyde, wo ich nicht irre, von Herr Andtea Ge - org Waͤbnern, der ietzo am Goͤttingiſchen Gymnaſio ſtehet, herausgegeben; im Hebraͤi - ſchen nach des Herrn v. der Hardt Fundamen - tis Hebraeae Linguae oder Herrn D. Dantzens Litteratore Ebraeo-Chaldaeo; un Frantzoͤiſchen nach des Herrn M. Greiffenhahns in Jena, Grammatick; im Jtaliaͤniſchen nach Caſtelli nouuelle Grammaire Italienne & Francoiſe pour bien entendre & parler Italien dans peu de tems. Amſterdam 1714. 8. im Engliſchen nachK 4Lud -152von dem ausdruckLudwigs Engliſcher Grammatick, Leipzig 1717. 8. Und dieſes ſind, deucht mir, die nuͤtzlich - ſten ſprachen. Hernach muß man ſo fort zur praxi ſchreiten, zum leſen der auctorum und zur ausarbeitung, auch wohl zum reden, und dabey ſo lange eines fuͤhrers ſich bedienen, als man ſich noch nicht ſelbſten helffen kan. Endlich weil man eine ſprache nicht leicht auslernen wird, iſt es gut von ieder ein vollſtaͤndiges lexi - con und ausfuͤhrliche Grammatick, zum nach - ſchlagen, immer bey der hand zu haben, Z. e. im Teutſchen, Boͤdickers Grundſaͤtze der Teut - ſchen ſprache im reden und ſchreiben, Berlin 1690 und 1701. in 8. Spatens Teutſches Lexi - con. Nuͤrnberg 1691. 4. (Wie Hl. Eckard in ſeinem kloſter, mit dem verſprochenen ety - mologiſchen lexico, und die unter dem Hln. Hoffrath Mencken in Leipzig florirende Teutſchuͤbende Geſellſchaft, mit dem fuͤrha - benden Teutſchen Hiſtoriſch-Poͤetiſch-Criti - ſchen lexico, die bofnung der lehrbegierigen und in dieſem ſtuͤck beduͤrftigen welt, ſtillen und erſaͤttigen werde, ſtehet zu erwarten) im Lateiniſchen Schmidii Lateiniſche Gram - matick mit den hypomnematibus, oder San - ctii Minervam, 1714. 8. Amſterdam, oder Voßii Ariſtarchum, 1653. Amſterd. und Fa - bri theſaurum, fol. 1710. Leipzig, im Griechi - ſchen Nic. Clenardi oder Welleri Grammati - cken und Scapulaͤ, Schrevelii, oder Hede - richs Griechiſche lexica. (zum Teutſchen, La - teiniſchen, Griechiſchen, iſt Hederichs anlei - tung zu den Philologiſchen wiſſenſchaften, ein feines hand-buch. ) im Hebraͤiſchen Hln. Loͤſchers werck de cauſſis linguae Hebraeae, Pfeiffers criticam ſacram, Glaßii Philologiam ſacram, denn des Richard Simons Hiſtoire cri -tique153der gedancken. tique iſt bey orthodoxis in keinen ſonderlichen credit) und Hln. Stocks Clauem linguae ſanctae; im Frantzoͤiſchen Mr. Raͤdleins vollkomme - nen Frantzoͤiſchen ſprachmeiſier, Menudier ge - nie de la langue Francoiſe und Hln. Friſchens Frantzoͤiſches Lexicon, ingleichen Richelet Di - ctionaire. im Jtaliaͤniſchen etwan Cramers oder Veneroni Grammaticken, und Raͤdleins ſprach ſchatz, ꝛc. Sonſten ſtehe ich in den ge - dancken, daß man eben deswegen, gar zu lange uͤber der Lateiniſchen ſprache zubringe, weil man ſie zu zeitig anfange, und daß man keine ſprache, bloß mit dem gedaͤchtniß, ohne iudicio, vollkom - men und gruͤndlich lerne. Das iudicium aber wird durch die Philoſophie excoliret. ꝛc.
h)

§. 7. Ein vernuͤnftiger redner, bekuͤmmert ſich ſonderlich um die erkaͤnntniß der ſprache, darinn ihm die meiſte gelegenheit zu reden fuͤr - kommen moͤchte. Und da die beſondere an - wendung eines ieden organi, bey dem laut, gewiſſe buchſtaben herfuͤr bringet, welche, ſo zu reden, die erſten elementa und principia der ſprache werden;a) ſo ſiehet auch ein klu - ger redner, auf die natuͤrliche beſchaffenheit ſolcher buchſtaben, damit er bey dem ausdruck der gedancken, den zuſammenfall, klang und maſſe der buchſtaben, dem obiecto gemaͤß mit anbringen moͤge. b)Doch huͤtet er ſich da - bey, fuͤr allem zwang, und andere paradoxe und alberne gloſſen. c)

a)S. Morhoffs Polyh. I. IIII. I. 9. I. ’IIII. VIIII. 1. &c. Stollen I. II. Reimmann l. p. 75. ſqq. Die ausſprache der buchſtaben variiret faſt in al - len ſprachen, darnach man ſich auch zu richten hat.
a)K 5b) Z.154von dem ausdruck
b)Z. e. A, O, U. ſind gut bey hohen obiectis, J und E bey delicaten und zaͤrtlichen, F, L, W, bey, gelinden und fluͤchtigen, S. bey ſtillen und flieſ - ſenden, R, M, bey fuͤr chterlichen, ꝛc. Die ſyl - ben unterſcheiden ſich gleichfalls, dactili bedeu - ten was geſchwindes, trochaͤi was gravitaͤtiſches, trauriges, iambi was luſtiges, ꝛc. Das wiſſen die Poͤeten wohl. Alſo ſagt Horatius gar artig L. II. od. 14. Eheu fugaces, Poſthume Poſthume la - buntur anni, und anderwerts: Illi robur & aes tri - plex circa pectus erat, qui fragilem truci com̃iſit pe - lago ratem primus L. I. ad 3. Man leſe nur L. II. od. XIII. da er den baum verflucht. Virgilius druckt die geſchwindigkeit ſehr wohl aus, wenn er ſpricht: Ferte citi flammas, date telaque, ſcan - dite muros. Seneca iſt auch darinn ein meiſter: Octavia: Vincam ſacuos ante leones, tigresque truces, fera quam ſaeui corda tyranni: item: Pe - ior eſt bello timor ipſe belli, iam minae ſaeui ceci - dere ferri, iam ſilet murmur graue claſſicorum, iam tacet ſtridor litui ſtrepentis, alta pax vrbis revocata laetae &c. Muͤhlpfort faͤngt ſein gedicht auf den Hoffmanns waldau eben ſo pathetiſch an, als das obiectum erfoderte: Magnae animae exuuias, diffracta habitacula carnis, & quantum potuit Libi - tinae infringere caeca ſaeuities, lacrumas inter planctusque Quiritum, horriſonos genitus trun - cataque murmura vulgi, efferimus; Unſern Teut - ſchen rednern und Poͤeten fehlt es auch nicht an dieſer geſchicklichkeit. Alſo ruͤhmt der Pleißi - ſche Apollo Ph[i]lander von der linde nicht ohne urſach eine beſondere ſtelle aus des Hln von Beſſers poͤeſien, (S. Philanders von der Linde vermiſchte gedichte die unterredung p. 169) wel - che folgender weiſe flieſſet:
Du biſt den ketten gleich in wohlbeſtallten uhren,
Durch die von innen her die feder alles treibt:
Man155der gedancken.
Man ſieht nicht ihren gang; doch zeigen ihre ſpuren,
Daß iedes rad durch ſie in ſeiner ordnung bleibt.
Man leſe auch was hochbelobter Hl v. Beſſer von der belagerung Stettin, in ſeinen ſchrifften, p. 121. Von dem treffen Friedrich Wilhelms des groſſen p. 114. bey dem leichengedicht, auf ſeine Fr. Gemahlin p. 214. und anderwerts, hierinn fuͤr beſondere proben gewieſen. Bey Lohen - ſteinen, Hoffmanns-waldauen und andern be - ruͤhmten dichtern und rednern, findet man auch, daß meine anmerckung gegruͤnbet.
b)
c)Das haͤtte Harsdoͤrffer, Klains und dergleichen herren mercken ſollen. Aus Harsdoͤrffers Spe - cimine l. Philol. Germanicae p. 301. habe ich in meiner Diſp. de nimio in linguis ſtudio, Lipſiae, 1716. folgendes angefuͤhret, welches gewiß para - dox genung die conſonantes zuſammen zwinget:
Es ſtimmet mit mir ein, die ſtimme ſo wir hoͤren,
Das praßlende geſchluͤrf, fließt aus den erden roͤh - ren,
Und liſpelt durch den kieß; der klatſch und platſcher thon,
Spricht ſonder fleiß und kunſt faſt allen ſprachen hohn.
Das ſum und brum geſauß, das ſchnarren, murren, marren,
Kan andrer zungen kraft in ſchroffen ſand ver - ſcharren.
Es rollt mein donner-wort es ruͤllt, bruͤllt, brauſt, zerſplittert,
Daß durch die luft und gluft die hein und ſtein er - ſchuͤttert ꝛc.
Zugeſchweigen anderer fehler, als, der ſelbſt - gemachten und nichts bedeutenden worte ꝛc. ſo erfoderte das obiectum wohl nicht dergleichen zwang. Klaius machts noch luſtiger S. Hl. Neumeiſters Diſſ. de poëtis Germanicis Leipzig1695.156von dem ausdruck1695. p. 72 und das Schediaſma Hln. M. Clodii de inſtituto Societatis Philo-Teutonicae Poëticae, quae ſub praeſid. Menckenii Lipſiae congregatur. p. 16. ſqq. z. e.
Es blincken, es flincken, es wincken die ſternen,
lernen von fernen,
flimmern und hallen
ſchimmern und ſchallen.
Die kunſt bleibt wohl richtig, aber die affectation der kunſt, iſt niemahls angenehm.
c)

§. 8. Aus buchſtaben und ſylben werden endlich worte zuſammen geſetzt. Ein wort iſt nichts anders, als ein articulatus und aus vie - len veraͤnderungen des lauts zuſammen geſetz - ter ſchall, womit der willkuͤhr der erſten erfin - dera) unb der gebrauch der menſchen,b) eine gedancke und begrif von einer ſache, beleget und ausdrucket. Der redner unterſcheidet alſo ſorgfaͤltig, die haupt - und neben-idee eines worts,c) die haupt - und neben-woͤrter oder epitheta,d) den grammaticaliſchen unter - ſchied der woͤrter,e) die vulgairen und kunſt - woͤrter,f) ſubiectum und praͤdicatum,g) uni - voca, aͤquivoca und ſynonyma,h) die eigentli - che bedeutung eines worts und die tropiſche,i) und dergleichen zufaͤllige veraͤnderung der woͤrter,k) und bemuͤhet ſich nicht nur einen vorrath von worten zu haben, ſondern auch aus dieſem vorrath, die convenableſten woͤrter zur ausdruckung ſeines obiecti heraus zu ſuchen und nach dem genie der ſprache und aller an - dern umſtaͤnde, im reden anzubringen, wozu im folgenden einige anleitung gegeben wird.

a) Die157der gedancken.
a)Die erſten erfinder haben manchmahl kaum daran gedacht, ob ſie das weſen der ſache mit dem worte bemercken moͤchten, ſondern ſie ſind mehrentheils ihrer phantaſie gefolget, zuweilen treffen doch idee und wort zuſammen. Alſo kan ich eines theils, die gedancken von der natur - ſprache, nicht als gar zu gegruͤndet annehmen, andern theils, halte ich es nicht fuͤr unvernuͤnf - tig, wañ der redner ſich bemuͤhet, ſolche worte zu treffen, welche der beſchaffenheit der ſache nahe kommen. Z. e. Hochmuth: kommt ſchon der idee naͤher als Ehrgeitz. Bombarda, iſt, deucht mir ein gut Lateiniſches wort, ohngeachtet es in keinem alten auctore ſieht, denn die ſache ſo dadurch angedeutet wird iſt neu, und das wort der ſache ſehr conform. S. Morboff und Stollen l. c. ingleichen Lami l’art de parler L. I. c. XII. Hedrichs anleit. zu den Philol. wiſ - ſenſchaften, von der Lexica und Phraſiologia, welche auctores anfuͤhren, die ſich auſſer den Lexicographis, um die critic der woͤrter bekuͤm - mert.
a)
b)Siehe unten §. 12.
b)
c)Dieſen unterſchied hat der auctor Artis cogi - tandi erfunden, und die haupt-idee ideam prin - cipalem, die neben-idee, acceſſoriam genennet. (D. Ridiger S. V. & F. nennet iene realem dieſe accidentalem, L. I. c. XIII. § XI. welche man auch ſonſt bey dieſem cap. conferiren mag.) Je - ne oder die principalis, bedeutet die ſache ſelbſt, dieſe die acceſſoria, bemercket zugleich einen um - ſtand oder affect, und macht alſo den nachdruck eines worts aus, dannenhero man auf dieſelbe bey erklaͤrungen, uͤberſetzungen und dem aus - druck der gedancken uͤberhaupt, ſorgfaͤltig zu ſe - hen. Z. e. homo und mortalis heiſt beydes ein menſch, aber ienes deutet auf den urſprung,dieſes158von dem ausdruckdieſes auf das ende deſſelben. Ein mann und ein maͤnngen, differiren in der neben idee und und dieſe kan entweder den umſtand der natur bemercken, ſo heiſt maͤnngen, ein kleiner mann / oder den affect der liebe, ſo heiſts ein lieber mann, oder der verachtung, ſo heiſts, ein ſchlechter mann.
c)
d)Die neben-woͤrter ſetzt man, die idee des haupt-worts, entweder zu erklaͤren oder zu de, terminiren und zu reſtringiren. Jene artheiſ - ſet bey den Scholaſticis reduplicatioum, bey D. Ridigern l. c. explicativum und wird von de - nen differentzen und propriis eines dinges herge - nom̃en: dieſe aber ſpecificativum oder derei mi - nativum von denen eintheilungen eines dinges. Z. e. ein ſterblicher menſch erklaͤret, und ein[z]or - niger menſch, reſtringiret den begrif von einem menſchen.
d)
e)Dieſer macht die ſo genannten partes oratio - nis: Subſiantivum, adiectivum, activum, paſſivum und particulam oder kuͤrtzer: no - men, verbum, particulam, und weitlaͤuftiger nach den Grammaticken: nomen, pronomen, verbum, participtum adver[b]ium praͤpoſitio - nem coniunctionem und interiectionem. Die erſte eintheilung iſt die beſte, (ſ. Ridiger. l. c. lib. II. C. XI. §. II.) Dadurch kan man ſich bey erler - nung und anbringung der woͤrter helffen: Z e. Die gelehrſamkit, eruditio, gelehrt, eruditus, gelehrt machen, erudire, gelahrt werden, eru - diri, gelehrt, erudite.
e)
f)Die vulgairen terminos macht der gebrauch und determiniret ſie, die kunſtwoͤrter werden durch die kuͤnſte und denenſelben zugethane, herfuͤrgebracht und ausgemacht, nach denen un - terſchiedenen abſichten der menſchen S. unten §. 12. 13. 14. Morhoff. l. c. II. V. I. §. 6.
f)g) Sub -159der gedancken.
g)Subiectum iſt dasienige, wovon etwas geſagt wird, praͤd[i]catum aber, was von einer ſache ge - ſagt wird. Dieſen unterſchied mercke ich deß - wegen an, weil man bey dem ausd[r]uck, die praͤ - dicata allezeit nach denen ſublectis accommodi - ren muß, Z. e. es wuͤrde albern ſeyn, wann ich ſpraͤche: es ſind viel grillen in der Philoſo - phie, und wuͤrde eben ſo klingen als wann ie - mand ſagte: es iſt viel ſtroh im golde. Dann von der Philoſophie und vom golde, kan man ſolche praͤdicata nicht geben. Mehrentheils wird das Praͤdicatum zu einem neben wort ae - macht, da dann eben dieſes zu beobachten S. oben not. d. und folgendes cap. 2.
g)
h)Univoca haben eine idee und einen termi - num, dieſes ſind die beſten, aber auch ſeltenſten worte, Z. e. GOtt, gnade, tugend, gelehrſam - keit, wahrheit; aͤquivoca haben viel ideen und nur einen terminum, Z. e ein fuchs, die roſe, ꝛc. Alſo wenn ich einen nenne, virum beatae mem o - riae, qui exſpectat iudicium, weil er noch lebt, da bedeutet es gantz was anders, als wann ichs ihm auf den leichen-ſtein ſetze, ingleichen, ein wohlgezogner menſch i. e. der auf der tortur geweſen und der eine gute erziehung gehabt. Es iſt ſonſt ein ungluͤck fuͤr die ſprachen, wann ſie zu viel aͤquivoca haben und die redner ſolten darauf bedacht ſeyn, durch einen accuraten aus - druck und gebrauch der woͤrter, dieſem ungluͤck abzuhelffen. Synonyma ſind, wo ich eine ie - dee mit vielerley worten bemercken kan, Z. e. wild, mutbig, unbaͤndig, frech, der Z. e. Gott - ſeelig, gottesfuͤrchtig, tu[g]endhaftig, oder Z. e. propenſio, amor, dilectio, beneuolentia, &c. Aus dergleichen ſucht der redner das beſte aus, denn ohngeachtet die haupt-idee einerley ſeyn moͤchte, ſo koͤnten doch wohl die neben-ideen eins nach - druͤcklicher machen als das andere.
h)
i)Siehe unten §. 17.
i)k)160von dem ausdruck
k)Z. e. die flexio, das decliniren congugiren der woͤr - ter, ingleichen der zuſammenfall, conſtruction, verbindung, arrangement, (ſiehe Lami l’art. de parler cap. x. L. I. alter, hiſtorie, derivation, ꝛc. derſelben, ſind von einem redner niemahls zu ne - gligiren. S. unten das 2. cap. ingleichen das 4.
k)

§. 9. Aus worten werden endlich gantze ſaͤ - tze formiret, wenn man nemlich zwey ideen in der dritten verbindet, und mit gehoͤrigen wor - ten ausdrucket. Bey dieſen beobachtet der redner, alle dabey fuͤrfallende umſtaͤnde, ob ſie aus vulgairen oder gelehrten begriffen beſtehena) ob ſie mit der eigentlichen oder tropiſchen be - deutung der worte zu bemercken,b) ihren ſyntax, urſprung, ordnung,c) ob ſie beia - hend oder verneinend,d) vniverſal oder par - ticular, oder limitirt zu concipiren,e) ob da - bey die connexion des ſubiecti und praͤdicati unſtreitig oder wahrſcheinlich oder gleichniß - weiſe fuͤrzuſtellen,f) aus was fuͤr diſciplinen und Facultaͤten ſelbige genommeng) ob ſie bloß theoretiſch oder auch zugleich pathetiſch auszuſprechen,h) ꝛc.

a)Conf. Ridiger. S. V. & F. L. II. cap. I. & II. z. e vul - gaire ſind von ſachen die unmittelbar in die ſinne fallen, gelehrte ſind abſtracta, iene haben bloſſe erzehlungen, hiſtorie, dieſe aber gruͤndliche rai - ſonnements zum grunde; z. e. der Pabſt iſt ge - ſtorben: Renatus Bary hat eine Rhetorick geſchrieben; (Amſterdam 1669. 12. Frantzoͤiſch) Bavius hat ein carmen gemacht: Madame hat heute compagnie: Muß ich iemand, wann ich hut ſtock und degen habe, auch wohl mit dem ſtock ein compliment machen? ſind allesvul -161der gedancken. vulgaire dinge. Hingegen wenn ich ſpraͤche: Fuͤrſten muͤſſen ſo wohl ſterben als andere menſchen: Des Bary Rhetorick iſt nicht viel nutze: Bavii carmen iſt ſehr albern gemacht: Madame hat heute eine pinſel-compagnie: zu viel und zu wenig complimente machen, iſt deu leuten odioͤs: gruͤndet ſich auf ein raiſonne - ment und auf abſtracta. Bey ienem muß ich vulgaire terminos brauchen, bey dieſem darf ich nach meinem willkuͤhr aͤndern, wann ich nur der idee des raiſonnements nachgehe. Bey ie - nem muß ich nur fragen, ob die copula richtig, bey dieſem bekuͤmmere ich mich zugleich um den richtigen concept des praͤdicati.
a)
b)So lange ich eigentliche worte habe, und mein obiectum keinen putz braucht, formire ich nur ſaͤ - tze, die aus eigentlichen worten beſtehen, und da das praͤdicatum keinen t[r]opum involviret, ferner, wo ich alle dunckelheit und zweydeutig - keit ſorgfaͤltig vermeiden ſoll. Siehe §. 17.
b)
c)Hiebey muß man auf die grund-regeln einer ieden ſprache ſehen nach der grammatick; ferner auf die idiotiſmos, d. i. ſolche redens-arten, welche zu denen diſcrepantzen einer ſprache von der andern gehoͤren, weiter ob ſich die redens - arten worauf beziehen ſollen, S. Hederichs Anleit. zu den Philolog. Wiſſ von der phra - ſiologie.
c)
d)Wann die ideen des ſubiecti und praͤdicati ein - ander ſubordiniret ſind, wird der ſatz beiahend; ſind ſie einander opponirt, wird er verneinend Z. e. Tugend und laſter ſind einander oppo - niret, alſo ſpreche ich: Laſter werden bey groſ - ſen leuten nicht zu tugenden.
d)
e)Dieſer unterſchied dependiret von der verhaͤlt - niß des praͤdicati gegen das ſubiectum. Alſo ſage ich recht: Alle fuͤrſten muͤſſen ſterben,Ldenn162von dem ausdruckdenn die ſterblichkeit erſtrecket ſich uͤber alle menſchen: Oder: Kein richter ſoll geſchencke nehmen, denn alle richter ſollen gerechtigkeit handhaben und alle geſchencke ſuchen hingegen das recht zu beugen. Hingegen ſagte ich nicht recht: Alle gelehrte ſind gluͤcklich, denn das gluͤck iſt kein eſſentielles ſtuͤck eines gelehrten, auch kein allgemeiner concept von ihm, ſonſt wuͤrde Spitzelius nicht haben ſeinen Litteratum inſelicem ſchreiben koͤnnen. Wann ich wolte ſetzen: Alle reiche ſind raiſonnable, ſo wuͤrde man mir viele inſtantzen geben koͤnnen, alſo muͤ - ſte ich meinen ſatz limitiren und ihn alſo ausſpre - chen: Alle reiche, welche durch die Moral oder die regeln des Chriſtenthums gebeſſert, ſind raiſonnable leute.
e)
f)Z. e. Die duelle ſind unſtreitig mit recht ver - boten: David iſt wahrſcheinlich ein ſangui - neus geweſen: David entbrannte, da ſich Bathſeba im waſſer abkuͤhlete, und Joſeph wurde zu eiß, da Sephira in der groͤſten glut entzuͤndet war.
f)
g)Z. e. Alle menſchen ſind luͤgner, iſt in der The - ologie unſtreitig, in der Moral wahrſcheinlich, aber in der Jurisprudentz wuͤrde man mich in - iuriarum belangen, wann ich es nur von einem eintzigen ſagte.
g)
h)Bey theoretiſchen, ſehe ich bloß auf den aus - druck der gedancken, bey pathetiſchen, zugleich auf den ausdruck des affects, ſiehe §. 18. Da - her entſtehen auch gewiſſe nebenideen der re - dens-arten.
h)

§. 10. Alle dieſe eigenſchaften der ſaͤtze, in - gleichen die zuſammenſetzung verſchiedener ſaͤ - tze, geben von ſelbſten, ohne muͤhe, anlaß, gantze periodos zu machen. Ein periodus iſtnichts163der gedancken. nichts anders alſo, alseine haupt-propoſition, welche mit ihren eigenſchaften und neben-pro - poſitionibus vollkommen ausgedrucket und in einer gewiſſen zeit da die ſtimme ſteigen, ruhen und fallen kan, ausgeſprochen wird. a)Er iſt entweder explicativa,b) oder determina - tiva,c) ſimplex oder compoſita,d) probans, illuſtrans, oder pathetica,e) ꝛc. Dabey ſie - het man auf die deutlichkeit,f) reinlichkeit,g) den numerum,h) die ſymmetrie und rechte maſſe deſſelben,i) ingleichen auf die veraͤn - derung, welche man damit fuͤrnehmen kan. k)

a)S. Heineccium in fundamentis ſtili cultioris. Hln. Hofrath Langens Orat. P. I. p. 320. Lami l art de parler L. III. c. VIII.
a)
b)Dieſer beſchreibt ſubiectum und praͤdicatum Z. e. Laſter werden bey vornehmen leuten nicht zu tugenden. Periodus explicatiua: Leute wel - che das gluͤck durch geburt, ſtand, und reich - thum, oder auch wohl durch eigene verdien - ſte, fuͤr andern erhaben, ſind nicht vermoͤ - gend, ſolche thaten, ſo die regeln der goͤttli - chen weißheit und der vernunft unterbre - chen, und die ruhe der menſchlichen geſell - ſchaft ſtoͤbren, in GOtt und menſchen gefaͤl - lige tugenden zu verwandeln. Hieher gehoͤ - ren alle definitiones.
b)
c)Dieſer druckt die eintheilungen und einſchraͤn - ckungen aus. Z. e. Propoſ. die gottesfurcht iſt zu allen dingen nuͤtze, und hat die verheiſſung dieſes und des zukuͤnftigen lebens. Periodus de - terminatiua: Menſchen, welche ihrem ſchoͤpfer die ſchuldige ehrfurcht niemahls verweigern, und davon allezeit lebendige proben, in der auffuͤhrung gegen ihren naͤchſten, an den tagL 2legen,164von dem ausdrucklegen, koͤnnen der ungezweiffelten hoffnung leben, es werde zu ihrem zeitlichen und ewi - gen vergnuͤgen, die allmacht und liebe des un - erſchoͤpflichen brunnens alles guten, ſich ver - einigen, und uͤber ſie mit reichen ſtroͤhmen ergieſſen.
c)
d)Simplex hat nur eine haupt propoſition, Z. e. Prop. die tapferkeit verewiget: Periodus ſim - plex: Ein unerſchrockener muth, der ſich nach gnugſamer uͤberlegung, durch tapfere thaten zeiget, macht uns denen gleich, welche in ih - rem leben von allen bewundert, und nach ih - rem tode durch ein unſterbliches andencken verewiget werden. Compoſita hat mehr pro - poſitiones, neben der haupt-propoſition, und iſt daher entweder bimembris, trimem - bris oder quadrimembris; Z. e. Das duel - liren wird billich geſtraft: Periodus compo - ſita bimembris: Da das duelliren ein ſolches verbrechen iſt, da einzele perſonen, ſich ſelbſt zu raͤchen die wut des boßhaftigen hertzens, in dem blute des naͤchſten, auch wohl gar mit deſſen tode abzukuͤhlen, und das veꝛmeinte un - recht abzuwaſchen gedencken: ſo wird ein ie - der leichtlich zugeſtehen, daß eine ſolche, der republick ſchaͤdliche, unartige rache, billich von einer hohen Obrigkeit, mit empfindli - cher ſtrafe beleget werde: Trimembris: Alle durch unbeſonnenheit und boßheit fuͤrge - brachte verbrechen, werden in einer wohlbe - ſtallten republick billich geſtraft: Da nun das duelliren, gemeiniglich von ſolcher art zu ſeyn pfleget: So erhellet daraus von ſelb - ſten, daß es auch in unſrer republick billich niemand geſtattet, ſondern vielmehr mit ge - rechter ſtrafe angeſehen werde: Quadrimem - bris: Das duelliren iſt ein hoͤchſtſchaͤdliches, grauſames, und unbeſonnenes verfahren:Da165der gedancken. Da nun dergleichen billich zu beſtrafen: So wird auch mit groͤſtem recht dieſe begierde blut zuvergieſſen, mit ſtrafen gedaͤmpfet: Es muͤſte dann ſeyn, daß eine hobe Landes-O - brigkeit die idee des verbrechens davon weg - naͤhme und der republick ein menſchliches op - fer zu ſchencken fuͤr noͤthig erachtete.
d)
e)Z. e. Periodus probans fuͤhret einen beweiß - grund ein: Z. e. Fuͤrſten muͤſſen ſterben: Periodus probans: Da das unerbitliche ver - haͤngniß und die allgemeine ordnung der na - tur, allen menſchen ſchlechterdings die noth - wendigkeit zu ſterben auferleget: So haben auch printzen, wenn ſie ſchon kron und ſcepter fuͤhren, ſo lange ſie mit der menſchheit um - geben, ihnen die ſichere rechnung zu machen, daß endlich der todt ihre fuͤrſtlichen ſtuͤhle umſtuͤrtzen, und ihren purpur der verwe - ſung uͤberantworten werde. Jlluſtrans fuͤhrt ein argumentum illuſtrans ein, Z. e: Lohenſtein exprimiret obigen not. a. befindlichen periodum im Arminto l. I. p. 15. alſo: Der koth bleibt heßlich und ſo viel mehr kenntbar in chryſtal - linen gefaͤſſen, und die laſter garſtig, wann ſie ſchon in ſammet und goldſtuͤcke eingehuͤllet, oder auf elfenbeinerne ſtuͤhle geſetzet werden. Pathetica ſucht den affect zu ruͤhren, Z. e. Maza - rin ſagt: ein kerl ohne geld, lebt in der welt recht ſchaͤndlich: Periodus mouens: Jhr ar - men leute, die ihr euch mit eurer gelehrſam - keit und tugend viel einbildet, und doch kein geld habt! Jhr kommt mir fuͤr wie der ſchaͤ - cher der ſich auf das paradieß freuete und doch am creutze ſchmaͤhlich crepiren muſte, bedenckts doch nur ſelber ob ich nicht recht habe? (Mazarin ſagt es zum wenigſten.)
e)
f. g. h.)Siehe folgendes cap.
f. g. h.)L 3i) Die -166von dem ausdruck
i)Dieſe komt lediglich auf die ausſprache, auf das ur - theil des gehoͤrs, und auf die rechte abfaſſung des ſatzesan, welchë man in einen periodum einſchlieſ - ſen will. Es giebt leute, die ſind bey nahe von na - tur incapable einen periodum zu machen, weil ſie nicht ordentlich und ſatzweiſe gedencken koͤnnen - Solche leute ſchreiben briefe von einem und mehr bogen, und der gantze brief iſt ein periodus, ia ſie halten wohl gantze predigten, die ſind eben - falls ein eintziger periodus. Sie haben zwar einen grundſatz mit noth concipiret, aber dazu ſetzen ſie etliche hundert propoſitiones inciden - tes, eben ſo viel limitationes, und drey mahl ſo viel beywoͤrter, und tavtologien, ſolten ſie dann nicht eine ſtunde daran zu predigen haben? Jener luſtige kopf, machte zum ſpaß, dieſen fehler fuͤr - zuſtellen, folgenden periodum. Jch ergetze mich, mein leib und ſeele, meine innerliche und aͤuſ - ſerliche ſinnen, meinen verſtand und willen, an nichts in der welt mehr, es ſey (hier erzeh - lete er alle erſinnliche delicateſſen) was es wolle, als an den unvergleichlichen ſchatten, des ſchoͤnen (ich weiß nicht, ob es eine linde oder bircke oder erle (hier erzehlete er alle baͤume iſt,) baums, welcher auf der wieſe ſtehet, (hier beſchrieb er die wieſe nach ihrer voͤlligen lage) woſelbſten das graß gewachſen, davon der ochſe gefreſſen, von deſſen haut, mein ſchatz, ihr neulich ein paar flecken unter ihre abſaͤtze von meiſter N. ſetzen laſſen. Will man die - ſen fehler vermeiden, ſo muß man ordentlich erſt kurtze ſaͤtze faſſen, die nur aus einem ſubiecto und praͤdicato beſtehen, einen ſolchen ſatz uͤberleget man wohl, was er fuͤr zuſaͤtze, einſchraͤnckungen, und dergleichen haben muͤſſe, dieſe ſetzt man hin - zu, und faͤngt dann an zu verſuchen, wieviel mahl man reſpiriren koͤnne, ob zu dem ſteigen,ruhen,167der gedancken. ruhen, und fallen der ſtimme ein rechtes tempo ſey, davon man nicht incommodiret werde, ver - aͤndert und verſetzt die woͤrter und redens-arten ſo lange, biß alles leicht und commode auszu - ſprechen, ſo kriegt man allezeit nette periodos, Z. e. Jch haͤtte dieſen ſatz: Excopiaferocia: erſt - lich fehlt das verbindungs wort, dieſes ſetze ich hinzu: Ex copia oritur ferocia: Damit man nicht copiam unrecht verſtehe, ſo ſetze: Ex copiæ pecuniae, rerum ad vitam tranſigendam neceſſa - riarum, oritur ferocia: Weil dieſes nicht univer - ſel, ſetze: Oritur plerumque ferocia: Weil es nur bey unverſtaͤndigen geſchicht, ſetze hinzu: Apud homines imprudentes, affectibus indulgentes, intellectu praeiudiciis deturpato aegrotantes: So bekommt man folgenden periodum: Ex copiæ pecuniae & rerum ad vitam tranſigendam neceſ - ſariarum, oritur plerumque ferocia, apud homines imprudentes, affectibus indulgentes, intellectu praeiudiciis deturpato aegrotantes: Oder beſſer und mit bequemerer ausſprache: Quiſquis nec intellectum a praeiudiciis emendare, nec in volun - tate affectibus imperare, ideoque parum prudenter ſe gerere didicit: ipſi ex nimio rei familiaris incre - mento, & opum, quamuis fugacium, affluentia, effrena plerumque & indomita ſubnaſcitur ferocia: Da dann alle theile in gehoͤriger ſymmetrie ſte - hen, leicht auszuſprechen ſind und wohl in das gehoͤr fallen. conf. Lami l art de parler l. c. und unten das 2. cap.
i)
k)S. unten das 2. cap.
k)

§. 11. Und dieſes waͤren die elementa, und der natuͤrliche grund aller ſprachen. Es koͤn - nen aber dieſe principia, ſo vielerley zufaͤlle ha - ben, auf ſo mancherley weiſe veraͤndert werden, daß man faſt ſo vielerley arten des ausdrucks findet, als menſchen ſind. Die urſachen ſol -L 4cher168von dem ausdruckcher veraͤnderungen ſind, die einrichtung des verſtandes,a) die miſchung der temperamen - te,b) die auferziehung,c) das clima,d) die lebens-art,e) der genie eines ieden ſaͤculi,e) der ort,g) die materie welche man ausdruckt,h) die affectation der leute,i) die imitation angeſehener perſonen,k) die natuͤrliche be - ſchaffenheiten bey der pronunciation,l) das alter,m) ꝛc. welche dinge ſo gar in einer ein - tzigen ſprache unzehliche veraͤnderungen herfuͤr bringen, und ſich doch niemahls gern unter das ioch der kunſt bequemen, ſondern mehren - theils lieber von der natur dependiren wollen.

a)Daher enſtehet der iudicioͤſe, ingenioͤſe und memorialiſche ausdruck. Der indicioͤſe iſt rei - cher an gedancken als worten, ſetzt nicht leicht etwas vergebens, macht viel einſchrenckungen, wird daher zuweilen ſchwer zu verſtehen, zumahl wenn alles gar zu kurtz gefaſt. Z. e. Tacitus, Petronius, Phaͤdrus, Salluſtius, Quinctilia - nus, Buchnerus; ꝛc. der ingenioͤſe, hat viel gleichniſſe, ſpielt mit worten, flieſt wohl, bringt allerhand einfaͤlle an. Z. e: Florus, Ovidius, Muretus, Hofmanns-waldau, ꝛc. Der me - morialiſche, iſt reicher an worten als gedancken, mit phraſibus aus andern auctoribus, mit ſen - tentzen und dergleichen, geſchmuͤckt, alſo un - gleich, unbeſtaͤndig, weitlaͤuftig. z. e. Barthius, der meiſten criticorum, ſ. Morboffs Polyh. I. I. XXIII. 46. Am beſten iſts, wann iudicium, ingenium, memorie ſo gemiſcht ſind, daß das iudicium am ſtaͤrckſten, ingenium und memorie zuſammengenommen dem iudicio gleich ſeyn, Z. e. beym Cicerone, Livio, Horatio, Virgilio,Cu -169der gedancken. Cunaͤo, Ziegler, ꝛc. andere miſchungen taugen nichts.
a)
b)Hieraus entſpringt der unterſchied des magni - fiquen, fluiden, und conciſen ausdrucks. Wenn man dieſe arten mit denen arten der vor - hergehenden note vermiſchet, kan man wieder beſondere veraͤnderungen des ausdrucks bemer - cken. Ehrgeitzige lieben einen magnifiquen, wolluͤſtige einen fluiden, geldgeitzige einen con - ciſen ausdruck. ꝛc.
b)
c)Die auferziehung und der umgang, thut ſehr viel zur einrichtung des ausdrucks. Eine freye converſation, liebreiche und vernuͤnftige edu - cation, macht, daß man ohne ſchwierigkeit ſich ausdruckt, und ohne furcht zu fehlen, eine ſolche fertigkeit zeiget, die nicht anders als angenehm iſt. Eine ſtoͤckiſche pedantiſche auferziehung iſt urſach, daß man ſich, wann man auch erwach - ſen und die herrlichſten anweiſungen gehabt, die ſchoͤnſten buͤcher geleſen, die fuͤrtreflichſten me - ditationes im kopfe hat, die gelehrteſten ſachen zu papier bringet, dennoch im gemeinen leben, nicht ohne zwang und noth, und ohne roth zu werden, exprimiren kan. Jm gegentheil, wo die eltern uͤber der kinder albernes reden ein ge - fallen zeigen und lachen, und der lehrer mit furcht und zittern ſie corrigiren muß, da bekom - men die leute eine frechheit, daß ſie nachge - hends, ohne ſchamhaftigkeit, die albernſten ein - faͤlle, auf eine impertinente art, fuͤrbringen, und die gantze zeit mit ihrem thoͤrichten plap - pern, verſtaͤndiger leute ohren, auf die tortur bringen, und wie viel hengt uns nicht aus der converſation mit andern leuten an?
c)
d)Dieſes macht gar einen mercklichen unterſchied, S. Neuhuſium im theatro ingenii humani und andere, Z. e. der Teutſche ausdruck iſt entwederL 5Schle -170von dem ausdruckSchleſiſch oderr Meißniſch oder Niederſaͤchſich oder Fraͤnckiſch, der Lateiniſche und Griechiſche entweder Atticus, oder Laconicus oder Aſiati - cus und Rhodicus. Wie differiret nicht der Orientaliſchen voͤlcker ausdruck von dem un - ſern? ꝛc.
d)
e)Z. e. Jſocrates redet gantz anders als Demo - ſthenes, iener hatte ſich mehr aufs dociren, dieſer mehr auf die praxin gelegt. Hofleute re - den gantz anders als ſchulleute, handwercksleu - te und ſoldaten wieder anders ꝛc.
e)
f)Mit dieſen aͤndert ſich der ausdruck, wie mit den moden, aus unterſchiedenen urſachen, ꝛc.
f)
g)Z. e. hier zu lande hoͤret man etliche leute mit er - ſtaunen an, die man anderwerts fuͤr ſchlechte helden halten wuͤrde; wiederum ſind andere verachtet, welche vielleicht an andern orten am liebſten gehoͤret werden.
g)
h)Dieſe veraͤndert den ausdruck gewaltig, dann ein iedes obiectum muß nach ſeinen eigenſchaf - ten ausgedruckt werden. Siehe unten das 2. cap.
h)
i)Wann die leute ſich zwingen, nach eines andern diſpoſition des verſtandes zu reden, oder die nei - gungen nicht haben, welche andere treiben, und alſo inuita mincrua, und nicht, wie ihnen der ſchnabel gewachſen, reden wollen. Z. e. wann Lipſius ſchreiben will wie Tacitus, oder wann Gruterus und Coͤlius Lipſii ausdruck affectiren S. Morhoffs Polyh. l. I. XXIIII. 69. 70.
i)
k)Dieſe ſetzt man der affectation billich entgegen. Jene zwingt ſich andere zu folgen mit denen ſie nichts gleiches hat, dieſe ſucht, was andere, mit denen ſich etwas gleiches bey uns findet, ſchoͤnes herfuͤrgebracht, nachzumachen, ohne zwang und falſchen abſichten. Z e. Baudius imitirt Plau - tum gluͤcklich und man lobt ihn deßwegen S. Mor -171der gedancken. Morhoffs Polyh. l I. XXIIII. 87. Budaͤum will man, wegen ſeiner art zu imitiren, nicht ſon - derlich loben, S. eundem l. I. XXIII. 47. vid. un - ten cap. 4.
k)
l)Z. e. etliche leute reden geſchwinde, etliche gra - vitaͤtiſch, einige liſpeln, einige ſchnarren, einige haben eine leiſe, kleine, ſchwache ſtimme, andere ſtarck und grob.
l)
m)Mit den iahren veraͤndert ſich der ausdruck gar ſehr, alten leuten will es nicht mehr ſo flieſſen als iungen, daher heiſt eine rechte beredſamkeit bey den Lateinern virilis eloquentia, und dieſe iſt a flore iuuenili orationis, ingleichen a terſo dicendi genere ſenili, ſehr unterſchieden. Lipſius hatte im alter einen gantz andern ausdruck angenom - men, als in der iugend. ſiehe Morhoff l. c. 63. Daß ich hier von andern urſachen der veraͤnderung im ausdruck nicht gedencke, Z. e. Manche ſchreiben und reden ſchoͤn, wann ſie verliebt, zoͤrnig, berauſcht, unter guten freun - den ſind, hingegen zu anderer zeit will es nicht fort, ſo iſt auch ein menſch nicht alle ſtunden gleich diſponiret zum reden. S. Schefferum de ſtilo illiusque exercitiis (cum Jo. Henr. Boecleri diſſ. de comparanda Latinae linguae facultate ed. Jenae 1678. 8.) Cap. I. p. 10.
m)

§. 12. Daraus ſolte man faſt ſchlieſſen, als wann es unmoͤglich, von der ſchoͤnheit und ac - curateſſe des ausdrucks, regeln zu geben, und ſo vielerley dinge, einer herrſchaft der kunſt zu un - terwerffen; eben ſo, wie es ſchwer, den ge - ſchmack der leute, durch diſputiren auszuma - chen und durch regeln zu determiniren. Allein zu geſchweigen, daß es hier nicht bloß auf der - gleichen natuͤrliche zufaͤlle, oder auf eine bloſſeempfin -172von dem ausdruckempfindung ankomme, ſo wirft ſich der ge - brauch, ſo zu reden, zu einem allgemeinen ſprachrichter auf, und tyranniſiret dergeſtalt, daß man auch durch die regeln der vernunft kaum vermoͤgend iſt, ihn einiger maſſen im zaum zu halten. Und dieſer iſt eine gleichfoͤr - migkeit oder uͤbereinſtimmung einer gewiſſen nation oder ſocietaͤt, in dem ausdruck, betref - fend die worte, redens-arten, und derſelben be - deutung und anwendung.

§. 13. Dieſer gebrauch ſiehet entweder bloß auf die worte, ſo iſt es ein Grammaticaliſcher concept, und leget den grund zur Grammatick,a) oder er ſiehet auf die idee, welche mit einem worte ausgedruckt wird, ſo iſt er das funda - ment der Rhetorick, und gehoͤrt hieher. Er iſt aber ſo dann univerſel, wann er bey einer gantzen nation, in einer gantzen ſprache, ein - gefuͤhret, oder particular, wann er von einem gewiſſen theil der nation, durch einhelligen con - ſens angenommen worden. Der univerſelle gebrauch, herrſchet ſonderlich bey ſenſuellen dingen. erfindet ſelbige auszudrucken woͤrter und fuͤhret ſie ein,b) macht die ſtamm-woͤr - ter nach der phantaſie der erfinder, bindet die ideen an die worte und veraͤndert ſie auch wohl nach und nach, wird daher uͤberall im gemeinen leben beobachtete) und auch als der grund des particularen angeſehen. Jhn zu erkennen und zu appliciren braucht man weiter nichts als die erfahrung und memorie.

a) Die -173der gedancken.
a)Dieſer macht die declinationes, coniugationes, genera, conſtructiones, ſyntaxin, ꝛc. und iſt ſo maͤchtig, daß auch Kaͤyſer Sigismundus ſich druͤber verwunderte, da er ohngefaͤhr ſchiſmam an ſtatt ſchiſma: geſprochen, und mit ſeiner Kaͤyſerl. auctoritaͤt nicht wieder denſelben ſchuͤ - tzen konte.
a)
b)Z. e. ein pferd, ein hund, die ſonne, roth, ſchwartz, lang, ſchlagen, werffen, ꝛc. ſind lau - ter ſenſuelle ſachen, dieſe hat der univerſelle ge - brauch unter ſeiner diſpoſition. Eben derſelbe nimt auch zuweilen woͤrter aus andern ſprachen, und giebt ihnen in einer fremden das buͤrger - recht.
b)
c)Daher ſagt Morhoff im unterricht von der Teutſchen ſprache, cap. 4. wer die ſtamm - woͤrter finden wolle, muͤſſe ſie nicht in den ſtaͤdten und bey hofe, ſondern auf den doͤr - fern unter den bauren ſuchen. Jch ſetze noch hinzu, daß man ſie nicht allemahl mit gnugſamen grund in andern ſprachen ſuche.
c)
d)Z. e. Wer in der gantzen Teutſchen nation hoͤrt die ſonne oder plat-Teutſch nur mit etwas ge - ſchloſſenem munde ausgeſprochen, de oder dey ſunne nennen, der denckt gleich an das groſſe licht, welches den tag erleuchtet. Und wann nun ſchon der Chymicus das gold und ein ver - liebter ſeine amaſia darmit beleget, ſo hat doch der univerſelle gebrauch eigentlich die idee der ſonne daran gebunden. Alſo veraͤndert der ge - drauch manchmahl woͤrter in anſchung ihrer be - deutung, Z. e. ſchalck hieß vorzeiten ein treuer diener, daher marſchalck; ſchuft kam in der be - deutung mit dem Hebraͤiſchen Schophet uͤberein; ſchelm war ein ehren - und geſchlechts-nahme. S. Zieglers Heldenliebe der ſchrifft die vor - rede. Mayd hieß eine iungfer, hofieren hieß ei -nem174von dem ausdrucknem ehre erwieſen, heut zu tage wuͤrde man ſich fuͤr der ehre nach dem ietzigen verſtande gar ſehr bedancken. ꝛc. Bald wird dieſer bizarre ge - brauch aus orthodoxe und Philoſophe ſchimpf - woͤrter machen, der grund iſt ſchon dazu gelegt.
d)
e)Einmahl wird er, was anbetrift die woͤrter, bil - lich beobachtet. Z. e. an ſtatt: handſchub ſage ich nicht handſtruͤmpfe oder an ſtatt: beinklei - der, nicht lendenholftern, ꝛc. Alſo irreten die Zeſianer gar ſehr, da ſie alle woͤrter reformiren wolten und auch die bereits das buͤrgerrecht in unſerer ſprache gewonnen hatten, ausmuſterten / da ihnen doch der univerſelle gebrauch im wege ſtand. Die immer Ciceronianiſch ſchreiben wol - len, denen geht es eben ſo. Nec nimis molles nec nimis moroſi ſimus. S. Thomaſii Cautelen VII. und die vorrede, ſo er ſeiner Einleitung zur Vernunftlehre fuͤrgeſetzet. Die herren, ſo galant (i. e. uͤberhin) ſtudiren, ſuͤndigen dagegen in der groſſen nachlaͤßigkeit. Hernach ſo wird auch der gemeine gebrauch billich in obacht ge - nommen, was anbetrift die ſachen, ſo man fuͤr - bringt, loquendum cum vulgo, &c. Wann der bauer (und auch der gelehrte bauer) glaubt, die ſonne gehe herum, ſey nicht groͤſſer als ſein hut, die hexen ritten um Walpurgis auf beſen und ofengabeln und ziegenboͤcken nach dem bloxber - ge, und ich habe keinen beruf ihn kluͤger zu ma - chen, da rede ich nach ſeinen begriffen: hingegen wuͤrde das wohl ein greulicher thor ſeyn, der mir wuͤrcklich aus einem ſolchen diſcours, derglei - chen alberne meinungen beymeſſen wolte. Wenn Curtius die thaten des Alexandri beſchreibt, ſo ſetzt er verſtaͤndigen leuten eine marque zu geben, was ſie von ſeiner hiſtorie halten ſollen, nur dieſe worte: Equidem plura transſcribo, quam credo. Sapienti ſat.
e)§. 14.175der gedancken.

§. 14. Weil aber der univerſelle gebrauch ſich mehr um den ausdruck ſenſueller dinge, und um die hauptidee der worte, als um abſtracta und um die neben ideen bekuͤmmert, ſo haben gelehrte und polite leute, von demſelben abge - hen, und einen particularen gebrauch unter ſich einfuͤhren muͤſſen, und daher iſt der gelehr - te und der galante gebrauch entſtanden. Der gelehrte gebraucha) iſt alſo eine uͤberein - ſtimmung der gelehrten,b) in dem ausdruck derer abſtracten dinge,c) und zeiget ſich ent - weder in erfindung neuer kunſt-woͤrterd) oder in determinirung der bereits erfundenen, aber ſchwanckenden und unrichtigen woͤrter. e)Dieſen zu erkennen und zu appliciren, muß man den univerſellen gebrauch und die medi - tation, doch dieſe mehr als ienen zu rathe zie - hen.

a)Dieſen hat Quinctilianus L. I. c. 6. genennet: conſuetudinem ſermonis conſenſum eruditorum, aber darinn hat er geirret, daß er hiedurch den univerſellen verſtanden. Den gelehrten ge - brauch verderben mehrentheils die halbgelehr - ten, welche mit ihren unreiffen gedancken, und manchmahl zur unzeit und uͤbelausgeſonnenen neuen wahrheiten, ſolche woͤrter herfuͤrbringen, die nichts heiſſen, und zuweilen ohne noth von dem univerſellen gebrauch abgehen. Die Teut - ſche ſprache hat ſonderlich das ungluͤck, da man alle wiſſenſchafften mit dem Scholaſtiſchen La - tein verdorben, daß ſie mit genauer noth, gelehr - te ſachen ohne einmiſchung Lateiniſcher kunſt - woͤrter fuͤrtragen kan. Ja die Lateiniſche ſpra -che176von dem ausdruckche ſelbſt iſt durch dergleichen Scholaſtiſche woͤr - ter ziemlich ungeſtalt worden, wann man etwas gelehrtes fuͤrtragen ſoll. Daher entſteht der ſo genannte Philoſophiſche ausdruck, i. e. der aus - druck, deſſen ſich die docirenden bedienen. Von dem gelehrten gebrauch uͤberhaupt, ſ. Cleric. ar - tem critic. Part. II. &. III. Von dem gelehrten gebrauch in der Lateiniſchen ſprache ſ. Hede - richs Philologiſche wiſſenſch. von der Lexica und Phraſiologia Latina ingleichen was Mor - Hoff und Stolle l. c. fuͤr auctores allegiren. Thomaſii Cautelen cap. VII. Daraus man leicht die application aufs Teutſche machen kan.
a)
b)Weil nicht alle koͤche ſind, die lange meſſer tra - gen, und nicht alles gelehrte, die den nahmen fuͤhren, oder die Lateiniſch koͤnnen, und es doch hier auf gelehrte ankommt, ſo muß ich melden, daß ich unter gelehrte dieienigen verſtehe, welche eine iudicioͤſe, gruͤndliche, ſcharfſinnnige, erkaͤnt - niß der abſtracten dinge haben, und ſolche zum nutzen des menſchlichen geſchlechts anwenden. Z. e. Das wort Philoſophie hat Pythagoras erfunden, bedeutet damit die liebe zur weißheit, heut zu tage heiſt es die einleitung zur gelehrſam - keit, die univerſelle gelehrſamkeit, dadurch man ſeinen verſtand und willen zu erkennen zu beſſern und zu denen hoͤhern Facultaͤten und beſondern diſciplinen anzufuͤhren lernet. Mir deucht, daß alle gelehrte in dieſer bedeutung einſtimmig ſind, die andern gruͤtz-koͤpfe nehmen Philoſophie bald fuͤr eine kunſt zu diſputiren, oder grillen zu fan - gen, oder die creutz und die quere zu raiſonniren, u. ſ. f.
b)
c)Abſtracte dinge ſind, die nicht iedermann in die ſinne fallen, ſondern dabey man ſein iudici - um gebrauchen und nachdencken muß. Z. e. ge - lehrſamkeit, weißheit, billichkeit ꝛc.
c)d)177der gedancken.
d)Wann man eine neue ſache erfunden, ſo muß man ein wort haben, ſelbige zu benennen, alſo wer in der gelehrſamkeit etwas herfuͤrgebracht, muß ebenfalls auf die benennung bedacht ſeyn, und da muß er zufoͤrderſt ſehen, ob nicht der - gleichen wort ſchon in der ſprache fuͤrhanden, hernach, ob nicht etwan durch die analogie der - gleichen wort zu formiren, ferner wann dieſes nicht angehen ſolte, ob nicht in einer andern ſpra - che ein wort ſey, das die ſache ausdrucket, endlich bekommt er erſt freyheit, ein neues wort zu ma - chen, aber er darf es nicht gebrauchen, ohne ſol - ches durch eine definitionem nominalem zu er - klaͤren. Denn durch die definitiones nominales werden die logomachien vermieden, ſiehe We - renfelſens diſſert. die in der vorber. §. 12. not. a. angefuͤhret.
d)
e)Z. e. Freundſchaft, billichkeit, gelehrſamkeit, raiſonable, bonnet, galant, ꝛc. ſind zwar erfun - den und faſt durch den univerſellen gebrauch re - cipirte woͤrter, aber wie uͤbel werden ſie nicht angewendet z. e. wann der raͤuber ſterben ſoll, ſo ſagt er, es ſey nicht billich, daß man ihm das leben nehme; wer uns mehr giebt, als wir ver - dienet haben, den nennen wir raiſonnable; man ſagt: ein galanter pruͤgel ꝛc. Solcher woͤrter eigentliche bedeutung zu determiniren, ſolten die gelehrten muͤhe anwenden, und ihren gebrauch dem einreiſſenden mißbrauch entgegen ſetzen. Sonſt dienen zum gelehrten gebrauch die Lexica Philoſophica, als Stephani Chauvi - ni. 1713. Loͤwarden. 1692 Rotterdam in fol. Joh. Miraelii 1662. 4. Stettin. J. H. Com - pendioͤſes Lexicon Metaphyſicum. Franckfurt 1715. 8. Goclenii, ſiehe Morhoffs Polyh. l. IIII. IIII. 5. Reimmann l. c. IIII. 566. doch moͤchte Herrn Walchens dieſe wohl uͤbertreffen, aufMwelches178von dem ausdruckwelches uns ſchon D. Ruͤdiger in ſeiner vorr - de zur Philoſophia Synthetica 1717. vertroͤſtet. Es ſolte auch billich ein ieder gelehrter, wann er von abſtracten ſachen ſchriebe, ein kleines lexicon dazu thun, damit die von ihm gegebenen nominal de - finitiones wieſen, wie man ſeine ſprache verſtehen ſolte, aber er muͤſte auch raiſon geben, warum er von dem univerſellen gebrauch abgegangen. Von dem gelehrten gebrauch abzugehen, hat man ſonſt nicht ſo leicht urſach und freyheit. Alſo iſt es nicht wohlgethan, wann man die Lateini - ſchen kunſtwoͤrter uͤberſetzet Z. e. obiectum, uͤber - wurff, ſubiectum, unterwurff, ꝛc. oder wann man ihnen ohne noth andere bedeutung giebt. Z. e. wann ſich einer nennete Magiſtrum vtriuſque Phi - loſophiae, ſo daͤchte ich er waͤre ein grillenfaͤnger, dann nach dem gelehrten gebrauch, haben wir nur eine Philoſophie, wann er nun vollends ſagte, er verſtehe darunter einmahl die Philoſo - phie, hernach die Mathematick, ſo daͤchte ich noch mehr er ſchwaͤrmete, dann wer wird doch iemahls die Mathematick eine Philoſophie nennen? Eben ſo wann ſich der Juriſte nennet Doctorem vtriuſque iuris, das wiſſen alle gelehrte, daß er einmahl das ius ciuile hernach das ius ca - nonicum verſtehe, wann ſich aber ein Phyſicus woite Doctorem vtriuſque mundi nennen, da wuͤrde man faſt auf die gedancken gerathen, als wann er im himmel und auf erden, oder in der alten und neuen welt ein Doctor ſey, denn wann er ſchon ſagte, er verſtuͤnde einmahl die welt, und hernach den menſchen, ſo weiß ich doch nicht, ob er damit fortkommen koͤnte, dann es iſt wieder den univerſellen und gelehrten gebrauch, den menſchen die welt zu nennen, und alſo homi - nem und mundum promiſcue zu gebrauchen, man unterſcheidet zwar wohl macrocoſmum und mi -cro -179der gedancken. crocoſmum, aber nicht ſo, daß man ienen mun - dum, und dieſen auch mundum nennet ꝛc.
e)

§. 15. Der galante gebrauch, iſt endlich eine uͤbereinſtimmung derer politen leute,a) in der vermeidung ſolcher woͤrter, die dem De - coro zuwiderlauffende neben-ideen haben,b) und in anwendung ſolcher, welche, nach be - ſchaffenheit des durch die fuͤrnehmſten in der republick eingefuͤhrten wohlſtandes,c) artige neben-ideen haben. d)Damit man auch dieſen recht erkenne und applicire, muß man den univerſellen gebrauch und die eingefuͤhrte regeln des wohlſtandes gegeneinander halten und in obacht nehmen. Und wann man end - lich von einer ſprache und derſelben ſchoͤnheit urtheilen will, ſo muß man den gelehrten und politen gebrauch zur richtſchnur ſetzen, nicht aber den univerſellen. e)

a)Unter polite leute verſtehe ich alle dieienigen, welche nicht ſo wohl durch abſtracte dinge (ohn - geachtet ihnen dieſe treflich nutzen und zu ſtatten kommen) als vielmehr durch erfahrung und er - kaͤnntniß der welt, und des ſtaats, verſtand und willen alſo gewoͤhnet haben, daß ſie nach den re - geln der klugheit durch den umgang im gemeinen leben, andern zu gefallen geſchickt ſind, und alſo ihren eigenen nutzen ſo wohl als den nutzen der republick zu befoͤrdern eine fertigkeit beſitzen. Jhre academie iſt, ſo zu reden, der hof, und ihre trivial-ſchulen ſind eine freye und muntere (nicht aber freche) auferziehung, converſation mit fuͤr - nehmern leuten und frauen-zimmer, und ver - waltung publiquer affairen, haben ſie dazu noch eine gelehrte erkaͤnntniß von denen ſachen, ſoM 2waͤchſt180von dem ausdruckwaͤchſt ihnen dadurch noch einmahl ſo viel ge - ſchicklichkeit zu.
a)
b)Alſo vermeiden polite leute alle obſcoͤne, liederli - che und unter dem poͤbel nur gebraͤuchliche worte z. e. alle worte, welche man ſonſt mit dem axiomate entſchuldigen muß: naturalia non ſunt turpia; alle arten von fluͤchen, zoten, ſcheltworten ꝛc. ferner die grob und baͤuriſch klingen, als: freſſen, ſauffen, hoſen, dreck, ꝛc. an ſtatt deſſen ſagen ſie: eſſen, trincken, bein-kleider, koth, ꝛc. Ja ſie ſpre - chen auch wohl die durch den univerſellen ge - brauch eingefuͤhrten woͤrter etwas zierlicher und manierlicher aus und moderiren die ſtimme, daß ſie nicht aus vollem halſe reden. Einige ſind in etwas privilegiret davon abzugehen Z. e. Die Herren Medici, ꝛc. denn die duͤrffen eher natuͤr - licher reden. Andere affectiren mit fleiß wider den politen gebrauch zu ſuͤndigen Z. e. die naͤrri - ſchen flucher, zotenreiſſer, poſſenmacher, ꝛc. die dencken ſich durch ſolche thorheit in auctori - taͤt zu ſetzen, beliebt, formidable zu machen. Wie - derum andere affectiren hier den politiſchen ge - brauch gar zu ſehr, Z. e. wenn man ſprechen wol - te: ich habe mir ſalua venia, oder ſaluo honore, oder wohl gar ſal fonore, ein paar ſchuhe ge - kaufft, oder wie iene frau, die ſagte an ſtatt: boh - nen, behnen, meinte, man braͤchte bey bohnen den mund gar zu ſehr aus den falten, oder an ſtatt: boden, kohlen, lieber bodden, kollen, ꝛc.
b)
c)Dieſer iſt ſo zu ſagen der hauptgrund des poli - ten gebrauchs, aber weil er ſehr veraͤnderlich iſt, ſo wird auch daher der polite gebrauch ſehr geaͤn - dert. Wann eine ſache gar zu gemein wird, ver - liert ſie ihre annehmlichkeit, und dann ſuchen leute, die von andern wuͤrcklich diſtinguiret ſind, ſich auch mit nicht gemeinen dingen in der diſtin - ction zu erhalten, Z. e. ſonſt bedienten ſich die fuͤrnehmſten nur der ſilbernen caffee-kannen, dadieſe181der gedancken. dieſe zu gemein worden, fangen ſie nun an bloß irdene zu gebrauchen. So geht es mit denen manieren zu reden, mit der titulatur ꝛc. Daher lernt man dieſes nicht leicht aus buͤchern, ſon - dern aus dem menſchlichen leben, aber eben deß - wegen iſt es leicht dawider zu verſtoſſen, und noch mehr, deßwegen muß man es einem, der da - wider verſtoͤſt, nicht ſo leicht aufmutzen und dar - uͤber ſich alteriren, ob es wohl freylich unrecht ſelbiges negligiren.
c)
d)Daher entſtehen alle complimente, titulaturen und andere polite manieren zu reden, Z. e. daß man einen du, den andern er, den dritten gar ſie nennet, und ietzo fuͤngt man gar an, die leute ih - nen zu nennen, als: ich bitte ihnen gar ſchoͤn; Daß man einen durchlauchtig, hochgebohren / geſtrenge, gnaͤdig, ihre excellentz, magnifi - centz, ſich aber einen gehorſamen, unterthaͤni - gen, allerunterthaͤnigſten diener nennet; nach dem univerſellen gebrauch iſt ein ſieb durch - laͤuchtig, des thuͤrmers ſohn hochgebohren, der boltzapfel geſtrenge, GOtt allein gnaͤdig, und ihre excellentz heiſt ihre fuͤrtreflichkeit, ihre magnificentz aber ihre großthulichkeit; und wann ich mich eines andern unterthaͤnigen diener nenne, ſo hat das nicht den verſtand, als wann ich ſein ſchuhputzer waͤre. Hier thun ei - nige der ſache zu viel, einige zu wenig, einige ſehen ſonſt die ſache nicht recht an. Zu viel thun alle dieienigen, welche an dem unrechten ort, oder im uͤberfluß, oder mit fremden woͤr - tern, einen politen gebrauch affectiren, z. e. wann man die iunge magd ſie nennet; oder man nennt ſich ohne unterſchied einen unterthaͤ - nigen diener, da es wohl an einem ergebenen diener gnug waͤre; wann man ſo viel fremde woͤrter einmiſcht, als Frantzoͤiſche und Jtaliaͤ -M 3niſche182von dem ausdruckniſche ins Teutſche, wie klingt das, wann ich ſpreche: Monſieur oder Signor haben ſie doch die bonte und a iuſtiren mein kleid un peu, ich will fuͤr ſolche complaiſance mich bey ieder oc - caſion reconnoiſſant auffuͤhren, auch meine ob - ligation reellement conteſtiren, an ſtatt: Mei - ſter oder mein Herr. mache er mir doch mein kleid zu rechte, ich will mich dafuͤr geboͤtiger maſſen abfinden. Zu wenig thun dieienigen, welche dencken, ſie vergeben ihrer hoheit etwas, wann ſie andere leute hoͤflich tractiren, ſich ge - horſame diener nennen, oder ſonſt einen bau - er-ſtoltz affectiren wollen. Dieienigen ſehen endlich die ſache wohl nicht recht ein, welche den politen gebrauch, nach der bibel abmeſſen, wel - che weil ſie etwas grober complexion ſind oder ſonſt einen wunderlichen geſchmack von dem po - liten gebrauch und von der redlichkeit oder auf - richtigkeit haben, und entweder alle complimen - te und titul als ſuͤndlich oder als kennzeichen der falſchheit ausſchreyen, oder wohl gar nach dem univerſellen gebrauch und bloſſen wort-ver - ſtande nehmen, z. e. es ſagt iemand, er wolle ihnen gerne dienen und gefaͤlligkeiten erzei - gen, und ſie praͤtendiren, er ſolle nun ihren la - quais abgeben. Hier heiſt es verba valent vt num̃i, hingegen ſo lange man im univerſellen ge - brauch bleibet heiſt es: verba ſunt ſigna rerum. Dem zu folge iſt freylich der bauren ausdruck der aufrichtigſte.
d)
e)Alſo muß man nicht das Lateiniſche nach der Roͤmiſchen bauren, das Frantzoͤiſche nach des gemeinen volcks zu Pariß, das Teutſche nach des poͤbels ausdruck, ausſprache und manier zu re - den beurtheilen. Man muß auch nicht, wann man eine ſprache lernen will. ſelbige nach des poͤbels art zu reden, ſich angewoͤhnen, z. e. werTeutſch183der gedancken. Teutſch lernet, muß nicht ausſprechen: loffen, glauben, wo hammerſchen, ꝛc. an ſtatt, lauf - fen, glaͤben, wo haben wir es denn ꝛc. ohn - geachtet freylich der univerſelle gebrauch nicht zu verabſaͤumen. Eben ſo muß man in Fran - tzoͤiſchen nicht lernen: J’auons, queque cique ca - enflez vous, an ſtatt: nous auons, qu’eſt ce que cela, en voulez vous, oder im Lateiniſchen: ne - num exfociont topper, queicoumque endo prae - ſentebos & continoeis & inexemplificabilibos ca - labricantur coeris, an ſtatt: non effugiunt cito, quicumque (in) praeſentibus & peculiaribus inuol - uuntur curis.
e)

§. 16. Auſſer dem allgemeinen ſprachrich - ter dem gebrauch, hat ein redner zugleich die verhaͤltniß der gedancken und worte, als eine richtſchnur ſeines ausdrucks anzuſehen, und zwar ſo, daß er ſich ihrer herrſchaft aus ſchul - digkeit gern unterwerffe, da er mehrentheils aus noth dem gebrauch nachgeben, und der tyranney deſſelben weichen muß. Es iſt aber dieſe zu beobachten unter den worten und ge - dancken, unter den gedancken und der ſache ſelbſt, unter den worten und der idee des zu - hoͤrers, und endlich unter denen worten gegen - einander. Und hievon iſt im folgenden 2. cap. ausfuͤhrlicher zu handeln, hier aber nur ſo viel zu gedencken, daß dieſe verhaͤltniſſe vollkommen auszudrucken, faſt keine ſprache reich genug an worten ſey, zumahl da bey dem groſſen reich - thum der ſprachen, dennoch der verſtand mehr gedancken faſſen, und der wille mehr regungenM 4em -184von dem ausdruckempfinden kan, als der gebrauch, worte ſelbige auszudrucken, eingefuͤhret.

§. 17. Dannenhero iſt man genoͤthiget worden, an ſolche ſache zu gedencken, welche mit dieſen verhaͤltniſſen einige verwandſchafft und ihre eigene worte haben, damit man durch die von ihnen entlehnten worten ausdrucken moͤge, wozu man keine eigene finden koͤnnen, und ſolche nennet man tropos. Nachgehends hat man auch wohl ohne noth, zur zierde der re - de, und den ausdruck nach ſeinen abſichten einzurichten, tropos angewendet, und auſſer dieſen faͤllen iſt es thoͤricht, tropos gebrau - chen. a)Ubrigens iſt die verwandſchafft der ſache, von welcher wir die worte entlehnen, mit derienigen, ſo wir dadurch ausdruͤcken wollen, entweder natuͤrlich oder kuͤnſtlich, iene koͤnte man uͤberhaupt metonymiſch oder iudicioͤs, die - ſe metaphoriſch oder ingenioͤs nennen, und ih - ren urſprung in denen erlaͤuterungs-gruͤnden ſuchen. b)

a)S. Lami l’art de parler, L. II. Cap. I. biß. 5. Al - ſtedium in Rhetor. L. I. c. 2. Becmannum in Manuduct. ad Lat linguam c. XV. Clerici Art. Critic. P. II. S. l. c. 6. Qvinctilianus Inſtit. Orat. VIIII. I. Tropus eſt dictio ab eo loco, in quo propria eſt, translata in eum, in quo non pro pria eſt. Und VIII. 6. Id facimus aut quia neceſſe, aut quia ſignificantius eſt, aut quia decentius. Cicero ſagt L. III. de Orat. Tropum neceſſitas genuit in - opia coacta& anguſtiis: poſt autem delectatio iu - eunditas ue cel brauit. Daher iſt der eigentliche und der tropiſche ausdruck entſtanden. Durchden185der gedancken. den tropiſchen ausdruck, wird eine ſprache gleich noch um die helfte reicher, und die rede, nachdem man ſie recht anbringet, kraͤfliger praͤchtiger und angenehmer, ia die ſache ſelbſt bekommt da - durch vielerley anſehen. Oft ſagt man auch mit einem tropo mehr als mit vielen worten, aus welchen allen die nothwendigkeit und der nutzen der troporum zur gnuͤge erhellet.
a)
b)Man muß hier, was oben im erſten theil cap. 4. ausgefuͤhret, zum grunde legen, und die da - ſelbſt von den argumentis illuſtrantibus ange - fuͤhrten cautelen, hier wiederholen. Dann hier kommt es eben am meiſten auf den ausdruck der argumentorum illuſtrantium an, wie in folgen - den beyden §. §. auf den ausdruck der argumen - torum patheticorum. Die metonymiſche oder iudicioͤſe verwandſchaft gruͤndet ſich auf die ar - gumenta illuſtrantia, welche aus dem weſen der ſache flieſſen, und von dieſer art haben die Rhe - tores folgende manieren determiniret, da man ſetzen kan:
  • 1. Genus pro ſpecie, Z. e. an ſtatt: Die truncken - heit bringet ihre anhaͤnger ums leben: ſetze: die unmaͤßigkeit opfert ihre verehrer dem tode auf.
  • 2. Speciem pro genere, Z. e. an ſtatt: Es iſt frie - de geweſen: ſetze: Der ackersmann hat noch kein eiſen, auſſer zum feldbau, und der buͤrger kein geſchoß, als nur zu freundens bezeugun - gen gebrauchet.
  • 3. Partem eſſential. pro toto, Z. e. an ſtatt: Got - tesfuͤrchtige menſchen ſterben gerne: ſetze: Gottergebene ſeelen unterwerffen ſich mit freuden der trennung von dem zeitlichen.
  • 4. Partem integr. pro toto, Z. e. an ſtatt: Hier ſind viel leute geblieben: ſetze: Die erde iſt allhier mit dem vergoſſenen blute benetzet,M 5und186von dem[ausdruck]und mit den gliedmaſſen der erſchlagenen be - ſaͤet worden.
  • 5. Totum pro parte, Z. e. an ſtatt: Es iſt bißher in Teutſchland, Franckreich, Engelland, ꝛc. friede geweſen: ſetze: Gantz Europa hat die kriegeriſchen waffen bißanhero fuͤr unbrauch - bar gehalten und aus den haͤnden geworffen.
  • 6. Nomen proprium pro appellatiuo, Z. e. an ſtatt: Unſer Landes-Herr iſt ein gnaͤdiger Herr: ſetze: Unſer Allerdurchlauchtigſter Frie - drich Auguſt iſt der rechte Auguſtus und Traianus unſerer zeiten.
  • 7. Appellatiuum pro proprio, Z. e. an ſtatt: Vir - gilius: ſetze: Der Poͤet, an ſtatt: Cicero: ſetze: Parens eloquentiae Romanae, oder: der Roͤmiſche buͤrgermeiſter.
  • 8. Antecedens pro conſequente & v. v. an ſtatt: memento mori: ſetzte: meditare funus tuum: oder, an ſtatt: Wann das frauenzimmer cour - teſirt, verliert es ſeine renommee: ſetze: Wo ein frauenzimmer ſich gewoͤhnt in den fen - ſtern zu liegen, und nach denen iungen herren zu ſehen, von ihnen viſiten anzunehmen, mit verliebten blicken zu ſpielen, ſich beſchencken zu laſſen, da iſt es von hertzen gefehlt.
  • 9. Partem orationis pro alia, Z. e. an ſtatt: ein tu - gendhaffter kan nicht ſterben: ſetze: Die tu - gend entreiſſet ihre beſitzer der ſterblichkeit. ꝛc.
  • 10. Accidens partis orationis pro alio, Z e. an ſtatt: Die fuͤrſten muͤſſen auf ihre feinde und auf ihre umerthanen ſehen: ſetze: ein fuͤrſt muß zwar ſeinen feind ſtets in augen haben, aber dabey ſeinen unterthan nicht uͤberſehen: oder, an ſtatt: Sapientes terreſtria contemnunt hilaritate quadam animi: ſetze: Sapiens ſupra lunam poſitus, ſemper ſerenum eſt in eius animo. &c.
  • 187
  • 11. Affirmationem pro negatione & v. v. Z. e. an ſtatt: ein frommer betet allezeit: ſetze: ein gottesfuͤrchtiger unterlaͤſſet niemahls das ge - bet. ꝛc.
  • 12. Plus vel minus quam intelligitur, Z. e. an ſtatt: er hat die feinde bald geſchlagen, ſetze: die feinde hatten ihn kaum geſehen, als er ſie ge - ſchlagen, oder, an ſtatt: Judas hatbey ſei - ner verraͤtherey gottloß gehandelt, ſetze: Judaͤ verraͤtheriſcher kuß und falſches hertze verdienet gewiß keinen panegyricum: ꝛc.
  • 13. Effectum pro cauſſa & v. v. Z. e. an ſtatt: die liebe verblendet: ſetze: Die liebe faͤllet ia ſo leicht auf etwas heßliches als auf etwas ſchoͤ - nes. ꝛc.
  • 14. Adiunctum pro ſubiecto & v. v. Z. e. an ſtatt: Er liebt das ſtudir en mehr als den krieg: ſetze: er will lieber denen ſtillen Muſen ſeine zeit aufopfern, als dem kalbfelle folgen ꝛc.

Und da nennen ſie 1. 2. 3. 4. 5. ſynecdochen, 6. 7. an - tonomaſiam, 8. metalepſin, 9. enallagen, oder ins beſondere antimeriam 10. heteroſin, und zuweilen antiptoſin 11. aequipollentiam, 12. hyper - bolen und dieſe bald meioſin, oder tapinoſin, bald auxeſin, bald litoten, bald heteroſin, bald cata - chreſin, bald bloß hyperbolen, 13. 14 ſchlechtweg metonymiam, da denn noch hypallage drunter begriffen. Jch dencke, man habe ſich mehr um die fontes, und den gebrauch, als um die nahmen, welche bißweilen undeutlich und ſchwanckend concipiret, zu bekuͤmmern. Als fontes koͤnnen alle dieienigen ideen angeſehen werden, welche mit unſerm obiecto verknuͤpfet, zu welchen uns die natur und meditation gantz ungezwungen fuͤhren, und der gebrauch iſt nach der abſicht die man hat, und nach denen im erſten theil cap. 4. angefuͤhrten regeln, anzuſtellen und zu beurthei -len.188von dem ausdrucklen. Die metaphoriſche oder ingenioͤſe ver - wandſchaft, gruͤndet ſich auf die argumenta il - luſtrantia, welche auſſer dem weſen der ſache ſind, daher kan man ſetzen:

  • 1. Simile, Z. e. an ſtatt: Rechte liebe iſt beſtaͤn - dig, ſetze: Das feuer der wahren liebe verli - ſchet auch im grabe nicht: oder: eine bruͤnſti - ge liebe, welche von der aufrichtigkeit unter - halten wird, kan bey keiner veraͤnderung aus - leſchen. ꝛc.
  • 2. Exemplum, Z. e. an ſtatt: er iſt ein furchtſa - mer tyranne, ſetze: er iſt ein rechter Tiberius. Hieher koͤnten auch ſententiae referirt werden.
  • 3. Z. e. Oppoſitum eius, quod intelligitur, an ſtatt: du biſt albern, ſetze: Du biſt ein artiger, ſchoͤner herre! ꝛc.

Hievon wird 1. metaphora genennet, wenn das ſimi - le durch etliche eigenſchaften gut durchgefuͤhret wird, heiſt es allegoria, fuͤhrt es einen gelin - dern concept ein als man ſich vom obiecto ſonſt macht, heiſt es euphemiſmus. Wenn 2. kurtz angefuͤhrt wird heiſt es alluſio, ſonſt bleibt es ein ordentliches argumentum illuſtrans. Und end - lich 3. iſt die ironia. Die fontes dazu und was bey dem gebrauch zu beobachten, ſiehe oben P. l. c. IIII. Das hauptſaͤchlichſte iſt, daß man nicht gar zu unbekannte und von dem weſen der ſache gar zu weit entfernte dinge nehme, und daß man nicht in der ausfuͤhrung ſich uͤbelreimender ideen und worte bediene. Z. e er iſt ein rechter Philipp freyherr von Winneberg, an ſtatt: er liebt ſeine freunde beſtaͤndig, oder: er iſt ein rechter Ecebolius, an ſtatt: er iſt unbeſtaͤndig in der religion, denn das wiſſen nicht alle leute, daß ie - ner geſagt: er befinde ſich am beſten bey alten kleidern und bey alten freunden, und daß die - ſer ſeine religion zu anfang des vierdten ſaͤculinach189der gedancken. nach der religion der Kaͤyſer gerichtet. Jn ſchriften pflegen ſich die leute, ſo hiewieder pecci - ren, mit noten zu helffen. Ubel connectiret die - ſes: Was ſolte wohl dieſer fuchs nicht thun, ia ich mercke es ſchon, er ſey zwar von auſſen ein ſchaf, aber inwendig ſind die wolffs klau - en ziemlich groß (beym Maͤnnling in ſeinem expediten redner. Franckfurt und Leipzig 1718. 8. p. 212.) Dann er faͤngt beym fuchſe an und hoͤrt beym wolffe auf. Wie ſich der affect mit den tropis ausdrucke, laͤſt ſich von ſelbſten ſchlieſſen, und wird im folgenden 19. §. gewieſen werden.

b)

§. 18. Die regungen des willens druckt die natur faſt von ſelbſten, und ohne zwang in der rede aus, dadurch, daß ſie denen redens-ar - ten und worten, durch beſondere ſtellung und ausſprache, gewiſſe neben-ideen anhengt, dar - aus man die verhaͤltniſſe des affects zu der ſa - che, durch eine ſympathetiſche kraft abnehmen und in dem andern erregen kan, und ſolche merckmahle nennt man figuren. Da nun dieſe die ſprache der affecten ſind, ſo muß man wuͤrcklich nicht nur in dem gemuͤth affecten ha - ben, ſondern es muͤſſen auch dieſe ſich zu dem obiecto reimen, und in denen argumentis pa - theticis gegruͤndet ſeyn. Da aber auch die af - fecten niemahls ohne heftigkeit ſind, und als re - gungen des willens, aufunzehliche weiſe ſich veꝛ - aͤndern koͤnnen, ſo nim̃t der affect alle argumen - ta, alle gedancken und worte, alle eigentliche uñ tropiſche ausdruckungen, und bedienet ſich der - ſelben ohne regeln, auf ſo vielfaͤltige art, daß esein -190von dem ausdruckeinmahl unnoͤthig, hernach auch nicht wohl moͤglich, alle ſolche arten zu determiniren.

  • S. hiebey Lami l. c. L. II. Cap. VI. biß XIII. der ſich am meiſten dabey aufgehalten, und die ar - tigſten gedancken davon aufgeſetzet. Herrn Langens E. z. O. P. I. p. 333. ſqq. Hederichs Philolog. wiſſenſchaften vom ſtilo. p. 488. ſqq. Linguae Latinae ornatum, (quem ex F. Syluio, Ambiano, Alſtedio, Aluaro, Buchlero, Clarckio, Datto, Pareo, Scioppio, Reyhero, Vechnero, Volgel - manno, & Weinhamero congeſſit, itemque viri celeb. Joh. Michael. Dillheri ad locos inuentionis Rhetoricae manuductionem illi adſtruxit Chriſtoph. Arnold, Eloq. Poëſ. ac Graec. lingv. P. P. editio 7. Norimbergae 1715. 12. cum triplici mantiſſa, de Germaniſmis falſo ſuſpectis, de Germaniſmis falſo ſuſpectis & de numero oratorio) cap. V. p. 268. Schmidii Grammaticam. Jacobi Thomaſii Rhetori - cam, die ſeiner Philoſophie beygefuͤget und mit derſelben Leipzig, 8. ediret ꝛc.

§. 19. Jnzwiſchen, da es doch mode wor - den, in der Oratorie eine lange reihe figuren, mit fuͤrchterlichen nahmen und beſondern be - ſchreibungen, nach einander her zu zehlen, indem ia alle Rhetoricken damit geſpicket ſind, ſo ſehe ich mich genoͤthiget, auch hier ein regiſter der - ſelben, dem leſer zu liefern, ob es wohl wegen der vielen verworꝛenen unꝛichtigen und ſchwan - ckenden concepten nicht wenig unangenehm. Jch will dabey zugleich alles, was ſonſt unter dem nahmen der figuren im reden bekannt iſt, anfuͤhren, alſo finde ich erſt Gramma - ticaliſche, hernach Rhetoriſche figuren; die Grammaticaliſchen ſind entweder Orthogra -phiſch,191der gedancken. phiſch,a) oder Etymologiſch,b) oder Syn - tactiſch,c) oder Proſodiſch,d) die Rhetori - ſchen ſind entweder dictionis in worten, oder ſententiae in ſachen; iene beſtehen entweder im mangele) oder im uͤberflußf) oder in wiederholung einerleyg) und gleichfoͤrmigerh) worte, dieſe ſind entweder probatoriae,i) oder amplificatoriae,k) oder affectuoſae,l) oder diſpoſitionism) und connexionis.

a)Z. e. Proſtheſis appoſitio; Gnatus, fuͤr: natus, Aphaereſis, ablatio: Temnere, fuͤr: contemnere. Epentheſis, interpoſitio: Siet, fuͤr: ſit. Diapla - ſiaſmus, geminatio: Relligio, fuͤr: religio. Syn - cope, craſis, conciſio: Repoſtus, fuͤr: repoſitus. Paragoge, proſparalepſis, adductio: Dicier, fuͤr: dici. Apocope, abſciſſio: Fac, fuͤr: face. Syn - aereſis, epiſynaloephe, contractio: Negoti, fuͤr: negotii. Diaereſis, dialyſis, diſtractio: Aquai, fuͤr: aquae. Metatheſis, transpoſitio: I prae, fuͤr: prae i. oder hyperbaton, traiectio: Tran - ſtra per & remos. Antitheſis, antiſtoechon, mu - tatio litterae: Optumus, fuͤr: optimus. Tmeſis, diſſectio: Quae me cumque vocant terrae, fuͤr: quaecumque: Alle dieſe zuſammen heiſt man mit einem wort metaplaſmos.
a)
b)Z. e. Enallage, welche antimeriam und heteroſin und dieſe wiedernm antiptoſin unter ſich begreif - fet, ſiehe §. 17. not. b. num. 9. 10. Helleniſmus, Graeciſmus: Familias, fuͤr: familiae. Archaiſmus, vetuſtatis imitatio: Terrai, fuͤr: terrae.
b)
c)Z. e. Ellipſis, defectus: Boni paſtoris eſt, fuͤr: boni paſtoris officium eſt, dahin gehoͤrt: Aſynde - ton, defectus copulae: Glaube liebe, hofnung, fuͤr: Glaube, liebe, und hofnung. Pleonaſmus, abundantia: Jch habe es mit meinen augen ge - ſehen, fuͤr: ich habe es geſehen; dahin gehoͤrt:poly -192von dem ausdruckpolyſyndeton, abundantia copulae: Glaube, und liebe, und hofnung. Helleniſmus, Graeciſmus: Magnorum indignus auorum, fuͤr magnis auis indignus, Latiniſmus: Es fehlet ſo viel, daß wir unſere arbeit erheben ſolten, daß wir vielmehr ſo eigenſinnig ſind, daß uns auch Demoſtbenes nicht gefaͤllt: Alſo ſagt Cicero: Tantum abeſt, vt noſtra miremur, vt vſque eo diffi - ciles ac moroſi ſimus, vt nobis non ſatisfaciat ipſe Demoſthenes. Galliciſmus: Als der Koͤnig in Franckreich den Moliere frug: Warum er die comoͤdie, der Tartuffe, nicht mehr ſpielete? ſo ſagte er: C’eſt Monſieur le Preſident, qui me l a defendu: Das iſt, der herr Praͤſident, welcher mir es verboten, fuͤr: der herr Praͤſident hat mir es verboten. Hebraiſmus: Des todes ſterben, fuͤr: ſterben. Vanitas vanitatum, fuͤr: maxima vanitas. Germaniſmus: Das iſt zwar etwas, es hilft etwas, aber es machts nicht aus: Dieſes giebt Cicero: Eſt illud quidem aliquid, adiuuat aliquid, ſed nequaquam in iſto ſunt omnia. Archaiſmus, obſoleta conſtructio: Abſente nobis, fuͤr: abſentibus nobis. Synthe - ſis vel numeri vel generis, compoſitio ſecundum ideas, non ſecundum conſtructionem vocum: Ma - gna pars in flumen acti, Der meiſte theil ſind in den fluß geiagt, fuͤr: acta, und: iſt. Scelus qui me perdidit, das laſter, der hat mich rui - niret, fuͤr: Sceleſtus, und: der laſterhafte menſch. Der Syntheſi wird Prolepſis opponiret: Milites redeunt, hic ex Hiſpania, ille ex Gallia, fuͤr: hic redit ex Hiſpania, ille ex Gallia. Zeu - gma geht auf die verbindung der naͤchſten woͤr - ter: Sociis & rege recepto, fuͤr receptis; Die - ſes ſind ſeine waffen, ſein helm und ſchild ge - weſen, fuͤr: Dieſes iſt ſein helm, ꝛc. Sylle - pſis verbindet in der conſtruction die fuͤrnehm -ſten:193der gedancken. ſten: Mulciberis capti, Marsque Venusque do - lis fuͤr: capta; Diuitiae, decus, & gloria, in oculis ſita ſunt; Naues & captiuos, quae ad Chium capta erant; Mann, frau, und kinder, ſind baußwirtblich. Synecdoche ſyntactica: Aethiops albus dentes, fuͤr: quoad dentes; Et id genus alia, fuͤr: eius generis alia, oder alia quoad id genus; Das grane alter, fuͤr: Die grauen haare der alten. Hypallage: Solſtiti - um pecori defendite, fuͤr: defendite pecusa ſol - ſtitio, Virg. Der herr Doctor hat die wache, da doch die wache ihn hat. Anaſtrophe: (ſ. not. a.) Italiam contra, an ſtatt: contra Italiam.
c)
d)Z. e. Syſtole, correptio: Obſtupui ſteteruntque comae, fuͤr ſtetẽrunt. Diaſtole, ectaſis, productio: Italiam fato profugus, fuͤr: i ta li ãm fato. Sy - nizeſis conſeſſus: Alueo als zwey ſylben ausge - ſprochen.
d)
e)Z. e. Ellipſis, apoſiopeſis, omiſſio: Omnium! fuͤr omnium hominum peſſime! Quos ego! Jch will euch! nemlich: mores lehren. Aſynde - ton, omiſſio copulae: Abiit, exceſſit, euaſit, eru - pit; Er bat in kurtzen, ehre, geld, geſundheit, freunde, alles verlohren.
e)
f)Z. e. Pleonaſmus, abundantia: Mater hunc filium decem menſibus in vtero geſſit. Jch habe es mit meinen obren gehoͤret. Setzt man ſie der dentlichkeit wegen, heiſt ſie prodiaſipheſis, des affects wegen, periſſotes. Polyſyndeton, abundantia copulae: Somnus, & vinum, & epu - lae, & ſcorta, & balnea, corpora atque animos eneruant; Er hat geld, und geburt, und fuͤr - nehme freunde, und eine ſchoͤne ſtatur, und einen groſſen degen, und iſt doch eine feige memme.
f)
g)Z. e. Synonymia repetitio vocibus ſignificantio - rihus: Quicumque vbique ſunt, qui fuere, quiqueNfuturi194von dem ausdruckfuturi ſunt poſthac, ſtulti, ſtolidi, fatui, fungi, bardi, blenni, buccones, ſolus ego longe omnes ante eo ſtultitia & moribus indoctis. Plaut. Er aͤngſtiget, quaͤlet und martert ſich vergebens. Exergaſia, expoſitio, hermeneia, antizeugmenon, epexergaſia, epexegeſis interpretatio, epibole, ex - allage, repetitio phraſibus ſignificantioribus: Quid enim tuus ille, Tubero, in acie Pharſalica gla - dius agebat? cuius latus ille mucro petebat? quis ſenſus erat armorum tuorum? quae tua mens, oculi, ardor animi? quid cupiebas? Cic. Jch liebe dich, ich ſehne mich nach dir, ich kan ohne dich nicht vergnuͤgt und ruhig ſeyn, ia ich kan ohne dich nicht leben. Werden nur worte und redens-arten wiederholet, die ſchlecht - weg einerley bedeuten, ſo wird ein fehler daraus, der heiſt battologia oder tautologia.
  • Ploce, wenn das wort wiederholet wird, und ein - mahl die hauptidee, das andere mahl die fuͤr - nehmſte neben-idee bemercken ſoll: Hic conſul vere eſt conſul; Ein vater bleibt doch vater.
  • Antanaclaſis, anaclaſis, dilogia, wenn ein wort wis - derholet wird, welches zwar mit ienem einerley buchſtaben, aber nicht einerley bedeutung hat: Bella gerit vt omnia bella auferat; veniam ſi impetrauero veniam; Parentes ſind meiſten - theils parentes, D. i. ſie muͤſſen gehorchen, und liberi bleiben liberi, D. i. frey und unge - zwungen.
  • Analepſis heiſt iede wiederholung eines worts.
  • Antiſtaſis, traductio, wenn ein wort im contrairen ſinn wiederholet wird: Vna ſalus victis, nullam ſperare ſalutem.
  • Anaphora, wiederholung des worts in anfange der ſaͤtze: Epiphora, epiſtrophe am ende: Symploce im anfang und am ende zugleich, ſind bekannt. Epanalepſis wiederholet ein wort, welches im anfang195der gedancken. fang geſtanden am ende: Creſcit amor numi quan - tum ipſa pecunia creſcit. Anadiploſis, epanadi - ploſis, palillogia, wiederholet ein wort damit der ſatz geſchloſſen im anfang des folgenden. Epa - nodos, wiederholet die letzten worte eines ſatzes, im andern, zuerſt: Wer laͤugt, der ſtiehlt, und wer ſtehlen will, muß ſich auch mit luͤgen be - helffen. Domino domus, non domo dominus honeſtatur. Epizeuxis, wiederholet ein wort mit einer exclamation: O Corydon, Corydon quae te dementia cepit! Climax, gradatio, epiploce, wenn der vorhergehende und folgende ſatz, durch die wiederholung eines worts, connectiret: Secundae res pariunt negligentiam, negligentia temeritatem, temeritas perniciem. Wer ſich immer divertiret, lernet nichts, wer nichts lernet, wird nicht befoͤrdert, wer nicht befoͤr - dert wird, hat nichts zu leben, wer nichts zu leben hat iſt der elendeſte menſch unter der ſonnen. Polyptoton wiederholet ein wort mit veraͤnderter endung: Mors mortis morti mor - tem, mors, morteredemit. Rechte maſſe, rech - tes gewicht, und ein rechter glaube ſtehn al - len leuten an. ꝛc.
g)
h)Z. e. Paronomaſia, alliteratio: Tibi verba, illi verbera; Per anguſta ad auguſta; Amantes haud raro ſunt amentes; Nach dem fleiß kom̃t der preiß. Pannis annisque obſitus; Gut und blut; Paregmenon: Is demum miſer eſt, cuius miſeriam, nobilitat nobilitas; Ein menſch hat menſchliche ſchwachheiten, ſo lange er mit der menſchheit umgeben. Parecheſis: le ris tenta le rat, le rat tata le ris; O fortunatam natam me conſule Romam; Liederliche lieder ſoll man nicht ſingen. Homoeoptoton wann ſich ſaͤtze mit einerley caſibus und temporibus, und Homoeote - leuton wann ſie ſich mit einerley ſylben endigen, ſind leicht.
h)N 2i) Z. e.196von dem ausdruck
i)Z. e. Prolepſis, procatalepſis, occupatio, anticipa - tio: Moͤchte iemand einwenden, watum ſoll man redliche abſichten haben, da man faſt deßwegen fuͤr einfaͤltig gehalten wird? Al - lein hierauf dienet zur antwort. ꝛc. Hypobole, ſubiectio, macht und wiederlegt viele einwuͤrffe zugleich. Anakœnoſis, communicatio, wenn man mit dem zuhoͤrer die ſache gleichſam uͤberlegt: Nunc ego iudices, iam bos conſulo, quid mihi faci - endum putetis? Paromologia, confeſſio wenn man etwas zugeſteht, damit man den andern deſto nachdruͤcklicher uͤberzeugen moͤge: Du haͤltſt mich fuͤr einen ignoranten, du ziehſt mich uͤberall aufs heßlichſte durch, und haſt eine rechte freude wann du dich uͤber mich moqui - ren kanſt, ich lobe dich deßwegen oder will dir es wenigſtens nicht wehren, aber ich muß doch nicht ein ſo gar ſchlechter kerl ſeyn, denn ſonſt wuͤrdeſt du dir ia meinetwegen nicht ſo viel muͤhe geben. Epitrope, conceſſio, wenn man etwas zugeſtehet das beſte aber ſich fuͤr be - haͤlt: Jch glaube gerne daß er viel vermoͤgen habe, daß er ein ſchoͤner kerl ſey, daß er viel verſchlagenheit beſitze, aber daß er deßwegen ein vernuͤnftiger menſch ſey, kan ich mir nicht wohl einbilden.
i)
k)Z. e. Gnome iſt eine ſententz (ſiehe oben P. I. cap. 3. § 27. cap. 4. §. 13.) wenn dieſe mit der application fuͤrgetragen wird, heiſt ſie Noëma, ſetzt man dem auctorem hinzu, heiſt ſie Chria, ſteht ſie am ende, heiſt ſie Epiphonema. Aetiolo - gia iſt ein ordentlicher beweiß-grund. Color ein falſcher (ſiehe oben P. I. cap. 2. § 9. not. a) Ex - emplum, paradigma, iſt ein argumentum illu - ſtrans (ſiehe oben P. I. cap. 3 §. 28. cap. 4. §. 12. 16.) Diſtributio (ibid. cap 4. §. 7.) meriſmus, di - niſio, analyſis, ſind eintheilungen. Icon imago;Compa -197der gedancken. Comparatio, ſyncriſis, ſimilitudo; Symbole, col - latio; Diſſimilitudo; ſind gegen einanderhal - tungen gewiſſer dinge. (ſiehe cap. 4. oben) Dia - typoſis, hypotypoſis, delineatio, deſcriptio, praefi - guratio, beſchreibet etwas als wann man es mit augen ſaͤhe. (ſiehe oben l. c.) Periphraſis, circum - locutio, umſchreibt etwas. Folgende vier ha - hen mit oppoſitis zu thun: Paradiaſtole, diſtin - ctio, diſcriminatio: Er iſt zwar raffinirt, arg - liſtig, aber nicht klug. Antimetabole, dialle - lon, commutatio, antimetatheſis: Wir leben nicht, daß wir eſſen ſondern wir eſſen daß wir leben: Antitheton, oppoſitio: Ein Philoſophe iſt in armuth reich, in verachtung geebrt, in unrube ruhig, und indem er ſich uͤberwinden laͤſt, ein ſieger. Oxymoron, acutifatuum: Si ſa - pis, quod ſcis, neſcis. Ter. Ein gelehrter iſt kein gelehrter, wann er ſich von vorurtheilen und neigungen regieren laͤſt. Parechaſis, di - greſſio: wann man eine propoſitionem inciden - tem oder zufaͤllige idee beſonders ausfuͤhret und von der hanptſache inzwiſchen abgeht Auxeſis und Tapinoſis, ſ. unter denen tropis. §. 17. num. 12. Anabaſis, incrementum, wann die rede in worten und ideen ſteigt: Gloriam, honorem, im - perium bonus & ignauus aeque ſibi exoptant, Sall. Es iſt viel ein menſch ſeyn, noch me[h]r aber ein vernuͤnftiger menſch ſeyn, am allermeiſten endlich auch ein Chriſte ſeyn und als ein Chri - ſte leben.
k)
l)Z. e. Exclamatio, ecphoneſis, wann man mit ei - ner heftigkeit ausruffet: O tempora![o]mores! Paeaniſmus gruͤndet ſich auf froͤlichkeit bey der ausruffung: Wohl her, laſt uns wohl leben! Obſecratio, auf eine bitte. Votum auf einen wunſch. Exſecratio verwuͤnſchet. Admiratio bewundert. Diaſyrmus, illuſio verſpottet. Sar -N 3caſmus,198von dem ausdruckeaſmus, hoſtilis irriſio, verſpottet die todten oder ſterbenden. Apoſtrophe, auerſio, richtet die rede an iemand, der nicht unter den zuhoͤrern iſt. In - terrogatio, erotema, bringt etwas frageweiſe fuͤr. Sermocinatio dichtet peꝛſonen redẽ an. Proſopopœia, fictio perſonae, dichtet dingen reden an, die nicht reden koͤnnen. Parrheſia wann etwas gar zu frey geſagt, aber durch eine angenehme raiſon gut ge - macht wird. Aſteiſmus, wenn eine ſchertzhaffte raiſon gegeben wird. Epanorthoſis correctio, ſagt und wiederruft etwas gleich, damit man ſich nachdruͤcklicher ausdrucken moͤge. Charientiſ - mus beantwortet etwas freundlich, aber mit einer Jronie. Mimeſis wiederholet etwas mit einer Jronie, an ſtatt es zu wiederlegen. Aporia, dubitatio, zweiffelt, bey entſtandenen contrairen affecten. Apoſiopeſis, paraſiopeſis, reticentia, bricht die rede mit der groͤſten heftigkeit ab und redet anders: Quos ego! ſed motos praeſtat com - ponere fluctus. &c. Welche alle den heftigſten grad der affecten zum grunde haben, und dabey man alſo ſehr behutſam zu gehen, deßwegen auch die in der vorbereitung §. 13. ſqq. ingleichen cap. 3. §. 37, 38. 39. cap. 4. und 5. angefuͤhrte re - geln vorher wohl zu erwegen.
l)
m)Z. e. Paralipſis, praeteritio, wann man ſagt, man wolle etwas verſchweigen und es doch anfuͤhrt. Paradoxon inopinatum, ſuſpenſio, wenn man ſo anfaͤngt und in etwas fortfaͤhret, daß der zuhoͤrer nicht weiß wo man hinaus will, biß man end - lich ploͤtzlich unvermutheter weiſe ſchlieſſet: In me quiduis harum rerum conuenit, quae ſunt dicta in ſtultum; caudex, ſtipes, aſinus, plumbeus. In illum nihil poteſt; num exſuperat eius ſtultitia haec omnia?
Marcolphus ſpricht aus furcht von allen menſchen wohl,
Und199der gedancken.
Und iſt nie ſpielte man ihm auf der naß, ent - ruͤſt,
So ehrlich bey dem glaß als offenhertzig voll,
Und tugendhaft allein wann es ein laſter iſt.
Tranſitio, metabaſis, wenn man erinnert, wie man von der einen materie aufhoͤre, und nun - mehr zu der andern ſchreite. Apodioxis reiectio, wenn etwas, davon gegenwaͤr - tig nicht noͤthig zu reden, ausgeſetzet wird. Re - uocatio, wenn man von einer digreßion oder groſ - ſen weitlaͤuftigkeit wiederum einlencket: Sed ſatis de his; ad rem ipſam redeamus!
m)

Das andere capitel, vom ſtilo und deſſelben eigenſchaften.

Jnhalt.

WAs der ſtilus ſey? §. 1. Wie vielerley derſelbe? §. 2. Von den eigenſchaften des ſtili, §. 3. Von den natuͤrlichen zierrathen, §. 4. Der ſtilus muß ſich nach dem obiecto nach der perſon des redners und des zuhoͤrers richten, §. 5. Von dem adaͤquaten aus - druck, anbringung der neben-ideen und beywoͤrter, §. 6. Von der reinlichkeit, §. 7. Von der deutlich - keit, proprietaͤt, §. 8. Von der iunctur, ordnung der woͤrter, §. 9. Von der periodiſchen ſtructur, inter - punction, und dem numero oratorio, §. 10. Wie man egal und ungezwungen ſich ausdrucken muͤſſe, §. 11. Von den kuͤnſtlichen zierrathen, §. 12. Von der lebhaftigkeit im ſtilo, §. 13. Von den tropis und figuren, §. 14. Von denen falſchen zierrathen, §. 15.

§. 1.

WEnn der ausdruck unſerer gedancken, mit allen ſeinen theilen und verhaͤlt - niſſen,a) in eine ſolche form gebrachtN 4wird200von dem ſtilowird, welche mit denen abſichten des redners in einer guten harmonie ſtehet, und da alles conſpiriret, dem zuhoͤrer die gedancken beyzu - bringen, und die affecten rege zu machen, wel - che man intendiret zuerwecken, ſo heiſt dieſes, wann man zumahl darinn zu einiger fertigkeit elanget iſt, der ſtilus. b)

a)Und hieraus muß man auch vom ſtilo urthei - len, denn das iſt albern, wann man bloß aus den worten oder aus den redens-arten, oder bloß aus denen einfaͤllen oder ſonſt aus andern dingen und einzelen zufaͤllen des ausdrucks vom ſtilo ein urtheil faͤllen will. Das obiectum, die gedancken, regungen, die worte, der redende, der hoͤrende, alle dieſe dinge ſind wichtige momenta, darauf man bey dem ausdruck zu reflectiren, und deren verhaͤltniſſe man gar ſorgfaͤltig zu beobachten.
a)
b)S. hiebey Io. Sch〈…〉〈…〉 fferum de ſtilo, Groſſeri Iſago - gen ſtili Romani, Lauban 170 8 Jo. S[t]arckii In - ſtitutionem philologicam & Rhetoricam de ſtilo. Hamburg 1705. 8. Joach. Langii inſtitut. ſtili Berlin 1711. 8. Wagenſeil de ſtilo. Pera ſchola - ſtica Loc. I. p. 875. ſqq. Kemmerichs neueroͤf - nete academie der wiſſenſchaften, zweyte er. oͤfnung Leipzig 1711. 8. ins beſondere cap. 3. L. l. Lami l’art de parler L. IIII. D Jac. Jmm. Hamiltons allerleichteſte art der Teutſchen rede-kunſt, beſtehend in kurtzen und gruͤndli - chen regeln und in gnugſamen und deutlichen exempeln, Leipzig 1712. 8. cap. 5. ꝛc. Morhoff, Stolle, Hederich, I. c. &c.
b)

§. 2. Dieſer iſt ſo vielen veraͤnderungen un - terworffen, daß es faſt nicht moͤglich ſolche in gewiſſe claſſen zu bringen, und alſo die vie -lerley201und deſſelben eigenſchaften. lerley arten des ſtili zu determiniren. Doch ſind die fuͤrnehmſten nach denen hauptſaͤchlich - ſten verhaͤltniſſen und momentis leicht zu mer - cken. Alſo iſt der ſtilus in anſehung des obie - cti, entweder ſimplex oder eruditus; entweder humilis oder mediocris oder ſublimis; entwe - der theoreticus oder patheticus; entweder Theologicus oder Juridicus oder Medicus oder Philoſophicus und Mathematicus oder Hiſtoricus: Jn anſehung der gedancken ent - weder iudicioſus oder ingenioſus oder memo - rialis: Jn anſehung der hauptneigungen der menſchen, entweder terſus oder magnificus oder floridus: Jn anſehung der ſprache und worte, entweder Lateiniſch oder Teutſch oder Griechiſch und ſo vielerley als ſprachen ſind; entweder naturalis oder artificialis, iener ent - weder ſimplex oder proprius oder ordinarius, dieſer hingegen entweder declamatorius oder tropicus oder figuratus, der declamatorius ent - weder oratorius oder theatralis; entweder Aſiaticus oder Atticus oder Laconicus; ent - weder luxurians und diffuſus, oder rotundus oder conciſus und ſententioſus: Jn anſehung des redenden, entweder ſerius oder iocoſus; entweder candidus oder ironicus; entweder recitativus oder relativus; entweder vehe - mens oder temperatus: Jn anſehung desieni - gen, der meine worte annimmt, entweder fami - liaris oder galant oder caͤrimonioſus; entweder dialogiſticus oder epiſtolaris; entweder dog - maticus oder polemicus, ꝛc.

Aus202von dem ſtilo
  • Aus dieſem entſtehen noch vielmehr arten, weil es nicht noͤthig alle zu determiniren, moͤgen die - ſe genug ſeyn, von denen die unter dieſen am mei - ſten in conſideration kommen ſiehe folgendes cap.

§. 3. Ohngeachtet nun ſo viele arten vom ſtilo zu erdencken, ſo hat doch ein ieder ſeine be - ſondere eigenſchaften, dadurch er ſich von an - dern unterſcheidet und welche man keinesweges zu negligiren. Jnzwiſchen iſt es zufoͤrderſt noͤthig, daß man ſich um die allgemeinen eigen - ſchaften bekuͤmmere, welche man als weſentli - che ſtuͤcke eines ieden ſtili, als die natuͤrlichen zierrathen deſſelben und als den grund zu den beſondern eigenſchaften eines ieglichen anzu - ſehen.

§. 4. Dieſe allgemeine eigenſchaften, wel - che den ſtilum uͤberhaupt ausmachen und zie - ren, ſind nichts anders als richtige verhaͤltniſſe aller derienigen theile, darauf der ausdruck be - ſtehet. Folglich beſtehen ſie in einer guten pro - portion der gedancken, zu dem obiecto, der per - ſon des redners und zuhoͤrers, in einer genauen uͤbereinſtimmung des ausdrucks mit den ge - dancken und regungen des redners, in der rein - lichkeit, deutlichkeit, guten verbindung der wor - te und ſaͤtze, damit ſie der zuhoͤrer gerne hoͤre und leicht begreiffe, und endlich in einer har - monie des vorhergehenden mit dem nachfol - genden oder in der gleichheit des ausdrucks an ſich ſelbſt.

  • Die von den angefuͤhrten ſtuͤcken nichts verſtehen,nennen203und deſſelben eigenſchaften. nennen alle das ſchoͤne was daran iſt, und wel - ches ihnen etwa bey leſung eines auctoris, der dieſe dinge obſerviret, in das gemuͤth leuchtet, ein je ne ſçais quoi, ein pathetiſches weſen, eine gluͤck - liche kuͤhnheit, ein ich weiß nicht was.

§. 5. Wer nun ſeinen ausdruck in eine gu - te form bringen, und einen rechten ſtilum an - nehmen und gebrauchen will, der betrachtet gleich anfangs das obiectum davon er reden ſoll, nach allen ſeinen umſtaͤnden und eigen - ſchaften, damit er demſelben gemaͤſſe gedan - cken faſſen und anſtaͤndige regungen in ſich er - wecken koͤnne. a)Hiernaͤchſt ſiehet er auf die umſtaͤnde, begriffe und neigungen des zu - hoͤrers, und ſuchet ebenfalls darnach die von dem obiecto gefaſte gedancken und regungen zu bilden,b) und endlich erweget er bey ſich ſei - ne eigene diſpoſition, ſo wohl zum obiecto und dem zuhoͤrer, als auch zur ausfuͤhrung des fuͤr - geſetzten endzwecks bey ſeinem ausdruck. c)

a)Bey hohen obiectis muß man hohe gedancken haben, alſo auch einen ſtilum ſublimem, bey pa - thetiſchen ſachen muß ich ſolche affecten anneh - men, als das objectum erfodert, alſo auch einen affectuoͤſen und vehementen ſtilum. Bey klei - nigkeiten hingegen iſt es ungereimt viele hohei - ten ſuchen, oder bey theoretiſchen dingen viel affecten ſpuͤhren laſſen. Dannenhero iſt es ein - faͤltig, wann ſich die leute nur an einen ſtilum gewoͤhnen und alle obiecta gleich durch damit fuͤrbilden, eben ſo, wie es einfaͤltig wann ein mahler Kaͤyſer und Koͤnige, buͤrger und bauern, warum nicht auch affen und pfauen, in quarre perruͤquen und im harniſch mahlen wolte. Werdem -204von dem ſtilodemnach mit bibliſchen ſpruͤchen complimenti - ret, theatraliſch prediget, uͤber indifferente oder gar vernuͤnftige binge ſatyriſiret, leichen gedich - te in dactyliſchen verſen macht, in converſation declamiret, bey der geburt eines erbaren mannes himmel und erde zur freude aufmuntert, aus der concordantz parentiret, aus dem hoͤlliſchen Pro - teus des Franciſci, geſpenſter hiſtorien demon - ſtriret, ꝛc. Der hat zu ſeinem ſtilo einen ſchlech - ten grund gelegt
a)
b)Z. e. Wer von goͤttlichen ſachen redet, hat im - mer ein hohes obiectum, deßwegen darf er nicht gleich allezeit im ſtilo ſublimi reden, ſonſt wuͤr - den ſich die herren poſtillanten treflich auf den ſtilum ſublimem legen muͤſſen, und man wuͤrde auf den cantzeln wie Lohenſtein in ſeinem Armi - nio zu reden anfangen.
b)
c)Z. e. Junge leute ſchicken ſich nicht zu auctori - taͤts-ſachen, weibiſche leute zu nichts großmuͤ - thigen, wer eine kleine ſtimme hat, muß keine vehemente affecten ausdrucken wollen, ein De - mocritus ſchickt ſich nicht wohl zu traurigen ob - iectis, einen phantaſten lacht man aus und wenn er noch ſo ernſthaft thun will, und wer ſich mit dem zuhoͤrer ehemahls familiariſiret und fleißig zu biere gegangen, der wird nachge - hends mit ſeinen ſtrafpredigten und epanortho - ſiren nicht viel ausrichten.
c)

§. 6. Nach dieſem iſt man auf den aus - druck der gefaſten gedancken und neigungen be - dacht, und da iſt es noͤthig, daß man ſolche woͤr - ter und redens-ausſuche, welche nicht mehr und nicht weniger ſagen, als die gedancken und re - gungen bey dem obiecto leiden. a)Dabey hat man achtung zu geben, daß nicht nur die haupt -idee205und deſſelben eigenſchaften. idee richtig zu treffe, ſondern auch inſonder - heit die neben-idee wohl ausgeſucht und ange - bracht ſey. b)Weilen auch die beywoͤrter am allermeiſten dazu beytragen, daß man adaͤ - quat rede und ſchreibe, ſo iſt bey ſolchen eben - falls zu unterſuchen, ob ſie bey denen haupt - woͤrtern einen rechten effect haben und ſelbige entweder gehoͤrig erklaͤren oder einſchraͤncken, und alſo nicht vergebens ſtehen, ſondern ſich zu den abſichten, die man bey dem ausdruck hat, ſchicken. c)

a)Da irren ſich dieienigen welche denen ſachen nahmen beylegen, die ihnen nicht zukommen, oder ſolche worte und redensarten gebrauchen, die doch das nicht ausdrucken, was ſie ſagen wollen, Z. e. einer nennte einen burgemeiſter in einer kleinen ſtadt: Oracul[d]ieſe[r]ſtadt, und es war ein wagenmacher. Man braucht ietzo faſt durchgehends: adeo, an ſtatt ideo, und es thun es auch wohl leute die mit ihrem ſtilo pa - radiren wollen, dadoch ienes: ſo ſehr, und die - ſes:[Daher], deßwegen, heiſſet. Eben ſo iſt es unrecht, wann ich ſpreche: dereinſt, und rede doch von dingen die vergangen ſind, als: Jch habe e[s]dereinſt gethan, beſſer iſt es gebraucht, von zukuͤnftigen, als: Er wird dereinſt rech - nung fode[r]n. Hiewieder verſtoſſen ebenfalls, welche immer im ſuperlativo mit hunderten und tauſenden reden, oder alles panegyriſiren, im gegentheil aber auch dieienigen welche alles her - untermachen mit ſchlechten worten exprimiren, als: Er iſt ein unvergleichlicher Poet, und iſt doch wohl ein maͤßiger reimenſchmitt, der mit ſeinen halbſchuͤrigen gedancken, ſchlechte obie - cta am beſten herumnimt, oder: Er iſt einſchlech -206von dem ſtiloſchlechter mann, und man will eigentlich nur ſagen: er gefaͤllt mir nicht. Man hat dieſe fehler um ſo viel mehr zu vermeiden, da ver - nuͤnftige leute daraus einen ſchlechten verſtand und niedertraͤchtigkeit des gemuͤths ſchlieſſen.
a)
b)Die nebenideen werden von geſchickten rednern hauptſaͤchlich beobachtet, weil ſie die umſtaͤnde eines obiecti, und den affect ſo man dabey hat, bemercken. Sie ſind nicht nur in worten ſon - dern auch in redens-arten, in der ordnung klang und fall der worte, in periodis, zu obſerviren und anzubringen. Doch iſt dabey ihr uͤberfluß, ihre unrechte collocation und ein gar zu ſehr ge - kuͤnſteltes weſen und gezwungene ſchoͤnheit zu vermeiden. Z. e. vernuͤnfteln, ſoll heiſſen die vernunft gebrauchen und hat die nebenidee der verachtung, allein dieſe neben idee iſt albern an - gebracht, dann ſeine vernunft gebrauchen, ver - dienet ia keine verachtung, man muͤſte denn die unvernunft fuͤr etwas lobwuͤrdiges halten. Oder man ſagt von einem fuͤrſten: er ſey den weg alles fleiſches gegangen, ſoll heiſſen er ſey geſtorben, aber es hat eine niedertraͤchtige ne - benidee, uñ macht den fuͤrſten den bauren gleich. Von einem verſchlagenen ſtaats-mann ſage ich nicht er ſey ein fuchs, auf der cantzel ſpreche ich nicht: Paulus habe den narren gefreſſen an ſeine Corinthier, bey honnetten leuten ſage ich nicht: Jch habe mir tuch zu hoſen gekauft ꝛc. Denn alle dieſe haben eine abiecte neben idee. Deßwegen ſetzen die Lateiner nobiſcum, an ſtatt: cum nobis. Die Schrift ſagt: Saul ſey in die boͤle gegangen ſeine fuͤſſe zu decken, an ſtatt: Er habe was anders gethan. Alſo haben ge - wiſſe materien, gantze reden, ihre gewiſſe neben - ideen, z. e. wer noch nicht verheyrathet iſt, hat nicht eben noͤthig bey erklaͤrung der worte: desman207und deſſelben eigenſchaften. mannes gang zu einer magd, oder der hiſtorie von der Thamar, ſich lange aufzuhalten. Und wer einer gantzen Theologiſchen Facultaͤt: Man - gel an geiſtlichen guͤtern und unempfindlich - keit der gnade Gottes fuͤrwirft / und ausrot - tung der unter ihr im ſchwange gehenden ſuͤn - den anwuͤnſchet, ꝛc. der muß in groſſer aucto - ritaͤt ſtehen, ſonſt wann es ein iunger ſtudente waͤre, wuͤrde es ihm ſehr albern laſſen.
b)
c)Es muß kein beywort ohne nutzen ſeyn, ſondern entweder das hauptwort erlaͤutern oder ein - ſchrencken, und zu den abſichten des redners et - was helffen. Dawieder ſuͤndigen alle dieieni - gen, welche beywoͤrter gebrauchen, daß der pe - riodus oder der verß nur voll werde; welche epi - theta ſetzen, die ſich mit ihren abſichten nicht reimen; welche ſich gewiſſe beywoͤrter, flick - woͤrter und dergleichen angewoͤhnet, oder ſelbſtgemachte beywoͤrter anbringen. Z. e. wann man einen Monarchen einen allerliebſten Herrn heiſſet. ihm allerliebſte tugenden beyleget, ꝛc. oder man ſagt: der langmuͤthige Gott ſtraffet mit donner und blitz, oder: er iſt verteuffelt freundlich, ꝛc. conf. den poetiſchen verſuch von uͤberſchriften, Hamburg 1704. 8. pag. 171. ſqq. oder die flick-woͤrter: nimirum, ſeilicet, nemlich, indeſſen, und uͤberall nichts, derglei - chen, ſo zu ſagen, ꝛc. und andere favoriten; alſo weiß ich die ſtunde nicht was das fuͤr ein wort ſey, kan es auch in keinem lexico finden, das doch viele an ſich haben, wenn es nicht recht fort will: emmemae &c. Jn den reden groſſer Her - ren, hat ſich iemand angewoͤhnet, in allen ſei - nen reden zu ſprechen: Jch beuge die knie meines bertzens ꝛc.
c)

§. 7. Die reinlichkeit in dem ausdruck ge - bietet, daß man zwiſchen der gar zu groſſen cri -tic208von dem ſtilotic der Zeſianer,a) Ciceronianer und derglei - chen ſprach-richter, und zwiſchen der groſſen nachlaͤſſigkeit der galanten ſprach-verderber, die mittelſtraſſe halte, daß man den gelehrten und galanten gebrauch wohl beobachte, alte verlegne, neuerfundene worte,b) idiotiſmos anderer ſprachen und dialectorum,c) ver - worrene conſtructiones, verſetzung der ſchluß - woͤrter,d) einmiſchung frembder ſprachen,e) und dergleichen vermeide, und im uͤbrigen nicht wieder die regeln welche eine ſprache nach der Grammatick zum grunde hat, verſtoſſe. f)

a)Dieſe wollen nichts paſſiren laſſen, was nicht ihrer phantaſie nach, recht reine Teutſch, ſo wohl, im urſprung, als auch in der ausſprach, flexion und orthographie, ſie haben ſich aber deßhalben treflich muͤſſen laſſen herumnehmen. S. vori - ges cap.
a)
b)Nach dem bekannten verß: Sordida, priſca, noua, antiquata, poëtica, dura, turpia, rara nimis, vel peregrina fuge. Wenn man hierwieder han - delt, entſteht der ſtilus barbarus, miſcellaneus, ant[i]quarius, poeticus, culinarius. S. Hederich l. c. p. 566. 572
b)
c)Siehe Hederichs Philologiſche wiſſenſchaften p. 480. 242. 87. und anderwerts.
c)
d)Dieß gewoͤhnt man ſich leicht aus der uͤberſe - tzung anderer ſprachen und in der poeſie an, wenn man zumahl bey ienem punckt, in der er - kaͤnntniß der ſprachen nicht recht feſte ſitzt, und von beyden den genium nicht recht inne hat, bey dieſem etwan in noth iſt, wie der reim her - auskomme und der verß voll werde. Z. e. Jhr wißt, bey wem ihr boͤſes habt gethan, an ſtatt: gethan habt. ꝛc.
d)e) Zu -209und deſſelben eigenſchaften.
e)Zumahl wann man die frembde ſprache nicht recht verſteht und wohl gar unrecht ausſpricht, z. e. ceruilité an ſtatt ciuilité und dieſes, an ſtatt: Hoͤfligkeit / guͤtigkeit; Saluette, an ſtatt: Seruiette; ein mann von groſſen meriten, an ſtatt: Ein mann von groſſer merite (denn me - rites der pluralis heiſt: Ver dienſt Chriſti oder gute wercke im Theologiſchen verſtande) an ſtatt: Ein mann von groſſen verdienſten ꝛc.
e)
f)Das iſt man begehe keine vitia Grammaticalia, mache keine ſoloͤciſmos, barbariſmos, ſiehe He - derich. l. c.
f)

§. 8. Mit der reinlichkeit iſt die deutlichkeit im ſtilo gar genau verbunden, denn wo man dieſe erhalten will, da muß iene nothwendig beobachtet werden. Auſſer dem aber iſt zur deutlichkeit noͤthig, daß man zweydeutige worte und redens-arten, viele propoſitiones incidentes, gar zu haͤuffige limitationes, epi - theta, participia, verwerffung der woͤrter, un - noͤthige ausdehnung und allzukurtze verfaſſung der periodorum vermeide, die tropos und figu - ren nicht zu haͤuffig und wieder die natur des obiecti, oder weit hergeholt, unbekannt und zu weit getrieben anbringe, welches alles wofern man ſonſt nur im kopfe deutliche begriffe hat, leicht ins werck zu richten.

  • S. hiebey Hederich l. c. und Kemmerich l. c. ingleichen Menantes Einleitung zur Teut - ſchen Oratorie. P. I. Heineccium de cultioris ſtili fundamentis. Die zugleich verſchiedene exempel anfuͤhren. Aus den fehlern die man hier begeht wird der ſtilus obſcur, zweydeutig und nach gelegenheit tumidus, frigidus, ꝛc. Hederich p. 570. ſqq.
O§. 9.210von dem ſtilo

§. 9. Bey der iunctur und ordnung der woͤrter iſt zu mercken, daß man hiebey die be - ſchaffenheit der ſache und die eigenſchaften der ſprache zum voraus erwegen muͤſſe, denn nach dieſem iſt die iunctur und ordnung der woͤrter einzurichten, hernach vermeidet man ſorgfaͤltig, daß nicht die natuͤrliche ordnung der ſachen durch die woͤrter verworffen werde, daß nicht gar zu viel vocales, nicht gar zu viel conſonan - tes zuſammen kommen, daß nicht gar zu viel gleichlautende ſylben, zu viel einſylbige oder zweyſylbige woͤrter auf einander folgen, oder auch ein conſonans oder vocalis zu ofte hinter - einander wiederholet werde, und endlich daß keine reime, termini klappantes oder wuͤrckliche verſe fuͤrkommen.

  • Von denen fehlern ſo hiewieder begangen werden, geben ſonderlich Hederich und Kemmerich ar - tige exempel. Hieraus entſtehet der ſtilus hiul - cus, uniſonus, vagus ꝛc.

§. 10. Eine ſehr noͤthige und angenehme ei - genſchaft des ſtili iſt, die periodiſche ſtructur, welche nicht nur der deutlichkeit fuͤrtreflich zu ſtatten kommt, ſondern auch dem ſtilo eine be - ſondere annehmlichkeit giebt. Es beruhet aber dieſelbe auf die interpunction und den ſo ge - nannten numerum oratorium, iene zeiget, wie man einen periodum, durch commata, cola, ſe - micola und puncta unterſcheiden, und alſo der ſtimme zum ſteigen, ruhen und fallen, gehoͤrige zeit geben muͤſſe,a) dieſer aber iſt eine gewiſſe maſſe des gantzen periodi, dadurch derſelbe ineiner211und deſſelben eigenſchaften. einer gewiſſen zeit, mit bequemer reſpiration und dem obiecto gemaͤß, leicht auszuſprechen, und mit einer vergnuͤgung anzuhoͤren iſt. b)

a)S. Hederich l. c. wo ein gantzer ſenſus aus iſt, und alſo der ſatz mit allen ſeinen determinationi - bus und umſtaͤnden ausgeſprochen, da ſetzt man ein punctum, wo man aber ohne die ſachen zu zer - ſchneiden inne halten kan oder inne halten muß, da ſetzt man ein comma, ein colon wird geſetzt wo mehr als eine haupt-propoſition in den periodum gefaſſet, und ein ſemicolon wo propoſitiones in - cidentes mit eingeruͤcket werden. conf. Voſſium Part. Orat. Lib. V. C. I. §. 1. Weiſe Inſtit. Orat. Lib. praep. Cap. 2. Vinhold in Periodis & Chriis Cioe - ronianis. Wo man dieſe periodiſche ſtructur, wel - che mit der iunctur der woͤrter genau verbunden, negligiret, wird der ſtilusinciſus, diſſolutus, dif - ficilis, ꝛc.
a)
b)S. Jouitae Rapicii V. Buͤcher de numero orato - rio Coͤlln 1582. 8. Kirchmaͤyers Prof. zu Wit - tenb. Diſſ. de numero Oratorio, Schubartus de numero Oratorio, Ricobonus cap. 65. Rhetoric. Schraderus in Ariſtot. Lib. III. c. 8. Lami l’art de parler L. III. cap. 11. ſqq. Arnold in mantiſſa III. ornatui Linguae Latinae annexa. Muͤller im Abriß einer gruͤndlichen Oratorie p. 84. der des Scarii Anweiſung zum Oratoriſchen numero, die er de arte Rhetorica lib. III. c. 39. biß 45. beyge - bracht anfuͤhret. Cicero de oratore lib. 3. Nume - roſum eſtid, in omnibus ſonis atque vocibus, quod habet quasdam impreſſiones, & quod metiri poſſu - mus, interuallis aequalibus; Und anderswo: Ge - nus numeroſae & aptae orationis, qui non ſentiunt, quas aures habeant, aut quid in his homini ſimile ſit, neſcio, Meae quidem & perſecto completo - que verborum ambitu gaudent, & curta ſentiunt nec amant redundantia. Seneca ſagt: Lib. 3. O 2Contr. 212von dem ſtiloContr. 19. Triarius compoſitione verborum beile cadentium, multos ſcholaſticos delectabat, omnes decipiebat. Die fundamenta des numeri ſind, die iunctur und ordnung der worte, die maſſe der zeit und die harmoniſche bewegung der luft, wel - che, nach dem urtheil des in dieſem ſtuͤck ſehr zaͤrt - lichen gehoͤrs, fuͤr angenehm gehalten wird, und um ſoviel eher das gemuͤth afficiret. Daß der numerus gantz zu negligiren, und die deßfalls von vernunftigen leuten gegebene regeln, fuͤr grillen zu halten, wird niemand mit raiſon ſagen. Jm gegentheil iſt auch nicht zu laͤugnen, daß von vielen die ſache gar zu hoch getrieben werde / wenn ſie ſo gar die ſylben abzehlen, und die worte gar zu genau abmeſſen. Alles kommt dabey dar - auf an, daß man buchſtaben, ſylben worte, ſaͤtze, dem obiecto gemaͤß ausſuche und formire, die theile in einem periodo nicht zu kurtz oder zu lang oder gar zugleich oder ungleich abfaſſe, und bey der ausſprache das gehoͤr conſulire, auch nicht immer bey einer leyer bleibe.
b)

§. 11. Endlich iſt auch eine hauptſaͤchliche eigenſchaft des ſtili, daß alle ſeine theile gegen einander in denen vorhergehenden und folgen - den ſtuͤcken, in einer guten harmonie und ver - haͤltniß ſtehen, und uͤberall ſaͤtze mit ſaͤtzen, peri - odi mit periodis auf eine ungezwungene art zu - ſammenhaͤngen. Jenes heiſt man die egalite oder gleichheit im ſtilo, dieſes die connexion und verbindung, und ſucht, zumahl in einer gan - tzen rede, nothwendig beyde, auf alle weiſe ge - ſchickt anzubringen. Die gleichheit richtet alles in einer rede nach der beſchaffenheit des obiecti, nach denen davon entſtandenen ge -dan -213und deſſelben eigenſchaften. dancken und regungen, und nach der einmahl angenommenen form zu reden, gleichſtimmig ein,a) und ob ſchon zuweilen veraͤnderungen in der rede fuͤrfallen, ſind ſie doch nur in dem aͤuſſerlichen putz derſelben zu ſpuͤren, und re - ſolviren ſich endlich, wie die in der Muſick an - gebrachte diſſonantien. b)Die connexion der periodorum, beruhet auf der verbindung und ordentlichen diſpoſition der gantzen rede, und iſt entweder verbalis oder realis,c) wel - che beyde nur darinn unterſchieden, daß bey iener die verbindung zugleich durch worte aus - gedruckt wird. d)

a)Alſo wann man ſich zwinget, von einem obiecto zu reden, dazu man keine diſpoſition bey ſich fin - det, wann man mit anderer leute worten reden will, wann man ſeinem ſtilum mit phraſibus aus allerley auctoribus ſpicket und recht zuſammen flicket, wann man bey dem aufſatz einer rede zu - weilen abbricht und nach einiger zeit wieder darzu geht, in der ausarbeitung fortfaͤhret, ohne das vorhergehende wieder durchzuleſen, und das gemuͤth wiederum in gleiche diſpoſition, wie bey dem vorhergehenden zu bringen, wann man der ſprache nicht recht maͤchtig, und ſich nicht fleißig geuͤbet, ſo entſtehet daher ein ungleicher kindi - ſcher, fluctuirender ſtilus. S. Hederichs l. c. p. 567. 569. 572.
a)
b)Jch habe dieſes nicht beſſer ausdrucken koͤnnen, als mit dieſem von der Muſick entlehnten gleich - niſſe. Denn wie in einer ieden Muſick, alles auf die harmonie ankommt, welche auch durch das thema, den general baß und deſſen regeln, im - mer unterhalten wird, ohngeachtet viele ſtim - men, viele inſtrumenta, ſemitonia und diſſonan -O 3tien214von dem ſtilotien mit unterlauffen, ſo iſt es auch im ſtilo, wo die beſchaffenheit des obiecti und die einmahl angenommene form zum grunde liegt, ohnge - achtet die affecten bald ſteigen, bald fallen, die gedancken bald durch die haupt-ideen ausge - druckt, bald durch die neben-ideen veraͤndert und nachdruͤcklicher gemacht werden. Man koͤnte auch ſagen, der redner mache es in dieſem ſtuͤck wie ein mahler, welcher bey abbildung eines ob - iecti, zwar unterſchiedene farben braucht, ſchat - ten und licht abwechſeln laͤſt, aber dennoch uͤber - all die regeln der proportion und des wohlſtan - des nach der natur in acht nimmt, nec humano capiti ceruicem iungit equinam, Horat. de art. poët.
b)
c)Connexionem realem machen die ſaͤtze und ar - gumenta, und es kan hierinn niemanden fehlen, wer ordentlich gedencket und die beſchaffenheit der argumentorum, davon P. l. gehandelt, wohl erkennet, es wird auch davon im dritten theil bey der diſpoſition, vieles hieher gehoͤriges erin - nert werden. S. Herrn Langens E. z O. l. 12. ſqq. 218. II. 124. ſqq. Herrn Muͤllers Abriß ei - ner gruͤndlichen Oratorie p. 85. ſqq. Aetiologien, loci communes, meditationes, conſectaria, aͤhn - lichkeit und unaͤhnlichkeit der ſaͤtze figuren, ſind hierzu die gebraͤuchlichſten mittel.
c)
d)Dieſe drucken nur die connexionem realem mit gewiſſen worten und formuln aus, als z. e. mit den letzten worten des vorhergehenden periodi, mit denen pronominibus relativis, mit parti - culis cauſſalibus, copulativis, comparativis, und adverſativis, als: und, entweder, oder, nach dem / ſo, denn, immaſſen, daß, ſolches, da, um, als, demnach, gleich wie, alſo, obwohl, ſo, nicht nur, ſondern auch, auch, allein, nichts deſtoweniger, wofern, dannenhero, inzwi -ſchen,215und deſſelben eigenſchaften. ſchen, ꝛc. Doch muͤſſen ſie nicht zu haͤuffig an - gebracht werden, ſonſt wird eine wort-kraͤme - rey daraus, die unangenehm und unanſtaͤndig iſt. Weil ich zu dieſem cap. noch einige exem - pel ſchuldig bin, ſo will ich ſelbige hier dergeſtalt lieffeꝛn, daß man die manieren zu connectiren ins beſondere dabey ſehen moͤge:
d)

Exempl. I. Da die ſaͤtze ohne alle connexion ſtehen.

Mon frere,

Das buch welches ich ſo oft bereits von Euch verlanget, habt Jhr mir endlich einmahl zu - kommen laſſen, weßwegen ich denn anietzo ſchuldigen danck abſtatte. Vor acht tagen war der ehrliche Curtius bey mir, und beſuchte mich in meinem neuen logis, welches mir ein be - ſonders vergnuͤgen verurſachte, da ich ihn in langer zeit nicht geſehen. Monſieur Sauſe - wind fuͤhret ſich ietzo recht unbaͤndig auf, daß alle leute davon zu reden wiſſen. Er verſpielt dem vater das geld, und wann er kein geld mehr hat, ſo ſchreibt er wechſel, ſolche nach des vaters tode zu bezahlen, ia er wuͤnſcht deßhal - ben recht ſehnlich, daß unſer herre Gott den alten holen moͤge. Bey der iungfer Hippo - craſſen liegt er gantze halbe tage, und wann er nicht bey ihr ſeyn kan, daß etwan ein andrer galant ſein rendezvous hat, ſo ſteht er in dem hauſe gleich gegen uͤber, und charmiret bald die fenſter-ſcheiben entzwey. Neulich hatte er einen ſolennen ſchmauß bey ſich, da ließ er auftragen, daß die tiſche knackten, und weilO 4faſt216von dem ſtilofaſt zehnerley weine fuͤrhanden waren, er auch keine complimente und aufmunterungs-gruͤn - de ſparete, ſo kame niemand ohne einen ziemli - chen ſchwindel nach hauſe. Herr Broſius hatte bey der gelegenheit im heimgehen mit denen ſaͤnftentraͤgern haͤndel, weil er die fenſter in der ſaͤnfte gantz illuminiret, und nachge - hends da ſie ihre durchſichtigkeit verlohren, als unbrauchbar entzwey geſchmiſſen, aber daruͤ - ber die haͤnde ziemlich bleſſiret. Die iungfer Machmitten iſt ietzo eine braut, und wird ehe - ſtens mit Hrn. Schoͤpschriſteln hochzeit halten.

Jch weiß nicht ob ich Euch bereits gemeldet, daß Mr. Fanfaron Euch fuͤr ſehr eigenſinnig halte, er hat ſich gegen mir ohnlaͤngſt etwas da - von mercken laſſen, vielleicht hat er Euch etwan auf der naſe ſpielen und zum beſten haben wol - len, Jhr aber ſeyd nicht diſponiret geweſen, es treuhertzig zu leiden. Gemeiniglich ma - chen es dergleichen wohlgezogne herrlein ſo, ſie wollen iedermann auf dem maule trummeln, und mit ihren Quichotiſchen ſtreichen, betruͤge - reyen und windmachereyen allen leuten eins anhaͤngen, wer es nun nicht ſo gleich verſtehn und mit einem tieffen reverentz annehmen will, den beſchuldigen ſie einer eigenſinnigen und verdrießlichen auffuͤhrung. Jhr werdet euch darnach zu richten wiſſen. Jch bin

Vôtre tres fidele ami,

Exempl. 217und deſſelben eigenſchaften.

Exempl. II. Da die ſaͤtze in einer reellen connexion ſind.

Mein Herr,

Als ich unlaͤngſt die ehre hatte, in dero ge - ſellſchaft zu ſeyn, und mich aus dero converſa - tion zu erbauen, ſo geriethen wir unter andern auf die kennzeichen der rechten philoſophen, und brachten derſelben eine ziemliche anzahl zum vorſchein. Jch habe nachher dieſer ſache noch ein wenig nachgedacht, und gefunden daß man zu denen, derer wir neulich erwehnet, noch hinzu ſetzen koͤnnen. Mir deucht ein rechter Philoſophe habe inſonderheit dieſes an ſich, dadurch er ſich von denen andern unterſchei - det, daß er niemahls ſecten zu machen ſuchet, oder ſich wohl gar ſelbſt an die ſpitze einer ſol - chen ſecte ſtellet, die von ihm koͤnte benennet werden. Jch dencke dieſes ſey ebenfalls ein merckmahl eines guten Philoſophen, daß er nie - mahls befehlsweiſe ſeine gedancken fuͤrtrage und uͤber die begriffe der menſchen herrſchen wolle, ſondern bloß ihnen ſeine gedancken als einen guten rath mittheile. Jch glaube auch dieſes ſeyen kennzeichen eines Philoſophen, daß er nicht praͤtendire alles zu wiſſen, daß er ſich mehr nach andere leute bequeme, als ſeine eige - ne ehre nutzen, und commoditaͤt ſuche, daß er niemand verketzere, daß er ſich der ſtreitſchrif - ten enthalte, oder ſelbige doch mit aller ſanft - muth gelaſſenheit und hoͤflichkeit gegen ſein wiederpart verfertige (wovon man bey groſ -O 5ſen218von dem ſtiloſen ſtaats - und hofleuten aber nicht bey ſchul - fuͤchſen, lebendige exempel findet) daß er ſeine begierde zu wiſſen nicht zu weit treibe, daß er mehr in der ausuͤbung als in der theorie ſeine gute erkaͤnntniß zeige, und endlich daß er nie - manden fuͤr ſo gar ſchlimm anſehe, daß er auch das gute an ihm nicht eſtimiren ſolte. Jch weiß nicht ob ich in dieſen ſtuͤcken recht gedacht. Dero kuͤnftige zeilen werden mich deßfalls beſſer unterrichten, welche ich mit verlangen er - warte als

Dero ergebenſter Diener.

Exempl. III. Da ein unſtreitiger ſatz mit ſei - nem argumento realiter connectiret.

  • Propoſitio: Studia ſunt neceſſaria.
  • Aetiologia: Suntenim ex bonis relatiuis praeſtantiſſi - mum, & ad obtinendum ſummum ſatis accommo - datum medium.

Elabor: Si quid vmquam, homini bene nato & educato, vtile eſt & neceſſarium, il - lud bonarum artium, litterarum, humanita - tisque ſtudium eſſe, firmiſſime mihi perſua - deo. Studiis parantur verae illaeopes ani - mi, quae non furto eripi, non incendio ab - ſumi, non naufragio abſorberi poſſunt, quae - quae certam rectamque viam commonſtrant ad perſequendum id bonum quo cetera omnia continentur.

Exempl. 219und deſſelben eigenſchaften.

Exempl. IIII. Da ein wahrſcheinlicher ſatz mit ſeinen argumentis realiter verbunden.

  • Propoſitio: David iſt ein voluptuoſus geweſen: (quatenus peccator.)

Elabor: Jch duͤrffte zwar vielen wieder - ſpruch erfahren muͤſſen, wann ich ſagte: Da - vid ſey nach ſeiner natuͤrlichen gemuͤths-nei - gung, in ſofern er nicht vom H. Geiſt erleuch - tet, im hoͤchſten grad wolluͤſtig geweſen; ich dencke aber nicht daß man mich deßwegen zum ketzer machen und eines gefaͤhrlichen irrthums uͤberfuͤhren werde. Die wahrheit meines ſa - tzes erhellet aus ſeinem gefuͤhrten lebens-wan - del, ohne allen zwang gantz offenbahr. Furcht, geilheit, viele klagen, neugierigkeit, beliebung zur Muſick, weichhertzigkeit, mitleiden, thraͤnen, bemuͤhung nach freundſchaft, appetit zu guten eſſen und trincken, ſind die kennzeichen eines wolluͤſtigen, und alledieſe finde ich an David. Furchtſam war er als er fuͤr Saul und Abſo - lon flohe, als Seba einen aufruhr erregte, ia aus bloſſer zaghaftigkeit ſtrafte er den drey - fachen moͤrder Joab nicht. Seine geilheit zeigte er in der begebenhenheit mit der Bathſe - ba, da er ſoviel weiber hatte und ohngeachtet der groſſen menge die zu ſeinen dienſten ſtun - den, doch nach andrer leute weiber griffe. Nichts als klagen hoͤrte man von ihm, da Saul und Jonathan iener als ſein ſchwieger - vater, dieſer als ſein hertzens-freund gefallen war, da er ſeinen ungerathenen ſohn von dereiche220von dem ſtiloeiche, und das in unehren mit der Bathſeba erzeugte kind, von dem ſchoße ſeiner mutter, in das reich der todten laſſen muſte. Jch weiß nicht, ob nicht eine kleine neugierigkeit ihn in das lager getrieben, da er bißher nur ſeiner heerde lager und huͤrden wahrgenommen; Ob nicht das blut der helden, aus neugierigkeit und luͤſternheit gewaget worden, da er des waſſers aus dem brunnen unter dem thor zu Bethle - hem trincken wollen; Ob nicht aus bloſſer cu - rioſitaͤt vielleicht, gantz Jſrael von Dan biß gen Berſeba, gezehlet worden. Mit ſeiner harffe ſtillte er ofte die wut des melancholiſchen Sauls, ia ich glaube daß er auch ſeiner gar vergnuͤgten Bathſeba eines aufgeſpielet. Seine freundſchafts-liebe hat gar zu merck - wuͤrdige proben herfuͤrgebracht, als daß man ſelbige fuͤrbeygehen und daran zweiffeln koͤnte. Haͤtte er nicht auch zu guten eſſen und trincken belieben getragen, er wuͤrde ſich vielleicht nicht eben zu der zeit, da Nabal ſein ſchaͤffer feſt be - gieng, bey ihm zu gaſte gebeten, oder denen prieſtern ihre ſchau-brodte abgeborget haben, welche freylich beſſer ſchmeckten, als die brodte der gemeinen Juͤden ꝛc.

Exempl. V. Da ein wahrſcheinlicher ſatz mit argumentis illuſtrantibus und pa - theticis realiter zuſammenhaͤnget.

  • Propoſ. Die tugend iſt ſelten mit dem Gluͤck verbun - den.
Illuſtr. 221und deſſelben eigenſchaften.
  • Illuſtr. a ſimili: Die ſuͤſſeſten kerne ſind immer in bittere und ſtachelichte ſchalen eingehuͤllet.
    • Obiectio: Tugend wiederſtehet dem ungluͤcke. Il - luſtr. ab exemplo & teſtim.
    • Reſponſio: Apoſtrophe.

Elaboratio: Wer die gar beſondern und mannigfaͤltigen veraͤnderungen, welche das gluͤck mit denen armen ſterblichen fuͤrnimmt, in reiffe uͤberlegung ziehet, der wird befinden, daß dieienigen, welche ihre knie fuͤr den Baal der laſter nicht beugen, ſondern ſich vielmehr der tugend gaͤntzlich aufopfern, am allermeiſten von demſelben angefeindet und verfolget wer - den. Die goͤttliche allmacht, hat in dem ver - wunderns-wuͤrdigen reiche der natur, es alſo mehrentheils verordnet, daß ſich die beſte kraft der fruͤchte, die ſuͤſſeſten kerne, unter harte, bitte - re, und ſtachlichte ſchaalen verbergen, und von ihnen eingeſchloſſen, ihre rechte annehmlichkeit uͤberkommen muͤſſen. Die ſchoͤnſten roſen, wachſen in den gefaͤhrlichſten dornen, ein Myrrhenbaum giebt reichlicher ſeinen ſaft, ie heftiger er von denen winden beſtuͤrmet wor - den, und eine rechte tugend muß ſich unter de - nen bittern ſchalen eines ſcheinbaren elendes, unter den ritzenden dornen des ungluͤcks, und unter denen daher brauſenden ſturm-winden ihrer verfolger, der innerlichen guͤte ſuͤſſigkeit und fuͤrtreflichkeit getroͤſten. Lohenſtein ſagt gar artig:

Oft222von dem ſtilo
Oft zeucht das ungeluͤcke,
Das ſchon gezuckte beil von hals und bruſt zu - ruͤcke,
Wenn es die tugend ſieht mit ſtarren augen an.

Er thut zugleich einen blick in die alte Hi - ſtorie, auf den beruͤhmten Roͤmiſchen Marium. Als nemlich die zu Minturnum einen Gallier, ihm das leben zu nehmen, beordert, dieſer aber indem er den Marium erkennet, ſich zugleich der tapferkeit des Marii ſo er in dem Cim - briſchen kriege gegenwaͤrtig als gemeiner ſolda - te mit angeſehen, erinnerte, ſo entgieng ihm gleichſam alle kraft dem aufgetragenen be - fehl ein genuͤge zu leiſten, daß er auch das be - reits gezuckte gewehr voller beſtuͤrtzung und verwirrung von ſich werffen, und ſo gar den Mario zur erhaltung ſeines lebens dienen mu - ſte. Aber o ſeltzames gluͤck! haͤtteſt du dich mit der tapferkeit des Marii verbinden wollen, warum ſuchteſt du nicht vielmehr ihn fuͤr der - gleichen umſtaͤnde zu bewahren, darinn er alle augenblick den letzten ſtreich erwarten, und bloß durch eine hoͤhere ſchickung abhalten kon - te. Wilſt du der tugend deine annehmlich - keiten zu koſten geben, ſo erwarte doch nicht eine zeit da ihnen der geſchmack, ia alle ſinne be - reits vergangen!

Exempl. VI. per ſimilitudines & diſſimilitu - dines, da das erſte exempel connectiret worden, wozu die ſaͤtze ohne connexion oben gegeben.

Mon223und deſſelben eigenſchaften.
Mon Frere.

Jhr habt mir abweſend ein kennzeichen Eurer freundſchaft, in uͤberſchickung des bewuſten buches, zu meinem groſſen vergnuͤgen gegeben. Was wuͤrde ich nicht erſt fuͤr eine freude bey mir empfinden, wann ich die ehre haben ſolte Euch gegenwaͤrtig zu kuͤſſen? Eine ſolche freu - de hat mir neulich der ehrliche Curtius gemacht, da er nach einer langen abweſenheit mich in meinen neuen logis beſuchet. Was meint ihr hingegen wie mir zu muthe ſey, wañ Mr. Sau - ſewind mit ſeinen ungezognen manieren mich uͤberfaͤllt, und mir meine koſtbare zeit, am mei - ſten aber meine ſtille ruhe, mit ſeinen incompre - henſibilitaden und unverſchaͤmten weſen rau - bet. Gewiß wann der unbaͤndige kerl auf reiſen geht und nach Franckreich kommt, da wird er ſich fuͤr les petites maiſons huͤten muͤſſen, wo nicht kuͤnfftige hundstage ihm etwas fatales begegnet; ſein geld verſpielt er gantz in cognito, uñ dazu die helfte von ſeines vaters vermoͤgen. Seine ehre und zeit vertaͤndelt er mit der Jfr. Hippocraſſen, und damit auch ſein eignes logis merckmahle von ſeinen thorheiten bekomme, ſo ſchmauſet er fleißig, und laͤſtden wein aus de - nen bouteillen in die maͤgen und aus den maͤ - gen in die ſtube ſchuͤtten, daß bediente, maͤgde, ſaͤnfftentraͤger, haͤſcher und mit dieſen die gan - tze ſtadt ſeine ſchwelgerey und ſeiner gaͤſte auf - fuͤhrung zu ruͤhmen haben. Jch moͤchte wohl wiſſen, ob er klug werden koͤnne, wann manihm224von dem ſtiloihm eine frau geben wird, denn man glaubt ia ſonſt das viel maͤnner durch ihre weiber klug werden. Herrn Schoͤpschriſteln dem es an ei - ner andern art der klugheit fehlet, wird die Jfr. Machmitten aus eben der urſach in die ſchule fuͤhren, denn ſie werden naͤchſtens hochzeit hal - ten, und weil alle leute von ihrer klugheit uͤber - zeuget ſind, ſo zweifle ich nicht die zucht werde wohl angewendet ſeyn, wenigſtens ſchicken ſie ſich ſehr wohl zuſammen, und machen ein voll - kommen paar, da ſie zu viel und er hingegen bißher zu wenig raffiniret. So viel als ich ge - mercket wuͤrdet ihr und Mr. Fanfaron euch wohl nicht ſo gut zuſammenſchicken, denn er haͤlt Euch fuͤr eigenſinnig, und Jhr glaubt er ſey geſchoſſen. Vielleicht hat er gedacht, ve - xatio dat intellectum, und hat euch wollen klug machen, Jhr aber habts umgekehrt und Eurem meiſter lection gegeben. Jnzwiſchen koͤnt ihr hieraus von mir, ohne in die ſchule zu gehen, lernen, wie er gegen euch geſinnet. Von mir wiſſet Jhr ſonſt mehr als zu wohl, daß ich iederzeit, mit aller aufrichtigkeit ſey

Vôtre tres fidele ami.

Exempl. VII. Da die ſaͤtze mit der connexione verbali verknuͤpffet, aus dem Kemme - rich p. 1018.

Mein Herr,

Nachdem es dem hoͤchſten gefallen, mei - nen bruder durch einen ſeeligen tod aus dieſer zeitlichkeit abzufodern: So kan ich nicht um -hin,225und deſſelben eigenſchaften. hin, ſolches demſelben zu hinterbringen. Und gleichwie ich vielfaͤltig ſeine aufrichtige freund - ſchaft verſpuͤret: Alſo hoffe, Er werde mir auch ietzo eine probe ſehen laſſen, und zur lei - chenbegaͤngniß erſcheinen. Jmmaſſen ich denn verſichere, daß mir ſolches zum ſonderba - ren troſt gereichen werde. Jm uͤbrigen wuͤn - ſche in froͤlichen faͤllen Jhm dafuͤr meine er - kaͤnntlichkeit zu zeigen, der ich verharre

Deſſelben dienſtwilligſter.

Antwort.

Mein Herr

Daß der hoͤchſte Deſſen geliebteſten bruder zu ſich genom̃en, und alſo Sein hauß mit einer trauer beleget: Solches habe ich mit nicht ge - ringem beyleid aus Deſſen zeilen erſehen. Da ich nun von Demſelben ſo guͤtig zu dem leichen - begaͤngniß des ſeel. herrn bruders eingeladen werde; auch uͤber dieſes meine freundſchaft gegen Demſelben erfodert ſolchen liebes-dienſt willigſt uͤber mir zu nehmen: Als habe ich be - ſchloſſen zu Jhm zu kommen und gegenwaͤrtig mit mehrern meine condolence abzulegen. Ge - ſtalt ich dann mich gleich nach verſiegelung dieſes auf den weg machen werde. Verblei - be inzwiſchen nebſt beygefuͤgter verſicherung meiner ergebenheit, Deſſen

dienſtergebenſter.

Zu dergleichenconnexion hat Kemmerich l. c. aus dem Weiſen gantze modelle gegeben, welche ichPfuͤr226von dem ſtilofuͤr leute die ſonſt nicht ordentlich gedencken und verbinden koͤnnen gar dienlich erachte, fuͤr ande - re moͤchte es wohl etwas zu kindiſch ſeyn.

Exempl. VIII. Da die ſaͤtze durch meditatio - nes, conſectaria, locos communes ꝛc. connectiret ſind.

Thema: Otto der III. hatte eine unkeuſche gemahlin; ihre liebe fiel auf einen iungen gra - fen von Modena; er wiederſetzte ſich ihreman - ſuchen; ſie verklagte ihn als ob er ihr etwas ſchaͤndliches zugemuthet; er wurde hingerich - tet; ſeine gemahlin bewieß durch anruͤhrung eines gluͤenden eiſens ſeine unſchuld; die kaͤy - ſerin bekennete ihre uͤbelthat und wurde ver - brannt. (Jch habe dieß exempelin meiner iugend gemacht, da ich meinte, es waͤre eine wahre hiſtorie, ietzo bin ich anders geſinnet und wuͤrde es auch beſſer machen. Doch exemplorum non requiritur veritas, und ich kan kein beſſers ſo gleich finden.)

Elaboratio: Eitelkeit und laſter ſind ſo er - ſchrecklich, daß ſie auch in die pallaͤſte der maͤch - tigſten potentaten, deren winck unzehliche men - ſchen gehorſamen, fuͤr deren thron ſich uner - meßliche reiche demuͤthigen, ungeſcheut eindrin - gen und ihren hohen beſitzern mit laſterhaften feſſeln zu draͤuen, kein bedencken tragen. Die gemahlin des occidentaliſchen monarchen Ot - tonis des dritten, kan die unumſtoͤßliche wahr - heit meines ſatzes mit ihrem ungluͤckſeeligen exempel ſattſam bekraͤftigen. Jedermannder227und deſſelbigen eigenſchaften. der einige faͤhigkeit beſaß, menſchliche vollkom - menheiten zu beurtheilen, muſte ſie fuͤr die Ve - nus des praͤchtigen regenten-himmels halten, und die ſonne des Roͤmiſchen Reichs Otto kon - te die ſtrahlen ſeiner hoheit und tapferkeit nicht ſoweit ſchieſſen, als der glantz ihrer ſchoͤnheit ſich in dem groͤſten theile der welt blicken ließ. Groſſen ſchoͤnheiten pfleget die wolluſt, als ei - ne zauberiſche Circe, am meiſten nachzuſtellen, und ihre annehmlichkeit am erſten, durch an - hengung eines garſtigen laſters, in eine thieri - ſche ungeſtalt zu verwandeln; die kaͤyſerin aber war kein Ulyſſes welcher dieſem zaubergifte kluͤglich haͤtte entgehen koͤnnen. Sind die neigungen ſturmwinde, ſo iſt die wolluſt gewiß der heftigſte, und da die kaͤyſerin ihre auffuͤh - rung, wie ein kluger ſchifmann das ſchif, nicht wohl zu regieren wuſte, ſondern ſich vielmehr derſelben freywillig preiß gabe, ſo wurde ſie endlich auf die klippen der unkeuſchheit geworf - fen, und muſte daran mit ihrem gaͤntzlichen un - tergange zu ſcheitern. Dabey gienge ſie nicht allein zu grunde und in das verderben, ſondern ihr fall, oder daß ich recht ſage, ihre boßheit, riſſe einen von der unſchuld ſelbſt bekroͤnten grafen von Modena, elendiglicher weiſe zugleich in den abgrund. Dieſer hatte bißhero in den dienſten des maͤchtigen Ottonis, tapferkeit, treue, und klugheit, ſeinem allerdurchlauchtig - ſten oberhaupte gewiedmet, und es waren auch ſeine verdienſte, durch die kaͤyſerliche gna -P 2de228von dem ſtilode, nicht nur gebilliget, ſondern auch erhoͤhet worden. Sein edler und tugendhafter geiſt, hatte denen innerlichen vollkommenheiten, eine aͤhnliche und anſtaͤndige wohnung auserleſen, und da ihn die natur mit einem wohlgebildeten angeſichte und maieſtaͤtiſcher ſtatur begabet, ſo traf es bey ihm ein, daß in einem ſchoͤnen leibe ein ſchoͤner geiſt zu wohnen pflege. Hatte ſich aber tugend und natur gegen ihm guͤtig erwie - ſen, ſo ſchien es, als wann dadurch die eyfer - ſucht des gluͤcks erreget worden, daß dieſes auch ſich zu raͤchen es alſo gefuͤget, damit das hertz der kaͤyſerin durch geile flammen entzuͤndet, den unſchuldigen grafen, ſeiner eyferſuͤchtigen wut aufopfern muͤſſen. Denn wie in geilheit ent - brannte ſeelen, weder goͤttliche noch menſchliche geſetze ſcheuen, die feſteſten baͤnder zertrennen, und auch mit der aͤuſſerſten lebens-gefahr ihre brennende begierden, in dem meere der luͤſte abzukuͤhlen ſuchen, ſo ſuchte auch hier die feuri - ge liebe der kaͤyſerin, theils durch die blitze eines ſochtenden auges, theils durch die mit ſchmach - tenden lippen ſehnlichſt herfuͤrgebrachten wor - te, theils durch alle nur erſinnliche liebes-bezeu - gungen, das hertz des grafens zu erweichen, und in eine gleichfoͤrmige, obſchon verbotene glut zu ſetzen. Sind nun ſonſt die liſtigen verſtellun - gen einer lockenden Sirene, und der ſchmeichel - hafte mund einer luͤſternden Evaͤ vermoͤgend, alles zu ſclaven und unmoͤgliche dinge moͤglich zu machen: So waren ſie doch hier, gegen dasgeſetzte229und deſſelben eigenſchaften. geſetzte gemuͤth des tugendhaften grafens, un - nuͤtze waffen. Waren der kaͤyſerin holdſeelige blicke, pfeile, ſo war ſein hertz ein felſen, auf ſol - chem muſten ſie zuruͤcke prallen, waren ihre liebreitzende worte bande, ſo wurden ſie an den haͤnden dieſes Simſons wie verſengte faden. Er hatte gelernet, man muͤſſe am hofe bey ge - wiſſen faͤllen mit ſehenden augen blind, und mit hoͤrenden ohren taub ſeyn, weil die am beſten ſingenden, am erſten zu fangen, und die am liebreichſten ſcheinenden, am begierigſten zu freſſen pflegen. Alſo war er ein Salaman - der, in den flammen dieſer unkeuſchen, und ein Joſeph, welcher ſeinen Gott fuͤr augen, die tu - gend im hertzen, und die ſeiner gemahlin ge - ſchworne treue in unverwelcklichen andencken hatte, was wunder dann, daß er das ungezie - mende anſinnen, der kaͤyſerlichen gemahlin, be - ſtaͤndig abſchlug. Die einer wolluͤſtigen da - me verſagte liebe, iſt ein unbetrieglicher vorbo - te, der gewiß erfolgenden rache, und wie man ſich fuͤr denen im heiſſeſten ſommer auf ſteigen - den gewittern, am meiſten zu fuͤrchten, alſo kanſtu bey deiner tugend ungluͤckliche graf, von der, durch deine abſchlaͤgige antwort er - zuͤrnten kaͤyſerin, nichts als blitz und donner - ſchlaͤge vermuthen. Der grafnachdem er ei - ne ſolche gelegenheit großmuͤthig ausgeſchla - gen, welche von andern aͤngſtiglich geſuchet wird, muſte in weniger zeit erfahren, daß die keuſchheit denen grauſamſten verfolgungenP 3aus -230von dem ſtiloausgeſetzet, und daß laſterhafte gemuͤther den ſpiegel, welchem ſie ihre ſchandflecken gewieſen, gemeiniglich zerbxechen. Verlaͤumbdungen haben nicht geringe macht, und ich werde durch die ungluͤcklichen begebenheiten, ſo dieſes laſter anrichtet, leicht auf die gedancken ge - bracht, daß kein ungeheuer und raſende teuf - fels-brut, dem menſchlichen geſchlecht ſo nach - theilig und ſchaͤdlich ſey, als eben verlaͤumb - dungen. Dieſe waren es auch, deren ſich die kaͤyſerin als werckzeuge ihrer rache bediente, und ſie durfte nur bey ihrem gemahl ſich bekla - gen der graf habe ihr unzucht angemuthet, ſo waren alle gute eigenſchaften deſſelben, in den augen des durch die eyferſucht geblendeten und aufgebrachten kaͤyſers, und alle dem kaͤyſerli - chem ſcepter geleiſtete dienſte, bemuͤhungen, der kaͤyſerin liebe zu erzwingen. Kurtz ſein todt war eine wuͤrckung der abgeſchlagenen liebe, und die kaͤyſerin ſahe mit freuden ſeinen, der unſchuldigen ſeele beraubten, leib, unter den haͤnden des henckers. Allein, triumphire nicht unkeuſche moͤrdeꝛin. Tugend und unſchuld wird gar leicht unterdruckt, aber ſie bleibt nicht lange unterdruckt, oder findet wenigſtens, mit - leiden, freunde ia wohl gar ſcharffe raͤcher. Die gemahlin des erwuͤrgten grafens, wird durch das um rache ſchreyende blut, ihres unſchuldi - gen ehe-herrns bewogen, mit einer damahls uͤblichen feuer-probe, durch unverletzte beruͤh -rung231und deſſelben eigenſchaften. rung eines gluͤenden eiſens, ſeine unſchuld an den tag zu legen und zu bewaͤhren. Zu dieſem fuͤgte ſich die unruhe eines geaͤngſteten und auf - wachenden gewiſſens. Solches iſt die aͤrgſte tortur boßhaft geweſener menſchen, und wer dieſes in der ſeele hat, iſt weit ungluͤcklicher, als derienige, welcher eine ſchlange im buſen traͤgt, und deſſen begleiter ein allzeit fertiger hencker iſt, und eben dieſes folterte dieſe printzeſſin al - ſo, daß ſie lieber ihre uͤbelthat und des grafen unſchuld bekennen, als ſich einer irdiſchen hoͤl - le aufopfern wolte. Darauf folgte eine er - ſchreckliche ſtraffe, und es ſchien als wann mehr die vereinigung ſo vieler geiſtlichen flammen, dieſe ungluͤckſeelige, endlich in aſche verwan - delt haͤtte, als der bey Modena aufgerichtete ſcheiterhauffen, auf welchem ſie ihr leben mit einem entſetzlichen ende iaͤmmerlich beſchlieſſen muſte. Die nachwelt aber kan aus ihrer aſche leſen: Hohen haͤuptern werde am gefaͤhrlich - ſten von denen laſtern nachgeſtellet, und den - noch ihre miſſethaten am ſchrecklichſten heimge - ſuchet, wann die Goͤttliche allwiſſende Maie - ſtaͤt, mit raͤchenden arme, was im finſtern be - gangen, an die ſonne herfuͤrziehet.

§. 12. Und dieſes waͤren dieienigen eigen - ſchaften des ſtili, ohne welche derſelbe, ein un - formlicher miſchmaſch zuſammen gehaͤufter worte bleibt, und welche hingegen wann ſie wohl in acht genommen und angebracht, als die wahrhaftigen und natuͤrlichen zierrathenP 4deſſel -232von dem ſtilodeſſelben anzuſehen. Zu dieſen kommt nach - gehends die kunſt, und bemuͤhet ſich den ſtilum, durch allerhand arten von tropis und figuren, durch lauter wohl ausgeſuchte argumenta illu - ſtrantia und pathetica, ohngeachtet die natuͤr - liche expreſſion dergleichen eben nicht nothwen - dig erfoderte, lebhaftig, ſinnreich, hoch und an - genehm zu machen. Doch iſt bey dieſen zu mercken, daß ſie nicht am unrechten ort, nicht wieder die natuͤrliche eigenſchaften des ſtili, nicht zu haͤuffig, und nicht alsdann ſchon ange - bracht werden, wenn man noch nicht die natuͤr - lichen eigenſchaften recht beobachtet hat.

  • S. Hiebey Lami l’art de parler lib. IIII. cap. XVIII. XX.

§. 13. Da nun durch ſelbige alle theile der expreſſion erhoͤhet, die gedancken nachdruͤckli - cher, die regungen heftiger und die worte mit denen dazu ſorgfaͤltig ausgeſuchten neben - ideen bald maieſtaͤtiſcher bald anmuthiger werden, ſo entſtehet daher eine beſondere leb - haftigkeit des ſtili, welche das gemuͤth des zuhoͤ - rers im nachſinnen unterhaͤlt, ſeine einbildung beluſtiget, ſeine neigungen auf eine angenehme art erreget, und das gehoͤr inſonderheit ergoͤtzet, aber eben deßwegen nicht gar zu gemein zu ma - chen, noch uͤberall anzubringen iſt. a)

a)Hiewieder ſuͤndigen einige theils im mangel, theils im uͤberfluß. Die im mangel es verſehen, denen fehlt es mehrentheils an einer fertigkeit des ingenii, an einer guten lectur, an der uͤbung, oder es hat ſie die natur mit einer ziemlichen doſivom233und deſſelben eigenſchaften. vom ſang froid begabet. Solche leute bekom - men dann zwar einen guten ſtilum, wann ſie die natuͤrlichen eigenſchaften deſſelben wohl an - bringen, und daruͤber zu diſponiren wiſſen, aber ſie behalten einen ſchlaͤfrigen fuͤrtrag, und es werden auch oͤfters ihre ſchoͤnſten ſachen und treflichſten gedancken, ohne dieſe wuͤrtze, denen leuten abgeſchmackt fuͤrkommen. Hingegen, welche hier im uͤberfluß ſuͤndigen, die uͤberhaͤuf - fen den verſtand des leſers und zuhoͤrers, richten einen tumult nach den andern in ſeinen neigun - gen an, und allarmiren ihn beſtaͤndig, daß er entweder die beſten gedancken uͤberhuͤpft, oder endlich des lermens gewohnt wird, und fuͤr der gar zu vielen wuͤrtze, man mag ſie nun als ein ſaltz oder als einen honig anſehen, einen rechten eckel bekommt. Jch geſtehe daß ich deßwegen lieber in des Zieglers Baniſe, als in des Lo - henſteins Arminio leſe, und daß ich bey die - ſem die haͤuffung der ſo genannten realien, als eine heroiſche tugend, die man zwar bewun - dern, aber nicht nachmachen muͤſſe, anſehe. Was fuͤr einen eckel wuͤrde ich nicht erſt bekom - men, und (wo ich mir nicht zuviel ſchmeichele,) auch andere ehrliche leute mir mir, wann wir in allen familiair diſcourſen, complimentir-briefen, ſuppliquen, zeitungen, hiſtorien und dergleichen, welche lieber den natuͤrlichen ausdruck haben wollen als den gekuͤnſtelten, wenn wir ſage ich, wahrnehmen muͤſten, wie die auctores ſich mar - terten, unſern verſtand und willen, ohne noth, durch ihre zur unzeit angebrachte kunſt, zu beun - ruhigen, an ſtatt ſelbigen zu beluſtigen.
a)

§. 14. Jnſonderheit iſt es noͤthig, daß man mit denen tropis und figuren, vernuͤnftig um - zugehen wiſſe, und ſelbige nicht ungeſchickt aus -P 5theile234von dem ſtilotheile. a)Beyde muͤſſen in der natur des ob - iecti und der gedancken davon gegruͤndet ſeyn, und denen eigenſchaften des affects ſich con - formiren, denn wo dieſe hauptſtuͤcke fehlen, da iſt auch die anbringung der troporum und figu - ren ein fehler. Alſo ſind alle dieſe kuͤnſtliche und gute zierrathen billich zu verwerffen, wañ man ſie bey keinen hohen und pathetiſchen obiectis anbringet,b) wann ſie monſtroͤſe ideen rege machen,c) alle ſo wohl natuͤrliche als morali - ſche capacitaͤt uͤberſchreiten,d) keine natuͤrli - che ſchoͤnheit zum grunde haben und dannen - hero mehr fuͤr eine laͤppiſche ſchmincke,e) als angenehmen putz zu halten.

a)S. Longinum de ſublimi, wie ſolcher zu Utrecht 1694. in groß 4. mit Boileau uͤberſetzung her - aus kommen, oder wie ihn Henr. Leonh. Schurtzfleiſch zu Wittenberg 1711. 4. heraus gegeben. Hermogenem de inuentione & ideis (ſie - he Morhoff Polyh. 1. VI, l. 5.) Bonhours dans la maniere de bien penſer dans les ouurages d’eſprit. Lami l’art de parler l. c.
a)
b)Deßwegen ſagt Quinctilianus l. 8. c. 3. Or - natus virilis fortis & ſanctus ſit, nec effeminatam leuitatem, nec fuco eminentem colorem amet, ſan - guine & viribus niteat.
b)
c)Alſo wann Curtius von Alexandro ſagt: alte - ra manu orientem, altera occidentem contingeres: Wann Lohenſtein ſpricht: Jch wuͤrde der goͤtt - lichen fuͤrſebung in die ſpeichen treten: oder: der Herr von Hofmannswaldau habe ſeine deichſel dem vaterlande wieder zugekehret: Wann Hofmannswaldau ſagt: Jch war ein rechtes nichts an farb und an geſtalt: Wanndie235und deſſelben eigenſchaften. die federn der poeten anfangen blut zu ſchrei - ben: ꝛc. ſo deucht mir immer als wann es Ora - toriſche monſtra waͤren.
c)
d)So kan ich nicht abſehen was an der gedancke gutes ſey da iemand ſetzt: Es ſey eine ceder gefallen, welche bißher ihren glantz in allen winckeln gewieſen, und ihr glantz ſey zu dem ſtrahl der herrlichkeit geflogen: Wann iemand Petri thraͤnen eine ſuͤndfluth nennet: Wann ein anderer ſagt: Wo dieſer held etwas fuͤrge - nommen, da haͤtten ſich die ſchrancken der natur ausdehnen und die zuͤgel der menſchli - chen gemuͤths-neigungen reiſſen muͤſſen: Wann Burmann auf Graͤvii grab ſetzt:
Nam plus rege tegit, regum monumenta peribunt. Graeuius hac mundi mole cadente cadet.
d)
e)Wann die ſchoͤnheit an einem frauenzimmer von natur die farben etwan ſo verſetzt haͤtte, daß das rothe in die augen, das ſchwartze auf die zaͤhne und das gelbe auf die wangen gekommen waͤre, oder da die natuͤrliche proportion der glieder und die herfuͤrleuchtende modeſtie und klugheit feh - lete, was wuͤrden wohl da die ſchminck-pflaͤſter - gen, der zinnober auf den wangen, und die affe - ctirten blicke oder gezwungenen airs, ia ein hal - bes angehengtes koͤnigreich von pierrerien fuͤr eine wuͤrckung haben? Und ſolche ſchoͤnheiten fuͤhren uns mehrentheils die romainen-ſchreiber auf.
e)

§. 15. Wo man dieſe hier beygebrachte cautelen negligiret, den ſtilum gar zu ſehr kuͤn - ſtelt, mit fleiß und ohne noth ungebraͤuchlich redet, allzu ſinnreich und erhaben ſprechen will, ſo entſtehet ein pedantiſcher, phantaſtiſcher, aufgeblaſener und abgeſchmackter ſtilus, wel - cher bey geringen dingen die praͤchtigſten zier -rathen236von denen unterſchiedenen artenrathen verſchwendet, und deren veraͤchtlichkeit nur noch mehr dadurch an den tag bringet; welcher von auſſen allerley unnuͤtzen pracht herbey holet, ohne das weſentliche ſchoͤne zu conſideriren; welcher bey dem putz auf nieder - traͤchtige, gezwungene und laͤppiſche kleinigkei - ten verfaͤllt, und an ſtatt ſolider gedancken, kin - diſche einfaͤlle fuͤrtraͤget.

  • S. Hiebey Lami l. c. Hederichs Philol. Wiſſen - ſch. p. 570 571. und die von ihm allegirten auctores. Werenfelſens Diatriben de mete - oris orationis. Thomaſii Cautelen cap. 9.

Das dritte capitel, von denen unterſchiedenen arten des ſtili inſonderheit.

Jnhalt.

VOm ſtilo in anſehung des obiecti, § 1. und zwar vom ſtilo humili, §. 2. Vom ſtilo mediocri, §. 3. Vom ſtilo ſublimi, §. 4. Vom theoretico und pathe - kico, §. 5. Vom erudito und zwar vom Theologico, §. 6 Vom Juridico, und curiaͤ, §. 7. Vom Medi - co, Philoſophico, Mathematico, §. 8. Vom Hiſto - rico, §. 9. Vom ſtilo in anſehung der gedancken, §. 10. Vom ſtilo ingenioſo und arguto, §. 11. Vom ſtilo ſa - tyrico, §. 12. Poetico 13. Vom Butlesque, §. 14. Vom ſtilo in anſehung der ſprachen, §. 15. Vom La - teiniſchen, §. 16. Vom Teutſchen, §. 17. Vom de - clamatorio, §. 18. Vom theatrali, §. 19. Vom lu - xurianti, §. 20. Vom conciſo, ſententioſo, §. 21. Vom ſtilo rotundo, §. 22. Vom ſtilo in anſehung des re - denden, §. 23. Jn anſehung des hoͤrenden, §. 24. Vom ſtilo familiari, dialogiſtico, §. 25. Vom galan -ten237des ſtili inſonderheit. ten ſtilo, §. 26. Vom caͤrimonioſo, §. 27. Vom epiſtolari, §. 28. Vom dogmatico und polemico, ꝛc. §. 29.

§. 1.

D Je mancherley zufaͤlligen dinge, welche bey dem ſtilo die weſentliche eigenſchaf - ten deſſelben, vielfaͤltig bey der anwen - dung modificiren, und die verhaͤltniß ſeiner thei - le in etwas veraͤndern, bringen auch verſchie - dene arten des ſtili herfuͤr. a)Die wichtigſte veraͤnderung entſtehet, von den unterſchiede - nen obiectis, deren iedes einen beſondern ſtilum erfodert. Jſt das obiectum ſinnlich, ſo bekom̃t man ſtilum ſimplicem, der ſicy auf den univer - ſellen gebrauch gruͤndet; iſt es abſtract, ſo ent - ſteht der ſtilus eruditus, nach dem gelehrten ge - brauch; bey niedrigen obiectis iſt der ſtilus hu - milis; bey hohen, der ſublimis; bey mittel - maͤßigen, der mediocris zugebrauchen; gehet es den verſtand allein an, erfordert es ſtilum theo - reticum; gehet es den willen an, erfodert es patheticum u. ſ. f.

a)Es iſt wohl zu mercken, daß die unterſchiedenen arten des ſtili nicht daher kommen, weil man die - im voꝛigen cap. angefuͤhrte eigenſchaften weg laͤſ - ſet, ſondern weil man dieſelben nur mehr oder weniger mercken laͤſt. Wie z. e. die unterſchie - denen geſichter der leute nicht deßwegen bemer - cket werden, weil es dieſem an der naſe ienem an den lippen oder augen fehlt, ſondern weil iener eine groſſe, dieſer eine kleine naſe hat, weil dieſer eine herfuͤrragende ober-lippe, iener eine her - fuͤrſtehende unter-lippe, iener ſchwartze, dieſer katzen-graue augen hat. ꝛc.
a)§. 2.238von denen unterſchiedenen arten

§. 2. Unter dieſen iſt der ſtilus humilis der geringſte in anſehung des obiecti, aber der ſchwerſte und nothwendigſte in anſehung ſeines gebrauchs. a)Seine groͤſte kraft zeiget er in dem adaͤquaten ausdruck, daß er von niedrigen dingen, zwar dem obiecto aͤhnliche, aber deßwe - gen nicht abiecte gedancken, ohne heftige be - wegung, mit deutlichen, natuͤrlichen worten fuͤrtrage, ſelbige in einen flieſſenden numerum, maͤßige periodos, gelinde iunctur, mit deutli - chen connexionibus zuſammenfuͤge, und hin - gegen die kuͤnſtliche zierrathen als tropos und figuren ſo viel moͤglich vermeide.

a)Er iſt ſchwer, weil er der natuͤrlichſten woͤrter und ordnung ſich bedienet, und des reichthums der troporum und figuren entbehren muß; weil er ſeine fehler nicht bergen kan, und die guten eigenſchaften des ſtili ohne putz und kuͤnſtliche zierrathen herfuͤrleuchten muͤſſẽn: Er iſt aber auch nothwendig, weil die hohen obiecta ſeltner unſern ausdruck erfodern, und weil derienige, welcher dieſen nicht verſteht, zu allen arten von ſtilis, die ſich alle durch den humilen erklaͤren laſ - ſen, ungeſchickt iſt. S. Lami L. IIII. C. X. He - derich l. c. p. 543. Den ſtilum humilem findet man in Weiſens, Speners, Gerhards, Gey - ers, Pritii, Menantes, Talanders, ꝛc. ſchriften; in den reden groſſe[r]Herren; in Opitzens, Ca - nitzens, ꝛc. Poeſien; im Cornelio Nepote, Julio Caeſare, Terentio, Plauto, Ciceronis epiſt. ad fam. Virgilio in Eclogis, Ouidio, &c. im Plutarcho, Aeliano, Paeanio, &c. in denen Frantzoͤiſchen memoires, comoedies, lettres galantes, im Pays in den fabeln des de la Motte, &c. im Aretino,Benti -239des ſtili inſonderheit. Bentiuoglio, &c. Die dieſen ſtilum fuͤr gemein poͤbelhaft oder fuͤr unflaͤtig und garſtig halten, haben die ſache wohl nicht recht eingeſehen. Denn unter folgenden redens-arten iſt ia wohl ein unterſchied: Engenius hat die Taͤrcken und Ftantzoſen uͤberwunden: Der tapferkeit des Eugenii, hat weder die Frantzoͤiſche liſt, noch die Tuͤrckiſche grauſamkeit wiederſtehen koͤn - nen: Dieſer Tentſche Joſua hieß die Fran - tzoͤiſche ſonne und den Tuͤrckiſchen mond ſtille ſtehen, da uns iene lauter feuer, dieſer lauter kalte naͤchte bey ſeinem aufgang drobete: Wie ſoll man aber dieſen unterſchied anders bemer - cken; als daß ich das erſte fuͤr eine redens-art im ſtilo humili, ſo in erzehlungen und familiar - diſcourſen uͤblich, anſehe: Das andere fuͤr einen ausdruck im ſtilo mediocri, ſo man in der hiſto - rie dieſes helden finden muͤſte: Das dritte koͤn - te nur in einem panegyrico auf dieſen printzen ſtatt finden, und muͤſte zum ſtilo ſublimi gerech - net werden. Spraͤche ich aber: Der abbè hat die frantzoſen gefreſſen, und die Tuͤrcken ge - ſchunden, das wuͤrde gemein poͤbelhaftig und garſtig klingen. Jch will zur probe eine rede einruͤcken, welche anno 1718. fuͤr iemand verfer - tiget, von dem vorzug der neuern zeiten fuͤr den alten, und da ſelbige ſich auf eine die vor - hergegangen beziehet, von dem vorzug der al - ten fuͤr die unſern, ſo mag ſelbe ebenfalls hier ihren platz haben:
a)

Rede von den vorzuͤgen der alten zeiten fuͤr die unſern.

Quocumque demum me in hac rerum vniuerſitate vertam, Auditores, ingemiſcen -tes240von denen unterſchiedenen artentes audio & vociferantes hominum turbas: O Deus in quae nos reſeruaſti tempora! Ea enim eſt humani generis conditio, vt qui - dem in tempore viuat, ſed nunquam tempo - re in quo viuit, contentum viuat. Puericonti - nuis in votis habent, vt ex ephebis excedant, aetatem iuuenilem adepti virilem cupiunt, illam ſi conſequantur, anxie non ſolum con - iugia deſiderant, ſed ſimul voto expetunt vo - luptates, diuitias, honores, quando demum vlterius aetate prouehi nequeunt, praete - ritam repetunt, atque maiorum tempora laudibus tantum non in uidendis extollunt. Rationibus ſe deſtitui neutiquam patientur, ſed quibus ſint muniti, dudum innotuit ho - minibus recta ratione rite inſtructis. Eſt quidam neglectus ſapientiae, qui loco ſum - mi boni virtutis atque inde propullulantis tranquillitatis animi, affectuum nebulis ho - min um animos occoecantibus, iis bona re - latiua obiicit, quae pro ſummo paſſim am - plectuntur. Accedit huic neglectui rectae rationis, affectuum in aeui praeſentis ho - mines dominium, dum quidquid recta ra - tio de bonis eiusmodi relatiuis ſummo poſt - ponendis dicat, ſurdae pulſantur aures, ipſi vero affectus non vt decebat ſuffocati, ſed magis magisque in altum elati in infinitum tendunt, animosque perpetuis curarum & votorum procellis agitant, vt ſemper alia aliaque tempora exſpectent, & tandem inrepeten -241des ſtili inſonderheit. repetendis maiorum temporibus deſinant. Egregiae ſane, quibus ſua muniunt vota ho - mines huius ſaeculi, rationes! Sed ne iniu - rius ſim in eos, ipſorumque famae aliquid detrahere videar, adducam quae reſtant, ſi vobis ita videbuntur Auditores, alicuius momenti rationes, quas votis ſuis praetexunt laudatores temporis acti, & quas ob cauſſas, maiorum tempora exoptanda forent, mon - ſtrabo. Id quidem praeſenti tempore maxi - me negotium mihi datum eſſe duxi, vbi cir - cum voluente anno, votorum atque gratu - lationum ſtrepitu, omnia reſonare audi - mus, vbi & mea mouet religio pectora, vt parentibus atque patronis, pro huc vsque plane ſingularibus praeſtitis beneficiorum generibus, debitas perſoluens gratias, fau - ſtum noui anni initium ipſis apprecer. Si ergo dignam hoc tempore materiam, ſi di - gnum filio iudicatis orationis meae finem, Auditores, fauentes aures mihi haud detre - ctate. Sic comte ſatis & erudite hac de re diſſeruero, ſic optatum attingere ſcopum potero longe facilius.

Atque vt inde exordiar, vnde in rebuspu - blicis noſtris agendi& omittendi principia in ſubiectos influunt, accuratius tempora ma - iorum inſpicienti, oculis ſeſe animi obiici - unt, iuſti Ariſtides, Juſtiniani, fortes bello Cæſares, Scipiones, benigni atque clemen - tes Auguſti, Veſpaſiani, ſtudia rerumpubii -Qcarum242von denen unterſchiedenen artencarum decus promouentes atque colentes Caroli. Frequens ſane fuit antiquum aeuum principibus, ex voluntate Dei ſalutem ſubdi - torum in libertate vel ſecuritate confirman - tibus, & ſi vel maxime tulit vnum alterum - ve officia boni principis negligentem, non - dum abſoluta erat vt hodie imperantium vis, ſed certis limitibus circumſcripta, nec populo aut animus aut facultas deerat, trans - gredientem limites ad carceres & ſupplicia rapere, & ſucceſſori documentum ſtatuere. Si vero non conceſſum erat, imperantes, li - centia regniabutentes, penitus ſupprimere, ſubditos defeciſſe vt plurimum docent hiſto - ricorum monumenta. Sceptra capeſſebant, populi, penes quem ſumma poteſtas eſt, au - ctoritate & voluntati ſurrogati. Sicelectio - ne, non ſucceſſione, ſummum in republica dignitatis faſtigium conſcendentes, non po - terant non, populi amorem ſibicomparan - di deſiderio ardentes, optima quaeque ſuſci - pere, cumantea, vt ſuffragia omnium, ad di - gnitates viam ſternentia, obtinerent, vitae ac morum integritate conſpiciendos ſe praebere non deſiiſſent. Ceteroquin po - ſterioris aeui principibus non amor populi, non vigor intellectus, non morum integri - tas, non in ſtudia & bonas quascumque ar - tes propenſio, non bello exercitata manus, ſed, quod ferme pudet dicere, patris cum matre libidinoſa coniunctio, vnice vnicequepote -243des ſtili inſonderheit. poteſtatem & ius ad faſces imperii arripien - dos conceſſit. Hinc illae lacrimae, hinc il - la ſuſpiria ob calamitatem temporum prae - ſentium, hinc illa temporum praeteritorum deſideria. Nati quidem in purpura, raro tamen & ferme per miraculum digni impe - rio euadunt. Fidei eiusmodi hominum committuntur, qui dum ipſi recte viuendi rationem nondum didicere, id tantum agunt vt puero principi ad affectuum liberiorem excurſionem portam adaperiant, dum fre - na quidem laxare, non reſtringere ſciunt ne aliquando gratia futuri principis excidant. Inde gaudete quis canibusque, fertur impetu quodam in ſequiorem ſexum, geſtit miniſtros exagitare, ſubditos variis artibus ludibrio exponere & operoſe diuexare. Monitori - bus aſperum, ſtudiis inimicum, religionis ir - riſorem, veritatis impatientem ſe ſe gerit, & quodlibet audendi ſibi facultatem éſſe re - lictam ſoli, credit. Tandem ſolium pater - num ſcandens, qui ipſe ſibi imperare non - dum didicerat, & humanas & diuinas vili - pendet leges, patrum legens veſtigia, vitiis magis quam virtutibus clara, ſubditos liber - tate exuit, nec damnum in ſecuritate ſtabili - enda reponit. Arcana dominationis pri - marium ſuarum actionum ponit finem, ſe - cundarium vt fines imperii latius extendens, multis licet iniuſtis acceſſionibus id augeat. Priuilegia & iuramenta negligit, & vt ipſeQ 2affe -244von denen unterſchiedenen artenaffectibus ſuccumbere ſueuit ita ſubditos va - riis ſuis & vagis affectibus obedientiam iu - raſſe ſibi perſuadet. Quis vmquam antiquis temporibus tanta facinora ex circumſcripta imperantium vi & electione timuit, quanta hodie ex ſucceſſione & illimitata principis voluntate ſentimus. Nolo vlterius progredi, & ex antiqua Germanorum hiſtoria de mon - ſtrare, quam felix fuerit eorum aetas quam fortunata, dum plane imperantibus deſtitu - ti, nihilominus virtutem ſectari, fidem da - tam ſeruare, fortitudine inclareſcere, ami - citiam colere, non intermiſerunt. Vnicum addendum eſſe exiſtimo, ex peruerſa ſum - morum principum vitae conditione, vitia quoque trahere alios, imperantium perſo - nas gerentes. Princeps dum ſtudia negli - git, nec dignos muneribus publicis admouet, nec indignos remouet, ſed eius generis ho - mines, qui cum principe vel Baccho, vel Veneri, vel Marti, litare ſibi gloriae ducunt, vel quouis modo pro amplianda dignitate, aut corradendis principi pecuniae ſummis, nati videntur. Olim virtute duce, officiis intromiſſi, etiam virtutibus iis praeeſſe ſa - tagebant, virtutibus deſtituti, virtutum ta - men ſimulacris ſuffulti atque conſpicui vi - debantur; nec ibi ſanguinis aut diuitiarum habebatur ratio, ſed ſcientiae, experientiae atque virtutis, quibus ſolis homines caputſupra245des ſtili inſonderheit. ſupra vulgus efferunt. Statu politico im - medicabili vulnere laborante, quid de eccle - ſiaſtico exſpectabimus? Arcta hi duo inter ſe connexione iuncti, conſpiratione quadam quaſi inita, nonnunquam quidquid ad rei - publicae tranquillitatem referri poterat, de - ſtruunt. Mirabimini, Auditores, me tam li - bere de ſtatu noſtrorum temporum perdito declamare, ſed ne paradoxa vobis proponere me iudicetis, maiorum quaeſo noſtrorum tempora euoluite atque imagines ſacrorum virorum, quo decet, animo tantiſper remiſ - ſo, intuemini. Quem, quaeſo inter noſtros hodie monſtrabimus Chryſoſtomum, Mar - tinum, Ambroſium, Auguſtinum, Macari - um, Taulerum, Thomam a Kempis, Luthe - rum, Melanchthonem, Arndtium. Non dico plane nos carere viris ſacris muneri - bus admotis, piis, eruditis, vitae & doctri - nae puritate conſpicuis, ſed non tam fre - quentes eos inter nos eſſe, vti antiquiſſi - mis temporibus, hoc eſt quod dolemus. Hoc palmarium viro ſacro, miniſtro eccleſiae eſſe duco, vt officia hominum & obligatio - nes ex lege diuina explicet, & exemplo ſuo rudiores, quibus rationes percipere natura nouerca interdixit, dirigat. Ethoc palma - rium ſibi olim putabant verbi diuini inter - pretes, cum aut nullis aut ligneis inſtructa templis eccleſia, aureis niteret ſacerdotibus. Non ſane, quod plerumque obſeruamus,Q 3variis246von denen unterſchiedenen artenvariis machinationibus & captionibus oc - culte directis, ſacras prouincias auide arri - pere tentabant, ſed vel oblatas recuſabant, ſecum habitantes, ſuam expendentes imbe - cillitatem, ſacri muneris vero dignitatem. Introductinon gazophylazia ſua augere, va - riis ventrem deliciis infarcire, ciſtas auro argentoque implere, affectus titillare, ſtude - bant, ſed fame ac ſiti premi, immo ad ſuppli - cia rapi, leue quoddam huius vitae incom - modum aeſtimabant, ſi hac ratione audito - rum erigi in Chriſtum fidem aut corroborari poſſe intelligebant. Noſtris interdum ho - minibus ſatis eſt, per aliquot horas in vm - bone ſacro balbutiiſſe, ita vt non immerito quis cum Knittelio dixerit: Ecce iterum verbum Domini loquitur per aſinam Balaa - mi. Reliqua, quae munus exigere videtur eccleſiaſticum, ceu opus operatum finiiſſe gaudent, ac ſibi plaudunt, crumena probe diſtenta exinde rediiſſe, de cetero imperare potius auditoribus & conſcientias illimitato dominio crudeliter coërcere, quam iis ſer - uire & infirmitatibus pie ac moderate ſuc - currere ſciunt. Principi aliisque reipubli - cae curam ſiniſtre gerentibus, tantum abeſt vt admonitionibus, tam publicis quam pri - uatis, officia boni imperantis infulciant, vt potius quidquid imperantes facinoris perpe - trent, ſub ſpecie prudentis conſilii ac ſingu - laris plane actionis ſubditis commendent,ne247des ſtili inſonderheit. ne forſan S. Joh. Baptiſtae aut Chryſoſtomi a[d]uerſa fata ſubire cogantur. Qualis rex, talis grex, quales paſtores, tales oues. In corpore vbi nec cor nec caputſana ſunt, ce - tera membra male ſe neceſſario habent omnia. Antiqua tempora & bonis ciuibus & multitudine ſapientum & optimis Chri - ſtianis conſpicua, quid noſtris in hac re deſit per hiſtoricos ſatis loquuntur. Portenta inter Athenienſes fortitudinis atque erudi - tionis, inter Romanos fidei & honeſtatis, in - ter Germanos magni animi, frugalitatis, a - moris ſocialis, nouimus. De Chriſtianis ſaeculorum primorum vel tantum circa re - ſurgentis purioris doctrinae tempora, quan - ta quaeſo pietatis, deuotionis, conſtantiae, caritatis, fidei in Chriſtum exempla audiui - mus. Noſtra aetas, nec ſtudia, nec pietatem, nec honeſtatem, nec bonas artes colit. Inde eſt, quod ſtudiis ſacrati in falſa eruditione ſubſiſtant, & ſaltem de pane lucrando cogi - tent, ſic praeiudiciis auctoritatis atque prae - cipitantiae plane immerſi, nil niſi patrum effata, vel noua penitus omnia inuenta, cre - pant. Et liberalium & illiberalium artium ſtudioſi, non eapropter omnes intendunt neruos, vt omnium vtilitati conſulant, qui proprius eſt ſcientiarum finis, ſed vt ſuam praecipue mediis licitis pariter ac illicicis promouere queant. Nolo criminibus in - ſurgere, vtpote quae ferro & igne, armataQ 4magi -248von denen unterſchiedenen artenmagiſtratus manu neceſſario reprimuntur, ſed potius vitiis, quae late, quamuis occulte, ſerpere ſentio. Officia coniugibus obſer - uanda, parentibus liberisque exhibenda, do - minis & ſeruis inculcanda, neglecta apud nos hodie atque diſcuſſa, maiori ſane pon - dere publicam deprimunt tranquillitatem, quam bella, quibus crebro quaſſantur respu - blicae. Quod ſi vnquam de qua aetate vi - luit illud Horatianum;

Aetas parentum peior auis, tulit Nos nequiores, mox daturos Progeniem vitioſiorem, ()

in noſtram conuenit. Atque ita fontes de - texi, vnde oriantur tam infinita mala. mor - bi, diſſidia, vulnera, furta, rapinae, lenocinia, ſcortationes, adulteria, calumniae, iurgia, & neſcio, quae, quibus noſtrae dilacerantur res - publicae, quae tamen omnia in capita ea - rum recidunt. Quis non inde animum ad reuocanda maiorum tempora inducat, vel vt rectius dicam, quis non deſideret, vt vir - tutes illae quarum memoria ex priſcis tem - poribus hodienum viget, noſtram quoque colluſtrent aetatem. Non autem vota noſtra tanti ſunt, vt id efficere valeant, ſed labor improbus, intellectus aſſiduo cultu perpoli - tus, voluntatis atque affectuum indefeſſa & in infinitum repetita correctio. Si votis interim aliquid efficiendum cenſetis, Audi -tores,249des ſtili inſonderheit. tores, mea veſtris iungo, & memor eius, quod ſub exordium orationis meae promi - ſeram, Deum veneror, qui in hunc vsque diem, per tam miſera temporum noſtrorum diſcrimina, ſoſpites vos ſeruauit atque inco - lumes. Inprimis grates, quas mens humana concipere poteſt maximas, Deo decerno, quod TE Pater ad cineres omni amoris, cul - tu proſequende, anno, quem iam egimus, ſal - uum, atque ab omni vitae vel ſanitatis vel fortunae detrimento liberum, ſuſtinuit. Tibi autem, qua par eſt humanitate ac obſeruan - tia gratias perſoluo, qui facultatem conces - ſiſti ſtudiis incumbendi & de emendatione temporum cogitandi. Det Deus, vt qui ſe - quitur, anno & pluribus qui ſequentur, mihi Tuis, meis, ciuitati, amicis, bonis omnibus, viuas, vigeas, floreas, & non niſi tempora videas Saturnina. Sic quid poſſit filii deuo - tus ac pius immo gratus animus, multis Ti - bi nominibus innoteſcet, & vt ſpero & expe - to non Tibi deerit cupiditas, paternis me cu - mulare beneficiis & ornare. Seruet Deus & vos, Patroni atque Fautores, omni hono - rum genere proſequendi, vt inpoſterum pro more veſtro laudatiſſimo in reſtituendis pa - trum virtutibus & in ſubleuandis veſtris fa - miliis operam nauare, ſine vlla remora poſſi - tis. De cetero meam tenuitatem, Vobis com - mendatam eſſe precor, & cum beneuola ve - ſtra attentione me dignati ſitis, in praeſen -Q 5ti250von denen unterſchiedenen artenti commendatam fore ſpero. Credatis ve - lim, me vobis ad quaeuis officiorum genera promptum & ſacratum.

Rede von den vorzuͤgen unſerer zeiten fuͤr den alten, als eine wiederlegung der vorigen rede.

Unbeſtaͤndig ſeyn iſt ohnſtreitig ein weſentli - cher begrif, welchen man von allen denenjeni - gen ſachen, ſo die weiſe hand des allgemeinen ſchoͤpfers, auf den erdboden dargeſtellet, haben muß. Am allermeiſten aber iſt dasjenige der veraͤnderung unterworfen, welches in ſeinem zu oder abnehmen, und in allen ſeinen umſtaͤn - den, von den haͤnden der menſchen gefuͤhret wird, und aus ſeinem munde befehle erwarten muß. Das menſchliche auge verlanget im - mer etwas neues zu ſehen, wuͤrden nun die ir - diſchen dinge, ſich ſtets in einerley geſtalt dem - ſelben fuͤrbilden, ſo vergienge dadurch die beſte gelegenheit, den gemuͤthern der menſchen, einen empfindlichen eindruck zu machen, daß ſie die weißheit ihres meiſters zu bewundern, und ſei - nen willen in heiliger nachfolge zu verehren, ſchuldig waͤren. Der menſch iſt mit recht die kleine welt zu nennen, und alles was der inbe - grif der groſſen in ſich ſchlieſſet, muß zu ſeinem dienſte ſich gebrauchen laſſen. wie kan es alſo anders ſeyn, alles was etwas iſt, muß ſo wohl nach dem geſetze der groſſen als kleinen welt un -beſtaͤn -251des ſtili inſonderheit. beſtaͤndig heiſſen. Dieſer unaufhoͤrliche wech - ſel wird dennoch an der zeit als an einem maß - ſtabe abgemeſſen, dannenhero ſind einige auf die gedancken gerathen, ob nicht vielleicht die zeit, die groſſe zeuge mutter ſo vieler unbeſtaͤn - digkeiten, koͤnne genennet werden. Hat nun der beſtaͤndige unbeſtand ſolche wuͤrckungen herfuͤrgebracht, welche denen neigungen der menſchen wohlgefallen, ſo iſt man bemuͤhet ge - weſen, guldne zeiten zu erdichten und alſo de - nen iahren und tagen zuzuſchreiben, wozu man billich andere urſachen haͤtte ſuchen ſollen. Sind hingegen verdruͤßliche zufaͤlle aufgeſtoſ - ſen, welche den verhoften honig mit wermuth vermiſchet, ſo hat man die zeiten angeklagt, da man vielmehr ſeine eigne verrichtungen haͤtte beſſer oder kluͤger einrichten koͤnnen. Eine wuͤrckung dieſes vorurtheils iſt es, daß man im - mer ſich mit der hofnung beſſerer zeiten ge - ſchmeichelt, und dabey die gelegenheit verſaͤu - met, die urſachen ſeines eigenen elendes zu heben und ſeine wohlfahrt auf beſſern grunde zu ſetzen. Denn die ſuͤſſe hoffnung pflegt mehrentheils auch die wachſamſten gemuͤther einzuſchlaͤffern, biß der gift zu weit um ſich ge - griffen und der gegengift zu ſpaͤt ankommen. Die zeit aͤndert ſich niemahls, aber wer in der zeit lebt und der zeit ihre benennungen mitthei - let, aͤndert ſich unaufhoͤrlich. Alſo ſolte man nicht die guͤldnen zeiten der vorfahren wiede - rum zu erleben wuͤnſchen, ſondern daß ihre tu -genden252von denen unterſchiedenen artengenden aus dem grabe herfuͤrſchienen, und den lebenden einen ſichern pfad zur gluͤcklichen nachfolge zeigen moͤchten. Mein vorgaͤnger hat Jhnen zwar H. und H. A. die vorzuͤge der alten zeiten fuͤr den unſern gewieſen, allein nicht in der abſicht einem lebloſen dinge ſolche leb - hafte wuͤrckungen zuzuſchreiben, aber wohl die urſachen zu zeigen, warum man dergleichen wuͤnſche zu thun pflege, und auch einigermaſ - ſen zu thun befugt ſey. Dabey hat er geſucht, naͤhere gelegenheit zu bekommen, Jhnen bey ietzigem iahres-wechſel, die fruͤchte ſeiner ſchul - digkeit darzureichen. Eben dieß hat auch mich bewogen, von der zeit zu reden, und zwar von den vorzuͤgen unſerer zeiten fuͤr denen zeiten un - ſerer vorfahren, wann ich meinem vorgaͤnger nicht gaͤntzlich wiederſpreche und ihn vollkom - men wiederlege, wird doch die eitelkeit desieni - gen wunſches deſto klaͤrer werden, worinn man nach dem vergangenem ſeufzet, damit man des gegenwaͤrtigen vergeſſen moͤge. Sie erlau - ben mir demnach, H. und H. A. Daß ich in Dero Hochgeehrten verſamlung, ſo viel von dieſer ſache rede, als meine ſtamlende zunge und ungeuͤbter verſtand zulaͤſt, und ihnen die zeichen meiner ergebenheit, gleichfalls in einem gluͤckswunſche darbiete, ſo werde daran ab - nehmen, ob ich die guͤtige erlaubniß habe, mich ins kuͤnftige als dero diener aufzufuͤhren.

So lange die welt ſtehet und menſchen ge - ſellſchaftlich leben werden, wird man nicht auf -hoͤren,253des ſtili inſonderheit. hoͤren, ſich fuͤr den ſcepter gekroͤnter haͤupter zu demuͤthigen, leute welche ſich der goͤttlichen wahrheit befleißigen zu verehren, und ſich im haußſtande zu gewiſſen pflichten verbindlich zu machen, alſo wuͤrde es was ungereimtes ſeyn, ſich dem obrigkeitlichem ioche, der anhoͤrung goͤttliches willens, denen haͤußlichen pflichten mit gewalt gaͤntzlich entziehen wollen. Aber wuͤnſchen, daß alles, ſo viel die menſchliche ſchwachheit leidet, nach den befehlen einer ge - ſauberten vernunft eingerichtet werde, iſt nichts unbilliches. Ob wir nun bereits dergleichen zeiten erlebet, oder ietzo darinnen ſtehen, oder noch ins kuͤnftige zu erwarten, ſolches iſt eine frage, welche ohne groſſe behutſamkeit nicht leicht zu beantworten. Solte es nach den ge - dancken derer gehen, welche nur die fehler unſe - rer, und die tugenden der vergangnen zeiten zu - ſammen halten, ſo wuͤrden wir glauben muͤſ - ſen, die zeiten waͤren bereits voͤlligverſtrichen, da man der vernunft williges gehoͤr verſtat - tet. Sie haben auch bereits, H. und H. A. ſo viel die kuͤrtze der zeit leiden wollen, von meinem vorgaͤnger gehoͤret, worinn man die vergangenen zeiten denen unſern vorzuziehen pflege: Dennoch finde ich urſachen genung, welche mich bewegen koͤnten, denen unſern die groͤſten vorzuͤge zuzueignen und ihn zu wieder - legen, wenn ich mir ſelbſt wiederſprechen, und einem lebloſen dinge ſolche lebendige wuͤrckun - gen zuſchreiben wolte. Beruhete die ſachebloß254von denen unterſchiedenen artenbloß darauf, daß uns die geburt den purpur zu verehrenauferlegte, da die freye wahl bey den al - ten nur wohl verdienten die kronen aufgeſetzet, ſo moͤchte ich wiſſen, wer unter uns zum regieren tuͤchtige perſonen ausſuchen ſolte. Es muͤ - ſten ſolches ohnfehlbar leute ſeyn, welche eben - falls nicht die geburt oder reichthum, ſondern die weißheit von andern unterſchieden haͤtte, und die muͤſten wiederum von denen aufgeſu - chet werden, welche keinen geringen grad der weißheit erſtiegen, dieſe von ebenfalls weiſen leuten. Auf ſolche art wuͤrde man von dem gantzen menſchlichen geſchlecht etwas fodern, welches man nur im ſtande der unſchuld bey demſelben gefunden, und welches nur in ienem leben vollkommen zu hoffen, nemlich eine all - gemeine weißheit. Wen das recht der nach - folge auf den fuͤrſtlichen ſtuhl geſetzet, hat ohne dem eben ſo viel urſachen, ſich durch fuͤrſtliche tugenden dem volcke beliebt zu machen als wen die freye wahl dazu erhoben. Jn den alten zeiten muſten ſich unzehliche laͤnder zu den fuͤſſen eines eintzigen legen, und ſeinen neigun - gen faſt blinden gehorſam leiſten; bey uns haͤlt die groſſe anzahl der zugleich regierenden haͤupter, ſie ſelbſt untereinander in den gehoͤ - rigen ſchrancken der billichkeit, und hat ia die uͤble auferziehung das gute, welches man von einem printzen erwarten konte, in der bluͤ - te der iahre zum theil erſticket, ſo iſt der kluge rath getreuer miniſter, die furcht fuͤr auswaͤr -tiger155[255]des ſtili inſonderheit. tiger macht, die geſchloſſene verbindniſſe, er - theilte freyheiten, friedens-handlungen, com - mercien-ſorge genung denen unterthanen die angenehmſten zeiten zu ſchencken. Die we - nigſten ſind ſo ſcharfſichtig die geheimniſſe des ſtaats einzuſehen, und doch unterſtehet ſich ie - dermann davon zu urtheilen. Erfodert nun zuweilen des landes wohlfarth, der untertha - nen ruhe, daß printzen ihnen eine kleine unruhe machen um groͤſſern uͤbel fuͤrzubeugen, ſo meint der unterthan gnugſames recht zu haben, wo - durch ſeiner neigung nur zu viel geſchehen, von ſich abzukehren und wofern es ihm hierinnen nicht gluͤcken will, die ungerechtigkeit ſeines printzen anzuklagen. Haͤtten die geſchicht-ſchrei - ber der alten, ohne ihren zeiten zu ſchmeichlen, alles ausgedruckt, woruͤber ſich auch vernuͤñf - tige unterthanen unter ihren fuͤrſten zu bekla - gen urſach gehabt, ſo wuͤrden wir bald ſehen, ob den unſern oder den alten zeiten, in anſe - hung der regenten der vorzug beyzulegen. Und wo werden wir von denen monarchen unſerer zeit, ſolche thorheiten aufzeichnen koͤnnen, als wir von denen alten mit den groͤſten erſtaunen aufgezeichnet finden. Es prangen auch unſe - re zeiten mit ſolchen Landes-vaͤtern deren denckmahle bey unſern nachkommen weit dau - erhaftiger ſeyn werden, als bey uns die ſaͤulen Auguſti, Traiani, Hadriani, und anderer. Nicht minder verdienen die lehrer unſer zeiten, daß ihrer mit beſſern lobe gedacht werde, alsins -256von denen unterſchiedenen arteninsgemein der von ſeinen neigungen getriebene poͤbel von ihnen zu urtheilen pfleget. Einen wohlgeſaͤttigten eckelt auch fuͤr den niedlich - ſten ſpeiſen, und wer unter tauſend edelgeſtei - nen von gleicher koſtbarkeit den beſten ausſu - chen ſolte, wuͤrde ſie entweder alle fuͤr koͤſtlich oder alle fuͤr nichtswuͤrdig anſehen. So ge - het es unſern zeiten, in anſehung der ihnen fuͤr - geſtellten diener des goͤttlichen worts, indem der zuhoͤrer daran keinen mangel unter uns findet, nachdem ihm die ohren iuͤcken, ſo achtet er dieſes uͤberfluſſes nicht, wie er wohl thun wuͤrde, wann es ihm daran fehlete. Und ein ieder der etliche predigten mit fluͤchtigen ge - dancken angehoͤret, oder in die Homiletiſchen buͤcher mit hungriger begierde eingeſehen, mei - net berechtiget zu ſeyn, ieden lehrenden in der gemeine Gottes, durch ungleiche urtheile in die muſterung zu fuͤhren. Es wird dannenhero nach geendigten Gottesdienſt, wohl dieſe frage ohn unterlaß gehoͤret: Wie hat ers gemacht? an ſtatt daß man fragen ſolte: Was habt ihr zu eurer beſſerung gemercket? Die zeiten der alten haben freylich im Chriſtenthum ſolche lehrer aufzuweiſen, die man mit den nahmen der heiligen beehret, und welche gewiß in un - vergeßlichen andencken zu verehren. Selbſt die heydniſchen prieſter unterſchieden ſich von andern, durch wiſſenſchaften, eingezogenheit, verachtung des irdiſchen und andere ſchein - tugenden. Allein hierinn wuͤrden ſie alsdannnur257des ſtili inſonderheit. nur einen vorzug fuͤr unſere zeiten haben, wann es uns hierinn mangelte. Daß einige ihrem h. amt ſich nicht gemaͤß auffuͤhren wollen oder koͤnnen, ſolches wird ſich niemand befrembden laſſen, der da weiß, daß ein menſch, wann er auch mit noch ſo herrlichen gaben ausgeruͤſtet, dennoch nicht aufhoͤre, ein menſch zu ſeyn. Jch gehe noch weiter, und ſage, daß unſere zeiten ſich eines groſſen vorzugs, wegen des geiſtli - chen ſtandes, fuͤr den zeiten der alten ruͤhmen duͤrfen. War es ſonſt kaum erlaubt die bloſſe erzehlung goͤttlicher wahrheiten anzuhoͤren, ſo koͤnnen wir durch die woche etliche mahl, nicht nur die bloſſen wahrheiten ſelbſten, ſondern auch die geſchickteſten auslegungen in denen praͤchtigſten kirchen-gebaͤuden davon hoͤren. Kein ort iſt ſo gering, keine gemeine ſo enge ein - geſchrenckt, die ſich nicht eines ſeelſorgers freue - te. Das Chriſtenthum hat ſich durch die gan - tze welt ausgebreitet, und das licht der Evan - geliſchen wahrheit ſuchet allenthalben durch die finſterniß zu brechen, mit huͤlfe getreuer leh - rer. Raubt der todt ein glied aus dem geiſt - lichen orden, ſo iſt eine ſolche menge derieni - gen, die ſich dazu wuͤrdig befinden, daß man kaum in iahres-friſt den geſchickteſten darun - ter ausſuchen kan, weil ſie alle gleiches vermoͤ - gen ſelbigen getreulich fuͤrzuſtehen beſitzen. Die alten verſpuͤrten an allen dieſen nicht geringen mangel. Von der erkaͤnntniß der ſprachen und anderer hoͤchſtnoͤthigen wiſſenſchaften, dererRſich258von denen unterſchiedenen artenſich unſre lehrer, bey ſo maͤchtig angewachſener gelehrſamkeit ruͤhmen, nichts zu gedencken. Die ordnung des heyls wird in den ſyſtemati - bus und ſymboliſchen glaubens-buͤchern mit der ſchoͤnſten art fuͤrgetragen, da man vor dieſem hier und dar ein ſtuͤck aus der Bibel reiſſen und zu ſeinen glaubens-articuln zehlen muſte. Wer ergoͤtzet ſich nicht an den ungemeinen einrich - tungen des Gottesdienſtes, an die artigen erfin - dungen die hiezu gehoͤrigen diener Gottes zu unterhalten, an die von allen aberglauben und unanſtaͤndigkeit geſauberten kirchen-gebraͤu - che. Uberhaupt werden wir uns nicht ſchaͤmen duͤrfen, wann ſonderbahre verdienſte in die ie - tzigen zeitbuͤcher unſere nahmen einſchreiben. Ein weiſer mann muß mit allen umſtaͤnden der zeit, des orts, zu frieden ſeyn, wann ers nicht aͤndern kan, oder ſich zum wenigſten huͤten, daß er nicht oͤffentlich, durch unanſtaͤndiges klagen, die ſchwaͤche ſeines verſtandes in der klugheit zu leben, an den tag lege. Was im gemeinen leben unſre ruhe zu ſtoͤhren ſcheinet, iſt alſo be - ſchaffen daß es nur von denen verderbten nei - gungen herruͤhret und auch ſelbigen wiederum eintrag thut. Wer wolte alſo dieſerwegen die gegenwaͤrtigen zeiten verfluchen, oder die zeiten der alten zu erleben wuͤnſchen. Sonſt iſt es eine ausgemachte ſache, daß zu unſern zei - ten die wiſſenſchaften auf den gipfel der voll - kommenheit zu ſteigen, einen begluͤckten an - fang gemacht, da die alten ſelbige nur auf derunter -259des ſtili inſonderheit. unterſten ſtuffen dazu zugelangen, erblickten. Wie reich ſind nicht unſere zeiten an denen herr - lichſten erfindungen und nuͤtzlichſten kuͤnſten fuͤr denen alten? Die handlungen ſind gewiß das bequemſte band gantze voͤlcker in vergnuͤg - ter einigkeit zu verbinden, und wir koͤnnen uns dieſes vorzugs billich fuͤr andern fuͤr den alten ruͤhmen. Zwar olte es ſcheinen, als ob nur eitelkeiten dadurch unter uns eingefuͤhret, und alſo der menſchlichen geſellſchaft mehr geſchadet als genutzet wuͤrde. Allein zu geſchweigen, daß hiezu ein groſſer beweiß gehoͤret, ſo kan doch dieſes nicht ſtreitig gemachet werden, daß die handlungen ein groſſes wo nicht das meiſte zu der galanten und civilen lebens-art unſerer leute beytragen ſolten. Wuͤrden die alten in ihrer einfaͤltigen kleidung und ungeſchlachten ſitten wieder aufſtehen, und ſehen wie artig unſer umgang, wie geſchickt unſere kleidung, wie zierlich unſere ſprache in denen complimenten, wie wohlanſtaͤndig unſer gantzes weſen, ſie wuͤrden ihnen gantz beſondere und fuͤrnehme gedancken von unſern artigkeiten machen. Jch wuͤnſche mir alſo nicht beſſere zeiten zu erle - ben, ich ſehne mich nicht nach den zeiten der al - ten, aber dieſes wuͤnſche ich, daß ich und ein ie - der, der weißheit und tugend zu ſeinen leitſtern erkohren, ſich der gegenwaͤrtigen ſo bedienen moͤge, daß ihm die zukuͤnftigen die angenehm - ſten vergnuͤgungs-roſen zu brechen erlauben muͤſſen. Doch ich haͤtte bald, von denen an -R 2nehm -260von denen unterſchiedenen artennehmlichkeiten unſerer zeiten und deren be - trachtung entzuͤckt, vergeſſen, daß ich ſchlieſſen muͤſſe, und daß ich Jhnen vorher, H. und H. A zu den antritt des neuen iahres ergebenſt gluͤck zu wuͤnſchen mir auferleget haͤtte. Jch verehre Sie allerſeits, theils mit kindlicher pflicht, theils unter den nahmen naher ver - wandſchaft, theils weil ich mir von dero ver - dienſten wie ſchuldig einen groſſen begrif ma - che. Wie kan ich alſo anders als mich er - freuen, da ich bey Jhnen meine ſchuldigkeit ab - ſtatten und Sie insgeſamt im erwuͤnſchten wohlſeyn antreffen kan. Wie kan ich anders, da ich Jhnen zum theil fuͤr Dero vaͤterliche un - ermuͤdete fuͤrſorge, zum theil fuͤr die von Jhnen genoſſene vielfaͤltige zeichen einer ungefaͤrbten freundſchaft, zum theil fuͤr Dero wohlgewogen - heit, damit ich mir ſchmeichele, unendlich ver - bunden bin, wie kan ich anders ſage ich, als mich fuͤr dem throne Goͤttlicher maieſtaͤt demuͤ - thigen uñ Jhnen allen geiſtlichen und leiblichen ſeegen von oben herab ausbitten. Der Hoͤch - ſte bekroͤne meinen wunſch mit erfreuender fol - ge, ſo wird mir wie ich hoffe erlaubt ſeyn, ferner - hin Dero mir geneigtes wollen zu ruͤhmen und an Dero vergnuͤgen theil zu nehmen, da ich nicht ablaſſen werde, in tiefſter ergebenheit Sie allerſeits zu verehren.

§. 3 Nach dieſem iſt der ſtilus mediocris der gebraͤuchlichſte und angenehmſte. a)Er fo - dert ein mittelmaͤßiges obiectum,b) demſelbengemaͤſſe261des ſtili inſonderheit. gemaͤſſe gedancken, muntere regungen und affe - cten, (wofern das obiectum nicht bloß theore - tiſch,) hat die freyheit tropos und figuren zum ausputz des ausdrucks zu gebrauchen, beobach - tet in der iunctur und dem numero einige zier - lichkeit, wechſelt mit denen connexionibus ab, hat alſo mehr freyheit als der humilis, und auch mehr lebhaftigkeit.

a)Dieſer iſt der gebraͤuchlichſte, weil die mittel - maͤßigen obiecta am haͤuffigſten, und weil es mit denen menſchlichen dingen mehrentheils nur zu einer beliebten mediocritaͤt kommt. Er iſt der angenehmſte, weil er die mittelſtraſſe haͤlt zwi - ſchen dem trockenen und ſtillen weſen des humi - lis und zwiſchen dem praͤchtigen und praſſeln - den ſtilo ſublimi, ſo gar daß etliche ihn fuͤr den ſtilum der weiſen leute halten. Man kan dabey eher ſeine bloͤſſe verſtecken, als im humili, und auch nicht leicht in gefahr lauffen ſich zu verir - ren als im ſublimi. Tutiſſima ſere per medium via, quia vtriuſque vltimum, vitium eſt. Quin - ctilianus L. XII. cap. 10. Wiewohl Quinctilia - nus ſelbſt ſich gar zu ſchwanckend exprimiret, von den unterſchiedenen ſtilis. S. Thomaſii Cautelen cap. VIIII. Ridig. S. V. & F. p. 578. Hederich l. c. p. 545. Lami l. c. cap. XI. Rabners Rationem ſtili elegantioris. Man findet ihn im Hofmannswaldau, Philander von der Linde, Beſſer, Langen, Neumann, Neukirch, ꝛc. in Ciceronis philoſophicis, ora - tionibus und epiſtolis (wie man denn auch aus dem Cicerone im Lateiniſchen, den ſtilum ſubli - mem lernen kan, und alſo alle drey arten von ſti - lis, eben ſo wie im Teutſchen aus dem Ziegler und aus den reden groſſer herrn) im Seneca,R 3Plinio262von denen unterſchiedenen artenPlinio, Virgilii Georgic. Velleio, Juſtino, &c. Jſocrate, Heſiodo, &c. im Voiture, Telemaque des Fenelon &c. im Loredano, Guarini, &c.
a)
b)Der begrif des mittelmaͤßigen obiecti iſt etwas dunckel, denn man kan nicht leicht determiniren, wo das mittelmaͤßige auſhoͤre und anfange; deßwegen referiret man zuweilen etwas zum ſimplici, das von andern zum medioeri gebracht wird, oder man haͤlt etwas fuͤr ſublim, das nur zum mediocri gehoͤrt: Allein iſt ſchon der unter - ſchied ſo handgreiflich nicht, ſo iſt er doch wahr - haftig da, und es iſt eben, als wenn man die ſta - turen der leute eintheilet, in klein groß und mit - telmaͤßig, denn da kan niemand ſagen, bey wel - chem zoll der laͤnge die mittelmaͤßige ſtatur an - fange und auf hoͤre, daher manchmahl einer von dieſen fuͤr groß von ienem fuͤr mittelmaͤßig ge - halten wird, inzwiſchen iſt doch dieſer unterſchieb nicht ohne nutzen und hat ſeinen grund. Man kan auch zufrieden ſeyn, wann man nur nicht das groſſe fuͤr klein, das kleine fuͤr groß anſieht, und alſo nicht hohe obiecta mit dem ſtilo humili, und niedrige mit dem ſtilo ſublimi uͤberfirnſet und fuͤrſtellet. Als ein exempel vom ſtilo mediocri mag folgende rede angeſehen werden, welche in der nunmehr in die 40 iahr florirenden redner - geſellſchaft unter Jhro Magnificentz des Herrn D. Schmiden Eloqu. P. P. Ordin. und Theol. Ex - traord. praͤſidio in Leipzig von mir, als einem mitgliede beſagter Societaͤt, anno 1717. d. 24. Februarii gehalten worden:
b)

Rede von der unbeſtaͤndigkeit der menſchlichen gemuͤther.

Der erdkreiß ſcheinet nur darum auch ohne pfeiler ſo feſte gegruͤndet, und der himmel auchohne263des ſtili inſonderheit. ohne bogen ſo unbewegl. gewoͤlbet zu ſeyn, da - mit beyde mit gewiſſern grunde, den beſtaͤndi - gen unbeſtand und wechſel ihrer einwohner uns fuͤr augen ſtellen. Dieſer iſt ſo maͤchtig, daß er nicht nur uͤber dinge, deren weſen wir wuͤrckl. empfinden, ſondern davon wir auch nur einige moͤglichkeit erdencken koͤnnen, ſeine unumſchraͤnckte herrſchafft ausuͤbet. Bald muß ſich der heydniſche Jupiter unter allezeit ande - rer geſtalt als ein verliebter ſchmeichler, bald als ein mit donner-keilen um ſich werffender wuͤte - rich von ſeinen verehrern abbilden laſſen. So offt als die Gratien ihren reyen veraͤndern, er - ſcheinen ſie in anderer ſtellung, die von einer iñiglichen freude oder hertzfreſſenden betruͤbniß ihren urſprung nehmen. Kaum hat die ſonne ihre angenehme ſtrahlen dieſem runde gegoͤn - net, ſo kan eine regen-ſchwangere wolcke licht und freude in dunckelheit und ſchatten verſetzen, und wird ſie von den Perſern angebetet, ſo muß ſie ſich von den Mohren verfluchen laſſen. Den mond werden wir niemals in der geſtalt auf - gehen ſehen, in welcher wir ihn bey ſeinem un - tergang angetroffen, und die ſterne ſcheinen al - gemach auf unſern wirbel zu ſteigen, welchen ſie nach wenigen ſtunden wieder verlaſſen. Hat das feuer vor kurtzer zeit mit den helleſten flammen geſpielet, ſo erblicket man gleich dar - auf entweder ſchwache funcken oder graue aſche. Der goldfuͤhrende Tagus bietet der natur bald einen ſpiegel an, bald wird manR 4ihn264von denen unterſchiedenen artenihn von einem leimichten boden von ferne kaum unterſcheiden koͤnnen. Nach dem winck des allgewaltigen ſchoͤpfers fuͤhret ſich das erdreich ietzt wie eine guͤtige zeuge mutter ſo vieler be - wunderns wuͤrdiger kraͤuter auf, ietzt wie ein mit ſtahl und eiſen uͤberzogener magnet-ſtein. Nachdem willen eines halb erfrornen wandeꝛs - mannes, muß ſich die lufft zur erwaͤrmung der erſtarreten glieder gebrauchen laſſen, welche er gleich darauf heiſſe ſpeiſen damit abzukuͤh - len anwendet. Ein unnuͤtzer irwiſch iſt, wie ich glaube, doch dazu nuͤtze, daß er zu einem bilde der in die abwechſelung verliebten welt dienen kan. Steine aus einem felſen gehauen, muͤſ - ſen ſich ſo wohl zu einem verachteten pflaſter als prahlenden fronton ſchicken. Die zeit bauet mit erſtaunender bemuͤhung ſolche wer - cke auf, von welchen man meinen ſolte, daß ſie der unbeſtaͤndigkeit allen vortheil abgelauffen haͤtten, und eben dieſelbige belehret uns nach wenig verfloſſenen iahren, was ſie dabey fuͤr ein abſehen gehabt, nemlich in der aſche und uͤberbleibſeln von ſolchen koſtbarkeiten mit le - bendigen buchſtaben zuſchreiben: es ſey alles wandelbahr. Das ungemein harte ſtahl hat noch kein mittel funden zu verhindern, daß man es nicht in allerhand geſtalten zu unter - ſchiedenen gebrauche zwinge. Die baͤume fangen gegen den ſommer an ſich in gruͤnende blaͤtter zu verſtecken und laſſen ſelbige gegen den winter fallen, da dieſe ihnen alsdenn, wo nichtnoͤthi -265des ſtili inſonderheit. noͤthiger, doch eben ſo noͤthig zur bedeckung waͤren. Alles was uns in die ſinne faͤllt, wuͤr - de ſo zu reden faſt unerkaͤntlich ſeyn, wenn wir nicht bereits den allgemeinen begrif davon haͤt - ten, daß es der unbeſtaͤndigkeit unterworffen. Man mercket als etwas beſonders an, bey dem Oſt-Jndiſchen vor-gebuͤrge Commyrin eine ge - gend gefundẽ zu haben, in welcher man in einer halben ſtunde aus dem winter in den ſommer uͤberſchiffen und die rauhe nord-luft mit ei - nem erquickenden weſtwinde vertauſchen kan. Haͤtte man den uͤberall ſich ereigenden wech - ſel genauer in betrachtung gezogen, ich zweiffe - le daß man dieſe gegend unter beſondere merck - wuͤrdigkeiten wuͤrde gezehlet haben. Allein ſo mancherley merckmahle des herrſchenden un - beſtandes man antrift, ſo viele ſpuhren findet man der weißheit unſers groſſen Schoͤpfers, ſo viele urſachen zeigen ſich ſeine geſchoͤpfe zu be - wundern. Denn wuͤrde er ſelbigen nicht die geſetze der veraͤnderung unbeweglich eingepraͤ - get haben, wuͤrden ſie ihrer groͤſten anmuth mit welcher ſie die aufmerckſamkeit natur-lie - bender gemuͤther an ſich ziehen, beraubet ſeyn, und alles was ſeine wuͤrckende weißheit auf die ſchaubuͤhne dieſer welt geſtellet, iſt ſeinem eben - bildern zum nutzen aus nichts etwas worden. Viel 100 ja 1000derley veraͤnderungen, ſo in allen dieſen einzelen anzutreffen ſind, ſcheinen in dem menſchlichen weſen ihren mittel-punckt und groͤſte wichtigkeit zufinden, und dieieni -R 5gen266von denen unterſchiedenen artengen welche den menſchen die kleine welt nennen, thun es gewiß mit dem groͤſten rechte. Er bezeugt ſich nicht nur beſchaͤftigt durch ſchau - ſpiele und kuͤnſtliche vorſtellungen, ſich als ei - nen affen der wanckelbahren natur aufzufuͤh - ren, ſondern iſt auch in der that und eꝛnſthaftigẽ verrichtungen, ein inbegrif der groſſen welt, das iſt ein ſchauplatz, alwo man umſonſt nach den graͤntzen der unbeſtaͤndigkeit ſuchet. Jn ſei - nem gemuͤthe treffen wir die herrſchaft an, welche keine andere befehle, als ſolche die von einer immerwaͤhrenden abwechſelung zeigen austheilet. Denn ſonſt hat er nichts beſtaͤn - diges, als daß er unaufhoͤrliche proben der un - beſtaͤndigkeit an den tag leget. Jch habe mir vorgenommen, Hoͤchſt und H. A. in Dero H. und hochgeehrten gegenwart von dieſer un - beſtaͤndigkeit menſchlicher gemuͤther etwas zu reden, nicht daß ich mir die ſtrafbare freyheit naͤhme, ihnen in ſo gemeinen ſachen deutliche begriffe zu machen, da ſie weit mehrers ſchon laͤngſtens ſcharfſinnig eingeſehen haben, ſon - dern damit denen unveraͤnderlichen geſetzen Dero gelehrten verſammlung, durch meine un - beſtaͤndigkeit kein eintrag geſchaͤhe. Sie ha - ben mir nur neulich oͤffentlich Dero beſtaͤndi - ges wohlwollen zuerkennen gegeben, wofuͤr mich Jhnen beſtaͤndig verpflichtet ſchaͤtze; alſo habe das gewiſſe vertrauen, ſie werden durch die ungeſchicklichkeit meiner fluͤchtigen gedan - cken, ſich ietzo darinn nicht veraͤndern laſſen,ſondern267des ſtili inſonderheit. ſondern meinen ſchwanckenden worten beſtaͤn - dig geneigte aufmerckſamkeit erlauben. So vieles ſich auch unſern gedancken auf den ſchau - platz der groſſen welt als veraͤnderlich abbildet, ſo will es doch nicht ohne urſach dafuͤr gehalten ſeyn, und nach derſelben urſachen beſchaffen - heit, folgen auch ſo mannigfaltige und widri - ge wuͤrckungen. Wird der Menſch, wie ich bereits oben erwehnet, mit groſſem recht die kleine welt genennet, ſo iſt fuͤr ſich klar, daß der - ienige erſt gluͤcklich von ſeinen veraͤnderungen urtheilen koͤnne, welcher die urſachen ſeines wechſelnden gemuͤths, und daher wuͤrcklich entſtehende folgerungen in reiffere uͤberlegung ziehet. Geldliebe, ehrſucht, wolluſt, ſind 3. winde, welche unaufhoͤrlich das meer des menſchlichen gemuͤthes beunruhigen, und wenn ſie heftig geruͤhret werden, einen ſturm nach den andern in demſelbigen erregen. Hier - aus duͤrfte man vielleicht ſchlieſſen, daß ſolches eines von denen groͤſten verdruͤßlichkeiten der ſterblichen ſey. Jch will ſolches zugeben, allein nur alsdann, wann einem naͤrriſchen Miſeno, ich meine der verderbten einbildung, die regierung uͤber ſolche, unbedachtſamer weiſe, anvertrauet wird. Denn iſt ein weiſer Aeo - lus oder die verbeſſerte vernunft, welcher das regiments-ruder eigentlich zukommt, ein be - herrſcher davon, ſo iſt die bewegung derſelben vielmehr nuͤtzlich als ſchaͤdlich. Waſſer wel - che in verachteten thaͤlern immer ſtille ſtehenund268von denen unterſchiedenen artenund von keinem winde erreget werden, fangen endlich an zu faulen und zu ſtincken, und menſchliche gemuͤther, welche von keiner vergoͤnnten bemuͤhung nach gelde, von keiner arbeit nach dem gipfel der ehre, von keiner an - nehmlichkeit gerechter wolluſt veraͤndert wer - den, geben in ihren verrichtungen an den tag, daß ſie ſich eher zu ſtummen ſtatuen auf die haͤuſer, als vernuͤnftigen creaturen auf den erd - boden geſchickt haͤtten. Alſo kommt es bloß auf die bewegungs kraft der neigungen an. Wie der koͤnig beſchaffen, ſo ſind ſeine unter - thanen. Maſſet ſich die verderbte einbildung der herrſchaft unbeſonnener weiſe an, ſo werden entweder naͤrriſche oder ſchaͤdliche veraͤnderun - gen die wuͤrckung davon ſeyn. Theilet aber die zum regieren verordnete vernunft welche durch unablaͤßiges verbeſſern zur vernunft worden, die befehle aus, da werden dieſe regun - gen alſo abwechſeln, daß man ſie zu einer zeit vor noͤthig zur andern vor nuͤtzlich erkennen muß. Welchen der mangel ſattſamer unter - ſcheidungs-kraft, aus verderbter einbildung, zum unverſtaͤndigen ſclaven des mammons ausgeſondert, beurtheilet alle andere nach der in ihm herrſchenden begierde, und hingegen mangelnden liebe gegen ſeines gleichen. Des - wegen glaubt er, daß er mit brennenden eyffer ſich nach dem mittel ſeiner beſchuͤtzung umzuſe - hen habe. Wer vor eigner vermeinten uͤber - groſſen faͤhigkeit und unſtreitigen vorzug fuͤrandern269des ſtili inſonderheit. andern, ſeinen eignen ſchatten bewundert, mei - net gleichfalls er muͤſſe auf diejenigen ſtuffen treten, welche ihn vor andern in die hoͤhe fuͤh - ren. Ein anderer der vor der Veneri die knie beuget oder dem Baccho altaͤꝛe aufrichtet, oder ſeine Freunde vor den grund ſeiner vergnuͤgung haͤlt nach dem trieb der blinden einbildung, ſucht gleichfalls andere mittel herfuͤr, ſich in ſei - nem elemente zu erhalten. Ja ſelbſt wer durch die vernunfft ſeine begierden in zaum und zuͤgel fuͤhret, haͤlt es fuͤr eine thorheit immer auf einer leyer ſpielen und bey allen veraͤnderungen ſich wie einen unbeweglichen klotz zu erweiſen. Wenn man durch dieſe gruͤnde den wechſel menſchliches gemuͤthes einzuſehen bemuͤhet iſt, ſo wird man viel einen vollkommern begrif ihm von denen ſo ſo ſehr unterſchiedenen wuͤr - ckungen machen koͤnnen. Warum iſt ein mann, welcher fuͤr weniger zeit iedermann die groͤſten hoͤflichkeiten erwieſen, ietzo ſo ſchwuͤlſtig, daß er meinet, die gantze welt muͤſ - ſe ihm zu fuſſe fallen? Aus keiner andern urſa - che, als weil ihm ein blindes gluͤck die kaſten gefuͤllet, und vermoͤgend gemacht in ſeinen pal - laͤſten armer leute huͤtten zuverſchlucken. Denn Lutheri worte ſind noch heute zu tage fuͤr wahr zu halten, wenn er ſpricht: Ein bauer der 10. rthl. hat, bruͤſtet ſich und weiß nicht ob er auf dem kopfe oder fuͤſſen gehen ſoll. Man ver - ſuche es und gehe mit verſilberten haͤnden ihm unter augen, im augenblick werden alle ehren -bezeu -270von denen unterſchiedenen artenbezeugungen herfuͤrgeſucht, und uns angethan werden, wenn ſie uns auch ſchon nicht zu - kommen. Hat er etwas mit der mutter milch in der jugend eingeſogen, welches ihm ein un - geſchickter lehrmeiſter nicht zu benehmen ge - trachtet, da ſcheint er wieder allen guten[unter - richt] unbeweglicher als ein berg darauf donner und blitz loß ſtuͤrmen. Bringet man ihm aber die hofnung eines gewinſtes bey, da ſind 1000. eyde nicht genung, ihn auch bey den loͤblichſten vorſaͤtzen zu verbinden. Jtzo ſucht er alle kleinigkeiten mit der groͤſten ſorgfalt zuſammen, und bald verſchlaͤudert er auch die wichtigſten ſachen, weil er etwa dadurch meh - rers zugewinnen trachtet, oder zum wenig - ſten ſich in einem ſtande zuſeyn glaubet, da er niemahls banqueroutiren koͤnne. Was er dieſe ſtunde fuͤr ein geheimniß des ſtaats gehal - ten, wird in der andern ohne weitlaͤuftigkeit ausgeſchuͤttet, wenn die verfluchte mißgunſt dem geitze die zunge loͤſet. Bald eilet er mit furchtſamen ſchritten in die verborgenſten win - ckel und ſcheinet fuͤr menſchlicher geſellſchafft ei - nen abſcheu zu tragen, bald aber will er in allen verſamlungen gegenwaͤrtig ſeyn, und mit ieder - mann bekanntſchafft aufrichten, damit er dort auf anderer unkoſten zehren, hier aber ſeine ducaten vermehren, in beyden aber veraͤcht - lich von andern ſprechen koͤnne. Wer den Baal des ehrgeitzes fuͤr ſeinen abgott haͤlt, iſt ein rechter Prometheus, welcher ſich bald wie einen großmuͤthigen loͤwen, bald wie einen feu -er -271des ſtili inſonderheiterſpeynden drachen, bald wie ein in der ebene flieſſendes waſſer, bald wie eine an die wolcken ſteigende flamme fuͤrſtellet. Ein ſolcher haͤlt dasjenige fuͤr eitel, worinnen der Mammons diener ſein leben ſuchet, und liebet das, was jener als leere winde verlachet. Seines wun - ſches theilhaftig zu werden, ſpahret er keine ehr - bezeugungen, er will ein unterthaͤnigſter diener von allen ſeyn. Wirft ihm endlich das gluͤck eine ehren-decke um, ſo meinet er, es ſey ihm damit zugleich alle darzu gehoͤrige geſchicklich - keit mitgetheilet, da werden die vorher gar zu hoͤflichen minen ietzo mit einem angemaſten an - ſehen ſo ſehr vermindert, daß ſie kaum ein ſchat - ten der vorigen zu nennen. Alle verrichtungen werden mit ſonderbahrer ſtellung des leibes an - gefangen und auch auf der gaſſe werden die fuͤſſe gezwungen, alle auf den tantz-boden er - lernete artigkeiten oͤffentlich zu zeigen Wo - mit er augenſcheinlich zu verſtehen giebt, daß die erhaltene ehre zu groß fuͤr ſeiner engbruͤſti - gen ſeele ſey. Er iſt ſelber nicht vermoͤgend ſeinen hochmuth von einem hauſe zum andern zu tra - gen, deßwegen bedienet er ſich der gutſche und pferde. Ein ander will mit gewalt alle ehre zu verachten ſcheinen. Allein Diogenes mag noch ſo ſehr Platonis kleider mit fuͤſſen treten, iedermann glaubt daß ers mit groͤſſern hoch - muth thue, und daß auch unter ſeinen ſchmutzi - gen rocke eine aufgeblaſene Seele wohne. Func - cius verwechſelt zu ſeinen ungluͤck, den ſeinermei -272von denen unterſchiedenen artenmeinung nach verachteten prediger-ſtand mit einer rathsbeſtallung aus lauterm hochmuth. Jetzo umfaſſet er ſeine verehrer mit der groͤſten liebe, und ein einziges wort, welches ſeine ehre zu ruͤhren ſcheinet, iſt gnug, alle zornige fluthen und rache auch auf den unſchuldigſten auszu - ſchuͤtten. Ein alberner Carneades diſputiret heute oͤffentlich, daß die gerechtigkeit ein gedich - te muͤßiger leute ſey, und morgen iſt er beſchaͤff - tiget das gegentheil zu behaupten, ſeine gelehr - ſamkeit zu zeigen. Was fuͤr andaͤchtige ge - berden zeiget nicht der ehrgeitz in dem geſichte eines ſelbſt erwehlten heiligen, welcher doch wohl nicht nur in dem innerſten ſeines hertzens, ſondern auch ſeines hauſes denen laſtern, ſanf - te kuͤſſen unterleget. Mancher verfluchet die fehler geringer leute ohn aufhoͤren, und hinge - gen die laſter erhabner und geehrter leute, wol - te er lieber vor tugenden halten, da doch der koth heßlich bleibt, ob er ſchon in chryſtallinen gefaͤſſen aufgehoben wird, und die laſter gar - ſtig zu nennen ſind, wenn ſie ſchon in ſammt und guͤldene ſtuͤcken eingehuͤllet werden. Das maͤchtigſte, ſo unſern fuß von den wege der be - ſtaͤndigkeit verruͤcket iſt die wolluſt, und die ein - bildung eines vergnuͤgens in verbotener belu - ſtigung der ſinne. Dieſe iſt die zauberiſche Circe, welche den menſchen bald in ſchweins - bald in pfauen-geſtalt veraͤndert, bald mit af - fen-bald mit hunde-geſichte fuͤrſtellet. Wie wechſelt nicht ein verliebter narre die kleiderda -273des ſtili inſonderheitmit er ſeiner liebſten gefallen moͤge, uͤberall wird man ihn mit baͤndern prahlen ſehen. Je - tzo gehet er mit fluͤchtigen ſchritten, wo er aber irgend von ferne das ihm angenehme ſchim - mern ſiehet, werden gleich die glieder in eine liebreitzende ſtellung gezwungen, augen und haͤnde muͤſſen ihre bewegung nach einen gewiſ - ſen tact einrichten. Und eben das was ihm heute goͤttlich und uͤbermenſchlich vorgekom - men, iſt morgen das verachteſte. Da wird man inſonderheit wahr zu ſeyn befinden was Seneca uͤberhaupt von der menſchlichen auf - fuͤhrung urtheilet; Aliud ex alio placet, vexat, nos fluctuamus, petita relinquimus, relicta repetimus, alternae inter cupiditatem n - ſtram & poenitentiam vires ſunt. Wer zu des Bacchi geſellſchaft ſich haͤlt, wie veraͤndert der nicht ſein gemuͤthe, und nach der beſchaffen - heit des gemuͤthes ſeine lebens art. Bald fuͤhret er ſich wie eine raſende unruhe auf, wel - che alles zernichtet alles zerſchaͤndet, alle erbar - keit aus dem augen ſetzet. Bald will er alles aus ſonderbahr angenommener aufrichtigkeit und treuhertzigkeit, mit unaufloͤßlichen freund - ſchafts banden feſſeln. Wer endlich die tu - gendhafte vernunft zur fuͤhrerin ſeiner neigun - gen auserſehen, wird ſich keinem baume ver - gleichen laſſen, welcher von der winde gewalt, weil er nicht weichen gelernet, zertruͤmmert wird. Nach der zeiten lauf, wird er ſeinen gang ietzt ſo, ietzt auf eine andere art einrichten,Sund274von denen unterſchiedenen artenund den geſetzen der abwechſelungen ſein ge - muͤth niemahls entziehen. Einem Jndianiſchen hunde kommt es nur zu, den einmahl gefaſten loͤwen ſo feſte mit den zaͤhnen zu halten, daß ihm auch die ſchmertzhafle abhauung der fuͤſſe nicht davon abbringet. Democritus und Heraclitus werden bey uns faſt fuͤr ſchalcks-narren gehal - ten, weil wir uns bereden laſſen, jener habe im - mer gelacht, dieſer unaufhoͤrlich geweinet. Man ruͤhmet die klugheit des Roͤmiſchen kaͤy - ſeꝛs Marci Antonini Philoſophi noch bey unſereꝛ ſpaͤten nach-welt in den beygelegten nahmen des weltweiſen: Allein ich zweiffele. daß ihm die rechte welt weißheit iemahls dieſe lehre ge - geben, welcher er doch ſo eyfrig nachgelebet, daß man niemahls von iugend auf, weder durch die haͤrteſte betruͤbniß, nach angenehm - ſten freuden-poſten ſein gemuͤth veraͤndeꝛn muͤſ - ſe. Leute zwar welche den vorurtheilen der Stoiker gehoͤr geben, werden das fuͤr die groͤſte weißheit halten, heute eben dieſes wollen, was man geſtern gewuͤnſchet. Ein beleſener Lipſius aber, hat uns bereits ihre thorheit gezeiget, weñ er ſaget: Welche ihre meinung mit ſtahl und eiſen in dem gemuͤthe als in marmor gegraben, ſind nicht faͤhig, geſchickte urtheile und wohlge - gruͤndete rathſchlaͤge anderer, ihnen zu nutze zu machen. Haͤtte Theſeus bey ſeiner gluͤckli - chen zuruͤckkunft an ſtatt des ſchwartzen ſeegels auf ſeinem ſchif, ein weiſſes aufzuſtecken nicht vergeſſen, wuͤrde ſeines abgelebten vaters Ae -gei275des ſtili inſonderheit. gei gemuͤth nicht in ſolche bekuͤmmerniß gera - then ſeyn, daß er in dem unergruͤndlichen meere einen grund ſeiner leidenſchaft geſuchet. Und derienige iſt ohnſtreitig unter die klugen zu rech - nen, welcher nach den befehlen der vernunft, ſich bald ſo, bald anders auffuͤhret. Alſo ſcheint zwiſchen der bewegungs kraft des gemuͤthes durch die verderbte einbildung, und durch die verbeſſerte vernunft der groͤſte unterſchied da - rinn zubeſtehen, daß iene durch die menſchliche neigungen, theils naͤrriſche theils ſchaͤdliche wuͤrckungen herfuͤrbringet, dieſe hingegen, durch eben ſelbige, unumgaͤnglich noͤthige und nuͤtzliche veraͤnderungen verurſachet. Beyde ſind alſo bewegende urſachen des menſchlichen gluͤcks und ungluͤcks, nur daß iene dem gluͤcke mehrentheils unterlieget, oder an ſtatt eines balles mit dem menſchen zu ſpielen pfleget, dieſe aber auch dem gluͤcke befehlen und mitten un - ter den moͤrdlichſten waffen uñ feindſeligkeiten dennoch triumphiren kan. Mehr redete ich, mehr haͤtte ich zu reden, allein ich beſorge, H. und H. A. meine ſtammlende zunge werde ver - moͤgend ſeyn, Dero beſtaͤndig geneigtes auf - mercken, in einen wiederwillen zu veraͤndern. Redete ich alſo mit leuten, welche nur den nah - men von dem Chriſtenthum entlehnet, ſo wuͤr - de ich zum beſchluß mich bemuͤhen muͤſſen, ihre gemuͤther von den irrdiſchen wandelbahren thaͤlern, auf die unbeweglich ſtehende berge Jſraelis zu fuͤhren. Denn wer da ſtehet darfS 2ſich276von denen unterſchiedenen artenſich keiner veraͤnderung befuͤrchten, denn wenn es blitzt und donnert, ſo blitzt und donnert es unter ſeinen fuͤſſen, und ihm ſchenckt die ſonne der gerechtigkeit die angenehmſten ſtrahlen. Jch wuͤrde die unbeſtaͤndigkeit des Ecebolii ver - fluchen, welcher unter den kaͤyſern Conſtantino Conſtantio, Juliano, Jouiano ſeine religion zu einer mode machte, welche bald ſo bald an - ders, nach dem geſchmack der welt koͤnte einge - richtet werden. Jch wuͤrde die unbeſtaͤndigkeit des creutz-vogels Loxiae veraͤchtlich fuͤrſtellen, welcher alle winter ſeine farbe veraͤndert. Jch wuͤrde es eine thieriſche veraͤnderung nennen, wenn man in ſeiner bekehrung dem wolffe nachahmen wolte, und zwar die haare, aber nicht den rauberiſchen ſinn aͤnderte. Redete ich endlich mit ungelehrten, ſo wuͤrde meine groͤſte ſorgfalt dahin gehen muͤſſen, zu zeigen, wie gefaͤhrlich es ſey, einem unbeſonnenen Phaethonti die regierung ſeiner affecten anzu - vertrauen, und wie vergnuͤglich es hingegen, der vernunft den zuͤgel davon zuuͤbergeben. Jch muͤſte darthun wie eine kluͤgliche abwechſelung des gemuͤthes, eine mutter der meiſten tugen - den ſey. Man glaubt daß in ein hauß, da man bey ploͤtzlich entſtandenen ungewitter feu - er anzuͤndet, ſo leicht kein donnerkeil einen er - ſchreckenden ſchlag thue. Es iſt aber leichter zu glauben, daß in eine ſeele, wo vernunft und tugend ihr feuer und heerd haben, kein wiedri - ges ſchickſaal eindringen und verwirrung an -rich -277des ſtili inſonderheit. richten koͤnne. Jch muͤſte anfuͤhren, was den Jcarum der fluͤgel beraubet, und ihn aus der gemeinſchaft der geſtirne in den tiefſten ab - grund geſtuͤrtzet, nehmlich ſeine von abge - ſchmackter einbildung verurſachte veraͤnde - rung. Sie erlauben mir alſo H. und H. A. nur noch dieſes hinzuzufuͤgen, daß der gezie - menden veraͤnderung des gemuͤthes, vor dem poͤbel, als welchem der glantz der wichtigſten wahrheiten nur die augen zu blenden u. ihn zum haß zu veraͤndern pfleget, eine decke kluger auf - fuͤhrung und verſchwiegenheit muͤſſe fuͤrgehan - gen werden. Denn unter denenjenigen wel - che mit ihrem verſtande unwiſſenheit und vor - urtheile uͤberwunden, iſt es eine ausgemachte ſache, daß die beſtaͤndigkeit zwar eine der vornehmſten tugenden, allein haͤrte und halß - ſtarrigkeit des gemuͤthes ein weit groͤſſeres la - ſter ſey.

Dixi.

§. 4. Endlich iſt der hohe ſtilus der praͤch - tigſte, aber auch der gefaͤhrlichſte. a)Er iſt nur bey hohen obiectis zugebrauchen, davon man nur die ideen der hoheit zuſammen ſucht,b) ſelbige durch lauter tropos und figuren, oder mit worten und redens-arten, welche die neben - ideen einer hoheit haben, mit dazu genom - menen emphatiſche beywoͤrtern, ausdrucket, die iunctur der rede durch den zuſammenfall der conſonantium und langer vocalium etwas maieſtaͤtiſch, und den numerum donnernd undS 3praſſelnd278von denen unterſchiedenen artenpraſſelnd machet, auch meiſt realiter connecti - ret, dannenhero die groͤſte tugend dieſes ſtili darinn beſtehet, daß alle theile die hoheit des obiecti vor augen zu legen, mit groſſem fleiß zuſammen geſetzt ſind und conſpiriren. Das abgeſchmackte, geſchwuͤlſtige, gar zu weit ge - triebene weſen, iſt hier ſorgfaͤltig zu vermei - den. c)

a)Man darf nur ein eintziges wort oder redens - art einflieſſen laſſen, das die neben-idee einer familiaritaͤt hat und zu populairen dingen ge - braucht wird, oder eine gedancke die nichts ho - hes involviret, ſo iſt alles verdorben. S. Lami l. c. c. VIIII. Kemmerich l. c. p. 1042. 1045. Cle - ricus in Penſees de la vraie & fauſſe eloquence cap. III. Hederich l. c. p. 544. inſonderheit Longi - num de ſublimi des Boileau oder wie er ex theatro Sheldoniano cum vita Longini 1710. 8. ediret, (ſiehe oben cap. 2. §. 14. n. a.) und andere de - ren Morhof und Stolle l. c. erwehnen. Thoma - ſius Caut c. VIIII. und aus dieſem D. Hamilton ſcheinen nicht viel vom ſtilo ſublimi zu halten, weil ſie nirgends deutliche regeln und vollkom - mene exempel davon angetroffen. Der erſte hat vielleicht die abſicht zugleich dabey gehabt, den albernen trieb iunger leute zu maͤßigen, die oh - ne unterſchied auf den ſtilum ſublimem fallen, dieſer aber ienem zu folgen, indem er doch ſonſt des Lohenſteins ſtilum ſublimem lobt p. 52. Man mag ſie hiebey alſo conferiren. Sonſt findet man den ſtilum ſublimem lm Lohenſtein, Gryphio, Ziegler, Mayer, den reden groſſer herren, ꝛc. im Cicerone ſonderlich in orat. Catilin. Liuio, Curtio, Virgilii Aeneid. Plinii Paneg. Senecae Tragoed. &c. im Homero, Sophocle &c. im Bal - zac, Flechier, &c. im Taſſo, Marini, &c. Wie -wohl279des ſtili inſonderheit. wohl ſie freylich von denen ſcharf critiſirenden manchmahl theils nicht hieher gerechnet, theils ziemlich taxiret werden.
a)
b)Die hoheit des obiecti iſt hier der grund, ohne welche ſchlechterdings kein ſtilus ſublimis ſtatt findet. Hohe obiecta ſind, die ſich auf etwas goͤttliches beziehen, oder nichts als ſolche gedan - cken involviren, die von der welt (nicht eben der alten weiber, und unwiſſenden iugend, ſondern der vernuͤnftigen) fuͤr etwas auſſerordentliches gehalten und bewundert werden. Und dieſes iſt das ſublime ſelbſt, welches Boileau von dem ſtilo ſublimi unterſcheidet, den ein hohes obie - ctum und die gedancke davon, iſt ia nicht mit dem ausdruck einerley. Aber eben dieſes ſubli - me erfodert einen hohen ausdruck und dazu ſchi - cken ſich nicht alle leute. Z. e. haͤtte Weiſe wohl einen ſolchen panegyricum auf Leopoldum hal - ten koͤnnen, als der Herr von Koͤnigsdorf?
b)
c)Man verfaͤllt dar ein, wo man kein hohes obie - ctum hat, oder bey einem hohen obiecto auf laͤp - piſche umſtaͤnde und kleinigkeiten faͤllt, oder mon - ſtroͤſe ideen macht, oder Gott zu nahe tritt und menſchliche hoheiten hoͤher hebt, oder wo man in den worten, derſelben iunctur, numero, und dergleichen, affectiret: Z. e. wenn man bey ei - nem maͤſſigen officirer, erbaren mann und frau, in der parentation einen lermen macht, als wann Marlborough und Turenne, printzen und prin - tzeßinnen fuͤrhanden; wann man bey ſchlechten dingen illuſtrantia von hohen ſachen hernimmt, gratulirt z. e. einer buͤrger-frau, und fuͤhrt koͤ - niginnen als exempel an; wann man von einem groſſen helden redet und unter andern anfuͤhret, wie er ſich mit beſonderen hohen air zu ſchneutzen pflege; wann Hofmannswaldau ſpricht: Rufſt du ſo baͤlt mich auch der bimmel ſelbſt nicht auf; Wann iener biſchof in Straßburg bey demS 4ein -280von denen unterſchiedenen arteneinzug des koͤniges in Franckreich, die worte: Herr nun laͤſſeſtu deinen diener im friede fah - ren ꝛc. auf ſich appliciret, ꝛc. oder man redet von diamantnen zim̃ern, ſchencket perlen, ſchne - cken blut, gantze koͤnigreiche weg, oder wie iener von den bruͤſten ſeiner geliebten: Zinnober kroͤnte milch auf ihren zuckerballen, ꝛc. S. We - renfels de meteoris orationis, Herr M. freytags diſſert. de frigido. Lipſiae 1719. Hederich l. c. p. 570. 571. obiges cap. 2. §. 15. ꝛc. Damit ich auch von dieſem ſtilo ſublimi eine probe gebe, ſo mag folgende rede dazu dienen, die ich 1716 den 11. Martii, eben in oberwehnter beruͤhmten red - ner-geſellſchaft, ſo noch ietzo unter Jhrem vene - rablen Oberhaupt bluͤhet, gehalten:
c)

Rede Auf Friedrich Wilhelm den groſſen, Churfuͤrſten zu Brandenburg.

Fuͤrſten welche den ſcepter durch tugend er - hoͤhen, uñ den thron mit tapferkeit unterſtuͤtzen, muͤſſen eben ſo wohl den grauſamen geſetze des todes unterworffen ſeyn, als diejenigen, welche ihren purpur mit laſtern beflecken und ihren hoff zu einen beſtaͤndigen ſitz, aller boßheiten machen. So wohl ein die liebe der gantzen welt an ſich ziehender Titus welcher den tag fuͤr verlohren ſchaͤtzet, an welchen er niemanden eine wohlthat erzeiget, als ein ungeheuer der natur und raſende baͤrenbrut Nero, muß er - fahren, daß die ſterblichkeit uͤber ihn herſche. Wenceslaus und Guſtavus Adolphus wer - den beyde in ihre erbbegraͤbniſſe eingeſencket, obſchon dieſer als ein muthiger vor kirch undvater281des ſtili inſonderheit. vaterland ſtreitender loͤwe ſeinen heldmuͤthigen geiſt auffgiebt und iener mitten unter voͤllerey un faulheit als ein anderer Sardanapalus hin - geriſſenwird. So eine unſtreitige wahrheit nun dieſes iſt, daß das allgemeine verhaͤngniß, ohne anſehen, fuͤrſtliche ſtuͤhle umſtuͤrtzet: So ge - wiß bleibt es doch hingegen, daß ein unendlich groſſer unterſcheid unter dem erblaſſen eines frommen Auguſti oder tapfern Germanici und unter dem ableiben eines grauſamen Tibe - rii oder verzagten Caligulae, Jch will ietzo nicht ſagen von der art zu ſterben, ob es wohl ausgemacht iſt, daß blutduͤrſtige tyrannen gemeiniglich der wut erzuͤrnter unterthanen, oder dem wurm eines nagenden gewiſſen, bey ihren ende preiß gegeben werden: Jch will auch nichts gedencken, von dem ort, welcher nach ihrem tode den unſterblichen geiſtern, in der langen ewigkeit an gewieſen wird: Son - dern ich will nur von den allerdauerhaftigſten und von keinem roſt und moder der zeit zu be - ſiegenden denckmahle in ſo viel tauſend ſee - len etwas erwehnen, woraus dieſer unter - ſchied ſonnen-klar ſich darſtellen wird. Wie gerne verbannete nicht, ein durch den todt von dem wuͤterich Tiberio befreyetes Rom, das gedaͤchtniß ſeiner verfluchten regierung, wuͤn - ſchete, da es ſeinen erblaſſeten coͤrper der be - graͤbniß unwuͤrdig, in die Tiber, werffen wol - te, daß es hiemit zugleich alle merckmahle ſei - ner tyranney in den abgrund der vergeſſenheitS 5verſen -282von denen unterſchiedenen artenverſencken koͤnte. Wie gerne wuͤrde das von einem mordgierigen Herode erloͤſete Judaea unter 1000 erley freudens bezeugungen ſeines todes und ungeheuren thaten vergeſſen haben, wenn nicht das zu einem blut-urtheil gemachte teſtament ihnen auferleget, ſein vermaledey - tes andencken unter lauter fluch und rache auf die nachwelt beyzubehalten. Denn auch die nahmen ſolcher unbemenſchten menſchen ver - dienen nicht aufgezeichnet zu werden, als zu dem ende, daß man bey nennung derſelben aus - ſpeyen, und die menſchliche natur bey erzeh - lung ihrer ſchandthaten fuͤr ſolche ungeheuer zu erſchuͤttern urſach habe. Die tugend hin - gegen, ob ſie ſchon mit keinen goͤttlichen eigen - ſchafften pranget, und ihre beſitzer neben ſich der ſterblichkeit entreiſſen noch verewigen kan, ſo ſchencket ſie ihnen doch die hertzen ſo vieler 1000 nachkommen, welche aus danckbarkeit ſelbige zu behaͤltniſſen ihres glorwuͤrdigſten gedaͤchtniſſes machen. Auguſtum ſetzet man an den ort, welcher nur von goͤttern durtfe be - ruͤhret werden. Germanici todt verurſachet ein ſolches ungewitter der traurigkeit in den gemuͤthern ſeiner verehrer, welches endlich ge - heiligte tempel und altare einreiſſet, ihm ſelber aber ein unſterbliches andencken ſeiner ta - pferkeit daraus aufrichtet. Alles wodurch Agricola die liebe und verwunderung aller an ſich gezogen, ſagt Tacitus, iſt in dem anden - cken der menſchen, wie in ertz und marmel ge -graben,283des ſtili inſonderheit. graben, ſelbſt die zeit und das geruͤcht, werden ſtuͤtzen dieſes denckmahls ſeyn. Und haben die roͤmer ein ehren-mahl aufgerichtet, muͤſſen die worte dabey ſtehen: Die nachwelt be - wundere, was ſie nicht nachahmen kan. Jn - dem ich mich unterwunden H. und H. A. die geheiligte aſche des groſſen Fr. W. Ch. z. B. in meiner rede Jhnen zu zeigen, ſo thue nichts anders als daß ich der tugend ihr gebuͤhren - des opfer auf demaltar meiner ſchuldigkeit dar - lege, und indem ich ſeiner ungemeinen hel - den-thaten abdruck ihnen fuͤrſtellen will, ſo erblicken ſie zugleich merckmahle desjenigen unterſcheides, womit ſich tugendhafte und tapfere printzen, von denienigen bey ihrem abſterben unterſcheiden, welche als ſclauen aller laſter in der unterwelt, ſich aufgefuͤhret haben. Alexander welchen ſeine thaten groß gemacht, will nur vom Apelle gemacht und vom Lyſippo in ſtein gehauen ſeyn, ein krie - geriſcher Ageſilaus, will nur von den beruͤhin - teſten meiſtern Griechenlandes ſein bildniß ver - fertigen laſſen, und Achilles kan nur vom Homero beſungen werden. Hier moͤchte mich nun iemand einer hoͤchſtſtrafbaren vermeſſen - heit beſchuldigen, daß ich unangeſehen mei - ner ſchwachen zunge, vermoͤge deren ich unter den rednern unſers Teutſchlandes, wie ein lal - lendes kind unter fertigredenden leuten ſtam - mere, mich dennoch unterſtanden, den nah - men eines ſo groſſen helden und fuͤrſten, in derowerthe -284von denen unterſchiedenen artenwertheſten verſamlung zu verehren. Allein, Alexander wuͤnſcht nur darum ſein leben vom Homero beſchrieben der nachwelt zu ſchencken, damit eine fabelhaffte feder ſeinen thaten gleichſam ein vergroͤſſerungs-glaß geben moͤ - ge und Auguſtus hat nur darum ein gefallen an der Aeneis Virgilii, weil er ihn darinn zum anverwandten der goͤtter zu machen bemuͤhet iſt. Und ich habe mit fleiß den groſſen Fr. W. zum inhalt meiner rede erkieſet. Fehlt es mir ſonſt an artigen erfindungen, ſo nehme ich an deren ſtatt die thaten und tugenden dieſes theureſten hauptes, finde ich einen mangel bey mir wohlausgeſuchter worte, ſo darf ich nur ſein glorwuͤrdigſtes leben durchgehen, ſo werde an praͤchtigredenden gedancken einen uberfluß haben. Billich beklagen ſich die be - redteſten redner, wenn ſie von goͤttern auf er - den reden wollen, daß es ihnen gehe, wie den ſchnecken, die weder hertz noch zunge haben, denn ſie wollen loben, ich will nur erzehlen. Sie machen es wie Zeuxis, welcher wenn er die Venerem mahlen ſoll, alle ſchoͤnheiten des gantzen griechen-landes ſamlet, und von einer ieden etwas goͤttliches ſeinen gemaͤhlde einver - leibet. Sie ſuchen die tugenden anderer po - tentaten auf, und wenden ſolche zu ihren ge - brauch an. Jch darf nur wenn ich vom groſſen Fr. W. reden will, den groſſen Fr. W. be - trachten, denn an ihm finde ich alle fuͤrſtliche tugenden, und was ich an ihm finde, ſindfuͤrſt -285des ſtili inſonderheit. fuͤrſtliche tugenden. Ubrigens wird deſſen im - mergruͤnender lorbeer dadurch nicht verwel - cken, wenn ich ſolchen mit unreiner hand be - ruͤhre, und ſein bild mit etwas ungeſchick - ten farben und zitternden ſtrichen zu entſchat - ten, mich erkuͤhne, wo mich H. A. von dero geneigten aufmercken und urtheil in meinem unternehmen begleitet ſehe. Die in allen menſchlichen verrichtungen ihre befehle aus - theilende unbeſtaͤndigkeit, hat auch der maͤch - tigſten ſtaaten nicht geſchonet. Und ich ver - wundere mich nicht, wenn die alten behauptet, daß nach dem bilde der faſt circulrunden er - den, alle ſachen und reiche circulsweiſe, nach - dem das wanckende gluͤck das unbeſtaͤndige rad drehet, ihren lauf fuͤhreten, die erfahrung giebet ihnen beyfall. Jch rede nicht von dem gaͤntzlichen untergehen alter und friſchem auf - gehen neuer reiche, ſondern nur von denen veraͤnderungen die in bereits eingerichten ſtaa - ten ſich zutragen. Bald muß ſich das freye Portugall zu dem Spaniſchen ioche beque - men, da es kurtz vorhero unter eignen koͤnigen Mohren und Spaniern getrotzet: Bald aber entlaſtet es ſich deſſelben, u. beginnet zu voriger hoheit zu ſchreiten. Unter denen regenten ſelbſt findet ſich ein beſtaͤndiger wechſel. Wie an dem ſtern-himmel, ſterne welche kurtz vorher ihr funckelndes licht unſerm geſichts-kreiß ge - wieſen, endlich ſich zum untergange neigen, und wie ſich bey denen reineſten fixſternen, baldaus -286von denen unterſchiedenen artenausſchweiffende planeten, bald auch erſchre - ckende cometen einfinden, alſo wird man an den regenten-himmel groſſer laͤnder beydes wahrnehmen. Scufzete ehemahls religion und freyheit Britanniens, unter einer paͤbſti - ſchen Maria: So folget gleich eine tapfere Semiramis und großmuͤthige Zenobia die Eliſabeth, welche ihr land mit bluͤhenden zei - ten, ihre unterthanen mit ſieges-kraͤntzen, ſich ſelber aber mit einem unſterblichen ruhme be - zeichnet. Hatte hingegen Carolus der V. die Spaniſche Monarchie, auf den hoͤchſten gip - fel der vollkommenheit getrieben, ſo verlieret ein ungluͤcklicher Philippus unter ſeinen nachfolgern, die meiſten und koſtbarſten edel - ſteine aus ſeiner krone, durch die von ſeinem rei - che geſpaltene provinzen. Der Branden - burgiſche adler ſcheinet in beyden ſtuͤcken, et - was goͤttliches, und fuͤr andern ſonderbahres an ſich zu haben. Unter ſeinen beſitzern findet ſich in 900. iahren, ſo lange ſie unter die Teut - ſchen printzen gezehlet worden, keiner, der nicht wuͤrdig geweſen waͤre kronen gold zu tragen, und ein herr unzehlicher laͤnder zu ſeyn, ob ſchon das verhaͤngniß ſolches biß in die letzten zeiten fuͤr ihnen geſparet. Keiner von ſeinen durch - laͤuchtigſten Churfuͤrſten, hat unter den geſetzen der vormundſchaft regieren gelernet, weil auch die iuͤngſten hiezu geſchickt waren. Und ein kluger Frid. II. ſchlaͤgt gar 2 ihm angebotene kronen, die Pohlniſche und Boͤhmiſche groß -muͤ -287des ſtili inſonderheit. muͤthigſt aus. Sein durchlauchtigſter ſtaat iſt deshalben von dem himmel mit ſo guͤtigen augen angeſchauet worden, daß er in dieſer langen zeit, keine ungluͤckliche zufaͤlle erfahren, ſondern in beſtaͤndigen wachsthum, biß dieſe ſtunde ſeinen glantz erhalten. Sonderlich iſt der gluͤckliche nahme Friederich demſelbigen ein beſtaͤndiges merckmahl zuwachſender ho - heiten und ſich vermehrender laͤnder geweſen: Ob ſchon auch ein tapferer Albertus mit den degen ſeinen nahmen in das buch der ewigkeit als ein Teutſcher Achilles angeſchrieben, und ein weiſer Joachimus durch den nahmen eines Teutſchen Neſtoris ſich verewiget. Viele potentaten wiſſen auch was ihnen ſonſt nicht zukoͤm̃t, mit blut und todt draͤuenden ſchwerdte ihnen zuzueignen: Brandenburg allein, hat meiſtens unter den friedlichen palmen, ſeiner gerechtigkeit belohnung, in ſo erwuͤnſchten zu - wachſe gefunden. Und aus dem Branden - burgiſchen gluͤcks-topfe, haben auch andere die fuͤrtreflichſtẽ loſe gezogen. Rudolph von Habs - burg ſtamm-vater des maͤchtigſten Oeſter - reichiſchen hauſes, hat die kaͤyſerliche wuͤrde am meiſten einen Brandenburgiſchen Friederich zu dancken, welchem die danckbare nachwelt den nahmen eines edlen beygeleget. Und eben dieſer erwarb auf dem Reichs-tage zu Acken, fuͤr ſich und ſeine durchlauchtigſte erben das Burggrafthum Nuͤrnberg. Carolus der IIII. hatte es niemand anders zuzuſchreiben, daß erden288von denen unterſchiedenen artenden koͤniglich Boͤhmiſchen mit dem kaͤyſerlichen reichs-apfel vertauſchen konte, als einem Brandenburgiſchen Friedrich, welches er ſelbſt erkannte, wenn er die hoͤchſte gewalt der Chriſtenheit bey ſeiner abweſenheit in deſſen haͤnde uͤberlieferte, und deſſen wapen durch den beſitz vieler ſtaͤdte vergroͤſſerte. Ein andrer Friderich ſtuͤtzte die durch krieg und unruhe er - ſchuͤtterte krone auf dem haupte Sigismundi, und ſetzte dafuͤr den churhut ſeiner Hohenzolle - riſchen Familie auf, welcher mit dem Bran - denburgiſchen ſcepter vergeſellſchaftet, koͤni - glichen kronen den rang nunmehro zweiffelhaf - tig machte. Die meiſten von den vor-eltern unſers groſſen Fr. W. will ich andern anzu - fuͤhren uͤberlaſſen, denn ich habe bereits dar - gethan, daß er die weiſeſten und tapferſten printzen Europae, unter ſelbigen zehle und daß es wahr ſey, das adler nur adler zeugen koͤnnen. Nur des durchlaͤuchtigen vaters, des großmuͤ - thigen Georg Wilhelm muß ich erwehnung thun, welcher bey der tauffe, unſers groſſen Fr. Wilhelms nicht zugeben wolte, daß deſſen hohe pathen ihm das ſo genannte pathen-geld einbinden ſolten, um gleichſam zu verſtehen zu geben, es wuͤrde derſelbe einmahl von keinem andern die federn leihen duͤrfen, ſeinen adler auszuſchmuͤcken. Er war der einzige printz in welchem die tugenden aller durchlaͤuchtigſten vorfahren ſich geſamlet und die hofnung ſo vie - ler laͤnder beruhete. Denn es war nicht noͤ -thig289des ſtili inſonderheit. thig daß er geſchwiſter hatte, weil die glor - wuͤrdigſten eltern ſchon alles in ihm dem groſ - ſen Teutſchen Reich, ia gantz Europae gege - ben hatten. Doch weder die verdienſte der el - tern, noch die gluͤckverheiſſende geburts ſtun - de iſt vermoͤgend, den ſchaden zu erſetzen, wenn eine verderbte auferziehung die bluͤten der tu - gend in dem blute der iahre erſticket, und Ti - berius ziehet an dem Caligula der ſtadt Rom eine giftige ſchlange, und der welt einen unbe - ſonnenen Phaͤeton auf. Fridrichs W. hoher geiſt brauchte zwar nicht, auf den tugend-weg geleitet zu werden, wozu er ſelbſt einen innern trieb fuͤhlete, doch kan ich nicht leugnen, daß die kluge aufſicht, des um ſeine auferziehung ſich hoͤchſt verdientmachenden Joh. v. der Burg und deſſen geſchickte unterweiſung, ein merck - liches beygetragen, die in ihm gelegte faͤhigkeit des verſtandes vollkommen zu machen, und die herliche begierde zur tugend zu vergroͤſſern. Hie - durch wurde er geſchickt dem Auguſto nachzu - ahmen, und den regiments-ſtab im 20ſten iah - re ſeines alters, als der großmuͤthige Georg Wilhelm aus der welt gieng, beydes zu ergreif - fen und kluͤglich zu fuͤhren, denn dadurch eroͤf - nete ihm das guͤtige ſchickſahl die thuͤre, zu ei - ner faſt 50 iaͤhrigen regierung. Und hie weiß ich nicht, ob ich erſt ſeinen ſo weißlich gefuͤhr - ten ſcepter, oder ſeinen den feinden er - ſchrecklichen, freunden aber erfreulichen, degen, oder ſein wohlbeſtelltes fuͤrſt -Tliches290von denen unterſchiedenen artenliches hauß und geſegnete ehen ſoll fuͤrſtellig machen. Viele welchen geburt und gluͤck fuͤrſtliche huͤte aufſetzet wiſſen zwar wohl ihre unterthanen zu regieren, allein nicht ſo wohl ihren feinden einen blitzenden ſebel zu zeigen. Andere ſind nur zum kriegen gebohren, und ſind geſchickt den harniſch, nicht aber ſo wohl die regierungs laſt zu tragen. Wieder an - dere, koͤnnen ſo wohl denen feinden als ihren unterthanen geſetze fuͤrſchreiben, ſind aber in ihren vermaͤhlungen ungluͤcklich, oder koͤnnen ihre reiche mit tuͤchtigen nachfolgern nicht ver - ſehen. Allein in unſerm theureſten Fr. W. finde ich alles, was zu kluger einrichtung der regierung ſeiner laͤnder, zu den eigenſchaften ei - nes ſo tapfern als gluͤcklichen feldherrns, und zur ausbreitung ſeiner durchlauchtigſten Fami - lie kan gerechnet werden. Die gottes-furcht iſt die vornehmſte, ia die mutter aller regierungs - tugenden, als welche von ihr abſtammen, und wer derſelben ſein hertz zur behauſung ange - wieſen, iſt dem Cocos-baum gleich, welcher nicht nur mit gruͤnenden blaͤttern, ſondern mit nutzbaren fruͤchten, ſeinen ſtamm durch das gantze iahr zieret. Und unter den nachfolgern Rudolphi Habſpurgici ſind dieienigen am gluͤcklichſten, und haben ihnen die meiſten ſie - geskraͤntze geflochten, welche der gottes-furcht am meiſten ergeben geweſen. Unſern gottes - fuͤrchtigen Fr. W. finden wir in denen gehei - ligten wohnungen des hoͤchſten, als einen an -daͤch291des ſtili inſonderheit. daͤchtigen und fleißigen zuhoͤrer goͤttlicher wahrheiten. Denn es wird nicht nur unter die tugenden gemeiner leute, ſondern auch fuͤrſtlicher perſonen gezehlet, gottes wort mit gebuͤhrender aufmerckſamkeit beehren. Und da es nicht nur denen geiſtlichen ſeelſorgern zu - koͤmmt, ihr hertz zu einem bet-altar dem hoͤch - ſten zu wiedmen, ſondern vielmehr gekroͤnten haͤuptern geziemet, fuͤr den geſegneten wohl - ſtand ihres hauſes und unterthanen, mit goͤttli - cher maieſtaͤt zu berathſchlagen, ſo erblicken wir unſern Fr. W. nicht nur in ſeinem bet-zim - mer, ſondern auch im felde, als einen andaͤch - tigen beter, und ich zweiffele, ob er mehr durch ſeinen tapfern arm oder eyfriges gebet die feinde fliehen heiſſen. Der todt ſeiner hoͤchſt - geliebten gemahlin, ſeines printzen CarlAemils, auf welchen die frohen unterthanen bereits ihre hofnungs-augen gerichtet hatten, ia ſeiner andern durchlaͤuchtigſten printzen und prinzeſ - ſinnen, welches ſolche dinge ſind, die auch das hertzhafteſte gemuͤthe beugen koͤnnen, werden von ihm mit ſtandhafter gelaſ - ſenheit in den willen gottes ertragen. Bezeu - get die wahrhafte feder kluger geſchichtſchrei - ber vom Alberto dem V. marggrafen zu Bran - denburg, daß man durch ſein gantzes leben ihn nicht fluchen oder ſchweren hoͤren, ſo wird wer Fr. W. leben beſchreiben will, eben dieſes von ihm hineinzuſetzen nicht vergeſſen muͤſſen. T 2Man292von denen unterſchiedenen artenMan lieſet nicht minder vom Fr. W. als vom Alberto I. herzog in Preuſſen daß ſie die diener des hoͤchſten in ſonderbahren ehren ge - halten. Und hat er zwar nicht 1000. kirchen der Marien zu ehren, wie Jacobus der I. in Arra - gonien, erbauet, und ſo viel ſchulen als buch - ſtaben im A B C. wie Carolus M. ſo hat er doch unzehliche in bluͤhenden ſtande erhalten und verbeſſert; Denn es iſt eine groͤſſere kunſt etwas wohlgeſtiftetes unterhalten, als etwas ſtiften. (In omni genere impenſarum, pleri - que noua opera fortius auſpicantur, quam tuentur perfecta. Colum. Lib. IIII. cap III.) Die fuͤrſtliche gerechtigkeit iſt eine tochter der gottesfurcht, und ein ſtern welcher von derſel - ben angezuͤndet, den boͤſen zum grabe, den lo - bens-wuͤrdigen zu belohnungen leuchtet. Und es ſcheinet der allerdurchlauchtigſte nachfolger und erbe, ſo wohl der reiche als tugenden Fr. W. habe keine tugend ſo ſehr an ſeinen durch - lauchtigſten vater zu bewundern gehabt als dieſe, da er die worte zu ſeinen koͤniglichen denckſpruch erwehlet: Einem ieden das ſeine. Denn gewiß, iſt etwas, welches den ruhm fuͤrſtlicher tugenden biß an die ſterne zu erhoͤ - hen vermoͤgend iſt, ſo iſt es die gerechtigkeit. Sie ſchencket denen unteꝛthanen die angenehm - ſte ruhe, denen veraͤchtern goͤttlicher und menſch - licher ausſpruͤche, und ruhmwuͤrdigen ge - muͤthern theilet ſie ihre gehoͤrige belohnungen aus, ienen zwar dieſteln und dornen dieſenpalmen293des ſtili inſonderheit. palmen und roſen, feinden ſelbſt iaget ſie ein Paniſches erſchuͤttern ein. Was chur-fuͤrſt Joh. Georg einer von Fr. W. durchlaͤuchtig - ſten ahnen, zu ſeinem ihn um recht und huͤlffe anflehenden unterthanen ſagte: Wenñ du hey - de und Tuͤrcke waͤreſt ſolte dir geholffen wer - den, geſchweige da du mein unterthan biſt: Das erfuͤllete er in ſeinen verrichtungen. Fa - bricius der edle Roͤmer, offenbahret dem tap - fern Pyrrho großmuͤtig, wie er eine giftige natter in ſeinem buſen hege, indem ihn ſein leib - artzt umbringen wolte, und dieſer konte nicht anders, als in dieſe worte ausbrechen: Jch wolte ehe glauben, daß die ſonne von ihrem lauffe, als der tugend-liebende Fabricius von ſeiner gerechtigkeit abzubringen ſey. Ein ge - rechter Fr. W. verachtet nicht minder das an - erbieten eines verraͤtheriſchen Frantzoſen, wel - cher durch die abſchlachtung ſeines feld-herrn des beruͤhmten Turenne, ihm eine fette Heca - tombe zu opfern gedencket, ſondern beſtraffet auch ſolches durch uͤberliefferung dieſes boͤſe - wichts zur gehoͤrigen rache, und er verdienet mehr lobes-erhebungen als der Roͤmiſche buͤr - germeiſter. Denn iener will nicht, daß maͤch - tige laͤder ihres koͤniges und unzehliche ſolda - ten ihres oberhauptes, verraͤtheriſcher weiſe be - raubet werden, ſondern er vielmehr uͤber einen lebendigen Pyrrhum triumphiren koͤnne, und Fr. W. verlanget auch nicht durch den hinter - liſtigen todt eines generals, auf welchen beyT 3wei -294von denen unterſchiedenen artenweiten nicht ſo viel beruhete, und dergleichen Fꝛanckreich mehr hatte, ſeinen ſieg zu befoͤrdeꝛn. Nicht nur Arcadius und Honorius, ſondern auch Fr. W. ſind nicht allein fuͤr ſich tugend - haft, ſondern laſſen auch keinen an ihren hoͤ - fen zu befoͤrderungen und ehren-ſtellen gelan - gen, der nicht die tugend an ſtatt des adels - briefes aufweiſen kan. Und dieſes iſt eines der vornehmſten kennzeichen, der hohen gaben ei - nes regenten, wenn er tugendhafte diener auf - ſuchet und erhoͤhet. Titus hielt es vor eine ſeinen thron ſtuͤtzende maxime: kein unterthan muͤſſe von demſelbigen mit betruͤbten gemuͤthe und verduͤſterten geſichte zuruͤck kommen. Maxi - milianus R. K. ſagte: die ertzherzoge von Oe - ſtereich haben mehr durch freygebigkeit erwor - ben, als durch kargheit. Die freundliche gut - thaͤtigkeit und fuͤrſtliche milde Fr. W. hat ſei - nen landen nicht geſchadet, ſondern ſie viel - mehr bevoͤlckert, die handlungen vergroͤſſert, und die manufackturen in ſolchen ſtand ge - ſetzt, darinnen ſie allen andern nationen trotz bieten koͤnnen. Die fuͤr der Frantzoͤiſchen dragoner bekehrung fliehende Hugenotten und in das iaͤmmerlichſte elend verbannete Reformirte, finden unter den fluͤgeln des frey - gebigen Brandenburgiſchen adlers, nicht nur ſchutz, ſondern auch ihre zerſtoͤrte tempel, ihre verbrandte wohnungen und ihre geraubte guͤter reichlich und praͤchtig wieder. Und dieſe ſo viel 1000 ihrer ſeyn, muͤſſen aufrichtigezeug -295des ſtili inſonderheit. zeugniſſe abgeben, der ungemeinen liebe und freundlichkeit Fr. W. ob ſie wohl ſelbige nicht ſo lange genieſſen koͤnnen, als die eingebohrnen unterthanen. Ja verhaſte feinde muͤſſen die angebohrne gnade des huldreichen Fr. W. bewundern, da er an ihnen keine rache uͤbet, ob er ſie ſchon in ſeinen haͤnden hat. Viele fuͤrſten, ja was ſage ich fuͤrſten, die meiſten privat-perſonen, wiſſen ihre zeit, ich will nicht ſagen mit unzulaͤslichen dingen, ſondern mit unnuͤtzlichen kleinigkeiten zu verſchleudern: Und ein in gantz Griechen-land fuͤr weiſe ge - haltener Plato, muß in ſeinem alter die uͤble verſchwendung ſeiner zeit beſeufzen. Fr. Wil - helms langes leben, weiß von keiner uͤbelan - gewandten ſtunde. Miſſet einer von ſeinen durchlauchtigſten ſtamm-vaͤtern, der weiſe churfuͤrſt Johannes, ſeine tage ſo ab, daß nicht eine minute vergebens angewandt wird, ſo thut er es ihm hierinne gleich. Die ſtun - den des tages, welche ihm von denen unter - redungen mit GOtt und goͤttlichen verrich - tungen uͤbrig bleiben, werden einer preißwuͤr - digen ſorge und liebe der unterthanen, denen von unſerm groſſen Fr. W. hoͤchſtgeliebten ſtudiis, der wohlfahrt des gantzen Teutſchen Reiches, ja des weiten Europae aufgeopfert. Denn er konte als ein vater, vermehrer, und maͤchtiger beſchuͤtzer, von allen angeſehen wer - den. Printzen welche geſetz-geber und ſtadt - halter des hoͤchſten geſetz-gebers in der unter -T 4welt296von denen unterſchiedenen artenwelt ſind, haben zwar nicht noͤthig, ihren fuͤrſt - lichen purpur, durch die geſetze einſchrencken zu laſſen. Doch wenn ſie in ſelbige einen verwege - nen eingriff thun, muß ſolcher zu einer quelle unzehlicher ungluͤcklicher zufaͤlle werden. Un - ſer groſſe Fr. W. brauchte es ebenfals nicht ihm gewiſſe regeln zu ſtecken: Doch er war ein lebendiges geſetze ſeinen unterthanen und ein heller ſpiegel, woraus andere eine fuͤrſtli - che auffuͤhrung mit offnen augen leſen ſolten. Jn ſeiner reſidentz wird man keinen altar dem Baccho aufgerichtet finden, und folglich wird ihr die unkeuſche Venus keinẽ winckel zueignen duͤrffen. Denn dieſe beyde haben ſich ver - ſchworen, allezeit mit geſamter hand, die woh - nungen der maͤßigkeit und keuſchheit, und die ſuͤſſe ruhe menſchlicher gemuͤther zu zerſtoͤren. Allein was gewinnet er dadurch ſonderbah - res, fuͤr denenienigen, welche ihnen wie den beſoffnen Pacuvio faſt taͤglich koͤnten zuruf - fen laſſen: vixit? dieſes, daß ihn die durch maͤßigkeit erhaltene natur, ſeine jahre, biß an das vom Moſe dem ſterblichen leben vor - geſetzte ziel, hinanzehlen laͤſſet und die ehrlie - bende nach-welt den ſchimmer ſeines gantzen allerdurchlauchtigſten hauſes, welches ſich durch dieſe tugenden inſonderheit von vielen andern unterſchieden, in ihm allein kaum gnug - ſam bewundern kan. Er konte wie Auguſtus, als er das 43 jahr ſeiner hoͤchſtloͤblichen regie - rung zehlete, das groſſe ſtuffen jahr, menſch -liches297des ſtili inſonderheit. lichen alters ungehindert uͤberſteigen, und in ſeinem 67 jahre ſeiner armee ſich zu pferde zei - gen. Wie die roſen ihren purpur ſo wohl, als angenehmen geruch und blaͤtter verlieren, wenn ein ungeſtuͤmer platz-regen ſie uͤberfaͤllet, hingegen allezeit durch einen maͤßigen thau veriuͤngen koͤnnen; alſo behalten die wangen ihre farbe, die menſchliche natur ihre kraͤfte, wenn man ſolche fuͤr gewaltſamer unmaͤßig - keit bewahret. Die ſtrahlen der ſonne ſind ſo durchdringend, und ihre waͤrme ſo kraͤftig, daß man in allen dingen ihre nutzbare wuͤr - ckung ſpuͤhret, doch iſt eine regenſchwangere wolcke gnug, beydes zuverhindern und die erde in kalte ſchatten zu ſtellen. Und alle hohe be - gabniſſe einer fuͤrſtlichen ſonne, koͤnnen durch unmaͤßigkeit, in dunckeln flor eingehuͤllet wer - den. Nun verwundere man ſich nicht, wenn er das aufmercken der vernuͤnftigen welt, ia verwegner barbaren auf ſich und ſeine tapfern thaten gezogen. Jndem ich ſeiner anderer hel - den uͤberſteigende verrichtungen mich erinnere, und einen blick in die mit ſeinen ſieges-zeichen bedeckte felder thue, ſo werde den beruͤhmteſten kuͤnſtlern nachahmen, welche nur groſſe ſchlach - ten und begebenheiten, abzuſchildern belieben tragen. Sonſt wuͤrde es ihnen H. und H. an - weſende nicht an geduld, mir auch nicht an wort und ſachen, wohl aber an der zeit fehlen, denn hier fallen uns mit ſeinen heldenmuͤthi - gen bemuͤhungen, alle hochfuͤrſtliche tugendenT 5unſers298von denen unterſchiedenen artenunſers groſſen Fr. W. in die augen. Die nachkommen haben nicht nur an den muͤntzen ein gedaͤchtniß ſeiner tapferkeit, auf welchen man ihn: Electorem regibus parem, Achil - lem Germánicum, Patrem caſtrorum, be - nennet, ſondern gantze laͤnder und voͤlcker ſind lebendige muͤntzen, in welchen er mit blutigen ſtahle eben dieſes gepraͤget. Das unbaͤndige Pohlen, das rauhe Schwedẽ, das ſtoltze Franck - reich, die Ottomaniſche pforte, haben dieſes mehr als einmahl erfahren. Denn er gieng nur wieder dieienigen zu felde, welche zugleich ſeine und des Teutſchen Reichs, ſeines vaterlan - des feinde ſeyn wolten. Antonini wahlſpruch war: Malo ſeruare ciuem vnum, quam mil - le hoſtes perdere, und was des groſſen Fr. W. ſinn hiebey geweſen, koͤnnen wir auff der muͤntze leſen, welche uns ihn in voͤlliger ruͤ - ſtung mit bekraͤntzten haupte und die - ſer umſchrifft zeiget: Ob cives ſerva - tos. Sein allerdurchlaͤuchtigſter Herr va - ter uͤberließ ihm das ſteuerruder der regierung, da gantz Teutſchland von den wuͤ - tenden krieges-wellen erbaͤrmlich erſchuͤttert und ſeine laͤnder von unzehlichen feindlichen winden beſtrichen wurden, doch ſo bald es ſeine tapfere fauſt ergriffen, konte man ſagen: Noli timere nauta caeſarem vehis. Es wurde zwar bald nach ſeiner angetretenen regierung eine ungemeine ſtille, durch den Weſtphaͤliſchen friedens-ſchluß, und die Martis ſoͤhne ſtecktenihre299des ſtili inſonderheit. ihre blutige ſchwerdter ein. Doch dieſer war nicht anders anzuſehn, als ein vorbote eines ebenfallß groſſen ungewitters, und erſchreckli - chen darauf erfolgten krieges. Der ungluͤck - liche Pohlniſche Joh. Caſimir, haͤtte bey nahe hierinne kron und ſcepter, land und leute ein - gebuͤſſet, als der mit dem Schwediſchen loͤwen verbundene Brandenburgiſche adler, ihn gantz erzuͤrnet anfiel. Die Warſchauiſche felder ſind nicht minder als die Catalauniſchen be - ruͤhmt worden, weil in dieſen ein nichtiger ehr - geitz das commando fuͤhrte und beyde theile einander faſt gleich waren: Jn ienem aber der tapfere Fr. W. mit einem geringen volcke, al - len Pohlniſchen adel, die groͤſten horden er - grimmter Tartarn, und die wilden trouppen gepanzerter Huſaren, auf einmahl vor ſich her fliehen ſahe. Ein Brandenburgiſcher muſte wie - der 6. feindliche armee kaͤmpfen, denn der un - erſchrockene Fr. W. frug niemahls wie ſtarck der feind waͤre, ſondern wo er ſich aufhielte. Die groſſe anzahl der feinde machte den krieg ſchwer, aber den ſieg deſto groͤſſer und die fruͤch - te deſſelben deſto vollkommener. Er ſchreckte die Polniſche republique alſo, daß ſie ihm die oberherꝛſchaft von Preuſſen freywillig uͤberlieſ - ſe. Eine ſache, welche ſie vordem mit blut und todt, gantz verſtockt zu behaupten gewoh - net war. Und ehe er noch ſeine ſieghafte pal - men in oliven kraͤntze verwandeln konte, wieſe er einer dem Teutſchen Reiche ungetreuen kro -ne,300von denen unterſchiedenen artenne, daß Fr. W. nicht nur uͤber fluͤchtige Pohlen, ſondern auch ſonſt feſt ſtehende Schweden triumphiren koͤnne. Er war allezeit bey ſeiner armee gegenwaͤr - tig, da ſonſt andere printzen, und nicht un - billich, ihre geheiligte perſon denen feindlichen kugeln ſelten bloß geben. Wolte alſo dem erſten Achilli ſeines hauſes Alberto nichts nachgeben, welcher wie ein grimmiger loͤwe ein - ſten durch die feindliche glieder drang und ihre hauptfahne mit dieſen worten ergrif: Jn der welt iſt kein ſo ruͤhmlicher ort, da ich meines le - bens ende ſuchen kan, als hier. Nur thut es Fr. W. mit dem unterſcheid, nicht daß er wie iener ſeine leute von der flucht zum ſiegen brin - get, ſondern damit ſein heldenmuth auch uͤber die ſeinen ſich ergieſſe, und er ſelbige zu einer zeit anruͤcken und die feinde fliehen heiſſen koͤnne. Doch wieder den erb-feind Chriſtliches nah - mens, hat er ſeine geheiligte perſon nicht be - muͤhet, denn es war genung, daß er ſeine waf - fen dem tapfern Schoͤning liehe, fuͤr welche die barbarn eben ſo wohl flohen, als die verzweif - felten Troianer fuͤr dem Patroclo, welcher dem Achilli ſeinen panzer und ſchild abgebor - get. Vereinigte ſeine hohe gegenwart, ſeine und des Reichs voͤlcker wieder das hochmuͤthige Franckreich, ſo war er ein ſarder, welcher der naturkuͤndiger bericht zu folge, die furcht ver - treibt. Der ſtaat der vereinigten Niederlaͤn - der, waͤre nimmermehr zu ſeinen verlohrnenſtaͤdten301des ſtili inſonderheit. ſtaͤdten gelanget, ia haͤtte vielmehr ſeine ande - re welt Amſterdam uͤber dieſe hingegeben, wenn nur nicht Fr. W. großmuͤthige gewohn - heit waͤre geweſen, bedraͤngten huͤlfreichbeyzu - ſpringen. Denn Fr. W. bemuͤhungen mach - ten es, daß die in den Niederlanden aufgehende Galliſche after-ſonne ſo bald untergehen muſte, als ſie aufgegangen ware. Hiebey ſcheu - ete er nicht den unerſetzlichen ſchaden, worinn er ſeine laͤnder ſetzen muſte, denn er glaubte, daß es beſſer ſey, ſelbige auf eine kurtze zeit in gefahr laſſen, als in langwieriges ungluͤck ſtuͤrtzen, und dieſes letztere waͤre unfehlbar erfolget, wenn er zugegeben haͤtte, daß die um ſich greif - fenden Bourbonier ſeine naͤchſte nachbarn wor - den waͤren. Was hat nicht ſein eyffer fuͤr Leopoldi thron, und die Teutſche freyheit vor wunder dinge ausgerichtet, wenn er als ein ge - treuer Reichs-patriote, den harniſch wieder eben dies unruhige Franckreich angeleget? Den groſſen Ludwig welcher Teutſchlande unaufhoͤrlich mit ſeinen veraͤchtlichen feſ - ſeln drohete, trieb er alſo in die enge, daß er ſich nach fremder potentaten huͤlffe aͤngſtiglich umſehen muſte. Schweden ſolte der tapferkeit des groſſen Fr. W. zum falle werden, und indem es in die Branden - burgiſchen laͤnder fiel, dem beaͤngſtigten Franckreich huͤlffe ſchaffen. Allein hier machte der himmel erſt recht einen bewundernswuͤrdi - gen anfang die Brandenburgiſchen waffen zuſegnen302von denen unterſchiedenen artenſegnen. Es war als wenn ſie erſt ietzo be - haupten ſolten, daß wie die Teutſchen unter allen voͤlckern, die Brandenburger unter den Teutſchen, welches den Roͤmern ſchon eine un - ſtreitige wahrheit hieß, alſo Fr. W. unter ſeinen Brandenburgern der edelſte und tapfer - ſte waͤre. (ſiehe des Herrn von Beſſers ſchrif - ten p. 69) hatte der groſſe Fr. W. bißher als ein behutſamer Fabius, die Teutſchen ſachen am Rheinſtrome zu vorigen kraͤften gebracht, ſo bewieß er nun an der Oder, daß er ein blitzen - der Marcellus ſey. Die Schwediſche loͤwen - brut hatte ihn kaum geſehen, als er ſie geſchla - gen. Denn wenn ſie geglaubt haͤtten, Fr. W. lebte noch, wuͤrden ſie ſich nimmermehr, als eine unertraͤgliche laſt ſeinen unterthanen auf - gebuͤrdet und den adler in ſeinen ſitz beunruhi - get haben. Fehrbellin wird uns noch ietzo die gegend weiſen, welche er mit feindlichen lei - chen beſaͤet hat, nachdem er allein mit ſeiner abgematteten reuterey, das ausgeruhete und in ſeinem vortheil ſtehende Schwediſche heer, behertzt angegriffen und gluͤcklich geſchlagen. Hierauf wurde in dreyen tagen ſein land von den feinden geſaͤubert, der krieg in ihr eigen land geweltzet, und in jahres-friſt ſahe man den beſten theil davon in den haͤnden des groſſen chur-fuͤrſten. Ein kuͤhner hertzog von Friedland beaͤngſtiget Stꝛalſund gantzeꝛ 4 wo - chen lang, und meint es zu erobern, wenn es auch mit ketten am himmel angeheftet waͤre,muß303des ſtili inſonderheit. muß aber dennoch beſchaͤmt davon ziehen, ein tapfferer Fr. W. braucht nur 24 ſtunden, ſo bringt man ihm die ſchluͤſſel entgegen. Ja als der Schwediſche Horn das entlegene Preuſſen beunruhigen will, muß dem tapfern beſitzer deſ - ſelben, der harte winter eine eißbruͤcke uͤber das groſſe meer legen, damit er ohne ſaͤumniß ſeine bedraͤngten unterthanen erloͤſen, und ſeine ſoldaten auf geſchwinden ſchlitten zu ih - ren ſieges kraͤntzen eilen koͤnnen. So weiß der erzuͤrnte himmel unrechtmaͤßigen friedens - bruch zu beſtraffen, und hingegen die gerechten waffen kriegeriſcher printzen zu bekroͤnen. Will man hierauf nach dem verderblichen blut - vergieſſen die feindſchaft verbannen, und der erden eine angenehme ruhe ſchencken, ſo achtet er die belohnung ſeiner tapferkeit, die mit dem degen eroberte laͤnder nicht, dieſelbe gleichfals zu befoͤrdern. Laͤnder welche ihn ſonſt erblich zu gehoͤrten, und ihn ietzo zum andernmahl als ihren uͤberwinder und beſitzer angenommen hatten, waren ihm nicht ſo angenehm, als die bloſſe hoffnung dasienige zu erhalten, woruͤ - ber der todt erſt ſprechen ſolte, weil er hiedurch die ruhe des Reichs wiederherſtellete. Hier be - mercken wir billig die großmuth des groſſen Fr. W. mit welcher er erdultet, daß ihn die - ienigen unbilliger weiſe verlieſſen, deren wohl - fahrt aus dem verderben zu reiſſen er ſeine eigene in die ſchantze geſchlagen. Al - lein der groͤſte triumph wird alsdenn bil -lich204[304]von denen unterſchiedenen artenlich angeſtellet, wenn man ſich ſelbſten beſieget, und dem groſſen Fr. W. werden es hierinn wenig gleich, keiner aber zuvorthun koͤnnen. Der erzuͤrnte himmel wolte ihn darum der un - danckbahren welt nicht mehr goͤnnen, ſondern zur ruhe bringen, und der 29 April des 1688 jah - res war der tag, da der unſterbliche Fr. W. den chur-hut ſeinem durchlaͤuchtigſten Fridrich den weiſen aufſetzte, und von der hand des hoͤch - ſten die himliſche krone erlangte. Eben zu ei - ner ſolchen zeit da das bundbruͤchige Franck - reich den Teutſchen boden mit feuer und ſchwerdt barbariſcher weiſe betrat, und nur durch die Brandenburgiſchen adler konte ge - ſchrecket werden. Jch wolte zwar wuͤnſchen daß der tag ſeines todes aus den jahr-buͤchern getilget wuͤrde, allein hierdurch wuͤrde ich der tugend des groſſen Fr. W. zu nahe treten, indem er eben denſelben mit dem groͤſten ſiege bezeichnet. Die wegen ihrer erfahrung in der ſtern-wiſſenſchafft uͤberall beſchriene Aegyptier haben geurtheilet, daß die leuchtende ſterne im aufgange eine ſonderbare vermehrung ih - rer kraͤfte ſpuͤhreten, hingegen mit ihrem un - tergange licht und glantz verloͤhren. Sie haben hierinnen gewaltig geirret, und dieie - nigen irren noch mehr, welche vermeinen un - ſer glorwuͤrdigſter Fr. W. habe ſein tapferes leben mit keinem großmuͤthigen tode verſie - gelt. Er hatte in ſo viel gewonnenen ſchlach - ten, die letzte ſtunden ſeines lebens ihm zurgnuͤge305des ſtili inſonderheitgnuͤge vor augen geſtellet, da an ſeiner ſeiten die treflichſten leute durch gewaltſame ſtuͤckkugeln weg, und aus dem lande der lebendigen hin - geriſſen worden: Alſo war ihm dieſelbe als ei - ne vorher laͤngſt bekanteſchantze, leicht zu uͤber - ſteigen. Denn er leget mit der groͤſten gelaſ - ſenheit den fuͤrſtlichen purpur ab, uͤberreichet ſeinem erb-printzen den Brandenburgiſchẽ ſcep - ter, theilet ihm den kern vaͤterlicher und fuͤrſt - licher erinnerungen mit, und wird alſo indem er dem tode nachgiebt ein ſieger uͤber denſel - ben. Darum ſtirbt er nicht, ſondern veraͤn - dert nur ſeine durchlauchtigſte perſon in dem glorwuͤrdigſten nachfolger. Und die weiß - heit Friderichs des 3. iſt allein geſchickt, ſo vielen Brandenburgiſchen unterthanen, wenn ſie uͤber den hoͤchſtſeeligſten abſchied des ihnen unentbehrlichen Fr. W. in thraͤnen zerflieſſen wollen, die augen abzutrocknen. Denn es bleibt doch wohl feſt geſtellet, wenn der mund der wahrheit uns verſichert, wo ein tugend - hafter ſohn des vaters ſtelle erſetze, da empfin - de man daß erblaſſen deſſelben nicht. Der groſſe Fr. W. haͤtte keinen tuͤchtigern erben ſei - nen vermehrten laͤndern geben koͤnnen, als, denienigen der ſich bereits zum beſitzer aller vaͤterlichen tugenden gemacht hatte. Es wird auch deßwegen nicht nur wer ein Brandenbur - giſch, ſondern auch Teutſch geſinntes gemuͤthe heget, aus ſchuldigſter danckbarkeit ehren-tem - pel dem klugen Fr. W. aufzurichten ſich bear -Ubeiten.306von denen unterſchiedenen artenbeiten. Nimmermehr wuͤrde das weitlaͤufti - ge Spanien, in deſſen reichen die ſonne nie - mahls untergehet, nach ſo vielen ſtroͤmen ver - goſſenen bluts endlich doch unter die ſclaverey der Frantzoͤiſchen lilien gerathen ſeyn, wenn es ſeinem Carolo nicht an erben gemangelt haͤtte. Brandenburg ſiehet ſeinen thron mit vielen erben unterſtuͤtzet, und hat nichts von dieſem harten ungluͤcke gekoſtet. Der unſterb - liche Fr. W. iſt auch hierinn groß und begluͤckt. Er ſtellet zur ſicherheit ſeiner laͤnder, aus der erſten ehe mit einer ſchoͤnen Louiſa Henrietta Oraniſchen und koͤniglichen gebluͤts 6 zeugen ſeiner durchlaͤuchtigſten ehelichen verbindung dar, aus der andern mit einer behertzten und ihren groſſen Fr. W. auff dem Pommeriſchen kriegs-platz begleitenden Dorothea 7. Cedern muͤſſen nur mit cedern vergeſellſchaftet ſeyn und das ſchaͤtzbare gold laͤſt ſich mit veraͤchtli - chen bley nicht vermiſchen, man kan alſo leicht abnehmen was dieſes vor himmliſche Princes - ſinnen geweſen, welche das immer zu ſiegen ge - wohnte hertz des groſſen Fr. W. beſieget, und wie wohl dem lande bey dieſen fruchtbaren landes-muͤttern gerathẽ Der groſſe nachfolger des groſſen Fr. W. iſt aus erſterer ehe entſproſ - ſen. Jn ſeiner geſeegneten regierung hat er dasienige, was die Aegyptier unter die ſterne verſetzt, und der kluge Friedrich der andere wohlbedaͤchtig ausgeſchlagen, ſeinem chur-hau - ſe zuwege gebracht, ich nenne kron und ſcepter. Und307des ſtili inſonderheit. Und Preuſſen konte als denn erſt ungehindert anfangen mit kronen-golde zu prangen, nach - dem ihm der ſieghafte Fr. W. den weg durch die eroberte ſouuerainitaͤt hiezu gebahnet. Frie - drich der weiſe erſter koͤnig der chriſtlichen Preuſſen, iſt nicht minder wie ſein durchlauch - tigſter herr vater gluͤcklich und weiß wohl zu regieren. Er eꝛhaͤlt in ruhigem frieden duꝛch ſeine klugheit, was iener durch ſeine kriege und tap - ferkeit bekraͤntzet, nur daß er im anfang ſeiner regierung, den groſſen Ludwigen zwinget das geraubte Bonn und Kaͤyſers-werth und andere veſtungen auszulieffern. Unſchifbare fluͤſſe muͤſſen ſich, durch ſeine klugheit gezwungen, ietzo beſchiffen laſſen. Und das gantze Bran - denburgiſche land wuͤrde noch ietzo ſein abſter - ben und auch in ihm den groſſen Fr. W. be - ſeuftzen, wenn er ihnen nicht einen andern Friedrich Wilhelm hinterlaſſen, welcher die klugheit ſeines großmaͤchtigen vaters und die tapferkeit ſeines allerdurchlauchtigſten groß-vaters beſitzet. Er iſt wie der groſſe Fr. W. zum kriegen, alſo auch zum ſiegen ge - bohren, und faͤnget bereits an auf eben den feldern ſeine ſieges-zeichen aufzuſtecken, da die ſaͤulen ſeines durchlaͤuchtigſten herrn groß-va - ters noch gantz unverſehrt, wie neuaufgerich - tet ſtehen. Er ſuchet auch hierin den ruhm des unerſchrockenen Fr. W. und die nachwelt wird nicht minder ihn, als ſeinen durchlaͤuch - tigſten hln. groß-vater, mit unſterblichem an -U 2dencken308von denen unterſchiedenen artendencken zu verehren wiſſen. Dieienigen wel - che von dem Hercules abſtammen wolten, wur - den nicht vor aͤcht erkannt, wenn ſie nicht hertz - haft waren, und die Brandenburgiſche adler zeugen nur ihres gleichen an tapferkeit. Hat man unter ſeinen durchlaͤuchtigſten vorfahren an Fr. den erſten einen ſieghaften, an Fr. den andern einen eiſernen an Alberto einen Achil - lem und Ulyſſem, an Joachim den I. einen Neſtor, an Joachim den andern einen Hector und an Fr. W. den groſſen alles dieſes beyſam - men, ſo wird die nachwelt erfahꝛen, daß der him - elmit ſeinem nahmen, auch ſeinen geiſt auf deſ - ſengroßmaͤchtigſten enckel geleget habe. Rief - fen die Roͤmer ihren neuerwehlten kaͤyſern zu:〈…〉〈…〉 is felicior Auguſto melior Traiano, ob ſie wohl wuſten, daß es allen vermuthen nach kei - ner von ihren nachfolgern dieſen beyden gleich thun koͤnne: So ſchreyet dem enckel des groſ - ſen Fr. W. und nachfolger Ftiedrichs des weiſen, nicht der Brandenburgiſche unterthan allein, ſondern gantz Teutſchland zu: Sey gluͤcklicher und ſieghafter wie der groſſe Fr. W. ſey beſſer denn Fr. der weiſe. Seiner Maieſtaͤt allerdurchlaͤuchtigſte und bewundernswuͤrdige gemahlin Sophia Dorothea, beſitzt die voll - kommenheiten ihrer allerdurchlauchtigſten ſchwieger mutter der ſchoͤnẽ Sophia Charlotte gemahlin Friedrichs des I. Koͤnigs in Preuſſen, und den muth der durchlaͤuchtigſten Dorothea gemahlin des groſſen Fr. W. Billich iſt der in -bruͤn -309des ſtili inſonderheit. bruͤnſtige wunſch eines Bꝛandenburgiſchen her - tzens, daß ſie beyder nahmen zu gluͤcklicher vor - bedeutung nicht ohne urſach tragen moͤge. Sie wird bereits wie eine andere Sophie Char - lotte bewundert, da ſie eines koͤniges tochter, eines koͤniges gemahlin und eines ob wohl zu - kuͤnftigen koͤnigs mutter iſt, und die zeit-regi - ſter werden ſie kuͤnftig-hin, als eine andere Do - rothea und fruchtbare landes-mutter bemer - cken. Auf den guͤtiger himmel, haſt du zum troſt der Preußiſchen provinzen den verluſt des groſſen Fr. Wilhelms und weiſen Friedrichs reichlich erſetzet, ſo fahre fort zu erweiſen, daß du das Brandenburgiſche hauß zum beſtaͤndi - gen ſeegen geſetzet habeſt. Kroͤne die tap - fere und fuͤr die ruhe des vaterlandes, wieder einen unruhigen koͤnig ſtreitende fauſt, mit ſieg - haften lorbern und endlich erwuͤnſchten frie - dens-palmen. Seegne ſeine koͤnigliche re - gierung mit beſtaͤndigem gluͤck ſeine allerdurch - laͤuchtigſte familie mit unveꝛaͤnderlichen wachs - thum und die menge ſeiner unterthanen mit dem ſchatz geiſtlicher und leiblicher guͤter. So werden dieſe des Saturni guͤldne zeiten erle - ben, die ſtudia den waffen zu trotz bluͤhen, und unſer hochgeliebtes vaterland, ia die ruhe von gantz Europa einen maͤchtigen ſchutz-enge[l]an ihm haben. Sie koͤnnen H. und H. an - weſende, was meine muͤde zunge von dem lobe ſeines durchlauchtigſten groß-vaters vergeſſen, ſelbſten an ihm erblicken, denn er iſt ein lebendi -U 3ger310von denen unterſchiedenen artenger abriß des groſſen, weil die welt ſtehet in unverwelckten andencken lebenden und aller - glorwuͤrdigſten Friedrich Wilhelms.

§. 5. Der ſtilus theoreticus und patheticus, richtet ſein abſehen ebenfalls auf die beſchaf - fenheit des obiecti. Jſt das obiectum bloß theoretiſch und nur auf die uͤberzeugung und den unterricht des verſtandes zu diſponiren, ſo hat man auch nur auf den adaͤquaten deutli - chen ausdruck, und die natuͤrliche eigenſchaften des ſtili zu ſehen, ſolches wird der theoretiſche ſtilus ſeyn, welcher mit dem ſtilo humili meh - rentheils einerley. Jſt das obiectum eine ſa - che die den willen angeht, muß auch der ſtilus mit tropis und figuren, nach beſchaffenheit des affects, nachdruͤcklicher gemacht werden, daher heiſt er nachgehends patheticus, und iſt mehrentheils zugleich mediocris, oder ſublimis. Die heftigſten affecten, als, zorn, liebe, freude, traurigkeit, unterſcheiden ihn am meiſten, dar - nach auch alle ſeine theile zu diſponiren ſind, uͤbrigens braucht er keine beſondere regeln.

§. 6. Der unterſchied des obiecti, macht wiederum einen unterſchied unter den ſtilum ſimplicem und eruditum, bey ienem iſt es ſinn - lich, bey dieſem abſtract. Der ſtilus ſimplex hat in ſo fern er nur von ſinnlichen ob - iectis handelt, nichts beſonders, ingleichen der gelehrte ſtilus uͤberhaupt. Jn ſo fern aber dieſer ins beſondere auf Theologiſche materien appliciret wird, iſt es noͤthig daß alle ſeine thei -le311des ſtili inſonderheit. le etwas ernſthaftiges und anſehnliches an ſich haben, auf der catheder richtet er ſich nach dem gelehrten gebrauch, auf der cantzel ent - lehnt er ſeine worte und redens-arten aus der bibel, nimt auch daher alle ſeine argumenta, kan ſonſt bald theoretiſch, bald pathetiſch, bald humilis, bald mediocris, bald ſublimis ſeyn.

§. 7. Jn ſo fern er auf Juriſtiſche materien appliciret wird, iſt er entweder im iure privato oder publico gebraͤuchlich, und alſo entweder bloß unter rechtsgelehrten, oder unter fuͤrſten und rechtsgelehrten, oder unter fuͤrſten oder ſonverains allein, in dem erſten fall heiſt er ein Juriſtiſcher ſtilus, der im foro recipiret, in dem andern faͤllen aber der ſtilus curiaͤ, cantzley-ſti - lus, cammerſtilus, ſtilus Juris publici. Er druckt ſein obiectum durch viele kunſt-woͤrter, nachdruͤckliche beywoͤrter und beſondere for - muln aus, conſtruiret auf eine von den ordent - lichen conſtructionibus abgehende art, conne - ctiret durch ausgedruckte connexiones mit be - ſondern particuln und wird am beſten aus dem gebrauch ſelbſt gelernet.

  • S. Kemmerich l. c. p. 1049. 1058. Hiezu dienen Barthii Hodegeta forenſis, Strykii vſus moder - nus, Rohrs haußhaltungs recht, Volckmanns notatiaͤt-kunſt ed. Beyeri; Menantes briefe da er hinten aus des ſeel. D. Rivini collegio MSS. die contracte ꝛc. angehenget. Herr D. Eckhardts Actiones forenſes, alle die collegia practica geſchrieben, vielleicht haben wir hier von Herr D. Rothern noch etwas gutes zu hof - fen, zumahl was die neue Saͤchſiſche proceß-ord -U 4nung312von denen unterſchiedenen artennung anbetrift, ingleichen von Herrn D. Glafey, von welchen man mir referiret, daß er an einem wercke de ſtilo publico arbeite, davon freylich et - was vollkommenes zu vermuthen.

§. 8. Jn ſofern er auf Mediciniſche, Phi - loſophiſche und Mathematiſche materien ap - pliciret wird, hat er wiederum nichts beſon - ders, auffer daß bey einem Mediciniſchen obie - cto die kunſtwoͤrter den ſtilum mercklich veraͤn - dern, und da alles wahrſcheinlich iſt, was man von dieſer materie fuͤrtraͤgt, ſo iſt inſonderheit bey denen daraus gezogenen folgerungen, in gewiſſen faͤllen, nichts als unſtreitig auszudru - cken. a)Bey dem Philoſophiſchen, in ſo fern er nur Logicaliſche, und Moraliſche lehrſaͤtze proponiret, hat man ſich nach dem gelehrten gebrauch zu richten, und hauptſaͤchlich auf die deutlichkeit und adaͤquaten ausdruck zu ſehen, dem alle andere eigenſchaften weichen muͤſſen. b)Jn der Mathematick iſt gleich - falls bey dem ſtilo die deutlichkeit und ordnung das fuͤrnehmſte requiſitum. c)

a)Solches zu erinnern giebt mir ein gewiſſer caſus anlaß, da ein Medicus bey einem todtgefunde - nen kinde, ſeine gehabten obſervationes alſo fuͤr - brachte, daß man bereits der mutter von kopf - abhauen fuͤrſchwatzte, da die relation des Me - dici, ſo viel gab, als ob ſie das kind umgebracht, nachgehends da ein anderer Medicus, voneb en dieſem obiecto ſeine obſervationes einſchickte, ſchaͤmte man ſich ſo gar des angeſtellten proceſ - ſes, daß man die mutter heimlich dimittirte. Al - ſo iſt es eine gefaͤhrliche ſache, wann die Medici de lethalitate vulnerum ihre urtheile ſtellen.
a)b)313des ſtili inſonderheit.
b)Siehe Hederich l. c. p. 559. Lami l. c. cap. XV. Man findet dergleichen ſtilum ſchoͤn in Thoma - ſü ſchriften, im Gracian des Herrn D. Auguſt. Friedr. Muͤllers, in Schurtzfleiſchens, Cella - rii diſputationibus, ꝛc. Er kommt auch meiſt mit dem ſtilo humili und theoretico uͤberein.
b)
c)Siehe Lami l. c. cap. XV. Man ruͤhmt hier Herr Wolffens Mathematick, welche was die deut - lichkeit, ordnung und andere gute requiſita bey dieſem ſtilo anbetrift, leicht ein vollkommenes muſter ſeyn kan. Sonſt waͤre zu wuͤnſchen, daß dieienigen, welche in der h. ſchrift die Mathema - tiſchen ſachen, z. e. den tempelbau, die ausmeſ - ſung der ſtaͤdte, des tempels, ꝛc. uͤberſetzt, theils der Mathematick ſo vollkommen erfahren gewe - fen, theils auch der Hebraͤiſchen ſprache, in der vollkommenheit, als es zu einer tuͤchtigen uͤberſe - tzung noͤthig.
c)

§. 9. Endlich iſt der ſtilus Hiſtoricus, we - gen ſeines obiecti hieherzuziehen. Auſſer de - nen pflichten, welche einem Hiſtorico fuͤr an - dern ſcribenten und rednern obliegen, daß er nemlich die wahrheit ohne affecten und par - theylichkeit ſchreibe, daß er gnugſame und ſi - chere nachrichten habe, daß er die Hiſtoriſche wahrſcheinlichkeit wohl verſtehe, ſo iſt es was ſeinen ſtilum anbetrift noͤthig, daß er deutlich und ordentlich die ſache fuͤrtrage, ohne groſſe weitlaͤuftigkeit und affectation, daß er ſorgfaͤl - tig die umſtaͤnde, welche zu beſſerer einſicht in die abſichten der agirenden perſonen dienen, mit ausdruͤcke, welches durch ſcharfſinnige ur - theile und meditationes geſchehen kan, daß er alſo lieber im ſtilo humili oder zum hoͤchſtenU 5im314von denen unterſchiedenen artenim mediocri, als ſublimi, lieber im ſtilo theore - tico als pathetico ſchreibe, ſonſt einen flieſſen - den numerum und nette connexiones anbrin - ge.

  • S. Hievon Lami l. c. cap. XIIII. Hederich l. c. p. 557. Kemmerich l. c. p. 1052. Schefferum l. c. p. 15. Caſpar Scioppii Diſſ. de ſtilo Hiſtorico, welche mit ſeiner Infamia Famiani edirt Amſter - dam 1662. Groſſers Iſagoge ſtili P. ſpec. cap. a. §. 2. &c. Sonſt hat man den hiſtoriſchen ſti[-]lum im Nepote, Velleio, Salluſtio, Juſtino, J. Cae - ſare, &c. Diodoro Siculo, Dionyſio Halicarnaſ - ſaeo &c. im Pufendorf, Huͤbner, dem leben Leopoldi, der Einleitung zur Roͤmiſch-Teut - ſchen Hiſtorie, der Europaͤiſchen Fama, ia als der Herr S. J. die Leipziger zeitungen ſchrieb, rechnete man ſie auch hieher, ꝛc.

§. 10. Jn anſehung der beſondern einfaͤlle und gedancken welche man bey dem obiecto hat, oder vielmehr in anſehung des verſtandes welcher die gedancken herfuͤr bringet, iſt der ſti - lus entweder iudicioſus oder ingenioſus oder memorialis. Bey dem iudicioſo und memo - riali iſt nichts beſonders zu erinnern, indem billich alle arten von ſtilis, vom iudicio des verfaſſers und dem guten gedaͤchtnis deſſelben proben ablegen ſolten:a) Der ingenioſus aber wird, nach den unterſchiedenen abſichten des der ihn gebrauchet, bald argutus, bald ſa - tyriſch, bald poetiſch, bald laͤcherlich, von wel - chen etwas weniges zu gedencken.

a)S. oben cap. 1. §. 11. not. a. Jnzwiſchen iſt doch gewiß, daß ie genauer man die guten eigenſchaf - ten des ſtili anbringet, und noch vielmehr, ieſorg -315des ſtili inſonderheit. ſorgfaͤltiger man ſich bemuͤhet ſcharſinnig zu ge - dencken und buͤndig zu ſchlieſſen, ie iudicioͤſẽr wird der ſtilus. Jſt bey dem ſtilo nichts, als viel memorie, wenig iudicium und ingenium zu bemercken, da hat man urſach ihn zu verbeſſern.
a)

§. 11. Der ſtilus argutus druckt alles nach - ſinnlich aus,a) verbindet zu dem ende vermit - telſt einer fertigkeit des ingenii,b) durch eine artige tour, ſachen, welche entweder garnicht oder. ſehr wenig zuſammen zu gehoͤren ſcheinen,c) und gruͤndet, ſich uͤberhaupt auf die argu - menta illuſtrantia, als meditationes,d) ex - empla,e) comparata,f) diſparatag) und oppoſita,h) bedienet ſich dabey der figuren und troporumi) und faſſet alles kurtz mit ar - tigen epithetis, in einen kurtzen unmerum zu - ſammen,k) connectiret meiſt realiter, muß dannenhero nach denen cautelen, ſo bey den ar - gumentis illuſtrantibus gegeben worden,l) und nach denen eigenſchaften eines guten ſtili uͤberhauptm) beurtheilet werden.

a)S. Maſenii artem nouam argutiarum, Coͤlln 1660. 12. Weiſii diſſ. de elegantiis realibus ſeu do orationum floſculis an. 1685. Eiusdem Inſtit. Ora - tor. L. II. C. IIII. Eiusdem Poëſis hodiernorum Politicorum ſeu, de argutis inſcriptionibus Weiſ - ſenfels 1678. 8. Bouhours dans la maniere de bien penſer dans les ouurages d’eſprit, und Inge - nieuſes penſees des anciens & modernes. Ha - milton l. c. p. 58. Morhofii diſciplina argu - tiarum 1693. 12. conf. Eiuſdem Polyhiſt. I. VI. III. 8. ſqq. Hederich l. c. p. 609. ſqq. Es wird ſonſt der ſtilus argutus mehr in inſcriptio - nibus gebrauchr, und mit dem ſtilo ſublimi ver - bunden, als anderwerts, wiewohl er doch nichtzu316von denen unterſchiedenen artenzu verwerfen. wann man ihn als eine wuͤrtze gebraucht, den ſtilum beliebt und eine geſell - ſchaft angenehme zu machen, ia es ſchreiben Tacitus, Seneca, P[l]inius ꝛc. mehrentheils im ſtilo arguto, im Teutſchen: Riemer, D. Hein - rich Muͤller in ſeinen Erquick-ſtunden, der Cabinetprediger ꝛc. die epigrammata ꝛc.
a)
b)Wer alſo dieſe nicht beſitzet, thut wohl wann er ſich mit dem ſtilo arguto nicht verwirret, denn man kan zur noth ihn wohl entbehren.
b)
c)S. Hln. Langens E 3 O. p. 240. P. I. ſqq.
c)
d)S. oben P. l. cap. 4. §. 10. Man leget dadurch einer ſache gantz fremde urſachen wuͤrckungen und eigenſchaften bey z. e. T[r]eu und glaube waͤhren am langſten / denn ſie werden am we - nigſten gebraucht: Jener alte meinte er koͤn - nebeſſer ſehn, mehr tragen, und babe mehr zu befehlen, als in ſeiner iugend, denn einmahl kaͤme ihm alles doppelt fuͤr das geſicht, her - nach muͤſſe er mehr leiden und enolich muͤſſe er ſeinen leuten eine ſa[ch]e zehnmahl befehlen, ehe ſie geſchehe: Sturmius wurde von Aug - ſpnrg an Carolum V. geſchickt, rechenſchaft zu geben, warum die ſtadt unſer lieben frauen bruͤder ſo uͤbel tractiret, und gab dieſe antwort: So lange ſie anſer lieben frauen bruͤder gewe - ſen, habe man ſie gerne geſehen, aber da ſie haͤtten unſer lieben frauen maͤnner werden wollen, waͤre es zu arg worden: Wenn man den narren ſtatuen ſetzt, da wird ſeiner klug - heit auch gedacht werden: Mr. Windbeutel traͤgt eine ſchoͤne perruque, will damit die leu - te luͤgen ſtraffen, wenn ſie ſprechen, es ſey kein gutes haar an ihm: Publicola hat eine rechte f[r]omme frau, denn ſie feyert alle woche ſieben feyertage: Er iſt wie das gluͤck das ihn erho - ben, denn er ſucht nur den narren fortzuhel - fen: Das frauenzimmer will nicht wiſſen,was317des ſtili inſonderheit. was es mit einem manne machen ſolle, und will doch lieber einen iungen als einen alten haben: Jener wuͤnſchte, daß alle hanrey er - ſauffen moͤchten, ſeine frau verſetzte, ſo wuͤrde ſie auch eine trauer kriegen: ꝛc
d)
e)Dieſe werden nur mit alluſionibus angebracht, z. e. Jetzo iſt das frauenzimmer manchmahl kluͤger als zu Potiphars zeiten, ſie greiffen nicht nach den kleidern, ſondern nach den leib: Auf dem Colloquio zu Regenſpurg ſagte Gretſer ein Jeſuite, zum Cornelio Martini: Was macht denn Saul unter den propheten? O, antwortete Martini, er ſucht des vaters eſel: David und Jonathan haben wenig, Joah und Judas viel ihres gleichen hinter ſich ge - laſſen: Dieſer held hat ſich bald als einen be - hutſamen Fabium bald als einen blitzenden Marcellum und Julium Caſarem gewieſen. ꝛc.
e)
f)Hieher gehoͤren alle ſimilia wenn ſie kurtz ange - bracht werden, z. e. Jener ſagte von einem frau - enzimmer, das ſich ſehr entbloͤſſet hatte, es mache es wie die kaufleute, welche die verlegnen wahren forne an im laden legten: Ein andrer ſagte von einer printzeßin, als ſie in einem wald kommen, da es nie licht geweſen, ſey es alſobald tag worden, ꝛc.
f)
g)Dahin gehoͤren allerhand wortſpiele gegenein anderhaltung verſchiedener obiectorum: z. e. Richelieu grifden leuten nach den koͤpfen Mazarin nach den hertzen: Ludwig der XI. Koͤnig in Franckreich wolte einen Abt abſetzen, dieſer ſagte: er babe 4〈…〉〈…〉 iahr zugebracht ehe er A B (Abbe) gelernet muͤſſe eben ſo viel zeit haben, ehe er CD (cede) lernen ſolte, ꝛc.
g)
h)Z. e. Er iſt ein kluger narre: ein ungelebr - ter gelehrter: Er iſt tugendhaft wenn es ei[n]laſter iſt: Ein hofmann ohne klugheit: Chriſtus318von denen unterſchiedenen artenſtus und Belial bemuͤheu ſich nach den ſeelen der menſchen, iener daß er ſie ſeelig, dieſer daß er ſie verdammt mache: Die auftichtig - keit duldet keine falſchheit und die falſchheit keine aufrichtigkeit: Er iſt from aber nicht tugendhaft: Weißheit und thorheit muͤſſen von uns erkannt werden, ꝛc.
h)
i)S. cap. I. §. 17. P. 2. §. 19.
i)
k)Die kuͤrtze iſt dahey am angehmſten, dannenhe - ro ſind keine weitlaͤufftige beſchreibungen loci communes, erklaͤrungen und dergleichen mit ein - zumiſchen.
k)
l)Alſo muͤſſen ſie nicht dunckel, gar zu haͤuffig, gar zu weit hergeholt, ꝛc. ſeyn ſ. oben P. I. cap. 4. §. 21. ꝛc.
l)
m)Man muß die beſchaffenheit des obiecti und alle eigenſchaften des ſtili uͤberhaupt dabey zum grunde legen. ſ. P. 2. Cap. 2. Doch es iſt beſſer in gantzen exempeln zu ſehen, worinn der ſtilus argutus beſtehe, als in vielen regeln, und will ich hier ein paar inſcriptiones zu dem ende commu - niciren, davon die erſte einen fuͤrnehmen die an - dere einen eyfrigen auctorem gehabt. Jene lautet alſo:
m)

Denck-mahl uͤber die grab-ſtaͤte, der nimmer vergraben zuſeyn wuͤrdigen Frauen, Frauen Rahel verwittibten Jaͤgerin, gebornen Stegerin, der verſtorbenen zum ruhme, den lebenden zum vorb〈…〉〈…〉 de, den verwandten zur ſchmertz-ſtillung, ſich ſelbſt zur vergnuͤgung ſeiner ſchuldigkeit, aus ungefaͤlſchtem mitle[i]den den tag ihrer beerdigung,den319des ſtili inſonderheit. den 8. julii 1679. aufgerichtet von J. B. Wer hier voruͤber gehet, gehe zuvor in ſich. Er verlaſſe dis grab, mit verlaſſung der menſchlichkeit. Er lerne von einer verſtorbenen / was keine lebende lehren koͤnnen: die vergaͤngligkeit des lebens, in dem tode der vergaͤnglichen. denn die leichen ſind hierin viel treuere lehr-meiſter als alle welt-weiſen. die vergaͤngligkeit nennen wir zwar, aber wir kennen nicht ihre behaͤndigkeit. wir haſſen ſie in dem gegenwaͤrtigen, und laſſen ſie doch in dem zukuͤnftigen nicht. denn wir glauben ohne furcht, und fuͤrchten ohne glauben: daß dieſes ſchoß-kind der menſchen ſeine eigene mutter toͤdte. das leben ſo wir lieben, uͤben wir nicht recht. iſt es ein traum? ſo iſt der ſchlaf die zeit, und wir traͤumen weil wir ſchlafen: iſt es eine fabel? ſo betruͤgen wir uns auch. der nebel, den es mit verkehrten buchſtaben ausdruͤckt, blendet das geſichte, ſo lange wir zuſehen. aber die ſterbenden oͤfnen uns die augen, wenn wir ſie ihnen zudrucken. was das leben ſey, erkennen wir aus den todten, gruͤften. ſuchteſt du wohl Pilgram, unter dieſem lebloſen marmor, das muſter weiblichen geſchlechts, einen adler von adlern gezeuget,die320von denen unterſchiedenen artendie gebohrne STEGERJN, und verehligte JaͤGERJN? mit deiner verwunderung findeſt du hier: eine RAHEL dem namen, ein ſchaaf der that und deutung nach. eine tochter Jeptha den eltern, eine Paulina dem eh-manne, eine Cornelia den kindern, eine gluͤckſeligkeit den freunden. in ſchoͤnheit eine Helena; in großmuͤthigkeit eine Debora; in klugheit eine Penelope; in gednld eine Suſanna; in Gottesfurcht eine Judith. mit kurtzem: eine vollkommene unter der menge der unvollkom̃enen; ein engel unter menſchen die zwar auch ihre menſchlichkeiten, wie die ſonne mackeln, und der mond ungleichheiten gehabt; aber ſonder ihre verſtellung. die dunckele ſchattirungen machen die guͤte eines kunſt - gemaͤhldes nur ſo viel kentlicher. hier ſind ihre gaben verſtecket. und ihre leiche lehret dich: fuͤr der vergaͤngligkeit iſt nichts unvergaͤngliches. fuͤr der unbeſtaͤndigkeit nichts unbeſtaͤndiges. was iſt nun ſchoͤnheit? ein apfel von Sodom, der ſeine aſche in ſich naͤhrt. eine frucht dem wurm-ſtiche der zeit, wie der kuͤrbs Jonas unterworffen. eine blume, die auf uns ſelbſt erſtirbt, und den leib zur baare brauchet. was iſt die gluͤckſeligkeit der geburt und guͤter? die hohen ſand-berge verſtiebet der wind am ehſten. Prometheus hat allen grund-zeug ſeiner gebildeten menſchen mit zehren angefeuchtet. die perlen ſelbſt ſind thraͤnen der erzuͤrnten ſee;die321des ſtili inſonderheit. die rubinen? geronnene bluts-tropfen. die erde kan auch, von ein ſcharrung der erden, uns erde nicht loßkauffen. klugheit, großmuͤthigkeit, gedult, gottesfurcht, und alle tugenden ſind zwar waffen fuͤr dem ewigen, nicht aber dem zeitlichen tode. der duͤrre menſchen-wuͤrger hat kein empfinden. ſein ohr kein gehoͤr; ſein auge kein geſicht; ſein hertze kein mitleiden. die alles einaͤſchernde eitelkeit laͤſt ſich durch keine liebliche lippen erbitten. o elend! o unerbitliches verhaͤngniß! was heiſt nun leben? in ſteter gefahr des todes ſchweben. kaͤyſer Juſtinus fraget nach der ſtunde des tages, und beſchleuſt die letzte ſeines lebens. eine STEGERJN fehlet ihres ſteges nicht, und faͤllt doch von demſelben. ſie verbluͤbet mit bluͤhenden jahren und erblaſt mit purpurnen wangen. lerne denn mein pilgram an dieſem tode ſterben. An dieſem falle keiner jugend trauen. wer wird bleiben wenn ſolche vergehen? die tauſend geſchicklichkeiten begreiffende JaͤGERJN hat zur grabe-ſchrifft: ich bin erjagt. der tod iſt der jaͤger, die kranckheit das netze, das wild ſie ſelbſt. von ihrer lebhaftigkeit iſt nichts mehr uͤbrig. was ſie ſie geweſt, iſt nun nicht mehr. die eltern haben ihren troſt; die verwandten ihr verlangen: die freunde ihre vergnuͤgung; die feinde ihre aufmunterung; Leipzig aus ſeiner gemeine was ungemeines, aus wenigem ein vieles verlohren. kroͤnen nicht alle ſie mit dieſem nach-ruhm? Xein322von denen unterſchiedenen artenein menſch hat goͤnſtige und mißgoͤnſtige. So wiſſe zur nachricht: daß der fpiegel der welt, ſich dem ſpiegel der Smirne tempel vergleiche, welcher die ſchoͤnen leute garſtig zeiget. ſie war wie das Parrhaſiſche gemaͤhlde, von welchen man mehr kunſt durch den verſtand be - greiffen muſte, als den augen der unverſtaͤndigen gemahlet war. glaube den unpartheyiſchen, und betruͤge dich in einer warhafften ſache nicht. waͤre dir vergunt: der entſeelten gebeine vor ihrer vermoderung zu beſchauen, ſo wuͤrdeſt du auch aus der abgelegten leibes ſchale ſchlieſſen lernen, was die huͤlſen vor einen kern gehabt. denn ſolche todten ſind wie die mohnen-knuͤpfel, welche wenn ſie ihre blaͤtter verlieren, dennoch die krone behalten. preſſet dir dieſes zehren aus, ſo weine bitterlich. ſetze dich mit der Ceres eine zeitlang auff den ſtein, darauff niemand lachen koͤnnen. die aſche tugendhaffter weiber, verdienet auch thraͤnen der helden, wie Siſigambens des groſſen Alexanders. aber beſchwere den ſeligen leichnam mit keiner uͤbermaſſe. wir haben ſie verlohren doch nicht auff ewig. ihr ſchmertzhaffter tod, fuͤhret ſie zur ſuͤßigkeit des Lebens. die ſonne iſt am kaͤltſten bey ihrem aufgange die Perſiſchen koͤnige trincken bey antretung ihrer regierung einen trunck ſauren milchs. wenn du desfals der verſtorbenen zum an - gedencken, und ihrem geſchlechte zu ehren, den leichenſtein, mit deiner beſſerung, mitleidend genetzet haſtꝛſo323des ſtili inſonderheit. ſo troͤſtet dich die vernunfft mit dreyen worten: Nicht zu viel

Die andere iſtLateiniſch, (welche ſprache we - gen der haͤuffigen wortſpiele die man darinn anbringen und weil man die gedancken kurtz ausdrucken kan, gar geſchickt iſt zum ſtilo argu - to) und auf die praͤadamiten gemacht, wird vom Seldeno in otiis theologicisp. 70. aus des Dieterici antiquitatibus biblicis angefuͤh - ret:

Siſte viator gradum & hic quære: quo patre? phantaſo. qua matre? moria. ubi natus? in cerebro. Non ut Minerva Jouis ſed ut Morpheus ſomni. Qua nutrice? vanitate. Quantus tempore? aeuiternus o pinione. Sed revera vix quinque luſtra egreſſus. Quid rerum geſſit in mundo? Riſit. ſugillauit. Errores abortiuit. Cucurbitas pinxit. Ventos venatus eſt. Quid ſuſtinuit? mire miras fictiones, imputationes, refractiones. Si vos oſſilegi nihil aliquando invenietis, ne mir emini. Qui ſepultns eſt hic praeadamita Ουδ〈…〉〈…〉. ()

Weil ich einmahl uͤber die inſeriptiones ge - rathen bin, will ich annoch folgende aus meiner geringen ſammlung anfuͤhren:

X 2I. Als324von denen unterſchiedenen arten

I. Als die Engellaͤnder mit Franckceich anno 1713. einen particulier-frieden ſchloſſen, ver - fertigte ein Oeſterreichiſch-geſinneter folgen - des:

Scire velim, quid fuerint, quid ſint Angli? Angli Germanorum olim fuerunt Angeli: Lemures enim Gallicos exSueuorum aedibus expulerunt: Suesque ſimul Bauaricos a lemuribus his ſimul obſeſſos, (multis haud dubie in Danubium præcipitatis) ex Sueuorum agris. Auſtriacorum & Batauorum ſpiritus fuere familiares. Omnium arcanorum principes arbitri. Genii fideles Caroli, quem feliciter deportarunt in ſinum Barcinonis. Angli[denique] quotiescunque cum hoſte congreſſi ſunt, ſemper egerunt angelos percuſſores, vaſtatores, depopulatores, Primo mane, die medio, primo veſpere, nocte concubia, & mari & terra. Hoſtibus terrori fuere, perniciei, moleſtiae, tormento. Boni itaque fuere, boni multis iuſte dicti ſunt tempe - ſtatibus angeli, Angli, pro meliori acriter ſtantes cauſſa, foedus, quod ſanxerant, ſancte colentes, bonitatemque eam, iuſto hoc bello comprobatam, quam ſaepiſſime, firmiter retenturos eſſe, putauimus, & in bono iam ita confirmatos credidimus Anglos, vt excidere prorſus non poſſint. Putauimus, credidimus, & heu! falſo! Angli enim heu! nunc foedifragi facti angeli. principio foederis cadem qua foederati ceteriinte -325des ſtili inſonderheitintegritate, ſeueritate, iuſtitia, Eademque fidei conſtantia, zelique probi obteſtatione ad Caeſarem conuerſi, a Caeſare & caeſarianis ſubdole nunc auerſi, hoſtium amici, amicorum hoſtes clancularii facti ſunt, Nam qui nobiſcum non ſunt, contra nos ſunt. Angli, angeli tam boni olim, tam eandidi, tam niuei, quam mali nunc ſunt, quam nigri, quam atri, quam pieei! Angli perfide a foederatis foederisque ſanctitate digreſſi, in grande vitium lapſi. Paucis: angeli hi Callorum iam nuno ſuecubi ſunt in caſſes Gallorum illapſi. Digni qui ſemper ſint. Digni, qui olim in tyrrannidis Gallicae abyſſum praecipitentur & concludantur, Sed quoniam dixiſti a bonitate ſua defeciſſe Anglos. quae cauſſa fuerit defectionis, quaeſo refer? Res digna relatu: audi, ſile! Angeli mali olim feminam, hio, femina Anglos a bonitate abſtraxit: Vnde vero hoc ipſum probas? Vtinam nequeam! Sed in hune maxime modum clamitat totus orbis Auſtriacus, Anna in veritate non ſtetit, Anna in veritate non ſtante, ex angelis denuo facti daemones, cacodaemones, non in coelo, ſed in orbe, ſed in Anglia! At manum de tabula.

II. Ohngefaͤhr anno 1694. kame folgendes auf die Pietiſten aus einem antipietiſtiſchen ge - hirn zum vorſchein.

X 3Heran326von denen unterſchiedenen arten
Heran ihr frommen! Schauet hier eine neue art der froͤmmigkeit! Wolte GOtt, wir haͤtten die alte noch! Der alte GOtt, der alte glaube, die alte pietaͤt ſind immer die beſten. Zwar, indem ſie die alte ſuchen, Dringen ſie uns eine neue auf. Wer denn? Die Herren Pietiſten. Du erſtauneſt, da du ſie nennen hoͤrſt: Was wuͤrdeſt du nicht erſtlich thun, wenn du ſie reden hoͤrteſt? Du wuͤrdeſt ihnen nicht nur geneigtes gehoͤr geben, ſondern ſie gar vertheidigen. Denn ſie wiſſen meiſterlich den ſchein des guten anzunehmen, und den ſchalck zu verbergen. Du ſolteſt ſchweren, es waͤren heilige engel. Wann du nicht wuͤſteſt, daß ſich der teuffel in einem engel des lichts verſtellen koͤnte. Fraͤgſt du nach ihrer lehre, ſo wiſſe, daß ſie keine und doch alle haben. Auͤſſerlich paradiren ſie mit der h. ſchrifft, ins geheim ſind das ihre glaubens-articul, was ihnen traͤumt und gut deucht, und die rechten glaubens-articul halten ſie fuͤr zanck - aͤpffel. Sie verwerffen die Philoſophie, und treten ſie mi[t]fuͤſſen, Damit ja niemand ſchlau werde ihre thorheiten einzuſehen. Sie ſchreiben Theologien, Deren ſich ein Theologus ſchaͤmet. Sie327des ſtili inſonderheit. Sie leſen die heilige ſchrifft wider die h. ſchrifft, ſie ruͤhmen ſich einer heiligkeit, und haſſen doch den ſtifter derſelben. Sie halten conventicula, und verſammlen ſich in den winckeln. well ſie das licht ſcheuen. Sie ſind bruͤder des ordens der unwiſſenheit, Ritter, ſo die krancke froͤmmigkeit in das h. grab bringen. Die ihnen folgen, ſind baͤrtige weiber und ohnbaͤrtige juͤnglinge. Jenen lernen ſie reden, Denn es iſt doch gar zu lange ſeint Pauli zeiten, daß ſie ſchweigenmuͤſſen; Dieſen lernen ſie ſchweigen, Denn indem ſie ſelbige ohne die wiſſenſchafften zu beruͤhren, auf die hohe GOttes-gelahrtheit fuͤhren, (wie Chriſtus auf die zinnen des tempels gefuͤhret wurde) ſo ſetzen ſie ſelbige in die innere beſchaulichkeit, in ein tieffes ſtillſchweigen, als auf den hoͤchſten grad des gelahrten nichts. Von GOtt haben ſie gar zu viel im munde, aber deſto weniger im hertzen. Chriſtum lieben ſie ſo ſehr, daß ſie weder um die vergebung der ſuͤnden, noch bey ſeinem h. abendmahl ihn incommodiren wollen. Den H. Geiſt verehren ſie nach ihrer art, damit er ſie nicht zu fromm, ſondern zu inſpirirten ma - chen moͤge. Heiliger GOtt! rechne mir eine freye ſchreib-art nicht zu,X 4aber328von denen unterſchiedenen artenaber bekehre diejenigen, welche noch viel freyer deine heiligkeit beleidigen, als es mund und feder beſchreiben kan! Dieſe ſeltzame heiligen lieben ihren naͤchſten, aber nur, wenn er weibliches geſchlechts iſt, geld hat, und ihnen die fuͤſſe kuͤſſet. Sie ſind demuͤthig, aber nur fuͤr den leuten in minen und geberden, ſie gehen ſchlecht bekleidet, damit man ihre beſchmutzte heiligkeit deſto beſſer erkennen moͤge, ſie eſſen und trincken wenig, denn ſie ſind ſatt von ihren eignen verdienſten, und es moͤchte etwan das feuer verleſchen, welches fuͤr den leuten ſcheinet, und von der verſtellung angezuͤudet iſt. Sie ſind ſehr religioͤs, indem ſie alle religionen fuͤr gerecht halten. Sie widerſprechen auch keinem ketzer, weil ſie ſelbſt das widerſprechen nicht vertragen koͤnnen. Aber ihre diſputir-kunſt wird privatißime ausgeuͤbet, wo ſie alle praͤſides ſind, ohne reſpondenten und opponenten, durch hand-briefgen. Der grund-ſatz iſt allezeit: Dieſer iſt nicht unſer: und der ſchluß: Ergo wollen wir ihn druͤcken. Sie halten viel auf die bruͤder, aber noch mehr auf die ſchweſtern, daß ſie auch wann etwan eine zur betruͤbten kinder-mutter werden ſoll, lieber gleich denen Juden einen neuen Meßiam von ihr erwarten, als ſie verdammen. Deß -329des ſtili inſonderheit. Deßwegen ſchleichen ſie umher in die haͤuſer, da haben ſie die betten zum knie-beugen nicht weit, und fuͤhren die weiblein gefangen, oder Sie ſpaziren wie iener clericus in einen gruͤnen wald. Auf ſolche weiſe feyren ſie alle tage ihren ſabbath, und ſind doch niemahls muͤßig. Warum ſolten ſie denn in die kirche gehen? Zumahl, da ſie nicht wollen von menſchen gelehret ſeyn? Sie ſind geiſtliche prieſter, ia gar Paͤpſte: Warum ſollen ſie denn die prediger verehren? Sie ſind viel ſcharf-ſichtiger als Bileam: Warum ſolten ſie dann erſt daß ſie die boten GOttes ſehen, durch den honig des goͤttlichen worts, wie Jonathan, ihre angen wacker machen? Jhre collecte faͤngt ſich allezeit alſo an: Gold haben und einen ſamtnen hut, oder daß ich mich nicht verſpreche, Gedult haben und einen ſanfften muth, iſt mir fuͤr allen andern gut. Sie ſind propheten, deßwegen kommen ſie in ſchaafs-kleidern: Denn von wem ſolte der ſpruch wohl am beſten zu verſtehen ſeyn als von ihnen: Thut meinen propheten kein leid. Und wie ſolten ſie nicht denen boͤſes prophezeyen koͤnnen, denen ſie uͤbel wollen, und denen gutes, denen ſie weder ſchaden koͤnnen noch duͤrfen. Sie ſind koͤnige: Doch halt! Koͤnige haben lange haͤnde: ich muß aufhoͤren:X 5Sonſt330von denen unterſchiedenen artenSonſt werde ich von dieſen prieſtern geopfert, von dieſen paͤbſten in bann gethan, von dieſen propheten wie Micha tractiret, und von dieſen koͤnigen wie die baͤume von dem dornſtrauch verzehret. Jch will nur alſo zum beſchluß Euch die alte treu, den alten glauben, die alte froͤmmigkeit anwuͤnſchen. Damit ihr aber nicht durch dieſer leute pietaͤt in die impietaͤt verfallet, ſo huͤtet euch, nicht fuͤr der pietaͤt, ſondern fuͤr den pietiſten.

§. 12. Wird der ſtilus argutus insbeſonde - re auf die laſter appliciret, daß man ſelbige durchziehet und mit einer artigen und ange - nehmen manier ridicul zu machen ſuchet, ſo heiſt er eine ſatyriſche ſchreib-art. Er hat al - ſo fuͤr den arguten nichts beſonders, und ſeine groͤſte annehmlichkeit beſtehet in der freyheit des geiſtes und in luſtigen einfaͤllen, dadurch er nur thorheit und laſter mit einem beiſſen - den ſchertz verſpottet.

  • S. Thomaſii Monathe Tom II. p. 337. ſeqq. Ha - milton l. c. p. 64. Lami l’art de perſuadercap. III. Franciſcum Vauaſſorem de ludicra dictione cap. VII. VIII. Stollens hiſt. der gel. I. V. 43. 45. 70. Morhoffs Polyh. I. III. 9. 24. 27. und ander - werts ꝛc. Man trift ihn am beſten an in Tho - maſii Monathen, im verdeckten und entdeck - ten carneval, in Canitzens, Philanders, Abels Poeſien, ꝛc. im Horatio, Juvenali, Petronio, Eraſmo, &c. im Luciano welcher billich fuͤr ei -nen331des ſtili inſonderheit. nen meiſter paßiret ꝛc. im Boileau, le Petit Moliere, Boccalini Leti, &c. Es heiſt ſonſt billich ioco ſalis inſtar parce utendum, und es iſt leichter einen guten ſatyricum abgeben als einen klugen. ſ Lo - henſteins gedancken in der vorrede zu dem erſten theil des Arminii. Doch iſt es laͤcherlich, daß die leute denen ſcopticis gram, welche mehren - theils viel menſchen-liebe und einen aufgeweck - ten geiſt haben, hingegen die haͤmiſchen ſchleich - fuͤchſe lieber ſehen, welche nach ihrem geldgei - tzigen temperament, es mit keinem menſchen redlich meinen und gemeiniglich dumme pin - ſel und memorialiſche luͤmmel ſind.

§. 13. Der poetiſche ſtilus beobachtet zwar die natuͤrlichen guten eigenſchafften des ſtili uͤberhaupt, ingleichen die regeln der gantzen beredſamkeit, hat doch aber in einigen davon abzugehen gewiſſe freyheiten, und unterſchei - det ſich von denen andern arten des ſtili, daß er eine ſache durch beſondere worte und beywoͤrter, durch haͤuffige figuren ausdrucket, daß er dabey vermittelſt einer fertigkeit des in - genii alle beſondere umſtaͤnde zuſammen ſu - chet, welche vielleicht nur moͤglich ſind, aber doch die ſache heftiger und nachdruͤcklicher zu machen dienen, ia daß er zuweilen die worte in eine ordentliche maſſe der ſylben in gleicher zahl und in reimendungen zwinget.

  • S. Schefferum l. c. p. 14. 16. Lami l. c. cap. XVI. Morbofs Polyhiſt. I. III. X. und XI. Es ſind ein paar artige ſtellen, welche Schefferus aus dem Livio anfuͤhret und gegen des Virgilii ausdruck haͤlt. z. e. Livius ſagt lib. II. 20. Mo - ribundus Romanus ad terram ex equo defluxit. Virgili -332von denen unterſchiedenen artenVirgilius gieht dieß im 2ten Buch Aen. ſan - guinis ille vomens riuos cadit, atque cruentam Mandit humum, moriensque ſuo ſe in ſangui - ne verſat. Und wenn Livius l. 25. ſagt; Ma - le ſuſtinenti arma, gladium ſuperne ingulo defi - git. ſo ſetzt Virgilius:dextraque coruſcum ()Extulit, ac lateri capulo tenus abdidit enſem: Ziegler in ſeiner Helden-liebe wann er ſagen will: Die ſonne ſey aufgegangen, ſo ſpricht er: Die muͤbſame ſonne hub ihr goldbe - flamntes haar aus der ſee. Hier fragt ſich ob es erlaubt, die nahmen der heydniſchen goͤtter zugebrauchen? Mir gefaͤllet es nicht, wenig - ſtens deucht mir ſtehet es im Teutſchen nicht gar fein, und es iſt billich ad ſtili Ethniciſmum zu referiren, davon Jacobus Thomaſius eine diſſer - tation geſchrieben, zu geſchweigen, daß es eine ziemliche armuth im ſtilo andeutet, ſich mit dergleichen laͤppiſchen mythologiſchen gloſſen herausputzen wollen, dabey man doch mehren - theils ridicul wird: z. e. Warum ſoll ich ſpre - chen: Titan ſitzt im guͤldnen ſtuͤck, auf ſeinen wagen, und faͤbrt mit hrt mit ſchnellen Pferden, ꝛc. Ziegler druckt es alſo aus: Es blitzt das zeugniß der goͤttlichen allmacht und maie - ſtaͤt, die ſonne, an der blauen feſte. 〈…〉〈…〉Warum ſetzt man: Auricomus ſalſo ſurgens ex aequore Titan ad nos fert onomaſma meum, oder: Cyn - thius auricomus miſſo rutilante cubili natalem noſtrum laetus ab axe refert: Lotichius ſpricht an deſſen ſtatt: Ecce meus natalis adeſt, feliei - bus opto auſpiciis, ſervent hunc mihifata diem. Am meiſten zieren dieſen ſtilum die accuraten und lebhaften fuͤrbidungen der ſache, z. e. von einem ſturm zur ſee ſagt Virgilius:
    ſtridens aquilone procellavelum333des ſtili inſonderheit. velum aduerſa ferit fluctusque ad ſidera tollit. Franguntur remi, tum prora auertit & vndis Dat latus: inſequitur cumulo praeruptus aquae mons. Hi ſummo in fluctu pendent, his vnda dehiſcens Terram inter fluctus aperit furit aeſtus arenis.
    (Morhoff:)Adverſam hinc Boreas crudeli verbere puppim Sauciat, hinc madido ſubruit ore Notus. Confligunt Euri Zephyris, furioſaque nobis Atque ſibi pugnas, turba marique movet. Heic brevia eſt ſyrtes, heic eſt metuenda vorago, Heic ſcopuli infames, ſaxaque coeca ſedent, Quo mittes oculis ſe plurima mortis imago Ingeret. (Lobenſtein:)
    Es ſchuͤttete die Hand
    Des grimmen himmels dach, blitz hagel, ſchloſſen, regen,
    Auf meine maſten aus mit vielen donnerſchlaͤgen,
    Die flotte ward zerſtreut, die ſeegel umgekehrt,
    Die ſeile gantz verwirrt, die ruder nichts mehr werth,
    Die ſteuer theils zerſchellt, die ancker abgeriſſen,
    ꝛc. Wo man nicht haͤtte Poetiſch ſchreiben wollen, waͤ - ren dieſe beſchreibungen nicht noͤthig geweſen, zumahl da ſie ſich nur auf die beſchaffenheit der ſache gruͤnden, wie ſie etwa ſeyn koͤnte. Und in ſolcher fiction beſteht die ſeele der Poeſie, oder wenigſtens ihre groͤſte ſchoͤnheit.

§. 14. Zuweilen geht das ingenium in ſei - nen einfaͤllen gar zu weit und verfaͤlt auf pa - radope, laͤcherliche dinge. weil es entweder von dem iudicio nicht gnugſam unterſtuͤtzet wird, oder weil man mit fleiß woruͤber ſcher - tzet, und einding ridicul zu machen ſuchet, als - dann druckt man ſich theils durch alte verle - gne woͤrter und redens-arten aus, theilsdurch334von denen unterſchiedenen artendurch dergleichen, welche bey dem poͤbel ge - braͤuchlich und viel applauſum finden, ia man nimt ſich die freyheit, eben dadurch ein ge - laͤchter zu erwecken, wann man den regeln der beredſamkeit auf eine ſo merckliche art zuwie - derhandelt, daß auch gemeine leute es erken - nen und daruͤber lachen, und dieſes heiſt dictio ludicra, burlesque, ein laͤcherlicher ſtilus, wo - zu man keine regeln gebraucht als dieſe, daß er entweder gar nicht, oder ſehr ſelten, bey gantz beſondern faͤllen, zu gebrauchen.

  • Alles was man von dieſem ſtilo ſagen kan, ſcheinet im folgenden buch begriffen zu ſeyn: Franciſci Vauaſſoris e S. J. de ludicra dictione liber in quo tota iocandi ratio ex veterum ſcriptis aeſtimatur, edidit jo. Erhardus Kappius mit des Vauaſſoris Antibarbaro und Joh. Ludovici Balzacii epiſto - lis ſelectis. Leipzig 1722. 8. Will man exempel haben von dieſem ſtilo ſo mag man Scarrons Virgile traueſti en vers burlesques Paris 1667. 12. leſen, Loredano dell’Ihiade giocoſa hat Homerum auf gleiche weiſe fuͤrgeſtellt, ſiehe Stollen l. c. V. 46. Morhof l. c. l. VI. 8. 9 Es gehoͤren auch die knittelreime, meiſtergeſaͤnge und dergleichen, la auf gewiſſe maſſe der froſch-maͤuſeler des Rollenshagens hieher. S. davon Reimmanns Hiſt. Litt. IIII. p. 668.

§. 15. Jn anſehung der ſprache, worte und derſelben beſchaffenheit, damit man ſeine ge - dancken fuͤrtraͤgt, iſt der ſtilus einmahl ſo vie - lerley, als man ſprachen hat; hernach entwe - der naturalis oder artificialis, ienerheiſt ent - weder ſimpler, weil er von ſinnlichen, theore - tiſchen, familiairen dingen handelt und iſtmit335des ſtili inſonderheit. mit dem humili meiſt einerley, oder propri - us, weil er keine tropos, oder ordinarius weil er keine figuren braucht, und hat in dieſen faͤllen nichts beſonders: Dieſer der artificialis heiſt tropicus weil er tropos, und figuratus, weil er figuren braucht, dabey ebenfals nichts mehr zu erinnern, er heiſt aber auch declama - torius weil er gewiſſe ſolennitaͤten erfordert und hievon iſt etwas zu gedencken.

§. 16. Doch ehe ich davon etwas beybrin - ge, muß ich von dem ſtilo in anſehung der ſprache etwas ſagen, und zwar von dem Latei - niſchen, weil ſolches die ſprache der gelehrten und vom Teutſchen, weil dieſes unſere mutter - ſprache iſt. Jene iſt fuͤr allen andern excoli - ret worden, dannenhero findet man darinn gewiſſere regeln und vollkommenere, oder wenigſtens haͤuffigere exempel, ſo zu anbrin - gung der guten eigenſchaften des ſtili den weg bahnen. a)Es hat aber dieſe ſprache darinn die groͤſte freyheit, daß ſie die woͤrter nach ge - fallen verſetzen kan, und den vorzug, daß ſie was die reinlichkeit anbetrift, gleichſam in poſſeßione iſt, und ſich nicht leicht, durch ein - miſchung fremder woͤrter, darinn turbiren laͤſt. im uͤbrigen braucht ſie keiner beſondern regeln, und wegen der eintheilungen in den Juliani - ſchen, Muretianiſchen, Ciceronianiſchen, und Curtianiſchen ſtilum,b) ingleichen in die aucto - res unterſchiedener alter,c) darf man ſich auch keine groſſe muͤhe geben.

§. 17.336von denen unterſchiedenen arten.
a)Die auctores welche vom ſtilo in Lateiniſcher ſprache geſchrieben, haben meiſtens ihre abſicht auf die Lateiniſche ſprache gehabt, einige auch ih - nen dieſelbige eintzig und allein zu lehren ange - legen ſeyn laſſen. Jch habe derſelben ſchon viel angefuͤhret, als: Schefferum, Heineccium, Groſſern, Starcken, Langen, Wagenſeil, Becmannum, Voſſium, Sanctium, Arnol - dum, Rabnern, Caußinum, Boͤclern, Alſte - dium, Maſenium, Cellarium, Hederich, ꝛc. Was die Hiſtorie der Lateiniſchen ſprache betrift und der Lateiniſchen auctorum, dazu dienen Morhof, Stolle, Fabricii Bibliotheca Latina, Hederichs notitia auctorum, Walchii hiſtoriæ critica Lat. linguae, und unzehlich andere, de - ren Morhoff und Stolle erwehnen, wozu man noch Jo. Gottlieb Schwartzens de fatis qua - rumdam vocum diſſ. 1717. und Reimmanns Hi - ſtoriam quorumdam vocabulorum Latinorum Ha - lae 1718. 8. ſetzen kan. S. oben die vorber §. 21.
a)
b)dieſes iſt Herrn Huͤbners eintheilung in ſei - nen Oratoriſchen fragen, den erſten nennet er deutlich und leicht, den andern weitlaͤuftig, den dritten rein und auſſerleſen den vierdten kurtz und ſententioͤs. Herr Hederich hingegen l. c. p. 561. ſagt: So viel Lateiniſche auctores ſind, ſo viel giebt es auch beſondere arten des Lateiniſchen ſtili, und erlaͤutert ſeine gedan - cken von dieſen mit gar feinen anmerckungen.
b)
c)S. Thomaſii Cautelen VII. 30. Morhofs Po - lyhiſt. I. IIII. XI. ſeqq. Die alter der Lateiniſchen auctorum ſind: aurea, argentea aenea und fer - rea, dazu einige noch luteam & ligneam ſetzen. Die Eritici ſind, wegen ihrer determination, und der auctorum die zu ieden gehoͤren, ſelbſt nicht recht einig, und man halte auch nur ſcri - benten aus eben dem alter gegeneinander z. e. J. Caeſa -337des ſtili inſonderheit. Jul. Caeſarem, Liuium, Vitruuium, ſo wird man leicht ſehen, daß dieſe diſtinction zwar nicht zu verwerffen, aber doch nicht die richtigſte und nuͤtzlichſte.
c)

§. 17. Man kan ſonſt im Lateiniſchen alle arten vom ſtilo haben, und eben dieſe eigen - ſchaft hat ſie mit der Teutſchen ſprache gemein, von welcher bereits in der vorbereitung §. 22. erwehnet, daß man entweder den Schleſiſchen oder Meißniſchen oder Nieder-Saͤchſiſchen oder Fraͤnckiſchen ſtilum, darinn obſervire. a)Doch in keiner mund-art und in keiner art von ſtilo iſt man befugt, die eigenſchaften des guten ſtili uͤberhaupt, aus den augen zu ſetzen, und wo man dieſe geſchickt anzubringen weiß, und ſorgfaͤltig den genium dieſer ſpra - che beobachtet, wird man auch einen guten Teutſchen ſtilum ſchreiben. b)

Es vergliech iemand nicht uneben, dieſe vier ar - ten von Teuſchen ſtilis, mit vier frauenzimmern, da die eine ſich immer mit demanten gold und ſilber heraus putzete und als eine hof-dame al - lezeit in galla erſcheinen wolte; die andere, gleich einem academiſchen frauenzimmer artig, compaſant und liebreitzend waͤre, allen ge - fallen, niemand lieben, zuweilen fuͤr beſſer gehal - ten und mehr geehret ſeyn wolte als ihr zukaͤme; die dritte wie eine geſchaͤftige haußwirthin, nicht ſonderlich auf den aͤuſſerlichen putz hielte, ohnge - achtet es ihr darã nich fehlete, auch nicht eben die leute zu charmiꝛen ſuchte, ſondeꝛn vielmehr auf ih - re verrichtungen daͤchte, inzwiſchen doch durch das ungezwungene weſen, die herfuͤrleuchtende red - lichkeit, und kluge wirthſchaft, allen gefiele; und endlich die vierdte uͤberall die augen der leuteYauf338von denen unterſchiedenen artenauf ſich ziehen wolte durch lichte und bunte far - ben, ſchminckpflaͤſtergen, affectirten gang, ge - borgte demante viele baͤnder, und allerhand klei - nigkeiten. Doch will ich ihm nicht gaͤntzlich beyfallen, ſondern vielmehr zum exempel einige proben anfuͤhren, welche man conferiren mag: ſonſten geſtehe ich, daß ich bey dieſer eintheilung ebenfalls keinen rechten grund ſehe. Es mag alſo zur probe des Schleſiſchen ſtili, der an - fang der lob-rede dienen, welche der Herr von Koͤnigsdorf auf Leopoldum gehalten, der alſo lautet: Der erdkreiß iſt niemahls in eine groͤſſere be - ſtuͤrtzung geweſt, als er ſich in gegenwaͤrtigen zeiten befindet. Die regierſucht hat faſt alle voͤlcker erreget, und die koͤnigreiche wider ein - ander geſtoſſen, und wolte gern aus derſelben zertruͤmmerung ſich ein reich aufbauen, deſſen beherrſcher die Borbonier und ihre untertha - nen das menſchliche geſchlecht ſeyn ſollen Eu - ropa rauchet allenthalben von dem angelegten feuer, ſelbſt America haben die um ſich freſſen - den flammen angezuͤndet, und das weite meer hat nicht gnugſam waſſer ſolches zu loͤſchen. Europa ſoll eine neue, und America die alte oder vielmehr noch eine neuere welt werden; ſo gar ſind die laͤnder verwuͤſtet, und die ſtaͤdte umgekehret, daß die erde ihre vorige geſtalt ver - lohren, und den inwohnern nichts als das all - gemeine elend uͤbrig verblieben. Die waſſer ſiehet man von blut aufgeſchwellet, und der ocean wird dem rothen meere ſeinen nahmen zweifelhaftig machen. Seine fluthen ver -ſchlin -339des ſtili inſonderheit. ſchlingen gantze flotten, dadurch wird der ab - grund ſeichte, auch in den hafen verurſachet der ſchreckliche ſturm ſchif-bruͤche. Die ge - fahr haͤlt allen das meer verſchloſſen, nur dem verderben und untergang ſtehet es offen. Bey dieſen bekuͤmmerniſſen iſt das empfindlichſte ungluͤck, daß der ſtarcke Atlas, welcher die fal - lende welt aufgehalten, der groſſe Leopoldus (pleniſſimis titulis) mein im leben geweſener allergnaͤdigſter Herr, durch den todt entkraͤftet worden ꝛc.

  • Als eine probe des Meißniſchen, kan der anfang derienigen rede, welche Herr Gottfried Ole - arius auf das abſterben D. Schambergs 1706. gebalten, angeſehen werden. (Siebe die reden groſſer Herren II. p. 1064.

Wenn ſelbſt der purpur ſeinen glantz verſtel - let, uñ ſtatt deſſen nur truͤbe blicke u. einen zwei - felhaften ſchein von ſich geben will, und wañ die ſchoͤnſte morgen-roͤthe ſich in eine dunckle nacht verwandelt, und aus heitern himmel blitz und donner herfuͤrbrechen: ſo iſts kein wunder, wenn ein ohne dem unberedter mund, an ſtatt einer wohlgeſetzten rede, fuͤr beſtuͤrtzung nur lauter gebrochene worte und einen unver - ſtaͤndlichen laut herfuͤr bringet. Und da ich mich anietzo eben in ſolchen umſtaͤnden be - finde, ſo wuͤrde mein fehler keine entſchuldi - gung verdienen, daß ich mich fuͤr ihnen, hoͤchſt - und hoch geehrteſte auweſende, herfuͤr zu treten erkuͤhne, wenn nicht eine loͤbliche univerſitaͤt, bey dem gegenwaͤrtigen, alle ihre glieder durch -Y 2drin -340von denen unterſchiedenen artendringenden ſchmertzen, nur fuͤr vergeblich ge - halten, zu ablegung ihres ergebenen danckes, einen beredten redner auszuſuchen; zugleich aber es ihrer gegenwaͤrtigen pflicht nicht un - gemaͤß befunden, die betruͤbniß vielmehr, als die kunſt, das wort fuͤhren zu laſſen.

  • Zur probe des Nieder-Saͤchſiſchen, gebe ich den anfang einer rede, welche von Herrn Joſt Chriſtoph Boͤhmern P. P. zu Heimſtaͤdt 1710. auf die vermaͤhlung Hertzogs Auguſt Will - helms zu Braunſchweig mit der Hertzogin zu Hollſtein-Ploͤn, Eliſabeth Sophien Marien, gehalten. (Siehe alleg. reden VII. 87.

Die allgemeine freude des gantzen landes, ſo mit worten kaum auszudruͤcken, wohl aber in aller getreuen unterthanen augen kan gele - ſen werden, erinnert billig dieſe Julius-univer - ſitaͤt ihrer unterthaͤnigſten pflicht, und verbin - det dieſelbe, durch ein oͤffentliches denckmahl, die gluͤckſeeligkeit dieſer zeit, nach dem maaß ihres vermoͤgens, zu verehren. Das vergnuͤ - gen, ſo man nach vorher ausgeſtandenen har - ten trauer - und ungluͤcks-faͤllen, erlebet, iſt weit groͤſſer und empfindlicher, als wenn einem nie - mahls etwas widriges begegnet. Es iſt das licht nimmer angenehmer, als nach einer groſ - ſen finſterniß. Nach einem groſſen ungewit - ter und platz-regen, ſcheinet uns die ſonne weit lieblicher, und man beluſtiget ſich ſo dann weit mehr an ihren ſtrahlen, als wenn wir ihren ſchein, eine geraume zeit, ohne unterbruch ge - noſſen, wenn ihr glantz unſerem geſichte ſichlange341des ſtili inſonderheit. lange nicht entzogen. So bitter und ſchmertz - haft der ausgang des zweyten monaths dieſes jahres uns geweſen; ſo erfreulich und ange - nehm iſt hingegen der anfang des letzt-abgewi - chenen worden. Jener beraubete uns einer tugendhaften und hochbegabten Fuͤrſtin, und erweckte durchgehends bey iedermann ein ſon - derbares beyleid, und ungemeine betruͤbniß: Dieſer hingegen erſetzet den verluſt: ia was wir unwiederbringlich verlohren zu haben ver - meinten, erlangen wir in der groͤſſeſten voll - kommenheit wieder. ꝛc.

  • Ein exempel des fraͤnckiſchen ſtili giebt Eraſ - mus Franciſci in ſeiner gruͤndlichen wiederle - gung der verleumdungen. (Siehe die vorbe - reit. §. 22. not. [r].)

Wie die ſonne den ſchatten, ſo hat wahrheit die verlaͤumdung zum gefaͤhrten, wenn ſie, wi - der die ſchwaͤrmende unwahrheit kaͤmpffet: Und wie mancher ſchoͤnen Fuͤrſtin ein ſchwar - tzer mohr, alſo folget dieſer heldin gern ein pech - ſchmutziger laͤſterer auf den ferſen. Der, wel - cher die wahrheit ſelber, und dazu gebohren iſt, daß er die wahrheit zeuge, hat ſelbſt dafuͤr einen dornen-krantz zu lohn bekommen: Derhalben muͤſſen dieienigen, welche die toͤchter des luͤ - gen-vaters, nemlich ketzerey und falſche verfuͤh - riſche lehre, nicht kuͤſſen wollen, ſondern dieſel - be verſchmaͤhen, bekoͤrben, und mit dem licht der wahrheit beſchaͤmen, ſich nicht befremden laſſen, daß der ſatan, ihnen allerley kletten, ia ſcorpionen, kroͤten, und ſpinnen in die haare zuY 3werf -342von denen unterſchiedenen artenwerffen trachtet, durch ſolche ſeine creaturen, welche ottern-gifft unter ihren lippen, und peſti - lentz in ihren federn haben; indem er, durch ſolches mittel, den ketzeriſchen irrſalen, als be - foͤrderern ſeines reichs, ein beſſeres anſehen und credit zu erſpinnen hoft, wohl wiſſend, daß die beruß - und ſchwaͤrtzung des rechtglaͤubigen, den wahn-glaͤubigen zur ſchmincke diene: ꝛc.

a)Man koͤnte mit gleichem recht die fuͤnſte art des Teutſchen ſtili, nemlich den Schweitzeriſchen, auch die ſechſte, als den Oeſterreichiſchen, hin - zu thun. Doch weil ich darinnen keinen vor - gaͤnger habe, ſo will auch dieſe arten nicht zu - erſt auf die bahn bringen.
a)
b)Jch habe bereits ſo viel dazu dienliche auctores angefuͤhret, daß ich hier der muͤhe kan uͤberhoben ſeyn. Aber unter dieſen iſt noch niemand, der den genium der Teutſchen ſprache, etwas aus - fuͤhrlich beſchrieben haͤtte. Jch dencke, daß die conſtruction das fuͤrnehmſte ſey, darinn dieſe ſprache ſich von andern unterſcheidet, welche man am beſten aus der Grammatik erlernet.
b)

§. 18. Von dem ſtilo declamatorio nun - mehro zu reden, ſo wird derſelbe hauptſaͤchlich deßwegen in etwas zu erwegen ſeyn, weil bey ſeinem aͤuſſerlichen fuͤrtrag gewiſſe ſolennitaͤ - ten,a) wie bereits erwehnet, zugleich fuͤrfallen, darauf man bey der ausarbeitung und an - wendung aller arten von ſtilis fuͤr andern all - hier zu ſehen. Wird er bey ernſthaften bege - benheiten gebrauchet, ſo kan man ihn den ei - gentlichen ſtilum oratorium nennen, weil die - ſer faſt der eintzige iſt, davon die anweiſun -gen343des ſtili inſonderheit. gen zur beredſamkeit nachricht zu geben ſich bearbeiten. Er fodert ſo dann, daß man nicht nur alle gute eigenſchaften des ſtili an - bringe, ſondern auch ſo anbringe, daß es recht mercklich ſey, wie man bey ihrer anbringung ſorgfaͤltig geweſen, wie man mit groſſem fleiß, reine, deutliche, nachdruͤckliche, angenehme, worte und redens-arten aufgeſucht, eine nette iunctur und klingenden numerum genau beob - achtet, u. uͤberall kunſt u. wiſſenſchaft, doch ohne affectation, zu zeigen, ſich bemuͤhet habe. c)

a)Dieſe ſolennitaͤten ſind, daß man auf einen hoͤl - tzern oder ſteinern ſtuhl ſteiget oder auf einen freyen platz tritt, und an eine gantze verſamm - lung ſeine worte richtet, ꝛc.
a)
b)Faſt alle, die Oratorien und Rhetoricken ge - ſchrieben, wollen uns lernen orationes machen, da doch dieſes der kleineſte theil einer vernuͤnfti - gen beredſamkeit iſt, und es zeiget, daß man eben ſo einen engen begrif von der beredſamkeit habe, als ein Hiſtoricus von der Hiſtorie, wenn er nur die leben der Roͤmiſchen Kaͤyſer darinn ſuchet, oder als ein Logicus von der Logik, wenn er nur ſyllogiſmos daraus machen lernet.
b)
c)Siebe Lami l. c. IIII. cap. XIII. Hederich l. c. p. 554. Regeln zu dieſem ſtilo geben alle gute Rhetoricken in groſſer menge. Exempel ſiehet man an allen, welche gute, eigentlich ſo genannte orationes publiciret, als: Cicero, Quintilianus, Plinius, Muretus, Buchnerus, Crucius, Cúnaeus, Cellarius, Schurtzfleiſch, in den orationibus procerum Europae, die Hr. Luͤnig heraus ge - geben, in den orationibus clariſſimorum viro - rum ſelectis, editis a Jo. Erhard Kapp. Lipſiae. 1722. 8. &c. in den reden groſſer Herren undY 4fuͤr -344von denen unterſchiedenen artenfuͤrnehmer miniſter, welche eben belobter Herr Luͤnig heraus gegeben, in Hofmanns - waldau, Pritii, Seckendorfs, Groſſers, Neu - mann[s], und anderer reden, welche theils ſchon angefuͤhret, theils noch fuͤrkommen werden. conf. Morhofs Polyhiſt. orat. Stollens Hiſt. der gelahrb. I. IIII. &c.
c)

§. 19. Ziehet man ihn auf das theatrum zum ſchauſpielen, da hat er allerdings groͤſſere freyheiten, und da der Oratorius niemahls das burlesqve leidet, ſo kan man hier in gewiſſen faͤllen, ſolches ſehr wohl gebrauchen. Wie aber die groͤſte annehmlichkeit aller ſchauſpiele darinn beſtehet, daß alles recht wahrſcheinlich fuͤrgeſtellet werde, ſo iſt auch die groͤſte tugend des ſtili theatralis, daß er mit dem caracter der perſonen, die da reden, gar genau uͤberein ſtim - me, und doch auch nicht gar zu ſehr uͤber die re - geln des guten ſtili u. des wohlſtandes ſchreite.

  • Siehe Stollens Hiſt. der gel. l. V. 29. ſqq. 69. Es koͤnnen auch hieher die romainen und fabeln auf gewiſſe maaſſe gezogen werden ibid. 67. III. V. 33. Man findet allhier nicht nur die, ſo regeln dazu gegeben, ſondern auch exempel, an - gefuͤhret. Wenn auf einem theatro die perſo - nen lange mit ſich ſelbſt reden, eine tiefe Moral zeigen wollen, zoten reiſſen, die bauren gelehrt und die printzen baͤuriſch ſprechen, da haben die zuſchauer mehr eckel, als vergnuͤgen. Die hi - ſtorie des Moliere, welcher ſeine magd conſuli - rete, iſt bekannt.

§. 20. Die abfaſſung der periodorum bey dem ausdruck, macht den unterſchied unter den ſtilum luxuriantem oder diffuſum den ro -tun -345des ſtili inſonderheit. tundum und concinnum, und unter den conci - ſum und ſententioſum. Den erſten hieſſen die alten Aſiaticum, den andern Atticum, und den dritten Laconicum. Der luxurians, diffuſus, Aſiaticus ſtilus iſt in ſeinẽ ausdruck weitlaͤuf - tig, mit vielẽ beywoͤrtern bereichert, gebrauchet lange worte, redens-arten, lange periodos, nimt alle determinationes und umſtaͤnde einer ſache mit, leidet viel propoſitiones incidentes, ausſchweiffungen und beſchreibungen, auch viel tropos und figuren, iſt zum oͤftern mit dem ſublimi, mediocri, und pathetico verbun - den, und beobachtet auch alſo die von dieſen gegebene regeln, allezeit aber iſt er Oratorius.

  • Er heiſt ſonſt auch prolixus, circumductus, ſiehe Hederichs Philolog Wiſſenſch. p. 549. Hei - neccium l. c. Langens Einl. 3. O. I. p. 302. giebt davon ein exempel. Muretus, Hof - mannswaldau, ꝛc. fuͤhren ihn. Zur probe mag folgendes ſeyn:
  • Propoſitio: Wer ſich nichts zutrauet / wird ſel - ten befördert, wenn er ſchon gelehrt iſt.
  • Argum probans: Denn heut zu tage gilt das wind machen.
  • Elabor. Alle verzagte und furchtſame gemuͤther - welche ihre eigene kraͤfte nicht mit richtiger wa - ge abzumeſſen und mit gnugſamer ſcharfſichtig - keit zu betrachten wiſſen, dannenhero ſich ſelbſt des gluͤcks unwuͤrdig ſchaͤtzen, und an ihren ver - dienſten verzweiffeln, erfahren mehrentheils, daß eben dieſes von ihnen gefuͤrchtete und mit gar zu groſſer demuth verehrete gluͤck, ihnen die thuͤre zu der gehoften ruhe, zu den verdienten be -Y 5loh -346von denen unterſchiedenen artenlohnungen, und zu denen geſuchten befoͤrderun - gen verſchlieſſe, wann ſie auch ſchon ihren ver - ſtand durch ſcharf-ſinniges nachdencken ge - ſchaͤrffet, durch artige erfindungen gezieret, und durch viele wiſſenſchaften bereichert. Denn nachdem man guͤldene, ſilberne, eherne, eiſerne, hoͤltzerne, irrdene und endlich gar waͤſſerige zei - ten, ſint erſchaffung der gantzen welt erfahren, ſo ſcheinet es, als ob uns das ſchickſaal, in dem ietzigen ſaͤculo, die luftigen zeiten haͤtte erleben laſſen, da ſich die aufblaſenden und in die zeit, in den geſchmack und unwiſſenheit der befoͤr - derer, (die ohne dem allzeit groͤſſere leute zu ge - ringern dienſten und wenigern beſoldungen for - dern) durch eine ſchwũlſtige fuͤrſtellung ſchicken - den prahler am allerleichteſten in den hafen der ruhe und an denen gluͤckſeeligen inſuln der befoͤ - derung ſehen: Ob wohl die folgende feurige zeit ihre gemachten duͤnſte zerſtreuen, den wind verduͤnnen, und ihre ſtoppeln verbrennen moͤchte.

§. 21. Der rotundus, concinnus, Atticus ſtilus maͤßiget den Aſiaticum, und gehet zwi - ſchen dieſen, und den folgenden Laconicum, die mittel-ſtraſſe, faſſet alſo ſeine periodos et - was kuͤrtzer ab, ſetzet nicht eben lange worte und redens-arten, auch keine haͤuffige propo - ſitiones incidentes, und giebt denen tropis und figuren eine gleiche proportion, kan ſich zu - gleich bey dem humili, mediocri, ſublimi, theo - retico, pathetico, erudito, hiſtorico, und andern arten des ſtili finden, bleibt doch meiſtentheils Oratorius.

  • Siehe Hederich, Heineccium l. c. &c. Obiges thema wuͤrde vielleicht nach dem ſtilo Attico alſo zu ſetzen ſeyn:
Furcht -347des ſtili inſonderheit
  • Furchtſame gemuͤther, welchen ihre eigene gute beſchaffenheiten ſo gering ſcheinen, daß ſie de - nenſelben alles gluͤck abſprechen, koͤnnen ſich auch keine vergnuͤgende huͤlfe von dieſer blin - den goͤttin in ihren befoͤrderungen verſprechen; wann ſie ſchon vorurtheile und unwiſſenheit durch eine gruͤndliche gelehrſamkeit und reiche wiſſenſchaft beſieget. Denn der geſchmack der heutigen welt und die umſtaͤnde bey denen ſtaf - feln, darauf man zur gluͤcklichen befoͤrderung gelanget, erfordern von einem ieden, der ſie be - treten will, daß er ſeine gute eigenſchaſten etwas groͤſſer mache, als ſie in der that ſind, ſie etwas hoch hebe, damit ſie deſto beſſer geſehen werden, und wohl gar fuͤr guͤlden ausgebe, wenn ſie gleichſam nur bleyern ſind.

§. 22. Endlich zeiget ſich der ſtilus Laconi - cus, conciſus, ſententioſus, in einer gantz kur - tzen verfaſſung, mit kurtzen periodis, laͤſſet weitlaͤuftige beſchreibungen und einſchraͤnckun - gen aus, redet gerne mit ſententzen und ſprich - woͤrtern, (weil dieſe immer reicher an gedan - cken als worten, und da ſie auf etwas anders zielen, als der eigentliche wort-verſtand mit ſich bringet, allezeit ein gedoppeltes nachden - cken bey einem kurtzem ausdruck verurſachen) verbindet meiſt realiter, ſucht aber deſto nach - druͤcklichere worte auf, und iſt meiſtentheils mit dem arguto verbunden, ſetzt doch niemahls die guten beſchaffenheiten des ſtili bey ſeite.

  • Siehe Hederich, Heineccium, l. c. oben §. 11. Kem -348von denen unterſchiedenen artenKemmerich l. c. p. 1040. Alſo klingt ange - fuͤhrtes thema nach dieſem ſtilo auf folgende weiſe:
  • Bloͤde hunde werden ſelten fett, und furchtſame, die ihnen ſelbſt am wenigſten zutrauen, ſelten befoͤrdert. Das gluͤck iſt eine kuͤhne goͤttin, wenn man ihre gewogenheit haben will, muß man ſich mit ihr ſympatiſiren. Hingegen iſt ſie blind, alſo gewinnet man ſie nicht, wenn man ihr den glantz aͤchter gelehrſamkeit fuͤrhaͤlt, man erſchreckt ſie nicht mit dem ſchilde der Mi - nervaͤ. Man faſſe dann ein hertz, und von ſeinen verdienſten einen groͤſſeren begrif, ſo wird man erfahren, daß es ein altes, aber heut zu tage erſt recht wahres ſprichwort: audaces fortuna iuuat.

§. 23. Jn anſehung desienigen, der da re - det, und ſeiner abſichten, iſt der ſtilus entwe - der ſerius, wenn man ernſthafte worte hat, und dieſer hat nichts beſonders, als daß er die familiaͤren reden und ſchertzenden gedancken meidet, oder iocoſus, wann man ſchertzet, die - ſer hat vieles mit dem ſatyriſchen und burle - ſque gemein, iener heiſt auch candidus, wann er es ſo meinet, als er redet, dieſer ironicus, wann er was anders und wohl gar das ge - gentheil verſtehet: Ferner iſt er entweder re - citativus, und erzehlet anderer leute worte, wie ſie von ihnen ausgeſprochen, oder relati - vus, und veraͤndert nur die Grammaticaliſche form der temporum, beyde gehoͤren zum Hiſto -rico:349des ſtili inſonderheit. rico: Letzlich vehemens, wann der redende im affect ſtehet, und temperatus, wann er von keinem ſonderlichen affect gereitzet wird, iener hat viel mit dem pathetico, dieſer mit dem theo - retico gemein.

  • Siehe hiebey Kemmerich l. c. p. 1046. 1054.

§. 24. Endlich in anſehung des hoͤrenden, iſt der ſtilus gar mancherley; doch verdienen nur der familiaris und dialogiſticus, der ga - lante, caͤrimonioſus, der epiſtolaris und letz - lich der dogmaticus, und polemicus, einige anmerckungen, welche ich kurtz beyfuͤgen will, da dieſes capitel wider vermuthen ſchon faſt die graͤntzen einer rechten maſſe uͤberſchritten.

§. 25. Den familiaͤren ſtilum braucht man im gemeinen leben, zu dem ausdruck ſeiner gedancken, welche man mehrentheils von ſinn - lichen dingen gefaſſet, und gegen leute, bey denen man nicht noͤthig hat, viele caͤrimonien zu machen, da ſie unſeres gleichen oder wohl geringer als wir, und gute freunde von uns ſeyn. Man braucht deßwegen nur ſeine ge - dancken, durch reine, deutliche, adaͤquate wor - te auszudrucken, wird nicht an einen periodi - ſchen numerum gebunden, vielweniger darf man ſich mit tropis und figuren breit machen. Bleibt er nur bey unterredungen, ſo heiſt er auch ſtilus dialogiſticus, doch richtet er ſich alsdann nach dem begrif des hoͤrenden und uͤberhaupt nach der beſchaffenheit des obiecti und dem character der perſonen.

Sie -350von denen unterſchiedenen arten
  • Siehe Stollen I. IIII. 24. ſqq. Dieſen ſtilum ha - ben die in ana. ſiehe Stollen I. Vorber. 59. Morhoffs Polyh. I.I. XV. 56. Der Hr. auctor der geſpraͤche im reiche der todten iſt hierinn unter den neueſten am gluͤcklichſten.

§. 26. Eben dieſen ſtilum veraͤndern unter - ſchiedene abſichten des redenden, daß er bald liebkoſend nnd verbindlich, bald hoͤflich und angenehm wird, alsdann koͤnte man ihn den galanten ſtilum nennen. Er entlehnet ſo dann etwas von dem arguten und ſchertzenden ſtilo, richtet ſich nach dem galanten gebrauch, dru - cket den affect der wohlgewogenheit und erge - benheit, durch etwas ſchmeichlende worte aus, bedienet ſich eines angenehmen leicht flieſſen - den numeri, laͤſt zwar keine kunſt und ausge - ſuchte zierlichkeit mercken, gehet doch aber nicht zu weit davon ab, ſteigt nur biß zum ſtilo me - diocri, und erfodert daß man ſonderlich die perſonen nach ihren geſchlecht und ſtande be - obachte, wann man ihn anbringen will.

  • Zu dieſem ſtilo ſcheint die Frantzoͤiſche ſprache die geſchickteſte zu ſeyn, allein Talander, Menan - tes, Neukirch, ꝛc. haben in regeln und exem - peln, in reden und briefen gewiefen, daß die Teutſche ſprache es ihr vollkommen gleich thue S. Kemmerich l. c. p. 1048. 1055.

§. 27. Von dieſen gehet der ſtilus in etwas ab, welchen man im gemeinem leben gegen hoͤhere gebrauchet. Denn ob zwarhier eben - fals der galante gebrauch fuͤr andern zu con - ſuliren iſt, ſo wird doch der ſtilus etwas ernſt - hafter, man beobachtet fuͤr allen dingen den ſti -lum351des ſtili inſonderheit. lum curiaͤ, man bezeuget ſeine ſubmißion durch verbindliche worte, welche keine neben-ideen einer familiaritaͤt haben, huͤtet ſich fuͤr aller affectation einer kuͤnſtlichen ausarbeitung faſ - ſet ſeine gedancken kurtz und beobachtet ſorg - faͤltig die regeln des wohlſtandes. Daher wird dieſes der ſtilus caͤrimonioſus genennet.

  • S. Kemmerich l. c. p. 1057. Exempel findet man in dedicationibus, ſuppliqven ꝛc. zuweilen di - ſpenſiret uns der hoͤhere von dieſem ſtilo, und fodert den galanten oder gar familiaͤren.

§. 28. Werden ietztangefuͤhrte ſtili ſchrift - lich abgefaſſet und in briefen gebrauchet, ſo entſteht daher der ſtilus epiſtolaris. Dieſer bekommt alſo, nachdem er familiaͤr oder galant oder caͤrimonioͤs iſt, auch unterſchiedene ge - ſtalten, und muß aus vorheraehenden para - graphis beurtheilet werden. Zuweilen fuͤhrt man in briefen gantze propoſitiones aus, und ſchreitet alſo uͤber die graͤntzen einer rede im ge - meinen leben, ſo dann heiſſen es Oratoriſche briefe, und bekommen nach denen noͤthigen eigenſchaften des ſtili, eine recht Oratoriſche form und Oratoriſchen ſtilum, welcher ſich mit allen pathetiſchen, weitlaͤuftigen, hohen, und ſinnreichen, auch andern arten von ſtilis ver - binden laͤſſet, und deſſen oben §. 18. gedacht worden.

  • Siehe hiebey unten P. III. cap. 2. von briefſtel - lern und briefen Stollen l. III. 30. Morhoffs Polyh. I. I. XXIII. ſeqq. Hederich l. c. p. 585.

§. 29. Alle dieſe arten des ſtili, mag der -ienige352von denen unterſchiedenen artenienige unterſchied des ſtili beſchlieſſen, welcher daher entſtehet, wann der redende den andern zu unterrichten, oder ihn zu wiederlegen bemuͤ - het iſt. Jener heiſt der ſtilus dogmaticus, dieſer der polemicus. Jener kommt mit dem humili, theoretico, erudito, Philoſophico, familiari, dialogiſtico, groͤſtentheils uͤberein, ſiehet nur auf den unterricht des verſtandes, laͤſt alſo den deutlichen und adaͤquaten ausdruck ſein hauptwerck ſeyn. Dieſer beobachtet, weil er mit eineꝛ etwas unangenehmen ſache zu thun, ſonderlich den galanten ſtilum und einiger maſ - ſen den ſtilum dogmaticum, bekuͤmmert ſich im uͤbrigen mehr um den deutlichen und adaͤ - quaten ausdruck, um die rechte fuͤrſtellung ſeiner meinung, und der gruͤnde darauf ſelbi - ge beruhet, ingleichen um den rechten begrif von des gegner meinung und ſeinen gruͤnden, als um die uͤbrigen zierrathen des ſtili, vermei - det alſo das ſatyriſche weſen und den pracht der troporum und figuren. b)

a)S. Lami I. c. IIII. cap. XV. und was ich bey an - gefuͤhrten ſtilis, oben erinnert.
a)
b)Jch weiß nicht, warum mir hier die heutige, faſt allgemeine praxis, im wege ſtehet, ob es daher komme, weil man ſo wenig in den Oratorien biß - her vom ſtilo polemico erinnert, und alſo die leute nicht fein von kindheit auf zum complai - ſanten controvertiren angefuͤhret, oder weil ſon - derlich dieienigen, welche andern aus dem Chri - ſtenthum die liebe, und aus der Moral die ſanft - muth und gelaſſenheit gar zu fleißig lehren, ſich ſelbſt dabey zu lehren vergeſſen. Denn mancon353des ſtili inſonderheit. controvertiret am liebſten im ſatyriſchen ſtilo miteinander, und ohngeachtet man den gegen - theil bereits durch den wiederſpruch zum heſtig - ſten beleidiget, und ein laſter der beleidigten maie - ſtaͤt begangen, (wie Gracian redet) ſo ſuchet man doch auch durch einen ſtachlichten ſtilum, ihn noch mehr zu erbittern und ſeine gedult aufs aͤuſſerſte zu bringen, oder ihn auf klopfechteriſch mit laͤppiſchen einwuͤrffen, hoͤniſchen gelaͤchter, figuren, ehranſehnlichen und fuͤrchterlichen griß - gramen oder dergleichen baͤmiſchen kunſtgriffen zu uͤberwinden und (wie man zu reden pflegt) zu proſtituiren. Lami ſagt gar gar artig IIII. cap. XIII. J’admire ces declamateurs, qui croyent auoir triomphé de leur ennemy, quand ils ſe ſont railleæ de ſes raiſons: ils croyent l’auoir terraſſé, quand ils l’ont chargé d’iniures, & qu’ils ont epuisé toutes les figures de leur art pour le repreſenter tel qu’ils veulent qu’il paroiſſe. Vernuͤnftige leute ſind anders geſinnet. S. vom Theolo - giſchen controvertiren Fabricii conſideratio - nem controuerſiarum in der vorrede, wo er zu - gleich verſchiedene andere auctores anfuͤhret. Gracians oracul. 11. 37 135. 183. 207. 213. 279. Maxime ꝛc. Zwar ſcheinet es als ob man be - fugt waͤre. die galante manier zu reden bey ſeite zu ſetzen, wenn der andere angefangen grob zu ſeyn, oder wann es wenigſtens der klugheit ge - maͤß, bißweilen einen klopfechteriſchen gelehrten Peter Squentz abzugeben: Allein ich weiß nicht / ob man das recht bekomme, ein narr zu werden, wenn der andere ein thor iſt, und ob die geheim - niſſe der klugheit in der zaͤnckerey zu ver - ſchwenden, und nicht vielmehꝛ in der modeſtie und galanterie beſſern nutzen ſtiften.
b)
ZDas354von den mitteln

Das vierdte capitel, von den mitteln zum guten ſtilo.

Jnhalt.

VOn den mitteln zum guten ſtilo uͤberhaupt, und ins beſondere dem naturell, §. 1. Vom unter - richt, §. 2. Von der lectur, §. 3. Von der uͤbung und zwar durch die uͤberſetzung, §. 4. Durch die va - riationes, §. 5. Durch imitationes, § 6. Durch eigne zuſammenſetzung mit periodis, §. 7. Mit aller - ley arten von argumentis, §. 8. Mit allerhand arten von reden, §. 9.

§. 1.

D man zu einer fertigkeit im ſtilo gelangen, und nicht nur die guten ei - genſchaften des ſtili uͤberhaupt, ſon - dern auch eines ieden inſonderheit recht an - bringen koͤnne, muß man einmahl von der natur mit guten faͤhigkeiten ausgeruͤſtet ſeyn, hernach durch eine gute anfuͤhrung nach gruͤnd - lichen und deutlichen regeln, auch durch die le - ctur vollkommeneꝛ exempel aufgemuntert wer - den, und endlich durch eignen fleiß und oft wie - derholte uͤbung, zu der gehoͤrigen fertigkeit kommen. a)Was hiezu die natur beytraͤgt, iſt zwar an ſich nicht eben den regeln unter - worffen, dann iudicium, ingenium und memo - rie und einen lebhaftigen geiſt, kan man ſich nicht ſelbſten geben, aber doch wird man durch die Philoſophie und nachdencken das iudicium, durch leſung der Poeien das ingenium, durch er - lernung der ſprachen und Hiſtorie die memorie,und355zum guten ſtilo. und endlich durch eine freye converſation das gemuͤth ziemlich aufwecken, und zur fertigkeit im ſtilo diſponiren.

a)Bey dieſem cap. mag man Schefferi Gymnaſium ſtili, welches ſeinem tractat de ſtilo, den ich cap. 1. §. 11. not. m. P. II. allegiret, beygefuͤget iſt, nachleſen. Jngleichen Morhoffs Polyh. l. II. XIII. ſqq. Hederichs Philolog. Wiſſ. p. 574. &c. Die auctores welche vom ſtilo ſonſt geſchrieben und deren ich im vorigen cap. erwehnet, geben auch hiezu anfuͤhrung. Jch haͤtte daſelbſt M. Auguſt Nathanael Huͤbners Anweiſung zum Teutſchen ſ[t]ilo, Hannover 1720. 8. M. Joh. Jenichens gruͤndliche anleitung zur Poeti - ſchen elocution, Leipzig 1706. 8. Weiſſen, borns anweiſung zur Teutſchen Poeſie und Oratorie, ꝛc. anfuͤhren koͤnnen.
a)

§. 2. Der unterricht iſt bey nahe das fuͤr - nehmſte, wenigſtens das bequemſte mittel fuͤr denienigen, welcher den ſtilum lernen will, ob es wohl dem lehrenden, wann er es redlich meinet, nicht geringe muͤhe und ſchwierigkeiten verurſachen kan. Denn von dieſem wird erfodert, daß er den Grammaticaliſchen grund der ſprache und der Oratorie, durch leichte deutliche und gruͤndliche regeln zeige, anfaͤng - lich mit kurtzen exempeln erlaͤutere, nachge - hends zu dem leſen der auctorum ſchreite, und endlich dem lernenden zu allerhand arten der uͤbung anleitung gebe, auch dahinbringe, daß er ſelbſt ein vernuͤnftiges urtheil, von den ſchrif - ten ſo zur beredſamkeit gerechnet werden, faͤllen koͤnne.

Z 2Es356von den mitteln
  • Es wuͤrde zu weitlaͤuftig fallen dieſes ausfuͤhrlich zu erlaͤutern, und es iſt mein werck nicht einen Polyhiſtorem methodicum abzugeben, da Mor - hoff I II. und viel andere mich laͤngſt der muͤhe uͤberhoben.

§. 3. Wer ſich der lectur recht bedienen will, muß erſt bey ſich uͤberlegen, ob der auctor, den er zu leſen gedencket, etwas zu ſeinen ab - ſichten beytrage, ſich zu ſeinem genie ſchicke, oder ſolches beſſere, und alſo die hiſtorie von dem auctore, deſſelben abſichten, und eigen - ſchaften, auch die urtheile der gelehrten von ihm ſich bekannt machen. Nachgehends wendet er ſich zum leſen des auctoris ſelbſt, ſiehet zufoͤ - derſt auf die gedancken, wie er ſolche durch wor - te fuͤrſtellet, ziehet aus denen periodis die haupt-propoſition, beobachtet die ausfuͤhrung derſelben durch argumenta, determinationes, erklaͤrungen, bemercket die woͤrter, derſelben haupt - und neben-ideen, die bey-woͤrter, die reinlichkeit, deutlichkeit, iunctur derſelben, den numerum, tropos, und figuren, lieſet alle tage etwas darinn, und faͤllt nicht leicht von einem auf den andern, denckt bey dem leſen auf die moͤgliche application, und excerpireta) was er ſchoͤnes findet, wenn er ſeinem gedaͤchtniß nicht viel zutrauet, bemuͤhet ſich aber mehr, alles gu - te recht ihm eigen zu machen, als ſeinem ex - cerpten buch anzuvertrauen.

a)Siehe von excerptis oben P. I. cap. 2. §. 8. Es iſt gut wenn man dabey nicht bloß auf den aus - druck, ſondern die gedancken ſieht.
a)§. 4.357zum guten ſtilo.

§. 4. Hernach ſchreitet man zu denen uͤbun - gen und greift die ſache ſelbſt an. Man kan bey denen uͤberſetzungen anfangen, und erſtlich aus dem Lateiniſchen etwas ins Teutſche, aus dieſem wiederum in das Lateiniſche uͤberſetzen, hernach ſeine letzte uͤberſetzung gegen den aucto - rem, daraus man zuerſt uͤberſetzet, ſelbſt halten, und ſeine arbeit nach denſelben verbeſſern. Ferner kan man aus einem Poeten etwas in ungebundene reden uͤberſetzen, das Poetiſche weglaſſen, und ſeiner arbeit die noͤthigen ei - genſchaften eines guten ſtili zu geben ſuchen. Will man ſich durch uͤberſetzungen gantzer au - ctorum, der gelehrten welt zeigen, ſo muß man freylich mehr geſchicklichkeit beſitzen als zu die - ſer bloſſen uͤbung erfodert wird.

  • Wer ſich anfaͤngt in ſtilo zu uͤben, dem fehlt es, bey der verkehrten art zu ſtudiren, die mancher er - griffen, meiſt an gedancken und an worten zu - gleich, deßwegen halte ich dieſe art der uͤbung fuͤr die erſte, indem man ſchon gedancken und worte in dem auctore daraus man uͤberſetzen will, fin - det, und nur einiger maſſen ſeiner mutterſprache maͤchtig ſeyn darf. Hingegen wo man ſich un - terfaͤngt mit gantzen uͤberſetzungen in die rolle der buͤcher-ſchreiber zu kommen, da muß man den ge - nium von beyden ſprachen, aus der und in die man uͤberſetzet, voͤllig inne haben, und etwas mehr, als eine ſuperficielle erkaͤnntnis der ſache / davon der auctor gehandelt bey ſich finden, ſonſt kommen Frantzoͤiſch-Teutſche, Engliſch-Teut - ſche und dergleichen zwitter-ſprachen heraus, deren wir leider gar zu viel in denen uͤbelgerathe - nen uͤberſetzungen antreffen.
Z 3§. 5.358von den mitteln

§. 5. Darauf kan man allerhand varia - tiones fuͤr die hand nehmen. Man variiret die worte, die redens-arten, die ſtructur der periodorum, macht aus kurtzen periodis lan - ge, aus langen kurtze, veraͤndert einen perio - dum durch alle arten von ſtilis, man variiret die ſaͤtze durch tropos und figuren, die worte durch die caſus und durch die differentias grammaticas, ia man variiret die gantze connexion einer rede durch allerhand arten zu verbinden.

a)Beym Hederich ſtehn zwey artige exempel, eins, da das thema: Breui hac in vrna conduntur cine - res magni Alexandri, ſieben und ſiebentzigmahl und das andere, da dieß thema: Omnibus mori - endum eſt, funfzig mahl variiret iſt, p. 517. und und p 537. Die variation iſt gewiß das treflich - ſte mittel zum reichthum der worte, dazu ſonſt Eraſmus und Wagenſeil ꝛc. anleitung gege - ben.
a)

§. 6. Weiter kan ſich ein lernender uͤben durch allerhand arten der imitation. Man nimmt eines auctoris wohlgerathene arbeit, unterſucht ihn nach denen im 3. §. beruͤhrten ſtuͤcken, und bemuͤhet ſich hernach die gedan - cken eines auctoris, auf andere dinge zu appli - ciren, durch veraͤnderung einiger umſtaͤnde, man ſucht ſeine geſchicklichkeit im ausdruck, in der wahl der worte, in dem numero und an - dern eigenſchaften des ſtili nachzumachen, ia man bearbeitet ſich ſeine verbindungen, ord - nung der ſaͤtze und ſeinen gantzen characterund359zum guten ſtilo. und ſtilum bey andern gelegenheiten anzubrin - gen doch ſo daß dabey nichts gezwungenes fuͤr - komme, oder man eines plagii koͤnne beſchuldi - get werden.

  • Angefuͤhrte auctores geben hievon gnugſame nachricht, und die exempel laſſen ſich beſſer ma - chen als hier leſen.

§. 7. Doch die eigne arbeit und zuſammen - ſetzung thut endlich das beſte, und dieſe kan an - geſtellet werden mit ſaͤtzen, daß man nemlich ſelbige in eine periodiſche ſtructur und nume - rum einſchlieſſet. Man ſuchet, dieſes zu be - werckſtelligen, die einſchraͤnckungen und erklaͤ - rungen, des ſubiecti ſowohl als des praͤdicati, in einem ſatze zuſammen und ſuchet alſo noͤthi - ge beywoͤrter, geſchickte redens-arten, anſtaͤn - dige tropos und figuren darinn anzubringen, doch daß nichts unnuͤtzes und uͤberfluͤſſiges mit einflieſſe.

  • Siehe was oben P. II. cap. 1. §. 10. und cap. 2. §. 10. erinnert worden.

§. 8. Dieſem fuͤget man nachgehends al - lerhand argumenta bey, welche ebenfalls in ei - ne gehoͤrige periodiſche ſtructur und geziemen - den numerum eingeſchloſſen, auch mit ihrem hauptſatz durch eine gute verbindung verknuͤpf - fet werden.

§. 9. Endlich ſchreitet man zur ausarbeitung gantzer reden, uñ uͤbet ſich in ſyllogiſimis, chrien, complimenten, declamationibus und was man ſonſt fuͤr gattungen von reden haben mag, zu deren voͤlligen einrichtung, folgender dritterZ 4theil360moraliſche betrachtungtheil dieſer Oratorie, kurtze, doch hinlaͤngliche nachricht und anleitung geben wird. Hier iſt nur noch dieſes zu gedencken, daß man zuvor ehe man etwas ausarbeitet, in einem ſolchen auctore leſe, welcher den ſtilum fuͤhret, darinn man etwas einkleiden will, hernach leget man ihn weg, und wird ſo dann ſein gemuͤth leichter diſponiret finden, zu der verlangten ſchreib-art, als ohne ſolche vorbereitung.

  • Wen die kuͤrtze dieſes capitels befremdet, dererwe - ge, daß es in anſehung ſeines inhalts das ſchwe - reſte und laͤngſte ſey, aber gantz und gar auf die uͤbung ſelbſt ankomme, und alſo keiner weitlaͤuf - tigen theorie beouͤrffe, da die fleißigſten arbeiter ſich nicht lange bey worten aufhalten.

Das fuͤnfte capitel, Moraliſche betrachtung des ausdrucks.

Jnhalt.

ZUſammenhang mit dem vorigen, §. 1. Von dem recht zu reden und zu ſchweigen, §. 2. Von de - nen einſchraͤnckungen deſſelben, §. 3. Durch die re - geln der gerechtigkeit, §. 4. Durch die regeln der honnetete, §. 5. Durch die regeln der klugheit, §. 6. Durch die regeln des wohlſtandes, § 7. Von den ſchuldigkeiten des zuhoͤrers, §. 8. Von der klugheit aus der rede zur urtheilen, §. 9.

§. 1.

ES iſt nunmehro bey dem ausdruck nichts mehr uͤbrig als daß ich von dem - ienigen endzweck der beredſamkeit beydem361des ausdrucks. dem ausdruck, etwas gedencke, welchen ich in der vorbereitung, §. 3. den allgemeinen ge - nennet. Und da ich bißhero, wie man den be - ſondern erhalten muͤſſe, weitlaͤuftig gezeiget, der beſondere aber in anſehung des ausdrucks, ſich ebenfals auf den allgemeinen beziehet, ſo iſt es noͤthig, daß ich von dieſen etwas weni - ges beybringe.

§. 2. Der allgemeine endzweck der gantzen gelehrſamkeit, alſo auch der beredtſamkeit und des ausdrucks unſerer gedancken, iſt, die gluͤckſeligkeit und das vergnuͤgen der menſchli - chen geſellſchaft zu befoͤdern. Weil auch ein ieder menſch ein mitglied dieſer geſellſchafft iſt, ſo hat er das recht, ſich des ausdrucks, damit er ſeine eigene wohlfahrt und vergnuͤgen wuͤr - cke und behaupte, nach ſeinen vermoͤgen zu bedienen, zu welchem recht ihn die natur durch die organa und ſprachen den weg bahnet, und welches ihm durch keine willkuͤhrliche macht anderer kan entzogen werden.

  • Man redet in dem Recht der natur, ſo viel von den ſchuldigkeiten des menſchen, aber niemahls von dem rechte deſſelben, welches gewiß nicht ſo gering, daß es nicht eine beſondere unterſu - chung verdienete. Jndem man alſo die menſch - heit mit erzehlungen von ihrer ſchuldigkeit druͤ - cket, ſo dencket ſie, es komme ihr von ihrem recht zu diſponiren allein zu, dannenhero faſſet ſie zwar die ſchuldigkeiten in das gedaͤchtnis, aber die empfindung von ihrem recht behaͤlt ſie in dem hertzen, oder ſie wird im beſitz und ge - brauch ihres rechts, durch eitele ſpeculationesZ 5und362moraliſche betrachtungund wunderliche praͤtenſiones, zum oͤftern oh - ne noth beunruhiget. Die ſchuldigkeiten eines menſchen ſind einſchraͤnckungen ſeines rechts, wo man alſo keinen begrif von ſeinem recht, dem endzweck deſſelben, und denen mitteln da - zu, hat, da faſſen die ſchuldigkeiten niemahls rechte wurtzel. Alſo hat der menſch das recht durch den ausdruck ſeiner gedancken, ſein leben, geſundheit, ehre, vermoͤgen und vergnuͤgen zu erhalten, und bey denen faͤllen, welche ihm daran eintrag thun, zu ſchweigen, und iener tyranne, welcher den unterthanen verbieten ließ, nicht miteinander zu reden, grief denen unterthanen in ihre natuͤrliche gerechtſame und hatte es ſeiner thorheit zuzuſchreiben, daß das volck ſich in dem beſitz ſeines rechts, auf eine ſolche weiſe maintenirete, dabey er um den hals kam. Jch wuͤnſche die materie, von dem recht und freyheit eines menſchen, von einem andern ausgearbeitet zu ſehen, da ſich denn auch ein capitel, von dem recht des men - ſchen zu reden und zu ſchweigen, zeigen wuͤrde.

§. 3. Damit aber niemand in dem ge - brauch ſeines rechts zu weit gehe, und den zweck deſſelben uͤberſchreite, bey dem ausdruck ſeiner gedancken, ſo ſind den menſchlichen neigungen gewiſſe ſchrancken geſetzet, welche aber eben aus dieſem endzweck herzuleiten. Solche be - fehlen, daß die nothwendige unterhaltung, der menſchlichen geſellſchafft nicht unterbrochen werde, daß auch das vergnuͤgen derſelben nicht geſtoͤhret werde, daß man nicht andern hiezu gelegenheit gebe, und endlich daß man ſich ſelbſt, bey beobachtung dieſer einſchraͤn -ckun -363des ausdrucks. ckungen, durch den ausdruck ſeiner gedancken, andern angenehm zu machen wiſſe. Das erſte dependiret von den regeln der gerechtig - keit, das andere von den regeln der honnetete, das dritte, von den regeln der klugheit, und das letzte von den regeln des wohlſtandes.

  • Es heiſt mit dem menſchlichen geſchlecht bald wie mit ienem: multitudo medicorum, regem perdi - dit, alſo: multitudo normarum humanum ge - nus perdidit. Jch dencke man koͤnne zu denen erzehlten, alles referiren, was man von denen ſchuldigkeiten eines menſchen, in anſehung der rede, in ihrer relation auf den Moraliſchen nu - tzen derſelben, ſagen mag.

§. 4. Die regeln der gerechtigkeit zu wel - chen die reguln des Chriſtenthums mit gehoͤ - ren, gebieten, daß man nicht rede wenn eines menſchen leben, geſundheit, ehre, vermoͤgen, und wohlfarth ohne noth, geſchweige noch ei - ner gantzen ſocietaͤt, durch unſer reden ruiniret wird, daß man im gegentheil nicht ſchweige, wo man eines menſchen leben, geſundheit, eh - re, vermoͤgen, und wohlfarth retten koͤnne.

  • S. Pufendorf de Jure N. & G. L. IIII. cap. I. Thomaſii inſtitutiones Jurisprudentiae divinae L. II. cap. VIII. Uffelmann de obligat. hom. quae ex ſermone oritur. und andere lehrer des Rechts der natur. Wieder die regeln der ge - rechtigkeit handeln einmahl dieienigen, welchen eine ſtoͤckiſche verſchwiegenheit das maul ver - bindet, wann ſie den andern auch nur mit einem worte retten koͤnnen, wann ſie ſein gebuͤhren - des lob bey gar bequemer gelegenheit nicht fuͤrbringen, wann ſie denen wieder ihm fuͤrge -brach -364moraliſche betrachtungbrachten laͤſterungen deren unwahrheit ſie wiſ - ſen, nicht wiederſprechen: Hernach dieienigen, welche wieder die wahrheit reden, ſo daß der andere dadurch um leib, leben, ehre, ver - moͤgen, und wohlfarth kommt: Endlich die - ienigen, welche zwar die wahrheit reden, und eines andern laſter wahrhaftig erzehlen, aber doch keinen beruf und keine obligation dazu haben, auch niemand damit nutzen, wohl aber dem andern entſetzlichen ſchaden zufuͤgen, und dieſes iſt die ſo genannte mediſance.

§. 5. Nach den regeln der honnetete iſt man verbunden nicht zu reden, wo man etwan des andern ſeine gemuͤths-ruhe ſtoͤhren koͤnne, oder ihm die erhaltung ſeiner geiſt - und leiblichen guͤter, beſchwerlich, verdrießlich, koſtbar und unangenehm machen moͤchte, im gegentheil iſt man verpflichtet nicht zu ſchweigen, wo unſere worte zu der gemuͤths-beruhigung des andern, zu ſeiner commoditaͤt, vergnuͤgen, und uͤber - haupt zur freundſchaft und zur guten uͤberein - ſtimmung der menſchlichen gemuͤther, etwas beytragen koͤnnen.

  • Siehe angefuͤhrte auctores. Hiewider ſuͤndigen diejenigen, welchen ihre ſtoͤckiſche auffuͤhrung nicht erlaubet, des andern frage einer antwort zu wuͤrdigen, oder ſein gemuͤth durch freundli - ches zureden zu beruhigen, und ihn zu allerhand vortheil bey gelegenheit zu helfen: Ferner die - jenigen, welche, wann ſie ia reden, nicht freund - und hoͤflich genung ihre worte fuͤrbringen, wel - che des andern affecten, als liebe, haß, neugie - rigkeit, durch allerhand unnuͤtzes reden rege ma - chen, ſich eines zweydeutigen, ſatyriſchen, gar zu ſchmeichelhaften ausdrucks bedienen, aus ei -nem365des ausdrucks. nem geld-geitzigen, haͤmiſchen, falſchem gemuͤth, anders reden, als ſie es meinen ohne daß ihnen ein vernuͤnftiger endzweck freyheit gaͤbe, ſolches zu thun, mehr verſprechen als ſie halten koͤmnen, ſolche dinge von dem andern erzehlen, die zwar mit der wahrheit uͤberein ſtim̃en, ihn auch nicht eben ungluͤcklich machen, aber doch unruhig, laͤ - cherlich, bey andern unangenehm, und ſo fort, welches das hauptwerck derer iſt, ſo da affecti - ren moqueurs zu ſeyn.

§. 6. Die klugheit verbindet uns denen re - geln der gerechtigkeit und honnetete mit gu ter manier ein gnuͤge zu leiſten, und wenn man dieſe beobachtet, ſo gewoͤhnet ſie uns, nie - mahls ohne vernuͤnftige abſichten zu reden und zu ſchweigen, ſondern allezeit auf die urſachen dieſer abſichten zu gedencken, und die wuͤrckun - gen davon zu uͤberlegen, den ausdruck nach des andern ſeinen vorurtheilen und neigungen, ſo viel die regeln der gerechtigkeit und honnetete erlauben, zu temperiren, bißweilen von den re - geln des ausdrucks und den guten eigenſchaften des ſtili abzugehen, mit einer guten art ſchaͤdli - che wahrheiten zu verbergen, und nuͤtzliche un - wahrheiten fuͤrzubringen, ꝛc.

  • Siehe hiebey Gratians oracul mit D. Auguſt Friedrich Muͤllers noten hin und wieder, und andere lehrer der klugheit. Wider die klugheit ſuͤndigen die vergeblichen wiederſprecher, eſprits de contradiction, die in gelagen diſputiren, oder in geſellſchaft wie die ſtummen oͤl goͤtzen ſitzen, die zotenreiſſer, naͤrriſchen flucher, die ſich aller - hand verwuͤnſchungen angewoͤhnen und gebrau - chen, die das groͤſte maul fuͤr andern haben,nichts366moraliſche betrachtungnichts verſchweigen koͤnnen, oder all[e]s ver - ſchwiegen tractiren wollen, ihre verſprechungen gar zu leichte aͤndern, und alſo zeigen, daß ſie entweder bey dem verſprechen, oder bey dem nicht halten narren geweſen, welche zur unzeit affecten rege machen, bey allen neu-erfundenen wahrheiten lerm blaſen, alles gleich mit ihren raiſonniren reformiren wollen. ꝛc.

§. 7. Mit dieſen ſind die regeln des wohl - ſtandes genau verbunden, denn ſelbige zeigen uns, wie wir alle aͤuſſerliche umſtaͤnde, auch diegeringſten kleinigkeiten, nach dem geſchmack derer, denen wir zu gefallen urſach haben, ein - richten muͤſſen, und nach dieſem wird zuweilen von uns erfodert, daß wir nicht reden, zuweilen. daß wir nicht ſchweigen, daß wir bey dem aus - druck in der ſprache, minen, air und geſtibus uns den leuten angenehm machen, uns durch keine affectation ridicul, durch keine familiaire reden verachtet, durch keine hyperboliſche, thra - ſoniſche, ſatyriſche redens-arten verhaſt, und durch die verachtung der vorhin angefuͤhrten regeln der gerechtigkeit honnetete und klugheit, den leuten zu keinem ſcheuſal machen.

  • Hiewider ſuͤndigen auſſer oben angefuͤhrten die plauderer, welchen beſtaͤndig das maul in ge - ſellſchafft offen ſtehet, und die hingegen andern immer in die rede fallen; die ſchul-fuͤchſe, welche die politen manieren zu reden, nach ihrem Do - nat und Grammaticken oder abſtracten ſpecu - lationibus, und nicht nach der kaͤnntniß der po - liten welt beurtheilen; diejenigen, welche im - mer von ſich ſelbſt reden, und nicht an den verß gedencken:Nec367des ausdrucks.
    • Nec te laudabis, nec te culpaueris ipſe,
    • Hoc faciunt ſtulti, quos gloria vexat inanis. &c.
  • welche endlich die regeln vom ſtilo ohne urſach negligiren, ꝛc.

§. 8. Doch ich muß hier auch denen zuhoͤ - rern eine erinnerung geben, daß ſie ſich, wann ſie iemand hoͤren, einmahl bemuͤhen, ſelbigen recht zu verſtehen, und hernach von ſeinen ge - dancken und ausdruck ein vernuͤnftiges urtheil zu faſſen. Zu ienem iſt noͤthig, daß ſie die ſprache, darin geredet wird, recht inne haben, genau aufmercken, und kein wort vorbey laſ - ſen, des redners ſtand und andere umſtaͤnde, ſo viel moͤglich, in betrachtung ziehen, wenn ſie in einem gemiſchten auditorio ſind, nicht dencken, daß der redner ihnen allein zu gefallen rede, ihn nicht mit vorgefaſten meinungen und blin - den affecten, ſondern gehoͤriger gelaſſenheit anhoͤren, auf ſeine haupt-propoſition achtung geben, ſeine abſichten recht bemercken, und wohin die ſache gehoͤret, erwegen, nicht hoͤren und zugleich urtheilen wollen. Koͤnnen ſie aber bey ſich ſelbſt gewiß ſeyn, daß ſie den redner recht verſtanden, ſo muͤſſen ſie doch noch, ehe ſie zum urtheilen ſchreiten, bey ſich uͤberlegen, ob ſie auch die diſciplin, dahin die von ihm fuͤrgetragene ſache gehoͤret, recht be - griffen, ob ſie den character des redenden und hoͤrenden in ihren gedancken recht formiret, und alsdann koͤnnen ſie ein urtheil faſſen, wo - bey ſie ſorgfaͤltig, ſich fuͤr den betrug der vor - urtheile und neigungen, zu huͤten, und alleregeln368moraliſche betrachtungregeln der beredſamkeit ibnen bekannt zu ma - chen haben.

  • Conf. Thomaſii ausuͤbung der Sitten-lebre cap. 3. und 4. Ejusdem inſtit. Jurisprudentiae di - vinae Lib. II. cap. XII. Ridiger S. V. & F. de probabilit. Hermeneutica L. III. C. IIII und ande - re, welche von der interpretatione geſchrieben, denn dieſe muͤſſen, was ich hier kurtz geſetzt, voll - kommener geben.

§. 9. Es iſt ein beſonderes kunſt-ſtuͤck der klugheit, aus dem ausdruck von der gemuͤths - beſchaffenheit des menſchen zu urtheilen, wel - ches aber wegen der vielen dinge, welche hier zuſammen genommen werden muͤſſen, nicht ſo leicht iſt, als man meinet, hingegen auch denenienigen, welche die hier zuſammen lauf - fende wiſſenſchaften und geſchicklichkeiten be - ſitzen, nicht ſauer ankommt. Jn der rede und dem ſtilo eines menſchen kommen viele ſolche ſtriche fuͤr, daruͤber der menſchliche willkuͤhr nicht diſponiren koͤnnen, und alſo zeigt ſich da die natuͤrliche bloͤſſe: Nur muß man ſo ſcharf - ſichtig ſeyn ſelbige zu erkennen und recht zu be - mercken, und man wird daraus theils die be - ſchaffenheit des verſtandes, theils des willens ziemlich abnehmen koͤnnen, wann man ſich nur beſcheidet, daß es keine unſtreitige, ſon - dern eine wahrſcheinliche ſache ſey. Es er - fodert aber dieſe ſcharf-ſichtigkeit, die kaͤnntniß der Moral, inſonderheit der menſchlichen affe - cten, der lehre von der politiſchen wahrſchein - lichkeit, der beſchaffenheit des menſchlichenver -369des ausdrucks. verſtandes, der regeln des ſtili, der Hiſtorie des redenden, der Hermeneutiſchen wahrſchein - lichkeit, und endlich eine gute lectur und er - fahrung.

  • Socrates ſagte, als ihm iemand einen knaben brachte, deſſen gemuͤths-beſchaffenheit er unter - ſuchen moͤchte, man ſolte denſelben reden laſſen. Diogenes moquiret ſich, daß die leute keinen topf kauften, wann ſie nicht vorher daran ge - klopft, und verſucht, wie er klaͤnge, und doch gleichwohl den menſchen aus dem bloſſen anſe - hen, nicht auch aus der rede urtheilen wolten. Deßwegen ſagt Quinctilianus L. VIII. Sermo - ne hominem, vt aera tinnitu dignoſcimus, und Terentius Heauton. II. 4. Mihi, quale ingenium haberes, fuit oratio. Verulamius VI. 1. de augm. ſcient. meint, man koͤnne aus der ſprache von gantzen voͤlckern urtheilen. So noͤthig aber die - ſe kunſt, ſo ſchoͤn und angenehm ſie iſt, ſo weiß ich doch nicht, ob folgende auctores hinlaͤngliche nachricht davon gegeben, als: Janus Huartus in Scrutinio animorum, Neuhuſius im Theatro ingeniorum, ſ〈…〉〈…〉 de cognoſcenda hominum indole & ſecretis animi moribus. Jo. Mercurialis im Muſaeo Phyſico ſ. de humano lngenio. Venet. 1640. 4. Camillus Baldus de diuinatione epiſtolari. Bonon. 1664. 4. La Chambre dans les caracteres des paſſions. IIII. Vol. Amſterd 1658 12. und Paris 1662. 4. (Siehe Morhofs Po - lyhiſt. III. I. I. 11. Stollens Hiſt der Gel. III. IIII. 35.) Scipio Claramontius de coniectan - dis latentibus animi affectibus. Ludovicus Cre - ſollius in vacationibus autumnalibus, ſiue de per - fecta oratoris actione & pronunciatione. Paris. 1620 4. Siehe Morhoff l. c. II. III. I. 3. Joh. Wolfgang Trier in ſeinen kurtzen fragen von denen menſchlicheu gemuͤths-bewegun -A agen,370moraliſ. betracht. des ausdrucks. gen, Leipzig 1708. und menſchlichen nei - gungen, 1609. 12. Chriſtoph Auguſt Heu - mann im politiſchen Philoſopho cap. 3. G. Polycarp Muͤller de coniectandis hominum propenſionibus ex ſtilo, Leipzig 1713. 8. wie - wohl er in ſeiner Oratorie p. 96. davon ſelbſt urtheilet: Sie ſey ſehr unvollkommen, weil er damahls die principia der temperamente noch nicht gnugſam erkennet. Jch habe oben in der vorbereitung §. 12. not. b. c. einige ſchon angefuͤhret. Es dienen zu dieſer kunſt alle, die von denen requiſitis, ſo zur erkaͤnnt - niß des menſchen dienen, geſchrieden, und da - von Morhoff und Stolle l. c. viel nachricht geben, wem es gefaͤllt, der mag meine diſſ. de prudentia diacritica, oder von entdeckung der ſtellung und verſtellung der menſchen, eipzig 1723. hinzu thun, und die ſcribenten, welche ich zu anfangs darinn angefuͤhret.
Drit -[371]

Dritter theil der Oratorie. Von der ordnung im fuͤrtrage.

Das erſte capitel, von der diſpoſition uͤberhaupt.

Jnhalt.

VOn der diſpoſition und der damit verbundenen elaboration, §. 1. Von der diſpoſition und aus - arbeitung eines ſatzes und periodi, §. 2. Von der diſpoſition, verbindung und ausarbeitung vieler ſaͤtze und periodorum, §. 3. Durch einen ſyllogiſmum, §. 4. Durch die chriam rectam, §. 5. Durch chriam inverſam, §. 6. Durch eine gantze oration, §. 7. Vom exordio, §. 8. Von der propoſition, §. 9. Von der tractation, §. 10. Von der concluſion, §. 11. Beſchluß dieſes capi - tels, §. 12.

§. 1.

WEr an gedancken und worten einen gu - ten und auserleſenen vorrath geſamm - let, dem iſt nun nichts mehr noͤthig, als daß erA a 2bey372von der diſpoſition uͤberhaupt. bey gegebener gelegenheit zu reden, die gedan - cken in eine gute und natuͤrliche ordnung zuſam - men fuͤge nachgehends dieſe zuſammen gefuͤg - ten gedancken und theile durch hinzuthuung ih - rer determinationen und erklaͤrungen gleich - ſam uͤberkleide, und alſo ſeiner rede nach den regeln der vernunft-lehre, des ausdrucks, der klugheit, dieienige form gebe, wodurch er den endzweck der beredſamkeit und ſeine abſichten zu erhalten gedencket. Die zuſammenfuͤgung heiſt diſpoſitio, und die uͤberkleidung elaboratio.

  • Confer. Voſſii Inſtit orat. Lami l’art de perſuader, cap. IIII. Langeus E. 3. O. I. 320. ſqq. und anderwerts. Kemmerich l. e. p. 853. Huͤb - uers kurtze fragen aus der O. p. 105. Cle - ricus in penſees de la vraie & fauſſe eloquence, cap. 2. Hamilton l. c. p. 88. ſqq. Weiſens Oratoriſche ſachen, der unter den neuern die ehre der erſten erfindung vieler hieher gehoͤrigen nuͤtzlichen dinge hat. Ludewigs Oratoriſche nachricht von ietzigen chrien, Leipzig 1709. 8. G Polycarp M〈…〉〈…〉 llers abriß einer gruͤndlichen Oratorie p. 99. ſqq. Jngleichen ſeine Ideam elo - quentiae nov antiquae, Hederichs Philol. Wiſſ. p. 438. ſqq. Maͤnnlings exped. redner. Weid - lings Orat. Hofmeiſter. Sigismund Lauxmin Praxin Oratoriam Franckf. 1665. 12. Jacob Hu - gues Artificium connexionum & tranſitionum. Witteb. 1657 denen man, die im Morhoff, Stollen, Reimmann l. c &c. ſtehn, hinzu fuͤ - gen, und mich hinfuͤhro des allegirens uͤberhe - ben kan.

§. 2. Man hat alſo nicht nur auf eine gan - tze rede uͤberhaupt zu ſehen, wenn man ge -ſchickt373von der diſpoſition uͤberhaupt. ſchickt diſponiren und elaboriren will, ſondern auch auf die kleineſten theile derſelben, nemlich auf die ſaͤtze und periodos, aus welchen nachge - hends gantze reden erwachſen. Man muß dabey entweder bloſſe ſaͤtze in eine periodiſche ſtructur bringen, odeꝛ einen ſatz alſo fort mit ſeinem argumento zugleich, als einen perio - dum einrichten, in ienem fall ſiehet man auf das ſubiectum, praͤdicatum und deren verbin - dung, in dieſem auf den ſatz nicht allein, ſon - dern auch auf das argument, welches damit ſoll verknuͤpfet werden, zu welchem oben be - reits P. II. Cap. I. §. 9. 10. einige anleitung gegeben.

§. 3. Auf dieſe weiſe wird ein ieder ſatz zu einem periodo, und wenn viele ſaͤtze zuſammen kommen, werden viele periodi, welche aber al - le in einer connexione reali ſtehen muͤſſen, die zu zeiten mit der verbali ausgedruckt wird. Und da hat man entweder einen ſatz mit ſeinen argumentis, oder viele ſaͤtze mit ihren argu - mentis untereinander zu verbinden. Sol - ches gluͤcklich zu bewerckſtelligen, muß man aus der Logick verſtehen, was methodus ſyn - thetica und analytica ſey, was definitiones und ſchluͤſſe ſeyn, was unſtreitig und wahr - ſcheinlich muͤſſe tractiret werden, was man general-ſpecial - und individual-concepte nen - ne, was eigentliche, weſentliche und zufaͤllige begriffe, was diverſa, oppoſita und derglei - chen. Man muß die arten von argumentisA a 3nach374von der diſpoſition uͤberhaupt. nach den regeln der klugheit auszuſuchen wiſ - ſen, nach der natur der ſache, wie ſolches die Lo - gick anweiſet, die ſaͤtze mit ihren argumentis ordentlich rangiren und entwerffen, nachge - hends iedweden ſatz, iedwedes argument, nach den regeln des ausdrucks uͤberkleiden, ſo wird man ordentlich diſponiret und elaboriret ha - ben.

  • Z. e. Als der Herr v. P. in meiner redner-ge - ſellſchafft, ſeine erſte rede hielte, 1723. d. 7. Julii, ſo war dieſelbe gar natuͤrlich alſo di - ſponiret:
  • Propofit. ſecundaria gen. Ein ſtaat hat verſchiedene ſtaͤnde:
    • Argum. illuſtr. Wie ein leib viel glieder:
      • 2. Ein ſtand iſt dem andern fuͤrzuziehen:
    • Argum. illuſtr. wie ein glied am leibe dem andern:
      • 3. Beredte und kriegeriſche leute ſind der re - publick und dem ſtaat noͤthig.
      • 4. Doch iſt die beredſamkeit dem krieg-fuͤhren fuͤrzuziehen.
  • Thema ſ. Propoſ. primaria: Hievon will ich reden und zeigen: Daß die beredſamkeit dem krieg fuͤrzuzieben.
    • Argum. probans a definitione: Der beredſamkeit, des krieges,
      • a cauſa effic. : der beredſamkeit, des krieges,
      • ab effectu: der beredſamkeit, des krieges,
  • Prop. ſecund. ſpec.
    • 1. Alſo bemuͤhet man ſich nicht un - billig beredt zu werden:
    • 2. Auch ich habe luſt mich darum zu bemuͤhen:
    • 3. Dieſe geſellſchaft will ich alſo mit halten:
    • 4. Jch hoffe daraus zu lernen.
Bey375von der diſpoſition uͤberhaupt.
  • Bey ieder propoſition und argumento waren wie - derum andere argumenta und noͤthige erklaͤ - rungen und determinationes beygebracht, alſo floß die ausarbeitung gar nette und artig fol - gender geſtalt:

Rede. Von den vorzuͤgen der beredſamkeit fuͤr dem krieg.

Das ſo kuͤnſtlich zuſammengefuͤgte gebaͤu - de unſeres leibes, beſtehet aus einem zuſam - menhang unterſchiedener gliedmaſſen, und den coͤrper eines gemeinen weſens zieren die unter - ſchiedenen ſtaͤnde und bemuͤhungen, durch welche die ſterblichen ſuchen gluͤckſeelig zu wer - den. Wie nun bey dem natuͤrlichen coͤrper immer ein glied dem andern den vorzug ſtrei - tig zu machen ſcheinet, da gebrauch und nutzen eines erhebet das andere erniedriget; alſo ſind bey einem Moraliſchẽ coͤrpeꝛ, die ſtaͤnde deꝛ men - ſchen niemahls von einerley hoheit. So depen - diret zum exempel von einer angenehmen durch - dringenden beredſamkeit, und ruͤhmlich gefuͤhr - ten kriegẽ das wohl gantzer reiche und zung und degen ſind dieienigen werckzeuge, wodurch man die gluͤckſeligkeit der laͤnder behauptet. Doch halte ich gaͤntzlich dafuͤr, daß wie die ſonne dem mond, dashaupt denen fuͤſſen, alſo die bered - ſamkeit blutigen kriegen, an einem ſtaats coͤr - per, weit fuͤrzuziehen ſey. Eben da ich heute in dieſer anſehnlichen redner geſellſchafft das erſte mahl zu reden die ehre habe, bin ich ent -A a 4ſchloſſen,376von der diſpoſition uͤberhaupt. ſchloſſen, mit dero guͤtigen erlaubniß die vor - zuͤge der beredſamkeit fuͤr grauſamen kriegen zu zeigen. Jch hoffe nicht ungeſchickt zu ver - fahren, wann ich meinem fuͤrſatz ein gnuͤge zu leiſten, und darzuthun, worinnen dieſe vorzuͤ - ge eigentlich beſtehen, beyder natur und eigen - ſchafften, ſo viel mir meine wenige einſicht und ungeuͤbte zunge erlauben, gegen einander halte und ſelbige ihnen H. und H. A. in den erſten lineamenten fuͤrbilde. Jch will durch eine maͤnnliche beredſamkeit, nicht etwa einen uͤberfluß leerer und ausgekuͤnſtelter worte, oder eine menge pedantiſcher realien verſtan - den wiſſen, durch welche einige dieſelbe auf den hoͤchſten grad ihrer vollkommenheit ver - meinen getrieben zu haben: ſondern einen leb - haften ausdruck vernuͤnftiger gedancken, wo - durch man dieienigen zu denen man redet, nach ſeinen vortheil zu bewegen, und zu einer nuͤtzlichen uͤbereinſtimmung ihrer meinung und ihres verlanges mit dem ſeinigen, auf eine plauſible und angenehme art gleichſam zu noͤ - thigen, geſchickt iſt. Und dieſe beredſamkeit allein iſt dieienige mutter, welche die ſchoͤnſten kinder unſerer ſeelen, nemlich vernuͤnftige ge - dancken, zum nutz der gantzen republik zur welt gebieret. Was wird man ſich nicht alſo fuͤr einen fuͤrtreflichen begrif von der beredſam - keit machen, welche uns zugleich gewoͤhnet der zeit, dem ort, dem zuhoͤrer und der ſache ge - maͤß reden. Die beredſamkeit iſt gewiß einmerck -377von der diſpoſition uͤberhaupt. merckmahl eines aufgeweckten geiſtes, ein et - was, ſo uns bey iedermann beliebt machet, damit man hertzen feſſelt. Sie iſt e in ange - nehmer wiederſchall, welcher aus den inner - ſten bewegungen des hertzens entſtehet und ein untadelhafter zeuge daß wir ordentlich geden - cken, ſcharfſinnig nachdencken und die hertzen anderer, ſo wie unſere eigene, in haͤnden haben. Da im gegentheil der krieg, nichts anders als ein hitziges fieber der reiche, und peſt des ge - meinen weſens, weil er auch in ſeiner groͤſten vollkommenheit und gluͤckſeligkeit, ſtaͤdte zer - ſtoͤret, laͤnder einaͤſchert, und menſchen um - bringet. Ein feuer, welches denienigen der es ernaͤhret verbrennet, eine ſaͤugamme aller laſter, eine tochter der grauſamkeit, und es ſchicket ſich niemand beſſer zum kriegen, als wer ſich unter die zahl derienigen befindet, von denen der bekannte vers ſaget: Nulla fides pie - tasque viris, qui caſtra ſequuntur. Jm kriege werden die menſchen gezwungen, alle ſanftmuth und liebe zu verbannen, grimmiger als panther und tieger zu ſeyn, und als feuer - ſpeyende drachen andern den tod anzudraͤuen. Die beredſamkeit hat ihren urſprung dem him - mel und der allmaͤchtigen hand des ſchoͤpfers zu dancken, der uns fuͤr andern creaturen, eine vernehmliche ſtimme ihn zu loben, und eine ge - ſchickte zunge, unſere vernuͤnftige gedancken in menſchlicher geſellſchafft deutlich und leb - haft zu erkennen zu geben, anerſchaffen hat. A a 5Der378von der diſpoſition uͤberhaupt. Der krieg nimmt ſeinen anfang in der hoͤlle, von dem geiſte der uneinigkeit und des mordes, dem fuͤrſten der ſuͤnde und der finſterniß, und glaube ich gewiß daß dieſer liſtige geiſt, die menſchen in den abgrund zu ſtuͤrtzen, nichts beſſers haͤtte erfinden koͤnnen, als eben den krieg. Er iſt nichts anders als eine verſam - lung zur ſuͤnde, und ein weg zur hoͤlle. Die beredſamkeit erfodert einen gebeſſerten willen und unumſchraͤnckte herrſchaft uͤber unſere nei - gungen, denen doch der krieg den zuͤgel allzu - weit ſchieſſen laͤſt. Jene iſt das leben eines aufgeklaͤrten geiſtes, und die bemuͤhung einer geſchickten zunge, und dieſer iſt eine verrichtung, welche auch die ungeſchicklichkeit ſelbſt uͤber ſich nimmt, nachdem ihr zorn und haß die arme geſtaͤrcket und rachgierde und neid den degen fuͤhren lernen. Ja die beredſamkeit iſt der vernunft und eines menſchen, der krieg aber der wildniß und grimmigen thiere eigenſchaft. Solte aber wohl die menſchliche geſellſchafft beſtehen koͤnnen, wo ſie nicht, durch die unzer - trennlichen ketten der geprieſenen beredſam - keit, ſo feſt verknuͤpfet waͤre? wuͤrden wir nicht dem beliebten umgang die ſchoͤnſten gaͤr - ten verſchlieſſen, und faſt alles zieraths berau - ben, dafern wir ihm das vergnuͤgende geſchen - cke des himmels die beredſamkeit entzoͤgen. Sie beſchuͤtzet oͤfters thron und ſcepter, mit beſſern nachdruck, als eine menge donnern der carthaunen. Den feind haͤlt ſie meiſten -theils379von der diſpoſition uͤberhaupt. theils mit groͤſſeꝛn voꝛtheil von den gꝛaͤntzen ab, und die republick bey ihrer ordnung und gluͤck - ſeeligkeit, als viel tauſend gezuckte ſchwerdter. Ja das kleine glied die zunge, iſt das ſteuer - ruder, womit fuͤrſten das groſſe ſchif der reiche mit geringer muͤhe wenden und lencken, in dieſem beruhet ehre und ſchmach, heyl und ver - derben, ia leben und todt der unterthanen. Wer wolte mich wohl einer unwahrheit uͤber - fuͤhren, wann ich ſagte, daß man durch nichts mehr, als durch eine wohlgeſetzte rede, zur tu - gend ermuntert werde, weil ſie uns dieſelbe ſo angenehm fuͤrſtellet, daß es faſt ohnmoͤglich iſt, nicht auch zugleich ein verlangen darnach zu haben, welches uns zu deren ausuͤbung an - treiben ſolte. Sie iſt das band welches gan - tze nationen verbindet, und durch welche gan - tze voͤlcker ſich beruͤhmt gemacht. Allein haͤtte man das ehemals bedraͤngte Teutſchland ge - fraget, was hat deine ſtaͤdte dem erdboden gleich gemacht, deine doͤrfer verwuͤſtet und deine fruchtbaren aͤcker durchwuͤhlet? ſo wuͤr - de es mit bebenden lippen und klaͤglicher ſtim - me geantwortet haben; der krieg. Was hat deine fuͤrſten gekraͤncket, die unterthanen ruiniret, deine iungfrauen geſchaͤndet, den kern deiner mannſchaft erwuͤrget, deine zar - ten kinder getoͤdtet? der krieg. Was hat die tugend veriaget, die freyen kuͤnſte des lan - des verwieſen, die gerechtigkeit zu boden ge - worffen, deine richterſtuben mit raube undunſchul -380von der diſpoſition uͤberhaupt. unſchuldigen blute gefuͤllet? der krieg. Was hat dich endlich ins aͤuſſerſte ver - derben geſtuͤrtzet? der krieg. Jch bin ge - wiß verſichert, daß noch viele bekriegte reiche, wo ſie dieſes alles nicht laͤngſt werden geklaget, dennoch erlitten haben. Der wich - tigſte krieg, wenn er am gluͤcklichſten gefuͤhret wird und aufs hoͤchſte geſtiegen, muß ſich doch durch gewiſſe geſetze bemeiſtern laſſen, welche nicht anders als durch die beredſamkeit koͤn - nen fuͤrgetragen und verdolmetſchet werden. Die geſetze theilen alſo in ihrer genauen verei - nigung, der beredſamkeit die helfte ihrer herr - ſchaft uͤber den krieg mit. Wer will ihr dem - nach den vorzug ſtreitig machen? Sie iſt der koſtbarſte ſchmuck eines printzen, die unetbehr - liche geſchicklichkeit eines hofmannes, und die ſchoͤnſte zierde eines groſſen capitains, wie die ſonne und mond den himmel, ſo zieren die be - redſamkeit und tapferkeit einen officirer und iſt es ihm nicht wenig ehre, wann er ſeine worte ſo geſchickt ſetzen, als ſeine mannſchaft ſtellen kan. Es ſuchet demnach billich ein iedweder, der als ein vernuͤnftiges mitglied der menſchli - chen geſellſchaft leben will, ſich einer wahren beredſamkeit zu befleißigen, und iſt gewiß ver - ſichert, daß wie der ſchweiß den fleiß, alſo die be - lohnung die bemuͤhung begleiten werde. Gewiß der muß mit niedertraͤchtigem gemuͤthe, die warhafte hoheitunſersgeiſtes, wie eine eule das licht verabſcheuen, welcher in dieſem ſtuͤck nichtſuchet381von der diſpoſition uͤberhaupt. ſuchet einige vollkommenheit zu erlangen. Jch kan nicht laͤugnen, daß ich zu dieſer gluͤckſeelig - keit zu gelangen, laͤngſtens gewuͤnſchet, doch habe niemahls ein bequemeres mittel, als die - ſe redner-geſellſchaft angetroffen, weswegen ich als ein mitglied in dieſelbe aufgenommen zu werden geſucht, und meines wunſches ge - waͤhret worden. Jch kan ohne den fehler ei - ner ſchmeicheley zu begehen, aufs gewiſſeſte verſichern, daß ich biß anhero in derſelben, ſo wohl von denen ſaͤmmtlichen mitgliedern die - ſer anſehnlichen redner-geſellſchaft, als haupt - ſaͤchlich dem ſo gelehrt als beredten herrn praͤſi - de durch geſchickte reden, zu einer freudigen nachahmung gar ſonderlich bin angefriſchet worden. Wobey ich mich doch iedesmahl nach art der ſchiffer verhalten werde, welche bey wiedrigem winde und mangel der kraͤfte, dennoch ſolte es auch nur mit wiederholten wuͤnſchen geſchehen, den bereits eꝛblickten Pha - ros zu erreichen, ſich eyfrigſt bearbeiten.

§. 4 Die Rhetores geben die arbeit der diſpoſition leichter zu machen, verſchiedene mo - delle, darnach man ſeine gedancken im reden ordnen kan, als z. e. den ſyllogiſmum und vie - lerley arten der chrien. Der ſyllogiſmus fo - dert einige erkaͤnntniß der unſtreitigen arten zu ſchlieſſen, nach der ſyllogiſtick, und beſteht aus dem ſatz oder der concluſion, dem beweiß - grunde oder grundſatz und der verbindung unter beyden oder der minori propoſitione,und382von der diſpoſition uͤberhaupt. und alſo aus drey ſaͤtzen, welche ſechsmahl verſetzt, mit andern argumentis, wenn es noͤ - thig, erweitert, aber auch enge zuſammen ge - zogen werden koͤnnen, ſo daß man wohl gar die minorem weg laͤſt. Kommen zu denen ſaͤtzen argumenta, ſo wird ein epichirema daraus, bleiben dieſe weg, iſts ein bloſſer ſyllogiſmus, bleibt minor weg, heiſts enthymema, ia es fin - det auch hier der ſorites ſtatt, bey mehr als drey propoſitionibus, wenn immer eine aus der andern flieſſet.

  • Exempel findet man uͤberall in denen Rhetoriſchen buͤchern, ich will doch kurtz folgendes beyfuͤgen:
  • Propoſito: Man kan ſeine lebens-art im alter wohl aͤndern und umſatteln.
    • Argum. Prob. Denn wozu man ſich in der unver - ſtaͤndigen iugend begeben, ſolches kan man im alter aͤndern.
  • Syllogiſmus: maior: Wovon man in der iugend zu ur - theilen nicht faͤhig geweſen, und es doch erweh - let, ſolches kan man im alter aͤndern.
    • minor: Unter dieienigen dinge, davon man in der iugend zu[ur]theilen, nicht faͤhig geweſen, gehoͤret billich die politiſche lebens-art, und derſelben er - wehlung.
    • concluſ. Alſo wird niemand einem verſtaͤndigen mann vor uͤbel halten, wann er den fehler ſeiner iugend, in erwehlung der art zu leben, bey meh - rern verſtand und erfahrung zu verbeſſern ſuchet und aͤndert.
  • Enthymema: maior: Wozu unſer alter und erfah - rung natuͤrlicher weiſe noch nicht hinlaͤnglich, eine vollkommene gute wahl zu treffen, und zu urtheilen, das koͤnnen wir billig bey vollkomme - nern verſtand und jahren aͤndern,
con -383von der diſpoſition uͤberhaupt.
  • coneluſ. Alſo wird niemand dencken, daß es eine ſuͤnde ſey, wenn man eine in der iugend erwehlte le - bens-art fahren laͤſt, und im reiffern alter eine andere erwehlet.
  • Epichirema; Syllogiſmus oratorius: Ausfuͤhrung: maior: wie oben:
    • Argum. illuſtr. Wir erfahren taͤglich, daß bey ei - nem regiment neue arten, die regierung zu ver - beſſern eingefuͤhret werden, aber wir erfahren nicht minder, daß ſie nachdem man ihre fehler durch laͤngere regierung empfunden, von eben denen ſo ſie eingefuͤhret, geaͤndert werden.
    • Argum. probans: Als kinder haben wir kindiſche anſchlaͤge und unternehmungen, als iuͤnglinge ſetzen wir uns viel fuͤr und fuͤhren wenig aus, weil wir unſere kraͤfte ſelten genugſam kennen, aber als maͤnner koͤnnen wir erſtlich recht, von dem politiſchen leben, maͤnnlich und verſtaͤndig urthei - len.
  • Minor: Wie oben:
    • Argument. prob. Denn eine politiſche lebens-art hat den endzweck, uns und die unſrigen mit ehren und zum dienſt der ſocietaͤt darinn wir leben, zu erhalten, hiezu aber gehoͤret erkaͤnntniß unſer ſelbſt, erkaͤnntniß der ſtaͤnde, ihres guten und boͤ - ſen, davon man in der iugend gemeiniglich das wenigſte weiß:
    • Argum. illuſtr. wie den leuten, die keine Mahlerey und bildhauer-kunſt verſtehen, und doch davon urtheilen, ſo geht es uns in der iugend.
    • Argum. movens: Die lebens-arten haben zweyer - ley ſeiten, auf der einen ſehen ſie gut, auf der an - dern ſchlimm, wie leicht ſieht man doch unrecht.
  • Concluſio: Wie oben:
    • Argum. illuſtr. ab exemplo aller derer die gluͤcklich umgeſattelt haben:
    • Argum. mouens: Jſt derienige kluͤger, der in deriugend384von der diſpoſition uͤberhaupt. iugend narret, und im alter dabey bleibt, oder der ſo bey reiffen iahren die fehler der iugend durch klugheit beſſert?
  • Es koͤnten zu ieden argumento und ſatze, wieder neue gefuͤget werden, ſo wuͤrde eine vollſtaͤndige oration oder deduction daraus erwachſen. Als ein e - empel eines Sorites mag folgendes ſeyn; wann iemand aus ſchertz beweiſen wolte, alle leute rai - ſonnirten recht, ſo koͤnte er folgende ſaͤtze machen:
  • Prop. 1. Alle leute raiſonniren.
  • 2. Alle raiſonnements ſind gedancken.
  • 3. Alle gedancken ſind ideen.
  • 4. Alle ideen ſind erinnerungen.
  • 5. Alle erinnerungen ſind empfindungen.
  • 6. Alle empfindungen ſind wahr.
  • 7. Wer wahtheiten bat raiſonniret recht.
  • Concluſ 8. Alſo raiſonniren alle leute recht. Aber man muͤſte ſich dabey auf die ſyllogiſtick und inſtantzen nicht einlaſſen, ſondern die ſaͤtze fein mit ingenieuſen einfaͤllen, argumentis illuſtran - tibus, und patheticis ausputzen und uͤberkleiden, ſo daͤchten die leute doch, man raiſonnirte ſelbſt recht, und das waͤre fuͤr die feinde der Logick ein gefunden freſſen.

§. 5. Solchen fuͤget man die chrien bey, welche nichts anders ſind, als ein ſatz mit ſei - nen argumentis, und heiſſen entweder Aphtho - nianiſche oder Oratoriſche chrien. Die Aphtho - nianiſchena) finden ietzo wenig liebhaber, nachdem Weiſe die Oratoriſchen gluͤcklich er - funden und artig gewieſen hat. Zu iedweder chrie ſind alſo zwey hauptſaͤtze noͤthig, der grundſatz oder das thema, und ſein beweiß - grund oder die aͤtiologie, und zu dieſen koͤnnen dienliche erlaͤuterungs-gruͤnde gefuͤget werden. Es385von der diſpoſition uͤberhaupt. Es ſind aber der chrien zweyerley, entweder recta oder inverſa, iene ſetzet den hauptſatz mit ſeinem beweiß-grund, in der natuͤrlichen ord - nung,b) dieſe ſetzt das argument vor den haupt-ſatz, oder das ende einer rede in unſerer meditation, zu anfang in der ausarbeitung. c)

a)Die Aphthonianiſche hat, wie bekannt, von Aphthonio, der im 5. ten jahrhundert nach Chriſti geburt gelebet, ihren nahmen, iſt ent - weder realis, oder verbalis, oder mixta, hat 8. ſtuͤcke: Laudem auctoris, paraphraſin thematis, aetiologiam, contrarium, ſimile, exemplum, teſti - monium, concluſionem, z. e. man wolte uͤber fol - gende worte Platonis: Tum demum beatus ter - rarum orbis eſt futurus, cum aut ſapientes regnant aut reges ſapere incipiunt, eine rede halten, ſo ſetzte man:
  • 1.) Laudem auctoris: Plato war ein trefflicher Philo - ſophe und ſtaatsmann, unter andern ſeinen ma - ximen war dieſe nicht uneben, da er ſagte: Dann wuͤrden erſtlich gluͤckſeelige zeiten kommen, wann die weiſen regierten, oder die koͤnige weiſe wuͤrden.
  • 2.) Interpretat. thematis: Er meint nicht, alsdann, wann ſich die koͤnige in maͤntel verhuͤlleten, baͤn - cke hinſetzten, und collegia Philoſophica und Pan - ſophica hielten, oder wie die petits-maitres vom ſtaat, mit einem Frantzoͤiſchen bel-eſprit, tres-a - greablement, und mit vielen bons mots par deſſus le marché neben hin raiſonnirten, auch nicht als - dann, wann man die ſchulfuͤchſe (rechtſchaffene ſchulmaͤnner ungeſchimpft) zu koͤnigen wachte, ſondern wann leute die verſtand und willen durch nachſinnen und erfahrung gebeſſert und vollkommen gemacht, den thron beſtiegen, oder printzen gelernet haͤtten, die pflichten eines ver - nuͤnftigen klugen und gerechten menſchen, undB beines386von der diſpoſition uͤberhaupt. eines geſchickten regenten zugleich auszuuͤben, und allezeit die liebe und hochachtung ihrer un - terthanen zu erhalten wuͤſten.
  • 3.) Aetiologiam: Von der fuͤrtreflichkeit und nothwen - digkeit der wahren welßheit zur regierungs - kunſt:
  • 4.) Contrarium: Von dem ungluͤck der unterthanen / denen es an weiſen regenten fehlt:
  • 5.) Simile: Von einem verſtaͤndigen ſchiffer, der das ſteuer-ruder kluͤglich zu leucken weiß, ꝛc.
  • 6.) Exemplum: Von den gluͤcklichen zeiten Salamo - nis und den uͤbeln zeiten Rehabeams ꝛc.
  • 7.) Teſtimonium: Aus dem Prediger Salomo am 10. v. 16. 17. Guevara im Horologio P. l. 21. Bias inter leges Prieneis latas hanc dedit: Nemo Prie - nenſium gubernator legitor, niſi ſit litteris Grae - corum eruditus: Nulla enim maior eſt reipubli - cae peſtis, quam ſapientia prudentiaque guberna - torem deſtitui &c.
  • 8.) Concluſio: Von der bemuͤhung nach weißheit.
a)
b)

Jn dieſer heiſſet man das thema protaſin das ar - gument aetiologiam. z. e. Diſpoſ. per chriam ordinariam oder rectam:

  • Protaſis, ſ. Prop. Die Gelehrten muͤſſen ſich bemuͤhen, auf ſolche arten und theile der gelehrſamkeit ſich zulegen, ſo den gemeinen weſen dienlich ſeyn koͤnnen.
    • Interpretat, Dieienigen wiſſenſchaften ſind der re - publick dienlich, durch die ſie tugendhaft und weiſe, wie auch in allen ſtaͤnden gebeſſert und vollkommener gemachet werden kan.
  • Aet, prima: Der gelehrte ſtand iſt eben deswegen geſtiftet, und mit privilegien verſehen, daß er allen und ieden ſtaͤnden eine anweiſung zur tugend und weißbeit, wie auch zur buͤrgerli - chen gluͤckſeeligkeit geben ſolle. Medit. 387von der diſpoſition uͤberhaupt.
    • Medit. Hieraus kommt der rang der gelehrten: Deñ da ſie andern zur beſſerung dienen ſollen, hat man ihnen ein anſehen beylegeu muͤſſen.
    • Teſtim. Eine ſolche gelehrſamkeit die dem ſtaat dienlich iſt nennet Quintilianus: eruditionem verecivilem: und preiſet ſie an den Roͤmern.
  • Act. 2. Alle wiſſenſchaften ſo denen ſtaͤnden und der republick, neben uns, nicht dienen, ſind nichts anders, als ein otinm eruditum i. e. bey vieler arbeit unnuͤtze.
    • Interp. dergleichen ſind dieienigen wiſſenſchaften, ſo nur allein auf die ſubtilitaͤt derer ſprachen, die entfernten und verlegenen hiſtorien, tiefſinnige und weit hergeſuchte ſpeculation gehen.
    • L.C. alle dieienigen, ſo mit ihren fleiß niemand wie - der nutzen koͤnnen, ſind warhaftige muͤßiggaͤn - ger.
    • Aet. L. C. Denn ein muͤßiggaͤnger thut zwar ſtets etwas, aber nichts nuͤtzliches.
    • Coroll. ſ. prop. repet. alſo haben auch die ge - lehrten unſerer zeit noͤthig, ihre ſtuditz mehr in dem ſtaat brauchbar zu machen.
b)
c)

Z. e. folgende antritts-rede, Diſp. per chriam inverſam:

  • Concluſ. wie ich nichts mehr als die beſtaͤndige guͤ - te von dieſen hochanſehnlichen Collegio wuͤn - ſche, alſo bitte ich mir dieſelbe hierdurch mit geziemender ergebenheit aus.
    • Argum. mouens: Dero approbation allein, wird von mir billig ſo hoch geſchaͤtzet, daß ich ſie allen andern lob ſpruͤchen fuͤrziehe.
    • Aet. Locus Com. vie vernuͤnftige ehre kommt nicht auf die menge, ſondern auf die vortreflichkeit der - ienigen, die uns ehren, ſonderlich an.
    • Sim. Wenn wir von den haupte des landes ein ein - tziges gnaden-zeichen empfangen, achten wir es hoͤher, als alle geſchencke der unterthanen.
    • 388
    • Connex. Damich nun die guͤtige aufnahme in ders anſehnliches Collegium eine beſtaͤndige ſreund - ſchaft und eine beſtaͤndige zuneigung hoffen laͤſſet.
  • Protaſ. So dancke ich gantz ergebenſt, fuͤr dieſes erſte und beſondere zeichen, der ſo lange ge - hoften guͤtigkeit gegen mich.
  • Propoſ. 2. Jch verſpreche nichts zu unterlaſſen, wor - durch dero vertrauen gegen mich befeſtiget, und meine aufrichtige ergebenheit vollkommen bezeu - get werden kan.
    • Vot. Gott ſchuͤtze dieſes anſehnliche Collegium ſo lange, daß es allen andern zum exempel des gluͤcks, ordnung und fuͤrtreflich keit dienen kan.
c)

§. 6. Die chria inverſa ſetzt entweder eine aͤtiologie voran, oder ein argumentum illu - ſtrans, in ienem fall heiſt ſie: chria per ante - cedens und conſequens, in dieſem aber: chria per theſin und hypotheſin. Die chria per an - tecedens und conſequens hat alſo zwep haupt - ſtuͤcke, den beweiß-grund und das thema, hie - zu koͤnnen noch kommen, die verbindung des beweiß-grundes mit dem themate, rationes dubitandi und decidendi zu dem beweiß-grun - de, und zu allen, auch accidentellen ſaͤtzen, allerhand argumenta. a)Die chria per theſin und hypotheſin ſetzt ebenfals zwey hauptſtuͤcke das argumentum illuſtrans und das thema, zu beyden thut ſie allerhand argumenta, auch wohl argumentorum argumenta hinzub)

Diſpoſi -389von der diſpoſition uͤberhaupt.
a)

Z. e. Diſpoſitio einer rede per anteced. & conſequens bey uͤberreichung eines gedichts und abend-muſick:

  • Antecedens argum. prob. Wir haben allezeit fuͤr un - ſer groͤſtes gluͤck geſchaͤtzet, Ew. Durchl. ge - treueſte unterthanen zu ſeyn
    • Aet L. C. Es iſt ein groſſer unterſcheid unter de - nenjenigen, ſo einem weiſen regenten, und un - ter andern ſo einem potentaten der die affecten in ſich herrſchen laͤſſet, ergeben ſind,
    • Arg. ill: a ſimili. Die pflantzen und alle gewaͤchſe treibet zwar auch die hitze, des ſichtbaren und groben feuers, aber der zarte und guͤtige ſtrahl der ſonne, macht ſie vollkommener und ſchoͤner,
    • ab ex: Die Roͤmer wuͤnſcheten ſich beſtaͤndig un - terthanen zu ſeyn ihres guͤtigen und weiſen Trajani, ob ſie gleich der monarchiſchen macht, noch nicht vollkommen ergeben waren.
    • Conn: Da wir nun Durchl. und weiſeſter Fuͤrſte durch Dero ankunfft in unſern ort gelegenheit finden, dieſes in unſerem hertzen, ſo viel 1000. mahl geruͤhmte gluͤck, unſerer ſelbſt, oͤffentl. zubezeugen,
  • Conſ. thema. prot So werden E. H. F. Durchl. gnaͤdigſt anſeben, daß wir ſolches in gegen - waͤrtigen untertbaͤnigſten gedichte, und aus tiefſter devotion unternommenen abend - mu - ſick, nicht nur E. Durchl. ſondern der gan - tzen welt kund thun.
    • Argum. patheticum: Alle unſere ſtudien achten wir nur vor mittel uns faͤhig zu machen, dieſes gluͤck in E. Fuͤrſtl. Durchl. unterthaͤnigſten dien - ſten dermahleins vollkommen zu genieſſen.
  • Concluſ. Wie wir uns denn Denſelben als einen beſi - tzer der weißheit und gelehrſamkeit, zu be - harl. gnade in unterthaͤnigſter devotion empfohlen haben wollen.
a)B b 3Diſpoſi -390von der diſpoſition uͤberhaupt.
b)

Z. e. I. Diſpoſitio einer trauungs-rede per theſin & hypotheſin.

  • Theſ. Es iſt nichts weniger als weißheit und lie - be zu zwingen, ja man hat noch nie erfah - ren, daß gezwungene liebe und wahr - heit moͤglich ſey:
    • Simile: So wenig als ſich die flamme und alſo das brennende feuer verſchlieſſen laͤſt, wenn es nicht verloͤſchen ſoll; ſo wenig laͤſt auch die liebe der menſchen, ſich in gewiße graͤntzen zwingen.
    • L. C. Liebe und wahrheit ſind die groͤſten vollkom - menheiten geiſtlicher natur.
  • Medit. Sie ſind wie die religion ſo aus liebe und wahrheit beſteht, und alſo uͤberredet, nie gezwungen werden kan.
  • Connex. Die verbindung derer hertzen und des gan - tzen leibes, ſo wir die ehe nennen, iſt eben des wegen unzwingbar, weil ſie von einer uͤberzen - gung des verſtandes und aufrichtiger liebe des hertzens ihren urſprung und leben empfaͤnget.
    • Hypoth. ſ. Propoſ. Alſo wuͤnſchen wir ietzo oͤffent - lich 2. perſonen gluͤck, die ſich ihrer freyheit in erwehlung dieſes ſtandes bedienet.
  • Aetiol. Jhr verſtand uͤberzeugt ſie ſelbſt, daß eine iede perſon unter ihnen, der liebe und hochach - tung wuͤrdig ſey:
  • Medit. Man ſagt: ſo viel koͤpfe ſo viel ſinne, aber weiſe perſonen haben nur einen kopf in ihrer erkaͤntnis:
  • Sim. Die thorheit hat die menſchen in denen mei - nungen geſchieden, gleich wie ſie die ungerech - tigkeit in krieg und ſtreit gebracht hat, die weiß - heit vereiniget die menſchen, wie die ſonne allezeit vereiniget iſt.
  • Aetiol. Die eigne empfindung ihres gleichen, hat ihre hertzen zur liebe bewogen: So daß ſie beyde einander geliebet, ehe wir auch gewuſt daß ſievon391von der diſpoſition uͤberhaupt. von einander geliebet worden.
  • L. Comm: Die tugend iſt allezeit frey und von der natur allezeit frey erklaͤret,
  • Appl. Alle tugend iſt eine art der liebe, alſo iſt die liebe allezeit baroniſtret.
  • Conn. Der ietzige ſtandt den ſie aus freyheit erwehlet ſcheint ſie doch um die freyheit zu bringen, nachdem ieder theil nun verbunden iſt, die pflicht, die treu und beyſtand lebenslang ein - ander zu erweiſen.
  • L. C. Die menſchliche freyheit iſt alſo niemahls frey.
  • Reſp. Die verbindung aber iſt kein zwang, denn wer willig dient, iſt dennoch frey.
    • Concl Wir wuͤnſchen daß ihnen ihre verbin - dung ſo angenehm und ſo geſeegnet ſeyn moͤ - ge, daß ſie den darunter verborgnen zwang, wo er anders ſo zu nennen, bey der ſuͤßig - keit ihrer freyheit nie verſpuͤhren moͤgen.
    • II. Diſpoſition einer rede darinnen den Prin - tzen von Pfaltz-Sultzbach im nahmen der ſtaͤnde ſeines landes zu der vermaͤblung mit der Fuͤrſtin von Arenberg gratulirt wird.
  • Theſ. ſ. argum. Illuſtrans: Die unbeſchreibliche freude der getreueſten unterthanen uͤber die vermaͤhlung E. Durchl. iſt ſo groß, daß ſie ſelbe mit eignen worten nicht aus zu druͤ - cken wiſſen, ſondern ſie als ein befonderes ſchickſaal des himmels anſehen, bey wel - chen Gott alles gethan: Alſo daß man da - von recht ſagen koͤnne: Nec ſorte nec fato.
  • Interpretatio hiſtorica: Dieſe uͤberſchrift iſt gebraucht worden, als Wilhelm III. Printz von Oranien ao. 1672. zum ſtadthalter der vereinigten Nie - derlande erwehlet wurde.
  • Interpretat. Philoſ. Es ſoll dadurch angezeiget wer - den, daß bey ſo hohen verrichtungen hoher haͤupter eine beſondere goͤttliche providentzB b 4das392von der diſpoſition uͤberhaupt. das regiment fuͤhre, nicht aber ein blindes gluͤck, noch die fatalitaͤt der geſtirne.
  • Locus communis: Jn denen verbindungen hoher haͤupter lieget des regiment Gottes ſelbſt uͤber die gantze welt verborgen.
  • Exempla: Die all ancen des Oeſterreichiſchen hau - ſes und deſſen anſehnliche kraͤfte ſind durch vermaͤhlungen geſtiftet: Die wunderbahre verbindung von Franckreich und Spanien hat eine Spaniſche infantin zum grunde: Die ietzige regierung von Groß-Brittannien, ſtam - met aus keinem andern fundament. Das ietzige freye regiment von Schweden iſt aus der Heßiſchen mariage entſprungen.
  • Simile. Ein groſſer monarch regieret die untertha - nen durch die klugheit und faͤhigkeit der mini - ſter und GOtt veraͤndert die gantze welt, durch die direetion hoher pot ntaten, als ſeiner un - mittelbaren befelshaber.
    • Hypotheſis. Wir finden gleichfals an dieſer Durchl verbindung, daß ſie ein unmittel - barer zeuge des gnaͤdigen himmels ſey, und freuen uns uͤber die darunter verſteckte al - lergnaͤdigſte providentz Gottes.
  • Actiologia. Nicht nur eine vollkommene Prinzeßin wird dadurch dem gantzen lande zugewendet, ſondern auch ſo ein fuͤrtreflich hauß von Au - vergne verbindet ſein gluͤck und intereſſe mit dem ruhigen Sultzbach.
  • Locus Comm. Die unterthanen ſehen ihr gluͤck durch die gluͤckſeligkeit ihrer beherrſcher. Simile. Die vollkommenheit derer Potentaten iſt ein ſpiegel des gluͤcks derer unterthanen.
    • Hypotheſ. II. Sive Propoſitio. Alſo unterfangen wir uns im nahmen der geſamten Sultzba - chiſchen lande zu dieſer hochfuͤrſtlichen ver - maͤhlung zu gratuliren.
b)Aetiol. 393von der diſpoſition uͤberhaupt.
  • Ætiol. Wir ſind vollkommen verſichert, daß dadurch das Durchl. Hauß, wie ein palm[-]baum wach - ſen und gruͤnen werde, als unter welchem bil - de vormahls auf beſagter muͤntze der Printz von Oranien vorgeſtellet wurde.
  • Meditatio: Das gluͤck zeiget uns alſo bald nach die - ſer vermaͤhlung eine beſondere guͤte, da ſchon unſere Durchl. Printzeßin einem Sardiniſchen und Savoyiſchen Printzen zugefuͤhret werden ſoll.
  • Votum: GOtt laſſe dieſes alles ſo gluͤckſeelig ſeyn, daß wir aus dem ſeegen und der er hoͤhung beyder Hoch-Fuͤrſtl. Haͤuſer augenſcheinlich erkennen moͤgen, daß alle Dero fuͤrhaben, nec ſorte nec fato geſchehe.

§. 7. Aus verſchiedenen chrien wird end - lich eine gantze rede oder vollſtaͤndige oration zuſammen geſetzet,a) oder wenigſtens koͤnnen in einer gantzen oration, alle hauptheile der - ſelben, wie die chrien, diſponiret und ausgear - beitet werden, wiewohl wañ man zu einer chrie eine formulam initialem zu anfangs, und zu ende die finalem ſetzt, ſo iſt es auch ſchon eine vollſtaͤndige oration, nemlich eine ausfuͤhrung eines haupt-ſatzes, durch ſeine noͤthige argu - menta, welche man in eine ſolche form ge - bracht, daß ſie nach denen regeln des wohlſtan - des dem zuhoͤrer angenehm und zu unſern ab - ſichten dienlich ſey. Es ſind aber die theile ei - ner rede folgende: Exordium, propoſitio, tractatio und concluſio, von deren ieglichen insbeſondere noch etwas zu gedencken.

a)Z. e. koͤnnen folgende diſpoſitiones dienen:
a)B b 5Dis -394von der diſpoſition uͤberhaupt.
I. Diſpoſitio orationis: de honeſta aemulationc.
  • Exordium ab oppoſito, ſc œmulatione noxia.
    • Antecedens: Es giebet manchmahl leute, welche ſich bemuͤhen auf eine boͤſe art, aus hoch - muth and mißgunſt, andern es zuvor zu thun.
    • Connexio: Allein weil dieſes eine boͤſe aͤmulation iſt, ſo haben wir fuͤrgenommen,
  • Propos. von der beſſern aͤmulation zu reden, ad - datur Captat. Benevol. Tractatio continet duas chrias.
  • Chria I. ab vtili. PROTASIS: Die eifrige bemuͤ - hungen, da unnuͤtze leute denen nichts nach - geben wollen, mit welchen ſie zugleich zum guten angewieſen werden, iſt hoͤchſt nuͤtzlich.
  • Aetiologia ab effectu: Denn dieſes muntert die gemuͤther auf, daß ſie alle arbeit deſto williger uͤber ſich nehmen, und deſto eyfriger verrichten.
  • Aetiologia a cauſa efficiente. Die information der praͤceptorum ſelbſt gehet gluͤcklicher von ſtatten, wenn die untergebene von ſolchem ey - fer brennen.
  • Amplificatio ab Exemplo: Atticus war in ſeiner jugend ſehr fleißig und tugendhaft: und die - ſes verurſachte, daß alle ſeine mit-ſchuͤler zu ſonderlichen fleiß und tugend ſich aufmuntern lieſſen.
  • Amplif. a ſimili: Eine gluͤende kohle zuͤndet die an - dere an, ein meſſer ſchaͤrffet das andere.
  • Amplif, ab Emblem. Zu Villa Franca in Franckreich wurde von etl. gelehrten ao. 1687. eine geſell - ſchaft aufgerichtet, die zu ihrem ſinnbild ein kleinod erwehlten, mit edelſteinen beſetzt, dabey dieſe worte zu leſen: Mutuo clareſcimus igne.
AD -395von der diſpoſition uͤberhaupt.
  • Applic. Die untergebene jugend ſind kleinodien, ſo den eltern lieber als alle edelgeſteine, ꝛc.
  • Amplific. a Contrar. Wie manches hurtiges gemuͤthe wuͤrde eingeſchlaͤfert werden, wenn es nicht die furcht, von andern uͤberwunden zu[ w] erden, in dem fleiſſe erhalten wuͤrde.
  • Amplif. a Teſtimonio: Ohne zweifel hat der bekannte ſchul - mann Valentinus Trotzendorff aus keinem andern abſehen, als eine aͤmulation un - ter ſeinen diſcipeln zu erwecken, dieſelben alle - mahl bey dem anfange ſeiner lectionen alſo an - geredet: Seyd gegruͤſſet, ihr edle, buͤrger - meiſter, ratbs-herren, kaͤyſerl. koͤnigl. fuͤrſti - raͤthe, kuͤnſtler, doctores, kauff, leute, aber auch ihr henckers-knechte, ſchelmen, ꝛc.
  • Chria II. ab boneſto, Protasis: Solche aͤmulation iſt eine herrliche tugend.
  • Aetiologia per deſcriptionem negat. & poſitiuam: Denn ſie iſt keine verachtung des andern, wegen ſeiner gaben, ſondern ein betruͤbniß, daß man nicht ſo fleißig, nicht ſo tugend - haſt, nicht ſo geſchickt iſt, als ein anderer von unſerer condition.
  • Ætiologia II. ab effectu: Wo dieſe nacheiferung in dem hertzen gluͤet, koͤnnen die allerſchwere - ſten dinge gluͤcklich ausgefuͤbret werden. Jn - gleichen wird in den kuͤnſten durch aͤmula - tion was groſſes ausgerichtet.
  • Amplif. ab Emblem. Die Academie zu Soiſſons fuͤh - ret einen jungen adler, der den alten nach - fliegt, mit dieſer beyſchrift: Maternis auſibus audax.
  • Applicatio: Alſo machet die aͤmulation dreiſt und tapffer, daß man auch was waget nach anderer exempel.
  • Exempli loco poſſunt adduci Parrhaſius & Zeuxis. Item Julius Cæſar ex Suetonio.
CON -396von der diſpoſition uͤberhaupt.
  • Concluſio: Dannenbero laſſe man ſich durch tugendhafter leute exempel zu gleichen tugem den aufmuntern.
II. Diſpoſitio orationis, de laudibus Jurisprudentiae.
  • EXORD. Antecedens: Die gerechtigkeit iſt eine fuͤr trefliche tugend.
  • Ætiolog. Denn ſie iſt das band, wodurch die menſch - liche geſellſchaft zuſammen gehalten wird.
  • Connex. I. Da nun die Rechts-gelehrheit, wie man die gerechtigkeit handhaben muͤſſe, zeiget,
  • Connex. II. Und fuͤrnehme goͤnner von mir eine pro - be verlangen.
  • Amplific. ab inſinuat. Ohngeachtet mein gehorſam, meine unvermoͤgenheit ſattſam an den tag le - get:
  • Conſequens & ipſa Propoſitio: So babe nichts beſ - ſers ausleſen koͤnnen, als das lob der edlen Jurisprudentz.
  • Formul. fin. Captat. benevol. Jhr geneigtes zuhoͤren wird meine rede gluͤcklich machen.
  • TRACTATIO ſ. Confirmatio tres Chrias continet, Chriam I.
  • ab Honeſto. Formula init. ſ. præparans: Und daß wir unſerm verſprechen nachkommen moͤgen:
  • Protaſis: So wird iedermann geſtehen, daß die Rechts - gelehrheit alle ehre und den groͤſten[ruhm] verdienet babe.
  • Ætiol. a Cauſa efficiente: Denn ſie hat ihren urſprung von GOtt ſelbſt, welcher den menſchen und al - len geſchoͤpfen gewiſſe Rechte und geſetze gege - ben, nach welchen ſie ſich achten muͤſſen. Auch die allerheiligſten maͤnner, als Moſes und die Propheten und der Heyland ſelbſt, haben das Recht gelehret und ausgeleget.
Am -397von der diſpoſition uͤberhaupt.
  • Amplif. ab Exper. Noch biß auf den heutige[n]tag hal - ten hohe und niedrige obrigkeiten ſehr uͤber das Recht, uñ die academien werden mit den gelahr - teſten Profeſſoribus Juris verſorgt.
  • Amplif. ab Exemplo & Teltim. Friedrich Auguſt be - zeuget es mit ſeinem Allerdurchlaͤuchtigſten ex - empel, wenn er an dem Codice Auguſteo, proceß - ordnungen ꝛc. arbeiten laͤſt, und ſeine acade - mien mit den fuͤrtreflichſten Rechts-lehrern ie - derzeit beſetzet.
  • Ætiol. II a conſenſu gentium ſaniorum.
    • (a) Formula connectens ſ. praep. Und es iſt leicht zu erachten, warum dieſe edle Diſciplin ſo hoch geachtet wird.
    • Ætiol. ipſa: Allermaſſen die beruͤhmteſten voͤl - cker iederzeit die ausleger und lehrer der geſetze in hohen ehren gehalten
  • Amplif. ab Exemplo: Solon war geehret bey den Athenienſern, Lycurgus bey den Lacedaͤmoni - ern, Numa bey den Roͤmern. Die Jmpera - tores haben gleichfalls den Jureconſultis groſſe ehre angethan, und auf ihre reſponſa ſehr ge - ſehen.
  • Formula finalis ſ. Concluſio Chriae I. Derowegen laſ - ſe man ſich memabls abwendig machen von dieſem ſtudio, ſo wird es einem an ehre und renommee nicht mangeln.
  • Chria II. ab Utili.
    • Formul. Conn. Ja es werden viele andere herrl. belohnu ngen erfolgen.
  • Protaſis: Denn dieſe wiſſenſ[ch]aft bringt allgemeine und auch ſonderbare nutzbarkeit.
  • Ætiol. a com. publ. Das iſt ja freylich ein koͤſtl. nutzen, daß die Jurisprudentz die ruhe und den wohl - ſtand des gemeinen bũrgerl. lebens befoͤrdert, und die erbarkeit allenthalben dadurch beybe - halten wird. Ampli -398von der diſpoſition uͤberhaupt.
    • Amplific. a contr. Viele achten zwar dieſen gemei - nen nutzen nicht, iedoch dieſe leute ſind unverſtaͤndig und haben mitleiden verdie - net.
    • Rat. Cont. Denn alsdenn wuͤrden ſie es wohl er - kennen, wenn keine gerichte gehalten wuͤrden.
  • Ætiolog. II. a com. prtu. Jnzwiſchen mangelt es auch nicht an privat-nutzen, ſintemahl die Juriſten zu groſſem gut und hohen ehren gelangeu koͤn - nen.
  • Amplific. a Compar. Der kauf-leute, ackers-leute pro - fit ꝛc. iſt ziemlich, doch koͤnnen advocaten mit leichterer muͤhe dazu gelangen.
  • Amplific. a Teſtim. Von dem verß: Dat Galenus opes, dat Juſtinianus honares. Chria III. ab Neceſſario.
  • Protaſis: Je mehr ich dieſem edlen ſtudio nach - dencke, deſto mehr materie ereignet ſich zu derſelben lobe, davon ich auch dieſes nicht verſchweigen kan, daß ſie ein unentbehrli - ches ſtudium ſey.
    • Ætiol. I. Denn die gantze welt muß durch geſetze und gerechtigkeit erhalten werden.
    • Ætiol. II. Alle reiche und republiken, alle kir - chen und ſchulen, alle collegia und privat - haͤuſer wuͤrden leicht ruiniret werden, wenn keine Jurisprudentz und Juris-exercitium waͤre.
    • Ætiol. III. Sintemahl kein laſter ſo ſchrecklich ſeyn wuͤrde, welches die welt nicht wuͤrde ungeſcheuet ausuͤben.
      • Amplific. a teſtim. Daher der Griechiſche Poet Euripides wohl geſaget: Cuſtodia legum cinitates continet.
    Am -399von der diſpoſition uͤberhaupt.
    • Amplific. a comp. Gleichwie ein ſchiff auf dem meere zu grunde gehen muͤſte, wenn kein ſteuer - ruder und dergleichen, ancker, ꝛc. da waͤren, daſſelbe im ordentlichen lauffe zu erhalten, ꝛc. alſo ꝛc.
  • Concluſio: Derowegen moͤgen ſich diejenigen wohl bedencken, welche ſich unterſtehen, die Juriſten zu verachten.
    • Conſectar. II. Jedoch wollen wir den gottloſen advocaten das wort nicht reden, welche wi - der gewiſſen handeln, ſondern den recht - ſchaffenen ꝛc.
III. Exemplum Parent. per Theſin & Hypotheſin.
  • Auf einem Cavalier aus deſſen lebens lauffe man ſiehet, daß er ſey gottſeelig und redlich geweſen.
  • Protaſis: Der wahre adel beruhet fuͤrnemlich auf drey haupt-tugenden: Gottesfurcht, auf - richtigkeit, tapferkeit.
  • Ætiolog. gen. I. Denn das gebluͤt ohne tugend iſt ſchlechte ehre, weil die angebohrnen wapen nuͤr aͤuſſerliche kennzeichen des adels ſind, und werden manchmahl auch von unadelichen ge - brauchet, tapfferkeit ohne gottesfurcht iſt eine verwegenheit, weil ſonſt auch die ſelbſt-moͤrder tapfer ſeyn muͤſten.
  • Ætiol. II. ſpecial. Gottesfurcht ſtehet demnach einen ritter wohl an, und die bibel kan wohl bey ei - nem bloſſen degen liegen.
    • Ratio: Denn GOtt ſelbſt hat denen heiligen helden die waffen in die haͤnde gegeben, zum ſchutz der kronen.
  • Amplific. ab Exemplis: I. Moſes war tapfer genug gegen dem Pharao, doch war der ſieg zweiffel - haftig gegen Amaleck, wenn er die haͤnde ſin - cken ließ. II. 400von der diſpoſition uͤberhaupt.
    • II. Guſtaphus Adolphus hat immer ſeine gebet - buͤcher bey ſich gehabt, und auch wohl ſeine eigne gebets - formuln aufgezeichnet. Ferdi - nandus R. K. betet allezeit kniend
    • III. Ferdinandus Catholicus bekennet, daß er mehr mit ſeufzern die Barbaren erleget, als mit pfeilen.
  • Ætiolog. III. ſpecial. Aufrichtigkeit iſt der andere grund des adels.
    • Ratio: Denn eben darum ſtehen ſchild, helm, lantzen und ſchwerdter in den wapen, und ſie heiſſen Generoſi.
  • Hypotheſis ad laudem adplic. Dieſes alles fand ſich bey dem wohl-ſeeligen, welchem billig in die fahne mag geſchrieben werden: Pietas, ſince - ritas, generoſitas.
  • Ætiol. I. Er war fromm, denn er laß fleißig GOttes wort, gieng gerne zur kirche, betete fleißig auch ſelbſt fuͤr ſeine feinde, wie die Prieſterſchaft be - zeuget, er uͤbte die wercke des glaubens ꝛc.
  • Ætiol. II. Er war aufrichtig, nicht wie die heutige welt die haͤnde ohne hertzen weiſet, das bezeu - get ſeine converſation, und alle ſeine verrich - tungen.
  • Ætiol. III. Seine tapferkeit hatte auch nicht einen, ſondern viele triumph-bogen verdienet. Pro - betur aus ſeinen feldzuͤgen und rebus geſtis.
  • Hypoth. ad luctuͤm adpl. Was iſt es wunder, daß ein ſo theurer mann hoch beklaget wird.
  • Ætiol. Denn alle treu-ergebene gemuͤther ſehen gleichſam die gottesfurcht, redlichkeit und tap - ferkeit einſcharren.
  • Amplific. a diſtribut. Abſonderlich deſeufzen der Hr. B. Fr. Schw. ꝛc. gar ſehr, das fromme auf - richrige hertz, alle ſoldaten und officiers wol - len das grab gleichſam mit thraͤnen netzen, daihm401von der diſpoſition uͤberhaupt. ihm GOtt die ehre verſaget, mit ſeinem eignen blute die grabſchrift zuſchreiben, wie alle helden wuͤnſchen.
  • Hypoth. adpl. ad ſolat. Jedoch iſt nicht ein gerin - ger troſt, daß GOtt ſelber die unverhofte ordre ertheilet, daß er den krieg verlaſſen, und den gnaden-lobn ſeiner got[t]esfurtcht, treue und tapferkeit aus GOttes eignen haͤnden in ſeiner himmliſchen reſidentz empfangen ſoll.
  • Probetur: Er hat glaͤubig und ritterlich wieder leibliche und geiſtliche feinde geſtritten, und traͤget des - wegen nunmehro die ſieges-krone auf ſe[i]nem haupt, die GOtt allen ehriſtlichen und treuen rittern aus den wolcken zeiget, mit der uͤber - ſchrift: Legitime certantibus.
  • Conſequ. Dannenhero koͤnnen ſich die betruͤbten leid - tragende zufrieden geben und dem ſeelig-ver - ſtorbenen ſeine ehre und gluͤckſeeligkeit goͤnnen.
  • Hypotheſ. ad grat. act. Weil ſie ſehen, daß deſſen unſterbliche tugenden von ſo vielen vorneh - men anweſenden in hohen ehren gehalten werden, die eben darum deſſen tugenden mit den ihrigen haben begegnen wollen, und ihn zu ſeiner ruhe ſtaͤtte begleiten. Gewiß wie dieſes ein groſſes zum troſt beytraͤget, alſo erkennen ſich die leidtragende verbunden / zu dancken, und zu wuͤnſchen, zu dancken fuͤr die ehre, ſo ihnen bewieſen, zu wuͤnſchen, daß der Hoͤchſte ſie vor dergleichen faͤllen be - huͤre. ꝛc.
Exemplum diſpoſitionis parentatoriae per tres Chrias.
  • Caſus: Einem fuͤrnehmen mann iſt ein eintziges ſoͤhngen geſtorben,
  • Form. initialis: Je lieber ein kleinod, ie ſchmertz - licher iſt deſſen verluſt. Doch muͤſſen wirC czu402von der diſpoſition uͤberhaupt. zuweilen das, was uns am liebſten, am er - ſten[v]erlieb[t]en.
  • Tranſitio: Dieſes bezeugen die lieben eltern, welchen ihr eintziges ſoͤhngen geſtorben. Chria I. de laude.
  • Protaſis: Deſſen artigkeit wohl verdient belobet, und deſſelben verluſt beweinet zu werden.
  • Ætiol. 1. a dotibus corporis: Es war wohl gebildet.
  • Ætiol. 2. a dotibus animi: Es leuchtete herfuͤr ein rechtſchaffenes gemuͤthe.
  • Amplific. a diſtribut. Seine kindliche liebe bewieſe es, wenn es mit lachendem munde dem vater entgegen lief, und in ſeinen verrichtungen die tugenden des vaters anzubringen ſuchte.
  • Amplif. a conſequenti. Dannenhero wuͤnſcheten die lieben eltern, daß es moͤchte lange bey ihnen bleiben.
  • Amplific. ab Exemplo: Der Poet Martialis thut von des Reguli ſohne dieſen wunſch:
    Di ſeruate, precor, matri ſua vota patrique,
    Audiat ut natum Regulus illa duos.
    GOtt hoͤr des vaters wunſch, erfuͤll der mutter
    freude,
    Dem vater gieb den ſohn, der mutter alle beyde.
    (Chria II. de luctu. )
  • Protaſis: Aber ie mehr die hoffnung, ie ſtaͤrcker die betruͤbniß.
  • Ætiol. I. Denn an ſtat eines langen lebens bringet die kranckheit einen ploͤtzlichen todt.
  • Amplif. a conſequ. per Hypotheſin: Dahero ſehen wir das haͤnde ringen der eltern, wir hoͤren das ſeufzen derſelben, wir ſehen die thraͤnen der anverwandten, wie der angehoͤrigen geſicht erblaſſet, ꝛc.
  • Ætiol. II. per Proſopopœiam: So oft der vater denſarg403von der diſpoſition uͤberhaupt. ſarg anſiehet, koͤmmt es ihm vor, als wuͤrde ihm zugeruffen, da liegt die ſtuͤtze deines ge - ſchlechts, die freude deines alters, der troſt in deinen betruͤbnuͤſſen. Chria III. de ſolatio,
  • Protaſis: Doch die betruͤbten eltern koͤnnen ſich zufrieden geben.
  • Ætiol. I. Denn ſie haben ihr kind nicht verloh[r]en, ſondern nur vorangeſchickt.
  • Ætiol. II. Es wird ihnen viel artiger wieder ge - ſchencket.
  • Concluſio, quæ continet gratiarum actionem: Dieſes koͤnte ſchon genug troffes ſeyn, allein es koͤmmt noch hinzu, daß die hochzuehrende leichenibegleiter gleichfals bezeugen durchibre gegenwart, daß ſie glauben, es ſey dieſes kind imhimmel viel ſchoͤner; und ſie wollen durch dieſe gegenwart eben dieſes denen be - truͤbten leidtragenden verſichern.
  • Conſequens: Dannenhero kan nicht der danck zu - ruͤcke bleiben, welcher in erwegung deſſen, mir aufgetragen worden, denenſelben abzuſtatten, ich wuͤnſche ꝛc.

§. 8. Die neigungen des auditoris, erlauben dem redner gar ſelten, ſeinen ſatz gleich anfangs zu proponiren dannenhero muß er ſich vorhero bemuͤhen, des zuhoͤrers gemuͤth zu praͤpariren, und ſolches geſchicht im exordio. Es iſt alſo noͤthig, daß er darinn die argumenta conci - liantia am ſtaͤrckſten anbringe, es von denen general-concepten ſeines thematis, denen aͤuſ - ſerlichen umſtaͤnden, argumentis illuſtrantibus und probantibus, auch wohl patheticis her - nehme, mit welchen die propoſition ſo unge -C c 2zwun -404von der diſpoſition uͤberhaupt. zwungen verbunden ſey, daß ſie aus demſel - ben zu flieſſen ſcheine. Der ausdruck muß mit den uͤbrigen theilen der rede wohl uͤbereinſtim - men, viele heftige affecten darf man nicht zei - gen, es auch nicht weit ausdehnen, denn es iſt beſſer, wann der affect mit der rede nach und nach, iedoch dem obiecto gemaͤß, waͤchſt und ſteiget, und die diſpoſition kan nach angefuͤhr - ten arten eingerichtet werden.

§. 9. Die propoſition oder der fuͤrtrag des thematis ſelbſt, drucket den gantzen inhalt der rede, in kurtzen, entweder deutlichen oder ver - bluͤmten worten aus, welche gar genau nach den regeln der klugheit einzurichten. Es iſt ſchlechterdings noͤthig, daß ein ieder der da reden will, einen ſatz oder auch wohl nur eine idee zum grunde lege, damit er nicht durch vie - le concepte verwirret und diſtrahiret werde, ſondern wiſſe worauf alle ſeine gedancken und worte abzielen, ſo wird man verhoffentlich ſo deutlich reden, daß der zuhoͤrer alles leicht ver - ſtehen und von dem gantzen gebaͤude einen richtigen begrif behalten wird, welches die groͤſte tugend eines oͤffentlichen redners und der fuͤrnehmſte zweck der propoſition, ia auch der partition iſt, denn die erklaͤret nur die thei - le des thematis und drucket aus, auf wie viel momenta man bey der propoſition zu refle - ctiren habe.

§. 10. Jn der tractation oder ausfuͤhrung des thematis, kommen alle argumenta fuͤr,welche405von der diſpoſition uͤberhaupt. welche man nach obigen vielfaͤltig gegebenen regeln, fuͤr dienlich erachtet anzufuͤhren. Und dieſe iſt billich der mittel-punct zu nennen, wo ſich alle geſchicklichkeiten des redners, im erfin - den und ausdrucken, concentriren. Sie wird diſponiret nach angegebenen regeln, und leidet vielfaͤltige zuſaͤtze, nach beſchaffenheit der ſache, des auditoris, und des redners, durch gehends aber muß ſie wohl connectiren, und zu den uͤbrigen theilen eine gute verhaͤltniß haben, doch ſo daß ſie unter allen am laͤngſten ſey.

§. 11. Aus der tractation muß die conclu - ſion flieſſen, und ſo eingerichtet ſeyn, daß dem zuhoͤrer, gleichſam als in einem bilde alles was fuͤrgetragen worden, wieder fuͤrkomme. Dan - nenhero ſchickt ſich am beſten ein conſectarium, oder wohl etliche, eine kurtze wiederholung, eine application, oder weil hier der affect nunmeh - ro aufs hoͤchſte ſteigt, ein wunſch, allerhand figuren, und argumenta pathetica, nach dem der redner am beſten den endzweck der conclu - ſion zuerhalten vermeinet.

§. 12. Alle und iede reden, ſie moͤgen nah - men haben wie ſie wollen, beſtehen aus dieſen theilen, und beruhen auf denen nunmehro an - gefuͤhrten gruͤnden und regeln. Alſo koͤnte ich hier fuͤglich ſchlieſſen, ohne daß ich beſorgte etwas ausgelaſſen zu haben, welches zu erfuͤl - lung meines fuͤrhabens dienete. Jedoch die mode erinnert mich eines theils und andern theils die nothwendigkeit, von einigen uͤbli -C c 3chen406von der diſpoſition uͤberhaupt. chen gantz ſpeciell en reden etwas zu erinnern, welches in folgenden capiteln geſchehen wird.

Die exempel welche ich[i]n dieſem capitel gegeben, ſind nicht meine eigene arbeit, alſo will ich weder an der chre der erfindung, noch verbeſſerung der - ſelben theil nehmen. Damit ich aber auch eins von meiner art beyfuͤ[g]e, daran ſich der leſer in ſeinem affect gegen mir erholen moͤge, ſo mag folgendes hier platz nehmen, welches eine diſpo - ſition zu einer antrits-rede in einer gewiſſen red - ner geſellſchaft iſt und zum themate hat:

Jurisprudentz und Oratorie muͤſſen mit einander verbunden werden.

  • Exordium: Antecedens. die facultaͤten muͤſſen nicht von den diſciplinen der unive[r]ſellen gelehr - ſamkeit getrennet werden:
    • Actiol. denn ſie haben eine genaue verwandſchaft mit einander, und wenn dieſe mit ienen verknuͤpft ſind machen ſie erſt einen gelehrten mann aus.
    • Connexio I. da nun die Rechtsgelahrheit eine Fa - cultaͤt und die Oratorie eine gelehrte diſciplin iſt:
    • Connexio II. und ich ietzo zum erſtenmahl in dieſer redner geſellſchaft reden ſoll, da-ich bißher mich im jure geuͤbet: Argumentum, in ſinuanis: ohn - geachtet meine bereitwilligkeit zu reden, vielleicht mein unvermoͤgen vetrathen moͤchte.
  • [P]ropoſit. conſeq. ſo habe mir fuͤrgenommen zu be - weiſen, daß jurisprudentz und Oratorie ſorg - faͤltig muͤſſen mit einander verknuͤpfet wer - den, und daß ein juriſte nothwendig ein ora - tor ſeyn muͤſſe.
    • Argumentum mouens: Fauor in iudice plus valet quam lex in codice, H. z. und ihre gewogenheit und geneigtes aufmercken wird zu behauptung meines fuͤrhabens das ſtaͤrckſte argument ſeyn.
Tracta -407von der diſpoſition uͤberhaupt.
  • Tractatio:
    • 1. Ponit definitionem eloquentiae. Nicht alles reden, nicht alles unnuͤtze ob wohl zier - liche reden, verdienet den nahmen der bered - ſamkeit ſondern das iſt beredſamkeit, wenn man eine geſchicklichkeit beſitzet: &c. jam ſequitur definitio. Und dazu fuͤhrt uns die Oratorie.
    • 2. Applicat definitionem:
    • 1. ad jurisprudentiam legislatoriam: Dieſe bered - ſamkeit nun iſt es, welche denen buͤrgern die mittel zu ibrer buͤrgerlichen wohlfar[t]h in heilſamen geſetzen fuͤrtraͤgt.
    • Illuſtrans I. Nero ließ ſeine geſetze gar zart ſchrei - ben, und hernach ſehr hoch anbeften, daß ſie nie - mand leſen konte, damit er deſto eher ſeine bur - ger ſtraffen moͤchte Eben ſo tyranniſch handelt ein regent welcher undeutliche, zweydeutige geſe - tze fuͤrtraͤgt, und nicht durch die Orototie ſeinen willen mit genauen worten ausdrucken lernet:
    • Illuſtrans II. Alexander M. Julius Caͤſarcet wuͤr - den nicht ſo gluͤcklich commandiret haben ohne beredſamkeit.
  • II. Ad Jurisprud. Conſultaioriam: Ohne dieſe be - redſamkeit iſt es nicht moͤglich daß ein Juriſt bey bofe ſeinem printzen und dem lande dienen kan.
    • Illuſtrans I. a ſimili. Ein freund der nicht reden kan, ſchaft uns wenig vergnuͤgen, und ein bof - mann der ſeine anſchlaͤge zu des landes beſten nicht fuͤrbringen kan, oder kauderwelſch fuͤrbrin - get der das maul nicht aufthut wann es die wohl farth des landes erfordert, und den printzen durch vernuͤnftige fuͤrſtellungen ſucht auf das zufuͤh - ren, welches ihm am zutraͤglichſten iſt, ein ſol - cher iſt ebenfalls nichts nutze.
    • Illuſtrans II. ab exemplo: Demoſthenes war de - nen Athenienſern mehr nutze als eine gantze ar - mee und Philipyus Macedo wolte nur die Ora - tores heraus haben.
C c 4III. 408von der diſpoſition uͤberhaupt.
  • III. Ad Jurisprud. Academicam: Was ſoll ich ſa - gen von denenienigen, welche das Recht auf Academien lebren und andern beybringen wollen? Gewiß wer da ſagen kan, daß die - ſen die Oratorie unnoͤthig der muß ſei - nen verſtand auf die wanderſchaft zu denen Malabaren geſchickt baben.
  • IIII. Ad Jurisprudentiam advocatoriam. Was kan nicht endlich die Oratorie einem advocaten dienen, da oͤfters auf einem worte die gantze ſache beruhet, da er mit clienten und richtern zu reden hat.
    • Illuſtrans: Cicero war ein groſſer Juriſte eben des - wegen weil er ein guter Orator war. Jn En - gelland, Franckreich, ꝛc. ſind das nur gute Juri - ſten welche gute redner ſind.
    • Obiectio: Wenn iemand meinet, daß ich zuviel be - haupten will, und mir fuͤrſtellet, daß viel advo - caten geweſen die keine Oratorie verſtanden und doch gut practiciren koͤnnen, und daß es ja einem advocaten nicht noͤthig ſey, eine ſuppli - que z. e. mit figuren und tropis zu ſchmuͤcken, ſo antworte ich und frage: Ob er denn daraus daß einsmahls ein ignorante gluͤcklich geweſen, ſchlieſſen wolle, es ſey gut ein ignorante ſeyn? und zeige ihm daß eine geſchmuͤckte Oratorie, daß iſt eine ſolche, die mit figuren redet, freylich nicht allen ſo gleich noͤthig ſey, aber wohl eine Oratorie. Ferner zeige ich, daß viel unfug dar - aus entſtanden, wann in judiciis leute gekom̃en, die confuſe, weitlaͤuftige, zweydeutige ſtilos ge - habt, dagegen die Oratorie ein ſicheres mittel iſt.
    • Concluſio: Jch glaube mein ſatz ſey bewieſen, und weiß daß ſie mir ſelbſt H. 3. noch argu - menta geben wuͤrden, wenn es darauf ankaͤ - me, daß ich weitlaͤuftig reden muͤſſe. Alſo will ich nur dieſes ſagen, daß ich mich gluͤcklichſchaͤ409von reden im gemeinen Lebenſchaͤtze in Dero geſellſchakt zu ſeyn, und werde mich dadurch geſchickt machen, in mir zu verbinden, was man Jurisprudentz und beredſamkeit nennet. ꝛc.

Das andere capitel, von reden im gemeinen leben und von briefen.

Jnhalt.

VOn reden im gemeinen leben uͤberhaupt, §. 1. Von complimenten und diſcourſen, §. 2. Von reden mit allerhand arten von leuten, §. 3. Von bit - ten, §. 4. Von danckſagen, §. 5. Von lehren, ra - then, vermahnen, §. 6. Von entſchuldigungen, §. 7. Von allerhand nachrichten, §. 8. Von wuͤnſchen, con - dolencen, und gratulationlbus, §. 9. Von allerhand andern reden, §. 10. Von briefen, §. 11. Derſelben invention, §. 12. Elocution, §. 13. Diſpoſition, §. 14. Von der titulatur, §. 15. Von der uͤberſchrift und unterſchrift, §. 16. Von der zuſammenlegung, verſtegelung und aufſchrift, §. 17.

§. 1.

WJr reden am allermeiſten im gemeinen leben, alſo brauchen wir dazu eine Oratorie am allernoͤthigſten, und ob man zwar wohl meinen ſolte, es gaͤbe ſich der - gleichen von ſelbſten, ſo finden ſich doch dabey ſo viele fehler, daß es nicht unnoͤthig, auch hie - von einige anmerckungen zu geben. Jch rechne aber hieher, alle dieienigen kurtzen reden, welche man im taͤglichen umgange, ohne groſſe vor - bereitung, von allerhand fuͤrfallenden materi -C c 5en,410von reden im gemeinen Leben. en, zur erhaltung ſeiner abſichten und vergnuͤ - gung der menſchlichen geſellſchaft fuͤrbringet. Die erfindung geben alle fuͤrfallende umſtaͤn - de der converſation, der ausdruck iſt nach dem ſtilo familiari, dialogiſtico, dem galanten, caͤ - rimonioſo, epiſtolari, curiaͤ, einzurichten, die diſpoſition iſt allezeit ie natuͤrlicher ie beſſer, und die connexio meiſt verbalis, wozu hier noch inſonderheit die accidentalis kommt.

§. 2. Sie koͤnnen eingetheilet werden in complimente, diſcurſe, und Briefe. Durch complimente werden kurtze, hoͤfliche, und ga - lante reden verſtanden, mit welchen man dem andern hauptſaͤchlich ſeine hochachtung und zu - neigung zu verſtehen giebt, damit man ſich und ihn vergnuͤgt machen moͤge. a)Diſcurſe ſind unterredungen, da einer mit andern ſeine gedancken conferiret entweder noͤthige geſchaͤf - te und nuͤtzliche ſachen auszumachen, oder die zeit zu verkuͤrtzen, dabey bißweilen compli - mente mit einflieſſen koͤnnen. b)Briefe ſind endlich wann man ſeine complimente, und was man in diſcurſe etwan ſagen koͤnte, zu papier bringet, und dem andern, weil er ab - weſend iſt, communiciret. c)

a)Siehe hiebey Kemmerichs Academie p. 1073. Talanders curioͤſes Hand - Buch und getreu - en Hofmeiſter, Menantes neueſte art boͤflich zu reden und zu leben, Herrn Langens E. z - O. II. p. 6. ſqq. Weiſens ſachen ꝛc. Man ſteh ſonſt leicht aus der beſchreibung der com - plimente, wie ich ſie gegeben, was man dabey fuͤr fehler zu vermeiden.
a)b) Hier411und von brieffen.
b)Hier fehlt es den leuten am meiſten, welche ſel - ten zu converſiren gelegenheit gehabt, aber noch mehr denen welche die grundregeln der beredſamkeit nicht inne haben. Man darf nur dencken, was man reden und wie man es fuͤr - bringen wolle, und bey dieſen beyden iſt keine regel der beredſamkeit aus den augen zu ſetzen, nur iſt es nicht noͤthig, daß man affe - ctire oder ſeine kuͤnſte mercken laſſe.
b)
c)Siehe den 11. §.
c)

§. 3. Die allermeiſte reflexion iſt auf den - ienigen zu machen, bey dem man ſeine worte anbringet, denn ſolcher iſt entweder hoͤher, oder geringer, oder unſeres gleichen, er ſtehet entweder im affect oder iſt ruhig, entweder hat er vorurtheile oder nicht. Hoͤhern bege - gnet man ehrer-bietig, nach dem caͤrimoniel und wohlſtand, mit wenig worten, aber die mit bedacht ausgeſprochen; ſeines gleichen begegnet man hoͤflich, galant; geringern freundlich und liebreich mit deutlichen, und ſich zu ihren umſtaͤnden ſchickenden worten. Wie man denen affecten und vorurtheilen zu begegnen, iſt zur gnuͤge aus obigen zu ſehen.

§. 4 Die materie dieſer reden, iſt ebe[n]fals zu beobachten, daß man die manieren, da - mit man ſelbige fuͤrtraͤgt, darnach einrichten koͤnne. Wann man iemand warum bittet, ſo iſt die groͤſte behutſamkeit dabey anzuwen - den, damit das unangenehme, welches dabey iſt, verſuͤſſet werde, dahin gehoͤren empfehlun - gen, einladungen und allerhand der gleichenkurtze412von reden im gemeinen Lebenkurtze reden, darinn man von dem andern ei - ne gnade oder gewogenheit oder dienſt ſich ausbittet.

Es iſt unnoͤthig, dieſes weiter auszufuͤhren, weil es gar leicht iſt, wofern nur was in die - ſem gantzen werck zum grund geleget iſt, ſorg - faͤltig nach den regeln der klugheit appliciret wird. Es iſt auch dasienige, was man bittet, nach dem 5ten cap. des andern theils zu erwe, gen.

§. 5. Bey dem danckſagen, iſt es ſchon nicht ſo ſchwer, die dazu gehoͤrigen manieren zu be - obachten, es ſchadet auch hier nicht, wann man ſchon ein wenig zu freygebig mit ſeinem dancke iſt. Man bezeuget dabey, wie man die erwieſene guͤte wohl erkenne, recht eſtimi - re, dagegen ſeine erkaͤnntlichkeit zeigen wolle.

§. 6. Einige reden ſind mit der neben - idee der hoheit und des anſehens verknuͤpfet als lehren, rathgeben, vermahnen, ſtraffen, war - nen, verweiß-geben, und dabey muß man entweder ſich ſehr extenuiren und demuͤthigen, oder ſeine begierde die man habe, dem andern zu dienen, hochheben, oder auch wohl zeigen, daß man mit auctoritaͤt nicht nur gravitaͤtiſch ſprechen, ſondern auch denen worten durch die that einen nachdruck geben koͤnne, alles nach beſchaffenheit deſſen mit dem, und darinn man zu thun hat, ia man thut auch wuͤnſche und ſeuftzer hinzu, wenn der affect, wo es noͤthig, groß wird.

§. 7. Man entſchuldiget ſich im gemeinenleben,413und von briefenleben, entweder wegen eines begangenen ver - ſehens, oder wegen etwas zukuͤnftigen, wel - ches dem andern vielleicht nicht angenehm ſeyn moͤchte, da man ihm etwas ab - ſchlaͤgt, ꝛc. Jn ienem fall erkennet man ſein ver - ſehen, macht es entweder kleiner oder groͤſſer, ſchuͤtzt entweder unwiſſenheit, oder uͤberei - lung, oder unmoͤglichkeit, oder wohl keine ur - ſach fuͤr, in dieſem beklagt man ſein unver - moͤgen, verhinderniſſe, ungluͤck, allerhand zufaͤlle, in beyden ſucht man das unangeneh - me durch bitten, verſprechen und wuͤnſchen zu verſuͤſſen.

§. 8. Man giebt allerhand nachrichten, warnungen, recommendations, bey allerhand faͤllen, wann man an einen orte ankommt, wieder geſund wird, fuͤr den andern zu ver - richten gehabt, ihn fuͤr boͤſen warnet, und das gute recommendiret, dabey die deutlichkeit und accurateſſe das beſte, auch ſonſt nach be - ſchaffenheit der umſtaͤnde viel klugheit und be - hutſamkeit zu gebrauchen.

§. 9. Man macht endlich allerhand wuͤnſche, trauer - und freudens-bezeugungen, ꝛc. bey welchen allen die kuͤrtze, die artigkeit der ge - dancken, die lebhafte fuͤrſtellung des affects, deutlich und nette, ohne affectation, nach den allgemeinen regeln der beredſamkeit der klug - heit und des wohlſtandes, geſchickt anzubrin - gen.

§. 10. Sonſt kommen noch allerhand an -dere414von reden im gemeinen Lebendere arten von reden im gemeinen leben fuͤr, als anwerbungs - viſit-bewillkommungs - ab - ſchieds - ſchertz-freundſchafts-haußwirths-re - den, ꝛc. Ja es erforderten die diſcurſe, in an - ſehung ihrer materialien, noch viele regeln, al - lein man mag ſie aus angefuͤhrten ſelbſt ler - nen einrichten, ſonſt wann ich mich auf eine voͤllige abhandelung derſelben einlaſſen, und ihre moralitaͤt, nebſt derſelben hiſtorie hin - zuthun wolte wuͤrde vielleicht ein foliante, mit leichterer muͤhe davon geſchrieben, als von andern geleſen werden.

  • Bey den diſcurſen heiſt es recht: Cantu dignoſcitur auis, das wuſte iener blinde, der die Dom - herren an dem diſcurs von ihrer koͤchin kannte - Daher der bekannte verß:Navita de ventis, de tauris narrat arator, Enumerat miles vulnera, paſtor oues, Nobilis at iuvenis, primae lanuginis annis, Rura ſua & cerui cornua, ſigna domus, Et lepores & aues, talos, chartaeque triumphos, Vina, theatra, tuas, bella puella! genas. &c. ()
  • Doch muß man einen unterſchied machen, unter einen der fuͤr ſich und der fuͤr andere lebt und re - det. Man kan auch wohl ſchlimmer und beſſer reden, als man denckt. ꝛc. Wolte man diſcurſe ſchreiben und geſpraͤche wuͤrde man den chara - cter der redenden zu beobachten und auszudru - cken haben und gute geſpraͤche leſen muͤſſen, S. Stollen I. IIII. 24. und oben P. II. cap. 3. § 25.

§. 11. Jch gehe alſo zu denen briefen, wel - che faſt mehr geſchicklichkeit erfodern, als alle andere arten von reden, denn auſſer dem, daß man die grund-regeln der beredſamkeit wohlinne415und von briefen. inne haben und anwenden muß, erfodern ſie auch eine beſondere natuͤrliche faͤhigkeit, und geſchwinde expedition, dazu eine fleißige - bung und erfahrung behuͤlfflich iſt.

  • S. Hrn. Hof-rath Langens E. z. O. II. 91. da man leicht die beſten regeln und exempel an - trift, Neukirch anweiſung zu Teutſchen briefen, Talanders, Menantes, Weiſens, Junckers, ꝛc. Kemmerich l. c. p. 1124. Hede - richs Philolog. Wiſſ. p. 585.

§. 12. Die erfindung iſt bey denen briefen ſehr leicht, denn die urſach, warum ich ſchrei - ben muß, und die gelegenheit zum ſchreiben, wird mein thema, oder die propoſition des briefes. Habe ich mehr propoſitiones, ſo muß ich die connexiones erfinden, oder ich kan auch dieſelben weglaſſen, und die propo - ſitiones bloß hinſetzen, wann ich an familiai - re freunde ſchreibe. Die ausfuͤhrung geſchicht kurtz, und deutlich in wenigen und gantz na - tuͤrlichen argumentis, ohne allen zwang und groſſe kunſt.

§. 13. Die ſchreib-art muß alſo ſo natuͤr - lich ſeyn, als wann man redete, dennoch fin - det auch, nach beſchaffenheit der ſache, der ar - gute ſtilus ſtatt. Und weil doch hier die worte geſchrieben werden, und nicht ſo leicht ver - ſchwinden, als in diſcurſen, ſo muß man auch in ſetzung derſelben etwas behutſam verfah - ren. Am gebraͤuchlichſten iſt hier alſo der ga - lante, caͤremonioͤſe familiaire ſtilus, welcher hier der ſtilus epiſtolaris heiſſet.

Siehe416von reden im gemeinen leben
  • Siehe oben P. II. cap. 3. §. 25. 26. 27. 28. Die Frantzoſen ſind hier billig zu ruͤhmen, man ſehe: Lettres choiſies des meilleurs & plus nouueaux auteurs Francois, traduites en Allemand, par Me - nantes. Hamburg 1709. 12. Ob wohl die uͤber - ſetzung nicht durchgaͤngig gleich gluͤcklich ge - rathen, ſo kan man doch in etwas daraus pro - fitiren.

§. 14. Die diſpoſition iſt ſehr leicht, man entwirft kurtz, erſtlich ſeine propoſitiones und argumenta, ſo natuͤrlich als es moͤglich, nach vorhergehendem capitel, ſetzt dazu eine for - mulam initialem,a) und finalem,b) arbei - tet hernach alles dieſes in einer guten conne - rion aus, und leget das concept bey ſeit, da - mit es aufgehoben ſey, zur eignen nachricht, bey allerhand faͤllen, ia es iſt wohl gethan, wann man alle ſeine briefe in ein beſonderes buch erſtlich ausarbeitet, und daraus abſchrei - bet, welches unglaublichen groſſen nutzen hat,

a)Z. e. Man excuſiret ſich wegen des briefes, ruͤhmt die geneigtheit des andern, ſeinen be - fehl, ſeine gnade, und bezieht ſich darauf, be - zeuget ſeine freude uͤber des andern wohlſeyn, wohlgewogenheit, wiederholt des andern brief, ruͤhmt ihn, oder wenn wir was auſſerordent - liches ſchreiben, machen wir einen kurtzen ent - wurf in generalioribus zum anfange, zweiffeln, ob wir ihm haͤtten ſchreiben ſollen, bitten ihn wohl den brief nicht zu leſen, wann er dieß oder ienes nicht vertragen koͤnne, vermuthen allerhand affecten bey ihm, erklaͤren unſere af - fecten bey verfertigung des briefes, unſere ſchuldigkeit, ſetzen eine maxime, die anfangs etwas dunckel, aber durch den brief erklaͤret wird, ꝛc.
a)b) Z. e.417und von briefen.
b)Z. e. Man offeriret ſeine dienſte, verſichert ihn aller danckbarkeit, liebe, veneration, ſchaͤtzt ſich gluͤcklich ſein diener zu ſeyn, bezeuget ſeine begierde nach antwort, ruͤhmt ſeine merite, ge - wogenheit ꝛc. Bittet ihn zu glauben, daß man ihm ergeben, um die erlaubniß ſich als ſeinen diener aufzufuͤhren. ꝛc. Aus der ſor - mula initiali muß der brief ſelbſt und aus dem brief die formula finalis zu flieſſen ſcheinen. Ex - empel hierzu zu geben iſt nicht noͤthig, es ſind ein paar oben P. II. cap. 2. §. 11. angefuͤhrt.
b)
c)Man connectiret durch formuln, durch ante - cedens und conſequens, durch theſin und hy - potheſin, durch einen ſyllogiſmum, durch die theile einer ordentlichen oration. Jm uͤbrigen mag man aus denen complimenten, und was ich davon vorhin angefuͤhret, hier wieder die application auf die materialien der briefe und andere umſtaͤnde derſelben machen.
c)

§. 15. Bey den reden im gemeinen leben iſt ſonſt mehr als iemahls auf die titulatur zu ſehen, fuͤrnemlich aber in brie[fen], ſelbige dependiret von dem wohlſtand, und dem ga - lanten gebrauch, und man geht dabey am ſi - cherſten, wenn man leute, die den eingefuͤhr - ten gebrauch wiſſen, zu rathe zieht, und die mittel-ſtraſſe behaͤlt, ſo daß man weder zu hoch noch zu niedrig ſteige.

  • Jch werde bey dem gebrauch dieſes buchs, die ti - tular vollkommen denen, die mich hoͤren, zu zeigen befliſſen ſeyn, andere moͤgen Heinrich Volcken von Wertheims Titular buch, das neu eroͤffnete Europaͤiſche Staats-Titular - buch, ſo Hr. Luͤnig heraus gegeben, und an - dere titulaturen und titel-buͤcher aufſchlagen. D dHier418von reden im gemeinen lebenHier wuͤrde es zu weitlaͤuftig ſeyn, ſolche auszufuͤhren. S. Stollen l. c.

§. 16. Bey den briefen iſt die uͤberſchrift und unterſchrift ſonderlich zu beobachten, wel - che im Lateiniſchen, im Teutſchen und Fran - tzoͤiſchen ſehr veraͤndert. Die Lateiniſchen kan man nach der alten art an ſeines gleichen und an geringere einrichten, an hoͤhere muß man den ſtilum curiaͤ, in den worten, und der manier zu ſchreiben behalten, doch geſtehe ich, daß ich den Lateiniſchen calender, wenn ich das datum der unterſchrift gegen uͤber ſetzen ſoll, niemahls gerne gebrauche. Bey dem Teutſchen und Frantzoͤiſchen, muß nur uͤber - und unterſchrift einander aͤhnlich ſeyn, und bey dieſer erſt der nahme des ſchreibers, und gegen uͤber der ort und die zeit zu ſtehen kom - men.

  • Etliche ſetzen auch das datum gleich oben an die ſpitze des briefes, zur rechten, und kan dieſes bey kaufmanns - wirthſchafts und Juriſtiſchen briefen paßiren, anderwerts ſchickt ſichs mei - nes beduͤnckens nicht ſo wohl.

§. 17. Letzlich leget man die briefe zuſam - men, verſiegelt ſie, und macht die aufſchrift darauf. Bey dem zuſammen legen muß man alle affectation vermeiden, und es iſt am be - ſten, couverte zu machen. Die beſiegelung geſchicht, wenn man den brief uͤber land ſchickt, mit einem wapen oder verzogenen nahmen, ſchickt man ihn aber nur von einem hauſe zum andern, kan es auch wohl mit ei - ner deviſe geſchehen. Wird der brief mit derpoſt419und von briefen. poſt geſchickt, macht man mehrentheils nur eine Frantzoͤiſche aufſchrift, welche den nah - men, (nicht aber den fuͤrnahmen) die aͤmter und bedienungen, (ohne bey-woͤrter und an - dere kennzeichen der anverwandſchaft und des affects) desjenigen, an dem er gerichtet, den ort, da der brief hin ſoll, und die addreſ - ſe ausdrucket, das uͤbrige iſt unnuͤtze: Wird er eingeſchlagen, kan man Teutſch oder La - teiniſch, den nahmen und fuͤrnahmen mit bey woͤrtern und elogiis, die aͤmter, den ort, ohne addreſſe und andere kleinigkeiten ſetzen. Welche kurtze regeln verhoffentlich nicht oh - ne nutzen und grund beobachtet werden, ohne daß man ſich um mehrere zu bemuͤhen haͤtte.

  • An hoͤhere ſchickt man die briefe lieber durch einen umſchlag, und wenn ſie beruͤhmt, ohne addreſſe. conf. Mr. Raͤdleins vollkommenen Frantzoͤi - ſchen ſprachmeiſter den andern theil, da er in der kurtzen anweiſung zum Frantzoͤiſchen brief - ſchreiben, gar artige anmerckungen gemacht.

Das dritte capitel, von allerhand ſchul - und politiſchen reden.

Jnhalt.

VOn ſolennen ſchul-reden, §. 1. Von gemeinen ſchul-reden, §. 2. Von ſchriftlichen ſchul reden, §. 3. Von allerhand buͤrgerlichen reden, §. 4. Von inſcriptionibus und lebens lauffen, §. 5. Von paren - tationibus, §. 6. Von Gluͤckwuͤnſchungs empfah - und bewillkommungs-reden, §. 7. Von vermaͤh -D d 2lungs -420von allerhand ſchul -lungs und gevatterſchafts reden, §. 8. Von huldi - gungs lehns-reichs-kreiß-land - und ſtifts tags reden, §. 9. Von reden in religions-regierungs-iuſtitz - und kammer-ſachen, §. 10. Von hof-ritter-ordens-ſtaats - kriegs geſandſchafts-reden, §. 11. Von condolentz - und trauer-reden, §. 12.

§. 1.

HChul - und politiſche reden erfodern et - was mehr vorrath und zubereitung, als die reden im gemeinen leben, am meiſten aber die ſolennen ſchul-reden, als, de - clamationes, oͤffentliche reden, gantze actus Oratorii, panegyrici, gedaͤchtnis-reden, inve - ctiv-reden, und dergleichen Jch wuͤſte bey allen dieſen nichts ſonderliches mehr zu erin - nern, als dieſes daß man hier, die gantze kraft ſeiner beredſamkeit, im erfinden, ausdru - cken, diſponiren, und ausarbeiten ſehen zu laſ - ſen ſchuldig ſey, denn was die materialia anbe - trift, ſo laſſen ſich ſolche theils aus der bloſſen benennung ſchlieſſen, theils nicht gar wohl de - terminiren.

§. 2. Gleichergeſtalt iſt bey denen gemei - nen ſchul-reden, als allocutionibus, proluſio - nibus, praͤlectionibus, und andern nichts be - ſonderes hier zu gedencken, und was man et - wan davon nuͤtzliches ſagen moͤchte, iſt entwe - der zu weitlaͤuftig, als daß es in die engen ſchrancken einer Rhetorick ſolte koͤnnen ver - faſſet werden, theils wuͤrde es vielleicht nicht nach dem geſchmack des leſers ſeyn, und duͤrfteich421und politiſchen reden. ich alſo fuͤr meine muͤhe wenig erkaͤnntlichkeit und gewogenheit zu hoffen haben.

  • Als ein exempel einer proluſion, will ich hier dieie - nige rede einruͤcken, welche ich bey eroͤfnung mei - ner redner-geſellſchaft 1723. den 19. Junii ge - halten.

Rede. von den eigenſchaften eines guten redners P. P.

Jndem ich die ehre habe, gegenwaͤrtige loͤb - liche redner-geſellſchaft, mit Dero geneigten wohlwollen, unter meiner anfuͤhrung zu eroͤf - nen: ſo erinnere mich billich desienigen end - zwecks, welchen ſie ihnen dabey ruͤhmlichſt fuͤrgeſetzet. Sie wollen nemlich durch oft wiederhohlte, vernuͤnftige uͤbung, als den ſi - cherſten weg zur vollkommenheit, ſcharfſinnige geſchickte, und artige redner werden. Sie ſind vollkommen uͤberzeuget, die rede mache uns zu menſchen, aber eine vernuͤnftige rede, zu ver - nuͤnftigen menſchen. Ein reiner und gleicher ſchlag der unruhe an einer wohlgemachten uhr, giebt unſerm gehoͤr, ſo fort zuerkennen, daß die feder alles in einer ordentlichen bewe - gung, von innen her treibe, und auch die zeiger daran die zeit genau bemercken: So glau - ben ſie, daß eine wohlgewoͤhnte und geuͤbte zunge, von einer guten ordnung der gedancken, und tugendhaften klugen auffuͤhrung zeuge. Da es ausgemacht iſt, daß gedencken, thun, und reden, eben ſo noͤthige und wichtige eigen -D d 3ſchaf -422von allerhand ſchul -ſchaften eines menſchen, als an einer uhr, feder, zeiger und unruhe ſind. Meine ſchuldigkeit erfo - dert, Dero auf meine faͤhigkeit geſetztẽ vertrau - en, mit bereitwilliger aufrichtigkeit zu bege - gnen, und mit ihnen dahin zu arbeiten, daß der fuͤrgeſetzte endzweck von ihnen leicht und ge - wiß erhalten werde. Da ſie nun anietzo eben deswegen gegenwaͤrtig, damit ich hiezu den anfang machen moͤge, ſo erlauben ſie mir daß ich ihnen zum voraus, das bild eines vollkom - menen redners, mit lebendigen farben in etwas entwerffe. Jch wuͤrde vergebens reden, wann ich das bild eines vollkommenen redners in ſol - cher bildung abſchildern wolte, daß er einem buͤrger aus der Platoniſchen republick aͤhnlich ſehe. Jch wuͤrde auch eben ſo ungeſchickt han - deln, wann ich ihn mit ſchwuͤlſtigen worten und hochtrabenden gedancken, ihnen fuͤrmahlete, als die albern mahler, welche da ſie der natur folgen ſolten, in ihren ſchildereyen, ſelbige hin - gegen verguͤlden und verſilbern, alſo will ich ſchlechterdings der natur nachgehen. Dieſe ruͤſtet einen redner mit der faͤhigkeit zu geden - cken, zu wollen, und zu reden aus, und alle die - ſe faͤhigkeiten der ſeele, kleidet ſie in einen menſchlichen coͤrper ein. Waͤre die bloſſe kraft, gedancken zu faſſen, hinlaͤnglich, einen redner zu machen, ſo waͤren alle menſchen red - ner, folglich waͤre die beredſamkeit keine kunſt, die man durch regeln und uͤbung erlernen muͤ - ſte, indem ſo gar die kinder in der wiegen, aufdie423und politiſchen reden. die weiſe, ſo groſſe redner waͤren, als Cicero pro roſtris. Demnach wird man dieſe faͤhig - keit zu gedencken, durch die regeln der vernunft - lehre zu beſſern und vernuͤnftig einzurichten urſach haben, wofern man in ſeiner bered - ſamkeit das gewaͤſch der alten weiber uͤber - treffen will. Denn ſo wenig die kinder tantzen lernen, ehe ſie gehen koͤñen, ſo wenig kanman ge - ſchickt reden, ehe man vernuͤnftig dencken geler - net. Vernuͤnftig gedencken, erfodert, daß man ordentlich wiſſen, artig erfinden, gruͤndlich ſchlieſſen koͤnne. Alles wiſſen, iſt nicht moͤg - lich, viel wiſſen iſt nicht allezeit nuͤtzlich, und ein mit vielen wiſſen angefuͤlltes gedaͤchtniß, iſt einem redner oͤfters ſo dienlich, als ein mit denen delicateſten ſpeiſen uͤberladener magen. Aber wiſſen, wovon man reden will, die grund-ſaͤtze derjenigen wiſſenſchaft inne haben, dahin der kern unſerer rede gehoͤret, iſt ſchlech - terdings noͤthig, und zwar in einer ſolchen ordnung, daß man auch wiſſe. wie und was man wiſſe. Artig erfinden, heiſt nicht gluͤck - lich ſeyn im erfinden. Midas, ein koͤnig in Phrygien, erhielte durch einen gluͤcks-fall groſſen reichthum, allein Apollo ſetzte ihm nichts deſto weniger eſels-ohren an. Hinge - gen Thales, erwirbt durch ſeine klugheit viel vermoͤgen, und behaͤlt doch dabey mit ver - groͤſſerten ruhm, den nahmen eines weiſen. Gewiß ein gluͤcklicher einfall, kan einem red - ner nicht ſchaden, aber wann ein redner ſichD d 4bloß424von allerhand ſchul -bloß mit gluͤcklichen einfaͤllen bereichern und begnuͤgen will, wird ſeine erfindungs-kraft zu einem tollhauſe oder wenigſtens zu einer comoͤdianten-kammer werden, da ſie ein wohl ausgeruͤſtetes zeughauß ſeyn ſollte. Alſo muß die beurtheilungs-kraft das beſte thun, dieſe ordnet und pruͤfet alles wiſſen, unterſuchet al - le erfindungen, und ſcheidet von den unnuͤtzen ſchlacken das aͤchte gold, das rechte weſen von den aberwitzigen traͤumen, und die brauchba - ren waffen des redners von denen larven. Dieſe beurtheilungs-kraft ruͤſtet einen redner aus mit der kunſt, ſeinen zuhoͤrern ins hertz zu ſehen, und ſich deſſelben zu bemeiſtern. Sie fuͤhret ihn durch die erfahrung auf die hiſtorie derer dinge, die um ihn ſind, und lehret ihn alles zu ſeinem nutzen anzuwenden. Wo - hin die gedancken gehen, dahin neiget ſich das hertz, und dieſes muß bey einem redner keine behauſung unreiner geiſter ſeyn, welche die wahrheit, als ein licht, das ihre augen blen - det, verabſcheuen, welche der tugend fall-ſtri - cke legen, welche ohne aufhoͤren als freche moͤrder in dem hertzen rennen, und ſelbiges mit tumult beziehen, nachdem ſie die geſetze der geſunden vernunft, der offenbahrung, und der buͤrgerlichen geſellſchaft, unter die fuͤſſe getreten. Es muß auch kein behaͤltniß eines ungeſchmackten waſſers ſeyn, welches aus mangel der bewegung ſtinckend worden. Son - dern es muß von ſolchen neigungen getrie -ben425und politiſchen reden. ben werden, die ſelbſt leben, die denen gedan - cken und worten geiſt und leben mittheilen, und doch ſich niemahls dem joch der geſunden vernunft entziehen. Kurtz ein redner muß mit lebhaften neigungen etwas wollen, doch nichts malhonnettes wollen, und ſich ſeiner neigungen als ein herr ſeiner unterthanen be - dienen. Dieſes iſt die innere beſchaffenheit eines vollkommenen redners, und wenn es mit dem inwendigen ſeine richtigkeit hat, ſo zeigen ſich nunmehro gedancken und regungen in auserleſenen worten. Viel worte ſind nicht allemahl ein zeichen eines guten iudicii, viel ſchoͤne worte wollen auch das werck nicht aus - machen, und eine rede, deren verfaſſer ſo viel gold und ſilber, diamanten, moſch, zibeth, ambra, purpur, perlen, muſcheln, geflammte ſaͤulen, ſinn - bilder einmiſchet, gleichet meh - rentheils einem bettlers-mantel, welcher die bloͤſſe des verſtandes dennoch nicht bedecken will. Aber ſachen, die das hertz ruͤhren, und ſich in denen worten kurtz uñ doch deutlich, rein - lich und doch ungezwungen, angenehm und doch in ihrem weſen fuͤrſtellen, ſind ein kenn - zeichen, wodurch ein redner ſich hauptſaͤchlich unterſcheidet. Er redet allezeit nach beſchaf - fenheit des vorhabenden obiecti und doch von ſchlechten ſachen niemahls niedertraͤchtig, von praͤchtigen dingen maieſtaͤtiſch, aber niemals aufgeblaſen, von geiſtlichen andaͤchtig, und doch nicht myſtiſch oder heuchleriſch. Er ſchwa -D d 5tzet426von allerhand ſchul -tzet einem armen unerfahrnen niemals von den ſchaͤtzen des groſſen Mogols etwas fuͤr. Erzehlet auch nicht dem frauenzimmer, was fuͤr geheimniſſe in der Metaphyſick verborgen. Sei - ne beredſamkeit laͤſt ſich in keine hoͤltzerne und ſteinerne machinen einſchlieſſen, ſondern zeiget ihre kraft uͤberall im menſchlichen leben, wo es nuͤtzlich und noͤthig iſt. Endlich ſtellet uns auch ſein leib, eine lebendige beredſamkeit vor augen. Alles redet an ihm, geſicht, augen, haͤnde, ſtellungen, alles redet mit der ſache. Bey traurigen dingen zeugen alle bewegun - gen ſeines leibes, von einer innerlichen betruͤb - niß, und bey froͤlichen dingen wird er gewiß nicht thraͤnen vergieſſen. Er beobachtet den wohlſtand, ohne daß er daraus einen abgott mache. Er redet mit hertzhaftigkeit, denn wer wie die ſchnecken, weder hertz noch zunge hat, ſchickt ſich zu keinem redner, allein ſeine freymuͤthigkeit iſt mit vieler ſittſamkeit gemaͤſ - ſiget. Er redet nicht wie des Alberti Magni ſtatue, welche bey ihren reden ſich nicht be - wegte, aber man darf ihn auch nicht fragen, wie viel ſchritte er peroriret. Capiſtranus, ein Paͤbſtiſcher knecht, welcher zu denen Creutz - zuͤgen durch ſeine predigten die leute bere - den ſollte, konte auch diejenigen, ſo ihn nicht hoͤreten, ſondern nur ſahen alſo ruͤhren, daß ſie bitterlich weineten. Gewiß aller geſchick - ten redner aͤuſſerliche ſtellung trift die her - tzen der zuhoͤrer. H. A. Dieſes iſt das bildeines427und politiſchen reden. eines vollkommenen redners, welches ich kurtz mit denen erſten linien fuͤrgezeichnet, wo iſt nun das weſen? waͤren bloſſe figuren, viele complimente, pedantiſche formulen, wortſpie - le, ſinn-bilder, ungeheure worte, und derglei - chen nichts-wuͤrdige kleinigkeiten, diejenigen kennzeichen, woran man vollkommene redner bemercken muͤſte, ſo wuͤrden wir viel redner haben. Ja, waͤre es nur eine unumgaͤngliche nothwendigkeit, daß die geſchicklichkeit regeln zu geben, allezeit einen vollkommenen redner bezeichnete, ſo getrauete ich mir leicht origina - lia von meiner gegebenen copie anzutreffen. So aber da dieſes nicht iſt, will ich ihnen ſelbſt zu beurtheilen uͤberlaſſen, ob ich das bild eines vollkommenen redners recht aus - gedruͤcket, oder ob wir ſelten ſo gluͤcklich das original davon zu finden. Jnzwiſchen hoffe, man werde mit der zeit, an ihnen ſelbſt viel - leicht originalia von meinem gemachten be - griffe autreffen. Und damit ſie erkennen, daß ich nicht ohne urſache hoffe, ſo will ich dieſen platz demjenigen einraͤumen, welcher aus ih - rer geſellſchaft zuerſt eine probe ſeiner bered - ſamkeit ablegen wird. Jch wuͤnſche, daß un - ſere loͤbliche redner-geſellſchaft, und alle mit - glieder derſelben, ihre uͤbungen zu unſer aller vergnuͤgen verrichten, und daß ihnen hernach insgeſammt, allezeit ſolche gelegenheiten zu reden vorfallen moͤgen, da ſie in gluͤckwuͤn - ſchungen ihre beredte zungen zu gebrauchen,urſach428von allerhand ſchul -urſach haben. Bin ich dero wohlgewogen - heit und guͤtigen vertrauen verſichert, ſo glau - be meine wenige faͤhigkeit und aufrichtige er - gebenheit Jhnen zu dienen vollkommen gut anzubringen.

§. 3. Fodern aber die muͤndlichen ſchulre - den groſſe application, ſo wollen gewiß die ſchriftlichen, mit nicht geringern fleiſſe ausge - arbeitet ſeyn, als dedicationes, diſputationes programmata, und buͤcher. Bey denen de - dicationibus, kommen auſſer denen regeln der beredſamkeit, und gelehrſamkeit, auch die regeln des wohlſtandes hauptſaͤchlich in be - trachtung, indem die hier begangenen fehler nicht ſo leicht verziehen werden. a)Bey denen diſputationibus, kommen geſchriebene ſachen und muͤndliche reden zugleich zum vorſchein, iene erfodern mehr gelehrſamkeit,b) dieſe mehr hoͤflichkeit,c) beyde eine vernuͤnftige an - wendung der geſamleten Philoſophiſchen und Oratoriſchen ſchaͤtze. Programmata werden vonſolchen leuten geſchrieben, zu deren lehrer ich mich nicht aufwerffe,d) und die buͤcher ſchrei - berey hat ſich wie die Leiptziger meſſe meinen wenigen urtheilen laͤngſt entzogen. e)

a)Bey einer in Jena 1718 den 8. Octobris ge - haltenen diſputation de neceſſaria ſtudii Philoſo - phici & Oratorii coniunctione wurde folgende dedication an Jhro durchl. dem Hertzog von Sachſen-Eiſenach gerichtet, welche ſtatt ei - nes exempels anzuſehen:Serenisſ429von politiſchen redenSerenisſimo Celſisſimoque Principi ae Domino Domino IOHANNi WILHELMO Saxoniae Iuliae Cliviae Montium Angariae Weſtphaliae Duci Thvringiae Landgravio Misniae Marchioni Hennebergiae Principali Dignitate Marcae Ravensbergae Comiti In Ravenstein Sayn Wittgenstain Dynastae Et reliqua Patriae Patri Optim〈…〉〈…〉 Pie Sapienti Iuste Clementi Pacifice Prudenti Muſarum Nutritori Eminenti Suarum Raro Inter Principes Exemplo Amori Principi Domino Suo Clementisſimo Levem huncce meditationis ſua〈…〉〈…〉 Foetum Humillimo ſubiecti animi Cultu Offert Praeſes. S[e]renisſime Clementisſime Princeps ()Magno430von allerhand ſchul -
MAgno quondam Alexandro, eximium veteris or - bis lumen Ariſtoteles, libros Rhetoricorum con - ſecrate, non crubuit. Tibi Serenisſime Prin - ceps, Alexandro, ſi dicamus quod res eſt, nec vere magna ſimulacris poſtponamus, longe maiori, in Ari - ſtotelis & philoſophorum ſubſelliis latitans & haerens, quod artem Rhetoricam concernit opuſculum, ad pe - des Tuos ſubmiſisſime deuolutus, offert. Quod, qui mi - rabuntur, neſcient forſan, quanto impetu feratur ani - mus, ſtudiis quantus quantus ſacratus atque immerſus, ut ipſi, ſe ſuaque devoveat, a quo animam ſtudiorum, pacem & tranquillitatem, in ſe deriuandam exiſt mat. Ini - quisſimum iudicaui, inter tot, qui Tibi Serenisſime Princeps, vitam, vitae tranquillitatem, tranquillitatis cauſſam, incrementa ſtudiorum, debent, inter tot vir - tutum Tuarum Celſisſimarum admiratores, inter tot, quos, dum vel unius amorem pluris habes, quam timorem millium, in ſtuporem Tanti Principis rapis, me ſolum ſilere, me quidem, qui & otium huic diſſertationi con - ſcribendae, prudentisſimo Tuo regimini tribuo. Acci - pe, eapropter, Serenisſime Princeps, clementisſime, quod offero, immo me totum. Sic leve & rude opu - fculum, eruditum videbitur, infelix auctor felix habe - bitur, & omne quod impoſterum mens litteris ſacrata molietur opus, Tuo ſub imperio halcyoniis gauiſa, Tibi Serenisſime Princeps acceptum referet. Faxit Sum̃us rerum humanarum arbiter, ut tamdiu nobis ſuper - ſtes vigeas, Tuae Serenisſimae Domus incrementa videas, natales proſperitatum Celſisſimarum perpetuo celebres, donec gratiarum ex aſſe fuerint defuncti debito, ſub - diti, bonarum artium cultores, & in his, tenuioris huius conaminis ()

Tibi Serenisſime Clementisſime Princeps Subiectisſimus humillimus auctor.

a)431und politiſchen reden
b)

Alſo kommt es dabey auf eine gelehrte diſpoſi - tion und ausarbeitung an, ich will zur diſpoſi - tion in folgenden exempel anleitung geben:

  • Diſpoſitio diſſertationis (ſecundum diſſertat. Dn. D. Pfaffii de praeiudiciis Theologic. ) de praeiudiciis circa Jus naturae.
  • Propoſ. 1. Exordii loco: argumenti difficultas.
  • 2. Definitio praeiudiciorum.
  • 3. Definitio Juris naturae.
  • 4. Concludendi principia.
  • 5. Origines praeiudiciorum.
  • 6. Philoſophiae ignorantia.
  • 7. Eiusdem cum Theologia confuſio.
  • 8. Affectuum dominium.
  • 9. Hiſtoriae litterariae ignorantia.
  • 10. Praeiudicia ipſa varii generis & praecipue
  • 11. Theologorum ex confuſione Script. Sacr.
  • 12. Ictorum ex conf. Juris ciuilis.
  • 13. Philoſophorum ex ſectis variis.
  • 14. Effectus. horum.
  • 15. Remedia falſa: ſcepticiſmus.
  • 16. Satyricum ſcribendi genus.
  • 17. Perſecutio.
  • 18. Praeiudicia opponere praeiudiciis.
  • 19. Vera media: Sincera meditatio Logica.
  • 20. Meditationum iuſta expresſio.
  • 21. Hiſtoriae literariae cognitio.
  • 22. Meditationum iuſta applicatio.
  • 23. Concluſionis loco.
  • Wenn zu dieſen ſaͤtzen allerhand argumenta, digreßiones, und allegata kommen, ſo wird ein groſſes werck daraus, und man hat ordent - lich verfahren.
b)
c)zu dieſer art reden, legeu die proceſſus diſputandi den grund, als Dannhaueri Hantſchii ideae boni diſputatoris, und die oben angefuͤhrten Philoſophien. Jch weiß aber nicht wie es bißweilen kommt, daß dienebſt432von allerhand ſchul -beſten theoretici die ſchlimſten practici ſind, und daß die Flagella diſputantium oͤfters die ſchlechteſten leute. Sie ſetzen ihnen keinen an - dern endzweck fuͤr, als den andern zu proſtitu - iren, und zu uͤberwinden, und daß ſie dieſes er - halten, ſetzen ſie ſich mit einer hoͤniſchen mine hin, und gehen des andern arbeit ungebeten, von anfang zu ende durch, ſagen davon mit vielen ingenieuſen und laͤcherlichen einfaͤllen, was ihnen gut deucht, ohne ein tuͤchtiges ar - gument zu formiren. Hingegen meint der an - dere, er muͤſſe wieder alle fuͤrſtellung recht be - halten, und freuet ſich wann er ſeinen gegner mit einer artigen tour abgekapt, und das letzte wort haben kan Beyde dencken an hoͤflichkeit am wenigſten, aber wie wuͤrden doch die audi - tores lachen koͤnnen, und fleißig zu ih[n]en kom - men, wenn ſie einander gar zu vernuͤnftig be - gegnen wolten? Man moͤchte auf viele diſpu - tationes folgendes appliciren: Lettres Galantes & Hiſtoriques Tom. VI. p. 109. I ai vu deux partis diſputer, De ia verite, ſans l entendre: Le public ſans y rien comprendre, Pour l’un ou l autre ſ enteter, Et de leur diſpute autentique, Qui ſ entend moins, plus on l explique I ai vu qu apres vn long debat, Apres replique ſur replique, La haine des partis etoit le reſultat. ()
c)
d)Folgendes mag zum exempel dienen, weil es zumahl eine ſchrift iſt, welche den guten ge - ſchmack in der Oratorie nicht wenig befoͤrdern kan:Der433und politiſchen reden.

Der in Leipzig ſtudirenden iugend eroͤfnet ſeine Collegia die von Trinitatis 1708. ſollen gehalten werden, D. Gottfried Lange, Maj. Princip. Colleg. Collegiatus.

JCh habe es vor noͤthig gehalten auf einem beſon - dern blate meine collegia zu melden, welche mit Gottes huͤlfe dieſen ſommer uͤber ſollen gehalten wer - den. Denn, weil wenig univerſitaͤten in Teutſchland ſeyn werden, welche an menge der leſenden Leipzig gleich kommen ſolten, ſo koͤnte es gar leicht geſche - hen, daß auch dieſes mahl unter dem hauffen, ſo vieler andern meine nachricht von collegiis verlohren gien - ge, oder die leſenden mit ſolcher aufmerckſamkeit ſich an die uͤbrigen und vielleicht beſſern zettul attachirten, daß meine ſchrift, die eine zeitlang allhier unbekannt worden iſt, von den wenigſten geſehen wuͤrde.

Mein abſehen aber iſt vornehmlich denienigen zu dienen, welche collegia Oratoria von mir verlanget ha - ben, wofern wir nur allerſeits einander recht verſtehen, und uns unter der Oratorie nichts anders einbilden, als was ſie eigentlich ſeyn, und von rechtswegen heiſ - ſen ſoll. Denn, gewiß, wer ſich in die verbluͤmten redens-arten verliebet, und in den gedancken ſtehet, er habe was gutes verrichtet, wenn niemand ohne ſeine ſteingen und creutze verſtehet, was in der obſcuren ſchrift verborgen iſt, wer ferner in exclamationibus und interrogationibus den anfang und das ende der Oratoriſchen kuͤnſte zu finden vermeinet, oder ſich damit am beſten zu helfen gedencket, wenn er das Franzoͤiſche Lexicon fein oft gebrauchen, und ſeine re - den den kleidern aͤhnlich machen kan, die aus vielen un -E eter -434von allerhand ſchul -terſchiedenen zeugen zuſammen geſetzet ſind, der duͤrf - te bey mir gar ſchlecht getroͤſtet werden.

Die zeiten ſind vorbey, da man der zukuͤnftigen vergeſſenheit zu gefallen fleißig war, und ſich uͤber einer ſache den kopf verderbte, welche nirgends an - ders als auf ſchulen bewundert wurde. Heut zu tage, da unter ſo vielen wiſſenſchaften nicht allein die uͤberfluͤßigen von den noͤthigen muͤſſen unterſchieden, ſondern auch dieſe letztern nach der rechten art erlernet werden, iſt alles in einem gantz andern ſtand gera - then, und ich doͤrfte bald ſagen, der gantze plunder, aus welchem ſonſt die Oratorie beſtehen ſolte, wird itzund nur als eine zugabe bey derſelben angehenckt, und auch dieſe zugabe iſt nichts anders als confect, welchen man ſehr maͤßig gebrauchen muß, wenn ſei - ne delicateſſe nicht zum eckel anlaß geben ſoll.

Wer meine einleitung zur Oratorie geleſen, wird wohl wiſſen, wie ich denen, die mich hoͤren und leſen wollen, zweyerley gerne beybringen moͤchte, nemlich ordnung und zierlichkeit Wenn eines von beyden fehlen ſolte, wiewohl keines fehlen muß, ſo koͤnte nach meinem urtheile das letzte am ehſten wegbleiben. Die - ſes aber wird von denen, die ſich in die figuren verwi - ckeln, umgekehret: Und alſo darf man ſich nicht wun - dern, warum etliche, die doch ſonſt alles wiſſen wollen / nicht allein ſelbſt bey verſaͤumung dieſes hoͤchſt-noͤthi - gen ſtudii in einer gantz loͤdlichen unwiſſenheit zu ſte - cken vermeinen, ſondern auch andern die federn aus den haͤnden reiſſen, wenn ſie dieſelben zu einer klugen und geſchickten art gewoͤhnen wollen.

Wiewohl, es iſt gar leicht zu errathen, was ihnen zu einem ſo ſchaͤdlichen unternehmen anlaß giebet. Pfle - get man von den Poeten zu ſagen, daß ſie nicht gemacht, ſondern gebohren werden, ſo laͤſt ſich ſolches gewiſſer maſſen auch auf die redner deuten. Wer ſich dabey zwingen will, der ſiehet nicht viel anders aus als ein unhoͤflicher, wenn er freundlich zu thun genoͤ - thiget wird, oder, wie ein frauenzimm er, welchesdenBas435und politiſchen reden. Bas ſingen, und ohne cadanz die inſtrumente ſpielen will. Wo nun eine ſo ungluͤckliche natur vollends mit einer uͤblen und ungegruͤndeten anweiſung verwirret wird, ſo ſoll dieſes hernach das beſte mittel ſeyn, wann man das gantze werck auf einmahl verachtet, und die allzuſchweren regeln vor unnuͤtzlich und uͤberfluͤßig ausgiebet.

Wer mit dieſer entſchuldigung nicht fortkommen kan, nimmt eine andere zu huͤlfe, und meinet, das naturel muͤſſe alles thun, mit ſtudiren und kuͤnſteln ſey hier wenig auszurichten, zumahl da man heut zu tage faſt an allen groſſen hoͤfen die leute am liebſten reden hoͤret, die nach der natuͤrlichen ordnung ohne allen zierrath ihre propoſitiones zu machen wiſſen. Doch ich habe in einem andern programmate auf dieſen einwurf ſehr weitlaͤuftig geantwortet, und mag mich dergeſtalt nicht ſelbſt allhier ausſchreiben Wem GOtt die gnade giebet, daß er ein wenig tief in die welt ſehen, und von der gelegenheit urtheilen kan, durch welche ſich die meiſten ſo hoch geſchwungen ha - ben, der wird bald mercken, daß ihnen die unver - gleichlichen reden nicht aus dem ermel gefallen ſind. Wer bey der erlangten vollkommenheit nicht mehr ſtudiret, muß ſolches doch thun, ehe er vollkom̃en wird, faſt eben auf den ſchlag, wie ein geſchickter ſchrei - ber ſich des lineals nicht mehr bedienet, ob er gleich ſeine zeilen ſchwerlich ſo gleiche machen wuͤrde, wo ihm daſſelbe gleich vom anfange ſeines fleiſſes haͤtte mangeln ſollen. Reden wir nicht alle weitlaͤuftig, ſo muͤſſen wir doch weitlaͤuftig ſchreiben, und mit der - gleichen ſaͤtzen, wie man ſie zu nennen pfleget, wird meiſtentheils der erſte grund zu unſerm gluͤcke geſetzet, welche dergeſtalt wohl verdienen, daß man ein wenig zeit auf dieſelben wendet. Zumahl, da der geſchrie - bene buchſtabe nicht bloß zum beweiſe deſſen, was aufs papier gebracht iſt, dienet, ſondern auch die geſchicklichkeit und ſchwaͤche eines menſchen eben ſoE e 2wohl436von allerhand ſchul -wohl als ſein diſcurs verrathen kan. Jm uͤbrigen iſt dieſes dabey die groͤſte kunſt, daß man keine kunſt mercken laͤſſet: Gleichwie dieſes die kluͤgſten ſchmeicheleyen ſind, welche gleichſam unter der ma - ſque eines ernſthaften und aufrichtigen geſichtes an - gebracht werden.

Hierbey aber kan ich ſelbſt nicht leugnen, wie un - ſere Oratorie dadurch gar ſchwer gemacht wird, weil man von allen dingen, welche dazu noͤthig ſind, ohn - moͤglich regeln geben kan. Denn wer will die Ca - ſus erzehlen, welche unzehlich ſind, und wenn ſolches auch geſchehen koͤnnte, was wuͤrde uns die ausar - beitung anderer leute helfen, da man immer was neues erfinden, und den beyfall der zuhoͤrer und le - ſer dadurch am meiſten verdienen muß, wenn etwas geredet oder geſchrieben wird, das ſie zuvor weder ge - hoͤret noch geſehen haben?

Weil ferner zum reden und ſchreiben, wie oben all - bereit geſaget worden, vornehmlich ordnung erfor - dert wird, die ordnung aber viel ſachen praͤſuppo - niret, welche ſie rangiren kan, ſo folget vors erſte, daß die Oratorie kein werck vor kinder, ſondern vor erwachſene und ſolche leute ſey, die nicht allein ihr judicium wohl zugebrauchen, ſondern auch aus den diſciplinen, vornehmlich aus der Moral und Hiſto - rie ihre beweißthuͤmer und amplificationes herzu - nehmen wiſſen: Es folget ferner, daß man ohne dieſe huͤlfs-mittel zwar die praͤcepta Oratoria aus - wendig lernen, aber deſſentwegen doch keine gelehr - te rede verfertigen koͤnne: Und drittens folget auch, daß die leute, welche noch gar nichts im kopfe ha - ben, nothwendig ungedultig werden, und davon lauffen muͤſſen, wenn ſie ſich in ſchreiben und reden uͤben ſollen.

Darzu koͤmmt noch, daß der ſtilus ſo ſehr unter - ſchieden, und dergeſtalt mancher, der doch ſonſt gute wiſſenſchaften hat, dennoch immer zweifelhaftig iſt,437und politiſchen reden. ob er mit einer hohen, mitteln, oder niedrigen ſchreib-art am meiſten ausrichten koͤnne. Es hilft etwas, wenn man hierbey auf die Facultaͤten ſie - het, und die bewegung der affecten nebſt allem, was darzu gehoͤret, einem Theologo mehr als einem Ju - riſten recommendiret, welcher letztere das meiſte lob verdienet, wenn er ſeine ſachen ſchlecht, deutlich und ordentlich vorſtellen kan: Es iſt auch nicht ohne, daß man auf das naturel und die uͤbrigen eigenſchaftẽ der redner ſelbſten verfallen muß, indem der ſtylus ſen - tentioſus einem menſchen, der ſeine ausſprache nach der geſchwinden poſt einzurichten pfleget, uͤbel an - ſtehen ſolte, andere hingegen, die einen gantzen tact bey iedweder ſylbe aushalten, den zuhoͤrern ſchreibe - tafeln in die haͤnde geben muͤſten, wofern ſie bey dem ende eines langen periodi das mittel und den anfang nicht vergeſſen ſolten: Es iſt ferner eine aus - gemachte ſache, daß man in einem panegyrico an - ders als in einem briefe ſchreiben, und die ſo genann - ten geſtudirten reden kuͤnſtlicher als kurtze Oratio - nes einrichten muͤſſe, welche nur complimente bedeu - ten, und ohne weitlaͤuftiges nachdencken von dem munde und aus der feder flieſſen ſollen: Gleichwie endlich niemand wird zu leugnen begehren, daß wir gar oͤfters nach dem goût ſolcher leute, die uͤber un - ſer gluͤcke zuͤ diſponiren haben, reden, und manche ſchlimme redens-art mit einmiſchen muͤſſen, weil ſie ihnen gefallen hat: Doch bey dieſem allen iſt mehr zu bedencken, als ſich mancher einbildet, und die erfahrung bezeuget es mit manchem traurigen exempel, wie bißweilen ein eintziger terminus, wel - cher unrecht angebracht, oder dem ſtylo curiaͤ zu - wider iſt, manchen redner zum ſpotte vieler hochge - ſchaͤtzten anweſenden dargeſtellet hat.

Was ſoll ich endlich von der Teutſchen ſprache an ſich ſelbſt ſagen, mit welcher wir heut zu tage un - ſere kuͤnſte meiſten theils zu marckte fuͤhren muͤſſen? E e 3Die438von allerhand ſchul -meiſten geſtehen wohl, daß ſie noͤthig ſey, aber ſehr wenig geben ſich die muͤhe dieſelbe zu erlernen. Weil es unſere mutter-ſprache heiſt, ſo wollen wir auch von den muͤttern alles begreiffen, was uns davon zu wiſſen noͤthig iſt. Rechtſchaffene leute, welche der jugend darinnen zu dienen gedencken, muͤſſen ſich veraͤchtlich tractiren laſſen, und die meiſten alten ſchul-monarchen finden alle ihre intereſſe dabey, daß ſie von der Teutſchen Oratorie nicht viel weſens ma - chen. Denn bey den gewoͤhnlichen Rhetoricken gie - bet es vielerley auswendig zu lernen, und wer nach dieſer art ſeine information einzurichten gedencket, kan gar leicht einen halben Julium Caͤſarem abge - ben, und zu gleicher zeit vor andere und ſich ſelbſt arbeiten: Da hingegen bey einer rechten anfuͤhrung in dieſem ſtudio gar wenig auf das auswendig ler - nen ankoͤmmt, ſondern bey nahe alles durch immer - waͤhrendes fragen und elaboriren muß ausgerichtet werden.

Als im vorigen ſeculo die Frantzoſen unter der direction des Cardinals Richelieu an efangen hatten ihre ſprache zu verbeſſern, ſo wolte man wie in an - dern, alſo auch in dieſem ſtuͤcke den auslaͤndern in Teutſchland nachgehen, und das werck am allereh - ſten durch geſellſchaften heben, darinnen ſich alle glieder einen beſondern nahmen geben und durch buͤcher-ſchreiben ihre landes-leute nach und nach zu der liebe ihrer eigenen ſprache gewoͤhnen ſolten. Wie nun hierbey das abſehen der durchlauchtigſten Stif - ter gar ſehr zu loben, auch der nutzen vielleicht in einem und dem andern ſtuͤcke zu erkennen war: So muſte man hingegen beklagen, daß etliche nicht zeit, andere, die ſich mit gewalt mit einmiſchen wol - ten, nicht capacite genug hatten das werck zu heben, die letztern aber, welche gar zu ſehr affectiren, und gleichſam einen ſchoͤppenſtuhl vor die Teutſchen woͤr - ter aufrichten wolten, denſelben mehr ſpott als nu -tzen439und politiſchen reden. tzen zuzuziehen vermochten, und dadurch alle gute intention auf einmahl uͤber den hauffen ſchmiſſen.

Daher geſchahe es auch, daß wir eher gute ver - ſe, als gute ungebundene reden in unſere ſprache hatten, und da man von rechtswegen durch die Ora - torie zur Poêſie haͤtte gelangen ſollen, ſo wieſen im gegentheile die zwey unvergleichliche maͤnner: Opitz und Hofmanswaldau den rednern die rechten wege, indem ſich faſt niemand, der nur ein wenig feuer hatte, enthalten konte ihre unvergieich[l]iſche ſchriften zu leſen, und denſelben wo nicht in verſen, doch zum wenigſten in der zierlichkeit ihrer ausrede nachzugehen.

Wenn wir nun behaupten wollen, daß nach ver - flieſſung einer ſo langen zeit alles nach und nach beſ - ſer und vollkommener bey derſelben worden ſey, ſo duͤrfen wir uns die einwuͤrfe, ſo in den vorherge - henden gemacht worden, nicht zur unzeit irre ma - chen laſſen. Denn die ſachen, von welchen man keine regeln geben kan, beſtehen in den curialien und ſind freylich an einem hofe anders als an dem an - dern. Doch mir deucht, wer nur in ſeinem funda - mente richtig iſt, der wird ſich hernach durch einige nachrichten gar leichte in das uͤbrige finden lernen. Wir koͤñen uns bey der kaufmannſchaft ein gleichniß vorſtellen. Da werden die gewoͤlber nicht nach ei - nerley facon angeleget, auch die buͤcher nicht nach einerley art gefuͤhret, und dennoch kan ſich einer, der was gruͤndliches davon begriffen hat, gar leicht in alles ſchicken

Was die noth mit den ſo genannten realien an - belanget, ohne welche bey dieſem ſtudio nicht wohl fortzukommen iſt, ſo will ich bey dieſer gelegenheit gantz offenhertzig meine gedancken davon eroͤfnen. Es iſt erſtlich ein ſchaͤdliches praͤjudicium, daß wir die realia nur allein in exemplis und teſtimoniis ſuchen, und wenn dieſe ſollen angebracht werden,E e 4zu440von allerhand ſchul -zu den collectaneis als unſerer eintzigen zuflucht ge - hen wollen. Denn ohngeachtet ich nicht zu leugnen begehre, daß man ſich allerdings mit denſelben in verfertigung einer rede treflich helfen, auch exempel und zeugniſſe anderer auctorum uͤberaus wohl anwen - den kan: So giebt es doch auſſer dieſen noch viel rea - lia von gleichnuͤſſen, contrariis, meditationibus, locis communibus ꝛc. Welche eben ſo gut, ja gewiſſer maſſen noch beſſer als die vorhergehenden ſind, weil ſie bloß von unſerm nachdencken herruͤhren, und dergeſtalt an ſtatt des weitlaͤuftigen buͤcher-krahms nur ein faͤhiges und geuͤbtes ingenium erfo - dern: Vors andre laſſen ſich alle reden und ſchrif - ten gar fuͤglich in zwey claſſen eintheilen, davon ich die eine gekuͤnſtelt, die andere ungekuͤnſtelt nen - nen koͤnte. Zu der erſten wird viel erfordert, aber ſie iſt auch die allernoͤthigſte nicht. Denn es geſchiehet gar ſelten, daß man auf der catheder gantze ſtun - den lang peroriret, und auſſer dieſem giebet es, wenn ich die eintzigen Parentationes ausnehme, heutiges tages ſehr wenig caſus, abſonderlich vor politicos bey welchen die collectanea unentbehrlich waͤren. Jhre gluͤckwuͤnſche, und condolenzen, ihre huldi - gungs antrits-landtags und andere reden gehoͤren in die claſſe, wo nichts gekuͤnſteltes gelitten wird, und wer ſich mit ſeinen allegatis aus dem Julio Caͤſa - re, Curtio, und andern dergleichen buͤchern gar zu breit dabey machen, auch zur unzeit philoſophiren wolte, duͤrffte den verhoften beyfall derer, die ihn hoͤren, wohl ſchwerlich erhalten.

So iſt endlich wegen des ſtyli dieſes wohl der ſi - cherſte rath, daß man ſo ſchreiben lernet, wie es der nutzen und die hergebrachte gewohnheit bey den can - tzeln und cantzeleyen haben will. Weil nun dieſe insgeſamt mit den hochtrabenden figurirten redens - arten ordentlicher weiſe nicht viel zu ſchaffen haben, ſo ſiehet auch ein iedweder gar leichte, worauf ſeinfleiß441und politiſchen redenfleiß in dieſem ſtuͤcke am allermeiſten muͤſſe gerichtet werden

Unterdeſſen, wie ich dieſes ihrer vielen zum troſte will geſchrieben haben, welche ſich das ſtudium Ora - torium gar zu ſchwer einbilden, und bey ihrem maſ - ſigen vorrathe der erudition bey nahe zweifeln wol - len, ob ſie auch mit einigen nutzen ein collegium da - ruͤber hoͤren koͤnten: So duͤrfen hingegen andere nicht meinen, als ob in meinen lectionibus nur das leichteſte ſolle beruͤhret, das andere hingegen auſſen gelaſſen werden. Sondern wie meine einleitung auf alles gerichtet, ein auditorium auch meiſtentheils mit vielerley leuten angefuͤllet iſt, die zwar einerley hoͤren, aber ſolches mit der zeit nicht auf einerley weiſe anzuwenden gedencken, ſo werde ich auch von anfange bis zum ende alles[durchgehen], die praxin mit erklaͤrung der regeln beſtaͤndig verbinden, und durch vielfache neue caſus ſonderlich denen dienen, die ſich entweder ſelbſt noch weiter uͤben, oder mit der zeit andre informiren wollen.

Niemand darf ſich dabey ſcheuen in gegenwart vieler andern ſeine elaborationes abzuleſen, wiewohl ſolches ohnedem iedweden zu ſeinen eigenen belie - ben anheim geſtellet wird. Denn, ich weiß mich gar wohl zu beſinnen, daß diejenigen oͤfters beym beſchluſſe eines collegii die beſten geweſen ſind, wel - che man beym anfange deſſelben vor die ſchlimſten halten muſte. Allenfals aber kan dieſer noth durch ein collegium privatißimum, dazu ich mich gleichfals offerire, abgeholfen werden. Wie ſich denn freylich wohl zu einem collegio welches bloß auf die praxin gerichtet iſt, kein allzu groſſer und unbekannter Nu - merns ſchicket.

Mit dieſer arbeit gedencke ich II. gar fuͤglich ein COLLEGIUM HISTORICUM zu verbinden. Denn die collectanea heben des werck bey den amplifi - cationibus alleine nicht, die meiſten titul muͤſſen inE e 5unſern442von allerhand ſchul -unſern kopfe ſtehen, und koͤnnen durch nichts beſſer als die hiſtorie in ordnung gebracht werden. Weil nun die neuſten exempel ohne zweifel die beſten ſind, weil man ſich dabey nicht befuͤrchten darf, daß in den gemeinen troͤſtern das meiſte davon ſchon werde ent - halten ſeyn, ſo iſt auch mein vorſatz nach einleitung des Herrn von Pufendorf die letztern zeiten mit al - len dazu gehoͤrigen genealogien fleißig durchzuge - hen. Vielleicht wird dieſes, wie ehmahls ſchon allhier geſchehen, ein collegium perpetuum, daß diejenigen, ſo es einmahl bezahlt, daſſelbe hernach mehr als einmahl hoͤren koͤnnen.

Man theilet ſonſt die hiſtorie in antiquam, mediam, und novam ein; Jch aber halte es vor noͤthig noch eine ſpeciem zu nennen, welche novisſima heiſſen muß, und in den zeitungen enthalten iſt. Wie ich aber durch zeitungen nicht allein die gewoͤhnlichen blaͤtter, ſo in Leipzig und andern orten zum drucke befoͤdert werden, ſondern vornehmlich die nachricht von den wichtigen affairen ſo zu Regenſpurg vor - gehen, verſtehe: Als wird wohl niemand zu leug - nen begehren, das dieſelben bey jungen leuten eine erklaͤrung hoͤchſtvon aoͤthen haben. Denn wer will mir ohne dieſelbe zum exempel ſagen, worinn die ſtreitigkeiten zwiſchen den aſſeſſoribus in ber Kaͤy - ſerlichen Cammer zu Wetzlar beſtehen, worauf ſich die ſo genannte Erbmaͤnner ſache in Muͤnſter gruͤnde, was es mit der introduction des Boͤhmiſchen Voti in das Churfl. collegium vor eine bewandtniß habe, warum die reichs-armee noch bis dato in keinen rechten ſtand komme? u. d. g. m. Jch hoffe der - geſtalt gar ein loͤbliches werck zu verrichten, wenn ich woͤchentlich zwey ſtunden zu dieſer arbeit ausſe - tze, und erſtlich denen zu gefallen, die nicht gerne viel leſen, aber doch etwas wiſſen wollen, die noͤ - thigſten ſachen, ſo in den Teutſchen und Frantzoͤi - ſchen nouvellen enthalten ſind, kuͤrtzlich referire, her -nach443und politiſchen redennach aber die memoriale ſo ohnlaͤngſt von mir zum drucke ſind befoͤdert worden, vor die hand nehme, und bey denſelben einen diſcurs formire, welcher et - was tieffer in den ſtaat und das jus publicum gehet.

Es iſt ohne dem zu beklagen, daß viel tauſend Teutſche, welche doch gelehrt heiſſen wollen, nicht einmahl wiſſen, wie es im Teutſchen reiche zugehet. Daher geſchiehet es anch, daß etliche in den geſell - ſchaften, wo man nicht beſtaͤndig von ihren hand - wercke redet, mit ziemlicher angſt ſtille ſchweigen, andre mit noch groͤſſer proſtitution reden und noch andre welche ſich doch durch dergleichen ſtudia am meiſten heben, und den weg zur rechten befoͤrde - rung bahnen ſolten, ihr unvermoͤgen meiſtentheils zu einer zeit erkennen und beklagen, da ihnen weiter nicht kan geholfen werden. Da nun ohne dem mein vorſatz iſt III. durch ein Collegium GRATUITUM den anfang in meinem leſen dieſes mahl zu machen, ſo wil ich den zuſtand des H. Roͤmiſchen reiches Teut - ſcher nation in ſeinen geſchichten, gewohnheiten und rechten, denen, die mich von 1. biß 2. uhr nachmit - tags hoͤren wollen, gruͤndlich und deutlich vorſtellen, und meine einleitung zum grunde legen, weil ſie der herr verleger, ob gleich die erſten zwey theile aller - erſt fertig ſind, auf mein erſuchen allbereit zu ver - kauffen gedencket. Und indem es ein collegium iſt, welches alle ſtudioſt von allen facultaͤten beſuchen und zu ihren nutzen anwenden koͤnnen, ſo hoffe ich wenig leere baͤncke zu behalten, obgleich dieſe ſtunde ſonſt ordentlicher weiſe mehr der ruhe als der arbeit beſtimmet iſt, und wil kuͤnftigen monrag g. g. als den 4. Jun. anfangen, auch bald darauf von den uͤbri - gen collegiis dazu IV. das MORALE uͤber Buddei ele - menta philoſophiæ moralis gehoͤret, die ſtunden mel - den.

GOtt laſſe dieſes vorhaben auf allen ſeiten geſe gnet ſeyn, und gebe, daß Leipzig, den ruhm, ſo[eſ]ins444von allerhand ſchul -in andern ſtuͤcken bey den entlegenſten nationen ver - dienet, auch vornehmlich wegen ſeiner univerſitaͤt zu allen zeiten behalte.

d)

Jch habe ſelbſt bey einer andern gelegenheit dergleichen kurtz in folgenden terminis entworf - fen, welches wegen anverwandſchaft der ma - terien, hier einzuruͤcken, kein bedencken trage: P. P.

Es iſt auſſer ſtreit und die erfahrung zehlet es bereits zu den veriaͤhrten dingen, daß ein Teutſcher mehr beliebung trage, auswaͤrtige huͤlſen zu benagen, als den kern der koſtbar - keiten, welche ihm ſein vaterland darbeut, zu ſchmecken. Wir muͤſſen ſelbſt geſtehen, daß wir ienem ſtern-ſeher zuvergleichen, welcher ſich durch die betrachtung des entfernten Ca - pricorni am himmel abhalten ließ, was in ſei - nem eignen hauſe vorgieng, in obacht zu neh - men. So iſt unſere auffuͤhrung beſchaffen in hundertfachen zufaͤllen, ſo iſt ſie ſonderlich in dem fleiß zeit und unkoſten, ſo wir auf ſpra - chen wenden. Wir bearbeiten uns mit er - ſtaunender muͤhe zu ergruͤnden, ob Cicero quoque oder coque geſprochen, ob die aͤlte - ſten Griechen oi wie ein i oder wie einen dop - pelt-lautenden buchſtaben ausgeredet. Wenn wir aber unſre gedancken, nur gegen unſere diener eroͤfnen ſollen, ſo begehen wir ſoviel fehler als man worte zehlet. Und haben wir ia durch fleißige leſung der Pſalmen und Evan - gelien oder in den kram-buden gelernet adiecti -uum445und politiſchen reden. uum und ſubſtantiuum zuſammen zuſetzen, ſo meinen wir nunmehro mit recht, meiſter der Teutſchen ſprache zu ſeyn. Fangen wir an unſere reden zu einem vernuͤnftigen und ange - nehmen gebrauch zu bereiten, ſo koͤnnen wir uns kaum halten, daß nicht aus unſerer bered - ſamkeit eine waͤſcherey, aus der reinlichkeit der rede eine unnuͤtze critik, aus der zierlichkeit der - ſelben, ein praͤchtiger, obwohl papierner bil - der-kram werden ſolte. Als ich dieſes uͤber - leget, habe ich beſchloſſen denen Herrn Com - militonibus von 10. biß 11. uhr mittwochs und ſonnabends meine grund-ſaͤtze einer vernuͤnf - tigen beredſamkeit mitzutheilen, und zu erklaͤ - ren, ob ich vielleicht, ſolte es auch etwas weni - ges ſeyn, zu Dero nutzen hierinn beytragen koͤnte. Kuͤnftigen ſonnabend werde den an - fang machen, und meine arbeit wird nichts be - lohnen als Dero gegenwart und beſtaͤndige gewogenheit.

c)Es wuͤrde eine artige arbeit werden, wann man die buͤcherſchreiberey, mit der Leipziger-meſſe voͤl - lig vergliche, man koͤnte bey den kleinen ſilber - buden, bey den groſſen drechsler-buden, bey den herumgehenden brill - und ſcheerenſchleiffern, bey den marcktſchreyern, ſeiltaͤntzern, poppen-ſpie - lern, comoͤdianten, bey denen ſo die meſſe beſu - chen, artige tertia comparationis finden.
c)

§. 4. Die andern politiſchen reden haben ſchon etwas mehrere freyheit, was die Orato - riſche form anbetrift, hingegen wollen ſie mit deſto groͤſſerer behutſamkeit, was anbetrift diecuria -446von allerhand ſchul -curialien, abgehandelt ſeyn. Sie kommen entweder am hofe oder in republicken vor, an beyden orten iſt eine beliebte kuͤrtze, nette ſcharf - ſinnige tour der gedancken, gute natuͤrliche ordnung, genaue beobachtung des redenden, hoͤrenden, und der umſtaͤnde, das angenehmſte und wichtigſte. Doch leiden unter ihnen die inſcriptiones, lebens-lauffe, und parentationes noch am meiſten putz.

§. 5. Die inſcriptiones ſind ſchriften, wel - che man verfertiget, daß ſie auf ſaͤulen triumph - bogen, ſtatuen, medaillen, grab-ſteine, und dergleichen, koͤnnen geſetzet werden, alſo ſolten ſie billich kurtz ſeyn, doch leidet auch dieſes ſeine ausnahme. Es ſind ihrer zweyerley, einmahl gemeine, hernach argute, iene halten kurtz die hiſtoriſche erzehlung deſſen, bey welcher gele - genheit ſie aufgerichtet worden, in ſich, dieſe aber ſind nach dem arguten ſtilo abzufaſſen, von dem obiecto darauf ſie verfertiget. a)Mit denen lebens-lauffen hat es was die verfaſſung betrift, faſt gleiche bewandnis, doch werden ſie nur auf verſtorbene und nach dem uͤblichen wohlſtand eingerichtet. b)

a)Siehe Hederich l. c. p. 609. und oben P. II. cap. 3. §. 11. Jch habe von einem guten freunde fol - gende communiciret bekommen, auf eine boͤſe ſieben:
a)
Wandersmann! ſteh und rechne! ſiebenmahl ſieben iſt 49. und das fatale ſtufen-jahrda447und politiſchen reden. da eine boͤſe ſieben auf denen ſtaffeln der wolluſt, in dieſes grab fiel, nachdem ſie allezeit die ſiebende zahl heilig gehalten. Sieben jahr war ſie ein kind und auch eine kuplerin; denn der mutter trug ſie die briefgen, holte die amanten, hielte das licht, ſtund ſchild wacht und half den vater kroͤnen. damit ſie lernete, was ſie ſieben jahr darauf verſtehen wolte, nehmlich vierzehen jahr alt eine alamode jungfer zu ſeyn. hier exercirte ſie ſich in dem was ſie ſieben jahr darauf ſeyn wolte, nehmlich mit experientz und geſchicklichkeit ein und zwantzig jahr alt eine hure. ſo meiſterlich daß ſie ſich zur ruhe und da ſie heyrathete ihren mann in unruh ſetzte, und wurde ſieben jahr darauf acht und zwantzig jahr eine hahnreh-macherin. Da ſie in der kunſt zu, und an ſchoͤnheit abnahm, zahlte ſie aus des mannes beutelwas448von allerhand ſchul -was ihr ſonſt bezahlet wurde, und wurde binnen ſieben jahren, fuͤnf und dreißig jahr, eine ſtipendiaten-halterin. Da der mann ſtarb, und mit ihm der erhalter, ohne welchen die ſtipendia mitten im ſtecken ins ſtecken geriethen, hielt ſie 42. jahr alt ihrer jungfer tochter, ſieben jahr das zahl-brett, und ward wieder was ſie zuvor geweſen, in ihrem alter ein kind und kuplerin, ſieben jahr darauf in dem 49. jahre, nachdem ſie mehr als ſiebenmahl ſieben und ſiebenzigmahl ſiebenmahl auf den ſtaffeln ihres lebens ihre ſeele zu falle gebracht, fiel ſie in ihrem ſtuffen-jahr mit dem in ſuͤnden gefallenen leibe in dieſes grab. Denn ſiebenmahl ſieben iſt neun und viertzig. Gehl denn nun haſtu die boͤſe ſieben ausgerechnet, vor welche du mehr als vor iene ſieben ſo aͤrger waren als er dich in acht zu nehmen!
b)Es iſt nicht wohlgethan, wann der lebens-lauf mit ſinnbildern ausgeputzet wird, gute medita - tiones ſchicken ſich hier beſſer, z e. dienet fol - gender welchen ich 1717. aufgeſetzet:
b)
Lebens -449und politiſchen reden.

Lebens-lauf, S. T. Herrn Otto Friedrich von Dießkau auf Lauer Eulau und Audigaſt ꝛc.

Gebohren werden, leben und ſterben, ſind dinge, in welchen alle ſterbliche einander gleich kommen, doch iſt nichts mehr, worinn man ei - nen von dem andern beſſer unterſcheiden koͤn - ne, als eben gebohren werden, leben, und ſter - ben. Wenn wir des nunmehro in die hoͤch - ſte ruhe eingegangen H. H. v. D. (tit. tot. ) hochadeliches herkommen, chriſtlich-gefuͤhrten lebens-wandel und hochſeeliges erblaſſen, an - ietzo mit hinzufuͤgen, werden dieienigen merck - mahle, womit der hoͤchſte durch die geburt ihn von andern unterſchieden, zum preiſe ſeiner allmaͤchtigen fuͤhrung herfuͤr ſcheinen: Die tugenden, womit der hochſ. den lauf ſeines ed - len lebens, fuͤr andern ausgezieret, werden ihm ſelbſt zum ſchuldigſten nachruhm, andern zu kluger nachfolge in das gemuͤthe ſtrahlen. Die letzte ſtunde, in welcher er den tauſch des zeitlichen mit dem ewigen getroffen, wird von ſeinem behertzten und ſtandhaften ſiege fuͤr an - dern uͤber die bitterkeit des todes zeugen und denen hochadel. hinterlaſſenen und betr eine nicht geringe ermunterung, die haͤupter aus dem trauren zu erheben, andern aber auf glei - che nachfahrt zu dencken, an die hand geben. Was alſo den eintritt in dieſe ſterblichkeit des nunmehro in die ſeel. unſterblichkeit getretenenF fhoch -450von allerhand ſchul -hochſeel. (tit. ) betrift, ſo hat das beruͤhmte Leipzig ihm zu ſeiner geburts-ſtadt, im iahr 1640. am 24. Novemb. dienẽ muͤſſen. Hier wird zugleich deſſen hochadelichen ſtam̃-hauſes muͤſ - ſen erwehnung gethan werden, ob es ſchon - berfluͤßig ſcheinen moͤchte, da daſſelbe bereits durch die laͤnge der iahre, zu eins von den aͤl - teſten, und durch die menge tugendhafter ah - nen, zu eines von den anſehnlichſten unter den hochadelichen haͤuſern dieſes landes gemacht, und alſo ſattſam ruͤhmlichſt bekannt worden. Jn demſelben zehlen ſich zu vaͤterlicher linie un - ſers hochſeel. verſtorbenen, ſein herr vater Hans v. D. (tit. tot. ) die frau mutter Maria Sophia von Rixleben, (tit. gentis) der herr groß-vater Otto v. D. (tit, tot. ) die[f]rau groß-mutter frau Eliſabeth v. Pflugin, ꝛc. der herr aͤlter-vater herr Hans v. D. ꝛc. die frau aͤlter-muter frau Catharina v. Pflu - gin, ꝛc. Zu der muͤtterlichen ſeite zehlen ſich, der herr groß-vater Georg Friedrich von Rix - leben, ꝛc. Die frau groß-mutter Fr. Agnes von Einſidel, ꝛc. Der herr aͤlter-vater Cor - nelius v. Rixleben, ꝛc. Die frau aͤlter-mut - ter Frau N. von Breitenbach, ꝛc. So hatte das abſtammen von fuͤrtreflichen ahnen, und das anſehen ſeiner hochadelichen eltern, ihn be - reits von vielen andern unterſchieden. Allein die leibliche geburt war nicht geſchickt, ihn von der gemeinſchaft unwiedergebohrner abzuſon - dern, und zu einem mitglied derienigen zu ma -chen,451und politiſchen reden. chen, welche da ſie den geiſtlichen adel haben, in der that den hoͤchſten adel beſitzen. Dannen - hero war die erſte ſorge ſeiner hochadelichen el - tern eine h. ſorge, ihn nemlich durch die h. tauffe aus dem unſeeligen ſtande, in die gemein - ſchaft der kinder Gottes zu verſetzen, zum denck - mahl deſſen wurde ihm der nahme Otto Frie - drich beygeleget. Wer den tugend-weg zu betreten angefangen, und ſich bereits unter die zahl der nachfolger Chriſti einſchreiben laſſen, braucht nichts ſo noͤthig, als eine gute erkaͤnnt - niß des rechten weges, und eine ſattſame un - terſcheidungs-kraft des wahren von dem fal - ſchen. Die hochadelichen eltern bemuͤhten ſich alſo alles ernſts, dieſe zarte pflantze zu ei - ner ſolchen vollkommenheit zu bringen, darinn ſie mit wachſenden iahren beſtaͤndig bleiben, und ſich von der unbeſtaͤndigkeit der eitlen ab - ſondern moͤchte. Doch kaum hatten ſie einen rechten anfang ihrer heiligen bemuͤhung ge - macht, als ein fruͤhzeitiger todt bereits darinn aufzuhoͤren, ihnen auferlegte. Denn die hoch - adeliche Frau mutter wechſelte das ewige mit dem zeitlichen, da ſie kaum ſechs iahr ihr theu - reſtesp pfand, mit einer mehr als muͤtterlichen vorſorge, gefuͤhret, und der Hr. vater folgete ihr zwey iahr hernach. Die zarte iugend unſers hochſeel. verſtorbenẽ herrn v. D. beweinete da - mahls das abſterben ſeiner ſo vielgeliebten el - tern mit kindlichen thraͤnen, wuͤrde aber, bey mehrern zuruͤckgelegten iahren, mit der zaͤrte -F f 2ſten452von allerhand ſchul -ſten empfindlichkeit, weit heftiger ſolches ge - than haben, wenn nicht die getreue vorſorge Carls v. D. (tit. tot. ) den durch doppelten trauer-fall erſchreckten hochſeel. in ſeine auf - ſicht genommen, und biß in das 18. iahr, in denen anfangs-gruͤnden der vernunft und ſchrift, auch anderer hochadel. wiſſenſchaften, haͤtte unterrichten laſſen. Denn hieſelbſt fand er dasienige, was ihm, durch den hintritt ſeiner hochſeeligen eltern, war entzogen worden. Hier legte er den grund zu demienigen, welches ei - nem nicht nur vom gebluͤte, ſondern auch gemuͤ - the edelgebohrnen zukommt, wozu ſeine hoch - adeliche eltern, nur den erſten ſtein beygetra - gen hatten, und nachdem der grund wohlgele - get, konte er ſicher darauf zu bauen ſuchen. Es iſt bekannt, das frembde laͤnder beſehen, vieles zu der vollkom̃enheit eines cavallieꝛs darreichen kan, allein nuralsdann wann man in ſeinem ei - genen vaterlande wohl und kluͤglich zu leben gelernet. Unſer hoch-ſeel. Herr v. D. hatte die regeln kluger auffuͤhrung zu hauſe wohl auszuuͤben gewuſt, deßwegen wurde auch ſein Herr vormund bewogen, ihn in die entfern - ten laͤnder zu ſchicken, um ſelbige auch an an - dern oͤrtern zu zeigen und vollkommen zu ma - chen. Er gieng alſo in die vereinigte Nieder - lande, beſahe ſelbige, und ſetzte ſich in Mathe - matiſchen wiſſenſchaften feſte, damit er von dar etwas nuͤtzliches zuruͤck braͤchte. Wie er denn auch darinn nachgehends, noch im alterſeine453und politiſchen reden. ſeine beluſtigung geſucht, und durch viele ver - fertigte riſſe, ſeine erkaͤnntniß in der bau - und befeſtigungs-kunſt, zur gnuͤge bewieſen. Jn Engelland hat er ſich zwar nur 4. monath aufgehalten, allein ſeine geſchicklichkeit konte durch die kuͤrtze der zeit nicht verhindert wer - den, auch daſelbſt die Engliſche ſprache wohl zu faſſen, welche er nachgehends in leſung der ſchoͤnſten Engliſchen buͤcher zu ſeinem vergnuͤ - gen angewendet, auch ſelbige wohl geredet. Von da begab er ſich nach Franckreich, all - wo er ſprache und uͤbungen, um welche allein andere dieſes reich beſuchen, ſehr wohl gefaſ - ſet, daß er beydes hernach im vaterlande ge - ſchickt anzubringen gewuſt. Nachdem er aber nun ſeinen ruͤhmlichſt-fuͤrgenommen zweck voͤllig erhalten, hat er ſich wieder nach hauſe verfuͤget, die vaͤterlichen guͤter in beſitz genommen, und ſolche in kurtzer zeit in weit beſſern ſtand geſetzet, als er ſie gefunden. Die - ſe aber mit tuͤchtigen beſitzern, ſich ſelbſt, mit, in ſeine fußſtapffen tretenden, erben zu verſorgen hat er ſich vermaͤhlet mit Fr. Urſulen v. Schi - ckau, ꝛc. Und ob er zwar nicht mehr, als eine Fꝛl. Tochter gezeuget, ſo iſt doch ſeine ehe nicht we - nig begluͤckt und vergnuͤgt geweſen. Dieſe hat er an den Hoch-wohlgebohrnen Herrn Joh. Adolph von Ponickau (tit. tot. ) vermaͤh - let, und auf dieſer ehe hat der vaͤterliche ſee - gen geruhet, daß man neun angenehme ehe - pfaͤnder aus ſelbiger geſehen, wovon 4. dem hrn. groß-vater vorangegangen in die ewig -F f 3keit,454von allerhand ſchul -keit, 5. aber noch am leben, als 4. herren ſoͤhne und eine fraͤulein tochter. Am meiſten haben wir urſach, der gottesfurcht des hoch - ſeel. bey ſeinem erblaßten coͤrper, uns zu erin - nern. Denn dieſe iſt eine ſo fruchtbare mut - ter, daß, wer dieſelbe beſitzet, zugleich fuͤr ei - nen beſitzer der uͤbrigen tugenden mit recht ge - halten wird. Sie leuchtete darinn herfuͤr, daß er mit der groͤſten ſorgfalt nicht nur oͤf - fentlich die verſammlung der glaͤubigen be - ſuchte, ſondern auch ſein gantzes hauß zu glei - chem eyfer anhielte. Die diener des Hoͤch - ſten hoͤrete er nicht nur alſo oͤffentlich mit nu - tzen, ſondern ſuchte auch in geheim, aus hertz - licher geneigtheit zu ihnen, mit ſelbigen um - zugehen, und aus dieſem umgange ſich zu er - bauen. Die fruͤchte davon waren eine ey - frige bemuͤhung, alles in dem nahmen goͤttli - cher maieſtaͤt anzufangen, und die ſeegen-rei - che hand derſelbigen, bezeugte mit erwuͤnſch - tem ausgange, worauf ſeine verrichtungen an - gefangen. Seine geſchicklichkeit war ein mittel, welches die gnade groſſer Herren der - maſſen auf ihn lenckte, daß ſie oͤfters geſuchet, ſich ſeiner klugen erfahrung, in allerhand com - mißionen, ia gar in hohen ehren-ſtellen zu des gemeinen beſten zu gebrauchen. Nun hat er zwar dieſe allezeit mit der groͤſten klugheit von ſich abgelehnet, allein in ienen um ſo viel mehr zu verſtehen gegeben, daß er zwar ent - ſchloſſen, in ſeinem ſtande GOtt und dem naͤchſten zu dienen, aber doch vermoͤgen undwillen,455und politiſchen reden. willen habe, auch oͤffentlich die wohlfahrth des gemeinen weſens zu befoͤrdern. Man hat dieſes auf denen allgemeinen land-taͤgen wahrgenommen, und um eben dieſer urſache willen, gar zeitig ihn zu einem hochanſehnli - chen mittglied des weitern, hernach des en - gern ausſchuſſes aufgenommen. Jn beyden wird man ihm, den ruhmwuͤrdigſten nahmen eines aufrichtigen patrioten, iederzeit beyle - gen. Die von hohen haͤuptern ihm aufge - tragenene verrichtungen ſind niemahls, ohne begluͤckter erhaltung des geſuchten endzwecks, von ihm zu ende gefuͤhret worden. Zu hauſe aber hat er ſich alſo gewieſen, daß haͤnde und vermoͤgen, fuͤr unrecht erworbenen gute ſtets verſchloſſen, arme, kirchen und ſchulen hinge - gen zu bereichern, allezeit eroͤfnet geweſen. Alſo beweinen nunmehro, ſein obwohl ſeeligſtes abſterben, nicht nur iene, ſondern fuͤrnehmlich ſeine unterthanen, welche bey ihm erwuͤnſchten rath und huͤlfe niemahls veꝛgebens geſuchet ha - ben. Wir wolten ein mehrers erzehlen, doch da der todt die wuͤrckliche fortſetzung eines ſo loͤblich gefuͤhrten wandels unterbrochen, mit nichten aber deſſelben glantz verloſchen, ſo ſind wir gleichfalls genoͤthiget, unſere erzehlung zu ſchlieſſen, und mit wenigen ſeines hochſee - ligen abſchieds zu gedencken. Jn ſeiner le - bens-zeit hat er die ſchmertzhafteſten kranckhei - ten uͤberſtanden, und iſt inſonderheit vom po - dagra ziemlich beunruhiget worden, doch iſt ietzo die todes-urſache maraſinus ſenilis cumF f 4cum456von allerhand ſchul -febri lenta geweſen, welche auch vermocht das band der ſeelen und des leibes zu trennen, am 14. februarii nachmittags um 4. uhr. Davon der Hoͤchſte, die zum ſterben, durch genieſſung des h. abendmahls und andaͤchti - ges gebet, wohl bereitete ſeele zu ſich gezogen, der erblaſte leichnam aber dem Hoch-adeli - chen begraͤbniß anvertrauet, nachdem beyde ſo lange beyſammen gewohnet, daß das leben unſers hoch-ſeel. O. F. v. D. auf 76. jahr, 2. monath, und 20. tage geſtiegen. Uns iſt bey ſeiner geburt, die erinnerung unſers vergan - genen eingangs zum irdiſchen leben; bey ſei - nem lob-wuͤrdigen lebens-wandel, eine fuͤr - ſtellung und unterſuchung unſeres eigenen ge - genwaͤrtigen weſens und wandels gegeben; und endlich bey ſeinem erblaſſen, ein blick in unſern zukuͤnftigen ſarg uͤbrig gelaſſen wor - den, dazu der HErr der heerſchaaren uns ſelbſt unſer hauß beſtellen helfe, auf daß wir die verklaͤrte ſeele des hochſeel. Herrn v. D. in iener frohen ewigkeit in der hand GOttes antreffen, und unſere leiber gleich dem ſeini - gen eine ſanfte ruhe in dem ſchooß der erden finden moͤgen.

§. 6. Parentationes ſind politiſche reden, welche man bey beerdigung eines verſtorbe - nen haͤlt, um denſelben bey denen zuhoͤrern in gutes andencken zu ſetzen, und denen leichen - begleitern zu dancken. a)Solche recht zu verfertigen, muß man zufoͤrderſt den lebens - lauf durchgehen, darnach das lob, die bedau -rung457und politiſchen redenrung, den troſt, und den danck an die leichen - begleiter, abmeſſen und einrichten,b) endlich entweder das thema naturale oder artificiale ordentlich diſponiren, ſo daß dieſes uͤberall auf den verſtorbenen wohl appliciret, und der an - fang mit einer guten meditation gemacht wer - de,c) und letzlich den ausdruck mit der aus - arbeitung nach den umſtaͤnden angenehm und artig einrichten, wozu die gegebenen regeln ſchon hinlaͤnglich.

a)Alſo iſt es bey parentationibus oder abdan - ckungen nicht darauf angeſehen, daß man bibliſ. ſpruͤche u. den Catechiſmum zum grunde legen, und ohne unterſcheid die wahrheit ſagen muͤſſen.
a)
b)Dieſe theile koͤnnen bald vermindert, bald ver - groͤſſert, bald verſetzt werden, nach beſchaffen - heit des obiecti, und ſolches recht zu erkennen, iſt die hiſtorie des verſtorbenen hoͤchſt-noͤthig.
b)
c)Von dem unterſchied der thematum ſ. oben P. I. cap. 1. Einige machen ſich eine ſchwierig - keit daraus, bey gar ſeltenen faͤllen, etwas ge - ſchicktes zu einer parentation zu erfinden, z. e. bey einem, der vor dem feind geblieben, im duell erſtochen, in der raſerey ſich zum fenſter heraus geſtuͤrtzt, auf der cantzel todt blieben, im waſſer erſoffen, im feuer verbrennet, vom donner er - ſchlagen ꝛc. allein dazu kan man nach oben ge - gebenen regeln am leichteſten gelangen. Hin - gegen bey denen faͤllen, da gantz nichts ſeltza - mes fuͤrkommt, welche in denen allgemeinen ideen ſtehen bleiben, da waͤre es, deucht mir, ſchwerer etwas beſonderes zu finden. Die me - ditation, damit man anfaͤngt, muß durch die gantze parentation ihre kraft erſtrecken, und ſonderlich der ſchluß mit derſelben artig ver - bunden werden, auch ſonſt artig verfaſſet ſeyn. Jch habe P. III. cap. 1. ſchon zur diſpoſition re -F f 5geln458von allerhand ſchul -geln gegeben, die auch bey parentationibus zu gebrauchen. Sonſt iſt man an die angefuͤhrte ordnung zu diſponiren, hier eben nicht ſo ſehr gebunden, und wenn man einige faͤhigkeit und aufgeweckten geiſt beſitzet, doch aber die regeln der beredſamkeit wohl inne hat, kan man auch wohl von danckſagen anfangen. Die ſchoͤnſte anweiſung zu dieſer art reden, iſt in Juſti Chriſtophori Boͤhmeri, Polit. & Eloqu. Prof. (iam Abbatis Loccumenſis) commentatione Acade - mica, de orationibus, parentalibus, anzutref - fen, ſo zu Helmſtaͤdt 1715. 4. heraus kommen, welcher auch 12 diſpoſitiones auf allerhand faͤlle beygefuͤget. Es ſind bey dieſen reden vie - le bekannt worden die theils groſſe ehre, theils nichts damit erworben, ich habe auch deren ſchon viel angefuͤhret, und werde noch einige unten §. 12. nennen. Selbſt habe ich 1723. dem ſeel. Hrn. M. Jmmanuel Muͤllern, im groſ - ſen montaͤglichen Prediger-Collegio, als ein mitglied deſſelben, in gegenwart Hrn. Lic. Je - nichen und anderer und derer ſaͤmtlichen glie - der beſagten Collegii folgender geſtalt paren - tiret:
c)
Magnifice, Hoch-Ehrwuͤrdiger, Hoch-Ehr - und Tugendtbelobte, Allerſeits hoͤchſt und hochgeſchaͤtzte An - weſende.

Die geburt ſtellet uns alle auf den ſchauplatz der unterwelt, das leben macht uns alle da - ſelbſt zu ſpielenden perſonen, aber die noth - wendigkeit zu ſterben, heiſſet uns alle beſchlieſ - ſen. Da uns nun geburt und leben etwasſinn -459von politiſchen redenſinnliches ſchencken, hingegen der todt uns al - les deſſen beraubet, ſo iſt es kein wunder daß der menſchlichen natur, nichts ſo erſchrecklich und unertraͤglich fuͤrkommt, als eben die nothwendigkeit zu ſterben. Jedoch wann man die ſache nach der wahrheit unterſuchet, ſo muß man geſtehen, daß eben dieſe noth - wendigkeit, mehr angenehmer, als fuͤrchter - lich ſeyn muͤſſe, und daß der todt, zumahl bey tugendhaften, mehr den nahmen einer geburt und des anfangs zum leben, als des todes und endlichen beſchluſſes unſerer jahre verdiene. Es iſt bekannt, daß die allerfuͤr - treflichſten artzeneyen, die allerkoſtbarſten din - ge, durch nichts anders gezeuget werden, als durch den todt. Die taͤgliche erfahrung leh - ret, daß leute, welche dem gemeinen weſen noch ſo fuͤrtreflich gedienet, welche ihrem ne - ben-menſchen noch ſo vernuͤnftig, chriſtlich, und aufrichtig begegnet, dennoch nicht ſon - derlich geachtet, beneidet, und bald auf dieſe bald auf eine andere weiſe verfolget werden. Kaum aber legen ſie ſich auf das ſterbe-bette, ſo faͤngt man an ſie zu bedauren, der neid zieht gantz beſchaͤmt zuruͤcke, und alle angeſtellte verfolgungen fallen auf ihre eigne anſtifter zuruͤck. Denn ſo lange ſie leben, ſind ihre verdienſte in etwas eingehuͤllet, welches in die aͤuſſerlichen ſinne foͤllet, und vielleicht mit vie - len ſinnlichen ſchwachheiten vermiſchet iſt. Nimmt aber der todt dieſe huͤlle hinweg, ſodringen460von allerhand ſchul -dringen allein die verdienſte, und beſondere gute eigenſchaften ſolcher leute, in das gemuth anderer, woſelbſt ſie etwas ihnen aͤhnliches ſuchen und finden, und auf die weiſe fangen tugendhafte erſt an zu leben wann ſie ſterben. Ach wie ſehnlich wuͤnſchet doch ein unſterbli - cher geiſt, daß ihm durch den todt die thuͤr zum leben moͤge aufgethan werden, wann er er - weget, wie viel tauſend verhaſte ungluͤcks faͤl - le, ihm den weg zur zeitlichen gluͤckſeeligkeit enge machen, und mit diſteln und dornen be - ſaͤen, wann er bedencket, wie ſo gar leicht auch das bereits eriagte kleinod zeitlicher gluͤck - ſeeligkeit, ihm aus den haͤnden koͤnne gewun - den werden Sie allerſeits H. und h. anwe - ſende wiſſen als chriſten, daß das ſterben nichts anders ſey, als ein gang zu der unſterblichkeit und daß wir eben deswegen daß verweßliche ablegen, damit wir das unverweßliche in der ſeeligen ewigkeit anziehen moͤgen, und alſo werden ſie mit mir einſtimmen, daß ein ſterbli - cher menſch durch den todt, zu einen glorwuͤr - digen, ſicherern, ia ewigen leben, wiederge - bohren werde. Dieſe gedancken habe bereits zu anderer zeit geheget, daß ich aber ſelbige ietzo in dero hochgeſchaͤtzten verſammlung er - oͤffne, dazu giebt mir dieienige pflicht gelegen - heit, welche uns anietzo befiehlet, zu guter - letzt, des hoch - und wohl-edlen hoch - und wohlgelahrten Herrn, Herrn Johann Jm - manuel Muͤllers der Philoſophie Magiſtri,und461und politiſchen reden. und der gottesgelahrtheit beflieſſenen, chriſt - liches und ruhmwuͤrdiges andencken, in einen leichenbegaͤngniſſe zu verehren. Jch habe an den ſeelig - verſtorbenen kein todtes, ſondern vielmehr ein lebendiges exempel, deſſen was ich zuvor angefuͤhret, daß nemlich der zeitliche todt kein todt, ſondern vielmehr eine geburt zu einem neuen leben zu nennen ſey. Wir wer - den hinfuͤhro an den ſeelig-verſtorbenen ge - dencken als an einem menſchen, welcher zwar durch die geburt von ehrlichen eltern ein ſterb - liches leben, aber durch den todt ein unſterb - liches erhalten. Wir erinnern uns deſſelben, als eines vernuͤnftigen menſchen, welcher ſich im leben ſo viel moͤglich, nunmehro aber durch das abſterben, vollkommen von der eitelkeit abgeſondert. Der ſich iederzeit, durch die erkaͤnntniß ſeiner ſchwachheit mehr vollkom - men gemacht, als daß er durch eine ſchwuͤlſti - ge fuͤrſtellung ſeiner verdienſte und praͤſumti - on von ſich ſelbſt ſich in ein thoͤricht nichts haͤtte verwandeln ſollen. Wir ſtehen bey ſeinem grabe als den ruhe-kaͤmmerlein eines chriſten, der hier in der zeit, mehr die nahrung fuͤr ſeine ſeele geſuchet, und ſeinen leib caſtey - et, als den alten adam gepfleget, und den neuen menſchen verſchmachten laſſen; eines chriſten, deſſen ſtiller und eingezogener gott - gelaſſener wandel ihn mehr unter die zahl der ſtillen im lande und gott angenehmen ſeelen verſetzet, als in den wirbel der ſchwaͤrmendenwelt -462von allerhand ſchul -welt-kinder hingeriſſen; eines chriſten, der hier den befleckten rock des fleiſches abgeleget, und an dieſen orte, nunmehro ſeine verweßli - che kleider verwahren laͤſſet, weil er bey der hochzeit des lammes in Chriſti blut und gerech - tigkeit bekleidet, ſich einſinden muͤſſen. Wir haben von ihm ein bild in unſerm gedaͤchtniß, als eines beflieſſenen der gottes-gelahrheit, welcher den kern der goͤttlichen weißheit, mehr in einer lebendigen ausuͤbung, als in einer - berſteigenden betrachtung, geſuchet. Wir verehren endlich ſein andencken, als eines Magiſtri der gelehrſamkeit, welcher es dahin gebracht, wohin wenig ſtudieꝛende gedencken, die allerwenigſten kommen, nemlich daß er mit dem geſamleten ſchatz aͤchter gelehrſamkeit, Gott, andern, und ihm ſelbſt dienen koͤnnen. Da wir wiſſen, daß er damit bereits maͤn - nern, welche unſere Philyrea, als theure lehrer hochhaͤlt, und ſeinem vaterlande gedienet, auch den buͤcher-ſchatz einer hochloͤblichen uni - verſitaͤt, zum theil beſorget. Alles dieſes hat man mehrentheils bey des ſeelig-verſtorbenen lebzeiten gewuſt, aber man hat es verſchwie - gen, da es theils die beſcheidenheit des wohl - ſeeligen nicht erlaubt haͤtte zu ſagen, theils, da man ſich ſelten muͤhe giebt, ein gegenwaͤrtiges gut, wegen dẽr aͤuſſern ſchale darunter es ſteckt, zu unterſuchen, biß man genoͤthiget wird, wenn der todt die aͤuſſern huͤlſen zubricht deſſen fuͤr - trefflichkeiten zu erkennen. Nunmehro da er erblaſſet, lebet nicht nur der unſterbliche geiſtin463und politiſchen reden. in der unbegreiflichen freude der ſeeligen e - wigkeit, ſondern es wird auch das andencken des wohlſeeligen herrn M. bey ihnen allerſeits h. und h. A. und bey denen die ihn kennen hinfuͤhro leben. Jedoch, es iſt dieſes anden - cken mit etwas unangenehmen verknuͤpfet, fuͤr dieienigen, welche dabey ſich erinneren, was ihnen entzogen. Es iſt durch ſein ab - ſterben, ein aufgehender ſtern ſeiner familie, verdunckelt. Die republick hat ein nuͤtzliches mitglied verlohren, welches derſelben vielleicht wichtigere fruͤchte in der ſtille gebracht haͤtte, als dieienigen, welche μεταπολλης φαντασιας unſere augen blenden, und doch wohl unwiſ - ſenheit und den unflat der laſter in guͤldenen oder chryſtallinen gefaͤſſen herum ſchleppen. Die zahl der zukuͤnftigen arbeiter in Chri - ſti weinberge, und unſere geiſtliche redner-ge - ſellſchaft, hat einen aus ihren mittel ein - gebuͤſſet. Demnach werden die bekuͤmmer - ten freunde, die betruͤbten angehoͤrigen, wer fromme und gelehrte leute recht zu ſchaͤ - tzen weiß, freylich den verluſt bedauren, wel - cher ſie durch den ſeeligen hintritt des herrn M getroffen hat, und ſie verlangen vielleicht lieber, ſelbigen zu ſehen, als an ihn zugeden - cken. Allein wie der magnet ſeine kraft ver - liert, wann er mit einem diamant verbunden, alſo glaube ich werde die ſehnſucht und das verlangen der betruͤbten leidtragenden, nach den wohlſeeligen, ſich ſtillen, mithin dieſes be -kla -464von allerhand ſchul -klagen ein ende nehmen, wann ſie erwegen, was fuͤr ein unſchaͤtzbares kleinod dem wohlſeeligen beygeleget worden. Die ſterne leiden keine verdunckelung, und dieſen ſtern, welcher ietzo den aͤuſſerlichen ſinnen nur entzogen worden, werden wir dermahleinſt in groͤſſerer klarheit ſehen, wann wir in ienem leben, wie auser - wehlte ſonnen leuchten. GOtt wird die ab - gefallene bluͤte, mit reiffen fruͤchten erſetzen. Der Herr des weinberges, wird es an treuen arbeitern nicht fehlen laſſen. An ſtatt daß der wohlſeelige, hier in unſerer geſellſchaft nur lallen lernen, von den guͤtern der unerſchoͤpfli - chen quelle alles reichthumes, wird er anietzo den fuͤrtreflichſten lob-redner derſelben voll - kommen fuͤrſtellen. Und wenn man auch den ſeelig verſtorbenen, aus der unſterblichkeit wieder zuruͤck rufte, wuͤrde man in der that wieder die regeln der wahren klugheit und freundſchaft handeln, denn man wuͤrde ihn aus den leben wieder in todt zuruͤck ziehen, und wieder ſterben heiſſen, man wuͤrde mehr auf ſeinen nutzen, als das vergnuͤgen des wohl - ſeeligen dencken. Alſo wollen wir vielmehr, dem unſterblichen geiſt, die gluͤckſeeligkeit des ewigen lebens goͤnnen. Wir wollen vielmehr ſein andencken bey uns ruhmwuͤrdig, als be - truͤbt ſeyn laſſen. Sein ſtilles weſen, ſeine demuth und was er gutes an ſich gehabt, ſoll uns zum exempel dienen und ſein uͤbergang in die unſterblichkeit der kuͤnftigen nachfolge er -innern.465und politiſchen redeninnern. So wird er dann zu bekraͤftigung deſſen, was ich anfaͤnglich behauptet, da er er - blaſſet, uns nicht als ein todter, ſondern le - bendiger im gedaͤchtniß bleiben. Dero aller - ſeits anſehnliche verſammlung h. u. h. anwe - ſende, ia dero hochgeneigte aufmerckſamkeit bezeuget, ich habe die wahrheit geredet, wann ich gemeint, der wohlſeelige herr M. M. ſey durch den todt zum leben wiedergebohren, und es muͤſſe vielmehr der todt, von tugend - haften zumahl, unter den nahmen einer neuen geburt, fuͤr etwas angenehmes, als bitteres gehalten werden. Da ſie nun zugleich ihre hochachtung hiebey, gegen den wohlſeeligen herrn M. und deſſen betruͤbte angehoͤrige hie - mit an den tag geleget, ſo ſind ihnen dieſelben fuͤr dieſes zeichen Dero gewogenheit, und ich fuͤr Dero guͤtigen beyfall unendlich verbunden. Sie und ich werden uns gluͤcklich ſchaͤtzen, weñ wir ihnen h. u. h. anw. die fruͤchte unſerer er - kaͤnntlichkeit, als wohlſchmeckend und ange - nehm, gluͤckwuͤnſchend und nicht als bittere ſchlehen uͤberlieffern koͤnnen. Jch verlaſſe dieſen ort, wann ich zuvor dem wohlſeeligen herrn M. zum lebendigen denckmahl, folgende grabſchrift beygefuͤget:

Herr Muͤller ließ den leib, und was man ſterb - lich heiſt,
Hier unter dieſen ſtein, in eine gruft verſen - cken,
G gUnd466von allerhand ſchul -
Und dieſes muſte ſeyn. Numehro lebt der geiſt;
Nachdem ihm nacht und todt, das licht des lebens ſchencken.

§. 7. Die beſchaffenheit der uͤbrigen reden, welche bey denen ſolennitaͤten des hofes und der republicken fuͤrkommen, lernet man am beſten aus denen exempeln, welche herr Luͤnig zuſammen getragen, unter dem titul: Groſſer herren, vornehmer miniſter, und anderer be - ruͤhmten maͤnner gehaltene reden. a)Ja eben dieſem fleißigen manne, haben in dieſem ſtuͤck, die Politici wann ſie Lateiniſch perori - ren,b) oder auch nur die ſprache des Teut - ſchen reichsc) verſtehen und lernen wollen, die groͤſte verbindlichkeit. Jn denen erwehn - ten reden findet man von gluͤckwuͤnſchungs - empfah-bewillkommungs-lob-reden, die exem - peld) Tom. I. Frieſens, Beichlings, Alvens - lebens, Bodenhauſens, Roſenhahns, Fuchs, Huldeberg, Leſts, Kuͤhleweins, Sittingers, Bernſteins, Kochens, von Baudiß, Tieffen - bachens, Salla, Fockhi, Senft von Pilſach, III. Seckendorfs, Gersdorfs, Nieſemeuſels, Schertzers, Borns, Rochaus, V. Ritters, einiger Frantzoſen (als des Flechier) Pohlen und Engellaͤnder, Noſtitzens, Oberlaͤnders, Fabricii, VII. Oxenſtirns, Pritii, Boͤhmers, Koͤnigsdorfs, Voigts, Riembergs, Schrey - vogels, Bergues, Schroͤers, Boͤttigers, Gundlings, Riemenſpergers, Haldens,Orths467und politiſchen reden. Orths, VIIII. Schlevogts, Ancillons, Kot - tulinsky, Liths, Riembergs, Huldenbergs, Schweinitzens, Jerins, Venedigers, Pauli, Schluͤtterns, Teckmanns, Hallmanns, XI. Flemmings, Canitzens, Unverfaͤhrts, Re - chenbergs, Menckens, Degenfelds, Peils, Alefelds, Becks, und anderer.

a)Leipzig 1719. 8. ſind 12. Tomi, da allezeit zwey in einen band gezogen und mit einem regiſter der reden verſehen.
a)
b)Wegen ſeiner geſammleten Orationum Proce - rum Europae corumdemque miniſtrorum ac le - gatorum. Lipſiae 1713. 8.
b)
c)Wegen des Reichs-Archivs, ſo mehr als zu bekannt.
c)
d)Kemmerich l. c. p. 1171. will hiezu regeln ge - hen.
d)

§. 8. Von vermaͤhlungs-geburts - und ge - vatterſchafts-reden trift man exempel an im Tom. I. II. von Stein, Frieſen, Schwerin, Perband, Leſt, Opel, Alvensleben, III. Ein - ſiedel, Kuͤhlewein, Huldeberg, Niemen, Treuer. V. Fabricii, Obernitz, VII. Hulde - berg, VIIII. Zeitzken, Cramm, Bredelo, XI. Flemmingen, Canitzen, und andern.

  • Hieher ſind auch die ſo genannten ſiroh-krantz-re - den zu ziehen, weiche nach vermaͤhlungen zum divertiſſement gehalten werden. Jch habe ſtatt eines exempels folgende beyfuͤgen wollen, daraus[l]eicht die beſchaffenheit ſolcher reden und der groſſe genie ihres verfaſſers abzunehmen.

Jndem es unſere ſchuldigkeit erfordert, der weyland (tit. tot.) Fraͤulein N. N. ihr letz -G g 2tes468von allerhand ſchul -tes ehren-gedaͤchtniß zu begehen, nachdem die - ſelbe ſich in verwichener nacht mit dem (tit. tot. ) herrn N. N. in eine ſcharffe rencontre einge - laſſen, und dabey ſo ungluͤcklich geweſen, daß ſie daß alleredelſte und koſtbahreſte was ſie ge - habt, eingebuͤſſet; So wird mir hoffentlich erlaubet ſeyn, meine wenige gedancken, ſo mir bey dieſer begebenheit beygefallen in etwas zu eroͤfnen. Sonder allen zweiffel hat wohl nichts anders, als die liebe dieſen unſchaͤtzba - ren und unerſetzlichen verluſt verurſachet, da - bey iſt mir eingefallen, ob nicht die liebe mit dem kriege vollkommen veꝛglichen werden koͤn - te. Wann uͤberhaupt der krieg mehr erfah - rung als wiſſenſchaft erfordert, ſo bin ich vor - aus verſichert, daß beyde verliebte dieſe nacht mehr empfindung werden gehabt haben, als ſie uns erzehlen wollen. Will der krieg mit groſſer application gefuͤhrt ſeyn, und erfordern inſonderheit die belagerungen ſehr groſſe bemuͤ - hung, hilf himmel wie ſauer wird es unſerm neuen paar worden ſeyn, er geſtehe mir nur offenhertzig neuer herr ehemann mit was gro - ſer muͤhe er approchiret hat, bis er die trenche - en, eroͤffnen koͤnnen, wie vielmahl er avan - ciret iſt, und wie vielmahl er repousſiret wor - den, auch man ihn zugeruffen, runde vorbey. Es iſt aus denen geſchichten des vorigen ſeculi bekannt, daß in dem Niederlaͤndiſch. kriege die Spanier den tapfern Naßauiſchen Printzen Mauritium ſpott weiſe den A. B. C. ſchuͤtzengenen -469und politiſchen redengenennet, nachdem er ihnen aber nach der zeit eine feſtung nach der andern eingenommen, ließ er ihnen wieder zum poſſen das a. b. c. auf ſeine ſtuͤcke gießen, und fragte wie ihnen dieſes gefiele? Unſere neue junge frau wird ausder erfahrung am beſten zu ſagen wiſſen, ob ſie dergleichen A. B. C. ſchuͤtzen in der liebe vor ſich gehabt, oder ob ſie chamade geſchlagen und capituliret habe. Man ſolte zwar ver - muthen, wir wollen es ihr auch zu trauen, ſie werde das ihr ſo theuere anvertraute kleinod aufs euſſerſte defendiret haben, ja ſich erinnert haben, daß ſie eines braven Generals toch - ter und eines groſſen Capitains niece ſey, und aus einem hochberuͤhmten geſchlechte herge - kommen, welches ſich jederzeit vor andern durch tapfere actiones diſtinguiret, und ſeinen feinden nur einen ſchritt zu weichen, niemahls gewohnt geweſen, allein was thut die liebe nicht, und ſie wird auch ihres orts nunmeh - ro bekennen muͤſſen, was der groſſe koͤnig Guſt: Adolphus von ſich zu ſagen pflegte, daß ſie eine eiſerne ſeele in einen glaͤſernen und alſo zerbrechlichen leibe getragen hat. Jſt ferner bey dem krieg groſſe gefahr auszuſtehen, ſo wird auch dieſes neue paar uns ſo viel davon vorzuſagen wiſſen, daß man ihnen wohl zu - ruffen moͤchte: Dulce bellum in expertis Entweder er hat roſen brechen wollen, ſo iſt er ſonder zweiffel geſtochen worden, oderG g 3er470von allerhand ſchul -er hat ſich als einen liebhaber der inſtrumental muſic aufgefuͤhrt, ſo wird er entweder was vor ſich gefunden haben, das gleich einen thon und geſchrey ſo bald man es anruͤhret, giebet, und beyde werden ihm dieſe lection geben: Noli metangere. Sie aber die neue frau welche etwas verlohren, das ſie niemahls wieder bekommen wird, kan nunmehro mit recht einem glaſe verglichen werden, daruͤber jener die bedencklichen worte ſchrie - be: Dum tangitur frangitur Dum con - cipit concidit Dum generat degenerat. Jedoch es iſt nunmehro geſchehen, und gleich wie der krieg einer beſtaͤndigen abwechſelung des gluͤcks unterworffen iſt, alſo hat ſich auch bey ihnen eine ſolche veraͤnderung zu ge - tragen die mit nichts in der welt erſetzt werden kan: Sollen wir dieſen verluſt nicht ſchmertz - lich beklagen, doch Rerum irreparabilium felix oblivio, gluͤckſeelig iſt, der da vergiſt, was nun nicht mehr zu aͤndern iſt. Wir wollen vielmehr die entſeelte von der wahl - ſtadt zu ihrer ruhe bringen, und uns dabey der eitelkeit, nichtigkeit und vergaͤnglichkeit aller ding, ewelche mehrentheils in der menſch - lichen einbildung beſtehen, erinnern, dem hei - ligen vater in Rom ſeine bey der kroͤnung ge - woͤhnliche aſche abborgen, dieſelbe auf dieſe iungferſchaft ſtreuen, und auf ihr grabmahlſetzen:471und politiſchen redenſetzen: Sic transit gloria mundi. Wir wollen uns aber auch damit troͤſten, daß wir zwar geſtern ein fraͤulein verlohren, aber heute eine junge frau wieder gefunden haben, und daß aus dieſer aſche ein neuer phoͤnix auf ſtehen, und ſie jenem gewaͤch - ſe in Weſt-Jndien gleich ſeyn werden, welches nach untergangener ſonne die ſchoͤnſten bluͤten hervor zu bringen pfleget: Wie dann vor ei - ner halben ſtunde unſerm groſſen Capitain das gluͤck wiederfahren, daß er zugleicher zeit hochzeit und kindtauffe machen kan, worauf man appliciren moͤchte: Unius corruptio eſt alterius generatio. Wo eine iungfer - ſchaft vergeht, bald eine neue auferſteht.

Nicht ohne beſondere verwunderung habe ich verwichene nacht wahr genommen, daß eben zu der zeit, da vermuthlich das treffen am hitzigſten geweſen, ein groſſer ſturm entſtanden, welcher aber ſo fort mit einem ſanften und fruchtbaren regen begleitet worden, zu einer gluͤckſeeligen vorbedeutung daß unſer ne ues paar mit vollen und favorablen wind ihre ſeegel ſtreichen, in den hafen der gluͤckſeelig - keit einlauffen, und mit fruchtbaren re - gen befeuchtet werden ſoll, welches dann der guͤtige himmel nebſt 1000. andern ihnen an - gewuͤnſchten gluͤckſeeligkeiten erfuͤllen wolle. G g 4Nur472von allerhand ſchul -nur rathe ich, mein lieber junger Hr. ehemann wolle ſich zwar nicht auf einmahl aus den oden fechten, dabey aber wohl erinnern, daß er in ſeinem wapen eine gerſten-aͤhre fuͤhre, welche wann ſie gut wachſen und hervor kaͤumen ſoll, das erdreich fleißig und wohl nicht aber nur quatember-weiſe beduͤnget und beſtellet wer - den muß. Denen theureſten eltern von beyden theilen, wuͤnſchen wir, daß ſie vor dieſe liebe kinder und kindes-kinder viel alte thaler ſam̃ - len moͤgen, woraus ſie aus der erfahrung ſelbſt die worte ſagen koͤnnen: Wohl dem, der freude an ſeinen kindern erlebet. Unſern groſſen N. aber, qui nobis hæc otia fecit, ſagen wir davor gehorſamſten danck, und weil wir ſeine gewoͤhnliche und natuͤrli - che neigung mehr als zu wohl kennen, ver - moͤge derſelben er zwar groſſe dinge verrich - tet, deßwegen aber nicht gelobet ſeyn will, ſo will ich meinen wunſch kuͤrtzlich dahin con - centriren, daß gleichwie ehemahls einer von ſeinen anherren wegen ſeiner groſſen merite das licht von N. genennet wurde, alſo auch er das licht von N. mit wohl verdientem recht noch lange jahre bleiben, und dadurch ſein nahme und preißwuͤrdiges gedaͤchtniß bey uns verewiget werden moͤge. Jhnen allerſeits ſchoͤnen begleiterinnen, ſoll ich zwar im nah - men des neuen paares fuͤr dieſen letzten liebes - und ehren-dienſt gehorſamſten danck abſtat -ten,473und politiſchen reden. ten, darbey aber auch wohl meinend nicht verhalten, daß ſie nebſt mir ihren ietzigen zu - ſtand recht hertzlich beklagen, denn ob ſie wohl ſcheinen, dieſe niedergelegte unſchuld heimlich zu belachen, ſo koͤnnen ſie doch verſichert ſeyn, daß ihnen vielleicht gar bald ein gleiches be - gegnen werde. Jch nehme mir dahero die freyheit ihnen zu wuͤnſchen, das ihre bereits angegangene innerliche kriege, bald in eine dergeſtaltige offenbare flamme ausbrechen moͤgen, daß ſie zu der ihnen ſo hoch benoͤ - thigten ruhe gelangen koͤnnen. Ja wollen ſie mir nicht trauen, ſo belieben ſie ſich nur der worte zu erinnern, die ſie ſeit einigen jahren ſo fleißig geſungen haben:

Les fleurs de ce jardin ſont belles,
mais elles ne durent pas long tems.
Beautes vous paſſeres comme elles
Profitez de votre printems.

Ehe ich aber noch dieſe ſtelle verlaſſe, muß ich zum wohl verdienten nach-ruhm, und nach wohl-hergebrachter gewohnheit unſerer wer - theſten Fraͤulein N. noch dieſe grab-ſchrift ſtellen:

Hier muß ich armes ding in meiner un - ſchuld ſterben,
Die jugend konte mich nicht retten vom verderben,
G g 5Jch474von allerhand ſchul -
Jch war und bin nicht mehr, ſeht was die liebe kan,
Folgt ſchweſtern, mir bald nach: mir hat
  • es wohl
  • ach wohl
  • ſehr wohl
gethan.

§. 9. Huldigungs-Reichs-Kriegs-Land - Stifts-tags-reden ſind daſelbſt Tom. I. II. von Koͤnigen, Kochen, Jena, Schwerin, Bick, Seyffarthen, Fuchs, Schulenburg, Schardio, Cortreio, Muͤnchhauſen, Sy - dow, Born, Jacobi, Faͤrbern, Schleinitz, Bodenhauſen, Gersdorf, Hoͤrnigk, Haͤberl, Metternich, Martini, Schauern, Wallen - ſtein, Limbach, Oberg, Huldeberg, Calen - berg, Ahlemann, Boſen, Senfts, Schoͤn - berg, Kuͤhlewein, Alvensleben, Schmids, III. Leſt, Stegern, Gersdorf, Bergern, Pfautzen, Rotenburg, Zech, Ahlemann, Jmhof, Reventlau, Mylio, Troyer, Schra - der, Einſiedel, Windiſchgraͤtz, Meer, Loͤ - wenſtein, Stratemann, Bucelini, V. Eini - gen Frantzoſen, Engellaͤndern und Pohlen, Metternich, Winneberg, Bartholdi, Hul - deberg, Sintzendorf, verſchiedenen hohen, haͤuptern, VII. Heber, Riemenſpergern, Tonnauern, Wackerbart, Heiniſch, Wald - burg, Lamberg, Franckenberg, Schrey - vogel, Sanders, Schoͤnborn, Siegmann, Huldeberg, Schuͤtz, Goͤrne, Printzen,Sen -475und politiſchen reden. Senning, Oſtau, Wallenrad, Kurtzen, Reichenbach, Alemann, Oexel, Sintzen - dorf, Traun, einigen Engellaͤndern, VIIII. Thomaͤ, Zißler, Schemel, Zech, Huldeberg, Sintzendorf, einigen Frantzoſen und Engel - laͤndern, Harrach, XI. Arnim, Lyncker, Marſchall, Stein, Hauniſch, Harras, Ho - gius, Mylius, Canitz, Schlevogt, Sintzen - dorf, Harrach, ꝛc.

§. 10. Religions-Jntroductions-Regie - rungs-Juſtitz-Cammer-reden haben gehalten: I. Fuchs, Stoͤſſer, Berchem, Leſt, Valcke - nier, Jena, Schwerin, Windiſchgraͤtz, Schmidt, Seckendorf, Boſe, Helldorf, Koͤtteritz, Platz, Kuͤhlewein, III. Wylich, Muͤller, Schoͤnleben, Kuͤhlewein, Durrius, Gersdorf, Ducker, Steinbach, Wildhau - ſen, Alvensleben, Fabricius, Senft v. Pil - ſach, verſchiedene Durchlauchtigſte Prin - tzen, Einſiedel, Heldorf, Schmidt, Dieß - kau, Kuͤhlewein, Steger, Eſcher, Schoͤn - born, Schwartzenberg. V. verſchiedene Paͤbſte, Frantzoſen, Engellaͤnder, Portugie - ſen, Pohlen, Boſe, Taſſo, Eſcher, VII. Loͤ - ſer, Oſſelin, Printzen, Jablonsky, Gerhard Abt zu Loccum, Riemberg, Kuͤpfender, Senft, Kuͤhlewein, Jtaliaͤner, Frantzoſen, Engellaͤnder, John, Mertloch, Ponickau, Schreyvogel, Poͤllnitz, Canitz, Maͤyer, VIIII. Aidinger, verſchiedene Frantzoſen, Pabſt Clemens XI. Ebner, Loͤben, Calen -berg,476von allerhand ſchul -berg, Kaltſchmidt, verſchiedene Engellaͤnder, Flemming, Hartmann, XI. Canitz, Papſt Clemens XI. Poͤlnitz, etliche Frantzoſen, Al - than, Gersdorf, Schacher, Spohr, Falck - ner, Chriſt, Creutz, Seeligmann, Broͤſicken, Schuͤtz, Buͤnau, hohe Haͤupter ꝛc.

§. 11. Hof-Ritter-Staats-Kriegs-Ge - ſandſchafts-reden ſiehet man von II. Fuchs, Doͤlau, Jacob, Zehmen, Miltitz, Leſt, Op - pel, Valckenier, Heimburg, Dona, Brandt, Boſen, Trautmannsdorf, verſchiedenen Durchlauchten Haͤuptern, IIII. Schlieben, Schoͤnebeck, Fuchs, Reiboldt, Helldorf, Schoͤnleben, Leſt, Dießkau, Ebels-bach, Braſſer, Altheim, Heerwarth, etlichen Printzen, VI. Oppeln, Pernſtein, Pohlen, Frantzoſen, Jtaliaͤner, Engellaͤnder, den Sia - miſchẽ abgeſandten, Caunitz, Lichtenſtein, den Algierſchen abgeſandten, Lamberg, Jordan, Schweden, Daͤnen, von vielen Souverains, VII. Senft, Loſſen, Spanheim, verſchiede - ner Nationen Abgeſandten und Printzen. VIIII. Zanthier, XI. Wolframsdorf, Mar - ſchall, Boſe, Gersdof, einigen groſſen Prin - tzen, Engellaͤndern, Frantzoſen, Schweitzern, Jtaliaͤnern, Tuͤrcken, Moſcovitern, ꝛc.

§. 12. Die condolentz-lob-trauer-reden ſind abgelegt vom II. Canitz, Schmidt, Boſen, Leſt, Thomaſio, Wedeln, Nitzſch - witz, Oleario, IIII. Leſt, Koͤnigsdorf, Po - ſadowsky, Dießkau, Rondeck, Strauſſen,Len -477und politiſchen reden. Lentzen, Loſſen, Neitzſchtz, Koßboth, Huldeberg, Miltitz, Gersdorf, Born, Senft, Heidenreich, Rex, Sydow, Hof - mannswaldau, Lohenſtein, Graͤfen, Krantzen, Pritio, Pippingen, Neukirch, Boſe, (D. Auguſt) von Boſe, VI. Ritter, Buͤnau, Soͤlenthal, Lichnowsky, Planitz, bey gewaltſamen todes-faͤllen von verſchiede - nen, VIII. Eben dergleichen von verſchiede - nen, andere von Muͤllern, Franckenberg, Boͤhmern, Schwartzenfelß, Vettern. Hul - deberg, einigen Frantzoſen, Koͤnigsdorf, Clemens XI., Dewitz, Riemberg, Acken, Zanthier, Dießkau, X. Zetzke, Slevogt, Wentzel, Maͤyer (D. Joh. Friedr.) Proͤck, Boͤhmern, Zanthier, Neukirch, Jablonsky, Krakewitz, Haſſen, Boͤhmern, Leipzigern, Eiſenfeld, Spoor, Hallmann, Lange, Hu - nold, (Menantes) Born, Baudis, XII. Buͤ - nau, Nolten, Schramm, Koſchenbahr, Canitz, Bruͤmſe, ꝛc.

Das vierdte capitel, von Juridiſchen reden und ſchriften.

Jnhalt.

VOn Juridiſchen reden und ſchriften uͤberhaupt, §. 1. Von muͤndlichen reden der gerichts-perſo - nen, §. 2. Pflegung der guͤte, §. 3. Admonitionibus bey vernehmungen, iuramentis in cauſa civili, §. 4. Jn cauſa criminali, §. 5. Der zeugen vernehmung, §. 6. Von ſchriftlichen reden der gerichts-perſonen, cita -tioni -478von Juridiſchen redentionibus, notificationibus, huͤlfs, und immißions - praͤceptis, ꝛc. §. 7. Von regiſtraturen, §. 8. Eydes - notuln, §. 9. Zeugen und inquiſitional-artickuln, §. 10. Zeugen-rotulis, §. 11. Confrontations-puncte. §. 12. Urtheils-fragen, §. 13. Urtheilẽ, abſchieden u. weiſungen, §. 14, Berichten, §. 15. Subhaſtations-patenten, §. 16. Von muͤndlichen reden auf ſeiten der advocaten und partheyen, bey der guͤte, §. 17. Bey reden mit inqui - ſiten, §. 18. Von provocationibus, einbringen, ant - wort auf die klage, anbringung der exceptionen, pro - ſecution der leuterung, iuſtification der appellationen, §. 19. Zeugen-productiones, §. 20. Bey ſchwerungs - terminen, §. 21. Von ſchriftlichen reden der advoca - ten und partheyen, als contracten, §. 22. Klagen, ſuppliquen, denunciationibus, §. 23. De - und rela - tiones iuramentorum, §. 24. Beweiß, beſcheinigung, beybringen, zeugniß-artickel, interrogatoria, §. 25. Product-weiſe rechtliches verfahren, §. 26. Leutera - tionen, apellationen, §. 27. Defenſions-ſchriften, §. 28. Fragen zu informat-urtheilen und alten extra - hiren, §. 29.

§. 1.

UNter denen lebens-arten, welche einer vernuͤnftigen bredſamkeit am meiſten benoͤthiget, ſind ſonderlich die beyden hohen Facultaͤten, Jurisprudentz und Theo - logie, indem beyde, gantze ſtaaten mehrentheils mit worten regieren, und alles was dahin ge - hoͤret, ausmachen. Jch will von iener zuerſt gedencken, welche als eine klugheit angeſehen wird, ſolche mittel zu erfinden und anzubrin - gen, dadurch die ruhe der buͤrgerlichen geſell - ſchaft, nach den regeln der gerechtigkeit, er - halten werde. Doch vermeine ich nicht de -nen -479und ſchriften. nenjenigen lehren zu geben, von denen ich ſelbſt unterrricht bereitwilligſt anhoͤren wuͤrde, ſondern nur denen anfaͤngern, aus der Ora - torie, als einem ſtuͤck der univerſellen gelehr - ſamkeit, einige kleine erinnerungen mitzuthei - len, damit dieſer wiſſenſchaft kein eintrag ge - ſchehe.

§. 2. Der grund dieſer Facultaͤt iſt in dem Recht der natur, denen goͤttlichen und buͤrger - lichen rechten zu ſuchen, und alſo in der legali - taͤt. Die klugheit muß darauf bauen, und die gewohnheit hat zu genauerer beobachtung derſelben, die umſtaͤnde der zeit, der perſonen, und anderer dinge, in gewiſſe ſchranckẽ geſchloſ - ſen, das ſind formalia und fatalia, damit habe ich ietzo nichts zu thun. Aber die beredſam - keit iſt das mittel, dadurch alles dieſes ſeine kraft erlanget, denn da muß man theils muͤnd - lich, theils ſchriftlich reden, da muͤſſen theils richter theils partheyen und advocaten ihre worte fuͤrbringen.

  • Hieher gehoͤrige ſchriften, habe ich theils oben cap. 3. P. II. §. 6. angefuͤhret zu denen man Scha - chers Collegium practicum, Schwendendoͤr - fern ad Fibigium, Rivini Enunciata und Excepti - ones forenſes, Thönneckers aduocatum, Ber - gern in Elect. Diſc. for. &c. ſetzen kan.

§. 3. Das muͤndliche reden der gerichts - perſonen, iſt erſtlich bey pflegung der guͤte am noͤthigſten, da der richter entweder ex officio, oder auf anhalten einer parthey, beyde in der guͤte zu vergleichen ſucht. Mir deucht nachmei -480von Juridiſchen redenmeiner wenigen einſicht, daß hier das rechte mittel ſteckt, die proceſſe nicht nur zu verkuͤrtzen, ſondern gar zu verringern. Denn wer wuͤrde wohl ſich in einen weitlaͤuftigen pro - ceß einlaſſen,, wann ein beredter richter beyde partheyen fuͤr ſich foderte, ihnen die weitlaͤuf - tigkeit, koſtbarkeit, uͤble folgerungen, ungewiß - heit des proceſſes fuͤrſtellete, mittel zum ver - gleich fuͤrſchluͤge, ſie ſelbſt mit einander reden lieſſe, ihnen bedenckzeit gaͤbe iedem insgeheim, entweder die ſchwachen gruͤnde ſeines rechts, oder die ungewißheit des ausſchlags fuͤrbildete, doch ſo daß er ſich nicht in den verdacht der par - theylichkeit, oder den andern in groͤſſere animo - ſitaͤt ſetzte, wenn ſage ich ein beredter richter mit triftigen gruͤnden, pathetiſchen ausdruck, kurtz, deutlich, dieſes alles fuͤrtruͤge, ia zuweilen, wo es rechtens ſeine auctoritaͤt zu huͤlffe naͤhme, wer wuͤrde luſt haben zu proceßiren?

§. 4. Es reden ferner gerichts-perſonen bey vernehmung der partheyen, ſonderlich wo ie - mand ſchweren ſoll, da der richter nach beſchaf - fenheit des vorgeladenen ſeine rede einrichtet und ihn de vitando periurio erinnert, durch anfuͤhrung der praͤſumtionen, welche wieder ihn ſtreiten, was gegentheil wieder ihn beyge - bracht und dargethan, doch huͤtet er ſich fuͤr al - lotria, und unbillige verfaͤngliche fragen und praͤtenſiones, es wird auch wohl in ſchwerungs - terminen, wo etwa wichtige momenta fuͤrfal -len,481und ſchriften. len, die beredſamkeit eines geiſtlichen zu huͤlfe genommen.

§. 5. Sonderlich aber geſchicht dieſes letztere in caußis criminalibus, bey purgatoriis. Uber - haupt muß dem ſchwerenden, der haupt-punckt, weßwegen er ſchweren ſoll, deutlich rund und nachdruͤcklich herausgeſagt werden, damit er ſich nicht mit reſervationibus mentalibus helf - fen koͤnne. Sonſt hat der richter bey verneh - mungen der inquiſiten, ſeine worte behutſam einzurichten, damit des inquiſiten auſſage, nicht ex capite nullitatis angefochten werde, er hat auch dabey die gerechtigkeit ſorgfaͤltig zu beobachten und unpartheyiſch, nicht nur dasie - nige zu conſideriren, was den delinqvenden graviren, ſondern auch exculpiren koͤnne, denn es iſt nicht ſchwer auch einem unſchuldi - gen, durch eine falſche beredſamkeit dahin zu bringen und ſo zu verwirren, daß er eines laſters ſich ſchuldig geben muß, das er niemahls be - gangen.

§. 6. Denen zeugen wird der zeugen-eyd fuͤr - gehalten, erklaͤret, und ſie vermahnet die wahr - heit zu ſagen. Die interrogatoria werden kurtz, deutlich, im ſtilo ſimplici abgefaſſet, wo ſie dunckel ſind erklaͤret, die umſtaͤnde wohl ausgedruckt, von ihnen eine deutliche, ſo viel moͤglich categoriſche antwort gefodert, und ſie nicht mit vielen nebendingen verwirret, wel - ches alles kluge und verſtaͤndige richter, mehr als zu wohl, zumahl in unſern landen, da gott - lob unteꝛ der geſeegneten regierung unſers groſ -H hſen482von Juridiſchen redenſen oberhaupts, iedweden durchgaͤngig genaue juſtice wiederfaͤhret, beobachten.

§. 7. Schriftliche reden der gerichts-perſo - nen ſind citationes, notificationes, huͤlffs - und immißions-praͤcepta, auflagen ſub & ſine comminationibus, monitoria, inhibitiones, welche ſaͤmtlich erfordern den nahmen des richters und der partheyen, auf ſeiten dieſer ein expediendum, meiſtentheils auch ein einge - raͤumtes ſpatium legale, die citationes noch locum iudicii, & diem certum profeſtum, ſ. iuridicum; ratione der citation zur einlaſſung und antwort auf die klage, oder in Proceſſu executiuo, zur recognition des documents, ſo muͤſſen auch vermoͤge der proceß-ordnung die partheyen zur guͤtlichen handlung citiret wer - den. Alle dieſe fodern den ſtilum Juridicum und curiaͤ, ſind ſonſt kurtz und deutlich abzu - faſſen.

§. 8. Die regiſtraturen werden uͤber das - ienige, was im gerichte gehandelt und fuͤrge - tragen wird, zu des richters und der partheyen nachricht verfertiget und aufgezeichnet, alſo iſt noͤthig, daß ſie genaumit den ſachen die fuͤrfal - len, uͤbereintreffen, auch wohl gar der parthey - en eigne worte beybehalten, deutlich und kurtz ſeyn, ſonderlich bey inquiſitionibus, da todt und leben, ehre und gut des inquiſiten, an des actuarii feder hanget.

§. 9. Die eydes notuln ſind mittel die wahr - heit heraus zubringen, da ein ieder der die ſchul -dig -483und ſchriften. digkeit auf ſich hat, die wahrheit zu bekennen, durch einen ſchwur bey ſeinem GOTT (alſo auch Juden, bey dem GOtt Abrahams, Jſa - acs und Jacobs ꝛc. ) bekraͤftigen ſoll, daß er die wahrheit ſage, alſo muͤſſen ſie deutlich ſeyn, den ſtatum controuerſiae recht bemercken, in civil-ſachen aus der partheyen eignen worten, ihre dismembration aus der litis-conteſtation, in criminal-ſachen aus dem eingeholten urtheil genommen werden.

§. 10. Zeugen und inquiſitional-artickel werden ebenfalls, abgefaſſet, die dem richter ſo noͤthige wahrheit zu verſchaffen, denn wann ſie kurtz, deutlich, zur ſache gehoͤrig, ordentlich da im̃er einer aus den andern flieſſet, damit man dem pruritui negandi fuͤrbeuge, ſo kan der rich - ter wann er nur die lehre von der wahrſchein - lichkeit inne hat, und die hiſtorie des menſchen uͤberhaupt und inſonderheit, aus einer guten Moral und erfahrung gelernet, leicht hinter die wahrheit kommen, es mag der befragte ant - worten wie er will.

§. 11. Die zeugen-rotuli entſtehen aus die - ſem zum theil, muͤſſen den nahmen des gerichts, der zeugen, daß ſie richtig geſchworen, die zeit, den ort, ihre antwort bey iedem artickel, die un - terſchrifft und beſiegelung, nach iedwedes iu - dicii ſtilo und obſervantz in ſich faſſen.

§. 12. Bey der confrontation, muͤſſen in einem inquiſitional proceß, die zeugen oder complices ihre auſſagen, dem inquiſiten insH h 2ge -484von Juridiſchen redengeſicht ſagen, alſo muͤſſen dieſelben deutlich den inquiſitional-artickeln conform ſeyn, ieder con - frontations-punckt enthaͤlt nur einen umſtand gehet nicht auf nebendinge, die noch nicht aus - geſaget, auch nicht auf andere delicta, weilen die confrontation ein actus praeiudicialis und in - quiſitionis ſpecialis iſt, zu welchen abſque in - diciis legitimis nicht zu ſchreiten.

§. 13. Urtheils-fragen ſind ein ſchreiben, in welchen der richter ein dicaſterium um ſeinen rechts-ſpruch erſuchet, ſich entweder auf die acta beziehet, oder ſpeciem facti dem petito praͤmittiret, ſich aber aller refutation und ne - ben dinge enthaͤlt.

§. 14. Urtheile, abſchiede und weiſungen ſind reſolutiones, dadurch der richter die ſtrei - tigkeiten der partheyen decidiret. Urtheile wer - den als briefe an dem richter aus dem dicaſte - rio, da er ſie eingeholet, geſchickt, enthalten kurtz und deutlich das vorbringen der parthey - en, und den darauf abgefaſten rechtsſpruch. Abſchiede werden vom richter an die partheyen geſtellet, und weiſungen als bloſſe reſolutiones in regiſtraturen ad acta gebracht, uͤberall iſt die abſicht denen partheyen deutliche entſchei - dung ihrer ſtreitigkeiten zu geben, wobey die eingefuͤhrten opiniones und gewohnheiten bil - lich der gerechtigkeit weichen muͤſſen.

§. 15. Berichte ſind ebenfals ſchriftliche re - den des richters, da er entweder auf befehl, oder eingewandte appellation, in einem ſchrei -ben485und ſchriften. ben an den iudicem ſuperiorem, die ſpeciem facti, gelegenheit zur berichts-erſtattung, des parths gravamina erzehlet, dieſelben refutiret und alles des iudicis ſuperioris deciſion un - terwirft. Sind reverential-apoſtel ertheilet worden, wegen guͤltig-gehaltener appellati - on, bleiben die gravamina und derſelben refu - tation weg, alles im ſtilo ſimplici kurtz und deutlich.

§. 16. Subhaſtations-praͤcepta ſind endlich wann der richter nach erzehlung, wie es zu dieſem extremo gekommen, eine gewiſſe ſache, die er nach der wahrheit und ihrem werth be - ſchreibet, zu iedermanns kauf, mit determi - nirung der noͤthigen umſtaͤnde, oͤffentlich feil bietet.

§. 17. Dieſes waͤren die meiſten reden auf ſeiten des richters. Advocaten ſind in ihrem gewiſſen verbunden, die ſtreitigkeiten auf billige wege entweder zum vergleich, oder durch den weg rechtens zu ende zu bringen. Bey ienem haben ſie muͤndlich denen par - theyen zur guͤte zu rathen, ſie keinesweges durch allerhand empfindliche worte in einan - der zu hetzen und zu verbittern, ſondern viel - mehr bey pflegung der guͤte kurtz und deutlich, ieder die vortheile und das vermeinte recht der partheyen fuͤrzutragen, ihren clienten aber insgeheim, vor den termin zur guͤte, mit nachdruͤcklichen fuͤrſtellungen, die wahrheit zu ſagen, und ſie zu praͤpariren.

H h 3§. 18.486von Juridiſchen reden

§. 18. Reden ſie mit inquiſiten, welches mehrentheils in beyſeyn des richters oder a - ctuarii geſchicht, ſo ſind ſie zwar nicht verbun - den, ihn zum geſtaͤndniß zu uͤberreden, doch auch nicht befugt, ihn zu verſtocken, und alſo wahrheiten zu unterdrucken, miſſethaten zu vertuſchen, ſondern nur ihm den zuſtand ſei - ner ſache aufrichtig zu eroͤfnen, und ihn um die media & momenta defenſionis umſtaͤnd - lich zu befragen.

§. 19. Jhre vornehmſte arbeit iſt das ein - bringen, dadurch ſie ihre rechte gegen einan - der ſetzen, dem ſchreiber dictiren, und dem richter uͤberlaſſen zum ausſpruch. Solches muß kurtz und deutlich mit ſattſamer anfuͤh - rung der umſtaͤnde und ausfuͤhrung ihrer ge - rechtſame, ohne zaͤnckerey und ſatyriſche ſchreib-art geſchehen. Denn hier ſind die ſpitzigen federn, piquanten worte und derglei - chen, nur kennzeichen der noch wallenden hitze der jugend, und daß man mit dem erſten ſchwerdte fechte. Mit denen provocationi - bus wird der anfang gemacht, da ſie ihr fuͤr - bringen, woruͤber termin ausgebracht, wie - derholen, und gegentheilen zu dem, wozu er citiret, auffodern. Gegentheil antwortet auf die momenta und worte der klage, von punct zu punct, kurtz, entweder quoad facta propria, mit affirmat, oder negat, und quoad facta aliena mit neſcit, oder wie er will. Hin - ten haͤngt er ſeine ausfluͤchte und exceptio -nes487und ſchriften. nes an, weil es nicht erlaubt ſolche mitten einzuſtreuen. Will beklagter litem affirma - tive conteſtiren, und klaͤgern ſeine ſaͤmtliche exceptiones ins gewiſſen ſchieben, werden ſie per ſpeciem facti kurtz, deutlich und buͤndig eingebracht, einlaſſung hierauf gefodert, und die eydes-delation angehaͤngt. Leuterungs - proſecutionen und appellations-iuſtificationen ſind hieher zu rechnen, geſchehen ſo wohl quoad formalia, da man deduciret, wie man fatalia, inſchriften und dergleichen beobachtet, als auch quoad materialia, durch richtiger und deut - licher anfuͤhrung der gravaminum und mo - mentorum cauſſae.

§. 20. Wenn ſie zeugen produciren, wer - den ſolche dem richter zur vereydung und ver - nehmung dargeſtellet, und zwar abſentes tanquam praeſentes, damit nicht die deſertion des zeugen zu befuͤrchten.

§. 21. Jn ſchwerungs-terminen ſtellet der advocat den juraturum zum eyde dar, und bit - tet kuͤrtzlich, ihn zu admittiren. Dabey er dem richter, und auch wohl dem geiſtlichen, wann ſie bey ihren admonitionen excediren, einhalt thun kan. Haben die partheyen ſelbſt bey dieſem allen zu reden, ſo geſchicht es alles kurtz und deutlich, ohne einmiſchung vieler ne - bendinge, und mit gehoͤrigem reſpect, fuͤr dem richter, als welchem die hohe landes-herr - ſchaft einen theil ihrer maieſtaͤt zu ſolchen ge - richts-uͤbungen allergnaͤdigſt verliehen, und ihn dabey ſchuͤtzet.

§. 22.488von Juridiſchen reden

§. 22. Schriftliche reden der advocaten re - commendiren ſich durch ihre kurtze deutlichkeit, gruͤndlichkeit und buͤndige ſchluͤſſe, dahin gehoͤ - ren contracte, oder in ſchriften verfaßte hand - lungen, derer, die pacta unter ſich aufrichten, damit durch ſolche, dieſe handlungen zur gnuͤ - ge koͤnnen erwieſen werden. Alſo muͤſſen ſie die in Rechten determinirten requiſita an ſich haben, davon die Jurisprudentz regeln giebt, ferner deutlich ohne zweydeutigkeit, und mit ſattſamer bemerckung aller umſtaͤnde abge - faſt werden.

§. 23. Es gehoͤren hieher klagen, welche als der grundſtein des proceſſes deutlich, facti ſpeciem, medium concludendi und petitio - nem congruam an den richter, in ſich halten, davon alle proceß-einleitungen nachricht ge - ben. Ferner ſuppliquen, welche ebenfalls ſtatum cauſſae praͤmittiren, momenta juris loco connexionis, anfuͤhren, und mit dem petito ſchlieſſen, bey welchen allen die formalia billig zu beobachten, und der ſtilus Juridicus und curiaͤ, auch was oben von briefen erin - nert, zum theil mit zu obſerviren. Denun - ciationes brauchen gleiche aufmerckſamkeit, dabey ich nichts zu erinnern, als daß nur das uͤberfluͤßige wegzulaſſen, welches mit derſelben abſicht ſtreitet, und daß ſie ſich nicht auf ein ſa - gen und wiederſagen und hoͤrenſagen gruͤnden.

§. 24. Delatio iuramenti ſtellet dem ge - gentheil das gelaͤugnete factum zur eydlicheneroͤf -489und ſchriften. eroͤfnung, relatio ſchiebet ſolches gegnern, in ſo weit es zulaͤßig, zuruͤck. Beyde muͤſſen deutlich determiniren, warum und in wie weit ſie unternommen, nach beſchaffenheit der fa - ctorum ſich richten, und die formalia richtig beybehalten.

§. 25. Beweiſen, beſcheinigen, beybrin - gen geſchicht zur behauptung einer ſache, da es denn ſchlecht um den advocaten ausſehen wuͤrde, wann er den unterſchied der beweiß gruͤnde nnd die kraft zu ſchlieſſen aus der Lo - gick und Oratorie nicht wuͤſte. Bey den zeug - niß-artickeln und interrogatoriis kan, was oben §. 10. und 11. etwan angefuͤhret, mu - tatis mutandis hier wieder appliciret werden

§. 26. Bey den product-weiſe rechtlichen verfahren, werden die gegen einander gehal - tenen gruͤnde, in ſchriften, als ſalvations-ex - ceptions-ſchriften, repliquen, dupliquen, tri - pliquen, von neuen ordentlich wiederholet und deduciret. Man kan hieher was oben §. 9. gemeldet, wieder appliciren. Die momenta Juris und formalia ſind in der Jurisprudentz ſelbſt zu ſuchen, der ſtilus iſt Juriſtiſch, die ordnung natuͤrlich, und gehet was im proceß bereits fuͤrgefallen, von punct zu punct, kuͤrtz - lich durch, dabey zwar die argumenta triftig, aber nicht pathetica ſeyn duͤrffen.

§. 27. Leuterationes und appellationes ſu - ſpendiren die urtheile und abſchiede von ihrer rechts-kraft, erzehlen ſententiam grauantem,H h 5die490von Juridiſchen redendie grauamina und die intention des leute - ranten, oder appellanten, mit beobachtung der formalien.

§. 28. Am allermeiſten zeiget ſich der ad - vocat als einen guten redner in defenſionibus, da er nicht die wahrheit unterdruͤcken, ſondern entweder die unſchuld eines inquiſiten, oder wenigſtens, daß er durch die beygebrachten dinge, nach den rechten, noch nicht zu verdam - men, zeigen ſoll. Da beſchreibt er ſpeciem facti unter der hand nach ſeinen abſichten, das corpus delicti, die gravirenden zeugen - auſſagen, momenta defenſionis, vitam ante - actam, unzulaͤnglichkeit der indiciorum und grauantium, macht die zeugen ſuſpect, und ſtellet ihnen defenſional-zeugen entgegen, oh - ne bibliſche ſpruͤche, exclamiren, lerm-blaſen, und vieles allegiren, ſondern vielmehr durch gute ordnung, deutlichen ausdruck und ſcharf - fe gruͤnde, welche von der erfahrung ihres er - finders in der Logick, ins beſondere der wahr - ſcheinlichkeit, und der Oratorie zeugen.

§. 29. Endlich iſt auch von fragen zu in - format-urtheilen und acten extrahiren zu ge - dencken. Jene faſſen eine ſpeciem facti, dar - uͤber angeſtellte frage, und bitte um einen Rechts-ſpruch, kurtz, deutlich, ordentlich im Hiſtoriſchen und Juridiſchen ſtilo auch wohl unter erdichteten nahmen in ſich. Dieſes rich - tet ſich nach der abſicht des excerpirenden, ſetzt kurtz die haupt-momenta der ſache auf, unddruͤckt491und ſchriften. druͤckt den ſinn der ſchriften aus. Und hie - mit mag auch dieſe abhandlung beſchloſſen ſeyn, da verhoffentlich, der nutzen der Ora - torie, in dergleichen reden, zur gnuͤge daraus erhellet. Doch muß man ſich unter der Ora - torie, keine figuren-kraͤmerey und waͤſcherey einbilden, noch ingenioͤſe und ſatyriſche re - dens-arten, denn dergleichen iſt hier ſorgfaͤl - tig zu vermeiden.

Das fuͤnfte capitel, von Theologiſchen oder geiſtlichen reden.

Jnhalt.

VOn geiſtlichen reden und predigten, §. 1. Was dazu erfodert werde, §. 2. Von dabey fuͤrfal - lenden fehlern, §. 3. Von dem text, §. 4. Von der propoſition, §. 5. Von der tractation, §. 6. Von dem exordio, §. 7. Und der concluſion, §. 8. Von der invention, elocution, diſpoſition, und ausarbei - tung, §. 9. Von andern geiſtlichen reden, §. 10.

§. 1.

JCh gehe nun fort zu den geiſtlichen oder Theologiſchen reden, bey welchen ich ebenfalls, nur denen unerfahrnen, ei - nige Oratoriſche anmerckungen mittheilen will. Geiſtliche oder Theologiſche reden nenne ich alle diejenigen reden, welche auf die heil. ſchrift, und die lehr-ſaͤtze der Theologorumnach492von Theologiſchennach iener gebauet ſind, und einen daraus einzurichtenden caſum praͤſupponiren. Die fuͤrnehmſten hierunter ſind die predigten, wel - che man beſchreibet als geiſtliche reden, die an ein gemiſchtes auditorium gerichtet werden, ſelbigem den inhalt des goͤttlichen wortes, betreffend die pflichten des zuhoͤrers, nach den regeln des chriſtenthums, fuͤrzutragen, zu er - klaͤren, und ſie zur ewigen ſeeligkeit daraus zu erbauen.

§. 2. Wo iemand als ein redner mittel in haͤnden hat, nachdruͤcklich ſeinen zuhoͤrern an das hertz zu greifen, ſo hat ſie ein prediger; denn er traͤgt ein wort fuͤr, das felſen zerſchmeiſ - ſet, ſeel und geiſt durchſchneidet, die verheiſ - ſung hat nicht leer wieder zu kommen, und ſeine perſon iſt durch privilegia, ſo ihm GOtt, der Landes-HErr und die opinion der leute beygeleget, in die bequemſten umſtaͤnde geſe - tzet, ſein amt recht zu fuͤhren, und ſeinen end - zweck zu erhalten. Es wuͤrde alſo eine ſchan - de ſeyn, wann er ſeines orts nichts hiezu bey - tragen wollte, durch gebet, erkaͤnntniß der h. ſchrift und ihres verſtandes, erkaͤntniß der glaubens - und lebens-lehren des chꝛiſtenthums, gruͤndliche einſicht in die Logick und Moral, und vollkommene wiſſenſchaft der grund-re - geln einer vernuͤnftigen beredſamkeit.

  • Jch will ietzo nach meiner wenigen einſicht kurtz meine gedancken nur denen lehrlingen eroͤf -nen,493oder geiſtlichen reden. nen, und zwar mit meinen eignen worten, ſonſt koͤnte ich leicht Chryſoſtomum, Augu - ſtinum, Ambroſium, Petrum Chryſologum, Maximos, Leonem M. Bernbardum, Calo - vium, Loͤſchern, Calixtum, Hornium, Carp - zovios, Olearium, Zeidlerum, Goͤbelium, Baͤyerum, Goͤtzen, Rivinum, Schmidios, Hyperium, Gauſenium, Perizonium, Secken - dorffen, Grabium, Berneckern, Breckelſen, Guͤnthern, Maͤyern, Crocium, Dannhauern, Huͤlſemannen, Koͤnigen, Pfeiffern, und un - zehlige andere anfuͤhren. Ja was wuͤrd ich nicht fuͤr einen apparatum von homilien, ho - miletiſchen buͤchern, poſtillen und dergleichen beybringen koͤnnen?

§. 3. Hieraus ſiehet man leicht wie uͤbel es mit denienigen beſchaffen, welche ſich zu fruͤh aufs predigen legen, und dieſes ihr hauptwerck ſeyn laſſen; welche weder natur und gnade, nach die pflichten eines menſchen, buͤrgers und Chriſten aus einander zuſetzen wiſſen; welche nur ihre memorie fuͤllen, unnoͤthige ſchaͤtze von diſpoſitionibus, concordantzen, collegiis, und predigen ſamlen und poſtillen-reuter werden; welche es nur aufs ſpielende ingenium ankom - men laſſen; welche bloß theoretiſch predigen und nur erklaͤrungen fuͤr den verſtand, keine bewegungen fuͤr den willen anbringen; wꝛlche nur den willen hingegen beſſern wollen ohne den verſtand zu unterrichten; welche gar zu wenig affect zeigen und mit groſſer kaltſinnig - keit alles obenhin tractiren; welche gar zu hef -tige494von Theologiſchentige affecten, ohne alle modeſtie und modera - tion blicken laſſen; welche meinen mit einer profanen wiſſenſchaft und ſchwuͤlſtigen neuer - lichen geiſt gotteswort gleichſam bey den haa - ren uͤber ihre eitle leiſten abzupaſſen; welche im gegentheil ihre grobe unwiſſenheit mit dem heiligen mantel der ſcheinheiligkeit bedecken und alle natuͤrliche mittel, deren ſich doch Gott und die propheten und apoſtel ſelbſt fuͤrtreflich zu bedienen gewuſt, mit einem paͤbſtiſchen hochmuth unter die fuͤſſe treten und verbannena) ꝛc. Daß ich von den fehlern der zuhoͤrer nichts gedencke. b)

a)Jch koͤnte hier noch viele fehler bemercken, da - fuͤr ſich iunge leute zu huͤten, z. e. die affectation einer gelehrſamkeit, auctoritaͤt, neuerung, be - gierde zu reformiren, und dergleichen, welche al - le aus dem mangel der Logick, Moral, und Ora - torie herruͤhren, als: was iſt es noͤthig Lutheri verſton zu toxiren, Hebraͤiſch und Griechiſch mit einzumiſchen, wann es iunge leute thun, und klingt doch wohl manchmahl, als wie iener, der da ſagte: Des menſchen ſohn oder eigentlicher nach den grund-text zu reden: der ſohn des menſchen: Wie reimt ſich das fuͤr iunge leute, wenn ſie denen bauren die laͤngſt vermoderten ketzereyen erzehlen, und weitlaͤuftig wiederlegen, wenn ſie mit vieler impertinentz ſich eines ſtraf - amts anmaſſen, oder von denen exempeln alter und geuͤbter Theologen und prediger abgehen, und es ihnen auch auf ungeſchickte art nachma - chen wollen, wann ſie ſpruch auf ſpruch haͤuffen, ohne application, oder wohl gar ſo ſchlecht in der Moral bewandert, daß ſie gantz gezwungeneund495oder geiſtlichen reden. und mitleidens-wuͤrdige reflexiones machen, ꝛc. doch ich will auch nicht denen ſpoͤttern des pre - digt-amts, materie zu ihren albernen urtheilen an die hand geben.
a)
b)Es iſt recht erbarmens-wuͤrdig, wenn ſich zuhoͤ - rer, die oͤffters am wenigſten verſtand haben, unterfangen, den prediger entweder nach ihren fleiſchlichen begriffen, oder myſtiſchen grillen zu formiren. Sechs ſtuͤcke, ſpricht Lutherus in ſei - nen tiſchreden C. XXII. gehoͤren zu einem pre - diger, wie ihn die welt haben will: 1.) daß er gelehrt ſey, (i. e. nach dem begrif der unverſtaͤn - digen welt daß er nicht etwan eine ſolide gelehr - ſamkeit habe, ſondern allotria, Critic, hiſtoriam litterariam, antiquitaͤten allein, Geographie, Chiromantie ꝛc. wiſſe) 2.) feine feine ausſprach habe 3.) daß er beredt ſey (i. e. ein waͤſcher, plauderer) 4.) daß er eine ſchoͤne perſon ſey, die die maͤgdlein und frauen lieb haben koͤnnen, 5.) daß er kein geld nehme, ſondern geld zu gebe, 6.) daß er rede was man gerne hoͤret. Dippel ſagt: ein prediger muͤſſe ſeyn verwan[-]delt in das goͤttliche nichts: Und einer von ſel - nen b ruͤdern meint: ein prediger muͤſſe alle menſchheit ausgezogen haben, in geſellſchaft nicht lachen, auſſehen als wenn er ſchon halb vergoͤttert waͤre,. Und was fallen ſonſt nicht vor ungereimte urtheile, von denen armen praͤ - dicanten? Gewiß man moͤchte immer derglei - chen delicaten wehlern, einen prediger, wie ſie ihn haben wolten, aufs papier mahlen laſſen, daß ſie ihn geſund gebrauchen und immer bey ſich haben koͤnten. Jnzwiſchen bleibt es ſicher - lich richtig: ein prediger muß nicht nur ein geiſtlicher redner, ſondern auch ein redner ſeyn.
b)

§. 4. Die predigten haben dieſes beſonders an ſich, daß ſie eine geiſtliche rede aus der h. ſchrift496von Theologiſchenſchrift zum grunde legen, welche man den text nennet, und die entweder zum unterricht oder beſſerung des auditorii dienet. Dieſen muß der geiſtliche redner fuͤr ſich, nach der Gram - matick, Logick und Oratorie zu reſolviren wiſ - ſen, zur erſten muß er den grund-text, die verſi - onen, die commentarios, wo es noͤthig und nuͤtzlich, zuhuͤlfe nehmen, zur andern muß ihm die Logick, nach der hermeneutiſchen probabili - taͤt, die Theologia exegetica, analogia fidei, Theologia dogmatica und moralis, den rech - ten ſinn zu ergruͤnden behuͤlflich ſeyn, zur letz - ten wird ihm die Oratorie, den ausdruck recht zu unterſuchen, helfen.

  • Die unterſchiedene benennung des textes und an - dere termini, damit die Theologia Homiletica angefuͤllet, ſind hier anzufuͤhren unnoͤthig.

§. 5. Nach dieſer arbeit iſt das erſte, daß man den grundſtein zum gantzen gebaͤude einer predigtlege, und ſolches geſchicht in erwehlung eines thematis oder der propoſition, dabey man alles was von erfindung der thematum oben geſagt worden, hier wieder anwenden kan. Uberhaupt ſind die themata hier ebenfalls ent - weder naturalia oder artificialia, iene ſind ein kurtzer inhalt des textes oder des ſtuͤcks aus dem text, darauf man ſeine predigt bauet, dieſe aber allerhand meditationes im Logicaliſchen ver - ſtande, welche man bey einem text anſtellet, und in eine propoſition faſſet, bey ienen reſol - viret man den text und gehet von principiis zumſchluͤſ -497oder geiſtlichen reden. ſchluͤſſen, bey dieſen faͤngt man an von dem ſchluͤſſen und geht auf die principia zuruͤck, in beyden thut die Logick de meditatione ſynthe - tica & analytica gute dienſte.

  • Man hat ſonſt viel prediger-methoden als: para - phraſticam articulatam & inarticulatam, paralleli - ſticam, poriſmaticam, quaeſtionalem, prouerbia - lem, aſceteticam, allegoricam, ſymbolicam, em - blematicam, ſchematicam, ſyntheticam, didaſca - licam, elenchticam, paedeuticam, epanorthoti - cam, conſolatoriam, arbitrariam, analyticam, &c. es hat auch wohl iede univerſitaͤt ihre methode - Doch ich erinnere mich daß der ſeel. herr D. Guͤn - ther ein treflicher Homilete und prediger in Leip - zig, bey dergleichen ſagte: wer einen guten cul - tivirten verſtand habe, wiſſe dieſes ohne nah - men von ſelbſt.

§. 6. Auf die propoſition folgt die einthei - lung, welche nach den regeln einer guten diviſi - on einzurichten, daß ſie die fuͤrnehmſten mo - menta, ſo man abzuhandeln gedencket, anzeige. Die abhandlung ſelbſt, beweiſt, erklaͤrt, die vorhabende ſache und wendet ſie zum nutzen des auditorii an, nach denen dabey fuͤrfallenden umſtaͤnden. Alſo erklaͤret ſie den text und die darausgezogene propoſition, und ſuchet da - raus den zuhoͤrer entweder am verſtande oder willen zu beſſen. Jenen zwar durch bewei - ſung der rechten lehre, und wiederlegung der ir - thuͤmer und vorurtheile, dieſen aber durch ver - mahnung zum guten und warnung fuͤr boͤſen, dazu noch der troſt gezogen wird. a)Durchge - hends werden die noͤthigen argumenta, nachJ ibe -498von Theologiſchenbeſch affenheit des textes beygebracht, und es koͤnnen auch hier die oben gegebene lehren von argumentis nutzen.

a)Dieſes ſind die fuͤnf bekannten vſus: didaſcalicus, elenchticus, paedeuticus, epanorthoticus, conſola - torius. Dabey aber kluͤglich zu verfahren.
a)

§. 7. Die gantze predigt bekommt ein exor - dium generale, welches mit denen exordiis an - derer reden gleiche abſicht, und einrichtung hat, alſo wird es kurtz und mit argumentis concili - antibus fuͤrgetragen, ohne weitlaͤuftiges exege - geſiren. Etliche haben auch ein exordium ſpe - ciale und ſpecialißimum, da denn das generale eine praͤparation zum text, das ſpeciale zur pro - poſition, und das ſpecialißimum zur tractation iſt. Man kan auch hier, was oben vom exor - dio gedacht, anbringen.

§. 8. Die concluſion hat hier eben den end - zweck, den ſie anderwerts hat bey andern reden, beſteht alſo in einer wiederholung, bitte, wunſch, gebet, pruͤfung und und andern practi - ſchen argumentis, welche aus dem text und deſſen abhandlung flieſſen.

§. 9. Bey allen predigten iſt in der erfin - dung der text das erſte, aus dieſem die propoſi - tio, hieraus die partitio, und tractatio, zu die - ſer die argumenta probantia, illuſtrantia, und pathetica, welche letztern aus der h. ſchrifft genommen werden, und aus dieſen argumen - tis beſtehn auch das exordium und concluſio. Der ausdruck iſt Theologiſch, wo es noͤthigpat -499oder geiſtlichen reden. pathetiſch auch wohl ſublimis, uͤberall nach beſchaffenheit der meiſten zuhoͤrer des redners und des textes, Oratoriſch und dem heiligen vorhaben gemaͤß. Jn der diſpoſition und aus - arbeitung folgt auf dem wunſch oder das ge - bet und die anrede an das auditorium, das exordium generale und deſſen verbindung mit der propoſition, welches mit einem gebet be - ſchloſſen wird. Hierauf folget der text, das exordium ſpeciale, doch iſt dieſes nicht alle - mahl noͤthig, weiter die propoſitiona) und partition und der wunſch oder ein gebet. Fer - ner kommt die tractatio, nach den theilen der partition, und denen fuͤr ſich aufgeſetzten ſub - diuiſionibus, welcher auch wohl koͤnte ein ex - ordium ſpecialißimum praͤmittiret werden. Endlich die concluſion, das gebet und der ſchluß, bey welchen allen, die Oratorie, das exempel guter und beliebter prediger, und der von ihnen eingefuͤhrte wohlſtand, zu rathe zu ziehen, auch die zeit, ſo zu einer predigt geſetzt, nicht zu uͤberſchreiten. Von dem vortrag ſelbſt kan folgendes capitel nachgeleſen werden.

a)Nach dieſer richtet ſich das gantze gebaͤude, und da hat man entweder naturalia themata oder artificialia, damit man meine gedancken deſto beſſer erwege, will ich ſie mit folgenden exempeln erlaͤutern:
a)
Exemplum thematis naturalis uͤber die worte Luc. 7. v. 35.
  • Exordium: Joh. 8. v. 46.
  • Propoſitio: Die von ih[r]en kindern gerechtfertigte weißheit.
J i 2Par -500von Theologiſchen
  • Partitio und tractatio zeigen:
    • 1. Die weißheit,
    • 2. Die kinder derſelben,
    • 3. Die rechtfertigung derſelben.
  • Concluſio: Repetitio und applicatio.

Exemplum thematis artificialis uͤber das Ev - angelium Domin. Palmarum. Matthaei 21.

  • Exordium: Joh. I. v. 29.
  • Propofirio: Das zu ſeiner ſchlacht-hanck gehende lamm GOttes.
  • Partitio und tractatio ſagen, wie es gehe:
    • 1. willig und geduldig,
    • 2. denen propheceyungen gemaͤß,
    • 3. praͤchtig,
  • Concluſio: Vermahnung: Philipp. 2. v. 5.
    • Troſt: 2. Tim. 2. v. II. 12.
    • Warnung: Sap. 5. v. 1. ſqq.

Exemplum thematis artificialis elaborati, gehalten in Leipzig D. 14. p. Trinit. 1723.

Heilig iſt unſer GOtt!
Heilig iſt unſer GOtt!
Heilig iſt unſer GOtt, der Herre Zebaoth!
Alle lande ſind ſeiner ehre voll! Alleluia.

GEbet und danckſagung ſind der Chriſten opfer, wenn ſie fuͤr dem thron der goͤttlichen maie - ſtaͤt erſcheinen, und an beyden erkennet man ſie als geiſtliche prieſter fuͤr Gott ihrem himmliſchen vater. Es verbindet ſie aber zu dieſer gedoppel - ten heiligen bemuͤhung, der ausdruͤckliche befehl, welchen der herr der herrſchaaren aus ſeinem hei -lig -501oder geiſtlichen reden. ligthum durch den mund des pſalmiſten ſeines he - roldes, an ſie ergehen laͤſſet, da es im 50 Pſalm heiſſet: Ruffe mich an, in der zeit der noth, ſo will ich dich erretten und du ſolſt mich preiſen. Das menſchliche hertz wird alſo abge - bildet, daß es nur mit einer ſpitzen ſich zur erden ſencket, hingegen oben getheilet und mit zweyen huͤgeln himmel an gerichtet iſt. Das hertz der Chriſten eriũert ſich ſeiner geiſtlichen und leiblichen noth, wann es ſich gegen die erde neiget. Allein es iſt ein gedoppelter altar, auf welchen einerſeits dem allerhoͤchſten helfer in aller noth im glauben und hofnung angeflammte opfer des gebets ge - bracht werden, auf der andern ſeite aber die er - kaͤnntliche liebe ſchuldige danckopfer, dem herrn zu einen ſuͤſſen geruch, anzuͤndet. Das irdiſche leben iſt ein edles kleinod, welches uns die goͤttli - che allmacht durch die leibliche geburt mitgethei - let, aber es iſt billich einer roſe zu vergleichen, wie dieſe mit lauter dornen, alſo iſt ienes mit angſt und noth umgeben. Noth iſt verhanden, wenn der wiederſacher des menſchlichen geſchlechts, der fuͤrſt der finſterniß, umhergehet, und wie ein bruͤllender loͤwe uns zu verſchlingen ſuchet. Noth iſt verhanden, wenn die im argen liegende welt, uns mit ihren veraͤchtlichen feſſeln, der augenluſt, fleiſches-luſt und hoffaͤrtigen leben, mit ihren banden der truͤbſal und verfolgung drohet. Noth iſt verhanden, wann unſer eignes verderbtes ſuͤnd - liches blut in unſern adern tobet, und das ver - fuͤhreriſche fleiſch durch boßhafte neigungen, unsJ i 3der502von Theologiſchender wut unſrer feinde verratheriſcher weiſe auf - zuopfern gedencket. Solte da nicht noth verhan - den ſeyn, wenn die regierungs-ſonnen ſich in blut verwandeln, wenn an dem kirchen-himmel mond und ſterne verdunckelt werden, wenn man die pflichten eines ieden ſtandes, denen zerbrochenen taffeln Moſis gleich macht und unter die fuͤſſe tritt? Solte da nicht die zeit der noth verhan - den ſeyn, wenn das brauſende meer des krieges, unſere graͤntzen uͤberſchwemmet, wenn die ſich aufthuͤrmende wellen der kranckheit, den abgrund zum verderben eroͤffnen, wenn die waſſerwogen der boͤſen rotte daher rauſchen, und unſere wege beunruhigen? Wenn der heuchler und falſche freund, ſich buͤckt, unſern fuͤſſen netze zu legen. Und ſehet meine freunde, alles dieſes ſind dinge welche ſo genau mit dem menſchlichen leben ver - geſellſchaftet, daß uns immer eins nach den an - dern erſchuͤttert und in eine furchterweckende be - trachtung ſetzet. Wenn nun alle welt ſeufzet: Mitten wir im leben ſind, mit dem todt um - fangen, wen ſuchen wir der huͤlffe thu, Daß wir guad erlangen? ſo gedencken rechtſchaffene Chriſten an Gott und ſprechen: Das thuſt du herr alleine. Wenn die gan - tze welt aͤngſtiglich ſchreyet:

Mitten in der hoͤllen-angſt
Unſre ſuͤnd uns treiben,
Wo ſolln wir dann fliehen hin,
Da wir moͤgen bleiben?

So antworten Chriſten: Zu dir, zu dir herrChriſt503oder geiſtlichen reden. Chriſt alleine. Er iſt der GOtt Jſraelis, wel - cher ihnen ſelbſt den weg bahnet, und die huͤlff - reiche hand bietet, wann er ſpricht: Ruffe mich an, in der zeit der noth. Der nahme des Herrn iſt ein feſtes ſchloß, der gerechte laͤuft dahin und wird beſchirmet. Dahin laͤuft David, wenn er ſpricht: Wenn mir angſt iſt, ſo ruffe ich den Herrn an, und ſchreye zu meinen GOtt; ſo erhoͤret er meine ſtimme von ſeinem heiligen tem - pel, und mein geſchrey koͤmmt fuͤr ihm zu ſeinen ohren. Zwar als dorten Jonaͤ ſchiff denen ſtuͤr - menden wellen preiß gegeben war und ſeinen ſchiffern zu einem grabe werden wolte, ſchrien dieſe ein ieglicher zu ſeinem GOtt, und wenn die menſchen in noth gerathen, ſo faͤllt ein iegli - cher ſeinem GOtt, den er ihm ſelbſt gemacht zu fuͤſſen. Einige verlaſſen ſich auf menſchen, und halten fleiſch fuͤr ihren arm, andere machen ih - re eigne klugheit zu ihrem abgott, andere beugen ihre knie fuͤr den Baal des ehrgeitzes ſprechen zum goldklumpen: du biſt mein troſt, oder opfern ſich auch wohl ihren eignen luͤſten auf. Allein:

Jhr die ihr Chriſti nahmen nennt,
Gebt unſerm GOtt die ehre:
Jhr die ihr Gottes macht bekennt,
Gebt unſerm Gott die ehre:
Die falſchen goͤtzen macht zu ſpott,
Der Herr iſt Gott, der Herr iſt GOtt!

Kein vernuͤnftiger ſchifmann wirft den ancker auf trieb-ſand aus, kein kluger baumeiſter gruͤn - det ſein hauß auf einem falſchen boden, ſondernJ i 4viel -504von Theologiſchenvielmehr auf einen felſen. Alſo lauffen Chriſten den herrn an, der iſt ihnen ein ſichrer hafen, ſie gruͤnden ſich auf den felß und hort Jſraelis, ſo werden ſie wohl bleiben. Sie heben ihre augen auf zu den bergen, von welchen ihnen huͤlfe kommt, und ſiehe ihre huͤlfe kommt von dem Herrn, der himmel und erden gemacht hat. Sie heben ihre augen auf zu dir, der du im himmel ſitzeſt, ſiehe wie die augen der knechte auf die haͤn - de ihrer herren ſehen, wie die augen der magd auf die haͤnde ihrer frauen, alſo ſehen der Chriſten glaubens-augen auf den Herrn unſern Gott, und der Herr der nahe iſt allen die ihn anruffen, allen die ihn mit ernſt anruffen, der thut was die gotts - fuͤrchtigen begehren, und hoͤret ihr ſchreyen, und hilfet ihnen. Denn der iſts, der nicht al - lein geſprochen: Ruffe mich an, in der zeit der noth, ſondern der auch hinzu geſetzt: So will ich dich erretten. So ſehen ſich dann recht - ſchaffene Chriſten, wieder die anlaͤuffe der feinde, mit dem ſchilde der goͤttlichen allmacht bedecket. So koͤnnen ſie unter den ſchatten und fluͤgeln des hoͤchſten ſicher wohnen. Er wird ihre huͤlfe in der noth, ihr artzt in kranckheit, ihr leben im tode, ihr labſal in truͤbſal, ihre ſtaͤrcke, in ſchwach - heit, ihr reichthum in armuth, ihre ſonne im ungewitter, und wenn es blitzt und donnert, ſo blitzt und donnert es unter ihren fuͤſſen, ſie aber ſtehen auf den bergen Jſraelis und ihnen ſchei - net die goͤttliche gluͤcks und gnaden-ſonne. So er -[i]nnern ſie ſich dann der worte Davids: es iſt ein koͤſt -lich505oder geiſtlichen reden. lich ding dem Herrn dancken, und deinem nahmen lobſingen du hoͤchſter; und haben ſie anfaͤnglich dem befehl der goͤttlichen barmhertzigkeit ein ge - nuͤge geleiſtet, und ihn angeruffen in der zeit der noth, ſo veraͤndert ſich ihr gebet endlich in ein ſchuldiges danckopfer und ſie preiſen ihren er - retter. Da heiſt es nachgehends: Dancket dem herrn, denn er iſt ſehr freundlich, und ſeine guͤte waͤhret ewiglich. Preiſet Jerufalem den Herrn lobe Zion deinen Gott. Herr wer iſt die gleich un - ter den goͤttern? wer iſt dir gleich? der ſo maͤch - tig, heilig, ſchrecklich, loͤblich und wunderthaͤtig ſey. Heilig heilig heilig iſt unſer Gott der herre zebaoth alle lande ſind ſeiner ehren voll. Alleluja. Jch zweifle nicht, meine freunde, es werden auch unſre hertzen, nach dem befehl des hoͤchſten, in heiliger andacht entzuͤndet werden, unſerm Gott die ſchuldigen opfer des gebets und des danckes in ſeinem heiligthum zu bringen. Und da nach ei - nem vollkommenen muſter, durch die nachah - mung, ein vollkommenes gegenbild kan verferti - get werden, ſo oͤffnet ſich in unſerm Evangelio ein ſchauplatz, auf welchen wir feurige beter und inbruͤnſtige danckbarkeit vergeſellſchafet antref - fen. Damit aber nicht unſere eigene blindheit, als die hoͤchſte ſeelen-noth, uns an betrachtung dieſer heylſamen exempel hindern moͤge, ſo erin - nere mich billich bey dieſer gelegenheit, da meiner ſeelen und allen die mich hoͤren, huͤlfe noth iſt, deines befehls dreyeiniger GOtt. Jch ruffe dich an, um den beyſtand deines guten geiſtes,J i 5um506von Theologiſchenum deine gnade zum reden hoͤren und vollbrin - gen. Jch ruffe dich an, in und mit dieſer ge - meine, im ungezweiffelten vertrauen, auf das verdienſt Chriſti, in dem gebet, welches er uns ſelbſt gelehret, zu erhoͤren verheiſſen hat, und〈…〉〈…〉 nge zuvor:

Textus Luc. 17. v. II. 19.

Und man ſahe an ihnen die zungen zerthei - let als waͤren ſie feurig. So redet der Ev - angeliſt Lucas im 2 ſeiner Apoſtelgeſchicht von denen apoſteln, wenn er die ſichtbahre ausgieſ - ſung des h. Geiſtes ausfuͤhrlich beſchreibet, und ſetzet dadurch alle die es hoͤren und leſen in eine heilige verwunderung. Jch will mich ietzo nicht einlaſſen, die geheimniß-volle eigenſchaft, der da - mahls erſt mit dem h. Geiſt ausgeruͤſteten Apoſtel, weitlaͤufftig zu entdecken. Vielmehr ruffe ich dabey aus mit den Apoſtel Paulo: O welch eine tieffe des reichthums, beyde der weiß - heit und der erkaͤnntniß Gottes, wie gar unbe - greiflich ſind ſeine gerichte und unerforſchlich ſei - ne wege. Wenn ich aber betrachte, daß alle rechtſchaffene Chriſten Gott gebet und danck im bruͤnſtigen eyfer zu opfern ſchuldig ſind, ſo er - blicke ich uͤberall und insbeſondere bey gelegen - heit des angehoͤrten evangelii

Zertheilte und feurige zungen der glaͤu - bigen ()

Denn da ſehe ich, wie der erſte theil:

Feurig betet ()Der507oder geiſtlichen reden.

Der andere: Jnbruͤnſtig dancket, und dabey ſeuftze ich:

Laß mein gebet herr feurig ſeyn,
Und durch daſſelb erſterben,
Den alten Adam der allein
Begehret mein verderben:
So kan ich nach der boͤſen zeit,
Dich bruͤnſtig in der ewigkeit,
Als rath und helfer preiſen. Amen.

Daß ich mir die zungen der glaͤubigen als zerthei - let und feurig fuͤrſtelle, und zwar wie ſie eines theils feurig beten, dazu bieten mir die im Ev - angelio auftretende auſſaͤtzige, ſichere gelegenheit. Sie ſind elende leute, ſie erkennen ihr elend, ſie ſuchen rath und huͤlfe, und da bricht die angſt ihres hertzens, in lichte flammen aus, wenn ſie ruffen: JEſu liebſter meiſter erbarme dich un - ſer. Endlich wird auch ihr gebet durch eine wunderthaͤtige errettung verſiegelt. Elende leu - te ſind ſie, denn ſie ſind auſſaͤtzig, und in der elen - deſten beſchaffenheit. Der auſſatz iſt eine, denen morgenlaͤndern bekannte, unheilbare, abſcheuli - che kranckheit. Wen dieſes gift entzuͤndet, der wurde ſo fort gleichſam unter die todten verban - net, und aus aller menſchlichen geſellſchaft aus - geſchloſſen. Das geſetz, als ein ſtrenger zucht - meiſter, legte ihm bey ſeinem ungluͤckſeeligen zu - ſtande, ſo viel unertraͤgliche buͤrden auf, da - runter auch wohl ein ſtarcker geſunder haͤtte zu boden ſincken moͤgen. Bey dieſen allen ſaht man den auſſatz an, als eine derienigen ſtraffen,womit508von Theologiſchenwomit dir raͤchende hand des gerechten richters, die freventlichen uͤbertreter des geſetzes, als zum exempel: Miriam, Vſiam, und andere zu ſchlagen pflegte. So daß die mit dem auſſatz behaftete urſache fanden, zu ſeuftzen: Herr es iſt nichts geſundes an meinem leibe fuͤr deinen draͤuen, und iſt kein friede in meinen gebeinen fuͤr meiner ſuͤnde. Denn meine ſuͤnde gehen uͤber mein haupt, wie eine ſchwere laſt ſind ſie mir zu ſchwer worden. Meine wunden ſtincken und ei - tern fuͤr meiner thorheit. Meine lieben freun - de ſtehen gegen mir und ſcheuen meine plage, und meine naͤchſten treten ferne. Urtheilet nun ſelbſt, meine freunde, ob dieſe auſſaͤtzige nicht mit rechte elende leute zu nennen? Jedoch ſie erken - nen ſelbſt ihr elend, denn ſie ſtehen von ferne. Was fuͤr eine hertzens angſt mag nicht in ihrer ſeelen geweſen ſeyn, wann ſie ſich als ein ſcheu - ſaal der welt, ihrer aͤuſſerlichen kranckheit wegen, nicht unterſtehen duͤrffen iemand unter die augen zu treten? was fuͤr brennende regungen moͤgen ſie nicht empfunden haben, wenn ſie ſich ihrer geiſtlichen unreinigkeit, als bloß und entdecket fuͤr den augen Gottes, als ein greuel fuͤr den augen der heiligſten maieſtaͤt erinnert. Jch meine ia, daß ſie urſach gehabt, von ferne zu ſtehen, wie der zoͤllner, und ihre augen nicht aufzuheben gen himmel, ſondern an ihre bruſt zu ſchlagen, und zu ſeufzen: GOtt ſey uns armen ſuͤndern gnaͤdig. Allein ihre erkaͤnntniß iſt eine heylſame erkaͤnnt - niß, denn ſie fuͤhret ihre fuͤſſe auf den himmels -weg,509oder geiſtlichen reden. weg, zu dem herrn den artzt Jſraelis, ſie wird ihnen zu einer feuer-ſeule in der nacht, und zu ei - nem weg-weiſer in der wuͤſten. Denn ſie begeg - nen Chriſto, ſie heben ihre ſtimme auf und ſchrey - en: JEſu liebſter meiſter erbarme dich unſer! Koͤnten ſie auch wohl einen beſſern meiſter zu helf - fen aufgeſucht haben, und koͤnten ſie ein vollkom - mener brandopfer, als dieſes feurige gebet, JE - ſu angezuͤndet haben: JEſu lieber meiſter er - barme dich unſer. Sie ſetzen alle ihre kraͤfte zu - ſammen, und concentriren die kraft aller gebete in wenig worte, welche hingegen als ein blitz, durch glauben und andacht entzuͤndet, in das hertz JEſu eindringen. Jeſu ſagen ſie, und er - inneren damit gleich anfangs, den in die welt ge - kommenen Meßiam, daß er ein ſeeligmacher der menſchen, aber auch ihr ſeeligmacher ſey. Unſer hertz haͤlt dir fuͤr dein wort, ihr ſolt mein antlitz ſuchen, darum ſuchen wir auch herr dein antlitz, und ruffen: JEſu lieber meiſter. Hiebey legen ſie zugleich ihr bekaͤnntniß ab, und nennen JE - ſum ihren herrn und meiſter. Sie entſagen hie - mit aller andern herrſchaft, reiſſen ſich loß von dem ioch der ſuͤnden und des ſatans und werfen ſich zu den fuͤſſen des Herren aller Herren, des meiſters zu helfen, des rechten beyſtehers. Die - ſen nehmen ſie an, als den verheiſſenen heyland, und ſchreyen: erbarme dich unſer. Wir ſind elend und iaͤmmerlich, du aber biſt der hoheprieſter, der da ſoll ein mitleiden haben, mit unſrer ſchwach - heit. Nun dann da wir dich anruffen in dernoth,510von Theologiſchennoth, und du verheiſſen haſt uns zu erretten, ſo erbarme dich unſer, laß unſer gebet fuͤr dir tuͤgen wie ein rauchopfer, heile, errette, hilf uns, laß dein hertz gegen uns brechen und erbarme dich unſer. JEſu lieber meiſter erbarme dich unſer. Wie ſolte denn der das ohr gemacht hat, nicht der elenden feuriges und glaͤubiges gebet hoͤren? O ia er hoͤrets, er ſchauet auf ihr elend, daß er ih - re ſeele errette vom tode und bey ihm iſt hoͤren, ſehen, und helfen ſo fort auf eine goͤttliche und wunderthaͤtige art mit einander verknuͤpfet: Ge - het hin, heiſt es, und zeiget euch den prieſtern, damit dem geſetz meines vaters ein gnuͤge geſche - he, und da ſie hingiengen wurden ſie rein. Sind das nicht feurige zungen die dieſes gebet ausge - ſprochen: JEſu lieber meiſter erbarme dich un - ſer. Und hoͤret meine freunde, eben dieſes iſt die ſprache der glaͤubigen, eben dieſes iſt das ge - bet, welches ſie mit einer feurigen zunge fuͤr Gott bringen Glaͤubige kinder Gottes haben auch ihre noth, welche ihnen innerlich und aͤuſſerlich den weg zum leben, mit diſteln und dornen be - ſaͤet. Zwar ſpricht ein aufgeblaſener ſchriftge - lehrter, ein in ſeinen luͤſten erſoffenes welt-kind, was fehlet mir noch? Aber Chriſten ſeuftzen: Mir mangelt zwar ſehr viel, doch was ich ha - ben will, iſt alles mir zu gute erlangt mit Chri - ſti blute, dadurch ich uͤberwinde, todt teuffel hoͤll und ſuͤnde. Die kirche Chriſti iſt ein ſchiff, welches die gewalt der wellen hin und her wirft, und in den abgrund zu reiſſen ſich bemuͤhet, ſoltendenn511oder geiſtlichen reden. denn Chriſti Juͤnger nicht ſchreyen: Herr hilf uns wir verderben. Chriſten ſind die heiligen und geliebten Gottes, aber auch unter ſeinen hei - ligen iſt keiner ohne tadel, ſie muͤſſen leider mit Paulo klagen, ich weiß, daß in mir, daß iſt in meinem fleiſche, wohnet nichts gutes, wollen ha - be ich wohl aber vollbringen das gute finde ich nicht. Und ein mann, deſſen gleichen JEſus in gantz Jſrael nicht funden an glauben, muß ſa - gen: Herr ich bin nicht werth, daß du unter mein dach geheſt. Endlich ſo iſt leibliche noth creutz und ungluͤck der Chriſten taͤglicher gefaͤhrte. Wenn aber andere, durch den ſchlaf der ſicherheit, unter die todten zu rechnen, wenn ſie verblendet ſind durch finſterniß und blindheit ihres hertzens. die in ihnen iſt, wenn ſie in der ſatans ſchule ſo fuͤhl-loß gemacht, daß ſie ihr elend nicht empfin - den, ſo fuͤhlen glaͤubige Chriſten ſich ſelbſt und ſorgen fuͤr ihre ſeele. Wenn ſie nun ihre leibes und ſeelen noth fuͤhlen, ſo gehen ſie nicht mit den boten des Koͤnigs Ahaſiaͤ, und fragen Baal - Sebub den gott zu Ekron, ob ſie von ihrer kranckheit geneſen koͤnnen, ſondern ſie treten in die geſeegneten fußſtapfen Davids, Hißkiaͤ, Hi - obs, ia der auſſaͤtzigen. Denn da dieſe elende rieffen, da hoͤrete der Herr und half ihnen aus aller noth. So erheben ſie denn ihre ſtimme im eyfrigem gebet, in brennender andacht, mit feuri - ger zunge: JEſu lieber meiſter erbarme dich unſer. Wir ſchreyen mit unſerer ſtimme zu GOtt, zu GOtt ſchreyen wir und er erhoͤretuns. Jn512von TheologiſchenJn der zeit der noth ſuchen wir den Herrn, un - ſere hand iſt des nachts ausgereckt und laͤſt nicht ab, denn unſere ſeele will ſich nicht troͤſten laſſen, als nur durch dich, der du der eintzige mitt - ler und fuͤrſprecher biſt:

Herr es ſteht in deinen haͤnden,
Du alleine hilfſt aus noth,
Du kanſt unſern Jammer wenden,
Du kanſt retten aus dem todt.

Dabey ergreiffet der glaube das verdienſt ſeines heylandes, die liebe ſtellet alles in der gottheit allerheiligſten wohlgefallen, denn Gott erhoͤret das glaͤubige gebet allezeit, er hilft, aber er hilft nicht wenn wir wollen, oder auf eine ſolche art, wie wir wollen, ſondern nach ſeinem unerforſch - lichen rath. Die hofnung aber wartet der rechten zeit, was Gottes wort zuſaget, und richtet das bekuͤmmerte hertz mit goͤttlichen troſt auf, biß ein ſo feuriges gebet das hertz des himmliſchen vaters erweichet, und die huͤlffe aus Zion uͤber Jſrael herfuͤrbricht. Nach dieſem laͤſſet ſich auch gleichſam der glaͤubigen zertheilte und feuri - ge zunge mit ihrem andern theil in bruͤnſti - ger danckſagung hoͤren. Habe ich nun, meine ſreunde, zehen auſſaͤtzige, als ein beyſpiel feuriger beter angefuͤhret, aus unſerm evangelio, ſo muß ich leider, nur einen eintzigen, als ein muſter bruͤnſtiger danckbarkeit aus demſelben fuͤrſtellen. Der nothleidenden beter iſt eine groſſe menge. Denn Herr wenn truͤbſal da iſt, ſo ſuchet man dich, und wenn du ſie zuͤchtigeſt, ſo ruffen ſie aͤngſtiglich. Hinge -513oder geiſtlichen reden. Hingegen iſt die danckbarkeit eine der ſeltenſten tugenden, und es verraͤth ſich auch hier die boß - heit des menſchlichen hertzens, daß es ſich lieber des boͤſen als des guten erinnert. Was wun - der denn, daß von zehen auſſaͤtzigen nur einer danckbarkeit ausuͤbet, da man bey der heutigen welt unter tauſend kaum einen antrift, der dem danckenden Samariter gleich komme. Jedoch ie ſeltener ein kleinod, ie fuͤrtreflicher iſt es, und die vollkommenheit desienigen muſters, welches uns unſer Evangelium von einer danckbaren zunge anffuͤhret, iſt ſo herrlich, daß wir dabey der undanckbaren uͤbrigen fuͤglich vergeſſen und hin - gegen den eintzigen danckbaren Samariter zur nachfolge beybehalten koͤnnen. Dieſer ſiehet und erkennet, daß er geſund worden, er kehret um, faͤllt auf ſein angeſicht, zu den fuͤſſen JEſu, preiſet GOtt und dancket ſeinem erloͤſer, welcher auch dieſes danckopfer liebreich annimt. Jch weiß meine freunde, ſeine erkaͤnntniß war eine lebhaf - te uͤberzeugung, daß JEſus ſeyn lieber meiſter ſich ſeiner erbarmet, da er ſich ploͤtzlich veriuͤnget ſahe wie einen adler, und da er empfand, daß eine heylſame aͤnderung an ſeinem leibe vorgegan - gan war. Wieaber eine lebhafte uͤberzeugung, und eine lebendige erkaͤnntniß, auch zugleich ei - nen kraͤftigen eindruck in den willen verurſachet, ſo folgen auch bey ihm dieſer erkannten wahrheit gemaͤſſe thaten. Er kehret alſo um, und ſon - dert ſich damit von denen undanckbaren gefaͤhr - ten ab, er tritt nunmehro nicht von ferne, ſondernK kfaͤllt514von Theologiſchenfaͤllt JEſu zu fuͤſſen, und die feurige zunge wel - che ſich zuvor mit einem eyfrigen beten und ſchrey - en um huͤlfe hatte hoͤren laſſen, wird nunmehro getheilet, dem helfenden JEſu, ein bruͤnſtiges danckopfer zu bringen. Wundert euch nicht, mei - ne freunde, daß uns der Evangeliſt zwar das ge - bet der auſſaͤtzigen aufgezeichnet, hingegen die worte mit welchen der danckbare Samariter die groſſen thaten Gottes geprieſen, nicht aufge - ſchrieben. GOtt verlanget zwar feurige und ernſtliche gebete, aber weil unſere noth endlich und zeitlich iſt, ſo ſind wir auch vermoͤgend mit kur - tzen worten ſelbige dem groſſen GOtt fuͤrzutra - gen. Allein die uns von der hoͤchſten goͤttlichen Maieſtaͤt erzeigte gnade, iſt etwas unendliches und ewiges, und das lob, welches wir dafuͤr ſchul - dig ſind, waͤhret ſo lange wir leben, biß in die ſee - lige ewigkeit, ohne aufhoͤren, in unzehlichen wor - ten. Und wie ſolten wir geſchickt ſeyn die worte, deren ſich der arme Samariter zum preiſe ſeines leiblichen und geiſtlichen artztes bedienet, in un - ſer gedaͤchtniß zu faſſen, da er vielleicht fuͤr in - brunſt ſeines hertzens nicht worte genug, nicht nachdruͤckliche worte genug finden koͤnnen, mit welchen er die ihm erzeigte wohlthat haͤtte ausdruͤ - cken koͤnnen. Denn wer kan die groſſen thaten des Herrn ausreden und alle ſeine loͤbliche wercke prei - ſen. Zudem ſo will der wohlthaͤtige GOtt, daß wir vielmehr in der that und wahrheit, als mit bloſ - ſen worten unſere danckbarkeit bezeugen ſollen. Es iſt genug, er preiſete GOtt mit lauter ſtim -me,515oder geiſtlichen reden. mel, denn der koͤnige und fuͤrſten geheimniſſe ſoll man verſchweigen, aber gottes geheimniſſe und wunderthaten ſoll man oͤffentlich ruͤhmen. JE - ſus laͤſt ſich ſein lallen ſo angenehm ſeyn, daß er ihm antwortet und ſpricht, ſind ihr nicht zehen rein worden? wo ſind aber die neune? hat ſich ſonſt keiner funden der umkehre und gebe GOtt die ehre, denn dieſer frembdlinger? ſtehe auf, gehe heim, dein glaube hat dir geholfen. Ja du gluͤckſeeliger Samariter, dein glaube hat dir geholfen, dein glaͤubiges und feuriges gebet hat deinem JEſu das hertz geruͤhret, daß er dich wun - derbarlich geheilet, dein glaͤubiges und inbruͤn - ſtiges danckopfer, da du GOtt die ehre gegeben, iſt die urſach, daß wir dich nicht als einen Sa - mariter, nicht als einen frembdlinger, ſondern als einen Chriſten, als ein muſter eines glaͤubi - gen Chriſten anſehen. Denn eben die feurige zunge, welche wir an dir erblicken in einem bruͤn - ſtigen dancke, fuͤr die deiner ſeelen und deinem leibe erzeigten wohlthaten, erblicken wir auch an allen glaͤubigen kindern GOttes. Dieſe er - kennen ebenfals, was GOtt an ihnen gethan, wenn ſie mit Jacob ſprechen: Herr wir ſind zu ge - ring aller barmhertzigkeit und aller treue, die du an deinen knechten gethan haſt. Wie alle ihre tugend aus dem glauben an Chriſtum kommet, ſo entbrennet auch eben dieſe erkaͤntniß, aus einem ſo heiligen feuer, und dieſe zuͤndet ferner GOtt ein danckopfer nach dem andern in ihrem hertzen an, ſie ſondern ſich auf ſolche weiſe ab von demK k 2undanck -516von Theologoiſchenundanckbahren haufen der welt-kiuder, ſie keh - ren um von dem breiten wege, werfen ſich zu JEſu fuͤſſen, und treten in ſeine fußſtapfen, daß man von ihnen ſagen kan:

Es dancket GOtt und lobet dich
Das volck in guten thaten,
Das land bringt frucht, und beſſert ſich,
Dein wort iſt wohl gerathen.

Und wie dem Jeſaia durch eine gluͤende kohle vom altar, bey ſeinem groſſen geſichte die zunge geruͤh - ret und geheiliget wurde, alſo wird auch ihre zunge durch den h. Geiſt im glauben geruͤhret, entzuͤn - det, und geheiliget, daß ſie dem HErrn, der uͤber die Seraphinen ſitzet, ein dancklied nach dem an - dern anſtimmen, daß ihre ſeele den HErrn erhebt und ihr geiſt ſich freuet ihres heylandes. Biß ſie in der ſeeligen ewigkeit, ihre lob-geſaͤnge mit dem heilig, heilig, heilig, der Cherubim und Sera - phim verſtaͤrcken, und alſo dem Hoͤchſten auf die allervollkommenſte art danck opfern, und ihre ge - luͤbde bezahlen. Nun, meine freunde, es iſt der goͤttliche befehl: Ruffe mich an in der zeit, ſo will ich dich erretten, und du ſolt mich preiſen, und wir erblicken dieſem zu - folge, an allen glaͤubigen, feurige und zer - theilte zungen, welche eines theils feurig beten, andern theils inbruͤnſtig dancken. Gehoͤren wir nun unter die zahl dererienigen, welche ihre luſt haben an dem geſetz des HErrn, ſind wir glaͤubige Chriſten, maͤnner GOttes, ſo ſprechen wir billig mit Elia: Es falle feuer vomhim -517oder geiſtlichen reden. himmel, und entzuͤnde die erkalteten hertzen, die ſchweren zungen, welche ſich ſo ſchwerlich zum gebet und lobe des Allerhoͤchſten bewegen, derer - ienigen, welche aus einer geiſtlichen unempfind - lichkeit, ihre noth nicht erkennen, und ſprechen: Wir ſind reich und haben gar ſatt, und duͤrffen nichts, und wiſſen nicht, daß ſie ſind elend iaͤm - merlich blind und bloß. Der barmhertzige va - ter locket uns, wie eine henne ihre kuͤchlein un - ter ſeine fluͤgel, daß wir glaͤuben ſollen, er ſey unſer rechter vater, und wir ſeine rechte kinder, auf daß wir getroſt und mit rechter zuverſicht ihn bitten ſollen, wie die lieben kinder ihren lieben vater. Und dennoch ſind die menſchen ſo blind und taub, daß ſie ſich nicht entſchlieſſen koͤnnen, hinzuzutreten mit freudigkeit zu dem gnaden - ſtuhl, auf daß ſie barmhertzigkeit erlangen, und gnade finden, auf die zeit, da ihnen huͤlfe noth ſeyn moͤchte. Wenn aber der zuchtmeiſter der truͤbſal kommt, ſo erinnern ſie ſich der gnaden - thuͤr, kommen und klopfen an, aber, da ſie ſo lange nicht an GOtt gedacht, und jetzo nur mit den lippen an ihn gedencken, und ſich zu ihm na - hen, ſo bleibet ihnen die gnaden-thuͤre verſchloſ - ſen, und es erſchallet die donner-ſtimme in ihren ohren: Jch habe euch noch nie erkannt, weichet alle von mir, ihr uͤbelthaͤter. Andere bewegen zwar wohl ihre zunge zum gebete, aber das hertz iſt nicht dabey, es iſt kein feuriges gebet, das in ei - nem zerknirſchten bußfertigen hertzen durch den rechten glauben angezuͤndet waͤre. ZuweilenK k 3heiſt518von Theologiſchenheiſt uns die eingefuͤhrte gewohnheit ein gebet - buch ergreiffen, und unſere aͤuſſere geſtalt ſchei - net einem betenden nicht ungleich, aber das hertz iſt mit ſo vielen ſchweren eitelkeiten umgeben, daß es ſich zu GOtt nicht heben kan, oder wir legen wohl mit dem ergriffenen gebet-buche alle regun - gen der gottesfurcht zugleich von uns. Solte da nicht der Hoͤchſte klagen: Dies volck nahet ſich zu mir mit ſeinen lippen, aber ihr hertz iſt ferne von mir, vergeblich dienen ſie mir, dieweil ſie Lehren ſolche lehre, die nichts denn meuſchen - gebote ſind. Nadab und Abihu bringen fremd feuer fuͤr dem HErrn, aber das feuer fuhr aus von dem HErrn, und verzehrete ſie. Was fuͤr ein feuer-eyfer drohet nicht denenjenigen, welche mit fremden gedancken fuͤr dem HErrn kom - men, mit einem hertzen, das entfremdet iſt von dem leben, das aus GOtt iſt, welche auf ein fremdes verdienſt ſich gruͤnden, auch wohl auf ihre ſelbſt-erwehlte heiligkeit trotzen, da doch nur allein Chriſtus ſpricht, was ihr den Vater bitten werdet in meinem nahmen, das wird er euch ge - ben, und da die Chriſtliche kirche ſingt:

Der menſch iſt gottloß und verflucht,
Sein heyl iſt auch noch ferne,
Der troſt bey einem menſchen ſucht,
Und nicht bey GOtt dem HErren,
Denn wer ihm will ein ander ziel
Ohn dieſen troͤſter ſtecken,
Den wird gar bald, des teuffels gewalt,
Mit ſeiner liſt erſchrecken.
Wir519oder geiſtlichen reden.

Wir wollen uns von dieſem ungluͤckſeeligen hauf - fen abſondern, meine freunde, zu Chriſto kommen und mit ſeinen iuͤngern ſeufzen: HErr, lehre uns beten, verbinde hertz und zunge in heiliger andacht, im wahren glauben auf dein verdienſt, damit wir recht feurig beten moͤgen, damit wir ohne unterlaß beten moͤgen, damit wir als tempel dir lebenslang geheiliget, unſere hertzen als rechte altaͤre, dir ge - faͤllige opfer des gebets bringen moͤgen. Bey ſolchen umſtaͤnden werden wir der ſichern hof - nung leben koͤnnen: Es werde unſer gebet ia, a - men und erhoͤret ſeyn, und der HErr werde das opfer unſerer lippen anſehen, wie das opfer des ge - rechten Abels, und es von uns gnaͤdig annehmen. Denn wir haben einen GOtt, der da hilft, und ei - nen HErrn HErrn, der vom tode erloͤſet, von dem alle gute gaben und alle vollkommene gaben von oben herab kommen, der uns gute gaben, ia den heiligen geiſt geben will, wann wir ihn dar - um bitten. Auf ihn koͤnnen wir alſo durch das gebeth in aller noth unſer anliegen werfen, und zu ihm ſchreyen: Abba lieber vater, Kyrie eleiſon, Chriſte eleiſon, JEſu, lieber meiſter, erbarme dich unſer. Das gebet iſt der Chriſten geiſtli - cher ancker und panacee, darum ruffet uns die gemeine der glaͤubigen zu: Befiehl du deine wege, und was dein hertze kraͤnckt, der allertreu - ſten pflege, des, der den himmel lenckt, der wolcken, luft und winden giebt wege, lauf und bahn, der wird auch wege finden, da dein fuß gehen kan. Dem HErren muſt du trauen, wann dirs ſollK k 4wohl -520von Theologiſchenwohlergehn, auf ſein werck muſt du ſchauen, wann dein werck ſoll beſtehn, mit ſorgen und mit graͤmen, und mit ſelbſt eigner pein, laͤſt GOtt ihm gar nichts nehmen, es muß erbeten ſeyn. Ja du helfer in aller angſt, und noth, du liebſter Heyland JEſu Chriſte: So oft ich nur gedenck an dich, all mein gemuͤth erfreuet ſich, wann ich mein hofnung ſtell zu dir, ſo fuͤhl ich freud und troſt in mir. Wann ich in noͤthen bet nnd ſing, ſo wird mein hertz recht guter ding, dein geiſt bezeugt das ſolches frey des ewgen lebens vorſchmack ſey. Und wenn dort, HErr JEſu, wird fuͤr deinem throne auf meinem haupte ſtehn die ehren-krone, da will ich dir, wenn alles wird wohl klingen, lob und danck ſingen. Moſes kla - get zwar uͤber den undanck der halsſtarrigen kin - der Jſrael, wenn er ſaget: Danckeſt du alſo dem HErrn deinem GOtt, du toll und thoͤricht volck, iſt er nicht dein vater und dein HErr, iſts nicht er allein, der dich gemacht und bereitet hat? Aber ob GOtt will, meine freunde, ſo ſoll uns dieſer harte vorwurf nicht treffen, wir wollen vielmehr unſere ſchuldige danck-opfer dem Hoͤchſten brin - gen in der that und in der wahrheit. Jn der that zwar, daß wir der dreyeinigen Maieſtaͤt uns gantz und gar zu eigen widmen. Daß auch un - ſer hertz in vollkommener liebe erbrenne gegen un - ſern naͤchſten, daß wir barmhertzig ſind, gleichwie unſer vater im himmel gegen uns barmhertzig iſt, und daß wir unſern naͤchſten mit bruͤnſtiger liebe umfaſſen, gleichwie JEſus Chriſtus uns geliebethat521oder geiſtlichen reden. hat bis in den todt, dabey wollen wir nicht auf - hoͤren hier in dieſer zeit die groſſen thaten GOt - tes zu verkuͤndigen, und zu preiſen mit bruͤnſtiger zunge, was GOtt an uns gethan, biß wir in der frohen ewigkeit mit allen heiligen und auser - wehlten anſtimmen werden: Heilig iſt unſer GOtt, heilig iſt unſer GOtt, heilig iſt unſer GOtt, der HErre Zebaoth, alle lande, ia aller himmel himmel ſind ſeiner ehre voll, Alleluja.

§. 10. Auſſer denen predigten kommen geiſtliche reden fuͤr, bey introductionibus, or - dinirungen, trauungen, taufena) im beicht - ſtuhl,b) in den richter-ſtuben, bey admonitio - nibus,c) mit delinquenten,d) im hauſe bey krancken, betruͤbten und ſterbenden. ꝛc. Zu welchen allen man keine beſondere regeln noͤ - thig, da man theils aus den nahmen dieſer reden gleich ſiehet, worauf es ankomme, theils die ailgemeinen regeln der Oratorie dabey hinlaͤnglich. Jm uͤbrigen hat ſich der geiſt - liche redner, bey allen dieſem zu huͤten, daß man ihn fuͤr keinen atheiſten, naturaliſten und irrglaͤubigen frey-geiſt, oder ketzer halte, aber auch nicht eines aberglaubens, heuchle - riſchen papentzenden weſens, ignorantz und grobheit beſchuldigen koͤnne.

a)Bey dieſen reden haben nur beruffene prediger zu thun, welche meines unteri ichts verhoffent - lich nicht beduͤrfen.
a)
b)Da reden nicht allein prediger, ſondern auch die beicht-kinder, welche zwar mit einer kurtzenK k 5for -522von Theologiſchenformul, als: GOtt ſey mir armen ſuͤnder gnaͤdig, fertig werden koͤnnen, aber denen es doch nicht verboten, auch in etwas laͤnger zu reden. Z. e. Wann einer am ſonntag Laͤtare zur beichte gienge, wuͤſte ich nicht, ob man ihm verargen koͤnte, wann er ſich alſo beich - tend hoͤren lieſſe:
b)

P. P.

Die wunderbare freygebigkeit und mil - digkeit des allerliebſten Heylandes JEſu Chriſti, welche er nach dem inhalt des mor - genden Evangelii an den leiblich hungrigen erwieſen, erinnert auch meine hungrige ſeele des brods des lebens, welches mir mein hey - land im abendmahl fuͤrgeſetzet, und ich wer - de begierig zuſehen und zu ſchmecken, wie freundlich der HErr ſey. Zwar komme ich gleich ienem verlohrnen ſohn, welcher ſeine geiſtlichen guͤter in Adam verlohren, ſich her - nach mit den traͤbern dieſer welt gefaͤttiget, und ſein Laͤtare in den irrdiſchen luͤſten geſu - chet, auch nunmehro aller kleider ſeine ſuͤnd - liche bloͤſſe zu decken ſich beraubet ſiehet. Al - lein ich ſeufze auch mit ienem verlohrnen ſohn: Vater, ich habe geſuͤndiget im himmel und fuͤr dir, ich bin fort nicht werth, daß ich dein kind heiſſe: Jedoch ſiehe an das blut und verdienſt deines gehorſamſten ſohnes, deſſen gehorſam biß zum todt am creutz uns die ietzige zeit fuͤr - haͤlt, ſiehe, wie auch ich mit ſeinem blute be - ſprenget und abgewaſchen, und mit ſeiner ge - rechtigkeit, die ich glaubens-voll ergreife, be -klei -523oder geiſtlichen reden. kleidet. So zweiffele ich denn nicht, es wer - de Mhhr. Paſtor auf ſolche meine bekaͤntniß mich zu dem tiſch des HErren fuͤhren, und da - mit ich daſelbſt wuͤrdig erſcheine, an GOttes ſtatt von meinen ſuͤnden loßſprechen. Jch ge - lobe Jhnen hiemit an, fuͤr GOttes angeſicht mit des h. Geiſtes beyſtand JEſum hinfuͤhro als meinen HErrn und Koͤnig zu erwehlen, und deſſen befehlen in meinem kuͤnftigen leben mich willig und ſchuldig zu unterwerffen. Am.

c)Hievon iſt mir folgendes tractaͤtgen zu handen kommen: Chriſtliche erinnerung von eyd - ſchweren, darinnen gezeiget wird, was der eyd auf ſich babe, ꝛc. von Caſpar Meliſan - dro D. P. Super. zu Altenburg. Franckfurth und Leipzig. 1722. 12. Dem beygefuͤget 1.) D. Joh. Friedrich Maͤyers hertz-bewegliche warnung fuͤr einem falſchen eyd, als ein for - mular denen ungeuͤbten prieftern aus dem Greifswaldiſchen academiſchen Conſiſtorio im druck communiciret, welche eine gar pa - thetiſche admonition in ſich faſſet. 2.) M. Joh. Chriſtian Loͤſers in Roc[h]litz warnung fuͤr den meineyd ꝛc. Daraus man ſich raths er - holen mag, wenn es etwa einem fehlen ſollte.
c)
d)Wer da meint, daß einem geiſtlichen redner die Oratorie nichts nuͤtze, der verſuche es nur mit ſolchen verbitterten und verwirrten leuten zum theil als delinquenten. Mir deucht, daß man gewiß alle argumenta zu huͤlfe nehmen muͤſſe ihnen das hertz weich zu machen. Bey eini - gen thun ſanftmuͤthige gelinde liebreiche wor - te das beſte, bey andern will mehr ſchaͤrfe ge - brauchet ſeyn, wo man da keine erkaͤntniß dermenſch -524von aͤuſſerl. umſtaͤnden im fuͤrtragemenſchlichen gemuͤther und vernuͤnftige bered - ſamkeit beſitzet, wird man wenig gutes aus - richten.
d)

Anhang von den aͤuſſerlichen umſtaͤnden im fuͤrtrage dem ſchreiben und ausreden:

Jnhalt.

VOm ſchriftlichen fuͤrtrage und deſſen einrich - tung, §. 1. Von der Steganographie, §. 2. Von der orthographie der Lateiner, §. 3. der Teutſchen, §. 4. Vom muͤndlichen fuͤrtrage. §. 7. Von der mine und dem air, §. 8. Von denen geſtibus, §. 9. Von andern dabey zu obſervirenden dingen, §. 10. Be - ſchluß des gantzen wercks, §. 11.

§. 1.

NUnmehro iſt nichts mehr uͤbrig, als daß ich von dem wuͤrcklichen fuͤrtra - ge der rede in ſchriften und ausreden etwas beybringe. Bey allem ſchriftlichen fuͤrtrage, iſt einmahl dahin zu ſehen, daß man leicht und geſchwinde ſeine ſachen zu papier bringe,a) hernach daß man es auch ſo zu pa - pier bringe, daß andere leute leicht und be - quem unſere worte leſen, und ohne kopfbre - chen heraus bringen, was wir geſchrieben haben. b)Auf beyden ſeiten muͤſſen die re - geln des wohlſtandesc) die Orthographie und beſchaffenheit der ſache den ausſchlag geben.

a)Alſo laͤſt man alle uͤberfluͤßige buchſtaben, ſo viel moͤglich, weg, man kuͤnſtelt nicht eben anden525dem ſchreiben und ausreden. den buchſtaben, man erſpahret, ſo viel ſich thun laͤſt, die groſſen buchſtaben. Jn gewiſſen faͤl - len, wo man nemlich zu ſeiner eigenen nachricht ſchreibt, iſt die ταχυγραφία eine beſondere ange - nehme kunſt, durch abbreviaturen, ziffern, weg - laſſung der vocalium, der artickel, und praͤpo - ſitionen, ꝛc. zu ſchreiben, wie man den von Crucigern ruͤhmt, daß er ſo geſchwinde ſchrei - ben, als andere reden koͤnnen, ſ. Reimmann III. 85. Hiſt litt. Morhofs Polyhiſt. l. IIII. II. 3. Jn der buchdruckerey, welche gewiß vieler verbeſſerung und beyhuͤlffe brauchte, hat Becher eine erfindung gehabt, ſo geſchwinde zu ſetzen, als andere ſchreiben koͤnnen, ſ. Reim - mann l. c. 218.
a)
b)Alſo iſt es eine uͤble ſache, wann die leute eine ſchlechte hand ſchreiben, und ſich wohl gar mit dem axiomate entſchuldigen: Docti male pin - gunt. Dem man leicht ein anderes entgegen ſetzen kan: Si non vis intelligi, non debes legi. Wann man auch fuͤr andere leute ſchreibet, iſt die ταχυγραφία nicht viel nuͤtze. Zur verſtaͤnd - lichkeit hilft ſonſt der unterſcheid der buchſta - ben in anſehung ihrer groͤſſe und verſchiedenen characteren, am allermeiſten aber die interpun - ction, davon oben P. II. cap. 1. und 2. geſagt.
b)
c)Dieſe geben vieles zu beobachten, z. e. daß man gewiſſe ſpatia laſſe, nicht zur unzeit abbre - viire, und andere dergleichen dinge, die man beſſer aus der erfahrung lernet.
c)

§. 2. Es iſt eine beſondere kunſt, ſo zu ſchreiben, daß nur gewiſſe perſonen unſere fchriften leſen koͤnnen, mit welchen wir des - falls ein verſtaͤndniß haben, dazu bedienet man ſich der buchſtaben, der ziffern, verſchie -dener526von aͤuſſerl. umſtaͤnden im fuͤrtragedener characteren, und anderer mittel. a)Doch wie es etwas gefaͤhrliches ſich derglei - chen zu bedienen, das leicht verdacht und un - angenehme unterſuchung nach ſich ziehet, ſo hat man auch dieſer kunſt eine andere entge - gen geſtellet, welche alles, was ſo verborgen geſchrieben, entdecken kan. b)

a)Dieſe heiſt Steganographia oder Cryptogra - phia, ſtehe Morhof l. c. 4. Reimmann 1. c. 259. Es gehoͤret ad Philoſophiam ſecretiorem, ſonſt wolte ich davon mehr worte machen.
a)
b)Dieſes iſt die Dechifrir-kunſt, ars decifratoria, darinn die Engellaͤnder zuweilen groſſe meiſter, ſiehe angefuͤhrte auctores.
b)

§. 3. Die Orthographie hat man am ſorg - faͤltigſten zu beobachten, ſo wohl im Lateini - ſchen als Teutſchen, welches die bey uns uͤb - lichen ſprachen, und was die Orthographie betrift, doch am ſtreitigſten ſind. Bey iener hat man ſich zu bekuͤmmern, um die auctores, welche davon geſchrieben,a) um die buchſta - ben, derſelben unterſchied in groſſe und kleine, curſiv - und ſtehende, und derſelben rechten ge - brauch, daß man keine frembde einbringe, keine auslaſſe und zuſetze, um die ſylben, ihre theilung, um die woͤrter, um die zahlen, um die diſtinctiones, und daß man nicht bald ſo, bald anders ſeine ſchreiberey einrichte, auch ſonſt, was oben §. 1. erinnert, nicht aus den augen ſetze.

a)Solche ſind beym Hederich in ſeinen Philolo - giſchen wiſſ. p. 9. erzehlet, ſiehe auch StollenI. II. 527dem ſchreiben und ausreden. I. II. 27. Morhof l. c. cap. VIIII. 1. Sonder - lich iſt Hrn. Hederichs werck hier gar fein zu gebrauchen, und will ich lieber den leſer dahin verweiſen, als ohne noth, weitlaͤuftig davon handeln, was bey der Lateiniſchen Orthogra - phie zu bemercken.
a)

§. 4. Bey der Teutſchen Orthographie hat man ebenfalls die auctores, ſo davon geſchrie - ben,a) zu mercken, den unterſchied der groſſen und kleinen buchſtaben,b) der langen und kurtzen,c) die verdoppelung derſelben,d) daß man nicht uͤberfluͤßige ſetze,e) nicht frembde einmiſche,f) nicht einen fuͤr den andern ge - brauche,g) bey den ſylben, daß man ſie recht theile und zuſammen ſetze, nicht zuſammen ziehe,h) daher eine uͤble ausſprache entſtehet, bey gantzen woͤrtern, daß man ſie, wo ſie in die Teutſche conſtruction geflochten werden, auch mit Teutſchen buchſtaben ſchreibe,i) daß man ihre endungen wohl unterſcheide,k) den artickel recht anbringe,l) den unterſchied der woͤrter, die unterſchiedene bedeutungen haben, wo moͤglich, auch im ſchreiben unterſcheide,m) die coniugationes recht formire, n) die praͤ - poſitiones mit den rechten caſibus verbinde, o) die diſtinctiones obſeruire, p) und uͤberhaupt die bequemlichkeit fuͤr dem ſchreiber und dru - cker, die deutlichkeit und den wohlſtand fuͤr den leſer, und einerley art der Orthographie, immer fuͤr augen habe.

a)Weil ich mehr Teutſche als Lateiniſche leſer vermuthe, und meine Orthographie vielleichteini -528von aͤuſſerl. umſtaͤnden im fuͤrtrageeinigen anſtoͤßig ſcheinen moͤchte, ſo will dieſen §. etwas erlaͤutern. Die auctores, welche von der Teutſchen Orthographie regeln gegeben, ſind: M. Joh. Claius, von Hertzberg, mit ſei - ner Grammatica linguae Germanicae, Lipſ. 1578. 8. Eisleben, 1604. 8. Jena, 1651. 12. Franckf. 1689. 12. Ein anonymus, der 1630. eine Teutſche ſprach-kunſt heraus gegeben in 12. Georg Philipp Harsdoͤrfer in ſpecimine Phi - lologiae Germanicae, 1646. 12. Teutſchen Se - cretario, der 1654. 8. edirt, und nicht nur von der rechtſchreibung im ſiebenden theile ſehr wohl raiſonniret, ſondern auch in den uͤbrigen 9. thei - len feine briefe, ſo wohl was die materialia, als formalia betrift, beybringet, und endlich mit einem myſterio ſteganographico decifratorio be - ſchlieſſet, welches letztere gewiß artig iſt, und andere ſchriften, Joh. Rud. Sadeler in der Teut - ſchen Orthographie und Phraſeologie, Baſel, 1659. 8. Ein anonymus, der 1676. eine recht - ſchreibung und wortforſchung der Teutſchen ſprache heraus gegeben: Braunſchw. 8. An - dreaͤ Tzſchernings unvorgreifliches bedencken wegen der Teutſchen ſchreib - nnd ſprach-kunſt Luͤbeck 1658. 12. Eiusdem abriß einer Teut - ſchen ſchatz-kammer, Luͤbeck 1650 12. Juſt. George Schottelii Teutſche Grammatick 1641. 8. Braunſchweig, und voͤllig ausgefuͤhrt nebſt einem Lexico Etymologico und vielen zu - ſaͤtzen 1663. 4. Joh. Bellins Syntaxis praepoſi - tionum Teut. Luͤbeck. 1661. Hoch-Teutſche Rechtſchreibung Eiusdem, Nuͤrnberg 1637. Sam Butſchky Cantzeley, 1660. Zeitz Sieg - mund von Bircken Teutſche Red - und Ticht - kunſt, 1679. 12. Caſpar Stielers oder des Spaten Teutſcher ſprach-ſchatz und Grammati - ca, Nuͤrnberg, 1691. 4 Philipp von Zeſen linguae Teutonicae orthographia, El. Schnee -gaſſens529dem ſchreiben und ausreden. gaſſens Teutſche Grammatick. Franckf - 1660. 8. Chriſtian Gveintzii des ordnenden Teutſche Rechtſchreibung, 1662. 12. und zuerſt 1645. Morhofs unterricht von der Teutſchen ſprache und poeſie, Kiel 1682. 8. Luͤbeck und Franckf. 1700. 8. George Liebens Teutſches Woͤrter - buͤchlein und Rechtſchreibung, Freyberg 690. 8. M. Joh. Jacob Langiahrs anleitung zur[T]eut - ſchen ſprache. Eißleben 1697. Omeis in der gruͤndlichen Anleitung zur Teutſchen Reim - und Ticht-kunſt, fuͤhrt p. 299. die Orthographie an, wie ſich der loͤbliche Pegneſiſche Orden dar - uͤber verglichen Die fruͤcht-bringende geſell - ſchaft, die Teutſch-geſinnte genoſſenſchaft und andere geſellſchaften haben ſich gleichermaſſen hier ſignaliſtret. Jo Boͤdickers grund-ſaͤtze der Teutſchen ſprache, Berlin 1690. und 1708. 8. M. Conrad Dunckelbergs noͤthiger Schul - zeiger zu der Orthographie, 1701. und 1710. 8. Nordhauſen. Talander in der gruͤndlichen ein - leitung zu Teutſchen briefen. Hieronymi Frey - ers anweiſung zur Teutſchen Orthographie 1712. 8. Halle. Eines anonymi kunſt Teutſch zu ſchreiben, Chemnitz 1711. 8. M. H. anleitung zur Teutſchen Orthographie. Dreßden 1713. 8. Juſtin Toͤllners deutlicher unterricht von der Teutſchen Orthographie. Halle, 1718. 8. Joh. Leonhard Friſchens entwurf eines Teutſchen Lexici, und ſeine edition von Jo. Boͤdickers grundſaͤtzen. 8. 1723. Berlin. Hederichs[P]hi - lolog. wiſſ. p. 68. ſqq. Eines anonymi Ortho - graphie. Dreßden 1709 8. conf. Stollen I. II. 45. Morhofs Polyh. I. IIII. IIII 7. und andere Doch uͤbertrift immer einer den andern, und wann ich Boͤdickern, Morhof, Talandern und Hederichen habe, kan ich der andern leicht entrathen.
a)L lb) Hier -530von aͤuſſerl. umſtaͤnden im fuͤrtrage
b)Hiezu gede ich ohnmaßgeblich folgende regeln: 1) Alle nomina propria mit ihren davon abſtam - menden woͤrtern, muͤſſen mit groſſen anfangs - buchſtaben geſchrieben werden, z. e. Leipzig, Meißniſch. 2.) Desgleichen alle nahmen der diſciplinen, Facultaͤten, und freyen kuͤnſte, z. e. Theologie, Muſicaliſch, Hiſtoriſch 3) Ferner aller anfangs-buchſtabe eines periodi, einer re - de, eines verſes, eines worts oder vorworts, das eine nebenidee der ehre hat, welche auszudru - cken man fuͤr gut und noͤthig haͤlt. 4.) Hinge - gen ſind uͤberall, ſonſt kleine buchſtaben zuge - brauchen. Jch weiß wohl daß viele lieber alle ſubſtantiva mit groſſen anfangs-buchſiaben ſchreiben, und ſprechen man erhalte dadurch eine deutlichkeit und beuge vieler ambiguitaͤt fuͤr - allein warum ſchreibt man denn nicht im Grie - chiſchen, Lateiniſchen, Frantzoͤſchen, alle ſub - ſtantiva groß, da doch eben dieſe raiſon ſtatt fin - den koͤnte? Zudem habe ich ſchon faſt den ſtaͤrck - ſten gebrauch, der neuſten ſchriften fuͤr mir, als viele bibeln, die buͤcher welche bey accuraten buchfuͤhrern, z. e. Thomas Fritſchen in Leipzig, ꝛc. herauskommen, zugeſchweigen, daß die com - moditaͤt im ſchreiben und druͤcken, und die regeln einer guten unterſcheidung ſolches ſchlechter - dings fodern. Nach den colis und dem frag - und ausruffungs-zeichen, iſt es indifferent.
b)
c)Ein vocalis wird lang, einmahl durch die ver - doppelung, hernach durch hinzuthuung eines h, und kurtz, durch die zweyfachen gleich darauf folgenden conſonantes; bey dieſen muß die be - quemlichkeit im ſchreiben, die deutlichkeit, und der gelehrte gebrauch den ausſpruch thun, z. e, Die baabe, ich habe, der ſtaat / die ſtadt, an ſtatt, thaten, reden, geredt, kuͤhn / kuͤmmer - niß, iſt recht geſchrieben. ꝛc.
c)d) Oh -531dem ſchreiben und ausreden.
d)Ohne der diſtinction zu helfen und dem gelehr - ten gebrauch nachzugeben, muß kein buchſtabe verdoppelt werden: z. e. die gaabe, iſt falſcht muß heiſſen: die gabe: Der ſchlaf, ſomnus, nich der ſchlaaf, oder: der ſchlaff ein anders iſt ſchlaff ſchlapp. laxus, ferner: Des ſchlafes nicht: des ſchlaffes. ꝛc.
d)
e)Z. e. Darumb, kuͤnfftig, pfuel, der hoff, ſee - genen, ſchoͤneſter, leidlichen, ſtudieren, bergk, brodt, mier, dihr, an ſtatt: Darum kuͤnftig, pful, der hof, ſegnen, ſchoͤnſter, leidlich, ſtudi - ren, berg, brod, mir, dir, ꝛc.
e)
f)Nemlich aus fremden ſprachen, z. e. χryſo - ſtomus, φiloſoφus, aber eben ſo uͤbel iſt es, wann man ſchreibet: Studir en, Competen ten, an ſtatt: ſtudiren, competenten, und die vo - ces hybridae ſchicken ſich ſo wenig im Teutſchen als andern ſprachen. Wie wuͤrde das laſſen, wann man im Lateiniſ. ſchriebe: φιλοσοphus, βιβλι -〈…〉〈…〉 ϑηca, λυχnus, &c oder im Frantzoͤiſchen δια - λοgue, διαλεκticien &c. Warum ſoll denn unſe - re Teutſche ſchreiberey, fuͤr allen andern ſpra - chen, die ehre haben, ſo ſcheckigt auszuſehen?
f)
g)Hier muß man ſich nach den gebrauch der mei - ſten gelehrten richten und nach der bequemlich - keit ſchreiben und ausſorechen, ingleichen nach der Grammaticaliſchen veraͤnderung der woͤr - ter, z. e. fuͤrurtheil, ſezzen, ſezen, ſchikken, wax, eydechs, Zi〈…〉〈…〉 ero, Babſt, papſt, foͤnix, kwaal, willich, tahten, muth, erkaͤnntnis, erkaͤnt - niſſ, erkaͤnntniſ, koͤnte vielleicht entſchuldiget werden, aber angefuͤhrte raiſons wollen, daß man ſchreihe: vorurtheil, ſetzen ſchicken, wachs, eydex, Cicero, pabſt, Phoͤnix, qual, willig, thaten, muth, erkaͤnntniß, ꝛc.
g)
h)Dabey iſt auf den gebrauch, und die deutlich - keit zu ſehen, inſonderheit aber bey der theilungL l 2der532von aͤuſſerl. umſtaͤnden im fuͤrtrageder ſylben, daß ich nicht theile: fromm en, hertz - en, lachen, Chriſten, ſondern: from-men, her-tzen, la-chen, Chri-ſten. ꝛc.
h)
i)Hier werde ich vielleicht wiederſpruch finden, doch ſage ich, ſalua diſſentientium auctoritate, man habe raiſon, ſo viel nur immer die commo - ditaͤt des leſers erlaubt, von frembden buchſta - ben und woͤrtern ſich zu enthalten. Hernach muͤſſe man die worte, welche das buͤrgerrecht in der Teutſchen ſprache erhalten, billich Teutſch ſchreiben. Ferner alle kunſtwoͤrter, alle nomina propria, alle woͤrter die Teutſche endungen be - kommen, und alle diejenigen, welche ein Teut - ſcher leſer, leichter in ſeiner mutter ſprache ge - ſchrieben leſen und verſtehen koͤnne, als in einer andern. Daß ich recht habe, ſolches bewegt mich zu glauben, die Orthographie der bibel, wel - che Hebraͤiſche und Lateiniſche woͤrter in Teut - ſchen buchſtaben zeiget, die Orthographie der zei - tungen, der geſangbuͤcher, der beſten Teutſchen ſchriften die von den correcteſten buchfuͤhrern verlegt, und die grundregeln aller ſchreiberey, daß von der mode in andern ſprachen, die alles mit ihren buchſtaben ſchreiben, (auſſer gantze alle - gata) nichts gedencke.
i)
k)Daß man nemlich recht declinire, und auch die Lateiniſchen nomina propria, dawieder mehr als zu ſehr gehandelt wird.
k)
l)Welcher oft zuſammengezogen wird, mit der vorhergehenden praͤpoſition und dem ſolgenden worte z. e. zum andern fuͤr: zu dem andern: oder zu gutem gluͤck, fuͤr: Zu dem guten gluͤck.
l)
m)

Einen catalo[g]um derſelben ſiehe beym Hede - rich l. c. p. 89. ſqq.

  • n. o. p.) Sieben angefuͤhrten Hederich I. c. p. 104. III. 114. oben P. II. cap 2. §. 10 Ubrigens will ich niemand ſeiner ſchreiberey wegen verketzern,denn533dem ſchreiben und ausreden. denn hier ſtatuiren wir weder pabſt noch ſymbo - liſche buͤcher, man wird mir auch meine freyheit zu glauben nicht nehmen, ſolte ich aber wieder meine eigene lehrſaͤtze iezuweilen geſündiget ha - ben, ſo muß man bedencken, daß der beſte ſchrei - ber manchmahl ſich irre, und daß ich kein buch - drucker ſey, oder eine eigene buchdruckerey fuͤh - re, daß endlich der ſtilus dogmaticus hierinn einige freyheit habe.
m)

§. 5. Bey dem muͤndlichen fuͤrtrage hat man zu ſehen, auf eine bequeme und der ſache gemaͤſſe ausrede, auf eine gute diſpoſition des geſichts, auf die bewegungen des leibes nach den affecten, und nach den argumenten, auf die regeln des wohlſtandes, die beſchaffenheit des zuhoͤrers und anderer umſtaͤnde, welche alle miteinander, die ohnedem kraͤftige bered - ſamkeit des leibes vollkommen machen, und von allen unanſtaͤndigkeiten abhalten.

  • Hiezu dienen Conrart, den ich oben in der vorbe - reit. § 9. angefuͤhret und darunter, wo ich nicht irre, Michael le Faucheur verborgen iſt. Fran - tzii Specimen eloquentiae exterioris, Amſterdam, 1697. 8. Groſſers anleitungzu leichen - und hochzeit-reden. Kemmerich loc. cit. pag. 1060. Quinctilianus Lib. XI. Voßius in Rhetori - ca contracta Lib. V. cap. VIII. VIIII. Wenn dieſe Umſtaͤnde recht obſerviret werden, ge - ben ſie der rede das rechte leben, deßwegen De - moſthenes, das gantze weſen der beredſamkeit, darinn zu ſuchen meinte. Capiſtranus konte auch, bloß mit dieſem exterieur, die leute zum weinen bewegen. Frantzius nnd Mayer fuͤhr - ten ihre lehrlinge daher vor den ſpiegel, ſol - ches recht zu lernen. Und was hat man da -L l 3durch534von aͤuſſerl. unſtaͤnden im fuͤrtragedurch nicht fuͤr unruhe in der welt angerichtet, ſonderlich in democratiſchen republicken wenn ſich unbedachtſame redner dieſes mittels bedie - net, ohne die uͤbien folgerungen dabey zu beden - cken.

§. 6. Damit man hier deſto gluͤcklicher fort - kommen moͤge, iſt es noͤthig, alles was man fuͤrbingen will, in einem fertigen gedaͤchtnis zu haben. Dazu ſind die ſogenannten mnemoni - ſchen kuͤnſte die ſchlechteſten mittel, und ma - chen den redner mehr zu einer redenden ſtatue, als vernuͤnftigen und klugen redner. Hin - gegen iſt es beſſer, wenn man bey reden im gemeinen leben nichts ohne uͤberlegung fuͤr - bringet,a) und in oͤffentlichen declamationi - bus ein ordentliches ſyſtema ſeiner gedancken, nach einer iudicioͤſen diſpoſition, im kopfe hat, und bey der ausrede mehr auf die gedancken, als worte dencken darf, als welche man durch eine gute uͤbung, leicht und wohl ex tempore ſetzen lernet. b)

a)Dabey muß eine freymuͤthige und aufgeweckte converſation das beſte thun.
a)
b)Hier ſind die rednergeſellſchaften ein fuͤrtrefli - ches mittel, da man nur die erſten drey reden et - wan, feſte und wohl auswendig lernen darf und zwar von wort zu wort, bey denen nachfolgen - den wird man ſchon einige erleichterung, betref - fend die ſetzung der worte ſpuͤhren, und bey fort - geſetzter uͤbung nicht in gefahr lauffen mit vie - len geburts ſchmertzen und aͤngſtlichen mit-ar - beiten des auditorii, ſeine ſachen zu marckte zu bringen, oder wohl gar daruͤber zu erſticken zu verſtummen und beſchaͤmt abzuziehen. Jchhabe535dem ſchreiben und ausreden. habe in dieſem ſtuͤck dem ehmaligen Prof. Eloqu. in Helmſtaͤdt Hln D. Boͤhmer und dem Hln D. Schmiden in Leipzig viele verbindlichkeit, da beyde als meine Hochgeehrteſten Lehrer, iener in einer Societate parentatoria, dieſer in der obener - wehnten Societate oratoria mir deßfalls die ſchoͤn - ſte gelegenheit zur uͤbung gegeben. Dieienigen welche ihre reden herleſen, duͤrfen ihres ge - daͤchtniſſes wegen in keiner gefahr ſtehen, aber es faͤllt auch ſonſt viel annehmlichkeit dabey weg.
b)

§. 7. Bey der ſprache muß man zwiſchen der geſchwindigkeit und langſamkeit, zwiſchen der ſtaͤrcke und ſchwaͤche, zwiſchen der erhebung und erniedrigung derſelben, allezeit die mittel - ſtraſſe halten, damit man nach belieben dieſel - be veraͤndern koͤnne, in keine verdrießliche mo - notonie falle, kein graͤßliches geſchrey und ler - men, dabey die ſtimme uͤberſchnappt, mache, nicht pfeiffe oder bruͤlle, und unverſehens von einem extremo ins andere gerathe,a) ſondern ohne zwang die argumenta, zumahl die pathe - tica, wo die rechte neben-idee des affects iſt, durch den accent wohl unterſcheiden moͤge. b)Jn geſellſchaft und in reden gegen hoͤhere, muß die ſtimme, ſo viel ſich thun laͤſt, moderiret werden.

a)Z. e. ein gewiſſer prediger hatte auf der ſchule im chor, durch die fiſtel den diſcant geſungen, nachdem er ins amt gekommen redete er ordent - lich den baß, aber in predigten wechſelte baß und und diſcant gar ſeltſam miteinander ah. Alſo wann man gantz gelinde geredet hat, und faͤhret auſ einmahl mit groſſem geſchrey und gepolterL l 4her -536von aͤuſſerl. umſtaͤnden im fuͤrtrageheraus, ſolches iſt gewiß ſehr unangenehm, und man wird von keiner noth dazu gezwungen.
a)
b)Dieſes iſt das groͤſte kunſt-ſtuͤck der ausrede, daß man den accent recht zu ſetzen, und den ausdruck am gehoͤrigen ort emphatiſch zu machen wiſſe. Z. e. in dem ſpruch: Rommt her zu mir, alle die ihr muͤhſeelig und beladen ſeyd, ſteckt der groͤſte nachdruck in den woͤrtern mir und ich, wer ihn da nicht durch den accent erhoͤhet, re - det ihn nicht recht aus. Hingegen bey den allegationibus z. e. der bibliſchen ſpruͤche, iſt kein nachdruck durch den accent anzudeuten, und wer das capitel und den verß mit einer noch ſo pathetiſchen ausrede beehrete, wuͤrde damit nichts kluges ausrichten. Da iſt es recht unan - genehm, wann man in der ausrede einen confu - ſen accent fuͤhret.
b)

§. 8. Das geſicht muß von dem inwendi - gen affect des redners am meiſten zeugen, da - mit auch der zuhoͤrer gemuͤth, welche dem red - ner gemeiniglich ins geſicht ſehen, dadurch ge - ruͤhret werde. Man muß alſo ſeine augen ſo wenden, daß nichts flatterhaftiges noch ſtarres darinn wahrgenommen werde, und doch ein ieder von den zuhoͤrern ſagen koͤnne, daß man ihn angeſehen, und alſo mit ihm geredet habe. Die mine, welche man mehrentheils von natur hat, muß durch ein ungezwungenes air, nach beſchaffenheit des obiecti, eingerichtet werden, und von einer freymuͤthigen ſittſamkeit zeugen.

§. 9. Die bewegungen der haͤnde und fuͤſ - ſe, ja des gantzen leibes, muͤſſen ſich nach be - ſchaffenheit der ſache und der ſtatur des red -ners537dem ſchreiben und ausreden. ners richten, und man muß wiſſen unter einem theatraliſchen aufzuge, einer pathetiſchen rede und ſtillen familiàren diſcours einen unter - ſcheid zu machen. Denn das ſchlagen mit den haͤnden, das ſtampfen mit den fuͤſſen, und wenn man fragen kan, wie viel ſchritte der red - ner peroriret, iſt bey oͤffentlichen reden eben ſo wenig nutze, als wenn man in allen geſellſchaf - ten peroriren wolte. a)Uberhaupt muß man ſich hier die muſter vernuͤnftiger leute fuͤrſtel - len, und ihnen das angenehme, wodurch ſie ſo wohl in oͤffentlichen reden, als familiaͤren di - ſcourſen und complimenten, die hertzen der zu - hoͤrer an ſich ziehen, und welches in weitlaͤuf - tige regeln zu faſſen, viel muͤhe, wenig nutzen haben wuͤrde, abzulernen ſuchen.

a)Alles laͤſt ſich mit denen geſtibus unmoͤglich ex - primiren, weil man oft in laͤcherliche und abiecte dinge verfallen wuͤrde, es iſt aber auch nicht noͤ - thig, und man kan zur noth eher der ſorge, we - gen der bewegungen der haͤnde und fuͤſſe, ent - behren, als der bewegung der ſtimme, und des gehoͤrigen nachdrucks in dem accent. Jn ge - ſellſchaft und gegen hoͤhere, muß vollends die bewegung modeſt ſeyn.
a)

§. 10. Sonſt muß man bey dem fuͤrtrag ſei - ner gedancken, durch ausreden allezeit ein geſetz - tes gemuͤthe zeigen, ſich dannenheꝛo die moͤglich - keiten in etwas fuͤrſtellen, welche einen etwa er - ſchrecken, verwirren und diſtrahiren koͤnten, und ſich einiger maßen darwieder gefaſt machen. L l 5Man538von aͤſſerl. umſtaͤnden im fuͤrtragedarf auch die regeln des wohlſtandes und einer guten conduite dabey nicht eben aus den augen ſetzen, da es ausgemacht iſt, daß die heutige welt mehr die ſchalen als den kern, mehr den aͤuſſer - lichen glantz als den iñerlichen werth beobach - te, und auch wohl dieſen nach ienen beurtheile.

§. 11. Und dieſes waͤre alſo, was zu einer gelehrten und galanten beredſamkeit zu wiſſen noͤthig. Was dabey verſehen, wird die zeit beſſern, was daran fehlet, wird ein reiffes nach - ſinnen erſetzen, und was daran gutes iſt, wird eine fleißige uͤbung vollkommen machen, da die beredſamkeit zu denenjenigen wiſſenſchaf - ten gehoͤret, welche nicht in einer uͤberſteigen - den betrachtung, ſondern vernuͤnftigen ausuͤbung beſtehen.

Regiſter[539]

Regiſter der nahmen.

A.

  • Abel .330.
  • Abſchatz .18.
  • Agricola, Rudolph .43.83.
  • Agrippa .45.
  • Alciatus .143.
  • Alexander ab Alexandro .144.
  • Alſtedius .190.336.43.
  • Aluarus .190.
  • Amantius .87.
  • Ambianus .190.
  • Ambroſius .493.
  • Ammianus144.
  • Anonymi von der Teutſchen Orthographie .528.529.
  • Apianus .87.
  • Aquitanicus Proſper .88.
  • Aramena .19.
  • Areſius .143.
  • Aretinus .238.
  • Ariſtoteles .17.43.44.99.
  • Arnd.25.
  • Arnhemius .143.
  • Arnold Chriſtoph .190.211.336.
  • Auguſtinus .493.

B.

  • Baier Jo. Wilhelm. 493
  • Balbinus .44.143.
  • Baldus .369.
  • Balzac .26.28.278.334.
Barba -[540]Regiſter der nahmen.
  • Barbarinus .143.
  • Barthius Ctus .78.311.
  • Bary Renatus .160.161.
  • Baudius .170.
  • Baxter28.
  • Becherus,43 .60.525.
  • Becmannus .184.336.
  • Bellegarde .12.
  • Bellin .528.
  • Bentiuoglio .239.
  • Berger .479.
  • Bergen .87.
  • Bernecker, vom anſehen der prediger,493.
  • Bernhardus. § .111.493.
  • Beſſer .8.154.155.261.302.319.
  • Beza .143.
  • Biragius87.
  • Bircken, Sigm. von .528.
  • B[l]ondel145
  • Bocatius .144.
  • Boccalini331
  • Boͤcklerus .171. 336
  • Boͤhmer .18.19.30.87.457. 535
  • Boͤdiker,25. 152〈…〉〈…〉29
  • Bohſe, D Auguſt, ſiehe Talander.
  • Boethius,43.
  • Boileau,26 .234.278.331.
  • Boiſſardus,88 .143.
  • Boldonus. 143
  • Borgheſius. 143
  • Bornitzius. 143
  • Boſſuet. 26
  • Bouhours,28 .234. 315
  • Bourdaloue,26
  • Boxhornius .143.
  • Boyle. 28
  • Braß icanus. 83
Breckels[541]Regiſter der nahmen.
  • Breckels, Theod. a493
  • Brunus .43.45.
  • Brun, Laurentius. 135
    • Carl. 135
  • Bryere,12.
  • Buchner .19.168.343.
  • Buchlerus. 190
  • Bucholdianus. 43
  • Buddeus, J. F.11 .12.147.148.
  • Burgalius. 143
  • Burmannus. 235
  • Buͤßing. 87
  • Butſchky. 528
  • Buxtorff. 87

C.

  • Cabinet-prediger. 316
  • Calixtus. 493
  • Calovius,493
  • Caluoer,87
  • Camerarius .85. 143
  • Canitz,18 .23. 238
  • Cardanus .43. 60
  • Carductius,143
  • Carneades. 272
  • Carneval, verdecktes und entdecktes. 330
  • Carpzouii, Joh. Bened. 493
  • Caſſandre. 17
  • Caſt[e]lli. 151
  • Caußinus .43.143. 336
  • Cellarius,19 .151.313.336. 343
  • Chambre, la369
  • Chauvinus. 177
  • Chryſippus. 94
  • Chryſologus, Petrus493
  • Chryſoſtomus,114,493
  • Chytraͤus,88
  • Cicero,2 .10.17.15.43.44.168.184.186.192.211.238.261.278.343.
Cla -[542]Regiſter der nahmen.
  • Claius, M. Jo. von Hertzberg. 528
  • Claramontius. 369
  • Clarmundus. 26
  • Clarckius. 190
  • Clenardus. 152
  • Clericus .3.15.118.176.184.278.
  • Clodius. 156
  • Coelius. 170
  • Conrart .9.26. 533
  • Cordeſius. 143
  • Cornelius Nepos .238. 314
  • Cramer. 153
  • Creſollius .43. 369
  • Crocins, Jo. 493
  • Crucius. 343
  • Cunaeus .169. 143
  • Curtius .16.174.234. 278

D.

  • Dannhauer .431. 493
  • Dantz. 151
  • Daſſouius. 87
  • Dattus. 190
  • Del-Rio. 60
  • Demoſthenes .17.15.170. 192
  • Dexel. 143
  • Dietericus .87. 323
  • Dillherus. 190
  • Diodorus. Siculus314
  • Diogenes. 271
  • Dionyſ. Halicarnaſſ. 314
  • Dippel. 6
  • Druſius. 83
  • Dunckelberg. 529

E.

  • Ebinus. 144
  • Eckard Joh. Georg .152.
  • Eckard. 311
  • Einleitung zur Roͤmiſch-Teutſchen Hiſtorie19
Eras -[543]Regiſter der nahmen.
  • Eraſmus .44.83.331. 358
  • Ernſt. 85
  • Erpenius .83.
  • Faber,152

F.

  • Fabrettus. 87
  • Fabricius, Joh. Alb.336 .87.
    • Joh. 353
  • Facciolati. 3
  • Falconerius. 88
  • Faſoldus. 143
  • Faucher533.
  • Fenelon .26. 262
  • Fendt. 87
  • Ferrus. 14
  • Fletwo87
  • Flechier .26. 278
  • Florus. 168
  • Fontanini. 29
  • Franciſci .18.19.85.86.204. 34
  • Frantzius. 533
  • Frene du87
  • Frey, Jan. Caecil .43.
  • Freyer. 529
  • Freytag. 280
  • Friſius. 87
  • Friſch .153. 529
  • Froſchmaͤuſeler .529. 334
  • Fuͤrſt. 87

G.

  • Gaͤrtner. 87
  • Gauſenius. 493
  • Geißler. 143
  • Gelehrten Lexicon.22,23ꝛc.
  • Gellius.4,80
  • Gerhard.25,238
  • Geyer.18,23,87,238
  • Gibert. 15
  • Glafey. 311
  • Glaßius. 152
Goͤbel[544]Regiſter der nahmen.
  • Goͤbel, Sebaſtian493
  • Goͤtze, Georg. 493
  • Golau. 87
  • Goldaſtus. 87
  • Golzius. 87
  • Gothofredus, Dionyſius. 78
  • Goueanus. 44
  • Goulartius.83,85
  • Grabius de concionibus artificialibus. 493
  • Gracian.10,12,29,129,313,353,365
  • Graeuius.87,235
  • Granatenſis. Ludov. 44
  • Greiffenhahn. 151
  • Gretſer. 317
  • Gribelius. 87
  • Gribner. 78
  • Griſchow147,148,151
  • Groſſer200.314,336,344,533
  • Grotius. 88
  • Grundmann. 85
  • Gruterus.87,170
  • Gryphius, Andr.18,23,278
    • Chriſtian.18,23
  • Guarini. 262
  • Gueintzius. 529
  • Gueuarra386
  • Guͤnther, Owenus43
    • Joh. 493

H,

  • Hall, Joſeph. 28
  • Hamilton.200,278,315,330
  • Hantſch431
  • Happelius. 25
  • Harapollines. 144
  • Hardt, von der.5,151
  • Harsdoͤrffer.19,143,155,85,528
  • Hartung. 85
Hederich[545]Regiſter der nahmen.
  • Hederich13,15,44,58,152,157,190,527,358,372,ꝛc.
  • Heineccius, Jo. Gottl.13,209,345,ꝛc.
  • Helmont147
  • Henningius143
  • Hermann87
  • Hermogenes234
  • Heſiodus262
  • Heſius143
  • Heumann18. 370
  • Higynus144
  • Hildebrand87
  • Hoͤppinus87
  • Hofmannswaldau18 .23.24.88.154.155.168.234.261.344. 345
  • Homerus278 .283. 334
  • Horatius154 .168.330.214.
  • Hornius, Caſpar Henr. 78
    • Jmmanuel493
  • Hottingerus87
  • Huartus369
  • Huͤbner, Jo.18 .19.49.55.314. 336
    • M. A. N. 355
  • Hugues372
  • Huͤlſemann493
  • Hunold20
  • Hyperius, Andr. Gerh. 493

J.

  • Jenichen, Lic. 118
    • M. Joh. 355
  • Jnes ab88
  • Job, Syndic. 314
  • Jouius .143.
  • Julius Caeſar238 .314. 337
  • Juncker25. 415
  • Junius83. 143
  • Juſtinus314. 262
M mJuvena -[546]Regiſter der nahmen.
  • Juvenalis117. 330

K.

  • Kapp334,343
  • Keckermannus43
  • Kemmerich200,209,210,224,278,311. ꝛc.
  • Kippingius87
  • Kirchmannus87
  • Kircher43,144
  • Kirchmayer211
  • Kitſchius143
  • Klaius155
  • Knittel43
  • Koͤnigsdorff18,22,279,338.
  • Koͤnig493

L.

  • Labbaeus87,143
  • Lagnerius86
  • Lami26,41,330,343,352,353,372,121,135,142,147,ꝛc.
  • Lampadius87
  • Lange, Joſeph83
    • D. Joachim. 336
    • D. Gottfriedt18,58,82,85,86,113,134,163,190,200,372,214,261,316,410,433.
  • Langjahr .529.
  • Laſſenius25
  • Laurettus86
  • Lauxmin372
  • Lazarellus87
  • Leibnitz44
  • Leo M. 493
  • Leopoldi Leben314
  • Leti331
  • Lettres galantes & hiſtoriques432,27
  • Leyſer25
  • Liebe87
  • Liebe, Georg .529.
  • Lilienthal82,126
Limnae -[547]Regiter der nahmen.
  • Limnaeus143
  • Lipſius5,170,171
  • Liuius16,168,331,332,337
  • Lockmann30,83
  • Loeſcher152,493
  • Lohenſtein18,19,29,88,90,155,221,233,234278,331,333
  • Longinus27,234,278
  • Longolius49
  • Loredano262. 334
  • Lotichius332
  • Lucanus24
  • Lucianus4,330
  • Ludwig M. 152
    • D. Gottfried372,25
  • Lullus43
  • Lundius87
  • Luͤnig25 .343.344.417.466. 467
  • Lutherus269,495
  • Luͤtkemann25
  • Lycoſthenes83. 86

M.

  • Magirus83
  • Maior87
  • Maͤnnling24 .189. 372
  • Manutius87
  • Marini278
  • Martialis88
  • Martini Cornelius317
  • Maſenius43 .315.87.143.315. 336
  • Matthiae85
  • Maximus, Epiſc. Reg. 493
    • Epiſc Taur. 493
  • Maͤyer, Joh. Fried. D.18 .24 .278 .493,533.
  • Mazochius,88.
  • Meibomius87
  • Meiſter88
  • Meliſſantes87
M m 2Me -[548]Regiſter der nahmen.
  • Menantes18 .20.209.238.311.340.350.416.410. 415
  • Mencke, Joh Burch .12.39.88.126.152. 156
    • Luͤder78
  • Menetrier143
  • Menudier153.
  • Mercurialis, Joh. 369
  • Middelburg, Euerhard von78
  • Minſicht85
  • Mirandula, Jo. Fr. Picus60
  • Moliere331,344
  • Mollerus86
  • Monas144
  • Montenar a,143
  • Morhoff3 .15.44.173.315.333529. ꝛc.
  • Motte de la238
  • Muͤller, Gottfr. Polyc .3.4.20.22.18.211.214.370. 372
    • D Aug. Fridr .3.11.12.32.313. 365
    • Heinrich18 .24. 316
  • Muͤhlpfoͤrt .154.
  • Muͤretus165 .343.345.

N.

  • Nehring85
  • Neubuſius169369
  • Neukirch Beniamin .18.24.261.350.415.
  • Neumarck18 .24.261.344.
  • Neumeiſter25 .155.
  • Nouarinus. 83

O.

  • Oldendorv. 78
  • Olearius Jo.25 .493.
  • Obſervat. Hall .42.
  • Octauia .19.
  • Ogerius Simon143
  • Omeis Magnus Daniel143 .144.529.
  • Opiz25 .238.
  • Orus144
  • Ouidius168 .238.
Owens[549]Regiſter der nahmen.
  • Owenus88

P.

  • Paͤanius. 238
  • Pallas. 88
  • Panuinius. 88
  • Paradinus. 143
  • Pareus. 190
  • Patin .87.
  • Paulinus. 143
  • Pays .26.238.
  • Pererius144
  • Perizonius493
  • Petit le,321
  • Petronius168. 330
  • Pfeiffer87. 152
  • Jo. Gottlob. 493
  • Phaedrus. 168
  • Philander von der linde154 .261. 330
  • Philotheus143
  • Picinellus. 143
  • Pierius143
  • Pignorius. 88
  • Pipping. 23
  • Placcius .44. 134
  • Platina. 29
  • Plautus .170.238.
  • Plinius .17.262.278.316.343.
  • Plutarchus. 238
  • Polidorus87
  • Polnaenus144
  • Pomey44
  • Ponatus150
  • Pritius18 .24.19238. 344
  • Proſper Aquitanicus. 88
  • Pufendorff314 .363.

Q.

  • Quenſtaͤdt87
Quin -M m 3[550]Regiſter der nahmen.
  • Quinctilianus2 .3.8.16.17.18.43.44.80.168.175.184.234.261.343.369.533.

R.

  • Rabner261. 336
  • Rabus Paulus22
  • Rabutin. 26
  • Radau44
  • Raͤdlein .153. 419
  • Ramus. 43
  • Rapicius. 211
  • Rapin .15.26. 27
  • Rauiſius. 144
  • Rechenberg. 17
  • Reden goſſer Herren und fuͤrnehmſter Miniſter .19.261.238.344.466.
  • Redtelius144
  • Reimmann .9.15.16.19.22.26.45. ꝛc.
  • Reineſius87
  • Reuſnerus. 143
  • Reyherus190
  • Richter. 25
  • Richelet153
  • Ricobonus2〈…〉〈…〉
  • Riemberg. 18
  • Riemer .25 .119:316
  • Riva144
  • Rittershufius. 143
  • Riuinus. Quintus ſeptim. 479
  • Tilemann Andreas. 493
  • Jo. Florens .78.311.
  • Roͤſerus143
  • Rohr .12.311.
  • Rollenhagen334
  • Roſinus87
  • Rother. 311
  • Rothmahler. 25
  • Rubeu s88
Ruͤdiger[551]Regiſter der nahmen.
  • Ruͤdiger .3.4.8.9.11.12.34.42.49.59.72.79.8092.93.94.104.129.151.157.158.160.178.261.368.
  • Rufo Juan114
  • Ruſcellus143

S.

  • Saauedra. 143
  • Sabinus. 114
  • Sadeler Joh. Rudolph .25. 528
  • Sagittarius87
  • Salluſtius168. 314
  • Sambucus. 143
  • Sanctius152. 336
  • Sandaeus. 144
  • Sanden von. 144
  • Sarbieuius. 88
  • Saubertus. 143
  • Sautelius .88.
  • Scapula152
  • Scarius. 211
  • Scarron334
  • Scioppius .190. 314
  • Schacher. 479
  • Schaeuius144
  • Schefferus171 .331.336.355.200. 314
  • Scheffer. 143
  • Schiebel .85. 143
  • Schichſaadi. 30
  • Schleſiens fliegende Bibliotheck. 19
  • Schmidius. Jo. A.11. 493
  • Traſmus .190.149. 152
  • Joh.262 .280. 535
  • Joh. Argentor. 493
  • Schnegaſſen El. 528
  • Schottelius .25. 528
  • Schreuelius152
  • Schrader. 211
M m 4Schroͤter.[552]Regiſter der nahmen.
  • Schroͤter24. 134
  • Schubart. 211
  • Schuppius .19.25.26.126.
  • Schurtzfleiſch C. S.19 .26.313. 343
    • H. L. 234
  • Schwartz Jo. Conrad. 336
  • Schwendendoͤrffer. 479
  • Scriver .25.28. 144
  • Scuderi26. 27
  • Seckendorff .18.344. 493
  • Seldenus. 323
  • Seneca .17.80.154.211.261.273.278. 316
  • Sennertus. 87
  • Seumius. 143
  • Silentiarius. 88
  • Simon Richard. 152
  • Smetius88
  • Snellius. 87
  • Sonthom. 28
  • Sophocles. 278
  • Spanhemius. 87
  • Spate ſiehe Stieler
  • Spener .25.87. 238
  • Starckius200. 336
  • Statius Achilles. 44
  • Stepnerus. 87
  • Stieler Caſpar .152. 528
  • Stolle .12. ꝛc.
  • Stock. 153
  • Strauch. 87
  • Stryck311.
  • Sturmius. 316
  • Syluius. 190
  • Syncreuius. 143

T.

  • Tacitus .108.110.111.168.170. 316
  • Taegius. 143
Talander.[553]Regiſter der nahmen.
  • Talander .18.22.19.238.350.410. 529
  • Taſſo. 278
  • Taurellus. 143
  • Telemaque par Fenelon. 262
  • Tenzel. 87
  • Terentius .127.238. 369
  • Textor87
  • Theſaurus .88.14343.
  • Thilo. 43
  • Thomaſius Chriſtian .4.8.11.12.18.25.27.130.174.278.313.363-368.
  • Jacob11 .19.26.190.332.
  • Thomeus. 144
  • Thoͤnnecker479
  • Tirinus. 87
  • Toͤllner529.
  • Torrentinus144
  • Treuer18 .24.
  • Trier87. 369
  • Troilo85
  • Tunger. 143
  • Turckius. 148
  • Typotius. 143
  • Tzſcherning528

V.

  • Valerius de Valeriis. 45
  • Vauaſſor .330. 334
  • Vechnerus190
  • Velleius .262. 314
  • Veneroni. 153
  • Verulamius. 369
  • Vffelmann. 363
  • Vhſe18 .12.
  • Vinhold. 311
  • Virgilius .3.154.168.186.238.262.278.331.332. 334
  • Vitruuius337
  • Vlmann .44.
  • Vogelmannus190
M m 5Voiture.[554]Regiſter der nahmen.
  • Voiture26. 262
  • Volckmann. 311
  • Voſſius134 .152.211.336.372.43. 533
  • Vrſatus. 88
  • Vrſinus .87.88.

W.

  • Waͤhner .151.
  • Wagenſeil .200.336. 358
  • Walchius .3.18.26.177. 336
  • Waltherus83. 88
  • Warnecks Poetiſcher Verſuch von uͤberſchriften207
  • Wedel87
  • Weidling .143. 372
  • Weinhammer. 190
  • Weiſe .18.25.19.43.87.134.211.238.279.315. 384
  • Weiſſenborn. 355
  • Wellerus. 152
  • Wentzel .44.47.
  • Werenfels .11.177.236. 280
  • Wertheim Volcken von. 417
  • Weidler. 144
  • Willis. 28
  • Wolff Chriſtian79. 313

Z.

  • Zehner. 86
  • Zeidler Melchior. 493
  • Zeſen Philipp. von528
  • Ziegler Anshelm von .18.25.25.169-332.173.232. 261
  • Caſper .78.
  • Zinckgraͤf83. 143
  • Zwingerus85. 86
Regiſter[555]Regiſter der ſachen.

Regiſter der ſachen.

A.

  • Abdanckung.
  • Derſelben themata33,35,36. Was ſie ſey,456. ſqq. Ein exempel auf Hrn. M. Muͤllern,458. Mehrere exempel,476. Was dabey zu beobachten,457. auf allerhand gar beſondere und rare faͤlle,457.
  • Abſtracta.
  • Was fuͤr argumenta dazu noͤthig,51,62,64,69.
  • Wie ſie auszudrucken,175,237.
  • Acutifatuum ſ. oximoron.
  • Adagia ſ. prouerbia.
  • Adaͤquater ausdruck.
  • Wie er zu erhalten,204. iſt die groͤſte kraft des ſtili humilis238. Jſt ſonſten als ein weſentlicher begrif der beredſamkeit anzuſehen,3
  • Adeo.
  • Heiſt nicht ideo, ob es ſchon manche ſo gebrauchen,205.
  • Admiratio .197.
  • Aequipollentia,187.
  • Aequivocatio.
  • Ein argument,88. iſt bey dem ausdruck zu beobach - ten,156. iſt zu vermeiden,209.
  • Aetiologia eine figur,196.
  • Dienet zur connexion,214.
  • Affecten.
  • Erfodern beſondere argumenta,120. ſqq. wie man ſie rege zu machen133. fuͤrzuſtellen,134. zu unter - druͤcken,135. auszudruͤcken .189. Die vornehm -ſten,[556]Regiſter der ſachen. ſten,129. veraͤndern den ausdruck,168. erken - net man aus dem ſtilo,368. artige benennung der haupt-affecten,132. neben-affecten,133. wie man dabey kluͤglich zu verfahren,136. ſqq .79 . ſeq. in dem fuͤrtrag zu bemercken .533535.
  • Affectation.
  • Veraͤndert den ausdruck,168. iſt im ſtilo zu vermei - den,313,343,351. ꝛc. in predigten ſonderlich,494. und im fuͤrtrage533. ſqq.
  • Allegoria,88,188,111.
  • Alluſio,188,317.
  • Alter
  • Veraͤndert den ſtilum,168.
  • Amplificiren.
  • Was es ſey,48.
    • Anabaſis,197.
    • Anaclaſis .194.
    • Anadiploſis .195.
    • Anagrammata ſ. wortſpiele.
    • Anakoenoſis,196.
    • Analepſis,194.
    • Analyſis,196.
    • Anaphora,194.
    • Anaſtrophe,193.
    • Antanaclaſis,194.
    • Antimeria,187,191.
    • Antimetabole,197.
    • Antimetatheſis,197.
    • Antiphraſis,88.
    • Antiptoſis,187.
  • Antiquitaͤten,
  • Wie ſie zur erfindung der argumente dienen, und wer davon geſchrieben,86,87. Anti -[557]Regiſter der ſachen.
    • Antiſtaſis,194.
    • Antiſtoechon .191.
    • Antitheſis,191.
    • Antitheton,197.
    • Antizeugmnenon,194.
    • Antonomaſia,187.
    • Anwerbungs-compliment.
  • Was dabey zu thun,414.
    • Aphaereſis,191.
    • Apocope,191.
    • Apodioxis,199.
    • Apologi,83.
    • Apophthegmata ſiehe Prouerbia.
    • Aporia,198.
    • Apoſiopeſis,198,193.
    • Apoſtrophe,198.
    • Argutiae ſiehe ſtilus argutus.
    • Archaiſinus,191.
  • Argumenta,
  • Oratoria und Logica,48,49. perſonalia, realia, expiicantia, docentia, applicantia, perſuadentia,49 probantia,49,57, ſqq. poßibilia59 de - monſtratiua,58,62. probabilia,5870. abſtracta,58 .62 .69 . ſenſualia,58,61,69. Philoſophica,76. Logica .7648. Phyſica73. Hiſtorica,72. Moralia73. Theologiea76. Juridica,77 Medica,78. Mathematica,78. a priori et poſteriori .79 . κατ ανϑρωπον κατ αλη - ϑ〈…〉〈…〉 αν.79,94. illuſtrantia,49,97 ſqq.80,132, 315.184 . pathetica,〈…〉〈…〉9,80,120,212. concili - antia,49,122. commoventia,49,121.128 ab utili, honeſto et iucundo,129 facili et neceſſa - rio,120. a turpi, damnoſo et moleſto,136
  • [558]
  • Aſteiſmns,198.
  • Aſyndeton,191,193.
  • Auctoritaͤt,
  • Wie ſie zu erlangen,124. iſt zu einigen reden im ge - meinen leben noͤthig,412. des richters dienet bey proceſſen,480. iſt in predigen nicht zu af - fectiren,494.
  • Auditorium.
  • Wenn es gemiſcht, wie es zu gewinnen,132.
  • Auerſio .198.
  • Auferziehung.
  • Veraͤndert den ausdruck.169,
  • Ausdruck.
  • Der gedancken,142,168. durch die tropos, ſiehe Tropus, der affecten, ſiehe affecten oder Figuren oder ſtilus, oder expreßio.
  • Auxeſis.197,187.

B.

  • Barbarn.
  • Jhre Oratorie,16.
  • Battologia .194.
  • Beredſamkeit
  • Was ſie ſey,2. ihr weſen,3. ihr endzweck,4 .361 . ſoll ſich auch im umgange zeigen,5 .343 . ihre hiſtorie,16.
  • Bewegungs-gruͤnde ſiehe argumenta commouentia,
  • Beweis-gruͤnde ſiehe argumenta probantia.
  • Bewillkommungs-compliment,414,466.
  • Bitt-compliment,411.
  • [559]
  • Bilder-ſchriften,143.
  • Bons mots,4. ſiehe ſtilus argutus. Briefe,
  • Deren themata muͤſſen naturel bleiben,38. muͤſſen nicht gekuͤnſtelt ſeyn,233. exempel ohne conne - xion,215. in connexione reali,217,223. in connexione verbali,224, ihr ſtilus,351. was ſie ſeyn,410. was dabey in acht zu nehmen,414.
  • Buchſtaben.
  • Was ſie ſeyn,147 .153 . was ein redner dabey zu beobachten,153. ſqq. Buchſtaben-ſpiele, ſiehe wort-ſpiele.
  • Burlesque,334.

C.

  • Cabbala,40.
  • Cammerſachen-reden,475.
  • Caſus,33.
  • Catachreſis,187.
  • Charientiſimus,198. Chria,
  • Eine figur,196. Aphthoniana,384. Oratoria,384. recta,385. inverſa,388. per antecedena und conſequens, per theſin & hypotheſin,338. Ciceronianer,
  • Jhre allzu groſſe Critick zu vermeiden,208,174. Circumlocutio ſ. Periphraſis. Circumſtantiae
  • Die beſte gelegenheit zur invention der thematum artificialium,36. Clima
  • aͤndert den ausdruck,168.
    • Climax,195.
    • Colon,210.
    • [560]
    • Collatio ſiehe Gleichniß,
    • Color,56. 196
    • Communicatio,196.
    • Comma,210.
    • Comparatio197.
    • Comparata ſiehe gleichniſſe. Complimente
  • Was ſie ſeyn,410. Woher ſie entſtehen,181. was dabey zu beobachten,409. ſqq.
    • Conceßio,196.
    • Confeßio,196.
    • Concluſio,405.
    • Condolentz-compliment,413,476. Connerio
  • Was ſie ſey,212. wie vielerley,213. realis,214. verbalis,214, accidentalis,410. in denen ſti - lis unterſchieden,314 .315 . in der diſpoſition,372. Conſectarium
  • ein argumentum illuſtrans,107. dienet zur con - nexion,214,226.
    • Contrarium,112. ſiehe diſputiren. Converſation
  • Hilft zum ausdruck .169. 411
    • Correctio,198.
    • Craſis191.

D.

  • Danckſagungs-compliment412
  • Dechifrir-kunſt,526 .179.527.533.
  • Decorum
  • Muß von einem redner obſerviret werden11 .14. 366
    • Dedicatio428.
    • [561]
    • Definitio.
  • Ein beweiß-grund62. Ein erlaͤuterungs-grund99 .104. Dient den ausdruck zu reguliren177
    • Deriuatio .88.160.
    • Dereinſt
  • Jſt nicht von vergangenen ſondern zukuͤnftigen zu gebrauchen205
    • Deſcriptio .105.197.
    • Deutlichkeit im ſtilo .209.
    • Diaereſis .191.
    • Dialecti.
  • Deren urſprung148. ſind nicht in einander zu mi - ſchen208.
    • Diallelon .197.
    • Diaplaſiaſinus .191.
    • Diaſtole .193.
    • Diaſyrmus. 197
    • Diatypoſis .197.
    • Dictio ludicra ſiehe burlesque.
    • Diffidentia,
  • Auf ſich ſelbſt, iſt ſchaͤdlich. 345
    • Dilogia .194.
    • Diſcourſe
  • muͤſſen nicht gekuͤnſtelt ſeyn .38 .233 . was dabey ſonſt zu obſerviren414.
    • Diſparata. 315
    • Diſpoſitio
  • Was ſie ſey was dabey zubeobachten371. ſqq.
    • Diſputiren.
  • Darinnen muß man die terminos anbringen70. wie man ſich dabey aufzufuͤhren92 .133. Wie der ſtilus dabey ſeyn muͤſſe352. einrichtung der diſpu - tationen428. N nDisſimilia[562]Regiſter der ſachen.
    • Diſſunilia.
  • Dienen zur erlaͤuterung112 .115 . dienen zum con - nectiren214.
    • Diſſimilitudo .197.
    • Diſtributio
  • Ein erlaͤuterungs: grund106. eine figur196
    • Diviſio.
  • Dienet zur erlaͤuterung .104.105.
    • Dubitatio .198.

E.

  • Ecphoneſis .197.
  • Ectaſis. 193
  • Ehrgeitzige
  • Wie ſie zu gewinnen122 .127.129.131.
    • Ellipſis191 .193.
    • Emblemata
  • Wo ſie dienlich .85.91.143.
  • Empfehlungs compliment .412.
    • Enallage187 .191.
    • Engellaͤnder
  • Jhre oratorie .28.324.
    • Enthuſiaſinus oratorius41
    • Enthymema .382.
    • Entſchuldigungs-compliment. 412
    • Epanadiploſis .159.
    • Epanalepſis .194.
    • Epanodos .195..
    • Epanorthoſis .198.
    • Epentheſis .191.
    • Epexegeſis. 194
    • Epexergaſia .194.
    • Epibole .294.
    • Epichirema .382.
    • [563]
    • Epiphonema .196.
    • Epiphora .194.
    • Epiploce .195.
    • Epiſtrophe .194.
    • Epiſynaloephe .191.
    • Epitaphia ſiehe Jnſcriptiones
    • Epitheta.
  • Was ſie ſeyn .156 . was dabey zu beobachten158 .205.
    • Epitrope .196.
    • Epizeuxis .195.
    • Erfahrung
  • Wenn man daraus beweiſen koͤnne61 .51. Was bey den beweiß-gruͤnden aus der erfahrung zu be - obachten .64.
    • Erfindung
  • Was ſie ſey, was dabey zu beobachten bey allen faͤl - len .31 . ſqq.
  • Erlaͤuterungs-gruͤnde ſiehe argumenta illuſtrautia.
    • Ethniciſinus ſtili .332.
    • Etymologie,88.
    • Euphemiſinus .188.
    • Exallage .194.
    • Exclamatio .197.
    • Excerpta.
  • Sind gut .54. Wie ſie zu machen55. ſind doch nicht gar zu hoch zu eſtimiren.
    • Execratio .197.
    • Exemplum. 196
    • Exempel.
  • Was ſie ſeyn .109. Wenn ſie beweiſen .83 . ſind wohl auszuſuchen .91.113.119.
    • Exergaſia .194. Exordium.
  • Was es ſey.103, in predigten .498.499. N n 2Ex -[564]Regiſter der ſachen. Expresſio.
  • Was ſie ſey ſiehe ausdruck. Vulgaris144. erudita146.
    • Extemporiren .145.534.

F.

  • Fabeln.
  • Ob ſie beweiſen83. Falſchheit.
  • iſt zu meiden .105.107.[1]09. Figuren.
  • Machen keine beredſamkeit3. machen aufmerckſam126. ſind die ſprache des affects134 .189 . verzeich - niß aller figuren190. dienen zur connexion214. ſind in briefen hiſtorien zeitungen ꝛc. nichts nuͤtze233. viel weniger beym diſputiren352. dadurch kan man variiren358.
    • Flagella diſputantium,133. Flucher
  • Handeln wider den galanten gebrauch,180. wi - der die klugheit,365.
    • Fraͤnckiſcher ſtilus,18 .337 .341 . Frantzoſen
  • Jhre Oratorie,26. ihre ſprache,150,152,153. ſchickt ſich ſehr wol zum galantẽ ſtilo in briefen. 350Frucht-bringende geſellſchaft,
  • Contribuiret etwas zur cultur der Teutſchen ſpra - che,18. Fucus Oratorius.
  • Was er ſey,80. wie er zu gebrauchen,89.

G.

  • Galante,
  • Galant ſtudiren,174. galanter gebrauch ſiehe gebrauch. Galante ſprach-verderber,280. Galliciſinus .192. Gebrauch,
  • Was er ſey,172. der univerſelle,172. Der ge - lehrte,175. der galante,350. Ge -[565]Regiſter der ſachen.
    • Geburts-reden,467.
    • Gedaͤchtnis,534. Geld-geitzige,
  • Wie ſie zu gewinnen,129 .122.127.130. Gelehrter,
  • Wer es ſey,176. gelehrte gebrauch,175.
    • Germaniſmus,192 .190. Geſpraͤche,
  • Was dazu fuͤr ein ſtilus noͤthig349. im reich der todten,350. ſiehe Diſcourſe.
    • Geſandſchafts-reden,476. Gewogenheit,
  • Wie ſolche zu gewinnen,122. Gluͤckliche kuͤhnheit.
  • Wird verworfen in der Oratorie,145. Gleichniſſe.
  • Ob ſie beweiſen,85. was ſie ſeyn,111. wenn ſie zu gebrauchen,114,118. werden zu figuren,197 dienen im ſtilo arguto .315.
    • Gluͤckwuͤnſchungs-reden,466. Goldmachen
  • iſt moͤglich,60.
    • Grabſchrift ſiehe inſcriptiones.
      • Graeciſinus,191 .192.
      • Gratuliren,413. Griechen,
  • Jhre Oratorie,17. ihre ſprache,13 .150.151.152.

H.

  • Haſe,
  • Ein Teutſches ſchelt-wort, woher es komme,99. Hebraiſmus,192. Hebraͤer,
  • Jhre Oratorie,16. ihre ſprache,151 .152. N n 3Hel -[566]Regiſter der ſachen.
    • Helleniſmus,191 .192.
    • Heraldic,87.
    • Hermeneia,194.
    • Hermeneutic ſiehe interpretatio.
    • Heteroſis,187,191. Heuchler,
  • deſſen bild,116. Heydniſche goͤtter,
  • Deren muß man ſich beym ausdruck enthalten,332. Hieroglyphica,143. Hiſtorie.
  • Jſt einem redner nuͤtzlich,11. der Oratorie,15 .47 . iſt vom raiſonnement zu unterſcheiden,65. Hi - ſtoriſche wahrſcheinlichkeit,72,81,86.
    • Hof-reden,476.
    • Homoeoptoton,195.
    • Homoeoteleuton,195.
    • Homonymia,88.
    • Honeſtum,129,131. Honnettete,
  • Was ſie ſey,137. iſt einem redner noͤthig,9,95,137,364.
    • Huldigungs-reden,474.
    • Hypallage,187 .193.
    • Hyperbole,187.
    • Hypobole,196,
    • Hypotypoſis,197.

J.

  • Jcon,196.
  • Jdiotiſinus,161 .208.148.
  • Je ne ſcai quoi,203. Jlluſtriren,
  • Was es ſey,97. erfindungen dazu,98 ſqq. Jma -[567]Regiſter der ſachen.
    • Jmago,196. Jmitiren
  • Macht keinen redner,3. voraͤndert den ausdruck,168. iſt ein mittel zum guten ſtilo,358.
    • Jmpoßibilitaͤt,59.
    • Jncrementum,197.
    • Jndianer,16. Jngenium,
  • Zu viel iſt nichts nutze,4. dienet zur invention,31. zum ſtilo arguto,315. zum poetiſchen ſtilo,331. wie es zu cultiviren,354.
    • Jnopinatum,198. Jnſcription,
  • Dienet zur erfindung,86. Wer davon geſchrieben .87 .315 . auf die Jaͤgerin gebohrne Stegerin .318 . auf die praͤadamiten .323 . auf den frieden der Engellaͤnder mit Franckreich .324 . auf die pieti - ſten .326 . auf eine coquette,446. Jnterpretatio
  • Hermenevtica,75 .88.99.101. Hiſt. Philoſophica .107.
    • Jnterpunctio,210.
    • Jnterrogatio,198.
    • Jntroductions-reden,475. Jnuentio,
  • Was es ſey,31. der thematum .33 . analogica,40. der argumente,48. ſqq.
    • Jronia,188. Jtaliaͤner,
  • Jhre Oratorie,29. ſprache .151.153.
    • Jucundum,129 .131. Judicium.
  • Wird zur Oratorie fuͤr allen erfodert .9.32.354. Juriſten,
  • Denen iſt die Oratorie noͤthig,7 .13 . ihre beweiß - gruͤnde,77. von ihren reden,477. ihr ſtilus .911. N n 4Ju -[568]Regiſter der ſachen.
    • Juſtitz-ſachen-reden,475. Jus naturae.
  • Einem redner noͤthig .12 . wie man darinn beweiſe,76. muß auch von dem recht des menſchen han - deln .361.

K.

  • Klugheit,
  • Einem redner noͤthig .11 .12 .14 . bey erfindung der argumentorum,51 .53 .89 .95 .118 .127 .137 . beym ausdruck .365.
    • Kriegs-reden,474.

L.

  • Landtags-reden,474.
  • Latiniſinus,192. Lateiniſche
  • Oratorie,17. ſprache,13 .19 .29 .30 .150 .151 .152 .175 .335, Lebens-art
  • Formiret den ſtilum,168. Lebens-lauf,
  • Wie zu machen,446. des Hrn. von Dießkau .449. Lectur,
  • Jſt noͤthig zur erfindung .51 . zum ſtilo .356.
    • Limax,132.
    • Litotis,187. Locus communis,
  • Was es ſey .107 . dient zum connectiren .214.226. Logick,
  • Wie ſie von der Oratorie unterſchieden .7 .8 . einem redner noͤthig .11.51.62.68. Logomachien,
  • Wie ſie zu vermeiden,11 .177.
    • Loquendum cum vulgo,174.
    • Lulliana ars,40.
    • [569]
    • Luſus verborum ſiehe wortſpiele.

M.

  • Mathematick,
  • Wie man da beweiſe,78. derſelben ſtilus .312.
    • Medaillen,86. Medici
  • Brauchen die Oratorie,7 .13 . wie ſie beweiſen,78. ihr ſtilus,312. Mediſance,
  • Was ſie ſey .364. Meditatio,
  • Ein argumentum illuſtrans .108 . dient zur conne - xion .214 .226 . zum ſt[i]lo arguto .315 . Meißner
  • Jhr ſtilus .18.337.339.
    • Meioſis,187.
    • Meiſter-geſaͤnge,334.
    • Memorie ſiehe gedaͤchtniß.
    • Matabaſis .199.
    • Metaphora .188.
    • Metaphyſick,76.
    • Metalepſis .187.
    • Metatbeſis .191.
    • Metonymia .187.
    • Meriſmos .196.
    • Mimeſis .198.
    • Moͤglichkeit .58. Moquerie,
  • Jſt ſchaͤdlich,61. was ſie ſey,364. Moral,
  • Einem redner noͤthig,11,51. wie man darinn auf unſtreitige art beweiſe,62. auf wahrſcheinliche art,73.
    • Muͤntzen ſiehe Medaillen -
    • Mythologie,332.
N n 5Na -[570]Regiſter der ſachen.

N,

  • Naturel,
  • Zur Oratorie .8 . zum ſtilo .354. Nieder-Sachſen,
  • Jhre Oratorie und ſtilus .18.337.340.
    • Noema,196.
    • Notatio,88. Numerus Oratorius.
  • Was es ſey .210 . wer davon, geſchrieben,190 .211 . im ſtilo humili .238 . mediocri,260. ſublimi,277. im hiſtoriſchen ſtilo .314 . im arguto,315. Oratorio .343 . familiari .349.

O.

  • Obſecratio .197.
  • Occupatio .196.
  • Oeſterreichiſcher ſtilus .342. Oppoſita.
  • Dienen im beweiſen,62 .89 .92 . im erlaͤutern .112 .115 . im ſtilo arguto .315. Oppoſitio .197. Orator.
  • Deſſen eigenſchaften .8 .421 . ſqq. deſſen geſtus .533. Oratorie.
  • Jhre beſchreibung .2 . iſt noͤthig .5 . wie ſie von der Logick unterſchieden,8. iſt ein ſtuͤck der univerſellen gelehrſamkeit .13 . ihre hiſtorie .15. Orthographie.
  • Der Lateiner .526 . der Teutſchen .527 . ſqq. Oximoron .197.

P.

  • Paeaniſmus,197.
  • Palillogia .195. Panegyricus.
  • Auf Fridr. Wilhelm den Groſſen, Ch. z. Br.280. fo - dert ſtilum ſublimem .239 .279 . was dabey zu mer - cken .420 . wer dergleichen im Teutſchen gehalten .466.476. Pan -[571]Regiſter der ſachen.
    • Pantomimi .9.
    • Parabolae .83.
    • Paradiaſtole .197.
    • Paradigma .196.
    • Paradoxon .198.
    • Paralipſis .198.
    • Paragoge .191.
    • Paraſiopeſis .198.
    • Parecbaſis .197.
    • Paregmenon .195.
    • Parecheſis .195.
    • Paromologia .196.
    • Paronomaſia .195.
    • Parrheſia .198.
    • Partes orationis .158.
    • Pathetiſches weſen .41.203. Periodus,
  • Was er ſey .162 . wie zu macheu .166.
    • Periphraſis .197.
    • Periſſotes .193. Philoſophie.
  • Einem redner noͤthig,11. was ſie ſey .176 . wie man darinn beweiſe .76 . iſt nicht zu verachten .159 . wie ſie von der Oratorie unterſchieden .8. Phyſic.
  • Wie man darinn beweiſe .62.73.76. Phoͤnicier.
  • Jhre Oratorie .16. Phraſes .213. Pietiſten.
  • Jnſcription auf dieſelben .325.
    • Pleonaſmus,191 .193.
    • Ploce .194. Politick.
  • Politiſche wahrſcheinlichkeit .73 . polite leute .179 . politer gebrauch, ſiehe galanter gebrauch.
    • Polyptoton .195.
    • Polyſyndeton .192.
    • Politiſcher ſtilus .331.
    • [572]
    • Portugieſen .30. Praͤdicatum.
  • Dienet zum beweiß,62. beym ausdruck zu bemercken .156. 163
    • Praͤfiguratio .197.
    • Praelectio,420.
    • Praeteritio .198. Predigt.
  • Was ſie ſey,492. wie zu machen .492 . ſqq. drey exempel .499.
    • Procatalepſis .196.
    • Prodiaſipheſis .193. Programma.
  • Was dabey zu mercken .428 . exempel. ibid.
    • Prolepſis .192.196. Proluſio,
  • Was dabey zu mercken,420. ein exempel .421. Propoſitio,
  • Deren erfiudung33. was dabey zu mercken .160 .403 .404 . in predigen .496 . ſiehe thema.
    • Proprium .62.
    • Proſopopoeia .198.
    • Proſtbeſis .191.
    • Protaſis, ſiehe propoſitio.
    • Prouechia .114.82.
    • Punctum,210.
    • Punctiren .98.

R.

  • Raiſonnement,
  • Jſt von der Hiſtorie unterſchieden .65. Realia.
  • Was ſie ſeyn,54. muͤſſen nicht gehaͤuft werden .233.
    • Rebus de Picardie .143. Rede,
  • Deren formirung,147. Rede-kunſt, ſiehe Oratorie. Redner ſiehe Orator. Rede von den vorzugen der alten zeiten239. der neuen,250. von der unbeſtaͤndigkeit menſchlicher ge - muͤther .262 . auf Friedr. Wilhelm, Ch. z. Br.280. von den vorzuͤgen der beredſamkeit fuͤr den krieg .375 . von den ei - genſchaften eines guten redners .421. Allerhand diſpoſi - tiones zu reden .382 .385 .389 . ſqq. reden mit ſeines gleichen .349 .350 . mit hoͤhern,350 .535 . gegen geringere,349. Mo - raliſche regeln der rede,360. ſqq. Theologiſche reden491. Juridiſche,477. Schul - und politiſche,419. im gemeinenleben -[573]Regiſter der ſachen. leben,409. ſiehe ausdruck. reden durch den bauch, ſiehe ventriloquae.
    • Redner-geſellſchaft .262.374.535.
      • Regierungs-ſachen reden .475.
      • Reichstags-reden .474.
      • Reiectio .199.
      • Reinlichkeit im ſtilo .207.
      • Refutiren ſiehe wiederlegen.
      • Religions-reden .475.
      • Repugnantia115. ſiehe oppoſita.
      • Reticentia198.
      • Reaocatio .199.
      • Rhetorick ſiehe Oratorie. Roͤmer
  • Jhre beredſamkeit,15 .17.
  • Romainen .235.344.

S.

  • Sang froid10 .233.
  • Sarcaſmus197. Satyren .117 . ſiehe ſtilus
  • Scoptici331. Schleſier
  • Jhre oratorie und ſtilus18 .337.338.
    • Scholaſtiſcher ſtilus175.
    • Schulreden342. ſqq. Schwatzhaftigkeit
  • iſt keine beredſamkeit .3.8.117.144.
    • Schweitzeriſcher ſtilus342 Scythen
  • Jhre Oratorie16.
    • Semicolon210.
    • Senſualia51 .58.237.
    • Sermocinatio198 Similia ſiehe gleichniſſe. Spanier.
  • ihre oratorie28. Sprache
  • Woher ſie entſtanden148. der thiere141 .144 . der natur142. durch bilder143. der haͤnde144. deren menge148. deren veraͤnderungen167. harmonie150. erlernung151 .153.182. beurthei -[574]Regiſter der ſachen. beurtheilung179. Sprachrichter172 .208 .: ſprachen wiſſen,30 .94 . ſprachverderber208 .175. 174
    • Staats-reden476.
    • Steganographie526. Stilus.
  • Was er ſey199. deſſen eigenſchafften uͤberhaupt202. Aſiaticus345. Atticus345 .346 . argutus315. aequiuocus209. aequa - lis212. artificialis334. caerimonioſus351. conciſus169 .345 .347 . concinuus346. curiae311 .351 . der criticorum168. dia - logifticus349. dogmaticus352 diffuſus345. declamatorius335 .342 . epiſtolaris351. eruditus310 .176 . fluidus169. frigi - dus299 .235 . figuratus335. familiaris349. galanter349 .350 . humilis238 .313 .335 . hiſtorieus313 .348 . ingenioſus168 .314 . judicioſus168 .314. Juridicus311. joeoſus348 .334 . lu - xurians345. laconicus345 .347. Lateiniſcher335. laͤcherlicher333. magnificus168. memorialiſcher168 .314. Medicus312. Mathematicus312. mediocris160 .314 .239 . naturalis334. obſcurus209. Oratorius342 .345 .346 . polemieus352. pedan - diſcher, phantaſtiſcher235. poͤbelhafftig239. poeticus331. pa - theticus310 .314 . proprius335. reeitatiuus, relatiuus348. ſatyricus330 .330 .352 . ſchlaͤfriger233 .126 . ſerius348. ſim - plex334. Teutſcher335 .317. Theologicus310. Philoſophicus176 .312 . ſublimis237 .239277 .314 . tumidus209 .235 . tropicus335. theatralis344. vehemens349. theoreticus310 .314 . tem - peratus349. rotundus346. ſiehe ausdruck.
    • Stroh-krantz-reden .467.
    • Sublimis ſtilus ſiehe ſtilus.
    • Subiectum62 .156.159.163.
    • Suſpenſio .198.
    • Syllogiſmus89 .382.
    • Syncriſis .197.
    • Symploce .194.
    • Symbole .197.
    • Syllepſis .192.
    • Synizeſis .193.
    • Synecdoche. 193
    • Synonyma156. 159
    • Synonymia .193.88.
    • Syſtole .193.

T.

  • Tachygraphie524
  • Tapinoſis .187.197.
  • Tautologia .194.
  • Technopaegnia .43.
  • [575]
  • Terminus ſiehe woͤrter
  • Tertium comparationis .111. Teſtimonia.
  • Wenn ſie beweiſen72 .81 . erlaͤutern eine ſache110 .114 . was dabey zu beobachten119. Teutſche.
  • Oratorie .18 . ſprache .13.15.49.150.152.175.337. Theologus.
  • Braucht die oratorie7 .13. Theologiſche gruͤnde76. Thema
  • Siehe propoſitio. Naturale .35 . artificiale .35 . zu erfinden36. was dabey in acht zu nehmen36. ſqq.
    • Titulaturen .181.417.
    • Tmeſis191. Topic
  • Ob ſie zur invention tuͤchtig .40 . entwurff einer neuen to - pic139.
    • Trauerrede476.
    • Tranſitio199.
    • Tractatio .404. Tropus.
  • Dient zur interpretation99 .156 . was ſie ſeyn und wie vie[l]184. ſchaden der deutlichkeit209. machen den ſtilum leb - haftig232. ihr gebrauch238 .261.310.315.335.349.358.345.352.277.

V.

  • Variatio.
  • Mittel zum guten ſtilo .358.
    • Ubung im ſtilo357. Uberſetzung.
  • Mittel zum guten ſtilo357. was bey uͤberſetzungen der buͤ - cher zu mercken358. Uberreden.
  • und reden iſt zweyerley .121.
    • Ventriloquae mulieres148.
    • Vermaͤhlungs-reden .467. Vermahnungen.
  • Zu ſolchen iſt auctoritaͤt noͤthig412. Vernuͤnfteln
  • Jſt ein albernes wort206
    • Viſitcompliment414. Umſatteln.
  • iſt leine ſuͤnde382
  • [576]
  • Unbeſtaͤndigkeit.
  • Der menſchlichen gemuͤther in einer rede. 262
    • Vniuerſal-ſprache
  • iſt die Lateiniſche30. iſt moͤglich .149.
    • Vniuoca156 .159. Unterricht im ſtilo.
  • Wie er beſchaffen ſeyn ſoll. 355
    • Ungleichheit im ſtilo. 213
    • Votum. 197
    • Vtile .129.

W.

  • Waͤſcherey ſiehe ſchwatzbaftigkeit
  • Wabrheit58
  • Wahrſcheinlichkeit70. Wapen-kunſt ſiehe heraldic Weiß machen
  • iſt keine beredſamkeit .3. Wind machen.
  • iſt erlaubt der wahrheit zum beſten80. wie man es mache .123 .125 .126 .133 .145 .345 .347 .348 . Wiederlegung
  • Wie und wenn ſie noͤthig92. ſiehe diſputiren und oppoſita. Wolluͤſtige
  • Wie ſie zu gewinnen131 .129 .127 . Worte
  • Kunſt-woͤrter .69 .156 . neue zu machen iſt erlaubt149. was dabey zu mercken156 .172 .175 .179 .184 .204 . ihre iunctur210. ꝛc. Wortſpiele40 .43.317.323.
    • Wunſch zu machen413

Z.

  • Zeſianer .174.208.
  • Zeugma192 Zoten
  • ſind laͤppiſch und alſo zu vermeiden108 .365 . Zuhoͤrer
  • Jhre pflicht367. bey predigten ſiehe predigt. Zukuͤnftige Dinge
  • Wie ſie darzuthun74 Zweydeutigkeit ſiehe aͤguivoca.

ENDE.

[577][578]

About this transcription

TextPhilosophische Oratorie
Author Johann Andreas Fabricius
Extent596 images; 122942 tokens; 22435 types; 889988 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationPhilosophische Oratorie Das ist: Vernünftige anleitung zur gelehrten und galanten Beredsamkeit, wie sich selbige so wohl in öffentlichen reden, als auch im täglichen umgang, bey allerhand materien, auf mancherley art [...] zeigen müsse, mit auserlesenen exempeln erläutert, und mit einem register versehen Vormahls einigen privat-auditoribus communiciret, anietzo auf derer und anderer verlangen vollends ausgearbeitet und herausgegeben Johann Andreas Fabricius. . [8] Bl., 538 S., [19] Bl. : Frontisp. CörnerLeipzig1724.

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationFachtext; Sprachwissenschaft; Wissenschaft; Sprachwissenschaft; core; ready; china

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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